HANDBOUND
AT THE
l^bHZ.
DEUTSCHES
WÖRTERBUCH
WJLHKLjM (IRIMM. JACOH GRIMM.
DEUTSCHES
WÖRTERBUCH
VON
JACOB GRIMM rao WILHELM GRIMM.
ERSTER BAND.
\ — BIERMOLKE.
LEIPZIG
VERLAG VON S. HIRZEL.
1854.
1
II
9
Auch wissenschaftliche Unternehmungen, denen es
noth thut tiefe wurzel zu schlagen und weit zu greifen,
hängen von äuszeren anlassen ab. allgemein bekannt
ist, dasz im jähr 1837 könig Ernst August von Hanno-
ver die durch seinen Vorgänger gegebne, im lande zu
recht beständige und beschworne Verfassung eigen-
mächtig umstürzte, und dasz mit wenigen andern, die
ihren eid nicht wollten fahren lassen (denn wozu sind
eide, wenn sie unwahr sein und nicht gehalten werden
sollen?), ich und mein bruder unserer ämter entsetzt
wurden, in dieser zugleich drückenden und erheben-
den läge, da den geächteten die öffentUche meinung
schützend zur seite trat, geschalt uns von der weid-
mannschen buchhandlung der antrag, unsere unfrei\vil-
lige musze auszufüllen und ein neues, groszes Wör-
terbuch der deutschen spräche abzufassen, unmusze,
und die freiwiUigste war genug da, ^e wäre nimmer
ausgegangen, was frommte ihrer mehr und im über-
schwank zu bereiten ? beinahe hiesz es alte warm ge-
pflegte arbeiten aus dem nest stoszen, eine neue unge-
wohnte und mit jenen, aller nahen Verwandtschaft zum
trotz unverträgliche, ihren fittich heftiger schlagende
darin aufnehmen, auf deutsche spräche von jeher stan-
den alle unsere bestrebungen, den gedanken ihren un-
ermessenen wortvorrat selbst einzutragen hatten wir
doch nie gehegt, und schon der mühsamen zurüstun-
gen sich zu unterfangen konnte den für die ausdauer
unentbehrlichen mut auf die probe stellen, aber im
Vorschlag lag auch etwas unwiderstehliches, das sich
gleich gellend machte und zum voraus allen Schwierig-
keiten, den vor äugen schwebenden, wie solchen, die
sich erst, wenn band angelegt werden sollte, erzeigen
würden und die es vorauszuschauen unmöglich ist, die
spitze bot. wir erwogen und erwogen, ein unabseh-
bares, von keinem noch angelegtes, gesciiwcige voll-
brachtes werk öfnete allenthalben die fernsten aussieb-
ten, es gab weder ein deutsches Wörterbuch, noch
einer andern neueren spräche in dem umfassenden,
ausgedehnten sinn, den wir ahnten, welchem gerade
jetzt mehr als irgend wann mit treu aufgewandten kräf-
ten folge geleistet, mit reger theilnahmc entgegen ge-
kommen Averden könnte, seine ungeheure wucht sollte
nun auf vier schultern fallen : das schien sie zwar zu
erleichtem und vertheilen, indem ihm aber auch zwei
häupter erwuchsen, die nothwendige einheit wo nicht
des entwurfs, doch der ausführung zu gefährden, dies
bedenken dennoch hielt keinen stich gegen die stete
gemeinschaft, in der wir von kindesbeinen an gelebt
hatten, die'wie bisher auch für die zukunfl unsere ge-
schicke zu bestimmen und zu sichern befugt war. ein-
gedenk des uralten spruchs, dasz ein bruder dem andern
wie die band der band helfe, übernahmen wir williges
und beherztes entschlusses, ohne langes fackeln, das
dargereichte geschäft, zu dessen gunsten auch alle übri-
gen gründe den ausschlag gegeben hatten, auf welche
weise wir uns beide in es finden und einrichten, soll
hernach unverhalten bleiben.
Jahre sind, nachdem durch die gnade des königs von
Preuszen wir hier in Berhn schirm und freiheit für un-
sere forschungen erlangt haben, verflossen, bevor an-
gehoben werden konnte, und schon ist jenes öfienlliche
ereignis vor andern noch viel stärker erschütternden,
deren Vorspiel es gleichsam abgab, in den hintergrund
gewichen, mag das werk, dessen beginn auf des ge-
liebten Vaterlandes altar wir nun darbringen, einst voll-
führt gegründetere Zuversicht erwecken, dasz es im an-
denken der nachweit haften und nicht schwinden werde,
so ist uns damit alles leid vergolten.
Längst entbehrt unsere spräche iiiren dualis, dessen
ich mich liier immer bedienen müsle, und den pluralis
fortzuführen Tällt mir zu lästig, ich will das viele, was
ich alles zu sagen habe, und von dem auch meine eigen-
sten, innersten empfindungen beschwichtigt oder an-
gefochten werden, frischweg in meinem namen aus-
sprechen ; leicht wird, sobald er künftig das wort er-
greift und seine weichere feder ansetzt, Wilhelm mei-
nen ersten bericht bestätigen und ergänzen. Hinge-
geben einer unablässigen arbeit, die mich je genauer
ich sie kennen lerne, mit stärkerem behagen erfüllt, war-
um sollte ich bergen, dasz ich meinesthcils entschiede»
sie von mir gewiesen hätte, wenn unangetastet ich an
der Göttinger stelle geblieben wäre? im vorgerückten al-
ter fühle ich, dasz die faden meiner übrigen angefang-
nen oder mit mir umgelragnen bücher, die ich jetzt
noch in der band halle, darüber abbrechen, wie wenn
tagelang feine, dichte flocken vom hinimel nieder fal-
ni
IV
len, bald die ganze gegend in unermeszlichem schnee
zugedeckt liegt, werde ich von der masse aus allen
ecken und ritzen auf mich andringender Wörter gleich-
sam eingeschneit, zuweilen möchte ich mich erheben
und alles wieder abschütteln, aber die rechte besinnung
bleibt dann nicht aus. es gälte doch für thorheit, ge-
ringeren preisen obschon sehnsüchtig nachzuhängen
und den groszen ertrag auszer acht zu lassen.
Und was, wenn dieser weit mehr in der ergriffenen
Sache selbst als in meiner befähigung geborgene ge-
winn erfolgen kann, verschlägt es, dasz heimliche pfade,
die ich steigen wollte, nun unberührt bleiben, andere
beweise, die zu demselben ziel führen sollten, fehlen?
sie durften, aber sie müssen nicht hinzutreten, ich
hatte eingesehen, dasz die grundlagc der mcnschhchcn
Sprachwerkzeuge, die uns anerschallenen bedingungen
der spräche unter den geheimnisvollen gesetzen ste-
hen, die uns die nalurwissenschaft überall unwandel-
bar zeigt, zugleich aber, dasz in der spräche noch ein
wärmeres und veränderliches dement walte, das ihrer
findung, aneignung, fortpllanzung und Vervollkommnung
unter den menschengeschlechtern, das sie der geschichte
überweist und aus ihrem schosz die ganze manigfal-
ligkeit der literatur hervorgehn läszt. jenen verhalt der
spräche zu den naturlaulen auf zahllosen stufen hat
vorzugsweise die grammalik, die flut oder ebbe ihrer
zcilhchen erscheinungen zumal das Wörterbuch darzu-
stellen, welchem wie der geschichte die Urkunden, die
reichsten Sammlungen des Sprachvorrats unentbehrlich
werden.
Über eines solchen werkes antritt musz, wenn es
gedeihen soll, in der höhe ein heilbringendes gestirn
schweben, ich erkannte es im einklang zweier zei-
chen, die sonst einander abstehen, hier aber von dem-
selben inneren gründe getrieben sich genähert hatten,
in dem aufschwung einer deutschen philologie und in
der empfänglichkcit des volks für seine muttersprache,
wie sie beide bewegt wurden durch erstarkte liebe zum
Vaterland und untilgbare begierde nach seiner festeren
einigung. was haben wir denn gemeinsames als unsere
spräche und literatur?
Wer nun unsere alte spräche erforscht und mit beob-
achtender seele bald der Vorzüge gewahr wird, die sie
gegenüber der heutigen auszeichnen, sieht anfangs sich
unvermerkt zu allen denkmälern der vorzeit hingezo-
gen und von denen der gegenwart abgewandl. je wei-
ter aufwärts er klimmen kann, desto schöner und voll-
konimncr dünkt ihn die leibliche gestalt der spräche,
je näher ihrer jetzigen fassung er tritt, desto weher
thut ihm jene macht und gewandlheit der form in ab-
nuimie und verfall zu finden, mit solclier lauterkeit
und Vollendung der äuszeren bcsclialfenlieit der spräche
wächst und steigt auch die zu gewinnende ausbeule, weil
das durchsichtigere mehr ergibt als das schon getrübte
und verworrene, sogar wenn icli bücher des sechzehn-
ten ja siebzelinlen Jahrhunderts durcidas, kam mir die
spraclie, aller damaligen Verwilderung und roheit un-
erachtet, in manchen ihrer züge noch beneidonswerlh
und verniögender vor als unsere heulige. welchen ab-
stand aber aucii von iiinen stellte die edle, freie iiatur
der milleliiüclideulsclien dichlungen dar, denen aiige-
slrenglesle mühe zu widnien unvergleicldiclien luiin
abwirft, doch nicht einmal aus ihrer fülle schienen
alle grammatischen entdeckungen von gewicht müssen
hergeleitet zu werden, sondern aus sparsam flieszen-
den fast versiegenden allhochdeutschen und gothischen
quellen, die uns unserer zunge älteste und gefügeste
regcl kund thaten. es gab stunden, wo für abhanden
gekommne theile desllLFiLAs ich die gesamte poesie der
besten zeit des dreizehnten Jahrhunderts mit freuden
ausgeliefert haben würde, den leuchtenden gesetzen
der ältesten spräche nachspürend verzichtet man lange
zeit auf die abgebhclienen der von heute.
Allein auch sie weisz schon ihren anspruch zu er-
heben und verborgene anzjehungskräfte auf uns aus-
zuüben, nicht nur ist der neue grund und boden viel
breiler und fester als der oft ganz schmale, lockere und
eingeengte alte, darum aber mit sichererem fusze zu be-
treten, sondern jener einbusze der form gegenüber
steht auch eine geistigere ausbildung uml durcharbei-
tung. was dem alterlhum doch meistens gebrach be-
slimmlheit und leichtigkeit der gedanken, ist in weit
gröszerem masze der jetzigen zu eigen geworden, und
musz auf die länge aller lebendigen sinnhchkeit des aus-
drucks überwiegen, sie bietet also einen ohne alles
Verhältnis gröszern, in sich selbst zusammenhängenden
und ausgeglichenen reichthum dar, der schwere Ver-
luste, die sie erlitten hat, vergessen macht, während
die Vorzüge der alten spräche oft nur an einzelnen pla-
tzen, abgebrochen und abgerissen, statt im ganzen
wirksam erscheinen, bei allen durch die zeit hervor-
gebrachten Verschiedenheiten wiütet im groszen den-
noch eine beträchthche durchblickende gemeinschaft
zwischen alter und neuer spräche, die in allen ihren
Wendungen und Sprüngen zu belauschen überraschende
freude macht, wenn auf zahllose stellen unserer ge-
genwart licht aus der vergangenheil fällt, so gelingt
umgedreht es aucli hin und wieder im dunkel liegende
flecken und gipfel der allen spräche eben mit der neuen
zu erhellen, manches im alterlhum vorragende beruht
ganz auf sich selbst und liiszlauszerhalb seiner schranke
sich weiter nicht verfolgen ; die ungleich gröszere masse
des heuligen Sprachschatzes wird durch überflieszende
belege lehrreich begründet, wahr ist, die alte spräche
leistet der grammalik bessere diensle, aber für auffas-
sung der Wortbedeutungen wird die neue offenbar
wichtiger, die golhische formlciire, wo wir sie nur
anrühren, trägt zehnfach mehr frucht als die neuhoch-
deutsche, doch die magerkeit eines golhischen oder
selbst althochdeutschen glossars gegen das mittelhoch-
deutsche springt ins ange, wie könnte das millelhoch-
deulsche sich messen mit einem neuhochdeulschen
wöj'lerbuch?
Hier also kehrt sich die belrachlung zu gunsten des
übernommenen Werkes, das auf dem geebneten gründe
historischer spraciiforschung ruhend eine weit vollere
Uiul lebendigere samlung aller deutschen Wörter ver-
anstalten soll, als sie nocli stattgefunden hat. ein deut-
sches wörlcrbuch niislang bisher aus dem doppellen
gruiule, il.fcz es weder den geleiirten noch dem volk
ein genügen tiial.
Die wiedcranfachung der classischcn literatur im
fiinfzehnlen und seclizehnten jahriiunderl halle den
abstand der einheimischen, wissenschalUich unausge-
VI
bildeten spräche von der griechischen und lateinischen
sehr fühlbar gemacht und nun begann die kluft zi-
schen ihnen und jener desto schrofTer vorzutreten,
unsre eigne muttersprache, welche doch seit jene clas-
sischen zungen aus dem leben verschwunden waren,
vor allen europäischen ehmals zuerst sich geregt und
eignes lebeus fähig erzeigt hatte, muste bald nur für
eine dienende handlangerin, für die brücke gelten, über
welche man aus dem schlämm heimischer barbarei ans
gestade jener beiden, vielmehr die hebräische, heilig
gehallne hinzugerechnet, der drei einzig vollkomm-
nen sprachen schreite; die beschaffenheit einer rein
menschbchen, uns unmittelbarst nahe hegenden wun-
dervollen gäbe zu erwägen, fiel lange gar niemand ein.
man war weder gewohnt noch darauf eingerichtet, hin-
ter dem, was seiner natur nacli feine und tiefe regel
haben musz, sie auch wirklich zu suchen, und schleppte
für den oberflächlichsten gebrauch fortwährend sich
mit mageren leeren behelfen, die der spräche selbst
keinen nutzen, nur empfindlichen schaden zufügten,
die classischen sprachen waren gelehrt und zünftig, die
deutsche wurde nicht in die lehre genommen und in
keine zunft gelassen.
Unvergessen sein sollen die namen Goldast, Schil-
ter, Scherz, Bodmer, welche mit erfolg auf rettung und
herausgäbe altdeutscher quellen dachten, die namen
Dasypodius, Maaler, Hemsch, Frisch, denen samlung
der deutschen Wörter innig am herzen lag. alle, ohne
ausnähme, weisen nach Süddeutschland, wo vor allers
hochdeutsche spräche und poesie erwachsen war, wo
die meisten handschriften aufbewahrt lagen und die
fortlebende volksmundart stärker als anderswo an das
alterthum gemahnte und dessen Verständnis förderte,
gleichwol traten die beraühungen dieser männer nicht
so weit vor, dasz ihnen selbst schon gelungen wäre,
sich tine geläufige künde der frühern grammatik zu er-
werben, durch deren darstellung allein den nur unbe-
friedigend bekannt gemachten quellen hätte können ein-
gang verschaft und das Verhältnis der heutigen zur al-
ten spräche festgesetzt werden.
Was im verschiedensten sinn Leibmtz, Lessing, Klop-
STOCK, Adelog, Voss, sämtlich dem norden Deutsch-
lands angehörig, zum heil der deutschen spräche ge-
wollt und geleistet haben, wird jederzeit hochgeach-
tet bleiben, konnte diese aber immer nicht im äuge der
rlassischen philologen als voll erscheinen lassen, und
CS war vergeblich das zu empfehlen, dessen ebenbür-
tigkeit der schule erst auf überzeugendere weise dar-
gethan werden muste. niemals blieb einer der rechten
wege, die dahin führten, nur von ferne eingeschlagen,
sollte man es glauben, das im gesamten alterthum
unserer spräche durch die untiefen der vorzeil wie ein
l'i'ls ragende Iiauplwerk, auf dessen grund jeder bau zu
«rrichlen war, Holländern, Engländern, Sciiweden über-
lassen, wunle vor dem neunzehnten Jahrhundert nie-
mals in Deutschland gedruckt und zugänglich gemacht,
durch K.MTTELs entdeckung auf Ulkilas geführt, dachte
Lessing (11, 297) nur dem mageren theologischen ge-
winn, niclil dem groszen sprachlichen nach : diesen
hellen, scharfen geisl lenkte seine vorliebe für fabel
und Spruch nur zu wenigen alldeutschen dichlern-zwei-
ten oder drillen rangs ; hatte er die besten je gelesen,
er würde auch mittel gefunden haben für sie zu gewin-
nen, von Klopstock, den das alterthum und die schöne
unsrer spräche entzündete, der ihre grammatische ei-
genheit fein herausfühlte, und in Kopenhagen leicht hätte
an die nordische lautere quelle näher treten können, von
ihm wäre gut gethan gewesen, sich doch mit dem wol-
lautreichen Otfried und einigermaszen mit den minnc-
sängern vertraut zu machen ; schlimmer ist, dasz er in
allsächsischer zunge, aus stellen die ihm Hickes dar-
reichte, nur ganz dilettantische kenntnisse zu ziehen
verstand und doch zur schau legt, auch der ihm nach-
eifernde, in der versbildung bald überlegne Voss gibt,
bei gröszerer belesenheit, namenthch in seiner schrift
von der Zeitmessung höchst unzureichende einsieht in die
altdeutsche spraciie wie dichtkunst kund, darin zur seile
tritt beiden der ihnen sonst überall enlgcgenslehende
nüchterne Adelog, dem nur gedichte von Hagedorn,
Gellert, Weisze gefielen, unter den altern höchstens
noch die von Opitz und dessen anhang eine halbe autori-
lät, alle seiner jüngeren Zeitgenossen zuwider waren ;
wie hätte er über sich gewonnen, die vermeinte roheit
des mittelallers mit ernsten bhcken anzusehen? ihm ge-
nügte fast an dem aller poesie haaren Teuerdank und
an einzelnen aus Bodmers samlung erlesenen anfüh-
rungen oder an denen, die schon Frisch und Schilter
reichten, leichter als die der alten dichtkunst wäre ihm
wol noch die anerkennung einer alten spraehregel ge-
fallen, von welcher er keine ahnung hatte, und die doch
vielen irrlhümern und verslöszen seines Wörterbuchs
abzuhelfen allein vermocht hätte, dem verleugnen der
altdeutschen poesie ein unbeabsichtigtes ende machte,
dasz es der neuen gelang ihren thron prächtig aufzu-
schlagen. Göthes und Schillers hohe Verdienste um
unsere spräche strahlen so glänzend, dasz ihre gele-
gentlich etwa dargegebne abneigung vor einigen dich-
tungen des mittelallers, deren gehalt dabei weniger in
betracht gekommen sein kann, als zufälhge umstände,
gar nicht angeschlagen werden darf.
Nachdem diese groszen dichter vor dem ganzen volk
mit immer steigendem erfolg, was deutsche sprachge-
walt sei und meine, bewährt hatten und durch feind-
liche Unterjochung in den wehevollen anfangen dieses
jaiirhunderts allen genuitern eingeprägt war, an die-
sem kleinod unsrer spräche stolzer festzuhalten ; fand
sich das bewustsein eines auch in ihr seil frühster zeit
wallenden grundgesetzes so erleichtert, dasz es nichts
als der einfachsten mittel bedurfte, um es auf einmal
zur anschauung zu bringen, diese willfährig aufge-
nommene erkennlnis traf aber glücklicherweise zu-
sammen mit einer vom sanskril her erregten verglei-
chenden Sprachwissenschaft, welche keiner sie nah
oder fern berührenden spracheigenthümlichkeilausdem
wege gehend vor allen andern auch der einheimischen
das gebührende recht widerfahren zu lassen geneigt
sein muste, in welcher noch mehr als eine saitc zu den
volleren klängen jener ehrwürdigen spraclimultcr an-
schlug. So hat sich unter mancherlei gunsl und al>-
gunst allinälich eine deutsche philologie in bedeulen-
dercin umfang als je vorher gebildet, deren selbstän-
dige ergebnisse vielfache fruciil inigen, unabliängigen
werlh behaupten und fortdauernde iheihiahnie in an-
spruch nehmen können, früherhin licsz alles und je-
VII
des, was von den denkniälern unseres alterlhums müh-
sam gedruckt erschienen war, in ein paar folianten und
quartanten sich beisammen haben ; jetzt stehn in den
bibhotheken ganze gefache von altdeutschen büchern
erfüllt und die Verleger zagen nicht mehr vor dieser li-
teratur. wie viel noch übrig bleibe zu thun, ein rühm-
licher eifer regt sich alle lücken zu ergänzen und un-
genügende durch bessere ausgaben zu verdrängen,
nicht länger verschlossen liegen die quellen unserer
spräche und ihre bäche und ströme dürfen oft bis auf
die stelle zurückgeführt werden, wo sie zum ersten-
mal vorgebrochen sind ; fortan aber kann eine deutsche
grammatik, ein deutsches Wörterbuch, die sich dieser
forschungen und aller daraus erwachsenen fordernisse
entäuszern, weder gelten noch irgend ersprieszlichen
dienst leisten.
Von an der Oberfläche klebenden, nicht tiefer ein-
gehenden arbeiten beginnt heutzutage auch die ern-
stere Stimmung des volks sich loszusagen, aufgelegt
zum betrieb der naturwissenschaften, die den verstand
beschäftigen und mit einfachen mittein, wenn sie recht
verwendet werden, das nützlichste ausrichten, wird
ihm auch sonst das unnütze und schlechte verleidet;
wozu ihm noch immer handbücher und auszüge un-
seres gewaltigen sprachhortes und alten erbes vorle-
gen
?, die statt dafür einzunehmen davon ableiten und
nichts als schalen absud seiner.kraft und fülle bieten,
aus dem keine nahrung und Sättigung zu gewinnen
steht, als sei der unmittelbare zutritt verschlagen und die
eigne anschau verdeckt. Seit den befreiungskriegen ist
in allen edlen schichten der nation anhaltende und un-
vergehende Sehnsucht entsprungen nach den gütern, die
Deutschland einigen und nicht trennen, die uns allein
den Stempel voller eigenheit aufzudrücken und zu wah-
ren im Stande sind, der groszen zahl von Zeitgenos-
sen, vor deren wachem äuge die nächsten dreiszig jähre
darauf sich entrollten, bleibt unvergessen, wie hoch
in ihnen die hofnungen giengen, wie stolz und rein
die gedanken waren; w^enn nach dem gewitter von
1848 rückschläge lang imd schwerfällig die luft durch-
ziehen, können spräche und geschichte am herlich-
sten ihre unerschöpfliche macht der beruhigung ge-
währen, auch die kräfte der unendhchcn natur zu
ergründen stillt und erhebt, doch ist nicht der mensch
selbst ihre edelste hervorhringung, sind nicht die blu-
ten seines geistes das höchste ziel? seiner dichter und
Schriftsteller, nicht allein der heutigen auch der frü-
her dagewesenen will das volk nun besser als vorher
theilhaft werden und sie mit genieszen können ; es ist
recht, dasz durch die wieder aufgethanen scldeuszen
die flut des altcrthiims, so weit sie reiche, bis liin an
die gegenwart spüle, zur forschung über den verhalt
der alten, verschollenen spräche fühlen wenige sich
berufen, in der menge aber waltet das bedürfnis, der
trieb, die neugier, den gesamten umfang und alle mit-
tel unsrer lebendigen, nicht der zerlegten und aufgelös-
ten spräche kennen zu birnen. die grammatik ihrer
natur nacli ist für gelehrte, ziel und bestimmting des
allen leuten dien(;n(l<'n Wörterbuchs, wie hernach noch
entfallet werden soll, sind neben einer gelehrten und
begeisterten grundlage nolhwcndig auch im edelsten
sinne praclisch.
VIII
Durch warme theilnahme des volks allein ist die er-
scheinung dieses deutschen Wörterbuchs möglich und
sicher geworden, das also im auflallenden gegensatz
steht zu den Wörterbüchern anderer landessprachen,
die von gelehrten gesellschaften ausgegangen auf öf-
fentbche kosten an das bebt getreten sind, wie es in
Frankreich, Spanien, Dänemark geschah ; heute befaszt
zu Stockholm die vitterhets academie sich mit einem
schwedischen, ein solcher verein der mitarbeiter ist
nach Verschiedenheit der Völker anders zu beurtheilen :
wo durch Verfeinerung des geselligen lebens die spräche
überall bestimmt war gleich der französischen, konnte
sie fast nur auf diesem wege ihren weltton finden und
niedersetzen; das dictionnaire de l'acad^mie hat ihn
zum wenigsten für eine reihe von geschlechtern ange-
geben, später einmal wird man seinen unerträglichen
zwang brechen, dem wahren begrif eines Wörterbuchs
stand es von anfang an fremd, anderwärts verschwin-
den aber die vortheile einer gesellschaftlichen bear-
beitung vor den hemmungen und gebrechen, die sie
heranführt: mitten aus dem fleisz und der einigkeit
können vorwände der trägheit und des zwistes ent-
springen, zunächst läge nun, alle eigentbche last und
bürde der arbeit in eines oder weniger bände zu geben,
die dazu den wahren beruf in sich tragen, dann aber
könnte sie ebenwol unabhängig auszerhalb dem kreise
der gesellschaft sich entwickeln, diese nur den aufwand
der geldmittel ganz oder zum theil bestreiten und so
läszt sich allerdings die mitwirkung eines gelehrten
Verbands an dem Wörterbuch, dessen spitze er vertre-
tend schützte, förderlich denken. Doch in Deutschland
haben bei dem geringen ansehen, dessen, wie vorhin
gesagt wurde, die eigne spräche genosz, unsere vor-
waltend classische und orientahsche philologie, natur-
wissenschaft und geschichte hegenden academien nie-
mals weder dem entwurf eines neuen, noch der hut und
Unterstützung eines in arbeit begrilTenen deutschen
Wörterbuchs ihre aufmerksamkeit zugewandt, von Da-
sYPODius und PiCTORius an bis auf Adelung und Campe
herunter sind alle unsere Wörterbücher überhaupt ohne
irgend eine öflentliche anregung oder beisteuer gedruckt
worden und, was röthe in die wangen jagt, die heraus-
gäbe der einheimischen Sprachdenkmäler hat, einzelne
ruhmwürdige ausnahmen abgerechnet, meistens nur
mit ärmlichen mittein, durch halb unwillige Verleger,
fast ohne lohn für die herausgeber bewerkstelligt wer-
den müssen. Wie vaterländisch gewesen wäre sie ins-
gesamt in groszartigen schütz zu nehmen und ihnen
vollständige bekanntmachung im angesicht des volks
angedeihen zu lassen, dem es nicht entgehen kann,
welche pflege dafür ausländischem alterlhum und frem-
den sprachen unter uns zu theil geworden ist.
Ich wollte auch den wüst und unflat unsrer schimpf-
heben die gliedmaszen der spräche ungefüg verhüllen-
den und entstellenden Schreibweise ausfegen, ja dasz
ich dafür den rechten augenblick gekommen wähnie,
war einer der hauptgründe mich zur übernähme des
Wörterbuchs zu besiimnien, dessen ganze Ordnung fast
an jeder stelle durch das beibehalten der unter uns
hergebrachten Orthographie sichtbar gestört und ge-
trübt werden muste. es ist nichts kleines, sondern
etwas groszcs und in vielen dingen nutzes seine spräche
IX
richtig zu schreiben, das deutsche volk hängt aber so
zäh und unberaten an dem verhärteten schlimmen mis-
brauch, dasz es eher lebendige und wirksame rechte, als
von seinen untaugenden buchstaben das geringste fah-
ren liesze. unmittelbar mit dem ersten eindruck, den ein
neu auftretendes Wörterbuch hervor zu bringen im
Stande wäre, mit dem einflusz, den es allmälich üben
könnte, schien es am schickhchsteu zugleich die längst
reife neuerung, vielmehr zurückführung der schreib-
regel auf ihre alte einfachheit zu verbinden ; in der be-
wegung der zeit selbst hätte diese abkehr und Wen-
dung von dem bloszen schlendrian der letzten, nicht
der früheren Jahrhunderte minderes aufsehen erregt
und sich unvermerkt den beifall oder die gewöhnung
der menge gewonnen. Als aber sonst überall in die
jüngst verlassenen gleise zurück geschoben T^nirde,
leuchtete ein dasz es nun unmöghch gewesen wäre
hier in die ältesten wieder einzulenken; was gesche-
hen konnte, war eine nur theilweise zu versuchende
abhülfe und linderung des hervorstechendsten übels.
welche wähl im einzelnen zu treffen sei, welche mit-
tel einzuschlagen ratsam, darüber muste nothwendig
die ansieht hin und her schwanken und diese unschlüs-
sigkeit ist es eben, die in den letzten jähren längereu
auischub des Wörterbuchs verursachte : rechtfertigung
aber der unabweisbar gebUebnen, jedermann ins äuge
fallenden abweichungen von dem seitherigen schreib-
gebrauch wird nachher folgen.
Dies alles vorausgesandt kann in die einzeLa sich er-
hebenden betrachtungen eingeschritten werden.
I.Wörterbuch ist die alphabetische Verzeichnung der
Wörter einer spräche, sein begrif gründet wesentliche
und durchdringende gegensätze zwischen alter und
neuer zeit.
Den ausdruck Wörterbuch kannte das siebzehnte
Jahrhundert noch nicht, Stieler weisz nichts davon,
zuerst meines wissens verwendet ihn Kramer (1719)
nach dem nnl. woordenboek, Stei.nbach und Frisch be-
hielten und führten ihn allgemein ein ; von uns gelangte
er zu Schweden und Dänen, die doch ordbok, ordbog
sagen, das isländische ordabök enthält wie Wörterbuch
den gen. pl. und gemeint ist auch ein buch der Wör-
ter, kein wortbuch, schöner ist das ohne Zusammen-
setzung gebildete slavische slovar, slovnik, den Süd-
slaven rjetschnik, von slovo, rjetsch wort, und warum
hätte nicht auch ahd. wortäri, mhd. wortaere sich sa-
gen lassen, wie es hiesz ehiräri, eheraere spicarium für
einen sehr analogen begrif? das gr. grj/nuTtxoy (nem-
lich ßißXiQv) entspräche dem heutigen sinn, wurde aber
von den alten nicht so gebraucht.
Griechen und Römer hatten keine Vorstellung von
emem Wörterbuch, und die in ihren sprachen später
üblichen benennungen lexicon, glossarium, dictiona-
rium, vocabularium meinen anderes, das ).t^ixQy {ßt-
ßkiov) von y^tiiq, das dictionarium von dictio stellt re-
densarten, ausdrücke zusammen, das y).ojaa(j.Qiov deu-
tet alle, verdunkelte Wörter, enthält glossen, das voca-
bular will nur wenige Wörter geben, wie sie für schü-
ler oder zu anderra behuf gesammelt wurden, richtig
nennen z. b. Dlcasge und Oberli.n ihre werke glossare,
die französischen aeademiker ihre getroffene aus wähl
dictionnaire ; doch einzelne einem herausgegebnen
Schriftsteller angehängte register sollten nicht Wör-
terbücher heiszen. gelangen einmal die Franzosen zu
einem vollständigen Wörterbuch ihrer spräche, so wer-
den sie ihm wol einen andern namen beilegen als den
eines dictionnaire oder lexique. häu6g hat man auch
den umfassenden begrif angemessen durch den litel von
thesaurus, tesoro, tr^sor, Sprachschatz, oder durch bei-
fügung eines adj. (totius latinitatis lexicon) eingeholt.
Den alten selbst fiel gar nicht ein, alle und jede Wör-
ter ihrer spräche, geschweige der ihrer barbarischen
nachbarn zu sammeln, es reizte sie blosz einzelne
schichten oder wortreihen erklärend zu mustern, ge-
wisse grammatische bildungsgesetze in ihnen zu verfol-
gen, oder dunkle, vergessene ausdrücke aufzuhellen, ihre
etymologie, zuweilen sinnreich oder gelehrt, war mei-
stentheils regellos und unwissenschaftlich, weder hätte
das stärkste gedächtnis alle ausdrücke, tue bei den
Griechen ohnehin einer unendlichen fortbildung offen-
standen, fassen und bereit halten, noch wenn dies durch
die anstrengung mehrerer zusammen allmälich zu er-
reichen gewesen wäre, damit ein denkbarer zweck er-
füllt werden können, was sollte die angehäufte wort-
masse, die niemand zu lesen begehrte, und nur schwie-
rige, kostspielige abschriflen in Umlauf zu bringen ver-
mochten? Griechen wie Römer ahnten noch nichts
von Sprachvergleichung und spürten lust dazu in kei-
ner ader, sonst würden auf diesem felde die wunder-
barsten entdeckungen ihnen offen gestanden haben.
Dies geändert, wie alle Wissenschaften umgestaltet
hat erst die grosze erßndung der druckerei, deren fol-
gen auch noch heute, gleich denen der dampfkraft, un-
berechenbar erscheinen, wie der uralte fund der schrifl
zuerst den menschen in stand setzte, den geistigsten
gebrauch von seiner band zu machen, ihm die macht
verheb, seine gedanken zu versenden und der nach-
weit zu überliefern ; hat die Vervielfältigung der schrift
im druck diese macht verzehnfacht, ohne diese ent-
deckung wären unmittelbar darauf schon die Wieder-
erweckung der dassischen literatur und die refonua-
tion unmöglich gewesen, wenn unternommen, nicht
gediehen. Seitdem schriflen gedruckt und aller enden
gelesen werden, sind Wörterbücher entsprungen und
der Sprachwissenschaft ganz neue bahnen gesprengt
worden, nicht auf einmal, sondern nach und nach,
anfangs zufallig, dann im bewusteren fortschritt: man
gewahrte endlich was die volle aufstellung der spra-
chen bedeute und wirken könne, durch die philolo-
gische richtung der heutigen missionare und die gere-
gelte mittheUbarkeit ihrer samlungen wird das Sprach-
studium dereinst solche stärke erlangen, dasz es oft
den abgang und verlust geschichtlicher denkmalc mit
dem reichthum und der schärfe seiner combination zu
ersetzen vermag : Vorgeschmack davon haben wir schon
im kleinen. Bei dieser neuen philologie stehen aber
alle Zungen des crdbodens in demselben recht, und
verachtet werden darf keine, ganz wie ins Wörterbuch
alle Wörter gehören und gleich berechtigt darin sind,
streben nach umfassender samlung und bohandlung ist
also für ein Wörterbuch das erste crfurdernis und die
allseitigkeil seines gebrauchs dadurch bedingt, denn
was die presse von sich gibt, will sie allen ohne aus-
XI
XII
nähme beslimnit haben, was allen dienen soll und kann,
darf nichts ausschlieszen noch dahinten lassen.
Nicht minder nolhwendig ist dem Wörterbuch die
alphabetische Ordnung und soavoI die möglichkeit des
vollen eintrags und der ahfassung als die Sicherheit und
sdinelle des gebrauchs hängen davon ab, wer reiche
heiträge einschalten will, musz die stelle wohin vor
äugen haben und nicht unschlüssig herum zu suchen,
ob das wort schon da sei oder fehle : die biene weisz
genau die zelle, zu welcher sie honig einträgt, es würde
die ar])eit in den Wörtern auflieben oder lähmen, wenn
man den platz nicht kennt, aus dem sie zu holen sind,
schon ihren eingeschränkten samlungen pflegten die
allen diese alphabetfolge zum gründe zu legen und wer
sie heule nicht handhabt, sondern aufhebt und stört,
hat sich an der pliihjlogie versündigt.
Zwar einzelne alphahete sind verschieden eingerich-
tet und lassen nicht von ihrem gewohnten gang, das
Sanskrit folgt einer aus seiner fülle und lauterkeit her-
vorgehenden natürlichen anordnung derbuchstaben, die
aber auf unvollkommner entfaltete sprachen schwer an-
zuwenden ist, in europäischen wörterbuchern eher Ver-
wirrung als licht bringt, an die abweichung der griechi-
schen und hebräischen alphahete vom lateinischen, wel-
che doch alle drei auf demselben boden entsprossen sind,
gewöhnen wir uns von jugend; es ist aber kein be-
dUrfnis den gedächtnissen auch die eigenheit des ru-
nischen und gothischen aufzubürden, dasz sie ihnen
jeden augenblick gegenwärtig sei. werden danach nicht
nur die anlaute, sondern auch die inlaute geordnet, so
musz man zeit verschwenden oder läuft bei raschem
aufschlage gefahr ab zu irren und zu übersehen, je-
dermann weisz es, wie viel beschwer in slavischen Wör-
terbüchern die manigfaltigkeit einiger bezeichnungen
auch für die alphabetische folge macht, wie lästig bei
dem scandinavischen ä ä ö ihr schwankendes einstellen
oder verweisen an den schlusz wird. Nesselmann und
EttmCller haben den gebrauch ihrer littauischen und
angelsächsischen Wörterbücher durch annalime gram-
malischer lautreihen, die ihnen selbst geläufig, andern
aber unbequem sind, äuszerst erschwert, die deutsche
spräche kann bevor ihre Orthographie gereinigt wird,
das Wörterbuch nicht befriedigend einrichten und ein
mangel des gegenwärtigen bleiben musz es, dasz die-
sem gebrechen noch nicht a])geholfen werden durfte.
Verderblicher den zwecken und absiebten des Wör-
terbuchs entgegen wirkt aber keine unter allen Ord-
nungen, als die nach wurzeln, denen unmittelbar das
abgeleitete und zusammengesetzte wort angescidossen
zu werden pllegt; selbst heim enlwurf kleiner glos-
sare und Avortregister wird dem kitzel nicht widerstan-
den, alsogleicli zu syslematisicTcn und der grannnatik
was ihr gehört vorweg zu nelunen. der etymologie
auch im wörterl)uch nac.'hzuhängcn ist natürlich und
unvermeidlich, da sie aber in fortschreileu(h'r hewc-
gung begriden die kim(h; der wurzeln allenthalben er-
weitert und erniäszigt, darf die folge der Wörter niclit
durch sie getrübt werden, jeder etymologischen aus-
kunft auf dem fusze hätten sonst abänderungen ein-
zutreten uu«l in den Wörterbüchern wäre kein wort
mehr seines platzes sicher, ein so willkoinmnes, ver-
dienstvolles werk wie Beneckes mittelhochdetitsches
Wörterbuch kann in dieser hinsieht verfehlt heiszen :
sein Urheber hielt es mit der würde unserer spräche
für unvereinbar anders zu verfahren, durch vorschie-
ben sei es der Avahren oder vermeinten wurzel rückt
er den ausdruck, welchem nachgefragt wird, aus des
aufschlagenden äuge. Nesselmann und Ettmüller, au-
szer der gerügten lautordnung, versetzen die einzel-
nen Wörter dazu noch nach wurzeln, man kann, so-
bald andere Wörterbücher bestehn, mit nutzen auch
Wurzelforschungen alphabetisch anordnen und beson-
ders herausgehen, Avie wir Miklosich verschiedne bü-
cher, radices und ein lexicon verdanken oder Rosen
die sanskritAvurzeln eigens zusammenstellte, alphabe-
tische folge allein, möchte man sagen, sichert den ein-
zelnen Avörtern ihre vorläufige Unabhängigkeit und neu-
Iralität, die nicht vor abschlusz auszerhalb des Avörter-
buchs zu vollbringender Untersuchungen preisgegeben
werden soll.
2. Was ist eines Avörterbuchs zAveck? nach seiner
umfassenden allgemeinheit kann ihm nur ein groszes,
weites ziel gesteckt sein.
Es soll ein heiligthum der spräche gründen, ihren
ganzen schätz bcAvahren, allen zu ihm den eingang of-
fen halten, das niedergelegte gut Avächst wie die Avabe
und Avird ein hehres denkmal des volks, dessen Ver-
gangenheit und gegenwart in ihm sich verknüpfen.
Die spräche ist allen bekannt und ein geheimnis. wie
sie den gelehrten mächtig anzieht, hat sie auch der
menge natürliche lust und neigung. eingepflanzt. 'Avie
heiszt doch das AA'ort, dessen ich mich nicht mehr recht
erinnern kann ?' 'der mann führt ein seltsames Avort im
munde, AA^as mag es eigenthch sagen AA'oUen?' 'zu dem
ausdruck musz noch es bessere beispiele geben, lasz uns
nachschlagen.'
Diese neigung kommt dem Verständnis auf halbem
Avege entgegen, das Avörlerbuch braucht gar nicht nach
platter deutliehkeit zu ringen und kann sich ruhig alles
üblichen geräths bedienen, dessen die AA'issenschaft so
Avenig als das handwerk entbehrt und der leser bringt
das geschick dazu mit oder erAvirbt sichs ohne mühe,
fragst du den schuster, den becker um elAvas, er ant-
AA'ortet dir auch mit seinen Wörtern und es bedarf Ave-
nig oder keiner deutung.
Auch ist gar keine noth, dasz allen alles verständlich,
dasz jedem jedes Avort erklärt sei, ergehe an demunver-
standnen vorüber und Avird es das nächstemal vielleicht
fassen, nenne man ein gutes buch, dessen Verständnis
leicht wäre und nicht einen unergründlichen hinter-
grund hätte, das AVörtcrhuch insgemein führt so
schAveren stofmit sich, dasz die gelehrtesten bei man-
chem versluuunen oder noch nicht rechten bescheid
wissen, auf zahllosen stufen dürfen auch die andern
leser hei seile lassen, was ihres Vermögens nicht ist,
in ihren gesichtskreis nicht rällt oder A\'as selbst sie ab-
stöszt. leser jedes Standes und allers sollen auf den
unabsehbaren strecken der spräche nach bienenAveise
nur in die kräuler und blumen sich niederlassen, zu
denen ihr hang sie führt und die iiinen behagen.
Einen häufen bücher mit ühelerfundenen titeln gibt
es, die hausieren gehn und das bunlestc und unver-
daulichste gcmisch des njanigfalten Avisscns feil tragen,
fände hei den leuten die einfache kost der heimischen
XIII
XIV
spräche eingang, so könnte das Wörterbuch zum haus-
bedarf, und mit verlangen, oft mit andacht gelesen wer-
den, warum sollte sich nicht der vater ein paar Wör-
ter ausheben und sie abends mit den knaben durchge-
hend zugleich ihre sprachgabe prüfen und die eigne
anfrischen? die mutier würde gern zuhören, frauen,
mit ihrem gesunden mutterwitz und im gedächlnis gute
Sprüche bewahrend, tragen oft wahre begierde ihr un-
verdorbnes Sprachgefühl zu üben, vor die kisten und
kästen zu treten, aus denen wie gefaltete leinwand lau-
tere Wörter ihnen entgegen quellen : ein wort, ein reim
führt dann auf andere und sie kehren öfter zurück und
heben den deckel von neuem, man darf nur nicht die
fesselnde gewalt eines nachhaltigen füUhorns, wie man
das Wörterbuch zu nennen pflegt, und den dienst, den
es thut vergleichen mit dem ärmhchen eines dürren
handlexicons, das ein paarmal im jähr aus dem staub
unter der bank hervor gelangt wird, um den streit zu
schUchten, welche von zwei schlechten Schreibungen
den Vorzug verdiene oder die steife Verdeutschung eines
geläufigen fremden ausdrucks aufzutreiben.
Wer mag berechnen, welchen nutzen das Wörter-
buch dadurch stiftet, dasz es unvermerkt gegenüber
denen, die sich mit fremden sprachen brüsten, eine
lebhaftere empfindung für den werth, häufig die Über-
legenheit der eigenen einflöszt, und die vorläge an-
schaulicher beispiele, ganz abgesehn von dem, was sie
beweisen sollen, hebe zu der einheimischen litera-
tur stärker weckt, im hohen alterthum half dem ge-
dächtnis das hersagen gebundner lieder und bewahrte
damit zugleich auch die spräche, bei Völkern, die keine
oder eine dürftige hteratur erzeugten, musten sprach-
formen, Wörter und ausdrucksweisen aus mangel an
Wiederholung in Vergessenheit sinken ; d^n verfall reich-
gewesener sprachen in arme mundarten lehrt ein sol-
cher abgang lebendiger übung begreifen, den glänz
der alten sprachen haben dichtkunst und werke des
geistes empor getragen und erhalten ; wesentlich schei-
nen die Wörterbücher auf gesicherte dauer der neue-
ren sprachen einzuwirken, ein grund mehr ihnen Vor-
schub zu leisten, schützen sie nicht alle Wörter, so hal-
ten sie doch die mehrzahl aufrecht ; wenige loser eines
Wörterbuchs werden in abrede stellen, wie viel einzel-
nes sie ihm zu danken haben, die lebendigste Überliefe-
rung erfolgt freilich von munde zu munde und nach
Verschiedenheit der landschaften ist einmenschenschlag
rühriger und sprachgewandter als der andere, durch
ausgestreuten saraen können aber auch verödete Auren
wieder urbar werden.
Sprachforschung wird durch jedwede den denkmä-
lern zugewandte aufmerksamkeit und Sorgfalt gefördert
und ergeht sich auf uiicrmeszlichem fehle, es scheint
sogar, je mehr sie sich alle ihre mittel selbst bereite
und zutrage, dasz sie desto eigenthümliciier auftreten
möge, doch unverliällnismäszig den grüszten beistand
gewälirt ihr das Wörterbuch, von dem an genau be-
stimmter stelle alle Wörter in so geordnetem übi'r!)lick
dargeboten werden, wie ihn jener noch unbeholfne
lleisz, und sei es der unermüdlichste, nimmer zu wcge
bringt, das Wörterbuch gleicht einem gerüsteten schlag-
fertigen beer, mit welchem wunder ausgerichtet wer-
den und wogegen die ausgesucijteste streilkrafl im ein-
zelnen nichts vermag, ich habe dies an meinem bei-
spiel selbst erfahren, als ich die alte grammatik noch
ohne beistand eines Wörterbuchs aufzubauen trachtete
und gewahre jetzt bei voller und alphabetischer aus-
arbeitung der neuen spräche, wie allein durch feslge-
haltuen schritt und regelmäszigen gang die abgele-
gensten stellen erreicht und besetzt werden, an de-
nen sonst vorüber gegangen würde, einem uhrwerke
gleich läszt sich das Wörterbuch für den gebrauch des
gemeinen mannes nur mit derselben genauigkeit ein-
richten, die auch der astronom begehrt, und wenn es
überhaupt nutzen soll, gibt es kein anderes als ein wis-
senschafthches.
3. Bisher sind begrif und bedeutung eines Wörter-
buchs in so allgemeiner weise erwogen worden, dasz
die ergebnisse auf alle sprachen anwendbar scheinen ;
jetzt soll die frage aufgeworfen werden nach einem
deutschen Wörterbuch.
Sein gebiet und umfang folgen aus dem der deut-
schen spräche selbst, obwol nun mit dieser benen-
nung treflend alle stammverwandten, auf unsere [)iuda
bezüghchen und ihr angehörigen sprachen ausgezeich-
net werden können, schickhcher als mit dem uns aus
der fremde her zugegangnen namen der germanischen
(wie denn auch der eingeführte ausdruck indoger-
manische sprachen vollends unpassend erscheint) ; so
pflegt dennoch die Vorstellung sich zu verengen, man
scheidet von der deutschen spräche zuvorderst sowol
den alten gothischen stamm aus, als den nordischen
oder scandinavischen, so dasz gleichwol die friesische,
niederländische, altsächsische und angelsächsische noch
der deutschen spräche in engerm sinn zufallen, wie
denn auch Friesen, Niederländer und selbst Engländer
bis auf heute ein deutsches element sich beilegen, im
engsten sinn aber schränkt sich der name auf die poli-
tisch vereint gebliebncn Deutschen ein, wie sie den Fran-
zosen Allemands hciszcn, was nicht mehr auf Nieder-
länder oder Engländer erstreckbar ist. dem zuerst von
den Römern aufgebraciilen unterschied einer Germania
superior und inferior entspricht nur einigermaszcn die
sonderung in Ilochdculsche und Niederdeutsche, wei-
chen beiden auf die ehrenvolle benennung der Deut-
schen gleicher an>-pruch zusteht.
Zwischen hochdeutscher und niederdeutscher sprä-
che macht einen wesenthchen unterschied die lautver-
schiebung, dergestalt dasz in diesem bezug die nieder-
deutsche allen vorhin ausgeschlossenen zungen beitritt,
die hochdeutsche von jeder derselben absteht, ganz
wie die Gothen, Scandinaven, Friesen, Sachsen gegen-
über den uns ferner liegenden dennoch urverwandten
sprachen die iautreihc ihrer slunnnen consonanten ver-
schoben, gerade so verschieben nochmals gegenüber
diesen andern Deutschen die Hochdeutschen, die nie-
derdeutsche mundart, in vielen andern hinsichten der
hochdeutschen sehr nahe tretend, enlfernt aufliillend
sich von ihr durch diese laulverschiebuiig und bleibt
dem älteren gleise treu, aus welchem die hochdeuLsche,
sicher doch nicht ohne zureichenden grund gewichen
war, da das zweite lantverschieben dem ersten vcdl-
kominen analog erfolgte und durch es ein liefer, inner«'r
sprachlrieb erst seine befriedigung eniplieiig. weil nun
aber um vieler zusammentreirender Ursachen wUleu
XV
XVI
eben dieser character der zweiten Verschiebung, d. h.
der hochdeutsche unter uns in hteratur wie dichtkunst
der herschende, tonangebende ward, gebührt ihm in
vorwaltendem sinn der name des deutschen, und wenn
heutzutage im gegensatz zu französischer, ilahenischer,
enghscher von deutscher spräche die rede ist, kann
darunter nicht mehr die niederdeutsche mundart ver-
standen werden.
Diese jetzt allgeläufigen, für unsere grammatik ent-
scheidenden Verhältnisse hindern, wie jedermann ein-
sieht, niederdeutsche Wörter in ein deutsches Wörter-
buch aufzunehmen; sie würden sich eher in ein nie-
derländisches, englisches oder gar dänisches fügen,
deep läszt sich nicht stellen neben tief, dal, dag nicht
neben thal, tag und to, tunge nicht neben zu, zunge ;
ebenso abweichend von einander sind, wenn auch die
anlaute treffen, die in- und auslaute: gripen greifen,
maken machen, meten messen, up auf, slaap schlaf,
ik ich, rik reich, dat das, bet bis, kort kurz, wo sich
die stummen anlaute begegnen, ist auf der einen oder
andern seite der Organismus verletzt, z. b. in deef dieb
das niederdeutsche d aus th entsprungen, wie engl, thief
lehrt, oder in breit breed unser b an die stelle von
p getreten, nicht weniger weichen auch die vocale
in den meisten fällen ab. unausführbar wäre, alle
diese Wörter an der hochdeutschen stelle, oder an ver-
schiednen doppelt einzutragen, der hochdeutsche grund
würde ganz davon gestört und getrübt werden und wie
sollte man es mit solchen ausdrücken halten, die der
niederdeutschen mundart ausschheszlich eigen, unsrer
hochdeutschen fremd gebUeben sind? Aus allem die-
sem hüte man sich ein ungünstiges urtheil über die
niederdeutsche spräche oder ihre lautverhältnisse zu
ziehen, die nicht selten reiner und dem höhern alter-
thum gemäszer sind, als die hochdeutschen, dasz sie
dem dichter sich immer noch nicht versage, haben
mehrfache versuche, so eben noch Groths quikborn
dargethan. Sie bedarf eines eignen, selbständigen Wör-
terbuchs, wie es ein ausgezeichneter kenner nieder-
deutscher mundarten, Kosegarten zu Greifswald ver-
heiszen und bereitet hat, für welches Köxe in Münster,
WoESTE in Iserlohn wichtige beitrage liefern könnten,
überhaupt aber ist die ganze art und weise dieser sprä-
che doch nur idiotisch, den rang oder die Wirkung einer
lebendigen Schriftsprache darf sie nicht mehr anspre-
chen, seit das hochdeutsche überall in ihre heimat vor-
gedrungen und auch mit der gegenwärtigen bildung
des niederdeutschen volks unzertrennlich schon ver-
wachsen ist. . Eine andere richtung gewonnen hätte
offenbar das niederdeutsche, wenn es mit dem unmit-
telbar angrenzenden niederländischen näher zusammen
gegangen wäre, was auch diesem zu groszem vortheil
ausgeschlagen sein würde, eine solchergestalt vom
nordmcer an durch ganz Nicderland erstreckte, am Nie-
derrhein, an Weser und Elbe herschende, längs der
ostseeküste bis nach Livland reichende fast gleiciiartig
beschaffene spräche halte dann der hochdeutschen das
gegengewicht hallen tuid die grundlage einer bedeut-
samen literalur abgeben können, die sich jetzt nur in
den Niederlanden wahrhaft erzengt und verfeinert hat.
es versteht sich beinahe von selbst, dasz das deutsche
Wörterbuch unter allen auszerhalb seinem gebiet lie-
genden sprachen zu allernächst auf diese niederländi-
sche sein augenmerk richten muste, die bereits im
mittelalter dem mittelhochdeutsch zur seite tritt und
bis auf heute manche uns vorenthalten gebliebne gunst
erfahren hat, auch in einzelnen lauteigenheiten, zu-
mal des vocalismus von dem übrigen niederdeutsch ab-
geht und sich hochdeutscher weise nähert.
Deutsch ist demnach nichts als hochdeutsch, wie es
von frühster zeit an vorzugsweise zur seite der über-
rheinischen Franken sich hervorthat unter den Alaman-
nen (was den uns dort zu theil gewordnen allgemei-
nen namen erklärt und rechtfertigt), unter den Baiern,
Thüringen, Hessen, so wie den diesseitigen Franken,
und insgemein das merkmal der zweiten lautverschie-
bung an sich trägt, bei dem worte hochdeutsch
selbst sollen nähere stellen über sein erstes vorkom-
men und den sinn, den man mit einem 'höher reden
und schreiben' des deutschen verband, mitgetheilt wer-
den, die gesamte althochdeutsche und mittelhochdeut-
sche dichtung und spräche ist wesentlich alemannisch
(hier gleichviel mit schwäbisch), bairisch und fränkisch,
welche drei nationen im reich vorangehen und erst all-
mähch, mit noch sichtbarem sträuben, die später be-
kehrten Sachsen zur theilnahme lassen, was nicht ein-
mal durch die ruhmvolle zeit der sächsischen könige
ausgeglichen wurde. Wie nun bei den Niederdeutschen
die sächsische, westfälische und engrische mundart und
noch manch andrer bestandtheil unterschieden werden
musz ; sticht auch unter den Hochdeutschen die schwä-
bische von der bairischöstreichischen, rheinfränkischen
und hessischthüringischen ab, doch so, dasz die denk-
mäler der letzteren gegenüber den schwäbischbairi-
schen nur arm erscheinen und erst seitdem dreizehnten
Jahrhundert sich zu erzeigen beginnen, nur musz man
sich enthalten für diesen zwar noch hochdeutschen, aber
einzelne Übergänge zu dem anstoszenden sächsischen
kundgebenden dialect die benennung mitteldeutsch zu
verwenden, da sie sich mit dem mittelhochdeutsch ver-
wirrt, und gar kein bedürfnis obwaltet, die hinreichen-
den örtlichen namen noch als ein oberdeutsch, süd-
deutsch, westdeutsch oder mitteldeutsch zu bezeich-
nen, wichtigste eigenheit dieses dialects, der sich aus
Hessen und Thüringen, so viel gewiesen worden ist,
durch Meiszen, Schlesien und die Lausitz in die an der
Ostsee bis nach Preuszen geschriebne spräche (denn die
Volkssprache ist dort niederdeutsch) fortzieht, tritt her-
vor an einer nachtheiligen Verengung der reinhochdeut-
schen diphthonge, welche sich dem niederdeutschen
lautsystem nähert. Da nun Luther, dessen geistige
handhabung der deutschen spräche so mächtigen ein-
flusz gewann, aus Thüringen gebürtig war, und seit
der reformation die kraft der deutschen bildung aus
Ostreich und Baiern (weniger aus Schwaben und dem
Südwesten) weg, nach der mitte und dem norden
Deutschlands zog, so erklärt sich hierdurch nicht nur
die Unmöglichkeit für die niederdeutsche mundart, sich
als geistige Schriftsprache zu behaupten, sondern aucli
das herabsinken der bairischöstreichischen zum roh
werdenden volksdialecl, während die schwäbisch-
schweizerische nalur sich ungleich länger in poosie
und lileratur aufrecht erhielt, offenbar auch stimmt
jene Weichheit der thüringischen mundart und die ab-
XVII
xvni
Wesenheit reinhochdeulscher diphthonge aus ihr zu
den meisten eigenheiten der lutherischen spräche, die
darum auch in Norddeutschland leichteren eingang
fand. Will man weiter gehn, so kann zugestanden wer-
den, dasz manche Verfeinerung des hochdeutschen da-
mit zusammenhängt, dasz Obersachsen wiege und
hauptsilz der reformation war, und hat Adelog grund
den meisznischen dialect zu erheben, so musz er hierin
gesucht werden, bemerkenswerth lautet schon eine
stelle in Conrad Gesxers vorrede zu Pictowus : sunt
qui tractui circa Lipsiam elegantioris sermonis, quo
Lutherus etiam libros suos condiderit, primas deferant ;
die allgemeine roheit des 1 7 jh. hat durchweg in ganz
Deutschland gute spracheigenheiten verwischt und aus-
getilgt, damals übten blosz die schlesischen dichter
und Fleming, zuletzt auch Christian Weise einen bes-
seren einflusz, woran unmittelbar im folgenden jh. Gel-
LERT und Rabener sich schlieszen ; ein weit tieferer
und zu gröszerem heil ist hernach, mit völliger wie-
deraufliebung des obersächsischen tons, von Lessixg
und Klopstock, dann aber von Wieland, Schiller und
GöTHE ausgegangen, kein einziger Schriftsteller in Ost-
reich und Baiern hat in diesen beiden Jahrhunderten
bedeutung, denn wer wollte Bälde (dazu einen ge-
bornen Elsäszer) oder Megerle anschlagen?
Fürs deutsche Wörterbuch behauptet die kenntnis
aller hochdeutschen volksmundarten hohen werth, und
ich musz sogleich zum lobe der Baiern hinzusetzen,
dasz kein andrer unsrer stamme ein Wörterbuch auf-
zuweisen hat, das dem von Schmeller irgend gleich-
käme, so meisterhaft ist hier die spräche selbst und
ihr lebendiger Zusammenhang mit sitten und brauchen
dargestellt, und doch hat der letzte band bedauerliche
kürzung erfahren, weil der Verleger bedenken trug das
volle werk fertig zu drucken ; möge jetzt von des Ver-
fassers hinterlassenschaft, worunter sich auch zur zwei-
ten ausgäbe des Wörterbuchs der reichste stof ausgear-
beitet findet, nichts vorenthalten werden. Stalders
schweizerisches idioticon würde eine trefliche arbeit
heiszen, wäre nicht die von Schmeller ihr nachge-
folgt, mit dessen gelehrsamkeit und Sprachtalent der
Luzerner sich eben so wenig messen darf, als an reich-
thum und gehalt die bairische Volkssprache mit der
schweizerischen, diese ist mehr als bloszer dialect,
wie es schon aus der freiheit des volks sich begreifen
läszt ; noch nie hat sie sich des rechtes begeben selb-
ständig aufzutreten und in die Schriftsprache einzudie-
szen, die freilich aus dem übrigen Deutschland mäch-
tiger zu ihr vordringt, von jeher sind aus der Schweiz
wirksame bücher hervor gegangen, denen ein Iheil ih-
res reizes schwände, wenn die leisere oder stärkere
zulhat ans der heimischen spräche fehlte ; einem leben-
den Schriftsteller, bei dem sie entschieden vorwallet,
Jeremias Gotthelp (Bitzics) kommen an Sprachgewalt
und eindruck in der leseweit heute wenig andre gleich,
in den folgenden bänden des Wörterbuchs wird man
ihn öfter zugezogen finden und es ist zu wünschen, dasz
seine kräftige ausdrucksweise dadurch weitere Verbrei-
tung erlange, auch der elsäszischen, alemannischen
oder srhwäbischcii Volkssprache, wie vorzüglich Hebel
dargethan hat, steht des lieblichen und wolgefälligcn
noch viel zu gebot, von allen diesen volksmundarten
kann jedoch nicht unmittelbar, das heiszt ohne aus-
gleichung ihres abstandes im laut, mit dem oft auch
ein theil ihrer anmut vergeht, erborgt werden.
4. Wir haben gesehen, welche einschränkung dem
räume nach der begrif eines deutschen Wörterbuchs
erleidet ; fragt es sich, wie ihm in der zeit seine grenze
zu stecken sei?
Die hochdeutsche spräche zerfällt in drei perioden.
zur althochdeutschen rechnen wir ihre frühsten denk-
mäler ungefähr vom siebenten bis zum eüften Jahrhun-
dert, zur mittelhochdeutschen die vom zwölften bis in
die mitte des fünfzehnten ; es ist nothwendig beide un-
tereinander wie von dem neuhochdeutschen zu sondern,
weil die formen der althochdeutschen spräche voller und
edler als die der mittelhochdeutschen sind, diese aber an
reinheit die unsrigen weit übertreffen, blosz der Über-
gang vom alt- zum mittelhochdeutschen kann hin und
wieder schwanken und zweifelhaft sein, durch Scha-
des entdeckungen lernen wir jetzt viele strophische ge-
dichte kennen, deren einiger erste abfassung vielleicht
noch über das zwölfte Jahrhundert hinaus in das eilfte
zu setzen ist; jedenfalls füllt sich, wie schon aus an-
dern gründen zu entnehmen war, die im eilflen bisher
angenommene leere allmähch aus. Dasz bald nach
1450 mit erfindung der druckerei eine neue weit in
den Wissenschaften anhebt, bedarf keiner ausfuhrung.
erst mit dem jähr 1500, oder noch etwas später mit
Luthers auftritt den nhd. Zeitraum anzuheben ist un-
zulässig, und Schriftsteller wie Steinhö\n*el, Albrecht
VON EiB, NicLAS VON WiLE, ja Keisersberg, Pauli und
Brant, die doch schon ganz seine färbe tragen, wür-
den ihm damit entzogen, seit Luther steigt nur die
fülle und freiere behandlung der hteratur.
Auf ahd. ja auf golhische spräche muste im Wörter-
buch oft zurück gegangen werden, um der ältesten und
vollendetesten gestalt eines ausdrucks habhaft zu wer-
den, noch häufiger ist, und meist wegen lebendigkeit
der redensarten, mhd. beispielen räum gegönnt worden,
manchen leser könnte ihrer allzuviel bedüuken. viel-
leicht wären weniger stellen angezogen worden, wenn
allenthalben schon das mhd. Wörterbuch vorgelegen
hätte; gegenwärtig, da noch dessen gröszerer theil
abgeht, in der ungewisheil ob es einen trcflenden be-
leg, wie er mir zu gebot stand, bringen werd» oder
nicht, zog ich vor ihn einzurücken, in der folge sol-
len die mhd. anführungen eher sich mindern als meh-
ren; bei der anordnung des beneckischen Wörter-
buchs bekommt man viele Wörter nicht zu sehen, be-
vor die reihe ihren stamm trefien wird, und an weiter
hinaus schiebenden verweisungoji ist kein mangel. die
die letzten buchstaben ausarbeiten, werden ihre last
bekommen, wie noth mhd. beispiele Ihun, sah zuwei-
len schon Adelung, ahd. gibt er selten, golliisrhc nie.
Die hauplsache aber ist, den umfang des nhd. ganzen
Zeitraums so viel als möglich zu erschöpfen und dadurch
nicht allein das Verständnis der einzelnen ausdrücke zu
ergründen, sondern auch die liebe zu den vcrgesznen
schriflslellern dieser zeit wieder anzufachen, das aller-
verkehrleslc wäre, den blick vom allerlhuin abzuwenden
und das deutsche Wörterbuch selbslgenügsain auf die
kurze spanne der gegenwart anzuweisen, als könnte
irgend eine zeit aus sich allein bcgriflTen werden und
XIX
XX
des veralteten, auszer brauch gesetzten entraten. Schon
GöTHE erfordert nicht selten einen unterschied zwi-
schen seiner früheren und späteren ausdrucksweise
und bedient sich im laufe seines langen reichen lebens
allmälich anderer formen und Wörter, man sehe z. b.
begonnle und begann sp. 1297, es wird aber fortge-
setzter aufmerksamkeit bedürfen, um solche Wahrneh-
mungen sicher zu stellen, sp. 5 führte Luthers adeler
unmittelbar zu der annähme, dasz auch Göthe nur ad-
1er gesagt habe, augenblicklich entgieng mir, dasz im
spätem Faust dennoch vorkommt :
sie dünkt dich wol sie sei ein aar. 41, 40,
und warum sollte in den neueren gedichten dies wort
nicht öfter Aviederkehren ? aar ist das schönere, ältere,
adler das zusammengesetzte, unserm heutigen Sprach-
gebrauch klingt aber adler einfach und natürlich, aar
gesucht und gelehrt, den meisten lesern würde nicht
eingefallen sein daran zu denken, dasz uns eins dieser
Wörter geläufig sei, das andere nicht, noch häufiger
als bei Göthe zeigen sich bei Wieland w'örter, die von
jüngeren Schriftstellern kaum oder nirgend verwandt
werden, wie viel mehr ist aus der spräche der schle-
sischen dichter, oder Fischarts heute ausgestorben.
Jede spräche steht nicht nur in ihrem nächsten kreis,
es sind auch noch fernere und ausgedehntere um sie
gezogen, deren einflusse sie sich nicht ganz entzie-
hen darf, deren bewustsein sie nicht völlig verloren
hat, wenn es schon dunkler und schwächer geworden
ist, wie dem gedächtnis die abgelegensten dinge ur-
plötzlich wieder gegenwärtig werden, wollte man
dem sprachvermögen sein recht nehmen zurück zu grei-
fen, und nach bedeutsamen, durch ihr alterthum feier-
lich gewordnen Wörtern zu langen, so wäre das die
unerträglichste beschränkung. eine spräche die auszer
ihrem baren vorrat, der in umlauf ist, keine Sparpfen-
nige imd seltne münzen aufzuweisen hätte, wäre arm-
geschaffen; diese schätze hervorzuziehen ist das amt
des Wörterbuchs.
Seit uns che dichtungen des mittelalters wieder hei-
misch geworden sind und hinter ihrem rücken Avir
noch eine nachzuckende althochdeutsche poesie lie-
gen wissen, sind zugleich auch auf einmal alle folgen-
den Jahrhunderte günstiger angesehn, weil die genaue
künde einer frühen zeit auch in der späteren keine lü-
cken leidet. Gellert und Hageuorn verstehn wir nicht
ohne Canitz und Günther, diese nicht ohne Opitz und
Fleming, soll die gröszere kraft des sechzehnten Jahr-
hunderts für uns verloren sein? Luthers nocli heute
in der bibel forllebende spräche würde nur unvollstän-
dig erkannt, wenn sie aus dem Zusammenhang ihrer
eignen zeit gerissen wäre, kein deutsches Wörterbuch
dürfte Fischart, Luther, Hans Sachs, Keisersberg von
sich ausschlieszen, darum gehören ihm auch die Zeit-
genossen dieser männer an, und vermöchte es nicht
eine solche forderung zu erfüllen, so bliebe es ohne
saft und gehalt.
5. Welche Vorgänger haben wir und was ist von ih-
nen schon geleistet worden?
Die Vorzeit, wie vorhin gezeigt ist, kannte keine
Wörterbücher, und eine menge allhochdeutsrher glos-
sen, die in lateinischen handschriftcn über die Zeilen
gesetzt oder auch besonders zusammengetragen wur-
den, sollten nur der lateinischen spräche, gar nicht der
deutschen einen dienst leisten, es sind nichts als kleine
glossare, vocabulare und nomenclatoren, meist nach
den lateinischen Wörtern alphabetisch und ungenau,
zuweilen auch nach Unterscheidung der gegenstände
geordnet, wie z. b. der von Wackernagel bekannt ge-
machte vocabularius optimus aus dem 14 jh. alle für
den Sprachforscher, sofern sie der ahd. und mhd. pe-
riode angehören, mehr oder minder werthvoll, hegen
auszer unserm unmittelbaren bereich; es gibt ihrer
aber auch mehrere, die der zweiten hälfte des fünfzehn-
ten jh. und noch dem beginn des 16 anheim fallen,
denen die erleichterte Verbreitung durch den druck zu
statten kam. von ihnen ist jedoch, aus nahe liegenden
gründen, mehr ein zufälliger als vollständiger gebrauch
gemacht Avorden. sämlhch ungemein und selten, ste-
hen sie nur zerstreut in groszen büchersamlungen und
sind bei ihrer unbeholfenheit schwer zu gebrauchen.
in den alphabetisch eingerichteten läszt sich nach dem
barbarischen latein nicht leicht aufschlagen und man
musz damit beginnen, jedes derselben von anfang bis
zu ende durchzulesen, um zu erfahren, was sie enthal-
ten, das sind aber vorwiegend lauter gewöhnliche,
sonsther bekannte Wörter, deren mundart und verhalt
erst sorgfälliger ermittelung bedürfen, ich leugne nicht,
dasz im einzelnen manche ausbeute aus ihnen zu ge-
winnen sein wird. Lorenz Diefenbach, der bereits eins
dieser bücher nach einer handschrift von 1470 heraus-
gegeben hat, Avill sich das verdienst erwerben, alle
übrigen zu untersuchen, zu ordnen und in genauer
Vollständigkeit dem publicum vorzulegen, vorläufig fin-
det man mangelhafte Verzeichnisse ihrer ausgaben in
Clignetts vorrede zum tcuLonistas.LXXXVIl — LXXXIX
und bei -Ebert unter vocabularius.
Den funken eines deutschen wöfterbuchs zündete
der, welcher unter diesen vocabularien auf den nahe
liegenden gedanken gerieth, statt nach den lateinischen
nun auch nach den deutschen Wörtern alphabetisch zu
ordnen, und Diefenbach wird uns sagen, wer der erste
gewesen ist; kaum geschah es bereits in handschrif-
tcn, die dem druck noch nicht bestimmt waren, und
anfangs wird dem lateinischdeutschen glossar nur ein
deulschlateinisches register angehängt worden sein.
Panzer in den zusälzen seiner annalen führt unter 111.
112. 113 einen vocabularius incipiens teutonicum ante
lalinum in drei ausgaben ohne druckjahr an; ein vo-
cabularium teutonico-latinum erschien zu Ilagenau
1487, aber vorher schon 1475 zu Cöln Gerts van der
Schüren teutonista oder duitschlender in niederrhei-
nischclevischer mundart, eine reiche und einsichtige
auswahl deutscher Wörter, die noch heule groszen
nutzen leistet und <ler deutschen spräche ihren alpha-
betischen auftritt sicherte.
Das erste namhafte hochdeutsche Wörterbuch rührt
von einem Straszburger, doch aus der Schweiz abstam-
menden arzt Petrus Dasypodiüs (was Ilasc oder Häs-
lein sein wird, bei ihm selbst steht geschrieben 114''
hasz, häsziin, 347'' haas dasypus) und führt den litel
dictionarium lalinogcrmaniciim, dessen drille ausgäbe
Argenlorali per Weiidchnuin Uihclium 1537 in 48!>
octavblältern mir vorliegt und sj)äter noch oft aufge-
legt wurde, die beiden ersten drucke 1535 (superiorc
XXI
xxu
anno) und 1536 müssen sich schnell vergriffen haben,
das dietionarium germanicolatinum, in usum et gratiam
germanicae puhis summa dihgentia concinnatum be-
ginnt erst mitbl. 295, ist aber enger gedruckt als der
vorausgehende lateinische theil, und man thut wol,
immer beide zusammen zu halten, da ihre fassung ab-
weicht, beide theile lassen am schlusz noch besondere,
gleichfalls alphabetisch geordnete, recht brauchbare
Sachverzeichnisse, nach art der alten vocab. rerum fol-
gen, in der vierten ausgäbe trat ein Verzeichnis der
rechtsausdrücke hinzu, obwol nun diese ganze ar-
beit noch den character eines Schulbuchs an sich trägt,
ist sie doch frisch aus der elsäszischen mundart, wie
der teutonista aus der niederrheinischen geschöpft, und
ihr deutschlateinischer theil prägte die nothwendigkeit
alphabetischer wortsamlungen unserer spräche aufs an-
schaulichste ein.
Unmittelbar auf dem fusz des Dasypodius folgte eiu,
es scheint ganz aus ihm entnommnes, nur ärmeres,
sonst aber dieselben Verdeutschungen enthaltendes
dietionarium latinogermanicum des Joautjes Serrascs,
Norimb. 1539.
Joannes Frisiüs, ein Zürcher, hatte nach Rob. Ste-
PHAxrs dict. latinogallicum ein latinogermanicum aus-
gearbeitet, das Tiguri 1541, dann 1556, beidemal in
einem starken folianten herauskam, und weil ihm der
deutsche index mangelt, den deutschen Wörterbüchern
nicht kann beigezählt werden, das fühll)are bedUrfnis
eines solchen trieb den Josua Maaler oder Pictorics
an, auf Gesners rath, das werk umzugieszen und deutsch
zu verfassen : die teütsch spraach. alle Wörter, namen
und arten zu reden in hochteütscher spraach, dem ABC
nach ordenhch gestellt und mit gutem latein ganz flei-
szig und eigenhch vertolmetscht, dergleichen biszhär
nie gesähen, durch Josüa Maaler burger zu Zürich.
Tiguri 1561. 536 blätter in grosz 8". ein reich aus-
gestatteter schätz von Wörtern und redensarten, aus
der lebenden Schweizersprache hervorgegangen, in
der that das erste walirhafle deutsche Wörterbuch, das
die Irockenheit des teutonista und Dasypodius verlas-
send ein muster aufstellte, wie man in allen landstri-
chen unsere spräche hätte verzeichnen sollen ; schlim-
mes zeichen war, dasz keine weiteren auflagen erfolgten.
Georg Hemsch : teutsche sprach und Weisheit, thesau-
rus hnguae et sapientiae germanicae. pars prima. Augs-
burg 1616. 1875 Seiten in foho, nur den buchst. G zu
ende führend, so dasz mindestens noch zwei ähnhche
bände hätten hinzu kommen müssen, deren erscheinen
ohne zweifei der ausbriich des dreiszigjährigen kriegs
hinderte, das überaus lleiszige und lehrreiche werk ist
nach einem tüchtigen, allzu überladenen entwurf gear-
beitet und erleichtert auch durch ein beigegebnes, sich
schon auf alle buchstaben des alphaljets ausdehnendes
register den aufschlag der oft in einem meer von bei-
spielen und redensarten schwimmenden Wörter, was
deutsche arbeilskrafl vermöge, geht auch aus diesem
schätzbaren werk unwiderlegüch hervor.
Just Georg Schottelius ausführliche arbeit von der
teutschen haubtsprache. Braunschweig 1663 stellt von
s. 1277 — 1 150 ein nützUches Verzeichnis der deut-
schen Stammwörter auf.
Der deutschen spräche Stammbaum und fortAvachs
oder teutscher Sprachschatz durch unermüdeten fleisz
in vielen jähren gesamlet von dem Spaten. Nürnberg
1691. 2672 spalten in 4", auszer einem unpaginierten,
noch 874 spalten oder 437 selten enthaltenden regi-
ster. der Spate oder Serotinus (vgl. sp. 2163) war
Caspar vox Stieler, ein geborner Erfurter, und seine
mühsame arbeit konnte bei vielen gebrechen, woran
sie leidet, keine heilsame Wirkung hervorbringen, sie
ist zwar alphabetisch, aber nach Stämmen eingerichtet,
denen sogar die sinnverwandten, buchstäbhch ganz
fremden Wörter angereiht sind, z. b. hinter alt folgen
ur und natur ; dabei werden die falschesten etv-molo-
gien geschmacklos geltend gemacht, imd einzelne triebe
tler ableitung oder Zusammensetzung unerlaubt, ohne
dasz ihnen wirkliche, lebendige Wörter unterhegen,
gehandhabt. Reichards bist, der deutschen sprach-
kunst, Hamb. 1747 s. 306 wirft dem Stieler vor, >iele
neugebackene und seltsame Wörter entweder aus eig-
ner erfindung oder aus den schriflen der fruchtbrin-
I genden gesellschaft hingesetzt zu haben, oft aber er-
! scheint dieser tadel auch unbegründet und genauere
j bekanntschafl mit unsern sprachquellen rechtfertigt das
' aufgestellte, im ersten anlshck verdächtige wort, die
I beispiele sind nicht reichlich genug und zu trocken ge-
geben, die bedeutungen unentwickelt gelassen, gleich-
[ wol musz das sorgsame, von reger Vaterlandsliebe ge-
tragne werk beachtet werden und jenes strengalpha-
■ betische vollständige register bietet 60000 Wörter in
: so erleichterter übersieht dar, wie sie sonst nirgend
: vorhanden ist. auch hat es durch die auffassung des
thüringischen dialects noch besondere Wichtigkeit.
Christoph Er>st Stei.>bachs vollständiges deutsches
I Wörterbuch vel lexicon germanicolatinum. Breslau 17 34
\ in zwei octavbänden von 1086 und 1134 seiten, ge-
I währt manches löbliche und brauchbare, mit reichen
zumal aus der schlesischen spräche entnommnen be-
legen, von den dichtem sind Günther und I1ofma>'>s-
waldaü häufiger als Opitz und Lohe>stei> eingetragen,
die Ordnung ist alphabetisch, doch nach stammen.
JoiiA» Leoxhard Frisch (gebürtig aus Sulzbach in
Baiern) teutsciilateinisches Wörterbuch, nebst einem
register der lateinischen Wörter (wodurch sich also
das frühere Verhältnis umdreht), Berlin 1741 in zwei
quartanten von 6S0 und 489 enggedruckten seiten,
kann das erste gelehrte deutsche wörterbucii heiszen,
da es nicht wie die vorhergehenden, aus der mundart
einer bestimmten gegend gesammelt und wiederum
nachgeschrieben ist, sondern mit weiter umsiciit ferner
liegende Urkunden, Chroniken und gedichle zu rathe
zieht und grüudhche, besonnene Wortableitungen auf-
stellt, es enthält einen waiiren schätz von früher un-
beachteten und auch später nur aus ihm zu entneh-
menden naciirichten, weslialb es nicht veiahete und
noch heute häufiger gebraucht und nachgesehn wer-
den musz als die folgenden, ihm an fülle des stofs
überlegenen werke.
Versuch eines vollslän«ügen grammatisrhkritischen
Wörterbuches der hocbdeutschen mundart mit bestän-
diger vergleichung der oberdeutschen, erster theil
Leipzig 1774, zweiler 1775, dritter 1777, vierler
1780, fünfter 1786, der name des Verfassers, Johajo
Ghri.stoph Adelcng, steht nicht einmal auf den titeln,
txai
XXIV
nur am Schlüsse der vorrede, die zweite ausgäbe lau-
tet: grammatisch kritisches Wörterbuch der hochdeut-
schen spräche u. s. w. von Johann Christoph Adelung
theil 1 — 4. Leipzig 1793 — 1801, fünften odersupple-
mentbandes erstes heft, Berlin 1818, nach des Verfassers
tode erschienen und nicht weiter fortgesetzt, werthlos
ist ein zu Prag 1821 anonym heraus gekommner anhang.
Nach Gottscheds tode ( 1766), der kurz vorher noch
unbefriedigende proben eines umfassenden deutschen
Wörterbuchs hatte ausgehen lassen, wurde Adelung da-
für gewonnen und arbeitete in der nächsten zeit daran
unermüdlich, man darf annehmen, dasz es die ganzen
siebziger jähre hindurch seine volle kraft erforderte ; die
zweite in den neunzigern erscheinende ausgäbe kostete
hernach geringern aufwand, sie steht sogar wegen
mancher durch andere zusätze unaufgewognen auslas-
sungen hinter der ersten, und in der Sprachforschung
gilt nicht weiter zu schreiten sondern still zu stehn fast
einem rückschritt gleich.
Die erste ausgäbe nannte der bescheidne, unendUcher
mühe sich bewusle mann einen versuch, es ist nicht
zu verkennen, ein so durchgearbeitetes und beharrlich
ausgeführtes werk über die deutsche spräche war noch
nicht vorhanden und konnte des günstigsten eindrucks
nicht verfehlen, seine stürke lag in dem bei aller ent-
haltsamkeit durch grosze Ordnung reich aufgespei-
cherten, jede vorausgegangne samliing übertreffenden
Wortvorrat, dann in ruhiger, umsichtiger, mit wolge-
wählten beispielen ausgestatteter, obschon breiter ent-
faltung der bedeutungen. alles trägt das gepräge einer
ungestörten, gleichmäszigen arbeit, die bald so hoch
stieg als sie steigen konnte, und auf die der phantasie
gar kein einflusz gestattet war.
Die vorher nur in Stielers register sichtbare, von
Steinbach und Frisch wieder aufgeopferte strengalpha-
betische folge blieb nun gehandhabt und liesz alle ihre
vortheile gewahren ; doch das erste gebot eines Wör-
terbuchs, die unparteiische Zulassung und pflege aller
ausdrücke muste einer falschen ansieht weichen, die
Adelung von der natur unserer Schriftsprache gefaszt
hatte, nur ein in Obersachsen verfeinertes hochdeutsch,
gleichsam die hofsprache der gelehrsamkeit, meinte er,
dürfe den ton anstimmen, und wenn es auch keinqn ein-
zigen classischen Schriftsteller dafür gebe : denn selbst
Gellert, der reinste den wir aufweisen können, habe
seine meisznische provinziahsmen. aus dem erhabnen
sinke die spräche in das edle, aus dem edlen in das trau-
liche, dann aber in das niedrige und pöbelhafte herab ;
das pöbelhafte liege tief unter dem horizont des Sprach-
forschers, der das niedrige nur dem komischen zu ge-
fallen beachte : dessen habe in der ersten liitze das
Wörterbuch noch zu viel aufgenommen, das Wörter-
buch sei auch kein glossar und müsse sparsam tliun
mit veralteten Wörtern, manches von Opitz oder Lo-
GAü werde blosz zur Warnung beigebracht, und Lu-
thers hibelsprache, die sich erst allmälich der ober-
deutschen härte entwunden habe, stehe d(T rcinhoch-
deutschen ilbersetzung von Michaelis nach.
Wie sticht von solchen gnindsälzen die dem ersten
bände des wörlerbuchs angehängte prcisschrift Fuldas
ab, der allenliialben frische blicke in den bau und die
geschichte unserer spräche wirft, dem der pöbel ein
archiv des alterthums ist. wie muste aber die dauernde
unempfänglichkeit Adelungs für den von ihm voll er-
lebten aufschwung deutscher poesie dichterisch ge-
stimmten zuwider sein, die es mit ansahen, dasz er auch
die zweite ausgäbe seines Wörterbuchs nicht zu be-
reichern verstand aus dem was alle begeisterte, den
lange verhaltnen tadel sprach endlich Voss treflend und
bitter aus, dennoch ungerecht, weil ihm die anerken-
nung dessen abgieng, was in engem, freiwillig gesteck-
tem befang mit reichem, allen nützendem ertrag ge-
erntet worden war. in der hteratur des 16. 17 jh. war
Voss bewanderter als Adelung, für die ältere spräche
läszt beider künde das meiste zu wünschen übrig, und
übel angebracht scheint die rüge, aus der für den rü-
genden fast eine höhere entspringen mag. um ein
beispiel des Schadens anzuführen, den diese unkunde
nach sich zieht, Adelung wüste nicht im nhd. e das
mhd. ß und e, im nhd. ei nicht das mhd. i und ei zu
unterscheiden, bei Wörtern also wie bescheren oder
schwellen, wie schleifen und bescheinen sah er nie-
mals auf den grund, und dieser mangel zieht durchs
ganze buch, das ist nur (5in gebrechen und an ähnli-
chen schlimmeren leidet es oft genug, es durfte doch
noch manchen windstosz an sich vorüber streichen
lassen, bevor es zu boden gesunken wäre ; es wird
auch in zukunft noch lange zeit aufrecht stehn blei-
ben und von den forschenden zu rath gezogen werden.
Bald nach beendigung der zweiten ausgäbe Adelungs,
und auf lang gepflogne vorarbeiten erschien Joachim
Heinrich Campes Wörterbuch der deutschen spräche,
Braunschweig 1807 — 1811 in fünf quartanten. ein
schwerfälliges, tief unter dem seines Vorgängers ste-
hendes werk, hervorgerufen durch die begierde die bei
Adelung fehlenden, jetzt in der alphabetischen anord-
nung leicht erkennbaren Wörter nachzutragen und
einem unverständigen purismus huldigend alle frem-
den Wörter aus der spräche zu tilgen, bei Adelung
war alles aus einem gusz und reiflich erwogen, hier
grifien neben Campe selbst noch zwei mitarbeiter ver-
schiedner arl und berähigung ein und strebten in aller
hast ein Wörterbuch anzuschwellen, das der gelehr-
samkeit entraten konnte, da alle etymologien als un-
nütze spreu verworfen wurden, und die 'in jeder mi-
nule kreiszende und gebärende spräche' dem haschen-
den, nicht dem sliflemsigen samlerfleisz unablässigen
Vorschub ihat. am schlusz des fünften bandes, als nach-
gezählt wurde, fand sich, dasz Adelungs zweite ver-
mehrte ausgäbe nur 55181 artikel, das neue werk
141277 enthalte, wozu sich eine unabsehbare reihe
von nachtragen erwarten liesz, weil dem Überschlag
zufolge (vorr. zu band 1 seile IX) 'jede ostermesse in
ihren büchern sicher ein paar lausend Wörter bringe,
die in den voUsländigsten wörlerbUchern fehlen', ein
glück, dasz diese nachtrage nie erschienen sind, durch
das hauptwerk schon stand die Überschwemmung hoch
genug.
In Wahrheit auf die frage nach dem Zuwachs musz
man antworten, dasz manche der von Adelung ver-
säumten Wörter nachgeholt sind und in dem von allen
seilen heran geführten schult einzelne gute körnor
stecken können, für deren alphabetische aufstcllung
gedankt werden darf; doch ist weder die ältere noch
XIV
XXVI
die neuste literatur planmäszig und genau eingetragen,
häufige druckfehler entstellen die meisten auszüge. die
vortretende masse besteht aber in nichts als Zusam-
mensetzungen, und wederum meistens imeigenthchen,
deren die art und weise unserer spräche zahllose rei-
hen bilden laszt. blieben die einem folgenden wort
sich anhängenden partikeln und genitive los und frei,
wie sie die ältere syntax betrachtet, an dem platz, den
sie in der rede einnehmen ; so hätte das Wörterbuch
ihrer nur bei den einfachen Wörtern zu gedenken an-
lasz, nicht aber composita anzusetzen, zu denen sie der
Sprachgebrauch alknälich verknöchert, man kann den
gen. herzens oder leibes, und so fast jeden andern, einer
unzahl von Substantiven oder adjectiven voraussenden,
mit welchen sie nun zusammengesetzt erscheinen,
während in gleicher läge das lateinische cordis und
corporis stets unangeheftet bleibt ; die aufzählung sol-
cher Zusammensetzungen im Wörterbuch zeugt von kei-
nem reichthum unserer spräche, blosz von einem zwang,
der ihrer sv-ntax angethan wird, für die partikeln stellt
sich die sache etwas anders ; unleugbar wäre der Will-
kür thür und thor eröfnet, wenn es verstattet sein sollte,
dasz alle und jede den einfachen Wörtern in allen denk-
baren bezügen vorträten : die spräche würde dann einem
unnatürlichen bäum gleichen, an dem sich alle äste,
zweige und blätter nach jeder seite hin entwickelt hät-
ten, mit der analogie ist der Sprachforschung ein weit-
reichendes gesetz verheben, doch in den ausnahmen
und abweichungen von ihr bergen sich wiederum re-
geln, denen man gerecht werden soll, die partikel auf
z. b. vermögen wir vor jedes einen lauten schall aus-
drückende verbum in dem sinn zu setzen, dasz dadurch
ein wecken aus dem schlafe bezeichnet werden soll :
aufl)ellen aufbimmeln aufblasen aufdonnern aufgeigen
aufläuten aufposaunen aufschreien aufsingen auftrom-
meln auftrompeten auftuten und so weiter; es wird
hinreichen einzelne derselben im Wörterbuch mit gu-
ten beispielen, die sich darbieten, anzugeben und der
erschöpfenden durchführung zu entsagen, denn auch
hier macht sich ein recht des Sprachgebrauchs geltend,
der eine solche bedeutungweisUch meidet, wenn be-
reits eine andere mit derselben partikel geläufig ist, wie
aufgeigen gewöhnlich ausdrückt hergeigen, folglich für
aufwecken mit der geige nur da gesagt werden kann,
wo es ein bestimmter Zusammenhang gestattet, eben-
sowenig misbrauchen läszt sich das privative aus, wie
sp. 821 angemerkt ist, und dieselbe vorsieht musz für
alle andern partikeln angewandt werden. Ich behaupte
nicht, dasz die Verfasser des campischen Wörterbuchs
alle möglichen partikelcomposita hinstellen wollten,
was zu den unausführbarsten , fruchtlosesten dingen
würde gehört haben ; allein es genügt ihnen für viele
derselben entweder der baren analogie zu folgen oder
einen beleg vorzuschützen , der den lebendigen Ur-
sprung der Zusammensetzung zu bezeugen unfähig ist.
um die vorläufig unnütze aufführung von ausdrücken
wie ahnäseln, abnecken, abnicken u. s. w., die seinen
räum einnehmen, wird das Wörterbuch niemand nei-
den : nicht alle scheinen unzulässig, doch sie fallen
verdrieszlich , solange ihnen die rechte beglaubigung
abgeht und ein groszer theil derselben erregt zweifei.
Hinzugenommen, dasz Campe auszer dieser sucht der
Vervielfachung und Übertreibung aller ableitungs und
Zusammensetzungstriebe der deutschen spräche einem
unleidlichen purismus huldigt, von dem sogleich mehr
gesagt werden soll, dasz er dagegen versäumt hat die
in unserer literatur zunächst hegenden und gebotenen
ergänzungen des adelungischen werkes gebührend auf-
zubringen, so wird man sich schwer dazu verstehen,
das seinige für wahrhaft brauchbar und unsere spräche
fördernd zu erklären, die den Wörtern vorgesetzten
unpractischen zeichen verdienen sicher keine nachah-
mung und tragen nur dazu bei, die leblosigkeit, an der
das buch ohnehin leidet, noch zu mehren.
Der übrigen seit Adelogs zeit erschienenen deut-
schen Wörterbücher, handwörterbücher, gesamtwör-
terbücher von Moritz, Hei>siüs, Hetse, Kaltschmidt
und wie sie weiter heiszen, ausführhch zu erwähnen
ist keine nolh. sie sind verschiedner art und anläge,
in wolmeinender absieht unternommen und theUweise
mit geschick bearbeitet ; allein ich trage bedenken, ob
irgend ein einziges unter ihnen der spräche selbst wah-
ren und dauerhaften dienst geleistet halie. sie gehen
darauf aus und halten für bedürfois, die bisherige errun-
genschaft immer umzuschreiben, auszuziehen und abzu-
kürzen, statt sie zu erhöhen und zu steigern, den ein-
gang zum Schacht finden sie nicht oder lassen ihn ver-
sanden, eine weile brach zu liegen hätte dem groszen
wortacker besser gethan, als dasz, während die pflü-
ger ausbheben, viele filsze auf seiner Oberfläche sich
tummelten und sie fest traten.
6. Fremde Wörter.
Alle sprachen, solange sie gesund sind, haben einen
naturtrieb, das fremde von sich abzuhalten und wo sein
eindrang erfolgte, es wieder auszustoszen, wenigstens
mit den heimischen eleraenten auszugleichen, keine
spräche war aller entfaltungen der laute mächtig und
den beiseite liegenden weicht sie aus, weil sie sich da-
durch gestört empfindet, dem Hochdeutschen ist zu-
wider statt laub und liebe zu vernehmen loof und leeve,
aber der Niederdeutsche hat gegen jene formen ein
ähnliches gefühl. was schon von den lauten, gilt noch
mehr von den Worten.
Fällt von ungefähr ein fremdes wort in den brunnen
einer spraclie, so wird es solange darin umgetrieben,
bis es ihre färbe annimmt und seiner fremden art zum
trotze wie ein heimisches aussieht, das zeigt sich vor-
zugsweise an einer menge von Ortsnamen, aber auch
an andern Wörtern : abenteuer , armbrust , eichhorn
khngen vollkommen deutsch, obgleich sie nicht das ge-
ringste mit den Vorstellungen abend theuer ann brüst
eiche hörn zu schaflen haben, es liegt nichts daran
was sie zu bedeuten scheinen, jeder weisz was sie wirk-
hch ausdrücken und unsere klänge werden nicht von
ihnen getrübt, auch echtdeutsche aber dunkel ge-
wordne ausdrücke müssen sich gefallen lassen auf ähn-
liche w^eise deutlicher, wenn schon sinnlos zu wer-
den, wie aus moltwnrf, seit man es misverstand, maul-
wiirf gemacht wurde.
Durch das christenlhum, die lateinische gelehrsara-
keit und den nachbarlichen verkehr drangen fremde
Wörter haufenweise vor. für einige gab es gute ja
kühne Verdeutschungen, wie taufe, sünde, hölle, ostem.
weit mehrere wurden beibehalten und zugestutzt, z. b.
XXVII
XXVIII
engel, teufel, priester, altar, pfeiler, kreuz, nalur, körper,
fenster ; aus pyrethrura ward bertrara, aus peregrinus
pilgrim oder pilgrara, aus podagra podagram. die as-
similalion war dann am stärksten, wenn ihnen auch
unsere eigenthilinliclie flexion zu theil wurde, z. b.
den Wörtern schreiben und preisen der ablaut schrieb,
pries.
Zur annähme fremder Wörter bewog unser alter-
Ihum nicht nur ihr fesler Zusammenhang mit der Über-
lieferung der kirche und schule, neben einer ins äuge
fallenden Übereinkunft der urverwandten, sondern auch
ihre zier und beholfenheit, oder träge Versäumnis sich
in der eignen spräche nach einem ihnen entsprechen-
den ausdruck umzusehen.
Allmälich begann jener Widerwille gegen den frem-
den laut sich abzustumpfen und in ein pedantisches bei-
behalten seiner vollen ausspräche umzudrehen ; auf die-
sem standpunct sank das gefilhl für die eigne spräche
noch mehr und den fremden Wörtern wurde der zu-
tritt ohne noth erleichtert : man suchte nun eine ehre
darin, das heimische aufzugeben und das fremde an
dessen stelle zu setzen.
Es ist pflicht der Sprachforschung und zumal eines
deutschen Wörterbuchs dem maszlosen und unberech-
tigten vordrang des fremden widerstand zu leisten und
einen unterschied fest zu halten zwischen zwei ganz
von einander abstehenden galtungen ausländischer Wör-
ter, wenn auch ihre grenze hin und wieder sich verläuft.
Unmögbch wäre die ausschlieszung aller solcher,
die im boden unsrer spräche längst wurzel gefaszt und
aus ihr neue sprossen gelrieben haben, sie sind durch
vielfache ableitung und Zusammensetzung mit der deut-
schen rede so verwachsen, dasz wir ihrer nicht ent-
behren können, dahin gehören z. b. die namen aller
aus der fremde in das land geführten thiere und ge-
wächse, für die es kein deutsches wort gibt, wer würde
der benennung rose, röschen, viole, veilchen entsagen?
dahin fallen die seit tausend jähren deutsch gewordnen
ausdrücke wie fenster, kammer, tempel, pforle, schule,
kaiser, meister, arzl, deren einheimischer name, wenn
er vorhanden war, verschollen oder durch den frem-
den näher bestimmt ist. meistenlheils, obgleich nicht
durchgehends, wird für fremde substantiva die bildung
von diminutiven oder die Zusammensetzung mit lieh
(minder die ableitung auf isch) merkmal ihrer zulässig-
keil und einbürgerung, so z. b. musten appelit und
das sehr gut gebildete appetitlich (franz. appdlissanl)
stehn bleiben, dem nichts anderes genau entspräche
(denn das ahd. lustlih ist veraltet) und schon Mü>ster
imd Fischart verwenden sie beide unbedenklich : auch
fehlen sie nicht bei Adelung, wol aber bei Campe (der
noch lüstlich hat).
Dagegen enthält das deutsche Wörterbuch sich einer
menge anderer aus der griechischen, lateinischen, fran-
zösischen spräche oder sonsther entlehnten ausdrücke,
deren gebrauch unter uns überhand genommen hat
oder gestallel wurde, ohne dasz sie für eingetrctnc in
unsere spräche gellen können, sie haben wol versucht
sicii einzunisten und eine stelle zu bcsctlzen, die noch
öden sland, oder aus der sie sclion ein lieiniisrhcs wort
verjagten ; doch ist ilmen ungclungcn eigentlich sich an-
zubauen, ihr aufcnlhall scheint in vielen Hillen gleich-
sam ein vorübergehender und man wird, sobald ein-
mal das natürliche wort den gebührenden räum ge-
wonnen hat, sie gar nicht vermissen, solche fremde
ausdrücke kommen uns zwar täglich in den mund, gehn
aber die deutsche rede nichts an, insofern sie andere,
gleichgute bereits besitzt oder die in ihnen enthaltnen
Vorstellungen nicht zu bezeichnen anstrebt, für wel-
chen zweck sollte sie z. b. die grosze zahl ausländi-
scher in gärten oder treibhäuseraufgenommncrblumen-
namen wieder geben? man beläszt es beim lateinischen
kunstwort. andere rücken uns freilich näher, das le-
ben verwendet fremde Wörter in Wissenschaft und
schule, im krieg und frieden, im gemeinen umgang
so viele, dasz man sich oft nur mit ihnen leicht ver-
ständlich macht und ohne sie befahren musz misver-
standen zu werden. Wie der stolz auf unsre eigne
spräche, der ofl noch schlummert, einmal heller wacht
und die bekannlschaft mit allen mittein Avächst, welche
sie selbst uns darreicht, um noch bezeichnendere und
uns angemessenere ausdrücke zu gewinnen, wird auch
die anwendung der fremden weichen und beschränkt
werden, so hat die unzahl der verba auf ieren, mit de-
nen alsobald jeder französische infinitiv deutsch wer-
den kann und die im vorigen Jahrhundert allenthalben
unsere rede verunzierten, sich auf viel wenigere zurück
geführt und dasz alle schwänden, wäre auch nicht zu
wünschen. Man darf überhaupt nicht vergessen, dasz
es keineswegs die mitte des volks ist, die das fremde
in unsere spräche heran schwemmte, vielmehr dasz es
ihr zugeführt wurde durch die dem ausländischen brauch
huldigenden fürstenhöfe , durch den steifen und un-
deutschen Stil der behörden, kanzleien und gerichte, so
wie durch das bestreben aller Wissenschaften ihre kunst-
ausdrücke den fremden zu bequemen oder diesen den
rang vor jedem eignen wort zu lassen.
Dieser ausländorei und sprachmengung soll das Wör-
terbuch keinen Vorschub, sondern will ihr allen redli-
chen abbruch thun, gellissenllich aber auch die abwege
meiden, auf welche von unberufenen sprachreinigern
gelenkt worden ist. ohne an der schönheil und fülle
unserer spräche selbst wahre freude zu empfinden,
strebt dieser ärgerliche purismus das fremde, wo er
seiner nur gewahren kann, feindlich zu verfolgen und
zu tilgen , mit plumpem hammerschlag schmiedet er
seine untauglichen wallen, das was, ihm völlig unbe-
wust, die spräche längst schon hatte, oder was sie zum
gröszten theil noch nicht einmal in sich aufzunehmen
begehrt, will er ihr im umgewandten kleide gewaltsam
anziehen und einverleiben, vor lauter bäumen sieht er
den wald nicht, ohne sonderliche mühe lassen sich
werthlose und ungeweihle zusanimenselziingen schwei-
szen, deren begrif dem leichten und ungezwungnen
ausdruck, den sie wiedergeben sollen, kaum auf halben
weg nahe kommt, und die doch immer das doppelte
von buchslaben oder silben dafür aufwenden müssen.
Cami'k will lehrbole für aposlel, spangenhaken für
agralle, als ob nicht das einfache hole und spange aus-
reichten; maskerade verdeiilscht er durch larvenlanz,
da doch larve selbst fremd, lanz die dorn ausländ wie-
der abgewonnene form eines heimischen worlcs ist,
das schlimmste wäre, dasz in maschera und maske
gleichfalls ein deutsches worl, wie es allen anschein
^■^
XXIX
hat, versteckt läge, es klingt, aber ist nicht deutsch,
wenn man für oper singeschauspiel, fürfa^ade antlilz-
seile (wie nahe gelegen hätte wieder das einfache stirne)
empfehlen hürt.
7. Eigennamen.
Man hat ilbel vermerkt und getadelt, dasz dies Wör-
terbuch die deutschen eigennamen übergehe, kein ta-
dcl könnte von geringerer sachkunde zeugen, ich musz
aber, wenn ich mich auf den gegenständ einlasse, die
örtlichen namen von den persönlichen unterscheiden.
Namen der länder, slädte, flecken, dörfer, höfe,
ströme, fliisse, bäche, berge, thäler, gründe, hügel,
felder und wälder gibt es eine grosze menge, und da
die samlung tiefer hätte eindringen müssen, als es die
zu gebot stehenden geographischen Wörterbücher thun,
so würde daraus ein belrächllicher anwachs des slofs
hervorgegangen sein, sicher hat die kentnis und deu-
lung solcher namen auch für die übrige spräche au-
szerordentlichen werlh, wenn ihnen nicht eine haupt-
schwicrigkeit im wege stünde, diese Ortsnamen sind
zu verschiednen zeiten entsprungen und manche von
ilmen reichen über die einwanderung des deutscheu
Volks in unsre gegenden hinaus ; fragt es 'sich nach
keltischen und römischen Überbleibseln auf deutschem
gebiet, so stehn sie am ersten in den örtlichen benen-
nungen vorzuweisen, noch mehr, in den meisten deut-
schen landslrichen liabcn die volksstämme nach ver-
schiedenheil der zeit gewechselt, die weichenden oder
verdrängten aber wiederum den einzelnen örtern die
eigenheit ihrer mundart aufgedrückt, hieraus flieszt,
dasz die aufzäblung der Ortsnamen mit gröszerm erfolg
einem mhd. oder ahd. Wörterbuch zu überweisen sein
würde, als einem nhd., unter dessen Wörtern ihre wenn
gleich vielfach erneuerten bildungen ein fremdartiges
ansehen haben müsten. ist aber künftig einmal, am
besten in einem besonderen werk, ihre genaue Unter-
suchung gediehen und vorgeschritten, so wird das nhd.
Wörterbuch erheblicheren gewinn daraus zu ziehen im
Stande sein, als er in einzelnen Tällen jetzt schon gezo-
gen werden könnte.
An dem was wir heute vornaraen der leule nennen,
ist die nhd. spräche auszerordenllich arm. was hätte
geholfen, fünfzig oder hundert deutsche namen, einen
traurigen rcst des unendlichen reichthums unsrer Vor-
zeit hier zu verzeichnen? den fremden und ausländi-
schen, grösztentlieils biblischen, deren zahl sich unge-
fähr ebenso hoch belaufen mag, wäre der eingang ver-
schlossen geblieben, von den deutschen selbst gilt
aber wieder die eben für die Ortsnamen gemachte be-
merkung, auch unsere personcnnamen sind aus ver-
schiednen Stämmen her erwachsen und verbreitet wor-
den und z. b. Siegfried an andrer stelle als Gustav ent-
sjirungen, Conrad an andrer als F'erdinaiid ; ihre prü-
fnng fällt auszerlialb des engen kreises eines niid. Wör-
terbuchs, obwol jünger als jene am boden selbst haf-
tenden Ortsnamen, weichen sie dennoch sehr weit in
die vorzcit zurück, das allertiium zählte sie nicht zu
hundcrten, sondern zu vielen tausenden, deren blosze
samlung, wenn sie alle formen und Verschiedenheiten
umfassen soll, mehr als einen band forderte und erst
aus ihrer Vollständigkeit wahrhaft belehl werden würde :
sie wird in einer eignen sandung einmal ungeahntes
XXX
licht auf alle theile und zeiten unserer spräche sprei-
ten, ins Wörterbuch gehören blosz einige hypokoristi-
sche formen wie Benz, Kuuz, Heinz, Götz u. a., die nä-
her auf die eigentbümlicbkeit der heutigen spräche ein-
flieszen. alles übrige war abzulehnen geboten.
Die späteren zunamen oder geschlechlsnamen end-
lich, insofern sie aus gangbaren Wörtern, Substantiven
oder adjectiven gebddet werden, sind wenig lehrreich ;
sehr viele bestehen aber aus Ortsnamen, vor welchen
der Sprachgebrauch den persönlichen bezug wegliesz,
z. b. Vogehveide, Keisersberg, Werder, Diefenbach be-
zeichnen den von der Vogehveide , vom Keisersberg,
von dem Werder, vom Diefenbach. das letzte beispiel
läszt erkennen, wie schwer es fallen würde, solche aus
allen mundarten abstammenden namen in ein nhd. Wör-
terbuch einzutragen, welchem nur Tiefenbach gemäsz
wäre, ein niederdeutsches Depenbeke fremd. Diefen-
bach aber stimmt zu Otfrieds spräche, der diaf oder
diof schrieb, im passional steht tief, es tritt also reiche
manigfaltigkeit der formen ein, auf die sorgfältig acht
zu geben ist.
8. Sprache der hirten, Jäger, Vogelsteller, fischer
u. s. w.
Ich bin eifrig allen Wörtern der ältesten stände des
volks nach gegangen, in der sicher begründeten mei-
nung, dasz sie für geschichte der spräche und sitte die
ergibigste ausbeute gewähren, das meiste aus dem
hirtenleben der vorzeit musz auf den alpen der Schweiz
und Tirols so wie auf den steirischen zu suchen sein,
Stalder und Schmeller enthalten schätzbare, doch
nicht genügende nachrichten ; wer mir noch andere
zuwenden wollte, würde mich zu lebhaftem danke ver-
pflichten, auch alle redensarten des Weidmanns, falk-
ners und Voglers ziehen an durch frische und natür-
lichkeit (vgl. anfallen, anfliegen, antreten, auftreiben,
bestätigen), sie reichen gleichfalls in hohes alterlhum
(vgl. neu für schnee) und verlangen aufmerksamste
rücksicht ; ärmer scheint die spräche des fischers, der
etwas von der stummheit der thiere angenommen hat,
denen er nachstellt, desto lebendiger musz das scbif-
ferleben sein, doch die nhd. mundart bietet nur einen
kleinen vorrat von Wörtern aus seinem kreis an band,
aus N'iederdeutscbland und den Niederlanden sind all-
mälich fast alle Wörter der schiflart entliehen worden,
statt deren unsere frühere zeit manche abweichende,
eigene besessen haben wird, gleich andern niederdeut-
schen ausdrücken durften aber auch die meisten see-
männischen keinen eingang ins Wörterbuch finden, und
BouKiK wird einsehen, dasz mir sein nautisches Wör-
terbuch und Nem.mchs samlungen wenig oder nichts
halfen ; in Kosegartexs schickt sich dieser vorrat sciion
besser. Was mir von hülfsmilteln für die spräche der
winzer, die ich gern genau erforscht hätte, zu gebot
stand, erleichterte die darauf gewandte arbeit nicht;
zu beklagen ist, dasz auch die bergmannssprache, die
schon seit Georg Agricola und Mathesics reiches ma-
terial darbietet, noch unerschöpfend und ohne gelehrte
erläutcrung, deren sie bedürfte, zusammengestellt ist.
Besser gesorgt wurde für die eigcnthündichen Wörter
der bienenzucht und des gartenbaus, wie der feldhe-
slellung insgemein, die sich weniger absondern und der
allgemeinen künde unentzogcn sintI, was auch von den
XXXI
XXXII
handwerkeru gilt, auf deren spräche schon Adelung
fleiszig geachtet hat. Der kochhücher und arzneibil-
cher gibt es von früher zeit an viele und darunter für
die Sprachforschung sehr reichhaltige und diensamc.
die bunt gemischte, doch manche deutsche bestand-
theile in sich haltende rotwelsche spräche oder die der
bettler, diebe und gauner hat man vielfach und in neuer
zeit am genügendsten gesammelt ; der des alten kriegs-
wesens wäre eine besondere Untersuchung zu wün-
schen, sie schlieszt sich in manchem an den alten ritter-
stand, aber auch an die Jäger an.
In unsern gelehrten ständen, als solchen wohnt heute
keine eigenthümliche übung und ausbildung deutscher
spräche mehr, die geistliche beredsamkeit steht ganz
unter dem gesetz des allgemeinen fortschritts der sprä-
che überhaupt und hat sich selbst in Sprüchen und gc-
sängen ihrer alten kraft meistisns enläuszert; doch
dauert unter geistlichen der protestantischen wie ka-
tholischen kirche eine löbhche neigung auf die Volks-
sprache zu achten und sie zu sammeln, bei den rechts-
gelehrten sind fast alle spuren einer noch bis ins 15
und 16 jh. lebendigen, zuletzt in den formularen und
rhetoriken niedergelegten Überlieferung der alten, rei-
chen gericiitssprache getilgt ; die gegenwärtige rechts-
sprache erscheint ungesund und saftlos, mit römischer
terminologie hart überladen.
Lange zeit hindurch hatte kein andrer stand dem an-
bau der deutschen spräche stärker angehangen als die
Urzte, sei es, dasz die heimische benennung der krank-
heiten oder der heilmittel, voraus aller kräuter und
thiere sie dazu anregte ; angenehm fällt es auf, wie
seit erfindung der druckerei hauptsächhch ärzte der
Verdeutschung fremder bücher oblagen (man denke an
Steinhöwel, Wirsung u. a. ra.), wie Conrad Gesner
auf das deutsche drang und Paracelsus des deutschen
mächtig war; die Verfasser unserer ältesten Wörter-
bücher waren ärzte oder nalurforscher, Dasypodius,
IIenisch, Steinbach und Frisch. Ettner, ein Augsbur-
ger arzt, führt in seinen beleibten Schriften mitten in
die zwar steif und geschmacklos gewordne, doch noch
mancher alten Wörter mächtige spräche des 1 7 jh. fast
am getreusten ein. heute wie sonst könnten ärzte
durch ihren regen verkehr mit menschen aller art, von
denen sie die natürlichsten dinge hören, den umfang
der spräche genau erkunden und an der einfachen
darstellung des Hippokrates sich ein muster nehmen,
wie man krankheiten für die kunst und zugleich das le-
ben lehrreich erzählen müsse ; doch weisz ich kein bei-
spiel eines Sprachforschers unter ihnen seit den letz-
ten hundert jähren, die durchgedrungnen lateinisch-
griechischen kunstwörter hindern sie noch auf dem
einheimischen felde sich zu bewegen und verleiden es
ihnen, nur die chemie kauderwelscht in latein und
deutsch, aber in Liebigs munde wird sie sprachgewaltig.
Den Philosophen, welche sich des innigen Zusammen-
hangs der Vorstellungen mit den worlen hewust sind,
liegt es nahe in das geheimnis der sjjrachc einzusenken ;
doch wächst ihnen die gewandtheil mehr von innen
und haftet zu sehr in der besonderheil ihrer eignen
natur, als dasz sie des hergebrachten Sprachgebrauchs
eingedenk blieben, von dem sie unhedenkhcii und oft
wieder abweichen, auf ihn unter allen scheint Kant
die meiste rücksicht zu nehmen, dessen lebendige aus-
drucksweise darum, insofern sie dem gebiet der deut-
schen spräche anheim fällt, das Wörterbuch aufzufas-
sen nicht unterlassen hat.
9. Anslöszige Wörter.
Die spräche überhaupt in eine erhabne, edle, trau-
hche, niedrige und pöbelhafte zu unterscheiden taugt
nicht, und Adelung hat damit vielen Wörtern falsche
gewichte angehängt, wie oft verleugnet er den beruf
eines Sprachforschers mit der wiederholten äuszerung :
'diese AVörter sind so niedrig, dasz sie kaum angeführt
zu werden verdienen' und wie mengt er alle diese ar-
ten untereinander, seine definition von liebchen lau-
tet z. b. 'ein nur noch in den niedrigen sprecharten üb-
liches wort eine geliebte persou zu bezeichnen, welche
man auszer der ehe hebet', der mann soll also aufliören
seine frau liebchen zu heiszen. klang ihm denn nicht
Hagedorns
mein liebchen gieng mit mir ins feld
in den obren nach ? das steht in einem bauernhed, und
Göthes . , „. . , ...
ich wollt ich war treu,
mein liebchen stets neu
hatte sie kaum erreicht, doch mädchen, das er unter
magd verweist, gilt ihm für den traulichen ausdruck,
mägdlein für den edlen, wer weisz, welches trauliche
wort ihm nicht gemein, welches gemeine ihm nicht nie-
(trig erschienen wäre, und nehmen nicht auch edle Wör-
ter wie mensch und mannsbild heule niedrigen sinn an?
Mich hat die unmittelbare anwendung der standes-
verhällnisse, wie sie im altdeutschen recht wahrgenom-
men werden, auf die spräche eine einfache trilogie ge-
lehrt, der freie mann steht in der mitte, aus welcher auf
der einen seile der edle sich erhebt, auf der andern der
unfreie herab sinkt, nicht anders steigt aus der das
volle masz des natürlichen redevermögens darstellen-
den freien spräche einerseits die edle, andrerseits die
unfreie, das edle nennen wir auch das höhere, er-
habne, feine ; das unfreie auch das niedrige (bas lan-
gagc), platte, gemeine, bäurische, grobe, derbe, die
natürliche spräche ha> in sich die anläge zu beiden,
dem feinen wie dem groben: aus der edlen spräche
ist der grobe, aus der groben der edle bcstandtheil
entfernt ; das grobe , derbe wird leicht unrein und
schmutzig (sordidum, lurpe), das feine geziert und zim-
pferlich (ornatum, molle), oder auch schlüpfrig (lubri-
cum) erscheinen, wir sahen, wie in der Zusammen-
setzung bauer und bastarl auf jede abarl und das
schlechte angewandt werden, des ausdrucks pöbel-
haft (plebejum) im sinne von bäurisch sollte man sich
eiillialten, seit das volk (populus) und das volksmäszige
als mcrkmal des freien erkannt worden ist.
Die natur hat dem menschen geboten das geschäfl
der Zeugung so wie der onlleernng vor andern zu ber-
gen und die es verrichtenden theile zu hüllen; was
diese innere zucht und scheu verletzt, heiszt unzüch-
tig (obscoenum, wahrscheinlich von cocnum, also in-
quinalum, spurcum). was man aber vor den äugen der
menge meidet, wird man auch ihrem ohr ersparen und
nicht aussprechen.
Das verbot ist jedoch kein absolutes, vielmehr da
jene Verrichtungen selbst natürlich, ja unerläszlich sind
(naturalia non sunt turpia), müssen sie nicht nur insgc-
xxxin
xxxiv
heim genannt, sondern dürfen unter umständen auch
Öffentlich ausgesprochen werden.
Und hier tritt jener unterschied zwischen gezierter
und derber spräche ein. die derbe ist geneigt sich das
nennen unzüchtiger dinge häufig zu gestatten und kein
blatt vor den mund zu nehmen, die feine strebt ihm
imd allem, was darauf nahen oder fernen bezug hat,
auszuweichen oder es verdeckend hervorzuheben, da-
bei kommen nun alle stufen und richtungen der sitte
und des fortschritts der Völker in anschlag. die freie
natur der griechischen spräche und poesie getraute
sich kühn auch in das derbe dement zu greifen ; der
römischen war eine engere schranke gesetzt, lesens-
werth ist ein brief Ciceros (famil. 9, 22). wie steht
die unleugbare, man könnte sagen keusche derbheit der
deutschen hteratur des ganzen sechzehnten Jahrhun-
derts ab von der französischen Schlüpfrigkeit, von der
zimpferhchen art unserer heutigen feinen weit, die sich
z. b. scheut ausdrücke wie durchfall oder durchlauf in
den mund zu nehmen und dafür das fremde diarrhöe
lernt, unter welchem der Grieche genau verstand, was
jene deutschen Wörter besagen, ein langer Sprachge-
brauch konnte hinter manchen französischen ausdrü-
cken sogar die derbste grundlage vergessen machen,
2. b. reculer, culbuter, culotte; das ehrhche, uralte
wort hose (franz. chausse) unaussprechhch zu finden
ist überaus albern.
Soll das Wörterbuch die unzüchtigen Wörter in sich
aufnehmen oder sie weglassen? jene handbücher, die
nur fetzen von der spräche geben, können oder müssen
sich ohne zaudern für den ausstosz entscheiden, der
ihnen selbst den schein eines Verdienstes bereiten
mag. man würde sie verantworthch machen dafür,
dasz sie durch aufnähme dessen, was gleich so vie-
lem andern wegbleiben durfte, es absichtUch ausge-
zeichnet hätten.
Das Wörterbuch, will es seines namens werth sein,
ist nicht da um Wörter zu verschweigen, sondern um
sie vorzubringen, es unterdrückt kein ungefälhges
wörtchen, keine einzige wirklich in der spräche le-
bende form, geschweige reihen von benennungen, die
seit uralter zeit bestanden haben, fortbeslehu und dem
was in der natur vorhanden ist nothwendig beigelegt
werden, so wenig man andere natürliche dinge, die
uns oft beschwerlich fallen, auszutilgen vermöchte,
darf man solche ausdrücke wegschaffen.
Keiner würde daran denken, aus einem griechischen
oder lateinischen Wörterbuch, das den ganzen Sprach-
schatz befaszt, sie zu entfernen und bei Heinrich Ste-
PHAsus, bei FoRCELLiM mangelt kein obscoenes wort,
dessen man in den quellen habhaft wurde. Wie in an-
dern strecken des Sprachgebiets bricht auch auf dieser
die entschiedenste unerwandtschaft vor, es ist auch hier
pemeingut fast aller einschlagenden Völker (vgl. sp.
1 560 und skr. mih, lat. mejere, mingere mit ags. mt-
pan, wozu goth. maihstus, nhd. mist, ags. meox, engl,
mixen), der Sprachvergleichung überhaupt wie der
volleren kenntnis des Zusammenhangs aller deutschen
roundarten untereinander entgienge also durch uner-
laubte beschränkung dieses wortvorrats, dessen ge-
lehrte behandlung ohnehin den eindruck seiner Unan-
ständigkeit mindert, ein erzürnter Icser söhnt mit dem
anstöszigen worte sich leichter ans, sobald er das ent-
sprechende lateinische oder griechische daneben findet,
nicht selten auch weicht der üble sinn des seinem Ur-
sprung näher geführten ausdrucks und eine edle bedeu-
tung erzeigt sich als die frühere.
Um so unerläszlicher ist es im deutschen Wörterbuch
auch aller dieser Wörter sich zu versichern, da sie aus
den quellen unserer alten spräche geschöpft und von
männem gebraucht sind, die noch mit festeren ner-
ven begabt als die jetzt redenden vor einem kecken,
derben wort nicht zurück bebten, wenn es galt dem
was sie sagen wollten stärke zu verleihen, es ist wahr,
ihre ganze zeit huldigte einer zwanglosen, rohen, unge-
zierten spräche^ die unserm gefühl nach allzuoft sich an
dem schmutzigen weidete ; doch wie verstanden es schon
Keisersberg, Luther, vor allen Fischart, in dem eine
griechische ader flosz, das übermasz zu bändigen ; wo es
ihnen aber gelegen war, hielten sie nicht hinterm berge,
auch noch Göthe hat es wol gefühlt, dasz ein unzarter
ausdruck, da wo er hin gehört nicht erspart sein könne,
es gibt kein wort in der spräche, das nicht irgendwo
das beste v\äre und an seiner rechten stelle, an sich
sind alle Wörter rein und unschuldig, sie gewannen erst
dadurch Zweideutigkeit, dasz sie der Sprachgebrauch
halb von der seite ansieht und verdreht, es wäre oft
auch unmöghch spott, witz, zom, Verachtung, schelte
und fluch anders laut werden zu lassen, als in einem
kühnen wort, das unaufhaltsam über die zunge fährt,
und ein groszes entgienge der fülle und wechselnden
färbung der komischen kraft, wenn sie nicht frei nach
allen seiten greifen dürfte. Aristopha>es hat es gethan,
imd seine Wörter stehn in den glossaren.
Das Wörterbuch ist kein sittenbuch, sondern ein wis-
senschafthches, allen zwecken gerechtes unternehmen,
selbst in der bibel gebricht es nicht an Wörtern, die bei
der feinen gesellschaft verpönt sind, wer an nackten
bildseulen ein ärgemis nimmt oder an den nichts aus-
lassenden wachspraeparaten der anatomie, gehe auch
in diesem sal den misfäUigen Wörtern vorüber und be-
trachte die weit überwiegende mehrzahl der andern.
10. Umfang der quellen.
Es ist gesagt worden, dasz das Wörterbuch sich über
die gesamte hochdeutsche Schriftsprache von der mitte
des fünfzehnten Jahrhunderts an bis auf heute, mit aus-
nähme der eigennamen, und wie sich von selbst ver-
steht des gröszten theils der unter uns umlaufenden
fremdwörter erstrecken solle, die menge der in vier
Jahrhunderten geschriebnen und gedruckten bücher ist
aber unerraeszhch und offenbar kann der aufgestellte
grundsatz nur zu erkennen geben, dasz keinem der zu-
tritt abgeschnitten werde, denn die unmöghchkeit alle
oder nur die meisten, seit dem beginn dieser arbeil,
wirkhch vorzuführen liegt am tage.
Killend sind alle diese werke vollständig verzeich-
net, nicht einmal den geübtesten kennern bekannt, noch
weniger irgendwo zusammen aulbewahrt, nicht nur
aus den beiden ersten, auch aus den letzten Jahrhun-
derten werden viele auf reich ausgestatteten biblio-
theken gar nicht angotroffen. unsere eigne ganz be-
schränkte samlung hat pleichwol den unvermeidlichen
einflusz üben müssen, dasz die von ihr selbst darge-
botnen, längst gebrauchten und vertrauten ausgaben
c
XXXV
XXXVI
den besseren vorgezogen wurden, die anderswo zu er-
langen gewesen wären, es hat uns also verhältnismü-
szig nur ein kleiner theil der ausgedehnten deutschen
hteralur und manchmal in unvoUkommner ausgäbe zu-
gestanden.
Alle genutzten und zugezognen werke sind in einem
beigefügten Verzeichnis angegeben, das bedürfnis scheint
und dessen mittheilung nicht aufgeschoben werden
konnte, obgleich fortwährend andere schriften von
neuem hinzutreten, ob diese in den folgenden bänden
jedesmal nachzutragen oder nach beendigung des gan-
zen Wörterbuchs einem umfassenden hauplverzeich-
nisse einzuverleiben sind, läszt sich gegenwärtig noch
nicht bestimmen, das jetzt gelieferte, wird vorläufig
ausreichen, ist aber dem werke nachlheilig, weil, so
viel darin enthalten sein mag, die groszen lücken un-
verdeckt hervortreten, es war kein ausweg.
Aus manchen der gebrauchten bücher sind aber nur
wenige, aus einigen sogar einzelne stellen entnommen
worden, wie sie sich zufällig oder auch bei absichtli-
chem nachschlagen darboten. Wie hätte die ganze an-
zahl der verzeichneten werke vollständig können ge-
lesen, ausgezogen und eingetragen werden? der dem
Wörterbuch gesteckte räum wäre unabsehUch erwei-
tert und ausgedehnt worden.
Das unthunliche sollte aber auch von anfang an nicht
gethan, sondern der beabsichtigten Vollständigkeit in
ganz anderm sinne nachgestrebt werden, sie kann
nicht in einer lästigen und störenden häufung der stel-
len, nur in der genausten ermittelung aller einzelnen
Wörter begründet sein, denen unkarge, doch gewählte
beweise hinzutreten, wo sie reich flieszen, aber die
dürftigsten angedeihen müssen, wo keine bessere zu
erlangen sind, die fülle der reichen und herschenden
Wörter soll beleuchtet, die unscheinbarkeit der armen
und vergessenen unverachtet bleiben.
Es kam darauf an in jedem Jahrhundert die mächtig-
sten und gewaltigsten zeugen der spräche zu erfassen
und wenigstens ihre gröszten werke in das Wörterbuch
einzutragen. Keisersberg, Luther, Hans Sachs, Fi-
schart, GöTHE waren noch in keinem einzigen nur eini-
germaszen, geschweige reichlich ausgezogen worden,
sie sind auch jetzo unerschöpft, doch der weg ist ge-
bahnt und gezeigt, für Keisersberg, dessen zahlreiche
Schriften selten und von verschiednen herausgebern
bekannt gemacht worden sind, so dasz auch noch deren
verfahren manche Unsicherheit mit sich führt, bleibt
das meiste zu thun übrig. Luthers bibel lag unter al-
len quellen am zugänglichsten und Bindseils eben
erschienene, leider unvollendete ausgäbe, war der
festslellung des textes günstig ; doch hat sie die lesar-
len der vor 1545 erschienenen drucke für die spräche
ungenügend milgetheilt ; Luthers übrige schriften hat-
ten in den Wörterbüchern fast gar keine berücksichti-
gung gefunden. Hans Sachs war immer nur wenig zu
ralhe gezogen und bietet noch reiche nachlesen dar.
FiscHARTs beide für seine Sprachbegabung wicliligslen
werke, Garganlua und der bienenkorb wurden fleiszig
gebraucht ; wo Fischart reime (hebtet, ist seinem geisl
eine fessel angelegt und nur in prosa schwingt er un-
gehemmt die flügel. den vollen gebrauch von Göthes
schriften sicherten glücklicherweise die sorgfältigsten
Vorkehrungen, und besser ist, dasz aus andern vieles
als aus ihm weniges abgehe.
Die gewalt der poesie, die in jeder spräche das meiste
vermag, sollte das Wörterbuch vor äugen stellen, und
wo man es aufschlage zeigt es deutliche und abge-
setzte verse. das ist nicht gleichgültig, sondern we-
sentlich und musz ihm leser gewinnen, denn schon
die Unterbrechung der prosastellen durch gedichte, die
alles verdeutlichen und wie der mond aus den wölken
treten, ist ein unberechenbarer vortheil. auch das wie-
derfinden des früher nachgeschlagnen wird dadurch
mehr als man denken sollte erleichtert. Schon Ade-
lung und Campe verkannten die nothwendigkeit dieser
einrichtung nicht, zogen aber nicht genug gedichte aus.
Linde und Jungmann in ihren musterhaft fleiszigen und
reichhaltigen polnischen und böhmischen Wörterbü-
chern erschweren der poesie den eintritt und lassen
sie wie prosa abdrucken. Was der räum einbüszt, wird
durch die anschauhchkeit zehnfach ersetzt.
Nahe lag der gedanke, gleich beim beginn der arbeit,
für die durchsieht der quellen und anfertigung der aus-
züge hülfe zu suchen : von seilen der Verlagshandlung
wurde nichts unterlassen, um sie genugsam herbeizu-
schaffen und der entspringende beträchtliche kosten-
aufwand bereitwillig gedeckt, auf diesem Avege sind
sehr schätzbare und in der that unentbehrliche sam-
lungen zu stände gekommen, die gleichwol, ungeach-
tet dasz ein genauer plan des Verfahrens entworfen war
und zum gründe gelegt wurde, nach beschan"enheit der
Schriftsteller und nach der ausziehenden anstelligkeit
oder neigung von sehr verschiednein werthe sein mu-
sten. einige auszüge lieszen fast nichts zu wünschen
übrig, andere machten gröszere oder geringere nach-
hülfe nöthig. manche säumten überlang oder blieben
gar aus ; wer sich mit den weitläufligen und verwickel-
ten geschäften eines Wörterbuchs befaszt hat, dem
braucht nicht erst gesagt zu werden, wie schwer es
hält in solchen fällen nachzuholen und den gerissenen
faden wieder anzuknüpfen.
11. Belege.
Wörter verlangen beispiele, die beispiele gewähr,
ohne welche ihre beste kraft verloren gieiige. wie
könnten stellen (loci) heiszen, deren stelle ungenannt
bhebe? der name ihres Urhebers reicht nicht aus, sie
müssen aufgeschlagen werden können ; aus der Icich-
tigkeit dieses nachschlagcns entspringt ein groszer reiz,
denn wie genau auch die belege ausgehoben seien, der
leser hat nicht selten das bedürfnis sie in ihrem voll-
ständigeren Zusammenhang einzusehen : indem er wei-
ter vordringt, findet er dicht neben den beigel)rachten
ausdrücken noch etwas anderes, unmilgellieilt geblie-
benes, wodurch ihm das versländms vollends erschlos-
sen wird, auch in der olassischen philologie ist es
hergebracht die quelle anzuführen, aus der entnommen
wurde, unbelegte citale sind unordentlich zusammen-
gerafte, unbeglaubigte, unbeeidete zeugen.
Freilich bei dem besten willen konnten nicht alle be-
legslellen aufgel)raclit werden und es laufen einige an-
führungen mit unter, denen die bewähriing abgelit. ent-
weder halte der ausziehende ein cilat versäumt, oder es
war abhanden gekommen, oder musle einer ausgäbe, die
augenbhcklich nicht zu gebot stand, entnommen werden.
XXXVII
XXXVIII
In einer ganzen reihe von büchern hat auch die an-
führung ihre eigne Schwierigkeit, nemlich in den mei-
sten des sechzehnten Jahrhunderts, und kein anderes
macht sich dem gebrauch so unbequem, um diese zeit
verschwiegen die Verfasser häufig ihre namen oder leg-
ten sich falsche bei, wählten lange, fast unanfiihrbare
titel, viele werke wurden von fremder band überarbei-
tet, abgekürzt oder erweitert, ohne dasz man für nöthig
hielt davon die geringste rechenschaft abzulegen, zu
dieser freiheit und Unsicherheit stimmt vollkommen,
dasz man bald die blätter, bald die seiten der gedruck-
ten bücher zählte, ja sie gänzhch ungezählt liesz. in
solchem fall bleibt nichts anders übrig, als sich an die
den einzelnen bogen unten aufgedruckten buchstaben
zu hallen und daraus eine lästige, wenn das werk in
mehrere alphabete ausläuft, oft unsichere angäbe zu
gewinnen, denn das zählen der bogen nach blättern
und Seiten veranlaszt Schreibfehler und druckfehler.
Nicht weniger Störung bereitet dem leser die Selten-
heit der älteren werke und die Vervielfachung der aus-
gaben bei neueren, die classiker pflegt man nach buch
und capitel, dichter nach gezählten versen anzuführen
und auch für andere bücher, namentlich die bibel er-
wächst durch die hergebrachte Zählung Sicherheit der
citate. in den neueren werken lassen sich nur längere
und bezilTerte gedichte wie der Messias leicht cilieren,
nicht aber Hermann und Dorothea, und Schauspiele
nach dem act und auftritt anzuführen wird für ein Wör-
terbuch, das kurzer citate bedarf, sowie zum nachschla-
gen bei der länge \ieler auflritte unbequem und unsi-
cher, man kommt also nothwendig darauf zurück nach
}»and und seite zu citieren. ist die zusammenfassende
ausgäbe aller schriflen, wie bei Schiller in ^inen band
gedrängt, so erleichtert dies dem Wörterbuch den ein-
trag, erschwert aber wegen des engen drucks dem
leser das aufschlagen, darum war Göthes dreibändige
ausgäbe hier abzulehnen, und vortheilhaft, die sech-
zigbändige, unter allen die verbreiteteste zu gebrau-
chen, es scheint aber überhaupt bedürfnis, dasz künf-
tige gesamtausgaben der werke unserer ersten dichter
durch Verweisungen am rand oder in beizufügenden re-
gistern bedacht darauf nehmen darzulegen, wie sie sich
zu den früheren, wenigstens zu den wichtigen stellen.
Hin und wieder wird man der belege zu viel ange-
bracht meinen, namentUch aus Luther undGöTHE. doch
jenes einflusz auf die spräche, Göthes macht über sie
müssen reich und anschaulich vorgeführt werden und
selbst in wiederkehrenden redensarten entfaltet jede
Wendung des ausdrucks eignen reiz, unter ahnungs-
voll, unter bethäligen und sonst noch lag es daran, den
warhsthum und tlie befestigung göthischer lieblings-
würter recht zu zeigen, warum hätten auch die ge-
rade zu gebot stehenden beispiele unnütz beiseite ge-
ihan und der stelle entzogen werden sollen, wo sie den
meisten eindruck machen und man sie künftig einmal
zuerst aufsucht? im ganzen sind dieser scheinbaren
Überladungen doch nur wenige. Bei einer menge von
Wörtern geschah die häufung mit allem bedacht, uro
keinen zweifei über ihre ausbreitung zu lassen, so wie
umgekehrt aus der belege Seltenheit die Unbeliebtheit
eines aiisdriicks folgt und dadurch vorbedeutet ist. denn
die belcgstellen sollen niclil allein an und für sich selbst
durch die anziehungskrafl ihres Inhalts gefallen, son-
dern indem sie alle falten der bedeutung eines Wortes
blicken und überschauen lassen, seine ganze geschichte
vortragen, selbst aus den steifsten Schriften, wie
Hahxs reichshistorie oder aus Werders ungelenker
Übersetzung Ariosts, konnten die anführungen nicht
unterbleiben, weil kaum etwas anderes die unbehol-
fenheit der deutschen rede und die pedanterei der sie
im 1 7 und noch zu eingang des 1 S jh. verfallen war,
so sichtbar vor äugen gestellt hätte.
Alle belege aber, wie es beinahe unnöthig zu sagen
ist, drücken durch ihren inhalt lediglich die ansieht des
Schriftstellers aus, von dem sie stammen, sie wollen
zumal in glaubenssachen, deren sie aus dem Zeitalter
der reformation eine grosze menge anrühren, nichts
dogmatisch aufstellen, alles nur geschichthch erläutern,
dasz dabei die protestantische farbung vorherseht folgt
aus der Überlegenheit der protestantischen poesie und
Sprachbildung; es ist doch nirgend versäumt worden
aus kathohschen werken, so viel man ilirer habhaft
werden konnte, allen gewinn zu ziehen, welchen sie
darboten, die aus Lcthers schriflen entnommnen äu-
szerungen über den ablaszkram geben unmöglich ge-
gründeten anstosz, da den greuel des misbrauchs, der
damit getrieben wurde, auch die katholische kirche
selbst eingestanden hat.
12. Terminologie.
Bei den philologen haben sich längst lateinische
kunstwörter eingeführt, die sogar in üblicher abkür-
zung von jedermann verstanden Averden und an denen
ohne nachlheil niemand ändert, wozu in deutschen
oder slavischen Wörterbüchern einheimische ausdrücke
au ihre stelle setzen? diese würden nicht nur Deut-
schen und Slaven -undeutlich sein, sondern auch die
Verbreitung der werke in das ausländ hindern, der
Däne Rask hatte in seinen scliriften dergleichen unbe-
holfne grammatische benennungen massenweise auf-
gebracht, und mehrere Isländec sind wieder mit ab-
weichenden nachgefolgt ; es gilt davon was oben über
die unalphabetischen lautsysteme gesagt wurde: kein
gedächtnis mag sie sich einprägen, sie spuken nur in
den bücheni, die sich selbst durch die nutzlose neue-
rung schaden zubereiteten, obgleich der purismus sich
immer zuerst auf die Verdeutschung dieser ausdrücke
warf, konnte er doch mit seinen vierschrötigen Zusam-
mensetzungen nie etwas ausrichten und die herge-
brachten benennungen kehrten jedesmal an ihre stelle
zurück ; seU)st Campe ist geniUhigt sie fast durchweg
forlbestehn zu lassen.
Mit den buchstaben m. f. n. werden die drei ge-
schlechter auf das einfachste bezeichnet , besser als
durch vorangestellten arlikcl, der den anlaut der Wör-
ter versteckt, ihnen nachfolgend und eingeklammert
ein steifes anschn gewinnt. Niederländer. Schweden,
deren artikel die beiden ersten geschlechter nicht un-
terscheidet, müssen ohnehin dieser bezeichnung ent-
sagen und die wünschenswerlhe gleichförmigkcil eines
grammatischen brauchs geht alsbald verloren, zugleich
heben die drei buchstaben jedesmal auch die stibslan-
tiveigenschafl an sich hervor, da das adjcctiv, aller ge-
schlechtcr fähig, unbezeichnet bleibt. Verschiedenhei-
ten der declination im Wörterbuch anzugeben scheint
XXXIX
unnöthig; jede raerkenswerthe abweichung von der
regel wird besonders angezeigt oder erhellt aus den
beispielen.
Die verbalnatur ist in unserer spräche durch den aus-
gang auf en von selbst bezeichnet, denn wo ihn das
subst. zuweilen hat, dienen jene drei buchstaben diesem
wieder als merkmal. ein activum, passivum, medium
braucht, oder vielmehr vermag nicht geschieden zu
werden, da unsere spräche die beiden letzten formen
gar nicht besitzt, genauer als active und neutrale be-
deutung scheint es aber einander transitive und in-
transitive entgegen zu setzen, welcher beider zusammen
unsere meisten verba befähigt sind, und es kommt dar-
auf an sie in der abhandlung von einander zu halten,
das transitivura zielend, das intransilivum ziellos zu hei-
szen hat kein geschick. nnl. sagt man für jenes be-
drijvend und für dieses onzijdig d. i. uuseitig, unpar-
teiisch, was dem neutrum des nomens gleichkommt,
doch den intransitiven sinn des verbums gar nicht an-
deutet: ein gehender kann sich rechts oder links wen-
den, und schlägt damit nothwendig eine seite ein. nach
dem nnl. Vorgang wurde von einigen versucht das soge-
nannt regelmäszige verbum als ein gleichilieszendes
(gelijkvloeijend), das unregelmäszige als ein ungleich-
flieszendes (ongelijkvloeijend) darzustellen ; da jedoch
die ablaute gerade den gleichsten flusz und die älteste
regel der flexion kundgeben, scheinen diese benennun-
gen auf das übelste gewählt, ihrer Wichtigkeit halben
habe ich den ablauten in der alphabetischen Ordnung
immer eine eigne stelle bewahrt, wodurch sie am sicht-
barsten vortreten, und alles andere ergibt sich aus den
beispielen.
Es schien heUsam dem nom. sg. des schwachen masc.
seinen vocalischen ausgang, der ihm im Organismus
unsrer spräche zusteht, soweit es noch thunUch war,
zu sichern, die nhd. spräche hat die unart, in manchen
Avörtern (z. b. beide rabe wafTe wölke) das auslautende
n zu tilgen, jenem nom. aber ungebührlich zu verlei-
hen, und damit den gleichen schritt, der zwischen den
drei geschlechtern so wie zwischen subst. und adj.
stattfinden musz, zu zerstören, die falschen noraina-
tive balken bogen daumen u. s. w. sind zwar heute,
auch bei den besten Schriftstellern eingerissen ; doch
berscht noch in andern Wörtern die organische gestalt
name häufe same u. s. w. vor, und auch der gen. bal-
kens Irogens daumens kann nicht entscheiden, da und
ob schon namens haufens samens gesagt wird, besser
wäre die mhd. form name gen. namen beibehalten
worden, wie noch böte gen. boten gilt und im adj. der
gute, des guten flectiert wird, die nähere ausfuhrung
geliürt in die grammatik, das Wörterbuch konnte nichts
thun, als durch seine aufstellung die althergebrachte
wortform in ehren zu erhalten.
13. Definitionen.
Schwerer wird es sein, die beifügung lateinischer,
den wortl)egrif erklärender ausdrücke zu rechtfertigen,
so groszen vorscliub ihnen schon die nothwondigkeil der
lateinischen lermimdogie thut. was die eine empfiehlt
musz aucii die andere empfehlen, man könnte darin
eine tadeliiafle rUckkehr zum gebrauch von Stielek,
Steinbach und Fkisch sehen, den wahrscheinlicii schon
Gottsched verlassen hätte, wie ihm Adelunq und alle
XL
späteren entsagten, fast alle Wörterbücher der übri-
gen sprachen, die heute erscheinen, meiden die an-
gäbe des lateinischen worts, doch z. b. Boiste setzt
es den französischen ausdrücken noch oft hinzu, man
hält jede spräche des lateinischen schulzwangs für ent-
bunden und setzt einen gewissen stolz darin, sie nur
mit ihren eignen mittein zu erklären, eingenommen
für ihre muttersprache waren gewis die Verfasser der
crusca, sie hatten aber nicht das geringste bedenken,
dem itahenischen wort das lateinische zum geleit und
zur stütze zu geben, wie wir ein gothisches oder alt-
hochdeutsches wort durch ein neuhochdeutsches aus-
legen, versteht es sich fast ungesagt, dasz jedes wort
nicht mit sich selbst, sondern besser mit andern Wör-
tern gedeutet werde.
Was wird durch ablehnung einer hülfe, die uns die
bekannteste und sicherste aller sprachen darreicht, er-
langt? man bürdet sich die umständlichsten und un-
nützesten Sacherklärungen auf.
Wenn ich zu dem worte tisch das lat. mensa setze,
so ist vorläufig genug gethan und was weiter zu sagen
ist, ergibt die folgende abhandlung. statt dessen wird
definiert : ein erhöhtes blatt, vor dem man steht oder
sitzt, um allerhand geschäfte darauf vorzunehmen ; oder
auch : eine auf füszen erhobne oder ruhende scheibe,
vor der oder wobei man verschiedne Verrichtungen vor-
nimmt, freilich in TQunel^a für TiXQäm^a liegt nichts
als die Vorstellung der vierfüszigkeit, wie sie auch dem
stul oder jedem andern ursprünglich auf diese zahl von
beinen eingerichteten gerät zukommt.
Die definition von nase lautet : der vorstehende und
erhöhte theil des menschlichen oder thierischen ange-
sichts unmittelbar über dem mund, der sitz und das
Werkzeug des geruchsinnes. die von band : das ghed-
masz der menschen zum greifen und halten, das wäre
kurz und gut, also weitläuftiger : der äuszerste theil
des arms am menschhchen leib von dem ende des el-
lenbogenbeins bis zu den fingerspitzen, mit einschlusz
derselben, diese erklärungen gehören, ebensowol in
die Physiologie als die der lilie, dasz sie eine pflanze mit
glockenförmiger blume und unter die gewächse mit
sechs Staubfäden und einem staubwege zu rechnen sei,
der botanik anheim fallen musz und aus ihr herbei-
geliolt wird, von solchem geschlepp langweiliger de-
finitionen, das seit Adelung durch die deutschen Wör-
terbücher zieht, hatten Frisch oder Stieler keine ah-
nung und waren seiner durch den gebrauch der lateini-
schen Wörter von selbst überhoben.
Es ist gar nicht damit behauptet, dasz der Sprach-
forscher des einzelnen, was in der erklärung enthalten
ist, überall entbehren könne ; er wird es, gleich allen
andern merkmalen, die der gegenständ an sich trägt,
hervor holen, sobald bedarf entspringt und die ent-
wickelung einer bedeulung daran geknüpft werden soll,
in den meisten fällen erscheint aber überflüssig hinter
jedem wort, dessen begrif durch das lateinische auf ein-
mal gegel)en ist, noch die ganze reihe seiner eigenschaf-
ten folgen zu lassen.
Von den hinzugefügten lateinischen ausdrücken ist
gar nicht zu verlangen, dasz sie dem deutschen nach
jeder richtung hin entsprechen sollen, was bei dem ab-
stand aller sprachen von einander unmöglich wäre, sie
XLI
XLII
haben gleichsam nur in den mittelpunct des worts, auf
die stelle der hauplbedeulung zu leiten, von welcher
dann frei und unbefangen nach allen richtungen hin
umzuschauen ist. so wenig jene definition alle wesent-
lichen und zufälbgen raerkmale an der sache hervorzu-
heben vermochte, noch minder will das latein die er-
klärung des worts erschöpfen, dies kann am besten in
der nachfolgenden deutschen erläuterung geschehen.
Auch wird man nicht die Verständlichkeit aller latei-
nischen gebrauchten ausdrücke für alle leser des Wör-
terbuchs verlangen; die ihrer unkundig sind, hüpfen
mit leichtem fusze daran vorbei und finden sich dennoch
zurecht, wie sie vorübergehn, wenn sie auf ein wort
gestoszen sind, dessen gehalt sie gar nicht anzieht, ich
stelle mir vor, dasz sinnigen frauen das lesen im Wörter-
buch durch die eingestreuten lateinischen so wenig
gestört oder gar verleidet wird, als sie ein zeitungs-
blatt ungelesen lassen wegen der juristischen, mili-
tärischen, diplomatischen kunstwörter, die darin stehn.
jeder leser bringt eine menge Verständnisse mit sich,
die ihm den zutritt zu den Wörtern leicht machen ; ihn
auf allen schritten zu geleiten, kann nicht die absieht
eines wissenschaftlichen werkes sein, das zugleich hö-
here zwecke verfolgt, die befähigung zu dem Wörter-
buch wird sich durch den gebrauch von selbst mehren,
als man die Sprachfertigkeit einer aufgeweckten Fran-
zösin nach der grammatischen regel meistern wollte,
versetzte sie behend: mais, je suis la grammaire en
personne ; so kann, wer seine natürUche sprachgabe
und sprachfülle in sich trägt und voraus setzt, ungeirrt
von lateinischen kunstwörtern, in diesem buche ra-
thes sich erholen.
Nicht zu verachten ist auch, dasz durch den gebrauch
der fremden spräche die erklärung der unzüchtigen
Wörter löblich verdeckt und dem allgemeinen Verständnis
gewissermaszen entzogen wird.
14. Bildungstriebe.
So wenig irgend eine spräche in sich alle laute ent-
falten oder die entfalteten unverändert bewahren kann,
sind ihr auch lange nicht alle formen zuständig und
manche , die sie ehdem besasz , im verlauf der zeit
wieder verloren gegangen, durch das ausscheiden ver-
schiedner mundarten aus dem groszen kreis ihrer alten
Urgemeinschaft, treten die einzelnen sprachen in beson-
dere, neugehildete kreise, von welchen die eigenheit
der übrigen ausgeschlossen sein mag und so erklärt
sich die manigfaltigkeit des aus einer quelle entflosse-
nen, in jeder spräche stellt sich ein abhanden ge-
kommnes gleichgewicht immer von neuem her.
Dies ihr geschichtlich errungnes besitzthum , wie
reich oder arm es sei, steht einer blosz als möglich ge-
dachten, ersonnenen aber unwirklichen ausdehnung
aller ihrer bildungsrailtel entgegen, dort sind alle re-
gungenund triebe der spräche natürhch und ungezwun-
gen, hier würden sie gezerrt und verrenkt erscheinen.
Wer wollte unsrer spräche einen diphlhong zufügen,
der nie ihr eigen war? wer ihr ein ablautendes verhum
andichten, das sie nie besasz? es kommen seltne bei-
spiele vor, doch nur solche, die ein volksgcbrauch halb
unbewust einführte. Leichter scheint es zwar, gang-
bare ableitungen zu vervielfachen oder die Wörter in un-
rersMchten Verknüpfungen aneinander treten zu lassen ;
aber auch da sträubt sich der Sprachgebrauch, wenn
es ohne Ursache und von ungeweihler band geschehn
war. die blosze möglichkeit des worts ist noch kein
beweis seiner gültigkeit und schicklichkeit.
Man sollte meinen, dasz sich z. b. von jedem verbum
ein männbches Substantiv auf er zeugen, aus diesem
wiederum ein weibliches auf erin bilden liesze, und es
scheint kaum nöthig solche ableitungen überall anzu-
führen, doch ergibt sich, dasz hin und wieder sie gar
nicht im brauche sind, zumal von einfachen verben,
während sie von zusammengesetzten leichter entsprin-
gen, niemand sagt der faller, lasser, heiszer von fal-
len, lassen, heiszen, wol aber wird gebildet der erblas-
ser, verheiszer ; halter und haushalter, stabhalter, fal-
ter und zweifalter, nachtfalter, thuer und verthuer sind
neben einander übhch ; doch dem Verwalter von ver-
walten steht das einfache walter von walten nicht zur
Seite : einem dichter w^rde nicht abgeschnitten sein,
in feierücher rede gott als den walter und herscher zu
bezeichnen, gleich ungewöhnhch ist der rater, allge-
mein bekannt der berater von beraten, der Verräter von
verraten, oflenbar ist das zusammengesetzte verbum
unsinnhcher als das einfache, und aus diesem die ab-
leitung auf er etwas schwerer als aus jenem, wie we-
nig angelegen es der spräche sei, alle Wörter über einen
kämm zu scheren, folgt auch aus dem schwanken und
der unschlüssigkeit des umlauts in solchen Substanti-
ven, denn wir sagen fänger, ganger, schläfer, gräber,
bläser, Schläger, jäger, kläger, Wärter, Wäscher, mör-
der, käufer u. s. w., hingegen hasser, prasser, lau-
fer, maurer, rufer, antworter, und manche ausdrücke
schwanken, da sowol aderlässer als aderlasser und ne-
ben Verräter berater, neben haushälter haushalter vor-
kommt, der Umlaut scheint hier meistens ältere bil-
dungen, der unumlaut neuere anzuzeigen, in unserm
bauer stecken zwei verschiedne bildungen, sowol bür,
zu welchem es sich verhält wie mauer zu raür, als
büari. alle diese unterschiede hat vielmehr die gram-
roatik zu erörtern, als dasz sie das Wörterbuch in sich
aufnehmen, besprechen und anschaulich machen könnte.
Die Zusammensetzungsfähigkeit unserer spräche, wie
schon oben biei gelegenheit des campischen Wörter-
buchs gesagt wurde, ist so unermesziich, dasz sich lange
nicht alle hergebrachten, geschweige alle mögliclien
Wortbildungen anführen lassen, nach dem ersten oder
zweiten theil jeder Zusammensetzung sind immer reihen
von analogien denkbar, die es überflüssig sein würde im
Wörterbuch jedesmal auch auszufüllen, die manigfaltig-
keit der kleider ist in den Zusammensetzungen badekleid
feiertagskleid hochzeitkleid hofkleid morgenkleid nacht-
kleid sonuncrkleid Sonntagskleid trauerkleid werkcllags-
kleid Winterkleid ausgedrückt, sicher unerschöpft; sollen
alle hier gebrauchten ersten Wörter nun auch mit dem
zweiten Worte anzug, tracht undgewand, oder mit rock,
kiltel und ähnlichen benennungen verknüpft und einge-
tragen werden ? mit unzähligen part. praet. starker wie
schwacher form läszt sich das in einfacher gestaltausge-
slorbne subst. heit verbinden : gelegenheit ahgelegenlieit
Überlegenheit Verlegenheit verstiegenheit Verschlossen-
heit abgeschlossenheit gedrungenheit gedimsenheit auf-
gcdunsenheit bclebtheit beUebtheit Verkehrtheit, wer
könnte alle aufzählen ? bei der uneigentlichen compo-
XLIII
XLIV
sition, besonders mit angescliobncm geniliv müslen die
mciglichkeiten der Verknüpfung beinahe endlos werden,
so gut ich sage adlersauge adlersfeder adlersfusz ad-
lerskralle adlersschvveif, kann auch falkenauge falken-
feder u, s. w. gebildet und die bildung noch auf viele
andere vögel forterstreckt werden, unsere spräche
sollte gleich der lateinischen und griechischen dieser
art von Zusammensetzungen ganz entraten und adlers
äuge, adlers feder schreiben, wie auch früher geschah,
bei Zusammensetzungen mit mehr als zwei Wörtern
(graram. 2, 924 ff.) ist vollends die denkbare Vervielfa-
chung unabsehlich ; manche derselben sind allgemein
eingeführt z. b. obslbaumzucht, haselnuszkern, bier-
wirtschaft, nordostwind, spottwolfeil, andere nur in
Schriften versucht worden , Avie voUblutabstammung,
wiesenlandniedcrung, backsteineinförmigkeit nordame-
ricanischer städte : mäszig verwandt können solche
Wörter wirksam und nachdrücklich sein, ihre häufung
würde unerträglich fallen.
Das allein richtige verfahren für das Wörterbuch wird
sein, dasz es allen gangbaren und geläufigen, an sich
auch günstigen und treffenden bildungen dieser art,
unbekümmert um die wilde und rohe analogie der
übrigen, einlasz gewähre ; wofür sich noch kein be-
dürfnis im Sprachgebrauch erhob, alles das darf von
ihm unberücksichtigt bleiben, insgemein aber hat es
vielmehr den ableitungen als den Zusammensetzungen,
vielmehr den einfachen Wörtern als den abgeleiteten
nachzustreben, und dieses grundcanons hintanselzung
ist es, die unsre deutschen Wörterbücher bei dem schein
ihres reichthums bisher noch so arm gelassen hat. je-
des einfache wort wiegt an gehalt fünfzig ableitungen
und jede ableitung zehn Zusammensetzungen auf.
15. Partikeln.
Eigne rücksicht fordert der antritt der partikeln vor
andere Wörter, wenn überhaupt alle Wörter ursprüng-
lich innere bedeutung hatten, die sich in der folge aus-
dehnte und verdünnte, so scheint es, musz man zuge-
ben, dasz in den partikeln sie am meisten verdunkelt
liegt, diese unter allen einfachen Wörtern in der spräche
die abgezogensten, mithin auch die zujüngst gebildeten
sind, setzen wir einmal das verbum als Wurzel und
lassen unmittelbar aus ihm ein parlicip, aus dem parti-
cip ein adjectiv, aus dem adjectiv das Substantiv er-
wachsen ; so wird den partikeln vorwaltend nominale
geltung einzuräumen, diese aber am entschiedensten
im adverb und in der praeposition ausgeprägt sein, er-
kaltet auch die praeposition, büszt sie ihre reclionskraft
ein, so bleibt eine blosze advcrbialpartikel als leblo-
sester bestandtheil der spräche zurück, das wäre zwar
der regelmäszigste verlauf, ist aber gewis nicht der
einzige, da wir oft das verbum ohne allen umweg in
die bildung des Substantivs oder auch adverbs vor-
schreilen sehn und jene blosze partikel wieder regie-
rend, d. h. zur praeposition erhoben werden kann,
diese sätzc zu begründen und näher auszuführen liegt
uns hier nicht ob, wo es nur auf den verhalt der prae-
position zur advcrbialpartikel abgesehn ist.
Dasz die pracpositionale partikel voller, die adver-
biale leerer sei, leuchtet schon aus der verschicident-
lich gekürzten gestall der letzten ein. bei und vor
wiegen noch mehr und liegen ihrem Ursprung etwas
näher als be und ver, doch können auch bei und vor
bloszes adv. sein und mit andern Wörtern verbunden
werden, gerade wie die schwed. praep. ät, die sich von
der conjunction att unterscheidet, in die Zusammen-
setzung tritt.
Ich habe gesucht nachzuweisen, dasz unsern Zusam-
mensetzungen der verba mit adverbialparlikeln groszen-
theils wirkliche praepositionen zum gründe lagen, hin-
ter welchen der Sprachgebrauch ein subst. oder pro-
nomen ausfallen liesz. absteigen scheint hervorgegan-
gen aus einem lebendigeren ab dem rosse, ab dem wa-
gen steigen, anbeiszen aus einem an das brot, an den
apfel beiszen. nicht anders bedeutete ausschliefen,
auskriechen aus dem ei schliefen, aus der schale krie-
chen, übersehn über einen hinaus sehn, zutreten zu
einem hinlreten. Opitz sagt 1,161
schawt dann den pfawen zu, silit wie die stolzen hanen
die hüner ubergehn
d. i. über die hüner gehen, sie treten ; unser heutiges
einen anfechten wurde mhd. häufig ausgedrückt an
einen vehten, z. b.
der wurm an in vaht. kröne 13490 ;
merkenswerth werden in folgender stelle der adver-
biale und pracpositionale ausdruck hintereinander an-
gewandt : greif die von Limpurg an und sie wider an
in. Limb, chron. §. 9. eben weil der ausdruck mit
der praeposition vollständiger ist, scheint er auch älter
als der mit dem adv., wobei man sich oft erst das subst.
oder pron. hinzuzudenken hat. durch dessen unter-
bleiben ist freilich die Zusammensetzung freier und viel-
seitiger, für alle substantiva gerecht geworden.
Unsere spräche hat die eigenheit, dasz die meisten
solcher mit dem verbum verbundnen partikeln in ge-
wisser läge der rede trennbar werden und nachtreten :
im unbestimmten und bedingten ausdruck stehn sie
voran, im bestimmten, unmittelbaren nach, gibt dieser
nachtritt nicht zu erkennen, dasz in der freistehenden
partikel die pracpositionskraft länger waltete? beim
zuruf steig ab! oder wenn es heiszt ich steige ab, er-
gänzt sich die Vorstellung des erwarteten subst. leicht,
nicht aber inmitten des zusammengesetzten worles ab-
steigen, diese, und schon nihd. ahd. freie und wech-
selnde Wortstellung tritt hier als zeuge auf für den ein-
geschlagnen weg. im latein, wo die partikel bei jeder
Wendung der rede ihre feste läge behauptet, läszt sich
die Wahrnehmung nicht machen, fast auch nicht in
der goth. und ags. spräche, die gleichfalls feste par-
tikelcomposition haben, doch sind ein paar goth. aus-
nahmen (bei inn, iup und ut, also entschiednen adv.)
grauun, 2, 899 angeführt, und das ags. onliedan, ut-
findan dreht sich heule um in engl, lead ou, lind out.
In unsern heutigen redcnsartcn : lege mir das kleid
an, gürte mir das schwert an, hindert der persönliche
dat. den bezug auf ein pracpositionales an ; die alte
spräche sagte aber mit doppeltem acc. lege mich das
kleid an, gürte mich das schwert an, und dann läszt
sich leicht ziM'ückkommen auf lege das kleid an mich,
gürte das schwert an micli.
Transitiv macht die |)arlikelzusammcnsetzung nicht
gerade das verbum, sondern besteht auch in intransiti-
ven fort, z. b. anbeiszen ist eben so wol als das ein-
fache beiszen beider bedeulungen, der intransitiven wie
XLV
xun
transitiven fähig, wo aber, wie oft der fall ist, transi-
tive eintritt, wird das beim einfachen intransitiv ste-
hende, von der praep. abhängende subst. nunmehr vom
transitiven verbum abhängig; insofern läszt sich an-
nehmen, dasz diese Zusammensetzung der transitivbe-
deutung günstig sei (vgl. z. b. sp. 518). obenhin an-
gesehn ist es gleichviel zu sagen an den apfel beiszen
oder den apfel anbeiszen, an einen stoszen oder einen
anstoszen. allein der transitive ausdruck ist einfacher
und beide können auch im sinn von einander abwei-
chen, vergleichbar läge etwa das lat. movere e cardine
und emovere cardine, wo doch beide verba transitiv sind.
Lange nicht bei allen parlikelzusammensetzungen ist
ein zurückgehn auf die praep. thunlich, namentlich bei
denen mit auf und aus, welche ursprünglich gar keine
praepositionen waren, auch in der composition oft noch
reinadverbiale bedeutung zur schau tragen, so hegt in
den oben sp. xxv besprochenen aufdonnern, aufschreien
ein deuthches aus dem schlaf empor, in die höhe fah-
ren machen, den wein austrinken will nicht sagen aus
dem glase trinken, sondern vollends heraus trinken, wie
es auch heiszt das glas austrinken ; der gegensatz ist
antrinken, anessen, anheben zu trinken oder zu essen.
Wie im griechischen ist auch im deutschen die frei-
heit der partikelzusammenselzung unermeszlich, und
wenn irgendwo mag hier der analogie ein groszer
Spielraum offen stehn. heiszt es andonnern, anreg-
nen, anschneien, warum soll nicht gesagt werden kön-
nen anblitzen, anleuchten, anglänzen u. s. w. ? grund-
satz w^ar auch für solche bildungen immer erst genü-
genden beleg abzuwarten, es ist aber nicht zu leug-
nen, dasz ihrer viele entgangen und in diesen reihen
manche ei^änzungen nachzutragen sein werden, aus-
zittern hat auch Gottuelp (eh die teller ausgezittert.
erz. l, 199), er sagt auch austobacken.
16. Worterklärung.
Hinter allen abgezognen betleutungen des worts liegt
eine sinnhche und anschauliche auf dem grund, die bei
seiner findung die erste und ursprüngliche war. es ist
sein leiblicher bestandtheil, oft geistig überdeckt, er-
streckt und verflüchtigt, alle worterklärung. wenn sie
gedeilien soll, musz ihn ermitteln und entfalten.
Aufzusuchen ist er vor allem in dem einfachen ver-
bum und wiederum zuerst in dem starken, das schwa-
che verbum ist nothwendig ein abgeleitetes und jede
ableitung bringt den urgehalt des worts in veränderte
läge, jedes hinzutretende andere worl, auch wenn die
starke form fortbesteht, fügt seiner bedeutung hinzu,
das starke verbum ist zugleich ein hauptsitz des in-
transilivbegriffes : liegen jacere, legen ponerc ; sitzen
se<lere, setzen coUocare. essen aber, wie edere, trin-
ken wie biberc hat beides intransitiven und transitiven
sinn, doch ätzen ist essen maclicn, tränken trinken ma-
chen, greifen und treten drücken die einfachste, na-
türlichste bewegung der band und des fuszes aus, bald
intransitiv, bald transitiv, essen und trinken meinen
immer ein zu sich nehmen, doch braucht nicht noth-
wendig an den mund gedacht zu werden, auch die erde
trinkt den regen, der gram iszt das herz; ätzen weicht
aus in den sinn des heizcns, das von beiszen stammt,
greifen und treten sind kaum ohne bände und fUsze
denkbar, zum letzten mittel greifen, zur ehe greifen
bezeichnen ursprünglich ein erfassen leibUcher hiüfe,
ein ergreifen der braut ; ans licht treten heiszt her-
vor treten und erscheinen.
Wie viel stärker und schneller ändert sich die sinn-
hche bedeutung, wenn auch noch von ihr ausgegangen
wurde, durch den vortritt von partikeln. besitzen wird
possidere, betreten deprehendere, antreten suscipere,
belegen contegere, stemere, begreifen tractare, com-
prehendere, anlegen admovere, adhibere, anhegen cu-
rae esse, flagitare, auslegen explanare u. s. w.
Es ist klar, aus dem sinnhchen gehalt des Wortes
ergeben sich bei seiner anwendung sitlhche und gei-
stige bezüge oder Vorstellungen, denen allmälich die
fülle seiner abgezogenen bedeulungen entnommen wird,
der umgedrehte fall, dasz aus den manigfachen begriffen
tractare, adhibere, explanare die benennung des sinn-
hchen entsprungen sei, läszt sich nicht annehmen.
Diese sinnlichen bedeutungcn anzugeben und voran-
zustellen ist in dem ganzen Wörterbuch gestrebt wor-
den, es war aber unmöglich überall den bezeichneten
weg einzuschlagen, da es manche einfache und selbst
starke verba gibt, deren sinnhcher gehalt nicht mehr
deutlich vorliegt und schon in ihnen beimischungen
empfangen hat, dann aber auch eine beträchthche zahl
von Wörtern in der spräche vorhanden ist, zu welchen
das verbmn mangelt, d. h. erst durch tiefere forschung
gefunden werden kann, so verbergen uns z. b. die
verba sein und wesen den sinnlichen grund, auf dem
sie ruhen, und es ist schwer ihn auch bei geben oder
finden sicher darzulegen, war geben ein legen in die
band oder vielleicht ein gieszcn ins gefäsz ? war finden
ein ersehen oder erkennen oder nur ein hinzukommen ?
lesen mehr ein sammeln oder ein sondern? welches
verbum, also welcher sinn darf aber gesucht werden
in Substantiven kind oder söhn, tochter? ihre bedeu-
tung ist allbekannt, doch nichts als eine abgezogne, den
begriffen, die sie ausdrücken, beigelegte, noch schwe-
rer hält es zu wissen, welche Vorstellung ursprünglich
hinter sünde oder glaube, hinter frei oder dumm und
zahllosen andern lag; am allerdunkelsten bleiben die
Partikeln, hier kann die worterklärung immer nur
ganz kleine strecken des wegs zurücklegen und musz
sich auf der Oberfläche halten.
Der Worterklärung, wie sie auch beschaffen sei, kann
kein Wörterbuch entbehren ; es ist vorhin schon gesagt
worden, dasz wir sie in den seltensten (allen durch defi-
nition, in den meisten durch ein lateinisches wort mit
einem schlag zu treffen gesucht iiaben. sie ist nur die
erste ernte auf dem gebiet der spraclie, wo der halm
an dem boden abgeschnitten wird, tiefer dringen musz
die Wortforschung und auch diewurzel ausziehen.
Beim beginn des werks schien noch steif und raura-
verschwendung, die Verschiedenheit der bedeulungen
in beigefügten zahlen hervorzuheben , wodurch auch
hin und wieder die fugen des Zusammenhangs verste<-kt
worden konnten, bald aber stellte sich heraus, dasz
kein gröszerer arlikel solcher zahlen entbehren durfte
und dasz auch die kleineren dabei mehr gewönnen als
verlören, es ist daher in dieser iiinsicht mehr gleich-
fünnigkeit eingetreten, die man nur in den ersten hcfe-
rungen zuweilen vermissen wird.
17. Wortforschung.
XLVII
XLVIII
Etymologie ist das salz oder die würze des Wörter-
buchs, ohne deren zuthat seine speise noch unge-
schmack bhebe : man mag auch manches gern roh ge-
nieszen und heber als versalzen.
Diese kunst steht übel in ruf, weil es nah lag sie
früh, schon im bloszen Wortspiel, zu versuchen und
zu misbrauchen. ilire regeln hat sie lange nur geahnt
und ist derselben unbewust geblieben ; immer werden
neue hinzu erfunden.
Man kann ein wort aus sich selbst und seinem un-
mittelbaren kreise verständigen, aber auch die nahen
geschlechter und reihen zuziehen, von da wurde zu
den umliegenden mundarten und sprachen vorgeschrit-
ten, sobald sich ein Zusammenhang mehrerer spra-
chen wahrnehmen und endlich überschauen liesz, ent-
sprang mit vorher ungekannten gesetzen und ergebnis-
sen Sprachvergleichung, wie oben gesagt wurde, wis-
senschafthch begründet erst durch die druckerei und
die Wörterbücher.
Die deutsche spräche hangt in einer kette, die sie
mit den meisten europäischen verbindet, dann aber zu-
rück nach Asien leitet und gerades wegs bis auf das
sanskrit, das zend und das persische reicht, hieraus
geht eine fülle von erscheinungen und Verhältnissen
hervor, die sich bald einigen lassen, bald als eigenheiten
einzelner sprachen von einander gehalten werden müs-
sen, auch sind nicht wenige glieder der groszen kette
ausgefallen und verloren, so dasz manche Übergänge
nur sprungweise zu bewerksteUigen sind, jede spräche
besitzt in sich eine natürliche heilkraft und der durch
ihre losreiszung von andern entstandne schade ver-
harscht und überwachst allmälich, wobei es ohne aus-
gleichungen und mittel nicht abgehn kann, die künftig
mit unter ihre besonderheiten zählen, es kommt dar-
auf an die grenze zu erkennen, wo ihre eigenthümlich-
keit aufhört und sie wieder unter dem allgemein wal-
tenden gesetz der übrigen sprachen steht, mit welchen
sie verwandt ist.
Die lateinische und griechische spräche legen uns
einen groszen schätz classischer denkmäler vor äugen,
aus welchen eine fülle grammatischer regeln zu schöpfen
und theilweise auf unsre eigne anzuwenden ist. nur
war man gewohnt, diese regeln gebieterisch aufzustel-
len und ihnen alle einheimischen Verhältnisse zu unter-
werfen, statt solche selbst gewähren zu lassen ; die aus
dem Studium des sanskrit erwachsne philologie ist ge-
rechter und behandelt alle übrigen sprachen auf glei-
chem fusz, dennoch erwirbt ihm die lauterkeit und
das hohe alter seiner quellen ein natürliches und ge-
bührendes ansehen, vermöge dessen es berufen scheint,
die Unsicherheit der laute und wurzeln zu schlichten ;
ein gericiitshof aber wird auch die kraft der streitigen
sache und ihrer gründe walten lassen, bevor er sie ent-
wirre, wie weit immer die aussiebten seien, die dem
überraschten blick des Sprachforschers das sanskrit er-
öfnet, wie zutreffend eine menge der aus ihm gewon-
nenen und gewinnbaren etymologicn, so verbleibt doch
auch jeder der urverwandten sprachen ilirc eigne dnrch-
sichtigkeit, die an bestimmter stelle wirksam sein musz.
die inneren, den Wortbedeutungen Avärmer angesclilos-
senen ergebnisse scheinen mir zuweilen den scharf-
sinnigsten Vermutungen überlegen, die auf die bloszen
lautverhältnisse und den weitgreifenden Wechsel oder
ausfall einzelner consonanten gegründet werden : setzt
man ein R statt L, ein S statt R, ein L statt D und ge-
stattet dem B und G, dem P und K zu tauschen, dem
anlautenden K abzufallen, so ist plötzhch das aussehen
eines worts verändert, bei unsern deutschen Wörtern
musz es recht sein vor allem zu versuchen, ob sie nicht
auch innerhalb dem deutschen gebiet selbst sich erklä-
ren lassen, das zwar nur engere, der natur der sache
nach oft sichrere schritte zu thun erlaubt.
Steht uns die wurzel vieler Wörter bis auf heute noch
offen vor äugen, warum sollte nicht auch die getrübte
und verdunkelte zuerst mit unsern eignen mittein erhellt
werden können ? die spinne heiszt so, weil sie spinnt
und webt, die fliege, weil sie beständig vor unsern äu-
gen umfliegt, die nachtigall, weU sie nachts singt, die
heuschrecke vom springen auf dem heu; band oder
binde stammt von binden, böge von biegen, böte von
bieten; schölle ist die im niederfall schallende erde,
gleba ; stiege und steg fallen zu steigen ; brunne, brand,
brunst zu brinnen ; trieb und trift zu treiben ; staub zu
stieben ; und so erkennen noch eine menge andrer Wör-
ter in unsrer spräche selbst lebendige wurzeln, oft
wenn auch heule untergegangen, oder nicht mehr in
einfacher gestalt vorhanden, sind sie mhd, oder ahd.
bestimmt aufzuweisen und die zurückführung unseres
gebären, gehurt, bahre, barm, gebärde, bürde u. s. w.
auf das alte heran leidet nicht den mindesten zweifei,
ehmals gehörten auch noch barn kind, biril tragkorb,
berian ferire, goth. baris far, börusis parens dersel-
ben Wurzel, warum sollte ihr nicht ahd. pero, unser
bär überwiesen werden dürfen? möglichkeit ist da,
den beweis kann nur die analogie anderer benennun-
gen desselben thiers in fremden sprachen vollführen,
eben weil das deutsche wort nichts zu schafl'en hat mit
riksa, ursus, uqy.Toq und lokis, musz ihm eine abwei-
chende Vorstellung unterhegen.
Die Wurzel bßran haben wir mit den meisten urver-
wandten Völkern gemein, viele ihrer andern Wörter
begegnen dem deutschen, ohne dasz uns oder ihnen
die wurzel gebheben wäre, ein beispiel ist das durch
alle unsere dialecte ziehende wort fisch, lat. piscis,
welsch pysg, armor. pesk, ir. iasg (gen. eisg), alban.
peskou, piskou, gr. f/Svg, altpreusz. sucks, lett. siws,
litt, iuwis, sl. r 'iba, ryba, oflenbar für f yba, doch ab-
steht das finn. kala, est. kalla, lapp. qwele, ungr. hal.
es ist undenkbar, dasz ein solches Avort entlehnt wurde,
alle müssen es als eignes geführt haben, zur wurzel
könnte doch das litt, ^wyna schuppe = zuwyna lei-
ten und selbst schuppe, mhd. schuope, ahd. scuopa mit
dem anlaut sc, den auch squama weist, in berührung
stehen, denn die schuppe ist eine aufl'allende eigenheit
der fische, wie es auch bei Athenaeus p. 308 heiszt
iXXonig, Siä to f?yat XentdcoToi. piscis für iscis =a
squamosus, welchem iasg zunächst träte, ix^-vg wäre
für laS-vg oder larvg, laxvg.
Bei einem andern thiernamen, wo grosze einslim-
mung der spraciien herschl, läszt uns gerade die deut-
sche in die wurzel blicken, unserm woIf, golh. vulfs,
altn. ulfr entspricht das lat. lupus == ulpus, gr. Xvxog
= vXxog, wofür doch attisch vXxog gesetzt worden
wäre, litt, wilkas, sl. vfR", der wolf aber ist ein rauher
XLIX
und das goth. vilvan valv bedeutet rauben, Matth. 7, 15
sind vulfös vilvandans die Xvxoi uQnaytg, vilva ist
raptor, vulva rapina, fravulvans abreptus. nur steht
dies vilvan für vilfan oder vilban, und valvjan = volvere,
wie es den buchslaben nach sein sollte, kann dem sinne
nach unmöglich daraus geleitel sein, hier scheint das
F erweicht in V, wie umgekehrt goth. fraiv zu altn. friof
erhärtet, der skr. ausdruck lautet aber vrka, zend.
vehrkö, pers. gurk, mit R statt L, dem ütt. sl. wilkas,
vlk zunächst tretend, auch ist ein sabinisches irpus oder
hirpus aufbewahrt, das sich zu jenem illpus verhält wie
vrka zu vlk, noch ähnlicher wird das ungr. farkas, wolf.
merkwürdig tritt nun auch diese, wahrscheinlich ält,ere
gestalt in unsern sprachen lebendig vor, denn das altn.
vargr, schwed. varg meint geradezu lupus, das ahd. wa-
rac latro, damnatus, das goth. gavargjan damnare, d. i.
zum varg erklären, man übersehe nicht, dasz vargs
auf andrer stufe der lautverschiebung steht als vulfs,
diesem G hätte ein gr. X == CH zu entsprechen und
vargs musz, wie auch der abweichende vocal zeigt, sich
schon sehr frühe von vulfs entfernt haben, nicht we-
niger besitzen die sl. sprachen dasselbe vrag im -sinne
von feind und teufel. dem vrka ist also beides, das goth.
vargs und vulfs, das sl. vrag und vlk entsprossen.
Wolf und fuchs berühren sich vielfach, und sonst
hielt ich auch vulpes für dasselbe wort, = ulpes. doch
hat es BüRxouF dem zend. urup, pers. rubat hund ver-
glichen, wiederum der wurzel lup == rup, rauben über-
wiesen, welcher noch sichtbarer das finn. repo fuchs,
altn. refr, schw. räf, sp. raposo angehört, so dasz die
Verwandtschaft zwischen wolf und fuchs auf anderm
wege gleichwol vorbräche. «Xwttjj^ deutet man ^Mnr^E,
= skr. löpäsä, lömasä pilosa, was sich dem sinne von
fuchs und fohe (fauhö) nähert, wenn sie mit fahs pilus,
skr. paksman zusammenhängen, und vulpes liesze sich
dann ausdehnen zu volupex, FaXcü7iTj'§, das ist noch un-
sicher, würde aber die ergibigkeit unserer spräche von
neuem kundthun.
Mich dünkt, je weiter die etymologie vorschreitet,
wird sie die zahl der wurzeln nicht zu mehren, sondern
zu mindern geneigt und im stände sein, sie wird mittel
und wege finden, durch welche der Übergang von ein-
zelnen wurzeln zu einander erleichtert und über die
geschlagne brücke hin zwischen beiden gemeinschaft
gestiftet werden kann, in jeder spräche müssen dann
einzelne wurzeln an umfang und reichthum auszeror-
denllich gewinnen.
Eine derselben in unsrer spräche scheint mir z. b. die
Wurzel bauen, aus der ich mehr abzuleiten wage, als
bisher geschehen ist. erwäge ich gleichwol den un-
leugbaren Zusammenhang zAvischen bauen und sein,
thun und werden, wohnen und warten, so halle ich die
külmheit für an der rechten stelle, bann und bauin
sind sich ähnlich wie zwei wasserlropfen und der glei-
che vortritt des kehllauts in facere und bagms hat et-
was entscheidendes; meine auslegungen von biene und
biber erreichen was die plastik ihrer begriffe begehren
kann, und ich sehe nicht wie man treffenderes an die
stelle setzen möchte, warum soll erst auf weiten Um-
wegen gesucht werden, was unmittelbar in unsrer nähe
liegt? ich füge hier noch hinzu, dasz bibaru, bibrus,
altn. bior auch rcduplicaliv zu erfassen wäre, gleich
ciconia cicada fifallra, ganz wie bauan bio aus bauan
baibö, facere feci aus fefac (nach dem oscischen fefacust
= fecerit) entsprang, selbst auf bia und biene würde
diese erklärung anwendljar sein.
In den praepositionen liegen noch schwere rätsei
und wer die rechte Witterung von ihnen hat, wird auf
nominalbegriffe und leibliche substantiva stoszen. da-
mit dasz man weisz, bei sei skr. abhi und bhi, gr. u/LKpi,
ahd. umpi und pi, ist uns der eigentliche sinn undge-
halt der partikel unerschlossen. mir boten sich bei =
bau, aus den neuen sprachen vorerst casa und altn. hiÄ
dar ; auch in'strebt zu inn haus, nicht umgekehrt darf inn
aus in gedeutet werden, unser nach gehört zu nahe,
bei wohnend ; unser and, ent zu andi, endi frons ; un-
ser pah tergum, ags. bäc, altn. hak gibt den Schlüssel
zum skr. pastscha, pasda a tergo, alln. ä bak, alls. te
baka retro, ags. on bäc, und zum lat. post, litt, pakala
tergum, paskuy post, pasturas postremus, posterior,
posticus, noch eine andere merkwürdige deutung flieszt
aus demselben pah.
Das durch die gesamte deutsche spräche hin bis auf
heute, freilich kaum erkenntlich fortdauernde persön-
liche wort andbahls, ampahl, minister, servus ist von
bak tergum, wie sahts von saka, sakan, sauhts von
siuks, vaurhts von vaurkjan gebildet, ein so altes sinn-
liches wort wie bak musz viele ableitungen aus sich
entfaltet haben, andbahts ist der im rücken oder an
der seile zu schütz und beistand hallende diener und
genösse, wie dieselbe Vorstellung auch im sinnlichen
begrif der ausdrücke beistand, rückenhalter, ahd. nö-
tigislallo, ags. eaxlgestealla und andern mehr enthalten
ist. einen beslehn, angehören hiesz bei ihm stehn, um
ihn stehn, auf ihn hören, ihm gehorchen. Ha>s Sachs
II. 2,252"^
gott geb euch auf die reis gelück
und halt euch euer engel rück!
euer Schutzengel geleile euch, stehe euch zur hülfe im
rücken, halle hinter euch. altn. bakiarl ist rückenmann,
der im rücken, hinter uns folgt, pedisequus, sowol ein
diener, als ein lauernder feind, hostis a tergo infestans ;
bakdyr fores posticae; baka bat bedeutet dorso navi-
culam propellere. schon vor dem beginn unsrer Zeit-
rechnung war ambactus den mit Germanen verkehren-
den Galliern geläufig, durch sie den Römern bekannt ge-
worden, was Ihut Zkusz? ohne unser andbaht zu
nennen, hält er (gramm. cell. 761) zu ambactus lieber
den dunkeln pfianzennamen exacon und das lat. agere,
exigere, womit die Vorstellung von ambactus, circum-
actus, was comes, servus sein soll, erzwungen wird,
eher noch hätte sich Ambigatus aus Livius 5, 34 und
Ambiorix herholen lassen, die er s. 7. 75 nur der par-
tikel amb wegen anführt, von einem solchen lal. amb-
actus, das in keiner kellischcn spräche haftet sollen
alle deutschen stamme ihr eingewurzeltes und voll-
kommen deutbares andbaht in frühster zeit enlntunmen
haben? man hat die skr. wurzol bhadsrh dividero, pe-
tere, colere, facere zu andbaht verglichen ; da sie auch
coquere bedeutet, also unserm backen entspricht, würde
andbahts eher einen koch oder becker als einen diener
und genossen ausdrücken können, hak rücken auf
bhadsch zu beziehen hindert aber jenes skr. pastscha.
Mit allem schein der Wahrheit pflegt man nomen der
d
u
LH
skr. Wurzel dschnä noscere zu überweisen, nomen ist
gnomen, raerkmal, kennzeichen, weil man andere am na-
men erkennt, dafür sprechen auch agnomen cognomen
agnosco cognosco und gnarus, ja statt des Gerschiene
vocalvorschlag im gr. ovo/iia, alban. emeni, ir. ainira.
harte anmutung ist es doch, schon das skr. näman aus
dschnä, oro/iia aus ypcöyai, sl. imia aus znati, unser
namö, namo aus chnähan herzuleiten, da beiden letz-
tem einfach die wurzel niman und imjati capere, acci-
pere, prehendere, habere zur seile steht und seinem be-
griffe nach namo das empfangne, zugetheilte, ange-
nommne ist, niman das gr. va/neiy capere, possidere,
habitare. entweder müste auch niman aus dschniman
entspringen oder Heber für näman schon ein übertritt
aus der wurzel dschnä zu der von nam, das im skr. in-
clinare, fleclere ausdrückt, behauptet werden, für
solchen Wechsel der form und bedeutung stehn auch
sonst genug beispiele zu gebot.
Unser habicht, ahd. hapuh, ags. hafoc, altn. haukr
ist ganz das welsche hebog, ir. seabhag, welche letzte-
ren wurzellos sind, habicht aber scheint mit haben und
heben capere vereinbar, der raubvogel ergreift und hält,
wie auch accipiter ab accipiendis hoc est capiendis avi-
bus heiszen soll und mlat. acceptor und capus dafür
gesagt wurde, accipitrare steht bei Gellius 19, 7 =
lacerare. doch schöner deutet man den ersten theil
von accipiter aus skr. äsu, gr. dxv, und in piler schiene
patra, patatra, nrtQoy, ala gelegen, ganz wie sich I'qtj'^
loxvme^og verbinden, von des vogels schnellem, krei-
senden fluge ist auch y.iQxog, vielleicht liQu'i geleitet,
selbst in aquila könnte acui-ala enthalten sein, wie acu-
pedius bei Festus o^vnovg ist, Miklosich findet eben-
wol im sl. jastreb", poln. jaslrzab, böhm. gesti'ab ein
verlornes jasl = äsu zu rjab perdix gefügt, dem laut-
verhältnis nach wird äsu oder wxv zu goth. öhu, Abu,
wie skr. asva, lat. equus, das schnelle pferd zu aihvu,
alts. ehu, und skr. pasu, lat. pecu zu faihu, ahd. fihu,
ja man möchte auch aqua, goth. abva, ahd. aha für das
schnell flioszende erklären, lautete hier niclit die skr.
form ap, was auf andere vergleichungen führt, sollte
in hapuh und habicht das anlautende H noch übrig sein
von jenem verschoUnen 6hu, öhu? dann würde die
herleitung aus haben und heben verdächtig, so dunkel
auch (las ül)rige wort bliebe.
Auf diesem wogenden meer der sprachen tauchen die
Wörter empor und versinken, die elymologien schwel-
len an und zerrinnen, oft lauft in geregeltem Wechsel
eine form durch alle reihen,
nam ex uno puteo similior nunquam pnlis
aqua aquat sumi, quam liaec est atque isla toi,
und dann treten wieder schroffe Verschiedenheiten, lü-
cken und abgründe in den weg, dasz die vergleichung,
«lie man schon fest zu halten wähnte, wieder ent-
schlilpft. In einem deutschen Wörterbuch schien es
])niclit, allen milteln und iiandhaben nachzugehn, die
unsere spräche selbst darreichte und diesen slandpunct
werden auch solche hier erwarten, die ihm geringern er-
folg zutrauen und lange nicht alles einzuräumen geneigt
sind, mit dem fortsclirilt der forschung werden neue
crgcbnissc eintreten, denen selbst die mängel einer red-
lich angesetzten arbeit zu reiz und anlrieb gereichen.
18. Sitten und brauche.
Manche Wörter konnten weder aufgestellt noch er-
klärt werden, ohne dasz auf die lebensart oder denk-
weise der vorzeit und des alterthums eingegangen
wurde, deren genauere kenntnis auch groszentheils
von der künde der spräche abhängt, darum hefern die
Idiotiken, wenn sie mit Schmellers fleisz und feinem
verstand abgefaszt sind, so werthvolle beitrage für ge-
schichte und sitte der gegenwart und der vorausgegang-
nen Jahrhunderte.
Ich hebe hier nur unerschöpfende beispiele solcher
Wörter aus, die den gebrauch oder glauben des volks
erläutern: abcschütz, abendbrot, abenteuer, ablasz,
Adam, adebar, aderlaszmännchen, agen schütten, al-
fanz, allemann, allerleirauh, alles aller in fluchen, all-
mende, alp, alraun, altfränkisch, allreise, angster, an-
kenbraut, anlaster, anrichte, aschenbrödel, ausbund,
axthelm, habe, bachanl, bachmatt, backenstreich, back-
fisch, bad, badehre, badschüd, bank, bankhart, bank-
riese, banse, bar, barelleinsleute, baretteller, bärenhäu-
ter, barlaufen, harn, hart, base, bastart, balz, bauern-
schritl, baummeise, bausch, becher, hechten, beckel-
haube, begabein, begine, behaupten, beicht, beifrau,
heilen, benne, bergens spielen, bergrind, bergwurzel,
berichten, bescheid, bescheidessen, beschütten, besen,
beste, bestechen, bestricken, betteln, bettelmann, bet-
telstab, beltelmantel, belllertanz, betzel, beunde, beu-
ten, biberschwanz, bickel, bienenwolf, hier.
Gelangt das ganze werk einmal zu seiner Vollendung,
so wird es angemessen sein, wie bei Ducange gesche-
hen ist, ihm Verzeichnisse und register verschiedner art
anzuhängen, in welchen man die einzelnen gebrauche
so wie alle hervorragenden Wörter und ausdruckswei-
sen der einzelnen stände sorgrältig geordnet über-
schauen kann.
19. Schreibung und druck.
Es verstand sich fast von selbst, dasz die ungestalte
und häszhche schrifl, die noch immer unsere meisten
bücher gegenüber denen aller übrigen gebildeten Völ-
ker von auszen barbarisch erscheinen läszt, und einer
sonst allgemeinen edlen übung untheilhaflig macht, be-
seitigt bleiben muste.
Leider nennt man diese verdorbne und geschmack-
lose Schrift sogar eine deutsche, als ob alle unter uns
im schwang gehenden misbräuche zu ursprünghch deut-
schen gestempelt, dadurch empfohlen werden dürften,
nichts ist falscher, und jeder kundige weisz, dasz im
mittelalter durch das ganze Europa nur 6ine schrift,
nemlich die lateinische für alle sprachen galt und ge-
brauciit wurde, seit dem dreizehnten, vierzehnten Jahr-
hundert begannen die Schreiber die runden ziige der
buchstaben an den ecken auszuspitzen und der beinahe
nur in rubriken und zu eingang neuer abschnitte vor-
kommenden majuskel schnörkel anzufügen.
Die erfimler der druckerei gössen aber ihre typen
ganz wie sie in den handsciihflen üblich waren und so
behielten die ersten drucke des 1 5 jli. dieselben eckigen,
knorrigen und scharfen buchstaben, gleichviel ob für la-
teinische oder deutsche und französische bücher bei.
mit ihnen wurden dann auch alle dänischen, schwedi-
schen, böhmischen, polnischen bücher gedruckt, den-
noch führte in Italien, wo die Schreiber der runden schrifl
treuer geblieben waren und schöne alle handschriflen
Lm
LIT
der classiker vor äugen lagen, schon im 1 5 jh. in vielen
druckereien ein reinerer geschmack die unentstellten
buchstaben für die lateinische oder 'v'ulgare spräche
zurück, und nun lag es an den andern Völkern diesem
beispiel zu folgen, beim latein gab es keinen ausweg,
und im 1 6 jh. drang auch für die aus französischen und
deutschen pressen hervorgehenden classiker die edle
Schrift durch, die gelehrten hielten darauf, dagegen
bestand die schlechte für das volk, das sich an sie
gewöhnt hatte, fort, in Frankreich eine Zeitlang nur, in
Deutschland entschieden und durchaus, hiermit war
ein schädhcher unterschied zwischen lateinischen und
vulgarbuchstaben festgesetzt, der nicht nur in den dru-
ckereien galt, sondern auch in den schulen angenom-
men wurde, deutsch aber kann diese vulgarschrifl im-
mer nicht genannt werden, da sie auszer Deutschland
auch in England, in den Niederlanden, in Scandinanen
und bei den Slavcn lateinischer kirche herschte. Eng-
länder und Niederländer entsagten ihr allmälich ganz,
die Polen haben sich gleichfalls von ihr losgerissen, die
Böhmen und Schweden heutzutage meistentheils, sie
besteht gegenwärtig nur, auszerhalb Deutschland, in
böhmischen und schwedischen Zeitungen, in Dänemark,
Liefland, Littauen, Estland und Finnland, wo doch alle
Schriftsteller geneigt sind, zur reinen lateinischen schrifl
überzutreten, auch meistens schon übergetreten sind.
Die unnütze festhaltung der vulgarschrifl führt grosze
nachtheile mit sich,
a) sie ist zumal in der majuskel unrörmhch und das
äuge beleidigend, man halte 51 35 2) zu A B D und so
werden überall die einfachen striche verschnörkelt, ver-
knorzt und aus der Verbindung gerissen, die umge-
drehte behauptung, dasz diese schrift dem äuge wol thue,
geht blosz aus übler und träger gewohnlieit hervor.
b) sie ist es, die den albernen gebrauch groszer buch-
staben für alle substantiva veranlaszt hat, wie nachher
gezeigt werden soll.
c) sie nöthigt in den schulen die zahl der alphabete
zu verdoppeln, jedes kind musz für ^in zeichen achte
lernen, zum beispiel E e «Ct ^ c ^ f. , wo die hälfle aus-
reichte, denn neben der stehenden, unverbundnen be-
darf es einer flieszenden verbundnen, mit jener wird
gedruckt, mit dieser geschrieben.
d) sie zwingt in Deutschland alle druckereien sich
mit dem zwiefachen vorrat lateinischer und deutscher
typen auszurüsten, während in Italien, Frankreich
u. s. w. latein und vulgär mit denselben gesetzt wird.
e) sie kann den unterschied der majuskel I und J
nicht ausdrücken, und musz für beide 3 verwenden,
auch entgehn ihr die accente.
f) sie hat durch die Verbindung § die falsche aullö-
sung in fs und ss herbeigeführt, so dasz einfältig der-
selbe laut anders ausgedrückt ist, je nachdem deutsch
oder lateinisch geschrieben oder gesetzt werden soll,
wovon nachher noch näher zu reden sein wird.
g) sie hindert die Verbreitung deutscher bücher ins
ausländ, und ist allen fremden widerwärtig.
Alle schrift war ursprünglich majuskel, wie sie in
stein gehauen wurde, für das schnelle schreiben auf
papyrus und pergament verband und verkleinerte man
die buchstaben, wodurch sich die züge der minuskel
mehr oder minder abänderten, aus den mit dem pinsel
hinzugemahlten initialen der handschriften entsprang
die verbogene und verzerrte gestalt der majuskel, die
in den ältesten drucken auch noch nicht gesetzt, son-
dern mit färbe eingetragen wurde, in lateinischen bü-
chem bheben auszer den initialen nur die eigennamen
durch majuskel hervorgehoben, wie noch heute ge-
schieht, weil es den les er erleichtert, im laufe des 16
jh. führte sich zuerst schwankend und unsicher, end-
lich entschieden der misbrauch ein, diese auszeichnung
auf alle und jede substantiva zu erstrecken, wodurch
jener vortheil wieder verloren gieng, die eigennamen
unter der menge der substantiva sich verkrochen und
die schrift überhaupt ein buntes, schwerfäUiges anse-
hen gewann, da die majuskel den doppelten oder drei-
fachen räum der minuskel einnimmt, rechnet man hinzu,
dasz die deutsche spräche insgemein zur Verdoppelung
der buchstaben und einschaltung unnöthiger dehnlaute
geneigt ist, für ihre häufigen Verbindungen ch seh und sz
aber einfacher zeichen entbehrt, so begreift sich, wie
die darstellung unsrer laute so breit ins äuge fällt, was
bei versen oder wenn eine fremde spräche daneben
steht am sichtbarsten wird, kürze und leichtigkeit des
ausdrucks, die im ganzen nicht unser vorzug sind, wei-
chen vor diesem geschlepp und gespreize der buchsta-
ben völlig zurück, meinestheils zweifle ich nicht an
einem wesenthchen Zusammenhang der entstellten
schrifl mit der zwecklosen häufung der groszen buch-
staben, man suchte darin eine vermeinte zier und gefiel
sich im schreiben sowol an den Schnörkeln als an ih-
rer Vervielfachung, wenigstens die der edlen lateinischen
schrifl pflegenden Völker kamen gar nicht auf den gedan-
ken einer so sinnlosen verkleisterung der Substantive.
Kaum ein leser dieses Wörterbuchs wird an den la-
teinischen und kleinen buchstaben ärgemis nehmen oder
sich nicht leicht darüber hinaussetzen, aUen unbefang-
nen aber musz die daraus entsprungne Sauberkeit und
raumersparnis angenehm ins äuge fallen, hat nur ein
einziges geschlecht der neuen Schreibweise sich be-
quemt, so wird im nachfolgenden kein bahn nach der
alten krähen, wem das thun oder lassen in solchen
dingen gleichgültig ist und jeder unbrauch zu einer un-
abänderlichen eigenthümhchkeit des volks gedeiht, der
dürfte gar nichts anrühren und müste in allen Ver-
schlechterungen der spräche wirkliche Verbesserungen
sehen, es gibt aber in ihr nichts kleines, das nicht auf
das grosze einflösse, nichts unedles, das nicht ihrer an-
gebornen guten art empfindlichen einlrag thäte. Lassen
wir doch an den häusern die giebel, die vorsprünge der
balken, aus den haaren das puder weg, warum soll in
der schrifl aller unrat bleiben?
20. Rechtschreibung.
Die lateinische schrift kam unserer spräche schon vor
alters von auszen her zu und nicht ohne gefahr ergieng
ihre anwendung auf die deutschen laute ; schhmm war,
dasz ein nachlässiger und verkehrler schreibgebrauch,
statt beide völlig auszugleichen, allmälich Verwirrungen
bereitete, die anfangs nirgends vorhanden waren, in
den letzten drei Jahrhunderten trägt die deutsche Schrei-
bung so schwankende und schimpfliche unfolgerichtig-
keit an sich, wie sie in keiner andern spräche jemals
statt gefunden hat, und nichts hält schwerer als diesen
zustand zu heilen, man hat sirh von jugend an ihn ge-
il*
LV.
LVI
wohnt und niemand kann den leuten ungelegner kom-
men, als der sich dawider erhebt, in kleinigkeiten ab-
zuweichen, das wird belächelt und allenfalls geduldet,
wem aber gründliche Umwandlungen ratsam scheinen,
der darf sich auf jede mögliche gleichgültigkeit und Un-
kenntnis von der sache fassen, was sollte die änderung
den Schriftsteller angehn, dem daran liegt seine gedan-
ken ungehemmt und ungezwungen zu äuszern, dem es
lästig fallen rausz sich und seine leser durch anstünde
in der form, die er längst bewältigt zu haben meint, auf-
halten zu lassen? nur insgeheim mag ihn der leichdorn
im schuh drücken, wenn er sich des eignen ungenauen
und fehlerhaften ausdrucks mitunter bewust wird, die
meisten schrieben, wie sie es in der schule oder sonst
im leben sich angewöhnt hatten und überlieszen wie-
derum den Setzern die Schreibart nach belieben zu ver-
ändern, d. h. dem vorhersehenden brauch zu beque-
men, so weichen z. b. die meisten kurz nach einander
erschienenen auflagen von Fischarts Gargantua immer
in kleinigkeiten ab, aus welcher sollte man einen schlusz
auf seine eigne Schreibung machen ? auch Göthe wird
sich nicht darum bekümmert haben, dasz die späteren
abdrücke seiner werke einzelnes anders schrieben, z. b.
die erste ausgäbe des Faust von 1790 hat juristerey,
gescheidter, bey, wo die jüngeren Juristerei, geschei-
ter, bei setzen, dennoch daneben seyn behalten, wich-
tigeres erlaubte man sich bei ahnungsvoll statt des aus
GöTHEsfeder geflossenen ahndungsvoll, in Lessings wer-
ken hat Lachmann Verschiedenheiten der Schreibung fest-
gehalten, die vielleicht auch von den setzern herrührten.
Einzelnen älteren Schriftstellern, die den schreibge-
brauch zu meistern unternahmen, wie Melissus, Weck-
HERLiN, Ph, von Zesen, darf man nur geringe, darum
unwirksame sachkunde zutrauen, wiewol sie es an eini-
gen guten vorschlagen nicht fehlen lieszen; auch die
neueren, in vielen stücken vollkommen berechtigt,
Klopstock, Voss, Schlözer scheiterten um derselben
Ursache willen, Voss unter ihnen der mäszigste richtete
das meiste aus. einiges rechte, wie die entfernung des
Y aus dem diphth. ei drang endlich, allem dawider er-
hobnen einspruch zum trotz, allgemein durch. Eine
gänzliche Umwälzung, wobei freilich mit nolhwendigen
ausnahmen wieder der mhd. Schreibweise zugelenkt
werden müste, scheint erst dann gelingen zu können,
wenn ihr unter grammatischer begründung in empfäng-
licher zeit durch ein Wörterbuch vollständig der weg
gebrochen sein wird, das gegenwärtige darf l)losz an-
spruch darauf maclien ihn hin und wieder anzubahnen
und die änderung vorzubereiten.
Das gebrechen liegt in unbefugter und regellos
schwankender häufung der vocale wie consonanton,
wodurch die deutsche schrift einen breiten, steifen und
schleppenden eindruck macht.
Bei den vocalen kam es auf die dehnung an, welche
vor einfachem consonant sowol der mhd. lange als
kurze laut empfieng, und man behandelte sie auf vierer-
lei weise.
a) man Itesz sie unhezeichnet. beispiele der orga-
nischen länge : da, quäl, spat, that, rath, abend, alliem,
klar, waren, lasen, kamcjn, liörcMi, brol, notli, rolli, lod,
kröne, Ihun, nuilii, rulie. beispiele der organisclum
kürze : Ihal, schmal, rad, mag, gab, habe, schäm, kam,
schwan, war, wagen, nabel, gabel, jagen, sagen, schä-
men, bär, gebären, geweb, eben, geben, streben, be-
wegen, hin, dir, mir, biber, lob, oben, böte, böge, zo-
gen, trogen, schwöre, mögen, flug, zug, tugend, jugend.
b) man verdoppelte den vocal. beispiele der orga-
nischen länge: aal, haar, klee, see, schnee, schoosz.
beispiele der organischen kürze : saal, aar, haar, beer,
meer, beere.
c) man schaltete hinter dem I E ein, was natürlich
nur bei organischer kürze der fall ist: kiel, ziel, viel,
spiel, ziemen, nieder, liegen, wiege, riegel, schriebe,
triebe, geschrieben, getrieben.
d) man schaltete II ein. beispiele der organischen
länge : pfähl, stahl, jähr, bahre, wahr, bewähren, wahn,
wähnen, ehre, mehr, lohn, ohne, höhne, ohr, fuhr,
fühlen, führen, rühm huhn. beispiele der organischen
kürze : fahl, kahl, wähl, zahl, lahm, nahm, bahn, nah-
rung, fahren, zählen, wählen, währen, nähren, heh-
len, stehlen, nehmen, wehren, ihn, ihr, söhn, wohnen,
sohle, bohre, bühne.
Dies inconsequente verfahren ist unerträglich, wenn
man nahm, lahm, zahm schreibt, warum nicht auch
kahm ? oder umgedreht, wenn kam, schäm, name gilt,
warum nicht nam, lara, zam? wer wähl, zahl, ihn,
bahn, zahn, bühne setzt, müste der niciit auch Ihahl,
schmahl, vihl, schwahn, thuhn schreiben, oder weshalb
entbindet ihn die Schreibung schmal und schwan nicht
des schleppenden h in wähl und hahn ? wir schreiben
grün und schön, warum nicht kün, sondern kühn ? was
zwingt zu jähr und bahre, da doch klar und waren gilt?
warum schere, aber beere und wehre? im 16. 17 jh.
schrieben auch einzelne kahm, ahn, juhgend, vihl und
zihl, was der spätere gebrauch verwarf.
Am unerträglichsten wird die Unsicherheit, wenn
sie in den formen desselben worts, derselben wurzel
und in vollkommen ähnlichem fall vortritt, ihr zu
schreiben und von der analogie wir mir dir abzuwei-
chen, war in der spräche nicht der mindeste grund ;
ungebildete schreiben auch wihr, mihr, dihr oder wier,
mier, dier und verfahren folgerichtig, warum soll ihm,
ihn, ihnen stehn und er, es, der, dem, denen? im 16.
17 jh. begegnet auch ehr, ehs, dehr, dehn, die uns
heute beleidigen, zahm und zähmen verdecken durch
diese Schreibung ihre abkunft von ziemen, geziemen,
gezara, ihre Verwandtschaft mit ziemlich und zunfl.
gleiches gilt von zehren und zerren, von begehren und
begier. wir schreiben nehmen und nimmst, nimmt,
welche beide die organische kürze durch Verdoppelung
der consonanz retteten, ältere schriftsteiler setzen auch
nemmen wie trcttcn für nehmen und treten ; ist, wie
vermutet wurde, das subst. name von nehmen abstam-
mend, so verdunkelt sich zugleich dies Verhältnis, nicht
anders trenut unsre üble Schreibung die zusammen gehö-
rigen Wörter hahn, huhn und henne, lehren und lernen,
an und ähnlich, fahren, fahrt und fertig, d. i. zur fahrt
gerüstet, zwar -^^ mhd. ze wäre, und wahr.
Wol weisz ich, was man zur entschuldigung man-
cher solcher Widersprüche und ungenauigkeitcn vor-
bringt, es sollen dadurch verschiedenartige Wörter von
einander gehalten werden, man setze ihn und seyn, da-
mit sie von der praej). in und dem jjossessiviun sein fern
stehn bleiben; siclier war das nicht der anlasz zur
vm
LTm
Schreibung, womit hätten denn ihr, bey, firey nicht zu-
sammenfallen sollen ? kein mhd. blatl wird unverständ-
lich dadurch, dasz in beiden fällen einrormig in und sin
geschrieben steht, denn in allen sprachen, zumal neue-
ren, begegnen sich die gestalten vieler Wörter, z. b.
lat. canis singst, canishund; suis der sau, suis seinen;
bellum krieg, bellum den schönen ; frons stirne, frons
laub ; edit iszt, edit gü)t heraus ; uti wie, uti gebrau-
chen, jenes mit kurzem, dieses mit langem u ; franz. son
laut, son kleie, son sein ; ton laut, ton dein ; en in, en
davon = lat. inde , und so unzähligemal , wer denkt
daran sie anders zu schreiben? im Zusammenhang der
rede wird alles klar, durch ihn würde man auch ge-
wahren, ob her das mhd. her exercitus, her huc, hör
clarus meine, welche drei Wörter die mhd. handschrif-
ten ganz gleich schreiben, uns erst die grammatik zu
sondern gelehrt hat. was soll ein unterschied zwi-
schen wider contra, wieder rursus, da wir doch aber
vero und aber rursus unausgezeichnet lassen? die ge-
wöhnliche schreiliung kann lange nicht allen feinheilen
der ausspräche nachgehen wollen, sie weisz nichts von
einem ö oder 6 und ä, nur genauere Schreiber wandten
accente und circumflexe an, oder strebten einzelne e
und fi durch ä und ee zu erreichen, lateinische bücher
drücken die quantität der vocale auch nicht aus, grie-
chische nur einiger, nicht aller, entspringt uns irgend
beschwerde daraus, dasz wir mhd. gebot mandavit und
gebot niandatum beide gebot schreiben ? oder soll hier
unser groszer buchstabe das subst. retten ? das hülfe
ja nichts für den fall, dasz das verbum den salz an-
fienge.
Mit mehr schein liesze sich anführen, dasz schon mhd.
und selbst ahd. einzelne beispiele des dritten und vierten
misbrauchs auftauchen, des hinter I geschobnen E, des
dehnenden IL wer die von Diemer bekannt geraachte
Vorauer handschrift liest, wird darin verschiedentlich
tehte roht tobt houbeht habeht siht wihstoum Gnden
für tete röt löt houbet habet (ahd. hapöt) sit wistuom,
wie schon einmal bei Notker, inslihefe für insliefe, un-
gefähr wie auch fremde namen zwischen Daniel und
Danihel, Bethleem und Bethlehem schwanken, iera für
im hat die kaiserchron. 526, 22; ier für ir 526, 23;
ien für in 529, 20 ; ziet für zit 527, 12 u. s, w. dies
iem, ier mahnt nun an das iära, iär des heutigen west-
fälischen dialects, die Schreibung viel und miechel im
grafen Rudolf an die ags. und altn. brechung feolo, fiöl
und miök, miög, ags. com und heom für im, him, und
es scheint wol, dasz das gesetz der brechungen den
misbrauch des dehnenden IE zuerst veranlaszt haben
könne, vgl, gramm. 1, 163. allein der gemeine hochd.
brauch nahm die meisten solcher Schreibweisen gar
nicht an, oder entledigte sich ihrer bald wieder ; sollen
wir sie festhalten und dazu noch schief anwenden?
Das zweite verfahren, ich meine die Wiederholung
des vocals, ursprünglich damit länge, dann dehnung zu
bezeichnen hat etwas natürliches, da auch in andern
sprachen die länge der doppell gesetzten kürze gleich
steht ; von den Niederländern wird diese doppelung
ebenfalls, nur häufiger und durchgreifender, angewandt,
welchen sowol IE für I^ als das eingeschaltete H unbe-
kannt blieb. d(Kh, wenn man allenlhalben die dehnung
verdoppeln will, empfängt die Schreibung etwas brei-
tes, schwerfälhges, man lese Flemings gedichte, der die
holländische weise nachahmend s. 79 setzt:
NeptuuQ kann keinem guut für seinen schaden saagen,
der sich in seiner fluiit auf speten herbst wil waagen,
und so oft, nicht allenthalben, die ausgaben folgen
schwankend.
Weit besser gethan ist es, die erste weise zur allge-
mein gülligen erhebend, den gedehnten laut überall un-
bezeichnet und jede Verdoppelung oder einschaltung
von E und H fahren zu lassen, wodurch zugleich rei-
nere ausspräche des organischen IE (in dienen, heben,
gieszen) und der organischen spirans für alle inlaute,
wie sehen, zehen, ziehen, fliehen, fahen, äher oder ähre,
Zähre u. s. w. gewonnen würde, diese letzte schärft
sich vor T in CH (sieht, flucht, zuchl), was jenes falsche
H niemals zu thun vermochte, für Schlözer musle es
zur klippe werden, dasz er die echten und falschen H
nicht scheiden konnte und das kind mit dem bade aus-
schüttele, schon Frisch halle sich an verschiednen
stellen, z. b. 2, 373'' gegen 'den schlendrian mit dem
angeflickten H' ausgesprochen.
Aller dieser anfangs beabsichtigten, künftig einmal
unerläszhchen reinigungen unseres vocahsmus habe ich
aus den oben angezeigten gründen mich jetzt noch ent-
schlagen, doch ist vorläufig schon in klammer die gebes-
serte Schreibung beigefügt worden, natürüch nur im
stamm, von dem man sie leicht auf ableilungen und Zu-
sammensetzungen erstrecken wird, z. b. hinter nehmen
folgt eingeklammert nemen, nicht hinter abnehmen an-
nehmen ausnehmen benehmen, man hat also immer
das emfache wort aufzuschlagen.
Unsere consonanlen leiden an gleich pedantischer
Vervielfachung der zeichen, es ist als ob nie der einfache
buchstab genügen könne, immer noch ein andrer ihm
als schlepp angehängt werden müsse.
Thue man bücher des 16.17 jh. auf, nicht allein dem
T w^ird unnützes und falsches H nachgesandt, sondern
oft auch andern consonanlen, und z. b, geschrieben
rhat rhum mhe nhemen für rat rum me nemen, so dasz
sich die dehnung raht (oder ralh) rühm mehr nehmen
aus bloszer forlschiebung des H in die mitte des worts
herleiten liesze. eine menge von venlopplungen starrt
allenlhalben, FF, SS für F und S und immer CK, TZ
nach andern consonanlen, da sie doch blosz nach oder
zwischen vocalen zulässig sind : hoff gralT schifl" brieff
schliefl" schufl" für hof graf schif brief schlief schuf;
danck banck voick werck hollz krnntz hertz schwartz
für dank bank volk werk holz kränz herz schwarz ;
ja auch hausz mausz für haus maus. Zeskn pflegt die
Verdoppelung noch mit dem dehnlaut zu verknüpfen
und zu schreiben hihss für hiesz, schähfler für schäfer.
aufFFistman so erpicht, dasz es selbst in die russi-
schen namen OrloffDemidoirSuwaron'eingelragen wird,
die mit nichts als slaviscliem ov auslauten.
TH hängt uns bis auf heule noch an : es ist (iberall
falsch in hochdeutschen wörlern und das niederdeut-
sche, englische hat ganz andern grund. man musz also
tal teil tor tat schreiben so gut wie tag teig toll taugt lu-
gend, und nicht anders in und auslautenil mut rat wut ge-
rade wie gebet blut. die Schreibungen thal iheil thor Ihat
mulh ralh wuth werfen «msre mundart aus ihrem angel
und verwirren sie gegenüber allen geschwislersprachen.
LIX
LI
Man will heute hof graf schuf schlief der gedehnten,
aber schiff griff schlaff der kurzen ausspräche halben.
dann milste auch abb obb für ab und ob, mann binn
hinn unn für man bin hin un geschrieben sein ; oben
wurde gesagt, dasz es unnöthig ist die dehnung oder
undehnung zu bezeichnen, F ist so ein scharfer laut,
dasz seine doppelung gar nicht ins ohr fällt und erst
inlautend zwischen vocalen vernehmbar und in zwei
Silben vertheilt wird, schiff wäre schiphph und unaus-
sprechhch, schiffen, schaffen aber spricht sich aus schif-
fen, schaf-fen, die silbenabtheilung schiff-en ist so un-
richtig wie die von geb-en, mein-en für ge-ben, mei-
nen, als hätte sich die silbe um den stamm zu küm-
mern, warum sich also sträuben gegen schift navigat,
Schaft parat? da doch schaft in freundschaft gleichfalls
aus schaffen gebildet wurde, die ausspräche völlig die-
selbe ist. Lessing schrieb häufig das einfache F und
auch Voss im Homer schif, hofnung, gewafnet, wie
Engländer mit ship, Niederländer mit schip, Dänen mit
skib ausreichen, Schweden mit skep für skepp ausrei-
chen könnten, doch ist PP weit erträglicher als FF.
Ebenso bewandt ist es um den scharfen laut des S, das
wiederum am schlusz des worts und vor andern conso-
nanten nicht verdoppelt werden sollte, wie man lat.
schreibt as assis, bes bessis, ahd. hros hrosses, giwis
giwisses, ist auch mhd. und nhd. zu schreiben kus ros
mis gewis ergebnis und küst mist = küsset misset,
zwar die goth. Schreibung hat qiss stass gatass, aber
hochdeutsch ist sie nicht zu befolgen, auch den häu-
fungen DT in Stadt todt verwandt musz entsagt wer-
den ; früher schrieb man nicht weniger brandt kundt
wandt feindt findt mordt und dergleichen, fehlerhaft
ist das verbreitete herrschen für herschen, welches sich
leitet von hör = hehr, nicht von herr, d. i. dem com-
parativ desselben hör = ahd. hfiriro.
Näher auslassen musz ich mich hier über SZ, weil
die alphabetische reihe erst spät darauf führen wird,
sein verhalt zu SS aber höchst unsicher und zweifel-
haft scheint, wie einfach und sauber stehn in allen
sprachen der ersten lautverschiebung T und S von ein-
ander ab, wie verworren hochdeutsches Z und S, weil
beide laute sich berühren. S lautet scharf und sau-
send, Z gedämpft und dieszend, wenn ich des alten
wertes mich bedienen darf, noch an lispelndes TH mah-
nend, aus dem es ja entsprang, im anlaut oder auch
in und auslautend nach andern consonanten und lan-
gen vocalen wird es härter, dicker, nach kurzen voca-
len weicher, flüssiger, dem S sich nähernd, es war
natürlich, dasz die kürze oder undehnung ihm mehr
von seiner dichte oder dicke benahm, den unterschied
zwischen Z und % bezeichnet die mhd. Schreibung ge-
wöhnlich gar nicht, öfter die ahd. durch Z und SZ oder
ZS, doch begegnet auch SZ in dem von Wackernagel
herausgegebnen Baseler dienstrecht s. 33. dürfte
man nhd. Z und SZ geradezu nach mhd. Z und % re-
geln, so schiene die sache bald abgethan. doch so
leicht ergeht sie nicht, das nhd. SZ ist vorgeschritten
und dem S näher getreten, wir sprechen und schrei-
ben dünnes, abgeschliffenes in den anlauten es, das,
was, bis, aus, inlautend aber SS nach organisch kurzem
oder gekürztem vocal in gasse lassen lässig nassen was-
ser essen fressen bisse risse schUsse gegossen genos-
sen flusses Verdrusses, wo bereits die mhd. doppelung
11 weicher geworden war als der auslaut na? vlu; gu;,
dem wir auch nhd. sz geben : nasz flusz gusz. schon
die alte Schreibung Hessen (Nib. 175, 1) für Heij^en,
Chatti liefert solches SS, das sich selbst im goth. vissa
für vitida, ahd. wessa entfaltete und mhd. hss. gewäh-
ren es noch sonst, z. b. in besserön bei Grieshaber 2,
76 ; Wasser 2, 95 ; vressen 2, 1 34 ; vassen, fergessen,
vergisset 1, 105. 106. 1 1 1 u. s. w. nach langem und
gedehntem vocal haftet hingegen sz, wie das mhd. t, hier
nicht verdoppelbar ist : aszen strasze fleisz heiszen gie-
szen grosz grösze süsz süsze. inlautend fallen uns
mhd. SS und T^ zusammen, gewissen certum klingt
uns wie wissen scire, bissen momorderunt, während S
und SZ nach langem vocal hörbar verschieden lauten :
weisen monstrare, weiszen dealbare ; heiser raucus,
heiszen jubere; meise parus, beschmeisze illino. SZ
musz etwas dicker und mit der zunge hervorgebracht
werden, S geht durch die zahne, freilich gibt es aus-
nahmen, wie kreis, ameise für mhd. krei;, Amei;e. Lu-
ther geneigt im auslaut fast überall zu S für SZ, inlau-
tend zu SS, beides verdient keine nachahmung, viele
schreiben heute tadelhaft blos, loos für blosz losz sors.
Nun erwächst aber andere Schwierigkeit, in der
deutschen minuskel hatte sich die zusammengerückte
form ß gebildet, wofür alte drucke des 15. 16 jh. noch
andere zeichen £, ^ geben, die sich alle in den reinen,
lateinischen typus nicht übertragen lieszen, in Wir-
süNGS Cahstus f B"* steht neben f auch ^, ich habe darauf
geachtet, wie man in entschieden lateinischem satz sich
allmähch dabei benahm, zierliche, in Holland gedruckte
deutsche bücher aus der mitte des 1 7 jh. pflegen in den
rubriken lateinische typen anzuwenden, so liest man
im Philander von Sittewalt Leiden 1 646 theil 5 seite
265 'von der fafznacht' und in der deutschen theolo-
gia, Amsterdam bei Dirck Meyer 1631 s. 88 'befchlufz',
beide buchstaben getrennt, nicht verbunden, da aber
in vielen auslauten s für sz galt, lag es nahe, auch dem
inlaut fs zu verleihen und wie Luthers bibel von
1545 1 Sam. 9, 24 deutsches if3 gewährt, steht z. b.
in FiscHARTS Garg. von 1594 s. 38* lafst, in Eccards
bist. stud. etym. Hannover 1711 s. 271 grefshch, und
später wird es immer häufiger, z. b. in Bodmers vor-
reden zu den fabeln (1757) und den minnesingern
(1758); in den aus einer hs. den fabeln angehängten
erzählungen ist s. 241 paifz, s. 243 füefzlich, s. 267
waifz zu lesen. Als endlich in unserm eignen jh. das
lange lat. f verschwand und dem s allenthalben wich,
versagte auch der behelf des fs und die setzer griffen zu
SS, das doch im auslaut wie inlautend nach langem vocal
unleidlich scheint, seit dieser zeit wird geradezu, je-
nachdcm man deutsche oder lateinische buchstaben
verwendet, auf zwiefache weise gesetzt bap, flicpcn oder
dass, fliessen, beides soll einerlei sein, was doch offen-
bare Unwahrheit ist, den buchstab nennen wir cszet
und geschrieben und gesetzt wird er ss.
Um diesem empfindlichen übelstand auszuweichen
und wieder auf gehörige sonderung der laute SS und
SZ zu dringen, habe ich, weil eine Verknüpfung des ty-
pus s mit z unlhunlicli ist, getrenntes sz vorgezogen,
wie es in polnisdicr, liltauischer, ungrischer spräche
längst üblich war. niemand nimmt anstosz daran, dasz
LXI
die verbundnen fi und c^ sich auflüsen in st und ch,
ihnen tritt sz ganz zur seite und man braucht nicht
mehr rerlegen zu fragen, ob sz in der druckerei vor-
rätig sei. nun kann auch die majuskel das SZ aus-
drücken, wie sie das fs nicht konnte.
In Zusammensetzungen musz der anslos'' gleicher
oder ähnhcher consonanten nothwendigen Wechsel oder
ausfall einzelner derselben nach sich ziehen, wie in grie-
chischen Wörtern er immer erfolgt, unsere heutige
Schreibweise, um laut und ausspräche unbekümmert,
möchte aber allzeit die volle gestalt jedes theUs der
composition vor den äugen festhalten, und so entsprin-
gen beim zutritt der auf doppelten consonant auslau-
tenden Wörter an solche, die mit demselben wieder an-
lauten, die unbarmherzigen Schreibungen schnelUauf
stalUicht Stammmutter bettluch massstab missstimmung
Weissschnabel gerängnisssträfling schiflTahrt (das wäre
aufgelöst schiphphphahrt) , wie man sie allenthalben
liest, deren ich von selbst überhoben bin oder mich ent-
halte, sollte auch das aufschlagen im Wörterbuch hier
erst eingeübt werden müssen, maszstab und weisz-
schnabel fügen sich der Schreibung und ausspräche.
Nichts ist bei uns greuhcher als die Schreibung der
eigennamen, wo man sich aller regel entbunden wähnt
und blosz vom herkommen abhängen will, als ob rich-
tige ausspräche und darstellung nicht alle Wörter durch-
dringen müsse, was sich in den letzten Jahrhunderten
bei sprachunkundigen zufällig eingeführt hat, soll sorg-
samst beibehalten bleiben, mit fug schrieb Lessixg 8,
41. 77 u. s. w. Winkelmann, der ohne zweifei, lebte
er heute, selbst so schreiben würde, zu seiner zeit dem
allgemeinen misbrauch folgte; ängstUch wird aber in
gelehrten büchern Winckelmann hergestellt und sonst
Hertzberg Holtzmann Welcker gesetzt ; wenigstens be-
rühmte namen, die oft wiederkehren, sollten das recht
haben den staub der Schreibfehler von sich abzuschüt-
teln, hier werden künftig einmal sogar machtsprüche
nichts vermögen und Würtemberg wird wieder an die
stelle des Württembergs barbarischer Urkunden zu-
rück treten, eine spräche darf nichts unreines , was
ihrem natürlichen ströme widerstrebt an sich leiden,
auf ihrem gebiet aber gibt es keine befehle, und wie
man von einer r^publique des lettres redet, so entschei-
det auch über die Wörter und ihre Schreibung zuletzt
nur der allgemeine Sprachgebrauch und volkswille;
regierung und obrigkeit können blosz mit gutem bei-
spiel voran gehen, wie sie hier oft ein schlechtes gege-
ben haben.
Von selbst versteht es sich, dasz in den ausgehobnen
beispielen zwar jede in der spräche und ausspräche be-
gründete eigenlhümliciikeit der Schriftsteller gewissen-
haft belassen, nicht aber bei anwendung oder häufung
unnützer buchslaben den ausgaben gefolgt wurde, das
hätte, wegen ibres Schwankens, den lext allzu bunt ge-
macht, wozu wären alle LCK, RCK, PFF aus Luther
gei)Iicben und H. Sachsens aulTpfeilft für aufpfeift be-
iialten, wozu in späteren Schriftstellern die zwar gerin-
gere dennoch lästige Verschiedenheit bewahrt worden?
iierausgeber, wenn ihnen etwas davon abzuhängen
scheint, mögen anderer rücksichlen pflegen als das
Wörterbuch, docli selbst in ausgaben mhd. texte wird
gestrebt grammatisch zu schreiben und von der unge-
LXII
nauigkeit der handschriften abgewichen, über einzel-
nes und über kleinigkeiten mag freihch streit fortbe-
stehn.
Bilhg zu achten war vorerst auch auf die nicht grund-
lose besorgnis der Verlagshandlung, dasz das publicum,
für einzelne besserungen der Orthographie zwar em-
pfänglich, durch heftige erschütterung des hergebrach-
ten und festhaftenden brauchs abgeschreckt werden
möge, so freie band uns hier gelassen war, erkannten
wir gern die ratsamkeit kluger beschränkungen an, fast
jederzeit haben mäszige und allmälich vorgebrachte re-
formen eingang, überspannte abwehr gefunden, ob im-
mer das rechte masz getroITen und eingehalten wurde,
musz der erfolg entscheiden.
Auch in dem fall, dasz sämtliche gegenwärtig schon
geübten oder vorgeschlagnen orthographischen ände-
rungen durchgriffen, erschiene damit die sache unab-
gethan, und in weiterer ferne hielten noch andere forde-
rungen, die mit der zeit sich geltend machen könnten,
namentlich ziele ich auf unser F, V und W, von welchen
eins ganz entbehrlich und dann das Verhältnis der an-
dern neu zu bestimmen wäre. ahd. standen, wie sp.
1053 gelehrt ist, F und V inlautend noch abgesondert,
nhd. fallen beide im laut überall zusammen, schon mhd.
wechseln sie oft gleichgültig, z. b. Nib, 1654, 2 steht
geschrieben 'so vriunt nach friunden tuont'; Iw. 6225
'vielen : enpfielen' ; im Iwein v\ird sonst vrägen, vrouwe,
in Walthers liedern, im Parz. fragen, frouwe gesetzt ;
der laut unterscheidet nicht, unnöthiger überflusz ist
darum unser nhd. vest neben fest, und wir verdecken
mit ver und vor neben für und fürst, mit voll neben fülle
dieser Wörter Verwandtschaft, getrauen wir uns ein-
mal das V den Niederländern zu lassen, die seiner kaum
entraten werden, selbst aber nur F zu schreiben, wie
wir nur F aussprechen ; so wird V seine eigenthümliche
bestimmung erfüllen und wieder den laut des lat, und ro-
man. V übernehmen, d. h. unser jetziges W ausdrücken
können, denn da wir heute nichts von dem laut eines
englischen W haben, bedürfen wir auch des Zeichens
nicht, unser F und V träten ganz in den gothischen und
nordischen stand zurück, der auch den frühsten ahd.
denkmälern entspricht, auf den ersten anblick erschiene
seltsam, statt verwalten, vielfusz, vielwissend zu schrei-
ben fervalten, filfusz, filvissend ; in der spräche und aus-
spräche würde aber nicht das geringste dadurch ge-
kränkt und die zeit kann kommen, wo man den Vor-
schlag vernünftig und angemessen finden wird, vor
hundert jähren setzten alle Schweden ein W, wo sie
heute einfaches V schreiben, die Finnen sind bereits so
klug dasselbe zu tliun, Liltauer und Letten dürften es
unbedenklich : sie alle hatten das schleppende W von
niemand überkommen als von uns. bei keinem volk in
der weit geht die Vereinfachung der sohrift so schwer
wie bei uns von statten, in Spanien bedurfte es nur
einer von wenigen gelehrten ausgegangnen fe^tslollung
der jüngsten ziemlich eingreifenden maszregel und je-
dermann war damit einverstanden, dejar für dexar,
pajaro für paxaro ist doch auflallender als vald für wald
wäre, aber alles würde dawider schreien, obschon dann
unsere schüler von selbst das lat. V richtiger ausspre-
chen lernten.
21. Betonung.
LXIII
Lxrv
Adelung hat seiner zweiten ausgäbe vor der ersten
dadurch einen zweideutigen vorzug verliehen, dasz er
ton und ausspräche der einzelnen Wörter häufig durch
accente bezeichnet, diese bezeichnung stimmt aber
nicht genau zu der im latein üblichen, und im gründe
ist wenig daraus zu lernen, der nhd. ton fällt so ein-
förmig, dasz man ihn fast von selbst weisz, in einfachen
Wörtern haftet er auf der Wurzelsilbe, in zusammen-
gesetzten empfängt das erste wort den hauptton, das
zweite den tiefton, auszer wenn das erste eine untrenn-
bare Partikel ist, die unbetont bleibt, wie best^hn, ge-
st6hn, übersetzen transferre ; hingegen die lebendigere
trennbare wird tonfshig: böist^hn, iibersetzen traji-
cere; alle abgeleiteten subst. behalten den ton der
verba: bestand, gestandnis, Übersetzung; böistüind,
iiberfährt. ausnahmen anzuführen gehört nicht hier-
her. Jenes gesetz der vmrzelbetonung galt aber in der
älteren spräche lange nicht so allgemein, und einzelne
fölle betonter ableitungssilben haben sich auch heute
noch bewahrt, z. b. in lebendig; nur bleiben manche
zweifelhaft, z. b. in achtende octavus, in alFolter, wachol-
ler, sie bedürfen eigner, belebterer Untersuchungen,
als im Wörterbuch angestellt werden können, einige-
mal hat der ton auf die entfaltung der wortform deut-
hchen einflusz gehabt, z. b. in bieder, die abweichende
betonung fremder Wörter wie adies, aha, ahi, altar,
barbar, barbarisch, baron u. s. w. wurde angezeigt.
22. Verlheilung.
Wenn zwei maurer zusammen ihr gerüst besteigen
und der eine rechts, der andere links auferbaut, so he-
ben sich wände, pfeiler, fenster und gesimse des hau-
ses vollkommen gleichförmig zu beiden seiten, weil al-
les entworfen ist und nach der schnür gemessen wird ;
es kommt auch vor, dasz an einem aufgespannten bilde
zwei raahler arbeiten, der eine die landschaft, der an-
dere die figuren übernimmt, und jener diesem, um sie
aufzustellen und bequem zu entfalten, genug grundes
läszt. so liesze sich denken, dasz auch am Wörterbuch
zwei nebeneinander stünden, nach festem entwurf die
Wörter schichteten und einfügten, auch sich wcchsels-
weise die bausteine zureichten und ihr gerät und Werk-
zeug aus des einen band in die des andern gicnge, dasz
von einem die etymologie und form, von dem andern
die bedeutung ergriffen und erörtert würde. Allein die
Wortforschung fordert stille samlung und ungestörtes
nachdenken ; wer den Ursprung des worts findet, dem
flieszen daraus auch die bcdeutungen, und wessen Un-
tersuchung warm in den bedculungen geworden ist,
der musz sich auch eine Vorstellung von dem Ursprung
und der wurzel des worts gebildet liaben. eins be-
dingt das andere und die faden reiszen, wenn sie aus
der band gegeben werden, bald würde der binter-
grund, den sich der eine arbeiter gedaclit hat, von den
gestalten unerfüllt bleiben, die der andern darauf füh-
ren wollte, bald für diese gestallen jener grund nicht
ausreichen, auf diesem fehle weiclicn (he ähnlichsten
ansichten leicht von einander ab und nachgibige Ver-
mittlung wird so schädlich wie eigensinniges beharren,
dasz jeder arbeiter seine vollendete Untersuchung dem
prüfenden urtheil des milarbeilers hingebe, widtTstrei-
tet dem Selbstgefühl ebenso stark als ein solches urlheil
unausführbar ist, denn nacharbeiten kunmit hier der
mühe des arbeitens völlig gleich : statt dasz ich dem
andern seine gänge nachgehe und alle seine mittel scho-
nend erwäge, will ich lieber mich selbst nicht schonen
und dieselben wege einschlagen, auch hindern beide
arbeiter, wenn sie zu dicht und unmittelbar beisam-
men stehn, einander am gebrauch des geräts.
Man fühlt und sieht es bald, die gemeinschaft gleich-
berechtigter arbeiter am Wörterbuch wird nur so mög-
hch, dasz jeder derselben bestimmte theile des ganzen
auf sich nimmt und in allen kreisen dieser theile sich
ungestört bewegt, was er vollendet hat, musz ohne
vorausgegangne durchsieht des mitarbeiters in das ge-
samtwerk aufgenommen werden, die wähl jener theile
oder stücke kann fast dem zufall überlassen sein, da
alles und jedes auf dem gebiet der spräche gleich schwer
und gleich anziehend ist. unbewust und von selbst fe-
stigt sich aber die gemeinschaft zu gegenseitigem vor-
Iheil dadurch, dasz beide arbeiter zu derselben zeit,
man könnte sagen in derselben luft auf freiem stand-
punct, doch mit gleichen mittein den im groszen ent-
worfnen und festgehaltnen plan im einzelnen still ein-
ander absehn, und auf diesem wege die erforderliche ein-
heit des ganzen werks sich herausstellt, sie sind zwei
koche, die nach wochen sich ablösend vor den nemli-
chen herd treten und gleiche speise in gleichem ge-
schirr zubereiten ; mag das publicum selbst merken,
wo manchmal der eine zu leise salze, der andre zu
scharf, ich hoffe dasz keiner anbrennen lasse.
Die erste woche sollte mein sein, als der anfang des
Werks bevorstand, sagte ich zu Wilhelm : 'ich will A
nehmen, nimm du B'. 'das kommt mir zu bald', ver-
setzte er, 'lasz mich mit D beginnen', dies schien
höchst passend, weil ABC den ersten band füllen soll-
ten und es angemessen wäre, jedem mitarbeiter eigne
bände anzuweisen, im verlauf der arbeit zeigte sich
aber, dasz mitten im B aljgebrochen werden müsse,
um den ersten band nicht allzu sehr anzuschwellen, so
kommt es nun, dasz ich auch noch ein gutes stück des
zweiten auszuarbeiten habe.
Meinem bruder nutzt und schadeis, dasz so viel ge-
druckt werden musz, bevor er anheben kann, ihm
standen und stehn drei jähre zu gebot, in welchen er
ruhig und langsam vorbereitet, ich aber rasch und heisz
zur presse liefere, er hat den groszen vortheil einer
menge von einrichtungen überhoben zu sein, die ich
treffen und erfinden muste, als sie das erstemal zur an-
wendung kamen, manchen von mir mit mühe erlern-
ten handgrif darf er geradezu brauchen, nachtheilig
aber ist ihm, dasz er nun auch das von mir ins Wörter-
buch eingeführte der gleichförmigkeil halben beizube-
halten genöthigt wird, wenn es ihm schon nicht gefdllt,
oder in dingen, wo er selbst bessere auskunfl getroffen
hätte, eins gegen das andere gewogen, wird niemand
sagen mögen, dasz mir das günstigere hisz gefallen sei.
Nur die gefahr wird bei dieser vertlieilung des ganzen
Werks unvermeidlich sein, da gedanken und einHille je-
des der beiden arbeiter oft aucii über seine schranke
hinaus in die Avörter der andern kreise schweifen müs-
sen, dasz aller Verweisungen imgeachtel vieles davon im
keim welke und verloren gehe, denn alles dem geist
erst dunkel vorschwel)cn(ie und an rechter stelle klar-
werdende vorher aufzeichnen lUszl sich nicht; doch
LXV
ixn
darf nicht versäumt werden, schon des einzuhalten-
den planes wegen, bei jeder Zusammensetzung das ein-
fache wort, wenn es der Vorgänger hat, und bei jedem
einfachen die Zusammensetzungen nachzusehn, welche
bereits vorgearbeitet sind.
23. Beistand.
Als es nun ans treffen gehn sollte, empfieng das aus-
rückende, noch immer nicht vollgerüstete wortheer, in
dessen reihen manche lücken sichtbar wurden, zwar |
keine zuzüge von woher es sich allermeist auf sie ver-
tröstet hatte; die von befreundeten, tagtäglich in den !
quellen der spräche verkehrenden männem angelegten
Zettelkasten bheben leer oder unaufgethan : so schwer :
war es, vor dem langen werke den ersten eifer wach zu <
erhalten und nicht bald in trägen scblummer fallen zu
lassen, desto erfreuücher traf unerwartete hülfe ein.
Durch Tre>dele>bcrgs Vermittlung wurde mir von '.
Hebma» Voss zu Düsseldorf aus dem nachlasz seines j
berühmten groszvaters übersandt ein excmplar des fri- '
schischen und adelungischen Wörterbuchs, welchem \
JoHA>.\ Hei:<rich Voss mit fester und reinlicher band
werthvoUe zusätze beigeschrieben hatte, nirgends
grammatischer oder etymologischer art, sind sie mei-
stentheils aus älteren Schriftstellern wie Keisersberg,
Pauli, Stei.nhöwel, Münster, H. Sachs, Kirchhof, Fi- ;
SCHART u. a. m., seltner aus späteren und neueren ein-
getragen, immer in treffender, lehrreicher, auch dann
noch brauchbarer auswahl, wenn ihnen andere drucke,
als die hier benutzten zum gründe liegen, fortwäh-
rend vor äugen zu haben, was der um unsere spräche
hochverdiente mann sorgfältig für sie sammelte, ist |
wolthuend und erhebend. |
Wie aber rührte mich, dasz ich nun aus Meusebachs ;
samlung von der königlichen bibliolhek seinen durch- |
schossenen Campe entleihen und gebrauchen darf, des- !
sen anblick er bei lebzeiten dem freunde vielleicht noch
vorenthalten hätte. Meusebach, einer der liebenswür-
digsten und sonderbarsten menschen, die es geben
kann, in den deutschen büchern des 16. 17 jh. mit
voller seele bewandert, fand sich auch zu sprachlichen '
forschungen höchst aufgelegt, und verfolgte was sich
nur an die von ihm untersuchten gegenstände, nah oder
fem, anhieng mit unablässigem eifer und seltner spür- '
kraft, ganze nachte, die er sich zu tagen machte, konnte
er über einzelnen Wörtern hinbringen, das sprachfeld
zu überschauen und zu beherschen vermochte er nicht,
aber in allem kleinen, worauf er nur geriet oder gelei-
tet wurde, war er bald pünctlich zu hause und wid- ;
mete jeder frage, die bei ihm gefangen hatte, unerraüd- i
liebste, mittiieilsamste antworl, während er andere- i
male geizig und eigensinnig zurückhielt. Daraus dasz I
er seinen wortsamhmgen nicht Adelcxgs werk, son- j
derh Campes unterlegte, geht schon einige vorUebc !
für die puristen hervor, deren ausdrücke aus älterer <
quelle, zum ärger der gesunderen forscher zu bestäli- j
gen ihn heimlich freute; Fischart, der freilich in an- 1
derm sinn neue Wörter bildete, und Jea> Paul, der seine i
eignen Schriften durch nachahmung des piirismus lä-
sterbch verdarb, waren ihm lieblingsschriftstelier. docli
hat Meusebach hier, was zu beklagen ist, weniger aus
Fischart, als vorzugsweise aus selten gelesenen, aber
unbedeutenden Schriftstellern eingetragen, sicher auch
wären von ihm bei längerem leben diese ergänzungen
auf das reichste gemehrt worden, immer, wie sie nur
beschaffen sind, bleiben sie ein wahrer schätz, des-
sen gebrauch nun nicht zu entbehren stände.
^'eben diesen beiden, unserm Wörterbuch voraus-
gehenden und gar nicht für es angelegten samlungen
kommt nun der weit ansehnhchere vorrat von manig-
falten auszügen in -betracht, die ihm unmittelbar zur
grundlage gereichen sollten, zum theil aus unsrer eig-
nen, unablassenden lesung der quellen bervorgiengen,
zum groszen theil aber durch andere abgefaszt wur-
den, die wir damit beauftragt hatten, oder die sie von
freien stücken und nach eigner wähl anboten, der fol-
genden angäbe ihrer namen kann jedoch, aus begreifli-
chen Ursachen, die der einzelnen, von jedem ausgezog-
nen Schriften nicht beigefügt werden : Bernd in Bonn,
Bluhme in Bonn, Callix in Hannover, Craix in Wismar,
Dietrich in Marburg, f Droxke in Coblenz und Fulda,
EisELEix in Constanz, ■{• Fallexsteix in Heidelberg, Fi-
scher in Suckow, Foss in Altenburg, Gusx, Freytag in \
Leipzig, Frommaxx in Coburg, Gervixus in Heidelbei^, \
Gildemeister in Marburg, Gödeke in Hannover, Gützixger .
in Schafhausen, Herm. Grimm in Berbn^. J. GCxther in
Magdeburg, Aug. Hahn in Wien, Hartexsteix in Leipzig,
Malchex Hassexpflug in Cassel, Mor. Haupt in Berlin,
Hexxeberger in Meiningen, Hesekiel in Altenburg, Hoff-
maxn vox Fallerslebex in Neuwied, K. A. J. Hoffmaxx
in Celle, Holland in Tübingen, A. L. W. Jacob in Berlin,
Heinrich Jacobi in Berlin, Karajax in Wien, Keller in
Tübingen, Klee in Dresden, Klosz in Dresden, Kober-
steix in Pforta, Köxe in Münster, Friedr. Kohlrausch
in Lüneburg, Krause in Stade, Kraut in Göttingen,
KrCger in Aurich, f Leyser in Leipzig. Lisch in Schwe-
rin, Lobe in Altenburg, Mexge in Danzig, Mörikofer in
Frauenfeld, Müller in Wiesbaden, H. Müller in Berlin,
Wilh. Müller in Göttingen, Nöltixg in Wismar, Pabst
in Arnstadt, Palm in Breslau, W. A. Passow in Meiningen,
Pfeiffer in Stuttgart, Pritzel in Berlin, Run. vox Rau-
mer in Erlangen, Riedel in Göltingen, Heixr. Ritter in
Göttingen, Fraxz Roth in Frankfurt, fRücKERT in Zittau,
Rudel in Nürnberg, Schädel in Hannover, Schambach in
Göltingen, Schirlitz in Stargard, f Schöppach in Meinin-
gen, f Alb. Schott in Stuttgart, Friedr. Schrader in Hor-
ste, Schubert in Zerbst, Schulze in Clausthal, Schwabe
in Gieszen, Schwekexdieck in Emden, Seibt in Frank-
furt, f Sommer in Halle, Aug. Stöber in Mülhausen,
Stöltixg in Duderstadt, Strodtmaxx in Wandsbeck,
Tobler in Hörn bei Rorschach , Vilmar in Cassel,
VoLCKMAR in llfeld. Wagler in Luckau, Weigaxd in
Gieszen, Wellmaxx in Stettin, Wolpp in Stuttgart,
Zacher in Halle, Zimmermaxx in Clausthal, sollten
der aufzeichnung oder dem gedächtnis einige ent-
gangen sein, so wird man nachsieht üben, unter den
83 genannten ist ein dulzend professoren, ein paar
prediger, alle übrigen sind philologen, sonsl keine Ju-
risten und ärzle, wodurch wiederum sich bestätigt,
was sp. XXXI gesagt wurde, nicht allen ausziehenden
hat gleich volle einsieht in das ziel der aufgäbe vorge-
schwebt, nicht allen ist derselbe beharrliche fleisz eigen
gewesen, so dasz einige der wichtigen schriflsleller
dem Wörterbuch fast über die hälflc noch entzogen
scheinen, von den lleiszigen die fleiszigslen waren
LXVII
LXVIII
Fallenstein, Hartenstein, Riedel, Schrader, Weigand,
doch den allerfleiszigslen und einsichtigsten rausz ich
nennen: es ist Klee.
Noch zwei andere namen sind mir Iheuer. ein glück
war es, dasz gerade Güthe in Klees hände kam, und von
ihm vortreflich ausgezogen, ich würde sagen erschöpft
wurde, w^enn einen solchen ausdruck der unerschöpf-
hche gcstaltcle. hätten aber alle übrigen dichter von
annähernder bedeutsamkeit ähnhche auszüge erlangt,
es stände besser um manche bcispiele des Wörterbuchs,
wofern nun über Götiie irgend mehr auskunft zu wün-
schen blieb, liesz die hülfe selten auf sich warten, da
auch Hildebrand und Hirzel beide unvergleichliche be-
lesenheit in ihm besaszen. diese namen alliterieren, ihr
einklang zu wolwollender, unermüdlichster theilnalime
kommt dem Wörterbuch wesentlich zu statten. Hil-
debrand hat sich einer gewissenhaften correctur der
druckbogen unterzogen, und oft gelegenheit gefunden
seine ungemeine Sachkenntnis und neigung zur deut-
schen spräche durch guten ratschlag und berichtigung
einzelner versehen oder verstösze zu erweisen.
Leid that mir, dasz schon mitten in diesem ersten
bände die Weidmänner sich spalteten, so oft ich weid-
männische redensarten anzuführen hatte, freute ich
mich insgeheim eines bezugs auf die vereinten freunde,
die meinen forschungen 'üfderworte beide' gern und
mit jägerischem spüreifer folgten, auch pflegte Karl
Reimer von anfang an sich am wörterbuche lebhaftest
zu betheiligen : er war es, der im frübjahr 1838 mit
Moriz Haupt nach Cassel gereist kam, um unsern ver-
trag zu festigen, ihn und Hirzeln hätte ich auch vorbin
unter denen, die reichhche auszüge beitrugen, anzu-
führen gehabt, wenn es sich nicht von selbst verstände,
dasz Verleger ihrem eignen werke allen vorschub zu lei-
sten geneigt sind, vielleicht aber gibt es in unsrer gan-
zen literatur noch kein beispiel einer so aufopfernden
anhänglichkeit, wie sie Hirzel dem in sein theil gefall-
nen Wörterbuch überall sinnig bethätigt : er liest jeden
bogen vor dem abdruck durch und seine Vertrautheit
mit der spräche und den dichtem, zumal aber, wie man
weisz, mit Göthe flöszt ihm lauter feine bemerkungen
ein. kann der Verfasser sich eine günstigere läge wün-
schen ?
Die druckerei von Hirschfeld bewährt und erhöht ih-
ren ruf durch die ausstattung dieses werks, an das sie
ihre tüchtigsten setzer gestellt hat.
24. Schlusz.
Es galt unsern Wortschatz zu heben, zu deuten und
zu läutern, denn samlung ohne Verständnis läszt leer,
unselbständige deutsciie etymologie vermag nichts, und
wem lautere Schreibung ein kleines ist, der kann auch
in der spräche das grosze nicht lieben und erkennen.
Hinler der aufgäbe bleibt aber das gehngen, hinter
dam entwurf die ausfübrung.
ich zimmere bei wege,
des imisz ich manegcn mcistcr lian,
dieser alte spruch läszt empfinden, wie dem zu mute
sei, der ein liaus an ofner strasze anferrichtcte, vor wel-
chem die leute stehn bleiben und es begaffen, jener
iiat am liior und <beser am giebel etwas auszusetzen,
der eine lobt die zierraten, der andere den anstrich, ein
Wörterbuch steht aber auf dem allgemeinen heerweg der
spräche, wo sich die unendliche menge des volks ver-
sammelt, das ihrer im ganzen, lange nicht im einzelnen
kundig, sowol äuszerungen des beifalls und lobes als
auch des tadeis erschallen läszt.
Wenn die fächer und zellen errichtet sind, kann ein-
getragen werden und unmöglich ist, dasz sie alle schon
erfüllt wären, ein tag lehrt den andern und wie froh
macht CS die unvollkommne arbeit unaufliörlich zu er-
gänzen und zu erweitern, eine grosze zahl spracher-
gibiger werke, die jetzt noch ungelesen bleiben mu-
sten, wird auf allen blättern übersehene Wörter darrei-
chen und für die gebrauchten beispiele manche frischere
an band geben ; ja die bereits gelesenen hauptschrift-
steller sindallmähch wieder zu lesen, weil das erstemal
noch nicht auf alles geachtet werden konnte.
Zwei spinnen sind auf die kräuter dieses wortgartens
gekrochen und haben ihr gift ausgelassen, alle weit er-
wartet hier eine erklärung von mir, ihnen selbst würde
ich nie die ehre anthun eine silbe auf die roheit ihrer
anfeindung zu erwidern.
Mag das Wörterbuch den einbildungen oder vorge-
faszten planen dieser hämischen gesellen nicht ent-
sprechen, die beide nicht einmal halbkenner unserer
spräche heiszen können ; das gab ihnen kein recht, ein
vaterländisches werk, das alle freuen sollte, und reiche
Vorräte öfnet, zu verlästern, keine kraft, es in seiner
Wirkung aufzuheben oder auch nur zu schmälern, ihr
frevel ist unsrer öffentlichen Zerrissenheit ein zeichen,
alles dankes, der ihrem armen flicken am zeug sonst
vielleicht geworden wäre, gehn sie haar.
Unablässig, nach jedem vermögen das in mir gelegen
war, wollte ich zur erkenntnis der deutschen spräche
kommen und ihr von vielen seiten her ins äuge schauen ;
meine blicke erhellten sich je länger je mehr und sind
noch ungetrübt, aller eitlen prahlsucht feind darf ich
behaupten, dasz, gehnge es das begonnene schwere
werk zu vollführen , der rühm unserer spräche und
unsers volks, welche beide eins sind, dadurch erhöht
sein werde, meine tage, nach dem gemeinen mcnsch-
hchen losz, sind nahe verschlissen, und das mir vom
lebenslicbt noch übrige endchen kann unversehens um-
stürzen, der weg ist aber gewiesen, ein gutes stück
der bahn gebrochen, dasz auch frische wanderer den
fusz ansetzen und sie durchlaufen können.
Deutsche geliebte landsleute, welches reichs, wel-
ches glaubens iiir seiet, tretet ein in die euch allen auf-
gethane halle eurer angestammten, uralten spräche,
lernet und heihget sie und haltet an ihr, eure volks-
kraft und daucr hängt in ihr. noch reicht sie über den
Rhein in das Elsasz bis nach Lothringen, über die Eider
tief in Schleswigholstein, am ostseegestade hin nach
Riga und Reval, jenseits der Karpatlien in Siebenbürgens
altdakisches gebiet. Auch zu euch, ihr ausgewander-
ten Deutschen, über das salzige meer gelangen wird das
buch und euch wehmütige, liebliclie gedanken an die
heimatsprache eingeben oder befestigen, mit der ihr
zugleicli unsere imd euere dichter hinüber zieht, wie
die englischen und spanischen in Amerika ewig fortleben.
Berhn 2. merz 1854.
JACOB GRIMM.
NHD. QÜELLEATERZEICHNIS.
ABBT, vom Tcrdienste. Berlin 1765.
ABC, lob und dank abc. Frankf. 1664.
ABELE, künstliche Unordnung, th. 1 — 5. Nürnb. 1670—74.
ABRAHAM A S. CLARA (MEGERLE), Judas der erzschehn.
th. 1—3. Salzburg 1691. 1692.
AESOP s. Esop.
AGRICOLA spr. nach blattseiten bezeichnet die: Sprichwörter,
schöne weise klugreden u. s. w. Frankf. bei Egenolfs er-
ben 1570, in welche öfter gedruckte samlung aber spräche
aus Frask, Agbicola, und vielleicht noch andere eingeflos-
sen sind, was alles erst nähere Untersuchung fordeit. hin
und wieder ist aus dem lauteren Agricola nach den num-
mern der Sprüche citiert.
Aimon, ein schön lustig geschieht, wie keiser Carle der grosz,
Tier gebrüder, herzog .\iniont von Dordons süne u. s. w.
Simniern 1535 fol.
ALBERTLNUS, de convinis. 1598; Gusiman von Alfarache.
München 1616; narrenhatz. Augsb. 1617.
ALBERTUS M., weibergeheimnisse. Frankf. 1569.
ALBERUS, buch von der lugend und Weisheit, fabeln aus
Esopus. nach der ausg. Frankf. 1597. S., einigemal nach
der älteren von 1550 ; der barfuszer münche Eulenspiegel und
Alcoran. Wittenb. 1542. 4 ; ehebüchlein, d. i. eine predig von
dem ehestande. Wittenb. 1550. 4, hier nach Frankf. 1565. 8 ;
dialogus vom interim. 1548 ; contrafactur, da Jörg Witzel ab-
gcmalet ist.
ALBRECHT VO.N EYBE, ob einem manne sei zu nemen ein
elichs weih oder nit, Nürnb. 1472. hier angeführt nach einem
späteren druck o. j. u. o.
ALBRECHT, roszarznei. Frankf. 1570.
ALBRECHT, die gewere. Königsb. 1828.
alle weisen: der a. w. exempel, sprüch u. s. w. hier nach
der ausg. Frankf. 1592. 8.
ALTE.NSTAIG, vocabular. 1508.
ALXLNGER, J. B., Bliomberis. Leipz. 1791 ; Doolin von Mainz.
Leipz. 1797.
Ämbroser liederbuch von 1582. berausg. Ton Jos. Bebgxanx.
Stuttgart 1845.
AMMCOLA, Paulus: ein scbnoptuchlin auf Luthers geifer und
Unlust. Dresden 1532.
Amöna und Amandus: jüngsterbaute Schäferei. Leipz. 1632.
vgl. Kochs compend. 2, 247.
Amor: das disz büchlin werd bekant, Amor, die lieb ist es
genant, o. ;. u. o. 8, scheint aus dem an fang des 16 jh.
A>'DREAE, Christoph., Roselius ratisponensis, trewherzige busz-
posaune. Amsterd. 1643.
ANOREAE, Job. Val., chymische hocbzeit. Straszb. 1616; all-
gemeine und generalrerormalion der ganzen weit, beneben
der fama fratemitatis des ordens des rosenkreuzes u. s. w.
Cassel 1614. 8. nur daraus, dasx dem J. V. A. diese hmo.
fratem. beigelegt wird, liesie sich schlieszen, er habe auch
die reformation aus Boccali^i ragguagli di parnasso über-
setzt.
Anna, legende von. Straszb. 1501.
A.NSHELM, Valerius, Berner chronik, herausg. von Stierlix.
5 bhnde. Bern 1S25 ff.
APHERDIAM methodus discendi formulas latinae linguae. Cu-
loniae 1577. 8.
Ardinghello, s. Wilh. Hei!<se.
ARETIM, Petri, ]iüTensfiege\,nach dessen pomoboscodidascaliis.
ARNDT, £. H. erionerungea aus dem äuszeren leben. Leipz.
1840.
ARNIMS werke. Berlin 1839 S. daraus werden kronenwächter
und Schaubühne auch besonders angezogen.
AUERBACH, dorfgeschichten.
Augsburgische confession, in Llthebs und Mela!<chthons wer-
ken, ein sorgfältig hergestellter text in Rankes deutscher
qesch. im Zeitalter der reformation 6; 176 — 215.
Avanlurier, der Leipziger, oder eines gebomen Leipzigers eigen-
händiger entwurf seiner Schicksale. Frankf. und Leipz. 1756.
2 theile.
AVENTINS (d. i. des von Abensberg hurtigen) bairische chro-
nik, nach der ersten ausg. von 1566, einigemal nach der von 1580.
AYRER, Jacob, opus theatricum. der erste A'iimft. 1618 gedruckte
und 464 blättcr enthaltende theil wird gemeint, wenn bloss
Ayrer steht, ohne neuen titel folgen auf 167 blättern die
fasznachtspiele, hinten mit der jahrzahl von 1610. in der
vorrede des ersten Iheils heiszt er "herr Jacob Ayrer der el-
ter, kais. notarius, burger und der gerichten allhie zu Nürm-
berg geschworner procurator*. und es fragt sieh, ob er mit
dem folgenden ein und derselbe, oder dieser ein gleichna-
miger, ähnliche Stellung einnehmender verwandter war, wie
sich fast aus jenem beisalz 'der ältere' schlieszen Idszt. Ayrek
bedeutet nichts anderes als eierer, eierhändter oder was das
lat. ovarius, gallinarius.
AYRER, Jacob, historischer processus juris, in welchem sich
Lucifer über Jesum . . beklaget. Frankf. 1604. fol. in der
zueiqnung von ?iürnberg 1597 nennt der verf. sieh beider
rechten doctor und advocat daselbsten. der ältere Ayrer
scheint kein doctor, der jüngere kein dichter gewesen zu sein,
der ältere war, als sein theaterwerk erschien, längst todt und
vielleicht auch schon 1610 gestorben, was der meinung gün-
stig wird, dasz wenigstens ein groszer theil seiner tragOdien,
cvmüdien und fasznachtspiele schon in den achzigem des
16 jA. gedicJitet war.
B.ANGE, thüringische chronik. Mülhausen 1599. 4.
Barbali, comödie. gedruckt 1526.
BARTISCH, aiigendienst. Dresden 1583.
BEBEL: facetiarura Heinrici Bebelii libri tres. Tubingae 1S55.
8, worin ü/ler deutsche stellen vorkommen, das ganze aber
erschien auch verdeutscht unter dem litel die geschwenk H.
B. 1558.
BECHER, Geo. Christoph, geheimes jägercabincl. Leipz. 1701.
BECHER, Job. Joach. [starb 1G85 in London), närrische Weis-
heit und weise narrhcit. zweite ausg. 1692.
BECHIUS, Verdeutschung des Geo. Agricola de re metallica.
BECKERS Weltgeschichte.
BENZEL-STERNAL', das goldne kalb. Gotha 1804.
bericht wider das interim. Wittenb. 1559.
BERTHOLD von Chiemsee, teutsche theologei. neu heraas«.
von WoLFG. Reithmeier. München 1852.
beschlusz des reichsregiments von 1501.
beschrcibung orientalischer inseln. s. Olearids.
BETTLNE, briefwechscl mit einem kiode und tagebuch. Ber-
lin tS35.
BELTHERS Reinke fuchs. Frankf. 1556. fol.
bienenkorb, s. Fischart.
Bl.NDSEILS ausgäbe von Luthers bibelübersetzung. th. 1—4.
Halle 1845—1860.
BIRK, Siit, die histori von der frommen Susanna. Basel 1532.
BIRK, Thomas, comödia, darinnen den gottsvergcsznen dop-
pelspilem ... die würfel und karten ... aus heiliger schrill
gründlich erklärt Tübingen 1590. desselben eliespjegrl. Tüb.
1598.
LXXI
NHD. QUELLENVERZEIGHNIS.
LXXII
von BIRKEN, Sigmund, sonst auch Betulejus genannt: Peg-
nitzschiiferei. Nürnb. 1645; oslländischer lorbeerüain (OL.
citierl). das. 1657 ; ehrenmal auf Pipenburg.
BITZIUS, S. GOTTUELF.
BLUNTSCHLI, zürcherische rechtsgeschichte. Zürich 1838.
BOBRIK, nautisches Wörterbuch. Leipz. 1850.
Bocc. bezeichnet die alte verdeutschumj des decamerone von
Boccaccio, s. Steinhüwel.
BÖDIKER, grundsätze der teutschen spräche, vermehrt von
Frisch. Berlin 1729.
BODMEU, lessingsche unäsopische fabeln. Zürich 1760; der
hungerthurm in Pisa (parodie des gerslenbergischen). Chur
und Lucern 1769 ; lit. deniimale. Zürich 1779 ; Atreus, im
ersten th. der pol. schausp. Lindau 1768.
BÖHME, Jacob: morgenröte im aaigang (abgefaszl 1612). Am-
sterd. 1682; mysterium magnum. Amst. und Frankf. 1678;
vierzig fragen von der seelen verstand. Amst. 1682; von
der menschwerdung Jesu Christi, das. 1682; von sechs
puncten. das. 1682; von der genadcnwahl. das.; von Christi
testamenten. das.
BÖTTIGER, literarische zustände und Zeitgenossen. Leipz. 1838.
BOLZ, Valentin: Pauli bekerung. Basel 1546; ülung Davidis.
Basel 1554.
BRÄKER, Ulrich: der arme mann im Tockenburg, herausg.
von Ed. Bülow. Leipzig 1852.
BRÄMMERELL, nachricht von den laszgütern des klosters
Schlüchtern. Hanau 1790.
Brandenburgische kammergerichlsordnung von 1516; polizci-
ordnung von 1540.
BRANDES, astronomie.
BRANDTS bericht von Taubmann. Copenhagen 1675.
BRANT, Sebastian : narrenscliif, weil Zarnckes ausgäbe noch
nicht da war, mtiste nach der von Strobel citiert werden.
s. auch Hö.mger. einigemal wird Brants Cato 1512 und sein
Freidank, in dem druck von Worms 1539 angeführt, vgl.
vorrede zur bescheidenheit s. X.
BRAUNSCHWEIG, Hieronymus, chirurgia. Augsburg 1539. äl-
tere ausgaben von 1497 verzeichnet Panzer in den ann. s. 227.
BRAUNSCHWEIG, x. Heinrich Julius.
brautsuppe : eine gekochte bratwurst denen lüsternden löffel-
gänsgen bei der Rosenfeld und Winklerischen brautsuppe
mit zuzubeiszen vorgeselzet von einem Alten Sudel Koch.
1679. 4.
Breslauer infectionsordnung von 1568.
BROCKES, irdisches vergnügen in gott. Hamb. 1721 ff.
brodtkorb s. Ringwald.
BRONNER, Franz Xaver, leben von ihm selbst beschrieben.
3 bände, Zürich 1795 ff.
BRONNER, Joh. Phil, der weinbau am Hardtgebirge. Hei-
delb. 1833.
BRUNFELS, Otto, kräuterbuch.
buch der liebe, Frankfurt 1587 bei Feyerabcnd, ful. der in-
hall ist in Kochs compendium 2, 243 angegeben.
buch der natur, s. Conrad von Megenberc.
BUCHNER, Aug. zwei trostschriften. Wittcnb. 1644 ; anleitung
zur poeterei.
BUDDE, über rechtlosigkeit. Bona 1842.
BULLINGER, Heinrich, reformationsgesciiichte herausg. von
Hottinger und Vögeij. Frauenfeld 1839.
BÜ.NAU, teutsche kaiscr und reichshistorie. 4 Ih. Leipz. 1728 — 43.
BÜRGERS gedichte, nach der ausg. in Einern band.
BUTSCIIKY, erweiterte hochdeutsche kanzellei. Breslau 1659;
Palhmos. Leipz. 1677.
cammergerichtsordnung von 152L
CANITZ, gedichte. .
canzleibüciilein, s. Fabianus Frank.
Carber markordnung von 1657; markbuch von 1643.
CARUS, F. A., Psychologie. 2 Ihlc. Leipz. 1823.
CASTENHOF, pentalogus conjugalis.
Cato, s. Seb. Brant, und vgl. die älteren von Zarncke Leipz.
1852 herausgegebnen texte.
causenmachcr, dn- sciilimmc. in einem Schauspiele artig vor*
gestellet. Leipz. 1701.
CEPHALUS, Sigismund, warcr grund und beweisung. 1551.
CHAMISSO, gedichte. Leipz. 1851.
CIIMEL, Urkunden, briefc und actcnstücke zur geschiclitc
Maximilians l. Stuttg. 1845; funtcs rerum austriacarum.
Wien 1849.
CHORION (Joh. Heinr. Schill) der teutschen sprach ehren-
kranz. Slraszburg 1644.
christlicher pilger. s. Wicrram.
CHRYSEUS, Joh., Haman, die schöne und seer tröstlich hi-
stori Hester, spilweis aus dem latein in deutsche reimen
gebracht. Wittemb. 1546.
CHYTRAEI nomenclator latinosaxonicus. Rostock 1582. 1592.
CLAUDIUS, Asmus omnia secum portans oder sämtliche werke
des Wandsbecker boten, th. 1. 2. Hamb. 1775 u. s. w.
CLAUS narr. 1592.
CLAWERT, Hans, wirkliche historien vor niemals in druck
ausgangen, kurzweilig und sehr lustig zu lesen, beschrie-
ben durch Bartliolomaeum Krüger stadtschreiber zu Treb-
bin, gedruckt zu Berlin 1587.
CLOSENER, straszburgische chronik. Stuttgart 1842.
COCLEUS, Joh. von der mesz und priesterweihe. Leipz. 1534.
COMENII orbis sensualium pictus, oß aufgelegt, hier wurde
gebraucht eine Nürnberger ausg. von 1769.
Cohca, die politische, oder das reiszen in leibe der schul-
kranken menschen. Leipz. 1680.
CONRAD von Dankrotzheim, namenbuch vom jähr 1435. her-
ausgeg. von Strobel in den beitrügen zur deutschen lilera-
tur. Straszburg 1827.
CONRAD von Megenberg, buch der natur, nach einer aicsg.
von 1483, den älteren druck von 1475 beschreibt Panzer in
den ann. s. 83. 84, in allen aber ist der echte text verderbt,
den Schmeller in einer kritischen bearbeitnng herzustellen
vorhatte.
CORVINUS, Anton, bericht, wie sich ein edelmann gegen gott,
gegen seine oberkeit, sunderlich in kriegeslcuften gegen seine
eitern, weib, kinder, hausgesinde und gegen seine unter-
sassen halten soll. Erfurt 1539. 4.
CREIDIUS, Hartinann, nuptialia oder fünfzig christliche hoch-
zeitsermonen in der evangel. pfarrkirchen bei S. Anna in
Augspurg durch M. Hartmannum Creidium Fridberga Wet-
teravum, pfarrern daselbst. Frankfurt in Verlegung Johann
Revers 1652 (nicht 1657 wie sp. 840 gesetzt ist). 2 theile 4.
CREÜTZHEIM, s. eselkünig.
CRONEGK, Schriften, herausg. von Uz. Anspach 1760.
CYRILLUS, speculum sapientiae, verdeutscht durch ß. S. M,
und gedruckt zu Basel 1520. 4. vgl. Panzer.s ann. 445 und
Eschenbürgs denkm. alld. dichlk. s. 373.
DACH, Simon, gedichte, in Alberts arien, hier nach der
Leipziger ausg. von 1657; churbrandenburgische rose. Kö-
nigsb. 0. j. 4 ; poetische werke. Königsb. 1696. 4. s. auch
zeitvertreiber.
DAHLMAN.N, dänische geschichte. th. 1— 3. Hamb. 1840— 43;
englische revolution Leipz. 1844; französische revolution.
1845.
DANIEL von Soest, s. Gerh. Haverland.
DANNHAUER, Joh. Conr. (t 1666): evangelisches denkmahl
über die sonntagsevangeha. Straszb. 1661.
DERLING, nachahmung edler dichter. Leipz. 1753; Schriften
zum vergnügen. Leipz. 1757.
DERSCHAU, Friedr. von, Lutheriade. Aurich 1700 und um-
gearbeitet u. d. titel die reformation. Halle 1781.
dialogus von Martino Luther und der geschickten botschafl
aus der helle 1523. 4.
dialogus zwischen schöpfer und schabenhut. Straszb. 1525.
dialogus von den vier gröszten beschwerdnüs eins ieglichcn
pfarrers. o. j. u. o.
DIETRICH von Pleningen, Gay Pliny des andern lobsagung
(panegyricus) verdeutscht. Landshut 1515; Salustii zwo schon
historien. ebendaselbst; von klaffern zwai puechlein, das
ein Lucianus {ne^l rov firj QaSicJS TiiarevBiv Smßoi^)^
das ander Poggius. ebendaselbst,
DIETRICH, Vitus, Verdeutschung von Melanchthons troslschrift.
1547.
DILRAUM, dialogus zweier landsknechtc. 1605.
DÖRELS eröfnete jägerpractica oder der wolgeübte und er-
fahrne Jäger. Leipzig 1746. fol
doctor, der unwürdige, s. Ettnkr.
DRYANDER, Job. (Eichmann), vorrede zu Hans Staden.
DUSCH, Job. Jac. moralische biiefe. Leipz. 1769—62.
Dyanasore, s. Wilh. Frieur. Meyern. ,
DYKE, Dan., nosce le ipsuin, aus dem rnqL übersetzt unter
dem titel: weltlicher sclbslbclricgcr durch D. P. IL fünfte
uutl. Frankf 1652.
w»
Lxxin
NHD. QUELLEXVERZEIGHNIS.
Lxxrv
EBERHARD, A. G., Schriften. Halle 1830.
EBERLLN, Job., lob der pfarrer der VIII bundgenossen. 1521.
vgl. KcBZ, McBNERs narre ix — txvi.
ECK, Job., Luthers gegner, ton dem briefe und predigten ein-
zeln gedruckt sind.
Eckharl, s. Ett^eb.
ehe eines mannes, eines weibes: die zehenmal ubelgerathene
und einmal wolgetroffene heirath eines mannes. gedruckt
zum driltenmal. Leipzig 1735; die siebenmal ubelgerathene
und einmal sehr wol ausgeschlagene ehe eines weibes. ge-
druckt zum drittenmal, ebendaselbst.
EHRE.MRäLT, H. G. friesisches archiv. th. 1. 2. Oldenburg
lSt9. 1S54.
EICHENDORF, gedichte. Berlin 1S43.
EISENBERG, entdeckte rosztäuscherkünste, mit nnmerkun-
gen und Zusätzen von JoH. Friedr. RosExzwEiG. Leipzig 17S0.
EISENH.\RT, grundsätze der deutschen rechte in sprüchwör-
tem. Leipzig 1792.
ELIS.\BETH, herzogin zu Braunschweig. 1545 {sp. 878.)
ELISABETH CHARLOTTE von Orleans briefe an die raugrüfin
Louise, herausg. von Woifg. Menzel. Stultg. 1S43.
ENGEL. J. J. Schriften. Berlin 1801 ff. daraus Lorenz Stark.
ERBENIUS. Nie, faslnaciitsgesprüch. Erfurt 15S2 (sp. 1S23 steht
verdruckt Eibemls).
Erfurter stadtordnung.
erklärung des landfriedens Ton 1522.
ESCHENBURG, theorie der schönen Wissenschaften.
eselkönig, durch Adolf Rosex vo:* Crectzheui. vgl. Kochs
compendium 2, 323.
ESOP, siehe Albercs, Steishöwel, Bcrc^kd Waldis, Wolcemct.
ESTORS hessisches idiolikon in dessen teutscher rechlsge-
lahrlheit. th. 3. Frankf. 1767. s. 1400—1424.
Etter Heini, s. Jacob Rlff.
ETTERLIN, kronica von der loblichen eidgnoschafl, Basel
1507 fol. neu herausg. 1752.
ETTNER, Job. Christian (von Eiteritz): des getreuen Eck-
harts unwürdiger doctor. Augsb. und Leipz. 1697 ; des
getr. Eckh. unvorsichtige hebamme. Leipz. 1715 ; des getr.
Eckh. medicinischer maulaffe oder der entlarrte markt-
schreier. Frankf. und Leipz. 1719 (vorher 16941; der ver-
wegene chirurgus. 1698; der entlaufene chymicus. 1697;
der ungewissenhafte apotheker. 1700; die eröfnete patien-
tenslube.
Eulenspiegel, wird geteöhnlich angeführt nach der ersten hoch^
deutschen ausg. ton 1519 : ein kurzweilig lesen von Dil L'len-
spiegel geboren usz dem land zu Brunszwick. wie er sein
leben rolbracht hat. XCYI seiner geschichten. am ende,
getruckt von Johannes Grieninger in der keiserlichen stat
Slraszburg uf sant Margarethen tag im jar M.CCCCC.XIX.
In der bei demselben Verleger 1522 erschienenen ersten aus-
gäbe von Jon. Pacl schimpf und ernst, deren vorrede aber
auch schon von 1519 datiert, sind mehrere eulenspiegelschen
geschichten, x. b. cap. 650. 651. jedoch mit ganz andern »orten
vorgetragen, so dasz anzunehmen steht, dem Padli wie dem
unbekannten bearbeiler jener 96 fabeln habe derselbe nie-
derdeutsche text vorgelegen, einigemal z. b. sp. 15. 546 wurde
auch der Erfurter druck von 1538 citiert. Eulenspiegel reim-
weis S. FiSCHABT.
ezpertus in truphis, Ton den lalscben bettlem nnd ihrer bü-
berei. 1668. es gibt aber ältere, bessere ausgaben, vgl.
Kochs comp. 2, 318.
EYBE, s. Albiecht.
EYLERT, Friedrich Wilhelm UI. kSnig Ton Preuszen. Mag-
deburg 1843 f.
EYERING, Eucharius, proTerbionim copia. 3 theile. Eisleben
1601—1603.
FABER, Job. de Werdea, provcrbia. t. sp. 179.
facctiae facetiarum sp. 1146. vgl. Kochs comp. 2, 319 und Bebel.
fastnachtspiele aus dem fünfzehnten Jahrhundert, gesammelt
von Adelbert Keller. Stuttg. 1853. 3 bände mit fortlau-
fender seilenzahl.
Faust, D. hergestellt von Karl Surock. Frankfurt 1846.
Felsenburg: wunderliche fata einiger Seefahrer, dem drucke
übergeben von Gisaxdern. ih. 1 — 4. Nordhau«en 1744 — 1746.
FICHARD. J. C. gen. Baur von Eiseneck, Wetteravia. Frankf.
1S28.
FICHTE, Job. Gottlieb, versnch einer kritik der Offenbarung.
KOnigsb. 1793; beweis der unrccblmäszigkeit des höcher-
nachdrucks, in der Bert, monatsschrifl 1793 bd. 21; beitrag
zur berichtigung der urtheile über die französ. revolution.
1793 ; über den begrif der wissenschaftslebre. Weimar 1794 ;
grundlage der gesammten wissenschaftslehre. Tüb. 1802;
grundlage des naturrechts. band 1. 2. Jena 1796. 97 ; system
der Sittenlehre. Jena und Leipz. 1798; Vorlesungen über
die bestimmung des gelehrten. Jena und Leipz. 1794 ; son-
nenklarer bericht an das gröszere publicum. Berl. ISOl;
appellation an das publicum. Tüb. 1799 ; die bestimmung
des menschen. Berl. 1800; antwortschreiben an Reinhold.
Tüb. 1801; Nicolais leben. Tüb. 1801; aufsätze im philos.
Journal von Niethammer und Fichte. 1795 — 9"; grundzfige
des gegenwärtigen Zeitalters. Berl. 1806; über das wesen
des gelehrten. Berl. 1806 ; anweisung zum sei. leben. Berl.
1806 ; reden an die deutsche nation. Berl. 1808 ; die wis-
senschaftslehre in ihrem allg. umrisse. Berl. 1810 ; verant-
wortungsschriften ge^en die anklage des atheismus. Jena
1799 ; der geschlossene handelsstaat. Tüb. 1800 ; deducirter
plan einer zu Berlin zu errichtenden höheren lehranstalt.
Stuttg. 1817 ; die thatsachcn des bewustseins. Stuttg. und
Tüb. 1817; Staatslehre. Berl. 1820; nachgelassene werke.
3 bände, Bonn 1834. 35; Fichtes leben. Sulzbach 1830. 31.
Fierabras: ein schöne kurzweilige histori von eim mächti-
gen riesen aus Hispanien Fierrabras gnant n. s. w. Sim-
mern 1533 fol.
FILIDOR der dorferer, Venus oder liebeslieder. Hamburg 1660.
FIRME.NICH, Job. Matth., Germaniens völkerstimmen. band
1. 2.
FISCHART. vom Gargantua oder der geschichtklilterung wurde
zuni grund gelegt die ausgäbe von 1594, welche nach blät-
tern, nicht seilen zählt; vom bienenkorb die tonl586. zu-
weilen sind auch andere ausgaben daneben genannt, z. b.
spalte 272, Scheibles Wiederabdruck ist nach der von 1617.
vom flöhhatz dieule ein druck o. j., künftig soll der in Scheibles
kloster band X wiederholte von 1594 angeführt werden, für
das glückbafte schif ist Hallings ausg. Tüb. 1828, /Br die
geistl. lieder und das lob der laute Below und Zachebs ausg.
Berl. 1849. den gereimten Eulenspiegel und nachtrab bot Mec-
sebachs bibl. in dem alten druck, das ehzuchtbüchlein irurde
nach der ausg. von 1614, aller practik groszmutter nach der
ton 1623 citiert, welcher auch Scheible band MIT folgt, doch
mit weglassung der Seitenzahl, beim ehzuchtbüchlein folgte
er der ron 1578, da seine abdrücke sich jetzt am meisten
verbreitet haben, soll künßig auch darauf rücksicht genom-
men werden, practica, oder geistliche practica durch Ada-
MCM Rkcuenjioser. Leiden 1588 fol. andere Schriften sol-
len noch im verfolg benutzt und verzeichnet werden.
FLEMING, vollkommener teutscher Jäger. Leipzig 1719.
FLE.MLNG, Paul: geist- und weltliche poemata, nach der ausg.
von Jena 1651, zuweilen mit verglcichung der ron Merse-
burg 1685. alle ausgaben weichen immer nur um ein paar
blattet von einander.
fliegenwadel, ein vortreflicher, die mucken der schädlichsten
und der narrheit angränzenden melancholei zu vertreiben,
gedruckt in Lacbland von Sebastian GrillenjSger 1707.
FOLZ, Hans : klopfan, vgl. Kellers fastn. sp. 1242 und 1573 ;
Spruch von einem kaufraann. Hacpt 8, 517 ff. vgl. Keller
1293.
FORER, Conrad, thierbuch. Frankf. 1583. fischbuch 1598.
FORSTER, Job. Geo. ansichten vom Niederrhein. Berl. 1791 fL
Fortunat. Augsburg 1599.
FRANK, Fabianus, canzlei und titelbOchlein. Wiltenb. 1538.
FRANK, Sebastian, von Werd: weltbuch. Tübingen 1534 fol.;
chronica zeitbucb und geschichtbibel. 1531, einigemal auch
nach der ausg. von 1536 fol.; teutscher nation chronik.
1539; Sprichwörter. Frankf. 1541 ; laster der trunkenheit
1531 ; paradoxa. Ulm o. j. ; lob der thorbeit, Übersetzung
von des Erasmcs moriae encomium. Ulm o. j. ; verbüt-
schiert buch. Frankf. 1559 ; von heillosigkcit, Verdeutschung
ton ACRIPPA VON Netteshei« de vanitate scientiarura ; bäum
des Wissens. Ulm o. j. ; guldin arch. 1538. ron Fran» her-
gurühren scheint auch das unter dem namen FmotniCH WtKJt-
STREiT verfaszte kriegbüchlein des frides, ein krig des fri-
des vtider alle lärmen, aufrühr und unsinnigkeit zu krie-
gen. Frankf. 1550 in 8, denn beigedruckt ist ihm unter fort-
laufender blatlzahl das laster der trunkenheit.
Frankfurter reformation.
FREDER, Job. lob und unschnld der fraucn, ein dialogus
LXXV
NHD. QUELLENVERZEICHNIS.
LXXVI
dem ehestand zu ehren gescLrieben {gegen Seb. Frank).
Rostock 1573. 8.
FREY, Jacob, gartengesellschaft, oder der ander teil des roll-
wagens. Mülhausen o. j. und Frankf. 1590. die cilate nach
blättern folgen der Frankfurter ausgäbe, es ist aber bald
gestrebt worden nach capiteln zu citieren, was sich in allen
drucken aufschlagen läszt.
friedens weheklage. 1640. 4.
FRISCHLIN, Nicod., facetiae 1600; nomenclatortrilinguis, grae-
colatinogermanicus. Frankf. 1591. 8. die vorrede ist von 1586.
FRÖHLICHS fabeln. Aarau 1829.
FRONSPERGER, Leonh., kriegsbuch th. 1. Frankf. 1578. th. 2 und
3. 1573.
Frontini stratagemata , kriegsanschlege , transferiert durch
Marcus Tacius. Ingoist. 1542 und wiederholt im dritten theil
von Fronsperger, wonach hier angeführt wird. sp. 1117 be-
richtige man unter bannholz das falsche citat in : Frontin
von Tacius bei Fronsp. 3, 240.
froschmeuseler, s. RoLLENHACErc.
Galmy, eine schöne und liebliche historie, nach der ausg.
von 1588 abgedruckt in Reichardts buch der liebe. Leip-
zig 1796.
ganskönig. Straszburg 1607. 8.
Garg. = Gargantua, s. Fischart.
GÄRTNER! dicteria proverbialia. Francof. 1598.
GARVE, Übersetzung des Cicero de officiis.
GEILER, s. Keisersberg, welcher letztere name im gebrauch
vorzuziehen ist, denn bei lebzeiten und an den meisten stel-
len seiner werke heiszt er immer doctor Keisersberg. da
geiler einen beiller bedeutet, wich er vielleicht selbst diesem
nebensinn aus.
GELLERTS sämmtliche Schriften. Leipz. 1839. 10 bände, zu-
weilen auch nach der ausg. von 1840, die in 6 bände ge-
theilt ist.
GEMEINERS Regensburger chronik.
GEORG, herzog zu Sachsen, vorrede zu Hieros. Emsers Über-
setzung des N. T.
GERHARD, Paul, geistliche lieder. ausg. von P. Wackerna-
gel. Stuttg. 1843.
GERSDORF, feldbuch der wundarznei. Straszb. 1528. 4.
GERSTENDERG, Heinr. Wilh. von, Ugolino. Hamb. 1768.
GERSTENBERGER, Wigand, thüringisch-hessische chronik, in
Schminke mon. hass. {sp. 369 steht fehlerhaft Gkrstenberg).
GERVINüS, geschichte der deutschen dichtung.
GESNER, Conrad: namenbuch aller erdgewächse. Zürich 1542;
Vögel 1558. Gesner ist ein dunkler name, scheint aber zum
' ahd. keisan sterilis, egenus, ags. gajsen gehörig, so dasz
es, wie Geiler, einen armen, dürftigen bettler ausdrückte.
gespenst, das teutsche, autore Casparo Lolivetta. Leipz. 1084.
8. Oliveta mag wol der italienische Verfasser geheiszen haben.
gesprech von zweien sterbenden. Dresden 1530.
lustig gesprech der teufel von der flucht des groszen scharr-
hansen herzog Heinrich von Braunschweig. 1542.
gesprech zwischen einem landsknecht und s. Peter {um 1548).
GESZLER, Heinrich, formulare und tütsch rethorica. Straszb.
1511 fol. erschien aber vorher Straszb. 1493 und nachher
1519. Panzer s. 203. 424.
GESZNER, Salom., Schriften. Zürich 1762. der name ist ver-
derbt aus Gesner.
GIESEKE, Nie. Dietr., poetische werke. Braunschw. 1767.
GILHUSIUS, Isaacus, marpurgensis. grammatica (eine comö-
die). 1597.
GLASER, Petrus, gesindeteufel. 1564,
GLEIMS werke. Halberst. 1811 ff.
GOBLER, Justinus, rechtspiegel.
GÖCHHAÜSEN, früulein von, bricfe in BömcEns lit. zu-
ständen.
GÖCKINGK, gedichte. 1780 in drei theilen; Nicolais leben.
Berlin 1820.
GOLAU, j. Locaü.
GÖTHE, vollstiindige ausgäbe letzter band, in 60 sedezbän-
dcn. Stuttg. 1S27 ff. doch viit benutzung auch anderer aus-
gaben, dann briefwcchsel mit Schiller, Knebel, Zelter,
Jacobi; briefe an frau von Stein, Auguste Stolberg, La-
vater, Rochlilz (in Jahns briefcn. Leipz. 184D); Göthi bei
ScnüLL (briefe und aufsatze. Weimar 1846), bei Merck (bricfe
nn und von M. 3 bdc. Dnrmstadt 1835 f. Leipz. 1S47), bei
Eckermann (gespräche. 3 thle. Leipz. 1837 f.), t» Hirzels
fragm. (fragmente aus einer Goethe-bibliothek. Leipz. 1849).
s. a. götter, beiden und Wieland.
GOTTER, gedichte 1787 ff. nach der schöneren ausgäbe mit
erweitertem salz, während noch eine sonst übereinstimmende
engeren hat und darum in den Seitenzahlen abweicht.
götter, beiden und Wieland 1774.
GOTTHARD, Geo., Zerstörung Trojas. Solothurn 1598.
GOTTflELF, Jer. (Bitzius): bilder und sagen aus der Schweiz.
1 — 5. Soloth. 1842—44; erzählungen und bilder aus dem
Volksleben der Schweiz. 1 — 4. Berlin 1850 — 53; Uli der
knecht und der pächter. 1850 ; die käserei in der Veh-
freude. Berl. 1850 ; erlebnisse eines Schuldenbauers. Berl.
1854.
GOTTSCHED, das neueste aus der anmutigen gelehrsamkeit;
Vorrat zur gesch. der dramat. dichtkunst. Leipz. 1757.
GÖTZ von Berlichingen, lebensbeschreibung herausg. von Ve-
RONOs Frank von Steigerwald (d. i. Geo. Job. Pistorius).
Nürnb. 1731 ; lebensgesch. aus Urkunden und handschriften.
(Marburg) 1810 {scheint schon 1790 gedruckt); die haupt-
mannschaft des Götz von B. im bauernkriege von 1525, nach
ungedruckten acten. herausg. von Heinr. Zöpfl. Heidelb.
1850. 4.
GÖTZ, Job. Nie, vermischte gedichte, herausg. von Ramler.
Mannheim 1785.
GRABBE, scherz, satire, ironie, ein lustpiel, in seinen dra-
matischen dichtungen. Frankf. 1827.
GREFF, Joach., Lazarus. Wittenb. 1545. vgl. Kochs comp. 1, 265.
grillenvertreiber, s. Witzenbürger.
GKOB, Job. Heinr., lobspruch der schützen. Zürich 1602 und
wiederholt bei Haupt 3, 240.
GROB, Job., dichterische versuchgabe. Basel 1678, unter dem
namen Reinholds von Freienthal poetisches spazierwäld-
lein. das. 1700.
grobianer, s. Scherfer.
grobianus, s. Scheit und Hellbach.
groszm. groszmutter, s. Fischart.
GROTH, Klaus, quickborn. Hamb. 1853.
Grüningen bei Gieszen, zinsbuch der pfarrkirche daselbst, von
1471.
GRYPHIUS, Andr., teutsche gedichte. Breslau 1698, aus wel-
chem druck auch einzelne stücke angeführt sind; einigemal
die ältere ausg. Leipz. 1663.
GRYPHIUS, Christ, wird wenig gebraucht, z. b. sp. 99.
GRYSE, Nie, spegei des antichristischen pawesdoms und lu-
therischen chiistendoms. Rostock 1593. 4.
GÜNTHER, Job. Christ, gedichte. Breslau 1735.
GÜTTEL, Casp. von der evangelischen warheit. Zwickau 1523.
GUTSLAF, Job. von der beilig genanten bäche Wölihanda.
Dorpt 1644.
GUTZKOW, ritter vom geiste.
HAGEDORN, sämmtliche poetische werke, th. 1 — 3. Hamb. 1757.
HAHN, Simon PYiedr., vollständige einleitung zu der teut-
schen Staats-, kaiser- und reichshistorie. 4 theile. Halle 1721.
HAHN, Ludw. Phil., der aufruhr zu Pisa. Ulm 1776.
HALBSUTER, Verfasser des Sempacher liedes.
HALLER, Albr. versuch schweizerischer gedichte. vierte aufl.
Göttingen 1748 ; Usong. Bern 1771.
halsgerichtsordnung Carl des 5. Mainz 1533.
HAMANNS werke, ausg. von Roth in 8 bänden. Berlin 1821 f.
HANMANNS anmerkungen zu Opitz buch von der deutschen
poeterei. Breslau bei Fellgibel.
HAPPELS, Eberh. Werner, academischer roman. Ulm 1690.
Harnisch aus Fleckenland, d. i. don Kichote de la Manizscha.
aus dem spanischen ins hocbteutsche versetzt durch Pahsch
Basteln von der Sohle. Hofgeismar gedr. bei Salom. Scha-
dewitz 1648. 12. enthält auf 307 seilen nur 22 capilel.
HARSDÖRFER, Geo. Phil., frauenzimmer gesprächspiele. Nürnb.
1641, vgl. Kochs comp. 2, 96; Schauplatz jämmerlicher mord-
geschicbte. Nürnb. 1648. Hamb. 1062.
IIARTLIEB, buch aller verboten kunst, von 1455. s. deutsche
mylholngie erste ausg. anhang s. LVlll.
HARTMASN, Andr. comoedia. Magdeb. 1600.
HARTMANN, Geo. Ludw. fluclispiegel. Nürnb. 1672.
HASELBERG, Job. ein gegncr Luthers, um 1533. Jöcher
nennt ihn Hasenberg.
HAUPT bedeutet die Zeitschrift für deutsches alterthuiii.
HAVERLAND, Gerb., der Soester Daniel, ein Spottgedicht ge-
gen die reformation, herausgcg. von L. F. von Schmitz.
LXXVII
NHD. QUELLENVERZEICIOIS.
LIXVIII
Soest 1848, dem aber unbekannt blieb, dasz schon ein al-
ter druck t'on 1339 vorhanden trar.
HAYNECCIUS, Marl., drei newe schöne comoedien. 1. Alman-
sor, der kinder schulspiegel, 2. captivi, der gefangenen
leute trew. 3. Hansoframea, Hans Pfriem oder raeister
Kecks, jetzo aus dem latein verdeutscht. Leipz. 1582. vgl.
Koch 1, 266.
hebamme, s. Ettser.
HEBELS aliemannische gediehte. Aarau 1S20 und 1842 ; schatz-
kästlein des rheinischen hausfreundes. Stuttg. 1811, einige-
mal auch hausfreund cilierl; werke. Carisruhe 1S38 f.
HEDIO, Casp. chronicon germanicum, d. i. beschreibung der
alten christl. tirchen. Straszb. 1532 ; auserlesene chronik.
Straszb. 1539 fol. ; Egesippus tcutsch. Straszb. 1532.
HEGNER, Ulr. die molkenkur. 3 bände. Zürich 1819 ; Schrif-
ten. Berlin 1828 f.
HELNE, Heinrich : buch derlieder. 8. auQ. Hamb. 1851; gediehte.
Beri. 1822 ; Atta Troll. Hamb. 1847.
HEINRICH JULIUS herzog von Braunschweig: Susanna. s.
HlBELDEHA.
HEINSE, Wilh., Ardinghello. Lemgo 1794; briefe zwischen
Gleim und Heisse. 2 bände. Zürich 1806.
HELBER, Sebasl. sylbenbüchlein. Freiburg im üchtland 1593.
Heli, tragödie. Nürnberg 1548 {nicht 1541, wie sp. 1220 steht).
vgl. Gottscheds vorrat 2, 208.
HELLBACH, Wendel, grobianus und grobiana. 1572. vgl. Ger-
viscs 3, 153.
HELVICUS, Christoph, jüdische historien. 2 theile. Gieszen
1611. 1612.
HENKE, öffentliches recht der eidgenosscnschaft. Aarau 1824.
HERDERS sämmtliche werke. Tüb. 1805 ff.; briefe an Carol.
Flachsland im 3. theile von Herders lebensbild. Erlangen 1846.
JIERMES, Job. Timoth. , Sophiens reise von Memel nach
Sachsen. 3. ausg. Leipz. 1778.
HERP, Petr., annaies dominicanorum francofurtensium usque
ad a. 1500, in Sexkenbergs sei. 2. 33 ff.
HERR, .Mich. Verdeutschung des ackenverkes Lncü Columel-
lae. Straszb. 1538 fol.
HERTWIG, Christoph, bergbuch, zweite aufl. Dresden 1734 fol.
HEUFLER, R. L. von, botanischer beitrag zum deutschen
Sprachschatz. Wien 1852.
HEUPOLD, Bemh., Plautus redivivus. Augsb. 1628.
HEYNES briefe an Joh. Müller im zweiten th. der briefe an
M. SchaflTiausen 1839 f.
HlBELDEHA, tragica comoedia von der Susanna. Wolfenb.
1393. der name ist aus den anlaiUen folgender lat. Wörter
lu verslehn : Heinricus lulius ßrunsvigae Et Luneburgi Dux
Episcopus HAlberstadensis. ebenso legt sich der hernach
unter Vi\c. Ladislacs angeßhrte name Hidbelepihal aus H.
lulius dux Br. et. L. cpisc. halberst.
HIPPEL, Theod. Goltl. von, lebensläufe nach aufsteigender
linie. Berl. 1778 — 81; über die ehe. Berl. 1774.
HIRZEL, Heinr., Eugenias briefe. dritte aufl. Zürich 1819 f.
HOFFMANN von Fallersleben: schlesische Volkslieder. Leipz.
1842 ; die deutschen gesellschaftslieder des 16 und 17 jh.
Leipz. 1844.
HOFMANNSWALDAÜ, gediehte. Leipz. 1695, es werde» aber
besonders angeführt der gelreue Schäfer, sterbende Socra-
tes, hochzeitsgedichte und die heldenbriefe.
HOHRERG, Wolfg. Helmhard von» das adeliche land- und
feldlelien. Nümb. 1716. 3 th. in fol.
HOLBERGS dünische Schaubühne ins deutsche übersetzt 174J
— 1755 in 5 bänden.
HOLL, Friedr., Wörterbuch deutscher pflanzennamen. Erfurt
1833.
HÖLTY, gediehte. WeiszenfeJs 1814.
HÖNIGER, Nie. von Tauber Künigshofen, weltspiegel oder
narrenschif. Basel 1574 und jetzt wiederholt in Scheibles
klosler 1, 229 ff. eine bearbeilung des lat. texles von Kei-
sersbercs prediqlen über das narrenschif.
HOPPFNROD, Andr., hurenteufel. Eisl. 15t;5.
HOTTINGFR, Joh. Heinr., speculum helveticotigurinum.
HUFELAND. Christ. Wilh., kleine Schriften; makrobiotik.
HUtJO, Gust., heuL röm. recht. 1826; lit. geschichle 1830;
naturrecht 1819.
Hugo Grotius, s. Opitz.
Hugoschapicr. Straszb. 1337.
HU.MBOLDT, Alex, ansichten der natur. Stuttg. 1849; kosmos.
HUMBOLDT, Wilh. Kawisprache; briefe an eine flreandin.
HUNOLD, s. Mexaxtes.
HUTTENS werke, ausgäbe von MCxch. Berl. 1821 f.
ICKELSAMER, Val., teutsche grammalica. Nürnb. 1537.
IMMERMANN, Kari, Cardenio und Gelinde. Bert. 1826; Münch-
hausen. Düsseid. 1838 ; Schriften. Düsseid. 1835 ff.
Irrgarten: der im Irrgarten der liebe herumtaumelnde cava-
lier. WarnungssfadU 1763 {früher 1740). vom Verfasser der
Felsenburg.
JACOB, N., Unterricht von den bienen. 1568.
JACOBI. Friedr. Heinr., Woldemar. 1779.
JACOBI, Joh. Geo. Iris. Düsseid. 1774 ff. ; alleriei. 1777.
J.\GER, Cari, Ulm im mittelalter. Stuttg. 1831.
JEAN PAUL, sämmtliche Schriften nach der ausg<ü>e BerUaiSiBL
Job. Zürich 0. j. {um 1545 — 50).
JÖCHER, gelehrtenlexicon. Leipzig 1750.
Johannes der täufer, tragödia, gespielt zu Solothum, gedruckt
zu Bern 1549. 12.
Jucundi Jucundissimi wunderliche lebensbeschreibung o. o.
1680. 8.
Julius von Tarent, s. Leisewitz.
K. d. f. = kriegbüchlein des frides. s. Seb. Fra.xi und Werx-
STREIT.
KALTENBÄCK, J. P. die pan - und bergtaidingbücher in Öster-
reich unter der Enns. Wien 1846.
kammergerichtsordnung von 1523.
neumürkische kammergerichtsordnung von 1646.
kammerordnung, preuszische von 1648.
KANTS werke werden angeführt nach der von Hartexsteix
besorgten ausgäbe in 10 bänden, Leipzig 1838. 1839, und nur
selten nach andern, alsdann angegebnen, z. b. spalte 374.
1036 die rechtslehre nach der von 1798.
Karl V., Staatspapiere zur geschichte dieses kaisers, mitge-
theilt von Karl Laxz. Stuttg. 1845; actenstücke und briefe
zur geschichte kaiser Karls, mitg. von demselben, tnt er-
sten band der monuni. habsburgica. Wien 1853.
KARSCH, Anna Luisa, auserlesene gediehte. Beri. 1764.
Karsthans, hinter Mcrsers lulh. narren ro» Kcbz.
KÄSTNER, Abr. Gotth., vermischte Schriften.
KEISERSBERG, Geiler, geboren 1445 zu Schaßausen, aber von
seinem groszraler zu Keisersberg im Elsasz erzogen und da-
nach sein lebenlang geheiszen, er war auch zu Freiburg im
Breisgau, Basel und in der fremde, doch den grüszten Iheil zu
Straszburg, wo er 1510 starb, seine zahlreichen predigten
sind selten zu finden, unbequem zu lesen und schwer an-
zuführen, längst bedürfen sie eines kritischen herausgebers,
würden aber vier oder ßnf starke quartanten ßllen. er
soll viele selbst, bevor er sie hielt, niedergeschrieben haben,
andere wurden mündlich aufgenommen {von seinem munde
abgeschrieben) von Jacob Otther aus Speier, von seinem
neffen Peter Wicirax {nicht zu vermengen mit Jörg Wick-
BA«), Heinrich Weszmer, einer nonne (Scs. Herwartin)
und dem bekannten Joh. Pauli, der selbst sprachgewallig
vor allen zu lebendigster aufzeichnung geeignet war. Wici-
rax schilt zwar auf ihn {die stelle ist bei Panzer 5. 400
ausgehoben) , aber sicher parteiisch. Dieser grosze vorrat
müste auch für die spräche gesichtet und möglichst ermit-
telt werden, was der rollen eigenheit des predigers gehört
oder den herausgebem. für unser Wörterbuch konnte erst an-
gehoben werden zu lesen, gleichsam zu naschen, nur der ehr.
bilger und die Sünden des munds irurden voll gebraucht ; zum
Verständnis der ausiüge, will ich hier den inhalt der Schrif-
ten angeben, die ich jetzt besitze, aus Oberlins abhandlung
{Straszb. 1786), Panzers annalen und Axxons schriß {Er-
langen 1826) jind ergänzungen zu schöpfen. I. vom berg des
schauenden lebens, cbristenbilger, geistl. merkten, siben esel-
hcften, dreierlei bildnem, mucken des mundes, vom Zacheus-
bauni. Straszb. 1508. 156 hlütter fol. II. granatapfel, worin
der anhabende, aufnemcnde und vollkommne mensch, aus-
gang der kinder Israel, die geistliche Spinnerin (odfrgunkel),
' der bas im pfeffer, sieben Schwerter und scheiden, troslspie-
gel. Augsb. 1510, die biälter ungezählt, wiederholt Straszb.
1511. IIL buch genannt der seelen paradis : von der waren
liebe, gedull, amiüt, küscheit, gerechtikeit, meszikeit, mit-
leiden, friden.barmherzikeil. Straszb. 1510 durch OrrJtER. 231
bl. fol. IV. christriilich bilger {ausführlicher als in I(, hcr-
ausg. von Otther. Basel 1512. 228 bl. V. die emeis, dis ist das
buch von der omeiszen, von dem wüetiscben beer, von
LXXEX
NHD. QUELLENVERZEICHNIS.
LXXX
dem gespenst, von unholden, vom Weihwasser, von hexen ;
herr der küng ich diente gern, durch Jon. Pauli. Straszb.
1516. VI. die brösamiin ufgelesen durch frater Jon. Pauli :
15 staffeln, der geistliche, weltliche, helhsche löwe, von
kaufleuten, des wannenkremers kaufmannsschatz. Straszb.
1517. Uü bl. fol., worauf viit frischer seücnzahl nochmals
brösamiin: von blättern im mund, vom weihbruch, von
kirchweihen, vom erleiden der weit, vom geistl. gebüw, von
der liebin gottes, von dem aplasz, von üppiger eer, von
den vierden knöpfelin, von demfil, von des tiifels müsfallen.
Straszb. 1517. 92 bl. fol. Vll. bäum der Seligkeit. Straszb.
1518. 40 bl. fol. VIII. das buch der sünden des munds.
Straszb. 1518 fol. IX. ostertagspredigen : von der drei
Marien Salbung, von den mucken die salb verderben, von
dem senfkörnlin, fruchte der penitenz. Straszb. 1520. CO
bl. fol. die folgenden waren mir nicht selbst zur hand:
X. paternoster, uszlegung über das gebette des herrn.
Straszb. 1515. XI. schif der penitenz und buszwürkung.
Augsb. 1514. XII. das irrig schafe, der heilisch lew, krist-
liche kungin, der dreieckicht Spiegel, der eschengrüdel, das
klappermaul, der trostspiegel. Straszb. 1514. XIII. Kei-
SEnsDERCS predigen über Brants narrenschif gab Otther 15U
lateinisch, dann Pauli 1520 deutsch heraus. Scheible hat
sie bei Hünigers narrensch. eingeschaltet. XIV. postiil.
Straszb. 1522. 4 theile, die Wackernagels lesebuch III, l.
s. 51 näher angibt, wo man überhaupt sp. 5 — 68 schöne stel-
len ausgehoben findet.
KIND, Friedr., gedichte.
KINDLINGER, münsterische beitrage. Münster 1787.
KIRCHHOF, Hans Wilh., wendunmut. Frankf. 1581, einigemal
auch nach der älteren ausg. von 1565 ; militaris disciplina.
Frankf. 1602.
KIRCHHOFER, schweizerische sprüchwörter. Zürich. 1824.
KLEIST, Chr. Ew. von, gedichte. Beil. 1756. einigemal aus
andern ausg. angeführt.
KLEIST, Heinr. von, Käthchen von Heilbronn. 1811; erzäh-
lungen. 1810. 11.
KLINGERS werke. Königsberger ausg. bd. 1. 2. 3. 4. 6 1815.
bd. 5. 7. 10 1816. bd. 8. 9. 11. 12 1809 ; theater. Riga 1786.
87. 4 bände.
KLOPSTOCKS sämtliche werke. Leipzig 1823. 12 bände.
KLÜPFELS Urkunden zur geschichte des schwäbischen bun-
des (1488 — 1533). 2 bände. Stutig. 1846. 1853.
KNITTEL, Chr., kurzgedichte. Frankf. a. Oder 1674 ; poetische
Sinnenfrüchte. Colberg 1677.
KOHLROSZ, Job., ein schön spiel von fünferlei betrachtnus-
sen. Basel 1532. 4.
KÖLGES, weinbaukunde. Frankf. 1848.
KONGEHL, Mich., lorbeerhain. Königsb. 1700.
KÖNIGSHOVEN, Jac. von, elsaszische und straszburgische
chronike, herausg. von Jon. Schilter. Straszb. 1698. 4.
KOPISCH, Aug. gedichte. Berl. 1836.
KOSEGARTEN, Ludw. Theob., gedichte.
KRENNER, Franz von, baierische landtagshandlungen in den
j. 1429—1513. München 1S03 ff. 18 bändchen,
kriegsbuch des friedens. s. VVernstreit.
kuchenmeisterei, o. j. u. o., vier bogen in 8.
LACOMBLET, Theod. Jos. archiv für geschichte des Nieder-
rheins. Düsseid. 1832.
Ladislaus, com. von Hidbelepihal. Magdeh. o. j. vgl. Gott-
scheds vorr. s. 126 und Koch 1, 267, wo noch andere stücke
desselben Heinrich Julius angeführt sind. s. oben Hibeldeha.
LANDAU, Georg, die rittergesellschaften in Hessen. Cassel 1840.
landfriede von 1512. 1521. 1522.
LANGE, F., Übersetzung Herodols. Berl. 1811 f.
LANZ, s. Karl V.
LAPPENBERG, J. M., rcliquien der fräulein Susanna Calh.
von Kleltenbcrg. Hamb. 1849 ; urkundliche geschichte des
hansischen stahlhofcs zu London. Hamb. 1851. 4.
LALRENItERG, Pelr., accrra philologica.
LALTERBECKS Verdeutschung von Melanchthons dcciam. von
kaiser Friedrich. F"rankf. 1563.
LAVATERS physiogn. fraguicnle. Leipzig 1775 f.
LEHMANN, Christoph., eriiowertcr politisciier bluinengartcn.
Frankf. 1640. 12* ; chronica der filadt Speier. Frankf. 1698 foU
LEIBNITZ, deutsche Schriften, herausg. von G. E. Guhrauer.
zwei bände 1838. 1840; gedichte, in Pertz L. gesainmeltc
werke, bd. 4. Hannover 1847.
Leipziger avanturier, s. avanturier.
Leipziger Stadtordnungen 1544.
LEISEWITZ, Ant., Julius von Tarent. Leipz. 1776 ; poetische
gcspräche; briefe; über Lessings tod in seinen Schriften.
Braunschweig 1838.
LENAU, Nie. Niembsch von Slrehlenau : gedichte. Sluttg. 1832 ;
neuere. 1838; Faust. 1S36.
LENZ, Schriften, herausg. von Tieck. Berlin 1828 f.
LEON, Joh., Offenbarung des messias. 1553.
LESSINGS sämtliche Schriften, herausg. von Lachxann. Berl.
1838 — 40 in 13 bänden.
LICHTENBERG, Geo. Christ., vermischte Schriften. Göttingen
1S44 ff. in 8 bänden.
LICHTWER, Magn. Gottfr., vier bücher äsopischer fabeln.
Leipz. 1748.
Limburger chronik, zuerst im j. 1017 durch Jon. Friedr. Faust
von Aschaffenburg herausgegeben, darin Wetzlar 1720.
LISCH, meklenburgische Jahrbücher. Schwerin 1836 ff. bis
jetzt 18 bände.
LISCOV, Christian Ludw., samlung satyrischer und ernsthaf-
ter Schriften. Frankf. und Leipz. 1739. vgl. Lisch 10, 97 — 179.
LIVIUS. da die älteren Verdeutschungen von Carbach und Mi-
cvLL nicht benutzt werden konnten, bot sich die von Zacii.
Müntzer dar, welche zuerst bei Rihel und Emmel. Straszb.
1562 und hernach öfter erschien, das verfahren des aus-
ziehenden, sie immer als 'Rihel Livius' anzuführen, blieb,
richtiger stände Livius bei Rihel oder Müntzers Livius.
lob und dank abc. s. unter abc.
LOBWASSER, Ambr. bewerte hymni patrum. Leipzig 1579.
LOGAU, Friedr. von: Salomons von Golaw deutscher sinn-
getichte drei tausend. Breslau (1054). das andere und dritte
tausend haben zugaben, der von Bamler und Lessing Leipz.
1759 zugestutzte auszug konnte hier nicht dienen.
LOHENSTEIN, Dan. Casp. von, seine trauerspiclc Cleopatra,
Epicharis, Agrippina, beide Ibrahim, Sophonisbe konnten
genau nach versen citiert werden; Iraner und lustgedichte.
Berl. 1680; geistl. und weltl. ged. Leipz. 1733; bluinen.
Bresl. 1689; Arminius. Leipz. 1689 in zwei starken, über
3000 seilen enthaltenden quartanten, die Leipz. 1731 in vier
bänden neu aufgelegt wurden, vgl. W. Ä. Passow über Lo-
henstein. Meiningen 1852.
Loher. Straszb. 1514. Panzer suppl. s. 129. später von Friedr.
Schlegel, der dieses alten drucks keine künde halle, aus
einer hs. unter dem titel Lotlier und Maller. Frankf. 1805
herausgegeben.
LOKMANS fabeln, s. Olearius.
LONICERUS, Adam, kreuterbuch. Frankf. 1578. 1593. 1009 fol.
er hatte aber schon 1540 des Euch. Röslein botanicon und
1555 ein onomasticon plantarum herausgegeben, worin manche
seltne deutsche namen verzeichnet stehn.
LONICERUS, gewöhnlich Tcucer Annaeus Lonicerus Privatus
genannt, Adams söhn, arzt und dichter (vgl. Strieder 8,
87. 88. 91), verdeutschte des Remigius dacmonologia, d. i.
von unholden und zaubergeisten. Frankf. 1598.
LORl, geschichte des Lechrains.
LORICH, Gcrh. schrieb auslegungen zu Wickrams Ovid, die
schon in der Mainzer ausg. von 1545 fol. gedr. und in den
späteren wiederholt sind.
Lotte bei Werthers grab, elcgie. 1775 {sp. 908).
Ludwig der heil, von Thüringen von Frieorich Ködiz von Sal-
feld, herausg. von Heinbich Rückert. Leipz. 1851
Luise, s, Voss.
LÜNZEL, Hermann Adolf, die Hildeshcimcr Stiftsfehde {im j.
1518—23). Hildesheim 1846.
LUTHERS bibel nach Bindseils unvollendeter ausg., die den lext
von 1545 unterlegt und frühere drucke vergleicht, die deutschen
schiißen nach der Jenaer ausgäbe, und zwar th. 1 von 1564. 2,
1,563. 3, 1565. 4, 1566. 5, 1575. 0, 1578. 7, 15S1. 8, 156S.
die einzelnen abhandlungen aus den älteren drucken zu ent-
nehmen, hätte zwar zum echteren lext geleitet, aber die ci-
tate verworren und weitläußig gemacht, geschweige dasz sie
selten, zerstreut sind und kaum zu erlangen gewesen wären,
wer gelcgenhcit und den willen hat, diese einzelabdrücke
genau zu lesen, wird manche beute auch ßr die spräche da-
von tragen, hin und wieder sind sie bereits zugezogen,
z. b. spalte 508, 1131 und 1751. die Iniefo nach he Wette.
Berl. 1825 — 28 in 5 bänden, die tischreden nach Aurika-
BER, Frankf. 1568 und 1571 fol., meist in der letzten ausg.
LXIXI
NHD. QUELLENVERZEICHNIS.
Lixxn
LYCOSTHENES PSELLIONOROS, d. i. Wolfhart Spangen-
berg, anmutiger Weisheit lustgarten, nach Mabtisüs Mylics
hortus pbilosophicus. Straszb. 1621.
MAALER, s. oben sp. xxi.
Magdeburger weisthQmer $. Necmaxx.
mägdelob oder der dienstmägde Unschuld, o. o. 16SS.
Magelone, verdeutscht durch Veit Wabbeci. Augsb. 1536. s.
Spalatix.
Mainbinkels sack, flieg, blalt des 17 jh. {spalte 1169.)
MAJOR, Elias, gekrönter poet zu Breslau, f 1662: poemata
{sp. 1267).
mann, der arme im Tockenbui^, s. Bräker.
MAiNL'EL, Hans Rud., fastnachtspiel, darin der edel win von
der trunkenen rott beklagt, von räblüten geschirmbt und
von richtern ledig gesprochen wirt. Zürch 1548 (sp. 230).
MANUEL, iNiklas, fastnacbtspiele, nach handschhften und der
ausg. von 1540 neu abgedruckt. Bern 1S36.
Mariae wunderzeichen. Regensb. 1522, wieder abg. bei Scheible.
MASCOü, Job. Jac, geschiebte der Teulschen. Leipzig 1726.
2 bände 4.
MATH, ohne beisalz meint des Job. MATHESIÜS Sarepta oder
bergpostilla. Nürmberg 1587 ; fünfzehn hochzeitpredigten.
Nürnb. 1563 {sp. 1128) ; historien von des theuren mannes
gottes, D. Martin Luthers anfang, lehre, leben und ster-
ben. Nürnb. 1592 {vorher 1570? 1576. 15S0. 15S3 und nach-
her 1600). es sind aber noch andere seiner predigten un-
gelesen und unausgezogen.
maulaffe, s. EmcER und Riexeb. ohne beisatz ist unter maul-
affe der politische gemeint, und sp. 1518 ped. verschrieben
für med.
MAL'RER, Jos., mannenspiegel {sp. 698).
MALßICiUS, Georg, comödia von den weisen aus morgen-
lande. Leipz. 1606; von Walther von Salemo. das. s.
GorrscHEDS vorrat l, 159. 160.
MEIER, Ernst, deutsche kinderreime und kinderspiele aas
Schwaben. Tüb. 1851 ; deutsche sagen, Sitten und gebrauche.
Stuttg. 1852.
Meinauer naturlehre, herausg. von Wilh. Wackebnagel. Stuttg.
1851.
MELANCHTHONS werke, herausg. von Bretschseider; au-
szerdem ist oß gebraucht das corpus doctrinae christ., d. i.
ganze summa der rechten waren christl. lehr. Lips. 1560
fol. ; dann einzelne, meist von andern aus dem latein über-
tragne abhandlungen ; kurzer begrif der christ. leer. o. o.
1524; vorrede zur Augsb. confession; hauptartikel der heil,
sehr. 0. ;. u. o.; wider die bauerscbaft. o. j. u. o.; anno-
taU zum brief an die Römer, o. j. u. o. ; zu den briefen
an die Corintbier 1524; rede von herzog Ernsten, deutsch
von Lacterbeck. Frankf. 1563; declam. von k. Fridrich,
von Lauterbeck; declam. von Sigismund; anweisung in
die heil, schriff. deutsch von Spalati.'*. Augsb. 1523; anzei-
gung in etliche capitel Moses. 1523; sendbrief an einen
kartheuser. Wittenb. 1524; Daniel übers, von Johas. Wit-
tenb. 1546; vergleicbung in der rel. von Jonas; wider die
widerteufer, von Jo:«as. Wittenb. 1528; bedenken aufs in-
terim. 1548; trostschrift für alle betrübte herzen, übers,
von Vrrus Dietherich. 1545; von des bapsten gewalt, von
DiETHERicB. 1541; vom streit des h. nachtmals. Regensb.
1560 ; briefe an Albrecht herzog von Preuszen, herausg. von
Karl Fabeb. Königsb. 1817 ; leben Luthers übers, von Rit-
ter 1561.
MELANDER, Otto und Dionjrsius, jocoseria, öfter aufgelegt.
MELISSUS. Paul, d. i. SCHEDE: di psalmen Davids in teu-
tische gesangreimen nach französischer melodeien unt syl-
ben art. Heidelb. 1572. 8. mit einer neuerfundnen punctier-
ten und accentuierlen Schreibung.
MELISSUS, die galante und liebenswürdige Salinde oder aca-
demischer liebesroman. Frankf. und Leipz. 1718 und 1744.
vgl. Koch 2, 266.
MENA.MES, d. i. Christ. Friedr. HUNOLD : auaerlesene ge-
dichte. Halle 1718 — 20. 3 bände.
MENDELSOHNS Pbädon.
Meraner stadtrecht, gedr. bei Bmipt 6, 413.
MERCKS briefsamlung. 3 bände. Dannst. 1835 und 38 und
Leipz. 1847.
MESSERSCHMID, G. F. von des esels adel. Straszb. 1617;
spilal der narren. Straszb. 1618.
MEUBEH, Noa, ja«d und forstrecbt. Frankf. 1576 fol., »o tick
p. 71' — 75' finden: alte lustige weidgescbrei, Sprüche und
jägerische dialogi durch weiland kaiser Friedrich IIL forst-
meister beschrieben, danach bei Sebiz s. 565.
MEüSELS geschichtforscher.
MEYERN, Wilh. Friedr., Dya Na Sore, ein roman. Wien «87.
Leipz. ISOO.
MICHAELIS, Job. Benj., einzelne gedichte. Leipz. 1789; poe-
tische werke. Wien 1791.
MICHELSEN, A. L. J., der Mainzer hof zu Erfurt. Jena 1853.
MICRÄLIUS, altes Pommern. Stettin 1639.
MICYLLUS, Jac, Übertragung des Tacitus. Mainz 1535.
mil. disc. s. Kirchhof.
MILICHIUS, Lud., schrapteufel. 1567. 4.
HILLER, Job. Marl., gedichte. Ulm 17S3 ; Siegwart eine klo-
stergeschichte. zweite aufl. Leipz. 1777.
MISTWERT, Job., fluchspiegel. 1674.
MITTERNACHT, de spasmo Mariae. 1722.
MOHR, Th. von, die regesten der Schweiz, eidgenossenschaft
bd. 1. 2. Chur 1848 ff. 4.
MOLANDERS parnassus. Hamb. 1698.
MONTANUS, Marl., ander theii der gartengesellscbaft. f. Fret;
wegkürzer 1557.
morgensfeil, das new. 15S8 {sp. 1710).
MORHOF, Dan. Geo., teutsche gedichte. Lüb. und Frankf. 1702.
Mörin, s. Herk. vo> Sachse.^beix.
MORSHEI.M, Joh. von, Spiegel des regiments in der fursten
höfen, da firaw Untrewe gewaltig ist. Oppenh. 1515. Erf.
1516. 4.
MOSCHEROSCH s. Philander.
MOSER, Justus, osnabr. geschichte {von band 1. 2 die zweite,
von bd. 3 die erste aufl.) ; patriot. phant. {erste ausg.) ;
verm. Schriften {erste ausg.). es muste jedoch ßr diesen,
nicht hinreichend ausgezognen schrißsteller auch aus Abekexs
ausg. Berl. 1842 nachgeholt uierden.
MOSHEIM, Joh. Lor. von, heilige reden. Hamb. 1725; Sit-
tenlehre der heil, schrift. Heimst. 1735.
MÜLLER, Friedr. (gen. der maier), werke. Heidelb. 1825. 3 binde.
MÜLLER, Heinr., geistliche erquickstunden oder 300 haus-
und tischandacbten.
MULLER, Job., geschichten schweizerischer eidgenossenschaft.
MÜLLER, Joh. Joach., reichstagstheatrum. Jena 1713 f.
MÜLLEB, Joh. Gottw., Siegfried von Lindenberg. Leipz. 1783
und 1787.
MÜLLER, Wilh., gedichte. Leipz. 1837. 2 bände.
MÜLMANIV, Job. und CbrisL, christl. geisel wider den me-
lancholischen trawrgeist und herzfresser. Leipz. 1618. 4.
MÜNCHHAUSENS reisen.
.MÜNSTER, SebasL, cosmographie.
MÜNZER, Zach., s. Lwcs.
münzordnung von 1524.
MUR.\LT, Joh. von, eidgenössischer lustgarten. Zürich 1715.
MURNER, Thom., Aeneis. Straszb. 1515 ; vom lutherischen nar-
ren, nach der ausg. von Heinr. Kürz. Zürich 1848, steht
auch in Scheibles kl. band 10; narrenbeschwerung. 1512;
geuchmatt. Basel 1519; schelmenzunft. 1512, auch in Schei-
bles kl. band 1.
MUS.\US, Joh. Carl Aug., Volksmärchen der Deutschen. 5b9nde.
Gotha 1804 ; auch nach der ausg. in Einern bände, Leipzig
1842; moralische kinderklapper. Gotha 1794.
MUSCULUS, Andr., bosenteufel. Frankf. a. d. Oder 1555 ; ehe-
teufel 1556 und 1568.
nambuch, s. Conrad von Danirotsrein.
nachricht von einer Hildburghüuser diebsbande. 1755. 4.
NAMSLER, ergieszung der Katzbach. 1608.
narren : spil wie man die narren beschweren sol. o. o. 1554
narrenbrüter {sp. 1044).
narrenspital. 1682.
NEANDER, Mich. (gb. 1525, f 1595), menschenspiegel (1560) ;
vom seligen absterben derer so jung in der jugend ster-
ben; bedenken wie ein knabe tu leiten. (1591); sylloge
locutionum ; ethice vetus.
NEMNICH, Phil. Andr., allgemeines polyglottenlexicon der na-
turgeschichte. Hamb. 1793—95. 4 ; Wörterbücher der natur-
geschichte. Hamb. — 1798 ; leiicon nosologicum polyglot-
ten. Hamb. 180t fol.
NEUMANN, Theod., Magdeburger weisthQmer. Görlitz 1952.
NEUMARK, Geo., poelisch und musikalisches lustwäldcben.
Hamb. 1652.
f
Lxxxni
NHD. QUELLENVERZEICHNIS.
LXXXIV
NIEBÜHR, B. G., römische geschichte. drille ausg. Berl. 1828 ;
kleine Schriften ; leben Carsten Niebuhrs.
NIGRINÜS, Geo., affenspiel. 1571; von bruder Johann Nasen
esel 0. j. u. 0., um 1570, gegen den auch von Fischart ge-
geisellen münch Jok. Nasus, vgl. Vilmar hess. zeihehr. 3, 215.
Niobe. München 1688.
NITHART, Hans, übersetzte erst den eunucbus, Ulm 1486, dann
den gesamten Terenz, Straszb. 1499, über beide werke s. Pan-
zer s. 164. 242, beide sind in Zukunft genau auszuziehen.
notariatsordnung von 1512.
noth und hülfsbUchlein. ausg. 6. Gotha und Leipz. 1789.
Nürnberger reformation von 1479.
Nürnberger fünferordnung.
OBERLIN, Jer. Jac, Scherzii glossarium germanicum medii
aevi. Argent. 1781. fol.
ÖCHSLE, Ferd. Friedr., beitrage zur geschichte des bauern-
krieges. Heilbronn 1830,
Octavian, keiser.
ÖFELE, scriptores rerum boicarum. Augsb. 1763.
OKENS bolanik.
OLEARIÜS, Adam, moscovitische und pcrsianische reisebe-
schreibung von den j. 1633 — 39. zuerst herausg. 1647. 1656.
1663. 1671. zuletzt Hamb. 1696 fol., nach welcher hier an-
geführt wird, folgende Schriften bilden nur einzelne abthei-
lungen desselben werks : Saadis pers. baumgarten ; pers.
rosengarten ; pers. rosenthal ; Locmans fabeln ; orient. insuln.
ÖLRICHS, Job. Carl Conr., das grausame büthener recht im
lande Lauenburg und Bütow. Berl. 1792. 4.
omeis, s. Keisersberg.
OPITZ, hier liegt die fellgibelsche ausg. Breslau 1690 in drei
bänden zum gründe, doch wurde ein paarmal auch die Am-
sterdamer von 1646. 1645 aufgeschlagen. Übersetzung von
Barclays Argenis. Bresl. 1626. Amst. 1644 ; von Hugo Gro-
Tiüs wahrh. der christl. rel. (de waare godsdienst). Brieg
1630. einzelne gedichte sind auch wol nach den versen an-
geführt, namentlich Zlatna und (sp. 247) das lob des kriegsg. ;
funebria trium Davidis Mulleri liberorum. Bregael632; buch
von der deutschen poeterei, mit Enoch Hannmans anra.
Breslau o. j. bei Fellgibel.
Ordnung des reichs von 1512.
Ordnung der termine beim reichskammerg. 1508.
ORTLOFF, Friedr., das rechtsbuch nach distinctionen. Jena 1836.
OSSE, Melch. von, pol. testament. ed. Thomasids.
Othello, übersetzt von Heinr. Voss d. j. Jena 1806.
ÖTTINGER, Fr. Chr., grundbegrif des neuen lest. 1777; vom
Zusammenhang der glaubenslehre mit den letzten dingen.
1779 ; Sittenlehre. 1758.
OVERBECK, Chr. Ad., Frizchens lieder. Hamb. 1781.
OVERBECK, Job. Dan., Virgils hirtengedichte in deutschen
versen. Heimst. 1750.
PAMLER, Casp., drei christl. predigten. Leipz. 1599. 4.
PANZER, Geo. Wolfg., annalen der älteren deutschen litera-
tur. Nürnb. 1788. Zusätze. Leipz. 1802.
PARACELSI opera. 1616 ; Chirurg. Schriften. 1618. sp. 1616 ist
durch versehen der zu einem folgenden citat gehörige name
Fischarts hinler Paracelsus geschoben.
parabel vom verlornen sun. Basel 1537.
PÄRSON, Job. Wilh. von, der edle hirschgerechte jäger. Leipz.
1734. fol.
Pasquini, des träumenden, staatspliantasicn. 1543.
PAULI, Job., schimpf und ernst, es ist schwer dieses wich-
tige werk genügend zu citieren, da fast alle ausgaben in
zahl und folge der capitel von einander abweichen; Karl
Veiths abhandlung {Wien 1839) reicht nicht aus und um
sich zurerht zu finden bedürfte es einer alle drucke ver-
gleichenden tafel. hier wurde gebraucht die octavausgabe
Frank f 1555, welche auf 113 blättern 456 cap. enthält; nicht
selten aber blieb zugezogen die erste ausg. Straszb. 1522 fol.,
worin auf 124 blättern 629 cap. stehn. fehlt der beisalz cap.,
so ist das blatt des drucks von 1555 gemeint, z. b. spalte
18 und 140. Paulis lebendige, kräftige spräche zeigt sich
im druck von 1522 und den nächstfolgenden von 1535. 1536
reiner als in den späteren, vgl. auch Keisersberg.
PERIANDER, Aegrd., noctuae speculum. Francf. 1567.
persianische reiscbeschreibung, pers. baumgarten, rosengar-
ten. s. Olearius.
Perus, Jun, simplicianischer. o. o. 1672.
PESTALOZZI, Lienbard und Gertrud.
PETR. = Franc. Petrarche zwei trostbücher von arznei und
rath beide im guten und widerwertigen glück (de remediis
utriusque forlunae). Frankf. a. M. 1559. 222 bl. fol. eine an-
dere Verdeutschung als die vorher Augsb. 1532 gedruckte, und
viel gefüger, aber von unbekanntem verf.
PFEFFEL, Gottl. Conr., poetische versuche.
PFEIFFER, Franz, das habsburgüstreichische urbarbuch. Stuttg.
1850.
pllanzbuch. sp. 1534.
PHILANDER von Sittewald d. i. Jon. Mich. Moscherosch,
gesiebte, th. 1. 2. Straszb. 1676. 1677. Phil. lugd. bezäch-
net die zu Leiden 1646 erschienene, interpolierte ausgäbe,
deren beide erste theile lauter echte gesichle, der dritte sechs
neue, der vierte zwei echte, der fünfte vier neue gesichte
enthält, der Verfasser dieser neuen ist noch unermitlell.
von den übrigen Schriften Philanders, welche Heinrich Drrr-
MAR in der fleiszigen vorrede seiner misralhenen emeue-
rung. Berlin 1830 s. lxvi. lxvii ingibt, ist vorläufig nur der
politicus Argent. 1652 benutzt worden.
PICTORIUS, Geo., baderbüchlin. vgl. Jöcher u. d. w.
PICTORIUS, Jos., s. oben sp. xxi.
Pierot, Robert, der americanische freibeuter, von ihm selbst
in franz. spräche beschrieben, ins deutsche übers, von M.
N. 0. P. 0- th. 1—4. Frankf. 1742—45. 4 bände, vgl. Kochs
comp. 2, 274.
PINTER, pferdeschatz. Frankf. 1688.
PLANKS geschichte des christenthums. Göttingen 1818.
PLATEN, Aug. von, gesammelte werke, in äinem band. Stuttg,
1839.
PLATER, Thomas und Felix, zwei autobiographien, herausg.
von D. A. Fechter. Basel 1840, da anfänglich Baldingers
ausg. Marb, 1793 ausgezogen war, so können einzelne citate
nach ihr entschlüpft sein; meistentheils ist der bessere Ba-
seler druck angeführt.
Plesse: wunderbare begebenheit, welche sich mit einem göt-
tingischen Studenten auf dem alten schlösse Plesse zuge-
tragen hat. th. 1, 0. 0. 1744. 2, 1749. 3, 1748.
politischer maulaffe, Stockfisch, politische colica, s. Riemer.
Pontus, das buch und histori von dem edeln königssun aus
Galicia genant Pontus. Augsb. 1498. Straszb. 1509.
PORSTS gesangbuch, oft in Berlin aufgelegt.
postreuter an bäpstliche heiligkeit. 1620.
PRAETORIUS, Job., saturnalia das ist weihnachtsfratzen.
Leipz. 1663; mägdctrösler. 1663; Storchs und schwalben
Winterquartier. Frankf. und Leipz. 1676, Katzenveit 1692.
PRIVATUS, Teucer, s. Lonicerüs.
PRIZELIUS, Joh, Goltfr., vollständige pferdewissenschaft.
Leipz. 1777. 4.
publicationspatent zur Frankfurter reformation vom j, 1611.
PUPIKOFER, J. A., geschichte des Thurgaus. Bischofzeil und
Zürich 1828. 2, 1830.
R. A. = deutsche rechtsalterthümer.
RABENER, nach der Leipziger ausgäbe von 1771; freundschaft-
liche briefe. Biel 1772.
RACHEL, Joach., Satiren. Frankf. a. d. 0. 1664. 1667,
RAMLER, Karl Wilh., werke. Berl. 1800.
RANKE, Leop., deutsche geschichte im Zeitalter der refor-
mation. zweite aufl. 6 bde. Berl. 1842 — 47 ; französ. gesch.
2 bde. Berlin 1852.
REBHUN, Paul, klag des armen mannes; spiel von frawen
Susannen. Zwickau 1536 und 1544.
reformation guter polizei von 1530,
REICHARD, versuch einer historie der deutschen sprachkunst.
Hamb. 1747.
reichsabschiede, von verschiednen jähren,
reichskammergerichtsordnung von 1507.
Reineke vos, ausg. Hoffm. von F. Breslau 1852.
REINHARD, Joh. Phil., wolgegründcter gegenberichl (in Sachen
Wertheims gegen Würzburg). Wertheim 1618. 2 theile, folio.
REINHOLD von Freienthal. s. Jor. Grob.
REINWALD, henncbergisches idiotikon.
REISKE, Joh. Jac, lebensbcschreibung. Dessau 1783.
R^ISZNER, Adam, beschreibung der alten hauptstadt Jerusa-
lem. Frankf. 1563; historie Georg und Caspars von Frunds»
berg. Frankf. 1572.
REMIGH daemonolatria, verdeutscht, s. Lonicbrds,
REUCHLIN, Job., doctor Jobannsen Reuchlins, der k. m. als
erzherzogen zu Österreich auch churfürsten und fürstea
LXXXV
NHD. QUELLEmilRZEICHNIS.
LXXXVI
gemainen bundrichters in Schwaben warhaftige entschul-
digung gegen und wider ains getauften Juden genant Pfef-
ferkorn vormals getruckt uszgangen unwarhaftigs schmach-
bnclilin augenspiegel. o. o. (aber Tübingen) 1511. 4; ain
klare verstentnus in tütsch uf doctor Johannsen Reuch-
lins ratschlag Tun den judenbüchern vormals auch zu la-
tin im augenspiegel uszgangen. o. o. {Tübingen) 1512. vgl.
Panzeb 330. 341.
REUTER, Andr. von Speir, kriegsordnung zu wasser und land,
anfenglich durch Ada« Jc>gha.ns von der Olsnitz in truck
geben, nun aber aufs new übersehen und das unnötig heraus-
genommen und mit andern stücken gebessert. Colin 1595. 4.
RHODE, Job., tugendsamer weiberspiegel. Erfurt 1586.
richtsteig land und lehnrechts.
RIEDRER, Fridr-, Spiegel der waren rhetorik. 1493, vgl. Pa?j-
ZEB 202, einmoi (sp. 438) auch nach der ausg. Straszb. 1509.
Panzer 309.
RIEMER, Job., der politische maulafife von demente ephoro
albilithano (aus Weisienfeh). Leipz. 16S0 ; politische colica
oder das reiszen in leibe der schuikranken menschen. Lp.
16S0 ; der politische Stockfisch. Merseb. 1681 ; reime dich
oder ich fresse dich, oder schellen und scheltenswürdige
thorheit boeotischer poeten in Deutschland, von Hartmax.'«
Reinholdex dem Frankfurter. Northausen 1673. vgl. Jöcbeb
u. d. w.
BIHEL, s. Livics. es ist mir unbekannt, dasx einer der buch-
händler Rihel zu Slraszburg an dieser Übersetzung selbst
gearbeitet habe, auch fehlt der name bei Jöcher.
RINGWALD, Barthol., die lautere warheil. o. o. 1597 (eini-
gemal auch die ausg. von 1590 zugezogen) ; handbüchlein,
geistl. lieder und gebetlein. o. o. 1598; treuer Eckarti Er-
furt 1608 {zugezogen die ausg. von Frankf. a. d. 0. 1590) ;
evangelia. königsb. 1646 ; plagium oder diebliche entfärung
zweier jungen herm und fürsten. o. o.undj. die lautere
warbeit wurde umgearbeitet u. d. titel die deutsche Wahr-
heit in poetischer Verkleidung durch Job. Wilh. Bbodtkobb.
Langensalza 1700.
Robinson: zwei westphälische sogenannte Robinsons oder
avanturieurs. Frankf. und Leipz. 1748.
ROLLE.NHAGEN, Geo., froschmeuseler. nach der ersten ausg.
Magdeb. 1595; vom reichen mann. Eisleben 1591.
ROLLENHAGEN, Gabr., vier bücher wunderbarlicher und un-
glaublicher indianischer reisen. Magdeb. 1603 und ößer wie-
derholt.
RÖMOLT, Job. fein christlich spiel. 1563.
RO.MPLER, Jesaias von Löwenhalt, erstes gebüsch seiner
reimgedichle. Straszb. 1647.
ROSENBLUT, spruch von einem edeiman mit dem hasgeier.
Halpt 9, 171. tgl. Kellers fastn. sp. s. 1183, ico überhaupt
s. 1077—1195 die gedichte dieses Verfassers verzeichnet stehn.
ROSENZWEIGS, Job. Friedr., anmerkungen und Zusätze zu
Eisesbergs rostäuscherkünsten. Leipz. 1780.
ROST, Job. Christoph, vermischte gedichte. 1769.
roszarzneibücblein o. j. u. o. (Zwickau 1530).
RÖSZLIN, Euch.,' hebammenbüchlein. Frankf. 1565.
RÜCKERT, Friedr., gedichte. Eriangen 1834 ff. auch nach der
auswahl. Frankf. 1841.
RUEF oder RUOF, Jac, spiel von Wilhelm Teil, herausg. von
Fbiedb. Meyer. Pforzheim 1843 ; Eiter Heini, herausg. von Kot-
TiRGER. Quedlinb. 1847 ; Adam und Heva. herausg. von dem-
selben, das. 1848 ; vom leiden des herm. vermutlich rührt
auch der sp. 787 unter der Schreibung Ryff angezogne Spie-
gel der gesundheit von ihm her, da er vundarzt zu Zürich
war und andere arzneibücher mehr abgefaszt hat, vgl. Kot-
tingers vorr. zu Etter Heini s. xivm.
RUOS, Woifg., verdeutschte die intimation der Universität Er-
furt in Martinum Lutherum. 1521.
KÜTI, Hans von, fastnacbtspiel. (sp. 697).
SACHS, Hans, wie bei Llther, und aus demselben gründe,
konnte sich nicht auf die einzelnen drucke eingelassen wer-
den, die der groszen samlung voran giengen: den gewinn
aus ihnen hat eine besondere Untersuchung zu entnehmen,
gebraucht wurden band 1, Nürnberg 1558, band 2, 1560,
band 3, 1561, band 4, 1578, band 5, 1579.
SACHSENHEIM, Hermann von, die mörin, geschrieben 1453.
Worms 1539. vgl. Koch 1, 106.
sächsische processordnung von 1622; sächsisches mandat von 1773.
Salinde, ;. Melissos.
SALIS, Job. Gaudenz von, gedichte. Zürich 1793.
SANDERS, Job., tragödie von Johannes dem täufer. 1588.
SASTROW, Barlhol., herkommen, gehurt und lauf seines
ganzen lebens von ihm selbst beschrieben, herausg. von
Mobmke. 3 theile, Greifsw. 1823. 24.
SARTORIUS, Joach. psalmen (sp. 946).
saufteufel, wider den, durch Matthaedm Fbuerich vo.i Gör-
litz. Leipz. 1552.
SCHÄRTLLN, s. Schertlix.
schatzbehalter oder scbrein der waren reichthümer des heils.
Nürnb. 1491. vgl. Panzer s. 190.
SCHEDE, s. Paul Melisscs.
SCHEFFER, bearbcitung von Haltacs jahrzeitbuch des mit-
telalters. Erlangen 1797. 4.
SCHEFFLER, Joh., bekannt unter dem namen Aügeliis Sile-
sics: cherubinischer wandersmann. Wien 1657. Glaz 1675.
Altonal737; kehnvisch und Sendschreiben gegen Scherzer.
Neisz 1664.
SCHEI6LE, J., kloster und Schaltjahr, eine in den jähren
1846 — 1849 ZU Stuttgart eifrig und rasch, aber ungelehrt
und unbeholfen ausgeführte, alles aufraffende und durch-
einander werfende samlung anziehender und seltner Schrif-
ten des 16. 17;7i., deren man sich ungern bedient, doch nicht
entbehren kann, fliegende blätter des XVL XVII jb. Stuttg. 1850.
SCHEIT, Casp., grobianus, von groben sitten und unhöflichen
geberden, erstmals in latein beschriben durch Fbid. De-
DEKiNDCM und ietzund verteutschet durch Casparlm Scheidt
von Wormbs. Worms 1551. 4. unter der torrede unterzeich-
net der Verfasser selbst Casparcs ScBErr, und das gedieht
schlieszt:
dasz wir wandten die rechte sirasz
on sünd und niackel alle teil,
biemit hescbleuszt es Caspar Scheit.
SCHELLINGS philosophische Schriften, erster band. Landsh.
1809 ; von der weltseele. dritte aufl. Hamb. 1809 ; methode
des akad. Studiums. Tüb. 1803 ; denkmal der schrift von
den göttlichen dingen. Tüb. 1812; gedichte in Schlegels
musenaim. u. d. namen Bo-xwen-tcba.
Schelmenzunft, s. Mcrner.
Schelmufskys reisebeschreibung. Frankf. und Leipz. 1750 ; o.
0. und j. (Cassel um 1825) ; Schlampampe krankheit und
tod. 1696 und 1750.
SCHENKENDORFS gedichte. Stuttg. und Tüb. 1815.
SCHEPLITZ, Joach., additiones in constit. marchicam.
SCHERE.NBERG, C. F., gedichte; Leuthen. Berl. 1852.
SCHERER, Geo., kunst und wundsegen. Ingoist. 1595.
SCHERFER, Wenzel, Dedekinds grobianer und grohianerin.
Brieg 1640; geistl. und weltl. gedichte. das. 1652.
SCHERTLIN, Seb. von Burtenbach, lebensbeschrcibung. Frankf.
und Lp. 1777; seine an die Stadt Augsburg geschriebnen
briefe, herausg. von Tbeodor Herberger. Augsb. 1852.
SCHEUCHZER, Joh. Jac, beschreibung der natui^eschichten
des Schweizerlandes, und in deren fortsetzung Helvetiae
stüicheiographia.
SCHILLERS sämtliche werke in einem bände. Stuttg. 1840.
SCHILTERl glossarium teutonicum, dritter band des thesau-
rus. Ulm 1728.
schimpf und ernst, s. Job. Pacli.
SCHIRMER, Dav., singende rosen. 1654 und 1657 ; keiscr Fer-
dinands tafelreden. Dresd. 1674.
SCHLAPPERITZIN, Conr., spruch von den anlastem derpferde,
gedr. in .Mones anz. 3, 175.
SCHLEGEL, .\ug. Wh., seine Übersetzung Shaksp. wird nach
den einzelnen stücken angeführt; Vorlesungen iiher dram.
kunst. Heidelb. 1809 ; musenalmanach für 1802.
SCHLEGEL, Friedr., Alarkos. Beriin 1802.
SCHLEGEL, Joh. El. werke. Kopenhagen 1771. 5 bände.
SCHLEIEKMACHER, Friedr., sämtliche werke. Beriin 1835 ff.
Schlemmer, der deutsche, s. Jos. Stricker.
SCHLICHTHORST, beitrage sp. 1314.
SCHMELZL, WoIfg., comedia des veriomen sons. Wien 1545;
blindgeborner söhn ; Saul ; lobsprucb ; hochzeit ; <ug ins
Ungerland sp. 1404 ; aussendung.
SCHMIEDER, Sachsens polizeiverfassung. Dresd. 1774.
SCHMID, Conrad, uf etlich widerred. 1522. (*/>. 1293».
SCHMID, Joh. Christoph, schwäbisches Wörterbuch. Stuttg. 1831.
SCHMIDT, Friedr. Wh. Aug., von Werneuchen. gedichte. Berl.
1790.
f*
LXXXVII
NHD. QUELLENVERZEICHNIS.
Lxxxvm
SCHMIDT, Karl Christ. Ludw., westerwäldisches idiotikon.
Hadamar 1800.
SCHMIDT, Klamer Eberh., neue poetische briefe. Berl. 1790.
SCHMINKE, monimenta hassiaca.
SCHMIT, A., roszarznei, angebunden an eine marstallerel.
Frankf. 1570. 4.
SCHNAUSZ, Cyriac, lobspruch. Nürnb. 1552.
SCHNURR, Balth., kunst- haus- und wunderbuch. Frankf.
1604.
SCHOCK, Job. Geo., comoedia vom Studentenleben. Leipz.
1657.
SCHOTTELIUS, Just. Geo., haubtsprache {oben sp. xxi) ; frucht-
bringender lustgarte. Wolfenb. 1647.
schrapteufel, s. Milichiüs.
SCHREIBER, Heinr., urkundenbuch der Stadt Freiburg im
Breisgau. 1828, 2 bände; Veit Webers kriegs und sieges-
lieder. Freib. 1819.
SCHUBART, Christ. Friedr. Dan., gedichte.
SCHUBARTH, Adam, sieman. Weiszenfels um 1560.
SCHUBERT, Gotth. Heinr., reise ins morgenland.
SCHUDEROF, Protestantismus, sp. 1256.
schuifucbs : der pedantische irrthum des überwitzigen, doch
sehr betrogenen schulfuchses. Rapperswiel 1673.
SCHUPPIUS, Job. Balth., lehrreiche Schriften, Frankf. 1684.
SCHÜTZE, holsteinisches idiotikon.
SCHWAB, Gust., Schillers leben; gedichte.
SCHWARZEINBERG, Job. von, gedichte, hinter seinem deut-
schen Cicero vom j. 1535.
SCHWEINICHEN, Hans, leben und abenteuer, herausg. von
BüscHiNG. 3 theile. Leipz. 1823; von den geschichten her-
zog Hans im. j. 1488, in Stenzel Script, rer. siles, band 4.
Bresl. 1850.
SCHWENKFELD, Casp., theriotropheum Silesiae.
SCULTETÜS, Andr., gedichte, bei Lessing 8, 263.
SEBIZ, Melch., sieben bücher vom feldbau. 1580.
SEITZ, Alex., ein nutzlich regiment wider die bösen fran-
zosen mit etlichen klugen fragstucken. Pforzheim 1509. acht
quarlblälter, neu herausg. von Albert Moll. Stuttg. 1852.
selenbad, blutiges. München 1710.
Servius TuUius. München 1685.
SEUME, Job. Gottfr., werke. Leipz. 1837 und 1839.
SEUTER, roszarznei. Augsb. 1599 fol.
Sickingens gespräch mit sant Peter, sp. 1635.
sieben lächerliche geschwätz. 16 — 17 jh.
Siegfried von Lindenberg. s. Müller.
Siegwart, s. Miller.
Simplicissimi ewigAvährender calender. Nürnb. 1670.
Simplicissimus. gebraucht ist die ausg. von Nürnberg, th. i. 2.
1713, th. 3. 1684, mit Zuziehung der fünf ersten bücher nach
der ausg. Mümpelg. 1669, weil der Nürnberger druck zu-
gleich die übrigen werke als den deutschen Michel, Cou-
rage, Vogelnest, Joseph m. s. w. befaszt und weil die un-
echten erweilerungen dennoch für die spräche werth haben,
eine neue ausg. des ursprünglichen lextes von Keller steht
eben bevor.
Simplicissimus, französischer. Freiburg 1683. 3 theile.
Simplicissimus, ungarischer oder dacianischer. nach der ausg.
von 1683 neu aufgelegt Leipz. 1854.
SIMROCK, deutsche Sprichwörter. Frankf. 1846 ; sagen. Frankf.
1850.
Soester Daniel, s. Haverland.
soestische fehde, abgedruckt in Emmingbaus memorabilia su-
satensia Jenae 1749 p. 581 — 708.
SOLTAU, Fr. Leonard von, einhundert deutsche historische
Volkslieder. Leipz. 1836.
sommerteil der iieiligen leben. Augsb. 1475. vgl. Panzer s. 82.
SPALATLN, Georg, verfaszie viele kleine Schriften, vorreden
' und Übersetzungen von 1520 — 1540.
SPANGENBERG, Cyriac, vom aufkommen der meistersänger,
1598, ausgezogen bei Hanehann s. 94 — 119 ; jagteufel. Eis-
leben 1560. 4; wider die bösen sieben ins teufeis karnöf-
fei spiel. Jena 1562. 4.
SPANGENBERG, Wolfli., ganskönig. Straszb. 1607 ; anmutiger
Weisheit luslgarten. Straszb. 1621; anbind oder fangbriefe.
s. Lycostiienes Psellionoros.
SPEE, Friedr. von, trutznachtigall, Cöln 1649, zuweilen mit
vergleichung der ausg. von Hücpe und JuitKMAKN. Münster
1841 ; g. T. = güldncs tugendbuch.
spiel, wie man die narren beschweren sol. 1554.
spiel von Joseph. Zürich 1549.
spiel von Lucretia. Straszb. 1550.
Spinnrockens oder des kunkels evangelia vom montag an bis
auf den saterstag mit sampt den glosen zu ehren den
frawen beschrieben. Cöln 1568. 4. es gibt ältere ausgaben
von 1537 und 1557. das franz. original hat den titel: les
evangiles des connoilles. Lyon 1493; wieder abgedruckt steht
es im ersten bände des joyeusetez. Paris, Techener 1829.
SPRENG, Job. (gb. 1524 f 1601), Ilias Homeri, in artliche teutsche
reimen gebracht, jetzt zum andernmal gedr. Frankf. 1630. 4.
STADEN, Hans, warhaftig historia und beschreibung einer
landschaft der wilden, nacketen, grimmigen menschenfres-
serleuten in der newen weit America gelegen, mit einer
vorr. Jon. Dryandri gen. Eichman. Marburg 1557. 4.
STEIER, Martin, Jephthes. Nürnb. 1571.
STEIN, freiherr von, denkschriften, herausg. von Pertz. Berl.
1848.
STEINHÖWEL, Heinrich, Verdeutschung der fabeln Esops.
Augsb. 1487 fol. Panzer s. 167, da von diesem alten druck
nur ein mangelhaftes exemplar gebraucht werden konnte,
war die lücke aus dem druck von Freiburg 1555. 4 zu
ergänzen; Verdeutschung des decamerone (s. oben unter
Bocc), welches sein hauptwerk ihm noch gar nicht beigelegt
wird, in der einleitung {Straszb. 1519 fol. 8') heiszt es aus-
drücklich : und damit die beschwerten und betrübten frew-
lein auch ein teil irer verborgen traurigkeit mögen ein
klein frid geben und die mit zucht in freud keren, hab
ich Arigo (d. i. Heinrich Steinhöwel) in das werke machen
und in tütsche zungen schreiben wollen, die hier überall
gebrauchte Frankf. ausg. 1588 1, 11 setzt daßr: aber da-
mit die betrübten fräwlin auch ir trawrigkeit mögen in
freud mit zucht verkeren, so hab ich Arigo dieses werk
verdeutschet. Schon diese kleine stelle lehrt, wie sehr die
ausgaben des 16 jh. von einander abweichen, es wäre eine
für den gang der deutschen spräche im 15 und 16 jh. lehr-
reiche Untersuchung, an zwei bedeutenden werken wie schimpf
und ernst und decamerone sind, beschaffenheit und anlasz
dieser Umarbeitungen darzulegen.
STEPHAN, Friedr., "neue stoflieferungen für die deutsche ge-
schichte, besonders auch für die der spräche, des rechts
und^ der literatur. 1, Mülhausen 1846. 2, 1847.
STEPHAN!, Cl., geistliche action. 1568.
Sternb. = Sternbalds Wanderungen, s. Tieck.
STETTLER, Mich., Schweizerchronik. Bern 1633 fol.
STIELER, Casp. von, s. oben sp. xxii ; Ballemperie, ein trauer-
spiel. Jena 1680. über sein abenteuerliches leben verrveist
Koch 1, 283 auf Falkensteins anal, nordgav. nachlese s,
253—80.
STIFEL, Mich., die coss (d. i. algebra) Christofs Budolfs mit
schönen exempeln der coss. durch M. Si. gebessert und
sehr gemehrt. Königsberg in Pr. 1554; ein sehr wunder-
barliche wortrechnung, saibpt einer merklichen erklerung
etlicher zalen Danielis und der Offenbarung Job. anno 1553.
STOLBERG, Fr. Leop., gesammelte werke. Hamb. 1820 — 25,
worunter sich auch die seines bruders Christian befinden.
STOPPE, Dan., gedichte, erste samlung. Frankf. u. Lp. 1728.
zweite 1729.
STRICKER, Job., der deutsche schlemmer, ein geistlich spiel.
Magdeb. 1588. nicht Strizer, wie Gottsched im Vorrat s.
122 und Koch 1, 267 schreiben.
STRODTMANN, osnabrückisches idiotikon. Altona 1756.
STUMPF, Job., Schweizerchronik.
STÜVE, C., wesen und Verfassung der landgemeinden. Jena 1861.
TABERNAEMONTANUS, d. t. Jac. Tlieodorus, der von seinem
geburtsort Bergzabern den haßenden bcinamen empfieng. sein
kräuterbuch ist meislcntheils nach der ersten ausg. Frankf.
1588 angeführt, doch zuweilen nach den Baseler drucken von
16C4 und 1687.
Tacilus, übersetzt von Micyllus.
TACIUS, Leonh., verdeutschte Frontini stratagemata; seine
vorrede datiert von Ingolstadt 1542, und auf dem titel heiszt
er kaiserlicher poet. die Übersetzung ist im dritten Iheil
von Frünsperckrs kriegsbuch wieder abgedruckt.
TÄNZER, Job., der Dianen buhe und niedere Jagdgeheimnisse.
Leipz. 1734 fol.
TÄUUEL, Christ. Gottlob^ Wörterbuch der buchdruckerkuost.
Wien 1805. 4.
LXXXIX
NHD. QUELLENVERZEICHiNIS.
xc
TÄUBMANNS Plautus erläutert zuveilen durch deutsche tcör-
ter in den anmerkungen. bericht von seinem leben s. Bra.'«dt.
TAÜLER, ausg. von Leipzig 1498.
TENZELS monatliche Unterredungen. Thoren und Leipz.
1689 ff.
Teuerdank, nach der ausg. von Haltaüs.
teutonista, des Gerh. von SchCres, vgl. oben sp. xx.
Tewescben hochtiet, niederdeutsch. Koch 1, 269 führt eine
ausg. von 1644 an, auf der Götlinger bibl. findet sich eine
von 1661. in Hofland hat man die damit zusammenhän-
gende historie van Slennerhinke, van Tewesken kinderbehr
und van Lukevent, alles in westfälischer Volkssprache, oft ab-
gedruckt.
theologia deutsch, nach Pfeiffers ausg. Stuttg. 1S51.
Thorelle, historie von. sp. 1756.
THCMMEL, Mor. Aug., Wilhelmine, dritte ausg. Leipz. 1768
{zuerst 1764) ; reise in die mittägigen provinzen von Frank-
reich. 10 bände. Leipz. 1791 — 1805. einigemal nach der ausg.
von 1811.
THURNEISSER, Leonh., probierung der harnen. Berl. 1576;
beschreibung influentischer Wirkungen aller erdgewächse.
1578 ; magna alchymia. 1583 ; archidoxa. 1575 ; nothgedrung-
nes ausschreiben. 1584 ; von wassern. Straszb. 1612.
TIECK, Ludw., Schriften. BerL 1S2S f. 20 bde. ; novellenkranz.
das. 1831 f. 4 bde. ; novellen. das. 1823 f. 7 bde. ; Stern-
balds Wanderungen. Berl. 1798. 2 bde. ; tischlermeister. Berl.
1836. 2 bde.; Cevennen. das. 1826.
TIEDGE, Chr. Aug., werke. Halle 1S23. 8 bände.
Tiroler landordnung.
TOBLER, Titus, appenzellischer Sprachschatz. Zürich 1837.
Tockenburg, der arme mann im, s. Bräker,
Trink, comoedie von Peter Tr. 1628.
.TSCHACHTLANS, Ben., Berner chronik, herausg. von Stier-
Lix. Bern 1820.
TSCHERNLNG, Andr., deutscher gedichte frühling. Bresl.1642.
TSCHUDI, Aeg., chronicon hflveticum, herausg. von Iselin.
Basel 1734. 2 th. fol.
UFFE.NBACH, Peter, neues roszbuch. Frankf. 1603.
UHLA.ND, Ludw., gedichte; Ernst von Schwaben. Heidelb.
1818; Ludwig der Baier. Berl. 1819; ohne beisatz sind die
Volkslieder Stuttg. 1844 gemeint.
ULENBERG, Casp., psalmen Davids in deutschen reimen. Cöln
1582.
ULENHART, Nicl., Verdeutschung des Lazarillo de Tormes und
des Isaac Winkelfelder und Jobst von der Schneid (Rinco-
nete y Cortadillo). Augsb. 1617.
ULLMANN, C, leben Job. Wessels. Hamb. 1834.
Untergerichtsordnung des erzstifts Trier. Meinz 1537.
unw. docL s. Ettner.
USTERI, J. M., dichtungen. Beriin 1831. 3 bände.
UTRJCLLARILS, sp. 355. 1283.
L"Z, Joh. Peter, sämtliche poetische werke. Biel 1772. 2 bde.
VAN DER VELDE, Schriften. Dresden 1819 f.
VARISCüS, ethnographia mundi. 5p. 1725.
VARxNHAGEN, biographische denkmale. Berl. 1824 f. 5 bde.
VECHNER, ergieszung der Katzbach. 1608.
VEHE, Mich., gesangbüchlein von 1537. herausg. von Horr-
«ASN VON Fallersleben. Hannover 1853.
VTLR, Hans Jac, vergiszmeinnicht. Regensb. 1525.
VIMTLER, Hans, tugendbuch, vgl. Hadpt 9, 68 — 119. nach Zix-
cerle, der eine neue ausg. vorbereitet, hiesz er aber Con-
rad, nicht Hans mit dem vomamen. Wolfs zeitschr. für mylh.
1, 376,
VIROUiNG, Job., auslegung der zeichen in lüften. Oppen-
heim 0. j.
VOGEL, Job., ungrische Schlacht. Jena 1624. 4.
VOIGTLÄNDER, öden und lieder. Lübeck 1650.
VOSS, Joh. Heinr., sämtliche gedichte. 6 theile. Königsb. 1802 ;
poet. werke. 1835; Luise, ausg. letzter hand; Übersetzung
Homers, Hesiods, Virgils; mythoL briefe; aufsAtze gegen
Nicolai, im deutschen mus.
WÄCHTER, Joh. Geo., glossarium germanicum. Lips. 1737 fol.
WAGNER, scbultbeisz in Maichingen, oberarats Leonberg : die
Schulmeisterswahl. 2. aufl. Tüb. 1824; madame Justitia.
Heiihronn 1826.
WAGNER, Greg., comedi, die da leret, das untrew sein eigen
herrn schlecht. 1547.
WALDIS, Burcard, Esopus. Frankf. 1565; vom verlornen söhn.
herausg. von Albert Höfer. Greifsw. 1851; das päpstisch
reich. 1554 und 1556; psalter. Frankf. 1553.
WALL, Ant. = Christ. Lebr. Hey."«e. bagatellen. Leipz. 1786 ;
die beiden billets. Leipz. 1800 ; der Stammbaum. Leipz. 1791.
WALTER, Joh., lob der musica. Wittenb. 1538.
Wandsbecker böte. s. Clacdius.
WARBECK, Veit, s. Magelone.
WECKHERLIN, Geo. Rud., geistliche und weltliche gedichte.
Amsterd. 1648.
wegkürzer. das dritte theil des rollwagens, jetzt abermal über-
sehen. Frankf. 1590.
v^eidsprüche und jägerschreie, altd. wälder 3, 97 — 148.
weidwerk = neuw jag und weidwerkbuch. Frankf. 1582; an-
derer theil der adelichen weidwerk, nenilich falknerei, bei-
szen und federspiel, durch Joh. Heller. Frankf. 1582 ; (als
dritter theil) jag und forstrecht von Noe Meürer. FrankL
1582 fol.
WEINHEIMER, Adam, geistliche wacht. Marb. 1642.
WEISE, Christian, die drei hauptverderher. Leipz. 1671; die
drei ärgsten erznarren. Leipz. 1704 {zuerst 1672); die drei
klügsten leute. Augsb. 1710 {zuerst Leipz. 1673) ; comödien-
probe von Esau und Jacob und vom verfolgten lateiner.
Leipz. 1696 ; opfer Isaaks ; keuscher Joseph ; Jepbtha ; cu-
rieuse gedanken von versen ; reife gedanken ; nofhwendige
gedanken; überflüssige gedanken der grünenden Jugend;
politischer näscher; politischer academicus; politischer Ju-
gend Zeitvertreib. 3 bändchen; der körbelmacher; der frei-
mütige redner; der betrogne betrug; absurda comica; lie-
bes alliance ; .Masaniello ; Machiavell ; unvergnügte seele ;
lustredner; zweifache poetenzunft ; niederländ.bauer ; mark-
graf von Ancre ; lust und nutz ; könig Wenzel ; neue proben.
weisthümer. Göttingen 1840 — 42. 3 theile.
WEISZ, Mich., ehrengedicht, vor Necmarks lustwäldchen.
WEISZE, Christ. Fei., kleine lyrische gedichte. Leipz. 1772;
lustspiele. Leipzig 1783, in deren erstem band die poeteu
nach der mode stehn.
weiszritter. Straszb. 1514.
welzabend: kälberne hasenjagd, d. i. kurzer entwurf des welz-
abends, wobei die frage, welcher tag auf der hochzeit der
lustigste sei? erörtert wird durch Jochim Er-nst Seltex-
FRöHLicHEx vou Rammelsdorf aus der Niederlausnitz. (1658)
zwei quartbogen.
WERDER, Dietr. von dem, Ariosts rasender Roland. Lpz. 1632.
WERNER, Friedr. Ludw. ZacL, der 24 februar. Lpz. 1819.
WERNICKE, Christian, auch Wamecke genannt: Überschrif-
ten. Hamb. 1701.
WERNSTREIT, s. Seb. Frank.
Wertheimer deduction, s. Reinhard.
WESTENRIEDER, Lor., histor. beitrage. 10 bände; glossarium
germanicolatinum. Monachii 1S16 fol.
WESTPHAL, Joach., faulteufel. Frankf. 1563. 8.
WICKRAM, Jörg, der rollwagen, ein hübsch, lustig und kurz-
weilig buchlein, jetzt von neuwem übersehen. Frankf. 1590.
105 blätter. 8, es ist aber auch zugezogen die ältere ausg.
Mülhausen im oberen Elsasz durch Hans Schirenbrand.
0. _;. 192 seilen 8 ; der irr reitend bilger. Straszb. 1556 ;
bearbeitung der melamorphosen Ovids von Albrecht von
Halberstadt.
WIDM.\NN, Geo. Rud., warhaflige hislorien von Job. Faustos.
Hamb. 1599. 4.
WIEDE.MANN, Mich., bist, poetische gefangenschaflen. Leipi.
1690, werden monatsweise citiert.
WIEDMANN, Erasm., musikal. kurzweil. Nümb. 1618.
WIEL. = WIELAND, sämtliche werke. Leipz. bei Göschen.
1794. einzelne gedichte, namentlich Amadis, die grazien und
Klelia werden auch besonders angeführt; Übersetzung des
Huraz und Ciceros briefe.
WIGAND, Paul, das femgericht Westfalens. Hamm iS25.
WILD, Seb., zwölf comödien. Augsb. 1566.
Winkelfelder, s. Ulenhart.
WINKELMANN, Job. Joach., werke. Dresden 1808 ff.
WINUSTEDE, Job., zwo serraon oder predig wider den lei-
digen geizteufel. Quedelburg 1557. 4 ; wider die sacrilegos.
1559. 4. und 1566. 8.
WIRSUNG, Christoph, verdeutschte die spanische Celestina aus
einer italienischen Übertragung Augsb. 1520 und verbessert
1534, nach welcher hier citiert wird. Cal. bedeutet CalistaSf
Calixtus und Melibia.
XCI
NHD. QUELLENVERZEICHNIS.
xcn
Witzenbürger: grillenvertreiber, d. i. witzenbürgische und ca-
lecutische zwei bücber, durch Conradum ägyrtam von Bel-
LEMONT. Frankf. 1605. das dritte buch: bummeln oder grü-
lenvertreiber, d. i. witzenb. ratschlage, das.
WOLF, Friedr. Aug., briefe an Heyne. 1797; museum der
alterth. Wissenschaften. Berlin 1810.
WOLGEMÜT, Huld., newer und vollkommener Esopus. Frankf.
1623. 2 bände. 8.
WOLKENSTEIN, Oswald von, gedichte, herausg. von Beda
Weber. Innsbruck 1847.
wunderhorn, des knaben. neuste ausg. 1845 — 54. 4 bände.
WÜRZ, Fei., practica der wundarznei, von newen übersehen
durch RüD. Wi3Rz. Basel 1612.
ZACHARIÄ, Just. Friedr. Wilh., poetische Schriften. Braunschw.
1763 ff. ; hinterlassene Schriften, das. 1781.
ZECHENDORFER, zwei bücber von gebrechen der rosse. Eger
1571.
ZEILER, Marl., teutsche episteln. sechs centurien. Marb. 1656.
zeitvertreiber, kurzweiliger, zusammengetragen und zum zwei-
tenmal vermehrter herausg. durch C. A. M. von W. 1668
(nicht 1698, wie sp. 1428 verdruckt steht, das richtige jähr
ist sp. 1297). am schlusz der vorrede der name ChAsMindo,
worin jenes C. A. M. wieder erscheint, Chasmindo aber wird
auf SiM. Dach gedeutet, vgl. Koch 2, 327 und Gervinüs 3, 73.
ZELLwEGER, Joh. Casp., Urkunden zur geschichte des ap-
penzellischen volkes. 7 bände. Trogen 1831 — 38.
ZINKGREFF, Jul. Wilh., teutsche apophthegmata, d. i. teut-
scher nation klug ausgesprochene Weisheit. Straszb. 1626,
th. 2, 1631.
Zlatna, s. Opitz.
ZWINGLIS deutsche Schriften, herausg. von Schüler und
ScHULTHESz. Zürich 1828 ff. ; von dem touf. Zürich 1525.
BEMERKUNG, es hätte sich nicht geschickt, in das vor-
ausgehende Verzeichnis auch die aus der ahd. mhd. ags. altn.
mnl. nnl. literatur angezognen werke mit aufzunehmen: wer
in diesen fachern bewandert ist, versteht ihre titel und ab-
kürzungen von selbst, folgende abkürzungen sind in der
grammatik üblich:
abl. ablativ.
acc. accusativ.
act.
adj.
activum.
adjectiv.
adv.
adverb.
ags.
angelsächsisch.
ahd.
althochdeutsch.
altn.
altnordisch.
alts.
altsdchsisch.
comp.
comparativ.
conj.
conjunction.
conj.
conjunctiv.
dat.
dativ.
dl.
dualis.
f.
femininum.
fut.
futurum.
gen.
genitiv.
goth.
gothisch.
gr-
griechisch.
imp.
imperativ.
ind.
indicativ.
inf.
infinitiv.
interj.
interjeclion.
ir.
irisch.
it.
italienisch.
lat.
lateinisch.
litt.
littauisch.
m.
masculinum.
med.
medium.
mhd.
mittelhochdeutsch.
mnl.
mittelniederlän disch
n.
neutrum.
nd.
niederdeutsch.
nhd.
neuhochdeutsch.
nnl.
neuniederländisch.
nom.
nominativ.
pari.
participium.
pass.
passivum.
pl.
pluralis.
pos.
positiv.
praes.
praesens.
praet.
praeterilum.
schw.
schwedisch.
sg-
singularis.
skr.
sanskritisch.
sl.
slavisch.
sp.
spanisch.
superl.
supeilativ.
TOC.
vocativ.
A.
A, der edelste, ursprünglichste aller laute, aus brüst und
kehle voll erschallend, den das kind zuerst und am leichtesten
hervor bringen lernt, den mit recht die alphabete der meisten
sprachen an ihre spitze stellen, a hält die mitte zwisciien i und
u, in welche beide es geschwächt werden kann, welchen beiden
vielfach es sich annähert. Vorgeschichte und geschicJile unse-
rer spräche verkünden solche Übergänge allenthalben : tat. pater
lupiter Diespiter, golh. fadar, vater; lat. taceo conticeo, 50//1.
Jiaha, alid. dagem; lat. sapio desipio, golh. safja; lat. liabeo
cohiLeo, golh. baba, ahd. bapem; skr. saptan, goth. sibun;
skr. navja, litt, naujas, golh. niujis; skr. madbja, yof^. midjis ;
skr. agnis, lat. ignis, lilt. ugnis, goth. auhns f. ubns ; lat. sal,
salsus insulsus, goth. salt, ahd. salz sulza; lat. calco deculco
conculco; taberna, contubernium ; skr. ansa, goth. amsa, lat.
umerus, bumcrus f. umesus umsu». unsern ablaut sehen wir
häufig aus i in u, aus a in i springen : finde fand funden.
ahd. läuß anli in inti und unti; goth. aftuma in iftumin; gotli.
gabts, mhd. gibt. nhd. gicbt ; ahd. mabt nabt, ags. mibt nibt,
engl, migbt nigbt; mhd. ganc und ginc; nhd. ziestag, zistig;
nhd. Biberacb. Bibericb; ahd. apab apub, goth. ibuks, mhd.
ebecb, nhd. äbicb; nhd. gatter und gitter; nhd. nacke und ge-
nick ; in allen unsern sprachen zeigt das aus fangen stammende
finger, goth. figgrs, ahd. fingar geschwächtes i ; mhd. man wird
SU min bei Diemer 111.23. 118.14. 122,9; mhd. albetalle wird
mnd. zu albedalle und albcdillc. Aoc/t tndchliger als solche
Schwächungen, von welchen oß keine rechenscJiaß zu geben ist,
wallet die regel des umlauts, d. h. der Iräbung des reinen a
durch das folgende oder weggefallene i und a der zweiten oder
dritten silbe; ursprünglich scheint dies i und u das a der wür-
zet in ai und au gewandelt, wie ein bild aus der ferne sich
surückwirß, in die würzet gespielt zu haben, so dasz schon im
voraus a die folgenden i und u an sich fügte, tmd aus gastim
bandum ein gaistim baundum hervor gieng, dessen doppellaute
sich allmälich in e und 0 zu gestim bondum verengten; alle
c und 0 aller sprachen sind aus diphthongischem ai und au
entsprungen ; allein das gesctz des umlauts kann hier nur angedeu-
tet, musz ßrjedc spräche eigens begründet werden. Die gothische
läszt ihn gar nicht ausbrechen, die ahd. nur den durch i, nicht
durch u zu Ige5tini aber bantum), die altn. beide (gestum f. ge-
stim und bündum f baundum, bondum.) von bezeichnung des
hodideut sehen umlauts, welchen i erzeugt, hernach unter Ä.
Es ist ein vorzug hochdeutscher sjirache das a, kurzes wie
langes, rein darzugeben, die langen £ und ü müssen, analog
jenem e und 0, aus ai und au, beide aus aa geleilet werden,
jeuachdem die Verlängerung sich dem i oder u zuneigte, golh.
jer mena sves sind ahd. jär mäno suää und zunächst viel-
leidit geworden aus jiar miana svias. nicht anders verhal-
len sich manche fries. ü und die mnl. ae {nnl. aa) zu ahd. i.
niederdeutsche volksdialecle sprechen hingegen unser langes a
wie 0 aus, jabr klar wabr wie jor klor wor. und diesen laut
zeigen die nur Uisc oder gar nicht von 0 abweidienden sdiw.
i, dän. aa in är aar. Kurzes a pflegen die Friesen bald in e
zu wandeln: sme] scbnial. sief Stab, gros gras, bald in o:
noma name, funa fulme, bond band ; ebenso die Angelsachsen
bald in i : däg smül stflf gras, mit schönem Wechsel in daga
smalum stafum grasa; bald in 0: bona babn, noma naine.
die Engländer, auch wo sie a schreiben, sprechen häufig ä aus :
day man nome styfl" lamb band, andere Wörter mit 0 schrei-
bend und sprechend : long among coM uld fold hold, das dä-
nische baand hangt zusantmen tnit dem laut des altn. bOnd =3
bond baund, die Schweden sprechen rem band. sdiw. hälla
lautet dän. boide, schw. kall dän. kold u. $. w.
In allen fällen dieses Schwankens der uns verwandten spra-
dien zwischen a e 0 gilt hochd. reines a, auszunehmen sind
folgende Wörter, welche 0 /ur a setzen, ßr kurzes a : Ton, n/.
van, fries. fon und fan, ahd. fona, mhd. von, selten van; gc-
wobnbeit, mhd. gewonebeit, aha. giwonabeit. giwon suetus,
altn. vanr; buhlen holen, ahd. baion und bulün. mhd. botn ;
scbor, wob, wog, Qocht, focht, mhd. schar, wap, wac, flaht, fahl ;
trotz, mhd. Iraz, altn. träss, schw. trols, dän. trods. ßr
a hingegen: wo, mhd. wd {neben da. mhd. da); obm, mhd.
äme ; bromhceic. »«Ad. bräme, ahd. prama ; ohne, mhd. äne ;
mobn, mhd. mjgc, mähe, ahd. mägo ; argwöhn {neben wahn)
mhd. arcwän wän; ödem {neben atbem). mhd. äiem, ahd.
ätum; Schlot, »»Ad. slät; zote, eütd.zäla; zofe ro»n »nAd. zäfen
putzen; woge »«Ad. wac; docbt ain licht, mhd. daht. nicht aber
gehört dazu mochte (neben macht), das schon im mhd. mobte,
alid. mobta (neAen mahta) und im u ron nuigun begründet ist.
Nie weichen hochdeutsches a und e der wurzeln in e aus, wie
das niederdeutsche nese ßr nasc. schw. näsa, dän. näse, alln.
aber nös = nasu, ags. nosu, fries. engl. nosc. und häufig nd.
geyen brcken spreken, mnd. gevcn bri'ken spreken, mhd, gä-
ben brächen sprächen, goth, gebun breknn.
Alle unsere a haßen fast nur in den wurzeln, iit der fle-
xion und ableitung waren schon mhd. zu unbetontem e herab-
gesunken; oberdeutsche colksmundarten hegen nadi einzelne aus
lautende a in der flexion. doch dauern in der Schriftsprache
die volleren ableilungen cidam und monat. aAd. eidum mänüt,
welchen man einige Zusammensetzungen wie bräutigam bcimat
und nachhar gleich behandelt, in solchen fällen geht demnach
a nidU auf ein altes, vielmehr auf u, uo, 6 sun'ick.
Kürze erhielt sich in den einsilbigen parlikeln an und ah,
i»n unpersönlichen man, im fragwort was, in bat {habet), für wel-
che der häufige gebrauch sie nicht vergehn lifsz; weil »per wo
sie durch doppelte consonanz geschützt war. beispiele: all ball
fall fallfn, narr harren starren, amme flamme hammer lamm
schwamm, kann mann rann spanne n^inne, lappc schnappe,
äffe scIuifTe, apfel napf zapf, acker !)acke wacker, mache Sa-
che wache, matte ratte satt schnattere, hiasz dasz fasz hn<i
lasz ipiger) nasz, hassen nasser wasscr, baira halb kalb salbe
half balg talg falke walke bald wald alt kalt gcstalt salz walze
hals, arm bann erbarmen harn warnen darbe starb warb darf
warf arg barg sarg mark stark ward garte hart warte schwarz
warze, kämpf stampfen amt samt, lianf sanft ranft, lang fange
hange sang verlangt krank schrank wanke band brand snnd
wand bekannt kränz wanze gans, kraft safi schaff, magd, aclit
nacht wacht Schacht acbse dachs lachs waclis wachsen, ast
gast last mast rast.
Sonst aber musz sich das kurze a dehnen und dem orga-
nisch langen in ausspräche wie Schreibung gleich setzen lassen,
welches übel und tadelhaß auf dreifache weise geschieht.
1) die dehnung bleibt unbeztidinet,
a) fkr organische kürze: schal (insipidus) schmal thal, ge-
bar dar gar sdiar {cohors) sparen war (/Wil, pmm kam name
schäm, scbwan, aber gab gabel grab habe erhaben haber ba-
bicht knabe lal)e rabe stab scbnabel. traf hafen. mag hagel
hager behagen lag nagen nagel sage schlag trage zage wagen
{currus), ailel bad faden bader laden made pfad rad schade
gestade tadel wade, bat trat vater waten, asz frasz masz sasz
bosc das faser gras genas nase rase (cespt>).
1
AA
b) für organische länge: quäl pfal schale, waren {fuimus)
wäret {fuisUs), kamen kram samc, span gethan, abend gaben
Schwab, schaf schlaf graf tafcl trafen, lagen pflagen schwager
wagen (audcre), nach brache brachen spräche sprachen, nahen
sahen, gnade nadel, baten braten that thaten traten unflat
rath, aszen fraszen maszen saszen, blasen genasen rasen (in-
sanirc).
2) die delinujig wird durch gemination ausgedrückt, nur in
wenig Wörtern vor liquiden und lingualen
a) ßr organische kürze: saal aar baar waarc.
b) ßr organische länge: aal haar sfaar saat aas und die
fremden paar zaar Staat.
3) durch eingeschobnes h, nur vor liquiden,
a) ßir organische kürze: fahl kahl mahle (molo) sfahl (/u-
ratus est] wähl zahl, fahre nahrung wahren bewaincn, lahm
nahm zahm, ahn {avus) fahne hahn (neben hcnne) mahnen
zahn.
b) ßr organische länge: mahl mahle (pingo) stahl (chalyps)
stahlen (furati sunt) strahl, bahre gefahr jähr wahr, nahmen
{ceperunl) rahm.
Einleuchtend ist das auch überwiegende unbezeichnetlassen der
dehnung allein richtig und die zweite wie dritte weise hätten
längst verworfen werden sollen, da kam und lahm, war haar
und jähr uns völlig gleichen laut haben, um unterschiede der
bedeutung wie war {fui) wahr (verus), waren ifuerunt) waarcn
(merces) wahren {servarc) darf man imbesorgt sein.
Einzelne a bleiben auch vor zwei consonanten gedehnt und
ungekürzt: art hart schwarte spart wart {fuistis) zart nnrf mit
eingeschaltetem h : fahrt bejahrt wahrt.
Auslautendes sz dauert in der conjunction dasz, wird aber
tm pronomen das und was, wie sonst in es, im neutr. aller
adj. blindes gutes und in der partikcl aus zu s, mhd. behalten
alle diese g (daj ej blindej A;) ; in was pflegt a gekürzt, in
das gedehnter zu lauten, in dasz ist es entschieden kurz, denn
der auslaut sz liebt vor sich kurzes a : hasz lasz {pigcr) nasz
und geht inlautend über in ss: erblassen gasse hassen lasses
nasses wasser, selbst in lasz {sine) und lassen {sinei-e) fügt
diesem gebot sich die organische länge {mhd. läj läjen). um-
gekehrt hält in asz aszen, frasz fraszen, vergasz vergaszen,
masz maszen, sasz saszen neben der dehnung auch der inlaut
sz stand.
A, ausgang alter fiusz- und Ortsnamen wie Bibra Bebra Ful-
da Steina f. Biberach Steinach Bibcraha Fuldaha Steinaha.
i. aa, ach und aha.
Ä, meistentheils umlaut des kurzen oder langen a, dessen Ur-
sprung aus ai vorhin entfaltet wurde, für den auch zeugt, dasz
hin und wieder ahd. aigi statt egi, airin statt erin, eisto statt
eslo, meiniki statt meniki, sceiftc statt scefte, selbst noch mhd.
eiste cingel statt este engel, ja nhd. cinlich für cnlich, ähn-
lich geschrieben vorkommen, dem ai liegt ae, dem ei liegt e
oder e nahe, die ahd. spräche kannte nur umlaut des a in
e, nicht des ä tu .-c, die mhd. hat beide umlaute und drückt
den des kurzen vocals meist durch e, selteji durch ae, den des
langen immer durch ae aus; in der mhd. grammalik unter-
scheidet man sie so, dasz den tcmlaut des kurzen vocals ä, den
des langen ae bezeichnet, nhd. ist ä viel häufiger und ein un-
terschied zwischen beiden im schreiben entbehrlich, so sehr es
in der grammatik noth thut ihn geschichtlich zu erkennen.
kleinlich nhd. ä, wo es mhd. a; entspricht und aus ;\ hervor
gicng, bleibt immer lang und gedehnt, kann auch nie durch c
ausgedrückt werden: schale schälchcn, stalilen stähle, Westfal
VVeslfaling, pfähl pfählen, jähr jährig, gefahr gefährlich, wahr
bewäliren, waren wäre, kamen käme, kram krämer, samc
samcrei , wahn wähnen , gaben gäbe , Schwab Schwäbin,
graf gräfin gräflich, schaf schäfer, strafe sträflich, lagen
läge, pflagen pfläge, scliwagcr Schwägerin, brachen bräciie,
sprachen spräclir, sahen sähe, nalie näher, ader gcäder, gnade
gnädig, baten liälc, rat rätc, thaten tliäte tliäter, trat träten,
braten Jträlcr, spat später, sasz saszen, aszen äsze, maszen
mäszc, blasen hläscr, lasen läse, daciitc dächte.
Ist aber ä umlaut des kurzen a, den auch c bezeichnet, so
fragt es sich nach der anu'cndung beider, und die regcl lautet:
wo der umlaut fühlbar, der reine vocal daneben im gang bleibt,
i$t ä, ICO der umlaut vngeßthlt, die abstammung verdunkelt
war, e zu schreiben.
Beispiele des ä: saal sälc, sciimal schmälern, tlia! thäler,
Wahl wählen, zahl zählen, ball balle, fall fälle, galle vergäl-
len, nahrung nähren nahrhaft, fahre fähre, -fahrt fährte, narr
närrisch, gram grämen grämlich, dämm dämme, lamm lämmer,
hammer hämmern, kammer kämmcrchen, lahm lähmen, zahm
zähmen, an ähnlich, mann männer männlich, fahne fähnrich,
zahn Zähne, habe häbig, grabe gi-äber, Schnabel schnäbeln,
tappe täppisch, läppe läpplein, apfel äpfel, napf näpfc, klage
kläger, magd mägde, schlag schlage, nagel nageln, tag täglich,
sagen unsäglich, ertragen erträglich, acker äcker, nacke hart-
näckig, bach bäche, lachen lächeln, gemach gemächlich, sache
sächlich, schwach schwächen schwächlich, fach fächer fächern,
schade schädlich, rad räder, bad bäder, vater väter, blatt blät-
ter, glatt glätter glätten, satt sättigen, satz sätze, schätz schätze,
hasz häszlich gehässig, lasz lässig, glas gläser, gras gräser,
nase näseln, hase häsin, kalb kälber, balg bälge, balke ge-
bälk, alt älter, falte Tälteln, kalt kälter, walze walzen, hals
halse, falsch fälschen, arm ärmer, dann därme, erbarmen, er-
bärmlich, härm härmen, schwärm schwärmen, warm wärmen,
scharf schärfen, arg ärger, hart härte, zart verzärteln, schwarz
schwärzen, stampf stampfen, amt ämter, sanft sänfter sänfti-
gen, ranft ränftlein, gang gänge gänglcin, hang hänge, sang
Sänger, schwanger schwängern, wange wänglein, bank bänke,
Franke Fränkin fränkisch, ander ändern, brand brande, band
bände händchen, land ländcr, pfand pfänder, schände schänd-
lich, gewand gcwänder, rand ränder, tand tändeln, ganz er-
gänzen gänzlich, tanz tanze, gans gänsc, kraft kräfle, nacht
nächtc nächtlich, wacht Wächter, dachs däclise, Sachse Säch-
sin, lachs lächse, asche äscherer, gast gaste, macht mächten,
last lästig, laster lästern.
Beispiele des e sind beim c nachzusehen, bei ente, erbe
denkt niemand mehr an das alle a in arbi anut, anit. zuwei-
len begegnen von demselben wort abgeleitete, die ä oder e an
sich tragen: mann männer afcer mensch; SiVm brachium, änn-
chcn, ärmlein brachiolum, aber ermel manica; alt älter aber
eitern; band bände, aber behende; vater väter, aber vetter;
weil man in mensch ermel eitern behende vetter die abkunß
nicht recht wahrnahm und der alten schreibiteise mit e treu
blieb, denn mhd. wallet in allen solchen Wörtern e statt des
nhd. 8. aus satz folgt sätze, doch nicht setzen, da in sasz
von sitzen dei- consonant abwich, nemlicb war seiner ablei-
tnng von name vergessen, obschon viele nämlich schreiben, in
schwankenden fällen, z. b. in älster, elster wird das wort durch
Verweisung gesichert, ähre arista schrieb man schlecht zur Un-
terscheidung von ehre honor.
In einzelnen Wörtern wie hülle, geschöpf und andern bei 5
vei'zeichneten ist dieser timlaut an die stelle von ä oder e getreten,
und im 16. 17. jh. war der misbrauch noch weiter eingerissen.
Geschrieben wird auch als umlaut von Wörtern, die aa er-
halten, nur einfaches ä: aal äle, saal säle, haar härchen, paar
pärchen ; niemand wird ääle säälc häärchen wollen, die zu-
kauß miisz al sal bar herstellen.
Auszer dem bisher besprochnen ä, dem umlaut des a, er-
setzt ä verschiedentlich das mhd. aus i entspringende c tn bär
gebären gährcn erwägen währen schämen dämmern rächen und
wärts.
Schwierig, verworren und oß verderbt ist die heutige aus-
spräche aller dieser ä gegenüber dem e, und eben dasz nhd. ä
an die stelle dieser mhd. e getreten ist, hat auf den rechten
laut nachtheilig gewirkt, eigentlich sollten alle umgelautctcn
kurzen a, seien sie durch ä oder e ausgedrückt, ganz gleich
auszusprechen sein, bände wie ende, älter wie eitern, kräfle
wie hefte, schlage nägcl wie regen {movere), fälle wie eile,
überall mit dünnem e ; allein durchs äuge verwöhnt erthcilt
man dem geschricbncn ä mehr den laut des dicken aus i ent-
sprungnen e; ßr ä, wo es langes ä umlautet, ist er erträgli-
cher, ein jetziges oltr vermag noch wehren dcfendere von wäh-
ren durare, beer von bär im vocal zu unterscheiden, kaum fäl-
len casibus von feilen pellibus und unsere ausspräche von wäh-
len hehlen fehlen, von läsen lesen bcsen straudicll. mehr da'
von unter e.
Ä, weheruf, von weinenden kindern gebraucht: man hört in
der kammer ein kind schreien ä! ä! Gi<TUKt3, 14S; verschie-
den davon ein ruf des abscheus an kinder: das ist ä! und
auch sonst: pfui was ist das ein ä gcschmack! Güthe 13, 80.
$. aa, äks.
AA, f einsilbig auszusprechen, name vieler flüsse und bnche
in der Schweiz, in Westfalen und anderwärts, suffuv vieler flusz-
und Ortsnamen wie F'nlda Jossa Bilira, früher Fuldaha Ja7,aha
Bibaraha (GnAFF I, 110). es ixt das ahd. aha, mhd. ahe, goth.
nhva, lat. aqua, wnsser, flusz.
»'^
5 AA— AAR
AA, m. merda, excremenlum, zweisilbig und sieeimal be-
tont, ein uraltes wort, dem nur Zeugnisse abgehn, anständiger
als die gemeinen ausdrücke koth oder di'eck, jetzt aber nur
»en« mit hindern oder vertraulich gesprochen wird im gebrauch :
das ist aa! aa machen, seine nothdurß verrichten, schweize-
risch recks nit a, sist aa I sist agge I aa, agge machen (Stald.
1, 82), niederdeutsch einsilbig a: a don (brem. wb. 1,1). früher
wol mit allmdlich geschwundenem kehllaut haha oder chacha,
Schweiz, agge, äggi und gaggi, güggi, gaggeli, bair. gäckelein
n. (ScHM. 1, 24). wie gr. y.äxxT} f., it. sp. caca f., franz. caca
m., dem lat. cacare zum grund liegend, ßnn. kakka, ir. cac,
welsch cach, doch annorisch ach, each : ach eo ann dräzc,
c'est du caca; vielleicht ahd. chachala teslale (Graff 4, 361)
zu vergleichen {s. kachel). Die Böhmen sagen cloweccine, mensch-
liches, Itumanum, quod ab hominis natura non abhoiret. s.
leutekoth, menschenkoth.
AAL [al], ni. anguilla, ahd. mhd. AI, ntil. aal, a^s. xi^engl.
eel, alln. all, schw. äl, dän. aal, scheint entsprungen aus ahal
(wie noch Luther ahl schreibt), der Verkleinerung oder ablei-
tutig eines verlornen aha schlänge, skr. ahi, gr. 6yi£ und s/^is,
wegen ähnlichkeit des ßsches mit der schlänge und naltcr. denn
auch lat. anguilla gehört zu anguis, beide vor dem g lin n
entwickelnd; mit r ßr 1 russ. ugor, böhtn. auhof, poln. w^
görz, litt, unguiys, est. angrias. Der gewöhnliche pl. lautet
aale, doch setzt Göthe 8, 126 äle, Moser 2, 100. 3, 41 drciszig
bund ähhe, eine stiege ühle, wie schon mhd. a;le Reinh. 647,
757, beidenial auszer reim; nnl. alen. B. Waldis gibt dem
sg. ael und Houberg 2, 514 braucht aal weiblich.
AALBEERE, f. s. alantbeere.
AALEN, tubum purgare, kunslwort der röhrenmeister : eine
versclitammte röhre lüßen, indem man einen lebendigen aal
durch sie schlüpfen läszt.
AALFANG. w». captura anguillarum, anstatt zum fangen der aale.
AALGLATT, glatt wie aal: aalglatter heuchler.
AALHAüT, f. cutis anguillae, eigentlich und uneigenllich von
einer glatten, schlüpfrigen.
AALMUTTER, f. blennius rivtparus, ein seefisch, den die
fischersage wol zur mutter des aals machte.
AALRAUPE, f. gadus Iota, sonst auch aalruppe, aalquappe,
rufolke, nnl. puitaal, aalpuit, ein dem aal ähnlicher fisch, der
wahrscheinlich ßr eine jüngere gestalt und raupe des aals galt.
AALTHIERCHEN , n. vibrio, anguille du vinaigre, aalför-
miger wurm in gestandnem essig, kleister erzeuijt.
AAR [ar], ni. aquila, des adlers echter name, goth. ara,
gen. arins, altd. aro arin, mhd. ar arn ; erst aus dem zusam-
mengesetzten adalaro gieng unser scheinbar abgeleitetes adler
hervor, und aar gilt noch in höherer dichtersprache :
fleuch aur du königlicher aar,
dich schwingend in die liäne!;
juHRcr aar, dein königlicher flug
wird den druck der wölken überwinden.
BÜRGER an A. W. Schlegel.
doch Luther sagt nur adeler, Göthe nur adler, Schiller könnte
aar gebrauchen, gen. und pl. bekommen besser aaren als aares
und aare. In aro, wie pero ursus scheidet sich die goth. und
hochd. mundart von der ags. und altn., welche earn und ürn
{doch neben ari) wie beorn und biarn sagen, das n aufnehmend
tn den nom. und den gen. stark bildend earnes beoraes, arnar
biamar. auch mhd. ins mnd. neigende dichter setzen den nom.
arn Roth. 4974. Athis a, 27. 45. 80. e, 130; mnl. den nom.
aren {mit eingeschaltetem e wie in arem ßr arm) gen. arens
Esop s. 80. 84. 85, woraus nnl. arend, gen. arends {wie aus
ieman iemand) und nd. amd geworden ist. Zu aru, aro
stimmt das armor. er, welsche eryr (im ir. iolar, gal. iolair
scheint iol eher vorgesetzt wie adal in adalaro, als l = r), und
mil ableitendem 1 das litt, arelis or^lis, sl. orel orl; zu cam
öm am das gr. oovti, mit dem allgemeinern sinn von raub-
vogcl, vogel, der attisch auf hahn und henne eingeschränkt
wird, namen wilder hirtenvögel wandelten sich in die der haus-
thiere. den zum könig aller vögel erhobnen gewaltigen raub-
adler bezeichnete zwar die ableitung von ara aus skr. bara ra-
piens. dagegen ßihrt aierös, deras so wie oleovös einfach
auf avis, skr. vajas und vi (Bopp 309*. 317*) ßr avajas avi?
und die würzet aTj/ii skr. v4 wehen, so dasz avis und ara den
in der luß gehenden bedeuteten ; aquila mit andrer ableitung
dasselbe, merkwürdig aber gemahnt aquila an aquilo und die
mythische bezietiung des windes auf adlersßügel (deutsche myth.
s. 600. eot).
AAS — AB 6
AAS [as] , n. esca, cadaver, ersteres scheint die eigentliche
bedeutung und die würzet itan, ejjan, wie von esca ßr edca
edere, morticina caro, vögeln und raubthieren zur speise lie-
gend, mild, ds (Ben. 1, 64)^ nnl. aas, ags. xs, schw. as, dän.
aas und aadsel. goth. ahd. altn. nicht aufzuweisen, gilt noch
heute vom weggeworfnen todten fleisch, das die thiere lockt,
ganz wie luder, während küder nur esca, nicht cadaver aus-
drückt, er liegt im wasser den fischen zum aase; wo das
aas liegt, da samlen sich die adler; die geier witterten das
aas ; mit frischem aas erfischen ; wiltu capaunen feiszt ma-
chen, so bereit ein aas von kleien und gibs ihnen zu essen.
Tabebmemont. kräiäerb. 649; der gestank der moräJte und
äser. Ka>t 10, 160 ; soll ich noch staub auf das aas des ge-
fallnen verräthers werfen?
ein dorrendes seripp, ein halbverbrantes aas.
Ä. GaiPHius 1,214;
so soll dich auch mein aas noch pochen.
GÖ.'fTHER 203,
d. 1. meine leiche dich noch verhöhnen.
Verachtend und als heßige schelte: du aas! ihr äser! du
faules oss ! H. Sachs l. 5, 511* ; verstärkt schindaas, schindäser,
rabenaas, das auf dem Schindanger liegt, auf das sich die ra-
ben niederlassen. Häufig aber auch aus der schelte übergehend
in liebkosung, wie das frankfurtische es, dim. esi der ma-
nigfaltigsten bedeutung fähig bald traulich und lobend, bald
schimpfend und veracJitend zugerufen wird.
der tact, du aas, zu deiner melodei,
sagt Mcphistopheles zur hexe, ein hübsches rabenäschen. Weise
com. probe 60 ; ach du i-abenaas ! Günther 1001 ; komm liebs
esil in solchem sinn kann aas blosz als esca, ohne gedanken
an das todte, als reiz und lockung gefaszt werdai, wie es auch
heiszt freszlieb, einen vor liebe auffressen mögen. Gerade so
doppelsinnig sind luder und schelm {ahd. scelmo cadaver, pe~
stis): du luder! hei luder! du freundlicher schelm ! schelmen-
auge ! litt, maita aas, eik maita eik ! geh luder geh ! Nessel
MA.NS s. 3S9.
AASEN, pascere, vesci, nnl. azen, vom fressen und weiden
einiger thiere. die Jäger sagen niclit der hirsch friszt, sondern
er aaset, andere schreiben er äset orfer äszet. die kühe aasen
im fetten gras, nach einigen mit dem nebensinn des verschwcn-
dens. beides von aas speise, weide.
AASFLIEGE, f. musca cadaverina, schmeiszfliege.
AASFRESSIG, cadavere vescens, von thieren, die aas fressen,
AASGEIER, Hl. vultur percnopterus, geier der auf raub aus-
geht.
AASGERUCH, m. odor eadavcris, gestank, dunst des aases.
AASGEST.^NK, «i. dasselbe.
AASHAFT, cadaverosus.
AASIG, dasselbe, doch wie aas auch in gemildertem sinne
gebraucht.
AASK.^FER, Hfc silpha, oOjfrj, benennung stinkender käfer.
AASSEITE , f. interior pars corii, den gerbem, die inwen-
dige Seite des felis.
AASVOGEL, »?i. avis cadavere vescens, der sich vom aase
nährt.
AASZ [asz], n. esca, cibtts. zuweilen ßr aas, wenn es speise,
futter, nicht leiche bedeutet: ein scliöncs aasz. Lohexst. Arm.
2, 339, eine schöne, eszbare speise, ahd. äj cibus comvstio,
zumal in der Zusammensetzung huntij brina; altn. dt esus,
ags. Sil edulium, cibus, dän. aadsel. so geschrieben liegt es
der Wurzel Szan, 6la näher als in der form aas, ßr welche
der einflusz anderer jetzt verdunkelter bildungslri^e den wan-
det des sz in s nach »ich gezogen hat. der Schreibung aasz
gebricht auch die bedeutung des cadavers.
.\B, uralle partikel, die früher rege, weitwaltende praeposi-
lion war, heute fast nur als adverb in vielen Zusammensetzun-
gen übrig ist. wo sie sich einem nomen verbindet, haßet sie
fest, vor dem verbum steht sie freier und kann den umständen
nach getrennt werden, goth. af, ahd. apa aba, mhd, abe, alts.
mnl. nnl. altn. schw. dän. af, ags. engl. of. lat. a ab, gr,
dno, skr. apa und ava, litt, ap api. in der wurzel iban af
^bun (j. unter abend) irürrfc sich die bedeutung nieder leicht
ermitteln, verwandt liegen aber und ebcch, äbicht. das ab ist
sowol ein deorsum als seorsum [s. abwärts).
Schon mhd. begann die praepositionskraß zu erlöschen und
der jüngeren partikel von zu weichen, beispiele der haßenden
hat Rf\. 1. .•?. unserer heuligen schrißsprache dauert die prae-
1*
7 AB
Position nur ungefühlt fort in abhanden und abseilen , wo
banden und seilen wirkliche, vom vorsiehenden ab regierte
dative sind; aus abseilen bildete sich dann ein adv. abseils,
so dasz auch abwegs auf ein älteres ab wege, von dem wege
fort, abstatt auf ein ab der siele, abhag auf ein ab dem Lage
zurückschlieszen läszl; mehr darüber unter diesen Wörtern,
früher sagte man schöner ab äugen, ab herzen, als heute aus
den äugen, aus dem herzen, der ruf: pfei-d ab! gewehr ab!
hui ab ! meint ab dem jiferde, ab der schulter, ab dem köpf,
40 dasz neben dem ab bald die Sache ausgedrückt wurde die
entfernt, bald von welcher entfernt werden sollte.
Doch beharren noch schrißsteller des 15. 16. 17. jh.^ in bc-
stinunlen fällen bei der alten praeposition, welche hier genauer
gesammelt werden müssen, zumal geschah es ßr die verba des
fallens gehens springens erschrcckens enlsetzens grauscns ver-
wunderns vcrdrieszens und klagcns. fiehl er ab dem ros.
Tn. Plater 153 ; Margaretiia fiel sich unlang darnach ab einem
laufenden pferd zu tod. Franks chronik 216*; um dieselbe
zeit fiel mein bruder Samson ab einem kirschbaum zu lod.
TocGENB. 67; Drusus ist am Rhein ab einem rosz gefallen.
Reiszner Jerus. 2, 81' ; fünftausend haben sich ab dem hohen
felsen zu tode gefallen, das. 2, 125'; ab werke gan, von der
arbeit gehn. weislh. 1, 341; sprang ich ab dem weg. Tn.
Plater 40 ; die herzogin mit sampt den andern ab dem ho-
hen thurn steigen thetcn. Galmy 85 ; den rock ab dem leib
ziehen. Tu. Plater 72 ; nicht erschrecken ab wirbeln. Fi-
schart gl. schif 35 ; er zitterte ab disen vvorten ; ein scheu-
hen hettea sie ab Frankfurt. Kirchhof wendunm. 401' ; so
tapfer und menlich, dasz man sich oft ab seiner gegenwer-
ligkeit entsetzt, das. 370'; sich ab jener groszen menge ent-
setzte. ZiNKGR. apophlh. 19, 1 ; ab solcher strengheit er-
schraken sie. RiHEL Liv. 188 ; wer bist du dasz dir furchst
ab eim tödlichen menschen? Hütten 5, 400 ; hastu ein grauen
ab dem Jungfrau sehenden ? K. d. f. 64 ; die fischer haben
ein grosze forcht ab solchen fischen. Forer (ischb. 6l'; ab
welcher schröcklichen stimm ihn ein grausen ankommen. Pni-
LAND. 1, 287 ; ich hatte aber gleich ein abscheuen ab ihrer
leichlferligkeit. Simplic. 5, 6 ; dann ich hatte einen eckel ab
aller weiber beiwohnung. das. 5, 10; damit sich der laby-
rinlisch medicus nicht verwunder ab dem artzt, der aus eim
anderen grund redet. Paracelsus 1, 282; der könig grosz
verwundern ab dem ritter nam. Galmy 74, 215 ; verwunder-
ten sich ab meiner Icnge. Fel. Plater 162 ; sich ab seiner
schöne nicht genug verwundern mochten. Galmy 214; ver-
wunderte sich ab seiner manheit. Aimon ci. ; verwundernd
sich ab solchem wunder. Weckherlin 346 : rauenbilderen,
die ab ihren männern misfallens haben. Fischart chzucht 6 ;
verlrüszig werden ab dem man. das. ; bette es auch ein be-
duren ab unser einüde. Fel. Plater 143 ; nit ists besche-
hen, dasz gott ab seiner misbielung wolgefallens gelragen.
Kirchhof wendunm. 251* ; die andern vögel waren ab irer
(der eule) sittigkeit verdrüszig geworden, das. 62; und was
Unglück ab diser seiner lorheil im zustehet. Frank weltb.
38'; dich ab solcher volle der ertheilten gnaden höchlich ver-
wundern und erfreuen würdest. Spee 190 ; wie wol ist mei-
nem bci-zen ab einem solciien Irost. das. 186; will uns noch
der tyrann ab dem joch zwingen. Weckherl. 184; sie macht,
dasz ab dir sich himmel, luft und erd erquicken, das. 431 ;
werden alle die, deren ehr deiner ehr zuwider, ohn ausflucht
vertilget ab der erden, das. 229 ; der sich ab eines äffen
bosscn gesund laciiel. Fisciiaht Garg. ; der merhas ist ein
giftig thier, ab welchem gar naii alle andere thier, auch der
mensch stirbt. Forer fischb. 10^ ; sclilegt mit seinem schwänz
das aas ab dem angel. das. 36"; also schosz der Teil dem
kind den öpfcl ab der scheillen des houpls. Tschudi 1, 239 ;
der ritler nit wenig sciimerzcn ab der herzogin red empfan-
gen thel. Galmy 204; ein zitternde seel, die ab gotles worl
erhaschet. Frank parad. 171'; nimmet niemant kein exempel
ab disen. Frank laster fii; wan es der weg zur seligkait
wer, würde alle weit ab gott klagen, diiii; wir würden
uns all ah gott beklagen. K. d. f. 07; die ab Ruinensatlel
klaglend. ühland volksl. 306 ; sol in für gericht fueren und
sol ab ime richten, weislh. l, 689. Aus andern bairischen,
schwäbischen, schweizerischen Schriften z. h. Aventin, Paracel-
sus lassen sich solche belege leicht mehren, selbst aus neueren
oberdeutschen büchcrn. in Fröhlichs fabeln heiszt es s. 159
was wirft dein wild gcstöhn
Invinen ab den höhn!
AB g
und Hebel im schatzkäsllcin sagt: hat euch der fcldschütz
verjagt ab den kirschbäuraen ? aber nach einigen wochen kam
ab der post ein kisllein an ihn.
Statt jenes alten einfachen er fiel ab dem bäum pflegen wtr
jetzt zu sagen er fiel von dem bäum herab, indem wir von
an die stelle des ab, und dies als advcrb noch mit her »er-
bundcn hinzu setzen, zu fürchten, erschrecken fügte schon
Luther statt des ab die praep. für, die wir heute mit vor vci--
tauschen. mit klagen verbindet sich über, nicht von, das aber
in manchen andern der gegebnen beispielc angewandt werden
musz : es verdrieszt mich von dir, hingegen : sicii verwundern
über, einigemal würde jetzt wegen zu setzen sein.
So viel von der verloren gegangncn praeposition. Was das
adverbiale ab angeht, so pflegen einzelne dichter noch die mhd.,
im 15. 16 häufige zweisilbige form zu hegen und selbst Göthe
41, 335 gestattet sich : Avasserstrom der abestürzt, bei Opitz,
Fleming, Logau ganz gewöhnlich.
An und ab, zu und ab, auf und ab bilden gegensälze: ich
gehe ab und zu; das eichhorn läuft auf und ab am bauin;
sie schweben auf, sie schweben ab;
hier musz ich auf und nb
durch wild gesinipe reisen. Fleming 118;
freud und lust an allem ab und an,
an und ab dem kleeblaU holder kinder. Bürger 60";
im keller war der alte ab - und zulauf fremder gesiebter. J. Paul
Tit. 4, 10.
Zu erwägen ist das andern adverbien und selbst dem nomen
unmittelbar nachgesetzte und allmälich suffigierte ab. Da hin
und her sich entgegengesetzt sind, jenes die richtung nach,
dies von einem ort anzeigt, ist die Verbindung herab begreif-
licher als hinab und den wahren gegensatz zu herab bildet
hinan; hinab bezeichnet aber zweierlei, sowol die richtung
nach als von einem ort, beide als verschiednc gedacht, nicht
anders erklärt sich dar ab. kurz ab, fern ab, weit ab. wei-
ter ab:
sie wundert sich, dasz wir so weit ab von ihr sein.
Fleming 129;
sie wird euch aus dem fenster winken,
ob er hinauf geht oder weiter ab
sich schlägt. Lessing 2, 213. /
Beim anschlusz hinten an substctntiva , ohne artikel, fragt
sichs nach dem casus, wie es heiszt den berg hinab gehn,
den Strom hinab fahren, könnte man auch bergab steigen,
stromab schwimmen accusativisch zu fassen versucht sein,
besser aber erscheinen sie als dative:
wo die ergrimmte see mit ganzen wellen streift
und jagt das schif grundab. Opitz 2, 22;
wir flohen himmelan und hellenab mit schrecken.
Fleming 204;
mit lästern scheitelab bisz auf den fusz bedeckt.
A. Grtphius 1, 244;
flieszet es von natur
felsenab durch die flur. Götue 40, 382;
ein treuer mann kommt eilig felsenab. Götue 41, 266;
streifte sich der goldne ring
üngerab in wasserklüfle. Götue 5, 147 ;
d. i. von grund auf, von der hülle, vom Scheitel, vom felsen
und finger ab, noch mit praepositionsnachgefüh-l, und einem
mhd. abe gründe, abe velse, abe vinger vergleichbar, nur dasz
im anhang und suffix die praeposition adverbialnatur gewann,
■wenn wir sagen treppe auf, treppe ab gehn, so wäre das die
treppe iiinauf, von der treppe herab, obschon gedacht werden
kann die treppe hinab, wie Fleming 308 ausdrücklich
die heisze thrnnenbach
rinnt mir ümmsonst die rothen backen ab;
oder Göthe 1, 129
CS blitzen waffenwogen
den hügel schwankend ab,
wo die beigefügten artikel allen zweifei heben. In einem wie
dem andern fall mahnen diese thalan thalah, bergan bergab an
die goth. dalaji dalajirö, tmd an die griechische partikelbil-
dung , wenn auch jede spräche dabei noch andere mittel und
wege einschlug.
Die hernach aufgeßhrtcn Zusammensetzungen sind in ihrer
übcrwiogcndcn mehrheit anschlüsse des ab an verba, ungleich
seltner an nomina.
9
AB
ABAASEN — ABARBEITEN
10
Wird ab einem nomen vorangesclzt , so unterscheide man
1) entweder gleicht der Zusammenstellung eine mit dem verbum,
dann ist es leicht den begrif jener nach dieser zu bemessen,
abbild abfahrt abreise abschlusz entsjirangen erst nachdem
schon abbilden abfahren abreisen abschlieszen gangbar mar,
und nicht etwa Idszt sich hier das verbum aus dem nomen lei-
ten, auch empfangen solche nomina aß eingeschränkteren sinn
als die verba, z. b. absieht hat blosz die bedeutung des ab-
sehens auf, nicht des absehens von etwas. 2) oder das ab
trat unmittelbar vor das nomen, ohne dasz ähnliche Verbindung
mit einem verbum obwaltete; dann pflegt es minderung des im
nomen enlhaltnen begrifs, gleichsam cntfcrnung aus ihm anzu-
zeigen, abgrund ist was den grund, die erde verlassend in die
tiefe, den grund hinab reicht, abgoU ist ein götze, der vom
waliren galt abweicht, abgunst entfernung der gunst, abhold
seine huld entziehend, eigentlich ab der huld seiend, wie
behende bei der hand, absonnig von der sonne abliegend,
daher abgunst und Ungunst, abhold und unhold nicht ganz
lusammcnfallen , in abgunst abhold steckt die Vorstellung des
abgangs von gunst und hold, worin sich neid und feindschaß
waltmehmen lassen, während Ungunst unhold die bloszc leug-
nung nie vorhanden gewesener gunst und huld enthalten. Of-
fenbar sind die Zusammensetzungen zweiter art älter Und be-
deutsamer als die der ersten, ihr ab schwanJä über in das ver-
wandte aber (abwilz abenvitz, abwcg abenveg, abglaube aber-
glaube) und entspricht auch dem ahd. mhd. ä = ar (abraum
ärüini, abkamm ächampi, abschmeckig äsmecki, absetzen asezze,
abschrot äscrot, abweg äwiggi, abweis äweis, abwerk äwirchi,
abmtz äwizzi, ab« urf äwerf) ; ton dergleichen Zusammensetzun-
gen lassen sich einzelne verba herleiten, wie abkosen, mhd.
äkösen ein äköse deliramentum voraussetzt.
Vor dem verbum flieszen alle bedeutnngen des ab aus dem
alten sinnlichen praepositionsbegrif und stetes augenmerk war
es, in den beispielen ßr jedes einzelne wort dies hervorzuhe-
ben, der Sprachgeist gieng immer von einer lebendigen redens-
art aus, stufenmäszig auf die abgezogenere über, zuerst hiesz
es den staub ab dem tuche blasen, die nüsse ab dem bäume
schlagen, bald aber konnte des einen oder andern Substantivs
oder gar beider enlrathen werden : den staub abblasen , die
nüsse abschlagen, indem man den von der praep. abhängigen
casus wegliesz; oder das tuch abblasen, den bäum abschla-
gen, mit kühnerer Umdrehung des acc. auf den abhängigen
dat. und ellipse des ersten acc; endlich aber durße den um-
ständen nach auch mit dem bloszen abblasen, abschlagen aus-
gereicht und dem verbum dadurch ein intransitiver schein ver-
liehen werden: wir wollen heute abschlagen I rufen zur nusz-
emte gerüstete; absetzen, mit ausgelassenen acc. den fusz,
trat in die Vorstellung des abfallens, zurückweichens über. In
allen diesen fällen nun gieng das ab seiner pracpositionalen
kraß verlustig und ward zum bloszen herab, hinab, fort, weg
bedeutenden adverb. gern aber gesellte sich, wenn der dativ
ausgedrückt bleiben sollte, ihm noch die neue praeposition von
hinzu, was die sinnliclikeit der rede erhielt, doch mit Parti-
keln belastete, denn was hinab von dem bäume sagt, sagte
ab dem bäume einfacher. Auf diese weise hat man sich
von sämtlichen mit dem verbum eingegangnen Verbindungen des
ab rechenschaß zu geben : die praeposition liegt im hintergrund,
wenn es auch erst nach einigem umschweif gelingen sollte ihr
ursprüngliches verhalten zu ermitteln. In abbilden abschrei-
ben abmahlen wird das übertragen von (ab) einem auf das
andere ausgedrückt, ein lied abblasen hciszl es von den noten
oder aus dem hörn herab blasen, absehn ablangen meint et-
was von ferne her, von einer stelle her sehn und holen; ab-
nützen abgreifen durch öfteres nützen und angreifen etwas ron
der Sache nehmen, es hiesz zuerst ab der thür greifen, dann
blusz abgreifen, wo in ab der begrif des vollendens, fertigens
liegt, ist ein geben und thun von der hand, ab der hand an-
zunehmen, wie in abmachen, ablhun, was dann in andern
Wörtern wie abstrafen, abprügeln nicht mehr genau zu fassen,
blosz von dem Vollzug der handlttng zu verstehn ist. Schwe-
rer zu deuten scheinen die verba des abbflszcns abarbeitens
abängstigens , vermutlich sagte man sich ab einer sache äng-
stigen, müde arbeiten; in absterben mag, wo nicht andere
unterlagen deutlich sind, stecken hinsterben, davon sterben,
in abscheiden davon, ab dem leben scheiden, in manchen wie
abändern absondern ist die Verschiedenheit von dem einfachen
Andern und sondern kaum merkbar, einzelne solcher su-
tatnmensetzungen sind aber treflich gebildet und werden an-
dern sprachen unerreichbar, z. b. abprangen, abkniien, abge-
weinL
Die praeposition hatte vor dem nomen ihre gemessene steile
(ob sich bei-gab, thalab aus nachgesetzter praep. deuten lassen,
verdient erwogen zu werden) ; adverbiales ab konnte eine freie
vor oder nach dem verbum einnehmen und nahm sie in der
älteren spräche ein. allmälick gewann aber das ursprünglich
lose ungebundne ab, wo es nach der wortßgung unmittelbar
vor das verbum zu stehn kommt, an dieses festeren anschlusz,
ohne darum die fähigkeit zu verlieren, ihm in andern lagen der
rede nachzutreten, damit verhält es sich bei ab wie mit allen
andern trennbaren partikeln. Doch erscheint es auch heute
noch oß, zumal wo sich die partikeln häufen , in freierer be-
wcgung, z. b. in folgender stelle:
bis dann auch er gcbfindiget von einer göuerbaDd
ab aur den rogus nieder stürzt, den er sich selbst gebäutt.
GÖTHE 2, ISO.
überhaupt, wenn es nieder, fort, weg bedeutet und aus mantg~
falten ellipscn verständigt werden musz: ab vom pferde {ge-
stiegen).' ab den hut (genommen).'
ab denn, rascher binab! Göthe 2, 69.
Vor einzelnen Wörtern behauptet es sich fortwährend loser und
fast unzusammengesetzt, namentlich vor dem substantivrerbum,
vor haben und kriegen (s. absein, abbehalten, abbleiben, ab-
haben, abkriegen), noch weniger läszt sich vor können müs-
sen Süllen wollen anwachsendes ab denken: der bäum soll
ab {gehauen werden), der nagel will nicht ab {gehn), ich
glaube dasz er doch ab {genommen werden) musz; denn deut-
lich wäre es hier näher an die ausgelassenen verba bauen gehn
und nehmen zu fügen, nicht an das auxiliar: ^
man ist daraiiT {auf dem pferde) wie aneepicbt,
will immer ab {steigeu) und trabt in einem siücke
nur weiter Tori. GöEi.xiK 1, 105.
Ä BAASEN, parare corium, bei dengerbem, die haut auf der
(Icischseite abschaben.
ABÄSEN, depascere, von weidenden hirschen und kühen,
das gras abfressen, woßr auch abrasen. Excel 3, ItO. Herder 10,
211. helfet mir mein teler abosen ! fastn. sp. 374, 30. s. aasen.
ABACHEN sich, consumi planctu, sich durch ächzen ab-
matten. Stieler 7. 5. achen.
ABÄCHZEN sich, dasselbe.
AB.\CKEILN, arando demere, ahpflügen eine furche, ein stütk
feldes, dann absiract ßr abnehmen: dem teufcl das eroberte
wieder abjagen und abackern, älteres wort ist abercn, s.
auch abzackcrn.
AB.ÄNDERN, tmmulare, oß gleichviel mit ändern und tcr-
ändern ; doch ist verändern etwas stärker permutare : ich kann
das noch ändern, abändern, hier würde nicht veräßdcm ge-
sagt werden, das klcid abändern ist weniger ah verändern,
ich habe das etwas abgeändert, mag es aber nicht ganz ver-
ändem. seine zOge haben sich veründerl , das aussehen der
Stadt ist verändert, hier wäre abgeändert fehlerhaß. Ungut
hat man abändern im grammatischen sinn gebraucht /Sr de-
clinieren, da in jeder flexinn eine abänderuiig liegt.
AB.ÄNDERLICH . mutabilis. das ist nnabändeiiich, davon
kann nicht abgewichen werden, er ist unveränderlich, invaria-
bilis; unabänderliches Schicksal, fatum indeclinabile , verän-
derliches glück, varians fortuna.
ABÄNDERUNG, f. mutatio, bei einigen declination. LEssirtc
8, 494.
ABÄNGSTEN sich, angi, abquälen, durch angst ermatten :
in Jesus namen run
mein abgenngster geist aus dieser todiengnift.
A. Urtphiis 2, 4US.
ABÄ.NGSTIGEN, geliräuchlicha" als das vorige, verliältnisse,
in welchen sich manciie gute menschen die ganze zeit ihres
lebens ahangstigen. Güthk 18, 247. auch transitiv ßr ge-
waltsam abnüthigen: dem kaiser Iribut, dem untertban geld
und gut ahzunüthigen. Schiller 998 ; wenn die sperre der
Argiver das sccpter mir abängstiglon. 241.
ABARBEITE.N, laborando consumere, durch arbeit wegschaf-
fen : das grobe , einen ast abarbeiten, eine schuld mit sei-
ner arbeil bezahlen : einen vorschusz abarbeiten. durcJi ar-
beit abnützen : die schneiden an den sensen waren abgearlvei-
tet; matte, abgearbeitete sklaven. Zumal sich abarbeiten:
ich arbeite mich ab und bin ich matt gcnung. G0tbe2,93; in-
de.«! der vater sich im sand ((/«rcAje/ien) abarbeitete. 45, 2&5:
Statt dasz andere nur für ihre person schwimmend sich il-
11
ABÄREN — ABBEEREN
ABBEEREN ^ ABBETTELN
12
arbeiteten. 18, 247. intransitiv: der wein hat noch nicht
abgearbeitet, sich noch nicht aus der gährung geklärt, s. ar-
beiten.
ABÄREN, s. aberen.
ABÄRGERN sich, irascendo consttmi, durch ärger abmalten.
ABART, f. proles degener, aus der art geschlagenes ge-
sehlecht : so ist diese . abart euer söhn nicht mehr. Schiller
105; mönche, eine abart des menschlichen namens, das. 789;
der enivcl abart, entarlcle nachkommen, auch blosze wieder
erblich gewordene spielart : das iiesch eine abart des schilfes.
ABARTEN, dcgenerare, aus der art schlagen: von der ur-
sprünglichen natur abarten. Wieland 7, 145 ; das geblüt kann
leicht abarten; der söhn ist vom vater abgeartet.
ABARTUNG, f. degciieratio, das schlagen aus der art, gleich-
viel mit entartung, aiisartung.
ABÄSCHERN, s. abeschern.
ABÄSTEN, ramos amputare, dem bäum die äste nehmen.
ABÄTHMEN, cvaporare, bei den metallarbcitern ausglühen,
luft und dampf herausziehen lassen.
ABÄTZEN, abetzen, dcpascere, beinahe gleich viel mit abäsen,
doch allgemeiner von allen Ihieren : die weide abetzen ; hewschre-
cken, die nicht bawen, sundor allein die friicht abätzen. Frank
ehron. 218"; die pferde für und für den weizen abetzten. Frey
garteng. 13'; förchten, er wurde die weide abetzen. Pauli
12; hieng er mit so scharfen lüsternen blicken an dir, als ob
er etwas von dir abätzen wollte. Wieland 16, 2C3 (vgl. oben
aas, das kosende); dergleichen matten werden im frülijahr ab-
geätzt, und wenn das heu gemacht ist, wachsen sie abermals
stark genug, so dasz die kühe bis auf den winter hinreichende
nahrung finden. Gütiie 43, 204. wie nun ätzen mit beizen
gleichviel ist, angewandt auf das einfressen der schärfe und
säure, gilt auch abätzen von solchen ätzenden mittcln.
ABÄUGELN, oculis nutantibus impetrare, mit den äugen er-
langen: er hat es mir durch freundliche blicke abgeäugelt,
vgl. liebäugeln; in der Jägersprache, wild ohne hund mit den
äugen aufsuchen.
ABÄUSZERN, colorium dimiticre, den bauer vom hofe setzen,
des erbes entsetzen, entäuszern, vom gute verstoszcn. Moser
patr. ph. 1, 145. 2, 102. besser und üblicher ist abmeiern.
ABBACKEN, male pinsi, cogui, nnl. afbakken, von dem brol,
dessen rinde und krume sich sondern: ausgewachsenes getraide
macht das brot abhacken {dasz es abbäckt.) transitiv, das
backen beendigen: der becker hat abgebacken.
ABBADEN, balnco ablucrc, ein kind abbaden, badet das
kindlin im wein ab. Garg. UO' ; figürlich, die sünde in der
reue ijibbaden : hilf uns, daj wir sie abe gebaden mit staite
wemder riuwe Walth.7, 40.
ABB.\LOEN, pellem detrahere, den balg abstreifen: einen
luchs abbalgen. die abgebälgten (ausgekernten) erbsen. Hoh-
BERC 2, 41*
ABBALZEN, desinerc in pi-urilu, aupioren zu balzen, der
auerhahn iiat abgebalzt.
ABBAMSEN, coria percuierc, bei den gerbern, die feile klop-
fen, entstellt aus abwamsen, abwarnschen.
ABBANGEN, metum inculiendo adimere, durch bange ma-
chen abnöthigcn, ein kühn von Lessinc 2, 269 gewagtes worl:
din geld,
gelil einem Juden abzuhängen.
AEB.\NSEN, ex horreo removere, aus der lenne, wo die gar-
ten liegen, wegnehmen: körn abhansen. ,
ABBASTEN, corticem adimere, den bast abziehen, einen
bäum abbasten.
ABBAU, m. cultura dr.ficiens, herahkommen, liegen lassen
des baus, gegensatz von anbau, im mittelalter mansus absus,
gegenüber dem vestitus : weinzierl, welche der rcben übel war-
ten, die Weinberge in abbau bringen. Hoiirerg 1, 330'.
ABBAUEN, culturam remitiere, den landbau, bergbau liegen
lassen, bei Locau häszt es:
soUlaien bauinn :ii). die neulich l)aulcn an,
soll bauer und soldat vcrlretcn einen mann?;
hier wurden vor alter zeit die tagllötze abgebaut. Götiie 51,
111 ; jene ersolTenen abgebauten tiefen. 50, 175 ; die zeche, der
Weinberg ist abgebaut.
ABBAUMEN, ab arbore avolare, hei den jdgem: der auer-
hahn bäumet ab, was sonst auch steht ab heiszl.
ABBÄUMEN, telam a liciatorio removere, bei den webem,
das fertige gewcbc vom bäume nehmen.
ABBEEREN, baccas leger«, die beeren abbrechen, den Strauch
abbeeren, ablesen, ursprünglich die beeren ab dem Strauche
nehmen, beeret jede minute eures ersten triumphtages ab.
J. Paul Hesp. 3,205.
ABBEEREN, depsere, vom ahd. perian, nM. bern, abe bern,
drücken, kneten, schlagen: demnach so thu gummi darein und
machs in ein pflaster, beere es ab mit wundbalsam so lang,
dasz sie ein kalte form überkommen. Paracelsi chirurg.
sehr. 1618. 29'; disz alles zerlasse mit einanderen, beer es
nochmalen ab mit camillenöl und mache zapfen daraus. Fel.
WüRTZ practica p. 425. andeiemal bedeutet es prügeln und
schlagen : wolt ich ihn so jämmerlich abhören mit diesem
stecken. Fischart Garg. cap. 37 ;
das hab verschuld ein guts abpern. Ayrer 339', gute schlage
verdient.
ABBEFEHLEN, franz. contremander, den befehl zurückneh-
men: die angesagte Jagd ist abbefohlen worden.
ABBEGEHREN, expctcre, abverlangen: das mir abbegehrte
schreiben folgt anbei, früher auch von seiner stelle fortwollen,
entlassung begehren : wann ein Vormünder abbegcrt, soll er
erlassen werden. Frankf. rcf. VIL 7, 7.
ABBEHALTEN, das abcfcnommene , abgelegte nicht wieder
aufsetzen, anlegen, ich will den mantel (von der schuller) ab
behalten, er behielt seinen hut (vom köpfe) ab. hier ist, wie
in abhaben ab noch loses adv.
ABBEISZEN, demorderc, nnl. afbijten, davon beiszen. sicli
die nägel (vom finge)-) abbeiszen. der schlänge den köpf ab-
beiszen. die wurzel, die pflanze ist abgebissen, praemorsa.
den heiligen die füsze abbeiszen gilt von frömmlern, wenn sie
die bilder küssen.
ABBEIZEN , derodere, mit ätzender schärfe wegschaffen, bei
gerbern, die haare, das feil abbeizen, abgebeizte wolle.
ABBEKOMMEN, etwas davon bekommen: er hat auch eins
abbekommen, ich musz mein theil davon abbekommen, ich
bekam endlich ein stück ab. vgl. abkriegen.
ABBELLEN, instar latrantis canis recitarc, herbellen : er hat
seine predigt abgebellt, von lauten aber eintönigen rednem,
sich abbellen, von hunden die zu bellen außören.
ABBENGELN, faste percutere. mit dem knüttel oder unge-
brannter asche abbengeln. Simplic.
ABBERUFEN, rct'ocare, von einer stelle zurückrufen, gleich-
viel mit dem einfacheren abrufen: der gesandte wurde von sei-
nem liofe abberufen, in der rechtssprache, ro» einem urtheil
ab sich an ein anderes gericht wenden.
ABBERUFUNG, f. rcvocatio, appellatio : die von den klägern
eingewandte abberufung an den groszen lath. Wieland 20. 54.
ABRESCHEISZEN, fraudare, gröblich entfremden: ivie einer
seinem nechslen das sein abbescheiszen wolle. Tiiurneissers
alchymia 2, 06. stärker als das edlere abbelriegen.
ABBESEMEN, scopis everrere, mit dem besen abkehren.
ABBESOLDEN, integram tribuere mercedem, auslohnen und
entlassen: alle zum Singspiel gehörigen personen wurden so-
gleich abbesoldet; dasz redliche Soldaten der gebühr nach
nicht abbesoldet werden. Philander 2, 551.
ABBESTELLEN, was abbefehlen, nur minder vornehm: ein
kleid, den taglöhner abbestellen, in Kursachsen, wo ein gesctz
sogar eine vieljährige ehe, die kein elterliclier consens geschlos-
sen, wieder aljbestellen (aufheben) kann. J. Paul Tit. 2, 172.
ABBETEN, preces recitarc, gleichsam vom roscnkrnnz ab:
er betet seinen spruch wieder al), thut nichts als abheten :
die litanei demütig abzubelen. Götiie 31, 37. Oß durch bitte
und gebet erlangen, gutmachen, von sich abtvcnden : es niü<t
ein armer teufel sein, dem die soltcn eine seele abbetrn.
Luther 5,170'; knien und seine sünde abheten; ein unglück
abbeten ; busze abgebeten, -wcisth. 3, 359 ; kann er es abge-
beten, so darf er es nit abgelten. 2, 411.
ABBETRIEGEN, fraudare, betrüglich entziehen, mhd. abe
ertriegen: etlich alte weiber hetln alts schatzgelt, den zog
ichs ab. Ayrer 59'; Locau sagt s. 80:
einem amlcrn abgclicl)et,
einem andern abgcdioltot,
einem andern abpelopcn.
einem andern abbciroLTcn
weib, gcld, gut, vidi. "
ABBETTELN, emendicare, nnl. an)edelcn, bettelnd furdem :
geben wir was wir vermugen und doch am andernmal wider
abebettcln. Luthers br. 3, 102 ; er hat mir das geld abgebet-
telt; wenn du einst mit fremden abgebettelten sitlen wieder
kämest. Tieck Slcnib. t, 19.
13
ABBEüGEN — ABBLASEN
ABBLASSEN — ABBR:\NDLER
14
ABBEUGEN, defleclere, ablenken, die richtige form ist aber
abbiegen, das eu gebithrt nur der zweiten und dritten pers.
sg. oder dem imp. sg. beug ab von dem weg!, nicJU den
übrigen formen: ich will nun abbeugen; welche mit bosheil
anders wohin abbeugen das recht. Voss.
ABBEL'GÜNG, f dcflexio, besser abbiegung : durch gewalt-
same abbeugung ihres gesichts suchte sie die thronen zu
bergen.
ABBEÜTEN, depraedari, als beute davon tragen: auch den
wilden mehr victalien abzubeuten. H. Stadex bii; den wil-
den {leuten) pfeffer und meerkatzen abgebeutet, das. 0 ii ; wel-
che sie Ton andern geraubet und abgebeutet hatten. Simplic.
ABBEZAHLEN, integre solvere, nnl. afbetalen, toll bezah-
len: die schuld ist abbezahlt; der rächenden Vergeltung ab-
bezablen. Klisger 7, 158. auch einen Iheil zahlen : zehn gül-
den sind davon abbezahlt, abgetragen, s. abzahlen.
ABBIEGEN, deflectere, ablenken, abtreichen, ich biege ab,
du beugst, er beugt ab, von wo man eu auf alle gestallen des
Worts erstreckt hat. abbeugen klingt nicht dichterischer, wol
aber hat die dichtersprache das eu zu hegen, wo es berech-
tigt ist.
ABBIEGUNG, /". deflexus, ablenkung.
ABBIETEN, proclamare, von der kanzel herab verkünden,
entbieten: weil ich auch mit dieser braut, die als ein jung-
fraw abgebotlen, so schentlich betrogen bin. Thcrneissebs
ausschr. 3. 117. bei Versteigerungen tijüher bieten, so dasz das
vorige gebot herab kommt: die leute boten ab und zu.
ABBILD . fi. efßgies, ein von etwas genommenes bild, das
erfundne bild ist kein abbild, abbild verlangt ein Vorbild, das
vor dem bildenden stehe, in diesem sinn scheint abbild fri-
scher und lebendiger als das blosze bild: auf das vorbild, auf
das gewirkte abbild. Güthe 59, 34;
wie angenehm ist doch die liebe
erregt fhr abbild zarte triebe.
was wird das Urbild selber sein? Haller;
reiner tugeod reinster spiegel,
abbild aller frömmigkeit. Schottelics lustg. 1&47 «.105;
du guter alter mann,
du abbild der verflosznen treuen zeit.
TiECK 2, 40.
ABBILDEN, ad efßgiem formare, nnl. afbeelden, bild von etwas
entwerfen, die blume abbilden, bild von ihr nehmen, gott soll
man nicht abbilden, weil man es nicht kann, er in keiner ge-
stalt uns vor äugen steht, das abgebildete tritt der gestalt,
dem Urbild gegenüber, sie wissen sogleich die originale zu
ilin abgebildeten characteren. Rabener 1, 121. ein von J. Pacl
inesth. 1, 94) verwandtes abbildern ist entbehrlich, da abbilden
dasselbe aussagt.
ABBINDEN, ligamen sohere, nnl. afbinden, den haß lösen.
ein tuch (vom hals, arm), die sciiürze (vom leib) abbinden,
den erhängten (i;oni galgen). Wundärzten gilt abbinden ßr
unterbinden, ein glicd abbinden: ich hatte eine kleine warze,
man hat sie mir glücklich abgebunden. GörnE 20, 41. das
kalb {von der kuh) abbinden heiszt es allein stellen, entwöh-
nen, den baren abbinden, eine schuld bezahlen, einigen hand-
werkern, zimmerleuten und faszbindern ist abbinden fertig bin-
den: das gebäude sieht abgebunden, alle säulen, bänder sind
gelegt; das fasz ist abgebunden, von allen reifen umgeben.
ABBISZ, m. pars succisa, bisz von etwas herunter, so nen-
nen die Jäger den ort, wo der hirseh das junge laub abgebis-
sen hat; eine pflanze heiszt abbisz, teufeis abbisz, scabiosa
succisa, wetl ihr herz kurz ttbgebissen scheint, was der Volks-
glaube dem teufel zuschreibt.
ABBITTE, f deprec'jtio, b He um Vergebung eines fehlers : einem
r.bbilie, fuszfalligc. kniende abbitte thun ; auf meinen knien
will ich abbitte Ihun. G»3TnE4, 20; abbitte ist die beste busze.
ABBITTEN, deprecari, nnl. afbiddcn, eigentlich von einem
erbitten, vorzugsweise gnade, Schonung, Verzeihung. Lctuer
1, 22 unterscheidet abbitten und erbillen, das gute werde erbe-
ten, das böse abgebeten, doch verwendet er sonst auch abbit-
ten ßr erbitten : nicht zwingen, sondern durch freundlich er-
mahnen abbitten, br. 3,5; vielleicht liesz sich der Ordinarius
abbitten, br. 1,82. heute nur flehend: ich bitte dir alles ab;
•lasz ich ihr meine harte mit heiszcn thräncn abbitte. Götter
., 119 ; niedergekniet, abgebeten I 3, 506.
ABBITTIICH: die gerechligkeit goties kann nicht als gütig
und abbittlich vorgestellt werden. Kaxt 6, 319.
ABBLASE.N, deflare, nnl. afblazen, wegblasen, davon blasen :
den staub vom kleide, den söud vom tische, die hilzc von
der speise abblasen, dann, mit ellipse des gegenständes, das
kleid, den tisch abblasen ; die suppe im loffel abblasen, kalt
blasen; ein stück, ein lied abblasen votn home weg; der
Wächter bläst eben ab; wir sagten ihm, er blase sein leben
gern auf einer trauerflöte ab. J. Pacl [komet 3, 223. oß heiszt
es zum abzuge blasen:
der obergott war froh, befabl nun abzublasen. Opitz ;
liesz vom stürme abblasen. Lohexst. Arm. 1,1132. dann auch
abblasen, zu blasen außören.
ABBLASSEN, pallescere, erblassen, erbleichen, hier blaszte
er ab, erblich er; die rolhe färbe blaszt leicht ab.
ABBLATTEN, defringere folia, nnl. afbladen, blätter ablne-
chen, wie an reben und kohl geschieht: den wein abblatten.
die Jäger netinen abblatten, wenn das wild von grünem laube
friszt.
ABBLÄTTERN, pricare foliis, nnl. afbladeren, entblättern,
allgemeiner gültig als das landwirltchaßliche abblatlen: der
&-ost blättert die bäume ab. sidi abblättern, blätterweise ab-
lösen: die fingemägel blättern sich ab, der kuchen blättert
sich ab.
ABBLÄTTEHUNG, f. bilder, zugeflogne abblätterungen von
der wirklichen weit. J. Fall aesth. 1, 55.
ABBLÄUTN, tincturam caeruleam affricare, vom blauen tuch,
das abfärbt, die färbe faliren läszt.
ABBLÄUEN, percutere, verberare, prügeln: den buhler hal-
ten und abbläuen. KiRcunoF wendunm. 296';
und sorgte ihr mit jedem tage
den rücken zehnmal abzubläun.
Weisze.
ABBLÄULEN, dasselbe, ahd. aba pliuwilön: zerrieben und
abgeplaulet. Simplic. 1, 595, von dem geschwungnen hanf.
ABBLEIBEN, nnl. afblijven, davon bleiben, besser ungebun-
den zu sclireiben : von geföhrlichen stellen musz man ab blei-
ben; dieser knöpf soll ab bleiben, nicht angenäht werden.
ABBLEICHEN, eolorem amittere, die färbe verlieren: abge-
blichen slehn die hügel. transitiv, ausbleichen : es ist ahge-
blcicht. sie kannten kaum die abgebleichte gestalt. J. Faul
Hesp. 4,130.
ABBLICKEN, relucere, auf der schmelzhiUte ein zeichen völ-
liger reinheit des metalls: das silbcr blickt ab. s. blicken.
.\BBLITZEN , flammam concipere nee crepare, abbrennen und
nidit losgehn: das gewehr blitzte ab. auch mit blitzen nach-
lassen: der himmel hat abgebirtzt.
ABBLÖKEN, balando recitare, her blöken: ein lied ab-
blüken.
ABBLÜHEN, deflorescere, atisblüiien, zu ende blOlien: das
kom, der wein hat jetzt abgeblüht; ihre Schönheit blüht schon
ab; abgeblühte rosen, abgeblühte tage.
des lebens mai blüht emmal und nicht wieder,
mir hat er abgeblüht. Scuillsk 1, 161.
ABBLÜTE, f. defloratio, das abblühen, zeit der blQle Und
der abblüte.
ABBLÜTEN, deflorare, der blute berauben:
jedes glück des lebens abgeblötet.
ABBOHNEN, depolire, nnl. afboenen, einen lisch, schrank
abbohnen, reinigen.
ABBOHREN, perforarc, tm bergbau, fertig bohren, ein loch
abbohren. der dazu diensame bohrer heiszt der abbohrer.
ABBÖREN, $. abbeeren.
ABBORGEN, mutuari, entlehnen: geld abborgen; einem
einen armseligen einfali abborgen.
.\BBOSCHEN, abdämmen, abdachen : dieser (abhang) ward
nun abgehöschl. GOrnE 30, 00 ; von beiden seilen weinbau,
links mit mauern eingefaszt. rechts abgcböscht. Göthe 43,
251 ; wir sahen über einen allen buchenbei^ eine kunstsirasze
führen, da denn, um fläche zu erhalten, stark abgebüscht
worden muslc. Gütbe 58. 157. In der kriegsbauk-unst unter-
scheidet man büschung {franz. talul) von abdacliung (penle),
die büschung ist steiler, die abdachung allmälicJi.
ABBOSSE.N, ABBOSSELN, effigiare, einen körper in weicher
masse darstellen, nachbilden, von der glatze bis auf die sohle
abgebo«sclt. J. Paul Siebenkäs 3, 104.
ABBR.\.ND, m. ponderis metalli per purificationem deminu-
tio, in der sdimelzhütte, was vom erz beim brennen und aus-
schmieden am gewicht abgegangen ist.
ABßIL\NOLER, o». collector siipis, der auf den brand bet-
telt oder ßr abgebrannte geld einsammelt.
15
ABDRÄNGEN — ABBRECHEN
ABBRECHEN — ABBRÖCKELN
16
ABBBANGEN, s. abprangen.
ABBR\TEN, plcnc assare, ausbralen, fertig bralcn: eine
gans, ein hulin abbraten, wenn sie hall gegessen werden sol-
len; leg den braten morgen bald zu, und soll in kiil und lang-
sam abbraten, das er nicht verbrin. Eulenspiegel. Erfurt 1538.
cap. 64. auch uneigenllich : er ist am feuer ganz abgebraten.
ABBRAUCHEN, plene uli, verbrauchen, abnützen: ein abge-
brauchter rock, uneigenllich: dein stolz ist abgebraucht.
Opitz 2, 427 ; abgebrauchter pöbelhafter spott. Herder 1, 45 ;
abgebrauchter ^vitz.
ABBRAUNEN, colorem fuscum amitterc, die braune färbe
fahren lassen.
ABBRÄUNEN , fuscare, ganz braun machen, einen braten
abbräunen. die sonne hat ihn abgebräunt.
ABBRAUSEN, cessare ab aestu, ausbrausen, der niost hat
abgebraust, er musz erst abbrausen, von seiner hilze zu-
rückkommen, auch brausend davon gehen: der dampfwagen
brauset eben ab ; er gerieth in wut und brauste ab.
ABBRECHE, f. emunclorium, geräth zum abbrechen des
dochts, lichtschcrc, Uchlputze. Keisersberg brösamlin 95';
der ist gar ein weiser mnnn,
der von holdem abbrech machen kann.
SiMiiocK sprichu). 1152t aus Agricola.
ABBRECHEN, defringere, decerpere, nnl. afbreken, davon,
herab brechen, den apfel (vom batim) abbrechen, blumen (vom
Strauch) abbrechen, die zelte (von der stange) abbrechen, den
faden (vom gewebe) abbrechen, die parze brach den faden seines
lebens ab (von der spindel). den butzen (vom licht) abbrechen,
das schlosz (von der thür) abbrechen, die thür (von der wand)
abbrechen, das haus (vom boden) abbrechen, das dach (vom
haus) abbrechen, die mauer (vom gründe) abbrechen, den
dorn (vom zäune) abbrechen, das eisen (vom hufe) abbrechen,
die spitze (vom degen). es kann aber zuweilen der gegenständ,
von dem gebrochen wird, tn den acc. gestellt, und der abge-
brochne ausgelassen werden: den bäum ganz abbrechen, d. i.
alle äpfel daran, das licht abbrechen, pulten, das bett ab-
brechen : der lehnmann soll sein bettchen abbrechen, weislh.
2, 422.
Anwendung auf andere dinge, die forlgang und dauer ge-
habt hatten, ergibt sich leicht, wie den faden der gleichsam
gesponnenen rede abbrechen, heiszl es kürzer: die rede abbre-
chen, das gespräch, die Unterhaltung, die Unterhandlung,
einen brief abbrechen, er brach seine wortc (vom munde)
ab: ein wort für dem maul abbrechen. Luthers br. 5, 617.
den kämpf, die schiacht, den feldzug abbrechen, einen (in
der Zeitschrift begonnenen) aufsatz abbrechen, seinen aufent-
halt abbrechen: dasz sein aufcnthalt in so vollkommner go-
sellschaft vielleicht bald abgebrochen werden müsse. Götiie
17, 212. abbrechen für sich allein, ohne beifügung des gegen-
ständes, meint die rede, das gespräch: er brach ab, brach
kurz ab, brach plötzlich ab, wir wollen lieber abbreciien, da
wir unterbrochen sind; der predigcr bricht ab; er, der mich
nicht furchtsam machen wollte, l)rach ab. Göthe 19,273; um
so mehr als .Jarno, von dem er einige auskunft verlangte,
kurz abbrach und sich entfernte. 20, 34.
Redensarten: etwas über das knie abbrechen, eine sacbc
zu grün abbrechen (bevor sie reift), übereilen, die Ursache,
den vor^vand vom zäune brechen, der wind hat den bäum
gerade über der wurzel abgebrochen, die glieder abbreciien
heiszt bei den Soldaten lange glieder in kurze sondern; die
hunde abbrechen, bei den Jägern, ihnen das maul mit gewalt
öfnen, wenn sie sich verbissen haben; das hier abbrechen, bei
den brauern, es mit langen Stangen rühren.
Mit dem daliv der pcrson oder einer sacke bedeutet ahhrc-
chen einhält, abbruch thun, schaden, entziehen, verkürzen und
ähnliches.
noch weit ich nit, das wurd gesprochen,
das ich hell einer abgeprorlnii. fastn. Dp. 2.12, 15;
den durst soltu mir nii abprechen. 352, 25;
er bricht sich selbst diiinil ali, entzieht sich etwas dadurch,
schadet sich; er liricht sich nichts al), versagt sich nichts;
er hat sich den wein abgelirochen, den genusz des weins ent-
zogen, dies sich alibrechen gleicht dem lat. continere sc a
cibo. denn wer wil einem menschen, der solciien trotz hat,
abbrechen oder schaden? Lithkr 6, 200'; er hat verkürzet
meine tage, denn er bricht abe dem allen menschen. Liitmer
t, 30*. 3,20; ich habe che wollen der deudschen sj-rjchc ab-
brechen, denn von dem wort weichen (bei der Übersetzung)
Luther 5, 143'; weil auch ich mit meim schreiben den bil-
den mehr abbrochen habe, denn Carlstat mit seinem stür-
men; ein könig läszt sein kind, eh er dem land abbricht.
Opitz 1, 221; seiner seele abbrechen, pred. Salom. 4, 8;
wann wo kein lasier war, war keine tugcod niclit,
denn lugrendhaft ist der, der laslern abebricht. Logau 2,213.
Hieran hängen feine unterschiede zwischen acc. und dat.
er brach seine rede ab, hörte auf zu reden, brach seiner
rede ab, redete kürzer; die worte abbrechen, nicht weiter re-
den, den Worten abbrechen, die worte abkürzen, mäszigcn:
Florindo brach seinen worten ab , wo er wüste und kunte,
aus beisorge er möclite zu weinen angereizet werden. Chr.
Weises kluge leute 19. wir wollen das spiel abbrechen, nicht
mehr spielen, wir wollen heute dem spiel abbrechen, um
mehr lesen zu können, weniger spielen; den schlaf abbrechen,
ablassen zu schlafen, dem schlaf abbrechen, kürzer schlafen,
oß mag es gleichviel sein, welcher casus stehe, einem den
lohn abbrechen, dem lohn abbrechen, an dem lohn abbre-
chen, im Simplic. mehrmals sich nicht abbrechen für enlbre-
chen, enthalten: dasz er ihm (sibi) nicht abbrechen konte
mich zu küssen; das kam mir so lächerlich vor, dasz ich
mir nicht abbrechen konte darüber zu schmollen (continere
me non potui quin).
Einzcliie jener transiliva, die den acc. (nicht die den dat.)
bei sich haben, können mit Wandlung des acc. in den nom.,
oder auch auslassung des acc. intransitiv gesetzt werden, der
faden bricht hier ab, die rede, das gespräch brach ab, seine
worte brachen ab, der kämpf muste abbrechen, alles brach
nun ab. das pferd ist abgebrochen , losgebrochen, weisth,
3, 6S3.
ABBRECHEN, das brechen des flachses vollenden, wir ha-
ben bald abgebrecht, verschieden von dem pari, abgebrochen
des vorigen worles.
ABBRECHUNG, f. abruptio : die schöne abbrechung in die-
sen Worten fiel ungemein glücklich aus. Lessing 4, 171.
ABBREITEN, s. abpochen.
ABBRENNEN, abbrann, igne consumi, vom feuer entzündet,
verzehrt werden, verglühen, das entzündete holz brennt ab".
Göthe 28, 42; das feuer brann ab; die abbrennende tages-
flamme für die untergehende sonne; die lustfeuer des eilig
abbrennenden frühlings. ,1. Paul biogr. 1, 1 ; hende , füsze,
der köpf abgebrunnen. Luther 3, 419; ein gutes gcwehr
musz schnell abbrennen. H. Sachs schreibt noch abbrinnen:
mein spiesz soll mir darin nit abbrinnen. IV. 3, 2'.
ABBRENNEN, abljiannte , igne consumere, nnl, afbranden,
in flamme setzen, entzünden, eine Qinte abbrennen, los bren-
nen, einen wald, ein haus abbrennen, bei den ziegelbren-
nern heiszt abbrennen dem ofen durch reisholz die letzte hilze
geben, man sagt auch einen abbrennen, ihm haus und hof
anzünden, und abgebrannt bedeutet arm, von gelde und allen
mittein cntblöszt: da er mit einiger schalkhcit zu verstehen
gab, dasz er nicht so abgebrannt sei, als er aussehen möge.
Göthe 25, 167. abgebrannte des lebens (i)i der jugend über-
reizte menschen) .J. Paul Titan 2, 124.
ABBRINGEN, abducere, nnl. afl)rengeii , von etwas bringen,
entfernen, flas heu abbringen, abmähen, ich kann ihn von
der Sache nicht abbringen, nichts in der weit soll mich da-
von abbringeri, man brachte ihn bald vom rechten wege ab.
die rinde liegt so fest, dasz man sie kaum abbringt, los-
bringl. er ist von diesem laster glücklich abgebracht. Dann
aber auch: die sache, das laster abbringen, in ungebrauck
kommen lassen: sie wollen alle .gute sitte abbringen, ab-
schaffen abstellen, wirken schneller, bcfehlerischer , abbringen
nach und nach, der fürst scliaft das gesetz ab, die obrig-
keit stellt ein fest ab, die zeit wird den aberglauben, die
öffentliche ineinung wird das verbot schon abbringen : das
ist nun endlich abgebracht, wie der holzhauer ausruft, wenn
die eiche fällt, ich will das in meinem hause gleich ab-
schaffen, abstellen, aber schon wieder abbringen, ich kann
das nicht abstellen, aber ich kann den flecken nicht mehr
abbringen.
ABBRINGUNG, f abduclio. eine abbringung von der ge-
gebnen bahn. Kam ^, 471.
ABBRÖCKELN, in frusta frangere, in kleinen brechen ab-
lösen: den kalk v(>n der mauer abbröckeln, sich abbröckeln.
brockenweise abfallen. Ci.aluius 4, 73 setzt abbröckeln in-
transitiv: die tugend wniikt und bnirkell ab.
17
ABBROCKEN— ABBÜSZEN
ABC — ABDANKEN
18
ABBROCKEN, gleich dem vortgen, zerbrocknt.
ABBRUCH, m. abruptio , avulsio , in den meisten der bei
abbrechen angegebnen bedeutungen. abbruch des hauses, der
mauer, des thurms, des obstes, des fadens, des kämpf»,
des gespräches. ein Laus auf abbruch verkaufen, abbruch
heiszt auch das vom wasser abgebrochne land, den schriß-
gieszem aber das über der form slehn bleibende, abzubrechende
metall. Häufig bedeutet es einlrag schmälerung abzug schade:
ein wesen, welches über allen abbruch an seinen zwecken
erhaben ist. Kaat 3, 333; ich musz ohne abbruch bezahlt
werden ;
dasz das allgemeine heil
keinen abbruch darr crrahren,
will davon ein jeder tlieil
nemen und bei sich bewahren.
LocAü 2, 16, 42
mil der überschriß: beraubter gemeinkasten ;
abbruch will an seinem wort unser irott mit nichten leiden,
Zusatz soll bei seinem wort auch sein volk nicht minder meiden,
gottes wort nicht lesen dürren, dieser abbruch ist nicht klein.
LoGAU 2, 231, 132.
tn diesem sinn pflegt es mil geben und thun verbunden zu
werden :
eine maultasch i^ ein ding zwar nicht sch.^dlich an dem leben,
auszer dasz sie dem gehör abbruch wil und nachlheil geben.
LoGAU 2, 26, 97.
was mir der schalk für abbruch thul. Wiela.nd 5, ISl.
die biirgcr thaten auf dem riickzuge in Verbindung mit den
Kaiserlichen den Franzosen abbruch. Güthe 43, 147. Fr.\nk,
nach abbrechen se continere, setzt abbruch ßir enthaltsamkeil
von der speise, für fasten und kasteien: in der fast plagen si
sich mit groszem abbruch. iceltb. 192' ; bruder Niclas in
Schweitz genant, ein man wunderparlichs ahbruchs, den etlich
gar nicht essen, etlich so gar wenig gcssen haben schreiben.
Chronik 270". Bei Lltiier steht abbruch dem zusatz nutz und
tortheil entgegen : es hat weder silber, golt, edel gestein, noch
kein köstlich ding so manchfeltige zusetze und abbruch als
die guten werk. 1, 224; denn es unchristlich ist gemeines
nutzes und Schutzes genieszen und doch nicht gemeine last
und abbruch tragen. 8, 37"' {vgl. br. 2, 298.) kleidung,
darauf nit vil kosten zu abbruch der haushaltung angewendt
worden. Fischart ehz. 78. stümfflicher abbruch {plülzliche
entxiehung) soll daneben auch nicht sein. Kirchhof d«c. mi7.
31. Aufhören und ende:
die besiimliie zeit des abbruchs unsrer schänden,
der tvrannei abbruch. Weckherlijc 605.
der abbruch deines lebens. Günther 235.
Weckuermx in der vorrede zu den weltl. ged. nennt auch die
caesur abbruch : und also den so lieblich fallenden und mei-
nem erachten nach gantz künstlichen abbruch in der mitte der
langen versen sein merkliches wehrt villeicht gar benehme.
ABBRÜCHIG, nocivus, einlrag thuend, nachtheilig: und ist
die lere dem einfeltigen volk verfürlich und der christlichen
gewalt. ..abbrüchig. 1, 540'. enthaltsam: in reinem und ab-
brüchigen laben. Stumpf 2, 46. Eigentlich icas abbruch er-
leidet: eine abbrüchige mauer und unabbrüchig, ras noch
nicht daiu gedieh.
.\BBRL'HE.N, aqua fervida tollere, mit heiszem wasser weg-
schaffen, die haare, federn abbrühen {von haut und feil), dann
auch das schwein, huhn abbrühen, und weiter angewandt,
durch Schillers zehnmal dbgebruhte phrase. Piate.n 294.
ABRHCLLEN, ein lied daherbrüUen.
ABBHL'NFTEN, ardorem coeundi amiltere, in der Jäger-
sprache aufhören zu brunßen.
ABBRLTEN, nimis incubare ovis , oß brüten, im brüten
ermatten, abgebrüele ammen. Fiscuart Garg, 131*, abge-
brülele.
ABBÜRSTEN, pulverem delergere, nnl. afborstelen, den
staub {vom rocke) abbürsten, hernach den rock, den but ab-
bürsten, einen derb abbürsten, lAn arg mishandeln, vgl.
abkehren.
ABBÜSEMEN, e gremto tollere, gegenüber dem bebuseraen:
alle inkomcn lüde sollen des graven sin, si enwerden ime
dan afpcbusempt als recht ist. weislh. 1, 630.
ABBÜSZEN, emendare, nnl. afboetcn. das ah empfängt stnn,
wenn man sich das ahd. puozan expiare afr/uercrejecarc (Graff
3,225.226) vergegenwärtigt und ein ton sich, von seinem leibe
hinzu denkt, die sünde abbüszen, gleichsam abwaschen, von
sich wegschaffen, nur im einzelnen fall mag abbüszen aus-
sagen vollständig büszen, zu ende büszen, plene emendare.
ABC, n., die von den drei ersten buchstaben entnommne be-
nennung der ganzen reihe derselben, wie der name aiphabet
nach den beiden ersten gebildet ist, mhd. äbc, 4 bd ce, Be-S.
1, 3. doch wird in der grammatik und sonst im edlen spracli-
gebrauch stets aiphabet, abc hingegen mehr von dem eisten
lernen der kinder gesagt, er ist noch im abc; er kommt
nun aus dem abc. sie fiengen an das paternoster zu lernen,
wenn sie betten das abc schon gelernt. Pauli schimpf 136'.
es wird dann auch angewandt auf die anfangsgründe aller an-
dern erlernbaren dinge:
bedenkt in wol und weh
dies goldne abc. GöthbIO, 218.
dasz Newton erst hier bemerkt, was zu dem abc der prisma-
tischen erfahningen gehört. Göthe 59, 157 ; er fängt mil einem
abc der empfmdungen an. J. Paul bücherschau l. Hl.
AßCEBANK, f. auf der abcebaak sitzen, auf der untersten
Schulbank.
ABCEBÜBE, m, puer abecedarius, was abceknabe, abceschütz.
AßCEBUCH, n. das erste dem kind in die bände gegebne
buch, gewöhnlich mil lockenden und belehrenden bildern ge-
schmückt, früher mil heiligenbildern {s. namenbüchlein). abce-
buchs angesicht, unschuldiges, einfältiges aussehn, oder grell
und bunt gemahlt? Bürger 40*.
ABCEDAR, n. in welches wort auch noch der vierte buch-
stab gezogen ist, kann das aiphabet (abecedarium), oder mann-
lich gebraucht sowol den lehrer als schaler des abc (abece-
darius) bezeichnen; J. Pacl bücherschau 2, 9 sagt abcedarier
und verwendet zugleich ein weiter davon gebildetes adj. abce-
darisch.
AßCEDIEREN, in der musik, die tonleiter singen, it. sol-
feggiare.
äBCEKNWBE, m., puer elementarius , ein schüler der noch
im abc ist.
ABCELEHRER, m., und chmals ein abcelehrer (pedantuzzo)
des herzogs gewesen war. Göthe 35, 152.
ABCESCHÜTZ, m., althergebrachte benennung des abcekna-
ben, kaum weil man kindern die buchstaben vormahlle und
um sie ihnen einzuprägen sie mil dem bogen treffen hiess
{was sonst Fischart cap. 17 des Gargantua angebracht haben
würde), sondern weil schütz überhaupt von anwachsenden, um-
laufenden knaben und schülern galt, Tiio. Plater 16. 20. 21;
m. s. feldschütz, flurschülz, bogenschülz und abceteufel.
ABCETAFEL, f, tafel auf welcher die buchstaben den kin-
dern vorgeschrieben waren, herr Truhald Holofernes, der un-
ser Sirotzengurgelchen sein namenbüchlin , sein abceläflin,
das grosz lehrprelt, damit Hercules seinen Ichmieister Linum
todt schlug, gar bald lehret, dasz ers im sinn in und ausz-
wendig, hindersich und fürsich kont, wie die segmüUer. Fi-
SCBART Garg. 140'.
ABCETEUFEL, m., gleichviel mit abceschütz, wahrschein-
lich aus einem scherz alter schulfeste zu deuten, ah, das ist
entweder ein junger abceteufel oder sciiuelleufelin. der noch
nicht recht buchstaben kan , oder ists der rechte gelerle
teufel? Luther 6, 317', vgl. teufel, armer teufeh
ABCONTERFEIE.N , effigiare, abbilden, nach dem franz.
conirefairc. H. Sachs IL 4, 58'. Weckherlix 453 schreibt abcon-
Icrfehcn.
ABCOPIEREN, abschreiben, copie davon nehmen.
ABDACH, n. teclum supereminens , nnl. afdak, sich unter
dem nbduch vor dem regen schützen.
ABDACHEN, leclum dejicere, des dachcs berauben, ein haus
abdachen, im garlenbau aber abhängig wie ein dach machen,
vgl. abbosclicn.
ABD.XCHKi, dejeetus, abhängig, abgedacht.
ABDACHUNG, /. in beiden bedeutungen des abdachens.
der wall hat oben abdachung, unten doppelte höschung.
.\BDÄM.MEN, aggere separare, anoysipvQOvv , nnl. af-
dammcn, durcii einen dämm abhalten, sondern. La5GE He-
Tod. 2, 99 schreibt abdämmen.
ABDA.MPFEN, evaporari , in dampf aufsteigen , verfliegen.
das Wasser hat abgedampft.
ABDA.MPFEN. in dampf aufsteigen machen, auch vollends
dämpfen : die äpfel sind schon abgedämpft.
ABDANKEN, wie schon danken bedeutet höflich ablehnen,
autschlagen, unter danksagung, für etwas danken es nicht wol-
19
ABDANKUNG — ABDECKEN
ABDECKER — ABDRINGEN
20
Im, drückt abdanken ans abdicare, abdicare se niagislratu,
sich vom amte losdanken, es niederlegen : der minister hat
abgedankt, es kam dahin, dasz er abdanken muste. der
zum letztenmal im jähr rufende nachtwächter dankt ab, im
namcn des austretenden, sein amt niederlegenden jahres.
bei der leiche wird abgedankt, gleichsam dem lodten selbst
zum letztenmal und den freunden für das letzte geleit gedankt.
Häufig transitiv des dienstes und amtes mit dank entlassen,
milder als absetzen : das reich abdanken , die kröne nieder-
legen. Hahns gesch. 1, 182 ; das ganze beer abdanken. Schil-
ler 215; seinen bedienten abdanken, die Soldaten abdanken,
die hunde abdanken, sie nach der jagd schmeichelnd ent-
lassen , pferde und wagen abdanken , aufgeben, ein abge-
dankter hut, ein abgedanktes kieid, ein abgedankter soldat,
sogar ein abgedankter kirchthurmknopf. J. Paul Fixl. 207.
Christen lieb ist reformiert, abcedanket sind bei ihr
werk und that. Logau 3, 53, 82.
einen fehler abdanken, ablegen, abstellen.
Die ältere spräche fügt den dat. statt des acc. hinzu und
dann kann gemeint sein: einem dank sagen: wird auch et-
hchen reutern und regimenten fuszvolks zu dem mal (beim
Waffenstillstand) abgedankt. Kirchhof mil. disc. 200; sinte-
mal dem ganzen regiment überhaupt abgedankt worden, das.
211; wolt gern abdanken dem babsthum und ihrem kloster-
orden. Volkslied von 1622 bei Soltaü 467; eurem kriegsvolk
dem danket ab. Ayrer 400'; wann ihnen der herzbruder
nicht abgedankt hätte. Simplic. s. 459; der kaufmannschaft
abdanken, pers. rosenth. 3, 21.
ABDANKUNG, abdicatio, f. dienstenllassiing. Schweinicfien
1, 233. 2, 360, zumal leichenrede : bin ich zum begrübnis ge-
beten worden, habe auch auf dem kirchhofe die abdankung
gethan. Schweinichen 2, 195; höre das gepräng der abdan-
kung. Philander 1, 69; es verstehe sich alle stunden, dasz
ein vornehmer mann sterben möchte, da würde er einen
goldgülden zu verdienen, das ist die abdankung zu halten
haben. Weise crzn. 166; welcher bei seinem trauerspiele in
einer langen versart gleichsam die abdankung an die Zu-
schauer hält. J. E. Schlegel 3, 11; er drang mir eine aus-
gearbeitetere abdankung auf. Hippel Icbensl. 3, 171.
ABDARBEN, egendo delrahere, absparen durch enthaltsam-
keit. sie darbten sich oft das frische wasser ab ; ich darbe
meinem munde ab, um es ihm zu geben. Gellert.
ABDARREN, torrere, gilt vom malz, wir haben schon ab-
gedaiTt.
ABDAUEN, digerere, verdauen, früher abdäuwen: küm-
mel hilft die fisch, kalte speisen und frücht abdäuwen. Ta-
bernaemontanus krdutcrbuch. 15S8 5. 175; stärken sie doch
den erhitzigten magen, dasz er die andern speisen desto
besser abdäuwen mag. s. 591 ; abtouwcn. Keisersb. brösaml. 25'.
ABDAUßEN, ABDÄUBEN, hebetare, übenvälligen , abstum-
pfen, zähmen, ein jetzt seltnes wort. Frank sagt: so machen
wir sein igottes) schein nit liechter, sonder er däubt all un-
ser fackeln ab; damit er das fleisch abdeub, zahme, abtodte.
cum feind den hab ich abgedaubt, euch beim leben erhal-
ten. Aybeb 80'. es ist das ahd. doupön, doubön, untar-
doupon domare, subigere, refrenare (Graff 5, 96), das doch
mil toup surdus, hebes (Graff 5, 351) nahverwandt sein musz,
die fackeln abdäuben ist dämpfen, stumpf, taub machen, also
betäuben {was man nachsehe), mhd. bctouben überwältigen.
Haupt 5, 528.
ABDAUUNG, f. digestio. Fischart Garg. 83*.
ABDECKELN, operculum tollere, den decket abnehmen.
ABDECKEN, detcgcre, nnl. afdekken. das dach, die ziegel
abdecken, der stürm hat das haus abgedeckt, in einem nu
war die hütte abgedeckt. Götiie 24, 326. den tisch abde-
cken, was auch bloszes abdecken ausdrückt:
es schmeckt der guten frau, dies ist genug, deckt ab!
Gellkrt.
bei den Jägern, das wild abdecken, auswirken, 'dem wilde
die decke abnehmen', dann allgemein abdecken , dem ge-
fallnen vieh die haut abziehen, das vieh schinden, einen
schandlichen ubeltheter lebendig abzudecken und der baut
zu entheben. Spee g. T. 110. in Spanien ist das pflügen
so schimpflich als in Deutschland das abdecken. Moser p.
phanl. i, 150. todte pferde ; bald aber fand man sie aucii al)-
gedeckt. Götüe 30, 135; abgedeckte und frisch ausgeschnit-
tene pferde. Göthe 30,143. zuweilen auch abdecken wte zu-
decken für prügeln.
ABDECKER, ni. excorialor, der schinder oder kafiller.
ABDECKEREI, f. amt und wohnung des Schinders.
ABDEICHEN, aggere munire, nnl. afdijken, mit deichen um-
geben, einschlieszen.
ABDENKEN, abjudicare, über dinge absprechen und abden-
ken. Hippel 9, 148.
ABDICKEN, crassare, den saft abdicken, einkochen.
ABDIEBEN, dam auferre, abstehlen, entwenden:
liebe hat mir wieder bracht
was der tod mir abgediebet. Flehino 431.
einem andern abgeliebet,
einem andern abgediebet. Logau 3, 128, 52.
ABDIELEN, assere contabulare, mit dielen belegen, eine
kammer, den fuszboden abdielen.
ABDIENEN, merere, mit dienst bezahlen, abverdienen. eine
schuld abdienen, das wird ihm schwer abzudienen. An den
hvfen auch im gegensalz zu aufdienen, die speisen auftragen,
abdienen, sie abtragen.
ABDINGEN, delrahere de pretio, einen nachlasz abhandeln.
er läszt sich nichts davon abdingen, ich wollt euch nicht
gerathen haben, mir vor einem halben jähr noch abzudingen,
wozu ich jetzt freiwillig mich erbiete. Schiller 352. auch ge-
gensalz von aufdingen: auf und abgedungene meister einer
kunst. Wieland 24, 59 ; der braut den ring abdingen. Müsaeus
3, 46.
ABDISPÜTIEREN, abstreiten, es ist ihm nicht abzudisputieren.
ABDOCKEN, bei den Jägern abwickeln, von seilen und lei-
nen, s. docke.
ABDONNERN, delonare, nnl. afdonderen, zu donnern auf-
hören, es hat am himmel abgedonnert, detonuit.
ABDOPPELN, duplici filo sucre, bei den schustern die rah-
men an den weiberschuhen mit gedoppeltem faden durchnähen.
ABDORREN, torrefieri, dürre werden, nnl. afdorren. das
holz dorret ab {von dem stamme), was sonst abstehen und ab-
fliegen hciszl. die warze dorret ab {von dem finger). der ab-
gedorrte leib.
ABDÖRREN , lorrefacere, abdorren machen, getraide ab-
dörren, die malz abdörren (s. abdarren). auf den bergwerken
das erz völlig ausschmelzen.
ABDRAHT , m. torqitendo avulsum, bei zinngieszem späne
die beim drehen vom zinn abfallen.
ABDRÄNGEN, deprimere, mit gewalt nehmen: meinten die
schanz' uns abzudrengen. H. Sachs, die thräne, die ihr dem
äuge des unschuldigen abdrängt. Klinger 6, 129. gleichviel
und üblicher ist abdringen.
ABDRÄUEN, gewöhnlich abdrohen, minis auferre.
ABDRECHSELN, detornare, späne, kegel abdrechseln, eine
abgedrechselte Verbeugung, Schreibart für eine gezierte, steife.
ABDREHEN, torquendo avellere, nnl. afdraajen: dem vogel
den köpf abdrehen, ich möchte dir den hals abdrehen, dem
Schlüssel den hart abdrehen, das wird mir mein herz ab-
drehen. Auch abwenden : das gesiebt abdrehen, sich abdrehen,
fortschleichen : ich will mich in der still abdrehen, wie ein
katz ausz dem taubenhaus. Ayrer 339', sonst sich ausdrehen.
ABDRESCHEN, triturare, getraide aus dcn\ stroh, von den
halmen ausdreschen, man hat diesmal aus einem schocke
nicht so viel abgedroschen, als ehdem; die tenne ist noch
nicht abgedroschen; abgedroschenes stroh, leeres; wir werden
bald abgedroschen haben, mit dreschen abverdienen : der bauer
musz seine schuld abdreschen. eine sache abdreschen, sie
oß überschlagen, ihr allen kern benehmen: das ist lauter ab-
gedroschenes zeug {verba trita); abgedroschene Wahrheiten
mit aufgeblasenen backen predigen ; und mit dieser abgedro-
schenen ausflucht denkst du abzukommen? aber auch heim-
lich verabreden, unter sich ausmachen, verächtlich: das haben
sie längst abgedroschen, das ist ein abgedroschener handel;
abgedroschne ausflucht. Lessinc 1, 326 ; eine schändliche vcr-
rStherci, die er mit den Felscnburgern abgedroschen. Fel-
senb. 4,316;
es ist als gar wol droschen ab. Jac. Atbkr 311*,
alles darauf angelegt. Einen abdreschen, abprügeln, mit dem
fiegel bearbeiten:
man drasch ihn weidlich ab.
ARDRINGEN, eine sache ungestüm, mit gewall abzwingen,
von einem wegdrängen, exlorquere, einem land, geld, eid, verspre-
21
ABDROIIEN — ABDUFTEN
ABDÜLPEN— ABEND
22
clien abdringen, da die Philister den Juden die laden goltes abge-
drungen hatten. Luthers, 8; darumb in (den grafen von Wür-
temberg) aus Ixxx wolvenvarten schlossern und statten Lxxii
wider mit dem schwert abdrungen wurden. Seb. Fbask chron.
193'; ward ihnen auch gegünnet weiter die ungläubigen zu
bekriegen, und was lands sie ihnen abdrungen, solte ihr ei-
gen sein. Kirchhof vendunm. 431'; understund sich also dem
kriegsmann sein weib mit gewalt abzudringcn. das. 74*;
nicht ist zu loben des künbeit,
welcher vil hämisch an sieh Ici!,
da ern nijchi selber wider bringt,
und den ein ander im abdiingt. das. tOO';
ihr erbtheii, das ihr ihr abdringen wolltet. Herder 5, 133;
alles was er ihnen {der mensch den gehcimnissen der nalur)
abdringt, wird sein eigenthum. Ku.ncer 12, 128. Einen ab-
dringen, gewaltsam von seiner stelle, von etwas drängen: und
L. Holstein nicht begehrt die gräkisch lection noch M. Veit
als den altem abzudringen. Lcthers br. 5, 387; das wir uns
nicht lassen davon abdringen. Lother 6, 5l'; es sind auch die
pricster zum gelübde der keuscheil vom ehestand mit gewalt
abgedrungen. Augsb. conf.
ABDROHEN, durch drohen aberzwingen, s. abdräuen.
ABDRUCK, m. expressio, nnl. afdnik, das durch abdrücken
oder abdrucken entstandne bild, abbild von einem gegenständ,
exemplum, exemplar. der abdruck einer pflanze, münze, gemme,
einis siegeis, kupferstichs, buches in wachs, gips, tlion, auf
papier. In der naturgeschichte sind abdrücke oder spursteine
solche steine, in die sich eine pflanze, ein thier der urzeit ge-
drückt, in dem es seine spur hinterlassen hat. Figürlich ebenbild,
nachbild: er ist seines vaters abdruck; alle werke der natur
sind abdrücke der gotlbeit; ein abdiuck seiner seele; die
spräche der Deutschen ist ein abdruck ihres geistes und Sin-
nes, der abdruck eines gcwehrs, Schlosses, das loslassen.
Canitz braucht abdruck vom letzten abzug, athemzug:
wenn mich die zeit wegnimmt,
die du zum abdruck mir bestimmt.
ABDRUCKEN, imprimere, gilt von büchem und kupfcrsti-
chen, wie man dafür auch drucken, nicht drücken sagt, hun-
dert exemplare davon abdrucken lassen, der letzte bogen ist
noch nicht abgedruckt, wenn es bei Gütue 27, 234 heiszt:
hohl gcschnittne steine in feinen thon abzudrucken, so stände
besser abzudrücken ; er sagt aber auch 19, 38 druckte seine
pistole auf einen krauskopf ab, und Wjelaxd 7, 113 begriffe,
die sich von den gegenständen in seiner seele abdruckten;
kaum ist noch rückumlaut von drücken zulässig.
ABDRÜCKEN, exprimere, nnl. afdrukken, von einem auf das
andere drücken, ein bild, Siegel, eine münze abdrücken, einem
das herz abdrücken, abstoszen, die angst will mir das herz
abdrücken ; es würde ihm das herz abgedrückt haben, hätte
er schweigen sollen, das schlosz abdrücken, die thür ver-
schlieszen. den pfeil vom bogen abdrucken, den bahn an der
flinte, den bogen, die flintc, die pistole abdrücken; die nusz
abdrucken, fastn. sp. 218, 2. er drückte eine längst angelegte,
schuszfertige bitte ab. J. Fall komet 2, 7. Auch ßr abdrin-
gen: einem eine waare abdrücken, geld abdrücken;
noch einen neuen schmuck den männern abzudrücken-
Gellert.
Intransitiv abdrücken oder auch sich abdrücken, sich drücken,
abfahren, fortgehn, sterbni. als ich nach gehaltner hochzeit,
schwach und bliid, widerumb in die Mark verreisen wollen,
hat er sich, ob ich villeicht auf dem wege abdrucken wolle,
mir das geleit zu geben ganz dienstlich sich erholten. Thcr:«-
EissERS aussehreiben 1584. 2, 79 ; »elcher aus ihnen im hun-
dertsten jähre seines alters abdruckte, von dem würde man
sagen, er sei frühzeitig gestorben. Simplic. vögeln. 2,13;
alle» in der weit Teraltet, nur die lastor jungen immer,
wann ein kranker ab soll drücken, wird die krankhcit immer
ftchliramer.
LocAC 3, 231, 88.
niedrig: er wird bald abdrücken, sterben, den Ittzten athtm
liehen, unvermerkt davon gehn.
ABDRL'CKSSTANGE, f. «ne kleine ttange im sehlosx etnes
gewehrs. welche in die nust einspringt, iasz es nicht losgehe.
ABDUDELN, «n lied herdudeln, ad tibiam decantare.
ABDLFTEN, naporari, im duß verschwimmen: die unend-
liche Dache des Elsasses, die sich in immer mehr abduften-
den landschaftsgründen dem gesiebt entzieht. Götbe 2ö, 320.
ABDÜLPE.N , deverberare, ein Schieeizerwort, 'so viel als
abschmeiszen , schlagen, knüllen, schmieren'. THtR.NEissEtt
magna alchymia 1583. 2, 29. bei Stalder diilpen, lülpen. ab-
tülpen, ertülpen. gehört wol zum ahd. telpan graben (Grait
5, 420),
ABDÜNKEL, m. perversa opinio, falscher dunkel, aber-
glauben und ahedünkel, Lutheb 3, 205. ags. af])unca taedium
Kembles Beov. s. r. {)encean.
ABDUNKELN, obfuscari, aus der hellen in dunkle färbe
übergehn. das bild hat abgedunkelt, nachgedunkelt, bei den
färbern transitiv, aus dem hellen ins dunkle färben.
ABDUNSTEN, evaporari, in dunst aufgehn, das wasser dun-
stet ab, die hitze dunstet ab.
ABDÜNSTEN, eraporare,' abdunsten lassen, wasser abdOn-
stcn, Weingeist abdünsten.
ABDUPfEN, leniter detergere, letse abwischen, die wunde
abdupfen s. dupfen.
ABDCRSTEN, siti ordere, schmachten vor dursl. ich bin
recht abgedurstet.
ABEBE.NEN, deplanare, völlig eben machen, ein feld, einen
garten abebenen, einen pelz abebenen, ihn am rande gerade
schneiden.
ABECREN, aciem demere, der ecken berauben: die der wind
poliert und abeckt. Math. 33'; steine abecken, abstumpfen,
umgekehrt aber vollständig mit ecken versehn: die Tierecke
müssen nach dem rechten winkel abgeeckl werden.
ABEGEN, occare, von der Oberfläche abegen. die quecken
vom acker abegen.
ABEIDEN , juramento auferre, einem durch eidschwur neh-
men, abgclogen. abgetragen, abgeeidet. Locac 3, 12S. 52.
ABEIFERN, sicii. irasci, eifernd sieh abmatten.
ABEILEN, festinanler abire, eilends abgehn, davon eilen.
die herzogin eilt ab, sie zu vernehmen. Schiller 679 ; unsre
fertigen triebe in eine dahin aufs stärkste abeilende bewe-
gung zu setzen. Moser remi. sehr. 1, 17. transitiv einem etwas
abeilen, eilends wegnehmen: also das die eidgenossen die Wa-
genburg den herzogen abeilten und einnamen. S. Framk chron.
211'; weil die gesatz mit unverschamptem geilen und auhai'
ten den keisern seind abgeeiit. das. 458'.
ABEISEN, glaciem tollere, das eis von etwas wegschaffen,
das fenster abeisen.
ABELE , f. populus alba, die weisze pappel. sonst auch
abielbaum, nnl. abeel, abeelboom, engl, abeletree:
nur die abele bewegt ihr silbernes laub. Voss 2,300.
nehtiger ist albele, albcrbaum, t7. albere, alberetto, franz.
aubel.
ABE.N, deficere, occidere, sinken, s. das folgende wart.
ABEND, m, vespera. ahd. äpand äbanl Äbunt; mhd. ibealy
zuweilen noch äbunt : wunt, abunden : funden ; alts. iband
ävand ävond; mnl. avont, nnl. avond; fries. avend aiond iound
iftnd, heute ion lun, nordfries. in; ags. sefen, engl, crening.
den rechten goth. ausdmck ersehn wir nicht, weil die bruch-
stücke kein SoTtenos , ioTteoa zu, verdeutschen hatten; das
häufige o\pe und ou'ia, wo die vulg. bald serum hat, bald vesper,
wird übertragen andanahli, d. i. nachtnähe, kaum würde dies
Gen. 1,13 oder Luc. 24,29 ßr ianiQa gesetzt sein, hier wäre
ein goth. ^bandus {wie ulbandus) oder ebun{)s an der stelle,
merkwürdig ist die abweichung der nord. dialccle, altn. aptan
:flan, schw. afton, dän. allen, doch sie hilft mit zum etymon,
das ßr ein so altes und wichtiges wort gesucht werden musz.
Ein verlornes goth. iban af ebun (a-ie giban gaf gebun)
dürße die praesensbedeulung aeque peiidere gehabt haben, wo-
von ibns ahd. i*pan aequus und andere Wörter; das praet. mit
abgeändertem sinn, weil was eben und gleich stand, nicht mehr
steht, in die neige gerathen ist, inclinavi, deelinavi, woher die
Partikel af, ahd. apa d. i. nieder, abwärts, gesenkt, also
wäre ^bandus oder äpant die neige, Senkung des tags, wo die
sonne im weslen niedersteigl, es heiszt immer: der tag neigt
sich, sinkt, der abend, die nacht Tallt ein. hierzu stimmt amek
das mit einer abgeleiteten form afl apt, wozu die partikel afir
aplr retro gehört, gebildete aflan. Ein goth. verbum hb6n
inclinare, labi, ahd. ipün, mhd. ähen könnte auch ein partim
cipiales f bönds, ahd. äpönt eadens, labens zeugen, wozu sieh
evening f evenind halten Hesse, wie sonst dem alten 6 in der
mhd. endung u entspricht, der begrif des worts bliebe der-
selbe, zwar ahd. kennt man kein äpun, es hcisil : i^ iban-
d^t vesperascit, nicht i; iböt, auch vihä. e; ibendel, mitht ej
2*
23
ABENDANDACHT —ABENDFEST
ABENDFEUCHT — ABENDLUFT
24
Äbet, und Trist. 185, 25 scheint dbende = äbendende, doch
Heinzeun von Konstanz 5: diu sunne begunde senken und
aben tegelich. auch führt Henisch ein solches aben abnehmen
an und ich aben fast: deficit me aelas, es abet sipalet, ve-
spcrascit. Stieleb gibt es abet, der abend rückt heran und
Stalder I, 84 bestätigt es aus der Schweizersprache, die sonst
obed für abend ausspricht, also oben darbieten müste. Za-
CHARiÄ sagt:
lasz mit säuselndem west den abenden weltkreis erfrischen,
d. h. den sinkenden.
Redensarten: es wird abend, es gehet gegen den abend,
auf den abend, der abend bricht an, überfällt uns, kommt,
naht, winkt, sinkt, guten abend bieten, sagen, wünschen : ei schö-
nen guten abend dort am himmel! es ist noch nicht aller
tage abend, omnium dierum sol nondum occidit; es ist aber
damit noch nicht aller tage abend. Lütuer 5, 135'. Andr.
Gryph. 1, 871. GüTHE 15, 148. 44, 248. zu abend essen, abend
machen, mit der arbeit einhalten, ruhen:
die stunde,
die mit dem leben abend macht.
GÜNTHER 97.
unsre noih het sabbath nimmer; lasz uns dem ort eilen zu,
wo die noth musz abend machen, wo der tag der steten ruh.
LoGAü 2, 199, 25.
des lebens abend, wenn es dem tode naht und endet, alts.
aldres äband. Hd. 106, 6 ; dieweil sie vermerkten, dasz der
tag mit im sich zum abend nahetc. Kirchhof wcndunm. 49 ;
mein abend kommt heran, jetzt sollen thränen rinnün.
abend steht auch für die Westseite, das abendland:
die liebe die hatt ihn so heftig eingenommen,
dasz er aus morgenland war in den abend kommen.
DiETR. VON Werders Ariost 1, 46.
der wind kommt von abend her.
Adverbia. abends, des abends, eines abends, am abend,
zu, zum abend, zu abcntz. H. Sachs II. 4, HO*, den abend,
einen abend:
einen abend kam ein priester zum könig. Göthe 37, 252.
auf den abend: auf den abend kommt er nach haus, gegen
abend, gegen einen abend.
ADENDANDACHT, f. seine abendandacht halten.
ABENDBESUCH, m. nnl. avondbezoek, den man abends
macht oder empfängt.
ABENDBETGLOCKE, f. die zum abendgebet läutet, wenn
die abendbetglocken sich hören lassen. Götue 23, 173.
ABENDBLATT, n. abends ausgegebne zcitung, schw. afton-
bladet.
ABENDBROT, n. abendessen, zumal schlichtes und geringes,
das volk unterscheidet oß ein doppeltes, das kleine abendbrot
oder halbabendbrot. man sagt auch vesperbrot, abendzehr,
abendimbisz, unteressen (für untern, abd. untarn), oberd.
abendjause, und verwendet nachtbrot, nachtessen, oder andere
Zusammensetzungen gleiclibcdeulig. In Fischarts practica 1588.
7' heiszt es : morgens vmb die sechs vhr gibt man den tag-
löhnern die morgensuppen, vmb die neun vhr das neunen-
brodt, vmb die zwülff vhr das mittagmal, vmb die drey vhr
aber das drey oder abendbrodt, vmb die sechs vhr aber das
nachtessen.
ABENDDÄ.MMEBUNG, f. abendliche ddmmerung.
ABENDDÜFT, m. abendlicher dufl, nebel:
mndchcn frage nicht die lülte, *
nicht die kühlen ahenddüfte. F. L. Stolberg 1, 235.
ABENDEIN, in den abend, zu dem abend:
kein lag w,r(\ abendein nicht eilen ohne schrecken,
die naulit den müden sinn mit schweren träumen wecken.
Opitz 307.
ABENDEN, vesperascerc. es will abenden, vgl. abend.
ABENDESSEN, n. nnl. avondeten, abendmahlzeit, cocna:
zum abendessen rufen, auch kirchlich für abendmahl : die
wort sind das sacramcnt, so Christus gesprochen hat im abend-
essen. Luther 3, 157. schon mhd. äbentejjcn. myst. 189, 19.
zuweilen für ahcndspcisc : lachs ist kein gesundes abendessen.
ABENDFALTEH, m. sphinx, der abends in der ddmmerung
fliegende Schmetterling, sonst auch abendvogel.
ABENDFEIER, f. feierlicher begang der abendzeit, abends
andaeht.
ABENDFEST, n. abendliches fest.
ABENDFEUCHT, rorc madidus.
ABENDFEÜER, n. Sonnenuntergang: grosze im abendfeuer
stehende natur. J. Paul uns. löge 2, 11.
ABEND FREIER, m. der abends buhlt, freiens vorgibt:
ei was thet solchem ebentheuer '
und lüderlichem abendfreier;
alsbald bei nacht ein gute haut
in voller weise angedrawt.
U. RiNGWALDis lautere warheü 1590. $. 74.
ABENDFRESSEN, n. üppiges prassen zu abend: in dem
abendfressen des allerheiligsten herrn des bapsts. Luther 3, 95.
ABENDFRIST, f. anberaumte abendzeit. heut zur abend-
frist. Gotter 3, 72. die rechte abendfrist einhalten.
ABENDGABE, f. der wilwe, gegenüber der morgengabe ßr
die junge frau. weisth. 1, 14.
ABENDGANG, m. gang zur abendzeit. im bergbau ein ge-
gen abend streichender gang.
sie tet einen abentgang,
sie gieng gar trauriklicnen. Uhland volksl. 1, 190.
ABENDGAST, m. gast der bald abgehn musz:
auf erden als einen armen abendgast. B. Ringwaibt.
ABENDGEBET, n. nnl. a.vondgebed, abendsegen, abendan-
dacht.
ABENDGELÄUTE, n. im morgengeläute spricht die zukünf-
tige, im abendgeläute die vergangene zeit. J. Paul Titan 2,
49. im abendgeläute des wcideviehs, wenn die glocken des
heimziehenden viehes erschallen.
ABENDGESANG, m. abendliches licd. der nachtigall abend-
gesang.
ABENDGESELLSCHAFT, f die sich abends versammelt.
ABENDGESPRÄCH, n. abcndunterhaltung. abendtgespre-
che, collatio per duplex, vocabul. incipiens teutonicum ante
latinum.
ABENDGEWÖLK, n. abends erglänzende wölken.
ABENDGLANZ, m. im abendglanz der sonne.
ABENDGLOCKE, f. die abends zu bestimmter stunde läutet.
um die zeit der abendglocke. A. Gryph. 1, 896. die abend-
glocken des lebens tönen. J. Paul Hcsp. 2, 241.
ABENDGOLD, n. glul der untergehenden sonne, wie man
sagt: die sonne geht zu golde.
ABENDGLUT, f. abendrülhe.
ABENDHAUBE j f., die frauen abends aufsetzen. Gökingk
1, 83.
ABENDHAÜCH, m. frische abendlufl:
nur uns erfreut kein wehender abendhauch,
F. L. Stolberg 1, 107.
ABENDHIMMEL, m. abendlicher horizont.
ABENDJAGD, f. abends und nachts bei fackelschein veran-
staltete jagd, fackeljagd.
ABENDIMBISZ, m. s. abendbrot und imbisz.
ABENDKLAR, abendhell.
ABENDKOST, f. abendessen.
er bringts {das trinkgcschirr) voll most
zum süszen schlusz der abendkost. IIageoürn 2, 101.
die Vorsteher bereiteten in einiger ferne eine abendkost, auf
die man nicht gerechnet hatte. Göthe 25, 32.
ABENDKUEIS, m. gesellschaß, die sich gewisie abende ver-
sammelt, abcndzirkel.
ABENDLAND, n. westlich gelegenes land, occidenl.
ABENDLÄNDER, m. cinwohncr des westens.
ABENDLÄNDISCH, occidentalisch.
ABENDLERM , m. abendliches geräusch. das dorf war voll
geschäftigen abendlerms. J. Paul Titan 5, 5L
ABENDLICH, vespertinus. die abendliche sonne, abend-
liche Sterne, ein abendlicher schmaus.
ABENDLICH, adv. vespere, abendlich verweilte er einige-
mal mit frau von Stael bei mir. Göthe 60, 267.
ABENDLICHT, n. abendliches licht, vorzüglich heiszt so die
abends aufgehende Venus:
komm du schönes abendlicht,
das der lieb erfüllung giebet,
nachtstcrn komm und säume nicht. Opitz.
ABENDLIED, n. zu abend gesungnes lied, zumal ein from-
mes.
ABEND LUFT, f. nnl. avondlucht, leichte, kühle luß nach
Sonnenuntergang: die abendlufl genieszen.
25 ABENDLÜFTCHEN — ABENDSCHATTEN
ABENDLÜFTCHEN, n. kein abendlüftchen gieng. er fürch-
tet jedes abendlüftchen.
ABENDLÜST, f. eine lust, die man steh zur ahenizeii
macht; auch heisst in einigen stddten so der ort, wo man
sich daiu sammelt.
ABENDMAHL, n. nnl. avondmaal, abendmahlzeil, eoena:
kanst du dem freund aus eigner schale
zuuinken von bezahltem wein?
bei einem kleinen abendmale
anakreontiscb ihn bewirten? GöEiitcE 1, ISO.
dann aber das heilige abendmahl, «o/ür auch nachtmahl oder
der tisch des heim, engl, the Lord's supper gesagt wird. ahd.
findet sich zwar ad coenam agni verdeutscht za nahtmuase
lambes, doch weder nahtmuos noch nahfmal oder äbantmäl
technisch gebraucht, vielmehr bedienten sich die Gothen des aus-
druckes hunsl d. i. sacrament und opfer, altn. hftsi, ags. hü-
sel, und noch bei Chaccee housel, eucharistia, ahd. wijod,
ags. vitod sacramentum. communion, thcilnahme am opfer
ist ags. hüselgong, gang zum opfer, ein communicant hüsel-
genga. abendinahl oder nachtmahl kamen erst durch die re-
formation auf, jenes bei den Lutheranern, dieses bei den Re-
formierten, das abendmal halten. Lih-her 3, 402. des heim
abendmal. 1 Cor. 11, 20. nnl. avondmaal und nachtmaai.
altn. nättverdr, schw. nattvard, ddn. nadver (/". naltver) und
aftensmaaltid ; doch schw. aftonmäl, ddn. aftenmaal bezeichnen
nie das sacrament.
ABENDMAHLZEIT, f. nnl. avondmaaltijd, vornehmer und
feierlicher als abendessen.
ABENDMARKT, m. eine art vormarkt, der schon :u abend
beginnt.
ABENDNEBEL, m. der abends aufsteigt.
ABENDOPFER, n. den Juden ein brandopfer, das abends
■ entzündet durch die ganze nacht brannte; überhaupt aber je-
des am abend dargebrachte: der alte brachte seine herzlich-
sten lieder dem freunde zum abendopfer. Göthk 18, 230.
ABENDPFEIFCHEN, n. bei tabacksrauchem :
während der vater vergnügt sein ruhiges abendpreirchen
raucht. Voss.
ABENDPLÄTZCHEN, n. lieblingssilz am abend: hier wurde
das abendplätzchen der guten mutter bezeichnet, wo eine
herrliche buche u. s. w. Göthe 21, 140.
ABENDPRACHT, f. garten, worin sich der Janius mit sei-
ner abendpraclit lagerte. J. Pacl Titan 2, 152.
ABENDPREDIGT, f. abends gehaltne. Lcther 3,183.
ABENDRAUCH, m. was abendnebel.
ABE.NDREGEN, m. nnl. avondregen, abends fallender, figür-
lich: wenn der abendregen der erinnerung auf die heiszen
wangen fällt. J. Pacl Hesp. 3, 121. Lcther verdeutscht ieiöv
nociiuov itai oxpiuov Jac. 5, 7 morgenregen und abendregen
statt frühregen und spätregen d. i. frühlings- und herbstregen.
ABENDROTH, n. älter und edler als abendrüthe, mhd. äbent-
rul, als gegensalz zu tagerot, beide männlich und beinahe per-
sönlich, als riesen des abends und tages aufgefaszl, alid.
Abantrol und Tagarüt, wie auch Dagared und Dagrim alls.
mannsnamen sind, abendrot gut wetter bot doch erscheinen
auch weibliche äbentrüt und tageröt, aurora.
ABENDROTH, adj. rolh vom abend, wie der abend, ein
abendrother bimmel.
AUENDRÖTHE, f. der rothe tchem nach Sonnenuntergang,
der bauer sagt mit nachwirkender personification : die abend-
rüthe zieht über land, icenn 5tcA die beleuchteten wölken gegen
Osten bewegen, was heiteres wetter für den morgenden tag weis-
sagen soll, im Schimmer der abendrüthe. bildlich: die abend-
rölhe des lebens. auf den trüben zustand des reichs folgte
noch eine schöne abendrüthe.
ABENDRUF, m. vor dem ersten abendrufe der nachtigall.
J. Paul Titan 2, 211.
ABENDRUHE, f. abendliche tttlle.
ABENDS, vespere, heute abends, gestern abends, abends
zuvor, vor abends, der gen. abhängend von dem ausgelasse-
nen zeit.
ABENDSCHATTF.N, m. abendlicher, in stillen abendschat-
len ruhend. GOthe 9,32; wenn die abendschatten sich über
land ziehen. Bettime briefe l, I9t; hast du dich so traulich
an mich geschmiegt, wie die abendschatten. Bettii^e tageb. 52 ;
die fHihe sich verloren hauen,
begegnen sich im abendschalten
und gehen band in hand zur ruh. Gott» 1, 10.
ABENDSCHAITR — ABENDWÄRTS
26
ABENDSCHALTR, m. in dem abendschauer der feiernden
natur. ThCmmels reise 9, 66; weil nach Sonnenuntergang ein
gelinder schauer empfunden wird.
ABENDSCHELN, m. abendrüthe, abenddämmerung : im abend-
schein; als schon der abendschein der fackeln ausgelöscht
war. Stolbebc 14, 184. ohne Zusammensetzung :
harrend von des morgens Hebte
bis zu abends schein,
stille hornung im gesiebte
sasz er da auein. Schiller 61.
ABENDSCHICHT, f. im bergwerk die abends beginnende
Schicht oder arbeilszeit, an einigen orten nachtschicht. s. schiebt.
ABENDSCHIMMER, m. nnl. avondschemering, gleichriel mtt
abendschein. ags. aefenscima crepusculum vespertinum. im
abendschimmer sanft geröthet, im abendschimmer glänzend.
ABENDSCHMAUS, m. abendliche mahlzeit.
ABENDSEGEN, m. gebet, den abendsegen beten.
ABENDSEITE, f. die gegen westen gewandte seile eines ber-
ges, hauses.
ABENDSITZÜNG, f. noch an demselben tage wurde dieser an-
trag in einer abendsitzung genehmigt. Beckers wellg. 12, 242.
die abendsitzungen waren meistens regelmäszig. Göthe 17, 400
ABENDSONNE, f. die untergehende, im glänz der abend-
sonne. wir arbeiten bis zur abendsonne.
betrachte wie in abendsonneglut
die grünurogebnen büuen schimmern,
sie rückt und weicht. Göthe 12, 59.
ihr blick ist mild und glänzend
wie abendsonnenglut. Kosegabtex.
das schmeichelt aug und herz so froh,
wie abendsonnensirahl. Bcrgeb 84.
ABENDSPAZIERGANG, m.
ABENDSPEISE, /". weiche eier sind eine gute abendspeise.
ABE.NDSPIEL, n. nnl. avondspel, abendliches, im heitern
abendspiel der dichtung. Göthe 45, 95.
ABENDSTÄNDCHEN, n. an abend- mittemacht- und morgen-
sländchen fehlte es auch nicht. Göthe 25, 119.
ABENDSTERN, m. nnl. avondster, die bei Sonnenuntergang
sichtbare Venus, Opitz sagt vesperstem. bisz den menschen
der abendstem zu der ruh widerführet. Weckuerli5 226.
ABENDSTHLLE, f. abendliche ruhe:
ob ein Treund in der abendsiill,
ob mein lächelndes weib sich in den arm mir legt.
Voss.
ABENDSTR.AHL, m. abendsonnenstrahl :
siehst du wol funkeln dort ein sclilosz
im abendsirabl wie gold ? Bübger 86.
ABENDSTUNDE, f. nnl. avonduur, abendliche zeit.
ABENDSUPPE, f oß für abendessen.
ABENDTAFEL, f abendtisch, abcndmdtlzeiL der kOnig zog
ihn zur ahendtafe).
ABENDTANZ, m. (^endlicher, halten ein herlichen abent^
tanz. Jac Ayrer 410'. H. Sachs 1,233'.
ABE.NDTHAU, m. nn/. avonddauw: scheue nicht den feuch-
ten abcndtbau. Bettine tageb. 67;
nur reinen herzen duftet der abendibau
der bunten lenzOur. Stolberg 1, 21.
ABENDTHOR, n. durch welches der tonnmwagen am abend
fährt.
ABENDTISCH, m. einem den abendtisch geben, ihn abend*
mitessen lassen.
ABENDTRU.NK, m. abendzeche, abendlidies trinkgelag:
ein iheil {manche) den engein sind so gleich,
wie ir herschaH dem himelreich.
die andern gleich den menschen sind,
die man beim abendtrunke lind.
Nigrixus affentpiel 1571. El*.
d, h. alltdgliclien menschen, wie sie tm wirtskaus xusMimen
kommen.
ABENDUNTERHALTÜNG, f.
ABENDÜRTE, f abendzeche. Jon. Eberli«« lob der pfarrer.
1521 Aiiii. nicht Schlaftrunk thun, kein abentürthy. Paracel-
scs 1616, 6S9'.
ABENDVOGEL, m. was abendfalter.
ABENDWÄRTS, gegen abend, westwärts, gegen abendwerts.
Lüthe« 3, 200* und Josua 8, 9. 12. zum abendwerts. Jos. 1»,
11. von abendwerts der sladt 2 chron. 32, 30.
27
ABEND WEITE —-ABENTEUER
ABENTEUERLICH — ABENTEURER
28
ABENDWEITE, f. in der astronomie, abstand des puncles,
in welchem ein stein untergeht, von dem abendpunct, ampli-
tudo occidua.
ABENDWIND, «i. nnl. avondwind, Westwind oder auch ein
sich abends hebender wind: die kühlen abendwinde scha-
den;
blumen öfnen ihre brust
lauen abendwinden. Gotter 1, 73.
ABENDWOLKE, f. abendliche wölke bei Sonnenuntergang :
bis der liebe
Stern so trübe
in der abendwolke schwiramt. Salis
ABENDZECHE, f. abendliches trinkgelag. wunderbarliche
gesellen findet man oft in den abendzechen. Wickram rollw. 65.
Fischart Garg. 83".
ABENDZEHREN, n. was abendesscn. den vierden lüde sie
zum abendzehren. Philand. von Sittew. 1, 533 ; unsere burger-
zechen, nachzechen, abendzeren, undertrunk , Schlaftrunk.
Fischart Garg. cap. 4.
ABENDZEIT, f. nnl. avondtijd, abendliche zeit.
ABENDZUG, m. auf der eiscnbahn, der abends fährt.
ABENDZUSAMMENKUNFT, f. was abendgesellschaft.
ABENTEUER, n. früher f, aus dem romanischen adventura,
aventura, aventure, woher es schon die mhd. dichter entlehnten
und häufig in verschiedncn bedcutungen verwandten, die Be-
NECRE 1,67 — 72 vorträgt; nicht zu schreiben abentheuer, noc/i
weniger abendtheuer, obgleich manche dabei an abend und
theuer (tiure), andere gar an äffe und eben (affenteuer, eben-
teuer), ohne dafür einen grund zu wissen, gedacht haben werden;
einige fcczo(/en ebenteuer, ebentlieuer vie/to'c/ji au/" eventus. das
nnl. avontuur na/im offenbar bezug aw/'avond. Weiblich gebraucht
taucht es noch hin und wieder im 16. il.jh.vor: seiner aben-
thür. Keisersb. brosamlin 73* ; die wigoleisisch abenteur. Fi-
SCHART Garg. 102'; dise abentheur. das. 239'; auch üßcr in
der Verdeutschung des decamerone, Frankf. 1580 ; mit uner-
hörter abenthewer. Weckherlin 859; du wagest eine grosze
ebentheuer. Gryphiüs seugamme s. 876; bald aber galt allge-
mein das neutrum.
Mit diesem abenteuer nun verknüpß sich stets die Vorstel-
lung eines ungewöhnlichen, seltsamen, unsichern ereignisses
oder Wagnisses, nicht nur eines schweren, Ungeheuern, unglück-
lichen, sondern auch artigen und erwünschten.
Auch mich hat ein liebes abenteuer erwartet, abenteuer?
warum brauche ich das alberne wort, es ist nichts abenteuer-
liches in einem sanften zuge, der menschen zu menschen hin-
zieht, unser bürgerliches leben, unsere falschen Verhältnisse,
das sind die abenteuer, das sind die ungeheuer. Göthe 16,
206. von einem edelhofe zum andern, wo er manches ver-
gnügen erregte, manches genosz und nicht ohne die ange-
nehmsten und artigsten abenteuer blieb. 19, 121. sie haben
heute gewis ein abenteuer gehabt? sagte Jarno, und zwar ein
angenehmes, wie sie sich auf ihre leute verstehen, versetzte
Lothario, ja es ist mir ein sehr angenehmes abenteuer begeg-
net. 20, 73. hätte Clavigo nicht einmal ein abenteuer mit
ihr gehabt? 10, 99. weil du dich mit einem abenteuer beschäf-
tigst, das nichts fruchtet und die schöne zeit verzehrt. 10,224.
wenn er nur nicht
den andern in die hünde rällt, die sich
am wege lagern, wildes abenteuer
unedel zu begelin. 10, 230.
mein abenicuer, wenn nicht zu vollführen,
doch anzuknüpfen. 10, 237.
bei dem gräulichen zustande unserer lieben zeitungskiilik hat
noch das abenteuer gefehlt, dasz leute ohne alle literarische
kenntnisse sich zu kunstrichtern aufwerfen. 33, 115.
50, 58 hebt GüTHE Kants 'abenteuer der Vernunft' hervor,
der 7, 299 sagt : eine hypothese solcher art kann man ein ge-
wagtes abenteuer der Vernunft nennen, und der sich auch sonst
iißer des wortes bedient, das abenteuer das wir im luftschiffe
der metaphysik gewagt haben. 3, 96. auf wahrscheinliche ver-
muthungen ein physisches abenteuer wagen. 8, 238. die wilde
aufopferung der weiber in demselben Scheiterhaufen, der äie
leiche des mannes verzehrt, ist ein scheuszliches abenteuer.
7, 435. des abenteuers Seltsamkeit bedenkend. ScnaiER ;. v.
Orl. prol.
Bei den handwerkern heiszt abenteuer erwarten oder sein
handwerk auf abenteuer treiben bald soviel als auf bestellte
arbeit warten, bald arbeit auf den kauf verfertigen, folglich
auf gut glück arbeiten, ich stund und schaut gut abentheuer.
Schmelzl lobspruch 71. ein abenteuer wagen oder bestehn
bedeutet etwas seltsames, gefahrbringendes unternehmen, man
sagt auch blosz: ein abent£uer, sein abenteuer stehn: mein
glaube und ich stehen unser ebenthewr. Luther 4, 329, wie
es auch später hiesz: unser risico, deutscher: unsre eigne ge-
fahr, auf eigne gefahr. Auf ebenteuer ist bei Luther in even-
tum. die taufe stehet auch nicht auf eventum, das ist auf
ebenthewr. 4, 329 ; wer die taufe auf den glauben gründet
und teuft auf ebenthewr, der thut nichts bessers, dan der
oh glaube teufet. 4, 323; das heiszt das gebete in die
schanz geschlagen und auf ebenthewer gemurret. 4, 414; ha-
ben allzeit ungewis dahin gebetet auf abenthewer und ge-
rathen. tischreden 147'. auf abenteuer fahren, in erwartung
seltsamer glücksfälle durchs land streichen :
von ihren Schwestern, die schon seit einigen jähren
durch berg und thal auf abenteuer fahren. Wielajcd 5, 69.
Nicht zu übersehn sind die fälle wo das abenteuer, gleich
der alten frau Aventiurc, noch persönlich und halb persönlich
genommen wird und dann zur schelle ausarten kann, wann
weichstu dann, du abenthewr? /ösz^Er. Alberüs 9t' das stolze
ros zum escl sagen, der ihm im wege steht, und meint: du
ungethüm, du misgestalt. Meliora, die pase dein, ist auch
ein abentheur. Jac. avrer 334'.
da sitzt das abenteur mit weilen ermein dal
GöTUE 7, 42.
keine band rüiirt doch das abenteuer und denkt weder an
gott und weit. Tieck 4, 8. jener messbuden, wo man wilde
thiere oder sonstige abenteuer für geld sehen läszt. Göthe
28, 210. Als ausruf:
die lieb ist fewr, o abenthewr!
ist Wasser auch imgleichen. Spee Iruttn. 33.
für 0 wimder !
ABENTEUERLICH, nnl. avontuurlijk, in allen mit abenteuer
verbundnen bedeutungen, seltsam, ungereimt, der gruntzer-
teufel ist ein ebenteurlich gott. A. Gryph. 1, 714. affentheur-
lich naupengcheurliche geschichtklitterung. Fischart. auch
dies adj. bei Göthe oß: welch ein abenteuerlicher kämm,
wie das thier sich verwundert! 14, 94. wie abenteuerlich ich
mir die gegenden vorstellte. 16, 112. nur da die Ungleich-
heit unserer jähre und kräfte die sache ohnehin etwas aben-
teuerlich macht, so schlage ich statt anderer waffen ein paar
rapiere vor. 18, 225. der graf gab ihm ein buch, aus wel-
chem er eine abenteuerliche novelle vorlas. 18, 30S. man
beneidete die wunderlichen gesellen (die zigeuner), die in se-
ligem müsziggange alle abenteuerlichen reize der natur zu
genieszen berechtigt sind. 19, 36. abenteuerliche Verknüpfung
der bedeutenden zustände des menschlichen lebens. 24, 108.
die geschichte der Johanna von Orleans gewinnt ein aben-
teuerliches helldunkel. 32, 175. auf anlasz einiger aben-
teuerlichen Schnörkel. 39, 345. so modelt der wilde mit
abenteuerlichen zügcn , gräszlichen gestalten , hohen färben
seine cocos, seine federn und seinen körper. 39, 348.
Und bei Kant: abenteuerliche folgen 3, 406. die eigen-
schaft des schrecklicherhabenen, wenn sie ganz unnatürlich
ist, ist abenteuerlich. 7, 387. abenteuerlich ist ein mensch,
der den bang hat sich in begebenheiten zu verflechten, de-
ren wahre erzählung einem roman ähnlich ist. 10, 266. ein
abentevrerlich gestalteter, aber aufgeweckter mann. lO, 334.
ABENTEUERLICHKEIT, f. solchen abenteuerlichkeiten Tor-
gebaut zu haben. Fichte 1, 335.
ABENTEUERN, abenteuer wagen, auf abenteuer ausgehn:
ein ritlcr und ein pauraan
begunden abenteuren,
jewodnr chempfen da versprach,
ir chrieg sol uieinaat steuren. Uhland volksl. 1, 336.
er ist der stärkste gott (Thor), der abenteuernd stets nach
riesen und unholden spürt. Dahlmann dän. gesch. l, 34; du
erwachte in vielen die alte ahenlcuernde iust. das. 2, 137.
oft abenteuernde Italiener den Fichtelberg sollen durchforscht
haben. Tieck 1, 117. vgl. franz. avanlurer, nl. avonluron,
wagen.
ABENTEURER, wi. avanturicr, unter welchem titel die erste
hdlße des 18. jh. viele romane vorbrachte, es ist zu Coln
ein abenlewrcr gewesen. Pauli schimpf 50". unsere drei
29
ABENTEURERIN— ABER
verunglückten abenteurer blieben noch eina Zeitlang in ihrer
seltsamen läge. Göthe 19, 42.
ABE.NTEIJRERIN, f. sie machen mich wider meinen wil-
len zur abenteurerin. Gotter 3, 177 [wo unrichtig sieht aben-
tUeuerinn.)
ABE.NTEÜRIG, gleichviel mit abenteuerlich, nur in schrif-
tm des 16. Jh., jetzt ungebräuchlich: gar sellzan und aben-
teürig. Frank weltb. 152'; mit ?il abentheiiriger anzeigung.
Paracelsi opp. 1, 816*.
.\BENTLEHNEN, muluari, von etnem entlehnen, das haus
hatten wir dem Cratander abentlehnt. Th. Pl.\ter 189.
ABEMSPENEN, entwöhnen, entfremden, eigentlich ablactare.
fasln, sp. 15, 34. 156, 7. 20. s. abspenen.
ABER, eine uralte partikel und fast ein kennzeichen hoch-
deutscher mundart, da sie, auszer der gothischen, den übri-
gen abgeht: golh. afar, ahd. afar avar avuraber(GR.\FF 1,178),
mhd. aver aber (Bex. 1, 72), das mnd. aver, nnd. aver scheint
hocltd. einflusz, da weder im alls. noch nl. fries. ags. eine
spur davon ist. die nnd. Volkssprache bildet neben aver auch
noch avers averst. Das golh. afar ist immer praep. mit der
bedeutung ixerä und oTiiaco , daneben stehn die adv. afta
aiid-is, aftra näliv, ohne zweifei ist afar forlbildung der
einfachen praep. af, aus dem in af enthaltnen begrif der Sen-
kung und des niedergangs folgt der des nach, hinler und wie-
der und mit anschlusz eines t ergeben sich afta und aftra,
ganz wie dem ahd. äpant ein altn. aptan aftan zur seile trat,
im ahd. avar erlosch die natur der praep., es ward bloszes
ade, wogegen ahd. aftar als praep. und adv. erscheint, die
bedeutung des ahd. avar, nhd. aber ist dem alts. und ags.
oft überwiesen, dem ahd. aftar entspricht alts. aftar, ags.
äftcr, fries. efter, alln. eptir, eftir, schw. dän. efter, neben
dem altn. adv. aptr aftr, schw. utcr, dän. atter ßr rursus.
.Dasz neben ahd. apa aba ein afar avar, nebe« mhd. abe aver
auftreten, steht der gegebnen herleitung nicht im wege, da oft
einzelne derivata in der stufe der muta von ihrem stamm
weichen, ohnehin überwog schon bei Notker und im guten
vihd. aber.
Diese geschickte der form vorausgeschickt , lassen die be-
dcutungen und der gebrauch des nhd. aber sich leicht ent-
falten, als praep., wie wir sahen, war es längst erloschen,
doch selbst die ältere, sinnliche bedeutung von wieder muste
allmälich einer abgezognen conjunction weichen.
Daher als adv erb für wieder. Herum, rursus, gebraucht L\--
rnzK noch genug: lief aber zumbrunnen,rec«rrtfarfpi(/eum. iMos.
24,20; und aber über ein kleines, et Herum modicum. Jo/i. 16,
16; offenbarte sich aber, mam/es/a»!/ «e i/erum. Joh.2l,l; und
der herr rief Samuel aber zum dritten mal. 1 Sam. 3, 8 ;
und sclirieen aber zum herrn. das. 12, 10 ; es hat mir Carl-
stad aber ein büchlin zugefertiget. sehr. 3, 155; hie ein we-
nig und denn aber ein wenig. 2,243; da macht Moses aber
eine repetition. 4, 19 ; ich bin wol gestern und heute und
alle tage zur messe gangen, doch wil ich morgen aber hin-
gehen. 6, 34; da schrei es aber {denuo) kleglichen. 6,500';
David spricht, meine seele harret des herrn und ich warte
auf sein wort, und aber (et i/en<m), meine seele wartet. 6,390.
Ebenso finden sich anderwärts beispiele: über iriO welscher
mcil funden wir aber eine (insel). S. Frank weltb. 221* ; und
aber (wieder) ganz umbsonst. Galmt 289; indem begab sich,
dasz aber {wieder) einer sich hervor that. Kihel Livius 175;
du wärst nicht ttiäte foit. und aber ihnle eotl,
so wnrstu lang ein raub dem teuTel und dem lod. Logad 1, 88, 65.
noch Claudius 4, V: so wäre ich wol gemeint aber ein bü-
chcl heraus zu geben.
die kaiscrin und Friederich
nacli manchem knmpT und siege
entiweiten endlich aber sich
und rüsteten zum kriege.
\\'andsbeck€r hole th. 4.
Besonders wenn dem aber einst oder einmal folgen: schrie
aber einst {noch einmal) Lgther 1,119'; und wenn wir gleich
gewönnen , müsten wir aber einmal {noch einmal) die schla-
hen, so uns geholfen betten 6, 4*; da bürestii aber einmal
{noch einmal) 6,346"; drumb ennanet er aber einmal. 3, 290.
Auch dauert das alte aber gern bei Wiederholungen: trotz
euch allen und aber trotz. Lother 3, 66; ach wehe und
aber wehe! 3, 338; zeiher und aber zether! B. Kixcwai.d
K iii"; o geiz und aber geizi Opitz, ach aber ach! Gü5-
tber 806.
ABER
aber Galateas muscheltbron
seh ich schon und aber schon. Göthe 41, 177.
SO
sie hatten schon einmal und aber den tag des abscbieds
vertändelt. Stolberg 1, 277. zumal verwendet es Göthe
gern bei zahlen:
Muse ruft zu berg und thale
tausend aber tausend male. 3, 35.
und nun führen aber hundert
mir das liebchen in den räum. 3, 39.
tausend aber tausend stimmen
hör ich durch die lüfle schwimmen. 4, 196.
mitlheilt ich tausend aber tausend jähren
der Griechen, der Trojaner herzeleid. 4, 24.
von aber tausend blüien. 5, 193.
sonst werden tausend väter,
wie du, um ihre kinder weinen, tausend
und aber tausend kinder ihre Täter
vermissen. 9, 325.
tausend blumen aus den kränzen,
aber tausend aus gehangen blickend. 11, 266.
die reicht uns tausend aber tausend andres gut. 11,371.
die übrigen wände waren verdeckt von hundert und aber
hundert bildnissen. 21, 153. tausend und aber tausend be-
trachtungen. 22, 149. nun waren hundert und aber hundert
menschen dahinter her. 28, 148. das mit hundert und aber
hundert lampen erleuchtete Kassel. 30, 153.
durch tausend aber tausend formen. 41,171.
sie schleicht heran an aber tausend enden,
unfruchtbar selbst, unfruclitbaikeil zu spenden. 4t, 258.
von Sturz zu stürzen wälzt er jetzt in tausend
und aber tausend strömen sich ergieszend. 41, 7.
den steilsten stieg erklommen wir mit hundert und aber
hunderten. 43, 260. tausend und aber tausend gestalten.
43, 263. Kühn ist hier einigemal (5, 193. 41, 258) die erste
zahl unausgcdrückt.
So wiederholt gich aber selbst, oder ein abermal, abermals
folgt ihm nach : spülte sie aber und aber. Vo» 2, 314, ganz
wie ein mhd. aber und aber, pass. 38, 75; sie wiederholte
sich aber und abermals was sie seit jenem vorschlage des
grafen oft genug bei sich um und um gewendet hatte. Göthe
17,129. sie bestand aber und abermals darauf, Ottilie müsse
entfernt werden. 17, 286. aber und abermal gehn mir die
äugen über mich selbst auf, immer zu spät und immer um-
sonst. 20, 304. ich bat sie aber und abermal um Verzei-
hung. 25, 363. aber und abermals kehrte ich daher zu der
kantischen lehre zurück. 50,51. ich habe bei dieser gelegenheit
das gemeine volk wieder näber kennen gelernt und bin aber
und abermal vergewissert worden, dasz das doch die besten
menschen sind. 60, 221. leben sie wol aber und abermal.
60, 227. aber und abermal hoch! beim vivatrufen, Göthe
8, 178.
Auszer diesen redensarten und einigen Zusammensetzungen
wie abersaat , abenvandel , deren es sonst noch andere gab,
{ahd. avarsturz febris recidiva, heute rücksturz) hat sich das
alte aber ßr wieder in der heutigen spräche beinahe ver-
loren.
2) Weit häufiger geworden und vielfach verwickelt ist die
anwendung der conjunction aber, wie sie aus dem Über-
gang des wieder in wider, des wiederholens in ein entgegnen er-
wachsen ist; fast immer Idszl ein solches aber sicJi auch durch
ein schleppenderes dagegen, hingegen, dahingegen verständigen.
aber bezeichnet also den auf eine behauptung unmittelbar fol-
genden einschränkenden gegensatz: er ist arm, aber tugend-
haft; wie der schnee so weisz, aber kalt wie eis; er empfieng
wenig Unterricht, aber weisz viel ; das Unglück verfolgte, aber
beugte ihn nicht; anfangs schien er nichts zu vermögen, aber
zuletzt folgten ihm alle, hier könnte einigemal die conjunc-
tion ganz unausgcdrückt bleiben, anderemal durch doch ver-
trelen sein, im ganzen ist doch etwas stärker adversativ alt
aber, das mehr dem fortgang der rede zusagt, während in
doch irgend ein anstosz und widnsland auftaucht, du bist
mein fcind, aber du magst kommen (ich werde dich empfan-
gen), doch du magst kommen (ich werde dich trotzdem em-
pfangen); das leben ist kurz aber schön {fast: kurz und
schön), kurz doch schön (dennoch schön.) Saeh vorausge-
hendem zwar darf jedes, aber oder doch eintreten; in
manchen lagen ist zwischen ihnen kaum ein unterschied, wenn
GöTiiE 24, 145 sagt: es währte nicht lange, so entspann sich
aber für mich ein eigne» interesse; könnte es auch heiszen:
entspann sich doch, und so «n tahlloten fällen, durch ihn
unmittelbare Stellung nach dem wort, worauf ein gewicht Jie-
31
ABER
ABERACHT — ABERGOTT
32
gen soll, pßegt diese parlikel in der rede höchst wirksam zu
sein : man hat das gerücht von unsrer krankheit ausgesprengt,
wir sind aber gesund ; ihr seid krank, wir aber sind gesund ;
wir kränkelten, krank aber dürfen wir nicht heiszen.
Die Verbindung beider nebeneinander , aber doch , doch
aber läszl den gegensalz stärker auftreten : er ist betrübt,
aber doch entschlossen; dies Unglück hat ihn hart getroffen,
doch aber wieder aufgerichtet, mhd. verbanden sich auch
unde aber : schoene unde aber kleine Iw. 80, worin das
alte 'wieder' anklingt, heute sagen wir: schön und doch fein,
schön wiewol fein, oder aber folgt nach vorausgehendem
entweder: ich will entweder siegen, oder aber sterben; das
sie entweder von der auferstehung nichts halten, oder aber
sich dem ewigen verdamnis müssen übergeben haben. B. Ring-
wald ; ja noch mehr häufend Opitz :
das best aus zweien ist gar nie geboren werden,
nie, oder aber doch bald scheiden von der erden,
wo das aber entbehrlich ist. die Verstärkung scheint dann
am platz, wo eine reihe von disjunclionen beginnt, endlich die
rechte enlgegnung eintreten soll: sodann aber durch den ge-
ringsten anlasz gestimmt wird, sich bald von dieser, bald von
jener seile zu zeigen, einen oder den andern pol heraus zu
kehren, sich anzuhäufen und von da sich unbemerkt wieder
zu zerstreuen, oder aber wol mit den gewaltsamsten und wun-
derbarsten explosionen sich zu manifestieren. Göthe 51, 271.
£j>icn leiseren ausdruck empfängt aber im Vordersatz, wenn
es, wie sehr oft im JV. T., das griech. Sa verdeutscht : Jesus
aber kam wieder von dem Jordan , Ir;aovg Se vTtsarosxfisv
anö tov looSdvov. Luc. 4, 1 ; der teufel aber sprach zu
ihm , ehtev Se avrcö o SiäßoXos. Luc. 4, 3, wo die nl.
Übersetzung hat: ende Jesus keerde weder, ende de duivel
zeide tot hem , mehr den forlgang der crzählung als einen
gegcnsatz, den sie durch maar zu bezeichnen hätte, darle-
gend, solche aber sind zumal dem deutschen hexameter
unentbehrlich:
Isegrim aber der wolf begann die klage ...
aber Isegrim hatte sie alle verschlungen ...
aber entlasz du jezo dem gölte sie ...
aber wolan lasz fahren den streit ....
aber nachdem die begierde des tranks und der speise gestillt war,
aber mama, sanftlächelnd der wolbekannien erzählung,
und so kann sie jeder einmal in gang gekommne Vortrag,
nach manigfaclier abstufung, allenthalben einfügen, wie denn
überhaupt diese parlikel der rede häufig ton und schatten ver-
leiht. Zuweilen beginnt den salz ein verwunderndes , auffor-
derndes oder schmälendes bedenkliches aber, das sich auch
zweimal setzen läszt :
da fragt ich : aber, sind sie das,
sind das die knaben alle ? Göthk 47, 3.
aber morgen nacht
bist du wieder da? Göthe.
er selbst ist todt. ich kam erst mit der letzten
Verstärkung unsers ordens. aber aber,
was hat mit diesem allen Kechas bruder
zu schalTen? Lessinc 2, 258;
aber, aber, es ist dafür gesorgt, dasz die bäume nicht im
(/. in den) himmel wachsen. Bettine briefe 2, 115.
3) die conjunclion aber, gleich andern parlikeln, sieht auch
substantivisch: ein aber bei einer sache haben, etwas da-
wider einwenden; alles gute, was sie von ihm sagten, nah-
men sie mit einem einzigen aber zurück. Wieland 6, 62 ;
es ist hier ein aber, das uns das ganze spiel verdirbt. Wie-
land 11, 180; manch aber ihm zu köpfe steigt. 21, 256; an
aber und wenn wirds euers gleichen nimmer fehlen. 21, 71;
häuft wenn und aber ohne zahl. 21, 292 ;
ha, lachte der kaiser, Torlreflicher haber,
ihr futtert die pferde mit wenn und mit aber. ÜSrger 67*;
aber, ach dasz aber und aber sich immer zu dem danke ge-
sellen, den wir den göttern zu bringen haben. Göthe 14, 7 ;
alier, und leider ein groszes aber, die verse sind ganz ab-
scheulich. Göthe 33, 219.
ABEK, sonnig, ein dem tat. apricus verwandtes, tn unserer
spräche althergebrachtes wort, ahd. Spar screnus, apricus (Graff
1, 99) mhd. iber, in der Meinauer naturlehre s. 10 hciszt der
lephyrus waltwint oder äbercr wint «nrf ajber (ahd. äpari)
apricitas l'arz. 120, 5 ; da beide Wörter bis auf heute in ober-
deutscher Volksprache fortleben (abcnvind, Südwest, Schmidt. 5)
ttnd auch Zwincli 2, 5 sagt: so einer lang in dem schnce-
glanz gewandlet hat und demnach an aabre grüne ort kumt,
verdiente das wort hier aufnähme, es abert, es obert be-
deutet es thaut auf, der schnee schmilzt, die berge sind aber,
heut ist aberes weiter. Stalder 1, 84. Schneller 1, 10.
wahrscheinlich ist das öslr. ein obers, für milchrahm, ein
äberej, wegen dhnlichkeit des milchschaums mit schmelzendem
schnee.
ABEUACHT, f. proscriplio superior, also für oberacht, Über-
acht, im Ssp. 3, 34 richtig overachte, nicht wiederholte
acht {von aber wieder); die falsche Schreibung wurde im 16.
jh. eingeführt, belege hat Haltaus unter dem wort, der ge-
schichlschreiber Hahn 5, 122 setzt aberachtserklärung. ge-
wöhnlich werden acht und oberacht verbunden, so ' bei Luther
1, 259', im reichsabschied von 1507 §. 25 und in der kammer-
gerichtsordnung von 1523. VL §. 2.
ABERÄCHTER, m. ein mit der oberacht belegter, denn ahd.
dhtäri, mhd. aehtaere bezeichnen sowol den ächtenden als den
geächteten (Ben. 1, 17'). /ür die formet ächter und aberächter
liefert Haltaus belegstellen. auch Luther 3, 107 echtem und
aberechlern.
ABERÄSCHE s. eberesche.
ABERBANN, m. gleichviel mit aberacht. Fischart im Gar«/.
cap. 30. acht und aberacht, bann und aberbann.
ABERBEN, hereditale obtinere, von einem erben; er wollte
es seinem bruder abkaufen, nun hat er es ihm abgeerbt,
einem gespenste gleich unter den lebenden bleiben und mit
hohlem ansehn einen platz behaupten wollen, den ihm ein
anderer abgeerbt hat und nun besitzt und genieszt. Götue
8, 231.
ABEREH, f. Fischart ßhrt Garg. cap. 25 unter den spie-
len n° 241 an der abereh , der aber ist gen. des weiblichen
arlikels und von dem zu eingang des Verzeichnisses gesetzten
spilt er abhängig, wie viel andere spiele ein des oder der
vor sich haben, der nom. wird also anzusetzen sein die
abereh, dies wiederum stehn für obereh, 'oberehe, ehbruch.
denn wie ehbruch und hurerei ahd. ubarhiwi, ubarhuor, ubar-
spil, mnl. overspil hieszen, kann auch ein ubarewa, später
overe und dafür avere, überche, unehe, nebenehe irgendwo
üblich gewesen sein, ehbmchs spielen war aber, des gefähr-
lichen namens ungeachtet, wol ein unschuldiges gesellschaßs-
spiel jener zeit.
ABERDAR, Herum, vocab. 1482. gebildet wie immerdar.
ABEREN, arando carpere, vom alten eren, ahd. arian,
erran arare, noch in einem weislhum von 1550 erhielt sich
das starke part. : wann einem durch den andern abgcarcn
were. weisth. 3, 800. of ieman dem anderen sin erve afcere
Lacombl. archiv 284.
ABERENE, m. abavus, proavus, s. Frisch u. d. w., sonst
overano. Haupt 1, 22; der aberuranherr alavus Schneller
1, 10.
ABERGEISTLICH, Luther sagt 8, 356": auch dasz ich
nicht der meinung bin , dasz durchs evangelium sollten alle
künstc zu boden geschlagen werden und vergehen, wie et-
liche abergeistliche fürgeben, dies tadelnde wort mag ultra-
geistlich ausdrücken und wie aberacht aberbann aberehe aber-
glaube gebildet sein.
ABERGLAUBE, m. superstitio, für oberglaube, nnl. over{>e-
loof, überglaube, dem super in superstitio nachgebildet, nd.
biglove, beiglaube, böhm. powera, von po bei und wera glaube,
ahd. ubarfengida, was über den wahren glauben hinaus, daran
neben vorbei geht. Lessing 3, 216 setzt fehlerhaß den acc.
aberglaube f. abcrglauben, wie umgekehrt andere den nom.
aberglauben f. aberglaube.
ABERGLAUBEN, superslitiose credere: und hat schier ein
jeder ein blaw kraut, rittersporn genant, in der hand, wel-
cher dardurch ins {sunwend) fewer sihet, dem thut dis ganz
jar kein aug weh, wie sie abcrglauben. Seb. Frank weltb.
1531, 51'.
ABEHGLÄUBIG, superstiliosus. Hagedorn 3, 95. auch bei
Herder, mehr aber im gebrauch ist das folgende, vgl. ab-
gläubig.
ABERGLÄUBISCH, superstiliosus. seitdem hatte ich mich,
abergläubisch genug, in acht genommen. Göthe 26, 13. die-
jenigen die auf namensbedeutungen abergläubisch sind. Götme
17, 24. aber auch von den gegenständen des aberglaubens :
alle iiypochondrischen, abergläubischen grillen waren mir ver-
schwunden. 26, 21. ein abergläubisches buch.
ADERGOTT, m. braucht Paracelsus 2, 250' entweder für
33
ABERGUNST— ABERMALS
ABERX — aber\at:isheit
34
abgott, oder obergott, über goU selbst gestcUten goU : du
machst dir in deiner fantasei ein abergott, den heiszest sanol
Paulum; auf die tergöUenmg der heiligen deutend.
ADERGüNST, f. für abgunst. ß. Waldis Esop 4, 94 hl.
338".
ABERGCNSTIG, ßr abgünslig. derselbe 4, 95 bl. 340'.
ABEUHALTEN, oblinere, von einem erhallen: nicht mit
recht aberhaiten, sondern mit gewalt abgedrungen und ge-
nommen. Frankf. ref. II, 10. §. 4.
ABEHHOLD, für abhold. Fr.^nk u-cltb. 223" und oß.
ABERKAISEB, »n. uebenkaiser. sonder das losz fül auf
den aberkeyscr Rudolphen. Fiscdart bienenk. 124*.
ABERKENNEN, abjudicare, durch ein rechlserkenntnis ab-
sprechen, an Ottocar venneinte sich der kaiser dadurch zu
rächen, dasz er ihm zu Nürnberg auf der Versammlung sein
konigieich aberkannte. lUns 4, 105; zu gleicher zeit verlieh
das Parlament dem herzog Waldemar die ihm früher aber-
kannten lande. Daui.masx dän. gcsch. 1, 423 ; dann überhaupt
ableugnen, nicht zugestchn:
es mag der leule wahn
mir immerhin die klugheit aburkenncn. Hacedor.^;
ist es die unkunde des lateins selbst , welche diese fähigkeil
(iweifcl gegen die religion su haben) allen menschen ohne
ausnähme aberkennt? Lessing 10, 186; alle consonantver-
doppelungen sind der ältesten spräche abzuerkennen.
ABERKLAUE, f. ungula poslerior , die hinlerklaue, wider-
klaue, von aber retro, gewöhnlich afterklaue.
ABERKLUG, stolidus, für überklug, superklug:
und dennoch schrein die aberklusen herrn
noch über wnim und blindlieit. Dotter 1, 411.
wenn man
so jeden sitlenspruch befolfren könnte,
der einem aberklucreu mund entllieszt. Platr.n 171.
ABERKOSEN, delirare: wer bei in sinnlos und wanwitzig
hin und her lief und aberkoset, den achten sie für heilig.
S. Frank weltb. 17". auf ein ahd. achüsön (Graft 4, 506)
mhd. äkösen zurückzufiihren , wie abenvitz aus äwizi ent-
sprang.
ABERLITZ, ungewisses geschlechts und sinncs, aber uralles
wort: einer sol des andern last, bürd, weis, gebrechen und
aberlitz wissen und tragen, nit ncgcn und nagen. Frank
sprichw. 2, lis' und ebenso : last, bürd, weise, gebrechen und
aiberlitz. Acricola spr. 132\ mhd.
mich tuol sin spachc Htze
dicke miner sorgen buoz.
Diut. 1, 321.
ahd. üzitun siniulare, lizitunc simulalio, untar demo lizze
sub obtcntu (Graff 2, 317). goth. liuts fallax, liutei fallacia,
dolus, lutön fallere. Schmeller 2, 531 der lilz laune, grille,
gelüste, der hat seine litzcn, ich hab ein litzen zu etwas
kriegt, der hat ein albern litz, du hast ein posc lilz. fastn.
sp. 253, 32, und die bedeutung von grille, albemheil, mit der
man geduld haben soll, eignet sich ßr aberlitz an» meisten,
vgl. abalitza abslülpen bei Todler 5'.
ABERI>ÖSEN, redimere, verstärktes erlösen, zurücklösen, ge-
richlswort: er erlöset die guter ab.
ABEltMAL, «. gleichviel mit aberziel.
ABERMAL, Herum, belege schon bei aber m der formel
aber und abermal. Herum iterumque. Ldtiier 4, 525* sagt,
da sehen wir aber ein mal {noch einmal, wieder einmal),
was gott von uns hell; und der herr redete abermal zu
Ahas. Jesaias 7, 10; hie mit vdrd abermal gesehen, pers.
roscnih. 7, 9 ; wobei ich meinem wirte abermal gelcgenhcit
gab zu stutzen. Wiela.-^d 2, 73; Agathon errülhete abermal.
3,146; an antworts statt schenkt Borcas abermal ein. 4,176;
in welcher heftigen bewegung IrelTe ich sie abermal, Adrast?
Lessixc 1, 450; künnen, günnen schreibe ich mit einem ü,
weil icli derer gcdanken bin , dasz von kunsl künnen , von
gunsl günnen herriilu-e. es sei dann, dasz man meine, diese
nennwörter wären aus den Zeilwörtern hergestaltet; da es
doch abermal nichts hindern würde. Locaü 3, 3.
ABERMALIG, iteratus, wiederholt, erneuert, im gerichls-
Stil gern dem possessiv oder Zahlwort vorausgestelll : nach
abermaliger seiner temehmung; nach abermaligen drei fri-
sten, auch WiELANo 12, 169 nach verflusz abermaliger drei
monatr.
ABERMALS , gleichviel mit abermal und von denselben
schriflitellern abwechselnd gebraucht, wie nicmat und niemals,
irgend und irgends lauschen, dieser, um es abennals und
abennals zu sagen, hat an keine andere leidenschaflen ge-
dacht. Lessinc 7, 351.
ABERN? ABERN? das ahd. avarön bedeuUt üerare, dparea
wahrscheinlich rcgelascere, keineni von beiden verwandt scheint
ein abern der Vogelsteller ßr locken, füttern, mit dem daliv.
die pföschherdc werden hin und wieder in die felder gemacht,
wo sich die zeislein. hänQein aufhallen; da wird ihnen mit
mähen (mohn), hanf und anderm geäbert, und wann sie die
speisen einmal oder zwei angenommen, werden die wände
gerichtet. Hoiiberc 2, 703".
ABERNAME , m. appellatio ignominiosa, beiname, zunamc,
ein name, den man noch über seinen erhält, also obername. dem-
nach gibt in die schrifl wol tausend abernamen und schend-
lich nachnaraen. S. Frank 3,139; die unter dem abernamen
cyniker in einen ziemlich zweideutigen ruf gesetzt werden.
Wieland, franz. surnom, engl, sumame, sp. sobrenombre.
ABERNTEN, plene meiere, die ernte vollenden, das getraide
abernten, das feld ist ganz abgeerntet.
ABEROBERN, recuperare, durch eroberung wegnehmen.
ABERPABST, m. antipapa, gegenpabst, wie aberkaiser. zohe
der keiser Heinrich IV gen Papiam mit seinem aberbapst.
Frank chron. 328* und sonst, auch aflerpabst
ABERIL\ÜTE, f. auch eberraute, abraute, artemisia abro-
tanum, aus dem griech. wort entstellt, s. afrusch.
ABERREDEN, delirare, gebildet wie aberkosen und gleiclier
bedeutung. dis gcscblechl der menschen, das also aberredl,
verzuckt und nit bei im selbs ist. Frank 6S; in dem dreck
ligen wie die sew, aberreden wie die sew. S. Frank Irunken-
lieit 1531. Eiii*.
ABERSAAT, f. quod secuada vice seritur, was auf abgeern-
tetem felde dasselbe jähr nochmals gesät wird, von aber icie-
dcr; auch nachsaat, aflersaal: nach der gerste und in die
abei*saat rüben säen. Scumid schw. wb. 5.
ABERSCHANZ, f. culus, die hinlerschanz, der hintere: ich
schlag im was ind aberschanz. Mörin 1539 bl. 17*.
ABERSEGEN, m. incantatio, abergläubisches segnen: dasz
man kein Zauberei, abersegcn noch beschwerung der creatu-
ren soll prauchen.
ABERSEL, »I. servus squalidus, es thut bie wehe ein ar-
mer jeckel und ascherprödel oder abersei sein und sich mit
füszen tretten lassen. Mathesius 53*; er musz ein anner
joeckel und aberscl sein, derselbe, wahrscheinlich von ars
culus, abärschel, der zu scJiwerem handlangerdiensl gebraucht
wird und sidi abarbeitet unter mishandlung.
ABERSINN, m. obstinatio, eigensinn, hartndckigkeiL
ABERSINNIG, obstinatus, hartnäckig.
ABERWANUEL, «i. rcgressus, rückgang, reukauf, recht zu-
rück zu gehn: sagte, es were ein guter kouf und welle mier
ein gantz jar aberwandel gen {geben), er welle aber kein aber-
wandel hau. Tu. Plater s. 95. 96; sagten ich soll im schri-
bcn, ich weit den aberwandel nun ufhebcn und den kouf also
halten, das. 90 ; er soll auch meiner abenvandel haben, von
mir zum andern, vom andern zum dritten und vom dniten
auf sein selbs eigen mund. Froxsperc kriegsb. 1, s'; mein
parlbei soll und mag auch über solches von mir zum andern,
und vom andein zum dritten, letzlich bisz auf sein eigen mund
abenvandel haben, das. 3, 10* ; der {gott) kan uns geben aber-
wandel {regrcss). Rlefs Adam und Hera 2508 ; ich bah in
im nie args funden, noch kainen aberwandel (nic/i/ büirnifan-
del, sondern riickgang, abgang vom handel, treulosigkeit). buch
der weish. 1485, 37* (6c« Schneller 4, 97). Stalders erklärung
1, 85 durch ersalz, chrenerklärung scheint ungenau.
ABERW.\NK, m. recessus, zurückwanken, abweichen: sobald
aber der gotlos ein Unwillen und abcnvank an im bat und
die äugen seines gemüts zu thut. Frank paradoxa 19*; die
sünd ist nicht anders dan ein freiwillig abker und aberwank
von gott. das. 167*. aber bedeutet hier zurück und widcrwank
wäre gleichviel.
ABERWEG, m. devium, ahweg, Seitenweg, ungewöhnlicher
weg: so du durch den glauben in aberweg gesund würdest,
du würdest aus gott gesund, nicht aus dem teufe!. Paracels.
2, 249*. das ahd. Awikki devium, invium, in äwikke in invio
(Gr.\ff 1.671). vgl. bair. awech. Scum. 4,10.47.
ABERWEISE, stolidus, überweise, überklug, was aberklug,
euer ganzes aberweises Jahrhundert von lileratoren. GOtue
33. 275.
ABERWEISHEIT, f. Überklugheit, sonst auch aftcnveishcil.
3
35
ABERWILLE — ABFÄDMEN
ABFAHEN— ABFALLEN
36
ABERWILLE, m. tacdium, Widerwille, dies mag ihm gegen
alle erdiclitcten geschichten einen abenvillen beigebracht ha-
ben. HiRZEL.
ABERWITZ, «i. amcntia, dementia, wahnwitz, ahd. awizzi
n. deliramentum, äwizzün delirare, aus diesem alten a hat sich
hier aber, nicht aus ober entfaltet, die (fiirslin) voll von aber-
vvitz ein creiitz pflegt anzubeten. Ä. Grvpii. 1, 124 ; du hast
uns sehr schön bewiesen, dasz es zum besten der mensch-
lichen gesellschaft gereiche, wenn der Vernunft und dem witzc,
folglich auch der Unvernunft und dem abenvitze volle freiheit
gelassen werde. Wieland G, 266.
denn alles was Theofron uns cesungeii
war, seinem urlheil nach, vollKommncr aberwitz. 9, 62.
aberwitz und unsinn genug habe ich aufs papicr geworfen.
GOITER 3, 319.
verwirre wüsten sinnes aberwitz nicht gar,
selbst jetzo, welche denn ich sei, ich weisz es nicht.
GöTHE 41, 195.
doch du (nalur) hast niemals milbeschworen
den aberwitz beschränkter thoren. Plate.n 55.
Die ältere spräche setzt das wort weiblich: darumb musz der
apostel zu den Hebreern {im brief an die //.) sehr in die
aberwitz gangen sein. Luin. ; der alt ist nicht witzig, er gehet
in der aberwitz. Pauli schimpf 10 ; aber es wäre dem son
ein gespülte, er meinet der vatter redet aus aberwitz. das.
139* ; redet in .der aberwitz. H. Sachs II. 2, 5l'. 54'.
ABERWITZEN, delirare, desipere, ahd. ;\wizön (Graft 1,
1104) : ich hab gesehen, dasz ich den teufcl anstellt mit argu-
ieren und disputieren, aber itzund kan ich nichts als aber-
witzen. Fischart Garg. cap. 22. geaberwitzet haben, das. 139*.
ABERWITZIG, dernens: er ist aberwitzig geworden, bringt
nichts vor als abenvitziges zeug.
ABERZIEHEN, durdi erziehung benehmen : der ohne leiden-
schaften ist, oder die man ihm aberziehen soll. Tieck 1, 126.
ABERZIEL, n. scopus, ein abgestecktes ziel : nu was die zit
da, dasz sie meinten Messias soll geboren sein, wann sie het-
tent alle aberziel und abennal gerechnet, als ein fraw usrech-
net, die mit eim kind gat. ein aberziel was, da Jacob weis-
sagt, non auferetur. Keisersperg postill. 8; ein gerber musz
mer geessen haben weder ein Schneider, und so lang er das
aberziel vor im hat und sich darnach richtet mit essen, so
verschuldet er sich nit mit frasz. ders. von den 7 scheid, c. 2 ;
dise ding hab ich euch für wollen schreiben als man den
Schülern fürschreibt, das heiszt ir aberzil, da malen sie die
buchslaben ab. ders. im herr der kunig bl. 74; so ists ein
aberzil und gleich ain richtscheit zu erkennen. Ecks predigt
28; es soll keiner trinken, er soll ein aberzil haben, damit
er nit zu vil trinke, aber was ist ir aberzil? J. Pauli 43;
du solt auch das ziel darnach stecken, dasz er sein aberziel
nach dabei iendert gehaben möge, da das ziel steckt. Frons-
PERG kriegsb. 2, 192'.
ABESCHERN, defaligare, abarbeiten, abmüden, wir sahen
den armen keil da stehn und sich abeschern ; seine excel-
lenz sind ganz abgecschert sagte der bediente eines ministers,
der keine leute annehmen wollte, von asche, in dessen ablei-
tungen ößer ein r aufsteigt (m. s. ascherbrödel und äschern,
einäsciiern), abeschern also sich in staub und asche abarbei-
ten, abgeeschert pulvere squalidus, mlat. incineratus.
ABESSEN, comedere, von etwas herunter essen, das fleisch
von den knochen abessen, die suppe von dem teller, dann
aber die knochen, den teller; noch wollte er seinen teller
nicht abessen. Götiie 20, 139 ; ob ein wasscr käme und den
deich abäsze, den dämm abspülte, weislh. 2, 289 ; ich habe
dir nichts abgegessen, nichts von deinem verzehrt, auch in-
transitiv: wir haben noch nicht abgegessen, sind nicht mit
essen fertig; vornehmer abgespeist.
ABESSER, wi. comesor, viel frcsser, viel abesser.
ABETZEN, drpasccrc, abweiden: wann man (in dem Som-
mer) das gras nit würd abelzen, so stehts darauf, es werde
sein vil verwelken. Fischart groszm. 30 ; da si der dot abetz
in irn gräbern. Meliss. ps. 10, 3' ; heute nur etwas mit einer
schärfe abetzen, abätzen, den unterschied zwischen essen und
ctzcn ersehe man bei dem letzten wort.
ABFÄDMEN, ßlum revolvere, den faden herunter ziehen,
abwinden, die schoten abHidmen. Göthe schreibt abfiidnen :
wenn ich mir meine zuckcrerbsen selbst pflücke, mich hin-
setze, sie abfüdne, 16, 30. wenn wir auch faden statt des allen
fadum sagen, so kann doch der inlaut einer ableitung das m
bewahren.
AB FÄHEN, s. abfangen.
ABFAHREN, proficisci, davon fahren, hinab fahren, wir tra-
fen spät ein und fuhren den andern tag früh ab ; das schif
fährt morgen ab ;
des herren geisl in lichter flamm abTährt. A. Grtph. 2, 45C.
als LuciTer fuhr f^ar zu hoch,
da fuhr er ab ins höllenloch. Locau 2, 89, 54.
oß für sterben, aus der weit abfahren: er ist gestern abge-
fahren; in dieser nacht fahr ich ab. J. Paui, Fibel 52. sich
vom rechten ziel entfernen, seitwärts fahren: wir sind vom
rechten wege abgefahren ; die axt ist (vom Uiel) abgefahren ;
das mcsser fuhr im schneiden (von dem brote) ab. dies wird
auf das beschämende mislingen des ungestüm unternofiimenen
angewandt: er bringt seine Werbung an, fährt aber ab (con-
fusus recedit). Göthe 45, 171 ; er wird aber schlimm abfahren.
J. Paul Hesp. 1, 191 und so auch oß einen verwegenen abfah-
ren lassen, spöttisch entsenden: fräulein Luise liesz Karin, der /
sie zum Spaziergange einlud, auf eine sehr schnippische weise
abfahren. Götme 15, 104 ; der consul Metellus läszt zuletzt den
Publius, man darf wol sagen, abfahren, als dieser ungestüm
die befrciung seines vaters verlangt. 33, 207. Endlich transi-
tiv : einem den arm oder fusz abfahren, ein stück von der
maucr abfahren, die schienen von den rädern abfahren, die
pferde ganz abfahren.
ABFAHRT, f abitus, die fahrt von einem ort, aus dem leben
ABFALL , «i. deßuxus, discessio, das niederfallen oder ge-
fallensein, des blatlcs vom bäume, des uassers vom felsen, der
Späne vom hobel, der spreu vom körn:
des laubs war hier ein unendlicher abfall. Voss Od. 5, 483.
wo der äst ein unendlicher abfall
unter laub und gesirnuch rings moderte. Voss 1, 36
abfall einer quelle. Klopst. 3/ws. 6, 228; abfall des wassers,
Wasserfall; mit meines lichts abfallen sich verbrämen. Rü-
CKERT 131 ; des tisches abfall (die brosamen). dann von einem
wesen, an das, von einer sache, an die man gebunden war:
der abfall von gott, von seinem hcrrn, von dem glauben, von
einem bund, in diesem sinn häufig untreue und treubruch :
wen hatte der tyrann auf unsern thron gesetzt?
ein manu durch" ablal! mehr denn hohes blut gesch.itzt.
A. Grtph. 1, 111.
der engel abfall von gott, der empörcr von dem reich, oß
gleichviel mit verfall und schmach (franz. declin, decadcnce) :
angesehen, das es (das ablasz) in abfall und Verachtung komen
were. Luther 6, 82' ; und werden ihre messen mehr in abfall
komen. Luthers br. 4, 370 ; ich bin in so groszen abfall und
Verachtung komen. Luther 3, 150'; die Ursache jenes abfalls
ist folgende. Moser p. ph. 1,55; wir leben schon im abfall
der Zeiten. Tieck 15, 334 ; abgang oder ausfall : die wackern
leute, die in abfall ihres Verstandes gekommen sind. Wie-
land 15,355; der abfall der letzten ernte und zu besorgende
kornmangel. Moser p. ph. 1, 364. Endlich abweichung, Ver-
ringerung, Verschiedenheit, ausnähme: die sorgfällige wähl der
edelsten Wörter leidet alsdenn einen groszen abfall, wenn der
dichter nicht in seiner eignen person spricht. Lessinc 6, 144 ;
die nalur wirkt durch unmerkliche abfalle. Kant S, 2S2; da
diese abfalle (in der schwere der grundsloffe) so unendlich als
möglich müssen gedacht werden. Kant 8,266; die empfindun-
gen schattieren sich so manigfaltig, als abfalle zwischen einer
habichts- und stumpfnasc sind. Göthe 16, 61 ; abfall (nuance,
d. i. nutatio) der färbe. Moser rcrm. sehr. 1, 105 ; die abfalle
des brief- und fragmententons. Herder 1,20; alsdann musz
diese regul einen abfall leiden. Hohberc 3, 26'; gleichwie nun
solcher schlusz seine merkliche abfalle ohnedem leicht haben
dürfte. Hahns hist. 2, 252. man hat auch versucht in der de-
clination die casus abfalle zu nennen.
ABFALLEN, delabi, decidere, von etwas niederfallen, in allen
bei abfall dargelegten bedeutungen. der apfcl ftillt ab (dem
bäum), die reife frucht musz abfallen,
du blume deiner zeit wirst in der blüt abfallen.
A. Grypu. 1, 433;
des rcilcrs kollor, stück für stück,
fiel ab wie mürber znndcr. UBrcer 1, 71;
ein alt wcib fiel die stiegen ab, kein wunder bildt euch ein :
die fruchte fallen von sich selbst, die übcrstnndig «ein.
LooAU 3, 52, 78;
37
ABFÄLLIG — ABFÄRBIG
ABFASERX — ABFERTIGEN
38
itnler säufem heiszt es, einen zu boden saufen, dasz abfalle
wer reif ist. J. Westpoal faulteufel Frankf. 1563 BS'; der
manlel ist ihm ab (von der schütter] gefallen, die kröne {vom
haupt). der kalk fallt von der maaer ab, der pfad steil von
der klippe. alle seine leute sind von ihm abgefallen, ein ab-
gefallener ist ein abtrünniger ; ein solcher abgefallener Sause-
wind. Weise erzn. 91. er fallt am ganzen leibe ab, ist vom
fleische abgefallen, ist bleich und abgefallen, abgefallen von
gram; den Jägern heiszt abfallen, mager, schmal werden; (m.
s. einfallen), den hals über die treppe abfallen, den hals über
ein spindcl abfallen, fastn. sp. 267, 11. die erze fallen ab,
«erden unerg'ibig. diese färbe fallt von der andern sehr ab.
der wein fallt ab, steht ab : beifusz in deu wein gehenkt, ver-
hütet dasz er nicht abfall. Taderxaemostaxcs p. 44 ; den trü-
ben abgefallnen wein wiederum lauter machen. Hohberg 3,
444'; die Weinschenken wann sie wollen, das inen der weisze
wein nicht soll rot werden oder abfallen. Sebiz feldbau 3ST.
die gegend fallt ab, senkt sich vom gebirge nieder: da nun
zugleich das land abfallt, so kommt man fort mit unglaubli-
cher schnelle. Göthe 27, 6. es fällt noch etwas für uns davon ab,
das vir ergreifen können, abfallen für entfallen, wegkommen:
all freud ist mir geralicn ab
mit einer, die letzt leit im grab.
J. TO.X SCUWARZEXBERG 151.
^ott dienet und liebt ich umb vil gab,
ist mir ietzt als gefallen ab.
derselbe 13t, 2.
wie aber und was gestalt er ledig ward, ist mir der langen
jähr halber abgefallen (vergessen). Kirchhok mil. disc. 139 ;
in ein kloster, ist mir abgefallen (ich tieisz nicht mehr ob),
5. Florian oder Steiergärsten. Hohbebc 2,504'; nu Avolt ich
euch gern anzeigen die artikel, darauf ich hab antwort geben
müssen, halt aber das mir der ein gut teil abgefallen. Ldthes
•3,411. 413. si meint, sie woll irem man abfallen (ihn verlas^
sen). fasln, sp. 160, 14 ; ja wenn gleich alle weit unser mei-
nunge (dat. nicht gen.) abfiele. Lither 3, 77'. vgl. beifallen,
zufallen. Auch transitiv: er hat sich den hals abgefallen.
ABFALLIG, dcßuus, aversus, eigentlich niederfallend, abfal-
lend: abfälliges laub, obst, ico/ur doch lieber abfallendes ge-
sagt icird. abfällige meinung, die von der andern sich entfernt.
die abfällige seile eines daches. abfälliger bescheid, unbeifdlliger.
abtrünnig, treulos: sie werden eure söhne mir abfällig ma-
chen. 5 Mos. 7, 4 ; Paulus macht viel volks abfällig, apostelg.
19, 26 ; sie wollen euch von mir abfällig machen. Gal. 4, 17 ;
seind auch die zeugen nichts anders als lauter abfällige mam-
melucken, verleugner ihres glaubens. Ayrer proc. 2, 11 ; dasz
sie ihm wieder abfällig werden sollen, das. 2, 6 ; die Thürin-
ger die von der Franken geselschaft abfeilig wurden. Fraxi
chron. 213' ; der teufel bracht sie (die Eva) zu fall, das sie
von gott abfeilig ward. Lltber 6, 357' ;
ein kloster,
das ist von uns abfellig nrorden
und grallen an die chrisienhund. Atker 23S'.
das er mich aufrürisch schilt und als den, der die Deudscben
wolle dem keiser abfeilig und aller oberkcit widersetzig ma-
chen. Luther 5, 303' ; der seiner oberkeit dem keiser wider-
setzig, im seine uqtcrthanen ungehorsam und abfeilig machte.
6, s' ; die alte schlang hat aus neid den menschen vom wort
gotles abfeilig gemacht. Keisz>£r Jerus. 1, 12'.
ABF.\LZEN, cu//ro purgare, bei den gerbcm mit dem messer
reinigen : ein feil abfalzcn, das fleisch von der aasseitc abfal-
zqn, sonst abaasen, abfleischen, bei tischlern und zimmerleu-
tcn falze viachen, tcofür sonst ausfalzcn. s. falzen.
ABF.WGEN , intercipere, von einem weg, dem nachbar die
tauben, das wild abfangen, das wasscr abfangen, ableiten,
einem den ball abfengen. bergmännisch : den sand mit bal-
kcn abfangen, bei absinkung des Schachts, bei den Jägern,
einen hirsch abfangen, ihm den fang geben, ihn tüdten. auch
aitijcwandt: einen zurückhalten: ein magischer künstler hat
mich in diesem blumenhäuschcn abgefangen. Tiecr noc. 4, 151.
ABF.\KBE.N, colorem amittere, die färbe fahren lassen : das luch
färbt ab, die wand bat abgefärbt; ein mantel entfasert, ab-
gefärbt und ausgenützt. WielaxdO, 3. transitiv umgekehrt : die
färbe geben, bei den gerbern, das leder abfärben, auch sonst ab-
färben, abschildern, in gehörige färbe setzen : wenn sie essen,
ivcrd ich die übrigen gaste abfärben. J. Paii. uns. löge 2, 113.
.\BF.\RniG, der färbe verlustig, der gelbe Jasmin leidet den
morgcnthau im sommer nicht und wird davon ablärbig. Hoh-
berg 1, 607*.
ABFASER.N, (ilatim disirahi, fasern absondern, das kleid
ist unten am rande abgefasert.
ABFASSEN, concipcre, bei den schmieden ein eisen abfas-
sen, auf dem ambosz umschlagen, bei den Jägern, die leine
abfassen, abwickeln, bei den krämern, die waaren abfassen,
einzeln abtheilen und für den verkauf einrichten, gilt haupt-
sächlich von rfen» ordnen und fertigen einer rede und sdiriß:
Sätze, worle abfassen, eine rede, schrift, klage, einen beiicht,
ein urtheil, buch, werk abfassen, der bericht ist geschickt,
günstig abgefaszt. abfassen und verfassen können wechseln,
genau genommen ist jenes mehr das ordnen, concipieren und
redigieren schon gegebner, vorliegender Stoffe, dieses das hervor-
bringen selbst, der urheber des werks verfaszt, der blosze ordner
faszt ab, concipiert, redigiert, und er kann nicht Verfasser
heiszen. die zeitung wird abgefaszt. ein gedieht verfaszt.
ABFASSUNG, f. conceptio, redactio.
ABFASTEN, sich, jejunio macerari, durch langes fasten ent-
kräften, eine sünde abfasten, durch fasten büszen.
ABFAULEN, putrcscere. durch faulen sich absondern, der
bäum, die wurzel fault ab. von einem edlen bäum ein abge-
faulter ast.
ABFÄUMEN, s. abfeimen. abgefaumt. fastn. sp. 202, 19;
abgefäumte buhlerin. Lessixc 7, 154.
ABFECHSEN, die fechscn oder fechser (viviradices) abson-
dern, also kann man das kraut in einem sommer etlichemal,
wann man sihet, dasz es zu blühen beginnet, abfechsen.
HOUBERG 2. 262'.
ABFECHTEN. pugnando obtinere, fechtend abgewinnen : nach-
dem wir dieses Böhmen den Sachsen abgefochten. Schiller 332.
ABFEDElOi, deplumare, die federn ablösen, ein huhn, eine
gans abfedern, rupfen.
ABFEGE.N, depurgare, nnl. afvegen, wegfegen, staub und
unralh abfegen, dann den tisch, die bücher abfegen, ein jun-
ges mädchen, die mit dem Schleier den staub von ihres va-
ters angesicht abfegete. pers. roseng. 9, 10 ; wann wir todt
sind, wird der tag des gerichts allen staub von unsern häup-
tern abfegen, das. 9, 11.
fegt Schmach mit (samt) meineid ab! A. Grtpb. 1, 399.
du hast meine sündenflecken durch das taufbad abgefegt.
derselbe 2, 174.
einigen ärzten heiszen abfegende mittel abstergentia, abluentia.
ABFEILE.N, delimare, elimare, nnl. afvijlen, feilend wegneh-
men, das gröbste abfeilen, einen nagel abfeilen, einen Schlüs-
sel abfeilen.
und rupft von spät belaubten wänden,
was npch der reif nicht abgefeilt.
Stolbehg 9, 342.
ABFEILICHT, n. limatura, feilstaub, feilspdne. Pabacelscs
1, 8SS' sagt dafür abfeilach.
ABFEILSCHEN, licitari, abhandeln durch Umges feilschen.
ABFEIMEN, despumare, abschäumen, abklären: lasz es sie-
den, faim sauber ab, lasz kalt werden. Seuter rosarznei.
Augsb. 1599. s. 420; dasz man wasser und honig in einem
kessel sieden lasse und iederzeit abfeime, bis es ganz klar
wird. Taderxaehoxt. kräulerb. 1526 ; man nemme des reinen
abgefeimten saftes von Sauerampfer, das. 82S ; oder andere
abstrich, so man wie ein andern schäum von zerlassenen me-
tallen abfcimet. Mathes. 108'; die losen, abtrüiinigen, abge-
feimetcn Christen. Luther 8, 12l'; ein abgcfeimbter bubc. Lu-
TUER 6,489*;
mit weiszen wällen fGderlein
er euch die feil verbrämet,
von weichem schnee ganr oben rein,
als wnrens abgefämet. .Sper truttn. 193.
abgefeimte milch. Uhlaxd rolksl. 2. 662 ; dn bist ein abge-
feimter Spitzbube. G0TnE36. 101; abgefeimte bübin. Schiller;
irie man sagt: abschaum der menschheit.
und wer sodann mit uns erreicht
das otir recht .ibiufrimen.
und liebi wie wir, dem wird es leicht
den rechten sinn zu reimen. Görui 6, 127.
ABFENSTERN, inerepare, autschelten, gewöhnlicher ausfen-
slem, vom ausschelten des verschmähten liebhaben vor denk.
kammerfenster entnommen (Schmei.i.er 1, 544).
ABFERTIGEN, dimittere, expedire, entsenden, abschicken, fer-
tig machen, nnl. afvaardigen. welche (arbeit) ich hofl'e auch
bald abzufertigen. Lüther 5, 43* ; sei vom doctor rath zu fra-
3*
39
ABFETTEN — ABFLEDERN
ABFLEGELN — ABFORDERN
40
gen eilents abgefertigt. KiRcimoF wcndunm. 105'; die böten
wurden schnell abgefertiget ; eine nicht auf den ersten an-
schein abzufertigende frage. Kant 2, 35. lläußg aber mit dem
vieist noch durch bciwörter hervorgehobnen nebensinn einer ent-
lassung des unbequemen, ungelegnen : aber du würdest übel
zufrieden sein, wenn sie dich damit abfertigen wollten. Wie-
I.AND 13, 119 ; geisterseher als candidaten des hospitals abfer-
tigen. Kant 3, 82 ; mit einer tracht schlage abgefertigt werden.
Kant 4, 169 ;
so siebet er ihn kaum halb über achsel an
und Icrtigt ihn kahl ah. Opitz 1, 137;
ich wich nicht ein haar breit, und wem ich nicht kindlichen
respect schuldig war, der wurde derb abgefertigt. Götiie 19,
292 ; es schmerzte sie tief, dasz er sie heute so kurz abge-
fertigt hatte. 18, 227. vgl. oben abfahren lassen. In der Schweiz
abfergen, wie überhaupt fergen für fertigen (Stald. 1, 364.
365) : ich ferget den soldner ab, schank im mein mantel. Fe-
lix Pl.ATER s. 162.
ABFEKTIGUNG, /". expedilto, entlassung, in beiderlei sinn
des abferligens: nach gehaltncr mahlzeit hielt ich bei i. f. g.
um abfertigung an. Schweiniciien 1, 183; unterdessen hielt
ein einspanniger und wartete auf schleunige abfertigung.
Weise kl. leute 15 ; lasz mich ungefragt oder du wirst anders-
mals bessere abfertigung bekommen. Ayrer proc. 1, 9.
ADFETTEN, pinguedincm amiltcre vel addere, das feil fah-
ren lassen: die Stiefel fetten ab. transitiv: die suppe abfetten.
AOFECEUN, cxplodere tormenta, nnl. afvuren, losbrennen:
das gewehr, die flinte, kanonc abfeuern.
ABFIEDELN, fidibus cancre, von der fieäel abspielen: er
fiedelte sein lied ab.
ABFI.NDEN, pacisci cum aliquo, einen befriedigen, zufrieden
stellen: seine gläubiger abfinden; einen mit hundert thalern
abfinden;
doch gabst du ihr, aus eitlem sinn,
den besten kern des lehens hin,
gott ward mit liiilsen abgefunden. Canitz.
einen fürslen abfinden, apanagieren. ein junger, abgefundener
herr. Lohenstein Arm. i, 1061. 1147. sich mit einem abfin-
den, verstehn, vertragen : zwei sind noch übrig geblieben, wenn
die sich auch abfinden sollten, so wird unser haus zur ein-,
öde. Lessinc 2, 363;
ich weisz mich trellich mit der polizei,
doch mit dem bluibann schlecht mich abzufinden.
Götiie 12, 195.
sich von etwas abfinden, entwöhnen : ich hab mein tage kei-
nen menschen gesehn, der sich mit besserer manier vom sau-
fen abfinden kunte. Weises crzn. 306.
ABFINDUNG, f. befriedigung erhabner ansprüche, zumal in
crbschaflssachen.
ABEINGERN, digitis numerarc, an den fingern abzählen: so
glaubte jeder, der nur sechs zählen konnte, einen hexameter
abfingern zu können. Voss.
ABFINNEN, zitwcilen -abpinnen, bei schmieden und klemp-
nern mit der ßnne das eisen dünn schlagen, in das blech ecken
treiben, s. finne.
ABFISCHEN, expiscari, ausfischen, nnl. afvischen: einen teich
abfischen, dann überhaupt abnehmen, das fett abfischen, das
beste wegschöpfen :
•was hier der Simplex hat erwischt,
war auch den bauern abgefischt. Simplic. 2, 16.
ABFITZEN, penicillo polire, bei maurern eine kalkbeworfne
mauer mit dem sprerigpin.iel glätten.
ABFLACHEN, dcplanare, flach machen, das abgeflachte ufer.
im deicliwesen so viel als abdachen.
ABFLAMMEN, flammas spargere, gegcnsatz von aufdammen.
transitiv, die flamme an etwas heryehn lassen, x. b. bei den
gerbcrn an qetalglem leder, um es mit fett zu tränken.
ABFLATTEBN, avolitare, davon flattern, der vogel, der leicht-
sinnige flattert ab. sich abnaltcrn, fliegend ermüden.
ABFLAUEN , diluerc, im bergwcrk, gepochtes erz rein wa-
schen, von flauen, fleuen, mhd. flewen. auch abflauern, abflc-
iicn, abflöhen.
ABFLAUHERD, m. der herd, auf welchem das erz gewaschen
wird, auch abfleuhcrd, abflachherd, abfliclihrrd.
ABFLECKEN, maculas relinquere, flecken an etwas hinter-
lassen, die färbe fleckt ah. das laster, wo es anrüiirt, fleckt ab.
ABFLEDERN, ala anserina purgare, ausgedroschenes gelraide
mit dem flederwisch abkehren.
ABFLEGELN, flagello percutcre, mit dem flegel schlagen,
fruchte durch dreschen absondern.
ABFLEHEN, implorando obtinere, flehentlich von einem er-
bitten: solche vermahnung nehmet für gut, die mir euer söhn
mit groszem fleisz abgefiehet hat. Luther br. 5, 279.
ABFLEHEN, eins mit abflauen: die trübe oder was im
sumpf ist wird auch übern herd gcarbeit und im fleutrog
abgeflehet. Mathesius 100". s. abflöhen.
ABFLEISCHEN, dilaniare, das fleisch von den knochen zie-
hen, bei einigen handwerkern was sonst abziehen, abaasen, ab-
falzen. auszerdcm für entfleischen, zerfleischen, dilaniare :
ich bin nur haut und bein, bin durch des todes klauen
geädert, abgefleuscht (t. abgellelscht). Opitz 2, 299.
hier hängst du ausgespannt, geädert, abgefleischt,
zerstochen, striemenvoll, entleibet, ausgekreischt.
Fleming 12.
mit abgefleischten pferdeknochen. Lohenstein Arm. 2, 884;
mit den abgefleischten knochen. Günther 844.
ABFLICHHERD s. abflauherd.
ABFLIEGEN, avolare, nnl. afvlicgen, wegfliegen: der vogel
ist vom neste, dache abgeflogen, der pfeil von der sehne, der hut
flog ihm vom köpf ab. drauf los hauen, dasz die stücke ab-
fliegen, davon fliegen, im forslwesen fliegt das holz ab, wenn
es auf dem stamme abstirbt, dürre wird. s. abfing.
ABFLIESZEN, deflucre, nnl. afvlietcn, abwärts flieszen, von
etwas niederflieszen, abwärts flieszend sich verHeren:
gleichwie ein wassersirora mit schneller ungestüm
abQieszcnd sich verliert. Weckuerl. 192.
wie fleuszt der tbränen bach
die bleichen wangen ab. Opitz.
das wasser flieszt durch eine röhre ab. die flut ist ganz ab-
geflossen, ein abgcfiossencs Jahrhundert, es ist viel fremdes
geld ins land gekommen, das wieder abflieszt. Auch für ab-
stammmen, abgeleitet werden, wenn aus der masse ein theil
sich sondert: ein theil der sinnenweit, dessen Wirkungen, so
wie jede andere erscheinung aus der natur unausbleiblich ab-
flieszen. Kant 2, 422; meine erste bitte, die von selbst aus
dem bemerkten abflieszt. Hippel 12, 16 ; dasz von kunst künst-
lich, können abfliesze. Logau 3, 3 ; so flieszt doch etwas von
ihr {der pflicht) ab, auf welches wir rücksicht zu nehmen ha-
ben. Fichte sittenl. 421; es mag etwas davon für ihn abflic-
szen, vgl. abfallen, abtropfen, abflieszen gebrauchte man auch
sonst vom ausfallen des haars : kaiköpf oder abgeflossen haar.
Forer fischbuch 45'.
ABFLÖHEN, andere Schreibung ßr abflehen, abflauen, di-
luere : das kein bad oder besprengung den unflat und unrei-
nigkeit des hcrzcns seubern und abflöhen könne. Mathe-
sius 121*.
ABFLÖHEN, captare pulices.
ABFLÖSZEN, avchcre, hinab flieszen machen: bolz abflöszcn»
den flusz und dann auch die berghöhe hinab.
ABFLÖTZEN, frcquentativ von abflauen, abflöhen: in die-
sem bad flötzte ich zwar die äuszerlichc besudelung ab. Sim-
plic. 2, 337.
ABFLUG, m. avolalus, der schwalben abflog, eine kurze und
schnelle reise auf Seitenwegen, s. ausflug. den fürstem ab-
sterben und abfallen des hohes: abflug der birken.
ABFLUSZ, m. dcfluxio, der abflusz des wassers; abflusz
(verlauf, ablauf) des jahres ; der ewigkeit. Kant 8, 319 ; der ge-
hemmte abflusz des gcldes nach Rom. Schiller 880; nach
abflusz der pfarrgemeinde {aus der kirche). i. Pavl Fixl.^ib;
endlich nach dem trägen abflusz aller gaste. J.Pavi. Fibel ni.
ABFLUTEN, abflieszen in groszer masse. die menge flutete
auf und ab. die wogen werden abfluten, sich verlaufen.
ABFODERN s. abfordern.
ABFOLGEN, concedcre pctenti, hingeben, folgen lassen, ver-
abfolgen, schon die alte spräche scheint einigemal volgen so
transitiv zu gebrauchen, was man folgen, mitgehn Idszt, gibt
man von sich weg. in solchem sinne sagt die preusz. land-
ordnung von 1577 fol. 25 : die erbgclde sollen denjenigen, so
sie zustündig, ungehindert gcfolget werden, nicht anders ver-
wandte man abfolgon: dasz die prinzessin dem kaiscr müsle
abgcfolget werden. Mascou 1, 377; Tbeophania wurde ihrem
verlobten eine geraume zeit vorenthalten, bis sie Joannes
Zimisces abfolgen liesze. Hahn 2, 119. heute verabfolgen.
ABFORDERER m, petitor, der etwas abverlangt, in empfang
nimmt: nicht auf den abforderer warten, irrg. der liebe 508.
ABFORDERN, rejtetere, revocare, nnl. afvordcrn, einen zu-
41
ABFORDERÜNG — ABFÜHREN
ABFÜHREN — ABFÜLLEN
42
rüeknifen: einen diener, gesandten abfordern; wann es sich
zutregt, das ettlich wider werden ahgeschafl oder abgefordert,
dise zielien traurig heim. Fraxk veltb. 104';
dich, sprach er, fordert ab
durch mich des Tätern ralh.
FLEII5G 66;
von der weit abgefordert werden. Dann eine sacke von einem
fordern : man fordert uns kein geld ab ; dem gefangnen wurde
«ein degen abgefordert ; die langeweile forderte mir eine mä-
szi^e thätigkeit ab. Güthe 31, 89.
ÄßF01U)ERU.\G, f. rerocatio, abruf der person wie abver-
langen der Sache: auf meine abforderung, auf mein verlangen.
SCUWEIMCHE5 3, ITO.
AB FORM. f. imago, abbild, gegensats der urform.
ABFORMEN, efformare, nnl. afvormen, abbilden, bei den
künstlem modellieren, bei den schuslem den schuh vom leisten
schlagen, von einerlei urbiid abgeformt. Wieland 14, 292;
Ton {nach) ihm abgeformt. 28, 16t.
ABFRAGEN, quaeritando exsculpere, nnl. af^xagen, von einem
durch fragen erfahren : er läszt sich alle geheimnisse abfragen ;
und wer sie (die teahrheii) nicht beim tnink entdecken kann,
sucht sie umsonst den schönen abzuTragen.
ÜAGtOOR.'« 2, 93.
unsre neugier ihm den aufschlusz abzufragen. Schiller 1, 203 ;
so fragt man dem bauer die künste ab; er sollte wol der
kuh das kalb abfragen.
ABFREIEN, sich, liberarese: sich abfreien mit 24 pfenigen.
veislh. 3, "12.
ABFRESSEN, derorare, von ettcas weg fressen: die raupen
fressen alle blätter ab ; der hirsch friszt die knospen ab ; dann
auch die bäume, den acker abfressen, einem das herz [vom
leibe) abfressen von herznagendem kummer, vobei man vol
ursprünglich an Zauber dachte: es will mir aber das herz ab-
fressen, GöTHE 57, 253; es hätte mir da» herz abgefressen.
8, 56. roher ist die redensart, sich das herz abfressen : der
henker danke dir. dasz ich mir deinetwegen das herze und das
leben abfressen niusz. Weise erjn. 10 ; ich fresse mir das herz
ohne noih ab (gräme mich ohne noth). Weise kl. Icutc 292 ;
meinstu das herz müsse mit sorge und kummer abgefressen
sein. das. 304. den leuten das ir fressen ab. H. Sachs 1, 453'.
ABFRETTEN , defricare, eigentlich abreiben, von dem alten
frat, vundgerieben, dann abquälen, s. fretten. so ihnen un-
billig abgefrettct worden. Phii_\nd. 1, 305 ; dasz ich mir selbst
das leben beinahe mehr als halber abgefrettet. Simplic.
2, 356.
ABFRETZE.N verhält sich lu abfresse^, vie abetzen lu ab-
essen, dis jar wuchsen alle frücbt überflüssig, aber Ton den
raupen abgefretzt. Fram; chron. 219"; das volgend jar kam
ein sollich menig hewschrecken in Apulia, dasz sie alles ab-
fretzten. das. 270'; euwern boden werden die frembden vor
euch abfretzen. Reiszneb Jen«. 2, 176' ; welches ich fast auf
allen beiden und wnidbanen wargenommen habe, dasz gewon-
lich umb den anfang des monats aprilis nicht allein das Jung
kraut abgefretzt, sunder auch die wurzel abgenaget war.
TucRNEissER bcsclir. influentischer Wirkungen. Berlin 1578
S. 117;
die ein ganz land pflegen zu bedecken,
alJes verwüsten und abTretzen,
niemand kan sich dawidder setzen.
Froschmemeler II.
(fleisch) Ton unersättlichem gewimmel
vieiralier würmer abgeTretzt.
A-fDR. GRTrH. 2, 15.
1, 6.
L
noch Brockes 1, 15 das gras wenns abgefretzet wird.
ABFRIEREN, frigore absumere, nnl. afvriezen. die nase ist
ihm (vom gesiebt) abgefroren; er hat sich die aase abgefro-
ren ; er ist tüchtig abgefroren.
ABFFCHTELN, gladio verso ferire, derb fuchteln.
ABFCHLEN, sensibus perdpere: ich fühlte ihm seine ge-
beimpn wflnsclie ab.
ABFUHR, f. abductio.
ARFIHREN, abducere, deducere, nnl. aftoeren, alles vat
geleitet wird: den wagen, das getraide, das heu, bolz auf dem
wagen abführen, die wache, die pferde, das rind zur Schlacht-
bank, den Verbrecher zum gericht, die gefangnen ins lager
abführen, einen in kncchtschaft, au» dem lande abführen,
da« Wasser aus dem fliisse abführen; nnreinigkeiten aus dem
leibe abführen, dnhrr nhfiihrende mittel, arzneien, diese arznci
fuhrt all. vom woco Her t":'-"'. »!.•= i-.- — , ..ic.i,rpn. vnn
einer stelle herleiten, ableiten: man führt des geschlechfs
Ursprung von Karl dem groszen ab ; irthum derjenigen, die
ihn von den schwäbischen herzogen abführen. H.\hx 2, 221.
Der begrif der leitung scheint aber zu fehlen, wo abfuhren ein
leisten, berichtigen, bezahlen, abtragen ausdrückt : er will gern
seine schuld abfuhren; ob er gleich die zins abfuhrt. Logao
3, 127, 45 ; bischof Henricus muste von seinen gutem an den
fcönig gewisse dienste abfuhren. Hahx 2, 127 ; zweifei, ob so-
thane gäbe jährlich abgeführet worden. 2, 212 ; die restgcns
ehstens abführen. Weise kl. lettle 96. man hat anzunehmen,
dasz es sich ursprünglich auf leistungen bezog, die zugeführt
werden muslen, wie deutlich in folgender stelle bei Hoftma^ss-
waldac : 0 Criton, ich bin dem Esculapius einen hahn schul-
dig, führe du ihn ab! sterb. Soor. 150. vgl. Platons Iltaedo
p. 118 : (o Koircov, ttö J4ax/.Tj7ittp ocpeÜMuev d).exTovov(t,
d)J. aTToSore xai firj aue).j;asTe. Ein mhd. abefueren hat
den stärkeren sinn des zerführens, zerreiszens : bij daj ime
die steine sin vleisch abe fuorten (abrissen), myst. 121, 36.
Sich abführen bedeutet sich entfernen, fortmachen, abfahren,
sterben: der tambour, so zum tanze aufgetrummelt hatte,
führte sich von selbsten ab. Felsenb. 1, 36 ;
geh wahrheil, führ dich ab,
geh Wahrheit schnell und Deucb! Gi;>!TBEK 530;
packt seinen kram von perlen und rubinen
hübsch wieder ein und fubrt sich ab. Wielakb.
es ist mir recht lieb, dasz dein alter sich abgeführt hat, das
verdammte schmälen hat kein ende. Rvbexer 3,43; machen
sie anstalt, dasz ihre bejahrten schönen sich zu rechter zeit
abführen. 3, 302 ; und damit führten sie sich wieder ab. Wie-
lasd 13, 167; bitt um Vergebung, will sich abführen. Schil-
ler 149. nnmum vult pestilentia? diios Uli da, et dacat se.
AcGüSTixcs de verbo apost. 168.
Schwierigkeil macht ein eignes abfuhren , das fast nur im
part. praet. erscheint, und zwar jenem abführen, ableiten im
sinne von seducere sich anschlieszt, aber noch Schlauheit und
bosheit hervor hebt: durch alle grad ein durchtriben böser
bub, arglistig, geschwind, abgefürt. verschalkt. Fra-^ks cAro-
nti;304'; abgefiirt (verfälscht) wie Burghauser würfel. Frames
sprichw. 2, 205'; ich ward in kurzer zeit ein abgeführter
bettler. Alberti.xs Gusman von Alfarache; ein schuster bette
ein sehr bOsen in allerhand bosheit abgefuerten hüben, je-
suitencomödie von 1604; abgcßert, listig und geschwinde kOpf.
.\vK.\Tis Chronik;
die sittsamen geb.irden,
die geile höflicbkeit, der abgerühnc sinn,
und was mich sonsten hielt, ist alles mit ihr hin.
OnTZ 2, 178 :
die Römer wüsten schon, was hier »ei zu erlaneen,
das abgelührte volk bat wol das land durchgangen.
Opitz;
eine stolze, abgeführte dame, denn so nennen sie unsere aaf-
wärter. Opitz; und ist .Melampo denn so künstlich abgeführt?
HomiASXswALDAD 50 ; zur bosheit abgeführet und abgeschäu-
mcL Fhilakder 1, 28; in allerlei schelmstücken so abge-
füliret und fertig. Simplic. 1, 59 ; so glücklich war ich, alle
diejenigen, so sich um mein wesen bekümmerten, behörig
abzuführen. Felsenburg 1, 447 ; Merkur war abgeführt (ab-
gefertigt). Le5$i>g 6, 427; und ich meine, er hätte diesen
abführen können. 8, 477; ich dachte nicht so abgeführt zu
werden. Tieck 3, 314; das heiszt recht abgeführt I die letz-
ten stellen weisen auf abfertigen und anführen, betriegen. Obwol
nun die oberdeutsche und zumal bairische mundart fueren mit
fiercn vermischt ISchmeller 1, 557. 558), gemahnt doch Ave?«-
ms Schreibart abgefiert auffallend an das ahd. gifiaran (Graft
3, 669. 670), welches von iiara goth. fcra latus abstammt und
hti seile gehn ausdrückt, abfieren wäre dann beseitigen, ab-
lenken, und abgefiert abgelenkt, irre geleitet, was leicht in
böse, schalkhaß, abgefeimt übergehn könnte, eine ahd. glosse
gibt kiüart6 (sint) variantur, distinguuntur. allein weder aha
gifiaran, nocA mhd. abe vieren erscheint, weil der begrif des
abführens nahe läge, so erklärte sich, wie dieses jenes ver-
treten konnte. Adelcxc, gleichfalls von abführen abgehend,
gerieih auf abvieren, quadrieren, schlau und fein galt aber für
einen qrgensatz des viereckigen, doch s. abgeviert.
ARFCURLNG, f. abductio: die abfülirung der gefangnen,
einer schuld u. s. w. morgens und abends abfühningen neb-
men. Hippel 14, 143.
AUF! LLEN, r« e mm imflere, aus einem gefäsz ins am-
43
ABFUxND — ABGÄNGLING
ABGAUKELN — ABGEBOT
44
dere füllen: den wein, das fasz abfüllen; dasz ich dir von
meinem fäszchen etwas abfülle. Güthe 22, 46.
ABFUND, m. satisfactio, compositio: friedlich wollen wir
unsern abfund machen.
ABFURCHEN, desulcarc, furchenweis abpßügcn, ablhcilen.
ABFÜTTERN, exsaliare pabulo, nnl. afvocderen : der knecht
hat schon abgefüttert, dem vieli das letzte futter gereicht,
was gegen nacht geschieht; die nacbtigall wetzte den abge-
fütterten Schnabel am zweige. J. Paul Tit. 3, 41. sich ab-
füttern, den magen, einen gast abfüttern.
ABFÜTTERUNG, f. pabulatio. die festlichen tractamente,
gelag und abfütterung. Kant 10, 309.
ABGABE, /. donum, cxactio, das abgeben, hingeben, dann
was unterlhnnen zu entrichten obliegt: eine abgäbe auf den
wein legen, die abgaben einfordern, erhöhen, das land ist
mit vielen altgaben bedrückt, belastet.
ABGABELN, furca auferrc. das heu vom wagen.
ABGABENFREI, unbelastet, abgabenfreies gut, abgaben-
freie brauerei.
ABGÄHREN, defervere: der wein hat abgegohren; die lei-
denschaften gähren allmälich ab.
ABGANG, m. abitus, discessus, nnl. afgang, in allen bedeu-
tungen des wortes abgehn. der abgang des boten erfolgt
dreimal in der woche; man hielt den abgang des briefes auf.
die ijungfrau) nam ir ein abgang. Uhland volksl. 196. ab-
gang aus dem leben: es hat mich euer söhn bericht des
jamers und Unfalls, so euch zugestanden durch euers lieben
hen-n abgang. LuiiiEn 4, 384"; da .lacob lang hat gewont
nach abgang seiner hausfraucn Rachel. Fiiank u'ellb.m"; da
verbrennen sich auch die fraucn willig nach abgang irer
mann. das. 206' ; oß imter bcifügung des atlj. : die ümb
tödlichen abgang irer geliebten trauren. .Ion. v. Schwarzen-
BERG 150'. ScnwEiNiCHEN 3, 255. KIRCHHOF wcndunm. 42G'.
Opitz 2, 104. abgang der waare: der kaufmann hat guten,
schlechten abgang, absatz; diese leute liaben einen unglaub-
lichen abgang. Güthe 28, 273. abgang desucludo: diese sacbe
kommt, geräth in abgang; man hat es in abgang gebracht,
abgang dcfectus, weil was abgegangen ist, nunmehr fehlt oder
Schwächung erleidet: fehl, abgang und gebrechen. Agricola
147* ; rechter leut ist allenthalben ein abgang. das. 264' ; Ve-
nedig wird an wasser nicht leichtlich abgang haben. Fi-
schart groszm. 132 ; besser überflusz als abgang. Hohuerg
1, 34T;
sag der natur, dasz sie werd scliwacli
und könn den abgang nicht vcrincidon.
Weckher!.. 480;
es ereignet sich aber einiger abgang bei unserer spräche.
Leirmtz 252; ich werde mir eine andere lasche machen,
so ist der abgang ersetzt. Wiei-and 13, 14 ; fragen, die aus
abgang hinlänglicher beobachtung noch unentschieden zu sein
scheinen, das. 28, 287 ; dasz sich besagte abschrift nicht fin-
det, ein abgang der niciit angenehm zu vernehmen sein
dürfte. Lessixg 9, 111 ; dieselbe grösze der kraft ohne ab-
gang oder vemiehrung. Kant 8, 73 ; einfall, den es {das
Corps) aus abgang des soldes in Böhmen tlial. Schiller 888 ;
der abgang von mehreren evangelischen stimmen leitete die
Verhandlungen zum vortheil des kaisers. ders. 993; das
domcapitel, welches für mehrere dergleichen abgänge besorgt
sein mochte. Moser 2, 74. abgang, in einigen handwerken,
weggehn von der arbeit, schicht machen. Endlich abgang,
was von einer sache abgeht: etliche machen die schwein mit
hirschen (hirsen) fciszt, und sind die spreuer und der abgang
darvon gut für das rindvieh. Tarernaemont. kränterb. 057;
das crz hat auf hundert pfund sechzig pfund abgang; ab-
gang an getraide durch müusefrasz; abgang an der casse.
bei verschiednen arbeilern Itaben diese abgänge besondere na-
men, s. abfall, gekrätz, iniesel.
ABGANGIG, deßciens, was abgeht, abgehend: abgüngige
waare; bei jedem fall der urtheilsspruch bereit, und was ja
noch abgängig oder dunkel wäre, ersetzen die glossen.
Güthe 8, 35 ; pferdc, mager und abgängig , dasz sie nicht
trüben können;
schleunig wird ein bcjahrier und schon abgängiger wiililcr
hergcschleppt. Voss,
abgängige kleidcr, wäsclie, abgenutzte.
ABGANGIJNG, m. gebrauchen einige ron abgegangncr un-
reifer leibesfrucht.
ABGAUKELN, praestigiis auferrc, einem durch blendwerk
entziehen : wenn sie aber dir gleich alle evangelisten abgegau-
kelt haben, so werden sie dir s. Paulum nicht abgaukeln.
Luther 3, 53L
ABGEBEN, tradere, rcddcre, agerc, nnl. afgeven, von sich
geben, ab der hand, aus der hand: der böte gibt den brief,
das geld ab, der milchträger die milch, der general den
Oberbefehl; der überwundne den degcn {von der seile); der
richter seine stimme, sein urtheil {aus dem munde); der für-
ster gibt den bauern das holz ab, verabreicht es aus dem
walde. bloszes abgeben gilt von pferden, wenn sie zahne
schieben: es finden sich auch etliche pferdc, die gar nicht
abgeben, sondern ihre alten zähnc immer behalten. Hoh-
berg 2, 119'. Häufig aber partitives geben, wo die alte spräche
zu geben die sache in den gen. setzt: du sollst mir von dem
wein abgeben, mhd. des wines geben, ein stück von dem
brot abgeben, mhd. des brutes, von deinem vermögen jähr-
lich zehn thaler abgeben, auf die erkaufte sache fünf thalcr
{von dem preise) abgeben, erlegen ; auch : diese waare gibt
viel ab. zumal hciszt es einem etwas abgeben, sein tlieil da-
von geben, ihn tadeln, ausschelten, ihm nichts vorenthalten:
und Rose gibt ihm immer was ab, wie ers verdient. Güthe
14, 274; sie habens euch aber auch brav abgegeben. Güthe
15, 51; Wilhelm werde wol thun sich auch von ihm entfernt
zu halten; denn am ende gebe er jedermann etwas ab. 18,
262 ; ich liesz mich nicht sturen, wenn Schlosser mir manch-
mal ernstlich, Merk spöttisch etwas abgab. 26, 161; hürcn
sie doch nur, ich will dem Klopstock noch was abgeben
wegen seiner gelehrtcnrepublik. Lenz 1, 154. den kindcrn
etwas abgeben meint geradezu schlage, heute wird es noch
etwas abgeben {von regen, zank, ärger) wie sonst setzen. Nächst-
dem drückt abgeben aus soviel als hergeben, praebere, vor-
stellen: dieser tage habe ich den dritten vorschneider an der
langen tafel zum erstenmale abgegeben und gemacht. Schwei-
NicHEN, 1, 57 ; weil ich von nalur so treflich geneigt war
einen federhansen zu agieren und abzugeben. Simplic. 1, 2;
wenn aber der teufel den dritten mann abgäbe. 1, 245 ; dasje-
nige was unseren beiden in dieser nacht begegnete, gibt eine
neue bekräftigung dieser bemerkung ab. Wieland 1, 29 ; bei
welcher (mahlzeil) Agathon beinahe einen bloszen Zuschauer ab-
gegeben hatte. 1, 202; was für ein modeil zu einer bildseule
des erstaunens ich abgegeben hätte. 2, 28 ; Wilhelm muste
sich zuletzt entschlieszen den hegleiter abzugeben, wobei ihm
nicht wol zu muthe war. Güthe 21, 207 ; dasz ihr einen spton
bei ihm abgabt. Tieck 3, 152 ; du würdest einen guten Sol-
daten abgeben; einop Schinder abgeben. Lessing 3,35; der
schüne dorn kann einen spazierstock abgeben, bei Jöcher
immer: er gab einen professor zu Leipzig ab, gab zu Kron-
weissenburg einen apotheker ab, war zu L. pr., zu Kr. apo~
theker. die zeit kann nicht die eigentliche Bedingung der
kraft abgeben. Kant 8, 42 ; ideeii, die gar keinen gegenständ
für erfahrung abgeben. 4, 90. doch steht auch in solchen
fällen bloszes geben : das tuch kann einen mantel geben ; er
hat einen artlichen poeten gegeben. Opitz;
ich will um meines gotles tlior
viel lieber einen büter geben. Opitz.
umgekehrt saglc man früher es gibt ab statt des heutigen gibt :
als es leider heut zutag dergleichen kerlen genug abgibef.
Simplic. 1, 9 ; da es denn solche viehische menschen abgi-
bet. 1, 31. Sich abgeben hat fast immer die praep. mit bei
sich und bedeutet versari in aliqua re, sich beschäftigen, etwas
treiben: er gibt sich mit dem griechischen ab, mit dichten,
pfropfen ; Wilhelm hatte sich sciion lange mit cjner Über-
setzung Hamlets abgegeben. Götiie 19, 165; was sogar die
frauen an uns ungebildet zurück lassen, das bilden die kin-
der aus, wenn wir uns mit ihnen abgeben. 20, 82 ; der sich
damit abgibt nicht anders zu gehn als indem er ein rad
schlägt. Tieck 3, 7. doch Göthe läszt auch das mit oder damit
weg : eine närrin, die sich abgibt gelehrt zu sein. 16, 124 ;
nein, freunde, lassen wir es noch zusammen
* und geben uns nicht ab hier auszukramen. 10, 263.
wie franz. s'occupcr, se milcr des en entrathen kann.
ABGEBET, n. deprecatio, schlecht für abbitte: ist ein clirist-
liches abgebet schuldig. Aiiele 3, 123.
ABGEBETEN für abbeten, wo belege slchn.
ABGEBOT, ti. majus pretium, das höhere gebot, weichet
abbietet.
V»
45
ABGEBÜNG — ABGEHEN*
ABGEHEN — ABGELEBT
46
ABGEBUNG, f. praestatio, das abgeben, darreichen, besser
die abgäbe.
ABGEHEN, abire, davon gehn. zuerst von lebendigen, des
gangs mächtigen wesen: der böte geht ab, die Schauspieler
gehn {von der bültne) ab am Schlüsse des auftritts: nachdem
di^ königin den Essex beurlaubet, gehen beide auf verschie-
dene Seiten ab. Lessixc 7, 2S1; er geht ab von der bühne,
verldszt die bühne; wenn sich männer hadern, und verletzen
ein schwanger weib, dasz ihr die frucht abgehe. 2 Mos. 21,
22; aus dem leben abgehn, sterben: vater und mutter sind
iro zeitlich abgegangen. Tu. Plater 131; solt meines herren
marschalk abgehen. Galnv 16G ; des Stands und wesens, des
der abgangen gewest. reichsabsch. ro» 1507 §. 17 ; Georg
Friedrich Schmidt, geboren Berlin 1712, abgegangen daselbst
1775. GöTHE, 24, 227;
geht wo ein schulregent in einem necken ab,
mein gott wie rasen nicht die dichter um sein grab.
CiMir ;
res die uns verwundet abgiengen. Fkask iceltb. 233"; oß
unter beifiigung von tödlich orfer mit todc, welches zu fassen
wäre im geleite des abholenden todes, oder blosz aus dem al-
ten instr. tüdü, statt welches auch der gen. gesetzt wird: to-
des abgehn, verbleichen. Dann aber von personißcationen, na-
mentlich dem tag, monat, jähr und schön von dementen, de-
ren kraß man sich lebendig dachte: ein tag, ein monat geht
nach dem andern ab {hin);
heute gebt ein altes abe, gebet ein ein neues jähr.
LoGAü 2, 174, 83;
der Winter ist abgegangen {excessit), schnee und eis von den
bergen :
schnee, die Ton dem gebirg abgehend brausend rauschen.
Weceherli?« 305;
diese bach geht nimmer ab {versiegt nie). Er. Albercs 139 ;
wir wollen das feuer langsam abgehen {erlöschen) lassen,
nachdrücklicher als ausgehn, auch altfranz. li fus sen va
{erlischt), nicht anders von losbrennendem gewehr: die flinte
gieng nicht ab {versagte); da lieszen wir unser geschütz ab-
gehn, des si ein groszen schrecken namen. Fraxk tre/ifc. 219*;
und als wir unser geschütz lieszen abgehn, entseUten sichs
hart. 227*; hört wie man zur freud abgehen läszt die ge-
schosz. Ayrer 139* ; alsdann gehn im creisz etliche raketen ab.
313'; gerade so le fusil part, la fleche, la foudre ^art, the
gun goes off. der dampfwagen, die post geht um zehn uhr ab
Weiter von lodlen suchen, die sicli ablösen : die schale will
nicht abgehn, der nagel geht mir vom finger ab, die haut,
die färbe geht ab. das kicid geht, gleichsam vom leibe ab,
zerrciszt: abgegangner, vielmal verbesserter rock. Simplie. 1,
6S. vgl. abgängig, der harn gieng blutig ab, die genossene
speise unverdaut, es geht kein heller vom preise ab, musz
noch viel abgehn; ahgeha, gleichsam vom kaußaden: die waarc
geht reiszend ab, im gegensatz zu liegt still, liegt wie blei.
abgehn /ür hinabgehn, dcscendere: da Moses abgieng von dem
berg ; die treppe auf- und abgehn ; und so man dasselb bcrg-
lin abgcet. Fraxr weltb. 173"; und musz man vil staffeln ab-
gecn darzu in krüften. das. 16S'; auch ganz transitiv ßr ab-
treten : ich habe mir die sohlen an den schuhen abgegangen,
die füszc abgegangen; ich habe mich ganz abgegangen (müde) ;
wenn ich sie herum ziehen sehe mit loosem haar, im mond-
schein einen kreis abgehn {pedibus calcare). Gütüe U, 50.
An das sinnliche es geht mir ab von den bänden reiht sich
ein abgezogneres ergehn, von statten gehn, gut oder übel ab-
gehn : lasz ichs gar gütlich abgen (hingehn). fasln, sp. 166,
16; wo viel worte sind, da gehts ohne schaden nicht ab.
spr. Salom. 10, 19 ; denn wir wissen, das es niemand iemals
on gewisse fahr abgangen ist, so er gottes gnaden und wol-
thaten misbrauchf. Li;ther 1, 221* ; und wenns kiind irer See-
len on schaden abgehen. 3. 333'; dem fuchs gieng wol das
schwetzcn (com maul) ab. Er. Aldebus 70 ; wollte aber gott
dasz ohne nutz und frucht nit abgienge. Kirchhof mil. ditc 266 ;
sehen ist wol abgegangen
was nit wol ist angerangen. Locau 3, 28, 30.
das böse wol gestellt lasz stehen wie es steh^,
es ist noch ungewis, wie neues abe geht. 1, 214, 90;
so schlechilicli gehts nicht ab, dp'ln warnen, das so gut,
setzt manchen ans gefahr in gottes hold und hui. 1,232,66;
wird nirlit mein buch wol abegehn,
wie sichs zu nutz gebühret,
winl sirhs auT gehen nicht Terstchn,
wird wollen dasz mans Tuhret. 1, 113, 78;
Amea ist so wunderhübsch, die schwängern meiden sie,
es eehet ab ohn misgeburt, wo sie begegnet, nie. 2,230, 120;
kuggiero schaut, wie doch die scblaclit ahcrehn möge.
DiETR. TOS DE> Werder ArtosC 11, 17;
ohne verdrusz, ohne schlage, ohne blut, ohne thränen wird es
nicht abgehn ; auf einem balle tanzten wir eine menuet zu-
sammen, auch das gieng ohne nähere bekanntschaft ab. Göthe
19, 276 ; über Wissenschaften und künste gieng es auch nicht
ohne Widerspruch ab. 19. 290.
Auf der andern seile flieszen aus dem darongehn die be-
griffe des fern seins, abweichens, außiörens, sich enthaltens,
entgeJms, viangelns. die ältere spräche pflegt hier nocli den
gen. zu verwenden, wie es mhd. hiesz eines dinges abe gän :
wil er der sach dann nit abgän. fastn. sp. 144, 36; die mag
des nit pald abgen. 245, 28; .willu aber dein irrthum wider-
rufen und des heucheln(s) abgehen, soitu mich gar bald still
und schweigend machen. Lither 1, 306*; und ward oft ge-
wamet von seinem nachbar, das er des wortes abe gienge.
6, 252' ; das er des abgehe und dafür ein vaterunser bete.
6, 297; sie [die Wucherer) wurden des schinden(s) und wu-
chern(s) wol abgehn. Scuweixichex 2. 178 ; aber meine zwei
Schwäger konnten der unQäterei nicht abgehn. das. 2, 1S2;
sie werden des wachens nicht abe noch gehn. Logac 2. UO,
59. heule stehn praeposilionen : reine verstandesbegriffe haben
keine bedeutung. wenn sie von den gegenständen der erfah-
rung abgehn. Käst 3, 232 ; wenn man von den sinnen abgeht,
wie will man begreiflich machen, dasz unsre kategorien noch
überall etwas bedeuten. Kant 2,250; gewohnhcit, worin sie
von allen übrigen Völkern des erdbodens abgehn. Wiei-\xd 6,
66 ; denn wenn sie wüsten kein lohn oder wenn das gute ab-
gehet, hören sie auch auf. Lcther 1,33'; das im seine werk
abgehen, ehe ers bedenkt. 4, 12' ; nu ist abgangen der brauch,
speise und gelt zusammen zu legen in der mess. 1, 335*;
durch dein gnade hilf mir, das in mir mein name abgehe und
ich zu nichtc werde. 1, 73' ; diese heilsame gebot Christi sind
auch also abgangen, das man sie nicht helt. 1,191'; insofern
ihnen nichts darunter abgeht. Wielano 8,228; folglich müs-
sen dem artisten ganze classcn von gemählden abgehen, die
der dichter vor ihm voraus hat. Lessing 6, 462 ; indesz gehet
das Zeitwort von kartaune unsern Wörterbüchern insgesamt ab.
das. 8, 280 ;
es gieng auch diesesmal nichts der bewirtung ab.
Hagedorn 1, 25;
manchmal wird doch auch einer begraben, der einem andern
nahe abgehl. Claudius 4, 3 ; ich fühle nur zu sehr, dasz mir
ein mann dieser art abgeht. Göthe 17, S ; du sollst uns re-
gieren, er soll uns pfeifen, was geht uns noch ab? 14, tI5;
sie sorgen für unsern gast, abbe, dasz ihm nichts abgchl.
20, 8; 0 ihr herren, denen nichts abgeht, ihr habt gut von
Wahrheit und geradheit reden. 20, 109 ; gottlob wir lassen uns
nichts abgehn. Tieck 5, 10; es geht mir an dem geldc noch
ein thaler ab ; mhd. get mir an den (icerATii) iht abe. Waltii.
100, 23. dir get ab an ghör. H. Sachs 1, 465'.
ABGEIGEN, fidibus ludere, von der geige abspielen, er geigt
alles fertig vom blatte ab.
ABGEISELN, flagellis auferre, einem die haut mit der gci-
sei abhauen, einen abgeiseln.
ABGEIZEN, ararc adimere, durch geiz entziehen, was sie
inen auch also abgcgcitzt, haben sie noch geringelt: ge-
wissen zu verprassen. Kirchhof wendunm. 389*.
ABGEKEHRT aversus, part. von abkehren, <j«c/i mit der be-
deutung von in sich gekehrt, und in der früheren spräche von
verkehrt: wie lang wiltu Umschweifen abkehrte tochtcr?
Reiszxer Jerus. 1. 96'.
ABGEKEHRTHEIT, f. das in sich gekehrt sein, die versun-
kenheit.
ABGEKR.\NKT, infirmatus, parlicip von abkränken, «*-
schwächen :
seid ihr denn raths arm ganz
ihr abgekrenklcn sinnen? Pleii?ic 184;
fallt bin ihr abgekrfinktcn gliedcr. Gönthk« 12;
bis der abgekränkie körper
den gefangnen leib verlaszt. GCnTHca 1005.
ABGELBEN, die gelbe färbe fahren lassen, vgl. abgilben.
ABGELEBT, senio confeclus, part. von abieben, ausleben,
XU ende leben, also matt und kraßlos: ein abgelebtes alter,
abgelebter greis, abgelebte jähre, abgelebtes gesiebt, da ich
meine abgelebte tage nicht wieder zurückc nifon knn. rosen-
47 ABGELEBTUEIT —ABGESCHIEDENHEIT
Ihal 1, IL; abgelebte jähre alter betschwestern. Raüener 4, 76.
auch alte abgelebte brauche, alte abgelebte perucke. IUuener
6, 266. abgelebte worle. vgl. abgeleibt.
ABGELEBTUEIT, f. abgang der lebmskräfle.
ABGELEGEN, rcmolus, pari, von abliegen, auf der seile
und in der ferne gelegen : ein abgelegenes haus, zimmer; durch
ein fenster in einen abgelegenen huf sehen. Weise Id. leule
24; ein abgelegner, weit vom incere abgelegner ort, vgl. cnl-
legen. abgelegner wein, abgelegnes obst, die gehörige zcil ge-
legen haben.
ABGELEGENHEIT, f entlegenhcil.
ABGELEIBT, lodl, scheint, da sich kein verbum ableiben
aufweisen läszt, verdci-bt aus dem schöneren mhd. abelip vilae
expcrs {Eracl. 364) :
Priamus fährt wolgeinut zu den abgeleibten geistern,
Opitz 1,215;
die abseleibten (seelen) kriegen von mir auch reciit mehr dienst.
Opitz 1,1Ü7;
des abgeleibtcn weih und kinder. Beutter kriegsordn. 17.
man sagt auch in einer formel: abgeleibt und abgelebt.
ABGELLEN, cum fragore desilire, schreiend abspringen:
(wann die kugel) nit abspringen oder abgellen mag. Fron'sp.
kriegsbuch 2, 2C'.
ABGELOBEN, abdiccre, feierlich entsagen : er hatte die Irüg-
lichc minne abgelobt und abgeschworen. Musaeus.
ABGELTEN, solvere, gelten, bezahlen, abkaufen, vergelten:
zu einem koch zwen Junggesellen
kamen und tlieten sich freundlich stellen,
als heilens im gern abgegolten
ein stück fleisch, das sie essen wollen.
B. Waldis Esopus 1, 45. s. 34*;
ich bin auch sonst in seiner schuld, weil aber dieselbe ab-
zugelten bei mir nicht gestanden, als habe. Opitz 2, 1 ; wir
alle sind verpilicht die schuld ihm abzugelten. A. Grypu.
2, 24;
was weid ich dir zum dank und opfer gelten ab?
LouENSTEiN 24, 137;
war Cäsar nicht schon fürst, als ihm ward abgegolien?
ders. 19, 524
und oft, ein beleg unter abbeten.
ABGEMESSEN, praecisus.
ABGEMESSENHEIT, f praecisio : der begriffe. Kant 10,
200 ; abgemessenheit genau bestimmter begiiffe oder regel-
mäszig verknüpfter vernunftschiüssc. Kant 6, 13; dasz diese
Schwingungen und ihre al)gemessenheiten das, was wir im
allgemeinen musik nennen, hervorbringen. Götue 54, 117.
ABGENEIGT, alienus, stärker als ungeneigt, das die blosze
abwcscnheil der neigung ausdrückt: ich bin ihm abgeneigt,
ich bin abgeneigt das zu thun ; von und vor etwas : abgeneigt
von der bessern meinung. Lessing 8, 365; nicht abgeneigt vor
ungerechtem gewinn. Schiller 560.
ABGENEIGTHEIT, f der mangel an neigung.
ABGEOBDNET, substantivisch mit vorgesetztem artikel, ein
abgeordneter, der abgeordnete z. b. in die Versammlung.
ABGEltBEN, cxcoriare, vollends gerben, derb prügeln.
ABGEBIPI*T, costalus, von gutem rippenbau: ein wol abge-
ripptes pferd; eine schön abgerippte pflanze.
ABGESAGT, renunciatus, nicht blusz was man abgesagt,
aufgekündigt, sondern auch der, dem man abgesagt, oder wel-
cher uns abgesagt, sich zu unserm feind erklärt hat : unsern
abgesagten feinden. Meliss. ;)i. Ti'; sein unser abgesagt vcint.
Soltau volksl. 178; meinen abgesagtesten feind anzulaufen.
Jucundissimus s. 27 ; von seinem abgesagtesten feinde. Schil-
ler 893; die abgesagtesten feinde. Kant 1, 353, wofür sonst
erklärte, erklärteste, unsicher ist die bedenlung in folgender
ilelle: als einen tyrannen und abgesagten des cvangelii. Lu-
ther 3, 1S9', entweder der sich vom evangeliurn losgesagt oder
dem die kirche abgesagt hat ? das ist ein feind und ein ab-
gesagter gottes. I'aracelsus 2, 614'. vgl. absagen.
ABGESANDT, inissus, substantivisch ein abgesandter, der
abgesandte, gleichviel mit gesandter, gesandte.
ABGESANG, m. distinclio carminis, bei den meistersdngem
der auf die beiden slollen folgende dritte Iheil der Strophe.
ABGESCHIEDEN, separatus, gesondert, einsam, auch gestor-
ben: das gespcnst einer lieben abgeschiedenen. Wieland 9,
272; abgeschicdne selige geister.
ABGESCHIEDENHEIT, f. von der weit, von dem gerduscit.
ABGESCHLIFFEN — ABGEWINNEN
48
abgcschiedenheit des denkens. Fichte naturreclU 16 ; von dem
getüimnel. Wieland 1, 271.
ABGESCHLIFFEN, polilus, poliert, abgenutzt.
AB GESCHLIFFENHEIT, f. abslump fung, feinheit.
ABGESCHMACK, m. ingratus sapor, umschlagen des ge-
schmacks, mit dem nebensinn eines schlechten, widrigen:
so war ihm diese kost ein rechter abgeschmack.
Werders Ariost 27, 87 ;
manche scencn der Unnatur, der Verderbnis, der barbarei
und des abgeschmacks. Götue 15, 279 ; der durch eine sau-
befe manigfaltigkcit den ehemann von dem abgeschmack
einer einförmigen beiwohnung zu retten suchte. 39, 17. vgl.
abschmack.
ABGESCHMACK, insipidus, widrig, widerstehend, des gc-
schmacks verlustig : damit die speisen nicht durch veirauchung
abgeschmack und schwach würden. Hohberg 3, 51".
ABGESCHMACKT, insipidus, pari, des seltnen verbums ab-
schmecken, den geschmack verlieren, widrig schmecken, und
noch mit altem rückumlaut, während von schmecken geschmeckt,
nicht geschmackt gebildet wird; insipidus von sapere:
das sind, gerechter gotl, die abgeschmackten fruchte.
A. Grvpu.
läszt (erscheint) abgeschmackt. Günther 540 ; so abgeschmackte
Sachen, das. 795; wie schal und abgeschmackt ist solch ein
leben. Göthe 9, 324 ; wie satt, übermütbig, leer und abge-
schmackt dagegen, sobald er seiner wünsche befriedigung ge-
funden hatte. 19, 87; wie findest du die zarten thiere? so
abgeschmackt, als ich nur jemand sah. 12, 121; der abge-
schmackteste betrug. 12, 129.
ABGESCHMACKTHEIT, f absurditas, ein irrthum, wo der
schein auch dem gemeinen verstände offenbar ist, heiszt eine
abgeschmacktheit. Kant 1, 383.
ABGESCHNITTEN, reseclus.
ABGESCHNITTENHEIT, f von allen abgesondert schwebt
sie (im kahn, ohne rüder) auf dem treulosen, unzugänglichen
elcmente, durch streichen glaubt sie jene hülfsmittel zu er-
setzen, die ihr in dieser abgeschnittenheit versagt sind. Göthe
17, 361.
ABGESCHBOTIG, n. was in der küche abgescbrotcn, abge-
schnitten wird. HohberG 2, 48l', besser abschrotig.
ABGESINNT, infcnsus, abgeneigt: abgesinnt, du weists, ist
dir das volk. Schiller 000.
ABGESONDERT, separatus, abgetrennt.
ABGESONDEBTHEIT, f separatio, in der abgesonderlheit
leben. Göthe 32, 258 ; einer der diese abgesondertheiten ver-
einigt. 39, 237.
ABGESTALT, dcformis, noch stärker als ungestalt informis :
abgestalt, dürr und heszlich. Phil. v. Sittew. 2, 309.
ABGESTALT, f dcformilas: dahero er in solche abgestalt
gerathen. Philander 1, 371.
ABGEVIERT, quadralus, abgeviert wie ein würfel. Acricola
spr. 93*. vgl. abführen.
ABGEWÄHBEN, concedere, im bcrgwerk so viel als abschrei-
ben, gegensatz von zugewähren, zuschreiben.
ABGEWINNEN, von einem gewinnen, gleichsam abc der
haut, erlangen, consequi, impetrare. wie nun schon ahd. con-
struicrt wurde du habest iro anaguunnen abstulisli fortunae
munus (Grakf 1, 880), ohne acc. der sacke, und mhd. er winde
im abc gewinnen Trist. 158, 10, von ihm zu erlangen, ohne
acc; gerade so heiszt es: wer kann diesem geisle abgewin-
nen, weil er solche zwo feiner kunst und rcgel für sich liat?
Luther 3,484; so müst sie in einem festen schlosz ligen, da
ir niemand abgewinnen köndc, u. einen guten hämisch an-
ziehen. Luther 5, Sil'; und uns wider in (den teufel) rüsten,
das er uns nicht solle abgewinnen, das. 5, 512'; denn der
teufel hat sich bisher so lang gebissen mit der schrift und
dem wort, aber noch nie können im abgewinnen, das. C,
215"; denn man kan im nicht abgewinnen mit werkhcilig-
keit. das. 8, 189" ;
so viel als besser springt
ein rclibock als ein kalb, und w.-iiui sio. hrblich singt,
die leiciiie nachlignll den vögeln abgewiiiiil.
Opiti 2, 170,
dir will ich leicht abgewinnen. Lokmans fab. 21 ;
die fugend war an nie his, als der pesialt zu scbauen,
die in dum sarge noch der schönsieii abgewinnt.
GÜNTHER ;
49
AHGEWINNEN — ABGLANZ
ABGLÄNZEN— ABGOTT
50
deiue perlen sind so rein,
als ein weiszer schnee kann sein,
der den lilieu abirewinneC
Dat. ScutKM£Rs sing, rosen. Dresden 1657 «. 389 ;
weil sie allen harten steinen damit (mit den diamanlen) abge-
winnen könnten. Lessixg 8, 91. man kann hinzudenken den sieg,
schrill, das feld oder statt dieser ein bloszes die ellipse herbei-
fiihrendes es. Anderemal und später fast allgemein ist auch
der ace, zugefügt: die bracht ich mit gottes hülf zu gehor-
same und gewan in das feld ab. Fraxk tceltb. 224'; dieser
Sehcour soll es mir nicht abgewinnen. Scoilleb 628 ; brüstet
euch mit eurem triumpb, ihr habt mirs abgewonnen. 636;
den edelslein
musz man den falschen mächten abgewinnen.
Wallenstein 2, 41 ;
heule nicht, fürwahr zum ersicnmale
hat mirs diese bildung abgewonnen. Göthe 1, 219;
sie scheint der Schwester hoheit nachzusinnen
und möchte gern den schritt ihr abgewinnen. 13,232;
die rangsucht unter ihnen, wie sie nur wachen und aufpas-
sen, einander ein schrittchen abzugewinnen. 16, 95 ; so solle
jeder sich üben, vom blatte zu lesen, einem drama, einem
gedieht, einer ci-zählung sogleich ihren charakter abzugewin-
nen, und sie mit fcrtigkeit vorzutragen. 19, 182 ; mochte sie
sich stellen wie sie wollte, so gewann sie mir wenig ab. 24,
90 ; gar mancher wissenschaftliche versuch, der natur ein ge-
hcimnis abgewinnen zu wollen. 31, 146 ; hatte man dieser
ungewohnten speise erst geschmack abgewonnen. 31, 221. es
sich abgewinnen: ich der ich mir noch nie einen reimlosen
vers habe abgewinnen können. Lessing ;
der frommen einfnlt
aliein erzähl ich sie. weil die allein
versteht, was sich der goll ergebne mensch
für tbateu abgewinnen kann. Lessing 2, 323.
ABGEWITTEKT, tempes'ate exesus, im veiter mitgenommen :
zerlumpt die scgel, rippen abgewittert ; was so ein alter, ab-
gewiuerter, verschimmelter diener sich heraus nimmt. Tiecr
3, 253.
ABGEWÖHNEN, deducere a pristina consuetudine, entwöh-
nen, von der yewohnheit abziehen : das kind abgewöhnen {von
der mutterbrust), ein kind, das von der milch wird abge-
wöhnt. Oprrz; wenn er ihn von den wilden ausschweifungen,
zu welchen er sich halle hinreiszen lassen, abgewöhnte. Wie-
land 3,57. öfter mit dem dal. der pers. und acc. der sache:
einem ein lasier abgewöhnen; sich das spiel abgewöhnen.
ABGEZOGEN, abstractus: abgezogene dinge, abgezogene
form. Leib.x. 390; das abgezogne denken, die ausbeute der
abgezogensten spectilution. FicntES reden an d. d. n. 313.
473; die reine beschaulichkeit abgezogener Wahrheiten. Stol-
berg 9. 25. reichlichere beispiele unter abziehen.
ABGEZOGENHEIT, abstractio. abgezogenheit von den ge-
genständen der sinne. Wiel\>d 2, 14 ; Iransscendentnle abge-
zogenheit. Kaxt 11, 311 ; abgezügenheit. Ficiites sonnenkl. ber.
116. aber auch einsamkeit, abgeschiedenheit, zurückgezogen-
heit :
wie sflsz ist doch ein freier wandet
in voller abgezogenheit.
ABGIESZEN, dcfundere, nnl. afgieten, davon abschüllen.
das gefiisz ist zu voll, man mu«z etwas abgieszen ; das feil
von der brülie ahgie<zen. ein bild nehmen durch gieszen über
den gegenständ: eine münze in gips abgieszen; da wird ein
todter geschwind noch abgegossen und eine solche maske agf
einen block gesetzt und das heiszt man eine hoste. Götue
17, 206 ; so studierte er am Elsaszcr heimlich den Franzosen
und gosz ihn im vorbeigehen ab. J. Pacl ßegelj. 3, 6.
ABGIFT, f. donum, exaclio, verhält sich, der form nach,
zu abpal»e iric gift zu gäbe, und gilt zumal bei gerichten : der
Staat dnidele es nicht, dasz der acker mit jährlichen abgif-
ten zum vortheil der abgehenden kiiidcr beschwert werde.
Moser p. ph. 1, 17.
ABGILBEN, ßavum tingrre, gelb färben: ist der gcstoszeif
krebs abgrgilb», gewürzt und gesalzen, alles kochb. vgl. ab-
gelben.
ABGIPFELN, in cacumine praecidere, ein gewdchs oben ab-
brechen : einen batim oder wein<tock ; schneiden, rebenklauben,
jeten, binden, ahgipfeln, steckenziehen. Schhelzel lobspruch
70 ; etliche »fipfoln den pclzcr oben ab. HonitERC 1, 406*.
ABGLANZ, m. rcsplendor, Widerschein, ebenbild. {der mond,)
der reineren sonne abglanz. Stulberg I, 370; deiner benitchkeit
abglanz. Voss; der abglanz der rose auf die lilie. Kli.<(cer
5, 297 ; abglanz ewiger gerechtigkeiL Lessixg 2, 351 ;
und so sah ich den mond verbreiten befreundeten abglanz.
PtATE.'« 50.
ABGLÄNZEN, resplendere, Widerscheinen und Kiderscheinen
machen : wenn er sie als ein nihiger Spiegel treu aufnimmt
und wieder abglänzt. Herder 20, 87.
ABGLATTEN, laerigare, abschleifen: ein holz, einen band
abglätten; so glättet sich das rauhe ab. Klinger 2,356; die
menschen glätten sich ab. vgl. abschlichten.
ABGL.\UBE, ineredulus: er wer ein ketzer und ein ab-
trünniger abglaube. Frei garteng. 33 {ko der falsche nom.
abglauben>. schon ahd. giloubo credens, ungiloubo ineredulus
(GB-^rr 2, 71). gleichviel mit dem folgenden.
ABGLÄUBIG, ineredulus, verschieden von abergläubig su-
perstUiosus. das es zuwider den abgleubigen und hotTcrti-
gen heiligen geschrieben. Lcther 4, 128'; den ketzerischen,
abgläubigen büchem. Lctoers br. 2, 112.
ABGLEICHEN, adaequare, völlig gleidtmachen, ausgleichen :
mit einem hölzlin abgleichen können. Phil. t. S. I, 470 ; schuld
und fordrung abgleichen ; kinder,
die des vaters tapfren sinn
und der muiter schönes kinn
heblich werden abegleichen. Logao 1, 6.
d. h. harmonisch vereinen, in sidi zusammen ausdrücken, re-
ferre.
ABGLEITEN, delabi, ton etwas niedersleigen, abfallen: da
gleit {glitt) die hellebort {ausgeburt der hölle) von den leitem
ab. Lltrer 3, 3ö; das messer glitt von dem brote ab; der
Spiegel glitt beim befestigen ab ; die sanft abgleitenden schat-
ten. Voss; in den gedanken abgleiten; ich hab einen nebci
lieb, sobald er wie ein schleier vom angesicht eines schönen
tages abgleitet. J. Paul Uesp. 1, 12.
ABGLIM.MEN, sensim exstingui, verglimmen, niederglimmen :
der letzte funke ist abgeglommen; um einen abgiitnmcnden
aschenhaufen. Götue 30, 64; das abglimmen des lichtes bei
heiteren abenden. 51, 201.
ABGLITSCHE.N, frequentalit ton abgleiten : dahero ich nach
abgeglitschten stoszc mich selbst in der grüsten lebensgefahr
sähe. Felsenb. 1, 58 ; stich auf der brüst, welcher aber ver-
muthlicb auf einer ribbe abgeglitschet war. Plesse 3, 125 ;
da glitschten ihre äugen
sogleich von gruppen ab, die nicht für mädchen laugen.
Wiela.no.
der künste Zauberei, der reiz verwöhnter musen,
der wollustvolle tanz, das weiche saitenspiel
glitscht schadlos ab an seineiu festen busen.
Wieland 9, 225 ;
verdoppele deine aufmerksamkeit und lies von der stelle an,
da sie abglitschte, noch einmal. Fichte sonnenkl. ber. 2.
ABGLÜHEN, ardorem amittere, verglühen : das eisen glüht
ah, die hilze ist noch nicht abgeglüht transitiv ein erz ah-
glülten, CS gescimeidig machen, den wein abglühen, sich ab-
glühen: der tag glühte sich ab. J. Pacl fi/. 4, 208 ; ungedul-
diges wesen, glühe dich nur ab. das. 1, 8; ein mensch in
allen welttbeilen und weinen abgeglüht. Arnim 2, 313.
ABGLÜHUNG, /". nach einer abglühung von anderthalb jäh-
ren. Stolbebg 8, 41.
ABGÖ.N.NEH , m. adcersarius, feind, widersadter, von dem
ungebräuchlichen abgünnen, invidere, odisse: Unterricht auf
etliche artikel, so im von seinen abgönuem zugemessen. Ll-
TnER 1,165'; wiewol zuvor meine bücber von meinen abgün-
nem verbrennt. Luthebs br. J, 599; bei Hltte."» 5, 512 steht
geschrietien abgünder. vgl. abgtinst.
ABGOTT, »11. idolum, götze. ahd. apcot pl. apcutir «., mkd.
abgüt n. und m., mit den entstellten neben formen apigot, ap-
pctgot (Ben. l, 557), und auch Lctiiers briefc bieten 1. 154 ahl-
got; altn. afgud, schw. dän. afgud m.. L7/!/di verdeutscht idoli
durch galiuga d. i. figmenta oder g:iliugaguda d. i. lügengüt-
ter, doch hal er afgu])S inipius, afgudci impielas, und danach
Idszt sich das ahd. apcot auslegen impium, a vero deo abhor-
rens. da silieslu, warumb es billich abegott und abeglaub«
und abgötterei hcisze, on zweivel daruinb, das solcher dun-
kel uns abfüret von gott. Lctiier 3,205; die rechten ahgöt-
ter. Luther 3,42; ein endchrist und ahtgolt. Lctiiers br. l,
514; ein abgot war ich durch hochniut. Wecivhehl. 319; du
wirst den abgott {könig Karl) rälkn. A. Grvwi. t. 28o. H«iii/i<;
1
51
ABGÖTTER — ABGRUND
ABGRÜNDIG — ABHAAREN
52
ßr Jas was man verehrt, anhelcl, veryOUerl: abgott des Vol-
kes. Wieland 7, 34; abgott seiner seele. Wiel. 21, 95; geli
und rufe deinen abgott, dasz er diese freude mit dir theile.
Gotter 3,122;
nacht und liimmel sollens hören,
(lasz ich dich zum abgott wähle. Gotter 1, 347;
du warst mein abgott, Luise; das geld ist sein abgott; La-
fayette, vor kurzem der abgott seiner nation. Götiie 30, 181 ;
hiezu kam noch, dasz er {Wieland) sich auch gegen unsere
abgötter, die Griechen, erklärte. Götiie 26, 328.
ABGÖTTER, m. ein gülzendienei; idololalra, mlid. abgotfere?
recht wie ein erzlesterlicher gaukler, zeuberer und abgölter.
Lütheb 8, 113'; die abgötter und zauberer. Claudius 7, 96;
unter abgöttern, ketzern und ungläubigen leben. Klingeu 10,
157. verwerflich, weil es sich mil abgötter, dem pl. von ab-
gott, mischt, vgl. abgöllerer.
ABGÖTTEREI, f. idololalria, nnl. afgoderij : abgötterei lasz
ferne von mir sein. spr. Salom. 30, 8; er seit sich der ab-
götterei abthun. Fkank wcUb. 118': wan mir ab der abgötterei
grawet. Weckiierl. 114 ; von der abgötterei abmahnen, fiers.
rosenlh. 7, 20. abtgottery sieigertücchlin 227, 23.
ABGÖTTEKER, m. idololatra: nit alle künig seind Christen,
sunder XII künig abgötterer. Frank t»e//ft, 192'; Chain ist ein
abgötterer und Schwarzkünstler gewesen. Frank chron. 212';
die abgötterer, die heiden. M. Zeii.ler cenl. 2, 431.
ABGÖTTERISCH, der abgötterei ähnlich, ergeben: abgötte-
rischc zeichen. Paracels. 1, 112'; ein schwarz abgötterisch
herz. Frank paradoxa 82'; die ewren abgölterischen herzen.
Casp. Güettel von euangel. warheil. Zwickau 1523 B'Biiii'.
ABGÖn^ERN, abgötterei treiben.
ABGÖTTIN, f. weibliches idol : wir holten also wirklich
etwas von der natur, unserer abgöttin, zu erfahren. Götiie
?6, 69.
ABGÖTTISCH, nnl. afgodiscli, gleichviel mit abgötterisch,
doch üblicher: fleucht die abgöttischen, weish. Sal. 1,5; las-
set euch nicht verführen die abgöttischen. 1 Cor. 6, 9 ; einer
alten hexen ihr abgöttisch beschweren und scgen. Kirciiii.
wendu7im. 120'; die abgöttische liebe eines glücklichen volkes.
Wieland 3, 127 ; ein abgöttischer Verehrer des Cicero. Rabener
3, 257 ; eine abgöttische Stadt. Klinger 6, 105.
ABGÖTTISCH, adv., eines Stückes (Agamemnon von Aeschy-
lus), das ich von jeher abgöttisch verehrt hatte. Göthe
32, 113.
ABGRÄBEN, /brfioirfoaw/enc, weggraben, einen hügel, berg ab-
graben, einen flusz abgraben, sein bell verändern, einen brun-
nen abgraben, dem wasser den Zugang zu ihm sperren : wo den
belagerten die trcnkenbrunnen abzustricken und abzugraben
. seien. KiRCiiiior mil. disc. 33. figürlich : die übel abgraben.
fasln, sp. 297, 4 ; das wir für gott tretten, allen fäl erstatten
und alle ungnad abgral)en. Frank wellb. 110'; dardurch wird
vil Unglücks abgraben. Ayrer 163' ; einem etwas ablauern, ab-
stehlen, abgraben. Klinger 6, 63.
ABGRÄMEN, aegriludine consumere, einen durch verursach-
ten gram plagen: sich abgrämen, sich durch gram verzehren:
ein jeder sehne sicli nach dem falalen ghick,
zu ihren füszen siel» zum schatten abzugrämen. Wieland.
ABGRAPSEN, abgrapschen, vi abripere.
ABGRASEN, gramen depascere, das gras wegfressen, die
lämmer gi-asen den anger, die junge saat ab.
ABGRAUSEN, n. horror. der (du) für aller gleisnerci unt
lügen ain abgrausen hast. Meliss. ps. E2'. vgl. abgreulicli.
ABGREIFEN, altaclu detcrere, durch angreifen abnützen, der
but, die mutze ist abgegriffen.
ABGRENZEN, limitare, grenxzeichen setzen, durch grenze
tondern :
zwischen der erd und dem mcer und den liimmlischen höhn
in der iniite
hegt ein ort abgrenzend der erd dreischichtiffe kugcl.
Voss.
die Schweiz wird durch hohes gehirge abgegrenzt.
ABGREULICH," horribilis, vor (früher ab) dem man grauen
cmpßndet: ain abgreulich wcsen. Melissus ps. Es*.
ABGRINSEN, plorando adimerc, grinsend abnehmen:
und sollen wol die schweren Zinsen
die Icng dir all dein gut ahgrinscn.
ni?(GW. laut, loar/i. 40.
AÜGUÜND, m. abyssus, ahd. abcrunti»., mhd. abogründc n.,
goth. afgrundijja f., was hinab, von der erde weg reicht, die
unterste tiefe, der abgrund der hölle, des meers; gerade so
gebildet ist das ags. ok\ä\e praecipilium {ahd. ahleli^), ins thal
niedergehend:
den abgrund rülleud und den himmel. Wecku. 346.
rfaiin unermeszliche tiefe überhaupt: wie kan man hie anders
sagen, denn das der gott doch nichts sei denn ein abgrund
ewiger liebe. Luther 6, 47'; erhebe dein antlitz aus dieses
Jammers abgrund. Messias 12, 753 ; abgrund des dcnkens und
fühlens. Klincer 12, 271 ; abgrund des Verderbens. Kant 6,
245 ; so dasz das all im abgrunde des nichts versinken müste.
Kant 2, 477 ; blicke in das wescn der dinge, die mir einen
abgrund von reichthum eröfiien. Götiie 29, 212. schön von lie-
fen äugen : aus ihren abgründen schien ein licht hervor zu
blicken. Götiie 22, 102. der blaue abgrund, die unermessene
tiefe des himmels. .1. Paul Hesp. 3, 84; wie furien des ab-
grunds (der hölle) folgen mir die schauerlichsten träume.
ScniLLER 246.
ABGRÜNDIG, immense profundus, unermeszlich tief: gol hat
ein vollkommen einsehen in sich scllter und abgrundiges
durchkennen sich selbs mit im selber. Txm.EK Leipz. 1498,5';
abgründige Verzückung. Fischart Garg. 112*.
ABGRÜNDLICH, gleichviel, der vafer der abgründlichen
barmherzigkeit. Luther 2, 79*. br. 2, 139 ; ein abgründliche und
grundlose Weisheit gottes. 8,342*; nach abgrundlichem reicli-
thumb. briefe 2, 220.
ABGRÜNDWÄRTS, adv. und rief ich weinend, wütend ab-
grundwärts. Lenau.
ABGUCKEN, visu dam conlingere, einem verslolen absehn:
wie er räuspert und wie er spuckt,
das habt ihr ihm glücklich abgeguckt.
Schiller (1822) 6, 24.
ABGUNST, /". invidia, misgunst, neid, ahd. apa.nst apunst /".
(Graff 1, 270. 272) vgl. gunsf. also das es (das gebol) sonder-
lich wider die abgunst und den leidigen geitz gcstellel sei. Lu-
ther 4,407'; der hofleute abgunst. lisclir. 437'; also ward ir
abgunst und teuflischer geitz gröblichen vergolten. Kirchhof
wcndunm. 179' ; abgunsts glück zu irm feinde fölU das. 267* ;
0 golt soll dann die abgunst lange zeit
mit solchem höhn und groszen spotte schnarchen?
OriTZ 142.
der eure gunst nicht sucht,
noch eure nhgunst fürchlet. Schiller 558.
ABGÜNSTIG, malevolus, feindlich, ahd. apenstic apunslic.
etliche des raths zu Eisenach ihm abgonstig. Luthers br. 3,
162; zudem war im der pförtner abgünstig. Wikram rollw.
100; seines abgünstigen hcrzens neid. Kirchh. «.'cnf/uHm. 266";
kein geschlecht der menschen ist, under welchen so vil ab-
günsliger und zänkischer, als undcru belticrn sein. das. 246';
das abgünstige weib. das. 179*; dasz die zahl vieler groszeu
männer, die mir huld sein, die wenigen abgünstigen weit hin-
wieget. Opitz poetcrei l'; weil das glück mir abgünslig ist.
Irrgarten 257 ; der mann war äuszerst abgünstig und undienst-
fertig. Reiskes lebensb. 117. heule selten im gebrauch, man
sagt lieber ungünstig oder misgünstig. im 16 jh. kommt es
auch substantivisch vor für gegner, feind, und dann können
possessiva hinzutreten, aber der dat. unlcrbleibl: unsern fein-
den und den geistlichen, des evangelii abgünstigen. Luther
5, 29*; dasz ihr k. mai. mich durch mein abgünstigeu nicht
wolle vergewaltigen lassen. Luthers br. 1,599; meine abgün-
stigen hatten mich abermals angegeben. Scuweimchen 3, 168 ;
waren sie vor mir von meinen abgünstigen gewarnet, das.
1, 331 ; solche vergleichung hat meinen al)günstigen wehe ge-
liian. das. 3, 166.
ABGURGELN, jugulare, von der gurgel slosten, ein licd
abgurgeln. einen abgurgeln, ihm die kehle abschneiden. Stie-
ler 715.
ABGÜRTEN, cingulum solvcre, nnl. afgorden, den gnrl lösen.
■ das Schwert, den satlel abgürlen ; sie gürt ihm die gürlel ah.
AvRER 45l'; um 1700, einem die peruque abgürten. Salinde
119. dann auch einen abgürten (besser cntgUrtcn), das pfcrd
abgürlen.
ABGUSZ, Hl. defusio, das abgieszen und das abgegossene.
den dampfenden abgusz schlürfen, der abgusz von einer münze,
von Rafaels sciiädel.
ABHAAREN, pilos amittere, die haare lassen, der peli haa-
ret ah. den gerbern auch Iransittv: die haut abbaaren.
53
ABHABEN — ABHALTUNG
ABHÄMMEBN — ABHÄNGEN
ABHABEN, in lebendigen, meist elliptischen rcdensarlen,
u-elchc die alte praeposition ab erkennen lassen und aus dem
Zusammenhang zu eigänzen sind, ich hal>e den hut ab {dem
köpf genommen), die Stiefel ab {den füszen gezogen); wir ha-
ben die äpfel alle ab (dem bäum gehrochen); er hat eins {da-
von) ab {erhallen), er will elwas davon ab hal)en, wo sich
partitire bedeulung entfallet, wie in abgeben, abbekommen, ab-
kriegen, diese ausdrucksweisen, mäszig verwandt^ sind natür-
lich und auch nicht unedel.
Die frühere spräche setzt einem etwas abhaben dJinlich dem
heuligen einem etwas anhaben, doch davon rerscliieden. denn
was haben seine feind, ja der tod sclbs im abgeiiaben {rich-
tiger abgehabt)? S. Frank 65; gewis, das in {ihnen) niemand
ichts kan abhaben, derselbe 77 ; dasz ihre scharfe klingen
meiner haut weniger als zwo spieszgerten abhaben würden.
Simplic. 2, 1C6 ; welche beide {ochsen) zugleich mit den hör-
nern auf ihn {den lOwen) sticszen, dasz er ihnen nichts ab-
haben kunle. LoKMAX fab. 1; deme Arnulphus nichts abha-
ben kann. Haus 1, 274; den feinden nichts rechts abhaben
können, das. 2, 221 ; Lotharius defendierte sich so herzhaft,
dasz ihm seine feinde nichts abzuhaben vennochten. das. 3,
173. man nehme das ab ror haben weg, stelle es ror den dativ :
ab im, ab in, ab meiner haut, ab ihnen, ab dem, ab den
feinden, und alles ist klar.
ABHACKEN, praecidcre, weghacken, die band, das unkraut
abhacken; die band abhacken. KALTE.\n.\CK panl. 1,273'.
ABHADEHN, jurgio obtinere, liurch hader erlangen, einem
das hau^, eine geidsumme abhadern.
ABHÄFTELN, difßhulare, los häßcln.
ABHAG, adv. de scpe, septo, gebildet wie abweg de lia,
abhanden de manibus, statt des lebendigeren ahd. aba haga,
aba wega, aba hantum ; abhag ziehen, abhag abziehen, spiesz
abhag abziehen war die formet ßr den abzug eines heers von
der feste, aufgeben der belagcrung : ich und andere würden
spiesz abhag abziehen. Lctiier 1, 164*. Frisch hat aus Hedios
352' vom hag abziehen, ohsidionem solvcre, s. hag und abhei.
Staid. 1, S6.
ABHAGELN, degrandinare, aupiüren zu hageln, es hat sich
abgchagelt.
ABH.\GEN, sepire, mit hag oder zäun einfriedigen, das feld
ist aligchiigt. Tobi.er 10*.
ABH.\GERN, macerare, abmagern, unlustig und abgehagert.
Voss.
ABHÄKELN, uncinos sohere, ran haken oder häküiai lösen.
ABHAKEN, aralrum sohere, vom haken oder pflüg nehmen,
figüilich ablösen : so eben wurden die pferdc heraus geführt
und eingespannt. Wilhelm war entschlossen abzuhaken und
liier zu bleiben. GöniE.
ABHALDIG, dectiris. solche zwo roistlachen müssen etwas
weit abweg ligen in einem abhaldigen tiefen ort. Sebiz feld-
bau 23 ; abhäldigcr fels. Altenstaig tocab. 24' ; abhaldige
stufe. ScHELCiizER 1, 19. 3, 44. 52. s. halde.
ABHALFTERN, das pfcrd ron der halper lösen.
ABHALSEN , decollare, einen vom halse nehmen, des hal-
scs berauben, wie abgurgclen. sich abhalsen, sich lang um-
armen, cülla amplecti.
ABHALSEN', lorum sohere, bei den Jägern dem leithund die
halse, das seil abnehmen, halse ist halsband.
ABHALT, m. remora: ohne aufhalt und abhält.
ABH.\LTEN, detincre, nnJ. afliouden, ron elwas zurück hal-
ten, abwenden, den licilenden hund mit dem stock abhalten,
den andringenden feind. der mantel hält den regen vom leibe,
der panzer den stich ab. aber Heideck, das hielt den stich
ab und ergab sich nicht. Götz v. If. 73; bewacht sie sorg-
fältig und haltet sie ab, dasz sie ihren söhn nicht sehe.
Klincer 1, 34S; nichts soll mich abhalten dasz ich komme.
dann überhaupt einen von der flucht, dem verbrechen, dem
essen, dem tanzen, der kirchc, von irgend etwas abhalten,
was hält dich ab davon? einem die sorge, den kummer {dasz
nie nicht nahen) abhalten, sich abhalten, enthalten, zurück-
halten, conlinere. Auch für aushalten, ausstehen, fertig ab-
Ihun: ich habe viel müssen abhalten; er halt gar nichts ab,
erträgt nichts; die schule, kirchc, Versammlung, ein fest, ver-
hör abhalten so viel als hallen, zn ende hallen, bei den mäg-
dm: das kind abhalten, bei seile halten, das: es seine nolh-
durß verrichte. Bei Seefahrern inlransiliv : die flotte hält ab vom
winde, seiirlt so, dasz sie den wind in den nicken bekomme.
ABHALTUNG, f. detentio, das abhalten, zumal hindcrnis.
ABHÄM>rERN, malleare, mit dem hammer los schlagen.
ABHANDELN, tractare, nnl. afliandelen, nach den rerschied-
nen bedcutungen des einfachen handeln, durch kauf, tausch
oder sonst von einem andern an sich bringen, zumal ron waare
und beweglichen Sachen und personen : ich habe ihm das pferd
abgehandelt ; ich handelte dich deiner mutler ab. Wieijixd
12, 114 ; ja, sie will sich alle freundlichkeit mit tausend com-
plimenten abhandeln {erkaufen) lassen. Weises kl. leute 373.
aucli für abdingen an der geforderten summe: noch zehn tha-
ler abhandeln. Häufig aber ron geistigen geschäßcn gül-
tig, sorgfältig und gelehrt behandeln, fertig machen: einen ge-
genständ, einen satz, eine lehre abhandeln ; den vertrag, den
frieden abhandeln {unterhandeln) ; bei dieser gelegenheit hatte
er sowol mit sich selbst als mit Serlo und Aurelien die frage
oft abgehandelt. Güthe 19, 256 ; ob Carlos und die fürstin sich
je verstehn können, wenn liebe abgehandelt wird. Schiller
261. der abhandelnde {theoretische) thcil eines werks. Moser
kann recht gut hier abgehandelt {gelehrt besprochen) werden.
HcGO lit. gesch. s. 517.
ABHANDEN, ahd. aba hantum, de manibus, gegensatz des
vorhanden, die sachc ist abhanden, kommt abbanden, ist ver-
loren gegangen, geht verloren.
mein traiiti^l Isszt mich nicht abhanden,
icli darr oiclit weiter als das hanil,
woran sie mich gebunden. Rcrger 29, 6.
ich fiihle, ich kam mir selbst abhanden. Tieck 13, 280 ; ich
bin der well abhanden gekommen. RCckert 249. Minder gut:
von abbänden {obgleich schon ahd. hentim für hantum ein-
reiszl) : dasz die königlichen legalen einer nach dem andern
wider sich von abhenden machen. Lalterbecks Melanchth.
Frankf. 1503. fol. 16; die llaschen nit von abhenden kommen
lassen. Kirchhof wendunm. 288"; von abbänden kommen.
peis. rosenth. 7, 2; Sachen, welche er selten von abbänden
kommen liesze. Felsenh. 1 rorr. ; die sonne hat ganze stun-
den und tage von abbänden kommen lassen. Claudius 5, 56.
das vorgeschobne von soll die ungefühlt »erdende kraß der
praep. herstellen.
ABHÄNDIG, amissus, verloren gegangen, das sie mir aber
auflegt, das ich einigerlei enttragen oder abhendig gemacht,
wird sie mir nicht beibringen mit warheit. Lltbeb 2, 384';
haben sie mir die heraus geschnitten, gestolen und abhendig
gemacht. Thcbneisser 3, 78 ; auch ist das was er geschrieben
abhändig geworden. Micrälius a. P. 3, 350. abhendig werden,
thun. HoMEYEns Ssp. tli. 2. s. 558.
ABHANDIGEN, e manu auferre, gegensatz von behändigen,
einhändigen, und dann überhaupt entfernen : alsdann mag kein
tag so rauch und nasz einfallen, welcher solchcrmasz venvart
gesind möchte von seiner arbeit abhändigen oder abtreiben.
SEniz feldb. 1580 5. 38.
ABIIANDLU.NG, f tractalio. Unterhandlung, pers. reiseb.
1, 14 ; bei GnvpniüS, HorrnA^oswALnAc, GürcTHEii und noch bei
späteren der ad eines Schauspiels ; heute roriüg/icA eine schrift-
liche, gedruckte abhandlung, Untersuchung, ein tractat.
ABHANG, fJi. declivitas, die abhängige seile, der hang eines
berges oder landes, was sonst die leite oder baldc hiesz, clkus :
ein sanfter abhang glänzt von reiTondem gctraide. IIaller;
an des Neion waldipcm abhang. Voss Od. 1, 187;
auch vom laufe des flusses: mit einförmig geroäszigtem ab-
hänge. Kam 9, 10, doch sagt man vom wasser gern fall. Zu-
weilen der abhängige zustand, die abhängigkeit :
sich wesen ohne gcstahen, merk ihre .-ibh^n^ und kr»rie.
Kleist 2, 129;
der abhang von befehlen erstickt die tilgend oft.
WiELA.'^D 31, 373;
ich hänge von gott ab, ich bleibe in diesem abhänge noch
immer ein edelmann. Hippel lebensl. 4, 141.
ABHANGEN, dies intransitivum dependere sollte ron dem
transitiven abhängen dependere, wie das einfache hangen pen-
derc ron hängen pendi're geschieden sein; dock die mischung
beider formen ist auch bei guten srhrißstellem zu tief einge-
rissen, als dasz sie ganz vermieden oder getilgt werden kimnlr,
man sehe was bei hangen und hängen gesagt ist. ablimciii
drückt nun eigentlich aus herab geneigt oder gesenkt sein, der
fels hangt schrof, der hngel sanft ab, der boden hangt hier
unmerklich ab; siehst du oben von der mauer das Schwal-
bennest abhangen?; ein weinstock voll abhängender traubcn.
Voss Od, 5, 69; der mantel hangt weit »on der wand ab.
55
ABHANGEN -ABHAUEN
ABHÄUTEN— ABHER
56
Oß aber in der anwcndung auf unsinnliche dinge: von der
regel hangen folgerungen ab ; man lehrte uns geographie und
andere davon abhängende Wissenschaften. Rabener 2, C ; sie
erklärte mir, dasz das leben dieser sklavin von dem enlschlusz
den ich nehmen würde, abhänge. VVieland 2, 63 ; durch jene
thierische natur hange ich von allem was auszCr mir ist ab.
das. 3, 393; der wahre vorlheil der religion scheint von der
stärke der eindrücke abzuhängen, die wir in den jähren em-
pfangen, worin wir noch unfähig sind, Untersuchungen anzu-
stellen, das. 2, 6 ; dasz es nur von uns abhänge, das. 2, 55 ;
der befehl an dem wir hangen, das. 16, 24; ich hange ganz
von ihrem willen ab. Göteie 14, 125. dagegen sagt Wielasd :
aber die natur iiängt nicht von den begriffen der groszen ab.
7, 114 ; alles hängt von den umständen ab. 2, 145 ; das meiste
wird von ihnen selbst abhängen.
ABHÄNGEN, transitiv: den mantel von der wand abhän-
gen, den dieb vom galgen, die blasebälge abhängen, die bände
(her)abhängen ;
wie der kecke rosenknopf
hald doch vor dem nord erbebet
und hengt ab den welken köpf. Fleming 345.
nicht selten aber auch intransitiv für abhangen.
ABHÄNGIG, declivis. des felscn, der von da an etwas ab-
hängig wird. Wielanu 35,203; auf einer stelle, wo der weg
weniger abhängig war. Güthe 21, 6 ; die natur macht den men-
schen abhängig zur erde, trag und schwer und schüttelt ihn
immer wieder auf. 50, 6 ; es ist doch allzeit das menschliche
geniüt, wie eine schwere bleiwag, nach der eitelkeit abhängig.
Simplic. 1, 49; die ganze natur ist von gott abhängig; von
jenem hohen wesen, dem sie sich abhängig (unterworfen) er-
kennen. GüTiiE 24, 213.
ABHÄNGIGKEIT, f. dcpcndenz. die anziehung verbindet die
Substanzen durch gegenseitige abhängigkeiten. Kant 8, 317. er
lebt in der abhäugigkeit. die Juristen reden von abhängig-
keitsverhältnisscn.
ABHÄNGLICH sagen einige für abhängig z. b. Wieland 6, IX.
ABHÄNGLICHKEIT, f für abhängigkeit. Wieland 1, 138. 3,
54. 7, 41. 45. 136. Klinger 5, 202.
ABHÄNGLING, m., der sich abhängig von andern gemacht
hat: der als repräsenlant aller Schmeichler und abhänglinge
geschilderte mensch. Göthe 36, 200.
ABHÄREN , pilos auferre, das transitiv zu abliaaren. bei
gerbern die feile abhären :
einen moliren weisz erwaschen,
trinken aus geleerten [laschen,
einen esel nackt bescheeren,
eine sackpfeif abehären. Logau 1, 151, 52.
ABHÄRMEN, cruciare, abquälen : abgehärmte wangen ;
blasz wie ein eremit stand er hier abgehärmt. Zacuariä;
des neids abgehärmter blick; willst du dein groszes leben
abhärmen ? Klinger 2, 227.
der so lange den seinigen ferne sich abhärmt. Voss Od. 1, 49.
ABHÄRTEN, durum reddere, hart machen, den stahl abhär-
ten, sein herz abhärten, der mensch hat die weichlichen ge-
wächse des Orients zu seinem rauheren himmel abgehärtet
Schiller 1004;
der Winter härtet ab und macht die geister munter. Günther.
ein abgehärtetes volk.
ABHÄRTUNG, f. induratio.
ABHASCHEN, abripere, weghaschen, erhaschen, sich die ge-
legcnheit erhaschen.
ABHASI*ELN, glomos solvere, vom hasprl winden, ich spinn
und haspel ab. Ayrer 113' ; dies seidne kleid liab ich von den
Würmern selbst abgehaspelt, pers. baumgarten 9, 7 ; glaubst
du dasz sie es unterhalten wird am bofe ihres bruders un-
bedeutende tage abzuhaspeln? Göthe 8,218.
ABHASPEN, dasselbe. H. Sachs H. 4, 27'.
ABHAUBEN, cappam falconi detrahere, bei den Jägern, den
falkcn abhauben, ihm die haubc abziehen.
ABHAUCHEN, halilu solvere, durch leisen hauch ablösen:
der aeolsharfe abgehauchle tüne. J. Paul Ilcsp. 1, 250.
ABHAUEN, praecidere, weghauen, einen köpf, arm, fusz
abhauen, amputare. den bamn, das gctraide, gras, heu ab-
hauen, secare, und heu hciszt selbst das gehauene, säen, ab-
hauen, aufl)inden, in die schcune führen. Scuweinicuen 2,
199. den knoten abhauen (zerhauen). Kant 0, 3. 145. 8, 06.
dasz ich die ursach abhaue, ut amputem occasionem. 2 Cor.
11, 12, golh. ei usmaitau inilön.
ABHÄUTEN , cutem detrahere, die haut abziehen, bei den
Jägern, den baren abhäuten, was in andern füllen auswirken,
schinden, abdecken heiszt. intransitiv von tkieren, die ihre
haut ablegen, wenn es vollbracht ist : die schlänge häutet ab ;
wenn der seidenwurm abgehäutet hat, fängt er zu spinnen an.
ABHEBEN, auferre, hebend cntfen-nen, wegnehmen, den
deckel vom topf, vom sarg, den kessel vom feuer abheben,
weil ihm ein anderer den räum (rahm von der milch) abge-
hoben halle. Simplic. 1, 598; wo ich den rahm abgehoben
habe, linde ich die Schlippermilch. Göthe 14, 287 ; im deut-
schen recht beim an fall des kurmuts : eins vorhin (voraus) ab-
heben, weisth. 3, 796 ; den reitcr vom pfcrd abheben :
ob bei hof ein jedes schmeichelt, schmeicheln doch die pferde
nicht,
die den herren selbst abheben, wann er reitens nicht
bericlit (unkundig). Logau 3,238, 114;
die brücke ist hinter mir abgehoben. Schiller 173. die spei-
sen sind (von der tafel) abgehoben, vgl. abhub. die karten
im spiel abheben, bloszcs bewustsein, abgehoben vom dinge.
Fichte sonnenkl. bcr. 183. sich abheben, abstechen: das hebt
sicli gut ab; die singenden mädchen hoben sich gegen den
düstern tannengrund allerliebst ab. Tieck 1, 128.
ABHEFTEN, difßulare, vom haft ablösen, s. abhäfteln.
ABHEILEN, penitus sanare, zu ende heilen: die blättern
heilen ab, der ausschlag ist abgeheilt.
ABHEISCHEN, exigere, abfordern, abverlangen, sie schämen
sich nicht mir den wein vom maul abzuheischen ; die schuld
wird abgeheischt. Opitz 396 ; wie möchte man üirsten eine
strengere Weisheit abheischen? Lohenst. Arnim. 1,86.
ABHELFEN, relcvare, früher mit dat. der pers., gen. der
Sache, wie mhd. einem eines helfen, helft ir sein ab! fasln,
sp. 236, 20; helft mir des ab! H. Sachs 1, 468''; wil des
kinds abhelfen dir. II. 4, 8'; helft ihm der marter ab. Lu-
thers br. 5, 187; alsbald sind da ire nechstcn freund mit
kolhen und helfen ir der marter ab. Frank weltb. 205'; wie
du ihnen ihres schmerzcns mögest abhelfen. Uffenbach ross-
buch. Frankf 1603 2, 246 ; helfet mir umb gotteswillen der
marter ab. Frey garteng. 93'; er solt ihr des mannes abhel-
fen, wegkürzer 12"; das (cardobenedictcn) wasser hilft den
kindern der fallenden seuche ab. Hohberg 1, 541'; und alles
ihres leids ihnen abhelfen. Spee 341. später statt des gen. die
pracp. von: ich gedacht mir von dem ungeheuren gerümpcl
abzuhelfen. Simplic. 1,103; jetzt gewöhnlich: er kann ihm von
der krankheit nicht helfen (o/ine ab). Opitz 1, 163 setzt den
bloszen dat. der pcrson, ohne die Sache auszudrücken, von
Antigone: damit sie ihr abhilft; oder er stellt die sachc in
den dativ:
ach möchte sich begeben,
dasz doch ein grimmes thier abhülfe meinem leben.
diese letzte weise gilt heute: dem ding ist leicht abgeholfen
diesem fehler will ich gern abhelfen; ich habe den fehlem
abgeholfen. Rar. 1, 84 ; mit der heftigsten begierdc allen
drangsalen seiner mitgeschöpfe abzuhelfen. Wieland 7, 133.
ABHELFLICH, remedians, abhelfend, tm canzleislil: einer
Sache abhel fliehe masze geben f. ihr abhelfen (rem remediare),
daher IUbener satirisch 1, 184 : sie wollen dasz solchem allen
abhelfliche masze gegeben werde.
dem kleinen zufall abhelfliche masz zu geben. Wikland 4,221;
sanct Lykophron baut Scheppcnsiedis palast,
doch keine fenstor drein,
ablieinich trägt das licht sein scholiasl
im sack hinein, üürcer 65*.
ABHELFUNG, f. remedur. um abhelfung der beschwerdcn
bitten. Hahn 3,47.
ABHELLEN, declarare, abklären, den wein abheilen, sich
abhellen, sich aufklären, von lufl und weiter : bei abgeheilter
luft. Fleming 580;
als eure nnkunfl, herr, uns wurde kund geihan
da hub die trübo lufl sich an bald abzuheilen.
ders. 570.
ABHENKEN, das angchenkte abnehmen, s. henken.
ABHER, im 15. 16. jh. idiliche Umstellung von herab, wie
abbin von hinab, anlier ton heran, ausbin ton hinaus h. s. w.
abher infra, vocab. ine. teuton. ante tat. s. l. et a. und Ar-
gent. 1515; die abher kommen waren von Jerusalem. Marc.
57
ABHERBSTEX — iUJHÜREN
ABHÖRER — ABJAGEN
58
3. 22 ; wann je Christus wider zu uns abiicr käme. Hütten
5, 232 ; abher stoszcn. fasln, sp. 376, 3 ; thet sicli oben abher
bücken. B. Waldis Esop 2, 30. bl. 96* und oft; ein groszcr
Uagel abher fiel. Vlesb. psall. 327 und op.
.\ÜHEIIBSTEN, vindemiare, einhcrbslen, ernten, got allen
rechten radt (lorrat) abherpstet. Fr.\nk chron. 36'.
ABHERZEN, deosculari, müde küssen, mein maul hat sich
ganz abgeherzt, ich habe keinen fug zu klagen. Weises kl.
leutc 359 ; freundinnen, die einander abhcrzen. J. P.\ll ri7aii
1, ISl. von herzen, küssen.
ABHETZEN, renatu dcfatigare, müde jagen, die hunde, den
fairsch aLhetzen. sich um der gunst des tags wllen abzu-
hetzen bringt keinen vortheil für morgen und übermorgen.
GöTHE 49, 137.
ABHEUCHELN, simulando eonsequi, heuchelnd nehmen.
einem etwas abheucheln, gott läszt sich nichts abheucheln.
s. abschälken.
ABHEUERN, conducere mereede, abmiethen.
ABHEULEN, ululare, ein lied abheulen. sich abbeulen,
müde heulen.
ABHEXEN, incantaiionibus auferre, einem durch hcxcrei
nehmen.
ABHILFE, f. s. abhülfe.
ABHLN für hinab (s. abher).
grosz ritzen waren in den dielen,
dadurch die körner abbin fielen.
B. Waldis Esop 3, 94. 6/. 192' und ofl ;
hat kurze slricmb von dem rücken abbin. Forer fischb. öS";
die beiden sind von ihm ungehorsamlich abhin gewichen.
Vlenb. psall. 339 ; inen (den schmarolzern) das loch, so der
Zimmermann gemacht, zeiget und beim hals die Stegen abhin
wirfet. Kirchhof tcendunm. 212'.
. ABHOBELN, dcdolare. ein brct, einen ast abhobeln, figürlich
einen gesittel machen, was aus dem allen pennalgebrauch herstammt.
ABHOCKEN, onus solvere, eine last von den schullern neh-
men, gegensalz des aufhockens, daher der zuruf hock ab ! man
sagt auch abhucken.
AJJHOLD, offensus, stärker als unhold, abgünstig, feindlich.
allem laster abhold; sie wirt im abholt, so ist er ir feint.
fasln, sp. 236, 17; ob ir einander abholt seit. 269, 27; gern
auch mit nicht verbunden, um verslatlele Zuneigung auszu-
drücken: sie ist den männern nicht abhold; wein, dem wir
uns nicht abhold bewiesen. Güthe 31, 235.
ABHOLEN, arcessere, nnl. afhalen, von einem orte holen:
morgen werde ich dich abholen, das buch ist noch nicht ab-
geholt, bei den kaitun druckern werden die zeuge abgeholt,
ausgekocht, um die stärke heraus zu bringen.
ABHOLZ, n., der abgeholzte räum im walde, sonst abraum
genannt; was beim fällen der bäume an reis und spänen ab-
geht, heiszl auch so. Schreibers Freib. urk. 2, 175, weislh. l,
319. niedcrd. afhorst weislh. 3, 201. s. Oberlin u. d. w.
ABHOLZEN, das holz in einem walde ganz ausschlagen oder
abtreiben, den wald, den forst abholzen, der wald ist in
schlage gelheill, ton welchen jährlich einer abgeholzt wird.
ABHOLZIG, im forslwesen von einem zum bauholz untaug-
lichen, daher wegzuschlagenden bäum. s. abschüssig.
ABHORCHEN, ablauschen : sie horcht uns alle geheimnisse
ab. s. abhören.
ABHÖH, f leslium cxaminatio, das abhören: heute kamen
keine zeugen mehr zur abhör, vgl. denkw. des ritters von
Lang 1,171.
ABHÖREN, auscultare, von einem hören, du hast es mir
abgehört, wie abgcsehn, von mir erlernt; märchenhafte ge-
schichten, die ich droben im gebirge einem zigcuner abhörte.
Arnim 1, X.XI; was hörst du dir davon ab? Lessing, mit dem
acc. der person, eines aussage vernehmen, den zeugen vor ge-
richt abhören; der vater hört sein kind ab, überhört es, Idszt
sich das gelernte von ihm aufsagen; und wiederum angewandt:
du must darüber dein gewissen abhören ; es cnveckt mir kein
gutes vorurtheil für einen menschen, wenn er der stimme des
tricbes so wenig trauen darf, dasz er gezwungen ist, ihn je-
desmal erst von dem grundsatze der inoral abzuhören. Schil-
ler 1119. mit doppeltem acc. : höre mich den spruch ab, lasz
ihn mich dir hersagen, ganz verschieden von: höre mir den
spruch ab, erlerne ihn von mir. rechnungen abliören hciszt
sie förmlieh prüfen und abschlieszen. sein geld abhören wol-
len sagt FicuTE ded. plan 124 von dem sludent, der für vor-
ausgezahltes geld vortrage hört.
ABHÖRER, m. examinator testium, der einen andern, zu-
mal zeugen abhört und vernimmt: denn nur der kann selbst
als zeuge auftreten und darf hoffen auch von der nachweit
als ein solcher geschätzt zu werden, wenn alle andere, die
sich nur als abhörer der eigentlichen zeugen erweisen, nach
wenig jähren von ihres gleichen gewis verdrungen sind. Les-
sing 6, 146.
ABHUB, m. ablatio ciborum, was abgehoben wird, zumal die
speise von der lafel', vgl. abtrag. den abhub ihrer tafel spen-
dete sie an die armen. .Musaels 4, 3 ; den armen. 4, 102 ; es
langte auch etwas von essen und trinken an, das ohne viele
kritik genossen wurde, ob es gleich einem sehr unordentli-
chen abhub ähnlich sah. Göthe IS, 259. im bergwerk, was in
der Wäsche vom crz abgehoben wird, figürlich der abhub der
zeit, bodensatz der inode. J. Fall flegelj. 1, 125,
ABHUCKEN, eine Irachl vom rücken absetzen, {s. abhocken) :
obhuckle sie den korb auf einem stülilcin. Hückert 15S;
auch abheben, wegtragen: jetzt musz ich aber die pfaffen
scheren, die kerls kann ich nicht ausstehn, sie hucken un-
serm hause tagtäglich etwas ab. was wir haben, sollten wir
selbst mit freunden verzehren. Güthe 2S, 45.
ABHUDELN, gleichsam ablumpen, s. hudeln.
der du noch jüngst von deinem kritschen stuhle
uns arme sonnetlsten abgehudelt. Uhlano ged. 179.
ABHULD, f. alienala volunlas, abgeneigtheil, was man mit
abhulde nicht zurecht bringen kan, Philand. 2, 916; sie liesz
ihn ihre abhuld deutlich merken.
ABHÜLFE, /. remedium, was abhelfung, aber besser, es ist
längst keine abhülfe mehr zu crwaitcn ; auf abhülfe dringen
ABHÜLLEN, dcicgere, enthüllen, die hülle abziehen :
nach abgebülieten panzern. Voss.
ABHÜLSEN, defollire, von der h&lse lösen, schälen, man
d''ln abliülscn.
ABHUMPELN, forthumpeln, sich schwerfällig schleppen.
ABHUNGERN, fame macerare, lange hungern lassen, abge-
hungert , inedia, fame consumplus, verhungcil, ausgehungert.
ABHÜPFEN, desilire, abspringen, forlhüpfen.
ABHUREN, sich, vires scortando frangere.
ABHÜTEN, depascere, abweiden lassen, das gras, die wiese
mit dem vieh abhüten,
ABHÜTTEN, im bergbau, eine grübe oder zeche eingehn lassen.
,\BICH, ein uralles adj., das der praep. ab und deren Wur-
zel iban af nah verwandt ist und das abstehende, zurückste-
hende, folglich verkehrte und linke bedeutet; goth. ibuks re-
trogradus, ahd. apuh. apah arersus, sinisler, pravus (Graff
1, 90), mhd. cbcch, ebich {nicht ebec, ebic, wie Ben. 1, 3' an-
setzt), torlus, obliquus, rctroversus, alln. öfugr inversus, sini-
stei; schw. afvig {dän. nur im n. avet = schw. afvigt fort-
dauernd), mnl. avesch, nnl. aafsch verkehrt, bei uns in der
Volkssprache, östr. abi, bair, abech, abechig verkehrt (Schm.
1, 11), Schweiz, abäch (Stald. 1, 86), schwäb. abich, äbig, äbsch
(Scimiü s. 5), hcss. äbich und epsch (Vilmar hess. zeilschr. 4,
51), meiszn. äbsch. noch unter den handwcrkern erhalten, welche
äbicb. äbicht für umgekehrt, umgedreht gebrauchen : die äbiciite
seile des tuchs, die linke; einem eine äbicbte geben, eine
maulschelle mit verwandter hand.
ÄBICHTEN, bei den tuehmachern, das tuch auf der linke»
seile karten oder rauhen, vgl. abrechte,
ABIRREN, vom wege abkommen:
drum nicht wieder vom weg abirrend, Voss Od. 13,5,
ober ich lasse den geisi abirren, Piate» 122;
nun verstand ich meine abirrenden gedanken, TiEcit 4, 209.
ABIRRUNG, /■. den astronomen das abirren des lickts oder
der fixsteme, die aberration.
ABJAGEN, tenando auferre, jagend nehmen, dem fuchse
das huhn, dem feinde den raub, dem hunde den knochen
abjagen, jagten ihm alle gefangenen wieder ab, Mascm'?. itt;
ein lamm, das er dem wolf erst abgcjagei, Opitz;
dasz ich den bunden auf den gassen die bein abgcj.igl und
die genagt, Th. Plat. 63, figürlich, den wangen schnelle rölhc
abjagen {schäm ins gesicht jagen) : strafen, die dem zuschauen
schaiuröthe abjagen. Kant 5, 302. einen abjagen, abhetzen,
müde jagen : die gewaltigen, welche den stärkern und edlem
abgi'jagt, den schwachen mit füszen getreten haben. Klince»
12, 158.
ABJAMMERN — ABKEÜREN
ABKEHREN — ABKLAPPEN
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ABJAMMERN, deplangcre, sich müde jammern.
ABJOCHEN , abjugare, vom joclie liiscn. die rinder abjo-
chcn.
ABKALBEN, das kalben vollenden, die kühc lialicn nach
und nach abgekalbt.
ABKAMM, n. sluppa, ohne beleg, doch aus dem bah: akam-
pcn (SciiMEi.i.ER 2, 301), dem ahd. Ächambi (Graff 4, 404) und
ags. fficumbe zu folgern.
ABKÄMMEN, depeclere, herunter kämmen, die locken, die
wolle abkämmen, in der kriegsbaukunsl den obern rand der
walle und brustwehren abschieszcn. bair. abkämpeln, ausschcl-
ten. SciiMEiLER 2, 301.
ABKÄMPFEN, decerlare, sagen die Jäger von den Hirschen,
die in der brunst einander abireiben, den tod, die liebe ab-
kämpfen, bekämpfen. Tieck 1, 295. 2, 325.
ABKANTEN, canthos seu, angulos auferre, der kanten berau-
hen, ein bret abkanten, ihm die scharfe ecke nehmen, zeug
abkanten, die einfassung abschneiden, man sagt auch abkan-
tein, zumal vom enger stricken.
ABKANZELN, einen von der kanzel herabwerfen, d. h. öffent-
lith vor der gemeinde ausrufen, sei es nun aufbietend oder
tadelnd, ein paar verlobte abkanzeln.
(lasz sie dein mann nicht zw arg ahkanzele, wenn sie am sonntaj
kegeln, ilir körn einfahren, den hrautnachs jnien und singen,
oder zu früh nach der irauung der storch ein kindlein im schnabel
bringet. Voss.
ich .schreibe auch an meinen leiblichen liruder nichts, das
sie nicht hören dürften, wenn es al)gekanzelt würde. Ha-
nann 3, 29. auch von anderm schelten, als dem der geistlichen :
Lenclle kanzelte mit verstand alle leichtsinnige haushälter ab.
J. Paul Sicbenk. 2,53.
ABKAPPEN, den falken, wie abhauben. Dörel 2, 185.
ABKAPPEN, fiir abkoppen (coupcr), abhauen, den l)aHm,
den inast, das ankertau abkappen, figürlich einen abkappen,
derb abweisen, abfahren lassen: häszlich abkappen. Felsenb.
2, 14 ; wie sauber sie ihn abkappte, wenn er ihr seinen an-
trag machte. Schiller 131.
ABKARBATSCHEN , verberare, abprügeln: so wird keine
scele sein, die es ihnen wehren, geschweige sie dafür abkar-
balschcn wird. Merk briefs. 1, 195.
ABKARGEN, was abgeizen, durch karghcit entziehen, der
liasz seiner bischöfe, denen er so vieles abgekargt hatte.
Daulmann dän. gcsch. 1, 306.
ABKABREN, auf karren fortschaffen.
ABKASTEIEN, abquälen.
ABKARTEN, ein spiel abkarten, ein abgekarteter handcl.
eine zwischen der sullanin und den bramincn bereits abge-
kartete Sache. Wieland 7,300; was phantasie und natur mit
einander abzukarten haben. Schiller 166. vgl. abspielen.
ABKAUFEN, emere, von einem kaufen, redimere, sich los-
kaufen : sagt, wie ir euch gen im kauft ab ? fasln, sp. 200,
22; icii habe ihm sein haus abgekauft, gcld für etwas bezah-
len: der wahn der menschen ihre Sünden durch gold abzu-
kaufen, ist die sicherste quelle des reichthums eines pabstes.
Klinger 3, 237 ; mit achtzigtausend gülden muste die bürger-
schaft die plünderung abkaufen. Schiller 943 ; mir soll nichts
meinen gram abkaufen, ders. 669 ; eine demüthige Unterwür-
figkeit gegen die regierung kaufte den tadel und verdacht wie-
der ab, den dieser aufwand auf seine absiebten werfen konnte.
ders. 703. einen abkaufen heiszt auch ihn mit geld zufrieden
stellen : ich habe ihm auf einmal 100 Ih. gegeben und ihn
damit für immer abgekauft.
ABKEHLEN, jugularc, die kehle abschneiden, abstechen, ein
kalb, rind, schwein abkehlen, bei den tischlern, etwas mit
kehlen versehen.
ABKF]HB, f. aversio, das abkehren, wegwenden, gebildet wie
rückkehr, Wiederkehr, die sünd ist niclifs anders dann ein
freiwillig abkcr und aberwank von gott. Frank parad. 157';
des menschen fall und aliker. das. 82' und üßer. die abkehr
von der sünde, vom iierrn. die schleunige abkehr (wendung)
der rede an andere, das nd. afkcr bedeutet abncigung, Wider-
willen, absclum.
ABKEHREN, verrere, mhd. abe kern, ahd. aha cherran f.
charian, den staub von etwas kehren, vom tische, kleide, von
der wand, dann auch den tisch, liiit, rock abkehren ; die
grillen abkeiiren. Canitz 03. einen üliel, arg abkeiiren be-
deutet mtshandeln, ähnlich dem abbürsten und abklopfen, die
alte spräche ßgtc dann aber den dal. der prrson hinzu:
all luthrischc sind im zu schlecht,
er weisz in {eis) abzukcren recht.
?<iGRLNUs nasenesel. 114*;
wu'd er sich auf ein newes spern,
wollen wir im noch bas abkern. das. J2*;
wie mich jensmal bracliist undcr die allen,
lieit all mein bcnde voll zu schaffen,
da sie mir weidlich kcrtcn ab,
des ich noch nie vergessen liab.
11. Wai-dis Esop 4,8. bl. 220»;
der teufel ist uns feind, er wil uns rein abkehren. Luther
5, 4' ; wir haben unscrn flederwisch funden, der kan uns ab-
kehren. FiscuART Garj. 135' ; würden die fliehenden sich auch
wieder vcrsainlen und uns wüst alsdann abkehren. Kirchhof
mil. disc. 189. in den letzten stellen ist uns dal. pl. Den
hirten endlich ist die wiese abkehren so viel als abweiden, ab-
etzen, gleichsam das gras davon fegen:
ich pat in, er soll mir ackern und crcn
und seit mir helfen mein wiesen abkcrcn,
fastn. spiele 98, 35, vgl. Schmeller 2, 323 vieb auf die waid,
auf die alben kcren, ankeren, übcrkercn MJid überetzen, was
sich auch zum folgenden kehren, im sinn von treiben, wenden
fügen könnte.
ABKEHREN, avertere, mhd. abe keren, ahd. aba cherian,
wegwenden, das gesiebt, die äugen von einem abkehren, eine
gefahr, ein unheil abkehren, abwenden, sich von den Icutcn,
von der weit abkehren ; das haupt von gottcs geboten ab-
kehren. Luther tind die ältere zeit gebraucht auch das blosze
abkeren, ohne sich, neutral wie wir /(Ck/c zurückkehren: von
dem bösen abkeren; sie sind in das ire ahkeret. Lutiieu 3,
4; die nichts thun dann abkeren von der warheit. Soi.tau
volksl. 276; so noch heule im bergwerk: der arbeiter kehret
al), will nicht mehr bauen, ein solcher empfängt dann einen
abkehrschem oder abkchrzettcl.
ABKEHRICHT, »i. purgamentum, das abkehrscl, abgekehrte,
der auswurf.
ABKEHKIG, abaUenatus, sich abkehrend, widerspenstig, nnl.
aflcecrig. s. abquirrig.
ABKEHRUNG, f aversio, abkehrung der aufmerksanikeit von
diesem gefühlc. Kant 1, 307; die ganzliche ahkehrung von
menschen, misanthropie. Kant 5, 228.
ABKEICHEN, tussiendo drpromerc, von der lunge weghusten:
der beltler, der im abgekeichten lied des reichen mitlcid regt
Hippel 7,303; wie bist du taub? musz mir die lunge ahkeu-
chen. Fr. Müller 2, 175.
ARKEIFEN, was abhadern, durch zanken erlangen.
ABKELTERN, calcare uvas,' die beeren abkeltern, das kel-
tern beenden : wir haben abgekeltert, weislh. 3, 808.
ABKETTELN, bei Strumpfwirkern, die maschen mit der na-
dcl abnehmen ttnd festigen, auch die thür abketteln.
ABKETTEN, e catena solvcre, von der kelle lösen, das schif
abketten, einen vom block abketten.
ABKIMMEN, bei den böttichern, die kimme der daube ab-
schneiden.
ABKIPPEN, in praecipiti delabi, auf der kippe stehend ab-
gleiten, das bret kippt ab.
ABKLAFFEN, dehiscerc, abstehn, nicht genau schlieszen. die
thür klaft ab, die wunde, das kleid klaff noch ein wenig ab.
ABKLAFTEBN, orgyia metiri, nach klapcrn abmessen, das
holz liegt im walde schon abgeklaftert.
ABKLAGE, f, die absage, eigenllich die beschwerdcfnhrung
bei der absage: das er dem keiser absaget, als der keiser
die abklag las und der künig ein hör versamlet, zohc der
keiser im entgegen. Frank chron. 192".
ABKLAGEN , rcnunliarc, absagen, abklagen und absagen
wider den gesetzten landfrieden. ordn. des rcichs von 1512 im
anfang; bcvehden, abklagen, bekriegen, landfr. von 1521. 4,
3; abklagen, bevehden, iahen, landfr. von 1522 im cingang;
arme Icule der herschaft abgeklagt, weislh. 3, 567. 573. dies
ist das mhd. ah einem klagen (gramm. 4, 845), über einen-
klagen, weil int absagcbricf die bcschucrde ausgeführt werden
musle. ganz verschieden das heutige abklagen im sinne von
erlangen durch klage.
ABKLANG, m. discrcpantia, zurückweichender klang, ich
grämte mich, dasz unsere spräche so viel periodischen ab-
klang hat. Klopstock.
ABKF/AI*PKN, valrulam demillere, die klappe niederlassen.
den tisch abklappen, die mutze abklappen, die kannc ab-
klappen.
Gl
ABiaÄREX - -UJKNAUPELN
ABKNAÜPEN — ABKOMMEN
62
ABKLÄREN, declarare, klar machen, den kaffee, zucker
abklären, sich abklären, außeilem. das weiter klärt sich ab.
ABKLATSCH, m. schneller obzug von einer form, abgusz.
ABKLATSCHEX, formen schnell, nicht auf der presse ab-
drücken, der satz wurde nur eimnai abgeklatscht, sonst auch
abplanschen.
ABKLAUBEN, deglubere, decerpere, mit den fingern oder
sahnen ablesen, abbrechen, nnl. afkluiven, gilt zumal von
schwämmen, Irauben :
die Glarctier schfvarzbraun und die gutedlc wei$z,
die muäkalellcr gelb mit schmollend süszcm Hcisz
dea leseru gleichsam sich auToprern abzuklaiihon.
Weckherlin 773;
an dem bäume wächst ein schwamm, welchen man abklaubt,
nachdem er dürr worden. Taberxaemoxt. kräulerb. 134S; den
kalk von der mauer, das fleisch von dem knochen abklau-
beu; ein abgeklaubter kirmeskuchen. Weise erzn. 342. figür-
licJi: leere formein, uralte, abgeklaubte phrascn. Tiecr 3, 27S.
ABKLECKEN , guttas spargere, derb abtropfen, absprülzen.
bei der maurerarbeit kleckt immer etwas ab, macht klecke,
flecken, uneigenüich : es klecken immer leute ab, sleiben da-
hin, auch transitiv: man musz etwas davon abklecken, es
ist zu voll.
ABKLECKSE.N, ilcratis von abklecken. ein bild abklecksen,
hinsudeln.
ABKLEIDEN, deveslire, entkleiden, gegensalz von ankleiden,
bekleiden, sich abkleiden, ausziehen, das gewaiul ablegen, ein
Zimmer abkleiden, durch eine gezogne Scheidewand, s. abschauern.
ABKLEMMEN, deprimere, stringere, sich den finger an der
thür abklemmen.
ABKLETTEBN, descendere, vom fels, vom bäum herab, nnl.
afklauteren.
ABKLIMPERN, ein Stückchen mit den fingern von der zilUer
abkiimpcrn, auf der geige von den saiten.
.\BKL1NGE.N, resonare, wird von schall und ton, dann auch
von licht und färbe gesagt, der gesang klingt langsam ab,
verklingt, wenn man ein blendendes, völlig farbloses bild
ansieht, so macht solches einen starken, dauernden eindruck,
und das abklingen desselben ist von einer farbcnei-scheinung
begleitet. Gotiie 52, 29 ; wie das abklingen eines umschriebe-
nen glanzbildes verhält sich auch das abklingen einer totalen
blendung der retina. das. 52, 33 ; dasz die purpurfarbe eines
abklingenden lichtcindrucks einige stunden dauern könne.
52, G5. dann auch: der hinein geworfnc stein treibt das was-
ser nach allen selten, die Wirkung erreicht eine höchste stufe,
sie klingt ab und gelangt im gegensatz zur tiefe. 52,57; das
klingt ab. der wind geht über die stoppeln. 17,. 225; abge-
klungener liebe trauerpfänder. 4S, 16.
ABKLITSCHEN, eins mit abklatschen.
ABKLOi'FEN, depulsare, herunter schlagen, den kalk von
der mauer, den staub vom hüte abklopfen, kleider abklopfen,
ausklopfen, den hut abklopfen, pfeifen, eier abklopfen, einen
tapfer abklopfen, prügeln {wie abbürsten), pers. baumg. 7, 7.
ABKLÖREN, bei den fdrbern, die färbe aus dem zeug bringen,
es absieden, abziehen, nnl. afkicuren, von klcur, franz. conleur.
.\BKLÖTZEN, einen block so hauen, dasz fr gerade stehe.
ABKLL'GELN, spitifündig abstreiten, damit wollen sie doch
nicht gar unserer spräche die geschicklichkeit zum hesame-
ter überhaupt abklügeln? BCrcer 176'.
ABK.NALLEN, knallend losgehn oder auch lossehieszen. die
kanone knallte ab, er knallte seine flinte ab.
ABKNAPI'EN, decerpere, nnl. afknappen, abbrechen, ab-
beisicn, zumal stückweise.
bis er den eher da eriapt
und im das ander ohr abknapt.
U. Waldi» 2, 12. bt. 7S':
das brot ist zu hart, ich kann nichts mehr abknappen, nnl.
Lij knaple cen stuk van hei glas af. figürlich: sich selbst
etwas abknappen ; dem gesindc am lohn abknappen, 5. knapp.
ABKNAPPERN, dasselbe.
ABKNAPSEN, frequentativ des vorigen, der vogel knapst an
dem vurgesleckteo zucker ab. ein schlosz abknapsen, ab-
schnappen.
ABKNATTERN, lotprasseln, das gescLülz, das melall knal-
lert ab
ABKNAL'PELN, derodere, mil den zahnen abnagen, die
knochen abknaupeln, das fleisch von den knochen zwicken,
s. abknuppern.
ABKNAÜPEN, demordere, abessen, eigentlich abbrechen und
verwandt dem goth. hniupan ; einige ausgaben der lutherischen
bibel schreiben 3 Mos. 1, 15. 5, S abkneupen f. abkneipen.
ABKNAUSERN, geizig abknappen, abnagen, mit welchem
letzten es nah zusammen hängt, da für nagen gnagen, kna-
gcn gesagt wird, und knagesen leicht in knausen übergeht.
ABKNEIFEN, avellere, abdrücken, abzwicken, von kneifen
zwicken, gar nicJU gehörig zu kneif messer, wofür hochdeutsch
kneip gesagt werden musz, aber entsprechend dem nnl. afknij-
pen. bei seeleuten, dem feinde den wind abkneifen, die wind-
seile abgewinnen, mit der zange abkneifen, vgl. auskneifen,
sich abdrücken, gewandt entfernen.
ABKNEH'EN, mit dem kneip, oder kurzen messer absehnei-
den, mit der beiszzangc abkneipen?, woßr besser abkneifen,
abzwicken, doch schreibt Lltuek 3 Mos. 1, 15. 5, 8 der taube
den köpf abkneipen hinter dem genick, nit abbrechen, wo
deutlich abzwicken, uTioxri^etp gemeint isL rgL auch ab-
knaupen.
ABKNERPELN, andere schreiben abknürpeln, abknarpelo,
gleichfalls abnagen, abbrechen, ein stück vom kuchea abkner-
peln, s. abknirpsen.
ABKNICKE.N, defringere, vom Halm, Stengel, zweig herunter
knicken, die bjunic, den ast abknicken; der geiz gnicket und
dnicket seinem nächsten das seinige ab. Simplic. 1, 352 ; so
viel einer vom gebackcnen sich abknickte, so viel bröckelten
die andern sich zu. J. Paul uns. löge 1, 46 ; philosophie ist
kindern tödlich oder knickt die zu dünne spitze des tiefsinns
auf immer ab. J. Pall uns. löge 1, 124. bei den Jägern ab-
knicken, dem wild das genick absteclien und wenn dies ab-
gnicken sein soll, von abknicken verschieden, denn knicken
ist knippen, brechen, was sich leicht auch auf das abthun des
wildes übertragen läszt.
ABKMCKERN, abknausem.
ABKNIEN, genu fleclendo abradere, mit den knien, von den
knien abtragen, die steine vor dem heiligenbilde sind abge-
kniet, der büszende hat sich die haut am bein abgekniet,
seine strafe abknien, kniend büszen.
ABK.NIPPEN, vellicare, die spitze abschneiden, verwandt mil
kneip messer, und mit abkneipen. die feder abknippen.
ABKNIPSE.N, forlbildung des vorigen, ich habe mir meine
feder frisch abknipsen lassen. Betti.ne briefe 1, IX.
ABKNIBSCHEN, comminuere, zerknirschen:
und wie ein lötv in die rindcr sich siOnt und den narken der slirke
abknirschl. Voss.
AB KNISTERN, ccssare slrepere: das salz knistert auf der
glühenden platte ab.
ABKNLXEN, genu flexando abire, knixend sich entfernen:
die züfe knlxte ab.
.\BKNUPFEN, nodulos solvere, die knüpfe lösen, aufknöpfen.
ABKNÜPFEN , den knöpf, knoten lösen, die schleife, das
band abknüpfen, den gehängten abknüpfen.
ABKNUPI*ERN\ defringere denlibus, was abknaupeln, die
ziege knuppert die knospen ab. am zuckerhäuschen ab-
knuppern.
ABKNUSPERN, «aa das torige, eigentlich auch von der
ziege, die den knospen nachstellt: sludiosc de agrestibus fru-
ticibus pascuntur atque in locis cultis virgultu carpunt, ita-
quc a carpcndo caprae nominatae. Varro RR. 1, 2. 2, 3, vgl.
xtaaai&a hedcram earpens, Tueocb. 1, 151, Haupts zeitschr.
7, 337 und lex salica ed. Merkel p. .X.XiL XXilL ob diese
geschüpfc (das eichhömchen) nicht die samenkOrner abknuspcm
und sich zueignen? Göthe 50, 23S.
ABKNÜTTELN, fustc ferire, mil dem knüUel abwerfen, mil
dem knültcl schlagen.
ABKOCHEN, decoquere, nnl. afkokcn, gar kochen : wasser,
milch, deisch abkochen, auch intransitiv: das wasser kocht
leicht ab.
ABKOCHSEL, n. decoctum, nnl. aniooksel, was abgekocht ist.
ABKOCHUNG, f. decoctio, das abkochen, das abgekochte, decod.
ABKOHLEN, carbone delineare, mil kohle vorzeichnen.
ABKOLLERN, delabt, praelabi, hinab falle» oder rollen:
den hcideii und keiiern
nachsah, die tu der hötl abkollertea.
Vust 3, U6
ABKOMME, m. proles, abkömmling, g^ldel wie mdikomme,
naehkömmling.
ABKOM.ME.N, von einem, von einer sache kontmen. ahslam-
men: die»e kindcr kommen alle too einem vaier ab; die
63
ABKOMMEN— ABKÖMMLING
ABKüMMNIS - ABKRIEGEN
64
Hessen kommen von den alten Chatten ab; von vernehmen
kommt das woit vcrnunft ab (s. abkunft, abkömmling). sich
mlfemcn, entfremden: wir kommen ganz von einander ab,
sehn uns nicht mehr, von dem wege kommen, sich verirren :
wir kommen von dem rechten wege ab ; er ist vom pfade der
tilgend, von der gewohnheit abgekommen ; der brauch, die sitte
ist abgekommen; ich komme jetzt davon ab (digredior), will
nicht davon reden, los, frei, ledig werden: wie sollen wir
davon abkommen?; ich kann heute nicht abkommen (mich
losmachen); kann ich mit dank abkommen? sie kann nicht
von ihm abkommen, ihn nicht lassen; er kommt von diesem
übel nicht wieder ab. Die alte spräche bediente sich aber
hier noch des gen., statt der praeposilion : du kumst ir {der
schlechten Pfennige) gar wol ab (wirst sie leicht los), fastn.
4J9. 273, 4; des alles kummen sie nit ab. H. Sachs 1, 235'; das
man sein abkomme und los werde. Lütiier 2, 298' ; darumb
bittet Jonas abermal umb den tod, das er der unlust abkeme.
3, 220 ; damit wir aller irrung abkommen (mhd. des strites abe
komen). 3, 495; das er des Unglücks im leben abkomme.
4,29"; wie ein vogel des Stricks kompt ab, ist unser seel ent-
gangen. 8, 305'; damit der gute mann seiner Sachen voHend
auch abkäme, br. 3, 480 ; bisz si (die schwangere) des kinds
los wird und abkumpt. Frank wellb. 214'; der teufel ist gut
zu laden, aber sein bös abzukommen. Acricola spr. 52"; du
bist des gasts schon abkommen, rfas.229' ; und bezahlet sie
redlich, nur dasz er ir (eorum) abkomme. Philand. I, 448 ;
(wenn ein bauerjung zum mönch geschoren wird)
so ist der gut narr alsdann fro,
dasz er des pflugs kompt ab also.
Kr. Alberüs 126;
so kanst du der gefalir abkommen, wann du will.
Werders Ariost 30, 84, 4,
er hieb auf ihn alsbald mit einer scharfen backen
aus allen krSften los und traf ihn in den nacken,
dasz er der spräche kam mit seinem leben ab.
-das. 9, 40, 7.
was trauern wir denn viel, dasz der und jener stirbt,
und kömmt der sorgen ab. Opitz;
hab auch gezeigt, wie solcher brunst
ein herze wieder ab soll kommen. Opjtz 1,69;
Scotus ist ein guter arzt; wer sich sehnt hinauf zu ziclin
und der noth zu kummen ab, dieser schickt und rufet ihn.
LoGAU 2, 21J, 19;
dasz er ohne schermesser des barts ganz abkommen sollte.
. D. Faust ed. Simrock s. 102; als er seines frostes ein wenig
abkommen war. Wickram rollw. 83 ; damit der gute etwan
möchte des groszen wehtagens abkommen. F. Würtz wund-
arzn. Basel 1C12 p. 53; so komm ich doch des hungers ab.
.1. Ayrer 25'; dasz ich der überpcin kern ab. das. 9"; der
lügen kommt man allzeit ab. Simplic. 2, 217; ob ich der
quälen möcht heut noch kommen ab. Spee Irutzn. 55. Eine
vordem so fest haftende ausdrucksweise ist auch heute uner-
loschen und wir sagen des zweifeis, der sorgen abkommen,
neben von dem zweifei, den sorgen los kommen. Nicht ver-
wechseln damit darf man das seltnere abkommen mit dem dat.
der person : die sache kommt mir ab, ist mir abgekommen ;
der mann ist uns ab (den händen, aus den äugen) gekom-
men; mhd. wie er kome ir ougen abe, oculis corum. Bari.
126, 17. Am leibe abkommen heiszt was sonst abfallen oder
herunter kommen :
siehe, wie ich ab sei kommen,
wie mir alle kraft genommen. Opitz;
als er nun lang gelegen und ganz abkommen (verkommen)
war. Wickram rollw. 90'; abgekommncr ossig abgestandner:
ein sonderlich sccret einen abkommenden (abstehenden) oder
schlechten essig gut und scharf zu machen. Hohrerc 3, 290'.
Endlich ist mit einem abkommen so viel als übcrcin kommen,
fertig werden, sich vertragen, vergleichen.
ABKOMMEN, n. convcntio, vertrag, vergleich, in der zuletzt
angeführten bedeulung des verbums, das isl ein gutes abkom-
men, ein gütliches abkommen mit einem treffen ; ein abkom-
men zwischen zwei Staaten über irgend einen gegenständ der
Verwaltung.
ABKÖMMLICH, supcrfluus, was abkommen, entbehrt werden
kann, die abkömmlichen landwehriniinncr wurden zum dienst
berufen.
ABKÖMMLING, m. ptoles, progenies. abkömmling kaiser
Friedriciis. Ki.incer 1, 357; und hallen das vergnügen von dem
zweiten bäume lebendige ahkömmlinge zu übersenden, nnrnp.
31,227. nni. afkomcling.
ABKÖMMNIS, f. bei bergleuten, die enifernung eines Irumms
von dem bauptgange, auch ein solclmr abgekommner trttmm selbst,
oß in abkennis entstellt, man verwendet auch abköminnis oder
abkommnis im sinne wn vergleich oder vertrag.
ABKÖPFEN, decollare, statt des üblichei-en köpfen, enthaup-
ten, wofür auch entköpfen vorkommt, das wort scheint sich
aber mit dem folgenden abkoppen zu mengen, wenn ein pf
statt pp gesetzt und das abbrechen der spitze gemeint wird:
den bäum abköpfen, den taback abköpfen, dessen obl^rster
Stengel doch nicht wol köpf heiszen kann, schon Frank para-
doxa ir redet von den propheten und boten, welche die well
hat : abkopft und abgestümmelt wie das gras ; hingegen 138'
von den weidenköpfen : ie mer man sie hat abkopt; und ab-
koppen verdient überall, wo kein wirkliches köpfen und ent-
haupten gemeint ist, den vorzug.
ABKOI'PELN, franz. decouplcr, von der koppel lösen, die
hunde, pferde.
ABKOPPEN, franz. couper, stumpfen, abschlagen, ohne Zu-
sammenhang mit köpf, zumal vom stutzen und behauen der
weiden, ie mehr man die felber oder weiden hat abkopt, ie
dicker sind sie gewachsen. Frank 148 ; haben für und für die
rechten propheten abkoppt. das. 127 ; die weiden soll man im
zunehmenden mond pflanzen, im abnehmenden beschneiden
oder abkoppen. Hohderg 3, 98*. s. abkappen, abköpfen, ab-
küpfen.
ABKOSEN, deiirare, mhd. äkösen. Ludw. d. heil. 60, 23.
s. abeikösen.
ABKBÄCHZEN, crocitare, herkrächzen, frequentativ von ab-
krahen.
ABKRAFT, /. defectus viritim, deliquium, ohnmachl, ent-
kräftung :
dort isl ein bawr vorn Iculen allen
in cinr abkrafl darnider gfallcn. H. Sachs 5, 349';
ach gou, ich kan nicht lenger sichn,
es tliut mir ein abkrall zugehn. ArRCR 1.55', 3'.
wofür mhd. unkraft: sie vielen in unkraft. /■:/. 15G2. dasz sie
nicht allein des herzcns sondern der muedc (animo^-um) auch
in abkraft gehen wollen. Froxsp. 3, 243*.
ABKRÄFTEN, entkräften, sich abkräftcn.
ABKRÄFTIG, deficiens, geschwächt, ohnmächtig. H. Sachs
1,457'. 2,1,3'; ausgesauget, abkräftig und inilteilos. Simplic.
1, 56. abkräftigc kranke. J. Paul 37, 21 ; ein abkräftiger falkc.
.1. Pk\]\. flegelj. 2, 133.
ABKRÄHEN, crocire, herkrähen: der bahn hat die stunde
abgekräht.
ABKRAMEN, c medio tollere, aufräumen, den kram wegstel-
Icn. den putztisch abkramen.
ABKRÄMPELN, peclinare lanam, die wolle abkrämpeln.
ABKRÄMPEN, recurvare, die krampe niederlassen, den hut
abkrämpcn, g?gensatz zu aufkrämpen. v. abstülpen.
ABKRÄNKELN, morbo consunü, durch krankheit abgezehrt
sein, er sieht abgekränkelt aus.
ABKRÄNKEN, infirmare, schwächen, abschwächen,
das herz ist einsam abgekränket. Opitz 263;
vom langeg wege kam sie müd und malt herbei,
mehr aber abgelirankt noeh durch melanchoiei.
Werders .Ariost 20, 162, 8.
Grypuius noch mit rückumlaul im pari.
wir abgekrankte frauen. 1, 140.
ABKRÄNKUNG, /". infirmatio, abschwächung. Dav. Scimr-
MERS singende rosen. 1654. lied 22.
ABKRATZEN, abradere, davon kratzen, nnl. afkrassen.
kratzen alle stäubchen inehl vom brote ab. Weise kl. Icute.
339; die färbe von der wand abkratzen; ein stück von der
geige abkratzen, die schuhe am eisen abkratzen, intransitiv:
er musz abkratzen, sich entfernen.
ABKRAUTEN, malam herbam delere, bei den winzern, das
Unkraut tilgen: den weinberg abkrauten.
ABKREIDEN, duptiri creta, cauponum more, auferre, durch
anschreiben mit der kreide nehmen :
einem andern abgekreidcl. Logau 3, 128, .52.
ABKREISCMEN, crcjütare facere: die butler abkreischen,
zerlassen, sie auf der pfanne singend, kreischend machen.
Frisch I, 516.
ABKRIEtJEN, herabbringen, nnl. afkrijgen. ich kann die
Stiefel nicht abkriegen, dnron tragen : er kriegt von dem gelde
nichts ab; er ruht nicht ehe, bis er etwas abkriegt; ich
^1%
65
ABRRDIMEN — ABKÜSSEN
ABRUTSCHEN — ABLASZ
66
brachte mit mühe die beiden auseinander, kriegt er was ab
{nd. krech he do wat), so mag er es tragen. Göthe 40,149;
der bösewicht ! mein bein ! hat ei"s doch auch brav abgekriegt.
GöTiiE 14, 293. vgl. abhaben.
ABKRIMMEN, dclorqucrc, eripere. dasz er sich nit mag
abgekrimnicn von dem gotelichen willen. Keisersb. posl. 2, 43.
ABKHÖSCHEN, schlechte ausspräche ßtr abkTeischen. die
buchdruckcr krösclicn das leinol zur reiitigung ab, indem sie
es mit einem stücke brotes sieden.
.\IJKKLMELN, von der kntme abfallen, ablösen, es krümelt
für uns auch noch etwas davon ab. für die hühner etwas
abkrümeln.
ABKRC.MMEN' , decurvare, abwärts krümmen, die gebirgs-
kette krümmt sich gegen osten ab.
ABKUGELN, decurrere, in tceise einer kiigel niederwärts lau-
fen: die vom gcbürge abkugclnden schneeballen. Lohenst.
Arm. 1, 96. mit ueiszen und schwarzen kugeln abstimmen;
die kugel drehend den rosenkranz abbelen:
fleuch gebetabkugelndcr glatzenpfäflein
tand und beihörung. Voss.
ABKÜHLEN, refrigcrarc, nnl. afkoelen, kalt machen, eisen in
Wasser, stahl in milch, heiszen trank durch blasen abkühlen, re-
gen kühlt die luft ab. seine lust, seinen muth an etwas abküh-
len, Koßr auch blosz kühlen, der ausgang des Stücks kühlte
die Zuschauer wieder ab. sich abkühlen : das weiter kühlt
sich schon ab;
die wesle kühlten sich an silberbncben ab. WiELA.tD.
ABKÜHLUNG, f. refrigeratio.
ABKÜHLTROG, m. in der schmclzhütle, trog zum kühlen des
heiszen pielalls und gerdths, auch blosz kflhitrog.
ABKÜMMERN, perire, zu gründe gehn, verkümmern: abge-
kümmerte Schafe, sich abkümmern, vor kummer verzehren.
ABKUNDEN, renuntiare, gegcnsatz von ankünden, das ge-
setz aufheben ist als vil gesagt als hinweg nemen und abkün-
den; einem das leben abkünden. Würtz wundarzn. 366;
künden die beurat ab. Atrer 420*;
das wir aller gotloshait und gleisnerei abkundcnde dir dienen.
Meliss. Yl*. s. absagen.
.ABKÜNDIGEN, nnl. afkondigen, «ras abkünden, eine ange-
kündigte Vorlesung wieder a])kündigen. der fromme künig
Ezechias, dem der hcrr das leben abkündigt. Thlrseisser
von vrassem p. 78 ; die freundschaft sei für genug abgekim-
digt zu halten. Riiiel Livius 523. dann aber auch von der
kanzel herab verkünden, verkündigen, abbielen, proclamare, re-
nuntiare. einen verstorbenen, ein verlObnis abkündigen ; habe
ich sie abkündigen lassen.' Sciiweixiciien 3,255. in den rech-
ten: verzieht leisten, sich von einer sache losmachen.
ABKLNDIGUNG. f. renuntialio, lossagung, verzieht; zumal
die kirchliche proclamation. abkündigung meines lieben wei-
bes sei. Schweimciien 3, 256.
ABKU.NFT, f. origo, nnl. afkomst, abstammung, herkunß:
er ist von guter, schlechter abkunft; Völker deutscher abkunft.
dann vertrag, vergleich: eine abkunft mit einem treffen.
ABKÜPFELN, beschneiden, zumal den wein abküpfein.
ABKÜPFEN, detruncare, stumpfen, was abköpfen.
ABKUPSEN, frequentativ des vorigen, ich will nur meine
feder erst abküpsen und alsdenn gleich anfangen. Lessisg
3, 308. vgl. abknipsen.
ABKURZEN, amputare, mlat. abbreviarc, nnl. afkorten, von
etwas abschneiden, abnehmen: ein stück von dem Stab, eine
stunde von dem weg abkürzen, von seinem leben sind ihm
viele tage abgekürzt worden, er will sich keinen heller von
dem gelde abkürzen lassen, gewöhnlich aber eine saclie ab-
kürzen, kürzer machen, mindern, den weg, den tag, das leben
abkürzen : mein ödem ist schwach und meine tage sind ab-
gekürzt. Iliob 17, t. Worte, Wörter, namen, gesprüch, rede ab-
kürzen, zusammenziehen, eines ehre abkürzen, abschneiden,
verkleinern.
kürz ab ihr böses wesen. Weckherlin 124.
solche dnriace an der crbzinse abkürzen. ScirwRisicnE!» 1, 374.
abkürzen fiir sich abkürzen: der allmhrhtig gott, des band zu
helfen nicht abkürzt. Fronsp. kriegsb. 3, 176*.
ABKÜRZUNG, f. atibrevialio.
ARKiSSE.N, osculando auferre, nnl. afkussen, die Ihränen
von der wange. sich abküssen und abhcrzen.
ABKUTSCHEN, mit der kutsche abfahren, er ist schon wie-
der abgckutscbt.
ABKÜTTERN, schüttern, schütteln, ich lag allda auf meinem
bauch mit ei-zitterung und erbebung, eben als ob ich ein
eiskaltes und schauriges fieber hätte, das mich also abkül-
terte. Simplic. 1, 25. vgl. kittern.
ABKUTZEN, adulari, abschmeicheln, wie man sagt einem
den kauzen streichen, liebkosen, schmeicheln; vgl. kutzeln.
ABLACHEN, cachinnis se faligare, sich ablachen, müde
lachen.
ABLADEN , exonerare plaustrum, nnl. afladen, herunter la-
den, das holz, die steine, die fracht von dem wagen, von dem
schiffe abladen, dann den wagen, den karren, den esel al>-
laden, seiner last erledigen, den kummer, das leid, den
schmerz von einem abladen.
wann Bibo trinket hier, das heiszt er schlämm geladen,
wann Dibo trinket wein, das heiszt er abeladen."
er ladet immer ein, er ladet immer abe.
er wird e^ immer tbun, es sei dann nicht im grabe.
LocAU 3, 94, 92.
ABLADER, m., der sich tn den Städten zum abladen und
aufladen der fracht gebrauchen läszt.
ABL.\GE, /■. depositio, das ablegen: abläge des eides, der
rechnung. im forstwesen, ein ort am wasser, wo man die
bäume zum flöszen niederlegt, in den rechten, die abläge
zwischen eitern und kindern, wodurch diese von der erbschaß
ausgeschlossen sind, indem sie jetzt schon ausgestattet werden;
auch diese ausstattung heiszt abläge.
ABLAGER, n. diversorium, die einkehr auf der reise, der
ort wo man ablagert, gilt von vornehmen herrn und ihrem ge-
folge. königc und landesherrn pflegten in klöstem und bei
Vasallen ihr ablager zu nehmen, ihr ablager zu halten.
ABLAGERN , divertere, ablager nehmen, sich lagern, der
eine (heil des heers ist von dem andern abgelagert, auch von
andern gesondert liegenden dingen: die milz sondert fett ab,
welches so wie die galle aus der Icber, in das netz abgela-
gert wird, abgelagertes gestein. abgelagerte waare.
ABLAGERUNG, f. das ablagern.
ABL.\.MMEN, vollends lammen, die schafc haben noch nicht
abgelammt.
ABLÄNDEN, gegensatz von anlanden, oram solvere:
nun bab ich allzuweit von dir, Irosi, abgeinndet,
und kan es endem nicht, wie hoch e« mir auch reut.
FLEaii>G 579.
ABLANG, oblongns, und diesem wahrscheinlich nachgebildet,
ganz verschieden vom ahd. älang integer; doch auch altn. af-
längr, sehw. afl;\ng, dän. aflang oblongus. eine ablange Schach-
tel. Piiii.ASD. l,l'; zwo ablange taOen. das. 1,429; ein gniu-
schwarzer, dünner, ablanger same. Hohrerc 3, 442' ; der ab-
länge, aschenfarbe und glänzende same [der eherwurz). das.
3, 423" ; ein ablanger viereck. Pierot 2, 228. 259. 4, 211 ; ab-
länge rundung.
ABLANGEN, arripere, nnl. aflangen, abreichen, herablangen,
ergreifen : es steht mir zu weit, ich kann es nicht ablängen ;
aus räche fiel mir ein,
ein bberflüszigs huhn zu Zeiten abzulaniren.
Hacedor?« 2, 138;
das buch wird nicht gebracht, man musz es ablangen, abho-
len; wo die siraszenräuber zu jeder stunde durch die obrig-
keitliche gewalt abgelangt (ergriffen) werden können. Fichte
in der Bert, monatschr. 21, 470.
ABLÄNGEN, im bergwerk, eine strecke ablängen, in die
länge graben, bei den zimmerleuten, einen stamm ablängen,
der länge nach hauen und schneiden.
ABLÄNGLICH, was ablang, das schildlcin ist besser vier-
eckichl als ablänglicht. Hoiirerc 1,618'; ahlänglicht und ge-
schoben Viereck (rhomboidisch). Dödei. 3, 149.
ABLANGS adv. oblonge.
ist der erdkreisz, wie oiao meint, ablanes rund al> wie ein ei?
LocAü 3, 77, 10.
ABLASCHEN, im forstwesen, einen weg durch den wald an
den bäumen bezeichnen, scheint entslellung aus ablachen, ab-
lochen, von lAh, zeichen am bäum.
ABLASZ, tii. demissio, remissio, nnl. aflaat, das ablatten.
ablasz des Schreibens von der band, ablasz des wassers im
teich, auch der ort, wo es abgelassen wtrd: wächst, da die
fischweier in den walden ihren ablasz haben. T.\uerv. krau-
67
ABLASZ — ABLASSEN
ABLASZJAHU — ABLAUFEN
68
terb. 569. ablasz des wcms oder biers ausdemfasz: fülle das
fäszlein mit einem guten most, lasz den darüber verjähren
(gähren), und wann der ablasz {die zeit des abl.) kommt, sol
man denselben ablassen. Tabers. kr. buch 122 ; es scheint vor-
zugsweise den abgelassenen jungen wein oder most auszudrücken :
was musz es für ein wein sein,
ein lirner oder ein ablasz ? Ayrer TS".
dann überhaupt die Vorkehrung das flüssige abzulassen : unten
müssen diese grander oder geschirr gleich neben dem boden
einen ablasz liaben, dardurch man das alte, verstandene was-
ser täglich ablassen könne. Hohberg 2, 32l\ ferner für nach-
lasz, aupwren, wie man sagt ohne ablasz-, unablässig, ohne
abzulassen, mhd. äne underlaj:
sie will es aber nicht verstehen,
läszt mich in angst ohn ablasz gehen.
Opitz 2, 163;
ja segnen will ich got, und loben ohn ablasz.
Weckhrrli.n 73 ;
mehr denn vierzig jähr her ohn ablasz. Herder 20, 232.
Hauptsächlich aber steht es für den kirchlichen erlasz der
Sünde ums geld {die indulgenz), wider welchen die reformalion
siegreich eiferte, in diesem sinn aber verwendet es Luther, und
die ihm folgen, neutral : da ligt nu das ablasz, und sind brievc
und Siegel zustoben und zuflohen, und ist nichts verechtcrs
in der weit denn das ablasz. 6, 8l'; also ist die grosze reu-
berei und schindcrei, die man hiesz das ablasz, eingerissen.
6,91*; das ablasz ertichtet er auch umb gclds willen. 0,491";
ja ich verstünde nicht, was das ablasz war. 1,4*; da ich zum
ersten das ablasz angreif. 5, 53' ; weil die papislen ilzt scibs
bitten wider das ablasz. 0, S2*; das heilige ablasz. 4, 298";
weil das ablasz abgehet, br. 2, 350. das scheint niederdeutsche
weise, denn auch im Claws bur 250 heiszt es dal afiat. ahd.
galt abla; m. neben abläji n. (Graff 2, 315), mhd. nur abläj
m. Freid. 150, 12. 24), kein abla-jc n., aus ablaji kann ablasz
n. geworden sein, wie aus giläji, mhd. gela-jc, nhd. gelasz n.,
doch schon goth. aflet n. iind altn. aflät n., hingegen nnl. af-
laat m., schw. aflat m., dän. aflad m. einigemal läszt sich
Luther z. b. 5, 79'. 224' rom hochdeutschen m. beschleichen,
wenn hier nicht abschreiber und setzer walteten; mundgerecht
war ihm das n., andere gleichzeitige Schriftsteller, namentlich
H. Sachs (U. 1, 87'. 88') und Frank brauchen nur das m. : stark
getrank macht wild, dasz war sei, findt es sich auf der pau-
ren kirchweich wol, wann sie zu vesperzeit den applnsz aus-
theilen. Frank trunkenhcit T) 4'; gehen oft mit blutigen köpfen
von der kirchweihe, so sie den ablasz zur vesperzeit mit spie-
szen aiisgelhcilt haben, wider heim, wellbuch 5t'.
ABLASZßRIEF, wi. breve indulgentiarum. Lutder 1, 9'.
ScnWARZENBERG 139, 2.
ÄBL.\SSE,N, demittere, emiltere, omittcre, cmitterc, entlassen.
den brief {von der hand) ablassen : er liesz ein sehr dringendes
schreiben an den Dionysius ab. Wielano 3,174; in einem von
Paris abgelassenen schreiben. Wieland 30, 70; weil dieser
{Gregor VII) an den bischof Altmann ein schreiben abgelassen
hat. Moser 2, 44; nachdem unser freund vorstehende briefe
abgelassen. Güthe22, 124; er erkundigte sich, ob keine briefe
angekommen, und weil eben jene reise mich verhinderte der-
gleichen abzulassen, so fehlten sie überall. 25, 239. die hand
ablassen von dem was sie hielt oder fassen will: gott will
seine hand von uns ablassen ; lasz die hand ab von diesem
weihe!; und were in ernst gewesi, der kinder heil und Selig-
keit zu suchen, so würden sie nicht so die hcnde ablassen
und liinfallen. Luther 2, 471' ; ich will nimmermehr ablassen,
den bogen, den pfeil ablassen; das schif {vom Stapel) ablas-
sen; die brücke ablassen, nieder, herunter; die vorhänge
(iier) ablassen ; den liscii ablassen, abklappen ; den wein {vom
fast) ablassen ; das fasz ablassen ; die fische vom teich und
den teich ablassen ; das schlosz ablassen, abschnappen ; die
sohlen ablassen, bei den schustern, sie am randc dünner ma-
chen, vom streit, vom krieg, von der feindschafl ablassen,
daher ablassen im sinne von ruhen, cessarc: mein gir nach
Pfründen laszt nit ab. Schwarzenberc 134, 2, Idszl nicht nach ;
kan auch noch nicht mit gutem gewissen zurück ablassen. Lu-
ther 3,415'; von der arbeit ablassen, die kälte läszt ab, <d!si(
nach, von der schuld, von dem gelde etwas ablassen, crlas-
ten; von der färbe, von der schwärze etwas ablassen, sich
ablassen, hinab:
bald lasset ihr euch ah
in diu verborgnen schhinclc Fi.eiii.no 85,
endlich die süride ablassen, erlassen, remitiere: denn ablasz
heiszet so viel als ablassen oder nachlassen, es (das ablasz)
lesset abe alles gut und lesset zu alles unglück. Luther 1,
420"; gott vergibt und ableszt allzeit umbsonst die sünde.
Luther 1, 543'. nicht ablassen, unterlassen etwas zu thun,
non omittere.
ABLASZ.IAHR, n. Jubeljahr, in dem viel ablasz gegeben wird.
ABLASZKRAM, »h. handel. haben sie den unüberwindlichen
schaden dran, dasz ir ablaszkram da ligt im kot. Luther 0,
82' ; ablaszkram aufgeschlagen. Fischart bienenk. 207'.
ABLASZMARKT, m. dein ertichter ablaszmarkt. Luther
3, 93. 94.
ABLASZWOCHE, f. wache in ivelcher man ihn auslheilt.
ABLATSCHEN , pedes trahere, den schuh, pantoffel nieder-
treten: ein gewisses ablatschen, hoffdrtiges niedertreten der
ferse. Tieck Ccv. 1, CO. vgl. Frisch 582.
AB LATTEN, tigna auferre, die lallen wegnehmen, das dach
ablatten.
ABLAUBEN, foliis privare, entlauben, entblättern :
der Winter hat mit kaller hand
die pappol abgelaubt. Bürger 13*;
einen ast, bäum ablauben, den wein ablauben. abgelaubte
freudentagc. .1. Paul Hesp. 4, 189.
ABLAUERN, auscultando indagare, ablauschen, die parole
will ich ablauern. Schiller 165 ; der ihm schon lang die fährte
abgelauert. Schiller 301; geheimnisse, gelegenheitcn, kunst-
gride ablauern.
ABLAUF,«, decursus, nnl. afloop. derablaufdes wildes von
der höhe beim treibjagen und dazu ausersehne platz? mhd.
des wildes abelouf. Nib. 871, 2. der ablauf des wassers, flus-
scs, baches, des meers anlauf und ablauf. Weckherl. 227. der
ablauf der flüssigen von den festen theilen geronnener milch:
als darauf die hälfle der weiszen milch sich gelabet,
stellt er sie eingedrängt in gedochtenc körbe zum ablauf.
Voss Od. 9, 247,
tt'o früher stand zum trocknen, ablauf (verstrich) der zeit, der
jähre, tage, des sommers, winters, der frist. ablauf eines er-
eignisscs, einer krankheit, verlauf, ablauf eines wechseis.
ABLAUFEN, decurrcre, nnl. afloopen. das wasser, die Qut,
das schif läuft ab (vom lande); dasz in die zeher die packen
ab laufen, fastn. sp. 207, 21 ; das rad läuft ab (von der achse) :
als von der fordcrslen axe das rad verrälherisch ablief.
Zachariae 1, 274;
der pfad läuft hier von der straszc ab ; der faden ist liald
(i'OM der Spindel) abgelaufen, das gespräch von seinem faden,
das leben, die zeit, das jähr, der tag läuft ab. die schran-
ken, zwischen welche man künftig die pferde zunv ablaufen
bringen soll. Güthe 29, 230. m allen diesen fällen kann las-
sen damit verbunden werden : das wasser, rad, pferd ablaufen
lassen ; ein fasz den berg ablaufen lassen, fastn. sp. 184, 17.
Häufig fügen sich auch advcrbia zu ablaufen : es ist wol oder
übel damit abgelaufen; es kann sehr schief ablaufen; es lief
ganz leidlich ab damit; alles lief auf das beste ab. Götue
18, 282 ; die probe lief nach wünsch ab. Götue 19, 183 ; dasz
diese gefährliche sache so glücklich abgelaufen ist. Göthe 24,
157 ; wäre es zuletzt nur nicht so schlimm abgelaufen. Klopst.
12, 380. einen ablaufen (wie abfahren) lassen, ihn abweisen :
alles womit man ehedem die einwürfe der ungläubigen und
abgötter ablaufen lassen. Lessinc 9,292.
Nächstdem transitiv, gewöhnlich mit beigesetztem dat. dorper~
son. ich laufe mir fast die schuhe, beine, fiisze ab ; er soll
da dem schwäbischen bunde dienen und die tollen hörner
sich ablaufen. Arnim kronenw. 1,407;
was zwischen manchem wilden häufen
sich Uullius, der aldeminnn,
an hörnern endlich abgelaufen.
das läuft sein weih ihm wieder an. Iti;RCF.R SO*.
auch ohne dat. die lieine, die leidenschaflen alilaiifcn; man
kanns mit dcnl nassen finger a!)laufen, schnell, eh ein genetz-
ter flngcr trocknet, erlaufen ; dasz die fcind dem gescliütz zu
nahe kommen und es ablaufen. Froxsp. kriegsb. .3, 145' ; sich
ablaufen, sich müde laufen: hui imck, sei zornig und stosz
nich einmal, hol aber nicht zu weil aus, dasz du dich nicht
ablaufest. Luther 1, 338'; sich abnutzen: der mülslein hat
sich ganz a))gelaufen. Einem etwas ablaufen, im voraus weg-
nehmen, praeoccuparc : also kund der leufel den ciirislen irc
Waffen, wehre und bürg ablaufen. Luther 3,337; der sprurh
ist euch abgelaufen. Luther 1, 422'; dasz sie dem feind die
69
ABLÄUFER — ABLECKERN
ABLEDERN — ABLEGEN
70
k
flucht ablaufen und verlegen. Frossp. kriegsb. 3, 142 ; und
meinet er damit Jesu abermals eines abgelaufen zu haben.
Ayrer proc. 3,2; wir werden frembden Völkern mit der zeit
das urtheil ablaufen. Opitz i, &"; sie lief ihm alle ranke ab.
Simplic. 2, 207; ihr lebhafter witz verleitet sie oft ihre ge-
schwister zu necken und ihnen kleine ranke abzulaufen. Weisze ;
«ie wollte ich sie doch auslachen, wenn er ihnen einen rang
abliefe. J. E. Schlegel 2, 58 ; der mir bald im ganzen hause
den rang ablief. Tieck 12,362; er hat ihm den weg, den vor-
theil, den preis abgelaufen.
ADLÄUFER, ni. bei den tuchtnachem die abgelaufue, leer
geirordne groszc spule, bei den webem ein fehler, der ent-
steht, trenn die fäden unrecht laufen.
AliLALfT, n. und m. effluvium, proflurium: so wirt doch
nun das ablauft und kerich {kehricht) sälig. Fraxr rerbüt-
schiert buch. Ff 1559. bl. 2S8'; wegen der platzrcgen müs-
sen grüben und abläufte gemacht werden (auf ueinbergen).
lloIlBERG 1, 341'.
ABLäUFTIG. den verschlossenen brief hab ich darumb so
ablüuftig gestellet, obs E. G. geüel denselbigen lassen lesen
oder auch wegschicken, dasz die drei fürsten meine meinung
merken sollten- Lltiier frr. 3, 503. leicht darüber hingleitend?
ABLAUGEN, lixirio tnacerare, den färbern, die lauge aus
dem garn waschen, bei H. Sachs 1, 499' aber für ableugnen.
ABLAUSCHEN, tcas ablauern, lauschend geicinnen. den
beifall, den er uns abgelauschet hat. ein der natur abge-
lauschtes lied.
ABLAUSEN, mit dal. der person, pediculos quaerere, die
läusc suclien, sp. despiojar (s. absuchen), dann heimlich iceg-
iiehmen : neu ausgeQognen gasten das ihrige ablausen. Simplic.
1, 575 ; leut, die künnens einem fein ablausen, «egkürzer lOO' ;
prügeln. Tobler lO'.
ABLAUT, n». permulalto vocalium lilerarum, geregelter Über-
gang des rocals der nurzel in einen andern; ein edles und
ihr wesentliches vermögen der deutschen spräche, verschieden
von Umlaut.
ABLAUTEN, den vocal der «urzel wechseln.
ABLÄUTEN , carnpanae pulsu indicarc finem fcsti, mit der
glocke, schelle läuten, gegensatz des einläutens :
man hat den markt schon abgeleut,
es wird bald werden essens zeit. Ayrer 12".
ABLÄUTERN, declarare, abklären, lauter machen, den wein,
Zucker, das erz abläutem.
ABLEBEN, vitam consumere, zu ende leben, die lanne spricht :
ich bin allliie, glaub mir fürwar,
gestanden so ?ar manches jar,
gar manchen wintcr abgelebt,
den starken stürmen widerstrebt.
ß. Waldis Esopus 2, 28, bl. 93';
das gilt mir als einem, der seine zeit abgelebet, gleich, ob
ich heute oder morgen sterbe, pers. rosenthal 1, 45 ; wann
deine majestät abgelebt sein wird. pers. btatmg. 7, 21 ;
und was ein lürst vermap,
der viel mehr länder zehlt als abgelebter lag.
A. Grtph. 1, 11";
die weit hat abgelebt in frieden. Moruof; die abgelebten und
andächtig sein wollenden frauen. eben eines mannes 280 ; ich
möchte ihn nicht gern getödtet, aber abgelebt. Scbiller 112;
auf ihrem siechbelle begrfiszlen wir die ablebende nichte
Gleims. Götiie 31, 244 ; dasz wir unser leben gar nicht für
uns selbst einrichten und abicbcn sollen. Tieck nor. 6, 18 ;
wenn man das an seinem armen körpcr ablcben soll. Tiec»
5, 88 ; dasz ich so in die weit hineinkam und dasz ich mich
nun ablebc. Tieck 9, 193. vgl. ableiben.
ABLEBEN, n. exitus e tila. nach meines vatcrs abieben; die-
ses zeichen seines ablebens. J. P.^cl flegelj. 1, 4.
ABLECKEN, delambere, von dem munde, von den tippen ab-
lecken, dann den mund, das mSulchen, die lippen ablecken :
aha, du fängst schon an die linpcn abzulecken.
(jOTBE 12, 113.
In der Schweiz sagt man : das gewehr leckt ab, wenn blosx
das pulrer auf der pfanne abbrennt, das (euer gleichsam nur
geleckt hat. vgl. abschlecken.
ABLECKERN, delicere, ablocken, hiirenbeisz (primitiae), die
der teufel gott begert ab zu leckeren. Keisersii. bäum d. sei.
5*; die uns nicht anders denn hestien halten und ein Sprich-
wort von uns zu Rom gemacht also, man sol den deudschen
narren das goll abicckern, wie man kan. Lither 1,264"; alle
ir gelt umb solchen unscglichcn schaden ausseuget und ab-
leckert. Lither 1,420'; nit aus freiem herzen sunder mit eim
falschen affecl, herzen und schalks aug dem alten Adam ab-
geleckert, on lust und liebe. Frank cbron. 464". Scqiiellek
2. 432 aus Dietrich vos Pliemngex zueleckern illicere: den
die hofnung des raubs zugeleckert; und Oberlix 913: das si
leckerte wider seinen willen, si theatris-interfuerit ad spectan-
dum. vgl. lecker.
ABLEDERN, corium delrahere, das leder abziehen, abdecken
und dann derb prügeln : leichter schuppte und lederte ich den
abscheulichen Philipp von Spanien ab. J. Paul jubelsen. 81.
ABLEDIGEN, dimittere, erledigen, von der stelle, dem an-
gewiesnen posten. er ledigt die scbildwachten in ordentlicher
zeit ab. Fronsp. Ariels/». 104', heute ablösen.
ABLEEREN, vacuefacere, entleeren, den tisch, das brel. ab-
Icren oder abzelen. Kaltexbäck pant. 1, 167*. die menschen
fahren aus dem fuszboden wie stumme knechte, und fallen
wieder hinunter, wenn sie abgeleert sind. J. Paul /7es;). 3, 259.
ABLEGEN, deponere, nnl. afleggen, gegensatz von anlegen,
kleider, gcwand, rock, gürlcl, hemd, hut, mantel, Schwert,
Waffen, schuhe vom leibe, baupt, von den schultern und füszen
ablegen, sanfter als abziehen, was sonst in einigen fällen ge-
sagt wurde, legen sie ab! wird dem eintretenden gesagt;
der gleich erfreute himmel
sieht mit ergötzung zu dem lustigen getümmel,
legt stürm tTnd wölken ab,
zeucht gold und purpur an. Fleiikc 64;
bei den setzern, den nicht mehr gebrauchten satz ablegen, eine
columne ablegen, sich ablegen, ausziehen, seine iiatnr able-
gen, exuere hominem; er (der Franzose) legte den Franzosen
so weit als möglich ab. Klinger 8, 163.
die rosse gaben sie den dienern sie zu warten,
und giengen, abgelegt, in einen schönen garten.
Werders ArioM 15, 76,
abgelegt, depositis armts. joch, last, bürde, kette, fessel, Sat-
tel von hals, nacken, rücken ablegen: bitten gott, das er das
joch der beiden von in aus gnaden ablegen wöll. Frame wellb.
144'. das pferd hat die eisen vom huf abgelegt, das unwillige
ros seinen reiler abgelegt, abgeworfen, das weib seine frucht
abgelegt, geboren : ein jeglicher bäum hat seine fruchte und
leget sie zu gewisser zeit ab. pers. rosenth. 8, 151. Figürlich
das aufliegende, auferlegte verrichten: einen gang oder weg
ablegen, der befohlen, den man zu leisten schuldig war: eh
dasz faule schläfer den köpf nach dem wege aufrichten, so
haben hurtige ganger ihren weg schon abgeleget. pers. baumg.
9, 5; nach abgelegter reise oder botschaft, einen grusz able-
gen, den feldzug ablegen, nach abgelegter cipedilion. den be-
such ablegen, welchen man zu erstatten hatte : als sie sich
verpflichtet fühlte rings in der nachbarschaft besuch abzule-
gen. Götbe 17, 229 ; so wurde kein besuch in der nachbar-
schaft abgelegt. 17,245; ich hatte gaste zu empfangen, besuche
in der nachbarschaft abzulegen. 21. 202; bei einem besuche
in Köln, den ich abzulegen das glück hatte. 39. 357 ; der be-
such, den der ewige Jude bei Spinoza abgelegt hatte. 48, 12 ;
ich komme meinen glückwunsch abzulegen. Schiller 365 ;
meinen schuldigen dank, überhaupt eine schuld (ron sich) ab-
legen, zu der man verpflichtet ist, der natur die schuld ab-
legen (sterben), der natur solche Schuldigkeit abzulegen. Sim-
plic. 1. 27 ; der natur ihren tribut ablegen. Opitz 2, 303 ; der
(!a wolt für uns unsre hauptschuld ablegen. Weckuerlin 314 ;
dasz sie die schuld, so ich noch schuldig bin, wo ich sie nit
bei leben ablege, auf sich nehmen soll. Lltuer br. 5, 423;
die Überbesserung mit barem geld ablegen. Frankf. ref. 1, 45,
18; welchem (kaiser) die Dänen nnd Polen die lehenspflicht
abgeleget. J. E. Schlegel 4, 292 ; meine gcdanken ihre Schul-
digkeit werden ablegen. Weise kl. leute 18 ; zins, kosten und
schaden ablegen; rechnung, rcchenschaft ablegen; diese gött-
liche gebot durch Gregorium angezeigt zeucht er mit den ba-
ren, das im die schwarten krachen, zu der busze, die der
bapst ablegen kan. Luther 1, 49*. cid, Zeugnis und gelübde
ablegen, er legte einen theuem cid, die nonnc das gelübd©
ab : das gebet, einen Vortrag, eine rede, predigt ablegen, hal-
ten; die erste probe gut ablegen, tugend oder lastcr, lei-
denschaften ablegen : er legte alles menschliche gefühl, alle
eigenschaften ab, die ihn ausgezeichnet hatten ; lege doch ein-
mal diese grille, diese einbUdung von dir ab; trauer, sorge,
furcht, empfindlichkeit, neid ablegen, niederlegen; laszt uns
ablegen die werke der finstemis. Rdm. 13, 12; so leget ab
5*
71
ABLEGEN — ABLEHNEN
ABLEHNLIGH — ABLEITE
72
alle unsauberkeit und bosheit. Jac. 1, 21. in solchem sinn
drückt es auch ein stärkeres abschaffen, abwerfen, nicdcnvcr-
fen aus: der bapst liab macht, die geliibd gott getlian abzu-
legen (verschieden von dem vorigen gelübde ablegen, abstalten)
und wandeln. Luth. 1, 357"; hat der keiser mit seiner kraft
zu der erden abgelegt etlich Schlösser geachl unüberwindlich.
Frank chron. 216'; daj sal eines konegcs ammetman rchtfcr-
tegen unde abe legen, weislh. 3, 484 ;
(Dcutscldand) ist jeizt worden ein gemach,
ilriunen laster, schand und scliniach,
was aucli sonsten aus man fegt,
andre Völker abgelegt. Logau 1, 121, 18.
Ein kind, einen erben ablegen heiszt wegen der künftigen erb-
schaß abfinden, vgl. abschichten. im bergbau und forslwesen,
die ai-beiter ablegen, des dienstes entlassen; 500 pfarrer, gif-
tige papisten, abzulegen (amtes entlassen). Luthers br. 5, 204 ;
einen ablegen, ihn zurückweisen:
kamen die frauwen, welch im ir garn
bracht hellen wol ein jar zuvorn,
so legt ers stets mit Worten ah.
B. Waldis Esopus 4, 68. bl. 289";
im gartenbau, reiser, pflanzen, nelken ablegen, sonst auch
einlegen, absenken, zweige davon in die erde biegen, dasz sie
würzet schlagen. ISichl seilen bleibt der acc. unausgedrückl,
weil ihn der Zusammenhang ergibt: er legt sehr ab (das ge-
sicht, gehör), wird stumpf; sie hat al)gelegt (entweder ein kind
oder figürlich das eisen), heimlich geboren; er legte nachts im
kloster ab (die bändet), kehrte ein, (vgl. ablagcr.) Werders
Ariost 4, 54 (capitö a una badia), was dann den schein intran-
sitiver bedeutung annimmt. Beachtung fordern die conslruc-
tionen mit dem dativ, einem ablegen bedeutele erstatten, be-
zahlen, büszen, schuld entrichten: kumt er an ein arzat, den
sol er im tblegen, und hat er übrig cost mit sim übe, die
sol er im och ablegen, weisth. 1, 817 ;
und da icli ihm nicht leget ab,
, vermeint er mich umhziibringcn. Ayiikr 280*;
alte Jungfern, böse Jungfern, dieses macht die uiigrduid
dasz gott ihnen nicht legt abe einen mann, die Ivlare scliuld.
LoGAü 2, 100, 5;
aber auch abbruch Ihun: es gerate mit meinen Sprüchen wie
es wolle, so viel sie auch dem ablasz ablegen, vermanc ich
dich doch, dasz du dermaleinst nicht in meine torheit ge-
ratest. Luther 1, 104' ; oder entsagen, versagen :
wer den liistcn abclegf,
dem kau alles wol gcdeien. Logau 1, 77, 11;
■ wem gott wol wil, kan die Städte stürmen mit posaunen,
wem gott ablegt, kan nichts richten, ob er braucht cartaunen.
Logau 2, 176, 96.
Cliarlolte. und strengen ihr gedächtiiis an.
Hicliard. es ist wol wahr.
Charlotte, da ihnen ihr gediichmis ohnehin so sehr ablegt.
Lessing 2, 527 ;
mein stubennachbar der fleiszige theolog, dem seine äugen
leider immer mehr ablegten (versagten). Göthe 25, 165 ; lies
ihn mir vor, liebes kind, du weiszt dasz bei licht meine äugen
ablegen. Tieck 8, 216 ; das gesiebt legt mir ab (vergeht, ver-
sagt mir); die kräfte legen mir ab, gleichsam ihren dienst.
ABLEGER, m. propago arboris aut floris , der abgelegte
zweig, senker, absenker. wir haben eigentlich nur ableger von
romanen und comödien, aus dem samcn werden wenige ge-
zogen. Lichtenberg verm. sehr. 1844. 2, 31; wenn der .laco-
binerclub seine ableger durch ganz Frankreich überschlug,
so stand iiim eine heeresmacht zu geböte. Daiii.m. fr. rev. 390.
ABLEGUNG , f. in den verschicdncn bedcutungen des able-
gen«, bei ablcgung ihrer stimme. Sciiii.r.ER 1080.
ABLEHNEN, mutuari, ahd. li^hanön, geld, ein buch, ein
pferd von einem leihen, entleihen, besser ableihen.
ABLEHNE.N, declinare, ahd. hieinan, mhd. leinen, nnl. af-
leencn. ein bret von der wand ablehnen, die iiand, das ge-
siebt ablehnen, wegwenden, einen antrag, Vorschlag, Vorwurf,
einwurf, eine ehre, braut, gevatterschaft, ein erbieten ableh-
nen, glimpflich ausschlagen, recusare:
was könnt ich wiuischen? voibereiict wars.
was dürft ich furchten? abgcjohiii war alles.
GÖTHK », 33.
alles vornehme ist eigentlich alilehnend, und ablehnend ward
auch die französische kritik. 26, 50; mir meine kleider zu
bringen versprach, die ich aber lebhaft ablehnte. 25, 358;
alle rücksichten, die man einer gebildeten weit schuldig ist,
ablehnen. 46, 326. vgl. ableinen.
ABLEHNLIGH, was abzulehnen ist, unablehnlich, unablehn-
bar, irrecusabilis. ich sehe den weder durch witz noch tapfcr-
keit ablehnlichen Untergang der Stadt für äugen. Lohe.nst.
Arm. 1, 846.
ABLEIBEN, obire, aus dem leben gehn, sterben, doch fast
nur im inf. und part.
dasz kein herz, muth, sinn noch verstand,
nach dieser frommen gans ablciben,
im Vögel regimcut werd bleiben.
ganshönig C 5*. C S' ;
ohn vcrgieszung ihrs bluts mit fug von dieser weit ablciben.
VV. SrANGENBERC anbind oder fangbriefe Eiii";
weil nach dem schaiden und ahleiben
sie tod und lebendig doch bleiben. VVeckuerli.n 578;
auf des keisers ableiben. Avrer 126* ; nach meines so werthcn
und herzlieben einsiedeis ableiben. Simplic. 1, 48 ; von wegen
ablciben oder wegziehen eines zu sehr geliebten freunds. Si'ek
216 ; der alte fast vor 100 jähren abgeleihte herr Conrad He-
rcsbach. Hohberg 2, 249'. Fleming 431 nimmt ableibcn tran-
siliv für tödten:
in der liebe will ich bleiben
bisz er (der lod) mich auch ab wird leiben,
folglich abgeleibt für gelödtet, 135 von einer blume:
sie ist schon ahgekilil.
vgl. aldcben.
ABLEIBIG, mortuus, ableibig werden, absterben : ob es sich
begäbe, dasz des hofs schul theisz ableibig würde, weisth. 3,
12 ; wan die empfänger ableifich geworden binnen drciszig ta-
gen, das. 3, 847. avelivich werden, das. 2, 592. ableibicbt : ein
Student fiel in wahnwitz, arbeite und machte sich matt und
ableibicbt mit stetem wachen und reden. Luthers tischt. 416'
ABLEIBUNG, f. obitus, abieben, tod. nach seiner ableibung.
FiscHAHT bicncnk. 208'. Micrälius Pomm. 3, 312.
ABLEICHEN, dam auferre, heimlich, spielend wegnehmen,
von leichen ludere, f allere: (gott will) das kind der docken
lassen spielen, bisz es ir scibs müd werde und hin werfe, ja
bisz er es weiter bring und im die docken wider stel und ab-
laich. S. Frank parad. 50'.
ABLEICHTEN, alleviare, leichter machen, abheben: ja ich
wolt mein last ableichten. Avrer 130*. gilt zumal von schif-
fen, vgl. lichten.
ABLEICHTUNG , f. allcviutio. kein schif darf im fahnvas-
scr da um oder überladen, wo es dem verkehr hinderlich ist.
ist die ableichtuug nüthig um das schif über untiefen im fahr-
wasser zu schaffen, so musz sie stets an solcher stelle ge-
sclichn, wo wedei' das beladene schif noch der leichter den
verkehr hindern oder erschweren, k. sächs, verordn, vom
6 fcbr. 1845.
ABLEIERN, lyra canere, von der leier spielen.
ABLEIHEN, mutuari, von einem leihen, entleihen, s. ab-
lehnen.
AB LEINEN, (fecHnare, ablehnen, ableihnen. der legat were wil-
lig und geneigt die sach freundlich abzuleinen. Luther 1, 109' ;
fürkommen und ableinen. Aguicoi.a spr.ibi'; widerlegen und
ablciuen. R. A. 1530 §.1; solche exceptiones replicando abzu-
leinen. Frankf. rcf. 1. 20, 14; die anklag könte abgeleinet
oder hinderlrieben werden. Piiiland. I, 312 ;
sie (la(^lite, besscrs ist, dasz jetzt werd abgeleinet
dasselbe, was von mir sie also falsch vormeinet.
Werders Ariost 25, 28;
vermutblich hofl der schalk, der selber zu erscheinen
sich nicht getraut, durch dieses possenspiel
die strafe von sich abzuleinen. Wieland 5, 19t.
ABLEINUNG, f. declinatio: ableinung der gebrechen, not.
ordn. 1512 pr.; replicatio, ableinung der eingewandten excep-
tionen. Frankf. rcf. 1. 20, 1; zu ableinung irer sünden. Lu-
ther 3, 95.
ABLEISTEN, pracslare, das auferlegte leisten, einen cid ab-
leisten.
ABLEITBAR, was sich ableiten Idsxl.
ABLEITBARKEIT, f. die fähigkeil abgeleitet zu werden: so-
nach besliinnile ihm die ableitbarkeit vom selhslhcwustseiu
den umfang. Fichte phil. journ, 5, 357.
ABLEITE, f. hiesz eine beim verkauf von grundsliicken zu
leistende yeldahgabc: anlait und ablait. Fräst fundat. zwei-
73
ABLEITEN— ABLETZEN
ABLEUGNEN — ABLOUNEN
74
lenses p. 510. 517. auch in den panteid. bei K.\ltesbäck 1, 213*.
216'. 21'' stehn ablait und anlait verbunden.
ABLEITEN, deducere, nnl. aflciden, von einer stelle an die
andere leiten, das wasser, den Qusz, back, see, teicli ablei-
ten, den blitz, die wärme ableiten, lasz uns absterben wie
der fisch, dem das wasser abgeleitet ist. Klixger 1, 60; die
quelle ihres reicbtbunis wurde abgeleitet, einen von dem wege,
von dem pfade der tugend ableiten (seducere, verleiten), von
seinem entschlusz, von der gefaszten lebensart. den gedanken,
die rede, das gesprüch ableiten, auch blosz herleiten: ein
wort vom andern, ein bild vom andern ableiten, ein deutsches
wort aus dem griechischen ; abgeleitete bilder. GöTnE.i2, 102 ;
begriffe aus der erfahrung ableiten, wegführen, icegnehmen:
goit bleibt gott, er leitet ab und hat menschen weg genummen,
gotl bleibt gbtl, er weiset an und läszt menschen wieder kummen.
LoGAO 2, 7, 7.
in der spräche steht das abgeleitete wort dem stamm, im recht
die abgeleitete erwerbung der ursprünglichen entgegen.
ABLEITER, m. deduclor, tcerkzeug zum ableiten, blitzablei-
ter, ableiter der vorurtheilc. die mhd. bedeutung seduclor fiir
ablciter {Erek 4073) ist erloschen und durch verleiter auszu-
drücken.
ABLEITUNG, f. deduetio, tn allen bedeutungen des ableitens.
doch fehlte es nicht an ableitungen, besonders naturwissen-
schaftlichen, so wie ins philosophische und literarische. Göthe
31, 92 ; ich habe es mit der ableitung (deduction) jener reli-
gion aus dem vvesen der Vernunft zu thun. Yichte phil. journ.
9, 372. die ableitung ia der spräche ist schwächer als der
stamm des worts, mächtiger und gediängler als die Zusam-
mensetzung.
ABLENDEN, depellere, vom schif hergenommen und gegen-
salz des anlendcns, anlandens, appellcre:
wann dann es gott beliebt die Stäbe zu verwenden,
kein ralhschlag noch gewalt vermag es abzulenden.
Opitz 297.
das ir nicht vons lebens weg abiendet. Meliss. ps. A 5'. stär-
ker als ablehnen, mit dem es wörtlich sich nicht berührt.
ABLENKBAß, im gebrauch blosz unablenkbar, indeclinabilis.
GüTHE 4S. 93.
.\BLENKE.^, declinare das pferd, den wagen vom wege
ablenken, die rede, das wort, das gespräch von der sache
ablenken, warum ablenkende wurte geredet? Voss Od. 4, 465 ;
den verdacht von sich ablenken; sie suchte nach ihrer ge-
wandten weise das gespräch abzulenken, — und so fuhr der
grjf, Charlottens ablenken nicht empfindend, über diesen ge-
genständ sich zu äuszern fort. Göthe 17, 113; manches bei
seile legen, weil es uns zu weit von dem vorgesteckten ziele
ablenken würde. 53, 109 ; der die folgen einer für ihn höchst
traurigen angelegenheit groszmüthig abzulenken suchte. 32, 152.
ABLENKUNG,/", declinatio: des lichtstrahls, der magnetnadel.
ABLEILNEN, discere, von einen» andern lernen durch stilles
zusehn und zuhören: ein Schüler lernt es dem andern, die
tochter der mutter ab, der söhn dem vater die handgrifle;
ich will deinem augc den willen deines herzens ablernen.
Klingeb 2, 256 ;
und deinem Flaccus abzulernen,
wie man durch echten witz gerällt. Higedor?( 3, 23.
ABLERSCHEN, s. al)lörschen.
ABLESCHEN . exstinguere, alte, richtige Schreibung ßr ab-
löschen: wiltu deine Sünde abieschen. Luther 1,84'.
ABLESEN, colligere, nnl. aflezen. steine vom acker, federn
vom kleid, raupen vom bäum ablesen; beeren von der stände,
t rauben vom stock,
und fangen alsbald an mit angenehmer müh
fein ordentlich zugleich die trauben abzulesen
Weckuerlin 773;
dann den acker, bäum, weinbcrg ablesen, vgl. absuchen. Vom
liuche ablesen legere, recitare, einen brief, befehl ablesen,
einen ablesen, seinen namm herlesen, einem an den äugen,
an der stirn ablesen.
ABLETZEN, valedieere, einen zu guter letzte begrüszcn,
verabschieden ; sich abletzcn, sich verabschieden: nun hab ich
{sagt Grünenwald der sänger) ic nit von hinnen küiincn schei-
den, ich hab mich dan mit cuwer gnaden ahgelelzet ; hab de-
ren zu lieb ein newes liedlein gedieht, so euwer gnad das
beliebt zu hören, woll ichs deren zur lelze singen. Uulano
tolksl. 62» aus dem rollw. 68. 5. letze und letzte.
ABLEUGNEN, negare. alles ableugnen, gotl ableugnen, ter-
leugnen. meist mit dem dat. der person, einem alles gute ab-
leugnen, die schuld, das anvertraute gut; das liicszc göttera
die Vernunft ableugnen. Schiller 229.
ABLICHEN, ein ganz veraltetes uort für mundarc, emun-
dare, begegnet verschiedentlich in Reiszsers Jerusalem : ich wil
ablieben dein blut, das an dir ist. l, 45' ; ich hab dich ge-
waschen und dein blut von dir abgeliebt, emundavi sanguinem
tuum ex te (Ezech. 16, 9) 1, 6* ; der mit seinem blut den ge-
stank der Sünden abgelichet. 1, 102'. sein musz es das ahd
lichön polire, welchem Graff 2, 118 mit unrecht ein i gibt, po-
lire drückt zwar eigentlich glätten, dann auch reinigen und
waschen aus, polire lina et lanas = lavare, wobei noch iiquare
zu erwägen, da in todes gehugde 117 zu lesen steht : die muken
si lichcnt, culicem excolant (Mallh. 23, 24) und excolare Iiquare
bedeuten kann.
ABLIEßEN, bei den Weidmännern, einen leithund auf der
fährte anhalten, liebkosend und streichelnd, das wort scheint
aber mit lieben «nreriranrf/ und auf ein ahd. liban parcere
(Graff 4, 1110) mhd. entliben zurückzuführen, wie man den
Jagdhunden auch schmeichelnd zurief: schuna lieber hund schön !
{altd. wäld. 3, 132). die uncerstandne redensart suchte man
später auf lieben zu beziehen, vgl. Gottleib Dietleib, später
Gottlieb, Dietlieb. Zweifelhaft, ob Logacs einem andern ub-
gcliebet 3, 7, 52 den weidmännischen Sprachgebrauch im sinne
hat, es meint aber abgeschmeichelt, was er könnte verstanden
haben geliebkoset, vgl. abverlieben.
ABLIEFEBN, tradere, praestare, nnl. afleveren, aus de« hän-
den geben, liefern : geld, körn, heu abliefern, Soldaten, gefan-
gene, die bauern haben abgeliefert ; die frau hätte uns Weis-
heit abgeliefert für ewige zeiten. Tieck 3, 20.
ABLIEFERUNG, /". praestatio, hingäbe.
ABLIEGEN, diffiteri, bei Luther noch richtig geschrieben
statt des heutigen ablügen, ableugnen : du wirst mir auch nicht
abliegen das buch, lieber lügner. 1, 363*. mhd. abe liegen,
das du mir mein kind hast abgelogen, fasln, sp. 43, 3.
ABLIEGEN , distare, nnl. afliggen, fern liegen, mhd. abe
ligen. Eduard drang auf einem bewachsenen pfade weiter
vor, wol wissend, dasz die mflhle nicht weit abliegen konnte.
Göthe 17, St, wo das weit entbehrlich ist. deine folgerungen
liegen ganz ab von meinem grund. ein abgelegnes dorf, eiland ;
an diesem abgelegnen ort. Wielaxd 2, 50. abliegen auch eine
Zeitlang liegen: der wein musz erst abliegen, bevor man ihn
trinken kann, ein abgelegenes hier, transitiv : eine schuld im
gefängnis abliegen, absitzen ; sich abliegen, das pferd hat sich
die haare abgelegen, durch liegen abgedrückt.
ABLISTEN, callide auferre, listig abgewinnen, durch einen
eid, den wir ihnen beti-üglich abgelistet. Schiller 344 ; wenn
der Soldat auf der lauer steht und dem feinde etwas ablisten
möchte. Göthe 8, 234 ;
ich habe nicht gelernt zu hinterhallen,
noch jemand etwas abzulisten. 9, ü3.
ABLOBEN, vovendo reeusare, abgeloben, geloben etwas zu
unterlassen: das trinken, fluchen abloben. »
ABLOCKEN, delicere, weglocken : den hund, die tauben ab-
locken, meist mit beigefügtem dativ. einem sein geld, ein ge-
heimnis, ein üed, lächeln, thränen ablocken;
lockt keinen blick durch seineu scherz ihm ab.
WiELANO 10, 25i ;
er ist unsinnig in das mädchcn verliebt, und hat wahrschein-
lich seinen verwandten so viel geld abgelockt, dasz er wieder
eine zeillang mit ihr leben kann; einem seine einnilligung ab-
locken, sich ablocken lassen : der sich von seinem hcrren
nicht ablocken läszt. Kirchhof iFen(/unm.229'. s. abicckeni.
ABLOHNE.N, remunerare, verdienten lohn zahlen, roll loh-
nen, auslohnen, die ältere spräche immer mit dem dat. der
person, welchen auch das einfache lohnen fordert, einem sei-
sen dienst lohnen, alsdenn wirt inen nacli iren trewen dien-
8ten reichlich abgclonet werden. Mathesius 47';
zwar hfilt ich dir mit cnist. als billich, abgelolini,
doch ist mi-in schwcrt so Tromm, dasz c» auch derer schont,
die gleich gefangen sind. Opitz 1,221;
weit wird immer bleiben weit, ist des bösen so gewöhn),
dasz sie dem, der nicht wie sie raset, spöiiisrli abclohnl.
LooAU 2, 47 ,
wo glauben nicht dahcime wohnet,
jst auch dem lieben abgelohnei.
LobAC 1, 5, 62 ;
75 ABLOHNEN — ABLUGSEN
das musz die Franzosen quälen,
weil es gar ein iheiirer kauf,
indem sie sonst ungewolinet,
dasz man ihnen so ablolinct.
SOLIAU volksl. 520 (0. 1602).
später faszte man es wie remunerari, nicht mehr wie reddcre,
und fügte den persönlichen acc. hinzu:
so war ich ja der erste,
den Saladin mit worten ahiulohnen
doch endlich lernte. Lessing 2,230;
und doch glaubt die königin mich mit diesem elenden scUliis-
sei für alles das abzulohnen. Lessing 7, 303 ;
mein gast reist ab, mit tod mich abzulohnen. Scnii.LER 41 ;
für die gehabte müh mich abzulohnen. deis. 339;
sein nächstes muste freilich sein, die bremischen und bran-
denburgischen Söldner abzulohnen. Daiilm. dän. gesch. 1, 491.
gesindc, handlanger, gesellen ablohnen.
ARLÖHSCIIEN, bergmännisch, in geringe tiefe graben, ge-
gensalz von abteufen, absinken, wol entstellt aus abiurzcn, tmd
eigentlich in die quere, schiefe graben ? vgl. Finscii unter lurtsch.
ABLÖSBAR, redimibilis, was abgelöst werden kann, ablös-
bare thcile des ganzen, ablösbare zehnten.
ABLÖSCHEN, cxstinguere. den brant ablöschen, fastn. sp. 348,
11; hatten unsere hauptieut in ihren schiffen alle üechter ab-
geiöschel. Vnoysp. kriegsb. Z,lbS' ; dieweil oftmalen der athem
so stark aus der wunden geht, dasz etwan das Hecht davon
abgcloschen wird. Würtz wundarzn. 12C. heute mehr für ab-
kühlen : glühendes eisen in wasser ablöschen, den durst ab-
löschen und figürlich, die schuld von dem buch, der lafel ab-
löschen, vom licht heiszt es blosz löschen oder auslöschen.
ABLÖSEN, solvere, redimere, los machen, die rinde vom
bäum, die haut vom fleisch ablösen ; die binde vom arm, den
nagel vom finger, das joch vom nacken, den kahn vom ufer,
den cimer vom eis, die scele von dem leib ablösen, chdem
auch in fällen, wo jetzt andere Wörter bräuchlich sind: den
Schild von der wand ablösen {abhängen). Avrer 2S0' ; das ge-
schütz, die kanone ablösen, losbrennen, lösen, bergmännisch,
die gänge vom gestein ablösen, scheiden, ein versetztes pfand,
gut ablösen, einlösen; die zehnten mit geld ablösen, einen
von der eingenommnen stelle, dem platz ablösen tmd seine
stelle einnehmen, zumal die wache, schildwachc ablösen, wo-
bei doch an jenes abhängen des Schildes zu denken ist; so
lösten zwei andere {grcnadiere) dergestalt ab, dasz sie strack
vor jene hintratcii, welche sich dann eben so gemessentlich
zurückzogen. Götiie 24, 148 ; den gefangnen, gemarterten ab-
lösen; ein neues jähr löst das alte ab; träge dumpflieit, die
so oft bei Unglücksfällen unsern verstand und unser helles
bewustsein ablöst. Tieck 15, 150 ;
enizückung löst mit wehmulh ab. Hai.ler.
Sich ablösen: die flotte löset sich vom hafen ab. Götiie 9,
371 ; das wort musz sich ablösen, vereinzeln. 26, 108 ;
auch dasz zu wichtigem beginnen ich desto eh mich abelöse.
LoGAu 3, 256, 222.
der schleim löst sich ab (von der brusl), ablösende mittel.
ABLÖSIG, ablöslich, ablösbar: welches alles ablösig und
allein mit flemmlein angewachsen ist. Triun.\EissERpro6Jer(/«//
der harnen, ßc;/. 1576. b/. 29; solche zins ablösig sein sollen.
Frankf. reform. II. 7,2.3.15. 15,11.
ABLÖSLICU, eine willkürliche, zu aller zeit ablösliche zu-
sainmentrelung verschiedener Staaten. Kant.
ABLÖSUNG, f. in allen bedeutungen des ablösens.
ABLÖTHEN, gleichsam deplumbare, franz. döplomber, das
angelöthcle abschmelzen, s. abschweiszen.
ABLIJUEBN, excoriare, abaasen, abdecken.
ABLL'GEN, diffUeri, s. abliegen, einem andern abgelogen.
LOCAU 3, 128, 152;
sein (den lichhahers) herz
zu eigenem prolit der nnilern nbzulügen.
WlKLAND 5, 133;
kerichcn genug, die sich einander fast die lunge ablegen.
Fr. Müt.i.ER 2,56.
ABLIIGEN, abluegen, oculis auferrc, abschauen, lug mir
nicht alles und jedes ab ! Tobi.kr lO'.
ABIJJGSEN, dam auferre, ablauern, entwenden, frequcnla-
liv von abluegen, abscliauen, einem geld iioimlicli ablugsen.
andere schreiben abluxen : brikommendc labelle hab icii ihm
für dich abgeluxt. Bettina bricfc 2, 106.
ABLUNGERN — ABMARKUNG
76
ABLUNGEBN, velociter auferre, behend abnehmen: wegen
des schlosserischen Antipope, den ich dem Kaufmann abge-
lungert. Hamann 5, 242, gleichsam abgeschnellt, vom ahd. alts.
lungar celer, velox.
ABLIJPFEN, sublevare, abheben: einem das bündel vom
köpf lupfen. Auerdach dorfg. 2, 38L
ABMACHEN, parare, nnl. afmaken, fertig machen, die letzte
hand anlegen, von der hand lassen, der weher macht das zeug
ab vom Webstuhl, zumal galt das wort in der allen küche, die
machen vom bereiten der speise verwendet : ein gericht abmachen
und hin geben zum auftragen; mach es ab mit einem ei, mit
fett, mit guten würzen, d. i. rühre noch ein ei daran, thue ge-
würz dazu und gib es hin (s. abquerlen, abrühren), abma-
chen heiszt auch abbilden, effingere, exprimere facicm, einen
menschen kenntlich abmachen in gemählde oder in erhabnem
bild. Diese sinnlichen bedeutungen werden nun übertragen:
das ist abgemacht, eine längst abgemachte sache; es ist ein
abmachen, geht in einem hin, steht auf einmal abzulhun;
mache du das mit ihm ab ; sie haben eine wichtige sache mit
einander abzumachen ; die rechnung ist leicht abgemacht ; ich
habe den weg in einer stunde abmachen können ; den streit
gütlich abmachen. Kant 5, 274. An des abstractcn, nicht des
sinnlichen abmachens stelle kann meistentheils auch abthun
treten, doch wäre dies unstatthaß in der rcdensart es mit einem ab-
machen, icelches dem sinnlichen es mit einem ei abmachen gleicht.
ABMACHSEL, n. kochfett, litt, uzdaras.
ABMAGERN, macescere, mager werden: er magert sicht-
bar ab. *
ABMÄHEN, secare, nnl. afmaajen, das gras mit der sense
von der wiese, dann die wiese abmähen, den haber abmühen.
s. abmeien.
ABMAHLEN, molere, nnl. a&nalen, von den müldsleinen ab
mahlen :
Fungus maul ist cme mühle, die gar güng in ihrem lauf,
mahlt ein handvoll witz kaum abe, schütet wort ein malder auf.
LOGAU 3,47,46;
diese zwen von chrsucht harten steine waren nicht fähig was
gutes abzumahlen. Lohexst. Arm. l, 904; wenn ich meinen
steinen etwas aufzuschütten habe, so mahle ic|j es ab. Les-
sing; das körn ist ganz abgemahlen.
ABMAHLEN, pingere, imitari, nnl. afmalen: ein thicr, eine
landschaft abmahlen. hette in gott nicht so eben abmalen
lassen. Lltiieu 4, 43*; solchs hat er (gott) auch selbs in der
natur und seinen werken abgemalet. 6, 48* ; gleichwie im evan-
gelio abgemalet ist an dem reichen man. 6, 47*; also malet
er auch das ganze predigainpt in disem gesiebte ab. Matiie-
sius 76';
also ich hie nu schlecht abmahl. Weckiierlin 364;
des pöbeis lust blüht, wenn ein Talsch geschrci
sich an die fürsten macht und sie aufs grimmst abraahlet.
A. Grvphius 1, 427 ;
dann wird die tvrannei durch stete schmach bezahlet,
mit ihrer rechten färb aufs leben abgemahlci.
Opitz 3,309;
wird jemand abgemablt, geschieht es ohngefehr,
es ist niemand genennt. Logau 3,214;
wie mahlen wir uns denn den tod so scheusziich abe.
Fleming 128.
in den aus Luther angeführten stellen nähert sich abmahlen
einem bloszen darstellen, vorstellen und beschreiben, so sagt er
auch: gott sol ir warten und alsbald bereit sein und nicht
anders helfen, denn wie sie es abgemalet haben. 1.41*. dies
abmahlen hängt aber mit der Vorstellung des zeichnetis und
abgrenzens zusammen, wie gesagt wird der wald, der flusz
sind abgemablt, durch mahlsteine bezeichnet worden, vgl. inalil
und mahlen.
ABMAHNEN, dehortari, nnl. afmanen, gegensalz von ermah-
nen, die leulc von der abgötlerei abmalinen. pers. rosenth.
7, 20; ein weiser mann wollte seinen söhn von der füllcrci
und freszhaftigkcit abmahnen, das. 3, 10 ;
er ritte noch, woforn ihn Has))iut'iio,
die keinen fusz mehr fühli, nnlit abgemahnet hätte.
WlKLAND 17,20;
die jfiemiaden, mit denen uns Geliert in seinem prartinuii
von der poesic abzuniahiieii pllegte. Götiie 25, 65.
ABMARKEN, determinarr, limitare, die grenze abstecken, die
flur ist abgemarkt und versteiiif. s. mark.
AÜMARKLNG, f. limilatio, abgrenzttng des feldes, ackers.
w*
77
ABMARKTEN — ABMELDEN
ABMELKEN — ABMEDEN
78
ABMARKTEN, mercari, abhandeln, abdingen :
mir meine schände zu verkaiiTen! mir
den Trieden abzumarkten, weil tlu schnize
zu bieten hast.' Görnc 7, 163;
einmal ist wenigstens einmal, und daran läszt sich nichts ab-
markten. Hebel schatzk. S7.
ADMARSCH, ni. profectio, der abzug des heers, der Solda-
ten, zum abmarsch blasen, den abmarsch nehmen, aufschie-
ben, der abmarsch unserer Jäger nach Tirol war traurig und
bedenklich. Güthe 32, 42.
ABMARSCHIEREN, proficisci, abziehen, das regiment ist
heute abmarschiert.
ABMARTERN, äticiare, nnl. aimartelen, abquälen, du mar-
terst mein herz grausam ab; ein thier, den leib abmartern;
sich sein leben langsam abmartern lassen. Kli>ger 12, ISl.
ARMARTERUNG, f. abmarterung des leibes. Simplic. 1, 70.
ABMASZ, n. mensura, ein genommnes masz. abmasze
nehmen.
ABMATTE.N, langiiefacerc, nnl. afmatten, ton kräflcn bringen.
tiel stärkern feind wir abmatten und erlegen. KincniiOF mtl.
diso. 15S; warumb mattestu dich denn mit so starkem und
greulichem rufen ab ? pers. rosenth. 4, 14 ; dasz sie weder tag
noch nacht ruhe hatten und sich daibei abmatteten, das. 7,
20; dies alles hat mich abgematleL Klopst. 9,144;
umson-:! versucht ich diesen troiz£rcn muth
in dieser Zeilen wollust abzumalten. Schiller 2fi5.
das gold abmatten heiszt in der melallarbeit es mall und glanz-
los dar sl eilen.
ABMAUERN, »juro cingere, nnl. afmuren, einen garten ab-
mauern.
ABMAl'SZEN, mutare, abwechseln, rertauschen: dasz sowol
bau- als brcnnholz nicht hin und wieder, sondern ein theil
■nach dem andern abgegeben und abgemauszet werde, so kan
das junge holz desto besser wachsen. HoHnERG 1, 13S'. gilt
zumal rom Kecbscln und mauszen {nicht mausen) der federn:
weil sonst die Zugvögel mit abgemausztcn und abgenfitzten
federn zurückkämen. J. Paul paling. 2, 54.
ABMEHREN, in der Schweiz durch mehrheit vencerfen, ab-
schaffen, Kie ernichren durch mehrheil anordnen : auszer dasz
in wenigen fallen alle drei rotten eine geldbusze abmehren
mochten. Jou. Müller gesch. der Schw. 2, 205. Stald. 2, 205.
ABMEIEN, was abmähen: die pecora campi, die das gras
mit dem gesesz abmeien. Fischart Garg. cap. 5 ;
die mit tlirnnen samcn streuen
werden trölich körn abmeien. Opitz 2, 15;
bisz mit der püsche zier den stammen auch das kleid,
der erden laub und gras durchaus ist ahgemeit.
ders. 1,41;
diebe, die der krieg gesäei, läszt der friede reichlich finden,
und der henker meit sie abc, wird in hanf die parben binden.
I.ocAü 2, 2, 100;
o recht vertrautes paar,
das thräncn ausgestreut,
nun lachen abgemeii. [Joffiaxnswaldad s. 192;
soll deine rose »ein im friihling abgcmeit? s. 30;
sind denn diese fruhlinffsro^en mirch das aller abgemeii? s. 85;
wer es (rosenbrechcn) verschiebt bisz auf die miltagszeit,
da nunmehr alle pracht von ihr ist abgemeii. s. 27.
die reife saat ist abgemeii. Brockks 7, 332. 352
und 7, 431 gemoit : feuchtigkeit. auch mhd. meigen ßr maejen,
man, und I.cther 3, 420" setzt grasmeider ßr grasmäher, Da-
SYPOüics mäiiing für foenisecium.
ARMEIERN, colonum demiltere, den bauer ron hof und gul
entfernen, tgl. Moser f. ph. 1, 145.
ARMEI.SZELN, cuneo abscindere, nnl. afmetselen, mit dem
meiszel abhauen: den ast vom bäum abmciszcin ; das ungleiche
von dem stein abmeiszeln. rgl. meiszel.
ARMEISZEN, caedcre, abhauen, goth. afmaitan, ahd. apa-
farmei^an, dies uralte trorl hat sich bei den fürstem einfach
erhalten: was aber windfällig und wipfeldürr, mag man zti
aller zeit {im tralde) wol abmeisznn. HonnERG 2, 570"; die
holzställe, wo das holz abgemciszct worden, das.; in den
Wäldern und abgemaiszten holzsiailrn. 2, 570'. dem part. ge-
bührte die starke form ahgcmeiszen, wie noch in Baiern holz
abmaiszen und das part. gemaiszen dauerte (Schmei.ler 2, 627).
rgl. mai<z. abmetzeln tind abschmatzen.
ARMELDEN, franz. coniremander, gegensatz ron anmelden :
den angemeldeten besuch abmelden, einen diensibotcn, der
früher gemeldet worden war, bei der obrigkeit abmelden;
sich abmelden, beurlauben von dem, welchem die meldmg ge-
schah.
ARMELKEN, penitus mulgere, nnl. afmelken.
ARMENSCHLICH, a homine alienus, stärker als nnmenscb-
lich, der menschennatur entgegen: derselbige golt hat solche
vielfaltige Icut von einem vater nicht lassen kommen und wi-
der die natur kein widerwertiges und abmenschliches geord-
net. Paracelscs ron der geberung, opp. 1516 1, 119".
ABMERGELN, macerare, nnl. afimergelen, bis aufs mark
entkräften, vom mark kommen lassen, man schrieb ahd. marag,
marg medulla, tind früher mag es ein abmargen, abinei-gen
neben dem frcqucntativ abraergeln gegeben haben; kattm ist
ans goth. maurgjan murcare, zu denken, nocJi tceniger an mcr-
gil argilla. Schütze holst, id. 1, 24 sich afmarachen, abstrapa-
zieren, auch in Meiszen sich abmarachen. inaclit seine feinde
also matt und mfide und mergelt sie abe. Luthers tiÄcAr. 427';
wenn sie denselbigen würden abgemergelt und so zugerichtet
haben, rfos. 44l'; die arbeiter, bevoraus die leibeigene knechte
wie das vieh abmärgelt. Kircuu. tcendunm. 53*;
an leib und see! bald abgemerglet. Weckherl. 245 ;
ich steige von dem thron und bitte, drückt nicht mehr
mein abgcraergelt volk, die strafe schmerzt zu sehr.
A. Grtphics 1, 560;
nnangesehen sie sich daran ziemlich abmergelte, abmühte.
Simplic. 2, 305 ; ob ich einen kürper langsam abmergelc oder
ihm sein blut auf einmal abzapfe. Wieland 7, 253 ; im ver-
gesleten und düiTcn boden von Rom uns abmergeln. Stol-
berg 7, 84 ; wo mein wilz ganz abgemergelt ist. J. Pacl /i7.
nachl. 4,149.
ABMERKEN, dispicere, von oder an ettcas still absehen : ich
merke es deinen äugen ab, dir an den äugen, an der micnc
oder gebärde ; er merkt ihm die handgriffe schon ab ; was
ist man nicht hinter dem knaben her, dem man einen fun-
ken eitelkeit abmerkt. Götde 16,202; sie merkte, wie sonst,
Wilhelmen seine grundsätze ab. 19, 237 ; seine geliebte sucht
ihm abzumerken was er wünscht. 19, 2S7. mit blossem acc.
im Teuerdank 43, 27
nicht lang darnach es sich begab,
das Unfalo ward merken ab
ein künftiges wetier ffinvar.
ARMESSEN, dimetiri, nnl. afmeten, mit, nach ettcas pwiat«
ermessen, sinnlich, den acker, das feld mit ruthe, schnür,
schritten, schuhen abmessen ; ein abgemessener kainpfraum ;
das tuch mit der eile, die verse an den fingern abmessen ;
mit stolzen, abgemessenen schritten auftreten; die ankunfl
der herschaflen, welche, wie abgemessen, von beiden seilen
in den schloszhof hineinfuliren. Göthe 17, lOS. Saturn ein
viel schwerer abzumessender planet. Kaxt 8, 305. Figi'irlich,
seine rede, worte, handlungen abmessen, abicägen ; abgemes-
sene erklärungen, depnitionen. Kant C, 14 ;
was golt recht rechnet aus, was gott wol misset abe
steht nie so recht und wol, dasz ladet nichts dran habe.
LoGAD 1, 9, 34:
der mond, eine glänzende Scheibe, die unsre zeit abmiszt.
Wieland 1, 132; uns unter einander zu dulden und zu ver-
tragen, wenn auch nicht ein jeder die handlungen abmiszt
Göthe 40, 2S6 ;
diesen schönen gang betrachte,
diesen abgemesznen wandel. PLATt.<< 159.
ARMESSl'NG, f. dimensio. abmessung des rauins, derzeit:
der ratim hat drei abmessungen. Kant 2, 239 ; die abmessung
der Wörter und verse. Opitz poeterei ;>. 4; schon Homer hat
es empfunden imd angedeutet, dasz es ein erhabenes an-
sehn gibt, welches blosz aus diesem zusalze von grösze in
den abmessungen der füsze und schenke! entspringet. Les-
SINC fi, 507.
ARMETZELN, mulilare, abschneiden, nnl. afinelselen: den
köpf abmetzeln, niedermetzeln, vgl. abmciszen.
ARMETZEN, bei den tntUlem, die ßr das mahllohH getetUe
metze rf(jron nehmeti.
AR.MIETIIE.N, conducere, ron einem :i/rmiethe nehmen, mit dem
dat. der person. einem ein pferd, haus abmiethen ; wir haben
einem pachter das alle sihlosz a!>geiiii -thct. Götbe 20, 225.
ABMILDEN, miligare, mildem, mäszigen:
jugendschriit an freundes bnist
wechselseilig abi:emildei. Göthi 3, 131.
79
ABMILDERN — ABNARBEN
ABNARREN —ABNEHMEN
80
ABMILDERN, wie das vorige, begriffe abmildem, moderieren.
ABMISTEN, fimum exportare, austnislen. den hof abmisten,
das vieli abmisten.
ABMODELN, modulari, nach etwas modeln.
ABMOSEN, musco purgare, von mose reinigen, die bäume
abmosen.
ABMÜDEN, faligare, müde machen, anstrengen: die knecbte,
die rosse abmüden, zumal sich abmüden : o dasz ich werden
dürfte, wie dieser tagelöhner einer! o ich wollte mich abmü-
den, dasz mir das biut von den schlafen rollte. SciiiiLEn 125 ;
die abmüdende bewegung des tages hatte ihm die siiszeste
nachtruhe verdient. Göthe 21, 149 ; wie der herr sich des tags
auf der canzlei, in der stadt, auf dem lande in geschäften
abmttdet, so findet er abends ein leeres haus. 23, 144; die
menschen, die sich ohne grundsätze in der crfahrung abmü-
den. 3C, 2t9 ; eines Irrgartens in dessen krümmungen sich so
viele Spaziergänger abmüden. 36, 21S ; jede blosz empirische
liandlung müdet sich ab in dem weiten umfang. 55, 197 ; alles
was wir treiben und fhun ist ein abmüden. 49, 72.
ABMÜHEN, lassare, stark bemilhen, ermüden :
nun fieng sichs herrchen an zu scliämen,
umsonst so sehr sich abzumülin. Kükger 1, 149.
ABMÜRZELN, miüUare, schwer abschneiden, den knochen
mit stumpfer, klinge abmurzeln, absäbeln, s. abmulzen.
ABMÜSZIGEN, vacuefaccre, von etwas auf kurze zeit frei,
los, müszig machen : ich darf ihn nicht von der arbeit ab-
müszigen ; wenn ihr noch einen augenblick von euern geschäf-
ten abmüszigen (abstehlen) könnt. Tiück 3,36; gewöhnlich nur
als rcciprocum, sich abmüszigen: du kannst dich wol einen
augenblick von dem schreiben abmüszigen , des Schreibens
müszig gehn; könnten sie sich so viel von ihrer denkart auf
einen augenblick abmüszigen. Hippel lebcnsl. 4,3i2;
da selten ich
von meinem tage])ucli micli abgemüs^igl.
I'LATEJi 201;
alle abzumüszigenden tage und stunden in freier luft zubrin-
gen. GöTUE 25, 344. Die kanzlcisprache verwendet es auch für
abnölhigcn, abdringen: einem eine erkläi'ung abmüszigen,
gleichsam ihm dazu musze machen; in solchem sinne Pla-
TEM 275 :
zur seile der lady die börse
auf dem naclittisch liegt, die könnt ich ja wol
ganz ohne gefalir abmüszigen ihr,
7vie man auch sagt abnüthigen, wegnehmen.
ABMUTZEN, mulilare, abhauen, abstumpfen, wie es scheint mit
ausgestosznem r für abmurzen, s. abmurzeln und abwürzen.
das hindcrtheil war abgestutzt,
gleich wie die gans kurz abgemutzt.
ganskönig F6";
bäume abmutzen, stutzen, ein thier abmutzen, ihm den
schwänz stumpfen: abgemutzt detruncatus. SriEi-Ea 1316.
ABNAGEN, derodere, mhd. abe genagen. Bari. 119,26; tuon
im sein herz abnagen, fastn. sp. 159, 5, nnl. afknagen, nagend
ablösen, die maus nagt das holz ab ; der hund nagt das fleisch
vom bein ab, nagt das bein ab ; sicli die nägel von den fingern
abnagen, der kummer nagt ihr das herz ab ; so sitzest du
da und nagst dein herze ab. Tieck 2, 122 ; sich das leben ab-
nagen. Ki.inceh 1, 433.
ABNÄHEN, consuere, nnl. afnaaijen, benähen, steppen : die
ei-mel belegt und abgenäet mit baumwolle. FnANK weltb. 206";
einen rock abnähen, felder abnähen, so dasz die untergelegte
tcolle sich nicht verrücke, eine blume abnähen, sticken, eine
«chuld abnähen, durch nähen abverdienen.
ABNÄHER, m. den schneidern, eingenähte, weggcnähle falle:
einen abnäher machen.
ABNAHME, f. defectus, nach den verschiednen bedeulungen
des Wortes abnehmen, sinnlich das herab, herunternehmen : die
abnähme vom kreuz, des bildes von der wand, des liutes vom
köpf, des hartes vom kinn, des tuchcs vom tisch, figürlich
die abnähme des eides von dem schwörenden, der rcchnung
von dem der sie stellt, der kaufmann hat keine abnähme,
keinen absalz. Fo/t dem intransitiven abnehmen bildet sieh
abnähme defectus: abnähme des mondes, liciits, tages, des
Wassers im meer; der kraft, der sinne, des gcdächtnisses, der
;iugcn, der machl, des reichs. auch abnähme an krafi, an
lugend, an fleisz. der gebrauch ist in al)nahme, verfall.
ABNARBEN, depilarc, bei Icdcrarbeitern, die oherßärhc des
felis, die haare davon abstoszen. in der landwirtschaß, die
beide abnarben, abmähen; den mist von der beide abnarbcn.
Moser p. ph. 1, 345.
ABNARREN, fallcrc, abbetriegen : bedacht, wie sie andern
nationcn ihr geld abnarrcn könne. Weise kl. Icute 108.
ABNASCHEN, praen/jerc delicatiora, den rahm von der milch
abnaschen, die rosincn vom kuchen.
ABNEHMEN, auferre, tollere, nnl. afnemen, sinnlich: die
äpfel, fruchte vom bäum, den hut vom köpf, mantel von der
Schulter, den rahm von der milch, das kind von der brüst
oder dem arm, den dich vom galgen abnehmen, mit persön-
lichem dativ : einem mantel, hut und stock abnehmen, das
geld, die last und bürde abnehmen ; mit bloszem acc. die
milch abnehmen, den rahm abnehmen, den hart abnehmen.
früher galt abnehmen vom abschlachten oder abthun der thiere :
ein hopt (vihes) abnemen. wcisth. 1, 313 ; so si ein ochsen,
kalb oder vogel abnemen wollen. Frank weltb. 15l' ; wöllicher
wüU ein wochen gut leben, der neni ein saw ab, so hat er
kotncisch und auch würst zu essen, i. Pauli 39 ; es fügt sich,
das er ein färlin het abgcnomen. das. 44; si sullent ouch
kein unzitige; vihe niht abnemen. Meraner stadtr. bei Haupt
6, 417; gemeint ist Wol ein nehmen von dem leben, von der
kellte, wie bei abstechen und abschneiden, die ebenso verwandt
werden. Oß kann der acc. wegbleiben, wenn er leicht zu rcr-
stelin ist, z. b. abnehmen heiszt für sich schon den tisch, die
teller abnehmen : nehmt ab, ich esse nichts mehr. Lenz 1,
2G9 ; oder unter spielenden, einen theil der karten abnehmen ;
nicht anders abnehmen schlachten, ohne bcifügung des thiers;
abnehmen im deutschen recht meint die schwörenden finger
von den reliquien, auf die sie gelegt waren, nehmen, richtst.
lehiir. 12,4; abnehmen beim stricken, die maschen vermindern,
dreimal abnehmen, auf der dritten nndel abnehmen. Figürlich
ist abnehmen von, aus, an, bei den worlen, von der sache,
so viel als vernehmen, entnehmen, deducere, intelligere: da-
bei ist abzunehmen, was für liccht in der archa gewesen sei.
Luther. 4, 47'; dabei sollen sie ic abgenomen und gemerkt
haben. 8,200'; meinen viiieicht es sei in nit ernst, oder ne-
men ir leichtfertig herz darbei ab. Frank weltb. 105* ; daran
als mengklich wol abzenemen hat. rcichsabsch. v. 1501. §. 3 ;
dann merkt und nimmt man ab, dasz eure fablerei
ein Widerhall, vielleicht noch woniger was sei.
LoGAü 2, 70;
so nehmet selber ab. Wieland 4, 222; hast du das von dir
abgenommen? Götue 8, 235; die regel aus der analogic ab-
nehmen. Kant 8, 321. feiner bedeutet ein bild abnehim-n es
nachahmen oder zur nachahinung stellen : dasz ich euer kon-
terfei abnehme, ehe ihr von hier reiset. Tieck Sternb. 1, 213 ;
davon ihr euch ein bild abnemen, entnehmen mögt, was aber
bedeutet es in folgender stelle: sollte es nit gut sin, so ich
arm bin, dasz der rieh sin gab mir geh, oder so ich ein Sün-
der bin, dasz mich der gclert abnemc? Zwingli 1, 216, wol
absolvat ? vgl. die buog abnemen. fasln, sp. 309, 8. Gleich der
schweren bürde wird anderes abgenommen : ich will dir die ar-
beit und mühe, ich kann dir den weg abnehmen, ich musz^
auch dabin ; die bürde der jungferschaft aljnchmen :
diebstal kan man wiedergeben, abgeiiummcn jungfersohan
kan man also wiedergeben wie dem todten seme krafl.
LocAU 2, 238, 176.
Was abgenommen ist, fehlt und gebricht, aus dem transitiven
entfaltet sich leicht ein intransitives abnehmen, deßcerc, minui.
das kind, der tag, das licht nimmt ab, der inond steht im
abnehmenden viertel; geld, reichthum, kraft, gedächtnis neh-
men ab ; die krankheit nimmt ab ;
bist du der liolio sinn, der vorher mehr und mehr
nach rühm und tugend stieg? wie hast du abgenommen!
A. Grvpiiius 1,523;
wie hat doch deine kntt so gar bald abgenommen?
FlKMIKU 12.
diesem abnehmen steht zunehmen, wie dem transitiven abncli-
inen zusetzen, zufügen entgegen.
ABNEHMEN, n. der substantivisch gesetzte infmitir, in allen
bedeulungen, und gleichviel mit abnähme, hauptsächlich aber
in der neutralen des Schwindens und gebierhens. das alinenien
iiviszl bei Ai.herus tubes, Schwindsucht, die feul im leib, und
das Volk in der Wellerau sagt dafür heute das abuomnie, gleich-
sam das abgenommcnhaben. häufige redcnsarten : in almehmen
kommen oder geralhen, in abuehinen sein, als keine sein pfarr
in abnemen an gelt. Luther 3, 410 ; in merklich abnehmen
81
ABNEHMER — ABNUTZEiN
ABNUTZEN — ABPFETZEN
82
kommen, ordn. des reichs ron 1512 anfangs; dies geschlechf,
dies haus geräth in sichtbares abnehmen ; der winder in dem
abnemmen was. KincnuoF mil. disc 191; die Viehzucht ist
auch gar ins abnehmen geralhen. Weise erzn. 94.
ABNEHMER, m. jeder abnehmende, in transitiver bedeulung,
ahd. abanemari, .\. ps. 13, 3 ton Christus : der abanemari ist
dero arbeite, der den mühseligen und beladenen die arbeit
abnimmt, wird zumal bei kaufleulen und handwerkern von de-
nen gesagt, die ihnen ihre waare abnehmen : dies tuch findet
viele abnehmer, gute waare hat leicht abnehmen abnehmer
im deutschen recM bezeichnete den für einen andern eidlich
eintretenden, die Verbindlichkeit von ihm abnehmenden, ihn ent-
lastenden.
äBNEHMIG, deficiens, schwach, im abnehmen begriffen: ein
solcher junger cörper ist gleich so wol presthaflig und abnem-
mig an der nalur als der alt. P.\racelscs opp. 1, SSO'.
ABNEHMLICH, deficiens, abnehmend, schwindend: sintemal
dieselbige [geddchlnis) für sich selbst schwach und abnemlich.
Kirchhof disc. mil. vorr.
ABNEHMUNG, f., susceptio: abnemung seiner Sünden.
Frets garteng. 97. früher auch abschlachlung der opfer: si
(die druiden) weissagtend künftige ding und namend ir ge-
merk aus den loszungen, vogelgesang und abnemungen der
menschen und thier. Stumpf 1, 103*.
ABNEIGEN, deßectere, declinare. äuge, ohr, herz von einem
abneigen;
wan die sonn ihren schein von uns abnaiget.
WsCEUERLI.f 207;
ob der blutnen ehr, die res,
so euch eure Tarb gezaiget,
da sie beut der thau aufscblosz
ihren pracht noch nicht abnaiget. das. 391 ;
lasz mich nichts davon abnaigen. das. 203;
sich abneigen: alsbald sich Adam von gott wider abneiget
und sich in sein nicht begab. Frank 3, 130; die fahne neigt
sich vom thurm ab, der leser vom buche, s. abgeneigt.
ABNEIGUNG, f. sinnlich das herabneigen, dann aber der
gegensatz von Zuneigung, aversio, schwächer als Widerwille und
hasz. Agathon entschuldigte sich mit seiner abneigung vor
dem geschäftigen leben. Wielasd 3, 39 ; abneigung gegen das
kloster. Gotter 3, 35.
ABNIESZEL.N, bergmännisch ßr abnutzen: die bergeisen
abnieszeln.
ABNIESZEN, uti, frui, davon genieszen : dasz ich dem do-
sier mit pferden niemer abgenossen hab, dann ein \iertel ha-
bem. urk. von 1461 bei H.vlt.^ds ; zu einem rechten, redlichen,
werenden pfand ane alles abnieszen. ebenda.
ABNIETEN, solrere clavum, das angenietete lösen.
ABNOLKE.N, abnulken, sorbillare. Stieler 1184. s. noiken,
nutschein.
ABNÖTHIGEN, vi auferre, gebildet ton nöthig, irtc abmü-
szigen von müszig, das ahd. nötac bedeutete aber violentus
und in diesem sinn ist abnöthigen mit gewalt abfordern, ab-
nehmen: einem das gcld abnöthigen, den befehl abnOthigen ;
ich wundere mich, dasz der heutige tag dir einige unruhe ab-
nülhigt ; ein entschlusz der mir stille thränen ahnöthigte, ab-
zwang; in freventlicher, recht abgenöthigter weise. Felsenb.
2, 398 ; lobspriiche abnöthigen. Gellert 4, 87. Hingegen ist
einen abnöthigen einen in noth bringen, quälen und sich ab-
nöthigen sich abmühen : Simpiicius wolte die wirthin sich nicht
mehr so abnöthigen lassen. Simplic. 2, 305.
ABNLTSCHELN, exsugere: das füllen hat das pferd ganz
abgenutsclicit. Stieler 1184. 5. abnolken.
ABNUTSCHEN, dasselbe.
ABNUTZEN, usu consumere, welchem ein ahd. nuzan nnzta,
mhd. nützen nuztc unterliegt, Opitz reimt das ü auf ie :
die namen, so anietzi (nicht anjeiii)
auf bloszen steinen stehn, und sind fast abgenützt
durch rosi der stillen zeit. 1, 130 (Zlatna 83);
ein trinkgcschirr, das noch nicht abpenützt.
Hagedor.'« 2, 101 ;
den stein nüUen endlich die tropfen ab; sein gcist bat sich
abgenützt.
ABNUTZEN , gleicher bedeulung, aber xuriekgehend auf ein
ahd. nuzüi), mhd. nutzen, und im praet. nunmehr schwer su
unterscheiden von nützen, welches noch rückumlauten könnte
in nuUle. viele sprechen und schreiben: die kleider abnutzen ;
abgenutzte geschichlchen. Gotter 3, U; nutzten ihre nerven
in zügellosen genüssen ab. Kuscer 10, 214 ; ich wollte einem
abgenutzten herzen mehr vertrauen eingehaucht haben. Klix-
ger 2, 214; weil dufte, ungleich den abgenutzten merkmalen
des auges und obres, seltener kommen. J. Paul Ftt. 1, 31.
Wer auf Scheidung beider formen ausgeht, müsle abnützen ent-
schieden transitiv brauchen, in abnutzen noch etwas intransi-
tives walten lassen, z. b. sagen das kleid nutzt ab, consumitur.
ABNUTZEN, m. ustisfrudtis, nieszbrauch: seiner witwe den
abnutzen des ganzen Vermögens auf lebenslang vermachen.
HöPFXERS commentar ISIS s. 276.
ABNUTZER, m. im gerichtsgebrauch, der usufructuar.
ABNUTZUNG, f. nieszbrauch: wegen der abnutzung des
gutes. ScnwEixicHES 3, 16 ;
wir geben dir ein thell vom land,
die abnutzung wöll wir dir geben,
dasz du und dein gemabi knnst leben.
Atber 176*.
auch ßr absumtio, consumlio, die abnutzung aller kräfte, der
kleider. und hier wird kaum gesagt abnutzung.
ABÜDEN, im forstwesen, den wald aböden, aushauen, de-
vastare silvam. der bezug von öde auf den wald ist alther-
gebracht, vgl. waldöde, altn. eydimöik, eydiskogr und Oden-
wald, ahd. Odonowald.
ABORDNEN, ablegare, absenden, einen boten, bevollmäch-
tigten abordnen, ein abgeordneter, mit vollmacht entsandter,
aber auch gegensatz von anordnen, abbestellen: ein fest ab-
ordnen, auszer gebrauch stellen.
ABORDNUNG, f entscndung oder abscJiaffung. in eignem
sinn ßr abweichung von der natur, unregelmäszigkeit : also
auch mit dem puls, sagen viel den tod in der Wassersucht
an, das soll sich niemands bekümmern lassen als allein der
unweise, die engstigung der natur gibt des puls abordnung
an, nicht der tod. ParaceijScs 1, 552'.
ABORGELN, organo cantare, von der orgel abspielen: ein
lied aborgeln; der predigcr orgelt seine rede ab.
ABOllT, m. latrina, der abgelegne ort, abtritt, heimliches
gemach.
ABÖRTERN, angulare, bei tischlern, das abgehobelte holz
winkelrecht absägen, von dem alten ort, winket, ecke.
ABPAAREN, binos ordinäre, paarweise reihen, ordnen, sich
abpaaren, zu paaren abgehn, etigl. to pair off, sich aus dem
sal entfernen, um nicht mit abzustimmen.
ABPACHTEN , condueere, ron einem pachtweise erlangen.
einem das gut, die mühle, dem landesherm die zöUe ab-
pachten.
ABPACKEN, esonerare, abladen: das pferd, den wagen,
karm ; wieder abpacken. Lessixg 1, 317.
ABPASCHEN, talis vincere, mit den würfeln abwerfen:
euch abzupaschen, armer schächer,
ist mir nur spasz. Kl. Schmidt.
ABPASSEN, quadrare, mit dem zirkel abmessen und dann
genau abwarten, absehn:
ach hätte nur Sejan den vortheil abgepaszt. CAxrrz;
weil es der bimroel dahin abgepasset und abgemessen. Felsenb.
4, 260 ; passe es ab, wenn der könig vorbeireitet ; da ich schon
abgepaszt habe, wo es in Rom hinaus will. Gütue 27, 248;
wenn wir ein paarmal in unserm leben die gelegenheit abge-
paszt und den gipfel erreicht haben. 28,195;
er spricbts^und schweigt und steht gelassen
des Sultans antwort abzupassen. Wiela.'Vo.
ABPEITSCHEN, flagro separare, mit der peitsche absondern :
der kutscher hat laub, äste abgepciucht. dann durdipeiUchen,
wacker abpeitscben.
ABPELLEN, follem auferre, abschälen, niederdeutsch, nnl.
afpellcn : die grünen nüsse, die gesottenen kartoffeln abpel-
len, franz. pcler, engl. pcel.
.\BPELZEN, coriiim pcrculere, bei den gerbem, ein feil durch-
klopfen, was sonst abbamsen. dann ßr durchprügeln.
AßPF.\HLEN, palis distinguere. mit pfählen abscheiden : das
feld. die grenze, den Weinberg abpfählen.
ABPFÄNDEN, pignus auferre, von einem tu pfände nehmen :
den hut, das pferd abpfanden.
ABPFEIFEN, fistulare, er pfif es von dem laubo, von dem
munde ab.
ABPFEILEN,, tclum emiUert, den pfcil abschieszen findet
sich fiiobe 1688. 4. s. 86.
ABPFETZEN, defHngere, herab pfrtien, abknripen,
0
83
ABPFLÜCKEN— ABPRANGEN
ABPRASSELN — ABRACADABRA
84
AB PFLÖCKEN, palis signare, mit pflücken zeichnen, abgren-
zen. Mose bekompt befelb, das er die grenze seiner pfarr
umb den berg Sinai mit sicbtigen gemerken umb und ab
pflöcken soll. Mathesius 135"; einen platz zur bleicbe ab-
pflücken, aber auch abpflöcken, von den pflöcken lösen: die
leinwand abpflocken.
ABPFLÜCKEN, decerpere, mil den fingern, zumeist dem daii-
men und Zeigefinger abbrechen, abrupfen, abzwicken, nnl. af-
plukken, engl, pluck ofl". es pflegen die Weibspersonen die
blümlein abzuplicken, besprengen sie mit wein und brennen
ein wasser daraus. Tabernaemom. kräulerb. 702; abgepflückte
lavendelbliite. Hohberg 1, 246'; das herz, das man mit wei-
chen bekleideten bänden und nicht mit rohen grifl'en abpflückt.
J. Paul Hesp. 3, 227 ; einen eines abpflücken :
die wiese, die ihr fusz gedrückt,
wird ihrer hlumen abgepQückt. Platen 3.
ein huhn abpflücken, rupfen, der raubvogel pflückt das huhn
ab, zehrt es rupfend auf.
ABPFLÜGEN, arando auferre, herunter pflügen, von dem
bäume die wurzeln, vom acker den rand, die furche abpflü-
gen. er hat seinem nachbar abgepflügt und wandert nun um.
ABPICKEN, rostro frangere, der vogel pickt die beeren ab.
im bogbau, die abgedörrten kienslücke behauen.
ABPINNEN s. abfmnen.
ABPLACKEN, abmühen, s. placken.
ABPLAGEN, dcfaligarc, abmühen, schwächer ah das vorige
wort, die kinder plagen ihn ab, plagen ihm das gcschenk
ab ; sich abplagen : da bedarf es keiner Wiederholung, keiner
neuen anslrengung, keines frischen gelingcns, woran sich der
musiker immer abplagt. Göthe 22, 163.
ABPLAGGEN, in Westfalen, den rasen abstechen.
ABPLANSCHEN, s. abklatschen.
ABPLATTEN, planare, abebenen, die häuser waren abge-
plattet. Platen 335; sich abplatten, platt werden: die kugel
plattete sich ab.
ABPLÄTTEN, polire, fertig plätten: die wasche, ein hemd
abplätten; bei goldarbeitern, den drath abplätten.
ABPLATTUNG, f die abplattung der erde; die sphäroLdi-
sche abplattung der himmelskörper. Kant 8, 242.
ABPLATZEN, explodere, losplatzen, loskrachen: das gcwehr
platzt ab, die leiste ist von der thür abgeplatzt.
ABPLÄTZEN, im forslwesen, verkaufte bäume mil dem wald-
hammer zeichnen, bei zimmerleuten den holzkauf vollziehen,
bei kupferschmieden so viel als ablöschen, s. platzen.
ABPLEHREN, widerlich herschreien.
ABPLÜNDEBN, despoliare, den plunder abnehmen, der Obst-
baum ist abgeplündert, bei täschnern, den bezug ablösen, einen
stuhl abplündern, s. plündern.
ABPOCHEN, lundendo defringere, losklopfen, tm bcrgwerk,
das erz mit dem hammer abpnchen; die schrote auf den
Scheiben abpochen, abbreiten, figürlich abdrohen: sie wollen
gott seine gnade abpochen. Luther 8, 52'; selbst die guten
werke sollen uns nicht abgepocht werden. Hamann 1, 120.
s. pochen.
ABPÖLEN, depilare, bei den gerbern, abhären, die haare
abstoszcn, franz. depiler, entlehnt aus dem nnl. afpeulen.
ABPOSTEN, forslmännisch, in posten oder summen abzählen.
ABPHÄGEN, cudcre, eine münze vom Stempel abprägen;
in jeder seiner äuszerungen ein vollendetes bild von sich
selbst abzuprägen. Schiller 1199.
ABPRALL, m. repercussio, das zurückfahren heftig ansto-
szender gegenstände: abprall des stumies, des wassers vom
mühlrad, den Serben omaja genannt und für heilkräßig er-
achtet.
ABPRALLEN, repercuti, von etwas zurückprallen, die kugel
prallt von der mauer, die axt von dem ast, das wasser von
den mühlrädcrn ab ;
dasz abpralle der wurr des leibdurchbohrenden crzes
Voss n. 4, 511 ;
doch selbst der schönsten |)feiIo prallen
.stumiir von mn- nb, wenn nicht verstand
den urm ihr fuhrt, den bogen spannt. Gotter 1,445.
ABPRANGEN, süperbe abire, stolz abgchn, ein schönes worl,
und sagen liesze sich : die sonne prangt ab, steigt stolzierend
den himmel hinab, geht prächtig unter;
Jahn lacht, und brongt stolz ab. Ayrkii 390*.
diese Schreibung ganz gemäsz dem vihd. brangcn, s. prangen.
ABPRASSELN, explodere, was abknattern, alle kanonea
prasselten auf einmal ab.
ABPREDIGEN, zu ende predigen, nnl. afpreken: in einem
so engen Zeitraum müste sich der ganze vierte theil von mir
umständlich abpredigen lassen, i. Paul teufelsp. 2, 56; sich
die hinge abpredigen.
AB PRELLEN, vibrare, abprallen machen.
ABPRESCHEN, constringere, gewaltsam jagen : ein pferd ab-
preschen, intrans. gewaltsam abgchn: da preschte es ab; es
preschte links ab. Tieck nov. 7, 115.
ABPRESSEN, vi exprimere, nnl. afpersen, abdrängen, ab-
drücken: einem geld, die beichte, das gesländnis abpressen:
vertrag, den man ihr durch drohungen abgepreszt. Schiller
840. bei den handwerkern verschiedentlich abpressen, in be-
zug auf ihr geschäft.
AB PRITSCHEN, verberare, abprügeln, s. pritschcn.
ABPROSSEN, decerpere, abknuspern, die knospen abbeiszen,
abfressen, welche ahd. proj gemmae hieszen (Graff 3, 369), wird
vom hirsch gesagt : item des hirsch(es) abpressen, wan er ge-
het und isset das holz, so beiszet er es ab gleicherweis als
were es mit einer glepschär (klippschere) abgeschnitten. Se-
BiTZ feldbau s. 574.
ABPROTZEN, franz. demontcr, an geschülz vovi protzwa-
gen heben, gcgensatz i-o« aufprotzen: das stück ist abgeprotzt,
demontiert.
ABPRÜGELN, diverberare, derb prügeln.
ABPUFFEN, excoriare, bei den Schindern, die haut des lodten
viehes abstoszcn, abdecken: dem aase das feil abpuffen, ein
gefallenes pferd abpuffen. dann derbe slösze und prügel ver-
setzen: ich darf ihm nichts sagen, gleich puft er mich ab.
Arnim 1, 30; während die beiden reisenden einander bis zu
gänzlicher erschöpfung abpuften (beim boxen). Arnim 2, 312.
s. puf und puffen.
ABPURZELN, decidere, hinabfallen, von der treppe, die treppe
abpurzeln: die ich, wie es mir schien, im raschen anapästi-
schen masz abpurzelte. Tieck 3, 7.
ABPUSTEN, deflare, abblasen, ist niederdeutsch, s. pusten.
ABPUTZ, wi. directura, beim bau.
ABPUTZEN, purgare, reinigen von unrath, beschneiden, pu-
tare, amputare: das licht abputzen, den verbrannten dacht
wegschneiden; den weinstock, die wurzeln des baums abpu-
tzen, beschneiden und säubern; den hart abputzen, abneh-
men: als wenn alles mit dem schärfsten messer wäre abge-
putzt worden, ehe eines weibcs 219; dann überhaupt abwi-
schen, ohne die Vorstellung des Schneidens: das gesiebt ab-
putzen, vom schweisz; die nasc abputzen: und glaubt ihr
dann, das putzte man alles so ab, wie ein bauer die nase
am ermel? ihr müszt ein gewissen haben. Göthe 57,211; die
Stiefel, die kleider abputzen ; die kutsche. Gellert 4, 179. bei
den maurern, abputzen, den angeworfnen kalk auseinander
streichen, einen wacker abputzen, ihm starken verweis geben.
s. putzen.
ABQUÄLEN, cruciare, abmartern:
drum liab ich auch zu weinen angefangen
und meinen geist mit fasten abgequält. Opitz;
aber ihr herz ward
abgequält von arbeit und schweisz hartringender mühsal.
Voss.
nun aber liatte ich mich schon jähre lang auf dem bisherigen
wege vergebens abgequält. Göthe 55, 298. einem durch bit-
ten etwas abquälen.
ABQUERLEN, abquirlen, abrühren, indenküchen: die suppe
mit einem ei abquerlen, was sonst heiszt abmachen, ein ei in,
die suppe rühren, schlagen, womit sie fertig wird.
ABQUETSCHEN, decutere, gewaltsam abdrücken, nnl. af-
kvvetsen: die wasserwogen müssen sich am ufer abquetschen
und zurückc wider laufen. Luthers tischr. 442*; den finger,
die zehe abquetschen ; er quetschte den orgeltasten den choral
ab. J. Paulwws. /0,9c 3, 126; um ein alinosen für ein geplünder-
tes dorf weichen herzen abzuquetschen, dcrs. friedenspr. 39.
ARQUICKEN, separare argcnio vivo, auf den berghütlen,
gold abquicken, mil quecksilber scheiden: wie man das sich-
tige gold ledig machet und darnach mit quecksilber abquicket.
Mathesius 41'.
ABQUIRRIG, abirrend? oder abkehrig? nur in folgender
stelle: damit nit schupfen 'swegs abqiiirrig meiner füsze trit.
Melissus ps. F3'.
ABRACADABRA, n. unverständliche beschwörungsformel : um
•^
85
ABRACKERN — ARRAUM
ABRÄUM — ARREDE
86
den sinn eines solchen abracadabra zu eniziffern. Güthe 45,
löS; der compendien, in welchen sich die newlonische lehre,
die doch anfangs wenigstens ein abracadabra war, zu unzu-
sammenhängenden trivialitalen verschlechtert. 60, 32.
ABRACKERN, decoriare, defatigare, abschinden, heßig ab-
mühen: man hatte sich aber auf dem Tertrackten ströme so
abgerackert. TiEct nov. 9, 100.
ABRÄDELN, rolula separare, mit einem räddien abscheiden,
bei den kuchenbeckern, den leig abrädeln.
ABRÄDERN, rota confringere, mit dem rade hinrichten : ein
missethäter wurde abgerädert.
ABIUFFELN, frequentativ des folgenden: biätter abrafifeln,
auflesen und sammeln. Tiecr 5, 511.
ABRAFFEN, abripere, tcegnehmen: die müller raffen von
vier Säcken oft ein viertel ab; das getraide vom felde abraf-
fen und sammeln.
ABRAFT, n., das abgeraße, in der mahle was an körn,
Schrot, mehl im laufe hängen blieb und die müller heimlich
wegraffen oder rapschen, daher auch raps genannt.
ABRAHMEN, crcmorem laclis auferre, den rahm von der
milch schöpfen, abrahmen: er rahmte mir den topf ab. Göthe
14, 29T. ßgüiiich das beste von einer sache oben abschöpfen
und hinnehmen.
ABRAINE.N, limitare, ein feld abrainen, abgrenzen.
ABRAITEN, conferre rationes, oberdeutsch abrechnen. Schnel-
ler 3. 154. fasln, sp. 4S8, 21.
ABRAITUNG, f abredmung: die unterlhanen sollen, bei
Übergabe eines guts, ihre Schuldenregister und abraitungen
fünveisen. Hohberg 1, 13. s. abreitung.
ABRÄNDERN, marginare, mit einem rand ausstatten: die
ducaten abrändern.
ABRANFTEN, crustam circumcidere, das brot abranflen, am
■ranß abschneiden.
ABRANZEN, discurrere, müde ranzen, sich abranzen.
ABRASCHELN, decidere, niederrascheln, mit leisem geräusch :
die bläuer rascheln
dürr ab ins tbal. Götue 10, 316.
ABRASEN, bei den jägem, was sonst abgrasen, abweiden.
ABRASPELN, delerere, einen ast, ein bret abraspeln,
scharfes erfassen, eilige Sättigung, auch nachher wiederholtes
abraspeln der gegenstände. Güthe 55, 31S.
ABKASPEN, s. abrispen.
ABRASSELN, crepitando abire, mit gerdusch abfahren: der
wagen rasselt aus dem thor ab; Säbelhiebe pfeifen durch die
luft, abrasselnd auf panzer und tartsche. Fr. Müller 1, 359.
ARRATHEN, dissuadere, ralhgebend von etwas abmahnen:
der graf rieth dem könig ab von dem krieg, der vater seinem
söhn von dem soldatcnleben. dann mit dem acc. den krieg,
das soldatcnleben abrathen, aiderralhen. zu der ersten fügung
kann man sich leicht einen ausgelassenen inf. denken und das
ab mit ihm verknüpfen : rieth dem könig abzulassen von dem
krieg; die andere verhält sich zur ersten, wie den hut abbla-
sen zu von dem hüte blasen, abrathen hiesz vordem auch
einem durch falschen rath abnehmen, abschwatzen, ablocken:
bis er iLorenz Jansen) endlich durch der Hochteutschen Offen-
herzigkeit, weil sie ein ding nicht lang heimlich halten kön-
nen und ihnen die käse gar leicht abzurathen sind, weise ge-
worden. Philasd. 2, 809 ; denn so verstand der fuchs dem
raben den käse abzurathen. Kant 2, 160 gebraucht abrathen,
in gutem sinn, für absehn, ablausdien, aberruthen: der naiur
ihre handgriffe abrathen und sie unverdeckt vor äugen legen.
ABRAL'BEN , diripere, von einem durch raub entfremden:
wie vil guts in abgeraubt, fastn. sp. ISO, 4 ;
sooder er hat ein mnntel do,
das ich im den nit mag abrauben.
B. Waldis Esop 2, 46. 6/. 109»;
abgeraubtes gut; alles obst von den bäumen abrauben.
ABRAL'CHEN, eraporare, abdampfen : als dann das wasser
darvon gesicgen oder abgeraucht {ist), so hastu gar ein eilen
Vitriol. Paracelsi opp. 1, 892'.
ABR.M'FEN, devellere, abrupfen: die wolle Ton dem feil
abraufen, daher raufwolle.
rauT dorh, raur doch nicht ab
die versengten haare. A. Gktph. 1, 175.
ABRAUM, m. locus vacuefaetus. bergmännisch, alles was
wegzuräumen ist, bevor man zu dem erz gelangt: aber berg-
leut müssen manchen schürf vergebens werfen und vil schecht
abteufen, ehe sie durch den abraum kommen. Mathesils 37';
darnach ein schwarzer stein, in dem das alauncrz ligt, wird
mit geding nach der ruten der abraum weg gearbeitet, als
dann wird das erz auch also verdingt und in grosze häufen
geführt. Thlbneisser magna alchymia 1, 69; abraum ist die
tammerde so über den gang lieget. Herttwigs bergbuch.
Forstmännisch, der abgeödete wald, die ausgerotteten wild und
vieh an der weide hindernden stamme. Flesungs deutscher jäger 1,
40 ; afterschlag oder abraum vom baumholz, das liegende ab-
holz des gefällten baums. überhaupt also sdiutt, der wegge-
räumt werden musz. Aus einer Freiburger urk. von 1432 bei
Haltacs p. 3 erhellt aber, dasz abraum auch den gang in die
Verbannung bedeutete: Hans Heseler, Ticze sin bruder und
Hans Heseler ir vettere haben gesworn, geret und gelobit . . .
einen aberüm zu tunde und zu wichen acht miie wegs unser
stad Friburg ; drückt das blosz ein räumen der Stadt aus ?
oder kann es den gang in die waldeinöde, den unwegsamen
wald meinen, wie sonst unser allerlhum das exil den wald-
gang nannte? fidchsldem gemahnt aber abraum nocA an das
unerklärte ahd. äiöimi bei ütfried (Graff 1, 463), weil in mehr
als einem wort, namentlich in abkosen und abwdsz, aberko-
sen und aberwitz das ab und aber dem alten ä begegnen ; von
dem engel wird gesagt: gisiunes ärömi er gab in da; itala
grab, er gab den leuten knappen räum zu blicken in das
leere grab; in then ärftmen bichumen heiszt beklagen in den
öden, engen räumen der grabhöle, und neben dem n. drümi
Idszl auch ein ahd. m. arilm sich denken, vgl. abschlag.
ABRÄUMEN, vacuefacerc, wegschaffen: die teller. schusseln,
tücher von dem tisch, die topfe, kessel von dem herd, die
bücher, kleider von der bank, dann den tisch, herd, die bank
abräumen ; das arbeitszeug abräumen ; es ward abgeräumt
(nach dem abendessen). Göthe 23, 73 ;
räumt ab das wcisze luch mit dem gestückten rand.
A. Grtphids 1, 436.
forstmännisch, abräumen, das holz ausrotten, aussloeken, ab'
öden ; bergmännisch, den gang abräumen, die darüber liegende
dammerde fortschaffen, die Steinbruch abräumen. Jag. Aveer
121". der himmel ist ganz abgeräumt, wolkenleer, wie der ab-
geräumte tisch leer von speisen.
ABRAUPE."^, erueas colligere, die raupen ablesen, den bäum
abraupen.
ABRECHEN, rasiro auferre, mit dem redien abnehmen : die
ähren von der tenne abrechen.
ABBECHLICHT, n. purgamentum rastro collectum, das zu-
sammengerechte von ähren und halmen. s. abrieb.
ABRECHNEN, deducere, von etwas abziehen: ein thaler
musz abgerechnet werden; es ist abzurechnen, nicht in an-
schlag zu bringen, häußg steht auch abgerechnet, unabgerecb-
net, wie ausgenommen u. a. m. absolut und als adv. : diesen
fehler abgerechnet führt er ein tugendhaftes leben, mit einem
abrechnen, zusammenrechnen, die rechnung sdilicszen.
ABRECHNTiSG, f in abrechnung bringen, abziehen; auf
abrechnung geben, abschläglich.
ABRECHTE, /". pars obliqua, bei tuchbereitem die linke seile
des tuchs. nicht aus ab und recht zu deuten, sondern gleich-
viel mit abichte. s. äbich.
ABRECHTEN, litigando auferre, abprocessieren: einer be-
schwerte sich, dasz dieser ihm sein erhgut abgerechtet hätte.
Lohenst. Arm. 1, 62.
ABRECHTIGEN, was abrechten : er gieng, seitdem er sei-
nem vater die bninnenmatle abgerechtiget hatte, nicht mehr
gern in sein haus. Pestalozzi L. und G. 1, 76.
ABRECKEN, extendere, auf den bleehhämmem, das eisen iit
blech ausdehnen.
ABREDE, f ein ahd. und mhd., auch bei unsem nachbam
fehlendes wort, dessen sich Lctuer noch nicht (doch des adj.
abredig) bedient, und das in zwein, ganz abweichenden bedeu-
tungen erst nachher um sich grif, He.msch stellt es nicht auf,
aber Stieler. abrede ist nun einmal deliberatio, beredung,
Vereinbarung, mehr die erste und vorläufige, als ein förmlicher
vertrag, und so gebraucht es Rihel (159S) im Livius2i; soitu
nach der ersten abrede bezalt werden. Kirchmof wendunm
(zuerst 1565) ItS"; so war die abrede zwischen uns, sie con-
stitutum erat.- Stieler; ha frau, das ist wider die abrede.
Lessimc ; vermöge einer vorher genommenen abrede. Wiei am>
3, 30; die sache sah einer abrede zu ähnlich, um für einen
Zufall gehalten zu werden. 3,293; wenn alle leute die abrede
mit einander genommen hr.lien. 7, 94; jene augenblicke, in
6*
$7
ABREDE — ABREGELN
ABREGNEN— ABREISZEN
88
denen sie beide durch das zarteste gefüiil gedrungen eine ab-
rede auf ihr künftiges leben genommen hatten. Göthe 15, 204 ;
er tadelte Charlotten und den hauptmann, dasz sie bei dem
geschäft gegen die erste abrede handelten, und doch hatte er
in die zweite abrede gewilligt. 17, 145 ; der kutseher ist ein
gescheidter kerl, mit dem man noch abrede nehmen musz.
20,32; seid ihr unsrer abrede noch eingedenk? Tieck 4, 39C.
Früher mag abrede gegolten haben für inßciatio, das abgehen
von der rede, für leugnen und nicht geständig sein, denn schon
Hdco von Trimrerg setzt abrede im Renn. 12207. 20011 im
sinne des heutigen ausrede, ausflucht, was nahe an leugnung
grenzt :
sprachen, sie köndten folgen nit,
und jeder sein abrede sucht
und solches zugs eine ausflucht.
D. Waldis Esopiis 3, 11. hl. 143»;
zumal üblich für die redensarten in abrede sein, in abrede
stellen, ziehen d. h. leugnen, gern in verneinendem salz, doch
auch in positivem zulässig: der vergleichung mit dem kind
und der sauw bin ich aucii nit in abred. Kirchhof wendunm.
264' ; ich kan es (ejus) nicht in abrede sein. Simpl. 1, 6 ; die
alten sind selbst wenig in abrede, dasz die kräfte ihres Ver-
standes mit den jähren abnehmen. Liscov 42 ; ich will nicht
in abrede sein. J. E. Schlegel 3, 426 ; wir können nicht in
abrede sein, dasz. Klopst. gel. rep. 12, 327 ; aber selbst die-
jenigen können nicht in abrede sein, dasz. Wieland 1,87. 6,
195. 13, 27. 30, 446 ; ich bin nicht in abrede, dasz. Kant 9,
38; die theologie wird nicht in abrede sein wollen, dasz.
Kant 6, 168 ; dasz in der ])ihel sich Widersprüche finden, wird
jetzt niemand in abrede sein. Göthe 26,100. die beiden älte-
sten belege, sieht man, fügen die geleugnete Sache noch im
gen. hinzu, die späteren setzen die phrase blosz für leugnen
und lassen ein dasz folgen, nicht in abrede ziehen. Kant 2,
436; bei Juristen, etwas in abrede nehmen, stellen, ziehen.
ABREDEN, convenire, verabreden, vereinbaren, welche beide
steifer klingen: die winde selbst waren etliche tage so zahm,
als ob sie es mit einander abgeredet hätten. Wieland 1, 59 ;
der emir gab das abgeredete zeichen. 6, 65 ; sie hatten sich
eben an einem abgeredeten orte versammelt, 7, 98 ; der ein
paar nymfcn belauscht, die mit einander abreden, wo sie diese
nacht sich baden wollen. 11, 256; was ihres königs frau mit
ihnen abzureden hätte. Schiller 291; jegliches abzureden.
Voss Od. 13,191;
hast du dem könige das kluge wort
vermelden lassen, das wir abgeredet? Götue 9, 71;
die geisterscene? war betrug, die erschcinungen ? abgeredet.
14,214; wir halten sein wunderliches betragen für abgeredet
mit dem oheim. 21, 101. Für leugnen ^(7/ verabreden, kaum
das einfache abreden, doch könnte, wo nachdruck des Zu-
sammenhangs darauf liegt, gesagt werden : ich will es nicht
abreden, absprechen, absagen (Heinr. Trist. 261). früher findet
sich abreden fast im sinne des abmahnens, abrathens, abzie-
hens durch rede: unzehlbare irrthumb sein auch noch bei
viien also eingewurzelt, dasz sie sich von solchen mit keiner-
lei wollen abreden lassen. Kirchhof wendunm. 324' ; der ihn
mit guten worten trcuwer meinung danon abreden wolle.
das. 422'; die weit läszt ir doch ir blinden fürer und apostel
nit abreden {sich nicht absprechen) noch erleiden. Frank chron.
522'. Endlich erscheint spurweise ein intransitives abreden für
irre reden, dclirarc (s. abkosen). Frisch 2, 99'.
ABREDIG, in abrede stellend, leugnend: aber ich bin nicht
abredig, das ich .. willens gewest. Luther 2,384'; dasz ich
nit abredig bin. Aimon i-orr. ; wiewolen ich auch ganz abre-
dig bin. V. Birken 47. einen beleg aus Dietr. von Plieningen
theill Scumeller 3, 42 nicht mit. Wickram im rollw. 70' hat
auch ein glcichbedeutiges adj. abred (für abrede) : der wirt
wolt dem andern des tauschcs in keinerlei weg abred sein,
steht ein casus bei abredig, so darf es mir der gen. sein und
dieser ist gemeint, wenn ich bin es abredig gesagt wird; ich
bin das (für des, dessen) abr. ist fehlerhaß.
ABREDUNG, f. conventio, nur für Übereinkunft, nicht für
leugnung: unter ihren äugen werden von unscrn ültestcn alle
liündcl beigelegt und alle gemeinschaftliche abredungen ge-
nommen. Wieland 6, 117 ; damit so weniger der verdacht der
abredung, den eine gar zu sichtliche Übereinstimmung er-
wecken würde, auf sie fallen könnte. Lessinc 10, 53.
ABBEGELN, reguläre, nach der reget ordnen, abgcrcgelte
Worte,
ABREGNEN, depluere, niederregnen, ausregnen: so hat er
doch das düstere gewölk an die berge geworfen, wo es
denn abregnen, abschneien oder sich selbst verzehren mag.
Göthe 45, 295 ; indem sie (die regenstriche) nach der erde ge-
richtet bald abzuregnen schienen, bald in der höhe schwe-
bend verweilten, 51, 216.
ABREIßEN, defricare, nnl. afwrijven, reibend wegschaffen.
den schmutz von dem kleid, den rost von dem messer ab-
reiben, dann das kleid, messer abreiben, völlig durchreiben:
die färben auf dem stein abreiben, die schuhe abreiben, zer-
reiben, abnützen, bildlich: die feinere weit hat das grade
deutsche von ihm noch nicht abgerieben (abgeschliffen). Klin-
ger 1, 377 ; weltleute, die ihren natürlichen character an der
politischen klugheit abgerieben haben. 3,127; daher einen ab-
reiben, abschleifen, verfeinern, abgerieben, fein, schlau, ver-
schlagen : ein dorf, darinnen waren vor Zeiten gar gute, fromme,
einfeltige leut, jetzunder sind sie basz abgerieben. Frey gar-
teng. 276; abgeriebne renke. H. Sachs IV. 3,40'. wunderlich
abgeriebne stück. 1,453'. sich abreiben, abnützen:
weil nicht durch steten brauch sich leichilich abereibea
die warheit und das recht, so werden sie wol bleiben.
LoGAü 2, 7, 51;
egoismus ist der Schleifstein, an dem sich die rauhen ecken
der meisten abreiben. Klinger 11, 35.
ABREICHEN, arripere, ablangen, abholen, erreichen: ich
kann es mit den armen nicht abreichen; mein stab reicht
den apfel vom bäum ab; vom schiflf es (das fclsenrif) sprin-
gend abzureichen. Schiller 540; der so nah ist, dasz man
ihn und viele andere bequem mit den äugen abreichen kann.
TiECK 6, 340. mit dem dat. der pcrson: reiche es mir ab,
erlange es für mich und gib es mir, vgl. verabreichen.
ABREIFEN, plene malurare, völlig reifen, mhd. rifen :
ihr abgereifter witz beschämte tausend frauen. Günther 020.
ABREIFEN, funem auferre, den reif abschlagen, mhd. abe
reifen: das fasz abreifen, bei schlossern, mit dem retfkolben
die groben ecken abstoszen.
ÄBREIHEN, filum solvere, das aufgereihte, eingefädemte aus-
einander nehmen: äpfel, morcheln, perlen abreiben.
ABREISE, f. profeclio, mhd. reise, alid. reisa (s. reise), die
reise von einem ort : am tage vor meiner abreise ; unsre ab-
reise ist auf morgen festgesetzt; die abreisen folgten kurz
hinter einander.
ABREISEN, decidere, mhd. abe risen, abfallen, deßuere:
dienstlich dem abreisenden haar. Forer fischb. 33'. s. ab-
riesen.
ABREISEN, proficisci, mhd. reisen, proßcisci: der gesandte
reiset morgen ab von Berlin ; über hals und köpf abreisen,
auch, wie abgehn, abfahren, die letzte reise thun, sterben:
nun, reist er ab, so reist er, Gökingk 3, 17,
ABREISETAG, m. Dahlmann gesch. der fr. rev. 372,
ARREISZEN, abscindere, gewaltsam abtrennen, sowol in-
transitiv : der strick, faden, knöpf risz ab ; das schwache seil
wird abreiszen ; als gewöhnlich transitiv : ich risz den strick,
faden, knöpf von der stange, nadel, von dem kleide ab ; der
taube den köpf vom hals abreiszen ;
ab risz er seine kleider
und warf sich in die flut;
einem die larve vom gesiebt, den rock vom leib, die schuhe
von den füszen abreiszen;
dann ihr könt leichilich reiszen ab
so ein weiten weg eure gewand. Atrer 360*;
und mit bloszem acc. viel kleider abreiszen, das siege! schnell
abreiszen, häuser abreiszen. Dann figürlich abripere, eriperc:
welchs uns diese reubcr und gottes diehe gern abreiszen wol-
len und inen selb ollein zueigen. Luther 1, 396' ; den christ-
lichen namen wil ich euch nicht lassen noch gönnen, sondern
beide mit schriflen und worten euch abreiszen nach meinem
vermügen. 3, 118' ; damit er uns abreiszet von menschenlere.
8, 318' ; das sie sicii von dem mann abrisz. Burc. Walüis
Esopus 3,98. bl. 198'; die unterthancn von ihrem könig ab-
reiszen. Klinger 1, 321 ; gerade heule sollte er von ihr abge-
rissen werden. J. Paul Hesp. 4, 86. sich abreiszen, losreiszen :
ich arbeite zu viel, musz mich abreiszen ; das pferd hat sich
abgerissen, losgemacht, abgerissen bedeutet zerlumpt, in ab-
getragnen kleidern, hernach zerstückt, stückhaft, abgesondert:
w»
89 ABREISZEN— ABRENxNEN
sind diese die, die ror der zeit
in purpur, seid und gold geglisscD,
und dis, die in gebreclilichkeii
umirrten, kahl und abgfris'^en?
A. Grtphius 2, 13;
meine freunde, denen ich sonst nur abgerissene besuche ma-
chen konnte, wollten sich meines anhaltenden Umgangs er-
freuen. GöTHE 19, 332 ; mit lazaretcn, abgerissenen Soldaten,
zerstückten waflen. 30, 149 ; in einzelnen, abgerissenen stun-
den. TiECR 11, "5; in meinen abgerissenen träumen. Tieck 7,
SO ; ein einzelnes, abgerissenes, zitterndes wesen. Klixger
7, 227; in abgerissenen Sätzen vortragen, abgerissen sein
heiszl auch von geld enlblöszl. Eine eigne, ausgebreitele be-
deulung von abreiszen ist aber die des ahd. ri^an exarare, in-
cidere, scribere (Graff 2, 557), ags. vritan, engl. wTite, für ent-
werfen, abmähten, schildern, weil das ursprünglich durch reiszen
oder ritzen auf stein und holz geschah : das ich sie bisher
nicht recht und genug gemahlet habe, sondern allein auf ein
papir schlecht abgerissen. Luther 5, 16l'; das etwa ein ge-
lerter, ehrlicher man solch bild hat angeben und abreiszen
lassen. 8,116"; darinn gott durch Mosen heimliche und künf-
tige ding abreiszen und fürbilden liesz. Matiiesics 42' ; und
liesz ihn sehen muster und fürbild, nach dem er die stift der
hüllen abreiszen und machen solle, das. 43* ; schreibet auch
der prophet auf ein zigelstein oder reiszet die stat darauf
abe. das. 103"; abreiszen und mahlen. Philand. 1,25;
du bist stets für mir, sider der lieb gewalt
dich rein mit Amors pfeii in mein herz abgerissen.
Weckuerli."« 713;
dieser fieng an mich zu beschauen, abzureiszen, zu anter-
mahlen. Simplic. 1, 75; habe ich folgende acht Schilde, als
vier vom valer, vier von der muter abreiszen lassen. Schwei-
.siches 1, 15; Telephanes hat das abreiszen ohne färbe auf-
bracht, Philocles soll das abreiszen, Gyges aber das mahlen
mit färben aufbracht haben. VViede«. april 1, 54; die fratze
mit einer groben feder auf dem papier abzureiszen. Schiller
1210; seitdem mahl ich Öfter und reisze täglich einige ideale
fürstlicher köpfe ab. J. Padl teuf. pap. 2, 5. meislcntheils
vird darunter der erste rohe entwurf im gegensatz zum feinen
ausmahlen verstanden.
ABREISZEP«, m. abscissorium, ein tcerkzeug zum entwerfen
und zeichnen, bei handicerketn verschiedentlich zum abreiszen
der linic.
ABREITE.N, equo diseedere, von einan ort vegreilen: doch
achteten sie es dafür, der landgraf würde ohne merkliche Ur-
sache nicht abgeritten sein. Melanchth. werke ed. Bretschn.
2,264; er ritt von der strasze ab. transitiv aber müde reiten :
ich habe mich zu sehr abgeritten ; bei gott, wenn ich mich
nicht abritte und abarbeitete, wir wären noch auf dem alten
flecke. GÖTIIE57, 152; sie haben mich abgeritten wie ein cou-
rierpferd. Lenz 1, 213; unsere pferde waren ganz abgeritten,
erschüpß; reht sam ein abgerilner gaul. fastn. sp. 311, 5;
abgeritten leibslul. Fischart bienenk. 226'; den sattel, das ge-
wand abreiten, durch reiten abnützen, verschleiszen :
da wart von guolen knehten vil kleider ab geriten.
fiib. 557, 1.
ein pferd abreiten heisst aber auch es nach der kunsl zu-
reiten.
ABREITUIVG, f. abrechnung: auf dasz die armen leut ver-
miig der urkund und abraitung durch die zahl oder pfennig-
meister ordentlich bezahlt mögen werden. Fro.nsp. kriegsb. 3,
17*. s. abraitung.
ABREIZEN, delieere, ablocken, gegenüber dem anreizen.
dasz weder des hofs jtlanz noch ehr,
gewinn und glück dich von dir abgcreizet.
WECKBCRLI.f 516;
einen von seinem glauben abreizen. Simplie. I, 531.
ABRENNEN, decurrere, von einem orte wegrennen : die rosse
sind vom wege abgerannt, transitiv: ein pferd abrennen;
einem den hui abrennen ; sprach einer, ich hell ein eisen ab
gcrant {ein kind geboren), fastn. »p. 248, 30; wie gehts junger
hcrr? habt ihr ein paar zinken abgerennt? GötheS, 94; habt
ihr euch die hörner ein wenig abgerennt?; bisz (Saul) im selbs
sein gottlos herz abranle. Matbesics 1!2'; die gewogcnheit
rennte bierin der beredsamkeit den vorthcil ab Lohe:«st.
i4rTn. 1, 771 ; dasz er beiden den preis abgerennt hätte, das.
1270;
ABRICH— ABRIEGELN
der Pcrs und keizer hat
für wenig zeit uns schon die uns hochheilge Stadt
Mcdinen abgerennt. Lohe.nst. Ibrah. tS.
90
sich abrennen, vom rosse stürzen, unterliegen: das wir nun
desto mehr iren falschen untüchtigen grund finden und sehe»
sollen, (ifie sie) sich selb vom ross abrennen mit irem un-
geslümigen toben. Luther 1, 387'; der tod hat sich an Christo
abgerani, der hat in übenvunden. 3, 429; sihe, das heiszt
sich selbs abgerant mit eigen worten. 3, 476 ; also rennet sich
der bapst selbs ab. 8,246*; weil der lügen art ist, das si mit
ihr selber nicht eins ist und sich selbs abrennen und ver-
rathen musz. Frank weltb. 112*; dann sprechen wir, er hab
uns geschlagen, gelödt etc. so vrir uns doch selbs an im ab-
gerendt und zu tod haben gelaufen. Fraxk paradoxa S'.
ABRICH, «. purgamentum, quod conrerritur raslro? tennri-
san und abrieb, weisth. 1,310. s. abrechlichl.
ABRICHTEN, hat verschiedne nebenbedeutungen, die sich
alle aus dem ursprünglichen richten, regere, dirigere, instruere
herleiten lassen, bei den gewerken heiszt abrichten in die er-
forderliche richtung und läge bringen, einrichten: das eisen,
die schienen, das bret, den balkcn, die mauer abrichten, auf
thiere und menschen angewandt ist es dressieren, zurichten:
den hund, falken, das pferd abrichten; den lehrling, diener
abrichlen, vom schüler, kind gilt lieber unterrichten, doch rich-
ten diebe ihre kinder von früh an auf das stehlen, bcttler
auf schelmstreiche, lügen und trug ab; er ist auf alle bos-
heit abgerichtet, ebenso richtet man ein geräth und instru-
ment ab, vie ein:
von ihr hab ich zu klingen ,
die lauten abgericht. Opitz 2, 189;
Christus esel, würd er nicht
dadurch besser abgericht. Göthe 5, 129;
meins bieibcns war da lenger nicht,
ich ward daselbst so abgericht.
dasz freilich Torthin mein beger
zu solcher schul steht nimmerraer.
Er. .4LBERÜS 134;
was verlangst du mein söhn ? für mich nichts, nur für meine
Schwester soll ich — ha, hat man dich auch abgerichtet?
Gotter 3, 76 ;
schaut, wie ist der gute mann abgerichtet auf gewin.
LoGAü 2, 1, 33 ;
wer bat ihr diesen anschlag gegeben ? allein die-liebe, welche
durch ungewöhnliche mittel ihre diener abrichtet. A. Grtphius
1, 856 ; wenn wir den verstand über jede mögliche erfahrung
hinaus zur grösztmöglichen ausbreitung abrichten (dirigere)
wollen. Kant 2, 492.
In der früheren spräche galt aber abrichten auch ßr ent-
richten, verrichten und ausrichten: eine schuld wurde abge-
richtet, entrichtet, ausgezahlt; heimliche auslagen abrichten
bei PHILA5D. 1, 129 heiszt sie ausrichten, bestreiten, ich ge-
denke wol, dasz ich solcher sachen einen tag dreie hätte ab-
gericht (ausgerichtet, verrichtet, abgethan, abgefertigt). Luther
br. 5, 617 ; und dies abrichten geht über in abweisen, abferti-
gen, ausrichten, ausschelten, du bist ie mein söhn, womit
habe ich das verdient, das du mich so abrichtest? Lutber
4, 452* ;
dir halbnarr gar mit nicht gebürt,
den erzbischof zu richten ab.
Jac. Atrk» 262*;
welcher nit, wie sichs wil gebüren,
kan endigen und ausbin füren,
der wird billich so abgericht.
wie diesen lischern hie geschieht
ß. Waldis Esopns 2,23. bl. 88*;
si wollen mich alda lassen allein, doch richtet ich sie mit
riel tröstlichen worten vrider ab, erinnert sie gottes beistand s).
Fra:»k weltb. 234* (229*). An einigen orten bedeutet abrichleo
was an andern zurichten, nemlich verderben, bescltmufzen, zu
gründe richten.
ARRIEBELN. was abreiben, vgl. nebeln und abriffeln.
.\BRIECHEN, ahnlere, odorem amiltere, rerriechrn. verdun-
sten: lasz das salz auf einer aschen abriechen. Thurneisse«
magna alchymia p. 55 ; nach solchem lasz das vitriolöl mit
einem starken fewr wider abriechen. Würtz wundarzn. p. 321 ;
demnach den essig danron destilliert oder ofTcntlich abriechen
lassen. Paracelsus 1, 993*. transitiv: eine blume abriechen,
allzu lange riechen, bis sie ihren geruch verliert.
ABRIEGELN, repagula claudere. mit vorgeschobnem riegel
verschlieszen : eine stubc abriegeln, vgl. abschlicszen.
91
AB RIES — ABROLLEN
ABROSTEN — ABSAGEBRIEF
92
ABRIES, n. folia, poma decidua, abfall, mhd. waj abe riset.
unzeüictcs, wurmstichiges obst. Stalder 2, 276.
ABRIESELN, decidere, leise, gemach abfallen: der sand
rieselt von dem berge ab, das wasser von dem tröge, der
kalk von der mauer, das laub von den ästen ab. thränen
rieselten iiir die wange ab.
AB RIESEN, decidere, abfallen: die nadeln der tanne rie-
sen ab. Popowiiscn. richtiger ist die Schreibung abreisen, mhd.
abe risen, das richtige starke part. abgerisen steht noch bei
Thürneisser: welche blellein, so die abgerisen, böllelein ver-
lassen, inßuent. Wirkung der erdgewächse. Berl. 1578. p. 26.
ABRIFFELN, devellcre, abstreifen, gilt vom flachs, s. ahd.
riffilön (Graff 2, 497). figürlich, einen abriffeln, riffeln, schel-
ten, durchziehen.
ABRINDEN, decorticare, die rinde davon ziehen, schneiden:
einen bäum, das brot abrinden ; dasz von einer groszen lin-
denaliee alle bäume unten rund umher abgerindet, also der
axt bestimmt waren. Stolrerg 6, 246 ; ein abgerindeter, auf
eine insel eingepfählter maienbaum. J. Paul Tit. 3, 39.
ABRINDIG, ohne rinde, von der rinde abstehend: abrin-
diges, abgebackenes brot, dessen krume von der rinde absteht.
sich abrindig gehn sagt man von einem der sich blasen geht.
ABRINGEN, detorquere , nnl. afwringen, ringend weg-
nehmen, einem das schwert von der band abringen ; die
haut von der band, abringen ; der hirte rang dem wolf das
lamm ab;
die priesterin uns abzuringen
umstürmt uns der Dolopen sehaar. Scuiller 33;
freude über eine sich abgerungene gute that. J. Paul uns.
löge 2,132. sich abringen: Jacob rang sich mit dem engelab.
die Wäsche abringen, damit fertig werden.
ABRINNEN, defluere, ablaufen, der regen rinnt von dem
dach ab ; das wasser ist von ihm abgeronnen.
ABRISPEN, aus der rispe fallen : der haber rispet ab. s.
rispen ttnd abraspen.
ABRISZ, m. descissio, nach den verschiednen bedeutungen
des ahreiszens : ein abrisz von der wunde ; was mir und mei-
nem lieben weibe durch solchen abrisz (wegreiszen) und be-
nehmung meines lieben töchterleins uns vor kummer und bc-
trübnis gegeben, kann wol abgenommen werden. Schweinichen
2, 223. Meistens aber entwurf, risz, bild, Zeichnung : das es
(die bildwerke der stißshütte) schatten und abrisz sein künf-
tiger ding. Mathesiüs 43";
jedoch gleichwie in dem abrisz,
darinnen der umbivreisz zu sehen,
nur ein punci, eines worls auswisz
ein ganzes land gibt zu verstehen. Weckh. 362;
ich sich tmd weisz gewis,
dasz aller Schönheit ihr ein treflicher abnsz (seid), das. 732;
vergönnt dasz sich vermehr
eur hochverdientes lob und unscrn czaren ehr
durch abrisz dieser angst, die euren geist beschweret.
A. Gryphius 1, 135;
mein bruder, den ich stets mit neuer freude nenne,
an dem ich noch weit mehr, als bruderlrcu erkenne,
ich eigne billig dir der freundschal't abrisz zu.
Hagedorn 1, 56;
der abrisz ist so schön, dasz ich mich drein vergaffe.
J. E. Schlegel 3,393;
statt eines abgusses doch ein abrisz von einem menschen zu
sein. J. Paul Hesp. 1, 179.
ABRITT, m. die abreise zu pferd.
ABROHREN, arundine vestire, mit röhr beschlagen: die
maurer roliren wand und decke ab.
ABRÖHREN, dejicere, schlechte Schreibung statt des mhd. abe
reren, golh. raisjan, d. h. des transitiv von reisan, folglich ist
abe rcrcn transitiv von abe risen : dann die wäll teglich ab-
rühren und rciszen, auch sich senken, und letztlich, wie viel
beschchen, gar einfallen. Fronsp. kricgsb. 1, 130'.
ABROLLEN, devolvi, rollend fallen, nnl. afrollen: steine
rollen von dem berge, tropfen von der stirne, thränen von
den Wangen ah. transitiv devolvere, den stein von dem berge
jibrollen; wurden nicht selbst die sonnen in den räum ge-
schleudert, um nur ihr bestimmtes zcitmasz abzurollen?
Klinger 10, 231; ein stück zcugcs abrollen;
darum verzeiht dem dichter wenn er euch
nicht machen schritts mit einem mal ans ziel
der handlung reiszi, den croszen gegenständ
in einer reihe von gemiililden nur
vor cucrn äugen abzurollen wagt. Schiller.
ABROSTEN, aerugine separari, sich durch rost absondern:
der knöpf ist von der Stange abgerostet.
ABRÖTHEN, colorem rubrum amiltere, die rothc färbe fah-
ren lassen: das Siegellack röthet ab.
ABROTTEN, putresccre, durch fäulnis sich ablösen, verrot-
ten: das getraide rottet ab, wenn es zu lange auf dem schwade
liegend ausfällt.
ABRÜCKEN, removere, absetzen: den stuhl von der wand,
den kessel vom feuer, zeile von zeile abrücken, auch die Zei-
len abrücken, nnl. afrukken.
ABRUDERN, remigando abire, zu nachen, zu schiffe ab-
fahren: vom lande, vom ufer abrudern. nnl. afroeijen.
ABRUF, m. avocatio: des todes furchtbaren abruf. Klopst.
Mess. 17, 442 ; der abruf von einem amt, von einem ort.
ABRUFEN, avocare, laut von dem munde rufen, aus einem
orte weg rufen, nnl. afroepen : horch, der nachtwächter ruft
schon ab. Göthe 42, 8 ; der Wächter hat schon die stunde,
die zeit abgerufen, zwölf abgerufen; einer ist so weit, dasz
man ihn nicht mehr abrufen, errufen kann, aus der kirche,
aus dem Schauspiel abrufen; von einem amt abrufen, wofür
man schlecht sagt abberufen, sich abrufen, sich müde rufen,
schreien.
ABRUFUNG, f. appellation, von dem niederen an das höhere
gericht.
ABRÜHREN, coquendo miscere, beitn kochen untereinander
rühren, zur mischung oder sonderung; mit einem eie abrüh-
ren (s. abmachen, abquerlen); pflaumen abrühren, um die
kerne davon abzulösen.
ABRUMPELN, crepando abire, rumpelnd abfahren, der wa-
gen ist abgerumpelt.
ABRUNDEN, bei einigen abrunden, rotunddre, nnl. afronden,
rund machen : ein brct, ein metall abrunden ; der kontur ihrer
wangcn ist nicht ganz so sanft abgerundet als an der Venus.
Wieland 25,304; indem sie sich zeit nahm folgende Strophe
auszubilden und abzurunden. Göthe 22, 92; wie er jedes blaU
zu einem ganzen abrunden möge. 22, 217 ; Ludwig XIV run-
dete auf deutsche Unkosten sein Frankreich vollends ab.
Dahlmann fr. rev. 5; sein plan war fertig und abgerundet.
das. Ol ; geldsummen abrunden, dasz runde zahlen enlstehn.
ABRUNDUNG, f.
ABRUPFEN, devellere, abpflücken, mit der band ähren ab-
rupfen. 5 Mos. 23, 25, wofür Matlh. 12, 1. Luc. 6, 1 ähren aus-
raufen, goth. raupjan ahsa, ags. ear pluccian ; blätter vom
bäume abrupfen ; junger salat nie abgerupft. Kirchh. wendunm.
202*; wenn du (Schneider) halbe ein tuchseiden abropftest.
das. 231*; die federn von der gans abrupfen, dann die gans,
das huhn abrupfen, figürlich
wenn nachmals uns der kurzen rast gewinn
wird abgerupft, so fliegen wir dahin. Opitz ;
wenn ich lese, will ich mich sammeln, und nicht wie jener
sultan von Indien durch abgerupfte märchen hingehalten sein.
GöTUE 49, 99.
ABBÜSTEN, destruere, ein gerüst abbrechen, gegenüber dem
aufrüsten.
ABRUTSCHEN, delabi, abgleiten, den berg abrutschen.
ABRÜTTELN, quassare, abschütteln.
ABSÄBELN, gladio auferre, mit dem säbel abhauen : grosze
berge abgesebelter köpfe. LohensI. Arm. 2, 961. auch unor-
dentlich abschneiden, abmurzcln.
ABSACKEN, saccum auferre, den sack abnehmen, den esel
absacken; sie lieszen weder absatteln noch das kriegsgeräthe
absacken. Lohenst. Arm. 1, 915; einem sein geld, die beute
absacken.
ABSÄEN, conserere, vollständig besäen, mit einem pferde
an der säemaschine kann man täglich fünfzehn morgen ab-
säen; die gerber säen vor dem beizen das feil ab, bestreuen
es mit Schrot von getraide. ein abgcsäler acker, cm kraftlo-
ser, dem man keine brache verslaltet hat. abgesätcr lein, wie-
derholt ausgesäter, im gegensatz zu frischem samen.
ABSAGE, f. renuntiatio, außündigiing, aufsagung. zumal
das auftiundigen der freundscliaß und ankündificn der feind-
schaft: und sonach meine ritlcrlichc absage nur kurz. Les-
sing 10, 132. einem absage thun. vgl. ahklage.
ABSAGEBRIEF, m. fehdebricf: offene absag oder feinds-
briefe. Kirchhof mil. disc. 21. 90 ; disen absagbricf bring ich
dir von dem christenkciser Otnit. J. AYr.ER209'; einen absag-
brief wider alle dapfere rittersleut. Weckhehl. 859.
93
ABSAGEN— .ABSATZ
ABSATZ —ABSCHAFFEN
94
ABSÄGEN, renuntiare, abbestellen, abmelden: einen besuch,
eine Versammlung, Sitzung absagen lassen ; und als euer trauern
Wirt abgesagt, fasln, sp. 328, 6. hauptsächlich aber, mil persön-
lichem dativ, frieden auf, fehde ankündigen, widersagen, renun-
tiare, abrenuntiare : nu sagt in (ihnen) ab, rüst euch zum
streit! fastn. sp. 194, 12; dem teufel, dem tyrann absagen,
dann auch der Sünde, der bösen lust als gegnern absagen
(vgl. abgesagt), in der von Faust ausgestellten formet heiszt
es nach dem Volksbuch : dazu absage ich allen denen, die da
leben, allem himmlischen beer und allen menschen; das wir
den Daischlichen lüsten abgesaget, nach dem gaiste frucht
bringen. Melisscs ps. A 3* ;
Veii trägt eine flegelkap über einer knebelhaut.
Höflich hat ihm abgesagt, dieses macht dasz er nicht traut.
LoGAü 3, 1, 24.
umgekehrt sagen aber auch uns gott, glück, herz und gewissen
üb: und wir hohen und reichen erschrecken nicht, so wir
hören, das gott uns absagt. Lutber 1, 49:" ; denn das gesetz
ist zu stark und hat dein eigen herz zu hülf, das dir absagt
und dich zur helle verdampt. 6, 271"; wenn ich weisz, das
einem sein gewissen absagt und widerstehet, so kan ich mich
für im nicht fürchten. 6, 121*; das glück, das mir so wenig
als eim andern abgesagt hat. Kirchhof uendunm. 131'. In
schwächerem sinn blosz absprechen, aufgeben und entsagen:
das du es thust aus vermessener kunst und verstand, wel-
chen dein gewissen dir selbs on zweivel absagt. LirrHER 360' ;
so soU man im nach gmeinem recht,
nach verhörung antwort und klagen,
ein rechtmeszig urtheil absagen.
ß. Waldis Esopus 4, 76. 6/. 302' ;
ein recht, welches man damals noch keinem ehrlichen manne
abzusagen getraute. Moser 3, 244 ;
wem das lieben wil behagen,
musz dem leben abesagen. Locau 1,7, '3;
und aller dichtere! auf ewig abzusagen, Cajiitz ;
sie trachteten dort in der Lotofagen gesellschaft
lotospflückend zu bleiben und abzusagen der heimat.
•^ Voss Od. 9, 97 ;
so sag ich meiner heimat ab,
und setze meinen pilgerstab
fort durch die weite weit. Bürger 47';
allein Agamemnon
sagte derkränkuDg nicht ab, die er dem Peliden gedrohet.
BÜRGER 1S9';
könntet ihr so sehr
der schäm absagen? Schiller 461;
sind beide lästig, der eine mit seiner Schwärmerei,
der andre mit seinem ewigen klagen,
so dasz sie oH lust bat beiden auf einmal abzusagen.
WiELASD 5, 134;
alle die, gebeugt durch schmerzen,
abgesagt dem holden bund. Göthe 45, S3;
der bildhauer wird aller sclbstlernerei d. h. selbslquälerei zei-
tig absagen. Göthe 44,35; der Vernunft absagen. Kästner 1,
44; einem gedanken absagen. Kant 8,10. Es ist in einzelnen
fällen gleich richtig, den dat. oder acc. beizufügen: ich habe
der reise, die reise noch nicht abgesagt, jenes meint entsagt,
dieses aufgegeben. Luther gebrauclil absagen auch für heraus
sagen, vom herz herab sagen : inen dürre absagen, das sie
von solcher prophezei ablieszen. 3, 47; so ists kurzumb ab-
gesagt mit dem spruch (heute kurzab gesagt), das wir alle
sterben müssen. 4, 31". vgl. abklagen.
ABSAGE.N, serra auferre, den ast vom bäum absägen, den
bäum absägen.
ABSAHNEN, in einigen gegenden ßr abrahmen.
.\BSALZE.N, sale condire, gehörig salzen.
ABSATTELN, ephippium demere, den saliel vom pferde neh-
men, das pferd absatteln ; lasz absatteln ! das pferd bat sei-
nen reiler abgesattelt, vom sntlel geworfen. Fischart Garg.
cap. 30 sagt von einem mönch : ein geschwinder horasfcrtiger,
paternosterpostiercr, mcszahsatteler.
ABS.\TZ, m. quod deponitur, demittitur, was abgesetzt wird,
sich absetzt, sinnlich: der absatz am schuh, niedrige absätze.
Gellert 3, 138 ; der absatz am halin und röhr, das gelenk, der
knoten; absatz einer mauer, eines bergs, wo die gerade höhe
absetzt, abbricht; ahsatz des felsens, der treppe, stufe, in die
man eintritt, von absatz zu absatz springen ; der oberste, un-
terste absatz des tempels. Ezech. 43, 14 ; absatz des ganges,
Schachtes im hergbau; absatz der zeilen in der schrifl. nun
aber weiter, absatz in der rede, erzählung, im Vortrag, ai^
satz, glied oder gelenk im gedieht und versban, darum absatz
als gegensatz: wirklich war die Veränderung und der absatz
(abstand) ihrer gegenwärtigen art zu sein mit ihrer vorigen
grosz. Wieland 1, 272 ; eine neigung welche mit ihrem stände
und aller einen gleich starken absatz machte. 2, 28; ich ge-
stehe dir, Danae, dasz der erste anblick mit dem, was ich
erwartete, einen starken absatz machte. 2, 89; als sie schon
in seinem gesiebte etwas bemerkte, das mit seiner gewöhn-
lichen heilerkeit einen absaU machte. 1, ISl. absatz, ausnähme,
was abzusetzen, abzurechnen ist, was absticht : leidet doch dies
einen absatz. Loiienst. Amiin. 1,1248; was von unserm stifte
gilt, das gilt, höchstens mit einem fünftel absatz, von ganz
Westphalen. Moser p. ph. 1, 244; gegen das absolulgrosze
macht das absolutkleine des einzelnen falles einen gar zu
starken absatz. Schiller 1215. Von einzelnen Ihieren wird ge-
sagt, wenn sie junge werfen oder entwöhnen, dasz sie setzen,
absetzen, in diesem sinn könnte auch die neugeburt absatz
heiszen, woßtr doch sichere belege gebrechen, es sei denn ein
solcher, dasz in der vorrede zu seinen gedichtcn Hoffmanns-
WALDAO die arabische spräche den absatz, folglich abkömmling
der hebräischen nennt, häufig bezeichnet absatz die abgesetzte
waare, ein kaufmann hat starken oder schwachen absatz, ver-
spricht sich absatz und es fehlt ihm daran. Endlich absaU
Unterbrechung und pause, ein glas ohne absatz austrinken,
einen Vortrag ohne absatz halten, ohne abzusetzen.
ABSÄTZIG, bergmännisch, ein absätziger ort, wenn sich in
geschmeidigem stein eine bergfeste zeigt.
ABSÄUßERN, depurgare, reinigen: den topf, das geschirr,
das erz absäubern.
auch dient es, dasz der rauhe schmerz,
absauber ein beflecktes herz,
dasz er den rost abreibe. A. Grtphids 2, 280.
ABSAUEKN, acescere, sauer werden.
ABSÄUERN, sauer werden lassen, auch gegensatz von auf-
säuem.
ABSÄUTRUNG, f. die metallischen farbenerscheinungen,
wie sie durch säurung, aufsäurung, absäurung und entsäurung
entstehen. Göthe 52, 217.
ABSAUFEN, debibere, nnl. afzuipen. den schäum vom hier
absaufen; sich im wein ertränken und das leben absaufen.
Simplic. 1, 102; du wolltest dir die gurgel absaufen. Schil-
ler 107 ; einem durch saufen abgewinnen :
und Leipzigs kröne ward dem feigen abgesoffen. Zachariä;
einen absaufen, im saufen überwinden, s. abtrinken, abzecben.
ABSÄUGELN, sonst absuckeln, desorbere, in kleinen zügen
saugen; bei den gärtnern für pfropfen, ablactieren.
ABSAUGEN, desugere, durch saugen entziehen : du hast ir
gut gar abgesogen, fastn. sp. 43, 4; das kind hat die amme
abgesogen ; einem den letzten tropfen absaugen.
ABSÄUGEN, ablactare, ein kind entwöhnen.
ABSCHAB, n. quod abraditur, abschabsei. nim 14 lot ab-
schab vonn wechalterpaum. Schneller 3, 304. s. abschabete.
ABSCHABEN, abradere, abreiben, das moos vom bäume,
den hart (von den wangen) abschaben, holz mit glas abscha-
ben, färben abschaben, abreiben, abgeschabte kleider, hosen,
figürlich abgcscliabte, abgenutzte leule. ein alfer abgeschabter
keri. J. Paul Tit. 1, 166 ; ein langer an rock und gesiebt ab-
geschabter mensch, dessen komet 3, 104 ; in ihren allen, abge-
schabten tagen, das. t, Ib. ältere hochdeutsche schripsteller ge-
währen das starke part. abgeschaben i. b. Forer fisehb. 132*.
Hohrerg 1,252", ScHMELLER 3, 304 aus dem voeab. v. 1618 abge-
schaben, ramcntum; noch Schwab in Schillers leben ein ab-
geschabener rock.
ABSCHABETE, f abschabsei: nimb die abschabeten, so die
weiszgerber von dem bergamen schaben. Seuteb rosarznei
1599 j). 358; nim öl ... abschabet von helfenbein, abschabet
Ton geiszhom ... aus dem mach ein salb. Röszlix hebam-
menbuchlein 1565. p. 45*.
ABSCHABSEL, n. gleichviel mil ab.schab und abschabete,
aber gebräuchlicher.
ABSCHACH, n. gebildet wie abweg, ab dem sehach sein:
Sittah. so bleibt es? nun dann »rhach und doppelt sehach.'
Saladin. nun freilich, dieses absohach hab ich nicht
gesehn, das meine königin zugleich
mit nieder wlrO. Lessing 2, 228.
ABSCHACHERN, mercari, abhandeln. $. sehachcm.
ABSCHAFFEN, dimittere, auf personen bezogen, fortschaffen,
ikh vom halse schaffen, entlassen: bitte sie wollten das ge-
95
ABSCHAFFEN— ABSCHATTEN
ABSCHATTIEREN — ABSCHEID
96
spenst abschaffen. Schweimchen 1, 261; das andere kriegs-
volk ward bald abgescliaffet. das. 2, 119 ; wann forsten heucli-
1er abeschaften. Logau 2, 4, 65 ; kompt ein unfreundlicher und
unangenehmer, so schaffe ihn ab. pers. rosenth. 5, 6 ; wie man
diese kerl so stillschweigend abschaffen könte. Simplic. 1, 97 ;
wollte derowegen sie wieder abschaffen, das. 1, 13 ; einen bett-
1er abschaffen, fortgehn heiszen. so noch heute das gesinde,
den bedienten abscliaffen, fortschicken, dienstes entlassen, und
auf Sachen bezogen: pferde und wagen abschaffen, den hund,
die katze, den vogel abschaffen, sie nicht mehr halten wollen.
gesetze, gewohnheiten, gebrauche, misbräuche abschaffen, ab-
rogare ; die vielen feiertage sind in den meisten ländern ab-
geschaft worden, über diese sachen haben wir die herschaft,
welche wir nach unserm willen erhalten oder abschaffen kön-
nen. Weise kl. leute 280.
ABSCHÄKERN, scherzweise abnehmen : er läszt ?ich nichts
abschäkern. s. abschelmen.
ABSCHÄLEN, decorticare, von der schale lösen: bäume,
äpfel, obst abschälen, die rinde, das brot abschälen, einen
wilden boden abschälen, den rasen mit dem schälpfluge weg-
nehmen, entrasen. sich abschälen, die haut schält sich ab.
figürlich absondern, lösen, frei machen : also das hie rein ab-
geschelet und ausgeschlossen sei alles was man predigen oder
wissen, heiszen oder thun kann, von allerlei guter lere. Lu-
ther 6, 176'; und jetzt war ich ja frei, abgeschält von allen
pflicliten und thränen und freuden, abgeschält von der vor-
sieht. Schiller 199.
ABSCHÄLREN, defraudare, in schalks weise abnehmen, ent-
fremden :
und wiewol ich in meinem sinn
ein groszer schalk lang gwesen bin,
vpil ich doch goU sein himmel hie
abschälken und abhciicheln nie.
FiscHARTs Eulenspiegel bl. 273.
ABSCHALMEN , tn cortice signare, an der rinde zeichnen,
forstmäszig für die hat und weide, durch abschälen, zeichnen:
es sind der Stadt Belitz gute örter in der haide abgeschal-
met, und deren sich zu enthalten geboten worden. Frisch
2, 159. vgl. schalm.
ABSCHÄLUNG, f. decorticalio, abtrennung : dasz du hier
bist, beweiset viel für dich, aber abschälungen mag es doch
gekostet haben. Wieland 27, 39.
ABSCHANK, m. was von getränke verabschenkt wird, so
hiesz namentlich der reisenden hofleulen dargereichte Schlaf-
trunk.
ABSCHÄRFEN, abstumpfen : das leder abschärfen, am rande
dünner schneiden, das bret abschärfen, ihm die scharfen ecken
nehmen, bei den Jägern aber abschärfen für ablösen, abschnei-
den, mit der schärfe des Jagdmessers.
ABSCHARREN, deradere, scharrend ablösen: den rusz, den
teig vom trog, den kalk von der wand abscharren, den schmutz
von den schuhen abscharren, die schuhe, den trog abschar-
ren, allen unrath von sich abscharren.
ABSCHARRETE, f gebildet wie abschabcte. s. abscherretc.
ABSCHARRICHT, n. was abgescharrt ist.
ABSCHARRSEL, n. das abgescharrte.
ABSCHATTEN, adumbrare, durch hinzugethanen schatten
genauer abbilden, als es im unirisz geschehn kann, bei den
mahlern, die gestalt, die landschaft abschatten, in licht und
schatten setzen, dann überhaupt abbilden, entwerfen, bilden :
das menschenpaar, welches gott abschaltete. Hippel lebensl.
6, 115;
die schöne mcnschheit,
zu welcher, wie das neltlarrriuschchen scliwindet,
die göttin unvermerkt sich abgeschattet lindct.
\VlKLAAD 9, 1S4;
leiden schattet niemals so scharf ah als thun. J. Paul aeslh,
2, 80 ; blickte er ihr bethräntes angesicht an und schattete
es ab in seiner öden seele. Ilesp. 4, 86 ; wo ich eben sitze
und den heutigen sonntag abschatte, jubeisen. 177 ; spitzbu-
ben geschickt abschatten, holzschn. 10, 92. Das wort wurde
viel häufiger in der spräche seit crfindung der Schattenrisse
durch den Franzosen Silhouette (um 1760) : irii nahm oft im
.Sommer meine schreiblafel heraus und wollte ihn an dieses
«ilhouetlcnbret anpressen und dann abschatten, /fo/). 3, 203;
dürfte man einen freund abschatten in rissen und schatlitnri.ssen.
flcgelj. 4, 90, und J. Paul gehl damit verschwenderisch um.
sich abschatten bedeutet sich durch schattcnwurf darstellen:
die gestalt schattet sich auf dem hellen gründe genau ab;
die blätter der reben schatteten sich ab auf seinem antlitz.
Bettine tageb. 229.
ABSCHATTIEREN, unedler als abschatten, doch den mah-
lern geläufig, wie schattieren.
ARSCHATTÜNG, /". adumbralio, abbild, enlwurf, nuance,
Silhouette: während vorstehender kurzen abschattung des ab-
derilischen schauspielwesens. Wiel. 19, 256; mit sanften ab-
schattungen. Stolberc 8, 138;
der natur und der menschlichkeit weiser verkünder,
die abschattungen sind uns endlichen endloser gouheit.
Voss 1, 91;
ist mutterliebe in ihren abschattungen nicht eine ergibige
quelle für dichter und mahler? Göthe 44, 8; nun war zu-
vörderst von forte und piano die rede, sodann aber von fei-
neren abschattierungen. 31, 236.
ABSCHÄTZEN, als Steuer oder Schätzung abnehmen:
das sie uns mit der heiigen feir
und irer furbilt han gefalzt,
damit unsern schweisz abschätzt.
B. Waldis Esopus 3, 100. bt. 20t';
wie leichtfertig hats mancher prinz und graf in diesen zeiten
mit 1000 und 100 thalern den kriegsgurgeln weggeschenket,
aber hergegen seinen armen predigern abgebrochen und ab-
geschatzet. Chpb. kjiDmi bnszposaune. Amsterd. 1643. 4. E iiii'.
einen abschätzen, ihin Schätzung auferlegen.
ABSCHÄTZEN, taxare, schätzen, taxieren: schetzt ir mich
recht ab. fastn. sp. 228, 25; schätz mich ab. 275, 2; zeuge
abschätzen, ein haus zu tausend thalern abschätzen, aber
auch hcrabschälzen, niedrig taxieren, heruntersetzen, woher
das folgende.
ABSCHÄTZIG, abjectus, herabgeschätzt: warf der reutcr
seinem hund zu etwann ein stück brots, etwan ein bissen
abschätzigs fleisch(s). Wickram rollw. 6; wo ein baumann
den herren bauweingarten abschätzig machen {herunterbrin-
gen) würde. Tyrol. landsordn. 5, 36; ein abschätziger häufe
blöder thoren. Wiel. 2, 128; lauter abschätzige Sklaven zu
seinen füszen. 7,102; die abschätzige meinung. 13,27; in der
gewalt des abschätzigsten erdensohnes. 13,233; ich wünschte,
meine gattin würde nicht von stunde zu stunde baufälliger
und abschätziger. J. Paul teufelspap. 2, 222. vgl. gering-
schätzig.
ABSCHAUEN, dcorsum spectarc, herab schauen:
sobald im vollsten glänze
als ein gediegenes rund auf die erd abschauele Luna.
Voss;
meistcntheils aber transitiv für absehn, erspähen: ich kann
ihn mit den äugen nicht abschauen; ich suche es ihm ab-
zuschauen; der feind vornemmen und gclegenheit des orts
zu erfahren und abzuschauen. Kirchhof nii7.- disc. 89.
ABSCHAUERN, mit einer Scheidewand absondern, sonst
auch abkleiden, s. schauer.
ABSCHAUFELN, pala auferre, mit der schnufel fortschaf-
fen: die erde von der anhöbe, den schnee vom dach ab-
schaufeln, das dach abschaufeln.
ABSCHAUM, m., was auf flüssigkeiten oben abgenommen
werden kann, purgamcntum supernatans, faex, rqv^, auswarf,
dann aber das schlechteste, schändlichste seiner arl: schwache
und sorglose regrnten verdienen ihr gewöhnliches Schicksal,
von dem abschaum des menschlichen geschlechts umgeben zu
sein. Wieland 7, 203; abschaum aller mörder! Lessing 2, 158;
man könnte antworten, dasz dieser abschaum von menschen
nicht zu den l>ürgern gehört. Lessing 7, 407 ; der menschen
abschaum wird er sein. .1. E. Schlegel 4, 187.
ABSCHÄUMEN, oben wegnehmen, reinigen, despiimare: das
unreine von der milch, dem honig abschäumen ; die milch,
das fleisch abschäumen ; wer kann das Weltmeer abschäu-
men, wenn er ihm nicht die ufer wegbricht? J. Paul Tit.
5, 19. abgeschäumt, ausgeworfen, nichtswürdig: zur boshcil
abgi'führct und abgcschäumet. Simplic.
ABSCHEIÜ, w). discrssio, die alte, rechte gestalt des heu-
tigen Wortes abschied, nnl. af-icheid, im 16. 17. jh. ein gang-
barer ausdruck für das scheiden aus dem leben, den tod: das
uns allen fast wehe geschehen ist durch seinen a!)scheid.
Luther 5, 480'; und wenn die zeit kompt, gib uns ein gne-
diges stündlin und seligen abscheid vim diesem jainerlhal.
6, 309'; nach dem abscheid vom leibe. 3, 512'; in eurem
Unfall, so euch itzt durch abscheid cuers sohns widerfahren.
o
97
ABSCHEIDEN' — ABSCHELMEN
ABSCHEXKE —ABSCHEULICH
9S
8, 204*. br. 5, 691; in seim (seinem) aus dieser weit ab-
scheid. Fischart bienenk. 131*; ein seliger abscheid yon di-
sem leben. Kirchhof trendiinm. 40'; nach dem seligen ab-
scheid, froschmeus. AT", abscheid entspricht aber auch dem
jetzigen bescheid ßr entscheidttng, urtheil und Unterscheidung :
parten hören und abscheid geben. B. Rixcw. laut. leh. 251;
befehlen abscheid drauf zu geben, das. 235 ; legen alle ding
nach der leng, lieblich, mit sonderlichem abscheid dar. Pa-
EACELSCS 1. 26l'.
ABSCHEIDEN, discedere, ron dannen scheiden, abgehn:
ich habe lust abzuscheiden (dissolvi) und bei Christo zu sein.
Philipp. 1, 23 ; im abscheiden sagen wir 'gehabt euch wol.'
Luther 3, 296 ; und ward ihm also abzuscheiden vergönnet.
Kirchhof tcendunm. 450' ; kinder, die hie abscheiden, fastn.
sp. 14, 13; wolle auch darauf seligiich aus disem jammerthal
abscheiden. Atrer proe. 2, 10;
so schneid ich ihm sein kehlen rab
und scheid mit dir bald von ihm ab.
Atrer 24S'
nachdem er von dem ort abschiede (veggieng). pers. baumg.
1, 10 ; ich hatte mich etwa eine halbe stunde in den schmach-
tenden, süszcn gedanken des abscheidens, des Wiedersehens
geweidet. Göthe 16, 82. Das part. praet. lautete bis ins 17. jh.
noch abgescheiden, später abgeschieden : des abgeschiedenen
Schattens. Wielasd 2, 155; eine abgeschiedene seele. 12. 25S.
Kant 3, 100 ; ein abgeschiedener geist. Ki.opst. Mess. 16, 141.
Güthe 20, 115; die erinnerung abgeschiedener freuden. 10,
146; meine gute mutter ist abgeschieden. Bettine briefe 2,
235 ; Wilhelm wollte seinen förmlichen abschied vom theater
nehmen, als er fühlte, dasz er schon abgeschieden sei und
nur zu gehen brauchte. Göthe 20, 115. Auszerdem aber drückt
abscheiden (part. abgescheidet, abgescheiden und später abge-
schieden) aus ein transitives trennen, separare: gleichwie unser
schwermer thun, scheiden die wort ab und lassen sie faren.
Luther 3, 363; wer eine abgescheidete freiet. Matth. 5, 32;
damit sie von irem manne abgescheiden würde. Kirchhof
wmdunm. 207';
lobt den tod, der mich (ur leiden
bat zum frieden abgescheiden. Logad 1,3,45;
dasz sie nicht mög ihn von dem land.
TOD ihm euch, uns von euch abscheiden. Weckherlm 503;
das übrige wasser aber, das die nalur in den bergen ab-
scheidet. Felsenb. 4, 568 ; der Chemiker scheidet die verschied-
nen Stoffe von einander ab; (der ring des Saturn) als sein
abgeschiedener theil. Kant 8, 310. in diesem sinn sind ab-
gescliiedene {elieleute) pers. rosenth. 6, 2 nicht von einander
iceggegangne, sondern ßrmlich getrennte, und Lcther ge-
braucht die abgescheidene Luc. 16, 18 für dimissa, «o ahd.
forläjaniu, goth. afsatida steht; er var aber nah daran durch-
weg xu verdeutschen die abgescheidete, «te Matth. 5, 32. 19, 9.
und in seinen werken 5. 382 gelesen wird, nachher mus: er ein-
gesehn haben, dasz auch scheiden schied transitive kraß hat,
diese nicht in ein scheiden scheidele gelegt zu werden braucht,
das wird auch durch sich scheiden bestätigt:
Wendel da scbieds durch grenze sich ab, und der grenzsteio
hub sich empor in die wölken. Klopstock 2, 80;
dasz sie sich vom leben abzuscheiden droht. Göthe 20, 174.
doch ist die schwache form an sich nicht unberechtigt, denn
auch im Th. Plater liest man: als er ehrlich ahgescbeidt
(war) für abgeschieden. Lcther verwendet sonst abscheiden
für fertig werden, zu ende kommen: welcher geslalt du mit
irae abscheiden wirst, das wollest uns durch dein schreiben
zu erkennen gehen. 1, 141*.
ABSCHEIDE.N, n. excessus und separatio.
ABSCHEIDER, m. der auf der hütte die erze scheidet.
ABSCHEIDU.NG, f. discessio und separatio, in der ab-
scheidung (im scJieiden) des tages. Staden M 4.
ABSCHEFN, m. splendor, Widerschein, abglanx: und discr
abschein des monds hat kraft die feuchte der naiflriicben
ding zu erregen. Sebptz feldbau s. 47.
ABSCHELFEN, ahschilfen, deglubere. Stiei.er 1719.
ABSCHELLEN, vi defringere, durch heftige erschütlerung
ablösen: der fusz ist zwar nicht gebrochen, aber das fleisch
vom knochen abgeschellt.
ABSCHELMEN, deeipere, abgaukeln, abbelriegen:
KO gibt si ei wider ur der statt
was si vor abgesrhelmet hat.
MukKCBS gnchmnll. 1519. jil.
ABSCHENKE, f. womit abgescheniä wird: ihm folgten i
lacpiais, welche die abschenke, die in einer groszen güldenen
kanne voll wein und einer schale voll allerlei confituren be-
stund, auf unsere tafel setzten. Felsenb. 4, 95.
.\BSCHENKEN, ein bestimmtes masz getränkes austheilen,
zumal an das reisegefolge des hofes. s. abschank.
ABSCHEREN, detondere, abschneiden, mhd. abe schem,
nnl. afscheren : das haar, den hart ron dem köpf, kinn ab-
scheren; dem ritter schar er auch das bar ab mit einer
scheren. Galut 293. heute schlechter: schor ab. abscheren
soll auch bedeuten absondern durch eine Scheidewand, was
mit dem begrif des Schneidens vereinbar wäre, doch gilt sonst
dafür das abführende abschauem.
ABSCHERRETE, /". für abscharrete, was abgescharrt wird:
so gib ich dir nit {spricht der becker zum bettler) die ab-
scherret auf meiner wirkbank. Fret garteng. s'.
ABSCHERZEN, ron einem durch scherz erlangen, vgl. ab-
schäkem.
ABSCHEU, m. absehen, abominaiio, heßiger Widerwille und
Verachtung, eigentlich scheu ab (ron) einem : es ist wahrer tief
eingewurzelter abscheu. Gotter 3, 4;
und nur auf den seh ich voll abscheu nieder,
der menschenliebe nie empfand. Gotter, 1, 422;
mancherlei Schmähung
sprachst du wider uns aus, du enisielleiest genTe zum absehen.
Voss Od. 2, 86.
e* kann darauf an, gegen, vor, über folgen, am seltensten der
genitiv : abscheu am vergieszen des bluts haben. Klincer 2,
151; er hatte vor den katzen wahren abscheu; mein abscheu
gegen die kranken nahm immer mehr ab. Göthe 26, 9 ; sie
äuszerten gerechten abscheu über eine solche that ; seit wann
haben sie denn den abscheu der spinnen verloren? Klopst.
II, 198. Abscheu steht aber auch für den verabscheuten, je
persönlicher, desto lebendiger : du abscheu, abscheu von einem
menschen I; ich abscheu. Gellert 3, 53; o pfui weich ein
abscheu, welch ein schreckbildl welch entsetzen! entferne
dich! Göthe 11, 301; wie hasz ich dich, abscheu und ge-
mahl, 0 Pluto I 14, 51 ; er stund der abscheu, wie ein eherner
teufel stund er. 42, 187.
ABSCHEU, f., untadelhaß, da scheu weibltch tst: mit gro-
szer abscheu. Opitz 3, 1S5 ; da dort die Lateiner eine solche
abscheu vor dergleichen getragen. Opitz poeterei 30.
ABSCHEUCHEN, abigere, deterrere, wegscheuchen, fort-
scheuchen: denn sie werden jene abscheuchen und abhalten.
Lcther 4, 244; dadurch torheit wird abgescbeucht. H. Sachs;
die Sünde abscbeuchen, fugare, deterrere;
\asz mich kein gut sunst von disem gut abschenben.
WeccHBRL. 25^;
wie wenn den funkelnden leun
oftmals hund abscbeuchen. Voss.
Rollekhagex schreibt abschewen :
das er die menschen, wolf und lewen
sol anmelden und helTen abschewen.
frosdtm. 1, 2. cap. 6. J6'.
ABSCHEUEN, n. horror, ein intransitives abscheuen hor-
rere, mhd. abe schieben, voraussetzend, ßr das belege man-
geln, nnl. afschouwen ; ein abschewens sagt irgendwo Er.
.\lbercs; diser gebreslen ist ein groszer übelstand und macht
einem schönen pferd ein grosz abschewen. Secter rosarxn.
292;
der tod
den köhnesten bracht ein abschewen. Wsckberli!« 316;
ich hatte aber gleich ein abschenen. Simplie. 1, 471; ein
solch abscheuen vor dem spielen, das. 1, 185 ; weiln er —
kein abscheuen getragen, das. 2, 111 ; kein abscheuens tra-
gen, weisth. 3, 370; wider (das) abschüben des gemüts und
wider die verlierung der vemunfl. Gersdorf wundarin. bl. 17.
jetzt ungebräuchlich.
ABSCHEUERN, purgare, ßir abscheiem (,<r. scheuem), nnl.
afsrhuijeren. den schmutz abscheuem, die pfanne, den kes-
sel, das fasz abscheuern, das zimmer abscbeuem. einen ab-
scheuern, ausschelten, sich abscheuem, abreiben: das kleid
bat sich abgescheuert, abgenützt.
ABSCHEUIG, abominabilis, verabsehenentwerth : gehässig
und abschenig machen. Lcther br. 5, 2$.
ABSCHEULICH, abscheulich, abscheu erweckend, scheuszlich,
nnl. ahschouwelijk: ein abscheulicher mensch, ein abscheuliches
gesiebt, bild; abscheulicher geslank; abscheuliches lasier; ai»>
7
Ö9
ABSCHEULICH — ABSCHIED
ABSCHIEDCHEN — ABSCHIFFEN
100
scheuliche that, abscheulicher gedanke. die mit Zerstörung rin-
gende natur in dem abscheulichen zustande ihrer Zerrüttun-
gen. Kant 8, 339. das ist abscheulich. Häufig im gemeinen
und vertrauten leben zur bloszen Verstärkung, wie ungeheuer
und andere Wörter: abscheulich reich, abscheulich schön, ab-
scheulich gelehrt. Lessinc 1, 248. Rabener 2, 116 ; es thut ab-
scheulich weh; ganz abscheulich vornehm. Gei,lert4, 141; ich
abscheulicher narr. Weise erzn. 67 ; einer hatte einen altvateri-
schen sammetpelz an mit abscheulich groszen knöpfen. 63;
schweizerisch abschuli schö, gued. Tobi-er 13*. Einigemal für ab-
schreckend, abscheuchend: auch ernstliche straf zum abscheuhli-
chen exempel. Frank f. ref. l, 50, 14 ; zur strafe ihres Verbrechens
und andern ihres gleichen zum abscheulichen exempel. Wielanp
0, 190. Am seltensten für abscheuend, sich scheuend : darumb
dasz er im also mit dienst verpflichtet, auch seinen leib bei
ihm aufzusetzen nicht abscheulich wer (sich nicht scheute).
KiRctiH. wendu)im. 54'; unmüglich anmutung der heiTn macht
abscheuliche diener gern (die davor zurück scheuen), das.
ABSCHEULICHKEIT, f. res nefanda, kein wort vermag
solche abscheulichkeit auszudrücken; welche abscheulichkei-
ten! quelles horreursl
ABSCHEÜVOLL : kein flusz verwäscht den greul von ab-
scheuvollen dingen. J. E. Schlegel 1, 56.
ABSCHICHTEN , separare, abtheilen nach schiclitcn : den
räum abschichten; im deutschen recht, kinder abschichten,
wenn sie aus der gemeinschaß des Vermögens treten und einen
theil davon für sich empfangen.
ABSCHICKEN, millere, absenden, entsenden : einen boten,
brief, die waare abschicken; sein gebet zu gott abschicken,
Seufzer zum himmel abschicken :
einen stummen seufzerton aus dem herzen abgeschicket.
Ch. Grypuius.
ABSCHIEBEN, removere, fortschieben, nnl. afschuiven: den
tisch von der wand, den schrank von der mauer abschieben;
eine schuld, ein verbrechen, einen tadel von sich abschieben.
bei Pferden, rindern, schufen heiszt es, dasz sie die zahne
abschieben, die letzten füllen, kalbs, lammszähne verlieren :
die jungen rosszähn, so die pferde abschieben. Pinter p/erd-
schatz. Frankf. 1688 p. 390, tvofür auch blosz, mit ausge-
lassenem acc, steht abschieben, was dann intransitiven schein
gewinnt : die kuh hat noch nicht abgeschoben ; abgeschobe-
nes vieh, das abgeschoben hat. im kegelspiel, einen abschie-
ben, mehr schieben als er, das verlorne, was zu viel war ab-
schieben, figürlich: er hat ihn abgeschoben, übertroffen, in-
transitiv, einen abslecher zur seile machen, s. abscinib.
ABSCHIED, rn., früher abscheid, was man sehe, und der
bedeutung nach, gleich diesem, Weggang, entfernung: der ab-
schied aus diesem leben, dei' tödliche hintrilt; (gedieht) auf
den abschied der durchleuchten fürstin. Opitz 2, 97. 93;
alle stunde und augenbiick zum seligen abschied gerüst.
Matiiesiüs 7'; der abschied (das scheiden) von den freunden
thut uns weh ; auf traurigen abschied folgt endlich freudiges
wiedersehn. Häufig aber die beim weggchn statt findende
förmliche beurlaubung, sowol das nehmen als geben des Ur-
laubs: abschied nehmen, seinen abschied aus dem dienst
nehmen; vom leser abschied nehmen, das buch schlieszen;
hinter der thür abschied nehmen, ohne abschied fortreisen;
den aJKSchied, enllassung fordern ; einem den abschied geben,
ihn entlassen, ihn verabschieden ; hiermit hast du deinen ab-
schied. Zuweilen der abschiedsgrusz und kus, das letzte
wort, vale :
lasz mein ang den abschied sagen,
den mein mund nicht nehmen kann. GöTiie 1, ib;
den abschied auf der söhne wangcn drücken. Klinceb 2, 214;
sein abschied lautete kläglich. Ebenso der bei feierlicher enllas-
sung einer Versammlung, beim ausgang eines handeis gcfaszte
und bekanntgemachte beschlusz, bescheid: der reichsabschied,
landtagsabsciiied, rcccssus »o« recedere, weggehn; darauf lietle
berürter ausschusz mit den Augustinern gehandelt und end-
lich den abschied genommen, das die Augustiner . . . überge-
ben sollen. Luther 2, 6".
bis dasz endlich geht ein abschied (bescheid). }. Ayrer 43*.
Luther schetnl abscheid wegganq und absciiied urlaub, end-
liche entscheidung oder Schlichtung willkürlich zu sondern,
doch treten schon ahd. sceidan, sceidün und scidön von ein-
ander ab, worüber mehr unter ifchciden und schied, apostelg.
18, 18. 21 machte seinen abschied mit den brüdern, ist fra-
tribus vale faciens. figürlich sagt man: den sünden, lästern
abschied geben, der weit abschied geben, entsagen und sterben.
ABSCHIEDCHEN, n. kleines abschiedsgedicht: etwa so ein
abschiedchen in versen. Fr. Müller 3, 40.
ABSCHIEDER, m. verabschiedeter soldat.
ABSCHIEDLICH, abschied nehmend oder gebend: abschied-
lich boten den grusz. Platen 129.
ABSCHIEDSBLICK, wi. der sterbeblick des vaters, der mul-
ler, und aller geliebten.
ABSCHIEDSBRIEF, m. scheidbrief, zumal entlassungsuT'-
künde, mit bezeugung eines guten Verhaltens, literae dimis-
soriae.
ABSCHIEDSGLAS, n. scheidetrunk : worauf denn dieses ab-
schiedsglas für diesmal gebracht sei! er leerte sodann seinen
becher. Göthe 23, 15. gegensatz zum willkommen für den an-
kommenden.
ABSCHIEDSGRUSZ, m. Hagedorn 2, 161.
ABSCHIEDSKUS, m. und nimm jetzt hier den abschieds-
kus! GöKiNGK 1, 237;
nimm, o weit, die letzten abschiedsküsse. Schiller 1, 86;
ich heuchelte bei dem letzten abschiedsküsse standhaftigkeit.
Rabener 6, 205.
ABSCHIEDSSTUNDE, f bis die abschiedsstunde schlägt.
GÖKINCK 3, 152.
ABSCHIEDSTAG, m.
auf auf ihr briider und seid stark,
der abschiedsiag ist da! Schubart
ABSCHIEDSTRUNK, «i. valettrunk, der letzte dargereichte
beeher. im allerthum pflegte man minne zu trinken, vgl. deutsche
mythol. cap. 3.
ABSCHIEDSWORT, n. das vale.
ABSCHIEFERN, squammatim sejungere, nach art des Schie-
fers sich in dünne blätter sondern, die färben schiefern sich
ab durch vieles reiben.
ABSCHIENEN, im bergbau, eine grübe mit schienen abzie-
hen, abmessen; sonst auch die schienen abnehmen.
ABSCHIENER, m. in den ungrischen bergwerken der mark-
scheider.
ABSCHIESZEN, emiltere, wegschieszen, herunlerschieszen.
den pfeil vom bogen, die kugel vom gewehr abschieszen,
dann den bogen, das gewehr abschieszen ; mit ausgelasscneni
acc, auf einen abschieszen, die flinte loslassen: abgeschos-
sen ! ; so giengs dem friedfertigen , nie auf einen gegenwärti-
gen abschieszenden mann sein lebenlang. J. Paul komet 3, 74.
mit beziehung des ab auf den getroffenen, erreichten : die
Spatzen vom dach, vögel vom bäum abschieszen ; wie viel er
Vögel abgeschossen. Lessing 1, 4; dem feind ward abge-
schossen (vom Pferde) mancher ehrlicher kriegsmann. Soltau
volksl. 405 ; es ward ihm abgeschossen von Meckelburg der
herzog wolgeborn. das. 407 ; einem den arm, fusz (vom leib)
abschieszen, den finger (von der hand). den Jägern heiszt
abschieszen alles eingestellte wild niederschieszen, woduich der
jagd ein ende gemacht (abgejagt, ausgejagt) wird; abschieszen
kann auch, wie abschieben, bedeuten einen übertreffen, näher
treffen. Intransitiv ist abschieszen schnell fahren, niederfal-
len: das dach musz abhängig sein, damit das wasser al>-
schieszen könne; der regen schieszl in strömen vom berge
ab; der pfeil schieszl ab, fährt durch die luß:
ein strahl abscliieszend klar und schnell. Weckukrl. 450;
der Zügel schieszl ab, senkt sich :
du durchrennst des lobcs bahn,
l'i'cund, mit abpescliossnera zügcl,
ich auch setz in vollem hiigel
auf das schöne we.scn an. FtRUiNC 459.
Figürlich, aber schön gilt von den färben, dasi sie abschie-
szen, verschieszen, erbleichen, gleichsam die hellen, lichten
strahlen entsandt haben und verlieren oder auch verfallen,
nnl. veischielen : die färbe ist abgeschossen; leibfarb und
liebfarb scbieszen bald ab; das äuge voll von jenen ab-
schieszenden graulichen gebirgsschluchten. Göthe 43, 28».
ABSCHIESZIG, declivis, sich senkend, gewöhnlich abschüs-
sig: ein versus fuemininus, welcher zu ende abschieszig ist
und den accent in der letzten, silben ohne eine hat. Opitz
poeterei 48.
ABSCHIFFEN, nave abire, 3U schiffe abreisen: vom lande
»>
101
.^SCHILDERN — ABSCHLAG
ABSCHLAGEN
102
abschiffen; sie sind schon weit von dem hafen abgescbift. |
transitiv : waaren, guter abschiffen, verschiffen. .
ABSCHILDERN, efßgiare, abmahlen, eigentlich auf dem j
Schilde als vapen (s. schildern), nnl. afschil deren : einen men- ,
sehen, eine blume, ein thier {nach dem leben) abschildern; !
einen von dem köpf bis auf die füsze abschildern; dasz der
mahler furchte, es möchte an färben mangein, wo er alle
abschildern soUe. Weise erzn. 4S8 ; {der mahler) halte sich ;
auch vorgenommen, alle jetzt lebende ältesten, wie auch an- '
dere gute freunde abzuschildern. Felsenb. 3, 353. AUmdlieh \
aber weniger die leibliche darslellung in färben, als die gei- :
stige, dichterische aller, auch der abstractesten dinge: als ein ;
poetischer mahler recht nach dem leben abschildern. GC\- I
THEB rorr. 9; ach lasz mich die traurige scene meines Jam-
mers dir abschildern; der Kallias, den du mir abschilderst.
Wieland l, 2S1 ; den hüchsten grad des crstaunens und der
bestürzung abzuschildern. 12. 43 ; niemand kann sich belei- |
digt hallen, wenn man ihn abschildert, wie er ist. 30, 144;
man kann das system der fixsterne durch das planetische
abschildern, wenn man dieses unendlich vergröszert. Kaxt 8,
254; du wurdest mir stolz abgeschildert.
ABSCfllLDERUNG, f. imago, darslellung, abbild. dieses ist
unsers S. abschilderung nach dem leben. IUbener 2, 282; i
die Urbilder der abschilderungen. Kleist 2, 144; die abschil-
derung, welche Juvenal von einem solchen graeculus macht. I
WiELASD 1, IS; war es überflüssig eine abschilderung von {
seinen sitten zu machen. 1, 68; ich machte ihr in wenigen j
aber starken zügen eine abschilderung von mir selbst. 27. 124 ;
der überall gern kleine kopien und verjüngte abschilderungen
von sich selbst sehen möchte. Lessing 1, 436; aus der ab-
schilderung, die man uns von ihm gemacht. Moser />. ph.
1, 154. Je kälter das tcort vard, ßgte man ihm auch, statt
der lebendigeren praep. nach und von den gen. oder ein auf
den geschilderten gegenständ bezogenes possessiv hinzu: hier
stehe die abschilderung .\gamemnons in dem opfer der Iphi-
genie. Herder 13. 94; die abschilderung eines wellzustandes.
Ficbte staatsl.i6; was nicht seinen dementen nach in ihrer,
der wissenschaftslehre abschilderung schon vorhanden ist, ist
sicher wider die vemunft. Fichte sonnenkl. ber. 194. tn fol-
gender stelle gehl das possessiv auf den schildernden:
Malthi>son. deine naturabscbildrung
SUSI wie tionis und fest wie wachs.
A. W. Schlegel.
ABSCHINDE.N, excoriare, abhäuten: einem stücke vieb die
haut, einem baura die rinde abschinden, einem die haut an
den fiogem abschinden:
tnig ihn scbnn hochrollend die wog an das schroffe gestad bin,
dort war ab ihm geschunden die haut und zermalmt die gebeiae.
Voss Od. 5, 426;
50 am gestein blieb jenem von festumklammemden bänden
abgeschunden die haut. dat. 5, 435;
jährlich nicht mehr, als der Russe lindenstämme für seine
bastschuhe abschindet, nemlicb 150. J. Pai-l Tit. 2, 3L da
in schinden ursprünglich selbst die Vorstellung der haut schon
enthalten ist, so setzt das beifügen dieses und ähnlicher Wör-
ter voraus, dasz jene längst verdunkelt war. das vieh, den
bäum, finger abschinden ist daher richtiger gesprochen, aber
schon mild, die hiutc heier zwcin tieren abe geschunden.
Iw. 469.
.\BSCHIRREN, jugum tquu delraliere, den pferden das ge-
schirr abnehmen, die pferde abschirren, die pferde sind sclion
abgeschirrt, gegensatz von anschirren.
ABSCHLACHTEN , maclare, dahinschlachten, ursprünglich
wol von deni halse, von der kehle schlagen, jugulare, jetzt fast
eins mit schlachten, das opfer, das kalb abschlachten, ablhun ;
wer sich par zu alber hält, wer sich gar zum lamme macht,
dieser wird als wie ein lamm von den Wolfen abgeschlacbl.
LocAU 3, 5, 46;
alle verlangten mit ungestüm, dasz die fakim zu den fuszen
der sterbenden unschuldigen abgeschlachtet werden sollten.
Wieland 8, 183; gelang das, so war die bürgcHiche gesell-
schaft von bisher mit wenig scharfen schnitten abgeschlach-
tet. Dablwaxn fr. rer. 167.
ABSCHLAFFEN, dependere, abschlappen, niederhängen : das
verzogene abgeschlappte untere augenlied. Lwaxers physiogn.
2. fragm. 32.
ABSCHLAG, deeussio, n. was abgeschlagen wird, forsl-
minntsch der abschlag an gefällten bäumen, tannenabscblag,
eichenabschlag, sonst auch afterschlag und abranm genannt,
ein abgeschlagner räum in gebäuden, verschlag : ein hospitai
mit 15 groszen und kleinen zimmern, für junge mädchen
kleine abschlage, um den pilgrimen beizustehn, wenns nolh
thut. Hippel 8, 299 {vgl. abraum). in» teichwesen, ein ablauf
des Wassers, wodurch es abgeschlagen, abgeleitet wird, bei
schrißgieszcrn heiszt abschlag die ins weiche metall geschla-
gene matrize. Figürlich was man abschlägt, weigert, zurück-
weist, abschlägige antwort: beschäinen sie mich nicht mit
einem absculag; abschlag {ripulsa) und falscher zorn. Wer-
der Ariost 1. 58, "; bei mir findt ir kein abschlag. Tewer-
dank 82, C; so wird sie mein abschlag nicht quälen. GCx-
TUER 260; ein gütiger abschlag. Logal' 2, 59, 28. was ab-
gerechnet, künftig davon abgeschlagen werden soll: in abschlag
bezahlen. Felsenb. 1, 163; auf abschlag geben oder zahlen:
auf abschlag bis dahin darfst du mich schon einige mal är-
gern. TiECK ges. nor. 1, 121; ich nehme keinen abschlag,
keine vorläufige, stückweise Zahlung an :
in rechter zeit ir kommen solt,
man wil kein abschlag nehmen an.
ixe. Atrer 23*.
Endlich was abschlägt, heruntergeht, abnimmt: ein abschlag
der kälte, plötzliche abnähme, Umschlag; was im preise her-
untergehl: ein abschlag der waare, das ist ein groszer ab-
schlag; in abschlag kommen, geraihen.
ABSCHLAGEN, decutere, dejicere, weg, davon schlagen, ahd.
apaslahan. mhd. abesiahen, nnl. afslaan: fruchte, äpfel, bir-
nen, nüsse vom bäum abschlagen ; ein stück vom steine, den
reif vom fasz, das schlosz von der thür abschlagen; dem
pferde die eisen abschlagen, dem stier das hom (Graff 6,
766); dem missethäter das haupt vom rümpfe, die band rom
arm, den finger ron der hand abschlagen; ich wil ir irea
hals abschlagen, fastn. sp. 256, 18 ; den kragen absiahen. 475'.
476, 23; den but rom köpf, den knöpf rom rock abschlagen,
absiahen auf dem Schlitten stehend, die überbangenden äste bei
der wegeluslralion. Kaltenbäck pant. 1, 264*. Jm krieg hies:
abschlagen so viel als erlegen, abnehmen, zurückschlagen :
wenn man im ein hundert tausent man abschlüge, so ist
er bald wider da mit so viel man. Letber 4, 445* ; an einem
orte hat sich eine mutter wider den Türken wehren müssen,
die bat dem Türken ihre zween söhne wiederum abgeschla-
gen und abgenommen. Melanchth. S, 653; das wir dem
teufel viel leute abschlagen und aus seim rächen reiszcn.
Luther 3, 1S5; das man inen {den roUengeistem) ja etliche
Seelen abschiebet und aus dem irrtbumb wider holet. 5, 513* ;
das nir unser lere , und glauben, Christum und gott bebal-
ten, und sie dazu dem teufel abschlahen und geninnen.
5, 516*; endlich befahl herzog Ganasch, dasz alles was rei-
ten könnte aufsitzen und nebst ihm seine geraubte tocbter
Catumern abschlagen solle. Lorenst. Arm. 2, 694 ; die los-
lassung der dem Asdrubal abgeschlagenen Spanier, das. 1,
S54; mit neun denen BataTem, drei den Tencterem und
zwei den Römern abgeschlagenen fahnen. das. 2, 1000; ob
ihm wol auf den schlesischen grenzen etliche fuhnlein abge-
schlagen sind, so ist er dennoch des orts durchgekommen
MicRÄLiLS a. Pomm. 5, 179; er ward übermannet und un-
barmherzig abgeschlagen, pers. rosenth. 3, 27; den sechsten
wagte man einen generalsturm, Vieilleville an der spitze,
allein er wurde abgeschlagen. Schiller 1100; den feind von
der Stadt abschlagen. Klinger 2, 114; der feige sucht den
lod, kühn schlägt ihn der tapfre ab. das. 2, 158; es liegt in
der nalur des inannes jeden streich von gewalt abzuschla-
gen, das. U 351. gangbar ist Iteute nur: den angrif, den
Sturm auf die bürg (besser ton der bürg) abschlagen, dagegen
den feind zurück schlagen.
und hclfl mir mit üech.« dölpeln {geldtticken) nur,
morgen schlagt mir sie wider ab. .\irer 23\
morgen mögt ihr sie mir wieder abnehmen. Im gegensatz des
aufscblagens heiszt abschlagen niif hammerschldgen niederbre-
chen , auseinander treiben : ein gezelt , eine bübne , einen
schrank, eine bude, ein bell und lager abschlagen: das im-
mer wiederholte ab und aufschlagen des lagers. Göthe 6, 108 ;
doch kann ein gerüst abschlagen auch bedeuten es völlig auf-
schlagen, vgl. abschlag, den kühlem ist abschlagen, wenn sie
den enizfmdelen meiler unten schlieszen und bestechen. Au-
szcrdemnoch: ein ei oder eiweisz mit dem queri abschlagen,
was sonst abmachen, abrühren, abquerlen. den mist abschla-
gen, ihn mit kakm vom wa^en xiehen. Einen teich abschla-
7*
103
ABSCHLAGEN — ABSCHLEIFEN
ABSCHLEIFEN— ABSCHLIESZEN
104
gen, ihn ablassen, den flusz abschlagen, ableiten, ihm andern
lauf geben; den bach abschlagen, seinen lauf hemmen, um
mit ihm die wiesen zu wässern, weisth. 2, 250; das hier ab-
schlagen, abziehen, das wasser abschlagen, den harn lassen,
eine althergebrachte redensart (mhd. sich des wajjers erlajen,
sinen brunnen verswenden): zuletzt wart im von nöthen
sein wasser abzuschlagen. VVickram rollw, 203; er wollte im
stall sein wasser abgeschlagen haben. Simplic. 1, 118 ; in den
hof mein wasser abgeschlagen. Tieck12, 295; der öfter händel an-
fängt, als ein trunkenbold sein wasser abschlägt. Göthe 57, 153 ;
sogar hunde wurden arretiert und auf die wache gebracht,
welche am schilderhäuschen den stürm der schildwache und
ihr eignes wasser abgeschlagen. J. Paul Nepomukkirche 118.
Figürlich, etwas abschlagen, von der hand, von sich schlagen,
ausschlagen, weigern : darumb woll wir die heirat abschlahen.
fastn. sp. 112, 32 ;
ich hab in nie nichts abgeschlagn. Airer C4*;
er ist meiner tochter unwerth und ich musz sie ihm abschla-
gen ; die bitte, das gesuch ward rund abgeschlagen«; meint in
seiner abschlagenden, herzlosen kälte noch tugendhaft zu han-
deln. TiECK nov. 9, 42 ; ich schlage mir das fest ihres besuchs
noch ab, versage es mir noch. i. Paul Hesp. 2, 53. dies wei-
gern geht über in die Vorstellung des davon nehmens, abzic-
hens: die lasz ich bleiben und will im ab irer kunst nichts
abschlagen. Frank weltb. 152". Endlich intransitive bedeuliin-
gen des abweichens, abnehmens und heruntcrgehns : welche
von gottes wort abweicht und abschlecht, corp. doclr. christ.
Lp. 1560 p. 928 ; und wie er auf die rechte hand abgeschla-
gen, ist er eilendts über den berg gezogen. Fronsp. 3, 29G';
wil derselbe nicht, so macht er einen andern aus, der im
sechs oder sieben beut, dasz der arm man sorgen musz, die
wäre wolle abschlagen, und fro wird, dasz er die acht nimpt,
auf dasz er bar gelt kriege. Luther 2, 488'. noch heute : er
schlug von der heerstrasze ab, auf einen nebenweg ein; die
kugel schlägt ab, fliegt zur seile; die waare schlägt ab, ist
abgeschlagen ; das körn schlägt auf und ab {mhd. slffit daj
körn ftf, slaet ej abe. Renner 15153); war es nur nit als teur
und tat wider abschlagen. Uhland volksl. 725 ; die kälte, das
weiter schlägt ab, wird gelinder; hin und wieder auch : die kuh
schlägt ab, gibt weniger milch, abschlagen für ausweichen,
defleclere de via kann auch durch transitives sich abschlagen
gegeben weiden, wie schon H. Sachs sagt: im wald mich von
der strasz abschlug, und den Jägern heiszt, wenn ein Ihier sich
allein begibt: es hat sich von dem wildbret, von den sauen
abgeschlagen, von der bildlichen phantasie schlägt der weg
des bildlichen witzes sich weit ab. J. Paul acsth. 2, 28.
ABSCHLÄGIG, abnuens, versagend, weigernd, zumal in der
redensart bescheid oder antwort geben, ertheilen. es war ihr
dieses abschlägige betragen immer in der seele geblieben.
Göthe 17,267.
ABSCHLÄGLICH, gleichviel mit dem vorigen, abschlagliche
antwort. Göthe 15, 122. 26, 200. 28, 245. lasz dir unsere ab-
schlägliche antwort nicht zu wider sein. pers. rosenlh. 2, 5.
ABSCHLAGSZAHLUNG, f Zahlung auf abschlag, abschlägige.
ABSCHLAGÜNG, f. abschlag, Weigerung: mit abschlagung
weiters fürbringens. Luther 3, 418 ; abschlagung meines kopfs.
Felsenb. 1, 33.
ABSCHLÄMMEN, limo purgare, von schlämme reinigen:
einen teich oder graben abschlämmen, zuweilen auch ab-
schlämmen.
ABSCHLÄNGELN, sinuare in modum serpentis, in sanfter
krümmung niederlaufen: ein bach, der sich abschlängelt.
ABSCHLAPPEN, s. abschlalTen. abschlappendes maul.
ABSCHLABFEN, s. abschlerfen.
ABSCHLECKEN, ablecken, delingere: da wurden dann die
beine so sauber abgeschleckt. Simplic. 1, 349. Stieler 1830.
ABSCHLEICHEN, furtim assequi, heimlich erreichen, er-
schleichen: wie die hirschcn sonst durch Jäger abgeschlichen
unil gprället werden. Hohberg 2, 617 ; du hast mir das listig
abgeschlichen, aberschlichen, von mir erschlichen, sich ab-
schleichen, furtim se subducere: hatte ich weiter nichts auf
meinem herzen, als mich mit guter manier von meiner hauen
abzusrhieichen. Felsenb. 4, 338 ; Graukern liat sich abgeschli-
chen (von der gescllschaß). J. Paul biogr. belust. 1, 164.
ABSCHLEIEUN, franz. düvoilcr, einigemal statt des übli-
chen entschleiern.
ABSCHLEIFEN, acuere, delerere, mhd. abesllfcn, nnl. af-
slijpen, das unebene, rauhe, rohe wegschleifen, reinigen, glät-
ten: den rost, die spitze von dem messer abschleifen, das
messer, die klinge am stein abschleifen, die schuhe abschlei-
fen, abreiben, abnützen, der ausziehende ritter will seine
noch ungebrauchten vvaffen abwetzen, abschleifen, den uner-
fahrnen knaben soll die weit abschleifen, den überbildeten
hat sie zu stark abgeschliffen:
ach, zeit und weltbrauch schlif den siempel
der treue bei den meisten ab. Götter 1, 449;
sein äuszeres ist sehr abgeschliffen. Hippel 9, 375; die Un-
ebenheiten einer theorie abschleifen. Kant 2, 34.
ABSCHLEIFEN, detrahere, mhd. abesleifen, nnl. afslepen,
hinab schleifen, schleppen: man schleifte den leichnam die
treppe ab (nnl. sleepte hem van de trappen af) ; guter, waa-
ren abschleifen, auf der schleife wegführen; das fasz ist schon
abgeschleift, der missethäter abgeschleift worden zum galgen.
auch intransitiv: die kleider schleifen ihr hinten ab, schlep-
pen nach auf dem boden.
ABSCHLEIFEB, m., der glas, spicgel abschleiß.
ABSCHLEIFSEL, n., abfall beim schleifen, das abgeschliffene.
ABSCHLEIMEN, limum adimere, den schleim entziehet^, weg-
nehmen: gerste, zucker abschleimen, die fische im teich ab-
schleimen, die Schnecken abschleimen. Fr. Müller 2, 22.
AßSCHLEISZEN, abscindere, abreiszcn, zerreiszen, nnl. af-
slijtcn: die kleider, schuhe abschleiszen, den hut, das luch
oder gewand, ein abgeschlissenes, abgetragnes, zerfetztes tuch ;
die glieder, und von vögein die flügel abschleiszen: die
durch lenge der zeit abgeschlissenen, ermüedeten glider. Thurn-
EissER influent. wirk. p. 2 ;
oft habens abgesclilissen
wol halbe Hügel zart. Spek trutzn. 130;
das thürmlein auf dem kloster war abgeschlissen, abgebro-
chen, zerstört, auch intr, die schuhe schleiszen ab.
ABSCHLEISZEL, n. der fetze, was abgeschlissen ist: wie
nun im harn solche abschleiszel ligen. Paracelsus 1, 768*.
ABSCHLEMMEN, s. abschlämmen.
ABSCHLENDERN, jactare pedes et brachia inter ambulan-
dum, nachlässig einher schreiten: er schlendert auf und ab,
ist eben die gasse hinunter abgeschlendert.
ABSCHLENKEBN, cxculcre, abschleudern: das wasser von
der hand, den koth vom schuh abschlenkern. nnl. afslin-
geren.
ABSCHLEPPEN, dam surnpere, heimlich forttragen: die
köchinnen haben gute freunde, die das essen abschleppen.
durch tragen abnützen: kleider, schuhe abschleppen, sich ab-
schleppen an dem wasser, an der last, ermüden.
ABSCHLERFEN, pedes trahere, durch streichen am boden
her abnützen, die schuhe abschlerfen. man spricht auch ab-
schlarfen und abserfeln. Tobler 6* abaschlerpa. vielleicht
unterschied die ältere spräche ein intransitives slßrfen slarf
geslorfen {fastn. sp. 261, 7) von dem transitiven sierfen slarfte
geslerfct.
ABSCHLEUDERN, excutere, gewaltsam abwerfen: das was-
ser, das bluf von der band abschleudern ; einen stein ab-
schleudern ; das Volk hat das joch vom nacken abgeschleu-
dert, inlr. die spulen schleudern ab, hei den zeugwirkern,
wenn sie ausspringen.
ABSCHLICHTEN, laevigare, abglätten, reinigen: bei den
gerbern, die feile abschlichten, bei den tischlern, ein bret ab-
schlichten, glatt hobeln ; steine abschlichten, behauen und ab-
reiben: da die greifswaldisclien grosze feldsteine aus den
bügeln kicuben und abschlichten lieszcn. Micrälids a. P.
2, 200,
ABSCHLIESZEN, recludere, was verschlossen werden kann,
gleichsam von der hand oder dem Schlüssel ab, zuthun und
sperren, nnl. afsluiten : das haus, zimmer, gemach, die thür,
kammer abschlPeszcn (rg/. abriegeln); das schlosz abschlieszen,
abdrücken, im gegensalz zu anschlieszen aber auch öfnen :
die fessel, kette absciilieszen, los, aufschlieszen. Figürlich
absolvere, etwas zu schlusz und ende bringen: die arbeit, das
geschäft, den handel, vertrag abschlieszen; die rechnung ab-
schlieszen ; den bund, frieden, wallenstillsland und gleichbe-
deulig den streit, krieg abschlieszen, durch den geschlossenen
frieden wird zugleich der krieg beendigt:
der sirfilt ist at)geschlos,sen zwischen mir
und dem golicbten hnidor. Schiller 494;
jedermann freute sich die vorbereiteten wichtigen geschäflc
abgeschlossen und bald geendigt zu sehen. Göthe 20, 144;
•'^
1 05 ABSCHLIESZEN — ABSCHMEISZEN
nachdem sich freunde beredet, gestritten, vereinigt, bezwei-
felt, überlegt und abgeschlossen. 45, 99 ; dort bearbeitete ich
die geschichte der farbenlehre, welche arbeit ich am 24 mai
vorläufig abgeschlossen bei seile legte. 32, 43; alle früheren
Vorsätze wurden nochmals durchgesprochen, der platz des
neuen bauses nochmals gebilligt und der kreislauf der wege
bis dahin abgeschlossen. 17, S6. Es gill aber auch zumal
von einem innerlichen sich sammeln, absondern und mit sich
fertig u:erdcn, was dann aus dem transitiven begrif in den
intransitiven einzutreten pflegt: die kunst wird in ihre gren-
zen abgeschlossen, schlieszt sich ab, schlieszt ab und steht in
sich abgeschlossen: die anfange einer abgeschlossenen kunst.
GüTHE 24, 233. sein dasein abschlieszen, mit sich abschlieszen :
und nun fühlte er sich zum erstenmale gebindert, eben da
er seinen Jugendfreund an sich heranziehen, da er sein gan-
zes dasein gleichsam abschlieszen wollte. 17, 15 ; der sich eine
eigne und abgeschlossene existenz bildet. 24, 112; gewohnt
mich von der auszenwelt völlig abzuschlieszen. 32, 42 ; er hat
längst abgeschlossen, vielleicht schlosz er so mit sich ab
[ward mit sich fertig). Dahlmasn fr. rev. 451.
AßSCHLIESZLICH, zu ende gelangend, zumal ah adverb
im gebrauch: gewisse einwilligungen und bestätigungen sei-
nes geschäfts abschlieszlich zu negociieren. Göthe 22, 82;
die lücken des historischen theils der farbenlehre abschliesz-
lich auszufüllen. 31, lOS.
ABSCHLÜPFEN, delabi, abgleiten: der fusz schlüpfte ab;
damit das band nicht abschlüpfe; das glas schlüpfte aus der
band ab, besser entschlüpfte, nnl. afslippen.
ABSCHLCRFEN, desorbere, oben ab trinken : den rahm von
der milch, das fette von der brühe, den wein vom becher
abschlürfen.
ABSCHLURREN, statt des üblicheren abschlerfen und wol
daraus entstellt: sie fahren mit den ellenbogen an tische
und wände, schlurren schuh und Stiefel ab. Tieck 3, 265.
ABSCHLL'SZ, m. sinnlich, der abschlusz des zimmers ; ^e-
tcvhnlich die beendigung, vollbringung des geschäfts und han-
deis; der friedensabschlusz ; abschlusz des kaufs; das ganze,
wo nicht der Vollendung, doch dem abschlusz näher bringen.
Göthe 32, 94, wo der icirklichen zustandebringung der blosze
förmliche beschlusz entgegen steht, zu abschlusse kommen.
ABSCHMACK, m. ingralus sapor, gleichviel mit abgeschmack,
das bräuchlicher ist. mhd. äsmak : edel win muo; nieten von
swacbem va^^e äsmackes sich. Fracenlob 58.
ABSCHMACKIG, insipidus: das hier wird nicht sommeren-
zig noch abschmackig und sauer. Hohberg 3, C6'. iorisl ab-
geschmack, mhd. äsmeckic: äsmeckic wirt in drin tagen der
visch. MS//. 3, 100".
ABSCHM.\LERN, deminuere, verringerte: werden ihm rings
abschmälern das erbgut. Voss.
ABSCHMATZEN, deosculari, abküssen: dasz er sie nicht
beim köpf nehmen und weidlich abschmatzen darf. Göthe
33, 42. s. schmatzen.
ABSCHMATZEN, decidere, abhauen: wann die bäume zu
hoch abgestammet und gefallet, absonderlich die stocke nicht
alsobalden mit abgeschmalzel werden. Hohberg 3, 338*. nach
Schneller 3, 478 ist schmatz der im boden stehn gebliebene
stock eines gefällten baums, dann aber klotz, blotz, ebenso die
£cbmatze icas gehauen und geschlagen werden soll, das wort
scheint also mit abmeiszen, abmetzeln, dann aber mit ab-
schmeiszen, abschmelzen nah verwandt, vgl. schmeiszen.
ABSCHMAUSEN, comedere, abessen, die kirschen vom
bäum abschmausen, den bäum abschmausen, einen abschmau-
sen, ihm alles verzehren, abscbmausen, fertig essen.
ABSCHMECKEN, saporem amiltere, den geschmack verlieren.
wenn eine speise lange steht, wird sie abschmeckend. Thüji-
«EL 7, 89. vgl. abschmack, abgeschmack, abgeschmackt, nnl.
afsmakken.
ABSCHMEICHELN, adulando consequi, schmeichelnd ab-
locken, abnehmen, nnl. afsmeeken: sechs hundert thaler ab-
geschmeicheil, ehe eines mannes 223; und mein kind selbst
hat er mir abgeschmeichelt. C. F. WtiszE ; können sie sagen,
dasz sie keiner mit herzlockenden schwüren ihre gunst abzu-
schmeicheln gesucht Göthe 19, 132; ich drang und schmei-
chelte es meinem genius ab. Klinger 9,16.
ABSCHMEISZEN, decidere, abhauen, abschlagen, abwerfen,
nnl. afsmijten. einem den köpf abschmeiszen, abschlagen;
die häode sind entzwei, der köpf ist abgeschmissea.
A. Grtphius;
ABSCHMELZEN — ABSCHNEIDEN
106
ich will dich abschmeiszen, schlagen, knüllen, schmieren, dre-
schen. Thür.neisser magna alchym. 2, 29 ; die äpfel, nüsse
von den bäumen abschmeiszen ; das pferd hat seinen reiter
abgeschmissen ; den hut vom gesiebt abschmeiszen ; einen ab-
schmeiszen, beim kegelspiel, abwerfen, mehr als er werfen,
in allen diesen bedeutungen gilt schlagen, hauen, werfen für
edler und anständiger, vgl. abschmatzen.
ABSCHMELZEN, deliquescere, mhd. abe smelzen, nnl. af-
smellen, herunter schmelzen : das blei ist von dem brennenden
dach heisz abgeschmolzen, der fusz von dem leuchten, der
Schnee von dem berge, figürlich, zusammenschmelzen, sicA
vcrtropfen, verringern: von dem gelde schmilzt täglich ab;
daher manchem der feiste wanst
tbut merklich sehr abschmelzen.
SoLTAü rolhsl. 468.
ABSCHMELZEN, deliquare, mhd. abe smelzen, liquefacere:
die sonne wird den schnee bald abschmelzen, abgeschmelzt
haben; er hat den deckel von der kanne, das blei von dem
Silber abgeschmelzt, in der hüttensprache abgetrieben.
ABSCHJßiTTERN, profligare, niederwerfen, scheint verstärktes
schmeiszen, schmelzen und darum niederdeutsch : ein blizstrahl
schmetterte den bäum, die nachtigall schmetterte ihr lied ab.
ABSCHMIEDEN, decudere, nnl. afsmeden, schmiedend ab-
lösen : dem pferde die eisen abschmieden, abbrechen, sich ab-
schmieden, durch schmieden ermatten.
ABSCHMIEREN, delinere, abstreichen, nnl. afsmeren: die
butler vom brote wieder abschmieren, figürlich, einen bogen
geschriebenes schnell abschmieren; einen abschmieren, prüje/n;
ist er schon ein weng abgesclimirt worn. Atrer 104';
schmieret die alte hure zum tügen ab! A. Crtphids 1,782;
so möcht ich im gram die karbatsche erwischen und sie so
abschmieren, dasz sie erführen wie sorg und nachdenken thuL
TiECK 5,492.
ABSCHMIERER, m., ein elender abschreiber.
ABSCHMUTZEN, sordidum facere, den schmutz fahren las-
sen : die stiefeln schmutzen ab, die wand schmutzt ab. tran-
sitiv maculare, schmutzig machen: viel wasche abschmutzen;
ihre abgeschmutzte wasch und hemder. mägdelob 29.
ABSCHNALLEN, dißbulare, gegensatz von anschnallen, das
feileisen vom pferde abschnallen, den gurt vom leib abschnal-
len, sich den degen abschnallen:
er schnallt den barnisch ab, legt heim und lanze nieder.
WlELANO.
ABSCHNAPPE.\, excidere, schnell ab oder zufahren, ablau-
fen, von schlosz und angel gebraucht : der bahn an der flinte,
das schlosz schnappte ab, die thür ist abgeschnappt; einmal
zerbricht mir der bogen, das andermal schnapt mir der bol-
zen ab. Weise comöd. 175; die uhr ist abgeschnappt. Figür-
lich sterben, wie abfahren, abgehn : wenn alle abschnappen,
die von der sache wissen, bleibt auf die letzt keiner der mich
verrälh. Fb. Müller 3, 391. plötzlich im reden einhalten : mit
einem seufzer abschnappen. Tieck 3, 308; musz ich nicht
mitten in den zärtlichsten oder erhabensten stellen abschnap-
pen ? J. Paul uns. löge 3, 41 und sonst bä diesem Schriftstel-
ler oft. Transitiv das schlosz abschnappen ; schnappe die thür
ab, dasz uns niemand störe ; und so läszt sich auch jenes
abschnappen, einhalten fassen mit dem ausgelassenen acc. rede.
ABSCHN.\TTERN, crepitare, gleich der ente oder dem storch.
ABSCHNEIDEN, ampulare, davon schneiden, nnl. afsnijden,
mhd. abe sniden. sinnlich: das körn vom acker, die blume
vom Strauch, die traube vom weinstuck abschneiden ; den
ast vom bäume, das bret vom stamm, das brot vom laib.
den faden vom knäuel; das haupt vom hals, den finger vor.
der hand, das glied vom finger abschneiden ; die kehle, gur-
gel. vom vogel. dann auch den acker abschneiden, ernten,
und Vögel abschneiden, schlachten: hüner abschneiden, pol.
maulaffe 146 ; man sollte gesagt haben wegen der rolhen färbe
des auf den fuszboden gegossenen weins, dasz dar gänse oder
Vögel abgeschnitten worden, pers. baumg. 4,6; das kind schlug
heftig nach dem küchenmädcben, das einige tauben abge-
schnitten hatte. Göthe 20,139. In der anwendung auf andere
gegenstände mit persönlichem daliv, einem etwas nehmen, ent-
ziehen: einem das wort abschneiden, coupcr la parole, einen
redenden unterbrechen und schweigen machen: da sagte der
weise könig in seiner spräche die verständigen worte: Ben-
venuto, ich schneide dir das wort im munde ab (io ti ta-
107
ABSCHNEIDEN — ABSCHNIPPEN
ABSCHNIPPERLING — ABSCHRAMMEN 108
glio la parola). Göthe 35, 119 ; das brot von oder vor dem
munde abschneiden: die denen, so etwas meritiert, das brod
vorm maul abschnitten. SimpHc. 1, 60; einem ehre, glimpf
und guten namen abschneiden: auch (sollich) helfen die un-
nützen meuler stopfen, so in ire ehre abschneiden oder Ste-
len. Ll'Ther 6, 312';
ja man sclineidt oft mancher frauen
unschuldig ah ilir ehr und glimpf. Atrer 65";
er hat mir meinen ehrlichen namcn abgeschnitten. Gotter
3, 295 ; (die heuchelei) schnitt den Circassiern allen willen und
alle kraft zur rückkehr ab. Klinger 10,224; dem feinde die
flucht, den weg abschneiden ; was soll ich thun, da sie mir
allen einflüsz abzuschneiden suchen? Klingers Iheat. 2, 151;
es fehlt nichts, als dasz dir deine frau auch noch den raucli-
tabak abschnitte. Gotter 3,246; uns war die kleinste künde
von dieser Sache abgeschnitten ; alles ist uns abgeschnitten.
Mit bloszem acc, etwas abschneiden, aufhören machen, tilgen,
unterbrechen: ich hett mein dienst ee abgeschnitten {aufge-
geben), fastn. sp. 166, 3 ; ich berste fast für zorn und Wider-
willen, und bitte, schneit (schneidet) die sache nur abe, höret
auf weiter mit inen zu handeln. Luther 5,147';
und schneid nit ab der tugent kraft.
SCHWARZENBERG 158, 1 ;
damit ich schneid gar leichllicli ab
itz alle sorg umb zeillicli hab.
das. 150, 2 ;
darumb wolle e. k. mai. solche ungereumbte parcrga gnädig
abschneiden. Ayrer proc. 1, 6 ;
eil doch ihr lästern und ihr If^lden
DU beedes abzuschneiden. VVeckheri.. 14t.
Weiler auch sondern, trennen, unterscheiden, abstechen, ab-
grenzen: dieser wird so abgeschnitten, dasz er die taille ab-
schneidet und die lippen des corsets bedeckt. Götiie 27, 65,
wie schon unser mittelalter die taille der frauen dem gelenic
und einschnitt der ameisc verglich; eine schwarze linie, die
sich von dem verdüsterten braunen erdreicli scharf absclinitt.
GiJTiiE 30, 299 ; mit weiten schritten drang er gegen den wald,
den ein breiter graben abzuschneiden schien. J. Paul Tit. 2,
50; das feindliche beer sah sich völlig von der Stadt abge-
.schnitten. in diesem sinn heiszl genau und scharf abschnei-
den etwas unterscheiden und gesondert auffassen, das abge-
schnittene läszl sich rein wahrnehmen, tritt aber auch schrof
entgegen: scharf abgeschnittene eigenthttmlichkeilen. Kant 10,
80 ; nichts ist unerträglicher als abgeschnittene eigenheit an
demjenigen, von dem man eine reine, gehörige thätigkeit for-
dern kann. Göthe 20, 197 ; je älter er ward desto abgeschnit-
tener fühlte er sich von aller gesellschaft. 20, 2G2. Bei den
müllern hiesz abschneiden so viel als abrechnen, weil es durch
einschnitte ins kerbholz geschah, im bergwerk sich abschnei-
den aufhören: die erze sciineiden sich ab, der gang schnei-
det sich ah ; der (gott) kan auch erz nach seinem willen wach-
sen und dasselb sich wider abschneiden und verlieren lassen.
Matiiesics 30'; so gehets auch in zechen, das sich oft das
erz verdruckt oder gar abschneidt. das. 37'; da es sich alles
abgeschnitten und verloren hat. 38'.
ABSCHNEIDSEL, n. nnl. afsnijdsel, segjnentum, sarmenlum,
s. abschnitzel und vgl. ahd. äsneita, äsneitaha sarmenla. Graff
6, 844.
ABSCHNEIE.X, ningere, niederschneien, ausschneien, nnl.
afsnoeijen : so iiat er doch das düstere gewölk an die berge
geworfen, wo es dann abregnen, abschneien oder sich selbst
verzehren kann. Göthe 45, 295.
ABSCHNELLEN, exculere, gewaltsam abfahren: der pfeil
schnellt vom bogen ab ; dasz mein lebensfaden aciitfach ge-
nommen am ersten zehentheil {der schulden) abschnellen musz.
Schiller 146 ; im augenblick schnellte der galgen ab. tran-
titiv: den pfeil vom bogen abschnellen, fahren lassen:
dem stets abschnellenden ähnlich.
ABSCHNEUZEN , emungere, nnl. afsnuiten : die kerze ab-
schncuzen ; nach abgeschneuzten kohlen de« kienholzes su-
chen. J. Paul kom. anh. zu Tit. 1, 44.
ABSCH.NIPPELN, frustulattm ahscindere, in kleinen stücken
absondern, nnl. afsnipperen, frequentativc des folgenden.
ABSCFIMPPEN , ahscindere, zerfetzen, abreiszen in kleinen
enden und spitzen, der hochd. form wäre schnipfcn gemäsz.
haare, wolle abschnippen.
ABSCHNIPPERLING, m. den tuchmachcrn, abgang der wolle.
ABSCHNIPSEL , n. frustula, was in kleinen flocken und
stücken abgeht, dieser abschnipsel {vom holz) wird einen holz-
handel an banden geben. Weckherlin.
ABSCHNITT, wi. segmcntum, nnl. afsncde f. sinnlich: der
abschnitt des fuszes, des balkens, kegeis, der kugel, der
ähren ; abschnitte, einschnitte, graben, die in der erde, im
forst gemacht werden : verwahreten wir den aus- und eingang
solcher bequemlicher wege mit tiefen abschnitten und andern
verhindernissen. Felsenb. 1, 419. figürlich, ein abschnitt, eine
abtheilunq des hauses ; abschnitt des buches, der erde; ab-
schnitt des Verses, caestir {in mehrern ausgaben von Opitz
poeterei steht dafür fehlerhaß abschritt); abschnitt des lebens,
der geschichte : ein neuer abschnitt meines lebens beginnt.
ABSCHNITTCHEN, n. diminutiv des vorigen: ich will noch
ein abschnittchen vorlesen.
ABSCHNITTLEIN, n. dasselbe, so nennen auch die kicmpncr
die abgänge, abfalle vom blech.
ABSCHNITTLING, m. dasselbe: abschnittling von einem
Schumacher in wasser gesotten. Pinter pferdschatz. Ff 1688
p. 429.
ABSCHNITZ, m. nochmals segmentum: ein meier wirt ab-
schnitz und holz sammelen und hauen, das jar durch sich
dabei zu wärmen. Sebiz feldbau s. 57 ; nimb zerribne saifen
und die abschnitz von des rosses huefen. Seüter rosarznei
s. 205.
ABSCHNITZEL, n., das vorige, wer phantasie hat, macht
sich aus jedem abschnitzel eine wunderbare reliquie. J. Paul
uns. löge 3,170; bei seinem abschnitzel von stimme. J. Paul
Fibel s. 223. vgl. abschneidsei.
ABSCHNITZELN, was das folgende.
ABSCHNITZEN ^ secarc, eine fortbildung von abschneiden,
wie schnitzen {ahd. snizan) von schneiden, durch kleine schnitte
absondern, zumal mit der Vorstellung des bildens: eine figuf
von holz abschnitzen. schnitzte dem bäum die wurzel ab.
J. Paul Fibel s. 14.
ABSCHNITZLING, m. abfall beim schnitzeln: abschnitzling
vom papier. Simplic. 1, 351.
ABSCHNÜREN, funiculum solvere, von der schnür, mit der
schnür lösen und messen: den mantelsack abschnüren; einen
gang, ein beet im garten abschnüren; Wilhelm half die per-
spective bestimmen, die umrisse abschnüren. Göthe 18, 263.
eine warze abschnüren, abbinden; wenn der henker dem dien
die kehle abschnürt.
ABSCHNURREN, sonando avolare, schnurrend abfahren, los-
fahren : die spule ist abgeschnurrt ; der käfer schnurrt ab ;
ebenso sehr hielt er an einem augenblicklichen, unangeneh-
men eindruck fest und liesz seine empfindungen dabei ohne
mäszigung abschnurren. Göthe 25, 261. transitiv, abschnurren
lassen, entsenden:
was im köpf uns heimlich murrt
wird abgeschnurrt. Voss 6, 23 ;
sie hatte kaum ihr drittes vaterunser vor dem fenster abge-
schnurrt. Arnim 1, 3; sein paternoster abschnurren. Bettine
hriefe 2, 112. doch in beiden letzten stellen ist abschnurren
deutlich ein abschnüren des rosenkranzes, von der schnür ab-
drehen und auch die abschnurrende spule läuft von der schnür
ab, das dabei entstehende ger dusch hat die nebenvorslellung des
Schalls erzeugt, rr entfaltet sich schon ahd. aus ri, mehr bei
schnuiTcn.
ABSCHOCKEN, sexagenos disiribuere, schockweise abtheilen :
nüsse abschocken.
ABSCHÖPFEN, hauriendo delrahere, herunter schöpfen: den
rahm oben von der milch abschöpfen, das fett von der brühe,
den Schaum vom zucker abschöpfen, dann die milch, die
brühe, den zucker abschöpfen, figürlich, etwas oben ab-
schöpfen, leicht behandeln, ohne auf den grund zu dringen,
aber auch das beste oben wegnehmen: was er anführt ist so
kahl, so oben abgeschöpft. - Lessinc ; abschöpfend eine ewge
schuld. Schiller; er hat ihm alle diese entdeckungen abge-
schöpft.
ABSCHOSZ, m. tributum, eine abgäbe von solchen zu ent-
richten, die aus dem land abziehen, s. schosz.
ABSCHRÄGEN, obliquare, schräg ablaufen lassen : eine niichc
abschrägen.
ABSCHRAMMEN, defringere, die haut abstreifen, leicht ver
wunden: der ruuhc stein schrammt ab die haut. Bürger.
w»
109 ABSCHRÄNKEN — ABSCHREITEN
ABSCHRÄNKEN, lignis Iransversis sepire, nach schranken
sonderv: der fuszpfad nach Lüde, zwischen abgeschränkten
Weideplätzen her. Göthe 31, 102.
ABSCHRÄNZEN, abrumpere, abscindere, durch risse son-
dern, abreiszen: wann das erdbeben ein stück felsen ab-
schrenzt. Scbecchzer 134; in dem concilio zu Costenz band
ir vil lands abgeschrenzt. Rüffs torspiel zu EUer Heini 62S;
so sich die knecht thun abschrenzen, wollen auf den wägen
faulenzen. Froxsp. kriegsb. 3, 94*.
ABSCHRAPPEN, deradere, abscharren, nnl. afschrapen : den
trog, die pfanne abschrappen; man schrapte ihr das fleisch
mit scharfen austerschalen Yon den knochen ab. Riemb. Gib-
bon 9, 31.
ABSCHRAUBEN, cochleam relorquere, losschrauben, nnl.
afschroeven: den hahn von der flinte, das schlosz von der
thür abschrauben ; die flinte abschrauben ; er schraubte un-
sertwegen den hut vom köpfe ab. J. Paul uns. löge 1.11.
ABSCHRECKEN, absterrere, deterrere, fugare, eigenUich ab-
springen vtachen, absprengen, transitiv des alten schricken,
springen, daher weidmännisch, das wild abschrecken, sonsl
auch erschrecken, aufjagen, aufsprengen: abschrecken heiszt
es, so dem hasen vor tags, wann er gen holz will fahren,
fürgericht wird. Sebiz feldbau 568. ebenso das warme oder
kalte durch hinzulhun des kalten oder warmen abschrecken,
umspringen lassen : den gesottenen fisch mit essig abschrecken,
besprengen, dasz er blau anlaufe; das kalte wasser abschre^
rken, durch eingusz von warmem : nimb zwei pfund schmeer,
das schreck auf einem wasser ab. Secter rosarznei p. 269.
Einen abschrecken, einen auffahren machen, in furcht jagen
und von etwas abhalten: eine alte sage schreckt die schifl'er
ab, sich der insel zu nähern. Gotter 3, 560 ; er liesz sich
bald von seinem löblichen vorhaben abschrecken ; eine jeder-
mann abschreckende (empörende) geschichte. in der früheren
spräche, einem etwas abschrecken, durch drohen und einge-
fiüszte furcht abnehmen: so weisz ich doch auch widerumb,
das Christus noch lebet und regiert, und bin des gewis, und
!asz mirs auch in keinem weg abschrecken, es sein im unter-
worfen alle ding. Luther 1, 211' ; wo (Münzer deti Pfeifer) nicht
ziehen liesz und ihm das volk abschreckt. 3. 128 ; inen allen
(omnibus) gelt abtrewen (aWroAen) und abschrecken. Pauli 5;
den kaufleuten ir geld abschrecken. H. Sachs IL 2, 8";
damit schreckt ihr eur brief ihm ab. Ayrer 445':
nnl. afschrikken, transitiv und auch intransitiv.
ABSCHREIBEN, describere, nnl. afschrijven: von der Ur-
schrift abschreiben; den brief von dem entwurf abschreil)en ;
die runden Scheiben, die Dürer auf diesem bilde von seiner
eignen wohnung abgeschrieben hat. Tieck Sternb. 1, 155 ; hierin
habe ich nur die natur gleichsam wörtlich abgeschrieben.
Schiller 102. beim rolk auch für abmahlen: er läszt sich
abschreiben (s. abschrift). Dann abschreiben abrechnen, im ge-
gensats des zuschreiben?, einem in der rechnung abschreiben.
Schweimchex 1, 364. abschreiben, wie abmelden, das vorher
geschriebne aufkündigen: er sollte kommen, ich habe ihm wie-
der abgeschrieben. Endlich durch schreiben abnutzen:
die feder sollt ich auch rergeblicb abzuschreiben
noch in bedenken stehn. LoiiAU 3,214;
abgeschriebene federn, im gegensalz scharf geschnittener.
Guthe 17, 60; mir dazu eigens eine feder schneiden, indem
die gegenwärtige abgeschrieben ist. 38, 141; ich schreibe mir
fast die finger ab. sich abschreiben, müde tchreiben.
ABSCHREIBER, m. ein copist.
ABSCHREIEN, declamare, laut herschreien: ein lied (von
der kehle) abschreien ; der wuchter schreit ab. einem etwas
abschreien, durcli geschrei mehr als durch gründe absprechen:
viel stolze klujre schreien
dem armen sterblichen des willens freiheit ab.
Hagedor-n.
sich abschreien, müde und von krdflen schreien.
ABSCHREITEN , descendere, absteigm, abgehn : er «chrilt
nb vom pferde;
man zog ihr wackre» thier,
woraur sie lierKerilien.
nachdem sie abgeschrilien,
gleich in den stall von hier. Bürger 23*;
vom berge langsam abschreiten, den herg abschreiten, mit
schritten, tritten abmessen: feld, garten abschreiten, figürlich
abweichen : vom pfade der tugend abschreiten ; habe ich doch
oothwendig von seiner meiniiiig abschreiten müssen. Loqexst.
ABSCHRENZEN — ABSCHÜRFEN 1 1 0
ABSCHRENZEN, s. abschränzen.
ABSCHRIFT, f copie, nnl. afschrift. abschrift geben, neh-
men, auch abbild:
mein auce sah von dir sonst nichts
als nur die abscbrirt des gesichts. BErger 90'.
ABSCHRIFTLICH, in gestalt einer abschriß: abschrifllicher
beischlusz ; die verlangte Urkunde folgt abschriftlich, in ab-
schriß; früher auch für schriftlich: mich auch darum ab-
schriftlich zum oftermal ersucht. Froxsp. kriegsb. 1, i'Oir.
ABSCHRÖPFEN, scalpello sanguinem detrahere, abziehen:
einem das blut abschröpfen ; in der landwirtschaß die spitze
des getraides absicheln : das kern, den waizen abschröpfen.
figürlich, einen abschröpfen, aussaugen, enlkräßen.
ABSCHROT, m. segmentum, praesegmen monelae, orapanni
avulsa, resecta. tocab. 1482 vnd vocab. incip. teut. ante lat. ;
ein seh. heller für den abschrot und abgusz. Meusel gesch.
forscher 1, 116. mhd. äschröt:
funde ich veile solche wät,
in der der sele würde rät,
der mohte ein eilen tiure sin,
ir müese ein äschröt werden min. flenn. 20788.
ABSCHROTE, f. den schlossern ein kleiner schrotmeiszel.
ABSCHRÖTEL, n. diminutiv des vorigen.
ABSCHROTEN, resecare, mhd. abe schroten: ein eisen,
den draht abschroten, abmeiszeln ; ein stück von dem klotz
abschroten, den klotz abschroten ; weiszes silber mit meiszeln
abschroten! Mathesius 63"; (der fisch) sol einen so harten
schwänz haben, dasz er nit ohne arbeit mag abgeschroten
werden. Forer fischb. 173"; den felsen abschroten: man hat
sich auch unten einen länglich viereckten gartenplatz durch
Verdrängung des flusses an der einen, und durch abschroten
des felsens an der andern seile verschaft. Göthe 25, 322;
eine quelle abschroten, abschneiden, ableiten, an andere
stelle versetzen; bei den müllem, das getraide abschroten,
grob mahlen; ein fasz wein, hier abschroten, es von dem
wagen wälzen, stoszen, mit seilen abziehen, figürlich einen
abschroten, abreiben, polieren; mhd. ein abschroten ribaldie,
abgeriebene, feine belrügerei. Renn. 2065.
ARSCHRÖTLEIN, n. segmen, rescgmen: jener aber rüstete
aus dem abschrötlein wieder ein frühstück. Simplic. 1, 115;
die abschrötlein vom pergament. das. 2, 436. mhd. äschroetlin :
renftlin, spitzlin und äschrnetliu
von bröte, bier, raet und win. flenn. 9955,
wo die hs. abschrotlin darbietet, was nach aschrül zu bes-
sern war.
ABSCHUß, m. digressio, ein abstecher, abschweif, reise nr
Seite: da er in Florenz für seine kunst noch genug zu ler-
nen fand, so gereute ihn anch dieser abschob nicht. Tiece
Sternb. 2, 355.
ABSCHUHEN, disealeeare, die schuhe ablegen, abziehen:
nun schücht euch ab, liebe zen, ir müst aber walten! heiszt
es kühn in einem weinspruch von 1475, entschuht euch, zdkne,
ihr müst wieder ins nasse, euch von wein benetzen laszen.
ABSCHULDEN, rependere, abtragen, vergelten: würde so
meinen geringen dienst überflüssig abschulden. Lohesst. i4rai.
1, 521; er dankte ihm für die heldenmäszige beschirmung
seiner länder, welche er und Deutschland nimmermehr ab-
zuschulden fähig wären, das. 2. 257.
ABSCHULTERN, tollere de humeris, bei den Soldaten, das
gewehr von der schütter nehmen: mein rath wäre, dasz der
phalanx wieder abschultertc und die ausgerückte mannschaft
wieder einrückte. Claudius 8, 156; den mehlsack abschiil-
tem. McsÄüs 4, 143.
ABSCHÜPFEN, detrudere, von der stelle schieben, stoszen.
nni. afschoppen : dadurch man fürnimpt, dem nehesten et-
was abzugewinnen und in von dem seinen abezuschüpfen.
LimiEB 4, 407*.
wölch die göttlichen recht abschünren.
B. Waldis p. Reych K iii'
LoBEKSTEiN Am. 1, 161 sdweibt tadelhaß abschippen.
ABSCHUPPEN, desquamare. vom fisch die schuppen /üf«i.-
die trümmer eines putzes lagen, wie das glanzende kirid
eines abgeschuppten fisches durcheinander. Göthe 18, 88;
leichter schuppte und lederte icii den abscheulichen Philipp
von Spanien ab. J. Paul jubeisen. 81.
ABSCHUR, f. delonsio: die abschnr de< grase«, der wolle.
ABSCHÜRFEN, defodere, das erz losschirfen.
111
ABSCHURREN — ABSCHWÄREN
ABSCHWÄREN — ABSCHWINGEN 112
ABSCHURREN, delabi, abgleiten: auf dem eis abschuiren,
dann abfahren, absegeln:
ihr vater, herr baron, ist endlich abgeschurrt?
Voss 6, 177;
mein alte ist der wolbekannte Herbert, schurrt der mal ab,
bin ich der einzge erbe. Tieck 3, 337.
ABSCHÜRZEN, abbreviare, abkürzen: ein abgescbürzt kurz
red. Frank wcHb. 77'; Plinius spricht, er (Pherecydes) sei
auch der erst gescin, der lang red in kurz abgeschürzt
sprüch verfaszt hab. Frank chron. 27". vgl. ahd. scurz, ags.
sceort, engl, short brevis.
ABSCHUSZ, m. emissio, der abschusz eines pfeils, ge-
webrs. meist von dem intransitiven abschieszen hergenommen
der schnelle abflusz des wassers oder jähe abhang des landes :
der Strom hat hier seinen abschusz, man musz ihm mehr
abschlisse verschaffen; der abschusz des festen landes. Kant
6, 89; er steht nun verirrt am schwindelnden abschusz.
TiECK 8, 8.
ABSCHÜSSIG, praeceps, praeruptus, stark abhängend: der
berg ist hoch und abschüssig; die abschüssige seite des bergs,
des ufers ; abschüssige bahn der reaction. im forstwcsen heiszt
ein bäum abschüssig, wenn er über dem stammende zu schnell
sich abspitzt und an dicke abnimmt, was sonst abholzig, vgl.
abschieszig.
ABSCHÜTTELN, decutere, vieg schütteln: den staub von
den füszen, die äpfel vom bäume abschütteln, hernach die
füsze, den bäum abschütteln, das joch vom halse, die fes-
sel vom ai-me abschütteln, der stürm schüttelt das laub von
den bäumen, ists ein gefangener, den die menschen ab-
schüttelten? Schiller 135. figürlich, er schüttelt alles von
sich ab, ermahmmgen, verweise rühren ihn nicht; sie wüsten,
als lebenslustige Jünglinge die erinnerung daran leicht ab-
zuschütteln. Göthe 49, 138; wo seid ihr, ihr schläfer, schüt-
telt ab den süszen schlaf! Klinger 2, 230; beruhige dich
und schüttele diesen zweifei ab. Klinger 3, 140;
abgeschüUelt ist, Selinde,
meine fessel, meine binde. Gotter 1, 205.
einen heßig schütteln: das fieber hat mich abgeschüttelt.
ABSCHÜTTEN, decutere, defundere, nnl. afschuddcn, nieder-
schütten, oben wegschütten, abgieszen. das glas ist zu voll,
schütte etwas davon ab, ich mag keinen tropfen abschütten ; du
hast von dem mehl zu viel abgeschüttet, dann aber auch im
sinne von abschütteln, stärker, edler als dieses und der alten
spräche gemäsz: den staub von den schuhen abschütten (alts.
scuddian fan then scuhun, ahd. arscutan, ags. asceacan, golh.
afhrisjan) ; den meiden die agen abschütten, fastn. sp. 270, 9 ;
der Sturm schüttet alle blätter ab, die kette von sich ab-
schütten ; ich will mich erleichtern und allen kummer vor
dir abschütten;
als der gepreste fiirst die last sucht abzuschütten.
.\NDR. Grtphius 1, 236.
ABSCHÜTZEN, aperire obturamentum, nnl. afschutten, schutz-
bret, schleusze auflassen: einen teich, flusz abschützen, öfnen;
denn da gott abschützle, und gott liesz die schleuszen auf-
ziehen über die vesten, da gieng die ganze erste weit schreck-
lich zu boden bisz auf acht seelen. Mathesiüs u'. umge-
kehrt, die schleusze niederlassen, das ßieszen hemmen: drauf
stehet das silber im hert stille und man schützet eilend abe.
Mathesiüs 149*. im ersten fall wird das bret vom flüssigen
dement abgenommen, dieses frei; im andern fall von seinem
haken abgelassen, dasz es den flusz sperren kann.
ABSCHWÄCHEN, lassare, ermüden, entkräßen: die äugen,
die sinne, das gehör abschwächen, die abgeschwächten äu-
gen. Bürger 1, 99. die abgeschwächte seele. Klingers Iheat.
3, 171; um die gerührte Stimmung des unglücklichen abzu-
schwächen. Tieck nov. 6, 97; hei uns war alles Öffentliche
leben dahin, das Interesse für den Staat völlig abgeschwächt.
das. 6, 34. sich abschwächen.
ABSCHWÄCHÜNG, f es bleibt eine zilleinde bebung oft
noch lange zurück, die wir ihrer eignen abschwächung über-
lassen müssen. Lessing 2, 53; abschwächung des herzcns
und der nerven. Klincers th. 3, 179.
ABSCHWÄM.MEN, s. abschwemmen.
ABSCHWANKEN, nutare, hinschwanken, mit schwankenden
schritten abgehn. ah und zu schwanken. J. Paul aesth. 2, W.
ABSCHWÄREN, deprimere, bairisch, beschweren, abpres-
ten (Scumeller 3, 546): kraul und ruben abschwärcn, das
geschnittne, säuernde kraut im fasz mit steinen belasten. Hön-
BEiiG 1, 105'. ahd. suäran, mhd. beswaeren gravare.
ABSCHWÄREN, suppurare, sich durch geschwür ablösen,
ahd. sueran, dolerc: der nagel schwiert mir von dem (inger
ab, das glied vom finger ist mir abgeschworen; die blättern
haben abgeschworen, aufgehört zu eitern.
ABSCHWÄRMEN, examen emittere, die bienen haben ab-
geschwärmt.
ABSCHWÄRZEN, denigrare, die schwarze färbe lassen: das
tuch, der hut schwärzt ab. trans. schwarz machen, wasche
abschwärzen, abschmutzen, schwarz, unrein machen.
ABSCHWÄTZEN, blandis vcrbis impetrare, durch geschwälz
abnehmen: hat sie {die frau) iren fVeunden {verwandten) ab-
geschwatzt, fastn. sp. 234, 28 ; wüste (den bauern) neben den
Pfenningen auch getraid abzuschwatzen. Kirchhof wendunm.
437"; Philipp wollte Ferdinanden das kaiserthum wieder ab-
schwatzen. Weise kl. leute 252; der Offenbarung würde und
faszlichkeit abschwatzen. Herder, abschwatzen, in die länge
hin und her schwatzen:
bald ein gespräch anspinnend und dies abschwatzend und jenes.
Voss.
ABSCHWEFELN, separare sulphur, des schwefeis entbinden:
kohlen abschwefeln; der kies ist abgeschwefelt.
ABSCHWEIF, m. aberratio : etwas ohne abschweif sagen ;
einen abschweif machen, wie abschub, abstecher, devagari.
abschweif machen, aberrare ab officio et fide.
ABSCHWEIFEN, abcrrarc, mhd. abe swifen, afafiaQxävEiv :
vom weg abschweifen, vom pfade der lugend, vom glauben,
von der Wahrheit ; von der rede abschweifen, auslaufen, ab-
schweifende rede. Voss //. 3, 215.
ABSCHWEIFEN, auferre, purgare, mhd. abe sweifen, weg-
gehn machen, abspülen, abschwemmen, reinigen: fische, garn,
Wäsche abschweifen :
so soll der thränensee
auch .schweifen von mir ab die Qecken meiner sünden.
Opitz 3, 221;
wenn ihm {dem frommen) gott nur bleibet hold,
kann ein gnadenregen linde machen
und abschweifen allen wüst
der im lieget auf der brüst.
A. Grtphius 2, 500.
den tischlern ist abschweifen, mit der schweifsäge krumm aus-
schweifen.
ABSCHWEIFIG, aberrans, abschweifend. ,
ABSCHWEIFUNG, f aberratio, digressio: eine kleine, ine-
tafysische abschweifung. Wieland 1, 219; um von allen die-
sen abschweifungen zurück zu kommen. 8, 225.
ABSCHWEISZEN, fcrrumen auferre, ein schmiedeausdruck,
gegensalz von anschweiszen : das eisen abschweiszen. figür-
lich abnehmen, abpressen: einem den gaul abschweiszen. H.
Sachs IV. 3, 21'; so viel gelds hast du mir abgeschweist.
Simplic. 1, 120 {ed. 1679 p. 134).
ABSCHWELGEN, sich abschwelgen, durch schwelgerei eirt-
krdßen.
ABSCHWELLEN, detumere, sich ebenen, wäre goth. af-
svalljan, gegenüber dem ufsvalljan, intumere. auf und ab-
schwellung des meers hat Lohenst. Arm. 2, 257.
ABSCHWEMMEN, lavare, abluere, wegschwemmen: den staub
von der diele, den koth von der strasze abschwemmen; ein
platzregen habe die meist abhängige strasze, wenigstens zum
theil abgeschwemmt. Göthe 28, 147 ; der ström schwemmt
erde von dem ufer ab ; die pferde abschwemmen, in die
schwemme reiten; holz abschwemmen, abflöszen.
ABSCHWENDEN, delere, verwüsten, ausrotten, den wald
abschwenden, abbrennen, ahd. den walt suendan (Graff 6,
880); den acker abschwenden, das gras darauf verbrennen.
• ABSCHWENKEN, vibrare, abschwingen, das tuch von der
fahnc abschwenken, s. schwenken.
ABSCHWIMMEN, natare, wegschwimmen: er ist weit von
dem land abgeschwommen; der kahn schwimmt ab vom ufer.
nnl. afzwemmen.
ABSCHWINDEN, evanescere, dahin schwinden, abzehren:
von der pcin, die ich empfunden,
ist mein antlltz nbgescliwunden. Opitz 3,153;
die glicder werden welk,
das flüiscli ist nbgescliwunden. Fleming 113;
er schwindet immer mehr ab.
ABSCHWINGEN, vibrare, im schwung ablösen: den manlel
fl3
ABSCHWIRREN —ABSEHEN
ABSEHEN— ABSEIGERN
114
von der Schulter abschwingen; den staub vom tuche und
das tuch abschwingen ; die frucht von den bäumen abschwin-
gen. Tabersaem. kräulerb. 131"; nüsse abschwingen; dasz er
im das haupt auf die schultern abschwang. Aimon 21. den
flachs abschwingen, sich vom pferde abschwingen.
ABSCHWIRKE.N, tinniendo avolare, schwirrend hinfahren:
der pfeil schwiiTl ab durch die luft; der käfer ist abge-
schwint. vgl. absurren.
ABSCHWITZEN, corium sale depilare, bei den gerbem:
das leder, die feile abschwitzen, die haare davon mit salz
abbeizen, abgeschwitztes leder. das wort lehrt, dass es, we-
nigstens ursprünglich, bei hilze und wärme geschah, richtiger
schiene abschweiszen. dann abschwitzen, durch schwitzen
abbüszen, seine sQnde im fegfeuer abschwitzen, sich ab-
schwitzen, anstrengen, seinen schweisz daran setzen.
ABSCIf^VÖIlE^". abjurare, ejurare, mit dat. der person,
acc. der sache. Gott, dem teufel abschwüren; dem teufel
ein bein abschwören ; Gürg schwur darauf des henkers grosz-
mutter ein bein ab. Simplic. 2, 254; wollt ihr dem kaiser
abschwören? Schiller 370; verworfsn, ausgestoszen steh ich
hier, und schwöre dir ab, ich bin dein söhn nicht. Klinger
1, 24; seinen glauben, einen irrthum abschwören; den bettel
abschwören. Lessisc 1, 400 ;
wer nicht das creuz abschwert,
der werde von der glut io leinh und staub verkehrt.
A. Grtpbius 1, 111 ;
und dagegen die urfehde abschwören werdet, welche euch
hiermit vorgelesen werden soll. Göthe 8, 121. 42, 155. 394.
da den eid abschwören bedeutet ihn vollständig leisten, able-
gen, so erscheint der ausdruck die urfehde abschwören itrei-
deutig und kann entweder meinen der fehde entsagen oder den
urfehdeeid ablegen, s. urfehde.
ABSCHWÖRUXG, f. ejuratio : die abschwömng eines eigen-
händig ausgestellten wechseis. Rabener 2, 121.
ÄBSCHWUNG, m. vibratio, das abschwingen, in schnellem
abschwung.
ABSEELEN, exanimare, entseelen. fast nur im pari, abge-
seelt üblich:
küch und keller sind die gräber, drein man tief hat eing-ehölei
groszer herreo volle beute), die daselbst sind ab?eseelet.
LoGAü 3, 10, 45; -
die feinde seh ich stellen
auf allen seilen auf,
wie sie nur mögen fällen
mein abgeseelte seel. Fle>ixg19.
ABSEGELN, vela solvere, zu schiffe abfahren: das boot ist
heute abgesegelt, figürlich sterben: der wird bald absegeln.
ABSEHBAR, was abzusehn, zu übersehn ist:
hochthürmende, nicht absehbare königsstädte.
Klopst. Mess. 4, 2S2.
ABSEHEN, nnl, afzien, gleichsam sehen ab, von, mit den
äugen {des sehenden), ersehen, visu contingere, oculis metiri,
sielen; doch begegnet kein ahd. sehan aba ougom, noch mhd.
sehen abe ougcn, und selbst Luther scheint kein solches ab-
sehen zu gewähren, später wird es häufig ßr zielen, ermes-
sen, einsehn, ,verstehn :
der ober pawr nam eben war
und saclis zuuor mit llcisz ab gar,
das er die stein mit masz abliesz.
Tewcrdank 69, 50 ;
das ibne {den doppelhaken) ein mann tragen und von einer
wehr zur andern bringen, auch unter einem schuszloch oder
auf einem bock allem abschen und schicszcn mag. Fronsp.
kriegsb. l, 72*; wann der platz also künstlich und eigentlich
geometrischer weise abgesehen und gemessen worden, das.
2, 24'; Maximilian war so groszmülig und beherzigt, das er
in wör und waffen niemand wiche, die Ordnung machet, das
geschütz selb personlich absähe (richtete, damit zielte). Frank
chron. 215* und ößer ; wohin die wacht zu führen, wird zu-
vor vom feldmarschall abgesehen (ermessen) und auserkoren.
Kirchhof mil. disc. 142;
Ha seht mein elend ab. trh weit und solle schreiben,
doch hatt ich gleicbwol nicht was dinl und Teder ist.
FLiai.-<c 113;
soviel beschreiten, als der hirt absieht. Herder 13, 129, vgl.
rechtsalt. s. 74 ; was nur dein ange absehen kann, bist du ein-
geschlossen. Schiller 122; oft sieht man gar nicht ab, wo-
hin das wasser seinen ahlauf nehmen will. Götue 27, 177;
ich behalte in unserm ganzen hause keinen platz als den an
meinem schreibpulte, und noch seh ich nicht ab, wo man
künftig eine wiege hinsetzen will. 19, 145; ein durchdringen-
der, seinen vortheil schnell absehender verstand. Kllnger U,
173; diese brauen haben mich zu grund zu richten gar zu
sehr es abgesehen. Platen 157. mil diesem absehn verbin-
det sidi ein wohin oder die praep. auf: wohin alle diese
vergleichungen abgesehen waren. Wieland 2, 294; es wird
gelesen und Cosmo erstaunt nicht wenig, als er hört wohin
es damit abgesehn gewesen. Lessixg 7, 297 ; auf die armen
Schiffer haben sie es immer am meisten abgesehn. Tieck
ges. nov. 9, 100; ganz wie es heiszt auf einen zielen, das
geschütz auf einen lichten. Steht aber ein persönlicher da-
tiv dabei, so möchte man das ab lieber auf die äugen des
gesehenen als des sehenden, die sich doch dabei austauschen,
bezichen: es thut ihm doch wol, ich sehs ihm an den äugen
ab, wenn er mirs gleich sonst nicht will merken lassen.
Göthe 7, 129 ; als wenn er mich lieb hätte, als wenn er mir
alles an den äugen absehn wollte. 11, 95; der Faust scheint
mir tückischer gemüthsart, ich sah es ihm gestern abend ab.
Klinger 3, 6S; wie er auf deinen blick lauscht und das ver-
langen deiner seele schnell absieht, bis auf kleinigkeiten es
errdth. Klingers th. 3, 1S3. die hinzugetretene praep. an, ich
sehe es an deinen äugen ab, beweist freilich, dasz man ein
ursprüngliches: ich sehe es ab deinen äugen längst nicht
mehr fühlte. Ganz andern sinn empfängt absehen als gegen-
satz von ansehen, und bedeutet den blick, das äuge von etwas
abwenden : lasz uns von dieser sache absehen ; wenn ich
auch davon absehe; davon abgesehn, ohne rücksieht darauf
ABSEHEN, n. scopus, propositum, das augenmerk, die rieh-
tung der äugen, die absieht, mit oß folgendem auf oder dahin :
der redlich fortzugehen
auf seines herren pfad,
hat sunslen kein absehen
dan nur auf seine gnad. Weckherl. 285;
die fürsten musten allesampt
ihr absehn haben auf sein ampt. Opitz 199;
dein absehn must du wol verhelen. GCntber 312;
und konnien doch sein absehn nicht
aus so viel wundem lesen. GiJxther 28;
du kennest ungerühmt das absehn meiner Jugend.
HoFFMA."<.>swALDAir heldenbr. 75;
bald aus andacbt, bald aus andern absehen, pers. baumg. 3, 2 ;
viel milbuhler, die ein gleiches absehen haben, das. 3, 8;
vielleicht hat er auch gleich anfangs sein absehen auf die
vortheile gehabt. M.\scou 2, 30 ; ich habe mit Schreibung die-
ses buchs mein absehen dahin gehabt. Olearics rorr. zur
pers. reise; selbige (körner) zu vervielfältigen unser haupt-
sächliches absehen war. Felsenb. 1, 172; der schlaue fuchs
merkte mein absehen wol. das. 2, 419; es ist mir lieb, dasz
sie so ein ehrliches absehen auf meine tochter haben. Gel-
LERT 3, 151 ; auf einige besondere vortheile für sich konnte er
dabei kein absehen haben. Wieland 3, 21;
so jnu^, doch so erfahren, dasz sie mit absehn weinet,
so listig, dasz sie züchtig scheinet. Wer.nikk s. 21 ;
wie beweisest du mir auch nur von diesen stücken, dasr
die frcimäurer wirklich ihr absehen darauf haben? Les-
siNc 10, 277; halte man auf den Untergang dieses mannes
ein vorzügliches absehen gerichtet. Schiller 1062; worauf
kann so ein windfusz wol sein absehen richten? Schiller
ISl; mit hülfe einer aus einer einfachen glasscheibe beste-
henden und mit einem beweglichen, rohrartigen absehen ver-
bundenen Camera clara; ein mit einem unverrückbaren ab-
sehen besetztes zeichenbret. d'.\lton bei Göthe 50, 105. 107.
tn den letzten stellen ist die bedeulung ganz sinnlich die eines
Visiers oder diopters; für das abstracte abschen wird heute
lieber absieht oder ziel gesetzt.
ABSEHLICH, visu assequendus: in langen, nicht absehli-
chen gangen. Klopst. Mess. 16, 122 (ed. 1769. unabsehlichen);
in irgend einem absehlicfaen künftigen zeitpuncte deines da-
seins. Kant 4, 245.
ABSEIDE, f sericum vilius, sdde, die der haspeler vom
seidenbälqlein, wenn er nach reinen fdden sucht, abziehL
ABSEIFEN, sapone abluere, mil seife abspülen : thOren und
bänkc abseifen, bei der Seidenbereitung, die rohe seide ab-
seifen, die seife, mit welcher sie abgekocht nir, abspülen.
ABSEIGERN, igne argentum separare a cupro, in der schmelz-
hütle, tilber Vitm kupfer scheiden, abflicszen, abtropfen lassen
8
115
ABSEIGERN— ABSEIN
AßSEIT — ABSERFELN
116
ABSEIGERN, ad perpendiculum meliri, den Schacht mit dem
seiger oder scnkblei messen. Herttwig 362*.
ABSEIHEN, colare, durch seihen absondern, das wasser
von der grütze, von den crbsen abseihen, dan7i die grütze,
erbsen abseihen, die milch, den wein, das wasser abseihen,
durchseihen, reinigen, das pari, heule abgeseiht, noch hei
Taiiernaemont. kräulerb. 1362 die starke form: trinic die ab-
gesiegene brühe, wo nicht die abgeflossene, s. absig.
ABSEIN, abesse, tolli, dclcri, abrogari, sublaium esse, ahd. aba
wesan (Graff 1, 4S3. lOGO), mhd. abe sin, abc wesen, 7i>i/. afzijn
und afwezen, doch auch nhd. wird die partikel noch los ge-
ßhlt, gebunden nur in abwesend und dem substantivisch auf-
gefaszlen absein und abwesen. wo ist das sicgcl des briefs?
das Siegel ist ab, ich sehe dasz es ab ist, es sollte nicht ab
sein ; der nagel ist noch nicht ganz vom finger ab, ich zweifle
dasz er ab sei ; man hat gerissen, genommen, geschnitten
hinzu zu denken, die spule ist ab (gelaufen), ich will eine
andere holen. In alten Urkunden oß die formet: krieg, feind-
schaft sollen ab, todt und nichtig sein; aller hader und
streit zwischen uns ist nun ab und soll ab sein, d. h. ab-
gethan, zu ende, oß bei Luther : die verheiszung ist abe.
Rom. 4, 14 ; die teglichen messen sollen ab sein aller dinge,
denn es am wort und nicht an den messen ligt. Luther
2, 258'; die sollen todt und ab sein. 3, 106'; die artikel
sollen von stund an tod und ab sein. 3, 113 ; und die weil
sein (des gesclzes) treiben und foddern ab ist, so ist auch
alle sein macht, recht und Ursache ab. 3, 179 ; aber das ist
nu alles ab und mit ihm gestorben. 3, 452'; und soll alles
schlecht und ab sein, vergessen und ausgetilget. 4, 539*;
denn es soll nicht heimlieh noch in einem winkcl geschehen,
das hie einer und dort einer auferstehe, sondern ein öf-
fentlich wesen sein für aller weit, da beide tod, sünd und
alle Unglück ab sein wird. 6, 235'; sie wollen schlecht, ich
solle gar darnider ligen und rein abe mit mir sein, das
nichts stehen bleibe. 5, 57'; nu aber musz solchs alles abe
sein mit disem leben. 6, 255'; denn weil das geistlich regi-
ment des worts und glaubens aufliören soll, so musz auch
des kaisers und meisters Hansens mit dem schwert abe sein.
6, 236'; feilet nicht auf die guter, wenn sie da sind, feilet
auch nicht abe, wenn sie abe sind. 1, 482"; das man je
nicht viel bettelklöster bauen lasse, hilf gott, ir ist schon
viel zu viel, ja wolt gott sie weren alle abe. 1, 302* ; es
musz und soll abe sein. 2, 100' ; darumb ist bilderei und
sabbat frei, ledig und abe. 3, 43; die gesetze sind tod und
abe. 3, 167 ; das sechste stück von den messen soll auch ab
sein, briefe 2, 620. Noch bei Claudius 8, 111: die flüchtige
natur und empfmdlichkeit ist abe. Steht ein gen. dabei, so
entspringt die bedeutung des frei und entbunden seins : des
teufeis wären vil gern ab. Agricola spr. 52"; dasz ich des
laufens und der schweren händel ein weil ab sei. Frey
garteng. 87; wolten sie des weibs ab sein. Kirchhof wend-
unm. 179'; diesen gen. kann aber auch die praep. von er-
setzen: (der) soll von dem zoll und wegsteur ab sein. Frank
wellb. 36' ; von aller betrübnis und angst des gewissens und
herzens ab seind. das. 14'. Seltner erscheint die Vorstellung
der abwesenheit und fast nur schlesische dichter gebrauchen
absein für das heutige abwesend sein :
seid tausendmal gegrüszet,
ob ihr gleich absein müszet. Fleming 77;
dasz ich eine Zeitlang von ihr absein muste. pers. rosenth.
5, 8 ; der jetzigen spräche bedeutet er ist ab nicht abest, son-
dern abjectus, rcmotus est. die Vorstellung des nnl. niet afzijn,
nicht unterlassen, ohne beigesetzten gen. ist uns fremd.
ABSEIN, n. absentia, abwesenheit, nnl. afwezen :
wer den, der ihn liebt,
Jn seinem absein läszt bei ihm vergessen werden. Opitz;
ach mein herr siehe zu,
dasz mir dein absein nicht die lialbvcrzehrle seele
• . . bis auf das sterben quäle. Fleming 30;
so ist es billich auch, dasz freunde vor sich sichn,
zumal wenn absein sie nicht liiszt zusammen gehn. 54;
ein lebensvoller geisi. sein absein ist der tod. 34;
gemütc, das ich durch mein absein quäle. 44';
«Ich zeit meines abseins selbst kein leid zufügen. Fc/«ent. 1,104!
mit recht, sagt ihre naclibarinn,
liegt dessen obsein dir im sinn. Haoedorn 2, 88;
gib acht, der bicdermann bat nur m<Nn haus
m meinem absein nicht bftreien wollen.
Lrssing 2, 213.
ABSEIT, seorsum, procul, statt des üblichen abseits und
beiseite:
stinkend kees und warheit
liegt hei liöfen abseit. LocAu 3, 1, 11.
ABSEITE, f. gewölbter nebenraum in der kirche, mlat. ab-
sida, gr. axpis, äyt's, mhd. absitc, später auch auf weltliche
nebcngebäude angewandt, weil man aus dem wort fälschlich die
Vorstellung des zur seitc stehenden leitete und abseile betonte.
die absite sunnenhalb an der kilclien. iveisth. 1, 821 ; du wirst
in die hell absteigen, in die abseilen der lachen, in den räum
der sümpfe. Reiszner Jerus. 2, 160'.
ABSEITEN, de lalere, von seilen, wegen, mit folgendem
gen., im kanzleistil: abseilen meiner, von meiner seile, mei-
nerseits, iinl. van zijde.
ABSEITIG, adj. icnd adv. abgelegen, remotus. ein absei-
tiger ort; ich wohn allhier vom dorf abseitig. Tikck 2, 329.
ABSEITIGEN, removere, abseits, beiseile kehren, sich ab-
seiligen, sich entfernen: dasz sie sich alle Sonnabend absei-
tiget, und du an solchem tage gar nicht einmal nach ihr
fragen darfst. Tieck 13,-114.
ABSEITS, seorsum, auf der seile, abwärts: es war kaum
eine viertelmeile abseits der heerstrasze, wo die that gesche-
hen war. Schiller 709;
aber abseits wer isls?
ins gobüsch verliert sich sein pfad.
rinnt ein nebenbach
abseits von dir. 2, 73;
GöTBK 2, 65;
ich gieng etwas abseits, machte meinen entwurf. 24, 274
ABSEITVVÄRTS, verstärktes abseits : lief abscitwärts und
allein. Schiller 119 ; *es donnerte abseitwärts. Göthe 16, 36.
vgl. seitwärts.
ABSENDEN, demittere, entsenden, abschicken: den boten,
brief von hause absenden; er sandte wöchentlich zwei kisten
ab ; ich bin hierher abgesandt worden.
ABSENDER, m. der absendet.
ABSENDERIN, /". die absenderin des briefs.
ABSENDUNG, f die absendung eines solchen manncs er-
regte das gröszte aufsehen.
ABSENGEN, igne admolo adurere: dem vogel die federn,
dem pferde die mahne absengen; ich habe mir mit dem zu
nahe gebrachten licht die haare abgesengt, eine gans, ein
huhn, ein schwein nach dem schlachten absengen, nach dem
rupfen oder brühen ihnen die stehn gebliebenen federn oder
haare ablösen, was in einigen gegcnden auch flämen heiszt.
ABSENKEN, deflectere, hinab, abwärts neigen: das baupt
absenken,
jener, das haupt absenkend, umlockerte emsig den sprösziing.
Voss Od. 24, 242;
ein holdes mägdlein, mit abgesenktem haupt und aug. Göthe
13, 130;
aber nachdem nun jenes gescblecht absenkte das Schicksal.
Voss Hes. Iiatisl. 121 ;
dann mit getön absenken den llug, dasz weit das gelild hallt.
Voss //. 2, 463.
im bergbau, gleichviel mit abteufen, in die tiefe hinab arbet'
ten: den Schacht absenken, den tagesschacht, das lußloch auf
den Stollen absenken, im gartenbau, bäume, weinstöcke,
pflanzen absenken, mit dem zweig, woran sich eine knospe be-
findet, niederbeugen und mit erde bedecken, dasz die wurzeln
des auges sich entwickeln und anwachsen können; einfache
und abgesenkte nelken. Gellert 3, 545 ; abgesenkte rosen.
sich absenken, hinab neigen:
an der fluh,
die sich gähstotzig absenkt in die tiefe.
Schiller 540.
ABSENKER, m. surculus in terram defixus, das abgesenkte
reis, die abgesenkte blume, der ableger: während sie absen-
ker von ihren licblingsnelken machte. Bettine tageb. 70.
ABSERBEN, tabescere, ahd. serewen (Graff 6, 280), ab->
särbcn elanguere. Fries; wirt müchlig gepriesen in den ah-
serbendcn (krankheiten) und brestcn der Jungen. Forer fischb.
US' ; dieser ist gut den abscrbeuden m.ngern Icuten. das.
128'; graf Bernhard und Heinrich kamend bis gen Jerusalem,
doch also abgesärbet, dasz sie alda beide sturbend. Tschudi
1, 45; vgl. Serben und soeben Schmkller 3, 281. Tobler 13*
führt abserblig auszehrend und abserblcta auszehrung an.
ABSERFKLN, podes Irahere, mit den schuhen am boden ab-
ttreifen, abschleifen, vgl. serfein Scumeller 3,282 und abschlerfeu.
•'^
117
ABSETZBAR — ABSETZEN
ABSETZEN— ABSICHT
118
ABSETZBAR, mlat. amoTibilis, franz. amovible.
ABSETZE.\, deponere, golh. afsatjan, nnl. afzetten, weg-
setzen, abthun: die multer setzt das kind ab ton der brüst,
ton dem arm; das pferd bat seinen reiter (com sattel) abge-
setzt; das glas absetzen vom munde, absetzen im trinken;
die mutze, den hut vom köpf absetzen ; das gewehr von der
schuller oder von der uanye absetzen ; ich setze die feder ab
(vom papier); den stuhl vom tisch, den tisch von der wand,
den kessel vom feuer, den eimer vom brunnen, die last vom
vagen, den blumentopf ton» fensler absetzen; den richter
vom stuhl, den künig vom thron absetzen und nun ßgürlich
absetzen, entfernen, amovere, removere, von amt, dienst, stelle
entsetzen, stärkere ausdrücke als entlassen, abdanken, und auf
ein vergehen sich gründend: priesler auf pfarren auf und ab-
setzen, reichsabsch. v. 1530. §. 35; den hirten, Schulmeister
absetzen und selbst auf sachen bezüglich, ein wort, eine re-
densart absetzen, verabschieden, auszer gebrauch kommen las-
sen: was brauchen sie für alte, abgesetzte Wörter? Lessixg
2, 400, wenn man nicht verslehn will abgelegte, ohne die Vor-
stellung des entlassens aus dem dienst, so steht absetzen
häufig dem ansetzen, aufsetzen entgegen: dasz sein vater ihn
längst vor verloren gehalten und seine hofnung von ihm ab-
gesetzt. Weise erzn. 354. absetzen, im gericht, eine gemachte
behauptung entkräften, gegenbeweis führen : mag der das ab-
setzen mit zwei mutermagen und einem vatermagen. weisth.
1, 87. Wundärzte setzen ein glied ab, die brüst ab, ampu-
tieren; den köpf absetzen heistt beim nachrichter ihn ab-
hauen, im bergbau, ein stück vom gestein, von der stufe ab-
setzen, abschlagen, die speisen absetzen, ehe sie zur lafel
kommen, auf einen nebentisch, der flusz setzt am ufer mu-
schcln ab ; du setzest {sonderst) viel galle (von der leber) ab ;
die milch setzt mölke ab, der ofen wärme, der kaufmann
setzt seine waaren ab, d. h. von der bank, vom laden, indem
er sie verkauft, welches absetzen dann ganz abstraet ausdrückt
verkaufen, los werden, und hieran grenzt die bedeutung des
verbrauchens, verschwendens:
von seinem gelde
war läo^t das driubeil abgesetzt. IIagedorx 2, 146.
die zeile absetzen heiszt sie von der voraus gehenden trennen,
im gedieht die verse absetzen, sie der einförmigen prosa ent-
hoben wechselnd folgen lassen. Wo nun überhaupt solche re-
densarten geläufig werden, kann der abhängige casus weg blei-
ben und absetzen drückt schon ßr sich aus das kind oder
thier von der brüst entwöhnen, den beamten vom platz entfer-
nen, waaren verkaufen.
Beachtungswerth ist das unpersönliche , den acc. jederzeit
ausdrückende, aber das von wo errathen lassende es setzt ab.
woßr allmälich auch blosz gesagt wurde es setzt : es wird
schlage absetzen (von den fausten, bänden); das setzt thrünen
ab (rort den äugen) : pestilenz, wenn euer gnaden ein pfar-
rer wäre und auf der kanzel so predigte, das setzte zühren
ab. WiELA?(D 11,241; bei dir wirds ein schön geheul absetzen
(aus der kehle), ist mir bang auf die ersten acht tage. Fb.
MCller 3,41; es setzt wunderliche reden ab (aus dem munde
der leute), dasz er so schnell abreiste, je abstraeter die re-
densart gerdth, desto schwerer, unsicherer bleibt die ellipse:
CS wird einen gewaltigen lärm, viel zank absetzen, viele um-
stände, bücklinge ; demungeachtet setzte es einen groszcn
streit ab. Wieland 3, 261 ; ich war im begrif es ihnen vorzu-
tragen, aber es wird Schwierigkeiten absetzen. Wielard 19,
300. heinahe immer scheint der acc. eine traurige, unange-
nehme Vorstellung zu enthalten, doch Idszl sich sagen : es wird
einen mächtigen jubel absetzen.
Im sinn des heute üblicheren versetzen drückte sodann auch
absetzen die abstechende, hervortretende Verbindung zweier ge-
genstände aus, so dasz der absetzende dabei die nebensache
bildet: die färben absetzen, dunkle färben neben den lichten
auftragen; einen (blauen, grünen) kästen gelb absetzen, mit
gelber leiste versehn, die leiste gelb anstreichen, nnl. de vak-
ken ener kamer groen afzetten; den braten mit rahm, die
pflaumen mit honig absetzen, wol auch die suppe mit eiern
(vgl. abmachen); ein immer währendes gastmal mit musik,
tanzen nnd spielen abgesetzt (gleichsam geschmückt, ausge-
stattet). WiELAüD 13, 25 ; männliche stimmen waren mit sanf-
ten weiblichen nach verschiedenen graden abgesetzt (abge-
ttuß). $4, 125; gcbüsche mit hohen nrpressen und sclbstge-
wachsnen lauben abgesetzt (unterbrochen). 2, 47 ; schlängelnde
gänge zwischen hecken von myrten, hier und da von schlan-
ken päppeln und weinbekrünzten olmen unterbrochen, und
mit blühenden lauben und moosbänken zum ausruhen abge-
setzt. 3, 367; so wenig eine landschaft ohne manigfaltigkeit
das äuge vergnüget, wenn das schöne nicht hier gegen einen
unfruchtbaren hügel, dort tegen ein sandfeld, dort wiederum
gegen wilde dornstauden abgesetzet ist. Dlsch; was wir an
andern am meisten bewundern, Schönheit und reiz, sind in
ihr nur die schatten, ein gröszeres licht abzusetzen. Lessisg ;
ein starker duft, der sich über alles gleichförmig verbreitete,
mit so merklicher Wirkung, dasz die gegenstände auch nur
einige schritte hintereinander entfernt, sich entschiedener hell-
blau von einander absetzten. Göthe 28, 108. vgl. engl, set oflf.
Vollständig, fertig setzen : die handschrift ist abgesetzt, das
blatt noch nicht ganz abgesetzt.
Endlich intransitiv mit der bedeutung des ablassens, ab-
stechens, abfallens, verlassens. im bergwerk, der gang setzt
ab, fällt aus seiner stunde, verliert sich ; das gestein setzt ab.
wird britchig. die färbe setzt stark im achal ab, tritt lebhaß
hervor, was mit jenem transitiven absetzen, abstufen sieh be-
rührt; dadurch dasz tag und nacht so entschieden von ein-
ander absetzen. Göthe 3S, 173; die vier Schnecken setzen viel
zu stumpf ab, es hätten darauf noch vier leichte thurmspitzen
gesollt. 26, 84; auf einem plateau, dessen boden gegen den
flusz nicht allmälich abhängend ist. sondern ungefähr auf hal-
bem wege sehr bestimmt und scharf über dem mittlem Was-
serstand des flusses absetzt. 44, 57 ;
auf dasz er
nicht etwa ohngefehr und wüst wo abesetzte
von augenom inner art. LoGiu 3,217;
der, so viel tausend vor beherscbt durch einig winken,
von dem setzt alles ab noch vor dem niedersinken.
A. Grtphiüs 1, 336;
alles was ich hoch geschätzet
hat jetzt von mir abgesetzet. Gktphics;
ich nehme es fiir die eigentliche Ursache der dinge, heisze
aber hergcgen alles falsch, was von dieser etwas weit abtritt
oder absetzet. Hoffmassswaldac sterb. Socr. 100; solte die,
welche vom fürsten so herzinniglich geliebt worden, von ihm
itzo so leichtsinnig absetzen ? Lohe.xst. Arm. l, 324 ; als ob er
wieder auf der deutschen seile hienge und von den Römern
absetzen wolle, das. 2, 1096; die Longobarden setzten von
ihm ab und wchleten den herzog von Friaul Rachis zum
könige. M ascoc 2, 318 ; die sächsischen magnaten hielten es
eine Zeitlang mit ihm, doch setzten auch verschiedene auf
Udonis einrathen von ihm ab. Hau?! 3, 81 ; dem keiser muste
bedenklich vorkommen, dasz seine eigene vettern von ihm ab-
setzten. Haux 3, 163; als endlich auch Innocenz, der alles
für Otto gethan hatte, von ihm absetzte. Möseb 3, 21. da aber
das praet. mit haben gebildet wird, folgt, dasz bei intransi-
tivem sinn kein wahres neutrum vorliegt, sondern ein ausge-
lassener acc. dem acticum intransitive Wendung gab, man er-
gänze fusz oder band, er setzt von ihm ab bedeutete: er setzt
seinen fusz von ihm ab, fällt von ihm ab, terldsil ihn. ab-
setzen ist wie setzen wesentlich transitiv.
ABSETZKALB , n. das nicht mehr saugende kalb.
ABSETZLAMM, n. das entwöhnte lamm.
ABSETZUNG, f. depositio, die absetzung von der stelle,
die absetzung des viehes. absetzung der sandschichten (im
meer), des Schlammes [im ström). Kam 7, 238. 9, 9.
ABSEL'FZE.N, suspiriis impetrare, durch seufzer abnehmen:
aber lasz sie schreien, sie haben noch lang zu schreien, ehe
sie das henvider schreien, das ihnen der Luther mit gottes
gnaden hat abgeseufzt. Lctuer 6, 307*. sich abseofzen, seuf-
zend abmatten.
ABSICHELN, falee amputare, mit der sichel absehneiden.
gras absicheln ; in der abgesichelten ähre. Göthe 17, 2-25.
ABSICHT, f. intentio. ein erst im 18 jh. entsprungnes, an
die stelle des früheren absehen getretenes worf. das noch bei
Stieler fehlt, bei Frisch 2, 256 kaum vorbricht, auch nnl.
mangelt: zweck, ziel, torhaben, worauf man es absieht, die
natur bringt manche übel als folgen aus den allgemeinen me-
chanischen gesetzen hervor, ohne dasz die göttliche absieht
eigentlich darauf gerichtet gewesen. Lesshc 5, 26; mit ab-
sieht handeln ist das was den menschen über geringere ge-
schöpfe erhebt. 7,154; ich habe meine absieht erreicht;
nun zerbrecht mir das eebJude.
seine absieht bau erfuili. Schiller 2, 167 ;
unsre speisen, unsre kleidung, alles was zur pflege des kör-
8*
119
ABSICHT — ABSICHTSVOLL
ABSICKERN ~ ABSONDER
120
pcrs gehört, musz die absieht haben unsre gesundheit zu er-
halten, nicht unsre. sinne zu reitzen. Garves matte übers, von
Cic. de off. 1, 30 : itaque victus cuitusque corporis ad vale-
tudinem referantur et ad vires, non ad voluptatem. absieht
auf etwas haben, es zu gewinnen trachten, darum werben:
dasz ein auswärtiges handelshaus auch schon auf dieselben
guter absieht hatte. Güthe 20, 119; demjenigen gefällig wer-
den, auf den wir absichten haben. Wieland 1, 144; auf ein
mädehen absichten haben, um sie werben, freien : sie und ihr
onkel glaubten daher, dasz er wirklich absichten habe. Göthe
15, 192. ebenso : sich auf eine absichten machen, auf das
regiment kan hierunter gar keine absieht gemachet werden.
Bü.NAu 1, rr; ein Schmeichler, der auf absiebten ausgeht und
ranke schmiedet. Kant 7, 416. aus absichten, intente, intento
animo. Lessing 6, 13 ; aus guter, in guter absieht, bono animo ;
in gewisser absieht, quodammodo. Lessing 4, 106 ; in mehr als
einer absieht. Wiei-and 2, 203. 3, 67 ; in dieser absieht. Kant
8, 91; mein Vaterland ist in aller absieht kalt. Bürger 141'.
das häufige in absieht, intuitu, respeclu kann sowol mit der
fraep. auf, als mit dem gen. verbunden werden: in absieht
auf beide anmerkungen. Lessing 7, 10 ; weder in absieht auf
die deulliebkeit, noch in rücksicht auf den affekt. das. 7,
38 ; er war von natur in absieht auf die wollust auszeror-
dentlich mäszig. Klopst. 11, 219 ; aber es ist klar, dasz der
prinz nur seine spräche in absieht auf den künig verändert.
Schiller 815 ; in absieht auf den sehmerz ist es also erwie-
sen, dasz er auf den tod des subjeets abzielt, das. 697; es
war ihm einiges neu in absieht auf die begebenheit. Göthe
22, 21; da bemerkt er denn gar bald in unserer denkweise
in absieht auf die göttlichen dinge etwas schwankendes. 23,
177; die medicinische faeultät glänzte überhaupt vor den übri-
gen sowol in absieht auf die berühmtheit der lehrer als die
frequenz der lernenden. 25, 233 ; welche jener (krönung) vor
der gegenwärtigen den vorzug gaben, wenigstens in absieht
auf ein gewisses menschliches interesse. 24, 307 ; die Symbo-
lik eines in absieht auf kunst völlig kindischen Zeitalters.
32, 83 ; soviel von dem was wir zuerst in absieht auf natur
mitzutheilen hoffen und nun das nothwendigste in absieht auf
kunst. 38, 14. Den gen. bezeugen folgende stellen : wenn ich
jemals eingesehn habe, wie begrenzt wir auch in absieht uns-
rer liebsten Untersuchungen sind. Klopst. U, 142 ; welches in
absieht der Wirkung allemal eins ist. Wieland 2, 32; jedes
wort desselben verdienet in absieht dessen, was ich darüber
zu sagen habe, erwogen zu werden. Lessing 8, 357 ; nun
feuerte der name ihres königs und die gewisse absieht der
beute den verfolgungseifer der papisten an. Schiller 1059 ;
als man iimcn in absieht der gegenwärtigen umstände ihr gut-
achten abforderte. Schiller 1049 ; wie er Ottilien in absieht
eines freieren betragens sehr zu ihrem vortheil verändert finde,
Göthe 17, 288 ; obgleich der lieutenant in absieht der groben
und feinen stimme sehr viel gefhan habe. 18, 26. Einige ver-
icenden absieht auch für visier, diopter, was sonst absehen
heiszl; die privative, in absehen von einer sache liegende Vor-
stellung kommt dem subsl. absieht nicht zu.
ABSICHTEN für absieben, s. sichten.
ABSICHTLICH, intentus und intente. eine absichtliche hand-
lung, beleidigung, er hat es absichtlich gesagt, gethan. leser,
welche absichtlich lesen, mit klarem bewustseih.
ABSICHTLICHKEIT, f dieser forst zeigte noch die absicbt-
lichkeit der ersten anläge, indem sämmtliche bäume reihen-
weis gestellt sich überall ins gevierte sehen lieszen. Göthe
31, 226.
ABSICHTLOS, unbeabsichtigt, imprudens: dieses absichtlose
wort, Göthe 15, 271. 48, 188;
aber sobald einmal ein wandernder mann im vorbeigehn
absichilos sie {die teespen) erregt, schnei! lanTeres rauies zur
abwelir
fliegen sie alle hervor. Voss.
sie schweiften absichtslos in der Stadt herum. Klinger 5, 246.
ABSICHTREICH, sein absichtreicher witz wird nicht so
leicht berückt. Hagedorn 1, 42.
ABSICHTSVOLL, cogitalus :
für manchen bald mit Ungeduld durchharrten
bald absichtsroll verlornen tag. Göthb 9, 125.
ein sieg, den ich durch einen feinen, absichtsvollen, auf men-
8cbenkenntnis gebaueten plan erwerbe. Klincer 5, 156 ; und
absichtsvoll im gcspräch ausweiclicn der Wahrheit. Voss.
ABSICKERN, destillare, tropfenweise herabfallen: in man-
chen höhlen sickert beständig wasser von der decke ab. vgl.
sickern.
ABSIEBEN, cribrare, was absichten: spreu vom getraide
absieben, getraide absieben.
ABSIECHEN, languere: ein krankheit einfallt, die langwiiig
ist, und also absieehet bisz zum tod. Paracelsos 1,1051; er
siechte täglich am leibe ab. vgl. absochen.
ABSIEDEN, decoquere: milch, eier, fische, hechte absieden;
seide, ein stück zeuges absieden.
ABSIEGEN, devincere, den sieg davon tragen: so mögen
die reuter auf den hohen bergen und engen hölzern, darzu
auf den wassern und graben den fuszknechten auch nit vil
abgesigen. Fronsp. kriegsb. 2, 37' ;
ich bin des absigens vergwist. Avrer 24'.
vgl. obsiegen.
ABSIG, «1. deßuvium, abßusz, auslauf: wesserige molken
oder absig von dem new ersehafnen geblüet. Thürneisser von
probierung des harnen, bl. 33 ; wann das milz durch ein über-
flüssige zufuhr des irdischen absigs von dem geblüet übcr-
fült würde. Thürneissers inßuent. wirk, der erdgewächse bl. 119.
ABSINGEN, decantare, ein licd, das evangelium absingen.
ABSINKEN, niedersinken, hinsinken, occidere:
als die sonne nunmehr absank und das dunkel herauf zog.
Voss II. 1, 475. Od. 9, 558. 10, 185;
dasz sie doch bald absänke. Od. 13, 30;
welche die sonn absinkend beleuchtete. Voss 1,67;
wie ein herbst von blättern welken und absinken. Herder 20,
301; man hatte beim absinken von etwa anderthalb laehtern
erst eine etwas festere lava gefunden. Göthe 51,147. figürlich:
laszt absinken euern zorn. fastn. sp. 77, 31; dasz man ent-
weder durch hartnäckigkeit nicht bei ihm anstosze oder auf
knechtische heuehelei absinke. Lohenst. Arm. 2, 1117.
ABSINN, wi, delirium, Wahnsinn, aus dem folgenden adj. zu
schlieszen; mhd. gab es auch ein verbum absinnen- delirare.
altd. bl. 1,232.
ABSINNIG, delirus, widersinnig, sinnlos, Ihöricht: der sich
also absinnig oder unwissend erzeigt; dasz solches fürgeben
ganz absiiyiig ist. Paracelsus 1, 486', seil dem 17 jh. unge-
bräuchlich, wie auch das nnl. afzinnig.
ABSINNIGKEIT, /". Wahnsinn : nimmet den schlaf hin, macht
schwere träum, absinnigkeit. Paracelsus chir. sehr. 372*.
ABSITZEN , dcscendcre, absteigen, niedersteigen, nnl. afzit-
ten. von dem wagen absitzen ; von dem pferde absitzen (vgl.
abstehen) : die reiter sollen absitzen ;
die pappenheimischen sind abgesessen
und rücken an zu fusz. Schiller ;
saszen ab im pfarrhause, kehrten ein. J. Paul Fibel 30 ; abge-
sessen wäre von dem magen, verdaut, fasln, sp. 218, 10 ; absitzen,
weit ab, fern sitzen: vom tische, von der kanzel absitzen:
ihr lleisz hat nie gemeint weit abgesesznen leuten
durch sanften Unterricht ihr lehren anzudeuten.
Opitz 409.
Endlich einem etwas absitzen, abverdienen, vergellen : die schuld,
strafe, fordrung absitzen ; der meinigen (frau) habe ich es,
gott sei dank, abgesessen. Moser verm. sehr. 2, 33 ; die reichs-
fürsten haben es dem kaiser wol abgesessen und ihm in sei-
ner capitulation vorgesehrieben, dasz. Moser p. ph. l, 212.
ABSOCHEN, languere morbo, absiechen: ein weih, das lange
zeit am leibe abgesoeht, an bänden und füszen und allen
gliedern, wie ein todtengerippe ausgesehen. Hohberg 1, 353'.
vgl. SCHMELLER 3, 191,
ABSOCKEN, destillare, absickern, abtrüpfeln. in den sali-
hültcn die stücke absocken lassen,
ABSOHLEN, im bergwerk, abnützen: die bergseile absoli-
len? vielleicht beschmutzen, verderben, goth. bisauljan? vgl
nnl. afsollen, abmatten.
ABSOLDEN, abbezahlen, ablohnen.
AB SÖHNEN, s, absühnen.
ABSüMMERN, im sommer austrocJcnen, verdürren? diese
nüszlein mehren die natur, sind gut den magern und abge-
scinmerten leuten, darmit sie am leib wiederum zunehmen.
Tabernaemont, kräuterb. 1434, Staldbr 2, 377 sömmem, auf
die sommerweide gehn lassen.
ABSONDER für absonderlich, wie besonder f. besonderlich :
dasz ein jeder einen absonderen mann aus dem feinde zu er-
legen erkiesen wolle. Lohenst, Arm. 1, 709,
121
ABSONDERLICH— ABSPA>'>'EN
ABSPA>'NEN — ABSPEISEN
122
ABSONDERLICH, singularis, abgesondert, eigen, seltsam,
einsam: etliche körper sind zusammengeordnet aus unter-
scheidnen und absonderlichen theilen, wie ein feldhör {feld-
hcer). FiscHART ehezuchtb. 60; die Pristaffcn fuhren jeglicher
in absonderlichen Schlitten, pers. reiseb. 1, 14; Ostergaar ist
ein klein, absonderlich eiland. das. 2, 3; ein absonderliches
capillel. pers. rosenth. 1,5; die Perser haben keine absonder-
liche schulen, sondern in ihren kirchen halten sie auch schule.
das. 1, 5; ich werde in einer absonderlichen schrift davon
handeln. R\bener 2, 209 ; die besitzung eines absonderlichen
bodens. Kant 5, 53; ein absonderliches {besonderes) System.
Kam 8, 326 ; ich mll dir auch nicht verhehlen, dasz deine
ansieht trotz allem absonderlichen einen gewissen anklang in
mir hat. Bettixe briefe 2, 288 ; absonderliche gäbe, Schönheit,
klugheit.
ABSONDERLICH, adv. singulariter, particulariter, privatim :
bisweilen kriegt der hofmann etwas luft,
wo mehr niciu dasz er holT auch nach der grufl,
und immerdar auf besserunge wartet,
wozu ein hof absonderlicli geartet.
i. Chr. tox ScHö.'tBOR.t bei .\. Grtph. 2, 503;
absonderlich wüste Eurjias viel historien auf diesen schlag
beizubringen. Weise er^n. 23 ; absonderlich bedurften sie kei-
nes Wirtshauses, dessen kl. leute 145; führte ihn mit in das
losament, da sie ihre mahlzeit absonderlich bestellet hatten.
das. 227; öffentlich und absonderlich (publice et privatim).
WiEUk^sD 1, 263; dasz die knaben öffentlich, die töchter ab-
sonderlich von ihren müttern erzogen werden sollten, das.
7, 298 ; absonderlich wir Wallonen. Schiller 326 ; ich bückte
mich vor ihm allein und absonderlich. Clacdics 4, 21; was
sie da sollten für äugen gemacht haben, absonderlich Adolf.
Fr. MCller 3,224.
ABSO.NDERLI.NG, m.homo solitarius: kein wilder menschen-
scheu und absondcrling soll man sein. Simplic. 1, 43.
ABSONDERN, segregare, nnl. afzonderen: die läramer von
den Schafen, ein räudiges schaf von der heerde ; ein kind ab-
sondern, abgesonderte brüder, Schwestern ; er lebt von allen
menschen abgesondert; dasz die für ketzer und abgesonderte
geacht gewest und noch sind. Luther 3, 190' ; wässerige theile
aus dem blute absondern; die äugen sondern thriinen ab;
und dasz ein jeder sich ab seinem gut und siiz
frolich vernfigen möcht, hast du die zeit geändert
und in vier theil, mit knit die hitz, die knh mit hiiz
zu lindern, abgesondert. WECKHF.Rui.t 187 ;
als muste sie ein theil vom herzen absondern lassen, wofern
sie etliche tage solle von ihrem einzigen tröste entfernt leben.
Weise kl. leute 15 ; ein bach sonderte die nachbam ab. gc-
danken, begriffe, merkmale absondern, daher abgesonderte,
abgezogene, abstrade begriffe. Lessixc 6, 433. Esgel 9, 125 ;
begriffe die ich von tausend beispielen abgesondert habe.
Lessing 1, 390. sich absondern, entfernen, ausschlieszen :
kein leid hat er gethan nie ihnen oder mir,
so lange als wir uns absondern nicht von hier.
DiETR. vo?( Werder Ariosl 17,34;
da zwei stimmen schon vorhanden sind, mag ich mich nicht
absondern. Gotter 3, 3S0.
ABSONDERL.NG, f. trennung , scheidung , Unterscheidung,
abstraction : dasz die absondeningen {abstractionen) der wis-
senschaftslehre und die (Unterscheidungen) des wirklichen be-
wustseins durchaus nicht dieselben, sondern völlig verschie-
den sind. Fichte sonnenkl. bericht 133. absonderungen, bei
den ärzten, ausleerungen, secretionen.
ABSONDERLNGSVERMÖGEN, n. abstractionsvermOgen der
Seele.
ABSONNEN, a $ole removeri, schalten fangen:
wenn auf ihr feuchtes haar die trurknen weste wehn,
dasx sie hier können aus und artlich abesönnen.
FtKiiriG 661.
ABSONNIG, absönnig, a sole remotus, von der sonne ab-
liegend, schaltig: ein absonniger ort; absönnigcs gebirge, das
kein Sonnenstrahl erreicht: die geng, so an einer winterleitcn
und absönnigen oder stuckern gebirg ligen. Mathesius 3S'.
ABSORGEN, curis absumi, sich in sorgen verzehren.
ABSPAI>TEN, findendo separare: ein scheit von dem holz
abspalten; ein stück von dem brete; abgespaltener ast.
ABSPÄNEN s. abspenen.
ABSPANNEN, delicere, ablocken, abwenden, vom ahd. spa-
nan spuon, und mit geminiertem n, um die kürze des a zu
wahren, vielleicht auch durch Vermischung mit dem folgenden;
gilt zumal vom verlocken und abwendig machen des gesindes,
der künden: hie aber ist auch gewehret (rerboten). dem nehe-
sten nichts abzuspannen, ob man gleich mit ehren für der
weit dazu komen kan. Luther 4, 406' ; das ist aber bei uns
nicht seltzam, das einer dem andern sein knecht oder dienst-
magd abspannet und entfrembdet. das. 407'; das leret uns
erstlich, wie wir mit keinem schein des rechten unsers nehe-
sten guter im abspannen, a&icenrfen, aWrinjen sollen. 0,313*;
spannet im sein gesinde nicht abe. tischr. 197'; suchet, wie
er sein gesinde abspanne, seine undertannn widerspenstig
mache, das.; wer einem sein gesind abspannt. KiRCBtior
wendunm. 203';
dasz ich im mem knecht geliehen han,
er dörft mir den wol spannen ab. Atrer 9S*;
unsere theologen verhielten sich bei dieser anscheinenden mög-
lichkeit, ihren verschieden denkenden brüdem einen so an-
gesehenen vorfechter abzuspannen, sehr gleichgültig. Lessixc
8, 324. hier ist überall kein abjungere, solcere jugo gemeint,
denn das gesinde, die künden waren nicht angespannt, wie das
vieh, obgleich solch ein abspannen vom begriffe des ablockens,
abwendens nicht zu fem steht, s. auch abspenen.
.\BSPANNEN, relaxare, losspannen, gegensatz des anspan-
nens, vom ahd. spannan spien, rinder, rosse vom joch, zäum
abspannen, ochsen vom pflüg, pferde vom wagen, den pflüg,
wagen abspannen ; den bahn ron der flinte, die sehne vom
bogen abspannen;
dein haus wird zugesperrt, die Schlösser abgespannt.
Caxitz 95 ;
doch hängt die jugendliche leier
nicht ewig stumm und abgespannt. Gotter 1, 464;
aber hier am Zorgaflusse
inllt die laut aus uberdnissc
abgespannt mir aus der band. Gökingk 3, 67;
jedes muihes feder (ist) abgespannt. Schill«» 424;
sollen wir gleich abspannen die hurtig-en rosse*
Voss Od. 4," 28 ;
dumpfen miston hallt, o müder,
leicht dein abgespanntes herz. Voss 6, 67.
alles was die Vernunft (acc.) von ihren ersten grundsätzen ab-
spannt. Kant 10, 92 ; der Jüngling vom langen jubel des tags
süsz abgespannt. J. Pacl Tit. 2, 132 ; durch geistige arbeit abge-
spannt, abspannen heiszt auch mit der spanne abmessen.
ABSPA.NNL'NG, /". relaxalio. abspannung der nerven.
ABSP.\NSTIG, s. abspenstig.
ABSP.\REN , detrahere cibo suo, durch sparen entziehen:
er hat es sich, seinem munde, seinem leibe abgespart; er
suchte es nun von allen möglichen dingen wieder abzuspa-
ren. TiECK 14, 7; du hast es abgespart dem armen magen.
RCCRERT.
ABSPAZIEREN, ■nsoi-xmeTv.
wer die terrassen einsam abspaziert. Göthe 41, 66.
ABSPEISEN, nnl. afspijzen. cibare: den bcttler mit brote
(urspr. aba demo prote?) abspeisen; den schwachen mit krüf-
tigein fleische abspeisen; er hat täglich zwölf leute abzuspei-
sen; hinfurter woher keinen armen mehr so schmal abspei-
sen. Kirchhof trendnnm. 196'; mit stro abspeisen. H. Sachs
1, 444' ; dies geschöpfchen, eine nusz eröfuend, besonders aber
einen reifen fichtenapfel abspeisend (aba demo munde) ist
höchst gracios. Göthe55, 321. oft figürlich ßr abfertigen:
die hofnung beszrer zeiien
speist mein verlangen nur mit faulen Aschen ab.
GÜXTHCft;
bis er seine begierdcn abgespeiset. Simplic. 1, 477 ; der seinen
gegner sehr blutig abgespeiset hatte. Felsenb. 1, 502 ; anfäng-
lich vermeinten wir einen nach dem andern mit guten wer-
ten abzuspeisen. Plesse 1, 8 ; ihn mit entschuldigungen ab-
zuspeisen. WiELASD 9, 253; glauben sie nicht, dasz ich mich
mit einer solchen antwort abspeisen lasse. J. E. Schlegel l,
374 ; da wollt er mich mit leeren worten abspeisen. Göthe 41,
304; auch wird sich der schüler nicht leicht so fnigal, als
man ihn sonst bedienen mögen, abspeisen lassen. 52,11; be-
trachtungcn, die einer näheren prüfung worth sind und sich
so nicht abspeisen lassen. Claudius 5, 133; sich durch ein
wort abspeisen lassen. Ka5T 1, 47. einen abspeisen heiszt
auch unter dem volk das abetidmal dem sterbenden auf dem
krankenbetl reichen. Das intransitive abspeisen scheint, wi«
in andern fällen, durch ellipse des acc. entsprungen: sie bat«
123
ABSPENEN — ABSPLISZ
ABSPLITTERN — ABSPRUCH
i24
ten abgespeist. Wieland 12, 218, d. h. alle gerichle abgespeist,
transitiv genommen.
ABSPENEN, ablaclare, seducere, entwöhnen, von der brüst
abgewöhnen, entfremden, ahd. intspenan und intspennan, praet.
intspenita (Graff 6, 343), welchem ein verlornes spanio, spenio,
spenno über, mamma zum grund liegen musz, altn. speni pa-
pilla, wofür aber auch ahd. spunni gilt, mit diesem spennan
allicere ist spanan spuon persuadere, gleichsam an die brüst
ziehen und abspannen, ablaclare, von der brüst entwöhnen un-
mittelbar verwandt, die spräche scheint von alter zeit her for-
men mit n und nn gebildet zu haben, hat mir mein frauen
abgespent, entwöhnt, abgewendet, fastn. sp. 99,7. 391,16^ ein
andre spenet mir in ab. 249, 11; wann man das kalb ab-
spänet. HoHBERG 2, 272' ; wie die kälber, lämmer abzuspänen.
das. 273'. 274'.'. 294', wofür 2, 27l' abspeimcn geschrieben wird ;
gesinde abspenen. weisth. 3, 590.
ABSPENNIG, abalienatus, entwöhnt, abgespannt: eines andern
knecbt und diener ihrem herrn abspennig zu machen. Fronsp.
kriegsb. 3, 2l'. s. abspannen und abspenen. s. abspenstig.
ABSPENSIG für abspenstig steht einmal in Avrers fastn.
sp. 98" : er mücht mir in abspcnssig machen, assimilation,
wo nicht druckfehler.
ABSPENSTIG, abalienatus, entwöhnt, verlockt, abwendig;
einem abspenstig werden, ihn verlassen, einen einem abspen-
stig machen, abwenden: derjenige schwarzrock, welcher mir
im posthause meine liebste abspenstig gemacht halte. Felsenb.
2, 358 ; sie sollte sich schämen, einem jungen mädchen ihren
bräutigam abspenstig zu maclicn. Wieland 35, 59 ; der natur
ihre treusten freunde abspänstig zu machen. Moser verm.
sehr. 1, 52 ; glaubst du nicht, dasz ich reizend genug bin, ihn
dir abspänstig zu machen? Lessing 2, 435; ihr macht uns alle
unsre mädchen abspenstig. Tieck 5, 211. vgl. abspannen, ab-
spennig, gespenst, gespenstig.
ABSPEBBEN, claudere, abschlieszen: die kammer absper-
ren; einen von den andern absperren, aussperren.
ABSPIEGELN, imaginem in spcculo repercutere, nn/. afspie-
gclen, im spiegel das bild zurücktverfen: wenn der sanfte flusz
zwischen den lispelnden röhren dahin gleitete und die lie-
ben wölken abspiegelte. Göthe 16, 74. die bäume spiegeln
sich im wasser ab ; in ihren äugen spiegelt sich der himmel,
in ihrem blick die liebe ab ; indessen gibt es auch einen
hohlen fleck im gehirn, wo sich kein gegenständ abspiegelt,
wie denn auch im äuge selbst ein fleckchen ist, das nicht
sieht. Göthe 49, 92.
ABSPIELEN, ludo pacisci, lucrari, im spiel abthun, verab-
reden, gleich dem heutigen abkarten : es wäre denn also zu-
vor abgespielet. Luthers br. 5, 364. im spiel abgewinnen : du
hast die seele mir abgespielt mit falschen künsten. Tieck 2,
150. ausspielen, zu ende spielen: eine abgespielte rolle; ein
abgespieltes leben. J. Paul bücherschau 1, 77.
ABSPILLEN, languescere, tabescere: wan ein ochs abspült,
hat er den in den flor (auf die weide) zu schlagen, weisth.
3, 632; er ist ganz abgespillet, ossa atque pellis totus est.
Stieler 2089.
ABSPINNEN, filum deducere, nnl. afspinnen, den faden von
der Spindel abspinnen, den rocken, den flachs abspinnen, figür-
lich, etwas vollenden:
wird vieles von den äugen abgesponnen,
so dasz die menge staunend ^'aiTcn kann.
Göthe 12, 11;
ein monolog des Marco in dieser Verlegenheit ist von der
reinsten, gefühlvoll und glücklich abgesponnenen selbstqual.
38, 263.
ABSPITZEN, acuminare, decacuminare, oben spitz machen,
gegensatz von abrunden, abstumpfen, nnl. afspitten : ein blei-
Stift, einen kegel, zuckerhut abspitzen;
jene zugleich auHiebend den abgespiizeten ölbrand.
Voss Od. 9, 382.
mit einem spitzen werkzet(g abnehmen: die maurer spitzen
einen vorragenden stein ab, hauen ihn mit der zweispitze; die
haare abspitzen, nicht abschneiden, nur oben ein wenig mit
spitzer schcere oder ihre spitzen wegnehmen.
ABSPLEISZEN, abscindere, nnl. afspiijien : die fasern vom
holz, die blätter von dem kraut abspleiszen. damit es {das
öffentliche eigenthum) dem reiche nicht abgesplissen oder zur
todten band gebracht würde. Moser 3, 140.
ABSPLISZ, ffl. resegmen, ramentum. ein geringer absplisz
von dem ganzen, pars fundi alienala. weisth. 3, 31. 162.
ABSPLITTERN, feslucam abscindere, splitter abreiszen, nnl.
afsplinteien : wenn der Sturmwind die kirchenlinden absplit-
terte und äste brach. Hippel 2, 63. auch intransitiv, das
splittert ab, rciszt ab, oder splittert sich ab.
ABSPRACHE, f. conventio, nnl. afspraak, mündliche über-
einkunß, abrede, nach der abspräche, abgesprochenermaszen.
ABSPRECHEN, nnl. afspreken, abjudicare, vcrbis adimere:
so doch gott selbs solchen ungehorsamen kindern flucht und
langes leben abspricht. Luther 6, 311'; die uns unser leben
abgesprochen. 3 Macc. 6, 11; dasz ich diesem armen gesellen
hierumb sein leben nicht absprechen sollte oder kann. Kirch-
hof 7nil. disc. 263; man hielt ihn vor schuldig und sprach
ihm ohne bedenken den köpf ab. Hahn 3, 59 ; als ob die be-
klagten, wenn sie macht gehabt hätten, nicht völlig aus eben
dem gründe ihnen selbst den köpf iiätten absprechen können.
Lessing 9,400; soll ihm der blutrichter das leben absprechen?
Klinger 1, 90 ; da er im gegentheil alle hofnung dazu ab-
sprach. Schiller 830 ; sie iiätten die sache gerne nicht ab-
gesprochen (geleugnet) sondern abgeändert. Claudius 5, 17.
das feierliche absprechen geht über in bloszes leugnen, absa-
gen: ich will das nicht absprechen, ihm nicht widersprechen,
selten ist einer sache absprechen, absagen, sich von ihr los-
sagen :
die kaiser Iiaben selbst dem irrthuni abgesprochen,
den misbrauch hingethan, die bilden wefrgebroclien.
Opitz 393.
Über eine sache absprechen, aburtheilen : Justus Moser war
geneigter die verschiedenen selten eines gegenständes ins licht
zu stellen als über ihn abzusprechen. Hugo lit. gesch. (1830)
s. 552; über Deutsche anmaszend abzusprechen. Tieck ges.
nov. 1, 194 ; glaubt er wider die kritik abgesprochen zu ha-
ben. Kant 3, 352. ein absprechender mann, absprechendes
urtheil, in absprechendster weise, absprechen im sinne von
besprechen, zu ende sprechen findet sich nur bei neueren schriß
stellern: das ist unter uns abgesprochen, beredet;
wo ist der unverschämte, der es wagt,
mein eigenthum, schon abgesproclmen han
mir zu enlreiszen. Iieck 3, 146.
del
ABSPRECHEREI, f die gewohnheit über alles abzusprechen:
seine absprecherei ist unerträglich.
ABSPRECHEBISCH, gewohnt abzusprechen, arrogans.
ABSPRECHUNG, f abjudicatio : trostlose absprechung. Kant
5, 447 ; trotzige und seichte absprechungen. 5, 137.
ABSPREIZEN, fülcire, bergmännisch, mit spreizen, stützen
versehen: den schacht, gang abspreizen.
ABSPRENGEN, dirumpcre, abspringen, losfahren maclien:
die fessel vom arm, das schlosz von der thür absprengen ;
eine saite von der geige absprengen ; dem pferde sprengt der
reiter ein hufcisen ab; die krebse sprengen sich die scheren
ab. wo absprengen intransitiv scheint, z. b. wenn es heiszt
er sprengte eilends ab, ritt dahin, ist die ellipse zu ergän-
zen: er sprengte das pferd ab.
ABSPRIESZEN, surgere, für entsprieszen, welches üblicher
ist. er sprieszt einem edlen geschlechte ab ; er ist von bei-
den abgesprossen.
ABSPRINGEN, desilire, nnl. afspringen, niederspringen: er
springt ab (vom rosse) ; sprang ab vom stuhle, vom wagen,
von der bühne; der knöpf ist vom rocke, die saile von der
harfe ab gesprungen; der hase springt ab (vom wege); das
bell springt vom bäum, die kugel von der wand, das scbwert
vom stein ab ; damit die klingen nicht so leicht abspringen.
Mathesius 78' ; die färbe, der leim ist von der mauer abge-
sprungen, figürlich, vom glauben, von einer nieinung, von
einer partei, von dem Verlöbnis abspringen, der abspringende
theil, die abspringende braut; schnell abspringen, veränder-
lich sein; die hastigkeil, womit er von diesem vorhaben wie
der absprang. Wieland 8, 249 ; die färbe, der ton springen
ab. für entspringen :
aus dessen samen sprang Diokles ab. Oürgkr 164'.
ABSPROSZ , m. proles, spröszling : ein echter absprosz,
proles.
ABSPRÖSZLING, m. dasselbe.
ABSPRUCH, m. abjudicatio, der richterliche spruch, das
urtheil :
der Hirsch sprach, weil solchs grosze herrn,
mit all den andern zeugen gleich
sei der abspruch und urtheil sein.
B. VValdis Esopus 4, 94. bt. 334».
I
o
125
ABSPRUDELN — ABSTA3IMü>'G
ABSTAMPFEN — ABSTECHEN
126
ABSPRüDELN, scatere, hervorsprudeln, flieszen : Tom felsen
sprudelt eine frische quelle ab.
ABSPRÜDELN, circumvertere, abquerlen, abquirlen (Schmel-
tER 3, 5S9) : von sechs frischen eiren das dotier darunter ab-
geschlagen, das weisze aber absonderlich gar woi abgesprü-
delt, dasz es lauter faim werde. Hohberc l, 23i\
ABSPRUNG, wj. desuUura. so oft der hase sein lager hat
und sich setzen will, thut er einen widergang, wol 20, 30 und
mehr schritte wieder auf seine fehrte zurücke, und sodann
auf einmal den absprung. Döbel 1, 30' ;
er rennt und setzt durch forst und siege,
sein absprung aber liilft ilim nicht.
Uacedor.'h 2, 33;
und nun wäre ich glücklich wieder da, wo ich oben meinen
ersten absprung nahm. Lessing 10, 93 ; er setzte sich vor von
zeit zu zeit einen kleinen absprung dahin zu machen. Wie- '
LAND 11, 271 ; wir kehren nach diesem kleinen absprung zu
den Athenern zurück. 36, 18 ; fallen musz der in die höhe ge-
worfne stein, bis ihn ein andrer körper hindert oder zum
absprung zwingt. Kli.nger 6, 224 ; nur beim ein- und absprung
zerschmettert der blitz; ein plötzlicher absprung von einem
thema zum andern. Kant 10, 228.
ABSPRCNGLING, m. equus desuUorius: fürnemlich war er
wol geübt von einem pferd auf das andere geschwind zu sprin-
gen, dasz es kein erd berürt, solche pferd nannt man desul-
torios, zu und absprüngling. Fiscuart Garg. cap. 26 (1504
176').
ABSPULEN, glomerare fila in cannulas, nnl. afspoelen,
von der spule winden:
einer hat lang umb mich gepult,
und so vil wort gen mir abgespult.
fastn. ip. 250, 1 ;
die weber spulen ihr wollen und härbes gam (flachsgarn),
auch gar die seiden (auf röhr) ab. Hohberg 2, 74*.
ABSPÜLEN, abluere, nnl. afspoelen, reinigen, abwaschen:
der flusz spült das ufer ab; den schmutz vom glase abspü-
len, das glas abspülen;
dasz in den lautersten
lichtumwallungen abgespült
ich unschuldig und rein aller beflcckung sei.
Voss.
ABSPÜLICHT, n. aqua impura ex lavatis vasis, das abge-
spülte, das Wasser, worin abgespült wurde. Seotebs rosarznei
s. 332 hat daßr abspüelet.
ABSPÜLUNG,/", ablutio: die abspülung des erdreichs. Kaxt
9, 11.
ABSTÄHLEN, indurare, hart wie stahl machen : er ist ab-
gestilhlt gegen wind und weiter; ein durch den krieg abge-
stähller mann, bei den färbern, die brüite probieren, einen
in sie getunkten läppen in den sogenannten stahl stecken und
dann der luß aussetzen.
ABSTAM.M, ffl. proles: eure vorfahren, euem abstamm.
Herder 5, 135;
hier ist altes geschlecht, des Teucrus herlieher abstamm.
Voss Aen. 6, 647 ;
damit aus Ilhaka gänzlich
namenlos hioschwind Arkeisios göulicher abstamm.
Od. 14, 182 ;
die Seclappcn, ein abstamm des ungerischen volkes. Kant
10, 29 ; ein merkmal, daran man den abslamm von beiden
eitern kennen kann, lo, 74 ; die sich vom neger oder seinem
abstamm in andern merkmalen unterscheiden.
ABSTAM.MELN, balbuliendo proferre, herstammeln: er stam-
melte eine kahle entschuldigung von den lippen ab.
ABSTAMMEN, originetn Irahere: wir stammen alle von Adam
ab; er stammt von hohen ahnen ab; gift stammt von der
Wurzel geben ab; dies worl scheint von keinem andern ab-
zustammen.
ABSTAM.MEN, caedere, vom stamme hauen: einen bäum
abstammen, bei einigen ohne umlaut: wann die bäume zu
hoch abgostammet und gefallet werden. Hohberc 3, 338*.
ABST.4MMLLNG, m. proles, nnl. afslammeling: eine wohn-
slatt von meinen abstammiingen. Felsenb. 1, 109 ; die leib-
lichen kinder und abstammlinge von Robert Hulter. das. 1,304.
ABSTAMMUNG, f. origo, abkunß: die abstammung aus
einem lande. Klinger 8, 246; Schwierigkeit, die abstammung
der begebenheiten in der reihe der Ursachen immer höher
hinauf zu suchen. Kant 2, 36L
ABSTAMPFEN, detundere, niederstampfen, nnl. afstampen:
die hufe der rosse hatten das gras von der w iese abgestampft.
ABSTAND, wi. distantia, nnl. afstand: der abstand des mon-
des von der erde, der sterne von einander, des hauses von
dem wald, des knecbts von dem herrn, der lugend von dem
lasier; sie schössen sich mit pistolen auf fünf schritte ab-
stand; siehe deinen abstand von mir an, du bist reich, ich
habe nichts ; der abstand zwischen ihnen ist zu grosz ; durch
das princip der achtung sind die menschen angewiesen sich
im abstände von einander zu erhalten. Kant 5, 285. in der
tonlciter, der abstand der octaven. Dann das abstehen von
einem recht, aufgeben des rechts, cessio juris: ich habe ihm
fünfzig thaler für den abstand bezahlt ; der bräutigam hat 100
thaler für den abstand genommen; dasz er zwanzig ducaten
für einen abstand nehme. Phiijvnder 2, 600.
ABSTÄNDEU, ni. arbor eniuiiens, forslmdnnisch, ein abge-
standner bäum.
ABSTÄNDIG, emoriens, deßciens: ein abständiger bäum;
abständiges holz; dasz die bäume alterten und zum theil
schon abständig wären. Stolkerg 6,246; ein abständiger, o6-
gelragner rock ; dieweil mir das wammes nicht abstendig werde.
Kirchhof wendunm. 285*; ein abständiger, alternder mann;
nicht abständige, sondern junge kräftige leute haben wir nö-
thig. auch von dem zurücktretenden : der bräutigam wurde
abständig.
ABSTAPELN, merces e slruibus depromere, gegensatz des
aufstapelns: der markt ist aus, du kannst abstapeln.
ABSTARREN, rigere: reifröcke, die auf beiden Seiten ab-
starren; das gold starrt vom gewande ab.
ABSTATT, e loco, von statten, gebildet wie abweg, abhan-
den, mit der leibhaften praeposition : wie es doch zugienge,
dasz es in der universitet nit recht wölt abstatt gähn. Th.
Plater 203 ; von der Ursachen wegen Diehent auch die würm
und rücken abstatt von diesem kraut. Paracelsls 1, 1040';
nun mögen wir die heiligen nicht abstatt werfen, das. 1,91";
spannt acht an, so brauche ich gar nicht abstatt zu faliren.
Hebel 5. 287. ohne zweifei sagte man auch mit dem dat. pl.
abstatten, wie von statten.
ABSTATTEN, e loco in locum dare, eloeare, collocare. die
tochter, das mädchen abstatten, hingeben, verheiraten, nah
verwandt mit ausstatten, ausgeben, dann wie ablegen, einen
besuch abstatten, von einer stelle an die andere, erstatten :
wegen der visiten und gegenvisiten, welche nunmehr mit dem
groszten ceremoniel abgestaltet wurden. Göthe 24, 298 ; glück-
wunsch, grusz, dank, dienst, eid abstatten : wie kann ich aber
dergleichen dienste abstatten ? Weise kl. leute 298 ; ich wollte
dafür herzlichen dank abstatten; ein zeugnis, einen bericht,
Vortrag abstatten. Göthe 32, 31, was immer ein gegenseitiges
Verhältnis zwischen dem abstattenden, und an den abgestaltet
wird voraussetzt; eine schuld, ein capital, die Unkosten, ge-
bühren abstatten, erstatten, entrichten: welche letzte summe
derselbig gefangen must abstatten. Kirchhof mil. disc. ISO.
ABSTATTUNG, f. elocatio, praestatio, restitutio: meines wei-
bcs abslaltung (ausstattung). Schweinichen 2,263; nach ab-
stattung des eides, des dankes, Wunsches ; bis die gelegen-
heit wirkliche abstattung würde an die band geben. Weise
kl. leute 11.
ABSTAUB, m. pulvis, semen devolans: der das geheimnis
der natur entdeckt hat geringe arten von blumen durch den
abstaub einer edlen zu verbessern. Thümmel.
ABST.\UBEN, devolare: der same von der blume, der flügel
des Schmetterlings staubt ab; nach dem regen hat es abge-
staubt.
ABSTÄI'BEN, abslergere: den tisch, die schuhe, das buch
abstäuben ; die allen stunden stäuben sich ab. J. Pauls un-
sichlb. löge 3, 180. auch abstaubem, s. abstöbern.
ABSTAUCHEN, eluxare, abstoszen, prügeln: Ursus ersieht
Gigar, nimmt ihn in der mitt, wirft ihn zu boden und staucht
ihn gar wol ab. Atrer 278'.
ABSTAUCHUNG, f. eluxatio: nach abstauchung aller wi-
derspensligkail. Meliss. ps. Db*.
ABSTÄUPEN, virgis concidere. fustigare. die telgen abstü-
ven, absteuben. abhauen, stumpfen, weisth. 3, 136. 137.
ABSTECHEN, deftgcre, nnl. afsteken: einen mit dem sper
vom rosse abstechen; den sper, die lanze auf einen abste-
chen ; heu, Stroh, garben mit der gabel (vom wagen) abste-
chen; einem mit dem messer die kehle ab.otechen, jugulare:
wil dir dein hals abstechen, fastn. sp. HZ, 59. 531, 6 ;
1^7
ABSTECHEN
ABSTECHER — ABSTEHEN
128
als könig Kataband die gurgel ab liesz stechen
dem erslgeborncn söhn. Lobenst. Ibrah. IS;
ein thier, schwein abstechen: sonst ward an einem misse-
thäter wol ein jähr verhört, heut stechen sie die Icute ab
wies liebe vieh. Arnim scliaub. 1, 314;
wann ihr ein schaf abstecht. Opitz 2, 53;
stächet ab das wolgemest. H. Sachs 1,63*;
den rasen, dämm, deich mit dem spaten abstechen : blosze
grabhügel auf der beide in groszer menge, wovon viele ab-
gestochen und geebnet sind; schon hatte sich das volk auf
die oberwärts abgestochenen und vom rasen entbloszten
dämme gedrängt. Göthe 17, 157 ; ein bild mit dem griffel in
kupfer abstechen ; nachstechen schon abgestochener gemählde
ist kein nachdruck. Fichte berl. monalschr. 21, 468. figür-
lich, einen abstechen, ausstechen, es ihm zuvorthun, vom tur-
nier hergcnommne redensart: hätte auch nicht anders ge-
meint, ich werde ihn abstechen und verdringen. Schweini-
criEN 1, 99 ; mein leben sei verspielt, wo Ambra nicht ihr
ganz gcschlecht absticht. Lohexst. Ibr. 15 ; als er von sei-
nem nebenbuhler abgestochen zu werden fürchtete. Günther
560 ; ebenso beim kartenspiel, auf welches man die stiche und
das abstechen des turniers anwandle, einen abstechen, mit
einer höheren karte siechen, von andern dingen:
dieser bluinen Jaspis kann sarder und schmaragd abstechen.
A. Ghvphius ;
der tauben atlas stach Diancns silber ab.
UÜNTUER 1070.
beidemal geziert und frostig, eine höflichkeit, ein compliment
abstechen, vorbringen, wie seine lanze abstechen: mit diesem
frauenzimmer mochte ich selbst briefe wechseln, so gar zier-
lich und kurz kan sie complimentgen abstechen. Weise erzn.
100. Ein feld, lager, einen platz abstechen scheint ebenso
richtig als abstecken, da es mit eingesteckten pfählen (palis
de fixis) geschieht: abgestochenes feld der Untersuchung, räum,
der für die Vernunft abgestochen ist. Kant 2, 166. 3, 313;
als man mit den äugen sich die erdenge zum lustlager ab-
stach. J. Paul Kamp. 52; je unwillkürlicher der Staat seinem
nachbar die grenzen absticht. Hippel 11, 159, sei es mit
pfählen oder durch rasenabstich.
Intransitiv, abstechen, sich entfernen: das schif stach vom
ufer ab, ist schon abgestochen, nnl. de schult stak af, was
reeds afgestoken; er ist abgestochen, davon gegangen, abge-
segelt; du kannst abstechen, apage, dich atis dem staube ma-
chen, die intransitive bedcutung entsprang durch ellipse des
acc. Stange, mit der man den nachen vom lande abstöszt.
Ein andres intransitives abstechen für dislare distingui, va-
riari scheint erst im 18 jh. aus dem transitiven abstechen, an-
tecellere entsprungen, denn zuerst htesz es sich abstechen,
sich auszeichnen, hervorthun: von diesen
sticht ein beschattet grün
recht angenehm sich ab. Brocees 2, 301;
es stachen beide sich
von dem so holden grünen
recht unvergleichlich ab. das. 2, 448;
später ohne sich: die attische Urbanität, die von der steifen
und ceremonienreichen höflichkeit der heutigen Europäer merk-
lich abstach. Wieland 1, 200 ; dasz die sitten einer ver-
mählten und einer bublerin von einander abstachen. 2, 235 ;
von einer so abgeschmackten mit dem heldenthum so lä-
cherlich abstechenden liebe. 2, 239; die so abstechen, als
meine tochter zu ihrer Schwester. Hippel 7, 133; er konnte
ihn mit den lieben engelcin vergleichen, gegen die er kräftig
abstach. Göthe 21, 8 ; bei der lauigkeit, die mit des seligen
Stifters wünschen so grell abslichl. 43,374; wcisz auf schwarz
sticht gar gut ab. Fr. Müller 1, 127 ; seine wangen, mit de-
ren braunem roth der schwarze lockichte hart abstach. Klin-
ger 6, 210; die hochgewölbte stirne {des tcufcls), die mit
dem merkzeichen der liölie zwischen den äugen sehr ab-
stach. 3, 48; helle und lebhaft abstechende kleidungsstücke.
Kant 7, 386; den geistreichen schmerz gut gegen die un-
schuldigen gesiebter der thiergestaltcn abstechen zu lassen.
TiECK Slernb. 2, 332; das breite schwarze tafthand, das ge-
gen das blühende gesiebt abstach. J. Paul Tit. 1, 11 ; die
frau rath Schlosser hat gesagt, dasz wie er neugeboren
war, so habe man ihn auf ein grünes billard gelegt, da habe
er 80 schön abgestochen und ausgcsehn wie ein glänzender
cngel, ist denn abstechen eine so grosze Schönheit? BErriNB
briefe 2, 19. auch nnl. die oudc broek steckt bij dat nicuwe
kleed siecht af ; zwart op wit steckt wel af; zijnc geaardheid
heft bij die van haar altijd zeer afgestoken. das rolhe sticht
das grüne ab hiesz ursprünglich: besiegt das grüne, dann
sagte man: roth und grün stechen sich einander ab, streiten
mit einander, endlich roth und grün stechen von einander
ab und henor, wechseln ab, unterscheiden sich, contrastieren,
ABSTECHER, m. excursus, was sonst abschweif, abschub,
abslreifer: hab ich einen abstecher gemacht nach Gent.
Schiller 321.
ABSTECHUNG, f. franz. contraste: ausgeführte charac-
tere, die mit nebcnpersonen in eine sinnreiche abstechung
gebracht waren. Lessing 4, 115; contrasl oder abstechung.
Kant 3, 77 ; manigfaltigkeit und abstechung der Farben. 7, 70.
abstechung ist die aufmerksamkeit erregende nebeneinander-
stellung einander widerwärtiger Sinnesvorstellungen unter einen
und denselben begrif. 10, 164. lieber sagt man heute abstich.
ABSTECKEN, defigere, laxare, gegensatz von anstecken und
aufstecken: das band vom ermel, die schleife von der brüst,
das tuch vom hals abstecken ; die blume vom haar abstecken ;
die locken abstecken, los flechten; den Spiegel her, will mir
die haare auskämmen, abgesteckt, losgeflochten! Friedr.
Müller 3, 138 ; die lichter vom leuchter, die kränze von der
thür abstecken, das feld, den garten , die schranke, das
lager, gezelt durch pfähle abstecken, vorzeichnen: hinter
seinem abgesteckten plane kleben ist Schwachheit. Fr. Mül-
ler 3, 259; aus den drei puncten, die ich zum voraus ab-
gesteckt. Herder 1, 53. Wie stechen {ahd. stüchan, goth.
stikan) und stecken (ahd. stecchan, goth. stakjan) nahverwandt
und schwer zu scheiden sind, flieszen auch abstechen und
abstecken oß ineinander, in jenem liegt mehr pungere, in
diesem figere. für das abstecken, abschlagen des zelts braucht
schon Ulfilas hle})rastakeins.
ABSTEHEN, dcscendere, dislare, deesse, desistere, nnl.
afstaan. die älteste sinnliche bedeutung des wortes, worin ab
fast noch lose stelle, wie in absein, einnimmt, war die heule
erloschne des Stehens , steigens von dem pferde, von dem sat-
tel, des absteigens, absilzcns. so heiszt es im Aimon und
Galmtj oß: stund ab von dem pferd, stund ab, als er abge-
standen war, auch in Freys garteng. 92; soll der herre ab-
steen von seime pferde. weislh. 3, 837 ; der postpott ist
gleich vom pferd abgestanden. Avrer 390* ; XXV cardinäl
wolgerüst, die seind von iren eseln abgestanden, seiner inai.
entgegen gangen. Frank chron. 226*. nicht anders mhd.
vom orse stuont der kücne man. Parz. 275, 5 ;
dö muoser von dem rosse slän. Iw. 5568;
si stuonden von den satelen. Gudr. 1464, 4;
dö stuonden von den rossen. Nib. 1060, 1 ;
die stuondon von den marken. Dielr. 3032;
si wären von den rossen gestanden üf den sant. Gudr, 1574, 1.
wofür anderwärts auch vallen und treten von den rossen,
ahd. aber läszl sich ein stuontun aba hrossum, aba satalum
erwarten, ferner hiesz es von dem schiffe abstehn, ans land
steigen; der Jäger steht ab, wenn er den anstand vergebens
verläszt, das gcflügel steht ab, wenn es vom bäume entfliegt,
nach dem mhd: von dem wege, von dem steine stän wäre
auch ein nhd. von dem wege, der thür, der schwelle abstehn
•== abtreten vollkommen gerecht, hieran grenzt aber das
räumliche abstehn, von einander stehn, distare: hiinmel und
erde stehn weil von einander ab; weit wie die Sterne ab-
stehn von der erde ; der stuhl steht von der wand ab ;
Frankfurt und Mainz stehn sich drei meilcn ab; die obren
stehn ihm vom köpfe ab; die absiehenden obren des pfer-
des, auf geistige zustände angewandt: weit von einander ab-
siebende (der zeit nach entfernte) beobachtungen. Kant 8,
256; es steht mir ein begrif ab, wodurch mir sonst die
dinge dcnklich sind. 3, 53; die leule sieben wol durch zu-
stände und Verhältnisse von einander ab. Göthe 33, 204.
Sahen wir eben sinnliches abstehn und abfallen, absitzen
sich begegnen, so bezeichnet auch abslehn mit dem dat. der
pcrson von einem oder einem abfallen, gleich dem absetzen,
einen verlassen, alicui dcc.ise. sehr oß im Aimon: als lang
wir leben, wollen wir euch nil absleen; dannoch soll ich
inen nicht absleen ; so will ich inen, als lang ich etwas
hab, nit absleen ; bat er meinelhalben unrecht, so will ich
im doch nit absleen ; so ir mir absleel, was schaff ich
dann?; wo uns die gollich gnad nit abstcct;
du nülilichsier der meinen
»ich«! mir zu zeitlich ob. 1'lexinc 146;
129
ABSTEHEN —ABSTEHUNG
ABSTEIFEN — ABSTERBEN
130
u'iewol dies letzte bedeuten kann du verlassest mich, oder
gehst mir ab, oder gehst mir zu gründe, denn abstehn
drückt auch aus de statu suo declinare, deierius ßeri: abge-
standner wein, vinum fugiens; abgestandne fische, pisces
emortui; der bäum steht ab; perlen, aber alle verdorben
uder abgestanden. Simplic. l, 296; ein abgestandenes ge-
richt. TiECK 15, 132; alle meine jugendlichen empfindungen
erschienen mir schal und abgestanden. 7, 301. abgestanden
drücJU wie abgegangen todt und gestorben aus. R. A. von 1521
j. 30. dahingegen die verpflanzten beischosz leichtlicfa ab-
stehn, percunt. Hohberg 3, 522*.
Eines dinges abslehn ist desistere a proposito: das eben
dis die alleradelichst tugent des glaubens ist, das er sein
äugen zuthut und einfeltiglich solcher forschung abstehet
und frülich gott alles heim stellet. Luther 2, 27l'. br. 2,
254; hiesz sie auch des nicht abstehen, sondern bestetigels
\ielmehr. 3, 317; weil sie der sachen nicht abstehen, br.
4. 142; seiner laster gar abstehn. H. Sachs 1, 243'; so
einer seines oberhern bevelcb{s) abstehet. Fronsp. 3, 2S3';
als er seines stelens nit abstund. Kirchhof uendunm. 271*;
der pfaf bäte sie gar freundlich, sie wollen ires frag'fens
abstehn. Wickrax rollw. 59; wa si widerruften, ihres irr-
thumbs abstunden. Fraxr iceltb. lOO'. an die stelle des gen.
tritt aber, und heute immer, die praeposition : abstehn von
unrecht nicht betrübt. Kirchhof wendunm. 282*; wir würden
von der forderung gern abstehn. Kant 2, 3S5; er will vom
bauen, von seiner behauptung abstehn. es kann auch bloszes
abstehn, im sinne von cessare gesetzt werden: was bei die-
sem planeten sei zu begehn oder abzustehn. Fiscdart
groszm. 55 ;
je mehr ich küss, je mehr dein schaee
mein herz ganz wunderlich anzündet,
darurab ich billich nu absteh,
eh gänzlich mich dein schein verbündet. W£Ccherlix 406;
die mühle steht ab, steht still.
Von einer sache abstehn, sich ihrer entäuszem zu gun-
sten eines andern, sie ihm abtreten, überlassen wendet die
neuere spräche um in einem oder an ihn eine sache abstehn :
so wie er zehn jähre darauf seine hälfte für die hälfte des
bezahlten preises an ihn gänzlich abstand. Lessing 9, 226;
der landphysikus, der ihm den halben palast abstand. J. Paul
1, 170; ich glaube nicht, dasz sie für das blosze exemplar
des buchs den lorbeerkranz abstehn wollen, leufelspap. 2,
108 ; ists nicht eine schände titularamter theurer abzustehn
als wirkliche? Q. Fixl. 104. vgl. zugestehen.
Bemerkenswerlh noch : das pferd bat sich im stall abgestan-
den, durch zu langes stehn schaden gcthan; die pferde slehn
ihre bein ab und können hernach niergent fortkommen, ägri-
COLA spr. 168'.
ABSTEHLEN, dam auferre, nnl. afstelen: das er mir tut
mein pfrunt abslelen , d. i. ab mir steten, fasln, sp. 144,
13; abgestolen ISO, S; das ein iglicbcr bube macht und
freien zutril bette, mir dieselbigen {meine lochter) heimlich
abzustelen. Luther 5, 239'; dasz mir das buchlein ist heim-
lich abgestolen oder abgeschrieben. Luther br. 3, 121; so
wird ein giftiger rauch drausz, der in einen kreucht und einem
heimlich seel und leben abstilt. Mathesius 102'; gleichwol
dem Florindo nicht einmal ein lustiges gespräch abstehlen
kunte. Weise kl. leule 23; ein abgestohlner kusz. Logaü 2,
100, 2; dem lieben gott die tage abstehlen. Gellert;
und ihre kühneren, »ora schlaf «r^vachlen seelen
beginnen uns die Uinst der tvaCTen abzustehlen.
Gotter 2, 418;
ich stahl ihr schnell eio mäiilcbeo ab. Gerstexberg ;
die kunsi, den schalten ihr aacbahmend abzustehlen.
SCUILLER 23;
die «nlerscbrifl von neulich, die abgestohlne. das. 370; um
den stünden ihre bewilligung abzugewinnen oder vielmehr
abzustehlen, das. 824; ihr {der nalur) neue gcnüsse absteh-
len. Kli:>cer 2, 357 ; blind für jede scbimheit, die der mah-
ler der nalur abstahl. Tiec« 8, 272. Sich abstehlen, dam se
tubducere, secedere: dasz ich itzl mit gewalt hab müssen
mich abstehlen von den ieuten. Lother 6, 506*. br. 5, 83;
ach lolt köni^r Woirdieterich
also von uns abstehlen sich? Atrer 219*.
ABSTEHUNG, f. omissio, eessalio: zu abstebung solches
ircj trutziges sinnes (von ihrem tr. $. ab2u$lchen) vermahnet.
Er. Auberus s. 8; ob ihm gleich Lisette mit der abstehung
ihrer liebe gedräuet. Salinde 249. jetzt auszer gebrauch.
ABSTEIFEN, firmare, fulcire, im bauwesen, mit stützen,
streben versehen: wenn die schwellen eingelegt, die Ständer
aufgestellt und an den seilen abgesteift sind; einen Schacht
absteifen, stützen.
ABSTEIGEN, descendere, niedersteigen, nnl. afslijgen: vom
pferde, wagen absteigen, früher ab dem pferde steigen; vom
thurra, berge, von der höhe, von dem galgen absteigen, ahd.
So stige er abe demo galgen. .V. ps. 21, 8, stige nidar fon
themo crüce T. 205, 3, descendat de cruce Matth. 27, 42,
ICO Ulfilas, wie auch Marc. 15, 32 atsteigadau af ^amma gal-
gin, gleichsam ascendatur de cruce, weil man aufsteigen mmz,
«m den hängenden herabzulassen, at bedeutet hier ad, Ttoö;,
wie in atsleigan us himina, heran steigen von dein himmel,
und wenn Voss sagt: wähnt man doch, dasz ganz in das
meer absteige der himmel, so würde auch hier ein goth. at-
sleigan stehn. dem nicht unähnlich gebrauchte man sonst
absteigen für ersteigen, ascensu capere: zuschub mit heim-
lichen absteigen Schlösser und häuser üben, landfr. von 1521.
7, 8 ; keiner (soll) dem andern sein Stadt, schlosz unil
flecken einnehmen, absteigen, mit brand beschädigen. RA.
von Speier 1526. §. 4, tro die lesart abstcigern verwerflich;
auch soll niemand schlosz, Stadt, markt absteigen oder fre-
ventlich einnehmen. Regensb. abschied in Melanchth. opp.
ed. Bretschneider 4, 628. Figürlich absteigen für abstammen,
von dem haupt des Stammes in die glieder : wie die risen,
die recken auf die well kommen und Gurgellantua nach ge-
rader lini von inen abgestigen seie. Fischart Garg. eap. 1;
seine absteigende erben (descendenten). Ayrer 39t*; ist dcr-
halb kein wunder, das die krankheit vom heubt in die glie-
der, von bepsten in andere nidere prelaten abgestiegen ist.
Luther 2, 183*. wo absteigen ßr sich, ohne casus steht,
ist von dem pferde ausgelassen : er ist abgestiegen, im gast-
hof abgestiegen;
schon ist der tag absteigend. Tiecc 1, 3S2,
«eil man sich den tag auch reitend dachte, die preise stei-
gen ab (i;o» ihrer höhe), fallen, sinken: wäre der wertli ab-
gestiegen. Frankf ref IL 11, 5.
ABSTEILE.N, ad ima deferri hat Stieler 2138, aber oMcii
Güthe 39, 192: der wenige abgesteilte erdgrund, worauf der
bäum steht, d. i. der steil gesenkte.
ABSTEINEN, lapidibus signare : den acker, die llur absteinen.
ABSTELLEN, e loco movere, abrogare, nnl. afstellen: den
stuhl, das bell von der wand abstellen; vom wagen einen
sack abstellen; eine last, bürde abstellen, absetzen, nieder-
setzen; ein laster, einen misbrauch abstellen, von der stelle
schaffen, abschaffen; zu rechter zeit stell er das ab. Schwar-
zenberg 138, 2; bleibt abgeslelt. fastn. sp. 180,21; die sQsze
zeit abstellen. Fleming 173;
hanr hat viel rerzweifeii böses gut gemacht und abgestellt.
toGAü 2, 9, 78.
ABSTELLER, m. abrogator: Christus ist der absteller der
sünd. Reiszner Jerus. 2, 77*.
ABSTELLUNG, f. abrogatio: wider die abstellung des
sonntags zu eifern ist vergebens. Rarener 4, 86.
.\BSTEMPELN, signo notare, franz. timbrer: die Zeitungen,
bücher abstempeln.
ABSTENGELN, decaulescere : der reltich schmeckt besser,
ehe er abslcngelt, Stengel treibt.
ABSTEPPE.N, consuere, cuspidatim exomare: ein kleid,
einen rock absteppen.
ABSTEHBEN, demori, emori, dem tode sich langsam nä-
hern, dahin sterben, nnl. afslerven : der zweig stirbt von dem
bäum ab ; das glied stirbt von dem finger, der Onger von der
band ab ; der fisch ist abgestorben ; lasz uns zusammensitzen
und absterben, wie der fiscli, dem das wasser abgeleitet ist.
Kliicer t, 60; die crze sterben ab, werden geringer; der
bäum, die blume stirbt ah, languet; der geist ist frisch, der
leib stirbt ab ;
.<chon lange grünt un« nicht mehr der abgestorbene trald,
der in die süszen .«chatten uns rief. Zaciuria;
damit sie des guten abgestorbenen (verstorbenen) kerfs desto
ehe vergessen möchten. Wickram rollw. 65'; du abgestor-
bener weitmann ! Güthe 18, 313 ; ein absterbender greis ;
zuweilen für aussterben:
si wollen dasz mein nam und ehr
«olt mit mir ganz iibsterbea. WscKaERLi.'« 140;
U
131
ABSTERBEN — ABSTIFTEN
ABSTILLEN— ABSTRAFEN
132
wer ist kindlos und erblos
ganz abzusterben nicht verdrossen? da«. 499;
dies haus wird bald absterben; die mönche im kloster ab-
sterben lassen; bandel und wandel in diesem lande ist ganz
abgestorben ; Schweiz, abgstorba, verblichen : er hed e ganz
abgstorbes balstüchli a. Tobler 13'; eine abgestorbene, aus-
gestorbene spräche ; abgestorbene Verhältnisse. Gotter 3, 157.
abgestorbenes gut, erbloses: wegen der abgestorbenen ver-
lassenen hal)e. Reutteu kriegsordn. 17; das brauchen wir
nicht wieder zu geben, die Sachen sind abgestorben. Leipz.
avanturier 1, 166. Einem absterben, durch den_ tod genom-
men werden : die eitern sind ihm frühe abgestorben {von sei-
ner seile gerissen worden); es ist mir {von mir) an ihm ein
treuer freund abgestorben;
ihm starben brüder, Treuud und weib und Kinder ab.
Gotter 1, 317;
oß das gcfühl wofür verlieren, entsagen: er ist der weit ab-
gestorben; so ihr denn nun abgestorben seid den Satzun-
gen der weh. Coloss. 2, 20 {goth. gasvultuj) af stabim })is
fairhvaus, vulg. mortui estis ab elementis mundi) ; der freude
starb ich ab. Gotter 3, 573;
wir sterben uns uns selbst vor ab, für unserin sterben,
wann gaben, die in uns, unausgeübt verlerben.
LoGAU 3, 8, 67;
ein weiser mann
stirbt ab der Sterblichkeit. Opitz 1, 65;
die ihre gewohnheiten und sitten beibehielten, weil es ilmen
doch zu schwer war, ihrem vaterlande ganz abzusterben.
Schiller S52; der neue mensch, indem er dem alten ab-
stirbt. Kant 6, 239. auch mit der praep. für: abgestorben
für jede freiheitliche regung. Dahlmann franz. rev. 65.
ABSTERBEN, n. obilus: auch konnte der schmerz über
das zeitige absterben des braven mannes nur durch das ge-
fühl gelindert werden, dasz er auf der weit wenig geliebt habe.
GöTHE 19, 141. das absterben eines glieds, hinschwinden.
ABSTERBLICH, inlermoriens : so ist die krankheit alle zeit
zu erwarten, und nicht absterblich, wie etliche krankheiten.
Paracelsi opp. 1, 289'.
ABSTERBÜNG, f. necatio, interemtio, was ein verlornes
transitives absterben absterbte {mhd. sterben), verschieden von
absterben abstarb (mhd. sterben) voraus setzt: die beschnei-
dung bedeut die absterbung unser selbs. Frank wellb. 124";
die hugonotische reformation und absterbung {der begierden,
folglich enlhallsamkeit). Fischart bienenk. 23l'; mit gänzlicher
absterbung des eignen willens sich ihm hingebe. Fichte s/aa/s/.
193, obgleich die letzte stelle auch das absterben, emori mei-
nen kann, wie bei Kant 5, 252 ein abgestorbenes oder die
absterbung drohendes organ.
ABSTERZEN? dunkler bedeutung :
so oft ein herze sterzt dem andern herzen ab. Louknst. //i/ac. 34;
kaum abstürzen, aber sonst heiszt sterzen, starzen turgere,
und die Windberger psalmen 347 haben lif starzen erigere.
ABSTEUER, f. tributum: ein hüfener gibt einen thaler ab-
falutsgeld, ein kossäte einen halben thaler absteuer. mark,
amtsordn. §. 68 ; die absteuer der geschwister. Moser 1, 112.
ABSTELERN, navem solvere: das schif vom lande ab-
steucm.
ABSTICH, m. abstich vom torf, abstich des flüssigen erzes,
absticli des bildes, abstich der nath. hauptsächlich aber gilt
es heule, wie früher abstechung, für den contrast und gegen-
satz: der abstich ist zu stark, den dieser neue ton mit dei-
nem ersten macht. Wieland 9, 21; insonderheit machte das
giosze Schlachtschwert mit seinem übrigen ansehen einen lä-
cherlichen abstich. 11, 336; ein begrif von machtvollkommen-
heit, der gegen das übrige Staatsrecht der Deutschen den lä-
cherlichsten abslich machte. Schiller 889 ; je härter der ab-
stich war, den der grundsatz der waliriieit mit den herschen-
dcn mMimen machte. ItlS; eine lebhafte bewegung welche
gegen die sinnende ruhe de« Diomedes einen vielleicht nur
zu starken abstich macht. 1228; die tannen und die verfal-
lene hfllte machten in der heiteren grünen landschaft gegen
die weiszen häuser des dorfes und das prächtige neue schlosz
den sonderbarsten absticli. Tieck 4, 368 ; der rührende ab-
slich des morgengetümmels mit der nacbtpausc. J. Paul He$p.
3, 144.
ABSTIEG, m. descensus: der abstieg war zu jäh, die vor-
über ziehenden konnten nicht anhalten. Gothe 21, 6.
ABSTIFTEN, auferre, delrahere, gegensatx von anstiften, stiften :
sorgsam vermeid der weit gifl,
so glauben, ehr und trcw abslift.
WiCKRAx irr. tilg. 23;
einem habe und gut abstiften. heute veraltet.
ABSTILLEN, sedare, pacare, gleichsam von dem zorn, ab
ira: idoch stillet Phinees gottes zorn wider ab. Frank weltb.
163"; zum dritten solt niemand sein tochter Athenas oder
Minervam heiszen, damit ward Neptunus abgestillet. Frank
chron. 16".
ABSTLMMEN, dissonare, repugnare, mit dem dat., gegensatz von
bei oder zustimmen : dieser artikel ist falsch, abstimmend den
heiligen lercrn und dem rechten verstand der schrift. Luther
1, 544"; dasz ein beistimmendes oder abstimmendes gespräch
eben da anfangen musz wo ich aufhöre. Göthe 38, 141; dasz
gegner ihn streng behandelt, freunde sogar ihm abgestimmt.
39, 118. auch von einem abstimmen. Auszerdem ist abstimmen
mit der praep. über vota emittere, stimmen abgeben, der reihe
nach abstimmen, und einen abstimmen, durch mehrheil oder
getvicht der stimmen besiegen, fällig machen.
ABSTIMMIG, dissonans, contrarius : dieser artikel ist falsch,
crgfrlich, dem göttlichen und natürlichen recht abstimmig.
Luther 1, 545"; abstimmige meinungen, von einander weichende,
sich widerstreitende.
ABSTIMMUNG, f. contraria sententia: ich werde meine ab-
stimmung kurz und gut ausdrücken. Göthe 45, 38. in an-
derm sinn, für herabstimmung, herabdrückung verwendet ab-
stimmung Kant 6, 211. 7, 225. auch kann es blosz die abge-
gebene stimme bezeichnen, freiheit der abstimmung.
AB STIPPEN, jusculum tingendo sorbere, die sauce auf dem
teller durch eingetauchtes brot zu sich nehmen, abtupfen.
ABSTÖBERN, abstergere: waschen, aufräumen, abstöbern,
mägdelob 64. s. abstäuben.
ABSTOLPERN, offensare pedem: das pferd ist von dem
stein abgestolpert; er stolperte von der treppe ab.
ABSTOSZ, m. actus detrudendi, abstosz der mauer; ab-
stosz, absatz der waaren.
ABSTOSZEN, detrudere, nnl. afstuiten: das schif vom
lande, ein stück von der wand, mauer abstoszen; den reiter
vom pferde abstoszen. weisth. 2, 592. 594; der ochs hat
sich die hörner, der vogel das gelbe vom Schnabel abge-
stoszen ; das kalb, lamm {vom euter der mutter) abstoszen,
entwöhnen; die kälberzähne abstoszen {s. abschieben); die
bienen {vom honig) abstoszen, ihnen den honig nehmen; dem
verurtheilten missethäter den hals {vom leibe), das herz {von
der brüst) abstoszen; das rauhe am holz mit dem hobel ab-
stoszen, die scharfen ecken vom bauholz abstoszen; den
könig vom stuhl, vom thron abstoszen, entthronen, was auch
blosz abstoszen hiesz: nu ligt gott nicht viel dran, wenn
seine oberkeit und herrn böse buben sind, das ein ander
herr komme und stosze den abe. Luther 3, 230'; denn von
anbegin der weit sehen wir, wie gott immer einen kö-
nig durch den andern abstöszet und andere aufsetzet, das.;
und hat Otto der ander seinen schwager keiser Johannein
zu Constantinopel wider eingesetzt, da er abgestoszen. 8,
247"; Jason, der seinen bruder vom amt abgestoszen hatte.
2 Macc. 4, 26. figürlich, abstoszen, zurückstoszen, im gegen-
satz von anziehen: die gegenwart der alten bekannten kunst-
werke zog ihn an und stiesz ihn ab. Göthe 20, 245; Lydie
kam zurück, meine mutter war grausam genug das arme
mädchen {von sich) abzustoszen. 20, 63; alle hofnung be-
nehmen und ihn betrübt abstoszen. pers. rosenth. 1, 15.
eine schuld abstoszen, sich von ihr frei machen, sie bezah-
len : wenn man alte oft bemahnte schulden endlich abstöszt.
TiECK 8, 235; sämtliche schulden seines weibcs abstoszen.
J. Paul paling. 2, 128. einen abstoszen, besuchen und sich
bewirthen lassen, gleichsam vom stuhle stoszen, dasz er auf-
stehe und speise rüste, sich abstoszen, abnützen, von klei-
dem und schuhen. Intransitiver sinn entspringt durch cllipse
des acc: vom lande abstoszen {den kahn), was dann auch
im praet. sein statt haben annimmt; ahsloszcn {das jdgerhom),
abblasen; abstoszen {die kufiel) beim billard.
ABSTRAFEN, punire, was sich vom einfachen strafen un-
terscheidet wie abhern, abdresclien, ahprügcin von bern, dre-
schen, prügeln, also den Vollzug der handlung ausdrückt:
wie du die grimmen scharen
der riesen abgestrnli. Opitz 1, 97;
als mich die mama
IIAuschen küssen sah,
strafte sie mich ab. IIackdorn 3,71;
I
•'^
133
ABSTILmL — ABSTREIFEN
so wird er der polizei übergeben, die ihn dann den umstün-
den gemäsz schon abstrafen wird. Klopst. 12, 60 ; wir über-
geben sie hiermit dem lübhchen magistrat um sie abzustiu-
fen. TiECE 3,9. scherzhaß: einen kirschbaum abstrafen.
ABSTRAHL, m. radius reflexus, emanans :
bist Ton ihm
ein absu-ahl ewig wie das ewge iicbt. Herder 4, 64 ;
alle meine blicke sind abstrahlen der kraft. Fr. Müller 2, 162.
ABSTRAHLEN, radios reßectere:
und bäum und herde, feld und (lur
schien gottes sagen abzustrahlen. Schcbart 2, 48.
ABSTRÄHLEN, capillum pone versum cogcre : das haar, die
locken abstrählen.
ABSTRÄNGEN, laqueum solvere, ein pferd absträlngen, den
Strang losbinden, der es an den wagen heßet.
ABSTREBEN, dcorsum nili, gvgensatz von an- und aufstre-
ben, man hat die centrifugalkraft eine abstrebende genannt.
ein anderes abstreben ßr renuere, denegare scheint folgende
stelle zu gewähren:
so woh ich mein geladen gest speisen,
wie ich auch verheiszen hab,
welches du mir strihesl ab,
Kd. Schlbarth Sieman d. i. hausteufel. WeiszenfeU
0. j. blau Db%
sagt der mann zu seinem bösen weibe, das die gaste zu spei-
sen weigert, tgl. stribete ßr strebete. Roth. 1039.
ABSTRECKEN, deorsum tendere, hinabstrecken, niederstre-
cken:
wenn er {der bar) die keule mit der faust abstreckt]
so prallt sie also fort herwidder.
froschmeuseler 1. 2, 11.
.ABSTREICH, n. hostorium, Streichholz: das er mit einem
Filberin futermasz und abstreich auf dem rosz in ein mäsz
raasz und abstrich. Fr-VSk chron. 225'.
ABSTREICH, m. subhastatio, eigentlich das mindergebot, im
gegensalz zu aufstreich mehrgebot: drei ducaten, und kams
im abstreich herab auf drei batzcn. Schiller 107.
ABSTREICHEN, delinere, detergere, obducere, gegensnl: von
streichen, anstreichen, aufstreichen, ahd. strichan, mhd. stri-
chen, nnl. afstrijken. die butter vom brot abstreichen, den
staub vom tisch, schäum vom hier, den leim von der wand
abstreichen; das messer abstreichen, sowol abwischen, reini-
gen, als durch streichen auf dem leder oder stahl schärfen,
voraeulam obducere, conduccre (Gr.\ff 6, 742); das körn, ge-
Iraide, salz vom scheffel abstreichen, hostorio aequare: die
steur mit einem besen abstreichen, weisth. 1, 394 ; er schöpfte
das gefdsz übervoll (mit haber), strich es ab. Göthe 24, 323
(s. abstreich). dann den scheffel, das gemäsz abstreichen.
bei den gerbern das feil, die haare abstreichen, abschaben,
im hüttenwerk, die wilde materie abstreichen, neu ist mit der
feder abstreichen, delere: in dem trauerspiele, was eben nicht
gehen wolle noch könne, abzustreichen, mehrere personen in
eine zu drängen. Göthe 19. 158.
Vom intransitiven streichen, vagari, ire, meare (Gr.^ff 6,
742) herzuleiten ist unser auf und abstreichen im lande; bei
den Jägern gilt abstreichen von den ausfliegenden nestlingen
der raubvögel: der habicht streicht ab, fliegt aus, ein abge-
strichener habicht, dem nest entflogner. bei den fischern ali-
streicben von den leichenden fischen: die karpfcn haben ab-
gestrichen, transitic scheint: die Jäger streichen ein feld ab,
wenn sie lerchen zusammen treiben, der habicht streicht eine
flur ab, renn er sie im ßuge durehmiszt; doch leicht sind die
acc. ein feld, eine flur adverbi<ü gesetzt, durch das feld, durch
die flur.
ABSTREICHEN, a&x/ergere, tirjis caedere, afti. streichen mul-
fere (Ghaff 6, 743), es scheint früher mit dem dat. der person:
was liai doch verbrochen der liebliche knabe,
dasz ihme so ernstlich die muKer streicht abe ?
LocAU 2, 2, 43.
doch mag heute die angewandte starke form auch den acc.
heran führen: die mutter strich das kind mit der ruthe ab.
ABSTREICHER, m. gleichsam abstersor, abputzeisen vor der
Ihür.
ABSTREIFEN, destringere, detrahere: blätter vom bäume,
vom ast abstreifen, den ast abstreifen; streifet dem bäum
das laub ab. Daniel 4. 11 ; einem das geld abstreifen, fastn. sp. 390,
23; einem wolfe, fuchse den balg {vom leib) abstreifen, den
wolf, fuchs abstreifen; die schlänge streift ihre haut von sich ab ;
ABSTREIFEN— ABSTRICKEN 134
sie zerren an der schlangenhaut,
die Jüngst ich abgelegt,
und ist die nächste reif genung,
absireif ich die sogleich. Göthe 4,357;
einen aal abstreifen; höhnen abstreifen, abziehen; eine fedcr
abstreifen, ebarher une plume; den handschuh, die strumpfe
abstreifen ; thränen mit den Ongern von der wange, den thau
vom grase abstreifen, figürlich, ein laster, eine üble gewohn-
heit von sich abstreifen ; es ist ganz natürlich, dasz man den
gegenständ von allem, was er vorzügliches hat, in der einbil-
dung rein abstreift. Wielasd S, 246; einen abstreifen, einem
alles entziehen: beweisen, dasz ein mensch desto vollkomra-
ner sei, je abgestreifter er ist, je weniger er zu verlieren hat.
14, 350. ahd. aba streifan, im physiologus (fundgr. 1, 21) von
der natler: so suochet siu einen locherohten stein, sliufet
dar durch unde streifet die hüd abo. gewöhnlicher aber ist
aba slroufan, mhd. abe stroufen, den balc abestroufen. Die-
MER 23, 5 ; nnl. afstroopen, s. abstrüpfen. verschieden ist das
inlr. abstreifen, aberrare, abgleiten : die kugel streifte vom
knochen, vom bäum ab, ist abgestreift, was sich aus der älte-
ren spräche nicht aufzeigen Idszt.
ABSTREIFER, m. frondator, danit auch deverticulum, wie ab-
stecher, abschweif, ton abstreifen in der zuletzt angegebnen be-
deutung: einen abstreifer aufs land machen.
ABSTREITEN, Ute extorquere, denegare, nnl. afstrijden,
mhd. wol abe {wie an) erstriten:
ein kind sucht kindern oft den apfel abzustreiten.
Hagedorx 1, 119;
uns diesen namen abzustreiten. Lsssnc lf72;
einem garten und hof, grund und boden abstreiten, alle gu-
ten eigenschaften abstreiten; das lasse ich mir nicbl abstrei-
ten, die bedcutung des nnl. afstrijden, zu ende streiten, decer-
tare, steht unserm abstreiten nicht zu, doch kann gesagt «er-
den sich abstreiten, 5icA müde streiten.
ABSTRICH, m. quod detergitur , delersum est: graupen,
schlacken, gekretz, ofenbruch, abstrich und der staub, so man
über dem ofen im rauchgewelb fehet, wird auch wider rein und
zu gut gemacht. Mathesils lOO'; wenn nun 'das werk zurgehet
und schmilzet, so streicht der meister das -unreine, so auf dem
werk schwimmet, abe, das heiszet der abstrich, das. 149'.
ABSTRICKEN, e laqueo eripere, detrahere, illaqueare, inter-
cipere, abschneiden, im 16. njh. häufig: sol nun unser fleisch
vom tode erlöset und dem teufel widerumb abgestricket und
abgewonnen werden. Luther tischr. 38" ; damit macht er, dasz
uns die leut feind werden, strickt sie uns also ab. das.
25%': denn in solcher friedenshandlung wirdet man uns alle
christliche forderung wollen abstricken, auf dasz die pfaffen
desto basz mögen in esse bleiben. .Melanchtii. opp. ed. Bret-
schn. 4, 2SS; so soll du die ader mit einem zwifächtigen fa-
den in einer nodel abstricken, das ist als vil als zuknOpfen
(unterbinden). Gersdorf feldbuch 35; es niemand abzustricken
noch zu benemmen. Frank f reform. 1. 50, 1 ; wo den bela-
gerten brunnen oder ander wasser abzustricken und abzugra-
ben seien. Kirchhof disc. mil. 33; ihm {dem feind) alle nol-
turft einzubekommen, wehren und abstricken, das. 99; die
brunnen, so zur statt oder festung geleitet, wo müglich, inen
abgestrickt, abgraben oder sonst entwehret werden, das. 166;
welche ehr des Schmucks ihnen {den frauen) doch Vives wider
der Spanier art will abstricken. Fischart Garg. cap. 5; desz-
halben mir ihnen dasselbige gewinlin abzustricken ein gewis-
sen machet groszm. 4; das mebrertheil unserer weibsbilder
würden erst alsdann nicht ausgehen wollen, wann man ihnen
die pöntliche pantoffelchen nähme, oder ihnen die geschmeid
oder sonst kostbare schleifen wolle abstricken, ehzuchlb. 39;
wie wol man dannoch auch den leien das blut Christi nit
gänzlich abstrickt, bienenk. 93'; um Carolo das reich wider
abzustricken, das. 128'; da {auf dem concil) ward den geist-
lichen die ee abgestrickt. Tschudi 1,25; ich wil kein redlich
kunst hiemil abgestrickt haben. Frank 4, 169 ; er hab uns das
himmelreich hie mil gewall abgestrickt, das. 5, 172; dieweil
nun durch diesen revers und artikel vil vortheils und tinaoz
wird abgestrickt. FR0.^sp. kriegsb. 1, 102"; dann so man den
feind uberfelt, provand abstrickt, das. 2. rorr.; derwegeo
nicht übel bedacht, dasz solches in den artikels briefen und
bestallungen ist abgestrickt worden, das. 3, 117*;
auch dflsi wir all verriitherei
im vt-rliindern und abstricken. At«e« 72*;
damit ich ihme seine verzüglichkeit abstricke. AntER proc. l,
9*
135
ABSTRICKEN —ABSTUMPFEN
ABSTÜRMEN —ABT
136
5; als ob man ime die im recbten vergönte beweisung ab-
stricken wolle, das. 2, 7 ; damit die beweisung, welche auch
aus des künigs gewalt und Vollkommenheit selbst niemand
abzustricken, nil abgekürrt werde, das. 2, 1 ; wiewol ich mich
nun besorgete, dasz durch solche ankunft anderer mir eine
einsamkeit, bei der ich mir jetziger beschaffenheit nach liesz
übel sein, möchte abgestrickt werden. Opitz 2, 248 ;
der tod strickt alles ab. das. 2, 441 ;
in büchern streitet auch Lysander noch zu lande,
Themistocles zur see, liegt Ciinon in dem bände:
die stelle selber ist vom Türken abgestrickt.
Parnassus der ist ganz in barbarei erstickt, das. 3, 307 ;
hast allen weg und bahn
dem boten abgestrickt, dasz niemand für dich kan. das. 3, 39;
die noth verbitterte sich gleichsam ihnen alle hülfe und die
bofnung abzustricken. Lohenst. Arm. 1, 1034 ; jedoch sehe er
keine solche gefahr, welche ihnen alle bofnung des obsieges
abstrickte, das. 1, 1313; und ist daher ausfündigs rechtens,
wann jemand dem andern entweder seine zeugen abstrickt,
oder aber seine instrumenta zerreiszt. Hohberg 3, 30' ; dasz
der fiscus dem dritten seine gerechtigkeit durch solche ein-
ziehung der guter nicht abstricken noch entziehen kan. das.
3, 38'. waaren, so Holland gutentheils daher Jiekomiut, welche
ihm abzustricken . . . Frankreich vor ein gi-oszes theil des
Sieges hält. Leibmtz 227 ; dasz ihnen durch Franzosen inner-
lich die nahrung abgestrickt werde, das. 231. neuere bedienen
sich des tvorles selten, doch hört man sagen: er hat ihm die
braut abgestrickt, ihm alle gelegenheit abgestrickt, vorweg-
genotnmen, benommen, abgeschnitten, den hund abstricken ist
noch das sinnliche loslassen, wie abbinden, losbinden und un-
terbinden bedeutele auch abstricken sowol losstricken als ver-
stricken, hemmen. Etwas anderes ist bei strickenden frauen
eine nadel abstricken, herunter stricken.
ABSTRICKUNG, f. inteiceptio : abstrickung alles trosts.
Melakchth. 7, 15 ; belagert und durch abstrickung des Was-
sers erobert. Micrälics 2, 245.
ABSTRIEGELN, strigili destringere, detergere: den staub
von dem pferde, von den mahnen abstriegeln, das pferd ab-
striegeln.
ABSTRÖMEN, defluere, nnl. afstroomen: das wasser strömte
von allen seilen ab ; strömte vom dach ab ; thränen strömten
ab von ihren wangen ; die menge strömte wieder ab. tran-
sitiv, derivare, einen flusz abströmen; holz auf dem flusse
abströmen ; der flusz strömt viel vom ufer, lande ab.
ABSTROSSEN, abscindere? im bergwcrk, das erz, einen
gang abstrossen ; Strosse scheint eine stufe, und ist wol dem nnl.
strot guttur, gula, ags. J)rote, engl, throat verwandt, so dasz ab-
strossen dem abkehlen gliche, vgl. franz. detrousser, demittere
ABSTRÜPFEN, destringere, mit rascher hand abstreifen, nnl.
afstroopen, mhd. abe stroufen, laub und blätter abstrüpfen;
einige schreiben abstrupfen, das sich zu abstraufen wie ab-
rupfen zu abraufen verhält.
ABSTUFEN, gradatim caedere, das erz abstufen, eine treppe
im berg abstufen; figürlich distinguerc. der dichter musz die
Charaktere gehörig abstufen ; die besetzung der frauenzimmer-
rollen ist schon schwieriger, es sind deren fünf, von abge-
stuften, sorgfiiltig unterschiedenen Charakteren. Göthe 45,26;
kann man diese llguren dergestalt abstufen, so wird die tra-
gödie iiire Wirkung nicht verfehlen. 45, 27 ; beweist es nicht
mehr allmacht, millionen von geistern so abzustufen, wie
wir alle einander kennen, als sie alle in eine form zu werfen?
Kunger 12, 34.
ABSTUFUNG, f. gradus, distributio, variatio.
ABSTÜLPEN, replicare, curvare: den hut abstülpen, ab-
krämpen. schweizerisch abalitza Tobler 5'.
ABSTÜMMELN, detruncarc: alle pllanzung musz abgestüm-
melt, im boden ausgereut werden. Frank parad. 4, 153 ; gott
schlegt alle unsre wisheit, fleischlichen willen zu boden, kop-
pet und stimlet ab alles, daiin das fleisch haft. das. 5, 11 ;
seine propheten, die die weit hat koppet und abgestümmelt
wie das gras, das.; die biium wann sie abgestümmelt wer-
den bisz in den grobzen, wem ist derselbig bäum nutz? Pa-
RACEi.si chir. sehr. 309'; mit ganzen zinken, ohn abgestimlet.
Paracei.si opp. 1, 1016*.
ABSTUMPFEN, hebelare, obtundere. die axt, das messer an
dem stein, den zahn an dem knochen abstumpfen ; den stein,
kegel, die feder abstumpfen ; geist und sinne stumpfen sicii
80 leicht gegen die eindrücke des schönen und vollkommenen
ab. Göthe. 19, 139; dasz man einen Vorsatz nicht sichrer ab-
stumpfen kann, als wenn man ihn öfter durchspricht. 17, 16 ;
seine empündlichkeit abstumpfen. 25, 303 ; in einem fremden
lande meine zäi-tlichkeit, meine ehrbegier an andern gegen-
ständen abzustumpfen. 14, 236 ; vom glück nur den theil ken-
nen, der sich am schnellsten abstumpft. 36, 60. vgl. 32, 177.
ABSTÜRMEN, praeripere, abgewinnen, auf und abstürmeu:
den himel uns noch abzustürmen. H. Sachs 1,455*;
zu ende stürmen:
die abgestürmte see bezähmet ihre wellen.
Fleming 570.
ABSTURZ, m. praecipitium, locus praeceps :
in den schrof aushöhlenden absturz. Voss II. 4, 454;
am absturz einer hölle laszt ihr mich stehen und entflieht.
Schiller 274 ; wir standen am schrofl'en absturz eines felsen.
710; er liesz ihn am abstürze einer bergzinne stehen. Mü-
SAEUS 2,41; die höhe des absturzes lockt das gemüth. Tieck
5, 139.
ABSTÜRZEN, detrudere, praecipitem dare : einen vom stuhl
abstürzen ; wollen im den hals den fels hinunter abstürzen.
Luther 8,128"; ihr stüi-zt ihm seinen unschuldigen speckhals
also ab? Fischart Garg. 135';
sie werden ofiermals ganz plötzlich abgestürzet
von ihrer majestät. Opitz ;
wenn kühnheit köpf und hals durch eigne schuld abstürzet.
Lohenst. Cleop. 6, 197;
dasz er ihm (sich) leicht den hals abstürzen könte. pers. ro-
scnth. 8,118; abgestürzt (entthront). A. Gryphiüs 1,83; vom
himmel etwa abgestürzt. Schwarzexberg 153. kohlen abstür-
zen heiszt bergmännisch kohlen vom karrn abladen, intran-
sitiv in praeceps ruere: senkrecht abstürzen;
die klippen stürzen ab, ein bere wird ebens land.
Opitz 2, 296;
an des berges fusz, der gählings unter mir abstürzt.
Schiller 75.
ABSTUTZEN, praecidere, decurtare. dem pferde die obren,
den schwänz abstutzen; die äste vom bäum abstutzen, den
bäum; den buchsbaum, die hecken abstutzen; das gras ab-
stutzen. Fischarts geistl. lieder s. 70 ; einem die haare ; ab-
gestutzte Säule. Göthe 17, 205; bruststück, zwei bände, die
ellenbogen abgestutzt. 31, 216. bei den tuchscherern, wollene
zeuge abstutzen, sie zum erstenmal scheren.
ABSUCHEN, quaerendo, legendo detrahere: beeren absuchen
baccas legere; lause absuchen, sp. despiojar; federn absuchen,
einem die federn ablesen, was auch schmeicheln bedeutet; die
raupen vom bäume absuchen, ablese'n. die Jäger lassen ein
feld, ein revier von dem hund absuchen.
ABSUD, m. decoctum: ein absud von lorbeerblättern ; ab-
sud der queckenwurzel. Oken botanik 2, 391 ; die absude ro-
ther hölzer werden gelb. Göthe 54, 74. auch die handlang
des absiedens, so in der münze vor dem prägen, der absud
oder weiszsud.
ABSÜHNEN, plene emendare, rcconciliare : eine missethat
absühnen ; alles soll nun abgesühnt sein ; sich der brüche
mit dem holzgreben und dem richter ab zu soinen. weisth.
3, 78. das Hainer güterverzeiehnis aus dem 13 jh. hat auch ein
subst. absuone absolutio, hess. zeitschr. 3, 83.
ABSURREN, susurrando avolare, abschwirren, wie man von
käfern und fliegen sagt : gestern abend ist er auf einmal nach
Leipzig abgesurrt, wird aber hoff'entlich bald wieder kommen.
Mercks briefs. 2, 58.
ABSÜSZEN, edulcare: quecksilber, Schwefel absüszen. Pa-
RACELSi opp. 1, 893'. 894' ; bis allein die essenlia der würzen
eigentlichen genommen sei worden, ohn allen zusatz und wol
abgesüszt. das. 1, 1028" ; gold- oder silberkalk absüszen ; eine
arznei absüszen, versüszen; um einen gedankcn recht rein
darzustellen, dazu gehört vieles abwaschen und absüszen.
Lichtenberg verm. sehr. 2, 29 ; schlage durch beschenkung
absüszen. ehe eines mannes 283 ; um ihr schales leben abzu-
süszen. J. Paul Fibel 92 und sonst oß bei diesem schriftsteiler.
ABT, m. abbas, it. sp. abatc, ahd. abbat, mhd. abbet pl.
ebbete, ags. abbad abbod, engl, abbot, nnl. abt pl. abten.
in Deutschland gab es sonst gefürstcte äbtc. bistu nicht im
ampt, so lasz dein strafen und richten, beide öfl'entlicb und
lieimlicb, oder der teufel ist schon dein abt, und darf es
nicht (erst) werden. Luther 5, 151'. Sprichwort: so der abt
Würfel auflegt, mögen die andern brüder küenlich mit spielen.
Spielteufel Frankf. 1564 {geschr. 1557) bl. Ds'; dann wo der
J
137
ABTAFELN— ABTHON
ABTHUN
13S
abt die Würfel auflegt, da ist dem conTent erlaubt zu spielen.
Simplic. 2, 353.
ABTAFELN, surgere a mensa, aufhören zu speisen, nnl.
aftafelen.
ABTÄFELN, tubuläre, asseribus vestire, ein zimmer abtäfeln.
ABTAKELN, instructum navis detrahere, nnl. aftakelen, ont-
takelen, ton takel, engl, tackle, welsch tacl instrumentum na-
vis, also ein fremdes unitochd. wort.
ABTANZEN, sallando adimere, mehrdeutig : einem ein mäd-
chen abtanzen, der braut den kränz abtanzen, sich die absätze
ton den schuhen abtanzen, die schuhe abtanzen, den kehraus
abtanzen, sich abtanzen, müde tanzen.
ABTÄUBEN, hebetare, subigere, ist schon unter abdauben ab-
geführt, gehört doch hierher, die dort ausgehobne stelle Fra!»ks
findet sich paradoxa 5', darin wird taub, sonst surdus, auf die
Schwächung und löschung des lichts übertragen, und entspricht dem
goth. afdaubjan ttcoqovv, das sich aus afdaubnan und afdobnan
ntoQovod'at sicher entnehmen Idszt, nojgovv ist aber blind
machen, blenden, auch lehrt das goth. daubs ahd. toup schrei-
ben, und ßr doubön subigere, domare toupun, wie mhd. be-
touben (Hacpt 5, 528) nhd. betäuben dasselbe ist. falsch also
hält Gbaff 5, 96 und 351 doubcin und toup von einander ge-
trennt, wenn schon Frank wiederum abdauben f. abtäuben
schreibt, sinn der stelle ist, dasz das himmlische licht alles
irdische taub und dunkel mache, er däubt all unser fackeln
ab, heiszl es, das sie in seinem liecht ein finstemüs sind.
vgl. auch abtoben, da toben und taub sich berühren.
ABTÄUFEN. s. abteufen.
ABTAUMELN, titubando abire. er war so trunken, dasz er
abtaumelte, er taumelte von dem wege ab.
ABTAUSCHEN, commutare. abtauschen, abwechseln:
die Zeiten tauschen abe
mit höchster einigkeit. Flemiho 152;
ich musfe glauben, jemand hatte mir meine eigne person ab-
getauscht. WiELASD 25, 314.
ABTEI, f. abatia, ahd. abbateia, mhd. abbeteie, aptei.
ABTEILICH, ad abatiam spectans: die abteilichen gebäude.
ABTERMEN, terminare, limitare. weisth. 1, 795.
ABTEUFEN, profundius fodere, abtiefen, in die tiefe {ahd.
tiufi, teufe) graben : Iberi, bergkleut, die ein Schacht abteufen.
Mathesids 12*; sein name sei höher denn alle berge, tiefer
denn alle schechte, herlicher und wunderbarlicher denn einige
Vernunft könne abteufen oder ausgründen, das. 26'; einen
Schacht bis zum mittelpunct der erde abteufen. Forster an-
sichten 1. 56.
ABTHÄTER, abrogator: so müst man den bapst nennen
ein verstörer der Christenheit und abetheter gottesdienstes.
Luther l, 296", von abthun abrogare.
ABTHAUEN, regelari, von thauen, nnl. dooijen: das fen-
ster thaut ab, auf; der von den gebirgen abtbauende schnee.
Ka5t 9, 15.
ABTHALTN, rorem spargere, von thauen, nnl. dauwen :
ich selbst seh aus rubinen
den liebcsstern abthaun den saft,
womit er nur pflegt Kaiser ru bedienen.
LoHE.isT. blum. 22;
die wölken thauen sanft ab, nieder.
ABTHEILEN, separare, nnl. afdeelen, eigentlich absondern,
abtrennen, abscheiden : so ist ein ehehrecher auch schon ge-
scheiden, nicht durch menschen, sondern von gott selbs, und
nicht aliein von seinem gemahl, sondern von diesem leben
abgeteilet. Luther 5, 3S2*; in diesem sinne heiszt es ein kind
von dem gute, einen bauer von dem hofe, einen prinzen ron
dem reiche abtbeilen, apanagieren, vgl. abmeiern, nbschichten,
und man sagt abgetheilte kinder, fürstensöhne. die notbwen-
digkeit trat ein mit dem daheim bleibenden bruder abzuthei-
len. Schiller 882. im garten beete (ron einander) abtbeilen:
ihr bette theilt ein blumenrand nur ab. Gotter 1, 23;
weit abgetheilte lichter im (instern bergwerk. J. Padl uns:
löge 3, 44; das beer in häufen, die Versammlung in bänke,
die arbeit nach stunden abtbeilen :
wie theili der sonnenlaur so schnell die reiten ab. CAJiiTr;
das gedieht nach versen, das werk nach capiteln abtbeilen.
Ulfilas verdeutscht Luc. 18, 12 anoSexnrovv durch afdailjan
taihundön dail, d. i. sejungere decimam partem, dare decimam.
ABTHEILUNG, f. separatio, dispositio, particula.
ABTHO.N [abdon], m. der name einer pflanze, den man auf
adianlum, aSiavrov, frauenbaar anwendet, da sich auch wi-
derlhon, ßr dasselbe oder ein andres kraut findet, so erhellt
für ab die bedeutung von aber, fcider, retro. ahd. dono ist
das übergebreitete, sich überbreitende, dona palmcs, ranke
(Haupt 5, 182), älfjjona oder {)one war auch den Angelsachsen
eine pflanze, albranke? hiemach darf ein ahd. abdono, widar-
dono, mhd. abdpn, widerdon angesetzt werden für ein kraut,
dessen bldtter und zweige sich ab oder zurückranken, die
Wurzel des worts ist dehnen, lendere.
ABTHUN, facere, conficere, interficere, perficere, abrogare,
delere, nnl. afdoen. älteste, noch ins heidenthum reichende
bedeutung scheint die des schlachlens der opferthiere, wie auch
facere, agere, conficere, operari, Qt^eiv opferbrauch verkünden
(mytliol. s. 37). der bauer thet die gans ab. Eb. Albebcs 20 ;
und frafft die magd. 'wo ist der han'*
'ich mein, ihr habt ihn abgethan'. das. 12S';
der narr thet den vogel ab und briet ihn. Pauli 11 ; auf ein-
mal thete er ein saw ab. das. 105"; ja haben die münch vii
katzen, die ins feld laufen und vil unzifers abthun {hier de-
lent?). Fraxk weltb. 17'; und als er wolt den ahl abthon.
H. Sachs IL 4, 80';
ich fürchte leider nur, es würde gar kein hahn
auf dieser ganzen weit zum essen abceihan.
Opitz ^91;
euch frischweg wie einen Ziegenbock abthun zu lassen. Schil-
ler 589 ; vgl. abnehmen, abstechen, abschlachten, und man
hat ein altes ab dem leben, ab der kehle, ab dem hals hinzu
zu denken. Häufig wird es aber auf hinrichtung und abschlachtung
der menschen angewandt: dasz die übelthäter mit ihm abge-
than würden. Luc. 23, 32 ; denn so fromm ist dennoch sonst
die weit, wenn man die ergesten ubeltheter abthut, das jeder-
man mitleiden über sie tregt. Luther 6, 172* ;
so tut in ab. fastn, tp. 532, 7;
ein mann, ein bloszer mann,
hat, wie er sich gerühmt, vierhundert abgethan.
Opitz 3,299;
da, da ists ihm vergunt zu rechten und zu schmeiszen,
den hauswirt abzuthun, das haus in grund zu reiszen.
LoGAU 1, 71, SO;
und warum ist es nicht vergunt
sich selber abzuthun ?
HOFFIAn.lSWAlDAIT SocT. 9;
der den Almonte hat im kämpf einst abgethan.
Werders Ariost 20. 5, 8:
so furcht ich wird schon sein der jnn?ling ab?ethan.
das^ 22. 45, 8 ;
jeder solcher lumpenhunde
wird vom zweiten abgethan. Göthe 4,350;
gehülfen des Scharfrichters, die zugleich Terbrecher mit abthun
müssen. Lessi^c 8. 503; fort jetzt, mein inwendiges hüpft,
dasz ich dich bald abthu, das gewehr her I Fr. Müller 3, 415 ,
ehe sie marternd ihn abthaten und den feisten leib mit einem
haken in die Tiber zogen. Stolberg 8, 13. Zunächst hieran
reiht sieh die Vorstellung des abthuns, abmachens, fertig ma-
chens, gleichsam des ab, von der hand gebens, denn auch das
Schlachtopfer wird abgefertigt, hingegeben, rollbraeht.
das tagewerk ist abgethan. Voss 4,270;
mein tagewerk ist noch nicht ganz geendet,
lasz laich geschwind noch ab es thun.
GöKi?(GK 3, 212;
mag sies mit gott abthun und ihrem herzen.
Schiller 406;
wilr es auch abgethan, wenn es getlian ist. das. 561 ;
wenn die geschiebte aufsehen macht, so denken doch die men-
schen von der sache was sie wollen, und es ist also immer
besser, man Ihut sie im stillen ab. Göthe 14, 227 ; das was
er mit den andern abzuthun hatte. 17, 42; sie giengen zum
wirth und zu dem alten panrc und die sache war abgethan.
17,74; geld ist eine schöne sache, wo etwas abgethan werden
soll und ich wünsche nicht in dem andenken ihres hauses
so ganz abgethan {deletus) zu sein. 19, 0; die sache soll
gleich abgethan sein. 24,165; niemand soll es erhalten, sagte
ich, und die sache ist abgethan. 24, 271 ; es ist jetzt alles ab-
gethan (der beweis durchgeführt). Ra.it 8, 92; thals mit ein
paar ohrfeigen kurz ab. Hebels hausfr.;
weil PS nie moin brauch gpwesen
abgclh.ioes neu zu ihun. REckert 405.
Das abgethane, sowol gelödlele als fertig gemachte ist ngleich
aber auch ein bei seile gethann, lÄgeUgtes, abgeschafles und
139
ABTHUN— ABTHUÜNG
ABTILGEN— ABTRAG
140
getilgtes: da ich aber ein mann ward, thaf ich ab was kin-
disch war. 1 Cor. 13, 11 ; desz höhen und altäre Hiskia hat ab-
gethan. 2 kön. 18, 22 ; denn ich will die wagen abthun von
Ephraim und diie rosse von Jerusalem. Sacharja 9, 10 ; abge-
than allen hasz, neid und zwitracht. Luther 1, 326' ; das heiszt
Carlstadisch die bilder abgethan. 3, 39' ; sintemal es viel bes-
ser ist, das die taufe über die kinder gehe, denn das ich
sie abthet. 4, 32!)' ; thun wir gleichwol den misbrauch auch
nicht abe. 4, 394'; und mich wundert, weil sie die wasser-
taufe so schendüch verachten, warumb sie sclbs nicht irer
lere folgen und dieselbige gar abthun. 6, 278'; als der ein
mechtiger feind ist desselben, das er ihn wil rein abethun und
gar vertilgen. 6, 240*; Jesus Christus hat die sünd abgethan.
8, 359' ; dieweil das geschütz so gar in dem gebrauch, so wird
alle mann und dapferkeit gar abgethan. Fronsp. kriegsb. 1,
•70'; ein gesetz abthuen (abrogare). IliiiEi. Lifius 453; den un-
mut abzuthun. Logau 2, '0 ; ihr gedächtnis noch und namen
abzulhun. A. GRYpnius 1, 631; diesen gelingt nun wol, die
eitelkeit abzuthun. Göthe 48, 27 ; sollten wir unsere axiome,
maximen und behauptungen abthun, die wir von unsern vor-
fahren erhallen. 53, 151; die Vernunft, die alle irrungen ab-
zuthun berufen ist. Kant 2, 559.
Abthun ist zutvpilen auch ein sinnliches ablegen, abnehmen
und abziehen, so in der redensart gott wird seine band nicht
von uns abthun. 5 Mos. 31, 6. 8 ; bald thet ich von dir ab
mein hendt. Scuwarzenberg 121, 2;
Zeres springt auf allen reinen
ümm das abgethane (abgcernlete) feld. Fleming 371;
ach dasz ich ihr mein leid nicht klagen kniin.
ich bin von ihr zu weit itzt abgethan (enlfcrnl). 527;
abgethan von aller noih. 538;
den hut {von dem köpf) abthun; den ring {von der hand),
die schuhe {vom fusz) abthun; nnl. hoed, ring, mantel af-
doen; aber de schoenen afdoen, reinigen, putzen, die frucht
von der mühle abthun. wcisth. 3, 834. er that den Kauf-
mann ab {zog den k. aus, benahm sich nicht mehr als k.).
Dahlmann fr. rev. 83.
Sich eines dinges abthun, entäuszem, etwas aufgeben, also
wiederum ablegen: diejenigen, so sich der lutherischen lehre
abthun. Luthers br. 2, 416 ; wann sie sich nicht endlich
dessen abtheten. Zinkgr. apophth. 8, 21; narr, thu dich fal-
scher hofnung ab. Schwarzenberg 145, 1;
der von der tugend sich des vaters nicht abthut.
Werders Ariost 3,27;
mich des kleiderprachts in etwas abzuthun. Simpl. 1, 310;
dessen sich abzuthun. Wielasd 21, 108 ;
wie wenn der falsche mann
sieb seines glaubens abgethan? USrger 13';
so eile nun
der täuschung dieser schönen hülle dich abzulhun. 7';
will mich abthun des dienstes. Musäüs 2, 100. Sich von
einem abthun, entfernen, trennen: als dieser sich von uns
abgethan, steiget er über die mauer. pers. rosenth. 2, 5 ;
Saleh aber musz sich auf gottes befehl von dem volke ab-
thun. 7, 20; siehe nun zu, von wem du dich ab und zu
wem du dich gethan hast. 8, 24.
Dies privative abetuon erscheint schon im mhd. genug : entuo
dich des niht abe. Iw. 2856 ; tuo dich diner habe gar durch
minen willen abe. Bari. 134, 38 ; si tet sich abe ir freude.
Wigal. 11332. desto auffallender, dasz sinnliches abthun für
ablegen, abthun für fertigen, abthun für schlachten sich we-
der mhd. noch ahd. darbieten, ja dies letzte auch der nl.
spräche gebricht, dennoch darf man ein so lebendiges hoch-
deutsches wort, das gerade die Volkssprache seit dem 16 jh.
kund gibt, nicht, wie Adelung meinte, aus einem misver-
standnen nd. afdoden, hd. abtödten erA/arra; der hochdeutsche
ausdruck hatte sich von uralter zeit her bewahrt und fortge-
tragen, wenn ihn schon unsrc ahd. und mhd. denkmäler nicht
gewähren zum enveis dafür findet sich ein ags. ofädön am-
putare, gebildet wie of/lsnidan, also einem ahd. aba irtuon,
aha irsnitan gleich, die sich leicht in abetuon abesniden,
abthun abschneiden verkürzen konnten, wenn das zwischen-
Iretende ;\ und ar nothwcndig scheint, auch dem abthun per-
ficere steht in den quellen kein mhd. abe tuon, ahd. aba
tuon, ags. ofdön zur seile, wol aber ein do off, und ist dic-
ter zeuge nicht gültig ?
ABTHUUNG, f., sowol für das abthun einer sache als die
kinrichtung, und besser bedient man sich dieses substantivisch
gesetzten infinitivs. die grosze einigkeit der zünfte bei ab-
thuung dieser sache. Klopst. 12, 326 ; die abtbuung des ma-
lefikanten. Hippel 13, 91.
ABTILGEN, abolere, delere, wegtilgen, mhd. abe tilgen :
die Schrift heij alle tilgen abe. Bari. 358, 27. nach der men-
nige deiner erbaiinung tilge ab meine Ungerechtigkeit. Lu-
ther 1, 30'; ich werde, es geschehe gleich in welcher gc-
stalt es wöll, abgetilget und von leuten gethan. Hütten 5, 28 ;
znletzt mit den römischen waffen ernider getruckt, abgetiikt
und mit ihrem volk besetzt. Frank weltb. 81"; ich wil die
gützen abtilgen. Reiszner Jerusal. 2, 25*; Christus hat das
gesatz der geholt abtilgt, das. 2, 150'; der dich vermeint zu
tilgen ab. H. Sachs 1, 29* ; ich wil den menschen tilgen ab.
fastn. sp. 11, 2.
ÄBTISSIN, ahd. abalissa, mhd. eppetisse Diut. 1, 424.
eptischin Bon. 48, 20.
ÄBTLICH, ad abbatcm spectans: die äbtliche würde. Stol-
berg 10, 211.
ABTOBEN, desaevire, saevire desinere: der stürm hat ab-
getobt, auch sich abtoben : laszt ihn sich abtoben ; wo der
Jugend ein gewisser Zwischenraum gegönnt war, in welchem
sie sich abtoben möchte. Göthe 43, 327.
ABTÖDTEN, interficcre, goth. afdau{)jan &avarovv: das
fleisch {von dem leibe) abtödten; den bäum {von der würzet)
abtödten; den tödten sie auch ab und lassen ihn mit nich-
ten an dem Schelmen sterben. Frank weltb. 194'; dasz du
dein gefühl unterdrücken oder gar abtödten sollst. Tieck
ges. nov. 4, 57; die bessern kräfte im menschen zu erlah-
men und nach und nach abzutödten. Tieck Slcrnb. 1, 339;
so läszt man die gerste erst lebendig keimen, ehe man sie
auf dem darrofen zu gutem malz abtödtet. J. Paul däm-
mer. 85. *
ABTÖDTUNG, f exinanitio: abtödtung von der weit, ge-
bet und fasten; abtödtung der leidenschaflen. Götter 3,109;
abtödtungen des cinsiedlers Cuthbert. Stolberg 10, 100.
ABTOSEN, desaevire: das gewitter toset ab.
ABTRABEN, abire, evadere: er trabt ab, ich liesz ihn leer
abtraben; wenn sie wolt seins ausleckens ab draben. fastn.
sp. 235, 24.
ABTRAG, m. ablatio, solulto, satisfactio. dem sinnlichen
abtragen entnommen: abtrag der speisen von der tafel, was
sonst abhub; nehmen sie mit dem abtrag von anderer leuie
gastung vorlieb? Schiller 151; Jahrtausende lang verzehrt sie
nur den abtrag von der tafel des todes. das. 700. abtrag
der kleider, detritio vestium. desto häufiger von dem ab-
slraclen abtragen, abtrag restitutio, satisfactio : diese böse sache
zum ende oder gütlichen abtrage fördern. Luthers br. 4, 658 ;
bisz das der kaiser urleil feit
und seinen sun mit groszer hab
zu abtrag diser wiiwe gab.
ScnWAHZKNBERG 117,2;
es geschieht gebürlicher abtrag. landfr. von 1522. 13; begert
der Schmach ein abtrag. Pauli schimpf 87'; lossprechen mit
kosten und schaden abtrag. Avrer 46'; mit abtrag sich zu
ledigen, das. ; zu abtrag. weisth. 1, 444 ;
sich CS nit vor ein abtrag an,
als halt ich deiner gunst damit genug gethan. GßNiHER756;
der schiilil
erwart ich einen abtrag mit gednld.
Schlegel im sommern. Ir. 3, 2;
bis zum abtrage der schuld. Dahlm. dän. gesch. 1, 469. Zu-
mal in den redensarten abtrag thun, geben, nehmen, haben:
abtrag zu tbun schuldig sein. not. ordn. von 1512; er Ihäte
mirs denn gebürlichen abfrag. Schweinichen I, 240; also
muste er mir einen abtrag thun und zusagen wider mich
nicht mehr zu thun. 1,348; einen abtrag schuldig, weisth. 3,
820; eben den tag als er abtrag gethan. Opitz l, 2'; so
lange bis sie dafür gebührenden abtrag gethan haben wer-
den. WiELANü 20, 145;
das die sach zu eim venrng kam
und der jud goli zum nbirag ncm. Atrk»24*;
auch seit ihr von uns nbirng haben
olles curs Schadens grosz und klein, da«. 442*;
noch sol ich Tür mein ehlich leben
ihm jahrlich zins und abtrag geben, froschmetu. 1. 2, 5.
Einigemal umgekehrt für eintrag, abbruch, wegtragen: diese
tbiiten mir viel abtrag und schaden. Simplic. 2, 193; so
bringt auch die diebcrci {des gesindes) und mancherlei ab-
o
141
ABTRAGEN — ABTREIBEN
ABTREIBEN — ABTRENNEN
142
trag einen raangel und abgang. Hohberg 3, 45*; diese (alle
sind selten und können dem groszen häufen an seinem rechte
keinen abtrag thun. Wiela^d 24, 70.
ABTRAGEN, auferre, e loco tollere, nnl. afdragen. das kleid
(an, von dem leib) abtragen, die schuhe {von den ßszen) abtra-
gen, rerschleiszen ; ein abgetragner hut, rock. Rab. 1,97; der
mann mag seinen rock abtragen, die frau den ihrigen ver-
trödeln. GüTHE 19, 146 ; abgetragen schuh. Ä. Gryphics 1, 558.
die leichen werden {von der bühne) abgetragen. A. Grypbics
1, 530. den leithund, den falken abtragen {ab der hand, ab
der faust) abtragen, abrichten; Sperber, falken, habicht abtra-
gen soll man im augusU Hohberg 1, 12S'. das dach {vom
hause), das haus {vomboden), die mauer {von der erde), den
berg, hügel abtragen, mhd. t dem lobe der kalc waer abe
getragen. Walth. 28, 30. die speisen vom tisciie, von der
tafel abtragen, den tisch, die tafel abtragen ; das getraide von
der tenne abtragen; bergmännisch, das rad, eine radstube
abtragen, einen abtragen, abführen, abducere:
so hat der weg uns abgetragen,
dasz wir her zu euch komea sein. Atker 167'.
Häußg weg, fort, beiseits tragen, entwenden, oft mit dem dat.
der person : tragt eur trauen ir pfrunt ab. fastn. sp. 142, 31 ;
der vater im himmel weisz wer sein ist, niemand wird ihm
denselben abtragen; gleichv^ie sie (die zeit) nicht wenig ab-
tregt dem, der nicht kan der wahr los werden. Luther 1,
195'; wo die messe so viel abtrüg als sie zulregt, solt sie
bald werden, was der beutel nur wolle. 2, 156"; ich hab im
warlich den hafen mit dem anken heimlich abgetragen. Frey
ijarteng. 40' ; vil abgetragner ding. H. Sachs 1, 442*. vgl. 1, 162'.
229*. 479*. II, 4, 109* ; untrewe knecht, die dem herrn abtragen
und damit sis allein haben vergraben. Frask spnc Aic. 2, 129' ;
ihren eigenen ehmännem, denen sie {die frauen) ehe alles
abtragen, ehe sie den gespahnen einen mangel leiden lieszen.
Philaxd. 1, 143. Aus dem sinnlichen abtragen, d. i. gleich-
machen, ebnen scheint sich die heule geläufigste abstracte Vor-
stellung des gutmachens, ausgleichens, erstatlens, leistens und
ersetzens, die jenem entziehen ganz entgegensteht, entfaltet zu
haben: feilt die bibel auf die erd und ein jud sihet disz, er
musz mit fasten abtragen {büszen). Frank weltb. 153"; in
mitler zeit ward die sach abgetragen {verglichen). Fbakk
chron 219' ;
du hast gehofl, dein lohn ist abgetragen.
Schiller 1, 164;
während seine tochter, deren Unschuld er verkauft hatte,
Faust den lohn seiner sünde abtrug. Klixger 3, 199; euer
hoheit unterthünigen dank für das bewuste abzutragen. Schil-
ler 258; dir meinen wärmsten dank laut abzutragen. Klix-
CER 2, 363; weil wir diesem manne gründlichen dank abzu-
tragen wünschten. Götiie 6, 2t6; die termine sollen richtig
abgetragen werden. 14, 172; ich wünschte sie (die beweise
der Unsterblichkeit) abtragen zu dürfen. J. Paul Kampanerlh.
37. das part. abgetragen, adjectivisch verwandt, hat fast immer
die sinnliche bedeutung von detritus, usu eonsumptus, defes-
sus: eine quelle die den müden, abgetragenen wanderer er-
götzt. Hippel 2, 328 ; ich bin so abgetragen und krank, dasz
meine gesundheit im ganzen ernst gelitten. Hippel 13, 146 ;
die abgetragensten ideen. Wieland 5, 160; der abgetragene
gedanke. J. Paul lit. nadil. 4, 208 ; gleichniswörter, die allzu
abgetragen sind. J. E. Schlegel 3, 228.
ABTRÄGLICH, nociri«, abtrag thuend: halte ich dafür, es
solte ihm nicht abträglich, sondern in viel weg nützlich und
bequem erscheinen. Kirchhof dise. mil. 17.
-XBTRÄNKEN, potu re/icere: ceremonien, womit sie die
gottheit abspeisten und abtränkten. Hippel 5, 229.
ABTRAPPELN, vacillando abire: und so trappelte ich
schnell ab. Klingers theat. 4, 213. auch abtrippeln.
ABTRAUFELN, destillare: thranen träufelten ihre wangen
ab; das dach träufelt ab. die richtige intransitivform ist ab-
triefen und abträufeln eigentlich herabflieszen machen, s. ah-.
treufen, abtröpfeln.
ABTREIBEN, obigere, depellere. wie obigere von ogere,
vieh treiben: das vieh von stellen abtreiben, wo es nicht
weiden soll, oder das geweidete vieh von der alp abtreiben,
heimtreiben; auf die sommeralp abtreiben; das vieh abtrei-
ben, gewaltsam wegtreiben, rauben; die pferde abtreiben, zu
sehr anstrengen, ermüden, abgetriebene, erschOpße rosse, feind-
liche, böse Ihierc abtreiben, abwehren, verjagen: darumb sie
ihn (den wolf) abzutreiben die bund und stecken gebrau-
chen. Kirchhof wendunm. 293*; die mucken abtreiben, obi-
gere muscas :
wer wil einer feuen kuchel alle mucken abe treiben?
LocAU 2, 237, 166.
die bienen abtreiben, s. abtrommeln, würme, würmer abtrei-
ben, was im alterthum die beiden thaten, heute die ärzle.
auf menschen angewandt, ein kind abtreiben, foetum obigere;
den feind {gleich dem wolf) vom lande, von der Stadt abtrei-
ben. Kirchhof wendunm. 33'; den dieb abtreiben, den so
diebisch einbrechen wil, abtreibt, das. 229'; des vatterlan-
des feinde abzutreiben, das. 229'; betten dann die feind
leitern angeworfen und möchtest die nicht gefellen oder an
der wehr abtreiben. Fronsperc kriegsb. 2, 196'; die menge,
das Volk abtreiben, um räum zu machen: dem profusen ge-
bühret den umbstand abzutreiben und räum zu machen.
Kirchhof mil. disc. 248. den wald, das gehölz abtreiben,
ursprünglich das junge reisich, ein aufgeschossenes dickicht
vom vieh abweiden lassen, hernach überhaupt die bäume til-
gen, wegschaffen: dasz starke wälder hier abgetrieben wer-
den. Götbe 39, 266 ; eichenbusch, welcher alle vierzehn jähre
zum behuf der gerberei abgetrieben wird. 43, 298; stock-
ausschlag eines abgetriebenen eichenbusches. 43, 307 ; dem
andern seine bäume abtreiben. Frank f ref. 9, 4, 12. 9, 5 ;
die grenzsteine abtreiben, das. 9, 3, »; bergmännisch, ge-
stein abtreiben, lockeres gestein losbrechen; erz abtreiben;
edlere metalle, die erst auf der kapelle abgetrieben und dann
geschätzt werden. Hamaxx 5, 198 ; silber und gold abtreiben,
reinigen; den rost von den alten gülden abtreiben. Kirchhof
wendunm. 180* ; papier abtreiben, abreiben. Sun manig falte
anwendungen des abtriebs, der obwehr, des zurückweisens :
und von dea schuppea gedeckt und der härte des dunkelen balges
trieb es, wie unter dem panzer, den prallenden wurf von der haut
ab. Voss;
weil nichts meine Zuversicht
kan, herr, von dir abtreiben. Weckherlik 133 ;
ach, herr, wach auf,
treib deinen schiummer ab. das. 166;
bald kamen die Juden wider, Titus hat sie abermals abtrie-
ben. Reiszner Jerus. 2, 130'; welcher von diesem überwun-
den und abgetrieben ward. Zinkgref apophth. 51, 6; einen
vom kaufe abtreiben:
bisz mich das alter ab wirt treiben, fcutn. sp. 52t, 11. 24;
so will der necbst nachbaur darneben
mich abtreiben von solchem kauT,
und sagt, er hab den vorkauf drauf. Atrkr 185*;
wie helft ihr dann die klag abtreibn. dos. 24*; .
und abzutreiben ihm sein krön. da«. 122*;
ein gemeinverderbliches übel abtreiben. Wieland 28, 284;
abtreiben wollen wir verhaszien zwang. Schiller 530;
zu wenig mit seinen kräften bekannt, schmeichelte sich der
kurfürst gewalt durch gewalt abzutreiben. 942; ein wesen,
welches macht genug besitzt, jede andere macht von sidi
abzutreiben. 1220 ; die dogmatischen angriffe eines specula-
tiven gegners abtreiben. Kant 2. 684. abgetrieben ist abge-
jagt, ermüdet und gleich dem vieh heiszt der witz abgetrieben.
TiECE 6, 4; die abtreibende (abwehrende) hand wird endlich
schwach. J. Paul Tit. 1, lOl. Intransitiv, der kahn, das
schif treibt ab vom ufer, tröget man sich einen ausgefallnen
occ. denke, doch s. treiben.
ABTREIBER, m. obacior: aufrührer und abtreiber der hülfe.
ABTREIBUNG, f. abaetio, defetuio, repulsio. abtreibung
der einwürfe. Käst 4, 89.
ABTREIGEN, *. abtreugen.
ABTRENNBAR, separabilis.
ABTRENNEN, dissuere, der älteste sinnliche begrif teheM
des losnähens, do alid. zitrennan, intrennan dissuere glot-
tieren (Graft 5, 534) und vir noch heute sagen, den kra-
gen, den ermel vom hemde abtrennen. Keisersb. brOsoml. 47*;
die spitze von der haube abtrennen ; doch liegt die rorstel-
Itmg des ouftüsens schon im einfachen trennen, wie bei ab-
lösen, absondern, abschneiden in lösen, sondern, schneiden.
dann auf andere gegenstände angewandt, den knöpf vom rock,
die schleife vom arm abtrennen ; ein stück von dem lande
abtrennen, losreiszen; den freund vom freunde abtrennen:
allein und abgetrennt
von aller freude. Göiai 19, 67 ;
metaphysik trennt sich gänzlich vom fortgange der rrfabrun-
gen ab. Kart 3, 280.
143
ABTRENNIG— ABTREUGEN
ABTRIEB— ABTRITT
144
ABTRENNIG, separatus, discedens:
wiewol derselben sind gar wenig,
ich halts darCür, das sie abtrennig
und widerstrebig gewesen sind. ß. Waldis Esop2, 18;
auf das, wo einer wurd abtrennig,
ungeborsam und widerspenuig. ders. P. Rey ch Cii'.
vgl. abtrünnig, abtrinnig.
AßTRENNLICH, dissolubilis. die übrigen vom begi-ilTe ab-
trennlichen merkmalen heiszen auszerwesentliche. Kant 3, 368.
ABTRENNUNG, f. separatio, dissolutio.
ABTRETEN, deculcare, disccdere. transitiv, den absatz
vom schuhe, den schuh vom fusz abtreten; den sporn abtre-
ten {mhd. eime sciltknehte wart lihte ein spor hie ze hove
abe getreten. Turl. Wh. 132'); im gehen blumen abtreten,
deculmre; die treppe, den weg abtreten; die harten steine
sind durch die pilger allmälich abgetreten worden; den leh-
men, tbon abtreten, abkneten; ein gartenbeet abtreten, durch
tritte bezeichnen, intransitiv, abtreten {von der statte), abire,
bei Seite gehn : tritt ab, bis ich den brief gelesen ! A. Gry-
PHiüs 1, 412; Vaier tritt ab, geht bei seile; sobald die be-
schämte Cyane abgetreten war. VVieland l, IOC; nun kam
auch der Wundarzt und ich hätte wol abtreten können.
GöTHE 19, 281; dasz der kaiser und könig aus dem cabinet,
wohin sie vom balcon abgetreten, sich wieder hervorbegeben
würden. 24, 32G ; darauf lieszen sie (die herrn vom rath) mich
abtreten, hielten mich in einer wartstuben zwei stunden auf.
ScHWEiNicHEN 1, IGl ; voui pfcrdc abtreten, absteigen: es sol
auch ein jeder reuter ohn sonderlich Ursachen niciit von sei-
nem pferd abtreten. Fronsp. kriegsb. 3, 16'; in dem wirts-
hause abtreten. Weise crzn. 222; als er in einem wirtshause
auf dem markte abtrat. Götbe 18, 141; vom wege abtreten,
bei Seite gehn; vom rechten wege abtreten, sich verirren;
von der treppe, stufe, leiter, vom thurm abtreten; von der
bühne, kanzel, dem katheder, vom thron abtreten ; vom lande,
ufer ins schif abtreten; vom acker, grundslück abtreten und
es dem neuen eigner übergeben. Diese intransitiven bedculun-
gen erleiden nun vielfache anwendung : vom glauben, vom
gesetz, von gottes wort abtreten; von ir glauben abtreten.
fastn. sp. 294, 3; jemand, so vom glauben abtritt. Luther
1, lOl'; die ir gewissen dringt von bepstlichen gesetzen ab-
zutreten; bitte got, das er dir gnade mitteile, das du also
von dir abtrettest, und zu dem rechtschaffenen glauben kö-
rnest. 3, 158'; das land ist ietz voller Türken, dero zunge
auch von dem alten glänz ist abtretten. Frank weltb. 89';
dasz etliche unterthanen um verschuldete sachen von ihrer
Lerscliaft abtreten, landfr. von 1521. 8, 3; der tod seiner
freundin hatte ihn tief gerührt, und da er sie so frühzeitig
von dem schauplatze abtreten sah, muste er gegen den, der
ihr leben verkürzt, feindselig gesinnt sein, nicht anders mhd.
diu alte lere weich und abe trat {wich und trat zurück), pass.
228, 62; da; guot mit ungelücke ab ir trat {von ihr wich).
das. 275, 19; und mit gen. der sache, dat. der person: wolt
ir mir des abe treten {wollt ihr darin von mir zurückweichen),
pass. 276, 16; der bete er im niht abe trat {die bitte ver-
sagte er ihm nicht), livl. cliron. 5774. Endlich mit umgedreh-
tem casus, wie es hciszt von dem bäum abschütteln jtnd den
bäum abschütteln, konnte auch statt von dem lande, reiche
abtreten {recedere) transitiv gesagt werden das land, reich ab-
treten {cedere); doch Idszl diese transitivbedcutung sich auch
unmittelbar von der zuerst angeführten sinnlichlransitiven her-
Ititen, so dasz das land abtreten eigentlich bedeutele: es
mit dem fusze von sich abtreten, eine treffende bezeichnung
der alten cession, die hernach auch auf andere gegenstände
erstreckt wurde, bei welchen kein fusztritt gedenkbar ist: zum
Unterpfand 14 sciiwere mark jährlichen zins abtreten. Schwei-
NicBEN 1, 352; das frauenzimmer läszt sie fragen, ob sie ihr
nicht einen theil der schönen blumen abtreten wollen? Götiie
18, 142; er trat ihm das gewünschte buch um ein billiges
ab; welche zweite fassung der ersten vorzuziehen scheint.
ABTRETUNG, f. cessio, gilt von dem zuletzt behandelten
transitiven abtreten : die abtrelung des landes, gutes, rechtes ;
während von dem intransitiven abtreten mehr das subst. der
abtritt herßieszt.
ABTREUFEN, deflucre : dann tauchte der pricster das creuz
dreimal ins wasser und licsz es in ein becken abtreufen.
pers. reiseb. 1, 4; das fett von dem braten abtreufen lassen.
besser abtriefen, aber wie beugen für biegen.
ABTREUGEN, dcsiccare, arefaceie, nnl. afdroogcn, nJ. af-
drügen : des Vorhabens seine nasse strumpfe und schu in der
röhre wieder abzutreigen. pol. maulaffe 6. ein im mittleren
Deutschland, zumal in Thüringen (Stieler 2326) bräuchlicher
ausdruck statt des hochd. abtrocknen, s. treuge.
ABTRIEB, m. abactio: der abtrieb des viehes, des holzes,
der bäume, des feindes. in den rechten, der abtrieb von der
klage, von dem erkauften gut, retractus, jus congrui retractus.
weislh. 2, 285. 3, 416.
ABTRIEFEN, destillare, nnl. afdruipen : der regen trieft
vom dache, das fett vom braten ab; baisam ist yom bäume
abgetroffen ;
da hat die erde sich bewegt,
der blaue hiinmel ward geregt,
trof ab und muste wittern. Opitz 124;
es wird etwas davon für mich abtriefen, ein kleiner theil des
gcwinns auch mir zufallen.
ABTRIEFIG, destillans, fructuosus. Stieler 2329 abtrieficht.
ABTRIEGEN, fallaciter auferre : wann der weis dem narren
das gut abtreugt. fastn. sp. 293, 11; weil dasselbig büchlein
mir heimlich, keiner rechten weis, abgetrogen oder abgeschrie-
ben ist. Lothers br. 3,121;
ich sein ros in wenig tagen
im listiglich will tnegen ab. Ayber 292' ;
einem andern abgetrogen
weib, geld, gut, vieh. Logao 3, 7, 52.
ABTRIFT, f abactio pecoris in campum altcrius. auch ßr
abtrieb, retract. weislh. 3, 788.
ABTRILLEN, fraude auferre: wenn er {unser wille) nicht
durch ermahnung und abmahnung getrieben und abgetrillet
wird. Simplic. 1, 50. richtiger abdrillen, abdrehen.
ABTRINKEN, debibere, nnl. afdrinken: den schäum vom
wein oben abtrinken; den letzten tropfen vom nagel abtrin-
ken; das glas ist zu voll, du must etwas abtrinken; den wein
vom becher abtrinken, austrinken;
recht sireichmasz wöll wir trinken ab,
lang ich dich nit gesehen hab.
SCHWARZENBERG 144,2;
nu schenk uns ein den groszen becher,
schenk voll, so, ho ! ihr liebe freind,
ein jeder guter zedier, Stecher,
so oft als vil buchstaben seind
in seines lieben stechblatts naraen,
hie disen ganz abdrinken soll,
ich neunmal, rechnet ihr zusamen:
es gilt ganz voll! Weckherlin 528;
darf ich schon nicht abdrinken das pocal. das. 653.
andere bedeutungen, einem seine schöne abtrinken {s. absau-
fen, abzechen); die rechnung beim wirt abtrinken, ihm ab-
trinken, weislh. 2, 411 ; die schuld abtrinken ; der thee ist ab-
getrunken, durch aufgusz des wassers abgeschwächt.
ABTRINNIG, discedens: es werden sich erheben abtrinnige,
ungehorsame leut. Ulenberg psalt. 268. s. abtrennig, ab-
trünnig.
ABTRIPPELN, was abtrappeln: wenn die princessin mit
ihrer langen schleppe von falschem silbermohr abgetrippelt ist.
Wieland U, 180.
ABTRITT, m. decukatio, discessio, sccessio. die jäger nen-
nen abtritt das vom Hirsch abgetretene gras, dessen grüne oder
welke ein zeichen dargibt, vgl. waidspruch 196 {altd. wäld. 3, 145);
sihe an das gras, das er getretten hat und halt es gegen der
sonnen, so sihestu wol, ob der abiritt grün oder welk ist
Sebitz fcldbau 574. abtritt, ein absatz, von dem man abtreten
miisz oder kann: fall nicht, hier ist ein abtritt; im bergwcrk
ein ruhesitz. abtrill vom pferde und einkehr beim wirf, daher
seinen abtritt bei einem nehmen: der gaste waren viel, die
ihren abtritt hier bei diesen rittern nahmen. Fleming 164;
wo mehrgedachter cavalier seinen gewöhnlichen abtritt zu ha-
ben pdcgte. ehe eines mannes 338. abtritt der schöffeii, der
Parteien, discessio : die schoflen nahmen ihren abtritt, giengen
aus, traten ab (RA. 789. 790) ; aber auch jeder andere Weggang,
hingang, forlgang, abschied:
was kömmt
mir denn auch ein, so kurz vor meinem abtritt
auf einmal ganz ein andrer sein zu wollen?
Lkssimc 2, 330;
der abtritt vom amtc {gegenüber dem antritt), aus dem leben (liin-
tritt), von der bühne, vom glauben ; auch uol cessio, der abtritt
eines rechts, grundstücks f abtrctimg. endlich der geheime
ort und gang im hause, der abtritt, für welchen die spracht
eine menge andrer namen bietet, {s. iiäuschcn, lüublein, gele-
genheit, heimliches gemach, aboit, ausgang, Sprachbaus.)
I
145 ABTROCKNEN — ABURTHEILUNG
ABTROCKNEN, desiccare, abstergere: das wasser vom ge-
siebt, von den bänden, die thräncn von den wangen abtrock-
nen, dann gesiebt, bände, wangen abtrocknen:
Holland trücknet ab die trähnen. Flehi.ng 142.
völlig trocknen : die wäscbe auf dem seil, gras abtrocknen ;
Obst im Ofen abtrocknen, es bat nach dem regen scbnell wie-
der abgetrocknet; die blättern haben {oder sind) abgetrocknet.
s. abtreugen.
ABTROCRNüNG, desiccalio. Paracelsüs 1,519 schreibt ab-
tröcknung.
ABTROLLEN, discedere, verächtlich: du kannst abtrollen,
dich verlieren.
ABTROMMELN, tympano' abigere, was vom abtreiben der
bienen gilt, deren schwärm man mit dem klang eines beckens
vom bäume lockt, aus einem stock in den andern durch trom-
meln mit den fingern treibt, einen marsch abtrommeln.
ABTRÖPFELN, destillare, nnl. afdruppelen, s. abträufeln
und das folgende.
ABTBOPFEN, gtUtalim defluere: dasz dir die zäher über
die backen abtropfen, fastn. sp. 300, 7 ; melodisch tropfte es
von den krystallnen wänden ab in die quellen. Klinger 10,
127. LoHExsT. Arm. 2, 309 abtropfen.
ABTRÖSTEN, consolari: sein compagnon wollte mich ab-
trösten. Ham.\>n 3, 235.
ABTROTZEN, minis obtinere, durch trotz und drohung ab-
nüthigen: er würde mich nie ansehen können, ohne mich
heimlich anzuklagen, wie viel ich ihm abzutroUen mich un-
terstanden. Lessing ;
wer trotzte waffen oder Weisheit
ihr {der natur) oder ihrem seböpfer ab 1 Giei«.
s. abtrotzen.
• ABTRUMPFEN, triumphare in ludo chartarum: einen mit
dem trumpfe abstechen; einen mit derber gegenrede ab-
trumpfen ; sie haben sie abgetrumpft. J. Pail flegelj. 1, 79.
ABTRÜNNIG , fidem fallens, ahd. abtrünnig (Graff 5, 533)
transfuga, apostata, mhd. abetrünnec, von dem verlornen
stamm trinnan trän trunnun herzuleiten, aus welchem auch
trennan f. Irannian separare, {wie aus rinnan rennan) und mhd.
trünne ein gesonderter häufe, trupp flieszt. war trinnan sece-
dere, fugere, so ist abtronni anttronni profugus, ein abge-
tronnener, enttronnener, entronnener : Juliano, dem abtrünnigen
keiser. Kikchhof wendunm. 34'; so wil ich auch bei euch
sein und bleiben, in keiner not abtrünnig werden. Reutters
kriegsordn. 34;
wie ort sasz ich beihränt, so bald mein schwäher klagte,
und sein abtrünnig blut vor gottes recht austagle.
.\. Grtphius 1, 104;
dich stehet man
abthinnig von den deinen auf der seile
des landesfeindes stehen. Schiller 525;
abtrünniges weib, glück. Platen 25S. 265. den formen abtren-
nig und abtrinnig kann ihr recht verbleiben.
ABTRÜNNISCH, modo haerelico: das man das sacrament
nicht solle von irrigen und abtrünnigen priestern, noch ab-
trünniscb reichen lassen. Lcther 3, 528*.
ABTRCNNÜNG, /". apostasia: alier abtrünnung und Par-
teien beubt. Luther 1,419'.
ABTRüTZEN, was abtrotzen : den unterthanen durch prac-
tiken das ihre abtrotzen. Kircbh. mil. disc. 121; man trotzt
ihr kein geschenk ab, das sie nicht freiwillig gibt. Göthe 50, 7.
ABTCNCHEN, tunicare, tunica induere: die flächen sind
abgetüncbt, in felder getheilt und angestrichen. Götiie 28,
113; die häuser sind alle weisz abgetüncbt. 37,156; eine sau-
ber abgetünchle wand. 43, 112 ; alle wände sind glatt und sorg-
fältig abgetüncbt, alle sind gemahlt, die übrige wand ist in
einer färbe abgetüncbt. 39, 188.
ABURTHEILEN, abjudicare.
ein richter,
der viel zaok und bader den jOnglinfren abgearlheill.
Voss Od. 12, 440;
einem das leben aburtheilen. noch ist die sache bei weitem
nicht abgeurtbeilt. Hippel 11, 91 ; abgeurtheilte sarhen. Kaüt
9, 101. Fichte kr. der offenb. 239 seltreibt abgeurthelt.
ABURTHEILUNG, abjudieatio, eondemnatio. die aburtbei-
Inng des ganzen iebenswandels vor einer göttlichen gerech-
tigkeit Kaut 6, 236 ; rasche aburtbeilung und niedermelzelung
der poUtiscben gefangenen. Daulxa!«:« fr. rev. 463.
ABNTRDIENEN — ABWANDELN
146
ABVERDIENEN, demerere: sie wollen damit gott seine gnade
abverdienen. Luther 3, 400. 6r. 2, 343 ; das ihr ihn abverdie-
net gelt. Ayrer 379'; aliwo ich bei dem meister eine junge
schöne und reiche tochter wüste, die ich ihm abzuverdienen ge-
dachte. Felsenb. 2, 418; von dem geld, das mein kind mit
seel und Seligkeit abverdient. Schiller 182 ; die kunst allein
gewährt uns genüsse, die nicht erst abverdient werden dür-
fen. 1133 ; Wilhelm schalt ihre Undankbarkeit, allein man setzte
ihm entgegen, dasz sie das was sie dort erhalten, genugsam
abverdient (hätten). Göthe 19, 16 ; die mühe mit der die men-
schen dem viehe ihren nutzen abverdienen müssen. Gellert 4, 195
ABVERDIENLT<G, f.
durch die lose sühnung
der selbstgewäbllen abverdienung. Voss 5, 162.
ABVERKCNDEN, renuntiare. denselben abverkündten zins.
Frankf ref 2. 7, 13.
ABVERLANGEN, expostulare, abfordern:
hernach vier backenzähn und eine band voll hart
dem alten herren abverlangen. Wielaxd ;
nimm den ring zurück,
den ich dir abverlangt. Plate.'( 221.
AB\TRLIEBEN, gratiam inire: der sal unserm herren ein
maldern korns holen oder ime abverlieben, weisth. 1, 643. i.
ablieben, und afverminnen in Lacombl. archiv s. 395.
ABVERSTOSZEN, detrudere: so viel der teufel abverstoszen
sind worden vom himmel in abgrund der bell. Paracelsi opp.
2, 319. auch der älteren spräche waren mehrere Verknüpfungen
des ab und ver eigen, mhd. abe versteln MS. 2, 152'; ahd.
aba farhouwan, aba farprechan, aba farmeijan.
ABVIEREN, quadrare, viereckig, würfelförmig machen, mhd.
vieren. Waltb. 79, 39. tr. krieg 17429 : einen klotz, stein ab-
vieren. Frisch 2, 401" und Adellng wollen dies abvieren für
eins mit abfieren, abfüeren halten, s. abführen.
ABWACHEN sich, vigilando consumi.
ABW.\GEN, ad libram exigere: das brot abwägen, guter
abwägen lassen; den fall des wassers, den mahlpfahl ab-
wägen ; eine fläche abwägen ; seine worte abwägen ; der reiche
Schicksal wägst du ab. Klopst. 7,166; alle, welche diese Un-
ternehmung mit seinen fäbigkeiten und kräften abwogen, warn-
ten ihn. Schiller 901; Rose wiegt mir immer für die ganze
woche zucker ab. Göthe 14, 298; so wägt sich immer eins
gegen das andere ab. Klinger 12, 201 ; der abgewogene sinn
der worte. 8, 110 ; abgewogene kräfte. Kant 8, 293. ungewöhn-
lich erscheint sich abwägen mit der bedeutung sich unterschei-
den, absondern, wägend trennen:
als sie nun also einher zogen,
und sich von den andern abwogen,
mosten sie als die albern thoreu
gar vielfeltig gespöit anhören.
froschmeus. 3. 2, 3.
im praes. ist wiegst wiegt richtiger als wägst wägt, im praet.
wog als wägte, mhd. wggen wigest wiget, praet. wac. s. ab-
wiegen.
ABWALKEN, stipare. das tuch abwalken ; einen abwalken,
verberibus subigere:
ein edelknecht
stand im begrif ihn weidlich abzuwallcen. Wikiasd.
ABWALZEN, volutari, ahd. walzün: sauw, die umb und
umb im unflat abwalzt und sich schmiert. Kirchhof wendunm.
281* ; abwälzen, sich im tanz umdrehen.
ABWÄLZEN, rerolvere, ahd. aba welzan: wurden gewahr,
dasz der stein abgewelzet war. Marc. 16, 4 ; funden den stein
abgewelzel von dem grabe. Luc. 24, 2 ; wie nun weiber ihren
höchsten hört in dem haben, dasz sie das leid vom herzen
abwelzen mögen. Weise kl. leul^ 351 ; alles böse Ton uns ab-
wetzen. 374;
auf diese seele wälzt mein unbegrenzt vertrauen
die schwerste meiner sorgen ab. Wibla-^d 10, 256 ;
sie nur wälzt
des kronenränbers namen von mir ab. Gotter 3, 212.
ABVVAMSEN, abwaraschen, verberibus tubigere, einem da*
wams ausklopfen, s. abbamsen und wams.
ABWANDELN, mutare, emendare:
Tebler
durch strenge buszen abzuwandeln. wiitAHo.
man hat damit conjugieren, wie mit abändern dedinieren aus-
drwken moUtn, aber keine dieser undeutlichen bettfnnungen
10
147
ABWANDERN— ABWÄRTS
ABWARTÜNG — ABWECHSELN
148
durchgesetit. abwandeln, ambularc, auf und ab wandeln, nnl.
afwandelen.
ABWANDERN, demigrare: die gesellen sind heute abge-
wandert; ins ewige leben abwandern; bei seinem abwandern
betrug er sich ebenso excentrisch. Göthe 48, 33.
AB WANKEN, dcßeclere: nicht abwankend vom ziel. Voss
3, 106. nutando abire. Klingers tli. 4, 138. vgl. abwenken. mhd.
galt auch ein siibst. abewanc. En. 950t.
ABWÄRMEN, calefaccre: ofen, schmelzhcrd abwärracn, zu
einem erforderlichen Wärmegrad bringen.
ABWARNEN, dehortari, praemonere: ob er darum niema-
len wäre abgestraft oder abgewarnet worden. Philand. 1, 499.
ABWARNUNG, f. praemonilio.
ABWARTEN, exspectare, allendere. da in warten die sinn-
liche Vorstellung des ausschauens enthalten ist, musz das zu-
tretende ab vom standpunct des schauenden erklärt werden und
abwarten, erwarten sein etwas mit (ab) den äugen, von der
höhe ab erschauen, danach blicken, der Wächter wartet ab
der zinne. ich will meinen freund hier abwarten hciszt ich
will von dieser stelle aus ihm entgegen sehen bis dasz er
komme; mich in einen offenen laden hinsetzen und die Ver-
käufer abwarten. Tieck gcs. nov. 2, 22. schon das einfache
ahd. warten drückt aus prospicere, speculari, exspectare. vor
des spähenden äugen breitet sich die gegend aus, er übersieht,
beobachtet, bewacht sie, folglich bedeutet warten zugleich auf
etwas acht haben, es in pflege und sorge nehmen, dieses ab-
warten pflegen, hüten construiert unsere spräche zwar auch
noch mit dem acc, daneben aber mit dem gen. und dat. der
Sache, beispiele des gen., dasz er dieses handeis nicht ab-
warten könnte. Melanchth. 3, 1202 ; ihres amtes, berufs und
dienstes abwarten ; seiner narung abwarten und darbei selig
sein und bleiben könne. Mathesius 6'; christlich wandeln und
vermöge seines eides seiner befohlner arbeit trewlich abwar-
ten, das. 7"; dasz sie niciit besser ires berufs abgewartet.
AvBER proc. 2, 5 ; seiner guter abwarten. Opitz 1, 5' ;
wer hätte vermeinet, dasz ich im parten
sollte der wachsenden blumen abwarten.
A. Grtphius 1, 622.
beispiele des dat., so er dem gericht selber nicht abwarten
kan. Frankf ref. 1. 6, 4 ; dasz er also seinem ampl nit genug-
sam abwarten kann. Uffenbach roszbuch. 2, 190; indem wir
dem Laelius abgewartet. Philand. 2, 275; wie er seinen Sa-
chen wol abwarten möge. das. 2, 498 ; der plackscheiszerei
abzuwarten. Simplic. 1, 3 ; keiner schickte sich besser dem
alten herzbruder in seiner krankheit abzuwarten als ich. das.
1,198; wann sie dem jetzt gegenwertigem glück nicht besser
abwarten solle. Spee 440; als solchem verächtigen ampt ab
zu warten, das. 489 ; gewis werden ihnen (den blumenzwie-
beln) meine kinder mit fleisz abwarten. Pestalozzi L. und G.
1, 267. beispiele des acc, die händel abwarten. Schweinichen
3, 149 ; 80 würde er seinen dienst fleisziger abwarten, pers. ro-
senlh. 5, 1 ; den gotlesdienst abwai'ten. das. 7, 20 ; er wartete
seine Concordia mit den treflichsten liebkosungen ab. Fel-
senb. 1, 146; er musz seinen beruf wohl abwarten. Rab. 1,
172 ; ohne seine stunden abzuwarten. 3, 29 ; aus der andacht,
womit sie den öffentlichen gotlesdienst abgewartet haben.
MösEn verm. sehr. 1, 117 ; versicherte dasz sie (die wunden)
leicht heilen würden, wenn der patient sich ruhig hielte und
sich abwartete. Göthe 19, 56. heutzutage ist die fügung mit
gen. und dat. veraltet, nur die mit acc. üblich (s. warten),
obschon einige redensarten zweifelhaß werden, den gotlesdienst
abwarten kann bedeuten den beginn, das ende des g. erwarten
oder den g. verrichten; es will abgewartet sein, sowol es musz
darauf gewartet, es musz erwartet, als gehörig verrichtet wer-
den, der böte wartet die schlacht ab, um ihren ausgang zu
melden, der feldherr wartet sie ab, schlägt sie. sie wollen es
nicht abwarten. Lessinc 1, 293.
ABWÄRTS, deorsum, niederwärts, seorsum seitwärts, das
Wasser rinnt abwärts; die sonne geht abwärts; es geht mit
ihm abwärts; abwärts steigen, sciüffen; das gebirg ich bald
stieg abwertz. H. Sachs 1, 253' ;
0 zeit, 0 hohe zeit, dasz wir aur knien liegen,
dasz wir die freche stirn zur erden obwerts biegen.
LoGAU 1, 10, 60;
ein loser gott floaz abwärts
in ihres busens mitte, v. Kleist 1,53;
sobald Aurora lieblich abwärts schauet, das. 1,26;
bald sieht er abwärts voller nUmz und prangen
Bocb einea bimmcl in den Uuten hangen, das, 1,27;
sie stürzte sich abwärts {in die hole). Klinger 10, 209 ;
holde Genoveva,
es neigt sich alles abwärts, sei mir lieb. Tiece 2, 148;
geh den hiigel abwärts. Plate.n 21.
beispiele des seitwärts:
was blickst du hohnlächelnd abwärts? v. Kleist 2,131;
oft reichte Mars ein volles glas,
wenn ihr Vulcan nur abwärts sasz,
der himmlisch lächelnden Cythere. Hagedorn 3,127;
ihm schwärmen abwärts immer die gedanken
nach seines vaters hallen. Göthe 9, 4.
der sinn ist oft unsicher, z. b. in den Worten: so halte dich
nun auch still und abwärts. Tieck U, 138.
ABWARTUNG, f. curalio : abwartung der puppe, ausputzung,
pflege; abwartung des gottesdienstes. Rab. 4,200; die abwartung
der blumen, der wunden, nicht aber für erwartung, exspectatio.
ABWASCHEN, abluere, nnl. afwasschen : den schmutz von
den bänden, wangen, dem gesiebt abwaschen, bände, wangen,
gesiebt abwaschen, ursprünglich ab den bänden waschen, ahd.
wasg nu aba mir min unreht. jV. ps. 50, 4; er dich durch
sein blut von den Sünden abgewaschen habe. Augsb. conf;
seine bände abwaschen von den weltlichen eiteikeitcn. pers.
baumg. 3, 24 ; die schusseln abwaschen ; der regen wäscht die
erde vom ufer ab; der flusz hat das land abgewaschen ; ihre
thränen wuschen das blut von der wunde ab ; die leiche steht
schon abgewaschen ; das musz mit blut abgewaschen werden ;
die unflätige zunge mit maulbeersaft abwaschen (blutig schla-
gen). Simplic. 1, 347 ; wir wollen die runzeln recht einander
abweschen. Fischart Garg. 84".
ABWASCHUNG, f ablatio.
ABWASSER, n. aqua defluens ex alia, defluens super alias
res, nnl. afwater: wasser, so von einem brunnen abgat und
etwan hin zu nutzen geleitet wird. Pictoriüs; dieses sees Ur-
sprung ist in dem Nordholz und fleuszt sein abwasser durch
die gi-afschaft Arnstein. Thurneisser von wassern s. 266 ; von
dem abwasser, darin die erz, die solche ding bei sich haben,
geweschen werden, das. s. 47.
ABWÄSSERLEN, urinam egerere, mingere: vier hurenkin-
der, was lusts können die eim geben? wann das ein neben
den tisch pflatteret, das ander dar unter die bein abwasser-
let, das dritt bei den herd hofiert. Fischart Garg. 47'.
ABWÄSSERN, aquam diducere irrigandi aut desiccandi causa,
nnl. afwateren: graben ziehen, die wiesen abwassern; abwäs-
serungsgräben. Niebuhr kl. sehr, l, 64. einem abwassern, das
wasser entziehen, figürlich, schaden zufügen, eintrag thun: da
man treuen arbeitern nichts abbricht, aufschlegt oder abwes-
sert. Mathesius 126'. fische, Stockfische abwassern, ihnen
durch aufgegossenes wasser schärfe benehmen.
ABWEBEN, dctexere, nnl. afweven : das tuch abweben ; aber
wenn zwanzig bis dreiszig eilen am werke werden abgewobeu
sein. J. Paul Hesp. 1, 99 ; das gleichnis abweben. J. Paul
teufelsp. 1, 143.
ABWECHSEL, m. alternatio, permutatio. das gold bringen
sie an sich durch tausch und abwechsel. Frank weltb. 224*;
darumb nennet die schrift mit eim abwechsel on underscheid
itzt den ganzen menschen flaiscb, itzt die weit. Frank parad.
36'; dieser abwechsel geschah so oft. H. Sachs; der monat-
liche und immerwehrende abwechsel der neuwen und immer
anderer Soldaten. Kirchhof disc. mit. 17 ; weil sie den ab-
wechsel beliebten. Simplic. 1, 268 ; abwechsel mit salz und
kraut (beim einmachen). Hohberg 2, 61* ; ein einziger kinder-
tag hat mehr abwechsel als ein ganzes mannsjahr. .1. Paul
flegelj. 4, 123. abwechselsweise. Olearius or. inseln s. 149.
ABWECHSELIG, varius et mutabilis und adv. varie: die wei[
und sie einer also, der ander also sich erzeigen, der trawrig,
der frölich, der zornig, der abwechslig und dergleichen. Pa-
racelsi opp. 1, 530'.
ABWECHSELN, altcrnare, variare, nnl. afwisselen': nun
das wir von dein alten abgewechselten verlassen HUngaria
auch etwas sagen. Frank weltb. 80" ; wechslen sis ab in des
künigs münz. das. 195'; singt tag und nacht den psalter mit
abgewechseltem chor. das. 132'; welche (münze) ihnen auch
von der obcrkeit wieder abgewechselt wird. Thurneisser al-
chym. 2, 110; denn der prophet redet einslei ding mit abge-
wechselten Worten. Mathesius 108'; wo man die pferde ab-
wechselt und wieder frische bekompl. pers. rciscb. 1, 4 ; un-
lerwegcns wechselte der könig etlichental sein reitpferd, auch
einmal die kleidung alj. das, 4, 43 ;
1
V»
149
AB\\'ECnSELM) — AB^^^:HIlEN
ABWEHHER— ÄBWEIS
150
wiUt du mit dieser burd abwechseln deine ruh?
A. Griphics 1, 18;
die königliche leibwache (wurde) abgewechselt (abgelöst). Schil-
ler 1049 ; als wir solche gespräch abwechselten. Voss Od. 11, 225 ;
wir wechseln, wies im leben pflegt ni gehen,
das frohe mit dem ernsten ab. Gotter I, 23.
sich abwechseln, sich ablösen: wann sich die (leinlerlichen)
dünste mit des widers gegenschein abgewechslet und vergli-
chen haben. Fischart groszm. 29. intransitiv, glück und Un-
glück wechseln ab; ein abwechselndes fieber.
ABWECHSELND, adv. altemando: sie sangen abwechselnd;
die blätter stehn abwechselnd, bald auf dieser, bald der an-
dern seile.
ABWECHSELOG, f. permutatio : abwechselung {austanseh)
der gefangenen. Kirchhof mil. disc. 179; diese schrift um-
faszt die abwechselungen aller Jahrhunderte. Clacdics 7, 103.
ABWEG, m. diverticiilum, devium, ahd. dwicki, äwiggi
(Gr.\ff 1, 671) n., nnt. afweg m. auf dem abweg entfliehen ;
die strasze hat viel abwege; bleib er nur auf der fahrstrasie
und lasz sich kein abweg kümmern, wegkürzer 2; musz ein
nebengassen, abweg gehen. Fr.\>-k tceltb. 106' (oder: ein ne-
bengassen abweg?); vom abwege führen. KiRCHHor wendunm.
438' ; durch lauter wald und abwege. Simpl. 1, 442 ; abwege su-
chen. 1, 391 ; ich möchte auf meine alte schliche und abwege
kommen. Plesse 1, 99 ; die tugend ist die mittelstrasze zwischen
zwei abwegen. Wieland 1, 256; ein längerer fortgang auf
den abwegen, auf die er verirrt war. 1, 292; aus tausend
abwegen den rechten weg auszusuchen. 7, 216.
ABWEG, adv. de via, vom weg ab, mhd. abe wege : rar er abe
wege. Maurit. 1495 ; nu vart abe wege. 10S5 ; si füeret ab wege.
Hacft 6, 502 ; giengen balde al)e wege. Kö.xigshofex 295 ; wir
gungen ein wenig abweg. Philaxd. 2, 348 ; und die armen
tropfen gar abweg und noch besser für sich in den wald
hinein zu gehen müszigten. Simplic. 2,271; bisz du der ma-
teri abweg ifort) verhelfest, üffenbach roszbuch 2, 116; das
steinecht crdreich ist auch zu sauberen, so man die stein ab-
weg (fort) schaffet. Sebitz feldbau s. 20 ; abweg liegen, das.
28 ; viel von den umbstehenden funden seine wor: nicht gar
abweg sein (aus dem weg liegen). Philand. 1, 304. zum subst.
abweg verhall sich das adv. wie zum subst. weg das adv. weg.
ABWEGIG, remotus, aus dem weg liegend: ein abwegiger wald.
ABWEGS, adv., dem vorigen gleichbedeutend, mnl. afweghes
(lekensp. 2, 350) : von des hauptmann-^ erstem schiffe abwegs
getrieben. Frossp. 3, 229' ;
ir seit abwegs gereist der strasz. Atmek 358' ; H. .Sachs IT.
3, 17M8'; II. 2, 34*;
ah ich nun abwegs machen (fortreisen) wolle. Simplie. 1,164.
ABWEGSAM, was abwegig: ein abwegsamer wald. Voss;
abwegsamer ort.
ABWEHEN, deflare, nnl. afwaajen : der wind weht alles
obst von den bäumen ab ; der stürm wehte dio fahne vom dach
ab ; mhd starken liuten waet cn, houhet abe. Walth. 13. 17 ;
die abgewehten töne des musikalischen gefolges. J. Paul Hesp.
3, 218. inlr. Schneeflocken wehen vom dach, bluten von den
bäumen ab; dn sie denn auf. dem berge eine grosze weisze
fahne abweiien lieszen. Lohe5St. Arm. 1, 951.
ABWEHR, f. depulsio, defensio:
da zur abwehr kQbn ich genaht war. Voss II. 1, 590;
dir schalT ich des wehs abwehr und errettung. Od. 10,2S6.
ABWEHREN, depellere: die katzc von der milch abwehren;
die mutier wehrt dem schlafenden kinde die fliegen ab; der
pelz wehrt die kalte ab;
die strafen sind das salz, damit man abewehre.
dasi gute zucbt sich nicht in faul und stank verkehre.
LocAU 3, 10, 63 ;
die Sorgfalt,
mit der ich mich bemüht, dein Unglück abzuwehren.
Gcllcrt;
der thrSne ausbnich abzuwehren. Bürger 2,3;
armuth, als eine grosze Versuchung zu lästern abzuwehren.
Kam ; er ISszt sich nicht abwehren, die sache ist nicht ab-
zuwehren. Einigemal mit dem dat. der person oder sacJie:
mit ziucrn Hengst du an. ist dem nicht abzuwehren,
der mil dem sabel kommt* Opitz 1,4;
sie sucht den kindem abzuwehren Michaelis;
der aus Siciliea der theurung abgewehrt. Gcllbrt
in diesem tinn bedeutet es steuern, einhält thun.
ABWEHRER, m. depulsor : des fluchs, des wehs abwebrer. Voss.
ABWEICH, m. deflexio. in einer fiugschriß aus den «can-
zigen des 16 jh. heiszt es :
und Tolgstu mir on abeweich,
so gib ich dir meins vatter reich.
ABWEICHEN, recedere, declinari, ahd. wichan, nnl. afwij-
ken. räumen, platz machen, vom rechten wege abweichen ;
weicht ab, tret umbe und räumet auf! fastn. sp. 1, 5. 263,
13 ; weich keiner ab. 336, 13 ; das du sitlich weichest ab. 173,
19 ; so man von der lieb der warheit abweicht zu den fabeln
der menschen. Fraxk u-eltb. 109*; darum must Stephan mit
schänden abweichen (entweichen). Kirchhof wendunm. 407*;
geschieht, dasz man (beim stürm) ungeschaft abweichen musz,
werden die in der festung fürsichtiger, ja mutiger und truüi-
ger. ders. mil. dise. ISO;
da nun der tag mit schein abwich. H. Sachs 1, 162* ;
drumb ihut nicht von uns abweichen,
dann wir begem euch zu ehrn. Airer 18S';
drumb weich ab, das ist mein beger. da*. 102*;
krieg, weich ab, und nerae scheue
tür des friedens frommer treue. Logac 2, 2, 3 ;
das glück ist von dir geschlichen,
goll mil seiner gnad abgewichen. Soltac449;
sie weichen hinter ihm ab seine getreuen. Schiller 174. das
part. abgewichen so viel als verwichen, vergangen, verflossen,
verstrichen : 20 sept. abgewichnen jahrs. Schweixiche!» 3, 27 ;
im abgewichnen jähr. Göthe 33, 63; in abgewichener nacht.
Felsenb. 4, 235. abweichender schritt (t-on der geraden linie
weichender). Göthe 24, 120.
ABWEICHEN, emollire, ahd. weichan, nnl. afweeken: ein
pflaster abweichen, das pflaster ist abgeweicht
ABWEICHEN, n. alvus cita, fusa, durchfall, eigentlich re-
cedens, im gegensatz zur alvus stricta.
ABWEICHUNG, f. recessus, dcclinatio : meine läge hat mir
nie eine abweichung von den brotwissenschaften erlaubt. Got-
ter 3, 264; in eiform mit theilweiser abweichung ins nieren
und zitzenförmige. Göthe 31, 230.
ABWEIDEN, depascere, nnl. afweiden : das gras von dem
feld abweiden; das vieh weidet die saat ab; die pferde ha-
ben die wiese abgeweidet; der hirt weidet die trift mit den
Schafen ab ; das feuer weidet ab was es ei^eifl ;
wie eine Damme doch so lange währen kan,
die dannoch irdisch i<t, und eher sich nicht scheidet
von dem, worauf sie fällt, bisz alles abgeweidet
und aufgeürieben ist. Opitz 1,43;
leichtsinn, der nur gegcnwart abweidet. J. Paiil fiegelj. 4, 44 ;
hast mit deinem verzehrenden schwert abgeweidet ihre haare.
gOtter, h. und Wieland 1774. B 6".
AB WEIFEN, spiram filorum in baculis transversa facere:
das gam von der spule, spindel abweifen, die spule, spindel
abweifen.
ABWEINEN, deflere, nnl. afweenen:
ein kaiser,
den Sehnsucht und gebet deip himmel abgeweinf.
Günther;
die äugen abweinen, deflere oculos; sie näherte sich mitabge-
weinlen äugen: ihr abgewcinter blick drang ihm ins herz;
0 dasz du vergeben könntest, dasz ich zu deinen füsien das
alles abweinen dürfte. Göthe 10, 74. sich abweinen, lacrimis
se macerare, ubertim flere.
ABWEIS, f. stultitia, inrptia, ein hei H. Sachs und Atrer
geläufiges vort und von ihnen fehlerhaß abweisi geschrieben:
vil abweisz. H. Sachs U. 2, tC. 74';
der vollen knecht schendliche abwei». I, 229«;
ir abweisz versteh ich wol. 1,472*;
thut auch vil abweisz fahen an. II. 4, 86 ;
der abweisz lachen. fV'. 3, 21';
ich musz gleich deiner abweisz schmutzen, v, MT;
dasz sie von ir abweisz aufbör. Atrer64*;
ich musz mir gleich der abweisz lachn. dat. 119»;
nicht so närrisch und aus der abweisz geschaffen. Fischart
Garg. 2l'. Chttraecs 297 hat aweise thorheil, vocab. 1482
aw)sz jocus, insolentia, voe. ine. teut. ante lat. abweis, ab-
wijse insolentia, abwise triben insolescere; Keisersberc bei
Oberlw 1178 owysz insania, owiseten insaniebant ; Teuionista
awijse stultttia, absonantia. der letzte lat. ausdruck fiihrt auf
rechten weg, abweise oder äwcise, oweise (mhd. äwisc) ist das
atu oder ab der weise gerathen, aus dem ton fallen, folglich
10*
151
ABWEISEN — ABWENKEN
unsinn und narrheil, ähnjlich Ttkrjfifislsia, 7t?^Tjfifi£XTjs = 7tXj]v
uikove. nahverwandt, nicht dasselbe, ist ahd. äwizzi delira-
mentum, mhd. abewitze, letan. 1298, nhd. aberwitz.
ABWEISEN, abduccre, repudiare, rcmovere, nnl. afwijzen. einen
bettler von der thür abweisen, einen verdächtigen von dem haus
abweisen, den dieb mit schlügen abweisen; die feinde mit blu-
tigen köpfen abweisen, den kläger mit seinem gesuch abwei-
sen; da die kinder nicht rechte erben waren, sondern wur-
den mit eim genannten (bestimmter summe) abgeweiset. Lu-
ther tischr. 313'. 384'; die dargereichte gäbe (von der hand)
abweisen ; eine wolthat abweisen müssen ; behauptungen, ein-
wände, zweifei abweisen; du wirst die zeichen meines danks
nicht ahweisen. Klinger 7, 260 ; er ist schon dreimal abge-
wiesen und will sich immer nicht abweisen lassen. Die heu-
tige starke form von weisen ist unorganisch (ahd. wisan wista,
mhd. wisen wiste), wie auch Luther noch abgeweist sagte und
LoGAo 1, 3, 17:
der fried ist eine kost, die köstlich nährt und speist,
drum wird gemeiner manu davon jetzt abgeweist.
ABWEISEN, ineptire, insanire, nach der stelle Keisersbergs
[unter abweis), wäre ahd. dwisun.
ABWEISIG, ineptus, absonus, nach dem Teutonista.
ABWEISUNG, f. abductio, repudialio.
ABWEISZEN, dealbare: die w'and, das zimmer abweiszen;
die Wirkung des lichts auf die pflanzen kennen zu lernen,
die Phänomene des abbleichens und abweiszens beschäftigten
mich. GöTHE 58, 14 ; das abweiszen der pflanzen. 58, 165 ;
intr. die wand weiszt ab, läszt die färbe fahren.
AB WEITE, /". distantia: landkarten, die auf kleine abwei-
ten gerichtet sind.
ABWELKEN, flaccescere: die blume welkt ab; eine abge-
welkte Schönheit ; abgewelkt, ausgemergelt. Wieland 8, 140 ;
so oft ein schmerz oder eine freude abwelkte. J. Paul uns.
/oje 3, 35. transitiv, flaccidum reddere: obst im ofen, pflau-
men in der sonne abwelken.
ABWELLE, f. semicanalis, in quo axis cylindri movetur,
Pfanne, worin der zapfe der welle, des wellbaums der mühle
Iduß.
ABAATNDBAR, quod averti polest.
ABWENDEN, averlere, depcllere. sinnlich, gleichviel mit
abkehren, wie wenden mit kehren, umwenden mit umkehren :
haupt, äugen, blick, gesiebt von einem abwenden ; das äuge
von der erde zum himmel abwenden; abgewandtes blicks,
mit abgewandten äugen reden; die bände von einem abwen-
den; das pferd, den wagen vom v\ege, das scbif vom lande
abwenden; einen schlag, streich, stosz, hieb vom leibe ab-
wenden, abhalten, figürlich, das herz, gcmüt, den sinn von
etwas abwenden, den feind, den krieg abwenden; ein kind
vom vater, das volk von gott abwenden, ableiten, verführen:
ihr liabt den menschen (Jesus) zu mir (Pilatus) bracht,
als einen der das volk abwandt,
sein Unschuld aber ist erkant. .K. Ghyphiüs 2, 222;
auch lieb und leid urab zeitlich hab
von rechter pusz mich wendet ab. Schwarzenberg 114, 1.
je mehr die Vorstellung des außallens, verhinderns überwiegt,
desto weniger kann abwenden mit abkehren tauschen und
dann bleibt auch das, wovon abgewendet wird, unausgedrückt :
das wolle gott gnädig abwenden ; schaden und gefahr abwen-
den, das Unheil ist abgewandt worden, für einen von etwas,
von seinem vorhaben abwenden sagte man ahd. einan es ir-
wentan. sich abwenden, sich abkehren.
AB WENDER, m. seduclor: der seines volks ist abwendcr.
H. Sachs II. l, 58*.
ABWENDIG, abalienatus, abkehrig, abspenstig, abtrtmnig :
abwendig werden, abwendig machen ; laszt euch kein ding
danon machen abwendig. H. Sachs 1, 237''; was soll ich
von den empfindlichen und abwendigen gemüthern sagen?
Günther rorr. s. 25; seinen ersten entschlusz wegen der
compagnie durchzusetzen und sich von niemand abwendig
machen zu lassen. Schiller 1094 ; einem die frau, den die-
ner abwendig maclien.
ABWENDUNG, f aversio, depulsio, abalienatio: die abwen-
dung meines hcrzens von aller freude; die abwendung der
gefahr, des Unglücks.
ABWENKEN, deßedere, recedere, ahd. irwenchan, mhd. ent-
wenken. Freid. 65, 21;
ir lieben sön,
von allem übel tbut abwenkcn. H. Sachs IF. 1, 3*;
ABWERF — ABWESEN
vom glawben vil abwenken
an tewflisch leer sich henken. Soltau 270.
152
heule abwanken, ahd. wanchön.
ABWERF, n., nicht im sinn des ahd. äweraf abjectio, abor-
tio (Graff 1, 1039), sondern, es scheint, eines entwurfs, bilds,
imago: so ist zu erkennen, dasz in dem schnitzwerk des
mysterii magni mancherlei abwerfen gewesen seind, ethchs
in fleisch und das in w underbarlich viel gestalt und form,
etlichs in meerwunder mit vielerlei form und ansichtung, et-
liche zu kreutern, etlichs zu holz, etlichs in stein und me-
tallen. Pabacelsüs 2, 2'.
ABWERFEN, dejicere (von etwas anderm), abjicere (von sich),
nnl. afwerpen, edler als abschmeiszen. äpfel, birnen, nüsse
vom bäum abwerfen; das pferd wirft den reiter vom rücken
ab; den sattel (vom pferde) abwerfen; das joch (vom halse)
abwerfen, ahd. werfen aba uns iro joh. N. ps. 2, 3; einer
bildseule den arm abwerfen ; der wind bat das dach (vom
haus) abgeworfen; die brücke hinter sich (vom flusse) abwer-
fen : Falkenberg hatte die besatzungen zurück gezogen und
die Eibbrücke abwerfen lassen. Schiller 928; das kleid von
sich abwerfen : geschwind warf er den Schlafrock ab. Göthe
18, 307. reo ein doppelter acc. dabei steht, ist das ab noch
los: warf er ihn die stiegen ab. H. Sachs IL 4, 87'; einen
den berg ab (hinab) werfen; man warf dich Veit die stiegen
ab. LoGAU 3, 4, 77. einigemal kann in geläufiger redensart
der acc. wegbleiben: weidmännisch, der hirsch hat abgeworfen
(sein gehörn) ; die hündin, wölfin bat abgeworfen (junge), wo-,
für auch blosz geworfen. Figürlich, leid, kummer, sorge von
sich abwerfen;
jetzt ist es hohe zeit,
dasz du ihr gnädig seist
und werfest ab ihr leid. Fleming 23 ;
der wein ist genug ausgerufen, man wöll ihn denn gar über
die canzel abwerfen (verkündigen). Fischart Garg. cap. 8,
102'. abwerfen, ertragen, einbringen scheint von dem bäum
hergenommen, der seinem eigenlhürtier jährlich fruchte trägt
und niederwirft : der Ölbaum seine blüt abwirft. Hiob 15, 33 ;
wie ein feigenbaum abwirft (mitlit grossos suos) apoc. 6, 13 ;
ein gut das viel abwirft, uberrimi proventus; was jetzo die
guter abwerfen. Weise erzn. 94; meine dienste hätten mir
schon so viel abwerfen sollen. Lessing 1, 364; so viel wirft
der dienst nicht ab ; dreiszig bis vierzig tausend drachmen
abwerfen würde. Wieland 20, 247; magern lohn abwerfen.
Klinger 9, 201; auch wissen sie, dasz die erfüllung der ge-
böte gottes uns ein ruhiges gewissen abwirft. 11, 229 ; er
glich langsam aufsteigenden gebirgen, die stets mehr aus-
beute abwerfen als schnell aufstehende. J. Paul Tit. 1, 163.
sich abwerfen, sich empören, abfallen: als die unterthanen
am Bodensee sich von ihren herrn, junkhern und obern ab-
geworfen. Luther 3, 104. sich abwerfen mit einem, ßr über-
werfen, entzweien gebraucht zumal Wieland : seine leidenschaft
vergnügen, ohne sich mit den gesetzen abzuwerfen. 1, 170;
eine frage, ob du so wol-gethan hast, dich um einer an sich
wenig bedeutenden Ursache willen mit Dionysen abzuwerfen.
3, 112 ; indessen wirft man sich doch nicht gern mit solchen
leuten ab. 14, 248; ohne sich selbst dabei mit der Justiz
abzuwerfen. 19, 184. ist es von knaben entnommen, die sich
mit Schneebällen abwerfen, und im handgemenge sind?
ABWERK, n. sluppa, ahd. äwirchi (Graff 1, 964), was beim
werk, beim wirken abgesondert wird, ähnlich dem andern ahd.
ausdruck äsuinga quisquiliae, was abgeschwungen , ächampi,
was abgekämmt, unser heiUiges, mit werk opus selbst schäd-
lich vermischtes werk ist, wie Schneller 4, 139 richtig findet,
aus aphaeresis des vorstehenden i\ oder ab entsprungen, und
wol eist seit dem 16 jA. durchgeführt, das vocab. von 1482
setzt werk von flachs oder abwerch, und Pictorius werch und
abwerch als gleichbedeutend nebeneinander, noch heute in Schwa-
ben abwerk. vil alle lumpen, grob abwerk, alte seilen
Fronsp. kriegsb. 1, 121*. s. werk.
ABWERKEN, sluppeus, ahd. äwirchin, mhd. äwirkSn, 6air.
äwcrken, cwerken (Schm. 4, 139), schwdb. abwerken(SciiiiiD 7),
zu Ulm früher ebwürkin (Jäger 616).
ABWERKEN, operari, opus absolverc, abarbeiten, sich ah-
werken, sich abmühen, Schweiz, abwercha. Tobler 13'.
ABWERTHEN, laxare, abschätzen, von einigen neueien
schrißslellem gebraucht, s. verwcrthen.
ABWESEN, abesse, aus dem substantivisch gesetzten tnf
aljwesen und dem pari, praes. abwesend zu folgern; auch
i
V»
153
ABWTSEN — ABWETTEM
ABWETZEN — ABWITZEN
154
uagte Melissüs in den f salinen Ml' noch: do dein antlitz
gewend abwas = abgewendet war, gewendet war und fehlte.
ab war würde heule bedeuten los war, nicht abwesend war.
s. absein.
ABWESEN, n. absentia. in unserm abwesen. landfr. von
1522; im abwesen 2 Cor. 10, 1. 11 (Ulf. aljar visands); in
abwesen seiner person. Lüth. 3, 403'; lügen ist gar gerne
ni finstern und abwesen der warheit. 3, 441; im abwesen
lies geistes oder der gnaden. 1, 411"; <venn er von einem an-
liern redet in seinem abwesen. 4, 6S; wie es umb eine herd
-iliafe stehet, wenn der wolf in des hirten abwesen unter
MO iiomen ist. 4,235'; hab ich doch nit lassen mögen mein
iibiich abwesen lu entschuldigen. 5, 14"; in abwesen eines
andern herren. Paracelsls 2, 76'; in seim abwesen. Fi-
- CHART Garg. 69*; in abwesen des hauptmanns. Reutter
riegsordn. 2; in seinem abwesen. Pauli schimpf 61* ; in ab-
lesen und ohn vorwissen eines fürsten. Kirchhof wendunm.
; t' ; in des herzogen abwesen. Galmy 84 ; in deinem abwe-
-en. das. 91. Wcrtz wundarzn. 224; in seinem abwesen.
Agricola 247'; in abwesen seines herm erkennt man den
knecht das. 209'; in abwesen keiser Heinrichs. Zinkgbef 28,
7. 72, 17; in eurm abwesen. Ayrer 360*; des abwesens gift.
AVeckherlik 517; des abwesens schmerz. 771;
ach herzlieb, wan mich dein abwesen
nicht lasset 1 err von dir genesen. 579 ;
in meinem abwesen. Opitz poeterei 25; vom abwesen seiner
liebsten. 2, 154; in derselben abwesen an ihren ohmen über-
geben. Fleming 54; in gegenwart oder abwesen. Philasd. 1,
628; unter der zeit seines abwesens. irrgarten 95; bei ge-
legenheit des abwesens. Felsenb. 4, 445; bei seines vaters
abwesen. Hah.n l, 187; bei Ottonis abwesen. 4, 120; bei des-
sen langem abwesen. 4, 1S6. später und heute entschieden
durch abwesenbeit verdrängt, während sich anwesen neben an-
wesenheit etwas länger behauptete.
ABWESEND, absens, nnl. afwezend: ich schreib solches
abwesend. 2 Cor. 13, 10; er ist abwesend, nicht sugegen,
nicht da, ich war drei jähre lang abwesend; absent d'esprit,
geistesabwesend, gestört, zerstreut:
es ist die gegenwart, die mich erhöhl,
abwesend schein ich nur, ich bin entzückt. Göthk 9, 124 ;
erhebt sich nach einiger zeit, wie abwesend, wo nicht wahn-
sinnig. 13, 295.
ABWESENHEIT, f. absentia, nnl. afwezendheid, mit dem
pari, praes. statt des praet. gebildet, in abwesenbeit des kö-
nigs, in seiner abwesenbeit; in Zerstreuung, ja in einer art
von abwesenbeit Göthe 15, 83; unwillkürliche Zerstreuung
ist abwesenbeit von sich selbst. Ka.>t 10, 219; das sind so
seine abwesenheiten. Tieck 10, 138.
ABWESENS, adv. in absentia, absente. meins abwesens,
me absente. Lcther 1, 120*; nu wollen wir sehen von den
stücken, die ir meins abwesens gebandelt habt. 6r. 2, 120;
abwesens verlobet durch mittelpersonen. 5, 253'; abwesens
unsers lieben herm pfarherrns. 6, 533; abwesens M. Philippi
hab ich euer schrift müssen brechen, br. 5, 27 ; so gar un-
versehens und abwesens. 4, 553; der sol solches uns, oder
unsers abwesens unsenn obersten feldhauptmann anzeigen
lassen. Fro;«sp. kriegsb. 1, 38'; abwesens ires hauswirts.
KiRcuHOF wendunm. 117* ; abwesens derselbigen verhüten das.
273*. begegnet später nicht mehr, dies abwesens scheint nicht
der gen. part. praet. {wie unversehens), welcher abgewesens
forderte, noch der alte gen. des inf. (ahd. aba wesannis),
sondern erst der gen. des subst. abwesen.
ABWESIG, absens, nnl. afwezig, zuweilen, doch selten, für
abwesend, wie anwesig f. anwesend: welcher allbereit über
jnhr und tag abwesig gewest. Scbmelzel 270.
ABWESüNG, f. absentia, höchst selten: in abwesnng des
«-eben. Bradnschweic diirurgia. Augsb. 1539. bl.2.
ABWETTEN, eompensare, wenn dies der sinn einer undeut-
lichen stelle in Fischart ehzueht 67:
sintemal Im ehelichen bell
all zank bald werden abgeweit,
nach der ausg. von 1614 *. 59, die von 1591 hat abgebett,
was ßr abgebeten stehn könnte, ein andres abwetten ist
e sponsione luerari: ich habe ihm hundert thaler abgewettet
ABWETTERN, saevire desinere, es bat abgewettert, übli-
fher abgewittert eine schwelle abwettern heisit den zimmer-
ieuten schräge bauen, damit der regen von ihr ablaufe, ab-
wettern, sich abweitem, debachari, /Vans. tempeter : ich stehe
schon seit sechs da und wettere mich ab über die verdamm-
ten mistünken. J. Pauls briefe 72.
ABWETZEN, delcrere cote : den rost von der klinge, die
spitze vom messer abwetzen, das messer abwetzen, dann
überhaupt abstumpfen, abreiben: den kützel mit dorn und
nesseln abgewetzt. GCxther 430; abgewetzte besen. J. Paul
biogr. bei. 1, 2; das kann den leichten poeten schleifen und
abwetzen, flegelj. l, 15. sich abwetzen, zanken : ich hab mich
mit im abgewetzt. H. Sachs 1, 452*.
ABWICHSEN, cera inducere, verbere caedere: die Stiefel
sind schon abgewichst; sprich noch ein wort, so wichs ich
dich ah, dasz du daran denken sollst. Tieck 5, 532.
ABWICKELN, devolvere: gam, seide, draht abwickeln; der
letzte Sturm hat das blei vom dach ganz abgewickelt; einen
knäuel abwickeln; eine schwierige, verworrene sacbe ab-
wickeln, zu ende bringen.
ABWICKELUNG, f. in der geschäßssprache, die gänzliche
beendigung eines handeis.
ABWIEGEN, ad libram exigere: vom beweglichen laden-
diener, bis zum gewandten abwiegenden weitmann. GOthe
19, 98; Friedrich der zweite schien noch immer das Schick-
sal Europens und der weit abzuwiegen. 48,67; positives, das
nur unendliche äugen rein abwiegen. J. Pacl Camp. 39. das
part. abgewogen kann zu abwiegen oder abwägen geschlagen
werden.
ABWIEGEN, n. exaclio ad libram: ein abwiegen aller und
jeder handlungen. Göthe 19, 292.
ABWIEGüNG, f. die abwiegung der vemunftgründe. Kisi
2, 564.
ABW ILLIGEN, impetrare ab aliquo : einem abwilligen, weislh.
1, 640. 3, 746.
ABWINDE, f. franz. devidoir, haspel, garnwinde.
ABWINDEN, devolvere, nnl. afwinden: garn, seide abwin-
den; die spule, den knäuel abwinden; seiler abwinden; hat
vil Zwirns mit ir abgewunden, fastn. sp. 269, 20 ;
und an ewig gleicher spindel winden
sich von selbst die monde auf und ab. Schiller 1, 169;
das schif vom ufer abwinden : indem man nun mit dem schif
abwinden zu werke war. pers. reiseb. 2, 2.
ABWINNEN, ßr abgewinnen, nnl. afwinnen: dem herm
was abzuwinnen. B. Ri.ngwald L ii'.
ABWIRKEN, detexere, detrahere, nach den bedeulungen des
einfachen wirkens. das gewebe rollenden: wann das wepp des
lebens die parcen haben abgewirket. Frank 25; bei den Jä-
gern, die haut abwirken, einen hirsch, ein schwein abwirken,
zcrwirken, mit aufschneidung des feiles am bauch, im gegen-
satz des abstreifens ; bei den beckem, den teig abwirken, durch-
kneten; die riegel abwirken, losbrechen:
die thore sind versenkt die riegel ganz zerbrochen
und sämptlich abgewüiiit. Opitz 3, M-
ABWISCHEN, abstergere, detergere, nnl. afwisschen: den
staub, das wasser vom tische, den tisch abwischen ; die thrü-
nen von den wangen, den schweisz von der stirae abwischen ;
den rotz mit dem ermel abwischen ; gold gleiszet nicht, wenn
man den rost nicht abwischet Baruch 6, 23; das blut von
den bänden, vom schwert abvriscben; das fett vom munde,
den mund abwischen;
der wangen lilien und rosen lagen nun
in tüchern abgewischt. ZtcuARi*;
der mond mit seinem abgewischten Schimmer. J. Padl uns.
löge 3, 112. die mit kreide angeschriebene rechnung von der
tafel abwischen, tilgen, löschen, einem geld und gut abwi-
schen, ihn darum bringen:
man sagt von einem geilen weib,
die hett ircn unkeuscnen leib
mit einem Jungen geselln vermischt
und im schier alles abgewischt.
B. WALDi8£top2,46;
SO lat. metum, fastidium abstergere.
ABWISCHEB, m. detersorium, ein schwamm, feil tum ab-
wischen.
ABWISCHLÜMPE, m. dasselbe.
ABWISCHTUCH, nicht abwischetuch.
ABWITTERN, detonare: es hat abgewittert; kahles leeres
thal, abgewitterte {verwitterte) seilen. *. abwettern.
ABWITZ, n. amentia, ahd. iwizii, folgt aus dem adj.
AB WITZEN, delirare: wol unweislidt zorot der Aiax, wol
155
ABWITZIG — ABWÜRZEN
ABWÜRZEN — ABZÄUNEN
156
eldtlich Ibört und abwitzt der Priamus. Georg Spalatin in
einer schrifl von 1520.
ABWITZEN, prudcntcm rcddere: den menschen klug und
auf seinen vortheil abgewitzt machen. Kant 4, 68; wer es
in dieser schule so weit gebracht hat, dasz er andere durch
ihren schaden klug machen kann, ist abgewitzt. 10, 217. bes-
ser gewitzt.
ABWITZIG, amens : abwtzig und doch klug. Philand. 1, 111.
ABWITZIGEN, wie abwilzen: weil die gewöhnung an heu-
clielei die unterthanen zum scheindienst auch in bürgerli-
chen pflichten abwitzigt. Kant 6, 365. besser witzigen, in
der älteren spräche würde abwitzigen gerade das gegentlieil
ausdrücken : witzlos machen.
ABWÖLFEN, caniculas, lupulos edere, parere. s. weif.
ABWÖLKEN, serenari: es wölkt sich ab.
ABWüCHERN, foenore auferre.
ABWCRDIGEN, dedignari, dcminuei-e: eine münze abwür-
digen ; die geistige natur wird abgewürdigt, verdüstert, erkäl-
tet. Wieland 3, 393; der dichter wird genöthigt sein, der-
gleichen dramen durch episodische liebesintriguen abzuwür-
digen. 26, 253 ;
doch da, wie du gestehst, ein abgewürdigter
Senat das schwache reich mit dir zu theilen
sich anmaszt. GötheT, 164;
das moralische gesetz wird von seiner heiligkeit abgewürdigt.
Kant 4, 244; die Epikuräer würdigten ihr höchstes gut der
niedrigkeit ihres grundsatzes proportionierlich ab. 4, 248 ; nichts
kann in der natur gegeben werden, was nicht in einem an-
dern Verhältnisse betrachtet bis zum unendiicli kleinen abge-
würdigt werden könnte. 7, 99. heule heiszt es jierabwürdigen.
ABWÜRDIGUNG, f. dedignalio, deminutio: die tiefe stufe
von abwürdigung und elend. Wieland 6, 51 ; die Verwilderung
und abwürdigung der menschlichen natur. 7, 264; die reinste
Würdigung oder vielmehr abwürdigung der irdischen dinge.
GöTHE 28, 249; dasz ich mir in genanntem buche, weil es
keine Würdigung des christenthums enthält, mir auch keine
abwürdigung desselben habe zu schulden kommen lassen.
Kant 1, 2ü6 ; rohigkeit und viehische abwürdigung der mensch-
heit. 5, 427.
ABWURF, m. foelus aborlivus : die maulesel sind gleichsam
der pferde misgeburten und abwürfe. Siniplic. 1, 5. ahd.
aweraf (Graff 1, 1039), goth. usvaurpa.
AB WÜRFELN, pala projicere : das körn abwürfein; es wer-
den nur längst von allen auswendig gelernte redensarten ab-
gewürfelt, wie spreu auf der tenne. Fichte grundz. 145.
ABWÜRFIG, abortivus.
AB\\TJRFLING, ejectamenlum: nicht allein kräuter, wurzeln
und fruchte, sondern auch hier und dort allerlei arten ab-
würflinge, schalen und Strünke. Göthe 6, 74; behälter alles
unraths, aller abwürflinge. 30, 14 ; mit stroh und spänen und
allerlei abwürflingen eines eilig verlassenen canlonnements.
30, 310.
ABWÜRGEN, jugulare, maclare. hähne, hüner, gänse ab-
würgen; neben einem abgewürgten haushane. ZECHENDonFER
gebr. der rosz. Eger 1571. 1, 64; der bock wird Baccho abge-
wüjgt. V. Birken 119;
hier hat man dich geehrt,
dir opfer abgewürgt. Opitz 1, 89 ;
die benne schreit nichts gutes heraus, lasz sie lieber abwür-
gen. Gellert 3, 149;
hauerbewaffneto ober
abgewürgt zu des reichen und weitvermögenden mannes
hochzeit.
Voss Od. 11, 414.
ABWÜRGER, m. mactator: wir haben schon unsern allge-
meinen abwürger den tod. Schmelzel s. 74.
ABWÜRKEN, s. abwirken.
ABWURZELN, eradicare, detruncare, abstumpfen, entwur-
zeln, welches letzte üblicher ist.
ABWÜRZEN, detruncare, jugulare, entweder für würgesen,
einer frequenlativform von würgen, die sonst ohne beweis ist,
oder für abwurzeln, oder mit w für m, statt abmurzen, ab-
murzeln, abmutzen, vgl. murzab und wurzab (Schmeller 2,
622. 4, 168).
der rics soll sie berg unter stürzen,
er wolt sie denn nn thal abwürzen, froschm. 3. 3, 10;
es seind auch zwar die deutschen Icwcn
abgewürzt, das ihn mag gerewen. das. 3. 1, 15.
ABWÜRZEN, herbis, pigmentis condire, dann auch objur-
gare, increpare: die speise wol abwürzen; er hat sich ver-
lauten lassen, er wolle mich dergestalt abwürzen, dasz icbs
bereuen solle. Liscov s. 127; wird mit schimpf und spott
von klügern abgewürzt. Wiedemann mai 67 ; diese mit lügen
und grober Schmeichelei abgewürzte reden, ehe eines man-
nes 375; welchen (bischof) aber Thaddaeus rechtschaffen ab-
würzet. Haiin 4, 179 ; er hat ihn sehr abgewürzet, diclis ca-
stigavit. Stieler 25S7;- die liebe {des bcttlers zu dem königs-
sohne) ward auf eine zeit von des königes dienern erbärmlich
über seinen ganzen leib abgewürzet. pers. baumg. 3, 3.
ABWÜRZUNG, f condimentum, objurgatio. die abwürzung
der speisen ; dieser höflichen abwürzung ungeachtet. Plesse
1, 116.
ABWUSCHEN, abripere, gleichsam abwischen, detergere:
bisz in (den eher) der bauwr einsmals erhuscht
und im ein ehr vom köpf abwuscht.
ß. VValdis Esop 2, 12.
diese deutung wird dadurch bestätigt, dasz sich bis auf heute
noch ein intransitives abwuschen im sinne von entwischen er-
hält: sie wuschte gleich wieder ab, entfernte sich mit leichtig-
keit. doch hört man auch abwtschen und Frisch 2, 453'
schreibt neben wischen wüschen witschen wütschen. vgl. hu-
schen.
ABWÜTEN, sich, furere, toben und abtoben.
ABZACKEN, divellere, exagitare: die sorgen zacken mir
den schlaf ab. Stieler 2600. vgl. abzwacken.
ABZACKERN, arando demere, abackern, abcren: mit auf-
werfung der graben, mit abzackern. Frankf. ref. IX. 1, 1;
einem von seinem gründe abzackern. s. zackern.
ABZAHLEN, integrum solvere: eine schuld abzahlen, eine
rechnung abzahlen; ich habe ihn längst abgezahlt, aber auch
male multare : ich habe ihn abgezahlt, ihn dafür bezahlt,
mich an ihm gerächt, partem debiti solvere, davon abzahlen,
abschläglich :
weil die nacht uns unsre sorgen
wolte bisz auf heule borgen,
soll man heute billich dran
abzuzahlen was mau kan. LocAtj 2, 4, 56;
bin ich euch schuldig, laszt mich abzahlen, wo ich kann.
Fr. Müller 3, 87; durch edle thaten wird er die vermessen-
heit abzahlen. Klinger 2, 156.
ABZÄHLEN, dinumerare, nnl. aftellen: fünfzig thaler von
dem ganzen abzählen; das geld ist schon abgezählt, aufge-
zählt, liegt bereit; die garben in dem felde abzählen; mit
dem bauer auf dem ackcr abzellen. weisth. 3, 697; und Sa-
lomo zelet ab siebenzig tausend man zur last {numeravit
scptmginta milia virorum portantium humeris). 2 cÄron. 2, 2 ;
das paar, das in den schäferhüttcn zurückblieb, abgezählt
(abgerechnet). AVieland 5, 125 ; da ich an allen meinen lingcrn
abzehlen konnte. Felsenb. 4, 298. Lessi.ng 1, 548 ; das urtheil
an den knöpfen abzählen. Lessing 10, 210. Etwas anders
war das mhd. abe zellen, das wie verzellen, verurtheilen, ab-
urtheilen bedeutete. MSH. 1, 153'. 158'.
ABZAHMEN, abducere, entwöhnen:
weil solchs thetcn die weisen beiden,
sol sich ein Christ der laster Schemen,
sein leib und gmüt darren abzemen. H. Sachs II. 4, 85'.
ABZÄHNEN, dentitioncm absolvere: das kind hat schon
abgezahnt; der koller, sowol der stille als der rasende,
kommt bei den pferden vor dem abzahnen selten, bei den
tischlern abzahnen, mit dem Zahnhobel abhobeln.
ABZANKEN, altercando auferre: er hat mir die sache al>-
zanken wollen, altercando abigere: zanken wir vielleicht
einen anklopfenden bettler mit ungestüm ab. Schiller 701.
ABZAPFEN, liquorem extrahere, nnl. aftappen : wein, hier,
essig abzapfen, das fasz abzapfen ; dem siechen das wnsser
abzapfen; ob ich ihm sein blut auf einmal abzapfe. Wie-
land 7, 253; sich blut abzapfen [zur adrr schlagen) lassen;
das wasscr aus dem teich, den teich abzapfen, figürlich,
einem sein geld abzapfen; ich dringe darauf, dasz sie bis
auf den letzten tropfen ihr urlheil abzapfen. Hamann 3, 148.
ABZÄUMEN, defrenare: das pferd abzäumen; zäumete die
camele ab. 1 Mos. 24, 32 ; sie haben das meine abgezäuniet.
Iliob 10, 11.
ABZÄUNEN, septo dislinguere: das fcld, die wiese abzäu-
nen, mit einem sie abschlicszenden zäun umgeben, septo
auferre, einem ein stück grundes abzäunen, entziehen, wie
abackcrn, abfurchen.
157
ABZAUSEN — ABZIEHEN
ABZIEHEN
15S
ABZAUSEN, discerpere: wolle abzausen; abgezaustes, ser-
_ xaustes haar ; abgezausete, hängende flügel. J. Paul Hesp. 2, 15.
*. zausen und zeisen.
ABZECHEN, potando assequi : einem das mädchen abzechen ;
wählt sich der nasse j>urscb ein mädchen, das er schätzet,
zu der scharmante wird sie festlich declariert,
und dem amanten nie mit andrer art entfuhrt,
als sich auf ofnem marlit den hals mit ihm zu brechen,
und, wenn es freunde sind, in hier sie abzuzechen.
Zacuariä 1, 63.
vgl. absaufen, abtrinken.
ABZEHNTEN, decimis absokere: die drescher, die Schnit-
ter, den pfarrer abzehnten.
ABZEHREN, absumere, consumere: den wirten abzehren
(bei ihnen auf rechnung zehren), tceisth. 2, 411 ; seine schuld
abzehren; der hunger (persönlich gedacht) hat ihn abgezehrt,
das fleisch von ihm gezehrt; ein abgezehrter leib, ein abge-
zehrter wolf;
von hunger abgezehrt, von arbeit übermannt. Gotter 1, 423;
das alter hat die slirne mir gefurcht,
die Wangen abgezehrt, das. 2, 241 ;
die reue, die schäm, der gram haben die blüte der jagend
abgezehrt. Klikger 4,228; sich abzehren, se consumere:
er zehrt sich ah mit Sehnsucht und verlangen.
WiEiAND 10, 229 ;
bei so wildem wüsten wesen,
da fast niemand kan genesen,
da die wolfart gar verfahret,
da das heil sich abezebret. Logau 1, S, 20.
intr. abzehren, absumi: er zehrt zusehends ab;
nur halt es (daspferi) schon noch ärser abgezehrt.
GÖK1.>GK 1, 103.
ABZEHRUNG, f. absumtio, conswntio, zumal die auszehrung.
•ABZEICHEN, n. nota, zumal leibliches : seine groszen glän-
zenden, starren äugen, das einzige erbliche abzeichen, das er
von seinen vonätem an sich trug. Kli.ncer 6, 82.
ABZEICHNEN, delineare, nnl. afteekenen, abbilden, nach-
bilden: eine blume, landschaft, einen Schmetterling abzeich-
nen ; welcher (berg) sich gerade vor uns am himmel abzeich-
nete. GüTBE 28, 12. das lager abzeichnen, abslecken ; die ruch-
losigkeit war recht in seinem körper abgezeichnet. Gelleht
3, 141.
ABZEICHNIS, f. delineatio, descriptio : eines fhrtreDichen
kriegsfürsten losament hab ich gesehen, wie hernach gesetzte
abzeichnus weiset. Kirchhof mil. disc. 125. ,
ABZEICHNUNG, f. delineatio.
ABZEITIGEN, maturescere: vil gewächse sind, die gar un-
gleich abzeitigen. Hobberg l, 467'.
ABZERRE.N, delrahere, nnl. aftamen, vgl. goth. aftauman
disrumpi, gewaltsamer als abziehen: das tuch vom hals, den
mantel von der schulter abzerren; einen von der bank, vom
pferde abzerren, herabzerren.
ABZIEHEN , abstraJiere, delrahere. sinnlich, im gegensalz
des anziehens, anlegens ein wegnehmen des sowol dem abzie-
henden als dem, von welchem abgezogen wird, gehörigen, die
aufgelegte band des schwörenden von den reliquien abziehen ;
«eine band von einem abziehen: dasz ihr innen werdet was
es sei, wenn ich die band abziehe. 4 Mos. 14, 34 ; Josua aber
zog nicht wieder ab seine band. Jos. 8, 26 ; zeuch deine band
nicht ab von deinen knechten. Jos. lo, 6; zeuch deine band
abe! i Sam. 14,19; aber bei den Christen heiszt es nicht zu-
rückgehen und die band abziehen, sondern fortfaren und in
der liebe bleiben. Luther 6, 50* ; sollest du nu deine band
abziehen. WecilHerlin 45; herr fahre fort, zeuch deine milde
band nicht von mir ab! A. Gryphiüs 2, 129. die haut von
einem abziehen, ihn schinden; die haut über die obren ab-
ziehen; das thier abziehen; man soll dem brandopfer die
haut abziehen. 3 Mos. 1,6; wenn ihr ihnen die haut abge-
zogen habt. Micita 3, 3 ; zogen ihm haut und haar ab. 2 Macc.
7,7; dem feriin die harzhaub abziehen. Fischart Gar j. 83*. ';
fo zogen sie mich weidlich ab,
darüber ich denn auch verlor
einmal eia stück vom hart und ohr.
ß. RiMGWALD Hvii»;
mein groszrater ward gefangen und gebunden
und wie man sagt, so ist er — abgezogren.
A. Grtphius 1, 735;
zuletzt gewöhnen sie dran, sagte die köchin, als sie den alen
die haut abzog, kleider und gewand von dem leib und den
gliedern abziehen, heute ausziehen: dasz man sie nacket ab-
ziehe, fasln, sp. 183, 14 ; abzog ich alles mein gewand. H. Sachs
1, 464'; liesz ihm das purpurkleid abziehen. 2 Macc. 4, 38;
einem abziehen (das gewand) unz an die niederwat. Kalten-
BÄCK pant. 1, 6'. 15*. 205*. 224* ; indem der Junker sich wiederum
abzoch. Pauli 3; zuletzt gieng der ritter in sein gemach, thet
sich erst abziehen und legt andere kleider an. Galmy 86;
nun will ich
mich abziehen und legen nider. Atrer 90*;
nun hurtig, zieht euch ab '. was sein soll musz geschehen.
WlELAMD 10, 167;
du must den schuch abziehn. A. Grtphics 1, 59;
sie zog einen handschuh ab, um ihre schöne band zu wei-
sen ; die stiefeln abziehen, irrg. der liebe s. 59 ; den hut ab-
ziehen (heute verschieden von ablegen); welcher das scham-
bütlein abzeucht. Kirchhof wendunm. 213*. die kette, das ge-.
scbmeide vom hals abziehen wird heute nur gesagt, wenn man
sie andern abzieht, nicht ton sich ablegt, einem das glas, den
becher vom munde abziehen, ihn nicht trinken lassen, das
glas selbst abziehen, es absetzen, im trunk einhallen:
und gab in seinem reich
ein heiliges gesetz, ohn abziehn auszutrinken.
Zacbarü 1, 14;
einem den bissen vom munde abziehen ; abziehen die speise,
die gott geben hat den gleubigen zu genieszen. Luther 1, 425* ;
einem die larve, maske vom gesiebt, den ring vom finger ab-
ziehen, den bogen, das röhr, das geladene gewehr abziehen,
losschieszen :
wann dein bogen
wird von dir abgezogen,
machst du sehend andern wunden,
oder Uifst du auch verbunden? Opitz 1,73;
den schüchtern tauben gleich, wan man ein. röhr abzeucht.
Werders Ariost 22, 20.
breter abziehen, abhobeln. Hohberc 3, 310* ; federn abziehen,
über kohlen härten; höhnen, kartoffeln, mandeln abziehen,
schälen; die suppe mit einem ei abziehen, abrühren; messer
abziehen, zum schärfen abstreichen; druckbogen, Zeitungen,
kupferstiche abziehen, das wasser von der wiese, von dem
teiche abziehen; wein oder hier abziehen, abzapfen, ein fasz
wein auf flaschen abziehen; der spiritus der geistigen cultur
wird nicht auf riesenfässer abgezogen. J. Paul dämm. 25.
chemisch abziehen, destillieren ; branntwein, Weingeist, öl ab-
ziehen ; blumen, kTäuter abziehen ; abgezogne wasser ; pfir-
sichkemwasser doppelt abgezogen. Fr. MCller 1, 274. Figür-
lich, abziehen, entziehen, wegnehmen, wegziehen: Philopator,
nachdem er erfahren halte, dasz ihm Antiochus die örter, so
er besessen, abgezogen hatte. 3 Macc. 1, l; dieweil ich denn
weisz, dasz euer lieb nicht gern wolle, dasz durch frembde
unserm heiligen glauben solle abgezogen werden. Luther l,
209*; gott zeucht das wort ab. 4,7*; ihn von der heirat ab-
ziehen. Lessinc 1, 261 ; sein herz von der weit abziehen ; gu-
ter münz der zeuch ich ab (schneide ich ab). Scbwarzenbeüg
137, 2; mit unbillichem abziehen haben becker mit den un-
frewen müllem gemeinschaft. Kirchhof teendunm. 271*; ander
zahl abzuziehen. 246'; von dem capital die zinsen abziehen;
nach reinlich abgezogenem gewicht. Götbe 14, 117; alle ver-
suche, die (Deutschen) von der schwedischen alliant abzuzie-
hen. Schiller 969. sich abziehen, losmachen, entziehen:
derhalben vieh und leut dich fliehen,
. von deiner gmeinschaft sich abziehen.
H. Sachs II. 4, 45*.
Sehr häufig, doch erst seit Leibsitz, urtbeile, begriffe, folgerungen,
regeln, gedanken abziehen, ableiten, entnehmen, abstrahieren:
ich sollte dafür halten, alle folge stecke in den abgezogenen
dingen und nicht in den umständen, sehr, an Wagner bei
Erdmann s. 425; stücke, aus welchen man sie (die regeln)
hätte abziehen können. Lessixg 6, 307 ; sie zogen ihre be-
hauptung von der Sorgfalt ab u. s. w. Hippel S, 29; ideal,
irelcbes sie durch eignes inneres anschauen ihres vollkomm-
nen geistes und körpers abgezogen hatte. Klincer 10, 14; wor-
aus sie abziehen (entnehmen, srhiieszen) können. J. Paul pa-
ling. 2, 75; zumal im adjeclirisch gebrauchten pari, prael..
wofür schon einige beispiele unter abgezogen gegeben sind:
Wörter, welche nicht bilder, sondern blosze zeichen abgezoge-
ner begriffe sind. NVielajid I, 117; die hochfliegendste, abge-
zogenste und geistigste einbildungskrafl. 1, 121 ; abgezogn«-.
ideen. Herder l, 54 ; ein volk, das so roh, so ungescbickt zu
abgezogenen gedanken war. Lessi.ig 10, 3il ; zum Staat, folg-
159
ABZIEHEN — ABZIRKELN
ABZIRKEN — ABZWACKEN
160
lieh zu einem abgezogenen begrif. Schiller 488; auf das le-
ben bezügliche und vom leben abgezogene maximen und Sen-
tenzen. GöTHE 17, 237; ich denke Wissenschaft könnte man
die kenntnis des allgemeinen nennen, das abgezogene wissen.
23, 277; der weitgetriebenste, der abgezogenste, der sich von
allem trennende egoismus. Klinger 12, 185 ; die abgezogensten
urtheile der melaphysik. Kant 3, 116; die abgezogene natur
des gegenständes. 6, 30 ; das vermögen abgezogene begriffe zu
verbinden. 8, 367; eine lichtvolle darstellung trockner, abge-
zogener lehren. 10, 96. auch nnl., wo unser abziehen fehlt
und dafür aftrekken gilt, een afgetrokken denkbeeld.
Gleich dem einfachen ziehen steht abziehen sehr oß für da-
von gehn, abgehn, wobei der auch unausgedrückle ortsbegrif
leicht hinzu zu denken ist: der feind ist unverrichteter dinge
von der Stadt abgezogen; die wache zieht ab; das gesinde,
der knecht, die magd wird morgen abziehen; dasz sie von
ihm abzogen und kehreten wieder zu lande. 2kün. 3,27; da
zog er ab von Jerusalem, das. 12, 18; muste Antiochus mit
schänden aus Persien abziehen. 2 Macc. 9, 1 ; mit dem vorigen
pfarrer abzuziehen und mit diesem aufzuziehen. Luthers br.
3, 49;
abziehend von einem land zum andern. Weckherl. 232 ;
treues herze, du zeuchst abe
aus der weit und gehst zu grabe. Logau 1, 8, 69 ;
seht nun traurig abeziehn
das verruchte raubgeschmeisze. das. 2, 245 ;
Schwester willst du fliehen,
ach so schnell abziehen ? A. Grvphius 1, 521 ;
der unhold findet ... für rathsam abzuziehn. Wiel. 17, 73 ;
wir wollen demütig abziehn. Göthe 14, 246; meine bisherige
treue beschlieszerin und haushälterin wird abziehen, weil sie
heiratet. 17, 57 ; so muste ich unter groszem gelächter meiner
Zuschauer eben wieder abziehen. 18, 37 ; als die Seiltänzer mit
groszem geräusch abgezogen waren. 18, 166 ; wenn die damen
einen fatalen eindruck auf mich machen, so denkt auf eine
entschuldigung, ich zieh ab. Klingers th. 2, 287 ; mit dem zor-
nigen bodensatz im herzen zog ich dann ab. J. Paul Hesp.
2, 160; dann zog er höflich ab. 3, 39; der schulrath Stiefel
ziehet, seh ich, mit einer langen nase ab. Siebenk. 1, 123.
meist ist ein adv. hinzu gefügt, und nicht immer ein schimpf-
liches, trauriges, da es eben wol heiszt : lachend, fröhhch, gu-
ter, wolverrichteter dinge, mit allen ehren abziehen, auch
ist in abziehen die neb envor Stellung eines schleppenden zugs
nicht mehr gelegen als in dem einfachen ziehen, von abgelei-
tetem, abgeführtem wasser heiszt es, das wasser zieht ab.
ABZIEL, scopus, was das einfache ziel, absieht: derselben
geheimbdes abziel. colica 313 ; mehr aus abziel ihm etwas auf-
zutragen, maulaffe 186.
ABZIELEN, collineare, intendere. sinnlich, mit dem pfeil
auf den vogel abzielen, meist aber figürlich, entweder noch
mit der praep. auf oder zu, anlegen, oder dem bloszen acc. und
dann für bezwecken, beabsichtigen: da ich alle tiefenen ge-
messen und alle ebenen und höhen abzielet und ordentlich
aufgezeichnet hab. Thurneisser alchym. 2, 125; von der auf
eine ehe abzielenden heftigen liebe. Felsenb. 1, 131 ; zu guter
Ordnung abzielende arbeit. 4, 199 ; die abgezielte Verbesserung
des sittlichen lebens. gespenst 238 ; die abgezielte Verbesse-
rung. Wieland 7, 198 ; die abgezielte Wirkung. 7, 223 ;
ob Luna selbst dabei was abj^ezielet,
entscheidet die geschiebte nicht. 10, 148;
ohne den abgezielten erfolg. 26, 359 ; die abgezielte fäuschung.
27, 217; alle mittel, die zu aufiechthaltung des reinen glau-
bens abzielen. Schiller 836; jeder schritt, den der andere
theil that, muste zu krünkung dieses friedens abzielen. 884 ;
erlaubte sich schritte, welche zum Untergänge der Verfassung
abzielten. 007 ; der abgezielte tragische eindruck. 1143 ; richtig
abgezieltc balken. Stolberg 9, 173; entwürfe die zum rühm
dieses landes abzielen. Klinger 1, 334 ; naturanlagen, die auf
den gebrauch seiner {des mmschen) Vernunft abgezielt sind.
Kant 4,295.
ABZIELUNG, f. intentio, irdische abzielungcn. Lohenst. Arm.
1, 324; die allgemeine abzielung zur Vollkommenheit. Kant
6, 66.
ABZINSEN, eonducere. einen garten dem andern abzinsen.
Hohberg 3, 496*.
ABZIRKELN, circulare, circulo circunisciibere : meinen als
konle in dieser weit alles abgezirkelt werden. Weise erzn.
172; wer kann alle worte so abzirkeln? Lbssinc l, 305; der
schlusz und die entwickelung des spieles kommen mir auch
so abgezirkelt vor, dasz die poetische Illusion zu sehr in die
äugen fällt. Hamanns, 132; ein sorgfältig abgezirkeltes manu-
script. Güthe 18, 320.
ABZIRKEN, circare : die gegend zum läger fügsam und be-
quemlich erwehlen und abzirken. Kirchhof mil. disc. 99 ; auf
diesem schmalen pfade abgezirkter worte. Herder 1, 197.
ABZOTTEN, reptare, replando abire: also zotteten sie die
gassen darnach stillschweigend hinab. Kirchhof wendunm. 424'.
ABZUCHT, f canalis, cloaca, scheint zwar gleichviel mit
abzug, wodurch der unflat abgeführt wird und abzieht, ist aber
doch wol cntstellung des lat. aquaeductus, mnl. aghedocht,
haghedocht, mnd. agetucht {weisth. 3, 266), Schweiz, ackt
(Stald. 1, 89), woßr in Böhmers Frankf urk. 486 das aduch,
woraus sich leicht abducht, abzucht ergab, weisth. 1, 787 steht
abezuchen ganz im sinne solcher abzüchte, das spor mit der
abzucht soll auch gefestiget und hart gestoszen und fein glat
gemacht werden, damit die heiszen erz sie nicht aufheben und
durchfressen. Mathesius 148' ; die gemeinen abzüchte sind noch
an manchen orten sichtbar und scheinen mit viel arbeit und
kosten angelegt zu sein, indem sie in den festen felsen ge-
hauen sind. Göthe 37, 185.
ABZUG, m. detraclio, deductio, discessus. seltner dem tran-
sitiven abziehen entsprechend : der abzug der häute, des druck-
bogens, des kupferstichs, abzug des branteweins, abzug an
gewicht, an der rechnung, nach abzug aller kosten, etwas
ohne den geringsten abzug zahlen ; abzug im spiel : beim ab-
zug wars nicht just. Göthe 7, 61. gewöhnlich von dem intran-
sitiven abziehen hergeleitet: der abzug desgesindes; im deut-
schen recht, der freie abzug der unterlhanen, welchen kein
herr erschweren darf; der abzug der schwalben und storche
im herbst ; der abzug des feindes und belagerers vom stürm ;
der abzug oder rückzug aus der Schlacht, receptus, zum ab-
zug blasen : und gibt alsdann erst im abzug gute kappen.
KiRCHHOi' mil. disc. 185; aber auch für jeden andern weggang :
sein abzug geht mir etwas nah. Hagedorn 2, 88;
die wilde thier nehmen ihren abzug
dem holz und löchern zu. Weckherlin 226;
der absatz des getraides: an etlichen orten im lande, da das
körn keinen abzug hat, wird nicht mehr land bebauet, als
sie das jähr über vonnöthen haben, pers. reiseb. 3, 2 ; endlich
der abßusz des wassers und der unr einig keiten durch rinnen
und canäle, statt des vorausgehenden abzucht: wo das wasser
keinen abzug nemmen kan. Kirchhof mil. disc. 166; der re-
genstrom hatte das kehiicht in die abzüge, insofern sie nicht
verstopft waren, fortgetrieben. Göthe 28, 147.
ABZUGSGRABEN, m. graben im fcld, um das wasser ab-
zuziehen: da nun die felder durch sehr breite abzugsgräben
geschieden sind. Niebdhr kl. sehr. 1,64; durch einen gewölb-
ten abzugsgräben. Arnim 2, 333.
ABZUPFEN, devellere: faden, haare abzupfen; blätter von
den ästen abzupfen; damit wirs fein fadenweis hernach wie-
der abzupfen. Fr. Müller 3, 28.
ABZÜRNEN, minis impetrare: reue zürnt man dem himmel
nicht ab. Schiller 178.
ABZWACKEN, decerpere, surripere: denn haben sie ielzt
bei iren pfairen ein fleck holz, so zwackt man es inen ab.
Luther tischr. u';
warumb hastu die wand zerrissen,
dasz wer da geht sein kau genieszen,
und zwackt ihn ab ohn alle scheu. Opitz 157 ;
glaubet nicht diesem betrüger, der den possen, um dem herm
was abzuzwacken, erdacht. A. Gryphius 1,887; der herschaft
abzwacken, mägdclob 70 ; das ihrige abzwacken. Simpl. 1, 393 ;
die mäntel abzwacken. 1,429; wo möglich von der silberllotte
etwas abzuzwacken. Felsenb. 1,66; unsern eignen landsleuten
noch etwas abzuzwacken. 2, 544 ; dem regiment, das er coinman-
dierte, hier und da etwas abzuzwacken, ehe eines weibes 2, 18 ;
man wird wol endlich hart, und nun ccwis
Solls kiinste kosten mir viel abzuzwacken. Lkssinc 2, 305;
unsre strafen bestehen vorerst in absonderung von der bür-
gerlichen gcsellschaft, wächst nach und nach der besitz der
Staatsbürger, so zwackt man ihnen auch davon ab. Göthe 23,
153; weil bei solchen gelegenheilen ihm (rfcmmujiä/ra/) jeder-
mann etwas abzwacken und aufliünlen will. 24, 291 ; was wir
unsern guten neigungen abzwacken. Moser venn. sehr. 1, 19;
alles geld, was er mir abzwackt, verspielt er. Tieck nov. 3,
90. ». abzwicken und zwicken.
V*
161
ABZWAGEN — ACH
ACH— ACHEN
162
ABZWAGEN, abluere, abwaschen: ich wil ihm die larven,
schmink und namen abziehen und abzwagen. Luther tischr.
282*. Stieier 2669. nihd. abe Iwahen.
ABZWECKEN, coUineare, gleichviel mit abzielen, beabsiclr-
tigen, bezwecken: die abgezweckte Wirkung. Klopst. 12, 141;
alles was ich abzwecke. Wielaxd 15, 207; abgezweckte folge.
15, 224; abgezweckte reformation. 26, 243; abgezweckte ver-
suche. Herder 1, 145 ; um das gemüt in die abgezweckte be-
wegung zu setzen. Schiller 1142; die betrachtung ist nicht
dahin abgezweckt. Kant 4, 198; die auf befriedigung der na-
turneigung abzweckenden maximen. 6, 208; das geschmacks-
urtheil ist nicht auf begriffe gegründet oder auch auf solche
abgezweckt. 6, 51 ; ein zur moralischen absieht nicht abzwecken-
der kirchenglaube. 6, 338 ; gesetze die auf Ordnung abzwecken.
8, 230.
AßZ>^'EIGEN, sich, in ramos sepropagare: der bäum zweigt
sich über das dach ab ; eine einrichtung, die sich in land und
Städte abzweigte. Hippel 11, 394.
ABZWICKEN, decerpere, divellere:
hast mit zu frecher band
für zeitig dise fnicht noch gar grün abgezwicket
Wkckherlim 637;
der freche lod — hat als ein reife frucht
dich mit gnadloser band noch blühend abgezwicket.
ders. 63s ;
wie schrecklich hängt die abgezwickte brüst.
A. Grtphiüs 1, 175;
ein Stück fleisch nach dem andern mit glühender zange ab-
zwicken. Schiller 143; dasz ich nicht genöthigt werde, sei-
nem söhne den taufnamen abzuzwicken. J. Paul Tit. 1, 5. ab-
zwicken ist sinnlicher als das nahverwandte abzwacken, man
sagt den nagel mit der zange, das laub mit den fingern ab-
zwicken, nicht abzwacken, dagegen einem sein vermögen, geld,
■verdienst abzwacken, nicht abzwicken.
ABZWINGEN, extorquere, nnl. afdwingen:
ich rede frei von dem, was schände heiszt und bringet,
vielleicht ist wer, den scbam von schänden abezwinget.
LocAO 1, 10,74;
mein bräutigam, der hat mir vorhin das erste mäulchen ab-
gezwungen. Gellert 3, 165 ;
es brauchte viele müh, ihm sein geheimnis abzuwingen.
Wiela:«d ;
ihren talisman der iröttin abzuzwingen. Goiisr 1, 2S1;
zwingt ihm die wahrheil ab! 2, 15S;
ihr ein lächeln abzuzwingen. Bürger 5' ;
dichtungen, die ewig allen glauben abzwingen und abwürgen.
Herder 16, 28; deiner bosheit das geständnis abzwingen.
Schiller 138; ihm denkst dus abzuzwingen? 350; den ma-
jestätsbrief, den wir dem kaiser Rudolf abgezwungen. 353.
ABZWIRNEN, filum delorquere: was die seele aus ihren
fünf kankerspinnwarzen verspinnt und ahzwimt J. Paul uns.
löge 3, 130.
ACHI ausruf des Schmerzes, zuweilen der freude und ge-
mischler empßndungen, heute unterschieden von ah!, dem des
frohen Staunens; goth. ags. altn. unbekannt, oder unaufgezeich-
net, ahd. erst seit dem lOjTi. ah! (Graff 1, 105), mhd. ach!
(Bex. 1, 5'), nnl. ach, schw. ack, ddn. ak, engl, ah ! skr. ahü
(Bopp 27'), lat. ah! aus älterem aha, wie vah aus vaha, gr.
aX und al, mit getilgtem hauch, verdoppelt ach ach ! ah ah !
(ai ai), sehr oft mit o und weh verbunden, acu weh! ach
und weh! weh und ach! ach und we! sprach .\lard; ach und
v^-e ! was unglücklichen tags was es ; ach und we ! dasz ich
beut nit mein gutes Schwert hab. Aimon; und Lazarus bat
ach und wee. Scrwarzesb. 157,2;
wenn die narhiipli Terliebten
liebevoll ein lieuchen singt,
das gefangnen und betrübten
nur wie ach und wehe klingt. Götur 19, 196.
Auch folgt ein gen. oder praepositionen, ahd. ah les! (Be:<.
1,6") ah lasters! mhd. ach leides! ach mines libes! ach mihcr
tage! ach dlnes Iroumcs! ahd. ah ze härme! ah ze s^re!
ach meines leides! wo soll ich hin? Atrrr 409*;
ach der wonne! vor goll gelebt zu haben. Klopst. 1, 120;
ach des durstes! fände ich nur laub, so söge ich daran. 9,
367. gr. folgt der acc. at jöv UiSwviv. gern schlieszt sich
ach an cnnjunclionen und andere icörler: ach dasz er k.lme;
ach dasz Jsmael leben solle für dir. iMos. 17, 18; ach dasz
ich jetzt ein schwert hätte. 4 Afos. 22, 29 ; ach dasz ich wäre
umkommen. Hiob 10, 18 ; ach dasz ich wasser gnug hätte.
Jerem. 9, 1 ; ach wenn du wüstest, ach wenn er wollte ; ach
wie schlägt mir das herz ! ach wie schön ist das ! ; ach ich
elender I ach du armes kind ! ach freunt ! fastn. sp. 563, 26 ;
ach J3, ach nein, ach freilich, ach so, ach lieber gar! und
nach manchen andern abstufungen. in der gerichlsformel weisth.
3, 779 scheint das wiederholt über den mörder ausgesprochene
ach ia, ach ia! ein weheruf, mhd. ach io!
ACH, n., schwer zu sagen, ob die substantivisch gesetzte in-
terjection, oder ein ihr voraus gegangnes subst., wofür das ags.
ace, ece dolor zu reden scheint:
gott lebt und hört dein ach. Gcllebt 1, 212;
und der erhielt ein freudig ach. 1, 217 ;
ein banges ach. LessisgI, 94; sie antwortete mit einem ach;
ich vergesse nicht den klang dieses aches;
sag es mit einem durchdringenden ach, das meinem ach gleichet.
Klopst. 1, 22;
sie rühret noch kern ach und kein verliebtes flehen.
Zacuariä 1, 104:
hier fliegt manch feung o, und manch betraurend ach.
1,119;
mit manchem süszen ach,
das ihr im busen zu ersticken unmöglich ist.
WIELA.ND 9,97;
um die mädchen sn der Seine strande
winselt er ein falsches ach. Schillcr 1,87;
seele haucht sie in das ach
klagenreicher nachtigallen. 1, 117;
und seufzet leise manches ach. Göthe t, 192;
seines Jagdhorns liebeweckend ach. Rcceert 43;
sie klagte mir mit einem leisen ache. 184;
manches entzücken und manches ach. PLATs.t 84;
es scheint ein langes, ewges ach zu wohnen
in diesen lüften. 97;
das ach der sehnsuclit. 106;
rings erklang der nachtigallen ach. 284.
häufig mit weh und krach rerbunien; haben vieler Chrislea
herzen mit ach und we erfahren. Kirchhof wendunm. 372';
da hörte man sich bald — ihren frewdcnklang
in ach und weh verkehren. WECKUtRLM 70;
ach und weh ist mein gcsang. 405;
jetzt trotzt er ihrem ach und weh. Gotter 1, 34;
das ach und weh der creatur
bat laut dich vor gericht gefodert. Bürger 71»;
half ihm kein weh und ach. Göths 1, 17;
es ist ihr ewig weh und ach
so tausendfach
aus einem punkte zu kurieren. 12,99;
wie die falschen propheten, deren ach und krach ist, das si
vilen gefallen. Frank weltb. 39*; also ist der knecbt ach und
krach nichts anders dann der herren hend zu entfliehen;
seitemal aber die sünd allein ein arger will und widerwiil ist
wider gott, und nichts dann ein ach und krach, wider gotl
zu thun. Frasi parad. 23' ; sonder er ir {der mensch der crea-
luren) knecbt, allein in musz dienen, mit ach und krach über-
konnmen, mit angst und weh bewaren. 122'. noch heule, et-
was mit ach und krach verrichten, unter seufzen und weh~
klagen.
ACH, ausgang mancher orts und fiusznamen, wie Altarh,
Kronach, ßiberach, Schwarzach, Wertach u. s. w. aus dem alten
aha lat. aqua, goth. ahva entsprungen und oß in ich verdünnt:
bibericb, Lussenich, Sinzich. s. aa.
ACHEL, f. festuca, palea :
die bien hat ihren Stachel,
die ahre spitzt die achel. Voss 5, 97.
tigentlich drücken aber ähre und acliel dasselbe aus, vgl. ahd.
aiiir, ahil spica, arista (Graff 1, 134*); agana acus, aristo,
festuca (I, 132) und man musz achel für die spitze der ähre
nehmen. $. agen, ähre und angel.
ACHELN, edere, ein undeutsches, aus der jüdischen und
gaunersprache enlnommnes «ort: wann sie den Hans von Gel-
ler {das grobe brot) nicht achein mögen. Fischart groszm. 50.
ACHEN, ejulare, plangere, mhd. achen. Be». 1,6"; seulzeo
und achen. H. Sachs II. t, 27*;
auch ich war krank In ihr.
in ihr hab ich geachei. FLcaiiie 618;
andere (kranke) kriechen mit achen und krachen an stecken
den weg mehr dann sie gehen. Kirchhof mtl. disc. 119. sicil
achen. Hadamar 494, 6. <. abarhen.
11
163
ÄGHEN— ACHSEL
ACHSELADER— ACHT
164
ÄCHEN, dasselbe, mit achlzen und ecken. H. Sachs 5, 390*.
ACHS, zuweilen geschrieben für acks, ackes, axt, was man sehe.
ACHSE, f. axis. ahd. alisa, mhd. alisc, ags. eax, gr.
a^cDV, skr. aksa rota, Uli. aszis, lell. asz, poln. os, böhm.
OS, schw. ddn. axel, alle von der wurzel agere, alln. aka, fah-
ren, umdrehen, die wanren auf der achse kommen lassen ;
ihr guter auf der achs wollen lassen gehen. Wickram rollw.
44; sich ruhig um seine achse herum drehen. Wieland 13,
239 ; er war einmal auf seiner achse, alles, was er that, nahm
eine leidenschaftliche gestalt an. Schiller 744; dasz hier die
achse der ganzen kunstkentnis befestigt sei. Göthe37, 37; in
dem domhild zu Köln — , wie es denn überhaupt als die
achse der niederrheinischen kunstgeschichte angesehen werden
kann. 43, 414; wir nannten das dombild die achse, worauf
sich die ältere niederländische kunst in die neue dreht. 43,
416; weil wir uns zunächst an der achse befinden, um wel-
che sich der ganze streit umdreht. 59, 80. Begreiflich aber wird
es auch mit dem folgenden achsel und mit uchse verwechselt:
das er {das kamel) so hoch ist auferwachsen
und tregt ehi sattel auf der achsen.
B. Wai.dis Esop 1, 93;
die Zitzen lumpfen wie die fleck,
die achsen slunken wie ein dreck.
froschmeiis. 1[. 4, 4.
ACHSEL, f. axilla, fortbildung des vorigen, die stelle, wo
sich der oberarm an der Schulter (golh. amsa, lat. umerus,
humeriis, gr. cofios) dreht, ahd. ahsala, mhd. ahsel, ags. eaxl,
alln. öxl, schw. dän. axel. von diesem wort sind alle und le-
bendige redensarten entnommen, quer über die achsel schauen
und ansehn, geringschätzig, höhnend und stolz blicken, das
homerische vnöSoa iScöv, spätere vjtoSqa^,
mit smielindem nfunde si über ahscl sach. Nil). 423, 2 ;
dö hlicte über ahsel Dancwart der degen. 1874, 2;
die freunde selbst Zarinnen
und schielen seitenwcrts uns über achsel nn.
A. Grtphiüs 1, 280;
meinte, wer geringer oder unglücklicher wäi'e als ich, den
dürfte ich nicht einmal über die achsel ansehen. Weise kl.
leute 159 ; that er nichts dargegen als dasz er eine gnädige
miene über achsel schieszen liesz. erzn. 222 ; manche Jungfer
steht sich selbst im lichten, die oft einen ehrlichen hand-
werksmann, der sie in allen ehren meinet, über achsel sieht.
323; schlims und über die achseln ansehn. Keisersb. bro-
saml. 80"; sah mich treflich über die achsel an. Felsenb. 1,
47; auch mein bruder sähe mich scheel und sauer über die
achsel an. 4, 56 ; ich sähe sie nicht über die achsel an. Les-
sisG 2, 412 ; wenn der, welcher dieses und jenes vereinigt,
den wirklichen philosophischen untersucher über die achseln
ansieht, weil dieser seines gleichen nicht ist. Klopst. 12, 136 ;
wobei ich denn in meinem Übermut wirtin und gesinde kaum
über die achsel ansah. Göthe 23, 73 ; durchdrungen von den
hohen ereignissen des eben erlebten sah ich unwillkürlich die
menschheit über die achsel an. Bettine lageb. 85. man sagt
auch einen über die achsel abfertigen, empfangen : da hat
man mich über die achsel enpfangen. fastn. sp. 321, 25.
auf beiden achseln tragen gilt von zweideutigen, falschen,
schmeichelnden: aber christlich leben ist nicht priscillianisch,
das den bäum also auf beiden achseln trage, sondern einfel-
lig, schlecht und recht. Luther 3, 400'; ich achte aber, euer
frUchtlin und krcutlin zu Halle hat nu ausgcheuchelt und
lange gnug den bäum auf beiden achseln getragen, wird nu
seiner nesselart sich fleiszigen, das frömichen. Luther 6, 115'.
hr. 4, 503; Schmeichler tragen wasscr auf beiden achseln.
Pauli schimpf 13'. es auf die leichte achsel nehmen, sich
schweres leicht vorstellen: er aber nahm es auf die leichte
achsel. Simplic. 1, ISO; so war mein seliger mann nicht, er
nahm nichts auf die leichte achsel. Gellert 3, 149; gut, sagle
er, dasz du es auf die leichte achsel nimmst. Göthe IG, 105.
der alles, was ihm begegnet, auf die leichte achsel nimmt.
Kant 10, 320 ; der schreibende dulder nahm mancherlei auf
die leichte achsel. .1. Paul Sicbenk. 2, C. nam in einer bei
der ach.sel. Luther 3, 418*. etwas auf die achsel, auf seine
schuller nehmen, sich damit beladen, so wollte ichs auf meine
achseln nehmen. Iliob 31, 36. die achseln zucken, einziehen,
unangenehmes sich gefallen lassen, nicht weiter sich dawider
sträuben dürfen, nicht helfen können : der wirl zog die achsel ein.
Weise «in. 217; sie zogen die achsel ein und hiilleii gern recht
behalten, kl. leute 105. schwören bis an die acbsel, bis auf einen
gewissen punct, nicht rein aus schwören: so schwere bisz gar
binden an die achsel. Ayrer proc. 1, 11. mit einem über die
achsel sein, gespannt, so dasz man sich nicht offen, nur von
der seile anblickt: darum denn die Schwiegermutter mit mir
über eine achsel war. Schweinichen 2, 153.
ACHSELADER, f vena axillaris.
ACHSELBAND, n. epauletle, binde, nnl. schouderband, band-
schlcife auf der schuller, auf die manigfaltigste weise geord-
net, ein uralter schmuck.
ACHSELBEIN, n. achselknochen, nnl. schouderbeen.
ACHSELBLICK, m.
die verächtlich mir. —
ehedem des abcrwiizes achselblicke zugewendet.
Platen 66.
ACHSELBRUCH, /". hosen an achselricmen hängend. Fischart
Garg. 58'. s. bruch.
ACHSELDOLDE, f was achselkolbe.
ACHSELFLECK, m., ein schmaler hcmdslrcife, vom hals-
bundc bis zum anfang des ermels gehend.
ACHSELHEMD, n. grobes oder halbes hemd, ohne ermcl.
ACHSELHÖLE, f armhöle, uchse. achselgestank.
ACHSELKOLBE, m. axillaris umbella. Fischart Garg. SS'.
ACHSELN, in htimeros conjicere, alln. axla, schw. axla, dän.
axlc, den mantel achseln, über die schuller werfen.
ACHSELSCHNUR, f. was achselband.
ACHSELSEIL, n. trageseil, trageband, über die achsel hän-
gend.
ACHSELSTÜCK, was achselfleck.
ACHSELTRAGEN, n. tcmporibus servire:
solch zweideutig achseltragcn
nutzen wirds nicht, noch behagen. Göthe 4, .351.
ACHSELTRÄGER, m. heuchler, der auf beiden achseln trägt,
niederdeutsch hoikenträger, der den hoik oder mantel auf bei-
den schultern trägt, oberd. auch baidenthalbner, der auf bei-
den halben oder seilen gerecht ist.
ACHSELTRÄGEREI, f alle achselträgerei, selbst die best-
gemeinte ist erbärmlich und erniedrigend. J. Paul teufelsp.
2, 164.
ACHSELZIERDE, f. achselschmuck: brüst und schultern mit
Orden und achselzierden geschmückt. Göthe 39, 249.
ACHSELZUCKEN, n. ich antwortete ihm mit einem be-
redten achselzucken. Rabener 3, 134 ;
die Schwachheit, die er uns gezeigt,
macht ihm (ich sehs an ihrem achselzücken)
die nichts verzeihenden Katonen ungeneigt.
WiEL. 10, 274;
sie antwortete mit achselzucken und einem blick auf die wiese.
Göthe 19,40; er leimte alle intercessionen Wilhelms für sie
mit achselzucken ab. 19, 124 ; man schätzt wol seine Vorgän-
ger und dankt ihnen gewissermaszen für das verdienst, das
sie sich um uns erworben; aber es ist doch immer als wenn
wir mit einem gewissen achselzucken die grenzen bedauerten,
worin sie oft unnütz, ja rückschreitend sich abgequält. 55,316.
ACHSELZUCKEND, ablehnend:
0 dann rolle der stolze rhapsod es {mein lied) zusammen und sage
achselzuckend, es sei nicht für ihn. Klopst. 2, 106.
.\CHSEN, axibus inslruere: die canonen sind weiter geach-
set, als andere wägen. Fronsp. kriegsrüsl. 30'. Gobler im
rechtsspiegel schreibt geuchset.
ACHSNAGEL, m. clavus axis.
ACHT, oclo. die urgestalt dieses zahlworls war wesentlicli
zweisilbig, skr. astan, gewöhnlich aber im nom. acc. voc. astaii
(Ropps gramm. §. 231), gr. öxroj, lat. octo, litt, aszlilni, golh.
ahtau, ahd. ahtö, mhd. ahte, alts. ahlo, ags. eahta, engl, eight,
fries. achta, alln. Atta, schw. ätta, dun. aatte, otle. nnl. acht.
der nusgang -au scheint aber einen dualis, nemlich zweimal
vier fingcr der beiden bände {ohne die daumen) anzuzeigen,
und im sg. acht miUte, wie im heutigen rotte, die vorslellumj
der vierzahl enthalten gewesen sein, ob aus dem golh. ahtau
hernach ein unorganischer pl. ahtaveis entspringen konnte, wie
aus ahd. ahtö ahlowi, ehtewi, wissen wir nicht, chtcwc reicht
noch aus mhd. denkmälern i;i» spätere, z. b. wcisth. 1, 683. das
heulige acht ist iingst unveränderlich: kalt und fein, wie sie
war, kannte sie in acht tagen die schwächen des ganzen
hauses. Göthe 18, 27T). nur dasz man in einigen redensarten,
wenn kein subsl. fohjl, den dal. achten, mhd. alilen, ahtewen
duldet: er fährt mit achten = acht pIVrdcu ; wähle dir aus
den achten eins; wij waren mct ons achten; bet is voor u
165
ACHT
ACHT
166
achten ; in nach achten, Tor achten d. i. nach acht, vor acht
uhr, scheint kaum die Ordinalzahl enthalten, da es auch nach
nennen, seit vieren heiszt, und nnl. na, voor achten, nicht acht-
sten. Mit acht sind achtzehen, achthundert, achttausend, aber auf
verschiedne weise zusammengesetzt, denn achtzehn bedeutet nicht
achtmalzehn, wie achthundert achtmal hundert, sondern acht
und zehn, wie achtundzwanzig, achtunddreiszig.
ACHT, f. ager, praedium, früher ahta, ein seltnes wort, das
nur die trierischen weisthümer 2, 257. 25S. 262. 2SS. 310. 312.
323. 326. 372. 635. 640. 3, 7S5. 790 und die jura archiepiscopi
Irevirensis aus dem anfang des IZjh. in Lacomblets archiv s.
314 — 361 gewähren, ager, qui atha (/. ahta) dicitur, episco-
palis hatta f. ahta {wie Hei. 52, 2 hatogea f. ahtogea), in den
späteren weislhümem aber ein freie acht, meins herren acht,
die hofacht, immer auf freie, herschaßliche, bischöfliche grund-
stücke bezogen, dieser ausdruck liesze sich nun zwar zum fol-
genden acht und ahta cura, aestimatio in dem sinne schla-
gen, dasz darunter ein besonders gepflegter oder geschätzter
grundbesitz zu verstehn wäre; doch da das altn. att pl. ättir
plaga, regio, ätthagai' pascua propria bezeichnet und in den
allschwedischen gesetzen die ättunger, heuts ättingar auf die
landcseintheilung gehn ; so erscheint der begrif ron ahta prae-
dium älter als ahta cura, wenn er überhaupt dasselbe wort ent-
hält, wiewol beide sich von agere, aka, der würzet von ager
und acker ableiten lieszen. kühn wäre es, in diesem ahta
praedium ein nach den vier himmelsgegenden retheiltes land,
in ihm die grundlage der zahl acht zu erblicken, altn. ätt
ist ausdrücklich cardo mundi und fiürar ättir heims quatuor
cardines mundi; war der ättung solch eine all' landlheilung,
deren namen im westlichsten Deutschland fortlebte? s. achtwort.
ACHT, f. cura, attentio, aestimatio, considcratio, ahd. ahta
(Graff 1, 108), mhd. ahte. aht (Ben. 1, 15), nnl. acht, ags.
"caht, eht; ein der golh. und altn. spräche fehlendes wort,
denn ins isländ. ist akt, ins schw. akt, ins dän. agt erst aus
dem hochd. eingeschlichen, wegen der würzet s. unter achten,
ich bin nicht entschlafen und an mein selbs acht gegangen.
LcTOEB 1, 36'. 3, 18 {ps. 5. mane astabo tibi et videbo, ich
habe acht auf mich gehabt), vgl. mhd. die suln mich vinden
in der aht. Winsbekin 18, 8 ; denn das gebet im scheine und
leiblich ist das euszerliche mummeien und plappern mit dem
munde, on alle acht. LctherI, 67': und wiewol dis buch nicht
solcher acht ist. das es zum streit dienet. 2. 12*; das in kleiner
acht bei in ist. Frank weltb. 17' ; doch wird einem jeden sein
acht und meinung frei und ledig gelassen. Fober fschb. 196' ;
pracht macht acht. Logao 3, 8, 100 (mit der Überschrift hof-
fart) ; repulatton und acht, die der künig von ihm gefaszt hab.
Zi.-<KGR. II. 38,10;
das ander berehlt dem, der uns eliero gibt
und nimmt, nach seiner acht. Fle«i:«g314;
dasz ich nicht so stets zurucke
und in schiechler acht musz siebn. 414;
in welchen fällen allen doch heute nicht acht, sondern achtung,
erachten, aufmerksamkeit ^esefzt wird. In folgender stelle drückt
acht würde, stand und ansehn aus:
ich bin auch in ir acht,
si ist diern und ich bin knecht,
wir fliegen auf einander recht.
fastn. gp. 401, 10,
ich stehe ihr gleich an stand und ehre, wir passen zusammen.
Häußg in den noch jetzt gangbaren redensarten acht haben,
acht geben, nehmen, in acht haben, in acht nehmen [wahr-
nehmen), ziehen, aus der acht bringen, lassen, schlagen, hab
aclit I fastn. sp. 23, 2 ; auf welch land der herr acht hat. 5 Mos.
It, 12; da sie lange betete, hatte Eli acht auf ihren mund.
iSam. 1, 12; du hast acht auf alle meine pfade. Hiob 13,27;
habet acht auf eure almosen. Matlh. «, l ; hab acht auf dich
seihst und auf die lehre. 1 Tim. 4, 16 ; ja ich hab ein grosze
acht und verlangen auf dis mein vatcrland. Frank chron. 92';
wie mag es mit dem kranken sein,
hat man auf ihn gehörig acht? Hagedorn 2, 30;
auch dem grafen ward er vorgestellt, der aber wenig acht
auf ihn hatte. Güthe 18, 242. statt der praep. auf früher der
genitit :
davon uns Christus gleichnus macht,
lert solcher xaichen haben acht.
SCBWAKZENIERG 157, 1';
bni man ielzt also tugent acht,
vi) menscben würden frum gemacht. 157, 2* ;
gleichwol wolt ich dennoch, das adel und landschaft des spiels
ein acht betten. Luther 6, S*; wie nun der frosch ir {der
maus) nit hat acht. Er. Albercs 17'; die krieger hatten sein
nicht acht. 18'; sag si {die Sünden) gutt, der diser acht hat.
Frank chron. 371'. verschieden von diesem acht haben, curam
habere ist ein anderes acht haben, achtung genieszen, in ach-
tung stehn:
ist irgend eine scband, ist irgend eine scbmach,
die hat bei unsrer weit hoch acht und gut gemach.
LoGAU 1, 5, 83.
er hat cur genumen acht, fastn. sp. 279, 10 ; lasz deine obren
acht und war nemen meines geschreies. Luther 3. 21; nu ge-
hen sie hin sicher, und nemen derselben brüch nicht acht.
1, 27"; die mögen wol acht nemen und sich hüten; aufs
fleiszigste acht zu nemmen. Kirchhof mil. disc. 97 ; so du
der dingen acht gibest. Thlrneisser t?o« wassern s. (jZ ; heute
darauf acht gibst; gib wol acht, ich will schon acht geben,
ja der auch all creatur in acht hat. Fka!(k weltb. 133';
wenn ein etwas selber angehl,
musz ers in achten (dat. pt.) han. Atrer 143':
bätt ich nun menschenzorn und grimm in acht genommen,
war ich den götiem nicht in ihre straTe kommeii*
Opitz 1, 177;
nehmt Korilen in acht ihr Wächter aller weit.
FLEai-NG 487 ;
was aber die nomina propria oder eigendlichen namen der
götter, männer und weiber betrift, dftrfen wir nach art der
Lateiner und Griechen ihre casus nicht in acht nehmen, son-
dern sollen sie, so viel möglich, auf unsere endung bringen.
Opitz poeterei 30 ; Strabo rühmet den Homerus, dasz er die
eigcnschaft eines jedwedem dinges sehr genau in acht ge-
nommen. 37 ; damit aber die sylben und wurte in die rei-
men recht gebracht werden, sind nachfolgende lehren in acht
zu nehmen. 42; da die gegner des Aristoteles nicht in acht
nahmen. Lessinc 7, 349; man hat sich wol mit ihm in acht
zu nehmen; dadurch dasz sie die entfemung immer in acht
nahmen musten. Schiller 725; man kann sich nicht genug
in acht nehmen, aus versuchen nicht zu geschwind zu fi)l-
gern. Göthe 50, 15 ; das in der letzten stelle gesetzte nicht des
abhängigen Satzes darf unterbleiben, man kann sagen: nimm
dich in acht, dasz du fallest und dasz du nicht fallest, nimm
dich in ach! zi fallen, oder nicht zu fallen, in acht ziehen
ist selten, doch gebraucht es Oprrz 386. Statt des heutigen
aus der acht (bei Göthe 37, 82 auszer acht) lassen galt sonst
auch bringen und schlagen:
ein mägdlein, dem ein träum bat etwas warm gemacht,
den sie auch kunte nicht bald bringen aus der acht.
LocAO 1, 8, 35;
mein siecbsein aber macht
dasz ich mir alles nun musz schlagen aus der achu
Opitz 2, 47 ;
der fürst schlag aus der acht
das angenehme bild. Grtphics 1, 125;
der fürst schlag aus der acht
was zorn und argwöhn dicht. 1, 52;
schlage sich aus dem sinn, aus den gedanken. es ist mir
aus der acht gefallen, ich habe es wieder vergessen. Endlich
scheint acht einen bezug auf das alte gerichlsverfahren gehabt
zu haben, wie schon das ahd. ahta (Graff 1, 108) jmiicium
ausdrückte, in den weisthümem ist ron einer ersten und zwei-
ten acht die rede, was nicht für proscriptio genommen werden
darf, die schöffen heiszen aclitsleiite, achtsmänner iifirf die be-
deutunq von achten aestimare, taxare läszt sich leicht auf ein
gerichtliches geschäft anwenden.
ACHT, f. proscriptio, bannum, ahd. ihta (Gr-^ft 1, 109), mhd.
dhtc, sehte (Ben. 1, 18"), nnl. acht; den unterschied zwischen
ahta und dhta, ahte iinrf ähte ergeben die mhd. reime nicht
sicher genug, das nhd. acht cura und acht bannum lauten
ganz gleich, wogegen die verba achten und ächten sich ab-
trennen, acht, aberacht. reichsabsch. 1507. §. 25; in die acht
verkündet werden, reichsabsch. 1512. 5. 18; der einen in die
acht erlangt hält. erkl. des landfr. 1522. 14 ; es sei zum tode
oder in die acht. Esr% 7, 26; weil sie lod oder in der acht.
Weckherl. 184 ;
was, Osienrrich hat ja wol so ril krafl.
dasz durch die acht vil werden mangelhaft. 509;
einen in die acht thun, erklaren, erkennen ; ihn mit der acht
belegen ; aus der acht entbinden ; einen empirischen Ursprung
des begrifs konnte er nicht verslatten, mithin war der begrif
U*
167
ACHT — ACHTEN
ACHTEN
168
in die acht erklärt. Kant 4, 159. die faslnachtsspiele und H.
Sachs schreiben zuweilen echt, und echten, durchechten,
sten ins königs echt, fastn. 309, 12;
mit fluches bann und mit der echt (: recht) H. Sachs V, 3';
plaib in des todes eht. Mich. Behau Wien 179, 12,
der tnhd. neben form aehte entsprechend ; schwäbische denkmä-
ler aucht, was dem ä in ähle :u stallen kommt, eine Ulmer
verordn. von 1531 {bei Schmid s. 30) untersagt vügel zu schie-
szen : auszgenommen die kraniatvogel und die so in der aucht
sein, d. i. rogelfrei, die man zu jeder zeit tüdlen darf; einen
andern beleg führt Orerlin unter aucht aus einer hs. des
Schwabensp. an, wie auch die lesarten bei Wackernagel, z. b.
seile 107 ergeben, s. aberacht.
ACHT, enclitische partikel, mhd. eht: kan ich acht {irgend,
hall). RuFFs Adam 514. 5. achter.
ACHT, legitimus, gcnuinus. s. echt.
ACHTBAR, aeslimabilis, spectabUis. ein achtbarer mann,
bürger, gesteigert in hochachtbar, groszachtbar, vorachtbar.
ACHTBARKEIT, f. dignilas, aestimatio. als anrede, euer
achtbarkeit. Luther 5, lio'. 120'.'; dasz cwer gnaden, gunsten
und achlbarkeiten sich dieser mühewaltung unterwunden.
Ayrer proc. 3, 3 ; an namen und achtbarkeit berühmt werden.
pers. baumg. 6, 13; die männliche achtbarkeit. 7, 22; halte
keine gemeinrchaft mit dem untüchtigen pöbel, damit deine
achtbarkeit nicht verringert werde. 9, 16; sehr vil achtbar-
keit vor meine person zeigten. Felsenb.l,n~; vor eure toch-
ter habe ich zwar annocb die gröstc achtbarkeit. 1,131; mich
bereden lassen, vor ihn einige achtbarkeit und wol gar einige
liebe zu hegen, l, 505 ; brachte mir am ganzen kaiserlichen
hofe grosze achtbarkeit, l, 517; meine person am ganzen
liofe immer in gröszere achtbarkeit kam. 1, 519; dieser hund
war bei ihr in gröszerer achtbarkeit. 2, 180; brieffortnel :
welcher die ehre hat mit der gröszten achlbarkeit zu sein
meines hochedlen herrn unterlhänigster diener. Merck briefe
1, 411. dafür heule würde, ansehen, achtung.
ACHTBATZ.NER, m. münze von acht batzen wcrth.
ACHTDRAHT, m. benennung eines groben achtdrähtigen luchs.
ACHTE, octavus, für achtte, achtete, mhd. ahte, ahtode,
ahd. ahtodo, golh. ahtuda, ags. eahtcda, engl, eighth, nnl.
aclitste, ahn. ätti, schw. ättonde, dän. ottende, ahtede steht
noch wcisth. 1, 683; achteste kommt auch hd. vor, z. b. im
Dioclelian 612. 6982 und bei Schmeller 1, 20 ; für achtende sol-
len hernach stellen folgen.
ACHTECK, n. octogonum.
ACHTECKIG, octanyulus.
ACHTEL, n. octava pars, geschwächt aus achttheil, jedes
maszcs: achtel holz, körn, butter, hier, vgl. Schmeller 1, 20.
in der nmsik, die einmal geschwänzte note oder der achte
theil eines tacts.
ACHTELCHEN, n. ein achtelchen holz, achtelklafter.
ACHTELN, in octo partes distribuere.
ACHTELSCHLAG, m. eintheilung des tacts nach achteln.
Bürger 176*.
ACHTELSTHALER, m. der achte theil eines thalers.
ACHTEN, putare, opinari, exislimare, aestimare, reputare,
pendtre, curare, custodire, altcndere. ahd. abtun (Graff 1, 106),
mhd. ahten (Ben. 1, 16), nnl. achten; das schw. akta, dän,
agtc erst nach uns, weder altn. noch gothisch. zwei {auch im
subst. acht vortretende) hauptbcdeutungen, des erachtcns, da-
für haltens und des beachtens, bewahrens, in acht nehmcns.
achten == putare, denken scheint dem golh. aha mens und
ahjan cogitore {nur einmal Mallh. 10, 34) nahverwandt, etwa
wie sich slahta slahton aus sluhan entfalteten, ahtön ist im
sinn, in gedanken haben, bei sich erwägen, oß steht gar kein
casus dabei, sondern ein abhängiger salz folgt: ich achte, du
lassest dich bereden. Esaias 36, 5; ich achte, dem er am
meisten geschenket hat. Luc. 7, 43; denn ich achte, ihm sei
der keines nicht verborgen, apostelgcsch. 26, 26; denn ich aciitc,
ich sei nicht weniger. 2Cor. 11, 5; idi achte, die Juden wür-
den leicht zu bckeren sein. Luther 3, 36; ich achte auch,
das das gold der dreien könige sei mit bilden gemünzt ge-
wesen. 3, 46; ich achte ja, er halte mich dennoch für der
geiertesten einen zu Wittenberg. 3, 46; icli acht wol, sie
möchten lieber leiden. 8, 65'; nun aber nebt ich nicht, das
solches gesefzet sei. 4, 1*; sollu nicht achten, dasz durchaus
sin Volk, glaub, land sei. Frank »r///;. t'orr. / so acht ich wol,
gott würd euch nicht verlassen. Scuilleb 510. doch setzt die
heulige spräche für solches achte lieber erachte ; die alte liesz
statt dasz auch den inf. darauf folgen : ich achte es biilich
sein. iPetr. 1, 13; derhalben ichs für unnötig geacht, auf
solch sein büchlein antworten. Luther 4, 319'; sie zürnen,
das ich den teufel durch sie reden achte {glaube, dasz der t.
durch sie redet). 3, 444"; wir achten auch nicht noth sein,
die andern praedicanten diesmal zu erfodern. Melanchth. 3,
920; man achtet das thier ein grosze menge wassers gewor-
fen haben. Forer fischb. 92*; dis achten sie viel seliger und
besser sein. Tacitus übers, von Micvllüs 452*. achten, aesti-
mare, pendere mit doppeltem acc, das prädicat sowol adjec-
tivisch als substantivisch: er schluckt in sich den ström und
achtet es nicht grosz. Hiob 40, 18 ; entziehe dich deines freun-
des nicht, weil dein feind deiner nicht grosz achten wird.
pers. baumg. 9, 13; achtete sie (Hagar) ihre frau geringe ge-
gen sich. 1 Mos. 16, 4 ; dasz man die, so regieren sollen, in
der weit geringe und leicht achte. Luther br. 4, 152; weil
ich E. G. nicht so leichte achte. 5, 513 ;
man sagt von geld und groszem gut,
das thu ich als {alles) riiig achten. Garg. 92';
und soll sie unrein achten. 3 Mos. 11, 24 ; ein zug, den man
so gefahrhch achtete. Gothe 8, 248; die kröne, der mein
fürst mich würdig achtete. 9, 166 ; ich acht ihn heilig und
das höchste gut. 9, 155; ich achte mich, wie sie, zum thron
geboren. Schiller 593; ich achte dies alles tand und spiel-
werk ; ob sie ihre gerechtigkeit nichts achten. Luther 3, 27 ;
ihr habt den landmann nichts geachtet. Schiller 543. beim
passivum wandelt sich der acc. in den nom.: weil dise weit
(America) ein unbewonet ort von iederman ist geacht worden.
Frank weltb. 225';
weiland waren wir geacht,
dasz wir ruiimlich gastfrei waren. Logau 3, 4, 24 ;
nun sind etliche, den dise wort der gnaden also leicht geach-
tet sind. Luther 3, 27 ; welche von den göttem würdig geach-
tet Avürden. Wieland 2, 15 ;
abwesend ist kein freund zu achten,
der immer für uns denkt und strebt. Göthe 4, 152.
Es kann aber statt des acc. auch die praep. für gesetzt, oder
vor den casus die partikel wie {ccu) und als geschoben wei-
den, oß mit leise abweichender bedcutung : er achtet mich für
seinen feind. Hiob 19, 11; andere menschen für blind und
eineugig achtende. Frank weltb. 195* ; für puppenwerk achten.
Wieland 9, 95 ; so sind sie billig für ketzer zu achten. Tieck
15, 334; du wollest deine magd nicht achten wie ein lose
weib. 1 Sam. 1, 16 ; weiden ihr gold als einen unQat achten.
Ezech. 7, 19 ;
ist das chaos doch, beim himmel,
wie ein maskenball zu achten. Göthe 47, 63;
welche gegen die andere kraft wie nichts zu achten ist. Kant
8, 167. es heiszt also: ich achte mich dir verbunden oder
für verbunden ; ich achte dich glücklich, einen beiden, oder für
glücklich, für einen beiden ; ich achte dies nichts, wie nichts,
für nichts, ich achte dich wie, als einen held würde aber aus-
sagen: wie man einen held achten soll, da du efh held bist.
Die andere hauptbedeutung gründet sich nicht sowol auf die
Vorstellung des denkens, als des sebens, wahrnehmens, beobach-
tens, bemerkens, hülens. achte vor allem, siehe zu, dasz du
gott zum freunde habest; achte nicht, noli curare, ob dich
die hunde anbellen ; geh dem feind entgegen und achte nicht,
wie die kugeln fliegen, jchten mit dem gen. ist curare, cu-
ram habere: was sollte der höchste ihrer achten? ps. 73, 11;
sie achten keines rechten. Arnos 3, 10 ; der niictling achtet der
schafe nicht. Joh. 10, 13 ; ihr achtet seiner worte nicht ; dasz
ich der geringen sachcn nicht acht. Er. Alberus 6 ; er acht
keines glanzs. Agricola89*; der sich vcrnügen lüszt und wol
sein acht. 156'; man achtet der orten, in welchen sie stehn.
FoREK fischb. U' ; ich acht nicht seidener hüsz. Garg. 90*;
ein jeder ticht und trachi,
sich also zu geherden, dasz seiner wird geacht. Logau 1,10,21;
dasz ihr des Schöpfers noch nicht achtet. Gotter 1, 402; er
achtete seiner mutter. Klinger 3, 232; traurig sehen wir uns
an, achten nicht des weines. Millers jerf. 303. doch steht auch
der acc. : du achtest nicht das ansehen der menschen, non
respicis personam hvminum. Matlh. 22, 16; du achtest kei-
nes menschen ansehen. Luc. 20, 21 ; gott achtet das ansehen
der menschen nicht. Ca/. 2, 0 ; so wir eine solche Seligkeit
nicht achten. Ebr. 2, ;i ; wührcnd dessen unterhielt sich der
russische oflicier mit den frauenzimmera und schien das
169
ACHTEN— ACHTER
ACHTER — ACHTSA5I
170
ganze gespräch nicht zu achten. Scbilleb719; das darf ein bra-
ver mann nicht achten ; sie haben ihren söhn nie geachtet, der
entfernteste verwandte ist ihnen lieber als er. Gotter 3, 8;
achten mit der praep. auf: ihr sollt nicht auf vogelgeschrei
achten. 3 Mos. 19, 26 ; der auf vogelgeschrei achte. 5 Mos. IS,
10; achtete auf vogelgeschrei und zeichen. 2kön. 21, 6; ich
habe einen bund gemacht mit meinen äugen, dasz ich nicht
achtete auf eine Jungfrau. Hiob 31, 1 ; wer auf den wind ach-
tet, der säet nicht, prcd. Sal. 11, 4 ; und nicht achten auf die
jüdischen fabeln und menschengebote. Tit. 1, 14 ;
und hat er die Stadt sich als wandrer betrachtet,
die groszen beu-auert, auf kleine geachtet. Göthe 1, 251.
auch sich achten mit gen.: der sich der hofsitte wenig ach-
tete. ZiXKGR. ap. 19, 28; wer sich seines weibes nicht achtet.
ScHMELZEL 78 ; dcsscu sic sich aber wenig geachtet. Spee 439.
sich achten mit praep. : sich darnach achten wird. pers. ro-
senth. 8, 36 ;
wer gar zu eisensinni» ist,
nach diesem münzcours sich zu achten,
der dauert micli. Göki.ngk 1, 15;
wonach männiglich, jedermann sich zu achten, gegensatz des
achtens ist verachten, misachten, gering achten.
Doch laufen beide bedeutungen des erachtens und beach-
tens in einander über, wer auf geld nicht achtet, geld nicht
achtet, der achtet es gering; wer auf einen achtet, einen
achtet, der achtet ihn hoch ; einen mann achten respicere und
hochachten magni facere gilt uns heute gleichviel, wenn es
Ikon. 10, 21 heiszt: des goldes acht man zun zeiten Salomo
nichts, so drückt das sotcol geringschätzung als unbeachtung
aus, wie ein nicht bedenken vernachlässigen zur folge hat. Schwie-
rig ist der sinn der worte : die vügte sind wachtens und ach-
tens frei, sonder wan man gemeinlich acht, dan sind sie nicht
frei, weislh. 2, 452 ; vgl. aichten und frönen 3, 744 und pflüge,
die acbtung thun, hernacli bei achtung. auch scheint achten
luweilen ein gesdtäfl des richters, vgl. achtsmann sdiöffe und
acht am schlusz.
ACHTEN, n., das substantivisch verwandte terbum, sowol
im sinn von ansehen, würde: weil ich solches Standes und
achtens bin. LcrnERs br. 3, 38 ; als von ermessen : meins ach-
tens. LcTHER 3, 239, heute meines erachtens ;
das meins achtens nicht unbequem ist.
V. Rebhchx klag des armen taanns 5.
ÄCHTEN, persequi in judicio, proscribere, ahd. dhtan praet.
ähta (GR-iirr l, 108), mhd. ähten, ahten, verschieden von dem
vorausgehenden ahtön aht6ta, doch scheinen beide Wörter nah
verwandt, wie schon ,die bei acht und achten hervorgehobne
beziehung auf ein gerichtsverfahren darthut. ächten ist etwa
ein gesteigertes hüten und bewachen, ein verfolgen des bewach-
ten gefangnen, endlich verbannen des entflohnen. hat sich das
& in äJitan nicht allmälich vor dem h eingefunden, wie im
mhd. vähen, bei N. noch fahen, goth. fahan, und dürßc es
wie in fähtun, flähtun von fehtan, flehtan erfaszt werden; so
gelangten wir auf eine dunkle verlorne würzet ehtan, aus wel-
cher ahtön und dhtan entsprängen, die gleichwol mit aha mens
in berührung bleiben könnte, ächten bezeichnet uns heute nur
verbannen, schwer bestrafen : einen flriedbrüchigen ächten, lan-
des verweisen;
er möchte vielleicht eroberergrösze
anders ächten als wir. Klopst. 2, 66;
ein in der guten geselhchaft geächteter mann; Alwine winkte
mit einem sanften gesiebt den geächteten (aus dfs vaters
äugen gewiesenen) liebling ins nähzinimer. J. Paul TU. 1, 99.
doch war bei Locau das mhd. durchshten nicht ganz ver-
schollen, s. durcbächten.
ACHTENDE, octatus, statt des gewöhnlichen achte, tn der
Schweiz und in Schwaben : zu dem achtenden, weisth. 1, 65 ;
von dein leisten achtenden tag der ostern fahen si an fünf-
zig tag zu zOlen. Fiune weltb. 197'; vgl. Oberlin 13 und an
dein ahtunden tag. Hacpt 1, 122.
ÄCHTENDER, m. cervus oeto ramorum, den jdgem auch
ein achter, vgl. vierender, zehnender.
ACHTENS, adv. octavo loco.
ACHTER, enclitische partikel, forlbildung des mhd. eht, oht
(gramm. 3, 286.287), wie auch halt in halter erweitert wurde:
«0 müsle Christus auf ein neues sterben von deiner Sünde
wegen, wolt er dich achter selig haben ; ob ich achter stürbe.
»teilen Keisersbergs bei Oberlid s. 13. sage ich, das D. Lud-
der nimer mehr wird für bringen, wenn er achter weisz was
ein concilium ist. worte des Eck bei Ldtheb 1, 159*. weisth.
1, 742 : ist er ehter im land. vgl. acht.
ACHTER für after, eine niederdeutsche form, die zuweilen
in hochdeutschen schrißen vorbricht, wie sie in nichte neptis,
Schlucht, lichten {erare u. a. durchgedrungen ist:
ich wolt lieber mein lehenlang
gehn dollen achter landen. Ambr. liederb. s. 369.
ACHTER, m. octo numis constans, octo grossis valens mo-
neta, sächs. achlpfenniger. den jägem, ein achtender.
ÄCHTER, m. bannitus. das ahd. ähtari ist persecutor, ap-
parilor (Graff 1, Ito), das mhd. aehtaere beginnt aus dieser be-
deutung schon in die des geächteten ftberzugehn (Ben. 1, 17').
Unordnung, dasz die ächter unerfolgt behauset, enthalten und
furgeschoben werden, cammerger. ordn. 1521 §. 28; die äch-
ter und friedbrecher. landfr. von 1521. 12. 13; offen ächter
und aberächter. OberlixIS.
ÄCHTEREN : alle die zu Albach sitzen, die sollen achteren ?
weisth. 1, 800.
ÄCHTERING, m. octava pars mensurae liquidorum, ött-
reichisch: ein ächtering kandel wein. Schmelzle 5.242; ächt-
ring bei Hohberg sehr oft. Frank chron. 245 schreibt äch-
terin : fieng man an, einer rott (in Wien) VHI brot zu geben,
XV achterin weins, — da must man die profant ringem und
fünf ächterin abbrechen.
ACHTERLEI, octo generum: achterlei eigenschaflen ; zeug
von achterlei färben.
ACHTFACH, octuplicatus : achtfache busze.
ACHTFÄLLIG, banni reus, in die acht gefallen, der acht
verfallen: achtfällig und vogelfrei. Klopstock 12,71.
ACHTFALT, ACHTFÄLTIG, was achtfach,
ACHTFÜSZIG, oclipes.
ACHTGEBOT, n. edietum banni: wider Kreons achtgebot
Stolberc 14, 9.
ACHTHUNDERT, octingenti.
ACHTIG, octavus: item so gefeilet eim hcrren zu Konig-
stein jaris von dem winzehcnden daselbs an dem groszen ze-
henden drü teil, und dem pastor zu Sulzpach ein teil, so
hant die von Sulzpach u; den vorgerurten drien teilen das
achtige teil, weisth. 3, 492.
ACHTIG, diligens, attentus. vocabul. a. 1482.
ÄCHTIGEN, bannire, ächten: so man die andern würde
ächtigen und verfolgen. Melanchth. 3, 690 ; die Stadt Constan-
tia ist geächfiget. 6. 729.
ACHTJÄHRIG, octennis.
ACHTLOS , negligens, unaufmerksam : scherzt achtlos mit
Auroren. Wieland 5, 1S8 ;
bist du so gar einßltiir, o fremdling, oder so achtlos ?
Voss Od. 4, 371 ;
ihre galantcrien fallen nicht mehr in achtlose obren. Schil-
ler 170 ; wenn durst nach freiheit, hohe lieb und freundschaft
sie achtlos auf sich selbst machte. Klinger 2, 258 ; achtlos
auf mich, überlasz ich mich den menschen. 2, 262.
ACHTLOSHEIT, f negligentia. Brockes 1, 464. 4, 163. 5, 19.
ACHTLOSIGKEIT, f ineuria. achtlosigkeit auf sich selbst.
Klinger 5, 192; gegen den fürsten. 8,291; dasz die natur die
Schöpfungen der Weisheit und des zufalls mit gleicher acht-
losigkeit in den staub tritt. Schiller 1234,
ACHTMAL, octies.
ACHTMALIG, octies repetitus.
ACHTMAN.N, m. octovir, so heiszen an einigen orten die
acht kirchenvorsleher achtmänner.
ACHTMÄSZIG, oeto modios continens: achtmäsziges ßsziein.
Tabernaemontancs krduterb. s. 100,
ACHTPFCNDER, m. tormentum octo librarum globos emittens.
ACHTPFÜNDIG, octo librarum.
ACHTSAM, attentus:
schau der geisi. hier dient ein achtsam ohr.
A. Ghtphius 1, 61 ;
achtsame crziehung, sorgfältige, aufmerksame, unachtsame,
nachlässige. Gellert 3, 154 ;
dasz ich ihn auf allen göttlichen wegen
still bogleite, und jede that der grosien erlösung
achtsam bemerke. Klopst, Me*$. 3, »0;
nur Alkinoos selber bemerkt ihn achtsames geistes.
Voss Od. 8, 533 ;
wie jetzo auch du mit achtsamen sinne bemerkest.
19. 385.
^rüAer gebrauchte man achtsam im sinne von achtbar, ange-
171 ACHTSA3IKEIT — ACHTÜNGSBEZEÜGUNG
ACHTÜNGSLOS — ACKER
172
sehn, schätzbar: widerumb je ferner ein ding ist, je schlech-
ter und unachtsamer es ist, das gegenwertige ist allwegen
achtsamer dann das abwesende ding. Paracelsds 1, 927'.
ACHTSAMKEIT, f. attenlio : mit einer achlsamkeit. Gellert
t, 156 ; die erzwungenen achtsamkeiten in der feinen erziehung.
Kant 10, 3. gewöhnlicher doch unschöner ist aufmcrksamkeit.
ACHTSCHATZ, m. pecunia judici pro abolenda proscriplione
debita.
ACHTSEINNICHT, m. nthil curans, der sein nicht achtet:
darumb dann auch niemand, er seie dann em achtseinnicht,
sich darwider setzen darf. Würtz wundarznei, Basel 1612. p. 9.
ACHTSERKLÄRUNG, f. declaratio bannt.
ACHTSLEUTE, m. scabini. Hai.taus 14. weisth. 3, 260. 270.
ACHTSMANN, m. scabinus, welcher achtel, recht spricht.
ACHTSTÜNDIG, octo horas durans: achtstündiges feuer.
ACHTTÄGIG, octo dierum: achttägiges kind.
ACHTTHEIL, s. achtel.
ACHTUNG, f. nach den verschiednen bedeuiungen von ach-
ten, opinio, aeslimatio, taxatio, aucloritas, cura, observatio.
am seltensten für opinio, das erachten: und ist gemeiniich
aller achtung gewesen, ich werde abgetilget. Hütten 5, 28.
für Schätzung, abschätzung: giilt, zins und nutzung, auch an-
dere dergleichen, so nicht gewisse achtung hatten, cammerg.
ordn. 1521. 24, 1. 1523. 1, 5. pflüge, so jarlichs die achtung
thun. weisth. 2, 480 scheint einen abgeschätzten, gemessenen frohn-
dienst zu bezeichnen, achtung oder zehlung, supputatio. vocab
1482. weit häufiger ist adilung observatio, allenlio, beachtung:
das laster der afterrede und achtung frembder sünde. Luther
1,85'; hie sol man imerdar achtung haben. 4,6'; der musz
darauf achtung haben. 4, 169' ; er sihet reuter reiten und hat
mit groszem fleisz achtung darauf. Esai. 21, 7 ; was dann der-
selbige urtheilt oder spricht, soll vom gerichtsschreiber in ach-
tung genommen und umbstandlich aufs papier bracht werden.
Kirchhof mil. disc. 249 ; wer das recht war und achtung
nimpt. Schwarzenb. 158, 1 ; item, es sol auch achtung gehal-
ten werden, ob nit ein platz zu einer weid in der besatzung
zu haben. Fronsp. kriegsb. 1, 125'; gebet gute achtung dar-
auf. Ringwald Biii'; achtung aufs gestirn. Werders Ariost
3,15;
du führest so dein leben,
dasz du der weit und goit kanst gute rechnung geben,
golt, auf den du, der weit, die auf dich achtung gibt.
Opitz 1,8;
gebt achtung, was er spreche. A. GRtPHius 1,26;
habt achtung auf mein leid, auf meine quäl.
Fleming 529;
auf die thränen dieser schönen einige achtung zu geben. Wie-
nand 1, 35 ; man machte aber nicht viel achtung (fit peu d' at-
tention) auf diesen antrag. Mascoü 1,297. heute ist achtung
geben oder haben für attendere noch geläufig und achtung!
bei den Soldaten ein commando, achtung machen, halten, neh-
men veraltet, für in achtung nehmen gilt in acht nehmen,
vor diesem hatte man für euch geschöpfe nur kleine achtun-
gen (rficksichten), euch zu lieben, davon war man weit ent-
fernt. Lessing 2, 457; man hat nur den zweiten band nach-
gedruckt und den ersten gar keiner achtung (beachtung) ge-
würdiget. 6, 49 ; dasz er für die träume seiner Jugend soll
achtu'ng tragen. Schiller 294 ; vor der freiheit der stände ach-
tung zu tragen. 967 ; jener mythus ist daher der achtung der
Philosophen werth. 1108; mit der gehörigen achtung für die
jetzt lebenden groszen philosophischen genics. Klinger U, 175.
im kanzleislil: zur nachricht und achtung, d. i. beachtung,
nachachtung. die Vorstellung der rücksicht und beachtung grenzt
aber nahe an die der hochachtung und des ansehens : achtung
ist die anerkennung einer würde (dignitas) an andern men-
schen. Kant 5, 30t ; eigentlich ist achtung die Vorstellung von
einem werthe, der meiner Selbstliebe abbruch thut. 4, 20;
eine würde d. i. unbedingter, unvergleichbarer werth, für wel-
chen das Wort achtung allein den geziemenden ausdruck der
Schätzung abgibt. 4, 61. er steht in allgemeiner, groszer ach-
tung, in groszem ansehen, auf den stufen förmlicher hüflich-
keil gilt achtung (consideration), hochschätzung für wcnifier als
hochachtung, dies für weniger ah Verehrung, verehren aber
ist colere.
ACHTUNGGEBIETEND: die achtunggebietendste seile sei-
nes Charakters.
ACHTUNGSBEZEUGUNG, f significalio obscrvanliae : ach-
tungsbezeugung für hohe wissenschaftliche bildung. Schellinc
in den Münchner gel. anz. 1839, 447.
ACHTÜNGSLOS, inattentus: deine bücher machten dich
auf mich und die menschen achtungslos. Klinger 5, 165.
ACHTWORT, /". nemus, pascuum, jus pascui, ein hauptsäch-
lich in niederdeutschen und westfälischen Urkunden oft erschei-
nende^ ausdruck, aber auch weiter z. b. in das oberhessische
weisthum von Wetter, des j. 1239 (forestum quod dicitur ach-
tewort, 3, 343) reichend und schwer zu deuten, auszer acht-
wort (weisth. 3, 83) begegnet auch achtwart, achwart (3, 97)
und echtward, eckward, echtwort, wozu Haltaus 252. 253 viel
belege sammelt, wort ist das altn. urd saxetum, ags. vurd,
veordig, niederd. word, welches ursprünglich einen unangebau-
ten wald und weidegrund, dann aber auch dessen hegung und
einzäunung bedeutete und so für die hofstälte selbst, von der
das weiderecht ausgieng, gebraucht wurde, vgl. Homeyer Ssp.
2, 631. Schneller 4, 145. Leo rectit. 51. in acht scheint nicht
sowol echt, legitimus, als acht, ahd. ahta praedium enthalten.
ACHTZEHEN, octodecim, der ausspräche ghmdsz dürfte man
schreiben achzehen, wie mhd. ahzehen, und sechzehn /". sechs-
zchn. nnl. achtien f. achttien, nrf. achtein.
ACHTZEHNTE, decimus octavus.
ACHTZIG, octoginta, ausgespr. achzig, und so auch von Voss
geschrieben, mhd. ahzic, ahd. ahtozuc, früher ahtozo ; nnl. tach-
tig (gesch. der deutschen spr. s. 249). achtzg. H. Sachs II. 2, 46'.
ACHTZIGER, m. octogenarius : er ist schon ein achtziger.
ACHTZIGSTE, octogesimus: Sophocles schrieb trauerspiele
bis in die achtzigsten jähre. Lessing 6, 212.
ÄCHZEN, gemere, aiät,eiv, russ. ochat': mit ächzen und
echen. H. Sachs 5, 390', mit ächzen und achen; I. 4, 465*
steht ächizen, I. 5, 508* echzen. auch Schottel schreibt achtzen.
ÄCHZEN, dasselbe, aber üblicher:
das mir das herz gleich nach ir echzet. fastn. sp. 333, 21 ;
er nach euch gar senlich echtzet. Atrer 411';
das ächtzen und krächtzen. Fischart Garg. 103' ;
von stetem ächtzen, schrecken pein,
als tausend wunden, überwunden. Weckhbrlin 14';
dort ächtzt die nachligall. Gotter 1,28;
ein lämmchen seine schmerzen ächzet. Gökingk 3, 126;
zum himmel ächzt die crealur
und heischt von gott dein Strafgericht. Bürger 71";
körbe knarren, eimer klappern, tragebutten ächzen hin
alles nach der groszen kufe «u der kellrer kräftgem tanz.
Göthe 41, 249;
es heult im walde, ächzt in den klüften weh. Klinger 2,222;
ächzet ein dumpfes weh durch den hochzeitlichen gesang.
2, 234 ; mein herz ächzte bei euern worten. 10, 150 ; dasz dem
leser das herz ächzen würde. 12, 79; ein ächzender, mora-
lischpassiver zustand, der nichts groszes und gutes unter-
nimmt. Kant 6, 369.
ÄCHZEN, n. gcmitus :
sollst uns nicht nach weine lechzen.'
gleich das volle glas heran,
denn das ächzen und das krächzen
hast du heut schon abgethan. Göthe 1, 154.
ÄCHZER, m. suspirium, gemitus: ach wie viel ächzer schicken
sie (die Jungfrauen) zu diesem heiligen (Andreas). Praetorios
mägdetröster 1663. s. 12.
ACKER [akker], m. ager, gr. ayQos, golh. akrs, ahd. achar
acchar, mhd. acker, ags. äcer, alts. accar, nnl. akker, altn.
akr, schw. äker, dän. ager, im skr. sl. litt, abgehend, ur-
sprünglich scheint es Weideland, trift, wohin das vieh getrie~
bcn wird, feld, also von agere, altn. aka; dann beim Über-
gang aus dem hirtenleben zum getraidebau, das gepflügte und
besäte feld, im gegensatz zur weide: den a«-ker bestellen,
bauen, pflügen, düngen, besäen, zu acker fahren, vom acker
kommen, doch dauert die bedeulung feld, grund und boden,
wenn auch wald und wiese nicht so heiszen, wie wir feld dem
wald gegenüber stellen, und brachfeld bracliacker, winlerfeld
winteracker erscheinen gleichbedeutend ; manch schOn stück
acker land. Göthe 18, 293. zugleich dioit acker zum allge-
meinen, auch den wald begreifenden flächcumasz: zehen acker
feld, zehen acker wiesen, zwanzig acker wald. ein acker
landes, soviel mit einem pferde im lag gepflügt werden kann;
einen acker lang, die länge eines ackers, mhd. ern vüerl si
nimmer eines ackers lanc. Iw. 4646 ; leisierte von in eines
ackers lanc. 5325; auch als Zeilbestimmung: siede du.s kraut
gein einem acker lang, hin und wider, bis man einen acker
hin und her gegangen ist; der zug könne kaum einen acker
lang aus dem tartarus heraus sein. J. Paul TiV. 2. 79. Unter
gottcs acker wird der todten acker, das feld der tvdlen ver-
173
ACKERAN — ACKERGEBÄÜ
ACKERGEHÖFTE — ACKERPFLÜGCs'G 1 74
standen : die ärzte bestellen den gottes acker, die pfarrer den
acker gotles. die kircUe musz mit ilirem gemachten gott, eben-
gleich wie mit den ketzern, zu acker fahren. Fischart bienenk.
203'. 'den acker megen' Parz. 174, 30. niederfallen, s. anger.
ACREIL\N, m. und n. glans quemea und fagea, getröhnlich
eckem : fünf holzer, da en sol nieman inne nemen wedir holz
noch ackeran, liset aber ieman drinne dekeinen ackeran ...
sol nieman in disera banne dehein ackeren lesen, iceisth. 1,
üTO ; sibenzehen swin, so ackeram da ist, swas fremder swine
in den walt ze ackeram gat. 1, S22. S23 ; wenn si ückerit band.
1.815; wenn achrent keme. 1,178; dehein schwein koufen in
(las achrent, so da achrent wurde. 1,179; wan ein eckem ist.
.421.426; wann eine erkem wurde. 3,516. Höfer 1,17 und
ScHHELLER 1, 25 führen ackeram, akram, agram an, Stalder
1, S7 acherum, acherand, achem, achrig; eine mhd. und ahil.
form ist nicht veneichnet, die goth. lautet akran n., ags. äcern,
engl, acom, nnl. aker, bei Kilian aecker acckel eeckel, alln.
akarn, dan. agern, noric. aakom aakonn aakodn, seine, ällon,
ollon. dem goth. akran tcürde ahd. acbaran, acchran entspre-
chen, wie dem akrs achar, das goth. vort bezeichnet aber
xaoTtöi, da sich ßäJMvos nicht darbot.
Dies icichlige akran aber stammt von akrs und kommt des-
ten deutung zu statten, wie akrs ursprünglich «eide «ar, ist
auch akran frucht der weide, ertrag der eiche und buche; als
akrs gebautes feld geworden war, gieng auch akran auf die
gesäte und geerntete frucht über, gerade wie die benennung glans
sicit im verlauf der zeit auf alle fruchte erstreckte, mit eiche
quercus, die goth. aiks lauten würde, hängt akran, mit altn.
eik akarn sichtbar nicht zusammen, auch ddn. agern weicht
ton eg, schw. ollon f. okom von ek, erst ags. äcern oder
ecem könnte sich dem äc nähern, s. eichel und eckem.
ACKEBB.VR, arabilis.
■ ACKERBAU, m. agricuUura, feldbau, landbau, mhd. auch
ackerganc; nnl. akkerbouw, schw. äkerbruk, ddn. agerbmg.
den ackerbau, der alle sollte nnhren,
gab er alleio den kärern zu verzehrt-a. Opitz 151.
ACKERBAl'EN, ayrum colere: denn meinstu, das damnib
angefangen sei, wie man die bawra zwinge, land und leute
regiere, haushalten und ackerbauen lerne? Luther 6,226*;
Empanda nimmt iur sieb des ackerbauen wahr.
Fleiing 15U.
ACKERB.\UER, m. agricola, landbauer.
ACKERBEET, n. area, porca, porculetum.
ACKERBEMCHT, in agro occupatus : die meisten wo nicht
schünen, doch regenlosen, für den reisenden, ackerbemühten,
Spaziergänger und andere im offenen beschäftigte personen
leidlichen tage. Gütbe 51, 274.
ACKERBREITE, f : besitzt jeder seine gleicbgemessene acker-
breite. Dahi.man?! ddn. gesch. 1, 134.
ACKERBÜRGER, m. bürger in kleinen Städten, der sich von
ackerlau nährt.
ÄCKERCHEN, n. agellus.
ACKERER, ni. arator:
ohn aapflanzer und ackerer stciet das gewächs auf.
Vosi Od. 9, 109.
ACKERFELD, nnl. akkenreld, tro gegensati zum gartenfeld:
zu diesem gute gehören vier hufen ackerfeld.
ACKERFROflNE, m. in einigen gegenden name des feldhü-
lers, flurschülzen.
ACKERFRÜH.NE, f frohndiensU, welche lu hettellung des
acker s geleistet werden.
ACKERFRLCHT, /". gelraide, gegenüber der frucht in gar-
ten und wald.
ACkEHFRLCHTRAR. gelraidereich: dise gegne holzreich,
.irk.rfiiir||tl,,ir, voll fisch. Fiia."«e weltb. 49*.
\| Kl 1:1 ! ['.CHE, f. porca, $. ackerrain: die unvergänglicbkeit
liir nii,rr liehe. Abmm kronenw. 1,4; sie machten eine breite
atkerfiirih. Jou. Vogels ungrische schlacht. Jena 1626. 4. ». 114.
ACKERGALLE, /■. vorquellende, dem acker nadtthcilige feueh-
'■ii^keit, sonst auch die naszgalle genannt, wie pechgaJIc harz;
^'.■is aus breitem quillt, erdgalle ein wucherndes, beschwerliches
Unkraut u. s. w. vgl. galle.
ACKERGAUL, m., ein schlechtes, nur vor den pflüg gespann-
tes Pferd.
ACKERGEBÄÜ, n., in tchrißen des 16 jh. gleichviel mit
ackerbau: die haussorg, ackergcbeuw liesren si den weibern
befolbcn sein. Fba?ie irf//6. 43*; Terborgener dingen unter dem
erdreich, als fruchten, ackergcbeuw. TH0fe.<iiBis8Ea alchymia 1,107.
ACKERGEHÖFTE, n. ackergebäude, ackerhof.
ACKERGELD, n. souol ackerzins als ackerlohn: die bocke
geben dir das ackergeld (vulg. agri pretium). Sprüche SaL 27, 26.
ACKERGER.\TH, n.
ACKERGERICHT, n. gericht ßr feld und flurstreit.
ACKERGEVIERT, n. TeT^dyvov, ackerbreite von vier mor-
gen. Voss Od. IS, 374.
ACKERGURRE, f was aiiergaul. fastn. jp. 306, 12. 396, 13 ;
AcjticoLA 233".
ACKERHEU, n. heu auf brachäckem gewonnen, zum unter-
sciiied von wiesenbeu.
ACKERHOF, m. bauergut, vorwerk, s. ackergehöfte.
ACKERHOLZ, n. busch und laubholz.
ACKERKNABE, m. Schimpfwort für lauer. Diut. 2, Sl.
ACKERKNECHT, m., auf groszen landhöfen, der knecht, wel-
cher den acker zu bestellen hat, im gegensatz des pferdeknechts,
fuluknecbts : dienete ein junger bauwer für ein wagen oder
ackerknccht. Kirchhof icendunm. 255*. s. enke.
ACKERKRALT, «., eine so allgemeine benennung, dasz sie
auf viele gewdchse gerecht ist. alte vocabularien haben acker-
kmt agrimonia und agrestis (/. agrostis), dicitur quasi in agro
stans. Nemmch gibt den namen der veronica beccabunga,
bachbungc. s. agermund, angelmund.
ACKERKRUME, /". lockere ackererde. s. krume.
ACKERLAND, n. terra arabilis, nnl. akkerland.
ACKERLANG, einen acker lang. s. acker.
ACKERL.^NGE, f ein ackerleng wegs. Agricola 50*. 51';
ein ackerleng ferr. H. Sachs IV. 3, S4* ; auf drei ackerleng. 1,
251*; zweier ackerleng wegs lang und breit Frank ice//6. 1S8*;
und kommen bei einer ackerleng tausent Arabier nicht zu
eim mammalucken. Frank chronik 28"; vier ackerlängen vor
dem vater voraus. J. Paul Fibel 14.
ACKERLEBEN, n. im gegensatz zum hirtenleben.
ÄCKERLEDJ, n. agellus. ahd. acharli ; äkkerli buwen. weisth.
1, 101. •
ACKERLEINE, f leitseil ßr das pflugpferd.
.\CKERLELTE, agricolae, ruslici : der könig liesz aileine die
armen geringen ackerleute und gärtner im lande. Llther 3,
230* ; habe ich das leben der ackerleute sauer gemacht. Hiob
31, 39 ; zu beten und mit rew die ackerleut zu loben. Weckher-
LlJt 305.
ACKERLOHN, m. pfluglohn.
ACKERMÄHRE, y. equa araloria, equus arando enervatus.
ackermerre. Fischart Garg. 81*.
.\CKERMANN, m. agricola, rvsticus, ahd. ncharman, achar-
bigengo, ags. äcermon, äcerceorl, a/<n. akrmadr, schw. äker-
man, nnl. akkerman ; in der Volkssprache ackersmann, ein
mann des ackers. wird auch ßr das kraut acorus calamus
und einen kdfer, scarabaeus agricola, tenebrio agricola, ver-
mutlich weil er in der erde wühlt, gebraucht.
ACKERMÄNNCHEN, n. motacilla, die auch in Frankreich
hin und trieder ^emeur, sdemann, in Schweden sädesärla, plog-
ürla, altn. erla heiszl, laboriosa, von erja arare, laborare,
schw. ärja. die rolkssage verglich wol die rührige bewegung
des Schwanzes bei diesem vogel dem pflügen.
ACKER.N, arare, laborare, nnl. akkeren, ein erst nach dem
Untergang des alten arjan, eren außommendes wort. ahd. gibt
es so wenig ein accharön, mhd. ein ackern, als tat. ein agrare
für arare (denn peragrare drückt nicht aus perarare, sondern
per agros circumire). bei Lctber aber ist es schon durchge-
drungen: du soll niclit ackern mit dem erstlinge deiner och-
sen. 5 Mos. 15, 19 ; du solt niclit ackern zugleich mit einem
ochsen und csel. 22, 10 ; wie einer der da ackert und säeL
Sir. 6, 19 ; in welchen stellen ältere Verdeutschungen eren, ären
setzen würden, ackern nier. dan einerlei furch, fastn. sp.
386, 26. an einigen orten soll das pflügen bei der somm^saat
ackern, bei der winler.faal ären heiszen, so dasz für die haupt-
bestellung des ackers das alte wort länger haftete, hin und
wieder gilt pir pflögen zackera, was man nachsehe, ackern
irird auch auf andere schwere arbeit zumal des langen Schreibens
{wie exarare) angewandt : er musz den ganzen tag ackern ; da
schrieb und ackerte ich denn mit dem breiten federspatrn meine
freudc an dich ohne weiteres zu ende. J. Pail komet 3. 229.
ACKERPFERD, n. equus aralonus. weisth. 3, 410. Schwar-
ZENRERC 132. 1.
ACKERPFLEGE, /". ; ein in bester ackerpdege gebaltne.« gut.
ACKERPFLÜGUNG, f. araiio: nacfa ToUendeter »ckerpOü-
gung. Stolberc 14, 135.
175
ACKERRAIN— ADAM
ADAMSAPFEL— ADEL
176
ACKERRAIN, «i. porca, alln. akerrein, dän. agerren.
ACKERREICH, agrosus: im nährenden und ackerreicben
Phtbia. Bürger 143.
ACKERRIED, n. agrostis.
ACKERRIXE, m. rallus crex, der Wachtelkönig, schnarre,
schnarf, schnarz, der alte knecht, wiesenldufer.
ACKERRÜIIRKRAUT, n. filago arvensis.
ACKERSCHNALLE, auch ackerschnat hat Hoiiberg 3, 485.
486 für papaver erraticum.
ACKERSCHOLLE, f. gleba agri.
ACKERSCHROLL, m. rusticus. fasln, sp. 571, 7. s. schroUe =
scbolle.
ACKERSEELE, f. agricola:
da standen sprachlos und entzücket
unsre fleiszig guten ackerseelcn. Herder 3, 26.
ACKERSMANN, m. agricola. ackersmann schlackersmann,
ich lobe mir den handwerksmann.
ACKERTRAPPE, m. otis tarda, ein schwerfliegender, plum-
per vogel, dessen namen man gern auf die bauern anwandte:
ich bin ein alter ackertrapp.
fasln, sp. 344, 16. 396, 27. 398, 4. 5SÜ, 16;
die selben ackertrappen, knappen mit im langen kutten.
in einem neiahartischen licde;
all last ist in worden tewr denselbigen ackerlrappen.
HÄTZLERiN 40'. Uhland voUisl. 429;
das sich mancher macht zu eim ackerfrappen.
fastn. sp. 91, 20;
wir und auch mein ackertrappen,
laszt uns um diesen feiel sappen. 192, 19.
ACKERTROLLE, ni. wiederum Schimpfname der bauern : die
armen ackertrolien. Kirchhof wendunm. 448'. H. Sachs III.
3, 18*. 26'. grober ackerdroll. IV. 3, 57*. s. ackerscbroll.
ACKERUMSATZ, m. ackertausch, um zerstreute gründe zusam-
men zu bringen, magscbiftung ; zuweilen die wechselwirtschafl,
wenn das feld einige jähre als anger, dann zum getraide dient.
ACKERVOGT, mi. custos agri, flur schütz.
ACKERWERK, n. agricultura, res rustica, aqoxos: ergebet
aus an sein ackerwerk. ps. 104, 23; ob dirs sauer wird mit
deiner nabrung und ackerwerk, das lasz dich nicht verdrieszen.
Sir. 7, 16 ; ihr seid goltes ackerwerk ! 1 Cor. 3, 9 ; ackerwerk
und kriegswcrk. Luther 3, 327 ; ackerwerk sol nehren, kriegs-
werk sol wehren. 3, 328 ; denn er sein ackerwerk und viebe
so eilend nicht verkaufen kann. Luther br. 4,209; irs acker-
werks pflegen. Frank wellh. 193'; die Athener pflegen im jar
drei heilige ackerwerk zu begebn , roeXs aoorovs le^ov;
(iyovai. Fischart ehz. 69. jetzt ungebräuchlich, obgleich berg-
werk sich erhalten hat. im Sprichwort heiszt es: ackerwerk
W3C k c r\v 6 riv
ACKERWIRTSCHAFT, f. landwirtschaß.
ACKERWÜRZ , f. acorus calamus, aus dem fremden wort
entstellt und der spräche assimiliert.
ACKERZEUG, n. ackergerät, Werkzeug : befahl ihnen in den
dörfem nichts zu nehmen als vieh, mundvorrat, ackerzeug
und saat. Klinger 4,194.
ACKERZINS, m. census agri, ackergeld.
ACKLEI, f. rhamnus paliurus, bei Fleming statt aglei:
acklei, tulpen und narzisscn
sieht man aus dem boden sprieszen,
den ihr tretet für und für.
ACKES, f. securis, die alte, bessere form für das heutige axt.
ADAM, wird oft für die erbsünde, die alte heidnische natur
gebraucht, die unterdrückt sich immer noch regt: den alten
Adam ich noch spür, heiszt es in einem kirchenlied ; soviel
ich meinen Adam spüre. Luther 3, 104'; gebt auf euern Adam
acht, brich den Adam immer ab, und hast den Adam hindern
obren, zwang meinen Adam durch den geist, sind bei Bar-
thol. RiNCWALD gcldußge redensarten; weil es mich auf die
moralische kraft wies, die in mir lag und die mit Vorsatz und
beharrlicbkeit doch wol zuletzt über den alten Adam hcrr wer-
den sollte. Göthe 25, 123 ; dadurch regte sich abermals der
alle Adam, leichtsinnige bchauptungen, ironisches begegnen,
erzeugte bald apprebension und misbebagen unter den freun-
den. 30,333; der dümon hJilt sich durch alles durch, und die-
ses ist denn die eigentliche natur, der alte Adam, und wie
man es nennen mag, der so oft auch ausgetrieben immer wie-
der unbezwinglicher zurück kehrt. 49, 10 ; es ist eine wahre
ertödtung des alten Adams, wenn wir unser besonderes ver-
dienst aufgeben, uns zwar in der ganzen menscbbeit selbst
hochschätzen, unsere eigenthümlicbkeit jedoch als opfcr hin«
liefern sollen. 50, 112. Adam und Eva spielen heiszt verschie-
dentlich : sich nackt ausziehen.
ADAMSAPFEL, m. eminenlia carlilaginis scutiformis, knor-
pel der luflröhre, nnl. Adamsappel, engl. Adam's bit, schw.
Adams aplebit, dän. Adams äble; auch Adamsbissen, Adams-
kröbs, nnl. Adamsbrok, poln. jablko Adama, bOhm. adamawo
gablko u. s. w., weil dem Adam der kröbs oder griebs des von
Eva dargereichten apfels in der kehle stecken geblieben sein soll.
ADAMSDORN, m. im sinne des alten Adam: ja, du wirst
noch den Adamsdorn, als ungedulf, geiz, räch und zorn,
sampt ander schwacbeit mehr dergleichen in dir befinden
umbzuscbleichen. Ringwalds laut, wahrh. 415.
ADAMSGERTE, /". priapus. fastn. sp. 324, 20. 325, 7.
ADAMSKIND, n. alle Adamskinder sind untereinander glied-
maszen, dann sie sind ihres geschlecbts und natur halber alle
aus einerlei materie. pers. rosenth. l, 12; aber ach, du bist
ein Adamskind. Wieland ; der Schadenfreude, dieser erb und
schoszsünde aller Adamskinder. Göthe 38, 132.
ADAMSSCHUH, m. und tregst die alten Adamsschuh, hilf
das wir folgen deiner lehr, der alten schu uns Schemen. B.
Ringwald.
ADE, n. mit betontem auslaut, vale, franz. adieu {aus k dien),
it. addio, gott befohlen, mhd. ade. Trist. 3856. ade, her wirt,
zu guter nacht! fasln, sp. 39, 9; ade ade, mit guter nacht!
FiscnART Garg. 89"; das alles zur letze und ade. Luther
3, 150 ; da müst ich sagen ade. 3, 265' ; und geben uns da-
mit ade zu guter nacht. 3,504'; ade ade! lieber gesell. Pauli
schimpf 152'; ade o tausendschätzchen! in den Volksliedern
des 15. 16. 11 jh. häufig ade! ade zu guter nacht, zu tausend
guter nacht ! ade ! ich far dabin. Uhland 185 ; ade weit, ich
geh ins kloster; zuweilen aide: aide zu guter nacht! Uh-
land 184. 600. H. Sachs IL 2, 46'; aide, ich scheid ab. 1,469';
einem ade geben, sagen, wünschen, ein geistliches lied hebt
an : weit ade ! ich bin dein müde ;
nun ade ihr feldgöttinnen,
nun ade du grüne lust. Opitz 2, 202;
ade weit ade I Gryphius ;
ade du hartes wort. Fleming;
ade, zu guter nacht ade! Fleming 539;
ade hofnung, freud und mul,
ade was uns kan erlaben! Weckherl. 46S;
will ich zum liebeszeichen
der lodten zum ade die band voll blumen reichen.
Lohenst. Cleop. 113,364;
ade ihr herrn! Wieland Oberon 3, 14 nach den drei ersten
ausg., die vierte setzt lebtwol; und nun ade aufs wiedersehn
5,29, seit der vierten ausg. Ichlwoll; lebtwol ade! Göthe Fai«<
127 ; ade schön liebeben ! Fr. Müller 1, 216 ; gern ruf ich dem
leben ade zu. Platen 276. Die verbildung des 18 jh. strebte
dies längst eingebürgerte ade zu tilgen und ein ganzes franz.
adieu herzustellen, s. adies.
ADEBÄR, m. ciconia, ein nicht blosz niederdeutsches, auch
schon in ahd. glossen erscheinendes, sicher uraltes wort, in den
Schlcltstädler 36, 33 odeboro, sonst odebero (Graff 3, 155), otivai'o,
die otfer fiirchtcn des winters not. Altswert 71, 3 ;
andere formen slehn deutsche myth. s. 638 verzeichnet, wo sich
auch deutungen des dunkeln, mit dem Volksglauben, dasz der
storch glück und die kinder ins haus trage, zusammenhängen-
den Wortes finden, noch eine dritte aus addi ei wurde ander-
wärts versucht, bär oder bero, boro heiszt jedenfalls trä-
ger, niederdeutsch wird dem storch adebar langbeen! entge-
gen gerufen, niederländisch heilchat, beiluiver, mnl. odevarc,
nnl. oijevar; im froschmeuseler .livii' heilbolt und otterwehr,
in Groningen eiber, eher, est ist ein fest für mich, wenn
der adebar ein neues kind bringt und die sach nun glück-
lich getban ist. Claudius 3, 44.
ADEL, m. origo, indolcs, nobilitas, generositas, ahd. adal,
mhd. adel, alts. adal, nnl. adel, altn. adall, ags. ädelo, goth.
nicht vorhanden, ein vorzug des Standes und gcschlechts : der
hohe adel, der htndadcl, einer von adel. Gellert 3, 361. Lks-
sinc 1, 333 (ahd. comman adales). von gutem altem adel;
dann aber würde und hoheit. sie ist herlicbs adels. buch der
weish. 8, 3 ; Hesiodus auch ein stillschweigende zunge lobt von
ihres adels wegen. Erasm. Albehus 9'; wehrten sich dcrmaszen,
dasz sie viel vom adel uud unndel, zu ros und fusz erwur-
fen und erschossen. Götz von Rerlich. lebensb. s 41 ; du must
racim adel weichen. 11. Sachs II. 4, 36'; der künig und fürsten
lob war uit gehurt, sunder ein vcrstendig alter, adel der
177
ADEL— ÄDELISGH
ADELLOS— ADER
178
tugent. Frank wellb. 34' ; es stet eurem adel nit wol. fastn. sp.
502, 31 ; die tugent gibt rühm, adel, ehr. Weckberli.x 414 ;
vil andre künsten gleicher weis
die reciit den adel edel machen.
376;
ich schwör auf deiner tugend adel. Gotier 1, 445;
adel sitzt im gemüte, nicht im geblüte; adel des geistes, der
seele, der gedanken und empfindungen, adel der worte und
ausdrücke, im gegensalz zur gemeinheit. zu üdal sieht im
ablaut nodal palria, praedium avitum, alln. udal, ags. edel;
über der würzet adan uod, altn. ada od schwebt aber dunkel,
skr. at bedeutet ire, was leicht in crescere übergeht, bair.
ucdeln crescere. Schmeller 1, 30, vgl. ädem.
ADEL, m. coenum, lutum, lolium, ags. adele {also im cqn-
sonanl verschieden von dem vorigen ädelo) cod. exon. 424, 1,
es scheint weiblich, obwol das oblique adelan auch einem m.
adela gehören könnte, adelscad cloaca, adeliht coenosus, schot-
tisch addle foul, filthy, niederrheinisch adel sumpf, pfui, coe-
ntim, nach dem Teulonisla; den adel oder mistgauchen. Ma-
THESiDS 124'; bair. der adel, mistjauche, adeln mit jauche
düngen. Schheller 1, 26 ; in schwed. landschaflen koadel kuh-
harn, adia, ala harnen; walacJiisch }ld\i\ lolium. die verschied-
nen und entlegnen gegenden, in welchen dies wort spurweise,
ohne allgemein zu gellen, hervor taucht, verbürgen sein alter,
gehört auch das alln. adess lutum dahin? adel am ßnger, das
böse ding, der ßngerwurm, panaritium?
ADELAAR, m. aquila. s. aar.
dess ward auf jenem berg gewar
ein groszer alter adelar. ß. Waldis Esop 1, 50 ;
und sahst du je
den adelaar im sumpfe wohnen t IIeroer 9, 166.
ADELBURSCH, m., nnl. adelborst, junger von adel: brachte
etliche junge adclbursche an sich. ÄIicrälids a. P. 3, 494 ;
den gefreiten und adeibursch gute balletten (billetle zum quar-
tier) verschaffen. Reltter kriegsordn. 5.
ADELER, «I. so schreibt Lcther gewöhnlich ßr adler, des
Sinnes der letzten silbe unkund.
ADELFISCH, m. albula, schmackhaßer weiszßsch, sonst auch
schnäpel genannt. Hohberg 2, 520*.
ADELGESCHLECHT, n. prosapia nobilis: das alte adelge-
schlechle. Schweimche.v 2, 81.
ADELGÖTTLN, f. : du adclgöttin Vaterland. Herber 3, 163.
ADELGRAS, n. plantago alpina.
ADELHAFT, nobilis: die nase des obem ist zehnmal ent-
scheidender, adelhafler, planvoller. Lavaters phys. 2, 24.
ADELHEIT, f. nobilitas, dignitas, gleich andern wörteru auf
heit gebildet und von dem frauennamen Adelheid verschieden:
mit gioszer reverenz \*as der engel zu ir {Maria) komcn,
mit einem glanzenden angesicht, mit schinendem kleide, mit
zucht und adelheit sich ir neigen, legende von sant Anna.
Straszb. 1509. 4. K S' ;
dieweil dan dise kunst vorwar
allein von gott gegeben dar,
so hat si Ja gar hoch und weit
für andern rhum und adelheit.
JoH. Walters lob der musica Willenb. 1538. 4. B i'.
welche beiderlei adelheiten {rittcradel und adel der freien Stu-
dien) er erworben. Simplic. 1, 10.
wo mit dem adel sich die Studien vereinen,
da siebt man adelheit in klarem golde scheinen. 1, 65.
ADELICH, nobilis, ahd. adallih, mhd. adelHch, nnl. adeliijk,
XU schreiben adelig ist so falsch wie billig für billich, denn
das adj. ist nicht von adel durch ig abgeleitet, sondern Zu-
sammensetzung von adel und lieh (gleich), also adellich, mit
auswarf eines I. ein adeliches wcib. H. Sachs 1, 25l'; vil
schöner lustgärlen, seltzamc adeliche ding darein gepOanzt.
Framk tf e/<t. 204'. schon in Lgtiiers briefen 2,454, wenn recht
gelesen wurde, steht die alleradeiigiste und theucrsle tugend des
giaubens, doch behalten noch die meisten späteren die rechte
Schreibung :
das adelicbe tbier, so einen mann sieb nennet.
Fleming 182;
Geron der adelicbe. Wielasd 18, 1 ; seine adlichen cigenschaf-
ten. GüTHE 6,212; auch Voss überall. BCrcer, 1. Paul«, a.
setzen falsch adelig, adlig, adliches geblüt, geschlecht; ade-
liches siege! ; adliche tliaten.
ADELISCH, equeslris, ahd. adalisc: geloben ist adelisch,
halten bcurisch. Acricola 61'; gcschlechter {in den retchs-
stddten) die etwas edel sein wollen und auf adelische manier
von ihren renlen und zinsen leben. Frank wellb. 4«'. 5. adelsch.
ADELLOS, ignobilis: sie mag mit v>'eiberstolze nun sich
mein des adellosen schämen. Stolberg 13, 170.
ADELN, nobililare, nnl. adelen: wen der kaiser adelt, der
genieszt des kaisers adel. Siurock 5360 ; derhalb für euch
{männcr) uns {weiber) adelt hoch manich wol gelerter poet.
H. Sachs U. 4, 71*; tugend adelt. Haller;
der Vorzug weiser sitteu
macht alles herlicher und adelt auch die hütten. IIaged. 1,25.
wenn der sofistische witz gefühle zu grundsätzen und die
kunst zu genieszen zu Weisheit adelt. Wieland 3, 243 ;
er schuf die kunst und adelte den stand. Gotter 1, 343;
sollte nicht mein schönstes lied
mehr den edeln kämpf noch adeln? Gijrger 2, 3;
sein eigenthumsrecht auf einen gedanken, den der könig ein-
mal zu dem seinigen geadelt. Schiller 79S ; dieser trieb, sein
kind durch einen wolklingcnden namen zu adeln. Güthe 26,
27 ; dieses geadelte herz. J. Paul Hesp. 2, 100.
ADELROTTE, f. coltors equilum. Rectter 34.
ADELSBRIEF, m. codicilli nobilitalis collalae, adelsdiplom.
LoGAü 1, 4, 77 ; adelsbrief und hofsuppen siud gemeiner denn
ein bauernjuppcn; o Schwester du von gutem adelsbriefe.
RÜCKERT 176.
ADELSCH, adv. morc equituni : das ich auf adelsch davon
rede. Luther 3, 323, verkürzt aus adelisch, so up borgers,
auf bürgerisch, Icven. Cl. bur 790.
ADELSCH^VFT, /". ordo equeslris, ritlerschafl : des krieges
adelschaft. Logaü 1, 5, 18; Genuas ganze adelschaft in die
lüfte zu schnellen. Schiller 147.
ADELSCHELN, m.
wie war mein freies herz entbrannt
geteuscht durch adelschein. Borger 102'.
ADELSFEIND, m. Logau 1, 1, 87. 1, 10, 14.
.\DELSINN, m. adelsinn und biederkeit und ehre, die gal-
ten damals. Tieck 3, 89.
ADELSKAMMER, f. Dahlmann gesch. der fr. rev. 185.
ADELSMANN, ein mann von adel, wie man mhd. sagte ein
unadels Er. 934S, einer von unadel, ahd. comman adales und
unadales {gramm. 4, 720), alts. adales man. Hei. 77, 20. 80, 5 :
ein rechtschafifener edel oder adelsinann. Simplic. 1, 5.
ADELSTA.ND, m. nnl. adelstand, der könig hat den mann
in den adelstand erhoben, neben diesem jetzt gebräuchlichen
ausdruck sind adelheit, adelschafl, adelthum veraltet.
ADELSTOLZ, m. jactatio nobilitalis.
ADELSTOLZ, adj. in generis gloria jadabundus. Fischart
Garg. 75*.
ADELTHCM, ti. nnl. adcldom, das ganze hanövrische adel-
thum. Merck briefe 2, 140 ; das reinste adelthum, wie die
reichste kaufmannschaft. Tieck noi?. 4, 95. Oleamvs pers. reiseb •
1, 2 schrieb der adelthuml).
ADELUNG, m. vir nobilis, alid. adalunc, und gangbarer
mannsname, der wolklingende eigenname eines mannes, der
voraus durch sein Wörterbuch ein hohes verdienst um unsere
spradie sich errungen hat.
.\DELrNG, f. nobilitalio: die ihm angebotene adclung hat
er abgelehnt. Niebchr kl. sehr. 1, 81.
ADEM, m. Spiritus, nnl. adem und asem. s. athem und
ödem.
ÄDEM, «». messis, ein seltnes, nur in östr. wcisthümern er-
scheinendes wort: wann sie in dem ädem wcllent infüeren.
weislh. 3, 697 mit der var. in den emdten; als oft ist er
schuldig ain fart in dem äden in den hof einzufuren. Kal-
tenbäck pant. 1, 169' (170* zu dem ärn). Wenn dies ädern die
bei adel vorgetragne würzet adan crescere, augeri? anerkennt,
so liesie sich auch adebcro und das golh. asans messis, folg-
lich ahd. aran, mhd. cme hinzu schlagen, da aus dem d oß
ein s entspringt, wie das vorausgehende adeiB asem lehrt.
ADEMEN, s/)f rare; ademt, athmet. fasln, sp. U, b. j. aihmen.
ADER, f. Vena, nervus, ahd. idara, mhd. äder, nnl. ader,
aar, ags. »dre, altn. xd, schw. äder, dän. aarc, nonr. aadcr.
da sich auch das ahd. /". ida Marl. Cap. 6 und 12 findet {die
Schreibung ida in Arist. org. scheint falsch), ohne r, gleich dem
altn. a;d, so ergäbe sich ein goth. c|)S oder epra und zu-
gleich eine wurzcl ijian a|) t'|)un, dem skr. at ire vergleichbar,
die adem sind gange, nerven, und idreigön poenitcre, alln,
idraz liegt vielleicht verwandt; audi darf der begrif ton ader
nicht auf das blut beschränkt werden, wie iic ädern im holz, mar-
12
179
ADER— ADERKAUEN
ADERKEIT — ADERSCHLAG
180
mor und erz und die brunnadcrn zeigen, man unterscheidet
hauptadern, lungadern, leberadern, milzadern, spannadern nervi,
Schlagadern arteriae, bUitadern venae: die adein seiner schäm
starren wie ein ast. Hiob 40, 12 ; es wuchsen adeiti und fleisch
darauf. Hesek. 37, 8 ; von euch wil ich nicht weichen, weil ich
ein warmen blutstropfcn hab, den alhem oder ein einig ader
mag geregen. Kirchhof mil. diso. 159 ; ach wie mir das durch
alle ädern läuft, wenn mein finger unvermerkt den ihren be-
rührt. GöTUE 10, 54 ; die ädern liefen auf. Gei.i.ert 1, 83. die
ader schlagen, zur ader lassen, venam incidere: ich kam hin-
ein, da sie zur ader gelassen worden war. Klopst. 11, 49 ;
der mcdicus liesz mir die ader schlagen, er hat mir nachher
gestanden, dasz meine freunde in Leipzig aus groszer liebe
und behutsamkeit die gefährliche und doch retlerischc ader
(den aderlasz) nicht würden gewagt haben. Gei.i.ert 5, 202.
dann in häufiger antvendung auf das innere: die ihr von art
nicht gut seid, und keine gute ader in euch ist. Luther 5,
435'; bruder Philipp mag doch wol noch eine gute ader ha-
ben. Lessing 2, 534 ; es ist keine falsche ader an ihm. Güthe
8,193; damals schlug des mulwills ader noch in mir. Arnim
sc/ia«6. 1, 180 ; der junge mensch war ein guter köpf, obgleich
ohne spur von poetischer ader. Göthe 24, 285 ; dasz im alter
die poetische ader vertrocknet. Kant 10, 273 ; gleichwol , war
man auf eine blutreinigung der geistlich poetischen ader (des
kirchenlicdes) aus. .1. Paul biogr. bei. 1, 138 ; die italienischen
mäuschen {mädchen) haben ihre eigenthümlichkeiten, vor zehn
Jahren hätten einige passieren können, nun ist diese ader
vertrocknet. Göthe 29, 42 ;
so macht man schelm und böscwicht,
und hat davon keine ader niclit. 13, 11,
wie es heiszt, er hat keine ader von seinem vater. Auf
ädern der quellen und des erzes, hohes bezieht Notker sein
ida : üjer welero idun siu crsprungen sin ; an dero diu ida
glei; lütteres coldes ; dia idun an demo holze ; die metall-
adern sind gemeint, aus welchen die reiche der weit und ihre
berlichkeit gewässert werden. Göthe 45, 324 ;
du stehst mit unerforschtem busen
iiber der erstaunten weit,
und schaust aus wölken
auf ihre reiche und heilichkeit,
die du aus den ädern deiner brüdcr
neben dir wässerst. 2, 07 ;
eine ader ist ergibig, reich, sie versiegt und vertrocknet.
ADER, aul, statt des üldichcn oder, ahd. edo eddo erdo
odo, golh. aijjjiau, ßndet schon im atha des capilulars von 827
(Pertz 3, 201) bestärkung, nicht blosz die oberpfälzische, frän-
kische mundart hat es (Schneller 1, 27), sondern einzelne zu
ausgang des 15, an fang des 16;7(. gedruckte bücher führen es durch,
i. b. des magister .Ioh. Farri de Werdea proverbia metrica et vul-
gariter rytmisata. zu Leipzig bei Conr. Kachcloven o. j. kein
ding solt du loben ador sehenden. Aiii', und immer so. auch
die proverbia eloquentis Freydangks, vermuthlich aus dersel-
ben druckerci hervorgegangen: es sey vbel ader gut. daneben
steht es für aber, wie heute noch unter dem votk. s. ald, oder.
ADERBINDE, f. mitella, ad ligandam venam.
ADERfJLOD, cui pulsus arteriarum languet ? so der mensch
aderblöd ist, trag und schwer am ganzen leib und voll wees
und schmerzens binden und vornen, der spreng die leber-
ader, das würkt wunderbarlichen. Gersdort feldbuch der wund-
arxnei bl. 19.
ADERDRUCII, vi. phleborrhagia, varicocele,
ÄDERCHEN, n. venula: kein aderchen von ihm. Schiller
112 ; es ist kein gut ädcrchen an ihm.
ADERECHT, üdericbt, venosus, nervosus, nni aderachtig.
s. aderig.
ADEREISZ, m. s. eisz.
ADEREISZLE, n. ulcus venarum: so ein Iiitz oder frost
kompt mit eim adereiszic schwarz, auszcn umh rol, mit einem
wciszen biitzliri. Paracei.sus chir. sehr. 432*.
ADERGEFLECHT, n.
ADERGESCinVMLST, f.
ADERHAUTCHEN, n. chorion, duszere, mil ndern durch-
ßochtne haut der nachyeburt; vielleicht entstellt aus achterhaut,
aßerliürde 7
ADERIG, äderig, venoius, nnl. aderig: aderiges holz, äde-
riger niarmor.
ADERKAUEN, ruminare, nur in einigen gegenden ßr wie-
derkäuen, im Teutonista ederkoiiwen, ahd. itaruchun, ags. cdrc-
can, von dem alten ila, ilar, idur lat. itcrum.
ADERKEIT, f. gleichsam veno.<titas, locus in quo crehrae venae
sunt, scheint entsprungen aus aderigkeit: das die wunden an
disen stellen vast sorglichen ist, umb der adcrkeit willen der
stat. Hier. Braunschweig chirurgia bl, 78.
ADEHKRAMPF, m. varix.
ADERLASZ, m. phlebotomia. dem kranken den aderlasz ver-
ordnen ;
und well d^r doclor ihr den aderlasz befohlen. Geliert.
ADERLASZBINDE, f. was aderbinde.
ADERLÄSSE, f. was aderlasz:
nur immer zu mit dieser adcrlässe. Schiller 1075.
^DERLASZEISEN, n. phlebotomum, fliete, Schnepper.
ADERLASSEN, secare venam, nnl. aderlaten, schw. äder-
läta, dän. aarelade, praet. ich liesz ader, habe adcrgelassen,
nnl. ik liet ader, heb adergelaten: es kann einer wol adcr-
lassen. Agricola12"; in diesem monat ist gut aderlassen.
ßgürlich, einem aderlassen, ihm sein geld abnehmen.
ADERLÄSSER, m. Garg. 98'.
ADEP.LASZMÄNNCHEN, n. designatio venarum in homine
picto: wunden hol ich mir mehr als das aderlaszmännchen
im kalcnder. J. Paul uns. /o_(?e2, 94; blosz mit den wunden
des aderlaszmannchens im kalender davon kommen. J. Pauls
bricfe 140; das wettermännchen des bauers scheint mit dem
aderlaszmännchen zu einer zeit zu wahrsagen, herbstblumine
3, 200.
ADERLASZTAFEL, f. abbildung der ädern an einem mann
oder Pferde, aus welchen blut gelassen werden kann.
ADERL, n. medulla Spinae dorsi, hauptsitz der nerven, s.
ädern, ahd. innädiri viscera, exta, venae. vgl. altwachs.
ÄDERLEIN, n. venula:
doch unter seiner zungc unten
wird ein schwarz iiderlcin gefunden. Atreji 283".
ÄDERN, nervös eximerc, enervare, ahd. ügeradrön (Graff 1, 157)
s. abfleischen, ausädern : also sprichet mancher und menige, ich
wolt mich ee lassen ädern, ce dan ich es tliet. Keisersberg
hell, lewcld^ ; so wolt ich eine solche französichte giftige hure
redern und edern lassen. Luther 8, 172; so wolt ich ein
solche französische hure redern oder ädern lassen, tischr. 325*.
420" ;
der lose häufe,
der mir anthut schmach und spolt
und mich ädert auf den tod. Opitz 3, 154;
da tausend schmerzen mir den kranken mut betrüben
und ädern meinen geist. 2,30;
indem das ganze land auf seiner baare steht,
indem uns freund und feind bis auf die seele geht,
und ädert in den grund;
man drängt mich forn und binden,
hier ädert mich dein grimm, den ich durch meine Sünden
gehäufet liab auf mich. Fleming 16;
wann du den aal ädern wilt, so löse die stücke alle um und
um bis an den grat, dann drehe dieselben nacheinander
herab, so gehet das äderl oder rückgratsmark heraus. Hoii-
BEHG 3, 11"; bair. äderlen, aderlen, mil nadelstichen peinigen
(Schneller 1, 27). sich ädern in folgender stelle scheint aber
die nerven anspannen, anstrengen:
da wüst er sich zu ädern
und sprang mil einem sprung
dort aus den kurzen federn. vo.«i Birken 74.
den bihlhauern heiszt ein wol geädertes bild, an welchem alle
ädern genau ausgedrilcJit sind, nnl. een wel geaderd beeld;
mehrere handwerkcr ädern, indem sie auf ihrer arbeit in holz,
blech, leder ein geäder darstellen, schön geäderter marmor.
ADERPÜLS, wi. pulsus venarum, besser ist aderschlag:
der adorpuls ihr starrend stand,
umwachsen dicht und dichter. Stolderg 5, 242.
ADERSCIILAG, m. pulsus, nnl. aderslag: wie ein baiim-
wol ein aderschlag wiederumb verhallet. WI^rtz wundarzti. bl.
42; wenn der aderschlag schnell schlegt. IMiszufis heltammen-
büchlin. Frankf. 1505 bl. 21 ; als ob sie todt sei, also dass
man oft und dick keinen aderscblag befmdt. 36;
indem man auf die lirust spürl jeden aderschlag.
A. (iRYPBlus 1, 100;
mit einem febrilischcn aderschlag. Schiller 693; wo Sehnsucht
nach mir auf den aderschlag lauerte, unter dem ich erschei-
nen sollte. 208; eine schäferslundc der ücbc ist ein aus-
setzender aderschlag in der frcundschaft.
181
ADERSPALT — ÄFERN
ÄFERN — AFFE
182
ADERSPALT, m. ruptura venae.
ADERSTOSZ, m. pulsus. mlid. mit triwen milte äo äder-
slo?. Parz. &26, 9, ohne dasz ein adersehlag seine milde auf-
hielt? wir würden eher sagen: bei jedem pulsscülag.
ADEUWUNDE, f. venae sedio:
Chloens arm, entblöszt zur aderwunde. Gotter I, 259.
ADIES, mit betontem e^ spricht der gemeine mann in den
Rheinländern statt des alten ade, oder des voniehmen udieu.
adies Faust! jetzt adiesi Fr. Mülleb 2,125.
ADIEU, ich musz nun fort. Götde 7, 59.
ADLAR, m. aquila. H. Sachs IL 1, 54* im reim auf klar. s.
das folgende.
ADLER, m. aquila. s. aar, adelaar, adeler. m zusammen-
gesetzten Wörtern wird das dem vogel ähnliche und gleiche
durch adler, das ihm selbst zugehörige durch adlers ausgedrückt.
ADLERAUGE, n. scharfes äuge.
ADLERBLICK, fli. mit adlcrblicken alles tief durchschaut.
Gotter 1, 39S.
ADLERFLUG. m. schnellster flug.
ADLERKHAUt, n. fteris aquilina.
ADLER.NASE, f franz. nez aquilin.
ADLERSFEDER, f. wenn man ein adlersfeder zu andern
federn legen thut, so friszt sie der ein ganzen häuf. B. Risg-
WALD laut, waltrh. 329.
ADLERSKLAUE, f
ADLERSNEST, n.
ADLERSCHWU.NG, m.
Europas bildung erhebt sich
mit adlerschwunge. Klopst. 2, 37;
dich hebt deiner bilduug adlerschwung. 2, 3S;
und treibt aus kaller därnmerung
gen bimmel seinen adlerschwung. Büsgek 51\
ADLERSTEIN, m. asrlrijs.
ADLICH, nobiliSj s. adelich:
was thut wohl sonst ein adlicbes gemüth,
das seines vaters haus in tiefem Jammer sieht.
J. E. Schlegel 1, 414.
ADRICHT, nerrosus, s. aderecht:
welcher die grabsehrifl mit künstlichem griffel
auf den adiichten marmor schrieb. Zacuakiä 1, 304.
ADRIG, was adeiig: als ein adrige aufblasung zusammen-
gezogen und gespannt. Tdirneisser infl. wirk, der erdge-
wächse bl. 99.
den adrigen Telsen
kleidet dunkler epheu von innen, blühendes geiszblatt
dullet rings umher. Stolbesg 3, 321.
ÄFCHEN, n. simiolus, nnl. aapje : ja ja, mein äfchen, ich
merk es schon. Lessisg 1, 270; was denn diese äfchen zu
^cr wunderbaren positur verleite. Gothe 28, 41 ; monate, jähre
durch das äfchen eines weibes zu machen. Fr. Müller 3, 92.
AFEL, VI. laesio cuticulae. afell ist ein zufall bei allerlei
güederkrankheiten, sie sein offen oder niclit, die von böser
luft und anderm übelverhalten bei denselben leiclitlich zu-
schlagen und grosze cntzündungen verursachen. PixTER;)/tTrf-
schatz, Frankf 16S8 5. 423. der afel, stelle am thierischen kör-
per, welche wegen Verletzung der nervenschützenden oberhOut
gegen berührung besonders- empfindlich ist; äfelig, geschunden,
wund, reizbar. Scum eller 1, 30. sollte dies nicht das frie-
sische abel, apel lumor bei RicnrnorEx 586' sein ? Hüfer im
vsir. wb. 1, 7 deutet afel geschwulst und entzündung ; Umschlag
wider den besorglichen affel. Abele kUnstl. unordn. 5, 256.
altn. ist all, abl robur, ahd. afalön satagere, colere. s. das
folfjende und äflig.
AFELN. laedere? du soll auch gewamet sein, dasz du in
keinem wege mit zangen oder instrumenlen dich understehest
etwas zu machen, dann du affeist das glied. Paracei-svs
Chirurg, sehr. 345*. vgl. afla parare, ahd. afaluii, dessen be-
deutungen uns zum thcil verborgen sinä, aus parare könnte
sich die von gerben, reiben ergeben und afel wäre wundrei-
bunif, äfeln wundreiben.
ÄFERN, iterare, repelere, uleisci, ahd. afaron, avarön, mhd.
ävem, äfern (Bem. 1, 73'), von avar, wie iterare von iterum ge-
leitet, äfercn iterare Dastpodiüs; ich evcr (repeto) Beha>s
Wien 399, 30 ; in dhain v»eg rechen, äfftrn. verzichtbrief von
1500 in CuxELS Maximilian s. 2t3; darzu sag ich, dasz du
solcbes io deinen rächen erlogen hast, dann ich dich solches
genugsamlich bezeugen wil, dasz du gar nahe der erste man
an dem hof gewesen bist, so solchs geäffert hat. Galmy 276 ;
die widertäufgr äfern den erst empfangenen tauf. Stumpf
Schweiz, chron. 722; vielgeäferte belesung, lectio decies repe-
tita; welchen irrthumb nachmals a" 1170 VValdo wider äfert.
Frank c/iro». 353"; damit sie Mosen wider äfern. Frank pararf.
52"; nichts ist aber so gar wider, die weit, als sein recht nit
äfern. 98"; es müssen alle prophecei von der weit an wider
gebracht und geäfert werden. 3, 123 ; es sol auch keiner ein
alten neid oder hasz im feld oder besatzungen äffern noch
rechen. Fronsp. kriegsb. 3, 16'; die newen zeloten, so umb
unnötige und frembde sachcn äfern. Matbesils HO* ; w er sünde
zudeckt, der machet freundschaft, wer aber die sachc efert,
der macht fürsten uneins. spr.^Sal. 17, 9, ru/j. qui altere ser-
mone repelit, gehässig die sacke immer wieder vorbringt, ahn-
dek, LXX 0= Se uujel y.ovnxeiv, der es verschmäht zuzu-
decken, spätere ausgaben Lctuers, wer aber die sache eifert,
efern entspricht dem repetere {repetieren), eifern allenfalls dem
fitaeiv y.ovTiTsiv, doch Lltuer scheint hier das aus einer äl-
teren Verdeutschung vorliegende efern mit eifern zelare zu men-
gen, die an sich nichts gemein haben, auch Mathesics in der
vorausgehenden stelle nahm äfern für eifern, und Albercs gibt
darum ich efer oblalro, gannio. efern, äfern hat den acc. der
sache bei si'cA, der für eifern unpassend ist. alle aus bair.
Urkunden von Schmeller 1, 30 beigebrachten belege zeigen für
afern, efern stets den sinn von iterare, repetere, reprehendere.
Stalder 1, 90 führt es als altschweiz. wort auf, ebenso Tobler
s. 70 äfern, äffern, effern. Stieler 5. 4 hat äfern iterare, si-
mulare, eines angesicht äfern, vultum alicujus fingere, lügend
äfern in ostentationem virtutis compositum esse, leitet dann
aber unrichtig auch eifern davon ab. äfern scheint in der
spräche des 17 jA. auszusterben, die schlesischen dichterkennen
es nicht mehr.
AFFA, wie a, aa und ach ausgang alter flusznamen ßr aha,
z. b. El laffa = Erlaha, Erlach.
AFFE, m. simius, ahd. affo, mhd. äffe, ags. apa, engl, ape,
nnl. aap pl. apen, altn. api, schw. apa, dän. abe ; ir. gal. apa,
welsch epa; russ. obez'jana, litt, bezdzona {für abezdzona?),
altböhm. op, böhm. opec, opice {woher der name Opitz), slov.
opitza ; alle mit abgelegtem kehllaut des skr. kapi (Bopp 65'),
gr. xr^Tios, y.eljios. ein für die geschickte der spräche merkwür-
diges wort, das die Deutschen mit Kelten und Staren neben
dem lat. in allen romanischen zungen verbreiteten simius, si-
mia aufrecht erhielten, das gr. aifiöi bedeutet stumpfnasig,
bei Tbeokrit heiszen geisze und bienen aiuai, dazu gehört
auch simia, nicht zu similis, wie freilich ein gr. a/fenname
utfitö zu fit/ieia&at. die würzet von kapi und äffe liegt ver-
borgen, doch verwandt sein könnte ihr altn. gapa, ahd. chapfan,
mhd. kapfen, nhd. gaffen, hiare, das maul aufsperren, hielare,
äffen feil haben (s. maulaffe, gähnaffe) und dann hätte die in
api wcggefallne gutturalis sich in gapa erhalten, den Polen
ist malpa eigen, den Russen auch noch pifik = Ttidr^^, rzi-
d'T^xoi, das vielleicht, mit der aphaeresis von bezdzona, aus
aTiidTi^, y.aTiid'r]^ entsprang, unter dem grammatisch nuinn-
lichen äffe, wie umgedreht unter dem weiblichen lat. simia werden
beide geschlechter verstanden, auf menschen angewandt bezeichnet
äffe ein hdszliches, stumpfes gesicht, einen thor und einen der
alles lächerlich nachmacht: der alte affel oß aber werden auch
junge kinder äffen gescholten, (s. affenjung und grasaffe) wie
nach Aristoteles alle kinder aifia sind.
sieh wir wissen
rath zu schaffen,
lasz dich küssen;
seht den äffen I
welch entsetzen,
welch ein blick. Göthe 10,280;
ich gtn und gaff und bin ir äff,
das musz ich selber jeben. Uulako totkil. 642 ;
wer ist, den nicht zu zelten
glciciiwol die äffen reiten? Logau3, 7, 36;
mein sollen beide müszig gähn,
so musz mon äffen schuchen ihan. H. Sachs 5, 287*;
äffen ßngt man mit groszen bundschuhen. Simrock spr. 118;
äffen feil haben -wollen. A. Gryphius 1, 744 ; einem äffen dre-
hen, äffen weisen, adunco naso suspendere; äffen ausnehmen;
macht euch zu einem äffen {hahnrei). fastn. sp. 503, 18.
AFFE, /. simia, ahd. affd, vom m. affo unterschieden, noch
B. Wacdis im Esop 4, 7 und ößer :
er trat rors belt, da dia äff lag
und wünschet ir ein gutea Ug;
12*
183
AFFEN — AFFENHAFTIG
AFFENJUNG — ÄFFISCH
184
wo das Weibchen hervorgehoben toerden soll, sagen wir heule
affin.
AFFEN, dehtderc, gleichsam zum äffen machen:
daj du dich selben äffest. Mauritius 1497 ;
sei weis, lasz dich nit äffen,
der klaffer seiud so vil,
lialt dich gen mir reciitschaffen.
ÜHLAiND volksl. 130. Ambras, s. 13.
ÄFFEN, Hindere, deludcrc, (allere, mhd. effen afte (Ben. 1,
11'): äffcten seine propheten. 2 chron. 36, 16; Christus hal
dazumal die jünger wollen nerren und effen. Luther 3,473";
ihn umh ein ganze örthen (zeche) effen. H. Sachs IL 4,16';
uml) fünf (Ihaler) effen. IL 4, 67'; der wolf mit dem schaf
ward geeft. IL 4,91'; die reden verfahen nit, nu hab ich euch
wol geäfL Aimon Kiiii; wer sich äffen lasset, den narret man.
Pauli schimpf lu'; und sich von einer zeit zur andern auf
solche weise herum äffen lieszen. ehe eines mannes 68 ;
heillgkcit verlor den rock, falscliheit hat ihn angezogen,
liat darinnen vil geäft, hat manch ))ieder herz betrogen.
LOGAU 3, 5, 25;
so oft die eilelkeit den, der sich trügen läszt.
GÖNTÜER 608;
dein blendwerk äfl uns nur. 1015;
0 freunde Jaszt euch nicht von süszer hofnung äffen.
Lessi.ng 1, 95 ; •
er hat mich her bestellt, er wird mich doch nicht äffen?
2, 452 ;
wenn anders seine obren
kein nachlgcist äfl. Wieland 5,6;
und wer äfl doch die ihorbeit so getreu ? Gotier 1, 311 ;
sechse treffen, sieben äffen, freischiilz 2,5;
bin also nicht der erste, der das publicum äft. Hamann 1, 479 ;
er kann den schein, der ihn zwackt und äft, nicht los wer-
den. Kant 2, 307. In der bedeutung von ridicule imilari sieht
äffen nicht, nur nachäffen,
AFFENART, f. specics simiarum.
AFFEN A RTI G, äffen äh n lieh.
AFFENBANK, f. was sonst spötterbank, wo die spöller, die
narren sitzen, ps. 1, 1 : der alle verkerte menschenkinder auf
den affenbank setzt. Frank parad. 60 ; so musz got gut gnug
sein, und unser wartende auf dem affenbenklin sitzen, wan
wir kommen. Frank spr. 2, 152*. s. affenort.
AFFENBEERE, f. cmpetrum nigrum, eine cszbare beere, die
berauschen, also zum thoren, äffen machen soll, und auch
rauschbeere heiszt.
AFFENBERG, m., was sonst auch narrenberg, gauchsbcrg,
scbalksberg genannt wurde, vgl. deutsche myth. s. 649 und im
gedieht der Spiegel s. 201. nach Ettners unw. doctor s. 698
lag unweit Nürnberg ein Affenberg.
AFFENBILD, n. affengcsicht:
doch wenn Diogenes, wenn dieses affenl)il(I,
das seinen armen stolz in doppeltiich verhiillt.
Camtz 149 ;
wenn ich dir aus der bibliothek einen ganzen band der wun-
derlichsten affenbilder kommen lasse. Göthe 17, 230.
AFFENBLICK, «i.
mit einem kalten affenblick. Weckherlin 557.
AFFENDREHER : naupentückische nascn und affenträher,
rauchvcrkeufcr, gauchstecher. Fisciiart Garg. 1591, 17', vgl.
äffen drehen unter äffe.
AFFENERNSTLICH, adv. spöttisch erweise: oder gar dem
künstler affenernstlich untersagen. Herder 19, 43.
AFFENFENZEN, n. cavillatio: das sie solche iren trunken
geifcr und affenfenzen dürfen dem christlichen volk fürgeben.
LurnER 2, 56'. vgl, alfanz und fenzen.
AFFENGANG, m. thöricitter, eitler gang:
der ein lieben biilen bat,
der tut gar manchen affengang. Uhlakd volksl. 72.
AFFENG AIJKELISCH, adv. thöricht: wie sich die bauern
affengaukelisch stellten. Simrock volksl. 4, 00.
AFFENGESICHT, n. nnl. apengczichL das affengcsicht! wir
wollen sehen wer ihr beisteliL Gütiie 11, 18.
AFFENGLAS, n., ein glas, das frauen zum zierrat trugen ?
oder affenspiegel?
sie bat ein affengla.i, ist ganz,
das tut mich ser bezwingen. Uiilaisd volksl. C12.
AFFENHAFTIG, was affenartig : die heutige manicr der affcn-
liaftigcn weit, maulaffe. (rorr.)
AFFEN.IUNG, blutjung, wie die alte spräche kindjung sagte,
und die affin ihre kinder mit sich trägt: das arme affenjunge
blut. Göthe 12, 174, vgl. grasafle und affenrund.
AFFENLIEBE , f. blinde, unvernünßige liebe besonders der
eitern gegen ihre hindcr: meiner eitern grosze affenliebe. Plesse
1, 49; in meinem herzen welche falsche affenliebe. Arnim
schaub. 1, 90.
AFFENMÄSZIG, affenmäszigc handlangen. Rab. 2, 173 ; affen-
mäszige neger.
AFFENNASE, /". stumpfe nase.
AFFENORT, v. was affenbank: setz in auf das affenort.
fasln, sp. 44, 20, wie auf das narrenort setzen. 47, 13
AFFENPOSSEN, /". pl., affcnspicl. Plnline war immer um die
gräfin, die sie mit ihren affcnpossen unterhielt. Göthe IS, 279.
AFFENRüND, drall, von festem fleisch wie junge äffen : dann
eim solchen jungen, mollentrolligen, affenrunden bärensteng-
1er stund es mechtig wol an. Fischart Garg. cap. 4. 1594, 5l'.
mollentrollig drückt dasselbe aus, bärenstcngler, cfcr den baren
stängclt, an die Stange bindet, umführt und tanzen läszt, ein
derber, kräftiger gesell, s. affenjung.
AFFENSCHWANZ, m. affentanz, affenspiel: da füren sie
mich Avider in das sechste capitel Johannis oder sonst auf
einen affenschwanz. Luther 3, 286'; also leret uns hie dis
edict, das wir unser lere sollen meiden und dafür uns von
inen lassen auf einen affenschwanz füren. 5, 297"; und er
(Christus) habe seine liebe braut, die Christenheit auf einen
affenschwanz gefüret als ein teuschcr oder hlastücker. 5, 225'.
AFFENSEIL, n. was sonst narrenseil :
manch weih den man gar schön anblickt,
bis sie ims affenscil zustrickt.
Freidank 1539. bl. 20.
vgl. das alte gedieht 99, 13.
AFFENSPIEGEL , m. affenspiegel,' gaukelbüchsen, mummc-
reikleidcr werden als kramwaaren neben einander genannt, s.
affenglas.
AFFENSPIEL, n. der teufel mag wol lachen zu solchem
affenspiel. Umland 530 ; ich wolt des affenspiels gerne lachen.
Luther 3, 60'; (das klosterleben) ein recht affenspiel und nar-
renwerk. 4, 2Sl' ; es ist ein affenspiel. 4, 305' ; was bisher in
stiften und klöstern bückens und kniens gcwest ist, hat kei-
nen ernst gehabt und ist ein recht affenspiel gewest. 4, 435' ;
beide binden und lösen mus ein lauter gaukelwcrk und affen-
spiel sein. 5,231"; und wird doch eitel affenspiel und geuch-
werk draus. 6, 140' ; was dein man treibt vor affenspiel. H.
Sachs IL 4, 32"; dein kurzwcil ist ein affenspil. Ayrer 161* ;
und zwungen sich so wol bei diesem affenspiel.
A. Grtpihus 1, 681;
steh ich hier, und hin dein affenspiel? 1,643;
wer also immer lächeln und heiter sein kann, der musz ein
affenspiel mit dem leben getrieben haben. Klinger 11, 185 ;
meine bürschchen sind mir alles, die tagtäglich so lustig aSea-
spiel mir besorgen. Fr. Mijller 2, 23.
AFFENSTEIN, «i., ein heilkrafliger stein, den äffen im köpfe
tragen sollen. Nemnich unter bezoar.
AFFENTANZ, m. was affenschwanz:
Tür gottes wort all gscbwetz dargeben
ists teuf'els affentanz anheben.
KincHuoF wendunm. 438';
feil ist, schon oft für wenig geld,
ihr geist zu niederlräcbligkeiien,
ihr leib zu einem affentanz. Gökinok 1, 27.
so will ich euch ein pfeifer bringen,
der euch pfeif einen affentanz. IL Sachs 1,477';
AFFENTEUER, AFFENTEURLICH von Fisciiart gebildet ßr
abentcuer, abenteuerlich.
AFFENWEG, «i. also musz man den leuten darnach die
narren trehen und sie auf den affenwcg führen. Tabernae-
montanus kräuterbuch s. 590. s. affendreher und affenort.
AFFENWERK, n. passen.
ÄFFER, «I. illusor: cffer und trieger. fasln, sp. dOO, 9.
AFFEREI, /■. dclusio, illusio: von jeder bürde und afferei
des lebens. HERnERll, 81; man habe euch nicht bemerkt und
alle eure affeieien sein verloren. Göthb 36, 65.
• ÄFFEREI, f. ältere Schreibung desselben worls: iiaben nur
lust und gefallen zu dem narrenwerk und cffcreicn des ver-
damplen cardinais. Luther 8, 277'.
Äi'FIN, /". simiti, ahd. aflin, aflinna, nnl. apin, altn. apinja.
B. Waldis Esop 4, 75 schreibt üffin.
ÄFFISCH, affenartig: sieht wol der fromme mann, in
185
AFFOLTER — AFTERANWALT
AFTERARZT — AFTERHEÜ
186
äffischer ungestalt, ein vriderwärtiges wesen herum hüpfen.>
CüTHE 29, 203.
AFFOLTER, auch geschrieben apfolter, afholder, eine Zu-
sammensetzung, die uns wie wacholdcr, bacliholder, maszliol-
der, holunder in ihrem zweiten Iheil das uralte skr. taru ar-
bor (Bopp 151*), därii arbor (Dopp 167'), druma arbor (ßopp
ITS'), goth. triu, ags. treov, engl, tree, altn. tre, ddn. trä,
schw. träd, gr. Söov und Sovi, ir. daracli, welsche denv, ar-
vtor. dero, sl. drevo hegt; das ahd. affoltera apholtera, altn.
apaldr, ags. apuldre bezeichnen malus, ma^altra acer, wechal-
tcr juniperus, holuntar sambucus; heute gilt affolter bald für
opulus, bald für viscum albtim, in Baiern behauptete sich län-
ger die bedeutung malus, pomus, (Schmeller 1, 31), einige
mundarten nennen aber auch den ahorn appcldören, aplern.
ÄFLIG, entzündet/ reizbar: und wiewol das ist, das die
wunden hitzig, älllich (/. äflig), febrisch werden, die ding aber
sind die krankheit nicht. Paracelscs 1, 30'; darbci auch, da?z
die ding, so eingeschlossen werden, aus kraft ihr eignen na-
tur fiir sich selbs erger sind, äffliger und wundsüchtiger, aus
welcher eigner bosheit, ehe dasz (sie) zum ausgang kommen,
ein ganzen leib verderben. 2, 257'. üstr. die wunde ist afli,
reizbar, s. afel und üfeln.
AFNEH, CT. nach Friscu 1, 13* und Adelung, bei den we-
hem eine benennung des rädelkamms, woßr sie auch öfner
aussprechen; wahrscheinlich ein alles, vielleicht entstelltes wort,
das nicht zu öfnen aperire, eher zu weben selbst gehört, und
dem altn. ofnir teilor? {von Tefa ofinn f. Tefinn) gleicht, dem
bekannten webel, wefel panucla verwandt, den Böhmen hciszt
der webcrkamm paprsek, paprslek, wozu Jlxgmasji die deut-
schen Wörter rieth, riethkamm, öfner anführt.
AFRUSCH, gleich aberraute, ebrisch entstellt aus artemisia
abrotanuni.
AFTER, fortbildung der partikel ab und aber, wie schon un-
ter aber gelehrt wurde, gebunden durch das t erhielt sich das
f von af, trat aber, nach einem gewöhnlichen Wechsel aus der
aspiralion des lippenlauts in die des kehllauts, nnl. achter.
dies achter ist doch noch lebendige praeposition und bedeutet
nach, hinter, wie das ahd. aftar, mhd. after (Bex. 1, ll'), nhd.
dauert es blosz in den folgenden Zusammensetzungen, und zwar
sinnlieh genommen mit dem gleichen sinn des räumlichen oder
zeitlichen abstandes, figürlich mit dem begrif des schlechteren,
geringeren, die nnl. Zusammensetzungen mit achter und die nhd.
mit after treffen meistens nicht überein. Beachtenswerth sind in
schrißen des 15. 16 jh. noch einzelne spuren der ungebundnm
partikel, die nicht plötzlich aufhörte, sondern hin und wieder
als praep. oder adv. vortaucht : after dise nacht sollen ir mich
nimer me sehen. Lober, Strasb. 1514. 102'; after dismal so
gesehent ir mich nimer me. weiszritter Strasb. 1514. 166' ; lie-
fern after die stat. Kömcshofex 66; after dem land. Hug-
schapler 13; after land gost. .Murner; ich hab mein buben
after der stat umb gejagt, dialogus zwischen Schöpfer und
Schabenhut. Straszb. 1525 A'; after wege gan; after mir kom-
men meine mitgenossen. Zihkcref 2, 60 ; werdent ir als man-
ches ritters gedärm oder ingeweid afterm feld zerstrawt se-
hen. Aimon y; nun afler drcwtusent gülden jerlicher rcntcn.
CiiMEL urk. Maximilians s. 438 ;
nach einer halben stund after
ward erst ein lerman doch.
Soltau volksl. 330.
AFTER, m. podex, ahd. aftaro (Graff 1, 190) d. i. der af-
laro teil, posterior pars, des afterin mist. JV. ps. 77, 66 ; heule
mit aufgebung der organischen schwachen form, gen. des aflers
statt aftem, die doch in dem ganz analogen der hintere, des
hintern gewahrt ist. zwischen beiden gilt der unterschied, dasz
der after mehr den innern tbeil, der hintere den äuszeren be-
zeiclinet. das kind wird auf den hinteren geschlagen, fallt auf
den hinteren ; aber die wunde hat den after getroffen, ein ge-
schwür sitzt in (an) dem after fest, zuweilen hciszt auch der
aßerdarm an menschen und thieren noch after. den Sattlern
ist after die rücklehne des satteis (aftersil), den jagen» sind die
aftem (hier noch schwnrhformig) die aßerklauen.
AFTER, n. in einigen andern fällen, mit weglassung eines
neutralen Substantivs der hinterbleibende, schlechtere theil. so
im bergwerk das afler {das aßere erz), der schlämm und ab-
fall, in der mühle das after {das aßere mehl), bei den flei-
schern das after (da* aßere fleisch), gekrösc und gcschlinge.
AFTERANWALT, m. actor substitutus : einen oder mehr aS-
teranwalt substituieren. Atrer proc. 1, 1.
ÄFTERARZT, m. pseudoarzl : dasz es keine afterärzte gebe,
kein jus impune Decidendi. Käst 1, 221.
AFTERRAHN, f. falsche' bahn : sonst wärest du niemals
Tom Weisheitspfade geirrt, links auf die afterbaho. Stolbebg
14, 178.
AFTERBELEHNEN, subinfeudare.
AFTERBELEHNUNG, f subinfeudatto.
AFTERBESTAND, m. was aftermiethe : selbes {das gut) sei-
nem jüngsten bruder in afterbestand zu überlassen. Abele
4,449.
AFTERBIENE, f. mutilla, ungefliufclte biene.
AFTERBIER, n. kofent oder nachbier, sonst auch halbbicr
genannt, schon in dem mhd. gedickte Rüdigers des Hunthoftrs
von dem schlegel 416 bringen zuo dem kaese ein afterbier.
AFTERBILD, schwächeres nachbild:
ein aDerbilJ vom slome
das nachts den watiderer ron sumpT zu sumpfe treibt
Gotter 1, 37ti;
der träum der hohcit,
er ist entflohn, und ich, ich sollle ruhllos
ihr aflcrbiid mit mfincm rubm crkaul'en ? 2, 232.
wol unsrer critik, deren afterbild solange in allen trödelbu-
den zur schau gestellt und gekauft worden ist. Geo. Jacobi
in Mercks briefs. 2, 43.
AFTERBLATT, n. stipula, das blättchen an der grundfläche
des Stiels oder Stengels: die nähere beobachtung der afterblät-
ter. GöTHE 58, 30.
AFTERBRUT, /". ineubalio secundaria:
dennoch, o du aflerbrul,
singst du ewig nur von flammen ? Gökixgk 3, 05.
AFTERBÜRDE, f. secundinae, nachgeburt : heutlin, das die
Griechen chorion nennen, wir Tcutschen heiszens die after-
bürde. Luther tischr. 172'; wan die afterbürde nicht bald mit
dem jungen hinweg gehet, so sol man -dieselbe also vertrei-
ben. Zecue.ndorker gebrechender rosz, Ejer 1571, 43. die jdger
gebrauchen afterbürde ron der nachgeburt der thiere.
AFTERBÜRGE, ni. rückbürge.
AFTERCHRIST, m. falscher christ:
dena, ohne duldung. lasz zu beiden
uns weg von anercüristen gehn. Gökixgk 3, 174.
AFTERDARM, m. intestinum rectum, ahd. aftarling, auch
blosz der after: so gibt sich oft, dasz der afterdarra auszge-
het. Paracelscs chir. sehr. 16'; weil ihm das schrecken in den
afterdann catalogiret, eilet er nach dem ort. A. GRVpnius 1, 75".
AFTERDIENST, m. cultus spurius. Kam 6, 331. 332. 351. 353.
AFTERDING, n. Judicium posterius, weisth. 1, 3S1. 506. vgl.
rechtsalterth. 837.
AFTERDOLDE, f eyma, unechte dolde.
AFTEI{DROHNE, m. fucus spurius, in kalten frühjahrea
findet man in den bienenstöcken unvollkommne dröhnen.
AFTERERBE, m. proheres, nnl. achtererve.
AFTERFLINS, «i. mit quarz versetzter mergel.
AFTERFLCGEL, wj. ala spuria, kleine federn am flügel.
AFTERGEBURT, f nachgeburt, afterbürde. h Mos. 28,57.
AFTERGESCHMACK, »i. falscher geschmack.
AFTERGLANZ, m. falscher glänz:
er flieht des bofes höhen,
ihr aftergianz reizt nur ein blöderes gesiebt.
Wieland 31, 314.
AFTERGLAUBE, m. was aberglaubc, falscher glaube. Acbi-
COLA 22.
AFTERGLÜCK, n.
eilt Verrcs nach dem bann aus seinem vaterlande,
so schwärzt sein aflerglück das lasier und die schände
Hageoor^c 1, 24 ;
der (reibt sein aflerglück bis zu dem fusz der thronen.
WtELA.'<D 31, 364.
AFTERGOTT, m. falscher gotl:
mein herz, das allzulang an anergöticrn bieng.
Götter 2, 338. 443.
Kläger 6, 203.
AFTERGÖTTIN, f. Ramler 1,101.
AFTERGRÖSZE, f. falsche grüsze:
wo sich die eiilo aflergrdsze bläht. Schilikr 2, 273.
AFTERGÜNSTLING, m. zweiter günstling :
des günstlings und des anergOnsilings sklar. SiOLBito S, 84.
AFTERHEÜ, n. nachheu, grummet.
187
AFTERICHT — AFTERREDER
AFTERREDNER— AFTERWITZ
188
AFTERICHT, n. ahfall vom getraide, was beim wurfein zu-
rückbleibt, geafler, gafter, äfterig, afterkorn: wird die kleien,
afiricht und polil von dem klaren mehl scheiden. Matiiesius
121'; da mehl, aftrig und kielen noch ungescheidcn sind, das,
auch unrath, den die bicnen fallen lassen.
AFTERKIND, n. die Schmeichelei, des glückes afterkind.
GCmher 778.
AFTERKLÄüE, f. was aberklaue.
AFTERKüNIG, m. nebenkönig, vicekünig: sie lieszen sich
endlich alle dazu bereden, nur ihr gewählter afterkönig nicht.
J'ierot 4, 312. 317.
AFTERKÖNIGIN, f. ScniLLER 410.
AFTERKORN, n. was aftericht.
AFTERKOSEN, calumniari, verschieden von aberkosen de-
lirare.
AFTERKOSER, m. calumnialor: unverschemter afterkoser.
fasln, sp. 254, 22; ein priester soll nicht sein ein afterkoser,
lestrer, sehender. Frank cltron. 35?'.
AFTERLEDER, n. bei den schustern, abgnnge vom leder.
AFTERLEHEN, n. subfeudum.
AFTERLESE, f. spicilegium.
AFTERLESEN, spicas legere: im lesen sol niemand after-
Icsen oder leskoren gcen. Kaltenbäck 1, 228'.
AFTERLEUTE, pl. Moser 2, 115.
AFTERLIEBE, f.
dasz ich in Prokris arm erfahre,
dasz aflerliebe nur von Sättigung erstickt.
Wieland 10, 211.
AFTERMEHL, n., aus dem zum drillen abgemalenen ge-
traide :
als Galla aftermehl in ihre haare streut. Gd.muer 1039.
AFTERMENSCH, m. ; unter uns verkünslelten aftermenschen.
Wieland 8, 219.
AFTERMIETHE, f nachmiethe.
AFTERMIETHER, m. Kant 5,127. aftermiethsmann.
AFTERMONTAG, wi. in den Urkunden der dinstag, scheint
aber entsprungen aus after mantage:
dasz er ir am montag nichts vertrüep,
dasz er an eim aftermontng in si schlüeg,
dasz si an der mittwoch im bett lag.
UuLAND volksl. 728.
AFTERMOOS, n. alga.
AFTERMUSE, f.
du opferst auf zertrümmerten altärcn
der aflermuse, die wir nicht mehr ehren. Schiller 2,273;
bleib der aflermuse fern
der romantischsüszeu herrn. Uhland ged. 192.
AFTERMÜTTER, f. stiefmutier. Gotter 2, 193. Bürger 2, 25' ;
ach, in die wimner gosz
die aflermutter sclialten der blindheit ein. Stolbeug 14, 60.
AFTERN, weidmännisch, die aßcrklauen in der fährte aus-
drucken: der hirsch aftert auswärts, das thier einwärts.
AFTERREDE, f. obtrcclatio, calumnia, nachrede hinter eines
rücken :
die Ohren, die ich hatt, herr dein gebot zu hören,
willich lieszen sich mit aflerred beihören.
Weckherl. 318;
von afterred und liegen frei. 50;
allerhand afterrede und gefahr zu vermeiden. A. Cryphius 1, 460 ;
üble nachrede oder afterrede. Kant 5, 305. Klopstück 12, 109.
AFTERREDEN, calumniari: aflerredet nicht unter einander,
lieben brüder, wer seinem bruder afterredet (detrahil), der af-
terredet dem gesetz. Jac. 4, 11; so leget nun ab alles after-
reden. 1 Petr. 2, 1 ; hie stehen sie fein gemalct die faulen Schel-
men, die sich mit erbeit nicht wollen ncren, sondern mit heu-
cheln, liegen und afterreden bei der reichen tisch ir gcncsch
suchen. Luther 0, 112'; liegen, afterreden und Übels nachre-
den, tischr. 112'. 197'; von lügen, verrathcn und afterreden
gegen einander wissen wir nichts. Felsenb. 4,15; es gibt aber
auch boshaftes, argwöhnisi-hes volk, vor deren afterreden ein
dcrwisch selbst nicht sicher ist. Wielanü 8, 91 ; er brachte sie
an einen ort, wo sie wenigstens sicher waren, dasz die böse
weit nicht darüber afterreden konnte. 35, 147 ; afterreden, lug
und verrath und diebstahl. Güthe 40, 131.
AFTEFtREDER, m. calumnialor: denn dersclb ist ein lügc-
ner, unrein, affcrreder, hcszig. LuTiiEn 1, 70'; so er sihet ein
hurer, ehebrecher, trunkcnbold, spieler, wuchcrcr, aflerreder.
3, 274; als die thun, so man beiszt afterreder, die da lust
haben andern leuten Übels nachzureden. 4, 530'; Agricola
spr. 205;
zum dritten ist er auch ein straffer
der afterreder, falschen klalTer. H. Sachs 5, 194".
AFTERREDNER, m. die spätere form: wird als ein verun-
glimpfer ihres guten namens angesehn und gleich allen afler-
rednern der polizei übergeben. Klopst. 12, 56. '
AFTERREIF, m. postella. fasln, sp. 440, 25. vgl aftersil.
AFTERREUE, f. tiachretce, mhd. aflerriuwc:
sich mert von tag zu tagen
mein stete lieb und treu
gen dir an aflerreu. volksl. des Idjh.
AFTERSEND, «1. synodus posterior, weisth. 3, 775. Halt-
AÜS 18.
AFTERSCHIRMVOGT, «i. Moser 2, 28. aftei-vogt.
AFTERSCHLAG, m.jus secandi ligna lenuiorasilvae, sarmenta,
äste und wipfel, häufig in den weisthümern 1, 329. 525. G40.
653. 678. 690. 696. 2, 229. vgl. Haltaus 17. einen andern nach-
schlag meint der überarbeitete Freidank, Worms 1539. bl. 24':
wer seinen feind spart, so er mag,
dem wird etwali ein afterscblag,
statt der ganz abweichenden worte des allen gedichls 128, 4.
AFTERSCHLAGEN : wo man salpetersieder ordne und setze,
das man denselbigen etwas geringen vorlheil thu, als mit
schlechtem brc"nnholz afterschlagen. Fronsp. kriegsb. 1, 73'.
AFTERSCHULE, f. : indem du deinen Jüngling vor den after-
schulen warnst, so mache ihm die echte schule nicht ver-
dächtig. GöTiiE 36, 278.
AFTERSIL, m. postilena, postella, aßergeschirr, vocab. ine.
teut. ante tat. ahd. aftarsilo. fasln, sp. 560, 1. Uuland 720.
AFTERSILBER, n. argenlum impurum.
AFfERSPRACHE, f. was afterrede, dann aber auch conven-
tus extraordinarius, wie afterding, und bei neueren falsche un-
echte spräche.
AFTERSTÜCK, n. die rücklchne des Salicis, aftersil, was
auch blosz after hciszt.
AFTERTRAH, n., ein holz am pflüg und wagen, viit wel-
chem man den pflüg hoch oder niedrig stellt, den hinterwagen
an den vorderwagen festigt (hess. zeilschriß 4, 51 aftertrAch) ;
entweder von drehen oder trechen, trecken.
AFTERVERPACHTÜNG, f. weitere veipaditung.
AFTERVOGT, m. weisth. 1, 376. Haltaus m. d. w.
AFTERVVEISE, m. ein falscher weiser: ungleich den schwül-
stigen afterweiseu. Wieland 6, 112 ; unsrc afterweisen. 9, 59 ;
den afterweisen gleich. 31, 394; die afterweisen suchen von
jeder neuen entdeckung nur so geschwind als möglich für sich
einigen vortheil zu ziehen. Güthe 23, 261.
AFTERWELT, f. nachweit.
es wird die afterwclt nur meinen fall beschreiben,
und was ich guts gcthan schaut niclit das tagelicht.
HoFFMAN.NswALDAU keldeubr. 51 ;
dasz auch der afterweit deiu rühm sei kund geilian.
das. 130;
vergebens schreiben wir für weit und aflerwelt.
Hagedorn 3, 107;
die aflerwelt verwundert sich. Wernike 146;
uns arme schächer der aflerwelt. AVieland 18,99;
ein gassenlied der aflerwelt. Di^noER 173*.
heute völlig verdrängt durch nachweit.
AFTERSvERK, n. schlechte handlang, falsches werk:
betrachte menschen recht, ach, alles, wirst du merken,
ist Selbstbetruges voll und voll von allerwcrkcn.
Hagedorn;
hier würde vielmehr gerade der ort gewesen sein, die liebha-
ber vor dergleichen aflerwerkeu der kunst zu warnen. Les-
sing 8, 159.
AFfERWESEN, ti.
nachdem er lang ein aflorwcscn,
das ilio naiur niclii kennt, gewesen,
welch eine wullust mensch zu sein. Wieland 9, 213.
AFTERWINTER, m. nachwinlcr. H. Sachs IL 4, 20". V, 306'.
AFFERWISSIG, n. ungefähr was aflerding, aflergericht : die
schcffen weisen ein afterwissig. weisth. 279, nicht etwa ein
aßerweisthum, denn voraus gelU von dem wissig, das gehalten
wird, d. f. dem alten wij/jig geding. rechlsalt. 779.
AFTERWITZ, m. falscher witz, fast eins mit abcrwitz:
189 AFTERWURF— ÄGERLING
den afterwiu verschlinge sie, die schnelle [weUe).
Plaie« 95.
AFTERWURF, m. aas aftericUt, das von der wurfschaufel
zurückfliegt, Ringwald bedient sich der niederdeutschen form:
mit staub vermengt den achteiworf. tr. Eckarl i '*.
AFTERZAGEL, m., tcas afterschlag, das geringe höh im
«aide.
AFTERZEIT, f. nachweit:
was die vorzeit nun beschlossen, wird die aflerzeit vollbringen.
lioFFMA.N.NSwALDAQ Qetr. sch. 23;
lobt sein göttlich feuer
zeit und aflerzeit. Lessixg 1, 40.
AFTERZES'S, m. eine gewisse abgäbe, galtcrzins.
AGALASTER, f. pica, elsler, noch beinahe ganz die wollau-
tende ahd. gestalt des wortcs agalstra agelesti^ (Graff 1, 131) :
ein alzel oder agalaster. Kirchhof wendunm. 1S5'; kein rabe
noch agalaster. co/ica 96; die hüilische agalaster. «i au/a/fe 195 ;
als wie man bei den tauben
die agelaster sieht. Opitz 354.
die agelesier lest von irem hupfen nit. Ambr. s. 95;
aglaster schreiben Fronsperg kriegsb. 1, 120'. Glsther -16".
HoDBERG 1,343" und ößer; mhd. agelster (Res. 1,12'); in heu-
tiger Volkssprache auch alaster, schalaster, scholastcr, mit be-
uahrung des reinen a der penultima, aber Verderbnis der er-
sten Silbe, alle diese ein 1 enthaltenden formen, tcelches auch
die zusammengezogenste, das nhd. elster hegt, gestatten den
gedanken an galan canere, crocirc, argalan incantare, wozu
galstar incantatio stimmt, so dasz ägaiastra den schreienden
zaubervogel bezeichnete, wofür die pica gilt, andere dialecte
wandeln das 1 in r, schwäb. ägerst, ägerste, oder tilgen diese
liquida ganz, Schweiz, agest, agesta (Tobler IS'), niederdeutsch
agcsler, egester, ekster, exter, hexter, hester, Leister, nnl.
luikätcr, ekster, was zum einfachen ags. agu pica, zum franz
agasse, agace, prov. agassa, gacha, guacha, it. gazza, gazzara
gazzuola, aregazza, catal. grasso ßbrt. dieser aller abkunft
bleibt aber auch dunkel und vom tat. pica, welsch ping, ar-
flior. pik, gal. piogbaid zurückweichend ; haben Deutsche ihr
wort zu Romanen getragen oder ein romanisches ihrer spräche
assimiliert? das alln. skadi und skiör, ska>r, norw. skjor, schw.
skata skjura skära, dän. skfide entfernen sich wiederum.
AGELE , f palea, ags. egle, statt des gewöhnlichen agen :
wann augelcn {d. i. ägelen) darausz fallen, weisth. 2, 129 ; ich
schul ainer hubschlich ab die aglen. fastn. sp. 334, 20. 3S1,
33; egle, agle. Kaisersberg omeiszZl'; ich wil uszwerfen die
Sgcl von deinem oug. post. 3, 51. s. äglin.
AGEN,/". palea, festuca, golh. ahana, ahd. agana, mhd. agen, altn.
ögn, schw. agn, dän. avnc, engl, awn, gr. fi/^va, ä/vooi; tat.
acus, finn. akana, est. aggana. und wan man esz (den flachs)
hebert, so sol esz so rein sin, das? kein agen danisz falicnt,
wan man das über einen swarzcn mantel schüttet, und also
viel agen, als darusz falicnt, so ist von iglichem dem voigde
60 sch. zu busze gefallen, weisth. 2,22.23; und soll das als
wol gewännet sin, der in schütti uf ein berwertzmantcl, als
meng agen daraf blib, als meng 3 sch. sol er den hubern
bessern. 1, 28 ; den meidlin die agen schütteln, die rocken an-
stecken. FiscHABT Garg.;
ich schätz wir gen zum rorkenspinnen
und schulen den meiden die agen ab.
fastn. sp. 270, 9. 345, 17 ;
ich kan der meid die agen abschuten. 276, 11;
ich wil dir schütten die agen ab. H. Sachs Ili. 3, 7*;
da wollen wir den schönen docken
die agen abschüilen von den rocken. I, 232* ;
mhd. lA; ftf gin agen und vlahsl GA. 1, 197; das der born-
stein, wenn er an ein wüllcnluch geriben und erwermet ist,
truckene bar, agen und hülsen an sich ziehe. Mathesius 55";
wie ein geriebner agstein agen aufliebt. 142'; artischocken
umb die agen (spitzen) bedecken.' Hoiiberg 1,141'; agen von
waitz und körn. 2, 53'. fehlerhaß gibt Adei.u?ig dem nom. sg.
age, als entspringe das en erst durch schwache flexion. Frisch
hat richtig agen, man hört hin und wieder ahne und cnne;
das alter des wnrts Uhren die einstimmigen fremden sprachen,
ohne zwcifil hanqt abana unmittelbar zusammen mit ahs, ähre.
AGEHLI.N, AfiERLlNG, m. agaricus campeslris, ein eszbarer
schwamm, franz. Champignon, mint, campinio, man suchte das
fremde agaricus, aya^txov deutsch zu machen, in Baiern ward
egeriing lu egertling, von egrrde aimput (Schieller 2, 71).
ägerlia schreibt Geasoorfs wuHdarsnti f. 103.
AGERMÜND— AHA
190
AGERMÜND, m. agrimonia. Fischart Garg. 83*; sonsl ager-
mennig. vgl. ackerkraut und angelmuDcL
ÄGERT, s. egert.
AGETÜCHT, s. abzucht.
AGLASTER, s. agalaster.
AGLEI, /■. aquilegia, ahd. agaleia rhamnus, paliurus. (Graff
1, 130), mhd. ageleie ; agleie Spee trutzn. 121 ; allerlei agleien.
ScesüRR 1664. s. 200 ; andere schreiben ackelei, ackerlei und
gebrauchen das wort männlich:
schön hebt sich der aglei. Göthe 1, 392 ;
agleig in Gersdorfs wundarzn. 101; nnl. akeleij, dän. akeleie,
schw. aklcja, äkerleja. auch die sladt Aquileja Ate« im mit-
telalter Agelei, Aglei.
AGLER, denarius aquilegicnsis, in einer urk. aus dem an-
fang des 16 jA. bei Chmel, Maximilian s. 393: ein wise, davon
man jarlich dient XL agier; jarlich zu zins raichen und ge-
ben XLVIII agier in das amt Fewstritz. eine ältere Urkunde
t'on 12S8 sagt Agleier und Agleger. Chmel fontes 1, 23S.
AGLLX, n. festuca : ein äglin aus dem aug ziehen und selbs ein
balken darin haben ; ich seh an dir ein äglin das misfellet mir.
AGMG, stupposus, f. agenig. vocab. ine. teuL ante lat.
Stieler 27* hat agenicht und aunicht.
AGRAM, «. ackeran.
AGRASZ, m. mlat. agresta, prov. agras, franz. verjus, brühe
aus unreifem obst, mhd. agrdj Parz. 238, 25 (Ren. 1, 13") ; gib
im agrosz mit wasser gemischet. Rracnschweig chirurgia bl. 50.
AGREST, m. dasselbe, nach dem it. agresto. »«. den alten
kochbüchern heiszt es : so macht man auch die füll in die eier
von weinberen und agrest; dasz des agrestes mer sei, dan
der kreuter; agrest versetzen. Hohberg 1, 109'; die agresten
und sauren weiubeer werden also eingemacht. 1, 109' ; am ge-
schmack säur, wie die agresten oder unzeitige weinbeer. Ta-
berxaemont. 1491.
AGRLND, »I. in einer femgerichtsurkunde von 1490 heiszt
es : die dem andern zu nae ert of buwet, grevet of tcrvet, of
peile sloge in den agrunt des stoilheren in siner frien gra-
veschop. KiNDLiNGER münsl. beitr. 3, 626. Wiga.sds feme s. 344.
der sinn und vielleicht die gestall des ohnehin niederdeutschen
worts bleiben unsicher, abgrund kann nicht gemeint, aber ein
dunkles mhd. eggrunt (mythol. s. 766) mag dasselbe sein.
AGSTEIN, m. succinum, tj/.sxtqov. der bernstein wurde im
mittelalter oft mit achat, gagat und magnet vermengt und da-
nach benannt, wie der magnet das eisen, zieht der bernstein
den halm an, die heutige naturlehre erkennt zwischen mag-
netismus und electricität enge Verwandtschaft, ahd. agistein
magnes, agatstein lapis nigcllus (Graff 6, 6S7), mhd. agestein,
agelstein. ebenso schwanken nhd. agstein und agtstcin. das
eisen heht sich auf wider seine natur und henket sich an dea
agstein. Tacler 262'; der brinnende agstein. .Mathesius 55*;
agt oder bornstein. 54'; nun hell man weiszen agstein für
den besten und thewresten, den man auch gold gleich schctzet.
56*; und schreibet Plinius von ihme, dasz er so viele agt oder
bernstein eingekauft habe. Micräliüs 1,17; agkstein, welchen
sie gicssum nennen. Mictllüs verd. des Tacitus 45l'; agstein-
kiirner. Fischart Garg. 97"; dem blaichcn agstein gleich.
Weckherlix 703 ; das agsteinefne armband. Fleming 626 ;
aus perleamuscbeln kann man keinen agtstein klauben.
GiJ.NTHER 1072;
bem, den man auch agtstein nennet. Brockes 9,92: Adrabak
vox s. Cl. schreibt bald augstein, bald ackstein und agtstein.
AGURKE, f cucumis, gurke, russ. ognretz, poln. ogorek,
bOhm. okurka, wokurka, ungr. ugorka, bugorka, so dasz dem
jetzigen gurke ein vocalanlaut abgefallen ist: brachte zum will-
kommen einen rettich, agurken. pers. reiseb.l.i; rübcn, kohl,
ajurken. 3,6. Nehmch unter cucumis sativus hat auch angurke,
uraorke und unmorke, IIemsch 83 angurikc.
AH, ein gemildertes ach, nicht mehr ßr den sehmerz, nur
für freude und staunen geltend, vielleicht oß dem franz. ah
nachgeahmt, denn wo wir ah brauchen, dürße auch ach stehn,
verwohnten ohren nur gemeiner klingen: ah wie schon I ah da
bist du ! ach wie schön ! ach da bist du ! umgekehrt Idszt an
die stelle des ach nicht überall ah sich setzen und der rolle
scimerzensruf ach mein gott ! ist sehr verschieden von ah mein
gotl! o mein gott! und dem noch schwächeren i mein goll!
Lcther in der bibel 1545 häufig ah ßr ach.
AHA, im anstaut betont, verstärktes ah, doch so, dasz es
dadurch nicht zu ach wird: aha! sagt der pfaf. WicuiA« roUv-
191
ÄHER — AHMEN
AHMER — AHNDEN
192
20 ; aha, der kan stutzen ! Fischart Garg. 134* ; aha, Danisch-
mend, bist dus ? Wieland 8, 370 ; aha, kommst du mir nun !
aha, das klingt anders ! wer aha ausruß, hat erwartet über-
rascht zu sein. Lessing 2, 138 setzt aha für ein mit tiefem
alhcmzug ausgesprochnes ah.
ÄHER , n. spica, goth. ahs gen. ahsis ; ahd. ahir für ahis,
später ehir, gen. chires, man darf aber ein älteres, dein goth.
alis näheres ahar ahares folgern aus aharan spicare; mhd. eher,
iiher, gen. eheres (Ben. 1, 4il') ; ags. ear, gen. carcs, in allen
Übersetzungen von Malth, 12, 1 aber noch ehir, äciiir, pl. eiiera),
engl, ear; altn. schw. ax, dän. aks. dies organische neutrum
war noch im 15. 10 jh. vorhanden, Er. Aluerus stellt auf:
spica, das äher; Dasypodius spica üher, inspico ich spitze wie
ein äher; der vväitzen steiget in die hälmer und äher. Ta-
BERNAEMONT. 597 ; das ander geschlecht überkommt an seinem
Stengel ein dickes ähr. 1046 ; allein dasz es auf jedem Sten-
gel nur ein einziges langes ähr hat. 649 ; wann das eher der
jungfrawcn {die spica im sternbild virgo) umb den 24. 20 tag
sept. ganz aufgangen. Thurneisser infl. wirk, aller crdgew.
s. 11. auch die heutige bairischc Volkssprache behauptet noch
das ccher, eicher, eger, und bildet es nur zuweilen weiblich
(ScHMELLERl, 39). bei Li'TUER verbirgt sich der nom. sg., so
häufig der pl. ehern vorkommt 1 Mos. 41, 5. 6. 7. V. 23, 25. Matth.
12, 1. Marc. 2, 23. Luc. 6, 1 und ebenso in den schrißen 4, 264',
«oral« ein weiblicher sg. die eher (wie feder pl. federn), zu
folgern ist, wenn aber in Luthers werken 6,257' gesagt wird:
als stehe es {das körn) schon da und wachse daher mit einem
schönen halm und ehern aufs allerfcinste; so scheint dies
ehern der dat. plur. spicis, nicht der sg., weil ein halm meh-
rere ähren treibt, das weibliche äher bestätigt auch folgende
stelle: wann es {das gelraide) aber in der äher gehet (in spicas
cxit). Sebitz feldbau 491. aus ehern machten spätere bibelaus-
gaben erst ähern, endlich ähren, von dem falschen weiblichen
nom. sg. ähre, der sich festgesetzt hatte. Fniscii 1, 15', Stie-
ler 23' stellen mindestens den nom. sg. ähr, är auf, nicht
ühre, wenn schon als weiblich, in diesem wart ist das h
echt, kein dehnzeichen, wie schon die verwandtschaß zwischen
ahs und ahana ergibt, in ihrer würzet ruht die Vorstellung des
spitzen, stachlichcn, vgl. lat. acus, acies, acidus, aber auch ecke.
ÄHERN, spicas legere, ahd. acharon, ehirön, mhd. eheren
Haupt 2, 228, beim volk in Baiern noch lebendig, unsrer schriß-
sprache, seil äher aufgegeben wurde, verloren, vgl. Lessing 11, 618.
AHI, mit betonung des auslauts, ausruf freudiger Verwun-
derung {vgl. mhd. ahei. Ben. 1, 0*. 047') :
drauf mischet sie
die melodic
der süszen kehle
in das alii
der philoinelc. Bürger 10' ;
abi! was hör ich? das gcsäusel
von ihres Schlummers odemzug. 26';
(mclUe) sie blickt in den spiegel, ahi! {graf) was ist dir?
(niclUe) ahi I Göthe 14, 202.
AHLE [ale], f subula, ahd. ala, mhd. al troj. kr. 117, altn.
alr, ags. äl, al, avel, engl, awl, litt, yla, jias ; daneben die
erweilerung ahd. alansa, alnsa, franz. alcsne, sp. alesna, prov.
alena, it. lesina, mnl. aelsene, nnl. eis pl. elzcn vgl. alse.
in der edda wird alr ein bruder des knifr {kneip) genannt und
findet sich angerufen von selbst ein. uralles und verbreitetes
wort, dem lat. acus und aculeus unverwandt, wie die abwe-
senheit des kchllauts in den andern sprachen anzeigt, denn in
unserm ablc ist h dehnend.
AHM [am], /". cadus, amphora, mlal. ama, ahd. ama, öma, mhd.
Arne, umc, nnl. aam pl. amen, altn. äma, bei uns heute meistens
ohm, doch stellen Stieler 28' und Adelung noch ahm auf.
AHMEN, ohinen, das fasz visieren.
AHMEN [amen], imitari, aemulari, es macht doch gleich-
viel bedenken unser in der Zusammensetzung nachahmen ge-
läufiges Wort aus den lateinischen Wörtern, oder aus jenem vi-
sieicn und nachmessen abzuleiten, weil in naciiahmen allgemei-
nes, edles nachbilden liegt, freilich hat man gerade imitari auf
fti/isJaO-ai, und dies auf die würzet nu\ messen zurilckgefülirt.
wäre das mhd. achmen für ilemcn besser beglaubigt als durch
die Icsart blosz einer hs. der kaiserchronik 3930, und ein be-
zug auf das goth. ahina spiritus gerechtfertigt; so entspränge
ahmen, diesmal mit echtem kchllaut, aus achmen mrnle con-
ciperc? {vgl. andern^ imitari.) nnl. nicht naamen, wol aber
beamen, mit demselben sinn, im 10. 17 jA. taucht einigemal das
einfache verbum auf: sich imer nach im omet. Luther 4, is' ;
dieses morden, raub und brand,
so ihr unler ewcrm namen
lasset uiigestralfet ahmen. Puiland. 2, 709.
AHMER [amcr], /". favilla ignita, ahd. eimuria, aerauria
(Graff 1, 253), ags. ämyrie, altn. eimyrja, dän. emnier; die
ammeren in der asche, scintillulae Scoottel 1279 und danach
Stieler 44; amcr. Chytraeus 422; kein fünklein ist mehr
unter den ammern. Müller erquickst, n. 254; des Johan Arn-
dcs paradiesgärtlein eine ganze stunde im feucr unverbrennt
gelegen und unter der glüenden ahmer unversehrt heraus ge-
zogen. MicRÄLius a. P. 4, 100.
AHMIG, ohmig, eine ohm haltend.
AHN [an], m. gen. ahnen, avus, ahd. ano (Graff 1, 282),
mhd. ane, an (Ben. 1, 37'), der ags. alls. nl. fries. spräche
mangelnd, doch das altn. di könnte geworden sein aus ani,
wie die pracp. ä aus ana. in Haupts zcitschr. 1, 22 wurde
versucht ano, folglich ein goth. ana oder anja aus der würzet
anan spirare abzuleiten, es wäre der todt liegende, verstorbne,
welcher ausgealhmel hat, gleichsam uzana uzanja. doch scheint
auch, mit beseitigung der wurzel anan, unmittelbare Verwandt-
schaft des lat. avus möglich und dann das eddische äi aus dem
gangbaren afi = avus entsprungen, die ahd. spräche stellte
neben ano avus ein ana avia, wofür in Urkunden wie in der
Volkssprache oß enc, cni {ahd. anio, enio?) avus und ane
{ahd. anä, mhd. ane) avia erscheint vgl. Cumel fontes 1, 230
(ene und ane, avus et avia) weisth. 1, 242. 277 und Stald. 1,
92; später galten die Zusammensetzungen ahnlievr und ahnira^ii;
die schrißsprache hat diese mit groszvater ttnd groszmutter
vertauscht, ahn aber für den allgemeinen, noch über die grosz-
cltern aufsteigenden begrif der vorfuhren behauptet : von ade-
lichen ahnen entsprossen ; seine acht ahnen beweisen, von
acht adelichen vorfahren väleilicher und mütterlicher seile
stammen;
wir sind Soldaten worden
und gehn den ahnen gleich. Fleving 165,
des ahnen aberwiiz wird auch des cnkcls sein. IIaller;
auf einen adlichen dummkopf:
das nenn ich einen edelmannl
sein ur ur ur ur altcrahn
war älter einen lag als unser aller ahn.
Lessing 1, 5;
was den cnkcl so wie den ahn frommt. Götue 2, 264;
so kommt zu dem vatcr, dem ahnen.' 3, 0.
AHNCHE, f avia, ahd. anicha, mhd. anche. Arnsb. urk.
860 {a. 1.358).
AHND [and], vi. spiritus, animus, zelus, ahd. anado, anIo
(Graff 1, 207), mhd. ande (Ben. 1, 35), ags. anda, altn. andi,
schw. ande, dän. aande, t'0)i der beim vorigen worte angezog-
nen Wurzel anan spirare, die bedcutung anhelitus, flatus, Spi-
ritus dauert aber nur in den nordischen sprachen, in den übri-
gen hat sich die bedeutung von animus und d'vfiöi = impe-
lus, ira, eifer und Unwille entfaltet, und man begann in ge-
wissen redensarlen das in ant verkürzte ande oder auch ein
weibliches subst. diu ant von gleichem sinn adjecticisch auf-
zufassen und selbst zu comparicren {gramm. 4, 243). ahd. mir
ist anado repugnat mihi, mhd. mir ist ande; den anden re-
chen iram ulcisci; im was ande, ihm war leid, zuwider, klage
2007; äae, ist mir ant. Hei.rl. 2, 1266; daj tuot mir ant. 3,355;
her konik, cur schaden tut uns anl. fastn. sj). 76, 5;
und tut mir die smach oft selber ant. 70, 20;
ei wie thun euch sein Irunk als ant. 179, 2;
richter, das tut mir von im ant. 219, 18;
die mag des nit abgen und tut ir anl. 245,28;
wen aber rüret golles band
mit krankhcit, ob im die laut nnd,
der soll ebiistlicli bin dur bin kompron.
II. Sacus 1, 463«;
sechs und sieben
haben mich vertriebeu
aiisz meinem pewand,
das tut mir and. Fisciiart Garg. 97';
das neue gewand thnt mir so and {unbequem); den baucrn-
buebn tuet anfangs das soidatenieben so and. Schiieller J,
73, ärgert, belästigt sie. in Sachsen und Thüringen unterm volk
noch heute: mir ist ande, thut ande. mehr davon unter and.
AHNDEN [andcii], ulcisci, punire, ahd. anadon, antön (Graff
1, 268), mhd. anden (Ben. 1, 35'), ags. andian zelari, invidere,
von dem vorausgehenden abgeleitet; ahd. unreht andön, pu-
nire injustitiam, das mhd, anden ist gleichviel mit siucn an-
den rechen ; e; andct ein hundcitn. myst. 1, 323 gleichviel mit
193
AHNDEN— AHM)EYOLL
AHNDUNG — AHNEN
194
dem spdleren tuot im ant; lasset euch mein red nicht an-
den. fastn. sp. 339, 7 bedeutet nicht leid sein, nicht verdrieszen.
nhd. erscheint es aber im sinne des sirafens, rächens anfangs
sehr seilen und Lutheb kennt es überhaupt nicht, Dasypodius,
Hemsch, Scbottel, Stieler wissen von keinem ahnden, anden
rindicare, Joh. Doman im lied ton den hanseslädten bei Wacker-
KAGEL 2, 255 hat es :
wer bat ein sebwert in banden,
dem thut kein degen leid,
damit pflegt mans zu anden,
helts ander in der scheid ;
zank und bände! kriegen,
die man auch nicht ahnden darf. GBnthbr 80.
doch im laufe des ISjTi. wird es ganz gewöhnlich zu sagen:
das böse, den frevel, den sehimpf ahnden, das soll nicht un-
geahndet bleiben; dem schuldigen ahndende gerechligkeit.
GöTHE 21, 65; that ich dir doch wenig, was willst dus so
schwer ahnden?
AHNDEN [anden], mente praesagire. diese bedeutung hat
das ahd. anadtjn, so viel wir wissen, nie, das mhd. anden
kaum; man dürfte sie aber selbst als die ursprüngliche
aufstellen und wiederum von anado mens ableiten ; wenn ahn-
den rächen doch eigentlich meint, seinen unmut, sein gemüt
^uszem, wartim sollte es nicht auch ausdrücken können im ge-
müt empfinden? wir unterscheiden heule vortheilhafl zwischen
ahnden rindicare ttnd ahnen praesagire; ob sich der untei--
schied historisch rechtfertigen lasse, soll bei ahnen erörtert wer-
den, hierher gehören vorerst die belege ßr ahnden praesagire.
der frühste bietet sich aus Tristan 236, 1 dar, wo HO. mich an-
det, F. mich anet, MB. mich dunchet lesen.
mein herz versinken wil von leid,
mich antet keines guten nit. H. Sacus V, 233';
das hat mein herz wol gandet heut. I, 233*;
Unglück mich anten tiiut. .\trer fastn. ST*;
Klopstock setzt immer ahnden, mich ahndet:
und dich ahndet bei dem hinschaun
nicht von blendung? mich ahndet. 1,26";
0 es ahndet dich auch, dasz es ihr nicht gelingt. 2,241;
schrecket euch dieses nicht, so ahndet mich, dichter, der lorber,
welchem ihr auch nur naht ihn zu berühren, verwelkt. 7, 331 ;
und mich ahndets, dasz du mich wiedersehn wirst. 8, 107.
SO auch Voss : ihm ahndete, dasz es ein gott sei. Od. 1, 324 ;
ich weisz nicht was mir ahndet. Lessing 1, 384; neue prü-
fung, von der ihm nichts geahndet hatte. Wieland 8,338; ein
ahnden von dem ewgen leben duft um sein grab. Claudius
1, 139 ; ahndend, welch ein wunder werde. Bürger l';
von hoffen und ahnden
war trunken sein sinn. 33*;
in den älteren schrißen und ausgaben Göthes scheint überall
ahnden, ahndung «. s. w. zu stehn, wo die späteren daßr ah-
nen, ahnung setzen, %. b. 6, 205. 25, 362. 26, 11. 14. 78. 105. 323.
45, 297. 310. 49, 92. tti'r sahen schon, dasz es der form ahn-
den nidU an begründung fehlt. Kant sehreibt sogar 10, 195
{im j. 1798) : man hat neuerlich zwischen etwas ahnen und
ahnden einen unterschied machen wollen, allein das ersterc
ist kein deutsches wort und es bleibt nur das letztere; ahnden
heiszt soviel als gedenken, es ahndet mir heiszt es schwebt et-
was meiner erinnerung dunkel vor, etwas ahnden bedeutet je-
mandes that ihm im bösen gedenken, es ist immer derselbe
begrif, aber anders gewandt, ahnden ist nicht eigentlich den-
ken, auch vom goth. aha mens, ahjan cogitare nicht abslam-
mend, doch menle praesagire, aniinadvertere kann allerdings
übergehen in animadverlere, reprehendere, punire. dennoch wird
auch für ahnen sich einiges sagen lassen und undeutsch scheint
es in keinem fall, da die Unterscheidung zwischen ahnden und
ahnen jetzt faul durchgedrungen ist, verdient sie beibehallung.
AH.NDENSWLUDIG, poena dignus:
doch mehr erbarmungswerib als abndenswQrdig .schätz).
GC>TiiER 533.
AHNDEVOEL, praesagti plenus, dies blieb auch in den neue-
ren GöTHiscnE^i ausgaben stehn, welche sonst ahnen für ahn-
den setzen, denn ahnevoll liesz sich kaum wagen, dies ahnde-
voll stimmt nun nicht zu den übrigen ahnen und ahnung :
vom gebirg zum j^ebirg
schwebet der ewige geisl,
ewiges lebens ahndevoll. 2,68;
da» alles drangt uns abndevoll,
wo lock an locke krau!>elt. 5, 41;
ihr Wesen ist so ahndevoll,
weisz nicht was sie sich wünschen soll. 13, 130.
AHNDUNG, f. ira, vindicta: nun betten die Römer ein
grosze andung und grollen gegem bapst Gregorio, das er
Othonem zum keiser gekrönt hett. Frank chron. 176' ; die Ver-
brecher traf schwere ahndung;
wie schwer empfindet oft die Ungerechtigkeit
die eiserne gewalt zu schneller abndungszeit.
Hagedorn 1, 49.
AHNDUNG, f. praesagium, vorgeßhl, heule ahnung.
der ahndung gleich, in der wir harmonien
der himmlischen zu hören w.ihnen. Gotter 1,270;
und ich weisz selbst nicht aus welcher heimlichen ahndung
ich nach der Übersetzung derselben zu allererst sähe. Les-
SING 6, 198 ;
keine ahndung ferner übel schwärzet
deinen freien, unbewölkten sinn.
Wieland 9, 306 ;
ach die ahndung lispelt leise
mir ein andres Schicksal zu. BnRGiR6';
ich umarme sie mit einem herzen voll süszer ahndungen. Fr.
Jacobi bei Merck 2, 123; ahndungen sind regungen die Hügel
des geistes höher zu heben. Bettine tageb. 55 ; der verschlos-
sene saine und die blute, die aus ihm erwächst, sind einan-
der nicht vergleichbar, und doch ist sein erstes keimen die
ahndung dieser blute, das.; die aussieht in die Zukunft als
voremptindung d. i. ahndung. Kant 10, 195; von welcher Wis-
senschaft (der allgemeinen Sprachkunde) die alten noch keine
ahndung besaszen. Humboldt Kawispr. 3, 425.
AHNDUNGSVOLL, was ahndevoll, in den folgenden stellen
ist es dem gewöhnlich durchgeführten ahnungsvoll noch nicht
gewichen: diese niinen zu reizung künftiger räche ahndungsvoll
liegen zu lassen. Göthe 6, 29 ;
wo eine alte leichte spur des frech
vergosznen blutes oflgewaschnen boden
mit blassen abndungsvolien streifen färbte. 9, 47 ;
er ruhte dort als das erste opfer eines ahndungsvollen Ver-
hängnisses. 17, 372 ; alle büszungen, alle entbehrangen sind
keineswegs geeignet uns einem ahndungsvollen geschick zu
entziehen, wenn es uns zu verfolgen entschieden ist. 17, 376 ;
das verdiente einige ahndungsvolle ehrfiu-cht. 33, 275.
ÄH.NE, f. aviüj ahd. anä, mhd. ane, noch in Auerbach
dorfg. 1, 176.
AHNE, f. palea, ßir agene, agen: den {gehechelten) flachs
soll man ganz und gar lucker aus einander schütteln, darmit
die ahnen oder grahnen fein heraus fallen. Bartisch augen-
dienst. Dresden 1583 bl. 82.
AHNE, sine, mhd. äne, zuweilen ßr ohne geschrieben, z. b.
Luthers br. 1, 78. die fastn. spiele schreiben noch immer an
not 16, 13; an gever 21, 20. 43, 27. (34, 22. 330, 18. 332, 15
ungever) Mnrf H. Sachs an gfer L 4, 407'; an gefehr L 5,497';
neben ongefer H. 4, 81*.
ÄHNEL.N [äneln], similem esse, rcferre, ähnlichen :
sie ähnelt ihn verriickten thoren,
er ist darunter weise wie er kann. Göthe 41, 23;
Plutarchs Zusammenstellung ähnelnder lebensweiscn. 45, 275.
vgl. 25, 131. 48, 187; wir ähneln uns wie brüder. Arnim 2, 324.
AHNEN, mente praesagire, Idszl sich ahd. nicht aufzeigen
und würde als schwaches verbum anön vom starken goth. anan,
praet. ön abslehn. mhd. aber ist es nicht ganz zu leugnen,
wenn schon höchst seilen, in der unter ahnden angeßhrten
stelle Trist. 236, 1 erscheint die lesart mich anet, bei Herbort
9592 mir anet wid 15211 im ante; d.j ant mich Aventiure.
SiCHENW. 24. 41; daj anet mich. Diocl. 59; mich ant (ico das
nir/ii = andet), das ir solch esel seit, fasln, sp. 335, 20. Etwas
häufiger seit dem 16. 17 jh. : nun was es zugericht im sacrament
dem bruder zu vergeben, aber den bruder anet die sach,
wroll der geferbt, vcrgift hostie nicht einncmen. Frank chron.
222'; und da die fraw Märten dieser redt»n hört, sie anet,
wie etwas weiteres darunder verborgen wäre. Aimon 5'; ich
dürfte 9chier glauben wie mein herz gesagt hat, denn mich
für und für geanet hat, wie ich der ritter mehr gesehea
habe. Gatmy 338 ;
ach aller liebster herre mein,
das ding allsampt hat mich geandl. AtukSOO*;
dann mich ant bei meiner ehr,
eur lieb die seh ich nimmcmiehr. 221':
13
195
AHNEN— AHNHERR
AHNHERRLICH — AHNUNG
196
Er. Alberüs stellt auf: es ahnet mir, praesagio, Schottel
1278 ahnen augurari, Stieler 30' ahnen neben anden ominari,
das ding hat mir lange geahnet;
dies ahndt vielleicht dem holden kiilde. Güntukii 18-1;
was ahnd dir, sprödes kind? 475;
es aliut mir, Schlesien verliere. 572;
es alindt mir allerdings. 630;
ich weisz nicht was mir ahnt. 797;
als ob es mir geahnet hätte, wie glücklich mich die folge
machen würde. 2, 34 ; als ob es ihm geahnet hätte, dasz sie
seine Schwestern wären. 10, 48 ; ma foi, das ahnte mir. Bür-
ger 23";
mir fliegt ein böses ahnen durch das herz. Schiller 411 ;
Und ahnend fliegts mit hlitzesschlagc
durch alle herzen: gehet acht I Schiller;
ahnest du, o seele, wieder
sanfte süszc frühliugslieder. Uuland 19 ;
des gefürchteten gipfeis
schneehehangner scheitcl,
den mit geisterreihen
kränzten ahnende Völker. Göthe2, 07;
doch sind wir entzückt uns in jene zustände hinein zu ah-
nen, in welchen die dichtenden gelebt. 6, 8 ; ein herz, das
mit ihr nach fernem, verhüllten Seligkeiten dieser weit ali-
nete. 33, 43 ; dichtung, eine geahnte füllung der lücken in der
geschichte. Arnim Icronenu: 1, 9. Wie nun ist von diesein ah-
nen zu urtheilen? man könnte denken, schon aus dem mhd.
pract. ande oder ante für andete habe sich ein falsches praes.
anen für atiden erzeugt, tmd noch leichler wäre ein späteres
ahndt, geahndt = ahndet, geahndet falsch gefaszt auf ein ah-
nen bezogen worden, einem organischen ahnen zu statten käme
aber das schw. ana praesagire, jag anar praesagio und dct
anar mig mens mihi praesagit, falls es nicht von uns entlehnt
wurde, nur das bei Ihre angezogne altn. mürgum var ant heim,
dcsidcrio redilus tenebantur gehört nicht hierher, sondern steht
für annt oder annat, von anna feslinarc: sie hatten eile heim-
zukehren, ein dän. ane praesagire kommt nicht vor. In al-
lem fall ist uns der unterschied zwischen ahnen und ahnden
seit ihrem häufigen gebrauch für zwei ganz abweichende bedeu-
lungcn jetzt beinahe unerläszlich. vgl. ahnsen.
AHNEN, n. praesagium, vorgeßhl.
AIINENBILD, »i. Lessing 11, 183.
AHNENDUNKEL, m. was ahnenstolz. Thümmels reise 10, 109.
AHiNENGLANZ, m. splendor majorum:
was hilft mir der Schlösser menge,
was mein ahnenglanz? Fr. Möller 1, 188.
AHNENLOS, majorum expcrs. Gökingk 3, 182. J. Paul Hesp.
4, 95.
AHNENPROBE, f beweis der abstammung von acht ahnen:
mit ahnenprobe in der tasche. Gotter 3, 364.
AHNENHECHT, n. das recht derer, die von altem, unbe-
flecktem adel sind.
AHNENBEIHE, f. series, ordo majorum.
AHNENSTOLZ, m. ich schwöre bei ihrem ahnenstolze.
Rar. 3, 335.
AHNENTAFEL, f. geschlcchlsregister, Stammbaum.
AHNENZEIT, /". priscum aevum: aus der treuherzigen ah-
nenzeit (vielleicht ahnen zeit?) Voss, hier ohne bezug auf adel.
AHNFBAU, f avia: Jesus sei mit Johannes ander ge-
schwisler kind, dann sein multer und Christi anfraw seien
zwo scliwestern gewesen. Ayrer proe. 1, 8. heule aber gilt es
mehr für atavia magna, was man ahd. durch uota, altn. uda
schöner ausdrückte.
AHNHEBB, m. avus. Rihel Liv. 7; anghhcirre weisth. 2,
713.715; dasz die ticiilern oder enkeln ihren gestorbenen an-
herren oder anhauen mit ihrer vorgeslorbenen valtcr und
mutler gescliwisterlen in die stamme erben sollen. R. A. von
1521 §. 18; das ir ailenthalb so vi! alt anheirn sehet. Frank
parad. 25; mein anher. fasln, sp. 685,21;
das maul antworl, der anhcrr mein
vor jaren ist gewesl ein pfcrl.
H. Sachs II. 4, 34';
das hah ich gehöret von fernen
von Eherlein Hufman meiin anhcrrcn. H. 4, 95* ;
hast du meinen anherrn nit kennt? Ayrrr IOC';
vielleicht hat, dankbar für den heilgcn Christ;
mein liebchen hier mit vollen kinderwaneen
dem ahnherrn fromm die w^lko hand gekOst. Götur 12, 139.
heute wieder ßr atavus, altn. di, von afi abgestuft: das ge-
wissen bedarf keines ahnherrn, mit ihm ist alles gegeben.
Göthe 50, 63.
AHNHEBBLICH, avitus. Rihel Liv. 4.
deine strengen sitten
gleich deinem rock ahnherrlich zugeschnitten. Wieland 9, 230 ;
mit so manchen schönen ahnherrlichen besitzungen. Göthe
35, 348.
AHNICHE, m. avus, proavus, ahd. anicho, ancho, fortbil-
dung von ano, die sich noch in der vorrede zu Aimon gebraucht
findet: irer anichen schwerdter und wehren mit beiden hen-
den nit wol erheben mögen.
AHNLICH, avitus, a/td. aniliii. Graff 1,292; änlich. Schmel-
ler 1, 63;
ob noch heimisch bei uns ähnliche tugend sei. Voss 3, 19.
ÄHNLICH [änlich], similis, goth. analeiks ; ahd. anagalih
(Graff 2, 114), mhd. anelich Gudr. 1239, 2. 1241, 2 ; ags. anlic,
onüc; altn. Alikr, weder schw. dän. noch engl, und nnl. mit
der praep. ana zusammengesetzt, an das gleiche rührend, nicht
völlig gleich, similis, nicht aequalis, wiewol im gemeinen leben
mit gleich vermengt. Luther schreibt ehnlich: zeuget einen
son, der seinem bild ehnlich war. 1 Mos. 5, 3 ; er ist ihm ehn-
lich. Joh. 9, 9 ; dem glauben ehnlich. Rom. 12, 7 ; wer ist die-
sem thier ainlich? Hütten 5, 13 ; ist dem vorgesetzten ähnlich
aller gestalt. Forer fischb. 36'; Lethargus et Veternus sind
nichts er uneinlich, cognatae sunt aegritudines. Alberus ad voc.
schlaf; der alte brief ist dem nuwen angelich. Tschudi 1,557;
das ist der Wahrheit vollkommen ähnlich, veri similis; es scheint
der warheit nicht änlich. Garg. lU". die Schreibung ainlich,
einlich zeigt das alte ei für den umlaut e. statt er ist ihm
ähnlich kann gesagt werden er sieht ihm ähnlich, und für das
ist in seiner weise, das sieht ihm ähnlich, gleicht ihm: ich
sehe doch dem tode so äimlich nicht. Lessing 2, 531 ; sieht
er seinem bruder nicht recht äiinlich ? Güthe 25, 368 ; so ge-
fällt sie mir! das sieht ilu- ganz ähnlich (entspricht ihreni We-
sen). 18, 155. er sieht sich nicht mehr ähnlich.
ÄHNLICHEN, similem esse, ähneln, eben so von gleichen
verschieden wie ähnlich von gleich. Luther, von einem kraut
redend: unser pfarherr er Johan Pomer meinet, es heisze bei
seinen Pomern heilige wurzel, und wachse so grosz, dasz über
ein haus hingehe, welclis der nachtschatten ehnlicht. 3, 220;
das der warheit wunder sehr ainlicht. Hütten 5, 12; dasz er
vil mehr einem kleinen engelclien von fron altar, als eim men-
schen anhebet. Fisciiart Garg. 144'; ein söhn, der mir in al«
lern ähnlichte. Plesse 1, 68 ;
uns blich, als sie verschwunden war,
unvergeszlich ihr bild,
höherer schöne gcfühl, durst ihr zu ähnlichen,
und ach Schwermut zurück. Klopst. 2, 87 ;
indcsz die höfische kälte dem merzschnee ähnlicht, der die
keime zerfriszt. J. Paul Hesp. 2, 48 ; fürsten, welche dem sitzen-
den Jupiter von Phidias ähnlichen, doppelheerschau s. 168;
welche dem hunde ähnlichen. Fibel 93.
ÄHNLICHKEIT, f similitudo, analogia.
ÄHNLICHüNG, f.
ein buch, worin es im gcist der verkannten
Griechen sich regt, von sich selber, die gestalten
nicht nachahmend, die auch ursprünglich
lächelnd auf ähnlichung sehn. Klopst. 2, 52.
AHNSEN, ominari, eine Weiterbildung von ahnen, dem ei
zur bestäligung gereicht. Schweiniciien hat eine erscheinung:
weil mir nun was ahnsele (die andere hs. ehsemet), habe ich
die jungen erweckt. 3, 218. Stalder 1, 93 ähnzcn, änzen.
AHNUNG, f. omen, praesagium:
wo trüb und wild,
ein neues volk, voll leben, inut und krafl
sich selbst und banger ahnung überlassen
des menschenlübens schwere Bürden trägt. Göthk 0, 67;
dasz diesem vorliaben mein gefühl widerspricht, dasz eine ah-
nung mir nichts gutes weissagt. 17, 12; schnell ergreift sie
eine scilsamc nhnung, ein freudig bängliches eiziltcrn. 17,140;
jeder schrill in die Zukunft war ihm voll ahnung wichtiger
handhingen und merkwürdiger begebenheiten. 18, 136; sie
fiengen nun an, von ahnungcn, erschcinungen und dergleichca
zu sprechen. 18,318; man lasse mich bekennen, dasz ich.
das gesiebt aus dem siegreife niederschrieb, ohne auch nur
früher eine ahnung davon gehabt zu haben. 45, 310 ; so dasz
197 AHNÜNGSDRANG — AHNUNGSVOLL
AHNUNGSVOLL — ÄHREN
193
ihr Scharlach eine ahnung von blau behält. 52, 321; ahnung
ist dunkle vorenvartung. Kant 1, 185, nach der aus 10, 195
unter ahnden ausgehobnen äuszerung halte er hier auch ahn-
dung schreiben müssen.
ÄHiNUNGSDRAiVG, m. der erde mark mit ahnungsdrang
durchwühlen. Göthe 12, 173.
ÄHNUNGSREICH, alle blältchen, die sie ihm geschrieben,
Ton jenem ersten an, das ihm seine gattin so zufallig ah-
nungsreich übergeben hatte. 17, 114 ; die erste kunst durchaus
ahnungsreich, deszhalb die landschaft ernst und gleicbsam
drohend. 44, 235.
AHM'NGSVERMÖGEN, n. Göthe 24, 59.
AHNUNGSVOLL, ein liebliiigsausdruck Göthes, von welchem
reichliche belege zu geben sind, man merke aber, dasz alle äl-
teren ausgaben immer ahndungsvoll schreiben, ahnungsvoll erst
in der von 1817 bei des dichters lebzeiten und mit seinem wil-
len beginnt, wahrscheinlich setzte er in dem später verfasztvn
selbst so:
leise kann icb nur
diel) abnungsvoll ermahnen. 9,289;
die tage schreiten vor und ahnungsvoller'
bewegen sich nun freud und schmerz heran. 9,291;
0 dasz ein einzig ahnungsvolles worl
zufällig aus der menge mir ertönte. 9, 373;
ein rauher ahnungsvoller wind schwebt um mich her. 11,72;
und schaffend gölterleben zu genieszen
sich ahnungsvoll vermasz. 12,40;
da klang so ahnungsvoll des glockeniones fülle. 12,45;
die eine tieTe nacht bedeckt
mit ahnungsvollem heiigen grauen
in uns die beszre seele weckt. 12, (U;
du ahnungsvoller engel du.' 12, 183; (ahndungsvoller 1790, 141.
1808, 174. ahnungsvoller 1817, 174. ISIO, 152.)
und ängstet dich und sich
mit ahnungsvoller gegenwart. 12, 199;
es (das herz) war so ahnungsvoll und schwer,
dann wieder ängstlich arm und leer. 13, 83;
im drang der ahnungsvollsten weltgewühle. 13, 252;
er kommt, er naht! wie fühlt bei diesem schalle
die seele gleich sich ahnungsvoll bedingt. 13, 254;
dasz eine ahnung mir nichts gutes weissagt, auf diese weise
wäret ihr frauen wol unüberwindlich, versetzte Eduard, erst
verständig, dasz man nicht widersprechen kann, — ahnungsvoll,
dasz man erschrickt. 17, 12 ; aber als Eduard des morgens an
dem busen seiner frau erwachte, schien ihm der tag abnung*-
ToU herein zu blicken, die sonne schien ihm ein verbrechen
zu beleuchten. 17, 132; die kapelle, deren fromm verzierte
wände bei so mildem Schimmer alterthümlicher und ahnungs-
Toller, als er je hätte glauben können, ihm entgegen dran-
gen. 17, 409 ; wenig ahnungsvolle freuden des lebens glichen
der empfindung. 18, 21 ; ahnungsvoll fie' ich darüber her. IS,
22 ; mir ist es wie einem bräutigam, der ahnungsvoll, welch
eine neue weit sich in ihm und durch ihn entwickeln wird,
auf den festlichen teppichen steht. 18, 96; sollte! nicbt uns
in der Jugend wie im schlafe die bilder zukünftiger Schick-
sale umschweben und unserm unbefangnen äuge ahnungsvoll
sichtbar werden? 19, 58; die landschaft, die ihm gestern so
greulich und ahnungsvoll erschienen war. 21, 162; doch war
es ihm als gieng er einem bekannten, ahnungsvollen zustand
entgegen. 23, 143 ; gefühl, das dem von der natur in mich
gelegten ernsten und ahnungsvollen entsprechend. 24, 16 ; er-
ziebungsmaxime, den kindern alle furcht vor dem ahnungs-
vollen und unsichtbaren zu benehmen. 24, 16; der ncujahrs-
tag kam heran, den altem personen bedenklich und ahnungs-
voll. 24, 130 ; zu den ahnungsvollen dingen, die den knaben
und auch wol den Jüngling bedrängten, gehörte besonders
der zustand der judenstadt. 24, 236; schon seine wobnung,
wundersam und ahnungsvoll, war für mich höchst reizend.
25, 151 ; das radformige fenster, das in der kircbe und deren
gewüibe ein ahnungsvolles licht verbreiten soll. 25, 265; den
weit und kaltsinn des knaben durch ehrfurcht vor irgend
einem ahnungsvollen ins gleicbgewicbt zu setzen. 26, 182;
sittlicher ernst, ahnungsvolle grösze walten überall (in Ra-
faels carlonen). 29,25; dieses revolutionaire tedeum {die mar-
teillaisei hat ohnehin etwas trauriges, ahnungsvolles. 30, 314 ;
menschenleer war die gegend, die äuszerste einsamkeit ah-
nungsvoll. 30, 2J; diese zweite heroische, ahnungsvolle that.
30, 40 ; da wir denn den ahnungsvollen rückzug antraten.
30, 97 ; die stille war ahnungsvoll. 30, 318 ; wenn eine ah-
nungsvolle beschränkung uns mit gewissen schauem ergreift.
31, 245 ; die tage und wochen waren so ahnungsvoll, die letz-
ten monate so stürmisch. 31, 250 ; die helle färbe erfreut das
äuge und eben dieselben färben in ihrem dunkelsten zustande
genommen werden einen erasten ahnungsvollen efifect henor-
bringen. 36, 266 ;
der sinkenden sonne
die in die wölken sich tief, gewitterdrohend verhüllte,
aus dem Schleier, bald hier bald dort mit glühenden blicken,
sU-ablend über das feld die ahnungsvolle beleuchtung. 40,316;
nur hie und da bedeutend funkelt
ein rother ahnungsvoller schein. 41, 275;
waldquellen, schwane, nackte schönen,
das war sein ahnungsvoller träum. 41, 100;
rechts unten liegt Bingen, daneben die ahnungsvolle berg-
schlucht, wohin der Rhein sich verliert. 43, 297 ; auf dem
gipfel des Brockens, zwischen ahnungsvollen granitklippen.
45, 324 ; schaut ein begünstigter geist in die groszen welt-
erscheinungen hinein, bemerkt was sich ereignet und spricht
das vorhandne ahnungsvoll aus, als wenn es entstünde. 49,3;
dieses zwar sehr bekannte, doch immer ahnungsvolle phäno-
men. 52, 240.
AHNUNGSWEISE, adv. praesagiendo : ein nachtgesicht, das
mir einen Spiegel vorhält, darin ich das ende meiner verrä-
thereien ahnungsweise erkennen soll. 10, 118 ; es schien,
als ob ihm der werth und die würde des goldes, die uns in
spätem jähren erst fühlbar werden, ahnungsweise zum ersten-
mal entgegen blickten. 19, S
AHOILN, »?i. plalanus, ahd. ahorn, ahurn (Graff 1, 135),
mhd. ahorn (Ben. 1, 14*), ags. ahorn, nnl. ahom, litt, aornas,
eins der wenigen Wörter, die ihre alte, volle form stets unver-
dünnt erhielten, ahorn entspricht dem lat. acer, dessen adj.
acemus der deutschen wortgestalt am nächsten tritt, auch das
sl. iavor, poln. iawor, bOhm. gawor gehört dazu und hat kein
n entfaltet, aber den kehllaut durch einen labial ersetzt, wie
ihn litt, aornas ganz ieseitigt. wegen seines breiten, vollen
laubs reden die dichter oß von des ahoms dunkelm schatten.
AHORNEN, acernus.
AHORNSCH.\^TTE.\, m. umbra densissima: er schleicht zu
deinem ahornschatten.
AHORNTISCH, m. tisch aus hartem ahorahok.
AHORNWALD, m. platanenwald.
ÄHRE [äre, ere], f?i. pavimentum, area, vielleicht schon ahd.
ero, renn im Wessobrunner gebet:
dat gafregin ih mit firahim firiwizzo meisla,
dat iro ni was noh üfbimil,
aufzufassen ist flur, golf, gleichsam vorsal, dem aufhimmel
gegenüber, unl freilich erde, festes land meinend, neben ero
gen. tm musz aber (wie neben aro. pero altn. örn, biOrn)
gegolten haben ^rin, gen. erines, bei Graff 1, 463 auch ge-
schrieben airin ; ags. 4re area, nhd. bald der ähre, ehre, bald
ährcn. ehren, ehrn, zumal in der Zusammensetzung hausähre,
diele, flur, tenne im vorhaus. Stalder 1, 346 schreibt erm,
ehrm, obrm, Sciijceller 1, 169 ehren, obren, das wort geht
aber durch Schwaben, Franken, Hessen, Thüringen, zum 4
stimmt das lange a des lat. area {vgl. mlat. era, franz. aire),
nicht das in ara, welches aus asa, ansa entsprang, verschie-
den scheint auch altn. arin, arn focns, dän. arne, ags. Srn
locus secretior, casa, tugurium, sämtlich mit kurzem vocal.
sclirißspracbe und dichter meiden heule das alte wort und setzen
dafür Cur, diele, vorhaus, doch Klopsto« brauchte, aber weih-
lich, Sbre:
der himmlischen Shre bewohner
sehen des mondumwjmmelien sierpis weilkreisenden lauf nicht.
ÄHRE, /". spica, aus dem alten aber verderbt, des grases
und getraides oberster theil, worin sich blute und fruchl ent-
falten, das körn geht, schieszl in die ähren, herba erescit in
festucam, erigitur in eulmum, surgit in segetem.
windet zum kränze die goldnen ähren.' Schiliir.
menschen fielen gleich gem.ihten ähren. Tisdc«.
ÄHRE.N, sich, spicam emiltere, ähren treiben; bair. ihem.
ScHMELt.ER 1, 39.
ÄHREN, ürcn, eren, arare:
wenn wir alle lierren wären.
wer wolle fahren oder ähren ?
das pii land ist verslöret,
die relder liegen öd,
wird weder gesät noch geäbrel. Soitao tot*««. 46J ;
auf lief geährtes land säen. Hohberc 3, 6". vgl. ackern.
13*
199
ÄHRENFELD — AL
ALABASTER — ALBBAUER
200
ÄHRENFELD, n. getraidefeld :
das wild duckt sich ins ahrenfeld. Bürger.
ÄHRENFLUR, getraideflur: da die ährenflurcn dufteten und
nicht rauschten. J. Paul Tit. 3, 14.
ÄHRENFÖRMIG, spicatus.
ÄHRENFRUCHT, f., im gegensatz der hülsenfrucht.
ÄHRENKRANZ, m. crntekranz; ein goldner geschwollner
ährenkranz. J. Paul Tit. 4, 160.
ÄHRENLESE, spicilegium, auflesen der ähren, die die Schnit-
ter liegen lassen, nachlese.
ÄHRENMEER, n. das wogende getraide. Brockes 1, 109.
2, 171. 4, 338. 5, 86. 9, 331. aequor agrorum, in quo quac-
stuosae fluctuant in segetibus undac. Sido.mus Apoll, ep. 4, 21 ;
veggionvi si i campi pieni di biade non altrimente ondeggiare
che il mare. Boccaccio dec. 1, 1 ;
der wint durcli eines kornes fluor
so tobelichen nie geswanc. turn, von Nanteiz 121, 4;
die Griechen nannten das aufschauern der Wasserfläche und des
Saatfeldes f^i'^.
ÄHRENREICH, fertilis. Brockes 4, 191.
denn noch sind immer unsre saaten
die ährenreichsten rund herum. Gökingk 2, 3C.
ÄHRENSCHNITT, m. das geschniltne getraide: die Arjber
nahmen den ährenschnitt. Rückert. *
ÄHRENSCHVVANGER, ferax. ährenschwangre felder. Brockes
5, 81. 8, 9.
ÄHRIG, spicatus, in den Zusammensetzungen langährig, kurz-
ährig, vollährig, doppelährig.
AI, ein unserer spräche, seit das goth. und frühste ahd. ai
in ei umlautete, eigentlich fremd gewordner laut, den fehlerhaße
ausspräche aber beibehalten und zugleich auf das organische
1 == goth. ei erstreckt hat. so vermengen wir heutzutage im
laut gemein goth. gamains, ahd. gimeini, ags. gemasne, alts.
gimeni mit mein, goth. meins, ahd. ags. alts. min, oder lei-
den pati, ahd. lidan mit leid invisus, ahd. leid, ags. lad; leim
argilla, ags. lam, engl, loam mit leim gluten, ags. lim, engl.
lime «. s. w., von welchem gebrechen jede andere deutsche
mundart, namentlich auch die niederdeutsche und niederlän-
dische sich frei erhielt; selbst oberdeutsche mundarten hallen
beiderlei ei gesondert, indem sie ai und ei oder wenigstens ei
und i unterscheiden. In der Schreibung haben folgende würter
das ai meistens stehn lassen, wenn schon ei eben so lauten würde:
mai. Baier, laie, Main, Mainz, hain, rain, laib, getraide, waid,
saite, waize, waise, kaiscr, aichen, wiewol manche auch leib,
getreidc, weize, eichen schreiben und mhd. in allen diesen ei
galt, meige, Bcier, leie u. s. w.
AI, verwendet Güthe einigemal als weheruf, nach dem gr.
al, und zur Unterscheidung von ei! wie von auj in der frü-
heren spräche unbegründet. Scapine {mit Zuckungen] : ich
sterbe, ai ! 11, 186 ; Scapin : ai ! 11, 189 ; cilherspielbub : ai !
ai! meinen kreuzcr. 13, 18; u u! au au! weh weh! ai ai!
13, 79 ; ai ai ! er hat mich ! groszer meister um gotteswillen !
14, 128 ; ai ai! weh ! weh mir ! weh weh weil ! ai ! ai mir !
weh ! 40, 393.
ÄKS! interj. faslidienlis, aversantis: pfui äks!
AL, f., in der Wetterau die äl, der zwinger zwischen ge-
bäuden, te« Er. Alberus al angulus, aln angulus; ni Schmidts
westerw. idiot. s. 3 ahle m., der enge, schmale gang zwi-
schen zwei häusern, in den die abtritle geleitel werden, der
winket, in der Limburger chronik aber ed. 1720 s. 5: alle gas-
sen und alhen (der stadt Limburg) waren voll Icute und guts.
Er. Albebüs 41' vom wolf der sich in einen winkel versteckt
hatte :
da harrt er bei ein halbe stund
und kaum solang geharren kund,
bis er gieng aus dem aln hcrror.
vielleicht Überbleibsel des goth. alhs, ahd. alts. alah templum,
ags. calh templum, palutium, mlal. alciia penarium, pars aedis
in qua sunt cupae, vgl. die Ortsnamen Alahslat, Alahdorof,
heute Aistüd, Altorf, Aliendorf und das alachfalthio der lex
salica {vorrede s. xliv. xlvii). alhs, alah scheint aber dem
lat. arx entsprechend und wie dies von nrcere, ags. ealh von
ealgian tueri, ja auch zwinger bürg und burggraben von twin-
gen abzuleiten, aus dem begrif einer bürg und feste wandel-
ten sich nih und zwinger allnuilich in den eines engen gemauer-
ten gangs oder winkeis und das Sprichwort arceni ex cloaca
facere dreht sich um.
ALABASTER, wi. alabastrum, goth. alabalstraun Luc. 7, 37 ;
mhd. alabaster n. Rol. 260, 29;
dise marbrine pallast
unterproppet mit albaster. Weckuerlin 560;
albaster ihre stirn. 749;
einige sagen alabast {wie Altswert s. 66. 112 adamast ßr
adamas) :
der Stirnen alabast, die rosenweisze wangen.
A. GtiYPHius 1, 165;
Schnee, marmor, alabast. Wernike 52.
ALABASTERER, m., der aus alabaster sachen fertigt.
ALABASTERGÜRGELEIN, n. Fischart Garg. 76'.
ALABASTERHALS, m. Schirmers singende rosen. Dresd..
1654. lied 38.
ALABASTERN, aus alabaster: alabasterne brüst.
ALABASTERSTEIN, m. Weckherlis 703.
ALAMODISCH, franz. ä la mode, auch allmodisch oder
blosz modisch, modern : nur dasz sie den alamodischen bet-
tel schaffen können. Weise erzn. 320. etwa von 1600 bis 1720
gangbares wort.
ALANT, m. capito, cyprinus jeses, alts. alund, ahd. alunt.
Graff 1, 241. landschaftlich alet, alt, alat, ehe.
ALAIST, m. inula, eine würzhaße pflanze.
ALANTBEERE, f schwarze Johannisbeere, im gesehmack dem
alant ähnlich.
ALANTBIER, n. mit alant versetztes bier: hier, alat und
lautertrank. Wickram rollw. 98.
ALANTWEIN, m.
ALANTWURZ, f was alant, inula.
ALARM, m. clamor ad arma, franz. alarme f, aus dem it.
all arme, aux armes, allanna rufen. B. Waldis 57' ; alarm
schlagen, heute nacht war alarm, blinder alai'm. durch stär-
kere kürzung entsprang hieraus lärm und lärmen, früher auch
alarmen :
in dem hub sich im land ein strausz,
das man alarma thet rufen aus.
B. Waldis Esop 1, 77;
gleich schallet ein alarmen. Spee trutzn. 44;
Dämon spielte nur alarmen
über seinen mitgespan. 236.
ALARMIEREN, conclamare ad arma, franz. alarmer, auf-
regen, in Unruhe versetzen.
ALARMTROMMEL, f.
ALARMZEICHEN, n.
ALAUN, m. alumen, mhd. ak'in, nnl. aluin, litt, alunas.
alaun sieden, anschieszen lassen, entwässern, in der Schweiz
sagt man auch alet. Scheuchzer 2, 3. 3, 6. Dasvpodius stellt
ahm «nrf-alat zu alumen.
ALAUNBRÜHE, f., den gerbern die garbrühe zur lederbe-
reitung.
ALAUNEN, mit alaun bereiten, leder, papier u. s. w. mhd.
alönen durchgerben, prügeln. Ben. 1, 27', in Hagens wb. xu
Trist. 327 misverstanden.
ALAUNERDE, /■. alauniialtige erde.
ALAUNFLETZ, n. Stratum, area aluminis: nun gibt die
erfarung, das wildbeder gemeinklich vom kalchstein oder bloi-
scheblichten gengen oder alaunfletzen kommen. Matiiesius 2'.
ALAUNGRUBE, f.
ALAUNIG, aluminosus.
ALAUNSIEDEREI, f Göthe 25, 328.
ALB, m. genius, daemon, ahd. alp, ags. älf, alln. Alfr, mnl.
alf, mhd. alp ; der pl. sollte nach analogie des alln. Alfar ahd.
alpä, mhd. albe lauten, doch begegnet eiber, i'on dem neutra^
len sg. alp {mythol. s. 411). nhd. bilden wir von alp incubus
den pl. aipc, nennen aber die guten liclilgeister elbe, unrich-
tig clben, noch unrichtiger elfen, das e zeigt den fehlenden
sg. an, weil man von all) sonst iilbe, wie von schaik schälke
bilden würde, ein alamannischer könig bei Ammian hiesx
Vestralpus und dem Westaralp zur seile musz ein Oslaralp
gestanden haben, wie in der edda Vcstri und Ausiri elbisrbe
namen sind, auf goth. darf man alhs vermuten, bei Prokop
erscheint der name Albila. alb berührt sich sowol mit albus
als mit albe, alpis, weil die rlbe für lichtgeisler und brrg-
geisler gelten, auch Albis, Elbe der flusz und alpij, mhd. elbej^
der Schwan scheinen verwandt, auf der bairischen nlp heiszt
der ddmon all>er (Schmeller I, 27). .«. albe, alp, Elbe, elbisch.
ALBÜAUEB, m. ein gcbirgsbewohner : ein grober albhawcr,
FpANK sprich». 2, 49*.
201
ALBE — ALBER
ALBER — .\LBER>'HEIT
202
ALBE, f. pascuum monlanumj mons, die alb, alp; o/id. alpa
pl. alpän, mhd. albe Bex. 1, 2l'; i» den tveislkümem häufig
albe und gesuech (gesuch), das auch Keideplalz bedeulel, ver-
bunden, z. b. 3, 6TS. "25. 73". Otts dem in der Volkssprache
xum nom. erhobnen acc. alpen, aJben, albn entsprang albm
und alm. s. alm. die groszen tawern und hohen gebirg in
den wellischen alben. Mathesils 16* ; die von Tjto und Sidon
als erfarne schifleut haben nicht allein am Lybano und den
indianischen alben, sondern auch zu Sarepla bergwerk ge-
habt. 22*. In dem «orte alpa, albe kreuzen sich uralte und
mythische Vorstellungen, sicher ist alpis, pl. alpes dem albus,
Sabin, alpus verwandt und die weisze des hohen schneegebirgs
bezeichnend, darum gehört es auch zu alb, elb dem lichtgeist,
berggeist. «enn aber albus einem skr. ribhus (wie altus skr.
ridh) zu vergleichen stünde (Haupt 5, 490); so wären rä oor;
^trtala, die PiTtaitt, die montes Riphaei, wo die Donau ent-
sprang, wörtlich die alpen, rupes gleichviel mit alpes. die
altsl. spräche scheint ein rip /Br berg zu kennen, allen kelli-
schen ist alp, ailp ßr hochgebtrge eigen, selbst rübezabl könnte
sich nun als eibischer geist darstellen.
ALBE, f. das weisze chorhemd, die alba der geistlichen.
Ben. 1,22'; kasel und alben anlegen. Luther 3, 54* ; die alben
gürten, überstürzen. H. Sachs II. 4, 93'. vgl. albenschlcier
Garg. 134'.
ALBE, f. eyprinus albumus, weiszfisch, gewöhnlicher albel.
ALBE, f. populus alba, weiszpappel, gewöhnlicher alber.
ALBEL, f. weiszfisch, lat. albula, mhd. albel ; weislh. 1, 444.
ALBELER, m., ein netz zum fang der albein, rcte dictum
albcler. Lacomblets arch. 391.
.\LBELN, languere, degenerare, in Obersachsen, von den bie-
nen, wahrscheinlich das bair. alpem, älbem delirare. Sch».
1, 4S. s. ölpern.
ALBER, f. populus alba, auch aller und albel, nnl. abeel,
doch ahd. ist alpari, albari m. insgemein populus. der al-
bern sind zweierlei geschlecht, populus alba und nigra. Hoa-
EEBG 2, 554".
ALBER, ein der gestalt und bedeutung nach grossem Wech-
sel unterliegendes worl. ahd. alawär verissimus, alawäri be-
nignus (Graff 1, 91C), nur einmal aufzuweisen ; ags. ealverlke
benigne ps. 50, 19. mhd. alwdre fundgr. 2, 18. alware En.
319. 1139. MS. 2, 22»'. Lanz. 6089. Trist. 217, 22. 330, 26.
445. 24. a. Heinr. 545. 1169. Amis 944. 1319. 1377. 1695. Haupt
7, 345. 373. mysl. 312, 19 und sonst mehr, doch nicht bei
Wolfram, Walther, Konrad; es bedeutet aber simplex und oft
noch, wie unser einfältig, in gutem sinn, der sich dem be-
nignus nähern könnte; allmälich überwiegt der des absurden;
war aus dem begrif des wahren, offenen der des schlichten, ein-
fachen, einfältigen hervorgetreten? das altn. alvara gravitas,
srhw. aifvar, dän. alvor, im adj. altn. alvarlegr serius, sehw.
alfyarlig, dän. alvorlig ireicA^n im kurzen vocal des Tar ab,
das auch cautus auszudrücken scheint, seit dem 14. 15;7(. musz
aber das mhd. alwaere in albaere übergetreten sein, im 16 er-
scheint durchgehends mit b und vocqlkürzung alber, welches
sich bis ins IS jh. erhält, wo ßr alber endlich albern durch-
dringt, die bedeutung bleibt ineptus, stolidus, simplex, bei Lu-
ther und Opitz einigemal noch in gutem, später meist im nach-
IheHigen verstand. Hemsch stellt blosz alber auf, Stieler ne-
ben alber schon albern, Frisch alber, mit Verwerfung des al-
bern, welches neuere ausgaben der bibel einzuschwärzen an-
fangen. ScHMELLER 1, 48 gibt alber aus Franken und der
Oberpfalz, in Baiem sei es wenig gangbar; Stalder 1, 95
albrig unbändig und 1, 99 alwerl, alwcrd ungereimt; aus Schwa-
ben führt es Schmid gar nicht an. kaum gestatten die ahd.
und mhd. formen einen gedanken an elbisches, Ihörichtes We-
sen, noch weniger darf in der ersten silbe das alte all, cli
jlalius) gesucht werden, kein mnl. adj. entspricht dem mhd.
alware, kein nnl. dem nhd. alber, doch beachtenswerth ist im
Teutonista das zum ahd. alawäri stimmende aluwer simplex,
innocens, insons, also auch ohne üblen nebenklang. Belege ßr
das nhd. worl: den albern tödlel der eifer. Üiob h, 2; das
xeugnis des herm ist gewis und macht die albern weise, ps.
19, 8 ; ein alber glaubet alles, aber ein witziger merkt auf
»einen gang. spr. Sal. 14, 15; schlägt man den spOtler, so
wird der alber witzig. 19, 25; verlasset das alber wesen, so
werdet ihr leben. 9, 6; und ob ich alber bm mit reden, so
bin ich doch nicht alber in dem erkentnis. 2 Cor. 11, 6; da
magstu wol sagen das Sprichwort, es ist schön böse, aber
bei uns ist alber feste. Lutbe« 4, 494*; denn da sehen wir,
das der glaub, vaterunscr, zehen gebot gefasset sind als kurze
form und lere für die jugent und albere leute. 6, 109' ; wie
wir auch noch teglich erfaren, wie geschwind, listig, klug,
behend der weit klnder sind gegen uns frome, albere, gute,
einfellige schepse und schafe. 6, 155*; dagegen sihet man
wol, welch kindisch, alber, schlecht ding das geistlich recht
ist. 6,156"; denn wir sind schlechte, albere scheflin. 8, 7*;
er fehet alber an, geht aber stolz aus. tischr. . . ; daselbst hat
man eigene Sprichwort von den Teutschen, damit man sie
heimlich und öffentlich beruft und verfolget, als albere gauch
mit der nasen umführet. Huttex 5, 226 ; wciber, die viel lie-
ber wollen närrischen oder alberen männern gebieten. Fi-
schart ehz. 10 ; die albere weit durch solche vexatz und trug
gescheider zu machen. Fischart groszm. 4 ; und müste ja
furwar ein sehr alber, grober und unverstendiger mensch sein.
Bartisch augendienst s. 10 ; albar. Philand. 1, 399 ;
danimb auch golt ein albern man
bisweilen mehr gebrauchen kan,
als einen hoben dünkeltrut.
Ri.'^GWALD /. wahrh. 152;
disz mein alber büchlein zu schützen, das. AT*;
wie mutbig diser beld, den albern feiod zu jagen.
Weckh. 623;
aus alber wütherei. 81 ;
wie alber sind wir dochl Opitz 1,435;
der Römer ffroszes lob bat schöner nie geglissen,
als wie sie Krieg geführt, sich ritierlich geschmissen,
wie alles alber (einfach) war. wie ihre Weisheit noch
nach aller mäsziglieii, nach blei und knobloch roch.
Opitz 3, 272;
wer mag so alber sein, dasz er dies nicht versteh!
A. Grtphics 1, 709;
der albre frosch. Logad 3, 215 ;
alber und einfaltige leul. Zixkgr. ap. 42, 29; niemand wolt
vor alber angesehn sein. 43, 2 ; welch ein alberer schlusz.
Lohexst. Arm. 1, 78 ;
ach albere, fällt dir itzund nichts bessers ein*
HOFFIAN.XSWALDAU S4 ;
die Satzung ist ja nur för albere gemacht,
es gebt die witzigen ja keinesweges an. 84;
sind das nicht alber leute? Soltac volksl. 491;
albers zeug ein heldenlied zu nennen. Gdxther 463;
dieses unbesonnenen knechts albere frage, qespensl 355 ; bes-
ser ein wenig zu alber, als gar zu klug. Weise kl. leute 198 ;
albere Peter Sqnenzpossen. 285; alber nnd einfältig, maul-
affe 73; ich habe ihre thorheiten nun länger als drei jähr
angesehen und selber alber genug dabei gethan. Lessixc 1,
303 ; du spottest deiner kleinen albern Schwester. 2, 345 ;
dasz des riiters vonheil
gefahr nicht laufe, spielen sie den mönch,
den albern mönch. 2, 231 ;
doeli 1, 347 das wäre auch albern genug ; 1, 541 ein albernes
ding; 1,215 etwas albernes. Wahrscheinlich gehören Gottsched
und Geliert zu den ersten, die den falschen nom. albern i«
der Sprache durchßhrten.
.\LBEREI, f. inepliae, von alber gebildet: ist es nicht eine
alberei? Lessixc.
ALBEREN, populeus : von weiden, alberen oder linden bulz
wolgebrennle kolen. Froxsp. kriegsb. 1, 137*.
ALRERKEIT, f. slultitia, faluitas: doch koante meine alber-
keit nichts ersinnen. Simplic. 1, 55.
ALBERKLL'G. alberkluge läppen {laffen). Logao 2, 1, 37.
ALBERLING, m. homo insipidus, fatuus:
pfui, schämt euch, alberling, habt ihr sonst keinen schein?
LooEXST. .4rm. 2, 1485.
ALBERN, ineptire, vgl. albein und ölpern. dorA in Lessixcs
und Ramlers Logau s. 52 ist alberst nicht ineplis, sondern
in alterst, senescis zu bessern.
ALBERN, stolidus, s. alber. sie ist albern. Lbssi:«g 1, 260 ;
der beständig fasell, ist albern. Kaxt 7, 388; nur die unge-
wohnheit etwas gutes zu genieszen ist Ursache, dasz viele men-
schen schon am albernen und abgeschmackten, wenn es nur
neu ist, vergnügen Tinden. Göthe 19, 140; die schöne fremde
scheint keine andere absieht gehabt zu haben, als sich und
andern alberne streiche zu ersparen. 21, 87.
ALRERNHAFT. das närrische, albernhafte verträgt sich so
hübsch mit dem alltäglichen. Tiec« no». 4, 312.
ALBERNHEIT, f was früher alberkeit, musle aber gebildet
werden, teil das n zutrat, sind sie (die menschen) glücklieb,
203
ALBERNKLUG — ALFANZ
so soll man sie in ihren albernheiten gewähren lassen; sind
sie unglücklich, so soll man sie retten, ohne diese albern-
heiten anzulasten. Göthe 21, 45.
ALBERNKLUG, was alberklug:
die albernkhige weit wird dies Verstellung nennen.
Wernike 47.
ALBERTÄT, f. ineptiae, und selbst alberne Wortbildung, da
sich das fremde tat nicht an deutsche Wörter fügen läszl, auch
gar kein komisches bedürfnis dazu obwaltet: und lasset sich
ilire albertäten weit besser gefallen. Simplic. 1, 50. 690 ; nun
scheint es, als wolte die albertät unter den bürgern auch auf-
kommen. Weise crzn. 60 ; poetische schwanke, albertäten, con-
fusionen und liebesgeschichten. Tieck Uschi. 2, 116.
ALBRASZ, nomen morbi. in Georgs Pictorius baderbuch
35' stehn zittermal {flechte) und albrasz zusammen, elbisches
rasen, albschusz?
ALBRAUSCH, wi. die alprose. Schmeller 1, 46. 3, 140. rausch
aus rose entstellt?
ALBRIGKEIT, f. stultitia: der ewige redner, der sich fein
nach unser einfalt und albrigkeit richten kann. Matiiesius 33".
ALBSCHOSZ, albgcschosz, »i. donnerkeil. mylhol. 164. 170.
ALBSCHUSZ, m. nomen morbi, vom pfeil der elbe verur-
sacht.
ALD, aut, ahd. aide, olde {gramm. 3, 274), findet sich noch
bei schweizerischen Schriftstellern des 16. 17 jh., wie Jos. Mau-
BER, TscHüDi u.a.m. Stalder 1,95:
es ist ouch nit dnimb gsälicn an,
das man drin schmähe wib ald man,
ald das man drin veraclit fi-ömbd liit,
der dingen keins wirl gliandlct nüt.
Mauuhhs Babylon s. 1
ALDE, für ade, adieu, s. ade.
ALDERMANN, m. primarius, Senator, im vorigen jh. nach
dem engl, alderman, ags. aldorman, wider den sprachgeist ein-
geführt, der allermann fordert und dem man auch heute folgt.
{s. altermann.) die republik besteht aus aldermannern, Zünf-
ten und Volke. Klopst. 12, 3; wir haben noch kein beispiel,
dasz einer durch alle stimmen wäre aldermann geworden,
selbst Leibnitz ward es nicht. 12, 17 ;
ein mantcl so enifasert, abgefärbt
und ausgenützt, dasz es verdacht erweckte,
er hätte den, der einst den Krates deckte,
vom aldermann der cyniker geerbt. Wieland 9,3;
wir sehn den aldermann
mit abgebleichtcn haaren. Voss 5,68;
was zwischen manchem wilden häufen
sich Uullius, der aldermann
an hörnern endlich abgelaufen,
das läuft sein weib ihm wieder an. Bürger SO";
und wenn euch, ihr kiader, mit treuem gesiebt
ein vater, ein lehrer, ein aldermann spricht,
so horchet und folget ihm püncilichl
GöTUE 1,228;
und die biedersten aldermannswahrheitcn von dem was edel
und knechtisch ist am dichter. 60, 226.
ALET, s. alant.
ALFANZ, m. fallacia, ncquitia, nugae, cavillatio, oft aber
auch persönlich nequam, nugator, früher alefanz alifanz ala-
fanz, ein merkwürdiges, bisher unverstandnes, in hohes alter-
thum zurückweichendes wort:
ir spil ist ganz
und slachent den alafanz. Ls. 3,394;
' dö ich dich sach bi eime tanz
und dir bot an alefanz {al. an allen fanz)
vier gülden an ein rock ze stiure.
die grasmagt, in melirern hss., cod. pal. 355. hl. 13S' ;
erst merk ich den alefanz.
tied des Ibjh. bei Wackernacel 972, 6 ;
den selben kcisern dri
woneni vil diener bi,
die allenfenz (/. alefenze) sini genant,
die selben uns bänt verbrant
und unser lant verderbt. Spiegel s. 143;
ein mechiig stat, heiszt falsch untrcw,
die ist gcbawen fest und new
von einem könig, heiszt Alefanz.
H. von SACiisEitHEta Mörin. Worms 1539. bl. 35;
got sehend denselben allcfanz!
MuRNERs liUh. narr 1360;
auf arglist, renk und alafanz. II. .Sachs I, 224';
mit Schinderei und alifanz. I, 288*;
wie nimt über band die finanz,
wie spitzig ist der alefanz;
auf alle prantic und flnanz
ist er ciu rechter alafanz. I, 445';
ALFANZ 204
flnanzer, alifanzer und trügner. I, 469' ;
wer vorteilhaftig ist,
brauchet vil duck und hinderlist,
durch seltzam praclik und finanz,
rieht all ding aufsein alifanz,
das die wag hengt auf seinen teil. V, 327*;
nun wellen wir zu des künigs von Engeland lügen und alle-
fanzen antworten. Mürners könig aus E.; als der alt schlang
immer ein fischlein am angel gefangen hat, ... nam immer
ein Spruch usz der geschrift, den salbet er mit sim alefanz,
mit der philosophy. Oreri-in 26 ; wie von anfang der weit all
sin alefanz dahin gerichtet, das golt nit gloubt noch vertru-
wet würd. daselbst; alefanz macht die schuch ganz. Frank 2,
155*. Agricola 213'. Henisch 40. SiMROCK 127 ; ir icglichem war
tausend gülden worden zu alafanz. Öfele 1, 255; die münz
ward ie langer ie böser, dan iederman suchet sein alafanz
und sein vortheil. l, 277; die von Constanz wollen an des
kflnigs Friedrichs leuten einen vorteil in den herbergen suchen,
aber er zeigt inen, dasz im dieser ufsatz und aalenfanz nicht
gefiele. Tschudi 2, 351'; ie mer und mer freiheiten mit lieb-
kosen und alefanz überkummcn. Frank chron. 508' ; list, ver-
rälerei, leckenvort, krieg, alefanz. Frank parad. 25; so sind
alle kunst, geschrauft grif, verschlagen alefanz, arglistigkeit,
bosheit aufs höchste komen. Fraxk laster K3; wer sich in
alle finanz und alefenz legt, der kan finanz mit alefanz ab-
leinen und in summa ein fuchs sein wider ein fuchs und so
viel rank suchen als ein ander. Henisch 40; alfanz astutia,
cavillatio. Stieler 443; lust und liebe zur nachahmerei, zur
nachpinselei, zur nachschwätzcrei, zur nachsophisterei, zur . .
doch wer vermag solchen alefanz und firlfanz weiter fort nen-
nen? Klopst. 12, 406; die philosophie ist gegen alfanz und
aberglauben vorlreflich. Claudius 3, 59 ; kein frommer alfanz
der Briten oder Deutschen. Herder 18,160;
und dennoch reden sie von toleranz
und dünkt sich duldend jeder alefanz.
TiECK 2, 344.
Den anscheinend undeutschen, auch oß neben dem fremden
finanz außrctcnden ausdruck hat man, wie alarm auf all arme,
verkehrt auf ein it. all avanzo, franz. a l'avance zurückführen
wollen; gewöhnlich bedeutet er nicht einmal gewinn oder ge-
winnsucht, sondern schalkheit, ja oß einen schalk, trügner,
gaukler, bei Tobler 20' ist alafanz ein verschmitzter kerl, phan-
last; das abgeleitete verbum alfenzen ist triegen und narren,
ganz wie affenfenzen äffen und betriegen. A'un aber hebt schon
ein ahd. ganavenzön, d. i. gianafenzön cavillari, ganavenzöd
cavillum, cavillatio (Graff 3, 548) jeden zweifei an des wortes
voller dculschhcit, dies ahd. fenzOn musz einerlei sein mit deni
nhd. fenzcn in alfenzen, affenfenzen, Schmeller 1, 546 kennt
noch fenzcln spotten, gefenz spott, H. Sachs I, 45l' hat mit
kleidung huriig und fenzig. fenzun aber entspringt aus fan-
ziön, setzt folglich ahd. fanz voraus, dem das ahn. fantr ne-
quam, scliw. fant servus, famulus, cacula, fänta ancilla, ddn.
fante narr, norwcg. fant landstreicher und schalk au/s haar
gleichen, älteste bedeiitung war wol die von famulus, servus,
sie trat über in die von nequam, wie auch schalk eigeiülich
den diener, dann den schalkhaßen betrieger bezeichnet. Schon
im buch der rügen (Haupt 2,82) wird gesagt:
ir vart hin giin IndiS
und belibet lange da,
swenn ir her wider köret
und habt da; guoi gcmeret,
ir vindet jungiu väiizelin,
die mugen lihlc eins andern sin;
gemeint werden junge gauchc (göuchelin), äffen, schälke, nem-
lich in diesem Zusammenhang bastarde, fremde vögel im nest,
advenae. in einem, sowol dem Neidhart, als Wolrenstei-
NER beigelegten Hede MSH. 3, 308* ist eine liederliche dirne
angeredet min alefenzlin ! , was ans schwed. filnta mahnt, (die
lesart alefrcnzlin veiwerflich, obgleich auch Fischart in» spiel-
verzeichnis n' ItO alefrcnzlin schreibt, aus dem alten drutk des
fleidhart schöpfend.) das nnl. vaut bedeutet einen jungen kerl,
mit verächtlichem nebcnklang. fanz und alefanz ist also schalk,
betrieger, dann auch schalkheit, trug, fenzcn, alfenzen schalk-
heit treiben, triegen.
Übrig wire das vorstehende al tu deuten schon Wächter
sah recht, indem er Otfrieds IH. 18, 14 clibenzo fremider heran
zog, wobei man bisher an ein örtliches bauz = banl pagus
dachte; allein die strenger als Otfried hochdeutsche glosse Diul.
2, 341 schreibt clcucnz d. i. elefenz advcna, das reicht hin vol-
205
ALFANZ — ALFÄNZISCH
ALFRA>'KE — ALL
206
les licht zu streuen über alle diese vörler. man könnte das
ale t» alefanz (wie in Aleman AJaman) ßr blosz verstärkend
nehmen und alafanz, alafenzo deuten durch ausgemachter schalk,
erzschalk. besser jedoch ist ale, ele das alle ali fremd und
alifanz, alifenzo {goth. müste es lauten aljafants, aljafantja)
bezeichnet den fremden schalk, einen Geta und Dacus, hernach
einen schalk, landslreicher, Spitzbuben, schelm, und alifenzön
Schalksnarr sein^ passen reiszen, betriegen. die guten mhd.
denkmale überliefern uns kein aleranz, eleranz, elevenzen,
blosz jenes Tenzelln ßr schelkelin und alcfenzlin tauchten all-
mälich TOT, und erst in gedichten des 14 jh. erschienen alefanz,
im Spiegel {des 15 jh.) alefenze als schalkhaße diener, im 16.
17 wachen die ton der Volkssprache icarmgehaltnen alefanz und
alefanzen kräßig auf und reichen noch ins IS hinein, beach-
tenswerth, dasz Stieler 443 auch das einfache faoz, fanzea
und fanzer aufstellt, mehr- davon noch unter fanz und iirle-
fanz. nur die redensari den alefanz schlagen ist nicht ganz
aufgeklärt, Fbiscb 1, 1"' fuhrt, ohne belegstellen ein alfanz sla-
ben, brechen oder lesen, ja faren, sampnen, lernen, über-
laufen, alles mit der bedeuiung von legere an.
ALFÄ.NZEN, nugari, catillari, f allere, einige schreiben ohne
Umlaut alefanzen, Lctuer immer alfenzen. sie tribent alefanzen.
Hadahar 316, 3 ; swer tribet alavanzen. 399, 3 ; es ahmet und
alefanzt der teufel gottes werk nach. Mathesics; er hat sie mit
subtilem alefanzen dahin bewegt, dasz sie ihm die bände auf-
gelegt. Hediox chron. Eusebii 5S" ; solche herren wolt ich bit-
ten gar demütiglich, wenn sie für dick obren mich hören wol-
ten, das, wenn sie narren und alfenzen wollen, theten das
in iren gutem. Llther2, 96*; die sprüche, so (der satan) aus
der Schrift in Carlstads büchlin füret und damit alfenzet. 3,
43'; weil (Carlstad) so alfenzet mit puncten und buchstaben.
3,65'; wie dieser lügengeist alfenzt. 3, 71; wie sie {die Ver-
nunft) hie in des Carlstad köpf auch alfenzt. 3, 79' ; so flad-
dert er fürüber und alfenzt die weil ein anders. 3,469*; (der
teufel) musz was im sinn haben, er alfenzt nicht umsonst
also. 3, 478. 502' ; wolan solch alfenzen wollen wir lassen ge-
hen. 3, 365 ; warumb der geist solch alfenzen treibt, kan ich
nicht wissen. 3, 465'; ich wolle dasz solch lestermaul und
seine gesellen solch alfenzen selbs müste für recht und war
halten. 3, 52o'; was hilft doch solch gaukeln und alfenzen
mit so schendlichen lügen? 5,299'; und wenns schon etwas
gölte bei menschen solch alfenzen und ausrede, solle oder
muste ich darumb den jüden gleuben, wenn sie schlechts da-
her sagten, die schrift sei also zu verstehn. 6, 544' ; fluchen,
alefanzen, bauren schinden. PartAAD. 1, 399.
ALF.\.NZER, m. nequam, nugator. nachdem alfanz mehr
sächliche bedeuiung angenommen, die persönliche verloren hatte,
muste diese durch die ableitung er hervor gehoben werden:
Goanzer, alifaDzer und trügner. II. Sachs I, 469';
fürkaurer, alcranzer. I, 25S' ;
TOD neidischen heuchlern und alfanzern. 11.2,69';
mit dem ich im plundrigen Löwen auch mit ihnen and an-
dern alfanzern gewesen war. Tieck nor. 3, 219.
ALF.\NZEREI, f. nequitia, vaframentum: entgröbung, stu-
dicrung, \ercnderung, langweil und desgleichen tcufels alfan-
zerei. Lltiier 3, 49'; danimb ists eitel alfanzerei und lose
teiding mit ihren gedankcn, wenn sie treumen, aus der weit
zum vater faren, sei aus himel und erden weggefaren an
einen sondern ort. 6, 1S9' ; solch alfenzerei thut sich fein im
cbreischen. 8, 115'; mit alfanzerei umhgeben und die leute be-
triegen. tischr. 124*; haben neben gnug lesterlichen lugen
auch die alfenzerei mit dem heiligthumb erträumt. KiRCUHor
wendunm. 435'; sie schweben in ihrer Ordnung ohn stolz und
alfanzerei. Danxhacer evang. denkm. s. 698; die papistischen
alfenzereien. Weise erzn. 371; allein es waren meislonllieils
alfanzereien. gespenst 202 ; alfanzerei und alle woibcrmärlein.
hebamme 171; warum der herr kein schweinOeisch essen wollte
und sonst hundert alfanzereien machte. Les>ing 1, 339.
ALFANZIG, nugai, vafer: ob die armseligen tcmpelknecht
mit iren nuwen alefanzigen güttem zum tüfel faren. Oberlid
20 ; ein m. cinzips lied ist mehr werth als zwanzig eurer al-
fanzigf-n «liiik-fichens. Fr. MCi.ier 1,253; dasz es in dieser
weit noili hirrcn gibt, die wegsehn über jed alfanzig wesen.
Tieck 3, 210.
ALFA.NZISCH, derselben bedeuiung: so subtil, schlipferig und
alfanzisch ist keiner, wenn er schon auf alle seiten abgerichl
und abge*piizt ist, wie ein Burghauser Würfel (». abführen),
golt merkt es alles und ergreift ihn endlich in seiner schalkheiL
Hemsch 40 ; allfanzisch oder vortailisch. Nitharts Terenz. man
findet auch alanfanzisch. Schmid sehicäb. id. 17. Das einfache
fanzig, gfanzig, pfanzig. fenzig kennt Schmeller im sinne von
munter und artig; fenzig von leib. H. Sachs IL 4,30*.
ALFRANKE, s. aipranke.
ALKOFE.N, m. cubiculum interius, ein im zimmer abgeson-
derter betlraum : Meline schlief im alkoven mit vorgezogncn
Torhängen. BEm.xE 1, 161. es scheint nach dem franz. und
engl, alcove, doch erst seit dem vorigen jh. im gang, bei Frisch
und Stieler mangelnd, auch schw. alkor, dän. alkove, it. al-
cova, -sp. alcoba, nach dem arab. algoba parillon, zeit, mit
dem arabischen artikel al, wie ihn alkoran, alkohol und viele
andere «örter zeigen, doch der ausdruck var schon dem mit-
telalter geläufig, und lautete altfranz. aucube = alcube :
sor la ririere tendent loges et ires,
et pareillons et aucubes assez. Garin 1,58;
pareillons et aucubes et tres desploier.
Aimon cod. 71s3 foL 69";
tant aucube et trez. daselbst 95«;
woraus Wolfram mhd. hkab, ekobe bUdett (vor. ejkube, ecobe,
ekuob) :
treir unde tulam,
ekub unde prermerdn. Wh. 197, II ;
prermeriin und manc gezelt,
£L-ube, treir und tulant. 316, 7 ;
die henennung war also längst in unsrer spräche und aus zeit
ergibt sich gemach, schlafgemach von selbst. .Vun aber hiesz
schon das ags. cofa, engl, cove cubiculum, ags. bedcofa bett-
gemach, mhd. kobe hara, nhd. schweinkobe schweinstall, ja
das lat. cubare, cubiculum, cophinus, träten nahe, und seinen
ersten theil könnte alkofen sogar aus al, alch winkel ableiten,
es bezeichnete ein abgelegnes lager? wie wenn das arab. «ort
dem Westen nbgeborgt wäre?
ALL, integer, totus , omnis, universus, eunctus, quilibet.
goth. alls, alid. mhd. al, gen. alles, alts. mnl. nnl. al, ags.
eal, gen. ealles, engl, all, altn. allr, schw. dän. all; ir. uil,
welsch oll, armor. holl, gr. o}.os, osk. sollus, lat. saivus, skr.
sarra. wie sollus aus soivus, o/ms aus o/<Ob entsprungen
scheinen und eins waren mit sarra, darf auch unser all hin-
leiten auf ein früheres sali, sah, sarr. anfänglich muste es
gleich o/os und sana nur die Vorstellung der ganzheit enthal-
ten haben, aus welcher allmälich die der allheit sich entfaltete,
das unversehrte, unzerslückle ist, weil ein ganzes, zugleich ein
all; nicht anders hat den romanischen zungen, nachdem omnis
beinahe ausstarb {nur das it. ogni = onni, omni dauert) aus
totus der ausdruck ßr die allheit müssen entnommen werden
und auch unser ganz und heil pflegen im gebrauche des volks
schon die bedeuiung von all zu überkommen, wie heule unser
sinnliches ganz zum abgezognen all sich verhält, war auch der
begrif von sarra, o/.o;, totus ein sinnlicher, der von Tisra,
aTiag, omnis mehr ein abstracter.
Es ist bei diesen» wichtigen wort, das in unsere spräche und
rede tief eingreiß, auf die form, bedeuiung, Stellung und Zu-
sammensetzung zu achten,
I. Form.
1) die abstraction und Unbestimmtheit des wortes all ist zu
grosz, als dasz es einen bestimmenden artikel vor sich litte,
darum auch versagt es sich der schwachen flexion, man kann
sagen der ganze, der gesamte, nie aber der 'alle, so wenig als
der jede; es heiszt: gott. Tater unser aller {omnium nostrum),
ein freund dieser aller {horum omnium). Opitz sündigte wi-
der die Sprache, wenn er dem reim zu liebe setzte:
Ilomenis der hat recht, der vater unsrer allen,
er Inszt den klaren wein ihm treHich wol gerallen,
wo doch nahe lag: der vater ist uns allen. Auch wenn ein
strengeres demonstralivum vor all tritt, behauptet es starke form:
das alles, dies alles, alles das, alles dies:
jagen sich, ängsten sieb, beisten sich,
und das all um ein siückchen broi. Göthk 2, 91 ;
in ihrem sinn das all in ihren schrünken aufbewahrend. . . .
hier, sieh das alles! 10,190. In allenfalls sehe man keinen
schwachen gen. (s. dies wort.) ladelhaß ist zu schreiben, wie
z. b. Lessing Ihul, in allen (1. 2361 für in allem, mit dem
allen, bei dem allciv/wr mit dem allein, mit allem dem, mit
alle dem. Aus gleichem grund leidet auch all keine Steige-
rung, noch kann ein adverb aus ihm gebildet werden, so we-
nig als aus omni« ein Mir. omne, denn omnino und ahd.
207
ALL
ALL
208
allicho, mhd. alliche sind neue bildungen für die bedeutung
gänzlich und diesen sinnlichen hegrif haben olcoe, Ttävrcoe.
2) schon mhd. durfte vor arlikel und possessiva unßeclierles
al treten: al der lip, al daj lant, al des landes, in al der
wile, al der riter omnium equHum, al der frowen omnium fe-
tninarum, in al den landen (gramm. 4,484). dies flexionslose
all ist heute im nom. acc. sg. m. und n. ganz gewöhnlich: all
der Jammer, all der cifer, all das leid; was soll ich euch all
den Jammer, all das leid erzählen ? was soll all der schmerz
lind lust? GöTHE 1, 109. im f und pl. überhaupt seltner, doch
statthaß: all die quäl, all seine sorgen; und all die sinne
dir vergehn. Göthe 23, 261. im gen. und dat. bleibt den dich-
tem gestattet: all des leides, all der sorgen, all den quälen;
wie lach ich all der trüdelwaare? Göthe 1, 48; der Schau-
platz all meiner glückseligkeit. 10, 137 ;
und so tritt sie vor den spiegel
all in ihrer (in aller ihrer) nuinterkeit. 1, 82;
das halt ich all in meinen besten stunden
in ihr enideckt und es für mich gefunden. 3, 49,
in allen meinen besten stunden, obwol die all der beiden letz-
ten stellen andre auffassung leiden. Die prosa zieht vor : alles
des leides, allem dem leide, aller der Seligkeit, aller der sor-
gen, allen den sorgen und auch die dichter bedienen sich, den
umständen nach, für alle casus der vollen flexion:
du armer kriegcsmann, du magst wol niederlegen
nun alles dein gewchr. Werders Änost 11,25;
ich grubs mit allen
den würzlein aus. Göthe 1,2";
alle die weisesten aller der zelten. 1, 143;
doch in aller dieser weile
wirk ich rasch und nur für dich. 1, 61.
die Verkürzung kann aber auch vor dem demonstrativen prono-
men erfolgen: all die, all diese, all jene, all solche:
all denen, die in nöthen sein,
mit retiung, hiir und trost erschein ! geistl. lied;
all denen^ die drum bitten dich;
die bewunderung all dieser annehmlichkeiten. Klinger 1, 178.
3) LüTHEn setzt statt des unflcctierten all in derselben läge
ein unveränderliches alle: so wil ich alle den orten vergeben,
Omnibus locis. i Mos. 18,26; alle dis volk. 1 Mos. 18,23; das
ich alle diesem volk gebe, omni huic populo. 4 Mos. 11, 13 ;
ihn und alle sein volk. 5 Mos. 8, 2; alle das gerechte blut.
Mutlh. 23, 35 ; zu glauben alle dem {dem allen). Luc. 24, 25.
aus dem 17 jh., namentlich den schlesischen dichtem sind keine
beispiele veimerkt, im 18 häufen sie sich: öfnet mir die bin-
den, dasz alle mein blut dahin flieszc. E. vox Kleist 1, 189 ;
fast alle sein geld. 2, 149 ; wenn ein trunk faules wasser da-
mals nicht oft mehr wcrth war, als alle der quark. Lessinc
1, 555 ; soll ich denn alle das lumpengesindel kennen ? 1, 233 ;
sie wird sie um alle das ihrige bringen. 1,260; alle das un-
gemach, dem man sich dabei aussetzt. Wieland U, 179 ; mir
«ntsinket alle mein vertrauen. Bijrger 5'; thut hier mehr als
alle sein mammon. Schiller 310; alle das neigen von herzen
zu herzen. Göthe 1, 93; ist sie auch wie alle das volk? dachte
ich, 16, 104; mich über alle das enthehren auszuweinen. 21,
12; dasz er alle sein wissen und können manchmal nur für
ängstlich tastendes versuchen erklären möchte. 23, 207 ; indem
er uns dabei die Übersicht gab der läge alle der nierkwürdig-
keiten, die wir sehen sollten. 28, 163; denn wozu dient alle
der aufwand von sonnen und planeten? 37,20; alle die kla-
gen habt ihr sämtlich gehört. 40, 45 ; alle das gewölk jedoch
verzog sich. 51, 220; du hast mir nun alle deinen kummer
vertraut. Klincer 6, 242. fürs f und den pl. sind natürlich
die beispiele unsicher, weil alle auch die wahre flexion sein
kann: sie kommen durch alle die zimmer. Göthe 1, 195 ; alle
die ladung. l, 301. So gute gctvähr das unveränderliche alle
hat, ist es dennoch zu verwerfen und auch heute dem unverän-
derlichen all oder der flexion gewichen, schon Lessinc mied es
im obliquen casus: hätte ich nur erst die hälfte von allen
den schlagen. 1, 509; in allen den landen. Göthe 40, 243.
Dasz dies alle ah schwache form undenkbar ist, lehrt deren
abwesenheit überhaupt wie der oblique gebrauch ; vielleicht gibt
über .«einer» Ursprung die nächste anmerkung aufschlusz.
4) nach den praepositioncn mit, samt, von, aus, in und noch
andern scheint alle vor arlikel oder possessiv Überrest des
männlirheti und neutralen instrumentalis, dem ahd. allft, mhd.
alle entsprechend: sampt alle dem volk. i Mos. 35,6; .sampl
alle dem. 2 Mos. 10,12; mit alle seinem geretc. il. 30,27; zu
alle seinem dienst. II. 35, 21; Über alle seinem hause. V. 6,
22 ; mit alle seinem thun und lan. H. Sachs I, 447* ; der wil-
ligste, die glückseligkeit Roms mit alle seinem blute zu er-
kaufen. E. VON Kleist 1, 185; ich bin mit alledem doch ein
geplagter mann. Gellert l, 144 ; aus alle dem. Lessing l, 334 ;
von alle dem. 2,296; nach alle dem. Klingeh 1, 174; mir wird
von alle dem so dumm. Göthe 12, 96; Ottilie von alle dem
nichts ahnend. 17, 218 ; wie er denn in alle dem, weshalb ihn
die Franzosen tadeln, ein wahrer Deutscher ist. 26, 62 ; von
alle dem trübsal und Jammer. 30, 329 ; doch mit alle dem
war das paar nicht unangesehn auf der oberweit. 33, 267. wo
die ausgäbe von 1774 schreibt mit all dem, heiszt es 10, 97;
wenn ich denn mit allem dem fertig war. selten, und es
scheint tadelhaß, für den dat. f. : mit alle der pein. Göthe 40,
25, oder für den dat. pl. mit alle den leuten, wo es aber auch
ein unveränderliches all ersetzen kann, geht dem voi'aus, so
musz allem folgen : von dem allem weisz ich nichts, mit dem
allem habe ich nichts zu schaffen, im dat. sg. und n. ent-
spricht alle unverkennbar der mhd. flexion alle, folglich mit
alle dem, bei alle dem dem mhd. mitalle, betalle (Ben. 1, 19'.
20"), möglicherweise war eben dies von der praep. abhängige
alle schuld, dasz man auch für das unveränderliche all, in den
fällen der vorigen anmerkung, ein unorganisches alle einführte.
5) im gegensalz zu jenem abgeschnittnen, unflcctierten all
erscheinen nom. sg. m. und n., aller und alles, wenn ganz
{latus) ausdrückend, gern in voller flexion, ja aller sogar für
den acc. und andere geschlechter, analog dem halber, voller,
stiller, nasser {gramm. 4, 494. 498) und diese analogie hindert
aller für einen adverbial stehenden gen. pl. zu nehmen, so sehr
dies der bedeutung zusagen würde: des künigs hausrat ist aller
von Silber und gold. Frank wellb. 188'; da hat sich der adcl
aller verkrochen, den künig Ferdinandum um hilf angeschra-
wen. Frank chron. 235' ; ein frei volk, deren gotsdienst aller
in der freiheit des geists stehet. Frank paradoxa 55"; wann
gleich der erdboden aller mein were. Agricola spr. 150"; er
ist aller blasz und erkaltet. Siegm. v. Birken 103 ; ligen blieb
und entschlief, darzu sich aller {se tolum) bespeiet und kotzet.
Kirchhof wendunm. 146"; die heilige dreiknöticht krön {des
pabsles) aller von gold und edelstein gemacht. 375"; und ich
Fridcrichen gegen mir aller schamrot kommen sehe. Galmy
33; mit solchen gedanken aufstund, seine kleider anzoch, sich
aller frisch und gesund befinden thet. 39 ; da die nacht die
erd aller {lotam) bedeckt hat. Aimon bogen X.; die köchin
aller (Iota) zerschlagen in die stube kam. wegkürzer 29 ;
er stan nasser und aller trof. H. Sachs 1,499*;
ich halt eine schlang bei der kehl,
bis ich sie aller todt hinqucl. frosclim. Db';
CS sprang das s'atvrvolk, Silcnus aller trunken
kam auf dem csel her fein langsam nachgebunken. Opit? 1,436 ;
es heulet, dasz die hcrg und aller wald erschallt. 2, 172;
zu mir trat aller nah. Spee trulzn. 47;
nun bin ich aller matt. 176,
und bei diesem schriftsteiler zumal häufig;
ein seidner Unterrock
war aller ihr putz. Wieland 4, 44,
nach der alten ausg., die jüngei-n setzen all ihr putz, wie die
heutige spräche diesem aller ausweicht. Dagegen dauert alles
fort: das kind steht da, alles zerlumpt, ganz zerlumpt; alles
das haus bebte; alles mein geld. Fehenb. 1,118; alles mein
vermögen. 1, 80 ; das ganze bild war alles licht {ganz glänz).
Göthe 17,274; ihr guter willc ist alles pfand das wir haben.
8, 258 ; ob das obsl alles verzehrt werden könne. 21, 96 ; alles
unser bemühen. 29, 149.
6) volle flexion wird venvandt, wenn das subst. ohne arlikel
folgt: aller mangel rührt daher, alle sorge schwindet, alles
Unheil ist eingetreten, auch bei den praep. über und um
musz alles, darf nicht all stehn. wenn es den inbegrif aller
dinge meint: er liebt ihn über alles {franz. sur tont, sur lou-
tes choscs); CS geht ihm über alles; das wirst du nicht thun,
nein, um alles nicht. Schili eh 369 ; ihr spürtet iiin aus und
hättet um alles gern von der waare gegessen. Götiik 40, 9.
verschieden von jenem über alles ist das adv. über all {partout).
7) von al, wenn es jedes, jede art bedeutete, liesz die ahd.
spräche gern den gen. abhängen {gramm. 'i.T\0), welche fügung
doch schon mhd. erloschen schien, heute noch weniger erwartet
werden daif. indessen vergleiche man : al da^ vrumes was.
kaiserchr. 10808 und wil in Idn als (== allcj) ungelücks hän.
fasln, sp. 257, 0.
269
ALL
ALL
210
s) das auf all md alle folgende adj. pflegt heute gern
schwache form anzunehmen: alles frische wasser ist heilsam;
aller giünc rasen thut dem äuge wol; alle guten geister
loben ihren meister; alle bösen, im spielvcrz. bei Fiscbart
«* 484 ;
lockt freundlich sie
durch alle gefälligen töne. Bürger S2';
aller guten dinge sind drei. Lessing 1, 511; aller übrigen. 1,
271; doch ist auch starke form zulässig: alles frisches wasser;
aller dürrer slrauch. Logao 1, 5, 61; alle gute geister; alle
übrige. Lessixg 1, 271 ; alle junge mädchen. 2, 456 ; und ehmals
übcrtcog sie sogar {gramm. 4, 556. 557).
II. Bedeutung.
der allheit, weil sie eine mehrheil umfaszt, ist num. pl. an-
gemessen, der sinnlichen ganzheit vorzugsweise sg.; aus zer-
stückung des ganzen giengen die einzelnen theile hervor, die
in der allheit wieder zusammengedacht werden.
1) dem pl. alle steht ein sg. jeder zur seile, den thaler bil-
den alle dreiszig groschen, jeder groschen ist des thalers
dreiszigster thcil. alle menschen müssen sterben, jeder mensch
ist sterblich, alle leben sagt was jeder lebt, nur dasz alle
zusammenfaszt, jeder die einzelnen theile ausdrückt, alle augen-
blicke, alle stunden, tage, jähre ; jeden augenblick, jede stunde,
jeden tag, jedes jähr, aller worte, die du mir sagtest, ge-
denke ich und jedes einzelnen. Obschon jeder sonst nur im
sg. üblich ist, pflegen wir doch alle und jede, omnes et sin-
guli zu verbinden: es sei allen und jeden gesagt, komme zu
aller und jeder künde, genauer wäre: allen und jedem, aller
und jedes künde, oder beide Wörter in den sg. gestellt: alles
und jedes. Göthe 40. 247. 43, 328.
2) oß kann auch der sg. von all im sinne von jeder stehn :
alle nacht, allen abend ergreift mich fieber; ich komme auf
-allen fall; das diene statt alles beweises; aller wein erhitzt,
alles wasser kühlt; alles reden, trösten hilft nichts;
und so schlaft nun aller rogel
in dem grosz und kleinen uesle. Göthe 5,225;
aller zustand ist gut, der natürlich ist und vernünftig. 40, 277;
aller knochen, der blosz nothdürftig seine besfimmung erfüllt,
hat auch eine bestimmtere form. 55, 233; aller fremder in
Israel soll in hüllen sitzen. Reiszner Jerusalem 2, 40'; aller
mensch wird Ihorecht ausz der kunst. 2, 6S'; all der kitzel
stumpfer sinne. Wiei.and 10, 324; aller anfang ist schwer;
alle mühe ist umsonst; alle ausrede kann dabei nichts hel-
fen; von dieser seile sei all ihre hofnung verloren. Schiller
870 ; der salz, durch welchen alles ding bestand und form
empfangen. 97; das hauptsächlichste bei allem irdischen ding
ist ort und stunde. 337 ; alles dieses bedenken ist unnüthig.
Kant 0, 52 ; es blüht an allem orte. Logao 3, 103 ; vielleicht,
dasz ihm die Ägypter allen gott, alle götter ausdrücklich un-
tersagt hallen. Lessing 10, 310 ;
Mars suchet alles aus. er weiset allen grif,
zu n:ihren sich bei tag und wann man sonsten schlief.
LoGAt- 1, 5, 11 ;
(nhilosophei,) die allen fluch und schwur
dem wasser und der lufl hciszt geben in die spur. 3, 215.
allen augenblick. pers. baumg. 6, 8 ; und da selzts allen augen-
blick verdrusz und handel. Göthe 8, 175; die frauen alles
Standes. IS, 321 ; der antrag ist aller Überlegung wcrlh. 20,
230; alle achlung vor seinem wissen; einem alle ehre erwei-
sen. In solchen fällen musz das subst. leicht in die Vorstel-
lung der mehrheit übertreten können, alle nacht, allen fall meint
vas alle nächtc, alle fälle; alles ding was alle dinge; alles
Standes was aller stände. Sobald das einzelne unter vielem
ausgedrückt werden soll, schiene all unstallhafl, s. b. in den
Sätzen: jedes kind zieht an durch seine Unschuld, jede blume
will frisch gepüflckt sein, jeden mann erkenne ich an seiner
stimme.
3) m den unter 2. 3. 4 der form behandelten verbindungeti
des all mit dem artikel verbleibt ihm im sg. wie pl. die Vor-
stellung der allheit, doch nähert es sieh durch die Zusammen-
fassung dem heririffe der ganzheit. du weist nun all mein
leid halt gleicJisam mitte zwischen jedes meiner leiden und
mein ganzes leid, von alle dem, mit alle dem ist gedrung-
ner, als CS die ausfühntng von jedem dieser dinge, mit Jedem
dieser worte sein würde.
4) die bednitung der ganzheit behauptet sicli oß noch im sg.
ton all, zumal bei abstracten Vorstellungen: alle lust, alle
fieude ist nun dahin, das will mehr sagen als jede lust und
beinahe die ganze lust; ich nehme alle seine sorge von ihm
ab ; noch ist nicht alle hofnung verschwunden ; um alles sein
vermögen ist er gekommen ; all das geld reicht nicht hin, ihn
zufrieden zu stellen ; verfolgten sich aus aller macht. Gellert
1, 147 ; er machte sich in aller stille davon. Göthe 19, 117 ;
kam in aller eile, tn toute hdte; in aller frühe {ganz in der
frühe). Göthe 25, 284 ; ein palast, der alle gegend {die ganze
gegend) überschaut. 13,48; und den fröhlichen taiu, den alle
(die ganze) Jugend begehrt. 40, 243 ;
weiland hielten unter häuten allen winter krieger ans.
LoGAC 2, 7, 92,
d. i. den ganzen winter; dise (magi oder caldei) philosophier-
ten durch alles leben (iVir ganzes leben lang). Frank weltb.
141*. Bald würde man jeder setzen können, bald ganz setzen
müssen. Häufig steht bei Luther alles volk /ür das ganze volk
und zumal hergebracht ist all bei weit {vgl. allerwelts): alle
weit (tout le monde) weisz es, redet davon, alle weit flieht
ihn; er thäle es um aller weit reichthümer nicht, es freut
ihn, wenn es aller weit wol geht; das begreife ich in aller
weit nicht; du kannst aHe well auslachen;
er ist schon lane mit einem fremden schiffe
in alle weit, und lebt vielleicht nicht mehr. Göthe 10,215;;
die samlung ist leider in alle weit zerstreut. 43, 348, d. h. in
die ganze weit, jede weit wäre jede einzelne, so er ist durch
all das land bekannt, durch das ganze; jedes land wäre ein
einzelnes der vielen länder. war das nicht all mein trost?
Göthe 8,29; mein ganzer trost 42,270.
der herr, der alles fleisch erhält,
wird mir so viel ich brauche geben.
Gellert 1, 212.
in allem, «m ganzen, in summa: in allem drei gülden; wie
viel sinds in allem? Göthe S, 102; alles in allem, summa
summarum; er hatte die band über den ganzen erdboden und
war euch alles in allem. 8,171; mein vater hatte einen jun-
gen menschen erzogen, der bei ihm bedi£nter, kammerdiener,
secretär, genug alles in allem gewesen war. 24, 189 ; sie sind
ehrgeizig und wollen alles in allem sein. pers. rosenth. 7. 20.
so sind die schöffen lebendige archive, Chroniken, gesetzbücher,
alles in einem. Göthe 42, 45.
5) bei sinnlichen begriffen wird heule ganz vorgezogen: das
ganze dorf versammelt sich, die ganze gesellschaft war damit
einverstanden, den ganzen häufen konnte man vom berge her
übersehn ; das ganze haus , die ganze Stadt ist niederge-
brannt ; er fällt am ganzen leib sichtbar ab ; das ganze kleid
ist befleckt ; er arbeitet den ganzen tag, schläft die ganze
nacht nicht ; ich liebe dich von ganzem hei-zen. Hier liesze
sich niemals jeder, wol aber an die stelle des articulierten und
schwachformigen ganz auch ein vorgeschobnes all mit nachfol-
gendem artikel anwenden: all das dorf, all die nacht = das
ganze dorf, die ganze nacht. Die ahd. und mhd. spräche be-
dienen sicIi des all ßr ganz noch ungleich häufiger, ihr all
war noch lebendiger, sinnlicher; wenn Luther Mallh. 22. 37
verdeutscht: du soll lieben gott von ganzem herzen, von gan-
zer Seelen, von ganzem gemüle hiesz es ahd. fon allcmo Ihl-
nemo herzen, fon allero tlnncro sein, fon allemo thinemo
muotc. bei Luther Marc. 12, 30 : von ganzem herzen, von
ganzer seelen, von ganzem gemüte und von allen deinen kräf-
ten ; goth. us allamma hairtin )>einamma, us allai saivalai
t)cinai, us allai gahugdai l)einai, us allai inahtai (leinai. all
war also vormals mehr tolus als omnis. Lutuer behält es vor
dem dat. pl. kräften, ^| o/.ri tP-s ia/ios oov, vulg. ex tota
virlute tua, weil er insgemein ßir den sg. ganz, fitr den pL
alle verwendet, heute ist uns auch der pl. ganze verstattet,
doch abweichend von alle in der bedeulung: ich schlafe ganze
nächtc nicht heiszt durchwache alle stunden der nacht; ich
schlafe alle nächtc eine stunde nicht, wache allnächtlich stun-
denlaMi. er verschleudert ganze summen, ganze capitale, bringt
sie vollständig durch; er versciileudcrl alle summen, die vor-
räthig lagen, alle capitale, die man ihm geliehen hatte, ganze
beere des feindes wurden vertilgt unterscheidet sich ton alle
beere wurden vertilgt.
6) praedicatic in der bedeulung der allhett steht all kaum,
doch kann man sagen: es ist nicht einer, sondern alle; die
da kamen, waren alle, nie ßr die ganzheit, unsagbar »drej
der rock ist all, meine freude ist all, im sinne von unver-
sehrt, unverletzt. Wol aber musi als merkwürdige, dem an-
schein nach uralte eigenheil unsrer spräche hervorgehoben mer-
U
211
ALL
ALL
212
den, dasz sie praedicatives all im sinne von erschöpfl und be-
endigt kennt: das geld ist all will sagen verthan, durchge-
bracht; der wein ist all, rein ausgetrunken; die freude ist
nun all, zu ende; es ist all all, antwortet man begehrenden
kindern; es ist alles all, tout est ßni, wo das wort hinterein-
ander verschicdnes ausdrückt; und damit ists noch nicht alle.
Schiller 64G; meine hyacinthen sind alle. 310; dasz ich wie-
der was habe, wenn der all ist. Göthe bei Merck 2, 85; die
kugeln sind alle, wir wollen neue gieszen. 8, 107; denn die
missethat der Amoriter ist noch nicht alle. 1 Mos. 15, 16,
necdum completae sunt, all werden == perire, finiri : das geld
wird bald all; der wein wird all, es musz neu gezapft wer-
den ; der verrat konnte dennoch mit der zeit theils verder-
ben, theils alle werden. Fclscnb. 2, 77 ; meine sechs thaler
waren bei dem auflegen vor die musikanten und durch das
unglückliciie spielen alle worden. Leipz. avanturier 1, 196 ;
das grüszte vergnügen wird alle, wenn die frau keine wirtin
ist. Gellert; nun schieszt nur hin, dasz es alle wird. Göthe
8,169; dennoch müssen sie untergehen, ja vergehen und
alle werden. Lltiiers br. 2, 72; bis das ewre leibe alle wer-
den in der wüsten. 4 Mos. 14, 33 ; es sol das dritte theil von
dir durch hunger all werden. Ezech. 5, 12. all machen =
pcrdere, rcrlhun, durchbringen : er wird sein bischen geld bald
alle machen ; dieser mensch hatte einen reichen vater, dem
er 12000 thaler auf Universitäten und 6000 thaler auf dieser
zweijährigen reise alle gemacht hatte. Leipz. avant. 2, 17 ;
natürlich ists, das steligs klagen
uns endlicli alle macht. Fleming 487;
der kömpi vom berg herab und der kömpt durch das ihal,
dasz sie den tollen mann da wollen machen all.
Werders Ariost 24, 8,
et altretanli andar da basso ad alle,
per fare al pazzo un villanesco assallo ;
hat in derselbige ins weiche gestochen und also in gar alle
gemacht und jämmerlich eiT\-ürgct. Spangenbergs jagtcufcl
1560 bl. Sii'. Adelung erklärt dies seilsame all für gemein
und für ein adverb. adveib sein kann es aber nicht, da, wie
wir sahen, der begrif all das adv. ausschlicszt und die Ver-
bindung mit sein, werden, machen nothwendig ein adj. for-
dert, auch ellipsen lassen sich nicht wol annehmen, wer das
geld ist all und das geld ist hin (gegangen) vergleichen wollte,
ivürde all machen nichi erklären können. Erwägt man nun,
dasz all ein verwandter begrif von ganz ist, ganz aber sich
an gar und fertig reiht; so musz auch all aus der Vorstellung
der bereitschaß übergehn in die des abschlusses und endes.
der fertige steht gerüstet zur fahrt und zicm abgang, fertig
sein heiszt uns zwar bereit sein, aber auch ermatten, erliegeti.
gerade so zweideutig erscheint gar, die speise ist gar bedeutet
sie ist fertig gekocht, in Ostreich hingegen, sie ist erschöpft,
ausgegessen, nicht mehr vorrätig, man sagt dort mit mir
ists gar == mit mir ists aus. in diesem sinn kann auch
das ist all beides ausgedrückt haben, das steht bereit und ist
nicht mehr zu haben, einen all machen heiszt was ihn ex-
pedieren, ihm den garaus machen ; etwas gar haben, gar krie-
gen bedeutet in Baiern es klein, fertig kriegen. Schmeller 2,
60 ; hundert thaler klein oder all machen wäre dasselbe, wir
verknüpfen ganz und gar, die altn. spräche setzt zusammen
giörvallr, omnino omnis, wie Spaxgenberg in der angezognen
stelle sagt einen gar alle machen, hinter dem praedicat es
ist all = erschöpfl musz ein älteres es ist all = vollständig,
ganz, bereit gelegen haben, das zwar in den Sprachdenkmälern
noch nicht aufzufinden steht; doch die redensarl es ist all
zeigt sich gegründet und für die geschichtc des wortes all be-
deutsam, wo auch hier alle für all erscheint, musz es wie
in alle der und alle mein unorganisch genannt werden.
Ob nun zwar das eben geschilderte praedicative all = er-
schöpft, zu ende gegangen aus ahd. und nihd. denkmdlern
noch nicht aufzuweisen steht; so darf doch kaum bezweifelt
werden, dasz es damals schon in der spräche lebte, dafür
läszl sich ein wichtiger grund aus der altnordischen schöpfen,
in weicher nicht nur das vorhin angezogne giörvallr vorkommt,
sondern auch allr, nach BnjRN, bedeutet: qui vivere desiit,
nil praeterea Valens; liann vard f.ar allr, ibi mortuus est.
nicht anders heiszt es schwedisch: dct är allt pS fatet; ma-
len är slut pä fatet; tortan är all; mina penningar uro alla ;
min liast bief all i gär; nu är det allt med i>ss; lian gal
mig cn riksdaier, och dernicd allt. dänische beispiele gibt
MoLREcn unter al nicht an, doch sind sie ohne Zweifel auch
in dieser spräche begründet. Vergleichbar scheint endlich das
böhm. po wsem, buchstäblich nach allem, dann zu ende, giz
gest po wsem, es ist all, ist vorbei, giz gest po wsem weta,
actum est de illo, weta gest, es ist all (wett), zu ende, giz
gest po wjne, es ist post vinum, der wein ist all. Jüncmann 5,
Sü*. 204".
III. Stellung.
1) unabhängig vom artikel, immer slarkformig, pflegt all
voraus zu gehn. das ganze volk, die ganze weit, die gesam-
ten leuto setzt sich um in: all das volk, all die weit, all
die leute, oder ohne artikel: alles volk, alle weit, alle leute.
alle guten, alle die guten, alle die besten. Götue 40, 5. mit
einem pronomen dazwischen : fragen alle sich die brüder.
3, 72.
2) nachdrucksam folgt es aber hinter dem nomen : die besten
alle, die besseren alle; was kümmert uns das volk all?
und das laudvolk all herbei lief. Göthe 8, 111;
jeder sann nur und schwur, die boleidigung alle zu rächen. 40, 291 ;
er wandte sich von seinen freunden allen ab; den mädchen
allen. Gökingk 2, 169;
von des lebens gütern allen
ist der rühm das höchste doch.
SCUILLER 2, 44;
wie hat dieser frevler die blumen alle zerstört ; die stimme
wird gelassener, die glieder alle gerathen in einen stand der
ruhe ;
die rothen backen alle. Göthe 8, 111;
seinem weihe verschwatzte der thor die hcimlichkeit alle. 40, 76;
und wie das zeug alle hiesz. 44, 2; und wie sonst der nar-
rentand all heiszen rnag. Gökingk 2, 186; komm, ich leite
dich zum quell des lebens all. Göthe 33, 251. In noch wei-
terem abstände, durch ein verbum getrennt: die schuldigen ver-
stummten alle; einer starb, die andern genasen alle; einen
strafte er, den andern verzieh er allen;
nein nein, die weiber sicclilen alle,
wenn dieses übel schädlich war. Gellert 1, 91.
Kühner tritt all, wenn ein verbum dazwischen sieht, voraus:
alle blinken die slerne mit zitterndem schein. Göthe 40, 377;
es beben alle mir die glieder. 11, 88.
3) auf ein demonstratives das und dies folgt all unmittelbar
oder läszt sich durch andere Wörter abtrennen: das alles ist
wahr, das ist alles wahr; diese alle liebe ich, diese liebe
ich alle; das alles war, das war alles verlorne arbeit.
4) auf dieselbe weise verbindet es sich mit was orfer trennt
sich davon: was alles meinst du damit? was meinst du al-
les? was alles soll das? was soll das alles? es ist erstau-
nend, was er alles weisz ; was könnte ich nicht alles dir
zu liebe thun? was alles weissagte ihm nicht sein herz?;
könnt ihr mir sagen, was das all bedeutet? Schiller 353.
Und gleich dem neutrum was ist auch alles, wenn es zu
was für = welch gefügt steht, auf substantiva jedes geschlechts
und mimcrus beziehbar: was alles für leute sind das? was
ist das alles für ein schreien und toben? was sind das nicht
alles für ausfluchte? was du dir doch alles für sorgen machst;
was alles für Schlüsse daraus herzuleiten wären; was sah sie
nicht alles für prüfungen vor sich' schweben. Gütiie 17. 2S4;
und was für bemerkungcn noch alles den genusz der bilder
störten. 38, 123 ; ja man weisz niciit , was man ihnen alles
für hörner und klauen andiditen soll. 4S, 11;
ihr miisiel über
den Euphrat, Tigris, Jordan, über wer
weisz was für wasser all? Lessimg 2, 198,
WO auch stehn dürße : was für wasser alles. Sogar wagl man
solch ein alles mit wer zu verknüpfen: wer alles war zuge-
gen? wen erblicktest du alles in dem hause? wem alles gabst
du das geld? ich hatte den pbilosophen, den physiker, nia-
theinatiker, niahler, incchaniker und gott weisz wen alles in
anspruch genommen. Götiie 30, 328. doch ein pluralvcrbum
fordert auch alle: und wer sind denn alle diese feinen buhen?
6) hinler alles, wenn es jedermann bedeutet, könnte ein neu-
trum wie Volk ausgefallen gedacht werden: alles rennt und
läuft auf deU'Straszen; alles freut sich der früblingszeil ; al-
les kommt mir enigegen; wenn alles schlief. Gotter t, 4:!;
wie alles aiipen macht. Gökingk 2, 202. richtiger aber sieht
man darin die ins neutrum überhaupt gelegte Unbestimmtheit,
aus der sich das verschiedenartigste entfalten kann ; in demmhd.
213 ALL
alle; da? ich gerne schouwe,
dast ein wip, diu mich ungerne siht. MS. 1, 30»,
tcird doch niemand auf alle; ein subst. folgen lassen.
6) den zahlen pflegt all gern voran zu treten: alle zwei,
alle drei, alle zehen ; wir müssen jelzt alle fünf jähre um-
lernen, wenn wir nicht ganz aus der mode kommen wollen.
GüTBE 17, 4S. alle zwei stunden einen löffel voll einzuneh-
men, alle viere strecken meint hände und füsze, mhd. alliu
vieriu ; alle neune werfen, die neun kegel. Lessixg läszt nach
dem gen. pl. aller die unfleclierle zahl folgen : man sieht ja
nicht aller zwei meilen einen galgen ; ich richte mich so ein,
dasz ich aller sechs wochen eine neue herschaft habe; für
alle zwei meilen, alle sechs wochen. die ältere spräche er-
reichte das heutige in allem behend durdi den bloszen gen.
pl.: nu wurden aller ahtc. Er. 3441; zwelve ir aller wären.
Mai 114, 23; altn. siö hundrud allra. Scpin. 135*, siebenhun-
dert in allem, vgl. aller adv.
~) die spräche des 16. 17 jh. gebraucht bei fluch und schelte
häufig genilire jedes geschlechts und numerus, tcelchen immer
noch ein gleichfalls genitivisches alles und aller voransieht,
belege und erläuterung dieser elliptischen, merkwürdigen aus-
dnteksiceise folgen unter aller, allers und alles.
IV. Zusammensetzung.
1) des alten Unterschieds zicisdten all und ala in Zusam-
mensetzungen {gramm. 2, 627. 650) Idszl unsre spracJie längst
nicht mehr geirahren. insofern all, alla dem gr. 6)^-, ala
dem Tiarro- gleicht, scheint sich daraus eine wichtige besti-
tigung des über den Ursprung des «ortes voraus gesdiicklen
zu ergeben, da die bedeutung der ganzlicit frülier als die der
allheit ist,' musz aucJi die form alla älter sein als ala, was
zur deutung des alla aus alva salva sarva stimmt, in ala hat
■sich die consonanz rerdünnl wie in o/a)s, obschon dies den
begrif der ganzheil festhielt, welche unsrer heutigen Zusam-
mensetzungen mit all die eine oder andere bedeutung hegen,
wird bei den einzelnen Wörtern angegeben.
2) hervorzuheben ist die entschiedne neigung der deutschen,
zumal hodideutschen spräche auch parlikeln mit all zusammen-
zusetzen, dahin gehört besonders also, welches seit seiner
Verkürzung in als eine grosze rolle spielt, in den räumlichen
pronominalparlikeln allda, allwo, allher, allhier, alidort soll
das vorangestellte all den raumbegrif verstärken wie das nach-
gesandte selbst in daselbst, woselbst, hierseihst, dorlselbst.
zu stärkt sich in allzu, zuband, zumal in allzuhand, allzu-
mal, bereits, sogleich, sobald in allbereits, allsogleich, all-
sobald. alle solche Zusammensetzungen enthalten den räum-
lichen begrif des all, gleichen griechischen mit napro-, sollten
demnach mit 1, nicht mit II geschrieben werden.
3) einige Zusammensetzungen sind uneigentliche und habm
blosz den adjectivischen casus an ein subst. geschoben, wie
den acc. sg. fem. alle in allezeit, verkürzt allzeit, zumal häufig
den gen. pl. aller, ahd. allero, goth. allaize vor Superlativen.
ALL, adv., ein von dem adj. all in gewöhnlicher weise ge-
leitetes adv. wurde vorhin, wie ein ahd. allo, mhd. alle ge-
leugnet, etwas anders ist, dasz das neutrum des adj. adrer-
bialisch gesetzt und aufgefaszt werden könne, in manchen der
nachher angeßhrlen Zusammensetzungen liesze sich das all ab-
lösen und wie ein adrerb betrachten, umgekehrt, wenn Bor-
ger 36' sagt:
die schönste maid, die du ersiehst
all säuberlich und neu,
von fusz zu haupt, von baupt zu fusz.
wäre auch ein verbundnes allsäubcrlich annehmbar, andere-
mal kann man zwischen adj. und adv. sehwanken: laszt mich
so, es ist all eins. Göthe 8, 24, darf bedeuten ganz eins, ganz-
lich eins oder alles eins, mir ists all eins. Schiller Wol-
lenst. 4, 3.
Sailtan: geh sag, ich lasz ihn billen,
ihn herzlich bitten.
Daja. allumsonst. er kömmt euch nicht.
Lessimg 2, 213;
all überall: Lenz will all und überall nach shakspearescher
weise gehandelt haben. Göthe 2G, 75;
wenn überall, all überall
im stillen wir uns vermehren. 3,74;
un<l überall, all überall
auf wegen und auf »legen. Bcrcer 13*.
Nicht selten scheint auch all, wie das mhd. al m die bedeutung von
obgleich, obschon, in die von schon überiugehn : du kommst mir
.VLL — ALLBEREITS
214
all eben recht ; das ist all recht gut ; ich will es all bedenken,
wiewol adjedivisehes all hier gleiches recht hätte: das ist all gut,
im ganzen magst du recht haben. Göthe 10, 105 ; es ist ganz
gut, dasz man edel denkt. 10, 87 (ausg. von 1774 s. 52 es
ist all gut); alle wol, ganz wol. Eti.nebs unw. dod. 93. 467.
ALL, n. Universum, rb Txär, welches einige im gen. un-
verändert lassen, andere flectieren : dasz wie ein kreisz nur
einen miltelpunct, die weit nur eine sonne also das grosze
all nur einen einigen gott habe. Lohexst. Ann. 2, 274;
0 wunderbares all, eröfue mir die äugen. Bkockes 1,474;
wie hast du groszes all auch mich . . gewähret. 3,687;
zur gehurt des weiten all uns führen. 3, 145;
dank dir, schöprer dieses all,
dasz ich für den mond ein äuge habe
und ein ohr für deine nachtigall. Göeixgk 1, 51 ;
begeistert reiszt euch durch die nächsten lODen
ins all und füllt es aus. Göthe 1, 141;
und so empfangt mit dank das schönste leben
vom all ins alPzurück. 1, 142;
doch meine blicke sollten
in einen punct verdichtet des schönen all {das aü da sebJneTi)
entdecken. Platem 83;
sich selbst zu schaun erschuf der schöpfer einst das all.
das ist der schmerz des alls, ein spiegel nur zu sein. 84;
während allein er das all klardenkend wägt. 127;
die idee von einem all der realität (omnitudo realitatis). Ka7«t
2, 245. vgl. aljes.
ALL.\BE.\DLICH, adv. quovis vesperi: jeden morgen er-
neuern sie ihren kunstversuch unermüdet und allabendlich
waschen sie das gelungene hinweg. Tiecc nov. 4, 75.
ALLANFALLEND :
und dieses husens macht
drängt sieh entgegen der allanfallenden gefahr umher.
Göthe 33, 250.
ALLANTLAMMEXD :
als ob der allanOammende sonnenvater
die erd umarmt. Herder 3, 123.
ALLARM. s. alarm.
ALLARTIG, omnigenus.
ALLAL'GE. n. das allauge ^otfes ists. Simplic. 1, 488.
ALLAUSSPÄHEND, 7iai'e7ri<jxon;os :
du, den mir kindisch allnusspähende
von neugier und von müsziggang erzeugte
rastlose ihutigkeit entdecken half. Gothe 9, 294.
ALLDARMHERZIG, allerbarmend.
ALLBARMHERZIGKEIT, f.
Klopst. 7, 44.
des heilands allbarmherzigkeit
hat sie hier aufgenommen. Bcrgsr 49».
ALLBEDINGE.ND : was gar nicht aufzulösen ist, überlassen
wir zuletzt golt als dem allbedingenden und allbefreienden
wescn. Göthe 2t, 124.
ALLBEFASSE.ND, Bbockes 7, 9.
ALLBEFREIEND, Göthe 21, 124.
ALLBEGABT: Pandora, allerhöchst und allbegabtcst, regte
sie sich hehr dem staunenden entgegen. Göthe 40, 379
ALLBEMERSCHE.ND:
es gibt der alibehcrschende golt
unrermiscbt von schmerz den sterblichen nichts.
Stolberg 14, 96.
xVLLBEHERSCHER, m. TtavSauärwQ: der schlaf, der all-
beherscher. Stulbeug M, 204.
ALLBEHERSCHERLN, f zur allbeherscherin das fremde
weih erliuhn. Bcrger 109*.
ALLBEKANNT.
ALLBELEBE.\D:
als noch auf uns die morgensonne
ihr allbelebend feuer gosz. Gotter 1, 10;
die herlichen gestalten der unendlichen weit bewegten sich
allbelebend in meiner seele. Göthe 16, 74.
ALLBELEHREND, Göthe 5, 199. 200.
ALLBELIERT.
ALLBENEIDET.
.\LLBERE1T, adj. paratissimus.
ALLBEREIT, adv. jam pridem, nnl. alreede, alree, engl, al-
ready : wiewol die strafe albereit angangen ist. Luther 3,96; und
sind doch albereit in demselbigen reich des bimels. 8, 185*; ich
gedenk, dasz er allbereit schon wüste. Fischart frimfni:. 218*;
14*
215
ALLBEREIT — ALLDA
ALLDÄMPFEND — ALLELN
216
bcgonnte mich auch damalen allbcreit etlichermaszen um
die Jungfrauen zu thieren. Schweimchen 1, 63; ob ihm nun
wol allbereit alle straszen nach Liegnitz verlegt worden. 2, 98;
das sei eben allbereit stattlich verantwort. Avrer proc. 2, 10 ;
du bist zum schwort albreit gericht. Ayrer379';
verliebte sind allbereit dem ertrinken nahe und strecken
bloszer dinge ihre bände und fiisze aufwerts. pers. baumg.
3, 21; wenn der knabc von ihren bubenstücken allbcreit et-
was erlernet, pers. roscnth. 1, 5; weil aber die fahre allbereit
vom lande gestoszen. 3,27; was du allbcreit zuvor weist.
8, 113 ; vernahm, dasz er ein weib genommen hatte und all-
bereit mit ihr kinder gezeuget. 6, 5 ;
sein sinn der stund von wiegen an
schon allbereit dahin,
wo mehr von künsten ist. Fleming 136;
der ganze helicon ist schon ümm diese zeit
ümm seine bücher her und dichtet allbereit. 150;
davon ist allbereit oben gedacht worden. Weise kl. leute 280 ;
der sobn, der allbcreit im geist ducaten zehlet. Canitz 57 ;
allbereit zur richtigkeit gekommen. Felscnb. l, 70 ; ich halte
allbereit so viel höflichkeit und verstand gefasset. 1, 120 ; De-
siderius beredete diesen monarchen, er habe sich mit dem
j-ömischen stuhl allbereit verglichen. Hahn 1, 26. spätere zie-
hen das folgende vor, m. s. a. allgereit.
ALLBEREITS, adv. gleicher bedeutung mit dem vorigen: es
bedünkte mich allbereits. Simplic. 1, 34 ; als ob wir allbereits
von der bahn abgewichen wären. Lessing 5, 109 und öfter;
allbereits ist schon ein ziemlicher theil der luft verflogen.
WiEi-AND 30, 36 ; ich darf nicht bergen, dasz ich allbereits
um ein geheimnis weisz. Schiller 273 ; ich habe euch all-
bereits bericht gethan. Claudius 4, 66 ; dort oben regt in
menge sich allbereits viele dienerschaft. Gütue 41, 209; die
jagd hat sich dort allbereits versammelt. Tieck 2, 241; der
geneigte leser fängt allbereits an etwas zu merken. Hebel 249.
heule klingt es schon steif und wird lieber bereits gesagt.
ALLBEULHMT.
ALLBESEELEND.
ALLBESESSEN :
allbesitzend immer allbesessen
labet eins am andern sich alsdann. Dürger 97".
ALLBESITZEND.
ALLBESLNGEN.
ALLBEWÄLTIGEND : allbewältigender eindruck.
ALLBEVVEGEND :
weckt mich doch ein grauslich wittern,
heimhch allbewegend zittern. Göius 41, 124.
ALLBEWEINT.
ALLBEWUNDERT.
ALLBEZAÜBERND.
ALLBEZWINGER, m. Stolberg 14, 85. 249.
ALLBIEGSAM, allbiegsame gewandtheit des ausdruuks.
ALLBINDEND, allgemein verbindlich.
ALLBOTT, adv. semper, saepe, anderwärts allebott, allege-
bott. Stalder 1, 94. 210, wahrscheinlich zu allen gerichtlichen
geboten, aufgeboten. Tobler 22' nimmt alipott für böte,
schlage, vices.
ALLBÜNTBESTERNT. Güthe 5, 199. 200.
ALLDA, adv. ibi, ibidem, daselbst nnl. aldaar: und er
predigt alda den namen des hen-n. l Mos. 13, 4 ; da asz und
trank er und bleib über nacht alda. 24, 54; schlug sein ge-
zelt auf im gründe Gerar und wonet alda. 26, 17; legt in
ins gefengnis, da des künigs gefangene inne lugen, und er
lag alda im gefengnis. 39, 20; fleuch in Egvptenland und
bleib alda. MatÜi. 2, 13; und bleib alda bis nach dem tod
Herodis. 2, 15; allda die recht rutcnfridigung regiert. Garg.
75'; allda macht es nit lang mist. Garg. 104'; dcrhalbcn
gicngs allda auch also. 148';
wo ratb nicht wird gebort, wo ratli nicht folge hat,
allda ist gar kein rath der allerbeste ratb.
LocAU 3, 8, 55;
allda haben sie verdrüszlichkciten gehabt. Lessing 1,331 ; alles,
wovon aufrichtig allda bekannt wird. 9, 292; allda spannt er
die rosse vor seinen wagen. Stolberg 12, 4. diese wollau-
tende, den ortsbegrif verstärkende partikel wird heule als steif
gemieden und scheidet sich doch so bequem von detn bloszen
da, wie ibidem von ibi. Luther in den angeiognen und an-
dern stellen wüste da und alda nebeneinander bezeic nend zu
verwenden.
ALLDÄMPFEND, allbezwtngend:
der tod soll zehentausfnd noch hinführen
zu seinem alldäinpi'endcn joch. Weckherlin 198.
ALLDAR, sollte von allda abstchn wie dar von da, wurde
aber gleichbedeutend damit gebraucht, z. b. pers. rosenth. 7, 5.
baumg. 1, 5. jetzt ganz vei'altet.
ALLDEUTEND :
und sollst mir, meine liebe, sein
alldeutend ideal. Götiie 2, 186.
ALLDIEWEIL, quandoquidem, dum :
dasz ich irre bleibt gewis, alldieweil ein mensch ich bin.
LoGAU 2, 5, 23;
alldieweil aber insonderheit. Micrälius o. P. 5, 205; alldieweil.
pers. rosenth. 7, 20; doch an diesem orte diente es nur zu
gröszerm betrübnis, alldieweil, wenn eine ihres Jammers ver-
gessen wolle, sie durch der andern ihre wehtage wiederum
daran erinnert wurde. Weises kl. leute 143; alldieweil es
schiene, als gäbe er ursach zur narrheit. Weises erzn. 51 ;
alldieweil ich verbolTe. maulaffe vorr.; einige schreiben alldie-
weilen, z. b. Felsenb. 2, 411 ;
mein advocat, herr Weil, ist oline Zweifel
ein reicher mann, schon ärmer ist Dieweil,
her Alldieweil ward wenger noch zu theil,
und Alldieweilen, ach, was lür ein armer teufel!
GÖKI.NGK 3, 253.
diese Wörter sind heute verrufen und doch der besten abkunß,
mhd. al die wil du bl mir bist. Parz. 485, 9; ich diene ir
alle die wile ich lebe. MS. 1, 24'; in wes pflege weit ir al
die wile sin? Trist. 344, 15; nur dasz sie den frischen zeil-
beijrif aufgebend in partikelabstraction übertraten und hernach
durch den steifen canzleistil zu gründe gerichtet wurden, sie
enthalten zusammengedrängte casus, keine composition. vgl.
allcweile tind allweil.
ALLDORT, adv. illic, istic, verstärktes dort, analog dem
allda und da: alle die sich damit behelligten, in solchen
Schriften und blättern aufzutreten und alldort auszurufen.
Klopst. 12, 269 ;
geistig gieng zugleich alldort
schalten, hegen, wachsen fort. Göihe47, 159;
alldort empfangen uns. 47, 184;
wie er, in die festung geführt, alldort schöne reden gehal-
ten. 30, 27. zuweilen alldorten: diese finden wir alldorlen
5, 256.
ALLDURCHDRINGEND, ALLDURCHDRUNGEN. Göthe 13, 94
ALLEBEN, omnino aequalis.
ALLEBEN, n. vita universalis. Göthe 5, 24.
ALLECKEN, adv. undiquc versum, in allen ecken:
ich sih es hancen voll würst nllecken.
H. Sachs III. 3, 57" {ed. 1561). 41" (cd. 1588).
ALLEE, f. ambulatio inier arbores, it. viale, engl, alley ne-
be» walk, ein, wie promenade, uns erst itn vorigen jh. zuge-
brachtes wort, an siq^Ii nichts als gang, sp. ida, andadura, aus-
sagend, doch die guten Zusammensetzungen baumgang, schat-
tengang durch seine kürze übertreffend, deutscher ist in vie-
len Städten: unter den linden, die sache war lange im mit-
telaller bekannt: schocne bounic bi vcriigen strijen {fahr-
straszen). auch russ. poln. allca. pronicnada.
ALLEGEBOT, adv. continuo. s. allbutt.
ALLEIGEN, ganz eigen, völlig eigen.
ALLEIN, solus, solitarius, Verstärkung von ein, eine, das
schon dasselbe ausdrückt, zuweilen in schwacher form alleine,
wie mhd. fast immer (Ben. 1, 420*) : einsam bin ich und
alleine ;
wer sich der einsamkoit ergibt,
ach der ist bald allein. Gothk.
sage mir keiner,
hier soll ich bauseii!
hier mehr als dratiszcn
bin ich alleiner. 3, 283;
mein böser teiifci ist zu weine:
wir sind alleine. Lkssinu 1, 44;
allein leben, wohnen, schlafen, essen; ich schmause, freund,
nicht gern alleine. Lessinc 1, 24; zank du alleinc. 1, 44; die
andern schwiegen, er redete allein; er allein weisz es; ich
allein fühle es ; das kind lädft schon allein, hat früh gelernt
allein gehen ;
217
ALLEIN— ALLEINIGKEIT
ALLEIMGLICH — ALLENDLICH
218
sich als hagestolz aliein zum grab zu schleifen,
das hat noch keinem wolgetban.
ihm allein soll es gesagt sein; allein ihm unter allen men-
schen darf man sich vertrauen, ich musz ihn allein lassen,
lasz mich allein, ich wollte dich nicht mit ihm allein lassen.
man pflegt es noch ueiter zu steigern in ganz allein, mutter-
allcin, mutterseelenallein, s. altersallein.
ALLEIN, solum, tantum: das allein musz ich klagen; das
allein fällt mir schwer; darin allein liegt das übel verborgen;
uns spricht der scheinfreünd, so wie du,
allein bei guten tagen zu. Hagedorn 3, 99.
nicht allein, non solum, gleichviel mit nicht nur, nicht blosz :
dies sagt er nicht allein, dies lügt er meisterlich.
Lessi.ng 1, 2" ;
er stellt es nicht allein auf, sondern liefert auch den be-
weis dafür, zuweilen stehn allein nur, nur allein, blosz allein
gehäuß :
wer knüpft sie wieder,
als allein nur die noth. Götue 40, 309;
alles dieses zusammen machte eine gar artige kleine armee
aus, denn es waren nur allein sechs junge deutsche prinzen
dabei. Schiller 1099 ; weil sie blosz allein dem sinne gefallen.
1127. allein ausgenommen, ausgenommen nur: alle feste platze
in seinen deutschen Staaten, Glückstadt allein ausgenommen,
halte Christian veiluren. Schiller 914; früherauch doch allein
= doch nur, ausgenommen : docli allein, wan sie mit derselben
Lrankheil behaftet sein. Fiscbart bienenk. 244*. allein dasz = nur
dasz, ausgenommen Jasz, mhd. wan da;: einer fragt in, sol
ich dir bringen Brcisgouwer oder Elseszer? er sprach, bring
was du will, allein das ich zu trinken hab. Keiserseerg XV
staffeln 45'; so hatte er darnach aber nichts, allein dasz er
ein vollen kröpf danon bringen thct. Wickkam ro//tc. 65 ; ist
ein zeit wie die ander wo! zufriden und in eim wesen, al-
lein das man schicchts ine vor mausen, schaben und wur-
men, seinen todfeinden wol bewaret. Fischart bienenk. 203";
sie sind schier der rosbremen art und natur, allein dasz sie
nicht so sehr auf die ros und küe, als auf die schaf fliegen.
237'; goldgelbe blumen wie an dem ginster, allein dasz sie
kleiner sind. Hobuerg 3, 514* ; die indianische salbei ist dem
andern gleich, allein dasz ihre blätter nicht dick, rauh und
runzlieht seind. 3, 56l'. Aus der bedeutung nur, nur aber
entfaltete sich endlich die einer bloszen conjunction aber, im
gemeinen leben auch gehäuß allein aber, alleine aber.
ich ward einmal, allein ganz kalt, gtküst. Gellert 1,215;
allein wie giengs am andern tage? 1,48;
allein, herr fuchs, sie irren sich. 1, 53;
allein so alt. Lessing 1, 22; allein ich sehe doch, dasz er
spricht 1, 28; allein so. fromm. 2,197; allein es schadet.
2, 202 ; allein ein mensch. 2, 203. doch kommt dies allein
immer in den beginn des nachsatzes, fcie das lat. sed, darf
nicht wie aber und lat. vero, autem auf andere Wörter fol-
gen: du denkst mich zu teuschen, allein ich durchschaue
dich; er will gern, allein er kann nicht; ich wollte ihm al-
les gewähren, allein erst das nächste jähr, immer schimmert
ein nur oder mhd. wan durch.
ALLEINBERECHTIGUNG, f. ausschlieszende. alleinberecb-
tigung zu ofliziorslellen. Beckers weltg. 12, 61.
ALLEINBESITZ, m. ausschlieszender, was doch jeder besitz
an sich ist. gegensatz zu gemeinbesitz.
ALLEINHANDEL, »i. monopol: diese art Ton bedingtem
alleinhandel. Götue 43, 78. Thümmel 10, 377.
ALLEINHERR. m. monarch. $o schon in dem verzeich-
nu5 fremder gebräuchlicher und in teutsche sprach einge-
schlichener üblicher Wörter, wie selbe leutsch zu reden seien
hinter C. S. teulscher unartiger sprach- sitlen und tugendver-
derber, gemehret und verbessert .und zum andern mahl in
Iruck gegeben. 1644. 8.
ALLEINHERSCHAFT, f. mimarehie.
ALLEINHERSCHUNG, f. dasselbe. Fischart bienenk. 37*.
ALLEINIG, unicus, rerttärkles einig, einzig: das alleinige
tnnken verderbet ihn. Stieler 371, allein das trinken; die
buchstaben sind wolgeschnitten mit alleiniger ausnähme des
J, das i allein ausgenommen; der alleinige gott.
ALLEINIGKEIT, f ein ketzerrichter, der an der alleinig-
keit seine« statutarischen glaubcns fest hangt. Ka5t6,871. die
alleinigkeitslehre. GOthe 6, 70.
ALLEINIGLICH, unice: wie vorzeiten die Juden sich allei-
niglich des ansehens der kirchen rühmeten. Fischart bie-
nenk. 3l'.
ALLEINRAUF, m. Fichte über die franz. rec. 237.
ALLEINLICH. unice, was alleiniglich. bienenk. 102*.
ALLEINSELIGMACHEND, unice beans.
ALLEINSINGER, «i. der Vortrag eines einzelnen rhapso-
den oder eines gefühlvollen alleinsingers (solosängers). GOthe
46, 331.
ALLEINZIG, verstärktes einzig: in meinem alleinzigen bei-
sein. Felsenb. 4, 217; dasz 'es so alleinzig nicht geschehen
könne. Simplic. 1, 467.
ALLEMAL, semper, mit Übergang in die bedeutung von ta-
rnen, franz. toutefois; aneinander gerückte casus, keine wahre
Zusammensetzung.
da wohnt ein alter hirt, der trieb mit einer ruten
nach einer grünen wies, ein herde schöner sluten,
dasz er sie weiden wolt, als sonsten allemal.
Werders ^no«t 11, 10;
ein aller general
hat, dächt ich, doch wol wissen können,
dasz man die weiher allemal,
sie sein es oder nicht, kann meine schönen nennen.
Gellert 1, 140;
ich lieb ihn allemal, und werd ihn lieben müssen. 3,325;
ich habe sie wol zehenmal gefragt und allemal hat sie ja
geantwortet; er schreibt allemal über den andern tag; sie
bleiben doch der alle Deutsche, der sie allemal gewesen sind.
Rabexer 3, 363; mit diesem seufzer schlössen sich ihre pre-
digten allemal. 4,250; ein für allemal, une fois pour toutes.
Beispiele für doch, gleich wol: ihro f. gn. haben herzog Hein-
rich allemal als den söhn nicht lieb gehabt. Schwei.mchex ;
wer dir als freund nicht nützen kann,
kann allemal als feind dir schaden.
Gellerts fabeln 1, 31 ;
und du wirst in der gröszien pein
noch allemal (doch noc/i) zufrieden sein. 2, 41 ;
wir wollen deswegen allemal gute freunde sein. Rabexer 3,
363; es erwuchs aus denselben eine von den allerarligslen
personen von der well, die aber in der Ihat, nach ihrem
alter zu rechnen, allemal sehr klein blieb. J. E. Schlegel
3, 4S8. auch aus immer entwickelt sich ein solches doch. vgl.
allmal.
ALLEMANN, m. a//er und berühmter volksname, ahd. Alaman,
franz. Allemand, sp. Aleman, den auch wie Sudp, Sahso, Hesso,
Francho einzelne ßhrten; das goth. in allaim alamannam
Sk. 8' drückt aus unter allen menschen, und tcie der pl. von
völkemamen häufig ßr die gesammelte mehrheit steht, das men-
schengeschlecht, die menschheit. Alamans {welcher organische
pl. fioc/» im mhd. Alman dauert, wie Walth. 34, 7, nicht Al-
män zu lesen ist) waren also edle mdnner, menschen im ei-
gentlichen sinn, ala stärkt den begrif mans, wie sonst in vie-
len Wörtern, die Alamannen erscheinen ah leute und nach-
kommen des Mannu«. als Deutsche (Diutisc^); diese Vorstel-
lungen klingen nach im alln. almennr vulgaris, communis,
almenmngr universitas, almennmgar loca compascua, commu-
nia, vielleicht in unserm allmende und den Zusammensetzun-
gen allmannsfreund, allmannsgarten. allmannskastner, welche
nachzusehen sind. Wie aber in allmende die begriffe allmann
und allgemein frühe sich mengten; gerade so rinnen das schw.
allmän, allmännelig und gemen, das dän. almeen, almindelig
und gemeen untereinander, unserm allgemeingültig, allgemein-
nützlich entspricht dän. almeengjldig, almeennyttig; doch ge-
men und almeen wurden diesen sprachen aus Deutschland zu-
gebracht, im schw. allmän, dän. almind lebt unverkennbar je-
nes alte almennr und alaman fort, und die Dänen sollten
nidtt almeen schreiben, vielmehr almen oder alraend, almand,
wie sie allemands ven, i allemands munde sagen, nnl. gilt
alleman ßr jedermann, fast im sinn eines pronomens: inen
hoort alleman zeggen; die goelherlich es, heefl mel alleiuan
mclijcn; Jan alleman {Hans jedermann) spreekt er ovcr. In*
Süddcutscbland erscheinen noch manche Ortsnamen mit ulinanns
gebildet: Alinannsdorf, .\lmansberg (Tobler 23' Almasperg),
Almansweihcr u. s. w.
ALLE.MSIG, solertissimus, mojcime industrius:
allemsig müszt ihr sein
ihr wimnieUcharen. Götbi 41, ISO.
ALLENDLICH, tandem : die briefe kommen nach und nach
219
ALLENFALL ~ ALLENTHALBEN
ALLENTHALBENHEIT — ALLERAUSSCHW. 220
sparsamer und allendlich bleiben sie aus. Claudius 7, C8.
ein anders gebildetes gollt. allandjo bedeutete olorsXcös.
ALLENFALL, adv., riebildct wie allentag, jedentag, auf al-
len fall, auf jeden fall: auf allen fall lüszt sich der alte
slier als eine stammrace betrachten. Güthe 55, 291. s. das
folgende.
ALLENFALLS, in cventum, oninimodo, bei Stieler 419 schon
verzeichnet, doch erst im ISjh. um sich greifend, gebildet wie
jedenfalls, das zu gleicher zeit entsprang, beide ein accusali-
visches allen fall, jeden fall voraussetzend, die man durch an-
hang des s deutlicher zum adv. stempeln wollte, allenfalls
hat die bedeutung des franz. cn toiU cas, geht aber allmäiich
in die leichtere von forte, etwa über, weil allenfalls die Si-
cherheit seiner regicrung darauf beruhete. Mascou 2, 66; man
konte allenfalls voraussehen. 2, 67 ; dergleichen guter waren
auf widerruf, allenfalls gieng der genusz nicht weiter als auf
lebenszeit. 2, 334; man würde an diesem verfahren nichts
weiter auszusetzen finden, als allenfalls eine zu hitzig ge-
äuszerte vorsieht. Radener 1, 112 ; wird die nachweit mit eben
dem vergnügen unsre schrift lesen, wie es allenfalls die jetzt
lebenden thun. 1, 116 ; dient dir . . allenfalls zur entschuldi-
gung. WiELANi) 3, 150 ; ich weisz ziemlich genau, wie weit deine
feinde allenfalls gehen dürften. 3, 154; allenfalls kann er uns
ja besuchen, wenn ihn die lust zu wandern wieder ankommt.
8, 277; erleichtert konnte sich Agamemnon allenfalls fühlen,
freuen aber doch niclit. Schiller 234 ; um iiiin zu sagen,
was ihm allenfalls noch eingefallen wäre. 1099 ; so hätt ich
allenfalls morgen nichts mehr zu verlieren. 3, 40 ; die gäbe,
die er allenfalls von den musen erhalten hatte, . . veigeuden.
GöTHE 25, 293; Vergnügungen gemäszigt durch einen braven
landgeistlichen, der auch dasjenige, was allenfalls übergrif,
gleich zu schlichten und abzuthun verstand. 20, 156; jeder
warf seine faschine weg, schaufeln und hacken wurden allen-
falls gereitet. 30, 294 ; läszt sich vielleicht etwas allgemeines
sagen, das bedeutend ist und das sich auch allenfalls öffent-
lich producieren läszt. 43, 23.
ALLENFALLSIG, franz. eventuel, ein von allenfalls schlecht
gebildetes adj., das den canzleien hätte sollen gelassen wer-
den: ich verneigte mich tief, bat ihn bei allenfallsiger rück-
kchr mich wiedei* zu beehren. Göthe 23, 113; ein shawl, zu
allenfallsigem Überwurf. 39, 256 ; ohne mich um die allcn-
fallsigen Verbindungen zu bekümmern. 48, 165.
ALLENGEFALLENHEIT, f. Logau 1, 8, 38 bei dem sprach
dasz allen er gefallen kann,
geht schwerlich, glaub ich, jedem an,
ivagt in der überschriß jene kühne Zusammensetzung.
ALLENHALBEN, adv. undique versum, Ttavraxri-, Ttavra-
XÖ&ev, ahd. alahalbon, in alahalbon (Graff 4, 887) ; üblicher
ist allenthallien.
ALLENHALBENHEIT, f in Schriften des 16. 17 jh. ver-
schiedentlich für ubiquität gebraucht, heute gilt allgegenwart.
ALLENHALBLINGEN, adv. gleicher bedeutung mit allent-
halben, zu folgern aus einer von Fiscuart gebrauchten Zu-
sammensetzung für den begrif der uiiiquislen oder ubiqui-
lätsanhänger : Scliwenkfeld und etlich luthersche allenhalb-
lingerherren von Christi leib lehren, dasz ein leib zu einer
zeit wo] an zweien oder mehr orten sein kan. bicnenk. 11!/.
ALLENTAG, adv. quovis die, zusammengeschoben wie allenfall :
alltag säuft einer sieben ninsz,
und musz ihr einer allentag
viel mehr fressen, denn er wol mag. Er. Alberus 100.
vgl. alletag.
ALLENTHALB, schlecht für allenthalben:
CS ziirnl der himmcl
8cndet allcnihalb verderben. Tieck 1, 401.
ALLENTHALBEN, adv. undiqucversum, mhd. allenihalben
JVt6. 731, 3, nnl. allenthalve. sihe, das sol dir ein decke der
äugen sein für allen die bei dir sind, und allentlialbcn.
^1 Afos. 20, 16 ; Abraham war alt und wol betaget und der
lierr hatte ihn gesegnet allenthalben. 24, 1; als nu im gan-
zen lande theurung war, thcl Josepii allenthalben kornlieu-
ser auf. 41, 56 ; des nachts wird mein gebein durchlioret al-
lenthalben. Hiob 30, 17 ; und da die lohe allenthalben in die
pfanne schlug. 2 Macc. 7,5; die lade des testaments allent-
halben mit gold überzogen. Ilebr. 9, 4 ; dasz ich solchs an-
suchen allenthalben zu dank angenommen iiab. Luther br.
2,337; wie die sachc allenthalben (in jeder bczichung) sie-
bet. 2, 380 ; angst wont mir allenthalben mit. Schwarzex-
BERC 110, 1; sie naglen die zettel allenthalben an. Ayrer 186';
wovon ich im tempel und in den hainen mich allenthalben
umgeben fand. Wiela.\d 2, 5 ; ein schönes weib, das seine
macht kennt und sie gelten zu machen weisz, ist allenthal-
ben königin, wohin sie kommt. 3, 336.
ALLENTHALBENHEIT, f hat man für ubiquität gebraucht.
ALLER, ahd. allero, gen. pl., tvie vielen Superlativen un-
mittelbar vortretend, scheint auch, gleich dem gen. sg. alles
advcrbialisch zu stchn, ohne dasz man nüthig hätte ein aus-
gelassenes dinge hinzu zu denken, obschon der bedeutung om-
nino, penitus nach ein solches aller dem allerdingc, allerdings
entspräche, ein brief des landgrafen Wilhelm IV. von Hessen
12 aug. 1580 sagt: (wir) haben di^selbigen windlöcher aller
abgelegt und nur einen behalten ; sintemal da etzwas Salz-
wasser darbei (an die soda) kommen, so sei sie aller ver-
derbt, zcitschr. des hcss. Vereins 3, 314. 322. doch liesze
sich auch dies aller für die flexion d£s nom. sg. masc. hal-
ten, die auf andre geschlechter und den pl. ausgedehnt wird,
(vgl. all, form 5.)
ALLER, als gen. pl. erscheint in fluchformcln des 16 jh.
beispiele: sie kamen weiter, da was ein grosz hert saw uf
dem feld, da was ein saw weit neben usz gelaufen, das der
hirt lief und sie wider herumb treib und sprach 'das dich
(Jer tüfel hol, aller saw'! Pauli schimpf und ernst. Slrasb.
1522 bl. 18°;
halts maul, aller Unendiing kotzen I
oder ich liaw dich mit der plotzen. H. Sachs IV. 3, 45";
schlag bor, bistii keck, aller kolzenl
so hnw ich in dich mit der bloizcn
gclcich wie in einen kraulstengel. HI. 3,8*;
das üch sant Küri und der rilt.
aller Schergen und keiben, schüttl Rüef leiden Clirisli K6;
das (ich sant Velieii und d(!r ritt,
aller keiben und scbelmcn, scbültl das. L5';
ists zit daszd kiimbsl, du trunken losz,
das dich bül, aller suw, anstoszl MA^eEL fasln, sp. 1548. F2;
nun bhackcnd ücli flux, gschwind und bhend,
das üch götz uf ein bulfen sehend,
aller veiflucblcn, öden seckenl
kumbt eine me, ich wil si slicckcn. das. F2'';
das dich gott plag, aller gurren I spil von Josepli, Züricli 1549. E 2.
daz dir der teufel ins arschloch far, aller alten hexen! Freys
garteiig. 1556 s. 110 ; pfaffenhfir gang herein, das dich bolz
über und über sehend, aller hören! Montanus ander theil der
gartcng. 95*' ;
wem liastu es dann sonst mehr zu danken,
als mir? scheut dich potz, aller Franken.'
Havkecch Uans Pfriem. Lp. 1582. Dd6;
ei das euch all mit einander sant Veltens leiden sehend, al-
ler verzweifiten beschorncn puebcn ! gesprech zwischen einem
landsknecht und s. Veter. o. j. u. o. (um 1546) B4. Die geni-
live hängen nicht, wie es in einigen fällen scheinen könnte,
von einem vorausgehenden subst. ab, sondern von einem aus-
gelassenen vocativ, der etwa haupt, anführer, meister, musler
bedeutele, aller unendling kotzen! will etwa sagen: aller lie-
derlichen dirncn Vorbild, mhd. fügte man zu Wörtern wie
Slam, teil, vaj gern einen von aller geleiteten gen. pl.: aller
lügende stam, aller saildcn teil, aller lugende va;;. MSH. 1,
79'; aller güete ein va;. Altsw. 155; aller eren und lügend
ein vas. fasln, sp. 405, 3; aller schänden vajl nie jedoch
slehn die genitive ohne das sie regierende wort, wäre das im.
gen. pl. stehende subst. selbst als ausgelassen zu denken und
aller schclmen so viel als aller schelmen schelm ; so lirsze
sich dazu halten scrvus servoruin (gramtn. 4, 726) und wicht
ob allen wichten. Bekam Wien 272, 27. In aller schelmen,
buhen, secken ist der gen. pl. unverkennbar, in aller kotzen,
gurren, suw könnte auch der sg. f enthalten sein, analog dem
gen. sg. m. in alles, mehr unter allers und alles.
"^ ALLERANDÄCHTiGST: wan du aller andechligst bist, Kei-
SERSDKHC. hell, lewe 70*.
ALLERAN.STÄNDIGST: wenn Emilia in besondere Verwah-
rung gebraclit werden musz, so weisz ich schon die aller-
ansländigsie, das haus meines kanzlers. Lessi.ng 2, 184.
ALLEitÄitGST: der alleriirgste feimi. Gökingk 2, 108.
ALLEItAMMST: der ;illeriirmste. Ettners nnw. doclor 398.
ALLERART, omnis generis, «•;« allerhand, allerlei: allerart
Iculc; nachgesetzt: leute aller arl, gatlung.
ALLERAilSSCHWEIFENDST: der allerausschwcifendstc gc-
scbmack. Nicolais leben von Gökinck s. 191.
221 ALLERBAIUIEND— ALLERDINGEN
ALLERDINGES —ALLERERST
222
ALLERBARMEND, versldrkles erbarmend.
ALLERBARMER, m., der heiland, der das grüszle erbarmen
beweist.
ALLERBEHENDEST: die Weisheit ist das allerbchcndesL
buch der Kcish. 7, 24.
ALLERBELEIBTEST: als mir des henn Prior stark be-
leibte phy«ik zu gesiebt kam, besonders aber der vierte theil
der allerbeleibteste erscbien. Göthe 60, 113.
ALLERBEQUEMST: auf das allerbequemste. GöTnE31,229.
ALLERBESCHWERLICHST: die allerbeschwerlichsten ära-
ter. Rabeser 1, 206.
ALLERBESÖNDERST : die allerbesondersten umstände.
GöTHE.
ALLERBEST: das allerbeste scbändet er aufs höchste.
Sirach 11, 32 ; aufs füglichst und allerbest. Frossp. kriegsb.
1, 63". ScHWARZENBERG 133, 2. löS, 2 Schreibt im adv. aller
past, im adj. 121, 2 allerpäst. allerbeste bescbreibung. Wie-
land 1, 225. die heutige niedersächsische volksprache weis: ihr
allerbest ablautend noch in illerbest zu steigern.
ALLERBÖSEST: aller pöst. Schwarzexberg 152".
ALLERCHRISTLICHST: Ludwig der elfte, der sich den
allerchristlichsten künig nannte. Klixger 3, 181. franz. Xrhs
chretien, lat. christianissimus. über den Ursprung dieses tilels
s. Dccange unter christianitas.
ALLERDERBST : ich wünschte mir den allerderbsten bock.
GöTHE 12, 202.
ALLERDINGE, omnino, tiihd. aller dinge : ze strenge aller
dinge. MS. 2,Wi'; noch vüere ich aller dinge wol. 1, '2'; lä
dich aller dinge an in. 2, 15l'; deme aller dinge was bekant
nigiomanzie. Diut. 1, 350. Auch bei Luther noch los und un-
verknfipß: es sol aller dinge kein betler unter euch sein.
5 Mos. 15, 4; wenn aber gleich der Carlstad aller dinge mit
seinem Tute bestünde, tcerke 3, 6S' ; wenn nu gleich des Carl-
stads toben aller dinge bestünde und unsern glauben aller
dinge falsch ubenvinde. 3, 77*; das er ja nicht one schrift
aller dinge rede. 3, SS' ; wir sagen nicht, das Christus fleisch
aller dinge kein nutze sei. 3, 360 ; meinen es sei aller dinge
genug. 4, 34*; wo warhaftige Christen sind, die sind aller
dinge eintrechtig. 4, 70* ; dieselbigen sind aller dinge nicht zu
leiden. 5,150'; haben also Christus gedcchtnis aller dinge un-
tergeordnet. 5, 194*; also das der Christen gerechtigkeit aller
dinge viel mehr stehet in Vergebung, denn in eigenem thun.
6, 43' ; aller dinge verdammen. 6, 56*. o/I auch schon mit ab-
gelegtem e : sol aller ding unrein genennet werden. 3 Mos.
13, 45 ; das du haltest und thust aller ding nach dem gesetz.
Jos. 1, 7 ; schlugen sie aller ding. 10, 32 ; nam aller land ein
aller ding. 11, 23 ; die feste des heiligen creutzs sollen aller
ding verbannt sein, werke 3, 270'; das (gott) uns aller ding
nicht erlassen hat. 3,422'; der jarmarkt, messen, vigilien zu
kcufen und verkcufen . . . waren aller ding gleich heidenischer
blindheit und abgötterei. 1, 1* ; denn wenn es gleich war were,
das du es aller ding wol kundtest. 6, 34* und an tielen an-
dern stellen. Nicht anders wird noch bei späteren schrißstel-
lern unzusammengerücJU geschrieben:
sie meinen allzwcn alier ding,
unser ein jede sei die frau. Atrer 459';
aller ding sein die flöh auch dort
versamlel am besondern ort. froschm. 1. 2, 13;
doch findet sich auch, wenigstens in den abdrücken, die anein-
anderschiebung : allerdinge nicht gesund. Suwei.mchex 2, 266 ;
welches ich denn allerdinge nicht verrichten mögen. 3, 3S;
und verglichen uns allcrdinge nicht. 3, 233; allerding zenie-
ben. KiBciiBOF wendunm. 82'; allcrding es nicht möglich.
LocAC rorr. ». 1. Gerade wie aller dinge pflegte man früher
heiliger dinge (granim. 4, 992), freier dinge, schlechter dinge,
bloszcr dinge absolut zu setzen, und damit glücklicherweise
{zum heil), frei, schlicht, blosz auszudrücken ; allcrdinge be-
deutet demnach gänzlich, in allen stücken. In der Schweiz
aber entfaltete sich für allerdings die bedeutung von beinalre,
fast: er ist allerdinga nederkoit, stürzte fast nieder, und noch
rerstdrkl allerisiga dinga, gleichsam glatter, eisiger dinge. Tob-
leb 22'.
ALI-ERDINGEN, mit der schwachen form, irte allerwegen,
allerendeii, setzen einzelne sckrißsteller des 16 jh.:
und ist erlogen aller dingen. Ek. Aibercs ». 31 ;
allerdingen sichtbar. Felix Plater .t. 1S6. mhd. galt ein besser
mit dem dal. jil. erxetigles adv. allen dingen. Bertii. prd. 293.
ALLERDINGES: polit. maulaffe s. 346. Ettkers Hebamme
s. 601. Lessixg 2, 563.
ALLERDINGS, die heutzutage güllige form, welche den schon
im gen. pl. {vgl. aller) ausgedrückten adrerbialbegrif nochmals
durch das s des gen. sg. hervorzuheben suchte, wie man auch
ein freierdings, platterdings, schlechterdings, bloszerdings 6»/-
dete, dennoch den gen. pl. des voran gehenden adj. beibe-
hielt, doch getrennt zu schreiben aller dings, wie bei Ayrer
212*. 44l' und proc. 2, 6 steht, scheint nun unstatthaft, in»
laufe des 1' jh. begann allerdings entschieden zu herschen: die
auslegungen habe ich für diejenigen allein hinzu setzen müs-
sen, denen die stadte, flüsse, länder, gebirge, fabeln und hi-
storien nicht allerdings bekant sind. Opitz 1, 205; das habe
ich gemerket, dasz sie mir nicht allerdings trauen, pers. ro-
scnth. 1, 10 ; es sind halte ich keine Völker, die mehr als die
Perser an bunten färben sich belustigen, daher sie nicht nur
ihre bände, etliche auch die füszc, sondern auch pferde und
andere thieie, auch etliche allerdings {selbst, sogar, beinahe)
die geschlachteten schafe, so sie in den fleischbänken zu ver-
kaufen haben, roth ftirben. 7, 20 ; es ist der freundschaft eines
freundes nicht allerdingcs zu trauen. 8, 14 ; und in wenig ta-
gen wieder allerdings zu recht kam. Simplic. 1, 156 ; allerdings
{sogar) dessen vieh muste meine räche empfinden. Plesse 1,
62 ; es ist nicht allerdings wahrscheinlich. Hahs 1, 191 ; Ra-
sliz bliebe den Franken nicht allerdings getreu. 1, 227; die
Lothringer wollten nicht allerdings gehorchen. 2, 5; es hat
damit nicht allerdings seine richtigkeit. Claldils 5, 58 ; nur
berechtigen diese gerügten einzelnen stellen nicht allerdings,
den tadcl über das ganze in dem masze auszugieszen. ^cr-
cer 1S2'; begriffe, die nicht allerdings gebilligt werden kön-
nen. Raxt 8, 28. O/I concessir : das sind doch zwei verschiedene
geschichten? allerdings. Schleiermacher 1,571; sie selbst... be-
stellen den verstand zum richter. allerdings thue ich das. Götue
38, 103 ; allerdings, die sind unleidlich. A. W. Schlegel 9, 10.
Wenn sich Klopstock 12, 210 über dies adv. so äuszerl : wir sa-
gen allerdings, es ist widersinnig mehrheit und einheit zusam-
men zu setzen, es sollte allerdinge oder alles dings heiszen ; so
ist aller dinge, wie wir sahen, freilich die organische, ursprüng-
liche geslalt des worts, allerdings aber unsrer spräche so ver~
stattet wie allenfalls, jedenfalls für allen fall, jeden fall, und
wie allermanns in mehrern Zusammensetzungen ßr allermanne,
allesdings, allesfalls, jedesfalls sind nur undeutsche versuche,
die aus ihrer fuge gerathene form wieder einzurichten.
ALLERDÜNNST: traf den schild da, wo am allerdünnsten
das erz lief. Bürger 233'.
ALLERDURCHLALCHTIGST, Steigerung des Serenissimus in
anreden der kaiser, künige und ßrsten, so dasz es durch den
häufigen gebrauch seinen sinn einbüszt, da die allerdurch-
lauchtigstcn reihenweise nebeneinander auftreten, dieser litel
hebt zuerst in den canzleien des 15 jh. beim kaiser an «nd
greiß allmälich weiter um sich.
ALLEREDELST : gleich dem alleredelsten stein, offenh. 21, 11.
ALLEREINFACHST : die allereinfachste nolhwendigkeit.
Klixcer 12, 210.
ALLEREMPFINDLICHST. IUbexer 4,310.
ALLERENDEN, adv. s. das folgende wort.
ALLERENDS, adv. undique: gib alleiends dein heilig wort,
heiszt es im zweiten vcrse des kirchcnlieds : gott vater denk
an Christi tod. das golh. allandju verdeutscht 6)MTe)Ms, das
mit dem acc. sg. gebildete allen ende (Bex. 1, 431') undique,
woraus nach analogie von allenfalls ein allenends hätte mN
springen können, allerends ist aber wie allerdings ßtr aller-
dinge gesetzt ßr allercnde, und aush allerenden wurde gesagt
wie allerdingen.
ALLERE.NTGEGENGESETZTEST. Klisger U, 45, ein 'den
laut p urtveranlwortlich häufendes wort.
ALLERERR.\RMLICHST: das allercrbärmlich- langweiligste
ding von der weit. Ki.ixcer 11, 241.
ALLERERIIABENST. Klixcer 11,114.130.
ALLERERST, omnium primus: und diese Schätzung war die
allererste. Luc. 2, 2 ;
sie hat ihm iut in ihrem leben
den allerersten kiis gegeben. Ckllert 1,126;
im allerersten augenblick. Ki.ixger l, 468; diesen allerersten
natur und lehensausdnick. Götiie 6, 102.
ALLERERST, adv. mhd. aller 6rest, allererst, alrersle, al-
reste, alrest (Rkx. 1, 4:tS), eben erst, gerade erst, ein verstärk-
tet, näher bestimmtet erst, gletch der form, schleiß sich auch
223 ALLERER ST — ALLERGRüSZEST
die hedeulung ab in die eines bloszen demum und rore: da
wird sich allererst die noth anheben. Maltli. 24, 8 ; auf dasz
nicht, wenn ich komme, dann allererst die steiire zu samlen
sei. Matth. lu, 2 ; sie wurden da allererst trotzig und stolzer,
denn sie zuvor je gewest waren. LurnEn 3, 235*; dasz sich
schraaher allererst für geneigte diener schmücken. Luthers br.
1, 318 ;
dann wird er allererst gewahr
wie er so sehr genarret hat. Er. .\LBERüä 52';
was abgedient soll sein,
drum darf ich allererst nicht bitten um vcrzeihn.
LOGAU 1,5, C3;
habet ihr nicht allererst mit meinem vater schwätzen kön-
nen. Simplic. 1, 36; must du nicht allererst lernen? Abele
3, 142 ; da geht allererst müh und arbeit an. ebendas. ; nun
ich ihnen von allem, so sie verlangen, ausführlich rechenschaft
gegeben habe, erinnere ich mich allererst. Hagedorn 1, xxviii ;
erst den beinamen eines bösen mannes. Rahener 1, 200 ;
wer diesen begrif zur Wirklichkeit bringt, der verdient aller-
denn könnt ich einen Herrn ertragen,
erirüg ich allererst den wein. Lessing 1,G7;'
der moralische imperativ, welcher die freiheit uns allererst
kund macht. Kant 3, 402; ein gesetz, das iinmitlelbar den
willen und diesem gemäsz allererst den gegenständ bestimmt.
4, 173 ; zuerst musz ich sicher sein, dasz ich meiner pllicht
nicht zuwider handle, nachher allererst ist es mir erlaubt,
mich nach glückseligkeit iimzusehn. 5, 375; diese spiralten-
denz musz daher allererst bei entwickelung aus dem samen
sich hervorlliun. Güthe 55, 103.
ALLERERSTEN, im 17 jh. zuweilen für allererst üblich,
ahd. eristin cien. und aj eristin dal. {gramm. 3, 94. 106): zu
allerersten. Fleming 201; wie wird es um den herbst denn
allerersten stehn. Günther 825. man sagt noch: mit dem
allerersten, auf das allererste, sobald nur thunlich.
ALLERFAHREN (all-er): allkundig.
ALLERFEINDSELIGST: die allerfeindseligsten thier. buch
der weish. 15, 18.
ALLERFEINST: das allerfeinste tuch ; die allerfeinste Schmei-
chelei. Klinger 11, 248. s. allerklärlichst.
ALLERFERNST: nicht der allerfernste gedanke.
ALLERFERTIGST, paralissimus : er schrieb aufs allerfer-
tigste.
ALLERFRÜHST: mit dem allerfrühsten. trr^. der liebe 5.36.
ALLERFÖRDERST: zu allerförderst = d/erersf. Galmy 20.
schon in einer urk. von 1294 bei Chmel fontes 1, 264 ze aller-
foderist.
ALLERFRECHST: der alleifrechste mann. Werders Ariost
16, 63.
ALLERFREÜEND (all-er), omnia exhilarans. Brockes 5,
154. 7, 207.
du liebst das allerfreuende, die sonne. Schiller 7, 355.
ALLERFRIEDLICHST : auf das allerfriedlichste leben. Les-
sing 2, 437.
ALLERFRISCHEND (all-er):
voll für den mund und wiirzereich
und allertrischend ist der kus. Bürger US*.
ALLERFÜLLEND (all-er), omnia implens. Brockes 1, 345.
424. 7,0.
ALLERFCLLI'NG (all-er), f.: ein hauch der allerfüUung
güttes. Herder 3, 169.
ALLERGEFÄHRLICHST: die allcrgefährlichste noth.
ALLERGELIERTEST: der allergeliebteste freund. Kuxger
n, 35.
ALLERGEMEINST: die allergemeinste lebensart.
ALLERGERINGST: mir dem allergeringsten. Ephcs. 3,8.
ALLERGEWALTIGST: der allergewaltigste könig.
ALLERGEWISSEST: wusle aufs allergewissest. Äöm. 4, 21.
ALLERGIERIGST : die allcrgicrigsten schälkc. Göthe 40, 148.
ALLERGLEICHGÜLTIGST: die neugierde des ailerglcichgül-
tigstcn. Klinoer 11,246.
ALLERGNÄDIGST, anrede der könige und fürsten.
ALLERGRAUSAMST: allcrgrausamsle knechlschafl.
ALLERGRÜSZEST: die Ibeuren und allergröszeslcn vcr-
heiszungen. 2 Petri 1, 4 ;
der tod sieht keinen Vorzug an,
und stellt den aller|;roszicn mann
zum pöbel der gemeinen schatten.
Hagboorn 3, 1U7.
ALLERILVLTER — ALLERLEI
224
ALLERHALTER (all-er), m. qui omnia servat:
der alhimfasser,
dor allerhaller. Göthe 12, 180.
ALLERHAND, omnis generis, mhd. aller hende, aller bände
(Ben. 1, 630), aus dem zusammenrücken dieser geniiive ent-
sprungen, daher unveränderlich; Lijther gebraucht allerhand
nur selten und setzt dafür gewöhnlich das gleichbedeutigc aller-
lei: allerhand mühe wird über ihn kommen, lliob 20,22; er
war mit allerhand lugenden reichlich begabt, pers. rosevlh.
1, 7; nahm anstatt der vorigen lasier allerhand lugend an sich.
2, 18 ; allerhand nationen. pers. reiseb. 2, 3 ; allerhand zuge-
lassener kurzweile. A. Gryphius 1, 182 ; auf alleriiand art und
weise. Stieler 34. noch heute hat dies unveränderliche aller-
hand nirgends adjectivische geltung, sondern wird, wenn auch
der ursprüngliche gen. ungefühlt bleibt, den sahst, immer vor-
geschoben: allerhand bäume, von allerhand bäumen, aus aller-
hand kräutern, in allerhand färben ; wenn ich argwöhnisch
wäre, könnte ich mir allerhand gcdanken machen. Die ältere
spräche bediente sich auch, statt des gen., des dativs:
und holzes art von allerhand (de omni genere).
Ayrer 121';
oder des verkleinerten hendlein in gleichem sinn, z. h. Woi-
kensteiner «. 39. 202 aller hendiin kauf, mit aller hendlin freu-
denspil.
ALLERHEILIGEN, omnium sanctorum, unveränderlich vor-
gesetzter gen. pl. in allerheiligen fest, allcrheiligen tag, aller-
heiligen gasse, kirche, und oft mit auslassung von fest und
tag: auf allerheiligen; eine woche nach allerheiligen. die
kirche allerheiligen. Lessixg 2, 124.
ALLERHEILIGST, zur bezeichnung des pabstes.
ALLERHEILIGSTE, n. der innerste räum des tempels oder
der kirche; auch auf abgezogne gegenstände angewandt : in das
allerhciligste der Wissenschaft vordringen.
ALLERHEITERND (all-er), was allerfreuend. Göthe 5,199
ALLERHEITERST, was das folgende.
ALLERHELLST, omnium lucidissimus. Bürger 220*.
ALLERHERZLICHST.
ALLERHERZLIEBST: so danke ich unserm allerherzlieb-
sten vater im himmel. Luther 3, 389*.
ALLERHÖCHST, von gott und zumal von königen gebraucht;
auszcrdem sächlich: das allerhöchste, was ich dir einräume;
er war aufs allerhöchste gereizt.
ALLERINNERST: ihr allerinnerstes war aufgeregt. Göthe
22,90.
ALLERKÄLTEST: von der allerkältesten gleichgülligkeit.
Klinger 10, 110.
ALLERKLÄRLICHST: können doch die poclcn auf das al-
lerfeinest, mit den allerklerlichsten Worten reden. Luther 3, 477.
ALLERKLÜGST: die allerklügslen handwerksleut. Ayrkr
103';
der allcrklügste streich, den je ein kobold that. Lichtwkr.
ALLERKÖSTLICHST: ein reines gewissen der allerköst-
lichste schätz.
ALLERRÜHNST: der allerkühnste held. Logaü 1,84,47;
schrecken häUe darob den allerkühnsten ergriffen. Bürger 218*.
A-LLERLASTERHAFTEST: das allerlasterhaftesle weih der
ganzen stadl.
ALLERLÄSTERHAFTIGST: hat die allerlästerhaftigslen
worte wider den könig ausgegossen, pers. rosenth. 1, 1.
ALLERLADTERST: das allerlauterste gold. 1 c/iron. 29, 18
ALLERLALTEST: der allerlauleste. Klinger 12,218.
ALLERLEI, omnis generis, mhd. aller Icigc {gramm. 3, 79),
nnl. allerlei, entsprungen wie aller hande, und gleich diesem,
der phd. spräche noch unbekannt, heule aber mehr verbreitet
als allerhand ; weniger vom alts. leia weg oder finnischen lat
genus, indoles, als vom romanischen Ici, loi, weise, art her-
zuleiten. Luther verwendet allerlei äuszerst oß und neben
jedem casus: allerlei thier. 1 Mos. 1, 21; allerlei gewürm. 1,
25; allerlei fruchlbarc beume. 1, 29; allerlei grün kraul. 1,
30 «. s. w., es tritt aber auch bei ihm schon aus seiner obli-
quen stelle in die direrte und macht dann selbst einen gen.
von sidi abhängig: nachdem allerlei seiner göttlichen kraft
uns geschenket ist. 2 /V/r» 1, 3, wie wir auch mancherlei, vie-
lerlei, allerhand heute gebrauchen, unsern bciten Schriftstel-
lern steht es bald organisch für omnis generis: auf allerlei
art; ich gehe um mit allerlei leulen; durch allerlei zureden
bewegen. Götme 18,278; bald unorganisch in substantivischer
225
ALLERLEI — ALLERMASZEN
bedeutung gemischler manigfall'ujkeU : das allerlei, ein allerlei;
ein Leipziger allerlei ; kalbQeiscb, fische mit allerlei ; ein nütz-
liches allerlei; damit es uns aber ja nicht an dem allerlei
des Icbens und lemens fehlen möge. 24, 194; das dichtende
allerlei und bunterlci. J. Faul nachdämm. 65; mit nichtach-
tung des in aller ursprünglicli enlhaUncn genitics. Bemerkens-
verth ist die häufung des lei und band:
sie trug ein grosz gebund von allerlei band klagen.
Werdeks ArioU 13, öl ;
ganz wie Neidhart verbindet (Bex. 331)
komen sint die bluomen maneger bände leie,
und der Wolkensteixer s. 193. 195
mit manger leige hendlin schrenk:
so hab icb keiöer leige hendlia oöt;
was nichts sagt als keinerlei noth {tgl. allerhand), ähnlich
auch das mhd. von aller bände slahte. Flore 1962. man tgl.
einerlei, keinerlei, mancherlei, vielerlei, zweierlei, Überlei.
ALLERLEIRAUH, n. pellium omnis generis assumento vil-
losum, hirsutum, vgl. das 65 kindermärchen , und die vila
Lupicini {acta sanct. sec. 5. 21 marlii) p. 263 : pellicea semper
pilüsaque usus est tunica, quae tarnen bumilitatis causa de
diversis quadrupedum vel assuta pelliculis non solum infor-
mis atque hispida, verum etiam quadam erat vilitalis varie-
tate turpata, uie buntlappige geflickte kleider armul anzeigen.
ALLERLETZT : den allerleUten scherf bezahlen. Luc. 12, 59.
zu allerletzt, adv. ultimo.
ALLERLIEBLICHST: bei dem allerlieblichsten frauenzim-
mer. pers. rosenth. 2, 35 ;
das ajlerlieblichste, was schier
mein herz in seinen schönsten stunden
bei meinem mädclien hat emprunden,
0 dämmerung, verdankt es dir. Göei.<«ck 3, 153.
ALLERLIEBST, nnt. allerliefst, engl, alderlievest, höchste stufe
des anmutigen und geliebten : ein allerliebstes kind ; meine aller-
liebste; das allerliebste lied. Gellert 3,327; sehen sie doch
den allerliebsten Staat an. 3, 368 ; die allerliebste kleine puppe.
WiELA.vD 2, 231; ein allerliebstes hülzcben. Göthe 14, 85;
meine lieblichen, allerliebsten Sängerinnen. 14, 91 ; so war er
auch ganz allerliebst, wenn er sich mit einem buche in die
ecke setzte. 20, 140 ; unter solchen daraus entspringenden aller-
liebsten annebinlicbfceilen. 22, 95; setzen wir uns, sagte das
allerliebste wesen. 22, 117 ; indem er unerwartet ganz aller-
liebste gegenden antraf. 23, 3 ; Lavater war heiter und aller-
liebst. 26, 273. Zuweilen genügt es nicht einmal und wird
noch durch eine vorgesetzte partikel gestärkt: ein recht aller-
liebstes frauenzimraer. Lessixg 1, 22L
ALLERMÄ.NMGLICH , unnsquisque, ahd. allere manno gi-
11h; allermcniglich. Luther 2, 92*; allermeniglich offenbaren.
Dryamders rorr. zu Staden A3'; beschirmen gegen und wider
allermännigklicb. Aimon .M2; ime wider allermänigklich hel-
fen, das. I4; wir thun kund allermänniglich. Hagedorn 1, iii.
ein gutes, alles icort, das ursprünglich immer im sg. steht,
heute, so vie mSnniglicb, steif und c^inzleimäszig klingt, nd.
tagt man allermallik und auch ein weisthum von 1407 (2, 184)
sagt: eine banmile, da solle allermellicb, wer zu Schweppen-
bausen wonet, malen.
ALLEh.MANiNSFREü.ND, m. amieorum prostibulum: aller-
mannsfreund, viclermannsgeck, in dieser und den folgenden
susnmmensetzungen ist an die stelle des organischen gen. pl.
manne (ahd. allero manno, mhd. aller manne) ein s einge-
schoben, tgl. allerdings, allerwelts. s. allmanns.
ALLER.MA.NNSHARNISCH, m. heilkrdßige, schützende pflanze,
sieqwurx, heilwiirz, aller well heil, bald ßr allium victoriale,
bald für androsace [nvSooaäxoi) mannesschild genommen.
Hoiii:ERG 3. 462' schreibt noch allennannharniscb.
ALLER.MANNSHL'RE, f prostibulum infame, seh«, allmant.
frunliininrr. vgl. allinanniscb.
ALLF.RMANNSLOB, n. nomen per orbem celebralum.
ALLERMASZ, omnimodo: das er alle, so es nit allcrmas
mit im geballen. bat umlibringen lassen. Luther 6,526'.
AI.LERMASZE, omnimodo: das icb das kindlin sehein der
muller scbos, das sicli leszt bandeln, sengen, beben und war-
ten, aller m.isze wie ein ander kind. Luther 6, 67".
ALLERMASZEN, omnimodo: er bauwl ir ein eigen haus,
allermaszen wie sein haus. Reisz^er Jents. 1, 59*; denn das
lalein ihm nicht alk-nnaszen abgeben wollen. Opitz 1,5*; diesz
wuser ist den augcn nicht allermaszen dienstlich;
ALLERMEIST — ALLERRICHTIGST 226
ich wundsch auch nichts als nur wie es gott allermaszen
in einer heiigen eh hat allen zugelassen.
WilRoers Ariost 5, 35.
im 17 jh. erzeugte sich daraus, tele aus maszen, weilen, alldie-
weilen, steife conjundion: allermaszen ich alles dasjenige, was
ein Christ wissen soll, in gedachten dreien wochen gefasset. Sim-
plic. 1, 34 ; allermaszen er sich so weit verhauen, dasz er ge-
fangen ward. 1, 219 ; nun mag ich voritzo nicht unlersucben, ob
auch besagtes ms. in rerum natura sei, allermaszen Doubletus
durch die erdichtung vieler ungereimter dinge seinen credit
verloren. Hah.n 1, 78 ; ich kan mich nicht überreden, dasz das
Instrument authentisch sei, nicht zwar wegen des praedicats
eines servi apostolorum, welches Otto von sich gebraucht,
allermaszen diese titulatur so ungewöhnlich eben nicht. 2, 164.
ALLERMEIST, ahd. allero meist (Graff 2, 884), nnl. aller-
meest: und weineten mit einander, David aber am allermei-
sten. 1 Sam. 20, 41 ; gutes thun an jederman, allermeist aber
an des glaubens genossen. Gal. 6, 10 ;
das die geporen von dem gaist
hie müssen leiden allermaist.
SCHWARZS.NBERG 156, 1;
wer got anpet ausz rechtem gaist,
der wiirt erhört am allermaist. 132, 2;
der allermeiste häufen
kommt auf die tempel zu mit beiszer brunst gelaufen.
Opitz 1,35;
allermeist kann ich dir nicht verhalten, dasz das mädcben za
jung ist. Rabe.ner 3, 272;
dankts der natur, ihr schönen, allermeist,
dasz liebe selbst der weisen äuge blendet.
GöKi.'«CE 2, 172;
dich prüre du nur allermeist,
ob du kern oder schale seist. Göthe 3, 112;
wenn nicht etwa der heilig geist
das wnrt genommen allermeist. 47, 226.
als adv. eine wollautende Verstärkung von meist und zumeist,
die heute zu selten angewandt wird, als adj. mehr im gang:
das allermeiste darin ist abgeschrieben.
ALLEKMERKLICHST: am allermerklichsfen. Göthe 17,230.
ALLERMERKWCRDIGST: die zeichung ist eine der aller-
merkwürdig*ten.
ALLERNÄCHST, nnl. allcrnaast: er wohnt allernächst bei
mir ; ich habe es allernSchst {proiime) gehört ; das äuszcrste
liegt der leidenschaft zu allernächst. Göthe 17, 167; ist denn
alles unnütz, was uns nicht den allernächsten besitz verschaft?
18, 7 ; im allernächsten dorf ist die seucbe ausgebrochen.
ALLERNÄHREND (all -er), allndhrend:
stiegen sie auf die allemahrende erde vom wagen.
Stolberg U, 103.
ALLERNÄHRER fall-er), m. nutrilor omnium, beiname gotles.
ALLERNÄSELNDST: in dem allemäselndsten tone. Kli.sgeh
10, 68.
ALLERNEUST : das allerneuste lied ; das allerneuste aas
der gelehrsamkeit.
ALLEHNEUSTENS, adv. nuperrime.
ALLERNIEDRIGST:
unrahii; der Verstellungskunst,
der allerniedrigsten der künste. GöcmoK 1, M.
ALLERNUTZEST: welche das allemützest sind im men-
schenleben. wcish. Sal. 8. 6.
ALLEMOBERST: die allerobersten behörden. Göthe 31, 128.
ALLERORTE.N, ubique locorum, mit der schwachen form,
wie in allerdingen, allerenden, allerwegen. nacA allerends,
allerdings, allerseits wäre auch allerorts zulässig, all ort (alle
ecken) voll löSfel. Fischart Garg. 88';
ja ;:ie bengen schon die flügel
aller orten krank und matt.
Soltau tolkst. 519;
SO ist gleich aller orten so ein aufruhr. Lessi.xg 2, 579 ;
denn aller orten l.lszl der Engell.lnder
sein sieghaft banner fliegen. Schiller 7, 215.
ALLERORTIG, adj. aus dem vorigen adv. gebildet: alleror-
tige tbeilnaiiinr.
ALLERREGEND (all -er): das allerregende licht.
ALLERREINST: das allerreinest lauter öL 2 Mos. 27, 20;
die allerreinste liebe. Klincer 1, 387.
ALLERREISIGST, promtissimus : ein recht erztücklin und
das allerreisigst stückclin. Luther 3, 335.
ALLERRICHTIGST: eine von den ailerrichtigsten uhren
Lessi.nc 2, 461.
15
227
ALLERRUHIGST — ALLERSEITIG
ALLERSEITLICH— ALLERWEGEN
228
ALLERRUHIGST : zu der allerruhigsten und unsichtbarsten
thätigkeit übergehn. Göthe 31, 97.
ALLERRÜHRIGST, mobilissimus.
ALLERS. bei den schon unter aller behandelten fluchen ge-
brauchen H. Sachs und noch einige nach ihm, seltsamer weise,
die form allers.
komb mit mir gen hof, allers tropfen! 1,472'';
so dich die wectiter hie ertappen,
allers vollen esels und läppen! If. 4,25';
zeuch mir den herdurch, allers tropfen! 11.4,27';
flucks wehr dich nur mein, allers narrn! JI.4, 27';
du ehrloser mann, ei wie recht
hab ich dich allhie auszgespccht,
allers esels und alten narren! II. 4, 32'^
schweig und halt dein maul, allers laurn! III. 3, 32';
merkst denn mein lieb nit alters maus? III. 3, 82*;
ei so schlag nur her, allers tropfen! IV. 3, 27';
schaw schaw, da komt mein loser Hans,
wo wilt aber hin, allers manns? IV. 3,35*;
pfaff schweig und drol dich bald hinausz,
du hast gar nichts hinnen zu schaffen,
allers lausing stinketen pfaffen! 111.3,45';
der bawer sprach: merk allers narrn! IV. 3, 69';
du bleibst, du bleibest, allers buhen!
du must mit uns ind schergenstuben. V, 228';
geh von mir an galgen, allers hüben! V, 359';
darumb so hab rhu, allers narrn! V, 365*;
ist dann der himel des allein?
allers ungewaschen pengels I nein,
du unhold hast dich rein gelogen.
Hatnecciüs H. Pfriem Gg5;
das dich der teufel, allers bawrl
A. Hartmanns comoedia. Magdeb. 1600. G7';
das ihn der teufel, allers pfaffen! das. J3';
dasz dich botz Jesu, alters naiTen !
com. von Peter Trink. 162S. f:4.
ei hab dir die beuln, allers thorn ! Ayrer 9°.
Dies allers steht gerade so gefügt wie jenes aller, ist aber gen.
sg. m., was die daneben stehenden subst. esels, manns, ben-
gels lehren, denn tropfen, narren, lauren, buben, pfaffen könnte
sowol sg. als pl. sein, warum aber allers statt alles? das
richtige alles oder verkürzt als erscheint in der nemlichen con-
struction {s. alles) und man hat anzunehmen, die geläufige,
nur halb verständliche schelte habe entweder unorganisches r
in alles eingeschoben (engl, hoarse, ags. häs, noch näher läge
disers mal für dises mal in Etter Heim, Vorspiel 600) oder
einen plural aller für den sg. durch angehängtes s gerecht
machen wollen.
ALLERSAND, conjunction, pariter, steht in Roefs Adam 672
für allsand, wie Heini 472. 762 vorkommt.
ALLERSCHAFFER, m. (all -er): hoch oben an des aller-
schaffers thron. Fr. Müller 2, 162.
ALLERSCHÄRFST: der allerschärfste (rf. j. allerschärfst)
sehende, pers. roseng. 5, 9.
ALLERSCHIERST: am allerschierslen und schleunigsten.
Ayrer proc. 1,7; in gerichtlichen bekanntmachungen : das land
soll allerschiersl (schiersikünflig) verkauft werden.
ALLERSCHLECHTEST: du gibst das allerschlechteste bei-
spiel.
ALLERSCHLIMMST: was das allerschlimmste bei der Sa-
che ist.
ALLERSCHÖNST: ich bin die allerschönste. Ezech. 27,3;
aufs allerschöneste zugericht. 27, 4 ; ihr allerschönstes ange-
sichl. pers. rosenlh. 5, 10 ; du allerschönstes angesicht !
ALLERSCHÜTTERND (all -er): omnia commovens. Brockes
1, 153.
ALLERSCHWERST: der allerschwerste krieg. Locaü3,65,46.
ALLERSEELEN, omntum animarum, der allerseelentag, wie
allcrheiligen.
ALLERSEITEN, adv. undique:
ein steter gegenwind bekriegt des lebens meer,
das allerscuen wird geworfen hin und her. Opitz;
ALLERSEITIG, aus dem folgenden adv., kaum aber vor dem
18 jh. gebildetes adj. ihre allerseiligen ausrufe oder ankün-
digungen. Klopst. 12,270; unter stummer Wiederholung aller-
seitiger Umarmungen fiillt der Vorhang. Lessinc 2, .302; zu
unserm allerseiligen vergnügen. Schiller 738 ; alierseitigc ein-
stimmung. Kant 4, 127 ;
zu toben her mit brfillgesnng
zu allerseitigem Untergang, üötiir 41,60;
mich nach dem hohen wolsein der allerseiligen gaste zu er-
kundigen. TiECK 15, 3. genügt hätte das bessere allseitig, was
man nachsehe.
ALLERSEITLICH, was das vorige, doch etwas früher ge-
bräuchlich : welches ihnen auch woi allerseitlich ungelegen
wäre, mägdelob 42.
ALLERSEITS, adv. ubicumque, undecunque, de toufes parts,
wie allerorts gebildet statt allerseiten : welches allerseits un-
gegründetes urtheil ich kaum einer antwort würdig achte.
Opitz poetcrei s.b; der sack war allerseits mit kriiutcrn aus-
geziert; allerseits mit sauren geskhtern. maulalfe 221; so sehr
wurden diejenigen zerstreut, welche allerseits kinder eines va-
ters waren. Raüener 1, 151 ; in beisein eines alten notars und
sieben alter zeugen, allerseits Junggesellen, sollen sie ausge-
spielt werden. 3, 229 ; es ersuchte Tulpan die damen und her-
ren allerseits um hochgeneigtes gehör. Wiei.and 5, 139 ; ich
gehorche, und ihnen allerseits empfehle ich mich. Götiie 14,
157 ; ich wünsche allerseits gute nacht, bei feierlicher an-
rede wie das tat. omnium ordinum : allerseits hochgeehrte
anwesende! allerseits vielgeliebte brüder! s. allseits.
ALLERSELIGST : im kirchenliede verderbte weit v. 8.
gott gibt nach kurzer jammerzeil
das allerseligste vergnügen
der freudenvollen ewigkeil.
ALLERSICHERST: aufs allersicherste. Götiie 32,177.
ALLERSIiNNLICHST: sind die vergnügen des herzens we-
niger sinnlich? sie sind die allersinnlichsten. Wieland.
ALLERSONDERRÄRST: Klinger 11,248.12,140.
ALLERSTÄRKST: am allerstärksten soll er die Unverschämt-
heit hüszen. Rahener 5. 317.
ALLERSTREITBARST : den allerstreitbarsten Soldaten. Weck-
HERLIN 371.
ALLERSÜSZEST: die biene ist ein kleines vögelein, und
gibt doch die allersüszeste frucht. Sirach 11, 2.
ALLERSTRENGST: im allerstrengsten ernste. Klinger 12,
236.
ALLERTHEUERST: ich setze gleich, das s. Augustin, der
allertewrest lerer, ein solcher esel gewesen were, wie sie sind.
Luther 3,521; allerteurester Felix, aposl. gesch. 24,3; mein
allertheuerster freund. Hagedorn 1, 56.
ALLERTIEFST: die geistliche hoffart ist das letzte und
allertiefste laster. Luther 3, 27 ; stille wasser gern am aller-
tiefsten sind. Gellert 3, 406.
ALLERTREUST:
befiehl du deine wege
und was dein herze krenkt,
der allerlreuslen pflege
des, der den himmel lenkt. Gerhard.
ALLERUNERTRÄGLICHST: die allerunerträgliehsten narren.
Lessinc 1, 250.
ALLERLNTERTHÄNIGST, gegenüber fürslen.
ALLERVERACHTEST: er war der allerv erachtest und un-
werthest. Es. 53, 4.
ALLERVERBLENDENDST: das allerverblendendste gift. Klix-
ger 12, 164.
ALLERVORDERST: zum allervoidersten (a//en rora»»)- Kirch-
hof wcndunm. 132'; die stelle, wo das bild gemahlt ist, wird
allervördcrst in betrachtung gezogen. Götue 39, 94. s. aller-
förderst und allvorderst.
ALLERWÄRMEND (all -er): omnia calefaciens. Brockes 1,
193.
ALLERWÄRTS, adv. undique, ubique, eine falsche bildung,
da in wärts nicht, wie in orts und seits, woraus man aller-
orts, allerseits schöpfte, ein subst. enthalten ist, sondern ein
adj., zu dem sich kein solcher gen. pl, ucsellen kann. Frisch
und Stieler kennen allcrwärts noch nicht, und kaum gibt es
ein früheres bcispicl als das folgende, seit dem hat es aber um
sich gegriffen und macht heule keinen anslosz: da werden sie
dann in den büchern allcrwärts hingesleilt. Klopst. 12, 95. er
ist allenvärts wolgclitten ; man erblickt ihn allcrwärts, für
überall oder allenllialben. s. allwärts.
ALLERVVEtJE, uliiquc riarum : lasz dein frommes herz aller-
wege st) bleiben als es jetzt ist. Tieck Stcrnb. t, 260. üblicher
ist das fnhiendf.
ALLKHWEtiEN, ubique, semper, gebildet wie allenliiigen,
allerenden, und schon mhd. allir wcgine. Alhis B, 152, vgl. an-
dirrc wegene, aliorsum in Lkyskrs pred. 73, 6 ; nmd. aller
weghenc. Detmar 1, 46. 252. wer aber nicht sauber von ge»
229
ALLERWEGENS ~ ALLES
ALLES
230
mute ist, der sagt allerwegen 'gib mer her' und streicht also
onverschämt von dorf zu dorf. pers. baumg. 1,15; allerwegen.
Schiller 545. Göthe 45, S6. Tieck 2, 42. s. allwegen, allewege.
ALLERWEGENS, hat Stieler 2457.
ALLEKWEGS, analog dem allerdings, allerorts:
durch zweier zeugen mund
wird allerwegs die wabrbeii kund.
Göthe 12, 156.
ALLERWEIS, omni modo, gebildet wie aller masz: sonst
sind sie aller weis gleich den verdampten. Luther 1, 20'.
ALLERWEISEST, omnium sapientissimus.
ALLERWELTS wird persönlichen subslanticen tm sinne ton
allermanns vorgesetzt, und da sich all gern zu weit gesellt
[s. all, bedeutung 4), so wird dadurch eigentlich nichts anders
ausgedrückt als in aller weit, 6« allen leuten, (ür alle leute.
allerweltsjunge, allenveltskerl bezeichnet einen frischen knaben,
der allerwdrts zu finden ist, allerweltsmädchen ein munteres,
bei den leuten beliebtes kind. man hat sich aber gewöhnt die
verächtliche bedeutung hervor zu heben und versteht unter aller-
weltsfreund wie allermannsfreund einen zudringlichen, aller-
weltsthor, allerweltsnarr sind ausgemachte gecken, aller^velts-
mädchen, allenveltsweib empfangen den sinn von allenvelts-
hure, allermannshure. allerweltsbi-ummbär, allerweltsklugmei-
ster sind bei Tieck nov. 4, 64. 10, 16 schelte. Man wäre ver-
sucht dies allerwelts dem älteren präfix allers an die seile zu
stellen und darin eine zusammenziehung aus allerwelts zu
finden, stände nicht entgegen, dasz zu allers (icie zu aller und
alles) immer genitive gefügt werden und sich nie sagen Idszt
du allers kotze, du allers gurre, wie du allerweltshurc I
ALLERWENIGST : der allerwenigst, fasln, sp. 637, 17 ; am
allerwenigsten. Kli.nger 12, 230 ; allerwenigstens was allermin-
destens.
■ ALLERWIDERSPRECHENDST : die allerwidersprechendsten
facta. Klincer 12, 277.
ALLERWTNDERLICHST: das allerwunderlichste. weish.Sal.
16, n.
ALLERWCNSCHT (all -er), ab omnibus expetilus:
wer empfängt nun der gewänder
allerwüaschles? Gothe 2,109;
Fortuna, die wellbekannte, die allgesuchte, aller^vunschte.
Tieck 3, 6.
ALLERZARTEST: die allerzarteste wort. Simplic. 1, 3Z ; die
allerzartesten reiser. Göthe 4, 147.
ALLERZIERLICHST: auf das allerzierlichst. Garj. 114'; am
allerzierlichsten war sie, wenn sie lief. Göthe 26, 16.
.\LLES steht substantivisch neben possessiven im sinne von
vermögen, habe, gut und höchstem gut (verschieden von dem
suhstantiriseh gesetzten all = Universum): du bist mein alles;
es ist dein alles {alles was du hast); der knabe ist dein alles
{dein liebstes gut); unser alles steht nun auf dem spiel;
mein alles hängt an meiner worie kraft. Schiller 427;
sie setzen ihr alles auf dein einzig haupt. 369.
.\LLES, mhd. alle; (Bem. 1, 20') adverbialer accusativ, in
der bedeutung von immer, erscheint noch im 17 jh., doch zu
einsilbigem alls gekürzt:
sie aber kalt und hart als eine seulc bleibet,
und ihn mit ihrer hart alls wieder von ihr treibet.
Werders Ariost 1, 49.
wer alls wil fechten und ^ar nichts leiden
hat sein schwert nimmer in der scheiden.
froschm. 1. 2, 6. J7*;
rote corallen um den hals,
ein leibgürtel rerguldct als. das. CT,
in der letzten stelle meint es ganz, überall, per totum. noch
heule: er geht alles (als) im bloszen köpfe, s. allesfurt und als.
ALLES und gekürzt ALS, gen. sg., diente im 16. 17 jh. zur
hildung von schelten und flächen, wie schon bei aller und allers
ausgeführt wurde:
das dich hocks marter. alls narrn, sehend:
tpil wie man die narren beschiceren sol 155S. E2;
das dich botz seicb, als narren, sehend! das. E4;
das dich bocks leber, alles narren, sehend! da». E5;
das dich boix erdrich sehend, als allen wolfs'
Frets garleng. 140;
da« dich b«U tausent sack foll eoien sehend, als unflats!
Mo.iTA^L's garleng. 9*;
ei das dich botz hur sehend, als Lienlins! dat. t4;
das dich bou lausent über und über sehend, alles böswicbts.'
das. 41 ;
ei das dich bolz füdloch sehend, alles böswicbts! das. 41;
ei so sauf in tausent teufel namen, als böswicbts! das. 53';
as dich der rit sehend, ais burens! Karsttians (1520) aaS
(in EI. Kcrz Ml'rmer s. 166) ;
das dir got den ritten geb, als bawren ! flugschrift hie kompt
ein beuerlein. o.j. u. o {um 1520) 2';
schweig tausent teufel namen, als anmechtigen beüerleins!
das. 3»;
0 Peter, das dich potz tunder sacra leiden sehend, als Pe-
lerskopfs ! gespr. tw. Peter und dem landdcnedit B' ;
das dich all plagen und herzrit),
als lidenloseo ieckers, schult! Rcefs Adam 231S;
das dicbs kalt wee und der berzritt,
als lideniosen leckers, schalt! 3951;
das dich der ritt, als keiben, schult! 4217;
das dichs kalt wee und der ritt,
als keiben apostützlers, schütt! 42S7;
das dich sant Körin und der ritt,
ais riehen keiben luren, schult! 5026;
dich schält der ritt, als mungentrüssel(sj ! 5667;
das dich der ritt, als gulis, schütt! 5750;
ich schlach dich, das zur erden falst,
als lideniosen öden wib(s) ! 5753;
das dich der ritt, als puren, scbüt! Rdefs Teil s. 77;
das dich der ritt, als kätzers, schütt!
Rcefs leiden Christi E^;
das dich sant Watia und der ritt,
als kätzers und als keiben, schult! das. F2;
das dich der ritt,
als luren und als keiben, schütt! das. L3;
L6'
das dich die irüs, als klappermans, schult
du Iropf, du magst noch gar wol zien,
das dich der lod, als kutzn, müsz flien!
Maxcels trunken rott .KV;
der donder dich, als keiben, scbüsz! DS*;
das dichs berzleid, als mans, ankum! E4;
das dich der donder schiesz, als keiben! H3';
der tod dich sehend, als fulen wins! H4;
das dich der ritt schütt, als mostfinkcn! H5;
das dich als unglück sehend, als balgs! H6*;
das dichs kalt wee ankum, als filz! K3;
der satler flucht ihm (einem edelmanne, den er für einen bauer
ansah) und.sprdch: das dich der rit schüt, alles buren! wie
sein ir so hoffertig. Paulis schimpf und ernst. Straszb. 1522.
bl. 81';
das dich der ritt, als unflats, schult! Barbali 1526. Bb6;
das dichs heisch fhür anzünd, als balgs! das.
hei das dich goit, als kucbisüdels, straf! das. Cc3;
das dich der ri;t, als gouchen, schütt!
parabel vom verlornen suh. Basel 1531. F2;
ietz kanst dich wider schicken in,
der ritt, als gouchs! du bist voll win.
Job. Zürich 0. j. («m 1545—50) F 3 ;
das dichs herzeleid, als hirten, sehend!
wie hast uns unser glück verwent,
läszt Valextin Boltz tn der Ölung Davidis. Basel 1554 GS
einen philister zu David sagen;
das dich bocks marter. alls narren, sehend!
spil wie man die narren beschweren sol. o. o. 1554. E2;
das dich botz seich, als narren, sehend! das. E4;
t
das dich bocks leber, alles narren sehend! das. E5;
du gbörsl nit (bist taub), als dilllappen! H. Sachs 1,497';
ich kenn dein nit, geh hin, als narrn! K. Sachs 11.2,27';
conPitebatur sacerdoti somnolento et veternoso puer rusticus,
et illo obdormiente stabat aliquantisper nttonitus et cogila-
bundus. ibi subito expergiscitur sacerdos et puerum adoritur:
perge, inquit, et dicas, quid commiseris amplius. puer ad-
modum perterritus : das dich d'unholden reuten, als pfaffeii,
wie hast mich erschreckt! Nie. Frischlim facetiae 1600. 6*;
ei das dich potz marter sehende, alles tropfen! Oilbacis
dialogus zweier landsknechte. 1605. B 1 ;
ich biet dir trutz, als losen nnrm.
Fritze l Fingerhut 1628 B 1 ;
Und ich dich hie, als losn tropf,
du schlimmer loser mauskopf. das. BS*;
ei bab dir die drüs, als narren! Atrer 43^;
goit geb dir die pestlenz, als narren! 59*;
dir gebün nit so ril, als narrn ! 159*.
Kor» diesen für die geschichle der fluchformel lehrreichen be-
legen erreicht noch kein einziger das jähr 1650; sie mögen
auch in der zweiten hälfle des 17 jh. spurveise auflauchen,
15*
231
ALLES— ALLESAND
ALLESFORT — ALLEZEIT
232
nachher sind sie ganz verschwunden, dasx bei als nicht an
die Partikel zu denken ist, zeigt die verschiedentlich ausge-
drückle volle form alles, und die analogie des gerade so ver-
wandten aller und allers, dies alles hat aber jederzeit einen
gen. sg. männlicher oder neutraler Substantive neben sich, de-
ren s nur dem reim zu gefallen einigemal ausfällt, deren be-
grif aber etwas herabsetzendes und scheltendes einschlieszt. dem
David wird zugerufen 'als hirten!', dem beichtvater 'als pfaf-
fen!', dem landmann 'als bauerni' das will sagen: du elen-
der hirtenbub! du armer Jpfaffe! du grober bauer! den gen.
des subsl. wie des zugesetzten adj. kann nur ein ausgelasse-
nes, mitverstandnes wort erklären, was schon oben unter aller
angenommen wurde, ungefähr wie auch die gen. aller band,
aller lei zwar andern subst. vortreten, zuweilen allein stehn
können, alles birten ! soll sagen : du alles hirten bild, schein,
exempel; nur befremdet, dasz ein solches subst. nie wirklich
gesetzt vorkommt, was der schelte an kraß nichts benehmen
könnte. Nicht übersehn werden dürfen die beiden aus H. Sachs
beigebrachten als in fällen, wo er sonst allers schreibt, die
zahlreichen fluche und schelten mhd. gedickte liefern aber noch
nicht die geringste spur solcher constructionen mit alles und
aller.
ALLESAM, nicht das ahd. alsama (Graff 6, 31), mhd. alsam,
welche eine Verstärkung von sama, sam enthaltend, sicut atis-
drücken; sondern verkürzt und entstellt aus ahd. al samant,
al sament (Graff 6, 43) simul, wofür gewöhnlicher und besser
ayesamt, allesammt gesagt wird, allesam findet sich bei
H. Sachs, z. b. II. 4, 83', doch braucht er daneben häufiger
allesand und allesander. Keisersberg setzt alsamen, doch alle-
sam klingt voller, s. allsam.
ALLESAMMEN, in gleicher bedeutung, schreibt Frey garteng.
38 : ibr brauchet das tucb nicht allesammen = allesamt, all-
zusammen. s. allsamen.
ALLESAMMT, darumb trag wir dir allsemd hasz. fastn. sp.
196, 7; bei Luther geschrieben allesampt: die machen alle-
sampt, mit sönen und töcbtern, drei und dreiszig seelen.
1 Mos. 46, 14; allesaimpt vierzehn seelen. 46, 22; allesampt
meister. 1 chron. 26, 7 ; die rechte des berrn sind wahrhaftig,
allesampt gerecht, ps. 10, 10; da schrieen sie wieder allesampt.
Joh. 18, 40; wir wollen seines namens zier erhöhea allesammt.
Opitz; ja freilich sind wr allesammt lieber frei, als in der
knechtschaft. Lessinc 3, 34; wir wünschen dich allesammt
zurück. Göthe 47, 190. sammt gleicht mehr dem alts. samod,
als ahd. samant, die Verwandlung des alsamt in allesamt, wie
auch in andern fällen alle für al eintrat, bewirkte, dasz man
nun hier alle für omnes nahm und dem allesammt die bedeu-
tung von alle zusammen, omnes simul, citncti pariter beilegte,
da es ursprünglich nur simul oder pariter aussagt, mhd. galt
freilich auch alle samet, alle sament, alle; samet. Maurit. "00,
und den umständen nach im gen. aller samet, dat. allen sa-
met. das nhd. allesammt bleibt aber unveränderlich, doch läszt
es sich abtrennen: alle sammt und sonders.
ALLESAND, durch Wandlung des mt, mpt in nd; früher
noch mit veränderlichem alle:
DU gebt uns urlaub allen sanden. fastn. sp. 218, 24 ;
stet mit uns weibern allen sand. 387, 8;
lei H. Sachs pflegt all mehr festzustehn, sand aber zwischen
sanden und sander zu schwanken,
beschwern
all nnhulden im eamen land
das sie zusamm kommen alsand. 11.4,63';
als aber nun der herre kam,
die schönen kinder allesam
heti sie gcstellet nach einander,
empnengen den herrn allesander. 11.4,83';
weil der herr so mit miltcr band
die hat gesegnet allesand. II. 4, 83';
so gabens den katzcn allsanden
den brief zu bhalten zu trewshanden. II. 4,90';
und giengen die büiim von einander,
do fielen die hund allesander. II. 4,62';
thut ein böses slück Qbers ander,
noch leszi crs gschehcn allesander. V, 215*;
ir uniödlichen göttr allsander,
wie ubertrifl ein mensch da» ander. V, 215';
der geist bring ich euch allesander,
iedoch ördnlicben nach einander. V, 323';
m diesem durch den reim herangeführten sander scheint das
er so unorganisch wie in allers.
ALLESFORT, adv. immerfort, alles in einem stücke fort:
sie -nall allesfort klüger sein als der papa. Lenz 1, 259. s.
aJlfort.
ALLESFRESSER, m. animal camivorum.
ALLESLEUGNER, m. Götter 1, 897.
ALLESVVISSER, m. Wieland 19, 25.
ALLETAG, adv. omnes dies, fr. toujours /". tousjours, mhd.
alle tage. Ben. beitr. 378. troj. kr. 17257. alle mine tage
18354: alletag. fastn. sp. 40,17: mag; all mein tag. Fischart
Garg. 89'.
ALLETAGSKLEID, n. vestis quotidiana. das s wie in aller-
dings, vgl. alltäglich, alltagskleid.
ALLETAGSMASKE, /". ; der sehr eigen charakteristische köpf,
wolgefaltete honnete alletagsmaske. Göthe 33, 120.
ALLEUCHTEND :
dein alleuchtender tag, Phöbus, mir ist er verhaszt.
Göthe 1, 296.
ALLEWAHR, verissimus, verstärktes wahr, ahd. alawdr (Graft
1, 916) :
nun so hett ich ein eid geschworn,
des münchs predig wer allewar. Atrer 132'.
ALLEWEGE, adv. semper, it. tuttavia, sp. todas vias, franz.
toutes voies, engl, always, mhd. alle wege Parz. 239, 30. Trist.
32, 1. troj. kr. 18161 : für dem herrn alle wege. 2 Mos. 28, 30 ; und
es sol alleweg an seiner stirn sein. 28, 38 ; alle wege opfern.
29, 38 ; ich will dein gesetz halten allewege, immer und ewiglich.
ps. 119, 44 ; herr, gib uns allewege solches brot. Joh. 6, 34 ;
meine zeit ist noch nicht hier, eure zeit aber ist allewege.
7, 6 ; waren alle wege im tempel. Luc. 24, 53 ;
in deines weibes almanach steht, Stiipo, allewege
trüb, ungestüm, platzregen, stürm, wind, hagel, donnerschläge.
LoGAU 3, 200, 52.
Man sagt auch in alle wege (omnimodo) : das ist in alle wege
begründet; in allwege {zusichernde antwort). Pierot 2, 35;
und mit abgeworfnem e (wie in alletag) : in alleweg ist er un-
serm pfarherr gleich. Frey garteng. 76; in alleweg dahin ar-
beiten, das er der Vernunft das regiment erhalte. Fischart
ehz. 21. s. allweg.
ALLEWEILE, adv. semper, modo, mhd. alle wile ilfS. 2,
46'. Ben. beitr. 380. Wigal. 598.
wüntsche mir zu meinem theile,
dasz mir jetzt und alle weile
meine herschaft traue zu,
dasz ich nimmer spar und ruh,
ohne rühm und ohne schein
treuer unterthan zu sein. Logaü 2,30,3;
und habe ich zu ihrer beerdigung als eine zubusze allewcile
(eben) einen gülden verehret. Leipz. avant. I, 88 ; madame,
ich werde dero befehl alleweile (sogleich) nachkommen. 2, 77 ;
ich habe alleweile (eben) erst das haus aufgemacht. 1, 219;
ich habe der sache alleweile nachgedacht. Gellert 3, 85 ; nein,
ich besinne mich alleweile {eben jetzt). Lessing 2, 387; alle-
weil {eben) kommt er gegangen; lieber gott, was soll ich
denn alleweil (immer) singen? Fr. Müller 1,235; kanns euch
alleweil nicht sagen. 1, 252 ; närrischer junge, alleweil taugts
nichts. 3, 56 ; hülflos alleweil der elende weint. Tieck 4, 300.
vgl. dieweil und alldieweil, welche sich in die abstraction einer
bloszen partikel dum, quamdiu neigen; doch braucht auch alle-
weil Fischart so:
derhalben werd man sie auch preisen
allweil Preisgaw vom preis würd heiszen. gl. seh. 138.
verschiedne betonung : alleweile eben, älleweile immer.
ALLEWIG, verstärktes ewig: die allewij:e liebe.
ALLEZEIT, adv. semper, sp. todo ticmpo, ahd. allf» zili (Graff
5, 634), mhd. alle ztt. Trist. 32, 1. crwelct redliche leutc,
das sie das volk alle zeit richten. 2 Mos. 19, 26 ; öle, das
man allezeit oben in die lampen thue. 27, 20; mein son, du
bist alle zeit bei mir. Luc. 15, 31;
ihr könig, als man ihn gedachte zu bekrenkcn,
iiesz sich doch allezeit von seinem zorne lenken.
Olearius im ersten gcd. der reisebeschr. ;
in ihrer gescllschafl wird es mir allezeit gut schmecken. Gei-
i.ert; die erste wutli des schmerzens, welche allezeit stumm
und gedankenlos zu sein pflegt. Wieland 1, 51 ; weil ein freund
allezeit mehr werfh ist als ein sclave. 2, 105. ein gebet schliesit :
hilf goti, allezeit! amen.
man bildet auch allzciL
233
ALLFÄHIG -- ALLGEMACH
ALLGEMACH — ALLGEMEINST
234
ALLFÄHIG, eapacissimus :
dasz er als der weit siirn, nein liirn und haupt zu sein
alirähig. Weckherli.n 687.
ALLFÄRBIG. omnicolor: das gefieder ist allfarbig, doch im
ganzen das gelbe häufiger als das blaue. Göthe 52, 265.
ALLFORT, adv. ulterius. Stiei.er 539. x. allesfort.
ALLFREI, libcr jiigi, solutus:
ists weise, dasz man dicii verdamme,
gebenedeiie goitesflamme
aliTreie denk- und druckerei? Bürger 64'.
ALLFRESSEND, omnivorus :
das allfressend starke jähr. Weckherlix 557.
ALLGEBEND, largissimus:
oTnest du dann dein allgebende band. Weckhirlin 228.
ALLGEBENEDEIT, Göthe 5, 255.
ALLGEBIETEND, omnibus imperans.
ALLGEBIETER, m.
ja wenn ich allgebiet-er
von ganz Europa war. Borger 56'.
ALLGEBIETERIN, f.
was Fortuna will,
ob euch, ob mich die allgebieterin
bestimmt zu herschen, laszt die tapferkeit
entscheiden. Garves Cic. de off. 1, 12.
ALLGEFALLENHEIT, f. streben allen zu gefallen, nach Po-
pularität: man gibt ihm (Leibnilz), ich weisz nicht welchen
plan von allgefallenheit, es soll ihm mehr um sein System
als um die Wahrheit zu thun gewesen sein. Lessi.ng 9, 287.
vgl. 5, 304, wo er Logacs allengefallenheit bespricht,
ALLGEFÄLLIG, omnibus placens:
0 neig auT meine leier
dein allgeßllig ohr. Bürger"*;
wie allgefällig ernst und scherz
in seinem zauber schwimmt. Bürgers hl. wunderhold;
nicht immer mit gelinden allgefalligen mittein. Göthe 46, 160.
ALLGEFÄLLIGKEIT, f. braucht Herder ungefähr im sinne
jenes allgefallenheit.
ALLGEFCRCHTET:
an dieses allgefürchtete gcstade. Schiller 613.
ALLGEGENWART, f, franz. omnipresence, das überallsein
der gotlheil: allgegenwart göttlicher liebe. Göthe 23, 174.
ALLGEGENWÄRTIG, omnipresent :
im gericht der allgegenwärtigen sündflut. Klopst. Mess. 2, 25;
sein anllilz war wie die sonne,
wenn sie allgegenwärtig und hoch im mittag glänzet. 3,234;
und mit allgegenwärtigem wink der ewige winket. 5,65;
was hindert dich, allgegenwärtige macht,
was hält dich ab, o königin der nacht? Göthe 5, 199. 200.
ALLGEHEIM, secretissimus :
denn so allgeheim ist kein revier,
keine kliitt ist irgendwo so öde,
dasz nicht liebe mich auch da befehde. Bürger 2, 61.
ALLGELIEBT, omnibus acceptus.
ALLGELOBT, laudatissimus:
de/ Hercules mit müh und fleisz
erwarb ein allgelobten namen. Weckherlir 570 ;
schön ists von allen anerkannt
sich allgelobt zu sehn. Herder 3, 39.
ALLGEMACH, adv. sensim, paulatim, eigentlich apte, oppor-
tune, placide, gemächlich, ahd. gimacho : ficng allgemach wie-
der an. WicKRAM rollw. 40'; allgemach vermehrt werden.
pers. rosenth. 1, 22 ; mich auch allgemach darin ergab. 3, 17 ;
er solle mir nur allgemach das grab bestellen. Simpl. 1, 283 ;
die heiligen kioder der erde
werden sich allgemach alle zu euch vollendet versammeln.
Klopst. Mess. 1, 438 ausg. von 1751 ;
entschlafen wir allgemach. Lessinc 1, 139 ; unter diesen cr-
innerungen beruhigte sich mein herz allgemach. Wielasd
1, 41;
wiszt ihr sonst einen rath
als allgemach die saiten herunter zu stimmen* 4,81;
dasz unsrer sitten Weichlichkeit
nicht allgemach es au» der modc bricbte. 9,47;
die nvmfen zwingt der keuschen göttin schein,
sich allgemach hinweg zu stehlen. 10, 130;
doch als wol beiden es allgemach
an kraft gebrach. BübgeiiSI';
drängten sich allgemach dichter und dichter an einander.
TiECK 4, 399. vgl. aisgemach.
ALLGEMACHSAM, adv. sensim, ahd. alagimahsamo (Graff
2, 638) :
so werden sie mit vielem lachen
sich aigemachsam von dir machen. Philasd. 2, 756.
auch in Ringwalds laut, wahrh. s. 12. 101.
ALLGEMÄHLICH, adv. sensim, ahd. giraahlicho, weichere
form zur Unterscheidung von gemächlich, welches mehr für apte,
commode fortgall: der mensch, weil er allgemählich am alter,
verstände und tugend zunimpt. pers. rosenth. 8, 44; denn
seine liebe zu Lisetten allgemählich anfienge laulicht zu wer-
den. Salinde 249. tadelhaß bei Brockes 2, 119 geschrieben all-
gemählig, da hier nicht von mahl abgeleitet, sondern mit ge-
mach zusammengesetzt ist. s. allmählich.
ALLGEMEIN, universalis, generalis, unterschieden von ge-
mein communis, publicus, vilis; Schiller läszt Elisabeth zu
Maria sagen:
fürwahr, der rühm war woifcil zu erlangen,
es kostet nichts, die allgemeine Schönheit
zu sein, als die gemeine sein für alle,
noch stärker würden sich entgegentreten die allgemeine und
die allen gemeine, allgemeine geschichte bezeichnet uns Welt-
geschichte, gemeine geschichte eine gewöhnliche, schlechte; all-
gemeine rathschläge sind auf alles, gemeine auf das unedle
gerichtet; etwas ins allgemeine spielen, heiszt es verallgemei-
nern, ins gemeine spielen es erniedrigen, das gespräch ward
bald allgemein, alle nahmen thcil daran; unter solchen leu-
ten konnte es nie gemein werden, doch drückte ahd. gimeini
auch generalis aus (Graff 2, 7S3) und diu gemeina gelouba
die allgemeine kirche, das mhd. algemeine Trist. 376, 13 un-
ser insgemein, was im pers. rosenth. S gesagt wird: regeln,
so der mensch im allgemeinen leben zu beobachten hat,
würde uns heute lauten : im gemeinen leben, bei Göthe 21, 51
steht aber: mache ein organ aus dir und warte, was für eine
stelle dir die menschheit im allgemeinen leben zugestehen
werde, d. i. in universali, nicht communi vita. die alten sta-
tuarii waren allgemeine bildner, und wer in erzt gieszen
konnte, der konnte gewöhnlich auch in jeder andern materie
arbeiten. Lessi>'g 8, 470; es würde dieses mistrauen in thät-
lichkeiten ausgebrochen sein, wenn man nur im allgemeinen
geblieben wäre und nicht durch besondere angriffe auf ein-
zelne glieder dem murren des volks unternehmende anführer
gegeben hätte. Schiller S96;
das geht so fröhlich ins allgemeine. Göthe 3, 151 ;
selbst das manigfaltigste wird einfach vor deinem allgemei-
nen blick, vor deiner ausgebreiteten macht. 14, 193; unter
dem schein allgemeinster hönichkeit. 22,116; mit allgemeinen
phrasen. 22, 137 ; sie hat ein recht allgemeines (im besondern
unausgebildetes) gesiebt, ist noch blöde. Arnim schaub. 2, 30 ;
der allgemeine köpf ist vom gerne, als dem erfinderischen
verschieden. Kant 10, 244.
ALLGEMEIN, adv. universim: ir herrcn allgemein! fastn.
sp. 497,10; allgemein verbreitete meinung; das läszt sich
nicht so allgemein behaupten.
ALLGEMEINDE, f. könnte gemeinweide, compascuum, was
man gewöhnlich almende, allmcnde, in der Schweiz auch all-
mein, allmeind (Stalder 1, 96) nennt, bedeutet haben, gcmaine
allmad {weislh. 1, 393) ; in diesem sinn steht nur mhd. ge-
meinde, nicht algemeinde zu gebot, man müste denn in einer
nrk. von 1241 (Jagers Ulm s. 722) algmenda, alginande än-
dern dürfen, doch scheinen diese formen gut berechtigt (s. all-
mendc) und nach dem heuligen Sprachgebrauch dürfte auch
das blosze gemeinde contmunio silvae, gemcindewald aus-
drücken, allgemeinde eher, falls es in gebrauch käme, republik.
ALLGEMEINGÜLTIG, besser allgüllig, wenigstens getrennt zu
schreiben: ein allgemein gültiges bildungsgeselz. DAiiLHAJtif
franz. rev. 424, wietcol man auch ein subst. allgemeingültig-
keit gebildet hat.
ALLGEMEINHEIT, universitas, universalitas : individualilü-
ten, die sie zerstreuen und verwirren, in allgemeinhcit zu ver-
wandeln. ScniLI FR 771.
ALLGEMEINSITTLICH, zu trennen: freier Spielraum der
allgemein sittlichen und religiösen Vorstellungen. Göthe 21, HO.
ALLGEMEINSTMÖGLICH: die allgemeinst mögliche be-
kanntscbaft (/o plus universelle possible). Göthe 44, 275.
235
ALLGENANNT — ALLGÜT
ALLGÜTIG — ALLKLARHEIT
236
ALLGENANNT, von allen, allgemein genannt: als miter-
stürmer der bastille allgenannt. Dahlmann franz. rcv. 342.
ALLGENÜG, ventärlUes genug:
becher, allgenug fiir götterzungen. Bürger 76*.
ALLGENÜGLICH, verstärktes genügiidi, conlentus.
ALLGENÜGSAM, summe contentus, doch enthalten sich die
belege des umlauts: gott ist allgenugsam. Kant 6, 114;
kühn durch klippen, Strudel, ungeheuer
I lenk ich, allgenugsam mir, alsdann. Bürger 87'.
ALLGENUGSAM, adv. affatim : die ganze seele eines genies
allgenugsam auszufüllen. Herdeh 2, 274.
ALLGENUGSAMKEIT, f. der hohe begrif der göttlichen
natur, wenn wir sie nach ihrer allgenugsamkeit gedenken.
Kam 6, 116.
ALLGENÜGSAMSELIG :
zum himmel, und wie allgcnugsamsciig. Herder 3, 166 ;
richtiger zu sondern.
ALLGEPRIESEN, was allgelobt.
ALLGERECHT, verstärktes gerecht:
ihr hört die lästerung, ihr allgerechten. Goiter2, 270;
bei dem allgerechten gott. Lessing 2, 159.
ALLGEREIT, adv. jamjam, der frühere ausdrtick für allbe-
reit. ni/)rf. algereite, in einer tiefen wunden, die allgereit
zu heilen hat angefangen. Melanchtiioxs corp. doctr. christ.
Lp. 1560 s. 925; unsern schaden so allgereit für äugen. Diet-
richs rorr. zu Melanchthoxs trostschriß. 1547 6/. 1 ;
strecket sein heupt groszmütig d.ir,
welchs allgereit gekrönet war. froschm. II. 1, 5.
ALLGESAMMT, adj. Verstärkung von gesammt w. m. s. die
allgesammte stoische philosophie. Klinger 12, 195.
ALLGESCHÄTZT : das allgeschatzte gold. Schiller 6, 256.
ALLGESTALTIG, omniformis. VVieland 30, 277
ALLGESUCHT, omnibus expetitus. Tieck 3, 6.
ALLGETREÜ •
mich kann allein ihr siiszcr sold
an allgotreue dienste binden. BCrger 18';
du allgetreue. Fr. Müller 1, 354.
ALLGEWALT, f. omnipolentia, oft eins mit alimacht, wel-
ches in genauer anwendung mehr das ruhig wirkende, schaf-
fende ausdrückt, allgewalt das heftige, unwiderstehliche:
der durch sein allgewalt und macht
bat grosze könig umbgcbracht.
Ad. VVeinheimers geistl. wacht. Marb. 1642. s. 262;
mit stiller macht und allgewalt. Götbe 11, 358;
(solange) als dein blaues äuge dieses blickcs
allgewalt bei hiramelsmilde trägt. Borger 80'.
ALLGEWALTIG, omnipotens. der allgewaltige gott. Schwei-
NiciiEN 1, 172, ahd. schöner alwaldendeo, ags. fäder alvealda.
die allgewaltige zeit. Klinger II, 114 ;
er kehrt zurück und raset allgewaltiger. Göthe 11, 217;
CS zwingt mich des hungers allgewaltge noih. 40, 131.
ALLGEWALTIG, omnipotenter:
musz liebesfeuer allgewaltig glühen. Göthe 2, 16.
ALLGEWANDER, «i. praefectus vestiario: seckelmeister,
keller, niünzsteinpfel, allgewander. Fischart groszm. 89.
ALLGEWIS, certissime: wunderbares und allgewis nicht
dauerhaftes glück. Zinkgr. apophth. 66, 2.
ALLGLAUREND, omnicredulus :
wir kennen euch, fremde,
wissen, ihr laszt euch gängeln, und seid allglaubende hörer.
Klopst. 7, 343.
ALLGiNÄDIG, clementissimus.
ALLGOTSAMEN, adv. omnes omnino: dieselben allegotts-
samen seind arg^vcnig. Keisersb. bei Oberlin 563; die .solch
kunst braueben allgotsamen, es seient wciber oder man.
Thl'rneisser archidoxen bl. 49. allsamen durch zwischengc-
schobnes gott verstärkt.
ALLGROSZ : o got, allein allgrosz, allweis. Weckherl. lOL
ALLGCLTIG : einen allgültigen satz. Schiller 95.
ALLGUT, nnl. algoed: o mein gut, allgut und allgülig.
Weckherlibi 115 ; das singen ist allgut, allsüsz. Klinger l, 14.5.
ALLGUT, n. gleichsam summum bonum, name der herba
boni Hcnrici, nnl. algoede ganzevoct. der Ursprung des auch
durch alle romanischen brnennungen dieser und anderer pflan-
zen gehenden appellativs ist noch unaufgeklärt, war Heinrich
nie arxt oder heiliger der ihre heilkraß wies oder ein kran-
ker, der durch sie genas? die sage kennt einen armen Hein-
rich, der an schwerer krankheit nieder lag.
ALLGÜTIG, benignissimus.
ALLHEIL, n. naväxeta, heilkraut oder heilmittel wie allgut.
ALLHEILIG, sanctissimus : Weckherun 131; ein böte des
allheiligen. Klingeh 5, 391 ;
wundersam durch dunkelheiten
fehl, allheiligc natur,
eines zaubertriites spur. Chr. Stolberg 1, 183.
ALLHEIT, /". franz. totalite: Paris erscheint in seiner all-
heit. Schiller 684 ; diese allheit und leerheit. Güthe 19, 167 ;
diese erziehung musz an der allheit versucht werden. Fichte
reden an die d. nat. 285; wenn ich von der einheit anhebe
und so zur allheit fortgehe. Kant 3, 220; die allheit der mit
einem verstände vereinbaren vüllküinmenlieiten. 7, 370. allheil
gilt von geistigen, ganzheit von sinnlichen dingen: allheit der
Vorstellungen, ganzheit des holzes. der allheit steht beson-
derheit entgegen, der ganzheit Zerrissenheit.
ALLHELLE, perlucidus :
also dasz dis gemach von dieses glanzes liecht
allbelle war, obsclion die sonn nein schiene nicht.
Werders Ariost 3, 14.
ALLHER, allh^r, huc: sie wollen etwa den Dolzken oder
sonst jemand allher lassen kommen. Luthers br. 3, 29 ;
dasz sie bedes mit kind und weib
ziehen allher in Rom die Stadt. Atrer 34';
die haben
allher verbaut unmenschlichs gut. 139" ;
dasz dein gehör noch nicht vernommen,
wie diese stund alher soll kommen
der äugen lust, der seien schein. Weckhkrlin 347.
ALLHERLICH. Weckherlin 549,
ALLHERSCHEND : Weckherlin 257 ; das allherschende ohr
des Publikums. J. Paul aesth. 2, 216.
ALLHERZERWEITERND, verstärktes herzerweiternd. Göthe
5, 199.
ALLHIE, adv. hierselbst: dazu hab ich auch allhie nichts
gethan. 1 Mos. 40, 15 ; sihe, sein eisern bette ist alhie zu
Rabbath. 5A/os. 3, 11; seine Schwestern sind allhie bei uns.
Marc. 6, 3; war allhie zu Cassel geborn. Kirchhof wendunm.
122'; s' kommt allhie gar sonderlich auf die rechte erforsch-
und beherzigung dessen an was da ist wahr und gut und
neu, Klopst. 12, 118 (nachahmung der allen Schreibart);
hast du dir schon alhie
sonst können nichts erwerben. Fleming 107
ALLHIER, dasselbe, nnl. alhier:
welcher allhier weissagend bei uns Kvkiopen gealtert.
Voss Od.' 9, 510;
und standen und harrten und lauschten allhier. Bürger 34' ;
kind goties, kehr allhier erst ein,
dasz ruh und kost dich pflegt. 47';
ausgewimmert hat allhier der kummer. 100';
so viel zu geben ist allhier der brauch Göthe 12, 219;
Kant 8, 193. erst verdrängte allhier das allhie, dann hier das
allhier, doch bleiben beide bequem und zulässig.
ALLHIESIG, ähnliche Verstärkung von hiesig, w. m. s.
ALLHIN, adv. illuc:
wie ich mit ihm eins worden bin •
das ich dich zu ihm schick alhln.
Mart. Hayneccii drei comödien. Lp. 1582. bogen C4;
gerollt durch unterirdische klüfle
heb ich allhin mein haupt die entwöhneten sterne zu schauen.
Voss.
ALLJÄHRIG, adv. was das folgende.
ALLJÄHRLICH, adv. quolannis.
ALLIEBE, /■. Herder in Bötticers lit. zust. 1, 130.
ALLIEBEND. Fr. Müller 1, 42.
ALLIEBLICH:
alllcblichstc göttin, am bogen da droben. Göthe 41, 170.
ALLKENNEND: als ein warhafter golfes söhn, allmäch-
tiger und allkcnnender gott. Ayrer proc. 2, 6,
ALLKLAR, pellucidus.
ALLKLAMHEIT, f. genug, wenn die höchste Weisheit und
gute bei rrtlieilung der Offenbarung, die sie in jener allgc-
meinheit und allklarheit nicht gewähren konnte, nur denje-
nigen weg gewählct hat, auf welchem in der kürzesten zeit
die meisten menschen des geausscs derselben fähig waren.
Lessing 10, 18.
237
ALLKRÄFTIG — ALLMENDE
ALLMILD —ALLSÄMTLICH
238
ALLKRÄFTIG:
Ton zanbergewalten
allkräflig gehalten. Tieck 10, 229.
ALLKRÄFTIGKEIT, f. geistige allseitigkeit, nemlich all-
kräftigkeit ist uns nicht vergönnt, aber wol leibliche. J. P.\cl
37, 17.
ALLKUNDIG : des Streites. Voss //. 2, 823.
ALLMACHT, f. omnipolentia, ahd. alamaht, mhd. almaht,
nnl. almagt, altn. allmattr m. siegende allmacht. "' oss //.
2, 118 ; die allmacht der natur. Gotter 2, 17 ; ich müsfe mich
gelassen der stillen alimacht deiner äugen hingeben. Bettise
br. 1. 143. s. aligewalt.
ALLMÄCHTIG, omnipotens, ahd. alamahtic, mhd. almehtec,
nnl. almagtig, ags. älmihtig, alln. allmättugr. gott der all-
mächtige; ich bin der allmechtige gott. 1 Mos. 17, 1; ein all-
mächtiges wort; allmächtige liebe; das geld ist allmächtig;
aihnnchlige noth, du kannst mehr als die Epikieteo,
du machs't den Weichling hart und lehrst den frevler beten.
WiELA.XD 4, 76.
steht aber auch wie gewaltig, ungeheuer u. a. m. blosz ßir sehr
stark, grosz, wol ausgestaltet: ein allmächtiges stück; die
ganze allmächtige bürse. Schiller 210.
ALLMÄCHTIG, adv. valde, potenter: ich drück an meine
seele dich, ich fühle die deinige allmächtig an mir schlagen.
Schiller 144; ein band, das mich an diese weit allmächtig
bindet. 263;
nichts setzt allmächtiger den (rriiien masz und ziel.
ÜOTTER 1. 24S.
ALLMÄCHTIGKEIT, f. was allmacht. gottes allmachtigkeit
misbietung oder Verminderung thun. reichsabsch. 1512. 4 1;
wo gottes allmachtigkeit uns verleszt Lcther S, 39'.
ALLMACHTSGESCHÖPF,«.: diese allmachtsgeschöpfe (ionne
und himmcl) erweckten in uns desto gröszere Verwunderung.
Felsenb. 1, 90.
ALLMACHTSHAND, f. allmächtige Tiand.
ALLM.\CHTS\VERK, n. Brockes 2, 552.
ALLMÄHLICH, adv. sensim, verstärktes mählich = mächlich
und einerlei mit allgemählich = allgcmächlich ; die Schreibung
allmählich ist genauer als allmälich, doch ganz falsch allmäh-
lig, allmälig. seine stimme verhallte alimählich;
geht allmählich voraus! Göthe 40, 106;
nun allmählich beginnt der wald zu dampfen und tosen.
Bürger 246».
ALLMÄHLICH, adj.: allmähliche Übergänge; allmähliches
fortschreiten ; er wird suchen, diese leidenschaften durch so
allmähliche stufen durchzuführen. Lessing 7, 143.
ALLMÄHLICHKEIT, f.: die allmählichkeit der weiber ist
so furchtbar als die plützlichkeit der männer. J. Fall Fibel
150 ; allmählichkeit der entwicklung. Titan 2, 176.
ALLM.\L, adv. semper: die winkeltcnz sie allmal fleucht.
H. Sachs 1, 44S'. 452'. vgl. allzumal, allemal.
ALLMANIGFALTIG, verstärktes manigfaltig, Göthe 5, 199.
.\LLMANNISCH nennt man verschiedentlich in Niederdetäsch-
land einen kund, der mit jedermann läuß.
ALLMAN.NSFUEUND, v\. allmannsfreund, jedermanns gcck.
SiMRocK 153. dän. allemands ven. s. allermannsfreund.
ALLMANNSGARTEN, m. hortus communis, vulgaris?
mit dem glauben zu nnsern zelten
es ist ganz klein bei den leuten,
ein seltzam kraut In almans garten
darf man zu wachsen nicht erwarten.
Ü. VValdis Etoput 1, 94. bl. 64'.
die bedeulung von allermannsfreund orf«- garten liegt nah, ist auch
durch die lesart allermanns ^ür allinanns hervorgehoben; doch
könnte der volksnante Alaman darin nachzucken und der all-
gemeine freund und garten der männer im volk dem heimlichen
tintelneu gegenüber siehn.
ALLMAN.NSKAST.NEH. m. gemeindepfleger, rechnungsfOhrer?
Fischart qrosim. 49 geschrieben almanskastner.
ALLMEND, n. statt des folgenden üblicheren f., ahd. ala-
mennidi? dein nas wird dir nicht ins maul wachsen, sie lenkt
sich zur seilen, sie wächst ins allmend. Fischart Garg. 218".
ALLMENDE, f. silra communis, compaseuum, nger, fundus
communis; sowol die bildiing auf — de, als die vorhin unter
allgenieindc beigebrachte form aigmenda, alginande, auch das
heutige schwäbische almande weisen auf ein ahd. alamannida,
alagimannida, auf den alamannischen volksnamen selbst zu-
rück, et war der verein, die gemeinsckaß freier männer, die
sich in wald und weide zulangst erhielt, da nun der umlaut
mennida grammatisch aus meinnida hervorgieng lag die Ver-
wechselung mit gimeinida gemeinschaß naeli buchstaben und
bedeulung nah, so i'asz in der that almende aus doppelter
quelle ableitbar erscheint {s. allemann), auf schwäbisch alle-
mannischem grund und boden haßet die benennung am leben-
digsten und gilt fortwährend für gemeinweiden und triße;
doch begegnet sie auch anderwärts: in gefneiner Stadt allmen-
den. Frankf. reform. VIH. 12, 1. vgl. Hacpt 8, 391 — 393.
Göthe scheint es für gemeinde, umfang der gemeinde zu
setzen :
auch ist das haus, wie jeder sagt,
von böser nachbarschaft geplagt,
wie man exempel jeden lag
in der almende sehen mag. 13,47.
ALLMILD, mitissimus: du lierr allstark, allmilt. Weckuer-
lix 143 ; zu den armen, in den schosz der allmilden multer
Stolberg 6, 3G5.
ALLMILDREICH, dasselbe: dein allmildreiche band. Weci-
HERLIN 26.
ALLMÖGEND, was allmächtig: der gestirne allmögende
influenzen. VVieland 4, 204. nnl. almogend.
ALLMONATLICH, ad:
ALLMOBGENS, adv. jeden morgen.
ALLMUTTER, f gebildet wie allvater:
nacht, allmutter des lebens, ich preise dich. Rückert.
.\LLN.\CHGERADE, adv. paulalim, verstärktes nachgerade,
es wäre am rathsamsten, dasz man dürftigen leuten allnach-
gerade zu hrer nothdurft etwas und nicht alles auf ein-
mal gebe. pers. rosenth. l, 15 ; allnachgerade hoffe ich. Lei-
sewitz br. 2 'S.
ALLN.\CHTLICH, adv. quaris nocle:
allnächtlich herunter vom rabenstein,
allnächtlich herunter vom rade
huscht bleich und molkicht ein schattengesicht.
liÜRGBR2, 38;
noch hört nicht auf allnächtlich zu vollbringen
die gottgewollte bahn das Sternenheer.
Chahisso.
ALLNÄHREND :
den Verlust der allnährenden, milden freiheit. Stolberg 7, 70.
ALLO, ein mahnender ausruf, wahrscheinlich dem franz.
allons nachgebildet, doch s. hallo.
ALLOD, n. mere proprium, ein erkennbar echtdeuUches wort,
das aber in den alten denkmälem unseier spräche nirgend,
nur in den lateinischen volksrechten erscheint, und aus ihnen
ins mittellatein übergieng. zum gründe liegt ihm ein ahd. üt,
ags. eäd, altn. audr opes, possessio, wovon ahd. ütac opulen-
tus, ags. eädig, alln. audugr, und alut musz bedeuten ganz
eigen, nach dem mhd. kleinoete, nkd. kleinod könnte auch
ein n. aloete gebildet werden, dessen i sich im lat. allodium
wie in clenodium fände, aus allodium entsprang die un-
deulsche, wollautende ableitung allodialis.
ALLORDNEND, verstärktes ordnend.
ALLRECHT, adv. mhd. alrehte, rectissime:
nicht ohne fug, allrecbt schalt mich dein mund.
iiÜRGER 157'.
ALLREGSAM.
ALLHEICH, ditissimus: allreiche allmacht. Weckherlix.
ALLREIN, purissimus. Klixcer 4, 120.
ALLREINIGEND :
weithin fuhrt sie
allreinigend nun die welle. Göthi 10. 32.
ALLSACHT, adv. paulatim: dasz er zu sinken anfieng all-
sacht. Jac. Vogels ungr. schlacht. Jena 1626. s. 84.
ALLSAM, adv. omnes pariter, was allesam :
die wurden feisit und namen zu
allsam bisz gar auf einen nu.
B. Waldis Esoput 2, 41 und oß.
ALLSAMEN, was allesammen : Fischabt gl. schif 164 ; nun
wisset ir gemeiniglich alsammen. Galmy 129; die niderwer-
tigen allsammcn gcratschlagt hatten. 136.
ALLSA.MPT, was allesammt, allsamt fastn. tp. 570, • ; tu-
sant 547, 5;
und wir allsampt in folgen «ölln. Er. Albsbos 71*.
ALLSÄMTLICH: ihr hirten alsemtlich, ihr hirtfn kommet
alsemtlich. Scuuttelius lustg. 117. 118.
239
ALLSÄUGEND —ALLTAGS
ALLTAGSCHRIST — ALL VEREIN
240
ALLSÄUGEND :
schwillt ihr (der natur) allsäugender busen.
Chr. Stolbero 1, 257.
ALLSCHAFFEND, was allerscbaffer : wenn sie den allschaf-
fenden anbetet. Klopst. 11, 157.
ALLSCHMÄCHTEND : statte meines grabes, die ich mir
weihte, wo ich noch abgeschieden umzuschweben und die
Vergangenheit allschmachtend zu genieszen hoffe. Göthe 10, 182.
ALLSCHMÄHEND : ihr allschmähend falscher mund. Wece-
HEIILIN 548.
ALLSCHMEICHELHAFT. Göthe 5, 199.
ALLSCHÖNE, f. durchdringende Schönheit: dieser genusz
gieng mehr hervor aus den einzelnen schönen theilcn als aus
der allschöne des ganzen. Stolherg 10, 307.
ALLSCHÖNLIEB: dein allschünlieber leib. Weckherl. 718.
ALLSCHÖNST: süszc lieder allschönster tage. Göthe 4, 109;
Pandora, allschönst und allbegabtest. 40, 309.
ALLSCHRECKEND : in hilflos allschrückender noth. Weck-
HERLIX 198.
ALLSEHEND, nnl. alziend, engl, allseeing:
0 schönes lischt von jedem
alisehend gern gesehen. Weckheriin 496.
vom allsehenden bewacht
gieng ich durch die dunkle nacht. Klopst. 7, 225;
bei dem allsehenden gott, dessen gegenwart dieses heilige
land erfüllt. Wieland 2, 66; dasz die jungen des adlers so
allsehend und stark werden. Lessing 1, 156.
ALLSEITIG, nach allen seilen hin, von allen seilen her:
allseiliges wissen, allseitige anerkennung. s. allerseilig.
. ALLSEITS, undique: das frohe leben, das sie diese tage
her dort gesehen, wovon ihnen die geputzte menge allseits
eindringend das erfreulichste zeugnis gab. Göthe 23, 188. s.
allerseits.
. ALLSELIG:
wenn ihr alle nun euch von des grabs
nachtpfade zu dem schaiin
des aliseligen erhebt. Klopst. Mass. 20, 194;
hochheiliger! allseliger.' allbarmherziger! werke 7, 44.
ALLSICHTIG, was allsehend: ein allsichtiges äuge, das
solche Sünde zur Verantwortung bringen werde. maulaf[e 111.
ALLSIEGREICH: Amor, der allsigreiche gott. Wecrher-
LiN 472.
ALLSPIELEND : Göthe 5, 199.
ALLSTARK : Weckherlin 143.
ALLSTETS, adv. semper, verstärktes stets, w. m. s. : ich
verharre allstets ew. gehorsamer diener. R\bener 3, 50 ; er
sei allstets glücklich gewesen. Hippel lebensl. 1, 184;
höchstes gut allstets und des guten geber. Voss 3, 164.
ALLSTÜNDLICH, adj. und adv., was jede stunde geschieht
oder eintritt: allstündliche gefahr, allstündlich einen löffel.
ALLSÜSZ : das singen ist aligut, allsüsz. Klinger 1, 145.
ALLTÄGIG, quotidianus: das alltägige fieber; ein alltägiger
schein gibt nicht so viel stof zu neuen bemcrkungen, als ein
befremdlicher und sinnreich ausgedachter. Kant 2, 566; dem
paradoxen ist das alltägige entgegengesetzt, was die gemeine
meinung auf seiner seile hat. 10, 224. nnl. alledaagsch (all-
tagisch.) üblicher ist das folgende.
ALLTÄGLICH, quotidianus, vulgaris:
dises gestirns alltägliche tagrais. WKCKHEBLiit 76;
des Icbens flach alltägliche gestalten. Schiller 6, 415 ;
und manches, was folgen hätte bei andern alltäglichen leuten,
das hatte mit ihm viel weniger zu bedeuten. Wieland 4, 158;
gemeine und alltägliche frösche. 20, 252 ; die gemeine alltägliche
freundschaft. Klinger 11, 264 ; die dramatischen dichter mah-
len die alltägliche natur gar zu alltäglich. 11,196; kein all-
täglicher kerl. Moser p. ph. 1, 249 ; bei unsrer alltäglichen
hausmannskost. Arnim Äronenw, 1, 21; alltägliche philosophen,
Lessinc 9, 297. engl, an cvcry day philosopher.
ALLTÄGLICH, adv. quotidie:
freiheii wünschest du dir, und klagst alli.lglich und zürnest,
das)! dir frcihcit fehlt, über desnotengewall!
liÜRGRR 2, 258.
ALLTÄGLICHKEIT, f. bürgerliche allläglichkeit. J. Paol
acsth. 2,122; schroffe Wirklichkeit einer zerstreuten allläglich-
keit. Göthe 23, 181.
ALLTAGS, adv. quotidie, wie tags könnte auch alltags ge-
sagt werden, doch i$t et nicht üblich, noch weniger ein subst.
alitag. da hingegen die accusative allenlag und allelage ad-
verbialisch slehn und letzteres in alletag verkürzt wird, so
sind die folgenden Zusammensetzungen von ihm abzuleiten und
stehen für alletages.
ALLTAGSCHRIST, m. er hat bereits dinge in seinem körb-
chen, die jedem guten alltagschristen völlig fremd und uner-
hört sind. Lessing 10, 171.
ALLTAGSGESICHT, n. das ist wieder das unerträgliche
alletagsgesicht, das ihr macht. Göthe 57, 112.
ALLTAGSGAST, m. hospes quotidianus.
ALLTAGSGEWÄSCH, n. langweiliges alllagsgewäsch. Les-
sing.
ALLTAGSHAUBE, /. in schlichter alltagshaube. Gotter 1,
254.
ALLTAGSKIND, n. unter alltagskindem ein Sonntagskind.
Hippel.
ALLTAGSKLEID, n. vestitus quotidianus: ein alltagskleid
zum strapezieren. Felscnb. 4, 425. in der waete die si alle tage
truoc JViö. 1165, 3. vgl. Werktagskleid.
ALLTAGSKREIS, m.
aber seh ich, wie im alltagskreise
sie so mndctienhart sich haben kann.
B8rger 5'.
ALLTAGSLEBEN, n. der schulmann, indem er lateinisch
zu schreiben und zu sprechen versucht, kommt sich höher
und vornehmer vor, als er sich in seinem alltagsleben dün-
ken darf. Göthe 23, 253; der von dem ström der begeisterung
im flug an den ufern des flachen alllagslebens vorüber gelra-
gen wird. Bettine br. 2, 192.
ALLTAGS.MENSCH , m. ein kalter alltagsmensch. Götter
1,197.
ALLTAGSROCK, m.
ALLTAGSSONNE, f um welche (unsichtbare grosze sonne)
unsre alltagssonne ihren tanz macht. i4n/on Walt.
ALLTAGSVERSTAND, m. wenn man mich mit den forde-
rungen des alltagsverstandes peinigte. Göthe 26, 286.
ALLTAGSWELT, f. er konnte bald ihre nähe nicht mis-
sen, denn sie vermittelte ihm die alltagswelt. Göthe 26, 154.
ÄLLTHÄTIG, verstärktes thätig, nach allen seilen hin wirkend.
ALLTHÄTIGKEIT, f. die natur, kraft ihrer allthätigkeit,
wirkt. Göthe 51, 51.
ALLTROTZEND: alltrutzend, sorgenlos. Weckherlin 549.
ALLÜBERALL, adv. Verstärkung von überall, s. all adv.
ALLUM, adv. was sonst ringsum, mhd. al umbe Iw. 6743.
Trist. 275,18. Wh. 72,12. al umme Walth. 115,24; nnl. alom,
alomme: die Stadt ist allum von bergen eingeschlossen, die
aussieht allum reizend. die folgenden Zusammensetzungen
gleichwol sind nicht mit ihm gebildet, sondern verstärken um-
fassend, umfunkelnd durch vorgesetztes all.
ALLUMFASSEND.
ALLUMFASSER, m.
der allumfasser,
der allerhalter. Göthe 12, 180.
ALLUMFUNKELND : der allumfunkelnde stemenhimmeL
Claudius 3, 44.
ALLUMKLAMMERND: Göthe 5,199.
ALLUMSCHATTEND:
in der liefe wurzelt des allgemeinen genusses
alluraschattender bäum, hebt in die hiramel sein haupt.
Stolbero 3, 365.
ALLUNVERÄNDERT:
allunverändert ist es, unversehrt.
Göthe 41, 92.
ALLUNZERTRÜMMERT.
ALLVATER, m. altn. alfadir, was ahd. alafatar lauten würde:
denn mir gebot allvaier, zur priosierin an dem orakel
seiner natur sie zu weihen, di« holdnnredende Jungfrau.
Voss weilte an Stolb. 42;
allvatcr, oder wie der sph.lren jubellieder
dich nennen, ewiger, gerechter, weiser geist.
Gottkr 1, 3S8.
ALLVERBREITET: unendlich, allvcrbreitet. Schiller .569.
ALLVERDKRBER, m. frevler, allvcrderbcr. Stolbero 14, 213.
ALLVERDERBLICH:
nein, das wilde goschick dos allverderblichen krieges.
tiÖTHK 40, 281.
ALLVEREIN, m.
um in dem allverein
selig zu sein. Göthe 41, 331.
241
ALL VERFLUCHT — ALL WEG
ALLWEG— ALLWO
242
ALLVERFLÜCHT:
sein allverfluchtes felsennest
war wie der Königstein so fest. BBrgkr 24*.
ALLVERFOLGEKrN, f. liebe, die allverfolgerin. BCrger 6S'.
ALLVERGANGLICH.
ALLVERGESSEN.
ALLVERGESSENHEIT, f. :
das meer der allvergessenheit
ist unser letzter ort. Herder 3, 39.
ALLVERHLNDERND. Göthe vom Rhein:
aber ich lionnte nicht denken, dasz bald sein liebliches ufer
sollte werden ein wall, um abzuwehren den Franken
und sein verbreitetes bett ein allTerhindernder graben. 40, 198.
ALLVERLANGEN, n. mächtiger trieb:
sie belebt das allverlaneen
jener wunderbaren kraA. Borger 126'.
ALLVERMESSEN: stolz und bosheit aÜTermessen. Weck-
HERLIX 326.
ALL^'ERMÖGEN, n. schrankenlose macht.
ALLVERMÖGEND : dein aiivennögcnd milde band. Weckber-
Lix 82; Danisdimend, den sein ansehn unter diesem volke
allvermügend machte. Wieuind 8, 312.
ALL\"ERMÖGENHEIT, f. die \ertheidiger der allvermögen-
heit der natur. Kant 2, 361.
ALLVERTHEILT : allvertheilter bürgerlicher grundbesitz.
Dablmanx franz. rev. 444.
ALLVERZEHREND: Brockes 1,339;
dem menschen,
dem klueen, allverzehrenden, denn wenig ist
was er dem gaumen anzueignen nicht gelernt.
GöTUE 11, 371.
ALLVOLLENDER, m.
werfet die krönen
nieder vor Jesus Christus, dem allvollender.
■ KLorsT. 19,551.
ALLVOR, quam maxime, bei Stieler 584 angeführt und so
zulässig, tr/e es allum «ar und allzu ist.
ALLVORDERST, adv. primum. WiEt.AND 6« Merck 1, 420.
». allenörderst.
ALLWAGEND : ailwagend kühn. Stolbebg 7, 38.
ALLWALTEND, aas allgewaltig.
ALLWÄRTS, adv., richtiger als alierwärts.
allwärts ahn ich überquer
gefiedert schwirrend sie. Götde 41, 213.
ALLWEG, adv. semper, tmmer, überall, verkürzt aus alle
Wege ; in den fastnachtspielen, nach bairiicher weise, geschrie-
ben albeg:
das sie albeg iederman
ist diensthaft gen-est tag und nacht. 43,10;
und helt mich albeg für ein atzen. 47,16;
ir ubt euch albeg fast also. 386, 5;
si betten albeg gehört, das sei albeg erweitert worden, vieisth.
3, 632;
darümb ward darnach alweg fast
zu Kom der küngklicb nam gehaszt.
SCUWARZE.IBERG 113, 2 ;
der tod dem alter ist nit weit,
darauf ich alweg holT und peit. 132, 1;
ailweg ist es ümb uns gethan. 151*;
darümb müg niemant wenden ab,
was gott ailweg fürsehen hab. 155, 1 ;
bei Lcther hat die bibelverdeutschung meistens allewege, in
den aerken findet sich häufig ailweg und allwege : denn es ja
eben derselbige gott, der ailweg gewesen ist. 5, 312*; wolan
musztu doch sonst etwas leiden, es kan nicht ailweg gleich
zugeben. 5,315'; ist nicht allein löblich, sondern auch allwege
und noch not. 3, 270; es ist im aber das nüsziin ailweg zu
hart gewesen. Luthers br. l, 313 ; denn ich allwege dran Tcr-
iweifelt. 5, 449 ;
dieweil bei jaogen und auch alten
E'opus in solchem wert gehalten
ist worden ailweg jeder zeit. Er. Alberis 1";
ich hab ailweg gehört für war. das. 30»;
bleibet ailweg ein gute summ allerlei fisch zwischen den stei-
nen. Frank weUb. 14*; meine freund ailweg verhoffet haben.
Tu. Plateb 15; ich hab euch doch je und ailweg für einen
getrewen frauwendiener gehalten. Galmy i, 90; so dir aiwege
ton mir beschehen ist. 318; ailweg unzufrieden. Wickra«
rollw. 30'; dieweil ir im leben ailweg zu zank und unfried
lust getragen. Kirchhof icendunm. 112*; mich dünkt ailweg
besser. 225'; die Schlüssel sollen durch den Wachtmeister
abends und morgens beim obersten geholet und ailweg dem-
selbigen wider gelifert werden. Kirchhof disc. mil. 19 ; der
nechst dinstag darnach ist ailweg die rechte fasznacht Fi-
schart groszm. 101;
ich ihr alweg am sambstag
nicht darf sehen und fragen nach, ätrer 1, 335' ;
nachper es ist nit alweg gut. Schmelzel rerlom. söhn 8*.
später seltner, doch bis auf heute nicht auszer allem gebrcMck :
da jubelrauschen
es ailweg offenbart. Herder 3, 177;
drum sollen ailweg wir verbunden werden.
KCCCERT 150
man verband es auch mit der praep. in, woraus deutlich seine
accusativnatur erhellt: das sie den vollkommensten ablasz
aller irer Sünden in ailweg erlangen sollen. Lctber 3, 94 ; hat
dich gemacht in alle weg hinlessig. H. Sachs I, 468* ; ziehen
und richten si in alweg in die lenge. Fra^k weltb. 213'; in
ailweg. wegkürzer 22. später deutlich: wir sind also in all-
wege übel dran. Wieland bei Merck 2, 17S ; ihrer lust zum
ewigen jungferstand in ailweg ohne gefährde. Wieijinds Ama-
dis 13, 32. In der schweizerischen Volkssprache wird ailweg jeAr
häufig für immer und doch gebraucht.
ALLWEGEN, neben ailweg und in denselben schrißen ab-
wechselnd verwandt: es ist nicht noth, das ein guter schütz
allwegen den pflock oder nagel treffe. Lcther 5, 246'; got
alwegen hat erkant. Schwarzesberg 130, 1; ausrichten all ir
händel allwegen. H. Sachs IL 4, 89*; der überwand allwegen und
erlanget ehr. Palli schimpf l^*; man sagt auch von gemeltem
Claus Narren, dasz im der fürst allwegen hab ein eigen klein
pferd gehallen. 76*; im ward allwegen die antwort. 13S'; wie
allwegen der gebrauch ist Kirchhof wendunm. 157'; es hat
ihm allwegen {verdruckt allegen) der fürst ausz Libia die
speis zuvor kredenzen müssen. Frossp. 3, 294' ; ie und alwe-
gen. FiscBART bienk. 12'; ein ungestümer regen kommet aus
vorgehendem wind allwegen. Fischart groszm. 128 ; dasz man
je und allwegen die kriegsämbter besetzt hat. Simplie. 1, 61.
später daßr allenvegen.
ALL WEIL, verkürzt aits alleweile, alldieweil, welche man
sehe: allweil sie täglich schlagen hört. Fischart lob der laute
s. 112; allweil ich kan. Carj. §6'; allweil man iszt. lOl'; allweil
sonn und mon leucht. 102'; allweil die weit gestanden. 133';
ahveil die bauren es greifen mögen. Philand. 2, 486.
ALLWEISE, sapientissimus : gott der allweise;
der du uns wie du will, alweis, allgrosz, allgut
kanst führen, ziehen, wenden. Weccherlin 196.
ALLWEISHEIT, /.
ALLWEIT:
fand alles voll von dir allweit
und alles öde wieder. Herder 4, 147.
ALLWEND, adv. semper: alwend uf sant Michelsfag. zu
den vorgeschriebnen gedingen allwend in dem jar. weisth.
1, 365. 373, kaum entstellt aus allwegen, sondern auf wende
vices zu beziehen.
ALLWESEND. Andr. Grtphics 1, "2.
ALLWICHTIG : da seid ihr der allwichtge mann, der Atlas
des Staats. Schiller 432.
ALLWISSEND, omniscius, nnl. alwetend, sehw. alWetande,
dän. alvidende: allwissend ist nur einer;
allwissend bin ich nicht, doch viel ist mir bewust. Göthe 12, 81 ;
er war allwissend und schien unwissend. J. Pacl Tit. 3, 145.
ALLWISSENHEIT, /". ßr all«isscndheit, wie Unwissenheit
für unwissendheit steht, ahd. wijantheit, unwijantheit. nnl,
richtig alwctendheid, doch schw. allvetenhet, dän. alvidenhed,
nach hochd. einßusz. gottes allwissenheit.
ALLWISSENSCHAFT, /". hat man wol zur bezeichnung der
Philosophie, oder selbst der philologie vorgeschlagen.
ALLWISSEREI. f. noch stärkerer Vorwurf ah vielwisserei.
ALLWO, alle und dem dichter günstige Verstärkung des wo :
allwo des Silbers geburt ist. Voss II. 2, 857 ;
allwo das skäisclie ihor war. 3, 145;
allwo die unsterblichen wohnen. 5,360;
jener neptunischen Stadt, allwo man geflütrelte löwea
göttlich verehrt. Gothi 1,338;
16
243 ALLWÖCHENTLICH — ALLZUMAL
blickt ich doch am liebsten hin,
allwo zuletzt sie schwindend mir im äuge blieb. 40,409;
glücklich land, allwo cedraten
zur Vollkommenheit geralhen. 47, 210.
ALLWÖCHENTLICH, adv. jede woche.
ALLVVÜRGEND, wird von tod und seuche gesagt.
ALLWÜRGER, m. der alle mürder, stari krYnik eines ser-
bischen lieds:
ja er allwürger, kan nach willen
mit mord, klag und graus
ein fürstlich schlosz und lusthaus füllen.
Weckherlin 509.
ALLZEIT, adv. semper: der schaden nim ich vil allzeit.
fastn. sp. 563, 13 ;
dies garlen fruchl und wasser frisch
mir alzeit zieret meinen tisch.
SCUWARZEMBERG 150';
er war ihm allzeit gleich. Fleking 136;
unter dem liede, das nach dem dreimal heilig der himmel
allzeit singet. Klopst. Hess. 1,281;
dies soll von nun an allzeit so sein. Klopst. werke 10,209;
die wahre freundschaft setzt allzeit gegenseitige Verdienste vor-
aus. Gellert; Jesu, den ich allzeit ehre, kirchenl. s. allezeit.
ALLZEITFERTIG, semper paratus : antworte doch statt meiner
ein ailzeitfertiger kunstrichter. Herder 1, 130. besser abgetrennt.
ALLZINK, ein altes spiel bei Fiscuart n' 492, deutlich alle
ßnf (cinque).
ALLZU, adv. nimis, verstärktes zu, doch nur in dieser be-
deutung, nicht wenn zu praep. ist. den begrif nimis drückt
uns auch heute noch bloszes zu aus, wie ahd. za, zi, mhd.
ze; die Verstärkung alza, alzi scheint ahd. nicht zu begegnen,
mhd. alze ergibt sich häufig. Dies allzu könnte nun, gleich
dem einfachen zu, vor alles und jedes adj. oder adv. treten,
ohne dasz Zusammensetzung entspränge; man schreibt zü grosz,
zu theuer, nicht zugrosz, zutheuer, warum sollte ein auf er-
ster Silbe betontes allzugrosz, allzutheuer dem allzu grosz, allzu
Iheuer vorgezogen werden ? dichter und ausgaben schwanken,
wer wollte der sucht composita zu bilden, wo keine noth
dazu drängt, nachgeben? am slatthaßesten wäre der anschlusz
etwa bei den partikcln allzuviel, allzuwol, allzusehr, allzu-
lang, allzubald, weil in dieser gestalt ihnen bisweilen subslan-
tivgeltung zu theil wird; man sagt allzuviel ist ungesund,
das allzuviel kann schaden; andere beispiele in Simrocks spr.
158 — 170. im 16. 17 jh. wurde beinahe immer getrennt geschrie-
ben: allzu gnug. Luther 8,49'; allzu zeitlich. Fleming 338,
erst im 18 begann man anzuhängen, nnl. hat sich umgekehrt
die trennung selbst des al erhalten: al te schoon, al te klein.
Man unterscheide von diesem ungebundnen allzu die folgenden
Zusammensetzungen allzugegcn allzugleich allzuhand allzuhauf
allzumal allzuvorderst, in welchen kein allzu vortritt, sondern
ein bereits mit zu verbundnes wort noch durch all verstärkt wird.
ALLZÜGEGEN: gott ist allzugegen, allgegenwärtig.
ALLZUGLEICH, verstärktes zugleich, simul, vielleicht auch
gekürzt aus alle zugleich, omnes simul: müssen allzugleich
geboren werden. Fischart bienk. 239*. ganz etwas anders ist
allzu gleich, nimis aequaliter.
ALLZUHAND, illico, mhd. al zehant (Ben. 1, 03l') : langet
und schmitzet allzuhand ein goldgülden oder fünf auf den
lisch. Kirchhof wendunm. 191".
ALLZUHAUF, acervatim, mhd. al ze houfe :
sonst ruf ich gleich aus ihrer ruh
die nacbbarn allzuhauf.
1. G. Jacobi in der Iris von 1776 s. 319 ;
sie fahren allzuhauf,
als sahn sie ein gespenst, von ihren sitzen auf.
Wieland 22, 208.
H. Sachs ], 408' sagt als zu häufen.
ALLZU.MAL, omnes parilcr, allzusammen : allzumal die be-
sten menncr. rieht. 3, 29 ; ir seid allzumal leidige tröstcr.
Hiob 16, 2 ; denn sie sind allzumal hcuchlcr und böse. Jesaias
9, 17; ir seid gijtter und allzumal kinder des höhcsten. ps.
82, 6; sie sind allzumal Sünder. Rom. 3, 23; denn ir seid
allzumal einer in Christo Jesu. Gal. 3, 28 ;
wolauf ihr brüder allzumal. Garg. 91* ;
dariimb ihr Christen allzumal,
ir soll gott bitten übcral. .Soltau volksl. 314;
das Ihun die kclzer allzumal. 4C5 ;
ir .Schweden allzumale,
dank habt a le,
ir beiden uianigfali. 508;
ALLZUMAL— ALMOSEN
244
bei weitem würd es mir und einem andern fehlen,
der Rolands thorheit weit hier allzumal erzehlen.
Werders Ariost 28, 44;
die götter allzumal, die göulnen dergleichen.
Weckherlin 718;
heute sind der götter scharen
ausspazieret allzumal. Flexing 370;
die schächteichen, die büchschen allzumal
eins nach dem andern aufzumachen. Wieland 5,211;
wahrlich vermist wird Achilleus hinfort von den söhnen Achaias
allzumal. Voss It. 1, 240 ;
ihre leichen hin, ein raubmahl, warf
den hunden und den aaren allzumal.
Bürger 141';
lasz es hunderttausend wagen
dich von thron und reich zu jagen,
hundertlausend, welche zahll
sie verlören allzumal. 51";
wie laut im hellen sonnenstral
die süszen vöglein allzumal.' Göthe 1,88;
da wir aber allzumal
so beisammen weilen. 1, 134;
den Philistern allzumal
wolgemulh zu schnippen. 1, 140.
vgl. allinal.
ALLZUSAMMEN, adv., allzumal. Logau 1, 4, 3 ;
dasz als lichter, dasz als flammen
vor dir glänzten allzusammen
alles was du ausgerichiet. Göthe 4,90;
die blntterstengel im grünen flor
und allzusammen so gesund. 47, 79.
ALLZUSAMMT, adv. gleicher bedeutung: sie wetteiferten
allzusammt würdig neben ihm zu stehen. Göthe 32, 81.
ALLZUVORDERST, adv. ganz vornen: sie stand allzuvor-
derst.
ALM, f. pascuum montanum, wie schon tinter albe gesagt
wurde, aus alben, albn entsprungen, indem das h ein m statt
n heranrief und später selbst ausfiel; H. Sachs reimt 1,251*
und fand vil steiglein allenthalbm
in gebirg hinauf zu den alm,
d. i. albm, alben, wie auch aus halben in der ausspräche halbm,
halm wird {vgl. altn. helming dimidium für helfing) ; lauf hin
auf den almcn. Ambr. liederb. 339, 12 ; lug ob du die almen
nicht sehest. 340, 38 ; zalbm = ze alben, gan albm = gen
alben. Schmeller 1, 46. Aus dem dort oben auf der alm,
auf der alm pfalzt a bahn des Volkslieds in Tirol, Ostreich
und Baiern, hat auch die neuere dichtkunst das wort über-
nommen :
wir wohnen heut auf almen
im luftgen Schwcizerland. Rückert 242,
dies nicht genau, weil in der Schweiz gerade die form alp
festgehalten wird.
ALMENDE s. allmende.
ALMER, f. aus dem mlat. almaria, altfranz. aumaire, wel-
chen wiederum das lal. annarium, franz. armoire unterliegt,
ein kästen, schrein zu verschiedenem gebrauch: Avenn denn
die herzogin den strausz, so sie gehabt, verbergen wollte,
sagte sie, sie hätte sich an eine aliner gestoszen. Schweini-
chen 1, 127; wiltu die mandeln wol behalten, so soltu das
ort, es sei ein trog, ein alnicr oder ein känsterlin wol trucken
halten. Sebitz feldbau 345. in der Schweiz almer, almäri.
Stalder 1, 96; t»i Daiern almar, almaring. Schmeller 1, 49;
bei Abele sogar albmer: wann das brot in der albmer oder
schcnktischkastcn eingesperrt liget. unordn. 3, 93 ; Stieler 34
hat almar und almerei, Frisch 1, 19' almer, almei.
ALMOSEN, n. aus dem gr. iXer,i.toavvr„ erbarmen, mlat.
clcemosyna, franz. »umunc, sp. limosna, ahd. alamuosan,
gen. alamuosencs, wol mit dem gedanken an muos cibtis, das
durch ala verstärkt schien, mhd. ahnuosen, nnl. aaimoes, ags.
ajlmyse, <el messe /"., engl, alins, altn. almusa, ölmusa/"., schw.
almosa, dän. alinisse ; Ulfilas allein übersetzt wirklich in ar-
maiö, rf. i. barmherzigkeit. allmoscn ist ein groszer Irost vor
dem höhcsten gott. Tob. 4, 12; denn die allmosen erlösen
von allen sünden. 4, II ; habt acht auf euer allmosen. Matlh.
6, t ; verkaufet wa.< ihr liabt und gebet allmosen. Luc. 12, 33 ;
Matibei am 0 spricht Christus, habt aciit auf ewer wolthat,
welches wir nach der allen gewohnheit allmosen nennen, ans
dem griechischen eicemosyne. wiewol das wort allmosen auch
mit der zeit in den misbrauch komcn ist, das man allmosen
nicht anders heiszel denn ein stück brots dem bettler für die
(hür gegeben, so es doch eigentlich besed, wollhat oder gut-
245
ALMOSEN — ALPENHIRT
ALPENHÖHE — ALS
246
that heiszet. Luther 5, 45'; und dies gnädige christliche almus
die lautere grosze noth ist. Luthers br. 4, 43S (der brief nicht
eigenhändig, sondern diäiert); das almüsen si mit eim hörn
blasen und geen ir allweg vil miteinander. Fr.\sk weltb. 209' ;
man sagt: almosen bitten, heischen, begehren, almosen ge-
ben, spenden, sammeln, austheilen, von almosen leben. Olea-
Hics setzt das worl männlich: ohn ihm einen allmosen zu
geben, pers. batimg. 2, 1. des heiligen reichs almosen begeg-
net in schö/fen formein: durch des lands not und des heiligen
reichs almus nach scheffen urtel. ueisth. 2, 225. almosen
steht auch für armenkasten, armenanstalt : will noch, so wahr
ich leb, jährlich fünf maJter kom ins allmosen geben. Fr.
Miller 1. 246.
ALMOSE.NAMT, n. was almosenpflege.
ALMOSENBCCHSE, f. die almosenbüchse ungleich verthei-
len. Rabener 2, 2S1.
ALMOSE.NGU.MPIG, allmosenfroh, lustig: almusengumpige
canonici, messelige (jArer messe frohe, selige) pfaffen. Fischabt
bienenk. 222'.
ALMOSENKASTEN, m. tcas sonst armenkasten.
ALMOSENPFLEGE, f amt und tencallung der almosen.
ALMOSENREICHL'NG, f. almusenreichung. Garg. 64".
ALMOSENSPENDE, f.
ALMOSENSPENDER, m. Kli.nger 4, 216. 218.
ALMOSENSTOCK, m. wie opferstock, aufgerichteter hohler
klotz.
ALOSE, f s. alse.
ALP, m. daemon, incubus, die streng ahd. wort form hat sich
nur ßr den feindlichen nachtgeist, nicht ßr den lieblichen
lichtgeist erhalten, welcher davon unterschieden und mit dem
namen elb oder niederdeutsch elf belegt wird {s. alb). der pl.
lautet alpe, doch bildet Llther alpen : was für thiere, ob ko-
bold, kilkrob, nisen oder alpen gewest weren. 6, 120. Er. Al-
BERCS, der zu Götzenhain in der Dreieich pfarrer gewesen war,
hat alp incubus und erklärt mephitis folgendermaszen : gestank
und fauler dampf, der aus den sümpfen oder schwefelichten
wassern kompt, in nemoribus gravier est ei densitate silva-
rum. in der Dreieich spricht man: der alp feist also {incu-
bus pedit). Gewöhnlich wird von ihm erzählt, dasz er bei
nächtlicher weile in den wohnungen der menschen erscheine,
die schlafenden, träumenden reite und drücke, zumal ihre haare
verwirre; aber auch thiere, namentlich pferde werden von ihm
geriUen (mythol. s. 493. 1194). er trägt den leuten geld zu.
sind mittel da, so heiszts, der dracbe
hat blosz den alp an mann gebracht,
und liep der mammon nicht im fache,
so wird der nackte specht verlacht. Gc.ithrr 217 ;
auf was verspiiit sich wol der alpl 429;
«0 mag der lobesalp gleich drücken, wie er kan.
Flemi.ig.
hcrr rilter, wurden sie je vom alp im schlafe geprest?
WiELAJiD 4, 44;
der alp, der die mädchen drückt. 11, 18;
dasi der schwere alp der sorgen
mein zufriednes herz nicht drückt. Gön.fGS 1,64;
dasz sie sämtlich, da ich eine weile auf ihrem wege fort zu
dichten begann, mir als knaben und Jünglinge wie ein alp
beschweriich auflagen. Göthe 45, 281; ich steckte mich in
einen wamras von rauhen feilen des alps. Klixcer 3, 160.
doch dieser alp meint wol einen alpstier oder bock, dessen
haut zu kleidem bereitet wird.
ALPAAll, m. der auf den alpen hausende adler.
ALPDRUCK, m. insultura ephialtae:
mich drucket heint der alp
so hart, dasz mir aus cieng der oten.
Hacpt 8, 514.
ALPE, f mons und pascuum montanum, t. albe. wie denn
auch cm theil dieser berge, die alpe oder elbe bei ihren al-
tem Wörtern bis anjetzo verblieben sind. Opitz 2,265- un«re
alpe gibt uns was wir brauchen. Göthe 11, 5. einige ältere
tchnßsMler der Schweiz gebrauchen alp (welches geschlechts ') :
em alp kann oft 800 stösze vieh sommern. Tschudi.
AF.PFNEIS, n. ein blick so kalt wie alpeneis.
ALPFNGLLT, /. das land steht rings in a. Uhla5d 472
ALPENHAUSCHEN, n.
ALPENHEER, n.
auf berge» ferne ballt sich auf
ein alpenheer, beeist lu häuf. Göthi 4 119
ALP£NH]RT, m.
ALPENHOHE, f auf stiller alpenhöhe.
ALPE.NHORN, n. Fischart Garg. 175' ; alphom. Schiller 566.
ALPENKETSCHER: himmelsstürmer, alpenketscher und
bergversetzer. Fischart Garg. 56'. ketschen ist schleppen.
ALPENKIND, n.
ALPENKLEE, m. klee in gebirgen.
.\LPENL.\ND, n. zumal die Schweiz.
ALPENROSE, f Schiller 555. s. alprausch.
ALPENSCHNEE, m. deines busens alpenschnec. Voss.
ALPENSOHN, m. bewohner der alpen:
euch stellt, ihr alpensöbne
mit jedem neuen jähr
des eises bruch vom föbne
den kämpf der freiheit dar. UaLAüo 1845 s. 448.
ALPENTRIFT, f Schiller 540.
ALPENVOLK, n.
ALPENWANDERUNG, f. Uer per alpes.
ALPFUSZ , «j. sonst auch drutenfusz, ein zeichen, in dem
man die spur des fuszes jenes daemons erkannte, von den
ßszen der zwerge und elben, die sie bergen, gibt es sagen,
(mythol. s. 420.)
ALPGEGEND, f darstellungen höherer alpgegenden. Göthe
22, 138.
ALPHABET, n. das abce, nach den beiden ersten griechi-
schen buchstaben. buchdruckem die zahl ton 23 bogen: eine
Schrift, zwei alphabete und sechs bogen stark. Rabe:(er 2,
224; das ganze werk möchte ungefähr ein halbes aiphabet
ausmachen. 4, 35.
ALPHABETISCH : die heilsame, alphabetische Ordnung.
ALPLER, m. alpenhirt, zuweilen älpler und alperer oder aJper.
ALPMEISTER, m. aufseher über die gebirgsweiden einer gegend.
ALP.NER, m. alpbewohner. in den alten vocab. alpener. er
hat nicht bei einfältigen älpnern in der sennhütte gegessen.
Stolberg 6, 133.
ALPNERIN, f. die alpenhirtin.
ALPRANKE, f. Solanum scandens und auch viscum, nicht
von der alpe, vielmehr nach dem daemon benannt, wie die ne-
bennamen alfsranke, alfrankenbolz und ßr viscum auch ma-
rentaken, nnl. marentakken lehren, vgl. mythol. 1195.
ALPRAUSCH, rhododendron, wahrscheinlich aus alprose ent-
stellt.
ALPSCHOSZ, m. von schosz palmes, surculus, durcheinan-
der gewachsne ranken und zweige der Sträuche und pflanzen,
was mit den Vorstellungen alpranke und alpzopf zusammen
hängt, gleich den krdutem wirren sich die haare, es liesze
sich aber auch denken an geschosz missile, jaculum, wie es
den elben beigelegt wird, woßr alfrankenbolz spricht.
ALPZOPF, m. mythol. s. 433.
-ALRAUN, ALRU.N, f von dem alterthum dieses worles und
krautes ist mythol. s. 376. 480. 1153 näher gehandelt; der spruch
Alraun du vi! guet findet sich mit abweichungen anderwärts,
z. b. in Paulis schimpf und ernst cap. 156; in Jou. Rhode
lugendsamer weiberspiegel, Erfurt 1586 heiszt.es bl. ¥': Irel
in ewren garten, sprechet laut
Alrun, ich rufe dich an,
das du meinen harten man
dringest darzu,
das er mir kein leid nicht ihul
ebenda F' wird gesagt: freitag das ist ein heilige zeit und
frawen Venus im Höselberge eigener tag, do die Alrunen wo-
nen. Der alraun gedenken viele stellen : H. Sachs II. 4, 4' ;
dis sein die quälen dis, und die vergifle wunden,
dagegen auch kein safk und labsal wird gefunden,
es ist kein alraun, wort und murmeln dafür gut.
Werders Ariost 30, 5.
ALRAUNDELBERIN, f. kluge frau oder hexe, die nach al-
raunen gnibt: welche für grosze kühärztin und alraundelberin
{hochdeutscher telberin) geacht waren. Fischart Garg. 104*.
ALS, kürzung von alles (nom. und acc), mhd. alle?, er-
scheint im 16 und 17 jh. häufig, wird aber später und im rei-
nen Stil mit recht genxieden, weil es sich mit als = also mengt,
und ßr den vers die einsilbigkeit auch durch unflectieries all
erreichbar ist:
merk, durch mein kunst ist mir bekam
aller menschen auf erden stand,
auch wie als welter ist gethan,
das zeig ich nach bedanken an.
Schwarzc^ibirc 120, 1;
ich hab et als versucht. II. Sachs I, 430*;
gotl es doch als Im besten tbut. I, 493^ ;
16*
247 ALS
wie Hans Sachs an als arges spricht. I, 494* ;
wie soll man nicht als guts den trauen?
FiscüARi schif '59;
und dis als durch ir süszigkeit.
lob der laute s. 97;
aber es dient als auf ein end. s. 114:
als dein leben, per omnem vitam tuam. Garg. 90' ; so wer es
als verlorn. 90' und zahllose mal.
Ausieichnung fordert dies als, wenn es, im acc. stehend,
adverbialgeltung empfängt und dem mhd. allej semper, continuo
entspricht, wofür schon unter alles = alls, lAs einige belege :
mein pfennig musz es als hergeben. H. Sachs 1,449";
ir habt euch selb geweidnet als,
das feist fraszt ir in ewren hals. I, 63';
und was sie kan aullreiben als,
musz ir doch alles durch den hals. I, 449*,
hier folgt alles nach und das vorausgehende als bedeutet im-
mer oder nur, was sie nur auftreiben kann, o als nur wisch dar-
aus gemacht! Garg.m' ; jung schenks als ein! lOl'. so fassen
sich auch stellen Dieterichs vos dem Werder in seinem Ariost :
gleichwie derirebs als thut, wann er im meere schwimmt. 11,32;
wann nach den theilen man auch nah die äugen legte,
die sonsten als das kleid ihr zu bedecken pflegte. 11, 66.
Opitz sagt im lob des kriegsg. 424:
dein volk hat tag und nacht in waffen als gewohnt,
und 2, 106 :
die groszen körper auch,
die dementen selbst, die werden wie geboren
und gehn als wider ein,
hier aber könnte als dem wie gegenüberstehn und so ausdrücken,
wie sie geboren werden, vergehen sie wieder.
tragt kind und wiegen als vom weg!
rückt stül und benk als auf ein ort! fastn. sp. 1, 13. 15,
entweder fort oder, wahrscheinlicher, alles, alles geräth. Am gan-
zen Oberrhein und Main, in der Wetterau und in Hessen bis nach
Thüringen, Sachsen hat die Volkssprache ein solches als lebendig
erhallen und legt ihm etwa den sinn von immer, gewöhnlich,
zuweilen oder eben bei, doch ohne nachdruck, so dasz man
es fast dem enclitischen hall anderer gcgenden an die Seite
setzen dürfte: ich gehe als dahin; wir sind als {in einem) zu
gegangen; du List als gern bei mir gewesen; ich habe mich
als ordentlich gefreut; wir waren da als recht lustig zusam-
men; er redete als fort; als (zuweilen) regnet es die ganze
woche nicht; sing nur als zul; ich besinne mich auf ein lied,
das du als am abend auf der bank sangst; wir wollen als
einmal tanzen; sonst als gefielst du mir; sie fiel ihm als
um den hals und weinte; wenn es als voriibergieng, so
grüszte er freundlich; wenn ich als an mein glück denke, so
scheint es mir unbegreiOich ; und so in vertraulicher rede un-
gemein oft. Schon der Verfasser des Simplicissitnus hebt im
Spessarter dialect des jungen Simplex dies als hervor: nein, unser
Ann und mein meuder haben als das bette gemacht. 1, 29 ;
ich hab als ein ganzem busem voll kirschen gebrochen. 1, 30.
GöTHE, dem es doch sehr heimisch sein muste, hütet sich, selbst
im Götz, davor, nicht so Bettine und mahler Müller, die es
gern anwenden: wenn ich dort wohnte, so wollt ich als nur
die sonn und feiertäg zu ihm kommen und nicht alle tag.
Bettine 1, 42; da zeigte er mir auf dem schnee die spuren
der fischottern und da war ich als manchmal recht vergnügt.
2, 189 ; nu will ich euch ein lied singen, das eine adliche als
gesungen, wenn sie ihr kind eingewieget. Fr. Müller 1, 128;
haben wir buhen und mädels uns oft dort herum gelagert,
haben dann als die schrift gelesen. 1, 265; lasz als Gun-
delchenl l, 308; wie oft hab ich ihm als bulterbrot und
käsfladen geschmiert. 1, 317. Die daneben ausgedrückten
noch und manchmal sollen dem schon dunkeln sinn der par-
iikel nachhelfen und könnten wegfallen, ein solches als würde
unsre rede oß schmeidigen, träfe es nicht im laut mit als =
also überein, was Zweideutigkeiten herbeiführt, auch Stalder
1, 98 führt als, ehdem, immer aus Schafhausen an. vgl. als-
dann, alsfort.
ALS, für den gen. alles konnte im 16 jh. gerade so wie ßr
den nom. oder acc. vorkommen und erscheint häufig bei H. Sachs,
z. b. in dm am schlusz seiner gedichte wiederkehrenden war-
ten alls Ungemachs für alles ungemachs. auch jene unter
alles abgehandelte schellformel kürzt oß alles m als.
ALS, vieldeutige, von den beiden vorausgehenden als, die
keine Zusammensetzung enthalten, genau zu unterscheidende par-
ALS
248
tikel, deren schwankender und wechselnder gebrauch nur histo-
risch zu entwirren ist. Die gothischen correlativa sva und sve
drücken einfach das gr. ovzcos und cos aus, ahd. rinnen beide
nachtheilig in so zusammen und svasve wird söso. ihnen bei'
den pflegt auszerdem, ohne abänderung des sinns, al vorzu-
treten, folglich ahd. also bald goth. sva, bald sve zu bedeuten.
Während nun im lauf der zeit also für ita sich erhielt, wurde
also für ut mhd. in alse und als, nhd. durchgehends in als
verdünnt {das ags. ealsva mit ausgestosznem 1 sogar in engl.
as entstellt). Die kraß von also ruhte im so, nicht im al, von
dem so ist aber dem als nur das auslautende s geblieben, folg-
lich in unserm als das wesen jener goth. partikeln fast nicht
mehr zu erkennen. Seitdem auch das ursprünglich nur fra-
gende wie {goth. hvaiva, hve) neben so und als in die reihe
vergleichender und demonstrativer conjunctionen eintrat {wah-
res gebrechen nhd. zunge), konnte manigfache mischung und
Verschiebung der ausdrücke und bedeutungen gar nicht unterblei-
ben, aus einer stelle nach der andern begann der eindring-
ling wie das alte als zu stoszen, ßr den heutigen unterschied
beider, des als und wie, läszt sich ungefähr der maszstab
des franz. que und comme anlegen, doch mit manchen aus-
nahmen und zumal abweichungen der jüngeren spräche von der
älteren.
Bei der näheren abhandlung sind das vergleichende, hinwei-
sende und consecutive als abzusondern.
l. Vergleichendes als.
l) neben dem verbum. goth. atiddja ahma sve ahaks. Luc.
3, 22; ahd. nidarsteic sama s6 tübä, also töbä; mhd. steic
nider alse tobe ; sleich als ein pfäwe ; spranc als ein kinde-
lin ; lac als ein t6ter man ; ir strafet mich als einen kneht.
nnl. hij spreekt als een engel; engl, he brightens as a star,
speakes as a Her. nhd. früher noch als: bist doch als ein
faul holz. Keisersr. hell, lewe 72' ; das du zornig werdest als
ein wütender hund. 72*; hab got lieb über alle ding und
dein nechsten als dich selber {goth. frijös nehvundjan ))ei-
nana sve {)uk silban), auch bei Luther Matth. 22, 39. Marc.
12,33 du solt deinen nähesten Heben als dich selbst; Adam
ist worden als unser einer. 1 Mos. 3, 22 ; wer das reich got-
tes nicht empfähet als ein kindlein. Marc. 10, 15; dasz auch
Salomon nicht ist bekleidet gewesen als der eines. Luc. 12,
27; zubereilet als eine geschmückte braut ihrem manne.
offenb. 21, 2; ermahne ihn als einen vater. 1 Tim. 5, 2; du
tränkest sie mit woUust als mit einem ström, ps. 36, 9 ; laszt
uns ehrbarlich wandeln als am tage. Rom. 13, 13 ;
hell sich als ein ehrlich man. H. Sachs I, 446';
m4ch als ein armen hund austrieb, daselbst;
was wöll wir als die narren stehn. 1,476*;
sei dir morgen als heut. 1,480';
merk, tugent plüt hie in der not
als in dem hag die rösle rot. Schwamenbkrc 129, 1;
sie trunken als sie konten. Fischart Garg. 90';
er hängt seine fochtet an,
die er zu tragen weisz als wol kein edelmann.
Fleming 134 ;
lebt jemand, welchem nicht vor diesem zucker graue
des herschens der zuletzt als galt und essig schmeckt»
LoHENST. Ibrah. 110, 693;
er stank als ein höllischer pfui. pers. rosenth. 1, 42 ; schreiet
überlaut als bei uns die quacksalber. 8, 67; wenn ich Un-
wahrheit rede, so will ich, als du, ein mahometiste sein. 8,
40. Und hin und wieder noch im 18 jh. bis auf heute: ich
sah als im gesiebt {wie in vision). Canitz 61 ;
und der angstschweisz deine wangen
als mit perlen angefüllt. 175 ;
seine hörer zu bewegen
sprach er als ein Cicero. Hagedorn 2, 32;
oft schleudert ein orkan sie, als
im Schwindel vorsieh her. Klopst. 1, 237;
die eilenden reiter
raften gefangne zusammen als sand. 11, 617;
bleich war, als nie ein sterblicher bleich war.
Messias 10, 787 ;
gehn sie nicht mit mir als mit einem fremden um. Lessing
1,406;
als mord und todschlag
klang es von hier. Göthr 11, 37;
der weltkrcis ruht von Ungeheuern trächtig,
und der geburtcn zahlenlose plage
droht jeden tag als mit dem jüngsten tage. 13, 260;
als ich in gesellschafl von titanen
mit Peüon und Ossa als mit ballen schlug. 41, 137 ;
249
ALS
ALS
250
man unterhält sich manchmal mit einem gegenwärtigen men-
schen als mit einem bilde. 1", 213; die gegend unter dem
schlösse lag als ein blanker see. 22, 97; die ein geklingel
machten als die vögel. 33, 270; die kinder waren sSmthch
froh, wolgemut und behaglich, als bei einem neuen, wunder-
samen, heitern ereignis. 43, 266.
Weit aber überwiegt schon wie : kamen wie eine grosze menge
heuschrecken. rieht. 6, 5; hast mich wie milch gemolken.
Hiob 10, 10, ICO die nnl. bibel als melk hat; es ist dem jün-
ger genug, dasz er sei wie sein meister und der knecht wie
sein herr. Mattb. 10, 25 ;
kumbt armut wie ein gwapnet man.
e. Sachs 1,443';
sauft er sich vol wie ein schwein. 445*;
der negt gleich wie ein maus. 46S' ;
ein jeder rogel sing all frisl
wie ihm sein schnabel gwachsen ist. 472';
on Silber gehnt wir wie die küh. 475*;
blutn wie die sew. 476*;
sein bechelbart ist ihr wie wollen. Fischart Garg. 72*; geht
im haus auf wie die sonne. 75'; da gedeiets wie hundisch
trauben. 75*;
ja alle prachl und prangen
ist wie ein rosenkranz. Opitz 2, 208;
der ich mich dort wie ein eule
stets im wald und finstern halt. Fleii;«g 427 ;
soffen wie die kühe. Simpl. 1, 100; hielt sie wie eine klette.
1, 109.
Für das heutige Sprachgefühl musz nur wie, riicht mehr als
gesetzt verden : geflogen kommen wie eine taube, fressen wie
ein woIf, brüllen wie ein lüwe, summen wie die biene, plau-
dern wie ein papagei, umgehen wie ein widder, gottes reich
empfangen wie ein kind, den nächsten lieben wie sich selbst ;
das weitere gibt sich wies griechische. Lessisg 1, 225 ; gestern
war fener am hellen tag, es brannte wie ein blumenstrausz
aus dem gaubloch {giebelloch). Bettixe 1, 39.
Zuweilen verbanden sich alte und neue conjunction su ge-
hdußem als wie:
als wie in dieser stund ein freund zum freunde kümpt.
LoGio 1, S9, 97;
mit Oeisze wil ich sein als wie ein knecht rerhaft. 2, 5, 7;
bei hofe gilt der junge rath als wie ein junger wein. 2, 8, 24 ;
zittert er als wie ein laub. 2, Sl, 11 ;
wilt du als wie ich will, so ist gut rath den sacben.
Fleil^c 619 ;
klopft er, so musz der herr als wie der diener gehn.
Camiiz 50;
er donnert unter sie als wie em alpengewiiter.
WiELASD 4, 32;
es glänzt als wie durch silberflor. Göthe 3, 142;
kann ich sie nur als wie im nebel sehn. 12, 124;
hält sie ihn kurz als wie zuror. 2, 94;
wir sind eben sämtlich als wie zuror. 3, 296;
alles ist als wie geschenkt 3, 260;
ich riti, als wie zum zeitrertreib, strasz auf strasz ab. 8, 252;
bedarf er nicht der nacht als wie des lags? 9, 199.
dies als wie kann dem rers mit einer siibe helfen, ist aber in
prosa lu meiden.
2) neben dem subst. rerhält es sich ebenso, da überall ein
verbum hinzu kann gedacht werden : glauben als ein Senfkorn.
MatUi. 17,20; äste oder reben als arm oder schenke!. Ykvm.
veltb. 6'; einen weg als den andern. Simplic. 1, 239; nun
überlegen sie, was für .Schwierigkeiten dieses genie in einem
lande als Deutschland zu übersteigen habe. Lessixc 4, 444.
aucJi hier bald mit ül>erwiegendem wie : tausend jähre sind tot
■!ir wie der tag, der gester vergangen ist. ps. 90,5; seine ge-
'nlt war wie der blitz. Matth. 2'>, 23; die Zeiten sind als
uie ein rad. Locao 3,109,46. heule stets wie: werte wie ein
.■■( hwert ; kinder w ie die Orgelpfeifen ; einfalle wie ein alt haus.
3) neben dem positiv des adjeetivs. golh. hveils svft snaivs;
ahd. hül^ sA snfo, sama so snio, also snio; mhd. w1; alsam
sni*, stille alsam ein stok, löter »am ein Is, swankel als ein
ris. nnl. rood als bloed, engl, white as snow. nhd. bei Lu-
ther zuweilen noch als: wasserreich als ein garten des herm.
1 Mos. 13, 10 ; weisz als schnee. Matth. 28, 3 ; wcisz als ein licht.
17, 2 ; süsze als honig. Ezech. 3, 3 ; wer hadder anfähet, ist gleich
I als der dem wasser den dämm aufreiszt spr.Sal. n,H; weisz
I als das liecht. Garg. 125'. bald wie : seine bände waren rauh
wie Esaus bände, l Mos. 37, 23 ; scbOn wie eines königs kinder.
rieht. 8, 18; roth wie blut 2 tön. 3, J2; seine locken sind
schwarz wie ein rabe. hohe lied 5, 11 ; schön wie der mond,
auserwehlt wie die sonne, schrecklich wie die heerspitzen.
6, 9 ; er ist süsze wie honig im munde. Sirach 49, 2 ; klar
wie ein kristall. offenb. 22, 1; weich und lind wie die nör-
lingische bett. Fischabt Garg. 76'; weisz wie topas. 77*; schön
wie das morgenroth und heiter wie der tag. Gellert 1, 109.
heute durchgängig: grün wie gras, blau wie der himmel, ge-
sund wie der fisch im wasser; das wie wurde nothwendig,
seit als hinler dem eomparativ denn verdrängte, gehäuftes als
wie auch hier fehlerhaft: weisz und roth als wie ein wächsern
bild. Wieland 10, 1S4 ; schön als wie gegossen.
4) neben dem eomparativ des adj. oder adv. der positiv
hält gleichsam die ebene, der comp, tritt auf andere stufe, hinter
beiden begehrt reiner Sprachgebrauch verschiedne conjunction,
und nachtheilig kam unsre spräche einigemal in die läge, eine
und dieselbe in beiden fällen zuzulassen, das franz. rouge
comme sang, plus rouge que sang, das engl, red as blood,
redder than blood wurden bald roth als blut und röther als
blut, bald roth wie blut und röther wie blut wiedergegeben,
diesem misbrauch steuert die heulige regel: roth wie blut und
röther als blut, aber mit Zerstörung des älteren Organismus
(roth als blut, röther dann blut). golh. darf man nach dem
comp, noch bloszen daliv ohne parlikel gewarlen: hveitoza
snaiva, selbst ahd. hui^öro snewa = candidior nive. mit Par-
tikel würde stehn hveitoza J)au snaivs, huijöro danne sneo =
candidior quam nii. mhd. wijer dan sne, grüener dan gras.
nhd. bei Keisersberc, Luther, Frask, H. Sachs und andern
in der ersten hälfte des 16 jh. dan, denn : die schlänge war
listiger denn alle thiere. 1 Mos. 3, 1; seine äugen sind röt-
licher und seine zene wei.szer denn milch. 49, 12; leichter
denn die adeler und sterker denn die lewen. 2 Sam. l, 23;
sie sind süszer denn honig und honigseim. ps. 19, 11. 119, 103 ;
ich bin klüger denn die alten. 119, 100 ; besser dann edelge-
stein. H. Sachs 1, 477*; ir seid vil herter denn ein fels. 1,478*;
du habst die magd lieber denn mich. 1, 479*; bistu besser
denn der und die? Keisersb. hell, lewe 73'; so wer er gar
Til besser dan du bist. 73* ; nit raer dan einmal. 71'. in der
zweiten hälfte beginnt aber daneben als einzureiszen und Fi-
schabt tonn für den ersten hervorragenden Schriftsteller gelten,
bei dem nach comp, dan t^nd als zusammen angewandt sind,
schon mit vorgewicht des als: meh dan dürftig, gcistl. lied
«. 8; du redest lieber bös dan gut und lieber falsch dan
recht, j. 60; wen mags frewen mehr dan euch. s. 93; was
kan bessere ru dir schaffen dan. s. 93; die tracht mehr all
ding zu erfrewen, dan das si alles scheuch, lob der laute 99 ;
Til eh dann. 114; vil meh dann. HS; du bist mir lieber dann
der knecht. Garg. SS*, hingegen : sein gestalt ungeslalter ist
als ander leut. geistl. lied 24 ; groszer als. 63 ; es schluckt
sich besser als camelshaar. Garg. 89'; die (zunge) ich doch
lieber netz als ein katz die tapen. 90'; da haben die kein
bessern fund können erdenken, als den irrgarten (wulst von
kragen) urab den hals. 113*; etwas mesziger als. 114*; ist ge-
warsamer als ein kettenhund. 75*; besser als. 67'; mehr als.
68*; wciszer als kein ding. 125'; besser als ein bischof. 57*.
Im 17 jh. gelangte als zu noch vollerer herschaft, nacJi-
dem es beim positiv weggedrängt war, schien ihm der platt
hinter dem comp, vom eroberer gleichsam zur entschädigung
angewiesen, und heute bildet uns als die berechtigte compara-
tivpartikel:
ich wil mich weiter schwingen als durch den erdenkreis.
Onri 2, 208 ;
kein mensch dient freudiger als ich. Gellert 1, 71 ;
sie sind von besserm ton ({. tbon) als wir. 1, 203;
er wollte mehr als eine frau heiraten. Lessimg 1, 234; man
kömmt jetzt mit betriegem weiter, als mit ehrlichen leuten.
daselbst; ärger als ein tollhaus. 1, 243; nicht weiter, als sie
einer wol eingerichteten fabel ähnlich ist. 7, 85; er könnte
mich leicht für mehr eitel als tugendhaft halten. 2,139; aber
diesen geck und diese närrin selbst zu sehen ist eckelhaftcr
als lächerlich. 7, 27 ; jede Ton mir aufgefangne silbe fürstlicher
bezahlt, als er noch keine gute that bezahlte. Schiller 244;
dasz die unruhigen köpfe auf einen weit stärkern schütz rech-
neten, als sie wirklich Ursache dazu hatten. 846; über alle
seine truppen, die tapferer als zahlreich waren. 851; heute
ist allgemeine regel zu sagen weiszer als schnee, grüner als
gras, mehr als das. Doch erhob das wie auch hier ansprüche,
und wenn man unterm volk täglich hört: weiszer wie schnee,
251
ALS
ALS
252
ich habe ihn lieber wie dich ; so folgen ihm nicht blosz nach-
lässige Schriftsteller, selbst Lessing gestattet sich älter wie dir. 2,
487 und Voss röther wie Scharlach. Luise 1, 138. 155 ; lilüger wie
die henne. 1, 453 ; besser wie nacht. //. 3, 11. dennoch bleibt wie
jetzt noch hierein fehler und gleich tadelhaß scheint auch das ge-
AäM/leals wie: weiszer als wie schnee. Wieland 10, 319 ; die sah
einem a£fen ähnlicher als wie ihnen. C. F. Weisze. Zum tröste
gereicht, dasz das alte gute denn wenigstens noch im höheren,
feierlichen stil fort besteht, oder wenn die nähe eines andern
als und alles übelstand droht, z. b. als knabe war er schö-
ner denn als jüngling; ihn mag ich eher als feind, denn als
freund ;
lieber mög ich das volk errettet schaun denn verderbend.
Voss lt. 1, 117;
höher denn alles volk an haupt und mächtigen schultern.
3, 227 ;
sonst aber auch hier: früher erkennen als du. 1,547;
viel heilsamer wäre dir solches
als nun so zum gespött dastehn. 3, 42;
mit stärkeren männern als ihr seid. 1, 261.
5) correlation findet auch unter 1. 2. 3 statt, obschon die
voraus zu denkende erste partikel unausgedrückt blieb, steht
ein solches so und zumal also, als aber ausgedrückt, so scheint
es auf die längere abwehr des wie einzuwirken und das fol-
gende als zu schützen, goth. sva hveits sve snaivs, sva filu
svS ; ahd. also hui; so sneo, also sneo ; mhd. also wi; so
sne, als sne, also liep als er, also sSre als diu tier; nicht
anders engl, as cold as ice, as many as there are, as far
as. das zweimalige als hintereinander blieb bis ins 16;7t. ge-
läufig : als vil als. fastn. sp. 29, 6 ; schonet ich dein als we-
nig als mein. 38, 8 ; sie friszt als vil als meiner drei. H.
Sachs I, 452' ; hab es gleich als gut als ich. I, 453' ; sie ist
gleich als bös als mein weih. I, 475' ; du bist gleich als faul
als sie. I, 47»'; nun soll mein rüw als grosz sein als der,
den ich erzürnt hab. Keisersb. hell, lewe 74*; ist eben als
gut ietz gon als hernach. 74'; als vil als in not ist. 74'';
sind denselbigen {heidnischen fürsten) unterthenig und gehor-
sam gewesen eben als wol als wir christlichen oberkeiten
gehorsam schuldig sind. Luther 3, 350' ; wo es als wenig am
vermögen als am willen mangelt. 6, 330" ; gleuben als wenig,
das gott sich irer anneme, als Epicurus gleubt hat. 6, 388';
dennoch können weder werke noch liebe gott versünen oder
als vil als Christus gelten. 6, 426' ; allein in disem gesetz
erzeiget er sich als hart als stein und eisen. 6, 456'; etlich
meinen missa kom nicht aus dem hebräischen, sondern sei
als vil als remissio, Vergebung der sünden. 6, 465' ; das das
schlicht gethane werk eins priesters als vil gelten solle als
der tod Christi. 6, 465'; als oft als eine ehesachc vorfallen
wird. br. 5, 795; als oft als si. Schwarzenb. 120, 1; als bald
von den freunden als von den feinden. Frank wellb. 80';
sein Schenkel unten als grosz als oben. 197'; wan eure sünd
als rot sind als Scharlach, so werdens weiszer dann der schnee.
Reiszner lerus. 1, 102'; er ist auch wider das fegfeuer also
verwart, als der da senf wider den donner äsz. Fischart
bienkorb 243'. Diese als — als weichen allmälich einem so —
als, so — als wie, so — wie. er war so schön als kein
bäum. Eiech. 31, 8 ; so weit als ferr die arzet eine ausle-
gung fmoen möchten. Fischart ehez. 25; schwieg so still als
eine maus. Simplic. l, 112 ; so krebsroth als wann ich die
haut gefärbet hätte. 1, 69; so viel als ihm schmeckt. 1, 105;
man findt kein so schönen topf, man findet als ein schönen
deckel. Agricola 104';
so ruhig als ein gott und als ein gott
80 schrecklich. E. von Kleist 2, 106;
und malet so geschickt
als es die kunst begehrt. Gbllert 1,206;
doch hab ichs im verdacht so gut als den Mortan. 3, 3S5;
80 fßhit ich schon die selgcn triebe
80 stark in mir, als ich sie nie gefühlL 1, 216;
dasz er so grosz als mancher ochse war. 1, 158;
der brief wird ihnen einmal so lieb sein als ein hocbzeits-
carmen. Rabener 6, 53 ;
damit ich dich so glücklich mache
als du verlangst. Wieland 9, 83;
er versprach so zahm und unschuldig zu sein als ein lamm.
12, 325; er war just so ein zcisig als du. Gotter 3, 487;
dasz ihr doch immer
80 gut als klug, so klug als weise seid. Lessing 2, 210 ;
die beobachtung war so schnell als richtig. 2, 141 ; das ver-
gnügen ist so nöthig als die arbeit. 1, 218; das weisz ich
so wenig als du. 1, 269 ; so schnell als der Übergang vom
guten zum bösen. 2, 493;
und so weit man vorschaut als fliegt der geworfene feldstein.
Voss IL 3, 12 ;
heute ist es so schön als möglich. Göthe 28, 77 ; denn se-
hen sie, so ein armes mädchen als ich bin. 24, 270 ; wie ge-
fällt er dir? als mir nicht leicht ein mann gefallen hat. 42,
74 (8, 58 steht wie) ; um sich so viel als möglich zu denken.
Klinger l, 490; eine. so lautere gesinnung als gefordert wird.
Kant 6, 232.
Gehäußes als wie scheint hier der schwere des satzes nicht
unangemessen :
ein ungerechter herr so wenig recht regieret,
als wie der wolf die schaf auf sichre weide führet.
pers. rosenth. 1, 8;
so blickt, mit bloszem geist, ein mann
sein unverschuldet misgeschicke
betrübt, doch so betrübt nicht an,
als wie der thor mit bloszem glücke. Gökingk 1, 182;
wir möchten jede that
so grosz gleich thun, als wie sie wächst und wird.
Göthe 9, 32 ;
es liegt die weit so klar vor seinem bUck
als wie der vortheil seines eignen Staats. 9, 127;
ich bin nicht mehr ich selbst,
und bins doch noch so gut als wie ichs war. 9, 195;
du bist so elend nicht als wie du glaubst. 9, 243;
jph sah dabei wol so ein ding
als wie eine art von perlenschnüren. 12, 193;
daran aber war nun gar nicht zu denken, so wenig als wie
an irgend eine schickliche vermittelung. 25, 355. dem sinne
nach schiene von beiden conjunctionen eine, als oder wie, ent-
behrlich.
Das so — als entspricht dem lat. tam — quam, tantum —
quantum, dem nnl. zoo — als: zoo heet als vuur, dem franz.
aussi — que: Tun est aussi hon que l'autre, il mange autant
que l'autre, il est aussi grand que vous, und auch hier wäre
comme l'autre comme vous unslatlhaß. doch it. heiszt es
egli e cosi grande come voi, nicht che voi, auch wir schwan-
ken heute und längst zwischen so grosz als und so grosz wie •
kleiner und nicht so grosz wie der Telamonier Aias.
Voss It. 2, 528;
der mich so wie Dafnis meint. Flebing 425 ;
ist eben auch wie die gestorben. Opitz 2, 212;
ward so roth wie eine glühende kohle. Simpl. 1, 118 ;
so grosz wie alle hunde sind. Gellert 1, 158;
so scheckigt wie ein specht. 3,383;
so sprang der philosoph so gut wie er hinein. 1, 203;
dasz ich so ein müsziggänger bin wie er. Lessinc 1, 218. so
wenig wie ich. I, 220. in der that, wenn sonst das alte als
dem wie, aurße es ihm auch hier weichen, die vorausgehende
Partikel hatte ihm nur längeren anhält gegeben.
6) während auf einer wie folgt, musz auf ein andrer, kei-
ner, niemand, überhaupt auf verneinende Wörter als folgen,
anderheit und Verneinung schreiten über die gleichheit hinaus,
das wie nach ein entspricht dem wie nach positiven, das als
nach ander dem als nach comparativen. man sagt : einer wie
du (deinesgleichen), ein mann wie du, leute wie du, men-
schen wie ich und du, einer wie alle, alle wie einer, einer
wie der andre, einer wie keiner, ein andrer als du, andre
als du, unter andern leuten als du bist. Lessing 1, 233; je-
der andre als er, allen andern als ihnen wäre recht gewe-
sen, andre leute als du bist, kein andrer als ich, ich sage
es keinem andern als ihm, das weisz niemand als gott und
ich, meine umstände die kennet niemand als gott und ich.
Gellert 9, 42; offenbaret das geheiinnis niemand als ihm;
es ist nicht anders als zu lohen, als lobenswerth; es ist
gar nichts als das; er ist nichts als ein augendiener; dasz
sie nichts als meine pflegetochter ist. Lessinc 2, 341;
an mir als die gestalt war sonsien weibisch nichts.
Fleming 114;
das ist nichts als ein bloszcr wahn. Opitz 2, 200;
ich war nirgend als bei dir. 2,192;
nirgend war als bei den schafcn. 2,206;
von nichts als stümpern reden. Gellert 1, 216;
nichts so sehr gewünscht, als stets um dich zu leben. 3,395;
mein herz glaubt weiter nicbu, als was die äugen sehen.
3,396;
253 ALS
nichl so bleich, als du jetzt bist. Klopsi. 8, 30;
erwarte nichts mehr als von deinem schwert.
Schiller 454;
ihn ohne alle andre rechenschaft
als meinen willen aus der well zu schaffen. 568;
ich dacht in meinem leben
Tom schönsten glück verkündung: nicht zu geben,
als diese die mich hoch beglückt. Göthe 41, 64;
sie sieht keine rettung als sie musz das kind entfernen. 17,
144 ; nicht sowol ich als er. Lessing 1, 265 ; es ist nichts an-
deres möglich, als dasz du ihm nachgibst; nicht anders
geschehn könnte es, als wie er meint. Das franz. Tun
comme lautre. Tun comme tous, autre que lui, personne
que lui entspricht nach dem allgemeinen maszstab und ebenso
folgt nnl. auf een als, auf ander dan : het eene is als het
andere, niemand anders dan hij, dat was een andere bref
dan de eerste. unsere frühere das wie noch nicht verglei-
chend anwendende spräche würde ebenfalls nach ein als, nach
ander dann gesetzt haben:
0 gott, ich sag dir lob und eer,
das ich kein sünder bin als der.
SCHWARZEMBERG 11t, 2.
Verschieden von dem niemand als, keiner als ist aber, icenn
tcir sagen: niemand hätte wie du, keiner wie er gehandelt,
denn hier gehört das wie zu handeln und die vollständige
phrase würde lauten : niemand als du hätte gehandelt wie du.
7) gar häufig p/legt eine oder die andere der beiden corre-
lativpartikeln auszufallen, neben den adv. viel, oft, fern, sehr
kann ein bloszes als der älteren, ein bloszes so der neueren
Sprache die Verschmelzung der beiden Satzglieder bewirken: wir
wollen thun als ^iel (als) an uns ist. Luther 4, 494'; als
Til (als) nun das gesetze belanget. Agbicoia spr. 18'; als oft
(als) si essen, haben si ein besonder gebet. Frask weltb. 152' ;
als oft (so) Phöbe ihren glänz
macht zwölfmahl halb und zwölTmahl ganz.
Weckherli:* 461 ;
gibt dir ein armer freund als viel (als) er eeben kan.
Opitz 1, 299;
J heute: so viel (als) an uns ist, so viel (als) nun anlangt,
so oft (als) sie essen, so viel (als) er geben kann, so sehr
(al^ ich dich liebe, um den vollen eindruck des Satzes zu
fassen, musz man in gedanken ergänzen, die zweite partikel
fehlt, wenn es heiszt: so gut (als) er konnte; so lieb (als)
ich dich habe;
ein sehr geschickter candidat
tbat auf dem dorfe seine probe,
allein so gut (als) er sie gethan,
so stund er doch den bauern gar nicht an.
Gellkrt 1, 204.
hingegen die erste in folgenden Sätzen: sein säur sehen ist
ihr (so) als wann ein vatter mit dem kind mummeis spielt.
FiscH.\RT Garg. 71" : alles auf den feldcm steht (so) prächtig,
als sei die vollste ernte zu gewarten ; du zielst (so) auf mich
hin, als wolltest du mir die brüst durchbohren; mir ist (so),
als hätte ich ihn schon irgendwo gesehn;
mir hu denk ich an dich,
als in den mond zu sehn. Göthe 1, 110;
es ist, als da sich die kinder goltes mit den töchtem der
menschen vermählten. 27, 166 ; und diese stellen weisen auch
kier ein vom Vordersatz geschütztes als, da im franz. comme,
nichl que folgen würde, daher stimmt zu dem nhd. als hier
das mhd.:
mir ist als dem der da hat zewant
sinen muot an ein spil. M^. 1, $';
mir ist als ich niht lebende sl. 2, 206*;
fMli^ steht auch schon einmal wie:
mir ist wiej {oder wies?) alle; rösen trage. 1, 3',
vielleicht weil als alle; anstosz gab. eine menge von als dasz,
als ob, als wenn, als um zu haftet in unsrer hetitigen spräche
fest und war schon in der früheren begründet:
sie (die tiut tu dichten) wird mir nutzer sein,
als dasz mein sinn im wein und wein schwümm in dem sinne,
als dasz der spieler dank, der schlecht ist, ich gewönne,
als dasz ich mich befliss auf hundsphilosophei.
LoGAU 1, 97;
und WM w«r das geheimDis ! als dasz Demeter die grosze.
GöTBK ], 276;
ja muler. er macht wol ein schein,
•prach sie, als ob er heisz der gütle (d. i. gute twlde),
doch bald er abzog das gasihülfe. H. Sachs I, 444';
und sich erzeigt in allen dingen,
als ob er in den flusz wolt springen. I, 448';
ALS
254
machten eine miene,
als ob sie sich an mir schon satt gesehn. Gellest 1, 215;
wobei das ob auch wegbleiben und als gleich zu dem voran
gerückten verbum construiert werden kann:
was darfst du in die hewser schleichen.
als wolst du stein oder fewr einlegen ? H. Sachs I, 470* ;
als etwas guts dabei sott sein
in fullerei durch bier und wein. Schwarze5bkkg 144,'2;
es ist, als für uns stünde
sein schatten und nicht er. FlexixgS;
als wäre dies für dich die liebste neuigkeit. Gellert 1, 65;
weil es mir schien, als wollte man mich küssen. 1, 215;
damit sie aber nicht glauben, als handelte ich übereilt, so
lesen sie hier. Göthe 14, 172 ;
noch niemand könnt es fassen,
wie seel und leib so schön zusammenpassen,
so fest sich halten als um nie zu scheiden,
und doch den tag sich immerfort verleiden. 41, 107.
OMCA in solchen ßgungen droht das wie vorzudringen: du
brichst über ihn den stab, wie wenn er schon verurtheilt
wäre, obgleich tadelhaft, dem franz. comme si zum trotz,
neuere dichter lassen vor dem ob umgekehrt das als ireg:
(als) obs der erste welttag sei. Wilh. Ml-ller 1, 93.
S) ohne correlatiun enthält nicht selten ein Zwischensatz die
vergleichende partikel, wo goth. bald sve, bald svasve gesetzt
wird: sve gamelij) ist. Marc. 1, 2; svasve gameiij) ist. Marc.
9, 13. ahd. sosö zam, süsö quidu (Graff 6, 17) ; mhd. als ich
iu bescheide, als ich sage, als im gezam ; als er mit der
gürlel bevangen ist. Chmel fontes l, 2S4 (a. 1299). nhd. als
geschrieben steht. Marc. 1, 2; und häufig in Luthers Schrif-
ten : als ich sage, als vor gesagt ist, als auch Äugustin spricht,
als denn oft geschieht; denn freilich e. k. gn. lande die
allerbesten und meisten guten pfarrer und prediger haben,
als sonst kein land {sie hat), br. 4, 21 ; geschickt zum streit
in bogen und andern wühren, als kaum ein volk. Fea.nk
weltb. 139';
ein fürst der weit bin ich erkcnt,
als mich dann Christus selben nennt.
Schwarze.^berc 128,2;
wer sich vil fült, als man oft thut,
das schadet seel, eer, leib und gut. 144, 2;
drümb Ennius, der frum poet,
sprach, als vop im geschriben steht. 151,2:
er sagt in Schweiz ein bruder was.
der, als man sagt, nichts trangk noch asz. 152, 2;
als ich ilzt kürzlich hab gemell. 152, l;
zu Marpurg wird fast, als ich acht,
das allerbeste bier gemacht. Er. Albbrds 141 ;
als da steht. Fischart bienenk. 154'; als mancher thut. Garg.
90' ; ich gebe, als ichs gefunden habe. Micräliüs 2, 299 ;
ein gar zu blödes aug. als oOmals ist geschehn,
hat das, was ihm gesollt, versäumt, verschämt, versebn.
LoGAD 2, 12, 37 ;
ich thu, als du gesagt. EorrnAyrtswkLOkv getr. tdi. 50;
als man uns glauben machet,
hat er dreimal gelachet. Fleäisc 377 ;
achtmal hat nun, als ich zähle,
Föbe volle hömer kriegt. 420;
sein ehrgeiz brachte ihm, als wir nachmals hOrea werden,
den Untergang. Hab:« 2, 233;
als er verhiesz, der vergeller. Kiopst.7, 282;
als du thust. 8, 186;
er war sehr zornig, als du abschied nahmst?
als ich ihn nie gesehn. Göthe 8, 153,
in welcher letztem stelle als doch eher eorrelativ ist.
Indessen risz auch in dieser ßgung frühe schon das wie
statt als ein und bereits bei H. Sachs I, 473 begegnet man
einem: wie obgemelt. noch geläufiger wird es späterhin, z. b.
wie man mir'erzählt. Gellert i, 60;
wie es ihm gebührte. 1, 165,
heute würde als man sagt, als wir wissen, als mich diinkt,
Jans steif lauten und es heiszt: wie man sagt, wie wir wis-
sen, wie mich dünkt. Diese construction bildet, da in ihr die
vergleiehung schwach ist, den Übergang zur folgenden gattung.
11. DemonstrcUives als.
von geringerer wirksamkeil, was schon daraus folgt, dasz
es häufig ganz unterbleiben kann.
1) bei vielen rerbis hebt sich das im nom. stehende prctedi-
cat durch ein als hervor, die mhd. und ahd. spräche, gleich
255
ALS
ALS
256
den classischen, ja den meisten übrigen enthielt sich hier noch
ganz der partikel und setzte den reinen nominativ: des starb
er mensche und starb niht got; si gebar in maget; ich
scheide iuwer gevangen hin, d. h. mensche wesende, maget
wesende, gevangen wesende; er wart gekorn künec, gewihet
bischof, genant Artus, wir sagen noch beute: er ward Ar-
tus genannt, aber zum könig erwählt, zum bischof geweiht
und für mensch wesend sagen wir als mensch, doch den
bloszen nom. gewähren noch frühere wie neuere beispiele:
die engel in dem trone
werden dem käppiin Ionen,
dasz ich mägdhn von euch kam. ÜHtAND 246;
bistu ein inecht berufen, sorge dir nicht. 1 Cor. 7, 21, goth.
skaiks gala|)6j)S vast, ni karös, servus vocalus es, non sit tibi
curae;
das er ir Schöpfer ward erkant. Schwarzenberg 98, 2 ;
und dürfe ferner nicht ein armer sclave leben
der fremden pralerei. Locaü 2, 56, 13;
goit sitzt könig immerdar. Opitz ;
da ward er böse, zornig,
ein kleiner Mars stand er. Gleim;
ich stand vor ihm gerüstet
ein andrer Goliath, derselbe;
zwar unser vater ist nicht mehr,
jedoch starb er ein held. derselbe;
bald fliegst du braut im reihn! Voss;
dasz ich ein bettler geboren werden durfte. Schiller 3, 128 ;
wenn ich wieder kehre, so erscheine ich ein furchtbarer rit-
ten Klinger 5, 135; und ich werde der seligste unter den
glücklichen wohnen. 10, 240. Vermag das die prosa noch, um
so entbehrlicher kann dies als dem dichter sein, in der regel
aber mangelt es weder in prosa noch poesie: Maria gebar als
Jungfrau, Christus starb als mensch, Napoleon herschte zehn
jähre als kaiser, ich verlasse dich als besiegter, scheide von
dir als dein freund, gleich das erstemal trat er als fertiger
Schauspieler auf; ein prächtiges kleid, das sie als braut trug;
Venus leuchtet abends als ein heller stern; als ein böte des
himmels erschienst du mir. wir sind stets als ein fluch der
weit. 1 Cor. 4, ii, tanquam purgamenta liujus mundi facti sumus ;
drum nennt mir nur geschwind
den mann, der ihr als bruder oder ohm,
als vetter oder sonst als sipp verwandt.
Lessing 2, 326;
der ich mich auf den erwerb schlecht, als ein dichter, verstand.
GöTHE 1, 357;
wie er lächelte bescheiden weise,
als den unverständigen bedauernd. 2, 110;
stand ich als in finsternis geblendet. 5, 244;
Flavio stürzte herein, zerfetztes kleides, wie eines der durch
dorn und dickicht durchgestürmt, greulich beschmutzt, als
durch schlämm und sumpf herangewadet. 22, 87 ; ich eilte
nach um als der erste zu erscheinen. 26, II ; hunderte be-
schäftigen sich laufend, springend, mit hastigem ungethüm,
als jagend und verfolgend. 43, 267; ich war als leicht ge-
kleidet wirklich durchgefroren. 48, 21. wo Göthe seiner na-
lur folgt, wird er das als kaum unterdrücken, eher wenn er
antikes metrum nachbildet, z. b. 40, 341 :
da senkten sich Hektors gebeine
nieder und asche lag der edelste Troer am boden ;
oder im letzten theil des Faust;
schon schien die list dem Juden als gelungen.
Lessing 1, 33.
m der letzten stelle wäre das als, füllte es nicht das metrum
aus, entbehrlich, in den meisten andern würde sein abgang
die rede steif und ungewohnt machen, das kleid das die braut trug
könnte eben wol ausdrücken sollen: sie die braut, das blosze
böte den vocativ meinen. Wie hingegen an des als stelle ge-
setzt würde einen ganz andern sinn herbeiführen, Christus
starb wie ein mensch, in menschlicher gebärde, N. herschte
wie ein kaiser, kaiserlich, V. erschien wie ein heller stern,
hell leuchtend, nicht ein mensch, kaiser, stern seiend, ich
befehle als lierr, weil ich herr bin, ich befehle wie ein lierr,
in eines herm weise, der sich auf herschen versteht. Andere
mal mag es gleichgültig sein, als oder wie zu verwenden: er
gieng in die gefahr als ein beherzter, wie ein beherzter mann,
lag da als ein todter, wie ein todter auf der erde, doch
würde auch mhd. ein unterschied fühlbar sein zwischen : d4
lac er, ein töter man und di\ lac er als ein töler man.
zuweilen mögen den als noch verstärkende Partikeln zutreten:
ich sage es gleich als dein freund ; nicht insofern als mein
vater, sondern insofern als einer, der mich zuerst geschlagen
hätte. Lessing 1, 250.
2) noch minder weicht als vor dem acc. : denn mit solchem
Unglauben machestu deinen gott als einen lügener. Luther
1, 64'; wir ehren gott als unsern vater; ich betrachte dich
als meinen freund; sehen sie mich als ihren vater an. Got-
ter 3, 29 ; und finde den lehrer als einen ganz allerliebsten
mann. Göthe 24, 184 ; ich sehe es als fügung des himmels
an ; ich gebe dir den ring als ein zeichen meiner freund-
schaft; ich grüsze dich als alten bekannten; dieses amt
dächtest du dir als das gröszte glück ; man trug ihn als einen
todten von dem Schlachtfeld; kannt ich nicht den patriarchen
schon als einen Schurken? Lessing 2, 340. Doch einzelne
verba gestatten neben dem als orfer lieber noch für (s. für):
ich lege es dir als eitelkeit aus, für eitelkeit aus. Die ab-
wesenheit der partikel würde meistens gar den sinn ändern
und z. b. ich erkenne dich freund auszudrücken scheinen co-
gnosco te, amice, nicht cognosco te amicum, so zwingt die
unvollkommenheit unsrer flexion uns zu neuen behelfen. Einige
verba wie nennen, wissen, glauben leiden kein als : ich nenne
dich, glaube dich meinen freund, weisz dich glücklich, wie-
der andere gestatten gebrauch oder auslassen der partikel: er
fühlt sich als mann oder mann; mhd. man erkennet si dag
beste w5p. MS. 1, 42';
hat der sich einen mann bewiesen ? Göeingk 2, 115 ;
hat der sich einen mann gezeigt? 2, 117;
sich glücklich fühlen, unerschrocken zeigen. Und bei solchen
Wörtern kann das praedicat vom acc. sich zum subject des
Satzes in den nom. gezogen werden: ich fühle mich nun wie-
der der mann, der ich war. Klinger 5, 135 ; er zeigte sich als
ein wahrer held oder als einen wahren beiden.
3) beim gen. und dat. wird als entbehrlich, sobald man
sie appositioneil auffaszt: ich gedenke dein, meines alten
freundes; ich sage es dir, einem verständigen manne statt
dein als meines fr., dir als e. v. m. ; dem ihr sonst sclila-
fendem vorüber zogt. Göthe 5, 55.
4) ßr hinweisungen, aufzählungen, anführungen pflegt als
im sinne von nemlich, das heiszt, zu wissen {franz. k savoir,
savoir) einzuleiten: diese krankheit hat verschiedne Ursachen,
als kälte, nässe, zugluft; drei pferdemängel, als stetig, star-
blind, hartschlechtig; drei geschlechter, als mann, weih, kind;
in etliche ire dörfer, als nemlich gen Grabe, Bolstat, Germar
und Ammer. Bange thür. chron. 211* ; bittere kräuter, als
beiden oder klein pfrimmen, eltz oder alsem. Sebitz 25; hat
burgermeister und rath eine biersteuer, als vier gülden vom
breusel angeordnet. Micräliüs o. P. 4, 26 ; rechnung was ich
an schneiderarbeit gemacht, als «. s. w.;
ja senden wird der herr, was die weit nicht vermag,
als nemlich seine gnad und warheit. Weckherlin 179;
an einer oder mehrern dieser bequemlichkeiten fehlt es den
neueren sprachen durchgängig, diejenigen, als die französische,
welche jenes — umschreiben müssen, drücken den sinn aus,
aber vernichten das gemählde. Lessing 6, 479 ; die gewöhn-
lichen ritterlichen Übungen fortsetzten, als jagen, pferde kau-
fen, tauschen, bereiten und einfahren. Göthe 17, 36.
5) dem relativpronomen tritt als hervorhebend bei, wie lal.
quippe dem qui: ich wil des menschen leben rächen an
einem jeglichen menschen, als der sein bruder ist. 1 Mos.
9, 5 ; als der ich voll schmach bin. Hiob 10, 15 ; ihr habt
diesen menschen zu mir bracht, als der das volk abwende.
Luc. 23, 14 ; wollten sich in diesen teutschen kriegen, als
dazu sie nicht ausgesandt weren, nicht gebrauchen lassen.
Micräliüs 5, 3G4; die eh- und bettgenosze weiber, als die
sie (die kinder) säur ankommen. Fischart Garg. 67';
lasz die traiierseiten tönen,
als an die mich zu gewöhnen
zwingt der irfiben Zeiten lauf. Flikinu302;
belieben lasset euch
dis werk zu nehmen gnädig an,
als das ein armer knecht allein nur geben kann.
Werders Ariost 1, 3;
allerdings zwar »ollte ein Widerspruch, als womit mich herr
Klotz verfolgt, in die länge auch den gelassensten, kältesten
mann verdrüsziich machen. Lessing 8, 214 ; so behalten die
prüfer musze sich in einzelne kleinigkeiten durch und durch
einzulassen, als woran mir hauptsächlich gelegen ist. Bür-
ger 183'; als worum ich sie wenigstens hiermit ersuchen
I
257
ALS
ALS
258
will. 184'. diese ruhige form ist Göthen behaglich: traute sich
kaum aus dem zimmer heraus zu gehen, als in welchem sie al-
lein ruhe hatte. 15, 131 ; dasz das individuuni sich und sein Jahr-
hundert kenne, sich, in wiefern es unter allen umständen das-
selbe geblieben, das Jahrhundert, als welches sowol den willigen
als den unwilligen mit sich fortreiszt. 24, 8; er wollte von
den hohen hohlgeschliffenen schrittschuhen nichts wissen,
sondern empfahl die niedrigen, flachgeschliffenen, friesländi-
schen, als welche zum Schnelläufen die dienlichsten seien.
26, 336; wo angeborne fertigkeiten sich mit aufmerksamkeit
und fleisz zusammenfinden, als woran der künftige, eigent-
liche künstler allein erkannt wird. 43, 351; wenn man den
breiten streifen noch einmal so breit macht, welches mit ein
paar pinselstrichen geschehen kann, als warum ich die liebhaber
ersuche. 58, 276 ; mit sehr spitzwinkligen prismen, als durch
welche die runder sehr zart gefärbt erscheinen. 5S, 300 ; man
müste denn annehmen wollen als wider welches vorge-
ben gestritten werden musz. Kant 6, 251. etwas kanzleimäszi-
ges, steifes mag darin liegen, doch ist, wie die bcispiele leh-
ren, in der prosa mäszig verwandt die fügung nicht ohne
eindruck: diese guten leute, als deren ich mich w^l erin-
nere, umstanden mein bett und schauten den wieder beleb-
ten theilnehmend an, das legt ein stärkeres gewicht auf die
persönlichkeit, welche geschildert werden soll; die freunde,
als denen ich unbedingt vertraute, erhöht ein bloszes denen.
G) als t» derselben bedeutung von nemlich (nempe, quippe)
tritt auch einigemal vor die conjunction dasz : solch verbunt-
nis musz sich gründen und stehen auf dem gewissen dcre,
so sich verbunden, als dasz sie alle wollen einträchtiglich
glauben. Lltiiers briefe 3, 465 ; aber die kirch hat noch ein
ander bedenken hierin gehabt, als dasz sie das fleisch un-
rein geacht. Fischart bienenk. 147*; du schiltest auf die rei-
•chen, als dasz sie den lästern ergeben und in Völlerei und
Wollüsten sich antreffen lassen, pers. rosenth. 7, 20. zu un-
terscheiden davon als dasz = quam ut (oben I, 7): wir fabeln
so genug, als dasz wir diese gefährliche eigenschaft noch
steigern sollten. Gothe 21, 94.
7) eigenthümlich steht als vor den adverbien heule, morgen,
gestern tmd ähnlichen, zu hervorhebung der Zeitbestimmung,
in vielen gegenden hört man unter dem volk: er ist als ge-
stern morgen gestorben, das gericht soll als heute abgehal-
ten werden, ich er^varte seine ankunft als heutp, als über-
morgen, als auf montag soll er wieder abreisen, d. i. als
an dem tage von gestern, ton heute, oder bei angäbe der mo-
natstage: heute als den 29, morgen als den 30 Januar. So
schon im Lauterbacher weisthum 3, 35S : wir wisen hüte zu
tige, als zu den drien ungeboten dingen, aber auch Opitz
2, 129 {Amst. 1645) :
wo sind herr Müllers schreiben ?
fleng ich aU gestern an,
wo sotten sie verbleiben!
et soll damit die zeit genau und sicher angesetzt werden;
und ebenso sagt man englisch as this day, as yesterday, as
morrow für heute, gestern, morgen, die fügung verdient in
gebrauch erhalten zu werden, noch allgemein üblich heiszt es:
er verrichtete gestern, als am todcstage seiner mutter, ein
stilles gebet; er will diese woche, als die letzte seines hier-
selns, nur mit freunden verbringen. Eine gewisse ähnlich-
keit mit diesem als hat das goth. sve, gr. eis tor zahlen (Ersst
ScHCLZE 333'), tro unsre heulige spräche bei verwendet, s. alst.
8) endlich wurde demonstratives als früher auch in der be-
deutung des heutigen so (franz. si, lat. tarn) verwandt, wenn
lieh ein folgendes dasz darauf bezieht: welchs als öffentlich
am tage jedermann bewust ist, dasz nit wol zu denken ist.
Luthers br. 1, 509 ; mich triebe der wunder {die neugier) als
fast, dasz ich mich an dem ufer hinab gewagt. Puilander t«
der zueign. zu theil I. Lctiiebs bibel gebraucht in solchen
fällen schon so, nicht als, andere setten also.
III. Consecutives als.
consecution zwar liegt auch in der correlation, gemeint aber
ist hier eine solche folge, die mehr in der ganzen rede als im
Verhältnis einzelner salze und in den Worten der Sätze vortritt.
1) schon das zeit bestimmende, salz oder nachsatz begin-
nende als kann ßr consecutiv gelten, insofern ihm andere
Sätze voraus gehn, deren folge es einleitet, immer ist es er-
zählend und auf ein ereignis gerichtet, ursprünglich auf ein
eben eingetretenes, im sinne von quam primum, simulac, als-
bald, ahd. s6s6 (et könnte auch heiszen also) er gisah iro
giloubon, als er nun ihren glauben sah; mhd. alse si den
leun sahen stän Iw. 6687, simulac viderunt leonem, verschie-
den von du si sähen, was blosz cum viderent ausdrücken würde,
dieser unterschied zwischen da und als ist noch nicht ganz in
unserm jetzigen Sprachgefühl vei-wischt: da wir in die Stadt
fuhren, hörte es zu regnen auf, quiim intravimus urbem, plu-
via cessit, als wir in die Stadt fuhren, simulac intravimus;
da es blitzte, konnte ich sie erkennen, als es blitzte, über-
schaute ich ihre gestall; wir giengen durch den wald, als
auf einmal kugeln um unsre obren pfiffen; niemand schien
reden zu wollen, als plötzlich der letzte sich erhob. Allein
in den meisten fällen ist als an die stelle des da {wie hinter
comp, an die stelle des dan), getreten, ja auch hier drängt
sich schon das wie ror, um als zu verdrängen, vgl. da und
wie. Lcther setzt noch zuweilen da: da gott den menschen
schuf. 1 Mos. 5, 1 ; da aber Jacob sähe Rahel. 29, 10 ; doch
gewöhnlich schon als und gern mit beigefügtem, die folge ver-
deutlichenden nu : als nu ISoah envacht von seinem wein.
9, 24 ; als nu Äbram höret. 14, 14 ; als er nu widerkam
von der schlacht. 14, 17; als nu die sonne untergegangen.
15, 17 ; als si nu sähe. 16, 4 ; als nu Abram neun und
neunzig jar alt war. 17, 1 und zahllose mal. nicht anders
GöTHE im lied von der bajadere:
als er nun hinaus gegangen,
wo die letzten häuser sind,
sieht er mit gemahlten wangen
ein verlornes schönes kind.
dies ist nicht der beginn des ganzen gediekts, und Schiller
hebt seine götter Griechenlands noch mit da an:
da ihr noch die schöne weit regiertet,
fi'f'e es mhd. immer mit do beginnen musz:
dö goles sun hien erde gie. Walth. 11, 18;
dö der sumer körnen was. 94, 11;
dö man der rehten minne pflac. MS. 1, 19*;
dö si an dem rise die biuomen gesähen. 1|'20*;
aber Göthe gleich vornen im neuen Amadis:
. als ich noch ein knabe war,
sperrte man mich ein;
als ich eins tags zu tische sasz. H. Sachs I, 440*;
als ich meins alters war
im funfzigisien jar. 1,457';
als ich nechst war aus spazieret
zu den hirten in den wald. Opitz;
als ich einmal in einer kircbe sasz. Gellest 1, 214;
eine menge lieder fängt mit solchem als an:
als ich noch im flügelkleide
in die mädcheuscbule gieng;
wo älteren vielleicht mehr da zusagen würde. Gewöhnlich
wird dies auf die Vergangenheit gerichtete als mit dem praet.
verknüpft, doch kann es auch ein erzählendes praesens sein :
als ich das vorgemach durchgehe. Schiller 2SS;
als er die äugen
im todc schlosz und seine starke hand
sie nicht mehr b.lndigt. 489.
weder ßr bedingendes da (= weil), noch für bestimmendes da
{=lum), wo das verbum dem subject vorangeht, sondern blosz
für zeitbestimmendes da, wo das subject vor dem verbum steht,
kann nhd. als gesetzt werden.
2) ein mhd. als. das wir heute durch wenn ausdrücken wür-
den, fand, unterschieden von dem zeitbestimmenden du, zuwei-
len statt:
als ich mit gedanken irre rar. ^alth. 41, 37 ;
als ich linder wilen zir gesitze. 115, 22;
es ist ein praesens dazu eonstruiert. spuren davon reichen bis
ins i'jh.
dich musz der bauer ehren,
weil du ihn reicher machst und hoflichkeit wilt lehren,
indem er, wann du kömpst, den hab^r bald verkauft,
und als er nichts mehr hat, hin auf die stadt zu lauft,
darinnen mietung sucht. Opitz 1, 106;
drauf körapt Ruggicren sie schnell aus den äugen weg,
gleichwie die sonn, als sie kriegt eine wolkendeck.
Werders Artest 11, 6;
und wenn er gleich an sie, wie vormals denken soll,
er wer ein narr, als er dies auch nicht achten woll. 11, 2;
gleichwie ein wilder ochs, als er am köpf empfindet
dasz man die hörncr ihm mit einem seile bindet. 11, 42;
17
259
ALS — ALSBALD
ALSBALD— ALSFORT
260
CS näheit sich dem unter 11, 8 abgehandeilen vergleichenden
als, und ist heute auszer gebrauch.
3) wo als im nachsalz erscheint, hat es die bedentung
von ita, golh. sve, nicht von wie, golh. sva, und wird heutzu-
tage entweder durch bloszes so ausgedrückt oder ganz unaus-
gedrüclct gelassen, und klingt uns steif und canzleiindszig :
nachdem ir für gut angesehen, das wir in sachcn doctur Mar-
tinus Luther an bepstlichc heiligkeit schreiben sollen, als
weren wir des wol geneigt. Luther 1, 141"; weil aber der vatcr
durch einen geschwinden tod hinweggenommen wurde, als
liesz der künig stracks nach dessen tode alle guter einziehen.
pcrs. rosenth. »7, 3 ; dieweil des Lokmans in diesem rosenthal
etliche mal gedacht, als habe ich nicht ungerühmet sein ver-
meinet, dasz ich dessen fabeln hier mit anhange ; weil könig
Marbot dem Armin keine hülf leistete, als hat er einen schlech-
ten rhumb eingeleget. Micrälius 1, 79 ; damit e. g. wissen
möchten, als soll ich e. g. vermelden. Kingwaldt tr. Eck.
Aiii"; nichts desto weniger, demnach ich etlicher freunde be-
gehren desto bälder stattgegeben, und damal etliche von mir
geschriebene poesien zusammen geklaubet, als hab ich auch
itztmalen noch andere meine gedichte zu den vorigen hinzu-
gefüget. Weckherlin ;
und weil das wasser il)r den gang verstopfet hat,
dureh den sie kommen ist, als sucht sie andern ratli
Opitz 1, 38;
dann weil in deinen kriegen
so mancher mutler kind pflegt täglich aufzufliegen,
soll je der eid^ lleisz nicht wüst und öde sein,
als bringet Venus dann den schaden wieder ein
und gibet wann du nimpsl. 1, 91.
die meiste von diesen zügen hat der oft belobte auctor am
allerbesten beschrieben, dieweil er aber in den jähren meh-
renthcils gefehlet, als habe ich seine irrige Zeitrechnung fast
durchgehends verbessert. Hahn 1, 99 ; weil Ottonis gegenwart
in Teutschland nothwendig zu sein schiene, als liesze er sei-
nen Schwiegersohn in Italien zurück. 2, CS ; weil vorhero der
polnischen troublen meidung geschehen, als wird es einer
natürlichen Ordnung gemäsz sein. 2, 240 ; v/e\\ diese fabel be-
reits von unzehligen widerleget worden, als will ich mich da-
bei nicht weitläuftig aufhalten. 3,288. diesen stil nachahmend:
nachdem unser feldherr . . gemeint gewesen . . als verpflichten
wir uns. Schiller 351. immer geht ein nachdem, demnach,
dieweil, weil voraus, vgl. so.
ALSAND, hin und wieder geschrieben für allesand, allesamt,
vgl. allesand.
ALSBALD, adv. und conj., quam primum, illico, mhd. also
baldc also (Ben. 1, 8l'), mit ausgelassenem verbum, das sich
auf manche weise hinzudenken Idszt. in der bibel braucht es
LiJTHER sehr häufig, immer für slalim, z. b. Matlh. 8, 3. 14, 22.
21, 19 und fügt, wenn der conjunclionsbegrif erscheinen soll,
erst ein da hinzu, in welchem dann dessen kraft enthalten ist,
Marc. 9, 15. Luc. 22, 60 ; in seinen übrigen Schriften mögen
aber noch mehr anwendungen der reinen conjunction vorkom-
men, als die folgende: das du auch alsbalde tröstest und er-
hebest, alsbald der mensch fürnimpt sich zu demütigen. Lu-
ther 1, 24* ;
alsbald der vetter in veinam. Er. Alberüs 57';
da nun der jung getrunken hat,
alsbald er seinen vettern bat. daselbst;
dasz die kinder, alsbald sie aus muttcrieib kommen, ge-
prcdiget haben. Fischart Garg. 106* ; alsbald er das verstund,
lief er flugs hin. I5l'; welches alsbald ers hört 200";
wer entlieh darümb guts wolt thon,
das er alsbald hctt groszen Ion,
und das im volget ehr und prachl.
der bett aus tiigent seband gcmaclit.
Scuwarzenii. 125, 1 ;
der gute mann, als er das schrecklich geschrei vcrnam, welclis
sein söhn, alsbald er an das Hecht der weit kam, ausliesze.
Fischart Garg. loo' ;
alsbald ein neues kind
die erste lufl entflndt,
so hebt es an zu weinen. Logau 2, 4, 90;
alsbald der Herr mir lacht, so lacht mir jedermann,
siht sauer er mir zu, siht jeder mich so an. 2, 5, 51 ;
alsbald die linid)C deckt das baupt, entdecken sich die sinnen,
die nicht, wie wann sie Jungfern sind, die weiber bergen kunnen.
3,9, 19;
welcher auch den betrug alsbald merkte, pers. rosenth. 1,4;
über diese rede entrüstete sich der künig so sehr, dasz er
den wisir alsbald liesz beim köpf nehmen. 1, 8 ;
alsbald du dieses wirst vollbringen. Weckherlin 16;
denn eilet sich zu setzen
manch vogel um den ast, der sich da sicher hält,
alsbald der himmel blitzt, alsbald man nach ihm stellt.
Gryphius 2, 399;
der weise Schöpfer hat die zweie so verbunden,
alsbald er die natur und diese weit ertunden. Fleming 223.
das doppelte alsbald in den beiden salzen ist wie das doppelte
als. heute gilt alsbald nur in der adverbialbedeutung illico,
statim, für die conjunction aber sobald, in folgender stelle:
das denn, hat es gott versehen
eb als balde kan geschehen. Flexing 434,
erscheint kein alsbald, sondern ein eher als bald. s. alsobald
und sobald.
ALSBALDIG, subitus, morae impaliens, eine schlechte ad-
jeclivbildung der canzleisprache, wie baldig, sofortig, heutig
u. s. w., die alte spräche hätte nur baltlich und verstärkt albalt-
lich gestaltet.
ALSDANN, ALSDENN, adv. tunc, tum demum. man könnte
versucht sein, das als aus alles, mhd. allej zu erklären, im-
mer denn, immer fori; doch richtiger stammt es aus alsodann,
wie sodann und das nnl. alsdan lehren, es ist auch der be-
dentung nach nur ein nachdrücklicheres dann. Luther und die
meisten älteren schreiben alsdenn: alsdenn wil ich gedenken
an meinen bund. 1 Mos. 9, 15 ; alsdenn soltu meines eides quit
sein. 24, 41; und thäten alsdenn den stein wieder vor das
loch. 29, 3; versühne dich mit deinem bruder und alsdenn
komm und opfere deine gäbe. Matlh. 5, 24 ; es wird aber die
zeit kommen, dasz der bräutigam von ihnen genommen wird,
alsdenn werden sie fasten. 9, 15; bei Fischart steht alsdann,
z. b. Garg. bo. 9l'. 174'. 192' ;
das alsdenn bei ihm nimmermehr
gemelter narren keiner wachs,
wünscht euch mit guter nacbt Hans Sachs 1,469';
wie bald verfällt alsdenn was ihre macht gebaut.
Canitz 41 ;
alsdann iszt du dein stücke fleisch in ruh. Gellert 1,143;
um acht uhr wollen wir spazieren gebn, alsdann ist es erst
kühl ; alsdann musz die sache ein ander ansehn gewinnen.
3,87; willst du was thun, so thu es alsdann. Klopst. Mess.
2, 189 ; freilich wäre es alsdann um das väterliche ansehen
geschehen. Lessing 2, 463. oft in Verbindung mit erst : hast
du deine freue einmal glänzender bewährt, alsdann erst kann
ein solcher wünsch in erfüllung gebn ; erst alsdenn kann die
geschichtc ihre wissenschaftliche gestalt empfangen. Wolfs
mus. d. allerth. wiss. 1, 52. tadelhaß steht es für da, als : ich
kann nicht zugeben, dasz Aledramus Ottonis Schwiegersohn
gewesen, alsdenn ich vielmehr weisz, dasz er die Gerbirgam
zur gemahlin gehabt. Hahn 2, 74. heule klingt uns das bloszc
dann edler, und alsdann altvaterisch.
ALSE, f. clupea alosa, bei Aüsonius alausa, ein geringer,
in des armen mannes pfanne singender fisch:
stridentesqoe focis, opsonia plcbis, alausas. Mos. 127;
alscn oder läusc flsche. HonnERC 3, 301*, welches lausefisch,
leuseflsch zwar aus alausa enlslellt ist, doch zugleich den
schlechten werth des fischcs andeutet. Nemnich hat neben alse
zugleich eise, ilse, alsani, alsem und, weil das Ihier sommers
aus dem meer in die flüsse geht, gangfisch.
ALSE, f arlemisia absinlhium, ein bitteres unter dem na-
mcn Wermut bekanntes kraut, bei Kilian alsenc. s. alsem.
ALSE , f. subula, gekürztes alansa, alnsc (s. ahlc) : der
Schnabel ist zum theil wie ein nadel oder alscn. Forer fischb,
49". Schweiz, alse (Stald. 1, 98. Dasypoüius).
ALSEM, m. gleichviel mit alse /". absinlhium, nnl. alsem
»1. ; bittere kräuter als beiden oder klein pfrimmen, eltz oder
alsem. Seritz feldbau 25.
ALSENACII, wi. selinum paluslre, alsniciuoi, gewöhnlich ol-
senich w. m. s.
ALSF0I{T, adv. continuo, gebildet von als = alles, mhd
alle; und der brdculung des schöneren mhd. allejanc entspre-
chend: geh nur als fort, immerfort, imtnerzu. Micrälius aber
nimmt es im sinne von alsbald, protinus und dann steht es
für sofort, alsohu't : denn die es {den bernslein) gefunden,
haben ihn alsfort verführet und gold daraus gemacht, o. P.
1, 4; der {lleinr. 2) nimpl alsfort einen zug wider die Vor-
poniincrn für. 2, 191. vgl. alsoforl.
261
ALSGEMACH— ALSO
ALSOBALD — ALT
262
ALSGEMACH , adv. sensim, sclieint wiederum als = alles,
allej zu enthalten, immer gemacJt, immer langsam voran, und
mag neben dem gleichbedeuligen allgemach, allgemäcblich, all-
mäülicli beslehn, so viel gestalten läszt uns dies adv. zu. was
gilts, der herr bruder ist alsgemacli vorausgegangen? sagt
Hebel im zundelfricder s. 266.
ALSLANG, adv. tarn diu, ßr alsoiang, solang : sie spielten
aislang, bisz ein Zwietracht und missel zwischen inen ent-
stand. Aimon bogen d;
als lan^ als die ohn lehr, ehr, trew. Temunfl
das regiment erfassen. Weckherlin 45; ,
alslaog sonn und mohn wehret. 73;
aislang ihr dessen harrt. WiEL.iNo IS, 262.
heute gehraucht man nur solang, vgl. bislang = bissolang.
ALSO, ita, durch al verstärktes so = goth. sve, ovro)?,
eorrelativ des aus alse gekürzten als = goth. sva, cos. die be-
deutung von ita ist nachhaltiger als die von quam, darum blieb
also unverändert, ahd. aisu, ags. ealsva, mhd. also, nnl. alzoo,
engl. also, biese wollautende partikel begegnet allenthalben
und war früher noch häufiger in fällen, wo wir heute bloszes
so setzen, sie steht
1) als nachdrückliche aussage ita, und betont älsü: es ist
also, ihm ist also, dem sei also, also ist es und nicht an-
ders, ich meine es also; ich mein auch also, sprach er. Fi-
sciiART Garg. 135*; nicht also. Voss //. 1, 131; also wird that
ein groszer gedanke. Ri.opst. Mess. 15, 1245 ; mir nicht also I
VViCKRASC ro//ir. 43; komm mir nicht also, fragend: geschah
es nicht also? ists nicht also? i ilos. 4,"; ist nicht also?
Garg. 86'; kommst du mir also?; warumb thust du also?
1 /tön. 1,6. betheuemd .oder bezeichnend: und es geschah also.
iMos. 1, 9; und das land thät also. 41, 47; wolt ihr leben,
so thut also. 42, 18; gehe wieder zu Balak und rede also.
4 Mos. 23, 5; und mache ihn also. 1 Mos. 6, 14; spricht er
aber also. 2 Sam. 15, 26. Die mhd. spräche bediente sich daßr
auch des noch stärkeren alsus (älsiis), das uns jetzt ausgestor-
ben ist, wir pflegen ßr also oß bloszes so zu setzen, oder ein
anderes versicherndes und erklärendes wort : er spricht folgen-
dermaszen, mit diesen worten, tre;7 also auch itaque ausdrücken
könnte, von welchem es doch schwerere betonung unterscheidet.
2) fortschreitendes, folgerndes, anschlieszendes itaque = et
ita, igitur, betont also, in manigfacher abstufung, zu eingang,
inmitten und zu ende des salzes: also gicng er fort, er gieng
also fort, fortgieng er also; er that also, wie ihm geheiszen
war, er redete also vergebens, also waren deine worte falsch?
also kommst du nicht? soll nun also nachgelassen werden?
die sind also die zwölTe? Klopst. Mess. 3, 144;
also das wäre verbrechen, dasz einst Properz mich begeistert?
GöTHE 1, 330;
also hatte er doch gewählt, und um zu wählen muste er
also ja den gegensatz sich als möglich gedacht haben. Schil-
LEB 767 ; also ward vertilget alles, l Mos. 7, 23 ; also ward die
erde trocken. 8,14; also gicng Noah heraus. 8,18. ßr dies
also läszt sich so höchstens rornen, kaum in der mitte, wo es
wie ita, nicht wie itaque klingen würde, setzen : so gieng er
dahin, so war alles umsonst, nicht aber: er redete so ver-
geblich ßr incassum igitur loquutus est. doch begegnet un-
ser so auch schon einem gemilderten also, wovon Äcricola
spr. 509 ein gutes beispiel liefert: er ist also hin = er geht
so mit, wie wir tagen: er ist so lala, es geht so lala, weder
gut noch böse.
3) beziehendes also, neben adj. und adv., und bei nachfol-
gendem dasz, ein schwächeres ita, als das unter l, zu betonen
also, ich kan solchen mutmllen nicht also ungestraft hin-
gehen lassen, pers. rosenth. 7, 20 ; also geschmückt stand Ga-
briel auf. Klopst. Mess. l, 710 ;
isi kein boden weit und ferne
wo gedüld wächst also gerne. Locau 1, 6, 19;
die Schlange betrog mich also, dasz ich asz. 1 Mos. 3, 13 ; also,
dasz das land erbebet. 1 Sam. 14, 15; also hat gott die weit
geliebet, dasz er seinen eingebomen söhn gab. Joh. 3, 16 ; der
gute mensch erschöpfte sich dadurch also, dasz er umb all
da» seine kam. Loeiaü fab. 16; der brombeerstranch breitet
»eine zweige und blätter also aus, dasz sie zwischen alle
nmbstehende blnmcn sich eindochten. fab. 22;
bei hofe niiiii pjn solcher köpf. d<T also trinken kan.
dasx er entdeckt sich selbsien nicht, vielmehr den fremden man.
Lo«AO 3. tugabe 246.
In diesen fügungen tritt zwar heutzutage überall einfaches so
an die stelle des also, warum sollte aber den dichtem nicht
auch nocli also gestallet sein? mehr unter so.
ALSOBALD, adv. illico, protinus, volltönendes alsbald, das
GöTHE gern, doch nie im sinne der conjunction, gebraucht:
sie zaudert, alsobald verdüstert sich dein blick. 7, 31 ;
umschreiben sie die wenigen worfe, so wird der sinn also-
bald hervorleuchten. 21, 99; es ist bekannt, dasz die men-
schen, sobald es ihnen einigermaszen wol und nach ihrem
sinne geht, alsobald nicht wissen, was sie vor übermuth an-
fangen sollen. 23, 108 ; die ausführung des gedankens ward
alsobald begonnen. 29, 167 ; erregten mir alsobald ein solches
misbehagen. 20, 332 ; zur ausführung Hihige bieten sich gewis
alsobald dar. 44, 61 ; alsobald, wo nicht gar schon im voraus.
45, 117 ; so übersetzen sie es in ihre spräche und dann ist es
alsobald etwas andres. 56, 150. in der stelle 23, 108 sind so-
bald und alsobald nachlässig gehäuft, deren eins leicht hätte
können vermieden werden.
und mit grünen hnimen
schmücket sich der hoden alsobald.
Schiller.
ALSOBALDEN, adv. ßr alsobald, ladelhaß bei Flemisc:
er nickte für das haus,
stieg alsobalden ab. 1(>4 ;
der auch alsobalden käme*. 439.
ALSOFORT, adr. gleichviel mit alsfort, protinus. wenn das
geringste goldsand aus den zühnen der feile hernieder fället,
so sind da alsofort tausend äugen, so darnach sehen, pers.
baumg. 6, 13 ; kündiget ihnen den tod an, sind auch alsofort
niedergefallen und gestorben, pers. rosenth. 7, 20 ;
so wird er alsofort dem inaier beigerückt t;AMTZ 94;
dies geschah auch alsofort. Wielaxd II, 27; alsofort im b{-
rührungspuncte gleich einem endlichen grad der widerslrebung
entgegensetzen. Käst 8, 186 (1747) ; alle werden hiermit durch
mich den herold vorgefordert und befehligt, alsofort vor den
aldermännem zu erscheinen. Klopst. 12, 270 ; sie blicken, in-
dem der alte weg verspcni ist. schnell umher nach einem
neuen, um ihn alsofort frisch und muthig anzutreten. Gütue
22,100;
lasz alsofort den einen rafzahn sehn.' 41,157.
Stieler hat schon s. 1272 alsofort merken, expedite perctpere.
ALSOGLEICH, ein drittes adv., das Gütde mit alsobald und
alsofort gleichbedeulig verwendet:
ihr müszt, so lehr ich, alsogleich
einen um den andern vergessen. 3, 127 ;
das aber . . alsogleich verschwindet. 29, 203 ; so ermordet er
es alsogleich. 56, 137.
ALSOHIN, adr. tUut, ulcunque, vgl. sohin.
ALST, vulgariter holzknor, tumor in ligno globoso hat das
rocab. ine. teut. und das von 1515. r. ast.
ALST, ßtr als, irird in der Volkssprache, z. b. der henneber-
gischen, hessischen hin und wieder vernommen, zumal wenn es
bisweilen bedeutet, alsteinal, als einmal und gleicht dem nurst
ßtr nur, immerst ßr immer, änderst ßr anders, sonst ßr
sus und manchen andern Wörtern, die gern ein auslautendes
t oder sl anhängen, ein solches alst hat sich sogar in Lu-
thers bibel eingeschlichen, denn 2 Sam. 15, 2 liest die ausgäbe
von 1545 : und Absalom macht sich alst des moi^ens früc auf
und trat an den weg bei dem thor; die neueren drucke setzen
.i!« orfrr also, dies alst des morgens stimmt zu dem bei als
H, 7 angcßhrlen als morgen, als gestern, als heute.
ALSTER, f pica: die alster die ist schwarz und weisz.
Uhla>d rolkil. 36. s. agalaster und eisten
ALSWIE, nicht verbunden zu schreiben; die hdufung als wie
ist bei der partikel als verhandelt worden, ganz etwas anders
waren ahd. alles wio (Graff 4, 1195J und mhd. als wie.
ALT, vetus, goth. al|)eis, ahd. alt, alts. ald, ags. eald, engl.
old, nnl. oud, den nord. sprachen als einfaches adj. mangelnd,
die daßr altn. gamall, schw. gammal, dän. gammel haben.
alt stammt von alan, aljan, lat. alcre, dessen part. altus nw-
tritus, adultus, sursum erectus, hoch aufgeirachsen und hoch
dem neuen und jungen schosz entgegensteht, wie in altus hoch,
wird in unserm alt vrtus das parlicipialrerhältnis nicht nach-
geßlilt. der laulverschtehung nach ist dem lat. altus goth. al-
I)ei$ und das part. usal|>ans yoacöSr^e gemdsz, wie sich aber
aldrs und aldoroo fortbildete, tritt auch alts. ald ßr altb, mit-
17*
263
ALT
ALT
264
hin ahd. alt für ald ein. wahrscheinlich ist dies alt dem skr.
vriddha aduUus, auclus, senex von der tvurzel vridli crcscere,
florere entsprechend, aus vriddha konnte arddha und alddha
werden.
Wir unterscheiden das junge vom neuen, stellen aber beiden
das alte entgegen, der Gotlie setzt genauer juggs dem al|)eis
aqxaXos, niujis dem fairnis TtaXaios gegenüber, das erwach-
sene ist al{)i, das lange bereitete und gemachte fairni. auch
ahd. scheint noch junc dem alt, niuwi dem firni entgegengesetzt
und selbst heute heiszt ein greiser alt, der langgekelterle wein
firnewein.
Doch mischen sich, auf beiden seilen, frühe schon die bedeu-
tungen. das gr. ra'os ist neu und jung und Ui.filas schwankt
zwischen vein niujata tind vein juggata, der gewachsne edle
rebensaß verdient auch jung, folglich alt zu heiszen, und für
vein fairnijata würde gothischem munde auch gerecht gewesen
sein alj)jata, nicht aber halte etwa bei snaga, dem kleide, oder
beist, dem Sauerteig fairni durch a\\n veiircten werden können.
Früher war auch das nord. gamall unter ims bekannt, wie
die ahd. eigennamen Kamalo (altn. Gamii), Gamalheri, Gamal-
beralit, Gamaldröt, und ein alts. gamalon senescere lehren,
altn. erscheint es nur von alten menschen, für Sachen aber
forn = goth. fairni, ahd. firni ; weil aber forn erlosch, er-
streckte sich das schw. gamma!, dän. gammel auch auf sachen,
X. b. det ganila testamentel, dän. det gamle testament, r] na-
Xaia Sia&Tjy.r., altn. hit forna sältmäli.
Allein auch schon ahd. und mhd. scheinen alt und firni nicht
ganz in der läge des goth. aljieis und fairnis, alt von grösze-
rem, firni von minderem umfang, niuwi und firni, niuwe und
virne erscheinen zwar immer noch als gegensatz, doch so, dasz
auch alt an die stelle des firni treten kann, manche mhd.
dichter enthalten sich des virne gänzlich, Conrad, der es am
häufigsten verwendet, setzt richtig ein kleit swach und virne.
Troj. 3860, virne missetät MS. 2, 200', name virne schm.
409, aber auch : er was alt und virne. Troj. 4500, wie Notker
ps. 32, 2 firnen und alten, senescere und veterascere verknüpß.
JV/id. ist firne noch beschränkter (m. s. das wort} und alt dient
für beide bedeutungen, es ist
i) gegensatz des jungen und wird dann noch steigerbar in
uralt, steinalt; alt werden, nicht blosz senescere, alten, son-
dern überhaupt an alter zunehmen: das neugeborne kind ist
di"ei tage alt; eins tags alt. Keisersb. post. 2,98; ein sechs
Wochen altes kind; ein jähr und drei wochen all; nicht me
dan über nacht alt ; wenn der mei acht tag alt ist. fastn. sp.
761,20;
die Diütter brachten sie eines
frühlinges ah, der ersten iimarmung' des segnenden valers.
Klopst. Mess. 5, 172;
er wird nicht alt; er wird vor der zeit alt; du machst dich
älter als du bist ; von zwein briidern der ältere, unter dreien der
älteste ; auch mit auslassung des alt : sie ist noch nicht sech-
zehn jähre, ja blosz : noch nicht sechzehn, er ist schon fünfzig.
böses soll man bald vergessen, doch vergiszi siciis schwerlich bald,
gutes stirbet in der Jugend, böses wird geineinlich alt.
LoGAU 2, Ü, 30.
alte leute, alte verständige leute; so ein naseweis musz nicht
darein reden, wenn alte leute schwatzen ; alter mann, alle
frau, wofür auch substantivisch der alte, senex, die alle, anus
(s. diese Wörter); die alten, die ellern, voreitern (s. hernach).
alte, erlebte leut. Fronsp. kriegsb. 3,16'; der alte Cuto, Cato
priscus sive major; der alte Moor, Moor der valer. Schiller
3, 11 ; keiner ist zu all etwas zu lernen ; jung gewohnt, alt
gethan ; in meinen allen tagen, er ist zu seinen allen tagen
gekommen; in seinen alten tagen. Hagedorn 2, 104 ; auf meine
alten tage wollen sie mir noch eine freude machen? Vertrau-
lich redet man alte und befreundete leute an alt^f und alte:
alter schone dich! aller nimm dich in acht! da hast du was
alte!; ach alter! wären wir beide geblieben, wie wir waren,
du ein fröhlicher witwer und ich ein wilder Junggeselle. Göt-
ter 3, 244; heda alte! komm einmal heraus. Arnim Schau-
bühne 1,1; mein alter {mein ehmann). i. Paul Fibel 33;
golt grüsz euch, aller, schmeckt das iffeifchen? Pfkffbl;
sprichst du, wahrend mein weib schenket den süszdul^cndcn
sinatbcc,
seelenvolles gespräch, alter, und singst deinen Anakreon.
Voss an Ovcrbcck;
und kindcr drücken sich von vater und mutier aus : mein alter
ist krank, mein alter hat mich gescholten ; mein alter ver-
setzte. GoTiiE 40,175; meine alte siehts nicht gern;
und zog hinweg zu folgen seinem alten
im reich und in der krön. Werders Ariost 11, 62.
lehrlingen heiszt der meister der alle, unser alter, berg-
männisch: den allen mann bauen, eine vcrscliültete zuge-
stürzte grübe wieder aufräumen, vgl. altmann. Häufig die allen
und die jungen oder auch im unßeclierten neutr. all und
jung für alle und jede: wir wollen ziehen mit jung und all.
2 Mos. 10, 9; mann und weib, jung und alt. Jos. 6, 21; die
alten mit den jungen, ps. 148,12; ich wil die alten und jun-
gen zerschmeiszen. Jerem. 51, 22 ;
dir unterwirft sicli jung und alt. Hagedorn;
das ist hier im lande die meinung von alt und jung; ihr
habt, wie ich, von dem zurufe gehört, den im j. 1769 alt und
jung bei einer brüderlichen Zusammenkunft beschlossen haben.
Klopst. 12, 409 ;
und überall, all überall,
auf wegen und auf siegen
zog alt und jung dem jubelschall
der kommenden entgegen. Rürger 13".
50 vei'binden sich auch alt und krank, alt und arm im sinne
von alter und krankheit, alter und armut:
und schön hat alt und krank auch leichtlich hingericht.
LoGAü2, 3, 10;
Canus geht gar krum gebückt
weil ihn arm und alt so drückt. 2, 9, 20.
So nun auch von thieren und pflanzen: der alte stier, entge-
gen dem jungen (juvencus); die alle kuh und das kalb; eine
alle Schindmähre; der alle, graue wolf; ein aller schlauer
fuchs; sieben küchlein mit der allen henne, und so von allen
thieren. ein alter bäum, eine ehrwürdige eiche, dreihundert
jähre all; alte weinslöcke, im gegensatz zu jungen reben.
2) gegensatz des neuen.
das alle jähr, die alte zeit, fon den ältesten Zeiten her; der
alte golt lebt noch; die alle weit, die längst bekannte im ge-
gensatz zur neu entdeckten; das alle testament, die alle ehe;
eine neue creatur, das alte ist vergangen. 2 Cor. 5, 17 {goth.
niuja gaskafts, })ü al})j6na usli|)un) ; alle silten, brauche und
gesetze, alle mode oder wie dies sonst hiesz, die alle band;
alte kleider, alte schuhe, alter hut, abgetragen und abgenutzt;
altes geld, alle thaler, alle münze: welche münze, so si bo-
fel und alt werden, wechslen sis ab in des kunigs münz.
Frank wellb. 195'; ir handlierung ist nit wie vor altem {eli-
mals). 53"; es war von altem her silt und gewonheit; aller
wein, firnewein; alte fruchte, firnefrüchte; alte buller, alles
ranziges öl, feil, ein alles wort, eine alte art zu reden, alte
aus dem gang gekommne spräche ; altes, verfallenes haus,
die älteste kirche im lande ; alle kirchen haben dunkle gläser,
wie kirschen und beeren schmecken musz man kinder und
Sperlinge fragen, dies waren unsere lusl- und leibworte. Göthe
26, 69. eine alle sladt, die alle landstrasze, der alle weg.
alte, eingenistele krankheil, alles übel, alter schade, alle
wunde, auf menschen angewandt heiszt der alle nicht sowot
der bejahrte, als der langjährige, treue, standhaße, auch der
ehmalige, gewesene: ein alter freund; ein alle, ehrliche haut;
ein aller haudegen, alter krieger: an treue und gehorsam bin
ich der alte. Göthe 8, 248; ich danke dir, du bist die alle.
10, 123; du bist der alte noch, so viel ich sehe. Klinger 6,
284; das ist mir der alle! dem musz man so was an die
nase heften. Schiller 183; man möchte oft lieber ein ge-
spensl, als einen allen liebhaber vor äugen sehen. 19, 234,
ein solcher liebhaber kann jünger sein als der neue, komm
her, alter keil! altes, fideles haus! ein altes handwcrk oder
gewcrk, wie becker, fischer, schmied gegenüber den neuaufge-
brachten; die allen fürslen und edelleute gegenüber den neu-
backenen; aller adel, alles geschlecht, es bleibt heim alten,
wird beim alten gelassen, nichts neues eingeßihrt:
ruhig war er nicht dabei,
liesz OS nicht beim alten. Göthr 1, 102;
wir aber lassen es wol beim alten. 3, 264 ;
mag alle's durcheinander gehn,
doch nur zu hause bleibts beim alten. 12, 51 ;
wenn alles beim allen blieb, wenn man in das gleis des ge-
setzmäszigen Icbens zurückkehrte. 17, 181 ; der oheim mochte,
reden was er wollte, so hlieh es mit mir doch immer heim
alten. 19, 348. alle liehe rostet nicht ; der alle hasz, das alte
vorurlheil dauern noch fort; da befiel ihn sein aller durst
nach einem einzigen, crschütlernden gusz aus dem füllhorn
der nulur. J. Paul Tit. 1, 10 ; wie fürchte ich mich diesen au-
265
ALT— ALTARBLATT
ALTARBÜCH— ALTE
266
genehmen träum zu verlieren und wieder in meinem alten
Jammer zu erwachen. Lessi.xg ; er hat seine alte würde wie-
der erlangt; diese Stadt behauptet ihre alte freiheit. Einige-
mal mag zweifelhaft sein, ob das alle dem neuen oder jungen
entgegen siehe, oder die ungenauigkeil gerade in absieht liegen,
wie bei dem ausspruch: ich bin jung, habe doch alte bücher
gelesen ; sie haben da lauter alte tröster. Lenz 1, 220 ; (mehr
freude) als mein altes herz wird tragen können. J. Paul ju-
beis. 175, entweder das altgewordne oder das alle, treue.
ALT, m. der fisch alant, alet.
ALT, m. in der musik, die hohe millelslimme, nach dem it.
alto : er singt alt, singt den alt :
der alt, so itzt noch ruht,
wird schon eu rechter zeit sich ins concert aufmachen.
Grtphils 2, 342.
ALTA, f. senex, wie sich bei eigennamen und in der an-
rede das männliche o und weibliche a der schwachen form
verschiedentlich erhielt, so gebraucht H. Sachs im vocativ noch
aha!
mein altal ich hab es schon than. II. 4, 12';
bleib da, hörst nicht? bleib altn bleib! II. 4, 12';
schweig alla! hab ein klein geduld. H. 4, 12<;
alta! wie das so frölich bist? 111.3,19*,
ei alta schweig, lasz dein gespei 1 111.3,25';
alla, alta! ein guten morgen. III. 3, 42*;
wogegen der nom. mein alte lautet, z. b. IL 4, 12'. einen ent-
sprechenden voc. m. alto ! sucht man bei ihm vergebens, wie
sich sonst narro ! oder Hanso I Cunzo ! Fritzo ! Lenzo I genug
findet.
ALTADLICH : eine altadliche dame. RAnENER 3, 333.
ALTAM.MANN, m. in der Schweiz der gewesene ammann.
' ALTAN , m. oder ALTANE , /". Solarium, nach dem it. al-
tana, was sonst balcon. schon H. Sachs IL 4, 49'
mit allanen auf welsch manicr.
ALTANDACH, n. tectum planum.
ALTANFENSTER, n. doch still, das altanfenster geht auf,
da sind sie. Fr. Müller 3, 115.
ALTAR, »71. ara, ahd. altari (nicht altAri), alten, mhd. alter :
unser älter frön derst unter einer übelen troufe.
Walih. 33, 10,
d. i. unser frohnaltar, heiliger altar, zuweilen elter (was man
sehe), nnl. allaar, früher outaar, outer, engl, altar. der Gothe
setzte hunslasta|)s, opferstälte, der Angelsachse vihbed, veofed,
heiliges bett (mythol. 59), vgl. auch goth. biuds, ahd. piot, ags.
Leod mensa. wir haben mit der lat. form allar auch die uns
fremdartige belonung altär zurückgeführt, und bilden jetzt den
pl. altäre, Opitz sagte altare :
das blinde hcidenthnm hat oAmals mit altarcn
die Sachen auch beschenkt, so nicht bestehend waren. 36C;
fast sechzehnhundert jähre
sind weg, seit dasz ihr nicht habt kirchcn und altare. 381.
GOnther braucht das wort neutral:
auf ein altar zusammen, das wir . . . aufgericht. 643 ;
aufs altar. "SO; vor dein altar knien. 202;
doch auch:
und krönt den heiszen dankaliar
der schon mit moos bewachsen war. It02.
zum altare gehn : sich kirchlich trauen lassen,
du hast uns oft im iraum gesehen
zusammen zum altare gehen
und dich als frau und mich als mann. Göthu 1, 47;
sich zu Hymens altar bekehren. Gotter i, 177; altäre der
Freundschaft. 1, 392 ;
er hat eine geweihte des himmcis verführt,
dorn altar ein Opferlamm entwendet. 3, 25;
nur auf gräszlichen alteren
dorret menschliches gebcia. Schiller;
die altilrc der natur, die berge. J. Paul llesp. 2, 248. J»ft/
diesem fremden wort bildet nun der kirchliche gebrauch eine
unerschijpflc menge von Zusammensetzungen, aus welchen ßr
die spräche nichts zu lernen ist.
ALTARBEKLEIDCNG. f operculum altaris.
ALTARBILD, n. effigies ante, pone aram: wie altarbilder
stehen hohe unglückliche da. Herder.
ALTARB LATT, n. dasselbe.
ALTARBUCH, m. liber arae imponendus.
ALTARRÜSZE, f expiatio criminis juxta aram.
ALTÄRCHEN, n. arula.
ALTARDECKE, f. arae tegmen.
ALTARDIENER, m. arae minister, aedituus.
ALTARDLFT, m. odor Iuris impositi arae.
ALTAREINFASSüNG, f die Schnörkel aller altareinfassun-
gen. GüTHE 44, 8.
ALTARGEFA^Z, n. ras arae inserviens.
ALTARGERÄT, n. instrumenta altaris.
ALTARIST, m. altarista, aedituus, minister arae.
ALTARKERZE, f s. altarlicht.
ALTARLAMPE, f ampulla altaris.
ALTARLEHEN, n. feudum ad altare datum.
ALTARLEIN, n. arula.
ALTARLEUCHTER, ni. candelabrum arae.
ALTARLEUTE, pl. curalores altaris.
ALTARLICHT, n. cereus arae inserviens, hauptsächlich aber
cereus in altari consecratus, solche altarlichter verschenkten
und versandten die geistlichen an vornehme weltliche, diese
wieder an günstlinge:
mir hat ein lieht von Franken
der stolze Missenaere bräht,
daj vert von Ludewige. Walth. 18, 15 ;
ir hänt iuwer kerzen kündeclichen mir gesendet. 84, 34.
ALTARMANN. ni. aedituus, diaconus.
ALTARMANTEL, m. tegmen, conopeum arae.
ALTARRECHT, n. jus patronatus.
ALTARSEULE, f columna arae.
ALTARSTEIN, m.
ALTARSTÜCK, n. was altarblatt.
ALTARTUCH, n. tegmen arae.
ALTARWEIN , -m. vinum arae, vinum in ara eonsecratum.
kaffec, das taufwasser und der altarwein der weiber. J. Paul
Siebenk. 3,18.
ALTBACKEN, dudum coclus, gegensati des neubacken, re-
cens coctus. nnl. oudbakken: oudbakken vrijer.
ALTBAUM, m. prunus padus.
ALTBEKANNT, dudum notus:
alles wimmelt
der altbekannten hofnungsfahne zu. Schiller;
eine altbekannte volkserscheinung. Göthe 6, 18.
ALTBERÜH.MT, dudum famosus : diese altberühmte sladt.
GüTHE 1, 200.
ALTBETAGT, ahd. alt järo, alt tago, plenus dierum, hoch-
betagt: so lang bisz der altbetaget kompt zu richten. K. d.
f 21G.
ALTBIEDER, honestissimus, probatissimu^ :
so wie mit Hagedorn
sang altbiederer zecher chor. Voss 3, 56.
ALTRINDER, m. vietor vctera curans vasa vinarta, gebildet
wie allhüszcr. altflicker.
ALTBÜRGERLICH, ciribus dudum florens, gegensalz lu alt-
adelich : das altbürgerliclie, kunstvolle Nürnberg. Tieck 4, 12.
ALTBÜSZER, m. sutor veteramentarius, mhd. altbüejer Bejc.
1, 284*, mnd. ollboler. upstand. 1121, ron büszcn, büejen emen-
dare. Oberlin 31. vgl. schuhbüszer.
ALTDEUTSCH, priscus, ex more veterum Germanorum, alt-
deutsche spräche, altdeutsche tugend:
unter denen, welche sich
recht edel auf altieutsch erweisen. Weckherli?« 572;
wan deinen namen du nicht lassest altteutscb bleiben. 826;
zu (auf) altdeutsch trinken, taumelnd küssen
ist höchstens nur der Wenden lust. Hagedorx 3,96;
'sie beweine den verlust ihrer tochler nur deswegen, weil sie
nicht das altdeutsche vergnügen haben könne, eine Mechtilde
taufen zu lassen. Göthe 19, 55. vgl. altfränkisch.
ALTDEUTSCH LAND, n. Germania relus.
ALTE, m. senex, die schwache form des adj.
wir rennen, seit aus ihres allen bette
Aurora stieg, bis bald zum sternenlichl. Wielatid 17,20;
und unser alte gieng den kästen aufzuschlieszen.
GöKi.iGK 3, 218;
von zeit zu zeit seh ich den alten gern
und hüte mich mit ihm zu brechen. Görnr. 12, 26.
der alte aber hatte sich wenig verändert, dieser spielte ge-
wöhnlich die gntmüthigen polternden allen, wovon das deut-
267
ALTE— ALTEN
ALTEN— ALTER
268
sehe theater nicht leer wird und die man auch im gemeinen
leben nicht selten antrift. 18,175; nach dem tode unsers va-
ters merkten wir wo!, dasz dieser mann von unserm alten
treflich ausgestattet worden war. 20, 262 ; der alte vom Kö-
nigsberge (Kant). 50, 56.
0 güldene Zeiten, o selige stunden,
der alle der tage wird ietzund ein kind,
durch welches die erde den himmel gewinnt.
GÜNTHER 334.
vgl. altbetagt, in der deutschen karte heiszt der eichelober oder
der trumpf vorzugsweise der alte, nicht anders im schachzabel
der alficus.
ALTE, f. anus, noch ganz adjectivisch declinicrt, gen. der
alten, dat. der alten, während die subst. in diesen fällen das
n ablegen, vgl. auch alta.
der kranke thai, was ihm die alte sagte. Gellekt 1, 51.
ALTE, /■. vetustas, ahd. alti, mhd. elte: so gat hinweg die
ehe der Sünden. Keisersd. bilg. 69 ; in merklicher elti. Ried-
RERS rhetorik. Freiburg 1493 fol. bl. 105* ;
und Solothurn die uralt statt
gelegen an dem wasser Aar
f'ürausz verrürapt von elte gar. Rebmann 184;
die alt vetustas, antiquitas. Er. Alberus; in der älti. Para-
CELSUS 2, 142' ; das gemäuer ist von groszer alte abher {herab)
gefallen. Münster 284; nimb niilchrahm, so vor ältin sawer
sei. Seuter rosarznci 277; aus der alte des adels. Philand.
1, 399 ; kennzeichen der alte {des alters, bei pferden). Hohberg
3, 223'; die kinder folgen der alte nach so aufeinander, so
richtig diese in den Volkssprachen haßende bildung ist, wird
sie doch selten angewandt und meist durch alter vertreten.
bair. die alte (Schm. l, 52), wettcrauisch die alt, Schweiz, älti,
elte (Stald. l, 98).
ALTEDEL :
Gerstenberg, altedler, du tauchst in deines
denkcrs Kant tiefsinn dich hinab. Voss 3, 214.
ALTEHULICH: mein altehrlicher freund. J. E. Schlegel
5,246.
ALTEHRWÜRDIG: altehnvürdige mutter, für y^rjv na-
laiysvt's. Voss Od. 22, 395 ; ein altehi-fl'ürdiger name. Daulm.
fr. rev. 335.
ALTEISLER, m. circuitor, hausierer, der alles eisen und
geräth einhandelt.
ÄLTELN, consencscere, silum redolere, beginnen all zu wer-
den, wäre ahd. alliJon, mhd. eltelen. seit einem jähre ältelt
er zusehends; wenn ich ihm {dem leser) nur nicht ültle.
Hagedorn 1, xxviii ;
die Jugend ist um ihretwillen hier,
es wäre thöricht zu verlangen :
komm ältele du mit mir. Göthe 3, 244.
auch : die butter ältelt. bei Stalder 1, 98 der einfall ültelct,
das ältelet mich an.
ALTELTERN, majores, diealtvätcr, voreltem. Agricola 546.547.
ALTEN, senescere, ahd. alten : wenn du gerotest alten, dan
feil dir vil ubels zu. Keisersb. bilg. 195;
und allen bald in eer und gut. Schwarzenb. 105, 1 ;
und wer hi allel oder jungt. 127, 2;
drümb wi ain ieder alten wil
des vleisz er sich von jugenl vil. 143, 2;
zorn altet langsam. Frank spr. 1, 36'; wann der wolf altet,
80 reiten in die krähen. 2,164';
wo sie mit ehren sollen nltn.
B. HiNGW. l. wahrh. 289 ;
wer will vergnüget allen,
soll mit niemand reindschaft halten.
Weckherlin 834; •
der nicht faulen will
in seiner muuer schosz und hinterm ofen alten.
Opitz 2, 18;
wer jung erschossen wird, der pfleget nicht zu allen.
Opitz;
wer durch eisen wird ein herr, musz sich an das eisen halten,
sonsten wird das eisen selbst ihn nicht leichtlich lassen alten.
I.OGAC 2, 2, 96;
junge solin die allen ehren, weil auch sie bald alten müssen.
3, 10,71;
wenn wir leben, wenn wir alten, wenn die greisen haar uns
färben. A. Grvpiiils 2, 159;
welcher sich schräg hinbog uro den allenden ahorn.
Voss 1, 20;
er sieht, wie er gealtet
im trüben weltgewühl. Uhland ged. 377.
üblicher ist altern.
ALTEN, pl. m. majores, homines prisci, sapientes, classici
scriptores :
einmal für allemal gilt das wahre Sprüchlein der alten:
wer nicht vorwärts geht, der kommt zurücke. Göthe 40, 260;
das schlosz haben die allen mit vernunfl hiehergebaut. 17, 87;
Tor diesem haben unsere alten die blumenbettlein etwas er-
hebt. Hohberg 1, 587';
dasz ich die allen nicht hinler mir liesz, die schule zu hüten.
Göthe 1, 330;
er halte grosze kennlnisse in der geschichte der alten. Klin-
ger 4, 8 ; unser guter vater und mein weih hallen nach alten
und weiber art schon wer weisz welche besorgnisse. Fichtes
leben 2, 392. Auch von den alten vögeln gegenüber den jungen.
wie die alten sungen
zwitschern die jungen;
die jungen bring ich dir sobald die alten hecken.
Geilert 3, 397.
ALTEN, f die alten ist ein bekannter fisch, der in bächen,
Aussen, teichen und seen zu finden. Hohberg 2, 505'; die la-
teiner nennen ihnsqualum; grundel, rothaugen, alten. 1,117";
die alten. Schmelzel lobspr. 92. scheint doch kaum verschie-
den von alant capito, Schmeller 1, 52 hat der alt, des alten
cyprinus.
ALTENGLAND, n. Göthe 6, 110. old England.
ALTEiS'GLISCH, adj.
ALTENMANNESROLLE, f fabula, argumentum senis :
er fordert nichls dafür als höchstens einen kus.
mit einem worl er spielt die — altenmannesrolle.
Wieland 22, 269.
ALTENTHEIL, m. oder n. porlio senum. der vater zieht
sich auf den vorbehaltnen thcil des alten oder der alten zu-
rück, ein solchei- heiszt auch der altentheiler, sonst altsitzer.
ALTENWACHS, m. nervus: und geht den ligamenten nach,
nerven und altenwachs, anzufahen im hals, und welchen al-
tenwachs er trifl, den schlecht er in seinen lacerten nach,
soweit sie gehnd, beid in fuszen und henden. Paracelsus 1,
528'; anstatt der bein hat er krospeln und altenwachs. Fo-
rer fisrhb. 186'. ein uraltes, noch in der oberd. Volkssprache
lebendiges icort, bei Keisersberg eltewachs, schwel:, altewachs
und waldiwachs (Stald. 1, 99), bair. waltwachs, wallawachs,
jetzt gewöhnlich hanvachs (Schm. 4,74); ahd. waltowahso ner-
vus (Graff 1, 689); fries. walduwaxe /". (Richth. 1124) Spina
dorsi. bei walt ist an gewalt, stärke, die in den nerven und
dem Tückgrat ruht zu denken, bei alle, eile vielleicht an das
dunkle alte articulus, ir. alt, lat. arlus f. arthus, ä^d-Qüi',
an allcfil und altelos, gliedlos? kraßlos? (Schm. 1,52), über-
haupt aber an die für all adultus geltend gemachte wurzel
vridh crescere; in wachs und wahso drückt eine andre wur-
zel dasselbe aus, wie in der Schweiz das blosze wachs für
altewachs vorkommt, das entstellte altenwachs sollte vielleicht
den gedankcn wachsthum des alten, krdßigen mannes herbei-
führen, belege für das richtigere altwachs folgen unter d. u\
ALTER, n. aevum, aetas. gleich dem weiblichen goth. aijis,
altn. öld aevum, seculum musz es auch ein ahd. ald und alt
f. von gleicher bedeutung gegeben haben, wie das zusammen-
gesetzte werall, woroll, nhd. weit lehrt, das wir noch heute
weiblich gebrauchen, für das einfache alt kam aber allmälick
das neutr. altar, unser aller auf, so dasz in unserm wellalter
der pleonasmus wcrallaltar steckt, aller bedeutet uns nun
1) aevum, Zeitalter, weltaltcr:
0 that, die {(ptam) well in crzl und cedern billich schreibt,
und wie sie immer kan, dem alter einverleibt.
LoGAU 1, 4, 47;
ja du bist unsers alters preis
und taugenlich zu wort und werken. Weckherlin 372;
das goldnc aller wieder zurückrufen. Schiller 109 ; der
Schöpfer eines neuen goldnen allers in Spanien zu werden.
245; Italien, dem Cosmus jüngst sein poldnes aller wieder-
gegeben. 783; eine wollhätige gollheit nähre ihn mit der milch
eines bessern allers. 1158. doch ohne ein solches beiwort wa-
gen wirs kaum zu gebrauchen und ziehen zeitaller, wellalter
vor, nur in den adverbien von allers, vor allers hat es sich
einfach erhallen: es war aber vnn allers her {von je her) eine
gewonheit in Israel. Ruth 4, 7 ; diese waren die cinwohner
von allers her dieses landes. 1 Sam. 27, 8 ; deine gemeine, die
269
ALTER— ÄLTERLE
ALTERMANN— ALTERTHÜMLICH
270
da Tor alters erworben, ps. 74, 2; gott ist mein könig von
alters her. 74, 12 ; sie ist der elibrecherei gewoiinet von alters
her. Ezech. 23, 43; daruinb die Stadt Sarepta von alters de-
nen von Sydon zustendig gewesen. Mathesils l'; in allen
künsten ist von alter her ein löblicher gebrauch gewest.
Fronsp. kriegsb. 1, 137' ; vor alters gieng es nicht. Fleming 109 ;
was für ahers lugend hiesz. Logau 1, 8, 61 ;
heute gebt ein altes abe, gehet ein ein neues jabr,
gebe goii, dasz deutsches wesen sei wie es vor alters war.
2,8,83:
wo käme lieb und hasz denn her,
wenn er nicht schon von alters war; Göihe3, 2S6;
wie es scheint bist du noch immer so lehireich und ge-
schwätzig wie vor alters. 10, 162 ; die kunstbemühungen, wo-
durch diese Stadt von alters her so berühmt ist. 33, 171. vgl.
altersallein.
2) weil häufiger aetas, lebensallet; auf jeder stufe, zumal
aber das höhere aller, senectus, welches bei Keisersberg ein-
mal männlich gebraucht wird: der alter pfetzt si und lit in
ir zu nagen und macht si so wunderlich, ehr. bilg. 32 ; doch
sonst steht es nur neutral, das kind ist seines alters im zwei-
ten jähr gestorben, hat sein alter nur auf sieben jähre ge-
bracht; die Jungfrau steht in ihrem blühenden alter, der
mann in der kraft seines alters; das kind ist seines alters
ein Stab; wir sind gleiches alters; alter hilft für, schützt vor
thorheit nicht; der greis hat das höchste alter erreicht; sonst
wärest du jung, jetzt stehst du im alter; das alter naht,
schleicht heran, beschleicht {mhd. siget vaste zuo), ist eine
grosze bürde; er ist alters schwach; das alter hat ihm
die sinne benommen; drei (menschen-) alter bilden ein Jahr-
hundert, das alter kommt über die menschen, greiß sie an :
werm das alter wird mit uns ringen, fastn. sp. 612, 8; bis
mich das alter ab wird treiben. 737, 12. 738, 10; du solt
fahren zu deinen vätern und in gutem alter begraben wer-
den. 1 Mos. 15, 15; und Sara ward schwanger und gebar Abra-
ham einen söhn in seinem alter. 21, 2; und nahm ab und
starb in einem ruhigen alter. 25, 8; denn die äugen Israel
waren dunkel worden für alter. 48, 10 ; er bedachte sich also,
wie es denn seinem groszen alter und eisgrauen köpf ge-
mäsz war. 2 Macc. 6, 23; also so si {die nationen und reiche)
auf ihr fürgestelt alter und zil kummen, haben si auch wi-
der iren undergang und abnemen. Fa.\xR weltb. al'; er hat
sein alter, traget in. Sciimelzel blindg. söhn 8'; wenn ich
manchmal dachte, wie wird es mit dir aufs alter werden?
Lessi:«g 1, 557; weil in dem jähre, da Aphepsion archon
gewesen, Sophokles alters wegen noch kein trauerspiel auf-
führen können. 6, 318 ;
und die niauer die vermorschte
alters halben ist gefallen. GöthsS, 274;
dies röschen, in der knospe noch verhüllt,
der Unschuld deines alters bild. Götue 1, 1S2;
SO gehts, wenn die rasche Jugend den rath des bedächtigen
alters verwirft. 3, 112;
ihr wart so zarten alters noch. Schiller 408;
das alter hört sich gern,
und wenn es auch nicht viel zu sagen bat. Götue 4,66;
nun wurden mir alle stände, alter und Charaktere zur last.
19, 98. Zuweilen bezeichnet alter auch ein mit dem aller ver-
bundnes Vorrecht: das alter vor einem haben, länger im be-
sitze sein; sein alter augenscheinlich macbcu^ sein älteres
recht darthun.
ÄLTERAH.N, m. proavus, s. die unler ahn beigebiachle stelle
Lessincs.
ÄLTEKÄLTERN, grosseltcrn, s. eltcrellcrn, allellern.
ÄI.TERBHLDEH, m. der ältere bruder. Herder 3, 240.
ALTERCHEN, n. kosewort: alterchcn, nur sonntags reit
ich. gehört denn der sonntag dir, vaterchen? Hippel /e6eni/.
2, 394.
ALTERFAHRE.N (alt-er), eiperientissimus :
an dessen alteiTahrnen, vielen «inn
verknüprenden gespräcben. GöTai 9, 16.
ALTERGRAU, vetustate canus:
seht ihr dort die altergrauen
Schlösser sich entgegcnschaucn
an des ilellespontes Strand) Scbillcr59.
*. altgreis.
ÄLTERLE, n. atrophia infantum, nach Nem.mchs lexicon
der krankheiten; wenn das kind nicht zunimmt, so hat es
das elterlein, man schiebe es etlichemal in den backofen, so
musz jenes weichen, abergl. 75. vgl. altmännchen.
ALTERMANN, »j. was aldermann. die richtige Schreibung
in Lappenbergs hansischer stahlhof s. 156.
ÄLTERMIJTTER, f. proavia: altmiftter, eltermutter, grosz-
mutter. älberus ; der ton, worin du angefangen hast, ist voll-
kommen der ton meiner lieben ültermutter. Wieland 6, 76 ;
die hirngespenste, welche die alte hure, deine groszmutter,
von ihrer ältermutter geerbt hat. 11, 171.
ALTERN, senescere, mehr als allein, weniger als alten ; aber
auch alt werden = vitam fransigere: sie altert nicht; eine
frische, nie alternde stimme; er hat (ist) frühe gealtert; man
altre leider jähr um jähr. Platen 28 :
unter allerndeu bäumen. Klopst. Hess. 10, 35;
dankbarkert. du theure lugend
alterst bald in deiner Jugend. Logad.
welcher allhier weissagend bei uns Kvklopen gealtert.
Voss Orf.9, 510.
.\LTERN, invelerare, alt machen: zudem so pflegt solch
misten die reben auch allzubald zu altern und ganz un-
fruchtbar zu machen. Sebitz feldbau 50S. neuere aber ver-
wenden es intransitiv und gleichbedeutend mit altern:
die alternde lüge
glaubt zwar keiner. Klopst. J/e«. 2, 316;
du Katte friedenslieder ? aber du scheinst mir überhaupt et-
was zu altem, werke 9, 289 ; der fürst alterte. Klinger 9, 248.
ALTERN, parentes. s. ellern.
ALTERS.\LLEIN, solus, singularis, unicus, in der weit al-
lein, denn alter hat hier die bedeulung von weit und aevum,
mutterallein, mhd. alters eine, alters aleine (Ben. l, 420') :
das solt er allers allein han. fastn. $p. 780, 3;
eins mals an sanct Matheus lag,
als gleich die sonn war in der wag,
ich alters allein müeszig sasz
in einem lustgarten. IJ. Sachs I, 419*.
ALTERSCHWACH, senio fraclus :
greise kamen ... die alterschwachen. Platen 294.
ALTERSCHWÄCHE, f. senium.
ALTERSCHWER, senio gravis, impeditus:
so lenke denn die allerschweren trilie
nach jenem wolbekannien klosier hin. Schiller 490;
mit alterschwerem tritt. 238.
ÄLTERSCHWIEGERMUTTER, f socrus magna.
ÄLTERSCHWIEGERVATER, m. socer magnus.
ALTERSGENOSZ, m. coaetaneus, aequalis.
ALTERSSTUFE, /". gradus aetatis.
ALTERSTOD, m. mors senecta aetale eontingens: alterstod
erreichen wenige.
ALTERSUNTERSCHIED, m. differcntia aetatis.
ALTERTHUM. »i. nnt. ouderdom bedeutete sonst senectus:
es wird mir nicht geziehmen, mit euch jungen leuten za
hüpfen und zu springen, indem die frühstunde des alter-
thumbs auf meinem gesiebt wol erscheinet, pers. baumg. 9, 2 ;
man judiciert nach bösem brauch aus allerthumb die lugend.
Simplic. 1, 61 ; traurigkeit, die das alterthum vor der zeit und
auch den tod selbst an sich ziehet. Hohberc 1, 161"; das al-
terthum ihrer falligen stirn. Klopst. od. 1. heule fast nur
antiquitas: ich glaubte an dem echten alterlhume des metal-
lenen skelets zu Florenz zweifeln zu dürfen. Lessing; gewis
ist bei einem zufällig räuberischen nachwühlen manches edle
alterthum vergeudet worden. Göthe 28, 61; wir finden jenes
achte wunder der weit {Sewtons farbenlehre) schon als ein
verlassenes, einsturz drohendes alterthum. 52, xvii. die al-
terthümer der spräche, des rechts, das griechische, classische
alterthum, die römischen alterlhümer, antiquitälen.
ALTERTHÜMELN, anliquilatem redolere: die allcrthümelnde,
christelndc kunst. Götue 45, 135.
AI.TERTHIJ.MERKRÄMER, m. venditor rerum antiquarum:
(dinge,) bei denen der verstand
des denkers stiller steht, als je vor hieroglrphen
ein alterthümerkrämcr stand. Gottir 1, 257;
besser ist alterlhumskrämer.
ALTERTHl'MLER, m. nimius anliquitatis amcUor.
ALTERTHÜMLICH, vduslus, obsoletus :
schaut sie umher die liaiiie der alterthümliclicn Waldung. Voss ;
eine wundersam ullerthüinliche Stimmung überfiel ihn. Götbe
21, 17; das alterthümlicb aufgeschmückte schlosz. 31, 225
271 ALTERTHÜMLICHKEIT — ALTFRESSEN
ALTERTHÜMLICHKEIT, {. res obsoleta, antiquilas: einen
frömmern, sittlichem effect, als jene mitunter rohen und ge-
fährlichen alterthümlichkeiten {Ovids mctaviorphosen) machte
Fenelons Telemach. Göthe 24, 50.
ALTERTHUMSFOKSCHER, m. antiquilalis scrulator.
ALTERTHUMSFORSCHUNG, f. anliquilatis Studium.
ALTERTHUMSKENNER, f. antiquilalis pcritus.
ALTERTHUMSKRÄMER, «i. ineplus antiqmtalts admimslra-
lor. Lessings werke 1825, 3, 128. Wolfs mus. der allerlhums-
wissenschaß 1, 34.
ALTERTHUMSKUNDE, f. scientia mtiquilaiis erudilae.
ALTERTHÜMSKUNDIG.
ALTERTHUMSWISSENSCHAFT, f. antiquarum hlerarum
studia.
ÄLTERVATER, m. proavus: sein glorwürdiger ältervater.
WiELAND G, 28 ; Philipp der zweite zwang ihren ältenater von
dem thron zu steigen. Schiller 304 ; es ist gar schön, wenn
ein volle solch einen ältervater (wie Yico) besitzt. Göthe 28,
28; manche famiiie hatte die aussieht ihren ältervater gleich-
sam ans tageslicht hervorgezogen zu sehen. 48, 73.
ALTERWELT, f. scculum hat das vocab. incipiens teutont-
cum, ein umgedrelites weltalter.
ÄLTESTE, m. natu major vel maximus, der älteste unter
brüdern, in der gemeinde, mus e primoribus.
ÄLTESTE, f. natu maxima: das hier ist meine älteste
{tochlcr); bis ich mit ihrer ältesten {schwesler) ein wort ge-
sprochen. Göthe 10, 76.
ÄLTESTE, n. bei den handwerken, das altgesellenaml : kei-
ner soll das älteste über feld tragen, d. h. als geselle ver-
reisen.
. ALTFISCH, m. cyprinus jeses. s. alt.
ALTFLICKER, m. veleramcntarius. Moser p. p/i. 1, 194. vgl.
schnhflicker, altbüszer, altlapper u. o. m.
ALTFRANKE, m. wie Allbaicr, Althesse, Altsachse, man
nennt diejenigen Deutschen, die nicht zu der (gelehrten) re-
publik gehören, Altfranken. Klopst. 12, 6, wo über diese an-
wendung noch sonst unpassendes zu lesen sieht, die alten
Franken standen durch das ganze millelaller in ansehn und
galten für den ältesten, edelsten deutschen volksstamm, deren
'königthum alle andern umschlosz. s. das folgende wort.
ALTFRÄNKISCH, priscus, obsoletus, sotvol im guten sinn
des altvaterisch, als auch für veraltet, den forderungen der
gcgenwart unenlsprechend. kerlingisch oder französisch ist
darunter nicht gemeint, sondern allerthümlich, nach weise der
fränkischen vorfahren, schon Hcgo von Trimberg 22266, ob-
wol es auf sein engeres Ostfranken iichend:
man snrichet gerne, swen man lobt hiute,
er si der allen frenkischen Hute,
die wären einveltie, geiriu, gewaere,
wolle got, da? ich alsam waere;
sin vaterlant nicman schellen sol.
ober ein andres gedieht kennt bereits die bedeutung von veraltet:
si sprach, riaj ist altfrensch worden. Ls. 3, 89,
Irensch für frenkisch, wie im engl, french für ags. frencisc,
und gerade so schreibt Pictorius altfrensch, altfrenisch anti-
quus, vietus, Stalder 1, 397 frendsch, fröndsch, frändsch aus-
ländisch, das sich nicht von fremd leiten, noch weniger alt-
urähnisch auslegen Idszt, denn auch Herm. von Saciisenii. m
der murin 22* gebraucht frensch von fränkischen trauben. die
folgenden belege werden sehr zu mehren sein:
du dann nach deiner allen geigen,
allfrenkisch sind dein werk und dauling,
gleich also sind auch all dem klaiding.
II. Sachs I, 371";
in Fuld ist ein allfränkisch münsfor. Münster 100; lü« alt-
fränkische art. Kirchhof wendunm. 91' ; ach das ist gar altfrän-
kisch, nicht alamodisch, ein allfiänkisch kerl. Phu.and. 22G.
227; Squenz l)Cßinnet nach gethaner altfränkischer ehrerbie-
lung sein luslspicl. Grvphius 1, 732; die etwas altfränkische
spräche. Wieland 4, 20 ; schämst du dich nicht Cathrinc, das«
du deine frau so altfränkisch ankleidest? .1. E. Schlegel 2,
334; dasz die kleidung zwar altfränkisch, aber wolerhallen
und von edlem slof sei. GimiK 29, 240.
ALTFRESSEN, senio cxesus: mein gesiebt .. unter meiner
feind rotten ist es altfressen worn. MEUssus^ps. «7'; ir an-
sehn mus allfressen wem im grab. das. X3'; ihr allfrcssc-
ner kcrll Weise comüdienprobc 112. auch Stikler 898 gibt
allfrcsseaveterrimtts, allfressene geslall, consilus sencclute vuUus.
ALTFUCHS — ALTHIEBIG
272
ALTFUCHS, o//er fuchs:
CS lebte nicht weit ein allfuchs herum. Göthe 2, 215.
in Holbergs comödien erscheint ein Oldfux.
ALTFÜRSTLICH: ein altfürstliches haus; die fürstin liesz
einen solchen altfiirstlichen Versucher {freier) nie mehr vor
ihr stolzes angesicht. J. Paul Tit. 3, 192.
ALTGEBACKEN, was altbacken.
ALTGEHABT, diu nutritus: nach dem essen thäten wir
unsere altgehabte grollen . . vertrinken. Abele 3, 287.
ALTGEKRÖNT: an altgekrönter tugent grosz. Weckher-
LIN 544.
ALTGEMAHLT, dudim pictus: ein altgemahltes bild. pers.
reiseb. 1, 4.
ALTGESCHLECHT, n. prosapia velus: vorurtheil auf reich-
thum oder altgeschlecht haben bei ihm keinen werth. Göthe
46, 256.
ALTGESCHNITTEN, adulta jam aelate castratus, m der
landwirtschaß von ochsen, man hört hin und wieder sogar
altschneider.
ALTGESELLE, m. gegenüber dem Junggesellen, steht auch
wol für alter gesell, alter barsche, doch meist heiszl so in
zünßen der älteste unter den gesellen: ja dasz man nicht ein-
mal ein solches besondere mit glück vollführen werde, wenn
man nicht im ganzen, wo nicht meister, doch wenigstens
altgeselle sei. Göthe 26, 40. vgl. älteste n.
ALTGESELLENSTAND, m. : da verkam und verschmachtete
er im altgesellenstande. Herder 20, 404.
ALTGESETZLICH : du bist ein freund vom altgesetzlichen.
Göthe an Zeller 614.
ALTGESITTET: ein frommes altgesittetes volk. J. Müller.
ALTGEVATTER, m., der einem schon kinder zur laufe ge-
halten hat: der minister war als altgevatter ohnedies invitiert.
J. Paul Tit. 3, 106. vgl. freszgevatter.
ALTGEWACHSEN, adullus : neben andern altgewachsenen ehr-
losen weih- und mannspersonen. Thurn. nolhg. aussein. 1, 83.
ALTGEWÄNDER, m. der alte kleider ßickt oder verkauß,
trödler. Frisch 1, 22. altgewender. Dasvpodius.
ALTGEWOHNT, diu suetus : in die altgewonte freund-
schaft treuen. Fischart Garg. 1575, Y 5*. 1590, 424. 1594, 217 ;
altgewohnte Ordnung. Tieck nov. 7, 54.
ALTGLÄUBIG, sacrorum professioni majorum addiclus : die
altgläubige kirchc, wo sie nur gegen den ersten anlauf der
reformation stehen geblieben. Fichte grundz. des g. z. 221;
ein altgläubiger der unumschränktheit hielt er für nölhig der
wachsenden freigeisterei gegenüber ein politisches glaubens-
bekenntnis aufzustellen. Dahlm. fr. rev. 122.
ALTGOTHISCH, überflüssige Wortbildung, da der gegensatz
des neugothischcn fehlt.
ALTGREIS, canus, mhd. altgris.
tu band sprach sich ein aitgreise,
ein alter greisgrauer mann. Uhland voIksi. uv.
ALTGRIECHISCH, gegenüber dem neugriechischen : vielleicht
einem allgriechischen obre, aber gewis nicht einem deutschen.
Bürger 140'.
ALTHÄNDLER, m. der mit allen kleidern und altem ge-
räthe handelt, trödler. s. altgewänder.
ALTHEIDNISCH: althcidnisclie sage.
ALTHEILIG, sanctissimus.
ALTHEIT, f vetuslas. vocab. 1482 und Teutortista. nnl. oudheid.
ALTHERGEBRACHT, was altgewohnt:
althergebraclites weiter fiiliren,
das neue klüglich retardieren. Göthe 4, 3(8.
\LTHERKÖMML1CH, diu usilatiis: die groszen räume all-
herkömmlicher häuser. Göthe 31, 212; bei einer so zahlreichen
altherkömmlichen samuilung. 31,224; wo ich einer allher-
kömmlichen Stimmung sogleich gebieten konnte. 31, 88; ein
allherkömmlicher zustand. 32, 1S3 ; spitzen von allherkömm-
lichem ansehen. Rettine 1, 314.
ALTHERLICH. praerlarissimus.
ALTHERR. »». «» Nördlingen name der rathshenn. mhd.
altherre, alter hochangesehner mann, selbst von goll gebraucht.
ALTHESSE, «i. gegenüber den Ilanauern, Srhaumburgcrn.
ALTHEU, heu als' gegensatz des nachheus oder grummets:
ich mache nicht gruminel vor dem allhcu, antwortet der va-
ter dem freier um die jüngere tochter.
ALTHIERIG, im forsttceseu, laubholz über zwanzig jährt
alt, besser gebildet wäre allhäuig.
273 ALTHOCHDEUTSCH — ALTSACHSE
ALTSÄCHSISCH— ALT VERFALLEN 274
ALTHOCHDEUTSCH, den ältesten stand hochdeutscher spräche
ausdrückend vom siebenten bis ins zwölße jh.
ÄLTIST, ßr ältest, noch bei einzelnen, späteren Schriftstel-
lern : unter den ältisten hochteutschen poeten ist der fromme
mönch Otfried von Weiszenburg. Hoffmannswaldaü vorr. ; die
ältisten reciite. Hohberg 1, 355*.
ALTJAGDBAR, weidmännisch, ein altjagdbarer, überjagd-
barer hirsch, der acht jähre und drüber all ist.
ALTJÜNGFERLICH: jenes altjüngferliche lärmschlagen ge-
gen unser geschlecht. J. Paul 37, 75.
ALTKIRCHLICH, streng an den Satzungen der allen kirche
haltend.
ALTKLUG, senililer prudens: altklug thun; altklug als «der
erfahrenste ritter. Felsenb.i, 507; von der liebe:
des strengen alters eigensinn
Terwandelt sie in scherz und lachen,
und diese holde lehrerinn
kann auch die Jugend altklug machen. Ha.cedoiu« 3, 40;
Ton ansehn jung, doch altklug an betragen. Wieland 9, 111 ;
altklug lieb ich dich nicht, munter, beffreife mich woll
GölUE 1, 278;
0 du Jungfrau, die so altklug aus der kindbeit du hervorbluhst
wie das röslein in dem Stirnhaar. Voss.
ALTKNECHT, m. der älteste, erste unter den knechten.
ALTKRANK, d«u aegro/us: altkranke äugen. J. Paul Fifce/ 216.
ALTLAHM, dudum claudus : altlahmes pferd. Weckherlix 679.
ALTLAPPER, m. veteramentarius, der zerrissene schuhe
läppt, ihnen läppen aufsetzt.
ALTLICH, senilis: ältliches gesiebt, ältliches aussehn; sei-
nen ältlichen gewohnten schritt. Wieland 18, S ; auch an ge-
schmack und geruch verderbend, früher altlechtig. Dasypodiüs.
ÄLTLICHKLUG: ältlichklugen jungen leuten. Lessing 1, 77.
■ALTMACHER, m. sutor veteramentarius. Frisch 1, 22.
ALTMÄGD, f. ministralrix superior.
ALTMA.NN, m. senex: altmanns wort steht in ehre, berg-
männisch, meatus aere jam evacuatus.
ALTMÄNNCHEN, n. senecio, seniculus: kinder nenne man
nicht allmännichen, altwcibichen, sonst verbutschen sie und
bekommen runzeln an der Stirn, abergl. 25
ALTMANNSKRAUT, n. senecio vulgaris.
ALTMEISTER, m. der älteste, hervorragende meister:
nun ich hier als altmeisier sitz. Göthe 47, 93.
ALTMEISTERSPRUCH, m. bescheid des altmeisters.
ALTMELK, ton einer unträchtig gebliebenen und fortgemol-
kenen kuh.
ALTMENSCHLICH, genuine, ingenue humanus: so neuge-
sagt und doch so altmenschlich empfunden. Herder 14, 94.
ALTMILCHEN, was altmclL
ALTMILCHEND, dasselbe.
ALTMODISCH, obsoletus. allmodische kleiden
ALT.MUTTER, f. avia, gleichviel mit ältermutter.
ALTNEU: eine eigne altneue classische spräche. Hebder
16, 128.
ALTPAPA, m. avus:
nicht bist du spSter zeit verächter,
du altpapa! Voss 4, 247.
ALTRÄUMLICH, dudum spaliosus: alträumliche gebäude.
Göthe 31, 209. vgl. altherkömmlich.
ALTREICH, dudum dives: Megara, seine Vaterstadt, durch
altreiche, herkömmlich adeliche regiert. Göthe 45, 411.
ALTREISE, m. cerdo, veteramentarixts, der Schreibung und
ableitung nach unsicher, bald wird altreis oder altreisz, bald
altreus und nd. oldrüse angetroffen, das vocab. 1482 gibt blosz
rewse. Frisch 1, 22. Stieler 1938. Schmeller 3, 131, fcetOßER-
un 32 steht altreiser, bei H. Sachs I, 501* der altreise ; alt-
rysser, der dir den lymmel ufsetzct. Keisehsb. bilg. 95 ; wenn
et in die bedeutung von trüdler übcryieng, so erklärte sich,
«ie in Nürnberg sogar antiguarc bücheraltreiszen genannt
IBtrden. rister sind aber die flecke, womit schuhe geflickt wer-
den (Schmeller 3, 144), und rist ist der rücken des fuszes,
alln. rist dorsum plantae pedis, ddn. vrist, ags. vrist, etiql.
wrist carpus pedis, mhd. nhd. rist, womit auch altreise zu-
sammenhängen musz.
ALTRITTERLICH : altriUerliches geschlecht.
ALTROMISCH, latinus, gegensatz des neurömischen, ita-
lienischen.
ALTSACHSE, m. zwischen Elbe und Weser angesessen, Che-
ruscus, der heutige Niedersachse, der volkstamm, den wir
jetzt Sachsen nennen, war gar nicht sächsischer abkunß.
ALTSÄCHSISCH bezeichnet die spräche jener alten Sachsen,
wie sie noch im 9. 10. li jh. geredet wurde.
ALTSCHE, f. mater, in zutraulicher rede, ahd. alticha, al-
tiskä, mhd. altische, nd. oldske, olske.
ALTSCHWÄBISCH, pflegt unpassend auf die schwäbisdien
dichter des 13 jh. angewandt zu werden, da es von den viel
älteren Sueven gellen sollte.
ÄLTSEN, was allein, vetustescere, wahrscheinlich ahd. al-
tison, mhd. eltesen, aber unaufweisbar, das ahd. altasun dif-
fcrre, suspenderc verschieden, wiltu frische eier lang behal-
ten, dasz sie nicht ältzen oder stinkend werden, so begrabe
sie in rockenkorn. Tadernaemost, kräuterbuch 589 ; eier in salz
vergraben werden desto weniger ältzen, aber das salz verzehrt
sie heftig. Rtpf spiegel der gesundh. 52*.
ALTSITZER, m. vgl. altentheil. der altsitzer Wiehert zu
Schallun in der Altmark. Voss. ztg. 18 apr. 1852.
ÄLTSPROCHEN. diu tu/ja/um.- altsprochen wort, Sprichwort.
ALTSTADT, f. oppidum vetus.
ALTSTÄDTER, m. incola oppidi veteris.
ALTSTÄMMIG, stirpis generosae: ein paar schöne hoch-
geflügelte altstämmige tümmlertauben sind zu verkaufen. Ber-
liner Zeitungen von 1825.
ALTSTIER, m. taurus fossilis. Göthe 55, 291,
ALTTHUM, n. antiquitas, vetustas. ahd. alttuom (Graft 1,
195), goth. aber aldoma, ags. ealdom, die ahd. Schreibung
schwankt ebenfalls in altuom und so findet sich altum noch
in Mart. Zeillers cent. II. s. 49. cent. IIL «. 462 ;
alttliümer sind ein böses ding,
ich schätze sie aber nicht gering,
wenn nur neulhümer, in allen ehren,
auch um so vieles besser wären. Göthe 3, 272.
ALTTESTAMENTLICH bildet man, obwol nicht gesagt wird
alttestament, nur das alte testament.
ALTÜBLICH, diu usilatus: altübliches Sprichwort.
ALTVATER, avus, patriarcha, häufig von alten geistlichen,
dann von allen andern altehrwürdigen leuten gebraucht, also hat
ein altvater in der wüsten ein guten spruch gesagt. Luther 3,
164; ein junger bruder kam zu einem altvater. P\\:u schimpf
136* ; alle heiligen altvätter. Fischart bienenk. 53' ; ein geistlicher
altvater. pers. rosenth. 2, 30 ; der altvater Abraham. 7, 20 ; der
altvater betete nach seiner gewohnheit. Felsenb. 1, 102 ; altva-
ter Homer. Wieland 5, 36 ; die herlichen altvater. Göthe 16,
112 ; und sie mein ehrwürdiger altvater. 17, 301 ; der ansehn-
liche altvater {Gottsched) 25, 86; den biedern deutschen alt-
vater (Götz von B.) 26, 136 ; berechtigt durch unsern altvater
Shakespeare. 26, 350 ; meines groszvaters garten . . . sodann
erblickt ich den ehrwürdigen altvater um seine rosen be-
schäftigt. 30,163; und doch ist oft, ja gewöhnlich, mehr ernst
in den altvätern, die unser dasein gegründet, als unter den
genieszenden meistentheils vergeudenden nachkommen. 55, 316.
ALTVATERISCH, priscus, obsoletus, wie altfränkisch : vil alt-
vätterischcr märlcin. Kirchhof wendunm. 438 ; altvätterische
kleiden Ayrer 50' ; einer hatte einen altvaterischen sammet-
pelz an. Weise erzn. 63 ; doch waren alle stücke von altvate-
rischen manieren. 411 ; ihr seid zu vornehm erzogen, als dasz
ihr den gemeinen mann um die altvaterische glückseligkcit
einer gesegneten ehe beneiden solltet. Rabener l, 91 ; eine
altvaterische miene. 2, 91 ;
wo altvätrische treu altvätrische siiien begleitet.
Zacuariä 2, 26 ;
bücber, die heute modc wären und übermorgen altvaterisch.
Klopst. 12, 366; diese seine altvätersche meinung. Lessing 9,
293; sein gewand schien ihren äugen etwas altvaterisch. BZn-
cer 136' ;
die Leinaugusta, welche des helleren
Jahrhunderts kind, um jungen reiz alt-
väirlsche wQlste gemummt daherprangt. Voss;
er baute sich ein haus, welches seinem Charakter durch alt-
vaterische stärke der mauern entspricht. Niebuhr kl. sehr. 1, 51.
ALT\'ÄTEHLICH, dasselbe, doch nur in gutem sinn: Nie-
buhr hatte altväterliche eifersucht für die ehre seiner land-
schaft. NiEnuHH kl. sehr. I, 6.
ALTVATERSANG, «i. nur lieber freund das Stückchen! je-
nen altvatcrsang. Herder 8, 71
ALTVERFALLEN, vetustate obsttus:
doch alt und halbverfallen ist das haus —
nein in das alirerfallne lasit micb liebn. Göthi 9, 3S3.
18
275
ALTVERLEBT— AM
AM— AMBER
276
ALTVERLEBT, senio consumtus : altverlebte personen. Sim-
plic. 1. 2SI.
ALTVEKSTÄNDIG, was alterfahrcn, altklug:
sie streut vollhändig
dir preis und lob,
heiszt aliyersländig
dicli oft Äsop.
Klaher Eb. K. Schmidts neue poel, bricfe.
Berlin 1790 s. 33.
ALTVERTRAUT, dudum famiiiaris.
ALTVETTELISCH, velularum more, anilis: der altvetteli-
schen fabeln entschlahe dich. 1 Tim. 4, 7 (edler verdculschte
Ulfil.\s yqucÖSi]s fivü'os usaljianaizu spül); die altvettelisch
Irage. Luther 4, 37S'; altvcttlische wundsegen. Ge. Scherers
kunst und uundsegen. Iiigoht. 1595. 4°. A2'; eine vernünftige
hausmutier soll sich an solche altvettlische meinungen nicht
binden lassen. Hohrerg 1, 193' ; woher nimmst du doch das
allvettelische zeug das du sagst? Wieland 11, 166.
ALTVORDEREN, majores, patriarchae, ahd. altfordoron (Graff
3, 632), mhd. altvordern : seine altvorderen Römer gewesen.
Kirchhof tt'cnrfuHm. 13'; unsere ehrlichen altvordern. Wieland
H, 23; was an uns original ist wird am besten erhalten und
belobt, wenn wir unsre altvordern nicht aus den äugen ver-
lieren. GöTUE 23, 278 ; sitten, gebrauche und gesinnungen un-
serer altvordern. 24, 36 ; die Verdienste dieser nie genug zu
schätzenden altvordern. 32, 10 ; wie schnell erfährt ein junger
mann, dasz die altvordern ihm zuvor gekommen. 50, 114.
felilerliaß setzt PlIten die starke form: deines Stammes alt-
vordere 130 ; altvordere rühmend erhöhen. 316.
ALTWACHS, s. altenwachs : der altwachs das ist die grosze
sennaderen am arm. Würtz wundarzn. 170 ; da schnitte ich im
sejn zermorset und verseztes gäder, auch altvvachs und fleisch
mit der scher herab. 244; durch gerecht artzcnci gibt kein
abgehawen nerven, geäder, altwachs lahme wunden. Paracei.-
sus cliir. sehr. 3.
ALTWALD, m. silva anliqua, gewöhnlich urwald, allfranz.
oß forest antie:
altwälder sinds, die eiclife starret mächtig. Göthe 41, 225.
ALTWASSER, n. diverticulum fluminis, eigentlich das alte
nicht völlig abgetrocknete bett.
ALTWEIB, n. vetula.
ALTWEIBERGEWÄSCH, n. nugae anilcs.
ALTWEIBERKOPF, m. wird der köpf eines pferdes genannt,
wenn er lang, hager, hohläugig und traurigen anschens ist.
ALTWEIBERSOMMER, m. fila divae virginis, s. mädchen-
sommer, Mcchtildesommer, Mariengarn, die im nachsommer
auf dem gefildc fliegenden fäden (mythol. 744). bildlich: schöne,
heitere hcrbsttagc.
ALTWEIBISCH, was altvettelisch, doch edler: altwybisch
und nerrisch gplerr. Zwingli von dem lauf. Zürich 1525. L 3';
aber du schmähst alttreibiscb. Voss 6, 332.
ALTWEIBLICH, dasselbe: wie altweiblich, wie kindisch.
Melaxchtii. anweisung in der h. sehr, deutsch durch Spala-
Tix s. 83.
ALTWILISCH? weiter fanden sie anstatt heidnischer am-
pejn seltzame liechtstöck, nemlich neun wolmäszige, wie sag
ich wolmäszige? ja wolfuderige altwiiische Haschen, das fu-
der nach der alten Rastatter . . . niasz zu rechnen. Fischart
Garg. 1594, 32'; darinnen bat man seinen {des weines) stam-
men nach rechter altwiliscbcr canzeliischer teutischer schrift-
arllickeit . . beschriben gefunden. 32'. bei Rahelais 1, 1
trouverciit neuf flacons cn tcl ordre qu'on assiet les quilles
cn Gascognc und genealogie escrite au long de lettres can-
cellarcsqucs. Kaum ist wile für zeit zu nehmen und altwi-
liscli antiquus zu deuten; vielleicht dachte Fiscuart an altvvil,
allvil, altlij zwitter (Homevers Ssp. 1. «. 33) und an seltsame,
zwitterhafte fluschen, zwitterhaße schriß?
ALTWÜRDIG, prisca dignitate conspicuus:
allwiirdgc götler hab ich schon erblickt,
vor Ops und Uhea ticTstcns mich gebückt. Gütiie 41, 155.
AM, eine günstige Verschmelzung der praep. an mit dem
dal. sg. des männlichen und neutralen arlikcls, welche gerade
so ßr im und vom, ähnlich aber für lieim und zum stattfin-
det; mhd. aninc und amc. am und an dem dürfen, wie der
rede die eine oder andere form gerecht ist, wechseln, nur im
adverbialen anschlusz der praep. an Superlative pflegen wir
heule immer am statt an dem zu sagen: es ist am besten,
ist mir am liebsten, er lebt am längsten, es geschiebt am
leichtesten, die blumen sind am schönsten, wenn der thau
niederfällt, stille wasser sind am tiefsten, das zeigt sich am
ersten; am letzten wollen wir auch der spräche ein oder
zween handeln. Luther 3, 367 ; da am ersten seine hütte war.
1 Mos. 13, 3 ; da der tag am heiszesten war. 18, 1 ; auf der
straszen die am nähesten war. 2 Mos. 13, 17 ; welcher am we-
nigsten samlet. 4 Mos. 11, 32; trachtet am ersten nach dem
reich goltes. Ma«/t. 6, 33; die Städte, in welchen am meisten
seiner thaten geschehen .waren. 11, 20; im meer, da es am
tiefsten ist. 18, 6; am tage des festes, der am herlichsten
war. Joh. 7, 37 ;
Ferrau verirrte sich im walde ja so gar,
dasz er kam wieder hin, da er am ersten war.
Werders Ariost 1, 23;
das der wein mitten im fasz am besten sei und im winter
am sterksten. Garg. 60'; und so noch bei Avrer 182', wo der
zäun an dem nidersten ist, da steigt man an dem meinsten
drüber. Diese der hochdeutschen mundart eigne und heule ganz
geläufige redewcise setzt ein weggefallnes subst. wie theil, zeit,
mal oder punct voraus, mag aber bald auf fälle erstreckt wor-
den sein, die diese cllipse nicht mehr zulassen, mhd. sind die
beispielc weit seltner: fristen an dem allerjungisten (zlte).
Mar. 183, 24 ; zem ersten (male) sagte. Parz. 277, 22 ; wenn wir
aber nunmehr sagen: am süszesten singt der vogel gegen
abend, am ruhigsten ist mein hei-z, wenn ich gebetet habe,
man hört doch gleich wenn das frauenzimmer am beredte-
sten ist. Lessi.ng 1, 242 ; so wird bloszes dulcissime, tranquil-
lissime, und in beiden letzten stellen selbst ein adj. durch
das adv. ausgedrückt. Der nl. spräche sind solche am mit
dem dat. fremd und 1 Mos. 18, 1 gibt die bibel Delß 1582 : doe
de dach aent heeste was, an das heiszeste. Wie wir nun in
dieser rcdensart nur am, nicht an dem setzen, musz umge-
kehrt es ist an dem {es verhält sich so), weil hier dem kein ar-
tikel, sondern betontes demonstrativ um ist, gesagt, könnte nicht
durch am ausgedrückt werden. In allen andern fällen steht
es vieistens frei, den artikel anzuschleifen oder voll zu setzen,
nur dasz die Verschmelzung gangbarer scheint: es liegt am
tage, es steht geschrieben Matthäi am letzten, actorum am
15tcn, Levilici am ailften (H. Sachs 1, 503), Hiob am drittea
capitel, dritten vers, die Stadt liegt am mecre, er ist noch
am leben, vgl. an.
AMACHT, f animi dcliquium. 6et Luther amraacht. Er. Al-
iiERüs und vocab. ine. teuton. mhd. ämaht, nhd. obnmacht.
erscheint im Ißjh. hin und wieder, wie das folgende adj. be-
stätigt: sank darnidcr in amacht. H. Sachs 1, 164°.
AMÄCHTIG, inßrmus, dcliquium passus. die lutherische bibel
gibt ammechtig {später ohnmächtig), in Luthers andern Schrif-
ten erscheint amechtig, auch geschrieben ammechtig oß: o der
bapst hat künige, fürsicn und bischove gedempft, solt er
nicht auch einen amechtigen münch dempfen? 2, 148'; der
amechlige teufel wil nirgend hin. 3, 46'; auf eim amechtigen
punct und buchstaben. 3, 65' ; du ameclitiger geist, wie lange
leszt du dir trotzen? 3,74'; ein amechlige pestilenz. 3, 395;
du amechfiger toller! 3, 464'; ein schlechte amechlige kraft.
4,181*; wie ritterlich sie dazumahl in der aufruhr sich für
den amechtigen bauren furchten und flohen. 5, 46' ; allein
der name des hen'en, das amechlige wörllein golt schaft
solch grosz ding. 5, 53'; wir vermögen mit aller unser kraft
nicht so viel, das wir einer ainehtigen fliegen verbieten kün-
den. 6,338'; arme amechlige lügen. 8,87';
das ich unter dir amecinig wurd. fasln, sp. 587, 3;
o armut, kraftlos und aincchlig,
darfsiu so trutzig gen mir narren ? II. Sachs I, 205'.
AMARELLE, f. it, amarcUa, cerasum armeniacum, eine
dunkelrolhc, säuerliche und saßreiche kirsdie, auch amorclle,
marellc, marille, in Baiern aniclbcr (Schm. 1, 53):
auch bricht man ab das stainobs nier
amarcllcn, kcrstcn, erpcr. 11. Sachs 1,375';
amarellen sind klein und schwarz. Acricola spr. 009 ;
dio amarellen hier, die öpfel, diese pfirschcn. Fleming 653.
AMAZONE, f. betont araazöne, doch Opitz 2, 83 noch :
wie die aniazoncn gleich allen hohen beiden.
AMRACIIT, s. amt.
AMItER, m. ambra, ein wolriechcndcs harz, das einige mit un-
recht dem bernstcin vergleiclicn und gar aus anbcrnen, ari-
brennen herleiten.
knum ombra rollt hinein. 1, 44. 2, 68.
I
277
AMBERG — AMEISENBÄR
AMEISEXBÜHEL — AMME
278
AMBERG, s. anberg.
AMBOSZ, m. incus, ahd. anapuj, mhd. anebo; von pojan,
bojen, goth. bautan = lat. fundere, also gebildet me incus
ton cudcre, oder das sl. nakovalo von kovati ; mit entfaltetem
m vor dem b, doch schreiben ältere noch anbosz. z. b. Agri-
COLA spr. 29' und anbusz Alberls. macheten mit dem ham-
mer das blecb glatt auf dem ambosz. Es. 41, 7 ; von geflügel-
ten geistern wird ein ambosz mit bämmern auf den Schau-
platz bracht. A. Gryphiüs 1, 439. tieften anapö? galt ahd. aticli
anafalz, ags. onfilt, anfilt, engl, anvil. der ambosz erschrickt
nit Tor dem hammer. Garg. 212';
du must herschen tind gewinnen
oder dienen und veHieren,
leiden oder triumphieren,
ambosz oder hammer sein. Göthe 1, 144.
AMBOSZEN, cvdcre: es sind grobe verstockte herzen, die
weder selbs fülen, noch inen von andern sagen lassen, wie
der schmid ambosze (als lob sagt), nur mit dem tollen köpf
hindurch. Lcther 2,216*.
AMBOSZHAND, f. manus fabri:
erstarr, erstarr an der esse die amboszhand I
Klopst. 1, 235.
AMBOSZHART, perdurus:
ein ambosihartes herz wird weich und kTumm bewegt,
auf das so oft und sehr des Unglücks hammer schläft.
LoHENST. Ibrah. 77, 218.
AMBOSZSCHMID, m. grobschmid.
AMBOSZSTOCK, m. truncus incudis, klotz, worin der am-
bosz haftet.
AMBROSIA, daraus bilden neuere dichter ein adj. ambro-
sisch, die älteren, gleich als habe es Ambrosiner gegeben.
Ambrosiner wein. Flejiisc 65. 167 ; Rachel 144 hat sogar am-
Ijrosinen most.
AMBROST, f. statt des üblichen armbrust :
ein heche! und ein ambrost. Ambr. Ib. s. 181, 18;
SO thuet es einen schnall, als ob du ein ambrost abdruck-
test. Seüter rojar;ne» 407.
AMBT, s. amt.
AME, m. modius: zwen amen. Fischart Garg. 82". s. ahm.
AMEISCHEN, n. formicula.
AMEISE, f formica, ein behendes, schöngelet^ies thier, ahd.
ameijä, mhd. ameize (Box. 41, 3 anbeije), qmntiiat der vocale
und Ursprung des Wortes unsicher, spr. Sal. 6, 6 und 30, 25
hätte die uns entgehende goth. form vorgelegen, der ahd. gleich
würde sie amaitu, vielleicht amaitei gelautet haben,' wo sie nicht
ganz abwich, gehört nun ameiji zu emaj, ömajic, nhd. emsig
und zum altn. ami labor, molestia, so erklärte sich nach der
formet iman am Smun das abspringen der vocale in emeisz,
emes bei Alberls, wetterauisch imes, und schwäb. aumeis,
bei Keisersb. omeis, aumeise Fischart Garg. 105', 195', 222' und
ameise bliebe das emsige, arbeitsame thier, ags. ämette, engl.
emmet und ant (ßr amt), daneben ags. ämetta quies, üme-
tian qniescere, weil die begriffe der muszc und unmusze inein-
ander flieszen, das dem ämetian entsprechende ahd. emajigon,
mhd. emjegen ist continuare, laborare. seltsam Schweiz, hum-
beisze und lombeisze (Stald. 2, 523. 524), luxenburgtscU secli-
omes, d. h. seichameise, anderwärts saichmotze, seichamse, wie
niederd. migamke, migemke, migemerke, von migen pissen, sei-
chen, weil man den juckenden stich oder bisz des insects seinem
urin beimasz. amke, emke, emerke enthalten mit andrer ablei-
tung wieder die würzet von ameise und cmmct. Das cibweichcndr
nl. mier, altn. maur, schw. myra, dän. myrc und wiederum
pissemvTC, engl, pismire, ist. migamaur, hat groszen anklang:
ir. moirb. welsch mor, armor. meriencn , finn. muuraincn,
allst, mrav', russ. mnravei, poln. mrowka, böhm. mrawcnec,
gr. ftvQur,^ und reicht nach Asien, folglich ins höchste al-
terthum. jene herleitung des ameija ron der wurzel am, im
könnte triegen und berültrung mit dem verbreiteten mur auf
irgend eine weise stattfinden.
geh fauler, gehe üur ameisen du,
uod lerne sammeln ffir des winters noih.
Stokerg 3, 34,
welche oblique endung der nhd., ameise fordernden regel xu-
leider lauß. geld und gut wie ameisen, es wimmelt wie amei-
sen. s. ämse.
AMEISENBAD, n. wärmet Heilbad, über ameisen und amei-
tenhaufen bereitet.
AMEISENBÄR, m. der nordische, den ameisenhaufen nach-
stellende bär, wovon die thierfabel des miUelalters und die finni-
sche poesie wissen, finn. muuraiskarhu.
AMEISENBCHEL, m. formicetum, ahd. ameizpuhil, mhd.
amei?buhil MB. 2, 320. s. ameisenhaufe.
AMEISENEI, n. verpuppte, unausgeschloffene ameise, ton
den thierchen, wenn man ihren häufen stört, emsig fortgetra-
gen; eine speise der nachtigallen.
AMEISENFRESSER, m. turdus formicivorus.
AMEISE.NGEIST, n. Weingeist über ameisen abgezogen.
AMEISENGEVVIMMEL, n.
AMEISENHAUFE, m. formicetum, ämsenhaufe, emsenhaufe :
wellcnt dich also darumb strafen
das du ein jar in eim amaiszhaufcn muost schlafen.
fastn. sp. 300, 3 ;
sein pctt sei ein amaszhauf. 711,2;
vermehren sich wie die araeiszhaufen. Weise erzn. 8S; so
wie ein hiit mit dem stabe einen ameishaufen untereinander
rührt. Fr. Müller 3, lOS ; der ameishauf durch einander kol-
lert. Göthe 13, 127. Im Reinhart fuchs wird den ameisen eine
geordnete bürg zugeschrieben, die könig löwe (d. i. bär) mut-
willig zertritt; altn. maurabi"!, dän. myretue, schw. myrstack,
ags. ämetthyll, engl, emmethill, anthill, nnl. mierennest, finn.
muuraispesä {ameisennest), litt, skruzdele oder skruzdynas, ton
skruzde ameise.
AMEISICHT, formicinus, nnl. mierachtig.
AMEISLEIN, n. formicula.
AMELBEERE, f s. ammelbecre.
AMELKORN, n. speit, dinkel.^
AMELMEHL, n. krapmehl, äuvlov, ahd. amar (Graff 1.
253). nimm ammelmehl, zerlreibs mit rosenwasser. Eicn.
RöszLiNS hebammenbüchl. Frankf. 1565. SO'.
AMELUNG, was für ein eszbares kraul ? er mag essen ame-
lung, latlich und ain brosam brots genetzet mit wasser
Bral'xschweic chirurgia 1539 p. 34. doch nicht amoinum, amöm-
lein? oder das vorausgehende amelmehl?
AMEN, n. die biblische betheiirung am schlusz der gebele,
mhd. amen und amen : das ist so wahr als amen, ich spreche,
sage amen dazu, bestätige es;
was Claudius berahl, was Nero, was das schwein
Doroitianus hiesz, das liesz man amen sein.
Opitz 3, 273 ;
sei von seinen hundert namen
dieser hochgelobct, amen! Göthe;
erfreuet euch, wenn da drauszen, wie ihr es immer heiszen
mügct, eine natur liegt, die ja und amen zu allem sagt, was
ihr in euch selbst gefunden habt. 44, 247.
AMM, n. palea: arista, theca, darin das kornlin lit. rocab.
ine. teuton.; allem viehe gibt man warmes luder, als aus dem
Stadel das luderamm, da es nicht erklecket. HonisERC 1,139';
den Schweinen gibt man im winter das ainm, mit heiszem
wasser abgebrennt. 1, 139'. vgl. Scumeller 1, 53 und das mhd.
omc (Bex. 1, 27).
AMMAFRÄULEIN, n. nulrix: so geht Anna, das ammafräu-
lein ein, bringt ein kind. Ayrer 197', in der Zusammensetzung
erhält sich die alte, rolle endung, während der nom. 107* amui
lautet, doch steht hernach auch ammcnfräulein.
AMMAL, s. anmal.
AMMANMEISTER, m. Closener s. 105. 106.
AMMANN, m. für amtmann. Ruedel der amman. urk. von
1297 in CiiMEL fontcs 1,278;
er sei der ammann und des tages haujit. Scbiller 52S.
AMME. f. nutrix. ahd. ammä (Graff 1, 251), mhd. animc
(Bex. 1, 30'), altn. amma avia, in einzelnen oberdeutschen ge-
genden mater, wie mutter bald die nährende, säugende, bald
die im gesehlecht wallende, alte ist. verwandt scheint manim.i
vber. meist aber wird nicht die mutter selbst, sondern eine
dem kind gehaltne magd gemeint: also lieszen sie Rebecca
ziehen mit ihrer ammcn. 1 Mos. 24, 59 ; da starb Dcbora, der
Rebecca amme. 35, 8 ; trag es in deinen armen, wie eine amiue
ein kind trügt. 4 Mos. 11, 12 ;
mit dem Säugling still gcpaarel
schleicht ein liebchen durch den bain —
und er findet nun die amme
wie die Jungfrau liebenswerth. Göthe 1,194;
ein Säugling ist der eeisl, natur ist seine amme,
sie nährt ihn bis er fühlt, dasi er von ihr nicht stamme.
RÜCKKRT.
vgl. kindamme, hebamme, sSugamme.
18*
279
AÄIMEI— AMPELN
AMPFER — AMT
280
AMMEI, n. herba cumino simillima, lat. ammi, ammium.
SCHNÜBR s. 260.
AMMEISTER, m. für amtmeister:
aufs arameisters slub zu dem essen. Fischart gl. seh. 150;
zu Straszburg auf des ammeisters Stuben. Kirchhof wendunm.
213". Garg. 88'.
AMMELBEERE, f. amarilla, amarellenkirsche : ammelböre.
Gersdorf feldbuch der wundarz. 101. Nemnich besser amelbeere.
AMMEN, mammam dare, lac praebere, hernach überhaupt
nulrire, und schön auch von vögeln, die ihre jungen ätzen
und auffüttern, mhd.
als ein voeel sin vogelin
aminet unde brüetet. Wh. 62, 27 ;
soll also gemach fahren, kerne ein fink, dasz er sein jungen
möcht geöhmen (/. geammen) uf dem rad. Ravengirsburger w.
von 1509 (weisth. 2,180). in Baiern ämmeln {ahd. ammilon?)
ScHMELLER 1, 54. SO ttuch gv. oQvid'as fiaievEod'ai, ausbrüten.
ÄMMENBRÜST, f ubera nutricis:
bis an das gängelband, bis an die ammenbrust
ist was er litt und that ihm alles noch bewust.
Lessing 1, 5.
AMMENDIENST, m. munus nutricationis.
AMMENGESCHWÄTZ, n. blanditiae nutricum. Hugo nalur-
recht 1819, 67 aus Kants anthropologie 313.
AMMENHAFT:
von hals und brüst ein wenig amraenhaft
Wieland Amad. 6, 15,
aber werke 4, 116 geändert in : die Wahrheit zu sagen, ein w.
a. ; gegen ein madchen, die sich darin gefiel, mich als einen
Säugling zu betrachten und sich höchst ammenhaft weise ge-
gen mich zu dünken. Göthe 25, 10.
AMMENLIED, n. cantiuncula nutricis.
AMMENLOHN, m. merces nutricationis.
AMMENMÄRCHEN, n. fabulae nutricum.
AMMENMILCH, /". lac nutricis.
AMMENNAHRIJNG, f. dasselbe:
seit mit der ammennahrung
er jenen milden glauben in sich sog,
der seine herzlichen Verehrer nie betrog.
Gotter 1, 400.
AMMENPFLEGE, f. nutricatio.
AMMER, f. scinlilla sub cinere latens, ahd. eimurrä, eimu-
rid (Graff 1, 253), ags. ämyrie, altn. eimyrja, dän. emmer :
wir aber sind überblieben, wie die kolen und ammern. Lu-
ther 4, 256' ; welchs itzt durch den fromen keiser Carol ein
wenig gestillet und in die aschen verschorren ist, wird man die
ammern wider aufscharren und vil drein blasen, so mügen sie
gewarten, wem die funken in die äugen stieben werden. 6,112'.
s. ahmer.
AMMER, f. emberiza, aureola, ein zierliches, goldgelbes vög-
lein, auch goldammer, ämmerling, ammering, hemmering,
hämmerling, emmeritze (wonach der systematische namc), gelb-
ling, engl. Ihc yellow hammer or bunting, nnl. goudammer,
nhd. amero m., ags. amere f. scorellus, es scheint alles nach
dem mlat. amarellus. ihr bloszer anblick soll den gelbsüch-
tigen heilen, worauf aber auch der vogel sterben müsse, das
mittelaltcr hatte ähnliche sagen vom charadrius.
ÄMMERING, ÄMMERLING, m., das vorausgehende wort.
AMPEL, /. ahd. ampuUä, amplä, ags. ampelle, altn. ampli,
mhd. ampel, das lat. ampulla, eigentlich vlßasche, lampe,
dann aber auch die leuchte, lucerna, das licht selbst, zwo am-
pelen in der kirche. weisth. 1, 758 ; meierinnen, welche zur
zeit ihres ablebens eine so grosze tochter haben, dasz sie
eine brennende ampel auszublasen fähig ist. 3, 102 ; der do-
rechtcn junkfrawen ampelen. Luther ausl. des vaterunser bl.
12; Hecht oder ampel in dem beinhaus. Wickram rollw. 52;
hatten die ampel nicht geschüret. 73 ; so die schwärz dies
fisch in ein ampel gcthan wirt und angezünd, so scheinen die
menschen als moren. Forer ßschb. 112";
warum entzünd ich nicht die kerze vom aliar
bei dieser ampel glänz? A. Gkypuius 1,234;
öl in Amors ampel gicszt. Günther 537
und öfter; du machtest mir die nachte herlich bei vertrauli-
cher ampel. Fr. Müller 1,357. heule selten im gebrauch und
durch lampe verdrängt.
AMPELN, intente et sollicite agere, indesinenter laborare,
altn. ambla: en markgreve anipelde dnrna, he woldc hebben
keiser geworden, nieders. chron. von 1492 od a. 1004 bei Frisch
1, 23' ; das kind ampelt {hcss. ämpcrt) nach der mutter ; er am-
pelle nach der würde eines bischofs ; zur klippe wird ein jahrge-
halt, woran das glück von hundert ampelnden poeten zerschei-
tert. GöKiNGK 2, 128. das wort ist zumal nd. : he ampelt so lange
an, as it moglik is, Wächter beim worte hampelmann bemerkt:
in quibusdam locis ampeln etiamnum dicunlur pueri, quando
puppa vel simili re subito ostensa gaudium vel desiderium
motu corporis testantur. eine solche bewegung nennen wir
strampeln, und bei Strodtmann scheint gampeln, wie dem altn.
ambla auch ein svambla und vambla gleicht, das engl, amble
und lat. ambulare sollen nicht heran gezogen werden.
AMPFER, m. rumex, lapathum, ahd. amphero, amphere
(Graff 1,264): da trug si gras und ampfer feil. Murin bl.4;
im julio bringen samen allerlei ampferwurz. Schnurr s. 250.
damit sind zusammengesetzt gottesampfer, gauchsampfer, ha-
senampfer, schafsampfer, Sauerampfer.
ÄMPLEIN, ampullula. Frisch 23'
AMPSEL, s. amseL
AMPT, s. amt.
AMPTLER, m. minister: ein amptler, der seines ampts ent-
setzt wird. Paracelsos Chirurg, sehr. 97', gleichsam ämtler,
wie wir sagen ein freiämtler, der aus einem freiamt kommt.
ÄMSE, /". schreiben einige für ameise: ihm kröchen zwi-
schen fleisch und haut zehn tausend ärasen, die wie nadel-
spitzen stechen. Wieland 18, 73 ; dort in den häfen lebt und
wimmelt alles, wie ämsen, in voller arbeit. Götz 2, 40.
AMSEL, f. merula, ahd. amisala, amsala, amfsla (Graff
1, 254), ags. ösle {wie 6s = ans), engl, ousel, mhd. amsel
(Ben. 1, 31') ; bei Alberus amschel, und in der Wetterau om-
schel, in Ostreich amachsl, amaxi. Fischart groszm. 135 schreibt
ambsl, H. Sachs amschel : die amschel schweglet auf der
fleten. 1,426'.
AMSELN, vexare, exagitare? der vetcr wurde auf mich ab-
sonderlich ungeduldig, er sprach, mein herr, wie thut ihr mein
tochter alleweil ämslen ! Abele 2, 275.
AMSTEIG, palearium, locus in quo reconditur et asservatur
palea. vocab. ine. tcutonicum, das soll wol heiszen, ein räum
an der treppe, wo die spreu aufgeschüttet wird.
AMT, n. ministerium, munus, officium, ein wort, dessen
wurzel ganz geschwunden ist, da auch das auslautende t nur
einen ableitungsbuchstaben gewährt, goth. andbahti, ahd. am-
pahti und ampaht, ambaht (Graff 3, 25), mhd. ambahte, am-
behte, ambct, ampt, die volle gestalt ambaht geht herab bis
auf weisth. 1,748.749 und Closener s. 106; nhd. früher noch
ambt, ampt, worin diesmal das b und p wurzelhafl, heute
amt, pl. ämter, doch hat Luther den pl. ampt. 1 chron. 26,
8. 2, 9, 4. 23, 18. Dan. 3, 12. alts. ambaht, mnl. ambacht, nnl.
ambt; ags. ombeht, engl, ausgestorben, fries. ombecht; altn.
embffitti, schw. ämbete, dän. einbcde.
Alle diese neutra setzen jedoch, wie 7ninistei'ium minister,
den persönlichen begrif eines dienenden voraus, der im goth.
andbahts Sia-y.ovos, ahd. ampaht minister, villicus, alts. am-
bahteo m., altn. ambätt ancilla f vorliegt, sonst aber erlo-
schen ist. Ben. 1, 28' traut in einer stelle Frauenlobs den
Worten geistlich amt noch die bedeutung eines dieners zu, doch
müsten sichrere belege dargeboten werden, wie nun läszt and-
bahts sich auslegen ? bak ist dorsum, die partikel and contra,
der diencr steht seinem herrn zur achsel, zu den füszen, im
rücken oder gegen den rücken (vgl. rückenkrauerin), andbahts,
früher wol andabahts, gleicht dem ags. eaxigestealla, dem otti-
a&oTtovs bei Aeschylus, ja dem Siaxovog unmittelbar, wenn dies
aus ayucöv entsprang, wobei die kürzung des w in o erheb-
lichen anstand nicht macht, diesem allem nach wird der ger-
manische ambactus schon in keltischem gefolge, aber auch allen
deutschen stammen so benannt, eins unserer ältesten Wörter
darstellen, die uns geschichtlich überliefert worden, der deut-
sche Antabagius bei Valerius Max. und der Ambacthius auf
inschriflen verbürgen einen wie die ahd. mannsnamen Antheira,
Antgcr, Antrat, Anthugi gebildeten, und aus dieser vollen sinn-
lichen bedeutung schrumpße endlich unser abstractes amt zu-
sammen, kaum ein andcies deutsches wort kann solchen werlh
in anspruch nehmen und so lehrräch sein für die geschichte
unserer spräche.
Das jetzige amt drückt nun hauptsächlich den dienst, das
geschäß aus, womit einer beauftragt ist, dann aber den ihm
untergebnen kreis oder bezirk, ja sein haus, eine menge von
Zusammensetzungen, wie oberamt, unteramt, bergamt, forstamt,
steuerarat, zollauU, zunflamt »erden damit gebildet.
281
AMT— AMTIIÖRIG
AMTIEREN —AMTSDIENER
282
über drei tage wird Pharao dein heubt erheben und dich
•nider an dein ampt stellen. 1 Mos. 40, 13 ; denn ich bin wider
an mein ampt gesetzt. 41, 13 ; des priesters son sol das ampt
haben. 4 Mos. 4, 16; und es begab sich, da die zeit seines
ampts aus war. Luc. l, 23 ; mein herr nimt das ampt von mir.
16, 3 ; wenn ich nun von dem ampt gesetzet werde. 16, 4 ;
warumb solt ich das christiicU ampt nicht eine collecta oder
missa heiszen. Luther 3, 51 ; ich bin ein geistlicher man ge-
nant und für des worts ampt. 3, 148'; diejenigen, so des
Worts ampt haben. 3, 153 vgl. apostehj. 6, 4; zu christlichen
ampten. 5, I3l'; ein prediger leret gehorsam, sitten, zuchl
und ehre, Unterricht vaterampt, mutterampt, kinderampt,
kncchtampt und summa alle weltliche empter und stende.
5, 176"; das alle sieben weihe uns mit irem gleiszen nicht
irren sollen in den ampten Christi und der kirchen. 6, 104';
wenn ein könig oder fürst zu hofe oder in ampten leiden
kan gotteslesterer und seines wortes verechter. 6, 144'; so
wirt den leser doch die neuwigkeit, wunder und manigfaltig-
keit der ding im ampt behalten («m lesen fesseln). Frank Kcltb.
vorr.; es ist ein ser unkeusch volk und fahet an achtjärig
das weiblich ampt zu treiben. 219'; es ist auch die poeterei
eher getrieben worden, als man je von derselben art, ampte
und zugehür geschrieben. Opitz poeterei s. 1 ;
eh als er ämpter trägt und leut und land regiert. 1, 170;
obgleich beruf und stand pflegt sabathtag zu halten,
soll dennoch stets sein amt das christcnthuni verwalten.
LocAU 1, 9, 59 ;
redlich sein ist so ein amt, das man für das beste helt,
die die dessen fähig sein sind gar sparsam in der weit.
3, 3, 79 ;
amt einer ehefrauen. 3, 223, 27.
ämter haben sorgen,
hirten müssen hüten und horchen. Simpl. 1,8;
dasz ich des ampts meiner sinne beraubet ward. 1, 23 ; seit
der zeit seines tragenden amts. Gellert 4, 81; sie trat ihr
amt dienstfertig an. l, 123; ich hatte mich selbst um dieses
traurige amt {der wache bei einem kranken) beworben. Götter
3, 32 ; nach dem amt {hochaml der messe). Wielasd 21, 157 ;
die heisze tageszeit vertritt das amt der nacht
in diesem land. Wielano ;
Friedrich 2 kannte sein amt nach allen seinen pQichten und
Seiten und übte es wirklich als ein amt aus. Klixger U, 57 ;
dank es dem, der ihm flügel gibt und die füsze ihrer ämter
entsetzt. Schiller 148; was vermochte sie dies opfer dem
heiigen amt {der inquisition) zu unterschlagen? 305. man sagt:
das ist meines amts, mein amt bringt es so mit sich; was
deines amts nicht ist, da lasz deinen vorwitz ; sein amt ihun,
seine p flicht, was einem anfliegt; einem in sein amt greifen;
das geschieht von amts wegen ; im amt sein, stehn oder sitzen,
einem ins amt stehn ; einen ins amt setzen, ans amt brin-
gen ; kommt einem das amt, so kommt ihm auch dazu der
verstand, orfer wem gott ein amt gibt, dem gibt er auch den
verstand.
Fast alle deutschen länder zerfallen in einielne ämter und
gerichtsbarkeiteti, obere und untere, vor welche die unterthanen
erfordert werden, ror denen sie erscheinen sollen: wir werden
eingezogen, wir müssen vors amt. Güthe 14, 295; war kurz
zuvor ins amt geritten. Geliert 1, 71 ; er eilt ins amt. 1,143;
der vater sei ins amt gelaufen, um die flüchtigen verfolgen
ru lassen. Göthe 18, 67.
AMTCHEN, n. kleines amt.
AMTEI , f provincia, districius : welches exempel alle an-
der ampteien der Römer nachgefolgt haben. Micylls Tacitus
83*. oß eins mit voglei und ebenso gebildet.
AMTEIL'NG, f. administratio provinciae.
AMTFKAl', /■. in einigen gegenden die frau des amtmanns,
die amtmännin. auch die sonst ein bestimmtes amt verwaltende
frau, wie in nonnenklüstern.
AMTGELD, n., das bei ertheilung der lehen den erbdmtern
gegeben wird.
AMTGERICHT, n. oft ein von andern gerichten unterschtcdnes.
AMTHAl'S, n. domus praefecti, ahd. ampahthAs, gleichviel
mit rfen» folgenden.
AMTHOF, m. pr^efectura, des antlmannt wohnung, nach der
abweichenden bcdeutuny von hof früher auch ein daxu gehö-
riget, freies grundstäek, allodium, praedium, nach dem vocab
ine. teut.
KHTHi)RlG,praefecturaetubdUus. axnmethorig. weitlh. 3, 54.55,
AMTIEREN, munere fungi, das amt oder gericht versehen,
abhalten.
ÄMTLEIN, n. kleines amt; ein nebenämtlein ; ämtlein,
schlämplein.
AMTLEUTE, pl. viri, quibus munera commisia sunt, ma-
gislratus. Rihels Livius 452; richter und amptleute. 5 Mos.
16, 18 ; ihr seid seines reichs amptleute. wcish. Sal. 16, 5 ;
ambachtlute. weisth. 1, 74S.
AMTLICH, quod ad officium pertinel, publieus : amtliche be-
kanntmachung, amtlicher bericht, befehl. eine nicht amtliche
mittheilung.
AMTLOS, munere vacans, remotus a munere : dem amtlosen
anstellung, dem arbeitlosen arbeit zu verschaffen. Fichte sit-
'tenl. 398.
AMTMANN, m. praefectus, juri dicundo praepositus, alid.
ampahtman tribunus, mhd. ambetman: der amptmann über
das gefangnis. l Mos. 39, 21. 23. zuweilen auch der Verwalter
eines ansehnlichen guts, in Baiern sogar der qerichtsdiener.
Für das schönere, dem volk gewohnte amtmann ist in den
letzten, jhh. das weniger sagende, allgemeinere beamter, der
beamte, der herschaftliche. königliche beamte eingerissen, der mit
dem amt begabte, beliehene, der beamtete, was seine abhdngigkeil
vom herrn hervorhebt, aber auch auf die meisten andern ange-
stellten gehn kann, wie man von kriegsbeamten, Steuerbeamten,
kanzleibeamten redet. So stark amtmann bereits aus ambaht-
man gekürzt war, wurde es dennoch weiter in aramann ver-
engt, dem vom ursprünglichen bäht nicht das geringste bleibt.
AMTMÄNNIN, f. uxor praefecti. unsere sei. mutler {der
sei. vater war hessischer amtmann zu Steinau an der strasze,
t 10 Jan. 1796) hiesz beim volk nur die framtmännin d. i.
fer oder frau amtmännin.
AMTMANNSCHAFT, f officium, dignilas praefecti.
AMTMÄSZIG, amtlich: meine äuszerungen sind ja keine
amtmäszigen mittheilungen. Fichte staalsl. 296. s. amtsmäszig.
AMTMEISTER, «i. der Obermeister in zünßen.
AMTSALTER, t?i. anciennetä.
AMTSANTRITT, m. auspicia muneris.
AMTSÄRGER, m. stomachandi materia in sustinendo mu-
nere. Eylerts Friedr. Wilh. 3. s. 344.
AMTSASSE, m. subdilus praefecturae. Möseb 1, 139. ein-
sasse der vogtei. Eichhorss deutsche rechtsg. §. 348. 448.
AMTSÄSSIG, dem amt als niedren gericht unterworfen, gf
gensatz von schriftsässig. man unterscheidet zwischen amt-
sässigem und schriftsässigem adel.
AMTSÄSSIGKEIT, f Moser 2, 78.
AMTSAUFSEHER, m. amtsverweser.
AMTSRART, m. barba honesta, pro cujusque officio adomala.
Stieler 768. er trägt seinen rechten amtsbart.
AMTSRAUER. m. colonus praefecturae subjectus.
AMTSREFEHL. m. mandatum praefecturae.
AMTSBEFLISSENHEIT, f Studium in munere obeundo.
AMTSBEFUGNIS, f. auctoritas muneris.
AMTSRERICHT, m. relatio praefecti.
AMTSRERUF, m. jus, potestas muneris. das fordert mein
amtsberuf.
AMTSBESCHÄFTIGUNG, f Göthe 25, 323.
AMTSBESCHEID, m. decretum praefecturae.
AMTSBESCHWTR, f molestia officii, Überschrift der verse :
jedes amt darf grosze sorgen, uhren richten ist wol schwer,
als sich in all ohren richten, weisz ich nicht was schwerer war
LoGAO 3, 3, 77.
AMTSBESCHWERDE, f dasselbe: wenn wir Wissenschaften
nicht als amtsbeschwerden, nicht als Zeitverkürzungen, sondern
um ihrer selbst willen treiben. Wolfs mus. der alterth. wiss. 1, 129.
AMTSREWERBER, m. petitor muneris.
AMTSREZIRK, m. terrilorium praefecturae.
AMTSRLATT, n. officielles blatt der regierung.
AMTSROTE, m. cursor praefecturae, amtsknecht.
AMTSBRUDER, m. colleqa, amlsgenosz. unter geistlichen.
AMTSBRÜDERSCHAFT, f polit. maulaffe, vorr.
AMTSBUTTF.L. m. praeco judicii.
AMTSCHILDLEIN, n. amptschiltlin. 2 Jfot. 28,15.29.
AMTSCHREIRER, m. {besser als amtsschreiber), scriba in
praefectura. Überschrift des dislidts:
edellcdte schinden bauern, scbreiber schinden edelleute,
Schreibern kummen, wie den gerbern, bauer- und auch edel-
heute. LocAi; 3, 1, 72.
AMTSDIENER, m. apparitor praelorit, amtsbütlel.
283
A3ITSD0RF — AMTSHAUPTMNN
AMTSHAUPTMÄNNIN — AN
284
AMTSDORF, n. t'»7/a ad praefecturam spectans.
AMTSEHRE, f. honor ex officio competens.
AMTSEID, m. sacramentum.
AMTSEIDLICH, amtseidliche Versicherung.
AMTSEIFER, m. Studium, severitas in exequendo munere:
aus amtseifer redliche leute verfolgen; der kleine arbeitete
sich in alles mit einem amtseifer hinein, s. amtsbeflissenheit.
AMTSEIFRIG, dimsleifrig.
AMTSEIGEISSCHAFT, f. vigor ofßcii, amiliche eigenschaß,
caractire officiel: der rector erschien nicht in seiner amts-
eigenschaft.
AMTSEINKÜNFTE, pl. redilus, emolumenta muneris.
AMTSEINNAHME, f. dasselbe.
AMTSENTLASSüNG, f. dimissio a munere, ahdankung.
AMTSENTSETZUNG, ademtio muneris, absetzung.
AMTSERSCHLEICHUNG, f. ambitus.
AMTSFEIER, n. jubilaeum.
AMTSFOLGE, /". successio in munere.
AMTSFROHN, m. praeco judicii, was amtsbüttel.
AMTSFROHNE, f. opera serva in praefectura praestanda.
AMTSFUHRE, f vectura publica.
AMTSFÜHRUNG, f muneris administralio.
AMTSGABE, f. aucloritas munere parata:
die über dich, nach amptes gäbe,
in allem zu gebieten hatten.
RiNGWALDT laut, wakrh. 154.
AMTSGEBÄRDE, ursprünglich gestio mtmeris (s. gebärde) :
wenn sie nur trew in araptsgeberden,
wie Paulus sagt, erfunden werden.
RiNGWALDT o. a. 0. 151 ;
dann auch gestus ad ofßcii dignitatem compositus, ridiculusque :
und trotz den strengen amtsgeberden
des ersten matadors im staatsratli und am hof.
BÜRGER 107'.
AMTSGEBÜHR, f. id quod compctit officio, zumal im pl.
amtsgebühren. sportulac.
AMTSGEBÜHRLICH, officiell.
AMTSGEF.\HRTE, m. consors muneris. Kunger 11,307.
AMTSGEFÄLLE, pl. redilus muneris.
AMTSGEFÄNGNIS, n.
AMTSGEHALT, m. dienstgehalt, besoldmg.
AMTSGEHEIMNIS, n. secretum muneris retinendum.
AMTSGEHÜLFE, m. was amtshelfer.
AMTSGENOSZ, m. amtsbntdcr, amtsgefdhrle.
AMTSGENOSSENSCHAFT, f. consortium.
AMTSGESCHÄFT, «. labor proptei- officium incumbens, mit
anitsgeschäften überladen.
AMTSGESICHT, n. vultus severior, solemnior, amtsgebärde,
amtsmiene: woher du so geschwind das ansehnliche amtsge-
sichte hergenommen hast. Weise kl. leute 294;
fällt ihr der arzt mit einem amfsgesicht
Ins wort. WiELAND 4, 37 ;
nun wol, ßhrt Paris fort, und schncidt ein amtsgesicht.
10, 165 ;
was du gestern für ein feierliches amtsgesicht machtest,'
AMTSGEWALT, f. potestas, aucloritas muneris:
poch nit auf kunst,
geld, ansehn oder hcrren gunst,
und nit auf freundschaft, araptsgewalt,
noch ander gaben manigfalt. Ringwaldt 144.
AMTSGEWISSEN, n. conscientia officii:
wem gcb ich ihn (den apfel) ? bei meinem amtsgewissen,
ich kann jemehr ich schau jemindcr mich entsclilieszen.
WlKLAND 10, 169.
.AMTSGRENZE, f. limes judicii: das gcricht hat hier seine
amtsgrcnze offenbar überschritten.
AMTSHALB, adv. propter officium:
hab amtshalb was zu richten ausz. Atber HC.
AMTSHALREN: da icii das negoziercn amtshalbcn liebe.
KUNCER 1, 389.
AMTSHALBER:
wer musz da^ edle herz zu niedrer heuchelci
und kalter ctikcit, amtshalber, so entweihen?
Gotter 1, 193.
AMTSHANDLUNG, f. die amtshandlungen eines geistlichen.
AMTSHAUPTMANN, m. praefectus provinciae, landvogt, drost.
AMTSHAUPTMÄNNIN, f. Gotter 3,183.
AMTSHAUPTMANNSCHAFT, f.
AMTSHELFER, m. amtsadjunct, gehülfe.
AMTSHERLICH, dignitati muneris conveniens: eine woh-
nung zwar geräumig, amtsherlich, stattlich, aber aller gesel-
ligkeit entbehrend. Göthe 48, 104.
AMTSKELLER, m. cellarius, eigentlich aufsichter des kel-
lers, oß aber ein gleich nach dem amtmann folgender beamler
AMTSKENNTNIS, /". notitia muneris : es gab in jener zeit,
wo auch die führung der Staatsgeschäfte wenig gesonderte
amtskenntnisse voraussetzte, noch nicht einmal einen gelehr-
ten stand. Wolfs mus. der alterth. w. 113.
AMTSKLEID, n. vestitus solemnior: die amptskleider und
die heiligen kleider des priesters. 2 Mos. 31, 10. s. amtstracht,
amtsbart.
AMTSKNECHT, m. amtsdiener, amtsbüttel.
AMTSKOSTEN, pl. expensae judicii.
AMTSLADE, f. arca, cista praefecturae.
AMTSMÄSZIG, amtlich, richtiger gebildet amtmäszig: zwang
sein kind amtsmäszig und mit der ruthe in der faust seine
muttersprache abzuschwören. Raden-er 2, 258 ; ein amtsmäsziger
hochmuth und das verlangen sein künftiges glück zu empfeh-
len macht einen jungen commissar strenge. 3, 152 ; der Staat
musz es amtsmäszig untersuchen. Fichte natur. 2, 77.
AMTSMIE.NE, f. vultus solemnis: das war wol der mühe
werth zu fragen . . . oder wenn man doch fragen wollte, so
mit amtsmiene zu antworten, so zu declamicren. Göthe 33, 111.
AMTSNACHFOLGER, m. successor in munere.
AMTSORGE, f. cura muneris (nicht amtssorge) : von dieser
sorge redet hie Christus nicht, denn es ist ein amptsorge,
die weit zu scheiden ist vom geitz. Lcther 5, 421'.
AMTSPFLEGE, f. administralio muneris.
AMTSPFLICHTIG, amthürig, besser amlpflichtig.
AMTSPREDIGT, f. concio matutina et primaria.
AMTSTUBE , f conclave, ubi praetor jus dicit, nicht amts-
stube, wie bei Göthe 18, 72 neben amthaus steht.
AMTSTRACHT, f. vestitus solemnis, uniform der amlsleute.
AMTSTREUE, f fidclitas in obeundo munere.
AMTSVERWALTER, m. administrator praefecturae. ampts-
verwalter. Kirchhof wendunm. 144".
AMTSVERWESER, m. dasselbe.
AMTSVORGÄNGER, m. antccessor.
AMTSVOGT, »1. amlshauptmann.
AMTSVOGTEI, f. amlshauptmannschaß.
AMTSWIRKSAMKEIT, f thätigkeit im amt.
AN, uralte partikel, goth. ana, ahd. ana, mhd. ane, alts.
an, ags. on, engl, on, fries. an, mnl. aen, nnl. aan, altn. d,
schw. ä, dän. aa, dem gr. avd und sl. na, wahrscheinlich auch
skr. anu, welches post, secundum, nach, also nähe, an be-
deutet, gleich zu stellen, wie ana bei uns allmälich den ans-
taut, legte es bei den Slaven den anlaut ab, die nl. mundart
warf das schlieszende e in die mitte (vgl. graen /. grana gramm.
1, 282), die nordische gab auch das n auf und verlängerte den
wurzelvocal. das tat. ad, woraus wiederum franz. h wurde,
steht in der bedeutung nah, in seiner gestalt ab, welche dem
goth. ahn. at, schw. ät, dän. ad, ags. ät, engl, at, ahd. a;
entspricht, die heutige ausspräche unseres an schwankt, eigent-
lich gebührt ihm kürze, doch wird es oß, gleich dem nl. aan,
gedehnt und lang hervor gebracht. H. Sachs, bei dem kurzes
und langes a ror dem n leicht in o übcrgehn (mon, kon, thon,
hon = man, kan, than, han) verwendet häufig auch on ßr an,
und neben diesem, in seinen reimen.
JVaÄ liegt aber auch unser an dem in, zu welchem es sich
verhält wie die entgegengesetzte partikel ab zu aus. an be-
zeichnet die oberßäche, alj das ihr abgewandle, in das inwen-
dige, aus (eigentlich ur = goth. us) das auswendige, wer an
den bcrg geht, geht nicht in den berg, wer ab dem berge
kommt, kam nicht aus ihm. an ist stärker als bei, schudcher
als zu, hält zwischen ihnen gleichsam die mitte, der bei das
haus gehende ist noch nicht an ihm, der an dem haus ste-
hende noch nicht zu hause; einer der den ring bei sicli trägt,
trägt ihn darum nicht an sich und der das brot bei sich
nimmt kann es hernach zu sich nehmen, beistimmend ist
weniger als zustimmend, zugehörig mehr vis angehörig, wenn
auch obenhin beide dasselbe scheinen.
Auf den verhalt zwischen an und in ist sorgsam zu achten,
obschon die ältere spräche von beiden manche andere anwen-
dung macht als die heutige, an das gras, in das gras nieder-
285
AN
AN
286,
sitzen ; an das schif, in das schif geben ; am wege, im wege !
halten; an den weg, in den weg legen; am fenster, im fen-
ster stehn ; am arm, im arm liegen ; einem am arm schlafen ;
am rücken liegen, an den rücken fallen ; an dem tode liegen.
Lessixg U, 619, im sterben ; an die band, in die band nehmen ;
an ein buch, in ein buch schreiben ; an das ohr, in das ohr sagen ;
der fisch wird gefangen an der angel, der Togel in der schlinge ;
das haar wächst an mir, die sünde in mir; er ward in dem
bonig vergiftet, asz sich krank an dem obst; an einem fort
ist gleichviel mit in einem fort; man sagte an gott und in
gott glauben, am schatten und im schatten sitzen.
Unsere spräche entfaltet hier feine, andern oft unerreichbare
Unterscheidungen (gramm. 4, 771 — 775). da die Verwandtschaft
zwischen ab und iba, ibns den gedanken an eine vurzel iban |
erregte, aarum sollte nicht das Verhältnis ton ana, in, icobei
auch un zu berücksichtigen ist, eine im dunkel des alterthums
ruhende uurzel inan oder anan,a/s möglich gestatten?
Wiederum ist nun an erst als praeposition, dann als bloszes
adverb :u betrachten; und gleich dem ab liefert es für das
höhere aller und den vorausgang der praepositionellen qualitdt
entscheidende beweise.
I. An, die praeposition, hat sich in allen deutsehen dialecten
mit austiahme des schwedischen und dänischen erhalten, welche
für einfaches ä und aa überall pa und paa gebrauchen, pa
und paa entsprangen aber aus Verkürzung des altn. uppä, be-
sagen also aufan, obenan, engl, pon ßr upon, on : pon ray
soul I bei Shasspeake. auf ähnliche, nicht ganz gleiche weise
hat unser aus die alte praep. ur, goth. us verdrängt, zu
beachten ist, das: die goth. und frühste ahd. spräche dem adv.
und der praep. ana dieselbe geslalt lassen, bei Notker das adv.
ana von der praep. an unterschieden wird.
Während alle praepositionskraß des ab uns fast erlosch, hat
die des an sieh voll enthalten, und jenachdem ruhe oder be-
wegung ausgedrückt werden soll, fordert es eineti dat. oder acc. :
an dem himmel leuchtet ein stem, gott setzte den stem an
den liimmel; an dem finger steckt ein ring, er steckte den
ring an ihren finger ; an dem bäum glänzt ein apfel, an den
bäum flog der vogel; er lebt an dem hofe, zieht wieder an
den hof ; schon sitzen sie am tisch, setzen sich eben an den
tisch; an ihn wendet sich meine bitte, an ihm liegt es sie
zu gewähren, zuweilen können beide casus stehn: es friert
mich an den bänden oder an die bände ; er ist an dem fusz
oder an den fusz. verwundet ; sie lagern an dem grase oder
an das gras; an der blume, an die blume riechen.
Dies im allgemeinen vorausgesandt sind folgende fügungcn
darzulegen :
1) ICO an neben dem verb. subst. erscheint, lassen sich leicht
ausgefallene Wörter hinzu denken: es ist am tage; die sonne
ist am himmel ; er ist an seiner stelle u. s. w. beachten swerth
die abstraclen Vorstellungen: es ist jetzt an dir (gelegen), ich
thue alles was an mir ist, so viel an mir ist, quantum «n me
positum est, oaov irt iuoi iari. sie sollen schwören, dasz
sie weder selbst demselben entgegen bandeln, noch so viel
an ihnen ist, zugeben wollen, dasz von jemand dagegen ge-
handelt werde. Wiela.xd 7, 193 ; die vcTiunft sucht, so viel an
ihr ist, abzuleiten. Ka.m2, 496; versuche deine pflicht zu
thun und du weist gleich was an dir ist (was gutes du ver-
magst, was du werth bist). Göthe 22,215;
und bleibst du endlich wie du bist,
so sagen sie, dasz nichts an dir ist. 2,2%;
wenn ich alles, was noch an mir ist (alle meine kräße) die-
sem, wie seinem hohen hause und seinen landen von frischem
anzueignen mich ausdrücklich verpflichte. 60, 310; es ist nichts
an ihm, nichts an ihr (nichts gutes, kein gutes härchen); es
ist nichts (wahres) an der ganzen geschichte, kein walireß
wort, schon mhd.
des man im jehen
lange gehört, daj ist an im. Dielt. 5170,
das verhält sich so, hat grund ; denn ich hoffe, es sei mein
herz ie an dem, dasz ich . . ein lust und gefallen gehabt.
LiTHERS br. 2, 138 ; es sei aber an dem (damit), »ie es weil.
2, 106; an dem sein, in eo esse, ita esse {vgl. am); es ist
noch nicht an dem, noch nicht so weit;
und well es ist .in'dcm. da.«! ich mich nur musz letzen
mit dir durch diesen brier. Fleming 679;
CS ist an dem, dasz es unendliche Wahrscheinlichkeiten gibt.
Rabemer 2, 150; wenn es an dem ist. Lessixg 1, 344; und
war es? wärs an dem? Schiller 33S; es war wirklich an
dem. dasz Karl den Vorstellungen des admirals nachgegeben.
1071. nd. dat is wis un an dem (das ist wahr), dat is nig
an dem (das ist gelogen), sie sind schon an ihm (quälen ihn),
noch deutlicher vor ausgedrückten Substantiven: es ist an der
stunde, an der zeit;
es ist gewislich an der zeit,
dasz gottes söhn wird kommen;
es ist an der zeit, Götde 15, 220 ; es sei nun an der stunde
zu gehen. 28,219; er ist am tode, in discrimine mortis ; mei-
ster, wir sind einer groszen gefahr entronnen, dein Felii war
am tode. Göthe 19, 221 ; mit den narrenstreichen ists nun am
ende. Schiller 107; es sind aber an meiner lere so riel, so
edel, so bochgeborne fürsten und herrn. Lctueb 6, 14*. auch
bei werden: du bist an mir zum verräther geworden; wird
ein teufelskind an im, da er möchte ein gott an im werden.
LcTHEE 6,47'; er wird an dir zum Schelmen; sie sind Schel-
men an dir, handeln verrätherisch an dir.
2) an bei liegen, stehn, gebn, sitzen, sinnlich unzähliche
mal: er liegt am boden, steht am berge, sitzt am hügel,
geht am ufer; wann man zu vil bonen iszt und am rucken ligt.
Fischart Garg. IS*; liegt an der kette: als sie (die seele)
noch in der schal und an den fesseln lag. Lohesst. Hyac.
32; sie fuhr an ihm die treppe hinunter und verschwand.
Göthe 19, 213 ; Mignon folgte ihm an den fersen. 19, 219 ; er wand
sich wie ein wurm an der erde. 20, 173 ; dieser sasz behaglich
an seinem mittagsmable. 17, 171. abstract : es steht nun an uns,
an dir, if fiuTv earai. das werk steht allein an gott, das
leiden an uns. Agbicola spr. 73* ; es liegt blosz an ihr, dasz
sie den schritt thue ; es ist alles an der guten gesinnung ge-
legen; darumb ligt die macht an dem wörllin. Lcther6, 17G;
es liegt das meiste an den vornehmen, gebn (Aer, kommen
und ähnliche begehren häufig deti casus der bewegung: an das
feld gebn, an den tag kommen, an die freie luft wandeln;
jetzt gehts an dich, es gienge auch an uns, wenn sie dürften ;
wr gebn an die reise. Fleming 470. nicht anders bei wollen,
sollen mit ausgelassenem gebn. kommen : heute wollen sie an
mich, motten sollen sie an dich; wir müssen dran, es hilft
nichts. Emmerich komm! an die wollen wir. ScnaLEB 320;
wer wollte nicht viel lieber
an emen sichtbarn feind, für dem er sieben kann !
Fleiisg 134;
auch sich an einen machen, wagen.
3) an bei haben, halten, nehmen, weiden, hüten, tragen
«. s. w. du hast das glück an der band, er bat ihn am
seil, er hat es an der schnür, hält ihn am kleide, weidet
am grase, hütet an dem felde, trägt am hals, zieht am haar,
sie hatte es an einem guten leben, deutsche sagen 1, 84 ; an
ihm habe ich einen rechten freund; sie lebt mit ihren leu-
ten, hat die kinder des orts alle an sich. Göthe 10, 139.
abstract: ich armer teufel, den man an seinem rocke und
an seinen Unterkleidern fiir einen magister hätte halten sol-
len. 18, 174; ein mann, den man an seiner kleidung wol für
einen geistUchen hätte nehmen können. 18, ISS.
4) bei sehen, hören, riechen, empfinden, wissen, erkennen :
ich sehe an allen dingen, dasz etwas neues vorgegangen ist;
dasz gott, wenn man in wil ansehen an seinen werken nichts
anders ist denn eitel, unaussprechliche liebe. Lcther 6, 47 ;
ich höre am geläute, dasz heute sonntag ist; ich rieche an
den blumen; ich weisz es an mir. Göthe 16,45; man ge-
wahrt es leicht an seinen mienen; ich verstehe das an sei-
nen Worten; als ein die natur unmittelbar anschauend auf-
fassender, an der erscheinung selbst denkender, sie durch-
dringender künstler. Göthe 32, 124; wir haben grund uns
an einer weit auch einen endzweck des Schöpfers zu den
ken. Kant 7, 345 ; sich an den Icibnitzschen monaden kleine
klümpchen vorstellen. 3, 72; das übersinnliche, welches nur
am moralischen verständlich ist. 6,394; es bleibt mir an dir
völlig unbegreiflich ; bei ihm zu verweilen, um mich an ihm
zu unterrichten. Götde 26, 167.
5) bei suchen, finden, erlangen, gewinnen, verlieren: die
biene sucht ihren honig an den blumen; was suchst und
findest du an ihm? er gewann , an land und leuten; was er
am gelde gewann, verliert er an der seele ; ich kann es nicht
an (ton) ihm erlangen; sie sollen eine freundin, eine ver-
traute an mir finden. Göthe 14, 168; ach die glückseligkeit
meines lebens die war sie, wie viel habe ich an ihr verlo-
ren ! Klopst. 11, 9 ; wie viel verliere ich auch in dieser be-
trachtung an ihr. 11, 13.
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AN
AN
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6) andere empfindungen, gefühle, eindrücke, zustände : ich
freue mich an den kindern, labe mich an den fruchten, er-
quicke mich an dem wein, erhole mich an der luft; er är-
gert sich an allen dingen, nimmt an allem anstosz;
frasz seinen schmerz drei tage lang,
und zuckt an quäl
drei lange, lange nachte lang. Göihe 2, 77 ;
liel wie an allen gelenken gebrochen nieder. 18, 228 ; er siecht
am herzen, leidet an der brüst; starb an seinen wunden,
an der Schwindsucht, an schweren krämpfen; verjüngt sich
an ihr; dem volke, das an den blicken seines herrn altert.
GötheS, 261; schläft an {über) dem buche ein;
und gähnt .. so laut als eine esclin,
dasz unsre uvralen dran erwachen.
VVlELA.ND 18, 106.
7) accusalivconslructionen : an das licht kommen, es ist nichts
so fein gesponnen, es kommt doch ans licht der sonnen ; seine
freude an den tag legen ; so scheme ich mich auch nit diese
fabeln an tag zu geben. Eh. Alderus vorr. 8 ; er führte
ihn an die zinne des tempels; wenn er [der schritt) an dei-
nen eignen zweck dich führen soll. Göthe 9, 126; ich gehe
nicht an hof. 42, 61; gehe ich an hof. 42, 164; du fassest
die sach an deine hend. Melissus ps. D4'; stiesz mit dem
fusz an einen stein, klopfte heftig an die thür; sie trugen
alles aus dem schif ans land; ein kind kann mancherlei an
seinen vater auf dem herzen tragen. Schiller 254; was be-
gehrst du noch an mich? da aber der herzog an ihn be-
gehrte, dasz er seine eignen brüder bekriegen solle. Micrä-
Lius 2, 227 ; er wandte sich an den künig ; sie setzen alle ihre
kräfte an diese sache; ich will an ihn reden {ihn anreden);
denn da er an frauenzimmer zu reden hat. Göthe 58, 100;
das ist ja an seine ehre geredt. Luther c, 7' ; gleich wie ich
dem bapst und bischoven nicht an ihr ehre rede, wenn ich
sie des teufeis kirche nenne. 6, 7' ; die feder hat einen druck
an einen körper angewandt. Kant 8, 63; eine zufällige ein-
heit reicht nicht an den nolhwendigen Zusammenhang. 2, 650 ;
man wies ihn von einem an den andern ; man wies ihn, als
er nach dem manne fragte, an ein schlechtes Wirtshaus in
einem winkel des Städtchens. Göthe 18, 217.
8) an hinter Substantiven, sein Vorgänger am amte; von
seinen vorfahren am reich muste Conrad viele Widerwärtig-
keiten ausstehen. Hahn 2, 226 ; sein guter freund an der ecke
(wohnhaft); sein genosz am grünen tisch;
sein herr kolleg am punschnapf ihn verlacht.
GösiNGK 2, 176 ;
der mangel an gelde; der überflusz an getraide; zufuhr an
lebensmitteln ; ein reicher vorrat an kleidern; Frankfurt am
Main, an der Oder (gelegen), ein ring vier thaler an werth; zu-
mal wird bei namen das nomine, bei Zahlwörtern das numero
durch an ausgedrückt : noch ein bruder, Chrjsipp an (mit) namen.
GöTUE 57, 38 ; CS erschienen ihrer hundert an der zahl ;
lieber gott, wann an der zahl
ich war ich viel tausendmahl,
war mein werth doch nimmer werth,
dasz mich Christus nur begehrt. Locau 1, 6, 11 ;
sie drangen, zwölf an der zahl, in das dorf. bei menge,
nähe und gedräng : sie standen köpf an köpf, hut an hut,
giengen band an band, arm an arm, nieder schmetterten die
kugeln mann an mann, alles wimmelt ameise an ameise, im
winde säuselten halm an halm, ähre an ähre ; wagen fuhr an
wagen, kahn an kahn ;
knie an knie erfüllt die stufen
um das hohe throngericht. Bürger 2';
paar au paar uns munter drehn. 2^
9) an neben pronomen : an sich, per se, an sich selbst ; an
und für sich; die lügend ist an und für sich begchrcnswerth,
Ttrtus per se expelenda est; begriffe die an und für sich
.selbst unauflöslich sind. Kant 1, 71 ; gegenwärtig ruht in mei-
nem gemüt die masse dessen, was der Staat war, an und
für sich. Göthe 29, 120. in der älteren spräche würde stehn
an im, an ir selbst : die zeit an ihr selbsten sei lang genug.
AvRER proc. 1, 8 ;
was mit und an dir lichte, litt
hat sich wo anders angehangen. Göthk 3, 244 ;
WOZU jedes glied eines weiten kreises freudig klar und tüch-
tig an seinem theile zustimmte. 22, 9; der major an seiner
seile (seinerseits) blieb mit ganz entgegengesetzten gefühlen
zurück. 22, 76; wir aber an unserer erzählenden und dar-
stellenden seile. 23, 199 ; an meinem theil könnt ich mir ge-
fallen lassen. 30, 205 ; sein talent neigt sich gegen zwei ent-
gegengesetzte seilen, an der einen beobachtet er die ge-
genstände der nalur, an der andern seile neigt er sich zum
sittlichdidactischen. 33, 107. an einem fort (in einem fort, in
einem stücke fort):
ich hab sie wol zu ganzen Viertelstunden
an einem fort nichts anderes thun sehn. Schiller 577 ;
spielt, stänkert, pocht und kriecht, das geht an einem fort.
Göthe 7, 72.
10) an mit dem acc. ich reiche ihm nur an die schuller,
das wasser reichte ihm fast an den mund; die flut stieg an
die brücke; von hier ist noch gar weit an den Rhein (ad
Rhenum) ;
es wechst auch da ein ziemlich wein
doch haben sie nit fern an Rhein. Albkrus 140' ;
0 das ich letzt nit jungen mag
und leben an den jüngsten tag.
Schwamenberg 141, 2 ;
bestendiglich ans ende. Luther 3, 152; da ist er behalten
worden an den drillen tag. 3, 410'. allmälich schob man gern
ein bis vor: zu band die alle von im bisz an Friderichen
seinen gesellen. Galmy 209 ; (ihr rühm) rührt bisz an himmel
an. LoGAU 2, 3, 58 ;
wie weit er sich zurück erinnern kann!
bis an die ersten kinderpossen. Lessing 1,4;
bis an das gängelband, bis an die ammenbrusi.
ist, was er litt und that, ihm alles noch bewust. 1, 5.
U) an neben adj. wie schon ahd. und mhd. {gramm. 4, 879) :
sei from an den eren. fastn. sp. 439, 17 ;
wo die leule an disem unserm bedenken nicht zufrieden
sind. Luthers br. 4, 585 ; sind am leibe viel schwärzer als am
angesichte. pcrs. reiseb. 3, 4 ;
sie war an Schönheit reich,
an vielen gaben hold. Fleming 132 ;
arm am beute!, krank am herzen;
taub an beiden obren, blind an beiden äugen ; breit an den
schullern, latus ab humeris [breit von schultern); klein an geisl.
IL An als bloszes adverb erscheint hauptsächlich in Zusam-
mensetzungen, dann auch einzelnen Substantiven oder andern
Partikeln nachlrelend.
l) zahllose verba sind mit an uneigentlich zusammengesetzt,
d. h. in gewisser läge, namentlich im inf. und in bedingender
rede lassen sie es rornen unmittelbar anschlieszen, trährend
es im imp. und in directer rede los nachfolgt: anfangen,
wenn ich anfange, dasz ich anfange, hingegen fang an, fangt
an, ich fange an, ihr fangt an. dies vermögen meistentheiU
frei und gesondert eine Stellung im satz einzunehmen lehrt,
dasz »sie ihm ursprünglich angemessen war. die lat. Zusam-
mensetzungen incipere, accipere erzeigen sich ungleich fester
und gestatten ihrem in und ad unter keinen umständen sich
zu lösen, es heiszt incipere, si incipiam, ut incipiam, wie in-
cipe, incipite, incipio, incipilis. unsere spräche läszt uns also
in den gang und die wege der partikel tiefer blicken.
Häufig musz nun wiederum die kraß dei- partikel als prae~
positionale, im laufe der zeit durch auslassungen verdunkelte
erscheinen, die suppe ist angebrannt will nicht sagen sie ist
entzündet, angegangen, wie man ein Stückchen holz anbrennt,
vielmehr sie ist an den topf unten festgebrannt; der stein ist
angefroren, an (die erde) gefroren; anziehen drückt aus an
den leib, an den arm, an das bein, an den fusz zielten,
ohne dasz nöthig wäre diesen acc. beizufügen, wenn vom ein-
hüllen in das kleid, in den handschuh, in deti strumpf und
sehuh die rede ist. anstoszen will sageti den fusz an einen
slein, das glas an ein anderes sloszen. einen ansehen ist
gleichviel mit an einen sehen, war nun auch einen anlachen,
anblinzen, angrinsen, anzischen ursprünglich an ihn lachen,
blinzen, grinsen, zischen?
Aus der gewohnheit aber die partikel mit dem verbum zu
verknüpfen kann sich leicht ein engerer sinn erzeugen, den sie
neben dem einfachen verbünd nicht hat. greif mir nicht an
die nessel I verbietet wie greif mir die nessel nicht an ! , wir
müssen endlich an das geld greifen ist gleichviel mit das
gcid angreifen, doch für den feind angieifen läszt sich nicht
mehr setzen an den feind greifen, weil hier die Zusammen-
setzung bestimmtere färbe angenommen hat.
289
AN
ANACKERN —ANÄTZEN
^90
In vielen fällen mag das an auf die person tine auf die
Sache yehn. wir sagen das kleid anziehen, das schwert an-
gürten, zugleich aber einen anziehen, angürten, der diener
zieht den heim morgens an, bekleidet ihn, ich will mich erst
angürten, begirten. sollen sache und person zugleich ausge-
drückt sein, so pßegen vir dann letztere in den dativ zu
setzen: lege mir das kleid an, sie gürtete ihm das schwert
an, er bot ihm seinen dienst an. ahd. und mhd. stand auch
difse person im acc. und das rerbum hatte doppelten acc, der
Sache und person neben sich : legi mih dia wät ana, siu gurta
iaan daj suert ana, p6t inan dionost siaaz, ana ; mhd. do bot
in (eum) der wirt an sine tohter und sin lant. Iw. 6S00. die
iraepositionskraß des an, seine einwirkung auf den acc. tcar
hier lebhaßer, noch fasln, sp. 498, 16 heiszt es
und sült in (eum) fleiszig gebet legen ao,
sollt fleiszig eure bitte an ihn legen, ihm mit bitte anliegen,
jtatl des von der praep. abhängigen acc. der person setzt die
neuere spräche oß den datir, vgl. anbieten, anerben, ansterben.
Wie in anfangen, anheben selbst hat an auch vor manchen
andern uörtem die bedeutung des beginns und riUtrigen fort-
gangs, vas zumal in den imperativen vortritt: sage an! sing
an! sprich an! rücke an! stimme an! halt an!
rat an, lieber raigeb! faMn. sp. 504, 2;
rat an, ritter Degenlein! 599, 18. 34. 600, 20.
dock läszl rücke an sich fassen als rücke den fusz an mich,
rath an als rath an die sache. da an so oß auf, aufwärts,
in die höhe ausdrückte, darf auch bei ansingen ein anheben,
außieben, aufrichten des gesangs gedacht werden, wie bei ansteigen
ein aufwärts steigen, vgl. anbauen, andringen, anhalten, anlau-
fen, anstehen, anstürmen u. s. w. angeben heiszt im karten-
spiel zuerst geben, anstimmen in der musik den ton angeben,
den gesang erheben, und so läszt sich auch anführen auffas-
sen als vorangehn im xug, eine andre deutung wird unter an-
führen vorgetragen.
An und ab sind natürlicher gegensatz in ansagen und ab-
sagen, anmelden und abmelden, ankündigen und abkündigen,
anbringen und abbringen, ansetzen «n«f absetzen, ab- und anzug.
Garg. 64*. weil aber auch auf dem ab gegenüber tritt, z. b. in
aufsteigen und absteigen, aufkommen und abkommen, auf und
abgehn ; so dürfen an und auf in manchen fällen wechseln oder
zusammen angewandt werden, man sagt schröpfköpie ansetzen
und aufsetzen, geld anhäufen und aufhäufen ; gewöhnlich wird
doch jede partikeln eigne bedeulungen mit sich führen, auch
umb und an stehn sich einander zur seite, z. b. Garg. 95*.
2) seltner schon sclilieszl die partikel sich an das nomen,
wird aber ton ihm untrennbar und hat die beweglichkeit ein-
gebüsil, die ihr vor dem verbum zustand, die meisten der
mit an zusammengesetzten nomina sind auf bereits zusam-
mengesetzte verba zurückzubeziehen und ankunft, anfang, an-
stosz, angäbe, anklang ti. s. w. setzen ankommen, anfangen,
ansloszen, angeben, anklingen voraus, anhab anheben, anhafl
anheften, anhält anhalten, eine menge adj. auf ig erzeugten
sieh wiederum aus Substantiven, andächtig, anmutig, anstöszig
aus andaclit, anmut, anstosz; viele mit lieh gebildete unmit-
telbar aus verbis: angeblich, annehmlich, anmaszlich.
Ausnahmsweite hat sich erst in der späteren spräche das an
unmittelbar mit dem nomen verbunden, wie in anbetracht, an-
bewust, denen kein anbetrachten, anbewissen vorausgeht, solche
Wörter sind meistens pleonastisch oder steif doch sagt man
anbeginnen, anbefehlen.
Wenig im gang sind adj. mit an für sl. na, laL sub, gr. tKTo, iv,
ankalt subfrigidus, ansaucr subacidus, man sagt lieber kültlich,
rtueriich; doch die Volkssprache wahrt sie hin und wieder.
Merkwürdig entspricht aber an in anlaster, anmal, anname, an-
aang dem mhd. Alaster, äname, äsanc und schon ahd. ana-
iiiAli, ganz wie ahn. A ßr an, während sonst mhd. 4 = ab,
ar; anders anmacht amacht.
Manche Zusammensetzungen der früheren zeit sind erloschen,
«. 6. das mhd. anebet, gegenständ des anbetens.
3) wie mit ab bilden sich auch mit nachfolgendem oder
anwachsendem an adverbiale redensarten. bergan steht dem
bergab entgegen, und man bildete himmelan, felscnan, wöl-
ken an, in berg und himmel waltet noch gefühl des acc, dem
die praep. nachgetreten scheint, bergan == an den berg ;
der weinstock breitet sich baura aa = an den haum. Opitz;
hier ist der wahre sieg,
hier kannst du xu mir reUen
und meinen bimmel an. Fiiarao 18,
wo das beigefügte possessiv über den casus keinen Zweifel Idszt.
Anders zu fassen ist glück an! das landende, wie glück auf!
aus dem Schacht aufsteigende zurufen:
da landen wir, da sind wir schon !
gluck an '. dem herren, dem patron. Göthx 41, 303,
gleichsam glück ans land!
Mit dar, hin, her, oben, vor, vomen, neben, hinten bildet
sich daran, hinan, heran, obenan, voran, romen an, hinten
an und hinan, heran stellen sich um in anhin, anher; oben-
aus und nirgend an! ist der bekannte spruch zum ausfahren
der hexen, vgl. Ltttber 3, 235'. fortan gleicht dem mhd. allejane,
ahd. allajana, «Ad. alsfort, immerfort; sofort an, braucht
Lltder oß, z. b. 3, 122'. 235. 466. wider an braucht Ri!«gwaldt
und thut darnach fein wider kommen,
setzt sich zu tisch, seufl wider an. lautere warh. 66;
das geht darnach so wider an, das.,
man kann das letzte an aber auf geht ziehen, zweifelhaß
ist auch
wer hoch gestiegen ist, wit immer höher steigen,
wer niedrig stehet an, wil tiefer sich nicht neigen. Locac 2, 10,97,
denn niedrig an darf zwar untenan, niedenan ausdrücken,
doch auch stehet an ßr ansteht genommen werden. Bei ad-
verbien der zeit findet sich an als anfangspunci, kann aber
auch wegbleiben: von jetzt an, von nun an, von dann an;
von nun an bin ich zufrieden; von stund an. fastn. sp. 827,
17 ; von heut an = von heut ab ; von diesem augenblick an ;
von Jugend an, a puero; von kindsbeinen an. 2, 243 beginnt
LoGAC ein gedieht mit den worten : an von der zeit = von der
zeit an. andere setzen blosz von ohne an : mein vatcr erfüllte
mein unerfahmes herz mit dem glänzenden wahn der weit,
von dem augenblick meines aufkeimens. Klinger 4, HS ; der
von früher Jugend ein zeuge der greuel der tjTannei war.
5,30 von anbeginn ist gewissermaszen vom beginne an. i4ii-
dere adrerbia fügen das an romen zu: anbei, anher, anhier,
andurch, anmit = hierbei, hierher, hierselbst, hierdurch, hier-
mit; femer annoch, anwo, ansonst, anwiederum, anvorderst.
ANÄCKERN, arare tncipere; mit dem stecken anackem. Garg.
23S*. _
AN'ÄHNELN, assimilare: wie es (das gebilde der nager)
sich denn sowol gegen die raubthiere als gegen die Wieder-
käuer hinneigt, und noch gar andern geschlechtem sich an-
ähnelt. GörnE 55, 322.
ANÄHNLICHEN, assimilare: dasz man die deutlichste stelle
zum gründe legte und die widersprechende, weniger klare
jener anzuähnlichen bemüht war. Götbe 26, 100 ; Schröder hat
die englischen lustspiele von grund aus verändert, er hat sie
dem deutschen sinne angeähnlichL 26, 197 ; in früheren jähren
mit in die französische revolution verflochten, hatte er sich eine
folge von generationen angeähnlicht. 32, 13. vgl. ahnlichen.
AN.^HNLICHCNG, f. assimilatio. Göthe 33, 209.
ANANKERN, ancoras figere; in der baukunst, einen balkeo
an die träger anankem, festigen.
ANARBEITEN, adjungere, den schustern, die sohlen ans
Oberleder anarbeiten.
ANART, f. indoles, natura: Cäsar meldet, dasz er (der
kitzel nach neuigkeiten) von anart allzeit in den franziJsischen
Völkern gesteckt habe. Fischart groszm. 11. vgl. art.
ANARTEN, natura insitum esse: ein jede sprach hat ir
sondere angeartete tönung. Fischart Garg. 38' ; wolbegabt Ton
angearteter scharpfsinne. 172*;
mir ist nicht ananend zurückzubeben im kämpfe. Voss II. 5, 253;
die natur fügt es nicht so, dasz talent und wille auch annrten.
Ka5t 5, 164 ; das naturell, das in der Vermischung mit frem-
den halbschlächtig anartet. 10, 27.
ANARTIG, insitus : in Ingolstadt haben di« Studenten aus
anartigem mutwillen einige ungelegenhcit Terursachel. Abk.
A 8. Cl-ARA 1, 59.
ANARTUNG, f : die unausbleibliche anartung, als der Cha-
rakter einer race. Katt 10, 59.
ANASEN, inescare, anködern.
ANATHMEN, aspirare, anwehen, anhauchen, nnl. aanademen :
ewig wehn die gesäusel de» leis anathmenden wesic».
Voss Od. 4, 567 ;
dich spaltet
mein anathmcnder hauch. Voss ged. 5, 114.
das nnl. wort gilt bei vergoldem: hei goud aanademen.
A.NÄTZEN, allicere: und das er (IfoAomW) das volk weiter
anetzet, erlaubt er in s« tU eheweiber so »il einer emeren
19
291
ANÄUGELN — ANBEGINN
ANBEGINNEN — ANBELANGEN
292
möcht. Frank chron. 163'; die reichen sollen si mit gold zu
ihn gelockt, angeetzt haben. 428'; also etzt man die vügel
an. H. Sachs III. 3, 22" ;
wie hübsch hat sie uns gnelzct an,
die wir liielten für ein bulTrauen. Ayrer 88'.
ANÄUGELN, oculis inlueri, zdrllich anblicken :
wie schg bin ich dan dicii anzuäugelen.
Weckherlin 769.
ANBACKEN, coquendo adhaercscere, ankleben: das brot
ist angebacken, der kuchen ans papier angebacken, das haar
bei der kopfwunde, zusammengebacken, nnl. aanbakken: hct
brood is aangebakken.
ANBAHNEN, viam apcrire, movere, ein heutigen geschäßs-
leulen beliebtes wart: die sache, die Unterhandlung anbah-
: nen, in gang bringen.
ANBALLEN, agglomerare, vom schnee, sich an die schuhe
hängen.
ANBANNEN, incantamenlis concludere, afßgere, festbannen:
aber die krafl besteht
bis zum millelpunct der erde
dem boden angebannt. GöthkI", 363;
am betlftisz angebannt. 2, 187 ;
CS ist, als sei ihm das fieber angebannt.
ANBAU, cullura, colonia, nnl. aanbouw : der anbau des
landes, der anbau des korns, weins ; man musz aber nicht
glauben, dasz der erste anbau gleich gefraidebau gewesen.
Schiller 1010. auch neuer anbau des hauses, der Stadt; an-
bau der spräche, Wissenschaft.
ANBAUEN, m. colere, excolere, nnl. aanbouwen, das feld, land,
den acker, die künste und Wissenschaften • wie spät lernen
wir einsehen, dasz wir, indem wir unsere lügenden ausbil-
den, unsere fehler zugleich mit anbauen. Göthe 26, 213 ; baue
deine gemüts- und leibeskräfte zur tauglichkeit für alle
zwecke an. Kant 5, 218. auch daran bauen : das bauschen
war wie ein nest oben angebaut; die schwalben bauen oben an.
ANBAUEN sich, considere, domicilium collocare, sich nie-
derlassen : die sich anbauenden Völker {im gegensalz zu den
nomaden). Kant 10, 298; du kennst von alters her meine art
mich anzubauen, mir an irgend einem vertrauliciien orte ein
hüttchen aufzuschlagen und da mit aller einschränkung zu
herbergen. GOthe 16, 16 ; gutsbesitzer, die kühn genug vor
Zeilen sich in gefährliche niederungen angebaut. 22, 101. auch
von nistenden vögeln: die spatzen haben sich da angebaut.
ANBAUEB, wi. colonus, der erste anbauer, ansicdler.
ANBAULICH, culturae capax, anbauliches land; in den
anbaulichen entdeckungen gleich die erde aufzureiszen und
.saat zu streuen. Klopst. 12, 433.
ANBÄUMEN, se e/ferre: ich wieder bei der Jungfrau zu Herms-
dorf angebäumet. Sciiweinichen 2, 10. s. bäumen, aufbäumen.
ANBEFEHL, »i. mandatum: wie ich nun mit gehorsam und
demut dem englischen anbefehl gernest gelebcn und demsel-
ben nachkommen will. Schottelius fruchtbr. lustgartc. Wolfenb.
1647.8. s. 103; auf gottcs anbefehl. Opitz 3,211.
ANBEFEHLEN, imperare, mandare, commendare, gleichviel
mit befehlen, nnl. aanbcvelen : der könig hat uns anbefehlen
lassen, vorr. zur tat. grammatica marchica; die anbefohlne
pflicht erfüllen ; der sterbende vater hatte ihm sein hinter-
lassenes kind anbefohlen, vgl. anempfehlen.
ANBEGEHBEN, petere ab aliquo: ich musz dir das aucli
noch anbegehren. richtiger schiene der acc. der person.
ANBEGEHBEN, n. petilio:
du wirst mein anbegehren
nicht lassen, weisz ich wol, und dessen mich gcwäiircn
was blosz die Jugend gibt. Opitz 2, 182.
ANBEGINN, m. primordium, principium, initium, nnl. aan-
Lcgin, ahd. anakin, anaginni n. und pikin initium, mhd. ane-
gin und begin, aus welchen beiden zusammen die hdufung
anbeginn entsprang, nnl. aanbegin:
wie das von got vor nnbeginn
all judensol beschalTeD sin. fastn. sp. 2t, 7 ;
dem der da feret im himel allenihalben von anbegin. ps. ßS,
34; von anbegin aber ists nicht also gewesen. Mntth. 19, 8;
nachdem ich alles von anbegin erkundet liabe. Aue. 1,3;
von anbegin war deine rreundlichkeit
allzeit berail den armen zu erlösen. Wkckiierlin 107;
also sagt er, und nabele sich crliabnereii lliaten,
als seit der engel gehint, dem aiilicgiiiiie der erden
und der sonnen geschabii. Klopst. Mens. 4, 1339;
vom anbeginn der scliöjifung herunter
bis zum gericht. 5,294;
von dem anbcginne der weiten. 9, 356 und oft;
die neugier bat, wie Zoroasicr lehrt,
von anbeginn der weibcr herz belliört. VVieland 10, 141;
im anbeginne schiens erfreulich. Platen 327*.
ANBEGINNEN, incipere. dies vcrbum setzt schon das bei
MicYLLus gebrauchte von anbeginde = anbeginnende incipiendo
voraus: die statt Born ist von anbeginde (a principio) durch
vil und mancherlei weis regiert. Tacitus 1" ;
diesen reichte nun auch, rechts anbeginnend, des süszen
neklars. Bijrger 193';
doch gilt es bier nicht viel besinnen,
im weilen meere musl du anbeginnen. Götoe 41, 168.
ANBEHALTEN, vestes non ponere: ich will die schuhe noch
an {den füszen) behalten ; lasz ihn seinen rock noch an {dem
leibe) behalten, wie man auch sagt den hut ab {dem köpfe)
behalten, auf {dem köpfe) behalten. Alhano war nicht im
Stande, so sehr er sich vorgesetzt hatte in Sanftmut und
lammkleidern zu erscheinen , letzte anzubehalten. J. Paul
Tit. 2, 40.
ANBEHÖB, n. appendix: die poesie mit ihrem an- und
Zubehör. Hippel ehe 5, 72. nnl. auch das verbum aanbehooren.
ANBEI, una, simul, gilt für steif und geschdftsmäszig, ist
jedoch kürzer und woUaulcnder als hierbei, nebenbei, dane-
ben : anbei sende die verlangten zeuge, anbei folgt der be-
wuste brief; ich mich in allen stücken seiner gütigen Vor-
sorge empfahl, anbei allen kindlichen und schuldigen gehor-
sam zu leisten versprach. Fclscnburg 1, 25.
ANBEILEN, allatrare, s. anbellen. H. Sachs sagt bellen,
peilen für bellen, was dem mnl. bilen (Maerl. 1, 283. Eleg.
766) begegnet : das dich die hund auch bellen an. 1, 264*.
ANBEISZEN, ambedere, adniordere, praegustare, gustare,
an, in etwas beiszen, nnl. aanbijten :
der zuo dem wirt früe komen kan,
der peist an fladcn, an feigen und an den airen an.
fastn. sp 304, 15. 76(», 21;
und als er hungerig ward, wolle er anbeiszen {yevaaad'ai,
gustare). apostcig. 10, 10 ; da gicng er hinauf, brach das brot
und beisz an {ysvaäuevos, gnstans). 20, 11 ;
^ zuckerroscn luid narcissen,
die kein frosl hat angebissen. Fleming 42;
sogar die damen, die sonst wie die fische essen und nicht
essen, bissen an. J. Paul llesp. 1, 112; er beneidete ihre
weiber, die heule schon den morgen anbissen, nemlich die
marmorierte, gesprenkelte kleiderrinde für den zweiten feier-
tag. 2, 172. eigentlich blosz das erste anbeiszen, einbeiszen,
bei fischern: es zuckt, der fisch hat angebissen, voravit ha-
mum ;
ich angelle mit fröhlicbkcit
nach dir, du bissest an. Gleix;
lasz mich anbeiszen! einen bisz in das brot, den kuchen
Ihun; den apfel anbeiszen, einen bisz in den apfel thun
und ihn dein geliebten senden, serb. zagristi, gr. aTtoSä-
xvsiv, solche dpfel heiszen angebissene aber unaufgegessene,
zagrizeni al neizjedeni, ulid sind ein lielieszeichen. für das
eigentliche frühstücken, kosten, gustare, gouter sagte man ahd.
nicht anapijan, sondern antpljan, inpi^an, nthd. enbijen, wo-
von unser imhisz noch übrig ist. salat haben die Bussen
niemals gegessen, sondern haben die Tentschen bei nieszung
desselben auszgelachet, als wann sie gras essen, nun aber
beginnen etliche auch mit anzuheiszen. pers. reiseb. 3, 2.
Figürlich bedeutet nun, vom anbeiszen des ßsches in den kü-
der entnommen, anbeiszen rem aggredi, nicht anbeiszen, decli-
nare, cunctantius agere: wollte aber bei ihnen (den Jung-
frauen), sie zu nehmen, nicht anheiszen. Schweiniciikn 1, 96;
sie bciszt wirklich sonst noch au. Lessinc 2, 412 ;
ein fraii, die vor an hat gebissen, fnsln. sp. 749, 3;
wirt. sie wollcns, gnädgcr lieir, und ihre gütigkcii —
Ale. jetzt beiszt er an. Götiirt, 91;
und dasz die kerls sicii darüber beleidigt finden und doch
wieder anbeiszen. 33, 289. vom anbeiszen der speise entlehnt
ist: ich musz bekennen, dasz ich hei dieser sache keinen
einfall anzubeiszeii weisz. Hippel lebensl. 2, 232. gegen je-
mand anbeiszen heiszt auch bissig sein, ihm die zihne weisen.
ANBEIZEN, Icviler macerare: die haut ist nur angeheizl.
ANBELANGEN, atlinere, nnl. aunbeiangcn, was anlangen,
293
ANBELFERN— ANBETEN
ANBETEN — ANBIETBRIEF
294
ttt« anbeireffen f. antreffen : so viel das studieren anbelanget.
Simplic. 1, 429; was das anbelangt, das anbelangend; was
seine liebe anbelangt, da haben sie nun gar nichts zu fürch-
ten. Klincer 1, 418.
ANBELFERN, allatrare, tcird von kleinen, schivaeh bellen-
den bunden gesagt : das hündchen belfert jeden an ; sie bel-
ferte das gesinde beim kleinsten versehen an; s. belfern.
ANBELLEN , allatrare, anheilen, anklaffen, anblaffen, nnl.
aanbaffen, aanbassen, in der vorrede des Ssp. 90:
ich sie zu rame sam ein wilt
daj die liunde belien an,
mit den Varianten buffen an, hassen an. richtiger noch stark
SU conjugieren: er billt an, boll {früher ball) an, hat ange-
bollen, obicol schwache form cinreiszt. da sie nun das trew
hündlin der kirchen, Joliannes Hus, in solchem diebstal er-
fand, anbal und verriet, füren sie zu und machten aus dem
diebstal einen offenberlichen raub. Lcther 6, 323'; und wird
nicht ein hund dich dürfen anbellen. Judith 11, 13 ; sorgen wie
die hund, die bellen den raon (mond) an, meinen er wöll ins
haus steigen. Garg. 213*; ein von einer englischen dogge ange-
belltes, natürlich genug gemahltes brot auf dem tische der jün-
ger zu Emaus. Göth£ 3t, 214; der hund billt und stechert
mit dem köpfe an jedes knie, es rettete ihn (den manu) nicht,
dasz er oft den hund sfelber anboll. J. Pail uns. löge 1,12%;
schmerzen, die ihn anbellen. 3, 35; gedanken, die blosz lie-
gende krankenseelen anbellen. 2, 163. das nal. aanbellen be-
deutet anschellen, anklingeln.
A.NBE.NEBEN, adv. anbei, hiemeben, da schon neben aus
ineben entsprang, vor eben drei parlikeln häufend: anbeneben
groszen mächtigen dank für die herliche recension der her-
derischen gescbmackprobe. Wielaxd bei Merck. 2, 69; anbe-
neben folgt hier Mercurius. 2, 101.
■ ANBEQLEME.N, ofcommodare, adaptare: alles kommt darauf
on. die sache unsem mittein anzubequemen ; den umständen
anbequemte Verbesserungen, sich anbequemen, s'accommoder:
mit Professor Schelver lieszen sich gar schöne betrachtungen
«echseln, das zarte und gründliche seiner natur gab sich im
gespräch gar liebensv*ürdig hervor, wo es dem mitredenden
sich mehr anbequemte als sonst dem lesen Göthe 31, 254.
ANBERAH.MEN, s. das folgende.
ANBERAUMEN, diem praestituere , mhd. berämen, tro/ur
auch hin und vieder anberahmen gesagt tcird, mit Wandlung
des ä in an, Stieler 1535 hat schon anberaumen und stellt
es falsch lu räumen, mhd. rümen. die stunde, welche sie
dem Solisten anberaumt hatte, war nun gekommen. \Viela\d
1, 19S; der wahlconvent war endlich auf den 3 merz anbe-
raumt. Göthe 24, 288 ; eine Zusammenkunft anberaumen ;
de» nächsten geflüsters anberaumte stunde. PLAieit 154.
ANBERG, m. monlieulus, ein anhebender berg, hügel, ge-
bildet wie anhiihe, nnl. aanberg , mnd. amberch : an deme
amberge. Reineke 5656. der name der stadl Araberg sdieinl
gleichwol anders entsprungen, eine urk. von 1174 MB. 29". 4l7/ia/
Auberg, eine ältere ton 1034 das. s. 44 dagegen Ammenberg.
den atis|(eregneten anberg,
wo man so leicht umwirfi. Voss 2, 37.
ANBEHCHBEN, atlingere: die theoric ist euch ganz physi-
calisch gesetzt und berüret allein das cns Naturale an. Paba-
CErsLs 1,4*.
ANBESTELLEiN , mandare ut conficialiir, s. bestellen, an-
friimmen.
A.NBETEN, adorare, ahd. anapetun, mhd. anebelen, nicht
hiosz gott, sondern auch heilig verehrte menschen und Sachen,
mhd. an ein bilde bPten. Bari. 9S. ts : ich und der knabe
wollen dort hin gehen, und wenn wir angebetet haben, wol-
len wir wider zu euch komen. 1 Mos. 22, 5; da neiget sich
der man und betet den herm an. 21,26; sol ich komen und
dich anbeten? 37, 10; neigten sich und bcte(te)n an. i Mos.
4, 31 ; und nit also zu irem verderben ir hSnd küssen, und
ir Taust zum ahgot anbetten. Fra>k paradoxa 93"; ir anbe-
tet das ir nit wisset, wir anbeten das wir wissen. Reisz.xer
Jerus. 1, 36* ;
er betete dreimal
gegen dich, geopferter an, und erhuh sii h cm himmel.
Klopm. Slvfu. s, 506;
einpfindung betet ati un.l die vernuiifi srhwfjgi $ii||c.
GüTTE» I. 203;
bei mich an,
2eua betet an vor Zeus, der dich erschuf. ScgaiaR 17;
anbete du das Teuer hundert jahr,
dann fall hinein, dich friszts mit baut und haar.
Göthe 4, 337;
(der bettler) stand auf und neigte sich ehrerbietig, ja anbe-
tend vor Eduarden. 17, 171; Giafar empfieng sie nach der
weise des landes und betete das überbrachte schreiben an.
Klixger 5, 139; jetzt beugte er knieend sein haupt und be-
tete mit bebenden lippen an. 10, 296. Fehlerhaß bilden einige
das praet. und pari, nach bitten: alle diejenigen, so einige
bilder anbaten, für götzendiener schölten. Fischart bienenk.
172'; gleichwie man alle gstaltcn des kreuzes verehrt, anbilt,
küst und leckt. 176*;
als heimlich sie den stern schon angebetlen.
Weckhbrlix ti29;
will er sein angebetten. Spee 699.
ANBETENSWERTH, adoratione dignus.
ANBETER, m. ahd. anapetari hariolus, haruspex, heute
aber adoraior, ardens amator: die warhafligen anbeten Joh.
3, 24; Christus redet von den anbetern, dieselbigen sollen
weder zu Jerusalem noch auf dem berge anbeten. Luther
3, 481' ;
aobeier könnt ich wol noch in der menge haben.
Göthe 7, 52;
das mädcben weisz seine anbeter nicht alle zu zählen.
ANBETISCH, anbetische bilder, imagines quae adorantur
LCTHER 3, 40*.
ANBETRACHT, m. respeclus, eonsideratio : es kostet 30 kreu-
zer und ist in meinem anbetracht (in meinen äugen) 30 du-
calen werth. Mercrs briefe 1,207;
nicht wundert michs in diesem anbetrachte.
Rt;CKERT 141 ;
so darf ich auch in keinem anbetracht
des meistens nicht verlorne mühe schelten. 159;
die gerichtssprache pflegt den gen. oder dasz darauf folgen zu
lassen: in anbetracht (erwägung) aller umstünde, in anbe-
tracht, dasz.
ANBETREF. m. intuitus : in anbetref dieser forderung soll
alles nach dem vertrag gehalten werden.
ANBETHEFFE.N, was angehen, anbelangen: was mich an-
betrift, was das anbetrift; das kann mich nicht anbetreffen.
s. auch angctreffen.
ANBETTELN, mendicando adire: in diesem lande wird man
bei jedem schritt angebetteJt ; bei diesem hübe« ich mich an-
gebettelt, dasz er mich nur frei zurücknimmt. Tiec« 3, 94.
ANBETTEN, lectum adstruere: sie hat sich in dieser kam-
mer angebettet.
ANBETL'Ntj , f. adoratio, sokoI in bezug auf den anbeten-
den als angebeteten: die anbetung der hirten. der drei k(>-
nige; die anbetung der Jungfrau Maria, der geliebten;
jene weisen der morgenlamlc die kamen und Jesus
von dem eilendeu Sterne geführt anbuiungen brachten.
Klopst. Uess. 5,79;
und es ballten die himmel von neuen anbelungen wieder.
8,262;
deinem namen sein gesungen
dank und preis und anbeiuugen. werke 7,238;
da zu liefen anbelungen
. goues enget niederstieg. 7,248;
der mehr anbetung für dich nihil als ich. ScaiLLEa 121;
gegenständ der anbetung. Kamt 6, 166.
A.NBETÜNGSWIJRDIG, vcnerundus: anbetungswfirdige göt-
liu. Rabe7<er 1, 212.
ANBEWUST, probe nolus: wegen anbewuster meiner Un-
geschicklichkeit. Phila>D£b 2, 293.
•\NBIEGEN, npplicare, adjungere, nnl. aanbuigcn. ein reis
an den pfähl anbiegen; einen bogen papier an das buch an-
biegen; aus der angebogenen rechnung ist zu ersehen; nie
die schonheil isoliert ohne angebognen vortheil suchen. J. Pacl
Tit. 1, 42. nach den» folgenden adj. brauchte man sich anbie-
gen früher auch im sinne von sich anschmiegen, se insinuare.
A.NBIEGIG, se applicans, insinuans: auch warum soll an-
ders das holdselig weiblich geschlecht also anmutig, zutliälig,
kützelig, armfähig, brüsthndig, anbiegig, sanftliegig, mund-
süszig, liebäuglig, cinscbwctzig, milt, nett, glatt, schön und
zart erschaffet! sein? Fischabt Garg. l.vtl, fi6'.
ANRIETBBIEF, m. literae offerloriae, citnlnriae: es möchte
auch der pott söllii hen ladbrief, verkündhrief oder anpietbrief
an das hnws oder herberg anschlahcn. reformalion der stat
^uremberg. 1484. Ut. 1. gewlz I.
19*
295
ANBIETEN — ANBINDEN
ANBINDEN — ANBLARREN
29G
ANBIETEN, offene, nnl. aanbieden, ursprünglich an einen
bieten, wie es fasln, sp. 578,2 heiszt: bietet an einander die
hend. er bietet mir das geld an; sobald die gelegenheit
sich anbietet, darbietet; ich biete ihm den kämpf auf tod
und leben an; angebotner dienst stinkt; angeboten dienest
sind selten angenehm. Lehmann 22 ; wenn du für eine Stadt
zeuchst sie zu bestreiten, so soltu ir den friede anbieten.
5 Mos. 20, 10 ; bot er inen geld an. apostelg. 8, 18 ; es getar
nieman so keck sein, der uns krieg dürfte anbieten. Ponlus
60; die angebotenen {dargereichten) speisen. Weise *ft/. leule
282 ; eine ganze ernte von figuren, so wie die auf der ersten
tafel erscheinet, würde mir auch Maffei anbieten. Lessing 8,
231 ; ich biete ihnen meinen eifer, meine vermittelung, mein
gebet an. Gotter 3, 30 ; ob er annoch herberg anböte. Voss
Od. 15, 305; unwahrscheinlichkciten, die sich jedem sogleich
anbieten müssen. Tieck g. n. 4, 150. geld, speise, kleider an-
bieten ist darbieten, darreichen; einen dienst, vennittlung an-
bieten ist anerbieten und geht auf noch künftiges leisten, bei
Versteigerungen heiszt anbieten das erste gebot Ihun.
ANBILD , n. imago, nnl. aanbeeld , schwächer ah abbild,
gleichsam erst das angelegte bild, das schwebende vorbild : ver-
stand, wie der lyblich tempel, der uns nur ein anbild gege-
ben het des himlischen tempels. Zwingli 1, 233. vgl. bild.
ANBILDEN, effingere, afßngcre: das es uns anbilde und
gleichsam in ein Schauspiel vor äugen stelle. Fischart bienenk.
43'; abmalen oder anbilden. 46'; dasz eigentlich dis sacra-
ment die gnad anbilde und zugleich verursache. 102'; drumb
secht euch wol für, dasz ir mich keins wegs anbildet. 144' ; wem
wolt ir gott vergleichen oder womit wolt ir in anbilden? 175';
daher Phebus erzürnet, bildet dem Midas esels obren an.
Frank moriae encom. l'; die gröszer (seenessel) ein auszge-
streckte band anbildet. Forer ßschb. 114' ; dasz alle bilder mit
derselbigen ehr und anbitlung müsten verehrt werden, mit wel-
cher das angebildet ding verehrt wird. Fischart bienenk. 171* ;
durch diesen löwen er sich selber hier verstünde,
und durch das jungfräwlein, die mit dem zäum ihn bunde,
wil Doralizen er, das fräwlein, bilden an (ha figurata).
Werders Ariost 14, 90 (114);
wie er jeder Idee sogleich einen leib anbildet und auch das
geistige zu verkörpern strebt. Schiller 1109; der historische
Stil soll unserer spräche erst noch angebildet werden. Her-
der 1,182; der Jüngling, angebildet zur arbeit und zur hülfs-
leistung. Stolberg 10, 330 ; meine angeborne und angebildete
geduld. GöTHE 20, 209 ; unter die läszlichsten vei-suche, sich
etwas höheres anzubilden, sich einem höheren gleich zu stellen,
gehört wol der jugendliche trieb sich mit romanfiguren zu
vergleichen. 26, 27 ; was ihn erwartet, wenn er sich in jenem
leben als von einem seines gleichen gezwungner langsamer
raörder des gewandes darstellt, das ihm auf der erde ange-
bildet ward? Klinger 12, 158; reinige uns von den angebilde-
ten Sünden der zeit. Arnim 1, 186.
ANBILDUNG, f. affictio, effictio: darumb gebürt uns Chri-
sten nit mer auf die ceremonischen bedcutnussen und anbil-
dungen, sonder vil mer auf die ding, so darin bedeutet und
angebildet werden, fleiszig zu sehen. Stumpf 1, 217'; ein an-
bildung und erinnerung von gott zu haben. Fischart bienenk.
175'; gleichwie man alle figuren, gestalten und anbildungen
des kreuzes verehrt, anbitt, küst und leckt. 176'; in der ara-
bischen spräche wird man wenig stamm- und wurzelworte
linden, die wo nicht unmittelbar, doch mittelst geringer an-
und Umbildung sich nicht auf kamel, pferd und schaf bezö-
gen. Göthe 6, 102.
ANBINDEKALB, n. vilulus ab ubere depulsus, durch anbin-
den von der kuh entwöhntes kalb.
ANBINDEN, alligare, adalligare, nnl. aanbinden, die rcbe,
den wein an {den pfal) binden; die kuh an {die krippe) bin-
den ; die blume an {den arm) binden ; den gefangnen an {den
stock) binden ; am narrenseil ligst angebunden. H. Sacus I,
225*; anbinden an einen pfal. I, 265*; wie das wasser angc-
))unden ist seinem Ursprung, also ist die sei des menschen
angebunden an gott. Keisersb. post. 2, 113; häufig anbinden
oder auch blosz Itinden : das feierliche gcschenk {band, strausz,
geld) an den arm, um den hals binden, knüpfen :
80 soll er. aller hliimon snlioin,
mit blumeil niiKnliundnii si^n?
nicht mit hliinifii nur «llüine,
dieses linnd sol ntirli spIm seine,
das wir haben aufirinvimdcn,
diirmit sei er angebunden. FtKaiNO 42;
vgl. binden, angebinde und die ahhandlung über schenken und
geben. Berlin 1849 s. 13 — 18. auch pflegen schnillerinnen, ar ■
beitende handwerker vorübergehende, die ihnen störend in den
weg treten, anzubinden oder zu schnüren, und erst gegen ge-
ringe gäbe an geld loszulassen. Das unbändige, wilde thier
kurz anbinden, ihm keinen Spielraum zu freier bewegung las-
sen, daher kurz angebunden, proclivis ad iram, von menschen
parum affabilis, difficilis, Thümmels reisen 10, 324;
wie sie kurz angebunden war. Göthb 12, 133;
das mädchen war aber kurz angebunden.
Tieck 9, 306;
mit einem anbinden, östr. anbandeln, inceptare, in certamen de-
scendcre cum aliquo : ein savoyischer ritter .. nach gelegenheit
suchte mit mir im ernste anzubinden. Felscnb. 1, 515 ; ich glaube,
verzeih mirs gott, sie wären toll genug mit dem teufel und seiner
groszmutter anzubinden. Wieland U, 165; hunde, die auch
einen löwen nicht fürchten und kühn mit ihm anbinden. Les-
siNG 1, 137 ; sobald sie mit dem herzen anbinden, werden die
büsewichter dumm. Schiller 206; Unglück über unglück für
immer und immer auf diejenige, die zum ersten male nach
mir diese lippen küst! wage es nun wieder mit ihm anzu-
binden. Göthe 25,286; die kleine drückte dem neuen freunde
die bände, dasz er mit Edmund anband. Tieck Cev. 1, 54 ;
weil ich weisz, dasz sie mit keinem andern mehr anbindet,
und abgeschlossen für mich da ist. Bettine l, 35. in der letz-
ten stelle bedeutet es blosz sich einlassen, zu Umgang, nicht zu
kämpf und streit, Ostr. mit dem diendl anbandeln ; ist solch
ein friedliches anknüpfen der fäden ursprünglicher sinn der re-
densart? denn von symbolischem anheßen eines bandes, als
kampfzeichens bei ausforderungen, ähnlich dem hinwerfen und
auflieben des handschuhs , von anbinden der linken hände,
wie Frisch 99* meint, ist sonst nichts bekannt, vgl. das nicht
unähnliche es mit einem angehen. Den baren anbinden, fal-
lere hospitem, symbolum non solvcre, soll von einem bären-
führer stammen, der, als er nicht zahlen konnte, sich aus dem
staube machte, und dem wirt den baren an die thür band:
dasz ich ihnen seltzame baren hätte anbinden können. Simpl.
1, 296 ; heute heiszt bei einem den hären anbinden, ihn nicht
bezahlen, schulden bei ihm machen. Luther verwendet anbin-
den für übersetzen, vielleicht mit dem gedankcn an das anbin-
den des übersetzenden nachens: darumb habens die apostel
auch selbs für nötig angesehen, das sie das neue lestament
in die griechische sprach fasseten und anbunden. 2, 475*. Den
buchbindern ist anbinden ein kleines buch an das grosze ein-
binden, adalligare.
ANBINDEN, n. alligalura.
ANBISZ , m. admorsus, guslatio, jentaculum, s. anbeiszen,
imbisz :
das igiilicher zwei viertel guten wein
morn uns zum anpisz bringen sol.
fastn. sp. 220, 8;
zwen grosz weck uns trag herzu,
das wir do zum anpisz haben. 221, 1 ;
ist ein böser anbisz, alles zur morgensuppen verschlingen.
Fischart groszm. 41; von dem wahren frieden hat man hier
nur den ersten anbisz. Claudius 5, 41. die jdger nennen den
köder am fangeisen anbisz.
ANBISZ, m. in^us, bei Frank öfter für anbosz, was er da
neben braucht:
damit boret man durch einen eisen anbisz. spricliw. 2, 24*.
ANBISZKRAM, m. folgt zu morgen der osterlag, da weihet
man den anbiszkram, fladen, kes. Frank wellb. 132", geweihtes
frühstück.
ANBISZLEIN, n. morsiuncula, wofür auch abbiszlein bei
Fiscuaht bienenk. 233*.
ANBITTEN sagen Fiscuart u. a. für anbeten, adorare, nnl.
aanhidden.
ANBITTER, subamarus, bitterlich.
ANBITTEHN, sapore inducere amaro: ein brnnnen in Scy-
thien so bitter, dasz er den nächsten flusz mit seinem ein-
flusz anbittert. S. von Birken 0. L. 55; den wein mit Wer-
mut anbittcrn. Stieler 130.
ANBITTUNG, f adoratio für anbetung: anbitlung der hei-
ligen. Fischart bienenk. 7l'. 17l'. (s. anbilden).
ANBLAFFEN, allatrare, nnl. aanblaffen und aanbaffen, aan-
bassen. «. anbellen.
ANBLAHUEN, admugire, incrcpare: es kumpt, das du etwan
ein frauwcn anblarrest, gleich so strafst du dich selber dar-
297
ANBLÄRREN— ANBLICK
ANBLICK— ANBOTE
298
umb und gedenkst das soltestu nit thun. Keisersb. brösamlin
24' (s. anblatren) ; sich stellen wie eine kuhe, die ein neu
thor anblarret. Philander 1, 582.
ANBLARFtEN, dasselbe, auch geschrieben anblerren, an-
plerren :
ein toller bub spie in sein aogesicht
und blärrt ihn grimmig an. A. Gkiphics 1, 324.
ANBLAS, m..afflatus, kräßiger ahd. anapläst: die drei gift,
damit Rom Teutschland als mit einem pestilenzischen anblas
unarzneilich verübt (verlübt, verlüppt) hat. Hctten 5, 318.
ANBL.\SEN, afßare, ahd. anapläsan, nnl. aanblazen: die
kohlen, das feuer anblasen ; das hörn anblasen ; einen ton
anblasen, angeben; wind kom herzu und blase diese getödten
an, das sie wider lebendig werden. Ezech. 37, 9 ; und da er
das sagte, blies er sie an. Joh. 20. 22 ; man musz uns an-
gingen und anblasen, das wir den herrn sollen preisen. Lc-
THEB 5. 462'; jubilieren und blasen, damit man das freijar
anblies. MathesicsS'; ein wind hett in angeblasen. Garj. 181';
wenn in ein guter geist blast on. H. Sachs I, 382';
hier ist kein blitzen mehr, der donner bläst euch an.
Grtphics 1, 525,
d.h. nichl mehr wird gedroht, sondern gehandelt; sie bliesen
mit krummhömern die annahenden sieger freudig an. Lohenst.
Arvi. 1, 65 ; posaunen, röhr, pfeifen anblasen. Spee trutzn.
247. 285; vielleicht wird dieser kleine unglückswind unsere
gewogenheit desto heftiger anblasen. Weise kl. leute 16;
er blies die rege glut mit vollen backen an. ZachariX ;
die menschen hasz ich nicht, gott lob,
doch menscbenhasz er blies mich an,
da hab ich gleich dazu gethan. Göthk 2, 290;
ein mittel, das den krieg unvermeidlich an allen ecken an-
blasen wird. 8, 183 ; das weih gleicht einer flöte, die jedem
ttine gibt, der sie anzublasen weisz. Kli.nger 1, 433 ; dasz ich
im verborgnen unsichtbar die hauptrolle spielte, alle die kerls,
die mir brauchbar schienen, anblies, herumzujagen, anzubla-
sen und vorzubereiten. Klixgers th. 2, 191 ; fort, laszt anbla-
sen ! (zum kämpf) Fr. Müller 3, 268 ; nun bin ich angebla-
sen von allen launen. Bettine 1, 157. In bädem bläst man
die eintrefl'enden fremden an, die Jäger blasen den erschei-
nenden hirsch mit dem hifthorn an, blasen das treiben an.
Döbel 2, 41. intransitiv : da kommen sie angeblasen, nähern
sich homblasend.
ANBLATT, n. bei Nejcmcb lathraea squamaria, dentaria,
amblatt und ohnblatt : wird genennet anblatt, nach dem mai
verdorret das kraut alsobald und hat keine blätter, derohal-
ben CS von Cordo {Euricius oder dessen söhn Valerius Cor-
dus?) anblattum genennet wird. Taber5aemostaxüs kräuterb.
1231.
ANBLATTEN, labulas eompingere, stücke holz, breier, zu
Verstärkung ihrer tragkraß, aneinander festigen.
ANBL.\TTERN? in der unter anblarren ausgezognen stelle
Keisersbergs läszt der alte druck unsicher, ob anblarrest oder
anblatrest zu lesen sei, und anblättern, anblatren könnte mei-
nen anplaudern, anreden , zumal Dasypodics blaterare rer-
deutscht blappern und blöderen, s. plaudern und anplaudem.
ANBLÄLE.N, fncere subcaeruleum : stärke (amylum) anbläuen.
ANBLECKE.N, dentes in aliquem nudare, angrinsen, anflet-
schen :
CS kam ein panthenhier,
das gaft und blekt ihn an. Haceoorx.
s. blecken.
ANBLEHEN, adbalare, tgl. ahd. pl5^an, ags. blstan balare,
mhd. bla:lien, bl^ren, aber auch ahd. plegan (GRArr 3, 259)
^= pläjan, pl^jan ; sonst anblöken, anblerren. und wo dis
nicht geschiebt, so ist die gemeine der lectioD nichts gebes-
sert, wie bisher in klöstern und stiften geschehen, da «ie nnr
die wende haben angeblehet. Luther 2, 258*.
ANBLICK, m. aspectus, nnl. aanblik, sovol das angeschaute
als das schauen, der blick : ein lieber, leider anblick, ein hei-
terer, trauriger, betrübter, elender; der erste anblick übcr-
waliigl; den er in seinem ersten anblick {auf den ersten blick)
erkannt. Bocc. 108; freundlicher anblick erfrewet das herz.
fpr. Sal. 15,30; heblicher anblick. Philai^d. 1,514;
lasz die anblick hin und her fliegen,
getrewe hotten deiner gunst. Wp.ckbeiili^ 394;
denselben will ich guten anhiink gehen,
die ehrbar sind und treu im lande leben. Opitz ;
ja mit Einern anblick kan ich ihn von der erden heben. Grt-
niDS 1,820;
0 anblick, der mich fröhlich macht,
mein weiustock reift und Doris lacht.
HAGEDOR.t 3, 93;
es sind in dem anblick der Wissenschaften und der weltweis-
heit vielleicht fremde vorstellungsallen. Herder 2, 212; mit
stiller wehmut auf seinem anblick verweilend. Schiller 308;
zwar blühte das land, die ruhe des äuszem anblicks teuschte
das äuge, aber sie war nur scheinbar. 799;
geht und herreit uns
von seinem hassenswürdgen anblick. 387 ;
der anblick, den diese Stadt jetzt gab. 843;
ein solcher frischer anblick in ein neues land hat noch das
eigne. Göthe 25, 226 ; er war eines ernsten und schönen an-
blicks (pulcher aspeclu), von hoher Statur und reichlicher kör-
pergestalt. 38, 232 ; gleich beim anblick du ihn heben must.
47, 62. stehn possessiva dabei, so ist anblick deutlich das er-
schaute :
dem heitern abendstem macht dich dein anblick gleich.
Hagedorn 3, 30;
mein fürchterlicher anblick (sagt ein teufet) erstarrte ihn nicht.
Klinger 5, 396 ; mein anblick war ihm keineswegs erbaulich.
Göthe.
ANBLICKELN, diminution des folgenden:
so lasz uns zur arznei liebaugelend anblickelen.
Weckherli."« 76S.
ANBLICKEN, intueri, aspicere, nnl. aanblikken, ahd. ana-
plicchan, mhd. aneblicken, einen blick an jemand werfen:
blickt keine schone Trauen an! fastn. sp. 168, 20;
sie blickte ihn nur an und er verstand sie. Schiller ; da alle
zweckmäszigkeit mit wolgefallen angeblickt wird. Fichte kr.
der o/jfenb. 48 ; das anblickende angesicht einer unermeszlichen
seele. J. Paul Hesp. 1, 168.
A.NBLICKFRESSER, wi. devoralor obtutuum: ich bin ja kein
anblickfresser. Wecrherli.n 794.
ANBLINKEN, adsplendere:
selbst von des berges fernen pfaden
bUnken uns farbige kieider an. Göthe 12, 53.
ANBLINZELN, diminutiv des folgenden: einen höhnisch
anblinzeln; heimlich blinzelten mich ihre äugen an.
ANBLINZE.N, connirendo intueri:
nun steht sie ihm gegenüber und blinzt erst schüchtern an
was iizt in vollem glänz ihr in die äugen spielet.
Wieland 4, 1S2.
ANBLITZE.N, fulgurare, micare oculis ad aliquem: einen
mit feurigen äugen, mit schieszenden blicken anblitzen ;
bat ihn das angesicht der gräsziichen medusen
vei-steinernd angeblitzt? Wieland 10,234.
ANBLÖKEN, balare ad aliquem: der informator blökte sei-
nen Zögling bei jedem Donatschnitzer menschenfeindlich an.
Rabener 4,135; und blökt ihn mit einem gräsziichen gesiebte
an. Götter 3, 259; ei was, sie, mutter, blökt einen auch
immer mit ihren beiden letzten zahnen an, als ob sie beiszen
wollte. Arnim schaub. 1, 6. <fie letzte stelle vermischt anblöken ^
tnt7 anblecken, vgl. anbieben.
ANBLCHEN, florescere, primum emittere flotem:
früblingssäuseln am bäum der anblüht.
Klopst. 2, 51.
ANBLÜMEN, ruborem offundere: davon die gute Jungfer
mit einem feinen färblein angeblühmt wurde. Simplic. 2, 279.
errölhen leird auf der wange erscheinenden blumen oß verglichen.
ANBOHREN, terebra aperire: das fasz anbohren; den fel-
sen anbohren ; einen bäum, einen käse anbohren ; sie bohrte
ihn mit ihren blicken an ; das bittende äuge, das ihr anbohrt.
J. Paul lit. nachl. 4, 176. einen um geld anbohren : ist er
nur erst angebohrt, so folgt schon mehr.
ANBORGEN, an sich borgen: angeborgte acten und ge-
kaufte bücher. J. Pacl flegelj. 1, 38.
ANBORSTEN, erigere selas, bei den Jägern, vom vilden
Schwein, wahrscheinlich altes wort, ahd. anaporstin?
ANBOSZ, bei einigen ganz riehlig für ambosz.
ANBOSZEN, s. anposzen.
ANBOT, n. ablatio, nnl. aanbod, gewöhnlicher anbieten, an- .
erbieten, anbot auch angebot, erstes gebot auf eine sache bei
Versteigerungen.
ANBOTE, m. nuntius, legatus: wir haben mit den poten
der drew lendem Urc, Sweicz und Unden^alden gehandelt . . .
299
ANBRANDEN — ANBRENNEN
ANBRENNEN — ANBRINGEN
300
darauf wir von (den) anboten nicht anders dann gueten wil-
len gemerkt. Ch.mel Maximil. s. 303. a. 1508.
ANßHA>'DEN, ad scopulos allidi: des flusses anbranden
gegen die felsen verräth seine gewalt. Schubert reise 1, 90.
ANBRÄiNDLICHT, uslulatus, besser brenzlidi: man musz
fleiszig dazu sehen, dasz das malz nicht räuchlicht oder an-
brandlicht werde. Hohberg 2, 80*.
ANBRATEN, subassare: das fleisch ist schon angebraten.
ANBRÄUNEN, fuscum colorem inducere, subfuscari: ange-
bräunte wangen ; die freistehenden felsen aber von der Witte-
rung vieler jähre angebräunt und verändert sind. Göthe 51, 124.
ANBRAUSEN, exaesluare, ntil. aanbruisen : das anbrausende
meer; der dampfwagen kommt angebraust, transil. einen an-
brausen, anfahren.
ANBRECHBOHRER, m. terebra dolium aperiens, anbrech-
bohrer eines weinküpers. Arnim 1, 86.
ANBRECHEN, incidere, particulam decidcre, nriL aanbreken :
das erz anbrechen; ein brot anbrechen, einen käse anbre-
chen, angebrochener käse ; ein fasz, eine flasche wein an-
brechen ; auch diese flasche wurde in der abendlichen däm-
mcrung angebrochen. Tieck nov. 4, 59 ; das geld anbrechen,
wie angreifen ; etwas nicht anbrechen, integrum relinquerc.
Inlransiliv vom beginnenden lageslicht : die dämmerung (di-
liiculum) bricht an, der tag bricht an, mit anbrechendem tag,
der morgen, die morgenröte ist schon angebrochen, das an-
brechen des tags stellen wir schön dem einbrechen (irrumferc)
der nacht und abenddämmerung {crepusculum) gegenüber, weil
der tag langsam aufgeht, die nacht rasch einfällt; doch
als nun die finster nacht anprach. H. Sachs 1, 157';
die nacht bricht an {statt ein),
ja und wir wollen fort. Göthe im Faust;
und ebenso brauchte man anfallen von beiden, dem tag wie
der nacht: so die nacht anfeit und anbricht. Opitz Idszt auch
mond und sonne anbrechen :
die sonn hat sich verkrochen,
der tag ist ganz dahin,
der mond ist angebrochen. 2, 88;
morgens eh als die sonn anbricht;
und so sagen viele: der abend will anbrechen, ßr den lang-
samen schritt des jahrs und der zeit schickt sich anbrechen :
das neuangebrochene jähr; zu jener zeit, die damals unter
dem zweiten Julius angebrochen war. Tieck nov. kr. 2, 109.
auch engl, the break of day, sp. el alva rompe, provenz. l'alba
crevada, altfranz. Taube crieve, lat. crepat U7id crepusculum ;
man empfindet beim eintritt des tags in der luß erschütterung.
dennoch ist zugleich das mhd. brehen leuchten und seine be-
rührung mit brechen selbst jzu erwägen, anbrechen, vom be-
ginn anderer zustände, wie des kampfs, der Schlacht ist ent-
weder figürlich, oder ah gcgensatz von abbrechen zu fassen :
das gefeclit bricht ab, inlerrumpitur, also darf es auch an-
brechen.
angebrochenes obst, angebrochnes hier, das zu faulen, ab-
lustchn beginnt, anbrüchig wird, einige sagen auch auszer dem
pari., das obst, hier bricht an, putrescit, vgl. angehen.
Eigenthümlich verwendet Luther anbrechen für das feind-
liche einbrechen: dieweil der Türk dieser zeit an viel orten
anbricht und der Christenheit groszen abbruch thut. 2, 175*.
ANBItECHUNG, /". anbruch: anbrechung des tages. Opitz
Argenis l,51i».
ANBREISEN, alligare, adslringere, exprimerr,, anschnüren,
gestallen : soit er anders warhaftig vergesfaltet, dargestellt,
angeprisen, geformiert und vergegenwerliget werden. Fischart
Garg. 78', mhd. anc brisen und brisen an einen, s. breisen,
aufbreisen, ausbreisen, einbreisen.
ANBRENGEN, afferre, statt des üblichen anbringen, aber
durch das nnl. aanbrengen und schon alts. brengian bewährt:
das uns grosz ursach prenget an. faaln. fp. 4, 9.
ANBRENNEN , inccndi, mhd. anebrinncn, praet. brann an
und brannte an : denn sein zorn wird bald anbrennen, ps.
2,12; mein zorn ist ausgeschiit, und der sol anbrennen, das
niemand leschen mügc. Jerem. 7, 20 ; zünde das fcwr an, das
das fleisch gar werde und würze es wol, das die markstücke an-
brennen. Ezcch. 21,10; so lang bisz sein zoren nnbrend (iu-
cenditur). H. Sachs F, 54*. merkwürdig im Jurundissimus (lliSO)
s. 88, wenn die lesart sicher, iiei anbrennender nacht, wenn
die lichter der nacht, die sierne angezündet werden? das
feuer brennt niciit an, will nicht anbrennen, brennen wiids
schon, wenns nur erst angebrannt ist; nasses holz brennt
schwer an ; das haus des nachbars ist auch schon angebron-
nen ; angebrunnener bäum (hasta praeusta). Garg. 194'. nnl.
aanbranden : de spijs is aangebrand. zumal in der redensart
anbrennen lassen : sie hat die milch, die suppe anbrennen
lassen, war säumig und hob nicht zur rechten zeit ab, so dasz
die speise an den hafen brann, wie es im gedieht von Elisa-
beth (Diut. 1,447) heiszl:
lieg versilmecliche
an den haven burnen.
nicht anbrennen lassen bedeutet eine sache schnell verrichten,
nicht versäumen: es war Friedrich Steinkirch Stallmeister, der
liesz nicht anbrennen, hatte einen tag 18 topfe muskateller
zu hofe holen lassen. Schweinichen 1, 320; hatten fürsten-
und herrentage und lieszen nicht anbrennen, sondern lebten
in fieuden und hatten keinen mangel. 1, 364.
ANBRENNEN, accendere, incendere, mhd. ane brennen,
praet. brannte und brennte an, pari, angebrennt, angebrannt :
ein licht anbrennen, einen holzstosz anbrennen, eine pfeife
anbrennen, anstecken, anzünden; einem ein schandmahl an-
brennen ; das angebrannte. Ezech. 24, 11. 12 ; angebranter ste-
cken. Garg. 208' ; angebrent hüner. 229' ;
so sucht man deinem rühm ein brandmal anzubrennen.
LoHENST. Agripp. 10,503;
dis würde seinem riihnie
viel flecken brennen an. Ibrali. 8;
dasz ein ebbrecher seiner gemahlin keinen Schandfleck an-
brenne. Armin. 2, 100 ; ein angebrannter nebenbuhler. Weise
kl. leute 2612; das bett ist auch angebrannt, stellenweise ergriffen;
denn keiner brannte von dem span,
woran der andre sich den tabak angezündet,
aus hasz den seineu jemals an. Gellert 1, 147 ;
aber (Phaethon) stürzte herab vom wagen und brannte die weit an.
Zachariä 1, 258;
deiner augcnsonnen wälzen
brennt mich an, von köpf zu zeh. Voss 2, 140.
die kOcbin hat das essen angebrannt {anbrennen lassen), die
milch schmeckt angebrannt, brenzlich. man sagt auch das
mehl anbrennen, rösten und dann die speise anbrennen, durch
geröstetes mehl schmackhaß machen, solche angebrennte speise
schmeckt gut, ist aber ungesund, er ist angebrennt, anbrennt
hat beim volk o/T den sinn, er ist verliebt oder verrückt, an-
gebrente färben. Garg. 119', eingebrannte.
ANBRENNEN, n. incensio, von speisen combustura.
ANBRINGEN, inferre, afferre, deferre, nnl. aanbrengen, gc-
gensatz von abbringen, an einen ort oder eine pcrson bringen,
es an einen bringen, heranbringen, hinterbringen, beibringen, un-
terbringen: solchs bestettigt nu Petrus im concilio zu Jeru-
salem, da Paulus und Barnabas solchs aus Antiochia an-
brachte. Luther 3, 519 ;
will er doch den hof ganz zwingen,
basen, votier, esel, freund,
dieb und kuppler hoch anbringen. Weckherlipc 562,
d. i. an hohe stellen bringen, wie wir noch heute sagen, einen
anbringen, placer, seine tochter an (den mann) bringen, den
bedienten bei einem herrn anbringen, unterbringen; alle diese
verleumbdungen wurden dem gottfürchtigen herrn von einem
andern angebracht (delatae). pers. baumg. 4, 12 ;
wer sich bei der weit hoch bringt an durch stellen,
darf sich wol bei gott lief hinunter fällen.
LOGAU 3, 1, 34;
verklagt und heftig angebracht (verleumdet). Spee ttigendb. Ol ;
und wagt bei einem glase wein das wort für seinen freund
noch einmal anzubringen. Gei-lert; ein übel angebrachtes ge-
sländnis. Gotter 3, 88 wie ein übel angebrachtes worl, an-
gebrachter scherz; es scheint ihren {den englischen) verlas-
sern nur darum zu thiin, die wunderlichsten sceiien any.u-
bringen. Göthe 26, 191; erst hält ich sie sollen vertraut ma-
chen, dann meine worle anbringen. II, 17 ; da ich meine lectiou
nicht mündlich anbringen kann. 11,18; etwas zur uiizcit an-
bringen, vorbringen; seine waare anbringen, sein geld, capital
anbringen; du bringst auch alles an, wic/i/c.s/, trrnH/ir.«.^; einen
hieb, streich, stosz anbringen, dem tliier einen schiisr an-
bringen; in der Jägersprache wird die herschafl angehrachl,
an die stelle geleitet, wo sie zu schusse kommt; die hundc
werden angehrachl, auf das verwundete wild geführt, eine
treppe in dem hause, einen ofen in der sltibe, ein zimiiKT
unter dem dach anbringen, einen schrank in der wand, noch
einen passenden vers in dem buch anbringen, unterbringen;
seine gelehrsamkeit, sein bröcklein gelehrsainkcil anbringen,
301
ANBRINGEN— ANBRÜCHIG
ANBRÜCHIGKEIT — ANDACHT
302
an den mann bringen, eine klage bei gericht anbringen, an-
hängig machen.
In der alleren spräche hatte aber anbringen auch die be-
deutung des anreizens, anlockens, aufbringens, an eltcas brin-
gens: die elephanten mit rotheni wein und maulbeersaft be-
sprützen, sie anzubringen und zu erzürnen, (vulg. et elepLan-
tis ostenderunt sanguinem uvae et mori ad acuendos eos in
proelium.) l Macc. 6,34; keiner soll ieraant anders zu trinken
reizen oder anbringen. Frank veltb. 36'; und bringt ie einer
den andern an wie die aßen. 149'; man soll sie (die falken)
zum allerersten mit kleinen, darnach mit mittelmäszigen, zu-
letzt aber andern groszen und starken vögeln abrichten und
anbringen. Seeitz 60S; siemeineten aber die gesellschaft da-
durch anzubringen, dasz sie vollends erschossen wurden. Phil-
ander 2, 622 ;
zum glauben ist nicht mügh'ch die sioneo zu bezwingen,
zum heucheln Isis wol müglich die sinnen anzubringen.
LocAU 3, -294, 92.
zo sagte man noch im 18 jh. einen durch essen und trinken
anbringen, ihm eszlusl machen; sie ist angebracht, man hat
ihr tust zum heiraten gemadit; ich bin einmal angebracht,
also musz ich fortfahren, schon ahd. anabräbt ward, comptil-
sus est, er ward dazu gebracht, angetrieben.
ANBRINGEN , n. delatio, petitio : ein demütiges, unver-
schämtes anbringen, hinterlistiges anbringen ; wo änderst die
sach nach euwerem anbringen geschaffen ist. Galmy 29 ; dasz
sie den briefen seiner majestät weit weniger glauben schenk-
ten, als dem anbringen einiger nichtswürdigen. Schiller S51 ;
kaum zeigte er sich wieder, so wartete schon ein gehorsam-
stes anbringen auf ihn. 895.
ANBKINGER, m. delator: wenn jemand zu dir spricht, der
und der mann ist böse, so versichre dich, dasz an dem an-
i)ringer nicht viel besonders seic. pers. baumg. 7, 10 ; verhasz-
ter anbringer. Lessing S, 355 ; ich brauche nicht den heraus-
geber mit ihnen zu spielen, ich bin blosz der handlanger, der
anbringer eines herausgebers. 9, 442.
ANBRLNGERIN, f. delatrix: das mädchen war schon in der
schule eine anbringerin.
A.NBRINGUNG, f. delatio: wenn ich über personen und
gegenstände vertraulich gegen sie bin, so sehen sie es nicht
als anbringung an. Heynes briefe an J. Midier 117.
ANBRUCH, »1. in allen bedeutungen des anbrechens, tran-
sitiv trie intransitir. anbruch des erzes, einen anbruch ma-
chen : wenn sie ein schönen anbruch, derb und gedigen silber
und gold in zechen anschawen. .Matiiesils 2"; dies alaun-
bergwerks ist auch ein steinkalcherz, brinnet gar schon, wens
»om anbruch kompt. Thlrneisser magna alch. 1, 71 ; das brün-
lein führt ellich bleicrz und kisz mit sich, der kisz halt
nichts, aber das bleicrz ist gar gut, wer den anbruch wissen
mücht. Thlrneisser von vassern s. 123; als ich an jener
Schrift des Berengarius einen so reichhaltigen anbruch gleich-
sam zu tage zu finden das glück hatte. Lessing 9, 2. tu den
uhmelzhütlen heiszen auch die von den blicken abgebrochne
tilberstücke anbrüche; der stein, das erzt ist auf dem an-
bruche glatt, die anbrüche erstrecken sich weiter nach der
leiife, der anbruch ist bauwürdig, wird liegen gelassen. Rom.
11, 16 ti Si r, n7iao%T] äyi'a, xal rö yvnnua, vulg. si de-
libatio sancla est, et massa, goth. ))andei ufarskafts veiha,
jah daigs, bei Luther: ist der anbruch heilig, so ist auch
der teig heilig, weil nun alles an dem ligt, wie der new
anbruch (neubruch, novale) besähet und der new gart be-
setzet und gebeizt werde. Fra.xk tprichw. 1, 3'; der anbruch
des fasscs, weins;
es geht zu wie im kriegen,
der anbruch wird gcnlaclit
wir koniinen, sehen, siegen. Fleiinc tCö
Der anbruch des tages, morgens, der däramerung, dann auch
der nacht, des abends, anbruch der hilze, kalte;
Pin siaub der mit dem wind entstehet,
ein thaw an einer hiiz anbruch. Wecebeiili<i 450;
der anbruch des allers, des jahres, der neuen zeit ; so wenig
er damals vorher sah, dasz er dieses goldne alter, dessen
anbruch ihm solche frendc machte, ganz durchleben würde.
Wjeland 36. 2:)9. anbruch, putror: anbruch des obsles, »ei-
nes; anbnirh. eine krankheil der schafe, da sie intrendig an-
fani/en zu faulen.
ANBRCCIUG, putrescens, puiridus: wan einem rusz die
lung schadhaftig oder anbrüchig wirt. Zechendorfer gebrechen
der rosz, Eger 1571. l, 20 ; wan die lung anbrüchig oder
schadhaftig wirt. l, 66; anbrüchige glieder. Lohenst. Armin.
I 2,754; ingeweide {lungen und leber) des viehes anbrüchig,
I faul, unrein, mangelhaft. Hohberg 1, 22; anbrüchiges obst;
i ein anbrüchiger zahn; die schafe werden anbrüchig; der
wein, das hier wird anbrachig, sauer, abständig; wildpret,
welches in einem überflusz vorhanden war, dasz es gröszten-
theils anbrüchig und stinkend wurde. J. Pacl teufelspap. 2,
226. Und nun figürlich: die weiber vorzeihen in diesem falle
leichter (ihren männern die untreue), als wenn sie mit an-
brüchigen personen gewogen werden. Hippel ehe 5, 109 ; dasz
dadurch besonders die anbiTichige newtonische lehre wieder-
hergestellt worden. Güthe 54, 20S; es hat mich oft in mei-
nem anbrüchigen katholischen glauben befestigt. Tieck nor.
Ar. 3, 143; die satyrischen pfefferkörner werden leicht an-
brüchig. J. Fall biogr. bei. 1, HO ; wurmstichige, anbrüchige
herzen, halb eingepfarrt in gottes kircbe und halb in des
teufeis kapelle. Tit. 4, 39.
ANBRÜCHIGKEIT, f. putredo.
ANBRÜHEN, aqua fertenti affandere, eltcas in die brühe
bringen, brühe daran gieszen.
ANBRÜLLEN, admugire alieui, nnl. aanbrolleo, was brüllst
du mich an?
ANBRLM.MEN, murmure excipere, increpare: ich hätte et-
was darum gegeben, wenn er seine Luise nicht angebrummt
hätte. J. Pacl uns. löge 2, 17.
ANBRÜSTIG, angusti pectoris, engbrüstig.
A.NBRÜTEN, incubare: angebriitete eier. erst brütet sie
mit mutterwänne unsere liebsten hofnungen an. Göthe. von
i. Paul unmdszig als figur rencandt: der tag brütete die
frische nachtluft seiner seele zu einem schwülen flattern des
Südwindes an. Hesp. 3, 144; die Sehnsucht nach dem engel
brütete sein ruhendes herz zum pochen an. 3, 244 ; noch
dazu bi-ütete die fürslensonne den ministerialischcn kroten-
Icich immer lebendiger an. 4, 109; der gewitlerhafte dampf-
und dunstkreis des abends brütete alle wünsche der Weh-
mut an. Siebenk. 4, 165 ; die lebenswärtne des klimas und
der tagzcit brüteten alle seine kräfte an. Tit. l, 28; regie-
rungsweise, welche den scheint odten Staatskörper nicht mit
feurigen ideen beseelt und anbrütet, ddmmerungen 59 ; so
kann wieder ein unbedeutender recensent, der in seinem le-
ben kein buch heraus brachte, ein fremdes anbrüten, bitcher-
schau 2, 69.
AND s. ahnd, blosz in den unpersönlichen redensarten mir
ist, wird and, mir geschieht, thut and im 16 jh., seltner im.
17 übrig, im 18, von der Volkssprache abgesekn, ganz erlo-
schen :
das thut mir and,
mein trewer dienst bleibt unbekand. Ambr.b, 10;
das thut mir and, bins nit gewont. 46, 12;
der stockrisch sprach, thut dir das and? 1S3, 16;
ich bab Unglücks gewont.
glück thut im and. Frank apr. 1, 31*;
daselbs geschähe ir weh und and. U. Walois Esop 2, 31 ;
da ward dem vatter also and, das er kein ruw hett tag und
nacht. WiGKRAX irr. bitg. 73 ;
sechs und siben haben mich rertriben
ausz meinem gewnnd, das ihut mir and.
H. Sachs 1, 231' und Fiscuart Garg. L3>;
es that im so ant und wehe, dasz er weder essen noch trin-
ken woll. Hh4'; das tut mir and. Gary. 97*;
und deucht mich, mir sei angst und bang
und thut mir .ind nach der Jungfrauen,
dasz wir sie hie nicht sollen schauen. AtrerIK*;
0 wie wird <>■; ihr ihun so and. 251';
allein drei ding die ihun mir and. 269*;
ach wie thuis uns nach ihr so and. 271';
auwe auwe, weh meiner haod.
ei ei wie thut euch das so and. 377' ;
Atrer starb 1605, Weckherli<c um 1650, welcher noch sagt:
wan recht zu iliun dir allzeit Treoibd und and. 309.
Henisch und Stiei.er führen kein and mehr auf. nach Frisch
1, 27 tcar es thut mir and noch in einigen städten gebräuch-
lich, da Luther da.« vorl nickt kannte oder brauchte, muste
es in rergestenheil sinken.
ANDACHT, f. atlentio, intentio, ahd. iaaidkhl (Graff 5, 163),
303
ANDACHT — ANDÄCHTLER
ANDACHTLOS — ANDEN
304
mhd. andahl (Ben. 1, 350), nnl. aandacht, samlung der gedan-
ken auf einen gegenständ, inniges andenken: denn ir herz ist
in heiszer andaclit wie ein backofen. Hosea 7, 6 ; aber das
sind mir die allerbesten gesellen, die sich für der sciilacht
ermanen und ermanen lassen durch die löbliche andacht irer
bulschaft (vgl. deutsche mythoL 370). Luther 3, 329; die so
solchen kranken dienen mit liebe, andacht und ernst. 3, 395 ;
etliche haben hie ir andacht [denken sich), doch mit freiem
gewissen, dasz Johannes evangelist- und Maria Magdalena
seien breutgam und braut gewest, dagegen mag ein ander
seine, doch frei, andacht haben, es sei Simon. 8, 128" ; un-
verhindert, ob er ohn das aus eigner andacht wollt sonst
etwas lesen in gräkischen autorn. Lutiieiis br. 5, 387;
der einen macht und praclit,
der andern not, auligcn, angst, andacht.
VVECKÜKRtlN 44;
er sähe mir (dem essenden) mit groszer andacht zu. Simpl.
1, 446 ; wir nahmen dessen erste Schriften mit andacht in die
bände. Göthe. anderemal ninwit Lutiiek andacht im sinne
von dunkel, eigendünkel (vgl. mhd. andüht. Ben. 1, 300") : das
wir nichts anfahen von uns selbs, aus eigen gutdünken und
andacht. 3, 26"'; zu einem guten werk gehöret ein gewisser
göttlicher beruf und nicht eigen andacht, welchs man iieiszet
eigen anschlege. 5, 302"; nu ist vormals oft beweiset, das
mttncherei on goltes befehl und wort, allein durch menschen
andacht und gutdünkel aufliomen ist. 6,24'; dazu wil gott
unser werk und anipt haben, als von im selbs geschaffen,
und nicht durch menschen fürwitz oder andacht, on not und
Ursachen ertichtet. 6, 20*; es will solche hohe Sachen nicht
mit unsern anschlagen noch andacht, sondern mit herzlichem
gebet und geistlichem seufzen, br. 4, 218. Spdtci- wurde der
bcgrif enger und auf fromme gedankcn, devotion eingeschränkt:
hie ist nit vil andaht. Beiiams Wien 58, 25 ; sein ru und an-
dacht haben. H. Sachs II. 4, 69' ; wenn dich ein andacht zbet-
ten ankompt. Khichhof wenduntn. 256; witwens andacht, die
weliret bisz sich einer aufnestelt. Fischart Garg. 73" ; weinen
zur andacht. 152'; jjuf vollen bauch steht wol ein volle an-
dacht. 162'; >-
Fabri dem viel heiligen man
ein andacht l<ain zu baden an,
woh baden da mit Ireuden. Ambras. 163, 5;
die frömmste frau in unsrer Stadt,
die stets den niund voll andacht Jiat. Gellert 1,63;
die andacht reiszt. Wieland 22, 73. vgl. andaclitsfadeu ;
aus dem umgange eines fürsten , der sich andachtswegen
der regierung entschlagen. Schiller 899; die Stimmung des
gemiilhs zur empfanglichkeit gottergebener gesinnungen, an-
dacht genannt. Kant 6, 353. Zumal wird unter andaclit das
gebet verstanden, seine andacht verrichten, solche gcbete hei-
szen morgen- «7jd abendandachten : sie können die frau muhme
itzt nicht sprechen, sie hat ihre andaclit und ich wollte nicht
viel nehmen und sie stören ... aber die gute frau musz ja
den ganzen tag beten, ich mag kommen, wenn ich will, so
hat sie ihre andacht. Gellert 3, 135; den giünen donnerslag
denke ich meine andacht zu haben (das abendmal su neh-
men). C, 9. Die feiste andacht war dagegen im 16 jh. ein
weltliches vergnügen: habt ihr nicht die feiszt andacht gema-
let gesehen? Fischart Garg. 81*.
ANDACHTBUND, m.
er wedelt, wenn den andachlbund
gebet und wiiil« und lius beleben. Hagedorn 2, 27.
ANDÄCHTELEI, f. piae ineptiae: von der kriechenden an-
dächtelei eines Ferdinand. Schiller 921. vgl. Kant 6, 370.
ANDACIITELN, pietatis sensum simularc: weil andächlcln-
der wahn das Marienbild der kirchc diesem evangelisten zu-
schrciht. Stoliierc 7, 44.
ANDÄCHTIG, altentus, intentus, pius, devotus: die andiich-
tigcn und crbarn wciber. apostelg. 13, 50; in deinem andäch-
tigen gehet. Ca/mj/298; in deinem andächtigen gebet. 299;
fromb und andächtig. Weckherlin 231 ; andächtig zu betrach-
ten. 265; eine andächtige religion. Klincer 11, 129; andächtige
freudenlhräncn. J. Paul Hesp. 3, 218. die gemeinde wird vom
prediger angeredel andächtige zuhörer, aber auch in fürstlichen
ausschreiben an die behOrdcn fand und findet sich ein liebe
andächtige und getreue, ich bin heut nicht andächtig, zerstreut.
ANDÄ(;HTLEH, m. hnmo male pius: dem abergläubischen
andächtler, der ans furcht zu wenig zu glauben dem ge-
brauch seiner vernunli entsagte. Wieland 9, 260; ob der an-
dächtler seinen statulenmäszigen gang zur kirche macht.
Kant 6, 350 ; die vermeinten andächtigen, die andächtler hei-
szen. 6, 385.
ANDACHTLOS, inconsideratus. pers. rosenth. 7, 20.
ANDACHTSBILD, «. ein andachtsbild der mater dolorosa.
Göthe 12, 189.
ANDACHTSFADEN, m.
ein paar liguren wie gedrechselt,
bei deren anschaun oft der andachtsfaden brach.
WlBLAXD 21, 153.
ANDACHTSGLUT, f. mit heiszer andachtsgluht. ehrengedichl
von Michel Weisz zu Danzig vor G. Neümarks poet. luslwäld-
chen Ilamb. 1672.
ANDACHTSLEÜTE, pl.
die (zwicbel) hat wenig kern, vil häute,
so sind auch viel nndachtsleute. pers. rosenth. 2, 13.
ANDACHTSPFLICHT, f
die er in ihrer andachtsplllebt
durch seiner blicke glut beinah gcstörct haue.
WiEiANDS Klelia 3, 58.
ANDACHTSTBIEB, m. Brockes 4, 75. Hagedorn 3, 63.
ANDACHTSÜßüNGEN, pl. exercitaliones piae.
ANDACHTSVOLL:
im gedning der andachtsvollen schaar.
Wielands Klelia 1, 67.
bei Hagedorn 2, 11 und Gotter 1, 158 andachtvoll.
ANDÄMMERN, dilucescere:
doch als eben der tag andämmcrle. Voss.
ANDÄTZEN, Stimulare? damit si die nachkummen zu glei-
chen thaten reizen und andätzen. Frank weltb. 105*. vgl. tätzen
und diitzen bei Stald. l, 271. 333.
ANDAUERN, perdurare, anhalten: der andauernde winter,
die andauernde hitze und dürre; die andauernde belrübnis
der eitern. Göthe 16, 280; ein andauerndes schellen- und
glockengeläule. 23,47; war sein andauerndes bestreben. 29, 19".
ANDELAGEN, s. die beiden folgenden Wörter.
ANDELEB, m. opera, d. i. opcrarius, cujus opera utimur,
franz. manoeuvre, «'le das folgende wort blosz bei Alberus.
ANDELN, operam praebere, bei Alderus ich andel, ministro.
Frisch 1, 26'; andelte lieferte, in einer urk. von 1382 bei
ScHANXAT dient, fuld. s. 356; vgl. Oberlin s. 41 und in einer
ungedruckten Urkunde von 1536 über das einkommen der pfarr
zu l'olguns (Polgöns): 14 gülden das haus zu sticken und klei-
ben, drei bön zu schlagen und dem decker zu andeln, d. i. zie-
gcl oder schiefer dem dachdecker zu handreichen. Man denkt
zuerst an handeln und handlangen, der handlanger, manope-
rarius wäre auf andeler gerecht; dann aber an den alten,
dunklen aitsdruck andelang, andilanc früher Urkunden, vgl.
rechtsallerth. 196 ff. und Graff 1, 369, zumal eben in wetteraui-
schen Urkunden (z. b. Baurs arnsburgischen n" 940. 1030. 1168)
und weisthümern (3, 328. 360. 423. 479. 884) andelagen und mit
aspiration verhandelagen fortlebte, vgl. Vilmar in der hess.
zeitschr. 4, 52. half und handelagite heiszl im leben des heil.
Ludwig (ed. RLckert 60, 13. vgl. 146) wiederum ministravit,
gleich jenem andelte bei Schannat, und in andern Urkunden
verbinden sich andelagen und geben, andelagen und bezalen.
andelen und andelagen waren also noch der späteren zeit ein förm-
liches, feierliches übergeben und verabreichen und das tradere, do-
nare per andelangum, per fcstucam et andelaginem kann nur
ein solches anlwerten und andlachen (weisth. 3, 884), hand-
langen und einhändigen eines Symbols vor gericht, bei der
Übergabe von grundslücken ausdrücken, auch in einem weisth.
der Obermosel 2, 246 wird gesagt: were auch sache, dasz
imant im hofe zu Reniich handelecht (tradit) ein erbschaft,
niöbel oder ein andere Sachen, und es erscheint sicher, dasz
andelen, andelagen, handclechen, handelagen ein und dasselbe
sind. Gar nicht dazu gehört aber Abrahams a s. Clara
Spruch: bei kandl und andl ist seilen ehrbarer wandl (Schmel-
LEn2, 302); der verlorne söhn durch kandl und andl gerathen
ist in elenden wandl, (/. h. durch wein und mädchen , bei
wcinkannen und Anneln, Ännleins.
ANDEN, mente praesagire, s. ahnden, akucn. hier noch
belege aus Ayrer :
vor fingst ich nicht zir bleiben weisz,
dnnii mich gwis etwas andcn tliiit. 4t';
dann wenn mich etwas anden thiit,
so geht CS mir gwis in die hcrid. 181*;
dann mich andct fürwahr nichts guts. 364';
ach wie hat das gcant mein herz. 415*.
305
ANDEN— ANDER
ANDER
306
ANDEN, vindieare, reprehendere. s. ahnden. Thaies fiel
in ein gruben, da er das andet, sprach das alte weih lachend
zu ihm. Fbask chronica 24*; als dis sein freund gegen im
andten. 135*; es grauste mir vor so Tielfaltigen fehlem, dasz
ich es anthen muste. Scomelzel 2S0.
ANDENK, memor, eingedenk: das er andenk werd seiner
rechten heimut. Keisersb. bilgr. 211.
ANDENKEN, attendere, recordari folgt aus dem verbalen
subst. andenken, so uie aus andacht, icird auch durch ahd.
anadenchan (Gr.^ff 5, 15S) bestätigt, gewöhnlich aber sagt man
an einen, an etwas denken, nicht einen, etwas andenken,
üblicher ist eines gedenken, keinem zwei fei unterliegt das
pari, andenkend recordans :
ist trost, ist der andenkenden ruh. !Ierdeii4, 8;
«««(i es aber bei Luther 3, 4T6 heiszl: sihe da haben wir
doch warlich nie angedacht, so bindet sich an auch mit dem
da: daran haben wir nie gedacht.
ANDENKEN, n. memoria, recordatio, nnl. aandenken, wozu
sich nochmals die praep. an oder der gen. fügen Idszt, das
andenken an Gothe, das andenken Göthes, Güthes andenken
und ebenso dürfen die possessica mit der praep. tauschen:
das andenken an dich, dein andenken, wie lat. memoria tui,
memoria tua: dasz dir nur einen augenblick unser andenken
entfallen künte. Lohesst. Arm. 1, 1293 ; Geilerts andenken
bedarf keines eitlen geräusches; das andenken der andern
(an andere). Götiie 17, 207; sie wiederholten das andenken
ihrer früheren zustände. 17, 355; der mensch kann vielleicht
alles vergessen, selbst das andenken des guten, das er ge-
than hat. Klinger 11, 174; um des gewissens willen und mit
andenken an das gewissen. Ficute sittenl. 2S6. redensarten:
du stehst dort noch in gutem, frischem andenken; dein an-
denken wird nie in meinem herzen schwinden, eriosclien;
dein verdienst bleibt in immenvährendem andenken; er hat
sich ein ewiges andenken gestiftet, sein andenken verewigt;
das andenken an diese jähre ist ein bitteres; sein andenken
wird fortleben, nicht untergehn; das ganze land behält ihn
in stetem andenken ; sein andenken soll dauern, wenn er
schon lange in der erde liegt:
sd er in der erden irfdlet ist,
so! man sin gedenken. i/S. 2, 226*;
bei namensnennungen pflegt häufig beigefügt lu werden: löb-
lichen, rühmlichen, scherzhaften andenkens, erhebenden an-
denkens, widrigen, verhaszten andenkens; sie werden ihn
auch ohne zweifei gekannt, aber es nicht für anständig ge-
halten haben, neben einem so groszen ahnen, poetischen
andenkens, einen enkel zu nennen, der weiter nichts als ein
reimer ist Lessisg 6, 116. fioch verwendet man andenken ßr
den zum andenken geschenkten gegenständ: ich habe dir nur
ein kleines andenken mitgebracht; es schmerzte mich, mein
letztes andenken in fremden bänden zu sehen.
ANDER, ahd. andar, mhd. ander, golh. an^ar, alts. odar,
mul. nnl. ander, ags. odor, oder, engl, other, fries. olher,
altn. annar, schw. annan, dän. anden ; litt, antras, letl. ohtrs,
skr. anjatara, lat. alter, «7. aitro, prov. allre, autre, sp. otro,
franz. autre, gr. heoog, sl. v"tor' i, russ. vtoroi, poln. wlory,
böhm. wterf'. um sich von diesem wort eine richtige Vorstel-
lung SU machen, musz man einsehn, dasz es mit der compa-
ratirisehen bildung tar aus dem einfachen positiv hervorgieng,
welcher skr. anja lautete, lat. alius, gr. äXios für cJ.tos, golh.
alis, ahd. ali, eli (GR.\rr 1,223); wie anja zu anjatara, verhält
'ich alius zu alter, das n war in 1 übergetreten, dem anja-
tara entspricht antras und an|)ar, andar, obgleich der positiv
schon alis, ali zeigt, das n in an^tar, andar musz dller sein
als das I in alis, ali. irtgoi, mit unorganischem spir. asp.,
äol. noch Sxegos setzt ein i'yreoos voraus, dem wiedertim
äXXoi zur seile steht, die gr. lat. und deutsche spräche leg-
ten dem positiv I ßr n bei, als sie noch in näherer gemein-
schaß standen, dem comp, lieszen Griechen, Deutsche, Liltauer
das n, während die Lateiner auch ihm 1 gestatteten, auch die
Kelli-n geben dem positiv !: armor. all, welsch all, ir. gal.
eile, aile = alius; den begrif ahcr zeugt die welsche spräche
durch bloszeti umlaul ail, die armor. eil (zweisilbig auszu-
sprechen e-il), ir. und gal, gilt aber dara, welches durch
aphaeresis aus andara, adara erklärt werden darf denn ge-
rade so scheinen die sl. sprachen aus ihrem positiv in", russ.
inoi, poln. inny, tö^m. giny = skr. anja, den eomparativ ein-
mal drugi, drugoi, druhy aus andrugi, indrugi, dann aber
T"tor"i, vtoroi, wt6ry lu entfalten, beide formen drugi und
wtöry drücken alter aus, neben diugi steht der begrif drug,
gleichsam aller ego, d. i. freund, wtöry musz aber älter sein
ah drugi, weil es noch das t, tar, ter von anjatara und ixe~
oos an sich trägt, das im kell, dara und sl. drugi, mit aus-
fall des anlauls, zu d wurde, heute überwiegt drugi dem
wlory im gebrauch, ja den Serben und Slovenen ist letzteres
ausgestorben, die Griechen, obschon izegos behaltend und
mehr auf den begrif d)J.os zurückleitend, führten für die Or-
dinalzahl ein schärferes Seirreoos ein; wir hingegen, alis und
ali bald fahren lassend, haben dem ander die bedeutung von
alius und alter überwiesen und endliclt auch ander aus der
Ordinalzahl durch zweite zu drängen gesucht. Solche beschaf-
fenheit hat es um eins der ältesten Wörter unserer spräche
und ohne sich dessen geschichle zu vergegenwärtigen würde die
folgende, wieder in die schranke des nhd. ander zurücktre-
tende darstellung nichts ausrichten.
I. Flejnon.
So sehr scheint von altersher unser ander seiner ursprüng-
lichen camparativnatur entfremdet, dasz es die allen compara-
tiven sonst zuständige schwache form (gramm. 4, 519) gerade
von sich abweist, näher zugesehn ist aber der eomparativ auf
golh. -za, ahd. -ro jenem skr. -tar unvergleichbar, und das
zu ihm stimmende golh. - ])ar, ahd. - dar in an{)ar, andar darf
seinen eignen weg gehn. organischerweise gestaltete es bei uns
nur starke form, mit völligem ausschlusz der schwa£hen (gramm.
4, 514. 515), auszerdem legt das golh. männliche und neutrale
an|)ar im nom. alles kennzeichen ab, es gilt nur an))ar, nie
ant)ars, noch aniiarata (gramm. 4, 463. 469) ; ahd. wird an-
dara; zulässig und allmälich reiszt auch schwache ßexion ein,
so dasz mhd. und nhd. beide in gewöhnlicher arl stattfinden :
ein anderer, der andere.
Nach alle (omnes) schwankt uns heute starke und schwache
form, wie für andere adj. (s. all); doch könnte ein längeres
übergewicht der starken noch auf rechnung jener alten abwe-
senheit der schwachen bei ander geschrieben werden: alle an-
dere. VViELAND 1, 52. 8, 3S6; alle andre sinnen. 1,233; alle
andre mittel. 2, 142. hier, wie viele thun, alle andern za
setzen, ist aber kein fehler, man hört: ein jeder anderer
und jeder andere, doch nur: ein anderer, kein anderer, in»
pl. keine andere und keine andern.
Für ein anderes, andres ist statlhaß zu sagen ein ander:
ein ander mal (andermal), ein ander lied, ein ander beispiel ;
wenn sie kein ander bedenken haben. Gellert; ich habe
ganz ander wildpret auf der spur. Lessing; kein ander bild.
Göthe 10, 158. wie es auch heiszt: ein schöner bild ist nicht
zu sehn, ein edler herze gab es nicht, obgleich die prosa
vorzieht: ein anderes mal, ein anderes lied, ein edleres herz.
Luther hat beinahe immer ein ander. Schwerer unterdrücken
läszt sich die männliche flexion, wie gleichfalls bei Lcther ge-
schieht : ein ander weihe es ein. 5 Mos. 20, 5 ; ein ander mache
es in gemeine. 20, 6; ein ander hole sie heim. 20, 7; kein
ander sol es essen. 2 Mos. 29, 33'; kein ander sol von dem
heiligen essen. 3 Mos. 22, 10 und an viel stellen mehr, eia
ander sagte, pers. rosenlh. 1, 35 ; ein ander predigen 4, 12.
die heutige spräche fordert: ein anderer, andrer.
Noch häufiger gebrauchen Luther und seine Zeitgenossen un-
fleclierles ander im articulierten nom. sg. aller geschlechter : der
ander, die ander, das ander; woßr sich belege auf jedem blatt
der bibel und sonst darbieten, auch dies versagen wir uns heut
und gestalten blosz : der andere, die andere, das andere; selbst
dichter, wo sie zweier silben bedürfen, ziehen der andre, die
andre, das andre dem weicheren ander vor. wenigstens ßr
den reim sollten sie sichs erlauben, die obliquen casus for-
dern stets, auch bei Lother, flexion.
Kürzungen der flexion erfolgen nicht gleichßrmig. ßr an-
derer, andere kann nur mit tilgung des ersten e gesagt wer-
den andrer, andre, bei anderes, anderem, anderen ist aber
die tilgung des zweiten e bräuchlicher: anders, anderm, an-
dern und wo nicht andres, doch andrem, andren unüblich, wie
wir sondern, wandern, wandeln und nicht sondren, wandren,
wandten sagen, doch würde den umständen nach auch andrem,
andren gestattet sein. vgl. anders.
IL Bedeutung.
Hauptregel ist : nach dem bestimmten artiiel hat ander noch
den sinn von alter, ohne artikel den von alius.
l) ander =3 aller, die comparaliteigenheil des ander
bricht noch darin durch, dasz hinter ihm die nach compara-
20
307
ANDER
ANDER
308
tiven überhaupt geltende partikel eintritt, ein anderer als ich
wird kommen; keinen andern als dich soll ich nennen, wie
die Griechen schon hinter aXXoe rj, ja den gen. gestatten,
äXXos ifiov, ein andrer als ich, lat. alias quam ego oder
auch alius nie. ob wol golhisch noch ein an{)ar mis oder an-
J»ar })au ik galt?
Unser ander, gleich dem lat. alter, war die organische Or-
dinalzahl der zweiheit und erst nachdem es diese bestimmtheit
verlor und für alius mit galt, muste der sprachgeist auf neue
ausdrücke bedacht sein, secundus bezeichnet eigentlich jeden
folgenden, nicht allein den zweiten; wie aber franz. second
und deuxi^me das autre, ja engl, second das other zurück-
drängten, wich auch unser ander allgemach dem zweite, nnl.
ander dem tweede. besser haben Schweden und Dänen ihr
ordinales andre und anden gewahrt.
Im 16. 17 jh. aber galt es noch zu zählen: der erste, der
ander, der dritte {Garg. 58*) und nicht der zweite ; zum ersten,
zum andern, zum dritten ; fürs erste, fürs ander {Garg. 154'),
fürs dritte; der ander und dritte rückknochel {Garg. 256").
Luther sagt überall: da ward am abend und morgen der
ander tag, rifieqa Sevre'ou. i Mos. 1, 8 ; das ander wasser
heiszt Gihon. 2, 13 ; eine hiesz Ada, die ander Zilla. 4, 19 ;
und er setzte das ander buch Mose, das ander buch Sa-
muel, das ander ))uch der konige, in welchen stellen Bind-
seil und Niemeyer sich tadelhaß gestallen das zweite buch.
ebenso: das ander buch vom alten wendischen Pommerlande.
MicRÄLius 2, 129 ; des pcrsianischen rosenthals anderes buch ;
ander buch der poetischen wälder. Opitz; poetischer wälder
anderes buch, seind auch den andern decembris allda glück-
lich angelanget, pers. reiseb. 68;
mein Deutschland hat in dem weit eine beszre siitc,
nimmt auf den andern tag aucli noch den dritten mitte.
Fleming 173.
lange war in deutscher geschieht« nur von Conrad, Heinricli,
Friedricii dem andern, und nie dem zweiten, die rede.
wenn man das ander lied
anstimmen wird. Grypdius |,C8;
hin und wieder noch bei spdleren:
ach golt: wie doch mein erster war,
find ich nicht leicht auf dieser weit den andern.
GöTHE 12, 155.
bei einzelnen Wörtern hat sich ander nicht von zweite verdrän-
gen lassen, man sagt das andere geschlecht, wie das schöne
geschlecht für die frauen, nicht das zweite; andere geschwi-
sterkinder meint die sobrini, deren groszeltern geschwister wa-
ren; auch im zählen ist anderthalb noch nicht dem zweithalb
gewichen; im andern leben, in einem andern leben werden
wir uns wieder sehn; in einer anderen weit, dans un autre
monde.
Fest auch haftete ander, wenn ein ebenbild, ein gegcnstück
von nur als zwein gedachten dingen, ausgedrückt werden soll:
alsus het ich besejjeir
daj ander pardise. Iw. 687 ;
wir haben hie besejjen
daj ander paradisc. Er. 9541 ;
nimm hier mein ander ich! Günther 1027;
du bleibst mein ander ich,
liis mir der toü das treue herze hrichl. Menaktes 1, 178;
nimm mich, mein ander ich! 193;
sie (diekinder) sind die andren wir, wir leben nach dem leben
in ihnen. Logau 1,8,98;
ach inegdlein, ander wonne,
wie selwet euch die sonne. Uiiland volksl. 185;
so kam die schöne pilirrnmin,
der Schönheit andre sonn und pracht.
HoFniAN.tswAi.DAU yctr. seh. 37 ;
ach Amaryllis, die mein hochgcneigler geist,
Siels die sccie meiner seele und mein nuder augc heiszt. 57;
dein ander leben kommt ilzt auf dich ziifc«(rangen,
entrück ihm nicht den mund, entzeuch ihm nicht die wnngen.
hocliteilg. 23;
meine andere sccle ! irrgarlen s. 9 ;
in dieser gegend, die ein andres Pafos schien.
WlBLAND 10, 85,
ein zweites Paphos würde man heute sagen, meine zweite seele !
ja GöTiiE unterscheidet das zweite von (inn nmlern : er sah
zum erstenmal sein bild anszer sich, zw;ir nicht, wie im Spie-
gel ein zweites selbst, sondern wie im porlriit ein anderes
selbst, man bekennt sich zw;ir nicht zu allen ziigen. 20, 142.
der Spiegel gibt ganz gleich, das bild nur ähnlich wieder, und
' alter est Tiro oder imago est Tironis besagen dasselbe, ein
andrer Schiller müste unsrer bühne auferstehn. auch den
Franzosen hat sich hier autre erhalten, un autre Hercule, lat.
alter Verres, alter Orcus, alter idem, alter ego, von einem
freunde, der meine seele ist, vgl. jenes sl. drugi und drug
freund.
In allen salzen, wo eins daneben steht, behauptet das dar-
auf bezügliche ander noch die bedeutung von alter, unus et
alter, unus alterve. eine band wäscht die andere ; einer hilft
dem andern ; er mengt eins in das andere ; schlug einen
streich in den andern auf in. Pontus 26; der eine will das,
der andere jenes ; eins thun, das andre nicht lassen ; der
eine spricht deutsch, der andere französisch; ein tag ist
des andern Schulmeister; ist das eine wahr, so musz das
andere falsch sein ; eins kommt zum andern ; eins ins andere
gerechnet ; eins ins andere mengen ; einmal über das andere ;
einen boten über den andern senden; ein jähr um das an
dere; einer langt an nach dem andern;
der (horum) eins wer on das ander schad.
SCUWARZENBERC 129, 2 ;
so einer pelt {betet), der ander schilt, das.
da ihm immer ein e.\empel übers andere vorlaufen wird.
Kirchhof mil. disc. 5;
die ein und andre war auszbündig schön und zart.
Werders Ariost C, 69;
die ein und andre fort auf diese weise rücket. C, 70;
den ein und andern tag. 8,56;
müssen wir ein und ander trinkgeld dagegen erstatten. Weise
kl. leute 270;
so rauste, wie gesagt, ein wort das andre geben.
Gelleri 3, 388;
um ein oder anderes griechisches willkürliches versgebäude
aufzuführen. Bürger 176'; ihm begegnet ein unglück nach
dem andern. Göthe 25, 37 ; der einmal über das andere ein
groszer mann gescholten wird. 33, 03. der andere «on zweien
ist auch den man durch dieser {hie), der vorausgehende eine,
den man durch jener {ille) kennzeichnet.
Minder gesichert war ander, iro ein bezügliches erste voraus-
geht, weil wir zählend jetzt dem zweite den Vorzug geben: der
erste redete, der zweite folgte nach ; von der ersten stufe auf
die zweite und dritte schreiten.
2) ander = alius.
ein andrer, a).?.os rig, alius quis; unter anderm, tnter alia;
ein anderes ist es, aliud est; das mag ein anderer thun,
glauben ; das sollte ein anderer gesagt, gethan haben ; ein
anderer ist froh, wenn er nur ein stück brot hat; wer an-
deres nicht hat, gibt äpfel und birnen; jetzt spricht er ganz,
anders, so slehn sich auch gern in Sprüchen zwei ander zur
seile: ander jähr, ander haar; ander mann, ander glück;
andere zeit, anderes leid ; andere Zeiten, andere sitten ; an-
der Städtchen, ander mädchen ; anderes ist versprechen, an-
deres halten.
schauen, ob dir sei als andern frauen. fasln, sp. 573,3;
gott hat mir einen andern samen gesetzt, oTtsQfta SreQOv.
1 Mos. 4, 25; da harret er noch ander sieben tage, rifit^ai
enrä ext^ae. 8, 10 ; dem könige und andern landen. Luther
6, 510* ; etliche die von Dietrich von Bern und andern riesen
lieder gemacht haben. 6, 532*; da etwa ein ander sie auf
seine seilen beugen möchte. Kirchhof mil. disc. 8 ; ob ihm
ein ander einen verächtlichen titel anhängt. Weise erzn. 43 ;
damit ist es freilich ein anderes. Wielanü 8, 287 ; mit den
göttlichen (dingen) ists ein anderes. 19, 7 ; in dem neuen eck-
hause da unten wohnt jemand ganz anders. Lessing 1, 501 ;
thue dir selber genug.' im mi.surieilenden volko
wird dich ein anderer schlecht nennen, ein anderer gut.
Voss;
ich that euch s.'ichelchcn hinein
um eine an(h-c zu gewinnen. Göthr 12, 141;
wenn einer sorgt und redlich denkt,
kommt andrer wol und heiter und schenkt. 4,331;
ich allegorisch ? das sagt mir ein andrer nach. 11, 306.
Dies ander drückt gern neue zustände aus: ich bin anderes
Sinnes geworden, habe mich eines andern besonnen ; es ist
reciit sciiim, dasz sie sich auch veriieiraten, man wird ganz
ein anderer mensch. Göthe 14, 2.^6 ; er fühlte dasz er ein an-
derer mensch zu werden beginne. 18,44; suchen sie ein an-
der quartier, nehmen sie lucincn dank. 19, 6G.
309
ANDER
ANDER — ANDERN
310
3) «ie die niederländische ifrache dem pluralis des prono-
mens erster und itceiter person, dem wij, gij, oblique ons, n
ein lieden anhängen {wovon auch bei uns spuren erscheinen,
s. leule) ; so pflegen die italienische, spanische und französische
in demselben fall ein verstärkendes allri, otros und autres bäsu-
fügen, um dadurch redende und angeredete, im gegensatz aller
übrigen, als rolk, stand, geschlecht hervorzuheben, eine ähn-
liche anfügung von andern lu wir ihr, uns euch, wie sie dem
mhd. völlig fremd war, scheint nhd. erst im vorigen jh. um
sieh XU greifen und dem franz. brauche nachgeahmt.
was wolltet denn ihr beginnen, ihr andern weltbekehrer,
wenns anders wäre? Wiela-id 21, 70; soll denn ein verlieb-
ter, wie ihr andern vernünftigen leute, vom gedanken zum
entschlusz, und vom entschlusz zur that tagereisen hinken?
LEiSEwrrz Jul. von Tarent 2, 5 ;
drum wühle du, ein andres schwcin,
nur immer den rüssel io den boden hinein.
GöiBE 3, 200;
nun er ist ein mann, er bat
gelernt sich eine freude zu versagen ;
doch wir, wir andren mädchen, möchten gern
uns eurer gegenwart noch lange freuen. 10, 213 ;
ihr andern liebt meislentheils an den männem, was männer
an sich unter einander nicht leiden können. 14, 13; aber in
den höhern ständen ist die aufgäbe sehr verwickelt, wir an-
dern sollen daher unsre Zöglinge nach auszen bilden. 17, 2S3 ;
wir andern Junggesellen, die wir nachts meist allein sind und
uns doch wie andre menschen fürchten, wir finden es gar
tröstlich. 19, 169 ; uns andern kleinen menschen ist dies wol
als eine lugend anzurechnen. 21, 227 ; versäumt ist nichts, er-
widerte jener, wenn ihr andern ernsthaften herren nur nicht
so starr und steif wäret. 22, 41 ; so wurden wir anderen deut-
schen gesellen denn immer verdrieszlicher. 26, 63 ; leider ha-
ben wir andern in unserer jugend nur die famiüenmflnzen
besessen. 2S. 123 ; die fremden sehen die sache für allzuleicht
an, wir andern nachbam des berges sind schon zufrieden.
2S, 195; mit diesem halte uns andre das Studium des berg-
wesens verbunden. 31, 227 ; wir andern Städtebewohner er-
blicken seltner die kuh mit dem kalbe. 39,236; so seid ihr
nun, ihr andern ! 36, 54 ; tadelt ihr mich, ihr andern weisen,
so wird die menge mich lossprechen.* 36, 127; aber sie (die
geistlichen) schonen uns nicht, uns andre laien. 40,135; wir
andern müssen oft genug aus der band speisen. 42, 374; da
wir andern vorher uns von den popularphilosophen gar un-
würdig musten behandeln lassen. 50, 55.
4) ähnlich diesem wir andern, ihr andern, jedoch weit älter im
gebrauch, und der heutigen spräche wieder fremd geworden ist
ein iiberftüssig scheinendes ander im geleile von Substantiven.
das war schon homerisch : ovS' a)JMt Sucoai. Od. 2, 412 ;
afuptTtoXot aJJiat. 6, 84; oL aJJ.Oi axr,7iT(n'X0t ßaaürjes.
8, 40. doch die deutsche spräche setzt ein solches ander im
sg. und pl. bei tergleicliungen. mhd. reht als ein ander gän-
slerlin, swarz als ein ander brant, er sweic als ein ander
stein (Bex. 1, 36"), hohes muotes als ein ander wip. MS. 1,
8i'; s^ lebe ich als ein ander man. 1, S2'. nhd. beispiele:
warum der meszpfaf wie ein anderer dieb, den man zum gal-
gen fürt, mit eim strick um den leib gebunden seie. Fischart
bienenk. 157'; wie ein anderer landstreifer. Garg. 6*»'; ilir mein
andere kuttenbämmel. 79'; wie ein anderer närrischer Schwab.
159"; wie ein anderer reuter. 230'; blieb am bäum licnkcu wie
ein anderer dannzapf. 25l'; des wird er müd wie ander leaL
H. Sachs I, 531' ; lebt als ein ander trunkener man. Jlstisgu
105; da lag ich wie ein anderer bärenhäuter. Simplic. 337;
toehen wie ein ander soldat. Simpl. 2,122; wie ein anderer
•ehnarotzer. 2, 274; da lag er wie ein ander schwein. Gro-
biamu 1573, 97*; die falschen heiligen sind der gerechtigkeit
Bo Tol, das sie die andern armen sUnder anköken. Lctheii
5, 355*; dasz ihr euch wie ein anderer grober unGal verhal-
tet, franz. Simpl. 1, 64 ; wie ein anderes schwein. 1, 65 ; sprin-
gen herum wie die andere narren. 1, 60. vgl. gramm. 4, 456.
Beinhart cclvii. ebenso hiesz es altn. sem Vanir adrir. S(em.
^i'■, liotr sem adrir jirselar. Ol. Tr. 3,107; vaxa sem annat
hir. Sn. 130; und allfranz. en hois estcs com autre scnc
petit Irovez. Tristan 2170, weil es eine menge knechte, eine
menge haare, narren, diebe und Soldaten gibt, mit diesem
ander = ä/J^i ist das unter 1) behandelte ander = BtvxcQOS
nicht zu rermmgen, wie es bei Bexecke geschieht.
5) zuweilen geht ander in den begrif des linken über, das
Ufer des flusses, wo wir stehn, heisit uns das reckte, das
gegeuüberliegende das andere oder linke, den Griechen war
T] erdqa die linke hand und irtl d'axsQa ist gegensatt ro«
iif Se^toXi. so sagt Walther 124, 6
daj mir hie vor was kündic als min ander hani,
bekannt wie meine hand, wie meine linke hand; do het er
der andern hant auch nicht, gesta Rom. ed. Keller s. 137 ; der
Ssp. 1,63 fordert für den kämpfer: en blot svert in der hant,
enen senewolden schilt in der anderen hant, d. i. in der
rechten das schwert, in der linken den runden schild, und die
Variante gibt linken, lerzen; podegram am andern fusz. Fi-
schart Garg. 151*.
6) endlich triß auch unsere spräche mit der griechischen
darin zusammen, dasz sie ihr ander eiiphemistisch setzt ßr
das, was man sich scheut in den mund zu nehmen, sei es
etwas schlechtes, böses, oder verbiete schäm und anstand es
auszusprechen; gerade so verhüllte der Grieche mit seinem
Stsoos und a/J,os das böse oder unziemende. ich hätte bald
was anders gesagt heiszt, ich halle das Schimpfwort, die schelte
zurück, die mir schon im munde liegt, ich will dir das noch
anders weisen, dich schonungslos behandeln, er hat an mir
gehandelt wie ein andrer d. h. schuß oder schelm, was dem
unter 4) besprochnen wie ein andrer schelm oder dieb begeg-
net. Hierher gehört nun auch, dasz man sagt mir wird anders
f. übel, die frau ist in andern umständen, um dem wort schwan-
ger aus:i(ifeic/ien, das ander bezeichnet die menstruation, vgl.
ScHMiD schw. id. 21. ScHJi. 1, 65. 75. Den ältesten beleg gewährt
schon OTrniED, im gedieht an Hartmut und ]Yerinbert Abels
todschlag erzählend meidet er den namen Cain auszusprechen
und nennt ihn v. 31. 35 nur ther ander, 39 ther anderer,
hinterher v. 43 folgt dennoch das wort Cain.
ANDERARTIG, diversus, verschiedenartig, besser anderlei,
s. andersartig.
ANDERER, ni. imitator, histrio. s. andern.
ANDERGESCHWISTERKrSD , n. sobrinus : ich bin ander
geschwisterkind mit ihm, sein und mein groszrater waren
brüder. blosz angeschobnes ander.
ANDERLEI, alterius generis : das du dein vieh nicht las-
sest mit anderlei {LXX ereoä^v/or) thier zu schaffen haben.
3 Mos. 19, 19 ; ich meme ie, das sei klar genug beweiset, das
wir alle priester sind, und diese priester nicht anderlei prie-
ster, sondern knecht und amptleut sind der gemeinen prie-
sterschaft. LtTHER 1, 37l'; wiewol die wort anderlei sind. 3,
343'; wenn sie einerlei wort an anderlei orten uneiniglicb
und ungleich deuteten. 3, 439'; und ist doch einerlei, nicht
zweierlei oder anderlei werk. 8, 163' ; der wirt setzt ein guten
wein von erst dar, darnach bracht er ihnen einer anderlei,
und sprach, lieben väfter versucht den wein auch. Pauli
schimpf 104'; wo aber anderlei huldung und brandschalzung
von feinden gegen der oberkcit beschehe. Frosp. kriegsb.
1, 6S'. heute durch zweierlei verdrängt, dasz lei der gen. sg.
f. ist wurde schon unter allerlei gesagt.
ANDERMAL, adv. altera vice, imposterum:
wir wollen ein andermal auch rats drum pflegen.
fastn. $p. 570, 3 ;
beraühn sie sich . . .
ein andermal gerallif^st wieder her. Gotter 1, 194;
ein andermal lasz dir deinen jägcr nachtreten. 3, 346 ; davon
ein andermal. Klixger 1,420;
die köchin siieszc krebse drin ein andermal.
I'late.ii 2S5.
ANDERMASZEN, adv. alio modo.
ANDERN, n. nculiu, ein seltnes, nur einmal gelesenes wort :
und ob ihr mich schon nit mehr haben wollet und mir Ur-
laub gebet, wil ich doch auch keinem dienen, der euch has-
set, als er dis sagt, sol (? soln, sollen) dem forsten, wie mich
Wolnhaupt seihst bericiilet, die andern voller wasser gelofleii
sein, hiesz in jetzt gütig, dasz er ruhen mochte, hingehen und
darnach widerkommen. KiRcnHUFtrerxfunm. 147*. der sinn liegt
am tage , und kein euphemistischer, sunächst könnte man a»
das ahd. augatora fenestra (Graff 5, 447), ags. eagdure denken,
das auqe würde ganz natürlich ein fensler des kauptes oder ge-
sichts heiszen. die fries. spräche bietet aber unmilttibar aadera»
andren fenestra dar, ohne es aufs ange anzusvende» (Ricim.
606) und nimmt es neutral, ein altn. anddyri bedeutet vesiibu-
lum domus, eingang, nicht fenster. sollte andern aus ageodero,
augendern entstellt sein ? dies ist nicht das einzige teort, wel-
ches Hessen und Friesen gemein haben, s. andom.
ANDERN, imitari. Piaoaics IS* schreibt andieren: einen
20*
311
ANDERN— ANDERS
ANDERS
312
andteren, Ihun wie er thitt, exprimcrc et rcddcrc aliquem, der
Icuten gebärden andteren, anmaszen, nachthun, affingere ho-
minum mores, anterung imilatio. vocabiil. incip. leuton. gibt
anantrer scenicus, qui recitat gesta et mores de hominibus
mala, der die ding ändert; liegt in anmlrer Zusammensetzung
mit an, oder ist es druckf. für ain antrer, ein antrer? denn
vocab. 1482 hat ausdrücklich: ein antrer der leute, scenicus.
andteren, andterer Hemsch 76. Wörter die wol nichts, weder
mit ander alter, noch mit ändern mutare zu schaffen haben,
sondern dem ahd. antarön aemulari, antarunga aeinulalio,
gesticulatio, antarari imitator, histrio (Graff 1, 378. 379) ent-
sprechen, welche gleichfalls von andar alter abliegen, auch die
heutige bairische mundart hat antern, änlern, ausüntern, in
reden und gebärden nachahmen (Schm. 1, 86), dann necken,
böse machen. Sollte dies andern, antarön nicht unmittelbar
zu ahmen und nachahmen, folglich auch zu imitari gehören?
durch anstosz des m an den linguallaut d oder t wandelte es
sich in n, wie in der Sprachgeschichte viel beispiele lehren
(timbr SbvSqov, nefiTte mvre, amita franz. ante, semita
franz. sentier), also antarön für amatarön, amtarön? in der
Schriftsprache i.it das wort, das sie gut verwenden könnte, längst
ausgestorben. Wer über den abstand von antarön und andar
hinaussehn und jenes aus diesem leiten wollte, müste gr. a).-
Xaaaco, akXdrrco anschlagen, die freilich auf aXXos führen.
Ä^'DEM, mutare, emendare, ahd. und mhd. unvorhanden, nur
vihd. verandern kommt vor. reiniget euch und endert evvre klei-
der. 1 3/os. 35,' 2 ; cnderten die namen. 4 3/o5. 32, 38; die rechte
hand des höchsten kan alles endern. ps. 77,1t; ich wil nicht
endern was aus meinem munde gangen ist. 89,35; sie über-
gehen das gesetz und endern die gebot. Es. 34, 5; ob die
beiden ire götter endern. Jer. 2, 11; deinen rücken, den das
alter gekrümmet, kanst du nicht ändern und gleich machen.
pers. rosenth. 6, 5; die zeit ändern {s. unter absondern);
solchs (der pabst) nicht endert in kurzer zeit. Soltau volksl.
466; ändert sie {die mädchen) ein nu? Göki.ngk 3,12;
so ändert immer die gelie))ten,
doch sie vcrralheii müst ilir nicht. Göihe 1, 213.
lasz mich hören, dasz dein herz geändert {gebessert) ist. Got-
ter 3, 105 ;
im leid ändert sich mein scherz. Wkckherlin 405;
das ist nun einmal geschehn, läszt sich nicht mehr ändern ;
geschehene dinge sind nicht zu ändern ; das wetter ändert
sich, glücklich ist wer vergiszt was doch nicht zu ändern ist.
Man braucht aber auch ändern wie wechseln intransitiv für
viutari :
ivrannen lieben gold, ihr geiz der ändert niclit.
Opitz 1, 194;
der kräuter wunderkraft und ändernde gestalten.
Haller alp. 35;
über mir weht anmutig mit änderndem grün der buchbaura.
Voss weihe an Slolberg 9;
dort unten {am see) herschen oft ändernde winde.
SlüLBERG 1, IOC ;
die form ändert unaufliörlich. Fichte phil. journ. 3, 314, wobei
es leicht ist einen acc. die art, das wesen hinzu zu denken.
ANDERNFALLS, adv. widrigenfalls, entgegengesetzten falls.
ANDEHNS, adv. schreibt Lessinc ö/Ter, z. b. 2, 415. 3, 124
für zweitens, dessen analogie, sowie der von erstens, drittens,
viertens es folgt, seit aber der zweite den anderen verdrängt
hat, ist auch diese, in der älteren spräche unbegründete bil-
dung ganz auszer gebrauch gerathen.
ANDERNTHEILS, adv. ex altera, alia parte.
ANDERORTS, adv. aliorsum, alibi, anderwärts:
wenn du deine hellen blicke
lieszesi lieber anderorls. Rückert 22.
ANDERS, aliud, mhd. anderg, gewöhnlich aber ander, nom.
acc. n., von dem folgenden genitivischen anders unterschieden :
das ist ein anders, eine andere sache, ein ander ding; was
anders ist gemeint? anders ist versprechen, anders halten;
machen ist ein anders denn anbeten. Luther 3,38'; es wird
doch in zehn jaren wol ein anders werden. 3, 90' ; sein we-
sen ist gar ein anders, weish. Sal. 2, 15; trotz der prillcn,
die sie für anders ansieht. Fischart bienenk. 183*. heute sa-
gen wir voll: ein anderes, andres, zum unterschied von dem
stets gekürzten genitivischen anders.
ANDERS, gen. von ander, mhd. anders, in mehrfacher an-
icendung.
1) adv. aliter, auf andre weise: a verhält sich damit nicht
so, sondern anders; ich will es anders ausdrücken; es lau-
tet ganz, etwas anders ; es soll anders werden ; wie könnt
es anders sein?; anders spricht man mit einem bekannten,
anders mit einem fremden ; aber sein herz dacht gar vil an-
ders. 1 Mos. 45, 26 ; nachdem man das haus anders beworfen
hat. 3 Mos. 14, 43 ; wenn nothwendig die eine die andere ver-
finstert, wenn es kaum anders sein kann, als dasz nicht die
königin unter der liebhaberin, oder diese unter jener leiden
sollte. Lessing 7, 113; das opfer kann mir nicht anders als
zur ehre gereichen. Klinger 8, 110 ; ich bitt euch um gottes wil-
len, seid anders. 1,49; das kleid wird anders gemacht, , geändert.
2) adv. alias, alioquin, wo die ahd. spräche alles (Graff
1, 223), die mhd. schon anders (Ben. 1, 36'), die heutige gleich-
bedeutend mit anders auch sonst ceterum, ceteroquin verwen-
det, dies anders verbindet sich gern mit dem interrogalivum
und allen daraus ßieszenden partikeln, mit etwas und nicht :
wer anders, wem anders, wen anders, was anders, wo anders,
wohin anders, wie anders, wenn anders, etwas anders, nicht
anders, nichts anders = wer sonst u. s. w., welches sonst «n
den drei letzten fällen vorauszugehen pflegt : sonst etwas, sonst
nicht, sonst nichts {vgl. sonst), aber auch anders kann, nach
Wendung der rede vorantreten : anders wer, anders wen, an-
ders was, anders wo {engl, eise where) oder abgetrennt stehn :
wer redlich anders buhlt. Locaü 2, 3, 67 ;
um sieben ohneefehr
musz ich wo anders sein. tiEHtNC 173;
wo anders etwas kan ein guter wünsch vermögen. 43;
und wen anders als die natur können wir fragen? Wiei.and
1, 112 ; wer anders ist des raitleidens fähig als diese empfind-
lichen Seelen? 1, 119; sein Selbstbetrug, wofern es anders
einer war. 1,213; von was anders! Götue 8,39;
hier ist ein kästchcn leidlich schwer,
ich habs wo anders her genommen. 12, 140,
anders wo her; reden wir von was anders {von sonst was,
von was sonst). Klingers th. 4, 203; wozu Vernunft nöthig
war, wo anders {wenn sonst) die natur in austheilung ihrer
gaben zweckmäszig zu werke gegangen ist. Kant 4, 14 ; wenn
die handlung blosz wozu anders {zu sonst etwas anderm) als
mittel gut sein würdcj so ist der imperativ hypothetisch. 4,
35 ; hie ist nichts anders {sonst nichts) denn gottes haus.
1 Mos. 28, 17; hüte dich, das du mit Jacob nicht anders re-
dest denn freundlich. 3t, 24 ; da nemlich die reinigung in
nichts anders {sonst nichts) beruhet. Lessinc 7, 352 ; nirgend
anders als in der metaphysik. 3, 186; das sittliche gesetz ist
nirgend anders, als in einer reinen philosophic zu suchen.
4, 6. jemand anders, niemand anders f. ein andrer, kein
andrer, keiner sonst; von jemand anders. Opitz 4,308. Die
tat. spräche gebraucht in vielen dieser beispiele das adj., nicht
adv. : quis aiius, quem alium, cui alii, wie wir auch mit wel-
cher verbinden: welcher andere, welchen anderen, welchem
anderen ; die gehemmte flexion unseres wer nöthigte zum adv.
zu greifen, doch läszt sich noch Avas anderes, wessen, ande-
res, wem anderem, wen anderen sagen, und es besieht ein
feiner unterschied: was anderes soll ich aussprechen? quid
aliud eloquar? und was anders? quid alioquin? welchen an-
deren meinst du? quem alium dicis? und wen anders?
quem alioquin ? Luther scheint das wo oder wohin zuweilen
auslassend sich mit bloszem anders zu begnügen: hat er sich
aufgemacht und weggezogen gen Wittenberg und anders (wo-
hin). 3, 410.
3) ein solches anders kann aber auch versehiedenllich allein
und unabhängig stehend alioquin, ceteroquin, ja bloszes modo
ausdrücken : glaubst du mir anders, ist es anders deine mei-
nung, bin ich dir anders lieb, wird er anders sein verspre-
chen halten; solls anders gelingen; ich wil anders dismal
alle meine plage über dich senden. 2 Mos. 9, 14; habe ich
anders gnade für deinen augcn funden. 4 Mos. 11, 15 ;
sechsmal, zähl ich anders recht. Fleming 215;
wie ist ihm zu thun, dasz ich dereinsten nicht auch erlösche,
sollts anders dahin kommen, dasz der funken, so etwa in
mir ist, noch flenge? Klopstock 12, 118. Piachdrücklich aber
tritt anders gleich in den eingang des nachsatzes: ich er-
warte, dasz du gehorchst, anders wird es nicht gut sein, alio-
quin male; man fasset auch nicht most in alte schlauche, an-
ders die schlauche zureiszcn. Matth. 9, 17 ;
Trauenzimmer soll man ehren, anders sind es grobe Sitten-
LoGAU 3,6, 1;
313
ANDERSARTIG— ÄNDERUNG
ANDERWÄRTIG — ANDEUTEN
314
nu ihu mich, hell, bie fragen mer,
anders es gel dir an dein er. fastn. sp. 558, 14;
anders zwar. 586, 30; oder anders es würde kein wiirkung
haben. Fischabt bicnenk. 245*; ruthen, die ein rechter berg-
mann, anders (si modo) er etwas gedeiliches will ausrichten,
haben musz. «nie. doct. 8. gerade so franz. autrement, vir
aber ziehen heute sonst vor. s. änderst.
ANDERS.\RTIG, diversi generis, sonstartig: Ursache des
nicht gröszeren, nicht geringeren, nicht andersartigen witzes.
Lavater phys. 4, 2. erstes fragm. s. andei-artig.
AiNDERSDENKEiND, diversi judicii in rebus divinis, anders-
gläubig.
ANDERSEITIG, diversae partis.
ANDERSEITS, adv. ex altera parte, andersif. iceisth. 2, 353 ;
ferner bringen auch die künste vieles aus sich selbst hervor
und fügen anderseits manches hinzu. Göthe 23, 247.
ANDERSGESINNT, was andersdenkend, andersgläubig, po-
liliscJi oder sonst: wo die herschende kirche mit gewalt die an-
dersgesinnten zu bezähmen dachte. Göthe 32, 242.
ANDERSGLÄUBIG, dasselbe.
ANDERSREDEND, barbarus, ahd. elirarti (golh. aljarazdja),
aXkod'^oo? :
andersredender Völker gebiet. Voss Od. 14, 43.
ÄNDERST ßr anders, gleichsam ein Superlativ von ander,
erscheint im 15. 16. IT jh. häufig und wurde sogar von Lctheb
geschrieben, der es doch in der ausgäbe letzter hand wieder
mit anders vertauscht:
änderst ich fall euch in das har. fastn. sp. 488, 29 ;
es ist nit änderst. Keisersbebc; mit niemant änderst; imer
einer änderst denn der ander. Luther 8, 176'; dennoch wil
ichs also haben und nicht änderst. 8, 279'; änderst dann
ihne gotl geschaffen hat. Lithers br. 2, 676 ; änderst hie, än-
derst da. 3, 6; es stehet doch zu deiner wähl, so du än-
derst im leben bist. Galmy 200; hat er, als ich nicht Zwei-
fel, änderst ein herz im leib, er solches nimmermehr verges-
sen wird. 286; nit zu fast, änderst es wirt zu trüg. Fro:«sp.
kriegsb. 2, 191' ; dem flachs wirds fast übel gehn, wird er än-
derst nicht gar geradbrecht. Fischabt groszm. U9 ; hat er än-
derst nicht das ganz maul voH. Garg. 70"; waferr er änderst
will von gleicher straf und pein frei sein. Weckherlin 723;
nu ist es mit mir änderst worden. 521;
wann sie änderst auch geschickt dazu wercn. Ziskgr. ap. 2,
10; wann er änderst mehr als gemeine hauren gelten will.
Simplic. 1, 5; dasz man nicht änderst kan zuletzt als seine
Wunderschickung loben, l, 17;
in dieser zeiilicbkeit kann es nicht änderst werden.
Ca.'^itz 51.
ANDERSTWO, adv. alibi, besser änderst wo: sucht im an-
derstwo gute gescllschaft. WickRA» ro//ic. 66;
so bleib auch du nicht anderstwa. Weckb. 88.
ANDERSWO, dasselbe, xusammengeschobnes anders wo, wo
anders :
und wer sie bei mir anderswo,
so tet sie freilich nit also, fattn. tp. 561, 23;
anderswo wird es so tauglich nicht funden.
LoGAL- 3, 212 ;
anderswo. GOtbe 36, 182. 186. auch euphemistisch wie ander (310).
ANDERSWOHIN, aliorsum:
andiTswohin abweichend verkündigen. Voss 04. 4, 348.
ÄNDERTE für andere, der änderte theil schrieb z. h. Abk.
vor« s. CiARA im Judas.
ANDERTHALB, sesquialter, einundeinhalb, wie man dritt-
halb 2'/i, vicrthalb 3'/i, fiinfthalb 4'/» u. s. w. mit der ordi-
nalialil bildet, ist auch anderhalb vollkommen richtig, und
die meinung, dasz der zählende auf die mitte oder hälße von
1 zu 2 gelange, das andere [zweite) halb erreicht sei; auch
heiszt es mhd. anderhalp (Be^. 1, 6t4*). als sich allmälich
das gefühl für die ordinnlität des Wortes ander schwächte, be-
gann man t von vicrthalb, fünfthalb nachzuahmen und, gleich
als gelte änderte für ander, anderthalb zu schreiben, wie nuH
allgemein üblich geworden ist. anderthalb eilen. 2 Mos. 25,
10. 17. 23 ; anderthalb pfund, anderthalb meilen ; mein vatter
hett nur einen arm, so hab ich anderthalbcn. Fi.scHAtr Garg.
94*; seiner r.alur nach steht dies halb immer im sg.
ÄNDERING, mulatio. emendatio. die änderung der luft,
de» weiter», der wohnung: viel enderunge der fürstcnlhüme.
tpr. Sal. 28, 2 ; sonder änderung einigs worts. Aimon bogen I.
änderung des betragens, des herzcns bezeichnet besserung.
in einem weisth. von 1530 (1, 785) stehn noch busze und än-
derung nebeneinander, und gute oder schlechte änderung des
textes sagen wir in soldiem sinn bis auf heule.
ANDERWÄRTIG, alius, alio loco versans, aliunde repelitus :
anderwärtiger aufenthalt, andcrwärtige hülfe, thätigkeit ; es ist
ihm eine andenvärtige heirat vorgeschlagen worden.
ANDERWÄRTLICH, sagte man sonst in gleichem sinn : wann
mich das unglück nicht anderwärtlichcr weise geritten. Simpl
2, 21 ; anderwertliche ergötzlichkeit. Zi.>kgr. 195, 17.
ANDERWÄRTLICHE.N, adv. aliorsum : weswegen sich viele
von dar anderwertlichen hin retirierten. Simplic. 1, 632. heute
gilt daßr das folgende.
ANDERWÄRTS, adv. alio loco, und alio, a/J.oas: er hat sich
schon anderwärts verheiratet, wohnt jetzt anderwärts, anderswo;
welches lasters ich nicht allein anderwerts frei und ledig bin,
sondern auch disfals sagen darf. Opitz rorr. der poet. 2';
wendest du dein angesicht von ihnen anderwerts.
Weckuerl!.'«! 22S ;
wodurch sie ihn zwungen eine parlei anderwerts (anderswo-
hin) zu rühren. Simpl. 1, 19 ; weil Plinius ihnen anderwärts
den gebrauch zuschreibt? wo anderwärts? Lessing; ander-
wärts her uns gegebene begriffe. Kant 7, 372 ; sie würde an-
denvärtshin, in die metapbysik gehören. 7, 256.
ANDERWEGE, adv. alia via: des tragens halber werdet
ihr euch hinfort anderwege mit einander vergleichen. Horr-
M.VNNSWALDAC heldenbr. 4.
ANDERWEISE, adv. alia ratione. weisth. 3, 824. mhd. an-
derwis.
ANDERT^'EIT, adv. altera vice, itervm, entstellt aus mhd.
anderweide, man nahm es aber ßr weit, weiter (forro) und
gab ihm den sinn von anderwärts, anderswohin : so ist ein
recht gründlicher mensch gleich anderweit {fehlt ein adj. ?),
als diese zween vcrs sagen. Luther 1, 29' ; das die gezwungen
werden andenveit zu latinisch teufen. 3,527; wenn eins un-
ter diesen zweien (glaube und gotteswort) sol anderweit wer-
den, welchs sol billicher anderweit werden? 4, 332"; ein herz
anderweit durchs wort und geist geboren. Mathesics 52' ;
der nimmer ändert seinen eid,
und soll es ihm auch anderweit
den höchsten schimpf und schaden bnngen. Opitz;
ich werde keine stelle
bei dir. du klare bach, mir suchen nach der leit,
dasz ich da ruhen mag, mein sino steht anderweit (andersteolii»).
2,46;
über eine zeit kompt er wieder und saget, dasz die leule
ihm 50 ducaten angeboten, dasz er sich anderweit hinwen-
den solle, pers. roscnth. 4, 13; welche was tüchtiges studieret
hatten, sind anderweil zu königlichen räthen befordert wor-
den. 7, 2. in den canzleien braucht man es gar als adj. :
ein anderweiter verkauf, anderweiter termin, was Wieland
ironisch nacJiahmt: ohne zu einigen anderweilen rücksichlen
stricto jure verbunden zu sein. 8, 236.
ANDERWEITIG, aus dem vorigen steif gebildetes adj., das
nun aber für aliunde repelitus gilt: anderweitige hülfe, Ver-
sorgung, Verbindlichkeit; anderweitige absiebten; anderweitige
gründe. Fichte kr. der offenb. 129. ebenso adv.
um nichts besorgnis hegen anderweitig. Platkn 105.
ANDERWEITS, adv.. falsche Wortbildung: die andcrwcits
erwiesene bcdeulung. Lessing 8, 227.
ANDERWERBE, adv. altera vice. Herum, begegnet noeli oß
in den weisthümem, z. b. 3, 510. 511, auch in der Verdeut-
schung der Aimonskinder, Simmem 1335: kam anderwerb zu
seinem bruder, traf andenvcrb den herzogen, das in Rein
hart anderwerb schlug, das sie anderwerb in oinmarht fiel
M. s. w. nnl. anderwerf, mnl. anderwaerf, auch mhd. zuweile»
andenverbe (gramm. 3, 232).
ANDEUTE.N, indicare, significare, leviter längere, nnl. aan
dulden, mlai. indigitarc, mit dem fingrr auf etwas weisen, fin-
gerzeigen, durch gebärden bezeichnen, kommt bei Lcthe« nicht
vor. wird von den kriegsleuten ein anderer anschlag ange-
deutet. ScHWEiNicHEN 1, 264; hiermit wird angedeutet, o ftv-
O'oe Sr/ZMl, oß in der alten Verdeutschung des Lokman; die
frühe kälte deutet langen winler an; seine worte deuteten
nichts weniger als gehorsam an; die künstler unserer zeit
wollen immer reizen, um niemals zu befriedigen, alles ist
nur angedeutet und man findet nirgends grund noch aus
315
ANDEUTER — ANDINGUNG
ANDISCH — ANDRINGEN
316
führung. Göthe 20, 248 ; wüchsen die kinder in der art fort,
wie sie sich andeuten. 24, 110 ; wenn mir gegönnt wäre, jene
für mich so bedeutende epoche, wo nicht darzustellen, doch
anzudeuten, zu entwerfen. 50, 54. beliebtes worl für befeh-
lende: einem hohes misfallen, Ungnade andeuten; es wurde
ihm angedeutet (bedeutet) sofort die Stadt zu verlassen.
ANDEUTER, m. percursor: er {Sterne} ist in niclits ein
muster und in allem ein andeuter und erwecker. Göthe
23, 282.
ANDEUTUNG, /". signißcalio, indicium:
die geberden und die kleidung
sind des sinns und gemüis andeutung. Fischart ehz. 50;
nach seines abgots wort, andeutung und exempel.
Weckherlin 183 ;
wildpret, das dem feinen gaumen mit einer kleinen andeu-
tung von fSulnis weit besser als frisch gebraten schmeckt.
Göthe 37, 31.
ANDICHTEN, affingere, falsa tribuere, nnl. aandichten :
fehler, laster, grausamkeiten einem andichten ; er hat ihm
viel zu viel angedichtet; das sie mich als die ehiendiebc,
Schelmen und böswichtcr andichten und anliegen. Thurneis-
SER ausschreiben 1, 69 ; ja, wie er mir viel falsche und un-
verantwortliche Sachen angetichtet. Weise erzn. 357 ; die mei-
sten von denen, die sich unter uns an Untersuchungen der
spräche gewagt haben, lieben nichts so sehr als selbstge-
machte Wortbestimmungen, aber sind sie denn darum in der
spräche auch vorhanden, weil man sie ihr andichtet? Klopst.
12, 208 ; ohne zu denken, dasz man mir andre absiebten bei
meinen handlungen andichten könne, als ich wirklich hatte.
Wieland 2, 112 ; der alten mythologie einen neuen zug so
glücklich andichten zu können. Herder 2, 243;
der misversteht die himmlischen, der sie
blutgierig wähnt, er dichtet ihnen nur
die eignen grausamen begierden an. Göthe 9, 24;
er (Wieland) findet, wie er sich den Griechen gewissenna-
szen nur andichtete, unter den Römern wirklich seines glei-
chen. 32, 251.
ANDICHTLICH, fictilius: wann angeregte, antichtliche, er-
gerliche, argtückische, öffentliche ergernissen vorhanden sind.
Fronsp. kriegsb. 1, 202'.
ANDICHTUNG, f.: andichtung eines gehässigen fehlers.
ANDICKEN, crassitudinem inducere.
ANDIENEN, inservire, nnl. aandienen, m der geschäfts-
sprache : ich kann damit andienen ; wer mit weiter nichts als
einem solchen formularurthel andienen kann, der bemühe
sich lieber ganz und gar nicht. Bürger 183'. das wort sollte
aber gangbarer und von dienen wie inservire von servire un-
terschieden werden.
ANDIG, suspiciosus, diffieilis, iracundus : alte leut sind an-
dig und wunderlich. Agricola spr. 14"; wer so kitzlig und
so andig ist. 228'; wer so kitzlig und so andig ist, dasz er
alles so nahe wil suclien. Frank spr. 2, 170'. gehört zu ande
zelus und anden, ahnden vindicare.
ANDINGEN, conditionem proponcre, antragen, verdingen:
dem kaufer oder verkaufer andingen, solche waar niemands
dann ihm zu kaufen zu geben, reichsabsch. von 1512. IV. §. 17 ;
von 1530 §. 136 ; er dingt im an, das er die warbeit solt pre-
digen, seh. und ernst 434 ; er dingt dem tüfel an. Keisersr.
bilg. 38; Job. Denk bekent sein thorechten eifer, dingt sich
auch an, er wöll es nymmer thun. Frank cliron. 447'; wil
mich hiemit in cwer freundschaft cingeleibt und ewig zu
bleiben angedingt haben. Frank spr. l, 4'; er dingt die hoch-
zeit an, ehe er ein weih nimpt. 23; er dingete den arbei-
tern ein häuslein zu bawen an. Opitz Argenis 2, 418; das
schuldrecht wird allermaszcn mit . . . fürsprecher bitten (und)
andingen zum rechten gehallen. Kirchhof mil. disc. 257;
ohne seinen erlaubten und angedingten fürsprecher. Fronsp.
kriegsb. 3, 9';
dieweil man uns angedingt hat
zumahln die meus mit den ratten. AtrerT;
da sich einer mit viel vergeblichem gcplapper andingen nicht
getrawet. Ayber proc. 2, 12. über die bedeutungen des gericht-
lichen andingcns s. Oberlin }. 43.
ANDINGUNG, f. am andern rechfslag werden alle klag
und antwort verlesen und alsdann in der sachcn fortge-
schritten, halten sich durchaus mit andingung zum rechten,
wie vorgemeldt, vom ersten anfang des rechten. Kirchhof
mil. disc, 245. Oberlin 43.
ANDISCH, ominosus. Stieler 30. i. andig und anden.
ANDONNERN, invehi aspere, eigentlich fulmine ferire, wie
der alte donnergott die riesen andonnert: an das haus, die
thür andonnern, heftig anschlagen:
donnre jeden felsen an. Schübarts ged. 1, 45;
er gieng gerade auf die Schäferin zu und donnerte sie mit
einer entsetzlichen stimme an. Wieland 12, 208; sein ent-
schlusz überraschte diese guten leute so sehr, dasz sie eine
ziemliche weile wie angedonnert standen. 8, 321 ;
der arme llebling stand wie angedonnert da. 10, 255,
lat. attonitus, ahd. pidonaröt, bedonnert (Graff 5, 150). doch
das engl, astonishcd, franz. etonn^ scheint etwas anderes,
vgl. anstaunen.
ANDORN, m. marrubium, prasium, bei Nemnich auch sta-
chys, ballota nigra, galeopsis ladanum, leonurus marrubia-
strum, weil man das deutsche worl auf so veischiedne kräuter
anwandte, desto älter scheint es. die ahd. form (Graff 1,384)
blieb, wie bei ahorn, unverändert; nnl. andoren, schw. an-
dorn ;^ poln. bezzab {ohne zahn) , szanta , krzacina , böhm.
gablecnjk (apfelschimmel). andorn ist nicht zusammengesetzt
aus an und dorn, eher scheint orn ableitung, wie in ahorn;
wie wenns dem gleichdunkeln andern (fenster, äuge) verwandt
läge? Tabernaemontanus 927 sagt: das wasser, darin andorn
gesotten, heilt alle böse grindschüppen, flechten und zitter-
mäler, darum die junge kinder, welche den andorn und me-
gerei haben, sollen darin gebadet werden. meg«rei ist ma-
cies, was aber andorn für eine krankheil? ihr name musz
mit dem des heilenden krauts zusammenhängen, die obern
gipfel von dem weiszen marrubio oder andorn. Hobberg 1,
317'; stinkender andorn. Schnurr p. 228.
ANDORREN, torrere: ein leinen tüchlein in sawre hefen
tunken . . . und sol auch ein kolfewer anzünden, damit die
hefen hart andorren. Zechendorfer gebr. der rosz. Eger 1571.
2, 66.
ANDRANG, m. accursus, impetus, nnl. aandrang: der an-
drang des Volks vor dem beckerladen war so stark, dasz
wache geholt werden muste; andrang des bluts, congestio ;
stürmischer andrang des gegendruckes.
ANDRÄNGEN, prcmere, urgere: einen an die wand andrän-
gen; die hunde drängten sich schmeichelnd an; der lästige
mensch drängt sich auf den Spaziergängen immer an.
ANDRÄUEN, minari, comminari, üblicher androhen:
dasz ihn umsonst die wildesten gestalten
andräun, nein, ihm musz jede furcht verschwinden.
TiECK 1, 249.
ANDRECHSELN, tornando addere: das kleid sitzt, als wäre
es dir angedrechselt; ja, liesze sich das nur andrechseln!
ANDREHE, /". angesponnene, halbbesponnenc spindel, im
gegensatz zur vollgesponnenen {s. apper, apperich). Jägers
Ulm 551. 552. 634 : die frauen sollen täglich zwei andrehen
garn spinnen, s. anspinn.
ANDREHEN, torquere incipere, nnl. aandraajen, zumal fila,
garn andrehen ; etwas anspinnen, anzetteln, anstellen :
ich weisz nit, was er mit mir wolt andrehen.
fastn. sp. 544, 1 ;
so wolt wirs mit dem arzt andrehen. II. Sachs II. 4, 6* ;
seit sich aber sonst was andrehen,
da wird einer sein wunder sehen. Ayrer32*;
was aber kindisch angcdrchct ist und gesponnen, das hell
in nölcn wie ein bös armbrust. Mathesius 94'; er versuchte,
in zu mancherlei arbeit zu gebrauchen, wie er es aber an-
drehet, war doch alles an dem faulen Schelmen verloren.
Kirchhof wcndunm. 421; er weisz nicht wie ers andrehen soll;
einem eine nase an {das gesichl) drehen, ihm etwas auflnn-
den. sich andrehen, langsam heranschieben:
allmälich hub er an
sich näher anzudrehen. Bürger.
ANDRESCHEN, trüurare inciperc: rasch angedroschen, ihr
bursche !
ANDRIEFELN, was andrehen, vgl. antriffein:
ich dacht es wirl sich noch andrillen. II. Sachs I, 530*;
vil zenk und hadcr ich andriefcl: zerkierel. II. 4, 123';
ANDRIl.LEN, bei den webern, losgerissene faden wieder an-
drehen, drillen selbst scheint sich von drehen abzuleiten
s. drillen.
ANDRINGEN, inslare, ingmere, impetum faccre, anslür-
317
ANDRINGEN —A^NDUTEN
ANDWAL — ANEMPFINDERIN
318
men, nnl. aaDdiingen: immer ungestümer dringt die Qut an;
wir sahen den feind mit erneuter heftigkeit andringen;
der sommer dringet an, eh kaum der lenz dahin.
Weckherlix 7S2;
mit andringender denunerung. Felsenb. 1, 46 ; er war keines-
weges schmeichelnd und andringend, das machte mich sorg-
los. GöTHE 19, 105; das lebendige und andringende der er-
fahrung. Fichte sonnenkl. ber. 198; er hatte zu andringend
nachgesucht. J. Pacl jubeis. 72.
ANDRINGEN, n. incursus, impelus: übrigens widersteh ich al-
lem andringen der sogenannten groszen weit. Göthe an Knebel 75.
ANDRINGLICH, instans, tceniger als zudringlich und ein-
dringlich : auf alle weise suchte er den aufenlhalt seines
freundes, wenigstens über nacht zu erleichtern, indem er
verspann und relais auf morgen früh andringlich zusagte.
GöTHE 22, 43 ; wo nunmehr das theure pfand belindlich sei ?
wie ich mich denn auch hierüber an gedachtem orte an-
dringlich vernehmen liesz. 39, 316.
ANDRINGLICHKEIT, f. instantia, assiduilas : die wahie leb-
haftigkcit und Wahrheit und andringlichkeit. Herder 7, 29 ;
nun suchte der sänger seinen Vortrag einer solchen annähe-
rung zu bequemen, wo nicht blosz von einem allgemeinen
sehnsuchtston, sondern von heiterer, zierlicher andringlich-
keit eine glückliche Wirkung zu hoffen wäre. Gotue 22, 133 ;
der arzt wüste seinen roth unserm frauenzinimer so einleuch-
tend zu machen, dasz sie mir darüber unaufliörlich in den
obren lagen; ich versprach es um der andringlichkeit los zu
werden. Heoer niolkenkur 3, 125.
ANDRINGLING, m. qui se applicat aliis: ein vivat allen
selbständigen männern, ein pereat den andringlingen. Göthe
26, 163. engl, an iutruder.
ANDROHE.N, c<mtminaii, imminere: die gefahr droht jetzt
an; einem den tod andiohen; dem androhenden oder ange-
drohten streich ausweichen ; indessen sei es doch nicht un-
möglich, den zufallen, welche sie (die fee) dem prinzen an-
gedroht hat, auszuweichen. Wieland 12, 167 ; die Franzosen hat-
ten bei androhender gefahr sich zeitig vorgesehen. Güthe 30, 303.
ANDROHEN, «. comminatio: das vorübergehen eines Übels,
dessen androhen wir glücklich verschlafen hatten.
ANDROHUNG, f. oß im gerichtssiil: unter androhung schwe-
ren gefangnisses u. s. w.
ANDRUCK, m. buchdruckern, das andrucken, anschieszen
eines blatles oder Viertelbogens au den ganzen.
ANDRUCKEN, auf solche weise anschieszen ; aber auch eine
kleine scliriß hinten dem buche andrucken: angedruckte Ur-
kunden, briefe. R\BENER 3, 280.
ANDRUCKEN, apprimere, imprimere, nnl. aandrukken: das
bild der geliebten fest ans herz andrücken ; die waffe, den
Schild andrücken ; den leim, kalk der wand andrücken ; und
ich an diese wangen angedrückt sprach. Schiller 229 ; die
arkadische karthause, die ihr Strohdach an eine grüne mar-
morwand andrückte. J. Pacl Kampanerth. 12.
A.NDUDELN, anleicrn, ansingen : da kommen sie angcdudelt.
ANDÜFTEN, afflare: wie lieblich duften die blumen an;
die uns mit ätherischem zauber anduften. Tieck Stentb. 2, 114.
ANDUNKELN, tenebreseere, obfuscari.
ANDUNGEN, lenler stercorare:
i»t dann nun umb und an
so vieler felder griinU mit schwele! angedünget. OpiTt 1, 41.
ANDU.NSTE.N, anlaufen: die fcnster dünsten an, laufen
an; sind angedünstet.
ANDU.NSTU.NG, /■. : diese verschiedenen arten sind, inner-
halb der gewülbe selbst, theils durch andünstung, tbeils durch
anspritzung entstanden. Göthe 51, 21.
A.NDUFFEN, moUiler längere, patpare: die wangc leise
mit dem finger andupfcn; beide dupften fleiszig mit dem
hcrm Theodor an, aber keiner mit dem andern. Hebel, der
(nedensstißer s. 329. richtiger antupfen, was man sehe.
AMiUKCH, hierdurch: der konig reiste heint andurch ;
iidurch hoffe ich dich zu überzeugen, jetzt veraltet und steif
ANDUSSELN, leviter intonare, tertigine corripi, gleichsam
hd. anadujilön,- /or/ii/rfunj ro» anadio^n, mhd. anedie^en:
e kamen angedusselt, angeschwindelt, angesummt, halb in
gedankenlosem Schlummer, $. dusi>cl und dusscln.
ANDUTEN, cornu adflure: der hirl schlägt nach ihr (der
kuh), er peitscht sie, er dutet sie an. Göthe 39, 2S2. dulen
Üt ein nd. vort, altn. |)iola, sehw. tjuta, dän. tude, ahd.
diojan, mhd. diejcn, von dem das vorausgehende dusseln.
ANDWAL, m. celus, balaena, Hemscq 76. wal ist deut-
licfi (worfiber mehr vnter walfisch), was soll aber das vorge-
setzte and?
ANEBEN, juxta, pone, ahd. in eban, mhd. eneben, ags.
onefen: aneben der golden gravschaft von Diez. weistk. von
1449 (3, 503). s. neben.
ANECDOTENJÄGER, m. narrcUiunciüarum caplator:
wir sind emsig nachzuspüren,
wie die anecdotenjäger.
wer deia liebchen sei und ob du
Dicht auch habest viele schwäger. Göthe 5, 61.
ANEIFERN, incitare, anfeuern : sein beispiel eiferte die an-
dern Schüler an.
ANEIGNEN, propritim facere, zueignen, sich aneignen, sibi
vindicare: sie lieszen mich im augenblick gewähren, jedoch
mit stiller, nicht ganz verheimlichter hofnung, mich ihren
gesinnungen völlig anzueignen. Göthe 31, 40 ; ein vieljähriger
freund und angeeigneter. 32, 37 ; Wallraff, seiner yalerstadt
leidenschaftlich angeeignet. 43, 315.
ANEIGNUNG, f. sie muste sehen, wie diese sich dem
freund um den hals warf mit der wonne einer neu wieder
auflebenden zärtlichsten ancignung. Göthe 23, 147. die an-
eignungsbegierde. 50, 172.
ANEIN statt des folgenden aneinander, vie man auch inein,
aufein, mitein, widerein ßr ineinander, aufeinander, mitein-
ander, widereinander sagte:
sie {die beiden hunde) machen sich anein, und blecken ihre zahn.
Werders Ariost 2, 5.
nnl. ebenfalls aaneen und viel häufiger aaneeniiinden, aanecn-
ketenen u. s. w.
ANEINANDER, Schweiz, anenänd, eigentlich ein an den an-
dern, ursprünglich mit flexion des ander (gramm. 3, 83), um
das gr. aJJ.r^/.ois oder aXJ.rjXovs auszudrücken. Lcther schrieb
die praep. noch abgesondert: fünfe soltu an einander fügen
und sechse auch an einander. 2 Hos. 26, 9 ; drei jar an ein-
ander. 2 Sam. 21, 1; das ein igliche thür zwei blat hatte an
einander bangen in iren angeln, l kön. 6, 34 ; das die klösze
an einander kleben. Hiob 39, 38. eben so in seinen übrigen
schrißen und andere Zeitgenossen : wiewol aber wir beide (ich
und Carlstad) so hart an einander gesetzt haben. 3, 109 ; wo
ir . . an einander setzet und treffet. 3, 119 ; die meinung des
textes, wie er an einander hanget. 3, 38'; darmit ir an ein-
ander dringet. H. Sachs II. 4, 2*; zween und sibenzig tag an
einander. Frank icettb. 10' ; das geschieht drei tage an einan-
der. 132*; 33 tag und nacht an einander gegen nidergang.
220'. Die spätere zeit schreibt schwankend bald an einander,
bald aneinander, und braucht sie nicht mit dem rerbum zu
verknüpfen: an einander hängen oder aneinander hängen, die
tisch aneinander tragen (zusammeHstellen) Garg. 100'; wiewol
auch alles zusammengerückt wird: aneinanderhängen. ror dem
nomen kann es niclU unterbleiben: den aneinanderhang der
zeit. Bbockcs 7, 689; der aneinunderstosz der wagen; eine
ins unbedingte freie aneinanderfugung des nianigfaltigen. Fichte
nachg. werke 2, 411. besser das aneinander hängen, aneinan-
der sfoszen, aneinander fügen.
ANEIN.\NDERWEG, adv. continuo, in einer reihe, hinter-
einanderweg.
ANEKELN, lacdium, nauseam movere: es ekelt mich an;
die Sache begann alle leutc anzuckeln; die bücher ekeln
mich an. Göthe 16, 78; wie ekeln mich meine beschreibun-
gen an, wenn ich sie wieder lese! 16, 197; die Wiederholung
desselben thcmas ekelte mich bald an. 24, 2G6. falsch mit
persönlichem dativ: die Untersuchung der Wahrheit ekelt ih-
nen an. Claudius 7, 50. dann auch ßr fastidire, mit ekel
betrachten :
manch wcltUuges und nicht anekelndes fräuleia.
Voss 2, 13;>;
ist es denn möglich, den becher der freude so anzuekeln?
IV. wenn man eine spinne darin findet, warum nicht? Schil-
ler 700.
ANEKELUNG, f fastidium, eigentlich actus fastidiendi : trotz
allen Verkleinerungen und anekelungen; die anekelung sei-
ner eigenen eiistenz, aus der leerheit des gemütbs an em>
pfmdungen, zu denen es unaufhörlich strebt, ist ein höchst
widriges gefiihl. Kaxt 10, 151.
ANEMPFEHLEN, commendare, anbefehlen.
ANE.MPFINDERIN, f. sie (Mclina) war, wai ick mit «ioeia
319
ANER— ANERFINDEN
ANERFÜLLEN — ANFACHEN
320
Worte eine anempfmderin nennen möchte, sie wüste einem
freunde, um dessen achtung ilir zu thun war, mit einer be-
sonderen aufmerksamkeit zu schmeicheln, in seine idecn so
lange als möglich einzugehen, sobald sie aber ganz über ih-
ren horizont waren, mit exstase eine solche erscheinung auf-
zunehmen. GüTHE 18, 169.
ANEK, m. -anus, franz. -ain: Lutheraner, Hanoveraner;
Römer, dann Napolilaner,
Philosoph und doch kein ancr. GöTHE 2, 165;
golt griisz euch briiiler, siimtliche oner und aner,
bin weltbewühner, bin Weiinaraner. 4, 339.
für Kantianer sagt Göthe 50, 52 die kantischen, ianer, wo lat.
ianus nach ius : Kantius, Schellingius, da man doch halle Kan-
tus, Schellingus bilden sollen, folglich Kantaner, Schellinganer.
ANEKBE, m. hercs, heres ftroximus. Haltaus 24; hier niusz
insgemein der anerbe warten. Möseb patr. ph. 1, 96 ; das an-
erbenrecht an das gut gebührt vorzugsweise den söhnen, in
den weisthümern anerbe häufig der berechtigte markgenosse,
daher anerbe und waldsasse, anerve und waltgreve (2, 229.
490. 665. 780. 795). vgl. ganerbe und angeerbe.
ANERBE, n. praedium hereditarium, angecrbles gut. weisth.
2, 685 ; vielleicht eher als adj. aufzufassen, wie man auch an-
erbesucht für erbliche krankheil gesagt zu haben scheint.
ANEKBEN, hercditate competere, häufig aber auch innatum
esse, propagari, nnl. aanerven, mhd. guot daj an mich erbet,
das ™^^ anerbet (Ben. 1, 440') ; ein guet daj mich von miner
mueter an erbet. Chmel fontes 1, 243 a. 1290 ;
durch dine wipiiche art
diu von geburt an erbet dich. GA. 1, 221.
darumb so erbt es mich auch an. fastn. sp. 353, 4 ;
ein kiltel grob mich auch anerbt. H. Sacus II. 4, 1';
gesellt euch, stillt mit angeerbtem triebe
den durst nach küssen und nach wein.
Hagedorn 3, 100;
angeerbte vorurtheile. Rabener 1, 92 ; mir war von meinem
vater eine gewisse lehrhafte redscligkeit angeerbt. Götue 25,
365; angeerbte neigung zur forstcultur. 32, 227; mein eigen-
sinn ist angeerbt. Platen 230; angeerbte sünde, erbsünde;
wären diese geschicklichkeiten anerschaffen, so würden sie
auch anerben. Kant 4, 343; willkürliche handlungen können
nichts anerbendes bei sich führen. 4, 357 ; Ursachen von dem
was nothwendig anerbt und nachartet. 10, 32; das anerben
durch die Wirkung der einbildnngskraft schwangerer flauen.
10, 53. der nhd. dat. der person statt des organischen acc. ent-
sprang, wie in ähnlichen fällen, seitdem man die Wirkung der
praep. an nicht mehr erkannte: das erbt mir an, statt das erbt
mich an, erbt an mich.
ANERBIETEN, offcrre, erbieten, anbieten : die mich ancrbo-
tene bedienung. j)ers. rosenth. 1, 27 ;
wie der augapfel, des augs kind,
alsbald ein stosz sich anerbietet,
schnell wird mit zarler sorg behütet.
Wbckheriin 56;
die treue neigung eines redlichen gemülhs
genügt ihr und das stille loos
das ich mit dieser band ihr anerbiete.
Schiller 470.
Auch hier halte mhd. ein acc. der person neben dem der sache
statt: er bot si die herbergc an, dö bot in der wirt an sine
tohter (Ben. 1, 182') = nhd. er bot ihr die herberge an, da
bot ihm der wirt seine tochter an.
ANERBIETEN, n. oblatio. mit fernerm anerbieten. Simpl.
1, 447.
ANERBIETUNG, f. : die blutsfrcundschaft besteht in lauter
verlreulichkcit, jene aber (die geistliche freundschaß) in lauter
an- und ehrcrbielung, aber was ist das für eine anerbielung,
wann der gevatter des gcvatlers dich ist? Sciimei.zel s. 76;
der gehülfe nahm diese anerbietung freudig auf. Göthe 17,
289; glänzende anerbietungen machen und annehmen.
ANERBLICKEN, aspicere: der alte erblickte mich halb la-
chelend an. pcrs. rosenth. 6, 1.
ANERBOREN, innatus: die schielen und der hecht hoben
anerborne freundschaft zusammen. FonER fischb. 168".
ANP^RBÖTIG, paratus, sese offerens.
ANERBRECHT, n. jus hercdum. Moser 2, 222.
ANERBüNG, f. hereditas: die anerbung oder erbschaft der
well. Melanchthün hauptart. der h. schrijl. o.j.u.o. bl. 40.
ANERFINDEN, adinvenire: so konnte liako leicht der niy-
tholugie die allegorische bedeutung anerlinden. J. Paui. aeslh.
2, 26.
ANERFÜLLEN, implere, adimplere:
die brüst ward ancrrüllt mit tiefem sehnen. Tieck 2, 212.
ANERINNERN, admonere.
ANERINNERÜNG, f admonitio, recordatio:
die alten lad ich oft zu tische,
damit ihr anblick immerdar
an mein geliebtes eliernpaar
die aneriuneruDg, stets heilig mir, erfrische.
DÜRCER 109';
die anerinnerung der allen dunkelheit. 110*.
ANERKANNT, nolus, spectatus: ein mann von anerkannter
rcdlichkeit und tugend; ein anerkannter säufer.
ANERKENNEN, agiioscere, recognoscere, franz. reconnaitre :
die multer erkannte das kind als das ihrige an; das ganze
land erkannte den könig an; ich erkenne meine Unterschrift
nicht an. die heulige spräche, voraus der geschäßslente und
redner, pflegt das an als untrennbar zu behandeln und dem
sonst üblichen ich erkenne an ein ich anerkenne vorzuziehen:
M. das Schicksal!
Pr. anerkennst du seine macht? Göthe 33, 245;
den letztern anerkennt gar keine pflicht. Fichte franz. rev.
412; unser held, der damals noch nicht alle fahigkeit verlo-
ren hatte, eine superiorität auszer sich anzuerkennen, aner-
kannte die dieses gewaltigen geistes. Fichte Nicolais leben 22.
anerkennen, durch gerichtliches urtheil : so wurden Konradin
und sein anhang für rauher und rebellen anerkannt. Klinger
1, 358.
ANERKENNENSWERTH, spedabilis.
ANERKENNTNIS, f agnilio, apperceptio, fast approbatio:
die stillschweigende anerkenntnis der erbfolge ; da doch deine
lieben briefe, dein lieb wesen, kurz alles was von dir aus-
geht, mit der schönsten anerkenntnis müsle belohnt werden.
Bettine br. 1,220; dein eifcr, mir die verlangten gedichte zu
verschaffen, verdient anerkenntnis. 2, 89.
ANERKENNUNG, f dasselbe, gleiche anerkennung soll ihm
zu theil werden ; die ehre ist üuszere anerkennung unserer
Vorzüge.
ANERKÜHNEN, forlunam excipeie, es wagen. Stieler 1047.
ANERLE, n. acer campestre, minus, scheint Verkleinerung
von ahorn, wie sich auch agerle, maserle findet, kaum liegt
darin erle, eller, alnus, obgleich Adelung anerle weiblich ansetzt.
ANERSCHAFFEN, ingignere, verschieden von anschaffen pa-
rare : gott hat uns die seele, nicht die spräche anerschaffen ;
die anerschaffende natiir;
als er mit ihm noch lebte in anerschalTener Unschuld.
Klopst. Mess. 3,487,
der anerschaffenen Unschuld
und des göttlichen bjides beraubt. 5,200;
ihrer schöne beraubt, der anerschalTenen Unschuld. 5,212;
SO könnte mir ja wol der sattel anerschaffen sein, den mir
der wolthätige reiler auflegt. Lessing 1, 132.
ANERSTERBEN, morte obtingere, devolvi: wand wir im also
si gigebin habin, als e§ uns anerstorbin ist. Cumel fontes 1,
247 a. 1291; solch erbegut, daj mich von minen vatern anir-
storben ist; was sie danne davon anersterben möchte. Hal-
taus 25; des anerstorbenen reichs Sicilien beraubt. Fischart
biencnk. 128'. früher mit acc., heute mit dat. der person, wie
bei anerben. s. ansterben.
ANERWÄGEN, considerare. in der gerichtssprache zumal
das part. anerwogen, considerando geläufig.
ANERWÄGUNG , f. gemeinschaftliche anerwägung. Hippel
7, 111.
ANERWÜNSCHUNG, f mit anerwünsrhung eines frölichen
morgens. Ettners unw. doct. 28.
ANERZIEHEN, educando indere: wir haben angeborne und
anerzogene schwächen. Göthe 25, 164 ; wie sollen aber einem
Volke seine alltäglichen, anerzogenen thurheiten auffallen?
J. Paul bücherschau 2, 35.
ANETZEN, allicere, incitare. s. anätzen.
ANFÄCHELN, lenitrr afflare, ventulum facere: kühle luft
fächelte uns an ; du fächelst mich an wie der Westwind. Bet-
tine tageb. 40. s. das folgende.
ANFACHEN, afflare, incendere, refocillare, doch scheint die
bedeutung des blascns die ursprüngliche, wenn auch die dis
zündens nunmehr vorherseht, wie schon daraus folgt, dasz
anfächeln, duiTlifächeln und zufächeln, desgleichen fächer sich
blosz auf die wehende bewegung beziehen, das einfache verbum
fachen ist heute selten (s. fachen, fechen und fahcn), Hemscji,
321
ANFACHEN — ANFAHEN
ANFAHEN — ANFAHRT
322
Stieler, Frisch kennen weder fachen noch anfachen, wieicol
ihnen allen noch focher, focker, fucker blasebalg und fechel
{fächer), fecheln, erfecheln refrigerare bekannt sind. ahd. und
mhd. Kurde auch keins dieser wOrler bisher aufgefunden, die
vervandlen deutschen sprachen liefern nichts ähnliches, doch
muss der stamm uralt sein. Oberlix sp. ICSC führte ein mhd.
wehen incendere an, das aber nach ScnMELLERS Hadamar 494
in achen zu berichtigen ist. desto bedeutsamer erscheint die
einstimmung des lautverschobnen allst, pachati agitare (Mirlo-
sicn lex. 10"'), serb. paaü wehen, blasen, sloven. pabaü agi-
tare auram, pahljati fächeln, opahati anwehen, opahljaü an-
fachen, anfächeln, den nördlichen Slaven entgeht das wort,
(doch s. aufwcchcln.)
Zuerst bietet sich anfachen dar bei Lcther 1, 114': dieses
faclit mich auch un, das ablas gering zu achten, wenn es
hier incendit, impellit aussagt und nicht etwa tentavit, praet.
ron anfechten, im 18 jh. taucht es, nachdeni Hagedorx das
einfache fachen in gang gebracht halle, häufiger auf: dieses
gefühl fachte wieder einen funken von hofhung in seinem bu-
sen an. Wielasd 6, 95 ; von zeit zu zeit erhielt ein mann
von talent eine belohnung, welche die begierde der übrigen
-o heftig anfachte, dasz sich tausende zu tode arbeiteten. 7, 70;
die loäc Sklavin hilft des weisen lüslernheit
durcli listige gesch.-inigkeit
mit jedem augenblick lebharter anzurachea. 9,65;
ein wenig wassers nur
ihr leben wieder auzufachen. 23,38;
geneusz, geneusz der ruh, die dir entzogen
seit ich dies feuer angeraebt. lUaLER;
5 wäre so wichtig, behauptete sie, die fast erloschene be-
gierde neu zu sein wieder anzufachen. Klopst. 12, 93 ;
ein nOchiiger verdacht
auf leeren schein gestutzt, durch lügen angefacht.
Gotter 2, UM;
durch nichts zum leben angefacht. 1,220;
0 seiige Jugend, wie sie, lag und nacht
den ort zu ändern innigst angefacht,
durch wilden bergrisx höchst behaglich steigt.
GöTUB 3, 140;
er facht in meiner brüst ein wildes Teuer
nach jenem schönen bild geschäftig an. 12, 171;
illte ich früher mit dem stürme des grimmes di*^ flammen
anfachen und umhertreibcn? 8, 180; die treflichen blätter
dienten meine liebhabcrei anzufachen, ohne sie eben zu lei-
ten. 38,76; die wut zu fesseln, die sein undank in mir an-
facht Klingeb 2,187;
dann werden uns die pnrpurstreifen
Aurorens plötzlich angefacht. Platex 14.
die letzte stelle und die aus Faust meint deutlich entzünden,
die aus Egmonl hebt dagegen das wehende dement hervor, wir
tagen heule: die hofnung, gesundheif, den (leisz anfachen;
die kriegsdainme, den zorn zur flamme anfachen.
AiNF.VCHEN. im 15. 10 jh. zuweilen ftir anfahen.
AN'FADELN, filo appendere, anreihen : perlen, korallen an-
fadeln. figürlich, etwas anzetteln, anstißen, anstellen.
ANFADEME.N, dasselbe und richtiger, schon im salischen
geselz tit. 40 adfathamire (ed. Merkel rorr. s. vii. viii), wie
-die kinder die bulten (grundein, gobios? oder hagebutten ham-
butlen?) anfademen. Fischart Garg. 55'. vgl. abfädmen.
A.NFAHFLN, incipere, ahd. anafahan (Graff 3, 394. 395),
mhd. anc vdn fiib. 2096, 1. die ecke gen mittag sei anfahen.
4 Mos. 34, 3; wenn man anfehet mit der siehe! in der saal.
5 Mus. !6, 9 ; welcher anfehet zu streiten, rieht. 10, 18 ; und
er wird anfallen Israel zu erlösen. 1.3, 5; wer sol für uns
hinauf ziehen den streit anzufahen? 20, 18; ich wils anfahen
und volcnden. 1 Sam. 3, 12 ; da er das brot gegeben und ge-
sagt halle, das ist mein leib, fehel en ein newes mil dem
kelch an. Luther 3, 70;
»il w.iger wer, nit rohen an,
dan nach dem anfang doch absian. Brajit narrensck. 231 ;
man wolt anfahen essen, seh. und ernsHO. im praet. und pari,
tagt Luther itels anfleng, angefangen, nie anlie und angefahen,
impraes. nie anfangen. diserNiinroth fehet nii da-; baltylonischc
reich oder kei>erthuinh an. Matiiesics 82' ; miisi er in Ji-n reiten
anfahen zn werken. Wiciram ro//». 16' ; was sid ich fiihen an?
P. Rerhu!« klag des arm. manns s. 1 ; dasz es anfalle riechen
I Mnd sieden. Paracelscs l, t058'; welcher maszen der versperrt
iirin sich im glase anfahe setzen. Tiicmf.isser prob, der har-
nen, bl. 35; wo nun du anfahen würken will mit der band.
Brauxschweig Chirurg. 1539 bl. 21; ein sollichs res lasz all
morgen anfahen mit dem tag waiden. Secter rosarzn. s. 23;
schau das du es anfechst mit heil. Scumelzl Saul 20*. die
meisten dieser stellen lassen das zu vor dem in/, weg. Dies
anfahen blieb zwar noch im 17 jh. gebräuchlidi und Stieler
393 verzeichnet folgende redcnsarlen: die reben fahen an zu
grünen, es kann niemand zu früh anfahen zu lernen, wer
viel anfuhct, richtet wenig aus, er fähet das lied gar zu hoch
an. doch allmälich drang auch anfangen in das praesens vor,
und gleich dem einfachen fahen und empfahen ist anfahen
nur noch der höheren dichtersprache gestattet. Im 16 jh. er-
scheint anfallen auch noch sinnlicher ßr anfassen, angreifen,
capere: so hat min herr von Einsidlen recht hin anfachen
und mag suchen und anfachen . . . alles was er wil. weislh.
1, 149 ; so lasz ich das ros laufen und wollte es mein gesind-
lein nicht anfahen lassen. Schweixiche.n 2, 90 ; wer zu klagen
hab, der fahs an. fasln, sp. 769, 16. gleidibedeulig mit anfallen
(anfangen) sind anheben und beginnen und alle drei von
sinnlicher aber verschiedner handlung abzuleiten, über die wür-
zet von anfahen s. fahen.
ANFAHER, m. nuctor, Urheber: Julius Caesar war anfaher
der römischen monarchie. Beisz.ner Jerus. 2,151*.
ANFAHHBAR, quod advehi polest.
ANFAHREN, advehi curru vel navi, nnl. aanvaren: wir fuh-
ren an (das Ihor, das ufer); kamen in das land Genesaretli
und fuhren an. Marc. 6, 53 ; die stad loppe, da man itzt an-
feret, wenn man zu lerusalem feret. Ldther 3,200';
Sirene, kom her, du werther Griech, kom her,
wie wollest du nicht hie anfahren?
Weckherlin 493;
die baronessin Quant mit schönen blonden haaren
kam von dem ritlergut mit sechsen angefahren. Zachariä;
a6er oucA ron dem fahrzeug selbst: heute, nach einer über-
aus glücklichen reise, fuhr das schif an (das land); Philine,
die auf jedes pferd, das vorbei kam, auf jeden wagen, der
anfuhr, äuszerst aufmerksam war. Götoe IS, 174 ; die axt fuhr
an die wand an. bergmännisch : anfahren, in den Schacht zur
arbeil; anfahren auf den augenschein. transitiv: der kutscher
fährt den wagen an, hat an (einen stein) gefahren, angesloszen,
offendit ; aber da haben sie angefaren und geiiTt. Melaxciith.
hauplartikel bl. 19 ; da sind wir schön angefahren [vgl. anfüh-
ren; holz und steine anfahren, advehere. figürlidi , einen
anfahren, adoriri, aggredi: er (der löwe) fart si an, fällt,
greiß sie an. Keisersb. geistl. löwe 50*; das mir gleich ein
genshaut anfur. H. Sachs I, 501' ; fuhren sie die kaufleut mit
solchem ungestüme an. Wicrram ro//ir. 44 ; nun wolan, so
fahr er an! Garg. 212";
indessen dasz der Mars bei zweimal sieben jähren -
annoch nicht grausam satt berennt und angefahren
mein werthe» Vaterland. FLRat.iG 70;
beuge meinen nacken keinem, der mich anrührt. Fr. HOller
3, 266. zumal einen mit worlen, schimpfreden anfahren, in-
vehi, verbis lacessere: und Petrus nahm ihn zn sich, fuhr ihn
an und sprach. Matth. 16, 22; die jünger aber fuhren sie an,
increpabant eos. 19, 13; ob sie aber Christus wol eben hart
anferet. Mathesius 5";
dann nur mit worten fuhrs in an. Atrcr 29';
ich fahre keine wittb mit rauben worten an.
Grtphics 1, 376;
ein frommer greis
ward jüngst von ihm sehr höhnisch angefahren.
liACED6R<l;
doch Gutmann sprang so heftig auT
und fuhr ihn drohend an. Göthe 47,86;
noch einmal fuhr ich den alten Guelfo an, schleuderte die
last des künftigen Schicksals seines hauses in sein gewissen.
Klixcer I, 57: holla, herr slaatsrath, was fahrt ihr mich so
an? TiECK 1,48; Kolb Hihrt natürlich fort und fahrt mich an.
J. Paul Sieben^-. 1, tot. einen anfahren, perrenire ad aliquem:
denn diese sclirift hab ich eilend abgefertigt, das nicht c. k.
f. g. belriibnis anfürc von dem gehöre meiner zukunfl. Ld-
ther 2, so*, br. 2, 141.
ANFAHRT, f. advedio, appulsus: die anfahrt des wagcns, des
scliifl'es, der steine, der ort des anfahrens, der hafen : Alkeir,
das köstlich gewertihaus, anfart und port in Eg>plen. Frash
ire//6. 14*; ein örtchen am nördlichi-n ende des sees, und ist
ein kleiner hafen oder vielmehr anfahrt daselbst. Götiie 27, 40.
frither hiesx anvart, ahd. anafart auch irruplio, »9/. anfertigen.
21
323
ANFAHRUNG — ANFALLEN
ANFÄLLEN — ANFANG
324
ANFAHRUNG, f. advectio, inveclio , increpatio: obgleich
meine Fragmente blosz materialien sind, so musz man doch
auch die anfahrung derselben zu vollenden suchen. Herder
1, 133; dasz es genug sei an der anfarung oder «ortlichen
straf. Melanchth. hauplart. hl. 42.
ANFALL, m. nnl. aanval, in mehrfachem sinn,
1) incursio, impelus, des feindes, der krankheil : die feslung
hatte zwei heftige anfalle auszuhalten; als nun Straszburg
und andere stell vil anfals erlitten. Frank wellb. 36' ; in diese
reis durcii die wüste hat man ser vil anfals von den Ara-
biern. 185"; sprach, wie bald und geschwinde thue ich einen
anfall. Soltau volksl. 408 ; nun erfolgte ein raubanfall ;
verschanzung, zug, anfali, Scharmützel, stürm imd sclilaclilcn.
Weckuerli.s 61.5;
dasz sie einen anfall auf diese unbewehrte leule gelhan.
Weise kl. leule 211;
also sporneten beide die seligen göttcr zum nnFall.
BiJBGEK 230';
der anfall, den das Weltmeer gegen die küslen thul. Kant
8,212; die fläche, die das feste land dem anfalle des wassers
darbietet, das.; ernsthafte und entscheidende anfülle auf ihr
herz thun. Wieland 3,284; anfalle von lugend, vorübergehend
wie ein ßeberschauer ; einen anfall von dem steine, von dem
podagra haben; anfall von wut, anfall von heiraten. Lessing
1, 346 ; im anfall böser stunde, übler laune. Gotter 1, 452.
2) devolulio heredilatis, sors hereditaria, ebenso bvhm. nä-
pad: wer umb erblich gut oder anfeile klagen wil. ueislh.
3, 580 ; du wirst weder theil noch anfall (y).rjoos) haben an
diesem wort, apostelg. 8, 21 ; das der verkeufcr oder hand-
tierer darauf behelt den anfall und Zuspruch, das, so der be-
sitzer stirbt, das leben frei wider heim sterbe dem, der es
Yorhin verkauft, verliehen oder verlassen hat. Luther 1, 290* ;
euch Sprech ich zu so manches schöne land,
zugleich das hohe recht, euch nach gelegeiiheiten
durch anfall, kauf und tausch ins weile zn verbreiten.
GöTUE 41, 291.
3) anfall heiszt Vogelstellern der ort, wo sich vügel gern nie-
derlassen, auf den sie vom flug niederfallen, dickicht, verhau,
wo der vogel seinen anfall hat. Döbel 2, 207'; auf diesem
bogen ist ein guter anfall, die vögel kommen gern in hatifen
dahin.
ANFALLEN, nnl. aanvallen, tviedcrum
1) incidere, aggredi, irrnere, inyruere: der hund fällt alle
leute an; der feind hat das land angefallen; feslung mit
stürmender band anfallen. Kirchhof mil. disc. ISO; saget,
dasz derselbe mit seinen Herulern die Stadt Parmam ange-
fallen. MiCRALius a. P. 1,103;
sie fallen auf mich an, ein jeder ist behend,
je mehr leids er mir thul, je gröszcrn dank zu haben.
Weckherlin 9t ;
anfallen wir jenen,
stark wie er ist. Stolberg 15, 210;
was fallt mich an? cnizückung oder schmerzen? Göthe.
galt im \6 jh. häufig vom anbrach, ausbrach des welters, desfeuers,
der kälte, des tags und der nacht: seither man der Christen
im land los wer worden, hell man ruw und glück, und wer
gleich schön weiter angefallen (eingefallen). Frank verbitschiert
buch 1550. i/. 218'; das feucr fallt ein haus an, ahd. daj fiur
fiel sie ana ; und wirt seilen von gehcr anfallender kell we-
gen alda ein fruchl recht zeitig, weltb. 86'; also das bei in
anfallet zu lagen, so bei uns die sunn nider gel, die nacht
anfeil und anbricht. 211'; da fiel ein solcher hiinger an, das
ellich hungers stürben. 223*; als aber einsmals ein tag käl-
ter, dann sonst gemeinlich, angefallen, qunm incidissct frigi-
dior solilo dies. Fronsperg 3, 232'; als der tag angefallen,
prima luce. 3,251'; wie nu die nacht angefallen war. 3,278".
nicht anders mhd. schiere viel dö diu naht an, oder gie an,
gie zun (vgl. angehn). und von anfallenden krankhcitcn,
schmerzen, gedanken:
diesen fiel ein ficher an. Geliert 1,67;
sie war von köpf- und augenschmerzen angefallen. J. Paul
Hesp. 3, 27 ; erst als der gesang ihnen völlig verhallte, fielen
die schmerzen, die belrachtungen, die gedanken, die neugierde
sie mit aller gewalt an. Göthe 20, 25S; von tausend emplin-
dungen angefallen, die ich bisher gar nicht kannte. Tuxk 6,
312; ein leidendes thier wird, wenn der schmerz dasselbe
anfällt, ebensowol wimmern und ächzen als der held Philo-
ktet. Herder.
2) devolvi, fürstenthum, land, gut ist ihm angefallen; den
angefallenen thron annehmen ; dem erben fällt das vermögen
an. mhd. aber mit acc. der person: erbe, den da; guot ane
vellet. so in der gewalt und das regiment anfeilt. Keisersb,
posl. 2, 117 ; das gütchen verkaufte er, weil er sah, dasz ihn eine
grosze haushaltung anfallen wolle, arme mann im Tockenburg 14.
3) niederlassen der vögel: die vögel fallen hier gern an,
fliegen haufenweise nieder, ohne zweifei eine sehr alte weise
zu reden.
ANFÄLLIG, contagiostis : dann pcstis wird im leibe des
menschen geheckt vom geslirn und auch ohne das geslirn,
dann es ist anfeilig gift, welches arbeit, gleich zu verstehen,
wie ein toller hund einen gesunden hund durch Verletzung
auch toll macht. Paracelsus 1, 336'; anfälliger krebs. Opitz
Arg. 1,151; anfällige seuchc. 1, 223; denn weil das mensch-
liche gemüthe nicht weniger zu neuen irthümern, als alle
schweren dinge den hang gegen die erde hätten, wäre die
ketzerei anfälliger als die pest. Lohenst. Arm. 2, 529; eine
lasterhafte gesellschaft sei anfälliger als aussatz und pestilenz.
2, 1539. heute ungebräuchlich, man sagt auch anfällige guter,
bona caduca, für angefallene: die land sind dir erblich, an-
fcllig und zustendig. Fiscuart. das nnl. aanvallig bedeutet ge-
fällig, angenehm.
ANFÄLLIGKEIT, f. contagium. Lohenst. Arm. 2, 790.
ANF.\LSCHEN, adulterare, fremdartigen zusalz geben.
ANFALZEN, applicare, anheften, anbinden.
ANFANG, m. principium, initium, nnl. aanvang. anfang und
beginn, anbeginn drücken dasselbe aus, so verschieden die
sinnliche Vorstellung der Wörter anfangeh und beginnen war,
dcj- hochdeutschen mundart ist anfang, der niederdeutschen be-
ginn zusagender, Luther hebt das alte tesl. aii mit am an-
fang, das ev. Joh. mit im anfang, auch dort wäre im anfang,
das mehrere ausgaben haben, vorzuziehen, die niederländische
bibel gewährt beidemal in den beginne, die schwedische beide-
mal i bcgynnelsen, dän. i begyndelsen. ob Ulfilas in beiden
stellen, die uns bei ihm entgchn, schrieb in anastodeinai oder
in frumistin, steht dahin. Luther verwendet auch sonst in der
bibel niemals beginn, einigemal anbeginn, meistentheils anfang.
Anfang bezeichnet nun das erste (goth. frumistö) der zeit,
dem orte, dem geschehenden nach: der anfang (eingang, ini-
tium) des Jahres, frühlings, sommers, winters, monates, wäh-
retid es vom tag lieber anbruch, von der nacht einbruch heiszt;
im anfang, da das grumet aufgieng. Amos 7, l; anfang der
weit; die anfange (ao/ni, elementa) der nalur. der verzucket
Pasquinus, 1543 8*. C. der anfang des berges, thales, weges,
Waldes, feldes. der anfang des krieges, kampfes, spieles;
überall entgegenstehend dem ende und ausgang.
Wie ende pflegt unsere spräche anfang gern hinler den ab-
hängigen gen. zu stellen: seines leidcns ein ende. Luther 3,
540'; höret der red ein ende. Uhland volksl. 247. 261; der
well ein ende (vgl. Haupts zeilschr. 2, 275) ; die furcht des
herrn ist der Weisheit anfang. ps. 111,10. spr. Sal. 4,7. 9,10;
das ist der noih anfang. Marc. 13, 8; wer soll nun des Ver-
trauens anfang machen? Schiller;
machten ihr lieb ein aiierang. Fl. Sachs 1, 163*;
so ist lieb leides anefang. I, 164*;
das war ircr lieb aucfang. H. 4, 30*.
Wie bei anfangen und beginnen, schwanken auch bei anfang
machen die praepositionen mit, zu, bei, von : der anfang soll
mit dir gemacht werden ; den anfang zu ihrer andacht und
gebet machen, pers. rosenth. 1, 6; es kann ebenso gen. und
dat. stehn: des dings einen anfang machen ; diesem furscblag
ein anfang machen. Avrer proc. 3, l.
der anfang seh auT den ausgang,
der ausgang macht gut den aiinuig. I.ogau 1, 7, 100;
das letzte von der hiizc gibt anfang auf den frost,
den anfang auT das trauren das letzte von der last. 1, 10, Ol.
aus geringen anfangen gehn oft grosze dinge lienor; der an-
fang ist an allen suchen schwer. Göthe 11,351; aller anfang
ist heiter, die schwelle ist der platz der crwartnng. 20, 125;
aller anfang ist schwer, das mag in einem gewissen sinne
wahr sein, allgemeiner aber kann man sagen, aller anfang
ist leicht. 21, 5o; aller anfang ist schwer, am schwersten der
anfang der Wirtschaft. 40, 252. dasz man die anfange nicht
ohne noth vervielfälligen müsse (entia praeter nccessitatem
nun esse mulliplicanda). Kant li, 497.
..^.
325
ANFANGEN
ANFANGEN — ANTÄNGER
326
Adcerbia: initio anfangs, im anfang, am anfang, zu anfang;
wie am anfang. Schiller 5S9. ab initio, Ton anfang, Ton an-
fang an. mit dem gen. anfangs bilden sich auch uneigentliche
Zusammensetzungen irie anfungsgriinde, anfangssilbe, anfangs-
zeit, anfangswort, deren aufzählung unnütz wäre.
ANTA>"GE.\ incipere, nnl. aanvangen, früher anfahen, und
ursprünglich an etwas fallen (capere), greifen, fassen, also an-
greifen, anfassen, anpacken, anrühren, wie sich zumal aus
dem anfangen der tbiere bei der vindication ergibt, der vin-
dicierende muste schwörend das vieh mit band und fusz an-
faben, anfassen, tTiTTcof äxpnusroi ofivvd'i. IL 23, 5s4 vgl.
RA. 5S9. wer zu wallen beginnt, der ao/(oi; faszt den Zü-
gel seiner gewalt, wer anhebt zu reden, ergreiß das wort,
wer zu essen anfängt, faszt an die speise. Schmerer deutung
scheint wol das it. cominciarc, sp. conieniar, port. comcfar, prov.
comensar, franz. commencer, das sich kaum von iniliare, in-
choare, eher noch ton incipere {walach. ncep, encep) ableitet,
$0 auffällig das vorstehende com bliebe, doch -ensar, -encer
führt wie scmenza, semensa, semcnce auf sementis gebiete-
risch hin auf tommentare, commenlari, dessen bedeutung in-
venire, excogitare sich dem beginnen nähert.
In unsertn anfangen erscheint die partikel ungewöhnlich los
und lebhaß beweglich {qegensatz zu jenem anerkennen): er
fängt an zu sprecben, fängt zu sprechen an, anfangt er zu
sprechen, an zu sprechen fangt er;
soll ich Tielleicbt schon an zu lachen Taneon?
Gellem 3, 330.
wenn man mit kindern an zu Ternünrieln Hingt.
C. F Weisze r
fängt seine flnger an zu zählen. Wielaxd 10, 320 ;
da man selbst freundschaftliche briefe an zu roisbrauchen
^gt. 112;
als der knabe
leitern an zu kritzeln längt. Göthe 4, 108;
kaum aber bat er den ersten schlag mit dem hammer ge-
than, als ein hund, der in einem winkel des zimmers gele-
gen und den sie nicht wahrgenommen, aufspringt und an zu
bellen fdngt. Lessing 4, 423; sobald aber jener wieder mit
dem hammer an zu schlagen fangt. 4, 424 ; wo man narren-
weis an hat gefangen, fastn. sp. '29, 29 ;
die frauw zu veainen anefleng. H. Sachs f, 624" ;
abo fieng wir erst zu leben an.
SCHWARZEXBERG löl' ;
diese wortlrennung, welche Aoellmc stall sie zu tadeln halle
rühtnen sollen, findet sich nicht bei Llther, der immer sagt:
seine mutter fieng an zu weinen. Tob. 5, 25; fieng laut an
zu schreien. Sus. 24 ; niemals : fieng zu weinen, zu schreien
an. Selten wird das zu weggelassen: ich lieng an lachen,
rirfere coepi. THUll^ElssER archidoxa, bl. 6.
Bioszes anfangen für sich, ohne beigefügtes zu reden oder
die rede, kann schon ausdrücken loi]ui eoepit: einer unter des
kcinigs rätben fieng an, diesen menschen habe ich zu Reszra
(-•eschen, pers. roseiUh. 1, 35; und ebenso wird auch bioszes
liegann verwendet, tat. maximus Ilioneus placido sie pcctore
eoepit. ViRc. i4en. 1, 521; pro vallo castrorum ita eoepit. Tag.
hisl. 1, 16. häufig sieht aber auch statt des inf. ein angereih-
tes und: er fieng an und sagte = fieng an zu sagen; Noah
.iber fieng an und ward ein ackennann. \ Mos. 9,20; und er
ti.-ng an und sprach, öan. 2, 15. 2, 20; Bellsazer Hen^ an und
-prdcji. Hnn. 4, 16 ; und sie ficnpen an und baten ihn, »;ofrtiTO
Tta^axn'/.eir. Marc. 5, 17 ; da fieng er an und saget, f,o^nro
Uyeiv. Imc. 11,20; niemand war voriiereitet, jedermann über-
rnsrbt, bis endlich ein junger oflicier anfieng und sagte. Göthe
17.99; ich fange an und tnnke = fange zu Irinken an.
Statt des abgezognen anbebens empfingt aber, und das wird
der ron commencer gegebnen erklärung zu statten kommen, das
irrbtim den sinn machinari, excogitare. intenire, der dann in bio-
szes agrre, faccre, übertreten kann : und das fehet herzog George
lUt fein an {hat er sich fein auserdaeht). Lcther 6, 16*; das
l>ucli in einen unbedingten schütz zu nehmen, darauf war es
utn mir gar nicht angefangen. Lr.ssnc; es war auf sein ver-
derben angefangen; fängst dus so an? das fehlte noch. fiöTnE
<>. no; doch wüste ich nicht, wie ich es anfangen sollte, sie
in so kurzf-r zeit, in solcher folge zur spraciie zu bringen.
17, 27!) : was fauRen wir nun an? sagte Philine. indem sich
alle auf die biinke niedergelassen hatten, is, f-O; das kind,
das erschrocken und reriegen schien, als man ihm schon von
weitem zurief: was hast du angefangen! 20,294; in der mitte
bleibt das problcm liegen, unerforscblich Tielleicht, vielleicht
auch zugänglich, wenn man es darnach anfängt. 22, ISO ; es
ist bekannt, dasz die menschen, sobald es ihnen einigermaszen
wol und nach ihrem sinne geht, alsobald nicht wissen was
sie vor übermutb anfangen sollen. 23, lOS ; auf die art, wie
man es angefangen [angestellt) hat. Kant S, 66 ; lasset uns
sehen, wie er es angefangen hat zu beweisen. 8, 129. es hoch
anfangen {beim gesang). Garg. 79', in hohem ton anheben,
anstimmen, eine sache zu hoch anfangen.
Bei anfangen finden sich die praepositionen an, ton, mit
und auf: so müste ie der anfang angefangen haben an der
nacht. Lltueb 4, 4*; sie fiengen an an alten leuten. Ezech.
9, 0 ; wir wollen vom schönen anfangen. Wieland 1, 147 ; der
markis schien verlegen zu sein, was er mit mir anfangen
sollte. 12, 116; geehrt und in die höhe getragen von einer
menge, mit der nichts anzufangen ist. Göthe S, 23S. es auf
etwas anfangen heiszt es auf ein bestimmtes ziel hin unter-
nehmen, es darauf anlegen:
nur weich darauf zu sitzen,
zu sorgen nicht, zu |)rangen
daraurisfs angefangen. Logac;
Petulca war jüngst hin von ihrem mann entgangen,
sprach, denkt ein wenig nach, worauf es aneefangen:
ein acker ist das weilt, der mann der ist der bäum,
wann dieser wuczelt nicht, was soll ihm dann sein räum? 1,S,93;
obs wahr sei, was er sagt, drauf mag ein andrer fragen,
er längt es drauf nicht an, er wil nur dieses sagen,
was anmut gibt und gunst. 3, 215.
Endlich intransitives anfangen. Kant bemerkt, ziemlich unge-
nieszbar, 2, 365: das wort anfangen wird in zwiefacher be-
deutung genommen, die erste ist activ, da die Ursache eine
reihe von zuständen als ihre Wirkung anfangt {infit), die zweite
passiv, da die causalität in der Ursache selbst anhebt, auch
die lat. eoepit und incipit stehen passiv gleich dem gotk. ana-
slödei}) oder ustauli, explicit, oder unserm fangt an, hebt an,
beginnt {gramm. 4, 54): ver esse coeperat, sed cum rosam
videral tum ver incipere arbilrabatur ; der lenz ßngt an, bat
angefangen, man darf in gedanken ergänzen, zu erscheinen,
einzutreten, irie bei fieng an, wenn es redete ausdrückt, zu
reden, eoepit loqui. ein anfangender leser ist der das buch zu
lesen beginnt; die kinder aus langervveile fiengen erst unartig
an, und aus Ungeduld wurden sie unerträglich. Göthe 23, 133.
Der intransitive sinn wird aber auch durch den reflexiven
erreicht, sich anfangen = incipi : wie dasz rotten und zweiung
sich sollen auch unter euch anfahen. Llthers hr. 3, 4 ; zur
selbigen zeit fangen sich die zäne an berausz tbun. Uiten-
BACH roszbuch 2, 5; in der läge, worin unsrc bekanntschaft
mit ihm sich anfängt. Wieland 1,26; das ist das letzte was
sich so anfängt. 27, 257 ; so fieng sich meine abneigung gegen
das kloster an. Gotter 3, 35 ;
wie solch ein nüizlicher roman
lieng eure liebe sich einst an. 1, 44.
iH dieseti stellen allen könnte das sich auch unterbleiben.
AISF.XiNGEN, .\NFENGEN, irie neben ahd. anafahan eiH
schwaches anafangian, anafengau (Graff 3, 414), musz auch
ein von anfahen und anfangen verschiednes anfengen behaup-
tet werden, das zumal im gcrichtsgebrauch erscheint: swer den
andern anvengen wil umbe sin erb oder uiulie sin eigen, da;
sol er tun in demselben teiding. weisth. 3,666; dannocht sol
die witib oder die erben enpfahen und nnvengeo, als recht
i<t. 3,735. rtfl. anvengen «nd fengen tri Schneller 1,539. 542.
ANFÄNGER, m. inceptor, auctor, machinator, urheiter, nnl.
aanvanger: lasset uns aufsehen auf Jcsum, den anfanger und
Vollender des glauben«. Hebr. 12, i; Christus, ein Ursprung
und anfenger des lebens oder der auferstebung. Llther 6,
234'; und bat die anRinger der aufnir gestraft. ^IlEiszNERJrruj.
2,94*; nun wisset ihr gemeinlich alsammen, dasz ich ein an-
fUnger in dein anschlag gewesen bin. Galmtj 12!». Stieler 39fi
bat noch anfhnger eines buchs für den Verfasser, heule ist
diese, an sich richtige bedeutung veraltet und wir verwenden an-
fänger fast nur im sinne von tyro, lehrling : er ist noch
ein anninger in der kunst der Verstellung; die form des
tiucbes war für den anfänger nicht so günstig, dasz er sich
selbst lintle aushelfen können. Göthe 21. 230; sieh doch ob
du nicht etliche leichlc anfängerstückchcn fürs clavier be-
kommst. Mfrch briefs. 1.51. doch FiriiTK noch: sittliches ge-
sell, das nicht ist, sondern nur durch den absoluten anßinger
des seins den willen werden soll, slaatsl. 24.
21*
327
ANFÄNGERIN — ANFAUCHZEN
ANFAULEN — ANFECHTEN
328
^ ANFÄNGERIN, f. sie ist noch eine anfangerin.
ANFÄNGIG, incipiens, initio apparens: die anfängigen ha-
ben das zergehen in ihnen. Pabacelsus 2, 14'.
ANFÄNGLICH, primilivus, nnl. aanvankelijk : um sie her
bewegt sicli ein kreislauf von handarheitenden im reinsten
anfanglichsten sinne. Göthe 21, 121.
ANFÄNGLICH, adv. initio, primitus:
als unser valter Abraham
anfangklich goiies ehe annam. ScHWARZENnERG 156, 1 ;
der kaiser recht in manchem buch
anlängklich hei den haiden such. 157, 1 ;
dasz man ein nützlich ding, ob es einem anfänglich schon
ein wenig beschwerung machet, nicht soll hinwegwerfen. Lok-
man fab. 19 ; ein knahe gieng cinsmals heuschrecken zu grei-
fen, ersähe auch ohngefehr einen scorpion und mcinetc an-
ränglich, es wäre auch eine grosze heuschrecke. fab. 27; mein
führer warnte mich anfänglich. Rabener 2, lOG. heule ist an-
fangs üblicher.
ANFANGS, adv. initio, in fronte, früher noch mit einem
von der subslanliveigenschaß abhängenden gen. : anfangs des
Schwanzes (rorncn am schwänz) sol er einen schwarzen flecken
haben. Forer ßschb. 27' ;
dnnimb befleisz man sich der lugend
in alln standen, anfangs der Jugend. Ayrer370*;
anfangs raais schreiben einige noch heute, gewöhnlich heiszt es
anfangs mai. aber dies alles sind die geringste gründe meines
Verdachts, die wichtigsten sind diese, anfangs (d'abord) dasz , . .
und iiernach dasz . . Lessinc 6, .318 ; von anfangs (ab initio).
LuMENST. Arm. 2, 815. ganz veraltet ist für anfangs: auf wel-
ches insonderheit für anfangs [für den anfang) wargenommen
sol werden. Fkonsp. Icricgsb. 1, 163".
ANFANGSBUCHSTAREN, litcrae initiales.
ANFANGSLOS, initio carcns: die anfangslose dauer. IIai.-
ler CO.
ANFANZ, m. frans, dolus. Obermn s. 44 zieht aus einer
hs. von fabeln, aber nicht den bonerschen, sondern späteren:
nun lieller ein gesellen gut
und gern erkanl sinen mut,
und ob sin frundscliart werc ganz
gegen ime und on anfanz.
dies wort hat seine richligkeit, wie aus dem ahd. anavenzön
cavillari (Graff 3, 518) erhellt, s. alefanz. ein verbum an-
fenzen ist gleichfalls zu folgern.
ANFÄRBEN, colorare, tingere, illuminieren: mit einem gro-
szcn Strome blutes das ganze gewässer anfärbete. Loiienst. yln».
1,250; mit der feder sehr sauber gezeichnet, ausgetuscht und
angefärbt. Göthe 4, 184 ;' ich liesz manches abzeichnen, anfär-
ben, in kupfer stechen. 58,151; Schoppe besah mit sichtba-
rem wolhehagen Albanos gereifte gestalt: du hast dich recht
gut gestreckt und angefärbt. J. Paul Tit. 5, 108. den wein
anfärben, an fälschen; angefärbter pelz.
ANF'ASSEN, capessere, contrcctare, prehenderc, nnl. aan-
vatten, an einen, an etwas mit der hand, mit den fingern,
Zähnen fassen : ich fasztc ihre hand an, ergrif mit meiner
ihre hand; was er einmal anfaszt, hält er fest; den zügel,
den pflüg anfassen; tüchtig, gewaltsam anfassen;
die uns in (luch und hassen
stets pdcgten anzulassen. Opitz 4, 354.
der rettende faszt an und klügelt nicht. Göthe 9, 833;
wir Tassen ein gesciz begierig an,
das unsrer leidenschaCt zur walTc dient. 9, 78;
mich Taszt ein längst entwöhnter schauer,
der menschhcit ganzer Jammer faszt mich an. 12, 137;
dasz er alles, was in einer geistreichen gesellschaft seit ge-
raumer zeit verhandelt worden, anzufassen, zu merken und
in seiner bekannten manier wol darzustellen vermociite. 20,
307; dieser enthusiastische Unwille hatte ihn mit angefaszt.
TiECK Sternb. 2, 309 ; sclion beim halben oder achtelsworte
den ganzen gedanken anfassen. J. Paui, dämmerungen 37 ; vgl.
ahd. gidank faj^ön deliberare. perlen anfassen, an die schnür
fassen, reihen, s. fassen, einfassen.
ANFASSEN, n. attactus: am sonderbarsten ist uns vorge-
kommen, dasz H. S. das anfassen der landsleutc in der
fremde auf rechnung der Vaterlandsliebe schreibt, da das
doch grad dagegen deponieren könnte. Götiik 33, HO.
ANFAUCHEN, afßarc, assibilarc, von thieren, uic katzen,
$chwdnen, die sich damit gegen den angreifer wehren, s. fauchen.
ANFAUCHZEN, frequenlativ des vorigen, vgl. anpfuchzcn.
ANFAULEN, putresccre: der bäum fault an; anfaulendes
obst; angefaulte äpfel; wie Bocrhave von der galie ange-
merkt, dasz sie unter allen feuchtigkeiten des menschlichen
kürpcrs zuerst anfaule. J. Paul biogr. bei. 1, 110. vgl. an-
brechen, angehen.
ANFÄULEN, putrefacere, inficere: da eine faule traube die
andern anfaulet. Loiienst. Arm. 2, 12 ; dasz eine zitrone die
andere durch bloszes anrühren anfäulete. 2, 343; also hiel-
ten sie ihre sie anfaulende faulheit für einen frieden. 2, 984.
ANFECHTEN, impugnare, aggredi, tentare, nnl. aanvechten,
pracl. focht an, doch könnte, gleich andern, in der unter anfachen
beigebrachten stelle Luther noch facht, und auch flacht für flocht
gesagt haben, iMos. 3, 7 sieht flochten, nicht flachten, einen an-
fechten ist deutlich fechten an einen, mhd. der lip wil gerne veh-
ten an die beiden. MS. 1, 93'. Renn. 10251. fastn. sp. 707, 14.
an die irrare er vaht. Serval. 667. teglich fechten sie meine
wort an. ps. 56, 6; wenn er angefochten ist, wird er wieder
erlöset werden. Sir. 33, 1 ; da ich allein im kämpf stund, dazu
aller papistcn anfechten leiden muste. Luther 3, 334'; die
Sünde flehtet on unterlasz an. 4, 28'; aber das fleisch ist
da und wehret und flehtet uns an, dasz wir noch unser ehre,
geiz und gute tage suchen, fi, 39' ; gute leut fachten biszwei-
len dise anlichristische grewel und tcufelische abgötterei an.
Mathesius 67'; etliche fachten die heilige tauf an. 68"; ihr
soll sein gänzlich abstehen, ihr jungfrawen mit schenken oder
briefen anzufechten. Galmy 109 ; mich aber warlich in vier
stunden kein schlaf mehr angefochten hat. 52 ; wann ihrs
nicht glaubet, fleht es mich nicht an. Fischart Garg. 104';
wer vil versieht, den selben vil sorg anficht. 212' ; bald in
anfacht (focht ihn an). H. Sachs I, 486'; warum anfechlestu
also den menschen? seh. und ernst 81; es werde der häu-
fen den belagerten angefochtenen leuten zu hülf kommen.
Fronsp. kriegsb. 3, 156* (Garg. 246') ; millerweile aber gibt
CS ein langsamen und groszen staub, der also feuwerroth ist
angefochten (tuas will das sagen ?), das ist die ursach, dasz
die stein alsdann gebachcn und gebrendt seind. 2,176';
ein sach uns hoch anl'echten thut. AyrerOI";
sondern den angefoclitnen frommen
mit besser macht zu hilf kommen. 130*;
weil ihn des armen volks anfechtungen anfechten.
Weckuerlin 93;
mit der bauclifüll er uns ficht an. Schmelzel hochz. 24';
licht ciwan seinen geist ein zweifei an? GiJMHERl029;
was ficht dich wider an? 1033;
dasz ein mit holländischer flaggen bestecktes schif von zweien
barbarischen schiCfen angefochten und bestritten wird. Fei"
senb. 1, 378 ;
isis wol oder übel gcthan
in andrer äugen, das liclu uns wenig an. Wieland 5, 156;
wer siebt den abstand nicht
vom goit der zärtlichkeil zum faune?
allein den reim, die laune ficht
dies wenig an. 9, 167 ;
mich licht der chrgciz gar nicht an. 10, 164;
ob er gleich von seiner weisen Schwester wegen seines ge-
schmacks an solchen unnützen posscn, wie sie es nannte,
nicht selten angefochten wurde. 11,20; was geier ficht ihn
an, was fällt ihm ein ? Lessinc ;
das rechte, das ich viel gcthnn,
das licht mich nun nicht weiter an. Göthe 2, 260;
keine Verlegenheit
fleht uns an. It, 189;
Nicolai danke ich für seine ankündignng des Zachacus, die
voller misverständnisse ist und mich nicht anficht. Hamann
5, 155 ; dieser intelligible griind licht gar nicht die empirisciuMi
fragen an. Kant 2, 425 ; nachher wird ihn reue und gewissen
und dergleichen genug anfechten. Tieck 1, 74 ; die mein tesla-
ment gerichtlich anzufechten suchen. J. Paul flegelj. 1. 17. sich
etwas nicht anfechlcn lassen bedeutet nil curare: liesz mich
aber nichts anfechlcn. Schweimchen 1, 345. 2, 21; liesz sich
doch dis einer nicht anfechten. Kirchhof wcnrfitMm. 259'; An-
tigone läszt sich solches verbot nicht anfechten. Opitz 1, 1C3;
der kalender liesz sich die böse laune, womit ihn Danisch-
mend verliesz, wenig anferhien. Wieland 8. 2Sl; ohne sich
jemals einen gedanken von ehrgeiz und habsncht anicchlcn
zu lassen. 3, 69; und laszt euch nichts anfechten, es ge-
schehe was wolle. Götiik 11, 19 ; wollte man sich den eigen-
sinn der spräche anfechten lassen. Kant 8, 431. das löst sich
auf in einen allen doppelten acc, ich lasse deine drohungen
I
329
AXFECHTER — ANFETTEN
ANFEUCHTEN — ANFLENNEN
330
mich nicht anfechten = lasse dtfine drohungen nicht an mich
fechten.
ANFECHTER, m. impufftiator : dazu wundsch und biete ich
e. f. g. glück und heil, das es zur gesundheit diene und zur
vericchung des anfechters, amen. LurnEn 6, 176'; anfechler
seines Verdienstes und seiner meinungen. Götue.
ANFECHTIG, impugnans: golt ist nit eigennützig noch an-
fechtig. ZwiNGLi t, 456. s. anfichtig.
ANFECHTLEIN, n. levis impiiynatio: er Michel hat ein
kleines anfechtlein bekommen. Luthers br. 4, 490.
ANFECHTUNG, f. iniptignatio, tentatio: spottet der anfcch-
lung der unschuldigen. Hiob 9, 23; denn alleine die anfcch-
tung leret aufs wort merken. Es. 2S, 29 ; wachet und betet,
das ir nicht in anfechlung fallet. Malth. 2i5, 41; eine Zeitlang
gleuben sie und zur zeit der anfechtung fallen sie abe. Luc.
8, 13; selig ist der mann, der die anfechtung erduldet. Jac.
1,12; anfechtungen haben. Gotter 3, 69; in stunden der an-
fechtung. 3,102; alle anfechtungen übenvinden.
ANFEILEN, renum dare, rendere, feil bieten, wäre mhd.
ane veiien: welicher pawrecht verchaufen, versetzen oder
verchümmercn wil, der sol das die erben an fallen (den er-
ben zu kaufen bieten), treisth. 3, 727 ; er solle von rechlswe-
gen solches (gut) erst seinen nächsten venvandlen {acc. sg.)
anfallen. Hohberg 1, 17.
ANFEILEN, adlimare, linia aggredi, tcare mhd. ane vilcn :
die münze ist angefeilt ; der dieb halle schon die Ihürschwelle
angefeilt; dasz er dem arrestanten den ring und den duca-
ten wieder abjagte, die beide zum glücke weder versoffen
waren noch angefeilt. J. Pacl jubeis. SS.
ANFEILSCHE.N, licitari, um etvas handeln, es iei\ machen :
dasz es nur kindsclie Unbesonnenheit,
uur vorwiu war und eitle pralilerei,
die rosse aazufeilschen. IieckS, 149.
ANFEILU.NG, f. limalio : ist ein salz, möcht auch ein al-
kali genant werden, wird in den glashülten den goltschmie-
den zum llusz des krelzes und der anfeilung verkauft. Thcrx-
EissER magna alch. 2, 29.
ANFEI.NDEN, inipiicare, infeslare, feindlich angreifen : so
\>ird mau werklos, verdrossen, geen unib wie der schal an
der wand, feindt uns die arbait an {die arbeit tcidersteht uns,
wird uns verleidet). Frank trunkenheit 1531. F*; also werklos
worden, das ihn die arbait anfeindt. J i ; merk, wer will fein-
den an den tod {dem tod tciderstehn). Schwabzenberg 127, 2.
148,2. 151,2; angefeindet. Garg. 263'; der mit dem gifte, das
den menschen anfeindet, nattem und spinnen sättigt. Schil-
ler 758.
ANFEINDER, m. aggressor, infestalor: dasz derogleichen Vö-
gel, d. i. anfeinder mehr mich anstechen würden. Joh. Scueff-
LERS Sendschreiben gegen Scherzer. jVei^i 1664. 4. Ali', ein
raubvngel heiszl ganz eigentlich ein anfeinder.
ANFEINDUNG, f. infestatio, inimicitia: alle diese anfein-
dungen machen mich nicht wankend.
ANFERTIGEN, conficere, fertig machen, rerferiigen: das
kleid sollte in aller eile angefertigt werden ; das meisterstück
anfertigen ; liesz eine saubere abscbrift anfertigen. Göthe 24,
169. ganz anderes bedeutet ein älteres, mehr auf ftersonen,
als auf Sachen gehendes anfertigen, nemlich intpelere, vozu
Haltaus 26. 27 die belege hat, denen man die folgenden beifüge:
die armen lute mit unrechtem gewalde überladen und anlir-
tigen. mcisth. 3, 4S2; man sal auch keinen milburger anfer-
tigen. 3, 598, tgl. Ortloffs distinctinnen s. 200. 210 von ane-
fertunge der lüde, ro auch anefertigen mehrmals gebraucht
wird, das ist ganz ahd. anafart, irruplio, impetus (Graff 3,
582), und aiiferten, anfertigen drftckl aus auf der fahrt gegen
einen sein, sich gegen ihn aufmachen.
ANI-T.ltTIGUNG, f. Lohemst. Armin. 2, 804.
ANFESSELN, ealena constringere, an die kette, an das band
fesseln: tag und nacht lag er bei seinem gold und silber
gefangen und solches war auch bei ihm angefesselt, pers.
baumg. 2, 21 ; die gefangnen wurden angefesselt abgeführt.
figüTlich, festhallen: diese Schönheit, deren anschauen himm-
lische wesen dir gegenüber anzufesseln vermögend wäre. Wie-
IA1D 2, 146; da «lehn wir angefesselt vor entsetzen. Schiller;
da«z ihm {dem bäum) keine weller schaden,
resaclt alle siürme an!
ANFESTE.N, affigere, anheßen: wird mit zweien bandner-
TCB oder senen angefesteU Thur<ieisser pro6. der harnen f. 36.
ANFETTEN, pingue facere: mit kälbern und ferkeln, deren
lebenszweck dahin ausgehe, wol gerüllert und angefettet fort-
geschaft zu werden. Göthe 22, 153. auch ton speisen: die
suppe ist wol angefellet, den kohl sollst du besser anfeUen,
tceidmdnnisch, den brei für die hunde mit butter anfeiten.
ANFEUCHTEN, humeclare, ein wenig nasz machen: ein la-
bender regen feuchtet das dürre land an ; zähren feuchteten
ihr äuge an ; er nahm das glas, um nur die lippen anzu-
feuchten; Saud, mehl, getraide, papier anfeuchten; das fcind
hat seine windel angefeuchtet, bei den buchdruckem, die
i ballen anfeuchten, tceidmännisch, der wolf feuchtet an, laszl
sein Wasser an einen bäum oder Strauch.
ANFEUERN, accendcre, nnl. aanvurcn: den ofen (im ofen)
anfeuern, heizen; vil weniger sol einer oder der ander das
läger anfewrcn oder verbrennen. Frossp. kriegsb. 3, 21*. figür-
lich, den mut, die liebe anfeuern ; ilzt bildete er sich ein,
dasz es lauter menschenliebe sei was ihn anfeure. Wieland
6, 126; er feurte sich an zu wähnen. Klopst. Mess. 4, 172;
ich hab immer gehört, dasz groszmulh groszmuth anfeuert,
wo auch nur ein funken glimmt. Kiinger 1, 156; meine mut-
ler, die früh den beiden in mir entdeckt und angefeuert hat.
3, 22S ; sie suchte seine liebe zu allen kühnheiten anzufeuern.
ANFICHTIG, pugnax: anfichlige himmelslürmer. Garg. 56\
ANFIEDERN, weidmännisch, dem erlegten federwild einen
ausgerissenen kiel durch die nasenlöcher stechen und mit den
Schwanzfedern knüpfen, zum tragen.
ANFILZEN, den hutmachem, bei bearbeilung des filzcs.
ANFINDEN, adinvenire. sich anfinden, wofür heule sich
einfinden: von den vielen competcntcn, die nach Hcnrici
tode sich zum kaiscrthum angefunden. Hahn 2, 221 ; zum
fürsten drängt sich alles, während zum privatmann nur der
sich anfindet, welcher u. s. w. Excel 3, 36.
ANFIRNISSEN, cerussa oblinere, firnis anstreichen.
ANFISCHEN, expiscari, heran fischen: ein zimlich stück
geld zusammen gebracht, welches ihm aber seine junge frau
augefischt hätte. Simplic. 2, 243.
ANFLAMMEN, inflammare, in flamme setzen, anfeuern:
wen unter euch der gröszie trieb
anflammt die freiheil zu besitzen.
LoHK.^sT. .4ri»i. 2, 441 ;
das sich auch kein geringes feuer in der guten dienteln ih-
ren herzen eraugne und anOamme. mägdelob 59 ;
wie soll ein ansretlammier geist
der wachen infihe sparen?
KMTTELspoet. sinnenfrychte. Colberg 1677 s. II ;
das lob deiner Konstaozia
hat zur räche sie gegen mich
angcllaninil. Klopstoci 2, 191 ;
wenn du durch deinen lebenden sehwung zu dem liede dich
aDnaramsi. 2,211;
die blauen, angeflammt von einigen schwärmerischen anfiihrern,
empörten sich endlich im ganzen ernste. Wiela>d 7, 92;
bei der, was du peilian und was du anpeflamml,
dereinst den kühnen spruch des tadlers doch verdammt.
J. E. SCBLKGKL 4, Ol;
zu einer edlen Ihat gehQlfen aozuflammen.
Götter 2, 156;
wie Oammete den heiigen mann das an!
HEROF.R 6, 63.
ANFLATTERN, advolilare: ich sehe die vögel anflattern;
als die morgenluft wie ein flügel mich anOatlerte. i. Paul
Tit. 2, 59 ; soll dennoch ähnlichkeil bleiben, so mag ßoileaii
als eine satirische distel für annattemde Schmetterlinge blü-
hen, dessen aesth. 1, 10«.
ANFLECHTEN, appleetere, anneeiere, nnl. aanvlechten, daran
flechten, anspinnen.
ANFLECKEN, maculam adspergere, conlaminare, beflecken:
er lleckt ihn mit einem ewigen schimpfe an, aelemas macu-
las ei aduril. Stiele« 49$.
ANFLEHEN, implorare, noch mit doppeltem acc, oder der
praej). um :
das flehen wir und unsre klnder
Vorsehung dich an. Klopst. 1, 160;
laszt uns golt um hülfe anflehen.
A.NFLE.NNEN, flentem ringi, angrinsen, anfleltdien:
er Wer n/fe) merket baldn wer in eft,
zu non treibet oder vt'rblefl,
des spott er auch und llcni in an.
tiiGmyvs affenspirl I57I. B*;
(lüszt) der spölterschwarm auf sich das maul aufspeim,
sich flennen ao. Lobiast. geistl. geä. 40, 76S;
331
ANFLETSCHEN — ANFLUCHEN
B. komm fort, brüderchen, wir wollen den heidelbeeren die
köpfe brave abbeiszen. 7. wenn sie uns was Ihun wollen,
so wollen wir ein schwarz maul machen und sie brave an-
flennen. Weise eomöd. 26. vgl. angreinen.
ANFLETSCHEN, os in aliqucm torquere, anblecken, angrin-
sen, einem die zahne weisen: der hund fletscht uns an. vgl.
angrinsen.
ANFLICKEN, assuere: dem mantel purpurlappen anflicken ;
es möchte noch alles gehen, wann er bisweilen doch nur
eine Wahrheit mit anflickte, pol. colica 261 ; wo ist der Schrift-
steller, dem ich nicht eine gotteslästerung anflicken wollte?
Lessinc; die schwalbe hat ihr nest ans haus angeflickt;
an diese nacht zwei andre anzuflicken. Gotter 3, lxxvi;
über der Stadt sahen wir an einer felsenwand eine kleine
kirche mit einer ansiedele! angeflickt. Gütiie.
ANFLIEGEN, advolare, nnl. aanvlicgen, herzufliegen: der
storch fliegt an; der adler fliegt gegen die sonne an; die
Sperlinge kommen haufenweise angeflogen ; ganze scharen von
heuschrecken fliegen an; futter streuen dasz die goldammern
anfliegen (vgl. anfallen) ; eine kugel kam durch die luft an-
geflogen, an die mauer geflogen, sprühende funken flogen an
das dach an. im forstwcsen, das holz fliegt an, es ist viel
junges holz angeflogen, angeflogenes holz, von tangelholz,
dessen same umfliegt und von selbst aufwächst, von laubholz
gebraucht man aufschlagen, doch gilt anfliegen auch von an-
derm als dem nadelholz: grosze strecken sind mit weiden
und pappein angeflogen. Gütiie 28, 9. in der anwendung
heiszt es schön : die wange ist ihm mit hart angeflogen, in
der edda steht für hart kinnskugr, kinnwald :
als er zum Jüngling nun gereift und um
das kinn das zarte niilchliaar angeflogen.
Schiller.
im bergbau, angeflogenes erz : man findet auch angeflogen
und angeschmogen schneeweisz silber, als hct es ein gold-
schmid ausgesotten. Mathesius 2S"; angeschmeicht oder ange-
flogen Silber. 02"; die flüchtige metall, als gold und silber
von den erzen zu scheiden, welchs die Lergsleut angeflogen
nennen. Paracelsijs l, 904'; schieferstein mit angeflognem
kupfer. lustg. 268. Figürlich von schnell und plötzlich an-
kommendem: das fieber flog ihn an; er ist von der seuche
angeflogen worden, weil man sich viele krankheiten, nament-
lich fieber in gestalt von vögeln und Schmetterlingen dachte; so
doch auch die schrift klar sagt, das uns so\chs {die erbsünde)
alles nicht angeflohen, sondern angeboren sei. Jonas bei Lu-
ther 6, 381* ; da nun der flcisz ohnehin meine sache nicht
war, denn es machte mir nichts vergnügen als was mich an-
flog. GöTHE 25, 157 ; wie reizend stehen Rabetten die anflie-
genden errölhungcn. J. Paul Tit. 2, 228, wie es sonst heiszt,
dasz eine röthe über das gcsicht, die wange fliege; da flog
eine sanfte rüthe ihre wangen an. Thümmels reisen o, 371. 7, 9.
8, 50 ; plötzlich flog ihn eine freude an. TU. 4, 44 ; einer der
keckesten gedanken, welcher ihn unter Klothars gartenthürc
anflog, flegelj. 2, 93 ; jeder mensch ist ein stehender gottes-
acker, weil unser fleisch aus todtenstaube anflog, biogr. bei.
1, 18 ; gegen die verzehrende sonne der majcstät anzufliegen.
Schiller 147.
ANFLIEHEN, confugere ad aliquem: dann dasz die büclicr,
die mächtig genug sind, einen jeglichen, der sie anfleuchl,
nechst golt, aufzurichten. Opitz 1, 124 (vorr. von Zlatna) ;
drumb fleuch den herren an
und wirf dein thun und holTcn ganz auf ihn.
Opitz p«.p. 53;
fragt nach dem herren und der stärke,
die er bezeigt durch seine werke
und flieht allzeit sein antlitz an. ps. p. 197;
so wft-; man segeln kann,
fleucht olle weit dich an. ps. 142;
der hfrr macht alles wol, er pflegt in aller nein,
man flieh ihn nur drum an, auch wieder ant zu sein.
LoGAU 1, 9, 54.
heute ganz ungebräuchlich, vgl. anflehen.
ANFLIESZEN, affluere, fluendo accedcre, nnl. aanviicten,
heran flicszen: das wasser flieszt heftig an; die flut koniml
angeflossen; ein leichnam flosz an {das ufer).
A.NFLÖSZEN, flumine advehere: holz anflöszcn; das was-
ser fli'iszt hier land an ; angeflösztcs land.
ANF'LUCHEN, imprecari, böses anwünschen:
sie {die feinde) pflepcn
mein eilend, pein und kreuz auch andern anziifluclien.
Wkckhihlin 206;
ANFLUG— ANFRIEREN
wo der wanderer kräftigen fluch dir
anfluchl. Voss 2, 206.
332
ANFLUG, m. advolatus, nach den verschiednen bedeulungen
des anfliegens. anflug der feuerfunken, anflug des gevögeis :
sieh diese kleine brut, diesen gcfuhrlich'cn anflug. Göthe 14,
94. anflug, holzanwuchs : anflug des tangelholzes ; dem an-
sehen nach ein später anflug. Moser 1, 5 ; drauszen im an-
fluge, im hintergrund des Wäldchens. J. Paul llesp. 1, 160.
anflug des erzes, spuren im gcstcin. anflug im gesicht, schnell
erscheinende und schwindende röthe, anflug der krankheit.
miene mit einem anflug {engl, touch) von Schwermut.
ANFLUSZ, m. profluvium: die Nagolt nimbt ihren anflusz
hinder dem städtlein Altensteig. Thürneisser von wassern p.
194. ahd. anaflu; inundatio (Gräff 3, 752).
ANFLÜSTERN, insusurrare: der wind flüsterte mich an,
die blätter flüsterten sie an.
ANFLLTEN, adundare, inundare, stärker als anflieszen,
die wogen fluten gegen das schif an.
ANFODERN, s. anfordern, aufmerksames, anfoderndes
äuge. TiECK g. n. 2, 44.
ANFÜDERUNG, f. sich einer anfoderung weigern. Lessiug
6, 369.
ANFORDERN, postularc:
ich hab gedient so manchem man,
und dürft kein Ion im fordern an. Ml'R.ner 44, 6;
dem fordert der den unkost an,
den er zum rechten hat vertan.
Thürneisser archidoxa fol. 15.
für ihr recht anfordern. Garg. 157*.
ANFORDERUNG, f. exactio: harte anforderungen
ANFORMEN, efformarc: den hut anformen;
verdrusz und langeweile haben dir
es angeformt und angegossen. Herder 3, 59.
ANFORSCHEN, scrutari, anfragen : sie hatte verschiedentlich
angeforschl, ob nicht eine annäheiting denkbar sei. Göthe 17, 3S1.
ANFRAGE, f. interrogatio, nnl. aanvraag, an einen gerich-
tete frage : anfrage thun.
ANFRAGEN, interrogare, frage an einen richten, in den
rechlsurkunden des mittelalters ößer: fragt ich an den ring
was rechts war, z. b. M. B. 27, 415. man sagt: bei einem,
aber auch an einen anfragen, z. b. Heynes br. an Joh. Müller
s. 225. Die Mailänderin von einem ofnen, nicht sowol an-
sprechenden als gleichsam anfragenden wesen. Göthe 29, 125.
ANFREIEN, procare, tixorem ducendo acquirere, freien und
sich erfreien: ich habe ihm meine nichte angefreit, er freite
sich ein beträchtliches gut an;
da ich mich
ein weih dir anzufrcin verpflichtete. Platen246;
mir ihrer band ihr recht mir anzufreien. Schiller.
ANFREMDEN, fehlerhaft für anfremmcn, anfrümmen; ihm
so viel geld zur Verfertigung dreier paar schuhen, welche er
bei ihrem liebsten anfremden sollte, gab. Salinde 18t.
ANFREMMEN, mandarc opifici ut conficiat, bestellen, anbe-
stellcn, sich ein paar schuh anfremmen. F'risch 1, 291'; einen
guten Schilling anfriemcn. Simplic. 1, 397 {ed. 1669, 429 fehlt
die stelle), s. hernach anfrümen. beide formen sind all und
zum ahd. gifremian, gifremman, gifrumian, gifrumman per/S-
cere, exhibere gehörig.
ANFRESSEN, adedcre, ambedere, comedere, arrodere: der
hund hat das fleisch, die kalzc den braten, die maus den
käse angefressen, an das fleisch, den braten gefressen; ein
von den raupen angefressenes blatt ; der rost friszt das eisen,
das Scheidewasser die haut an; die Säulen stehen noch auf-
recht, obgleich durch zeit und Witterung sehr angefressen.
Göthe 37, tSl. figürlich, schon hatte die üppige flamme der
thierischen liebe den hohen sinn, die feste klugheit des wei-
bes angefressen. Klinger 5, 3S0; er dachte an einen unschul-
digen, vom verdachte angefressenen freund. J. Paul uns. löge
2,34; ihr seid nichts nutz hier, eure freunde haben euch
angefressen, ihr geht drauf, wenns so fort geht. Lenz 1, 221.
sich anfressen, sich mit speise anfüllen, dicker fressen.
ANFRETZEN, comedere, verhält sich xu anfressen wie über-
haupt frelzcn zu fressen, elzen zu essen:
die pferd die lian schon angofrolzi. fastn. sp. 206, 2.
ANFRIEREN, adgelari, fest frieren, nnl, aanvriczen: da.s
glas fror auf dem tische an, die blume an dem fenster;
auch mit dem acc, der stein friert an die erde an ; dieses
ans eisfeld des lebcns angcfrorne vaterherz. J. Paul Tit. 1, 6 ;
333
ANFRISCHEN — ANFRISTEN
ANFRÜMEN — ANFÜHREN
334
gestöber des schnees
fiel anfrierend herab. Voss Od. 14, 477 ;
der ritler bleibt wie angeHoren stehen. WiEiiSD ;
angefiorner schnee, nives solo duratae.
ANFlllSCHE.N, refrigerare, refocitlare, animare, frisch machen,
kräßigeii. der regen frischt den boden an. den wein im
glase anfriscLen, mehr hinzugieszen, die gläser anfriscben ;
die blumen im glase anfriscben, icasser zugieszen. den teig
anfriscben, nochmals säuern; die becker frischen den Sauer-
teig an. bergmännisch, die pumpen anfriscben, indem man oben
icasser hinein gieszt, dnsi sie besser ziehen, ueidmännisch, die
hunde anfriscben, auf frische fährte leiten, frischauf! zurufen:
alK-in der Weidmann weisz ille stöber anzufrischcn.
IIagedorm 2, 133;
sucht ihn der schäfer oft im welilauf anzufrischen. 2, 131 ;
mein jiiger frischt seinen bund an, hetzt ihn. ehe eines
mannes 245. daher entnommen scheint das häufige anfriscben
ßr antreiben, anregen: auch liesz er ein lebendig kalb hin-
bringen und mit salz zum salat anfriscben {anreizen salat
XU fressen). Simplic. 1, 128 ; ein fürst ward angefrischt, das
konigreicb Frankreich zu überziebn. Zinkgref 2, 15»; also
ist seine wenige mannschaft angefriscbet mit zusammen ge-
setzter macht auf den feind losgangen. pfi-s. rosenth. 1, 4 ;
weil sie (die Engländer) mit dem künig zu Jaccatra in gu-
ter freundscbaft stunden und denselben wider sie (die Hol-
länder) anfrischeten. Olearils orie/i/. ins. 169G s. 150 ; als ich
viel von einem jungen Soldaten in Soest hört rühmen, was
treflicbe beuten und groszen namen er ihm mit parteigehen
machte, ward ich angefrischt ihm nachzufolgen. Simplic. 1, 434;
ohngeachtet sie von unserm leiblichen bruder hierzu treflich
angefriscbet wurden. Felsenb. 1, 319 ; viele andächtige pcrso-
ncn haben mich angefiischel, selbst band an ein so löb-
Hcbes werk zu legen. Liscov s. 7 ;
CS lebe liifall, und wer ihn ansrefrischt
durch seinen fall berühmt zu werden. Wiell-^d;
worauf der höfliche fechtmeister nur leise zu quartslöszen
anfrischte. J. P.ill 7"i7. 1,120;
was der vaier sagt, das thul sie,
angefriscbl von seinem lobe. Tieck 1, 27.
Doch ist uns heutzutage anfrischen nicht sowol ermuntern,
als auffrischen, erfrischen, neu beleben, erquicken und anfa-
chen, wir frischen unser gedachtnis über etwas an, indem
wir die erblichene erinnerung neu färben, frischen das liebt
an, indem vir öl aufschütten, den docht schüren :
indesz der lampe zarte (lamme,
dem winde klug entrückt und sparsam angeTrisrhl
nur mit dem morgcnroth erlischt. Götter 3, 324;
jetzt frischt zu neuer lust
er sich mit nectar an. 1, C2;
wie sollten sie nicht mich zur hofnung anfrischen. Schiller
&G7 ; dieser Wechsel frischt die erschöpfte sinnliciikeit wieder
an. 1143; als er sich entschlosz mit den dichterischen ver-
suchen seiner Jugend das abnehmende feuer wieder anzufri-
schen. GöTHE 1», 125; Iflland, welcher uns durch acht seiner
\orstellungen anfriscben" wollte. 31, 78; meine bewunderung
jener märchen erhöhte sich oder vielmehr sie frischte sich
an. 32, t7C; wobei denn freilich scheint, dasz die gute fürstin
in einer gewissen epoche aufgehört bat ihre baudbibliothek
zu completieren und ihre musikalien anzufrischen. 33, 23S ;
ihr seid noch verderbter durch die vemunfl, als durch euer
ben, das jene nun ganz auftrocknen will, ich aber rathe
«uch, es ein wenig anzufrischen. Klincer 10, 153; um die er-
müdeten zu trösten und anzufrischen. Tieck Sternb. 2, 1S2.
ANFHISCHEK, ni. refocillalor : du bist ein anfriscber un-
serer lechzenden hofnungen. auf hcrghütten, der arbeitet ßr
das schmelzen des erzes.
ANFRISCHFELEH, n., in welchem angefrischt, das erz aus-
geschmolzen vird. gegensalx des flammenfeuers.
ANFIUSCHOFEN, m.
ANFHISCIISCHLACKE, f. die beim anfruchen des erzes
übrig bleibende sdtlacJie.
ANFHISCIIL.NG, f. refocillatio, in allen bcdeulungen des
anfrischens : zur anfrischung einer thütigkeit, die gar bald
lu erscIilalTen pflegt. Götbe 31, 51; (ein geist), für dessen
ewige, allseitige anfrischung vorzüglich gesorgt ist. Fichte
deduc. plan 112.
ANFHISTEN, ansas dare, occasionem praebere, instruere
aliquem: goll wolle ihre arbeit dem werthen valterland zum
besten segnen und sie zu mehrerem anfristen. Philasd. 1,699;
es hat mich mehr als tausendmal gereuen, weil ich im aus-
kehren fundcn, dasz auch diejenige, so mich dazu angefristet
halten, mir hernachmals schäle äugen dargeworfen. 2, &76.
ein den trOrterbücheni abgehendes, nicht mit anfrischen {so
sehr sich die be^eutung nähert) zu vermengendes, aber schon
ahd. uort: anafrista, anafrislunga occasio. Graff 3, S37.
ANFRÜMEN, ANFItÜMMEN, Kie anfremmen:
er ihut in köstlichen kicidern gan
und wird uns gewis was rriimen an. Atre« fasln. 7*,
d. i. eine arbeit bei uns bestellen, vgl. Schm. 1,612.
ANFÜGE, f. scriptum annexum, die anläge.
ANFÜGEN, annectere, nnl. aanvoegen : ein bret anfügen,
ein papier anfügen, einige schreiben anfügen: mehr als eine
rindsbaut von innen angefugt. Stolb. 11, 422, Unterscheidung
eines intransitiven anfügen vom transiliveti anfügen läszt sieh
nicht durchßhrcn. sich anfügen umschreibt jenes sicherer:
der ring hat . . . auch diese eigenschafl,
an jeden linger stracks sich biegsam anzufügen. Wieia.nd.
LonENSTEiN braucht es ßr zufügen: die mir angefügte belei-
digung. Arm. 2, 106.
ANFÜGUNG, f anncxio: unter anfügung meines gniszes.
ANFÜHLEN, altrectare, ladu explorare: ihre band war weich
wie sammet anzufühlen, fühlt sich weich an; fühlt man die haut
an (an die haut), so erscheint sie raub; wenn ich ihm die recb-
nungen durchsehen half, konnte ich ihm anfühlen, wie glück-
lich er war. GörnE 20, 47; sie haben sich, man fühlt es ih-
nen wol an, nie verwirrt. 20, 175 ; wenn ich ihnen anzufühlen
glaube, dasz sie ihre gesellen in eben dem grade verachten,
als ich. Klinger 1, 176; man fühlt dir den Spartaner au,
doch nur an deiner ungeschlifl'enheit. 2, 37S; ihr {meiner
sittlichen kraß) danke ich das eigne, das man meinen wer-
ken anzufühlen glaubt. 9, 2S3; jeder meiner darstellungen
würde man es anfühlen, dasz die quelle nicht mehr strömt.
9, 2S4 ; man glaubt ihnen anzufühlen, als schämten sie sich
des vergangneu. 11, 120 ; die ihm gern entgegen kommen, weil
sie ihm anfühlen, dasz er auch das schwächste und verwerf-
lichste in ihnen ehrt und vertheidigt. Tieck 4, 50; dasz sie,
lieber freund, ein verliebter sind, habe ich ihnen angefühlt.
yes. nov. 5, 79 ; wir (Deutschen) freilich können uns unsere
eigentbümlichkeit nicht selber ansehen und anfühlen. J. Fall
uesth. 3, 2S. kühn Claldils 5, 19 : in tugendhaften menschen
ist etwas groszes und ewiges, sie fühlen sich unsterblich an,
ohne das an iräre die phrase ganz geicöhnlich. oder meint es
palpantur? sie sind unsterblich anzufühlen, man fühlt ihnen
das unsterbliche an ?
ANFUHR, f advectio, anfuhr der steine, des holzes; die
anfuhr wird unterbrochen, ehe sie bis zur bälfte gekommen
ist. Heroer i, 20.
ANFÜHREN, adducere, advehere, ahd. auafuorao, nnl. aan-
voeren, i« folgenden bedeulungen
1) einen anführen, anleiten, an eltias füiiren, leiten, un-
terweisen, unterrichten, anführen zum lernen, zur Wissenschaft,
zur tugend, d. i. ßhren an das' lernen, au die lugend: zu
rechter weis anführen. Fischart Garg. 172';
wer nimmer nichts versucht, der weisz nicht was er koo,
die Übung würkt uns aus, versuch der führt uus an.
LoGAU 2, 2, 73;
sie glaubte, ein artiger, junger lebnneister würde geschickter
sein als sie selbst, mir die neue kunst, wozu sie mich an-
führen wollte, angenehm zu machen. Wieuvnd 12, 93 ; hat
man uns nicht angeführt bei jeder begebenbeil auf die Ur-
sache zu denken. Lessinc 6, 23; daher die wenigsten zum
gebrauche des diamantpuUers angeführt werden könnten.
s, 9G; in meiner kindheit wurde ich schon dazu angeführt.
Tieck 15, 293. nochmals drückt, was schon im an gelegen
war, die praep. zu aus.
2) beer, volk, leule anführen, rf. i. an den feind, gegen den
feind führen, exercitum ducere in hostem {wie anfechten, an
(/e» feind fechten), unsere alle spräche musz einmal dafür ge-
sagt haben heri ziohan , weil sie herizuhu, herzog bildete,
ebenso den chor, reigen anführen, die Innsenden an, gegen
einander, wenn ich mich munter fühle zu den gesciiäftcn des
tags, dann ist mirs wol, dann treib ich eine Zeitlang herum,
verrichte und ordne und führe »leine leule au {die geschaße,
arbeit). Göthe 10, 119. Wiederum liesz die spruclie, des ge-
fühls der eigentlichen kraß dieses an verlustig gegangen, an-
führco auch dann fortbestehen, wo die torstellung des feinies,
335
ANFÜHREN— ANFURT
ANFURT — ANG;vNGER
336
des gegcnlheils unbcregl war, und gehrauchle anführen für
bloszes füliren. der doppelte acc. das heer an den fcind
führen ward zu einem einfachen : das heer anführen =
füluen.
3) aus solchem anführen hat sich eine ironische bedeulung
ergeben, die für die ältere spräche nicht nachzuweisen, doch
auch schon vorauszusetzen ist: du liast uns schön angefülirt,
meint, den umständen nach, übet, schlecht angeführt; ja es
kann, in gleichem sinn, ohne allen beisalz gesagt werden : du
Last uns angeführt, betrogen, fefellisti spem nostram, auf ähn-
liche weise heiszt es : einen (ühcl) ankommen, anfahren lassen,
zum besten haben, so hat er lust dich anzuführen. Salin deibd;
führt ihr mich an, so lasz ich euch künftig stecken. Götiie
17, 23; wir hatten uns in unsern knabenjahren einander oft
angeführt. 24, 2G5, meist scherzhaft und gutmütig, doch auch
böse gemeint: er hat das arme mädchen angeführt (verführt),
hernach sitzen lassen; lasz dich nicht anführen;
heb dich an galgen, du slreusgüllein,
du schinorolzer und galgcuhun,
woltst du mir verl'üren mein sun,
mit bubenslückun Itiren an,
das er mir aucli kein gut solt ihan. II. Sachs I, 233',
was doch auch heiszen kann in bubenstücke einweihen, volks-
mdszig : angeführt, angeschmiert! angeführt mit löschpapier!
4) anführen, advehere, heranführen : steine und ziegeln müs-
sen angeführt, herangefahren werden ; wie wenig wir noch ma-
terialien angeführt hahen. Herder 1, 176.
5) sonst auch ein kleid anführen, anhaben, am leibe tragen,
er nimmer weder in streit noch turnier reit, das er ir ober-
kleid nie anfiiret {ohne ihr oberkleid anzuhaben). Bocc. 186.
6) anführen, allegare, proferre: ein wort, eine stelle, ein buch,
einen Verfasser anführen, zum zeugen beibringen, eitleren.
ANFÜH1{EH, ni. instructor, dux: ich lerne englisch ohne an-
fülirer. Radener 6, 228. anführcr des heers, des reigens : im
kriege kommt viel auf den anführer (führer) an.
AN'ITflRERlN, f
ANFCHRL'.NG, f. anweisung, fülirung, citation: einige an-
führung zu denen wissenschaffen. Mascoü 2, 220 ; wegen ihrer
guten anfüln-nng in den Wissenschaften gerühmt. 2, G2; dasz
er in seiner Jugend nicht viel anführung gehabt zu denen
künsten, die den frieden insgemein zieren. 2, Ol ; die iiistorie
gibt der Brunchild schuld, dasz sie ihm nicht die beste an-
führung gcgei)en. 2, 223 ; erwäge einmal, wie die anführung
unserer Jugend zu der gelehrsamkeit beschaffen ist. Rabener
2, 34. kircliengeschichtc, ans welcher meine les'er viele an-
führnngen gefunden haben. Stoi-berg 10, 234.
ANFÜHRUNGSZEICHEN, n. signum citatidi, sonst gänse-
augen, gänsefüsze, hasenohren genannt.
ANFÜLLEN, implere, opplere: ein glas angefüllt mit wein;
ihr äuge angefüllt von thränen ; den magen anfüllen mit spei-
sen ; ein buch anfüllen mit lügen und Schmähungen, sich
anfüllen, impleri: die kirche füllte sich an mit menschen;
alle straszen waren angefüllt, alle Wirtshäuser von fremden.
das mhd. sich anfüllen hatte die eigne nebenbcdcutung des
schlechlklcidens. Licute.nsteins frauendienst 601, 9. vgl. 603, 1.
ANFÜLLUNG, f.
ANFUNKELN, ein schönes worl, gleichsam adscinlillare :
mit wild anrnnitcindcn äugen. Voss;
baren und eher in wut und wild anTunkcIndc löwcn. Od. II,. CIL
ANFUFiT, «1. littus, locus appellendi, porlus: Sebulon wird
am anfurt des meers woncn und am anfurt der schiffe. 1 Mos.
49, 13; ziehet hin gegen den anfurt des meers. 5 Mos. 1, 7;
an allen anfurlen des groszen meers. ]os. 0, 1 ; eines anfurts
aber wurden sie gewahr, der iialte ein ufer. upost. gesch. 27,
30 ; denn da ist der anfurt an das jüdische land. Luther 3,
200'; am ufer des lyrrhenischen meeres ist ein gelegener an-
furt, welchen man nennet porluni Herculis. Mei.anciitii. 1, 053;
80 versiehls der könig an den anfiulen so llciszig, dasz gar
wenige ans dem land eninielien mögen. 3,775; aus Tyro und
Sidon, die am anfurt des mitlelmeers saszen. Matiiksius 13";
denn da Josaphat scliif bawen liesz und rüstet sich am an-
furt bei Escongaber, das am iiafen des arabischen meers ligt.
22'; ein port und anfurt der zulendenden pilgrani von Eu-
ropa. Frank wellb. 164';
wo, wie, wann euer schiTden sichren anfiirl flndi.
LocAU 2, t, 37.
Luther selbst scheint das wort aber auch weiblich zu gebrau-
chen: Asscr «asz an der anfurt des meers. rieht. 5,17; und
da die anfurt ungelegen war zu wintern (cum aptus porlus
non esset ad hiemandum). apost. gesch. 27, 12, und das über-
wiegt allmdlich: ihre anfurt in Egypten. Opitz Arg. 2,152;
die nufurt ist zu still, auch selbst die Turclit der scc,
des salzes ungeheur starrt hart in seiner höh.
GRYfuiLs 2, 24;
(der scc) ladet zur anfurt
an dcu beiden enden nur ein. Stolberc 3, 283;
(man) fuhr der anrurt zu,
man warf die anker. ItünciiR 147*;
und schoben das schif mit rudern zur anfurt.
Voss lt. 1, 434. Od. 15,496;
schön gebordele schiffe, nachdem sie gelangt zu der anfurt.
Ud. 13, 101.
kein ahd. anafurf, mhd. anevurt, wol aber das bessere ahd.
urfar, mhd. anevar und urvar littus. mit fürt vadum scheint
anfurt freilich nicht zusammengesetzt und einige neuere nehmen
CS sogar für anfart (da kommen der anfurt hohe boten. Her-
der 3,112; die anfurt des ehrentagcs. J. Pali. flegelj. 2, 41);
der Schreibungen anfuhrt und anfurth enthalte man sich jedenfalls.
ANFURTHAFEN, m. Garg. 124". 14o'.
ANFUSZE.N, pedc niti, den fusz ansetzen: das kind fuszt
schon an; man, kann nicht anfuszen.
ANGABE, f. indicatio, designatio, nnl. aangaaf: seiner eig-
nen angäbe nach ist er jetzt arm; es beruht auf der falschen
angäbe eines zeugen; der adel liesz auf die angäbe des gra-
fen von Egmont seine bedienten eine gcnieinschaftliche liverei
tragen. Schiller S06 ; das buch ist ohne angäbe des jahrs
und orts. zuweilen heiszt angäbe oder angift, angeld was als
arrha bei geschlossenen vertragen entrichtet, daran gegeben wird.
ANGABELN, an die gäbet stecken: das fleisch, brot angabein.
ANGÄFFELN, frequentativ des folgenden:
ein fromme frow sol haben gl)erd,
ir engen schlagen zu der crd,
und nit hofwort mit iederman
tribeu und ieden gäCflen an.
Ukams narrensch. ed. Slrohel s. 13C.
ANG.\FFEN, gleichsam adhiare oculis, oculo hianti, aperto
ore intueri, nnl. aangapen, mhd. anekaffen (Roth. 2051. myst.
292, 10): was gaffest du mich so leunisch an? quid ut noverca
mc intucris? Stieler 602; die hudeler gaften ihn an wie ein
kalb ein new thor. Garg. 229";
der hofl)cilicnlcn schwärm, die pracht und den palast
gaft nur der pöbcl an, und sind sie oft veihaszU
Hagedorn 1, 38;
verkennt denn euer valerland,
undeulsche Deutsche, sieht und gaft
mit blöder bewundrung groszcm äuge
das ausländ au! Klopst. 2, 3C;
mit einer art von sciiauerndcm vergnügen
wirst du vielleicht wie einer angcgall "•
der aus der andern weit zu uns heraufgestiegen.
Wieland 9, 229;
sapperment, ich hätte den ganzen langen tag dastelien und
sie angaffen können. 11, 311 ; das frauenziinmer ist für einen
jungen menschen eine neue weit, wo man so viel anzugaffen,
so viel zu bewundern findet. Lessing_ 1, 219 ; dinge, die blosz
Tür das angaffen gemacht sind. Kant 7, 45.
ANGAFFEB, m. spectator mirabundus. Klopst. 12, 58.
ANGAFFUNG, f er brachte eine ziemliche zeit mit angaf-
fung und verwundrung zu. Klopst. 12, 299.
ANG.VHNEN, oscilare versus aliquem: der abgrund gäimte,
uns an ; wir sitzen da, gähnen uns vor langerweilc an ; er
gähnt ihn an und stirbt. Rarener; wälzt sich und gähnt sie
an mit wcilcm rächen. Schiller 621; Thümmels reise 7, 201.
s. angienen.
ANGANG, fli. occursus, adilus, initium, nnl. aangang. der
erste vorbedeutsame angang wilder lliiere und vögel am frühen
morgen (mythol. 1072 — 10S6. Ren. 1, 475'), auch widergang
genannt; der angang eines alten wpii)es. der angang des ber-
ges, die aufsteigung. angang der weit, anfang, ahd. anagengi
fi. (Grakk 1, 101) : der die weit beobaclilel hat von angang,
denn so musz man sagen, nicht dumm anfang. Tieck noi'. kr.
1, 37. angang, amtsantritt: Zacharias der vicari Chrisli, der
in seinem angang alles Itaiiam aufrürig und entzündet fand.
Frank chron. 288".
ANGANGER, m. aggressor, incursor: wolle mir das glück
oder vielmehr das unglück, dasz ich unter den ersten an-
gängcrn dem feind auch am crslen auf der brücke das weisze
im äuge sähe. Simpl. 1, 4 »8. auch für anfänger: sihe, mein
gricner {grüner) angenger und wachsender christ. Ha?<s Jacob
337
ANGÄNGLICH — ANGEBEN
ANGEBEN — ANGEBOREN
338
Vkl« vergiszmeinnil. Regensp. 1525. 8. bog. cc, ein angehender
Christ.
ANGÄNGLICH, eonveniens, aplus : dasz der gesciunack alles
so anpasse, dasz nichts zuzulegen mehr angänglich ist. Hip-
pel 10, 85.
AiNGÄNGS, adv. initio: der bös geist betöret angengs Adam
und Eva. Keisersb. scheid. 6.
AiNGE, m. cardo, hamus, ßJirl Hemscd i. 79 noch auf, ahd.
ango (GiUFF I, 345), inhd. ange (Be\. 1, 43'), es ist aber fast
erloschen und wird durch angel ersetzt.
ANGE, adv. von enge, angusle, anxie, ahd. ango, mhd.
ange, gleichfalls ausgestorben und nur etwa in denkmälern des
15. 16 jh. erscheinend.
ANGEB.\RDE, f gestus. Keisersb. scheid. 3.
ANGEBÄRDEN, sich, geslum agere, sich gebärden, anstellen,
stellen: Dido wusle hingegen meisterlich eine angebärdele
hebhaberin gegen den Lucius fürzustellen. Lobe.nst. Arm. 1,
467. vgl. 1, 241. 55S.
ANGEBÄREi^, begegnet nirgend, so häufig das pari, praet.
angeboren; wie eine mutier sagen mag: das habe ich meinem
Sühn angeboren, dürße man ihr auch in den mund legen:
ich gebar es ihm an, dachte es ihm anzugebären. doch ge-
sagt worden ist das noch nicht, vgl. angeboren.
ANGEBÄUDE, n. aedificium annexum, ein anbau : eingang
zu einem angebäude oder capelle. von Birken 0. L. 174; einen
bedienten, der in dem angebäude etwas zu holen lief. Göthe
17-, 364; noch unregelmäsziger waren die neuen angebäude,
die mit dem haupigebäude durch galerien und bedeckte gänge
zusammenhiengen. 20, 6; die angebäude der bibliothek wur-
den abgebrochen. 31, 159.
ANGEBELLE, n. allatratus : das angebelle der hunde, wenn
mau an dem hause vorübergeht, ist unerträglich; ein ewiges
gezänk und angebelle.
ANGEBEN, indicare, designare, prodere, anmelden, anstim-
men: dazu hat er deinen knecht angegeben {vulg. accusavit).
2 Sam. 19, 27. vgl. fastn. sp. SS2, 26 ; darauf leszt sich Daniel
beim könig angeben (ansagen, melden). Mathesics 80"; haben
wir bei i. k. gn. uns angeben lassen. Schweisiches 1, 84; den
brjef angeben, diclieren, in die feder geben. Garg. 211* ;
der die rreundschaft aufkan beben,
hat sie nie recht angegeben {angeslimmt).
LoGAt; 3, 7, 43;
(was ist das man mit recht tadeln kann? dies)
dasz der kaiser nie was lobenswerth gab an.
Grtphius 1, 20;
darr ich »or goiles richtstui treten?
was geb ich an ? was wend ich vor?
•'oh der vor ihm stopft herz und ohr. 2, 288 ;
die last die gab er (OifwZiw) an (erklärte tu tragen)
so Atlas auf sich tnigt. Fleki.-<g 3 ;
dein Weisheit reicher sinn
gab alle bimmel an. 24;
was er etwa femerweil unserer sacben wegen angeben und
Tortragen möchte. Felsenb. 4, 280 ;
und gibt aus rrommer reu sich zum husaren an.
Lessitco 1, 25;
wie ich denn beweisen will, dasz man gar nicht nöthig hat,
die vermeinte Verbesserung anzunehmen, welche Samuel Petit
darinn angegeben hat. Lessinc 6, 281 ; wehe mir wenn die Sai-
ten dieses instrumcnts falsch angeben. ScniM.ER 752 ; der ba-
ron gab zur Ursache an, dasz im schlösse alles in bewegung
sei. Göthe 18, 251; was hindert mich, sprach Antonio, den
bösewicht anzugeben? Tieck ges. nov. 6, 296; ein princip,
welches man deutlich musz erkennen und angeben können.
Kam 7, 291 ; in keinem anzugebenden räume würde eine an-
zugebende (juantitat räum anzutreffen sein. 8,493; eine an-
gegebne linie zu halbieren, mathem.- Sprachgebrauch. Man kann
das an in angeben fassen als ein an die band, an den tag,
an das licht geben ; deutlich bedeutet in vielen fällen den be-
ginn und anfang: wer hat das angegeben? zuerst aufgebracht?,
etwas gutes, gescheidtes oder albernes angeben, anstimmen;
den tact, mit der geige den ton angeben; beim karlenspiel
zuerst geben, ich gebe an. zuweilen ßr daran geben, aufge-
ben: beim kaufgeld angeben (s. angäbe, arrAa); er hat das
studieren angegeben (daran, aufgegeben).
ANGEBEN, sich, je prodere, Offerte, vinunliare, nnl. aan-
geven : hat sich mein herr vater bei ihro gn. herzog Heinrich
angeben (erboten) mich vom hofe wegzunehmen. Schweimchen
1, 33; und haben alle s.Tiyrische scribenten zum gebrauche.
dasz sie ungeschewet sich vor feinde aller lasier angeben.
Oprrz poet. 23;
sind Florioda deine wangen ein beblümtes lustgehäge?
gibt mein mund sich an zum gärtner, dasz er dieser Blumen pflege.
LoGAU 3. 6, 14;
Veit gibt sieb an zu dienen um schlecht- ja keinen seid.
3, 6, 88 ;
nun gibt sich noch ein krieg an, mein säbel sol mir noch
eine gratscbaft erwerben. Weise erzn. 198 ; erfuhr, dasz er
sich vor einen schwedischen baron von Lilienfeld angäbe.
Felsenb. 2, 491; da sich nun hierzu noch andere mehr anga-
ben. 3, 273; in dem erledigten kaiserthume gaben sich nach
Henrici tode sehr viele competenten an. Habx 2,227; selbst
der weise erröthet nicht sich für ihren schüler anzugeben.
WiEt.A\D 3, 312. heute ungebraucht, man setzt sich erbieten,
ankündigen, ausgeben.
ANGEBEN, n. indicatio, consilium, angäbe, anzeige: durch
frommer leute angeben. Luther 3, 2SS'; zum vierten hat ma-
gister Spalatinus durch angeben herr(n) Fabian von Fciliz das
vorgeschlagen. Luthers br. l, 208; unterdessen möchte sie
ihn doch noch lieber als einen ganz unbekannten, und spielt
sogar, auf sein angeben, die rolle einer wahnwitzigen. Lessing
7, 328 ; auf sein angeben hatte der bund geworben und Bre-
derode seine Schlösser befestigt. Schiller 843.
ANGEBER, m. index, delator, proditor: sie ist der heimli-
che rath im erkentnis gottes und ein angeber seiner werke.
weish. Sal. 8, 3 ; ohngefehr vor 15 jähren hat einer an einem
gewissen ort eine goldmine angegeben aber nicht ins werk
gerichtet, worüber d^r erfinder und angeber in meinung rei-
cher zu werden zum armen mann geworden, pers. reiseb. 3,
2; man ermunterte die angeber geheimer verbrechen durch
ansehnliche belohnungen. Wiela:«d 7, 80.
ANGEBEREI, /". die heftigsten angebereien und Verletzungen.
Göthe 26, 141.
ANGEBERISCH, in gutem sinn ingeniosus, erfinderisch, ein
angeberischer köpf, in übelem calumniosus, ein angeberischer
mensch, ror dem man sich hüte.
ANGEBINDE, n. donum nalalicium, weil die gäbe an den
hals oder arm gebunden wurde, sonst auch eingebinde, ein-
bund, gebindnis, strick, strecke, in der Schweiz helseta und
wörgeta genannt (vgl. über schenken und geben s. Uff.):
flieget durch die siernenwelt,
ihr geschwinden lenzenwinde,
fliegt mit unserm angebinde. Flbhiiic 43 ;
zarler blumen leicht gewinde
flecht ich dir zum angebinde. Göthk 47, 138;
der handelsreichthum der sladt erlitt einen schweren stosz,
den unmöglich das königliche entschädigungsgeschenk einer
wiese gut machen konnte, auch nicht das angebinde eines
Stadtrechts, wenn es überall damit seine jrichtigkeit hätte.
Dahlmanw dän. geseh. 1, 268.
ANGEBLICH, quod indicari potest, quod fertur: sein angeb-
licher söhn; diese angebliche that; das angebliche wunder,
die angebliche Ursache ; man gibt zu verstehen, dasz g;tr kein
grnnd der Wahrheit weiter angeblich sei und dasz die er-
kenntnis unerweislich sei. Kant l, 89; die beziehung eines
begrifs auf angebliche gegenstände kann am ende nirgends
als in der erfahrung gesucht werden. 2, 239 ; etwas bedingtes,
das nur angeblich [dabile) ist (iw gegensatz zum gegebnen,
datum). 2, 408 ; ein bestimmtes, in zahlen angebliches Verhält-
nis. 7, 104.
ANGEBLICH, adv. putando, putative.
ANGEBOREN, natura insitus, nnl. aangeboren, urspr. was
an einen geboren ist, mhd. vom wiedhopf:
ein lasier ist mich (hesser als mir) angehorn,
da^ ich min eigen nest betuo. Haupt 7, 3()1 ;
es ist sie von ir muter nit angcboro. fastn. itju 43, 33;
mit angebomen triten. Heinr. Trist. 59, andere belege bei BE!f.
1, 157*. dasz sie böser art waren und ihre boshcit ihnen an-
geboren, «eish. Sal. 12,10; folgen die wapen, und ist bei je-
dem verzeicimel, von wem mir eines oder das andere ange-
boren ist. Schwe!mche?c 1,15; angebornc freunde. 2,264;
mein allertbcuerster, mein anffebomer rrcund.
HACEDORK 1, 56;
in einem auszuge des ganzen, nach welchem man ihnen ihre
angebornen stellen in diesem ganzen nicht anweisen könnte.
Lessing 9,140; indes ihr gar nicht zu begreifen scheint, was
für Vorzüge die götter euch angeboren haben (dies wäre ein
22
339
ANGEBOT — ANGEHEN
ANGEHEN
340
beleg für angebären). Gothe 14, 109 ; es mustc mir jemand
angeboren sein, wenn er mir meine Sorgfalt abgewinnen wollte.
19,359; so wird jede fühigkeit uns angeboren. 20,167; ange-
borne gaben. 24, 45 ; angeborne sünde, erbsünde.
ANGEBOT, «. oblatio, anerbieten : die Vernunft nimmt ge-
wisse Sätze als ein fremdes angebet an, das nicht auf ihrem
boden crwaclisen, aber hinlänglich beglaubigt ist. Kant 4, 242 ;
die Städte der hanse nehmen das angebot an. Dahlm. dän.
gesch. 2, 57.
ANGEBUNG, ■/". was angäbe, aber ungebräuchlich: ihre an-
gebung bei den Statthaltern durch eine förmliche klage zu
unterstützen. Wieland 28, 29.
ANGEBÜRLICH, franz. respeclif, relalif: soll man ihre an-
gebürliche namen an alle 'galgen und branger schlagen. Beut-
TEn kriegsordn. 73. stände es für angebiirtlich, naturalis? s. das
folgende.
ANGEBURT, /". natura, indoles, ahd. anapurt natura (Graff
3, 161) : toub und stumm, nit von natur oder angeburt. Kei-
SERSB. post. 3, 73. vgl. bürtig.
ANGEDEIHEN, proficere, gelangen, zu theil werden: das
wird mir noch angedeihen, eine tracht schlüge soll ihm schon
angedeihen, urspr. an ihn gedeihen, an ihn gelangen, mit Ver-
drängung des acc. durch den dat. der person. mhd.
dö was der burgaerc nar
gedigen an dise spise gar. Parz. 190,28;
eins tages ged^h ej an die stat. 345, 26,
ins nhd. übersetzt: gedieh es der stadt an. gewöhnlich ver-
binden wir dies angedeihen {wie sonst anfechten) mit lassen,
ich lasse dir angedeihen heiszt ich gestatte dasz dir zu theil
werde, dasz an dich gelange: heilig sei mir das gastrecht,
das du mir angedeihen lassest. Gotter 3, 470; einem schütz
angedeihen lassen. Göthe 26, 139.
ANGEDENK, memor, eingedenk. Keisersb. post. 3, 58. s. an-
denk.
ANGEDENKEN, n. memoria, gleichviel mit andenken:
lasz sicli dein herz nicht melir hekranken
von deiner eitern angedenken. Weckheriin 352;
nu weisz ich recht, wie sclimerzlich der wollust
das angedenken rühret. 465;
sein angedenken, das bei witwen und bei waisen
spät dauren wird. Gökingk 3,260;
ach welch angedenken faszt
beim schöpfe mich. Gotter 1,391;
sclion hör ich manche stümperin
ihr angedenkeh laut verliönen. 1, 122;
weckst du ohn unterlasz ein bittres angedenken? 2, 17;
angedenken du verklungner freude. Göthe 1, 106;
angedenken an das gute. 47, 70.
ANGEDEUTETERMÄSZEN, adv., wie angedeutet ist.
ANGEDING, n. conditio: doch mit diesem angcding. Fi-
SCOART bienenk. 220*.
ANGEFÄR, fere, schreibt noch Luther br. 1, 511. vgl. ahne
und angfer.
ANGEFÄLLE , n. bona Ifbreditale devoluta, vgl. anfallen :
solches väterliches angefälle. Schweinichen 2, 259 ; ein stuck-
lein zeitliches guts, angefalle von meiner schwieger frau mut-
ler, welches doch nicht am geld, sondern fahrnis gewesen.
2, 193.
ANGEHABEN, incipere, gleichbedeutend mit anheben, doch
förmlich davon unterschieden und abzuleiten von dem subst.
anhab, angehab initium: der angehabende geist und das erste
stück der gnaden iiat allein die art, das es wider die übrigen
Sünde erbeitet. Luther 1, 406'.
ANGE}L\BEN, inceptus, part. von anheben.
ANGEHÄNGE,«, appendix, was anhängt: das ander gesind
und angeheng zogen hernach. Fisciiart Garg.iil*; bann und
mann sind männliciie reime, weil iimen dies angchängc {die
klingend machende silbe en) fehlt. Götter 3,341; ein stück
aus der moralischen weit, olme alles fremde angehänge her-
aus zu schneiden. Kmncer 12, 16. vgl. anhang.
ANGEHAUEN, part. von aniiauen, das pferd antreiben, mit
der peitsche liauen, wird ganz wie angestochen {was man nach-
sehe) zu kam gestellt: mit einem schweren korb voll nasch-
werk angehauen kam. Simpl. 2, 37H.
ANGEHEN, invadere, aggredi, adoriri, nnl. aangaan, die be-
deulungen werden verständlich, wenn man sich die parlikel als
praeposition denkt, was
1) am leichtesten geschieht bei transitiven Wörtern, deren aec.
ursprünglich von der praep. -abhängig erscheint, einen angehen
will sagen an einen gehen, auf einen losgehen, mhd.
so rechet mich und gel ir alten höt mit sumerlalen an!
Waliu. 73, 22,
macht euch an ihre haut mit stücken, wenn dem kreisenden
Jäger kein wild aufstüszt, sagt er: mich ist nichts angegangen.
dem alterthum waren ßeber und seuchen lebendige, den menschen
peinigend anfallende wesen, sie gehn ihn an, kommen über
ihn, wnrf wenn sie angefluchl werden, heiszt es, dasz sie ihn
angehn sollen:
ei das dichs faldubel ange und der rit! fastn. sp. 36, 14;
das dich der rit selbs niusz angen ! 524, 13;
das dich nit drus und beulen anget. 173, 1 ;
das si der fallelen (fallende) siechlag angieng.
geschichtsfreund 7, 248 ;
pfu, das euch dis und jenes angehe, warum weiset ir mir ein
solch bild? Luther 4,502'; wahrscheinlich ist danach folgende
stelle zu deuten: wann ein gaul angangen {von der seuche an-
gefallen) ist, oder angehn {erkranken) wil, das fit wann es {ihm)
anfangt zu schlagen und blasen im bauch. Seüter rosarznei 22
{siehei,e). Von jedem thier, dessen angang gcfahr droht, könnte
gesagt sein, dasz es uns zu unheil angehe. Aber auch bei
andern zuständen, die wir heute abstract auffassen, scheint eine
ähnliche sinnliche Vorstellung im hintergrund liegend, mhd.
daz weinden sine mäge, des gie sie wjeriiche not.
^i6. 2002,4;
alles wird deutlich, sobald man ein ausgelassenes an hinzu
denkt, not gie sie an, not gie ane sie, eine lebendige, perso-
nißcierte noth, und andere mal steht wirklich:
der hffiie unmuot und michel leit
und gieng in (e«m) otich des not an. Trist. 181, 3;
wo statt des persönlichen acc. ein dat. eintrat, ist der ausdruck
unlcbendiger geworden. Nib. 2175, 3. 2251, 2 {gramm. 4, 249).
nicht anders bei zorn, kumber, räche gät mich an (Ben. 1, 467")
und das ahd. mih ist wuntar {gramm. 4, 142) läszt sich ergän-
zen: mih ist wuntar ana gigangan. nhd. was mag wol den
evangelislen noth angehen? Luther 4, 45l'; was gehet in not
an? 4, 537'; und was gienge mich noth an in eins andern
Sachen? Luthers br. 4,186; vgl. 1er. 2,27 wenn die not her
gehet, mit adjectivischem not {grajnm. 4, 244)
mich gieng klagens nöter an dan dich, fastn. sp. 610, 6,
wo der ursprüngliche sinn der redensart ganz ungefühlt ist.
das in {cum) kein entlich rew ange. Schwarzenb. 151'. wir
sagen noch heute: noth geht uns an, die höchste noth hat
uns angegangen.
In vielen andern fällen hat angehn diesen transitiven sinn
mit dem acc. der sache, meisteniheils der person: unsere schif
möchten angecn etwa an einen sehrofen und felsen. Frank
weltb. 222", wo sich die praep. neben der partikel wiederholt;
ir habt mir mein lebentag noch nie angezeigt, worinne ich
streflich gewest oder geirret hab, habt alles mit gewalt {wie
t'or/if« mit sumerlaten) angangen. Luther 2, 464'; er gieng ihn
mit dem degen in der faust an ; er geht uns mit baren lügen
an ; es angehn, unternehmen, versuchen, heiszt deutlich an et-
was gehn, an die gefahr des kampfs gehn: er geht es tapfer
an; iaszt es uns beherzt angehen; die liebe zu ihrem vater-
lande hat etliche eine gefährliche sache anzugehen erkühnet.
pers. rciseb. 3, 4; sie giengen ein geisz an, die ein Schleier
auf hat. Garg. 259';
da war gar keine furcht bei beiden mehr zu sehen,
der schlimste woU es wol mit liundert an ilzi gehen.
Werders Ariost 26, 22;
wann du den mut nicht hast es mit mir an zu gehen. 30, 84;
einen angehn, einen kampflich bestchn, auf einen los gehn :
der hund geht die Schweine an, greift, faszt sie an; was soll
man mit den alten Sachen angehen? Opitz Arg. 1,424;
denn es gieng ein losor mann
öfters einen beszrcn an. Logau 2,244;
und fordert ihn heraus, den Zweikampf anzugehn.
Hagedorn;
rief er hervor die tapfersten aller Achnier
ffeeen ihn anzugehn den hochgef.ihrliclicn Zweikampf.
* •* HÜRCER 206«;
gerades oder krummes wegcs wider einen angehn. Klopst
12, 96; da ich sie doch nun kenne, die übel, gegen welche
die freimäurcrei angehet {ankämpp). Lessing 10,276;
es diiucht ihn grosz und schön
das schwerste abciiteiir der lugend anzugehn.
WlBLAND 22, 255.
341
ANGEHEN
ANGEHEN
342
ein ding, ein werk angehn, aggredi: der barbierer aber ver-
stehet, er solte ihm einen zahn ausbrechen,- sucht derowe-
gen seine instrumenten hervor, das werk anzugehen. Simpl.
1, 6S7 ; die alten wissen ihre sachen klüglicher anzugehen als
die jungen, pers. roscnlh. 6, 2; man soll nicht ein ding an-
gehen, man habe es denn zuvor wol betrachtet. Lokman fab.
6; sie mögen es angehen (angreifen), wie sie wollen. Wie-
LASD 2, 162; dasz man es ungeschickt angehen müste, wenn
man sie nicht dahin bringen könnte. 15, 319. einen angehen
f?ie»(i/ auch bloss sich an einen wenden, ihn befragen, ersuchen,
auffordern : dorfte deren keiner mehr mich ichtwas angehen
oder fragen. Philandeh 2, 3S ; er ist so vielfältig angegangen
worden, diese geschiclite den freunden seiner muse mitzuthei-
len. WiELA-ND 1, torr. 5. v ; den richter bittend angehen ; am
meisten aber bespricht er sich mit unserer edlen tante, die
er von zeit zu zeit besuchend angeht. Göthe 21, 121; " des
morgens gieng Lucidor festen entschlusses hinab, mit dem
vater zu sprechen und ihn deshalb in bekannten freien stun-
den unverzüglich anzugehen. 21, 137; es bleibt nichts übrig,
als Lucinden selbst anzugehen, sie musz es wissen, sie zu-
erst. 21, 144. Die gelindeste bedeulung empfängt aber dieses
angehen, wenn es attinere, pcrtinere, betreffen aussagt, und
dazu findet sich früher fehlerhaft ein dat., heute nur ein acc.
der person gefügt: was gehen dir die camecle an? pers. ro-
senth. 1,18; hörestu etwas neues, das einem andern angehet?
8, 35; wen gat es an? Ba.\ST narrensch. 174;
was nicht mir, das geht auch dir nicht an. Brockes 1, 444;
es gehn der sanften braut verrauchte berzensschwächen
dem klugen brautigam nichts an. Gottbr 3, 303;
was gehl der (liuic) die mutter an,
die selbst mutter werden kann ? Lessi.ng 1, 73 ;
aber was gehen dem Christen dieses maimes hypothesen und
erklärungen und beweise an ? 10, 10. doch setzte Lessi.xg an-
deremal den acc: was geht dich meine Unschuld an? 2,29;
Xylander hat die worte, Reiche den Sophocles angehen, fol-
gendergestalt verbessert. 6, 309. was gehet es dich an? Joh.
21, 25; was gehen mich die drauszen an? 1 Cor. 5, 12 (goth.
bloss hva mik ?) ; der handel geht mich nicht an. Weise kl.
leute 256; der mensch geht uns gar nichts an; er geht uns
in etwas an, ist uns einiyermaszen verwandt;
der streit, versichert er, gieng eine wahrheil an,
die er so sonnenklar, so scharf beweisen kann.
WiELASD 9, 48;
wie Virgils Äeneide mehr den glänz Roms angieng, als die
Sitten desselben. Hebder 16, 248; der einst werth befunden
worden einen namen zu führen, der mich mehr angieng.
Schiller 287; nein, was mich angeht, ich bin von nun an
der abgesagte feind des hauscs Österreich. 977; nichts, was
blosz die sinnliche natur angeht, ist der darstellung würdig.
11J6 ; und wenn ich dich lieb habe, was gehts dich an ? {quid
ad te?) Göthe 19,57; dasz alles dir noch ebenso theuer ist,
dasz ich dich noch ebenso angehe. Tieck Stemb. 1, 19. schon
mhd. wa; gät mich und dich da; an? (Ben. 1, 467'). man ver-
bindet damit auch adverbia: es geht mich schwer, hart au,
es musz ihn nahe angehn; dieser fall geht mich selbst zu
nahe an. Gotter 3, 77 ;
der knaben Schicksal lasz
den göllem. mich und dich gehn sie nichts an.
— ihr blul gehl nah dich an, sehr nah. Kiopst. 9, 65 ;
o Weisheit des herm und o gute! wie nahe gehl alles den
menschen an. 11, 150, was wieder jenem alten noth geht an
und nöther gehl an begegnet.
2) Schwieriger sind die fälle 'anscheinender intransition, ihr
an kann sich auf keinen ausgedrückten, wol aber auf einen
ausgelassenen und xu ergänzenden acc. beziehen, es sind lau-
ter schöne redensarten, voll innerer kraft.
a) das feucr geht an, accenditur. es galt für ein wildes,
ausgebrochnes, bolz und häuser anfallendes, verzehrendet thier,
warum sollte es hier anders zu fassen sein als jenes thier des
fiebert ? das feuer geht an hiesze demnach, es springt an das
holz, an die balken, greiß sie an, invadit, das haus ist an-
gegangen, invasum, correptum est. dann aber, als die lebhaf-
tigkeit det ausdruckt sich minderte: das liolz gehl an, das
Zimmer, der stall gehl mit an. keine ahd. mhd. belege sind
aufgezeichnet, der ausdruck musz doch bestanden haben wie
heute, denn das fewr ist angangcn durch meinen zorn. 5 Mos.
31, 22 ; und fewr gieng an. pt. 78, 21 ; denn es ist das fewr
in meinem zorn über euch angangen. Jer. 15, 14 ; darumb wil
ich ein fe«T aus dir angehen lassen. Ez. 28, 18 ; wenn das
hans von fewT angehet. Baruch 6, 54 ; dasz der wald bei Werda
auch angangen sei und viel orten mehr, hilft kein löschen.
Lcthe^ br. 5, 200; die brück gieng an von fewr. MC.nster
702 ; dasz im nachts vom athem das bett angangen. Fisch.\rt
Garg. 105'; aus dem rauch des herzens der inbrünstig seuf-
zenden armen ist diese brunst angangcn. pers. rosenth. l, 29 ;
dasz wir sorgten das zimmer möchte angehen. Simpl. 2, 486 ;
da gieng das feuer erst recht an. maulaffe 9 ; als einesmals
zu Augspurg die pulvermühl angegangen. Hohberg 1, 306';
der tisch wollte eben angehen. Schiller 121; mann und frau
sahen zu, wie die fünklein bald angicngen, bald auslöschten.
Hebel i. 14. vgl. ausgehen und aufgehen.
b) gleich der feuersnoth sind andere nüthcn. das wasser gehl
an heiszt steigt an, tritt an das ufer : das wasser was von
groszem regen angangen und gewachsen. Flut. 68; durch
das regnen sind alle wasser grausam angegangen (angelaufen).
Stumpf Schweiz, chron. 728'. hier geht dich der wind nicht
so an, ist deutlidi: geht nicht so an dich, und es köniite auch
ohne acc. gesagt werden: der wind geht heute stark an. in
andeni fällen angehender noth sahen wir vorhin den acc. hin-
zugefügt, heute sagen wir oß ohne ihn: nun geht die noth
an, nun wird der jummer angehen! nun gehl das unglück
an. Göthe 14, 294. warum wäre nicht m gedanken beizusetzen:
an uns, an die leute, und die phrase wird bedeutsamer. Lo-
GAC sagt 1, 8, 25 :
er steht viel Tester noch als feste cedem siehn,
die regen, thaw, reif, schnee, frost, hitze wird angehn.
c) statt der noth und des Übels kann aber auch heil, glück
und frohe zeit angehn : nunmehr gieng eine selige zeit im
lande an (die menschen, leute);
an wird gehen alle tust, auf wird hören alles klagen.
LoGAü 2, 10, 57 ;
das neue jähr, der tag, der abend geht an (das land, die
weit); die heuernte, weinlese ist angegangen, freilich hat sich
hier überall die abgezogne Vorstellung des anhebens, beginnens
entfaltet: wecke mich, wenn es angehn (los gehn) soll;
Schauspiel, ball und schmausereien
geben nun von neuem an. Gotter 1,49;
ror alters aber dachte man sich das jähr, den mai einziehend
ins land, den tag heran reitend, ihre annäherung wurde als
solche 'empfunden, auch erscheinen wirklich begleitende accu~
sative: der schone sumer g^t uns an. .WS. 1, 21*, und dann
fällt der ausdruck zu den offenbar, transitiren. gleich dem Un-
heil wurde heil angewünscht: so müsse dich auch ein gut jar
angehen I Luther 4,457'; daselbst sol einen ein glück ange-
hen. Agricoia spr. lll';
mich soll ein glück angan. fastn. sp. 827, 7;
kein glück gieng dich sonst niemer an. 8S3, 16. 884, 7;
ihr bequemt euch nach der zeit
und geht an die süsze freude. Flbxl*«« 362.
d) angehen drückt uns femer aus wachsthum und gedeihen :
die pflanze, der bäum geht an, soHle das ursprünglich nicht mei-
nen geht an die erde, schlägt würzet, schlügt an, wie es auch
heiszt ? drückte es blosz aus gedeiht, wächst in die höhe, so würde
auch vom aufwachsenden thier gesagt werden, dasz es an gehe
(doch s. angehend), ror» einem solchen vegetabilischen angehn
und gerathen scheint sich aber einfach die häufige und viel-
fach abgestuße Vorstellung des glückens, gelingens, fortgangs
und halben anwachsent abzuleiten : es gehet ihm glücklich an
nach seinem fürnrhmen. Luther 4, 137', prospere succedit, bene
cedit; wenn die lügen geraten und angehen (so spricht man
vom kraul), wie des bapsts lügen geschehen ist. 2, 62* ;
dasz allen er gefallen kan,
gehl schwerlich, glaub ich, jedem an. Logad 1, 8, 38;
Coita wer ein reicher mann,
wann sein anschlag nur gieng an. 2, 9, 12;
sie dachte, wie sie mich doch bringen möchl durch list
von den gofäbrien ab: solcbs ihr angangen ist.
Werders Ariott 6, 38 ;
und dieser bosz gieng mir bei diesem narrischen volk frei
(schön) an. Atber proc. 2, 5; es wäre ihm auch wol ange-
gangen (gerathen, gelungen). Opitz Argen. 2, 60. das forlgehn
grenzt an hingehn, passieren, gestaltet sein:
in Spanien gebt dieser fuszzwang an. ilAGEDOR.f 2, 153;
das gebt nicht an, Terseizi ihm Majens söhn,
du kommst hier nicht so leicht davon. Wiela.id 10, 163;
22*
343
ANGEHEN — ANGEHÖREN
ANGEHÖRIG— ANGEL
344
das gicngc schon noch an. Gellert 3, 403 ;
'zeig her', der knabe reichts. 'geht wol an,
aber es fehlt noch manches dran'. Göthe 2, 215;
die schmerzen gehn noch an, sind leidlich, mdszig; die hilze
geht diesen sommer noch an, ist nicht allzu heftig. ^
e) endlich bezeichnet angehen auch pntrescere: das fleisch
geht schon an, über in fäulnis, geht über, zu kühn wäre die er-
gdnzung : es geht schon an oder vor die würmer, bemcrkenswcrth
aber ist, dasz auch anbrechen gesagt wird, gerade wie angehen
und anbrechen beide vom anfang des tags gelten, angegang-
nes obst, anbrüchiges, von anbrüchigen speisen bildet man
niederd. das verbum anganern. vielleicht hierher die stelle
vom angehenden gaul {oben unter 1).
Wer nun die unter a)-^e) versuchten deulungen, welche das
transitive und intransitive angehn ausgleichen, misbilligt, musz
sich damit begnügen in dem an ein unpraepositionelles d. h. auf kei-
nen andern gegenständ bezognes voran, oder ein abstractes begin-
nen zu suchen, das auf die meisten fälle von 1) nicht past und
auch bei 2) zu andern ellipsen zwingt, denn man hätte der tag,
das feuer, das obst geht an immer verschieden auszulegen,
und wenn wir sagen: der fisch geht an, meint das doch
sicher: bei'szt an die angel, an den köder. in einzelnen fäl-
len bleibt freilich die deutung durch beginnen letzte Zuflucht,
X. b. wenn Fischart Garg. 93* sagt: da giengen die glocken
an prim pram, da hüben sie an zu läuten.
■ ANGEHEN, n. invasio, in allen bedeutungen des verbums,
angehen der noth, des kampfs und werks, des feuers, des
Jahrs, der pflanze : solcher beiden gibt es viele . . die im
schnarchen und groszsprechen rittermäszige leute, im ange-
hen {an den feind) aber hasenherzig sich erweisen. Simpl. 1, 256.
ANGEHEND, recens, adolescens, incipiens: ein angehender
mann, greis; angehender handelsmann. Lessing 1, 344; an-
gehender gelehrter, künstler: ebenso wird zwar der ange-
hende künsller, aber nicht der vollendete geboren. Göthe 22,
222 ; ein angehender dieisziger, der eben in die dreiszige ge-
treten ist. das angehende jähr, der angehende mai, häufig in
angehendem meien, in angändem meigen {weisth. 1, 321) ineunte
majo; bei angehender nacht; ein angehend schwein, keuler
von vier jähren. Döbel 1, 24', im fünßen heiszl es hauend oder
hauptschwein. ein angehender bäum, der von drei gehauen
stehn blieb; mein angehender milchweiszer busen. Simpl.
2, 198, entweder nur anwachsend oder an das gewand stoszend.
das angehende alter, seines angehenden hohen alters unge-
achtet, ehen eines weibes 15 ; angehendes obst ; angehende lei-
denschaft. Göthe 26, 8 ; angehende neigung junger personcn.
26, 14 ; lächeln ist angehender spott ; angehende race, die in
dem klima noch nicht lange genug gewohnt hat, um den
Charakter der race völlig anzunehmen. Kant 10, 29 ; angehende
{hingehende, passable) entschuldigung. endlich angehend atli-
nens, wie betreffend : ich fand bald, dasz die katholische par-
tei die angehende sache, so viel sie nur konnte, ignorierte.
Tieck Cev. vorw. in.
ANGEHEND, adv. quoad, franz. quant aux, nnl. aangaande :
weiter geloben wir uns weclfselsweise zu vertheidigen ange-
hend die artikel, welche in diesem compromisse verzeichnet
sind. Schiller 819.
ANGEHENDS, adv. conlinuo, gebildet wie durcbgehends,
nachgehends, hernachgehends, eigentlich bedeutet es: immer
an gehend, zu gehend, fort gehend, ahd. ana gdndo : wie
angentz {in einem fort) lüt zu iren kamen. Tu. Pijvter s. 10 ;
do bcgärten die Schelmen angentz {immer) mit unsrcn ge-
sellen zu spilen im schachzabel. IS ; dan ich liatt das gutzlcn
und bättlen wol gewont, dan darzu hatten mich die bachan-
ten angentz bracht, gar nit zu den schulen zogen und nur
nit gelcrt läsen, nachdem ich sälten in die schul gieng und
angentz, wenn man in dschul solt gan, mit dem tuch umb-
gieng. 26 ; sagt ich zu dem knaben, er soR sich {im schnee)
nit setzen, sundcr angentz {in einem fort) gan. 64. dann
auch anfangs, ineunte: welches gift insonderheit angehcnds
der bundstagcn wirt gcraehret. Forer fischb. 80'; angehcnds
primnm. Stumpf Schw. chron.
ANGEHENKE, s. angehönge.
ANGEHÖR, n. proprielas: einem etwas zu angehör, als an-
gehörig verschreiben.
ANGEHÖKDE, /". pcrtinenx: das Elsasz ist eine alte ange-
hörde Deutschlands, gehört von allers her zu uns.
ANGEHOHEN, attinere, eigentlich an einen gehören, an
einen gewiesen sein: alle di i; (das kind) anc gehörten.
myst. 50, 21; weliche sache unsem voget angehörten ze rih-
ten. Chmel fontes 1, 283 {a. 1299) ; wer dich angehöret in
der stad. 1 Mos. 19, 12; meine tochter, wen gehörest du
an? 24, 23, in welche stellen spätere ausg. den dat. einschwär-
zen; daruinb dasz ihr Christum angehöret. Marc. 9, 41; der
erslling Christus, darnach die Christum angehören. 1 Cor. 15,
23. golh. J)ai Christaus ; verlasset sich jemand darauf, dasz
er Christum angehöre. 2 Cor. 10, 7. goth. Christaus visan;
allein Christum, und die in warbaftig angehören, ausgenom-
men. Luther 1, 5' ; was zu mir eingehet, das ist was mich
angehöret. 6, 146"; denn ir gehöret nicht sie {die weit), son-
dern meinen vater an. 6, 195'; vielleicht gehöret dich die
verheiszung nicht an. Melanchth. im corp. docir. christ. Lp.
1560 p. 936; das lanib, und die das lainb angehören. Frank
verbütsch. buch 1559. im 17 jh. trat der dat. an die stelle
und gilt jetzt allgemein: dasz du mir heute angehörst. Les-
sing 1, 404;
er ist der alle freigeborne vogel nicht,
er bat schon jemand angehört. Göthe 1, 107.
Opitz hat ein unpersönliches angehören für sich gehören, die
zeit sein, sich gebären:
kömpt dann die sonn heraus, wanns angehört zu tagen,
und leuchtet durch die lult mit ihrem leucrwagen. 2, 152.
ANGEHÖRIG, angehörend: dies buch ist mir angehörig,
früher würde gesagt worden sein mich angehörig; ein ange-
höriger, anvcrwandter ; meine angehörigen; die überlebenden,
angehürige oder fremde. Kant 5, 104. mit 'treu angehörig"
schlieszen gern Göthes briefe späterer zeit.
ANGEHÖRIGEN = angehören: da er nicht aus allen pio-
vinzen zugleich gebürtig sein kann, so ist es ihm erlaubt,
keiner von allen anzugehürigen. Schiller 792.
ANGEHÖRIGKEIT, f Verhältnis des eigenthums und der ab-
hängigkeit.
ANGEHÖRSCHAFT, f inbegrif der angehörigen: mich samt
meiner ganzen angehörschaft, incli%ive des Merkurs bestens
empfehlend. Wieland bei Merck 2, 262.
ANGEHÖRUNG, f dasselbe: der haspel samt seinen an-
gehörungen. Hohberc 2, 430".
ANGEIFERN, spuma, veneno adspergere: mit Verleumdun-
gen angeifern.
ANGEISELN,, scutica incitare :
dasz er die ross in die sciilacbt angeiselte. Voss.
ANGEL, «1. aculeus, hamus, cardo, ahd. angul, mhd. angel,
ahn. öngull, ags. angel, nnl. angel, fortbildung des ahd. ango,
mhd. ange, und dem lat. aculeus, uncus entsprechend, spitze,
Stachel und eiserner haken, in dem die thür hängt, oß im
geschlecht und nach den bedeutungen schwankend, Luther
braucht angel hamus männlich, angel cardo weiblich, was an-
dere gerade umdrehen, doch scheint hochdeutscher mundart das
angemessenste, jede dieser bedeutungen männlich zu gebrauchen.
a) angel, Stachel, voraus der biene, so mhd.
dos honeges süeze wa>re guot,
wan da; vi! wo der angel tuot. Freid. 65, 17;
da; lionec in dem munde,
da; eiler da der angel liu Trist. 378, 24 j
der den angel schon hat hin
was förcht er sich meh vor der bin?
das er drumb hinwerfen weit
den imnicnkorb, des angels sold. Fi$<:hart e/u. 6;
mit scharpferem angel. bienenk. 237" ; die weil sie sehr scharfe
und mordwürkende angel haben. 237'; sie (die dröhnen) ha-
ben kein angel. 238'; die angel (aculei) der bienen. Hou-
berg 2, 3S9';
dasz sie hacket der armut angel. H. Sachs V, 300*,
wie mhd.
die wil diu sor^e ir angel
in min herze hat geschoben. \Vh. 174, 32.
b) angel, hamus, fischangel: kanstu im (dem Leviatluin)
einen angel in die nasen legen? //io& 40, 21; und die fischer
werden trawren und alle die so angel ins wasser werfen.
Es. 19, 8 ; sihe es kompt die zeit über euch, das man euch
wird eraus rücken mit angeln. Arnos 4, 2; gehe hin an das
mecr und wirf den angel. Matth. 17, 27; würmlein an dem
angel. Keisersu. ;
gieng nach tischen
mit einem angel an den Rein. II. Sachs 1,537';
do nimpt David den angel an (bisz in den angel, den ihm
der leufel gelegt halle). Mathesius 114'; zu zeilcu drei oder
vier iingel in seinem bauch gefunden werden. Forer fischb. 79';
345
ANGEL— ANGELEGEN
ANGELEGENHEIT — ANGELOBUNG
346
dis ist dein falsches aas, dein angel. Grtpuius 1,49S;
speist was ihm fängt die angel. Flememc;
'discn angel mein fraw* führt Fischabt Gary. 166* unter den
spielen n 201 für uns unverständlich an;
mit einem güldnen angel fischen. Hagedor.n 1, 100;
was andre sterbliche aus mangel
der böhern scheidekunst, gleich einer flieg am angel
zu süszem untergange kirrt. Wieland 9, öl ;
wo der überflusz den goldnen angel
in das meer der freude hängt. Gökingk 1, 45;
der dann bald hier bald da den angel
nach freundschaft, ach, umsonst warf aus. 1, 271 ;
schwebt unversucht alsdann vor mir
der Wollust süszer angel. Bürger 103*;
an diesem goldnen angel hat manche starke lugend sich ver-
blutet, Schiller 2S4 ; nirgends beleidigt diese (falsche annut)
mehr als wo sie der begierde zum angel dient. 1125;
das Wasser rauscht, das wasser schwoll,
ein fischer sasz daran,
sah nach dem angel ruhevoll. Göthe 1, 185;
wie der köder am angel zu befestigen sei. 22, 194; diese
blicke sind es, die den angel in meinen busen geworfen ha-
ben. TiECK 2, 150 ; man steckt einen schweinsrücken an einen
angel {äyxi<nQOf). La.nges Uerod. 2, 70. weiblich, auszer
Fleming : in die angel beiszeu. Rlixger 3. 9S,
c) angel, Ihürangel, cardo: das ein igliche thür zwei blat
hatte aneinander hangen in iren angeln, l kön. 6, 34 ; auch
waren die angel au der thür des hauses gülden, 1, 7, 50 ;
ein fauler wendet sich im bette, wie die thür in der angel.
spr. Sal. 26, 14;
die thür im angel kan ich schmieren,
das sie nit knarren kan noch kirren.
H. Sachs I, 516;
halle mich also zwischen thür und angel gesteckt und wüste
der Sachen nicht rath. Schweixiches 1, 127; wann das pferd
das maul nicht recht mehr zubringen oder schlieszen kan,
weil es aus den angeln gesprungen. Pimer pferdschatz s. 389 ;
ach, mein maul ist mir aus dem angel. AniER52';
sich zwischen thür und angel legen. 75';
da war Georgien erst zwischen thür und angel.
Gbtpuius 1, 134^;
seit die slaren sich in ihren angeln drehen.
WiBiA.tD 10, 173;
vom angel baut er das thor. Schiller 34;
die beiligkeit der kirchenmusiken, das heitere und neckische
der vpiksniclodien sind die beiden angeln, um die sich die
wahre musik herum dreht, Göthe 22, 228 ; die erheblichsten
einwürfe drehen sich gerade um diese zwei angel. Kant 4,
101; du hast mich aus den angeln gehoben, wo steh ich
fest? BETTiyE tageb. 222; ich bin allein, er hat mich wieder
ganz aus den angeln gehoben und zu dir hinauf. 2, 120.
Man schreibt auch dem ambosx, der sense, feile, klinge
einen angel, d. t. spilxe zu.
ANGEL, m. angina, bräune: wann die Schweine von die-
sem kraut essen, genesen sie von dem angel. .Mlrai.t eidg. 145.
A.NGELANGEN, adire, transitiv, einen um etwas angehen:
das man einen schwachen kranken menschen in schwere ge-
fengnis legen sol und darnach auf solche trefliche artikel so
gehiing zu respondiern angclangen. Lither 3. 411; wan ein
underthan euch uinh hülf und rettung angelanget. Philanuer
1, 580 ; wie sie den himmel umb hülf und rettung angclan-
gen. 1, 3. vql. anlangen.
ANGELB.VND, n. thürband.
ANGELRISZ. m. morsus hami.
A.NGELCHEN, n. hamulus, kleiner angel.
ANGELD, n. arrAa : zum angelde abzaiilen. colica 190 ; ich
kaufte ein stück gu(, gäbe ein stark angeld. liesze mir her-
nach die tagezeiten desto gnädiger machen. Weise erzn. 94.
ANGELEGE.N, nnl. aangelegcn, pari, prnet. ron anliegen
eurae esse, oß adjcelivisch gebraucht: wenn den leuten etwas
angelegen war. weish. Sal. 14, 21 ; ein wacker, fleiszig mensch,
der des seinen mit vleis wartet und leszts im angcleigen (so)
»ein. Luther 6, 141'; hoch angelegener geschcften halben.
Atrer proc. 2, 2 ;
sunsi nichts ist ihnen angeleicea
noch angenehm in dieser weit. Wbckherl. 12;
dasz ich nicht etwan stürbe und der weit so eine angelegene
person entziehen niiirlite. Weise erin. 75; eine angelegene
bitte. Rabener 6, 87 ; ein gespräcb, dessen mittheilung uns
der leser gerne nachlassen wird, da wir seine begierde nach
angelegeneren materien zu befriedigen haben. Wiela.nd l, 208 ;
es war mir unendliche mal angelegener zu wissen. w;er diese
unbekannte sei, 2, 43; nun hatte er selbst nichts angeleg-
ners, 3, 212 ; mein angelegenstes geschäft. 3, 278 ; viel ange-
legnere dinge, 4, 59 ; in den meisten und angelegensten fäl-
len, S, 108 ; zum behuf seiner Hören muste ihm sehr ange-
legen sein. Göthe 31, 41 ; mir war nichts angelegener, als
mich von seinen rhythmischen grundsätzen zu überzeugen.
31, 137 ; die höchsten und angelegensten zwecke der mensch-
heit, Kant 2, 371.
ANGELEGENHEIT, /", causa, nnl. aangelegenheid, eigent-
lich eine wichtige, anliegende, dann überhaupt uns angehende
Sache: minister der auswärtigen angelegenheiten ; sichs zur
angelegenheit machen, sichs angelegen sein lassen;
wie könnt ich ihm denn sonst
den kleinen raub nicht gönnen wollen, den
er sichs zu solcher angelegenheit
gemacht, den Christen abzujagen? I^ESsixe 2, 333 ;
der einzige söhn des würdigen mannes, den alle, welchen
die religion eine angelegenheit ist, so verehren und lieben,
10, 1; der tyrann machte sich eine giosze angelegenheit daraus,
alle weit zu überreden u. s, w. Wieland 2, 316; auch dies-
mal fragte er mit angelegenheit (so, dasz es ihm anlag) dar-
nach. Pestalozzi L. und G. 4, HO; die allgemeine mensch-
liche angelegenheit. Kant 2, 27. 28.
ANGELEGENTLICH, was angelegen: so angelegentliche
Untersuchungen. Kant 2, 40 ; es gibt einen vortheil, der auch
dem unlustigsten lehrling begreiflich und angelegentlich ge-
macht werden kann. 2, 238 ; meine angelegentlichste bitte
die bildung ist wie gelegentlich, geflissentlich m. a. m.
ANGELEGENTLICH, adv. sollicite.
ANGELEGTERMASZEN, modo constituto. Fischart Garg.
152', s. anlegen.
ANGELFISCHER, m. hamator, im gegensatz zum reuscn-
fischer, netzfischer. besser blosz angler.
ANGELHAKE.N, m. uncus hami, ein überflüssiges »ort, das
nochmals durch Zusammensetzung ausdrückt, was schon in an-
gel selbst liegt: sieh, sieh ein groszer lisch, der mich an-
beiszen wollte, wie einen regenwurm am angelhaken. Arnw
2,272.294; am angelhaken der bewundrung zappeile. J. Paul'
Kalzenb. 1, 15.
AISGELICHT. hamatus, aeuleatus, ahd. angoht.
.\NGELLEINE, f. funiculus hami.
ANGELLOCH, n. cavatura cardinis, nach dem voe. 1482
vertinella.
ANGELMAUS, f. mus araneus, Spitzmaus, wegen ihres
spitzen, angelßrmigen rüssels.
ANGELMUND, der entstellte name einer pflanze, soll rhus
(^01'») coriaria sein, deren sic/i gerber zur beize bedienen,
nach Nemnich heiszt auch lantana, wilde salbei angelmund.
woi aus agrimonia? s. agermund.
ANGELN, nach dem sinn von angel, sowol angeln aculeo
laedere: welche bienea angeln (stechen) mehr? die dörren.
Fischart Garg. 52* ; als angeln hämo piscari, das oß figür-
lich steht:
wer immer aogeli,
dem nimmer mangelt. Logau 2, zugäbe 43;
ich angelle mit rröhlichkeit
nach dir, du bissest an. Gleti;
jener wildfang,
der unersättlich nur n*ch neuen opfern angelt.
Gotter 1,253;
wirst nit viel angeln, ist noch zu früh. Gutbe 13, 19 r dasz
eine verdriesziich ist, die nach allen mannsicuten angell und
keinen fhngl. 57, 104 ; du solltest dich schämen, einem men-
schen, wie der officier, den du gestern angeln lieszcst, das
geld abzunehmen. Klincer 1, lOS ; die verarmende menge, die
sich, sobald sie von vaterländischer ehre entblüszt ist, in
jedem ausländischen sumpfe satt fischt und angelt J. Paul
nachdämm. 84.
ANGELOBEN, spondere, polliceri, geloben an die hand:
und hier gelob ichs an, verspritzen will ich. Schiller 337 ;
sie war meine, mir von euch angelobte braut. Klincer 2, 22.
ANGELÖBNIS, f. und n. promissio solemnis: der fürstli-
chen angelöbnis nach. Schweirichb» 1, 84 ; seines angelöb-
nisses eingedenk. Göthe 23, 11.
ANGELOBUNG, f. dasselbe: was icli in keine wege mit
angelobung tbun wollte. ScHWEinicBEN 3, 19.
347
ANGELPUNCT — ANGENEHM
ANGENEHMHEIT— ANGER
348
ANGELPUNCT, m. cardo rei, besser saijl man blosz angcl.
AIVGELIiUTE, f. arundo piscaloria:
\\]ß am eestad ein lischcr mit ragender angelrule.
Voss Od. 12, 251.
ANGELSCHNUR, f. linca piscatoria. mhd. angelsnuor.
ANGELSTANGE, f. was angelrute.
ANGELSTERN, m. Stella polaris :
ihr haar ist ohne gold,
und schitnmert doch von weiten bisz an den angelstern.
ScHiKMERs sing, rosen 30 Ued.
edles bild, schwing dich auf mit mir,
und stelle deinen glänz dem angelsterne für. Fleming ;
aber Thusneldens anmut zohe seine äugen mit unsichtbaren
ketten nachdrücklicher, als der nordische angelstern die
magnctnadel an sich. Lorenst. Armin. 1, 1271;
herr Doreas schwört bei den beiden angelsternen
von seinem herzen, bei ihren karfunkelaugcn.
Wie LAND 4,87;
dessen feste seele wie der angelstern am himmel unverän-
dert und ewig um sich selber treibt. Schimer 307; da er
den angelstern seines lebens als eine Sternschnuppe in seine
todtenstille wüste hatte fallen sehen. J. Paul IH. 3, 132.
ANGELTUGEND, f. cardinallugend. s. Keisersberg b. Ober-
LIN 45.
ANGELÜBDE, n. was angelöbnis : dasz er aus seinem an-
gelübd geschritten ist. Luthers br. 5, 21.
ANGELÜSTEN, an etwas gelüsten, schon alid. findet sich
das subst. analust (Graff 2, 2S9), allmälich mit persönlichem
dativ: roheit, die manchem vom hammer Thors angelüstcn
möchte. Herder 18, 137.
ANGELWEIT, adj. und adv. latissime palens, sperrweit,
sperrangelweit, so weil es der thürangel gestattet :
sie sperren zu mir angelweit
das maul auf, und ein jeder schreit. Opitz ps. 08;
die obren stehn geöfnei angelweit. 219;
jetzt stehn des hiinmels Ihüren
geöfnet angelweit. Fleming 14;
mit angelweitem rächen, v. Birken G. 76;
die groszen blauen äugen ihrer heiligen
entzückt und angelweit geöfnet. Wieland 21, 143.
ANGELWIND, m. venlus a cardine ßans : die vier angel-
wind. H. Sachs I, 149*.
ANGEMENGE, n. pabulum ädmixlum, in der landwirt-
schaft. s. anmengen.
ANGEMERKT, adv. nnl. aangemerkf, franz. attendu, in be-
tracht, angesehn : wir wollen diese schöne kunst nicht so gar
verwerfen, angemerket, dasz doch eine grosze kraft mitwür-
kend sei. Simpl. 1, 200. s. anmerken.
ANGEMESSEN, aptus, congruus: der Stellung, dem boden
angemessen; angemessene kleidung, entschädigung. vgl. an-
messen.
ANGEMESSENHEIT, f. aptitudo: die beschaffenheit des
begrifs, nicht mehr, auch nicht weniger, als der gegenständ
erfordert, zu enthalten. Kant 10, 209. •
ANGE.N, angere. ahd. angan (Grafk 1, 341), nihd. angcn,
noch fcet Henisch 81: was dich nit anget, darnach soltu auch
nit fragen; was aber auch angehet sein kann, wie Henisch
1429 selbst bemerkt.
ANGENATURT, nativus, angeboren {vgl. angebürtlich) hat
Stieler 38 und Abh. a s. Clara Judas 1, 289 aus angenatur-
tem vor^vitz. #
ANGENEHM, acceplus, gralus, nnl. aangenaam, was man
gerne an sich nimmt, goth. andanems, Sexros von andniman
St'xead'ai. ahd. nur nämi, ginämi in gleichem sinn, mhd.
gena-rne, nhd. genehm, ein Magdeburger Freidank des 15 jh.
hat für gena-me 48, 3 des lextes angeneme. da sich aber schon
ahd. ananeman, nhd. annehmen findet, auch annehmhch, an-
nchm gesagt wird, ist wider die Wortbildung angenehm, nnl.
aangenaam, nichts einzuwenden, sie erscheint schon bei Luther
häufig, und noch in der vollen gestalt angeneme: wenn du
from bist, so bistu angeneme. Ijl/üs. 4, 7; das es (das brand-
opl'er) dem herrn angeneme sei von im. 3 Mos. 1, 3 ; so wird
es angeneme sein und in versünen. l, 4 ; so wird er nicht
angeneme sein, der es geoi)fcrt hat. 7, 18 ; so ist er ein
grewel und wird nicht angeneme sein. 10, 17 ; er sei angc-
nem seinen brüdcrn. b Mos. HZ, 21; wer aber in Machomet
allein glaubt, die laszt er als angenem bei lebcm Frank
weltb. 191'; in von dem prcdigampt abzutreiben, es war aber
vergeblich, dieweil er dem volk ganz angenem war. Kirch-
hof wendunm. 456"; da sie in der angeneinen zeit sich nicht
mit ganzem herzen zu mir bekeren. Mathesius Hl'; allda
waren i. f. gn. auch angenem. Schweinichen 1, 131;
ihr irrt, so euch bedünkt, ihr wäret angcnemer.
LoGAU 2, 70 ;
ein knabe, dessen Jugendblüte zu einer angeneiimen frucht
eine gute hofnung machen konte. pers. rosenth. 1,5; weil der
frommen nicht so viel als der bösen, sind sie desto ange-
nehmer. 7, 20 ; der Sprachgebrauch unterscheidet das ange-
nehme vom guten, das unangenehme vom bösen. Kant 4, 166;
angenehm ist das was den sinnen in der empfmduug gefällt.
7, 46; sie war jung, hübsch, munter, liebevoll und so an-
genehm, dasz sie wol verdiente, in dem schrein des herzens
aufgestellt zu werden. Göthe 25, 110. es gilt zumal bei ver-
bindlicher anrede und anwünschung : angenehmer junger ge-
sell! pers. baumg. 2, 14; angenehmes kind! Gellert 3,172;
angenehmste Henriette ! Lessing 1, 406 ; angenehme ruh I Göthe
7, 61; sie sind ein warmer, ein angenehmer freund. 14, 124;
sind mir stets angenehm ; erste Zusammenkunft mit dem an-
genehmen leser. J. Paul teuf. pap. 1, 1. angenehm haben
hiesz genehm hallen, annehmen, franz. agreer: alsdenn wirslu
angenehm haben das opfer der gerechtigkeit. Luther 1, 31";
angenehm machen, beliebt, annehmlich machen: es begehre
kein poct durch unterrichlung, sondern alle blosz durch er-
getzung sich angenehme zu machen. Opitz poelerei 4 ; und
(dasz) deine wollhat dich angenehm mache vor allen leben-
digen menschen. Sirach 7, 36 ; damit er sich nun angenehm
und ansehnlich machen mochte, pers. baumg. 5, 12 ; mit
scherzreden ihr die zeit zu vertreiben und sich bei ihr an-
genehm zu machen, pers. rosenth. 6, 2; bei den damen den
angenehmen spielen. Im handel und wandcl nimmt angenehm
(wie theuer) die bcdeutung von gesucht, selten begehrt, an :
caffe und zuckcr angenehm, das holz, die milch im winter
sehr angenehm; wenn sich die waare durch stetiges nach-
fragen angenehm machet, so schlaget sie geschwinde auf und
wird theurer. des träumenden Pasquini Staatsphantasien. 1697.
s. 112. zuweilen ironisch für übel: du bist heute in deiner
angenehmen Stimmung oder laune.
ANGENEHMHEIT, f. delectatio:
dafern dir dieses rolir kan augenehmheil bringen,
das meine band bewegt.
Knittels sinnen fruchte. Cotberg 1677 s. 6.
ÄNGENOMMENHEIT, f. simulatio: glcisnerei und angenu-
menheit. Keisersb. von kaufleulen 96" ; etliche die nit . wor-
lich sondern falschlich und in angenummenheit an in gloub-
ten. dessen postill. 2, 82. s. annehmen.
ANGER, m. pralum, viridarium, ahd. angar (Graff 1, 350),
mhd. anger (Ben. 1, 45'), grasbewachsnes land, weidetrift, wie
schon mhd. gewöhnlich grüene anger, altn. engi pralum; viel-
leicht dasz der alte volksname Angrivarii, Angrarii, Engern
dazu gehört, einzelne dörfer heiszen Angersbacli, Angersberg,
Angersdorf, die anger sind vol schalen und die awen ste-
hen dick mit körn. ps. 65, 14; ich wil sie weiden in allen
awen und auf allen angern des landes. Ez. 34, 13 ; auf einen
schönen anger. Dan. 3, 1 ; die reichen zelten auf den wol-
schmackenden (dußenden) angern aufgeschlagen waren. Galmy
134 ; wir reiseten von der Stadt aus auf lauter schönen grü-
nen angern. maulaffe 276 ; hütlen auf dem grünen anger, den
ich aus meinem fenster übersehen konte. wesif. Robins. 122;
welch ein anger, o ihr schönen,
0 wie dünkt er mir so schön!
Glkihs ode 57 nach .inakreon;
von dem würdigen dunkel erhabener linden umschattet
war mit rasen bedeckt ein weiter grünender anger
vor dem dorfe. Göthe 40, 2S4;
auf dem fcucliion heidekraute
zwischen dem gcslrüpp des angers. 11ückkrt29I;
eigentlich liegt anger hoch und trocken, aue und wiese feucht:
er kommt ülier wiesen und aiicn, umgeht auf Irocknem an-
ger manchen kleinen see. Göthe 22, 151. auch pferde werden
auf dem anger getummelt:
sieh .... den anger voll finsterer rosse. E. v. Kleist 2, 9;
schon Heinrich im fortgesetzten Trist. 2094 sagt von einem nie- m
dergcslochnen ritter, dasz er den anger nia^, wie es sonst ^
heiszl den acker mej^en l'arz. 174, 30, franz. mesurer la
Champagne, mensurare terram bei Arbo 1, 325.
ANGER, enger, steht in den weisthümern für das mlat. an
349 ANGERBLüME — ANGESESSENHEIT
garia, frohnc z. b. t, 749. 2, 519 und damit werden angerfart,
angerwagen, angerwein zusammengesetzt.
AiNGERBLUME, f. bellisperennis, »ons/ masziieb, gänseblume :
'du bist kurzer, ich bin langer'
also siritenls üf dem ang-er
bluomcn unde kie. Walth. 51, 36.
ANGEBFAHRT, f. angaria, frohnfuhre. weislh, 2, 525. 534.
AJNGERFELD. n. campus graminosiis: ein lustiges anger-
felt. H. Sachs I, 90'.
ANGERHALSLER, m. hintersasz, nd. brinksilter, einieohner,
der auf dem anger ansäszig ist.
ANGERKLEE, m. : der angerklee strebt ihren säum zu küs-
sen. Sali», s. angerblume.
ANGERKRAÜT, n. polygonum, sonst wegetritt, hänsel am weg.
ÄNGEHLING s. engerling.
ANGERWAGEN, m. frohnwagen. tceisth. 2. 525. 534.
ANGESANG, m. die anhebende Strophe im gegensalz zur
anlistrophe : sie zogen mit angesang und antwort. Göthe
43. 264. vgl. abgesang.
ANGESEHEN, consideratus, speclatus, part. prael. von an-
-'lien: ein angesehener mann, ein angesehenes, ansehnliches
geschlecht, haus, amt; 'ein angesehener herr'. angesehn? 'je
nun, ich meine ansehnlich, was man so untersetzt nennt'.
TiECK 10, 25. s. ansehen.
ANGESEHEN, adv. habita ralione, nnl. aangezien, it. con-
siderando, franz. considerant, attendu, bei Llther noch mit
dem ttcc, dann aber mit dem gen. oder folgendem dasz: also
wird für gott das herz rein und das gewissen gut und sicher,
nicht angesehen mein eigen reinigkeit oder leben für der
weit, sondern angesehen den lieben schätz — 6, 41'; sondern
ich wil viel mehr ir (rfer tre/n zuwider fortfaren guts zu thun,
nicht dich noch jemand angesehen , sondern umb meines
herrn Christi willen. 6, 50'; das sie auch selbs zu Augsburg
den keiser baten, er solt den bapst vermögen, das er kein
ablasz mehr in Deudschland schicken wolle, angesehen, das
es in abfall und Verachtung komen were. 0, 82*; aber wo
wir uns einmal trennen lassen, so kommen wir niemer bei
einander, angesehen, das wir also ungewapnet seind. Aimon
bogen n; ir bettenl alle ewere bnider mit manheit ubertrof-
fen, angesehen, das ir der jüngst und künest warent. bogen
q; so wird gewis eim solchen hausmann nimmer nn freuden
abgehn, angesehen, dasz er solche tischmusic, prell und bett-
spiel augenblicklich umb sich hat. Fischart Garg. 72'; du
hast grosze gnade von gott, dasz du angesehen der crbsen
in den schuhen dannoch so wol fortkommen kanst? ja sagte
ich, ich habe sie gekocht. Simplic. 1, 449 ; angesehen ich ge-
stehen musz, dasz es schwer fallt, sich dessen beraubt zu
sehen, das einer würklich in besitz zu kriegen vermeint ge-
habt 2, 447 ; angesehen ich die hierzu erforderte gelehrsam-
keil nicht besitze, ehe eines weibes 2; angesehen überflüs-
sige dinge entbeiirot werden können. S ; angesehen er durch
dergleichen löbliche bemühungen seine zeit wol anwenden
würde. 137 ; angesehen sie dergleichen haben könfe. ehe eines
tnannes 3SG ; sind aber auch solche (Zusammensetzungen),
die nichts haben, denn lauter- kleine stück, gebe keinen
pfilTerling drum, angesehn sie untauglich werk sind. Klopst.
12, 117 ; einem meister er ist ein ehrsamer name worden,
angesehn selbiger von meister abgeleitet wird. 154; so dOr^
fen und müssen auch ihre (der komOdie) Charaktere seihst
'allgemeiner sein, als sie in der natur existieren, angesehen dem
aHgemeinen selbst in unserer einbildungskrafl eine art von
existenz zukömmt. Lessi>c 7, 410; es soll mit dem praenu-
nieriercn mislich sein, angesehn die gelehrten oft so gewis-
senhaft zu werke gehn, als die kauflcute. Cr.AiDius 2, 19 ;
zweitens auch weil reiscbeschreibungen überhaupt unmöglirh
auf eine andere art zu machen sind, angesehen noch kein
reisebesciireiber wirklich in dem lande stand, das u. s. w.
J. Paoi. uns. löge 3, 130. Der ausdruck gilt aber ßr steif
und Klopstock in den angezogenen stellen verwendet ihn blosz
spöttisch.
ANGESESSEN, fundos habens, sonst auch eingesessen : er
schien ihm oft weniger ein angesessener einwohncr dieser
weit, als ein wesen von höherer art, ein den menschen ge-
wogener genius zu sein. Wiklamo 3, 359; lieber prügle ein
in Baireut angesessener mann seinen bedienten obenhin aus.
J. Padl paling. 1, 59. sonst auch ansäszig.
ANGESESSENHEIT, f ansdszigkeil. Thibact pand. recht 3.
5. 1069.
ANGESICHT
350
ANGESICHT, f. aspectus, conspeelus, facies, nnl. aangezigt.
das ahd. anasiht, mhd. angesiht waren, wie gisiht, gesiht
weiblich, und bezeichneten, gleich dem lat. aspectus rorzugs-
weise das anschauen, dann auch das angeschaute, os, facies.
zuo ir angesihte. /ir. 4234 in gegenwart; von leidebernder an-
gesiht. Bari. 30, 27 ; unfro der angesihte, des anblicks. Wh.
61, 25 ; gotes angesiht, das anschauen gotles. Bari. 65, 27.
das weibliche geschlecht läszl sich noch ins 15. 16 jh. verfol-
gen: in der angesicht gottes. Keisersb. von Schwertern und
scheiden 4; erklärt er das von der angesicht des ganzen ant-
litz. Gersdorf «undarzn. 152$ bl. 90. bald aber hersehte das
neutrum.
ANGESICHT, n. aspectus, facies, vultus. auch hier erschei-
nen beide bedeutungen neben einander, da gegenüber stehende
wechselsircise sich sehen und gesehen werden.
1) activ, blick, äuge, gegenwart des sehenden: er meidet
mein angesicht, will nicht von mir gesehn werden; er kommt
mir nicht vor» angesicht, vor die äugen; Adam versteckt sich
für dem angesicht gottes. 1 Mos. 3, 8 ; hüte dich vor seinem
angesicht und gehorche seiner stimme. 2 Mos. 23, 21 ; der herr
lasse sein angesicht leuchten über dir. 4 Mos. 6, 25 ; bis das
er seine feinde austreibe von seinem angesicht. 32, 21 ;
auch du, gönn ihm dein angesiebt, mein Polrnices.
Schiller 240;
unverhöri geh ich aus ihrem angesicht. 256;
man iuhrt uns aus dem angesicht der menschen. 599;
die gunst des königlichen angesichts
hat sie verwirkt. 419;
frecher, mir vom angesicht! Göths 10, 225;
sie zu tilgen von dem angesicht des bimmels. 8, 161;
weil unter des hiramels angesicht
man immer besser und freier spricht. 3, 119;
im angesicht einer hohen mauer. 21, 174, d. h. vor der mauer,
en face du mur, so dasz die mauer auf die kommenden herab
sah; herabgestiegen von der höhe verweilte ich noch eine
Zeitlang vor dem angesicht des ehrwürdigen gebäudes. 25, 227 ;
im angesicht des feindes wurde die brücke besetzt; im an-
gesicht des kochs schnappte der hund das fleisch weg; man
erklärt etwas im angesicht der weit, ror den leuten, dasz es alle
sehen and hören; hier stehen wir im angesicht des Vaterlands.
2) passiv, angesicht, wie es sich schauen Idszt, anllitz : im
schweisz deines angesichts soitu dein brot essen. 1 Mos. 3, 19 ;
ich weisz dasz du ein schön weih von angesicht bist. 12, 11;
und Joseph war schön und hübsch von angesicht. 39, 1; da
er sein angesicht gewaschen hatte. 43,31; man musz dem
teufel das kreuz ins angesicht schlahen. Lltoer 6, 4' ;
der fmhiing wird nun bald entweichen,
die sonne fSrbt sein angesicht. Uz 1,!>5;
seht sie nur erst von angesicht. Schiller 426;
trocknen mein angesicht. Voss Luise 3,292;
am besten isis der drohenden gefahr
ins angesicht zu sehen. Göthk 10, 23S;
komm, dasi ich wieder ihr holdes angesicht sehe. 20, 101 ;
durch ein unbändiges reden allen veriiältnissen ins angesicht
schlagen. 28, 247; einen mitten ins angesicht verwunden;
machte ein zu saueres angesicht. J. Pail teuf pap. 1, 13.
Beide bedeutungen greifen natürlich in einander über, gönn
ihm dein angesicht kann sowol heiszen sieh ihn an, als las:
dich von ihm ansehen, seht sie nur erst von angesicht ent-
weder, erblickt sie nur erst mit euren äugen, oder schaut nur
erst ihr anllitz an. einem in das angesicht widerstehen.
Hah^c 3, 34, ihm unter äugen treten, seinen anblick nicht fürch-
ten; einen ins angesicht verlästern. Klincer 11, 279 ; das böse,
dessen man sich gegen einen abwesenden feind wol getrauen
darf, ihm ins angesicht zufügen. Schii.i.er 777.
Von angesicht zu angesicht : der herr aber redet mit Mose
von angesicht zu angesicht, wie ein man mit seinem freunde
redet. 2,33,11;
wenn wir mit wolwollenden
von angesicht zu angesicht uns finden. Götri: 11,370:
sieh mich von angesicht zu angesicht, du erwnhlier.' 14, IS6.
Im sinn von antlilz nahm angesicht auch die bcdeulung einer
larve, maske an: da er ein angesicht oder schemparl vorlhet.
Kirchhof wendunm. 138*. Ho der pl. gebildet wird, lautet er
anpesichtcr, doch ist auch angcsichic (icie Wörter und worte)
zulässig :
disz weite reich gibt ihm vil schöner angesichie.
Grtpuius 16<i3(. 118,
falls hier der gen. pl., nicht etwa acc. sg. gemeint ist. s. anllitz.
351
ANGESICHT — ANGESPANN
ANGESPRÄCH — ANGEWINNEN
352
ANGESICHT, adv. in conspeäu, der alle yen. sg. fem. :
angesicht der äugen er belreugt. H. Sachs II. 4, 5'.
ANGESICHTS, adv. in conspeäu, franz. en face, mit dem
gen. des neutrums gebildet: das er verLoft, mein gn. h. der
kurfürst würde mir angesichts seiner schrift {d. i. sobald ihm
seine schriß vor die äugen gekommen) flugs alles tliun, was
er wol gern sehe. Luther C, 6' ; wie er e. k. gn. durch sein
gewonlich lose geschwätz bewege, uns nur angesichts seines
Schreibens und geschwinds urtheils zum lande ausjagen. Lu-
ther br. 1, 307 ; angesichts der frau lobte er die magd ;
sieh angesichts der riller unsers volks.
BÜRGER 41*;
und zwingt die laune angesichts
der weislieit uns zu quälen. Gökinge 1, 155;
angesichts der Versammlung. Göthe 46, 355 ; angesichts dieser
dinge muste eingeschritten werden ; angesichts der Stadt, vor
den äugen der stadl; angesichts der kirche, en face de l'eglise.
Für dies angesichts entfallet sich aber natürlich die bedcu-
tung von sofort, sogleich, plötzlich, zusehends, im augenblick
= anblick, wie schon jenen stellen Lvthers nahe lag: fordern i.
f. gn. mich wieder nach Prag, dasz ich angesichts (d. i. des
empfangnen befehls) kommen sollte. Schweinichen 2, 43 ; be-
fahl ihn angesichts ohne urtheil und recht zu tödten. Zinkgr.
apoph. 23, 3 ;
darumb eikler uns deinen willen,
wir wolln ihn angesichts erCüllen. froschm. III. 3, 10;
wer erde liebt, liebt das, was endlich angesichts,
wann gott gebeut, zersteubt. Logau 1, 2, "6;
der zuvor mein alles war, wird mir angesichts
durch des todes mordesiich nun mein alles nichts. 3, 5, S8;
mein Träulein, sagte sie, den ring soltu mir geben,
der alle Zauberei kan angesichts aufheben.
Werders Ariosl 7, 47;
und schreit den zweien zu, was? wie kompt ihr hierher?
zurück ihr angesichts mir wieder reiten sollet,
wo ihr erschlagen nicht sein alle beide wollet. 12, 39;
wie die, so seiner macht mit aufruhr feinde werden,
sind worden angesichts verschlungen von der erden. .
Opitz ;
auf hohen güldnen bergen
wächst angesichts ein bäum. Brockes 2, 7;
denn so viel zel^t sich angesichts,
du kannst nicht mahlen, sie nicht leiern. Wieland 9, 145;
dasz einer liebe im busen getragen,
das sieht man angesichts. 21, 82;
ich löse rasch mit einem male
die gröszten zweifei angesichts. Göthe 13, 277.
ANGESIEGEN, victoriam reportare, in der Johannesminne
bei IIhl.4ND s. 816. S23, die noch dem lijh. angehöil, daj wir
in {den feinden) allen angesigen;
daj wir in müejen widerslen
und wir in gesigen an;
aber auch noch bei H. Sachs nachzmeeisen:
kein arbeit thut ir angesiegen. I, 509%
d. h. keine arbeit vermag etwas über die faule magd, sie greift
keine an. mhd. ist die fügung häufig:
gesige ich aber im an. Iw. 535;
hat ein man gesiget mineme herren an. 1G64;
zwäre ich Irtiwe wol gesigen
an den ritern allen drin. 4225;
die (sorgen) sigten irvreuden an. 4426;
er welle dem risen au gcsigcn. 4778;
hier wechselt deutlich der zu angesigen gesetzte daliv mit dem
von der praep. abhängigen, und die conslruction gleicht ganz
der bei angewinnen, der gebrauch von angesiegen wate noch
heute vollkommen zulässig.
ANGESINNEN, expetere, deposcere, woßr jetzt blosz ansin-
ncn zu sagen gewöhnlich ist. statt des heutigen dat. galt frü-
her der acc., etwas an einen gcsinnen : dienstbarkeit und ge-
horsame an den herzog Ucvc zu gesinnen. Aimon bogen b.
vgl. ansinncn und gesinnen.
ANGESIPFT, cognatione attingens, anverwandt, von einem
sonst ungewöhnlichen ansippen : wie dann keiscr Friderich ausz
angesipter freundschaft ein stifl gebawet. Paracei.sus 1, 250';
brilder und angesipten. Kirchhof wendunm. 368'; vatlcr und
multer und sonst angesiplc blutsverwandte, disc. mil. 50.
vgl. angewandt.
AISGESPANN, n. franz. atlelage: das rcnntkier, das angc-
spann des Samojeden. Kant 5, 437; ich will ihm helfen, weil
er kein angespann hat. Hippel ehe 5, 122.
ANGESPRÄCH, affabihs: Adrianus was freigabig, mild,
angspräch, in der artznei erfaren. Frank chron. 13S', uhd. ist
gisprächi facundus und anagisprächi wiirde einen bedeuten, der
leicht angesprochen werden kann.
ANGEST, f. angor, ahd. angust, mhd. angest, statt des ge-
kürzten angst, ist zwar ungebräuchlich, hat aber kein beden-
ken, da wir für bangst, verlangst ebenivol, den umständen
nach, bangest, verlangest sagen.
ANGESTALT, /". figura hominis ad aliam composita. Fischart
Garg. 67' sagt schön von den kindern: dise sind der eitern
schönster wintermeien, leidvergesz und wendunmut, des vat-
tern aufenthaltung, leitstäb, krucken und stützen, in welchen
sein alter widerblüsam wird, sind der bleiblich nam sei'nes
stammens, Spiegel seiner vergangenen Jugend, anmaszung sei-
ner geberden, angesicht und angestalt, gleichwie ein gezeich-
nete herd. oder darf man trennen: angesicht und an gestalt?
ANGESTAMMT, natura insitus, angeboren, angenalurt, dann
auch angeerbt, durch abslammung erworben: auf alle an sich
gezogene grundbesitzungen verzieht zu thun und sich an ihren
angestammten gütern zu begnügen. Wieland 8,460; den von
seinem vater ihm angestammten gewerbsinn. Göthe 24, 222.
ANGESTOCHEN, pari, prael. von anstechen, incilare equum,
franz. poindre, wird mit kam verbunden, um einen schneiten
anritt, dann überhaupt annäherung, selbst schwerfällige auszu-
drücken: er kam angestochen, altfranz. vint poignant; kam
nach der abenddemmerung in mein losament angestochen.
Simplic. 2, 453 ; der notaiius mit zwei zeugen angestochen
kam. westf Hob. 282; ich kam wiederum mit meinem vor-
schlage angestochen. Pierot 2, 24 ; mit einer zippelprücke an-
gestochen kommen. Claudius 3, 14 ;
die Wahrheit kommt zwar oft hier unrecht angestochen.
J. El. Schlegel 2, 602.
vgl. angehauen, angestochen auch angetrunken.
ANGESTUEITEN , itnpugnare, gebildet und gefügt wie an-
fechten oder anstreifen, mhd,
dö begunde in dö an striten. Iw. 1731 ;
sibcn mal an die Türken gestreit. fastn. sp. 307, 16.
vgl. streifen und anstreifen.
ANGETREFFEN, pertinere ad aliquem, gewöhnlicher betref-
fen, anbetreffen : ein zufall, der getrift den bäum an. Para-
cei.sus 1, 79'. s. antreffen.
ANGETRIEB, m. incitamentum, gewöhnlich antiieb:
das feuer pflegt die luft zu regen
durch hitz auf ihren angetrieb. Opitz 2, 00.
ANGETRUNKEN, aliquantum ebrius : er ist schon angetrun-
ken. 5. antrinken.
ANGEWANDT, propinquus, anverwandt, angesippt. Haltaüs
28. s. anwenden.
ANGEWÄHREN, etwas anbringen, an den mann bringen,
an die gewähr, die gewer eines andern bringen:
soll ein ergötzlich kusz *
sein besser angewehrt, als auf des pabstes fusz,
so musz ein lieblich wort, so musz ein freundlich kflrmeln
bei siiszen schmätzerlein dem lächeln und dem murmeln
sich artig mischen ein. Logau 2 s. 14;
eine neue dienstbarkeit, dasz hohe häuser aus der hand der
fürsten ihre liebsten empfangen müssen, wormit diese ihre
buhlschaftcn wol angewehreten. Lohenst. Arm. 1,399; dieser
(bitten) wolle sie nicht für sich selbst verschwenden, sondern
für ihren gemalil und tochter angewehren. 1, 1138 ; wie es nun
viel zu weilUiuftig fallen würde, alle absondere fölle zu ver-
nehmen, darinnen unser Herrniann alles dieses angewehrete.
1, 1263 ; die deutschen fürsten säumten auch nicht alle gele-
genheit des ortes wol anzugcwehren und. ihr beer in gute
Verfassung zu stellen. 2, 1222.
ANGEWEGE, n. in den mühten, der starke balke, auf dein
das gezdpfe befestigt ist, sonst auch das anwagholz, das an-
gewehre.
ANGEWENDE, n. confinium. mehr davon unter anwande.
ANGEWINNEN, potiri, lucrari, consequi, victoriam repor-
tare, wie nngcsiegeii mit dat. der person, acc. der suche, oß
ohne letzteren, dann in gedanken zu ergänzenden, es einem
angewinnen, an einem, von einem gewinnen; conslruction und
bedaitung kommen der von abgewinnen, es einem abgewinnen
sehr nahe, belege für beides fastn. sp. 843, 4. 847, 23; als
verrc der vaidt in den halin hat angewonnen, wcisth. 1, 831
I
i
353 ANGEWINNEN — ANGEWÖHNUNG
ein solchen rauk gewan ich ir an. fastn. sp. 274, 20;
do gewan ich ir erst ein rank an. 335, 13;
damit ich euch will an gewinnen. 3öC, 3;
so wollen die kint dann mit mir scherzen
und gewannen mir ie an ein rank. 3S5, 3;
dise stück sollen einen menschen billichen bewegen, das er
im seibs den mund angewin (es übei- sich erlange den muiid
aufzuthun) und Leicht. Keisersb. brOsaml. 56' ; er hatte zuvor
mit dem könige der Moabiter gestritten und im alle sein land
angewonnen, i Mos. 21,26; darumb haben sie uns angewun-
nen. 1 kön. 20, 23 ; Abia jaget Jerobeara nach und gewan im
stedte an. 2 chron. 13, 19 ; denn wenn man schon darüber
klagt, so sind sie selbs richter und kan inen niemand nicht
angewinnen. Luther 2, 40S'; man wird mir doch nichts an-
gewinnen. 3, 430'; wie ist es denn müglich, das man gott
(deo) künne angewinnen? 4, ISl'; nachdem er mit kunst noch
gewalt uns kan angewinnen. Luthers br. 4, 316 ;
wolan, so wirslu, herr esel,
ein konig sein an meiner staf,
als der mir angewonnen hat. Albercs 76';
wie er den Teutschen hett mit macht
daselbst gcwunnen an die scblacht. 87';
er bat im darnach noch zween veldstreit angewunnen. Stlmpf
1,32";
wie soll dan solchen standhaft freunden
die sonn nun etwas an gewinnen?
Fischart gl. scUif 637 ;
der herr kan allen angewinnen. Opitz ps. 147, 2;
jedoch neigt alsobald sich sein gemüt und sinn
zum held, und wiindscht, dasz er dem andern angewinn.
Werders .iriost 11,7;
wie wollen wir ihme dann diese rechtfertigung angewinnen?
-Ayrer proc. 1, 15 ; wollen wir dann mit gott rechten, dem nie
ein mensch angewonnen hat? Acg. Blcbners troslschriften.
Witlenb. 1644 s. 32 ; mein red die g^vint dir wenig an. Schmelzl
Verl, söhn ll'; später selten:
ein herz, dem königssöhne nicht angewonnen hatten.
WisLANO 4, 133;
dock sollte das gute, krdßige wort, gleich angesiegen, icieder
in gebrauch kommen.
ANGEWÖHNEN , assuefieri, an dwas gewöhnen, ahd. ana
giwon^n :
bisz man etwas angewöhnet,
das doch endlich wenig lohnet. Fleming 238;
auf angewohnte weis, more solUo. Werders Ariost 13, 75;
ihm der sich selbst im innersten bestreitet,
i-iark angewohnt (tuetut) das tiefste weh zu tragen.
GÖTHE 4, 103.
ANGEWÖHNEN, assuefacere, ahd. anagiwennan == giwenian,
noch Stieier 2494 schreibt richtig gewenen, angewenen, Opitz
angewehnen :
sonst bist du zwar . . zu kämpfen angcwehnt. 1, 1 ;
dazu der himmel dich ausdrücklich bat erkobren,
dein vater angewehnt. 1, 13;
er hatte sich das kannchen {den trvnk) so angewehnet. Simpl.
1, 4S6 ; es würde lächerlich sein, wenn man diese dienste Ton
liunden und pferden fodern wollte, ohne sie dazu anzuge-
wöhnen. Rabener 4, 129; ein knabe, den man angewöhnet
alles ... zu vergleichen. Lessing 5, 41S; Eblis hatte ihn an-
gewöhnt, die religion in einem falschen liebte zu betrachten.
Wiei.a!»d 7, 88 ; nichts ist nölhiger als dasz du dich angewöh-
nest, dir die münner unter diesem verhasztcn bilde vorzu-
stellen. 3, 307. das pari, angewöhnt ist assuefaclus, unter-
schieden von angewohnt assuetus, solilus, wofür früher das
bessere adj. gewon galt: angewöhnt lauter idealische wesen
um dich her zu sehen. Wieland 1, 94; von seiner kindheit
wurde er angewöhnt, der allgemeine liebling aller weit zu
»ein. 3,275; seinen angewöhnten gang in aller ruhe fortgehen.
Klinger 6, 295. meistens fügen neuere den dat. der person hinzu,
der bei abgewöhnen richtig, bei angewöhnen eigentlich falsch ist :
gewöhne dich das an, gewöhne dir das ah, denn ursprünglirJi
war es: an dich, ab dir. Lohenstein setzt zu sich angewöh-
nen den gen. der sache: sieb der römischen silten angewöh-
nen. Arm. 2, 112t.
ANGEWOHNHEIT, f. assuetudo, consuetudo, von dem eben
erwähnten adj. gewon gebildet : Qble angewohnbeit de« Schnar-
chens, niichens.
ANGEWÖHNUNG, f. assuefactio: angewöhnung ist die be-
ANGFER —ANGLEICHEN
354
gründung einer beharrlichen neigung ohne alle maiimen durch
öftere befriedigung derselben. Kant 5, 321 ; zur angewohnbeit
des rauchens gesellte sich noch die angewöhnung des Schnupfens.
ANGFER, adv. mhd. ane var, nhd. ohngefahr und unge-
fähr, fere, circiter, der echten form noch näher stehend:
wann wir sind angfer auf dem feld
zusam kommen. H. Sachs II. 4, 1*.
und öfter, s. ahne.
ANGIENEN, inhiare, ahd. anaginen (Graff 4, 106), an, ge-
gen einen gähnen {s. angähnen), mhd. der tievel ginete an
da; fleisc (Ben. 1, 527') : mein haus angint. H. Sachs IV. 3, 30' ;
wie denn, wenn ich dich hett goschollen,
so solsiu mich gar schäl andienen.
B. Waldis Esop 3, 12.
ANGIEREN, avidis oculis intueri, gierig anstarren, anstieren :
wie wenn Jupiters vogel, der krummgeklauete räuber
nieder den hasen gesetzt in das nest des erhabenen felsens,
nirgend ist flucht dem gefangnen, den wild der eroberet angiert.
Voss.
ANGIESZEN, affundere, ahd. anagiojan, mhd. anegiejen,
hinzu gieszen, beim kochen, wasser angieszen, wein angieszen;
das mehl angieszen ; den pflanzen, bäumen, blumen, d. i. an die
pflanzen, bäume gieszen. in der metallarbeit, dem gefäsz einen
henkel, grif angieszen. die flasche angieszen, anbrechen; sonst
auch das gefäsz angieszen, infundendo experiri mensuram (Ober-
Lix 46). anschütten ist stärker.
Vorzüglich pflegt angegossen das genau anschlieszende sitzen
auszudrücken: der reifer sitzt auf dem pferde wie angegos-
sen, das kleid, als war es angegossen : sie schneidet fort und
Schaft ihm einen rock auf den leib wie angegossen. Götbe
23,43; paszt mir nicht sein blaues wamms wie angegossen?
57,96; es sasz wie angegossen. Bettixe /ajefc. 134 ; und figür-
lich: alles das lag ja Klotilden wie angegossen an. J. Pacl
Hesp. 2, 23S ; dessen landgut und landschaftsdirectorat recht
anpassend dem schwiegenater angegossen waren. Tit. 3, 61,
wo die zugesetzten worle recht anpassend das bild schwächen.
Veraltet aber ist heute die früher geläufige bedeutung von
verleumden, anschwärzen, gleichsam besprengen, besprützen und
beflecken: aber wer mich also bei j. f gn. angegossen bat,
habe ich nie erfahren können. Schweixichen 3, 148 ; und ist
auch Seneca bei ihm angegossen worden. Opitz 1, 4*. Frisch
1, 348' ßhrt an, dasz zu Wüllersleben im Schwarzburgischen
sonst jährlich zwei neue heimbürgen und zwei angieszer be-
stätiget wurden, die in der gemeine d(n frevel anzugeben, zu
rügen halten. Stieler 648 hat angieszer delator, angieszicbt
calumniose.
ANGIFT, m. venenum, veneficium: heilwertige arzneien, mit
welchen wir, wenn dieselben krankbeiten einbrechen, genante
scheferei für den angift und anhaft zu unterhalten und tcp-
waren. Llther 1, 214'. ist das angehängtes, angestoszenes giß?
s. anhaft.
ANGIFT, f. arrha, was angäbe, angeld. schon ahd. ein ana-
gifl, aber in allgemeinem sinn, wie es scheint, ßr principium
(Graff 4, 125).
ANGIRREN, minurire: die tauben auf dem dach girren ein-
ander an.
ANGLANZ, m. gleichsam affulgor:
gern auch glaubte die mutier und ahndete himmlischen anglant.
Voss 2, 15.
ANGLÄNZEN, affulgere: o wie zwei menseben, ähnliche
wesen, einander fremd und ungleich werden, blosz weil eine
gotlheit zwischen beiden schwebt und beide anglänzt. J. Pacl
Tit. 3,14.
ANGLAST, m. älterer ausdruck ßr anglanz: der mon gibt
den angenommenen Widerschein wie ein feurspiegel der er-
den, und denselbigen anglast und anscbein gibt er desz hef-
tiger und kräftiger, je femer er ton der sonnen sieb SuszerU
Sebiz feldbau 47.
ANGLEICH ßtr aequalis, similis kommt nicht vor, würde
aber dem ahd. anagallh, daii sich noch in epangallh und ana-
epnngalih ((•raff2, 114) verstärkt, entsprechen, dafür sagen wir
ähnlich = ahd. anallh. ein späteres angelich aus TscnuDi
ist oben unter ähnlich angeführt.
ANGLEICHEN, assimilare: Wieland, indem er sich dem
kühnen Aristophanes anzugleichen suchte. Göthe 32, 250 ; diese
Tcrfluchte erste gnindfaser hat sich alle» übrige angeglichen.
36, 122 ; da der einfliisz des mütterlichen blutes erst zugeeig*
net und angeglichen wird. J. Paul Levana 1,157.
23
355
ANGLEICHUNG — ANGRAUEN
ANGRAUSEN ~ ANGREIFEN
356
ANGLEICHÜNG, f. assimilatio, adaequatio: nun disen an-
gleichungen hoher leut folgt auch unser discipel. Fischart
Garg. 1S6'; die eine allgemeine an- und ausgleichung aller
stünde und beschäftigungen zu einem allgemeinen menschen-
werlhe durchaus in herzen und im äuge hatte. Götiie 49, 174.
ANGLEISZEN, affulgere, anglänzen: damit wir nicht uns
lassen seine grosze gewalt, ehre, sieg, glück und gut an-
gleiszen und locken. Lltuer 8, 13*.
AiNGLElTEN, allabi, impingcrc, anstoszen, nnl. aanglijden :
er glitt mit dem fusz an.
ANGLER, m. hamator, uyxiarQsvri^s: auch saget die hi-
storie, Tristan sei der erste angler gewesen, vulksb. cap. 29.
ANGLEH, m. Anyliis, Engländer: die Angler thun einen
fehlzug. Agricola spr. 227';
dasz ihr Angler Mut mit blute gänzlich zu verwaschen denkt?
durch geblüio wird die raclie nur ernähret, nicht ertränkt.
LoGAU 3, f), 12.
ANGLETTEN, anschmiegen, anhängen? anglütten oder an-
gleiten? kaum ankletten: aher so ein solch eisen {ein pfeil)
sich anglettet oder widerhecket, da wisse, dasz es hindcrsich
nit ausgehet, sondern durchgestoszen soll werden. Paracelsus
Chirurg, sehr. 345'. Stalder 1, 453 hat gleiten vom plätten der
Wäsche, gletteisen plätteisen, also glatt machen.
ANGLIEDERN, membralim jüngere, coassare. Stiei.er 670
schreibt angliden. ahd. ist lidön secare, mhd. zeliden, zerglie-
dern.
ANGLIMMEN, incipere candere, feuer fangen, nnl. aanglim-
men : die kohle glimmt an, der schwamm ist angeglommen ;
sobald in ihrer band
die ainpeln glimmen au. Lohe.nst. Suphon. 80, 72 ;
die Wollust sieht erfreut den aiigeglommnen zwisi.
J. E. Schlegel 4, 95;
und seht, er ist gekommen,
das goldne kind, der mal,
ist alles angeglommen,
das eis ist weggenommen,
die fluren sind so neu. Tieck 1,6;
blicke feurig angeglommen.
TiECK Sternb. 1, 74;
das anglimmende morgenroth. J. Paul Hesp. 4, 62; am ho-
rizont war unten im düstern nebel ein angeglommener säum
wie morgenglut. 4, 80; im dunkeln dufte glimmt die secle
wieder an wie abendroth. 3, 7C. Transitiv anglimmen, an-
glimmte, incendere:
der herr chgrfürst von Brandenburg
dem teufel musz anglimmcn ein kerzen.
Utriculari'us 2, 8.
ANGLOTZEN, apertis ocutis aspiccre, anstieren: wie die
narren eim ins maul sehen und mit den äugen anglotzen.
Luther 3, 363; die ihre schwcsler mit so neidischen äugen
anglotzt. WiELAND ; soll ich denn ein vich sein und das bild
kalt anglotzen? J. Paul Ilesp. 1,124.
ANGLÜHEN, candefacerc, catefacere: den lautcrlrank an-
glühen. Fleming ; einen reichhaltigen korh des sanft angeglüh-
ten Johannisbcrger rislings. Arnim 1, xxii ;
wie im morgcnglanzc
du rings mich anglühst
frühling, geliebter! Götiie 2,82;
wie ein wesi, der hier den licbling
zum kus anglühl. üerdkr 1,60;
prangen nicht die lilien der Unschuld früher als die roscn der
schäm, wie die purpurfjirhe anfangs nur bleich färbt und erst
später rolh anglüiit. J. Paul Tit. 2, 106; ein erlebter krieg
glüiiet das herz ganz anders, reiner und starker an, als drei-
mal ihn exponieren. 30, lt. dieser schripsteller setzt es auch
intransitiv: das gewölke glühte hölier an. paling. 1, 110; da
er schnell anglüiite und ihicli langsam erkaltete. Hesp. 4, 89 ;
in den anglühenden jähren. 37, 8.
ANGLLI'EN, torre inlueri, tückisch, finster ansehen, ein nie-
derdeutsches Wort, gliipsk ist türkisch schauend und zufahrend,
nnl. gluipsch, packend, von einem raubvogel, seine, glupsk,
dän. glubsk rorax, violentus.
ANGRÄNZEN, s. angrenzen.
ANGRAL'EN, colorc cinerea induere, von grau, ahd. gri
griseus :
die felsen rauh und scllsam angegraut. Götuk 4, 45.
ANGRAUEN, horrore percutere, von gniuen, horrere, ahd.
gi-ften: schwarz wie das grab graute mich eine trostlose Zu-
kunft an. Schiller lOO.
ANGRAUSEN, dasselbe, von grausen, ahd. gruisön:
wenn der racheschwesicrn chor . . .
ihn angraust an des tempels schwelle. Schiller 43;
von allem, was dich augegrauset. Voss 6, 249.1
ANGREIFEN, arripcre, apprehendere, nnl. aangrijpen, eigent-
lich mit der hand, dem fusz, der klaue, dem schnabel an et-
was greifen: ich greife, fasse deine hand, deinen arm an;
greife die blume, den bäum an ; der rabe grif an und holte
sich den küse ; das heiszc eisen mit der zange angreifen ; ein
pferd von dunkler färbe greift vief feuriger den boden an.
GüTHE 10, 40 ; do greif er irc hand an und das fieber verliesz
sie. Matlh. 8,15; und er greif in an und würget in. 18,28;
und er greif in an und heilet in. Luc. 14, 4; wer pcch an-
greift, der besudelt sich damit. Sir. 13, 1. ein gut, ein grund-
stück angreifen hciszt es in besitz nehmen, was durch leib-
liche berührung geschehn muste: so einer ein gut empfangen
hette und (in) eines jares frist nit angriffe, ob ers auch dar-
nach möge gebrauchen? weisth. 3, 760. den feind angreifen,
das beer angreifen, adoriri hostem: der greift in an mit sei-
nem Schwert. Hiob 40, 14 ; wie sie dich angriffen auf dem
wege und schlugen deine hindersten. 5 Mos. 25, 18 ; der feind
hat die Stadt angegriffen; wir greifen ihn auf seiner schwa-
chen Seite an. eine arbeit, ein werk angreifen, in die hand,
an die hand nehmen, anfassen: was wiltu greifen an? fastn.
sp. 690, 3 ; aber da mans angreif und ins werk bringen weit.
Luther 0, 136';
es schmiedete zu Lemnos
der sclimiedegolt Vulkan
einst pl'elle für den Amor,
und Venus grif mit an. Gleims Anakreon 45;
greift an! macht dasz ein ende wird. Schiller 337;
jenes geschäft wegen verkauf des Vorwerks ward auch sogleich
wieder angegriffen. Götiie 17,89; Wilhelm grif selbst mit an.
18, 263 ; nun lernte ich auch die weltlichen dinge mit ernst
angreifen und das ausüben, was ich sonst nur gesungen hatte.
19,350; ein geschüft, das bei uns schon lange vorbereitet ist
und jetzt nothwendig angegriffen werden musz. 20,234; gieng
mir auf, dasz ich nunmehr Tasso unmittelbar angreifen müste.
29, 323 ; diese Vorsätze, redlich aber nicht genugsam verfolgt
und angegriffen. 48,61; Galens büchlein von den knochen ist,
wenn man es auch noch so ernstlich angreift, für uns schwer
zu lesen und zu nutzen. 55, 147 ; ich grifs am andern ende
an. J. Paul Tit. 2, 93; du hast es ordentlich angegriffen,
darum wirds auch gelingen ; ich weisz gar nicht, wie und wo
ich es nun angieifen soll; der mensch wird mit den gnaden-
mitteln im zirkel geführt und weisz am ende eigentlich nicht,
wie er das ding angreifen solle. Kant 1,256;
zu Wasser musz nach hause, wer nicht zu lande kan,
wem ein ralh nicht gelinge!, greif einen andern an.
LoGAU 2, 10, 91.
Gleich dem feinde werden nun auch andere angegriffen und
angefochten: da ich zum ersten das ablasz angreif und alle
weit die äugen aufsperrcte. Luthers, 53'; damit sie mir auch
antworteten, da ich den ablasz angreif. 0,87'; wiewol er die
rote mördische verdampte hure zu Rom nicht so ungewaschen
angreif, wie der Luther gethan hat. 6, 488'; ich greife iha
mit starken worten an; er grif ihn l)ei seiner ehre an;
und an einander an elirn angreifen. Ayrer 102*.
Sein vermögen, sein geld, seine gesundheit angreifen heiszt
durch den häufigen gebrauch sie schwächen und verringern :
diesen schätz hat erster (primus) angriffen und weniger ge-
macht bischof Rudolf. Frank wellb. 41"; ein cnpital, das nicht
angegriffen werden soll ; sich angreifen bedeutet seinem beulet
etwas zumuten, geld ausgeben, an sein geld greifen:
drum lioir ich unser herr köiiig
der werde, ilzund angreifen sich
und uns armen comödinnten
eine kleine vcrelinmg geben. Gryphius 1,743;
grif sie sich aber dann und wann so stark an, dasz sie filr
die schon Hingst geleisteten dienste etwas gab. ehe eines man-
ncs 336; er hat sich diesmal eben nicht angegriffen, wenig
gegeben.
Da man sich krankheilen, schmerzen und plagen persönlich
dachte, so gilt von ihnen wie anfallen auch angreifen: wenn
gott den menschen angreift. Luther 3, l'; ob golt aus zorn
oder gnaden angreift; gott würde seinen tod rechen und die
statt mit mancherlei grewiirhen plagen angreifen. Ai.berusIS;
die scharfe gifl der Sünden
grcin schon die geisier an. Grtphius 2,289;
357
ANGREIFEN — ANGRINZEN
ANGROLLEN— ANGST
358
der schwere Sündenschmerz
greift auch die knochen an. Flesisg IS;
das lieber, der frost hat das inädchen heftig angegriffen, eben
ii'ie HrppoKRATES bei nvo, ■jtvoerös, ^lyos auch '/.aßsiv braucht :
ri]v Tiao&ivov tcvo e).aße, •j'vvaly.a oiyos t)Mßav iojfvQfö?,
vgl. deutsche mythol. 1106. es greift sie zu stark an, liebe
Lotte! GöTHE 16, 84, welches angreifen doch, wie vorhin ange-
griffen, aus der alliu starken ansirengung erklärt werden kann.
die rede, die er heule gethan, die predigt, die er gehalten,
hat mich sehr angegriffen; das lesen der kleinen schrift grif
seine äugen an; er ist noch immer angegriffen von seiner
letzten krankheit ; du must dich nicht so angreifen.
Hungersnolh und theurung greifen das land an ; auch die
kirche wurde vom feuer angeginffen ; heftige gieszbäche, welche
das erdreich anzugreifen gewalt haben. Kam 9, 15 ; regen und
staub greifen die kleider, der rost das eisen an. bergmän-
nisch sagt man einen neuen Stollen höher als den alten an-
greifen. (/. i. anlegen.
ANGREIFER, m. aggressor, der angreifende theil: er liiszt
dir vollkommene gerechtigkeit widerfahren und bekennt, dasz
er der angreifer sei. Schiller 652.
A.NGREIFISCH, arrepticius : geld ist angreiflsche waare ; die
magd ist angreifisch, ein angreifischer mensch, ungetreu, ent-
wendend, nd. angreepsk und nagreepsk. s. angriflig.
ANGREIFLICH, was das vorige, doch nur von sachen.
ANGRELNEN, anfletschen, von hunden, anweinen, anflennen
von kindem: was greinst du mich an? mhd. ane grinen :
nibt glichen dem hunde,
der da wider grinen kan,
so in der ander grinet an. Iw.
S76.
ANGRELLEN, anschreien, vgl. Scuseller 2, lOS. nd. angrölen.
ANGRENZEN, attingere, confinem esse, an einander grenzen,
das land grenzt uns an, grenzt an uns; angrenzende länder.
die dir angrenzende nachweit schlug sich deines geburtsorls
halber. Hippel lebensl. 4, 16.
ANGRIF, ffi. an-eptio, apprehensio, aggressio, ahd. anagrif
(Graff 4, 31S). haar hart und dornecht, dasz sie auch im an-
grif verletzend. Forer fischb. 116'; ihre band war im angrif
linde [weich anzufültlen). angrif des Schuldners, raptio in jus.
angrif des feindes, morgen soll der angrif stattfinden ; der an-
grif auf seine ehre war zu heftig, als dasz er sich wieder
hätte erholen können, die angriffe des fiebers werden hef-
tiger, lassen nach, angrif, erster beginn eines Werkes, baues,
gewebes, einer arbeit: die eisenbabn ist rasch in angrif ge-
nommen worden ; wenn er den angrif des geschäfts zu be-
schleunigen anstand nahm. Götue 32, HS; wie die metaller-
zeugnisse Böhmens in früherer zeit gefruchtet, wie aber die
kriegsvcnvüstungen das vorbereitete vernichtet und neuen an-
grif fast unmöglich gemacht. 60,.147. zuweilen sagt man auch
angrif für grif, die stelle, welche angegriffen wird, der stiel,
die handhabe.
ANGRIFFIG, was leicht angreift oder angegriffen wird, die
eigentliche hd. form fiir jenes angreifisch : solche letzte kup-
pel aber der hund sollen die allerstärksten und mächtigsten,
grausam bissig und angriffig, keck, wol gesetzt und trutzig
rüden sein. Sebiz feldbau 5S4. Greif, Packan sind bekannte
hundenamen. eine hauptfrau, anstellig und angrifTig (die alle
Sachen im haus am rechten ende anzufassen weisz). Lavater
ph. fragm. 3, 11, 21. aber auch angriffige waare : dann sie {die
Handschuhe) im winter gar angriffig sind. Wickram rollw. S3*.
ÄNGRIFSKRIEG, m. offensiver, bellum quod ullro infertur.
ANGRIFSWAFFEN, pl. tela.
ANGRIFSVVEISE, f modus aggrediendi.
ANGRIFSWEISE, adr. aggrediendo.
ANGRIFT, m. arreptio maleficorum, anlast: auch m. gn. h. die
graven zu Sponheim den angrift über misthälige allein haben.
weisth. 2, 204. ahd. anagrift, wie picrift, horgrift (Graff 4,319).
ANGRLNSEN, distorto vultu intueri, von grinsen, ahd. grim-
niisön, stridere dentibus (Gbaff 4, 326), gilt xumal von hunden
('der schrecklich gestalteten:
es liegt ganz ruhig um) grinst mich an. Götue 12, 6S;
drum schweige du und grinse sie nicht länger an. 41i 101.
s. das folgende, man könnte auch angrinsen unmittelbar von
angreinen herleiten.
ANGRINZEN, gleicher bedeutung, von grinzen, ahd. grim-
mizan, ags. grimetan, fremere, verschieden vom ahd. gremizan
exasperare, erzttmm (Graff 4, 322), mhd. ergremzen (Bej». 1,
575'); doch die bedeutungen mögen sich gemengt haben, heute
gilt es für gleich mit grinsen :
der blutge Banquo grinzt mich an. Schiller 574 ;
wol isi er ein an jedem Strand
süsz angegrinzler gast. Platen 68.
nnl. sagt man aangrimmen.
ANGROLLEN, torve invehi in aliquem, groll und fetnd-
schaß fühlen lassen, verwandt ist angrellen.
ANGRUND , m. scheint einen sinnlichen gegensatz von ab-
grund gebildet, ausgesagt zu haben, dasz man an den grund,
wie ab dem grund komme, belegbar ist aber nur die abgezo-
gene bedeutung ßr argumentum, gleichsam ein haßender, an-
schlagender grund: derhalben so wird kein kreftiger angrund
gefunden, dasz, etwas sei, das dem feuer ein widerstand thun
möge. Thcrneisser probierung der harnen, bl. IS.
ANGRÜNEN, ri'rere incipere, nnl. aangroejen, sich berasen :
läszi nun der fels sich angegrftnt erblicken. Göthe 41,225;
mein grabhügel wird bald angrünen ; wie gehts leben? 'es grünt
wieder an', antwortete ein dienstmädchen. S. Paul braucht es
transitiv im sinne von entgegengrünen : eine rasenstelle, die uns
immer angrünet, damit wir auf ihr unsere alten äugen er-
quicken, uns. löge 3, 91 ; lasz ihn schöne, fromme morgen an-
grünen. 3, 114.
ANGRENZEN, gleichsam adgrunnire, vom borstenvieh und
wer ihm verglichen wird, angrunzende verleumden vgl. nnl.
aangrommen.
ANGST, f. angor, anxietas, ahd. angust, mhd. angest, m.
und f., nnl. angst m., unser pl. lautet ängste = ahd. angusli,
fehlerhaß ängsten:
des lebens ängsten, er wirft sie weg. Schiller 330 ;
mein weib und meine kinder in ängsten
und gefahren zu stürzen. Göthk 40, 47,
aus unnöthiger furcht vor dem hiatus. Bexeckes behaupteter
unterschied in der bedeutung des mhd. angest und nhd. angst
(1, 43*) übertreibt; warum sollte nicht auch heule den mutig-
sten krieger manches ängsten, ohne dasz ihn die geringste
fcigheit anwandelt? es kann ihm angst sein, dasz die nacht
zu früh einbreche, das pulver ausgehe, angst ist nicht blosz
mutlosigkeit, sondern quälende sorge, zweifelnder, beengender
zustand überhaupt, von der würzet enge, ahd. angi, engi, goth.
aggvus, und angan, engen, lat. angere, goth. aggvjan, roAer
angida, golh. aggvij)a ; die ableitung - ust entspricht aber der
des lat. adj. angustus, neben an.\ius, und des subst. anguslia,
neben angor und anxietas. bange ist hervorgegangen aus bc-
ange, beengt, vielleicht, dasz auch ahd. ango eardo, die enge
ßgende, drängende thürangel dazu gehört.
Angst im chraischen lautet als das enge ist, »ie ich achte,
das im deudschen auch angst daher komme, das enge sei,
darin einem bange und wehe wird und gleich beklemmet, ge-
druckt und goprcssct wird, wie denn die anfechtungen und
Unglück thun, nach dem Sprichwort, es war mir die weile weit
zu eng6. Lutuer 5, 49'.'.
wie solche weisen angst und scbwaisz
erhalten in der lugent streit,
das macht zu melden lange zeit.
Scbwarzexb. 157,1*;
wir sahen die angst seiner seelen. 1 Mos. 42, 21; weil denn
nu das gcsclirei der kinder Israel für mich komen ist und
hab auch dazu gesehen ir angst, wie sie die Egv-pter engsten.
2W0S. 3, 9; aber sie hörcten in nicht für seufzen und angst
und harter erbrit. 6, 9 ; angst kam die Philister an. 15, 14 ;
fott meiner gerechtigkeit, der du mich tröstest in angst, ps.
4, 2 ; sei nicht ferne von mir, denn angst ist nahe. 22, 12 ;
die angst meines herzen ist grosz. 25, 17; wenn mein herz
in engsten ist, so rede ich. 77, 4; wenn sie aber das kind
geboren hat, denket sie nicht mehr an die angst. Joh. 16, 21 ;
in der weit habt ihr angst. 16,33; denn ich schreibe euch
in groszer trübsal und angst des herzen, (goth. us managai
aglön jah aggvi|>ai hairtins.) 2 Cor. 2, 4 ; in nölen, in engsten
(goth. in nau|)im. in aggvi))öm). 6, 4 ; so ein reicher kaufmann
in engsten krank ligt. Fra?ii; weltb. 202' ; Tor ängsten. Garg. 6 ;
ja auch die götter selbst hat oftmals weibcr angst {Sehnsucht
nach Weibern)
aus ihrer bürg gejagt, dasz sie ihn gicngen nach.
Fleming 151;
die Wolge hier hat nicht so »iel der iropren,
als ängste mir an meine seele klopfen. 4S6;
was darf er nun in ängsten sitzen ? IIaceook.i 2, 34 ;
in groszen ängsten. WiELAin» 10, 345 ;
23*
359
ANGST— ANGSTBETTE
ANGSTBILD— ANGSTER
360
das bild ist ungeschickt grosz, und dieses metall, dieses glas
macht mir tausend ängste, wenn sie ein kind in die höhe
heben. Götue 17, 83 ; jedermann war von furcht und ängsten
gepeinigt. 30,195; ich würde in ewigen ängsten sein. 42,88;
der ort ist einsam und abgelegen, ihr allein, ihr kennt meine
angst für euch. KlI.ngers Ih. 4, 120; ihr habt nicht nöthig
solche ängste. Für angst machen, schaffen sagte vmn früher
auch angst thun : diese fliegen waren schier vol und sat, das
sie mir nicht mehr so angst thaten. Luther 3, 321", wie schon
Otkried angust giduan hat (Graff 1, 342). Die Unsicherheit
und gefahr, das risico bei transport und sendung hiesz sonst
gleichfalls angst: da haent die hoifslude gewist, so weilch
boifsman sein reicht (sein recht, seine abgäbe) uf den vur-
schreben dunrisdaich nit engeve, ee die sonnp geseisze {un-
tergiengc), de sal id uf sine kost und anxt levcren zu Men-
dich. weisth. 2, 453; item weist auch der scheffen, dasz der
zehende, so er von den nachpurn gedragen oder bestanden
wird, ^al er sein der pfarren angst und verlust ... in der
besteuder fahr und sorgen. 2, 601; sollen sie den (wein) fü-
ren gen Merl uf ihre angst zwischen der herren vier mauern.
3, 805. Endlich findet sich auch angst in der schwurformcl
potz angst! gleichsam gottes angst und marter; botz angst!
Garg. 57*.
ANGST, angustus, anxius, sollicitus. ein Übergang aus dem
subst. in das adj. entspricht der gewohnheit anderer Wörter,
gramm. 4, 243. 244 wurde gewiesen, dasz in den unpersönli-
chen redensarten : mir ist not, mir ist zorn, mir ist ande
und ähnlichen mehr ursprüngliche substanliva anzunehmen sind,
die dann in adjectiva oder adverbia ausarten und gleich die-
sen der comparation fähig werden, gerade so verhält sich auch
mir ist angst, mir wird angst, es macht mir angst, welchen
das offenbar unsubstantivische bange = beange zur seile tritt,
und aus welchen ein comp, ängster hervorspringt, da doch schon
im einfachen angst, angust = lat. angustus superlativisches st
erscheint, es ist mir fast angst. 2 Sam. 24, 14; mir ist fast
angst. 1 chron. 22, 13 ; wenn er gleich die fülle und genug hat,
wird im doch angst werden. Hiob 20, 22; wenn mir angst
ist, rufe ich den herrn an. ps. 18, 7 ; Sin sol angst und bange
werden. Ezech. 30, 16; und macht im angst und bange. Sir.
4, 19; also viel engster sol dir w^erden, wenn du Christus
leiden bedenkest. LctderI, 168'; wem war ängster denn dem
guten pfaffen? Wickram rollw. 60'; wie angst wird mir. Gry-
pHius 2, 360; wem war ängster, als dem guten geistlichen?
Abr. a s. Clara 2,208; er ist gefährlich, mir ist angst und
bange. Göthe 14, 159 ; es war mir angst und bange, er möchte
sich in diesen ergieszungen aufzehren. 23,187; sie küste ihn
mit solcher Inbrunst, dasz ihm die heftigkeit dieser aufkei-
menden natur oft angst und bange machte. 19, 103.
Enlschiedner tritt auszer solchen unpersönlichen phrasen das
adj. auf, es heiszt nicht blosz einem angst machen, einem angst
einjagen, sondern auch einen angst machen, anxium reddere:
dein falscher grund der seichten und der tiefen
hat uns ja oft angst, bleich und nasz gemacht.
Fleming 103;
mach mich nur nicht angst. Immermann Card. 48;
nicht blosz es ist, es wird mir angst, sondern auch ich bin,
werde angst: es ist von ungefähr dritlehalb jähre her, dasz
sie auf diese art anfieng, einige von ihren lieblingsgedanken,
wenn ich abwesend sein muste, aufzuschreiben, und immer
roth und angst wurde, wenn ich sie dabei antraf und sie
mir es vorlesen muste. Klopstock 11, 9 ; süszes mädchen, sei
so beklemmt nur nicht, so angst, so schüchtern ! Lessing 2,
345 ; ich war so angst, ich zitterte, ich betete, da ricfs und
ich Verstands. Götue 20, 89.
Dennoch dringt das adj. nicht vollends durch, es wäre un-
zulässig zu sagen: er ist ein angstcr mann für furchtsamer,
ein angstcs ercignis f. ängstliches, angsterregendes, zwar schon
Ringwald CDanj. Ff 6' wagte: dein angstcr tod, das hat aber
in die spräche keinen einyang gefunden.
ANGSTAUSUUF, m. ejulatio, angslgeschrei, wehausruf.
ANGSTBAH, anxius, mhd. angestbaire. man sol nit zu vil
angstbar sein. Keisersu. eschengr. 70 ; angstharc gcdanken.
ANGSTI{ARK^:lT, /". anxitudo. Keisersb. post. loo'.
ANGSTREREN, n. trepidalio, zittern vor angst:
sich für gechlingcm anpsibehen
cilllüchiig in stürz begeben. Mmssusp*. V8".
ANGSTREDRÄNGNIS, n.
ANGSTBETTE, n. Icctus miseriarum. Stieleh 136.
ANGSTBILD, n. .- ihm war sie ein aufgestelltes angstbild.
Scuiller 788.
ANGSTBÖSEWICHT, m. nequam, erzbösewicht : da weisz
er selbs wol, der angstbösewicht, was der Luther vom ge-
horsam schreibt. Luther 5, 303*.
ÄNGSTE.^, angi, ahd. angusten (Graff 1, 343), mhd. ange-
sten (Ben. 1, 44') : mit ihren zahnen fungen ein geklappercs
an, dasz mir angstet (angst wurde). Philand. 1,643.
ÄNGSTEN, angere, ahd. angustan. wie sie (eos) die Egyp-
ter engsten. 2 Mos. 3, 9 ; wenn du geengstet sein wirst. 5 Mos.
4, 30 ; und David ward ser geengstet. 1 Sam. 30, 6 ; die risen
engsten sick unter den wassern. //io&26, 5; denn ich bin der
rede so vol, das mich der ödem in meinem bauche engstet.
32, 18 ; ängsten und bemühen sich. Kirchhof wendunm. 56' ;
deine fcind werden dich ängsten allenthalb. Reiszner Jeius.
2, 132';
weil ich mit meiner lieb aufs grimmst ihn ängsten will.
Gryphius 1, 669;
der den das theure blut des larames hat besprenget,
wird von den Wolfen zwar geängstet und bedränget.
LoGAu 1, ü, 13 ;
dort ängstet mich ein wild. Flkjiing 113;
warum zitterst du, geängstele seele, vor dieser
deiner einzigen ruhe zurücii? Klopst. Mess. 14, 328;
ihr sehet, wie viel der geängstete leidet. 14, 835;
vergäsz ich auch der feinde,
die seines lebens morgen ängstcten. Gotter 2, 198;
ich geängstete. 2, 460;
die aber mich auch so geängstet,
mich so gequält! Lessing 2, 318;
diesem erbeb ich im herzen und ängste mich was ihn betreffe.
Voss Od. 4, 820;
diese märchen, die den gläubgen pöbel ängsten.
Schiller 418;
Verbannung, tod, entwQrdigung umschlieszen
mich fest und angsieii mich einander zu. Göihe 9, 372.
in der prosa ist ängstigen mehr gebraucht, ängsten intr. für
ängsten oder sich ängsten :
ein mensch, wie ich, musz ängsien, schmachten, siechen.
Herder.
ANGSTENTSCHLUSZ, m. anxia voluntas: wie es mit allen
angstentschlüssen geht. Herder 2, 242.
ANGSTER, m. poculum angusto collo, pl. angstcr, was auch
ßr den sg. vorkommt, aus dein it. anguistara, inguistara, mlat.
anguslrum, die sich aufs lat. angustus zurückführen, nur
in Süddeulschland gebräuchlich, und wol erst im 15. 16 jh.
umb ain angster 7 kr. Kaufhcur. invent. von 1480; wer zu
eilend in einn angstcr schenkt, der schult mehr darneben
dann drein. Agricola spr. 143*; alsdann nimpt der breutgani
disen angster mit wein. Frank tveltb. 152*; da ist Lorenz
koch, gelten und kübel sind ihre ängster. Fr. Wernstreit
kriegbüchlin des frides. Frank f 1550 s. 200; den win trun-
ken ich und min wib mit manchem zank, den als wir kein
trinkgschir hatten dan ein angstcr, zum ersten giengen wir
mit dem angsler in keller, darob triben wir einander, ich
sprach, drink du, du must söugen {das kind stillen), so
sprach min frow, drink du, du must studieren und in
der schul übel zit han. hernach kouft uns min guter fründ
Heinrich Billing ein glas, was gcforinicrt wie ein stifel, da
mit giengen wir in keller, wen wir im bad waren gsin, darin
gieng ein wenig mer, dan in den angster, das väszlin wäret
lang. Tiio. Plater s. 69 ;
krausen, engster und ein bierglas. H. Sachs I, 440';
fraw Glück bindt ein engster mit wein an pfnl und spricht:
da bind icli an die Irunkcnheit
die viel unrats bringt alle zeit. 111,2,72';
auch so hat er weder sib noch die scck,
gieszvasz, angster, seichter, trachter noch kain beck.
Uhland 719;
ein angster, ein trinkgeschirr, das einen engen hals oder
mundloch hat. Thurneisser magna akhymia 2, 112 ; gaben ir
irn thcil in eim angsler oder engen glas zu versuchen. Kiitcn-
HOK wendunm. 212'; weinverdcrber, bankhulien, angsterdriiher,
kutterufstorken. Fisciiart Gari/. 17'; dringt einander mit krau-
sen, vil krümmer ängster bringt her, die kerel uiiih und
macht sie lär. .so"; was das glas liehen und gehen, wenden
und legen, hallen und bringen koni, cxpcrtc und discrtc auf
gutcrufrenken und angsicrschwenken. 82'; ja sie soffen aus
gestifteten krügen, da stürzt man die polt, da schwang man
3G1
ANGSTER — ANGSTHAUS
ANGSTIG — ÄNGSTLICHKEIT
362
den gutruf, da trauet man den angsler. S3'; was underschids
ist, audi provisor, zwischen flaschen, angster und gutteruf?
grosze, dann die erste sind eng geseckelmeulet am mund-
port, der kuterruf am weidengewundenen kranchsiials, aus
depi angster musz mans mit engen ängsten, wie die balbie-
rer iiir spicanarden und roswasser heraus ängstigen, wirbeln,
türbein, türmein und gleichsam betteln. 100"; spitz das schle-
henraaul, secht wie schön der geschnäbelt künig gutterschnat-
teret, er hat ein besser band zu angsteren, undergübelt ihm
den köpf, er wird sonst zu windhälsig vor angstigen angster-
mrbelen. loo'; er verschwur oft nicht zu trinken, er schiesz
dann ein aufgehengten angster von eim haushohen stangen-
baum herab. ISO'; der ander glaset ängster. 1S5'. Hemsch
82 führt noch angster gutterer auf, und Stieleb 379 engster
bombjlius, poculum rorans, später stirbt das wort aus. die
angezognen stellen lehren, dasz man die verwandtschaß mit
enge und angst fühlte.
ANGSTER, ffi. teruncius, zwen helbling: sol einen Züricher
angster an einem iopf (wein) gewunnen. Regensberge'r üfnung
von 1456 {weisth. 1, 84); du hast den angster in dem seckel
stecken, das ist, es ist dir -angst. Keisebsb. post. 105*. 19S';
ein Bernangsler zwen pfenning, sonst zwen angster drei pfen-
nig. Stettlers chron. 274 ; anno 1424 schlugen Zürich, Schaf-
bausen und Sancigallen angsterpfennig, dreizehn Schilling für
einen gülden. Stumpf 358*. Ducaxge hat angusti, pro au-
gusti, numi bracteati, in quibus efücta imperatorura effigies,
wie auch Hexisch angster aus augster == augustorum (effigies)
deutet, solche bracteatcn sollen auch antlitzpfennige hciszen,
doch aus angesichter, wie Hottinger bei Frisch 1, 29' meint,
ist angster schwerlich entsprungen.
. ANGSTERDREHER, ni. poculum manu versans, s. angster.
ANGSTERFÜLLT, angore plenus:
daäz er die tugead sieht in an^sterfällien schranken.
LOHEXST. Ibr. 77, 20«;
dein angsterfüllter blick. Gotter 2, 159.
ANGSTERLIED, n. ein zecherlied, beginnend: so trinken
wir alle. Fischart Garg. HO', gedruckt bei Uhland s. 592.
ÄNtjSTESFRL'.NG, m. spruny vor ängsten, ungewöhnliche
von GüTHE gewagte Wortbildung für angstsprung:
sie thät gar manchea ängstesprung. 12, 106.
ANGSTFIEBER, n. ein den krankenden beklemmendes, änqsten-
des ficber, doch kaum asodis, aacö8r,s, was mehr ein brech-
''■ber, eher ein kanonenfieber.
ANGSTGEDRÄNGE, n., wenn sich menschen vor angst
rangen:
im angstgedränge bürgerlicbea krieges. Schiller 418.
A.NGSTGEFÜHL, n. geßhl der angst:
dies angsigefühl, ich holTe, wird sich lösen. Göthe 9, 335.
ANGSTGEHELL, n. ejulatio.
ANGSTGESCHREI, n. clamor anxius: dumpfes angstge-
schrei. Götter l, 270. 2,10; angst- und Zetergeschrei. Göthe
30, 113. jammerndes angstgeschrei in den grausen tumult fern
hinstirbt. Luise 3, S03.
ANGSTGEWIMMER, n. ejulatio.
ANGSTGEZITTER, n.
ich sinke um in diesem angstgeziuer,
ich (rage nicht das lachein dieser äugen.
TiECK 1, 318.
ANGSTGIFT, n. so wie man das in der mundhöle abgc-
' ''' gift das zorngift nennen kann, musz das am ent-
setzten ende des ernäbrungsganges abgelagerte das
■... .^lU heiszen. K. Smell in der Miiierva 1847 s. 419.
ANGSTHAFT, anxius: hat mich ganz angsthaft gemacht.
WicsRAM rollw. 59 ; der gute kerl war angsthaft. 65' ; sie ka-
"'n ganz angsthaft. 89; einer so mehr sorgsam und angst-
''■ft war. 103; ei dasz vor angslhaftem ernst keim entfahr
"in scheisz. Fischart groszm. 116; verwundt, krank und
ncMlinft ist er. v. Birke?« 45; sogar im träum, wenn wal-
des bluts mir recht angsthaflc bildcr vor die äugen
wollen. Le>z 1, 2?5.
. »'.STHAFTIG, anxius, angorem ineulicns: sagte neben
•'di-rn angsthaitigen dingen. Kirciihof wendunm. 236'; mit
■hr betrübtem und angsthafligem gemüt. 300*.
ANGSTHAUS, n. domus angoris, die weit, das jammerthal :
dis thränenlhal, die erd
dis angsibaus war nicht mehr des groszen gcisies werth.
GRTPaiD« 1, 169;
I in disem angsthause. Weise erzn. 270. mhd. daj wuoflal,
' järaertal. d. mythol. s. 755.
j ANGSTIG, anxius, ohne umlaut, nnl. angstig, ahd. angustic
! (Graff 1, 312), bei Keisersbebg mit der praep. uf verbunden,
\ der ohne zweifei auch ängsten uf etwas sagte, wie es mhd.
hiesz sorgen üf: angstig uf zitlichs. brosdml. 25'. deshalb
wird der mensch traurig, angstig und unruhig. Thlrneisser
m. alch. 1, 106.
ÄNGSTIG, mit umlaut: vtider solchen hochbckümmerlichea
engstigen anblick. Crecziger bei Luther 8, 194'; fieng an zu
zittern und ängstig zu werden. Reiszner Jerus. 1, US'; des-
gleichen auch hat er ersehen, dasz manchem der ängstig
und tödlich schweisz über das angesicht.herabgelaufen. Fro.nsp.
kriegsb. 3, 136';
der geist, der durch den gwmmen schmerz
der angedräuten noih gepresi ius ängsiis herz.
Gripuics 1, 601 :
er hätte oft seine untergebenen ängstig gefragt. Lohenst. Arm.
1, 449 ; als aber der glüende stein des unbarmherzigen va-
terberzens durch die thränen dieser ängstigen tochter noch
immer mehr entzündet ward. 1, 1251; Livia hingegen maszte
sich dieses dings ängstig an. 1, 1253 ; die frau stellele sich
ängstig, gespenst 209 ; daiiero ward ich noch ängstiger. Simpl.
1, 295 ; so ist mein gewissen ängstig und beschwert. 1, 545 ;
ängstig spann sie sich in ihre hülle. Uerder 3, 43.
erwacht vom ängsiigen träum. Uölderlis ged. 153.
heute sagt man ängstlich.
ÄNGSTIGEN, angere, premere, ängsten, drängen : ein träum,
durch den sie nicht ein wenig geängstiget ward. Galmy 142;
uns selbst engstigen und plagen, .\trer350*;
sich um etwas ängstigen, pers. rosenih. 6, 1 ; ich habe mich
recht um sie geängstigt. Götter 3, 334 ; Stanley tritt zu ihm
und versucht ihn hinweg zu ängstigen. Schiller 67S ; die ver-
irrten in den schafstall der kirche zurück zu ängstigen. 94S;
wie es im Jammer war, im ängstigen,
da schickt ihm diese amme eott der berr.
Tieck2, 247;
er machte ihm seine uniform täglich um einen daumen knap-
per, um ihn aus ihr heraus zu ängsiigen. J. Paul uns. löge
2, 44; ein von entzündeten materien geängstigtes erdreich.
Kant 9, 75.
ÄNGSTIGER, m. cruciator. colica 157.
ÄNGSTIGLICH, anxius : ach wie ist es doch so eine Sngstig-
liche hitze. Heinr. Jul. v. Bb. Sus. 2, 1.
ÄNGSTIGLICH, adv. anxie, nnl. angstiglijk. pers. baumg. 6, 3 ;
da sprach der urselbst ängsiigiicb. Bürger 93V
ÄNGSTIGÜNG, f. anxitudo, tribulatio.
ANGSTKIND, n. kind, um das die eitern viel angst und
sorge hatten.
ANGSTLAST, f.
ANGSTLÄUSE, pl. rohe, aber kraßvolle bezeichnung heini'
licher angst: alsdann kratzen si zu spat den köpf vor angst-
leusen. Fr.\xk weltb. vorr. ; secüt da, wie beiszen disen die
angslläus, der feind ist gcwis nicht weit. Garg. 253'; die
unbarmherzigen angstläuse slackcn mir in haaren. Weise
erzn. 349.
ÄNGSTLICH, anxius, ahd. angustlih, auf personen oder sa-
cken beziehbar: sie schien ängstlich, es (das bret) zu betre-
ten. Schiller 748;
und Aeolus löset
das ängstliche band. Göthe 1, 73;
wie sie den sarg hinunter lieszen, dann die erste schaufei
hinunter schollertc und die ängstliche lade einen dumpfen
ton wiedergab. 16, 179 ; daraus entstehen gewisse falsche be-
strcbungen, welche um desto ängstlicher werden, je reiner
und redlicher die absieht ist. 29, 104; in die ohnehin feuch-
ten und ängstlichen [beengenden) Schlafstellen. 30, 14 ; da sie
ziemlich auf der plaine liegt, sind ihre straszen nicht ängst-
lich, aber meist all mit überhängenden giebeln. 43, 71; die
arbeit ist zart, fleiszig, doch nicht ängstlich; wenn du mir
nur nicht so bang machtest, nicht so oft im ängstlichen
Schlummer fürchteriich träumtest. Kmxger l, 4.
ÄNGSTLICH, adv. anxie: ängstlich gewissenhaft;
ängsthcb klagend umOatierte ihn die traurende muitcr.
Stolberc 11, 58.
ÄNGSTLICHKEIT, f. anxietas, tollicitudo: eine sittliche
und religiöse ängsllichkeiu Göthe 20, 163.
363
ANGSTLOSE — ANHABEN
ANHÄBIG — ANHÄKELN
364
ANGSTLOSE, f. excusalio, ausrede ? womit man sich in der
angst zu lösen sucht ? müssen sich mit solchen angstlosen und
notreden so lausichl und bettelisch behclfen. Luther 1, 509''
ANGSTMANlN, m. an einigen orten der Scharfrichter.
ANGSTMENSCH, tn. ein mensch, der viel sorge macht.
seht doch den angstmenschen. Tieck 3, 175.
ANGSTQUAL, f.
ANGSTRAD, n. täglich im angstrade laufen, stets auf der
folterbank gespannet sein. Aug. Buchners trostschr. Wittenb.
16(14 s. 60.
ANGSTRLF, m. angstschrei.
ANGSTSCHEISZIG, nach Heine, gelb wattierend, vgl. Aristoph.
friede 1176 : ob mich auch schon ein angstscheiszige leibsnot
bestund. Garg. 286*.
ANGSTSCHWEISZ, m. angstschweisz schwitzen.
ANGSTSTLNDE , f. momentum anxium, altn. öngrstund
{vgl. ögurstund am schlusz der Völundarqvida). ■
ANGSTTROPFE, m. angstschweisz: angstlropfen rollten ihr
die bleiche wang herab. Gotter 2, 108 ; würde dir jeder angst-
tropfen, den du fallen siehst, mit einer tonne goldes aufge-
wogen. Schiller 199.
ANGSTUMSCHLLNGEN : der angstumschlungne geist. Göthe
41, 188.
ANGSTVOLL : angstvolle blicke ; angstvolles geschick.
. ANGSTZUSCHÜRGER, m. angoris incitator:
0 menschenwürger,
0 wilder kriegsanTang, o angstzuschürger.
Hanmanns anm. zur poeterei s. 240.
ANGSTZWEIFELND: i
sein herz schlug
unter der zottigen brüst angslzweifelnd hierher und dorthin.
Bürger 188".
ANGUCKEN, intueri : eine sache neugierig und verwundert an
gucken ; habe auch noch anzugucken bekommen. Hamann 6, ISO
ANGÜRTEN, accingere: das band, das schwert angurten.
ANGUSZ, m. affusio.
ANGUTZEN, was angucken, nur frequentativer : mit freund-
lichem angutzen. fastn. sp. 749, 8. 764, 23. vgl. herfürgutzen :
ich glaub, es gutz da ein schneckenhorn herfür, nicht eszt
es ! Garg. 237*.
ANHAB, m. initium, ein schon mhd. seltnes wort (es steht
bei Haupt 5, 538 und in der tohter Sion), ahd. anahap blosz
zu vermuten, gebildet wie urhap causa, origo, fermentum, also
gleich diesem abzuleiten von heben, ahd. heffan, golh. hafjan,
und entsprungen zur zeit, wo in dieses verbum noch kein «m-
laut gedrungen war. nnl. aanhef. der teufel sei ein lügener
und ein anhab und ein finder der lügenen. Keisersb. post. 2,
100; ein klein anstendli oder anhab. 3, 83; da sal der den
anhab tut, den schaden gen dem keiser tragen, keiserrecht
2, 78; die sie im anhab der sachen mit groszer hitz brau-
chen, aber darnach werden sie unnütz. Hütten 5, 331 ; wie
viel der anhab (des kricgs) gewis, der ausgang aber so viel
ungewisser zu fürchten. Kirchhof disc. inil.i;
dlsz birg die Welts'chcn nennen do
cultnen de sant ücrnliardiiio,
den namen ihm ein dörflin gab,
welchs ligt an dises bcrgs anhab. Kebsann 249.
dies gute wort erscheint bei Luther nicht und stirbt aus.
ANHABEN in zwiefacher bedcutung,
1) an sich haben, an sich tragen, indui, von kleidungs-
stücken, nnl. aanhebben. ahd. daj kescuhe anahaben, feire
soccum (Graff 4, 730) ; mhd.
Adam begundc sich scamen,
daj er niebt het ane. Diut, 3, 51 ;
tiecht ist dein kleid, das du an hast. ps. 104, 2 ; freund, wie
bist du herein kommen und hast doch kein hochzeitlich kleid
an? Matth.i1, 12; welche allerhand hoffarbröcklein anhalten.
Garjy. 57'; mein anhabendes ledernes koller. irrg. der liebe s.
319 ; ein knabe, der eine frisierscliürze umgegürtet und ein
wciszes Jäckchen anhatte. Göthe 18, 142 ; wenn man sitzt und
alles an hat (unausgezogen ist). J. Paul Uesp. 2, 1 ; Wehmeier,
der in der alten gcschichte nichts lieher fand und also ab-
mahltc, als einen groszen mann, der wenig an halte, wie
z. b. Diogenes. Tit. 1,110; nicht soviel haare, als ein truthahn
noch in der pfanne anhat, biogr. bei. l, 130; was hatte er denn
an ? fragen die leutr, wie war er gekleidet ? das an ist fühlbar
noch los und kann immer abgetrennt ijcschrirbcn werden: sie
hat die rothen schuhe an, soll sie heute an haben, bei der
figürlichen anwendung ist das pronomen unentbehrlich, die
praeposition also entschieden : er hat das an sich ; ich habe es
(den fehler, die eigenschaß) so an mir; er wird das laster
stets an sich haben.
2) einem etwas anhaben, stiperare, vincere aliquem: ob sie
wider dich streiten, sollen sie dir doch nichts anhaben. Jer.
15, 20; denn würde er zu wort kommen, macht man im
nichts anhaben. Luther 3, 33' ;
ein mann,
dem schwerler nichts ballen, dem spiesze nichts an.
im spies
, 8, 39 ;
Logaü 1
wolan so wird es mir desto groszere ehre sein, wenn ich ihm
was anhabe und zugleich meinen erstochenen landsmann rä-
chen kan. Felscnb: 3, 414; die zeit, die sonst so viel über
unsre leidenschaften vermag, kann dieser allein nichts an-
haben. Wieland 8, 385 ; der schrecken kann mir nichts mehr
anhaben. Gotter 3, lOl ;
sei nur brav zu jeder stunde,
niemand hat dir etwas an! Götue 4, 350;
und drohten mir beere,
und drohten mir dracben,
sie haben doch alle
dem knaben nichts an. 11, 234{
und dem verdammten zeug, der tbier- und menschenbrut,
dem ist nun gar nichts anzuhaben. 12, 72;
diesem haupte.kann die brennende sonne, der beizende
Schnee nichts anhaben. 14, 195; sie hat mir verziehen, gott
hat mir verziehen und niemand kann mir mehr etwas anha-
ben. . 17, 408 ; von einem licht erhellt, welchem sogar das
hellste Sonnenlicht nichts anhaben konnte. 23, 219; die eng-
lische feile schien ihm (dem diamant) nichts anzuhaben. 31,
231 ; so lang ich meine schildwachten bezahle, kann mir nie-
mand was anhaben. Lenz l, 290 ; die öffentliche gerechtigkeit
kann dir nichts anhaben. Kant 5, 471. Fast in gleichem sinne
sagt man einem etwas anthun, doch drückt dies mehr die
wirkliche that, anhaben die müglichkeit der that, den vorsalz
oder angrif aus, und einem etwas anhaben scheint wie ange-
siegen, angewinnen, weshalb- ihm auch ursprünglich ein acc.
der person statt des späteren dat. gebührte, es könnte noch
heute gesagt werden: ich will nichts an dich haben, nihil le
impugno, wie mhd. si habten in an vil vaste mit siegen, grif-
fen, fielen in an (Ben. 1, 599"). vgl. haben = erhallen.
ANHÄBIG, continens, retinens, anhaltend, an sich hallend,
in gutem wie bösem sinn : es {das deutsche volk) ist auch ein
so rachgirig, anhebig, unleidlich volk gegen seinen feinden,
das im kein greulichkeit zu vil ist. Frank «feZ/fr. 42'; zu aller
not gedultig und anhebig. 67"; Democritus stach im selbs
beide äugen ausz, damit er der natur und götlichen dingen
dester anhabiger, munterer möcht nachdenken, chron. lOo';
er was kargk und anhäbig. 128'; weilen es (das bauen) grosze
Wissenschaft, manigfaltige Vorbereitung, unverdrossenen fleisz,
emsiges nachsehen, anhäbige gedult und einen offenen beutel
erfordert. Hohberg 1, 20; einen guten credit anhäbig behal-
ten. 1, 28. vgl. gehäbig.
ANHACKEN, incipere caedere, effodere: die spalzen haben
die kirschen schon angehackt; der specht hackt den bäum
an (s. anhauen); die erde um den bäum anhacken, den
bäum anhacken; die kartoffeln anhacken, behacken.
ANHAFT, m. adhaesio, affixio, annexum. mhd. anehaft:
äne wankes anehaft, Parz. 223, 4 ;
daz tnot al des winters kraft,
ncbcl, rif, snrt ist sin anehall. Altscuw. 71;
wie sonst anehanc von thau und reif verwandt wird, angift
und anhafl. Luther 1, 214" (s. angift); dann weil der glaub
geist ist, musz sein anhaft und objectuin auch geistlich sein.
Frank chron. 255*.
ANHAFTEN, adhacrere, affixum esse: das pflasler haftet
an ; ihm haften (kleben) manche laster an ; keine erinahnung
haftet bei ihm an. häufig auch los, mit gleicher bedcutung:
das pllaster haftet an der haut, an ihm haften manche laster,
keine ennahiiimg liaftel an ihm.
ANIIAGELN, gleichsam aggrandinare : es hagelt an (die
fenster) ; die kornfelder sind angehajgelt.
ANHÄGEHN, sabulum alluere? man nennt hager einen vom
flusz angeschwemmten sandhügel, beide Wörter sind der allen
Sprache unbekannt, und kaum zu hager, mager, dürr gehörig,
eher entstellt aus hocker, höcker, hügcl: der slroni liägert
land an.
ANHÄKELN, unco ärgere, festigen: die (hür anhäkeln,
365
ANHAKEN — AMIALTEN
ANHALTEN — ANHANG
366
spitzen anhäkeln; figürlich, einen künden anhäkeln. Gotteb
3, 300 ; das geht nun freilich so nicht, wenn man immer den
mann gehen läszt, bis er von selbst kommt, ihn nie anhäkelt.
Moser p. ph. 4, 57. sich anhäkeln : der vogel häkelt sich mit
seinen krallen an {die stange); häkelt sich an durch ein ver-
liebtes band. .Me.na.ntes 1, 21C ; anhäkeln an kinder. J. Paul
uns. löge i. 61.
ANHAKEN, unco affigi, nnl. aanhaken: der kessel hakt
noch nicht an ; das papier hakt an, klebt an dem gebacknen
kuchen. Zuweilen auch transitic : das bool anhaken , den
Schlüssel anhaken.
ANHALFTEILN, capistrare equum, daspferd an die halfter legen.
AN'HALLEN, sonum Tepercutere : die stimme hallt hier an,
hallt wider.
ANHALSEN, weidmännisch, eani lorum inderej s. halse, helse.
besorglich uns das joch der knechtschan halsen an.
LoHE-NST. Cteop. 94, 419.
ANHALT, m. remora, retardatio, sustenlaculum. es gab hier
einen anhält, der zug hielt an; anhält machen, hall machen;
die Sache hat keinen anhält; nun erst ist fesler anhält ge-
wonnen; sie ist ohne anhält, hat nichts, voran sie sich halle;
auch die tragischen poeten bedürfen dieses anhalts, dieser
ruhe, um sich zu sammeln, örtlich, anhält, Station, ort, ko
angehalten wird, daher name einer bürg:
er heijet wol von Anebalt, gräve 0»e. ilSH. 3, 39' ;
in Urkunden: Heinricus comes de .\nehalt. aber auch was
anhält, hetnmt: bisz dasz der zehnde schlag {decimae impetus
undae) mit ungeheurem sausen den anhält überschwemmt.
Griithrs 70.
ANH.\LTEN, instare, insislere, remorari, persererare, an-
dauern, fortwähren, nnl. aanhouden: der regen hält schon
drei tage an; der anhaltende frost. die anhaltende hitze; das
fieber hält an, läszt nicht nach, ihre thrimen hielten lange
an, anhaltendes schluchzen unterbrach ihre worte; anhalten
im gebet, im wachen, an der arbeil, im essen und trinken,
gegenüber dem einhalten, aufhören : hallet aber nur an mit
fleisz. Jos. 22, 5; hallet an mit dem streit wider die stad,
das du sie zubrechest. 2 Sam. 11, 25 ; hielt an mit beten und
weinen. Tob. 3, 12; haltet an am gebet. Rom. 12, 12; haltet
an am gebet und wachet in demselben mit danksagnng. Col.
4, 2; halt an mit lesen, mit ermahnen, mit lehren bis ich
komme. 1 Tim. 4, 13 ; predige das wort, halt an. 2 Tim. 4, 2 ;
drumb lasz uns weidlich ballen an
und sauren. Albercs HO';
arm and verwaisele kinder zur schul anhält und versorget.
Luise 3, 7t)0 ;
anlialtende lust, freude, trauer. das geld wird nicht lange
mehr anhalten. Vorzugsweise anhalten mit Worten, mit der
frage, der bitte, insistere verbis, prece, instanter sollicUare, um
eine Sache oder person werben : sie aber hielten an und spra-
chen, Ol Si tTiiaxvov tJyovxBi. Luc. 23, 5 ; als sie nun an-
hielten ihn zu fragen, oi Si irriutiov ioonoUvTes. Joh. 8, 7 ;
iloch daneben musz ein prediger bei dem volk anhalten und
mit \leis unterrichten. Luther 3. 153* ; zur vermanung. das e.
k. m. solle frisch und frölich anhalten, dus heilige gottes wort
in Hungerland zu fördern. 3, 2&s'; wollestu umb ein bei-
-rhlafen bei mir anhalten. H. Jcl. v. Br. Sus. 2, 2 ; mit eifrigem
^ebete um abwendung solches Unglücks anhalten. Weise kl.
leute 2S7 ; ein junges mädchen von achtzehn, blühend wie ein
frühiingsmorgen, ein junger landmann aus einem benachbarten
dorfe, der bei dem allen um sie anhielt. Wieland 8, 130;
zum doclor gehen und um einige magenlropfen zur Schwä-
chung des appetits auhalten. J. Paul teuf pap. 1, 112.
Dann aber in der fast umgedrehten bedeulung von sisti und
tiilere, einhalten, stillhalten: der wagen hält an, sieht still,
sollt cursum; vom pferde gilt: rennen, gengeii, anhalten.
Garg. 176"; da uns die nacht übereilte, muslen wir (wagen,
pferde) anhalten; haltet an mit dem schreien und toben, laszl
nach.'; haltet an das feuer (mäszigt euch), bis die stimme
der fübrer euch fortreisze! Klinger 2, 159; erhielt den athcm
an, cohibuil spiritum, hielt ihn ein, zurück;
er hält den öden mühsam an. Lfssinc 1, 126;
Alban gieng, aber auf dem wege zersprangen die gefüllten
thranendriisen und das angehaltene herz. J. Paul Tit. 1, 101 ;
doch hielt sie sich an {conlinuit se) und nahm sicli zusam-
men. Gi.THE 40,326. die uhr anhalten, still lassen stehn ; das
pferd anhalten, den feindlichen boten, den Oiehenden dieb an-
halten, in dem dorfe anhalten und futtern, in dem gasthaus
anhalten und zu mittag essen.
Im einzelnen fall kann kaum zweifelhaß sein, ob die be-
deulung von insislere oder sistere gemeint werde; der schmerz
hält an will doch immer sagen: er bleibt, nicht: er unter-
bleibt, und man kann nicht unterscheiden wollen zwischen an-
halten am gebet, ßeiszig beten und anhalten im gebet, auf-
hören zu beten, eher liesze sich, da anhalten = insistere stets
intransitiv bleibt, anhalten = sisli aber transitives sistere icfr-
den kann, anhalten am oder im gehet entgegenstellen dem an-
halten das gebet, wiewol dies auch nicht gesagt wird, nur
einhallen, haltet an im feuer! soll ausdrücken: setzt das be-
gonnene feuer ununterbrochen fort; haltet an das fenerl haltet
es zurück, unterlaszt es. Man vgl. eTiix^iv darreiche», hin-
halten, anhalten und lat. inhibere sc. equum.
ANHALTEN, n. instantia, assiduitas: wiewol unser aller-
liebeslen kinder mit heftigem anhalten und groszem ernste be-
gerel, ein gemein frei christlich concilium auszuschreiben.
Luther 6, 329' ; was ists denn, das man mit solchem anhal-
ten die leute nur dester mehr reizet und hetzet. 3, 139 ; mein
lieber herr doctor Justus Jonas liesz mir keinen friede mit
anhalten. 3, 332' ;
und widrumb durch standbafl anhalten
musz das eis in krislall erkalten.
Fischart gl. schif 629 ;
legen sie aber mein dringendes anhalten nicht falsch aus.
Lessing 2, 10 ; endlich gab er seinem anhalten nach. Wiela.nd
3, 40. Auch in der andern bedeulung des worles kann gesagt
werden : das anhalten des wagens, des athems u. s. w.
ANH.\LTER, m. retinaculum, ein gerälh und Werkzeug zum
anhalten ; auch persönlich, der anhalter, retentor, z. b. in salz-
werken, der unter dem kessel einen hammer da anhält, wo auf
der andern seile angeschlagen wird, das nnl. aanhouder ffl.
und aanhoudster f. nur persönlich.
ANHALTSAM, assiduus.
ANH.\LTSAMKEIT. f assiduitas : dieser (nutzte sein glück)
mit bedacht und anhallsamkeit. Götbe 15,272; er hatte alles
nur durch unsäglichen fleisz. anhaltsamkeit und Wiederholung
envorbcn. 24, 45 ; so dasz ich Racine und Moliere ganz und
von CoiTieille einen groszen theil durchzuarbeiten die anhalt-
samkeit hatte. 24, 171; eifer und anhaltsamkeit. 24, 190; in
Jena waren seine freunde zeugen gewesen, mit welcher an-
haltsamkeit er sich mit Wallenstein beschäftigte. 45. IS ; wo
eigentlich nur für fleisz. mühe, anhaltsamkeit der kränz dar-
geboten werden sollte. 50, 204.
ANHALTSPUNCT, m. im markscheiden der pund, wo die
schnür des markscheiders zuerst angehalten wird; die stelle
des anhalts an den eisenbahnen ; andere schreiben aahiilpunct,
doch anhaltepunct bei Güthe 31, 46 ist fehlerhaß.
.\NH.\LTUNG, f. instantia, retenlio: bei dem bapst umb ein
concilium anhaltung thun wollen. Melancbthon rorr. zur
Auqsb. conf die anhaltung eines flüchtigen missethäters.
ANHÄMMERN, malleo accudere.
A.NHANDEN, adv. praesto, ad manus, gegenscUz von abhan-
den, und gleichviel mit vorhanden, zuhanden, zur band, die
mehr im gebrauch sind, es kann aber nur den dat. an der
band, an den bänden ausdrücken, nicht den ate. an die band,
an die bände.
ANHANG , m. appendix, nnl. aanhang, was sich anhängt,
mhd. häufig ßr den sich ansetzenden reif und thau oder selmee:
rife und anebanc, sne und anehanc, des touwes anehanc,
heute nur noch weidmännisch, es ist heute viel anhang, die
Sträuche, büsche hängen roll reif oder schnee, in Baiern auch
abhang. bihang (Schm. 2. 212). persönlich , meist in üblem
sinn, pellex, concubine: nun er (pabst Alexander VI\ het ein
anhang. die sähe ein schönen jttngling. Frank chron. 313';
Karl der grosze hat auch auszerhalh der ehe vil kinder ge-
habt, nemlich bei frauw Gartwind. seinem anhang. einer Säch-
sin. Ave.ntin 335; könig Karl nahm Richild, seinen anhang,
zu der ehe. 354; daher schilt ein mann die frau:
du anhank, du srhelmigs a.sz! futtn. sp. 255. 13;
dann ein anhang ro;i bösen buben und gesellen: er zog in
die Stadt mit einem anhang {einer rotte) von sclilerhlem ge-
sindel; sein ganzer anhang solcher gesellen folgte ihm nach;
und alle, die umb in sind, seine gehülfen und alle seinen
anhang wil ich unter alle winde zerslrewen und das scliwcrt
hinter ihnen her ausziehen. Ezech. 12,14; Jonathas und sein
anhang sitzen still. 1 Maee. 9, 5S ; da nun der hasz und neid
367
ANHANG— ANHÄNGEN
ANHÄNGEN — ANHÄNGIG
368
so grosz war, dasz des Simonis anhang etliche darob crwür-
gcten. 2 Macc. 4, 3 ; mlal. adhacrcntia. doch kann auch in gu-
ter meinung gesagt werden: die feinde sind stark und unser
anhang ist klein, wir haben nur wenig anhängcr und.nach-
folger; sich einen anhang machen oder verschaffen; besucht
in einmal mit einer stattlichen reuterei und groszem anhang
igcleit) von hofgesind. Garg. 133'.
Häufig von Sachen, der anhang eines wortes, einer wurzel,
was ihr angebildet, zugefügt wird, der anhang eines buchs,
die im anhang beigegebnen Urkunden und belege ; die kleine
Schrift hat drei wichtige anhänge, anhang der redCj die ihr
angefügte bcdingung oder clausel: die zehende ist conditio,
anhang. Luther 2, 16C'; solch natürlichen ordcn und anhang
der rede. 3, G6 ; wenn ein conditio, anhang oder auszug dabei
gesetzt würde. 5, 241" ; das Stipendium noch ein jähr zu las-
sen, doch mit dem anhang, wo er bei der theologie wolt
))leiben. Luthers br. 5, 27 ; das rausz man mit einem sondern
anhang und nit auf unser zeit verstehen. Fischart bienenk.
3''; mit dem anbang. Garg. 219*; bischof VVernher schlug
Rudolfen von Habsburg vor, mit diesem anhang. Zinkgr. 3, 11.
mit anhang läszl sich statt des gen. auch noch die praep. ver-
binden: ein anhang des buchs oder an das buch, zu dem
buch ; der unglaub ein anhang des herzens an den satan ist.
Frank parad. 1G7'.
ANHANGEN, adhaercre, praet. anhieng, part. angehangen,
niil. aanhangen, sollte, wie schon bei abhangen gesagt wurde,
als intransitives neutnim dem transitiven anhängen zur seile
stehn; davon weicht aber schon die frühere spräche, geschweige
die heutige ab, indem sie nach reim und gewohnheit anhangen
auch transitiv, noch öfter anhängen intransitiv verwendet, hier
beispiele des richtigen gebrauchs: bis das der hell kome, und
demselben werden die Völker anhangen. 1 Mos. 49, 10; ein
iglicher unter den kindern Israel sol anhangen an dem erbe
des Stamms seines vaters. 4 Mos. 36, 7; aber ir, die ir dem
herrn ewrem gott anhienget. 5 Mos. 4, 4; aber der aussatz
Naeman wird dir anhangen. 2 kon. 5, 27 ; er hieng dem herrn
an und weich nicht binden von im abe. 18, 16; oder wird
einem (heixn) anhangen und den andern verachten. Matth. 6,
24; darumb wird der mensch seinen vatter und mutter ver-
lassen und wird seinem weibe anhangen. Marc. 10, 7 ; das ein
teglich anhangen sei des fluchs. Luther 3,314'; darumb {um
den tempcl) haben die pfaffen ringsumb ihr anhangende heu-
ser und palläst. Frank weltb. 188'. Wider die regel aber
stoszen : und sie hiengen sich an den Baal Peor. ps. 106, 28 ;
dein herz aber hieng sich an die weiber. Sir. 47, 21 ; du hien-
gest deiner ehre einen Schandflecken an. daselbst; er siebet,
wie er ihm ein kleblebichen {klebläppchen) anhanget, pers. ro-
scnlh. 4, 1 ; dasz ich dessen fabeln hier mit anhange. Lokman
einleitung ;
ach was soll der mensch verlangen?
ist es besser ruhig bleiben?
klammernd fest sich anzuhangen? Göths 1,72.
was mit und an dir liebte, litt,
hat sich wo anders angehangen
doch braucht schon ülfilas gerade sein hahan haihah trans-
itiv und unterscheidet von ihm ein intransitives hahan, ha-
haida. die mischung beider formen scheint zumal durch die
zweite und dritte person des pracs. sg. veranlaszt zu sein,
welche für hangen und hängen gleichlaulen {mehr noch unter
dem einfachen hangen, hängen), und man kann z. b. aus fol-
gender stelle:
es hängt uns noch von Adam an,
dasz man so übel kiesen kan. Grtpuius 2, 223,
nicht ersehen, ob dazu der inf. lautete anhangen oder anhän-
gen. Luther schreibt ohne umlaut: meine seele hanget dir
an. ps. 63, 9 ; aber Fischart Garg. 187' der misbrauch ist
aller guter brauch rost, der sich stets anhengt. Wie bei dem
subst. anbang zeigt sich auch an dem verbum die bcdeutung
des auszerehlichcn bcilicgens : er (Catilina) hei lang zeit an
im hangen Fulviam, ein verleympte frawen. Dietr. von Plie-
NiNCEN ; jedermann wol wüste, dasz sie an dem allen herrn
commenthür hieng. Albertini Guszman de Alfarache, anhan-
gende pestilcnz heiszl in Gemeiners Regensb. chron. 4, 404 ad
0. 1520 eine anhaltende, schwer über dem land hangende.
ANHÄNGEN, afßgere, appendire, mit dem praet. anhängle,
part. angehängt, schlug seine feinde im hindern und bengel
inen ein ewige schände an. ps. 78,06; gnade und trew wer-
den dick nicht lassen, henge sie an deinen hals und schreibe
sie in die tafel deines herzen, spr. Sal. 3, 3; da mus ieder-
man sich anhengen, Icstern und verfolgen. Luther 5, 54' ; an
mich mus sich der teufel bengen. das.; es werden inen auch
besonder befelch vcrtrauwt und angehengt. Fronsp. kricgsb.
1, 3' ; wird er weder klüger noch närrischer, ob ihm ein an-
der einen verächtlichen titul auf solche weise anhängt. Weise
erzn. 43; ich hasse sie und hänge ihnen eins mit vergnügen
an. Claudius 7, 126 ; der lustspieldichter ist gleichsam nur ein
hämischer controleur, der auf die fehler seiner mitbürger ein
wachsames äuge hat und froh zu sein scheint, wenn er ihnen
eins anhängen kann. GötheIS, 149; ein paar Kirsten beschrei-
ben wir als wahre väter des Vaterlandes, damit man uns desto
eher glaubt, wenn wir einigen andern etwas anhängen. 19,
112; sich den ganzen corso hinab zankte, jedem etwas an-
hängte. 29, 238; keine kutsche fährt ungestraft vorbei, ohne
dasz ihr nicht wenigstens einige masken etwas anhängen.
29, 254 ;
jedem hängt er was an und jeder fiirchtet den schaden.
40, 188 ;
ich gieng über Pans, um da durch den englischen gesandten
den faden leise anzuhängen, der in London ziehen sollte.
Klincer 9, 226 ; unter solchen leu'ten leben, unter solchen
leuten mit gcfühl zu leben, das sich anhängen möchte. Kun-
cers Ih. 4,252; um eure Zubereitungen vergeblich zu machen
und euch einen schimpf anzuhängen. Tieck 12, 229 ; die lüge,
die die familie seiner herrlichkeit anhängen sollte. J. Paul
Hesp. 1,17. so noch in manchen redensarten: den mantel an-
hängen {an die wand, an den haken); der katze die schelle
anhängen ; einem ein blech, einen flecken {wie in den vorher-
gehenden stellen: etwas, eins) anhängen; einem eine krank-
heit anhängen, ihn damit anstecken; er hat ihm die kratze
angehängt ; dem buch Urkunden anhängen ; das siegel anhän-
gen {an die Urkunde); den kränz anhängen {an das haupt,
an die thür). sich anhängen hat die bedeutung jenes intrans-
itiven anhangen : die klette hängt sich an den rock an ; der
brei hängt sich an den topf, in dem topf an ; das pech hängt
sich an die band an ; sie hängt sich an den menschen an,
lebt vüt ihm vertraut, mit dem bei anhang und anhangen ge-
wiesenen neben sinn ; man sagte, in einem hafen anhängen,
wie anlegen, entweder sich anhängen oder das schif, den nachen.
Spätere Schriftsteller setzen nun auch oß anhängen für an-
hangen: höhere geister sehen die zarten spinneweben einer
that vielleicht an die entlegensten grenzen der zukunft und
Vergangenheit anhängen. Schiller 144; ein regent, der weise
genug ist, der tugend aus Interesse anzuhängen. Klinger 5,
151; wir, die wir ihm treu anhängen. 6, 34; der schmutzige
zug aller dieser thorheiten, die uns anhängen. 11,31; der be-
grif der Ursache deutet keine den dingen, sondern nur der
erfahrung anhängende bedingung an. Kant 3, 231. vgl. an-
henken.
ANHÄNGER, m. assecla, comcs, nnl. aanhanger: ein an-
hänger der neuen lehre; anhänger und freund des mannes-;
sie scheinen kein anhänger von gelübden. Gotter 3, 64.
ANHÄNGERIN, f, doch ohne die nebenbedeulung des älte-
ren anhang. nnl. sagt man aanhangster.
ANHÄNGERSCHAFT, f popularität und anhüngerschaft ;
dieser philosoph hat eine weit verbreitete anhängerschaft.
ANHANGIG, annexus: ehstens schick ich mein knöcbieio
und was dem anhangig. Göthe an Knebel 51. hier ohne um-
laut. s. das folgende.
ANHÄNGIG, appendens, adhaercns, annexus, auf personen
und deren glauben, leben oder lehre bezogen, assentiens, fide-
lis: so wolt er zu stund dem beschlusz und erkentnis der hei-
ligen, christlichen kirchen anhengigsein. Luther 1, 123'; etlich^
trefliche hocbgelarte leute in frembder nalion, die keinem teil
anhengig sind. 1, 217'; er solle immer solcher lere anhengig
sein. 3,410; dem cvangelio nicht anhengig. 5, 33'; das sie un-
ser ncchst überreichten bekentnis anhengig seien. 5,36'; mit
solchem felschen und unrechten auslegen hat er ihm anhen-
gig gemacht land und leute. 8,203'; schwere ich, der luthe-
rischen ketzerei nimcrmchr anhengig zu sein. 6,5'; weil sie
dem evangelio anhengig sind. Luthers br. 4, 561; seind si
ihm günstig und anhengig, so musz es alles recht sein. Frank
chron. vorrede a2'; welchem {gott oder dem teufel) er sich
anhängig macht. Zinkgr. 2, 91*; dem keiser anhengig. Mün-
ster 703;
weil die keizer mit ganzer macht
anhängig sind dem Luther. Soltau tolksl. 460;
369
ANHÄNGIG —ANHAUCHEN
ANHAUEN — ANHEBEN
370
ein beer ihm anhängig machen. Lohenst. Arm. 2, 1268 ; dem
urbilde der menschheit unwandelbar anhängig bleiben. Kant
6, 225; Leibnitz, der platonischen schule anhängig. 10, 127.
Auf Sachen bezüglich: dem wüsten leben anhengig. Kibchhof
icendunm. 69'; du must sehen, mit was für leuten du ge-
meinschaft halten und bei dir haben wilt, ob du auch, was
ihnen anhängig ist erdulden kanst. pers. rosenth. 8, 119; be-
sonders von heiratssachen oder was dem anhängig ist. Les-
siNG 1, 245 ; durch, das mitleid und die furcht, welche die tra-
gödie erweckt, soll unser mitleid und unsre furcht, und was
diesen anhängig, gereiniget werden. 7, 365 ; diejenigen (schran-
ken), welche dem besondern stoflfe, den er bearbeitet, anhän-
gig sind, musz der künstler überwinden. Schiller 1173; die
Oberrichterstelle des ganzen reiches war der ersten würde an-
hängig. GüTHE 46, 356. die Sache ist anhängig heiszt, bei ye-
richt angebracht, schwebt vor gericht : machen die process und
rechtfertigung bei ihnen anhengig und nimmer abhengig noch
abgengig, sondern je mehr zugengig und vd-Iengig, unendlich
und unabsterblich. Fiscuart Garg. 159"; die sache ist schon
anhängig und kann eine sehr böse wendung nehmen. Gütue
24, 332 ; indessen hatten in geheim schon Ambrosius, der Syn-
dikus Spener und der schadenfrohe Peterling den sonderbar-
sten process, von dem die weit je gehört hat, anhängig ge-
macht. TiECK not", kr. 4, 310.
ANHÄNGIG, adv. connexe. anhengig zu schlieszen. Fischabt
Garg. 65*.
ANHÄNGISCH, was sich leicht anhängt.
ANHÄNGLICH, addictus, devinclus, mehr noch als anhängig
die innere gesinnung ausdrückend, innig ergeben: er hat ein
anhängl'iches wesen ; die philosophische facultät, welche dem
princip der freiheit anhänglich ist. Ka.nt 1, 225 ; eine dem mo-
rahsch guten anhängliche denkungsart. 7, 158. in übler be-
deutung : ancillariolus, Vetieri deditus : Hilderich, der was fast
unkeusch und anhenglich. Gerstenberg thür. ehr. 56.
ANHÄNGLICHKEIT, f. addictio: wie grosz meine anhäng-
lichkeit an sie ist. Schiller 65S; unbeschadet seiner erklär-
ten anhänglichkeit an den bund. 834; von der nothtaufe und
andern unzeitigen anhänglichkeiten die herzen des pöbeis los-
zumachen. Hippel 8, 107.
ANHÄNGLING, ni. assecla. Lohesst. Arm. 2,1293.
ANHLNGSEL, n. appendix, nnl. aanhangsel : ein frauenzim-
Imer, das man für die beschlieszerin und thätige haushälterin,
nach den anhängsein ihres gürteis, zu erkennen hatte. Göthe
21, 175. s. anheukichts.
ANHANGSWEISE, adv., appendicis loco. .
äNHAUREN, exspectare, retiner i : ich hane noch an.
ANHAKRIG, durabilis: item musz man wegen der bürsten
nnd gereiser schlieferlin haben, die sint anharrig und legen
sich hart an. Seiuz {eidbau 576. s. schlieferlin.
ANHAKT, subdurus, härtlich.
ANHASPEN, affibulare: die thür ist angehaspet. bergmän-
nisch, die fahrten anbaspen.
ANHAU, m. locus lignorum plaga signalorum: so wist der
tcheffen, dat die hern von Bruwilre sullen broeholz hauwen
in dem aenhauwe. tceislh. 2, 820. vgl. mhd. anehou (Ben. 1,
122').
ANHAUCH, ni. o/yia/us, ont/aj/; von ihrem sanften anhauch
glitschte eine zarte flamme von schönem Unwillen aus den see-
lenvollen äugen des mädchens. Wieland ; unter dem hohen rufe
der glucken und dem durchdringenden anbauch der orgel. Her-
bEk IG, 267; bildet sich in den klUften ein anhauch (anßug) von
den allerkleinsten amethystkrvstallen. Göthe 60, 130; silber-
inünzen, die weil sie lange genug in feuchter verschlossener
luft aufbewahrt worden, die woierhaltencn gepräge mit einem
bläulieben anbauch darwiesen. 31,221; der göttliche anhauch,
afßatus divinus. Wolfs mus. der alterth. viss. 1, vii ;
die well ist kah und rauh,
ihr anhauch schnürt zusammen. Rücuit 256;
inöcht er doch mit seinen treuen banden
jeden rauhen anhauch von mir wenden. 351.
ANHAUCHEN, afflare, aspirare:
wie zarte schwalhenziichi, für hunger fast rerschraacht,
das alte paar anhaucht, das nichts zu hause bracht.
Grtpuius t, 551 ;
obscbon ein spiegei anlauft, wenn man ihn anhauchet, pers.
baumg. 9, 19 ;
er sprachs uod Abrahams stimme
hauchte mit leisem lispel ihn an.
Kl-OPST. ilest. 9, 2fl8;
II
vom nelken- und vom rosenslock
süsz angehauchet. Göei.ngk 1,83;
an all den Wasserfällen
und von rosen angebauchten stellen. 3, 53;
ich weisz nicht was für ein böser geist mich anhauchte, so
dasz ich den tollsten plan erfand. Göthe 23, 109 ; wodurch
sie {die natur) uns bald in die düstre tiefe zieht, bald in
die schwindelnde höhe auf unsenn geiste angehauchten flügeln
emporträgt. Kli.nger 12, 120; mädchen, das so mächtig von
der Phantasie in allen segeln angehaucht wird. Arnim 1, 24;
der stahl ist röthlich angehaucht.
ANHAUEN, incipere caedere, forstmäszig, signare arbores
plaga (s. anhau), das gehölz, den schlag anhauen, die bäume
anhhuen zur bezeichnung, wie der specht den bäum anhaut,
anhackt; nuszbaum, da der specht angehauet hat. Fischart
Garg. 23S' ; bei den schlächlern, den ochsen, das Schwein an-
hauen, vom gefällten thier das erste stück hauen; bei den
ßschern, den fisch mit der angel anhauen, die angel schütteln,
dasz sie den fisch, welcher angebissen hat, fester fasse; in der
landwirtschaß, daS getraide anhauen, so dasz beim fallen es
an das noch stehende anlehne; im bergwerk, an frischer stelle
anhauen; beim reiten, die pferde anhauen, antreiben:
gehorchend hieb Saturnia
die rosse an. Borger;
daher die redensart angehauen kommen (s. angehauen), auch
das brot, den käse anbauen, wegen der starken oder schwa-
chen flexion s. hauen.
ANHÄUFELN, cumulos pusillos facere, die erde am kohl,
an den kartoffeln häufen, die reben mit erde anhäufeln.
ANHÄUFEN, accumulare, nnl. aanhoopen, haufenweise ver-
mehren: geld und schätze anhäufen, schulden anhäufen; an-
gehäufte knospen, wenn an einer stelle mehrere treiben, sich
anhäufen, cumulari: seine kinder häufen sich an, der feind
häuft sich in dieser gegend an.
ANHEß, von dem folgenden anheben, sei es nun als erste
person oder als imperativ gemeint, scheint in der schweizeri-
schen mundart blosze partikelbedeutung zu überkommen: anheb,
wenn ich im nachdächt, fastn. sp. 836, 21. wolan ? doch ? halt ?
ANHEBE.N, incipere, genau das lateinische wort, da sich capere
und heben, goth. hafjan, ahd. heßan entsprechen, die begriffe
heben und nehmen aber aneinander rühren, denn wer eine
Sache auptebt, nimmt sie auf, nimmt, faszt sie, nnl. aanhef-
fen. vgl. franz. enlever = inde levare. Diez 2, 351. in dieser
sinnlichen bedeutung wird hebenden zugerufen : hebt an I faszt
an! und daraus entfaltete sich von selbst der vorhersehende
begrif des anfangens oder beginnens, des vorangehens:
ich heb an dem höchsten an. fastn. sp. 59S, 27 ;
mich reut, dasz sie den tanz anhüben. 566, 13;
und er suchte und hub am gröszesten an. l Mos. 44, 12 ; von
im (disem niond) soll ir .die mond des jars anheben. 2, 12,
2 ; da hub er an seinen spruch. 4, 23, 7 ; so heb nu an und
segene. 2 Sam. 7, 29 ; doch weil ir habt angehaben, sehet auf
mich. Hiob 6, 28 ; wenn er anhebt zu geisein. 9, 23 ; und Hiob
für fort und hub an seine Sprüche. 27,1; hub an zu sinken.
Matth. 14, 30 ; da wird sich allererst die not anheben. 24, 8 ;
da er hinaus kam, hub er an und saget vil davon. Marc. 1,
45 ; diser mensch hub an zu bauen. Luc. 14, 30 ; in anheben-
des menschen weise. Lcther 3, 12; das Sünde mein natur,
mein anhebendes wesen, meine empfengnis ist. 3, 13; wenn
der mensch aufhöret, so musz er anheben. 3, 35'; ob wir
gleich wollen anheben etwas emstlichs zu bitten. 6, 171*;
disem gütlichen, angehabenen werk zu folgen. Luthers br. 2,
498 ; also haben es ire eitern und fürfaren angehaben, und
also machen es die jungen hernach. Micvllls Tac. 44S'; diese
fisch, so sie eine zeit gelegen, anheben zu stinken. Forer
53'; hat angehaben zu stund ganz erzittern. 76*; hat der
jungling auf dem kirchcngcwelb aber angehaben zu rumpeln.
Kirchhof wendunm. 415*;
waun der neunde monat weicht,
hebet eines an zu zehlen. Logau 1, 2, 68;
ein jedes ding der weit hebt ao, geht fort, nimt zu. 1, 3, 1 ;
der teufel ruht sonst nicht, nur jelzund hebt er an,
well Ihn die letzte weit so wol vertreten kan. 1, 8, 18;
die weit fault in sich selbst, und ihre silten stinken,
ihr haus steht auf dem fall und hebt schon an zu sinken.
1,9,69;
wilstu fremde fehler lählen, heb an deinen an zu zählen.
2, 2, 5 ;
wann ein geizhals ist gestorben, hebt «ein schätz erst an zu
leben. 2,9,71;
24
371
ANHEBEN— ANHEFTEN
ANHEFTEN— ANHEIMFALLEN
372
heuchler wächst in einer erde leichtlicii nicht und biederman,
denn wo jener hebt zu grünen, hebet der zu dorren an.
3, 3, 36 ;
manchem bringt es (das glück) sclionc fruchte, wann er noch
aul' stecken reit,
manchem hebt es an zu blühen, wann er schon an krücken
schleicht. 3,10,76;
doch nicht, weil mein muttergeschlecht preiswürdiger anhub.
Voss;
und als die siehe! zu Telde gieng,
hubs an sich zu regen und strecken. Bürger 2,33;
wind hub an,
doch sein schnauben
half ihm nichts,
der wandersinaiin
zog die klcider dichter an. Herder;
und die grabgesänge heben an. Höltt;
sein triumph hebt an. Gotter 3, 451 ;
hüben sie froh den gesang an. Luise 3, 621;
anheben zu schlagen die nachligallen. HUckert 126;
(las unbedingte, wodurch die Vernunft die reihe der bedin-
gungen anzuheben gedenkt. K.\nt 2, 434 ; siii können nur schon
angehobenes fortbilden. Fichte reden an d. d. nat. 166.
Die beispiele lehren, dasz das organische praet. anhub, pari.
angehaben der alleren spräche späler durch anhob und ange-
hoben verdrängt wurde, wie wir auch hob und geiioben, erhob
und erhoben (neben erhaben) sagen. ^ anheben hat fast ganz
die abgezogne bedeulung von beginnen und anfangen, vielleicht
ist es ein wenig sinnlicher geblieben als diese, neues lied
anheben, wirbelnden tanz anheben klingt frischer als begin-
nen, von der schwere ist aber nicht dabei auszugehen, da leicli-
tes und schweres gehoben wird. Wie bei beginnen kann auch
hier miterdrückt werden die rede, den spruch, zu reden, zu
sprechen, er hob an lieiszt schon er hob an und sagte:
vle? hebt der Städter an. Haceoor.n 1, 26;
und wie? hebt jener an. 2, 13;
was lärmst du? hub sie an. 3,89;
wie, hub sie an, hast du mich kommen hören ?
Gellert.
Gleich beginnen steht auch anheben beides transitiv oder in-
transitiv und es wäre überflüssig die intransilion durch sich
hervorzuheben, wo nicht der mediale ausdruck ton äoxead'ai.
lebendiger sein soll, das spiel hebt an = das spiel hebt sich an.
da hebt sich an
ein grosz gelacht bei jederman. Alberüs 51 j
da hebt sich an
ein schöner und lustiger wald. 63';
je mehr sie sich allererst anhebet sich zu jammern. Puiland.
1, 74;
meistens alles auf der erde, drauf die leut am meisten streben,
stehet unter denen dingen, die sich auf ein G anheben:
gold, geld, gut, gescheute, gaben. Logau 3, 1,47;
deine glückseligkeit wird sich nicht eher anheben. Felsenbttrg
1, 176;
hub sich die kurzweil an. Ca.nitz 94;
drauf hebt sich ein gespräch von. dessen wundern an.
Hagedorn 2, U ;
zwar meine Zärtlichkeit hebt nicht erst jetzt sich an.
J. E. Schlegel 4, 75;
der ort, wo sich die erdbeben anheben. Kant 0, 31. Anders
steht es um das einfache, stets transitive heben, welches nur
durch beigefügtes sich intransitive bedeulung annimmt: hie he-
vet sich ein maure ; da hub sich ein donnern und blitzen.
2 Mos. 19, 16.
ANHEBEN, n. initium: furcht ist nicht anders, denn ein
anheben des verzweiveln und iiofnunge ein anheben des ge-
nesen. Luther 3, 22.
ANHEBER, m. auctor, «n/. aanheffer: es ligt, spricht man,
an eim guten anheber, und ein guter anhcber ist aller ehren
werd. Lltuer 4, 254'. Beheim, Wien 5, 12 sagt anhebner.
ANHEBIG, s. anhäbig.
ANHEFTEN, affigere, nnl. aanhecbten, oft, wie bei anbin-
den, mit auslassung des bekannten gegenstands, an welchen
geheftet wird: die kette anheften {an den hals); das pferd
anheften {an den pfostcn); und solt den furhang mit heften
anheften. 2 Mos. 26, 33; auf tafeln schreiben, dasz mans an
die pfeiler auf dem berge .Sion anheften solt. l Macc. 14,26;
dcnselbigen {Jesum) habt ihr genommen durch die liiinde der
ungerechten und ihn angeheftet {an das kreuz) und erwürget.
apost. gesch. 2, 23; ellidi geben den gesten ausz den Hirn-
schalen irer feind zu trinken, heften damit an, wie dieser
von ihren bänden getödt und ühcnvunden sei. Frank weltb.
93'; so standen wir betäubt und angeheftet {an den boden).
Lessing 1, 94; einem äuge, das sich anheften will. Herdek
1,191;
epheu und ein zärtlich gemüt
heftet sich an und grünt und blüht. Götue2, 253;
Vollstreckung an das urtlieil anzuheften
ziemt nur dem unveränderlichen gott. Schillkb.
andere setzen den daliv dazu:
als gieng ihm, angeheftet seinem fusze,
sein schatten hinterher. Göiue 2, 155;
unschuldigen meinungen schädliche auslegungen anheften.
Kant 8, 231; so wüste auch der landsknecht jener frau, die
den vater in ihrer gewalt hielt, etwas anzuheften, dasz der
vater groszen überdrusz gegen sie empfand. Arnim kronenw.
I, 229. das 16 j/t. verwandte dies anheften statt des heutigen
anhängens: es hat auch Engelland, on die angeheft insel
Hibernia, sunst wol X.XIII insulen orcades genant. F'rank weltb.
59*; und iiesz ihm gefallen die Wunderwerk Christi, doch hef-
tet er mit an, die evangelia weren etwas von der apostel jün-
ger gefälscht. 98"; gaben si sich in meinen gewalt, mit an-
gehcfter bilt umb gots willen. 233"; und mit aller demut und
ehrerbictung umb Vergebung und gnade bäte, mit angehefter
anzeigung, das ich ganz willig und bereit were, mich zu wei-
sen und leren lassen. Luther 1,127"; der würd in aller ding
und fragstück berichten, mit angeheft, er dörfte des geists
nimmer warten, er sei in ewiger ru. Kirchhof «-'enrfimm. 405".
ANHEFTUNG, f affixio. nnl. aanhechting.
ANHEILEN, sanando jüngere: den abgehaunen daumen an-
heilen ; die nase wurde angenäht und angeheilt.
ANHEILEN, coalescere: der finger heilt wieder an.
ANHEILÜNG, /". junctio.
ANHEIM, adv. domum. die ahd. mhd. spräche unterscheidet
heim domum von heimc domi und kennt kein anaheim, ane-
heim, noch pflegt sie die praep. an t'or heim zu stellen, im
16. 17 jh. aber wird accusativisches anheira {wie anlier für her)
gern mit kommen, gelangen, ziehen, tragen, bringen, suchen,
fallen, stellen, geben, sich begeben, sich finden verbunden:
ich freue mich, das e. k. f. gn. gesund anheim gekomen.
Luther 1, 149*; nachdem ich auch nu anheim {kommen, gehen)
musz. 8,308*; sind also gegen abend anheim kommen. Schwei-
nichen 1,60; bin also von dem lustigen handel den 29 juni
wieder anheim kommen. 2, 2C3 ; anheim gelangen. Opitz Ar-
genis 2, 303 ; er hat sich noch nit anheim gefunden. 2, 300 ;
damit aus in ein icder zog
anheim wider an sein gemach. Teuerdank 17, 73;
als er aus Siebenbürgen sich zurück anheim begab. Opm 2,
46; wenn ihn gott gesund anheim gebracht;
was aber ihr für rühm
mit euch anheira getragen,
des rühmt euch ja nur nicht. Fleming 6 ;
die biene sauget sich der süszen säfle voll
und tragt sie mit anheim. 61 ;
hat mich got mit harter krankheil anheim gesucht. Schwei-
nichen 3, 214 ; habe ich zwar, wiewol mit schmerzen, es gott
anheim gestellet. 1, 60 ; will es aber einem ieden biexlermann
zu bedenken anheim gestellt hahen. 3, 254; denen geschwi-
stern einige nachricht von meinem zustande, das zurück ge-
lassene geld aber ihnen zur theilung anheira zu geben. Fel-
senb. 2, 362. Die spätere spräche fügt zu kommen, gelangen,
suchen, bringen, tragen bloszes heim, nicht anheim, nur vot
fallen, geben und stellen hat sich anheim {bei. anhdini) nicftl
blosz erhallen, sondern noch enger angeschlossen.
ANHEIM, adv. domi, daheim, erscheint seltner und nur im
16, nicht mehr im 17 jh., nur bei Luther, H. Sacus und Frank :
so er aber nit anheim {ist oder war). Luther 3,414; nit an-
heim was. H. Sachs l, 147'; der auf dismal nit anheim war.
II. 3, 121*; wer mit eim vollen haderl, der zanket sich mit
einem, der nicht entgegen oder anhaim ist. Fran» /ü«/er 6/. 3.
vgl. anheims.
ANHEIMELN, heimlich, traulich dünken : hier heimelt mich
alles an, hier fühle ich mich heimisch, wie su hause, eine
liebliche wor(bildung, s. heimeln.
ANHEIMEN, adv. domum: dasz gott uns unsern lieben
jandsvater aufs schierst frolich wieder anheimen helfe. Lu-
thers br. 5, 045. verwerfliche form, falls richtig gelesen ist.
ANHEIMFALL, ni. devolulio, heimfall.
ANHEIMFALLEN, obrenire, devolvi, lucro cedere: die kröne
in Scheschian ist aus mangel eines geselzmäszigen tkronfol-
373
A>HEIMGABE — ANHEISCHIG
A.NHEISCHIG5IACHUNG — ANHENKEN 374
l
gers der nation anheimgefallen. Wieland 7, 160 ; das unbedeu-
tende bauerngütclien, das dem fiskus durch die Verhaftung
des besitzers anheimfiel. 8,317; dem zwcifel anheimfallen, rer-
fallen.
A>H£IMGABE, f. oblatio, Überlassung.
AiSHElMGEBEN, commiUere, relinquere:
aobeimgcgebea ward ein edles kiad,
auf tod und leben, sag ich wol zu viel?
anheimgegeben deiner willkür. Göthe 9,329;
es kommt auf den entschlusz an, und da war es wirklich
das beste, wir gäben ihn dem loos anheim. IT, 13; was sie
tbun wollen und können, sei ihnen anheimgegeben. 21, 219.
AISHEIMISCH, domi constilultis? rerscliieden ton heimisch
domeslicus: were aber derselbig nicht anheimisch. Fraiikf.
ref. I. 9, 4; dem gerichtsboten, wann er anheimisch ist. I. 9,
11; anheimisch und gegenwertig. I. 23, 6; beleih von man-
nen! oder fi'awen nit ein mensch in Collen anheimisch. Aimon
F4; die weil dein liebster Friderich nicht anheimisch ist.
Galmy 107 ; nach eim jar wechseln sie ab, und ziehen, die
da anbeimisch sein, ausz. ¥r\m «eltb. 52'; die weil si ir
Volk noch nit anheimisch in dero von Schwitz land ligen
hallend. Tschudi 1, 272; villeicht ist er nimmer anheimisch
oder schlafet, und lest die mens tanzen. Par.\cel5cs 1, 122* ;
ein ander bgert des gut und hab, der ist nit anheimisch,
wesent ab. Thijrseisseb archidoxa ih ; er were zu ungelege-
ner zeit kommen, weil sein lieber hcrr vetter nicht anhei-
misch sei. dessen nolyedrungenes ausschreiben 1,27; sobald
er anheimisch kommen. Kirchhof wendunm. 449 ; die tüchter
anheimisch behalten. Sebiz feldb. 53; so wir dieselbig an-
heimisch haben. Fronsp. AT/'c^ift. 2, 30' ; wo es gewis. dasz
einer anheimisch weib und kinder helle, so nicht zugegen
■ weren. 3, 120' ; wo einer etwas stattliches verliesz, der weib
und kinder anheimisch bette. Reltter kriegsordn. 17 ; weil er
eben nicht anheimisch, sondern auf Slelin verreiset war.
MicRÄLiDS 5, 330; die anheimischen nimfcn. Opitz 2,291; mit
wildem und anheimischem vich. Fr. icb. 60. In den beiden
letzten stellen ist das adj. unzweifelhaft, bedeutet aber mehr
einheimisch, als zu haus anwesend; alle übrigen gestatten die-
ses anheimisch adverbial zu fassen und für ein entstelltes an-
heims zu erklären, das ist aucli vorzuziehen, s. anbeims und
anheimsch.
ANHEl.MKUMT, f reditus: welches zwar nicht fröhliche
anhcimkunfl gab. Schweimchex 1, 60; wie ich dessen zu mei-
ner anheimkunft bin berichtet. 1,172; bah ich mich zu mei-
ner anheimkunfl erkundiget, wie das getreide gegolten. 1, 267 ;
nach meiner anheimkunft gestriges tages. Joh. Scbefflers
Sendschreiben. ?ieisz 1664. .V; Lohesst. Arm. 1, 335; bei der
anheimkunft. una. doct. 263.
A>'HEI.MS, ade. domi, gleicJisam ahd. anaheimes :
als auf ein zeit nit anhaims waren
die mann, hat das der feind erfaren.
H. Sachs I, 146';
nun das sein gepein nicht anbeims gebracht wurde. Fram
16*; die andern bleiben anheims. icellb. 52'; und so du an-
haims das ros auf dem stand hast. Secter rosarin. 2S0 ;
dui er ieuund nicht anbeimbs sei. Atrer llb\
*. das folgende.
ANHEIMSCH, domi und domum: oder wider anheimsch in
sein Vaterland zu ziehen. Fraxk vellb. 102'; anheimsch tra-
gen si hembder. 196' ; die wir auszerhalh des bropsts zu £1-
wangen anbaimsch funden. staatsp. aus der zeit Karl 5. s. 415.
a. 1547. aus anheims ward anheimsch (ri> aus amsel am-
schel, aus bursa burscb, aus kirse kirsch) und anbeiiAisch.
ANHEIMSCHE.N, bona devoluta recuperare, an sieh bringen.
ANHEI.MST, domum, weitere entstellung des anheims : als
abr 8. f. gn. anbaimst kbommen. staatsp. a. d. x. Karl des 5.
S. 256. 0. 153S.
ANHEIRATEN, a//fni<<Ue;unj/i; angeheiratete TerwandtschafL
Hico eneycl. 1&35 s. 246.
ANHEISCHEN, expostulare, nnl. aanhijschen, ursprünglich
an einen heischen, dann einem anheiscben : ir soll auch un-
serm gnedigen herrcn nit mehr anheischen und fordern.
Fro^sp. kriegsb. 1, 22'. t. heischen, für eischen.
ANHEISCHIG, promittens, reeipiens m se, kann mit dem
vorhergehenden anheischen nichts xu schaffen haben, sondern
scheint, nach ihm, verderbt aus antheiszig, mhd. antheiz;cc
(Be5. 1,660'), ahd. antheiji (Graff 4, 10S7), alts. andh^ti, ro-
veni, devotus. anheischig werden sagt man nicht mehr, nur
sich anheischig machen, geloben, auf sieh nehmen: er machte
sich anheischig, mit dem gröszten theile des königlichen
kriegsbeeres zu ihnen überzugehen. Wieland 7, 96; wer so
spricht wie Tifan, macht sich anheischig sehr viel zu thun.
7, 1S6.
ANHEISCHIGMäCHUNG, f. totum, promissio: dem gewis-
sen des schwörenden wird nichts zugemutet als die anhei-
schigmachung. Kant 6, 156; so gebietet die ethik, dasz ich
eine in einem vertrage gelhane anheischigmachung. wenn
mich der andere tbeil gleich nicht dazu zwingen könnte, doch
erfüllen müsse; K-\.'«ts reclitsl. 179S s. xvi. statt dieses schlep-
I penden ausdrucks icie viel schöner war das ahd. mhd. anthei;.
.\NHEIZEN, calefacere: in Spanien wäre der rosmarin in
solchem Überflüsse, dasz man darmil ziegel brennete und die
cainine darmil anheitzete. keiser Ferdinand I. tafelreden, übers,
von Dav. Schirmer. Dresd. 1674. S. s. 193. vgl. anhitzen.
ANHELFE.N, opitulari, suecurrere, beholfen sein, mit dem
dat. der person : dem niedergefallenen anhelfen (an die beine,
auf die beine); in den Keislhümem begegnet oß die formet,
dasz, wenn der frei und ungehindert ausziehende arme mann
untervegs stecken bleibt, der ihm begegnende herr abtreten
(aus dem siegreif treten) und jenem anhelfen, furder helfen
solle, z. b. weisth. 3, 356. 360; wann man meint, si seien
schon erlegen and gschlagen, so ist in erst recht angehol-
fen. Frank vcllb. 1S3'; es läszt sich nicht erlöschen, dann
vom Wasser ist ihm erst angeholfen. Fronsp. kriegsb. 2, 206*;
ob wir ihm in der alten narrfaeit anbellen möchten. Philaxd.
2, 201;
dasz ich goit nicht ^ng danken kan,
der mein sönen so wol hilft an. .\irer 2SS*.
heute mit unrecht ungebraucht, da es, gleich aufhelfen, den
beginn geleisteter hilfe bezeichnet. Adelung gibt statt des dat.
den acc für die bedeulung anbringen, unterbringen : ich habe
ihn bei hofe angeholfen, tcas sich ganz gut hören Idszt.
ANHELLIG, gleichsam assonus, respondens, wie einhellig
consonus: die v*ell, so von dem elementfewr ist gescheiden
und procreiert, dieselbige bedarf keins lafts. wassers noch
erden nichts, also auch dergleichen die well des lufls den
andern dreien nichts anheilig ist. Paracelsls 2. 12'; wer ainem
schuldig und des anhellig (eingestdndig) ist. KALTENBÄCKf an/.
1, 257'; es soll auch khain lediger knecht kaufslag noch
bendl weder mit kaufen noch verkaufen im land nit treiben,
er hab dann ain anhelling (= anheiligen, ßr ihn einstehen-
den) versprechen (i ersprechenden) herrn, ain burger in ainer
statt oder margkt im land. Cbxel Maximilian s. 364.
ANHELME.N, manubrio insiruere:
die back bab ich angebeimet schon. .\TitEk 244',
zu der hacke schon einen grif gemacht, d. i. die saehe ge-
hörig eingeleitet, eingefädelt, s. a.\thelm.
ANHEMME.N, mcrari, impedire, anhalten:
keine kette, die die räder des gelückes hemmet an.
LoHE.NST. Ibrah. "9, 269.
ANHENGIG, s. anhängig.
A.NHENKEN, appendere, hat sich neben anhängen nicht til-
gen lassen, wie auch benkel und henkcr gelten; seit anhän-
gen zugleich intransitiv gebraucht werden kann, ist die transi-
tive kraß in anbenken desto sicherer geborgen:
den hinten ich der huad nit gao,
er benk in dann grosz prügel an.
SCUWARZK.NSERG 138,2;
darümb bat man mir die pusz angehenkt
{die busze rerordnet). fasln, sp. 726, 21 ;
so raüst ir mir ein tbür anhcnken.
H. Sachs 1,477';
der alle sach zum hosten kert,
und iedem diag ein speu anhenkt.
ÜRANT narrensch. s. 122;
wer strofl ein bosbafligen man,
der henkt im selbst ein spätlin an. $. 15t ;
und benkt der katzen die schellen an. t. 2S5;
kompt morgen, benkt mir die tbür an, Tergesset der nägel
nit. Fischart Garg. 135' {mehr von dieser spöttischen redensart
unter dem worte tbür); aogehenkte wolfszän. 128*; zansteurer
so man anbenket. 163*; die los münz musz man eim Stu-
denten, oder landsknecht oder eim, der hinweg riecht, an-
benken. 191*; ich hab meinem factor zu Lunden etliche ge-
schalt angchenkt (aufgetragen). Galmy 197 ; wer sich nil weisz
anzuhenken wie ein egel an die baut, der taogt nichts. Leh-
IIA.XX 89;
24*
375 ANHENKICHTS— ANHILFE
Claudius ist lauter maul, Claudius ist lauter zahn,
weil er alles schwetzei aus, weil er jedem was henkt an.
LOGAü 2, 10, 95 ;
vornemlich, wenn ich dir die plag Erisichthonis anhenken
würde. Tieck 15, 347.
ANHENKICHTS, n. appendiculum : von disen groszen uber-
reusischen urochsen haben sie auf hecatombisch drei hundert
siben und sechzig tausent und vierzehen schlagen lassen, ja
noch für ein anhenkichts doppel so viel schwein. Fischart
Garg. 80'.
ANHER, adv. huc, verstärktes her, oder umgedrehtes heran :
Rageneurle, gang anherl Kirchhof wendunm. 257*; wie er
anher gethan. 473;
sag, hast du keinen staub mit dir gebracht anher?
Opitz 2, 226;
eilt doch, eilet doch anher! Fleming 353;
er beschlosz sogleich sich anher zu begeben. Lessing 2, 480 ;
die jungen leute dagegen traten gleichgültig anher. Götue
43, 266. Häufig bis anher, hucusque: ir solt dem volk nicht
mehr stro samlen und geben, das sie ziegel brennen wie bis an-
her. 2 Mos. 5, 7 ; umb des willen, so bis anher wider uns gethan
ist. 2 Macc. 11, 31 ; wiewol ich bis anher wenig zugetragen. Lu-
ther 3, 42l'; von klostergelubden zu reden, ist not erstlich
zu bedenken, wie es bis anher damit gehalten. 6, 372' ; Frey
gartevg. 52. 57;
hab aber bisz anher auch keinen können finden,
der der versichrung sich hat wollen unterwinden.
Werders Ariost 9, 54.
heute wird bisher und her vorgezogen.
ANHERIG, hucusque inslilutus^ bisherig: meine anherigen
vorreden haben solches zur gnüge dargethan. Molanders par-
nassus. Hamb. 1698. 8. vorrede.
ANHERKÜNFT, f.: das vergnügen sie zu überfallen und
die begierde bei ihrer Verbindung gegenwärtig zu sein, sind
freilich die vornehmsten Ursachen meiner anherkunft. Les-
siKG 1,417; also bitte eure anherkunft hiernach zu regulieren.
WiELAND bei Merck 1, 121.
ANHERO, adv. was anher, nur mit nachhallendem auslaut
des ahd. hera, wie in nunmehro, ahd. mera, oder in dero,
ihro: es wird aus Italien dessen jährlich eine grosze menge
anhero gebracht. Hohberg 3, 137'; damit der catalogus anhero
wandle. Hippel br. 14, 43 ; bis anhero. Opitz Arg. 2, 29. heute
gemieden.
ANHERREISE, f.
ANHERZEN, osculo indere, einem anküssen: diese gibet
ihr des himmels kus von oben, doch jene hat ihr wol die
hölle angeherzet. Wiedeman febr. 36.
ANHETZEN, fcram vcnari: ein wild anhetzen, die hunde
anhetzen, an das wild heizen, dann oß figürlich, incitare,
invehi: die frau Küttlitzen leiert mit anhetzen nicht. Schwei-
NiCDEN 1, 123 ; Kaspar Heilung half eben mich bei dem Braun
wol anhetzen. 1, 351 ;
hauptmann Schertlin war auch daran,
vil leut hat er gehetzet an. Soltau volksl. 368;
als ihn sein gaist anhötzet. Weckherlin 183;
was hetzt euch auT mich aa? Grtphius 1, 21.
ANHETZER, m. incitator: viel böser thaten, der er aller
anhetzer, zuschürer und ursacher gewest. Ldtder 5, 17*.
ANHETZEREI, f. incitatio, calumnialio.
ANHEUCHELN, falso tribuere: er heuchelte sich ein red-
liches bestreben an.
ANHEULEN, ululare versus aliquem: nnl. aanhuilen: die
Wölfe heulten uns im walde an; was heulst du mich an?
(. anmäulcn.
ANHEUTE, hodie, am heutigen tage, heut am tage : als wir
aber heut beim churfürstcn unsre Werbung und e. w. bcfehl
anbeut ausgerichtet. Mei.anchtuon 2, 322 ; für narren schelten
den, der also geschrieben und geredet hätte, wie sie anheute
thun. Simplic. 1, 690; wie dasz ich anheute nicht unter die-
ser anzahl singender zu sein die ehre haben kann. Fk. Mül-
ler 1,236;
anhcnt jedoch Im höchsten flor
und glänze treten sie hervor. Götuk 4, 36.
ANHEXEN, veneficio indere, anzaubern.
ANHIEB, m. incisio lignorum, ein späterer ausdruch stall
des älteren anhau.
ANHILtH:, f. auxilium, subsidium: die Tälerliche anhilfe
(im deutschen recht).
ANHIN— ANHUSTEN
376
ANHIN, adv. eo, illuc, porro, hin, dahin, umgekehrtes hinan :
ein metzger der fürt ein schwein gebunden auf das schlach-
haus, es gat stets vor im anhin zum tod, winzlen und winz-
len. Keisersb. hell, lewe 61*; über her monat anhin so wirt
erst ern. post. 2, 72 ; der herr was künftig des anhin zu gon.
3, 108 ; er gieng für den frembden anhin. seh. und ernst 37 ;
daneben sie nimermehr des glaubens warnemen, leren imer
anhin auf die werk bauen. Luther 1, 479'; also zugen wir
zum land usz, do müeszt ich vor mir anhi heischen (vor
mir hin betteln). Tho. Plater 15 ; sie triben den esel vor in
anhin {vor ihnen hin). Frank spr. 1, 83' ; es ist also anhin
{es geht so hin, so mit) ; ja er ziehet immer seinen weg an-
hin. weltb. vorr.;
ich wil gleich zu im anhin gehn. H. Sachs 5, 242* ;
so geht ein jungfraw vorm haus anhin. Frey garteng. 99 ;
(dasz die Schildkröte) anhin troll. Fischart ehz. 54. Diese
wollautende, gefüge parlikel hat man später liegen lassen.
ANHITZEN, calefacere, nnl. aanhitzen, vgl. anheizen: die
kerze soll dich (mückc) anhitzen und verbrennen, pcrs. baumg.
3, 23;
wenn selbst Demosthenes den staal hält angehltzet,
und, wie sein vater that, beim schmiedebalg geschwitzet.
Rachel45.
ANHOFFEN, sperare incipere: den frieden im lande an-
hoffen.
ANHÖHE, f. locus edilus: der feind besetzte schnell alle
anhöben in der nachbarschaft ; eine holzbewachsne anhöhe.
gebildet wie amberg, anberg.
ANHÖHNEN, alludere. Hindere:
ein jedes aufgestutzte bäumchen höhnt mich an.'
GöTHE 2, 92.
ANHOLEN, arcessere, allrahere, nnl. aanhalen, welches weit
ausgedehnter angewandt wird, namentlich auch für das anzie-
hen, anführen von stellen aus büchern, das citieren. hol an!
wird bergmännisch gerufen, wenn der gefüllte kübel in die
höhe gewunden werden soll, ähnlich dem zuntf an schiffer
hol über! auf den schiffen bedeutet anholen die taue straf
anziehen.
ANHOLPERN, vacillare: das lahme thier kam angeholpert.
ANHÖREN, auscullare, attendere, nnl. aanhooren, an etwas
hören, mhd. Iierbest, nu beer an min leben. MS. 2, 105* ; nhd.
höre ruhig an was ich dir sage ; sie hörten alle die predigt
an ; nach aufmerksam angehörter rede ; das alberne geschwätz
mochte niemand länger anhören ; so höre mich nur erst an ;
du willst mich aber nie anhören, mhd. beeren an, perlinere
ad : ors, diu da hcernt ans gräles schar. Parz. 474, 4 ; daj
beeret an dich, herre, niht. Bari. 295, 20; so iuwer natiur-
lich Wille gerne bete, da; in ane beeret von disen dingen.
myst. 291, 5. nhd. aber mit dem dat. einem anhören, meist
angehören; dann auch einem anhören, an einem hören, ge-
wahren: man hört dem liede seinen südlichen Ursprung an;
dem hört man an sin worten an,
was er si für ein goukelman.
Bra.nt rmrrenscft. 297;
ich höre dir schon an, dasz du nicht willst ; ich werde noch
bei W. anhören lassen, ob die bücber räum haben. Hippel
br. 13, 182. Zuweilen auch anhören für angehören, perlinere:
ich hör auch an der sohelmen roll.
Murner scitelm. zunft 26, 7 ;
und meine anhörende (angehürige) sind ferne von mir ge-
standen. Luther 1, 28*.
ANHÖKIG, angehörig, nnl. aanhoorig.
ANHÖRUNG, auditio : es war die frurhl eines Spaziergangs
nach aniiörung einer predigt. Wielam) 31, 1.
ANHUFEN drückt ein gebrechen des pferdes am hufe aus:
von den angebüflen rossen, nimm wachs u. s. w., leg es
dem pferd umb seinen fuesz. Ai.brecht rosarinei. Frankf.
1570. 4. s. 93. Prizemus s. 65. (16 unterscheidet einen krankhaf-
ten zwanghuf, vollen huf und gedrückten huf.
ANHÜPKEN, assilire, heranhiipfen:
und sie bescliützcn um die wette,
rings um von wellen niigi-liüpri,
nichtiriscl dich. GoTiir. 4t, 224 ;
lauerte eben auf den anhüpfenden linken. J. Paul Fibel 12;
die fohlen kamen auf der wiese angehüpft.
ANHURTIGEN, incitare, alacrem reddere hat Stieler s. 862.
ANHUSTEN, gleichsam adtussire: gott erlöst die seinen
377
ANHUTSCHEN — ANKALT
ANKÄMPFEN — ANKEHREN
378
von dem übel, not, armuJ, creuze, das die seinen sie anhu-
sten (also mit doppeltem acc). Frid. Wer>stbeit kriegbuchlin
des frides. Frankf. 1550. 28 ; einen anhusten, um ihm heim-
liches zeichen zu geben; so oft dieser schwindsüchtige, laue
wind mich anhustet. J. Paul biogr. belust. 58.
ANHL'TSCHEIS', proserpere, heranrutschen.
AMCHEN, pl. majores, generis auctores, verdient als eigne,
noch spät .au/tauchende form, statt der gewöhnlichen ahnen,
ausdnukliche Verzeichnung : der ich aber von meinen zwei
und dreiszig anichen, vom geblüt ein edeler und von der
alten ritterschaft geboren bin. Philand. 1, 400; ihr ganzes
geschlecht von allen 32 anichen her. Simplic. 1, 1 {und so
schon in den ältesten ausg.). dieser pl. entspricht dem unter
ahnche angeßhrten sg. ßr avia.
ANIS, ffi. anisum, ein bekanntes kraut, mit dem ton auf i,
nnl. anijs. früher oß auch enis. Suis Garg. ISO'.
ANITZO, adv. impraesentiarum, sc. tempore, ältere, bessere
form als das heutige anjetzo: wie es i. f. gn. anitzo vernom-
men hätten. Scbweimchex 1, 387; diejenigen so du anitzo
getadelt hast. Felsenb. 1 vorr.; ihr schlosz dünkt ihn anitzo
schwarz. E. v. Kleist 1, 96. vgl. itzo.
ANITZT, dasselbe:
anmut haucht anitzt
gestad und meer. £. v. Kleist 1, 81 ;
anilzt weisz ich bei Phillis nichts von quäl. 1,49;
anitzt Gnd ich meiu glück in Thvrsis treue, dat.;
die musen siod mir auch anitzt nicht feind. 1,72;
ich war als er lebt ihm treu,
sollt ich vergessen es anitzt zu sein? 2, 121 ;
ich gestehe es anitzt öffentlich. Rabeser 1, 147 ; wir leben
anitzt in zeiten, wo alles neue Wahrheiten erfindet. 1, 149 ;
gut, ich verbiete dir anitzt (:erhilzt). Gellkrt 1, 80;
dies ist der ruf, der noch anitzt erklingt.
J. E. Schlegel 4, 218;
der Sperling unterm dache sitzt
hei seiner trauten sie aniizt. Bürger 30*;
anitzt geleitet die Achäer sie
auT schnellem schir zurück. 146';
kam ich, ein solcher, anizt in des vaiers haus nur ein wenig.
Voss Od. 11, 501.
ANJAGD, f heiszt bei Döbel 2, •102 die parforcejagd.
ANJAGDSHIRSCH, m. der parforce gejagte hirsch. 2, 104.
ANJAGEN, feram, canes incitare, was anhetzen, nnl. aan-
jagen.
ANJAHREN, vergere annis:
müszt euer glück nicht auf die jüngste setzen,
die angejahrten wissen euch zu schätzen.
GöiuE 41, 8t.
ANJETZO, adv. das ältere anitzo:
an Bradamanten er anjetzo nicht gedenket.
Werders Ariost 11,2,
ANJETZT, für anitzt:
anjelzt ist zeit sein angst doch mäszig zu versüszen.
Grtphius 1, 263;
nach dem bazar sollt ihr mich anjetzt
begleiten. Schiller 496;
sie findet
Hektors briider anjelzt in gleichem frommem geschätlc.
GöTHE 4Ü, 342;
Tydeu» «ohn, der anjetzt wol Zeus den vaier bekämpfle
Voss //. 5, 362 ;
bis anjetzt. KArrr 8, 209. vgl. jetzt und izt.
ANJOCHEN, jugo submittere, die ochsen an das joclf hef-
ten; auch die rosse anjochen, anschirren, zusammenfügen.
BüBCER 209'. figürlich verbinden, vereinigen :
unsem gwerb wend wir anjochen,
das niemand uns muosz überbochen. RuErs Adam 5053.
ANJOCHUNG, f junctio.
ANKALLEN, invocare, inclamare, ahd. anachall6n :
da ich wol für die fenster kam,
ich lieKz mein ziHer schallen,
mir ward ein fenster aulgethan,
mein lieb thet mich ankallen. .4m6r. t. 200, 8;
und C9 weist auch der scheffen vor recht, wann meine gn.
herren einen misthetigen griffen in diesem bezech, so soll ir
diener oder knecLt den lenman ankallen ... zu dem gefan-
genen band anzuschlagen, weisth. 2, 136.
ANKALT, tubfrigidut, källlich.
ANKÄMPFEN, impugnare, angehen gegen einen, anringcn,
anstreben, ausdauernd, mühevoll:
gegen ihn anzukämpfen in schreckenvoller entscbeidung.
Voss //. 3, 20;
ankämpfen musz ich gegen mein entzücken. Schiller.
ANKARREN, curru advehere: schult, steine ankarren.
ANKAUF, f. prima emtio, nnl. aankoop, den ankauf ha-
ben, jus protimiseos. dann auch kauf überhaupt: in theurem
ankauf.
ANKAUFEN, aere parare, nnl. aankoopen, an sich kaufen,
durch kauf an sich bringen : mit unserm herzblut haben wir
dich zum leibeigenen angekauft. Schiller 142. sich ankau-
fen, liegende guter erwerben: er hat sich in der gegend an-
gekauft.
ANKE, m. butyrum, ahd. ancho, mhd. anke (De5. 1, 46') :
wer kann küchlen (kuchen backen) on feur und anken? Ma-
nuel 431;
darumb so fand uns danken
umb käs, eier und anken. ÜHLA.'tD 896 ;
anken oder Luterschmalz. Keisersb. seh. d.p. 56; wein, brot
und anken. seh. u. e. 63 ; kes, milch, fleisch, anken, schmalz.
Framk chron. 249'; man pflegt sie zu bachen in anken oder
öl, als ander kleine fisch. Forer i' ; milch, daraus die anken.
(nom. pl. m. oder sg. f.?) Frey gar/enj. 19 ; zwölf eier, sclilegt
die in ein pfann mit anken. das. ; hafen mit anken oder but-
tern. 4l' ; den hafen mit den anken. das. ; einer, der von
Jugend auf bei dem \iehe in den alpen gewohnet, und darumb,
dasz er viel anken und zieger verkaufen möchte, ganz geitzig
sich darzu hielt. Kirchhof vendunm. 26l'; biszweilen (erwi-
schen sie) den Melanchton, welcher inen ausz mal, anken
und thon ein unverdaulichen prei gekocht hat. Fischabt bie-
nenA. 193'; butter, schmalz, anken. Simp/ic. 1, 724 ; anken und
schmalz heiszt ein jedes fett, damit man die speisen schmel-
zet. 1, 725; chromet süszen ankel Hebel, iiber Verbreitung
und Ursprung dieses icorts s. gesch. der d. spr. s. 1003 und
KcHx in der zeitschr. ßr vgl. spr. 1, 3S4.
ANKE, m. nomen piscis? ein edler -fisch, salmo lacustris,
ßhrt nach den flüssen, worin er gefangen wird, den namen
Rheinanke, Illanke, Innanke (Nesmch s. v.), am bekanntesten
darunter ist Rinanche, reinanke, zusammengezogen in renke,
renk (Scbk. 3, 102. 103) und in unverstandner hdufung Isar-
renke, buchstäblich IsarRlieinanke. da das einfache anke nie
für den fiscit vorkommt, darf man uagen Rinancho butter,
schmalz des Rheins zu deuten und auf den fettesten fisch des
Stromes zu ziehen. Cassiodor rar. 12, 4 rühmt neben den Do-
naukarpfen den anchorago Rheni und in diesejn anchorago
könnte ein erweitertes ancho schmalz stecken.
ANKE, f ocäput, ahd. ancha (Graff 1, 345), vgl. heilancba
(Graff 4, 880): ank occiput, occipitium, wechst in der an-
ken ein geschwür Ophiasis. Alberüs ; Machlies, die Völker
an dem see Tritonidem wonende, tragen kein har dann in
der anken. Fraxk tfe//6. 12'; man streichet einer erhsen grosz
auf den wirbcl des haupts, auch in die anken, zcrtheilet die
flösz vortreflich. Hohberg 3, 181'; o weh, unter der dachtraufe,
es tropft mir in die anke. Fr. Müller 2, 67; thul ihm auch
nichts, Wasser in der anke ist neu leben. 2, 68; mutter, es
heiszt mich in der anke. das vort lebt noch heute in der
Pfalz, Wetterau, Franken, Schwaben, Hebel hat äcke, Stai.d. 1, 89
9ckcn m., man darf auszer jenem ahd. heilancba {himanke,
alln. heili eerebrum) auch das goth. halsagga roäyr^i-os dazu-
nehmen, und eine Umsetzung von nacke (altn. hnacki, ags.
hnäcca) in anke wird unwahrscheinlich, eher gehört das uralte
wort zu aggvus, enge, vgl. enkel talus.
ANKE, f. gürtlem und einigen metallarbeitem eine messing-
lafel mit runden grübchen, zum schlagen der bleche, vom vor-
ausgehenden anke grübe, biegung entnommen.
ANKE, 5. enke.
ANKEHR, m. accessio, handhmg des ankehrens: als mani-
gen ankere er daruf thut, der bessert 30 seh. den. {so oß
er unbefugt über das grundstück ankehrl). weisth. 1, 740; der
ankehr des pflügers, wo er wendet, vgl. anwand.
ANKEHREN, adverlere, adrolvere. aceedere: weil die scbrift
sein leib und alle, die ihn ankeren (sich zu ihm wenden)
anticbrist nennt. Frajik chron. 345*;
wie sie und auch ihr meid
ir sach wollen ankehren (anfangen). Atrer 137*;
ach wie soll ich mein sach ankehren* 300*.
379
ANKEHREN — ANKER
ANKER — ANKETTEN
SSO
wird aber im 16 jA. fast nur figürlidi gebraucht und mit fleisz
oder mühe verbunden, in dem sinn unsers heutigen fleisz und
mühe anwenden:
er dürft nit arbeit han ankert. Brant narrensch. 191;
will ich meinen vleis ankern, ist mir aber schwer. Chmel
Maximil. s. 41 a. 1494; nach angekehrtem fleisz. rcichsabsch.
von 1518 §. 5 ; und in alhvcg fleisz ankehret seinem voik gu-
tes zu thun. iMacc. 14, 35; nu musz man in disem handel
allen vleis ankeren, das man diser dreier bilde keines zu
haus lade, noch den teufel über die thür male. Luther 1,
179"; lieber keret vleis an und suchet, der heilige Aristote-
les und das heilige verbrante recht helfe euch, das ir das
Schwert ja findet. 1, 372' ; ich lasz es auch wol geschehen,
das du dich bemühest und vleis ankerest von meinetwegen.
3, 420 ; erstlich sollen die Schulmeister vleis ankeren. 4, 349 ;
e. f. gn. wollen dem wort gottes zu ehren und dem teufel
zu wehren gnädigen fleisz ankeren. Luthers br. 5, 197 ; zu
ratschlagen und fleisz anzukeren. Melanchth. vorr. zur Augsb.
'doch han ich flisz und ernst ankert, fastn. sp. 898, 37;
wer gefangen ist, der keret an all sinn und list,
wie dasz er ledig werden mög. Freidunk 1539 bl. 35 ;
vil renk und müii ich dann anker. H. Sachs IL 4, 3* ;
bat den doctor, fleisz anzukehren. Kirchhof wendunm. 113';
ein jeder verständiger hauptmann, desgleichen sein bewerbs-
leute, fleisz ankehreten, bewehrte und gcrüste knecht zuwe-
gen zu bringen, diso. mil. 62; so wil ich müglichen fleisz
ankehren das land zu beschreiben. Frank wellb. 163' ; durch
tugeud fleisz ankehren. Weckherlin 433; fleisz ankehren. Opitz
Arg. 1, 299. 2, 345; nun kher ein jeder vleisz an. Schmelzl
aussendung 14'.
ANKEHREN, adverrere: den unrat an die wand ankehren.
ANKEILEN, cuneis affigere: mit dem hammer schlag und
keil an den stein ihn an. Stolberg 15, 6.
ÄNKEL, s. enkel.
ANKEN, plangere, wimmern, wehklagen, ächzen:
ein alte weis isls, das die kranken
stets kröchzeri, sehnen, kreisten, anken.
li. Waldis £soj) 3, 10;
was ankst du so schwer? er anket, es anket in ihm. Stald.
1, 106. gehört zu enge und angere.
ANKENBALLE, f in der Schweiz, ein fettes gebäck, buller-
slriezel. Stald. 1, 106 ; aber
ein kübel mit milch, ein ballen anken.
fastn. sp. 830, 23,
bedeutet einen klosz butter, eine quanlität bulter.
ANKENBLUME, /". sonst butterblume, schmalzblume, caltha
palustris.
ANKENBRAUT, m. butlerbemme: im j. 1599 den 17 mal
ward zu Zürcli den bogenschützen ein meieten oder anken-
braut gegeben und darin gesteckt eine blühende traube.
Scheuchzer Helv. sloicheiogr. 77. Stald. I, 107. 222. m., also
weder von braut noch brot auszulegen.
ANKENHAFEN, m. bultertopf: ein hut wie ein ankenhafen.
Philand. 2, 72; «wen anken- oder schmalzhäfcn vom ordent-
lichen markt zu Zabern. Fischart groszm. 13.
ANKENKCBEL, m. butlerfasz.
ANKENSCHMUTZIG, butyro unctus, i. e. jejuntum haud
servans: fleischstinkende und ankenschmutzige ketzer. Fi-
schart bienenk. 147'. schmutzig = fettig, schmierig.
ANKER, m. ancora, ayxv^a, ahd. anchar, mhd. anker,
ags. ancor, engl, anchor, nnl. anker n., altn. akkeri, schw.
ankare, litt, inkoras, lett. cnkuris, russ. jakor', poln. ankicr.
den pl., der uns heute dem sg. gleichlautet, bilden einige frü-
here änker: so die schifleut die änker anwerfen. Fischart
Garg. 238'; dieweil die schif an den ankern standen. 268';
80 die schifleut solches ersehen, werfen sie die änker ein.
Forer 151' ; falls nicht auch schon der sg. änker, oder enkcr
hiesz. der anker hält, haftet, sidit ancora. man sagt, und
besser ohne als mit arlikel, anker werfen, anker anwerfen,
auswerfen; einwerfen. Opitz i4rg. 2, 202; den anker fallenlas-
sen ; vor anker liegen ; zu anker liegen. Opitz Arg. 1, 548 ;
getreue liebe kan nicht wanken,
sie liegt zu anker jederzeit, ged. 2, 194;
auf anker liegen: wo man auf ankern ligt. Fronsp. kriegsb.
1,161'; vor anker legen: dergleichen leute, die auf ihre eigne
band hin und wieder zogen, sich in jeder Stadt vor anker
legten. Göthe 26, 187 ; vor anker treiben ; anker lichten ; an-
ker werfen, fassen:
wer die inseln nicht zu erobern glaubt,
dem ist ankerwerfen doch wol erlaubt.
GöTUE 2, 251 ;
drum kann mein glaube
bei deiner Wahrheit anker fassen. Günther 77 ;
anker aufwinden; anker schleppen, kappen, ähnlich nnl.
voor anker liggen, ten anker komen, het anker kappen, sle-
pen, ligten, voor anker drijven. figürlich, anker der bof-
nung, des glaubens; hier kann ich keinen anker fassen, ich
will den anker lichten:
dasz aber keiner meine galle,
wie sonst, zum ankerlichien reizt.
GÖKINGK 1, 211.
eine menge von Zusammensetzungen für die einzelnen theile
und Verschiedenheiten des geräths, die sich beinahe von selbst
verstehn.
ANKER, m. cupa minor, dolium unius vel plurium am-
phorarum, mlat. anceria, ancheria: ein anker weins, nnl. an-
ker vKijn.
ANKERARM, m. der gekrümmte haken am schafl des ankers.
ANKERBEN, taleae insculpere, anschneiden, wie man vor
alters zahlen auf holz einschnitt: äcker ankerben und an-
schreiben. Oberlin 47.
ANKERFEST, sowol was den anker hält als von ihm gehal-
ten wird: ankerfester grund; ankerfestes schif.
ANKERFLÜGEL, m. das dreieckige eisen am ende der an-
kerarme, das in den grund greift, s. ankerschaufel.
ANKERFÖRMIG, ancorae formam referens.
ANKERGELD, n. vectigal ancorale, das beim ankern in dem
hafen zu entrichten ist. nnl. ankergeld.
ANKERGRUND, m. fundus ancorae tenax, nnt. ankergrond:
nur die natur ist redlich, sie allein
liegt an dem ewgen ankergrunde fest. Scuiller;
unter einem blauen himmel, der gar keinen ankergrund hatte.
J. Paul Tit. 1, 83.
ANKERHALS, m. das obere ende des ankerheims.
ANKERHELM, m. die hauptslange des ankers.
ANKERHOLZ, n. tigillum ancorale.
ANKERKETTE, f catena ancorae: ankerketten sinds an ge-
wicht. Platen 132.
ANKERLOCH, n. sonst auch ankerauge.
ANKERLOS, ancora carens : das schif treibt ankerlos.
ANKERN, ancoram figere, nnl. ankeren:
eine wolgeankert schif kan auch beim .stürme ruhn.
Lohe.nst. Epich. 83,210;
tUörichter, hast du deine wolfart auf ein weib geankert? Arm.
2, 131; meine Sehnsucht nach der gesellschaft anderer ehr-
lichen leute ankerte. Felsenb. 1, 249 ; moralische kraft, die im
glauben ankert. Göthe 48, 28 ;
nun ankre, holdes glück, du bist so nah dem port.
Platen192;
Schleifenheimer nahm bald den character eines pauvre hon-
teux an und ankerte in der vorstadt in einer dachkammer.
J. Paul komet 2, 123. nach etwas ankern oder den anker aus-
werfen, ihm nachstreben.
ANKERPLATZ, m. statio navium, nnl. ankerplaats. figür-
lich: ich hatte vor für ihn zu arbeiten und ihm einen schönen
ankerplatz in ihrem jungen henen zurecht zu machen. J. Paul
biogr. bei. 1, 134.
ANKERSCHAUFEL, /". was ankerflügel.
ANKERSCHMIED, m. faber ancorarius. nnl. ankersmid.
ANKERSEIL, n. ancorale.
ANKERWINDE, f
ANKETTELN, catella vincire, an eine kleine kette legen: und
selbige (die glücksgöttin) statt eines cichhörnchens in ihrem
Zimmer angekeltelt hätte. Platen 325. vgl. abketteln.
ANKETTEN, catenae alligare, an rfi'e kette legen: den hund
anketten; im lehnstul angekettet. Zaciiariä 2,295;
ein miidchcn, meister im talent
die herzen anzuketten. Gottik 1,89;
Sophisten wüstet ihr,
wie rein die fpeudcn sind, die wir durch ihn {den fleitt) gewinnen,
ihr kottotet den vorwitz nn. 1,400;.
8chon wälzen schnelle räder sich und tragen
dich von dem unbeklagtun ort,
und angekettet fest an deinen wagen
die fl-euden mit dir fort CStui 2, 160;
381
ANKETTUNG — ANKLANG
ANKLAPPEN — ANKLINGEN
382
wo sie mich durch ihre heriiche gestalt, durch ihr sanftes
wesen ankettele. 57, 19 ;
0 fluch der köDige, der dem schnell
vergänglichen gedanken gleich die ibat ^
die fest unwiderrufliche ankeuet. Schuler:
sobald Emanuel von dem nachthimmel, von dem daran an-
geketteten orkan und von seinem todtenberg trat. J. Pacl
Uesp. 4, 50.
ANKETTLNG, f. alligatio : ankettung an den körper. J. Paol
teuf. pap. 1, 106.
ANKEUCHE.N, anhelando accedere: der hund keucht an.
ANKI.NDE.N, adoplare filluvi.
ANKINDLNG, f. adopHo, verschieden von einkindschaft, vnio
prolium.
A.NKIRREN, cicurare, allicere: den vogel mit brotkrumen
ankinen; iockspeise, damit er die übrige geseilschaft ankir-
ret. J. E. Schlegel 3, 367 ; die Zuschauer durch die Iockspeise
der neuheit ankirren. Götter 2, xiii; die mancherlei feinen
Schmeicheleien, womit sie auch diesen anzukirren weisz. Göthe
3S, 178. vgl. ankörnen.
ANKITTEN, maltha jüngere.
ANKLAFFEN, allalrare, vgl. anbaffen, anblaffen, mhd. wie
tarslu sü ane klaffen den richter? tnyst. 86, 4.
A.NKLAGBAR, accusabilis.
ANKLAGE, f. acciisatio, nni. aankiage: ihre anklage in aller
form und öffentlich zu thun. Scbilleb S22 ; ich erkenne mich
der anklage schuldig. Klinger 3, 202; du soll falscher anklage
nicht gleuben. 2 Mos. 23, 1 ; da befand ich, dasz er beschul-
diget ward von den fragen ihres gesetzes, aber keine anklage
halte des todes oder der bände werth. apostelg. 23, 29.
ANKLAGEN, accusare, nnl. aanklagen, mit dem gen. der
Sache, statt dessen aber auch praepositionen gebraucht werden :
einen auf leib und leben anklagen, einen des mordes, dieb-
slals anklagen ; sein eignes gewissen klagt ihn an ; klagte sie
an, dasz sie ire brüder ums geld verkauft hätten. 2 .Vacc. 10,
21; ich werde angeklagt umb der hofnung und auferstehung
willen der todten. aposl. gesch. 23, 6; über der auferstehung
der todten werde ich von euch heute angeklagt. 24,21; aber
gern will ich mich eines fehlers anklagen. Klinger 11, 275;
alles bösen, das geschehn ist. des klagen dich der sultan
und sein volk an. 7, 226 ; wird nicht jeder mich des schwür-
reslen Undanks gegen dich anklagen? 7,267; ehe wir weiter
gehen müssen wir ein Versäumnis anklagen, dessen sich das
Programm der aufgäbe schuldig macht. Göthe 55, 78 ; die kla-
gen unsere spräche rauher härte an, unter deren pedantischem
verfahren sie nichts weiches gewinnt und alle kraft einbüszt.
Unter dem gemeinen volk, einem etwas anklagen, anihun, an-
zaubern, einen bösartig beklagen: es musz mir wol sein an-
geklagt worden.
ANKLÄGER, m. aceusator, nnt. aanklager.
ANKLÄGEREI, f. aceusatio.
ANKLÄGERIN, f. accusalrix, nnl. aanklagster.
ANKLÄGERISCH, accusatorius.
ANKLAGESCHRIFT, f.
ANKLAGESTAND, m. Hat d'acetuation: einen in anklage-
stand versetzen, einfacher, in anklage versetzen.
ANKLAMMERN, ßbula vincire, nni. aanklampen. schön figür-
lich: in der angst klammerte das kind sich an seine mutter
an; im sdtifbntch sich an die planke anklammern; sich an
die sonderbare grille anklammern. Wiela.nd 8, 40S ;
Ulm bist du boden meines Vaterlands
mir erst ein helligihnm, nun Tühl Ich erst
den dringenden beruf mich anzuklaDiinern. Gotbe 9, 3S0.
vgl. anklemmen.
ANKLANG, m. concentus, accentus, ein schönes vort, des-
gleichen Engländer und Romanen nichts haben :
oh mehr des schnellen anklangs
würdig sei der «veisze pokal? ob mehr das
rölhliche kelchglas? Ki.opst. 7,40;
ein SUSI bekannter Ion mich zog,
den rest von kindlichem gefühle
mit anklang froher zeit betrog. Götup. 12, 81 ;
da Friedrich auszer einigen späszen, die ihm Jarno enviderte,
keinen anklang für seine possen in der geseilschaft fand. 20,
224 ; die musicalischen privatübungen wurden fortgesetzt und
das gesellige leben gewann dadurch einen höchst erfreulichen
anklang. 32, 40; dasz diese anklänge in ohr und gemüth so
manches wolwollenden noch lange widerzutünen geeignet sind.
45, 311; weil ich für das, was und wie ich mirs zugeeignet
hatte, bei den Kantianern wenig anklang fand. 50, 52; hier-
nach wäre zu erwähnen, wie früh ein anklang der naturge-
schichte auf mich gewirkt hat. 50,211; ich will dir auch nicht
verhelen, dasz deine ansieht trotz allem absonderlichen einen
gewissen anklang in mir hat. Bettine br. 2, 2SS ; Liane gab,
treu ihrem wort gegen die eitern, ihm keinen warmem blick
und anklang wie jedem, aber auch keinen kaltem. J. Pacl
Tit. 3, 105.
ANKLAPPEN, pulsare, pultare: des morgens kommt Hei-
lung frühe und klappet im zimmer an, will nein. Schweini-
CHEN 1, 1S9, scheint nicht recht hochdeutsch und steht ßr das
übliche anklopfen, doch vgl. das folgende und klapf. klappen
ANKLAPPERN, crepitare: der storch kommt angeklappert,
naht sich klappernd.
ANKL.ÄTSCHEN, allidere: das sanfte anklatschen der wel-
len am steinigen ufer. Bettine tageb. 52; der regen klatscht
an die steine, vgl. anplatschen, anplätschern.
ANKLEBEN, adhaerere, ahd. anachlep^n, nnl. aankleven,
icie ein leim anhängen, anhaften: der vogel klebt schon an
der ruthe an; die kielte klebt dem rock an; der tisch klebt
an der angel, und die fischer locken kleb an!; meine zunge
klebt an meinem gaumen. ps. 22, 16; lasset uns ablegen die
Sünde, so uns immer anklebet. Hebr. 12, 1 ;
voller faslnacht ist die well, ihoiheit klebet jedem an.
LOGAU 2, 10,32;
pfeifleiD, da noch seine bäcklein
ruch und athem kleben an. Spee trulzn. 1S41 s. 258;
die andern wären alle an einer anklebenden krankheit gestor-
ben, pers. reiseb. 1, 4 ; ein mensche, dem menschliche schwach-
heil anklebet, colica vorr. ,• der name Diefrichsburg klebt jetzt
nur noch der spitze eines hohen berges im arate Grönenberg
an. .Moser 1, 320 ; dem landgute klebt die weidegerechtigkeit
an; um so mehr als jene dinge nach so langer gewohnheit
einem immer noch ankleben. Göthe 27, 279; ein zufälliger
nebenumstand, der einem beweise nicht nothwendig anklebet.
Kant 8, 140.
Transitiv, ankleben, anheften, ahd. anachlepan: noch ein
blatt ankleben ; eine bekanntmachung ankleben (an die mauer);
der klebt sich allenthalben an. vgl. ankleiben.
ANKLEBISCH, viscosus: noch fiile ich immerdar den allen
anklebischen unQat, das ich gerne mit golt handeln wolt. Lu-
ther 6. 43'.
ANKLEBSEL, «. qiiod adhaeret. nnL aankleefsel.
ANKLEBUNG, f adhaesio: also auch were es unmüglich,
das wir möchten rein werden von der anklebung der zeitli-
chen guter. Luther 1, 190'.
ANKLECKEN, adspergere, affundere, affigere:
der ellem schnöde lust
bat mir auch angekleckt den bösen kot und ^ust.
Fleming 20 (1685,22);
WO der adler nistet, kleckts die schwalbe nicht an. Klopst.
12, 147 ; er kleckt sie misgünstig oder günstig an sich an.
Herder 17, 99.
ANKLECKSEiN, frequenlativ des vorigen, maculare asper-
gendo: siehst du mich für eine angekleckste lehmwand an?
Fr. MCller 2, 50.
ANKLEIBEN, illinere, affigere, ahd. snachlelpan: einen zel-
te! ankleiben ; gute aber jetzt ungebräuchliche vortform.
ANKLEIDEN, induere, nnl. aankiceden, ein vornehmer aus-
druck für anziehen, doch nur das anlegen des gevandes über-
haupt, niclit der einzelnen stücke bezeichnend, man kann nicht
sagen die schuhe, die handschuhe ankleiden statt anziehen.
der fürst wird angekleidet, lüszl sich ankleiden ; ich stand auf
und kleidete mich an, legte alle Ueidungsstücke an; viel zeit
verstreicht über dem ankleiden, das auskleiden gehl schneller,
der mai Irht den wald und die ane neu angekleidet.
ANKLEIDEZIMMER, n. vestiarium, garderobe, boudoir.
ANKLEISTERN, farina compingere.
ANKLEMMEN, adsiringere: ich klemmte ihn gegen die wand
an; sie zitterte und klemmte sich fester an; klemme die fen-
slerladen an , dasz der wind sie nicht zerschmeiszt. .\rni«
schauli. 2. 26<*.
ANKLETTERN, adrepere: die felsen, gleich der gemse.
ANKLIMMEN, adscendere.
ANKLINGELN, signum dare tintinnabulo, an die klingel lie-
hen: geh hin und schaue, es hat angeklingeil, angeschellt.
ANKLINGEN, concinere, leise und vorübergehend an etwas
klingen, zu etwas stimmen, anklang geben :
383
ANKLINGEN — ANKNÜPFEN
ANKNURREN — ANKOMMEN
384
wenn sie (die tnelodie) dir anklingt auf der fremden erde.
Schiller 525;
manches thema klang nur an, ohne dasz man es hätte ver-
folgen können. Götue 26, 322; ein furchtbarer und zugleich
abgeschmackter stof schreckte jedermann, kein herz klang an.
30, 264 ; wie es schon hie und da angeklungen (verlautet) hat.
TiECK 4, 13 ; indcsz die russische und polnische spräche schö-
ner und freier anklingen, als ihre schriftnoten versprechen.
J. Paul aesth. 2,222.
ANKLINGEN, concinere facere, transitiv, mit dem praet.
klingle an, pari, angeklingt, mhd. würde slehn aneklengen,
praet. aneklancte, nlid. anklängen, wofür sich keine belege dar-
bieten, das Wort gilt zumal vom anklingen der gläser, colli-
dere scyphos:
angeklingt, es leb und lebe
wer nur freude gibt und nimmt!;
angeklingt! denn es gilt die gesundheit unsrer Luise.
Voss 1, 62 ;
klingt an ! Luise 3, 676 ;
dasz die gesellschaft gleichfalls anklingle und die günstlinge
unter den handelnden personen hoch leben liesz. Göthe 18,
198. vgl. ansloszen.
ANKLOPFEN, pulsare, nnl. aankloppen, an die thür, an
das feilster klopfen: leise, stark anklopfen; wer klopft an?;
da kom ich und klopft an. fastn. sp. 759, 22 ; ich schlaf, aber
mein herz wacht, da ist die stim meins freundes, der an-
klopfet. Itohel. Sal. 5, 2 ; denn man durfte nicht anklopfen
oder hineingehen in des fürsten zu Assyrien kammer. Jud.
14, 9; klopfet an, so wird euch aufgethan. Matth. 7, 7; auf
dasz, wenn er kömmt und anklopfet, sie ihm bald aufthun.
Luc. 12, 36; aber wenn das stündlin kümpl, da das gesetz
recht anklopft und dich daheim suchet und rechnung foddert,
so wird sichs nicht so lassen in wind schlahen. Luther 6, 271' ;
und schon klopfen die verklärten lieben
Paradieses pforten külinlich an. Götue 5, 252.
Figürlich oft für versuchen, tasten, ob einer bitte entsprochen
werde, wie der an die thür klopfende wartet, ob man sie auf-
thue: warumb ich geschrieben und angeklopft und itzt öffent-
lich anklopfe und schreibe, ist die ursach. Luther 4, 471";
P. H. klopfte gelegentlich bei dem könig an und sprach von
dem gemälde. Göthe 37, 261; anklopfende, klügliche versuche.
31, 128; in der weit musz man immer herum tasten, immer
anklopfen. Klinger 9, 72.
ANKLOPFER, 7n. rii»ig oder hammer zum klopfen an die thür.
ANKLOTZEN, starr ansehen: sogar meine kürbisflaschen,
meint man, klotzen mich an und pauszen sich an. Fr. Mt5L-
LER 1, 128. besser anglotzen.
ANKLÜGELN, argutari, argute excogttare: ein Vorwurf, wel-
chen auch die neumodischen tolerantisten nicht mit ihrer ge-
wöhnlichen bittern untoleranz anklügeln durften. Stolberg 3, 157.
ANKNALLEN, crepare, increpare: mit der peitsche die pferde
anknallen; wo denken sie hin? knallte ich ihn an. Thümmel.
ANKNEBELN, adstringere ope fustis : die räuber knebelten
ihn drohend an.
ANKNECHT, m. apparitor, eine ehmals zu Erfurt herge-
brachte benennung. Stieler 994.
ANKNEIPEN, admordere, vellicare, nnl. aanknijpen : sie (die
nagethiere) sind alles und jedes anzukneipen geschickt. Göthe-
55, 307. vgl. anpfetzen.
ANKNETEN, depsere, nnl. aankneeden: mehl ankneten,
einen teig an den andern ankneten.
ANKNICKEN, affringere, nnl. aanknikken: eine blume an-
knicken; die haline sind vom hagel angeknickt.
ANKNIEN, propius incurvare genua, nnl. aanknielen: an-
knien zürn melken, zum verbinden der wunde, die kindcr
knien an zum einsegnen, der missethäter kniet an, um den
letzten streich zu empfangen.
ANKNIXEN, mit kurzer Verbeugung eintreten, s. abknixen.
ANKNÖPFEN, jüngere globulis: kamaschcn anknöpfen.
ANKNÜPFEN, innectere, alligare, ahd. anagichnuphan (GRAFr
4, 582), nnl. aanknoopen : den losgerissenen faden wieder an-
knüpfen, ein neues band anknüpfen, eine liebschaft, ein Ver-
hältnis, geschiifl, Unterhandlung anknüpfen ; kanstu im dein
jüch anknüpfen? Hiob 39, 10; doch sie werden wol gehengt
werden und erschrecklicher, denn wenn sie von dem bcnger
angeknüpft würden. Luther 4, 527* ;
rigel, da man die narren knüpfet an.
fasln. $p. 229, 14 ;
ob ich in knüpf lu disen an. 230, 5)
an den stärksten balken seiner hallen
da befestig er den derben strick,
knüpfe sich daran ! das hält und trägt. Göthe 5, 112 ;
noch vor morgen
inein abenteuer, wenn nicht zu vollführen,
doch anzuknüpfen. 10, 237 ;
er gehörte zu den glücklichen menschen, die dem lebensin-
teresse das historische wissen anzuknüpfen verstehn. 26, 45;
dem Schlüssel ein stück holz anknüpfen, um ihn nicht zu
verlieren. Moser bei Göthe 45, 297; du willst unsre Verbin-
dung trennen, um selbst wiederum anzuknüpfen. Klinger 1,
467; es knüpften sich aber noch einige festliche tage an.
Dahlm. fr. rev. 336.
ANKNURREN, mussitare versus aliquem : er knurrt, wie ein
böser hund, die leute an.
ANKÖDERN, allicere esca: fische, vögel anködern.
ANKÖKEN, eruclare, evomere versus aliquem: sie sind der
gerechtigkeit so vol, das sie die andern armensünder an-
köken , gleichwie der grosze heilige phariseus Luce 18 für
groszer trunkenheit eraus koket und speiet über den armen
zölner. Luther 5,355'.'., der auch Es. 28, 7 verdeutscht: sie
daumeln von starkem getrenke und köcken die urteil eraus.
obersächs. kaken, ankäken; mehr unter koken.
ANKOMMEN, advenire, supervenire, incedere, invadere, ag-
gredi, nnl. aankomen. der begrif kommen, seiner nalur nach
inlransitiv, kann erst durch ihm verknüpfte parlikeln transitiv
werden, wie auszer ankommen bekommen, überkommen, lat.
supervenire lehren.
1) ganz intransitiv bleibt auch ankommen wenn es kommen
an einen ort, franz. arriver ausdrückt, in welchem fall unsere
allere spräche auch einfaches kommen, nicht ankommen ver-
wendet: wir kamen an zu Tyro, venimus Tyrum. apost.gesch.
21, 3; auf welchen tag eben der herzog von Frankrepas, der
fürst zu Erquicklingen starkbeleitet ankamen. Fischart Garg
133'; die zeit war komen an. Fleming 53; der wagen, das
schif ist eben angekommen ; wir kamen zu pferde an ; ihr sollt
alle gesund und glücklich ankommen; das erwartete buch kam
gestern nicht an.
2) gleich intransitiv ist weiter die häufige unpersönliche re-
densart: es kommt darauf an, es läuß darauf hinaus, in eo
vertitur; es kommt so genau nicht darauf an; es kommt viel
darauf an, mullum inlcrest; es kommt auf leib und leben an;
es käme auf den versuch an ; es kommt nur auf deinen wil-
len, entschlusz, befehl an, in te situm est; es kommt alles
auf den guten willen an, liegt darqn; es kommt nur auf we-
nige tage an, so sind wir neu und besser als jemals geklei-
det. Göthe 14, 220; es käme darauf an, ob wir nicht diese
leute auf dem schlosz spielen lieszen. 18, 238 ; eigentlich
kommt alles auf die gesinnungen an, wo diese sind, treten
auch die gedanken hervor, und nachdem sie sind, sind auch
die gedanken. 23, 284; ich wills drauf ankommen lassen.
dazu kann auch ein persönlicher dat. treten : es kommt mir
darauf an, es musz uns viel darauf ankommen, mea, nostra
interest; auf ein paar hundert thaler kommts ihm dabei gar
nicht an ; es kommt mir mehr auf gute behandlung als auf
groszen lohn an, sagt die neue dienstmagd;
am ende kommt mirs auch
auf einen ^us nicht an. Wielano 10, 175.
3) anderemal scheint ein zwar unausgedrückter^ acc. in gedan-
ken zu ergänzen, also dem an praepositionskraß beizumessen:
Ihr habt gut reden, ihr! kommt an!
was gebt ihr mir? so Irct ich meine stell
euch ab. Lkssing 2,209;
er kann ja allenfalls den Schwager auch nur fragen, welches
diese gründe sind, denn komm an, scheckchen! sage du
selbst. 10,212;
komm an! komm an!
Z. nieder mit ihnen! nieder! Sciiili.kr 505.
in solchem komm an ! liegt doch mehr als bloszes komm, etwa
die ausforderung, lockung, heran, an mich, an uns zu kommen
und einen angrif zu wagen, komm an Scheck! lockt einen
gaul heran, es heiszt auch in diesem sinn: er soll nur an-
kommen, laszt ihn einmal ankommen! da ist nicht anzukom-
men =-> beizukommen, an den, an das ist nicht zu gelangen.
da bin ich (Ibcl (oder ironisch, schön) angekommen, an das
bin ich übel gerathen: konnte ich niclil umhin den Vorfall
einem manne zu erzählen, aber wie kam ich an ! er sagte
das sei sehr ühel gewesen. Göthe 16, 50.
schau, ob du kommest an (dazu getangesl)
ein essen lisch zu hau, Atur 54';
3S5
ANKOMMEN
ANKOMMEN — ANKÖRNEN
386
so wie ihr mich hier seht, habe ich etliche jähr, weil ich
nicht anders ankommen {an keine andere stelle gelangen) konnte,
als hund dienen müssen. Tieck 10, 1S9; er ist endlich gut
angekommen (untergebTacht , angestellt worden), ankommen
für das heutige auskommen, ausreichen scheint in folgende)-
stelle gebraucht: dasz arme gesellen in dieser schweren zeit
mit solcher besoldung, wie zu Braunschweig, nicht mögen an-
kommen. Luthers br. 4, 205. engl, come on, fortkommen.
4) deutlicher wird diese fügung, wenn, wie häufig geschieht,
der acc. ausgedrückt ist. goth. aggiius fraujins anaqam ins,
supervenit eos. Luc. 2, 9 d. i. qam ana ins, renit super eos,
und so erlangt anaqiman transitivbedeutung, des herrn enget
kam, trat an sie, überkam sie. beispiele des ahd. anaqueman
hat Graff 4, 666 : der t6d chome die ana, mors venial super
illos, d. i. superet, obruat illos. wie mich ein glück söt ku-
men an. fastn. sp. 823, 30 ; und erwürgeten alles, was sie
sonst ankamen. 2 Macc. 10, 17; wo ir solche ausgelaufene
mönche in weltlichen kleidern . . bei euch oder in euern ge-
richten ankörnen und befinden würdet. Luther 2, 73*; wenn
mich ein mörder auf der straszen ankeme {auf mich stiesze).
6, 14' ;
ich jag noch (eemsen)
als ^eren als all mein lebiag,
wo ich sie ivewr ankörnen mag. Teuerd. 55, 10,
wo ich nur an sie kommen kann; die allerbesten und stärk-
sten wein, so er ankommen mocht. VVickram rollw. 76'; die
von Nürnberg zohen hinder Onspach, verbrenten was sie an-
kamen. Frank chron. 20S'; so si zu etlicher zeit kein wild
mögen ankummen. weltb. 13'; was si im sig ankämen, das
gelobten si Marti, dem kriegsgott. 66'; füren binweg was si
ankummen und ühermögen, bede mann und frawen. 213*;
ire speis ist blut, wo sie solches ankommen mögen. Forer
fischt). 198'; sie schlugen zu tod was sie ankamen. Fonlus
41; sie brandschatzten alles was sie ankamen. Garg. 201';
nam was sie ankam. 194'; stelen und rauben was die an-
kamen. 228';.
die spinn und die podagram
kamen einander wider an (trafen einander).
B. Waldis 2, 31 ;
und wo du jemand kommest an,
so führ sie gfangen in den berg. Atrer 207".
doch in diesem sinne des antreffens veraltet später transitives
ankommen und wir drücken es heule lieber praepositionell aus :
das feuer verzehrt alles, woran es kommt stall was es an-
kommt, antriß; ich kann nicht ankommen, daran kommen
steUt es ankommen, hin und wieder erscheint aber ein dat.
der person : ich kann ihm nicht ankommen, beikommen, an
ihn kommen; einem grob ankommen, ihn grob anpacken;
ihm setzen beide nach,
doch kömmt ihm keiner an. HAGEDOR-f 2, 131.
5) dagegen hat sich dasselbe ankommen in unpersönlicher
anwendung erhalten : es kommt mich hart, schwer, sauer an,
müht, belastet mich sehr: und es kam sie hart an über der
geburt. 1 Mos. 35, 17; demnach asz er, wie es in ankam. Garg.
163'; es koml sie wolfeil an. 192';
ein vogel der verschrenket
im festen knficht steckt, jeraehr begier ihn lenket
nach dem, was freiheii heiszt, je härter kommts ihn an,
wenn er sein enges haus ganz nicht erbrechen kan.
Grtphius 2, SI ;
nur datx spätere den richtigen acc. meistens mit dem dat. der
person vertauschen: aber den höningen kam es schwer an,
ihren verdrusz darüber zu verbergen. Wiela.nd 3, 23; so schwer
es mich ankommt, mein lieher .\galhon. 3, 248 ; es ist mir
auch schwer angekommen, ihn zu verlassen. Schiller 649;
das gesländnis, welches ihm so schwer ankommt. Kant 3, 341 ;
es mag ihm sauer ankommen. 5, 394. die dativconstruction
ist unlebendiger und unumsetzbar in die praeposition, d. h. es
kommt mich hart an ist gleichviel es kommt hart an mich;
aber ßr es kommt mir hart an lüsxl sich nicht sagen: es
kommt hart an mir.
6) noch häufiger tritt an die stelle des es der nom. etnes
Substantivs: angst kam die Philister an. 2 Mos. 15,14; zittern
kam die gewaltigen M»ab an. 15, 15; krümmet sie sich und
gebar, denn es kam sie ir wehe an. 2 Sam. 4, 19 ; da kam
mich furcht und zittern an, und alle mein pehein erschracken.
Htob 4, 14; schrecken, angsl und schmerzen wird sie ankö-
rnen. Es. 13, 8; und es kam in eine furcht an. Luc. 1, 12;
das sie solch jamer und not ankam. Lither 4, 24"; so bei
flächen und Verwünschungen, ankommen wie angehn, anstoszen :
und sprach, komm dich das fälbel an.' Albebus 47*;
s. Köres (Quirins) marter komm dich an! 91';
dasz dich s. Töuges fewr kom an! 161';
dasz dich die höllische darr ankomm! Garg. 149';
und ihn kam ein groszer hunger an. seh. u. ernst 231; dise
henkersbuben kam nit ein schauderlin an. Garg. 202'; davon
den pfaffen ein grosze forcht ankam. Wickrax ro//ir. 58';
als die (kinder) sie {die weiber) sauer ankommen. Garg. 67';
der du ankamst sehr hart dein mutter (iTir bei der geburt
sauer wurdest). 199'; dasz sie der sieg sauer genug ankam.
Opitz Arg. 2, 354 ; einer unter uns, den eine sonderliche an-
dacht ankam, pers. rosenth. 2, 22 ;
wenn die wollust uns verläszl, kümmt uns dann die andacht an.
LOGAD 3, 1,27;
ei was mocht dan mich kommen an ? Spee g. t. 35.
auch hier mit allmälich vordringendem dativ : als ihr der durst
ankam. Lokman 27; erstlich kompt mir an eine lust also
zu fragen. Spee 341; dasz ihnen gute worte nicht sauer an-
kamen. LoHExsT. Arm. 2, 1518; ist dir todesgraun angekom-
men und rasest du davon? Klopst. 10,172; das kommt mir
sauer an. Gelleht; der greuel kommt ihr an. Rachel 20;
zittern und entsetzen möchte einem ehrlichen kerl ankom-
men. Lessing 1, 233 ;
so schnell? was kömmx ihm an! was fiel ihm auf? 2,267;
nicht einen augenblick ist mir eine furcht vor der höUe an-
gekommen. Göthe;
das lernen kommt ihr sauer an. Gotter 3, 200;
mir kommt ein eigen grauen an. Schiller 449;
ich bett es {liebchen), kommt ein schlaf ihm an,
auf weiches moos und thvmian. BCrger 48* ;
nun kam ob dem, was er gethan,
der reue bitterkeit ihm an. 94'.
einige, zumal Wieland, halten mit recht den acc fest: wofern
ihn elwann eine Versuchung dazu ankommen sollte. 3, 67;
wenn ihn die lust ankam, sich von seinen sklaven anbeten
zu lassen. 8, 144; eine sache zu thun, die ihn aus mangel
der gewohnheit sehr hart ankam. 6, 78 ; wenn ihn die lust zu
wandern wieder ankommt. 8, 277 ; was für eine lollheit kommt
dich an ? U, 300 ;
vergebens kam ihn selbst die späte reue an. 23, 104 ;
es kam mich eine sehr wunderbare empfindung an, da wir
so an dem forste hinfuhren. Kli.nger 1, 36. vgl. anwan-
deln.
7) ankommen lassen tst mehrdeutig: ich lasse es darauf
ankommen, lasse es geschehen, will es abwarten; ich kann es
nicht darauf ankommen lassen, musz mich dagegen vorsehen;
ein thor laszt alles auf das glück ankommen ; der feind zieht
sich zurück, will es nicht auf ein treöen ankommen lassen;
ich lasse es auf ihn ankommen, stelle es ihm anheim ; schlimm
für den autor und sein werk, wenn er die Wirkung derselben
auf die divinationsgabe und billigkeit seiner kritiker ankom-
men liesz. Schiller 760. ich will ihn ankommen lassen, sei-
nen angrif abwarten, dasz ich ihnen die beherschung über
die ganze weit werde ankommen lassen {verschaffen). Simplic.
1,263.
ANKÖMMLING, advena, nnl. aankomeling, ahd. niuquemo,
engl. Ihe new comer: unser neuer ankömmling, das neuge-
bome kind. gewöhnlich von dem fremden, dem kommenden
mann, dem gast, doch auch der zuletzt angekommene: ob-
gleich der fremde dem ankömmling weitüberlegen war. Göthe
18, 143; Meline sang ein liedchen, welches dem ankömmling
nicht zu behagen schien. IS, 157.
.\NKOPPELN, adjugare, eopulare pecora, nnl. aankoppelen,
das vieh ankoppeln.
ANKÖRNEN, granis sparsis allicere: die Vögel, das wild
ankörnen, figürlich, um mich wieder anzukörnen (per rappa-
tumarmi, eigentlich giä zu machen, auszusöhnen). Göthe 34,
67; mit eid und pflicht soll mich niemand mehr ankörnen.
42, 306 ; um ihre lüstemheit. das buch selbst zu lesen, noch
mehr anzukörnen. Hamann 2, 250; die liederlichen Jünglinge
gellen ihnen für nichts weiter als mittel, das volk anzukör-
nen. TiECR Hor. <rr. 1, 180; die banse, mit Versprechung groszer
bandelsfrciheiten angekörnt. Daulk. dän. gesch. 2, 52. vgl.
ankirren.
25
387
ANKRACHEN — ANKUNFT
ANKUNFT— ANLACHEN
388
ANKRACHEN, gleichsam adcrepare, gegen einen krachen:
der aufgesprengte schluud
der liöllen kracht uns an. Grypuius Cath. v. G. 180.
ANKRÄCHZEN, adcrocitare, frequentaliv des folgenden:
der rab ist heiser,
der Duncans lödfichen einzug in mein haus
anlirächzen soll. Schillers Macbeth 1, 10. (1847 6,203.)
ANKRÄHEN, accantare : der han den tag ankrät. Garg. 93' ;
den gröszten theil des Übels, welches ihr die unglück weis-
sagenden alten angekrähet hatten, zu verhüten. Wieland 6,
143. figürlich, herr Gries kräht die thatcn, die er thun will,
an. 18, 267 ; bergwerk haben viel ankrehens (man streitet sich
um ihren besitz). Mathesids 15'.
ANKRALLEN, ungulis arripere. der geier krallte den ha-
sen an.
ANKIIÄNKELN, morbo inficere:
der angebornen färbe der enischlieszung
wird des gedankens blasse angekränkelt.
A. W. Schlegel, Hamlet 3, 1.
and ihus tlie native hue of resolution
is sicklied o'er with the pale cast of thought.
ANKRATZEN, a/fricare: die haut war ein wenig angekratzt.
ANKRÄTZIG, mala prurigine infeclus, mhd. ankretzic rint.
fragm. 3l'.
ANKREIDEN, creta noiare: der wirt kreidet an; die ürti
ankriden. fastn. sp. 829, 12.
ANKREISCHEN, anschreien, nnl. aankrijten: het wichtje
krijt zijne moeder aan.
ANKRIECHEN, arrepere, nn/. aankruipen : die raupe kriecht
das blatt an, kriecht an das blatt:
von Mopsen wird er kaum erkannt,
so dürftig kommt er angekrochen. Hagedgrx 2,28;
weil es in einigen gesellschaften der groszen weit wider den
wolstand ist, ein christ zu sein, und die wolgesitteten kein
höheres glück kennen, als dort nur so eben ankriechen zu
dürfen, so verleugnen sie das christenthum. Klopst. 12, 359.
Thümmels reisen 10, 161.
ANKRIEGEN, induere, gegensatz von abkriegen: die Stiefel
sind zu enge, ich kann sie nicht ankriegen, an die füsze
ziehen, feiner, nicht anbringen.
ANKRITZELN, penna respergere.
ANKRÜMMEN, proeurvare.
ANKÜHNEN, cicurare, kühn, dreist machen, ankirren: von
allen orten her angekünt und geludert. Simpl. 2, 352.
ANKÜNDEN, annuntiare, edler und dichterischer als ankün-
digen :
ach wer bin ich, dasz gotl den fürchterlichsten der tode
anzukünden mich sendet? Klopst. Mess. 10, 1018;
Worte sprechen ihn nicht aus, aber sie sind doch
seines liciits ankündende dainmcrung.
alles kündet dich an. Göthe 1,06;
ein flüchtig wort, das er mir gestern saftte,
schien mir sein werk vollendet anzukünden. 9, 111 ;
tiefgefühlte reuelicdcr
künden uns die brüder an;
es ist eine neue epochc, die sich uns in diesen denkmalen
ankündet. ' 25, 48.
ANKÜNDIGEN, nnl. aankondigcn, dasselbe: kündiget ihnen
ihres ungehorsames willen den tod an. pers. rosenth. 7, 20;
welches dem gast um so rüthselhafter vorkam, als sämtliche
männer hier, nicht wie einheimische, sondern wie vorüber
wandernde in allem übrigen sich ankündigten. Göthe 23, 9 ; ein
behender mann, der sich durch ausgekramtes gcrälh als bar-
bier ankündigte. 23, 10 ; auf den (kaiser Joseph) die weit bei
den hohen eigenschaften, die er ankündigte, die gröszten hof-
nungen setzte. 21, 309 ; man liebt an dem madchcn was es
ist, und an dem Jüngling was er ankündigt. 26, 255; Neapel
kündigt sich froh, frei und lebhaft an. 28, 15; folgte zuerst
die franzosische garnison. seltsamer war nichts als wie sich
dieser zug ankündigte, eine colonne Marseiller trappelten
heran. 30, 314.
ANKÜNDIGUNG, f nnl. aankondiging. die ankündigung des
wechseis kommt mir ein wenig unvermutet. Rahener 3, 357 ;
diese ankündigung {Offenbarung) gottes selbst geschieht nun
durch das übernatürliche in uns. Fichte Ar. der offenb. 7«.
ANKUNFT, f origo, adventus, nnl. aankomst. obschon an
und ab sich sonst gegenüberslehn, so drückt doch das frühere
ankunft gerade aus was das heutige abkunft, nentlich Ursprung
und abstammung: aber dieses namens weisz man keine ur-
sach noch ankunft anzuzeigen. Luther 3, 432; man sol die
Christen leren, das die Schlüssel nicht gegeben sind der allge-
meinen kirchen, sondern Petro und dembapst, durch ordent-
liche ankunft auf sie. 1,16'; denn was sein ankunft aus der
Schrift nicht hat, das ist gewislich vom teufel selbs. 2, 14';
von der weit ankunft. Frank tue W. i'orr.; erste ankünfle, pri-
mae origines. Rihel Livius 2 ; und wie Epiphanius schreibet,
soll sie von der sareptanischen wittib nachkömling ir ankunft
haben. Matbesius 5"; wollen wir erstlich von ankunft und
ausbreitung der bergwerk reden. 7'; nach ankunft diser berg-
stedte haben sich die bergwerk immer fürm und im gebirge
ereiget. 17'; Job aber ob er wol von Ismahel oder Esau sein
ankunft gehabt. 19' ; es sagen etliche scherzweise, die fürsten,
herren und edellcut haben ire ankunft daher. Acricola 264 ;
damit ich aber nun zu meiner ankunft und geburt komme.
ScHWEiNiciiEN 1, 18 ; meines herrn vatern geburt und ankunft.
1, 18 ; wiewol auch solcher gebrechen von schnellem laufen
und heftigen groszem springen oftmals §ein ankunft hat. Ze-
CHENDORFER gebr. der ros. 1, 27 ; so ein offener schaden in
dem maul von dem zäum sein ankunft hat. 1,66;
wan dan der sonnen ankunft klar
der Sternen schar vertreibend mich erwecket.
Weckherlin 8;
sol seiner ankunft klein
in aller demut cindenk sein. Ringwald laut. w. 149;
sein nidrig ankunft Übersicht. 150;
ein edler samen schlegt
der ersten ankunft nach, von der er fruchte iregt.
Opitz 1,227;
ungeachtet seiner geringen ankunft. 1, 3*; ungeachtet ihrer
adeücben ankunft und Standes, poet. 15;
Willegis, deiner ankunft nicht vergisz. Zinkgr. 2,25;
dasz er und andere teufel von den verstoszenen engein ihr
ankunft haben. Ayrer pjoc. 1, 14 ; wann man seine edlen %hnen
und ihre ankunft, leben und edle Verrichtungen heraus strei-
chet. Simpl. 1, 4 ; ihren Ursprung allezeit durch eine göttliche
ankunft zu verherlichen. Bünaü 1, 5; weil die Beigen teutscher
ankunft gewesen. Mascou 1, 25 ; von teutscher ankunft. 1, 58 ;
auch bei Stieler 1003 ist ankunft ortus, origo, adventus, nach,
dem titel seines Sprachschatzes will er handeln von gebrauch
und ankunft der Wörter, stamm und stand kommen von den
alten an die jungen, wie die stelle aus Luther 1, 16' deutlich
macht, ankunft ortus vergleicht sich also dem transitiven an-
kommen, auf einen kommen, das von dem neueren, intransi-
tiven ankommen advenire geleitete ankunft adventus entsprang
erst mit diesem, so wie jenes ältere mit dem verbnm veraltete.
ANKÜNSTELN, arte affingere: das ist ihr nicht natürlich,
sondern angekünstelt, s. anlügen.
ANKUPPELN, lenocinando copulare: die alte hat ihm das
mädchen angekuppelt; die mir anzukuppelnde person. ehe
eines weibes 163. verschieden von ankoppeln.
ANKÜSSEN, adosculari: als er der mutter die gute nacht
anküste. .1. Paul Fibel 121.
ANLÄCHELN, leniter arridere, eine schöne Zusammensetzung : '
wenn er dein bedarf, kan er dich fein eflfen und lächelt dich
an. Sirach 13, 7 ; jedoch das weisz ich, wann einen die ros
anlechelt, das ers gern abbrcch. Fischart Gary. 77' ; das kind
lächelte seinen vater an ; das glück will dich anlächeln, nicht
gut mit dem dativ : er Schaft oder trägt es (das ausgesetzte
kind) in das findelhaus, damit es wenigstens taufe und namen
erhalte, eines denn freilich moI lieber als das andere, nach
dem ihm das eine mehr angelächelt, als das andere, nach
dem ihm das eine den finger mehr gedrücket, als das andere.
Lessinc 10, 199.
ANLACHEN, arridere, nnl. aanlagchen, gegen, an einen
lachen: m Ad. noch grüejet noch lachet an. Lichtenst. 598, 29.
wer durch die tinger sehen kan,
und Icszt sin frow eim andern man,
do lacht die kalz die müs süesz an.
Drant nairensch. 137 ;
wo mir von einer ie ein grusz wart
und mich anlacht über ein zan.
fastn. sp. 260, 30 ;
nfein junger narr kau wol machen,
das mich die kelber do anlachen. 118,24;
davon sie krenzlein machen,
und schenken sie irem schatf,
den sie so freundlich anlachen,
iiiiil geben im ein schmalz. Ambras. Ib. 18,6;
hiernach sind bein vierzigen Studenten versammelt komen,
die ilmea alle unbekant gewest, und die annen väter «el
389
ANLACHEN — ANLANDEN
ANLÄNDEN — ANLANGEN
390
spotte« angelachet. Melakchth. 1, 4S9 ; wo nun etliche seind
ein wenig eergeitiger, so anlachen sie doch, und frewen sich
mit. Frank 5;
die anlachend gesprecblichkeit,
die in den kindern wir all spüren.
Fischart lieder 92 ;
im kellerstüblein, da ihn das new fasz anlacht. Garg.bl*;
lacht es {das krüglein) an. 225"; höfischen anlachens. 239';
wenn die fraw einen frembden mit einem siiszen blick anla-
chet, pers. haumg. 7, 22 ;
die zunge musz es than, soll wer die purpurrosen
des mündleins lachen an und ihnen liebekosen.
LoGAü 2, 1, 3S ;
das äuge lacht die wollust an, den schmerz beweint es drauf.
3,6, 100;
der, denkt sie, der ist auch gefangen,
und lacht mich schalkhaft an. Lessi^g;
nahe dem Schenktisch,
welcher mit obst anlacht. Lniie 3, 517;
wo uns der kleine freundliche ort gar anjnutig anlachte.
GöTHE 25, 321 (ille terrarum mihi praeter omnes angulus ri-
det) ; die äpfel auf dem bäume lachen mich an ; die sonne
lachte freundlich {nach dem gewilter) die erschrockene erde
an. J. Pacl Tit. 1, 144; eine gasse kleiner häuser mit wel-
schen düchern voll bäumchen lachte den blick freundlich an.
2, 50; wie er die treppe herabläuft in die anlachende hoch-
zeitstube hinein, uns. löge 3, 158.
ANLAGE, f. impositio, dispositio, tndoles. im 16 jh. fast
nur die angelegte, auferlegte abgäbe und Steuer, census, sum-
tus: nachdem solchs on hülf und zuthun anderer christli-
chen gewalte, dazu einer anläge gemeiner christgleubigen
menschen statlich zu thun nicht wol miiglich. Luther 2,
435*; dasz man in keine hülfe, es seien denn den erbaren
Städten ihre beschwerung der übermäszigen anlagen halb ge-
fingert, . . . bewilligen wollte. .Meui.vchth. 2. 410 ; ihrem schutz-
herm mit einigerlei Steuer oder sonst anlagen zu thnn nicht
verpflichtet. Schweisichex I, 390. bürgerliche anlagen, wein-
anlagen, bieranlagen, es {das tributum) war eine nach den
bedürfnissen veränderliche anläge. Niebuhr l, 418. heute redet
man von abgaben, auflagen statt anlagen, doch auch noch von
Steueranlage, der vater that für den söhn die anläge, legte
die kosten aus, sparte keine anläge, keine kosten.
Dem gegenwärtigen Sprachgebrauch ist anläge sowol das an-
gelegte als anliegende, die anläge, beilage eines briefs; die
anläge, der entwurf, werk in der anläge verfehlt, die anläge
eines gartens, wegs, einer mauer, laube, eisenbahn, und ne-
ben allen stddten gibt es neue anlagen {amoenitas loci), teenn
die alten wälle abgetragen werden : drüben in den neuen anlagen,
versetzte der gürtner, wo sich der pfad in zwei arme theilte.
GöTHE 17, 3. 4. die anläge eines Schlosses vor den kästen,
auch das blosze fisen oder blech daran, klammer oder krampe;
am schieszijewehr der theil den man an die backe legt. Au/" anlie-
gen orfer anlegen zurückzuführen ist die anläge, natürliche an-
läge: der mensch bat gute anlagen, eine anläge zur krankheit ;
sein mistrauen ist die erste anläge zum menschenfeind ; eine
ungemeine anläge zur dichlkunst. selten für nachstellung, an-
liegen, hinterhalt: ich faszte den entschlusz in keine gesell-
schafl zu treten, welches ich auch trotz aller anlagen und
nachstellungen gehallen habe. Hippel 12, 103.
ANLALLEN, gleichsam adlallare, allallare, anstammeln: das
kind lallt die mutier an:
gern hört der vater aller so
«ich vielfach angelallet. Voss Luise 1, 418.
ANLANDBAR, gleichsam appellibilis, locus ubi appelli po-
lest: der wol anlandbare hafen. Voss.
ANLÄNDE, f hau appellendi, statio nacium.
ANLANDEN, appellere navem, nnl. aanlanden, mlat. adri-
pare, arripare, woher das franz. allgemein ftr advenire ge-
brauchte arriver. anlanden ist die heulige form, früher galt,
und richtig, anlanden, denn die anscheinend intransitive be-
deutung von anlanden erklärt sich durch den ausgelassenen acc
das schif.
hänget gleich sein schif an banden
strenger pflichten, die er ehrt,
wird ihm deich don anrulanden,
MollT, selbst von dir verwehrt. BCrcer 2. 16;
der nenc könig schickt den Laertes nach Norwegen mit der
nachricht, dasz die flotte bald anlanden werde. Göthe 19,
t63; in einem lande anlanden. Klixcer 6, 249; als Victor an^
landete {arriva) in der pfarre. J. Pacl Hesp. 3, 157 ; indem
er den einen pfeflierkuchen asz, landete der andere ohne lä-
sionen an. uns. löge 3, 142.
ANLANDEN, dasselbe, nach seiner alten gestalt, ursprüng-
lich, das schif zu dem lande bringen: alsbald er seim reich
angelendet. Fischart Garg. . . .; angelend. 223' ; allen anlen-
denden die köpf abhieb. 234*; haben sie in Estland angelan-
det pers. reiseb. 2, 3 ;
da aber ich vielleicht mich höher möchte wenden,
als dasz mir müglicb sei recht wieder anzulenden.
Opitz 3, 264;
sicher ihren fusz, dasz sie
an dein Astrachan mit Sicherheit anlanden, Fliki.xg 578 ;
da holt ich an den stranden
des mächtigen Derbeuts mit freuden aniuländen. 646;
ein scbäfermägdlein hat so schnelle nie gewendet
den fusz, wann eioe schlang ist bei ihr angelendci.
Werders .4rios( 1. 11, 5;
von vielen boten kam ein bot hier angelendet
die Agramante hatt in Frankreich rumb gesendet. 24,99;
der seinen segel hin nach Kngeland gewendet,
ist manchmal durch den wind nach Holland angelendet.
LoGAü 1, 1, 82;
du must, Cleopatra, begehrst du hülf und heil
ans kaisers gnadenportdein strandend schif anlanden
LoHE?csT. Cleop. 47, 461 ;
sie lendeten im tanfanischen tempel an. Arm. 2, 595 ;
denn da kein port erscheint, so länd ich meinen kahn
aus furcht vor solcher höh am nächsten ufer an.
Gc.MHR» 72S. 967 ;
als im baven angelandet. Brockbs 8, 105;
dasz sie hier angelandet: sendet. Wiela!«!) 2:5, 158;
als herr Charles auf der wiese anlandete (arriva), liesz er
die pfarrer des ortes herbeirufen. 30, 73; ich wurde einer
strecke landes gewahr, die mir zum anlanden bequem schien.
30, 79. s. landen.
ANLANDUNG, f. appulsio navis.
ANLLNDüNG, f die ältere form: Barselona, ein herlich
statt und ein thor und anlendung des meers. Froxsp. kriegsb.
3, ist' ; nach glücklicher anländung in Europa. Felsenb. 2, 574.
ANLANGEN, impctere, aggredi, nnl. aanlangen, einen an-
gehen, an ihn langen, greifen: umb die schuld megens dich
nit anlangen, fastn. sp. 848, 3 ; da sehet ir den, umb welchen
mich die ganze menge der Juden angelanget hat. apostelgesch.
25, 24 ; aber mein lieber bapst und der heilige römische stuel
stöszt zu boden und verdampt solche heilige, geistliche Ord-
nung ganz miteinander durch anlangen {auf antrieb, bitte)
der priesterschaft. Llther l, 296*; darumb were on not ge-
we»t, uns noch zur zeit umb hülf, beistand . . . anzulangen.
2,106'; bin auch seincthalben nicht angelanget worden. 3,415';
da haben wir demütiglieh mit bitten angelangt den durrh-
leuchtigsten fiirsten. 4, 334* ; der grosze ernst der briefe, mit
welchen ich von den unsem angelangt .werde, zwinget mich.
5, 147'; nu hat mich gedachte Else mit weinen und klagen
angelangt. LtrrBERS br. 4, 273 ; wir sind von ime selbst an-
gelangt uns mit ime etlichermaszen zu vertragen. Chmels
Maxim, s. 52; damit wir von ime deshalb«! weiter unange-
langt beleiben, s. 80; du wollest uns berichten, wa wir die
tausent guldin, als du waisl finden, oder wen wir darumb
anlangen sollen, s. 9~4 ; und bcgem darauf an dich mit ernst,
du wellest, so gedachter Ulrich Smid dich anlangen wirdet,
ime hilflichen und furderlichen sein. i. 15 ; langt uns an
{geht uns an), s. IS ;
den langt er an umb etlich tausent. B. Walois 3, 92;
du must sein etwas unverschampt
und auch anlangen umb ein ampt.
FiscuAKTS Eulensp. hl. 258;
der künig schampt sich nicht mit bilt anzulangen, ob ich
nit künde. Fra:<e weltb. 215' ; dann ich ward teglich angelangt
von den unsem umb hilf 233'; es habe es dann die ober-
keit, hieruinb von ihnen angelangt, vergünstiget. KiBCHHor
mtl. disc. 224 ; einen umb bezalung hart anlangen, wendunm.
259; nnd er mich ime dieselben aus meinem gerichtsbuche
schriftlichen mitzutheilen begerl und angelangt. REurrEU
kriegsordn. 50; hat er derhalben nmb günstigen ahscbeid ge-
beten und angelanget. 151; derweil du grosze lust zu der
rosarznei und mich bitlichen angelanget hast dich ru berich-
ten. ZECnENDORFER 1, 29 ;
derhalb wo unter uns ein mann
schon anlangt umb ein junpfraun. Atrr« t4';
als ich sie umb ein dienst langt an. 92*;
nachdem uns die landschafl langt an. 133';
25*
391
ANLANGEN — ANI.ASSEN
ANLASSEN — ANLASZ
392
dasz uns der weitberühmte heidnischer orator M. T. Cicero
bittlich angelanget. Ayrer proc. 3, 2. dieser gute, unladeUiaße
ausdruck gerieth im 17. IS.jft. auszer gebrauch, gleich dem transi-
tiven ankommen, während intransitive bedcutungcn von anlan-
gen und ankommen sich geltend machten.
Und wie ein unpersönliches es kommt mich an bestehen
blieb, erscheint auch ein es langt mich an mit der bedeutung
von gelangt an mich, kommt mir zu ohren, wird mir gemel-
det: so langt uns doch' glaublich an. Frankf. ref. I. 40, 13;
als das den keiser anlanget, ward er in einen stall verschaft.
Frank chron. 275*; und wiederum mit dat. statt des acc: in
solichem langt mir auch gleuplich ane. Chmels Maxim, s. 29.
a. 1494, es wird mir glaubhaft berichtet, glaubhafte meidung
gelangt an mich.
Hieran unmittelbar grenzt das heutige neutrum anlangen,
ankommen, eintreffen, an den ort, an die stelle, zur stelle
kommen: wir alle sind glücklich angelangt; der böte langt
so eben an; zu dem andern Antiochien langten die creuz-
fahrer erst mit dem ausgang des junii an. Hahn 3, 305; sie
war kaum angelangt, als sie ihn zu sich rufen liesz. Wie-
land 1, 227; bis sie bei anbruche des tages weder auf dem
landhause der Danae anlangten. 1, 300; als der befehl zu
ihrem verhaft anlangte. 7, 155; nach einiger zeit langte die
nachricht von dem tode des königs an. 7, 158; in einer so
ungeheueren Stadt wird selbst von dem auszerordentlichsten
ereignis nur so lange gesprochen, als es die neuigkeit des
tages ist, und gemeiniglich langt es in den entfernteren re-
gionen erst alsdann, wenn es in der, wo es sich zutrug,^
schon wieder vergessen ist, . . an. 32, 149 ; langen vollends
die festläge selber an (kommen sie heran). J. Paul Fibel 29;
überhaupt kann man mit dem lobe nicht zeitig genug an-
langen, teuf. pap. 1, 39.
Unpersönlich, es langt mich an, geht mich an; was mich
anlangt, angeht, anbelangt, anbeiriß.
ANLANGEN, n. impetitio, petitio, verlangen: anlangen und
bitte, reichsabsch. von 1530. §. 5; cuweren christlichen anlan-
gen und häftigem anmuten zu willen werden. Frank lasier An;
al mein senlich verlangen unt anlangen. Melissüs ps. Q 4' ;
auf sein ansehlich anlangen. Garg. 152*.
ANLANGEND, adv. respeclu: anlangend ihre übrige auf-
führung. ehe eines mannes 240 ; die Schyrer anlangende wer-
den sie vom Piinio am baltischen meere gesetzet. Micrälius
1, 103.
ANLAPPEN, assuere pannum, nnl. aanlappen. weidmän-
nisch, tuch - und federlappen anheßen und aufrichten. Döbel 2.
ANLASCHEN, arborem cortice signare, forstmännisch, mit
dem waldhammer zeichnen, scheint verderbt aus anlachen, an-
lochen, von dem ahd. lach, hläh incisio, vgl. RA. 544. s. ab-
laschen, doch das nnl. aanlasschen heiszt anheßen, annähen.
ANLASSEN, immittere, etwas an etwas lassen, nnl. aanla-
ten, ahd. analäjan (Graff 2, 305) mit doppeltem acc, das was-
ser anlassen, den teich anlassen; das rad, die uhr anlassen,
in gang setzen; die bälge anlassen, -an die kohlen blasen las-
sen; die hunde anlassen, an das wild lassen, einen anlas-
sen, locken, reizen: damit sie andere desto besser anlassen
(an das spiel fassen lassen), verspielen sie oft freiwillig et-
was weniges. Simplic. 1, 300. verschieden hiervon ist ein an-
lassen mit dem dat. der person: das kind ist vor müde ein-
geschlafen, wir wollen ihm die strumpfe anlassen und es
gleich niederlegen; man soll in der rauhen luft ihm den
mantel noch anlassen; du hast mir treulos gedient, ich kann
dir meine livree nicht länger anlassen, d. i. an dir lassen;
hie hab ich piiicr wnrfel drei,
"die mir so treulich bei gcstan,
das sie mir oft kein Tadcn anlan.
fasln, sp. 701, 25,
an mir keinen faden lassen. Einen mit worlen und reden übel,
hart, rauii, zornig, aber auch freundlich, höflich anlassen,
anfahren, asperius, benignius appellare: diesen kerln mit so
viel Schmachworten anzulassen. Weise kl. leute 227 ; icii fuhr
über seinem anblick zusammen und fürchtete hart von ihm
angelassen zu werden. Wieland 30, 358 ; wenn meine launc
dich übel anliesz. Lessing; sie lie.sz das frilulein mit iiarten
Worten an. Musaeus 3, 156; als sie im hauplquarliere übel
angelassen wurden, weil sie nicht so reinlich erschienen.
GÖTHE30, 88; als ihr ihn neulich etwas hart angelassen habt.
TiECR nov. 6, 62; er ist darüber mit manchem spotte ange-
lassen worden. Kant 3, 391; unser held wurde von der für-
stin noch freundlicher angelassen, als vom fürsten. J. Paul
Hesp. 3, 81. vgl. veranlassen.
Sich anlassen, speciem habere, incipere, se gerere, zumal
von aufwachsenden hindern und blumen: besundirn, da er
noch ein junger man was, er sich suiberlichen in der kunst
anliesz. urk. von 1405 in Fichards Wetteravia s. 185;
es losEt sich eben sorglich an. Brant narrensch. 261;
welcher vater wolt nit freud han,
wenn sich seine kind so wol lassen an? fastn. sp. 691, 10;
unser hänlin liesz sich wol an. Fischart Garg. Hl' ; der knabe
hat sich so wol angelassen, pers. rosenth. l, 5; und wenns
geschieht wie sichs anläszt. Luthers br. 2, 597 ; wie ihr aber
euch mit geberden anlasset. Kirchhof wendunm. 139';
die veil^en brechen aus, doch lassen sich ingleichen
das bleiche sorgeukraut und scharfe senf wol an.
Opitz 1,422;
wie sich der himmel pflegt im frühling anzulassen.
Werders Ariost li,%b;
wo die tragödi so anmuthig wie sich der anfang anlasset.
Gbyphiüs 1, 731 ; es läszt sich fast so an (sieht beinahe so aus).
GlJNTUER 812 ; mülstein aus dem Albertshügel, als welcher
stein sich am allertüchtigsten dazu anliesz. Fetsenb. 2, 319 ;
nach einer trüben nacht läszt es sich doch zu einem heitern
tage an. Müsaeüs 4, 168 ; der wirt war ein feiner höflicher mann,
der sich gegen fremde gaste sehr wol anlassen konnte. Weise
crzn. 8 ; wir wollen sehen, wie sich der neunde tag anläszt
(bei dem kranken). 360 ; vielleicht lass ich mich desto besser
als kuppler an. Schiller 201 ; der geistliche erzählte ihm,
dasz der alte sich schon recht gut anlasse und dasz man
hofnung zu seiner völligen genesung habe. Göthe 19, 246;
meine kinder lassen sich zu gescheidten jungen an. 20, 135;
es liesz sich an als müste der mann endlich sein weih mit
gewalt entführen. Klinger 4, 108; und gerade jetzt läszt sichs
zum interesse an. J. Paul I^ epomukkirch e i21; alles läszt sich
jetzt wieder zum frieden an; es läszt sich an, als wenn
keine arznei mehr helfen wollte. Man darf auch hier, wie
in ähnlichen redensarten einen sinnlichen Ursprung voraus-
setzen, das getraide läszt sich heuer gut an, der wein läszt
sich herlich an konnte bedeuten: an die halme, äkren, an die
reben; das kind läszt sich wol an, an die knochen, beine.
der abgezogne gebrauch weisz davon nichts mehr, und fügt
andere praepositionen, wie zu, bei.
ANLÄSSIG, invectivus. Frisch 1, 579' ^at ohne beleg an-
lässige .wort, vei-ba quac rixam movere possunt, womit man
einen hart anläszt.
ANLASTER, n. vitium, macula, mhd. älaster:
iust aber allen wol erkant,
daj niemen also saclec ist,
der al der werlde und alle vrist
so wol ze willen müge geleben,
im werde älaster gegeben. Trist. 300, 14 ;
siben älaster, Septem vilia. attd. hl. 1, 3(i2.
wie vil ein ros müg anlastcr hän
das wiset diser spruch hie.
ein Spruch des Conrad Schlapp eritzin, wahrscheinlich vom j.
1445, gedr. in Mones anz. 3, 175; obwol der brenner (das
wetterleuchten) ein gemeinsames anlaster ist den gewachsen,
so greifet er doch am meisten das geträid an. Murai.t eidg.
s. 57. wir sahen unter den Zusammensetzungen mit ab mhd.
ä ößer dem nhd. ab entsprechen, hier steht es dem an zur
seile und älaster ist auch dem sinne nach ein an etwas fal-
lendes lasier, nicht anders würde mhd. Ssanc adustio aus an
sengen zu deuten sein, aber noch näher in der bildung liegt
anmal, nnamäli.
ANLASZ, m. occasio, ansa. sinnlich, der anlasz des Was-
sers, balgs, radcs, hundes. man könnte auch sagen, obschon
für beides keine bcispicle verzeichnet sind, das war ein har-
ter, rauher anlasz, der anlasz des korns, des kindes ist gut.
gewöhnlich aber ist anlasz gelcgenheit, und es heiszt einem
anlasz geben, machen, benehmen, anlasz haben, bekommen:
anlasz und exempel. Kirchhof wendunm. 576 ;
wer ihr anlasz auch zu rechtem zorne gibt,
crfiihrt was sie vermag. Opitz 1,92;
fahre fort und mache mir
anlasz künftig uiolir zu schreiben. 2, 33;
aus belrübnüs kummen ihrencn, die doch sind so hfell und klar,
ob sie klar, »o siht doch keiner, w.is ihr eigner anlasz war.
LoßAU 2, 9, 97 ;
dU alles gibt uns fug und anlasz gnung zu freuen.
Fi,B«mol22;
393
ANLASZ— ANLAUFEN
ANLAUFEN.
ZU
warum will man dem neid zu lästern anlasz geben*
GRrPHiLs t, 14;
der hat gar wenig anlasz auf zeitliches glück zu denken.
Weise */. leute 293;
wo soll man echte freundschaft finden?
das lockwon klingt doch gar zu fein,
und kann die herzen zu verbinden
der anlasz schönster hofnung sein.
HAGEDOR.f 2, 33 ;
so musz, da anlasz ihm zu dieser wähl
der richter gibt, sich David fiir sein volk
dem tode weihn. Klopst. 10, "0;
dies war der anlasz zu dem gesetze. 12,92; der dichter hatte
wol gewust, dasz in erholungsstunden auch kleine anlasse
zu zwecken führten. 12, 184; nicht den geringsten anlasz
wird er verrathen, wenn er seinen vortheil versteht. Lessing
6, 270; er hatte noch keinen anlasz, und die Wahrheit zu
sagen, auch kein verlangen gehabt sich darnach zu erkundi-
gen. WiELA>D 1, 22t ; auf der andern seile lieszen die bonzen
. . diesen anlasz ihre verfallenen angelegenheiten herzustellen,
nicht unbenutzt. 7, 90 ; und unsrer gebieterin ist zum schmäh-
ten der anlasz benommen. 4,97; nach dem anlasz dieser Ur-
bilder die räume auszumahlen. Göthe 17, 211 ; übrigens waren
diese tage zwar nicht reich an begebenheiten, doch voller
anlasse zu ernsthafter Unterhaltung. 17, 212; der einen wie
der andern zu folgen fühlst du eine art von innerm beruf,
und von beiden seilen sind die äuszern anlasse stark ge-
nug. 19, 127 ; so brachte ich manche vergnügliche stunde
durch anlasz solcher auftrüge zu. 24, 238. Im reckt wird von
der that selbst ihr anlasz unterschieden. Fischart gebrauchte
das wort weiblich: der mann sollte seiner frawen keine an-
lasz dazu geben, ehz. 67, oder wäre es der acc. pl. m. ?
ANL.\SZBRIEF, m. .- notdürftig compromiss und anlaszbrief.
Luther 3, 106'.
AIS'L.\TSCHEN, talipedare, ein gutes, bezeichnendes wort:
die schuhe anlatschen, anschleifen, nachlässig an die füsze
streifen; sie kommt angelatscht, angeschlerfl, mit halbange-
lognen pantoffeln gegangen, s. latschen.
ANLAUF, tn. incursiis, assullus, ahd. anaJilouf und ana-
hlouft, nnl. aanloop : ziehet an den hämisch gottes, dasz ir
bestehen könnt gegen, die listigen anlaufe des teufeis. Ephes.
6, 11; gott behüte uns für alle listige anlaufe und gesuche
des teufeis. Luthers br. 3, 456 ; anlauf. Rihel Liv. 12 ; den
feindlichen anlauf in festungen envarten. Kirchhof disc. mil.
rorr.; da man sich des feindlichen anlaufs am meinsten be-
sorget. 133; sie laufend starks anlaufs in einandren. Mün-
ster 747; dasz sie die von Lacedemon des ersten anlaufs (im
e. a.) erschlugen. Fronsp. 3, 240"; zum ersten anlauf füren.
Gorg. 264*; wider alle anlaufe der laster. Aue. Buchners* /roi<-
schrißen s. 80;
des meers anlauf und ablauf. Wkckberlin 227 ;
hier weisz er nichts von leid, von anlauf, von bescbwerden.
Canitz 52;
wegen täglichen anlauf(s) der Schuldner. Salinde 167; ich
fürchte mich vor niemand mehr als vor einem Ihoren, der
einen anlauf nimmt klug zu werden. Göthe U, 71 ; nur mit
ihnen wollt ich leben, ineine Jugend nutzen, genieszen und
80 das alter im treuen redlichen anlauf. 21, 161; (nac/i der
ersten ausg. der tcandeij. von 1821 stellt die neuste ablauf
her, dem doch die subjecliven adj. minder zusagen); er nimmt
immer erst einen anlauf durch bewegung der lippen und
nachhelfen der bände und arme, bis er denn endlich was er
gedacht herausstöszt. 27, 14S; das ist gut für den ersten
anlauf. in der baukunst heiszl ein emporlaufendes glied der
teule anlauf und in den gewerken ein Iheil des schräg in die
höhe steigenden heides auch der anlauf. Das geschleckt des
Wortes erscheint nicht überall männlich, wie akd. anahlouft
weiblich war: ist es eiti anlauf da; (die?) Undankes geschiet,
die stet einen Schilling pfening. weisth. 1, 515.
ANLAUFEN, assilire, incurrere, offendere, nnl. aanloopen,
an einen, an etwas laufen, von gewässer und flut (wie ange-
hen), wider den berg anlaufen, gegen das wilde thier anlau-
fen, kauptsäehlich aber ein kriegerischer, darum sehr gangba-
rer ausdruck, im stürme wider den feind, wider die bürg,
wider die mauer anlaufen, zurückprallen und nichts ausrich-
ten, mil blutigem köpf anlaufen ; im (Instern lauft man überall
an; das schif ist (ani felscn) angelaufen; welche in ansehen
und anlaufen, der ange.sicht wird nicht zu schänden, pj. 34, 6;
müssen sie anlaufen und fallen. 27, 2 ; so werde ich in las*
sen anlaufen. Ez. 3, 20 ; sind sie darumb angelaufen, dasz sie
fallen sollen? ROm. 11,11; dasz ich teglich werde angelaufen.
2 Cor. 11, 28 ; hiermit wil ich iederman verwarnet haben, das
er nicht durch römischen handel und doctor Ecken beschie-
szen an mir anlauf. Luther 1, 345' ; so aber das iemand sich
vermisset zu wagen, der sol wissen, das er anlaufen wird
in die ungnade des allmechtigen gottes. 2, 56'; warumb ich
wolt still schweigen und sie getrost anlaufen und sich ergern
lassen. 3,142"; da laufen sie denn recht an und versündigen
sich auch an gott. 3, 235' ; an TertuUiani spruch hat er an-
gelaufen und sich daran gestoszen. 3, 472' ; weil sie an in
gelaufen und kein recht haben. 4, 28"; wenn sie fületen,
das sie so oft angelaufen und gefeilet betten. 5, 54'; wie
auch Salomon spricht, du soll nicht allzugerecht sein, das
du nicht anlaufest. 5, 246"; anliefe und feilete. 5,251'; wie
gar schendlich laufen doch solche lügener an? 5, 300"; die
Schrift uberal strafet auf menschen trawen (drohen) und
zeigt, das sie feilen und anlaufen sollen. 6, 66'; wirst aber
weidlich mit dem köpf anlaufen und dich stürzen. 6, 188";
aber man sihet auch, wie sie gar weidlich drüber anlaufen
und nichts schaffen. 6, 131' ; da liefen sie an und verbrandten
sich. 6, 238' ;
so oft es (das Heer) lof ein stürm an. H. Sachs I, 146';
die pawrenhund mich laufen an. II. 4, 2';
man leret si kriegskunst und anschläg, schickt sie an slurm-
stett anzulaufen. Frank wellb. 98'; dise stat ist, so das mör
anlauft, ein insel, so es ablauft, gehet man zu fusz in die
statt. 189'; so nun der feind begert ein stürm anzulaufen.
Fronsp. kriegsb. 1, 132'; deswegen diejenigen angelaufen und
erstummet sein, die es vor das moly erstlich ausgeben haben.
Tabernaemontanüs s. 686 ; bei groszen anlaufenden gewässern.
Garg. 133'; wasser so anlauft. 287"; dapfer den stürm anliefen.
147". 265' ; dasz sie so übel angeloffen waren. 199" ; der anlau-
fend stram. 238"; sie (die reichen) werden von allzu vielen,
die etwas bitten, angelaufen, pers. rosenlk. 7, 20 ;
nud die grimme noth
uns mit entblosztem schwert schon anlauft. Gbtphiüs 1, 13;
willst du, dasz er übel anlaufe, vertrieben werde ? 1, 938 ;
einen jedwederen, wie unvernünftige thiere thun, ohne un-
terscheid anlaufen. Opitz poe/ere» 24;
ein wildes grimmes thier läuft alle menseben an;
angeloffen wasser (angeschwollnes, gestiegenes). Zinrgr. 2, 35;
urab eine zehrung anlaufen. 2, 11 ; den generalsturm anlau-
fen lassen, 2, 116, 18; der die wasser anlaufend machet. Atrer
proc. 3, 6 ; er ist gleichwol dreimal angelaufen. Weise kl. leute
95; ich wolle vil ehe beflissen sein, meinen abgesagtesten
feind anzulaufen. Jucund. 27 ;
für meinen pari, mit groszen herrn
und meister L'rian
äsz ich wol keine kirscben gern.
man läuft verdammt oft an. Bcrckr 24' ;
niederhangenden hauptes, die wangen von thränen befeuchtet,
wandert es dürftig einher, lauft an die freunde des vaters. 241*;
der mensch läuft mich auf allen straszen an. Hippel br. 13,
19; ohne auf das äuszerste hart anzulaufen. Herder 1, 181;
wenn einer, der friedliebende leute gerne neckt, endlich ein-
mal anläuft und schlage bekommt. Kant 4, 169 ; der verdient
es freilich auch, dasz er übel anläuft. Tieck 9, 129; da der
hügel am höchsten anlief (hoch empor ließ. J. Paul flegelj. 1,
54 ; die fläche läuft sanft an ; die schulden laufen täglich hö-
her an, mhd. schulde ligent und fCtIent niht, rü^ent niht.
anlaufender schade. Haltaus 34. angelaufene fallen in fraucn-
kleidern. Leipziger stadtordnungen 1544. 4. D ii". die füsze lau-
fen an, schwellen.
Wie sonst die hunde das thier anlaufen, der Jäger sie das
thier anlaufen läszt, läuft umgedrekt auch das thier an,
kommt dem Jäger zu schusse und anlaufen lassen gilt vom wilden
sehwein, wenn es auf das fangeisen anläuft, einen anlaufen las-
sen, heranlassen, um ikn bald abzuwekren, ablaufen zu lassen.
!^icbt zu übersehn unsre trefliche, lebendige redensart: das
glas, der spiegel läuft an, wenn ein hauch an ihn läuß, über
ihn fliegt; das fenster, die Scheibe läuft an vom frosl; es
keisit eben wol, das glas ist angelaufen, angeflogen, der
wein ist angelaufen, mit kahn, schimmct, wird anbrüchig;
den stahl blau anlaufen lassen, franz. bleuir l'acier; der an-
gelaufene glänz seines glucks, hebelatus nilor; das feld ist
schon angelaufen von grüne, ohne zweifei alte ausdrucks~
weise, für welche sich zufällig kein älterer beleg bietet als aus
395
ANLAUFEN— ANLEGEN
ANLEGEN
396
pers. batitng. 9, 19: obschon ein spiegel anlauft, wenn man
ihn anhauchet, sie gehOrl unter die von J. Paul gcmisbrauch-
ten: der Silberblick des himmels liiufl mit zertragenen dun-
keln flocken an. Hesp. 3, 138; der leidenkelch, nasz und
schwarz angelaufen. Tit. 3, 142 ; da nach den tkeologen die
mohren Chams enkel blosz durch den fluch Noahs so schwarz
angelaufen sind, biogr. bei. 1, 127; gesiebt eines gehängten
schwarz angelaufen. Fibel 44.
Ganz transitiv läszt Bürger ein weih dem manne die hür-
ner wieder anlaufen, {die stelle steht unter ablaufen.)
AiSLAUFEN, n. incursus, assultus : sie haben sich gestoszen
an den stein des anlaufens. Rom. 9, 32.
ANLÄUFERN, weidmännisch was anrühren, läufervögel, ruhr-
vögel auf dem hcrd haben und die wilden vögel damit an-
locken, s. anrühren, ansilen.
ANLAUFT, was anlauf: das sind nu solche anlaufte, da-
mit er (teufel) die ganze Christenheit angreifet. Luther 5, 515*.
könnte beides m. oder f. sein.
ANLAUT, «I. initium vocis, der laut oder buchstab, mit dem
ein wort anhebt.
ANLAUTEN, das wort beginnen, binden lautet an mit b, an-
lautendes b.
ANLÄUTEN, campanam pulsare, campana signum dare in-
choandi: ein metten, vesper wol an- und eingelitten. Garg.
246' ; die kirche, den feiertag, feierabend, die arbeit, mahlzeil
anläuten; es läuten sie {die stunde) an grauenvolle geister.
Fr. Müller 2, 151; glocke, die von einem faulen küster ange-
läutet wird. Bettine hr. 2, 243;
bald ich anleutl, die pforl aufgieng. H. Sachs I, 275'.
ANLEBEN, vivere incipere, gebildet wie aufleben, ein selt-
nes wort, dessen sich Jon. Riemer bedient: in dieser bestür-
zung getröstete er sich damit, dasz sein überwundener wie-
derumb ein anleben von sich merken lassen {lebenszeichen
von sich gab), pol. stockßsch s, 289; die erste liebe war die
unschuldigste, welche noch in meiner kindheit gegen ein an-
der kind anlebete, pol. colica 344.
ANLECHZEN, gegen etwas lechzen:
ha, dann blick und lechz ich mit entzücken
jede bhime deiner Schönheit an. Bürger 99".
ANLECKEN, allambere: die ziegen lecken die steine an.
ANLEG, f. ahd. analegi? bedeutete an einigen orten eine
angelegte klammer ; anderswo ein zum ausschenken niedergeleg-
tes weinfasz (Schmeller 2, 449) : ein anleg' wein ausschenken.
Chmei.s Maximilian s. 372.
ANLEGEN, apponere, imponere, tnferrc, inslruere, goth.
anala^an, ahd. analeckan, mhd. anlegen, nnl. aanleggcn. viel-
fache bedeutungen, wobei von den sinnlichen ausgegangen wer-
den musz.
1) an den leib und theile des leibs legen: die mutter legt
das kind an {an die bftist); die kette anlegen {an den hals);
das armband anlegen ; den gürtel anlegen {an den leib) ; das
Schwert anlegen {an die hüße); die walTen anlegen, ahd.
wieder mit doppeltem acc. du legilös dih ana suert, nhd. leg-
test dir das schwert an. lasset uns anlegen die wafl'en des
Hechts. Rom. 13, 12 ;
alle diese liebeswafTen leg ich an. Goitf.r 3, 520;
dem gefangnen die fessel anlegen, ahd. haftan man fejarön
analeckan ;
dir wirl der strick selbs angeleit. fastn. sp. 55, 1 ;
dem missethäter die schrauben an den daumen anlegen, dem
pferde den zäum, zügel anlegen; legt die senncn {sehne) an.
Garg. 180'. Zumal geht dies anlegen an den leib auf das
anziehen des gewands und einzelner kleidungsstücke : niid legt
im den leinenrock an. 3 Mos. 8, 7 ; und sol den heiligen lei-
nen rock anlegen. 16, 4 ; lege dein kleid an. Rulh 3, 3 ; der
den hämisch anlegt. 1 kön. 20, 11 ; du menschcnkind sihe,
man wird dir stricke anlegen. Ez. 3, 25 ; du soll deinen
schmuck anlegen. 24, 17 {Luise 3, 194. 385) ; heule wie eine
jungfraw, die einen sack anleget umb iren breutigam. Joel
1, 8 ; und legten ihm einen purpurmantcl an. Matth. 27, 28
(ahd. r6t lahhan umbi bigAbun inan) ;
Tewrdank legt »ich in sein zeug nn
und reit hinfur hin auf die pan. Teuerd. 54, 39;
wir wollen in {den mnntel) ir anlegen, fasln, sp. 670, 24 ;
das Diöcht er sunst nit legen an. Dkant narrensch. 250;
die kind waren mit leichtem gewand angelegt. Frank weltb.
86*; die andern des adels, so noch übrig und in schoOden
kleidern angelegt waren. 117* ; du soll den Aaron anlegen mit
den heiligen kleidern. Reiszner Jerus. 43* ; habe ich das ge-
bürliche und gebräuchliche klagekleid angeleget. Schweini-
chen 1, 61;
kleidung ist der mann,
wer sie hat zu legen an. Fischart Garg. 112';
etliche in leidkleidern angelegte diener. Atrer 419';
sie hat diesmal ihren ganzen Staat angelegt; das mäntelchen
mag sie nicht mehr anlegen, auch ohne beifügung des klei-
des heiszl anlegen ankleiden, sich anlegen sich ankleiden:
sorget nicht was ir essen, trinken und anlegen solt, sucht
zuvor gottes reich und sein recht. Luther 2, 173* ; es was ein
hüpscher, groszer man, woU angelegt {angekleidet). Tho. Pla-
ter s. 75 ;
ich lig oft drei wochen angelegt (nnausgezogen in den kleidern).
fastn. sp. 564, 3 ;
wie war er angeleget?
mit purpur und er trug mit gold gestickte schuh.
Gryphius 1, 54;
ich liesz mich als ein weih durch meine freund anlegen. 1, 200;
auf denn und legt euch an als priester. 1,67;
der keiser gieng heim und legt sich anders an. seh. und
ernst 9"; komm mit mir in die kammer und hilf mir, das
ich mich anleg. 48';
ich will heim und mich legen an
auf morgen nach dem allerbesten. Atrer 8' ;
so steht er auf mit ihr {der morqcnröthe), sein haupt ist ihm
nicht schwer
von einer frembden last, er pflegt sich anzulegen
zwar sauber doch nicht stolz mit seinem morgensegen.
Opitz 1,62;
ich hatte mich besser angelegt. Opitz Arg. 1, 618 ;
nicht anders leget sich die blumengöltin an
als meine Magdalis. Gönther 561 ;
dasz er sich niedersetzte, zu verharren, bis sie sich angele-
get. Simplic. 2, 102 ; sie legt sich von heute schwarz an ; der
hof hat trauer angelegt, die beispiele lehren, dasz statt des
älteren einen das kleid anlegen gesagt wurde einem anlegen
oder einen mit dem kleid anlegen, zu einfachem legen läszt
sich an mit acc. fügen, nicht mehr zu anlegen: ich lege
das kleid an mich, aber ich lege mir das kleid an, doch je-
nes drückt nur sinnliches an den leib legen, nicht anziehen,
ankleiden aus.
2) band anlegen, manum inferre, feindlich anlegen: lege
deine band nicht an den knaben, und thu im nichts. 1 Mos.
22, 12 ; legt die band nicht an ihn. 37, 22 ; aber aller, die in dei-
nem hause sind, so eine band an sie gelegt wird, so sol ir
blut auf unserm heubt sein. Jos. 2, 19; denn sie legen ire
hende an seine friedsamen, ps. 55, 21; da traten sie hinzu
und legten die hende an Jesum und griffen in. Matth. 26, 50
{ahd. legitun iro hant in then heilant ana). für manum in-
ferre sihi sagen wir die band an sich legen, nicht anlegen.
Da aber der begrif manus leicht übertritt in den von potestas,
so hciszt es auch gewalt anlegen: sie versprach ihrem eige-
nen leibe keine gewalt anzulegen {vim inferre). Weise kl.
leule 164. folglich auch den tod anlegen {mortem infene) :
dasz man eben für die, so den tod anlegen, stirbt. Luthers
br. 3, 67;
was aber wilt du ihr für einen tod anlegen* Opitz 1, 186 ;
(sie) hatte jämmerlich den tod ihr angeleget,
sich an ein tucli gehenkt. 1, 198;
wann dir die ganze well auch schon den tod abschlägt,
so kan er dir von dir selbst werden angelegt.
Werdkrs Ariost 4, 36 ;
ob ir solches (unglück) durch einen selbst angelegten tod
vertreiben könnet. Weise kl. leute 162. Man sagt desgleichen
in anderm guten sinn band anlegen für ans werk greifen,
etwas anfassen, z. b. die band anlegen an den pflüg, an den
wagen ; in den weislhümern bei der hilfe, die dem abziehen-
den geleistet werden soll: einen fusz aus dem Stegreif thun
und band anlegen, weisth. 3, 368. die letzte band anlegen,
ciiier Sache die letzte Vollendung geben; band mit anlegen,
arbeiten helfen, goth. handuns analagjan, segnend und hei-
lend die hdndc auf einen legen.
3) ein gerülh anlegen, die axf, das beil anlegen (an den
bäum, an die wurzel) ; ein schlosz, eine klammer anlegen {an die
thür); die sichel anlegen {an das getraide) ; die reife anlegen {an
das fasz) vgl. antreiben; den hammcr anlegen (an die reife);
das fasz zum ausschenken anlegen ; das gcwehr anlegen (an den
397
ABLEGEN
ANLEGEN
398
backen); die flinte anlegen und zielen, tum schusz anlegen;
absolut, anlegen auf etwas, zielen, absehen, es war darauf
angelegt, visiert; das schif anlegen {ans land), mit dem schif
anlegen.
4) bolz anlegen, an das (euer, damit es fortbrenne: schlag
mir feuer, leg holz an, stell wasser beil Götbe 13, 148. um-
gekehrt, feuer anlegen, an das holz, haus, dach:
was hast du für ein feur, o Saul, nicht angelegt I Griphius 1, 559;
gestern ist im schlosz feuer angelegt worden.
5) ein gespinst und gewebe anlegen, telam ordiri: die
spinne legt ihre feinen fäden an das fenster an; die raupe
hört auf zu fressen und legt ihr gewebe an, spinnt sich ein;
den rocken zum spinnen anlegen; es ist mein rat, das man
ieglichem ein kunkel anieg, das er spin. seh. und ernst 360;
der webende legt den faden an, zettelt an: du hast den fa-
den wol angelegt, oder auch blosz: du hast es wol angelegt;
ich habe den faden wieder aufgefaszt, den dein vater ange-
legt hatte, raubbegierige, unwissende diener hatten ihn zer-
rissen. Ki.iNGEB 5, 195. auch der nistende vogel webl gleich-
sam, legt sein nest an die zweige an, der zeisig am gipfel
hoher erlen :
ein zeisig, der sein nest nur eben angelegt. Hagedorm 2, 123.
Wie der vogel baut, legen sich menschen häuser, dürfer und
Städte an, das haus ist schon angelegt, der grund an den bo-
den gelegt; äcker, wiesen, felder, gärten, Weinberge, hüfen
anlegen ; eine lebendige hecke, eine mauer soll hier noch an-
gelegt werden; so unschädlich und geschickt für äcker und
wiesen sind die fruchtbäume angelegt. Klixger S, 37; spar-
geln auf dem beete anlegen, sich anlegen, sich anbauen :
dann legt der mensch sich an, verbringt i^uf seinem gründe
und ackern detAeruf, worzu er ist bestimmt. Opitz 3, 1"5.
eine kirche. bürg, festung anlegen, zu bauen, zu errichten an-
fangen, alles wurde so künstlich ausgeführt, wie es angelegt
war. vgl. anläge.
6) anlegen noch von andern dingen, die gelegt, hingelegt,
gespreitet werden : locken anlegen, das haar kräuseln ; die gar-
ben anlegen, in der tenne zum dreschen ausbreiten; den mist
auf dem acker anlegen, ausspreilen: wann der mi»t faul ist,
ist er gut anzulegen. Fischart groszm. 20; den mahlern, die
erste schwache färbe anlegen, außragen, den wald grün, die
berge braun anlegen, etwas anlegen, entwerfen, minen anle-
gen, die gesprengt werden ; zülle, steuern, samlungen anlegen;
die meisten bibliotheken sind entstanden, nur wenige angelegt
worden. Lessi.vg. anlegen = ansetzen : er legt fett an ; rost
legt sich an das eisen an, der brei an den topf; salz legt
sich an, schieszt an. *
') figürlich, ein verbrechen, einen betrug, mord anlegen:
ohne einigen anschein eines angelegten betrugs. Kant 3, 89 ;
der angelegter buberei unwrissender Junker. Kirchh. wendunm.
"6* ; durch angelegte meuchelmorde. Scbiller 1078. einem
leid, trübsal, plage anlegen, wo wir heute sagen anthun, bei
Luther häufig: du aber, der du den Juden alles leid anle-
gest. 2 Mace. 7, 31 ; Tergelten trübsal denen, die euch trübsal
• anlegen. 2 Thess. 1, 6 ; die tyrannen, so das evangelium Ter-
fulgen und mir alles leid anlegen. Lcther 4, 434'; der für-
sten und tyrannen, die ire weltlichen untertlianen flugs unver-
hürt gefangen, geschätzt, verjagt und alle plage angelegt ha-
ben. 2.237*; die so den tod anlegen. 3,28'; die leidigen pre-
diger, die den leulen alles herzenleid anlegen. 3, 305' ; seinem
neclisten alles leid anlegen. 3, 327'; wie wils denen gehen,
die den armen noch dazu nemen was sie haben und legen
in alle plage an? 3, 394; es haben könige und fürsten den
dienern Christi alle plage und Unglück angelegt. 4,472'; bis-
her haben sie für ketzer alle die verfolget und alle plage an-
gelegt. 5, 279*; wenn sie sehen, wie es ihnen gehet in der
weit, die inen alle plage anlegt und nicht einen bissen hrols
günnet. 5, 410'; das es kriegen die eiscnfresser, den es nie
gedacht ist, und dazu den leuten alle plage dafür anlegen.
5, 413' ; da wehet es erst sawer unter äugen, wenn ich dem
sol hold sein, guls thun und wündschen, der mir alles herz-
leid anlegt. 6,45»'; ir fület und klaget, das ir mitten in der
Welt bleiben müsset, die euch nicht leiden wil und alles Un-
glück anlegt. 6,195'; gegen denen müssen wir, dfe da wollen
Christen sein, allerlei plag und unglück haben und müssen
nur leglich des ergeslen warten, was uns der leufel und die
weit kan anlegen. 6, 227"; aber das die Juden uns armen
Christen alle herzeleid anlegen. 8, 96*.
8) einem ehre und schände, schmach, gleichsam wie dtren-
zeichen oder fessel anlegen, heute wiederum anthun:
welche frau in (den stein) bei ir tregt,
die wirt grosz wird und eer angelegt.
fastn. tp. 765, 3 ;
wer einem narren ehre anlegt, das ist als wenn einer einen
edlen stein auf den rabenslein würfe, spr. Sal. 26, 8 ; und die
uns dünken die unehrlichsten sein, denselbigen legen wir am
meisten ehre an. 1 Cor. 12, 23; ich acht es sei übrig cnug,
das ich eins menschen wort so viel ehre anlege, das ich be-
kenne es sei war. Lltueh 1, 129*; weil sie mir, dem wirt,
keine ehre anlegte (keinen guten morgen böte), so wäre ich
auch nicht schuldig sie zu grüszen. ScHWEtsicuEs 2, S5; dasz
sie die edel ci'eatur so übel anlegten. Garg. 232' ; als er den
andern göttern der fruchte allerlei ehre anlegte, und Dianen
auszeu liesz, ward die göttin ergrimmet. Opitz 1, 277 ;
(das du) an im töcbtern und an im frauen
grosz schand und schmach hast angelegt.
fastn. sp. 299, 18;
Strafe die uns alle schände anlegen. 2 Macc. 1, 28 ; die schwer-
mer, die dem evangelio nur schände anlegen. Llther 3, 165;
und wissen, das die in (den ehstand) verachten, nicht allein
für der weit schände anrichten, sondern auch der hohen hei-
ligen hochzeit Christi und der Christenheit unehre und schmach
anlegen. 6, 357' ; sie werden sich billicher annemen der schmach,
so der cardinal mit der that dem stam anlegt. 6, 358'. br. 5, 35 ;
kernt euch mein bmder auf dem weg,
er legt euch an ein schände. Uhla.^o tolksl. 432;
sie wissen nicht, das sie auch gott
sambt dem künig anlegen spot. Schxelzsl Saul 8*.
9) leben, tage, jaiire, zeit, dienst, fleisz, ernst anlegen:
0 heiT, ich hab mein leben übel anlegt. Lltiiee 4, 488' ;
der hat sin tag geleit basz an,
dan Hercules^ie hat getan. Bra-M narrensch. s. 129;
der leg sein leben also an. Atrer 34";
(ich klage) dasz ich meine junge tag so übel angelegt habe.
Frey garieng. 60'; ihr die ihr nun allbereit 50 jähr verloren
habt, mögt die fünf übrige die ihr vielleicht noch habt, vor
gewinst rechnen und selbige wol anlegen, pers. baumg. 9, 1;
die keiser ... die mit last
zu aller freiubdigkeit anlegten zeit und kost. Opitz 376;
so zeugst du auch nicht wenig,
wie wo! du deine zeit bei dem hast angelegt,
der unscrs landes last auf seinen achseln trägt.
FLEMi.<<e 47 ;
wer nichts tbut der hat viel gethan,
dasz er die zeit so schlecht legt an. Logau 3, 6, 91;
schreib mir bisweilen . . .
ob wol die Jungfer braut anleget ihre zeit. Grtpbius 2, 76;
wie rühmlich du die Zeit auf schulen angeleget. Caxitz 57;
da ich solchs hörete, that mirs ser wehe, das mein herzlicii
treuer dienst so übel angelegt were. Li:tber 1, 143' ;
Aleides hat im jagen
den ernst, mit welchem er die riesen lodi geschlagen,
nicht minder angelegt. Opitz 1, 7 ;
der mensch pflegt zwar mit vielen dingen
die zeit das kurze pfand des lebens zu vollbringen
und leget allen witz bei schönen künsten an. 1, 23;
wenn zu dem, was hiebevor in diesem buche erzehlt ist wor-
den, die vornemlich ihren fleisz werden anlegen, welche, poe-
lerei 71 ; fleisz anlegen, fastn. sp. 887, 33 ; allein wird es zeit
brauchen, in welcher ich geduld und du fleisz anzulegen nö-
thig haben werden. Simpl. l, 37 ;
der so sein pfund wol angelegt
wird zweifach mehr bekommen. Günther 34 :
dasz er solche gäbe gottes und groszen verstand in der schrift
schuldig sei anzulegen. Luthers br. 5, 511 ; solches geld legte
meistens an lauter waaren. Felsenb. 1, 35 ; weil die gute so
übel angelegt. Gryphiüs 1,26;
wie war ein theil der guter
so köstlich angelegt. Götbe 9, 254.
wir sagen heute sein geld, sein vermögen, capitai, sein pfund
anlegen, doch lieber seine zeit, seine jähre anwenden, verwen-
den, mühe, arbeil anwenden, obschon anlegen statthaß bleibt:
ich habe mich vom niiisziggange losgearbeitet und in der stille
hergesetzt, um meine zeit edler anzulegen ; diese gaben, diese
wulthaten sind gut angelegt, franz. employer, implicare, im-
mitlere. in 'dm «eislhümem oß: frage anjefen, sUHtn.
399
ANLEGEN — ANLEHREN
ANLEIDEN — ANLEITUNG
400
10) nicht selten steht bloszes anlegen, z. b. in den weislhü-
mern angelegt = gefragt; es wol oder übel anlegen, es mit
einem anlegen, es auf etwas anlegen : das es dennoch unver-
loren sei, sondern wol angelegt und viel guts damit geschaf-
fet werde. Luther 5, 413' ; es gibt oft einer etwas, da ers übel
anleget, dargegen gibt einer da ers ser wol anleget. Sir. 20,
10; warum legtest du es so heimlich an?; mit seim knecht
het ein wirt angeleget (verabredet), welches weins er in hiesz
bringen, so solt ers nicht thun, er geh im denn ein warzei-
chen. Pauli schimpf cap. 138. 5l'; der arzt legt mit ihm an.
6'; derhalben sie mit einander anlegten, welcher zum ersten
kratzt, der soll den fuhrlohn für sie bezahlen, wegkürzer 11* ;
er legt sich mit bösen leuten an {gibt sich damit ab); wie
gefahrlich es sei, mit der weit sich anzulegen. Speej. <. 445;
sich mit einem anlegen bedeutete auch einem beiliegen, con-
cumbere (SciiMEi.i.En 2,449); in Lappenland anlegen (mildem
schif). Garg. 224*; es ist gegen euch angelegt, ich weisz es
gewis. Fr. Mt5i.LER 3, 393 ; ich brauchte es nicht so künstlich
anzulegen, als ich es gcthan hübe, und ich überredete ihn
doch. GöTHE 14, 144 ; er glaubt es sei auf kleine prellereien
angelegt. 14, 165 ; kein mann, auf den sies anlegte, hätte sich
verwahren können. 30, 4 ; dasz ichs auf etwas anlege. .1. Paul
biogr. bei. 1, 50 ; wenn es die natur bei den frauen nicht auf
den character anlegte, . . so hat sie ihnen die schönsten lu-
genden gegeben. Klinger 12, 100; plane, die (es) blosz auf den
verstand anlegen, sind jederzeit verrechnet. Hippel 12, 295.
natürlich können auch substanliva ausgedrückt sein: ich hoffe
meine verstandesthätigkeit auf die übrigen gegenstände vor-
theilhafter anlegen zu können. Kant 3, 87; den kleinen an-
schlag zu vereiteln, den der Zisterne alte sünder auf die
schwarzen äugen und runden arme der korbmacherin ange-
legt zu haben schien. Wieland 8, 273 ; übrigens schien der
Unterricht nur auf prellerei und beschämung der Scholaren
angelegt. Götiie 24, 233 ; es ist ein angelegter (abgekarteter) han-
del ; die ganze sache war schon längst angelegt, man kann sich
leicht dabei irgend ein sinnliches anlegen im hintergrund denken.
AN'LEGESCHLOSZ, sera pcnsilis, ein angehängtes, ange-
legtes schlosz, was sonst blosz anleg oder anlege hiesz, auch
vorlegeschlosz.
ANLEGUNG, f insidiae: die sollen die brunnen aus an-
legung und heimlicher practik vergift haben. Frank weltb. 157'.
ANLEHN, n. mutuum, foenus, ahd. analehan (Graff 2, 124),
die anleihe: ein anlehn suchen, abschlieszen, bewilligen.
ANLEHNE, f reclinatorium, avaxXwfiös, die lehne, an-
lehne der drechselbank.
ANLEHNEN , acclinare, reclinare, avatcXiveiv, accumbere,
tncumbere, ahd. anahlinen, nnl. aanleunen, zuweilen noch in-
transitiv: der rechte flügel des heers lehnt an den wald
an, ein rasensitz lehnt an die wand an; Julie lehnt an, ent-
schlummert. Fr. Müller 3, 335; lehnt er doch überall an.
Göthe bei Scholl 233. Gewöhnlich transitiv, die thür anlehnen,
den pfal an die mauer anlehnen, den stab an den boden ; sich
anlehnen: die Schlachtordnung lehnte sich an den berg an;
lehnet sich mit der band an die wand. Arnos 5, 18 ;
wir sahen drei ruhige hülten ans steile gesiade
angelehnt, und freundhcli genetzt von der schmeiclielnden welle.
Stolberg 1, 140;
lehne dein ohr an seinen mund an und lausche seinen er-
sterbenden Worten ; sich an den stab anlehnen gilt zumal von
müden Wanderern, von greisen und von umschauenden schd-
fern. wenn der schäfer bei Göthe sagt:
da droben aufjenem berge
da steh ich tausendmal,
an meinem stabe gel)ogen
und scliaue hinab in das thal,
könnte es auch hciszen angelehnt an meinen stab und schon
FiscHAHT Carj;. 155* steht: ein guten schafer geh ich, ich läne
mich wol an, aber ich müst auch ein guten hund haben,
die langen angelehnten leitern. Kirchhof disc. mil. 42 ; sie
wollte die tliür unverschlossen anlehnen, maulaffe 39. figür-
lich, bei einer aufgestellten behauptung sich an einen gcwührs-
mann anlehnen ; das deutsche recht lehnt sich ans römische an.
ANLEHNEN, ein anlehn, gewöhnlicher eine anleiiie machen,
dies anlehnen (ahd. analehanön) vom vorausgehenden anlehnen
{ahd. anahlinen) gänzlich verschieden.
ANLEHKEN, docere, lehren, anweisen: einen knaben an-
ichren; da&z die letzst not uns feischlich zu bitten anleert.
Agkicola $pr. 210';
so soll der pfarherr in anlehrn,
dasz er den geist besprechen soll. Ayrer 64" ;
mit falschem dat. statt des acc. der person : wird den weibern
statt der milde die wilde angerathen und angelehrt. J. Paul
ästh. 3,143, wenn man den dat. nicht blosz auf anrdüien beziehen
will, das nnl. aanleeren bedeutet addiscere, vgl. anlernen.
ANLEIDEN, vexare, taedere: waren lustig und trunken gute
rausche und muste mich wegen der Jungfrau (der braut) wol
anleiden (hatte viel zu leiden, auszuhalten, muste mich vexieren,
mir leid sein lassen). Schweinichen 3, 275, hernach folgt 277
derwegen ward ich sehr geplaget wegen der Jungfrau.
das mein buch, sagt mir mein mut,
noch ganz böse noch ganz gut;
kummen drüher arge (liegen,
wird gesundes bleiben liegen
und das \au\e. leiden an,
kummen aber bienen dran,
wild das faule sein vermieden
und gesundes recht beschieden. Logau 1, 6, 30.
Ramler und Lessing, welche dies anleiden {zuwider sein, wi-
derstehen, ein ärger sein) nicht faszten, setzten : und das faule
findet man.
ANLEIHE, /". mutuum, pecunia mutua credita, eine anleihe
machen; alle Staaten werden zu groszen anleihen genöthigt;
gezwungene, freiwillige anleihe.
ANLEIHEN, mutuo accipere: geld anleihen, gegenüber dem
darleihen, credere. doch steht es auch für commodare: wenn
der anleihende ein vermögender mann wäre. Kant 5, 109.
ANLEIHER, bald der erborgende, bald der dargebende: der
schaden fallt auf den anleiher, casum sentit dominus. Kant
5, HO.
ANLEIMEN, agglutinare, nnl. aanlijmen ^ ein bret dem an-
dern anleimen; wo er sich anleimt mit dem eignen blut.
Schiller.
ANLEINEN, acclinare, galt früher für anlehnen : angelaint
auf iren liebsten, angelaint irem liebsten. Keisersb. seh. der
penitenz 124.
ANLEITE, f. inductio, ahd. analeita (Graff 2, 187), 'mhd
aneleite, später auch anleit, das wort männlich zu gebrauchen
ist Sünde gegen die spräche, vor alters galt analeita, anleite
technisch für den grenzbegang, wenn schaffen, geschworne und
zeugen feierlich an die grenze und die grenzzeichen leiteten,
von dieser anleite reden die weisthümer oft (z. b. 3, 25) ; an-
leide hat eine urk. von 1220 bei GtJNTHER 2, 142, vgl. Haltaus
34. ex genüge hier stellen aus der Frankfurter reformation
beizubringen: gebürt dem obersten richter allein zu den an-
leiten oder undergengen für zu gebieten. 1. 7, 3 ; so oft ge-
richt, auch anleiten durch die scheffen gehalten und begangen
werden. 1. 8,10; von einer anleit zu begehen. 1. 41, 12; für-
gebietgelt zu den anleiten. 1.41,36; irrungen von wegen der
bäuw und nachbariichen dienstbarkeiten, so bei uns anleiten,
sonst undergänge genannt werden. 1.43,11; von anleiten oder
undergängen. 8,9; zur anleit fürgebieten. 8. 9, 7;' anleiten so
zu feld oder der feldgüter halben zwischen nachbarn zu füh-
ren. 8. 9, 14 ; einer anleit ins feld begehrte. 9. 2, 1 ; da die
anleit gehalten soll werden. 9. 2, 2; der so die anleit füret,*
ehe sie ausgeendt. 9. 2, 3; welchen parteien die anleit ent-
fället oder deren verlustigt wird. 9. 2, 3. auszcr solcher greni-
bcsichtigung hiesz anleite auch, wenn der gläubiger gerichtlich
in besitz einiger guter des Schuldners gewiesen oder gesetzt
wurde. Haltaus 35. es könnte figürlich auf die einführung in
jeden gegenständ angewandt werden, wir sagen aber heute an-
leitung.
ANLEITEN, inducere, nnl. aanleiden, einftihren, anweisen,
ahd. analcitan (Graff 2, 184. 1S7), ags. onlajdan, engl, lead
on, an, zu etwas leiten oder einführen: verstehest du auch
was du lisest? wie kan ich, so mich nicht jemand anleitet?
apost. gesch. 8, 30. 31 ; diejenigen, welche andere in einer Wis-
senschaft, in der sie kaum buchstabieren können, zur redehal-
tung anleiten wollen. Ki.opst. 12,87; leite mich, o heir, an zu
allem guten; einen blinden anleiten; die hopfenranken anlei-
ten, an die stangen führen; zu der grenze anleiten.
ANLEITSBRIEF, wi. für einen anleitsbrief sechs Schilling.
Frankf ref, 1. 41, 24.
ANLEITSWEISE, adv. inductive: solches anleitsweis an
unsere schultheisz gebracht. Frankf ref. 8. U, 4; anleitsweis
klagen. 8. 12, 1.
ANLEITUNG, f inductio, introductio : du gibst mir gute an-
leitung dazu, leitest mich wol dazu an.
401
ANLENDEN — ANXIEGEN
ANLIEGEN
402
ANLENDEN, s. anlanden.
ANLENKEN, adrertere: die aufmerksamkeit ablenken und
anderswohin anlenken.
ANLEH.NEN, addiscere: das alles habe ich mit vieler mühe
angelernt, aeit häufiger aber steht es ßr anlebren, durch lehre
miU heilen :
der tcufel lernt dich solches an. fastn. sp. 41, 43 ;
und Uctl einen angelehrni, er solle fliehen. Fbossp. 3, 231* ;
ich bin schuldig an diser that,
die mich gewalt anglernet hat. Atrer 419';
er habe nicht anders gethan, dann ihn sein mutler angeler-
net und unterwiesen. Avrer proc. 1, S ; da bin ich bei dem
Caiphas und Hannas gewest und sie angclernet, dasz sie die j
landsknccht vor^sich fordern sollen. 2, 5. der meisler musz
sich einen neuen lebrling anlernen, s. lernen.
ANLESE.N , an ettcas, aus etwas lesen : ich kanns seiner
stime anlesen (ansehen); den slemen anlesen, an den sler-
nen lesen; einem buche sinn anlesen, in dem keiner ist.
Kunger 11,251; die kränkliche empfindsamkeit und empfind-
lichkeit, jene aus bächern angelesene kmnkheiL 12, 10. man
sagte mhd. an dem buoche lesen, gramm. 4, S52. vir sagen
heute aber auch anlesen ßr anfangen zu lesen: das büchei-
chen halie ich nur angelesen, und dabei genug gehabt. GOtue
an Knebel 315. gegensats ist dann auslesen.
ANLEUCHTEN, allucere, nnl. aanlichten: einen mit dem
licht anleuchten; die sonne leuchtet die erde an; beten und
fasten ist gut, dann sie treiben die teufel aus, klopfen und
anleuchten ist auch gut. 1'aracelscs 114'; Astarte, die nacht
und tag anleuchtet. Lorenst. Sophon. 41, 73 ; ein mensch von
dem sonnenglanz der tugend angeleuchtet, kan änderst nit
thun, als ehre von sich schatten. Sicx. .r. Birkex osll. l. o;
die fürstin überwältigte alles gewölke um sie her immer glück-
licher, um den freund nur aus einem blauen himmcl anzu-
lachen und anzuleuchten, i. Paul Tit. 3, 1$5; landslrasze, die
einen knabenkopf anleuchtet und befruchtet. Filiel 30.
ANLIEBELN, einen mit verliebten äugen ansehen. Stieler
115S schreibt anlieblen.
ANLIEGEN, im 16 jh. noch oß und richtig geschrieben ßr
anlügen, was m. s.
A.NLIEGEN, adjacere, incumbere, nnl. aanliggen, ahd. ana-
ligan, an einem liegen, nahe liegen, von enge anschlieszenden,
sich anschmiegenden kleidungss'.ücken, der rock liegt wol an,
die hosen liegen knapp an ; dasz das schildlin auf dem leib-
rock hart anlige. 2 Mos. 2S, 2S; das es fein anlige auf dem
leibrock. 39, 19 ; stifei, die man von fuszen schüttelt, und an-
ligen wie ein glock dem Schwengel. Garp. 24o'; dasz der aus-
druck dem gedanken anliege, wie dem mSdchen das gewand
anliegt, wenn es aus dem bade kömroL Klopstock, ico sich
zugleich die figürliche anicendung zeigt; alles das lag ja Klo-
tilden wie angegossen an. J. Fall Hesp. 2, 238 ; medisance,
die den weibem recht knapp und schön am Innern menschen
anliegt, biogr. bei. 1, 110. das liegt mir an, liegt dicht an mir,
dasz ich es lebhaß empfinde, engt und drängt mich; was ligt
dir an? H. Sachs II. 4, 1'; u-as liegt dir im sinn, was quält
dich?; wann ihr etwas braste oder anläge. Frey jar/enj. 8S ;
dasz sie ihnen diese sache herzlich anliegen lassen. Melanchth.
1,549; es ligt mir beides hart an. Philipp. 1,23; lants üch
ligen an. fastn. sp. S32, 31 ;
ein ander krankheit mich anfleht,
ich wer gern grosr. das ligt mir an,
drurob ich kein friden haben kan. Albercs 150;
das mir warlich schwär aniigl. Ca/my 250; was gebricht euch?
was mir anligct, das kanst du mir nicht helfen. Pauli schimpf
11'';
es wird ihm etwas« ligen an. Antca 17"*;
mich sendet hin, wem hg es.nnber an. .Schiller 524;
da ligt mir nichts an. Ca/. 2, 6; denn es sei ebreisch oder
nicht, dar ligt nichts an. Lctiie'r 3, 5l'; ob wir diesem geist
nicht gnug ibun, der auf euszerliche werk sihet und nichts
Bebtet gewissen, da ligt nichts an. 3, 5S. wie liegt an heiszt
ts auch unfersOnlich es ist angelegen {vgl. angelegen):
was drriUstu lieber goit« wann wir so sehr uns regen
und sagen doch gar kaum was uns ist anzelegen.
LocAU 2, 5, 39 ;
es ist uns angelegen, das worl slH in den höchsten ehren
zu ballen. Göthe 38, 184. den unpersönlichen ausdruck kön-
nen sodann wirkliche subjecte vertreten : darumb, lieben herrn,
laszt euch das werk'anligen (angelegen sein), das gott so hoch von
euch foddert. LtrraER 2, 478* ; die sache liegt mir an ; sein anli-
gende sache erzelt. Pauli jf/iim/i/"5'; zum vicrden sol man be-
ten, nicht gewonheit ist, viel bletter oder kömlin zelen, sondern
etliche anligende not für nemen. Lltoer 1, 237*; das ist der
Christen kunst, das wir auf das wort sehen und thun weit
aus den äugen alle anligende und beschwerende not und lei-
den. 5, 313*; so empfehet er gewis sterke und trost wider
alles Unglück, das im anligt. 6,347*; sie sollen die sünde ab-
legen, die inen anligt. 1, 1S6*; wo sünd und tod nicht were,
so müste mich beide weit sampt dem fleisch und der teufel
wol mit frieden lassen, das sind aber die rechten, die uns
am hertesten anligen und welche durch die andern uns drücken
und drengen. 6, 24ü'; Fridericü, welchem der herzogin leid
nicht wenig anlag, anfieng und sprach. Gu/my 278. bei Luther
oß: da alle macht anligt, worauf viel ankommt : da alle macht
anlege. 3, 56*; da keine macht anligt. 3, 61; sonderlich so
mans an den orten thel, da macht anligt, an andern orten
lege nicht so grosze macht daran. 3, 65. Wenn nun personcn
einem anliegen, gleichsam sich an ihn legen, so heiszt es, dasz
sie ihn mit bitten drängen, dringend bitten : aber sie lagen im
an mit groszem geschrei und forderten. Lmc, 23, 23; das er
dem keiser bitlich anleg. Aimon Bi;
nun lag der muuer an der sühn. Albercs 1G2*;
das mnuslia lag der mutier an. 163;
zwar wcre wOuscIien können
und were wollen lliuii,
du sollest nicht von hinnen
und so den ruckzu^ Ihuu,
ich lege dir stets an,
damit mein lauger weg nicht würd ohn dich gelban.
Fle»i.n6 47;
so vereinigte sich die ganze gcsellscbaft ihm anzuliegen, dasz
er ihre Ungeduld nach der versprochenen gescbicbte befrie-
digen müchle. Wielasd 12, 158 ;
lag sie mir an mit iinnlilnszgem Oehn,
ihr dieses Testes anblick zu gewähren.
Schiller 503;
der minister liebt mich seit langer zeit, hatte lange mir an-
gelegen, ich sollte mich irgend einem gescbäfle widmen. GAthe
16,79; ich lag der mutier an und diese suchte den vater zu
bereden. 18, 18 ; als ich den eitern anlag nunmehr ernst zu
machen. 24, 184.
Es lassen sich aber noch andere sinnliche anliegen denken:
dem buche liegt ein bild, dem briefe ein blatt an ; der sladt
die mauer, der wall, das dorf; dem hause der stall, dem
fenster das dach, dem boden der tauhenscblag: nichts von
einem halben dutzend katem zu gedenken, die auf dem dache,
das an meinem fensler anliegt, der jungen katze vom hause,
wie ich mir einbilde, eine serenade brachten. Wielasd 11,
352. ungewöhnlich setzt Lessing l, 3 anliegen für beiliegen,
accumbere :
als Zevs Ruropen lieb gewann,
nahm er die schöne zu besiegen, ^
verschiedene gestalten an,
verschieden ihr verschiedhch anzuliegen.
während er hier doch den persönlichen dat. hinzufügt, verwen-
det er ein andermal tadelhaß den acc. : hier lag Antonio den
könig sehr an, ihm mit einer summe von 26000 tbalern bei-
zuspringen. 6, 163 ; nicht anders Klopstock : sollte er auf un-
sern bevorstehenden landtag kommen, so wird man ihn ge-
wis nicht wenig anliegen, nun auch von den künftigen vor-
fallenheilen unsrer republik zu prophezeien. 12, 122. allein
das intransitive neutrum liegen erträgt keinen acc, und scJton
ahd. steht nur der dat. bei analigan (Graft 2, 86).
A.NLIEGEN, n. id quod ineumbit, premit, wie das rerfrunj
neben bresten gestellt erschien, kann auch das subsl. ein ge-
brechen anzeigen und findet sich frülterhin ßr einen innern
manget und fehler verwandt: dann disc krankheit nimpt oft
bei einem rus uberiiand, ehe dan mans nit recht war nimbt,
vermeint elwan einer das ros habe sonst ein anligen am
husten und athem. Secteri. 49; wie aber der husten an ihm
selbst ein äuszerlicbes kennzeichen eines innerlichen anligen(s)
ist. PixTER Pferdeschatz s. 401 ; weilen ja solches heimliche
und inneriiche anliegen {mit lausen behaßet zu sein] einen
menschen ganz trag machet. Simj>l. l, 222. Gewöhnlich aber
bedeutet es den innern drang, der sich auch als gesuch und
bitte äuszert: wirf dein anligen auf den herrn, der wird dich
versorgen, ps. 55, 23 ; und belet stets in allem anligen. Efh.
26
403
ANLIEGENHEIT —ANLÜGEN
ANMACHEN — ANMAHNEN
404
6, 18; (der unverheiratete) hat niemands,' dem er sein nolh
klaget, der ihm sein anligen abnimbt. Garg. 68*; also habt
ir sein durstig anligen {den ihn quälenden dursL) verstanden.
110" ; sein anliegen offenbaren und klagen, pcrs. rosenth. 3, 5 ;
was eures herrn gewerb und anliegen sein werde. Schweini-
CHEN 1, 381;
es ist noch etwas mehr das seel und sinnen nagt.
vergibt der fürst dem, der um sein anliegen fragt?
Grtphius 1, 52;
kein ander anliegen hatte ich, als dasz ich wusle, dasz es
nicht ewig wären würde. Simpl. 1, 227; Wilhelm der stille
weiht sich dem groszen anliegen der freiheit. Schiller 775 ;
solange ihre vorigen beherscher kein höheres anliegen hat-
ten als ihren wolstand abzuwarten. 784. unter dem volk hört
tnan ein anliegens (wie ein Schreibens und ähnliches) und
schon Albekus iiat: scrupulus ein anligens, wellerauisch on-
laies, anlicges. Keisersberg sagte post. 2, 7 gott weisz mein
anligcnd vorhin.
ANLIEGENHEIT, f. was das vorige anliegen: man müsse
es {das orahel) nicht aus scherz und frevel, sondern nur in
wahren anlicgenhciten befragen. Güthe 25, 281. vgl. angele-
genheit.
ANLIEGER, m. adjacens, viciniis: auch solche anlicger
(am flusz), welche die früheren geringen beitrage verweigert
halten, verlangten ihren theil an dem eroberten boden. Göthe
81, 56.
ANLIEGIG, aslriclus , corpori haerens , bene scdens : glat
anligig. Garg. 157*.
ANLIEGLICH, inslans: das würk anliglich, heftigklich. Kei-
SERSB. seh. der penitenz 57 ; anliglich betten, post. 3, 70.
ANLISPELN, blaeso sono alloqui:
mir scheint die einsamkeit zu winken, mich
gefniiig anzulispcln. Göthe 9, 133;
kühlender wind lispelt uns an.
ANLOBEN, früher für angeloben, spondeie: bis sie hinfort
in ruhe zu stehen anlobeten. Micrälius 2, 189; die für sich und
anstatt der Soldaten mit einem handstreich anloben müsten.
5, 257. heule bedeutet es allaudare : er will mir die sache recht
aniobcn. anpreisen.
ANLOCKEN, allicere, nnl. aanlokken : ein anlockendes, rei-
zendes wesen ; die fische, die vögel anlocken ; blühende ufer
mit bäumen süszer, anlockender fruchte besetzt. Kli.nger 6, 1J3 ;
der schöne morgen hat 5ur fernen jagd
ihn angelockt. J. E. Schlegel.
ANLÖSEN, pecuniam pro re oppignorala numerare, einlösen:
aufnemmen, anlösen. Fischart Garg. 19l'. die gegebne erklä-
rung ha.1 Stieler 1177.
ANLÖTEN, applumbare, plumbo conglutinare : den eisernen
ring anlöten; das ist nicht fest genug angelötet.
ANLUDEK.N, feras carne allicere, anäsen, anködern, s. an-
kühnen.
ANLÜGEN, blande aspicere: sie lugt mich schelmisch an.
ANLÜGEN, mentiri adversus aliquem, an {auf) einen lügen, ahd.
analiugjin (Graff 2, 131), mhd. und bei Luther noch anliegen:
s6 het ir tievcniciien an Rüedegcr gelogen. Nib. 2167, 3;
«wie gar unscliuldic ist ein man
man mac in dannoch liefen an,
ej lachet dicke unscliuldic man,
swenne man in liugct an. Freid. 170, 4;
log den armen bunt an. fastn. sp. 737, 5;
du leugst dich selber an. 815, 5;
aber wg^ ists wunder, das du mich anleugest und schmehest,
wenn du s. Paul und Christum lesterst? Luther 1, 342';
denn so leret ir keiner, er leuget sie feischlich an. 3, 407;
und wir unter wolfen und wilden, unvernünftigen Ihicren wo-
nen, die uns betriegen und feischlich anliegen. 4, 530*; das
er flugs forn nn im tilel und im anfang mich und mein buch
gehendlich anleuget und lestert. 5, 303" ; ilzl musz ich abbre-
chen und aufs concilium, so der bapst mit den seinen an-
gelogen und villeicht auch ausgclogen hat. C, 544' ; damit sie
uns doch öffentlich anliegen. 8, 286*; golt und die heilige
Schrift anliegen und lestern. 8,287*;
80 haben sie mich angelogen,
das ich sei meiner sinn beraubt. II. Sachs 1, 139';
ja jene taube leugt mich an,
sie sieht mich für ein andern an. Uuland 142;
du hast die fromme herzogin als ein Verräter und büscwichl
angelogen. Galmy 321; dasz sie mich als die ciirendiebe,
Schelmen und böswichter andichten und anliegen. Thürneis-
SER ausschreiben 1, 69 ;' der geist, der diese asche belebte,
steht vor den äugen des, dem es keine mühe macht, das
eigene von dem angelogenen zu unterscheiden. Lessing 10,
222; lüge dir keine empfindung an. Klingers ///. 2,370; ge-
schwätz von barbaren, die sich gern kunstsinn anlögen, für
barbaren die sich durch andere ihn anlügen lassen. Fichte
grundz. der g. z. 204; etwas sich ankünsleln und anlügen.
nachg. werke 1, 5.
ANMACHEN, machinari, moliri, excitare, nnl. aanmaken : das
feuer anmachen, anzünden, mache feuer in dem ofen an, es
ist kalt; ein schön hell fewer anmachen liesz. Garg. 185';
befiehl auch, dasz stracks wird der schorstein angemacht,
dasz uns geglühter wein nicht fehle durch die nacht.
Flehimg 3&;
es dampfet ein metallischer geist, welcher das wasser an-
macht. Lohenst. Arm. 2,739; den kalk anmachen, mit was-
ser befeuchten; beeren anmachen, mit zucker; das mehl an-
machen, zum backen; den teig anmachen, anrühren, anmischen:
ihu ein küchleintaig anmachen. H. Sachs 1, 451';
den wein, das hier anmachen heiszt aber sie durch zuthat fäl-
schen, angemachter, verfälschter, fabrizierter wein; ein recept
anmachen, die arznei nach dem recept machen. Garg. 189*.
Dann vom festigen, anlegen anderer dinge: eine schnalle an-
machen, das segel anmachen, das schlosz vor die thür an-
machen, ein band anmachen, anbinden, wie abmachen los-
binden; die thür anmachen, anlehnen, verschieden von zuma-
chen, schlieszen. ehmals auch kleidcr anmachen, an den leib
verfertigen, anschneiden, anmessen : doch halt si zimiich gute
kleider iren selbs angemacht. Pl.\ter 60 ; die leut machen
heut die kleider stäts weiter dann die glider ... sie kan ohn
mich einer milben ein par reutstifel anmachen. Garg. 120";
so man sonst dem unstäten mon kein kleid anmachen -kan.
135'.
Eins einem anmachen", entweder anrühren, einrühren oder
anhängen, anthun : wie sie ihrem nächsten möchten eines an-
machen. PniLAND. 1, 9; welche ihrem nächsten hinderwerts
eines anmachen. 1, 051 ; ich hab meinem gesellen eines ange-
macht bei der herschaft. 1, 446 ;
was gclis? ich hab ihm eins angmaclit. Atrer 97*,-
ob nun wol der Belial dem könig Salomon als unterriculern
gern eins angemacht und ein schimpf bewiesen hett. Avrer
proc. 2, 1 ; wie sie mir eins anmachen möchten. Simpltc. 2, 86 ;
wie kan dann nun ein mann solch acht ■
wol haben, dasz ein weih nicht einem an eins macht?
da wir zwcen diese nicht recht haben können hegen,
und ist doch zwischen uns uns ruhrhart angelegen.
Werders Ariost 26, 61
sich anmachen, sidi heranmachen, zudrängen.
ANMACHT, f. deliquium, mhd. äinaht, Lcther schreibt assi-
milierend ammacht: und da er mit mir redet, sank ich in eine
ammacht zur erden. Dan. 8, 18 ; in den schriflen und tischredtn
steht anmacht: funfzchnmal in anmacht fiel, tischr. 230'; die
späteren ausgaben setzen ohnmacht;
ach es geht uns zu ein anmacht,
halt uns, dasz wir nicht fallen umb. Avrer 290'.
s. amacht und ohnmacht.
ANMÄCHTIG, deliquium passus: er aber entschlummert,
w^rd ammcchtig und starb, rieht. 4, 21; sie haben dir dein
mutter zum hier gefürt, du anmechtiger plauderer. Luther
4, 440'.
ANMAHLEN, appingere, ein bild, eine wand anmablen, mii
färbe anstreichen; sicli anmablen, schminken: sie mahlt sich
an, mahlt sich ihr gcsichl an; angcinahlte wangcn ; mit lilgen
angemalt. Garg. 204'.
ANMAHLEN, diem in judicio praefigere, vom ahd. mahal
Judicium : angcmalete ordentliche tage, weisth. 2, 299.
ANMAHNEN, adhortari, nnl. aanmanen: zur gegenwehr an-
mahnen. Schweinichen 2, 115; zum guten anmahnet. Simpl.
1,419;
Hu hast mich dergleichen leichte waaren
zu meiden angemahnt. Grtpuius;
am tag der guten ding sol ich mich anmanen und gedenken der
bösen ding. Hans Jac. Velr vergisimeinnit. Regensp. 1525 n ii ;
dasz du uns zu bczüiimcn sie Anmahnst. Voss:
wenn du zum essen und trinken ... mich anmahnit;
405
ANMAHMJNG — ANMASZEN
ÄXMASZEN
406
des ewigen ernstes ange schaut anmahnend auf uns herab.
TiECK 8, 39.
ANMAHNL'NG, f. admonilio, adhortatio, nnl. aanmaning:
und halten nur der sonnen stich
für anmannuDg zu rördern sich.
FiscHARi gl. seh. 645;
der blasbalg strenger anmanung. Garg. 173"; in dessen munde
also auch die kindliche anmahnung kein sich brüstender, über-
hobener rath sein wird. Herder 14, 26; immer erhalte ich
noch briefe und anmahnungen mich ihnen wieder anzuschlie-
szen. TiECK ges. nov. 6, 14.
Ä.N.MAL, ANMAHL, n. macula, naeius, cicalris, ahd. ana-
mäli (Graff 2,715): bin ich einest in ein groszen kessel mit
heiszer milch, die ob dem fewT war, gefallen und mich der-
moszen verbiendt, dasz die anmäler min lebenlang von dir
und andern gsechcn sind worden. Plater 12; schickten mich
die andren hüben in kilchen umb ein liecht, das siiesz ich
also brinnend in errael, verbrand mich, das ich noch das an-
mall hau. 14 ; wie die zwei gegen einandem stehend, also stehen
auch die multcrmall und anmall gegen denen dingen, darvon
sie kommen seind. "Paracelscs l, 9a"; solche anmäler, so in
mutterleib empfangen (seind). l, 1094'; sollen im die anmähler
oder muttermähler, so er an sich hat, abgehn. Thcrneisser
inß. wirk, aller erdg. s. 36 ; ein jeder haft gibt ein sonder-
bares anmal oder narben, daraus ein grosze ungestalt nachma-
len entsteht. WCrtz Kundarzn. s. 11 ; oder (das si) ein anmal
der natur haben und nit die glider ganz seind. Fraxk tcellb.
194' ; darumb in gemeinklich ein schellen und ein angeprents
anmal und prandzeichen mit angeprent von der schrift. chron.
87'; sein gall nimpt hin die flecken und anmäler. Forer
fischb. 29'; das mandelöhl von auszen aufgelegt heilet die
von den kinderblattern hinderlassenen narben und anmähler.
McRALT eidg. s. 111 ; nur so vil als es die erst angeborn flecken
und mütterlich anmal belangt. Fiscdart bienenk. 9S'. Hemsch
83, 19 hat noch anmal, Dasypodius anmaal naevus;
dein herz u^gt das ammabl der muiter.
BoDiER, Rahel ges. 2,
durch welche stelle Stalder 1, 100 in den irrthum verfällt, die
erste silbe ton ammahl aus amme mutier zu deuten, da doch
ammal assimilation von anmal ist. das gute wort verdient in
der gestalt anmal gebrauch und beibehallung.
ANMARSCH, m. accessus, nnl. aanmarsch, yegensatz zu ab-
marsch: der feind ist in vollem anmarsch, im anrücken; wa-
ren solche graue, mehr nebel- als Wolkenzüge im anmarsch.
GöTHE 51, 219.
ANMAKSCHIEREN, accedere, anrücken, heranziehen : Aon
kommen sie schon anmarschiert.
AN.MÄSTEN, pinguefacere : jährlich zwölf rinder anmästen
und zu geld machen; sich anmästen:
hatte sich ein ränzlein angemäst
als wie der doctor Luther. Göthe 12, 106.
ANMASZEN, imitari, usurpare, sibi arrogare, nnl. aanraa-
tigen. ahd. und mhd. uiivorhanden, auch nicht bei Lcther er-
scheinend; aber Fra.nr und Fiscbart gebrauchen es mit bloszem
acc, und ohne sich, in der bedeutung von nachlhun, nachah-
men : anmaszen und äftisch nachthun. Frank spr. 123 ; was
ein warhaftig ding anmaszt, und doch dasselbig ding nit ist,
.als conterfei und mess [messing] silber und gold anmaszen,
aber nit sind, das.; der bös gcist got äffisch anmaszende.
das.; wann sie sich underiiengen das leben Christ* anzuma-
szen. 57; das anmaszen und nachthun. 60; alle ding sind
besser in der natur, als die künst anmaszen. 2, 107 ; das bös,
dasz ers ausz dem exempel fliehe, das gilt, dasz ers anmasz
{annehme, vornehme, nachahme) und aus anderer fal sich
fürchten leere, chron. vorr. aiii*; den bloszen teil ires ge-
satzcs, den si nach deh buchstaben anmaszen (dem sie buch-
ttäblich folgen) und darauf si füszen. weltb. 113"; wer eines
jeden person kan anmaszen, sich strecken kan nach der decke.
AcaicoLA spr. 107*; hierzu fieng auch mcister Janotus von
Mattbruch weidlich an zu lachen, ebenso sehr als sie, das
inen das wasser in den äugen gestund . . . dannit sie fein
augenscheinlich den heraclitisenden Democritum und demo-
critisenden Heraclitum anmaseten (d. i. aam;iSilen, nachahmten).
Fiscbart Garg. 156'. Zugleich erseheint aber auch ein sich anma-
szen mit gen, der sache, und dem tinn ton sich annehmen, un-
terfangen, sich wenden an etwas : die frommen bischof zu Rom
haben sich keiner gewalt angemaszt, sondern unrecht gelitten.
Agricola spr. n* 218 ; Tangius aber and Sido haben sich der
regierung angemaszt. Micbälius 1, 81 ; sich drumb anmaszen
Garg. 285* ;
der freundschaft musz ich mich anmaszen,
unser bluigwanten sprechen an. B. Waldis 2, 4;
und sich der arbeit Ihun anmaszen (sie vornehmen)
und goties willen gfallen lassen. 2, n ;
wer sich seins wilns nit wil anmoszen.
ttaut m abgrund zur bell verstoszen.
Waldis päpst. reich. A4';
das ihr ein keisenhumb wolt lassen,
euch diser heidin thun anmaszen.
gleich als wenn sonst kern weiber weren. Atrkr 206';
daraus leichtlich wird zu sehen sein, wie hoch sich selbige
vornehme männer, ungeachtet ilu-er adelichen ankunft und
Standes, der poeterei angemaszet (angenommen). Opitz poet. 15 ;
Hügens und Vondelen, so gar einer hohen art zu schreiben
sich angemaszet. Hoffmaxsswaldac roir.;
dasz er aufs euszerst dann sich meiner woll anmaszen (ann«Amen)
und mich von ihnen nicht gefangen nehmen lassen.
Werders .4r. 9, 54;
er erscbrack heftig, wie wol er, weil er sich unter seiner
feinde bänden befand, sich dergleichen nicht anmaszete (mer-
ken liesz). Opitz Arg. 2, 210; Livia m-aszle sich dieses dings
ängstig an. Lobe^st. Arm. l, 1252; der fürst musz sich der
herschaft selbst anmaszen (unterziehen). 2, 772 ; ungeachtet die
vornehmsten frauen in der Stadt sich durch vorbitte seiner
anmaszten (annahmen). 2, 1153. Seit dem IS jh. ungefähr ver-
bindet sich aber stets die Vorstellung eines stolzen oder unbe-
rechtigten Unterfangens damit: jene munterten die Jünglinge
von Athen auf, sich der regierung des Staats anzumaszen.
WiELAXD 1, 64 ; sich einer Unabhängigkeit anzumaszen, deren
schädliche folgen sie sich selbst unter dem reizenden namcn
der freihei^ verbargen. 2, 108; das recht dieses jungen men-
schen an die königliche gewalt, deren er sich nach seines va-
ters tode anmaszte. 2, 247; Dschengis, wiewol sie alle seine
Sklaven gewesen waren, maszte ach keiner herschaft über sie
an. 7, lOS ; kraft eines Vorrechts, dessen sich die geschicht-
schreiber von jeher angemaszt haben. 11, 279 ; könnt es auch
einem Peter Aretin einfallen sich des amtes anzumaszen. 13,
273; der mitbesitzer sich besondrer Vorrechte anmaszt. 14,
122 ; die akademie ist weit entfernt, sich einer besondem und
genauem einsieht in geheimnisse, welche unergründlich blei-
ben sollen, anzumaszen. 20, 251 ; er maszte sich der fischerei
mit gewalt an. Hippel 11, 427; nur betrug maszt dieser macht
sich an. Gotter 2,52; die scheu Ottiliens, sich jener heiligen
gestalt anzumaszen. Göthe 17, 271; wenn die geistliche band
der weltlichen zügel sich anmaszL 40. 303 : so mögen wir den
Zeitgenossen nicht gern erlauben, sich einer gleichen begün-
stigung anzumaszen. 50, 112 ; wer von den groszen liest den Sit-
tenrichter, der sich der Zurechtweisung anmaszt? Klincer ^, 8 ;
deiner heiligen zeichen, o Wahrheit, hat der betrug sich
angemaszt. Schiller, im Spaziergang ;
nicht unwürdig hab ich mich
des bundes angemaszt mit deiner tochter.
Schiller 5S8;
der mensch maszt sich eines willens an, der u. s. w. Kam
4, 86 ; der sich des verlags anmaszende nachdrucker. 5, 350 ;
in ansehung dieses Vorzugs, dessen ich mich anmasze. 8, 204 ;
der leere räum könnte sich sonst des tilels eines grundsatzes
anmaszen. 8, 514. Zuweilen tritt auch wieder der sächliche ace.
des alten anmaszen, aber mit persönlichem dat. tor : ich masze
mir ein recht an; was sie sich mehr anmaszen wollte, wäre
Usurpation. Wielaxd 29, 349 ; <
was maszest du dir an, mir falsch orakel
beirüglich zu verkündigen? Schiller 473;
wo der Soldat sein angebomes recht auf alle weit mit ra-
schem schritt sich anmaszt. Göthe 8,275; so ri'iszt den wall
der tyrannei zusammen, und schwemmt ersäufend sie von
ihrem gründe, den sie sich anmaszt, weg. 8, 297. Das part.
praet. hat früher die bedeutung ton angenommen: endlich
liesze ich den angemaszten zom fallen. Simpl. 2, 384 ; später
die von usuipiert: jeder angemaszte kennen Lessixc 1, 51;
aus angemaszter macht, l, lOS; als ein angemaszter dichter.
3, 299 ; mein angemaszter richter (der sich das urlheil an-
maszt). Ka^t 3, 307; wie von einem angemaszten Statthalter
gottes die bürgerliche Ordnung zerrüttet wurde. 6, 307. über-
schauen wir die geschiciUc dieses anmaszen, so scheint es ur-
sprünglich ei* an sich messen, sich zumessen, beilegen, erst
in gutem, ailmälich in Tibelm sinn. vgl. anmessen.
26*
407
ANMASZEND — ANMERKEN
ANMERKENSWERTH— ANMÜSZIGEN 408
ANMASZEND, anogans: ein antnaszender mensch; sich in
der anmaszendslen weise aussprechen.
ANMASZER, vi. imilalor, Usurpator: die Verachtung empört
die eigene eitelkeit gegen den anmaszer. Kant 10, 11.
ANMASZEßlN, f. imUatrix: die kunst ist ein affin und an-
maszerin der natur. Frank 2, 107.
ANMASZLICH, arrogans, dünkelhaft, anmaszcnd, angemaszt,
angeblich: ein anmaszlicher kenner; und folglich läszt sich aus
diesem punkte der anmaszliche Sebastian nicht verdammen,
aber wenn man ihn selbst näher betrachtet, findet sich auch da
keine spur des betruges? keine. Lessing 6, 151; raistrauen in
die absiebten ihrer anmaszlichen beschützer. Wieland 3, 69 ;
die alte Krobyle fand nicht für gut, ihrer pflegetochter zu ent-
decken, wie theuer sie dem Alcibiades ihre anmaszlichen rechte
über sie verhandelt habe. 3, 269 ; wenn wir ihre anmaszlichen
Vorzüge auf ihren wirklichen werth herunter setzen. 3, 309 ;
vor der abhüngigkeit von einer anmaszlichen hauptstadt be-
wahren. 29, 350 ; vor diesen anmaszlichen gerichtshof. Schil-
ler 409 ; da er [Innocenz) den kaiser unerbittlich fand, diese
anmaszlichen rechte der kirche für die zukunft in Sicherheit
zu setzen. 1038 ;
als knalje verschlossen und Irutzip,
als jün^liiig anmasziich und slulzig. Göthe 2, 291 ;
der tollen jiigend anmaszjiclies wesen. 3,248;
ein hegünstigter freund triumphiert über den anmaszlichen
nebenbuhler. 25, 38 ; anmaszliche unkenner. 31, 216 ; die theil-
nahme halbfühigcr anmaszlicher naturen. 36, 187.
ANMASZÜNG, f. imilalio, iisurpalio. Fischart nennt die
kindcr gegenüber dem vater schön: Spiegel seiner vergangenen
Jugend, anmasung {d. i. anmaszung) seiner geberden, ange-
sicht und angeslalt. Garg. 67'; (Gargamelie war) wolgeberdig,
holdseliger anmaszung (vüene?) und anmutiger redbescheiden-
lieit.- 77*. heule stolzer ansjiruch: die anmaszungen Sigis-
nuinds auf den schwedischen thron. Schiller 020 ; der adei,
da er wenig hofnung hat, seine rechte auf der seile des thro-
nes zu erweitern, sucht sich für seine ergebenheit gegen den-
selben durch anmaszungen über die rechte des volkes zu
enlschSdigen. Wieland 7, 61; die deduction eines urtheils,
d. i. legitimafion seiner anmaszung. Kant 7, 134;
wo anmaszung mir wol gefällt?
an kindern: denen gehört die weit. Götue.
ANMAUEHN, jüngere muros: noch ein stück anmauern.
ANMÄL'LEN, ringi, os apei'ire, ululare versus aliqucm, wäre
mhd. ane niiulen und kann das franz. miauler, miauen er-
klären : (die schwermer) sollen dieselbigen (sprüche) wol an-
meulen und flugs überhüpfen. Luther 3, 305'; die bilder haben
(die schwermer) ein wenig angemeulet, aber doch nicht gebissen.
461; anmeulen und plaudern beisze ich nicht beiszen. 480';
ihr kalzen und ihr hund, ihr kauzen und nachteulen
helft mir zu tag und nacht anmiiulen und anheulen!
friedens welieklage 1 640.
ANMAUZEN, ANMAUNZEN, acclamare instar fdium, gkich-
iam frrquentativa von anmiauen, anmauen, s. das vorige wort.
ANMECKEHN, adboare instar caprarum, balarc, balitare
{Plaut, hacchid. V. 2, 5, wo Ritschl palitare vorzieht).
ANMELDEN, annuntiare, denuntiare, nnl. aanmelden: was
unser gnadigster fürst uns in dem arliculbrief hat anmelden
und zusagen lassen. Kirchhof mil. disc. 79; also dasz sich
in wenig tagen ein hitziges fieber anmeldete. Weise erzn. 359 ;
sich zu einem besuch anmelden lassen ; es melden sich we-
nig Studenten bei ihm an ; wenn die dielen oder wände im
ximmcr krachen, sagen abergläubische es hat sich ein todter
oder ein Vd angemeldet, vgl. Haltaus 37.
ANMELDUNG, f. annuntiatio.
AN.MENGEN, admiscere, nnl. aanmengen : das futter mit
Schrot, kicie, den leimen mit stroh anmengen, s. angemenge.
A^.MEHKEN, annotare, notam apponere, nnl. aanmerken, zu
dem text, während bemerken keinen voraussetzt, doch kann auch
ein aninerker von sich selbst beginnen, Lessinc, und seine zeit,
setzt öfter anmerken für bemerken, observare z. b. 4, 166, gewöhn-
lich aber heiszt ich merke es ihm an ich bemerke es an ihm. da
die leule seine weisheil, Vorsichtigkeit und gute vernunft anmer-
kend ihn mit herrlichem gewand bekleideten, weil er sonsten
arm war. pers. baumg. 4, 2; ich habe angemerkt {bin inne
worden), dasz sie mit ihm wie mit der Offenbarung umgehn.
Klopst. 11, 233; sie gestehen also zu, dasz es glückseligkeit
gebe? das habe ich gleich vom anfange zugestanden, nur habe
ich zugleich angemerkt u. s. w. II, 285; damit man dies wort
ja im rechten verstände nehme, so merken wir an, dasz.
12, 19 ; was Reicbard von dem kreuzgange sagt ist besonders
anzumerken. Lessing 9, 249 ; wobei einer seiner scholiaslen
anmerkt, dasz der dichter Agathon einen guten tisch geführt
habe. Wieland 1, 12; ich werde es hoffentlich nicht erst an-
merken dürfen. Schiller 102 ; setzen sie hinzu, was auch der
Sicilianer anmerkte, dasz. 731 ; wie es denn gewis angemerkt
zu werden verdient, dasz. Göthe 26, 254 ; den tag im kalen-
der anmerken ; ich habe es in einem buche angemerkt ge-
funden, wir wollen diese schöne kunst nicht so gar verwer-
fen, angemerkt {attendu), dasz doch eine grosze kraft mitwür-
kend sei. Simpl. 1. 200.
ANMERKENSWERTH, notatu dignus.
ANMERKER, m. notator: sie selbst gehen einem anmerk'ir
mit öftern exempeln vor. Hagedorn 1, xxv.
ANMERKUNG, f. annotalio, observatio, nnl. aanmerking:
ich habe die anmerkung gemacht. Rabener 4, 207 ; ich habe
oft anlasz gehabt die anmerkung zu machen. Klopst. 11, 241 ;
und vielleicht gestehen sie mir, nach einer anmerkung, die
ich gleich machen will, diese kenntnis zu. 11, 248 ; es ist
eine allgemeine anmerkung, dasz wir grosze thiere durch-
gängig eine gewisse kleine Schwachheit an uns haben. Les-
sing 1,131; man spricht selten von der tugend, die man hat,
aber desto öftrer von der die uns fehlt, siehst du, Fran-
cisca, da hast du eine sehr gute anmerkung gemacht. 1, 527 ;
das allgemeine scheinet uns in allen anmerkungen anstüszig
zu sein. 8, 16. 17 ; allein diese anmerkung {erfahrung) bekräf-
tigte ihn nur in seinen gedanken. Wieland 1,106; einer von
ihnen machte die anmerkung. 7, 97 ; aber was wird diese
wolweise anmerkung an unserm handel verbessern? Schiller
195; sie machte einige scherzhafte anmerkungen. Göthe 24,
312 ; (hatten) die frauenzimmer wechselsweise über den an-
zug, vorzüglich über die hüte ihre anmerkungen gemacht.
10, 28 ; ein ernster verständiger mann, der über die genialisch
tolle lebensweise unserer kleinen gesellschaft gar wunder-
liche anmerkungen im stillen wird gemacht haben. 26, 344 ;
unsere oft erwähnte anmerkung {bemerkung). Kant 8, 194.
ANMERKUNGSWÜRDIG, notatu dignus. Lessing 9, 480 ; Kant
8, 172.
ANMESSEN, modum vestis ex corpore alicujus metiri, das masz
nehmen: einem ein kleid, neue schuhe anmessen, bruch anmes-
sen. Garg. 237'; hemd und bruch. 15; mit anmessen zugreifig
und schweilig. 15. figürlich, anmessen, adaptare, eine alte ein-
richtung neuen umständen anmessen ; dieser glaube, der das
moralische Verhältnis der menschen zum höchsten wesen vom
anihropomorphismus gereinigt und der echten Sittlichkeit eines
Volkes gottes angemessen hat. Kant 6, 318. doch wird haupt-
sächlich das pari, angemessen, aptus verwendet: so wenig ist
unsere spräche den bunten und vieltrittigen griechischen vers-
arten angemessen. Bürger 177'; eine der frage angemessene
antworl. Spee scheint es im sinne von anmaszen zu brau-
chen: obschon nur die priester sich dieser weis eigentlich
anzumessen {anzunehmen) haben, tugendb. 687.
ANMLNN, früher ANMINNE, amabilis, graliosus, in Scna-
ters glossar 5t' aus Steinhowel 128 angezogen : so lieplich,
so suszlich, und so anmin beschribel. entspriciU dem nnl.
aanminnig, aanminnelijk, und wäre ahd. anaminni.
ANMISCHEN, admiscere: dem wein wasser anmischen, bei-
mischen; ein brei von nusz, öpfel und bim mit wein ange-
mischt. Frank weltb. 147'; den sorgen mische dir bisweilen
freuden an (intcrponc tuis interdum gaudia curis). Opitz 1, 307.
ANMIT, adv. für hiermit, mil diesem.
ANMÖRTELN, caemento firmare: an jeder allen ruine ein
kleines Schwalbennest von menschenwohnung angeinörlelt.
Bettine tagcb. 160.
ANMUNDEN, jucundi esse saporis: die speise will nicht
anmunden, der wein mundet an.
ANMÜNDLICH, ort suavis, jucundus: es ist wol war, dis
wenig ist anmüntlicher als des andern geschmei8z(es) gar vil.
Garg. 22".
ANMUNTERN, adkortari, excitare: «ur kenntnis und nach-
bildung der Griechen angcmuntert. Herder 2, 133.
ANMURREN, ndmurmurare: manche salyriker murren die
fehler der menschen an, anstatt dasz sie mit ihnen lachen
sollten. Radexer t, »8.
ANMÜSZIGEN, adigere, cogere: wie man billich zu aller
würde, oberkeil und ämpicrn angesucht, berufen, crwöhlet
und angemttsziget werden soll. Frank weltb. 76*. gcgentheil
von abmüszigcn.
409
ANMUT
ANMUT— ANMUTIG
410
ANMUT, m. affeetus, appetitus, die begier, lust, der an et-
«as gesetzte mut, so icenig als das folgende f. alid^ und mhd.
nacJizuireiseti, auch hei Luttieb nicht vorhanden. Gregor ton
Tours 10, 5 überliefert einen mannsnamen Animodus, der doch
aus Aunimodus könnte entstellt sein, auch erscheint kein ahd.
Anamuut. ' zum erstenmal zeigt sich anemuot in einem El-
sdsscr hofrotel von 133S (irm/A. 1, 729): die badebütt sol man
Wien kindbetleren, und wer es bedarf, darumb bette der
keller'das stuck zu anemute (zur ergetzlichkeit? für seine
mühevaltung hat er ein grundstück zu nutzen). Keisersbebg
geicdhrt das icort oß, noch ößer Frank, icb bab noch ein
anmut ?u disen alten büsern, zu lust, zu gut und eer. hrü-
samlin Vi'; nie dick kumpt es, daz du ein anmut hast zu
dem, du wollest gern der metzen da nachlaufen. 35'; oder
wültest du ee verdampt sein, dann das du bei der frauwen
ein nacht legest, zu deren du ein anmut hast? hell, leue 'i3' ;
du zeuchst die ding nit in dein anmut ; begird und anmut
zu zeitlichen dingen, hase im pfeffer; si haben kleinen zu-
kere zu got, kurzen amiiüt. das.; inen klebt das berz an
iren freunden mit fleischlichem anmut. das.; so groszen an-
mut hund si zu der weit, siben sdiw.; in allen anmuten
(lüslen) lebendig sein, trostsp. 11; die bösen anmuten und
begirden. ehr. bilg. 99; dem frommen ist gott, dem bösen
sein anmut ein gesatz. Fr.\\k spr. 63 ; mit disem zeichen er-
kennen von dem thoren den weisen, das diesen sein anmut,
den andern sein rernuft regiert, chron. 24; peripatetici mei-
nen, die alTect und anmut seien von der natiir darzugebeh ;
in gott ist kein anmut oder ziifull; dann ie der willos gott
gar nichts wil und on allen anmut ist. paradoxa lo'; musz
also in begirden, willen u. anmßt ersticken. 42 ; weil nun
der onwandelbarlich gott keinen neuen anmut an sich niinpt.
79 ; derhalb wil ich hie geschweigen den streit mit iren la-
sfern, anmut und begirden. 119'; weil schier iederman aus
eignem anmut, begird und willen sündigt, icellb. lo' ; dasz
ich mein vattcrlich anmut und lieb gegen meinem eigen
fleisch und blut umb golles willen auszeuch. 2l'; auf das er
[der künig) iu balsgerichten nit allein urtheil und niemand
aus etwa einem anmut (einer /eirfen5cAa/?l verkürzt werd. 87";
aller menschlicher afl"ect und freunthch anmut ist bei in auf-
gehuben. 117*; ein iedcs seinem abgott geweicht, dem si nach
irem anmut raeer knift und Würdigkeit zuschreiben. 23l' ;
Oppianus besdireibt den anmut der delphinen gegen den
fischern {den affect, die Zuneigung zu den f.). Forer 95' ;
ir .«eil unvernfiiiflige lliier
und leliei nach ewer begier
nach ewrem anmui und alTect,
darinn ir uoferscliainet steckt. II. Sachs 1, 240*.
tn der einen stelle ist schon von freundlichem anmut die rede,
merkwürdig aber haßete noch bei GöniE die männliche form
für die heutige bedeutung : er belebt durch seinen anmut jede
gesellschaft, in der er sich befindet, an Knebel 349.
ANMUT, /"., auch das weibliche wort zeigt im IC. l' jh. noch
jene bedeutung des männlichen, begierde und lust: dieweil die
menschliche natiy von jugent auf ein sonderliche, geistliche
anmut,' begierd und liebe bat zu den metallis. Tuurneisseb
ton wassern 5 ; die frau sol sich anschicken nach seiner (des
mannes) anmut, «eis und willen. Fischart ehz. 17 ; dasz sie
aus verschmühung nicht ^'p' ires ehwirts anmut oder unmut
(lust oder unlusi) achte. IS; ein natürliche Zuneigung und
anmut zu derselbigen. Garg. 66';
was anmut bat mir deioe red erregt? Opitz />«. 119;
wie ein palast mit nnmut wird gescli.iuet,
der anselin liat und künstlich ist gebauet, pi. 144;
was anmut gaben vor die sorgenTreien nnchie!
Grtpuics 1, 209;
hör ich den klang der beherzten trompeten,
so wacht mein anmut zu rechten und tödten. l,61ü;
0 anlilick, der mich Tröhlich macht,
mein weinstock rein und Doris lacht,
und mir zur aomut (tust) wachsen beide.
IUgedor:« 3, 93.
^1« der tortlellung begierlieher lust gieng aber später die heute
allein geltende einer anziehenden, reizenden lust hervor, und
schon Stieler (1891) /^jr anmut aus ainahilitas, venustas; an-
mut ist uns nicht mehr das begehrende, sondern das begier
anregende und befriedigende, die grazie: anmut des lebens.
Gellebt ;
und anmut, holder engel,
dein anilitz überzieht. bÖRCtRS';
und anmut leuchtete ringsum. Voss //«*. Theog. 576;
das was wir sinnliche Schönheit oder anmut nennen. Göthe
38, 38, was der weltweise seiner pflicht abspricht: ich kann
dem pQichtbegrif gerade um seiner würde willen keine an-
mut beilegen. Kayt 6, 1S2.
ANMCT, gratus, acceplus, früher anmute: nun ist einem
doch ein hüpsch mensch anmüter dann ein ungeschafTens
Keisersb. has im pfeffer.
.ANMUTEN, txpetere, sollicitare, zumuten, ansinnen : das
ist war und ist also angemutet den unsem. Litther 5, 278*;
sihe, das sind die gesellen, die über goltes wort richter sein
wollen, die dürfen uns anmuten, das wir unser lere sollen
widerrufen. 5, 288'; sie thüren uns anmuten, ja mit drewen
und gewalt darauf treiben, das wir iren menschentand für
nötig halten. 5, 373' ; das beiszt ja zumal eine grobe, grosze,
unverschample unketischhcit angemutet. 8,4'; solche böse
I stück und greuel e. g. anzumuten, br. 3, 50ö. andere aber
mit dem acc. der person : wie solches an i. f. gn. gemutet
worden. Schweimcuen l, 176; als er zu letst von Decio die
aligötter zu ereu angemutet ward, litte er den tod. Frank
c/iron. 273*; und es jetzt von dem marschalk an in gemut
ward. Galmy 295; als ich aber zu ir kam und solches an
sie mutet. 326;
was routst du mich an, allers frecheD,
leichtfertigen und losen mann? Atrkr 251»,
wo dem reim zu gefallen oder noch als die alterthümliche form
mann ßr manns sieht, zu diesem gen. aber die vorausgehen-
den adjecUra gehören (s. allers);
dnna gar manch ding verbleiben Ihut,
dieweil es nicht wird angemut. 95*.
Später überwiegt der dat. bald : schemt ihr euch sein nicht, das
ihr mir der gleichen anmuten möget? Heisr. J. tos Br. Sus. 2, 2 ;
damit ihr die gans wolt beschweren
und ihr anmuten auch desgleichen,
dasz sie soll aus dem himaiel weichen.
ganskönig E iii' ;
Stiniia wehrt ihrer ehren, wer ihr was wil muten an,
ei der musz es schwer entgellen, sie erzeigt sich als ein mann.
LociL- 2, 3, 9;
er wird mehr nicht, als ich kan,
mir muten an. pLEai.iiG 285;
für wen sehet ihr mich an? vor eine alte kuppeiUure? solt
ihr mir dis anmuten? Gbyphics 1, 771; du hast mir mehr
treue erwiesen, als ein berr seinem knecht anmuten darf.
Simplie. 1, 319 ; anfangs waren die Griechen Conrado anmu-
ten, dasz er ihrem keiser die knie küssen solle. Hahn 3,230;
der geistlichkeit die Übernahme eines theils der abgaben an-
muten. Försters ansiditen 1, 344 ; wer sich dafür interessiert,
dem wird angemutet, dasz er alles vom anbeginn lesen soll.
TiECK nov. kr. 4. 304 ; nun mutest du ferner diesen satz allen
vernünftigen wesen an. Fichte sonnenkl. /»er. 113; eine solche
Selbständigkeit mute ich mir wirklich an. über die bestimmung
d. m. 187. Zu einem andern anmutea aber fügt Göthe den
acc. in der bedeutung des ansprechens oder gefallens:
sie sagen, das mutet mich nicht an.
und meinen sie hatleos abgeihan. 2,245;
geist und kunst auT ihrem höchsten gipfel
muten alle menschen an. 3, 124;
die mystik konnte ihn nicht anmuten. 6, 67; dasz er dem-
jenigen, den solche dinge anmuteten, genns beifall abgewann.
26, 77; seine gegenwart mutete mich nicht an. 32, 151; da-
gegen finden wir einen absoluten monströsen beiden (den
serbisclien Marko), der uns, so sehr wir ihn auch anstaunen,
keineswegs anmuten mag. 46, 326 ; diese staatsdaroe aber
wollte ihn keineswegs anmuten. 48, 164 ; wie eine so zer-
stückelte art die natur zu behandeln, den laien, der sich
gern darauf einliesze, keineswegs anmuten könne. 60, 256.
dies anmuten hat nur einen acc. der person, keinen der sache,
jenes anmuten einen dat. (und früher auch acc.) der person
neben dem acc. der sache. ganz ungewöhnlich und alleinste-
hend ist endlich ein sich anmuten mit gen. der sache, im sinn
von sich anmaszen:
vermess sich keiner untugendlicb
dies Schwertes onzumuten sich. Wielako 18, 17.
ANMUTEN, fi. postuhtum: ich suchte mich zwar diesem
anmuten zu entziehen. Plesse 3, 13 ; aber man sah dieses an-
muten für 50 hlcberlich an, dasz man ungeachtet der schul-
digen hocbachtung es keiner beantwortung würdigte. J. E.
Schlegel 3, 497; freund, welches anmuten! Stolberc 10, 416.
ANMUTIG, früher cxcitans, expelibilis, spalrr renustus: er
411
ANMUTIG— ANMUTUNG
ANMUTÜNG — ANNAGELN
412
ist anmutiger und williger beicLl zu hören ein frawen, we-
der einen man. Keisersd. Iias im pf. ; was im (gott) einmal
an im selbs gefallt und anmUtig ist, das bat im allweg und
musz im allweg bisz an das end gefallen. Fraxk parad. 6' ;
unter denen {priestern) allen wollt ihm keiner anmutig sein.
WicKRAM rolltv. 93'; dann es sich ansehen lasset, als ob es
der Vernunft anmutiger sei, dasz dise ding, welche do coa-
gulieren, vil eher disem morho widerstehn solten. Tiiurneis-
SER infl. wirk, aller eräg. 49; wenn eines dinges nutzen und
frucht etliche menschen sehen, weren inen wol dieselbigen
anmutig, die arbeit aber und gefahr wil inen nicht schmecken.
Kirchhof wendunm. 120*; vergleichet und einiget er sich {der
mann) mit einer im anmutigen {gefallenden, . zusagenden) ge-
hülfin. FiscHART Garg. 64"; dann er der werdest und anmü-
tigest kerles war, der in seiner haut und kappen Stack. 240' ;
habt ihr nicht gesehen, wie andechtig er {der hund) das mark-
bein, wann er eins find, verschiltwachtet, . . . wie anmutig
{cupide) vernag, saug und zerbeisz? 2l'; dises was dem mann
am anmutigsten ist. ehz. 29 ;
anmülitig, schön und rein. Weckberlin 447 ;
man beachte, dies ältere adj. hat den umlaut, das jüngere
nicht, ein anmutiges reh. pers. rosenth. 5, 10 ; der anmutige
geruch, die anmutige morgenrüte. 5, 15; anmutig, wenn sie
weint. Grvphiüs 1, 123; das neueste der anmutigen gelehrsam-
keit , ein buch von Gottsched ; auf einer anmutigen ebne.
WiELANU 1, 303 ; also Luis anmutig. Luise 3, 700 ;
anmutig thal, du immer grüner hain ! Göthe 2, 145 ;
eine anmutig heran gewachsene tochter. 6, 213; verkäufliche,
dem liebhaber anmutige und liebliche blätter hervorzubringen.
22, 218 ; ein unschuldiges vergangenes mit anmutiger trauer wie-
der h^ran fordern. 26, 156 ; anmutige freundinnen. 31, 100 ; die
beste bewirtung, der anmutigste umgang, belehrendes gespräch.
31, 226 ; die anmutige gesellschaft. 31, 229 ; wodurch er für das
äuge schön, das heiszt anmutig wird. 38, 37. ein lieblings-
WOrt GÖTHES.
ANMUTIGEN, excilare, nnl. aanmoedigen : so vil sich ein
mensch in lügenden me übet, ie me liebent si im, und an-
mütigent in. Keisersb. sieben scheiden 4.
ANMUTIGKEIT, f. früher appetitus, affeclus, später vemistas :
der hunger, der durst und dergleichen anmütigkeit der un-
vernünftigen thier. Spalatixs Verdeutschung von Melanchth. iii-
stitutio. Augsb. 1523 bl. 8 ; alle anmutigkeit und angeborner
Wille. Frank pararf. 24; von keiner welllichen anmütigkeit be-
fleckt werden, verz. Pasquinus. 1543. 8. a 7 ; alle böse an-
mütigkeit abschneiden. g6; den fleischlichen anmütigkeilen
under%vorfen. g3'; des Engellands anmuhtigkeit. Weckheri..
351; und lieszen sich durch die anmutigkeit der schönen ge-
dichte zu aller lugend anführen. Opitz poeterei 3 ; wie alles
mit lust und anmütigkeit geschrieben wird, so wird es auch
nachmals von jedermann mit der gleichen lust und anmütig-
keit gelesen. 71; dieses besuchen hat wenig anmutigkeit.
jetzt entbehrlich.'
ANMUTIGLICH, adv. venuste :
Tcrraäblet spil und stim anmuhiiglich zusammen
WECKHERLlfi 180;
wie lieh frei das haupt anmutiglich bewegelc.
GöTHK 40, 404.
ÄNMUTLEER, venustatis expers:
ist diese brüst, die vor ein köcher seiner freudcn,
sein irdisch bimmel war, geist- trieb- und anmutleer?
LoHENST. Ibrah. suU. 59, 245.
ANMUTREICII, Brockes 4, 277. 304. 5, 16; ein miidchen
anmutreich wie Hebe. Gotter 1, 440 ; anmutreiche blume. 3, 149.
ANMUTSBILÜ, n. Brockes 6, 78.
ANMUTSELIG, jucundus.
ANMUTSELIGKEIT, f. jucundilas. Stieleb 1993.
ANMUTSKNOSPE, f. viryo venusta. Ettners hebammc 808.
ANMUTSVOLL, Gotter i, 113. 3, 147; an diesem anmuts-
vollen orte. Wieland 11, 193 ;
ihr anmutsvollen bettlerinncn
gebietet selbst im Hehn. Götz 2, 31.
anmutsvolles geOüster. 3, 214; ein anmutsvoller landesstrich.
BORGER 104';
ordnete anmutsroU um das haupt ihr Pallas Athene.
Voss Wo». Theog. 570.
hei Göthe 83, 232 steht «nmutvoll.
ANMUTUNG, f. postulatio, affeclus, ineitatnentum : die eife-
rung ist ein verderblich anmfitung und bewegung des gemüts
oder begirde; darnach auf anmütung der Hunger ist er zu
Regensburg auf ein schif gesessen, uf der Thonaw gen Ofen
gefaren. Frank chron. 199"; der jud bewilligt ihr anmutung
aufs fleiszigste auszurichten. Wickram rollw. 87'; dem ritter
Galmyen war wenig an solcher anmutung {ausfordei-ung zum
kämpf} gelegen. Galmy'2; dasz ihm den ersten ritt schier zu
eng auf seinem guul gewesen war, in wol halb gerewen war,
dasz er dem ritter eine solche aninutung getan hett. das.;
was bösen geists dir solchen rat geben hat, dasz du uns
allen ein solche anmutung thun darfst. 164; wo ihr mit sol-
cher schändlicher anmutung nicht nachlassen wollet. 222;
dann es hat gott der allmechtig einem menschen ein beson-
dere begirde, lust und anmutung zu einem ding mehr dann
dem andern geben. Fronsp. kriegsb. 2, 1"; die freundlichkeit
und anmutung {zuneigung) gegen den menschen sol auch got
wol gefallen. Forer fischb. 95'; die Weintrauben haben eine
sondere anmutung zu den feigen. Sebiz feldb. 350 ; etliche
bäume haben eine besondere anmutung zusammen.' luslg. 89 ;
natürliche anmutung zwischen dem granat- und myrtenbaum.
308 ; die liebe hab dann das herz dermaszen eingenommen,
das sie zu beiden seilen auf gleiche anmutung, sitten, ein-
mütigkeit und willen gegründet werde. Fischart ehz. 8 ; ire
eigene und besondere anmutungen und neigungen. 18 ; alle
Christen haben böse anmutung nicht der bösen einfäll übrig.
RiNGw. /. warb. 181 ; viel guter anmutungen verursachen. Spee
lugendb. 73 ; zu andachl, mitleiden lind dergleichen liebrei-
chen anmütungen bewegen. 524 ;
dan ja ein jeder mensch, dem gröszten könig gleich,
hat der onmulitungen und der begirden reich,
die seine Vernunft stets soll meistern, zu regieren.
Weckhkrlin 515;
geschmack für die musik und die besondere anmutung (nei-
gung) für ein gewisses Instrument. Wieland 3, 26; da sie
nicht grund genug hatten, die unschuldige anmutung, welche
sie für einander fühlten, der Sympathie des blutes zuzu-
schreiben. 3, 199; jene lehrsätze, zu denen mein herz eine
so besondere anmutung hatte. 3, 378 ; wenn der Instinkt nicht
betrüglich wäre, so würde ich geneigt sein, die anmutung,
die icii beim ersten anblicke für sie empfand, für die-stimme
des blutes zu halten. 12,152; die anmutung, welche ihm ihre
ähnlichkeit mit ihm einflöszte. 14, 46 ; die für alles mensch-
liche und also auch für die spiele der menschen einige an-
mutung haben. 24, 119 ; anfangs erstarrte der gouverneur über
diese anmutung {forderung). Schiller 833; auf diese anmu-
tung des wolwollenden, vorsorglichen mannes. Göthe 21,184;
nur da ich jedermann mit leib und seele in Norden gefes-
selt, alle anmutung nach diesen gegenden verschwunden sah,
konnte ich mich entschlieszen einen langen einsamen weg
zu machen. 27, 201; dasz "er (Rousseau) zu blumen und pflan-
zen andere anmutungen gehabt als solche, welche eigentlich
nur auf gesinnung hindeuteten. 58, 98 ; dasz er geschafl'en
sich in die tiefen der natur zu versenken, zu der oberfläch-
lichen, wechselnden färbe wenig anmutung haben konnte.
53, 170 ; es waren örtliche beschreibungen'von Luzern und
von schweizerischen berggegenden , für den Vaterländer nicht
ohne anmutung. Ulr. Hegner 4, 178. weidmännisch, die an-
mutung {incitamentum) des Wildschweins, weidwerksbuch 58'.
ANMUTZEN, comere, veslire, zustutzen: ein gewonheit ist in
diser statt {Halbersladt), d; si all jar den grösten sünder, so si
wissen in irer acht, in ein klüglich {so 1534, kläglich 1567)
kleid anmulzen, und am ersten tag in der fasten in die kir-
chen füren, darnach als ein bannigen wider ausstoszen, der
müsz die ganze fasten in der statt und auszerthalb leglich
umb die kirchen gcen, bisz auf den grünen dornslag, so fü-
ren si in wider in die kirch, und nach bcschehcnem bett ab-
solvieren si in, der ist nachmals aller sünden rein und wird
Adam geheiszcn, dem si vil gelts gehen, das er doch der
kirchen ini'isz lassen und wider opfern, so ist er der Sünden
frei, wie ein hund der fluch. Frank weltb. 50*. *. abmulzen,
aufmutzen und mutzen.
ANNAGELN, clavis affigere, mhd. annegelen, nnl. aannagelen:
sie nagten die zeiiul ollentliatbcn an. Ayrer 168';
den decke! an (auf) den sarg nageln; den feuersegen ans
haus annageln; das schlosz an die tl^lr; er sitzt da wie an-
genagelt, weicht nicht vom platze;
zwölf dlckbiiuchigc herrn und zwölf breiihüftlgc damen
saszon wie angenagelt mit gierigen augcn am spiellisch. Voss;
die auf die acbsel eingeschlagene band nagelte den kleinen
413
AKNAGEN — AMÄSSLNG
AMEBEN — ANNEHMEN
414
zierling an den sesscl an. J. Pacl Hesp. 2, 56. im deutschen
recht gehört noch, icas niet und nagel hat, zum boden, und
unangcnegelt ist mobilis. tceislh. 3, 791.
ANNAGEN, anodere: die maus hat die schwelle schon an-
genagt;
von liunger angenagt, ton heiszera dursi gequält.
WiEtA>D23, 34;
wird dort keine ameise mehr deine ruhe annagen ? Fr. MCl-
LEB 3, 319.
A.NXAHEN, appropinquare : der feind naht an; der liebe
Sommer, der leide winter nahet an, steht vor der Ihür; die
zeit naht an;
aber zuerst sah jene der edle Telemachos annalio.
Voss Od. 1, 114;
als ich nunmehr annahte dem zwiefach rudernden schiffe.
10, 156;
aber auch dir ja zu fiüfa must ach annähen des lodes
hartes geschick. 24,28;
aber wofern mir soll
annahn der nahm. Platen 117;
■
das annahende alter hält niemand auf. auch sich annähen:
einen moment, worin sie jenem obern führer und Vermittler sich
angenaht, ja sich mit ihm vollkommen vereinigt. Göthe 45, 330.
ANNAHEN, n. appropinqualio :
wie doch, Kirfce, begehrst du von mir ein freundliches annahn?
Od. 10, 337 ;
in halb willigem halb unwilligem und doch nothwendigem
annähen. Göthe 17, 327.
ANN.VHEN, a^sM^re^ nnl. aannaajen: nähe mir doch das
band an ; der orden ist nicht recht angenäht.
ANNÄHEBN, appropinquare, nnl. aannaderen, mehr in prosa,
-annahen mehr in der poesie gebraucht: dessen gewohnte fcr-
tigkeit der annähernde tod überwältigt hatte. ScntLi.ER 946 ;
des lieben mädchens immer mehr annäherndes, zutrauliches
betragen. Göthe 26, 24. Doch trird es richtiger sein, annä-
hern transitiv zu verwenden : den tisch dem ofen, der wand
annähern, näher rücken ; und sich annähern = annahen zu
setzen: durch meine vorjährige reise hatte ich mich an Fritz
Jacobi mehr angenähert. Göthe 31, 37; zu höheren zwecken
ward die grosze Zenobia von Calderon studiert und der wun-
derbare magus durch Griesens Übersetzung uns angenäliert.
32, 75; nicht eben so gelang es mir, mich den Kantischen
anzunähern, sie hörten mich woi, konnten mir aber nichts
erwidern, nocli irgend förderlich sein. 50,52; wenn wir durch
den glauben an gott, lugend und Unsterblichkeit uns in eine
obere region erheben und an das grosze wesen annähern
sollen. 50, 56 ; er trat, wie sie sich annäherte, in die kirche
zurück. TiECK 4, 395 ; so würde die menschheit sich zu ihrem
groszen ziele alimälich annähern. Ficute fr. rev. 101. ror dem
part. annähernd l:ann das sich Kegbleiben.
ANN.\HERND, adv. appropingunndo : der umfang des w erks
läszt sich nur annähernd {approximativ) bestimmen, zu fas-
sen wie die gerundien schlafend, wachend, lesend, selbstre-
dend M. 5. «f. mlui. släfendc, ahd. sldfando.
ANNÄHERUNG, f appropinqualio, nnl. aannadering, das
annahen: stufenweise annäherung gegen ein vielleicht uner-
reichbares ziel ; so bin ich überzeugt, dasz die gcwohnheit
annähcrnng5brillcn zu tragen an dem dunkel unserer jungen
leute hauptsächlich schuld ist. Göthe 21, 184.
ANNÄHERUNGSWEISE, adv., wc} annähernd: es kürinte
sein, dasz beide theil» recht haben, denn jene mögen mark-
ten wie sie wollen, müssen sie doch meistens mehr zahlen
als billig ist, und dieses mehr geht denn alimälich und an-
näherungsweise auf andere reisende über. Ui.n. Hecner 4, 174.
ANNAHME, f. aceeptio, susceptio: die annähme des gc-
schenks, almosens. des gelds, des briefs; die annähme eines
bedienten, des amtes, dienstcs; die annähme an kindrsslall;
die annähme einer mcinung. annähme oß auch .tii/poii/io ?
diese annähme ist ungegriindet, das ist eine schöne an-
nähme. }. annehmung.
ANNAME, cognomen, beiname, zuname, mhd. Anainc Trisl.
10,3, vgl. unjame und anmacht, ohnmachl.
ANNAMEN, nomine interpellare : so haslu doch uns als
dr-inrn ungnedigen herm angenamet. Luther 3, 189*.
.\NN\^SEN, madefacere, anfeuchten: den trocknen sand
arin;i^M u. s. annetzcn.
ANNÄSSUNG, f. madefaclio. vorr. tu KKrrrELS poel. sinn-
früchten 1677.
ANTiEBEN, ANNEBENS, ANNEBST, ungeschitite mehrung
von neben, das schon aus en eben, in eben entsprang: doch
annebens denen gefängnushütern kein speis und trank hinein
zu lassen. Abele 3,101. vgl. benebst.
ANNEHM, gratus, angenehm: dise zwen sprüch sollen dir
dester lieber und annemer sein. .Melaxchth. hauplart. der h.
sclir. 58.
ANNEHMBAR, accipi dignus: annehmbare bedingung; an-
nehmbares geschenk; der kürzeste weg, auf welchem der
hauptsatz aller praclischer wissenschaftslehre als annehmbar
erwiesen wird. Fichte grundl. 223.
ANNEHMBARKEIT, f.
ANNEH.MEN, accipere, recipere, sumere, assumere, ahd. ana
neman, nnl. aannemen:
1) die dargereichte band annehmen; das mädchen willigte
ein und nahm seine band an ; das gebotene geld annehmen ;
er empfieng die gäbe und nahm sie an ; und der knecht nam
Rebeca an {nahm sie in empfang) und zoch hin. 1 Mos. 24, 61.
2) weidmännisch und kriegerisch, die sau nimmt den hund
an, setzt sich zu wehr; der hirsch nimmt den jäger an, steht
und vertheidigt sich; die feldhüner nehmen den schild an,
fliehen nicht mehr davor, werden seiner gewohnt; der hund
nimmt die fährte an, verfolgt die spur; so nun auch der feind
nahm die schlacht an, hielt stand; nimmt den gebolnen kämpf
nicht an, detreclat pugnam; den Zweikampf annehmen; ob
fcldschlachten anzunemmen und zu thun sein oder nicht.
Kirchhof mil. disc. 148 ; wir haben den schild von inen ange-
nommen. 1 Macc. 15, 20.
3) der magen nimmt die speise an ; was der mund an-
nimmt zu kauen, daran hat der magen zu dauen. Garg. 173*;
das zeug nimmt die färbe an, die färbe haftet darauf; mast-
vieh nimmt an, gedeiht, nimmt die mast nicht an, gedeiht
nicht; der dichte mantel nimmt keinen regen, das glatte pa-
pier keine dinte an ; das eisen , wasser nimmt kälte oder
wärme an.
4) einen fangen und annehmen, an die hand nehmen, fest-
halten : angenommen und gefangen werden. erA7. des landfr.
von 1522 §.24; das sie genanten .Martin Luther sampt seinem
anhang und folgern gefenglich anncmen und wol verwaret dir
zuschicken wollen. Luther 1, 103*; wie er sol herr Lconhar-
ten gefenglich annemen lassen. 3,410*; daraufhat der richtet
in gefenglich angenommen ; zu dem soll Hans Schanz auf der
Morizburg gefänglich angenommen sein. Luthers br. 4, 677
wie du ine gefenklich angenomen und uher das er ursacb
soiichs annemens nit wisse. Chmel Maxim, s. 4 (a. 1493);
aber als man die vier an nam {verhaßete) und in eisen schmi-
del. Frank f//ron. 223"; ob der profos oder seine knecht einen
oder mehr gefengklich annemen würden, so sol sie niemand
daran verhindern. Fronsp. 1, 23*; also dasz er mittel kriegt,
den papst Joannen gefenglich anzunemmen. Fischart bicnenk,
214*; man solle ihn gefänglich annemmen. Zixkcr. 72,18;
damit wolt er sein dienern sagen,
das sie mich sollen nemen an (festhalten, ergreifen),
froschm. 1. 2, 2.
b) einen zum mann, söhn, kind, hruder, frennd, diener,
knecht annehmen ; und nam Maccabeum an zum freund. 2 Macc.
13, 24 ; und haben angenomen andere götter. 1 kün. 9, 9 ; dazu
nam er an aus Israel hunderttausent starke kriegsleute. 2 chron,
25,6; und nam fremde knechte an aus den insulen. l Macc.
6, 29 ; reiter, schützen. Soldaten annehmen ; das dorf nimmt
einen hirten, nachtnächtcr. Schulmeister an; hernach lieszen
i. f. gn. durch Heinrich Schweinichen, damals marschall, Vol-
lend mich annehmen. Schweimche.n l, 119. was heute heiszt
mit einer ri'de empfangen, hiesz ehmals annehmen : darauf
Heinrich Schweinichen i. f. gn. mit einer zierlichen rede an-
nahm, und blieben i. f. gn. im annehmen auf der kutschen
sitzen. 1, 298; ich ritt anstatt i. f. gn. dem bräutigam mit
30 pferden entgegen und nahm ihn an. l, 301.
6) auf Sachen angewandt, etwas annehmen, gern, mit fireu-
den, zu dank annehmen: weldis er tu dank annam. Garg.
159*;
fünf oder sechs man,
die die sach annemen auf deiner selten, fattn. $p. 514, 23;
du solteti ein andern rei«n nemen an. 823, 21 ;
das gericht nimmt die saclie, den rechtsslreit an, er wird an'
hdngig ; der process ward von dem hofgfriciit angenommen»
da hangt es noch. Garg. 158*; entscliuidigungen und aus-
fluchte werden nicht angenommen ; den befelil, die wamung
416
ANNEHMEN
ANNEHMEN
416
nicht annehmen ; den satz, Vordersatz annehmen ; ein aner-
bieten, gesucb, eine bitte, bedingung, einen auftrag annehmen ;
das er der frawen biu annamb. II. Sachs 1, 525';
einen namen annehmen; du soll den namen deines gottcs
nicht unniilziich annemen {?annamen). Luther 1, 320'; den
christlichen glauben annehmen ;
als unser ■vaiter Abraham
aiifäneklich goUes eli aiiuam. Scuwarze.nb. 150, 1 ;
den irthura abschwören und die evangelische lehre annehmen ;
die nun sein wort gerne annahmen, apost. gcsch. 2, 41 ; so
jemand hat das maalzeichen seines namens angenommen.
offenb. 14, 11; einen sterblichen leib annehmen; Zeus nahm
die gestalt eines schwans, eines rindes an ; nahm knechtsgeslalt
an sich. Philipp. 2,1; ein feierliches, unnatürliches wesen an-
nehmen. Klinger 8, 272; den schein annehmen; leben anneh-
men; besserung annemen. Braxt narrensch. 237; üble silten
und gewohnbeilen; unarlcn annehmen. Göthe 25, 63; eine
meinung, ein system; die angenommensten Systeme. Lessing
8,179; eine weise annehmen; angenommener weise. Kirchhof
mil. diso. 96.
7) dies annehmen gehl über in die bedeulung des voraus-
selzeiis, der supposiUon und ßclion: annehmen === den fall
annehmen, nimm an, ein zaubrer brächte dir den wunder-
stein. Kunger ö, 194; er nahm in seinem betragen kälte,
wärme an ; ja freilich, antwortete ich mit angenommener kälte.
Göthe 19,283. Gotter 3,54;
die ziege hört des liasen klagen
iDit angenommner U'aurigkeit. Hagedorn 2, 35;
den schein von etwas annehmen, was jenem annehmen frem-
der gestall begegnet, angenommen, suppose.
8) es mit einem annehmen, den kämpf, den lanz, das spiel
mit ihm wagen, wir sagen heute lieber aufnehmen : wolan, so
nimms an mit meinem herren. Es. 3C, 8 ; mit ihm annemen
und wagen. Agricola spr. 178' ; mit denen nam ers an in
allen passen und süfTen. Gary'. 17l';
mit dem es auch kein gott nicht nah hat angenommen.
Opitz 1, 221;
wer wolle nicht viel lieber
an einen sichtbarn Teind, Cur dem er stehen kan,
und auT gut ritterlich es mil ihm nehmen an ?
Fleming 134;
sie sind ein kerl, der es, hol mich der teufel, mit manchem
cantor annehmen könnte. Lessing 2, 441.
9) jenem den schein annehmen nah 'verwandt ist ein sich
annehmen, sich anstellen, den schein geben, ohne beigefügten
acc, aber mit folgendem abhängigem satz: Ciszka nam sich
an als wolt er fliehen. Pavu seh. und c. U' ; da nun der narr
meint es were vergessen, da gieng er wieder in den saal und
nam sich nichts an (Ihat, als wäre nichts vorgefallen) und
gieng umb den tisch. 72'; der knecht nam sich an, als ob
ers nit bet gesehen. 106'; damit aber das er in möcht ent-
laufen, nam er sich an, er wer von Vernunft komcn. 75';
80 wil ich mich annehmen, ich sei todt. 83';
der prosze böswicht nimpt sich an,
er liab mir nie kein leid gethan. Alberus 23' j
wer sich annimpt willig arm zu sein, kein fleisch isset. Frank
weltb. 209'; jagen die feind in die flucht, oder neinen sich an,
als wollen sie fliehen. Froj^sp. kricgsb. 3,150'; die dise kunst
der bandwürkung nie gesehen noch getriben haben, und sich
doch annemen zu zeiten in groszen schweren Sachen, das
in ganz unkuntlicb und darzu verborgen ist. Braunschweig
Chirurg, vorrede; andere sind, die ungeachtet ihres alters, na-
tur, neigiing und lüsten sich in liebe gegen alle badcrmätzen
und kupplerinnen annehmen. Philand. 1, 28 ; ich zwar nehme
mich an, oh in ihrem betrübten zustand ich ihnen mittel und
hnderung verschafl'en wolle. 1, 125; der baur nahm sich an,
er were nicht bei geld. Zinkcr. 2, 03, 12 ;
wer bei hof auf allen wegen fort zu kommen «ich nimt an,
nehme nur den .siab vom holze, das der escl nennen kan.
I.OGAU 3, zugäbe 28;
und nimt sich ernstlich an,
der bosheit auf den dienst zu warten, wie er kan. 3, 218;
was die und die . . . für fremde mienen an sieh nahm.
LessiNG 1, 116;
doch die Icttle stelle Idszt tweifelhaß, ob ein sich annehmen
oder an sich nehmen gemeint sei, und bei Logau heiszl sich
annehmen mehr sich unterfangen als sich anstellen, in sol-
cher bedeulung .ist das wort heute ungebräuchlich, sich unter-
fangen hciszt CS aber auch mit ausgedrücktem acc.
ich han mich \^eibs dienst angenumen. fasln, sp. 267, 16.
sich etwas annehmen meint auch sich es zu herzen nehmen,
auf sich beziehen, zumal bittern tadel: du must dir das nicht,
nicht so sehr annehmen.
10) sich annehmen mil dem gen. der person oder sache drückt
aus an sich nehmen, sich unterfangen, sich darum bekümmern
und ist bis auf heute in vollem gebrauch:
wer arzenie sich niinei an
und docli kein presien heilen kan,
der ist ein guoter goukelman.
Uhant narrensch. 169 j
nemen sich auch stelens an. 295;
das ich mich eur nit rast aniiira. fastn. sp. 387, 2;
was nimst dich solclies zoubers an? 823, 13;
sihe mein berr nimpt sich nichts an für mir, was im bause
ist. 1 Mos. 39, 8 ; und er nam sich keins dings an. 39, 6 ;
und er sähe drein und nam sich irer an. 2 Mus. 2, 25 ; bin
ich denn from, so thar sichs meine scele nicht» annemen. Hiob
9, 21 ; also wil ich mich gnediglich annemen der gefangenen
aus .Inda. Jer. 24, 5 ; und nemen sich keines regierens noch
strafens an. Baruch 6, 54 ; man musz nicht auf die güler got-
tes fallen und sich ir annemen, sondern durch sie hinauf zu
im dringen. Luther 1, 485'; so nimpt er sich sein nichts an.
4, 3; bapst und bischove nemen sich des lerens und predi-
gcns wenig an. 5,169"; darumh gilts nicht, das du es wollest
lliun, da ers thun soll, und nicht harren, bis er dichs heiszet,
und dennoch dich solcher verhciszung annemen und darauf
trotzen. 5, 353'; aber gleichwol sollen die herzen in solcher
unterscheid gleich gesinnet sein und sich derselben ungleicheit
nichts annemen. 5,429'; mir ist warlich euer scbwacheit von
herzen leid und viel leider, das ihr euch solcher scbwacheit
so hart annehmet. Luthers br. 4, 546 ; von einem bösen men-
schen, der sich aller bosheit annimpt. Frank weltb. 3' ; dann
si namen sich so groszer heiligkeit an, das si sich auch der
wunderzeichen berümpten. 13&';
man lindt o/l einen solchen man,
der sich nimpt groszer leiiidscliart an
umb seines nutzens willen. Alberus 96;
schweigen siill
und nemmen sich des scimoprens an. 119,
geben vor den schnupfen zu haben; daruinb wenn die frauwe
iiernach sich voriger faulheit annam, drouwet er ir mit er-
zehlter arznei zu helfen. Kirchhof wendunm. 114'; der sieb
dessen allen annemmen wolle, würd nichts denn unfruchtbare
warheit darvon tragen. 226' ; und darumb dörfen wir uns des-
sen nicht annemmen. Fischart biencnk. 172' ; die sich annem-
men zu verstehn das hochlatin. Garg. 231' ; oder nem dich eins
ämptleins an, so heist das jar durch herr fortan. 48'; der nam
sich aller wollust an. Ringwald tr. Eckh. K8'; nim dich der de-
mut an. P. 1'; nimm dich nicht mehr an als du bist. Leh-
mann 57; nehme sich keiner Verwunderung oder Schreckens
an. ZiNKGR. 2, 37 ;
ich glaube, welcher sich nimpt solcher lOgcn an,
ein leder und papier auch schamruth machen kan. Opitz 2, 162;
er nam sich solcher gedanken an. Arp. l, 439 ; es ist auch keiner
gemeint als wer sichs annehmen will. Weise erzn. vorr.; nahm
sich, gleich Epikurs göttern, keines dinges an. Wieland 15, 156;
0 matter, nimmst du so dich meines clends an? Gottbr 2, 20;
so lang sie der Wirtschaft sich annimnn* Göthe 40, 314 ; wenn
ich der Wirtschaft mich als wie der meinigen annehme. 40,
317; ich nehme mich der armen waisen an, unterstütze sie,
stehe ihnen bei.
11) anstatt des gen. setzt die ältere spräche oft die praeo,
um: und nam mich umb die Christin an. H. Sachs III. 3, 7 ;
das ir euch umb die redekunst so crnsilich anneinet. Luther
4,377'; wo aber ein könig oder fürst oder adel ist, die sieb
mit ernsl, ja mil ernst sage ich, umb golt und sein wort an-
nemen, die magstu wol für wundcrleulc golles halten. 6,
143' ; doch niemand sich drumb angenommen zu erfaren, was
Mahmels glaube were. 8, ll'; und haben sich auch alle umb
in angcnoinincn. 8, 80'; es ist die ebräische Icclion ledig
worden, darumb sieb vielleicht etliche werden annehmen. Lu-
thers br. 5, 606 ; würden etliche fürsten aufwachen und sich
umb die religion annemmen. Melanciith. decl. von Sigesmundo,
deutsch durch Lauterreck bl. 19; und sich umb aller men-
srhm not aN ihrer eignen annemmen. Frank «fcZ/i. 45' ; wenn
417
ANNEHMER — ANNEHMüNG
AN'NEHMUNGSFÄHIG — AN^NOCH
418
nu die bischof mit gott und der schrift nichts erhalten kondten,
so hengeten sie sich an die höfe oder namen sich umb die
Even und Herodiasen an. Mathesics 86';
bin scfilechter, armer lenl ein söhn,
darr mich umb euch nicht nemen ao. Atrbr 174';
derselb ha! mir auch war gesagt,
. mich anzunemen umb kein weib. 243';
und ihren Valentiu zu lan,
sich umb den köng zu neraen an. 2S6*;
ich auch nicht gsiaiten kan,
dasz er sich umb das weib annem.
Atrer fastn. 15'.
diese ßgung ist abgekommen, vietcol man etwa nodi sagen
könnte: er nimmt sich darum nichts an, kümmert sifh nichts
darum.
ANNEHMER. m. pers. baumg. 10, 1. nnl. aannemer.
ANNEHMLICH, gralus, acceptus, nnl. aannemelijk: wohin
ich auch sonsten gebeten, bin ich gezogen, und mich den
Jeuten annehmlich gemacht. ScnwEixicHEX 1, 73; dieweil wir
aber sehen, das euch» der fried mit den vier sünen Aimonts
nit annemlich ist. Aitnon bogen S ; diese vestung ist wol an-
nehmlich, ich kan aber nicht sehen, dasz sie so gar stark
sei. pers. bniimg. 1, 26; zwitscherten als die nachligalen an-
nehmlich wie die aufgegangene rosen. 9, 2 ;
auch Selbsten wol vemie^rkt und spürt, dasz ganz und gar
sein dienst und liebe nicht bei ihr annehmlich war.
Werders Ariost 5, 21 ;
annehmliche gaste. Lohexst. Arm. l, 731; bald eine annehm-
liche allusion, bald einen sinnreichen gedanken in sich hal-
ten. Gt.MHER vorr. s. 11; gezwungen der annehmlichen ge-
sellschaft zu entrathen. Weise erzn. 13; in den backen spie-
lete eine annehmliche röthe durch die braunen milchhärgen.
kl. leute 24 ; liebesbrief an die annehmliche madame. Menax-
TES 1, 259 ;
annehmlich, wenn du schreibst, doch wenn du redst noch mehr.
Wer.mke 217 ;
ich bot allen meinen mutterwitz auf, dem alten Sadik mei-
nen anlrag annehmlich zu machen. Wieland 8, 406. annehm-
lich und angenehm sind der ableitung nach dasselbe und wur-
den auch sonst so gebraucht, heute ist uns angenehm mehr
das anmutige, annehmlich das annehmbare ; wir sagen an-
nehmliche bedingungen, vorschlage, hingegen angenehme gaste,
angenehmes miidchen.
AY\EH.MLICHKE1T, f. anmut, reiz: der alte mann ant-
wortete ihr mit sonderbarer annehmlichkeit. pers. baumg. 3,
10; der junge herr .. hat das herrliche ansehn mit überaus
groszer geschicklichkeit und sonderbarer annehmlichkeit be-
gleitet. Leibmtz 330; wilde annehmlichkeiten. Lessing 1. 396;
du liebest das landleben, und du wirst gelegenheit haben
alle seine annehmlichkeiten zu schmecCen. Wielaxd 1, 223;
annehmlichkeiten des mondscheins. 2,50; nichts übertraf die
annehmlichkeit seines Umgangs. 3, 18 ; annehmlichkeit und ge-
schmackloses wesen, freiheit und aufpassen. Gothe 19, 177;
annehmlichkeit gilt auch für vemunfllose thiere, Schönheit nur
für menschen. Kant 7, 51. dies annehmlichkeit hat also mehr
die alte bedeulung von annehmlich = angenehm behauptet.
ANNEILMU.NG, f. acceptio, nnl. aanneming: gefiingliche an-
nebmung. erkl. des landfr. von lö22 §. 24 ; dieser siebend vers
sogt von der annemung der beiden, und das gott die beiden
richtet. Luther 1,96'; das es nicht ein weniger wunder ist,
wie sie sich der hoffart und annemung enthalten, denn das
sie solche guter überkommen hat. 1,481"; gnade heiszet auch
barmherzigkeit und gnedige annemung. Melanchthon haupt-
art. ».455; annehmung des christlichen glaubens. Fbet gar-
teng. 11*; doch ist er endlich zu annemung des bisthumbs
genötiget worden. Zinkcr. 8, 9; die annehmung des könig-
lichen praedicats. Hahn 3, ISS; hatte auch um so viel we-
niger Ursache die annchmung derselben (freundsdiaß) zu be-
reuen, flesse 1, 4 ; AIceste aber findet den antrag der annch-
mung eines ehrlichen mannes unwürdig. Lessinc 4, 394 ; alles
das kann damals zur annehmung seiner lehre wichtig gewe-
sen sein, itzt ist es zur erkennung der wahrlieit dieser lehre
80 wichtig nicht mehr. 10, 322; so hart das gesetz war, so
schmeicheile sich der französische mcdiateur noch immer den
kurfiirsten zur annebmung desselben vermögen zu können.
Schiller 944 ; sondern die wirkliche annchmung derselben
{der Offenbarung) als einer solchen noch unter andern be-
dingungen stehen müste. Fichte kr. der offenb. 109 ; die nolh-
wendigkeil der annehmung eines künftigen lebens. Kant 2,
; 324; die annehmung des daseins gotlcs. 4,21"; diese anneh-
mung gehört für die theoretische Vernunft, das.; der innere
; grund der annchmung aller seiner maximen. 6. 214. fast überall
j gilt heute annähme statt annehmung, das sich bei den philo-
I sophen zulangst erhielt, die darin den ad des annehmens stär-
ker ausgedrückt finden.
ANNEHMUNGSFÄHIG , einen begrif als annehmungsfähig
rechtfertigen. Kant 7, 270.
AN.NEH.MUNGSWÜRDIG, annehmungswürdige gründe. Kant
8, 236 ; annehmunsswürdigste bedingungen. 8, 381.
A.YNEHMUNGSVvÜItDlGKElT, f. die annehmungswürdigkeit
einer hypotliese. Kant 2, 580.
ANNEIDEN, iniidere, subinvidere:
gar nicht kan er zu lang der armen leiden leiden,
dan offen ist sein ohr, w^ie ihr leid olTöubar,
so nimmet er auch deren wahr
die feindlich sie anneiden. Weckherlin 93.
ÄNNEIGEN, inclinare, vergcre: die dichtkunst Italiens hat
etwa« sich anncigendes. Herder, kaum gebraucht, s. annicken.
j ANNEIGLICH. eine anneiglichkeit die ^dweden atomen
durchwandelt. Clacdils 7, 42.
ANNEN ? Fiscuart Garg. 137' hat den ausruf: hui nun an-
nenl und annen scheint ein dem freudig auffordernden hui
zugefügtes rcrbum, gleichviel ob in erster oder zweiter person
des pL, da auch die letzte auf -en ausgeht (z. b. halten den
dieb! 198*, hallen den schelmenl 231"). sollte es aus der par-
tikel an, wie sonst mlid. vonen aus von, änen aus dne,' üjen,
ahd. i'ijon aus üj entspringen ? denn der sinn hui nun daran !
würde entsprccJien. aber sonst erscheint noch keine spur eines
solchen anen, annen, das doppelte n zur hegung der allen
kürze des a begegnet genug, z. b. oben in anmannung f. an-
manung.
ANNESTELN, adstringere, affibulare, mit einer nestel an-
heften.
ANNETZEN , madefacere, anfeuchten, anndssen : die zunge
annetzen; etwas mit weine annetzen; den finger beim spin-
nen mit Speichel oder wasser annetzen;
des creuzes heilig bäum mit thrfinen angenetzt
bat lausend ernten uns ann blumcn beigesetzt.
LoHENST. Iiofm. 223.
ANNETZLNG, f. ohne dessen annetzung ich den wachs-
thum von keiner idee begreifen könnte, i. Pacl lit. nachl.
4, 133.
ANMCKEN, oculos, capul inclinare versus aliquem: sie
nickte mich freundlich an, schw. med ögonen neg.
ANNIESEN, slemuere versus aliquem, vgl. anwiehern.
ANMETEN, affigere: ein blech annieten.
AN.NISTELN. entweder fnrthildung des folgenden annisten oder
verderbt aus annestein : ich und mein kamerad, wies der herr
befohlen hatte, nislelten uns an ijin an, als wären wir zu-
sammengewachsen, dasz er sich nicht regen und rühren konnte.
Göthe.
ANNISTEN, nidum adsiruere: die schwalben nisten sich
oben an; und die menschen sich in^üuslein zusammen sichern
und sich annisten, und herschen in ihrem sinne über die
weite weit. Göthe 16, 75.
ANNOCH, adhuc, etiamnum, betont ännüch und ann6cb:
indessen dasz der Mars bei zweimal sieben jähren
annocb nicht grausam sau berenol und angeTahren
mein werthes Vaterland. Flesinc 70;
die w.nrme, die annoch,
seitdem der winter von uns entnohn, kein regen gemildert.
E. VON Kleist 2, 39;
wo nicht, ihm annoch abzusiegen. Lichtwer 2, 2;
die annoch dicker sind, als drei von unserm leibe. 2, 22;
der annoch übergelassenen müszigcn zeit. Wernuk rorr.;
umwölkt annoch der unmut unsern blick. L'z 1, 54;
also, ohne weitere einleitung, zu den anmerkungen, die ich
bei gelegenheit der ersten Vorstellung der brüder des herrn
Romanus annoch Ober dieses stück versprach. Lessing 7, 429 ;
alle handschriften, die von den nemlichen fabeln hin und wie-
der in bibliotheken annoch verborgen liegen. 9, 8 ; in gleichem
falle mochte sich ohne zweifei auch Hakluyt in England be-
finden, welcher in seine samlung von reisen annoch 1589 eine
englische Übersetzung dieses texles brachte. 9, 211;
ich freue mich, herr Nathan,
euch annoch wol zu sehn. 2,319;
die göiterstimm umklang annoch
sein ohr. Uürssr ISO*;
27
4id
ANNÖTHIGEN — ANPFEIFEN
ANPFEISEN — ANPLÄRREN
420
aber verweil annocli, wie sehr auch die reise dich dränget.
Voss Od. 1, 310 ;
ruht auf ihnen annoch mein herscheramt? 11, 115;
wenn ihr im tode annoch fest steht. Scuiller 139;
doch traue meinem wort, das annoch gilt. Tieck 2, C5.
ANNÖTHIGEN, cögere, oblriidere. Lohenst. Arm. 1, 389.
ANÖHUEN, ansam afßgerc: der angeöhrte pathenpfennig.
J. Paul Tit. 3, 146; diese an seinen eignen köpf angeührlen
zwei ohren. uns. /oi/e 3,131; an seinen glücklichern arm war
die Britin und an den linken Agathe angeührt. Hesp. 2, 22;
um durch die protestantische mutier die katholische braut
sich anzuöiiren. flegelj. 2, 130.
ANÖLEN, oleo inungere: angeöltes tiich, papier.
ANORDNEN, ordinäre, disponere: es anordnen, einrichten;
ein gastmal anordnen ; einen tag, ein fest, eine hochzeit, leiche
anordnen ;
wie es die niutter
mit nachsinnendem geist anordnete. Luise 3, 509;
dasz nicht nur jeder häuptling, sondern auch jeder angeord-
nete seine Selbständigkeit festhielt. Gothe 31, 40.
ANORDNUNG, f. höhere, höcliste anoidnung.
ANPACKEN, allrectare, arripere, nnl. aanpakken, hart an-
greifen, antasten: einen mit gewalt anpacken;, die häscher
packten den dieb auf offener strasze an; der mann packt
mich wieder mit seinem geschwätz an ; das fieber packt mich
an; dieses bild packte seine phantasie gewaltsam an. .1. Paul
flegclj7l,AQ. das wort erscheint kaum vor dem M jh.: etliche
jungen die hatten das fortgelaufene pferd angepackt. Weise
erzn. 387; eine Jungfer anpacken, rapere virginem. Stieler
1410. s. packen.
ANPAPPEN, was ankleistern, ankleben, s. pappe.
ANPASSEN, adaptare, nnl. aanpassen : ein kleid, schuhe
anpassen; eme sache der andern anpassen; eine rede der
fassungskraft der liörer; meistens intransitiv, passen, passend
setn: der liarnisch, der des pygmäen schmächtigen körpcr
zwingt, sollte der einem riesenleib anpassen müssen? Schil-
ler 162; als dasz ihm die formen überall ungezwungen an-
passen konnten. 1200; weil ihr (der er fahrung) ein gegenständ
nidit afipast. Kant 2,386; begriffe des Verstandes, sofern sie
der Vernunft anpassen sollen. 2,415; den manigfaitigslen sin-
nen zubereitet, dem geriiusch und prunk anpassend. Tieck
4, 82 ; zierrathen, die mehr der munterkeit des Jünglings an-
zupassen scheinen. J. Paul teuf pap. 1, 100.
ANPATSCHEN, accederc per humida: der frosch patscht
an; die ente kommt angepatscht, s. patschen und platschen.
ANPECHEN, pice inducere: weil aller äugen theils auf den
sterbenden bardcn, theils auf die entzückte Ziwolane gleich-
sam angepecht waren. Loiienst. Arm. 2, '88. besser anpiclicn.
ANPEITSCHEN, flagello incilare: die pferde anpeitschen.
ANPESTEN, labe inficcre: die luft ist angepestet; ange-
pcstet von dem hauch der fremden sitte.
ANPFÄHLEN, palis affigere : den bäum anpfählen ; den mis-
sethäter anpfählen, das nnl. aanpalen ist angrenzen.
ANPFEFFEHN, pipere condire: die speise ist zu stark an-
gepfeffert ; er pfeffert seine reden noch mit spott an.
ANPFEIFEN, assibilare, ovoit,eiv: die gänse pfeifen an;
der wind bat uns stark angepfiffen ;
plif sie mich an wie ein alter. H. Sachs 1,440':
daher ist der zorn des herrn über Juda und Jerusalem kernen,
das man sie anpfeift. 2 chrun. 29, 8 ; und Babel sol zum Stein-
haufen und zur drachcnwonung werden, zum wunder und
zum anpfeifen. 1er. 51, 37; alle die für über gehen, klappen
mit henden, pfeifen dich an. klagl. Jer. 2,15; alle deine feinde
sperren ir maul auf wider dich, pfeifen dich an, blecken die
zahn. 2,16; die kaufleut in lendern pfeifen dich an. Ez. 27,
36 ; werden dich anpfeifen. 33, 31 ; aber wenn ich hie widerumb
spreche, ich lasz mir den leib Christi vom wort nicht scheiden,
so sollen sie mich wol anpfeifen und pfislcn. Luther 3, 377 ;
denn die kelzRr auf deinen bann
lind (leeret nicliis mehr geben,
als ob rIc ein gani |illtT an. Soltau volksl. 464;
kein mensch ist der dich sieht, der in die band nicht klopfe,
und pfeife dich nicht au und winke mit dem köpfe
dir, kind Jerusalems. Opitz 3,35;
mein wci-thes valerland, vor {ehmals) aller Innder krön,
ilzt ihr verdammter hasz und anv'eiilifner höhn.
Flkming 7u.
man musz nicht jedem narren geben, der einen anpfeift. Clau-
dius 1. 2, 137; wie ein wind allemal in den obein luflgegcn-
den sauset, eU er unten an unsere fenster anpfeift. J. Paul
Hesp. 4, 105. auf einen pfeifen bedeutet aber ihn verleumden,
ein lied auf ihn pfeifen, fastn. sp. 758, 27. s. anpipen.
ANPFEISEN, gleichfalls assibilare, von einem verlornen star-
ken pfisen pfeis, aus dem. auch das vorhin, nach Luther 3,
377 angeführte pfisten stammt, vgl. sl. piskati, pisnuti pfeifen,
(Schmeller 1, 324 hat pfeiscn stridere, sibilare aus dem prompt.
1618): morndes gsach ich gens, deren ich nie keini gsächen
halt, do meint ich, do si mich .anpQseten, es weri der tüfel. Tn.
Plater 15 {nusg. von Baldinger anpfeiserten). vgl. äpfelpfeiser.
ANPFETZEN, atlrectare, vellere: einem die backen an-
pfetzen ; die lüwcn tapfer anpfetzen. Garg. 147". s. ankneipen.
ANPFISTEN, s. anpfeifen bei Luther 3, 377.
ANPFLANZEN, conserere plantis, arboribus, nnl. aanplan-
ten: das land anpflanzen; den garten anpflanzen mit bäumen
und gesträuch; einen wald anpflanzen; sich anpflanzefi, nie-
derlassen; schon lange war Ernst in dieses idealische land
gedrungen, schon hatte er sich dort angepflanzt. Klinger 8,14.
ANPFLANZER, m. colonus, agricola;^
sondern ohn anpflanzer und ackerer steigt das gewächs auf.
Voss (kl. 9,. 109.
ANPFLANZUNG, f. colonia, plantatio: felsen und gemäuer
sind zur anpflanzung von reben benutzt. Gothe.
ANPFLÖCKEN, paxillo affigere: das rad, die sohle an-
pflocken ; die leinwand auf der bleiche anpflöcken ; sie wur-
den in die garstigsten kerker angepflöckt. Lohen'st. Arm. 2,
121; wie die angepflöckten krähen. 1,408; verdntzt, angepflöckt
stand ich am treppengeländer. Tieck 3, 7.
ANPFLÜGEN, attingcre aratro, nnl. aanploegen : einen frem-
den acker anpflügen (s. abpflügen) ; eine furche der andern
anpflügen.
ANPFRIEMEN, deßgere subula, slilo, mit der pfrieme anließen.
ANPFROPFEN, inserere: ein reis einimpfen.
ANPFUEN, ß, phy clamare, exsecrari, pfui dich an! d. i.
an dich, rufen: sehen dir aber die menschen nach, pfuen
dich an, so denk mit was äugen dich gott vielmehr ansehe.
Andr. Musculus hosenleufel. Ff a. 0. 1556. D4. anpfuien wäre
noch heute ein kräftiges wort.
ANPICHEN, picare: die fässer anpichen; er sitzt angepiclit
an seine arbeit, wie angepicht, erpicht;
man ist darauf (auf dem pferde) wie angepicht,
will immer ab. und Uabl in einem slücke
nur weiter fort. Gökingk 1, 105;
ein hölzerner weihnachtshahn mit angepichten federn. J. Paul
uns. löge 3,125; eh ich weiter gehe in der geschichte, will ich
eine digression anpichen, biogr. bei. 1, 151. s. anpechen.
ANPICKEN, rostro tundere: die Vögel picken die kirscben
an ; alles picket er an. Götz 1, 74.
ANPINKEN, igncm excudere, feuer anschlagen, unhochdeutsch,
aber durch pinkepank eingeführt, s. pinken.
ANPINSELN, penicillo allinere, anstreichen, meist verächt-
lich, schlecht anmahlen.
ANPIPEN, pipire versus aliquem, nnl. aanpiepen: die Vögel
pipen uns von frühem morgen an; die hüner anpipen, an-
locken, s. anpfeifen.
ANPISCHEN, einem pisch, psch zurufen, ihn heimlich locken,
gebildet wie anpfuen. man hört auch anpeschen, wenn dies
nicht ein anderes anpöschen, anposchen ist.
ANPISSEN, commingere: die hunde pissen die wand an; pis--
sen an die wand, i Sam. 25, 22. 1 kün. 14, 10. 16, 11; er bei
männiglich so veraclit ward, dasz ihn die hunde iWitten an-
pissen mögen. Simpl. 1, 195; so unwerth, dasz mich die hunde
anpisten. 1, 375;
den pisse has und escl an. Pfkffki 1, 121 ;
der kreuzherr, sagte dieser, trägt sein kreuz nicht umsonst,
es thul ihm eben so viel dienste, wie den häusern in Rom
ein daran geschmierles, es darf beide keine seelc anpissen,
ob maus gleich in Rom vor jedem voi-ziinmer mag. J. Paul
Tit. 2, 25. deutscher ist anseichen.
ANPLAPPERN, was anplaudern.
ANPLÄRREN, acclamare objurgando, anschreien:
ricliier, ich klag euch über den narren,
tut nrith stets vor dem volk anplärren.
fasln, sp. 269, 12;
der windhals und auch der widhopf
die waren des konips bofnnrren
ilieten einander olt anplärren. II. Sacih 1,426*.
$. anblärren, anblerren, anplerren und die einfachen rcrba.
421
ANPLATSCHEN — ANPRANGEN
ANPRASSELN — ANRALNEN
422
ANPLATSCHEN, cum strepitu aeeedere? der tod selbst weisz
die stund nicht, wann er soll angreifen und töJten ... dasz
er sich selbst dafür acht, die zeit sei hie, er soll anplatschen
und angreifen. Paracelscs 1, 44'. vgl. anpatschen. der iod
wird aber sonst mehr als schleichend, plötzlich nahend gedacht,
vielleicht hat anplatschen den transitiven sinn des anpackens,
ergreifens, anplatzens? doch s. anrauschen.
ANPLÄTSCHEKN, /ei'»/er astrepere: anplätschemde welle;
der bach plätschert an; der regen plätschert an das fenster an.
ANPLATTE.N, franz. applanir, aplatir: einen grundoderboden
anplatten, abplatten ; bei gärtnern, zweige verschiedner pflanzen
glatt auf einander passen und umwinden, dasz sie miteinan-
der verwachsen.
.\NPLATZ, m. assultus: und werden durch die reiszenden
Wulf zerrissen werden, d. i. mit denen, die ihnen gleich sind,
werden sie gestraft werden, und ist der erst angrif und an-
platz. Paracelsls 2, 5S2'.
ANPLATZEN, aggredi cum impelu, einen anfahren, angrei-
fen : da sie des herrn Christi gewar wird, denkt sie nicht wei-
ter, platzt in an, und meinet, alle weit sei mit ir gleich ge-
sinnet. Luther 5, 31ö' ; weil die Christen der weit ketzer seind,
die sie anplatzt und umbringt. Frank chron. 457'; welcher
kriegsleut diese seind. die euch anplatzen. Webxstreit kriegb.
153; also müssen wir den feind anplatzen. 156; was sich regt,
das platzen wir an und den beweger lassen wir. 15S ; ich
Matz an. ich fall an. Garg. 227'; die gelehrten haben Ste-
phanon angeplatzt. Reiszner Jerus. 1,27*;
so soll in die Yernuiifl aufhalten,
anblaizeu, Iahen und vergwalten. H. Sachs 1, 250*;
ihr habt der sacha zu vil gethan,
das ihr den Juden angeplatzt. Ayrer fastn. 20*.
Stieler hat noch 14G2: was darfstu mich so anplatzen? quid
mc increpas ? auf einen anplatzen, subito impetere. wir sagen
heule, auf einen los platzen, mehr unter platzen.
ANPLATZEN. nach Frisch 2, 63*, aufene parum corlicis,
ut Signum saltuarii in arbore locum habeat: um einträchtig
mit waldhämmern ihr gnadenholz anzuplätzen. J. Paci. flegelj.
4,13; mit dem streit- und waldhammer ausholen, um damit
einen wie einen bäum anzuplätzen. holzschn. 10,122; nahmen
mich für einen zu nah aufstoszenden basen, den der jäger
erst auslaufen lüszt, bevor er ihn anplälzt. anh. zum Tit. 2,
68. doch ist diese anwendung auf das thier wol unbegründet.
ANPLAUDEUN, garrire, blalerare versus aliquem. s. an-
blättern.
ANPLERREN, ore hianle inclamare, s. anplärren.
ANPOCHEN, pulsare, anklopfen: an die thür anpochen;
wer pocht an?; da pocht es an. Gotter 1, S9 ; starker an-
pochen.
ANPOLTERN, astrepere, lärm, gepolter machen.
ANPOSCHEN, weidmännisch, vOgel mit hingeworfnem fulter
kirren.
ANPOSZEN , impulsarc. vocab. ine. teuton. richtiger an-
boszen.
ANPRACHT, f. splendor: die mittele oder gleiche art zu
reden ist, welche zwar mit ihrer zier über die niedrige stei-
get, und dennoch zu der hohen anpracht und groszen worten
noch nicht gelanget. Opitz poeterei s. 41, ein auszer dieser
stelle weder bei Opitz noch seinen Zeitgenossen sonst gebrauch-
tes wort, zu welchem vielleicht anbrechen illucescere zu halten
ist, denn prachl selbst gehört zu brechen und breben (Be:«.
1, 213'). man erwäge auch anprangen, abprangen.
ANPRAGE.N, iniprimere, gewöhnlich einprägen: dessen
schmachtende äugen in betrachlung vertieft der seelengröszc
nachzufeuern schienen, die Guido seinem göttlichen ideal an-
geprfigt hatte. THtsrntLS reisen 8, 246.
.\M'RALL, m. assultus, allisio, anslosz: der anprall des
Sturms, des windsloszes ; anprall der kugcl, des steins; an-
prall (choc) der reiterei ; unterschieden von abprall.
ANPRALLEN, a55i/«re, allidere, ansloszen : der stein prallt
an die wand an, der hagel an die fenster; der ball prallte
an das fenster an; es ist etwas in deinen begriffen, das alle
augenblicke wider die meinen anprallt. Wielaxd 8, t2S ; die
kugeln kommen alle angeprallt an die mauer. einige, wie
Rabener und Lessixc setzen daßr anprellcn, das doch rich-
tiger transitiv ist.
ANI'RALLICHT, aisullans, verzeichnet Stieler 1473, wir sa-
gen anprallend.
ANPRANGEN, omare, insiruere: es ist ja heilsamer, gute
und honigsüsze, als schlimme und gall angeprangte wort zu
verkaufen. Schmelzel s. 148. auszer berührung steht das geth.
anapraggan, affligere, welchem ein hochd. anpfrangen entspre-
chen würde.
ANPR.\SSELN, astrepere: der niederstürzende stein pras-
selte heftig an.
ANPREISEN, s. anbreisen.
ANPREISEN, allaudare, franz. apprecier, nnl. aanprijzen:
die waare anpreisen ; ein oft angepriesenes mittel ; sich als
treuen, redlichen diener anpreisen. •
A.NPREISUNG, f: was helfen alle anpreisungen einer schlech-
ten waare auf die länge?
A.NPRELLEN, allidere, illidere: einen stein an die mauer
anpreilen; die geistlichen haben gemeiniglich das unglück,
dasz der witz satyrischer köpfe auf sie am meisten anprellt.
Radexer 1, 101. s. anprallen, abprellen.
ANPRESSEN, apprimere, andrücken, nnl. aanpersen: tücher
anpressen.
ANPROBIEREN, induere, applieare: neue schuhe, kleider
anprobieren, anpassen.
.\.NPRL'GELN , verberibus inculcare, einprügeln : wenn uns
sogenannten thieren noch erst die spräche angeprügelt würde.
TlECK 5, 179.
ANPüDERN, pulvere farinaceo aspergere, einpudern, franz.
poudrer: angepuderte locken; eine sache anpudern, ihr eiu
mäntelchen umhängen, sie verstellen.
ANPUMPEN, exantlare aquam, wasser hervorpumpen.' figür-
lich, anborgen.
ANPURRE.N, ineitare, stimulare, man könnte versucht sein,
dies doch nur in niederd. gegenden vernommene rerbum pur-
ren an die seile zu stellen dem ahd. purian, purran (Graft
3, 163. 164), mhd. bürn (Bex. 1, 153), Schweiz, bünen (Stald.
1, 244), welche erheben, in bewegung setzen ausdrücken, so selt-
sam das p ßr b erschiene, allein es ist vielmehr das nnl.
aanpoiren, porren, mnl. porren, dte wahrscheinlich aus dem
franz. poindre entspringen- und das anstechen, antreiben, an-
spornen des rosses bezeichnend in die Vorstellung des ausrei-
sens, ausziehens, übergehn, womit zufällig jenes ahd. purran,
sich erheben, auf den weg mächen einstimmt. Fisciiart ge-
braucht das einfache wort: schnurrt, murrt und burrt wie dort
der beiden häuf. Garg. 227'.
ANPCTSCHEN, illidere, Schweiz, anbütschen, anstoszen
(Stald. 1, 250), gehört zu anposzen, anboszen :^ die brausenden
wellen putschen mit gewalt an die steinwände an. Scheüchzer
1,27. 76. HO. 2,100.
ANPLTZ, f». oniatus, comptus, ankleidung:
du must das wichtigste, den aiiputz nicht vergesse«.
ZachariI 1, 107 ;
und hurtig ward der anpulz vorgenommen. 1, 42;
kaum dasz der zoTe band den langen anpulz endet. 1, 134;
es ist der vollkommne Aja.\, nur dasz ihm sein anputz fehlt.
Lessixc 3,57; Excel 3,66. s. putz.
ANPUTZEN, comere; die braut anputzen; die mutter putzt
ihr kind, das kind seine puppe an. maurer putzen die wand an.
ANQUAKEN, coassare versus aliquem: die frösche quakten
uns bis um mittemacht an.
ANQUALMEN, fumo implere: die ganze Stube mit cigarren
anqualmen..
ANQUARKEN, was anquaken:
wir iubeln auT dem markt,
wird einer, wegen unmaszen,
gar selten angequarki. GöinE 3, 202.
A.NQUELLEN, scalurire: hier quillt es mächtig an aus dem
mose, es quoll immer stärker an ; im ritter war das vertrock-
nete bette des lebens wieder reidilich angequollen. J. Padl
Tit. 4,108.
ANQÜERDERN, inescare, anködern: im januario wird wenig
gefischt, auszer mit schnüren und angequerderten angeln.
HoHBERC 2, 490*. s. köder, querder.
ANQUETSCHE.N, tundere: den finger anquetschen.
ANQUICREN, erze mit quecksilber vermengen, mctalle mit
quecksilber grundieren, t. quick und abquicken.
ANQUICKU.NG, f.
ANQUIEKEN, fritinnire versus aliqtiem, wird von vögeln und
ferkeln gebraucht.
ANRAI.NEN, confinem esse, angrenzen : alle mit fremden her-
schaftcn anrainenden grenzenstein und march. Hohberc 1. 13;
alle nächst um gelegenen und anrcinenden dorfschaften. 2, 579*.
27*
423
ANRAMMELN — ANRECHNEN
ANRECHNUNG — ANREGEN
424
ANRAMMELN, oppilare, einrammeln : das pflaster anrammeln.
ANRANKEN, ramulis adltaeresccre : die erbsen ranken an.
ANRANZEN, objurgare, increpare, einen anfahren: blitz, ich
musz fort, sonst ranzt er mich um seine nichten an. Fr. Mül-
ler 2, 66. ScHMELLER 3, 116 einen ranzen, ihm übel milspiclen.
ANRASEN, furere incipere und impelere: wenn der nord-
wind mich anraset. Dav. Schirmers singende roscn. Med 33.
ANRASPELN, lima arrodere, anfeilen: angeraspeltes brot,
raspelbrot; holz anraspeln.
ANRASSEL'N, intonare: der wagen rasselt über die slrasze
an, kommt angerasselt.
ANRATEN, consiliari, suadere, nnl. aanraden, zu etwas ra-
ten : ich riet immer den frieden an ; er riet ihm das mäd-
chen an ; ich der es euch anrät und befiehlt, mhd. hiesz es
an etw. raten : an siner swester minne riet er im. Greg. 148 ;
dö er an die schoenen Adelheit die fürsten raten hurte. Ernst
173 ; riet im an vrouwen Kr. klage 34. zugleich aber bedeu-
tete es gefahrvollen, bösen rat geben, verraten : si raten an
die geste began. Nib. 1961, 4 und diesen sinn hatte vorzugsweise
das ahd. anarätan: ubile rieten mih ana, cogitaverujit adversum
me (Ghaft 2, 460), nhd. ist das erloschen, vgl. gramm. 4, 843.
ANRATEN, n. consilium : auf mein anraten geschah es. ahd.
bildete sich ein besseres subst. anaräli proditio (Graff 2, 467).
ANRÄTIG, consilians : einem anrätig sein = anraten ; eben
;iarum würde ich allen anräthig sein, die tugend nicht in ih-
rer hoheit zu zeigen. Hippel lebensl. 1, 2S8; es ist ein gro-
szer unterschied zwischen dem wozu man uns anräthig ist
und dem wozu wir verbindlich sind. Kant 4, 138 ; diesen
weg gleichfalls einzuschlagen . . kann uns jenes beispiel
anräthig sein. Kant 4, 289 ; dieses ist ihm nicht blosz die
tecimischpraklische Vernunft anräthig, sondern die moralisch-
praktische gebietet es ihm schlechthin. 5, 212. anrälig ma-
chen = anraten : dasz gewisse Vorzeichen die nothwendigkeit
einer reform anräthig machen musten. l, 203. dem ist an-
rätig gleicht ein mhd. wart anraetec Wh. 308, 8 in der form,
nicht der bedeutung.
ANRÄTLICH, commendabilis, ulilis: anrätliche bedingung.
ANRATLNG, /". suasio : behaupten, dasz es gar keine prak-
tischen gcsetze gebe, sondern nur anratungen zum behufe
unserer begierden. Kant 4, 125 ; anratungsgründe, rationes sua-
soriae. Hippel 11, 153.
ANRAUCHEN, fumum haurire und fumo afßare, fuscare:
eine pfeife anrauciien, in brand setzen; dasz er sich seine
Zigarre von mir anrauchen liesz. Bettine br. 2, 205 ; meer-
schaumköpfe anrauchen, durch das erste rauchen einrichten;
eine slube mit taback anrauchen, die wände anrauchen; worauf
die angerauchten kupfcr befeuchtet und der sonne ausgestellt
wurden, (jöthe 24, 194 ; nach der sonne, wenn man vorher
ihre mächtigen strahlen durch eine angerauchte Scheibe ge-
mäszigt hat. 58, 281.
ANRÄL'CHER.N, fumigare: das fleisch im Schornstein an-
räuchern ; die würste sind schon angeräuchert ; wie, und diese
perennierende balsamstaude (die eilelkeil), die den innern
menschen immerwährend anräuchert, sollte man sich aus-
ziehen oder beschneiden lassen? .1. Paul Tit. 1, 122.
ANRAUMEN, statuere: die tribune räumten einen neuen
tag an. Stolberc 8, 56. gewöhnlich anberaumen, doch hats
auch Stieler 1535.
ANRAÜSCHEN, cum murmure affinere, mhd. aiie rftschen :
Ermerich wollte lieber durch einen freiwilligen tod dem an-
rauschenden Unglück zuvorkommen. Mascou 1, 286;
denn als des todesadlers schwingen
anrauschten. Herder 3, 102;
als er noch redeie, schlug die entsetzliche woge von oben
hoch anrauschend herab. Voss Od. 5, 313.
man sagt es auch vom knittern (crepare) nahender gewändcr,
anrausciiender rocke.
ANRECHEN, rastro congerere. Fischart ßhrl unter den
spielen 309 eins an köpf zu köpf anreclien, dessen nähere be-
schreibung ausweisen müste, irelches verbum gemeint ist.
ANRECHNEN, impulnre, annumerare, anschlagen, nnl. aan-
rckenen: das pfund ist zu zehn groschen angerechnet; zu
hocii, zu niedrig anrechnen ; er rechnet es ihm als ein ver-
brechen an; Engländer und Franzosen rechnen es sich ein-
ander hoch an, wenn sie einige lebende sprachen gelernt ha-
ben. Klincer 11,106; das musz man ihm nicht so hoch an-
rechnen, keinen so groszen Vorwurf daraus machen; es sich
zur ehre anrechnen.
ANRECHNUNG, f impulatio.
ANRECHT, n. conditio polivr, anspruch, anwartschaß, ver-
schieden von Vorrecht, conditio prior, eigentlich recht an eine
Sache, weshalb anrecht auf eine sache die praeposition häuß.
ANREDE, f. allocutio, früher auch wol besprechung: kais.
maj. hat verheiszen nichts wider e. k. f. gn. fürzunehmen
ohn vorgehende anrede. Luthers br. 5, 248. anrede in brief
und predigt.
ANREDEN, alloqui, ansprechen, anwerben, einreden (vgl.
an einen reden, oben sp. 287) : er begegnete mir und ich re-
dete ihn an; unser Schwester ist klein, und hat keine brüste,
was sollen wir unser Schwester thun, wenn man sie nu sol
anreden? (i«?i sie werben) hohclied 8, 8 {vutg. in die, quando
alloqucnda est, LXX dav XaXrj&Ti iv avrfj) ; es haben e. f.
gn. zu Torgaw mich angeredt umb ein Schrift. Luther 3,
399; derselbe superattendens soll alle pfarrherrcn anzureden
und zu strafen haben. Luthers br. 5, 795 ; der jud redet
manchmal umb bczahlung an. Kirchhof wendunm. 72*; er
muste die zehen gebot gottes anreden (hersagen). Philand.
1, 310 ; ihr tretet alle ungcwis zurück von einer schwarzen
ahndung hart angeredet. Tieck 8, 90; die superstition läszt
sich dem Neueuropäer allenfalls durch unermüdliches pre-
digen anreden und als ein fremdes bestandtheil anheften.
Fichte grundz. 426. Wenn aber Voss in der weihe 43 die jo-
nische spräche eine lioldanredende Jungfrau nennt, meint er
die uns mit holden lauten anredende, ansprechende.
ANREGE, f. incilatio, impulsus, ahd. anaregi? mhd. anercge?
denn ja viel lausend kiiid fürwar
ir stimm zu dir erhoben hon
ausz anreg vaier und muter schon (impulsu patris matrisque).
CiRiACUs ScHNAUsz lobspruch. Nürnb. 1552.2';
wodurch das von Campe aus neueren schrißslellern angezogene
etwas in anrege bringen gerechtfertigt wird.
ANREGEN, incitare, ein unsrer spräche, gleich dem einfa-
chen regen eignes, gcwis uraltes wort, das golh. anaragjan,
ahd. anareccan, reggan. (tt'a> lagjan = leccan, leggan), mhd.
aneregen lauten würde und von sinnlicher bedeutung ausgeht
(mehr unter regen) : der vogel musz seine flügel, der Wan-
derer seine füsze anregen = rühren, man sagte mhd. daj
swert regen, dag ors regen, das schwert ziehen, zücken, das
Pferd antreiben ; die sie selbs mit keinem finger anregen (an-
rühren), ja zu tragen nit vermögen. Frank weltb. 145'; die
selbig (frau) regt einmals iren mann an gest einzuladen, wie
geschach. Kircuuot wendunm. 2U';
das aller best dut man anregen. Brant narrensch. 291;
und dich vielmehr bei ihr zu bleiben angeregt. Opitz;
sogleich regte Felix sein pferd an, sprengte auf die stelle los.
Göthe 21, 104 ; der geist und seele dadurch (durch volle löne)
angeregt wünscht. 21, 125 ; desto mehr ward unsere einbildungs-
kraft angeregt und das herz uns erhoben. 24, 28 ; er wüste mich
mit maszen zu necken und anzuregen. 25, 88 ; ein entschie-
den anregendes bad (das Pyrmonler). 31, 106; umgeben von
allem was mich früh zu den naturwissen'schaften angeregt
und gefördert hatte. 31, 137 ; einen schlafenden anregen (auf-
wecken, excilare). Häufig im 16. 17 jh. für anführen, beriüi-
ren, citieren, erwähnen: welche doch Tacitus obenhin anregt.
Frank tt'fWi. 22'; ettüch tragen mäntelin on hemdher, wie do-
ben angeregt ist. 214"; eben in vorangereglem krieg. Kirch-
hof wendicnm. 102'; denn von angeregter zahl fehlets nicht
weit. 119'; sasz neben angeregtem doctor einer seiner mit-
legaten. 133'; will ich euch bisz auf angeregte zeit gern bor-
gen. 193'; anno 1517 hat angeregter bapst Leo brief ausge-
schickt. 372'; wie sich in angeregten kriegssachen zu verhal-
ten. Reutter kricgsordn. vorr.; deswegen solche scliif auch
fast für diese angeregten gebraucht werden. Fronsp. kriegsb.
161' ; /
seit angeregten Zeilen
sind nrmnt, iippigkeii, betrug, gcwalt und streiten
und krankhoii und der tod gellogeii umb und an
(lureli alles. Opitz 1, 54;
bei den angeregten umständen. Kant s, 189 ; niemand zweifelt
iin dem angeregten erfolge. 8, 19t. s. beregen.
ANREGEN, h. incilatio, incilamenlum: und kam aus an-
regeji des geistes in den tempel. Luc. 2, 27 ; also ward den
fürsten kein antwort auf ir anregen. Luther 3, 129'; ich vcr-
mone dich zum übernüssigslen anregen. 143'; e. k. gn. ha-
llen mir antwort auf mein anregen, die pfarrhen allenthalben
zu vers<'lien. 170' ; das die lieben enget da sind und durch
inwendige anregen plötzlich einen rat oder sinn eingeben.
425*
ANREGER — AÄTIEITEN
ANREIZ — MRICHTE
426
407 ; dise schickten mr all in Hispaniam dem künig zu ansz
seinem anregen. Frank icellb. 223'; der nicht {nichts) kan
brauchen, das er nit mit seinem anregen {attaäu) besudel.
3, 125; da er aus des heiligen geists anregen (antrieb) eben
zu der zeit in den tempel kommen war. Ayrer proc. 2, 10.
ANREGER, m. incitator, motor: daher auch der heilig geist
heiszt paracletus, ein anreger, der do reizt und anhelt zum
guten. Li:ther auslegung der epistel. Witlenb. 1522 ß 2'; durch
öffentliche anreger und predigen Luther 3, 437*. br. 3, 229 ;
im Sprichwort, anreger genug, aber wenig arbeiten
A.NREG.NEN, appluere: es regnet an die eiae seile des
hauses an.
ANREGUNG, f. incitatio : so sol der profos ein standrecht
bestellen und anregung thun, dasz mit der scherf fortgefah-
ren werde. Reütter kriegsordn. 68 ; aus anregung. Garg. 235* ;
in allen fallen, wo der naturtrieb die erste anregung macht.
Schiller 1219 ; er (.Yapo/eon) gefällt sich zu bekennen, dasz
er dem weltgange eine frische anregung, eine neue richtung
gegeben habe. Göthe 49,91; wir wollen geliebt sein wo wir
anregung zur liebe haben. Bettixe tageb. 2, 103.
ANREIBEN, atlerere, affricare: eine semmel anreiben ; einem
rothe backen anreiben; einem die kratze anreiben; im hüt-
tenuerk, den goldschlich mit quecksilber anreiben.
ANREICH, »j., eine krankheit der pferde, die unter dem
folgenden itor/ beschrieben wird: ist aber der anreich alt.
Secter Tosarzn. s. 313. vgl. anrühren.
ANREICHEN, attingere, mhd. Bari. 111, 40, nnl. aanreiken. an
etwas reichen, angen,_ anbelangen: die zeit, welche dazu nicht
anreichet. Opitz Arg. 2, 256 ; unsere reise aber anreichend, wir
fielen ihnen vom himmel auf den hals. Lohenst. Arm. l, 606 ;
was der künftigen dinge vorbewust anreichet, weisz ich zwar.
1, 1352. anreichen oder sich anreichen bedeutet ein gehrechen
der Pferde : anraichen ist anders nichts als wann sich ein
pferd mit den hindern fiieszen in die vordem tritt oder
schlegt, welches ein gefahrlich ding. Secter rosarzn. 313; so
ein ros sich angereicht hett, nimm ein gut theil roten wein
und reib dem ros den schaden wol darmil. Tabers.\exonta-
NUS 13.
ANREICHERN, ditare, im hütleniaerk, wenn geringhaltiges
erz durch Zuschlag oder wiederholtes rösten reicher gemacht
wird. rgl. bereichem.
ANREICHEROFEN, m. der zum anreichern gebrauchte ofen.
ANREICHERSCHLACKE, f.
ANREICHERUNG, f. die besserung und reinigung des ge-
ringhaltigen erzes.
ANREICHLICH, n. das angereicherte erz.
ANREICHUNG, f. was anreich : so wasch die anreichnng
mit dem essig. Selter s. 317.
ANREIFEN, maturescere, heranreifen : anreifendes kom, obst ;
das alles war nichts als anreifen zur seligsten frucht der
hebe. Fr. Miller 1, 94; anreifende Vernunft.
ANHEIHEN, alligare, anneclere: perlen einem faden anrei-
hen, ringe einer schnür; die zwei jungen herzen wurden an
ein drittes angereiht. J. Paul Hesp. 3, 189 ; s\f h anreihen, an-
sehlieszen. in folgender stelle scheint angereiht so viel als
drohend, imminens:
mich diinkt, ich höre noch den zom der tollen wellen,
den grimm der wilden Hut, dasz mir die ohren gellen,
mir ist, als seh ich noch die angereihte noth,
die augeDblicklich euch gesamten schwur den tod.
FLK«i.>»r. 79.
oder ist es angereit = bereit, paralus ? er schrieb gern ht /ür L
ANREINEN, s. anrainen.
ANREISEN, anfallen, gegensatt von abreisen, abe risen.
s. anries.
ANREISEN, anlangen, ankommen, heran reisen, gegensatz
von abreisen. Stieler 1589: die allmählich angereisten ab-
geordneten. Dahliia;<x fr. rev. 190.
ANREISZEN, scindere incipere: ein papier, ein leug an-
reiszen, einreiszen, wenn der Jüdin ihr mann stirbt, reiszt sie
ein tuch an ; den rock, die schuhe anreiszen ; angerissen sein,
abgerissen, in abgenutzten kleidem gehn, man braucht es auch für
angetrunken sein; angerissene, zerbrochene schiffe. J. Pacl
Kampan. 65; einen häufen holz oder getraide, eine geldsuinmc
anreiszen, gewöhnlich anbrechen.
ANREiSZER, m. ein Werkzeug der goldschmiede.
ANREITEN, heranreiten, geritten kommen, nnl. aanrijden:
und die jungen kommen auf dein stocke
angeritten. Göki.ick 1, 218;
als sie lieb Willm und seine braut
anreitend ward gewahr. Herder 8, 16 ;
ich sah ihn heut früh auf einem scbimmel anreiten. Fr.
Müller 2, 66; im reiten anstoszen, an einen bäum, an die
mauer anreiten ; daher übel anreiten, übel ankommen, un-
terwegs anhalten: beim Wirtshaus anreiten, transitiv, ein
pferd anreiten, zureiten.
ANREIZ, m. instigatio, incitamentum : durch anreiz des teu-
feis. 11. Sachs; durch anreiz falscher rät. Braxt narrensch.;
aus anreiz. Lohenst. Ibr. 25; der anreiz zur bestimmung des
begehrens, concupiscentia. Käst; ach meine lippenl auf kei-
nen andern hab ich je diesen anreiz und dieses hinstreben
entdeckt. Thcxmel 3, 224.
ANREIZEN, instigare, allicere, art etwas reizen, anspornen:
die böse lust, die begier anreizen ; die gedanken zur sünde ;
wan mir ab der abgötterei,
damit man mich aureizet, grawet.
Weckherli.x 114;
was reizet uns zur hofTart an? der leute heuchelet,
die alles preisen was wir Ibun, es sei gleich wie es sei
LoGAC 3, 9, 67 ;
den alten Adam ich noch spür,
der mich anreizet für und für. kirchentied ;
so reizte mich doch deren vortreflichkeit an. Felsenb. 1, 239;
welche positur den wirt nebst den umbstehenden zu gleichem
gelächtere anreizete. unw. doct. 11; die ergibigkeit derselben
hatte etwas so anreizendes, dasz man täglich auf die Ver-
vollkommnung dieses edlen zweiges der finanzen bedacht war.
WiELAXD 7, 82;
durch euer beispiel angereizt
bekehre sich, wer schon allinälich an der küste
des hagestolzeneilands kreuzt. Götter 1,177;
was für ein dämon reizt euch an,
des alten zwistes flammen anzublasen? Schiller.
ANREIZIG, incitans: also ist dem magen auch, so im
nun solche ding zustehnd, die ihm seltzam sind, widerwer-
tig, anreizig, so versucht ers in viel weg, '.vie es darumb
stand. Paracelscs 1, 53S'.
ANREIZLICH, dasselbe: beiwonung der personen, die im
anreizlich sind. Keisersb. 7 schw.; das anreizlich fleisch kc-
stigen. post. 1, 13.
ANREIZUNG, f. instigatio: anreizung zur raanheit. Kirch-
hof mil. disc. 74 ; des anwesenden höchstgeehrten frawenzim-
mers süszc anreizung. Weckuerlix 867; alle begierden und
sinnlichen anrcizungen. Kaxt 4, SC.
ANREKELN, segniter accumbere. Wielaxd hatte Mercken
antheil an recensionen übertragen und schreibt ihm : dasz icii
mich nun so mit völliger hingebung an sie anrekcle. Merck
I, 86. vgl. sich hinflegeln.
ANRENNEN, incunere, aggredi, ahd. anarennan (Graff 2,
51S), mhd. ane rennen, eigentlich transitiv: und rennet die
feinde wiederamb an und schlug sie in die flucht. 1 Macc.
II, 72; darnach ward Landsberg angerennet. Micrälics
5, 289;
wir theten sie firölich anrennen
auf einer beiden, die ist breit. Soltac 417;
ist jemand angerent? — schaut meine wunden an.
Grtphiis 1, 73 ;
das ruszvolk strebt den wilden häufen anzurennen.
Günther;
ob mich gleich viel trflbsal angerennet. Opitz;
an irgend einen bäum die nase anzurennen.
WiELAXD 9, 235 ;
voraus sich nun leicht, wie beim einfachen rennen, intransi-
livbedeutung entfaltete, anrennen = anlaufen :
ich bin gar oft ferennei an,
wile ich disz scbif gezimbert han.
Braut narrensch. 273 ;
und jeder freund kam angerannt. Hagedorn 2, 30;
man rennt wol öfters an,
und wer viel drüber sinnt, ist noch weit übler dran.
Göthe 7, 75;
der barsche jüngling, dessen stolze Offenheit so oft gegen den
verdeckten hofstolz anrennte. J. Paul Tit. 3, 185.
ANRICHTBANK, f. s. das folgende.
• ANRICHTE, f. mensa instnictoria coquorum, lisch oder bank,
worauf die speisen, vor dem auftragen, angerichtet werden,
platz in der küche, wo man leicht zu eszwaaren kommen und
davon naschtn kann, nnl. aanrcchtbank, aanrechttafel, niederd.
427
ANRICHTEIN
ANRICHTEN
■428
ricUtebaok ; engl, dressboard. schon der nibelungische küchen-
tneister hat seine anrihte (ahd. anarihta?), denn im Hede
von Bilerolf und Dietlicb heiszt es 12016 :
eg niüese im vil iibele gczemen,
dem Hiinolt schände da den win,
lind dem zer anrihic sin
Riimolt gab die braten.
Fischart Garg. 8l' unter andern Wirtshäusern nennt auch eins,
das zur anrieht hiesz, in allen alten kochbüchern und kü-
chenmcislereien wird das wort zu suchen sein: streu ingbcr
an der anrieht darauf und gibs hin lautet die formet oß.
steht ferner bei G. F. Messersciimid von des esels adel. Straszb.
1617 s. 125. bemerkt ich erst wie architektonisch klug anrichte,
gossenstein, topf- und telierbreter angebracht seien. Götiie
30, 111 ; in der nähe der küehe, der Speisekammer, der an-
richten. 39, 103 ; schlimmer als der speisedampf von mön-
chischer anrichte. 39, 108.
ANRICHTEN, appararc, inslrucre, nnl. aanrechfen, und
hauptsächlich wieder die fertig gekochten speisen auf schusseln
und teller anrichten, aus den tupfen nehmen und ordnen, da-
mit sie aufgetragen werden können, gleichsam hafen und pfanne
an die Schüssel richten, wie gerade Nib. 720, 1 gesagt tvird,
dasz Römolt seine unterthanen, nemlich kessel, haven und
pfannen rihtet, (Lacumanns interpunclion und auslegung ist
verwerflich), riierej denne mit eiertotern und strauvve würze
doröf, so manj anrihten wil. von guter sp. s. 25; dasz man
im dreimal pfeffer anrieht. Fischart Garj. 249';
ich wolt gern mit den zenn dan zu,
so wil der koch nit richten on. H. Sachs 1, 27";
geh Hanna, rieht das essen an. 1,34';
es wird der koch gleich richten an. I(. 4, 1";
das essen ist schier angericht. ScanzLZL hochz. 16';
gott hat sein gnadenmaiil vorlängst anrichten lassen.
Crtpuius 2, 411 ;
man hats lang gekocht, hats nur nicht können anrichten.
Lehmann 25; hab ich dem butterkopf nicht neulieh, da er
sich so malade anstellte, einen eignen braten anrichten müs-
sen? Tieck3, 52; es ist immer noch nicht angerichtet, meine
frau läszt heute so spät anrichten ; dem kranken wurde be-
sonders angerichtet, vgl. franz. dresser le buffet, und dres-
ser ist aus directiare, directare.
Gleich der speise und den topfen wurden aber noch andere-
dinge sinnlich angeordnet und gerichtet, z. b. holzstOsze. Götue
21, 54 sagt vom kohlenmeiler : wie verfahrt man, um ihn an-
zurichten? man stellt scheite an und übereinander; der Zim-
mermann richtet das holz an. H. Sachs braucht sieh an-
richten für sich anlegen, ankleiden:
stund auf und mich anrieht. II. 1,2';
ich kan wol anrichten mein karren.
fastn. sp. 118, 20, ■
ich kann meine sache zurecht bringen, ein gastmal anrichten
heiszt es anstellen, halten: wenn sie banket, fullerei und
prassen tag vor tag anrichten. Kirchhof wendunm. 50'; er
hat für, ein wolleben anzurichten. AmserisS; ein gräblin
darbei anzurichten. Fischart bienenk. 242*; die schifl'e anrich-
ten. Opitz 1, 545.
Hier folgen nun auch zahlreiche beispiele für den abstrac-
ten gebrauch: das volk anrichten und anwiscn. Keisersb. posl.
1, 17; durch ein geschwetz, damit er sie fein wolt anrichten.
2 Mos. 32, 25 ; von seinem bund, den er anrichtet. 2 kön. 15,
15; das Hosea einen bund anrichtet. 17,4; seine zungcn rieht
mühe und erbeit an. ps. 10,1; der hcrr sitzt eine Sintflut an-
zurichten. 29, 10; richtet hadder an. spr. Sal. 6,14; wer mit
äugen winket, wird mühe anrichten. 10, 10; ein heuchelmaul
richtet verderben an. 26, 28; das er hcuchclei anrichte. Es.
82, 6; recht und gerechtigkeit anrichten auf erden. Jer. 33,
15; zu der zeit wird der herr ein grosz getümmel unter inen
anrichten. Zach. 14, 13; richte nicht aufrur an in der Stadt.
Sir. 7, 7; richteten eine aufrur in der Stadt an. aposl. gcsch.
17, 5; richteten eine Verbitterung an. Hehr. 3, 16; ich wolt
still schweigen, zufrieden sein und gerne zugeben und hel-
fen, das bessers und ehristliehers aus der heil, schrifl gcle-
rct und angerichtet möcht werden. Luther 1, 340'; ich hab
dich in Creta gelassen, das du sollest vollend anrichten, da
ichs gelassen hab. 2, 151'; denn wir, die wir mitten in So-
doma und Gomorra und ßabylonia woncn, nicht sehen, wie
wir möchten ein solchen feinen, züchtigen wandcl auswendig
anrichten. 2, 23l'; darumb richtet er inünch und pfaffen an,
das die schreien. 2, 360'; ist hülfe und rat, das man die
werk kan anrichten, wo des glaubens lere fest und rein
bleibt. 3, 36; das beweiset auch die that, das sie gützen-
dienste haben angericht. 3,42'; das sie aufrur anrichten, rau-
ben und plündern. 3, 124"; bis er das königreich Israel wi-
der aufgerieht und angericht. 3, 198'; so wird niinerinehr
kein eateehismus angericht werden, es kerne denn -dazu, das
man eine sonderliche gemeine anrichtet. 3,279; eine solche
feine herliche schule zu stiften und anzurichten. 5, 171' ; schu-
len und pfarrhen anzurichten. 5,172'; gleichwie auch in welt-
lichem reich nicht genug ist ein regiment anrichten, sondern
gehört auch dazu, das ers erhalte. 6, 1-29' ; das Christus komen
ist und sein reich in der weit angerichtet hat. 6, 246' ; darnach
er gewislich auch dermaszen sein thun und lassen wird an-
richten. Alberus 2; darum hat es gott gefallen, durch Chri-
stum ein verkürzt wort anzurichten. Frank wellb. 123"; weit
man mir die schul vertruwen, die anzurichten und regieren.
Tn. Plater 101 ;
viel böse practik si erdichten,
selb über einander anrichten. II. Sachs 1, 350';
mit ir ich ein solichen schimpf anrieht.
fastn. sp. 859, 4 ;
das er durch gute leut ein christliche und berümpte schule
hie hat anrichten lassen. Mathesius 1'; mögt ir es leiden,
so wil ich ein fein fasznaehtspiel mit diesem öden künden
anrichten. Wickram rollw. 85'; dasz er sich sonder zweifei
unterstehen werde allerlei mutwillige handlungen anzurich-
ten. ScHWEiNicHEN 1, x ; der richtet in der statt allen hader
und Unwillen an. Kirchhof wendunm. 224'; dasz unsere Ru-
gianer ein newcs Rugenland und reich hätten angerichtet.
MicRÄLiüs 1, 89; das auch die Sachsen ein gesefz anrichteten.
2, 151 ; und hat den christlichen glauben überall angerichtet.
2,240; sein studieren anrichten. Fischart Gar^. 172';
die schand, die sie selbs angerichtet. Weckhebl. 141;
die fahlen melden uns, dasz Cyhele der löwen grim und wut
zu dem zug des wagens angerichtet. 674;
der fried ist nun gemacht, die einigkeit verjilTichtet,
die treu ist nun veiknüplt, die freundschalt angerichtet.
LoGAU 1, 3, 44 ;
wenn feuer umb ihn her wird eiwan angericht. 1, 70;
dieses richtet frieden an. 1, 6, 65 ;
was ist die mode für ein ding? wer kennt sie von gesiebt?
ich weisz nicht, wer sie kennen kan, sie ist ja angericht
nie morgen, wie sie heute war. 3,5,62;
so hab ich meine feldgüter nach vermögen angerichtet. Chr.
Weise erzn. 67 ; bergwerke anrichten. Mascou 1, 110; die mauern
und thürme wieder anzurichten. 2, 31; den sitz des gothi-
sehen rciehs wieder anzurichten. 2,120; die Stadt wieder. an-
zurichten. 2, 121; liesz die bürg daselbst wieder anrichten.
2, 121; richtete den gottesdienst in ihrer spräche an. 2,220;
Carolus magnus hat hin und wieder schulen gestiftet oder
dieselbe anzurichten befohlen. Hahn 1, 17 ; bischof Hilto rich-
tet ein capitul zu Weihenstephen an. 1, 167 ; ein königreich
anrichten. 1, 216; Henricus, auf den muth seiner ncuange-
riehteten regulierten miliz sich verlassend. 2, 27 ; die mark
Istrien anrichten! 2, 35 ; das alte crzstift Lorch wieder an-
richten. 2, 86 ; vorhaben der Römer den patriciat anzurichten.
3, 205 ; verbot neue mönchsorden anzurichten. 4, 90.
In den meisten dieser fälle ist das untadelhaft gebrauchte
anrichten yleichwol heule vei-allet und wird durch die verwand-
ten einrichten, aufrichten, errichten, anlegen, anstellen, an-
ordnen, stiften vertreten, es bleibt fast nur, wenn etwas wi-
derwärtiges oder schlimmes bezeichnet werden soll: was hast
du alles angerichtet? etwas schönes, ein unheil anrichten,
groszen schaden anrichten, die seuche, der krieg richtet
grosze Verheerung an; auf immer sollte derjenige die beloh-
nung der republik entbehren, der ein wort aufbringt, das
nur ein jähr und nur in einer Wissenschaft Verwirrung an-
richtet. Klopst. 12, 95 ;
das ärgste was Ovid uns angedichtet
ist ärger nicht als was wir aiigerichfot. Wieland 5. 193;
sie muste dem bilde der schönen Aruja, welches allen die-
sen unfug in der fantasie sr. hoheit anrichtete, eine andere
Schönheit entgegen stellen. 8,448; händel anrichten, Verwir-
rung, aufruhr. selten in gutem sinn: ich werde damit eine
grosze freudc anrichten, man kann sich bei vielen dieser
abgezognen anwendungen einbilden, dasz sie von einem sinn-
lichen anrichten der speise ausgegangen sind, Unglück anrich-
ten = es auftischen, als gericht vorsetzen.
429
ANRICHTER — AiXRLCHIG
ANRÜCHTIG — ANRUFEN
430
ANRICHTER, m^ in der küehe ein groszer löffel zum schöpfen
aus den liäfen; im hültenwerk, der das melall probierende
Schichtmeister, ahslract, instruclor, inslitutor: stirbt ein fürst
und kuir.pt ein anderer anrichter des glaubens. Frank v:ellh.
37'; also ist Christus ein end und ein anfang des gesetzs,
ein aufhcber und anricliter. 124".
ANHICHTIG, agilis, habilis: und zwar war unser jungfraw
so geschcflig und anrichtig, dasz sie jedem wüst arbeit ge-
nug zu geben. Asdbe.\e chym. hochz. 1, lOS.
ANRICHTLOCH, n. in der stubenicand, wodurch die spei-
sen gereicht werden.
ANRICHTLÖFFEL, m., jüngeres vcorl anstatt anrichter.
ANRICHTSCHÜSSEL, f.: als welches (mädchen) gleich
eine anrichteschüssel voll gesalzenen hecht auf den tisch trug.
maula/fe 9.
ANUICHTTISCH, m. was anrichtbank.
ANRICHTLNG, f. instilulio: anrichtung dreier öffentlichen
hauptschalen. H.\hx l, 95.
ANRIECHEN, ex odore agnoscere, tentare, dann auch, odore
inftcere, movere: der hund riecht alles an, schnüffelt an; man
riechts ihm an, dasz er trinkt ; man riecht es ihr an, wo sie
grosz geworden ist ; denn ich habs etwa auch ein wenig an-
gerochen {tenliert). Luther 1,149*;
betastet sarg und wände und riecht den schädel an.
GÜMHER lOSö;
das ncnbackene brot riecht mich gut an; der käse riecht
mich stark an. s. anduften, anstinken.
ANRIES, n. das einem über den zäun auf seinen gnind
fallende obst, was an einen riset, gerisen ist, gegensalz von
abries : welcher dem andern sin anris wider «inen willen
nimt, da ist die buosz fünf Schilling pfening. weislh. 1, 223.
Zellwegers appenz. urk. n' 459 s. 394. Touler 365*. Stai.d.
2, 270, der das worl männlich, doch abries neutral ansetzt,
vgl. Bi.cNTScnn Zürch. rechlsg. 2, 101. 102.
ANRINGELN, circulo, orbiculo affigere.
A.NHINGEN, luctari, anstreben, ankämpfen:
unmutsvoll dann trägt er sein losz, anrinsendes geisies.
Voss Od. IS, 135 ;
ob auch rerkeanende
dort anringen. Voss 3, 200.
ANRINNEN, afßuere: ein gewundner strausz rann im bäcli-
lein an. mhd. schön: die zähere in anerunnen, die zähren
liefen ihn an, flössen an ihn. fundgr. 2, 66.
ANRITT, m. accessus. incursio equitis, nnl. aanrid : er wun-
det in den ersten anritt, beim ersten anritt; pfalzgrof Con-
rad bat den keiser, dasz er im gestatt, den ersten anritt
flugs zu tlrun. Jac. Vocei. ungr. schlacht. 1026 s. 5«. heute,
die ankunfl zu pferde. anrittgeld. KiRcnH. disc. mil. 53.
ANRITZEN, pauxillum scindere: die haut anritzen: den
bäum anritzen. ,
ANROLLE.N, heranrollen, nnl. aanrollen: der anrollende
donner; die anrollende kugel;
da kommt ein muschelwagen auf leichten rädern angerollt.
WlF.LA.XD.
weidmännisch, anbellen, die bunde rollen das wild an, fah-
ren es an, oder verfolgen es nicht? dies anrollen hal wol
andern Ursprung als das erste.
ANROSTE.N, aerugine tangi: das Schwert rostet an, ist an-
gerostet ; der ring ist angerostet.
ANROTH, subruber, röthlich, böhm. näcerweny, nacerwenal^.
ANRoTHEN, subrubere: die.traube rotliet schon an.
ANRUTHE.N, Ifviler rubefacere : häb kais. maj. darauf von
solchem ihrem begehren mit nichte stehen wollen und sich
darob etwas angeröt und erhitzt. Kre>z ie» Melancht«. 1, 107;
also dasz ich mich im angesicht anröthete. Simpl. 2, 212;
dasz der llusz von dem blute der erschlagenen angcröthet
ward. LoiiENST. Arm. 1. 896 ; in welchem gefocbte Augtist mit
seinen . . wunden selbigen ström und ihm zugleich seine
ehrenfahn annithete. 1, 1043.
ANRÜCHIG, subolens, male olens, levis notae maculam in-
currens, der anriecht:
wo sie aber Tünden ein ladel,
da« einer wer an ehren rüchic.
ein rauber oder kirchenbrüchig. H. .Sach» 1, 3.50'.
die gewöhnliche form ist anriicktig, obgleich heute anrüchig
vorgezogen wird, ein anrüchiger mensch; keine fremdlinge
und anrüchige menschen in ihren familien zuzulassen. Tiec»
nr'V. 8, 85. dies anrüchig Idszl sich nicht von geriicht =
gerüeft ableiten, es sei denn verderbt aus anrüchtig. s. das
folgende.
ANRÜCHTIG, leviter notatus, tnfamis, lurpis: anriichtige
und bescholtene leute, schaltbar und anrüchtig werden, gl.
zu Ssp. 1, 39, das rechtsbuch selbst enthält den ausdruck nicht,
vgl. BcDDE über rechtlosigkeit. Bonn 1S42 s. 14S. 149; dann da
sind sieben kinder mit vater und mutter verstoszen und müs-
sen dazu anrüchtig und untüchtig vor jederman sein, dazu
gar zu betlern werden. Lltbers br. 5, 30; wenn man buben
fodst . . und anrüchtige leut greifen das erz an. Mathesils
38* ; er soll für einen Wucherer und anrücbligen gehalten
werden. Scheplitz in constit. marchicam ; dieser hcrliclie Vor-
schlag gefiel diesem anrüchtigen monstro. ehe eines weibesiSl.
dies anrüchtig kann nun freilich auf geriicht bezogen werden
und einen beschrienen, der in übelem ruf oder leumund steht
bezeichnen, gleich passend wäre der in üblem geruch steht,
mehr unter berüchtigt und gerücht.
ANRÜCHTIGKEIT, f. levis nolae macula.
ANRUCK, m. accessio, assultus: der erst anruck. Keisersb.
has im pf. s. anrucks und ruck.
ANRUCKEN, sp. arrullar, franz. roucouler, sonst auch ru-
ckern, rucksen, vom girren der tauben geltend:
da kommt routwillig durch die myrtenäsie
daher gerauscht ein tauhenjiaar,
läszt sich herab und wandelt nickend
über goldnen sand am bach
und rukt einander an. Göthk 2, 77.
vgl. ruckediguck. dem folgenden worte ganz unverwandt.
ANRÜCKEN, admovere, nnl. aanrukken, accedere, anmar-
schieren : der feind rückt an, ist angerückt, der sommcr rückt
an ; deine todesstunde wird bald anriicken ; weil der mittag
anrückte (heran rückte), unw. doct. 133; rücke nur näher an!
dann auch transitiv, den tisch anrücken, an die wand; den
stul anrücken, an den tisch; die füsze anrücken, an einen
andern, das intransitivum läszt sich aus weglassung eines
solchen acc. erklären.
ANRUCKS, adv. e vestigio: der gaist ist anrucks hinweg
geflogen. Keisersb. has im pf; nun flogst du anrucks. post.
3, 12; es were dann, dasz ich den hercn für uch hett ge-
betten, so wolt ich uch anrucks zugefügt haben, dasz. 3, 20.
A.NRUDERN, adremigare, nnl. aanroeijen: ans land anru-
dern ; an einen bäum anrudern ; sie kommen angerudert.
ANRUF, m. invocatio, acclamalio, zuruf: anruf der gütter;
doch nun in dem anruf inniger rührung
seid mir gegrQszt. Voss Od. 13, 355.
ANRUFEN, invocare, nnl. aanrocpen: richtet daselbs einen
altar zu und rief an den namen des starken gottes. 1 Mos.
33, 20 ; und rief in an, das sie im auch nachfolgeten. rieht.
6, 35; da in aber seer dürstet, rief er den herrn an. 1.5. 18;
der dem vieh sein futter gibt, und den jungen raben, die in
anrufen, ps. 147, 9 ; und steinigten Stephanum, der anrief und
sprach, apost. gesch. 7, 59 ; da man die liebe mutter Maria
an seine statt gesetzt und als eine mitlcrin angeruft zwischen
im und uns. Lcther 6, 7t"; es sollen die heiligen Tür sich
sclbs nicht angeruft werden in keinen weg. 6.329'; der könig
von Bühem zohe für Wien und licsz einen frid anriifen.
Frank cAron. 209'; das er gott anrufle. Fischart 6>>nen&-. 139*;
den liirel rfien gar mancher an,
das er der krankheil mucht engan.
I Bra:^t naiTensch. 146;
die thrnnen ruf ich zeugen an,
damit ich dich nicht zwingen kan,
die thränen, so ich dir zu schand
hier lass als meiner liebe pfand.
Opitz 2, 169;
ich ruf euch zeugen an,
ihr grimmen götter ihr. I, 230;
hatte gütt um unsere glückliche zurückkunft angeruft. Felsenb.
I, 29t ; den beistand der gesetze anrufen. Gotter 3, 89. Kti.x-
GER 1, 469. auch adcocare, heranrufen :
ein Winzer der am tode lag.
rief seine kinder an und sprach. Bl'ar.F.R "7' ;
und für ausrufen, recitare: eben jetzt ruft der nachtwäcbtcr
zwei an. Schiller 137. Beides aber, starke und schwache form
sind schon in der älteren spräche gerechtfertigt, Litiier scheint
jene zuletzt ßr die bibel zu behaupten, mehr bei rufen.
ANRUFEN, n. invocatio:
dann strafts die oberkeit schon wol
auf anrufen so balden nicht,
«ooder eiwan durch die flnger sieht. Atrcr 189*;
431
ANRUFER — ANRÜHREN
ANRÜHREN — ANSAGEN
432
der dichter weissagt, dasz graben und mauer nicht mehr
schützen sollen, weil sie übereilt, ohne anrufen der götter,
erbaut worden. Göthe.
ANRUFER, wi. invocalor: darumb heiszt er noch hcutes
tags des anrüfers brun, der im kinbacken ward (vulg. fons
invocantis de maxilla). rieht. 15, 9.
ANRUFUNG, f. invocalio, appeüalio : gericht, von dessen
ausspräche keine anrufung stattfindet. Gotter 3, 371. anru-
fung gottes, der heiligen.
AMtÜGEN, accusarc, deferre: da er einen muttermord an-
rüget. Hippel lebensl. 2, 306.
ANRÜHMEN, collaudarc, anpreisen: du rühmst mir verge-
bens das landleben an; wozu das anrühmen solcher waare?
wie prahlend rühmt er {der hase) mir der läufle Vorzug anl
Hagkdorn 2, 135;
liebhabcr, die des mädchens reizungen aus erfahrung anzu-
rühmcn wissen. Wieland l, 149.
ANRUHR, f. ausdruck der vogehlcllcr. s. rühr und anrühren.
ANRÜHREN , längere, aüingcre, nnl. aanroeren, an etwas
greifen, fassen, das ohr, die band anrühren ist gleichviel mit
an das ohr, an die band rühren, nur dass wir jenes mit dem
dat., dies mit dem acc. der person construieren : einem das
ohr anrühren , einen an das ohr rühren, die ahd. spräche
«lürde auch haben setzen dürfen : ih hruorta dih din öra ana,
dina hant ana. beispiele sinnlichen anrührens: rüret im seine
füsze an. 2 Mos. 4, 25 ; wer den berg anrüret, sol des tods
sterben. 19,12; keine band sol in anrüren. 10,13; wer ir aas
anrüret, wird unrein sein. 3 Mos. 14, 27 ; der eines todten bein
angerürct hat. 4 Mos. 19, 18 ; und sihe, eine band rürte mich
an. Dan. 10, 10; einer rüret meine lippen an. 10, 16; wenn
jemand heilig fleisch trüge in seines kleides geren und rürete
darnach mit seinem geren brot, gemüse, wein, öle an. Hag-
gai 2, 13 ; weicht, weicht, rüret nichts an ! klag!. 1er. 4, 15 ;
und baten in, das si nur seines klcidcs säum anrüreten.
Matlh. 14, 36; und er rüret sein or an und heilet in. Luc.
22, 51 ; das mich niemant an sol rücrn. fastn. sp. 401, 2 ;
der federbusch rührt oben an ; darumb sol das haus also
weit sein, dasz der spiesz {des zum dinghaus reitenden herrn)
nirgend anrüre. weislh. 2, 730; alle die der regen anrüret.
Pauli seh. «. ernst 70*; das rührt nicht an, reicht nicht hin;
mit einem zänglein, nicht der bloszen band anrühren. Leben-
dig aber gebraucht icnsre spräche nicht rühr an! n'y louche
pas, noii längere, um verbot, Saumseligkeit oder verschmähung
dargebotner gäbe auszudrücken : A. so wollen wir sie {die
Schafe) schlachten. W. nicht rühr an! wenn euch das leben
lieb ist. AnxlM schaub. 2, 248 ; noch ein tag w^ar ihm gestat-
tet seine arbeit zu tliun, aber nicht rühr an ! er liesz auch
ihn umsonst verstreichen ; die tochter sollte die stube auf-
räumen, ja, nicht rühr an! als die mutier heimkehrte, stand
noch alles wie vorher untereinander;
Nathan: mach, nimm weg,
trag deine siebensachen fori. Doja: Versucher,
nein waren es die ke$tbnri<eitcn auch
der ganzen well, nicht rühr an ! Lessing 2, 317,
sehr bezeichnend, iceil vom empfangenden theil das geschenk
musz berührt werden, der nicht anrührende es zurückweist.
ein kraut, die impatiens herba, noii me längere heiszt rühr-
michnichtan, nnl. kruidje roer mij niet, engl, touch me not,
sp. no quieras tocarme. in solchen formein und namen er-
hält sich das alte du, nur der Franzose sagt nc me touchez
pas. Einem anrühren, mit btoszein dat. der person, hiesz früher
einem geloben, man kann den acc. die liand oder vielleicht die
reliquien hinzu denken:
wolt ir mir beide des anrüren ? fasln, sp. 256, 6 ;
wer mir also wöll beigcstan
der .schol mir rrölicli rürcn an. 636, 27;
drumb so scliüll ir mirs iiit verübel linn,
ob icb euch {voliis) nit tliii rüren an. 637, 1 ;
bisz die tbeil an aids statt anriirn.
dasz sie das gar nicht wollii brechen. Avrer fustn. 48*.
den, der einen cid schwören sollte, forderte man mit den war-
ten auf: rülir an! und noch H. Sachs verbindet anrüren und
geloben ; allen Slaren hiesz der cid anrührung, böhm. piisaha,
po/n. przysicjga h. s. w.
Noth, übel, kranklicil rühren den menschen an :
uns hat kein übel noch nie angcrürl. fasln, np. 293,5;
Ihn rührte unsre nolh nicht an — ihm dank? Sciiillkr 540;
vergifte, anrürendc seuchc. Melanchtm. /lau/i/ar/. 96; aber auch
freuden und hofnungen : wenn dabei die prüchtigen klUngc
salatzeit, kirschcnzeil das herz anrühren. J.Paul flegelj. 1,27.
endlich heiszt anrühren blas: berühren, anführen, anregen, er-
wähnen:
(hl hast mein leid am höchsten angerührt. Opitz 1, 188;
weil wir auch solche erbare thaten kürzlich haben angerurt.
FiscHAUT bienenk. 217'; dasz er ein einigen zeugen anrüren
oder benennen könd. Ayrer proc. 2, 11.
In der küche ist melil anrühren, einrühren, mit wasser oder
milch mischen; eier anrühren, an die suppe rühren; den brei
anrühren, einrühren : ich weisz schon, wer den dummen brei
angerührt. Fr. Müller 2, 98. weidmännisch, da kommt der edel
hirsch einher, da hat er angerührt! auf dem vogelherd, an-
rühren, den vogcl an die rühr festigen, s. rühr und anruhr.
ANRÜHREN , n. ein gebrechen der pferde. anlaster z. 60.
s. vorhin anrührende seuche und anreich.
ANRÜHRIG, altingens: so genahet und anrürig. H. J. Velr.
Regensb. 1525. b4.
ANRÜHRLICH, altingens : es ist auch ein ding in der nähen
allwegen würklicher und anrürlichcr. Paracelsus 1, 927'.
ANRUMPELN, strependo accedere : ein alter karrn rumpelt an.
ANRUNZELN, caperando intueri:
unseliger geisl, was runzelst du mich an? Hüuger 276'.
ANRUPFEN, parumper vellere: der fuchs trägt das ange-
rupfte liulin mit sich fort.
ANRÜSTEN, instruere, inslituere, zurüslen, anrichten: denn
so ich nach frideh tracht, rüste'n sie einen krieg an. Zürcher
bibel ps: 119 ; Cham, ein sun Noah, hat das reich Rachiana-
rum angerüst, und (ist gewesen) erster anfanger mit gewall
zu herschcn. Frank chron. 212'.
ANRUNDEN, rotundare, zurunden,
ANRUTSCflEN, reptando accedere: ich werd nächstens bei
ihr angerutscht kommen. Rettine 1, 32; der verwundete bar
kommt angerutscht.
ANS , m. tignum, jugum, goth. ans, Soxöe, altn. äs, schw.
äs. dies uralte, auch mit einer bencnniing der götter {mylhol.
22) zusammenhängende und in viele mannsnamen iibergegangne
wort hat sich noch in Baiern und Tirol bewahrt, ans pl. ens
heiszen die balken der fässer. Lori Lechrain s. 140. Scnji. 1,
84. s. ansbaum.
ANS für an das, mhd. anj, anj ende Nib. 205, 2. anj ven-
sler Parz. 437, 19; mnl. ant, nnl. aant: kam ans fenster,
drückte ans herz, hielt ans liciit, nun gehts ans leben.
ANSÄRELN, parum secare, eingeschickt anhauen, anschnei'
den, anmurzeln.
ANSÄCKELN, anstecken, aufbewahren, an sich behalten : die
frawen haben auch gewalt sich des zu entschlahen und in
fremde art zu fallen, welcher arzt kau das alles ansecklen,
oder den verquenten bossen auf ein end kommen? Paracel-
sus Chirurg, sehr. 137*.
ANSACKEN, implerc saccum, sich ansacken, sich anfüllen.
einen ansacken, anpacken.
ANSÄEN , conserere, böhm. nasyti, nnl. aanzaaijen : den
acker ansäen;
Aurora sät die fliir mit perlen an. Pfeffel 1, 53.
den gcrbcrn, die feile ansäen, mit mehl bestreuen.
ANSAFTEN, humectare, anfeuchten.
ANSAGE, f. enuntiatio, afftrmatio, ahd. anasaga (Graff 6,
106), ags. onsagu : weil uns durch ansage der hochgelertsten
und geistlichsten leute, fürnemlich des geliebten sons, unsers
heiligen palasimagisters bewust ist. Luther l, lOl'; ein insel
U tausent welscher meil lang n^ich der einwaner ansag. Frank
wellb. 226';
und befindt (t)estäti(jt] sich die ansag dein,
so solst du frei und ledig st-in. Avhkr 72*;
sie licthewerten die warhcit ihrer ansage. Opitz Arg. 2, 379.
für ankündigung, indictio: als könig Waldemar ohne Warnung
und ansage das reiche Wisby angrif. Daiilm. dän. gesch. 2, 7.
ANSAGEN, edicerc , enunliarc, annuntiare, indiccre, nnl.
aanzoggcn, ahd. anasagcn. am einfachsten in der an boten
und diencr gerichteten imperativformel sag an! was meldest du?
dann- aber an jeden gegenwärtigen und mitredenden: sage an,
weist du solciis alles? Iliob 38,18; nu sag an. Judith 11, 3;
mcistcr sage an. Luc. 7,40; lieber Weidmann, sag mir an!
sag an, was halt ir von der seien? fastn. sp. 24, 1;
sag an, wo ist drin kümmertoin? Bürger t, 60;
wer sagt mir nn, wo Weinsberg liegt? DtiRGER.
sagt mir an, was schmunzelt Ihr? beginn einet liedes von Voss.
J
433
ANSAGEN— ANSATZ
ANSATZÜNG — ANSCHAU
434
Aber auch sonst häußg : da kam einer der entrannen war und |
sagets Äbram an. l Mos. 14, 13 ; die dirne lief und sagt solchs i
alles an. 24, 2S ; am dritten tage wards Laban angesagt, das |
Jacob Oöhe. 31, 22; Grünenwald gieng in des Fuckers haus,
liesz sich den herren ansagen. Wickram roUw. 6S ; dies Wun-
derwerk wird Mabomet angesageU pers. rosenlh. ', 20 ;
den söhn hiesz der herr gehn nahe vor,
dasz die muuer er sagt au oben in der engel chor.
LocAU 2, 47 ;
Pseudo leugt so treflich sehr, dasz ich ihm nicht glauben kan,
wann er da gleich, wann er leugt, dasz er lüge saget an.
3, 4, 21 ;
dem könig anzusagen,
wie seine königin mit ihrem schönen freund
die nachte braucht. Wielaxd 10, 279 :
so nöihigt ihn ein ding, noch leerer als sein magen,
sein beutel, sich beim marschall anzusagen. Gotter 1, 199;
0 weh I mein leiden sei gott angesagt. Tieck 13, 128.
eine hochzeit, kindtaufe ansagen, anmelden ; eine leiche ansagen,
zur leiche bitten; die uhr sagt an, kurz vor dem schlage hört
man, dasz sie gleich schlagen uerdc ; land ansagende vögei.
J. Paul Tit. 2, 49; zuckung des korkholzes, welche das an-
beiszen des fisches ansagt. 3, 121 ; Ökonomen wissen, dasz ab-
teien und maulwurfshügel frachtbares land ansagen, biogr. bei.
1, 156. sein Termögen ansagen, angeben, zur besleueruug. einen
wozu ansagen ßr einem entbieten, einem etwas ansagen, ist
gewagte ßgung : sollte eins (der drei reiche) angegriffen wer-
den , so kommen ihm die beiden andern, wenn sie dazu an-
gesagt sind, zu hülfe. Dahlx. ddn. gesch. 2, 73.
A.NSÄGEN, serrare ineipere: ein bret ansägen.
ANS.\GEU, m. delator, nuntius, nnl. aanzegger: diese neue
mere und der ansager haben mich ser und höchlich erfreuet.
Lliher 1,121'; da würdest du dem ansager antworten, bistu
thöricht? 8, 12S'; dem ansager und kuntschafter zweinzig
Schilling zu Ion. Frank weltb. 36*.
ANSALBEN, inungere: sich mit öl und wolgerach ansalben.
ANSALZEN, sale .condire, einsahen, auch ein wenig salzen,
die butter ist nur angesalzen, leicht gesalzen.
ANSÄMEN, besamen, ansäen: schon der tausendste theil
des jährlich gereiften waldsamens ist hinreichend einen neuen
wald anzusämen.
ANSAMMELN, colligere, anhäufen : das wasser sammelt sich
an, ftieszt nicht ab; eine zwölf monate nach des mannes tQd
kindes entbundne witwe meinte: das hat sich noch vom seli-
gen manne her angesammelt, ist noch altes sammelsuriwn.
ANSANDEN, sabulum aspergere, nnl. aanzanden.
ANSANDUNG, f. nnl. aanzanding. die ansandung der canäle.
A.NSÄNFTIGEN, mitigare :.ic]i wollte deinen zorn ansänfligen.
ANSANG, m. aduslio, mhd. äsanc Tit. 91, 2, rgl. awsang
bei Obeblis 82.
IlSüKSZIG, fundumpossidens, angesessen, figürlich, wenader
fürst auf dem paradebett ansäszig wird. J. Paul teuf. pap. 1, 102.
ANSÄSZIGKEIT, f
ANS.\TZ, m. admotio, appositio, in mehrfachen bedeutungen
des ansetzens, anlegens. bei blasinstrumenten, er hat einen
guten ansatz, setzt seine lippen ansclilieszend an das mund-
ttück. beim springen, er nimmt den ansatz zu kurz, davon
auf kriegerischen angrif angewandt, der erste ansatz war der
heftigste, vorzüglich von dem was sich duszerlich oder inner-
lich im menschen ansetzt, von anläge, lügenden, krankheiten
und gebrechen : ansatz des fettes, von fett ; ansatz von Schwind-
sucht, sich festsetzende Schwindsucht: der geldbeulel bekam
nach und nach den stärksten ansatz von Schwindsucht. Fel-
tenb. 2, 191; ein ansatz zur zweiten leber {sehwangerschaß).
irrg. der liebe 356; und da kriegt ich den ansatz (von dickem
backen). Göthe an fr. v. Stein 1,113; Ernstens husten beun-
ruhigt mich, sorge doch auch für Fritzen, der auch einen
ansatz hat. 2, 87 ; Plato, der bei aller erhabenheit seiner
grandsälze einen kleinen ansatz zum hofmanne hatte. Wie-
U!iD 2, 308 ; wie du siehst, Agathon, hatte die junge Myris
einen feinen ansatz zu eben dieser schönen Schwärmerei. 3,
254; ein glücklicher ansatz zu einem guten manne. Lessinc
1, 345 ; er hat allen ansatz zu einem liiderlichen menschen.
1, 473 ; dasz er einen so herrlichen ansatz zum scbelinen hat.
Schiller läS; aber leider darf ich wenig hoffen, diese feld-
züge mehr als erträglich darzustellen, so gern ichs für mich
wünschte, da eine solche darstellung allerdings einigen an-
satz in mir zum gencral hoffen liesze. J. Paul äoppelheerschau
1>7. In manchen andern fällen keitzt ansatz das angesetzte.
sich ansetzende stück, knochenansatz, die epiphysis, ansatz an
der thürangel, an der kanone ; ansatz auf der rechnung, über-
haupt ansatz, annähme, richtiger, falscher ansatz. einen an-
satz, neuen ansatz, anlatif nehmen: der könig, über die erste
niederlage empfindlich, wagte einen neuen ansatz. Hahn 3, 7.
ANSATZL'NG, f. statutum, Satzung: ja warlich, wir haben
leider mit unsern äugen gesehen und gelesen viel und manch-
feltige irrthum, etliche durch concilien und ansatzung unse-
rer vorfaren verdampt. Lcther 1, 256'.
ANSAUEN, polluere, inquinare.
ANSAUER, subacidus, säuerlich, hihm. nakysly.
ANS.\ÜERLICH, acidulus : mein valer hatte einen kleinen
beigeschmack, er war etwas ansauerlich. A. W. Schlegel im
kaufm. V. Venedig 2, 2.
ANSÄUERN, subacescere, sauer werden. Stieler 1697 ansauren.
ANSÄUERN, acidum reddere, nnl. aanzuren : den teig an-
säuern, wasser ansäuern mit citronensaß.
ANSAUFEN, polare, perpotare:
und thut darnach fein widerkommen
setzt sich zu tisch, seult wider au.
Ri:<GWALD laut. warh. s. 63;
Udus seufl den ganzen tag, wenn er drüber wird besprochen,
spricht er, einen halben tag hab ich mich am durst gerochen,
drauf den andern halben tag pUeg ich zu tof anzusaufen,
wann mich ja des durstes trotz wolte wieder überlaufen.
LoGAU 3, zugäbe, 86;
man sof sie (die Weisheit) mit zwölf gläsern au.
GCXTHKR 163;
sich ansaufen, voll saufen.
ANSAUGEN, assugere: der blutigel halfest angesogen, hat
sich angesogen; das kind saugt an;
nicht zu liebeln leis mit augeo,
sondern fest uns anzusaugen
an gelieble lippen. Göthe 1,140;
Viktor sog sich mit laubfroschfüszen an jedes blumenblatt der
freude an. J. Pacl Hesp. 1, 133 ; die Apollos und Venusgestal-
ten, denen sich mein äuge ansaugt, uns. löge 3, 153.
ANSÄUMEN, praesuere: ein halstuch ansäumen.
ANSÄUSELN, leniler affiare:
mich säusehs an wie geistergetön. Voss.
ANSAUSEN, cum strepiiu afflare: der wind saust uns an.
ANSB.\UM, m. asser jugalis, bair. ensbaum. Schmeller 1,
84 ; gemarkt ensbaum. weisth. 3, 739.
ANSCHABE.N, arradere: den käse anschaben.
ANSCHAFFEN, increare, anerschaffen:
dasz er nach so vielen Jahrhunderten seit der erschalTung
in der herlicbkeit strahle, die ihm der donnerer anschuf.
Klopst. Hess. 2, 242 ;
damals besprachen sie sich mit angeschafner enizückung
untereinander. 2,650;
mit der leisen bewegung der uikraft,
wie in dem bimmel sie gott anschuf. 16, 449 ;
die allmächtige band, die ihr anstand und grazie anschuf.
Herder 1, 33. s. anscböpfen.
ANSCHAFFEN, apparare, parare, nnl, aanschaffen : kleider,
schuhe, geld, bücher anschaffen, zumal mit persönlichem dat. :
die frau will sich alle wochen ein neues kleid anschaffen ; er
hat sich schöne bücher angeschaft ; er soll sich einen schätz,
etwas liebes angeschaft haben ; du must dir geduld, mehr
gemütsruhe anschaffen, vgl. abschaffen, früher auch ßr in-
stituere, anstißen: dasz ja kein schein hätte, als durch euch
angeschaft. Lctber br. 4,523;
Deutschen haben zwo naturen, dann die moHe schaffet an,
dasz man, was man gleich nicht wäre, durch die mode werden kan.
LoGAU 3, 10, 84.
ANSCHAFFER, m. oeeonomus, dispensator, schafner: item
Pharao gebot auch seinen bawmeistern oder anschaffera, das
si den Israeliten die speis mindern sollen. Frank ehren. 43".
ANSCHAFFUNG,/, apparatus, institutio : anscbaffung der klei-
der, des geldes; also wurd dis ganz land aus anscbaffung Lycurgi
in neun und dreiszig mal tausent teil geteilt. Frank weltb. 84*.
ANSCHÄFTEN, adaptare scapos : Stiefel anschäften, eisen
anschäften. Stieler 1716. tgl. anschiften.
ANSCHÄLEN, parum deglubere: bäume, üpfel anschälen.
ANSCHALMEN, arburem signare, anlaschen.
ANSCHÄHFEN, praeacuere. Stieler 1736.
ANSCHARREN, affricare: die hüner scharren den sand an.
ANSCHAU, m. aspectus, Melisscs in den psatmen Fl* ge-
braucht das wort männlich und auch bei Schneller 3, 303 be-
gegnet der schau, doch fordert die analogie von schau und heer-
28
435
ANSCHAUBAR — ANSCHAUEN
ANSCHAUEN — ANSCHEIN
436
schau ein f., wozu das mhd. schouwe und anescLouwc stim-
men, aber das nnl. aanschouw ist m.
diu rose ist in dem toiiwe
ein lielitiu aneschouwe. Geo. 4027;
fiöuwc dich der aneschouwe,
die du in dem himel hast. 43S5;
in solher schoener anschaw. Ottoc. 175'.
dies schöne worl sollte neu eingeübt und als sinnlichci' begrif
dem abgezognen anschauung zur seile gestellt urrden.
ANSCHAUBAR, aspeclabiUs: wenn dies werk an sich und
in. allen seinen folgen anschaubar gemacht. Herder.
ANSCHAUBARKEIT, f.: dasz man die gesammte Sinnlich-
keit begreifen lerne als blosze anschaubarkeit des übersinn-
lichen. Fichte ihats. des bewusts. 116; das leben ist die an-
schaubarkeit, die erscheinung des endzwccks. 172 ; das rein in-
tellectuelle oder denkbare ist also durchaus nicht anschaubar
und sein Charakter besteht eben in der nichtanschaubarkeit.
nachg. werke 1, 455.
ANSCHAUEN, aspicere, contemplari, inlueri, ahd. anascou-
wön (Graff 6, 554), mhd. ancschouwen, nnl. aanschouwen,
ansehen, betrachten : schaue mich recht an, sich mich an, be-
trachte mich! doch ist anschauen feierlicher, inniger als an-
sehen, sinnlicher ah betrachten, und diesem vorausgehend, erst
wird angeschaut, dann länger betrachtet, aber auch die Sachen
schauen uns an, blicken uns entgegen : die wiese schaute mich
freundlich an;
des morgens in dem tawc
die megdlein grasen gnn,
gar lieblich sie (eas) anschnwen
die schöne blümlein schon. Ambras. Ib. 18, 6;
wie uns die blumen anlachen, meistentlieils geht anschauen
auf den schauenden menschen: und das weih schawet an, das
von dem bawm gut zu essen were. 1 Mos. 3, 6 ; und Mose
verhüllet" sein angesicht, denn er furchte sich gott anzuscha-
wen. 2 Mos. 3, 6; schaw gen himel und sihe und schaw an
die wölken, lliob 35, 5 ; gehet er aus und schawet an. hohel.
Sa/. 3, 11; und da si sähe Petrum sich wärmen, schawet si
in an und sprach. Marc. 14, (»7 ; wiewol uns dassclbig lecher-
lich anschawet (voikommt, erscheint). Paracelsus 1,117';
demnach du nu, mein got, mein leid und meine reu
anscliawend mein gebet barmherziglich erhöret. Wecku. 124;
ich wollte wünschen, dasz sie ein anschauendes erkentnis da-
von hätten. Gellert; zusammengesetzt hingegen ist die fabel,
wenn die Wahrheit, die sie uns anschauend zu erkennen gibt,
auf einen wirklich geschehenen, oder doch als wirklich ge-
schehen angenommenen fall weiter angewendet wird. Lessing
5, 359 ; die philosophische spräche ist seitdem {nach Breilin-
ger) unter uns so bekannt geworden, dasz ich mich der Wör-
ter anschauen, anschauender erkenntnis gleich von anfange
als solcher Wörter ohne bedenken habe bedienen dürfen, mit
welchen nuu wenige nicht einerlei begrif verbinden. 374 ; oder
erleichtert er uns auch nur im geringsten die mühe, uns ihrer
auf eine lebhafte, anschauende art zu erinnern? 6, 494; das
gegentheil von solchen, zu aller moralischen anwendung un-
geschickten kleinen erzehlungen sind diejenigen, welche zwar
ohne alle betrachtung und folgerung vorgetragen werden, aber
an und für sich selbst eine allgemeine Wahrheit so anschauend
enthalten, dasz es nur übertlusz gewesen wäre, sie noch mit
ausdrücklichen worten hinzuzufügen. 8, 439 ; von dem an-
schauenden begriffe der kleinen kolonie, in welcher er aufge-
wachsen war. WiELAND 7, 132; eine ausführliche und an-
schauende kenntnis von allen den misbräuchen. 7,133; selten
spricht ein frauenzimmer das wort thränen aus, ohne es an-
schauend zu machen, was liirancn sind. Hippel lebensl. 1, 178 ;
das niusz die seele erweitern, reinigen und ihr zuletzt den
höciislen, anschauenden iiogrif von naiur und kunst geben.
GüTiiE 29, 7; gründe fasziich und anschauend deutlich dar-
stellen. Kant I, 52 ; ein verstand, in welchem durch das selbst-
bewuslsein zugleich alles uianigfallige gegeben würde, würde
anschauen, der unsere kann nur denken und musz in den
sinnen die ansciiauung suchen. 2, 131 ; etwas anschauend (an-
schaulich) machen. 2, 547 ; ein anschauender begrif. 0, 74 ; ein
anschauender und crfahrungsbegiif. 3, 71 ; anschauende gewis-
lieit d. i. evidenz. 2, 553. Dies uorl haben die philosophcn
dem sprarhgelirauch ohne nolh erschwert, anschauen erstreckt
sich zuerst auf sinnliche, dann auf iihersinnliche, geistige ge-
genstände, gerade wie inlueri, conleinplari ; anschauend drückt
aus intuens, contemplans und nicht anschaulich, anschaubar,
der anschauende raensch ist ver.ichiedni von dem anscbauba
ren. anschauender begrif, anschauend machen f anschaulich
scheint darum ungenau, blosz ein adv. oder gerundiu7n, an-
schauend {ahd. anascouwöndo) darstellen wäre sprachrichtig..
ANSCHAUEN, n. aspectus : ich war ganz in ihrem anschauen
{anblick) versunken ;
räum und zeit, ich empflnd es, sind blosze formen des anschauns,
da das eckchen mit dir, liebchon, unendlich mir scheint.
GöTHE 1, 395;
wenn ich mir früher das anschauen der Stadt zu verschaffen
WUStC. 24, 234.
ANSCHAUEND, s. anschauen.
ANSCHAUER, m. contemplator, spcctator, nnl. aanschouwer.
denn wir haben nicht den klugen fabeln gefolget, da wir euch
kund than haben die kraft und .zukunft unsers herrn Jesu
Christi, sondern wir sind anschauef gewesen seiner majestet.
Luther 2, 401* ; bei der Stadt Spalal genant, soll ein raeer-
mensch gesehen sein worden, welcher die anschawer {an-
sciiauenden) sehr erschreckt. Forer fischb. 104'.
ANSCHAUERN, horrorem incutere: wenn kein gesetz mehr
vorhanden ist, wird uns Medea noch anschauern. Schiller 703 ;
ha, schauerte nun auch die menschlichkeit
wie llektorn vor dem Ajax und Achill
vor dir mich an. USrger 41'.
ANSCHAUFELN, pala projicere: schaufelt sand an, dasz
sich ein hügel auf dem grabe hebe ! ; schaufelt erde an, der
bäum hat keine nahrung.
ANSCHAUüELN, oscillando accedere: anschaukelnde kühne
belebten das ufer.
ANSCHAULICH, aspeclabihs, nnl. aanschouwelijk :
anschawlich, prechtig und groszmütig,
aber dabei leutselig,"gütig. froschm. 2, 5, 1.
soll aber die slatur der göttin der grösze des Steins nicht
angemessen sein, so entstehet eine anschauliche unwahrschein-
lichkeit in dem gcmählde. Lessing 6,452; in anschaulichster
Ordnung sind die grabstcine aufgestellt, etwas anschaulich ma-
chen, veranschaulichen, anschaulicher Unterricht, seil Basedow.
ANSCHAULICHKEIT, f
ANSCHAUNSELIG, aspeclu bealus:
das ^ewand weisz, blulhell, hub zum thron
sie sich empor, stand ernst, anschaunselig da,
schimmerte die braut. Ki.opst. Hess. 20, 962.
ANSCHAUUNG, f contemplaüo, instuitio, experientia : ich
lernte den unterschied zwischen dem gesang der nachtigall und
einem halleiujah aus menschenkehlen erst kennen, ich verbarg
meine frcude über diese neue anschauung meinem oheim nicht.
GöTME 19, 330; diese geheimen anschauungen, diese entzücken-
den gesiebte. 21,193; übrigens lebte er meistens mit oflicieren
der garnison, wobei ihm die wundersamen anschauungen, die
er später in dem lustspiel 'die Soldaten' aufstellte, mögen ge-
worden sein. 26, 250 ; indem ich mich auf den jedesmaligen
einzelnen punct concentrierte, der umnitteliiar in die an-
schauung treten sollte. 31,144; der grad der gewisheit ist in-
sofern gröszer, als die erkentnis der nothwendigkeit mehr an-
schauung {evidenz) hat. Kant 1,83; die anschauung dieser er-
kentnis ist in der mathematik gröszer als in der weltweisheit.
1, 85 ; vermittelst der Sinnlichkeit werden uns gegenstände ge-
geben und sie allein liefert uns anschauungen. 2, 59 ; die
reine form der siniilichkeit, in ' der nichts was zur empfindung
gehört angetroffen werden kann, wird auch selber- reine an-
schauung lieiszcn. 2,60; anschauung ist eine sich unmittelbar
auf den gegens'tand als einzelnen sich beziehende erkenntnis
2, 294 ; anschauung ist eine Vorstellung so wie sie unmittelbar
von der gegenwart des gegenständes abhängen würde. 3, 196 ;
eine ästhetische idee kann keine erkentnis werden, weil sie
eine anschauung (der cinbildungskraft) ist, der niemals ein be-
grif adäquat gefunden werden kann. 7, 209 ; ein unmittelbares
bewustsein hciszt anschauung. Fichtk sitlenl. 50 ; sie sollen
es fassen nicht im denken, sondern in lebendiger anschauung.
nachgcl. werke 3, 258 ; die anschauung des uniuittelbarcn le-
bens. 259.
ANSCHEIN, m. species, apparentia bei Tertullian, inifä-
veta, franz. apparence, nnl. aansclüjn : es ist aller anschein
dazu tia ; es hat vielen anschein zum krieg; es gewinnt den
anschein, das ansehen; es geliürl sich gar nicht der menschen
hendel nach solchem leirlitferligeii Icclierliclien anscliein zu
scliälzen. Carg. 21'; dasz diese spräche sich aus der bariiarei
etwa niicli iieraus arbeite, dazu ist kein anschein; ileii ein
anschein von griindlichkeil zu glänzenden iiTtluhnern dahin
reiszi. Lkssing;
437
ANSCHEU^EN — ANSCHICIfTEN
ANSCniCK — ANSCHEINEN
438
das unrecht, das er ihm vom anschein hintergangen
gethan. Wiela.nd 10, 2SS;
die furcht verbreitete über sie einen liebenswürdigen anschein
von sorge und schaui. Göthe IS, 13; er redete mit dem an-
schein völliger ruhe und gelassenheit.
AIS'SCHEl.NEN , apparere, nnl. aanschijnen, ahd. aber nicht
anascinan. sondern scinan ana: da^ skinet tir ana, also da-
rana schinet (Graff 6, 501); das nrichs oft wundert hat, wie
ein mensch möcht solchen hasz tragen und leben, wiewol es
deinem leibe nicht wenig anscheinet. Luther 1, 360'. heule
gilt von dieser intransitiven Vorstellung fast nur das part. an-
scheinend: bei der geringsten anscheinenden hofnung. Lessimg
12, 299; er sagte das mit anscheijiender Zufriedenheit; sie
zeigte eine anscheinende reue; versetzte mit eben so viel an-
scheinendem kaltsinn. WIeu^nd 3, 352 ; auch in diesen Sonder-
barkeiten, auch in dieser anscheinenden Unschicklichkeit liegt
ein groszer sinn. Götiie 19, 92 ; sie führt ihn auf ein anschei-
nendes kanapee, wo nur von beiden seilen sessel sind, die
mitte ist leer. Hippel 8, 356. dieser schrißsleller setzt auch
das praesens : ein verfall, so klein er beim ersten anblick
anscheinet. 2, 291. Desto üblicher ist ein Iransilives anscheinen,
allucere, bescheinen, an einen scheinen:
ich bitt dich, ghe von mir hind.in,
das mich die sonn müg scheiuen an.
SCHWARZENEEBG 117, 1 ;
Verräter, welcher du nicht wirdig bist, dasz dich die sonne
anscheinet. Galmy 320; wer wolt doch gern lenger leben und
sich die sonn lenger lassen anscheinen? Fbonsp. Iriegsb. 1, 204*;
schon unter seinen küssen scheinen
ihn ihre sonnen wieder an. Göki.nck 1,127;
(land), das die himmelumwandelnde soonc
anscheint mit immer freundliclier helle. Schiller;
im ewig frohen leben von glänzenden stunden angeschienen.
TiECK Stentb. 1, 70 ; jeden morgen schien ihn der gedanke wie
tageslicht an. J. Paul uns. löge 3, 154.
ANSCHEINEND, adt. anscheinend gutmütig, der marm, an-
scheinend ein geistlicher.
ANSCHEINLICH, apparens, anscheinend, scheinbar: in die-
ser anscheinlichen kieinigkeit. Herder 13, 41 ; unter einem an-
scheinlichen vorwande. Tieck ges. nor. 10, 1S2.
ANSCHEINüNG, /. apparilio, der pl. von Wielasd, nach dem
franz. les apparences, oft verwandt in fällen, wo wir heute den sg.
anschein sagen : er war unschuldig, aber die anscheinungen wa-
ren gegen ihn. 2, 96 ; bei so starken anscheinungen zu einer voll-
kommenen Sinnesänderung des tyrannen. 2, 26S ; die anschei-
nungen lieszen ihn den vollkommensten erfolg hoffen. 2,275;
Plato selbst liesz sich von den anscheinungen betrügen. 2, 27S ;
mit allen anscheinungen des vollkommensten Zutrauens. 2, 301 ;
diese anscheinungen lieszen nicht zweifeln. 12, 34 ; dasz dermalen
dazu noch keine anscheinungen vorhanden sind. 15, 3S ; aus ge-
wissen anscheinungen ihre verborgnen bewcgungen vorhersagen.
16, 264 ; auf blosze anscheinungen hin. 24, 2$S ; ich sage, dasz
ich zu beiden immer durch anscheinungen verleitet wurde.
28,100; sie Qberlieszen sich den verführenden anscheinungen
von aufrichtigkeit. 28, 150 ; wegen einer geringen anschciaung
vom gegcntheil. Kant S, 56. anscheinung collustralio begegnet
frühe: so die würz ohne anscbeinung der sonnen gederrct
wird. TuLRMEissER infl. wirk. t. 32; heule würde vorgezogen
werden das anscheinen.
ANSCHEITERN, naufragium facere: die auf unfruchlbaren,
wellebedroliten dünen angescheiterte mannschaft. Güthe 45,
264, eine dem sinn von scheitern unetitsprechende Wortbildung.
A.NSCHELLE.N, die hüngel, schelle ziehen, nnl. aanschellen:
geh hin, es hat jemand angeschcllt.
ANSCHELLEN, allidere, adfrangere: an einer mauer die
Leine anschellen, verletzen, weniger als zerschellen.
ANSCHELLEILN, frequentativ des vorigen: die heilung mei-
nes zerbrochenen amis, wie auch der angeschellerten bcinc.
Felsenb. 1, 65; war aber so unglücklich mit dem pferde zu
-lürzen und die rippen der linken seile anzuschellern. 2,150;
dasz ich wciior keinen schaden nahm, als nur den linken arm
• in weni»! anschellerte. irrg. der liebe 600.
ANSCHEKE, f. actus atlondendi, bei webem und wollesche-
rem, besser nnschur. tgl. anschirren.
A.NSCHEKEN, atlondere: das schaf ist schon ausscheren;
den wehem, das tuchsclieren beginnen.
ANSCHEKGEN. fehlerhaß für anschürgen.
ANSCHICHTE.N, disponere, instruere, in schichten theilcn, fast
etns mit abschichten, nach schichten theilen, anstapcln, anhäufen.
ANSCHICK, m. dispositio, accommodatio : sölichs zu vol-
füren ist dem redner nit möglich, er habe dann fünf stück
artlicher schicklichkeit an ihm. nämlich vindung, ordentlichen
anschick, gesprech, gedechtnüs und zierlich red. Biedrer spiegel
der waren rhetoric. Straszb. 1509. bl. 4. vgl. beschick, Ungeschick.
ANSCHICKEN, disponere, accommodare, einrichten, veran-
stalten, nnl. aanschikken : damit er sein kriegsrüstung dar-
nach könne anschicken und viel groszen Unkosten verhüeten.
Fronsp. kriegsb. 1, 57*; der auf dem rechten weg geht, dem
geht sein handel basz ab statt, als dem auf dem unrechten
weg, und ist doch nicht glucks schuld, dann glück ist nicht,
es ist auch kein unglück, es ist ein anschicken und ein ding,
dem der mann selbst nachstellt, der in dornen gehn will,
wie kan er ohnzerrissen herausz kommen? Paracelsls 2, 204';
nam ihm in sinn, nach des Rhumprechts urtheil sein studie-
ren anzuschicken. Garg. 159';
jelzt gehst du ärger noch mit kleidern angeschickt.
Opitz 2, 470 ;
indessen war nun alles angeschickt,
die Schwestern zu suchen. Wiela:<d 4, 113;
alles von weitem zu einem künftigen groszen Staatskörper an-
schicken. Kayt 4, 307. Heute fast nur sich anschicken, sich
rüsten : damit ich es kurz sage, wie ich mich auf das alter
anschicke. J. E. Schlegel 3, 390 ; sie sagte ihr von dem gan-
zen vertrage nichts, als dasz sie sich anschicken sollte, noch
diesen abend vor Aspasien zu erscheinen. Wiela.xd 3, 269;
als Danischmend sich zu gewöhnlicher zeit anschickte seine
erzählung fortzusetzen. 7, 131 ;
dnim schick zur freude dich recht an,
vermag gleich küch und keller wenig.
GöKi.tci 1, -202;
und du zu einem kleinen zanke
dich anschickst. 2,3;
ohne zaudern und blindlings schickt Abraham sich an, den
befehl zu vollziehen. Göthe 24, 216 ; um mich hiezu anzu-
schicken, führte ich ihn zu meinen eitern. 26, 319; da bisz
Egmont die zahne zusammen, warf seinen mantel und nacht-
rock nieder, kniete auf das kissen und schickte sich zum letz-
ten gebet an. Schiller.
ANSCHICKUNG , f dispositio : darnach kam Casanas auf
des Sultans anschickung. Reiszser /er. 2, 174'; dasz reiterund
knccht zugleich augreifen, doch mit anschickung, dasz fusz-
knecht auf fuszknecht stoszcn, die gereisigen auf die reisigen.
Frossp. kriegsb. 1, 52'; ausz gottes anschickung. KiRCRnor
wendunm. 409*.
ANSCHIEBEN, protrudere, nnl. aanschuivcn: einen schwe-
ren stein anschieben, anwälzeit; das kind schiebt schon ein
zähnchen an; wer schiebt an? diekugel, beim kegeln; das brot
ist angeschoben, im backofen, wodurch kleberdndchen entstehn ;
es ist bei der stelle ein andrer angeschoben worden.
ANSCHIEBEB, m. gerälh oder Werkzeug, was angeschoben wird
ANSCHIEBLING, m. intrttsus, ein eingeschobner.
ANSCHIEBSEL, n. das angeschobne stück.
ANSCHIELEN, oculis limis, ludibundis intueri:
Diane scbieh defa erdkreisz an mit halbem angesiebt.
Grtpbics 1, 225;
Philemon schielt ihn an. Hageoor.-« 2, 102;
tliu das mäulchen einmal auf, schiele mich holdselig an. Me-
sa.ntes 1,114; mit welchen äugen Tiinokrales die frohlocken-
den regungen der nation angeschielt haben werde. Wieland
3, 72 ; er hatte sich vorgenommen donna Felicia gar nicht an-
zusehen, er konnte sich aber doch nicht enthalten, sie ein
wenig von der seile anzuschielen. 12, 82;
doch anschielend den weg miitvandelnder nennst du ihn imreg.
Voss 6, 333 ;
Klotilde verbaute dem süugling den angeschielten mond (schob
etwas vor, damit das mondlicht dem schlafenden nicht ins äuge
scheine). J. Paul Hesp. 1, 115. früher hiesz es anschilhen, an-
schlichen : wenn die sunne dem mon beisiezt ansdiilhent oder
anscheinenl. buch der natur. Augsb. 1483.
ANSCHIENEN, laminam imponere, addere: die achsen an-
schienen, wird von J. Pacl allzuoft figürlich angewandt: so
geben und schienen die Franzosen morgenländischkeck der
hofnung, der zeit, der liebe bände an. Vorschule 2, 30; bei
solchen diebsdaumen, die man meinem eignen schrcibdaumcn
anschient. Tit. l, 66 ; das verdienst wollte seinem mallen arme
den weltlichen anschienen, teuf. pap. S, 239; der Staat lasse
28*
439
ANSCHIESZEN ~ ANSCHIRREN
ANSCHLACKEN — ANSCHLAG
440
doch einmal den inneren menschen sich die lebendigen glied-
maszen selber zubilden, eh er ihm später die nöthigen hoiz-
beine und goldnen üüften anschienet, [reih, bucht. 105 ; in der
Überrumpelung sollt er den namen des metzgers anschienen.
paiing. 2, 33 «. s. w_.
ANSCHIESZEN, nnl. aanschieten, 1) transitiv, feram levilcr
vulnerarc: ein wild, den hirsch anschieszen; wie ein ange-
schossen reh. Fr. Müller 3, 163 ;
ein andrer von dem pfeil des liebens angeschossen.
Canitz240;
bei zween von Amorn angeschosznen leuten. Wieland ;
fünf gecken alle zugleich von Amorn angeschossen. 5, 132.
angeschossen überträgt man von dem verwundeten, getroffenen
auf den berauschten oder närrischen, bei den schneidern, den
erm'el anschieszen, anhängen, annähen; bei buchbindern, pa-
pier anschieszen, anheften; bei den beckern, ein brot an-
schieszen, wenn es im ofenschub das andere berührt^ ein an-
geschossener laib ; itn bauwesen, ein gebäude anschieszen, ans
andere bauen.
2) intransitiv, repenle ferri: das wasser schieszt an; die
flut kommt angeschossen; er schieszt an wie ein pfeil; er
schosz an den bäum an; der Khein schwillt, gegen den rif
anschieszt. Bettine fer. l, 275; wie der hagel anschieszt. Her-
der 4, 55. zumal von ansetzendem erz, krystall und salz:
hier schieszt krystall an ; dort ist salz angeschossen ; die
bildung geschieht alsdann durch anschieszen d. i. plötzliches
festwerden, nicht durch allmälichen Übergang aus dem flüssi-
gen in den festen zustand, sondern gleichsam durch einen
Sprung. Kant 7, 216; die eisblumen schieszen am fenster an.
ebenwol von schnell sprossenden äugen oder knospen der ge-
wächse: in wenig tagen werden neue äugen anschieszen.
figürlich, so werd ich ja aber auf der einen seile nur krank,
wenn auf der andern die gesundheit anschieszt. Tieck 5, 48 ;
im alten manne schieszet oft ein liebhaberherz unter dem
Stern an. J. Paul Tit. 3, 59; das gefühl, das, sowie e.s sich
mit der Oberfläche des lebens berührt, gleich zur eitelkeit
anschieszt. Bettine tageb. 136. Zuweilen auch für angrenzen,
anstoszen: erstlich schieszen an den häusern kleine nette
gärten an. Brockes 4, 313 ; hinter den gärten schieszt der be-
rühmte grasbrock an. 4, 315.
ANSCHIFFEN, adnavigare: am gestade anschiffen; schiffet
bei der insel an ! mhd. einschiffen :
ze Misenburc der riehen da schiften sie sich an.
Nib. 1317, 1.
ANSCHIFTEN, institueie, anordnen, anslißen, vgl. alln.
. skipta, dän. skifte dislribucre, ahd. untirsciftan interscpire:
[Otto 1), der in seinem alter Othonem zu einem mitregierer
des keiserthumbs anschiftet. Frank chron. 175*; die erzählung
nimmt ein kahles ende, der hausfreund fühlt es, fast soll er
noch was anschiften. Hebel s. 430. scheint sich auch mit
anschdften zu berühren.
ANSCHIFTUNG, insiructio, impulsio: Nero hat das kciscr-
thumb erobert durch anschiftung seiner mutier. Frank chron.
130 ; die kluge fraw von Thekoha Davids muhme überschleicht
auch also ihren vettern den könig, da aie auf Joabs anschif-
tung Absolon, den bösen buhen, wider einbat. M.^thesius 132'.
ANSCHILDERN, weidmännisch, feld- und rebhüner an den
Schild (ein auf leinwand gemahlles bild) gewöhnen.
ANSCHIMMELN, mucorem contrahere: das brot schimmelt
an, ist angeschimmelt.
ANSCHIMMERN, micare, coruscare ad aliquem: noch le-
ben wir, noch schimmern die Sterne uns an; will denn keine
hofnung anschimmern?; das ist doch gewis ein träum von
der insel der Vereinigung, die so oft bisher den nebel des
Schlafs mit Straten durchschnitten und himmlisch und ziehend
meine seele angeschimmert hat. J. Paul Hesp. 4, 174.
ANSCHIRREN, jugum equis imponere, auch angeschirren :
die rosse anschirren; das geschütz, den wagen anschirren,
bespanntn: feld- und ander geschütz angeschirret. Kirchhof
mit. disc. 84; hat so wacker als der best gespan anschirren
können. Garg. 286';
Ihm hat
nicht umsonst der tag die zeltcr angeschirrt.
l'tATEN 83.
unter geschirr mrd aber dargethan werden, dasz dies worl
ursprünglich von scheren, luchscheren und weben ausgegangen,
dann auf anderes teug und gerdth {inslrumentum) übertra-
gen ist, anschirren -=> anscheren, anzetteln, wie sich auch
durch anschere und anschur bestätigt, darum steht anschirren,
ohne allen gedanken an rosse, figürlich für anordnen, anzet-
teln: eine gferlichkeit, dasz üppige buhen gar bald ange-
schirren mögend, dasz ein frommer, wolhabender mit fal-
schem zügnus überwunden wirt. Zwingli 1, 358; auf geheisz
Caroli M. hat er die historien und lectionen durch das ganze
jähr angeschirrt. Hedion kirchenhist. 334'. nicht anders geht
das mlat. attelare, franz. atteler au/' tela zurück, und das an--
spannen der pferde gleicht dem anspannen der faden beim
gewebe.
ANSCHLACKEN, scoriam admiscere, induere: glimmerscbie-
fer mit angeschlackter Oberfläche. Göthe 51, 101.
ANSCHLAG, ntil. aanslag, nach den verschiednen bedeutun^
gen des sinnlichen anschlagens, woraus sich dann einige ab-
stracte festsetzten, ahd. anaslag verber, doch gerade so steht
das nhd. anschlag nicht, ebensowenig für das antreiben, an-
schlagen der Pferde mit der gerte, obschon es den umständen
nach diesen sinn gleich empfangen konnte, der anschlag der
wellen ans gestade; anschlag der hunde, der wachtel, der
nachtigall : wir konnten mitternachts den anschlag der hunde
vernehmen; endlich erfolgt der nachtigall langersehnter an-
schlag. ich höre den anschlag der uhr, der glocke ; den an-
schlag der trommel, pauke; den anschlag an die thür, ans
fenster. Zumal sind es zweierlei anschlage, die in belracht
kommen, aus welchen die häufigste abslraclion sich entfaltete,
der anschlag mit nagel oder hammcr und der anschlag zum
zielen, mit dem hammcr, dem nagel wird ans bret, an die
seule geschlagen, angeheftet, was öffentlich bekannt werden
soll, anschlag ist bekannimachung, laxe:
es ist ein anschlag geschehn. fastn. sp. §30, 7;
es ist ein anschlag hie gemacht. 818, 14;
doch letzlich des burgermeisters anschlag folg zu thun be-
schlossen. Kirchhof wendunm. 163'; nach gemeinem anschlag
zahlen. Garj. 198'; etwas in anschlag bringen, taxieren; das
kommt nicht in anschlag, wird nicht beachtet; anschlag des
Vermögens, der Steuer, der abgäbe ; Servius hat einen an-
schlag (census) des bürgerlichen Vermögens aufgebracht. Rihel
Liv. 39 ; ein paar reimlein zum anschlag. Rollenhagen wun-
derb, reisen 88 ; wann er seine meinung und anschlag darzu
geben solle. Simplic. i, 66 ; die leiden unserer freunde brin-
gen wir nicht in anschlag. Göthe 20, 90; dasz ich dies noch
mit in anschlag bringe. Tieck 14, 167; das ei des Columb in
dem anschlag nicht zu vergessen. Platen 278. Das gewchr,
die armbrust, flinte wird, um zu zielen, an die wange ge-
schlagen, gehalten, angelegt, und anschlag heiszt sotiol der
angelegte theil des gewehrs selbst, als vorzüglich das zielen:
die flinte liegt im anschlage, wird im anschlage gehalten; er
trang (drängte beim schieszen) den anschlag nicht zu viel.
Garg. 180'. aus diesem zielen ßicszt einfach und ungezwun-
gen die bedeutung von plan, absieht, vorhaben, Vorschlag in
gutem oder bösem sinn : er macht zu nicht die anschlege der
listigen. Hiob b, 12; meine tage sind vergangen, meine an-
schlege sind zutrennet, die mein herz besessen haben. 17, 11;
die zugenge seiner habe werden schmal werden und sein an-
schlag wird in feilen. 18, 7 ; er gebe dir was dein herz be-
geret und erfülle alle deine anschlege. ps. 20, 5; sie sind
küne mit iren bösen anschlegen. 64,6; sie machen listige
anschlege wider dein volk. 83, 4 ; da ich ein kind war, da
redete ich wie ein kind und war klug wie ein kind und hatte
kindische anschlege. 1 Cor. 13, 11 ; oder sind meine anschlege
fleischlich? 2 Cor. 1, 17;
so ist ganz ab der anschlag mein, fastn. sp. 32, 14;
beineben fielen alle anschlage dahin. Scuweinichen I, 264;
dieser anschlag nicht gehen wollte, l, 264; ihnen were be-
folhen, das sie mich mit zt"i schif brächten, des sollen sie
alle anschlege brauchen. H. Staden n 3 ; betten manchcriwnd
anschlag und wünschnngen. Frex garteng. (>i* ; aber hab sorg,
das wir früh in der küle reiten, wie unser anschlag ist. Pauli
seh. u. ernst 20*; wann euch mein anschlag gefeilt. Ga/my 99;
ir soll wis.sen, dasz mich der anschlag sehr erfrewet. 116;
der abt zuliand ein anschlag erdacht, dadurch sie solch sach
wol zu wegen brächten. 29.1; ich besorg, dasz all diser an-
schlag werd ausschlagen wie dem einsidler im j)uch der
weisen. Garg. 224' ;
sein nnschleg (MoTtmitians) seind wunderbarliche,
daruinb ich in vergleiche
Julio dem kaiscr reiche. Soi.tau 213 ;
441
ARSCHLAG — ANSCHLAGEN
ANSCHLAGEN
442
der hässer fluch, anschläg und rat. Weckh. 198;
deio anschläg ist zu frech, zu schwach dein widerstand. 657;
macht nicht den anschläg gar zu spitzig. Grtphics 1, 14;
die Tögel fängt man so, nach dem man auf sie stellt,
der ausschlag fällt nach dem, nach dem der anschläg ßllt.
LOCAC 2, 6, 30 ;
dein anschläg werde dir nicht anfangs gleich zu nichte .'
Ca.mtz 215; •
euch wollen Rhein undjiosel winken,
sie heiszen euch, nach alter zeit,
treu, anschlae, Wahrheit, lapferkeit
in ihrer trauben blute trinken. Hagedors 3, 120;
geheimer anschläg gegen die lugend unsers helden. Wiel.v5D
1, 174; er machte noch an demselbigen tage anstalt, seinen
anschläg auszuführen, l, ITS; ein anschläg auf ihre lugend
war so schwer zu bewerkstelligen, als die bestrafung eines
solchen Verbrechens streng war. 2, 234; zu welchem ende
er Brederodes anschläg auf Utrecht und Amsterdam nach
allen kräften zu befördern gesucht hatte. Schiller S43; man
schmiedete neue anschlage, den grafen noch mehr kirre zu
machen. Göthe IS, 319 ; es war ein eines scharfsinnigen man-
nes würdiger anschläg des Aristoteles, diese grundbegriffe
aufzusuchen. Kam 2, 111; was soll man von dem anschlage,
das was man nicht begreift, aus dem was man noch weni-
ger begreift, zu erklären denken ? 4, 328 ; der herr von Mai-
ren ist auf den anschläg gekommen, die kraft eines körpers
nach den nicht überwundenen hindernissen zu schätzen. 8,
147; das sind edle, kluge, sinnige, böse, listige, schlaue an-
schlage, man rergleidie Vorschlag und rathschlag. anschläg der
kosten, Voranschlag; die kosten laufen im anschläg auf — .
Der ableitung aller ton sinnlichem anschlagen kommt zu statten,
dasz man conslruierl ein anschläg auf die tugend «-ie auf das thier
anschlagen ; freilich geht in den meisten fällen der anwendung
das bewustsein des Ursprungs verloren, denn sonst hätte man
nicht sagen können anschlüge schmieden, wie plane, oder
einen anschlug zu boden fallen lassen, in einzelnen fällen
darf anschläg vielleicht auf die unter anschlagen ganz zuletzt
gezeigte hedeutung des sich vertragens und paciseierens zu-
rUckgehn. ?ioch ist zu bemerken, dasz auch auf der mühle
ein anschläg des holzes, bei den schneidern ein anschläg des
heftfadens ifbrkommt.
ANSCHLAGEN, ahd. anaslahan (Graff 6, 766), nnl. aaaslaan.
1) intransitiv, ohne acc, anschlagen, rocem edere: der hund
schlägt an, schlügt laut an;
er hört die wachsamen bunde
laut anschlagen. Zacuariä 2, 74;
er {der hose) drückt sich oft, so gut er kann,
doch alle hunde schlagen an. Uagedor.n 2, 34 ;
die buode schlagen au, die scheuen rchc fliehen an.
WiELASD 10, 19S;
als die hunde auf ihn anschlugen. Klixger 4, 129; der kleine
spitzhund auf dem verdeck schlägt von zeit zu zeit an. Bet-
TisE br. 2, 29; hat der hund mir angeschlagen, es nahe sich
einer auf heimlicher fahrte. Bettine lageb. 53. der hahn
schlägt an, kräht: kaum kann es vier uhr sein, da schlagen
die hähne an von ort zu ort in die runde bis Miltelheim.
br. 1, 243. einer nachtigalen nachsingen, die ich lefztmalen
also hab anschlugen hören. Spee 267; hörst du den nachte-
gall? wie lieblich schlügt er an. Rachel; lausche, wie die
Wachtel im körn munter anschlägt, man darf aber den ace.
die stimme hinzu denken oder setzen, es heiszt auch : die
saite schlägt rein an {vgl. angeben) ; dieser ton schlägt in mir
an ; töne die einst an den gehörnerven angeschlagen haben.
Klinger 12, 246 ; es thut mir nichts weher, als wenn mein we-
sen an deines falsch anschlagt, mit oder ohne meine schuld.
Göthe an fr. r. St. 2, 93.
2) intransitiv, anstoszen, aUidere: wenn nun dieses ge-
schrei mit dem gewinsel der ermordeten an das gewölbe des
himmels anschlägt. Klincer 3, 250 ; er kam aus der ohnmacbt
turück, sem herz schlug wieder langsam an ;
das herz hebt an zu tagen,
schlagt an so sitiiglich
und fahret fort zu schlagen. Sftt 301.
ein glücklich wind und wetter zu schiffen anschlug. Galmy
209; die v^elle schlägt heftig an; die kugel schlagt über uns
an ; CS schlägt drauszen an ; der hagel schlägt an, fährt ans
fensler; er stürzte und sdilug auf dem boden hart an. an-
schlagen, mit dem getcehr anschlagen {vgl. unter 4):
and sie zii strafen und zu plagen,
wird zornig er behend anschlagen
und auf (ie plötzhch Schlesien los. Wickh. 23.
3) intransitiv, gedeihen, zu statten kommen, wirken, helfen,
prodesse: das futter schlägt dem vieh nicht an; die milch
schlägt b« dem kind an; die tropfen des doctors schlagen
auch nicht an. Gellert 3, 366; ich freue mich, dasz meine
arznei so gut angeschlagen hat ; hoffen, dasz seine besse-
rung, die durch eines andern zunge nicht anschlagen wollen,
durch seine eigne groszmütigkeit endlich von sici selbsten
erfolgen werde, per*, baumg. 4, 6 ; um die zweite probe mit
ihrem opiat zu machen, welches zum ersten male so wol an-
geschlagen hatte. WiELASD 6, 52 ;
Verachtung ist ein mächtiger talisman,
nur schlägt er nicht so gut in allen lallen an. 5, 202;
doch wenn ich recht berichtet bin,
schlägt dies rccept nicht an bei einer priestcrin. 9, 109;
sonnenklar, dasz alle leiblichen mittef vergebens sind und
weiter nicht anschlagen. Fr. Mllleb 3, 343; ich freue mich
deines verstände?, mein söhn, aber er schlägt nur hier nicht
an. Klinger l, 437 ; ich habe manches von diesen dingen ge-
hört, aber niemals eine Wirkung gesehen, lassen sie mich
versuchen, ob es mir nicht auch anschlägt, sie nahm den
faden in die band u. s. w. Göthe 17, 339; die beste begeg-
nung schien nicht anzuschlagen, man muste sie einsperren.
17, 405 ; mein pDaster schlägt bei dir nicht an, deins nicht bei
mir, in unsers vaters apotheke sind viel recepte. Göthe an
Latater 152 ; hat diese teuschung bei dem leser angeschlagen.
Kant 3, 336 ; mit ihm ists vorbei, nichts will bei ihm an-
schlagen, es fällt nicht leicht über diese redensart zu urthei-
len. natürlich schiene zwar von einem anschlagen des ge-
wächses, der wurzel an die erde auszugehn: zeigte er der-
gleichen Stecklinge gar wol angeschlagen in seinem garten.
Göthe 58, 112 : rfocA heiszt es sonst nie der bäum schlägt an,
das kraut schlägt an (aol aber geht an), auch nicht das vieh,
das kind schlägt an, nur das futter, das essen schlägt bei
ihm an, was denn meinen könnte, schlägt ihm an den leib,
setzt bei ihm an. das von ädelcng herangezogne östr. slaw-
nen, mhd. sliunen hat gar nichts mit anschlagen zu schaffen.
4) transitive anschlagen mit beigefügtem acc. sind vielfach
denkbar, in der küche heiszt die keule, den Schinken an-
schlagen, das gehackte fleisch mit eiern vermisdtt wieder an
die knocken, zum backen, legen ; angeschlagne kalbskeule, an-
geschlagner hecht. der tuchscherer schlägt das tuch am rah-
men an. der reiter, der fuhrmann schlägt die rosse an:
da; si desie balder koemen über fluot,
diu ros si an sluogen. Hib. 1511 ;
und wie es der fuhrmann anschli^e, also gieng es. Pauli
seh. und ernst 5*, und man könnte auch daher ein abstractes
anschlagen ableiten, der jäger und soldat schlägt die bnchse,
das gewehr an, an den backen, couche en joue, zielt und
schieszt: schlug bald an, zielt kurz. Garg. ISl'. die Sturm-
glocke anschlagen, fasln, sp. 858, 14. feuer mit dem stahl
anschlagen, den stahl an den stein schlagen, um feuer her-
vor zu locken, die bienen schlagen junge an, setzen brut
in den zellen an. die zahne anschlagen : ir z^inlein die bien-
lein schlagen an. Spee trutzn. 129. die bände anschlagen,
zum klatschen und beifall, aber auch an etwas schlagen, es
in beschlag nehmen: mögen beide herm bände lassen an-
schlagen, weisth. 3, 762 ;
wers mit mir helt, schlaff an die band!
damit er nach dem bloch sich wend
und streckt daran sein beide hend.
froschm. 2, 4, 5.
das bret an die wand, das papier ans bret anschlagen; die
edlen in dem land hatten ein turnier angeschlagen, seh. und
ernst e. 88 ; das urtheil soll am galgen angeschlagen werden ;
Luther schlägt die artikel gegen den pabst an ; der ausrei-
szcr wird angeschlagen, ketten und fesseln anschlagen :
den Schenkeln schlug man fesseln an. Opitz p». 105, 10.
zeit und lagcr anschlagen : dishalb des wassers schlug man das
geleger an. Uhland volksl. 458 ; was man für statJiche zelten
angeschlagen habe; Spee lugendb. 281. erz anschlagen, eine
reiche ader anschlagen, der stürm schlägt die schiffe an,
verschlägt sie: sind aber durch ungewitter an Schonen ange-
schlagen, pers. reiseb. 3, 4. die saite, den ton, die glocke,
die stunde anschlagen: die wachlel, die ihren silberschlag so
hell gellend anschlug. R-miler 1, 18 ; du schlägst eine falsche
saite an; wenn sie doch nur wenigstens einen einzigen ton
anschlagen wollten. Tiec« nov. 4, «6 ; die uhr schlägt mitter-
nacht an;
443
ANSCHLAGEN — ANSCHLÄGIG
ANSCHLÄGISCH — ANSCHLINGEN 444
CS brummt die glocke noch,
lue elf schon angeschlagen. Bürgf.r 1, 65.
schlahet die sicheln an, denn die ernd ist reif, ^oel 3, 19 ;
schlag an mit deiner sicliel und ernde. offenb. 14, 15 ; schlach
die fingen an die gunkel! Keisersb. pe!4</. gunkel ; den faden
beim gewebe anschlagen ; den maszstab anschlagen : wenn
man sie (die ISibelungen) nach einem maszstabe miszt, den
man niemals bei ihnen anschlagen sollte. Göthe 6, 111; bei
beurtheilung dessen was der kiinstler geleistet hat den gro-
szen maszstab anzuschlagen, der nach dem besten was wir
kennen eingetheilt ist. 39, 81. hier gleichviel mit anlegen.
5) abstraclioncn, wie bei anschlag. anschlagen, üffenllich be-
kannt machen, schätzen, taxieren: ein gebot ward angeschla-
gen. Esther 3, 15 ; so aber die priester ein steur oder zoll
anschlagen. Frank tveltb. 1S3'; musz mein dienst dir höher
anschlagen. Garg. 191'; er beredet die krämerin, das sie das
wammes umb ein gelt, wie sie eins würden, anschlüge. Kirch-
hof wendunm. 303 ;
wer buwen wil, der schlag vor an,
was kostens er dar zu musz han.
Brant narrenscli. s. 111;
wer all sin rät schlecht öflich an,
vor dem hüet sich wol iederman. s. 148; *
schlagt nun dis unrecht an und den erlitinen schaden,
doch so dasz ihr die straf auch mäszigt mit genaden.
GRTPHfus 1, 559;
dasz haus und hof schon angeschlagen sind. GeLlert 1, 73;
wenn du den häuslichen nutzen dieser armen weit so hoch
anschlügst. Tieck Sternb. 1, 344; ich schlage meinen schaden
auf hundert thaler an; das ist viel zu hoch angeschlagen,
anschlagen, auf etwas zielen, es beabsichtigen, vorhaben: das
soll da am morgen bei dir selber anschlahen, was du zu
ietlicher stund thon wollest. Keisersp. sieben scheiden 4; als
sie in nu sahen von ferne, ehe denn er nahe bei sie kam,
schlugen sie an, das sie in tödten. 1 Mos. 37, 18; des men-
schen herz schiebet seinen weg an. spr. Sal. 16, 9 ; was hilfts
denn viel sorgen und anschlahen, wie es mit uns werden
soll. Ll'thers br. 2, 609; ihr habt wol böses über mich an-
geschlagen, aber nicht than und ausgericht. Frank parad. 25 ;
wie er es anschlug, also gieng es. seh. und ernst c. 220 ; und
weisz noch nicht was sie anschlagen werden. H. Staden k 2 ;
wie wollen wirs aber anschlagen (das wir der Susanna bei-
kommtn)? H. Jli.. v. Br. Sus. l, 5;
denn die welch schnell und unbewagen,
doch listig werden angeschlagen,
die werden gntcinlich übereilt.
ß. Waldis Esop 4, 97.
mit einem anschlagen heiszt vertrag schlieszen, was durch
handanschlag geschah : wir wollen nun zufahren und mit un-
«erm herrgott einen kauf anschlagen und im unser werk ver-
keufen. Luthers tischr. 352"; auch haltend mitlerwil etlich
edellüt mit bischof Walthern angeschlagen, die statt Colmar
wider inzenemmen. Tschudi 1, 162; dieser schlaget bulschaft
mit der Jungfrauen an. Schweinichen 1, 97. schön heiszt es
im schimpf und ernst eap. 153: sie schlugen ein fridmal an,
vertrugen sich, vgl. friedmal und ags. fridma.'l pactum.
ANSCHLÄGER, m. kann nach den verschiedncn bedcutungcn
des anschlagens mancherlei aussagen, es waren nachts auf-
rührische zettel angeschlagen, aber kein anschläger zu er-
mitteln ; wie ihm gott in einer weiszen hirzin gestalt zu hülf
kommen und sein anschläger (eingeber, ratschläger) wcre.
Fronsp. kriegsb. 1, 174*; im bergwerk heiszt der knappe an-
schläger, welcher durch anschlagen das zeichen zum hinauf-
ziehen der kübel gibt, ohne umlaut findet sich das wort für
glockenschwengel : was ist die liebe ohne gehör der verlieb-'
len? eine Stundentafel ohne zeiger, eine glocke ohne an-
schläger. Riemers pol. Stockfisch s. 279.
ANSCHLxVGIG, prudens, callidus, versutus: wiewol die Tür-
ken ein fast listig, anschlegig volk sind. Frank weltb. 113';
dis Volk dalierumb ist geschwind und anschlegig. 228"; er
ward ein kitig, anschlegig, in waffen gestreng mann, chron.
192'; wird ratgebigen, anschlügigen krirgsicuten überlassen.
Kirchhof mil. disc. 187; kluge und ansclililgige Römer. 191;
er hat einen anschlagig<'n köpf, wenn er die treppen hinun-
terfSIlt. Gryphius 1, 720; es war der kühnste, der anschlä-
gigstc und entschlossenste unter den üiirigen. VVieland 28,
252; du hast immer ein anschiiigig köpfchen gehabt; es gab
einmal in alten zeilen eine junge zeit, wo der alerte an-
schlägige i'ogcl leicht herauf hatte, wo der hase liegt. .1. Paul
Tit. 5, 28. das Wortspiel bei Grypuius xiell auf leiblichen anschlag.
ANSCHLÄGISCII, dasselbe: dem Schulmeister stund mein
anschlägischer köpf vor allen andern sehr wol an. Felsenb.
2, 321; du bist ein anschlägischer köpf. Arnim schaub. 2,261.
ANSCHLÄGLICH, prudens, cogitatus.
ANSCHLÄGLICH, adv. consulto: anschläglich was der hcrr
gesant zfi den Juden. Keisersb. post. 2, 32.
ANSCHLÄMMEN, s. anschlemmen.
ANSCHLARFEN, s. anschlfirfen.
ANSCHLEICHEN, adrepere, heimlich, langsam herankommen :
kömmt dann der winter angeschlichen. Gijnther;
als er droben einen geier,
drunten einen Vogelsteller
schweben und anschleichen sieht. Herder 3, 50;
ich sah die zeit hinter ihm (dem genius der menschheit) an-
schleichen. Klinger 10, 229.
ANSCHLEIERN, /Jn/eo, fep/o velarc: eine nonne anschleiern,
einschleiern ;■
man schleire zicgen an, man putz ein grobes holz.
GÜNTHER 445.
ANSCHLEIFEN, parum acuere, polire : einen .edelslein an-
schleifen; der Spiegel ist nur angeschliffen; der klinge, dem
messer die spitze anschleifen, vgl. abschleifen.
ANSCHLEIFEN, traha advehere, nodo jüngere, nnl. aansle-
pen : das holz musz angeschleift werden ; die waaren an-
schleifen; das tuch anschleifen; dem gefolterten wird die
schnür angeschleift, s. abschleifen.
ANSCHLEMMEN, coenum alluere.
ANSCHLENDERN, accedere gradu plumbeo: er kommt an-
geschlendert, scheint das nnl. aanslingeren.
ANSCHLENKERN, luto illinere: die räder schlenkern den
koth an den wagen, die fusztritte den koth an die wand,
s. schlenkern.
ANSCHLEPPEN, vi et dam trahere:
schwere stein anschleppend. Voss Od. 14, 10 ;
mühsam schleppt das wichtel eine kornähre auf der treppe
an ; alles wimmelte von anschleppenden ameisen ; die räuber
schleppten geld und kostbarkeiten in ihre hole an.
ANSCHLERFEN, mil den schuhen am boden her streichen,
anschlerfend kommen. «. abschlerfen.
ANSCHLEÖDERN, ferire jactu fundae: einen stein an-
schleudern.
ANSCHLICHTEN, applanare: eine wand anschlichten, sc/i/icA-
ten, glätten; holz an die wand anschlichten, denwebern, mit
schlichte bestreichen.
ANSCHLIEFEN, adrepere, nnl. aansluipen. der fuchs schlieft
an.
ANSCHLIESZEN, compedes indere, annectere: einen an die
kette, an den block, an den wagen anschlieszen ; einen brief
dem andern anschlieszen; den blick, das äuge an einen an-
schlieszen, auf ihn heften; auch hielt er sich bei allen stür-
men der faction unwandelbar an den könig angeschlossen.
Schiller 1080. häufig sich anschlieszen, anreihen : sich der
menge, dem groszen häufen anschlieszen ; er schlosz sich
innig diesem mann an ; so schlieszen wir uns denn gleich
an dasjenige wieder an, was wir oben schon benannt und
besprochen haben. Göthe 17, 53; flächen, woran sich sanft
aufsteigende hügel anschlössen. 31, 225. gleichviel mit sich
anschlieszen auch bloszes anschlieszen intransitiv: die züge
auf der eisenbahn schlieszen an ; die thür schlieszt nicht an ;
das kleid schlieszt an; ein enganschlieszender ermol; sanft
anschlieszend. Luise 3, 176 ;
die haube schlieszt nicht an und flieht aus dem gesichle.
Zachariä;
ein herzliches, warmes, anschlieszendes, treues geschöpf. Kni«-
ger 9, 251, was auch auf sich anschlieszen bezogen werden
darf, da fiirs particip das reflexive pronomen unterbleiben mag.
ANSCHLIESZLICH, anncxtis.
ANSCHLIESZLICH, adv. annexe: anschlieszlich mag ich
hier gern bemerken. Göthe 44, 162.
ANSCHLINGEN, injicere, innectere. die ältere und die heu-
lige spräche verwenden dies worl nur in starker form, schwache
erscheint im n jh. bei Lohenstein und noch andern: welche
mit ihrer aninut im ersten anblicke gleichsam aller anschauer
Seelen bezauberten und iiinen das band der Zuneigung an-
schlingelen. Armin. 1, 196; die Gallier, welche wie die ange-
pflöckten krähen auch denen Deutsciien den ihnen ange-
schlingten strick der dienstbarkeit an den hals zu werfen be-
müht waren, l, 408 ; mit dem gewissenszOgel wie oft hat uns
.,
,445
ANSCIILITZEN — ANSCHMIEGEN
das pabslum angesclilingt. Mich. Wiedemanx hist. poet. gefqn-
genschapen SO; Agiaja, an die arme ihrer schönen Schwestern
angeschlungen. Wielaxd 10, S4; im chriÄtenthum schlang sie
sich dem jungem platonismus an. Herdeb 16, 24 ; zwei so
weiche blumen wie seine frau mit dem ihr angeschlungenen
epheu, mit Lianen. J. Paul TU. 1, 131. sich anschlingen, t-er-
schlingen, haflen.
AiN'SCHLITZEN, ferro sauciare: einen bäum anschlitzen.
Stieler 1S39.
A.NSCHLÜRFEN, ineipere sorbere: dürfte ich nur anschlürfen !
ANSCHLCSSIG, annexus: das anschlüssige, angeschlossene
schreiben.
ANSCHLL'SZ, /. annexio: der anschlusz des gartens an
das haus, zweier wälder aneinander; der anschlusz eines
briefes ; anschlusz nach Spandau heiszts im postbericht; der
anschlusz Belgiens an Holtand.
ANSCHMACHTEN, länguide inlueri:
ach, wie du ruhtest neben mir
und schmacbletest mich an. Göthe.
ANSCHMARRE.N, leiiter tulnerare: einen im gesicht an-
schmarren. ihm eine schmarre versetzen.
ANSCHMAUCHEN, fumo fuscare, anrauchen: ein an der
ecke angeschmauchtes couvert eueres letzten briefes, zum
Zeugnis dasz er mit auf dem Vesuv gewesen. Göthe 2S, 25;
das gebäude durch bivouacs angeschmauchl und verunreinigt.
43, 253. angeschmauchtes erz ist weniger als angeflognes.
Stieler 1S6S gibt dem anschmauchen die bedeutung von adre-
pere, occulte se immergere, s. anschmiegen und anschmei-
chen.
ANSCHMAL'SEN, comedere, comissari :
fleischbrinke, wo die schmeiszen hausen,
die ietten braten anzuschmausen.
ANSCHMECKEN, guslando tenlare, praeguslare. veidmän-
nisch, die hunde schmecken an, spüren das wild, die speise
anschmecken, verschieden von der speise anschmecken, an
der speise merken;
mein söhn soll mein gut nicht anschmeckea. Äther 450*,
nichts davon zu kosten kriegen.
AN9CHMEICHELN, gleichsam adblandiri : in ihrer anschmei-
chelnder andacht rein ausplündern. Abele 3, 336; ob er ihm
die würde des seraphs anschmeicbcln wollte. Herder 15, 124;
sich anschmeicheln an jemand.
ANSCHMEICHEN, fumo adrepere, offenbar ßir anschmäu-
chen, dem transitiv von anschmauchen : an etlichen spenlein
hab ich selber angeschmeicht oder angeflogen silber gese-
hen. Mathesius 62*;' angeschmeicht oder angeflogen glaserz.
63'. *. anschmiegen.
ANSCHMEISZEN. pulsart, allidere, projicere, foedare, nnl.
aansmijten: anschmeiszen an die thür, heftig schlagen, wer-
fen ; einem kielten anschmeiszen, anwerfen ; die fliegen sciimei-
szen die wand an, vgl. schmcisze, schmeiszflicge. 5. an-
schmitzen.
ANSCHMELZEN, liquefieri: der schnee schmilzt an, ist
angeschmolzen ; der talg ist an den lenchler angeschmolzen.
ANSCHMELZEN, liquefaeere, pinguefacrre, nnl. aansmel-
ten: den brei besser anschmelzen; angeschmelztes blei.
ANSCHMETTERN, affringere: mit dem köpf an den stein
ansclimettem ; ein bäum vom blitzslnihl angeschmelferf.
ANSCHMIEDEN, accudere, nnl. aansmeden : einem die kelle
anschmieden ; einen an den fcisen, block anschmieden ; ein
eisen dem andern anschmieden; angeschmiedet, ange fesselt,
wie angeschmiedet sitzen :
hier schmiedet man micli nicht zu halben lasen
and ganze nAclii am Spieltisch an. Gökixck-3, 7;
vor dem stolzen göitersohne, den sein Unglaube und seine
einsame, mensthenleere brüst an einen ewigen unverrückten
schmerz anschmieden. J. Pacl Tit. 1, M.
ANSCHMIEGEN, arctc jüngere, insinuare, zumal von eng
anscblieszendem kleide:
wie sie im scliwunfr der wciszcn band
anschmiegt dem leibe hell gewand. TttCK 4, 24S,'
fgl. ahd. smoccho, ags. smoc, altn. smockr colobium, inte-
rula, die grundbedeulung von schmiegen ist aber repere, sanf-
tes bewegen drr schlänge, das geuand ringelt sich wie eine
schlänge um den leib, den arm, liegt angeschmiegt oder an-
gescbmogen. anschmiegende umailnung. sich anschmiegen,
insinuare se:
vergeben« schmiegte sie an meine knie sich an. Wiblard;
ANSCHMIEGSAM— ANSCHWELLEN 446
meine sehnsacht, mein gefühl sind melodien, die sich ein lied
suchen, dem sie sich anschmiegen möchten. Bettixe br. l,
121 ; mich deinem andenken, deiner freundlichen neigung aufs
innigste anzuschmiegen, i, 227. angeflogen und angeschmogen
schneeweisz silber. Matbesils 2S'. *. anschftieichen.
ANSCHMIEGSAM, adreplans, anschmiegend, geschmeidig:
anschmiegsame schlänge.
ANSCHMIEGUNG, f
ANSCH.MIELEN, s. anschmollen.
ANSCH.MIEREN, illinere, imputare, nnl. aansmeren: die
färbe anschmieren, mit färbe anschmieren ; den wein anschmie-
ren, fälschen; eine grosze zeche anschmieren, anschreiben.
Stieler 1S81; einen anschmieren, schlecht behandeln, betrie-
gen. einem etwas anschmieren, zur last legen:
dem schmirt er aufruhr an, der hat das volk verhetzt.
■ Crtphius 1, 7S.
einem seine waare anschmieren, aufdringen; er hat mirs an-
geschmiert, angeschmiert! (oben s. 335). sich anschmieren, sich
bei jemand hervorstreichen, in gunst setzen durch schlechte mittel.
A.NSCHMINKEN , fucare, pingere genas: sie schminkt sich
an, trägt schminke auf; weil der göttliche schlusz dich hesz-
lich geschaffen hat, so ists ein vergebliches vornehmen, dasz
du dich mit rother färbe anschminkest, pers. baumg. 5, 8.
figürlich :
er ist der weit entwischt, da nichts als krieg nnd streit,
als angescbminkte (es stellt angeschmünckte) lieb,
als hasz und grimmer neid,
als schand und böse lösten in vollem schwänge gehn.
Opitz 2, US;
des pöfels lob begern das ist ein armes leben
und angeschminkler schein. 2, 15S.
schminkt tagend sich mit ehre an? Haller s. 35.
ANSCHMIRMELN, rancescere: die butter schmirmelt an,
rancidulum est. Stieler 1SS3. 5. schmirmeln.
ANSCHMITZEN, allidere, maculare, was anschmeiszen, nur
leichter, hurtiger: schaw, wer thut an der thür anschmitzen.
H. Sachs III. 3, 39'; die rosse mit der peitsche anschmitzen ; die
fliegen schmitzen alles an; einem etwas ansclimilzen, einen
fehler anhängen: damit er jedem konte eines anschmitzen.
Philand. I, 253 ; und nun nachdem ich ihn von diesem ange-
schmitzten flecke gcreiniget, höre man seine nacheifercr. Les-
siNG S, 471 ; die tolle frechheit. womit du dich erkühnst, die
lugend meiner princessin anzuschmitzen. Wielaxd 11, 223; die
Verleumdungen, womit sein Charakter angeschmitzt wurde.
24,296; unzeitige eifersucht halte ihre unbefleckte ehre ange-
schmitzt. 27, 93; der ruf hat deine jugci\d mit andern noch
weniger schmeichelhaften beinamen angeschmitzt. 27, 54 ; dasz
er iiircn unbescholtenen ruf anschmitze. J. Paul flegelj. 3, 12S.
ANSCHMOLLEN, inimicc intueri, leviter succensere; was
sc4imollst du mich an?
launet wol gar, und maulet und schmollt das duldende weih an.
SroLiERe 3, 272.
H. Sachs aber hat IV. 3, 3l' freundlich anschmöllet, was offen-
bar dem mhd. anschmielen nahe kommt, aucli anschmollen
musx ursprünglich ein zweideutiges maulrerziehcn bedeuten,
was sich in gutem oder bösem sinn auslegt.
ANSCHMCCKEN, comerc, anputzen: die braut anschmtlcken ;
sich festlich anschmücken.
ANSCHMUNZELN, lene arrtdere, anlächeln, doch minder
edel als dieses, das schlafende kind kann nur anlächeln, nicht
anschmunzeln, aber ein mitwissender schmunzelt rerstolcn an.
ANSCHMUTZEN, leniter arrtdere, anlächeln:
ir wolt in all winke! gutzen
und tut die schon weiber anschmutzen, fastn. tp. 142,23;
ich «ach in eins die kirch diircbgutzen
und ie zu Zeiten eine an schmutzen. 544, S;
mit freunilichem lachen, mit lieplichem anschmutzen.
749. 7 ;
nun ist mir änderst nit lu sinn.
dann sei mein leben halb von liinn.
Woltrost schmutzt mich ein wonig an.
SCRWARZKXIF.R« 15t.
ANSCHMUTZEN, maculare: die schuhe, kleider anschmulzrn.
ANSCHNÄBELN, rostra jüngere:
das luftvolk (getdgel) auch, da manche Trau nnd mann,
sich schnabebi zücbiiglich innm sOsze hochzeit an.
Flemi^^c 153.
ANSCHNALLEN,- affibulare, jüngere fibulnm, gegensitiz von
abschnallen : den dcgen nnschnallrn, die ricnnn. sporen, di<
schuhe anschnallen, figürlich, ankeßen, anbinden:
447 ANSCHNALLEN — ANSCHNAUZEN
ANSCHNEIDEN — ANSCHNURREN 448 ,
siets anfcsclinallt an seinen siechen leib
darf sie ihm tag und naclit nicht von der seile weichen.
Wieland 22, 273 ;
ich sah den haflbefehl für mich auf den ganzen abend ausge-
fertigt, und mich der bunten schiieszerin angeschnallt. J. Paul
jubeh. 102; er hat sich eine liebste angeschnallt.
ANSCHNALLEN, ferire, fehlcrliaß für anschnellen, das im
praet. und part. anschnallte, angeschnallt bekommen konnte,
nicht im praesens:
wie hohe beutn und ihurne fallen,
wenn sie ieos) blitz und donner anschnallen.
frosclim. 2, 2, 3.
ANSCHNALZEN, garrire, blaterare versus aliquem.
ANSCHNAPPEN, captare : der hund schnappt die fliegen an.
ANSCHNARCHEN, acriter, proterve inclamare: einer von
ihnen fragte mich, und schnarchte mich stracks an. Simplic.
1, 13;
was dränget ihr euch um die kranken herum,
und scheltet und schnarchet sie an? Bürger 56';
nun eilte er zu Rose und schnarchte sie an. Klinger 10, 179;
dasz die bildseulen von thieren am tage der allgemeinen auf-
erstehung den künstler anschnarchen werden. Kant 10, 189.
ANSCHNARREN, dasselbe, trotzig, heßig anfahren:
was darfst du uns also anschnarren? H. Sachs 1, 473';
was darfstu mich also anschnarren \ IL 4, 128' ;
lieber hauswirt, ich wil euch nimmermehr, wie ich leider ge-
than habe, bitter anschnarren. Kirchhof wendunm. 333';
ich bin, thut verharrn,
und mich doch nicht so hart anschnarrn. Atrer 96" ;
0 hett er
euch nur mit worten angeschnart. 266*.
mir zu liebe, bruder, schnan- ihn nicht an. Fr. Müller 3, 28.
doch auch von vögeln: die ente, die drossel schnarrt mich
freundlich an. s. schnanen und anschnei-zen.
ANSCHNATTERN, garrire: die Störche, die enten schnat-
tern einander an; die Schwätzerin schnattert alle leute an.
ANSCHNAUEN, adkalare, afflare, increpare, durius alloqui :
dasz der husvatter die mueszig stonden tagener angeschnawet
hat und gesprochen zu inen, wes stond ir hie mueszig? Kei-
SERSB. post. t, 31; schnaw an dein sei hertiglichen umb ...
den wolgefallen, den si halt in süntlichen fröden. bäum der
seligk. 33'. s. die folgenden.
ANSCHNAUBEN, afflare. intransitiv, die rosse schnauben
an, kommen angeschnaubt, anschnaubend;
ihr habt malt mir gemacht die glut anschnaubender stiere.
Voss.
transitiv, anfahren, schnaubend anreden: David hat boten ge-
sand aus der wüsten unsern herrn (Nabal) zu segenen, jer
aber schnaubet sie an {vulg. aversatus est eos). 1 Sam. 25, 14 ;
■ er schnaubt mit flammendem gesiebt
den riller an. Wieland 17,72;
hinweg, du hund! schnaubt fürchlerlich
der graf den armen pllüger an. Bürger 70';
Gianettino schnaubt ihn trotzig an, donner und Dorial Schil-
ler 147; Ferdinand, schnaubte er ihn an, wirst du unter-
schreiben? Schiller 900.
ANSCHNAUBEN, n. afflatus: so ist uns auch umgekehrt
mitten in der warmen üeude das kalte anschnauben des win-
digen Schicksals am schädlichsten. J. Paul paling. 1, 9.
ANSCHNAUFEN, andere form ßr anschnauben:
sein baur ihut ihn anschnaufen. Ayrer 57*.
s. schnauben, schnaufen.
ANSCHNAUZEN, gleichviel mit anschnauen und anschnau-
ben, für deren frequentativum es gellen, nicht auf schnauze
rostrum zurückgeführt werden musz , welches schnauze aber
selbst mit schnanen und schnauben unmittelbar verwandt ist.
{mehr unter den einfachen Wörtern.)
sie. reden alle durch die nasen,
haben wansie sehr aurgcbluscti
und schnauzen jeden Christen an. Göthk;
da musz man einen anlaciien, einen anschnauzen. Tieck 3,
60 ; der kutscher schnauzte die pferdc an und fuiir im trabe
davon. J. Paul Tit. l, 90; das gedachte Journal will geloht
und geachtet sein, nicht aber angeschnauzt, vorsch. der aesth.
363.
ANSCHNAUZEN, n. inveclio: Amalia gieng mit gefaszteni
muthe nach der hausthüre, selbige dem vater zu eröfnen und
scheuete sein anschnauzen gar nicht, maula/fe 18.
ANSCHNEIDEN, incidere, admordere, delibare : brot, fleisch,
käse, kuchen anschneiden; auf dem kerbholz anschneiden,
das körn, das gelraide ist schon angeschnitlerf. .kleider an-
schneiden, anmessen, nimb arznei, lasz dir kleider anschnei-
den. Thurneisser magna alch. 1, 113 ; er ir vil herlicher klei-
der anschneiden liesz. Bocc. 196; er wolle im einen beiz an-
messen und anschneiden. Witzenbijrger 74;
die narrenkappen, die im der Schmeichler thut anschneiden.
B. Waldis ;
wil ich mir ein pilsner anschneiden, fastn. sp. 106,24;
sol im ein narrenkleit anschneiden. 705, 28;
mhd.
sun will du kleiden dine jugenl,
daz si ze hove in ören gS,
snit an dich zuhl und reine -lugent. Winsbeke 22,
also auch wol sich ane sniden daj kleit, ane sniden län.
schön vom anspielen des Saiteninstruments:
auf harf und lauten tastet frei,
schneidt an die süsze geigen!
Spee trutiu. 126 (1841, 115);
und die seilen scbneidsn an. 298 (1841, 271),
weil der anhebende fiedelbogen gleichsam an die saitcn sehnet'
det, sie anschneidet, die saite beim spiel entzwei geschnitten
wird:
heiä nu hei, des iidelieres seite der ist enzweü.
MS. 2, 61'.
ANSCHNEIDHAUS, n. gewandhaus, wo tuch geschnitten, ver-
kauß wird? beim rathaus, gegen dem anschneidhaus über.
Mathesics 118.
ANSCHNEIEN, adningere, nive adspergi: bäume und dächer
sind schon angeschneit ; es schneiet ans fenster an ; ich lasse
mich die flocken gern anschneien, weil sie so sanft nieder-
fallen; er kommt auf einmal angeschneit.
ANSCHNELLEN, vibrare, nnl. aansnellcn : den ring an-
schnellen ; der stürm schnellt die bäume an {s. anschnallen),
schnellt, prallt an die bäume; das wild schnellt den bäum an,
figürlich, einen mit worten anschnellen, anfahren.
ANSCHNERZEN, anbrummen, anfahren: die armen lüth em-
pfahend wenig trosts, dürfend wol alsbald angeschnerzt werden.
BüLLiNCER 3, 321. Stald. 2, 340. frequentativum von anschnarren.
ANSCHNIEBEN, adhalare, sanßer als anschnauben, gegen
einen atlimen.
ANSCHNIEGELN, comcre, ornare: sie hat sich angeschnie-
gelt, zierlich geschmückt, die locken anschniegeln, s. schniegeln.
ANSCHNIFFELN, ringi, cavillari, beschniffeln, wenn zu an-
schnieben gehörig, anschniebeln, ansclmiefeln oder mit abtaut
anschnübeln, anschnüfl'eln zu schreiben, s. letzteres.
ANSCHNIPPELN, frustatim discerpere.
ANSCHNITT, m. incisio. was zuerst abgeschnitten wird,
der anschnitt des brotes ; der anschnitt, prandium, caput coe-
nae. Stieler 1901; der anschnitt des kleides; anschnitt ans
kerbholz. im bergwerk, die rechnung, welche der scluchtmei-
ster am schlusz der woche dem bergmeister ablegt, mittelst des
kerbhohes : kommet der teufel sichtigklich zu einem hergkmann
und begert, er solle alle seine sünde herzelen, er wolle sie
aufschreiben und in anschnitt bringen. Mathesius 17*; und
also werd ihr für gott bestehen können, wenn ihr im letzten
anschnitt erscheinet. 20'; damit sich niemands am jüngsten
tage zu entschuldigen habe, wenn er wider in anschnidt gehen
und ein klare, richtige rechnung von seiner venvallung und
diensten wird vor Jesu Christo und aller weit äugen thun
müssen. 150'. auch andere handwerkcr halten ihren anschnitt,
ihre abrechnung.
ANSCHNITZEN, incisuram facere. einem eins anschnitzen,
etwas anthun : entschlossen mir eins anzuschnitzen, damit mir
solches Iheuer genug ankommen sollte, gespenst 33.
ANSCHNÜFFELN, odorem explorarc, anriechen, beriechen:
hundc schnüffeln alles an. vgl. anschnifl'eln, anschnieben.
ANSCHNÜREN, funiculo vincire, illaqueare, nnl. aansnoc-
ren : sie {die weit) hat manchen angeschnürt, pers. rosenth. 1, 2 ;
wird er gleich geköpft, gerädert, angeschnürt. Opitz;
dem hat dos landes heil den hämisch angeschnürt.
GS.nthkr.
ANSCHNURREN, increpare, anfahren, anbrummen:
also sie mich anschnurri und schnaufet. H. Sachs;
Ihn in mit worten anschnurren. 1,231';
449
A^'SCHOBERiN— ANSCHREIEN
ANSCHREIER— ANSCHÜREN
450
dich nimmermer also anschnurren. III. 3, 69* ;
und unter den leuten stund er fast alle anschnurrend. ge-
spenst 349 ; oft scjinurrte er ihn auch an als ein fliegender
käfer. Arnim I, 178. von diesem sinnlichen schnurren und
summen geht die redensart aus, und wird auch auf ein an-
betteln atigeu-andt.
ANSCHOBERN, congerere, acervare: heu anschobern. s.
Schober.
ANSCHÖNTN, conciliare formam, pulchriorem reddere, ver-
schönen, verschönern. Stieleb 1755; und mit dem zepter an-
geschünet.
ANSCHÖPFEN, increare, anerschaffen : die gaben, soimgott
geben hat und angeschöpft. Keisersb. Äas imp/". «Jij pos<. 3,44.
ANSCHOPPEN, infarciendo opplere: angeschopte kapauner
und geraeste gens. Geg. Scherers kunsl- und wundsegcn. In-
golst. 1595. H2; obschon der magen wol verdauet, werden
doch die zu sehr angefüllten ädern belästiget, ausgedehnet,
zersprengt, verstopft, angcsclioppt und beschweret (von zu viel
essen). Hohberg 1, 172' ; dann als er nach dem tod schon lang
auf der bühn kalter gelegen und bereits die specereien bei-
gebracht worden, worniit man den cörper anschoppe. Abr. a. s.
Ci.. Judas 2, 125. ScHMELLER 3. 376 hat einen anschoppen wan-
zenvoll, «nd geschuppt voll. vgl. anschobern «nrf ausschoppen.
ANSCHRAMMEN, leviter vulnerare : das bein, die haut ist nur
angeschrammt, da kommt er angeschrammt, gleichsam angerissen.
ANSCHR.\UBEN, intorquere, nnl. aanscbroeven : ein schlosz
anschrauben ; den gefolterten anschrauben, figürlich, anschrau-
ben, schrauben, urgere, decipere.
ANSCHRECKEN, excitare, erschrecken, weidmännisch, ein
laufendes wild anschrecken, zum stehen bringen, wie durch
pfeifen und rufen geschieht, der arme mensch stand ganz an-
geschreckt.
ANSCHREIBEN, ndscribere, inscribere, notare, nnl. aan-
schrijven : denn sie waren auch angeschrieben. 4 Mos. 11, 26 ;
sie sind angeschrieben im buch der könige. 1 ckron. 10, 1;
du schreibest mir an betrübtnis. lliob 13, 26 ; tilge sie aus dem
buch der lebendigen, das sie mit den gerechten nicht ange-
schrieben werden, ps. 69, 29 ; das die übrigen beume seines
waldüs mügen gezelel werden und ein knabe sie mag an-
schreiben. Es. 10, 19; zu der gemeine der erstgebornen, die
im himmel angeschrieben sind. Hebr. 12, 23; denn wir sind
schon angeschrieben unter das beer, das da unter Christo
kriegen sol. Luther S, 1S7" ; was wir schuldig sein, das schreibt
uns an. fasln, sp. 647, 22; ein wirt, der gar nit anschreibt.
Kirchhof wendunm. 192'; wir lassen anschreiben. Lessinc 1,
525 ; was einige hingegen tadeln, wäre ich sehr versucht, dem
dichter als einen vorzüglich schönen zug anzuschreiben. Schil-
ler 234; ihr seid übel genug angeschrieben. Göthe 8,206;
bei vielen par gut angeschrieben
lind ich hier manch bekannt gesicht. 13, 198;
seine freunde sind übel bei ihr angeschrieben. 20, 65 ; sie war
doch sehr gut angeschrieben bei der gräfin. Lexz l, 310. ahd.
und mhd. wurde zu schreiben die praep. an gefügt, den um-
ständen nach mit dem dat. oder acc. {gramm. 4, 773. 852), an-
schreiben entsprang folglich aus an dem buch, an der tafel,
an das buch, an die tafel schreiben, anschreiben hiesz sonst
auch das gehörte aufschreiben, niederschreiben, einzelne von
Keisersbercs predigen schrieb eine Jungfrau im j. 1495 nieder
und auf dem titel des zu Straszb. iä20 gedruckten buchs steht :
angeschriben von einer ersamen junkfrawen und die erbeten,
das sie solchs in den druck gelassen hat in hofnung zu gut
allen menschen, in anderm sinne sagen wir die feder an-
schreiben, anfangen mit der feder zu schreiben: mit einer
neuen, kaum angeschriebenen feder. Götbe 4, 183.
ANSCHREIEN, acclamare, inclamare , nnl. aanschicijen.
weidmännisch, das jagen anschreien, den hirscb, die sau an-
schreien (s. anschrecken). von vögeln, deren angang unheil
bringt: der rabe hat mich zur linken seile angeschrien; die
krähe schrie ihn morgens an. einen laut, auf der gasse an-
schreien; die wache, der soldat .schrie ihn an; gebet hin und
schreiet die götter an. rieht, lo, 14; ich schrei (prael.) euch
an, aber ir hilft mir nicht aus iren henden. 12, 2; schrei
iprarl.) das volk an. 1 Sam. 26, 11; und schrei (praet.) den
mann gottes an. l kOn. 13, 21 ; und da der könig fiiruber zoch,
schrei er den kOnig an. 20,39; und da der könig zur inaurcn
gieng, schrei in ein weih an. 2 kön. 6, 26 ; da kam eben dazu
das weih, des son er hatte lebendig gemacht und schrei den
könig an. 2ilcün. 8,5;
Abia schrei die feinde an. H. Sachs 1, 50*;
wanneh mein herr zu Tholey sulchs nit mechtig were, so solt
mein h. z. Th. den hochrichter anschreien, der solt meinem
h. z. Th. seine gerechtigkeit und freiheit helfen handhaben
und behalten, weisth. 3, 765 ;
ein narr den andern schriget an. Brant narrensch. 206;
wenn sie ein dürniger um hülf und Irost anschreit.
Grtphils ;
weil ich mir die geJanken mache,
das reine blut schrei himmel an. Camtz 206;
eine halbe million hungernder menschen schrie den sultan
um brot an. Wielaxd 7, 72 ;
mit diesem kus sei aller groll vereessen,
den mir die bösen leuie angeschrien.
.\h.>ii schaub. 1, 317.
mhd. got unscrn herren er ansclirei. Bari. 204, 12.
ANSCHREIER, m. acclamator.
ANSCHREITE.N , gradum inire, tngredi: langsam ansdirei-
teu ; immer anschreiten.
ANSCHRIFT, f das angeschriebene, vorgeschriebene.
ANSCHRÖPFEN, scari/icarc, blut lassen, figürlich, einen an-
schröpfen, anzapfen, emungere argenlo, einem zur ader lassen.
ANSCHROT, m. bei Frisch 2, 229' ora panni, gleichsam an-
schnitt, rand, von schroten, schneiden, wie abschrot, abschnitt.
J. Paul braucht es aber oß ßr ansatz, besatz, anhang: der
puderanschrot und Spielraum des zopfs hinten auf dem rocke.
uns. löge 9; der mann hatte das an sich, dasz er den ko-
thigen anschrot, womit sich sein Überrock besetzte, niemals
ausrieb. 13; mit einem besatz und anschrot fremder gegen-
stünde, jubeis. 178; wollt ihr einer den ehcrcif und anschrot
applicieren. 107; Schönheit ist bei uns nie etwas anders als
anschrot und beiwerk des vortheils. Tit. 1, 42.
ANSCHROTE, f ora panni, der angeschrotene rand des wol-
lenluchs, die tuchleiste.
ANSCHROTEN, anschneiden, ansetzen: wenn die jungen
sind in die orden gestoszen, hat man inen die kuttcn ange-
schroten. Zwixgli 2, 246. es gilt aber auch vom anschroten,
anschleifen der wein- und bierlasser; ein paar Haschen wein
anschroten. s. schroten.
ANSCHRUMPFE.N, rugas contrahere, beginnen zu schrumpfen.
ANSCHUB, m. protrusio. anschub der zahne; anschub der
knospen; anschub, anschieben der kugel beim kegeln.
ANSCHUHEN, aptare calceos, nnl. aanschoeijen. einen an-
schuhen, ihm die schuhe anziehen; sich anschuhen, sich schulte
anlegen :
sie lief barfusz neben an.
doch sprach er nie so hold ein wort:
0 liebcheu schuh dich an! Bürccr So';
angeschuht, unangeschuht gehen, in schuhen, ohne schuhe
gehen, calceos indutus, exutus. zuweilen auch anschuhen, ror-
schuhen, die «tiefel anschuhen, pfähle anschuhen, ror«e mit
eisen beschlagen.
ANSCHULDIGEN, aecusare, anklagen, zeihen, beschuldigen:
einen eines Verbrechens anschuldigen.
ANSCHULDIGUNG, f accusatio.
ANSCHULDUNG, f dasselbe: indessen wäre es leichter,
den guten Sokrates gegen diese beiden anschuldungen, als
die redselige göttin gegen den Vorwurf der schikanc zu vcr-
tbeidigen. Wielaxd 5, 178.
ANSCHÜiVDEN, illicere, sollieitare, ein gutes, alles, aber
nun erloschenes wort, B. Waldis hat es noch einmal:
da scet er krieg, die herrn anschündei,
durch ha!>z zum krieg werden entzündet.
pdbst. reich CA\
$. schünden.
ANSCHUR, /■. attnnsio, den webem das anscheren des tuchs.
s. anschere und anschirren.
ANSCHUREN, trudere. incilare. stimulare, xumal vom feuer
gebraucht; die kohlen zusammenschieben, dasz es heller brenne,
vom ahd. scurian, scungan, mhd. schürn und schUrgen (mehr
unter dem einfachen wort), vgl. Schneller 3, 397 ;
«chürt mit kleim holz ein fewer an. H. Sachs I, 454';
also lustig und arilich, als ob die h. kirch ihr fcgfeur daher
aufgeplasen, angeschiret und geholt hab. Fischart bienenk.
lll';
aber die zwcrg ganz ungeheur
«ohirten in dem berg an ein fear. Atkcr 220»;
der opTerbrand wird angcsrhürl,
die priester stellen sich in reihen,
29
451
ANSCHÜRER — ANSCHWATZEN
ANSCHWEBEN— ANSCHWÖREN 452
es wird ein bock herbei ffeführt,
den sie mit mehl und salz bestreuen.
Hagedorn 3; 128 ;
sie flammte noch von Eris angeschürt
die fehde. Wieland 10, 155 ;
der gute Duban steht als wie vom blitz getroffen,
er sieht dasz ihm der neid dies wetier angeschürt. 10, 341 ;
von solcher hofnung angeschüret
verdoppelt er die schritte. 18, 213 ;
sein ingrimm über die schöne Aruja schien die leidenschaft
mehr anzuschüren als auszulöschen. 8, 413. die lesart an-
schiren, wenn sie sich behaupten kann, liesze an scheuem,
scheiern, goth. skeirjan, reinigen denken.
ANSCHÜRER, m. excitalor, motor: wobei erzbischof Ebo,
fremder und eigener leiden Stifter, den anschürer machte.
Dahlmann dän. gesch. 1, 41; riethen doch, auszer dem an-
schürer Heinrich, Ubbo und Hagen zu einem raschen unter-
nehmen. 1, 227.
ANSCHUSSIG, was anschieszt.
ANSCHUSTERN, sich anbiedern (was s. 294 fehlt).
ANSCHUSZ, m. nach den verschiednen bedeutungen des an-
schieszens : anschusz des wildes, des wassers, des salzes, der
krystalle. auch der erste schusz.
ANSCHÜTT, f. alluvio, aggestio, zuvial das angeschüttete,
vom flusz angelriebne land: bei der anschüt, als die Tunaw
geschüt hat. MB. 12, 203 (a. 1366) ; daran in das wasser die
Tunaw ein anschütt gemacht hat und hächt (hängt) doch an
der vorbenanten alten anschütt. 12, 266 (a. 1471) ; swaj die
Tunaw geschult hat. 13, 250 (a. 1328. 1331). vgl. RA. 548. gilt
aber auch von anhdufung der erde zu bollwerk: si machen
Steinhaufen, pasteien, anschüt wider die feind. Frank weltb.
98'; durch siben höf und wachten, ee man zu disem künig
kumpt, alles mit schlügen, zeunen und anschütten gemacht.
215' ; dieweil machten die Babilonier das erdrich mit anschüt-
ten der maur gleich, chron. 30". 38'; pasteien, anschütten,
bollwerk. Agricola spr. 209'; gewan er inen ein anschüt ab.
Fronsp. 3, 233*.
ANSCHÜTTELN, paulum movere: das haupt anschütteln;
die arznei anschüfteln; einen schlafenden anschütteln, anre-
gen; vom bäum, der nur angeschüttelt war, fielen die tropfen
nieder, nnl. aanschudden, der form nach das folgende wort.
ANSCHÜTTEN, affundere, aggerere: der ström schüttet erde
an ; mit dem eimer dem feuer wasser anschütten ; körn auf
dem boden anschütten; uns haben unser getrewn burger an-
bracht, wie si an traid ... groszen mangel haben und uns
angerufen und gebeten, in das in unserm fürstenstumb . .
anzuschütten und zu iren hewsern und wonungen zu fürn
vergunnen. Ciimel Maxim, s. 125 (a. 1496).
ANSCHÜTZEN, itn gegensatze des abschützens, das wasser,
das rad, den balg wieder anlassen.
ANSCHWÄNGERN, mlat. impraegnare, gilt doch nur, wie
franz. impregner, von künstlicher befruchtung und Vermischung :
wasser mit salzen, silber mit kupier anschwängern, es hciszt
aber ein mädchen schwängern, nicht anschwängern.
ANSCHWÄNZELN, cauda blandiri, anwedeln: der hund
schwänzelt ihn an; kommt angeschwänzelt.
ANSCHWÄRMEN, citato agmine invehi: lästige mucken
schwärmen an; gegenüber dem bäum haben die bienen an-
geschwärmt.
ANSCHWÄRZEN, denigrare: die haut anschwärzen; band,
finger anschwärzen; aus zwei angeschwärzten, zu einander
gerichteten spiegeln. Göthe 55, 22. oß figürlich, verleumden,
anklagen :
du bist ein söhn des glucks, versetzt Tithonia,
und ferno seis von mir, sie bei dir anzuschwärzen.
WiELANO 10,213;
meint ihr, es gelte nur, olin ausnahm, ohne wähl
das schöne volk so häsziich anzuschwärzen? 10,221;
eine lugend, die dich verdunkelt, angeschwärzt zu haben. 13,140.
ANSCHWÄRZER, m. dcniyrator, Verleumder. Lessinc 8, 207.
ANSCHWÄRZUNG, f. denigralio : auf einer durch anschwür-
zung der einen seile zum . . . convexspiegel verwandelten glas-
linse. GöTiiE 55, 24.
ANSCHWATZEN, blandis vcrbis alloqui, affari, dann auch
alicui probare, tribuere, gegensatz von abschwatzen, aonst
auch aufschwatzen: das kind schwatzt den valer an; einem
ein weih aiischwatzen; schlechtes geld anschwalzen; der an-
getrunkene läszt sich leicht schlechteren wein für besseren
anschwalzen ; ich wollte den zeplcrlrägern menschlichkeit an-
schwalzen. Tuümmel; äffet aber eigentlich das volk, dem er
sie auf diese art anschwalzt. Stolberg 6, 338; wäre dieses
geselz nicht uns gegeben, wir würden es nicht der Willkür
anschwalzen. Kant 6, 185 ; die last kann mir durch keine be-
weisgründe angeschwatzt werden. 7, 142.
ANSCHWEBEN, molliter advolare, heranschweben : sanft an-
schwebende geister; des hoch anschwebenden adlers. Voss 1,
207. Luise 3, 817 ; sie kam wie angeschwebt.
ANSCHWEFELN, sulphure suffumigare: das fasz anschwe-
feln; angeschwefelter wein.
ANSCHWEIDEN, calce cinereque corium parare, bei den
gerbern, schlecht geschr. anschwöden, ein uraltes wort, trans-
itivum vom altn. svlda urere, schw. svedja adurere, Biörn hat
ein altn. svedja, svaddi ferro excoriare, schweiden aber wäre
ein altn. sveidja, sveiddi. mehr unter schweiden.
ANSCHWEIF, m. den webern, kette, aufzug des gewebes.
ANSCHWEIFEN, allexere, assuere limbos. aber auch in an-
dern bedeutungen des schweifens.
ANSCHWEISZEN, feram cruentare, vulnerare: ein ange-
schweiszler hirsch. Brockes 6, 218. ferruminare, plumbare,
eisen zusammenschmieden, löten:
was hier der dichter seiner akte jedem angeschweiszt.
Platen 252.
ANSCHWELLEN, incipere tumere, nnl. aanzwellen, gelind
aufschwellen, empor schwellen: zur zeit, wo dem mädchen die
brüste anschwellen und sich drehen ;
dö sich ir brüstet dra;ten unde ir reit val här begunde brünen.
WoLFRA« im Tit. 36, 2 ;
im herbst, wann die traube anschwillt ; im mai schwellen die
knospen an; wölken schwellen am himmel an:
angeschwollnes gewölke zog von mittag und abend
dunkel am himmel aut und donnerte. Stolberg 3, 324;
gewässer schwillt durch regen an: aber so ein träum stürzt
wie ein angeschwollner slrom über den dämm. Bettine br
1, 241 ; töne schwellen an : je stärker ich den ton anschwel-
len liesz, je näher kam sie. 1, 303 ; der leig im tröge schwillt
an; der leib des wassersüchtigen schwillt an. figürlich, das
herz schwillt mir an, wird mir grosz; sein mut schwoll plötz-
lich an; er redete mit angeschwollnen worlen; mag doch
auch Gambriv wo hervorbrechen und ihr beer anschwellen,
ich halte stand bis zum letzten Schwerte, das gezückt wird.
Klopstock 10, ISO; wenn wir unser ich unter das mikroskop
setzen, so schwillet es zum glück plötzlich an. J. Paul lit.
nachl. 4, 141.
ANSCHWELLEN, schwellen machen: der unaufhörliche re-
gen schwellte die kleinsten bäche an ; Sonnenhitze und kühler
thau schwellen die traube an; wenn die fülle des herbsls
die gefäsze (des winzers) anschwellt. Göthe 39, 351;
dann schwellt der wind die segel sanfter an. 9, 98;
aus den entlegenem provinzen fiengen schon kleine häufen
an zu marschieren, welche immer mehr anschwellten (rich-
tiger sich anschwellten, orfer anschwollen), je näher sie ihrem
Standorte kamen. Scuiller 1049; auch dadurch hab ich ihn
angeschwellt (den entwurf vom platonischen gespräch Menon).
Engel 9, 21;
aber der nacht Sängerin hallet im busch
nach wehmütiger stimm den ton anschwellend in Sehnsucht.
Voss.
ANSCHWELLUNG , f. tumor, inlumescentia, incrementum,
geschumlst: anschwcllung der bände und füsze.
ANSCHWEMMEN, secundo flumine advehere, nnl. aanzwein-
men: der ström schwemmt, schüttet land an; holz auf dem
flusz anschwemmen, anflöszen; das gewässer schwemmte eine
wiege an, in der ein kind schlief
ANSCHWEMMUNG, f alluvio, anschiUt.
ANSCHWIMMEN, adnare : er schwimmt dem ufer an ; eine
angeschwommnc Icichc; die schwane kommen angeschwommen.
ANSCHWINDELN, vertiginem creare: der jähe abgrund
schwindelte ihn an ;
blasz wie geister schwindeln sie mich an. Schillkk 152;
man sagt auch einem etwas anschwindeln, betrügerisch an-
schwalzen.
ANSCHWINGEN, vibrarc incipere, in Schwung setzen: das
pcndel anschwingen, den knüttel anschwingen.
ANSCHWIRREN, astrepere: pfeile schwirrten mich an; heu-
schrecken kamen angeschwirrt.
ANSCHWÖREN, vovere, angeloben: einem räche an schwören,
453
ANSCHWUNG — ANSEHEN
ANSEHEN
454
xuschirören, drohen, in anderm sinne ist anschwören, ein verbre-
chen fälschlich auf einen schwüren : könig Erich erklärte, jenen
münnern sei schwer unrecht geschehen, weil man ihnen das
verbrechen angeschworen habe, statt ihnen zu gestatten sich
durch geschlechtseide davon zu reinigen. Dablx. dän. gesch. 1,424.
ANSCHWLNG, m. ribralio, das anschwingen:
hurtig umfaszt er die klipp in dem anscbwung'.
Voss Uli. 5, 428.
ANSEGELN, adnatigare, heransegeln, nnl. aanzeilen: zehn
ansegelnde schiffe wahrnehmen können; ßgürlich, er kommt
endlich angesegelt, ansegeln auch einem felsen, einer klippe
nahe kommen.
ANSEHEN, aspicere, intueri, ahd. anasehan (goth. aber in-
saihvan), mhd. anesehen, nnl. aanzien, an einen oder etwas
sehen, vom unterschied zwischen ansehen und anschauen, die
oß gleichbedeutig sind, war schon unter anschauen die rede,
sagen könnte man auch, dasz ansehn unwillkürlicher, an-
schauen mit absieht und anhält erfolge; wer oß ansehn musz
was er nicht will, braucht es doch nicht anzuschauen, an-
blicken geht aber noch schneller vorüber als ansehen.
1) leibliches ansehen: einen mit starren, unverwandten
äugen ansehen, mit lachenden, weinenden, funkelnden, blin-
zelnden, schielenden äugen, mit prüfenden, forschenden; de-
ren Verhältnis sie denn doch mit neidischen äugen ansah.
GöTHE 20, 231; ich sehe ihm den tod an seinen äugen an;
siehst du mir nicht die freude an?; einen starr und steif
ansehen; sieh mich nur nicht immer so an!;
siebt nietnan
mit ganzen, vollen ougen an. Bram narrensch. 167;
über die achsel {s. achsel), von der seile, seitwärts, schlimms,
mit aufgesperrtem munde ansehen ; einen vom köpf bis zu den
füszen ansehen, von oben bis unten ; lieblich, freundlich, fröh-
lich, traurig, zornig, mürrisch ansehen ; einen mit dem rücken
ansehen, ihn verlassen, von ihm scheiden müssen; durch die
finger ansehen: den man nicht einmal durch die linger an-
sihet. Simplic. 1, 66.
2) einander gegenüberstehende kihinen sich wechselsweise an-
sehn, d. h. der ansehende wird auch angesehn, woraus sich
der doppelsinn von gesicht, angesicht, anblick erklärt, es liegt
in der menschlichen natur, dasz bei bedeutsamen Vorgängen
die gegenwärtigen, ehe sie das wort finden, oder weil es ih-
nen versagt, einander ansehen:
iysXaaaav, is aij.r'kas Si XSovro. Od. 18, 320 ;
sah ein zi anderemo, joh rorahtun in sliumo. 0. V. 10, 23;
si sähen zuo einander,
des nam si gröj wunder. iTchr. 242;
die übermüeten degene sähen alle einander an.
Nib. 1730, 4 ;
dö sähen zuo einander die küenen riitere geraeit. S04, 4;
dö sähen die herren einander an. ISenn. 228öS;
wir sähen vaste einander an. Helbl. 15, 630;
zesamen begunden alle sehen. Wi<;a<. SI, 2;
ej erplateret wip unde man
und sähen raste einander an. G.4. 2,449:
ir einer sah den andern an. II. Sicns li. 4, 111';
und einer sähe den andern an. weisth. 1, 828 ; da sahen sich
die jünger unter einander an, und ward ihnen bange von wel-
chem er redete. JoA. 13, 22; sobald sich diese freunde allein
auf ihrem zimmcr befanden, sahen sie erstlich einander an,
endlich brach Eibenstein das stillschweigen und sagte, irrg.
der liebe 159. der stumme blick redet im voraus.
3) Sachen ansehen: und golt sähe an alles was er ge-
macht hatte. 1 Mos. 1, 31 ; darumb sol mein bogen in den
welken sein, das ich in ansehe. 9, 16 ; kompt her und sehet
an die werk gottes. ps. 66, 5; ich sähe die berge an und
sihe die bebeten und alle hügel zitterten. Jer. 4, 24 ; sehet
die Vögel unter dem himmel an. Matth.6,26; tuen cbunt
allen den, die disen prieve ansehen!. Chxel fontes 1, 169
(a. 1274). 192 (a. 1278);
der schlaT hat disen brauch, dasz in nicht sehen kan
wer sibt, und dasz in der, der nicht siht, sihei an.
LoGAU 1, 5, 96;
ich habe Opheliens rolle wieder angesehen, ich bin zufrieden
damit. Göthe 19, 92 ; ich wollte mir einmal die neue brücke anse-
hen ; sieh nur die stelle ordentlich an, da wirst du sie verstehen.
4) inf mit zu nach adj. hat nichts unedles, wie Adell;«c
meinte: die frau ist schön anzusehn; der mann ist herrlich
anzusehn; das tbier ist wunderbar anzusehn; lustig war es
anzusehn, wie alle nach der reihe einschliefen ; der herr liesz
aufwachsen aus der erden allerlei bewme lüstig anzusehen.
1 Mos. 2, 9 ; und das weih schawet an, das von dem bawm
gut zu essen were und lieblich anzusehen. 3, 6; alle gleich
anzusehen. Ez. 23, 15.
5) statt des heutigen imp. seht ihn an! sieh dir das ein-
mal an! zog die frühere spräche vor zu sagen seht an ihn,
seht zu ihm! was indessen auch könnte genommen werden
seht auf ihn!
sehet alle an mich.' fastn.sp. 596, 23;
secht an zu dem pfarrerl 614, 34;
seht zu dem katzenschinder! 61S, 25.
höhnisch, spöttisch verwundernd sagen wir: sieh doch an den
klugen mann! ei sieh doch an, wie gescheidt! seht doch an
die Verwegenheit ! seht einmal an !
6) einem einen vorzug oder fehler ansehn, ich seh euch
an der nasen wol an, ir werd nie kein ei under den uch-
sen gewärmt haben. Fiscdart Garq. 22S'; alsobald sieht man
eim an der nasen an, was er im schilt fürt. 148'; man siehts
ihm an der rothen nase an, dasz er trinkt; man sieht ihm
den dichter gleich an, den narren, den Schneider;
wie schön und gelb ist sein gelieder,
drum singt er auch so schöne lieder.
dem andern sieht mans gleich an seinen federn an,
dasz er nichts kluges singen kann. Gellert 1,41;
an seinen kleidern sieht man ihm die annut an ; seinem ge-
sicht sieht man keinen kummer an;
allein man sah ihr noch der Jugend Unschuld an. Rost;
ich sah dir schon die Unsterblichkeit an. Kiopst. ;
ich sehe es ihm an seinen äugen an {vrjl. absehen); be-
schenkt sie mit allem, was er ihr an äugen ansehen kann.
WiEuixD 22, 268 ; sonst kennt ich ihm alles an den äugen an-
sehen, aber jetzt war es vergebens, selbst seine äugen spra-
chen nicht mehr. Göthe 20, 52; handlungen, denen für sich
selbst wir nichts moralisches ansehen. Kam 6, 360.
7) etwas mit ansehn, es mit andern, in gegenwart vieler
ansehn : ich sah die hochzeit, das Schauspiel, die hinrichtung
mit an; wer mag alle paraden mit ansebn? woraus sich aber
die bcdeutung des ertragens und leidens entfaltet: eine weile
noch will ich die sacbe mit ansehn; meinst du, ich werde
es so ruhig mit ansebn? d. h. unter euch andern mich nicht
regen, dawider außehnen? würde es so mit ansehn. Lessi.-^g
1, 243 ; länger will ich es nun nicht mit ansehn, nüch nicht
länger leidend verhalten, seht ihr es länger an, ich nicht
mit euch, freunde, wir können es nicht mehr mit ansehen,
dasz die guten unterdrückt werden.
8) es auf etwas ansehen, es darauf ansehen, darauf hin-
zielen, anlegen, scheint wie letzteres von sinnlichem zielen und
visieren mit dem bogen ausgegangen und berührt sich mit ab-
seben, dessen gegensatz sonst ansehen ist. ich habe es auf
die Sache angesehn ist gleichviel mit darauf ahgesehn.
als goit die weit erschuf, schwebt er still auf der flut,
jetzt kommt er in dem stürm die erde zu erneuen,
dort war es angesehn auf ein vergrinelich giu,
itzt baut er was da soll die ewigkeit erfreuen.
Grtphius 2, 357;
diese Versammlungen waren zwar nur auf gastmShIer und
freundschaftliche ergetzungen angesehen. Wiei.ai«d 1, 287 ;
hier ists darauf angesehen,
uns in ein labjrinth zu winden. 22, 69;
lasz uns den versuch machen, das einzige was ich dich bitte,
es sei nur auf kurze zeit angesehen. Göthe 17, 26 ; einer nach
dem andern gieng nunmehr zu dem vegt hinein und Wil-
helm konnte wel bemerken, dasz es auf eine abrechnung an-
gesehen sei. 23, 8 ; nicht auf besitz, sondern auf Wirkung war
es angeschen. 37, 6; es ist ja doch unter uns diesmal nicht
auf complimente angesehen. 38, 150; dabei ist alles zuletzt
aufs spielen angesehen. 43, 51 ; zu einer zeit, wo es nur auf
pracht und prunk angesehen war. 44, 73; dasz es nur auf
einen besuch, auf eine aufwartung für kurze zeit angesehn
sei. 48, 192 ; ich, der ihm ablauerte, worauf es angesehen
war. Klixger 3, 154 ; sollte es darauf angesehen sein, mit der
Vernunft in religionsdingen nichts zu schaffen zu haben. Kaut
6, 169. sirar gewähren alle diese beispiele nur den passiven
ausdruck, warum sollte aber der cuUive, es darauf ansehen,
unstatthaß erscheinen? In früherer teil findet sieh statt der
praep. auf auch zu verwandt:
29*
455 ANSEHEN
darumb soll keins sein joch verschmehen,
alles ist zu was guts angsehen. Fischart ehz. 58;
feilt dieses nun für mich, so ist mirs sondre gunst,
wo nicht, so siehts dahin, zu Übung meiner sinnen
ist altes angesehn. Logau 3, itig. s. 241, 131 ;
deine Wahrheit ist zu nichts gutes angesehen, pcn. rosenth.
1, 1; fragte derowegen meinen cameraden, worzu dieses ra-
sende tippen und trappen {das tanzen) angesehen sei? Simpl.
1, 108.
9) wenn der herr seinen knecht, der höhere den geringen
ansieht, auf ihn herabsieht, so wird den umständen nach ein
gnädiger, erbarmender, freundlicher blick, oder ein zorniger,
tadelnder geworfen : und der herr sähe gnediglich an Habel
und sein opfer. 1 Mos. i, 4 ; der herr hat angesehn mein
elende. 29, 32; herr, wirst du deiner magd elend ansehen?
1 Sam. 1, 11 ; er sähe den jamer Israel an. 2 kön. 13, 4 ; gott
sieht uns in gnaden und barmherzigkeit an ; sage gott dank,
wenn du reich bist, dasz er dich so gnädig angesehen, pers.
rosenth. 8, 4 ; die reichen sehen niemand an, es sei dann mit
einem sturrischen und übermütigen äuge. 7, 20; dasz er ge-
fahr lief verrathen und, wie Behrisch, von seinem patron übel
angesehen zu werden. Güthe 25, 191. daher geht dies anse-
hen bald in den begrif des crbarmens, bald des ahndens und
strafens (animadvertendi) über: abt Wala traget zu des kai-
sers erster absetzung nicht wenig bei, davor er mit gebüh-
render strafe angesehen wird. Hahn 1, 94 ; wie kann der her-
ausgeber eines freigeisterischen buches eine alindung von ihr
zu besorgen haben, mit der sie nicht einmal den Verfasser
desselben ansehen würde? Lessing 10, 197; ich werde ihn
um seiner Unachtsamkeit willen hart ansehen; er wird des-
wegen angesehen, alles ernstes angesehen, umgekehrt aber:
es ist wol angesehen {wird gut aufgenommen), allzeit drei
keller auf ein koch. Garg. lOl'.
10) sehr hdußg verliert sich ansehen in die abstraction eines
bloszen berücksichtigens, franz. avoir egard, regarder, denen
ja auch, gleich dem tat. considerare, die Vorstellung des Se-
hens unterliegt: du solst auch keine person ansehen. 5 Mos.
16, 19 ; sihe nicht an seine gestalt, noch seine grosze person
... ein mensch sihet was für äugen ist, der herr aber sihet
das herz an. 1 Sam. 16, 7 ; gott der herr wird das recht an-
sehen. 2 Macc. 7, 6; wer gottes gerichte nicht ansihet, der
fürchtet sich nicht. Luther 3, 2l'; die frommen Christen ba-
ten in, er wolt bei inen bleiben und ansehen, wie das evan-
gelium noch fast schwach were. 3, 32 ; die papisten aber bitt
ich wollten ansehen, dasz ich in kein unrecht thue. Luthers
br. 2, 56; er sähe keinen sontag und kein heiligen tag an,
jaget und vöglet allwegen. Pauli schimpf und ernst 140';
mir ist es leider oft geschebn,
dasz ich hab niemand angesehn. Alberus 36;
und die sehl wird gebraclit
für Minos, der kein flehen
mehr pfleget anzusehen. Wecku. 388;
nun erfahr ich wol und recht,
dasz der herr nicht ansehn kan {unparteiisch ist),
und ohn unierscliicd sich gibt
dem, der fromm ist und ihn lieht. Opitz 3, 118;
die wage reisiii entzwei, wenn man kein recht sieht an.
Gryphius 1, 38;
seht stand noch alter an. 2,202;
sie sollen thun was recht wäre, ihn und sein land nicht an-
sehn. ZiNKGR. 143, 11;
der lod sieht keinen vorzug an. Hagedorn 3, 107;
so hat er zu seines sohncs besten keine Unkosten angesc-
hen. Lessinc 3, 31; das wüllen wir nicht ansehen, das ist
schon verschmerzt. Güthe 15, 28; einen groschen nicht an-
sehen. J. Paui. 4, 203.
11) vor allers konnte ein doppelter acc. oder im passivum
doppelter nom. zu ansehen construiert werden, wo wir heute
ein als oder für zwischenschieben: ich sehe es als meine
pflicht an, für meine pdicht an, erachte es ßr meine pflicht;
ich sehe iiin für meinen freund an ; er wird allgemein als
mein freund, für meinen freund angesehn. Luther 6, 155'
sagte noch : das seine lieben Christen lauter kinder, nairen
und belller gegen sie anzusehen sind, anderwärts aber braucht
er schon für: du sihest die schallen der lierge für Icute an.
rieht. 9, 30; hab ichs für gut angcselien. Luther 3, 2S'; wo
es für noth angeschen würde, br. 5, 03; es haben alle ver-
stendige leul für gut angesehen und gelobt. Albebus s. iii ;
darumb hat mich für notwendig angesehen. Fbonsp. kriegsb.
ANSEHEN
456
1, dedic. ; wanns euch dann thut für gut ansehn. Ayrer 25* ;
er hat für gut angesehen, eine mittelmäszige Stadt zu seinem
aufenthalte zu wählen. Rabener 3, 130 ; ich sähe vor besser,
an, demselben ein ansehnliches capital in die bände zu lie-
fern. Felsenb. 2, 612 ; hören sie, für was sie Lisetle ansieht.
Lessing 1, 259 ; für was siehst du die fremden an? Göthe 12,
108 ; sie wollten nicht dafür angesehen sein. Wieland 19, 164.
12) obschon ansehen, wie anschauen und anblicken, mei-
stens auf das sehende subject gehn, kann es doch auch als ein
angeschautes erscheinen :
und marmorbilder stehn und sehn mich an,
was hat man dir, du armes kind, gethan?
GöTUE 18, 233,
SO gut die bilder stehend, dürfen sie auch sehend gedacht wer-
den; lebendige bäume und pflanzen sehen uns an, davon ist
nur ein schritt, tim selbst unbelebte dinge uns ansehen zu
lassen, die sache sieht mich an, bedeutet abgezogen, sie er-
scheint mir so, mihi videtur, es sieht mich an, kommt mir
vor, dünkt mich, diese redensart war sonst häufiger: herr,
als mich die sache ansieht, so bist du ein prophet. Keisersb.
post. 2, 71; was aber anders sie ansiehet, da fliehen sie von.
Luther 1,44'; wie michs ansihet. 1,114'; denn michs fast
ansihet, als wolt gott unser herr, gar balde unser ein teil
von hinnen nemen. 3, 171'; mich sihet die sache an, als such-
ten sie. 4, 466*; und sihet mich ir scharren und pochen
gleich an, als wollen sie gott trotzen. 5, 46'; daher mich
dieser psalm ansihet, als sei er auf solch Osterfest gemacht.
5, 203'; das sihet uns nicht anders an, denn als sei es nu
gar aus. 6, 257"; wie mich die sache ansihet. 8, 191'; und
sihet mich an, dasz. 8,198*; diese historien sihet mich an,
als wollt sie ein exempel werden, br. 2, 14 ; denn sichs an-
sihet, als habe ihn gott weggezuckel. 2, 663; weil sichs an-
sihet, dasz euch gott hiermit versuchen mll. 5,98;
die köstlich speis, als michs ansieht,
die ist mit honig zugericht. Alberüs 28';
du sihst mich an (mihi vidcris) durch diesen risz,
als ob du habsl eins wolfs gebisz. 42 ;
drumb siht mich an für gut, dasz ich. 160;
dann dises weiter sieht mich an,
das es kein ruow noch rast wird han.
RuEFs Adam 6229 ;
distilliert negelöl, so viel dich für gut ansiebt. Seuter rosz-
nrzn. 162; so vil als dich ungefährlichen für gut wird anse-
hen. 350 ; dicweil mich dann diser träum etwas schröcklich
ansihet. Fronsp. kriegsb. 3, 296*; alle die anschlage, so bis-
hero vorgebracht, sehen mich also aii, als wollte man das
pflaster nicht auf die brüst legen, so ausgefressen, sondern
auf den arm. J. V. Andreae ref der ganz, weit 157 ;
eine festung und ein fürst sehn mich an für eine sache,
die da stets darf vorralh, geld, mannschafl und bestellte wache.
Logau 2, 4, 23,
was Ramler und Lessing verderben in sehn sich an ; es sah
mich wol nit übel an. Scumei.zl lobspr. 66; dcrohalben sihet
mich vor gut an zu erzehlen. Simpl. l, 39 ; so dasz es bei
ihm gleichsam einen ansähe, als ob er eine freie lafel ge-
halten hätte. 1, 362. heule wird diese ausdrucksweise gemie-
den, und obenhin kann es zweifelhaß erscheinen, ob z. b. in
jener stelle Logaus sehn mich an aspiciunt me oder videntur
mihi bedeute, der Zusammenhang löst jede ungewisheit, auch das
einfache sehen oder aussehen gellen ja den umständen nach
für transitiv oder intransitiv, unter dem volk hört man : die
speise sieht midi gut an, gefällt mir, lockt mich, was ja
ebenso zulässig zu sagen isl, als sie lacht mich an. wider
das siebt sich an, sieht sich gut, schön an hat niemand et-
was einzuwenden: er {der ström) sieht sich von hier aus eben
so gut an, wie die gegend von dort her. Göthe 21, 166.
13) das part. pnjct. angesehen wurde sonst, wie der beige-
fügte acc. lehrt, in activer, transitiver bedeutung als advcrb,
zttmal aber int geleit anderer conjunclionen oder für sich al-
lein als conjunclion verwandt: niemands angesehen, wie Lu-
cas schreibt von Paulo. Luther 3, 243 ; ich wil mich aber
von dein guten Vorsatz nicht binlerziehen lassen, angesehen
sonderlich das verstendigc urlheil, so e. f. gii. iiicrühcr fäl-
let. Opitz 1, o'; ein igliclier sei zufrieden mit der weltlichen
oberkeil und vergreife sicli nicht dran, angesehen das welt-
liche obeikeit der seelen nielil kan schaden thun. Luther 3,
321* ; e. eh. gn. wollen dein armen man gnedig sein und
los geben, angesehen, das er guter redlicher frcundschafl hie
457
AKSEHEN
A>'SEHELICH— ANSEffis'LICH
458
zu Wittemberg ist. 436'; angesehen das er also daher redet j
aas seinem köpf. 47S'; nicht angesehen, das es menschen ,
begangen haben. 4, 112"; nicht angesehen, wie lang, grosz j
oder schwer es {das «erk) ist. das.; so were dennoch ein j
trew unterthenigs verraanen nicht zu verachten, angesehen
dasz. S, 24S'; angesehen, das so viel betrübt und beangslet
gewissen gefunden, br. 1, 3S7 ; angesehen, das derselben dinge
begeben zu der Seligkeit unschedlich sei. I, 598; euer predi-
ger wollten das volk dannen wenden, angesehen, dasz des
Iragens kein ende sein wird. 2, 221; dis unangesehen. Garg.
217*; unangesehen alle landgrüben. 223';
doch, ansesehn das volk noch durch dies allzumal
7U keiner busze kam, hat letztlich gott die schänden
der Christen kund gemacht. Opitz;
angesehen in diesen fragmenten im geringsten nicht Ton der
raeinung des Scotus, sondern von der eigenen des Berenga-
rius die rede sei. Lessixg S, 364 ; angesehen dem allgemeinen
selbst in unserer einbildungskraft eine art von existenz zu-
kömmt, derselbe. Auch dies angesehn gilt heute für verpönt,
obgleich das franz. \u, attendu, considere gerade so, das ent-
gegengesetzte abgesehn unbedenklich rerwandt wird, ein sol-
ches angesehn «st beholfner als die Umschreibungen in anse-
hen, in rücksicht, in erwägung, betrachtung, die man an seine
stelle setzt.
A^'SEHEN, n. nnl. aanzien, nach den rerschiednen bedeu-
tungen des ansehens, 1) aspectus, forma: ihr neues ansehn
war beinah nicht der sterblichen. Klopst. ; die feine lilien-
farbe und das schwächliche ansehen. Wielasd 7, Hl ; da sie
ihre kräfte, ihr äuszeres anselien so lange erhallen haben.
GöTHE 14, 19S ; der andere hatte ein weniger wildes ansehen.
IS, 143; ein negiigee, das ihr ein häusliches und bequemes
ansehn gab. 18, 145 ; ein kästchen von prächtigem altem an-
sehn. 21, 60; jedes ansehn geht über in betrachten, jedes
betrachten in ein sinnen. 52, iii; welcher das ansehn eines
mannes von einigen dreiszig jähren hatte. Tiecs nov. kr. l, 2 ;
ich kenn ihn blosz von ansehen.
2) schein, anschein : solchs bedenken möchte ein ansehen
haben. Froxsp. kriegsb. 3, ISO* ; wer mit bösen und laslerhaf-
tigen leuten umbgehet, wird das ansehen haben, als wenn er
mit ihnen gleiches sinnes wäre. pers. rosenth. 8, 116; ein
Jüngling, der ein gutes ansehen von frömmigkeit, Weisheit
und wackerheit hatte, pers. baumg. 2, 14; dasz es ein solch
ansehen gehabt. Garg. 214' ;
ich hatte von gebart viel ansehen,
nach meiner väter art ein starker gelst zu werden.
GCxTBBR 700;
bat es das ansehn nicht,
so hat es doch die schmecke. 9S0;
dasz er allem ansehen nach selbst zurück müste. Weise kl.
leule 20 ; scheinet dem ersten ansehen nach ein spiel des
witzes zu sein. Lessixg 6, 277 ; menschlichem ansehen nach.
Claldics 3, III ; nach menschlichem ansehen. Stolbebg 10,
211; allem ansehen nach. Kaxt4, 27t; diese- beobachtungs-
gabe bat das ansehen eines paradoxen satzes. S, 95 ; wenn
die Schlüsse scheinbar sind und das ansehen der allerbekann-
testen Wahrheiten an sich haben. 8, lOS; so hat das ding
eher ein ansehen;
und weisz dabei das ansehn sich zu geben,
als liesz er augenblicki Tür euren dienst sein leben.
GOTTE« 1, 167.
3) anbclrachl, rücksicht : ansehen der person ; dieser art
sind alle die, die umb ansehen der Ungerechtigkeit oder
torheit. die inen selbs oder andern widerferet, mit dem
köpf hindurch wollen. LctberI, 77'; das sie dich im ansehen
für der weit gar zu nichte machen. 3, 290 ; in ansehen, dasz
er auch ein mensch. Simpl. l, 131;
du meer der wunder und der wonne,
es ist, in ansehn deines lichts,
die sonne selbst ein punct, ein nichts:
nur gou der berr ist schild und sonne.
IIagkdor.1 1, 9;
den armen gibt
er zwar, und gibt vielleicht trotz Saladln,
wenn schon nicht ganz so viel, doch ganz so gern,
doch ganz so sonder ansehn. Jud und Christ,
und Muselmann und i'arsi. alles ist
ihm eins. Lkssixg 2, 239.
4) ansehen, auctoritas: bat herr Leonhart ein rede gcthan
den fürsten zu erlindcrn, aber kein ansehen gehabt. Lutueb
3, 4tS ; das volk zu bezaubern und irer geistlichkeil ein an-
sehen zu machen. Fraxk veltb. 22C'; diejenigen, welchen die
knnst zu singen ein ansehen machet perf. rosenth. 3, 27;
die natur macht, wenn sie sich selbst gelassen ist, weit un-
mäszigere bewegunsen, als wenn sie von dem zäume der er-
ziehung oder von der ernstbaftigkeit eines zu beobachtenden
ansehens zurückgehalten wird. Lessixg 4, 195; sie erdreisten
sich das ansehn eines vaters zu lästern? Gotter 3, 89; sich
über jemand ein wichtiges ansehn geben. Klixger 10, 87;
himgespinsten ein ehrwürdig ansehn geben. Kaxt 6, 125 ;
dasz meine diener
vor seinem ansehn mehr als meinem zittern. Schiller 434,
welche letzte stelle doch lieber den bloszen anblick meint, wie
insgemein die bedeutungen in einander greifen.
A.NSEHEL1CH, spectabilis : und der bock hatte ein an-
sehelich hom zwischen seinen äugen. Dan. 8, 5 ; zubrach das
grosze hörn, und w uchsen an des stat anseheliche viere. 8, 8 ;
dazu (war Paulus) nicht ein anseheliche person, gering und
mager von leibe. Lcther 6, 220*. s. ansehlich.
ANSEHEND, risibilis: die hellische marter und ein anse-
hend leid. ÄGRICOLA spr. 103". mhd. ditz ansehende leit. Reinh.
1199; ansehendes leides hdn ich vil. MS. 1, 39"; in rou da;
ansehende leit. Lanz. 3714 ; da? anesehende herzesär. 7454.
tgl. gramm. 4, 65.
ANSEHENLICH, spectabilis, nnl. aanzienlijk: da richte ein
ansehenlicher magister die brandslete an, legte holz zu häu-
fen und zündets an. Lctbeb 1, 353' ; ein feiner, gravitetischer,
ansehenlicher mann. Witzenb. 3, 85. ahd. galten sehantlih
und sehanlih beide, so dasi auch nhd. ein ansehentlich statt-
haß icäre.
ANSEHENS, adv. primo obtutu: zwar ansehens hatte ich
gedacht. Philaxd. 1, 229. vielleicht ansehends, «rie zusehends ?
ANSEHENS, n. es hab ein ansehens wie es wolle. Albe-
Rcs, und noch heute in der Wetterau onsibns. vgl. ein Schrei-
bens, Wesens, prahlens u. a. m.
ANSEHER, m. spcctator, ahd. anasehari (Graft 6, 118) : das
gott nicht ein anseher der personen sei. Melaxcbth. corp.
doctr. ehr. p. 363; gott sei ein anseher und beloner aller
ding. Fraxk weltb. 143' ; weil er kein anseher weder der zeit
noch menschen ist. parad. 6'; gutt ist kein anseher der per-
sonen. Axt. CoBMXCS bericht. Erfurt löZ9. H* ; gott ist nit an-
seher der person. Werxstreit friedenb. 78; gott wird der-
mahleins nicht ein anseher der person, sondern ihrer werke
sein. pers. rosenth. 7, 9
ANSEHLICH, visibilis, spectabilis: ansehliche hülfe, die
man sehen, greifen und fühlen kann. Lcthebs tischr. 37' (er
selbst schrieb ansehelich) ; würd nit einer aus hasz und gnun-
schaft der menschlichen ding, einer aus vorcht des glucks,
einer aus eei^eiz, einer aus lieb der gerusamkeit zu solchem
ansehlichen (conlemplaiiren) leben gereizt und bewegt. Mt-
LAXCHTH. aniffijung übers, von Spalatix 22 ; so dann die übuug
und der geprauch der feldarbeit von den heiligsten, frömb-
stcn, klugesten, herrlichsten, ansehlichsten ist jederzeit so
hoch, lieb und werd gehallen worden. SEBrrz feldb. 4'; des
roanns rhat als kräftiger und ansehlicher trifl dem weiblichen
vor. Fischart ehz. 13 ; erbar, ansehlich und erwürdig. 73 ; seine
kinder werden erhücht, steigen anschlich auf. groszm. 92 ; das
anschlichest gescböpC. Garg. 66*; ein ansehlicher, erbarer
mann. 198'; ihrer ein ansehlich theil. 214'; die ansehlichsten
vom adel. Opitz Arg. 2, 195 ; ein ansehliches alter. 2, 212 ;
eine ansehliche, aber wenig kostbare pracht. Lobexst. Arm.
2, 83; ansehlich verstärkt. 2, 186. Melisscs schreibt in sei-
ner iceise anselig und gelangt su einetn Wortspiel mit unselig:
bin geschikt so unselig, das änselig mit mir wird hinken
gan. ps. Q 5'.
ANSEHNLICH, dasselbe, aus ansebenlich hervorgegangen:
man inusz keine sauere geberden auf einem platze machen,
der da vor ansehnliche leute ist. pers. baumg. 4, 5; damit
er sich nun bei seinen eitern und hausgenossen angenehm
ond ansehnlich machen möchte. 5, 12 ; unserer alten, reinen
und ansehnlichen spräche. Opitz l, 8*; ein moralischer salz,
den man durch eine kette von beweisen bündig und durch
die Zeugnisse berühmter männer ansehnlich machen will. tU-
BEXER2, 25; ein ansehnliches landgut, bans; fin ansehnlicher,
wolgewachscner mann, ro» gutem ansehen, schön anzusehen;
der wolansehnlicbc pfarrer. Luise 3, 528 ; die leiche wurde auf
das ansehnlichste begraben ; ein ansehnliches geschenk, das sich
sehen lassen kann; einen ansehnlichen thaler geld dabei ge-
winnen, beträchtliches geld; ein ansehnliches amt bekleiden;
ansehnliche Verheiratungen. Götbe24, 274; zu welchem junge
459
ANSEHNLICH — ANSETZEN
ANSETZEN — ANSEUFZEN
460
officiere aus der gegend, so wie sehr ansehnliche und schöne
forstbedienten eingeladen waren. Tieck ges. nov. 3, 7; der
bernouillische fall ist einer der ansehnlichsten. Kant 8, 102.
ANSEHNLICH, adv. einen ansehnlich bewirten; er hat
recht ansehnlich gelogen. Hippel 13, 15.
ANSEHNLICHKEIT, f. ml. aanzienlijkheid, die ansehnlich-
keit seiner gestalt, seines wuchses.
ANSEHUNG, f. consideralio : die ansehung der person, ohn
einige ansehung der person; sie haben ihr irrige, ungegrün-
dete bücher darmit gezieret, dardurch sie etliche ansehung
erlangt haben. Paracelsds 1, 367*. zumal steht in ansehung
gleichbedeutig mit in ansehen, in rücksicht, angesehen : die,
die in ansehung ihres reichthumbs und venueineter Überflüs-
sigkeit alier nothdurft ihren stand weit über den unserigen
eriieben. Opitz poeterei 74 ; sie haben ihn in ansehung mei-
ner bezahlt. Radener 3, 29 ; sie sind neu in ansehung ihrer
abstraction, aber sehr alt in ansehung der muster, aus wel-
chen sie abstrahieret worden, sie sind neu in betrachtung,
dasz seine Vorgänger nur immer auf das gegentheil gedrun-
gen. Lessing 7, 218; obgleich hier in ansehung der kraft
nichts verändert worden ist. Kant 8, 189. man sagt heute
auch in hinsieht, bezug auf, oder hinsichtlich, bezüglich mit
folgendem gen.
ANSEICHEN, commingere, anpissen: so werden wir nicht
so gut sein, dasz uns die hunde anseichen. Weise co-
möd. 255; so dasz die hund schier an sie seichen mögen.
Simpl. 2, 467.
ANSEIFEN, sapone illinere, einseifen. Stieler 1999 setzt
anseifnen, franz. savonner.
ANSEILEN, illaqueare, weidmännisch anhalsen: den hund
anseilen, oß figürlich ßr betriegen, anführen: wie ich dich
sonst angeseilt und betrogen habe. Simplic. 2, 126 ; da er
dich schon dermaszen angeseilet hatte. 2, 481. einem etwas
anseilen, anheßen, außängen: dem einen haben sie fremde
bücher zuerkennt, aufgehenkt, angeseilt, zugelegt und zu-
geeignet. Fischart bienenk. 36*. vgl. ansilen.
ANSEIN, gegenüber dem absein, adesse, adhaerere, nnl.
aanzijn : der gehauene finger ist noch an, hängt noch an der
haut; es ist kein fleisch daran, an dem knochen; da ist
nichts an, daran ist nichts, das hat keinen werth; es ist an
dem, in eo {oben s. 276); an dem seind, dasz sie ersaufen
wollen. Garg. 252". ahd. samilih willo ist ouh ana demo
arzatgote, Aesculapio quoque non dispar affectio. N. Marl.
Cap. 8, obwol in allen diesen beispielen loses, ungebundnes
an stattfindet, er ist wol an {geschrieben, vgl. s. 449), Schweiz, er
ist binem verzwant wol a. Tobler 29*. für adest, domi est
hat sich in unsrer spräche nie ein er ist an entfaltet, so denk-
bar es wäre, nur im part. gilt anwesend {w. m. vgl.), jetzt
ists an mir. Garg. 247*, jetzt ist an mir die reihe, führt ebenso
wenig auf ansein, man verwechsle damit nicht das häufigere
an sein «= ohne sein, carere.
ANSEIN, fl. praesenlia, bei Stieler 173 aufgeführt.
ANSENGEN, adurere : das kleid beim ofen ansengen ; die
gans über den kohlen ansengen. «. ansang.
ANSESZ, m. domicilium: dasz die person keinen gewissen
ansesz noch enthalt hctt. Frankf. ref 1. 12, 14.
ANSETZEN, apponere, imponerc, statuere, nnl. aanzetten,
ahd. anasezan (Graff 6, 107), gegensatz von absetzen, wenn
die redensarl voll ist, mit doppeltem acc. das glas an den
mund ansetzen, ursprünglich nur an den mund setzen; die
flöte an den mund, den topf ans feuer, den sful an die
wand, die feder an das papier, den pinscl an die Icinwand,
die axt an den bäum, den crmel an den rock, die klaue an
das fleiscii, die leiter der maiier ansetzen, die Janze gegen
den feind, das pferd gegen den ritter ansetzen ; dem rork
die knöpfe ansetzen, einem nn den rock ansetzen : knöpflin
setzen an. Brant narrensch. 250. häufig aber unterbleibt der
zweite acc. und es heiszt blosz: das glas ansetzen, die flöte,
den stui, die feder, die axt, das messer, den ermel, die klaue,
die lanze, das pferd ansetzen, schwänzlcin ansetzen, unw.
doct. 672. cssig, dinte ansetzen will sagen entweder in ein
gefäsz gieszen, wo sie liegen bleiben, oder an das feuer, an
die sonne zum destillieren stellen, vgl. anstellen.
Unterbleibt auch der erste, eigentliche nrc, so gewinnt das
blosze ansetzen intransitives ansehen und musz aus dem sub-
ject und dem Zusammenhang verständigt werden, ansetzen be-
deutet trinken wollen, wenn das glas, blasen wollen, wenn die
flöte, hauen wollen, wenn die axl angesetzt wird, dem
Schreiber ist es nichts anders als die feder, dem bader die
schröpflcöpfe, dem Schneider die ermel ansetzen: die armen
bauren erfahren es besser, als man es alhier ansetzen {zu
papier bringen) kan. Simpl. 1, 229; versuche es doch der
künstler und setze weder kohle noch pinsel an. Göthe
22, 219.
Der reif setzt an {erscheint an gras und blumen) ; wo die
eisige luft mir den athem an den haaren zu reif ansetzte.
Bettine tageb. 120 ; erz, salz, rost setzt an. land setzt an, schüt-
tet an, alluit; der brei im topf, der schimmel setzt an; die
rinde setzt an ; das körn setzt an, gewinnt glieder im halm,
schieszt; die pflanze setzt an, treibt knospen; die rebe setzt
an, geivinnl blute und trauben : der wein wird im Schwarz-
wald übel geraten, aber in guten weinländern ziemlich an-
setzen. FiscHART groszm. 123 {bei Henrichman : in aliis vero
pluribus locis copiam vini dabunt vites) ; durch sonn und re-
gen blüht der weinstock und setzt trauben an; das obst hat
gut angesetzt, das thier setzt fleisch, fett an. die stute hat
angesetzt, ist trächtig; das junge setzt an im ei, das ei ist
bebrütet.
Der reiter setzt {das ros) auf den feind, auf den sprung
an; kommt angesetzt; in vollem ansetzen auf sie war. unw.
doct. 658 ;
ich auch setz in vollem bfigel
auf das schöne Wesen an. FLEmNG459;
wenn ein starker mit macht angesetzt kompt. pers. rosenth,
7, 18; den schönen lauf, den ihr söhn gerade zum gehei-
menrath und gesandten ansetzte, so auf einmal halte zu se-
hen. GöTiiE 16, 108; er setzte dreimal hinter einander an;
der posse thut seine Wirkung, gleichwol ist auch hier der
Sprung nicht völlig unvorbereitet, in der pompösen erwar-
tung mangelt es nicht ganz an burlesken ausdrücken, durch
die wir unmerklich auf ihn ansetzen. Lessing 8, 454. ab-
stract, es darauf ansetzen : und da ers nun einmal auf Schil-
derung angesetzt. Herder 13, 220; ich pariere, dasz ich dich
und all euch leute hier in sack stecke, wenn ichs darauf an-
setze {anlege). Lenz 1, 278.
Mit dem kahn, dem schif ansetzen, anlegen, anlanden: a.
852 setzten die Normänner mit 252 schiffen wiederum in
Friesland an. Hahn 1, 173. einen ansetzen, an die seile setzen,
aussetzen :
ach soll mich der fürst setzen'an,
dem ich hab so vi] guis gethan? Atrer438*;
einem horner ansetzen, von den frauen: '
sie setzen manchem hörner an. LogauI, 37;
und jeder floh
setzt an die braut sich an. Gökingk 3, 86.
Ansetzen, angreifen, dringen: der teufel weisz seine argu-
ment wol an zu setzen und fort zu dringen. Luther 6, 82";
kein unglück allein, ein exempel findslu im Job. wan es
wol ansetzt, kompt kein glück allein. Frank s;)ricW. 2,63';
das ficber, die krankheit setzt an ; die schmerzen setzten hef-
tiger an. unw. doct. 21; und wahriich, herr pastor, der zu-
dringlichen griffe, mit welchen sie an mich setzen, werden
allmälich zu viel. Lessing 10, 130.
Tag, zeit, frist ansetzen: begeren, dasz er der frawen und
dem marschalk ein bestimpten tag ansetzen wolt. Galmy 277 ;
ja dasz ihr heiratstag bestimmt und angesetzt.
Gryphius 1,200;
endlich kam die angesetzte stunde. Wieland 1, 243; es war
ein ziemlich naher lag zur ausführung dieser schönen hel-
dcnlhat angesetzt. 8, 415; schon war der tag zu einer all-
gemeinen volksversamlung angesetzt. 8, 429; wenn die natur
seine lebensfrist kurz angesetzt hat. Kant 4, 295.
Einen ansetzen, an ein aml setzen, anstellen: herzöge, die
über den ganzen sächsischen hecrbann angesetzt wurden. Mo-
ser 1,266; es gibt einen lehrer im ideale, der diese alle (rfen
mathematiker, logiker u. s. w.) ansetzt, sie als Werkzeuge nutzt.
Kant 2, 621. einen ansetzen, auf grund und bodcn niederlas-
sen, eine Steuer liocii ansetzen, einen hoch ansetzen, bestetiern.
bergmännisch, das eisen ansetzen, anfangen zu schürfen;
in der landwirtschaß, das körn, den waizen ansetzen, anfan-
gen zu schneiden oder mähen.
ANSETZKOLHE, m. heim geschütz. Garg. 201".
ANSETZIJNG, f appositio, in den meisten fällen des an-
sctzens gilt das subst. ansatz, doch sagen wir die anselzung
neuer beamlen, ansetzung der letzten frist, und nicht ansatz.
ANSEIIFZEN, suspirare versus aliquem: er redete nicht, er
seufzte sie an.
461
A>'SHERZLEGUXG — A.NSICHTIG
ANSICHTIGWERDUNG — ANSILEN
462
ANSHERZLEGUNG, f. eommendatio : die ansherzlegung die-
ser idee. Kam 1, 260. solch e»n heranziehen anderer icörter,
die sich dem terbum zu verbinden pflegen, in festere substan-
tirgestall ist sparsam angewandt zulässig, obgleich bildungen
vie anslichtlretung, inslandsetzung, inbetrachtziehung, auszer-
aclitlassung in der rede steif und selten beholfen sind; die
grenze des statthaßen tcird leicht überschritten und der mis-
brauch terfäUl auf maszlose hdufungen, die dem leben der
spräche fremd bleiben, das gilt gleich auch von dem folgen-
den Kort und allen ähnlichen, die nur mangel an gedanken
und Unfähigkeit des ausdrucks darlegen.
Ä.NSICHHALTUNG, f retentio : dieses hätte auch der nichts
weniger kluge als tapfere Arpus allhier zu beobachten und
eine heilsame ansicbhaltung der eitelen ehre eines schädlichen
Sieges vorzuziehen. Lohenst. Arm. 2, 352.
ANSICHT, f. aspeclus, intuitus, ahd. anasiht, sovol das'an-
schauen als angeschaut werden, die ansieht, der anblick des
himmels, des meeres, ahd. in anasihte meres, t» facie maris,
en face de la mer, im angesicht des meers. eine groszar-
tige, überraschende ansieht; der berggipfel, das schif kommt
in ansieht, zu gesicht. ansiebt ist was uns im bilde entgegen
tritt, aussieht, wie irir es ton unserm räume her entnehmen.
die ansieht poetischer und plastischer werke. Schiller 487.
eine ansieht des lebens, d^ natur, der weit ; den dingen eine
heitere ansieht abgewinnen, nach meiner ansieht, wie ich die
Sache ansehe; nach einer verbreiteten ansieht, wie die mei-
sten sie betrachten, in ansieht deiner, in rücksicht, hinsicJil
auf dich; in ansieht seiner. Wielasd 5, 50. die buchhdndler
schicken bücher zur ansieht.
ANSICHTB.\R, conspicuus, spectabilis: ein alter ansichtba-
rer mann. Phila>d. 1, 575; schöne ansichtbere ding. Keisersb.
ausg. der jüden.
ANSICHTIG, visibilis, speeiabilis, ahd. anasihtic (Graff 6,
125), ansehnlich: Marcus Fabius war in Rom ein wolverdien-
ter ansichtiger mann. Rihel Lir. 193; det Griech von Athen
achtet in {den narren) für ein hochgelerten man, wann er was
ansichtig (anselmlich ton geslalt). seh. und ernst cap. 66;
manch erwirdig und ansichtig person. Tbcrseisser nrchidoxa
27 ; von keisern und konigen erhöcht, gewaltig und ansichtig
gemachL ders. von den harnen, vorr. bl. 1 ; die warheit mit
recht ansichtigen gründen wider alle Sophisterei befestigen.
BccERCs bei Melanchth. 3, 779 ; die klag was so ansichtig, das
euch die herren deputaten mit zu schaffen musten han. Th.
Plater 103. gilt auch von ansehnlichem vieh: bruder, nemen
das pferd und verkaufents, es ist ansichtig, man sprach : ge-
sicht es w ol ? der bruder sprach : nit fast wol. seh. und ernst
bl. 21 (ist hier ein Wortspiel zwischen ansichtig und unsichtig,
änsihtig?); wan aber ein ochs, der sonst schSn und ansich-
tig ist, sich schwärlich wolt lassen anfiiren. Sebitz feldb. 125.
bei FiscBART Garg. 56' steht aber nicht von einem ansichtigen,
sondern anßchtigen himelsstQrmer. Keisersberg eonslruierl
ansichtig aller absolut, vor aller äugen, so dasz es alle an-
sahen. Frisch 2, 272' aus post. 160', wo ahd. gestanden ha-
ben würde anasebantem alÜm oder anasehanto.
Heute gilt ansichtig nur noch in der Verbindung mit wer-
den ßr conspicere, gewahr werden, und pflegt, jene IransUiv-
bedeutung des particips behaltend, gleich diesem gewahr und
andern adj. sowol den acc. als gen. bei sieh zu, haben, vgl.
Hacpt I, 207. der acc. ist lebendiger und setzt noch die reetion
ton ansehen fort, wie man einen ansieht, an einen sieht, wird
man ihn auch ansichtig oder sichtig an oder blosz sichtig,
m/i J.- bij ich da? tier ansibtic wart. Ls. 2, 294 ; gol den wirl
er sihtic nimmerme. A/S//. 3, 463'; als si die veind wdrn sihtig
an. Behim 299, 11 ; andere beispiele sind gramm. 4, 756 ausge-
schrieben, so nun auch:
als pald er mich wirf sicfalig an. fattn. tp. 2S0, 11;
alspald man denselben wird aosichüg. Teverdank 33,25;
welcher, sobald er ihn ansichtig ward, rufet er ihm zu. Garg.
317*; als ein hirsch sein bildnis im wasser ansichtig ward.
Lokman fab. 2 ; als er mich in solcher unlustigeo arbeit an-
sichtig ward. pers. rosenth. 2,27; als ihn der vater ansichtig
wird. 3, 27 ; Agathon erinnerte sich dieses umstands nicht eher,
bis er einsmals dies bildnis von ungefähr ansichtig wurde.
WiELA?tD 3,^2; sobald er ihn ansichtig wurde. 7,257; als er
ihn mit seinem langen harte ansichtig wurde. 8, 7 ; indem er
diesen gedankrn nachhieng, ward er in einiger entfemung sei-
nen känuncrling Kcrim ansichtig. 8, 413 ; wie sie den Pedhllo
ansichtig w urden. 11, 259 ; er ward ihn ansichtig. E.vgel 3, 145 ;
ein gedanke den Geddes nie ansichtig wird. Herder 1, 1S7;
die geliebte ansichtig werden. Mcsaecs 3, 24.
Luther hingegen und andere setzen den gen. dazu: nnd
wenn er sein ansichtig wird, schwinget er sich dahin. Biob
40, 2S ; und so dein die herzogin ansichtig wird. Galmy 109 ;
wann ich weisz, das ich ewer nit meher ansichtig werd. Aimon
B i ; alle die des kerls ansichtig w urden erschraken. Kirchhof
wendunm. iöS* ; als er eines wunderschönen sommervogels an-
sichtig wurde. Wiela5d 11, 44 ; da sie eines jungen menschen
in einem solchen aulzug ansichtig wurde. 11, 227 ; als der
herre mein ansichtig ward. Schiller 533 ; dasz sie des ritters
mit den silbernen schlüsseln wieder ansichtig werden möchte.
TiECK 4,303.
ANSICHTIG\\"ERDUNG, f. diese freudige ansichtigwerdung.
gespenst 230.
ANSICHTUNG, f. forma. Pabacelscs 2, 2' (s. abwerf).
ANSICKERN, guttatim affluere, destillare. s. sickern.
A.NSIEDEL, n. habitalio, domitilium, ahd. anasidiü (Graff
6, 310), mhd. daj ansidel. Schw. sp. 14S Lassb., der ansedel.
128 Wackern., wie ahd. anasedal. schönes wort, das wir fah-
ren lassen, doch noch die ableitungen davon behallend.
ANSIEDELN, accolere, gewöhnlich sich ansiedeln, nieder-
lassen :
wie mancher auf der geige fiedelt.
mein: er, er habe sich angesiedelt. Göthe 4,359;
die Rheininseln waren denn auch öfters ein ziel unserer was-
serfahrten und wir hätten uns hier in den traulichen fischer-
hütten vielleicht mehr als billig angesiedelt, hätten uns nicht
die entsetzlichen Rheinschnaken nach einigen stunden wieder
weggetrieben. 26, 29 ; unübersehbare blumenmassen, die sich
auf dem überbreiten wege angesiedelt hatten. 2S, 15S. trans-
itiv: ein bürgerlicher verein, der ihn {den ausgewanderten
Deutschen) bald zu einem Völkchen ansiedelt. Kam 10, 357.
ANSIEDELN, n. in unsers vaters reiche sind riel provinzen,
und da er uns hier zu lande ein so fröhliches ansiedeln berei-
tete, so wird drüben gewis auct für beide gesorgt sein. Güthe
an grdßn Stolberg 186.
A.NSIEDEN, coquere incipere: das fleisch nur wenig ansie-
den ; und wann es wol angesotten ist, so nimbs heraus. Thlrn-
eisser magn. alch. 1, 136. färber sieden ihre zeuge, metall-
arbeiter, beim versilbern, die metalle an; in der schinelzhütte
wird das erz angesotten.
ANSIEDLER, m. accola, colonus. ThCmmels re«e 6, 3SL
ANSIED LING, m. dasselbe, ahd. anasidilinc
ANSIEDLUNG, f. colonia, aTiotxia.
ANSIEGELN, cera vincire: ein loses blatt ansiegeln.
ANSIEGEN, vicioriam reportare, mit dat. der person, mhd.
anegesigen : gewalt noch manegem an gesiget. MS. 1, 26' ; auch
nhd. noch angesiegen {oben s. 351), woßr hier einige stellen nach-
zuholen : allen gebresten angesigen. Keisersb. ausg. derjud. 6 ;
der dem andern oblig
und der mit rechter mpislerschan
dem andern anijesig. ÜHLik.'to toikst. 337;
wie er heti manchen kämpf gcthan
darinn im niemand gsiget an. Teuerd. 77, 5 ;
David, ein kleiner ploszer man
Goliain hat gesiget ao. Schwarzem. 107, 1 ;
das ire junkfrawen vermeinten, ir het der tod angesigen (/. ange-
siget). Aimon B i ; der ritter, welchem Galmv den vorigen tag an-
gesiget hat. Galmy 71 ; damit sie Christum einnam und sieget
ihm an als ein rechte und ^geistliche Israelitin. MatuesicsS*;
die band so den feinden anzusiegen gewchnet war. Orrrz l, 204 ;
da diesen volkern bat Trajanus angesicgeu 1, 128;
du schöner .\pulus, an dessen grünem rande
Trajanus vor der teil mit einem festen bände
ihm dieses land verknüpft, da mancher Römer liegt,
der ritterlich und steif den Völkern angesiegt. 2,46;
und fleng an solchen tag tu schmähen und zu schänden,
-da er den riitern hau und damen angesiegt.
Wf RDEis .4rio«t 20, 64 ;
ihr werdet ihn {eis) doch nicht ansiegea,
weil ihr wedr stoszen könt noch flieeen.
frotehm. III. 3, 12.
der riese, ist er wieder aufcrweckt,
vergebens würdet ihr ihm aniusiegen hoffen.
WlILA.fD.
ANSILEN, ansillen, alligare, bei den Vogelstellern noch er-
halten ßr das anbinden des Icckrogels an kleine riemen, in
welchen er herumlaufen kann {s. anläufern). nahverwandt mit
anseilen, vgl. sil, sille, aftersil.
463
ANSINGEN— ANSITZEN
ANSITZER— ANSPEIEN
464
ANSINGEN, canere incipere, gesang anheben:
der übel singet, der singe an. Morolf 70;
nu dar, sing an I Bon. 54, 17 ;
sing an, sing nn, frau nachligal!
du kleines vögeiein vor dem wald,
sing an, sing an, du schöns mein lieb
wir bede müssen uns scheiden hie.
(JIILAND 264.
Dann aber transitiv, mit gesang bewillkommen, grüszen, feiern :
der stiglitz mit seiner witz
der wolt die braut ansingen, ühland 36;
man musz uns ansingen und anblasen, das wir den herrn
sollen preisen. Luther 5, 462'; zu nacht legt man si {die
braut) zä und singt sie an mit einem christenlichen lied.
Frank wellb. 128';
singt, wer mag und kan,
unsern könig an. Opitz ps. 47, 3;
das rege federvolk das sang mit süszen stimmen
den jungen tag laut an. Fleming 52 ;
das leichte fedcrvieh singt schaf und schäfer an. 149;
Sariza sung uns an. 203;
die sie auf beiden seilen bedeckenden länder sang er also
folgender weise an. Lohenst. Arm. 2, 511 ;
schon sang das hohe lied der lerche
zum zweitenmal den fiühling an. Pfeffel 5,20;
haben euch die blumen sonst nie angesungen? TieckIO, 268;
muste sich mit nürnbergischen meistergesängen ansingen las-
sen. J. Paul fa/ing. 2, 37 ; weil ihn die fürstin an jedem mor-
gen mit einigen Strophen aus dem busz- und eulenliede über
aufruhr, Ankerströme und Propagandisten ansang. Hesp. 4,
133 ; angesungen von der singschule der musen. Tit. 1, 73.
ANSINNEN, postulare, anmuten, mhd. an einen sinnen,
einen um etwas angehen, an einen gehen, mit der alten bc-
deutung von sinnen = gehen; statt des persönlichen acc. mit
gen. der sache entfaltete sich, wie in andern Wörtern ein dativ
mit acc. der sache. es hat mir Caspar Müller auf zwei stück
antwort angesonnen. Luther 3, 90;
und da wir kommen sind heraus
hat uus ein ries kampls angesunncn.
Ayrer 220';
es steh uns übel an,
das wir sie angesunnen han,
das sie sol unsers willens sein. 391';
habe Temommen, was dieselbe an mich gesinnet. Simpl. 1,286;
wie nenn ich dich, halb oder ganz gescheidt,
da du es wagst mir dieses auzusinnen? Hagedorn;
doch was der kaiser da dem Hüon angesonnen.
Wieland ;
ich weisz was dir die königin angesonnen. Schiller 421 ;
herr, welches ungeheure sinnet ihr
mir an? ich soll vom haupte meines kindes u. s. w. Teil 3, 3;
jemandem einstimmung ansinnen. Kant 7, 56; der solchen
glaubenseid dem parten ansinnele (für ansünne). 5, 116; das
wolthun als pflicht jemandem ansinnen. 5, 289 ; so kann man
auch dem Spieler nicht ansinnen, dasz er die gesetze wisse.
J. Paul teufelspap. 1, 77 ; einen andern angrif auf ihre starre
freiheit machte könig Erich, indem er auch ihnen seinen pflug-
pfennig ansann. Dahlm. dän. gcsch. 1, 407.
ANSINNEN, n. postulatio, anmutung: sie erschrackcn über
diesem ansinnen. Weise kl. leute 05 ; er liesz sich dadurch
nicht abschrecken, ihm das ansinnen des monarchen mit der
möglichsten Schonung vorzutragen. Wieland 8, 397.
ANSIMEHN, scoria obduci, sinter ansetzen, s. sinter.
ANSIPPEN , cognalione Mingere, fast nur im pari, ange-
sippt, durch sippe verwandt, brduchlich.
ANSITZ, m. domicilium, habilatio. weidmännisch, der ort
wo die Vögel gewöhnlich sitzen, vgl. anfliegen, fester sitz, burg-
sitz, angesessenheit. Haltaus 41.
ANSITZEN, habitare, possidcre, nnl. aanzitten, angesessen
sein, festsitzen, vgl. ansitz, anselz, ansicdel. auch von Sachen,
der stein, das hörn sitzt fest an, die färbe, der schmutz sitzt
fest an, dasz tnon sie nicht ablösen kann, bergmännisch, vor
ort ansitzen, die grubenarbeit beginnen, von hiinern und gän-
sen heiszl es, dasz sie die eier ansitzen, bebrüten und ange-
spssene eier sind angebrütete: in einem solchen falle bin ich
gar ein ordentliches windei olme doller, es ist, auszer dem
was ich schuldig bin, nichts aus mir heraus zu liringcn, der
wirt mag mich mit seiner brüst ansitzen und anbrüten, wo
er will. J. Paul biogr. bei. 1, 133. sich etwas ansitzen, durch
langes sitzen zuziehen: man mag auf der grasbank sich ein
fieber ansitzen.
ANSITZER, m. possessor, sessor: der ansitzende nachbar,
bergmann. auch ein unberechtigt im Stollen ansitzender, ar-
beitender.
ANSLICHTTRETUNG, /". das erscheinen, die publication eines
Werks: vielleicht kann ich ihre (der kupferplatte) anslichttre-
tung nicht abwarten. Mercks briefs. 1, 222. vgl. ansherzlegung.
ANSOMMERN, vom annähern der Sommerzeit, es sommert
an, der sommer steht vor der thür.
ANSOMMEHUNG, f. appropinqualio aestatis. Stieler 2060.
ANSONST, alias, alioquin, aliter, erweitertes sonst: was
liesz sich nicht ansonst förderliches zur naturgeschichte durch
sie erwarten? Mercks briefs. 1,398. vgl. anjetzt.
ANSPALIEREN, alligare pergulae, ans spalier {franz. espa-
lier) binden:
das bäumciien zart ist anspalicrt
nach Ordnung und verstand. Göthe 4, 132.
ANSPALTEN, incipere findere : die feder ist schon angespal-
ten ; ein holz vorn auspalten.
ANSPANGEN, afßbulare, eine spange ansetzen.
ANSPÄNIG, s. anspenig.
ANSPANN, m. jugum, gespann, dann auch Spanndienst,
frohne.
ANSPÄNNEN, intendere, jugare, gegenüber dem abspannen
und ausspannen: das seil, den faden, die saite anspannen,
straf anziehen; ein tuch anspannen; den bogen, den halm
am gewehr:
der feind schon spannet an
und zielet los zu schieszen. Weckherl. 41;
die allzu stark angespannte schnür reiszt. rinder, rosse an-
spannen, die rinder an den pflüg, die rosse an den wagen
spannen, dann auch den pflüg, den wagen anspannen, sowol
mit doppeltem acc, den knecht, die ochsen an den pflüg, die
pferde an den wagen anspannen, oder den pflüg, den kut-
scher den wagen anspannen lassen, als den umständen nach
ohne acc, wo er von selbst zu verstehen ist: lasz nur anspan-
nen und zu acker fahren; lasz anspannen, wir wollen spa-
zieren fahren; lasz nur nach Berlin anspannen; wer nicht
anspannt, dem kann man nicht fürspaunen. Lehmann s. 23;
da spannet .Joseph seinen wagen an. l Mos. 46, 29 ; und er
spannet seinen wagen an und nam sein volk mit im. 2 Afos.
14, 6 ; und spannet sie (die küe) an den wagen. 1 Sam. 6, 7 ;
spann an und fahre hinab ! 1 kön. 18, 44 ; wenn sie mich etwa
zu einem bubenstück anspannen wollen. Schiller 210 ; indem
der haushciT anspannen liesz, um seine gattin holen zu las-
sen. Göthe 21, 208; die zweite melhode {in der historie) ist
die chronologische oder die vorn anspannende. J. Paul Tit.
1,117; wer sich laszt anspannen, der musz ziehen. Lehmann 94.
Dem anspannen des bogens oder des seils entnommen ist
eui häufiger figürlicher gebrauch: spannen sie vielmehr ihren
verstanil an etwas auszusinnen. Lessing 1, 241 ; sobald nichts
mehr auszer uns ist, das uns sonderlich anspannt. J. E. Schle-
gel 3, 368 ; die Senatoren spannten ihren witz an, den gasten
zu hofieren. Klinger 3, 74 ; er spannte alle seine aufiiieiksam-
keit an, ihr zu gefallen. 8,245; in dieser allgemeinen stuinm-
iieit der öde glaubte das angespannte geistige ohr manchmal
einen rälhsellaut zu vernehmen. Tieck ges. nov. 2, 244.
sinnlich aber ist das anspannen der nuiskeln und nenen :
ich fühlte das anspannen meiner wangen. Fr. Müller 1, 17,
und ebenso das des olirs, des auges, wenn man ein anstren-
geti der nerven des gehürs und gvsichts versteht;
hier spannt, o sterbliche, der scele sehnen anl
Haller.
man verwandte sonst auch anspannen vom überschwemmen durch
Wasser : der mit wasser lnuh angespannte renneplatz. Lohknst.
Arm. 1, 1224. ."!. spannen.
ANSPANNER, ANSP.\NNER, «i. jumentarius, ein baue/, der
xugviehhält: die fuhrlcule, anspanner aus dem nächsten dürfe,
spannten aus. GöthkIS, 253; slüdle, worin auch noch acker-
höfc liegen und anspänucr wohnen. Mösek l, 99. s. vollspün-
ner, halbhüfncr.
ANSPANNUNG, f. intensio, sinnliches anspannen oder gei-
stiges anstrengen, anspannungskraft (clasliciliil). Kant 9, 55.
ANSPEIEN, aspuere, inspuere, verachten: die ainme, wenn
465
ANSPEIEN— AXSPINN
ANSPINN — ANSPORNTN
466
ihr eine alte fraa das kind lobt, soll sie gleich anspeien; 1
wenn er denn stehet und spricht, es gefeilet mir nicht sie zu
nemen, so sol sein schwegerin zu im tretten für den ehesten
und im einen scLuch ausziehen von seinen füs/en und in an-
speien. 5 Mos. 25, 9; spotteten in und sprachen, gegrüszet
seist du Jüdenkönig ! und speieten in an. Mallh. 27, 30 ;
speudt es mich an wie ein brutgans
pf pt pfl und thut auch schauern,
mit armen samb mit fliigel flattern. H. Sachs III. 3, 44" ;
der speit die Sündengreuel an. Grtphius;
ein Spiegel weiset uns der narben beszliehkeit,
doch wird er oflermals deswegen angespeit. Caüitz 95;
ja, wenn mich nur jemand anspeien wolle, ich gäbe ihm gerne
einen groschen. Weise comöd. 179 ; spinnenfeind gewesen,
so dasz wir sie nur immer alle augenblicke anspeien mögen.
Felsenb. i, 305 ; ich eines Saracenen bastard, getauft und ge-
rettet aus dem blinden heiligthum. angespien in der Jugend
von jung und alt. Klingers theal. i, 162; die dracben speien
mit gift an ; zum anspeien ekelhaft.
ANSPEISEN, incipere cibare, inslruere: die armen anspei-
sen, zum erslenmat, insofern entgegenstehend dem abspeisen.
man sagt aucli bäder anspeisen, besorgen, einrichten ; die bürg,
die festung anspeisen. s. anspicken.
A.NSPE.MG, conlroversus, litigiosus : selbs personlichen hin-
der sinem landsiedel stehen und sal boren, obe sin gut an-
spenig wäre oder wurde, das er das verantworten mocht.
veisth. 3, 358. häufiger begegnet das einfache spenig, spennig,
spännig in gleichem sinn. Haltacs 169S. rgl. abspenen.
ANSPICKEN, lardare, saginare : den hasen, den braten an-
spicken, mit speck bestcdien; seinen geldbeutel anspicken,
spicken ; eine bürg, ein festes haus anspicken, mit speise und
rertheidigungsmitteln ausstatten : es soll auch das schlosz allent-
halben mit Stroh, holz, pulfer und anderm zu dem brennen
angespickt sein. Froxsp. kriegsb. 1, 12S'. s. anspeisen.
ANSPIEL, n. allusio : 'berühmt als maaruF, das anspiel und
arllichkeit bestehet allein in den worten, als wenn man sagte,
so berühmt als berühmt, weil maaruf in der arabischen spräche
diese bedeutung hat. pers. baumg. 4, 11.
ANSPIELEN, incipere ludere, alludere. wer spielt an? rolhe
färbe anspielen, beim kartenspiel;
wehre mit spielender band dem schwach anspielenden weiblein.
Voss 2, 1S2 ;
um sein instruroent damit anzuspielen. Schiller 732; ich
hörte eine flöte anspielen. TiECt Stemb. 2, 81 ;
auf tannenbnumen, die vom winde
sanft angespielt erklangen linde. Tieck 4, 136.
wo blosses anspielen, ohne acc, steht, ist das lied oder in-
stnmenl hinzuzudenken, z. b. uenn Spee s. 192 (Jungm.) singt :
will ich von Jesu spielen an.
Diesem anspielen schliesil sich die Vorstellung der allusion un-
millelbar an, und kann den acc. beibehalten, z. b. andeuten
mag er jene ideen, anspielen jene emplindungen, doch aus-
führen soll er sie nicht selbst. Schiller 1243. gewöhnlich aber
wird die praep. auf gesetzt, auf etwas, auf einen anspielen.
ANSPIELUNG, f allusio. ahd. zuospilunga. Graff t>, 333.
ANSPIESZE.N, infigere hastam, nnl. aanspeten : einen hascn
anspieszen, zum braten ; käfer anspieszen, mit der nadel fest-
stecken; das fleisch mit der gabel anspieszen. Leibgeber
hebt eine tischrede an: unter allen herren Christen und na-
men, die hier sitzen und anspie<zen, wurde wol keiner mit
solcher mühe dazu gemacht als ich selber. J. Paul Siebenk. 3, 112.
ANSPIN.N, ni. verticillus, inslrumentum, quod fuso adhibe-
tur ul facilius vertalur, ar^öfiy^, also zum leichten anspin-
nen, ahd. anaspin, vofür aber die glossen anspin geben (Graff
1, 392. 6, 340), ohne dasz ein gen. anaspinnes erschiene, der
alle bedenken lösen würde. Frisch 2, 302' nennt es einen
unten an die spindel gesteckten ring, Hemscr 27, 59 die ku-
gel, durch welche sich die spindel leichter umdreheti Idszt,
OfövSvXoe. CoxEMi orbis picti pars prima cap. 58 hat: spin-
del, woran der einspann oder wirte umdrehet, fusiim in quo
verticillus vcrsat. Fischart nenni, wo er mn seltsamem back-
werk handelt, geröst anspin und würten. Garg. 19*'; den an-
spin und würten treiben. 226'; H. Sachs dagegen bei auf-
zdhlung des hausrals i, 440' rocken, spindel und ehnspa, ira5
sich detn terdcrhten einspann des orbis pietus nähert, auch
andere stellen bieten die umlautende furm:
der schönst falk lidrein
ein taub und ein enspin. wachtelmaere 185 ;
der enspin wedewiet (bedeutet) uns die fron (frauenh
Diut. 3, 409 ;
und welcher dan ein ensnen erwischt,
do dann sein spindel in hat räum, fastn. sp. 386, M;
spindel und enspin ( : gewiui. 576, 17 ;
belangt sie zu spinnen an einer Stangen,
da zwen enspen au banden. 749, 17;
darnach hat er weder muMcr noch den trok,_
enspin, spindel; wa ist noch der gamrok? Uhlano 718;
so sind lüt, die beswem ein brot, und stechen darein driü
messer in driü crütz, und ein spindel und einen enspin.
Hartlieds buch aller verboten kunst (a. 1455) cap. 50 {anhang
zur mythol. s. n) ; er soll heimziehen und der wollen, enspin
und spindel warten. Frask chron. 160*. Hemsch 27, 59. 897,
11 schreibt anspin, enspin, äspin, sie dictum quasi ein spinn,
wie rocab. 161S wirklich ainspe, ainspin setzt, bair. anspe,
aspe, espe bei SchmeLler 3, 570, der das woH ßr unklar,
vielleicht undeulsch hält und ans it. aspo und häspe erinnert,
doch ist der bezug auf spinnen schon nach dem folgenden rer-
bum und dem reim auf -in nicht zu verkennen, enspin bildet
keine oblique form, ein nom. espe, aspe war die jüngste, leicht
zu erklärende Verderbnis, das niasc. wird überall festgehalten,
eine sphondylische kugelgestalt scheint auch nach den gemach-
ten anspielungen unzweifelhap. östr. asperl. Höfer 1, 47. 19/.
auch andrehe.
ANSPIN.NEN, plum anneclere, stamen ordiri, nnl. aanspin-
nen : die spule ist schon angesponnen, die raupe spinnt sich
an, die spinne spann sich an der mauer an. o/T figürlich,
eine sache, einen liebeshandel, einen betrug anspinnen;
nun ist die sach gewonnen,
angesponnen
durch unser heuchelei. Soltac volksl. 506;
seinem Teind, eh ers nird innen,
scband und schaden anzuspinnen. Loöac 1,4,63;
bald ward ein wapenrecht mit regeln ausersonnen,
das, weil es im gehirn der Schwärmer angesponnen. 1«. «. r.
Ck^nz 141;
das ganze werk ist vom neide und misgunst angesponnen wor-
den. Irrgarten der liebe 259 ; andre Ursachen, warum man
einen process anspinnet. J. E. Schlegel 4, 289 ; seine absieht
scheint anfangs nichts weniger gewesen zu sein, als neuerun-
gen in der religion seines landes anzuspinnen. Wieland 6,
274; »ie sie meuterei angesponnen. Güthe 24, 235; der graf
und die marquise spinnen den unerhörtesten betrug an. 14, 221 ;
wehe mir doch! dasz nicht der unsterblichen eine mir anspinn
anderen trug. Od. 5, 356.
.\öf/i häufiger sich anspinnen: dasz sich auch ein Sprichwort
daher angespunnen. Garg. 125*; darauf hätten sich die Ursa-
chen also angesponnen, dasz sie giengen, wie i. f. gn. anitzo
vernommen hätten. Schweimche!« 1, 387 ; pfaffenhändel, die
sich aufs neue wieder anspinnen wollten. 3, 70 ;
so het sich auch ein streit bei ihnen angesponnen.
Weckhrrl. 721 ;
wenn sich da nur nichts anspinnt. Lessing 1, 543 ; als sich
eine epoche in mir entwickelte, die sich schon, als ich den
Werther schrieb . . . nothwendig anspinnen muste. Göthe 26,
312; sie merken, dasz sich in meinem herzen ein faden an-
gesponnen hat, der ihnen, wenn auch nicht zum leiten, doch
wenigstens zum ziehen dienen kann. Klinger 4, 87 ; im grabe
soll ruhe sein, und wenn sich dann ein faden zu neuer dauer
anspinnt, wer steht dir dafür, ob es nicht darum geschieht,
um dich an ein neues juch zu knüpfen? 5, 23; wenn zwei
menschen vertraulich werden, so spinnet sich für beide ein
neues dasein an. 5, 25. vgl. anschirren, anzetteln, anfädeln.
ANSPITZEN, esacucre, zuspitzen : ein messer, bleistift, eine
schere anspitzen, den mund anspitzen; man sagt von zor-
nigen und sterbenden, dasz sie gesiebt und nase anspitzen:
wie ibut ir angsicht sie anspitzen. H. Sachs 1, 481';
srchl nur wie sich anspiizt sein nnsen. Hl. 3. 61';
sich anspitzet sam sie woll Sterin. IV. 3, 16*;
deßnitionen anspitzen, lahme beweise mit neuen knicken ver-
sehen. Kant 3, :t08 ; er ist angespitzt, hat einen rausch.
ANSPLITTEKN, affringere: den knochen ansplitlem.
ANSPAREN, fonciMrf calcaribus, compcllere: zur tugend
angespörct und angcflammet. von Biske."« Ol. 0. ungewöhn-
lich, statt des folgenden.
ANSPORNEN, das pferd anspornen, «Am die spornen ge-
30
467
ANSPOMÜNG — ANSPRECHEN
ANSPRECHEN
468
ben, und davon oft figürlich, zur eile, zur räche, zur tugend
anspornen ; durch die immer nahe gefahr des mangels ange-
spornt. Wieland 7, 229 ;
thorheit und unruh waiens, deren ralsche hast
mich nach dem norden angespornt. Plaien 123.
man kann auch sagen, einen anspornen, ihm die spornen an-
legen.
ANSPORNUNG, f. incilatio : sich durch fremde anspomung
zu etwas groszcm erheben. Klinger 12, 32.
ANSPOTTELN, Icviter irriderc: männlicher Albrecht Dürer,
den die neulinge anspötteln. Götiie 39, 350.
ANSPOTTEN, irriderc: einen gebrechlichen anspotten.
ANSPRACHE, f. actio, condictio, alloculio, nnl. aanspraak,
in verschiednen bedeulungen des ansprcchens: er bricht ein
hader ab einem zun, das er inüg an mich setzen und ein
ansproch haben wider mich. Keisersb. posl. 2, 46; ab eim
zun ein ansprach brechen, fastn. sp. 893,36; einlagen, zunft-
gerechtigkeiten, ansprachen, buszen, strafen und koren sind
und sollen allenthalb in gemeinen kästen geschlagen und mit
eingebracht werden. Luther 2, 262'; das er damit bezalet und
niemand kein anspräche (keinen anspruch) mehr zu im hat.
6, 75'; einsmals ward der abt von einem guten freund ver-
warnt, das er nit so vil ansprachen und hadersachcn suchen
wölte. Stumpf 2, 34"; er lag noch in seinem end mit denen
von Costanz in span und ansprach. 2, 38'; er hat wider in
etwas ansprach und mishell gehabt. Plut.'O; was klagst du?
was hastu für ansprach an uns? Puiland. 1,539;
die andre aber allzumahl
in solches ampt sich weiten dringen,
und fiengen an umb dise wähl
ihr ansprach also für zu bringen. Weckuerl. 337.
später und heule immer nur im sinne von anrede: es war ihm
unmöglich, einen dermaszen lieben freund sonder anspräche
vorbei passieren zu lassen. Pasquini staatsphanlasicn 1697
s. 337; er redete den fremden an, dieser antwortete auf die
anspräche. Musaeus 3, 118 ; anspräche eines höheren an seine
untergebnen, anspräche des gutsherrn, des kömigs an das
Volk.
ANSPRACH, affabilis, gcsprächi: Octavianus war iedennan
freuntlich und ansprech, nam aber wenig vcrwant und ver-
traut in sein freuntschaft an. Frank chron. 18*.
ANSPRÄCHIG, affabilis, gesprächig.
ANSPRANK, m. lenligo, sommerflecken, sprossen. Stieleu
2098. s. sprenkeln.
ANSPRECHEN, affari, alloqui, nnl. aanspreken, in vcr-
schiedner bedeutung.
1) freundlich und grüszend ansprechen, anreden, das worl
an einen richten: du hast mich getröstet und deine magd
freundlich angesprochen. Ruth 2, 13; wir wollen frieden mit
einander machen, ich und ir, und wil mit v\enig volk kom-
men friedlich, dasz ich dich anspreche. 1 Macc. 7, 28 ; und
sie empfiengen und sprachen einander friedlich an. 7, 29 ; da
wollen sie einander selbst ansprechen. 10, 56; da sprachen
sie einander an und blieben über nacht da bei einander. 11,
6; eure boten sind zu uns gekommen und haben uns ange-
sprochen. 14, 21; umb der ursach willen hab ich euch gebe-
ten, das ich euch sehen und ansprechen möchte, apost. gesch.
28,20; sie wollten i. f. gn. ansprechen. Sciiweiniciien 3,32;
wer er ein gut gesell, so solt er zu uns kommen und uns
selbs ansprechen, lebensb. Götzens v. Berl. Nb. 1731. s. 45;
aber dise ketzer wis.scn wol bessens, ja ihre alte bein wissen
wol, dasz die propheten die Juden und nicht uns angespro-
chen haben. Fiscuart bicnenk. 172'; der khalifc sprach ihn
in dem mildesten tone seines herzens an. Klinger 7, 139 ; der
feldhcrr, vor dem beginn der schlacht, sprach sein beer an ;
der könig sprach das versammelte volk an. doch gebrauchen
wir heule lieber anreden, wo blosze warte und grüsze, keine
bitte an jemand gerichtet werden : ich begegnete ihr auf der
straszc, grüszie und redete sie an ; der graf stand vor mir
und ich wagte nicht ihn» anzureden ; ansprechen würde hier
ein gesuch oder anliegen auszudrücken scheinen, oft wird man
eins wie das andere sagen können: rede midi nicht vor den
leuten an, oder sprich nicht an. bestimmte falle fordern aber
ansprechen : einen ansprechen, so viel als zauberisch bespre-
chen, einen segen über ihn sprechen; ein bekannter, ein lands-
mann in der fremde wird bcgrüszt, angesprochen, nicht ange-
redet; Zeitungen der Seestädte machen täglich bekannt, welchen
tchiffen auf der see, wo man sich durchs Sprachrohr verstän-
digt, begegnet worden sei: schiffe in see angesprochen. Achil-
les, hannov. schooner, am 9 merz auf 48* 34' NB. 14' 40' WL.
2) häufig aber hat ansprechen die absieht eines gesuchs,
einer bitte, und zum persönlichen acc. tritt die praep. um mit
dem acc. des gegenslands, der auch unausgedrückl leicht ver-
standen wird, sprich deinen nähesten darumb an. Sirach 19,
13 ; sprich deinen freund drumb an. 19, 15 ; mir ist leid, dasz
ich euch in solchen nöten ansprechen soll. Galmy 318. der
bettler spricht an, d. h. um almosen und gäbe, der dürftige
um geld:
nicht gar nichts und nicht alles und auch von allen nicht
sol gab und ehrung nehmen, der den man an drumb spricht.
LoGAU 2, zug. 27 ;
ein junger mensch, der viel studierte,
sprach einen greis um Schriften an. Geileri 1,200;
er hätte ihm noch keinen boten geschickt, der ihn um freund-
schaft ansprechen sollte. Weise erzn. 390; der freier spricht
den vater um die tochter an, hall an, wirbt um sie:
den riltersmann veracht ich nicht,
wenn er den vater erst anspricht,
brauch ich mich nicht zu grämen.
den vater hah ich längstens schon
persönlich angesprochen. Soltau s. 511;
ein junger mensch sprach einen wackern mann
durch einen guten freund um seine tochter an.
Gelleri 1, 201;
der einkehrende fremdling spricht an um herberge, er spricht
bei dem wirt grüszend ein; der soldat den andern um die
parole :
sein losung nicht weisz nachzusagen,
alsbald er darumb angesprochen.
RiNGw. laut, warli. 52;
umb Unzucht mich das weih ansprach. AragR 96'.
3) steht jedoch der angesprochne gegenständ im blcszen acc.
ohne um, so ist kein bitten gemeint, sondern berechtigtes for-
dern und verlangen, postulare, vindicare. der arme spricht die
Unterstützung an, die ihm gebührt, der freier die tochter,
welche ihm feierlich verlobt war, der gläubiger den ihm ver-
pfändeten acker, der eingeborne die ihm zuständigen heimats-
rechte; die herschaft über die ostsee ansprechen. Dahi.m. diu.
gesch. 2, 5; auszer der allgemeinen ritterpflicht, alle damen,
die seinen arm ansprechen, gegen alle gewalt zu schützen.
Wieland 4, 49. dies ansprechen heiszt dann ansprüche erheben
und auf dem wege rechtens geltend machen wollen, beanspruchen,
anklagen und zur Verantwortung ziehn: wie sie da klagt und
spricht dich an. fastn. sp. 864, 4; der würde sie in kurzem
darumb ansprechen. Luther 5, 9' ; wo sichs begibt im zank,
das ein öffentlich verlöbnis oder hochzeit durch ein heimlich
Verlöbnis wird angesprochen und angefochten, sol man den
anspruch nicht gestatten. 5,243'; sie solle mich der ehe an-
sprechen. Thurneisser nothg. ausschr. 2, 75 ;
oh ich herzog Cunraden ansprach,
der mir mein bruder hat ermordt. Äther 116'.
mhd. ein guot ansprechen (mit den rehten). Schwabensp. 81
Laszb. einen ansprechen umbe den llp, umbe sin houbet
(Haltaus 42. Oberlin 52) ; einen kempflich ansprechen, pro-
vocarc ad pugnam (Oberlin 757. 758) gleichviel mit kempflichen,
kampnkhc grüejen (Ben. 1, 583).
4) diese einstimmung der Wörter grüejen und ansprechen
zeigt sich noch weiter, wie man mhd. sagte die hundc grüejen,
daj ros grüejen mit den sporn, und von dem wild mit sei-
nem löwen jagenden Iwcin es heiszt:
dö gruojlern als ein suochhunt. Iw. 3894,
wozu man Beneckes anm. s. 308 vergleiche; gerade so gilt
nhd. ansprechen, der Weidmann spricht seineu hund an, for-
dert ihn auf, die fährte zu verfolgen, er thut es mit warten
und zurufen, die der hund versteht; aber auch das gejagte
thier, der hirsch, die sau wird mit bestimmtetn rufe angespro-
chen, der hund spricht das wild an, bellt es an, ja alles was
auf weidmännisch von den thiercn zu sagen ist, heiszt ange-
sprochen und ansprechen (Döbel 1, 17. 2, 100. 3, 160), den
jagdbaren hirsch ansprechen (wcidspr. 195), die saubeller oder
linder sprechen die sau auf ihrem lager an, fordern sie gleich-
sam zum kämpfe heraus:
sag an mein lirher Weidmann,
wifl spricht der wolf den edlen liirsrli im winter an?
wolanf. wolniif, du diirror kn.nli, du mtist in meinen magen,
da will ich dich wol durch den rauhen wald hintragen.
wcidspr. 22. vgl. 50. 07.
469
A.\SPRECHEN
ANSPRECHEREI — ANSPRINGEN
470
Wie trir noch heute einen bei seinem namen, mit seinem na-
men grüszen, bei namen nennen, verden Keidmdnnisch die
vHden thiere gegrüszt und angesprochen, im drillen jähre tcird
ein schvein nicht mehr frischling sondern keuler, im vierten
angebendes scbwein, im fünßen bauptscbwein angesprochen, in
der brunst die sau bache angesprochen, d. i. genannt, der
hirsch wird für jagdbar, für einen zehnender angesprochen
«. s. V. Aber auch auszerhalb des veidmännischen Sprachge-
brauchs heiszt es bei begegnungen : ich sprach ihn als herrn
N.N, für herrn N7J an; ich sprach ihn, seiner schönen per-
son halber, Tor den Mansfelder selbst an. Simplic. 1, 79 ;
rauber und mörder mügen heimlich und finster in frembder
herschaft sitzen, aber man spricht sie warlich an als die nicht
unterthan daselb sind. Luther 4, 322'.
5) GöTHE bedient sich oß eines ähnlichen ansprechen für
oder als etwas in fällen, ico man es durch nennen oder in
ansprach nehmen, fiir etwas erklären auslegen kann, wörtliche
anspräche oder anrede aber kaum irgend stattfindet: aus allen
gestalten blickte nur das reinste dasein henor, alle muste
man wo nicht für edel, doch für gut ansprechen. 17,210; er
ward in einen sessel gebracht und man muste ihn, ungeach-
tet aller augenblicklichen beihülfe, für todt ansprechen. 17,
302 ; das erste grosz geborne kind der Schöpfung, das löwen
und äffen, schafe und elephanten anstaunt und sie treuherzig
als seines gleichen anspricht, weil sie eben auch da sind und
sich bewegen. 19, 96; er wollte angesprochene regeln fest-
setzen, bestimmen, was recht, schön und gut sei. 19, 122;
Terschiedene euren, die der aufmerksame beobachter selbst
nicht erklären und auch nicht geradezu als betrug ansprechen
konnte. 20, 2S0; unter solchem gespräch zog Wilhelm etwas
aus dem busen, das halb wie eine brieftasche halb wie ein
besteck aussah und von Montan als ein altbekanntes ange-
sprochen wurde. 21, 56; eine höhle, die man als naturwerk-
statt mächtiger krjstalle oder als den aufenthalt einer fabel-
haft furchtbaren drachenbrut ansprechen konnte. 22, 127 ; dasz
der Skeptiker zuletzt alles für grund- und bodenlos ansprach.
25, 11 ; man konnte ihn fjir das hübscheste milglied der gan-
zen kleinen gesellschaft ansprechen. 26, 255 ; man steigt einen
berg herauf, den man für graue lava ansprechen möchte. 27,
196; eine gebirgsart, die man für thonschiefer ansprechen
konnte. 28, 97 ; in demjenigen organ der pflanze, welches wir
als blatt gewöhnlich anzusprechen pflegen. 29, 46 ; hatte man
dieser ungewohnten speise erst einigen geschmack abgewon-
nen, so ist nicht zu leugnen, dasz man sie gern genosz und
sie auch wol als gesund ansprechen durfte. 31, 223 ; wie we-
nig in der geschichte als entschieden ausgemacht kann ange-
sprochen werden. 49, 93 ; diese gänge sprechen wir als gleich-
zeitig mit der gebirgsmasse an. 51, 68 und noch öfter.
6) endlich, wie unbelebte gegenstände angesprochen verden,
Aunne» sie umgekehrt uns auch ansprechen, gleichsam irird
ihnen spräche geliehen, wie sonst blick und lachen (*. an-
blicken, anlachen) ; ihr ansprechen bedeutet, dasz sie auf uns
einwirken, uns zusagen, gefallen, dasz zwischen ihnen und uns
Verständnis obwalte, zumeist wird das von bild odtr ton gel-
ten, aber auch von andern dingen:
in allem, was ihn jetzt umlebet,
spricht ihn das holde gleichmasz an. Schiller 24;
tödlich lieblich sprach aus allen zügen
sein geliebtes, iheures bild mich an. 1, S8;
und ein harmonisch hoher geist spricht uns
aus dieser edlen seulenordnung an;
sie müssen sie recht im geiste fassen.
es ist wol gut, doch so nicht,
dasi es einen ron dem lucb anspricht.
GöTBE 13, 151 ;
wie oft eilte das gute mädchen aus dem hause, in dem sie
sonst alle ihre glückseligkeit gefunden hatte, ins freie hinaus,
in die gegend, die sie sonst nicht ansprach. 17, 182 ; eröfnete
ihnen einen saal, der sie ernsthaft ansprach. 21, 175; zum
erstenmal sprach die musik mich an. 23, 88 ; selbst das un-
gehörige, wenn es an unsere ganze kraft mit ernst anspricht,
regt sie zu einer unglaublich gcnuszreichen th£4igkeit auf. 33,
196; dieses bild spricht uns am wenigsten an, wie man in
der conversationsspracbe zu sagen pflegt. 39, 253 ; so müssen
wir auch dieses bild, wolgedachl, in seiner art bedeutend,
charakteristisch und gehörig ansprechend anerkennen. 39, 257 ;
in reger geistesthätigkeit, ton allem angesprochen, doch ohne
sonderbare reisevorfälle, kamen die beiden reisenden in die
nähe Augsburgs. Abmiii kronenw. 1,189. es heiszt auch ohne
aee. der person: das buch, gemäUde, gedieht spricht an, ar-
ridet, und dann klingt der ausdruek intransitiv.
aS'SPRECHEREI, f., besprechung, segen: keine segen- und
ansprecherei soll eine christliche hausmutter weder an men-
schen noch viehe gedulden. Hohberg 1, 187'.
A.NSPRECHUNG, f. o/fa6i7i7ai .- freuntlichkeit in ansprechung
jederman. Fbanr weltb. 104*, noch mit dem aec. des vcrbums.
ANSPREIZE.N, anniti, fulcire, anstemmen: sich mit den
fuszen an die wand anspreizen; die äste anspreizen, an die
wand festigen.
ANSPRENGEN, aspergere, eoncilato equo aggredi.
1) wasser ansprengen; das tuch ansprengen, befeuchten;
mit Weihwasser ansprengen, besprengen; nur einen tropfen
ansprengen; siebenmal mit öl und mit blute ansprengen.
Loh ESST. Arm. 2, 203.
2) das pulver bat die mauer schon angesprengt, ein släck
davon gerissen.
3) die rosse ansprengen, wider einen springen machen: da
springen die Portugaleser ie zu nacht aus auf das land, anspren-
gen etlich dörfer und lischcr daselbs, füren hinweg. Frank weltb.
213'; häußg im buch von Aimon: lasset uns sie ansprengen;
unterwies sie, wie sie ire feind ansprengen sollen; wir ver-
ziehen zu lang Rulanden anzusprengen; er wirt euch on
alle forcht ansprengen; ich will, sprach er, understen, den
keiser in seinem gezelt anzusprengen; die berren gewunnen
all ire Schwerter und sprengten die keiserischen an ; es seind
ihren zebenmal mehr als wir, wollen wir sie ansprengen?
Garg. 254"; hält {zu pferde) in einem hölzlin, da der Jude
durchziehen musz und sprengt den Juden an. ScHWEt5iceEx
1, 270; bis ich auf dem Wassigin in dem Holderloch von
einer partei angesprengct (ward). Phiui.nd. 2, 930 ;
dasz, wenn er angesprengt je werden solt des Orts,
dasz er erwehren'sich dann könie solches mords.
WiRDERS Ariost 5, 44;
danimb zu wissen, was es sei,
sprengt er stracks an sein pferd. 11, 78;
die liebe hat mich ehe bemeistert, als angesprengt, welcher
man nicht wie der schleichenden widerstehen kann. Lohesst.
Arm. 2, 145 ;
da sprengt aus dem wald ein unwillkommner dritter
mit rennenden zügeln ihn an. Wielaso 4, 88;
sprengt endlich selbst den prinzen an. 18, 252;
sie sprengten ihn mit ihren Speeren an. 18,285;
sah riiter und vasallen ansprengen durch das kom.
kam angesprengt, ansprengend.
i) im 16. 17 jh. oß abstract für aggredi, compellere: son-
derlich ist Augspurg allein angesprengt worden vor den an-
dern antwort zu geben, weil sie doch hie wSren. Melanchth.
2, 407; und sprenget den mit worten an. H. Sachs; do ward
er (Papirius) einsmals von seiner muter angesprengt, was
beimlichs in dem ralh wer gehandelt worden. Fra:«i cÄron.
70'; wenn ich dann oft angesprengct war, wer ich wäre?
gab ich bescheid. Scdweimcbe.x 1, 264 ; umb bezahlung ange-
sprengt. Frank f ref. 2, 35, 11; mich sprengen freche zungen
an. Opitz ps. 35 ;
eisen schützet zwar den mann,
wann gewalt ihn sprenget an. Lo«ad3, 8, 90;
ich werd gar sehr verfolget und bedrenget,
an meinem ansehn, ampt und ehr
gewaltig angesprenget. Ri.^gwald 102';
flreOe zeugen sprengten mich an, mich unbewust zeiend.
Meliss. ps. 0 5' ; dieser gute herr ward von einer unbeschei-
denen frawen oft angesprengt. Ziükgr. 2, 60. heuie hört diese
anwendung auf, so vortheilhaß sie ein stärkeres ansprengen
ton dem gelinderen angehen unterscheiden IdszL
ANSPRENGUNG, f aggressio, assullus: die ansprengnng
des Unglücks. Oprrz Arg. i, 218.
A.NSE'RING, IM. crusta lactea, milchsehorf, eine kinderkrank-
heit. Acricola spr. n* 593. sonst auch ansprang.
ANSPRINGE.N. assilire, ahd. ana springan, an einen, an
etwas springen: ein wolf, ein hund sprang an; das hündleia
springt wedelnd an meine beine an ; das pferd kommt an-
gesprangen; die kinder kamen alle angesprungen, der ge-
worfne stein sprang ans fenstcr an. «er springt an? wer
thut den ersten sprung ? auf der reitbahn, anspringen. Schnellauf
anheben ; anspringen lassen, das pferd in schneilauf setzen.
milchsehorf ist angesprangen, springt die haut an. das glas
ist angesprangen, hat einen sprung, risz. ungewöhnlicher:
30*
471
ANSPRITZEN — ANSPRUCH
ANSPRUCHBRIEF— ANSTALT
472
ich sprang hiigel, aiien, felsen an. Fr. Mtai-ER 1, 18 ; sei ein
unigekelirter fuclis, der saure trauben. blosz weil er sie nicht
mehr anspringen kann, für süsz ausgibt. J. Paul Hesp. 3, 125.
ANSPIUTZEN, aspergere, vian schreibt auch ansprützen:
ein köstlich wein,
damit solt ilir ochsen und trachen
anspritzen. Avrer245*;
welchen jetzt von der hufe geslamnf anspritzten die tropfen.
Voss ;
ein brennendes haus mit wasser anspritzen; die wunde an-
spritzen; der wagen spritzt die kleider an; der koth spritzt
den wagen an; plagen sprützen uns, wie spaszhaft gehende
Wasserkünste an, und feuchten uns ein. J. Paul uns. löge 3,
135; hierauf versetzte er mit einigem vom wein ansprützen
vergrüszerlen feuer. komet 3, 12 ; wer ihn von den irrthümern
seiner Jugend reuig erzählen hörte, übeiredete sich gern, die-
sem manne gehörten blosz seine lugenden, seine laster wä-
ren ihm äuszerlich angesprützl. Dahlm. franz. rev. 187.
ANSPRUCH, m. nach einzelnen bedeulungcn des ansprechens.
am seltensten für anrede, alloculio, was anspräche heiszt, doch
braucht es Grypiiius im sinne von Zuspruch:
des priesters sagen und anspruch. 167;
kein irost mochte mich erquicken,
aller anspruch ward zur pein. 2, 130.
auch weidmännisch tst anspruch, nicht anspräche, vom an-
sprechen der thiere üblich. Gewöhnlich aber bedeutet es die mit
oder ohne grund erhobene behauptung, pretcntion, eines rechts
oder Vorzugs, lat. vindiciae:
also Ruggiero auch hoch auf von zorne Tahrt,
als er das erste wort von diesem anspruch hört.
Wkrders ^riost 25, 131 ;
ihr gebt euch für des czaren Iwans söhn,
nicht wahrlich euer anstand widerspricht
. . . diesem stolzen anspruch. Schiller 662;
regiert in frieden,
jedwedem anspruch auf dies reich entsag ich ;
nichts leidet weniger Übertreibung und lauten anspruch, als
die tugend. Klinger 5, 228 ; allen anspruch auf erfindung
hatte er aufgegeben und hielt sich an seine umrisse. Göthe
17, 216 ; unsere ansprüche sind erioschen. Gotter 3, 69 ; das
schlechthin gute enthält nicht blosz anspruch, sondern auch
gebot des beifalls für jedermann in sich. Kant 7, 179. Man
sagt nun : anspruch haben auf, an, früher zu etwas ; anspruch
erheben an oder auf etwas; anspruch machen an etwas; et-
was in anspruch nehmen, es vindicieren, fordern, einen in
anspruch nehmen um oder wegen etwas, ihn belangen, zur
rede stellen, hat aber Demetrius, und die mit im sind vom
handwcrk, zu jemand einen anspruch. apost. gesch. 19, 38 ;
mein ihr verpflichtet leben
hat nichts, zu dem sie nicht schon anspruch haben kann.
Grvphius 2, 387 ;
der dazu den gröszien anspruch hat. Liciitwer ^aft. 2, 24;
bat seine Schwester nicht gleiche ansprüche? Gotter 3, 7.
wie kann man einen anspruch an Schönheit machen, ohne
einen feinen fusz zu haben? Wieland l, 99 ; unter allen die-
sen Schäferinnen halte keine mehr anspruch an den preis der
Schönheit zu machen als Fyllis. 10, 62 ; nun denke dir einen
bürger, der an jene Vorzüge nur einigen anspruch zu machen
gedächte? Göthe 19,152; sobald der mensch an manigl'altigc
thäligkeil oder manigfalligcn genusz anspruch macht. 20, 249 ;
dosz der, welcher an das einträgliche schafneramt anspruch
machen wollte, ein handwerk ausüben muste. 21, 21. dieses
stück ist ohne zweifei das lieste was Regnard gemacht hat,
aber Rivierc du Freny, der bald darauf gleichfalls einen Spie-
ler auf die bühne brachte, nahm ihn wegen der ertindung in
anspruch. Lessi?<g 7, 64; einige kunstrichter, die mehr den
buchstaben als den geist anzufechten verstehen, hallen die-
sen ausdruck in anspruch genommen. Bürger 133';
als die Icute von dem gotleshaus
Einsifideln uns die alp in anspruch nehmen. Schiller 520;
als bei so mancherlei baulichkeiten der Zimmermann oft von
uns in anspruch genommen ward. Götiie2I,22; Fichte halle
über goll und gülllichc dinge auf eine weise sich zu äuszern
gewagt, welche den hergebrachten ausdrücken über solche
geheimnisse zu widersprechen schien, er ward in anspruch
genommen, seine vertheidigimg besserte die sache nicht. 31,
151 ; die philosophische facultäl kann alle lehren in anspruch
nehmen, um ihre wahrheil der prüfung zu unterwerfen. Ka.it
1, 224. zahlt der Schuldner nicht, so nimmt der gläubiger
den bürgen in anspruch ; wird einem eine sache entfremdet,
so nimmt er sie als sein eigenthum in anspruch; einen viel
in anspruch nehmen, durch besuche und bitten belästigen, an-
sprüche machen, von sich eingenommen, eingebildet {preten-
tieux) sein.
ANSPRUCHBRiEF, m. libellus. vocab. ine. teut.
ANSPRUCHFREI, ab actione tutus.
ANSPRÜCHIG, litigiosus, gerichtlich angesprochen: so das
verkauft gut ansprüchig würde gemacht. Frankf. ref. 2, 10, 3.
ANSPRUCHLOS, modestus, ohne pi-ctentionen : so anspruchlos
als schön. Güthe 13, 231. Gotter l, 254 schreibt anspruchslos.
ANSPRUCHLOSIGKEIT, f. modcstia, simplicitas morum.
ANSPRUCHSREICH, ansprüche zu machen befähigt: vor
vielen die älter, gebildeter, glänzender und anspruchsreicher
waren als sie. Göthe 17, 325. gebildet wie mhd. muotes riebe.
ANSPRUCHVOLL, arrogans: wir wiesen den anspruchvol-
len mann zuletzt ganz ab.
ANSPRUDELN, ebullire versus aliquem: ein rauschendes
bächlein sprudeile uns an.
ANSPRÜHEN, emicare, gleichsam admicare: das feuer, die
kohle sprüht an. Göthe setzt es transitiv für anfachen :
auf dem und jenem köpfe glüht
ein nämmcbed das ich angesprüht. 41, 47.
ANSPRUNG, m. assultus: mit des rehes ansprung. Ki.opst.
2, 33; weidmännisch, des Jägers ansprung auf den balzenden
auerhahn ; dem ansprung (fiero assalto) des unseligen bösen
glucks widerstehn. Bocc. 197.
als er hierauf
schier wie ein gott den vierten ansprung ihat. Bürger.
dann, wie anspring, mentagra, crusta laclea, ein ausschlag der
Säuglinge, der an den ohren beginnend oß den ganzen leib
überzieht, der ansprung, der erste sprung und beginn: die
lugend leidet keinen grenzstein und das ziel der vorweit soll
sein der ansprung der nachkommen. Lohenst. Arm. 1, 375;
weil nun der erste ansprung entweder der irnveg oder die
rechte bahn des ganzen lebens ist. 1, 1261 ; der fall des Ser-
vilius an der feindlichen grenze und am ansprunge des krie-
ges. 2, 377.
ANSPRÜTZEN, s. anspritzen.
ANSPUCKEN, inspuere, anspeien.
ANSPULEN, fila convolvere in glomum, das garn anspülen.
ANSPÜLEN, alluere, nnl. aanspoelen : das meer spült an,
hat leichen an den Strand angespült ; das meer habe ehemals
diese Stadt angespült. Stolrerg 7, 241; das flache, unermü-
detc anspülen unbedeutender mitlelmäszigkeil. Göthe 44, 13;
des reichen erwerbs
quellen füllt anspülender schlämm. Platen 130.
ANSPÜLUNG, f. alluvio.
ANSPÜREN, sentire, an einem spüren, ansehen: man spürt
dirs doch immer an, dasz du ein gelehrter bist. Göthe 10, 81.
ANSPÜTZENi auch anspeuzen f. anspeien.
ANSTACHELN, stimulare: vieh zu rascherem lauf ansta-
cheln, mit dem stächet antreiben; zur räche, zum mord an-
stacheln; den armen gegen den reichen anstacheln, die be-
gehrlichkeil anstacheln.
ANSTÄHLEN, ferruminare, stahl anschweisien.
ANSTALL, m. statio, induciae. ein anstal oder fride, der
auf gewisse zeit beslimpt ist. Dasypodics 58'; da verlor er
{Karl 8, am 6 juli 1495) sein hörleger (hcerlager), geschülz
und gezelt, nit on ein blutige nideriag, doch flöhe er nach
erlangtem anstal des kriegs (erlangtem wa/fen still stand) zag-
haft wider in Galliam. Frank f/i;on. 313'; die mütter (auf den
balearischen inseln) stecken in (rfcri hindern) für ein ril auf
ein holz ein stück brol, das dürfen si cc nit essen, dan si
es an einem anstal {von einem bestimmten anstand her?) herab
werfen. Frank weltb. 69* ; diese stelle hat Fischart im augc,
wenn er sagt: gleichwie in balearischen insuln die muter dem
kind ein zil steckt und ein stuck brois oder schüssel mit
mus aufs zilholz, welchs es nicht che essen dorft, es würfs
dan am anslall herab. Garg. ISO*, wie der krieg anstall ita-
ben, auf gesetzte frist anstehen soll, wird auch anslall die
stelle bezeichnen, die der nach einem ziel werfende nicht über-
schreiten darf, den ort, wo er anstehen musz. ahd. also ana
slal? ähnlich gebildet u'or beislall, bislal, fulcrum. später er-
löschen beide Wörter.
ANSTALT, f. apparatua, inslruetio, das angestellte, einge'
473
ANSTALT — ANSTAND
ANSTAND
474
richtete, sotcol das beginnende ah das vorgeseltriltene fertige:
du must endlich anstalt machen, hand anlegen und das ist
eine schöne, saubere anstalt, das ist schlecht eingerichtet, zu-
gerüstet; es isl noch keine anstalt da, wird nichts aus der
Sache; anstalt, anstalten zum essen, zur reise machen;
so gut man auch die anstalt macht. Geliert 1, S3;
geh gleich, mach anstalt! Lessi^g;
die anstalt ist schon getroffen. Schiller 423;
weil du für meine anstalt keine achtung zeigtest. 157; o,
was diese heirat betrift, die ist auch ein wenig meine an-
stalt. 653; aber ist es nicht eine barbarische anstalt, den
kindern mord und todschlag zu verbieten? Göthe it. 401;
es {das gemähldc) war nicht etwa durch einen privatmuthwil-
len, sondern aus öffentlicher anstalt verfertigt worden. 24,
236; man jammert, dasz der grosze gott gar keine anstatt
machen will (zu gutem welter). 27, 13 ;
was ich angab, emsig betrieben und so auch die anstatt
redlicher männer vollführt, die sie unvollendet verlieszen.
40, 260 ;
es wäre wunderbar, wenn das, was sonst so viel anstalt er-
fordert .... hier so gerade zu gegeben würde. K-^."«! 2, 315 ;
der bau der pflanzen und thiere zeigt eine solche anstalt.
6, 71. Die belege ergeben, dasz unter anstalt nicht blosz die
Veranstaltung, einrichtung selbst, sondern auch das eingerich-
tete, der Sache und dem orte nach, zu verstehn ist: eine öf-
fentliche anstalt, erziehungsanstalt, lehranstalt, heilanstalt, tum-
anstalt, wofür man oß auch, ohne alle noth, den fremden aus-
druck Institut oder gar etablissement verwendet, wo einflusz
oder betrieb gemeint wird, sagen wir lieber Veranstaltung, frü-
her hiesz auch das anstalt, z. 6. durch dessen anstalt ich
zu unserer bagage gebracht wurde. Simpl. 2, S8.
ANSTAMMELN, balbe alloqui, stammelnd anreden.
ANSTAMMEN, natura insitum esse, einem anstammen, wie
anerben ; angestammte guter ; angestammte tugend ; wenn das
Tögelchen in seinem angestammten luftreicbe umherschweift.
WlELASD ;
für alle die ihm angestammt,
für uns war es gethan. Göihe 13, 316.
ANSTÄMMEN, s. anstemmen.
ANSTAMMUNG, /". origo, indoles. Stieler 2119.
ANSTA.MPFEN, tundere, calcare, erde mit den füszcn an-
stampfen, nnl. aanstampen.
ANSTAND, ni. nach vcrschiedner bedeulung des anstehcns,
1) cessatio, mora, induciae. im 16. 17 jh. vorhersehend Waf-
fenstillstand, anstehen des krieges, gleichviel mit dem seltne-
ren anstail: dhainen chrieg noch angrif anfahen noch trei-
ben, noch uns damit gegen den veinden nicht betriden oder
fridlichen anstand annemen. Cbmel Maximil. s. 212 (a. 1500);
als wir euch den jungst gemachten anstand, auf fünf jar
laug zwischen unser und den Venedigern aufgericht, ver-
kundt. i. 355 (a. 1519); dasz die kriegshändel zu frieden oder
zum wenigsten in anstand bracht werden mögen, rcichsabsch.
von 1529 §. 26 ; die Römer haben mit den Juden einen friede
und anstand gemacht. Lltuer 8, 87"; im Nicderland soll ein
anstand sein zwischen den Burgundern und herzogen von
Jülich. Llthers 6r. 5, 559; ein listiger ebenthewrer machte
in kriegsleuften einen friedlichen anstand auf etliche tage
und plünderte doch nichts deste weniger bei der nacht sei-
nes gegentheils (lecke und dörfer. Melanciitii. tergleichunq in
der rel. übers, ton Jonas bl. 4 ; die Tbraces machten anstand
im kriege dreiszig tage, aber bei nacht überfielen sie die
feinde, sagten, im anstände sind tage ernennet. Melaschth.
hauptavt. im eorp. doctr. ehr. s. 522 ; gott gebe, das es ein
friedliciicr abschied sei, wie noch zu hoffen, denn der keiser
halt selb fürgeschlagen, der noribergisch anstand soll kräftig
bleiben. Melancuth. an Albrecht ep. 10. ed. Faber; in dem-
selbigen jar rüsteten sich die Hetrurier wider den anstand
zum krieg. Rihei.s Liv. 205; haben si markgraf Albrecht
Temiorht, mit keis. mai. kriegsvolk umb ein frid tind an-
stand zii handien. Fräs» chron. 23.3'; dieweil ich keinen fri-
den oder ani<tand bei im erlangen mag. Aimon bogen i; die
Versicherung des anstand» oder fridens zu nemen. bogen T;
keiser Friderich macht ein anstand und frid mit dem sultan.
Keiszner Jerus. 2, 174'; zuweilen werden die heim und für-
slen des langen zu feld ligcns und unfreundlichen nassen
kalten wetlers verdrossen, machen darumb einen anstand auf
etliche monatcn. Kirchhof ml. disc. 200 ; anstand beschlieszen
und annemraen. 205; wo er mit andern herren und poten-
taten in Unwillen stünde, dasz er mit denselbigen fried oder
zum wenigsten anstand mache. FR0^JSP. kriegsb. 1, 57*; bisz
entweder ein fried oder anstand gemacht »irt. 3, 150'; auf
Nimmerlei tag, wann der otter mit dem fisch eins wird, aber
es musz kein Reinickes fuchs anstand sein, die hüner keh-
ren sonst über sich die bein. Fischart groszm. 55; die ge-
sellschaft Jesu, so mit dem teufel einen verstand (einrer-
ständnis) und anstand treffen können, bienenk. 25*; mit dem
Mercurio ein anstand treffen. Garg. 64'; also kan man ein an-
stand mit dem durst treffen. 84* ; sie vergiszt auch bald alle
Schmach, fürnemlich wann die federen stieben, allda die recht vir-
gaplaca, der rechte bettanstand und rutenfridigung regiert. 75' ;
vertreib der wölken dunst, mach anstand mit den winden!
Opitz 2, 154;
vom anstand und vom Tried und vielen schönen dingen
wil fama dieser zeit ein neues liedlein singen.
LoGAU 1, 1, 4 [iiberschr. walTenanstand) ;
drumb machet sie (die liebe), dasz weit, wol einen bogenschusz,
die Zwietracht sampt der stolz zurücke bleiben musz, '^
ob diesen beiden es gleich noch so sehr verdrossen,
ward von den rittern doch der anstand so ffeschlossen.
Werders .iriost 24, 106;
es klaget Rodomoni, dasz so von .Mandricard
ihr anstand und vertrag zweimal gebrochen ward. 25. 134 ;
Augspurg hat mit Friderico und Leopoldo einen anstand auf
sechs jähre gemacht. Hahn 5, 270. Dies anstand, gefüger als
das heutige Waffenstillstand, mag davon ausgegangen sein,
dasz die waffen ruhig, unergriffen an der «and stehn, wo
nicht die folgende Vorstellung des Stillstehens zum sielen oder
eines bloszes anstehens, hallmachens darunter lag.
2) stalio, wiederum gleich anstail, der ort, wo der jäger
oder krieger ansteht «ein ziel ins äuge fassend, das wild, den
feind entartend, dann überhaupt ausgangs, anhaltspuncl : der
Jäger ist, geht die ganze nacht auf anstand, steht ruhig und
wartet; er hat das wild auf dem anstände geschossen; dar-
nach kam ich in sein anstand (trard ich ihm schuszgerecht).
Götz v. Berl. lebensb. 1731 *. 191; d^ ich erst widerumb zu
ruck vom zil an den anstand und malstatt laufen soll. Fraxk
chron. 111* ; vom anstand bisz zum zil ; verlosz deinen kinden
ein erbere narung, domit sie wol ein anstand mögen haben,
anzufohen ein gewerb, das sie auch hinkommen (fortkommen).
Keisersb. post. III, 93. Daraus ftiesst natürlich wieder der begrif
des zauderns, wartens, aufenthalts, der frist oder schwierigkeil,
des bedenkens: die sache hat anstand, steht an, d. h. es isl
noch nicht der augenblick zum schusz oder angrif; blieb es
im anstände. Schweimchen 2,49;
lasz dich kein bit umb anstand . . verhindern. Wecsh. 459;
wir sind nicht hierher kommen trauriger zu werden, sondern
dem kummer einen anstand zu geben. Grvpbius 2, 494; ich
bitte um einen geringen anstand. Weise comOd. 83; was
vor seltzame anstände ich nun etliche tage gehabt. Simplic.
1, 76;
und will ihm auch vergönnen,
nebst ihr noch einen wünsch ohn anstand thun zu können.
IIagedorm 2. 103;
er endlich keinen anstand nahm
sich selber auTdas spiel zu setzen. L•^sI^sü t, 22;
rieth ich meinem freunde, die geforderte summe ohne an-
stand zu bezahlen. Göthe 19, 105; in der that. sehr lobens-
würdige anstalten, ohne anstand, recht schnakische anstal-
ten. Schiller 106; vortheil soll euch mein anstand (zaudern)
zuziehen und landübliche Zinsen tragen. Hippel lebcnsl. 4,
399 ; ich hoffe gänzlich, die sache hat gar keinen anstand.
J. Palt leufelsp. t, 12; ob der Turiner hof anstände (bedenken) ge-
gen lierm von Abel (einen baltischen gesandten) erhoben habe,
musz dahin gestellt bleiben, allg. zig. anstand geben heisit
am gericht frist, aufschub bewilligen (Haltals 43). anstand des
gerichts Justitium, prolalio, induciae. zuweilen drückte es, wie
sonst anhang, die einer sache beigeßgte bedingung aus : so wolt
doch s. eh. gn. doctori Jonae noch ein jar zu Hall zu blei
ben vergönnen, doch mit diesem anstand, dasz er hie einen
legalen substituiert Melaschth. 5, 269.
3) decor, honestas, was einem wol ansteht, ahd. war ana-
stantida constanlia (Graff 6, 607), was sieh eher auf die vor-
hergehende bedeutung statio jurürkleitel, anständig aptus, com-
modus findet sich bei Stieler 2132. doch erst seit dem 19 jh.
hat man anstand für das schickliche in dem dnszcren betra-
gen verwandt, von einem guten oder schlechten anstände ge-
475
ANSTAND —ANSTÄNGELN
ANSTAPELN — ANSTATT
476
sprochen: er tanzt mit anstand; in seiner kleidung herscbt
ein unverbesserlicher anstand;
welch edler anstand herschl in seiner jungen miene.
Ch. f. VVeisze ;
er hat gewust in kurzer zeit sich den ganzen anstand eines
hofmanns anzueignen;
der sphwarzen aiigcn schlauer scherz,
der anstand lockender gebärden
bezauberten ein jedes herz. Hagedorn;
unmerklich wird ihr anstand immer freier.
Wieland 23, 237;
in seinem ton und anstand ist die spur
von dem was er . . verbergen will. 23, 256 ;
manches natürliche, das man sonst gegen einen andern aus
anstand zu verheimlichen pflegt. Götue 18, 89 ; indem es dem
edelmann zur pflicht wird, sich selbst einen vornehmen an-
stand zu geben, indem dieser anstand, da ihm weder thür
noch thor verschlossen ist, zu einem freien anstand wird.
19, 151; der gute ehrbare anstand ist ein schein der andern
achtung einflüszt. Kant 10, 151. zumal oft gefültl und scheu in
menschlich natürlichen und geschlechtlichen beziehungen. Seit
diese dritte bedeutung um sich grif, konnte sich die erste nicht län-
ger und kaum die zweite behaupten, etwas ohne anstand thun
wird erst aus dem Zusammenhang klar, da es bezeichnen kann
actutum wie indccore und beidemal gleich betont wird.
ANSTANDFRIEDEN, m. induciae, die Zusammensetzung drückt
nichts anders aus als was anstand und friede getrennt: also
ward darzwüschent geredt und ein anstandfriden gemacht
bisz uf Michaelis. TscnuDi 1, 58.
ANSTÄNDIG, a/)<i/s, decorus, honestus, geziemend: ob meiner
person anständig, dergleichen Sachen ans liecht zu lassen, musz
ich das urtheil leiden. Logaus rorr. s. 3 ; das hauswesen be-
stehet in guter nahrung, in einer anständigen liebste und in
ordentlicher hauszucht. Weise kl. leutc 371 ; gar zu viel leim
oder zu viel sand ist ihnen beederseits {den kestenbäumen)
nicht anständig. Hohberg 1, 433" ; oh das beiwort . . . ihm
nicht weit anständiger sei. Lessing 3, 410 ; schön ! seiner (/ür ihm)
sehr anständig. lO, 149 ; seid doch hübsch anständig, ihr leute !
wäre mirs anständig, lieber vater, dir
zu folgen, wie glücklich würd ich sein ! Schiiler 222 ;
bleib .' das ist anständiger für dich und mich ! 233 ;
diese römischen manuscripte sind dem Merkur sehr anstän-
dig. Wieland bet Merck 2, 261 ; sollten sie ihnen vordersamst
zum besichtigen anständig sein. 1,397; edle kaufherren, seht
das wunderschöne kind, das ich habe, ist es euch anständig
es zu kaufen? Tieck 1, 127; eine der höchsten Weisheit an-
ständige maszregel. Kant 6, 398.
ANSTÄNDIG, adv. apte, decenter: sie antwortete mir sanft
und gefällig, wie es einer anständig betrübten ziemt. Göthe
21, 29 ; der späte mond, der zur nacht noch anständig leuch-
tet, verblaszt vor der aufgehenden sonne. 22, 109 ; jemanden
anständig zum henker jagen. J. Paul holzschn. 10, 161.
ANSTÄNDIGKEIT, f. decor, convenientia: tugend und an-
ständigkeit. Lessing 1, 238; eine grosze und fruchtbare regel
der anständigkeit, nutzbarkeit nnd Übereinstimmung. Kant 6,
81; ich rede von der Ordnung, Schönheit und anständigkeit
{der Welteinrichtung). 6, 94; die anslilndigkeit der wähl got-
tes. 8,274; es gibt anständigkeit ohne ehrbarkeit (sj7/en o/ine
tugend). 7, 52 ; die erwägung dieses gesefzes gibt der theorie
einen neuen zug von anständigkeit. 8, 329. in fast allen die-
sen beispielen wäre das einfache anstand besser gesetzt.
ANSTÄNDLEIN, n. gleichsam statiuncula: das si ein klein
anstendli oder anhab haben anzufohen ir handwerk zu Iri-
ben. Keisersb. post. 3, 83. wir könnten anständchen sagen,
doch anstundli ist lieblicher.
ANSTANDSBRIEF, m. literae moratoriac: jedem tag gab
er einen ablaszbrief ihres Schweigens mit, später wurden an-
slandsbriefc daraus. J. Paul Tit. 3, 50. die spätere Schrei-
bung des Verfassers anstandbricfc ist hier, wie immer, zu über-
sehen.
ANSTANDSDAME, f. eine rollenkalegorie im schautpielwcsen.
ANSTANDSMASCHINE, f.: müssen denn die armen Prin-
zessinnen zu anstandsmaschinen entseelt und in säle gleich-
sam als eisöfen hingesetzt werden. J. Paci. 37, 111.
ANSTANDVOLL, decore plcnus:
die anslandvolle, unTcrstcIlie
glcichgültigkeit und ungezwungne kfiltc. Wieland.
ANSTÄNGELN, s. anstcngein.
ANSTAPELN, struere, anschickten, aufstapeln, s. stapeln.
unhochdeutsch auch für das folgende: er kommt angestapelt,
angeschritten, sollte heiszen angestapfelt, angestaffelt.
ANSTAPFEN, inyredi, anschreiten, s. stapfen, nnl. aan-
stappen.
ANSTÄRKEN, amylo paulisper firmarc: die wasche nur an-
stärken.
ANSTARREN, rigentibus oeulis intueri, ahd. anastaren, mhd.
anestaren. Alex. 361, nnl. aanstaren:
ich starrte jedes ding als fremde wunder an. Hallkr;
und starret sie aus groszen äugen an. Wieland;
also starrt ihn das wartende volk an. Klopst. Hess. 6, 426 ;
er starrt den leichnam an. Götter 2, 10 ;
bewegungslos starr ich das wunder an. Scuiller.
s. anstieren, ansturen.
ANSTATT, praep. und conj. pro, loco, eigentlich in loco,
in locuni, franz. au lieu, engl, instead.
1) Umschreibung der praeposition, mit dem von statt abhän-
genden genitiv. bei Luther erscheinen an und statt gewöhn-
lich durch diesen gen. von einander getrennt : nara den wider
und opfert in zum brandopfer an seines sons stat. 1 Mos.
22, 13; darumb lasz deinen knecht hie bleiben an des sons
stat. 44, 33 ; und woneten an ir stat. 5 Mos. 2, 12. doch tre-
ten sie auch zusammen und der gen. folgt nach : so sol deine
selc an stat seiner sele sein. 1 kön. 20, 39 ; an stat deiner ve-
ter wirst du kinder kriegen, ps. 45, 17 ; hat dich zum priester
gesetzt an stat des priesters Jehojada. Jer. 29, 26 ; der so an
stat des leien stehet. 1 Cor. 14, 16. als Salomonius ihm an
statt der ganzen römischen bürgerscliaft die fösz küssete.
ZiNKGR. apophth. 1, 14; an statt des aufgeputzten elephanten.
Rabener 5, 73 ; an stat der handreichung und rettung. Garg.
252' ; aber die klöster braucht man an statt der bei den bei-
den geheiligten felsen, darüber sich die leut aus verzweife-
lung stürzen möchten. 273" ; zieht frisch hembder an, das ist
an statt vil badens. 287';
anstatt der Jugend milch ein lebhaft männlich braun.
Hagedorn 2, 82 ;
sauget meine milch anstatt der galle. Schiller; wo man die
Übersetzung dem original identisch machen möchte, so dasz
eins nicht anstatt des andern, sondern an der stelle des an-
dern gelten solle. Göthe 6, 2S9. die letzte, nicht eben glück-
lich getvdhite phrase will ausdrücken, dasz die Übersetzung
keinen vollen ersatz, nur annäherung gewähre, nicht gleich
dem original, pour l'original, sondern au lieu de l'original
sei. anstatt ist uns etwas abstracter als an der stelle, ur-
sprünglich aber dasselbe. Den gen. kann übrigens auch ein
possessivum vertreten: welcher an seine statt priester wird.
2 Afos. 29, 30 ; ward könig an seine stat. 1 Mos. 36, 22 ; an
seine stat. 2 chron. 1, 8 ; zu einem mönch an mein statt ma-
chen. Fischart Garg. 251* ; in den übrigen provinzen regierten
herzöge an seine statt. Hahn 1, 72 ; mhd.
sante, als si in bat
sin selbes tohter an ir stat. Iw. 5776;
der sante mich her an ir stat. 6047 ;
gebietet ir an mine stat. MS. 1, 69".
wir unterscheiden heute den acc. vom dat. und sagen: er triJt
an seine statt, an des vaters statt, aber er herschte an sei-
ner statt, du fühlst dich glücklich an meiner statt, an
dessen statt oder an seine statt, ejus loco, au lieu de cela,
de lui.
2) in conjunctioncller Verbindung mit da, dasz oder folgen-
dem infinitiv, franz. au lieu que, au lieu de, lat. tantum
abest ut.
anstat, dasz wir sie itzund könten küssen,
so sehn wir hier mit seufzenden verlangen.
FlKiiiNG 102 (1085, 105);
die brtrger freuen sich nnsiat da andre irauren,
dasz sie ein solcher priiiz iu sein gebiete bracht,
anstatt dessen (dasz) nun Hunnus mit ihr niillciden haben
sollte, rief er. Lohenst. >lrm. I, 152; er darf ühenill vonvärls
dringen, anslnlt dasz dem hürger nichts besser ansteht, als
das reine stille gefühl der gienzlinie, die ihm gezogen ist.
Göthe in, 1,'.2; deswegen wir auch heute an dein heitersten
tage das nieer dunkelblau fanden, anstatt dasz es bei Neapel
immer heilerer glänzt. 28, 9t. sie freuen sich, anstatt zu
trauern; sie schweigen, anstalt sich zu beklagen; pemählde,
wie sie Homer selbst würde ausgeführt haben, wenn er an-
477
AiNSTÄUBEN — ANSTECHEN
ANSTECHEN — ANSTECKEN
478
statt mit Worten (zu mahlen) mit dem pinsel gemahlt hätte.
I.£SSING S, 5 ;
scheint stolz auf seine scbmach, anstatt beschämt zu zein.
WiELASD ;
Wie die neuere spraclie mandien andern parlikeln ein an
vorschiebt oder abnimmt (anher her, anwo wo, ansonst sonst) ;
hat sie gemeint der bei anstatt wesentlichen praep. entralhen
zu können und ein bloszes statt eingefülirt, das, weil es kei-
nen dat. ah sich selbst deutlich verkündet, dem tat. loco nicht
verglichen werden kann. s. statt.
ANSTÄUBEN, leviter pulvere aspergere, leicht bestäuben:
die flügel des Schmetterlings sind unten mit gold angestäubt ;
man thut nur einige schritte, so sind die schuhe schon an-
gestaubt, s. anstieben.
ANSTAUCHEN, leviter obstruere, inhibcre: ein wasser durch
rasen und schlämm anstauchcn ; der flusz wird durch diesen
engpasz angestaucht und gehemmt. Schubert reise ins mor-
genl. 1, 90; den arm leicht anstauchen, luxare. s. das fol-
gende.
ANSTAUEN, in gleichem sinn, wie man stauen ßr stau-
chen sagt. nnl. aber ist aanstouwen antreiben.
ANSTAUNEN, cum slupore, cum admiratione inlueri:
dasz ringsher die Völker den kommenden all anstaunten.
Voss Od. 2, 13 ;
was äugen hat, läuft scharenweis herbei,
den prächtgeu kirchgang anzustaunen.
WlKLA-ND ;
sprich, was staunst du lächelnd an?
GoTTBR 3, 471 ;
oft noch steh ich an de« Ätna rande,
staune seine wolkenseulen an.
Seläk (1S35) s. 624;
misfiel es nun dem jungen aulor keineswegs, als ein litera-
risches mcteor angestaunt zu werden. Götue 26, 236. vgl.
franz. etonner ßr estonner.
ANSTAUNENSWCRDIG, admirabilis:
anslaunenswürdig mitten im tempelhain
stand der ambrosische lebensweinbaum. Voss.
ANSTAUNUNG, /. Stupor: anstaunung, maulaufsperre, fröh-
nung und räucherei. Klopst. 12, 85.
A.NSTECHEN, incilare, stimulare, infigere, carpere, nnl. aan-
stcken, s. das einfache stechen figere, pungere.
1) das pferd mit dem sporn, den ocbsen mit dem Stachel
anstechen, antreiben : da sasz er auf ein ungesattelts, ein ge-
saltelts, mit sporen, ohn sporen, auf ein licht ros, ein hart-
traber, ein hochhebet-, ein hocbstampfer, ein sanftzeltner, ein
jungfrawdiener, ein rennros, da stach ers an, da must es
traben. Garg. 176*; stach damit sein pferd an, wischt hin-
über, wie ein tartarpferd übers mur. 233'; stach er das pferd
noch an. 251* ;
wie wann ira wettelaufen
sich einer ganz bemüht vor dem gemeinen häufen
zu treffen auf den zweck, sticht seinen klepper an,
der siegeshofnung voll. Opitz 3, 194;
er säumte nicht, den rappen anzustechen, und zack zack!
war er zum thor hinaus. Musaels. bei dem häufigen gebrauch
dieses Worts heiszt nun aber angestochen kommen so viel als
angeritten kommen und überhaupt in verächtlichem sinn her-
ankommen, sich nähern, mit etwas außrelen, beispiele schon
oben unter angestochen, hier noch andere: wann eines von
uns angestochen käme und sagte, ich bin der geiz. Simpl.
1,565; du bcltelhund, wer wärest du, als du in deinem lau-
siciiten inäntelchen angestochen kämest? Weise erzn. 11;
kommt einer mit etwas angestochen, als etwa vom weiter...
so ward ihm schlechtweg widersprochen. Wiei.and2I, 12; ver-
zeihen sie, dasz ich schon wieder mit einem wisch angesto-
chen komme. Wieland bei Merck 2, S6; das blättchen schosz
mir gleich, da sie angestochen kam. C. F. Weisze; damit
d-irfst du mir nicht angestochen kommen ; da kommen schon
wieder ein paar angestochen. Fb. .Mür.iEH 3, 244.
2) das fasz, den wein anstechen, dolium aperire:
»o wil ich in den keller gan
und anstechen den besten wein,
darbei da wöll wir frölich sein.
H. SacusII. 4, f;
schmeckt dir der wein nicht, so stich ein ander fasz an.
WicsBAM ro//ir. 55'; und stachen das best vasz weins an,
aszcn und trunken mit einander, seh. und ernst cap. 153;
wirt hast nit ein volles vasz?
dasselb anstechen lasz,
wir wollen zechen bei der glut,
darzu sind kitten und kästen gut. Garg. 97*.
Vielleicht ist hiemach auch ein abstractes anstechen auszule-
gen, das milder scheint, als das hernachfolgende anstechen:
ich wiis nur itzt kürzlich anstechen (altingere) und zeigen,
was von der ganzen Hcinzen schrift in den andern sacramen-
tcn zu halten sei. Lcther 2, 159'; ich wil dismal dise sachen
allein angestochen und entworfen haben, damit ichs nicht ver-
gesse. 6, 544'; meinen gnädigen herrn dorft ich nicht anste-
chen. Luthers br. 4, 523.
3) anstechen, reizen, pungere, lacessere, in verschiednem
sinn, meist ungünstig und feindlich: das hat David wul ver-
standen und alhie der eins angestochen. Luther 1, 473' ; nach
dem der Jude, so mich bewegt hat, nehest mal von den jüden
zu schreiben, auch dis stück anstach (urgierle), es konte nicht
beweiset werden. S, 119'; es sind auch wol etliche, die da
meinen, das es wider die Phariseer von Christo ironice oder
spöttisch geredt sei, das also Christus etwas herbe und hö-
nisch ansteche ire phariseische heuchelei. J. Jonas bei Luther
6, 40S'; er hat uns durch seine stichlichle rede angestochen.
Witzesb. 3, 202 ;
Lindus ward in einem glach oA mit wonen angestochen,
gleichwol aber bat er sich noch mit wort noch that gerochen.
LoGAC 1, 10, 9;
ei ich wils ihm ein noch reihen, dieses ding musz sein gerochen I
einer bat mich, spricht Peninna, spöuisch unlängst angeslocbeo.
2, 1, 41 ;
Quadruncus sticht gemein gelehrte manner an,
aus diesem hör ich wol, dasz er gcwis nichts kan. 2, 5, 1 ;
den kein wehklagen,
kein schel gesiebt
noch neid ansticht. Grtph(CS 2, 152;
wenn uns der ström der angst bis in den abgrund reiszet,
wenn uns der feind ansticht. 2, 157;
dasz auch die alten beiden (womit er den geschichtschreiber
Strabo höflich ansticht) sogar davon gefabulieret. Simplic. 1,
10; als mich aber auch diejenigen, die sich um das frauen-
zimmcr umthun konten, meiner holzböckischen art und Un-
geschicklichkeit halber anstachen, l, 292 ; die Schädlichkeit des
weiblichen geschlechts anstechen. Lohenst. Arm. 2, 735 ; dasz
der komödienschreiber Phrjnichus ibn in einem seiner stücke
angestochen {auf ihn gestichelt) habe. Lessing 6, 303 ; Aristo-
phanes hat mit dieser komischen benennung die flötenspieler
anstechen wollen. 8, 72 ;
geschwind, herr pfarrer, dann.'
stiehl sie das mädchen an? Göthk 13, 15,
sticht es ihnen in die äugen?; ich bemerkte, dasz sie mit
weniger Offenheit als sonst, mit einiger Verlegenheit mit mir
redete, das fiel mir auf. ist sie auch wie alle das volk?
dachte ich, und war angestochen (piquiert) und wollte gehen.
16, 104; dieses war eine von den Übeln eigenheiten des so
treflich begabten mannes (Basedows), dasz er gern zu necken
und die unbefangensten tückisch anzustechen beliebte. 26,
278; ich kann seine blicke, seine äugen nicht vergessen! es
hat dich angestochen, mich auch. Klincers th. 3, 164 ; ange-
stochen sein, einen leichten rausch haben; schon oft hat mich
herr Gawein angestochen. Tieck 5, 5S7; ich wäre gar loll ge-
worden und stäche boshaft das widernatüriiche Verhältnis
ihres amtmanns und seines actuarius an. J. Paul teufelsp.
1, 137.
4) nocA anderes sinnliches anstechen: einen bissen, das
fleisch an die gabel anstechen; die butler, eine tonne butler
(wie vorhin das weinfasz) anstechen ; eine tonne beringe, einen
häufen heu anstechen ; ein halsluch anstechen, bestechen, säu-
men; der apfel ist vom wurm angestochen; die rose welkt,
sie ist angestochen, mhd. sagte man auch den ring, daj rin-
geriin an stt-chen, statt des heutigen stecken:
ein vincerlin kleine
mit einem guoten steine
löchs ab der hant, da?^ nieraan sacb,
hern .Mauritien sie e^ stach
an siner vinger einen. Maur. 605.
AN'STECHUNG, f punctio, stimulatio: dasz ihnen solche
anslecbungcn (mit slacbrlschripen) nicht nur im herzen weh
thaten. Lobexst. Arm. 2, 517.
ANSTECKEN , • unterscheidet sich der form nach ton anste-
chen, wie das starke stechen stach, ahd. stecban stah, mhd. .
stechen stach rom sciiwaclten stecken steckte, ahd. steccban
479
ANSTECKEN
ANSTECKUNG — ANSTEHEN
480
stahta, mhd. stecken staete, vergleichbar dem rechen rah und
recken racte. da aber schon stechen stach transiiive bcdcu-
tuiig haben kann, in stecken steckte diese Iransition erhöht
wird, von stechen pungerc stecken ßgere nur in bestimmten
anivcnditngen abweicht, so müssen auch anstechen und an-
stecken verwandten, oß überschwankenden sinn gewähren, nicht
anders als abstechen und abstecken.
1) anstecken, affigere: eine blume, einen strausz anstecken,
vorstecken; den ring an [den finger) stecken; ein band an
(den arm) stecken, mit nadeln anheften; das rad an (die achse)
stecken ; den degen an (die seile) stecken ; den braten an
(den spiesz) stecken: wie man die ferkiin ansteckt. Garg.iOö";
nur ein häufen paternosler angesteckt. 240". Gotiie sagt auch
den wein, das fasz anstecken, wofür ivir vorhin anstechen
gebraucht sahen : wir sendeten unsere leeren gefäsze zu dem
schenken, der uns ersuchen liesz geduld zu haben, bis die
vierte ohm angesteckt sei. 43, 209.
2) anstecken, accendere, wofür mhd. wiederum anstechen:
als man daz vür darane stach (:gcschach).
Herbort 15812,
und noch heule mancher orten: das feuer anstechen, es ist
schon angestochen, doch auch myst. 148, 7 : unde iiej Rome
an vier enden anstecken zu burnende, in einem nicht rein
mhd. denkmal, die stelle lehrt zugleich, dasz anstecken eigent-
lich nicht das unmittelbare anzünden, anbrennen des feuers,
sondern das anlegen, anschüren, stochern des holzes bezeich-
net, allmälich aber drückt es geradezu das zünden und ent-
brennen aus. nnl. unterscheidet sich aansteken und ontsteken
fast wie bei uns anzünden und entzünden, doch ist auch aan-
stoken zu erwägen, ein guter funke von gott angesteckt.
Luther 3, 10 tcnd br. 3, 71 ; wenn ir die stad eingenomen habt,
so steckt sie an mit fewr. Jos. 8, 8 ; und eiieten und steck-
ten sie mit fewr an. 8, 19 ; da steckten die knechte Absalom
das stück mit fewr an. 2 Sam. 14, 30 ; so wil ich ein fewer
unter iren thoren anstecken. Jer. 17, 27 ; ich wil die hewser
der gütter mit fewr anstecken. 43, 12 ; und ich wil die maurcn
zu Damasco mit fewr anstecken, das es die palast Benhadad
verzeren sol. 49, 27 ; wie jener toringisch jungherr die scheur
von wegen der gruszen meus ansteckt. Fisciiart Garg. 185";
den meidlin die agen schütteln, die rocken anstecken. 220';
wa ichs nicht ansteckte und verbrennte. 230* ; wer der heren
von Eiben weide anstigket. weisth, 3, 321 ;
wird nun ein grüner wald hier oben angesieckt.
Opitz 1, 42;
komt baut mir tempel auf, steckt safigen weirauch an.
LouENST. Cteop. 31, 1002;
mit einem kleinen fünklein kan man ein groszes feuer an-
stecken, fers, baumg. 1, 6 ;
wann zeillich auch die rosensiund
den tag uns an kombt stecken. Spee;
ein reich von Soldaten wollt er eründen,
die weit anstecken und entzünden. Scuiller;
der donner hat uns sehr erschreckt,
der blitz die scheunen angesteckt.
ein licht, die pfeife anstecken; einem das haus überm köpf
anstecken ; das haus anstecken, unter dem volk, sein wasser
wider ein haus abschlagen.
4) anstecken, inficere, wahrscheinlich Übertragung des vori-
gen, da das contagium die entzündung verbreitet: mit einem
heilsamen gift angesteckt und entzündet. Opitz 1,7";
die faule luft heckt pesiilcnzen
und steckt die lander an. Gryphius 1, 18;
ein wallendes, ein angestecktes bliit.
Hagedorn 2, 106;
dem Jüngling aber, welcher frühe
durchs beispie! angesteckt den rechten pfad verlor.
Götter 1,380;
der enthusiasmus, womit einer den andern ansteckte. Wie-
land 2, 96 ; diese art von leuten war so geschäftig, dasz es
ihnen gelang den gröszten theil des volks mit ihrer thorhcit
anzustecken. 2, 101 ; ihre einbildungskraft ist angesteckt, ihre
stille bescheidcnheit athmel eine liebevolle begierde (Ophelia).
GöTiiE 19, 78 ; ich filcckte mit dieser liebhaberei die übrigen
besten geführten an. 20, 212; wenn ich mich durch seinen
schmerz anstecken lasse. Kant 5, 295; die schädlichen Wir-
kungen der angesteckten luft. 8, 32S. man unterscheidet zwi-
schen ansteckenden und nicht ansieckenden krankheiten, strei-
tet, ob die Cholera anstecke oder nicht ; ein räudiges schaf
steckt die ganze herde an; ein aberglaube hat oft ganze lan-
der angesteckt; gähnen steckt an.
ANSTECKU.NG, f. contagium : wen die ansteckung der weit
crgrif. Götter 3, 70; ein untrügliches mittel wider Selbstbe-
trug und ansteckung mit fremder thorheit. Wieland 6, xvii.
ANSTEHEN , nnl. aanstaan, in verschiednen bedeutungen,
die alle sich auf ein nahes stehen oder liegen zuiüclcleitcn.
1) adstare, prope stare: rücke den tisch, dasz er anstehe;
der stul steht nicht recht an; das bette steht an {der wand);
der schrank steht an, stöszt an die mauer.
2) assistere: antreten, sich anstellen: er steht schon an
(zum tanz); ich stehe mit an (der reihe); du wolltest nicht
mit anstehen; er empfieng (reichliche gäbe) nicht nur von
uns gerührten fremden, sondern auch von den anstehenden
sonst pfennigkargen Hörnern. Güthe 29, 307. man könnte auch
sagen: der Jäger steht an (auf das wild, zum schusz), doch
heiszt es: ist auf anstand, ins reich, amt anstehen, es an-
treten: da Daniel das gesicht sähe und Darius ins reich,
Jhesus ins bischofampt anstfind. Frank chron. 77* ; witzbold
kinder, die frü anstehen in der witz. Agricola spr. 146*.
3) sistere cursum: der wagen steht an, steht Ml, fährt
nicht weiter; das pferd steht an; die ochsen stehn an (dem
berge), ziehen nicht fort, praet. ist oder hat angestanden.
4) bergmännisch, adesse, prostare, vgl. anfliegen, anschie-
szen : wenn du mich an die stelle bringst, wo er (der stein)
ansteht. Güthe 21, 47; ein dichter kalkstein, der in groszen,
obgleich unendlich zerklüfteten massen anstand. 27, 23 ; auch
anstehend als gänge fand ich hörn- oder feuersteine. 28, 154 ;
wenn granit hier wirklich in seiner urlage anstehend gefun-
den würde. 44, 57; in einem gewissen granit, der an mehre-
ren orten zwischen dem anderen ansteht. 51, 12 ; dieses ge-
stein, da wo es von altersher der luft und Witterung ausge-
setzt, frei ansteht. 51,17; eine quarzmasse, manchmal trumm-
weise mit anstehenden amethystkrystallen. 51, 25.
5) sedere: das kleid steht mir an, steht passend an dem
leibe, liegt, sitzt an, schlieszt, schmiegt sich an : das tuch
steht dir gar nicht an; die gelbe färbe hat dir nie angestan-
den ; und werden mir meine kleider scheuszlich anstehen.
Hiob 9, 31 ; was ihm für kleider wol anstehn. Garg. 72'. atich
blüsz stehen : das kieid steht mir gut, steht mir nicht.
6) aus dieser sinnlichen bcdeutung entfaltet sich die weit
häufigere dccere, convenire: das steht mir an, ziemt mir.
schickt sich für mich: es stehet einem narren nicht wol an
von hohen dingen reden, viel weniger einem fürsten, das er
leugt. spr. Sal. 17, 7 ; dem narren stehet nicht Wol an gute
tage haben, viel weniger eim knecht zu herschen über fürsten.
19, 10; und die (gheder des Icibs) die uns übel anstehen,
die schmücket man am meisten. 1 Cor. 12, 23 ; denn die uns
wol anstehen, die bedürfens nicht. 12, 24 ; es stehet den wei-
hern übel an, unter der gemeine reden. 14,35; ja so stehets
gott an zu gedenken. Luther S, 18l'; stücklein, die ihm wol
anstunden. Garg. 53"; die sfhlittenglocken möchten seinem
kammelthier wol anstehn. 149* ; wie schön ihnen der schwatz
anstehet. 19l'; ich liab wol bei fünfluindert sehen henken,
aber keinen nie, dem es so wol angestanden, und stund
es mir so wol an, ich hieng all mein lebenlang dran. 252';
der degen stand mir gleich der leichten fcder an.
Gryphius I, 194;
ob Chloris, ob Dian nackt einzuziehen pflegt,
stehts dennoch der nicht an, die nichts als knochen trägt.
2, 288 ;
scherzen steht der juijond an,
aber nicht dem .-illenniiinn. pcrs. rosenth. 6, 5;
du denkest stets an sie und auf alles was ihr wol oder Übel
anstehet, pers. baumg. 3, 2; solchem buben, wie du bist,
stehet nicht an einem alten mann in die rede zu fallen.
Simpl. 1, 30; dann es stehet ihnen oft an, wie dein zaun-
stecken menschliche kleider. 2, 707; wie schlecht hätte ihm
das angestanden ; den göttern kaum ansteficnde und geziiu-
liehe noch wertbc reden und arten. Weckuerl. von. zu den
weltl. ged.;
purtcllichkcjt steht götlern übel an.
WiKLAND 10, 157;
du SOllK'St
mit ihm iiicbl zürnen, ihn zu leiten stünde
dir bes.ier an. Göthk 9, 108;
s»'i kcrkcrmcisicr, sei der niarlerknccht,
wie wol, wie eigen steht dir beides an. 9, 2.19;
anstatt, dasz dem bürgcr nichts besser ansteht, als das reinc^
stille gefühl der grenzlinie die ihm gezogen ist. 19, 152 ; und.
481
ANSTEHEN
ANSTEIFEN — ANSTELLEN
482
das docieren stund ihm gar gravitätisch an. 56, 232; ihDen
steht es an, so zart zu denken. Schiller 339;
dann ist es zeit und steht dir rürstlich an,
dich mit der liebe myrten zu bekrönen. 453;
wie schön musz einer so kräftigen gestalt die liebe anstehen?
J. Pacl Tit. 1, 27; ein reicheres puppenkabinet, als der ar-
mut dieses erdgeschosses anzustehen schien, paling. 2, 37.
7) weil was einem ansieht, ihm auch wünschensuerlh er-
scheinen musz, so entspringt die bedeutung von zusagen, an-
nehmlich, begehrenswerlh sein, gefallen, franz. convenir: zwei
verse haben mir beinahe die seele geraubet, so wol stunden
sie mir an. pers. baumg. 9, 7 ; dem Schulmeister stund mein
anschlagischer köpf vor allen andern sehr wol an. Felsenb.
2, 321 ;
wie? hebt der Städter an, kannst du auf diesen höhen,
in diesem öden wald dich so zufrieden sehen?
stebn, statt der wilduis, dir nicht städt und menschen an?
Hagedorn 1, 26 ;
für dich, für dich sind meine töne,
stehn sie dir an, so küsse mich. Lessi.ig 1, 57;
und sonst hätte ich nichts, was dir anstünde? 1, 150; was
steht dir von meinen sachen an ? l, 535 ; wenn ich ihr an-
stehe und ich stehe ihr an. 2, 412. Verkäufer rufen: steht
ihnen nichts an, mein herr? steht ihnen vielleicht noch was
an? das hat mir lange schon angestanden, verächtlich, das
stände mir an! hier steht mirs nicht an.
8) aus der dritten sinnlichen flieszt die abgezogne bedeutung
des zweifelns, wartens und aufhaltens: ich stehe noch an,
das steht noch an, musz vorläufig anstehen;
fürst Antonin steht an den schlusz zu unterschreiben.
Grtpuius 1, 390 ;
ei es wird bald friede sein, freue dich du deutscher man,
misrertraun und eigeunuiz, ein paar wortlein, stehn nur an.
LoGAU 1, 8, 59;
wenn die hülf lenger solt anstehen. Soltaü 467;
als ohne welche gewisheit man in vielen orten heftig anstehen.
ja gar hocken bleiben (musz). Phila.nd. 1, 507; indessen stand
es doch eine geraume zeit an, bis die eifersucht sich sicht-
bare ausbrijche erlauben durfte. Wiela.nd 2, 99 ; es wird nicht
lange mehr anstehen, so wird eine neue vermeinte Danae
sich eben so betrogen Onden. 3, 46 ;
der beiden zahl? hier steht er wieder an,
der kühne vorsalz bleibt in neuen zweifeln schweben. 9, 6.
das praet. kann sowol mit haben als sein gebildet werden:
ich habe oder bin lange angestanden.
9) zumal gangbar ist etwas anstehen lassen, morari, sein
lassen, unterlassen, aufschieben : und werdet meinen bund las-
sen anstehen. 3 Mos. 26, 15 ; wer aber leszt anstehen das pas-
sah zu halten. 4 Mos. 9, 13; da nu Saul angesagt war, das
David entrunnen war, liesz er sein ausziehen anstehen. 1 Sam.
23, 13; sol ich gen Ramoth ziehen zu streiten oder sol ichs
lassen anstehen? l kün. 22,6; gefeit dirs aber nicht mit mir
gen Babel zu ziehen, so laäz anstehen. Jer. 40, 4 ; ob er von
namen oder schein etwas lerete und den grund im herzen
und die that der warheit liesze anstehen. Luther 3, 53; o wer
dem menschen raten künde, das er beide predigen und schrei-
ben liesze anstehen. 3, 53; wolan, so lasz man das schwert
anstehen und seien freie brüder. 3, 149 ; was er (sabhalh) aber
bedeutet, wil ich lassen anstehen. 4, 15'; aber gleichwol wil
ich darumb michs nicht lassen uben^inden, noch die liebe
anstehen lassen, obs wol wehe thut und verdriesziich ist. 6,
62"; und sollen die hohen unverstendiichen gedanken anste-
hen lassen. 6,77'; aber ein clirist leszt solchs alles anstehen.
6,233'; denn wo kein ander leben sein solt, was wolt jemand
predigen oder zur predigt gehen? eben so mehr liesz er got-
tcs won gar anstehen. 6,245*; diser stett und land von we-
gen das si nit zu dem heiligen land gehören umb weiter be-
schreibung lasz ich ansteen. Fham weltb. 169*;
gerechiigkeit hat es lassen anstan. fasln, sp. 524, 3;
ich aber sage, wers auch wol kan, solls lassen anstahn. Garg.
209*; im anfange liesz mein vater die sache noch so anste-
hen. GÖTHE24, 240; und dabin sie am ersten denken sollten,
das haben sie anstehen lassen bis auf das letzte. Tieck 15, 307,
10) aus der ersten sinnlichen bedeutung ergibt sich die den
beiden vorigen fast entgegengesetzte des anlretens und begin-
nens, dann auch des eintretens und bevorslehens : in derselben
zit seidt {sagte) man, es wurde ein Schulmeister von Einsid-
lea kummen, da macht ich mir ein sitz in cim winkel nil
wit von des Schulmeister stul und gedacht, in dem winkel
will studieren oder sterben, als der nun kam und anstund
(sein amt antrat), sprach er, das ist ein hüpsche schul, aber
mich bedunkt, es sigind ungeschickte knaben. Te. Plater s. 35.
1 36 ; das kam mir bei dem patre Myconio wol, der als er an-
stund, las er uns den Terentium. ebendaselbst.
in drang die anstehende not (nee. instans),
wolt er des hungers sich erwehren.
B. VValdis Esop 1, 57 ;
magstu diese anstehende (nächste) woch. Spee g. tugendb. 1
und oß. schon alid. anastantan insistere. Gbaff 6, 599. vgl.
abstehen, abtreten.
11) aus der fünften sinnlichen auch die des anliegens, am
herzen liegens: er schree mit heller stimm im tempel, wenn
ihm stund hart an das heil der menschen. Keisersb. post.
2, 84. so sagen wir, es steht mir nicht an» ist mir nicht ge-
legen, was sich dem begrif des ziemens nähert.
12) endlich zustehn und zu stehn kommen: ist unser han-
del nicht, stehet uns auch nicht an, solche zusage zu ändern.
Ldthers br. 5, 62, d. i. steht uns nicht zu, steht nicht bei uns;
die herrliche gelegenheiten, die mir hiebevor zu beförderung
meiner wolfart angestandeü. Simpl. l, 374 ;
kein hasen, rephün vahet man,
es stat ein pfuat den Jäger an.
Brant narrensch. 210,
es kommt ihn ein pfund zu stehn. vgL lat. constare und
unser kosten.
ANSTEIFEN, rigidum reddere, ftrmare: die gewaschenen
halsbinden ansteifen; sich ansteifen, innili: sich hartnäckig
gegen eine sache ansteifen; sich mit den füszen ansleifen,
anstemmen.
ANSTEIGEN, ascendere: den berg ansteigen; er kommt
auf der treppe eben angestiegen; das gebirge steigt sanft an,
erhebt sich mälic-h; der berg, feis steigt hoch an;
schrof ansteigend starren ihm
die felsen, die unwirtlichen entgegen. Scbillek;
der sand steigt merklich an; sein capital ist allmälich ange-
stiegen ; zu so einem ansteigenden vermögen gelanget. Leipz.
avant. 1, 110.
ANSTELLEN, apponere, instituere, nnl. aanstellen, eigent-
lich anstehen machen, wie stellen stehen machen, und entge-
gengesetzt den abstellen, sinnlich aber verwenden wir lieber
das einfache worl: den tisch an die wand, den topf an das
feuer stellen, als anstellen, doch heiszt es dinte, essig, hier,
gebranntes wasser anstellen, wie ansetzen, in ruhe stellen,
an die sonne stellen, damit sie gährcn. einen diener, beam-
ien, Verwalter anstellen, franz. placer, ihm eine stelle, ein
amt geben, arbeiter, leute, treiber, gräber, Schnitter, drescher
anstellen, zur Verrichtung bestimmter geschäße bestellen, in-
struere und auch subomare: es sind noch drei neue bahnwär-
ter angestellt worden ; die rede gieng, dasz er einer damen
ein kind angestellt hätte. Zinkgr. 2,130; sie bat mich ange-
stellt dich also zu betrügen. Gellert 3, 398.
Was bedeutet aber den teufel anstellen bei Fischart? ja in
summa gar den teufel angestelt, mit solcher zucht man fasznacht
hell. Garg. 51*; die leut machen heut die kleider stäts weiter dann
die glider, da biliicher wer, die glider weren gröszer dann die
kleider, zudem wie sie den teufel heut anstellen. Garg. 120* ;
auf mein elende seel, ich hab gesehen, das ich den teufel
anstelt mit arguieren und disputieren. 154'; aber ich getrost
mich meiner creuzstangen, mit deren will ich den teufel an-
stellen. 25l'. offenbar, ein seltsames werk, einen teufclsstreich
verrichten, vielleicht mit dem neb engedanken, den teufel als diener,
gehalfen zu bestellen ? vgl. mhd. wunder stellen [gramm. 4, 603).
Weit häufiger erscheint bei anstellen ein sächlicher acc. im
sinne von anslihen, wo die mhd. spräche entweder bloszes stel-
len oder antragen verwandte, es anstellen, es klug, fein,
schlau, listig anstellen, in gutem, zumal aber Übeln verstände,
die weisthümcr gewähren anstellen /ür die frage stellen, fra-
gen, z. b. zum ersten ist von dem zentgraven angeslalt, wie
man das gericht hegen soll? 3,386. ich bab es also fein an-
gestellct. Garg. 136';
die sach Ist itzund angestellt {vorgestelU). fattn. tp. 159, 15;
wer zu ehren was stellt an,
mag ersparen was er kan,
nur dasz er an ehren nicht
etwas spart und abebricht. LocAt; 3, 5, 19;
wer lust bat seine sachen so anzustellen, dasz er gerne toü
der mühseligen weit will. pers. rosenth, 3, 38 ; wie willst das
31
483
ANSTELLEN
ANSTELLEN — ANSTEUERN
484
anstellen? GötheU, 14; wenn ich nur was anstellen könnte,
was sie recht verdrösse. 11, 96 ; das war ein angestellter han-
del; in Unordnungen von mancherlei festen: kaum vergieng
ein tag, dasz nicht etwas neues und unerwartetes angestellt
worden wäre. 17, 330 ; heut ist eine fahrt nach Ebeleben an-
gestellt. GöTHE an fr. von Stein 2, 36. ein fest, einen ball,
tanz, eine gesellscbaft, versamlung anstellen:
und liab das bei jungen und alten
im besten wollen nit verhallen,
weil der nasendanz ist angstelt,
ob ewer einer daran wölt,
der mach sich auf bis morgen fru.
H. Sachs 1, 530',
und hier könnte ein wirkliches anstellen der paare und reihen
gemeint sein;
nicht, wann aufs fünAe jähr, das spiel wird angestalt.
Opitz 1, 235;
Schauspiel, ball und muramereien
stellt er ihreniwegen an. Gotter 1, 48;
ein angestellter possen. Göntukr 624;
Phyllis, ja in jenen Zeilen
waren deinen treflichkeiten
gleichfalls opfer angestellt. Haged. 3, 79;
gesetzt, es würde eine allgemeine versamlung angestellt. Wie-
land 1, 150; vernünftige gespräche anstellen; eine reise an-
stellen, pers. rosenth. 7, 20 ;
indessen sei bedacht dein reisen anzustellen,
dasz eh man noch den merz in unsern briefen| schreibt,
du deine gegenwart mir mögest zugesellen.
Canitz 214 ;
eine jagd anstellen. Klinger 1, 23; einen Spaziergang anstel-
len. GöTHE 25, 102 ; der sich sehr tapfer hielt und ungern den
rückzug anstellte. Tieci 13, 106 ; die seewinde stellen periodi-
sche bewegungen an. Kant 8, 226 ; freischwebende kugeln stel-
len eine bewegung um den mittelpunct an. 8, 233. ein hei-
liges, gott wolgefälliges leben anzustellen {vitam instituere).
Simplic. 1,33; vermittelst (welcher lehien) du dein leben an-
stellen sollest. 1, 44 ;
hilf, höchster, dasz doch jedermann
sein leben so anstelle,
dasz er nach seinem tode kann
befreit sein von der hölle. kirchenlied ;^
dieser suchte sein leben also anzustellen, dasz jedermann
darob ein woigefallen haben könte. pers. baumg. 1, 18 ; die
Worte des Sadi sind rathschlSge und Sprichwörter, und sollen
dir zu passe kommen, wann du dein leben darnach anstel-
lest. 2, 21; dasz er mit Weisheit begäbet gewesen und hat sein
leben nicht darnach angestellet. pers. rosenth. 8, 152 ; wann er
also sein leben anstellte und führte. Zinkgr. 4, 20 ;
stellt da sein leben an,
da seiner Unschuld selbst der himmel zeugen kan.
Opitz 1, 158;
wer solches wird gelehret,
der spiegelt sich an dem, was jene zeit gethan,
und stellet so hernach auch seine besser an. 1, 13;
wenn das bewohnte rund, wenn alle königreiche,
so dieser boden halt, beisammen sein zugleiclic,
und einen solchen dienst dir werden stellen an,
der nur das werthe volk, das du liebst, leisten kan.
Fleming 24;
weil 06 vor rathsam angesehen wurde, dasz das schreiben
ihrer majestüt in öffentlicher audienz übergeben würde, ist
der Michaelis tag dazu angestellet (anberaumt) worden, pers.
reiseb. 1, 11 ; Jammer anstellen und wieder jämmerlich leiden.
Simpl. 1, 59. mhd. blosz jämer stellen, troj. kr. 24167. In
bösem sinn: du hast was schönes angestellt {angestiftet); ein
groszes Unglück ist angestellt worden;
und dennoch stelltet ihr, mit allem guten willen
mehr unheil an, als zwanzig Mnesillcn.
WiKlAND 9, 231.
Wie anstehen und anstand nehmen aufenlhall und aufschub
ausdrücken können, kommt auch anstellen für diffcrre und pro-
craslinare vor; wie wir e. w. am jüngsten geschrieben, dasz
sie sich etlicher arlicul verglichen, etliche aber angestellt ha-
ben. Kress bei Melanchth. 2, 290 ;
Trajanus da der kalser frum
von Itoni fiirt volks ain grosze summ,
de« siin ertödt mit seinem pfi-rd
der wilwe nun, die recht» begerl.
dnim solcher zug ward ange.slelll,
bisz das der kaiser uiiail feil.
SCHWARZBNBERC 117, 2;
das bleibt noch angestellt, ausgestellt, eingestellt, dahin ge-
stellt, ausgesetzt.
Sich anstellen heiszt eigentlich sich benehmen, se gerere,
geht aber leicht über in sich verstellen, simulare: du stellst
dich gut an zu dem geschäft; er stellt sich linkisch dabei
an ; der Weidmann stellt sich auf ein wildbret an, lauert dar-
auf; nach disem fürbild soll ihr euch weislich wissen anzu-
stellen. Garg. 22";
wer bei hofe dienen wil, wil daselbst genad erringen,
wie musz der sich stellen an, recht zu ratlien seinen dingen?
LoGAU 2, 5, 33 ;
stellet sich an, als wenn er krank wäre. Lokman 6;
die damen stellten sich an, als wäre des fremden gesiebt
das neueste was sie sähen. Wieland 5, 8;
dann ists einerlei wie der freiersmann sich angestellt hat.
GöTHE 11,30; wer sich unbequem erweist wird beseitigt, bis
er begreift wie man sich anstellt um geduldet zu werden.
23, 151; von Herdern konnte man niemals eine billigung er-
warten, man mochte sich anstellen wie man wollte. 25, 305 ;
meine liebe mutter war kränker, so leidlich sie auch sich ge-
gen mich anstellte. J. Paul Tit. 2,56; mag er sich vornehm
angestellt und zurückgezogen haben, so viel er will. Tieck
ges. nov. 1, 79. in den meisten fällen kann auch gesagt wer-
den sich stellen.
ANSTELLEN, n. appositio, inslitutio, simulatio: es bewegte
solch kläglich anstellen die räuber nicht, pers. rosenth. 2, 15.
ANSTELLER, m. instructor: der ansteller eines balls. auch
in übler meinung, der anstißer.
ANSTELLIG, habilis, idoneus: ein anstelhger mensch, der
sich leicht in alles schickt; ein unanstelliges mädchen, das
sich zu nichts schicken will; er ist recht anstellig und be-
hende. TiECK nov. kr. 4, 161; der frau feinere, zartere, an-
stelligere band. .1. Paul 37, 20 ; da fand mein schwager, dasz
ich sehr anstellig war und lobte mich. Bettine briefe 1, 6.
ANSTELLUNG, /". institutio, einrichtung, Verrichtung, an-
stiflung, anstatt: nahmen solche anstellung von mir auch zu
sondern gnaden an. Schweinichen 3, 133 ; wenn ich dann nicht
vvuste, wo doch solcher groll auf mich herkommen möchte,
habe ich auf allen seilen anstellung gethan, wie ich solches
erfahren könnte. 3, 162 ; man sagt, es sei alles nur die an-
stellung eines bösen geistes. Tieck 10, 8 ; die Vernunft hat
den verstand und dessen zweckmäszige anstellung zum ge-
genständ. Kant 11, 491. häufig für anstellung zum amt, em-
placement: zahlreiche anstellungen und beförderungen fanden
statt, auch die stelle selbst.
ANSTEMMEN, applicare pedes, anniti : er stemmte sich hef-
tig an die wand, an den boden an ; er stemmt an gegen alle
laster ;
anstemmen sich in Zuckungen und krämpfen. RCckert 167.
ANSTENGELN, ad palum alligare: bohnen, erbsen sind
angestengelt; die an szepter und thron angestängelten hof-
leute. .1. Paul komet 2, xxxvii.
ANSTERBEN, morte, hereditale contingere, nnl. aansterven:
das gut stirbt mir an, ist mir angestorben, früher besser mich :
erbe, das in {eum) anestirbet. weisth. 1, 749 ; darum lesen wir,
das die könige und herrn viel weiber gehabt haben, das meh-
rer theil daher, das sie inen angestorben sind. Luther 4, 200' ;
werd auch auf seinem grund erworbn
und sei ihm gleich halb angestorbn.
Hingwald laut. warh. 330;
hier ist mein eigner grund, der mir selbst angestorbcn.
Canitz 118;
0 selig, wer wie ihr mit selbstgezognen stieren
den angestorbnen grund von eignen ackern pQügl!
Hallbr alpen 46;
der tummelplatz des seligen Ziegra musz ihm nicht vei^ebcn«
nun ganz angestorbcn sein. Lessing 10, 131. s. anerben, an-
crsterben.
ANSTERBLICH, morte obtingcns: die wal und ansterblicb
erb gab disen sibeiizelienden keiser Marcuiu Antoniuin zuge-
nampt Veruui. Frank chron. 138'.
ANSTEUERN, anniti, adr emigare: zwen äste von dem sech-
sten par der nerven des bims, deren einer sich an der pforl-
adcr ansteuwret, bisz in die hole der leber hinein erstreckt.
Ukkemiacm neues rosbuch. Frankf 1603. 1. 125; an das creuz
können wir uns steuren. predigtvon 1678 bei Scu«. 8, 653.
mit dem schif ansteuern, ans land rudern.
485
ANSTICH — ANSTI>'KEN
ANSTIPPEN — ANSTOSZ
486
ANSTICH, m. nach verschiednen bedeutungen des anstechens :
der anstieb des rasens, torfes ; der anstich des fasses, des
weins; der anstich des obstes von den wespen; der anstich
des weins «. anzick.
ANSTICHELN, carpere, aculeatis dictis attingere: was sti-
chelst du mich an? du stichelst immer auf dieselbe sache
an. rgl. anzapfen.
ANSTICHELüNG, /". : ein bofnarr, der dnrch ansticbelung
ihrer vornehmen diener die mahlzeit würzen soll. Kaxt 10,
293.
ANSTICKEN, aeu appingere: noch eine biume ansticken.
ANSTJpßEN, pulvere aspergi, das inlransiliv zu anstauben:
alles stiebt hier an, man kann nichts rein behalten; das
mehl stub in der müle an.
A.NSTIEFELN, ocreas induere: er steht schon gekleidet und
angestiefelt, in andern sinne: er kommt angestiefelt, ange-
stupell, 1C0ZU abd. arstifulen fulcire, mhd. understibeln ge-
halten werden musz. vgl. Stiefel.
ANSTIEG, m. ascensus : ein herlicher weg, breit, bequemen
ansliegs. Göthe 28, 119.
ANSTIELEN, tnanubrium aplare: die axt anstielen.
ANSTIEHEN, rigentibus oculis inlueri, mit stieren, starren
äugen ansehen: mein böser geist Terläszt mich nicht, stiert
mich aus allen winkeln an. Klincer l, 54 ; während die gro-
szen äugen des vetters ihn verwunderlich von der seile an-
stierten. Arm« 2, 205. s. anstarren, ansturen und stier.
ANSTIFT, n. molimen, machinalio: das unholt, geschaffen
durchs leufels anstift. Thcr>eisser archidoxa 148.
ANSTIFTEN, instruere, macliinari, subomare, anstellen, tri
guttm und schlimmem sinn : einen anstiften etwas zu thun,
er war angestiftet von andern. Opitz Arg. l, 169 ; falsche zeu-
gen anstiften;
grosz war ihr list, betrug und kunst
leid anzustiften. Weckherli.^ S4;
Versöhnung anzustiften,
nahm er ein deckelplas,
da floh aus allen herzen
der wilde mensebenhasz. GiiiiO(ie41;
der hauptmann war auch angestiftet Eduarden aufmerksam
zu machen. Göthe 17, 21.
ANSTIFTEN, n. machinalio: auf wessen anstiften geschah
das alles?
ANSTIFTER, m. auetor, machinator: anstifter des betrugs;
die anstifter zum spiel. Garg. 287'.
ANSTIMME.N, die stimme erheben, erschallen lassen:
singt gott und stimmt die saiten an! OnTzps. 68;
wenn Hermes stimmet an,
so schlau auch Argus ein. pLEictcSS;
die Zunge stimmen an. Spee (nitzn. 148;
ihr freunde, zecht bei freudenvollen chören,
auf, stimmt ein freies Scherzlied an.
HiCEDOR.I 3, 99;
angestimmt den gesang! Voss Luise 3, 616;
der esel singt darum schlecht, weil er zu hoch anstimmt.
figürlich, heftige klagen anstimmen; den ton eines verliebten
anstimmen ;
weh, wenn das volk zerreiszend seine kette . . .
die losung anstimmt zur gewalt. Schiller 2, ISS.
früher sagte man auch zu angestimmter stunde, was entweder
vom anschlagen an die glocke tu rerstehn, oder pir die be-
stimmte, festgesetzte stunde zu nehmen ist: des andern tags
zu angrstimpter stunde kam ich da die sechs frawen schon
vpr«amlel waren, meiner wartend. Spinnrockens evangelia 1568.
A iii'. ob ich den slab möchte wieder nemmen und sampt
euch weiter urtheilen und richten, wie vormals öffentlich an-
ge>timpl. Kectter tnejjordn. 42.
ANSTINKEN, früher, als stinken noch die bedeutung von
duften und riechen hatte, gleichviel mit anduften, odore bono
malove replere: die blume stank (dußete) uns an; mhd.
da^ wa;;er lurh anestinrhe.
8wa{ jr well trinchen, fundgr. 99, 45;
die winde musten fleisch, die klippeo wasser geben,
das manna stunk euch an. Flkiikg 13.
allmälich nur odore malo inficere, anwidern, den gestank an
einen gehen lassen :
die erde stinkt mich an. GRiraiDS I, 209;
die erden stinkt uns an, wir gebn zum himmel ein. 1, 100;
Egypiens speise stinkt micb an. derselbe;
die seele selber ist in unflat eingehüllt,
sie stinkt den himmel an too wegen vieler Sünden.
LouEXST. geislt. ged. 5t, 962;
der käse stinkt mich an, riecht mich stark an; die kriegs-
dienste stinken mich an; er stinkt wol gar schon seinen
beamten an. Moser p. p/i. 2, 65, wo, wenn beamten doi. p/. ist,
dieser casus den richtigeren acc. vertritt, den auch andere
aufgeben :
weg edelgesindel ! pfui, stinkest mir an!
du stinkest nach stinkender botfart mir an.
BiJRGKR 1, 163;
denn wer, wie ich, die scliurken haszt,
dem stinkt ihr wein auch an. Gökinck 3, 51.
doch ist heute wieder der acc. üblich: was hat einer übrig,
den so vielerlei anstinkt? J. Paul Ti/. 5, 21 ; hofleuten trau er
keine band breit und die ganze nation stink ihn an. uns.
löge 1, 108 ; unsere umständliche satire wird aber jetzt jeden
anstinken, lit. nachl. 4, 127.
ANSTIPPEN, s. antippen, antupfen.
ANSTOCHERN, dentes fodere.
ANSTOCKEN, palo alligare: die reben anstocken.
ANSTOCKEN, stockig werden: die leinwand stockt an.
s. stocken und stockig.
ANSTÖHNEN, gemere, plangere versus aliquem, stärker als
anseufzen.
ANSTOLPERN, pede labi, offendere: mit dem fusz anstol-
pern, er kommt angestolpert, titubando accedil.
ANSTOLZIEREN, süperbe, cum fastu accedere, heran pran-
gen : er kommt in rothem gewande anstolziert wie ein br3u-
tigam.
ANSTOPFE.N, implere, infarcire: das bett mit federn au-
stopfen, den sack mit wolle; sich mit speise anstopfen; ein
angestopfter kröpf.
ANSTÖREN, excitare, irritare: feuer anstören, anlegen,
ein Wespennest anstören ; ein pferd anstören, anspornen. Stie-
ler 2173. heute wenig im gebrauch, vgl. stören, aufstören.
ANSTÖRER, m. exeilalor.
ANSTÖRLEN, excitare, frequeniativ von anstören, verzeich-
net Stieier 2174.
ANSTÖRLER, m. instigalor.
ANSTOSZ, m. allisio, offensio, offendiculum, appulsio, tm-
petus, propinquitas, nnl. aanstoot. der anstosz mit dem fnsz
an den stein, mit dem köpf an die wand; anstosz der glä-
ser aneinander; anstosz der wellen ans ufer; anstosz der
äcker, häuser, länder aneinander; anstosz der zunge an die
Zähne; anstosz des pferdes. den schneidern heiszt anstosz,
wenn zwei stücke zusammengenäht werden.
Von jenem, zumal biblischen stein des anstoszes, orfer wie
LcTHER Es. 8, 14. 1 Pelr. 2, 6 verdeutscht, stein des anstoszens,
leitet sich die häufige abstraction des ärgemisses und hinder-
nisses: du solt für dem blinden kein anstosz setzen. 3 Mos.
19, 14, nichts, woran er sich stosze und schädige; reumet
den weg, hebt die anstösze aus den wegen meines volks.
Es. 57, 14 ; das niemand seinem bruder einen anstosz oder
ärgemis darstelle. Rom. 14, 13; es ist zwar alles rein, aber
es ist nicht gut dem, der es isset mit einem anstosz seines
gewissens. 14, 20 ; sehet aber zu, das dise ewre freiheit nicht
gerate zu einem anstosz der schwachen. 1 C^r. 8, 9 ; die Rö-
mer hatten allzeit unfride und anstösze. Luther 3, 431; dar-
umb wir gott umb hülfe bitten und hoffen sollen in allen
anstOszen in der ehe. 4.367"; anstösze des rcichs. orrfn.ro»
1012, zu eingang; das nichts an disem fürwitz mein glaub
gcschwechet ein anstosz empfieng. Fkk^k weltb. 112"; andere
anstosz der geleich. H. Sachs l, 191*; mocht im das unstät
glück solche freude nimmer vergunnen und begunt im mit
widerwertigcn anstöszen durch vil weg begegnen, öalmy 177 ;
kein anstosz leiden. Garg. 269' ;
fro bin ich, das wir zu land kommen,
gar vil aostösz bab wir eingnommen.
ATBER363';
obgleidi einzelne dieser beispiele statt des begrifs der irrung
den der anfechtung enthalten können, heute sagen wir nicht
mehr anstosz legen, stellen, nur sein, machen, verursachen
und zumal geben für irren, ärgern, hindern, verletzen; an-
stosz empfangen, zuma/ nehmen : so werden wir auch Wit-
tenberg und die hohe schule los, die immer ein leidiger
anstosz (= stein im wege) war. Göthe Ift, 163. er redete,
sprach ohne anstosz, ungehemmt ohne anzustoszen.
31*
487
ANSTOSZ— ANSTOSZEN
ANSTOSZEN
488
Gleich häufig ist aber anstosz auch antrieb, anfall, angrif,
anfechtung und der Zusammenhang musz weisen, wie anstosz
geben zu fassen sei, durch offendere oder impellere, excitare:
wir müssen dieses Vorfalls gedenken, weil er verschiedenen
dingen einen anstosz (anregung) gab, die sonst vielleicht
lange geruht hätten. Güthe 17, 200. der die kugel in bewe-
gung setzt, gibt ihr den anstosz, in ihrem lauf kann sie aber
einen hemmenden anstosz finden, die theorie erleidet einen
nachtheiligen anstosz (impugnalur). Kant 8, 302. ein weib er-
schüttert meine mannheit nicht, es ist nur ein anstosz vom
weihe. Schiller 142. es ist keine Weisheit ein haus an den
weg zu bauen, denn ein solches leidet viel anstosz. pers.
baumg. 6, 12.
kein anstosz kan die gast aus disem reich vertreiben.
Weckherlin 96;
ftreihend mich von anklang und anstosz. 33t;
je gröszer ist sein mut, je gröszer der anstosz. 620.
die weil aber unser leben von gott selber ein anfechtung ge-
nennet und so sein musz, das wir anstosz haben an leib,
gut und ehre. 1, 86*. Ganz besonders galt dieses anstosz vom
anfall der s euch en und krankheilen, was hernach auf andere
innere gemütsregungen angewandt wurde: hilf mir auf! es ist
nur ein anstosz von Schwindel. Schiller 137 ; ihr habt durch
diesen fieberhaften anstosz den schrecken unter eure edeln
gaste gebracht. 571; in einem verdoppelten anstosz des wie-
derkehrenden taumeis. Wieland 1, 296 ; Danae und Hippias
selbst lieszen sich leicht bereden, seinen vorigen anstosz
einer vorübergehenden Übelkeit zuzuschreiben, l, 297 ; aber
die Athener waren, im ersten anstosz ihrer erkenntlichkeit,
keine leute welche masz zu halten wüsten. 2, 111; vorüber
fahrende anstösze von lächerlichem ehrgeiz. 2, 250 ; im er-
sten anstosz seiner unbesonnenen 'hitze. 2, 298 ; in einem an-
stosz von groszmut. 3, 8 ; ich liebe diese Lili, rief der Sul-
tan in einem anstosz von lebhaftigkeit. 6, 73 ; dieser anstosz
von sultanischer laune. 6. 77 ; in einem plötzlichen anstosz
von empfindsamer laune. 6,198; in einem anstosz von Ver-
zweiflung. 7, 68; zumal wenn er einen anstosz von milzbe-
schwerung hat. 14, 106; dasz ich in einem tollen anstosz
mich hingesetzt und ein postscriptum hinzugethan habe.
Wieland bei Merck 1, 163 und noch sonst oft.
FiscHART Garg. 63' sagt^ dasz der hausherr in der häuslichkeit
erkenne seiner gibel befestet anstosz, die befestigten, vorstoszenden
ecken seiner hausgiebel; allere Schriftsteller gebrauchen anstosz
für das anstoszcnde land oder gebiet, vicinia, grenze : ist doch
nit das recht Ethiopia, sunder ein anstosz. Frank weltb. 8';
mit stetem anlauf und Scharmützel bekümmert er die anstosz
des Türken in Natalia. chron. 244'; zwischen dem kloster
Lützel und der probstei Miserach, an der frontier und an-
stosz der Sequaner landschaft. Thürneisser von wassern 119;
in dem anstosz und grenz der brandenburgischen mark. 280 ;
Behem hat von aufgang Merhen zum anstosz; Westphalen
und desgelben anstösze. Kirchhof wendunm. 254.
ANSTOSZEN, nnl. aanstooten, in mehrfachen, ursprünglich
transitiven bedeutungen, die nur wo der geläufige acc. ausge-
lassen ist intransitiven schein annehmen.
1) trudere, inserere, einen ring an den finger stoszen, was
wir heute anstecken nennen.- stieg dej vingerl wider an ir
hant. Parz. 270, 10 ;
die praut die wcl sich für in naigen
und im an ieden linger stoszen ain ring.
fastn. sp. 704, 7,
hier steht zwar blosz stoszen an, woraus aber mit Sicherheit
auch anstoszen gefolgert wird, wie es heiszt stecken an und
anstecken.
2) incendere, das feuer an das holz, das haus, die scheune
stoszen, und dann auch das holz, das haus anstoszen, wofür
wir wiederum sagen anstecken, mhd.
dA kom diu rehle minne,
diu wäre vlura^rinne
und stiej ir scneviuwer an. Trist. 25, 11 ;
al» ob des breiten werdcs wise
wfcre angestrtjen und niizunt. Iroj. kr. 9674.
ebenso : der rüter stoszt vil schüren an. Brant narrcnsch. 220 ;
donner stöszt das haus an. 236;
und dut sin hacken zerbloscn,
als «voll er cim ein schür anstoszen. 287;
wer auch die mark frevelich anstiesze, den sa! man drü male
am dickesten in das füre werfen, komet er darusz, so hat er
damit gebuszet. weisth. 3, 489 ; ein kint möcht den stall an-
stoszen und verbrennen. Keisersb. post. 2, 11; er stiesz sein
haus an und verbrant es von Ungeduld, seh. und ernst; da
komt botschaft, wir sollen schnell uf sein, dann man wolle
anstoszen und brennen. Götz von Berl. 21; thäten pulver
unten zu dem thurn hinein in die kirchen und stieszen es
an, da musten die, so darinnen waren, verbrennen. 42; und
so es nun sein nachkummer im regiment mit feür hat an-
gestoszen, lassen sie oben ein adler auszfliegen. Frank weltb.
76'; in ettlichen stetten stieszen die Juden -ire heüser sel-
ber an. 157'; stieszen ettlich thürn mit feür an. ^30'; nie-
man sol im lande brennen oder anstoszen. Mencken script.
1193; laszt uns die backen aufblasen, als wollen wir ein
schewer anstoszen. Garg. 250*. später erlischt diese bedeu-
tung, Lother kennt sie nicht, Henisch und Stieler führen
sie nicht mehr an, nur bergmännisch heiszt es noch, das vor
ort gesetzte holz in der grübe anstoszen.
3) inficere, impugnare, wo sich anstoszen nochmals mit dem
heutigen anstecken berührt, wie man beim contagium ein an-
zünden annehmen darf, obgleich sich auch ein angreifen und
anfallen denken läszt. zumal von fieber und pest geltend, dann
auf andere, innere empfindungen angewandt: so aber jemand
das grawen und schawen (grauen und absehen) für den kran-
ken anstöszet, der sol einen mut nemen. Luther 3,394'; die
leibliche schwacheit, die (Luthern) desselben sonnabends
auf den abend umb fünf uhr angestoszen hatte. 3, 40l'; wo
er nur etwas fület, das in anstöszet. 4, 415'; also was min
vatter gan wullen koufen, stiesz in pestelenz an, starb. Tho.
Plater 5; als unser kindlin uf eim abend halt lernen fünf
dritlin gan, stiesz (es) pestelenz an und starb am dritten tag,
und als die gelebt (krämpfc) hatten ouch angestoszen . . do
es verschied, weinten wir bede von leid und ouch freud, das
es der marter ab was kummen. 71; alsbald si hinweg ist
kummen, hat pestelenz min frowen angestoszen. 71 ; die rothe
rühr bette ihre fürstl. gn. angestoszen. Götz von Berl. 77 ;
hat mich ein fieber angestoszen. Schweinichen 3,295; da hat
in angestoszen der schwere siechtage; zu aller anstoszenden
not wol gerüst. Frank weltb. 211"; aus forcht, es möcht in
also anstoszen, dasz er (an haut und flecken) verändert würde.
Fischart bienenk. 233' ; oder wie jener signor, der nicht durch
Neapolis wolt reisen, aus sorg, es stosz ihn die neapolita-
nisch sucht an. Garg. 6'; es hat euch ein frost angestoszen.
84'; wa dich ein wee anstiesz. 103'; stiesz in das eiferfieber
blötzlich an. 203'; wann uns im alter etwan ein andacht an-
stiesz. 221'; dasz kein wunder gewesen, es hett sie aller
Schwindel angestoszen. 237', wo das adj. aller nicht zu über-
sehen und mit den oben 220 unter aller gesammelten beispie-
Icn zu vergleichen ist; die pest stoszt die am ersten an, die
ein gut diät han. 249'; der auf gott thut bawen, denselbigen
stoszt nichts an von grawen. 260"; ob mich ein träppelcnde
scheisz anstiesz. 286';
dasz stosz sie an das herzenleid. Atrer325*;
ich wolt, dasz ihn die plag anstiesz,
wenn er wider herkommen solt. 350';
wer gottlos ist, zu diesem saget gott:
was stöszt dich an? Opitz ps. s. Ö8;
kein ekel und verdrusz des reisens stiesz mich an.
Fleming 47;
wie sich die seel besan
und jene jähr betracht, stiesz uns ein schluramcr an.
Grtphius 1, 71 ;
welch Unfall stöszt uns an? 1, 117;
erschreckte sterblichen, welch zittern stöszt euch an ?
1, 161;
darüber sonst manchen das kalte wehe angestoszen hätte.
Stmp/ic. 2, 146 ; wann einem (/.einen) die krankheit anstiesze,
soll er von stund an zur ader lassen. Hohrerg 3, 105'; wann
ein füllen die gelbsucht anstöszet. 3, 106'. hetite heiszt es
nicht mehr das fieber stöszt an, sondern entweder steckt an
oder fällt an, jenachdem contagium oder accessio gemeint wird.
4) trudere gemmas, die pflanze stöszt knospen an, wie Int.
pampinus frudit gemmas et frondes explicat omnes, sonst
anschieben, hervorsloszen : der blflst, wann er erstlich ange-
stoszen, gar bald verbittet. Thürneisser wirk, der erdgewdchse
s. 34.
5) trudere, impellere navem, zur abfahrt, mhd.
so wart daj schif gestöjen an,
alsus sd vuoron si von dan. Tri«/. 41,23,
489
ANSTOSZExN
AiXSTÖSZER — ANSTREBUNG
490
und so nhd. den kahn, Dachen anstoszen, abslosien zur fahrt,
dann Sber auch mit dem schif anstoszen, impingere, an kup-
pen und felsen: da furchten sie sich, sie würden an harte
örter anstoszen. apost. gesch. 27, 29; stiesz sich das schif
an. 27, 41. endlich jenseits anlanden: mit dem kahn zu
lande anstoszen; stiesz bald am jenseitigen ufer an.
6) impingere pedem, offendere pede: ich wil dich auf rech-
ter bahn leiten, wenn du leufest, das du dich nicht ansto-
szest. spr. Sal. 4, 12; mit häufigem Übergang in den begrif
der hemmung, des ärgemisses : du hast wo angestoszen. Göthe
11, 27; sie sagen zwar auch mit mir, dasz der Seitenblick
auf Klopstock einen augenblick anstosze. Göthe an Lavater
70; man stöszt leicht bei ihm an, kann ihn leicht verletzen;
ich stosze hier an, nehme anstosz, haesito.
7) collidere scyphos, die gläser anstoszen, anklingen und
mit wegfallendem acc. blosz anstoszen;
auf in der holden stunde
stoszt an und küsset treu! Göthe 1, 130;
darum soll man hier am ort
aDZustoszeo eilen. 1, 135 ;
da in dem stücke selbst sehr viel getrunken und angestoszen
wurde. 18, 198. auf eines wolsein, auf einen anstoszen.
8) attingere, allidere, incitare, leise oder hart anrühren:
sie stiesz mich heimlich mit dem fusze an ; ich will ihn mit
dem ellenbogen anstoszen und aufwecken ; mit dem köpf
an die wand, mit der stim an die mauer anstoszen ; was sol-
len die geschirr, da man mit der nasen anstoszt? Garg. 85'; da
ein gröszerer körper einen kleineren anstoszt. Kant S, 73 ; die
kraft, womit er die ihm unterliegenden Dächen anstoszen
würde. 8, 95. und oß figürlich : wird nu der beichtfater je-
mand forschen, ob er mein büchlin hab oder lese? und da-
mit sein blödigkeit anstoszen, sol er im antworten mit de-
mütigen Worten also. Lctber l, 39S' ; denn fürwar die christ-
liche kirche auf erden nicht gröszer macht noch werk hat,
denn solch gemein gebet wider alles was sie anstoszen mag.
1, 240' ; do stiesz mich unterwegen an mort, rauben, fastn.
sp. 34, 13 ; es hat das ansehn, als ob er den ersten der ihn
anstoszen möchte, umgekehrt in die erde pflanzen wollte.
Götbe 8, 97; seine begierden, sein unmut brauchten nur
einen neuen, äuszeren reiz, um ihn über die grenzen zu trei-
ben, gegen die er so wild anstiesz. Klixger 3, 7 ; diese Behaup-
tung stöszt gegen alle analogie an; das stöszt zu stark wi-
der meine grundsätze an, verstOszl dawider.
9) assuere, annectere, kleidungsstücke aneinander nähen:
bab manchem schön weib gmachet kleider,
tU rock und brüstlein gstoszen an.
Atrer fastn. sp. 85 ;
der Schneider sagt seinem gesellen: stosz nun den ermel anl
doch dem Eulenspiegcl rief sein meister zu : wirf die ermel noch
an den rock, darnach geh auch schlafen I dieser aber ver-
brannte zwei lichter und warf die ermel an bis es tagte,
dies anstoszen braucht J. Pacl gern ßr anfügen, anhängen:
ich wollte noch eine geschichte aus den fürstenporträts an-
stoszen. Hesp. 2, 30; es mäste denn Viktor noch einen vier-
ten pfingsttag als nachsommer anstoszen. 3,177; so wollt ich
. . . nur noch ein letztes kapitel , aber nicht dieses, als
schluszstein und schwanengesang anstoszen. 4, 165 ; da ich
zu diesem billet noch ein postscript anstoszen will. Fixlein
s. XI ; ein sonderbares annexum, das ich noch an das klage-
libell anstiesz. biogr. bei. 1, 108.
10) attingere, vicinum esse, anstoszen, angrenzen, eins an
das andere, wozu sich leicht ein acc. die ecke, die seile, den
giebel denken läszt: gegen dem garten, welcher an die gas-
sen anstöszet. Gryphics l, 834. wir sagen eine laube, halle
stöszt an das haus; die schönsten zimmer stoszen rei-
henweise einander an; der anstoszende saal ; Deutschland
stöszt unmittelbar an Ungern an. es heiszt auch einen stall
anstoszen, an das haus anbauen ; lehrgebäude, an welches
der scharf, tief, und vielsinnige Oken eine schöne sacristei
angestoszen. J. Pacl 38, 70. s. anstöszer.
11) anstoszen, «n hom anblasen, ins hom stosxen: der
postillon stöszt an; die jagd wird mit dem hifthom ange-
stoszen, angeblasen.
12) anstoszen mit der zunge: er stöszt die zunge an die
Zähne an, redet undeutlich, stottert.
13) anstoszen, stipulari, pacisci, wie Haltaus 45 glaubt,
contactu pollicum paciscentium : da ward zwischen dem röm.
kaiser und dem erweiten zn Böheimb aber ein tag angesto-
szen zue halten. Sexke.sberc sei. 5, 73; ward zwischen bei-
den teilen ein thädung angestoszen umb ein frid, darin sich
beide teil gaben. 5, 139; er rieth ihm mit dem könig einen
frieden anzustoszen. Fischart Garg. 263'.
ANSTÖSZEK, m. ein persmlicher begrif flieszt zumal aus
der zehnten bedeulung des anstoszens, der angrenzende nach-
bar heiszt der anstöszer, accola, finitimus, oß in den weis-
thümern, z. b. 1, 515; auch die anstöszere darzu erfordern.
Frankf. ref. I.\. 3, 13 ; unserer nachbaurn und anstöszer, der
Böhem, Ungern u. s. w. Frask chron. 5'; mancherlei krieg,
so die Teütschen under in selbs, allermeist mit den Römern
und andern anstöszern, als Crabaten, Engellendern, Italianem
gehabt haben, weltb. 34'; wiewol er etliche anstöszer hett,
die zuzeiten sich im widersetzten. 232*; zwischen ihn und
ihren anstöszern. Fronsp. 3, 237'; summa, er {Carl von Bur-
gund) was ein ruten^gottes über alle seine anstöszer. STüMPr
i, 248'; diewil si zu Hitzkilch allen fintlichen willen an iren
anstöszern, und insonder an denen von Hochdorf, den Lu-
zernern zugehörig befunden. Bcllinger 3, 86 ; etliche fürsten,
die dem land Macedonien nahe gelegen und anstöszer waren,
kamen in das lager der Römer. Rihel Liv. 391; seinen hin-
dersassen und anstöszern. Phil.\nd. 2, 376; die Österreicher
und ihre anstöszer. Simplic. 2, 724; man musz sehen, was
die müle vor nachbarn, angrenzer und anstöszer habe. Hoh-
BERG 3, 67'. später veraltend. Denkbar wäre auch ein älteres
anstöszer ßr mordbrenner, incendiarius, mhd. viuraere; doch
bietet sich kein beleg dar.
ANSTÖSZIG, quod offensionem habet, turpis, obseoenus:
anstöszige sitten, reden, worte; anstösziges benehmen, betra-
gen : dasz er darüber nicht anstöszig werde. GC.xther 8 ; das
ist bei der Unterhandlung ein anstösziger punct und vor
allem zu beseitigen, hin und wieder heiszt auch angehendes,
anbrüchiges obst anstöszig.
A.NSTÖSZIGKE1T, f, eine anstöszige sache: er sagte eine
anstöszigkeit, etwas anstösziges, unanständiges.
ANSTOSZLICH, was anstöszig, nnl. aanstootelijk : würde es
männiglichen sehr anstoszlich vorkommen sein. Leibsitz 2, 370.
ist ungebräuchlich.
A!SSTOSZN'AHT, /. die naht, womit kleidungsstücke ange-
stoszen werden.
ANSTOTTERN, balbutiendo alloqui, anstammeln.
ANSTR.AHLE.N, irradiare, nnl. aanstralen : die sonne strahlt
den mond, der mond die erde an; sanft angestrahlt. Brockes
2, 148. 287; der herliche anblick des von der morgensonne
angestrahlten meerbusens. Wielasd 3,379;
und um die runden hüften wallen
gewänder, rosen gleich in angestrahltem tbau. 5, 195;
von deinen äugen angestrahlt. 12,29; -
wie der herbsitag
klar aus nebelgedün sich hervorringt,
thränendes laub anstrahlend mit licht. Voss;
ach nur einmal sirahle
ihn, der mich nicht fassen kann,
nur von fem und einmal strahle
diesen kalten tadler an. Bcrgeii74*;
die beschattete wange färbte sich ebenso roth als die an*
gestrahlte. J. Pacl heiml. klaget. 32.
A.NSTRAHLÜiNG, f, wärmendes anseheinen, anleuchten:
hin ihn wärmend und her in der glut anstralung.
Od. 2t, 246.
ANSTRANDEN, allidere ad litora, nnl. aanstranden: nach-
dem ich an dem marsilischen ufer angestrandet. Opitz Arg.
2, 460. 477 ; ein groszer walfisch, so im wollinischen werder,
zwischen WoIIin und Camin angestrandet ist. Micrälics a. P.
4, 120.
ANSTRAUCHELN, pede offendere, nnl. aanstniikelen.
ANSTRAUSZEN, aggredi, einen strausz wagen, bestehn:
wie von deiner kühnen Taust
mancher Teind ward angestrauszt. Flibinc 304.
ANSTREBEN, anniti, aufstreben, emporstreben, erstreben, nnl.
aanstreven : jede insel, jeder stein ist mit üppig anstrebenden
waldbäumen geschmückt. Humboldt ans. der nat. 1, 278.
doch prächtig schwillt der bäum des lebend
und strebt den hohen wölken an. Plats!« 61 ;
der höher anstrebende geist, das geschick seinen lehrer an
zierlichkeil und Zartheit zu übertreffen. Göthe.
ANSTREBUNG, f bestrebung, streben: in dieser galeric
verschiedener denkarten, anstrebungen. Herder 16, 174.
491
ANSTRECKEN — ANSTREICHEN
ANSTRECKEN, intendere, moliri: das seil anstrecken, an-
spannen ; alle seine kräfte anstrecken. Lohenst. Arm. 1, 41 ;
mit angestreckter kraft. Haller 190;
die köpfe streckten drauf den gröszten eifer an. Günther 653;
wie haben nicht beinahe alle abendländische Christen ihre
tapferkeit und andacht gegen sie angestrecket? Mascou2, 243;
ach wie oft, wenn ich die Schönheit dieses orts zu beschrei-
ben, köpf und feder angestreckt. Brockes 7, 7 ; als wenn wir
alle Seelenkräfte ihn recht zu ehren und zu lieben uns oft
bemühen anzustrecken. 6, 665 ; die kunst des geistes . ange-
sfreckt. 8, 354. heute veraltet und man sagt entweder daran
strecken oder anspannen, anstrengen.
ANSTREICH, vi. linimentum, salbe: ein satz oder anstreich
(überschriß), nim guten Weinessig etc. knete es wol durch
einander und streich solchen dem gauUauf die nieren. Pin-
TER Pferdschatz s. 415. s. anstrich.
ANSTREICHE, f. cerussa, fucus. s. anstrich.
ANSTREICHELN, molliter palpare. s. streicheln.
ANSTREICHEN, illinere, inungere, attingere, nnl. aanstrijken,
früher mit dopp. acc, dann mit dat. der person:
1) fliissigkeiten, salbe, öl, fett, essig, wein, wasser anstrei-
chen, mhd.
da hicj si si strichen an,
so enivriche diu suht dan,
und er waer le hant genesn. Iw. 3445;
daj hiej si an in slrichen. 3449.
streicti icli euch (acc.) die salben an,
so werd ir ein gesunder man.
fasln, sp. 505, 3 ;
der meister gab ir ein etzwasser, das streich sie an und etzt
haut und bar hinweg, seh. und ernst cap. 177;
das (bergin schmer) stricht ein gsell dem andern an.
Brant narrensch, 206 ;
ich kan dir den krysam anstreichen. Fischart Garg. 86' ; ohn-
mächtige wurden mit wasser bestrichen: Philis kommt mit dem
wasser und labung, man streicht sie (die ohnmächtige) an.
Ayrer 419*;
ein plötzliches geschrei bewegt das ganze haus,
man bricht der frau die daunien aus,
man streicht sie kräftig an, kein baisam will sie stärken.
Gellert 1, 84;
dem knechte ward (ibel. . ich strich ihn an, gosz ihm in der
angst selzerwasser und wein in den mund und dachte wirk-
lich er stürbe, vgl. auch Gotter 3, 21.
2) färbe anstreichen : das geländer, die treppe, das haus
anstreichen lassen, galt zumal vom anstreichen der schminke
an die icangen: der wein streicht ein färblin an (gibt rothe
backen). Garg. 97'; wie sich die weibcr daselbst durchleuch-
tig anstreichen. 54'; quecksilber hat man lassen drein ge-
hen {zur schminke), darumb den weibern, so sich anstreichen,
gerne die zene ausfallen. Mathesiüs 106';
den angestrichnen, kranken huren. Weckh. 534;
gemeiner Schönheit stolz, sprach sie, mag sich anstreichen.
737;
ich weisz, wie zu hof die frawen sich anstreichen. 790;
der zQmpferlin, dem mit anstreichen,
mit falschen haaren, kraus und lang
die huren von Rom müssen weichen. 804;
ich biege keine knie und rücke keine kappen
für aufgeputzter ehr und angestiict)ner gunsi.
LocAU 1, 5, 3;
falschbeit streicht sich zierlich an, ist auf mnntel gar beflissen.
2, zugäbe, 122 ;
wem die natur nicht ein ansehen gibt, der kans mit keiner
kunst anstreichen. Leumann 37; die sonne streicht auch ir-
dischen dingen ein licht an. Lohenst. Arm, 1, 620 ;
starben, .. wans .. mit zu starken färben
ihr stimlein streichen an. Spek trulm. 115;
ihm streicht der eitle rühm der tugcnd färben an. Haller;
die fixe luft des zomes strich jetzt die rosen seiner lippen,
wie die chemische die botanischen, blau an. J. Paul Tit. 2,
169; wie lampenfeuer aus brantewein allen umstehenden
todtenfarbe anstreicht. Nepom. kirche 141 ; dies ists eben,
was ihr einen solchen schein von gründlichkeit anstreicht.
Hesp. 2, 161.
3) notare: gelesene stellen anstreichen; mit dem bicistift
anstreichen; einem etwas anstreichen, gedenken; ich will dir
das lügen anstreichen.
ANSTREICHERIN— ANSTRENGEN 492
4) aptare, laevigare, anschmiegen: die haare glatt anstrei-
chen; handschuhe an den arm streichen, mhd.
zwo scharlaches hosen streich er an
mit gröjem flije an diu bein. VKtgoJ. 107, 24 ;
seht wie diu frowe sich strichet an,
si tuotj, ich Wien, üf fremde man.
LiECUTENST. 603, 15;
woßr es Lohengr. 22 heiszt:
zwo scharlaches hosen an sine bein man schuohte;
und die hosen gestrichen an sein bein,
geleich sara sie gefallen sein, fastn. sp. 786, 14,
d. i. zur strafe nicht glatt, sondern in falten angezogen, ftgür-r
lieh, dasz ich sie der unmenschlichen behandlung eines markt-
schreiers üherliesz, der sich bei mir anzustreichen (anzu-
schmiegen, einzuschmeicheln oder heraus zu streichen ?) gewust
hatte. Göthe 11, 54.
5) leviter attingere, anstreifen: Philine hatte beim heraus-
gehen aus dem theater ihn mit dem eilenbogen angestrichen
und ihm einige worte zugelispelt. Göthe 19, 225. man sagt
auch, die geige (mit dem bogen) anstreichen, leicht berühren,
weidmännisch, der hirsch hat angestrichen, auf bethautem
grase spur hinterlassen, seine füsze an das gras gestrichen.
ANSTREICHERIN, f. die schminkende magd. nach Fischart~
Garg. 281' darf man annehmen, dasz vornehme frauen eine
solche für ihren putz hielten.
ANSTREICHFARRE, f. pigmentum, fucus, mhd. geriben
varwe, badstuben varwe:
ohn anstreichfarb, ohn fürwitz und ohn kunst.
Wkckherlih 661.
ANSTREICHFÄRBLEIN, n.
die morgenrötin .. musz alle morgen^
sich zu beschönen
aus dem lieblichen rosenkram
all ihre~anstreichfärblein borgen.
Weckherlin 582.
ANSTREICHUNG, /. palpalio: die ädern geschickt durch
die äuszere anstreichung nur sichtbarer zu machen, da die
gröbere haut sie vorher verhüllte. J. Paul teuf. pap. 2, 193.
ANSTREIFEN, leviter attingere: mit den füszen das gras
anstreifen ; im vorübergehen anstreifen ; die buchstaben und
bedeutungen vieler Wörter streifen an, an einander (wie an-
streifen selbst und das vorausgehende anstreichen, oder schon
die einfachen streifen und streichen), ein kleidungsstück an-
streifen, gegenüber dem abstreifen:
win machet usz eim wisen man,
das er die narrenkapp streift an. Brant 113;
sie (die Studenten) hant die kappen vor zu stür,
wann sie aliein die streifen an,
der Zipfel mag wol naher gan. 130;
du teist nach meinen gülden schnappen,
ich streift dir an die narrenkappen.
H. Sachs 1,527';
der betrogen ist, der hat die narrenkap angestreift. Leh-
mann 107; wie man die hendschu angestreif, anziehe, an-
streiche. Kecsersb. ehr. bilg. 109 ; er het den kugelhut ange-
streift (es steht angestreüft). das.; er kokettierte nicht, wie
witzige Säuglinge, mit allen idecn, sondern er wurde von ih-
nen entweder angepackt oder gar nicht angestreift. J. Paul
Tit. 1, 163 ; wenn ein kleiner Unfall neben sie anstreift, stellt
sie sich todt. grönl. proc, werke 5, 108.
ANSTREIT, m. impugnatio, bellum, läszt sich nach dem
folgenden verbum und nach dem mhd. anestrit, bei dem von
Gliers, vermuten, Ben. beitr. 127 :
si prisent alle sunder strit
den sumer mit den bluomen rdt,
und hant des winters anestrit,
welches Hacen 1, 104' vgl. 3, 596 ohne grund ändert in alle nlt.
ANSTREITEN, impugnare, bestreiten, anfechten, mhd. sagte
man an einen stritcn, ;. b. striten an die heidenschaft ;
an die burg.-cre striten. Maurit. 61 ;
streiten an einen wilden bereu, fastn. sp. 857, 13.
heute selten: da neuerlichst die Originalität der bürgerschen
Lenore anpestritten ist. Herder 20, 404. s. angcstrcilcn.
ANSTRF^NGEN, intendere, anspannen, anziehen, eigentlich,
das Zugvieh in den sträng spannen, die pferde anstrengen,
heftig ziehen lassen, dann nöthigen, angreifen, abmühen : er
wart vi! angestrengt mit fregen. Keisersb. po.tt. 3,85; sie
waren als heftig angestrengt, das sie nit durch die beiden kö-
rnen mochten. Fierabr. 2; den köpf, die äugen anstrengen;
493
A.NSTRENGUNG— ANSTRÖMEN
ANSTÜCKELN— ANSUCHEN
494
ir habt mich auf gestrigen tag
gebeterr und hoch gestrengt an,
meiner tochier zu geben ein man. Teuerd. 2, 6;
mich schreciiliche furcht anstrenget. Melissüs M5':
wa er angestrenget würde, sich in disen halt zu hindergeben.
Fischart Garg. 20S*; das meer, wenn es von den starken
winden zum ungewitter angestrenget wird. Spee ij. tugendb.
410; ob nun wol also in Hinterpommern sich auch polnische
kriege wider die Pommern anstrengeten. Micrälics 2, 172 ; der
Schulmeister soll die kinder nicht zu sehr anstrengen; er
strengte seinen verstand, seine kräfte an. man sagt auch
einen process anstrengen gegen jemand, gleichsam anspannen,
in sug oder gang bringen; die klage anstrengen, unw. docl.
660 ; den angestrengten rechtsstrtit abbrechen, sich anstren-
gen, sehr bemühen.
ANSTRENGUNG, f. anspannung: mit groszer anstrengung
aller kräfte arbeiten ; mit mehr als menschlicher anstrengung ;
endlich lassen diese anstrengungen nach.
ANSTRICH, m. nach verschiednen bedeuiungen des anslrei-
chens. vorerst heiszt so die salbe, womit man ein krankes
Pferd anstreicht, icofür oben schon anstreich aufgeßhrt wurde,
anstrich steht bei Houberg 2, 184'. 185". 193'. 194'. 229" ; einen
anstrich den man für die karpfen macht, beschreibt Dobel 3,
226'. Weit häufiger ist es die angestrichne färbe, der an-
schein, meist in übelm, doch auch in gutem verstand: der an-
strich, die tünche des hauses; die wand erhielt neuen an-
strich; si treiben grosze hoffart mit irem har und hart, nit
on ein anstrich geel oder brun. Frank icellb. 193'; one zwei-
fei hat das lateinische wort fucus, welches ein anstrich heiszt,
vom hebreischen fuch den namen. M.athesiüs 106'; sie glau-
ben genug gethan zu haben, wenn sie il'rer schändlichen auf-
fiihrung einen guten anstrich geben. Rabeser l, 87 ; anstrich
Ton Schwermut, schein, anflug, engl, touch;
die tugend, der emplindungslose herzen
den ansU'ich ihres schwarzen bliiles leihn.
CoTTER 1, 384;
bji allen anstrichen und bemäntelungen der sache gestehen
sie doch ein. HrppEL /eten^/. 2, 304; ehe ich mich eröfne, wie
man einer homerischen Übersetzung den anstrich von alter-
thum geben könne. Bürger 136'; auszendinge sind nur der
anstrich des mannes. Schiller 135; die sorge gab ihm einen
anstrich von traurigkeit, der ihm sehr wol anstand. Göthe
15, 116; es (das gedieht) war mehr als ein abschied von die-
sen lebensfreuden verfaszt, wodurch es zwar einen gefühlvol-
len anstrich des heiler durchlebten gewann. 22, S2; seiner
Unwissenheit, ja auch seinen vorsätzlichen blendwerken den
anstrich der Wahrheit geben. Ka>t 2, 96; durch eine popu-
läre spräche seinen grundlosen ansprächen einen anstrich ge-
ben. 3, 234 : den schlechten moralischen gehalt der gesinnting
durch einen betrügerischen anstrich verdecken. 6, 3S6; die
neigung gibt einer schlimmen sache den schönsten anstrich.
8, 140 ; diese neigungcn haben den anstrich der Vernunft. 10,
299 ; es gäbe dem werke keinen lächerlichen anstrich. J. Paul
flegelj. 1, 131; übrigens werden die färben, die auf «'en wis-
senschaftlichen feinen und menschenliebendcn anstrich des
äuszern verbraucht werden, nolhwendig vom Innern abgekratzet.
Hesp. 2, 52 ; goldanstrich, tinctura auri. Vom anstrich des
fiedlers heiszt es schon Sib. 1941, 4 :
ej ist ein röter anstrich, den er zem videlbogen hat;
jugendlich froh der musik, taktfest und von krünigem ansirieb.
Voss I, 183. (Luise 3, 577) ;
der anstrich des geigenden ist besonders zu loben, der an-
strich mit dem bleistift, mit der kreide, weidmännisch, die
fährte des wildes auf dem grase, der thausrhiag. Ihauslrich.
ANSTRICK, m. cuneus altextus, angestrickter zwtckel: wer
bezahlet ihnen den anstrick? mägdelob 64.
ANSTRICKEN, tllaqueare, altexere, nnl. aanstrikken: es ist
besser, seih ros an des feindes zäun binden, als dasz der
feind es an unsern bäum anstricket. Hippel lebensl. 4, 351 ;
endlich keuchten zwei kinder daher, davon eines als Zugvieh
an einen schiebekarren angestrickt war. J. Fall //esp. 1,170;
mit nichts strickt uns eine schöne mehr an sich, als wenn
sie uns anlasz gibt, ihr eine gefalligkeit zu thun. uus. löge
2, 71 ; er strickte den Schlafrock knapper an. Hesp. 1, 125.
einen strumpf, den zwickel an den strumpf anstricken.
ANSTRIEGELN, strigili pectere, dem pferde die haare glatt
anstrie):ein.
ANSTROM, m. affluxus: anstroia des wassers, der wellen.
ANSTRÖMEN, affinere, nni. aaoslroomen; das wasser strOmt
an; das volk strömte in häufen an; in die zeit zurück, da
uns der weltgeist noch jugendlich neu anströmte. Herder
17, 47.
ANSTÜCKELN, frustillatim assuere, frequentativ des folgert'
den: und stückeln keinen wünsch ans blatt Günther 523;
eine thätigkeit läszt sich in die andre verweben, keine an die
andre anstückeln. Göthe 17, 297.
ANSTÜCKEN, annectere, assuere: hier musz noch etwas
angestückt werden.
ANSTUDIEREN, künstlich und gesucht sich aneignen:
der grosze mann
legt die systemata und seinen ernst bei seile,
studiert sich heitre mienen an,
und sorgt, dasz jede viel bedeute. Gieseke ;
das betragen ist ihm nicht natürlich, es ist alles anstudierL
ANSTUND, ade. illico, von stund an, nnl. aanstonds, ter-
stond, mhd. sdzestunl, alzestunt, begegnet noch im 16 jh. hin
und wieder: das auch also anstund geschehen. tcm/A. 2, 24ü ;
da Reinhart sich auf der erden sähe, anstund sprang er wider
auf seinen braunen. Aimon V2 und in diesem buch oß. vgl.
Frisch 2,420.
ANSTUPFEN, s. anstippen, antupfen.
ANSTÜREN, was anstieren, anstarren:
er spitzt die nase, er sturt «ie an,
betracbt sie herüber hinüber. Göthe 2, 194;
vgl. Klingers th. 2, 127 : was sturst du, als wärst du Ton
sinnen?
ANSTUTIM, m. tumuUus, impetus: tobender anstorm der
reiterei in der Schlacht, besser als sturmangrif.
ANSTÜRMEN , impetu aggredi, adoriri, nnl. aanstonnen :
sie stürmten gegen die thür an; anstürmen gegen alles be-
stehende ; laszt sie anstürmen I ; diese gegen Überlieferung und
autorität anstürmenden gesinnungen Bacons. Göthe 53, 148 ;
des sultans mäcbtge flotte ist gelandet
anstörmend zu Venedig. Tieck 1, 227;
sieh, ich stürme dich an. Borger 238*;
weil du grad anstürmtest im vordergewühl der entschlosznen.
Voss.
ANSTURZ, m. impetus, assuUtu, procella: ansturz der wo-
gen, ansturz der reiterei;
. . aber die schiffe zerschlug an den kuppen der ansturz
brandender flut. Voss Orf. 3, 298;
die den rehbock vor dem ansturz des gebells rasch wie er
forischosz
in den saod warf. Voss 3, 169.
ANSTÜRZEN, was ' anstürmen :
wie wenn dunkel das meer aufwallt mit stummem gewoge
noch vorahndend der wind im gesaus anstünenden wandet.
Voss ;
spähend, wie bald vom gestad anstürzte das volk der Achaier
II. 2, 794.
ANSTÜTZEN, anniti, innili, anlehnen: die füsze an di«.'
wand anstützen. Wielands Klelia 3, 44; sich an etwas au-
stülzen.
ANSTÜTZPUNCT, m. stützpunct, würter, die man nach dem
franz. poinl d'appui gebildet hat und häufig anwendet, wo das
einfache stütze besser stände.
ANSUCH, m. weidmännisch, der ort, wo man zuerst nach
dem schweisze des angeschossenen wildes sucht. Abr. a. s. Clara
2, 123 braucht es auch anders : die herrn bäunier haben auf
dem reicbstag einen ansuch gethan an den Ölbaum, ilime die
krön anerbottcn. besuch, gesuch erscheinen gleicitfalls männ-
lich.
ANSUCHEN, petere, rogare, angehen, ersuchen, früher gleich
allen diesen mit dem ace. der person, noch früher wahrschein-
lich auch der sache, ßr welchen doppelten acc. (an einen eine
sache suchen) doch beleg gebricht: wollest auch Hansen Ren-
ner, Zigler und andere ansuchen (angehen) und des, so uns
Renner in dieser sachen vertröstet, erinnern. Llther 1, 134';
wie wol ich verachter mensch mich zu gering halle, das ich
solle so grosze fürtrefliche herrn ansuchen und ansprechen.
2, 143' {br. 2, 225); do habt ir den bischof von Meissen an-
gesucht und gebeten, br. 2, 349; mit hier inliegender schrift
hat Calixlus uns angesucht und sein noth angezeigt. 5, 301 ;
und sollen sonderlich an disem ort die kciserliche maj. an-
gesucht haben. Melanchth. apol. conf Aug. im corp. doctr.
ehr. p. 1S3. beispiele des passivums: ich werde gebelen und
angesucht. Pontus 43 : ich bin zum oftermai von dem wirdigea
495
ANSUCHEN — ANTAG
ANTAGEN — ANTASTEN
496
hcrin angesucht an e. w. zu schreiben. Melanchth. an die
slaiH Bonn. 1543 bl. 1 ; wie man biiiich zu alier würd, ober-
licit und ämptern angesucht werden soit. Frank wellb. 76';
^eapülis von Hanibaie und andren angesucht, allweg auf der
Rünier seilen beliben. cliron. 20*. Später werden solche fügun-
gen seltner:
auf deinen hochzeitlag, mein freund, dir was zu machen (dichten)
basl du mich angesucht. Logau 1, 8, 14.
im 18 jli. findet sich nur bei einem um etwas ansuchen:
erinnern sie sich eines briefes, da sie mir die ehre anlhalen,
bei meinem vater um mich anzusuchen? Babener 3, 209. 262;
wenn ihre hoheit dies im ernste meinen, so bin ich genü-
thigt demütigst um meine entlassung anzusuchen. Wieland
7,169; dasz man theiis, wenn man ja anzusuchen gezwungen
wäre, zu strenger mäszigkeit entschlossen, es oft nur um
solche ämler thäte, die gewöhnlich ungelehrte bekämen.
Klopst. 12, 163.
ANSUCHEN, n. petitio, ersuchen: weil ir in dem bei sei-
ner eh. gn. als einem leien, der der schrift nicht bericht, an-
suchen gethan. Luther 2, 5'; ich wende mich hierdurch auf
befelil meiner zunft an die republik mit dem ansuchen, die
polemik aus der zahl der Wissenschaften auszuschlieszen.
Klopst. 12, 301 ; die ansuchen um freitische. Heynes briefe an
Joh. Müller 61; heule komme ich mit einem kleinen ansu-
chen. GüTHE an Bochlitz 4.
ANSUCHUNG, {. petitio, Werbung: weil wir nun solcher
ansuchung und dermalen bepstlichen mandaten aus pflicht
des gehorsams folgen wollen. Luther 1, 359'; wie er denn
bei dem herzog von Baiern derowegen ansuchung durch mich
thun liesz. Schweinichen 1, 182; ansuchung thun um hülfe,
um dreijährigen stillstand u. s. w. Hahn 1, 101. 278. 2, 156. 205 ;
bat inständig, Florindo möchte auf gethane ansuchung die
kleinen sechszehn meilen nicht ansehen. Weise kl. leute 13;
wann die garstigen ihre jungferschaft behalten, so geschieht
es aus mangel der ansuchung. gespenst 332; that jedoch im-
mer neue ansuchung ihm seinen lasterhaften willen zu erfül-
len. Felsenb. 3, 154 ; so hat doch diejenige prinzessin die Ver-
mutung für sich, dasz sie die ältere sei, um welche schon
lange zeit vor ihren andern Schwestern ansuchung gethan
wird. J. E. Schlegel 4, 315 ; dazu hätte er eine erlaubnis ha-
ben müssen, welche ausnähme gewesen wäre, und die konnte
vielleicht auch nicht gegeben werden, es war also mislich
mit der ansuchung. Klopst. 12, 206.
ANSUD, m. coctura levis, ein fdrberausdruck.
ANSURREN, susurrando advolitare: im wald surrten mich
käfcr an.
ANSÜSZ, subdulcis, vnoyXvxvs, nd. ansöte, süszlich.
ANSÜSZEN, aliquantulum dulcem reddere: das wasser an-
süszen ;
dir ekelt für dem safl, ders paradis ansüszet.
LoHENST. Ibrah. 43, 467.
vgl. Arm. 1, 1130. 2, 685.
ANT, im 16 jh. zuweilen geschrieben für and, z. b, wie tustu
mir so ant im pauch bei Uhland s. 394 ;
mich wundert fast und thut mir ant,
wann vierzig jar würt alt genant.
SCUWARZEKBERG 141, 1.
vgl. oben ahnd und and.
ANT, Überrest einer uralten, ursprünglich freien partikel,
die sich uns nur in wenigen Zusammensetzungen mit dem no-
men, zu ent geschwächt in vielen mit dem verbum erhalten hat.
das goth. and war noch selbständige praeposition, gleich dem
gr. avrl und tat. ante, aus dem sanskrit können zwei, nur
als pracfix und ohne nasallaul erscheinende partikeln ati und
adln herangezogen werden, das litt, ivit lebt als praeposition.
an verba gefügt lautet gotlu and gleichfalls and, vor Substan-
tiven aber zeigt es meistens die vollere gcstalt anda, und die-
sem anda entspricht nun ahd. ant vor dem nomen, während
vor dem verbum die ältesten denkmdler ant behaupten, die spä-
teren schon in ent oder int schwächen, ja selbst dieses vor
stummen consonanten zu bloszem in, vor labialen zu im wer-
den lassen, mhd. hat sich die zahl der nominalzusammen-
setzungen mit ant (t;or labialen am) schon sehr verringert,
nhd. ist sie auf wenige Wörter gesunken, von den verbalzu-
sammenseizungen ist unter ent zu handeln, jener nomina sind
nur drei übrig: anllitz, antwort und das fast unkenntliche
amt = goth. andbahti. antlasz und antwcrk sind veraltet.
A.NTAG, m. dies octava a feslo, der achte tag nach einem
groszen feicrtag oder auch nach dem fest der heiligen, den man
im mittelalter noch zu begehn pflegte, vgl. Ducange unter
octava 2. ahd. anllag und anttago (Graff 5, 358), worin sich
kaum die eben verhandelte parlikel ant = gegen suchen läszt,
da es sich um einen nachfolgenden, nicht vorausgehenden tag han-
delt, eher hegt die Zusammensetzung ein altes, unumgelautetes
ant = anli, goth. andeis ende, uf anlag des heiligen oster-
dages. Günther cod. dipl. 3,774 (a. 1373); anlach oisterdags.
weisth. 2,521 (a. 1298); mnl. andach. de Klerk cod. dipl. 1,
679 (a. 1292). diese belege reichen also über die nhd. zeit
zurück, wahrscheinlich aber bieten sich noch spätere dar, und
deshalb wird das wort hier aufgestellt.
ANTAGEN, allucere:
von morgens angesichte
hast du mich angetagt. Rückert 263.
ANTAGGEBUNG, /". editio in lucem: anlaggebung der bu-
chen 'die verteutscht bulle, wider M. Luther ausgangen.' (1520)
4. vii'.
ANTAKELN, gegensalz des abtakelns: ein schif anlakeln.
ANTANZEN, choream ducere, vortanzen, man sagt aber
auch sich antanzen, sich durch den tanz zu wege britigen:
sie hat sich die Schwindsucht angetanzt; dasz sich die toch-
ter doch wol irgend einmal einen reichen, angesehenen manu
antanzen würde. Tieck 15, 211.
ANTAPPEN, incondite palpare, lentare:
der bawr den pfalTen stark andappet,
und meint, er habe den dieb erschnappet. H. Sachs;
tappet an allen orten an. Garg. 12s'.
ANTAST , m. attrectalio, palpatio, angrif. in den weisthü-
mern wird oft gefragt und bestimmt, wer den anlast habe,
den anlast tliue, den ersten anlast; und damnter das recht
des grundherrn ' verstanden, einen missethäler anzugreifen und
vor gericht zu ziehen. 1, 832. 2, 386. 484. 525. 529. 66L 663. 695.
706. 3, 12. 743. s. angrift.
ANTASTEN, attrectare, palpare, angreifen, anpacken, an-
rühren, nnl. aantaslen, meistens hart und freventlich, wer
disen man oder sein weih antastet, der sol des todes sto-
ben. 1 Mos. 26, 11; wie wir dich nicht angetastet haben. 26,
29 ; wir haben inen geschworen, darumb können wir sie nicht
antasten. Jos. 9, 19 ; wo sie schneiden im felde, da gehe ihnen
nach, ich hab meinem knaben geboten, das dich niemand an-
taste. Ruth 2, 9; wer wider dich redet, den bringe zu mir,
so sol er nicht mehr dich antasten. 2 Sam. 14, 10 ; tastet meine
gesalbcten nicht an. 1 chron. 17, 22 ; recke dein band aus und
taste an alles was er hat. Hiob 1, 11 ; recke dein band aus
und taste sein gebein und fleisch an. 2, 5; taste die berge
an, das sie rauchen, ps. 144, 5 ; wer euch anlastet, der tastet
seinen augapfel an. Zach. 2, 8 ; und der arge wird in nicht
antasten. 1 Joh. 5, 18; demnach hab ich e. f. gn. mit harter
und scharfer schrift angetastet. Luther 3, 171* ; das ich auf
alle arlikel kurz zu antworten angelastet worden bin. 3, 410' ;
ich hab frisch anlastet den romischen hof. br. 1, 508 ; keinen
burger antasten oder angreifen, weisth. 1, 728; het aber ein
burger binnen Welmich die höchst wette verbrochen und nit
den leib, sal ein amptman nit antasten oder turnen. 3, 744;
lasz mich gern die knaben antasten.
fastn. sp. 521, 4. 737, 23 ;
lasse mich von den kn. antasten; sunder auch die Römer
aller Völker stolze überwinder mit krieg angetast. Fran« weltb.
183"; dasz i. eh. gn. mit ewerer gethancr rede unfreundlich
angetastet werden. Kirchhof itcjidunm. 379'; mit injurien und
ehrenrührigen Schriften unfürstlich angetastet. »n7. disc. 89;
ob ich schon etwan die geistlichen oder welllichen angetast.
Frey gar/cnj;. vorr.; ich habe dich nur ein wenig mit werten
und der warhcit angetast. 4l'; er hätte mich an meinen ehren
genugsam angetastet. Schweinichen 1,350;
last an die berg, so rauchen sie. Fischaris g. lied. 74;
wie köntc aber die ubcrhimlische majcstat lästerlicher ange-
tastet sein und heiszen? Garg. 66"; soll uns einer anlasten.
204'; an seiner ehr angelastet. 26l';
daher wird sie der herr mit groszem grira
und ganz trostlosem zorn antasten. Wecku. 4;
kan dann die heiice grufl
nicht sicher sein und ich in der nicht rasten?
must du mich hier, auch nun ich hin, antasten!
Gryphius 1, 247 ;
bätteätu mich nur mit der band angetastet. Lokman 27 ; welche
beide sie bei der verhör mit ziemlich harten wortcn antaste-
497
ANTASTER— ANTHEIL
ANTHEILIG — AxXTHÜN
498
ten. LoHE.NST. Arm. 1, 537 ; da jene mit grimm, diese mit Ver-
nunft den feind antasteten. 1, 994; wer micli anrührete, der
tastete meines vaters augapfel an. Weise erzn. 76 ; die höiie-
ren stände herabzusetzen und sie meiir oder weniger anzu-
tasten. GöTHE 26, 195; einen wild antasten. Klinger 2, 374;
kühn antasten. 2,389; den könig aufrührisch antasten. 2,426;
mit dem grimmigen froste der schandstrafen anzutasten, j. Paul
36, 126. anfühlen ist weich und gelind, anrühren kann leise
oder hart sein, angreifen, anfassen, anpacken noch härter, an-
tasten das härteste, doch liegt das nicht im begrif des tastens,
wie auch das antasten der berge ps. 144, 5 leises berühren
meint und den puls tasten sanftes ßhlen. goth. sagte man
tekan, attekan, ahd. hrinan, pibrinan. antasten kommt auch
für anfangen in dem sinne vor, den dieses bei der vijidica-
tiun hat. Ringwald evang. Ji S" reimt:
kurzumb ich fühl an meiner kraft,
es tiat mich jemand angetan.
steht das für angetast oder für angetapt? der sinn fordert an-
gerührt. Marc. 5, 30. 31.
ANTASTER, m. atlreclalor : bin allezeit unwillig gerissen
und getrieben von nützlichen, heilsamen gescheften mich zu
wehren und schützen gegen meine lügenhaftige und böswil-
lige antaster. Luther 1, 362'.
AIN'TASTLICH, adv.: der licentiat tritt zu ihr und beginnt
gleich etwas antastlich zu scharmieren. Göthe 45, 171.
ANTATSCHEN , angreifen, autasten, denn tatschen, tätsche-
len ist auch was tasten, palpare; von einem, der stahlwaaren
befühlt und sieh zuletzt daran verbrennt:
so tatscht er dem geduldgen mann
die blanken waar^n sämllicli an. Görns 2, 21S.
ANTAUMELN, prolabi, titubando accedere:
es taumelt hier kein ihor, berauscht von stolzem wahn,
berauscht von seinem glück an ihn beschwerlich au.
L"z 2, 16.
ANTEL, n. ein ungrisches weinmasz, dreieimerfas: nehmen
die Wörterbücher auf, und Frisch 2, 367' hält es für das deut-
sche antheil. ungr. findet sich geschrieben altalag, antalag
und atalag. vgl. antlang.
ANTHAUEN, regelare incipere: der schnee thaul an; diese
Schneemassen thauen in den wärmeren Sommermonaten auf
ihrer Oberfläche an. Göthe.
ANTHEIL, m. und n. pars, portio, nnl. aandeel. da schon
die einfachen theil und deel ausdrücken, was die lat. Wörter
enthalten, so scheint antheil ursprünglich den theil hervorzuheben,
welchen jemand an eine sache hat, der ihm neben andern dar-
auf zusteht, zufällt {s. anrecht). ein ahd. anateil wäre denkbar,
läszt sich aber nicht nachweisen, mhd. anteil ergibt sich in
den bei Oberli.n 53 angezognen stellen des Straszburger Sta-
tuts und aus devt adj. anteilic. doch ist das wort selten und
wenig gebraucht. Luther, Pictoriüs, Dasypodius, Hemscu ha-
ben kein anteil. Stieler, Stei.nbach, Frisch führen es aber
auf, im IS jh. wird es wieder ganz üblich, allgemeiner bei-
fall ist gemeiniglich das antheil {lepartage) der mittelmüszig-
keit. Wieland 13, 264 ; seine Vollkommenheit war zu rein und
grosz, als dasz sie jemals das antheil von millionen sein
könnte. 2S, 121 ;
was wird dein antheil sein, wenn er auch hier
den sieg dir abgewinnt? Schiller 600;
er zog vor, an den groszen unübersehlichen vortheilen sein
antheil zu nehmen. Göthe 21, 121 ; dir und den deinigen möge
jetzt und künftig das wünscbenswertheste zum antheil gelan-
gen. Göthe an Knebel 66t.
Antheil steht nun aber auch häufig ßr das franz. int^ret,
und während jenes antheil portio oft neutral gesetzt wifd, ist
es in diesem sinne überwiegend männlich, man sagt warmen
antheil, den gröszten antheil an etwas nehmen, etwas mit
vollem, oder ohne den geringsten antheil hören, lesen ;
schien es doch fast, ihr nähmt an dem töchierchen antheil.
Voss Luise 3, 751 ;
sie waren ihm nicht gleichgültig, seinen antheil hatten sie
längst. Schiller 302; ich zog meine tage ohne freude und
ohne antheil hin, meine ehe war kinderlos und dauerte nur
kurze zeit. Göthe 19, 101; die schönen Französinnen hat-
ten ihn nicht ohne antheil gelassen. 30, S ; von deutschen
productionen war mir Olfried und Lisena eine höchst will-
kommene erscheinung, worüber ich mich auch mit antheil
aussprach. .32,175; die herzogin hat oft nach dir mit aufrich-
tigem antheil gefragt, an Knebel 91; es freut mich sehr, dasz
mein letztes heft dir einen freundlichen antheil abgewennea
633. LESsrNG sagte noch neutral: das antheil, welches die
leser daran nehmen. 3, 159. es heiszt in gleicher bedeutung
theil nehmen an etwas, und theilnahme ist was antheil, doch
antheilnahme wird so wenig gesagt, als statt ohne anflieil, mit
antheil bloszes ohne theil, mit theil erlaubt wäre.
ANTHEILIG, parliceps, franz. participant, wovon sich bean-
theiligen = betheiligen, mhd. aneteüic, anteilic:
der pfenninc der kan solche kunst,
die niemen kan weder dirre noch der,
barfuozen unde bredier,
txte icti si sin anteilic,
si spraecben ich waere heilic. von dem pf. 60.
diesem mhd. anteilic steht treffend entgegen äteilic expers. letz-
teres fehlt uns heute ganz und ersteres wird kaum verwandt.
ANTHEILNEHMLNG, f schreibt einmal Wielaxd ßr theil-
nahme, es ist aber steif und unüblich, s. theilnehmung.
ANTHUN, afficere, iiigerere, injicere, nnl. aandoen. das ver-
bum thun geht fast mit allen partikeln Verbindung ein, wor-
aus die manigfaltigsten begriffe entspringen, anthun kann zu-
meist als gegensatz von abthun betrachtet werden, es bedeu-
tet etwas an einen thun, wie abthun etwas von einem thun,
und forderte, gleich allen solchen Wörtern, ursprünglidi dop-
pelten acc, den der sache und person, welcher letxtere aber in
den dat. überzutreten pflegt.
1) anthun, anzaubern, bei abthun brach das alte thun =
opfern vor, so erscheint bei anthun ein thun = zaubern
(mythol. 984); die spräche anstand nehmend, die böse sache
beim wort zu nennen, sagt es einem anthun und schon mhd.
war ez, tuon ganz geläufig, ßr diese bedeutsame ausdrucks-
weise mangeln, wie bei abthun = schlachten, alte belege,
sie darf nichtsdestominder uralt scheinen, mit unrecht stem-
pelte sie Adelcxg zur gemeinen und niedrigen, ihr adel wurde
durch die poesie bald hernach bestätigt, es ist mir angethan
worden, mala manu hoc mihi objectum est, carmine decan-
tatus sum. Stieler 2355 ; einem etwas durch Zauberei an-
thun, veneficio alicui nocere. Frisch 374. der zauber wird
angeworfen, angehängt, angelegt und in diesem sinn könnte
sich das folgende anthun = ankleiden, anlegen damit beriUi-
ren. es gilt aber zumal vom liebeszauber':
ily aug ist schwarz wie reifer schlee,
schier komm ich in den wahn.
wann ich ihr lang ins auee seh,
sie hat mirs angethan. Iucedorx 3, 75;
in keinem Städtchen langt er an,
wo ers nicht mancher angethan. Göthe 1, 201;
entzückt, erstaunt, wer dies ihm angethan ? 3, 22 ;
du hattest längst mirs angethan. 4, 118;
den wölken zu vertrauen
wie lieb sie mirs angethan* 5, 59;
und hat man mirs nicht angethan,
so seh ich warlich ein theaier. 12, 219;
low und löwin, hin und wieder
schmiegen sich um ihn heran,
ja die sanften, frommen lieder
babens ihnen angethan. 15, 326;
mir hat sies ganz eigens angethan. 20, 226;
doch ist mirs seitdem angethan, dasz ich mich oft nach der
thfire wende in der meinung du kommst meinen irrthum zu
berichtigen. Bettine br. 2, 133; es musz euch was angethan
sein. Bürger 2, 52; ich weisz nicht, ob sie es allen menschen
anthun will. Arnix 2, 40. auch volksmäszig, es ist ihm than,
angethan (Schm. 1, 420), vgl. das einfache thun und machen.
2) anthun, induere, ivSveiv, ivSvvew, was sogar den an-
schein einer wirklichen verwandtschaß der lat. und gr. Wörter
gründen könnte, so unähnlich beide selbst einander sind, da
exuere von ixSvetr, ixSvreiv absteht, die nähere Untersu-
chung musz auf das einfache thun verwiesen werden, anthun
aber unterscheidet sich von umthun, aufthun, das kleid wird
angethan, der mantel umgethan, der hut aufgethan. ahd. ana-
tuon, anagituon (Graff 5, 315. 316); mhd. ane getuon: den
rok ane getet. myst. 193,1; legeten ein vrowen hemedc^uffe
sin bette, da^ her ij ane tete vor sin korrockelin. 210, 37. nhd.
weno er in (den rock) bat angetan.
. fastn. «p. 441, 5;
dem mSsz man andun rock und hosen.
Brant narrensch. 250;
doch duont wir vor zwen socken an,
das uns die herscbaft nii hör gaa. 223;
und legt im den leinenrock an und gürtet in mit dem gür-
32
499
ANTHUN
ANTHÜRMEN— ANTUT
500
tel, und zock im den seidenrock an und thet im den leib-
rock an {vulg. vestivit pontiücem subucula linea, accingens
eum balteo et induens eum tunica liyacinthina et desuper
humerale imposuit). 3 Mos. 8, 7 ; und thet im das schiltlin
an. 8, 8 ; und sol sein eigen kleider anthun. 16, 24 ; und sei
die leinenkleider anthun. 16, 32 ; ein man sol nicht weiber-
kleider anthun. 5 Mos. 22, 5 ; mit secken angethan. 2 kön. 19,
2 ; lasz deine priester mit heil angethan werden. 2 chron. 6,
41 ; thet keine kleider an. Luc. 8, 27 ; bringet das beste kleid
hervor und thut in an. 15, 22; gürte dich und thue deine
schuh an. aposl. gesch. 12, 8 ; angethan mit dem krebs des
glaubens (induti loricam fidei). 1 Tliess. 5, 8 ; weisze kleider
(käufest), das du dich anthust. offenb. 3, 18 ; und es ward ihr
gegeben sich anzuthun mit reiner und schöner seiden. 19, 8 ;
und war angethan mit einem kleide. 19, 13; angethan mit
weiszer und reiner seiden. 19, 14 ; ich soll mich anthun, dasz
ich ein wenig sauber leg. Götz von B. 77 ; Galmy seine kut-
ten anthat. Galmy 306 ; einen henker in der neuen kleidungs-
weis anthun hiesz. Garg. 5 ; meint, wann man in neu an-
that, es wer sonntag. 131'; under des war er angethan, ge-
strält vom schuh bis zum hut. 173'; anthun und schmucken.
217'; sich mit frischen kleidern anthun. 235'; das sie viel
weil mit der rüstung zubrachten, als wann man eim Baier
ein hämisch soll anthun. 282'; er hat sich also bischoflich
angethan. Zinkgr. 7, 17 ;
mit gewebter luft leichtflatiernd angethan. Wieland;
angethan mit einem sterbekleide
schlummert Röschen. Höltt;
seht meine lieben bäume an,
wie sie so herlich stehn
auf allen zweigen angethan
mit reiTen wunderschön. Claudius 4,4;
in sammel und in seide
war er nun angethan. Göthe 12, 111;
seht, frölich hat der tag sich angethan. Tieck 2, 50.
Man pflegt heute zu sagen: die sache ist ganz danach ange-
than, die frage, die erklürung ist nicht danach angethan =»
beschaffen, eigentlich angekleidet. Übrigens zeigen schon frühe
belege bei diesem anthun neben acc. der sache dat. der per-
son: sin selbes fuojen teta er ana sine suftelara, pcdibus
tiectit subtalares, tviewol sich ein noch älteres sine fuo;e den-
ken liesze, gleichsam ad pedes, ana sine fuojl teta .scuoha.
thun scheint aber hier, wie sonst oft, an die Vorstellung des
gebens zu rühren, welchem geben stets ein persönlicher dat.
gebührt, und es hiesz gerade so mhd.
ein scharlaches mentelin
daj gap si mir an. Iw. 326,
= that sie mir an, was wol auch noch heute gesagt werden
kann. vgl. anlegen.
3) einem etwas gutes anthun:
man dut wisheit kein ere me an. Brani narrensch. 227 ;
dann kunst gespiset wirt durch ere,
und wann man ir kein ere dut an,
so werden wenig darnach stan. 270;
wir hätten euch den dienst, die ehr auch angethan, '
wenn ihr schon weret nicht bei uns allhier gewesen.
Fleming 51 ;
was wolte Karlen von seiner treue melden,
so sie hat angethan den hocbgeiiebten beiden (acc. sg.),
mit dem es gleiche lebt. 138 (1685, 140) ;
weil sie ihm seine gebührende ehre nicht anthun wollen, pers.
rosenth. 7, 20 ;
ich thät euch eseln eine ehr an,
wie mein vater Jupiter vor mir gethan.
GöTBB 13, 101;
einem eine höflichkeit, sein recht anthun.
4) noch häufiger einem übles anthun, wohin der lauber unter
1) gezogen werden könnte {vgl. thun). Opitz, zu den warten
ganz, nimmer wandelbar seines Vesuvius sagt 1, 24 : angesehen
die natürlichen dinge oder cörpcr, welche den himmel weder
ändern, noch ihm etwas anthun können, d. h. etwas zu leide
thun, aliquid mali facere; thut inen das gebrandte leid an.
Luther 8, 63'; der den Juden das gebrandte leid anthut. 8,
74*; ob sie uns todten oder alles unglücks anthun. Lutuers
br. 2, 165 ; als sie sahen, das niemands als der mOnch da
war, der inen solche schinach anthat. Garg. 2:>b' ; einem kein
gröszer straf anthun können. 53'; indem man nu zu rutc
gehet, was für einen tod man ihm anthun soll. pers. rosenth.
7,20;
wenn ihm ein schimpf wird angethan. Fleming 19;
genesen seid ihr nun, und denkt nicht einmal dran,
was euch der arge feind für dampf hat angethan. 131;
welche (dragoner) den unserigen daselbst viel dampfs anthä-
ten. Simpl. 1, 278 ; die übel, die sie sich unter einander an-
thun. Kant 10, 373; er that ihm so viel grobheiten an, als
vonnöthen waren. J. Paul uns. löge 2, 14; einem verdrusz,
Unehre, gewalt, zwang, leid anthun : ich habe mir alle gewalt
angethan, um zu schweigen; wenn sie nur die gewalt hätten
sehen sollen, die sie ihrem herzen anthat. Gellert ; sie wollte
sich ein leid, ein leides anthun = sich umbringen, ersäufen ;
seht darum thu ich mir mein leid an. J. Paul TU. 2, 94.
hierzu stimmen die lat. verba infligere, ingerere, imprimere,
inurere, irrogare fürs ahd. anatuon bei Graff 5, 315. 316.
5) ganz fremd ist unserm anthun die bedcutung des nnl.
aandoen = besuchen, aller trouver: iemand bij den avond
aandoen, heimsuchen; ik kau die haven niet aandoen, in dem
hafen nicht anlanden; ik zal Frankrijk op mijne reis niet
aandoen, nicht berühren, auch niederdeutsch bei den schiffem,
de Weser andon, in die Weser einlaufen, den haven andon,
im hafen anlegen, um wasser einzunehmen.
ANTHÜRMEN, montis instar erigere, sich anthürmen. tollt.
ANTIK, antiquus, franz. antique. s. antikisch.
ANTIKE, f. opus antiquum, artis opus, nach dem franz.
antique, das doch mehr männlich als weiblich gebraucht wird:
soll der deutsche Übersetzer flecken, die sich an dieser vor-
treflichen antike (am Homer) finden, wegschaffen? Bürger
138'; ein Standbild nach der antike gearbeitet.
ANTIKISCH, antiquus, classicus:
mich widern schon antikische collegen. Göthe 41, 109;
antiquische geschirr. Fischart Garg. 271'; kunstreiche anti-
quische bilder. Lvcosthenes lustg. 18. wenn aber Fischart
Garg. 38' altiqua ßr anliqua, 30' altiquitet für antiquitet,
32' sogar altdickwitet, 33' altwibitet komisch setzt; so darf
auch das oben sp. 275 aus ihm zugelassene altwilisch nichts
sein als scherzhafte Verdrehung, wo nicht gar eingeschlichner
druckf für altwibisch.
ANTIPPEN, levi digito attingere: ich musz ihn einmal be-
scheiden antippen. Arnim sciiaub. 2, 268. s. antupfen, an>
stippen.
ANTLANG, ein theil des zauns auf der feldfiur in östret-
chischen weislhümern: alle die panzeun, antlangen und luck-
hen, die man nit bessert und schad dardurch geschieht, den
sol der büszen, der es befriden sol. Kaltenbäck 1, 34'; all
die panzaun,- antlag und lukhen, die man nit pessert. 1, 231'.
dies wort musz zu dem dunkeln andilang gehören, dessen un-
ter andeln gedacht wurde, und kann es vielleicht erläutern hei'
fen. auch gemahnt es an das unter antel erwähnte ungr. antalag.
ANTLASZ, m. remissio, auszer dem gewöhnlichen ablasz er-
scheint im 16 jh. noch einigemal die frühere form antlasz, vgl.
ahd. antläjan, intläjan remitiere und unser heutiges entlassen,
antläj myst. 330, 24. Obermn 53 gewährt antlasz, antlaszamt,
antlasztag, ein fastnachtsspiel 541,37 antlaszfart:
es irr sie an ir antlaszfart.
ANTLICH, n. facies erscheint nur in einer Verdeutschung von
Bebels facetiae: da wendt er sich mit dem antlich hinweg.
die geschwenk Henrici Bebelii 1558. 8 J 6 ; ir schön und wol-
gestalt des antlichs. L 6'. entwed^ ist darin noch die neben-
form antlihte für antlit nachwirkend oder das mhd. Ikh f.
corpus, caro.
ANTLIT, n. facies, vultus, diese mit dem folgenden antlilz
leicht vermischbarc,' doch davon grundverschiedne form ent-
sprich^ dem ahd. antlutti (Graff 201), worin das golh. ludja
f. enthalten ist, vollkommen würde ein goth. andludi gleichen.
antlutti lautete mhd. antlüt und erscheint bei elsdszischen,
südschwäbischen dichtem, deren herausgeber es mit unrecht
durch das gewöhnliche antlütze verdrängen, vgl. Gotfrieds
lobg. auf Maria 88, 9. Trist. 33, 28. 330, 24. Flore 3431. Bari.
C4, 7. 96, 30, einigemal steht antlühte, antlihte geschrieben.
durch früntschaft eim ins antlit sieht. Brant narrensch. 157.
vier antlit sagt Brant noch in einer andern zeile des gedichts;
küchel in ir antliL ^eisersb. 6rösam/. 88'; antlit, antlüt. post.
2,2.2,60; butzen antlitter. irr. schaf IS; breite anlliter. Mün-
ster 1387. fehlerhaft antzlit. Fierabr. Eh. antzlet DS; antz-
lit. Frank spr. 25; antzlit. Melissus ps. Li'. F4'. Ms', ne-
ben antlilz Li'. Ml' und im gen. deines antlits Fl*. Dies
501
ANTLITZ— ANTOSEN
ANTRABEN —ANTRAGEN
502
antlat, verderbt anüit gehört der goth. vürxel liudan, ahd.
liotan crescere und seheint ursprünglidi forma, fades auszu-
drücken.
ANTLITZ, n. vultus, würde goth. andavlits lauten von der
Wurzel vleitan aspicere, erhalten ist aber nur das gleichbedeu-
tige andavleizns ; ags. andvlite n,, pl. andvlitu, altn. andlit n.,
ahd. antluzi, assimiliert annuzi (Graff 2, 322), mkd. antlütze
und anllitze, z. b. Parz. 119, 21, woneben Lachm. im Tit. 130, 2
antlütze schreibt, vielleicht antlütte hätte schreiben sollen.
KoN-RAD setzt stets antlitze. Hacpt zu Engelh. 244. das auch
im nhd. antlitz wieder durchgeführte i verdient den vorzug vor
dem u, da die würzet vleitan nur auf i, nicht auf u führt.
u schlich sich eben aus anllutti ein, wie umgekehrt aus ant-
litz das i in antlit. Luther verwendet das wort in der bibel
sehr oß und schrieb unhochdeutsch andlitz, was die späteren
ausgaben richtig mit antlitz vertauschten: da nu seine brüder
zu im kamen, fielen si für im nider auf ir andlitz. 1 Mos.
42, 6; und ire (der cherubim) andlitz sollen auf den gnaden-
stuel sehen. 2 Mos. 25, 20 ; und ire andlitz stunden gegenan-
der und sahen auf den gnadenstuel. 37, 9 ; frolocketen und
fielen auf ir andlitz. 3 Mos. 9, 24 ; und welcher mensch irgent
blut isset, wider den wil ich mein andlitz setzen. 17, 10 ; gott
sei uns gnedig und segene uns, er lasz uns sein andlitz leuch-
ten, ps. 67, 2 ; gott tröste uns und lasz leuchten dein and-
litz. 80, 4. doch im N. T. steht immer angesicht, z. b. Matth.
17, 2. offenb. 1, 16 sein angesicht leuchtet wie die helle sonne,
mit aufrechtem, sittigem antlitz. Garg. 144"; butzen andlitz. 272*;
darfst unters antlitz kommen ? Soltad 473 (a. 162S) ;
wann jemand aber auch sein antlitz weiter schickt.
Opitz 1, 40;
goU gebeut uns ihn schnell von dem antlitz der erde lu tilgen.
Klopst. Mess. 4, 58;
und er sähe der erd antlitz mit götzenaltären,
sah es mit sündern bedeckt. 5, 291;
(Verwüstung), die auf den wink verfluchter ehre
das antlitz der natur verderbt. Uz 1, 203;
und in dem glatten see
weiden ihr antlitz
alle gestirne. Göthk 2, 59 ;
ach neige,
du schnierzenreiche,
dein antlitz gnädig meiner noth. 12, 189;
ihr antlitz wenden
verklärte von dir ab. 12, 201 ;
laut auch weinte Luis, und barg an dem vater das antliz.
Voss Luise 3, 307 ;
verfluch ich jeden tropfen im antlitz des offenen himmels.
Schiller 136. Heute klingt uns antlitz feierlicher und poeti-
seltei- als angesicht oder gesicht, und wenn beides gesagt wer-
den kann, auf sein antlitz oder angesicht niederfallen, würde
bei waschen fast nur zulässig sein angesicht, wie auch Ulfilas
Matlh. 6, 17 setzt ludja j)vahan, 26, 27 speivan ana andavleizn,
tn welchen beiden stellen der ahd. T. freilich annuzi gewährt,
doch in der letzten das allere bruchstück antlutti. der spätere
FiscHABT unbedenklich antlitz mit brunz weschen. Garg. 282*.
ANTLITZFLECKEN, pl. Garg. 77'.
ANTLITZTL'CH , n. nach dem vocab. ine. teuton. faciletum,
faeiteigium, taschentuch.
ANTOBE.N , cum impetu accedere. Stieler 2284. Voss sagt
anlobende Windsbraut, und: wann gedrängt antobte der Sturm-
wind.
ANTÖNEN, leniter sonare, zu tönen anheben, entgegen tönen :
selber die kleinen
grölten schliesz ich mir nicht,
welche den kaum antönenden laut mir bringen, der müden
leiseren klagen so viel. Klopst. 2,207;
tönte der (leib)
sie (die teelen) nur an, so erschien leere gestalt. 2, 223 ;
Lessings prosa tönt uns mit eigenthümlichen reizen an. J. Paul
aesth. 2, 220.
ANTONIUSFEUER, n. erysipelas, Antonsfeuer, Töngesfeuer
(». oben sp. 386 unter ankommen): von dem beiszen brand,
ganct Antonie feur genant. Gersdorf feldbuch 77; von dem
natürlichen brand, der nachfolgend s. Antoniusfewr geheiszcn
ist worden. Paracelsüs 1, 93'; also predigt einmal ein schlim-
mer luderbruder und argumentiert ex loco conlrariorum, das
sant Anthoni das glockfewr eim ins bein schick. Fischart
Garg. 258', denn der legende nach soll der heilige das heilige
/euer heilen, bei Dastpodiüs s. Anthoni raach (kohle) oder
fewr. sacer ignis, anlhrax. auch engl. s. Anthony's fire.
ANTOSEN, cum fremitu adventare: antosende woge.
ANTRABEN, appropinquare cursu, nnl. aandraven: reiter
trabten an.
ANTRACH, m. anas mas, anetus. während sich die ahd.
form anut, anot (Graff 1, 335) als allgemeine benennung in
nhd. ente abschwächte, verblieb dem männchen länger noch ant-
rach, antrech, ahd. antrecho (Graff 1, 336), mhd. anlreche,
i?enn. 2157, bis zuletzt auch daraus enterich wurde, ein weis-
thum von 1408 (1, 573) stellt dem ganser den antracher zur
seile; Fischart nebeneinander antrach und enten. Garg. 201',
Alberus antrach anas mas und noch heute wetterauisch; altn. an-
driki, engl, drake für andrake, schw. ankebonde, gotländ. an-
drakä. nd. hin und wieder arpel, erpel, was an den challischen
Ärpus und Gandestrius mahnt, die sich zu heldennamen eignen
wie Genserich und noch spät Drake. vgl. antvogel und ente.
ANTRAG, m. propositio, rogatio, ein heute gangbares, in der
älteren spräche seilen erscheinendes wort: einem einen antrag
thun, machen, einen antrag stellen, billigen, annehmen, ab-
werfen, verwerfen, zurückweisen ; dein antrag gefällt mir nicht;
es sind mir schon oft dergleichen antrüge geschehen ; welche
antrag (antrage) Gurgelstrotza weder abschlug noch gar an-
nam. Garg. 263*;
du redst schon sehr vertraut, soll dies ein antrag sein!
Gellert 3, 312.
einem mädchen antrage machen, meist in schlimmem siim.
auf antrag, aliquo rogante.
ANTRAGEN, apporlare, gestare, ajferre, nnl. aandragen.
1) an sich tragen, am leibe, ßnger tragen, anhaben, ahd.
die harrun tragen sie ana, cilicium portent. N. ps. 34, 26. mhd.
er truoc an seltsaeniu kleit
zwo hiute hei er an geleit. Iw. 465;
zwene brisschuoch er an truoc. Wigal. 41, 10;
welch wip w«r s6 tumplich gemuot,
swaj ir gaeb vater, bruoder, man.
da; si daj niht gern trüege an. Lichte:«st. 603, 7.
nhd. si muosten grawe mäntl antragen, fastn. sp. 440, 5;
ich trag gern an ein hübsches kleit. 519, 23;
ich hoff es sol euch pas ergan,
den der künigln, die in (den mantel] hat tragen an. 670, 28;
ich wolt mich Schemen, soll ich in an tragen. 673, 16;
er tregt ein seidin hemmat an,
darein so preist er sich. Uhland 58;
da. das volk diese böse rede höret, trugen sie leide, und nie-
mand trug seinen schmuck an im. 2 Mos. 33, 4 ; war priester
des herm und trug den leibrock an. 1 Sam. 14, 3; weil er
das fleisch antregt (so lange er lebt), musz er schmerzen ha-
ben. Hiob 14, 22; und sagte zu im, wann her er und seine
brüder Letten das kleid, das sie antrügen? Luther 1, I6l';
unser geistlichen haben keuscheit gelobt, heren hemde ange-
tragen. 4, 488'; die teglich nicht einen bissen essen, noch
einen faden antragen, den sie uns nicht gestolen haben. 8,
84* ; die weltfromen gehören nicht hieher, die saubere kleider
antragen. Luthers br. 3, 356; dis sqtisch volk tregt durch-
ausz schwarz an, davon si des namen haben (Melanclilaeni).
Frani wellb. 94'; dasz es vom schweisz und arbeit dessen,
der die haut antregt, nicht erschlaffen kan. Fro:»sp. kriegsb.
3, 149'; es seind nicht all koch, die lang messer antragen.
Garg. 21*; dis kleid, das ich antrage, pers. rosenth. 7,11;
ein rubin er allein antregt. Atrer fasln, tp. t';
leget solche kleider an,
gleichwie sie anträgt mein knecht Jan. 116*;
dasz sie ein närrisches kleid antragen können. Simpl. 1, l;
weil er seinen gürtel nicht artig und lustig antrug. 1, 149.
heule wird das einfache tragen vorgezogen, oder die praep. ge-
setzt: er trägt ein sammetkleid, sie trägt einen ring, am
finger, an der hand:
er treg» ein ring an seiner hand. Uhlano 123.
2) antragen, herantragen, auftragen: zu essen antragen (an
den tisch), seh. und ernst bl. 396 ; vielleicht mit bezug hierauf
figürlich :
du tragest unverdecket
den wünsch des herzens an. Rachel 39.
gleichsam, tischest ihn auf; steine zum bau antragen lassen,
holz zum brand. bergmännisch, antragen, die Zimmerung zur
stelle tragen.
S) antragen, anstellen, ansüßen, ursprünglich wol an die
stelle tragen, dahin bringen, wo es wirkt.
ich trouwe ej heinliche alsA an getragen. iVi6. 816, 2;
(di vor bewam), da; (i dö truogen an. 824, 3.
32*
503 ANTRAGEN — ANTREFFEN
des wil ich ewern rat haben dazu,
wie wir dem sollen thun,
das wir das auf das best antragen.
fastn. sp. 915, 24.
4) antragen, dcferre, criminari, anbringen Haltaüs 46; hei-
szen das beilig, das sie für unheilig antragen. Luther 2, 512' ;
endlich ist er für den bischof zu Passaw angetragen, auch
geladen und ins gefengnis des officials komen. 3, 410 ; welcbs
er an e. k. g. wol wird anzutragen wissen. Lltiiers br. 5, 421 ;
das er durch etliche bei der k. maj. unscrn allergnedigsten
hern hoch angetragen und verunglimpft werd. Lanz staalsp.
Karl des 5. s. 255 ; wo ich widerkeret, so mocht man dem
kaiser antragen, ich bei in falschlich verraten. Aimon bogen 0;
wer reine tugend liebt . . achtet kein verklagen,
dafero er hinderrücks wird giftig angetragen.
GnTi'uios 1, 446;
der mich beim gnädigen hcrrn angetragen. Simplic. 2, 300 ;
dasz sie dan Verleumdungen und Übels antragen gehasset,
des angetragenen partei gegen den anbringer genommen.
Leibn. 363. man sagte demnach einen einem oder bei einem
antragen, etwas antragen.
5) antragen, proponere, namentlich zur ehe, zur frau:
heur trug man mir ein alts weib an. fastn. sp. 702, 12;
und wagts sich selbst ihm, zum ersatz
der falschen freunthn anzutragen. Gotter 1,440;
sich einem frauenzimmer antragen. Klinger 1, 437 ; darum hat
er mir noch heute, so arm ich auch bin, seine tochter an-
gelragen. TiECK Sternb. 1, 366; er trug ihr seine band an.
aber auch in jedem andern sinn: einen dienst, ein amt, die
freundschaft, eine ehre antragen; wollen wir recht mess hal-
ten und verstehen, so müssen wir alles farcn lassen, was die
äugen und alle sinne in diesem handel mögen zeigen und
antragen. Luther 1, 330'; das ich denselben son bewegt bette,
mein not und gewerb dem fürsten anzutragen. 1,336'; da
nu Mose dem volk angetragen, das im der herr befolhen
hatte. 4,495'; widerstattung erbieten und antragen. Garg. 21o';
ich rufe golt, ich rufe dir bei tage,
du hörest nicht, bei stiller nachtzeit trage
ich auch mich an. Opitz ps. s. 43;
eine trefliche Ursache ! und doch ist auch das noch nicht die
eigentliche abfertigung, die sich mir hier antragt. Lessixg
8, 232;
voll edlen zornes schwillt
das herz in mir den kämpf ihm anzutragen.
Gotter 1,373;
auf einen Spaziergang antragen. Göthe 25, 352 ;
mein schönes fräulein, darf ich wagen,
meinen arm und geleit ihr anzutragen? 12, 133.
6) was bedeutet die antragende band in schweizerischen
weislhümern ? 1, 262. 294. 297.
ANTRAGEN, n. propositio: derhalbcn wolt euer heiligkeit
ire veterliche obren, so an Christus stat dis mein antragen
boren, mir irem armen scheHin ganz gnediglich darreichen.
Luther 1, 143*.
ANTHAGSTELLEB, m., im geschäßsleben heule oß gebraucht.
ANTHAGUNG, f. propositio : durch antragung dergleichen
zeitlichen glückseligkeit. Plesse 3, 341.
ANTRAMPELN, cum strepitu adventare.
ANTRAMPEN, dasselbe.
ANTRAMPSEN, ANTRAMPSCHEN, dasselbe, s. trampsen.
ANTRAUEN, animo, matrimonio jüngere: er hat sich das
mädchen gestern antrauen lassen; freilich hat er alles an
eine innig geliebte, ihm durch neigung angetraute freundin
zu berichten. Gothe 45, 359 ;
aber wir sollien doch sehn, wie es aussieht, wann dich der vater
morgen bei uns antraut, in dem stattlichen ehrengewande.
Voss Luise 3, 130.
vgl. antreuen.
ANTRÄUFELN, gutlalim aspergere.
ANTRÄUFEN, dasselbe, s. antriefen.
ANTREFFE, f. die traditiones fuldenses (bei Pistorius 3, 544.
64S) nennen ein flüszchen anatrcfa, das man versucht sein
könnte aus dem folgenden verbum zu deuten, wie sich ein altn.
ädrepa tactus findet, leicht aber ist hier -efa, wie anderemal
dem -aha in flusznamen entsprechend.
ANTREFFEN, nach der sinnlichen bedcutung von trefTcn
ferire, percutcre musz es ausdrücken an einen, an etwas tref-
fen, wie anschlagen, ansloszen, folglich auch anreichen, an-
ANTREFFEN
504
rühren, altn. ddrepa langete, vgl. drepa fingri ä, mit dem fin-
ger anrühren, drepa a dyr, fores pulsare, die thür anschlagen,
daran klopfen, so heiszt es nun : und dasz nicht reuter auf
fuszknecbt antreffen (stoszen). Fronsp. kriegsb. 1, 52'; wann
das geschütz m einer Schlachtordnung recht antrift (gut Irifl).
1,135'; unterwegen ehe sie den feind antrafen (auf ihn slie-
szen). Garg. 253"; das eisen, welches zwar wol antraf (traf).
Lohenst. Armin. 1, 97 ;
wann ihm gleich nun zwanzig fauste maul und nase treffen an.
LoGAU 1, 8, 60;
das urtbeil hat wol angetroffen (zugetroffen, ans ziel). Opitz Arg.
2,423 und so liesze sich sagen, der hammer hat genau angetrof-
fen, den nagel getroffen, daraus folgt unmittelbar die Vorstellung
des findens, begegnens, weil auf einen stoszen ein rcncontrer,
antreffen ist: darumb so gehet hinauf, denn itzt werdet ir
in eben antreffen. iSam. 9, 13; so wirst du kommen zu der
eichen Thabor, daselbs werden dich antreffen drei menner.
10, 3; und es traf in an der prophct Ahia auf dem wege.
1 kön. 11, 29; und sie trafen in an auf dem ackcr Naboth.
2 kön. 9, 21 ; trafen in an bei dem groszen wasser. ]er. 41, 12 ;
alles was sie antraf, das frasz sie (omnes qui invenerunt, com-
ederunt eos). 50, 7 ; ich wil versuchen, ob ich vielleicht das
glück antreffen kondte, das ich im garten einmal möchte al-
lein sein. Hei.nr. Jul. v. Braunschw. Susanna 1, 3 ; und auf
den fall gesetzt, dasz ihr etwas lustiges darinnen antreffen.
Garg. 21'; eine hole antreffen, pers. rosenth. 1, 6; ein buch,
so ich in der bibliothec angetroffen. 7,13;
ich traf ihn schlafend an, gleich zwischen diesen bäumen.
Geliert 3, 327;
ich bin ein verunglückter künstler, der seinen eigentlichen
beruf nicht angetroffen hat. Tiecr Sternb. 2, 117; ich habe
ihn nicht zu hause angetroffen, nicht die geringste spur von
ihm angetroffen, doch bezieht man antreffen meist auf per-
sonen und zieht bei suchen finden vor.
Wie aber das pertingere in perlinere, das atlingere in atti-
nere übergeht, ist auch antreffen ein betreffen und angehen:
ahd. trifet tih tero deheinej ana, attingit. Graff 5, 527 ;
trift es euch nit an * fasln, sp. 20, 10 ;
schände, die uns antrift. 30, 14 ;
alles das das sein antrift. 277,6;
es trift an den seinen stam. 278,30;
trift euch die sach dan an? 541,20;
als vil das ungeisllich recht antrift. 887,35;
wiewol diese materia nicht antrift glauben, Seligkeit, not oder
gebot. Luther 1, 51'; denn wo es uns angehet, sollen wir
es leiden, aber wo es die lere antrift, die sol man verant-
worten und entschuldigen. 3, 24l'; denn es trift nicht das
leben, sondern die lere an. 4, 60*; aufs erste sollen sie die
warheit miteinander reden, das trift die lere an. 4, 283" ; es
treffe seinen leib oder recht an. 4,409"; Paulus redet von
Christen, die itzund gnugsam Unterricht sind im glauben,
und in dem das gott antrift. 4, 518'; es treffe an gut, ehre
oder was es sei. 4, 530'; nu das trift die lehre an. Luthers
6r. 2, 547; es treff an leben oder sterben. 1,597; so achten
wir, es sei auch unser und treff auch uns an. 2, 410; in
geistlichen Sachen, die ewiges leben antreffen. 5, 613 ; was
seel, leib, ehr und gut antrift. Murner *f/ic/mefi3. 19, 10 ; das
die gotseligkeit fürnemlich fürdcrt und antrift. Frank chron.
vorr. a"; die weil es antrift leib und leben. Alberus 160; die
natur hat zween scinvcisz, den sie auszgibt, einen durch die
porös, einen durch die emunctoria. der durch die porös
auszgeht, trift die pestem nichts an. Paracelsus 1, 371'; so
vil als gotts ehr rein trift an. Fischart e/iz. 25; was den ina-
gen antrift. Garg.il*; welche es auch zum grösztcn thcil an-
trift. Garg. 67'. wir pflegen heute für dieses antreQen meistens
zu setzen betreffen, anbetreffen oder angehen.
Aus lat. perlinere ad aliquem entsprang franz. appartcnir,
angehören und diese bedeutung halte sonst auch antreffen :
ein groszes viech, das ihn antraf. IL .Sachs II. 1, 1";
nirgends begehet man eine schalkheit lieber, als wann es
(die entwendete suche) geistlichen und goltesdiencrn gehöret
oder anlrift. Simplic. 1, 245. Anderemal bedeutete es aber et-
was ausmachen, ausschlagen, franz. importer: das trift viel
oder wenig an, macht viel oder wenig aus; alle ding inson-
derheit die etwas antreffen und ru bedeuten haben. Fisch&rt
ehz. 2.');
505 A.MREFFEN — AxMRETEiN
dan es in (ihnen) lu gewio antrifl (ausschlägt).
Bbant narrenscli. 191 ;
dann diese sach und rechtfertigung trift nicht wenig an.
Ayreb pToc. 1, 12 ; weil diese sach treflich viel antrefife. 1, 13,
was doch tcieder nah sich berührt mit angehen.
Stärkeres sinnliches angreifen, adoriri liegt in folgender
stelle: wo die märker und die marke not antriffet. veisth.
1, 515, nolh und gefahr an die mark geht, stöszt. tgl. anbe-
treffen, betreffen.
AMREFFEN, u. das anlangen beim ziel. Garg. 22'.
ANTREIBEN, impellere, incilare, nnl. aandrijven. da dieser
begrif schon in dem einfachen treiben und pellere liegt, so
kann die beigefügte partikel nur den bezug auf eine sache
oder den fortgang und anhält der bewegung ausdrücken.
1) den böttnem oder bOttichem heiszt antreiben die reife an
das fasz schlagen, immer höher hinauftreiben, wozu sie sich
des triebe!, mhd. tribelslagc, tribelwegge bedienen: im keller-
stüblein, da ihn das new fasz aniacht, welchs hielte der fu-
der zwenzig siben, welche im recht die reif antribcn. Garg.
57'; ach, die eisernen reifen, mit denen mein herz eingefaszt
wird, treiben sich täglich fester an. Güthe an fr. r. Stein 1,
169. einer frau die reife treiben, sie schlagen. Stephans stoß.
141; die hauptreif triben. Moes schausp. 2, 277. 301;
im sint die reife also vertriben. Walih. 106, 21.
2) das schif, den kahn antreiben, ans ufer. aber auch in-
trannitiv, wie treiben steht für getrieben werden:
endlich sinket sie ihm aus einem nachen, der aDtreibl,
an das schlagende herz. Klopst. 2, 142;
hier wars, wo Odysseus bei nacht angetrieben ward. Stol-
berg 8, 413. das holz wird auf dem ströme angetrieben und
treibt an. das eis treibt an und wird angetrieben, man sagt
auch, ein bäum, ein reis treibt an, hebt sich und wächst.
3) das vieh mit der gerte antreiben, an die weide; aber
auch schon gehende ochsen, pferde mit der peitsche antrei-
ben, rascher antreiben, kinder zum lernen, lesen antreiben,
wie ich neulich den Hippocras meisterlich antrieb mit den
renken, froschm. 1. 2, 8.
4) in der hütte, das werk auf dem treibeherd in flusz bringen.
5) abstract ßr treiben, üben, fortsetzen:
mit singen und mit saitenspil,
das sie antreiben dick und \\\. fasln, sp. 735, 17;
das habt ir lang da angetriben. 772, 17;
was ir bittet, gleubet das irs haben werdet, so habt irs ge-
wis, sonst wo man solch gebet imerzu umb ein sach antrei-
bet, ists ein zeichen, das wir gott nicht gieuben. Lutheb 2,
469*. br. 2, 398; welchs klagen und seufzen sie die ganze
nacht angetriben hat. Octavian 3 ; vi! reden antreiben. Ficiabr.
5; so mustu die brenneisen von neuwem vor die band nem-
men und die bug zum anderninal erOfnen, und dasselbig so-
lang antreiben oder widerholen, solang das pferd einigen
schmerzen empfindet. Uffenbach roszbuch 2, 224 ;
und solchs antreiben lange jähr. Atber91';
ich werds ^wislich nicht lang antreibn.
ich kan mein krankheit nicht bescbrcibn. 143';
er sagte dasz sie nur da sicher solt verbleiben,
mit seiner Wiederkunft wolt ers nicht lang antreiben.
Werders .4r«o*t 5, SO ;
das hast du schon zu lang angetrieben; sollst du nicht län-
ger antreiben, mhd. ich tribej kurz ode lanc. Iw. 7992.
AMKEIBER, m. incitator: ein guter antreiber ist besser
als zehn faule arbeiter. an einigen orten heiszt das antrei-
bende holz antreiber.
A.NTRETE.N, aggredi, adirt, inire, gegenüber dem abtreten.
1) kampQich antreten, ein wildes thier antreten, an es, (jc-
gen es treten: den eher laszt mich treten an. H. Sachs ill.
2, 178* ; si ziehen lang haar wie die frauwen und tretten mit
eingebundenem haar die fcind an. Fra.nk weltb. 70'; darnach
traten si die andern ausziendischen Völker mit krieg so tapfer
und gliickiich an. 95'; als Pitacus ein fürst ward und Al-
cheum den poeten seinen bittem todfeind antrat, der sich
ab im entsetzet, chron. 25'; die gewafneten leut, die Iren
feind gegen dem spitz antrelten, soll jeder ein solch röhr in
seiner band haben. Fbomsp. Atic9»(;. 2, 191*; rasch tritt der
tod den menschen an. Scbillek 547.
2) von anderm angang: ßiirleigh und Raleigh treten sie
(die königin) um erlauhnis an, ihn des hochverraths anklagen
zu dürfen. L£ssi:<g 7, 243 ;
ANTRETEN — ANTRIEFELN
506
ich trat ihn jeden tag von neuem an,
liesz jeden tag von iieuem mich verhöhnen. 2, 169 ;
Graf Walter rief am marstallsth9r:
knapp schwemm und k.imm mein rosz!
da trat ihn an die schönste maid,
die je ein graf genosz. Bcrger;
am fiühen morgen trat mich ein altes weih an; der bahn
hat die henne angetreten (getreten).
3) auf die sache bezogen: den kämpf antreten, an den
kämpf treten : kämpf antretten. Garg. 73* ;
einen streit antrat. H. Sachs 1,52*;
die Schlacht antretten. Garg. 251*. den tanz antreten, an den
tanz treten : dasz wir einen tanz mit ihnen würden antreten
müssen (ein gefecht bestehen). Plesse 1, 352. die kanzel an-
tretten, an, auf die k. treten, sie betreten. Garg. 160". den
weg, die reise, die fahrt antreten : Hagar genothigt, den weg,
den sie auf einer freiwilligen Ducht eingeschlagen, nunmehr
wider willen anzutreten. Göthe 24, 211 ; so haben wir unsern
ländlichen aufenthalt angetreten. 17, 10 ; das übel freilich
war, dasz bedeutende Vorsätze nicht einmal angetreten, manch
löbliches unternehmen in stocken gelassen wurde. 60, 300 ;
eh ich meine visiten antrete, komm ich sie zu sehn. Göthe
an fr. v. Stein 2, 48 ; wer wollte wol das leben unter den-
selben bedingungen aufs neue antreten? Kant kritik der ur-
theihkr. 395; ein amt, die regierung, ein kQnigreich, ein le-
ben, die erbschaft antreten, vor gericht, den eid, den beweis
antreten, ein neues jähr, eine neue woche, das siebenzigste
jähr seines lebens antreten, bemerkenswerth ist mhd. Ion
anetreten, lohn in ansprueh oder empfang nehmen, myst. 131,
37. 40.
4) scheinbar intransitiv, sobald dieser ace. bei häufigem ge-
brauch der redensart unterbleibt: der levit trat (das amt) an
zu bleiben bei dem man. rieht. 17, 11; ehe er antrat (den
kämpf). Garg. 251* ; die blümlein, schaw, wie tretens an (das
licht hervor, an die reihe). Spee trulzn. 120; wil tapfer
treten an. 52 ; was erwartet nun der (sein amt) antre-
tende gehülfe? Göthe 14, 178. er wird bald (die stelle) an-
treten, er hat (oder ist) schon angetreten, auf dem fechtbo-
den, beim tanz, antreten, sich einem gegenüber stellen, an-
getreten I wird Soldaten zugerufen, tretet an die reihe, stellt
euch in reihe und glied, tretet aneinander! tretet an! tretet
vor, näher!, was sich auch aus 6/ossem an = ror, fort deuten
liesze. wer weisz, ob ich nicht diesen abend bei ihm an-
trete (vortrete, anspreche). Hippel br. 13, 116 ; da kam er an-
getreten, angestiegen.
5) den Vogelstellern heiszt antreten, wenn die wilden vögel
nahen und sich auf die antritte um den vogelherd herum setzen,
vgl. anfallen, anQiegen.
AMRETUNG, f bei antretung der päpstlichen regierung.
ZiNKGR. ap. 1, 4 ; bei anlretung meiner jetzigen stelle. Lessi:«g
12, 260 ; die antretung der erbschaft, des beweises. üblicher
ist heute antritt.
ANTREUE.N, für antrauen, anvertrauea:
dann die angetreute trew
herschet über leid und zeit, wird auch alt sein immer new.
LoGAu2«. 46;
ich gönne Schwester dir den rühm,
die freiheit sei dir angetreuet.
Lobe:<st. Arm. 2, 446.
ANTRIEB, m. impulsus, Stimulus, sowol der innere trieb
als die nach auszen gehende bewegung: etwas aus eignem
antrieb (aber auf fremden) thun; sinnlicher antrieb; das ein-
zige band, das die verschiedenen antriebe ihres eifers in
einem lebendigen gemeingeist zusammenhielt. Schiller 954;
der körper ist den antrieben der schwere ausgesetzt. Ka^t
8, 52. nnl. aandrift.
ANTRIEFEN, guttatim afftuere, stillare, aspergi: das gras
trieft an von thau ; wolgcrüche troffen uns an ; ahd. truffun
sia ana. defluebant. Graff 5, 529.
ANTRIFELN, ANTRIEFELN, dies nicht ganz aufgeklärte
«ort wurde oben sp. 316 unter andriefeln aufgestellt.
traten einander mit den siiflen,
ich dacht es wird sich noch andriflen
ein hader bei dem trutt und tratz.
U. Sachs I. 5,530";
also ward aus des bapsts decret und des thorechten weih»
antriflen ganz Grecia, Germania, Gallia und Italia verleit.
Frank chron. 493* ; schmachwort, so der kläger fürwirft und
antrifelt. sprichw. 2, 166* ; welches der sathan in Adams herz
anspann und antriflet. 3, 130 ; er triefelt wegen einer klei-
507
ANTRINKEN — ANTWERK
ANTWORT — ANTWORTEN
508
nigkeit einen kostbaren process an. Schm. 1, 480 ; desto meh-
ren eingespiehen und angclriefelt haben. Simplic. 2, 566, in
welcher letzten stelle eingespiehen vielleicht eingespannt lauten
sollte. ScHMELLER führt auszerdem an abtrifeln, auftrifeln,
zertrifeln, durch umdrehen auflösen^ welche für anlrifeln die
bedeulnng andrehen nicht bezweifeln lassen.
ANTRINKEN, priorem bibere:. der grave sol andrinken und
darnach die gemeine merker. weislh. 1, 580;
trinkt anl ich thu sein nit vor euch.
fastn. sp. 275, 32 ;
sich einen rausch antrinken, angetrunken sein; sich einen
mut antrinken; viele der Streiter zogen nur mit angetrunke-
nem mute aus. Arnim kronenw. 1, 455. i. angetrunken.
ANTRIPPELN, pede curto, trepidulc adventare, nnl. aan-
dribbeien: angetrippelt kommen.
ANTRITT, m. aggressus, ingressus, introilus. der antritt
zum spiel, zum tanz, zum fechten, zur waffenübung; auf
reilbahnen der antritt des pferdes, pass oder dreischlag, der
sanße zeltgang; der antritt des amtes, dienstes, der reise,
des Jahrs :
unser antritt in die zeit, unsre thür ins erste jähr.
LoGAü 2, 10, 31 ;
der geweihte künstler
kommt zum gipfel, wo ihr im antritt,
gehet ihr einmal, schon sinkt. Klopst. 2, 66.
antritt der treppe, Vorstufe, Vorzimmer:
ein antritt oder vorgemach des himmels.
Spee goldn. tugendb. 44 ;
die Stange um den vogelherd, worauf die angelochten vögel sich
niederlassen.
ANTRITTREISER, pl. n., dürre um den vogelherd aufge-
steckle reiser für den antritt der vögel. Döbel 2, 20S'. 224'.
225'. 240*.
ANTRITTSGRUSZ, m. dies alles und mehr noch wurde
von der jungen frau zum antrittsgrusze fröhlich erzählt. Göthe
21, 211; der vogel nahm mit dem antrittsgrusze filoul ab-
schied. J. Paul Fibel 42.
ANTRITTSPREDIGT, f. eine neue rolle des lebens spielt
der mensch am wärmsten und besten, über unsern antritts-
predigten schwebt der heilige geist brütend mit taubenflügeln,
nur später liegen die eier kalt.
ANTRITTSREDE, f
ANTROCKNEN, stccescere, abtrocknen: nach dem regen trock-
nete es schnell an.
ANTROMMELN, mit der trommel ein zeichen geben.
ANTROMPETEN, unter trompetenschall empfangen.
ANTRÖPFELN, antriefen, fein antropfen.
ANTROPFEN, in tropfen an etwas fallen : es tropft heftig an.
ANTRUNK, m. soll der obgemeldte wolgeborne herr den
antrunk thun und haben, weisth. 1, 589. 590.
ANTUMMELN, ayitando accedere: ein pferd antummeln.
ANTUPFEN, pangere, pacisci, beim vertrag Stupfen, an-
stupfen, antippen, vgl. RA. 151. 604. 605. s. andupfen, abdupfen.
ANTVOGEL, m. anas, bis ins 16. 17 jh. die übliche bchen-
nung der zahmen ente, mit erhaltung des alten a von anut,
wie in antrach. unsere spräche, solche Zusammensetzungen
liebend, bildete auch brachvogel, eisvogcl, nachtvogel, schmal-
vogel, auf dieselbe weise, 'mhd. antvogel. Haupt 7, 342. anl-
fogele grifen. weislh. 1, 557 (o. 1453); mit hennenschmalz
und antfogels schmalz. Rraunschweig chir. 101 ; antvogel.
Aimon Liii; antvogelstellwerk. Schweinicuen 1, 46; 12 ant-
vogel. 2, 218 ; einen gebratenen antvogel. Kirchhof wend-
unm. 213'; antvogel, kranchen sammeleten sich. B. Waldis
Esop 1, 60; nicht mehr als ein katz eim antvogel glei-
chet. Fischart bienenk. 177'; wild enten, antvogel {= zahme
enlen). Garg. 236' ; wie ein antvogel beropfen. 251' ; antvo-
gel zerlegen. Philand. 1, 403.
ANTWERK, n. machina, inslrumentum, Werkzeug, gerälh.
ags. scheiden sich andveorc materia, mclallum, causa und
handveorc, handgevcorc opus, manufactura genau von einan-
der; ein goth. andavaurslv fehlt, iianduvaurstv aber Idszt sich
aus handuvaurhts = agi. handvorht manufactus folgern; ahd.
kein antwerah, wol aber hantwerah, hantwerrh opus manuum.
mhd. antwerk machina Nib. 894, 3. Trist. 364, 38. Wigal. 279,
31; verschieden von hantwerk, welsch, jasl 8166, dock jetzt
beginnt auch die Verwechselung, i. b. MS. 2, 201* bei Konrad
steht antwerk für hantwerk creatur, sei es ihm selbst oder
dem Schreiber beizumessen. Slraszburger Urkunden von 1263.
1304 in Gacpps stadtrechten 1, 91 haben antwerk für handwerk.
so nun auch Keisersberg oder wer seine postille aufnahm,
sagt 3, 81 antwerk triben, antwerksman, mit seinem antwerk
noher kummen für hantwerk, hantwerksman, welche dem mlat.
manopera, manuoperarius, x^i'Qorixvrjs entsprechen, nicht ma-
china, machinator ausdrücken, obschon die begriffe sich nähern,
andere belege liefert Oberlin 54. das vocab. 1482 gibt noch
antwerch vasa et instrumenta bellica, Tschudi l, 474 aber re-
det von katzen und anderm handwerkszüg zur belagerung.
später erlischt die wortform antwerk und die bedeutung ma-
china, Dasvpodids dennoch schreibt zu handwerk artificium
manuarium alias mechanicum. Will man den erfinderischen
mechaniker mit dem handwerker, andveorc mit handveorc zu-
sammenfallen lüssen, so musz jedenfalls handwerk dem ant-
werk an alter vorausgehn. gleiche Schwierigkeit hatte andeln
und andelang.
ANTWORT, responsum, aTiöy.Qiais, bescheid, altn. andsvar,
schw. dän. blosz svar (ansvar, gensvar, gjensvar ist Verantwor-
tung), ags. andsvare, engl, answer, mehr über diese ausdrücke
unter antworten, antwort schwankt von allersher zwischen n,
und f., golh. andavanrdi, alts. andwordi, nnl. antwoord, fries.
ondwarde, onderde sind stets neutral, auch bei den meisten
ahd. antwurti, nur schweift 0. ins f (Graff 1, 1023); mhd.
lassen die stellen das geschlecht oß ungewis, doch hat man
den stumpfen nom. antwurt für weiblich, antwürte für neutral
zu nehmen, zweifelhaß sein kann obliques antwürte: spürte, ant-
würte : gurte. Parz. 246, 25. Mar. 155, 34. 164, 32. 173, 41 f. ant-
würte. Lanz. 4574. troj. kr. 1904. 22636. 24172. Engelh. 3725. ein
senfte; antwürt. Bo.v. 41, 69; antwurt Iw. 6319. Greg. 2778
(504 aber gegenwart). Freid. 9, 11. Lichtenst. 598. 2. allmä-
lich überwiegt das f., wie noch entschiedner im nhd. ant-
wort. Süso setzte entwürt. Luther scheint von natur für das
neutrum: das antwort des heiligen geists. 3, 362; solch sei
gesagt vom stumpfen und rauchen antwort. 8, 124'; wolle
ihm ein gnädigs guts antwort lassen widerfahren, br. 3, 184;
solchs antwort mus ich und die meinen uns itzt auch
lassen gelten und gesagt sein, warnunge an seine lieben Deut-
schen. Witt. 1531. A2'; da er sie mit irem eigen antwort ein-
getrieben und geschweigt hatte, sermon vom zinsgroschen. Witt.
1535. B 4* ; ein richtiges antwort ist wie ein lieblicher kus.
spr. Sal. 24, 26; wie das göttliche antwort zu Mose sprach.
Hebr. 8, 5; legten in gefangen bis inen klar antwort würde.
3 Mos. 24, 12 ; wie ratet ir, das wir dem volk ein antwort ge-
ben ? 1 kün. 12, 6 ; aber es war da keine stimme noch ant-
wort. 18, 26; mein antwort wird noch recht bleiben. Hiob
6, 29, doch darf in den drei letzten stellen ein und mein bei
Luther auch weiblichen Wörtern zustehn. deutliches f. schreibt
er in folgenden: und der könig gab dem volk ein harte ant-
wort. 1 kün. 12, 13 ; man wartet der antwort von dir. Hiob 34,
33 ; eine linde antwort stillet den zorn. spr. Sal. 15, 1. spä-
tere ausgaben führen das f. noch weiter ein. Mei.anchthon
aber und andere hochdeutschere schrißsteller brauchen das
wort immer weiblich, z. b. christliche antwort. vorr. zur apol.
der augsb. conf Wenn aber späterhin Wieland 9, 97 schreibt
an antworts statt. Lessing 2, 164 und sicher noch ößer, ich
glaubte das sei antworts genug; so zuckt darin das alte neu~
trum nach oder etwas niederdeutsches.
Mhd. hiesz es antwürte geben, bieten, ja werfen, zuo antwürte
grifen; ftct</e antwort geben, sagen, crtheilen, .senden, veraltet
ist thun: er soll mir noch antwort thuu; nachdem die ge-
sandten ihre antwort gelhan {wie frage, rede), pers. reiseb.
1, 4. alts. andwordi sprocan; alln. andsvör vcita, responsa
dare. antwort erhalten, empfangen, bekommen ; es soll ihm
antwort werden ; ward ihm zur antwort. Garg. 158'. antwort wei-
gern, versagen, vorenthalten, schuldig bleiben, gute oder schlimme
antwort; kurze, runde, feine, höfliche, pünktliche orfer lange,
weitläuftige, grobe, rauhe antwort. mhd. guot antwürte vreut
den eilenden man; boesc antwürte; wir sagen, gute antwort
bricht den zorn. frage und antwort, rede und antwort
gehören nebeneinander, red und antwort geben, rede und
antwort stehen; es braucht nicht auf alle fragen antwort;
keine antwort ist auch eine antwort. Simrock 369.
ANTWORTEN, respondere, d. h. vicissim spondere, reprn-
mittere. dem lalein zunächst steht altn. andsvara, ags. and-
svarian, engl, answer. altn. auch bloszcs svara (sverja schwö-
ren nahverwandt, aber unterschieden), and drückt gegen, re
aus. der geläufige gotbische ausdruck ßr cmoxQivea&ai ist
509
ANTWORTEN
ANTWORTEN
510
andhafjan, entheben, gegen die rede und frage heben, ein
paarmal steht usbairan, erheben, proferre. doch andvaurdjan
Rom. 9, 20 verdeutscht ävraTtoy.oivsad'ai, stärkeres entgegnen
und contradicere. ahd. zuerst antlengan, antlingan (Gbaff 2,
225), hernach antwurtan, praet. antwurlita (Geaff 1, 1023. 1024) ;
mhd. antwürlen, praet. antwurte. alts. andwordian, fries.
ondwardia, onderdia, andria, mnl. antwerden, »in/, antwoor-
den. die fries. und mnl. form mengen goth. andvaurdi und
andvairj)i, tr je sich auch ahd. antwarti mit antwerdi praesentia
(Gbaff 1, 1002) mischte, im Ssp. antwert bald antwort, bald
gegenwart und auch das mhd. antwurte zuueilen gegemcarl
bedeutete, doch leiten andvaundjan, antwurtan nothwendig auf
Taurd, wort zurück und bezeichnen entgegenreden. ähnlich un-
serm antworten sind erwidern und entgegnen, welches letzte
den schon in gegen {wie wider) enthaltnen begrif nochmals
durch ent hervorhebt, von entsprechen hernach noch, ver-
setzen hat nur den sinn des franz. repliquer (replicare) und
geht nicht auf die sache, er versetzte, versetzte darauf bedeu-
tet wol was antwortete, man £agt aber nicht, was versetzest
du darauf stall antwortest?
^eben dem dat. der person steht was man antwortet im
acc, die sache, worauf man antwortet^ vurde ahd. und mhd.
in den gen. gesetzt {gramm. 4, 669) :
des antwurte dem künege von Metzen Ortwin. fiib. 82, I ;
doch galt auch die praep. zi (Graff 1, 1024): niowibt ni ant-
wurtis zi tben. tbiu Ibese widar tbir redinönt? Matth. 26, 62 ;
inti ni anllingita imo zi nob einingemo worte. 2", 14; und
ebenso Lctheb: antwortest du nichts zu dem, das dise wi-
der dich zeugen? Matlli. 26,62. Marc. 14, 60. Ulfilas icAn>6
Malth. 27. 14 jab ni andbüf imma vij)ra niainhun vaurde, rroö;
ovSe ef Qp^fia, vulg. non respondit ei ad ullura verbum. wir
unterscheiden heule: was sagst du dazu? was antwortest du
darauf? obwol nocli gestaltet wäre: was antwortest du dazu?
LcTHER braucht gleichfalls sclion auf: hat er lust mit im zu
haddem, so kan er im auf tausent nicht eins antworten.
Hiob 9, 3; es ist nicht not, das wir dir drauf antworten.
Dan. 3, 16 ; darauf antworten sie. 1 Macc. 2, 34 ; antworteten
drauf und schrien. 13, '; und er antwortet im nicht auf ein
wort. Malth. 2', U. Anderemal ziehl er zu ror.- wir Christen
können biezu fein antworten. Luther 8, 147*; wollt ich gern
richtig und klar zu diser frag antworten, br. l, 3S1; denn
Christus wird bald dazu antworten. 2,514. jetzt immer auf:
ich will auf eine solche frage gar nicht antworten; er hatte
viel darauf zu antworten;
ihm antwortete draiiT der mutige renner .\chi)leus;
itim antwortete drauf der herscher des volks Agamemnon;
drauT antwortetest du ehrwürdiger pfarrer von Grünau.
Man sagt : ja und nein antworten ; verkehrtes antworten ; we-
der singen noch beten können, schwarzes für weiszes ant-
worten. Simplic. 1, 31 ; was, wie wirst du antworten ? ; mit
kraut und lolh antworten, auf den feind schieszen. unw. doct.
803. einige setzen antworten ßr beantworten, auf etwas antwor-
ten : zwo sind der fragen nur, antworte sie ! Klopst. 9, 117 ;
könnt ich nur noch stammeln! ihr treuen wenigen würdet
mirs antworten, ob ihr ihn sähet, als er zu goU rief.
Mets. 11, 743.
antwortete und sprach begegnet in der bibel allenthalben.
Gleich dem franz. repondre steht auch antworten ßr cor-
Tcspondre, entsprechen : weil die worte den sacben antworten.
Leib:«itz 463; weilen die Schrift bei ihnen der spräche nicht
antwortet. 470 ; zu allem, was die natur in sie gelegt hat,
auch in der auszern well die antwortenden gegenbildcr zu
suchen. Göthe 37, 18 ; der weite kreis des fenstcrs, der dem
schiffe der kirche antwortet. 39, 3l6 ; hier linden wir die po-
ren, das innere, das dem äuszem antwortet. 53, 2t ; dem
feuer, den säuren, dem hocbrothen soll gnld und eisen, den
alcalien, dem blauen soll vorzüglich kupfer antworten und
gemäsz sein. 51, 248; aus zwei zu einander gerichteten, ein-
ander antwortenden spiegeln. 55, 22; jedem alter des men-
schen antwortet eine gewisse philosopbie, das kind erscheint
als realist. 56, 139 ; dieser im gefübl des glucks nach einer
»einen wünschen antwortenden Unterredung mit der base.
Hecner molkenk. 3, 156. Diese Vorstellung des anlwortens und
enltprechens kann man sich am Widerhall der glocken und am
echo verdeutlichen, sobald ein zeichen erschallt, folgt das an-
dere gleichsam antwortend nach, die kldnge antworten ein-
ander;
bange zeichen
antworteten den restlichen gebeten. Gottkr 2, 278.
ifie einer in den wald ruß, ruß es ihm wieder heraus, das
echo ist eine waldstimme, felsenstimme {mythol. s. 421), dän.
det svarede fra skoven, gav gienlyd:
dasz leis antwortet der buchwald. Luise 3, 7S6:
responsat Athos, Haemusque remugit.
Claudia.-« in Eutrop. 2, 162 ;
mhd. dö antwurte im sin dön. Reinh. 880;
von liuten und von bunden der schal was so grö;,
da; in da von antwurte der berc und ouch der tan. Nib, 8S3, 3;
vil lüt diu krä scbrigen began,
si schrei, da; ir der walt entsprach,
d. h. gegen sie sprach, ihr antwortete, wie sich diese wil-
den töne entsprechen, so können einander auch einzelne laule
und buchstaben verschiedner sprachen oder andere dinge, auf
die das bild übertragen wird, antworten, repondre, correspondre.
Schwieriger zu entfalten bleibt noch eine weitere bedeulung
des Wortes, dasz der angeklagte auf die wider ihn erhabne
klage antworten, sich verantworten, rertheidigen müsse, ver-
steht sich von selbst, die klage erscheint ■ gewissermaszen als
frage, auf die sich antwort gehört, ich werde dir antworten
drückt auch aus ich will dir rechenschaß ablegen, mich recht-
fertigen: das gott strenge geboten und aufgelegt hat, wel-
chem du auch dafür wirst müssen antworten. Luther 4. 399";
welcher einen gewalt fürbringt und als anwalt ze clagen oder
ze antwurten vermeint. ?iümb. reform. 1484. 2, 2 ; in recht ze
clagen oder ze antwurten. 2, 3. irie hängt aber mit diesem
verantworten zusammen ein antworten == einantworten, über-
antworten, überliefern ? dasz sich dieser sinn mit dem ein-
fachen antworten verbinde, lehren folgende stellen : uns bat
unser lieber oheim etlicb ochsen an der schuld, die uns sein
lieb zu thund ist, zu geben zugesagt; verkünden wir deiner
lieb, so pald solch ochsen geantwort werden, dasz wir dir
. . hundert derselben ochsen schicken wellen. Chmel Maxim,
s. 11 (a. 1493) ; das ein gescheft ist geben zu Wurms . . . den
stathaltern auf ir erfordern zu widerstand der Türken fürder-
lichen zehentausent gülden zu antwurten. 40 {a. 1494); du
wellest denselben wappenbrief fertigen . . und uns zuschicken,
damit wir den dem valkner furter antwurten mugen. 94
(a. 1496) ; sechstawsent guldin . . . der kunigl. raaj., oder wem
dieselb das bevilbet, geben und antwurten. 200 (a. 1498) ;
es möchte auch der pott söllichen ladbrief, verkündbrief oder
anpietbrief an das haws oder herberg anschlahen oder ant-
wurten den insessen desselben haws oder wonung. .Vürni.
reform. 1, 4 ; sein seel got antwurten. Keisebsb. anheb. mensch
2; der mich dir geantwurt hat. schif der penitenz 'iS ; er
antwurt im den Schlüssel. Boccat. 10; und ist darauf unser
beger, du wollest den brief er Carl auf sein Zukunft gen
Aldenburg antworten. Luther 1, 140'; dieselben drei pfarrherr
in euem gehorsam zu antworten. 2,106*;
den brier zu antworin dem soldan. ATBEn272^;
der Büber endlich an dem ende des landes Schlesien seinen
Strom und namen der Oder, dem baupt und regenten der scble-
siscben flusse antwortet. Opitz 2, 260. heute sagen wir nicht mehr
antworten, aber in gleichem sinn überantworten, überliefern.
mhd. er antwurt sich in sine pflege. /». 3877;
dö antwurt er und sin wip
beidiu guot unde lip
beide in sine gewalt. 5097:
da; guot in sin gewalt mit rehtem gcriht geantwurt ist.
Chxel fontes 1, 282 (a. 1298) ; antwurten in des vogtes gewalt.
1, 284. nicht anders hiesz es ahd. antwurtan, giantwoitan red-
dere, tradere, sistere bei Graff 1, 1002, welcher es von antwur-
tan respondere scheidet und statt zu wort zu wart schlägt,
sicher mit unrecht, wie schon die analogie des altn. svara,
schw. svara, dän. svare lehrt, die genau wie unser antworten
erst respondere, dann praestare, sistere ausdrücken, -der ver-
klagte Schuldner hat zu antworten und zu leisten, zu gewäh-
ren, XU geben, auf die forderung dem gISubiger zu antwor-
ten, und dieser verhalt von antworten kann neues licht wer-
fen auf die hernhrung zwischen wehren und währen.
ANTWORTER, m. responsor, reus : es gebricht einem fer-
tigen frager seilen an einem fertigen antworter. WiEui.tD 29,
471; ich bin ein fauler antworter {antworte auf briefe nicht
gern), antworter = beklagter. Haltaus 47 ; der antworter in
rechten, reus. rocali. ine. teut. ; der antwurter. jVümft. reform.
1, 4. 6 ; von des antworters oder beklagten wegen. Frankf. ref.
1. 6, 10 ; dies ward der antworter ione. Zuiici. 3&1, 6.
511 ÄNT\S^ORTLICHEN— ANVERTRAUEN
AN VERWANDT — ANWACHSEN
512
ANTWORTLICHEN, adv. respondendo : einer der geister sagte
mir antwortlichen. Philander 1, 383.
ANTWORTSCHREIBEN, n. anhvorlender brief.
ANTWORTSCHRIFT, f. schrißliche verlheidigung des be-
klagten.
ANTWORTSDANK, m. antworlsdank für die ehre. Herder
bei Merck 1, 22.
ANTWORTSWEISE, adv. in modum defensionis : klagweis
und antwortsweise. iVwnifc. reform. 1, 7 ; klag und anwurtweise.
5, 6. diese reformalion setzt sonst antwurt immer weiblich,
in antwortsweise kann das neiUrum haßen.
ANTWORTUNG, f. defensio, Verantwortung: über das ver-
mag sie niemand, das sie ans Hecht wollen und zur antwor-
tung stehen, on bei ires gleichen. Luther 2, 455*. br. 2, 537 ;
weiters, was etliche gaile stücke, die leider in diesem büch-
lein hin und her auch mit laufen, betriffet, darf ich alhie für
solcher antwortung und beschützung nicht so khün sein.
Weckherlin vorr. zu den weltl. ged.
ANÜBEN, excrcere incipere, schwächer als einüben : wer mit
angewohnheiten des dialekts zu kämpfen hat, suche das neu
anzuübende recht scharf auszusprechen. Göthe 44, 297; in
Fichtes sprachschiirfe erscheint das anüben der rousseauschen.
J, Paul aesth. 2, 15.
ANVATERN, im gl. ine. tculon. anvattern patrisare, bei Du-
CANGE patrixare, patrizare, imitari patrem. vgl. anvettern.
ANVERDINGEN, facicndum dare, was sonst andingen;
ein werk, das inutli erheischt, soll man dem anverdingen,
der in die bände kau auch vvol den löwen bringen.
pers. roseng. 7, 18.
ANVERLANGEN, expetere, verlangen, an einen wie abver-
langen von einem verlangen: die anverlangle abschrift; etwas
gerichtlich anverlangen. vgl. anbegehren.
ANVERLOBEN , despondere, inniger als bloszes verloben,
gleichsam an die hand:
denn er fiel im kämpf erschlagen
der mein anverlobler war. Plaien2;
könig Odos anverlobte. 12;
um galten, väter und um anverlobte.
A. VV. Schlegel kön. Ueinr. 5. act 2 sc. 4.
ANVERMÄHLEN, matrimonio jüngere, vermählen :
es hat ihm {sich) Cornutus zwei weiber anvermählt,
von einer wird getrost, von andrer er gequält.
LoGAü 1, 5, 13;
ha, ein lied des neubeseelten
von der süszen anvermähllen. Bürger 2, 76;
SO wie sie gröszer wurde, mochte sie dem jungen oder alten
grafen anvermählt werden. Tieck ges. nov. 4, 12; der ein
schuldlos mädchen deines sohnes hand anvermählt hat. Pla-
TEN 132 ; wo eine wahre oder scheinbare mehrzahl sich einem
grundworte (wie eine Vielweiberei) anvermählt. J. Pauf, dop-
pelw. 87.
ANVERNÜNFTELN, argumentis probare : und was er gegen-
wärtig hat und fühlt, braucht er sich nicht erst anzuvernünf-
tcln. Fichte grtindz. der g. z. 521.
ANVERSPRECHEN, polliceri:
weil gott sein reich den lindern anverspricht.
LocAü 1. 2, 10.
ÄNVERSUCHEN, anprobieren, induerc, an benc sedeat ve-
slis, calceus, schon bei Opitz Arg. 1, Gl ; er versucht es ihm
an den leiii, an die nase. Witzenb. 20C ; ich küsse ihnen die
hand, wenn sie mir die freude machen und diese andrienne
anversuchen. Gellert 3, 368 ; das kind probiere oder versuche
sich spielend sein künftiges leben an. J. Paul Levana 1, 198 ;
statt seine lehrmethode, wie Pestalozzi, nur bettclkindern an-
zuversuchen. Fibel 130.
ANVEHTRAIIEN, nnl. aanverlrouwen, früher confidere, heule
fidci alicujus commiltere: aber der bub hielt sich so gcschick-
lich, dasz ich es kaum hinter ihm gesucht oder ihine anver-
traut hätte. Götz von Bewl. 101. einem das beer, sein kind,
sein geld, gcheimnis anvertrauen, nachdrücklicher als blosz
vertrauen: dieser dem schwung seines rosses anvertraut. Schil-
ler 125; damit er seinen anvertrauten niciit falsch rathe.
Fichte sonnenkl. bericht VI; den provinzialsländcn die wähl
der reichsstände zu überlassen hätte die nachlhciligen folgen,
dasz das Wahlrecht einer sehr geringen zahl von wäiilern an-
vertraut würde, denkschr. des frh. vorc Stein 190; ein anver-
trautes erblheil der nalur pflegen. Bettike br. 1 zueign.
ANVERWANDT, cognatus, nnl. aanverwant:
ist ein esel zu erstreiten, ei so suche dir zur hand
einen richler, der nicht selbsten ist dem esel anverwand.
LoGAU 2, zug. 174.
Keisersberg sagte angewandt: er ist dein siptblut, er ist (dir)
angewandt, geistl. gunkel 8 ; ire angewandten propinqui. Kirch-
hof wenrfunm. 233; was Charlotte anbelanget, so hat sie hier
ihre anverwandten. Pierot 1, 244 ; er ist mein nächster anver-
wandter; ist mir gar nicht anverwandt;
da drang ein dutzend anverwandten
herein, ein wahrer menschenstrom. Göthe 1, 211.
Opitz Arg. 2, 33 gebraucht auch anverwandte beschäftigung =
angewandte, was ein anvenvenden folgern läszt.
ANVERWANDTIN, f. propinqua, kommt bei Gellert, Les-
siNG, Schiller 676 for.
ANVERWANDTNIS, f. propinquitas, cognatio : die anverwand-
nüs. Lohenst. Arm. 153. 160. jetzt unüblich.
ANVERWANDTSCHAFT, f. dasselbe: er hat eine starke an-
verwandtschaft; es war natürlich, dasz sie in gegenwart frem-
der Personen ihrem betragen gegen mich den freundschaft-
lichen ton der anverwandlschaft gab, welche zwischen uns
vorausgesetzt wurde. Wieland 2, 60.
ANVERWEISEN, verweisen und zugleich anweisen, von sich
an einen andern verweisen. Lohenst. Arm. 1, 804.
ANVETTERN, zum veltcr machen: warum hätten sie ihn
bei der heutigen familiengesellschaft denn sonst ungebeten mit
angevettert? Gotter 3,357. vgl. die vetterstrasze gehn.
ANVOR, adv. imprimis, praecipue. Stieler 584, unüblich,
wäre aber gleichviel mit voraus, vorab, voran.
ANWACHEN, observare cum cura et insomnia. Stieler 2396.
ANWACHS, ni. incremcntum, augmentutn, nnl. aanwas, was
anwachst, fortwächst, steigt, und mehr das wachsen, steigen
ausdrückend, wahrend in anwuchs das gewachsensein liegt, man
sagt also der anwachs der flut, des gewässers, nach solchem
anwuchs muste es wieder sinken ; ein frischer, junger an-
wachs, ein alter anwuchs, doch mischen und vertreten sich
beide ausdrücke, der anwachs meiner jähre, des Vermögens,
geldes, des volkes ;
und dachtest dann vielleicht an ein gedieht,
und lieszest ihm den fremden anwachs nicht.
Hagedorn 1, 69;
dieses beneidenswürdige Vorrecht der ersten Jugend verliert
sich unvermerkt mit dem anwachs unsrer jähre. Wieland 3,
187; die bewohner hatte ihr anwachs genöthigt sich auszu-
breiten. 25, 115; ich meine dieses nicht blosz in ansehung
ihres (der bibliothek) gegenwärtigen zustandes, in ansehung
des anwachses, den sie in den letzten dreiszig jähren erhal-
ten. Lessing 9, 1 ; sie fürchten sich vor dem anwachse ihrer
jähre. J. E. Schlegel 3,390;
nun ragt um Manas heiligthum
der anwachs schlank und stolz. Voss;
durch harmonien dann zähm er des vaterlands
anwachs. 3, 14 ;
dieser frühe anwachs carthagischer macht hätte das junge Rom
erstickt. Stolderg 9, 28 ; er sann darauf den anwachs dersel-
ben zu befördern. Niebuhr kl. sehr. 1,69; so beobachtete er
die phaenomene der nacheinander entstehenden und sich ver-
drängenden Vegetationen auf dem allmälich reifenden an-
wachse. 1, 70.
ANWACHSEN, adolcre, adolescere, inolescere, crcscere, nnl.
aanwasscn, sowol an etwas festwachsen, als aufwachsen, fort-
wachsen, ahd. anawahsan, aiiagiwahsan (Grafk 1,685): es ist
mir angewachsen, natura insitum ; der reitcr sitzt wie ange-
wachsen (vgl. angegossen); der abgehaune finger wächst wie-
der an; die pflanze ist an den stein angewachsen, die lunge
an den rücken ; das gold unter dem draciien wächst an ; das
Wasser wächst seit diesem morgen I)esländig an; Carolus
sammelte auch bei seinen schon ziemlici» angewachsenen jäh-
ren die alte teutsche heldenlieder. Hahn t, 74 ; hohes sehr
angewachsenes aller (adulla aetas). 2, 2; die bevölkcrung ist
seit dreiszig jähren aufs doppelte angewachsen; so wächst
mein reichthum an;
crdiiidcls, laszt die rechnung der tyrannea
anwachsen, bis ein tag die allgemeine
und die besondre schuld auf einmal zahlt.
Schiller;
vnrwimdrungsvoll »eh i(',h den zwtst,
di^r UMKir dorn gdlohrlen häufen
vom sriimfihcn bis zum bartausraufen
beinahe angewachsen ist. Dkrling;
513
ANWACHSEN — ANWAND
ANWAND — ANWANDLUNG
514
argwöhn, dasz sie ihn wol liebe vrie sie alles liebe, da sie
an alles gute gleichsam lebendig anwachse. J. Pacl Tit. 3,
22; so drückt der erfrischte mensch seinen fusz tiefer in
seine erde ein und wüchset mit neuem lebensepheu fester in
seinen pianeten an. Hesp. 1, 164 ; er schlosz seine äugen vor
entzückung und bestürzung zu und blind und liebetrunken
und kühn und bange wuchs er mit seinen trinkenden lippen
an ihre an. 3, 37.
A.NW.\CHSEN, n. haulsträng oder anwachsen, eine fferde-
krankheU : spannet sich die haut über den leib wie eine trom-
mel. PiNTER s. 420. nach Adelung, tcenn das pferd abmagert
und zu beiden seilen, vom geschröte bis zu den rippen einen
nerven ßhll. Nemnich fiihrt auch ein anwachsen der kinder,
cardialgia infantum an.
A.N\V.\CKELN, vacillando, titubando accedere: die alte kommt
angewackelt.
A.NW.\HT, m. afflalus ? nur aus drei stellen des Paracelsus
ersichtlich: so nun auszwendig zauberische fewr und anwaht
gesehen werden, so sind sie auch in bergen. 1, 667'; darbei
auch wissent vom anwaht und drackenschusz, so sich in den
bergen auch begeben, in alle arznei auricuiam muris (mäu-
seohr) zu thun. 1, 670" ; dann corporalisch und uncorporalisch
musz alles gessen und getrunken haben, aus der Ursachen
kommen stein von der erden, aber ausz. dem gleichmeszigen
geist ihrer natur, dann ein jegiiclier hat an sich das sein ge-
zogen, die anwath (so) kommen ausz solchen, die fewrenden
tracken werden darausz und änderst dergleichen. 2, 19*. die
rede scheint von einem elbischen anhauch, anblast, hier an-
waht t'ort anwehen genannt, norweg. alveblaast, alvgust (Aasen
norsk ordbog s. 3. 4), wie auch alveld (elbfeuer) und aivskot
{elbschusz) für ähnliche krankheilen, meist an der haut von
menschen vorkommen und dem drachcnschusz neben dem an-
waht begegnen, nachzuweisen bleibt nur das m. waht, Stal-
»ER 2, 426 hat ein f. wähete, wächti stürm, Gbaff 1, 622 ein
ahd. f. giwdda afflalus, spiritus, einem m. wät orfer wäht sieht
kaum etwas entgegen, sicher meint aber Thlrneisser in fol-
gender stelle dasselbe wort: sol ein gewis reraedium nicht
allein für die pestilenz, sunder auch für alle andere giftige
luft und anwotten sein. infl. Wirkung aller erdg. 21.
AN'W.\LLE.N, effervere, aestuare, vom ahd. wallan wial : das
wasscr wallet an.
ANWALLE.N, admeare, vom ahd. wallön wall6ta: die pil-
ger wallen an, heran.
, ANWALT, m. causae palronus, advocatus, procuralor, ahd.
anawalto (Graff 1, S13), d. h. anawalt (potestas, Graff I, S12),
gewalt habend; diese beziehung beider Wörter auf einander ist
uns erloschen, anwalt = gewalt besieht nicht mehr und an-
■walt = gewalttrdger, gesctiäßslrdger, Sachwalter erhält starke
form: Haltacs47; bisz dasz ein erzbischof oder sein anwald
kommt. Kirchhof u-encfu/im. 362'; hat er keinen anwaldt noch
hauslieulenant. Fischart Garg. 6'j' ; widersprecher und anwait.
Ramler 1, 31. Klopstock setzt noch den pl. anwalden, doch
üblich ist anwalte.
AiNVV.\LTEN, procurare hat nur Stieler 2424. ahd, anawal-
tan Graff 1, SOS. mhd. aber einem anewalten, obsiegen, an-
gesiegen :
gejustiert ich wider den man,
dem gewielt ich ie an. Greg. 1446,
nach der hs. B bei Hadpt 5, 49.
ANWALTSCHAFT, f amt und Verrichtung eines Anwalts.
ANWÄLZEN, advolvere: steine anwalzen, heran wälzen, sich
mühsam anwalzen.
ANWAND, /. confinium, collimitium, ager in limine positus,
ahd. anawanta versura (Graff 1, 762), mhd. anewande und
anewant :
er unt jener Engelher
tribent micti mit wigeif her
ab ininer anewande. Ncion. bei Ben. 427;
da; des abj?riiniles anewant
berg und tal iiT waj^er sitzet. TcRt. Wh. 2';
ager dictus anewand, urk. von 130S; anwand und radwcnd
ligen lassen, weislh. 1, 207 ; wo och ackeren anenandem ligend,
da sol och je ainer dem andern anwand und radwcndc und
für fcllig geben, wellicher aber dem andern nit für fellig git,
der mag dasseib nemen. 1, 207 ; wer den andern umb lehen-
guot anspricht, da sol man nit umb sprechen ... es were
dan umb ain anwand oder umb ainen hag oder ain hagniarrh.
1,212; (hubenbegang) bis an die anwend, die anwend hin bis
an frauen Heusdien, die anwend herab bis auf Michels Her-
manns garten, l, 603 ; sol er drie stunt ruefen den huobem,
die da niht sint und so iegeliche stunde, das ein man möchte
drie anewanden gegan. l, 632 ; die zugehörungen auch anwan-
den. Frankf reform. 2, 15, 4 ; ich hab selbs hundert und fünf-
zig Hispanier das land zubesichtigen von mir geschickt, die
haben an kein anwandt oder grenz mögen bekummen. Fraxk
weltb. 232' ; die alten, die mit dem einen füsz schon an der
anwand, zilstadt {zielstätte) und grab slehn. Frank spr. 5 ; man
sehe auch die bei Haltaüs 4S und Schmeller 4, 102 verzeich-
neten beispiele. Alle diese stellen lassen einen urallen ein-
fachen ausdruck vernehmen, der in erster zeit des aekerbaus
entsprang, enden und wenden bedeuten die grenze, die ahd.
formet dö dar niwiht ni was enteo ni wenteo umschreibt das
nirgend, an keinen enden und wenden, Otfried IV. 20, 27 rer-
bindct nist thes gisceid noh giwant, es hat keine grenze und
kein ende, der vicinus, propinquus ist uns ein affinis, ange-
wandter, anverwandter. anawanta heiszt aber ausdrücklich ver-
sura, die stelle wo der pflüg wendet, anwendet und der acker
ein ende hat. anwand und radwende stehen verbunden, gleich
dem dement des feuers sollen sie dem nachbar mitgetheilt wer-
den oder er darf sie sich nehmen, d. h. auf der grenze seinen
wagen wenden; der rorgerufne hubner soll so lange frist ha-
ben, bis ein mann an drei anwanden, d. i. drei benachbarten
ackern vorübergehe, in Westfalen, wo man heutzutage ane-
wanne spricht, legt man sie aus durch einen qtier und der
länge nach vor den schmalen spitzen anderer äcker gelegenen,
es musz aber unabhängig von so bestimmter läge allgemein für
confinium gegolten haben, das mhd. gedieht von Elisabeth setzt
für angewande bloszes gewande: si volgete ime
über die gewande
duringescber lande. Diu/. 1,401;
Duringer herre Ludewig
lautgrave der gewande "(marib?). 1,404;
alumme in der gewande
Babenberger lande. 1,42S;
bi Marcburg der gewande. 1, 457.
s. angewende, anwende und Schsieller 4, 102.'103 un/^rgewand.
ANWANDELN, accedere, incedere, irrumpere, angehen, anfal-
len, anstoszen, doch leichter als diese, oß nur vorübergehend,
launenhaß, richtiger mit dem acc, häufig aber auch mit dem dat.
der person: es wandelt mich schlaf an (opprimor somno); ihn
wandelte die lusl an den apfel zu brechen ; es wandelte ihr
gähling eine kleine Schwachheit an. Lessixc 2, 49 ; dasz mir
ganz gewis eine ohnmacht anwandeln würde. Liscov 171; er
hatte zu viel lebensart, um dem trieb zum lachen, der ihn
anwandelte, freien lauf zu lassen. Wieland 6, 215 ; eine kleine
Ungeduld wandelte den söhn der Venus an. 10, 64; ihr bis-
weilen anwandelt. Klopst. 12, HO ;
wie anwandelnder stürm hinier dem herbsigewölk.
Voss 3, 16 ;
wer jung Treif, den wandelt
die reue nicht an. Gotter 3, txivnr;
ich habe einen gekannt, den dergleichen abwesenheit der ge-
danken zuweilen anwandelte. 3, 3S5; es wandelt mir zuweilen
an. Hippel 14, 159 ; mir wandelte ein groszer Widerwillen an«
12, 42; so wandelt auch jeden der pfaffengeist an. KuNCEa
11, 35 ;
und färbet gleich auch unser blul
das feld des krieges roih,
so wandelt furcht uns doch nicht an.
UeRCKR 112';
was wandelte den ritler an? Sciiillkb;
es schien ihn gleich nur anzuwandeln,
mit dieser dirne grade hin zu handeln.
GöTBR 12, 165;
du bist mir heute ganz fremd, was ist dir angewandelt? Tieck
no». Ar. 3, 112; ein bedüifnis der speculation, welches ihr (dn-
gemeinen rcmunß) niemals anwandelt. Kamt 4, 24.
ANWANDEN, anstoszen, angrenzen kommt in Baiern vor.
Schneller 4, 102. weisth. 3, 627.
ANWANDER, ni. ricinus, anstöszer, nachbar. nach dem vO-
cab. ine. teuton. die grenze selbst.
ANWANDERN, aggredi, incedere, antreten, außreten:
leiserer, laulerer milausdruck der gedanken des liedes
»el die bedinsung des verses. so oR er diesem gesetz nicht
treu und hold ist, (rehet er nur um zu gehii, uml vürirrter
tritt er einher, wenn er gar anwandelt gegen den iiihalt.
Klopst. 7, 322.
ANWANDLUNG, ineessio, irruptio, anfall, engl, a fit : fem <^ar
nnserm frennde jede anwandlung des lachens. GdrnB 19, 131 ; er-
33
515
ANWANDUNG — ANWEG
ANWEG — ANWEHRER
516
Jiegend vor der anwandlung des todes. Stolbehg 7, 56 ; da sie
anwandlungcn von triibsinn an mir spürte. GottehS, 36; die
kleine anwandlung des Schreckens bei ihr. Klingers i/i. 2, 204;
eine kleine anwandlung von Wahnsinn. Kant 6, 382; grund-
sätzc müssen auf begriffe gegründet werden, auf alle andere
grundlagc können nur anwandlungen zu stände kommen, die
der person keine Zuversicht auf sich selbst verschaffen kön-
nen. 4, 2S2; meine erste anwandlung war furcht. Abut vom ver-
dienst 2,1; anwandlung von schamröthe, von heimweh u. i. w.
ANVVAiNDLNG, f. vicinitas: anwandungen, loca finitima.
Stiei.er 2430.
ANWANKEM, tiltibando adventare, heranwanken, anwackeln;
der kranke wankte langsam an.
ANWAPüNG, f. eine kranklieit des pferdes: anwapung des
geschröts {scrolum). Seuiz feldbau 152.
ANWAÜMEIV, iiicalefacere, anheben zu erwärmen: den ofen,
den treibeberd anwärmen ; Viktors seele war wie die natur
{im winler), o der himmel wärme bald in beiden die blumen
des irühlings an. J. Paul Ilesp. 2, 192; und vielleicht kein
mensch blieb in so finstere kalte ehrlosigkeit eingegraben,
welchen nicht irgend eine seele durch anwärmendes kleines
werthhalten errettet hätte, nachdämm. 78; Bella vom festen
schlafe rölhlich angewärmt. Arnim 1, 132.
ANWAH.N'EN, adnwnere, leicht warnen.
ANWAitNLiNG, f. ndmonitio: es geschehen allerlei zeichen
und anwarnungen. Platen 212.
ANWAHTEN, exspectare diulius, in spem venire: er soll
noch anwarten; auf ein lehen anwarlen. auch anheimfallen,
bevorstehen: sein anwartend land beschirmen. Garp. 20y'; der
anwartendc erbfürst. Loiienst. Arm. 2, 126. ahd. anawarten
intcndere, inniti (Graff 1, 952).
ANWÄRTEU, m. der eine anwartschafl hat: so wären e. eh.
gn. ältester söhn, als der anwärter der chur zu Sachsen, noch
ein kind. Melanciitiion 3, 367.
ANVVÄKTEUIN, f., eine zur anwarlschaft berechtigle frau.
ANWÄUTIG , praesens, gegenwärtig, ahd. anawartic (Grafk
1,999): alle anwärtigen, anwesenden, aber golh. ist andvairjis
praesens, anavair{)s fulurus, wozu das ahd. adv. anawartes
stimmt.
ANWAKTS, adv. sursum, in die höhe, gegentheil von abwärts :
gegenüber die Troer auf anwnrts laufendem felde.
ÜÜRGF.H 230';
WO der säum der küste ein wenig anwärts steigt. ScnunEnr
reise 267. das ahd. anawartes gehl auf die zeit und bedeutet
poslea, deinccps. Graff 1, 998.
ANWAUTSCHAFT, f. anrechl auf eine stelle, auf ein lehen,
exspectanx: mir ist die anwarlschaft auf eine erhabenere stelle
Terliehen. Fr. Müller 2, 58; und warum spräche der geist
aus meinen äugen diesen oder jenen an, wenn er nicht vom
himmel war und die anwarlschaft auf ihn hätte. Bettine br. l, 266.
ANWAHTSCHAFTEB, m. für anwärter.
ANWAHTL'.NG, f. der ältere ausdruck für anwarlschaft, aber
auch für crwartung, exspectatio allgemein: dasz er auch her-
zog Barnimb die anwartung seines landes vorlängst zugesaget
habe. Micrälius a. P. 2, 288 ; damit er aber unlerwegcs nicht
tergehe, zwinget das volk den Simon die last auf sich zu
nehmen und den zerrissenen leib auf anwartung einer grüsze-
ren marter zu erleichtern. Opitz 3,255; Conradus giebct Hu-
goni die anwartung auf das umliegende temtorium. Hahn 2,
265 ; kruft habender anwartung. Leiiinitz 334 ;w ic er die stärkste
anwartung auf einen ofliciersdienst in einer benachbarten guar-
nison hätte. Felsenb. 2, 382.
ANVVASCHEN, alluere, anspülen, bespülen: die klippen sind
Tom meer beständig angewaschen ; der kleine bach steigt bei
rcgenwctter und wäscht die wiesen an.
ANWÄSSEHN, irrigare, benetzen : dieser garten war von vie-
len lebendigen quellen angewässert. Loiienst. Arm. 2, 427.
ANWEDE.N, atlexere, nnl. aanwcven : dem tuch einen prach-
tigen rand. auch wol was anlegen, ordiri lelam,
ANWEDELN, cauda blandiri: der hund wedelt seinen
bcrrn an ;
doch nicht suirzton sie wild nuTdic tnfinncr sich, üondern wie
5('hinficlieliul
standen mit langem schwänze die rinßs anwedelnden auTrecht.
Voss Od. 10, 215.
ANWEG, adv. mhd. enwec, ags. onweg, engl, away, heute hin-
weg:
wie ich das pelili han empfangen,
als ist et wider anweg gangen, fatln. $p. 847, 8.
ANWEG, n». via adilum patefaciens: dasz niemand als durch
jenen ersten anweg zu dem zauberschlosse gelangen könne.
GüTHE 15, 323. vgl. aufweg.
ANWEGHOLZ , n. in mühten und bergwerken, was sonst
angewege, anwagholz heiszt. s. auch anwelle.
ANWEHEN, afßare, aspirare, ahd. anawähan (GiiAFr 1, 622),
mhd. anwsejen, nnl. aanwaaijen :
stä bi, lä mich den wint anwaejen,
der kumt von mines herzen küneginne. MS. 1,6*,
lasz den wind an mich wehen! auch Keisersberg schrieb noch
anweien : ein leichter anweiender wind, irrig schaf 18 ;
kalt wehien entsetzen und grausen sie an. Bürger 62'; ■
lauschen den zwillingstönen des Waldhorns, welche vom see her
nah und enii'ernt anwehn, dasz leis antwortet der buchwald.
Luise 3, 786 ;
die Zukunft weht uns aus unfaszlichen namenlosen gegeaden
an. Klinger 12, 170 ;
wo euch (Jungfrauen) reitzung anweet,
es sei mit werten oder werken. H, Sachs;
frisch, der wein soll reichlich tlieszen,
nichts verdriesziichs weh uns anl Göthe 1, 154;
wer sie (die menschliche Schönheit) erblickt, den kann nichts
übles anwehen, er fühlt sich mit sich selbst und mit der weit
in Übereinstimmung. 17, 68 ; in diesem angesehnen hause wehte
ihn zuerst die weit- und bofluft an. 32, 238 ; eine unmittel-
bare wärme scheint uns anzuwehen. 52, 313; von groszen klee-
feldern angeweht. J. Paul Hesp. l, 260. man sagt, einen {nicht
einem) etwas anwehen lassen, ihm von fern zu verstehen ge-
ben, der Sturm weht hohe häufen von sand an. «n/roniJ<Jt> ;
Schnee weht an.
ANWEHEN, n. afßatus, vgl. anwaht:
die feineren saiten sie sind gestimmt
dem anwehn, das sie rührt. Klopst. 2, 93;
dieses anwehen der nahen liebe. J. Paul Fibel 108.
ANWEHREN, rccipere in se, in sich, an sich oder an andere
bringen, anbringen, in die gewer bringen, sich zu nutz ma-
chen, verthun, Stieler 2415 schreibt anwären, andere anwäh-
ren, tt'i'e gewähren : ein solcher (fresser) misbrauchet die ga-
ben gottes, er verschwendet sein eignes vermögen, indem er
oft auf einmal so viel verzehret, anwehret und zu sich nimmet,
dasz er wol drei oder vier davon leben lassen könnte. Simpl.
1, 42; im krieg musz man nicht alles wieder so anwehren
und lüderlich fortjagen, gleichwie man es gering und leicht-
fertig empfangen, l, 285 ; der wird für einen frommen, wackern
und aufrichtigen kerls gehalten, der ein schwingsgütlein ab-
giebet, das maul schwenket und was er heute nur möglich
verthun und anwehren kann, nicht auf morgen sparet. 1, 332 ;
wenn dieser seine wahre zu theuer, jener sein geld zu hoch
anwehret (anschlägt) und einer den andern ven'ortheilt. Lo-
henst. Arm. 1, 1059; die darwider angewehrten klügsten an-
staltcn. 1,285; es ist dieses eine feine art des rauches, wel-
chen zwar gemeine leute auch um nichts anwehren können,
kluge fürsten aber theuer genug zu verkaufen wissen. 1, 1060 ;
dasz unser urhcber {autor) viel desjenigen, was er nicht bei
den geschichtschreibern gefunden, theils aus seinen alten mün-
zen, theils aus den Überschriften und gedächtnüsmalen zusam-
mengesucht, solche gehöriger orten klüglich angewehrel und
also den mangel damit hin und wieder ersetzet hat. Abschatz
Vorbericht zu Loiienst. Arm.;
der dis für klugheit hält,
vermumter lasier schäum für lupend anznwehren.
LoHRNST. Epich. t)6, 507;
umb nicht, was die (fremden dichter) niedergeschrieben nach-
zuschreiben, sondern nur derer art und cigenschaft zu beob-
achten und solches in meiner muttersprache anzuwehrcn.
HoFFMANNswALDAU lor». ; da man die andern stücke so gut
wie jenes nöthig hätte und auch mit vielem vortheil anwäh-
ren könnte. GCnther vorr. 17; die waaren fein theuer anzu-
wahren. 508;
wnrlet er (der apfel) auf einen mund ... ihn zu veriehren,
und also weisz ich ihn niclil besser anzuwAliren. 985.
später ganz veraltet, man könnte versucht sein, in den aus Simpl.
beigebrachten stellen anwehren für anwerdcn =«= los werden zu
nehmen; doch sträubt sich die form wie das Verhältnis der
übrigen belege, aber auch ein bei Sciimei.ler 1, 62 aus Arraha«
angeführtes anweriing ist dann anwchrung. nicht anwerdung.
ANWEHHEH, m. dissipator: und wil immer der ersparcr
wieder einen anwekrer haben [der das gut an die leute bringt).
Simpl. 1, SM.
517
ANWEHRT — ANWEISEN
ANWEISER — ANAVENDEN
518
ANWEHRT? wer sonst mit seinem getraid sauber und recht
umgehet, findet allzeit anwerlit. Hohberc 2, 60". der sinn ist klar
absalz, gehört es zu anwehren? oder leidet es andere auslegung?
AISVVEIBEN, matrimonio jungi:
bin ich ihm auch nicht angeweibt,
er mir der liebste buhle bleibt. Göthe 41, 273.
ANWEICHEN, praemollirc, ein wenig erweichen: den Zwie-
back in milch anweichen; angeweichte schwämme.
ANWEIDE, f. jus pascui, anrechi auf die tceide: wer in der
vogti nit seszhaft ist, der enhclt anweid in die esz. weisth. l, 55.
ANWEIDEN, pascere, an die weide füJiren: wie die kinder
die butten anfademen und die weiber die äschenrüszlein an-
weiden. Fiscuart Garg. 55'. s. das vorausgehende anweid in
die esz, aber auch äschenroslein.
ANWEIDIG, weideberechtigl : die von Bersikon süllent ouch
anweidig sin zu dien ab Oisten, unz zu des Kellers hag, sat
nnd mat unscbedlich, item die ab Oisten send ouch anwei-
dig sin zu dienen (denen) von Bersikon in das holz unz an
die Reptisch. Weislh. 1, 51.
ANWEIFEN, ßa in ylomerum ducere, agglomerare, anhas-
peln, gegensalz von abweifen, abhaspeln.
ANWEINEN, afftere: thränen nur dich anzuweinen;
ach warum klagt allein die arme poesie ?
sie kömmt, sie fällt und Taszt dein välerllcbes knie,
und weint dich freundlich an, und sucht in deinen armen
und sucht und hoftes auch ein köuiglich erbarmen.
GÜ.-^THER.
ANWEIS, m. institulio, consilium {wie ausweis, nachweis) :
derbalb ich rat und anweis gib. Äther 255*.
ANWEISEN, instituere, monstrare, assiijnare, nnl. aanwijzen,
erst mit acc. der person und sache, einen den weg anweisen
= an den weg weisen, hernach mit doppeltem an, einen an
den weg anweisen, zu devi weg anweisen, oder mit persönli-
chem dat. einem den weg anweisen; hingegen, wo die sache
unausgedrückt ist, kann der persönliche acc. bleiben: und er
sandte Juda für im hin zu Joseph, das er in anweiset zu
Gosen und kamen in das land Gosen. 1 Mos. 46, 28 ; viel sind
die von den lugenden schreiben, mehr die namen preisen, denn
ir natur anweisen. Lltuer 1,25';
wei:i deinen sun das pest an. fastn. sp. 602, 1 ;
das Venusbild stund auf einer scbildkrottschalen, anzuweisen,
das ein wcibsbild still und verschwiegen sein solle. Fiscuart
ehz. 40; wer weist in also an? Garg. 20S';
weg, weg trübes weinen !
mich deiichl, da^z ich diesen geist
seh am himmel scheinen;
mich deuchi, dasz er angeweist,
er sol bei der sonnen stehen
und mit auf und nieder gehen.
Ha.i>samn tu Opitt t. 214 ;
gott bleibt gott, er lei'et ab und hat menschen weg gennmmen,
gott bleibt gou, er weiset an und läszi menschen wieder kummen.
LoGAU 2, 7, 7;
ich könnte keine recension über poetische sacben anfertigen,
weil mir solches von den eigentlich angewiesenen Verfassern
derselben übe! genommen werden würde. Hippel 13, 19 ; an
diesen wurde die herzogin als an ein untrügliches orakel der i
majcstät angewiesen. Sciiii.ier 709 ; der Spaziergang in emeiii
Ziergarten, wohin die tochler mir den weg begleitend anwies.
es heiszt zumal, einem holz anweisen, einen bäum im waUlc,
einen platz zum bauen anweisen; dem flus.se seinen lauf,
dem vogei sein nest, die luft anweisen; einem geld anwei-
sen, mlal. assignare, einem gehalt, besoldung, Zahlung anwei-
sen; eine wohnung, ein zimmer, ein bell, einen silz anwei-
sen; folge mir, ich will deiner Ihütigkcit ein rühmlicheres feld
anweisen, beispiete der unausgrdrückten sache: der schulinci-
slcr weiset die knaben an, der hausknecht den gast, der auf-
sichlcr die arbeiter. der ausgedrückten: die tagelöhner zitr
feldarheit anweisen, die kinder zur lugend, zu allem guten
anweisen ; sollte man nicht denken du wiirest zu lauter bos-
heilen angewiesen worden; alle sind angewiesen dich zu
schützen, auch mit auf: wir sind von natur darauf angewie-
sen; das geld ist auf die casse angewiesen; ich bin auf meiner
bände nrbcit angewiesen; auf den umgang mit ihm. bcmerkeni-
werth die sinnliche Verwendung des worts in der landwirtschn/t,
wenn es heiszt: der hopfen wird gestangell und angewiesen, sci-
nenranken die gehörige richlung gegeben, das ist das eigentliche
weisen, leiten, führen, ahd. wisan ducere. die ahd. und mhd.
Jltxion war aber stets die schwache, prael. wista, wiste, wovon
sich im pari, angeweist der stelle bei Han5MA5 eine spur zeigt,
nhd. risz ein starkes wies, part. gewiesen, angewiesen ein.
ANWEISER, m. institutor, instructor, mhd. anwiser. an-
weiser, informalor, eruditor. voeab. ine. teuton.; anweiser,
curator. 0 Berlin 56.
ANWEISUNG, f. informatio, institulio, instruclio, doctrina,
assignatio, nach allen bedeutungcn des anweisens, z. b. geld-
anweisung, holzanweisung ; ich habe eine anweisung auf ihn,
er soll mir zahlen; dadurch geschieht es, dasz eine Ordnung
unter unsern Vorstellungen wird, in welcher das gegenwärtige
auf irgend einen vorhergehenden zustand anweisung gibt.
Kant 2, 203 ; eine idee, welche nur auf eine gewisse, ob zwar
unerreichbare Vorstellung anweisung gibt. 2, 456. hervorzuhe-
ben die bergmännische redensart: das erz hat gute anweisung,
verheiszt ergibige ausbeute, ist auf gute gänge gewiesen.
ANWEISZE.N, dealbare: die Stuben, die wände neu an-
wciszcn.
ANWELKEN, languere ineipere, ßaccescere: eine anwelkende
blume; ihre Schönheit welkt schon an.
ANWELLE, f axis mulae, das holz, worauf der klotz, die
welle, mit ihren zapfen ruht, in den pochwerken angewege, an-
gewelle. zu den Wasserrädern krümling anwellen. Kirchhof
mil. disc. 25.
ANWE.NDBAR, franz. applicable, nutzbar: anwendbar auf
alle fälle.
ANWENDBARKEIT, f.
ANWENDE, f was sonst anwand, anwande : suilent einen wech
ader eine anewende fursniden. weisth. 1, 911 ; auf den reinen
oder den dahier so genannten anwenden. Moser patr. ph. 3, 214.
ANWE.NDEL, n. sonst gcwende, die stelle, wo der fuhrmann
mil den pferden wendet. Stielep. 2500.
ANWENDE.N, advertere, inrertere, applicare, nnl. aanwenden,
ursprünglich an einen oder etwas wenden, wie mhd. noch fast
überall steht:
Sit deich die sinne sd gar an sie wände.
Walth. 110, 15;
ich hän den muot und die sinne gewendet
an die reiuen, die lieben, die guoten. 110,20;
«wer an rehie güele
wendet sin gemUeie. Iw. 1.
durch die Verknüpfung des an mit dem verbum erwächst wie
in allen ähnlichen fällen, z. b. bei anfallen, angehen, angrei-
fen, anstüszen eine mehr transitive bedeutung.
1) anwenden, ani sinnlichsten, wenn es auf personen gehL
den feind anwenden bedeutele sonst sich an, gegen den feind
wenden, den feind angreifen:
wa ich mein feind selbs anewend.
.McR.tRR schelment. 24, 10;
so darf er alle bisrhöf sehenden
und die cardinal anwenden, luth. narr 2134;
der adel ist ein unruwig volk, das der kirchengüler gefar ist,
und auch die geistlichen oft anwendet. Frank welth. 46*; so
dicselbigen durch die feind oder iren gegcntheil ersucht und
angewendt werden. Fronsp. Är/ejjfc. i, 53' ; ehe sie sich in den
anzug begaben oder den feind anwendeten und ersuchten.
Fiscuart Garg. 201' ; mulwill, damit du uns . . . räuberisch
und tyrannisch anwendest. 216*. eine leiche, einen todlen an-
wenden, rofi thieren gebraucht, hiesz sonst ihn angehn, an-
rühren, anfressen : ihr leich begraben si nit ce, si seind dann
vorbin vun hundcn oder vögeln angewendet. Frank ife/Ift. I9a*;
bauienhuben, die vom ro<zhütcn an bisz sie irgcnds einen
graben füllen oder sonst hinter einer hecken verschmachten
und von den raben oder hundcn noch halb lebendig ange-
wendet und gefressen werden, von ihrem christcnihuin we-
niger als nichts zu sagen wissen. Simpl. 2, 467. mhd. würde
statt den feind anwenden gesagt sein den- sin oder muot an
den vient wenden, einen anwenden mag aber aucli bedeutet
haben cognalione attingere, wenigstens kommt angewandt vor
im sinne von propinquus.
2) anwenden, auf sachen bezogen, applicare: das sie die
profandt nicht anwenden {verwenden) und verkaufen, bisz sie
durch den profosen geschätzt. Frumsp. kriegsb. 1,68";
sott ich mein gelt aus meiner hnnd
mein) valier wenden an {tuwenden). Atrik 142';
so llndet sich in mein«r bnist
doch gar kein lu<l, mit frechen hiindcn
ein unverdiente frucht noch blust
unwenhen gasten aniuwenden {tuiuwenden). Wkckb. 542;
Cnotpus hat iirei tausent golden auf «ein lernen <Dgewao<L
LocAU 3, 2. 6;
33 ♦
519
ANWENDER — ANWERDEN
ANWERFEN — ANWESIG
520
sie war an Schönheit reich,
an vielen gaben hold, der liehen {aclor. 9, 39) zu vergleichen,
der weisen künstlerin, ein ausgesteckies zeichen
der angewandten zucht. Fleming 133;
waseer anwenden um das feuer zu löschen, feuer anwenden,
um etwas in asche zu vcfwandeln, ahd. fiur anawentau (an
den bäum). 0. 1. 23, 54 ; gute lehre und unlerrichtung, so an
einem ungeschlachten tölpcl angewandt wird. f>eis. roscnth.
8,75; fleisz und mühe anwenden; nach der strenge auch die
gute anwenden, das isl jenes mlid. an giiele sin gemiiete wen-
den ; die gesetzc anwenden, appUqucr Ics bis; angewandte rege!,
Wissenschaft, angewandte bedeutung; ob Salinasius schon
selbst das beste davon hin und wieder angewendt hat. Les-
sing 8, 505 (auf derselben seile steht gewandt) ; sein geld an-
wenden, employer; bei ihm ist es gut oder übel angewendet,
gar nicht angewendet, gute bei ihm nicht angewandt, einen
acker, ein grundstück anwenden für anstoszen, angrenzen galt
in dem sinn, der bei anwand erläulert wurde.
3) sich anwenden, ahd. sih anawentan. 0. 1. 15, 34; das
wir uns anwenden. Melissus ps. E 3'. G 5*.
ANWENDER, m. ein auslegcr, ein anwender der zeiten.
HEItDER 10, 318.
ANWENDLICH, was anwendbar.
ANWENDUNG, f. applicatio. vgl. nutzanwendung.
ANWERBEN, ambire, procare, conscribei-e, nnl. aanwerven.
werben ist ursprünglich versari, circumire und gilt zumal von
entsandten boten, die ein geschäß für einen andern ausrichten
und XU Staude bringen sollen, botschaft werben, man liesz
werben um leute und nach sachen (gramm. 4, 841), aber auch
an leute oder an leuten, denn beide casus gelten:
ouch warp diu küneginne sint
mit bete an Hüedegere. kl. 1925;
warp ij späte und vruo an die vrowen scöne;
haben an den bischof suchen und werben lassen. Müllers
reichst, theat. III. 1, 628 (a. 1459), woraus sich beides ansuchen
und anwerben verständigt, mhd. sagte man eine frouwen und
umb eine frouwen werben, nhd. blosz um eine frau werben
oder anwerben, dagegen hciszl es mannschaft anwerben, ein
beer anwerben : der alte ritlcr Hans will uns allen eine feier-
liche rede halten und um mich anwerben. Tieck 5, 70 (vgl.
anhalten); es ist hier verboten Soldaten anzuwerben; plane,
die der mensch anwirbt und abdankt. J. Paul Tit. 3, 51.
ANWERBER, m. procus, freier.
ANWERBUNG, f. procatio, expetitio: der berr noch von
keiner anwerbung gegen sie gedenken wollte, maulaffe 74 ; die
probe seiner deutschen beredsamkeit in einer mündlichen an-
werbung ablegen. Liscov 426 ; er nahm seine anwerbung wie-
der zurück. Lessing . . . ; froh darüber, dasz sie wenigstens in
dem augenbücke der anwerbung und des ersten einlrittes des
verehrten mannes nicht zugegen zu sein brauchte. Tiecr ges.
nov. 3, 56 ; mit deiner anwerbung ums fräulein. Schiller 114.
ANVVERDEN, dem ahd. anawerdan (Graff 1, 995) entspre-
chend, an einen kommen, gelangen, isl schon mhd. geschweige
nhd. völlig erloschen, und hier nur aufgestellt, um es dem fol-
genden ganz verschiedncn anwerden entgegen zu setzen.
ANWERDEN, privari, expcitcm esse, los und ledig werden,
in dieser worte haß hat sich noch die alte, sonst in nhd. ohne
verderbte praep. äne erhalten, vgl. oben unter ahne und ebenso
in angfcr für ohngefähr, ungefähr, in der allen spräche ver-
band sich diese parlikel häufig mit den abslracten begriffen
sein, wesen, werden, bleiben, thun und der von ihr abhän-
gige gen. ]ißegte voraus zu gehn, bisweilen auch nachzufolgen,
ahd. föne diu nc was er iro äna. JV. ps. 35, 5; er ist äne
Worten des muolcs tugede; der gnüda er wart ine (Graff 1,
283). mhd. der sorge isl nieman äne. Freid. 116,8;
da; wir niht mohtcn äne s6 gr6jes schaden sin. Nib. 9S2, 2;
Sit ich sin änc komen bin. Iw. 4735;
die des küneges gerna wceren äne. Waltii. 29, 15;
er wart vi! frcudcn jmic Parz. 805,5;
welches ine doch stets für die parlikel, nicht für ein unßeclier-
les adj. = aenec 21« gellen hat, wenn schon wir ledig und los
in gleichem sinn zu werden fügen.
Ühd. stellen setzen anfangs noch den gen., bald aber den
acc, wie bei los werden : welcher geschickiigkeit so man an-
siiicl, scheinet es wol, das ir lichter zuviel zeit und papir ge-
liabt, derselben nicht liat gewust bas anznwerden. Luther 1,
4S'; alle ir gut mit den erzlen war anworden, tisclir. 349";
alles bringen wir also umb und werdens unnütz an. 429";
der wil sein sun werden an {= los werden, verheiraten),
fasln, sp. 571, 15 ;
wenn sies allein nur theur anweiden.
P. Rebhuhn klag des armen manns s. 7;
besser ists gwonnen dann anworn (anworden).
AyRER 129',
alln. betra er hafa enn an vcra;
ir seit mir eben recht mit kommen,
ich weisz sie schon zu werden an. 213';
wie eim frommen vatler gebiu't,
der seine kiiider gern wol an wird (verheiratet). 229';
waare, die man nicht so leicht wieder anwerden kann. Ettners
hebamme 290 ; ist auch so glücklich binnen zwei jähren allein in
Frankreich vor 20000 th. dergleichen falsche münze anzuwerden.
■ Felsenb. 2, 243. auch in dieser letzten stelle ist, wie in denen
bei Ayrer, das loswerden zugleich ein anbringen, an den mann
bringen, woraus sich doch kein an = ana folgern läszt. Seit
dem 18 jh. ist in der schrißsprache dies anwerden erloschen
(Stieler führt es 174 noch an), niemals aber dafür ohnwerden
gesagt worden oder statthaß. unterm volk lebt aber das an-
werden noch hin und wieder, zumal in Baiern: i ha mei war
nit aworn, hast dei geltl wider a worn, du lump ? Scumeller
I, 62. vgl. anwehren.
ANWERFEN, adjicere, injicere, nnl. aanwerpen, eins an
das andere werfen, ein kleid anwerfen, schnell überwerfen,
umwerfen; den Schlafrock, mantel anwerfen, an sich, an die
schultern; ihm meine kultenhalfter anzuwerfen. Garg. 25l';
einen mit augcn anwerfen. H. Sachs IV. 3, 39', oculos injicere
in aliquem;
ihr habt ihn lieber als eurn man,
habt ihn mit äugen gworl'en an. Ayrer fastn. 79';
die brücke anwerfen (an das ufer), injicere pontem, brücke
schlagen. Garg. 226"; die änker anwerfen (an dengrund), an-
choras jacere. Garg. 238' ; die leiter anwerfen '(an die mauer,
an den galgen) : es ist keine einzige seile, kein einziger noch
so versteckter winkel, dem er seine Sturmleitern nicht ange-
worfen. Lessing 10, 48 ; mit ihm dem galgen zu eileten, die
leiter anwürfen und den armen Schwaben hinauf führten.
wegkürzer 14'; das schif anwerfen, anstoszen, antreiben an das
gcstade; der ström, der stürm warf das schif gewaltsam an;
lüsgespült wie ein sandkorn und an ein fremdes gestade an-
geworfen. TiECK 8, 59; eine sehr kalte steinart, an die sich
bei eintretendem thauwetter die feuchtigkeit häufig anwirft.
GöTHE 31,88; einem eine klette anwerfen; kalk, leim anwci-
fen (an die mauer); als zugäbe, als einen angeworfenen zier-
rat. TiECK Sternb. 1,246. Dann aber auch abstracl: bei einer
Jungfer anwerfen, virginem ambire (vielleicht f. anwerben); der
bischof liesze anwerfen (gab zu vcrstchn), das man im den
münch schicken wolt. Luther 3, 31; bisz auf die heutige stund
hastu auf der andern selten angeworfen, gezogen und gerei-
zet sich bei dir anzukleben. Spee g. lugendb. 260; wer? wer
sagte dir, was so kühn du mir anwirfst (vorwirfst)? Herder
II, 57 ; eine irgend woher angeworfene Schwärmerei. Fichte
best, des men.'^chen 233; daher wirft sich der heiligenschein
einiger glänzenden recensionen so vortheilhaft einer ganzen
anstalt an. J. Paul acsth. 3, 47. beim spiel heiszt es auch an-
werfen, den ersten warf haben, und den schneidern etwas an-
nähen, s. anstoszen unter 9.
ANWESEL, s. awesel.
ANWESEN, n. praesentia, gegenwart, aufenthalt, nnl. aan-
wezen: er (Friedrich 2) hat erstlich zu Mcinz sein hof und
anwesen, ein liebhaber der Schwaben und Teutscben. Frank
c//ron. 188*; daher bair. und östr. hauswescn , grundbesitz,
grundstück, ein schönes anwesen zu verkaufen; zu Alhena bei
sein anwesen. H. Sachs 1, 239*; in ihrem anwesen. Garg.lh2';
rede von meinem geinüt also, dasz du es in meinem anwe-
sen verantworten kansf. pers. baumg. 7,15;
ach wcrs bei seim anwesen gschehenl .\trer361";
Lotharius bekräftigt bei seinem anwesen in Rom die freie
pabstwahl. Hahn 1, 142; fünftens reden die auctores von des
kaisers anwesen zu Rom. 3, 1S6. vgl. abwesen.
ANWESEND, praesens, nnl. aanwezend, m dieser spräche
hat sich auch das vcrbum aanwezen adesse reg erhalten.
ANWESENHEIT, f. praesentia, jetzt üblich statt des veral-
teten anwesen.
ANWESENVERKAUF, m. vcnditio praedii. deutsche allg.
zeit. 1852 s. 1146.
ANWESIG, jiracscns, nnl. aanwczig: den meistern und gesel-
len, welche durch ausschusz anwesig. Schmclzel 239. s. abwesig.
521
ANWETTERN — ANWUCHERN
ANWUCHS — ANZAHL
522
ANWETTERN, wie ein weiter anfahren, anschlagen: er
kommt angewettert, wettert an.
ANWETZEN, acuere: dem messer eine spitze anwetzen;
mit dem sübel auf den steinen anwetzen.
ANWICKELN, invohere, gewöhnlich einwickeln.
ANWIDERN, repugnare, zuwider sein, schwächer als an-
ekeln : weil ihn jede andre art zu rauchen {als aus thöner-
ner pfeife) anwiderte. Göthe 31, 232; dichterwerke, leider
solche, die mich äuszerst anwiderten. 60, 253.
ANWIEHERN, adhinnire: der soll könig werden, den das
ros bei Sonnenaufgang anwiehert, er wieherte mich an, ton
fferdemäszigem gelochter.
ANWILLE, ffl. induclio animi, bei Stieler 2536, bedarf bes-
serer beglaubigung.
AN"\VI.M.MELN, scatere, abundare, franz. fourmiller: unter
der üchle wimmelt es an Ton ameisen ; der käse wimmelt an
Ton milben.
ANWIMMERN, obvagirc: das kind wimmerte seine mut-
ier an.
ANWINDEN, alligare: der ephen windet sich an. nn/. aan-
winden.
ANWINKEN, atmulare: im Torübergehen schnell und heim-
lich anwinken; niemand bemerkte, dasz ihn das mädchen
anwinkte; das gestade winkt die im schif vorübergleitendcn
freundlich an; von keinem ufer jemals wieder angewinkt zu
werden. Tieck 8, 103.
ANWINNEN, vicloriam reportare, nnl. aanwinnen: und da-
mit gewann er auch, und ist genennet ein mann, der gott
angewonnen hat, das ist Israel. Luther 1, 51s*. doch be-
rechtigt dies pari, nicht auf den inf. anwinnen zu schlieszen,
kann auch zu angewinnen gehören, was man nachsehe.
ANWINSELN, was anwimmern.
ANWINTERN, hieme adventare, hibernare:
doch eh regen und stürm anwjnterte. Voss 3, 140.
ANWIRBELN, turbine adventare: Schneeflocken wirbeln an.
ANWIRKEN, attexere, nnl. aanwerken : eine blume an die
andere anwirken; das stück ist zu kurz, es soll noch etwas
angewirkt werden; auch anfangen zu arbeiten, bei den salz-
siedem, anfangen zu sieden.
ANWISCHEN, affricare, allinere: redlichem namen einen
flecken anwischen. auch ein fechterausdruck, ich hab ihm
eine, angewischt, ausgewischt.
ANWISPELN, assibilare, anzischen, von schlangen.
ANWISPERN, dasselbe, anflüstem.
ANWITTERN wird gesagt bergmännisch von sich anlegen-
dem, anfliegendem erz, angewittertes erz; weidmännisch aber
vom anmelden des wildes:
lieber Weidmann,
was wiuert dich heut an?
ein edler hirsch und ein schwefn,
was mag mir besser gesein ?
weidspr. fr. 1. 35. 40. 119.
ANWITTERUNG, f. bergmännisch, vom anlegen, anfliegen
des erzes: steine, die ich ihrer schwere und anwittcrung nach
für eisenstein hielt. GOthe 2S, 153.
ANWO, adv. verstärktes wo.
ANWOH.NE.N, accolere, mit dem iat., den auch das lat.
4)erbum zuweilen statt des besseren acc. braucht :
ganz am ende des feldes, dem Dicht anwohnet ein nachbar.
Voss Od. 5, 4S9 ;
dem Rhein und Main anwohnen. Götue 25, 57 ; die vortheile
derer, welche der see anwohnen. 26, 241. auch einem fest
anwohnen, beiwohnen.
ANWOHNER, m. accola : anwohner des Rheins; wie un-
ter allen diesen neben- und anwobnern eine familiennach-
barschaft sei. Herder 1, 40.
ANWOHNUNG, f : es fragt sich, ob' ein Tolk in neuent-
dccklen ISndern eine anwohnung {accolatus) und besitzneh-
mung in der nachbarschaft eines volkes, das in einem sol-
chen landstriche schon platz genommen hat, auch ohne seine
einwilligung unternehmen dürfe? Kant 5, 191.
ANWOLKEiV, sich, nubes colligere: es wölkt sich an, be-
wölkt sich, nubes globantur; der hiramel erscheint angewölkl,
bewölkt.
ANWORFELN, venlilare, etannare, was da* einfache wor-
feln, qetraide mit der schaufei werfen.
A.NWUCHER.N, adaugeri, nnl, aanwoekeren: das unkraut
wuchert an.
ANWUCHS, m. inerementum: anwuchs des jungen holzes,
anwuchs des volkes; nach dem masze des anwuchses des
klumpens eines körpers. KArrr 8, 271 ; mit dem anwüchse der
zeit iprocedente tempore). J. Pacl Fibel 46. s. anwachs.
ANWÜHLEN, fadere incipere: der maulwurf wühlt die
erde an.
ANWUNSCH, m. der form, nicht der bedeutung nach dat
lat. adoptio, welches von optare = eligere abstammt, doch
scheint eben die vei'deutschung des adoptare in anwünschen
auch jenes anwunsch, kaum vor demlijh., nach sich gezogen
zu haben:
es glichen den tagen die näcbte,
auch dann nahm sein argwöhn nicht ab,
noch wann er die frostige rechte
zum anwunsch des schlafes ihr gab.
IIagbdorm 2, 88;
0 schicke durch die lüfte
viel tausend süsze düfle
lum anwunsch sanfter ruh
Lucindens fenster zu. Zachariä 2, 278.
ANWCNSCHEN, adoptare, aber nicht in der rechtlichen be-
deutung, vielmehr votis conceptis optare alicui, in gutem oder
bösem sinn : in summa aller und jeder orten und teilen, so
von gott und der natur dem menschlichen cörpel angewünscht
und mitgetheilt worden. Thurxeisser infl. wirk, aller erdgew.
vorr. II ; ein jede krankheit, welche da von dem teufel dem
menschen aus göttlicher verhenknus angewünscht wird, des-
sen prob, der harnen. 76.
weil alter eine krankiieit ist, so kan man dem vergeben,
der uns den tod bat angewüoscbt und nicht ein langes leben.
LOGAü 2, 5, 42 ;
als sie der königin erschien, welche keine kinder hatte, und
die fee Fanferlüsch beschuldigte, dasz sie ihrs angewünscht
habe. Wieland 11, 34 ;
segen und heil anwünschend dem neu rermäbleten brautpaar.
Voss 1, 195;
ihren fluch gab und ihm anwünschte, dasz er ganz im was-
ser leben und dort wohnung und aufenthalt finden möge.
TiECK ges nov. 1, 58.
ANWÜNSCHUNG, f. häufig formelhaft: mit anwünschung
langwieriger regierung, unter anwünschung einer geruhigen
nacht, alles heils und segens.
ANWURF, m. nach verschiednen bedeutungen des anwerfens :
anwurf des kleides, des ankers, der leiter; anwurf des kal-
kes: an einigen stellen dieser rotunda ist etwas vom anwurf
der mauer gehlieben. Stolrerg 7, 178 ; häuser, welche äuszcr-
lich einen glänzenden anstrich und anwurf hatten. J. Pall
flegelj. 4, 40; anwurf, alluvio, vom icasser angeschwemmtes
land; bei mehrem handwerkem, was sonst anstosz, anschrot
heiszt; beim Würfelspiel der erste wurf bildlich für antrag,
anschlug, entwurf: weil sie sähe, dasz ich die anwurf, so
hierauf zieletcn, gar kalisinnig annahm. Simpl. 2, 131; lange
vor ankufift ihres briefs war schon von mir ein anwurf ge-
macht. Hev.nes br. an Joh. Müller 23 ; der erste anwurf des
frühüngs lag an den bergen. J. Pacl paling. 1, 66.
ANWCRFELN, den ersten wurf thun.
ANWURZELN, radices agere, würzet schlagen, nnl. aan-
wortelen: die pflanze, der bäum wui-zelt an {die erde), ist
angewurzelt; der keim konnte nicht anwurzeln, aber auch
transitiv figere, würzet schlagen lassen, an den boden heften:
jeder blick wurzelte mich staunenden an. Fr. Müller t, i^ ;
da hat michs angewurzelt, dasz ich nicht fliehen kann. Schil-
ler 132; bromberstaud, die auf der erden kreucht und sich
anwurzlet. Geskers namenbuch aller erdgew. Zürich 1542 bl. 10.
ANWURZLN, leviter, subtiliter condire: die niedlichsten
speisen anzuwürzen. Lobenst. Arm. 1, 1390 ; aagewürztcr duft.
Brockes 1, 60. 4,182;
zephyrs säszer ödem,
den ein feiner geist von tausend blumen
angewürzet und Teredelt baue. Götz 3, 179.
ANZACKEN vettere, stimulare: zum zom anzacken. Stie-
ler 2600.
ANZACKERIN, f femina sollicitans, lorquens.
ANZ.MIL, f. numerus, nnl. aantal, verhält sich zu zahl,
wie antheil zu theil, und will nicht die volle zahl, nur eine
bestimmte zahl, pars rata ausdrücken, wiederum steht kein
ahd. anazala, noch mhd. anczal aufzuweisen, die frühsten be-
lege bietet Orerlin 56 aus dem i$jh. zahl bezeichnet den ge-
tarnten inbegrif einer geringen oder groszen menge, anzahl.nur
523
ANZAHL— ANZAPFEN
ANZAPPELN — ANZEIGEN
524
einen Iheil davon: du bist unter dieser zahl {nicht anzabl)
auch begrififen; er wurde in die zahl (nicht anzahi) der göt-
ter aufgenommen; es fehlt noch eine anzahi {franz. bon
nombre) gaste; ich kann dir eine anzahi {nicht zahl) bäume
überlassen, doch kommen Verwechselungen beider Wörter vor.
stro sol man euch nit geben, aber die anzal ziegel seit ir
reichen. 2 Mos. 5, 18 ; etliche anzal der tage. 4 Mos. 0, 20 ;
ich wil dir aber die jar irer missethat zur anzal der tage
machen. Ez. 4, 5 ;
und mocht durch anzal böser leut
ir lob in werden ausgereui. Scuwarzenberc 152, 1 ;
item allerlei kleidung findt man in dapferer anzal feil. Frank
weltb. 229'; mehret sich disz nit alles nach anzahi und
menge der leut, die es gebrauchen? Garg. 65'; gegen diser
anzal zu rechenen. 80"; ein anzahi ihren {ihrer) enlran diser
seichschwämme. 118';
so grosz ist ewres lobs anzahi,
dasz auf eiumalil es nicht zu zöhlen.
Weckherl. 548;
eine runde anzahi ungefehr angeben. Lessing 8, 488 ; sind uns
in anzahi {besser zahl) doch überlegen. SciiiLLEn 327. Luther
verwendet auszer dem weiblichen anzal auch noch ein männ-
liches im sinne von frohndienst : und Salomo legt einen an-
lal auf ganzes Israel und der anzal war dreiszig tausent man.
ikön. 5,13; und sandte sie auf den Libanon ... und Ado-
niram war über solchen anzal. 5, 14.
AISZAHLEN, praenumerare, etwas im voraus oder in erster
frist zahlen; während der gröszte Iheil nachzuzahlen ist.
ANZANNEN, ANZÄNNEN, ringcre denies versus aliquem,
parare dentes ad mordendum, die zahne weisen, angrinsen, an-
fletschen, ahd. zäunen ringere (Graff 5, 686), was entsprungen
scheint aus zanien : das gesalz zäunet mich nit an, straft
mich nit und verdammet mich die zeit nit. Melanchthons
anweisung in der h. sehr, verdeutscht von Spalatin 73; haben
die Zungen aus den halsen gestackt, sie angezant. Thurneis-
SER nolhg. ausschr.l,S3; sintemal ein aller, ehrlicher man ehe
zu lieben ist denn ein alts weib, denn es lassens die allen
weiber nicht, sie zannen die jungen menner an. Agricola
$pr. n*. 673;
die pewrin mich grob anzannen. H. Sachs [I. 4, 2°;
thut mich scheutzlich anzannen. il. 4, 3';
von zöpfnonnen und alten mannen,
die das evangeli anzannen. IL 1, 88';
der plleger in sehr zannet an. 1, 498*;
der häufe der lyrannen,
welch meine seel anzannen. B. Waidis ps. 153' ;
Torm Schwert des grewlichen tyrannen,
der sie on aufliörn ihut anzannen.
11. VValdis Tlieurilank c. 117 hl. 108";
auf dasz der kinderfresser Saturn das ächzen und krächzen
«einer berekyntischer frawen Opsrhea im kindergebären nicht
hörte, noch vcrnem, wann der jung herfür kriechend bastart
Jupiter mit weinen und greinen den tag anzännet. Garg. 103*.
dies anzannen des tags entspricht dem geforderten beschreien
der wände von dem lebensfähigen hinde. Stiei.er 2596 t»er-
xeichnet noch anzannen, später erlischt das kräftige wort, den
Umlaut hat auch ein aus der ewigen weish. bei Oberi.in 56
angeführtes früheres anzennen : wie dicke hastu dem anzen-
nenden vigende isenin gebisse anegeslagen. mhd. stellen sind
noch nicht aufgefunden, aber zu vermuten.
ANZAPFEN, ANZAPFEN, dolium aperire, anstechen, ein
fasz anzapfen:
(rriinspecht die lagel an tbet zepfen,
dem norgsind schenkten ein zwo Schnepfen.
H. Sachs 1, 426'.
häußg aber, wie anstechen, pungere, lacessere, und man darf
es in dieser bedeutung nicht von einem verwandten anzupfen
herleiten: die Juden zepflent inwiteran. Keisersb. poi/. 2,28;
do hat er sie angezepft. 3, 90;
der Schnepfe, der Schnepfe
der wolt die braut anzcpfen. Uhland37;
wie heftig das hofleben von vielen ansehenlichen männcm
angezapft und durchgezogen. Phii.and. 1, 522; Ticck hatte ihn
beinahe in allen seinen schriflcn auf eine sehr empfmdliche
weise durch wahren tief eingreifenden witz angezapft. Fichte
Nicolais leben 59; einen mit Sticheleien anzapfen, dann auch
tinnliches anzapfen auf andere dinge angewandt: glauben sie
es nur im ernst, dasz dergleichen ideen bisweilen angezapft
werden. Hamann 7, 393 ; indem ich die alten teiche und
sümpfe meiner Studien wieder anzapfe. Göthe an Knebel 510 ;
jetzt leider scheint man in beiden Städten {Ulm und Nürn-
berg) das fasz des Staates unten einen zoll hoch über der
hefe des pöbeis angezapft zu haben. J. Palt. Siebenk. 1, 75.
ANZAPPELN, motando pedibus adventare, angezappelt kom-
men.
ANZAUBERN, maleficium alicui inferre, einen festbannen:
ich will ihn lenken, ihn anzaubern, ihn am fädchen herum-
ziehen ; standen wie angezaubert und wichen nicht von der
stelle ; einem eine kränkelt, die liebe anzaubern.
ANZÄUMEN, frenum injicere: ihm meine kuttenhalfter auf-
nesteln, anwerfen, aufsatteln und anzäumen. Garg. 25l'.
ANZEHHEN, adedcrc, attcrere: von leisem ödem angezehrt.
Stolberg 5, 229.
ANZEICHEN, n. nota, indicium, omen, merkmal, zeichen;
das ist anzeichen eines bösen gemütes; eines frühzeitigen genies,
eines schönen tagcs, einer sich entwickelnden krankheit {versch.
von den zeichen einer entwickelten); sie erschrecken mich durch
ihren Unglauben fast ebenso sehr, als ich über das anzeichen mit
der Schüssel erschrocken bin. Gellert 3, 148 ; die geschichte von
einem anzeichen, das es gegeben hätte, da sie mit Christianchen
in den wochen gelegen hätte. 3, 166; die fruchtbare materie von
Vorbedeutungen, ahnungen und anzeichen. Wieland U, 323.
ein zeichen das an uns tritt, sich ankündigt, als indicium
freilich mit anzeige zusammentreffend, darum auch zuweilen
fehlerhaß geschrieben anzeigen, s. «. d. wort.
ANZEICHNEN, notare, annotare, memoriae mandare, nnl,
aanleekenen, anschreiben, anmahlen, anmerken: ich zeichne
mir beim lesen gewisse stellen an; er ist angezeichnet; die
hinter jedem bilde angezeichneten römischen zahlen. Göthe
39, 7; was den herculanischen alterthümern und neuern
künstlern angehört, ist gleichfalls angezeichnet, daselbst.
ANZEICHNER, m. annolator, in der schule, decurio.
ANZEICHNUNG, f. annotatio.
ANZEIG, m. indiculus, indicium: werden auch nach vieler
{mullorum) anzeig bis zum ende verbleiben. Reltter kriegs-
ordn. vorr.; dem anzeig nach. Simplic. 1, 202.
ANZEIGE, f. indicium, meidung, nach analogie von ahd.
zeiga, forazeiga wäre auch anazeiga statthaft, wir sagen an-
zeige geben, thun, machen ; es geschieht anzeige, kommt zur
anzeige; ohne dasz wir nöthig finden, jedesmal besondere
anzeige zu thun, wer die redende person sei. Wieland 6, 53 ;
gibt also anzeige auf den satz des zureichenden grundes.
Kant 3, 370 ; der verstand gibt anzeige auf ein übersinnRches
Substrat der natur. 7, 37 ; die zweckmäszigkeit, ob sie gleich
auf naturzwecke anzeige gibt. 7, 240. gelehrte anzeigen.
ANZEIGEL, m. indiculus. nach dem voc. ine. teut. occasio,
ursach.
ANZEIGELICH, manifestus: und darüber ufgebot anzeige-
lich gegen mir hat. Cumel Maxim, s. 31.
ANZEIGEN, indicare, melden, ankündigen, sehr häußg bei
Luther, z. b. du hast mir heute angezeiget, wie du gutes
an mir gelhan hast. 1 Sani. 24, 29 ; das du inen anzeigest,
wer auf dem stuel nach im sitzen sol. 1 kön. l, 20 ; der herr
hat mirs verborgen und nicht angezeiget. 2 kön. 4, 27 ; gieng
im entgegen und zeiget im an. 4, 31 ; und sie zeigeten im
an, 6, 13; durch dise meine protestation ist klar genug an-
gezeiget, das ich zwar t<ol irren kan, doch kein kelzer wil
erfunden werden. Luther 1,12'; trewen dienst reichlich anzei-
gen. 5, 14* ; magister Philippus wil nicht schriftlich dem Herz-
heiiner anzeigen und hat seine Ursache. 6, 115' ;
ein pnr lierlich irogedl,
zeigt an von schönen, ktlnen wescn. Atrer 187';
dem winl jeder gerne schweigen,
der im nur nichts an wird zeigen. Logau 2, 0, 08.
einen der Obrigkeit anzeigen, rfenunci'eren; ein aderlasz war hier
angezeigt. Hufei and kl. sehr. 321 ; ein buch anzeigen, sowol von
Seite des Verlegers als des beurtheilers : wären die arbeiten unsers
dichtcrs (Giitbel) in reinem deutsch geschrieben, so brauchte es
weiter keiner anzeigenden enipfehlung. Göthe (in Hirzels fragm.
s. 12). sich anzeigen bedeutet sich darstellen, vorstellen:
dasz ich micli in dem rath zeig an. Avrkr97*;
ehe dann er gen On zöge, soll er sich zuvor bei ihm wider
anzeigen. Ayrer proc. 2, 9. Göthe braucht es von knospenden
blumen und von erscheinenden geistern: mit welchen empfin-
dungen betrachtete Ottilic die späteren blumen, die sich erst
anzeigten deren glänz und fülle dereinst u. s. w. 17, 181;
Marie stirbt und zeigt sich mir an. 8, 156. 42, 156. 442 ; Franz
(zeigt sich an). Adelheid! 42, 227.
525
ANZEIGEN — AN7EIGUNG
ANZEIHEN— ANZIEHEN
526
ANZEIGEN, n. indieium, merkmcl:
er errot (erröthet) nie unter den äugen,
I das gibt mir gar ein guis anzaigen,
die Treiber wolln in sust uberfaigen.
fasln, s^i. 545, 26 ;
welches ist ein anzeigen, inen der verdamnis, euch aber der
Seligkeit. Philipp. 1, 28 ; diesen aber ein anzeigen geschehe.
weish. Salom. 16, 4 ; weisz ers, so ists ein bubenstück, weisz
ers nicht, ein anzeigen, das er noch wol ein weil eins Schul-
meisters bedarf. Lltheb 3, 465'; welcher statt kein anzeigen
meer vor äugen ist {von tcelcher sladt kein zeichen mehr üb-
rig ist). Frank uelib. 65'; du kannst so in dir sein und aus-
wendig so verstört und albern aussehen, und das sind gute
anzeigen. Cl.\udils 3, 103. richtiger wäre anzeichen.
ANZEIGER, m. index, nuntius, anmeldet: und vielleicht
sind die orgeln derselben senger und beter, figur und an-
reiger. Lltber 1, 74*. oß die benennung ülfenllicher bldtler
und leilungen: der reichsanzeiger.
ANZEIGERIN, f.
ANZEIG.MS, f. indicalio: ein ieglich ding, das da soll dem
Hecht der natur gemesz ausgelegt werden, das soll genom-
men werden aus der anzeignus der ersten Schöpfung. Para-
CELSCS 1, 103'.
ANZEIGUNG, f. indieium, indicalio, demonstratio, der eh-
mals gangbare ausdruck ßr das heutige anzeige : sieben an-
zeigung unsers elends und dürftigkeit. Lutber l, 69'; wer
nicht gnugsam anzeigung darumb kan thun. 3, 112'; die
Römer meineten auch ir reich soll ewig stehen und hatten
des viel anzeigunge und ratschlege, aber es ist alles daliin.
3, 249 ; das ist alles ein anzeigung des alten brauchs der
kirchen. 6, 45S'; redlich, gnugsam anzeigung. peinl. haisqer.
ordn. ton 1532 ar/. 18 — 42; welchs ein gnugsame anzeigung
ist Fra."«k ttcltb. 22'; die allen gebeuw daselbig geben wol
anzeigung der gröszc und feste diser Stadt bis auf disen
tag. 166*; aus disen und vil merem anzeigungen. Aimonrorr.;
ihre gestalt gibt anzeigung, als ob sie gebrüder werent. D4;
gab wol ein anzeigung, das er der best ritter der weit wcre.
B. ; ein anzeigung unmenschlicher grausamkeit. Kircueiof
vendunm. 7"; denn seine mores nit solcher herlichkeit anzei-
gung von sich gaben. 155'; dieses gibt ein gewisse anzei-
gung. 237*; welches ein anzeigung gibt heuliger unvolkom-
menheit. Garg. 41'; bei solchem see sind auch noch etliche
anzeigungen eines gar alten gebäudes. Micrälils a. P. 1, 26;
und i.st mir (rniig anzeigung gebn. AtrirS*;
so ists ein anzeigung lurwalir,
es krig ein andern herrn disz jar. 33$';
CS ist eine anzeigung eines unverschäinlen sicheren gemütcs,
einen jedweden, wie unvernünftige Ihiere thun, ohne unter-
scheid anlaufen. Opitz poe/e/e» 24; unsere etliche hiellen diesz
für eine böse anzeigung {bOses anzeichen) unser angehenden
schifliirt. pers. reiseb. 2, 2; und disz ist keine schlechte an-
zeigung des wahren Ursprunges der Grönländer. 3, 4 ; 0 wie
viel fürtrefliche und weiland ansehnliche leute liegen unter
diesem erdboden, von welchen auch nicht eine einzige spur
und anzeigung mehr vorhanden, dasz sie gewesen sind. pers.
rosenlh. 1, 3 ; richtige anzeigung geben. 3, 5 ; also ist auch
eine krankheil nicht stracks eine gewisse anzeigung eines
gegenwärtigen todes. 6, 1 ; eine anzeigung seines gar schlech-
ten Verstandes zu erkennen geben. 7, 14 ; anzeigungen des
Sieges. LocauI, 8, 46; anzeigungen oder abmerkungen:
das m.TuI lielreugi,
die nnse leiigl :
ihr klugen leute
wijt was ich denic. 2, iiufabe 17;
nam auch den gfirtcl ihr alsbald ab von der lenden,
und als der alt ihn wol besah in seinen hnnden,
erkaot er ihn und hielt di>r alten leugniH «ar,
weil all anzeigung ihm dünkt olTerihar und klar.
Werders i4ru»>l 23, 49;
die traurigen anzeigungen bei den Römern für der Schlacht.
LoRENST. irm. t, 3, 5; kön. maj. solches zu wissen theten mit
der anzeigung dasz u. s. w. uegkürzer \0 ; ohne einige an-
zeigung von lies«erung. Weise erzn. 361; vermerkte sie bald
darauf die anzeigungen ihres eigenen herannahenden todesl
FWsen&. 1,78; es ist keine gulc anzeigung vor mich, dasz
ihr das erstemal auf meiner stube mit einem körhgen er-
scheinet, gewis, dieses solle mich fast abschrecken euch einen
vertrag meiner aufrichtigen und ehrlichen liebe zu thun.
1, 396; auch er legt es uns so nahe, dasz wir unserm le-
set nnd ihm durch anzeigung mehrerer stellen unfehlbar ver-
drieszlich fallen würden. Lessing 6, 62. verschwindet später
und wird durch anzeichen orfer anzeige ersetzt.
ANZEIHEN, accusare, anschuldigen, zeihen, nnl. aantijgen :
da Yonet sich von Constans einen Verräter anzeihen bort ;
Constans, es ist unrecht, das ir die velter und mich anzei-
hent, wir sollen wissen u. s. w. Aimon D.
ANZEILEN, ordinäre, componere, reihen- und leilenveise
anßgen: das sie als kluge bawmeister den grund zum tem-
pel gottes werklich angeleget, darauf nun andere kirchendie-
ner lebendige steine anzeilen und' versetzen sollen. Mathe-
SILS97'; ir bergleut seid die lebendigen steine, die wir kir-
chendiener polieren, aushawen und bessern und durch den
geist gottes anzeilen und verbinden. 98'.
ANZERREN, attrahere, heßig, gewaltsam anziehen: die
handschuhe, strumpfe anzerren, dafür wird in folgender stelle
geschrieben anzarren : der könige gemüte wird bisweilen von
vielen widerwärtigen geschäften so verworren, dasz sie nicht
allezeit der Völker anlaufen und anzarren mit gedult ertragen
können, pers. rosenth. l, 15.
ANZETTEL, m. stamen lextorum, trama, zetlel, anschere,
anwurf, böhm. osnowa. hiernach das folgende terbum.
ANZETTELN, ursprünglich alteiere, anweben, ein gewebe
festigen, ordiri tramam, in häufiger anwendung auf das begin-
nen und anstiften anderer dinge: sie haben in angezeigter
nacht als wahre meutmacher unter sich verabredet, zu einer
ausländischen gelehrtenrepublik überzugehn und allda so-
fort nach beiderseitiger ankunft gar manches einzufädeln und
anzuzetteln. Klopst. 12, 307; durch einen krieg, den er selbst
ingeheim angezettelt hatte. Wiela.nd 7, 356; dasz ein solcher
mann eine verrälherci gegen den Staat angezellelt. 8,42; das
resultat dieser beratschlagung war, er müste etwas zwischen
dem alten Kassim und seiner frau anzuzetteln suchen. 8, 258 ;
wenn er einen geheimen bund gegen sie anzettelt. 16, 207;
von hof- und schulfüchsen ist es ihnen angezettelt Herder
18, 175; einen gar einseiligen briefwechsel die neuste litera-
tur betreffend anzuzetteln. Hanann 7, 77; keinem schlauen
Perikles nird es in der Schweiz gelingen einen krieg anzu-
zetteln. Stolberg 6, 110 ;
der ewigen weberin meisterstück
das hat sie nicht zusammen gebettelt,
sie hals von ewigkeit angezetlelt. Göthi 3, 100;
meine räche sei lusl und freude an dem handel, den ich
nun anzetteln will. Klincer 1, IflS ; eine Verschwörung anzet-
teln. II, 271 ; um einen zweiten kämpf zwischen vater und
Sohn, den das schweigen des lords angezettelt, abzuwenden.
J. Fall Hesp. 4, 136; revolulion, die sie doch selbst angezet-
telt hallen. Bettine br. 2, 228.
ANZETTEN, in gleicher bedeutung: unlang nach jetzt be-
schriebener unrüwiger handlung zeltete sich noch ein anders
spiel an. Stettler 2, 59.
ANZETTLER, m. impulsor, auclor, anheber, stißer.
ANZICK, m. f acor et mucor tini, anstich, stich : der wein
hat einen anzick, zick, nd. tik ; für anzick der weine, damit
man die anzick {acc. sg. f. oder pl. m. ?) vertreibt. Scd«. 4,
223; diese kräuler bewahren das bier vor anzick und allen
bösen zufallen. Hohberg 2, 47'.
ANZICK, aeidus, subacidus, umschlagend ins saure : an-
zicker wein, vinum acetosum. rocab. ine. teut. ; wein wenn
er anzick wird, absteht oder vorderben will, kann man zu
gutem Weinessig machen. Hohberg 1, 375*; sauren und an-
zickwein süsz zu machen. 1, 372'.'. Sch». 4, 223 führt auch
anzickig, nulans in rcligione an, gleichsam anttichip ton
ketzeret, das adj. anzick könnte aus anzicke oder anzickend
gekürzt sein. s. das folgende.
ANZICKEN, ansloszen, anriihren, anslechen, nd. antikken,
mit schnellem, kurzem slosz anrühren, nnl. aantikken : die ku-
gel hat nur angezicki, den kegel leicht berührt; seine krank-
beit zickl ans fauliieber; das gelrank zickt an {das saure).
ScRM. 4, 223; der wein zickt an, subaeescit; wann ein wein
essigt oder anzickt. Tabernaehont. 604. ein gutes worl, das
mehr gebraucht zu werden verdient, s. zick und verzickea.
ANZIEGEL, s. da* folgende, oder anzügcl?
ANZIEHEL, m. induelorium: der lupfcr soll also gefonnl
sein wie ein anziegel , dar man die schuh mit anzeucht.
Fronsp. krieqsb. 2, 189'. *. anziehen
ANZIEHEN, allrahere, gegensatz des abziehen», in mehrfa-
chem sin».
527
ANZIEHEN
ANZIEHEN
528
1) kleidungsslücke anziehen, sich oder andern, oft gleich-
viel mit antliun und anlegen, doch ein wirkliches ziehen oder
schieben an, über den leib oder das glied des leibs voraus-
setzend, darum Itciszt es den mantel anlegen, nicht anziehen
{iviewol es Luther sagt Zachar. 13, 4), weil er an die Schul-
ter gelegt, gehangen, nicht gezogen wird; umgekehrt hand-
schuhc, schulie, strumpfe anziehen, nicht anlegen, anlhun ist
allgemein und für beides gerecht, den mantel anthun, die
schuhe anthun; für anziehen überhaupt, ohne bezug auf die
einzelnen stücke, gilt ankleiden, und gott der herr machet
Adam und seinem weihe rücke von feilen und zog sie an.
1 Mos. 3, 21; und nam Esaus köstliche kleider und zog sie
Jacob an, irem kleinern son. 27, 15 ; so gott wird mit mir sein
und hrot zu essen geben und kleider anzuziehen. 28, 20 ; und
sie macht sich auf und gieng hin und legt den mantel ab
und zoch ire witwenkleider wider an. 38, 19; und er liesz
sich bescheren und zoch andere kleider an. 41, 14; und den
sönen Aaron soltu rücke, gürlel und hauben machen und
soll sie deinem bruder Aaron sampt seinen sönen anziehen.
2 Mos. 28, 41; Aaron anziehen den engen rock. 29, 5; zogen
alte kleider an. Jos. 9,5; darumb ziehet secke an, klagt und
heulet. Jer. 4, 8 ; zeuch secke an und lege dich in die aschen.
6,26; gele seiden und purpur zeucht man im an. 10,9; und
er sei im Egyptenland anziehen, wie ein hirt sein klcid an-
zeucht. 43, 12 ; setzet den heim auf und ziehet panzer an.
46, 4 ; man soll ihnen ehe hosen und doppelsocken anziehen.
FiscnART Garg. 153"; zogen frische hemder an, newe kleider
über alte filzläus. 174*; einen trauerschleier anziehen, pers.
rosenth. 5, 10 ;
der gleich erfrcuie himmel
sieht mit ergötzung zu dem lustigen gelümmel,
legt stürm und wölken ab, zeucht gold und purpur an.
tLEMIMG 64;
Sinesen, dio sich für die freude schwarz und für die trauer
weisz anziehen. J. Vwi Tit. 2,79. Oft aber figürlich: zeuch
macht an, du arm des herrn! Es. öl, 9; mache dich auf Zion,
zeuch deine sterk an. 52, 1 ; denn er zeucht gerechtigkeit an
wie ein panzer. 59, 17; er wird gerechtigkeit anziehen zum
krebs {als seinen panzer). weish. Sal. 5, 19 ; folgestu der ge-
rechtigkeit nach, so wirst du sie kriegen und anziehen wie
einen schönen rock. Sir. 27, 9 ; denn dis verweslichc musz
anziehen das unverwesliche und dis sterbliche musz anziehen
die Unsterblichkeit. 1 Cor. 15, 53 {goth. skula ist auk l)ata
riurjo gahamon unriurein jah J)ata divano gahamon undiva-
nein) ; denn wie viel euer getauft seind, die haben Christum
angezogen. Gal. 3, 27 ; und ziehet den neuen menschen an.
Eph. 4, 24 {goth. jäh gahamo}) Jiamma niujin mann); und nicht,
wie in vielen, das worl Christi allein auf der zungen und in
den obren schwebe, sondern ernstlich und gründlich im her-
zen wone, also das es auch sein art angezogen, und sogar
freidig und unschüchter macht dasselbig zu preisen und zu
bekennen. Luther 2, 89'; must Christus bereit alda in der
jungfrawen leib die menscheit anziehen. 3,353;
dann sieh, es liaben rath gepflogen
viel liönig und sich angezogen,
und vermeint mit ihrer macht
sei schon alles durchgebracht. Opitz ps. s. 93;
einen neuen menschen hat er angezogen.
Schiller 323;
er habe daselbst die gcstalt eines schlechten bettlers ange-
zogen. GöTHE 16, 279.
2) anziehen, von andern dingen : die glocke, das glockenseii
anziehen, zum lauten; die schelle, klingel anziehen; dio thür
anziehen an diepfostcn; die saiten, stränge straffer anziehen ;
den zilgel anziehen, dasz das pferd stillhalte; die hopfenran-
ken an die stange, die weinrcben an die pfalc anziehen ; das
gcwehr anziehen, bei den Soldaten; die hiinde nach allem aus-
strecken, was sie erreichen und an sich anziehen können.
Ki.i!«CER 11, 199; damit nicht das wasserlechzend pferd mit
durstgirigcm übertrinken verfang, musz ich euch die erste
brunst anziehen {anhalten) und einzäumen. Garg. 25*; der
magnct zieht das eisen an ; papier, wasche ziehen (das feuchte)
an, saugen es ein. das pHastcr zieht an.
3) anziehen = aufziehen, erziehen, grosz ziehen, den sehn
anziehen: also ward Gargantua angezogen und gubcrniert.
Garg. 192' ; darmit er zeitlich zur reuterei angezogen würde.
132'; gleich erstmals dahin sich zu gewenen und anzuziehen.
ehz. 7;
der bunte heucbelmann,
dor sonst für sich ist nichts als wie ihn nur zeucht an
«ein gi'oszer gunsipalrob. I.ogau «. 216;
ebenso heiszt es, kälber, schafe, hüner anziehen, blumen an-
ziehen, ziehen.
4) anderes anziehen, in bezug auf menschen, gefänglich ein-
ziehen: an etlichen orten verjahen (bekannten) dis die Juden
darumb angezogen und gefoltert. Frank «'cZ/ö. 157*. das schöne
mädchen zog alle Jünglinge an; ein sanftes anziehen versam-
melte alle männcr um sie her. Göthe 17, 247 ; die gegenwart
der alten kunstwerke zog ihn an und stiesz ihn ab. 20, 245 ;
das buch zieht alle an, die es zur band nehmen ; ist es ein
mann, wie Jean Paul, als talent von werth, als mensch von
würde, so befreundet sich der angezogene leser sogleich. 6,115;
der Sterne prächtiges gewimmel
den angezognen geist mit stolzer ahnung schwellt.
Wie LAND 10, 279.
5) häufig bedeutet anziehen beibringen, anßhren, nnl. aan-
halen, citieren: und ward allein der brauch und gewonheit
des ablas angezogen. Luther 1,5'; zum ersten wird der name
gottes verunheiliget in uns durch den misbrauch, als wenn
wir in anziehen oder brauchen, nicht zu nutz, bcsserung, fro-
men unser seelen. 1, 70'; daher kümpts, wenn ich den glau-
ben so hoch anziehe (anschlage) und solche ungleubige werk
verwerfe, schuldigen sie mich, ich verbiete* gute werk. 1,225*;
wolan, so wisset ir ja auch, das gottes namc, wort und titel
sol nicht vergeblich noch unnütze angezogen werden. 3, 116;
das Müntzer hat dürfen mit lügen gottes nanien so unver-
schampt anziehen. 3, 126; hat nicht solchs alles Christus im
evangelio selbs gelobet und für recht angezogen? 3, 148'; dar-
umb auch gott haben wil, das du solche not und anligen
klagest und anziehest. 4,415'; ich neme es als in Davids per-
son geredt und vor seinem volke, wie er denn im anfang des
psalmen Israel und Aaron anzeucht. 5, 54'; es mus ie ein
groszes iaster sein, weil es der prophet hie für ein sonder-
lichen greuwel des endechrists anzeucht, nebest der abgöt-
terei. 5, 8S'; darumb auch Christus am jüngsten tage solch
unbarmherzigkeit allein für das hüheste wird anziehen, als
wider in selbs gethan. 5, 356'; das er danket und anzeucht,
was im der vater gegeben habe, und rauschet damit in die
ganze weit. 6, 174"; es hat herr Carolus von Miltitz gestern
hoch angezogen die unehr und frevel. Luthers br. 1,207; so
auch das gelübde der keuscbeit so viel ehebruch hat ange-
richt, das auch etliche unter thunibherrn, euch etliche cur-
tisan zu Rom solches oft selbs bekent und kleglichen ange-
zogen. Melanchth. augsb. conf. s. 22; suchten auch etliche
die ganze christliche confcssion mit mancherlei gesuchten nach-
reden zum ärgerlichsten anzuziehen, zu verkleinern und zu
verunglimpfen. Melanchth. ed. Bretschn. 9, 491; so ziechens
selber an (proferant, citent). fastn. sp. 8 12, 13 ; mehr denn oft
habe ich meinen vatter diesen schäfer hören anziehen (nen-
nen). Kirchh. wendunm. 240'; darumb will ich nur statt der
andern aller vier heilige männer und beiden thaten anziehen.
disc. mil. 5 ; wie aber das feldlägcr vorzunemmen, darvon ist
droben . . . etwas angezogen. 124 ; und weil ich bei der Sa-
chen, so ich mit angezogen, selbst gewesen bin. Schweini-
CHEN 1, 12; die braut frau anziehen (nennen). 3, 07; mängel
auszuschreien und hoch anzuziehen. Fischart ehz. 71; zcug-
nus anziehen. Garg. 126* ; den spruch anziehen. 159' ; aus die-
sen ist sonderlich Mecenas anzuziehen. Opitz 1, 3' ;
ich habe mir erkiest,
sonst nichts hier an zu ziehn, als was unlaupbar ist. 1,3';
weil ich nun nicht sein kan, was ich zu sein bekehr,
so kränkt michs, dasz ich nicht des lobes würdig bin,
das jemand mir für spoit gedenket anziizichn. 2, 28;
wil der gesandt ihm dies für eine schmach anzieho.
Grypuius 1, 173;
und trat ihr ins gesiebt auf olTcnilichcn wegen
und zog mein Unschuld an, sie wegerte gehör. 1, 200;
es ist zwar sollen klug, wer nichts versteht und kan,
doch minder, wer sich selbst und seine witz zeucht an.
LoGAU 2, 8, 1 ;
eh will ich alle sie erschlagen mit der band,
als dasz ich von hier soll .-luT solche weis entfliehen,
dio man für eine furcht mir irgend könt anziehen.
W'EnnERs Ariost 20, 76;
wicwol nun Drusus die lioheit des römischen Volkes und das
ansehn des kaiscrs für sich anziehen liesz, entbot ihm doch
Marobod zurückc. Lohenst. Arm. 1, 44 ; wenn er schon zehn-
mal so viel Verdienste für sich anzuziehen hätte. 1, 1144 ; der
dergleichen beispicl zwar anziehet. Günther, vorr. 5; da er
angezogene (erwähnte) briefe so lange in bänden behielte, ehe
eines mannes W^ ; mil mehr angezogenem einträglichem dienst
529
ANZIEHEN --A^■ZIELEN
\
▼ersorgt ehe eines weibes 192; das lebendig Tcrbrennen ist
wol kaum glaublich, weil denen Hohenslaufen von Innocen-
tio III und andern ihren feinden, die wol geringere dinge hoch
angezogen (aufgerückt), niemals dergleichen vorgeworfen wor-
den. Hahn 4, 4 ; und diese fragmente wenigstens «idersprä-
eben der angezogenen Versicherung ihres Verfassers. Lessi.ng
8, 364 ; der mann, dessen zeit als das goldne alter der rausen in
allen künftigen Jahrhunderten angezogen werden wird. Wie-
land 1, 141; Lessing hat die emestische ausgäbe hierbei an-
gezogen. Herder 13, ICS. he\üe ist anführen mehr im gebrauch.
6) icie das einfache ziehen und wie abziehen, aufziehen,
ausziehen empfängt auch anziehen die intransilitbedeutung des
nahens, kommens: das beer zieht an. feirideshaufen sind schon
angezogen ; immer mehr ieute ziehen an ; stolz zogen sie an.
schmählich musten sie abziehen; wirte, kramer, handwerker
und dergleichen neu angezogene Ieute. Moser 1, 6 ; jeder neue
knappe, der hier anzieht. Tieck 11, 10; seind die knechl zu
underrichten, dasz sie im anziehen zum treffen weil in den
gliedern sich ausbreiten. Kibchbof mit. diso. 156; als wir in
den hafen anzogen. Rollexhage:« icunderb. reisen 90. zumal
slelU das pari, neben kommen:
indessen kommen auch gleich lauten meereswogen
TOD der galanterie die scbaaren angezogen.
Zacuariä;
indessen war von club zu club
die irauerpost geDogen,
schon kommt, nach liebem braueb, ein trupp
Visiten angezogen. GottejiI, 94;
kämen sämtlich angezogen
dieser stamme frohe lichter. Göthe 4, 136;
und nun erscheint der herr, kommt angezogen mit seiner trip-
pelnden, kleinen, hohläugigen Französin. 10, 100 ; wenn einer
mit einem unbedeutenden gemeinspniche angezogen kommt.
16, 67 ; wenn er noch ein mal mit solcher geschichte angezo-
gen kommt. TiECKlö, 75; ein schweres gewitter kam angezo-
gen, dies angezogen kommen ist zu deuten tcie angeflogen,
angeritten kommen und ticle ähnliche, schwerlich kann dem
angezogen die Iransitice kraß des angestochen beigelegt Ver-
den, denn das pferd anziehen bedeutet stehn und halten ma-
chen, nicht antreiben, iciewol es heiszt, das pferd zieht an,
sieht angestrengt.
7) anziehen t=: steigen, in die höhe gehn: die weinpreise
hatten schon etwas angezogen, sind aber wieder gefallen.
-ANZIEHEND, in allen bedeutungen des anziehens, haupt-
sächlich in der ton oblectans, jucundus: ein anziehendes ge-
siebt, bild, buch u. 5. w.
ANZIEHER, m. norus hospes, advena, wofür man doch lie-
ber tagt anzügling. dann auch anzieber, Stiefelanzieher ($. an-
ziebel); sind es diese oder anderes geräthe, daiman sonst an-
band? den seckel band man ihm an, wie den Lindem die
rotzglocken und an die springend bronnen die wasserpfannen
und in den Wirtshäusern die messer und anzieber. Garg. US',
was doch vielmehr propfenzieher sind.
.\.\ZIEHSTUBE , /". garderobe, ankleidezimmer : die ebene
und küste um mich sab v>ie eine anziebstube der frühlings-
göttin aus. J. Pacl Hesp. 1, 21.
ANZIEHUNG, f. attractio: der magnet bat eine starke aa-
ziehung zum eisen, die pottascbe zum wasser.
ANZIEHUNGSKRAFT, f vis atlractiva : anziehungfkraft ist
diejenige bewegende kraft, wodurch eine materie die Ursache
der annäberung anderer zu ihr sein kann. Kant 8, 4S0. 9, 22
(a. 1754); nach wie vor übten sie (die liebenden) eine unbe-
schreibliche, fast magische anziehungskraft gegen einander aus.
Göthe 17, 39S ; durch manigfaltige fragen suchte er (Herder)
sich mit mir und meinem zustande bekannt zu machen und
seine anziehungskraft wirkte immer starker auf mich. 25, 302.
A.NZIEHUNGSPUNCT, m. sein eignes gewicht oder seinen
anziehungspunct verlieren. Kt.iNCER 12, 124 ; die höbe und tiefe^
zwischen welchen der mensch durch einen unbcgreiOichen an-
ziehungspunct und ein sehr begreitliches gewicht nur schwebt
und flattert. 12,241.
ANZIEHU.NGSMiR.MÖGEN, n. das anziebungsvennögen einer
masse. Kam 8,323.
ANZIELEN, intendere, proponere, alt siel tetxen, beabsich-
tigen: er wäre versichert, dasz Augustens versorge zu seinem
besten angezielet sei. Lobexst. Arm. I, 398; dasz sie ihrer
königlichen, kein gesctze vertragenden hoheit etwas zu ent-
ziehen anzielten. 1, 713 ; wegen des angezielten krieges. 1, 1027 ;
der angezielte streit. 1,1369;
ANZIELOf G — A>'ZÜGLICH
denn alles dies, was nachmals ist geschehen,
bat gottes scblusz vor angezielt.
geislt. ged. 92, 1691.
530
heute ungebräuchlich, nnl. aanteelen bedeutet aufziehen, erztelen.
ANZIELUNG, f. dahero schiene ihm der anzielung gött-
licher Vorsehung gemäszer zu sein, aus der milden band ihres
Überflusses lieber aufsuchen, als selbles ohne gebrauch ver-
derben lassen. Lohenst. Arm. 1, 107 Stieler 2618.
ANZIEMEN, decere, anstehn:
das Zimt uns oit wol an. fasln, sp. 666, 10.
tnkd. da; zimet in (eis) an. ifS. 2, 216' ;
da; der jugent wol an zimet. GA. 3, 43.
ein gutes wart, zwar dem einfachen ziemen gleichbedeutig, aber
fähig es den umständen nach günstig zu vertreten.
ANZIFFERN, inscribere, anschreiben:
es ist kein steiler fels, kein bäum in dieser höh,
da beider namen nicht Test angeziffert steb.
Gktphics 1, 657.
ANZI.M.MERN, aedißcando jüngere, nnl. aantimmeren.
ANZIRPEN, astridere, von der grille, die ihre fiügeldeekem
aneinander streift.
ANZISCHELN, assibilare, leiser als das folgende.
ANZISCHE.N, von schlangen, gänsen. meinen Sigmund hat
sein vater die schlänge von neuem angezischt, dasz er sein
Vaterland zum zweitenmal verlassen hat Klopst. 9, 330 ; gänse
zischten den unwillkommnen gast an.
ANZITTERN: da kommt der greis angezilterL
ANZUCHT, f. cullura, des ciehes und der pflanxen, notel-
lae eaprae, arbores: einige pflanzen können nicht leben ohne
anzucht, wie die gewächse des ackerbaues, eiTteo ivia ftij
Svvarai ^t^v atsrte^ rä yecogyovtuva fir,8^ o)m>; St'xerat
d'soamiav. Theophr. hist. pl. I. 3, 6. dann aber auch, wie
abzucht, ein ort der feuchtigkeit anzieht und ableitet; berg-
männisch, anzüchte, anzüchten kanäle hinter den Schmelzöfen ;
sonst cloaca überhaupt, s. anzug.
ANZUCKERN, verzuckern, mit xucker anmachen:
die ärgste räche deckt mit ascbe, zorn und flammen,
und zuckert scfaümmstes gift durch bisam an und wein.
Lobe.nst. Ibrah. 7S, 245.
ANZUG, m. nni. aantogt, nach verschiednen bedeutungen des
anziehens.
1) anzug testitus, die tolle kleidung, ein neuer, kostbarer,
reicher anzug, aber auch ein anzug spitzen, soviel davon zum
anzug nOlhig.
nur einer (ein mantel) ist jeglichem manne zum anzug.
Voss Od. 14, 514 ;
was? unartiges kind, langschlärerin! träumst du noch jetzo,
dasz die wangen dir glubn? und sogar in völligem aniug?
Luise 2, 271 ;
aber du hast mich doch lieb, mein bräutigam I steht mir der anzug
gut ? 3, 226.
auch binde, die über die wunde gezogen wird: diese habe ich
mit diesem pQaster verbunden, auch dick und hart mit star-
ken gebänden und anzügen. Wcstz wundarzn. 179.
2) anzug der glocke, des Strangs, gewehrs.
3) anzug = anzüglichkeit, maligni(as, zum Vorwurf, zur be-
schuldigung : damit dieser beschwerliche anzug, als waren die
stände der augsbui^schen confession in den hauptartikela
nicht eins, gebührenderweise verantwortet und abgelehnt werde.
Meuincutb. 9, 492 ; ewre Sachen mit glimpf, ohne anzug, für-
bringen. Ayrer proe. 1, 9.
4) anzug, sug des haufens: sich in den anzug {gegen den.
feind) begeben. Garg. 201*;
do fuert man grosze vasi mit wein
dem anzug zu und stunt von fem.
ScHMKLZL tobtpr. 69 :
des boten,
der mir die künde bringt von ihrem anzug.
Schiller 490;
einen roman im anzuge sehn. Klixger 9, 168 ; alles ist schon
in vollem anzug; ein gewitter ist im anzug; anzug in eine
stelle, antritt.
5) anzug, cloaca: dieses leben ist ein ^oist aller unfläterei,
eine gösse und anzug, da alle Sünden zusammen flieszen.
Ai'C. BccHXERs trostschr. Wittenb. 1644 s. 49. s. anzuchU
ANZÜGIG, anziehend: des herm wort, werk und wisen
worend also anzfigig. Keisersb. post. i, 28 ; mein wandel, wi-
sen und geberden sind anzügig. 3, 18.
ANZÜGLICH, ad te rapiens, periculosus, malignut, aeerbus :
34
531 ANZÜGLICHKEIT — ANZÜNDEN
ANZÜNDER — APFEL
532
eine anzügliche und gefahrliche insul vor lüsterne und geld-
hahcnde Seeleute. Felscnb. 2, 575; mit allerhand anzüglichen
reden. 4, 222; anzügliche reden führen. Hesse 1,118. 3,103;
vieles von dem anzüglichsten {reizendsten) der Schönheit liegt
ganz auszer den grenzen der kunst. Lessisg 2, 117; die an-
mut, die ihre kleinsten bewegungen anzüglich machte, war
eben so natürlich und ungeschminkt als ihre gesichtsfarbe.
Wieland 12, 128 ; die kühle des orts, das hat alles so was
anzügliches, was schauerliches. Güthe 16, 9; ich weisz nicht
was ich anzügliches für die menschen haben musz. 16, 11;
die ruiie dieses ortes ist für mich sehr anzüglich, an fr. von
Stein 3, 22.
ANZÜGLICHKEIT, f. reiz, und mederum sowol angenehmer
als herber: es ist eben so unstreitig, dasz schädliche häsz-
lichkeit, so wie in der natur, also auch im gemühlde schrecken
erwecket, und dasz jenes lächerliche und dieses schreckliche,
welches schon vor sich vermischte empflndungen sind, durch
die nachahmung einen neuen grad von anzüglichkeit und ver-
gnügen erlangen. Lessisg 6, 514; aus allerlei anzüglichkeiten
und stichelreden hätte man schlieszen sollen, sie habe sich
um die gunst des anführers der bände bemüht. Götue 19, 49.
ANZUGSPREDIGT, f. mein neuer pfarrer thut die anzugs-
predigt. Rabener 4, 43.
ANZUGSTAG, m., an dem das gesinde anzieht.
ANZÜNDBAR, was anzündlich.
ANZÜNDEN, inccndere: wenn ein fewr auskompt und er-
greift die dornen und verbrend die garben .... sol der wider-
statten, der das fewr angezündet hat. 1 Mos. 22,6; und solt
den ganzen wider anzünden auf dem altar. 29, 18 ; ir solt
kein fewr anzünden am sabbathtag. 35, 3 ; das fewr auf dem
altar sol brennen und nimer verleschen, der priester sol alle
morgen holz drauf anzünden. 3 Mos. 6, 12 ; zündet das fewr
des herrn unter inen an. i Mos. U, 1; zundten die stad an.
rieht. 1, 8 ; und sein heiliger wird eine flamme sein und wird
seine dornen und hecken anzünden und verzeren auf einen
tag. Es. 10, 17 ; man zündet auch nicht ein liccht an und setzt
es unter einen scheflfel. Matth. 5, 15 ; zündet ire stad an. 22, 7 ;
da zundten sie ein fewT an mitten im palast. Luc. 22, 55;
wenn du also mit dem worle umbgehest und trachtest im
nach wie du kaust, so wirstu sehen, das Christus bei dir ist
und dein herz anzündet. Luther 3, 164'; auf das ich nicht
durch mich vieleicht viel andere vergiften und anzünden möchte.
3,396'; und die schlangen mit irem giftigen beiszen die ieute
anzündeten. Mathesius 72';
oder wer Tackeln zündet an
und wil der sunnen glast zu stan.
Brant narrensch. 131 ;
ich wolt im den schlot mit schaub anzinden.
fastn. sp. 789, 13;
0 wie grosz ist der lust,
den dieser held emplindet,
weil ein so schöne brüst
die lieb in ihm anzindet. Wbckb. 360;
wan unsre Sünden schon, herr, deinen zorn anzünden. 181;
auch derjenige, dem albereit die bitze vergangen, hätte durch
ihre gesellschaft müssen zur liebe wieder angezündet werden.
pers. roscnth. 2, 28 ;
den krieg, den sie allein doch angezündet haben.
Schiller 333;
hier zündete sich froh das schöne licht
der Wissenschaft, des freien denkens an.
GöTHR 9, 104;
als sei die sonne nur darum von der band des allmächtigen
angezündet worden, um ein solches Schauspiel zu beleuchten.
Klincer 12, 5 ; komm, deine mutter wartet deiner, zünde ihr
leben von neuem an. Klingers th. 3, 338; die starken und
groszen will ich mit meiner allmacht anzünden. 3, 412; wie
würde sich am schmerz der mut anzünden. J. Paul dämme-
rungen 78; die eisberge waren angezündet {von der abend-
röthe). Fixlein 54. Wir unterscheiden anzünden von entzün-
den, dieses ist inwendiger, jenes auswendiger, anzünden accen-
dere, entzünden inccndere, ein haus wird angezündet, ein herz,
geist entzündet, das fieber cnizündet, das blut ist entzündet,
die berggipfel stelm von der ahcndsonne wie angezündet, an-
zünden fiüll in die sinne, entzünden lautet feierlicher und vor-
nehmer, allein aus der alten spräche ist kein anzünden auf-
zuweisen, immer verwendet sie entzünden, fitr accendere wie
inccndere, goth. intandjan, ahd. inzunlan, mhd. cnzünden,
man könnte sagen, das sinnliche accendere bezeichnete dann
bloszes zünden, die gegebnen belege zeigen jedoch, dasz auch
anzünden für entzünden stehn kann, ungefähr wie sich nnl.
aansteken und ontsteken mischen, wir aber gebrauchen nur an-
stechen oder anstecken, kein entstecken. anzünden lieiszt nun
sowol den brennbaren stof in flamme setzen, bolz, dorn, wald,
haus, Stroh, papier anzünden, als das brennende feuer wecken,
feuer, licht, flamme, glut anzünden und an jenen stof gelin
lassen, gleichsam das feuer an das holz gehn, schreiten las-
sen, vgl. angehn, anlegen, anstecken, mehr noch unter ent-
zünden «nd zünden selbst, s. auch anbrennen, entbrennen.
ANZÜNDER, m. incensor, incendiarius, hausanzünder, mord-
brenner; librator tormentarius ; auctor, fax, anstißer.
ANZÜNDLICH, anzündbar: diese liecht {die irrlichler, tho-
renliechter, ignes fatui) werden gemeinlich in warmen landen
und stetten, da viel pföle sein, warm wasser und feiszt er-
den, von welchen so auszgezogen wird die feuchtigkeit, die
anzündlich ist. auslegung der zeichen in lüßen, 1520 zu Wien
gesehen, von Jon. Virdung von Haszfurt Oppenheim a' Dii'.
ANZUPFEN, vcllere, anzupfen beim rock, beim ohr, haar;
erlöse mich von dem unbillichen anzupfen und ziehen der men-
schen. Keisersb. c/ir. 6%. 195 ; was zupfst du mich immer an?
ANZÜRNEN, iracundc inlueri, alloqui: Fiesco zürnt sie
dumpfig an: du verhaszte! Schille« 177.
ANZVVACKEN, admordere, invadere:
des pfarrers Mutlie schimpft aus neid,
und zwackte mich gar an.
ich sprach, mensch, laszt mich ungeheit
und kneipt den leiermann. Hagedorn 3, 76;
die Unschuld anzuzwacken. Günther.
ANZWÄNGEN, enge handschuhe anzwängen, anzerren; elwas
gewaltsam an eine stelle bringen.
ANZWECKEN, clavulis affigere: das leder anzwecken an
den leisten.
ANZWEIFELN, addubitare, den zweifei an etwas wenden:
nachdem man ihn {den Saxo gramm.) im einzelnen angezwei-
felt. Dahlmann ddn. gesch. 1, 13.
ANZWEIFLUNG, f. das gute recht gegen jede anzweife-
lung venvahren.
ANZWEREN, admiscere, atlerere, attemperare, anrühren, an-
quirlen, ein uraltes, seltnes wort, dessen anlautendes zw sich
verhält wie in zwagen, zwerch {quer) u. a. m. nach dem ahd.
starken dueran duar duoran (Graff 5, 278) dürße man ein
goth. l)vairan J)var |)vauran mutmas'zen, das nach der lautver-
schiebung dem lal. lerere {für tverere) entspricht, und hernach
in ahd. tueran, mhd. twern, endlich nhd. zweren entstellt
wurde; ein starkes praet. zwar, pari, gezworen musz dennoch
denen, die das wort zuletzt gebrauchten, erloschen gewesen sein:
alles pulverisiert und under einander vermischt, darnach mit
bräntem wein an einander angezweret, so dick als ein teig ge-
macht, darnach im ofen gedört. Seuter rosarznei s. 85 ; wann
es {das sdlblin) etwan stark {dick) worden, so zwere es wider
mit einem baumül an, dasz es wider flüssig werde, s. 261.
vgl. Schneller 4, 307, der ein abzweren, abzwöhren beibringt.
ANZWICKEN, vellicare. nah verwandt mit abzwacken.
ANZWINGEN, cogere, obtrudere, aufzwingen, vgl. anzwän-
gen, aufdringen: so jemand mit geboten wolt anzwingen. Lu-
ther tischr. 317'; du solltest doch deine freunde nicht mir
anzwingen wollen. Tiecks junger Uschi. 1, 276.
ANZWIRNEN, agglomerare, advolvere: ein unheil anzwir-
nen, anstißen, wol durch abergläubisches verknüpfen der fdden.
ANZWITSCHERN, trissando advolare: anzwitschernde schwal-
ben.
APART, aus dem franz. h part, seorsim, bei seile, spasz apärt,
bildeten wir ein adj. singularis: das ist ein aparter mensch;
du must immer was apartes haben. Göthe im Götz; all sein
thun hat doch so was apdrtcs. Tieck 1, 213 ; apartes wesen.
APFEL, m. pomum. ahd. aphul aphol, pl. epfiiS, mhd. apfel,
pl. epfel, heule schreiben wir den pl. äpfel, das 16. 17 jh.
häufig öpfel; fries. appel m.; nnl. appel m., ags. äppel pl.
äpple; engl, apple; alln. epli n., schw. äplc, ddn. äble n.
den goth. ausdruck würde uns erst die Verdeutschung des hohen-
liedes lehren, nach der ahd. form wäre apuls, pl. apuleis im
gewarten, nach der altn. apii, pl. apija. litt, obolys, zem.
abolis m., lett. ahbols. altsl. jahl'ko, russ. jabloko, poln.
jablko, bölim. gablko, immer n., nur das serb. jabuka f, das
k als diminutivzeichen zutretend (= äpfelchen), die Böhmen
kennen auch noch gablo. ir. ubhal, abhal, gal. ubhall, welsch
afal, armor. aval.
Ein für die europäische Sprachgeschichte bedeutsames wort
533
APFEL
APFELBAUM —APFELDORN
534
unserer urzeit, denn es erweist, wie äffe, Zusammenhang zwi-
schen Kellen, Deutschen, LiUauern und Slaven, auszerhalb des-
sen grenze Griechen, Römer und Romanen liegen; viel gäbe
man darum, der goth. benennung sicher zu sein, noch mehr,
die getische, dakische zu wissen, das neulrum der nordischen
sprachen scheint für frucht und erzeuynis am passendsten,
wozu auch fiijkov, pomum stimmen; Kelten und Littauer, des
jieulrums insgemein entrathend, griffen zum m., Spanier und
Franzosen bei poma, pomme (Seiben bei jabuka) zum f., Ita-
liener bei pomo zum m. ßir unser apfel war das m. freie wähl,
keine noth, oder führte es das ableitende l heran? von der würzet
musz dies 1 ausgeschlossen bleiben, dann aber bietet sich zu-
nächst die verwandtschaß von obst, ahd. oba^ opa;, mhd. obej,
ags. ofät, nnl. ooft, da der begrif pomum {für opomum ?) wie
glans (eichapfel) in frucht allgemein übergeht, altsl. OYOSchtsch,
poln. owoc, wozu sich auch örrcioa, herbst und obst nehmen
liesze; gerade vom litt, obolys bedeutet der pl. obolei, lett.
ahboli obst, lat. poma, und russ. stehn ovoscbtschi, böhm.
owoce im pi, die Störung der labialstufen in ovoschtscbi und
jabloko, obst und apfel darf bei so allem wort ausnahmsweise
entschuldigt werden und die verschiedensten anlasse gehabt ha-
ben, nun aber empfienge man mut, das gr. xiJTtos garten,
das sonst unleugbare ähnlichkeit mit unserm hof hat, auch
hier zu verglichen und in apfel, abhal, jabloko einen abge-
brochnen kehlanlaut anzusetzen, wie dem äffe ein xr^ßos. xij-
Ttos, }<eT7ios zur seile stand, ohne dasz darum apfel und äffe
selbst einer wurzel zu sein brauchten, apfelgarten, dän. abil-
gaard bezeichnen garten überhaupt, pomarium, pometum, xr,-
nos, doch ist auch aTtiov birne anzuschlagen, finden diese
etymologien anklang, so bleibt freilich immer noch in dunkel
gehüllt, was die wurzel kap = ap aussage; einer verglei-
chung von apfel mit avalun, alln. afla sich zu enthalten ist
der vorsieht gemäsz, so dasz altn. apli, besser aDi, thierjun-
ges nichts zu schaffen hätte mit apli pomum.
Apfel ist uns im eigentlichsten sinne malum, tm allgemei-
nen auch andere rund und voll hängende frucht (quae pulpam
habet), wie die Zusammensetzungen eichapfel, gallapfel, flcht-
apfel, tannapfel, kienapfel, granatapfel, schlafapfel, erdapfel
darlhun. an der blume nennt man apfel den samenbehälter :
an jedem Stengel kompt ein schöne weisze blumen heraus
mit zwölf oder dieizehn blätlein umb den apfel besetzt. Ta-
BERXA£«0NT. S. 93.
In spräche und poesie heiszen äpfel die weiblichen brüste,
deren andrehen, anschwellen durch fta^öi xvScoviä, apfell
sich, bezeichnet wurde, rä fiä).a. .\ristoph. Lys. 155. toTs
/iTjloti. Ecclesiaz. 903 ;
finXa rea TTocöziara räSt x^oäovra StSä^o). Theokr. 27, 4S ;
ICO doch überall der dualis ruf u.r;}.ci}, xoXp firikoiv an seiner
stelle und noch schöner wäre. mhd.
dö sach er siän ir bnistelin
alsam zwei pardispprelin. CA. 3, 114;
nhd. warum auch schlich er diese wage
nach einem solchen npfelpaar,
das freilich schon im muhlgehege,
so wie im paradiese war.
GoTHE 1,210, vgl. 21,79;
einst halt ich einen schönen trauin,
da sah ich einen aprelhaum,
zwei schone nplel ginnzien dran,
sie reizten mich, ich stieg hinan. Faust.
minnet einer niht, man gibt,
daj er niht apfel e»en mac.
Lt 3, 328. fastn. *p. 222, 5;
Tisch hrt sagt : apfel bedeut meidlinspil.
Auch für augapfei Arann bloszes apfel gesetzt werden: glut
in deinen äugen I was drehst du die Spfel? Klincers /A. 2, 145;
so wie der mensch sich des auges
kdsilichen apfel bewahrt. Gothk40, 212;
mir verwandter, meines auges apfel. Plate?! 323.
Redensarten und Sprüche: in den sauem apfel beiszen, sich
eines harten, schweren dinges unterziehen : obgleich e. k. gn.
ein wenig hat mflssen wermut essen und in einen sawren apfel
beiszen. Luther 5, 485*; habe ich doch in einen sauren apfel
beiszen müssen. ScHWEi^icnE^f 3, 203; in einen sauren apfel
beiszen. Lessirtc 2, 402. der apfel fällt nicht weit vom stamm ;
der apfel feit nicht weit vom bäum. Mathesius9'; altn. sial-
dan fcllr epiit längt frA eikinni. der apfel sieht rotb, doch
sitzt ein wurm darin; rolhe äpfel sind auch faul; ein fauler
apfel steckt hundert an; es sind süsze äpfel, die der hüter
übersieht; ein apfel der runzelt, fault nicht bald;
da kund man mir mitöpfeln locken, fastn. tp. 345, 16;
es stand alles so gedrängt von leuten, dasz kein apfel nie-
derfallen, zur erde konnte;
voient pafens venir ä grant huee,
qu'entraus eust une porae jeiöe,
Hue ne cbaist sor lance o sor esp^e,
ou sor bauberc, sor ventaille ferm^e. 0<;»«r 2285;
de terre vuide Irover n'i peussies,
ou hon jetast un baston de pomier,
qua ne caist sus teste ou sus destrier. 8G07.
Liebende pflegten sich äpfel zu schenken und darein zu bei-
szen (vgl. anbeiszen). da sol- dir die erde allerlei lust brin-
gen, das wenn du zu eim bawm sagtest, müste er eitel
silbern blettcr und gülden öpfel und birn tragen. Lcther 6,
244'; den goldnen apfel wieder kriegn, so euch derTürk ge-
nommen hat. Ri.vGWALD laut. warh. 349 ; der künstler müsse
goldne äpfel in silbernen schalen seinen gasten reichen. Göthe
19, 15S; ich wüste die goldnen äpfel des göttlichen wortes
auch aus irdenen schalen unter gemeinem obste heraus zu
finden. 19, 324; faul öpfel werfen. Garg. 75*.
.\PFELB.\UM, m. malus, nnl. appelboom, statt welcher Zu-
sammensetzung aber ahd. aphulträ, affaltri, ags. apnldre, beide
weiblich, dem lat. malus, gr. fir^)Ja im geschlecht, dem litt.
obelis, welschen afall pl. efyll in geschlecht und wort entspra-
chen, doch das altn. apaldr, dän. abild, schw. apel sind männ-
lich, in diesen Zusammensetzungen apaldr (trenn der gen.
apaldrs, nicht apalds lautete) und apuldre scheint sich die
lingualmedia des gr. So^v, sl. drevo erhalten zu haben, die
ausserdem im goth. triu, altn. trie, ags. treov, engl, tree fort-
geschoben wurde, zu apuldre aber verhält sich ahd. apholterä,
wie der regel nach zu ags. d ahd. t. dies affolter dauert in
vielen hd. Ortsnamen, nachdem es für malus längst ausgestor-
ben, oder auf andere gewächse, zumal viscus und opulus an-
gewandt worden war. auch die galische spräche umschreibt
malus durch craobh ubhall, die armorische durch gwezen
avalou. gefüger ist das altsl. jablan', rrtss. jablon', poln.
jablon f.
APFELBEIN, n. os malae, genae, backenbein, Wangenbein
scheint auf gelehrtem wege nach dem lat. ausdruck in der
meinung gebildet, dasz mala zu malum gehöre, da es doch
aus maxilla, wie ala aus axilla, entspringt, richtiger also das
ahd. chinnipein maxilla. s. apfelkinn, apfelwange.
ÄPFELBISZ, m. admorsus pomi, nnl. appelbeet:
.\dam must in apfel beiszen, kunt es nicht verbessern,
weil man noch xa salbten zeiten nichts gehabt von messern.
LoGAu 3, 3, 7ü,
mit der überschriß der apfelbiesz; da wir aber leider durch
den apfelbisz unsem geschmack verderbt haben, so bist du
freilich, liebe freundschaft, kein besonderes essen mehr für
uns. J. Pacl vorsch. der aeslh. 3, 24. vgl. Adamsapfel.
APFELBLLTE, f nnl. appelbloesem. prächtig sieht apfel-
blüte aus, blauen himmel dahinter; Klotilde, auf deren wan-
gen er bisher die apfelblüten der gesundheit auf kosten sei-
ner seele gesehen. J. Paol Hesp. 2, 199. früher apfelbluot.
ÄLTSCHWERT 24, 27.
APFELBOHRER, m. curcuHo pomorum, ein der apfelblüle
feindlicher rüsselkäfer.
ÄPFELBRATER, m. puer moUiter et delieale nutritus, homo
ignavus, in re futili occupatus: aber so ein mensch möcht
sich leicht unter den äpfelbratern verlieren. Weise erin. 205;
obs allein öpfl praten (ob sie sich nur mit unbedeutenden
dingen abgeben). Westenrieder beitr. 8, 153; der kann mehr
als äpfel braten;
zeuch hin und wasch, so wil ich bleiben,
mein zeit vor dem ofen vertreiben,
öpCel und pirii timbkern vermessen,
und welche pOlTeu, die wil ich essen.
II. Sachs 111. 3, 82>;
Karl, und ftir mich zum nachlisch bat die tante einen apfel
gebraten. Götz, kannst du sie nicht roh essen? Karl, schmeckt
so besser. Göthe. herr Nicolai, gehn sie hintern ofen und
essen ihren gebratenen apfel! Voss gegen Nicolai, s. apfel-
pfeiser.
APFELBRECHER, m. Stridor pomorum, sowot ein brechen-
der mann, als das «erkzeug zum brechen.
APFELRREI, m. pulmentum e pomis, apfelmus.
ÄPFELCHEN, n. pomulum, Spfelein.
APFELUOR.N, m. nd. appeldören, appeldörel, acer eam'
34*
535 APFELFÖRMIG— APFELPFLÜCKER
pestre, entstellt aus dem ahd. aphuUra und vermischt mit
majaltra, maszholder.
APFELFÖRMIG, formam pomi referens, wie ein apfel ge-
staltet.
APFELFRASZ, m. apfelbisz, apfelgenusz:
ei zupfte sich herr Erdeniilosz
doch nur an eigner nase!
denn was man ist, das ist man blosz
von seinem apfelfrasze. Bürger 48'.
ÄPFELFRAU, f. Obstverkäuferin, nnl. appelvrouw.
APFELGARTEN, m. pomarium:
Pinea darf gar nöthig heller,
will verpfänden ihren keller,
den zu weisen endlich ein
dem sie möchte schuldig sein,
will dazu, geld eh zu heben,
auch den apfelgarten geben. Logau 2, 6, 57.
APFELGOTT, m. was ist das anders, dann aus gott einen
götzen, ja einen apfelgott gemachet. Luther 4, 390'. s. apfel-
kaiser, apfelkönig.
APFELGRAU, equus scutulatus, von den apfelrunden ßecken,
die sich an grausckimmebi zeigen, ahd. aphelgrd glaucus.
Graff 4, 397; mhd. apfelgrä, nnl. appelgraauw :
manich appelgrä march. Roth. 860;
diu eine gotfe was apfelgrä. £n. 5229;
vil schöne gris und apfelgrä
so schein das ros von sneller art. schwanritt. 864 ;
nhd. do sitz ich uf mein apfelgrows ros. UHLAND387i
er Ijesz im satteln sein apfelgraw pferd. 677 ;
sali uf obgemelte dri jairgedinge komen der erbvogt, sitzende
uf einem apfelgrahen hengst und sali Laben in seiner band
einen weiszen falken. weisth. 2, 730 ; apfelgraue pferde. pers.
reiseb. 1, 6. ags. äppelfealo {apfelfahl}. Beov. 1724 ; altn. apal-
grär, apaldgrär, schw. apelgrä, dän. abildgraa; engl, dapple
grey ; allfrant. gris pommele ; le destrier pomele. Ogier 1, 155.
le bai pomele. 1, 232. den Serben aber heiszt ein solches
Pferd zelenko, verkürzt zeko (s. Scheck), d. i. apfelgrün.
s. apfelschimmel.
APFELGRIEBS, m. Capsula nucleorum malt.
APFELGRÜN, blaszgrün, vgl. fii^livos, luteus, nnl. appel-
groen.
APFELKAISER, m. absolviern die forsten von irer gelübd,
gehorsam, sc. das er nicht mer dann ein apfelkeiser ist.
Frank chron. 515'. s. apfelkönig.
APFELKERN, m. granum, nucleus mali.
nimb du schlechter öpfelkern zwen. Ayrer fastn. sp. 29".
APFELKINN, n. mala, gena, die Vorstellung der wange und
des kinns mischen sich, kinn ist dem worle nach gena und
ein bezug von mala auf malum wurde unter apfelbein gewie-
sen, schön gerundetes kinn, vgl. apfelwange :
in das apfelkinn gebissen eines liebchens.
Platen 16ü.
APFELKOCH, m. ein backwerk aus äpfeln. wol entstellung
von apfelkuchen.
APFELKÖNIG, m. was worens sonst für könige oder herrn?
apfelkönige oder gemalte herrn müstens sein. Luther 5, 128'.
APFELKUCHEN, m. backwerk mit äpfeln.
APFELMÄNNCHEN, n. desgleichen, nnl. ist appelman und
appelmannelje ein Verkäufer von äpfeln.
APFELMOST, m. frischgepreszler apfelwcin.
APFELMUS, n. apfelbrei, nnl. appelmoes.
hast du zum apfelmus auch kaneel gesioszen im mörser»
Luise 3, 427.
ÄPFELN, könnte das gr. xvSmviSv ausdrücken, apfelgleich
schwellen, geapfclt, pommeld heiszt aber das graue pferd,
an dem runde flecken erscheinen.
APFELNÄSCHEREI, f. apfcinäscherci der ersten eitern.
J. Paul teufelsp. 2, 57.
ÄPFELPAAR, n. fii,loj. s. apfel.
ÄPFELPFEISER, m. was iipfelbrater, nur ausdrucksvoller,
der die äpfel pfeisen, d. i. fingen, zischen macht. Fischart
flohhatz 74' hat äpfelpfeiser, vgl. pscisig, zischend 39'; wer
wolt nicht der ftpfcl, wann sie pfeisen? Garg. 49'. in der
vorhin aus H. Sachs angezognen stelle könnte f\i,r pfiffen ge-
lesen werden pfissen, doch liefert jenes gicichgulen sinn. s. an-
pfcisen.
APFELPFLÜCKER, m. was apfelbrechcr : R. halle unschul-
digerweise dem hause einen der gröszlen zanküpfcl dagelas-
APFELROTH — APOSTÜTZLER
536
sen, den je der minister für die fruchtschale mit seinem apfel-
pflücker sich geholet hatte. J. Paul Tit. 3, 84.
APFELROTH, rofA, /'nscA üie ein apfel: empfieng mit einem
apfelrothen und runden gesiebte den miethmann. J. Paul
flegelj. 1, 124.
APFELRUND, rund wie ap/ei; apfelrunde brüstlein. Garg. 76'.
APFELSAFT, m. succus pomi.
APFELSAUER, säuerlich, wie apfelsaft.
APFELSÄURE, /". acidum melinum.
APFELSCHALE, f. die abgeschälte haut der äpfel: das ist
keine apfelschale werth. nnl. appelschel.
APFELSCHELBE, f. scheibenförmiger abschnitt des apfels.
APFELSCHIMMEL, m. equus scutulatus, böhm. gablecnjk,
poln. jablkowity kon; s. apfelgrau:
zwölf knaben, alle in grün '
und reich gestickt, sein Waldhorn jeder am munde,
sieht man in paaren, zuerst auf apfelschimmeln ziehn.
Wieland 4, 13.
APFELSCHNITT, m. APFELSCHNITTE, f. segmentum maU
loslum.
APFELSCHNITZ, m. dasselbe: komm, empfah den apfel-
schnitz von mir. seh. tmd ernst cap. 30.
APFELSINE, f. malum sinicum. nnl. appelsina.
APFELSÖLLER, m. tabulatum pomis servandis construclum :
ein beschlossen getäfel zu eim opsgaden (obstgadem) oder
apfelsolder. Sebiz 35. nnl. appelzolder.
APFELSTAMM, m.
APFELSTECHER, m. apfclbohrer, zum atisslechen des griebses.
APFELSTIEL, m. petiolus pomorum, nnl. appelsteel.
APFELTRANK, m. hydromelum, ahd. epfiltranc (Graff 5,
539) ; äpfeltrank aus Hessen. Garg. 59'. nnl. appeldrank.
APFELWANGE, /. mala: zerspielt (spa//e/e) ihnen die apfel-
wangen und kiefel (kiefer). Garg. 205'. s. apfelbein, apfel-
kinn.
APFELWEIN, m. äpfeltrank : hast du auch obst und äpfel-
wein parat? Fh. Müller 1, 273. nnl. appelwijn.
ÄPFLEIN, n. pomulum, mhd. epfelin, nnl. appeltje.
APOSTEL, m. anöaroXos, goth. apaustaulus, ags. apostol,
ahd. bei T. 156, 4 (Schm. 154, 16) postul, mhd. apostel, doch
wird noch gern dafür das einheimische böte verwandt: die
zwölf boten, die heiligen zwölfboten. es gibt aber auch
falsche apostel, lügenapostel.
APOSTELAMT, «. aTtoaroXr;, goth. apaustaulei f apostel-
ampt. Rom. 1, 5. Gal. 2, 8 ; das der bapst nicbt darf predigen
noch beten noch einig apostelampt halten oder beweisen.
Luther 3, 523.
APOSTELGESCHICHTE, f. acta apostolorum, früher das
bütenbuch.
APOSTELZUNFT, f genug von der apostelzunft {der alhei-
sten). Götter 1, 411.
APOSTOLIEREN, gleich den aposteln zu fUsz waiideim, wie
man noch sagt, per pedes apostolorum : derhalben soll er {der
pabst) billich nit zu fusz in die kirch apostolieren. Fischart
bienenk. 135*.
APOSTÜTZLER, m. superstiliosus, hypocrita erscheint, wie
die beiden folgenden ableitungen, seit der zweiten hälße des
15 jh. nur bei schwäbischen, elsäszischen, schweizerischen schriß-
stellern, nicht bei bairischen, nicht bei Luther, und taucht hin
und wieder im 16. 17 jh. auf Pictorius und Henisch geben
apostützler superstiliosus, Dasypodius läszt es schon aus;
Steinhövel schreibt postuczler, mit abgelegtem anlaut, wie in
jenem postul für apostel : sie sprach, sie hette einen po-
stuczler, der nit mannes wert wäre, waichs gemütcs. weiber-
chronik s. 07 (Oberlin 1237) ; Keisersberg setzt bald die volle,
bald die gekürzte form: und ist emans von oberkeit oder
von der gemaind desselben klosters, der da anders sagen
oder leren wolt, und sich dawider stellete, der wird ge-
schätzt vor ainen posteuilzlcr und fanlaslcn. Zacheusbavm 143
(Oberli.n 2, 1237); wenn ich nit an unerlich ort gieng mit
den gesellen, so würd ich verachtet, ein zagmetz genant und
ein apostützler. schif der penitenz 12; ander verrucht und
sellos Icut hassen sie und reden inen übel, ir gut fürnem-
men verkeren sie inen und nennen sie pastuitzler, gleiszncr,
lufet.schen. narrensch. 1 3 ; haltestu silenlium, so bistu ein
bastuitzler, isscstu, so bistu ein frasz. n3; und also seind
ir aposluitzler, hipocriten. postille 2, 64.
er will alluin sin ein carthuser,
und tribt ein apostoizer siodt.
Urakt narremch. 274,
537 APOSTCTZLEREI — APPELLIEREN
APPER— ARBEIT
538
was doch bedeuten musz, treibt eines apostützers siute, hat
eines Heuchlers, fantaslen weise? verkehrt mit ihm?
du lidenloser apostätzler! Rcefs ildain41Sl;
wirt auch durch die bockslützler, zwangzapfen, widerteufer,
so sie ein neuwe müncherei aufrichten und den menschen
ins bockshorn zwingen wend, nit verhindert. Spreters in-
struction angef. in Schmids schwäb. wb. 6; die andern sind
gut abergleubig mönch und aposteitzler gewesen von natur.
Fba.\k sprichw. 1, 123' ; mit zauberischen zaichen und gebetlin,
die etwa ein narreter aposteitzler von andacht wegen oder
zu aim gehinetz hat erdacht, sich trösten. 34; glaubet die-
sen an liimmel gehenkten apostitzlern (calenderpropheten) nicht.
Fischart groszm. 38.
APOStÜTZLEREI, f. superstitio, hypocrisis: nl apostuitz-
lerei und aberglauben haltet dis volk. Stumpf Schweizerchr. 7 ;
daraus der weit unsinnigkeit zu merken, in was grosze apo-
stülzlerei und Irrtum sie geraten. Wlbstisen Basler ehr. ad a.
1349; die aberglaubnarren geben acht auf vergebenliche apo-
stützlerei. Keisersb. narrensch. 241; in andern postutzlerien
und aberglauben. hell, lew 25; der setzet, da^ kein christ
Ton einicher geistlichkeit , aposteützlerei oder angenumner
heiligkeit wegen einich speis soll ausschlagen. Frank chron.
2"l'; aber was trit ich in das mör der abergleubigen und
apostötzlerei? 35; es ist auch aposteitzlerei, das man die tag
der monat hell für unglückhaft. Thub>eisser archidoxen 51 ;
wo einer aus der h. schrift etwas meldet, das rauh und hert
ist wider menschliche pockstelzlei, der hüte sich, ßugschr.
ton 1522 bei Frisch 1, 21' ; mit solcher apostuzlerei und sonst
dergleich \iel gleisznerei. Strubels neue beitr. zur lit. 5, 254 ;
wenn man creutz, characteres und zeichen macht . ist
solches ein rechte offene abergleubische apostutzlereL gut-
achlen eines Ulmer geistlichen von 163» bei Scbmid schwäb. wb. 6.
APOSTLTZLERISCH, superslitiosus, ßctitius, abergläubisch,
gleisznerisch : das aposteützlerisch büchlein von der kintheit
Christi beschriben halten sie für glaubwirdig. Fra.nk wellb.
121'; die mit aposteilzlerischen gebeten, aberglauben, segcn,
kreutern umbgehn. chron. 417'.
Was soll man diesen offenbar von der geistlichkeit aufge-
brachten ausdrücken unterlegen? dar bietet sich das it. apo-
sticcio, posticcio spurius, prov. apostit, sp. apostizo, franz.
postiche, mlat. apostizus, it. aposticciare simulare. diese
aber scheinen entstellt aus appositius, zugefügt, erdacht, sp.
apostia betrug, rerläumdung. dem abgestumpften postützler such-
ten einige in bockstelzer, bockstöszler deutschen anstrich und
nebensinn zu geben, mit recht erlosch uns das unnütze, schiefe
wort.
APOTHEKE, f. eigentlich behälter, Speicher überhaupt, wurde
iHk mittelalter eingeschränkt auf die niederlage ton spezereien
und arzneien: von dem süejen geruoche wart diu kirche als
ein apoteke. myst. 168, 40. früher ofl entstellt in apteke,
appenteke, appentech z. b. ring 26*, 10; bei Fischakt Garg. 19'
abecedek. litt, aptyka.
APOTHEKER, m.
den stillen wassern ist am wenigsten zu trauen,
wiszt, dasz man viel von ihr und dem aptheker spricht.
Caxitz202;
ich ritt neben dem fräulein her, wir sprachen von dingen,
mit denen kein apotiieker bandelt {noi ragionavamo di quelle
cose che non rende lo speziale). Götbe 34, 263.
APOTHEKERBLEICH: derhalben aus mit disen langschau-
bigen , apothekerpleichen , gespenstmageren , scichstinkigeo.
Garg. 161'.
APOTHEKERISCH: aMeckerische zäpfleinlüller. Garg. 17*.
APOTHEKERGESCHIRR, n. hanfgebulzte apothekergeschirr
und weinbüchsen. Garg. 19*.
APOTHEKERRECHNUNG, f. hohe, übertheuemde.
APOTHEKGATTUNG, f. all andere gewürz und apoteck-
gattung. Frank weltb. 192*.
APPELLIEREN, zu oder an etwas: ist bös wann man von
einem schläferigen fürsten musz appellieren zu dem wachen-
den. Fiscuart groszm. 66 ;
du lassest mich dao, berr, ron dir voll hirti^eh
und voll gerechten zorn an dich voll eiiiigkeit,
lieb und pnad appellieren. Weckh. 332;
meinst du, dasz ich müszig sitze,, wenn ich nicht mit seufzem
ans Sternenchor hinauf appelliere? Fr. MCllek 3, l.so. appellie-
ren, nach Speier oder an den h. Ulrich appelUeren, vomere.
APPER, APPERICH, n. die rollgesponnene spindel, im gegen-
salz zu andrehe, der halbbesponnenen : wiltu gern, so far ne-
ben usz in das pater noster und spinn ein apperich, vater
unser der du bist in den himeln. Keisersb. geisll. Spinnerin;
ich bab manig abbrich an der gunkel gespunnen. ebend.;
approch, vertebrum quod pendet in fuso. tocab. 1482. vgl.
Jägers Ulm s. 652. der herkunß nach dunkel, denn abbre-
chen, worauf die Schreibung abbrich leitet, verbietet der sinn.
APPETIT, m. appetilus, zumal eszlust, aber gelinder als
hunger: der gelust und appetit kompt allweil man iszt. Gary.
lOl', l'appelit vient en mangeant. appetit haben, machen, stillen,
hab appetit auch ohne da<. Götue 12, 135.
APPETITLICH, reizend, lustmachend: appetitlicher hangen
Garg. 249' ; appetitliche stelle. Lessing 2, 408 ;
glücklicher künsller, in himmlischer luft
bewegen sich ihm schöne weiber.
versteht er sich doch auf rosendufl
und appetitliche leiber. Götue 3, 134.
APPETITSBISSEN, m. appetitsbiszchen, n. leckerbissen.
APRIL, m. aprilis. mhd. abrille, abrelle in schwacher form
{gesch. der d. spr. 84), woher die Schreibung aprill bei einigen,
doch lautet uns der gen. heute aprils, nicht mehr aprillen,
welches nur einige Zusammensetzungen wahren, einen zum
april, in den april schicken, führen, (J. N. Götz sagt blosz:
aprilführen) ihn am ersten april vergeblichen gang Ihun lassen
oder sonst auf irgend eine weise teuschen.
am ersten april
schickt man die narren wohin man will;
dergleichen druckfehler sind bei hr. Klotzen sehr hänfig, so
dasz besonders von seinen anführungen der klassischen schrift-
steiler unter zwölfen gewis immer achte uns zum april schi-
cken. Lessing 8, 47 ;
willst du den merz nicht ganz verlieren
so lasz nicht in april dich fuhren. Götbe 3, 154;
ich habe sie auch nicht verrathen, vielmehr habe ich die her-
ren in den april geschickt. Arnim 2, 2S3. der brauch, unserm
alterthum unbekannt, scheint uns erst in den letzten jhh. aus
Frankreich her zugeführt, ist aber auch dort seinem Ursprung
nach unaufgeklärt, jedenfalls hängt er mit dem beginn da
neuen jahrs im april zusammen.
APRILLENBLUT, f. blute der bäume im april:
aprillenblut thul selten gut.
APRILLENWETTER, m. herrengunst und aprillenwetter
sind veränderlich; aprillenwetter, männerschwüre. Fr. .MiJl-
LER 1, 292.
APRILLENWETTERISCH, inconslaiu: des prinzen aprilen-
wetterische gunst. Simpl. 1, 85.
APRILLENZEIT, f.
dein liebster war ein junges blut,
und junges hlut hegt wankelmut
wie die aprillenzeit.' Bcrger 4T*.
APRILLSNARR, m. poisson d'avril, engl, april's fool, april-
fool : selbst die übrigen, die man hier als lacherlich hinter-
gangne aprilsnarren (dupes) bezeichnet. Götbe 46, 161. m
nördlichen England sagt man, aprilgouk, aprilsgauch, kukuk.
Brand populär anliquitics ed. Hailiwell. Lond. 1S4S. 1, 139.
ABBE, f. pinus cembra: lerchen, thannen, arben und tä-
nen oder forenen. Münster 485. die arben, so man pinus
nennt 486. Stald. 1, 109 ßhrt auszer arbe auch die formen
arve, araf, orfe, arOe an. s. arfel.
ARBEISZ, f. pisum, cicer, ahd. araw'i^, mhd. arw5?, erewei;
(Ben. 1, 56), nnl. erwt, ert für erwet, gr. oooßo?, lat. ervum,
enilia. die volle gestalt arbeisz hat noch H. Sachs l, 511*
und die bairitehe mundarl (Schm. 1, 101), Hohberg schreibt
immer arbeis, Abraham vo.n s. Cu arbes, die fastn. sp. 346, 19
kifarbeis, wie bei H. Sachs anderemal steht erbeis, kiferbeis
X. b. IV. 3, 4l'. 46'. die nhd. schriflfbrm lautet erbse für
erbesz, erwesz. mehr unter erbse.
ARBEIT, f. labor, ein uraltes, viel merkwürdige seilen dar-
bietendes wort, schon das geiius schwankt, «eiblich sind im-
mer golh. arbait)s, ahd. arapeit, mhd. arebeit, arbeil. bald
weiblieh, bald neutral alts. arhii und arb^di, ags. earfod und
earfode, earfede, engl, ist das wort erloschen und dafür werk
mitgeltend, mnl. arbed n. und m., nnl. arbeid nur m. überall
neulral sind fries. arbeid, arb(\d, altn. erfidi {nicht anridi),
schw. arfoete, ddn. arbeide, arbeid.
Der Wurzel gehört arb, der ableitung eil, weshalb auch die
erste $ilbe den haupUon, die zweite noch tieflon hat (ärb^it),
539
ARBEIT
ARBEIT
540
Otfried accentuierl ärabeiti, aber tnhd. taugt arbeit, arbeiten
ju stumpfem und klingendem reim, der Volkssprache wird die
zweite silbe tonlos: drbet, erbet, vgl. ämse, emse /«»• ameise,
mhd. ämeije. Luther und andere seiner zeit schrieben erbeit
und erbet, Schwarzenberg ärbet, Logaü arbt, und arbten,
arbter für arbeiten, arbeiten
Dem wurzelhaften arb liegt aber kein andres wort so nahe
wie das goth. arbja heres, ahd. aripeo, arpeo, alln. arfi he-
res, filius, und beiden entspringt dadurch wichtiger aufschlusz,
den uns aber die sl. spräche zumal eröfnet. wie nun die Sla-
ven überhaupt die deutsche dem vocal folgende liquida ihm vor-
ausrücken, z. b. unser an in na, unser elbe in labe wandeln,
zeigen sie rab", poln. böhtn. rob und rabota, poln. bühm. ro-
bota, welche jenem arbja und arbaij)S {nhd. erbe, arbeit) der
form nach auch im männlichen und weiblichen geschlecht genau
entsprechen, rabota bedeutet arbeit, knechtsarbeit, frohndienst,
rab einen knecht, leibeignen, diener, das buhrn. rob einen
knecht und knaben, das f. roba eine magd und dirne, das n.
robe, robatko kind und knabe. es musz für das wort erbe
aufgespart bleiben näher zu erörtern, wie die Vorstellungen der
Hörigkeit, angehörig keit, kindschaß und knechtschaß tn einander
ftieszen; hier haben wir • es blosz mit rabota und arbeit zu
thun, die unbedenklich dasselbe wort sind, selbst das sl. t
deckt sich mit dem goth. J) in arbaij)s und ahd. d in arapeid,
wie die ältesten glosscn mehrmals gewähren, sogar ein mhd.
dichter MS. 2, 91* reimt noch arbeiten : gesebeiden. aber die
goth. asp. wurde bald in d erweicht, folglich ahd. med. mit
der ten. vertauscht.
T^icht genug an dieser bedeutsamen einslimmung, auch das
lat. labor == labos und weiter == Jabots (vgl. arbor, arbos,
arbots, arbutus) scheint dem sl. rabota, nach dem Wechsel
zwischen 1 und r, zu begegnen, und labor, rabota, arbeit wä-
ren alle drei ßr dasselbe wort anzuerkennen.
Man hat arbeit verschiedentlich auf die würzet arjan, arare
bezogen und den an fang aller arbeit im ackerbau gesucht; in
der that bedeutet ahn. ar sowol aratio als labor, das it. lavo-
rare, franz. labourer ist colere agrum vorzugsweise, und die
meisten frohnen gehn auf feldbestellung. doch läszt alln. er-
fidi sich keineswegs auflösen in arvinni, und vinna, unser vvin-
nen, gewinnen landbauen hat wörtlich nichts zu schaffen mit
arbeiten, jene auslegung beseitigt aber den labiallaut b, der,
wie rabota lehrt, im wort wesentlich mitspielt, arbeit ist kein
zusammengesetztes, nur ein abgeleitetes wort, eine höher lie-
gende verwandtschaß der würzet arb und ar soll nicht abge-
leugnet werden, in unsrer spräche musz arb, in der slavischen
rab, tn der lat. lab als würzet festgehalten bleiben.
Das goth. arbaiJ)S übersetzt meistens xoTtos, im abstracten
sinne von labor und molestia, das ahd. arapeit gleichfalls la-
bor, tribulatio, adversitas, molestia, auch tempestas und pro-
cella. 0. IL 14, 10 zu den Worten bora erat quasi sexta. Joh.
4, 6 erläutert :
tba; ist dages heijista joh arabeito meista,
die zeit, wo der tag am heiszesten, die arbeit am schwersten,
härtesten ist. hier meint arbeit doch thätigkeit, werk, nicht
noth und mühe. Ben. 1, 53 geht wiederum zu weil, wenn er
fürs mhd. arbeit nur diese leidende, nicht die thälige Vorstel-
lung will gelten lassen, Walther sang 103,24 von einem gärt-
ner, der das unkraut jäten solle:
und merke, ob sich ein dorn
mit kündekeit dar breite,
daj er den Turder leite
von siner arheite:
sist anders gar verlorn,
das will sagen, den dorn von seinem beet, seiner hände arbeit
entferne; mühe und ermüdung setzen eine aufgewandte arbeit
und anstrcngung voraus.
Man musz sich so ausdrücken : während in der älteren spräche
die bedeulung von molestia und schwerer arbeit vorherschte,
die von opus, opera zurück trat, tritt umgedreht in der heu-
tigen diese vor und jene erscheint seltner, jede derselben war
aber in dem wort selbst begründet, seitdem allmdlich die thä-
tigkeit der menschen unknechtischer und freier wurde, war es
natürlich den begrif der arheit auf leichtere und edle geschäße
auszudehnen, dies wird aus dem aufzahlen der einzelnen be-
deutunqen sich näher ergeben, in allen aber ist arbeit bald
das arbeiten, bald das gearbeitete, bald das zu arbeitende.
1) ursprünglich, wie wir sahen, war arbeit die auf dem knecht
lastende, vorzugsweise was für die feldbestellung, um tagclohn
gewerkt werden muste: und machten inen ir leben säur mit
schwerer erbeit im tbon und zigeln. 2 Mos. 1, 14; und die
kinder Israel sufzeten über ire erbeit. 2, 23; wenn du deine
erbeit einsamlet hast vom felde. 23, 16 ; die drauben so on
deine erbeit wachsen. 3 Mos. 25, 5 ; du wirst dich neren dei-
ner hende erbeit. ps. 128, 2; andere haben geerbeitet und ir
seid in ire erbeit komen. Joh. 4, 38 ; ein ieglicher aber wird
seinen Ion empfahen nach seiner erbeit. 1 Cor. 3, 8. vgl. alts.
manarbedi, thiodarbedi.
2) allmdlich heiszt alles arbeit, was von den sogenannten
handwerkern verrichtet wird, wofür, wie dieser name selbst be-
zeugt, ursprünglich lieber werk gesagt wurde, obschon tagewerk
auch den dienst des taglöhners bezeichnen kann, arbeit der
zimmerleute, maurer, schmiede u. s. w. dann ebenwol die
feinere arbeit der künstler und bildner: allerlei künstlich er-
beit. 2 Mos. 35,33; eingelegt arbeit. Garg. loo'; erhabne bild-
arbeit; arbeit in elfenbein;
die arbeit ist so rein und überkönstlich klar,
dasz man es halten mocht für lebendig und wahr.
Weckherli.n 727 ;
der mahler, des mahlers pinsel, des kupferstechers griffel hat
eine schöne arbeit geliefert, feine arbeit der frauen »1(7 der
nadel, näbarbeit, Stickarbeit, putzarbeit. Pariser arbeit, ein
paar pantüffelchen von so feiner schöner arbeit. Göthe 19, 169.
auf solche arbeiten gehn die redensarten: etwas in arbeit ge-
ben, verdingen, dem meister aus der arbeit gehn ; die arbeit
lobt ihren meister; die arbeit flicken und ausbessern.
3) kopfarbeit, geistige arbeit, bücherarbeit, gelehrte arbei-
ten: er hat eine neue arbeit unter der band, unter der feder;
Plautus musz sehr zeitig comödien zu schreiben angefangen
haben, wenn alle, die man für seine arbeit ausgegeben hat,
wirklich von ihm sind. Lessing 3, 3; der buchhändler bittet
ihn in der Zueignung um Verzeihung, dasz er ohne seine er-
laubnis alles, was er von seiner arbeit auftreiben können,
zusammen gedruckt und der weit mitgetheilt habe. 4, 212.
Von allen diesen bedeututigen unter 1. 2. 3 heiszt es nun : die
arbeit wird mir schwer oder leicht, fleckt; es ist eine sauere,
süsze arbeit; an die arbeit gehn, sie gut oder schlecht ver-
richten, ausführen ; saubere, reine arbeit liefern ; arbeit über-
nehmen und leisten (Garg. 284'); einen in arbeit setzen; die
Sache ist in arbeit; nach gethaner arbeit ist gut ruhen; ar-
beit gebiert ruhe; arbeit schlägt feuer aus dem stein; arbeit
ist unser, gedeihen steht bei gott. einzelne der vom handwerk
geltenden redensarten leiden auch auf die geistesarbeit anwen-
dung: dieses dichters werk ist flickarbeit; mit neuen bewei-
sen oder ausgebesserter arbeit alter beweise würde ich bit-
ten mich zu verschonen. Kant 2, 488.
4) noch allgemeiner übertragen wir arbeit auf andere Ver-
richtungen, ohne dasz ein bestimmtes werk hervorgebrMt
und aufgestellt wird: du enthältst dich zu lange der speise,
gib deinen zahnen arbeit; mit der aufgesetzten speise machte
er schnell reine arbeit; sauber, rein arbeit im becher ma-
chen {rein austrinken). Garg. 43'; gehst ein guten gold-
schmid, machest sauber arbeit 87'; der busar machte kurze
arbeit, hieb ihm den köpf vom hals herunter; in diesen
Sachen bemüht man sich nicht gern mit so genauen be-
rechnungen und macht lieber kurze arbeit (verrichtet sie als-
bald, thut sie aufs schnellste ab). Wieland 15, 245; der macht
kurze arbeit, ist resolut. Schiller 326 ; das glück hat bereits
schon zu viel für uns gethan, wir müssen uns selbst auch
noch arbeit geben {selbst etwas schaffen). 164 ; wir erfreuen
uns über die macht des Pflichtgefühls, welche die erfindungs-
kraft eines Verführers so sehr in arbeit setzen kann. 1137;
er habe sein bedeutend leben in kfiegcrischer arbeit {ft^xV
növoe) aufgewendet. 349 ; in arbeit, in voller arbeit sein, an-
gelegentlich beschäßigt :
und er war zu beginnen ein hohngclnchter in arbeit.
Klopst. Mess. Iti, 452.
5) die Vorstellung der arbeit wird an einzelne zustände ge-
knüpß, die anhallende anslrengung oder naturlhdligkeit zu er-
kennen geben, namcnllieh lieiszl reise eine arbeit, das franz.
travail hat im engl. Iravel geradezu diesen sinn überkommen;
so drückt unser arbeit wo nicht die reise selbst, doch die an-
slrengung und ermattung der reisenden aus : eine sauere arbeit
{bei besteigung des Vesuvs). Güthe 28, 22; aber der arl>eit dieser
pferde und lt!ule kunle ich mich nicht gnugsam verwundern,
dann ich ward so müde, dasz ich tausentmni lieber geschlafen
hutte, wie woi sie alle noch frische äugen hallen wie die falken.
541
ARBEIT — ARBEITEN
ARBEITEN
542
I
Philasd. 2, 597 ; gegen nacht zogen wir weiters . . . und be-
gunten sowol die pferd als wir, wegen der arbeit, jetzt müde
lu werden. 2, 599. eine viederkehrende eddische redensart
stellt erfidi und önndi, arbeit und bolschaß, Werbung und ge-
schäß zusammen und gilt zumal von reitenden boten : befir {)U
erendi sem erfidi? beü ek erfidi ok örindi, ich habs geworben
und ausgerichtet ; böfura erfidi ok ecki örindi, wir haben die
arbeit gehabt und nichts erlangt, es war verlorne arbeit. ?iichl
anders als das lat. labor, gr. növoi, altn. verkr dolor {neben
verk opus) bezog sich arbeit auf anhaltenden schmerz, beson-
ders gebärender, labor parturientium : tha? wib, tbanne siu
gibirit tben knebt, iu ni gibugit tbera arbeiti (non meminit
pressurae). T. 174,5 nach Joh. 16. 21; die frau liegt in arbeit,
in kindsnüthcn : ein fraw, die in kindsarbeit Iigt. Keisersb. post.
3, 17 ; twen wiven, de ire bulpen to irme arbeide. Ssp. l, 33 ;
eleicbwie eio hochscbn'angrer leib, der die herbe zeit erkanat,
die ibm zu der arbeil ruft, schmachtet ia der vrehmut band.
Grtphics 2, 41)7 ;
her liegr Borgny ofborin Terkjom. Saem. 239*.
so ist die rede von einer arbeit der natur (beim erdbeben)
Käst 9, 31, wie man sie auch kreiszen und gebären Idssl; das
tobende meer, die wellen sind in arbeit und hierhin darf je-
nes ahd. arapeit = procella, tempestas genommen werden, ja,
wir legen gährenden Stoffen, bevor sie zur ruhe gelangt sind,
arbeil bei: der wein, das bier ist nocb in der arbeit; was
auch die chemie auf ihre mischungen anwenden könnte.
6) hieran grenzt nun unmittelbar die von schwerer kncchts-
arbeit zuerst aljgeleitete abstraction groszer mühe und anstren-
gung. alle arbeit ist verloren kann nichts sagen sollen als
alle aufgewandte mühe war vergeblich, der wird uns trösten
in unser mübe und erbeit auf erden, l Mos. 5, 29 ; unser le-
ben wehret siebenzig jar, und wenns köstlich gewesen ist, so
ists mühe und erbeit gewesen, ps. 90, 10; ich habe sie (die
h. schriß) über zwelf jar geieret und mit groszer schwerer
erbeit. Luther 6, 24'; ir habent vorhin wol gebort, was ar-
beit und not die \\er gebrüder in dem thal Vacolür erlitten.
Aimon r3; ein widwe, die nun ihrn eigen sinn gefaszt hat,
soltu die nach deinem sinn ziehen, das wil arbeit nemen
(kosten). Albebcs ehbüchlein E4'.
wa der poet mit süszen bogen
durch übermenschliche arbeit
sie uicht der parken band einzogen. Weckh. 355 ;
wie hat in unaussprechlicher arbeil
seine seele gerungen ! Klopst. Hess. 13, 244.
tages arbeit! abends gäsie,
saure wochen ; l'rohe feste ! Götue 1, 199.
ARBEITEN , laborare, goth. arbaidjan, ahd. arapeitan und
arapeitön, mhd. arebeiten, arbeiten, nnl. arbeiden, doch altn.
wird von erfidi, ags. von earfod, earfede kein verbum geleitet.
Letuer schrieb erbeilen, was nicht zu verwechseln mit dem
häufigen erbcilen = erwarten, mhd. erbiten und erbeilen. Lo-
CAO gestallet sich arblen. Das goth. arbaidjan bedeutet xontät',
Matlh. 6, 28 von den lilien: nih arbaidjand nih spinnand, ov
xOTiiöJatv ovSi vTid'ovaiv, non laborant neque nent, ahd. si
ni arbeitenl noh ni spinnent, zur deutlichen bestätigung des
vorhin bei arbeil erörterten alten begriffes thdtiger werhsamkeit.
1) intransitives arbeilen, «rerAen, schaffen, streben, viel ar-
beilen oder wenig, leicht oder schwer, schnell oder langsam,
gern oder unlustig, freiwillig oder gezwungen, umsonst und
vergebens; arbeiten im hause, felde, walde, auf dem acker;
bei tage, bei nacht, bei liebte; auf eigne band, bei einem
meisler; allein oder in gesellscbafL
Den gegenständ der arbeit bezeichnet an, den stof in: an
einem schuh, kleide, ring, bild, buch, lied arbeiten, daran ar-
beitete ich schon lange, in leder, lurh, seide, Silber, gold,
mannor arbeilen, in der classischen literalur, in der elegi-
schen dicblarl; in der sache will ich nicht länger arbeiten;
in jeder andern malerie arbeilen. Lessinc 8, 496; warum noch
kein tragischer dichter in diesem Stoffe gearbeitet bat. Schil-
ler 144. i n mit acc: aber doch ist auch so viel wahr, dasz
es einem kOnstler weit anständiger ist, den slof, in den er
arbeitet, seinen gedanken, als seine gedanken dem Stoffe zu
unterwerfen. Lessinc S, 159. man darf nie aufliören an sich
selbst zu arbeiten ; die sache arbeitet in sich selbst fort. Den
iweek der arbeil gibt auf an: wir arbeilen auf eins und das-
selbe ; he, aller Pasquino, du maciitesl es gut, das nemliche
that ich, und so arbeiteten wir auf eins. Klisgers /A. 2, 233;
so hatten wir, ohne uns zu kennen, auf einen zweck gearbeitet.
Kli:<cer 4, 258 ; auf die höchste Wirkung ihrer kunst arbeiten.
Lesswg 6, 435 ; so wenig auch die hetrurischen künstler auf das
schöne gearbeitet. 6, 437. neuere pflegen ein h i n beizußgen :
auf die edelsten zwecke hinarbeiten, weidmännisch heiszt aber auf
Wildbret arbeiten, es mit dem leilhunde suclien und bestätigen,
die kreiszende frau arbeitet zum kind : einer zum kind ar-
beitenden frauen einer baselnusz grosz bibergail in bier zu
trinken geben. Hohberg 2, 550' ; schwangere weiber, wann sie
zur gehurt arbeiten. 3, 503'. für und um etwas arbeilen:
für das vaterland, für seine multer; um geld, um ehre arbei-
ten; Polygnotus, der kein gedungener künstler war, sondern
blosz um die ehre arbeitete. Lessixc 6,338. mit etwas ar-
beiten : er arbeitete mit bänden und füszen. um sich los zu
machen ; mit der feder, mit dem spaten arbeiten ; mit dem
köpf arbeiten ; handwerker, die sonntags auf der geige arbei-
ten. J. Paul Hesp. 2, 91.
Bloszes arbeilen = ringen, sich mühen : da er lang in sol-
chem jamcr arbeitet. Aimon X. ; er arbeilet seitdem noch lebhaf-
ter durch das gesträuch, um herauf zu kommen. Klopst. 8,131;
du der Hiob erhörte, da er von Jammer umgeben
strebt, arbeitet uod rang zu glauben und dennoch nicht glaubte.
Hess. 12, 459 ;
die pferde hatten in dem leimigen boden zu arbeiten, um
den wagen fortzuziehen.
2) inlransilires arbeiten in anderer anwendung. es arbeilet
in mir; der köpf arbeitet: mein herz arbeitete und blutete;
sein in zweifeln verwickelter geisl arbeitete, sich loszuwinden.
WiELASD 1, 56 ; er schlosz daraus, dasz el^vas in seinem ge-
müt arbeitete. 2, 294 ; der bruder marquis verzog gewaltig die
miene, man sah, dasz ein verdammt! unter seinen zahnen
arbeitete. Klinger 1, 121 ; ein seufzer, der erste, der mit wol-
lüstigem schmerz aus ihrer errölhelen brüst empor arbeitete,
sagt ihr, sie liebe. Wielasd 10, 24 ; dem schwer arbeilenden
busen entrissen nur einzelne stammelnde laute sich noch.
Kosegabte.s ;
ihm arbeilet die seele,
sich aus diesen tiefen, die stets mehr sanken, zu heben,
uod arbeitet umsonst. Klopst. Hess. 14, S67;
sein äuge arbeitet mit scbarfem,
untersuchendem blick, die stolze siadt zu erkennen. 9, 53;
mit einem äuge, in dem man die sehnsüchtig an einem bilde
Emanuels arbeitende seele sah. J. Pacl Hesp. l, 76 ; ich spare
keine schätze, was ich habe, arbeitet zum besten eures reiclis.
Klinger 2, 71. ich war in eine batlerie getreten, die eben ge-
waltsam arbeitete. Göthe 30, 31; der ofcn arbeitel. 34, HO;
die quelle, die unterm boden arbeitet und nirgends ausgang
finden kann. Klincers th. 3, 126 ; überall war lebensmost aus-
gegossen und arbeitete brausend. J. Pall Tit. 4, ICO; hafen-
ketlen, die den Jünglingen die fahrt ins arbeilende meer ver-
hängen. 2,10; das bier, der wein arbeilet, gährt; das Geber,
die krankheit arbeilet; der lelegraph arbeitet;
der melancholische rabe
mit arbeitendem flug nach alten mosichien eichen
seine reise beginnt. ZiCütRiI 2, 64.
3) transitives arbeiten mit acc. der sadie: das feld, den
acker, die erde arbeilen, bauen, bearbeiten; so erbeite im nu
seinen acker, du und deine kindcr und knechte. 2Sam. 9, 10;
erbeile deinen acker. spr. Salom. 24. 27 ; die der scbrifl nach
die erden erbeilen und ir narung daraus suchen. Lctber 1,
314'; der boden ist fruchtbar und gut gearbeitet. Götbe 43,
163; das bild ist flüchtig, das buch ist vortreflicb gearbei-
tet; die leule arbeiten, abarbeiten, strapazieren; das militJr,
der fürst, die regierung würden uns schön zusammen arbei-
ten. Göthe 15, 26 ; Hallers vortrefliche physiologie hätte mich
beinahe nieder gearbeitet. J. Pall mumien 3, 54; zugvieh zu
tod arbeiten ; ein pferd arbeiten, anstrengen mit reiten : und
gib im nichts anders zu essen als rogg^nstro und arbeite es
zirolich. Seuter rosarznei 20 ; weidmännisch, den hund arbei-
ten, abrichten: ein rein gearbeiteter hund, der nur zu einerld
«ildbret gewöhnt ist. ein kleid, einen schuh arbeiten ; einen
korb, einen geldbeulel arbeiten; ein budi, ein gedieht ar-
beiten, an dem b., g. arbeilen, seine ehre, seine schände an
etwas arbeiten : ich glaube, dasz einer seine und Homer»
schände an hcxametem arbeiten würde. Bürger ISl'. bei aus-
gelassenem acc. streift die bedeutung in intransitive: wer nicht
erbeilen wil, sol auch nicht essen. Luther 6, 29* ;
welch eine zeit i»t jetzt» man spannt die drescher an.
und frissei den wol gar, der nicht mehr arbien kan. I.ocao 1, 6, 37;
gewöhnlich, sagte er, ist nichts lustiger, als wenn Schauspie-
ler von studieren sprechen, es kommt mir ebenso vor, als
wenn die Ireimäurer von arbeiten reden. GOthe 19, 183.
543
ARBEITEN — ARBEITSCHEU
ARBEITSCHULE — ARBEITSKRAFT 544
4) sich arbeiten, sich anstrengen, verhall sich zu bloszem
arbeiten wie Tioveouai zu novico : ich hab mich gemühet oder
geerbeitet mit laufen, mit scLiahen, also hie auch, ich er-
beite mich mit seufzen. Luther 1, 20'. 3, 3'; s. Augustin viel
sich drinnen erbeitet. 3, 492'; ich höre, das wol fünfmal dis
edict sei verendert und haben viel sich dran geerbeitet. 5,
291' ; dieweil sich nun der künig ernstlich arbeitet, das schlosz
dem Türken abzutringen. Frank chron. 210";
ein frosch gern grosz gewesen wer,
drumb arbeit er sich mächiig selir,
dasz er möclit werden wie eip kuh. Er. Albkrus 149;
wann ihr euch arbeit noch so sehr,
noch werdt ihr kein kuh nimmermehr. 150'.
sich heraus, herauf und hinein arbeiten : die sich selbs her-
aus arbeiten. Luther 3, 5 ; er hat sich mutig aus dem grösz-
ten elend heraus gearbeitet; wie sich die rasende Jugend in
ihr elend hinein arbeitet; die bestrebung, die er anwendete,
sich heraus zu arbeiten. Wieland 1, 304; ich arbeitete mich
mit ihr ans ufer. 13, 78 ; das meer arbeitet sich in andere
gegenden hinein. Kant 9, 17; der mond arbeitete sich aus
einem blutmeer von dünsten ohne stralen herauf. J. Paul uns.
log. 2, 139 ; er arbeitet sich, noch zu tode.
5) arbeiten lassen : ich lasse bei meister NN arbeiten ; er
liesz ihr bild arbeiten; machte sich ein hübsch kapitälchen
und liesz es brav arbeiten und durch Interessen vermehren.
Klinger 1, 123 ; mehrere meinungen im briefwechsel gegenein-
ander arbeiten lassen. Göthe 45, 307 ; die maschine a. 1.
ARBEITER, m. operarius, opifex, nnl. arbeider, sowol der
tagelOhner als handwerker (goldarbeiter, Silberarbeiter), ja je-
der arbeitende : er ist ein guter, schneller arbeiter. unter den
arbeitern, der arbeitenden classe denkt man sich vorzugsweise
Landarbeiter im haus, im felde, in den fabriken, das gesinde.
Luther schrieb erbeiter, Logau arbter. also machten alle
weise menner unter den erbeitern am werk. 2 Mos. 36, 8 ; so
hastu viel erbeiter, Steinmetzen und zimmerleut. 1 chron. 23, 15 ;
der fried ist zwar gestift, die krieger handeln linde,
die Steuer trillt uns noch, uoch arbter und gesinde.
Logau 3, s. 227, 51.
ARBEITERBEWEGUNG, f. aufruhr der arbeiter, arbeiterkra-
wall.
ARBEITERIN, f. operalrix.
ARBEITEBISCH, industrius, arbeitsam.
ARBEITERLOHN, m. arbeitslohn. Rabener 3, 314. nnl. ar-
beidsloon.
ARBEITERNOTH, f.
ARBEITGEBER, m. der ßr sich arbeiten läszt, die arbeit
bestellt und zahlt.
ARBEITLEER, vacuus a labore, miAelos. arbeitleere stelle.
GöKINGK 1, 3.
ARBEITLOS, laboris expers, nicht arbeitend, weichlich und
arbeitlos. Voss Od. 21, 151.
ARBEITMÜDE, fessus labore.
ARBEITNEHMER, m. gegenüber dem arbeitgeber, der die
aufgetragne arbeit annimmt.
ARBEITRCSTIG, promtus in labore.
ARBEITSAM, laboriosus, aerumnosus, ahd. arbeitsam. Graff
1,410; mhd. arbeitsam und herte. Trist. 429, 6; nnl. arbeid-
zaam; das erbeitsame verlangen nach der gnade und trost.
Luther 3, 17'; pferd, qchsen und ander erbeitsam viehe. 4,
515'; arbeitsame bienc;
mit arbeitsamer noih und mit gar viel bemühen
sie miteinander fort durch ein gewälde ziehen.
Werdkrs Ariost 7, 8.
heute ist uns arbeitsam* nur fleiszig, anhaltend in der arbeit.
ARBEITSAMKEIT, f. assiduus labor. handvesl arbeitsam-
keit. Fischart glückh. schif 28.
ARBEITSANSTALT, f. in dieser und den folgenden Zusam-
mensetzungen ist das s nicht aus einem n. zu erklären, son-
dern wie bei andern angefügten f. zu nehmen.
ARBEITSAL'FSEHER, m. operis exactor.
ARBEITSBEDÜRFNIS, n.
ARBEITSBESTELLUNG, f.
ARBEITSBEUTEL, m., worin die frauen zeug zum nähen
und stricken tragen, s. arbeitskörbchcn.
ARBEITSBIENE, f. apis mellifica : eintragende, bauende ar-
beitsbiene.
ARBEITSCHEU, fugicns laborem: arbcitsclicuc flüchtigkeit.
Wieland 2, 10 ; arbeitscheu zum schreiben. Wielands Ihr. 1, 124.
ARßElTSCHEU-, f. fuga, taedium laboris.
ARBEITSCHÜLE, f., in der kinder zu gewerben angezogen
werden.
ARBEITSELIG, mühselig, aerumnosus, nnl. arbeidzalig, mhd.
wan er leider arbeitsselec was. Trist. 55; 10 ;
nhd. sich rauch gegen einen arbeitsäligen halten. Maaler 209' ;
ein arbeilseligs ihier. fastn. sp. 875, 33;
ich arbeitselige bürde! 876,20;
die arbeitseligen menschen. Keisersb. schif der pehitenz 15;
arbeitsälige sorg. Frank spr. 8 ; mein arbetselige müwe. chron.
vorr. aii"; deren narung ist arbcitselig, leben von nussen.
weltb. 198'; arbeitsälig joch der leibeigenschaft. Stumpf 1, 285";
in die arbeitselig well gesetzt. Aimon r. ; ich mein das arbeit-
sälig fleisch und die baufellig hütten des Christen. Wernstreit
kriegb. des fr. 30 ; machet ihr das arbeitsälig leben noch seu-
rer. 83; so würden die lastschif nicht mehr besetzet sein und
also (welches ein arbeitseliger handel) den feinden müssen zu
theil werden. Fhonsp. 3, 156"; ein verdrieszlich mühsam und
arbeitseliger handel ist es (bei nacht ins lager kommen). Kirch-
hof mil. disc. 131 ; zu einem arbeitseligen und mühsamen
leben geboren, wendunm.llä^ ; wie ein arbeitseliges und elen-
des geschüpf es umb ein menschen ist. Thurneisser archid.
vorr. 1 ; kommet zu mir, die ir arbeitselig und beschwert seid.
Reiszner Jerus. 1, 5l'. 2, 91' (Matth. 11, 28 wo Luther mühse-
lig und beladen); waren sonst ein hart und arbeitselig volk.
MicRÄLius a. P. 2, 180; ach arbeitselige glückseligkeit. Simpl.
1, 147 ; manche provinz unserer arbeitseligen nation. Herder
16, 157 ; leidengeübte, arbeitselige Psyche. Kosegarten, heule
wird mühselig vorgezogen, weil in arbeit der leidende begrif
zurücktritt.
ARBEITSELIGKEIT, /". aerumna: gedenk dein aigen arbait-
seligkeit. Keisersb. sieben Schwerter u. scheidend; schwacheit
und arbeitseligkeit auf erden. Agricola spr. 136' ; dasz du dich
segnen und unsers eilends, blindheit und arbetseligkeit erbar-
men wirst. Frank chron. vorr. aiii'; wir wollen aber hie nicht
allein von der arbeitseligkeit menschlicher affecten, anligen
und gepresten reden. Thurneisser proft. der harnen 82; nider-
trechtigkeit, arbeitseligkeit, Verfolgung. Puiland. 1, 667;
0 Jammer, arbeitseligkeit,
wie ist mir das ein grosz herzleid!
ÜERCHTOLD redw. 103;
warum schenkest du mir zuvor wermuth und gallen, ehe ich
eine lieblichkeit geschmecket, warum sind anderseits so lange
und unendliche arbeitseligkeiten, so viel leiden, bemühungen
und thränen! Gryphius 1, 897; dasz wir keine Ursache mehr
hatten uns über einige arbeitseligkeit zu beschweren. Simpl.
1, 652 ; vorher hatte ich die menschliche thätigkeit, diese mit-
leidswürdige arbeitseligkeit vei'achtet. Tieck Sternb. 2, 135.
ARBEITSFÄHIG, laboris capax, zur arbeil geschickt.
ARBEITSFÄHIGKEIT, f habilitas.
ARBEITSFEIND, m.
ARBEITSFLEISZ, m. assiduilas laboris.
ARBEITSFLUCHT, f fuga laboris.
ARBEITSFRAU, f. operaria, taglöhnerin, die sich zur häus-
lichen arbeit verdingt.
ARBEITSFREUND, m.
ARBEITSGELEGENHEIT, f.
ARBEITSGENOSSE, m. laboris socius. Schottbliüs anlei-
tung. Braunschw. 1676. 8. s. 118.
ÄRBEITSGERÄTH, instrumentum, utensile.
ARBEITSGEWINN, m. lucrum ex labore.
ARBEITSHAUS, «. ergastulum, mhd. wercgaden*
nil saher inrehalp dem tor
ein wiiej wercgadem stdn,
dn; was gesialt undc getan
als armer liiito gemach,
darin er durch ein vcnster sach
wurkon wol driu hundert wip. Iw. 6187.
ARREITSHERR, m. was arbeitgeber.
ARBEITSKÄSTCHEN, n., frauenarbeil zu bewahren.
ARBEITSKÖRBCHEN, n. desgleichen, lauter ungescliickte,
schwerfällige Zusammensetzungen, statt deren die einfachen Wör-
ter beutel, kästchen, körbeben besser gebraucht werden; es ist
unnüthig an dem einzelnen gerdlh immer auch den zweck auszu-
drücken, für den es dient, und den der Zusammenhang bestimmt.
ARBEITSKRAFT, /". man betrachtet den menschen mit sei-
ner arbeitskraft wie eine waarc, deren preis mit der menge
des augebots und der nachfrage danach steigt und fiült.
545
ARBEITSLAST — ARG
ARG
546
ARBEITSLAST, f. moles laboris.
ARBEITSLELTE, pl. operae, operarii, ig. arbeitsmann.
AHBEITSLIEBE, f. arbeiUlust.
ARBEITSLOHN, m.
ARBEITSLOS, was arbeitlos: dem arbeiulosen arbeit ver-
scbaffen. Fichte sillenl. 398.
ARBEITSLUST, f. fdoTiovia.
ARBEITSLUSTIG, fdoTtovos.
ARBEITSMÄNGEL, m. mangd an arbeit.
ARBEITSMANN, m. operarius, pL arbeilsleute.
ARBEITSMITTEL, n.
ARBEITSNOTH, f. mangel an arbeit.
ARBEITSRÄUM, m.
ARBEITSSTAUB, m. dann würde ich mein leben in frölich-
keit zubringen und den arbeitsstaub ferne von mir abschüt-
teln, pers. baumg. 1, 32. in dieser und den fünf folgenden Zu-
sammensetzungen fordert der Kollaut lilgung des einen s.
ARBEITSSTRAFE, f. verurllieilung zur Zwangsarbeit
ARBEITSSTUBE, f des gesindes, des gelehrten.
ARREITSSTUCK, n. tcas in arbeit ist.
ARBEITSSTUL, m.
ARBEITSSTUNDE, f.
ARBEITSTAG^ m. werkellag, dem feiertag entgegenstehend.
ARBEITSTISCH, m.
ARBEITSUNFÄHIG, ungeschickt zur arbeil.
ABBEITSUNTERNEHMER, m. arbeilgeber.
ARBEITSVERDIENST, n.
ARBEITSVERGÜTUNG, f.
ARBEITSVERTRAG, m. Fichte franz. rev. 150. 241.
ARBEITSWEG, «i. arbeitswege, arbeitsmitlel erüfnen.
ARBEITSWILLIG, zur arbeit bereit.
ARBEITSZEIT, f.
er dacht, ^ott geb. der herbst aDkumm,
dcDQ ist die arbettszcit herumb.
B. Walois 1548, 145'.
ARBEITSZEUG, n. arbeitsgerälh.
ARBEITSZIMMER, n.
ARBEITSZW.\NG, m.
ARBEITVGLL, aerumnosus, mühevoll:
des dulders laufbahn sei voll schweisz,
sein kämpf sei arbeiivoll und heisz.
Kr.opsT. ", 126;
auf der tugend arbcitvoller baho. Schiller 1, 168.
ARRTER, m. ßr arbeiter.
ARCHE, f. cista, arca, goth. arka, ahd. archa (Graff 1, 467),
mhd. arche (Bex. 1, 5<>), nnt. ark. aqs. earc, engl, ark, alln.
örk; vgl. sl. raka reconditorium, behälter, kästen; in unserer
heutigen spräche vorzugsweise für die arche Noah beibehalten;
das stammt noch aus der arcbe Noah, das ist uralt. Doch
heisit beim vasserbau arcbe auch ein holzeingefasztes, käslen-
ähnliches gerinne, an mülilen und (eichen zunx ablassen des
Wassers, ein canal zum durchfahren der schiffe. bairL<iche und
tirulische versthümer nennen verschiedentlich solche zum ßsch-
fang eingerichtete archen (3, 677. 734. 735), vgl. Schneller 1, 103.
der miiller sjiirzt mich ins wa.«ser frech,
llesz uhr mich zum drillpo m.-)l
seiner ark voiraih llleszen all. froschm. 1. 2, 19.
vgl. altn. n'ik wasserrinne, und freiurche.
ARCHITRAB, n. epislylium, hauplbalke, nach dem it. franz.
arcbilrave. das hybridisch genug ist, um auch untrer spräche
ihre afsimilntion zu gvslallen, in trave steckt lat. trabs. ar-
chilrab haben Stieler 1692 und Lessinc 10,235.
ÄRECHTIG, spiceus, spicatus: am obern theil der Stengel
erscliiinen hreclitige blumen. Tadernaexo^t. s. 509. s. übre.
ARE.V, GEAREN, pari, praet. des folgenden, wcisth. 2, 326
a. 1315, wie abgearen von aberen. vgl. äbren, eren, aberen.
AREN, arare .- zu Gerisow so viel ackers, als ein halber
plli'g eins tags geeren mag. Tschldi 1, 15. s. eren.
ARFEL, f pinus cembra: aufgebrochenen, zerrissenen pfa-
den steigend und staunend aus dem buden der friiriitbüunie
den tunuMald hinauf durch den gelben enzian zu arfeln und
bergrosf-n. Jdk. MTller Schw. gesch. 1,344. s. arbe.
ARFEL, bei Herel auch Srfcli. 5. armvoll.
ARG, malus, pravus, in der ältesten zeit aber vorzugsweise
timidus und avarus, veil feigheil und unmilde ihr das gröszte
lasier, die hefligsle schelle waren, langob. arpa ! iners et inu-
lilis. Pall. Diac. 6,21; ahd. arac, arc avarus, ignavus, nequam
(Graft 1, 412) ; ags. earg vecort, iners, pavidut, $tupidus ; altn.
in doppelter gestalt argr und in sl. «eise umgestellt ragr, 6«'-
des piger, deses, pavidus; mhd. arc nichtswürdig und geizig
(Ben. 1, 54. 55) ; nnl. arg, schw. arg, dän. arg und arrig, tners,
malus; engl, arrant, vgl. arch {erz), im sinne von abgefeimt.
Wörllich nah zu liegen scheint ahd. cbarc nequam, astutus,
mhd. karc astutus, avarus, nhd. karg, altn. kargr piger, igna-
vus, avarus, mit vortretendem kehlanlaut, der in arg (icie in
aflfe und andern) abgeworfen sein kütinte. im heutigen karg
erhielt sich die besondere bedeutung des geizes, die in arg
sammt der der feigheit allmälich verschwand, wofür mehr die
allgemeine des bösen, Übeln und schlimmen waltet.
1) auf personen angewandt: so denn ir, die ir doch arg
seid {ahd. ubiie birut), könnet dennoch euren kindem gute
gaben geben. .Matlh. 7, 11; nimet zu sich andere geister, die
erger (ahd. wirsiron) sind denn er selbst. 12, 45; dis ist ein
arge art, sie begert ein zeichen. Luc. U, 29 ; der uns errettet
hat von diser argen weit {goth. aiva ubilinj. Gal. 1, 4 ;
nun will keiner der ergest sein. H. Sachs 1, 227';
so seind wir ihm zu grosz und argk. AtRER 130*;
ihnen und andern argen buhen. Garg. 270*; soll Judas dar-
umb des ärger sein? 108'; arg läszt ärger kind;
arg werd ich scheinen, das ists, was mich quäh.
Stolberg It, 307 ;
je ärger der schalk, je besser das glück ; es ist niemand seihst
der ärgste bösewicht. Kam 4, S2. in vielen fallen kann dies
arg gleichbedeutend sein mit übel, böse, schlimm: das sind
arge, schlimme, böse leute oder gesellen; wieuol jedes wort
etwas anders färbt, wenn Gellert 3, 39S den Myrtill zur Ga-
lathee sagen läszt du bist doch gar zu arg, oder Miller im
Siegwart 1, 45 eine frau zum mann : je mann, sei doch nicht
arg, ich wollt ihm ja nur ein stücklein brot geben ; so dürße
beide mal stehen schlimm und böse, obschon arg und schlimm
olijccliver sind, böse subjectire gesinnung ausdrüc-kt, also wie
feindlich den persönlichen dat. neben sich haben mag, den
schlimm und arg ablehnen, dachte Miller 6e» arg hier noch
an karg? im 16j/i. erscheint diese Vorstellung hin und wieder
offenbar: nu was der schmid ein arg man, nam ihn auf und
gedacht, in acht tagen kan er mich nicht arm essen, des
morgens begunden sie zu schmiden. ilenspiegel, Erf. 1538.
hist. 40. Fischarts gereimter Eulenspiegel bl. 119 sagt dafür:
der schmid der war ein arpcr mann,
gedacht, er kan mich in acht tagen
nit arm essen, ich wil es wagen,
du kanst in hallen wol also,
dasz er nit viel wird deinen {tui] fro. blatt 265
nun als er gschickt ward auf ein zeit
ins dorf nicht von der statt sehr weit,
dasz er eim argen kargen lauren,
wie soll ich sagen, eiiiiem bauren
gelt heischen soll, da frewt er sich.
in etnem Hede des 16 jh. heiszt et noth detUlichet vom «et».*
dein kraft wunder Ihut,
dem zagen glb<I du mut,
dem argen kargen mildes plut;
das beigeßgte zweite adj. will den schon tm ersten enlhaltnen
sinn sichern. Locad stellt umgedreht die beiden Wörter einan-
der im reim entgegen :
doch wird man auch wol sehen,
dasz mancher etwas .irgers
geschrieben, mancher kaigers. 3, 9, 45.
2) arg auf sachen bezogen : also ein ieglicher guter bäum
bringet gute fruchte, aber ein fauler bäum bringet arge friichle
{ahd. tuot uhilan wahsmon, goth. akrana ubila). Matlh. 7.17;
aus dem herzen koiniuen arge gedanken {ahd. nbile gidancha).
Matlh. 15, 19 ; sehet zu, lieben briidcr, dasz nicht iemand un-
ter euch ein arges, ungiiiubiges herz habe. Hebr. 3, t2 ; und
es warJ eine böse und arge drüse (f/xoi xaxöv xal noyr;-
q6p) an den menschen, offenb. Joh. 16,2; durch des leufels
argen lisl. Sciiwarzekrerg 147, I ; diese fisch sollen auch nit
ein arg fleisch {kein übles fleisch) haben, sonder gut, gesund,
vest. Forer 25*;
so ist das arge gold ein goti der götter worden.
Opitz 1, 55,
wir würden heute sagen, das feige gold.
misgun«!, das arge ihier. Wickusriii« 382;
iea wurden die schal dürr und ark (mager).
ir. Sachs 11. 1, 85».
35
547
ARG— ARGDENKLICH
ARGDENKLICHKEIT — ÄRGERN
548
man sehe hernach die zusammenselzungen argdenklich, arglist
und argAvohn. das kind folgt der ärgern hand, manum se-
quiiur deleriorem; da sicher die ungleichen ehen häufig wa-
ren, wo denn das kind der ärgeren hand nachschlechtete.
NiEBuiiR 1, 585. 2, 93 ; die blutrichter verürtheilten ihn am argen
bäum gehenkt zu werden. 1, 386 (infelici arbore, fries. oppa
enne norlhhaldne bäm).
3) häufig dient arg allein, ohne beigefügtes subst., zur bil-
dung von redensarlen. das ist arg, wenn du ausbleibst; das
wäre zu arg, bräche er sein wort; ärger als arg;
es war zu arg, es gieng unmöglich an. Wieland 18, 136;
freilich arg, wenn heute gesang und klang bei der hochzeit
unsers töclitercheus fehlte. Luise 3, 610.
es arg haben, schlimm, übel daran sein :
ein reicher hat es arg, ist keine zeit nicht frei,
dasz morgen er vielleicht der aller.nrmsie sei.
LoGAU 1, 4, 2.
ein arg, kein arg, gewöhnlicher ein arges, kein arges haben an
oder aus etwas, sich schlimmes oder nicht dabei denken: denn
diese haben kein arg aus dem groszen unterschiede, der zwi-
schen knechten, freien und männern ist. Klopst. 12, 44 ; Lu-
ther hatte hier kein arges. Lessing 8, 320 ; ich hatte nimmer
arges gegen ihn. ScHiLi.En 383; sie hatten eine grosze freude
und dabei gar kein arges. Göthe 24, 76 ; die übrige weit aber
merkte nichts oder hatten kein arges daran. 29, 135. arg
wollen, meinen : wenn ich arg wollte, hätte ich völlige frei-
heit zu sagen u. s. w. Liscov 3, 22, vgl. argwillig; er meint
es so arg nicht, arg machen : übel ärger machen ; er machte
es schon arg, du machst es noch ärger ; damit macht ers
nur ärger; auch damit ihre Sachen nicht besser, sondern är-
ger machten. Schweinichen 1, 309 ;
doch, machst dus ihr zu arg, gib acht, sie wird dich hassen.
GöiUK 7, 31 ;
ich wüste nicht, wie mans einem ärger machen wollte. 19, 29 ;
doch, dasz ich es nicht zu arg mache, eigentlich hatte ich
mich ganz in die absieht meines bruders ergeben. 19, 101;
wenn sie es euch nur nicht gar zu arg machten. 24, 161.
arges thun, etwas schlimmes, böses thun: ohne zu glauben,
dasz er daran arges Ihue. Wieland 30, 477. im argen lie-
gen : und die ganze weit ligt im argen (dp reo novr.oM xel-
Tac). 1 Joh. 5, 10. Kant 6, 177 ; deswegen liegt die menge wol
so im argen, weil sie sich nur im dement des miswollens und
misredens behagt. Götiie 22, 13 ; die bibliothek lag hofnungs-
los im argen. 32, 117 ; die deutsche rechtschreibung wird so-
lange im argen liegen, als unser volk seiner politischen ein-
heit entbehrt, eines im argen gedenken: das ein jeder ihm
wolle verzeihen und nach seinem lüde in keinem argen mer
gedenken. ]\EVTrtR kriegsordn. 06; also das sie den frommen
dienen zum besten, den bösen zum ergsten. Luther 4, 15';
würde mans gleich in argem aufnemen. wegki:irzer 20* ;
dasz wir euch dieses brieüein senden,
das wird man, hoffen wir, uns nicht zum argen wenden.
Fleming 51.
es steht am ärgsten, pessime: ja wans zum ärgsten mit ihr
Stat. Garg. 285.
ARG, n. malum, gleich dem lat. subst. aus dem adj. ge-
bildet, doch nur im sg. üblich, in den von Graff 1, 413. 414
beigebrachten beispielen des ahd. subsl. widerstreitet nichts dem
neutrum, ein von Ben. 1, 55 angesetztes mhd. masc. beruht
blosz auf Er. 5141, wo doch allen arc vom Herausgeber her-
rührt, man l. alle? arc, die andern belcgslellen stimmen zum
n., welchem auch an alle; arc. Lohengr. 76; öf sin arc. Ma-
rienlrg. 161, 258 ; durch arch. pass. 44, 90. 323, 80, so wie die
nhd. form zur bestdtigung gereichen :
seither des Krieges arg das gute fast vertrieben.
LoGAü 1, 8, 98;
weil das from geschwächt dadurch und verstärket wird das arg.
2 «. 46 ;
wer sich fleiszet auch das arg, wie das gut, so hoch zu ehren.
2, 3, 56 ;
und die vorhin bei arg haben aufgeführten stellen lassen sich,
wenn ihnen das -es fehlt, substantivisch fassen, er ist ohne alles
arg (falsch), es ist kein arg {falsch) in ihm. doch ziehen neuere
vor ohne arges: die zufriedene micnc, mit der sie den bricf ein-
steckte, bewies dasz sie ganz ohne arges war. Schiller 747.
ARGDENKLICH, suspiciosus, argwöhnisch: pfui, schämet
euch, argdenklicher tyrann! Leipx. avantur. 1, 236; sie sind
wol gar ein wenig argdenklich? Rabeners briefe s. 42. auch
bei Opitz Arg. 2, 29. s. arggedenklich.
ARGDENKLICHKEIT, f. lieszen sich merken, dasz sie sich
damit von ihrer argdenklichkeit nicht abbringen lieszen. J. E.
Schlegel 3, 400.
ARGER, m. indignatio, ira, verdrusz, zorn, eine befremd-
liche, vor dem letzten jh. nicht erscheinende Wortbildung, de-
ren Umlaut zur annähme eines schwachen ahd. ergiro, mhd.
erger gen. ergern nüthigen würde, die sich nirgend darbieten;
das heutige wort ßccliert stark, gen. ärgers:
rinder für andere hütend mit unaulhörlichem ärger.
Voss Od. 20, 221 ;
er lacht seinen ärger gegen (auf, über) ihn weg. Klinger 1, 100 ;
er schüttete seinen ärger aus ; sprach mit verbissenem ärger ;
ein ärger folgte auf den andern; ich bin vor ärger krank.
ÄRGERER, m. offendiculum ponens: der ärgerer will dem
geärgerten immer übel. Lichtenberg.
ÄRGERLICH, offendens, franz. scandaleux, anstOszig: hebe
dich, satan, von mir, du bist mir ergerlich {vulg. es mihi
scandalum). Matth. 16, 23 ; seid nicht ergerlich (sine offensione ,
estote) weder den Juden noch den Griechen. 1 Cor. 10,32;
das ist eine ärgerliche (verdrieszliche) sache, geschichte, be-
gebenheit; ärgerliche chronik, chronique scandaleuse. gleich
verdrieszlich geht das wort auch über in die subjeclive em-
pfindung des ärgers: er ist immer ärgerlich, im ärger, em-
pfindlich; wird gleich über alles ärgerlich, verdrieszlich.
ÄRGERLICH, adv. faslidiose, zum verdrusz:
auf herr, straf unsern feind, dasz er
nicht länger ärgerlich slolzier. Weckh. 182 ;
sie (die Schäferin)^ die mir so ärgerlich nachkreucht.
Grtphius 1, 665.
ÄRGERN, eigentlich gegensatz von bessern, also verschlech-
tern, verschlimmern, deleriorem facere, ahd. argirön (Graff
1,414:
was vil der frumracn machen gut,
das ärgert oft der pöscn mut.
SCHWARZENBERG 139, 1 ;
so sie ohn bewegliche Ursachen dem gesinde urlaub geben
und andere aufnemen, so pflegen sie es gemeiniglich nicht
zu verbessern , sondern zu ergern. P. Glaser gesindleufel
1564. G4';
dieses weisen kncchtes gOte,
die dich billig bessern soll,
ärgert dein verstockt gemüte.
LoHENST. geistl. ged. 13, 234;
etwas an den Statuten mehren oder mindern, bessern oder
ärgern. Witzenb. 3, 204. Gewöhnlich aber bedeutet es offendere,
einen ärgern, ihm ärger und vei-drusz machen: so ein prie-
ster, der gesalbet ist, sündigen würde, das er das volk er-
gert. 3 Mos. 4, 3 ; ir aber seid von dem wege abgetreten und
ergert viel im gesetze. Maleachi 2, 8 ; ergert dich aber dein
rechtes äuge, so reisz es aus und wirfs von dir {golh. jabai
marzjai |)uk, ahd. oba dih pisuiche). Matth. 5, 29. 30. 18, 8. 9 ;
wer wird geergert und ich brenne nicht? (goth. hvas af-
marzjada jah ik ni tundnau ?) 2 Cor. IX, 29 ; also werden sie
allenthalben verstockt und geergert, das solcher fluch uns
wol durch bein und mark gehen. Luther 3, 312 ; sie würden
min {an mir) geergert. Keisersb. ehr. bilg. 182; ordensleut,
die elwan hohe ros reiten, dardurch denn die edlen zu zel-
ten geergert werden. Pauli seh. und ernst 119'; und so sol-
ches die Juden und die beiden sehn, werden sie dadurch ge-
ergert. 140'; ihr sucht geflissentlich alles hervor, mich zu är-
gern und zu reizen; einen zu tode ärgern, krank oder todt
ärgern; ihn ärgert die fliege an der wand; du ärgerst mich
mit deiner bloszen miene.
Sich ärgern, ursprünglich verschlimmern, verschlechtern: in-
dem es sich mit den kranken ärgerte. Simpl. 1, 657. meislen-
theils aber anslosz, drgernis nehmen, franz. sc scandaliser,
s'offcnser: und ist ein verachtet liechllin für den gcdankcn
der stolzen, stehet aber, das sie sich dran ergern. Hiob 12, 5 ;
das sich viel über dir ergern werden. Es. 52, 14 ; und erger-
ten sich an im. Malth. 13, 57 ; darumb soll ir euch meines
tods nicht ergern. Luther 3, 136'; das ist, dal sich niemand
an mir stoszen noch ergern kan. 6, 54'; wenn ich mich aber
an den grillen Piatos ärgere, so bewundere ich um so mehr
sein weises, groszes, herliches. Klincer 12, 58. man sagt
auch: sich zu tode ärgern, sich die schwindsucht, ein gal-
lenfiebcr an den hals, das herz aus dem leibe ärgern; ich
will mich aber auch über nichts mehr ärgern.
549
ÄRGERNIS — ARGLISTEM)
ARGLISTIG — ARGWÖHMG
550
Die belege veisen, dasz der gegenständ des ärgemisses frü-
her durch den gen., spater durch die praep. an und über ausr
gedrückt wurde.
ÄKGEK.MS, offendiculum, scandalum, anslosz, n. und f.,
doch jenes herscht vor und gilt bei Lctheh: denn wo du iren
göttern dienest, wird dirs zum ergernis geraten. 2 Mos. 23, 33 ;
und geriet seinem haus zum ergernis. rieht. 8, 27; und die-
nelen iren gützen, die gerieten inen zum ergernis. ps. 106,
36; ein feis des ergernis. Es. 14, 3; weicher mensch hell ob
dem ergernis seiner missethat. Ez. 14, 3; und sie werden
sammeln an seinem reich alle ergernisse. Mnlth. 13, 41 ; zum
ergernis. ROm. 11, 9 ; so hätte das ergernis des creuzes auf-
gehört. Gal. 5, II ; spätere ausgaben der bibel haben verschie-
dentlich das f. eingetragen, z. b. Mallh. 18, 7. Rom. 9, 33;
darumb, das sie nicht allein irren, sondern auch andern des
irrtbums ergernis machen und bekreftigen. LctherI, 17';
mich soll von dir, herr, glaube mir
kein .irgernüs abzwingen. Gkiphius 2, 204;
eh als, spracli er, der siernen beer
wird vor dem lag erbleichen,
wild eure ireu von mir roll scheu
und nrgernüs abweichen. 2, 203 ;
gar selten Ist ein tag, da nicht, mit ärgemus,
ein frembder rittersmano im terapel sterben musz.
Werders .iriust 20, 59 ;
sie bat ihn in verdacht und ist voll ärgernis.
Gellert 3, 392;
ich bin zum ärgernis und zum verdrusz geboren. 3, 402 ;
vor unzeitig genommenem ärgernis verwahren. Wielaüd 1, xviii .
Hans, du gibst mir den lauten ein ärgernis!
Luise 3, 714;
kein wunder, wenn die katholischen eiferer daran ärgernis
nahmen. Schiller lü74; er konnte dem baron nicht ohne
ärgernis zuhören, der ohne barmherzigkeit fortfuhr. Göthe
IS, 286; ich horchte sehnsüchtig auf die wagen, ein gewisses
ärgernis wollte sich regen. 23, 133. Fürs f. liefert ein frü-
hes beispiel .Melanchtho.n : dieser grimm beiszt eine phari-
seische ergernis. hauplartikel ehr. lehre im corp. doctr. christ.
Lp. 1560 p. 751, doch folgt p. 753 von phariseischem ergernis ;
die absieht war, alle üflenlliche ärgernis zu vermeiden. Göthe
20, 270 ; in den französischen urtheilen über deutsche litera-
tur erscheint eine anmaszungsvolle ärgernis {ein verdrusz).
J. Paul dämmerungen 35. auch Klisgeh setzt die ärgernis.
3, 8. 11, 199. 259.
ÄKGEHLNG, f depravatio, Verschlechterung: hab ich doch
in dem selben buch nichts von dem bapsthum geschrieben,
sondern nur von seiner besscrung und ergerung. Llther 1,
376'; das man sie mit dem munde nur gemummelt oder ge-
plappert hat, on alle frucht und besserung, ja mit ergerung
des herzens. l, 69'; denen auch Christus und alle aposlel
ergerung machten, br. 1, 309 ; ärgerung, deterioration. Frankf.
reform. II. 13, 4. 14, 10;
sie häh für sünde nicht, was niemand ärgrung gibt.
We»."«he 10.
ÄRGERYOLL, taedii plenus, voll verdrusz:
er hofl, ihm schneide goil Apoll
ob dieser unsch m argenoll
die langen obren ab. Hacg.
ARGGEDENKLICH, was argdcnklich: Opitz Arg. 1, 296; die
arggedenklichen und die sich tief besinnen. Wiedemasx juli
21; die arggedenklichen Serer. Lohe.-^st. ilrm. 1, 642;
er macht uns arggedenklich
und furchtsamer als vor. Lohenst. Ibrah. 59, 268.
ARGHEIT, f. pravilat, malitia, mhd. axcbeit: .Melisscs
ps. B4*;
und wer ist seines feinds argheit
auch friedeosxeit so oft eniioimen?
WeCKHERLIM 365.
ARGHERZIG, pravus corde, böshnzig. FKOT^sr. kriegsb. i,7h'.
AHGITEL'MSCH: leunisch. Melissus pj. 0 6" /Br arghönisch.
ARGLIST, f rersutia, calliditas, astutia, ahd. arclist (Graff
2, 285), mhd. arclist; zuweilen noch unzusammengeselzt :
es hilfei nicht euer arger lisi. fattn. $p. öOd, 6 ;
bei H. Sachs II. 2, 62* eine personificierte fraw Arglist ; es
gilt kein arglist. Garg. 253'; arglist, der köpf zur intrigue.
Kam 10, 209; er steckt voller arglist; groszmut und arglist
zu verbinden. Göthe 12, 90.
ARGLISTEND, callidus: die götter entrissen mir die öf-
fentliche Verehrung mit arglistender band. Stulberc 15, 235.
tonst bietet sich kein verbum argliden dar.
ARGLISTIG, callidus, astutus: arglistiger has. «etdaerk-
buch 1, S5'. 87'.
ARGLISTIGKEIT, f. calliditas, Schlauheit: arglistigkeit ist
nicht Weisheit. Sirach 19, 19. Kirchhof trenJunm. 128"; argli-
stigkeit und bosheit der wölf. weidwerkbucJi 1, 68'; arglistig-
keit und geschwindigkeit der hasen. l, 86'.
ARGLOS, innocens, ohne falsch: ein argloser mensch, ein
argloses herz;
ich komme so ganz unschuldig und arglos. Lui«e 3, 410;
denn tvenn der mSchiige des Streits ermüdet,
wirM er behend auf den geringen mann,
der arglos ihm gedient, den hlutgen mantcl
der schuld. Schiller braut r. M.
ARGLOSIGKEIT, /". candor. mit deutscher arglosigkeit
Thümmel 10, 27.
ARGWILLE, m. malignitas. Haltads 52.
ARGVVILLIG, malevolus, böswillig, übelwollend : damit sin
gwalt und arg^villig fürnemmen etwas geschwecht werde.
BüLLiNGER 2, 343. ahd. argwilüg malignus. Graff 1, 828.
ARGWILLIGE.N, infestare, beschädigen, befeinden: wann er
besorgt, Reichart würde Focks von .Morillon sfln argwilligen,
A/mon E3; aber het Griffon meine vetter zu arg%villigen un-
derslanden. das.; und da ich erkannt, das er mich also arg-
willigt, das. P; und wo ir mich argwilligent, kein stat, schlusz
oder bevesligung möchten euch gefristen. das. R2: andere
belege gibt Haltacs 52.
ARGWOHN, m. suspicio, mhd. arcwdn, nnl. argwaan, ver-
dacht, tnistrauen: halt keinen rat mit dem, der einen arg-
won zu dir hat. Sirach 37, 11 ; weil aber der hohepriester
besorget, der könig würde einen argwon auf die jüden ha-
ben. 2 Macc. 3, 32; lästening, böse a^g^von {rulg. suspicio-
nes malael. l Tim. 6, 4 ; argwon scbepfen. Luther 3, 91 ; ich
weisz treOiche leute, so itzt anfahen zu zweiveln und mit
argwan werden angefochten. 4, 533'; wenns nicht verboten
were nach argwan zu urteilen, das. (ohne Zusammensetzung :
dem gemeinen mann böse blut und argen wan machen. 5,
124'); der dritte grad ist, ungegrundten argwöhn tragen. .Me-
lanchth. im corp. doctr. ehr. 523; den falschen arg^vahn des
flaiscbs, das in verdacht vil bei uns zu suchen. Fra.nk pa-
rad. 7 ;
bist bei mancher person
der sach halb in argkwon. H. Sachs II. 2, 63';
dann der argwohu der ist ein schalk. Atrer371';
und dennoch ritten sie im wald hin ihre siraszcn,
und wolten keiner nicht vom andern argwöhn fassen.
Werders Ariost 1, 22;
einen kleinen fehler und argwöhn von einem prediger. pers.
rosenth. 2, 32; allen bösen ai^wabn aus dem weg thun.
Simplic. 1, G43; argi^ohn folgt auf mistrauen. Lessing;
der blick, in welchem schlau
der argwöhn gleich der finstem spinne lauscht Wiisii ;
umarmt vom argwöhn hat der eifersucht
das dasein liebe selbst gegeben. Gottes 1,66;
schon seh ich deine secle
vom gingen sclilangenbisz des argwohns bluten. Schiller.
es heiszt, in argwöhn sein, stehen ; in argwöhn fallen ; arg-
wöhn fassen, schöpfen, wecken, auf einen werfen, haben, arg-
wöhn ist des teufeis hure, das organische a bricht noch hin
und wieder in der form argwahn ror. s. wahn.
ARGWÖHNEN, suspicari, ahd. arcwänan, mhd. arcwaenen,
nnl. argwanen; den umlaut mit vielen zu unterlassen, der
doch auch in w.ihnen «ra//e/, scheint tadelhaft: den si ark-
wonet voller beiligkeit, ja die heiligkeil selbs sein. Fra.m
weltb. 135'; von den guten weiblin argwonen. Garg. 67';
frau Trix besucht sehr oft den jungen doctor Klette,
argwöhnet nichts! Ihr mann liegt wirklich krank zu bette.
Lessi.>'g 1, 6;
der gute könig Aior war weit entfernt, den elenden instand
»einer provinzen auch nur von ferne zu arg^«'ohnen. Wieu.id
6, 221. statt ich argwöhne auch unpersönlich mir argwöhnt :
solch gesuchc arg^vöhnet mir fast sehr. Luthers br. 5, 205.
ARGWOHNIG, suspicax, suspiciosus, suspectus, argwöhnisch,
verdächtig, mhd. arcwaenic, nnl. argwanig: bis argwenig.' Kei-
SERSR. hell, lew 29 ; es wurdent ouch etlich von den bürgern
erschlagen do zu stutze, die man argwenig {im verdacht) hatte.
Close.'ver ». 64 ; wann iemant einer missethat mit etlichen
argkwonigen {terddchligen) Iheilen oder stucken verdacht wird.
peinL halsger. ordn. 28; so find er doch in im einen unlust
35*
551
ARGWüHNIGKEIT — ARM
ARM
552
auf etliche, auf die er argwönig ist. Lcther 1, 85' ; wer wolt
itzt niclit merken, das daraus erfolgte, das seine lere arg-
wönig were der ketzerei. 1, 162' ; den giftigen, argwünigen
deutern. br. 4, 72 ; und naciidem das jetzige kammergericht
diesem theil zum böclisten argwülinig worden ist. Mei.anciitii.
1, 473 ; dasz kein argkwenig [verdächtig) weib bei den prie-
stern wone. Frank chron. 357"; si pflegen ein solche reinig-
keit zu brauchen, das in alles argwönig ist eins unflats.
vH'llb. 104'; besahen das gebrech am insigel gar argwenig.
TscHUDi 1, 634; also ward der brief geschätzt für argwönig und
faltsch. das.; er sölte argwünige rede von dem keiser ge-
trieben haben. Micylls Tac. 3l'; vermaid er die neuwe er-
fahrung, wann er gewan si argwönig (liielt sie für verdächtig).
Braunschweig Chirurg. 40 ; sobald mein gnadiger herr ein we-
nig auf dich argwelmig wird. Galmy 46 ; aber nun zumal reit
wider in die statt, damit man nicht argwönig werd. Sil ; dasz
sie das magdlein nit mit begangner, übelthat argwöhnig (der
ü. für verdächtig) halten sollen. Kirchhof wendunm. Ali' ;
mit der argwönigen eifersuclit. Atrer 431'.
ARGWÖHNIGKEIT, f. suspicio : dadurch wider sie ein vor-
dacht und argwanigkeit als ungehorsamen und widerstrebern
der heil, kirchen erwachsen. Luther 2, 72'. heute nur argwöhn.
ARGWÖHNISCH, gleichviel mit argwöhnig, nach beiden be-
deutungen, der activen und passiven: kam zum bischof, zeigt
an, aber mit lugen, ich wurde nit kummen, denn ich hette
gseit, ich mechte nit in die abgötteri, so fresse ich fleisch
an verbottnen tagen und vill mer anders, do gloubls der bi-
schof gären, den ich was vorhin bi im argwönisch der reli-
gion halb. Tno. Plater 85; schon keiner statt nicht, es sei
im haupt oder andern argwänischen stellen. Paracelsus 1,
724'; es sol aber weder die sonn noch Mars von sonslen
keinem planelen übel angesehen oder an argwonischen orten
stehn. Thurneisser wirk, der erdg. s. 4 ; dasz solches auf-
schieben und wegern argwönisch sein wolt. Fronsp. 3, 230*.
1» diesen vier stellen meint es verdächtig, heute sagen wir aber
ein argwöhnischer mensch, suspiciosus; die well ist argwöh-
nisch, ich werde argwöhnisch.
ARGVV'OHNLOS, frei von argwöhn.
ARGWOHNVOLL, erßlll davon, pers. rosenth. 2, 32.
ARIE, f. erst im iSjh. nach dem it. aria eingeführt und
ganz zu entbehren, da wir schon weise haben, ahd. wisa, mhd.
wise. weise schiede sich vom lied so gut wie arie.
ARKELEI, f. machinae bellicae, in büchern des 16, auch noch
17 Jh., zumal bei Fronsp. kriegsb. 1, 2l', von feuerw. 16" und
Reutter 139; Hortleder s. 590 schreibt arkelerei, s. 601 ar-
thalerei, Wurstisen Basel, chron. ad a. 1499 artelarei, Fisciiart
Garg. 201' arkeleiwagen, Stiei.er 52 arkelei, nach Sciimeller
1, 106 noch ein würlerb. von 1735. später kam dafür artolle-
rie, artillerie in gebrauch, dessen Ursprung selbst dunkel bleibt,
man hat arkelei gedeutet aus tat. arcuarius, arcualis, weil
die bogen sonst den hauptbestandlheil des kriegsgeräths bilde-
ten; desto eher sollte man das wort im 15. U jh. erwarten, wo
es doch noch nicht aufgefunden ist. wegen artillerie vgl. Du-
CANGE unter arlillaria, beide formen sind undeutsch.
ÄRKER, m. s. erker.
ARL, f. culter aratri, noch heute in Sleier und Kärnten
gangbar, könnte zwar dem sl. n. oralo, ralo aratrum nach-
gebildet sein, ihm aber auch von aller zeit an entsprechen und
der deutschen würzet arjan zufallen, die laute arl und ralo
verhalten sich wie arbeit rabota, arm ramo. mhd. nerat die
arl in die haut. Haupt 2, 88.
ARLAS, m. pannus arelatensis, ein zu Arles in Burgund
gewebtes zeug: parchat, arlas und salin. H. Sachs 5, 380*;
trcn dem pfaffen sein fuler aus dem rock, es sei pelz oder
arlas, und mach dir ein underrock daraus, de fide concubi-
narum in sacerdotes; arlusgarn, arelalensc fllum. Henisch 1357,
60; plab und weisz arlesen gefrens. Westenrieder beitr. 5,
164. nicht zu vermischen mit alias, einem indischen sto/fc.
arles von Arles, eulen zu Athen. Fischart groszm. 135.
ARLESBAL'M, m. Crataegus aria, bei Nemnicii arlasbaum,
arlsbaum, und wieder allasbeerbaum, sonst mehlbaum, mehl-
beerbaum, seine wolligen zweige, wenn sie der wind bewegt,
tehen mehlbestdubt. aber auch sorbus silvestris heiszt zuweilen
mehlbaum und aricsbaum. ahd. arlejpaum, crlijpauro. Graff
1, 474.
ARLESBEERE, f., die beere von Crataegus oder sorbus.
AR.M, m. brachium, goth. arms, ahd. aram, mhd. arm, ags.
earm, engl, arm, fries. erra, mnl. aerm, nnl. arm, altn. armr,
schw. dän. arm, durch alle mundarten deutscher spräche ge-
hend, und schon darum dem höchsten alteilhum zu überweisen,
zunächst stimmt nun, mit umgesetzter liquida, sl. ramo, n.
humcrus, lat. armus, m. humerus und brachium, vielleicht
auch ramus, mit verlängertem a, wie unser arm von baum-
ästen, palma von liand und zweig gilt, vgl. armilla, ahd.
armpouc. berührung mit kelt. lamh, hand und arm, wäre
nicht unmöglich, mit humerus, umerus abzulehnen, da dies auf
umesus, goth. amsa, skr. ansa, ansa, gr. wfios zurückleitet,
das gr. a^fios aber, fuge, gelenk und dann armfuge, schul-
ler, weist nach aofto^o) und a^noeiv fügen.
Den pl. bildeten die Gothen armeis, acc. armins, also dal.
armim, ahd. aber lautet er aramä, armd, mhd. arme, wie
heute; auch altn. armar, acc. arma, dai. örmum. arme, wo
es im dialecl auftaucht, könnte man sich dennoch gefallen las-
sen : von beiden seilen kamen arme hervor, auf welchen lich-
ter brannten. Hippel lebensl. 3, 37 ; ladelhafter ist ein schwa-
ches armen : beide armen ausreichen, unw. doct. 684 ;
kein äuge regen sie, kein armen und kein bein.
Werders Ariosi 2, 18;
seht, wieder eppich isan die grünen armen schlingen.
Fleming 153 ;
auch pers. rosenlh. 7, 20. «. 94'. schön ist beim sl. ramo
der dual, ramje abstehend vom pl. rama oder ramena.
Bedeutungen, das goth. arms drückt ßaa^ioiv und ayxdXt],
arm und einbogen aus, das ahd. aram brachium, lacertus, cubi-
tu$, ulna; nur aufrecht gehenden thieren, wie den äffen, wol
auch den baren stehen arme zu, den andern blosz füsze ; dock
gilt arm für den vordersclienkcl des pferdes, von der schütter zum
knie, und braucht Luther arm => Schulterblatt auch von opfer-
thieren : das man dem priesler gebe den arm und beide backen
und den wanst. 5 Mos. 18, 3. arm in arm: freunde gehen
arm in arm {gelegt, geschlungen); arm in arm hängen, arm
und bein : vor einer solchen gewaltthätigkeit zittern mir arm
und beine. Güthe 15, 26 ; jeder wirds von sich schieben, kai-
ser und reich zu gefallen arm und bein daran zu setzen. 8,
84 ; halten sie das maul oder ich breche ihnen arm und
bein entzwei. Lenz 1, 305 ; mhd. die arme und diu bein,
blö^ an beinen und an armen, den arm ansetzen, erheben,
auflieben, niederlegen, niederlassen, die mutler legt das kind
an den arm, trägt es am oder im arm, nimmt es in die anne,
schlieszt es in die arme, der alten spräche war hier an zu-
sagend, der neueren in, goth. ana armins niman; mhd. du
hast an dem arme diu diu schoene wib, an ir arme lac, an
liebes arme ligen, ich lege si an den arm, ir IrCll si an ir
arm nam. nhd. einen in armen haben, in die arme ziehen,
heben, sich in eines arme werfen, in den armen, in armen
hallen, sich in den armen liegen; komm in meine arme!
was mag er im arme denn liaben ?
was bringet er unter dem mantel geschwind » Göthe 3, 3 ;
er hat den knaben wol in dem arm,
er fuszt ihn sicher, er hält ihn warm, erlliönig ;
der, sein kind immer fester in armen haltend, des rein-
sten, unbeschreiblichsten glückes genosz. 18, 230 ; glücklicher
vaterl rief sie laut, indem sie das kind aufliob und es ihm
in die arme warf. 20, 299. aber 0. 1, 15, 13 huab inan in
sinan arm, und beide prneposilionen sind gerecht, weil die
arme sowol an sich ziehen, an sich nehmen, als in sich
schlieszen, fassen, die arme ausbreiten, spreiten, öfnen,
mArf. die arme zertuon, aufthun, auseinander Ihun. ausstrecken
und im gegentheil schlieszen, zuthim, an sich hallen, zurück-
ziehen; mit ofnen oder geschlossenen armen entgegengehn:
lauft ihm {die frau dem heimkehrenden mann) mit zugetha-
nen armen entgegen. Garg. 73', wo der sinn doch fordert auf-
gelhanen oder zerthanen, wenn es nicht ironisch steht;
es stellet sich das glück mit ofnen armen ein. IIagkoori;
der dieses liclie paar zu beiden armen nahm
und druckt an seine brüst. 1''lkiii.'>iu 156.
es heiszt auch auf dem arm haben, tragen; das kind sitzt
ihr auf dem arm; die lüchlerlin sitzen ihren {ihr) auf dem
arm, wie die meerkätzlin, die sönlin henken am rock. Garg.
73'. das buch, den stock unter dem arm haben, tragen;
mhd. undcr den arm sluoc er daj sper; under arm er
besloj die edeln küneginne. A'i6. 1932, 1;
under arme si in nam,'
si balselen, si kuslen. Tristr. 356, 4.
heule, zwischen die arme nehmen, einen unter den arm fas-
553
ARM
AMI
554
sen, ihn stützen, geleiten; einem unter den arm greifen, ihn
unterstützen, ihm beistehen: manciiem armen Studenten unter
die arme grif. ehe eines mannes 2S0. ich dächte, jeder nähme
sein mädchen unter den arm. Göthe 20, 23". einem den arm ge-
ben, reichen, bieten, ihn geleiten, einer frau, einem mädchen
den arm geben, es höflich führen, begleiten : man reichte den
frauenzimmern den arm, sie nach hause zu führen. Güthe
19. 213 ; den arm zum tanze, zum ball geben, eine zum tanz
führen. Kli:<ger 1, 374. Lexz 1, 231. die frau sagt einladend :
geben sie mir den arm (donnez le brasy. den arm geben,
anbieten ist aber weniger als die band geben, anbieten, und
drückt niclit, gleich diesem, einen eheantrag aus. Carlos em-
pfängt ohne bewustsein die arme des künigs. Schiller 301 ;
hierauf warf der künig seinen arm um Vieilleville. 10S2. den
arm anstrengen, seine arme gebrauchen ; die arme ermatten,
entfallen ihm; die arme ruhen lassen, ausruhen;
legen ein gerubteo arm
auf ein hungrigen darm. H. Sachs 1, 534'.
du bist mein rechter arm, meine stütze; er versehe dessen
{des prinzen) geheimste geschäfte und werde für dessen rechten
arm gehalten. Güthe 18, 261 ; meine ledige Schwester war bisher
mein rechter arm gewesen. 19, 349. dem alterthum galten ge-
schwister für glieder, häade, arme und füsze des leibs (Haupts
zeitschr. 3, 156. 157), wie im recht die stufen der sippe an glie-
dern des leibs bezeichnet werden, überall drückten auch arm
und band macht oder gewalt aus: ich {der herr) will euch
erlösen durch einen ausgereckten arm. 2 Mos. 6, 7; erken-
net seine mechtige band und ausgereckten arm. 5 Mos. 11, 2 ;
sie werden hören von deinem groszen namen und von deiner
mechtigen band und von deinem ausgereckten arm. 1 kön. 8,
42; du hast einen gewaltigen arm, stark ist deine band und
hoch ist deine rechte, ps. 89,14; er übet gewalt mit seinem
arm. Luc. 1, 51 ; doch wie verkürzen sie in Wien ihm nicht
den arm. Schiller 332 ; könige haben lange arme.
Figürlich, im arm der liebe, der freundschaft, des glanbens :
und schlummern sie gelassener hinüber
als, in des glaubeos arm, der Christ?
GoTTEB 1, 399;
er stürzte sich in die arme der wollust, des lasters. der
arm der gerechtigkeit ereilte ihn.
Bedeutsam ist die anwendung von arm (nie von band, fin-
ger) auf äste und zweige der bäume, wie beim lat. brachium:
tum fortes lata ramos et brachia tendens. Virg. geoi-g. 2, 298 ;
siebe, schon sireckt der sprösziing der ceder den gninenden
arm aus. Klopst. Kes«. 1, 65 ;
der (schlief) unter dem Ölbaum,
wo er' seinen bedeckenden arm am lielsten herab liesz.
3, 541
dort hängen traucrbirken die arme. J. P.\ul Hesp. 4, 174. nicht
anders haben meer, ftusz und gebirg arme: ein arm dieses
meeresstroms. Hlmboldt ans. der nal. 1, 19 ; ein arm des mäch-
tigen Rheins Terliert sich im sand; arme des mächtigen ge-
birges dehnen sich ostwärts; Wegweisern auf der heerstrasze
werden arme, mit vornen angeschnitzter band eingefügt ;
wandleuchter, kronlcuchter haben arme, am anker, am wa-
gebalken ragen arme, die arme am gesteile des vorderwa-
gens; arm, armlehne des stuls. der rechte oder linke arm
{flügel) des hcers in der Schlachtordnung, wirlshausschild :
einkehren, wo der ben^ott den arm ausstreckt.
AH.M, m(4er, pauper, elend und dürßig, golh. arms, ahd.
aram, mhd. arm, alls. arm, mnl. arem, aerm, nn/. arm, ags.
earm, fries. erm, altn. armr, schw. ddn. arm, also gleich dem
vorausgehenden subst. allen deutschen sprachen gemein, hier
liegt einer der seltnen falle vor, dasz zwei in laut und buch-
ttaben einstimmige Wörter ganz verschiednen wurzeln anzuge-
hören scheinen; es wird aber vielleicht gelingen einen innem
Zusammenhang beider, so sehr er sich dem ersten blick ver-
birgt, aufzudecken, was haben die begriffe brachium und mi-
ter mit einander zu schaffen? während nun arm brachium zu
dem sl. ramo traf begegnet merkwürdigirweise unser arm mi-
ser, goth. armaiü miserieordia dem lappischen armes misera-
bilis, armo miserieordia, finnischen armas gratus, elemens,
arme gratia, dementia; die abweichung der finnischen bedeu-
tvng ist doch so zu fassen, dasz armas mitleidig, lappisches
armes dagegen bemitleidet ausdrückt, jenes acliven, dieses pas-
siven sinn zeigt, ungefähr wie in unsrer Volkssprache nieder-
trächtig herablassend, gnädig, in der Schriftsprache elend meint,
das goth. arms, überhaupt das deutsche arm bezeichnen wie
das tapp, armes und lat. miser den elenden, der unglück oder
abteheu auf nch zieht. Lappen und Finnen vermögen aber
die abstraetion dieses worls in den sinnliehen begrif nicht auf-
zulösen, wie wenn unsre spräche es vermöchte? armen hiesz
amplecti, in manus tollere, umarmen, das grenzt geradezu an
erbarmen, bemitleiden ; wie gefühlvoll erschiene die spradie,
welcher der anne ein solcher ist, den man mitleidig, liebreich
aufnimmt und in die arme schlieszl. arm miser stammte hiernach
unmittelbar aus arm brachium, musz nur einen hernach schwin-
denden ableitungsvocal besessen haben und jenes läpp, armes,
finn. armas könnten ein früheres goth. arraus erraten lassen,
das sich hernach in arms verdünnte, fast entscheidende be-
stäiigung dieser subjeeliven dentung des worles arm wird sieh
hernach unter armut ergeben, volles licht empfangen kann sie
erst bei annen iinrf erbarmen ; festzuhalten ist, dasz arm einen
unglücklichen ausdrückt, dem mitleid und gnade zu theil wer-
den sollen.
Bei der Steigerung verwendet die goth. spräche 6 armuza, ar-
mösts, die ahd. i armiro, annist ; mhd. findet armer statt ne-
ben ermer, ermest, nhd. nur ärmer ärmst. Die bedeutung tritt
1) am klarsten vor neben personen. das golh. arm? drückt
nur dleeivoi, miser aus, niemals TTe'rrs, titco^o^, pauper,
wofür unleds gesagt wird, das mitleid wendet sich zu den un-
glücklichen, nicht zu den dürfligen. das ahd. und mhd. arm
öfter gelten nicht blosz dem aerumnosus, sondern auch dem
pauper und inops (wie umgekehrt das lat. pauper im it. po-
vero, franz. pauvre den sinn von miser annahm), gleichwol
herscht noch in vielen redensarten die Vorstellung des elends
vor. So beziehen sich auch heute die arisrufe und anrufe ar-
mer! stets auf elend, das freilich von der dürßigkeit unab-
trennlich ist: ich armer! ich bemilleidenswerther ; ich ärmster!
GellertI, 68; ich ärmster auf der weit! 3,425; mich ärm-
sten. 1, 252. neben mann, frau, leute waltet zwar die bedeu-
tung der dürßigkeit vor, oß aber wird auch im gegensatz zum
vornehmen blosz der geringe, gemeine mann verstanden, ein
armer mann, ein dürßiger, ein bettler ; eine arme frau, ein bet-
lelweib. ich aber bin ein armer geringer man. 1 Sam. 18, 23 ;
armer mann, unwertber gast; arm mann lecker hat seinen,
willen nicht, im mittelalter heiszen die armen leute, gegen-
über dem ßrslen, die unterlhanen, die bauem, z. b. weisth. 3,
328. 329. 354. 356 und in den Urkunden allenthalben, wi aerme
liede. Reinaert 556. armer leute pfeffer, lepidium latifolium.
man sagt, das steht wie armer leute kom, nicht üfpig, dünn;
arme leute kochen dünne grütze;
armer leute pracht währt über nacht,
zween tage weisz broi, darnach Jammer und notb ;
armer leute boffart währt nicht lange ; an armer leute hofTart
wisclit der teufel den arsch ; arme leute haben weit heim ;
armer leute reden gehen viel in einen sack; in armer leute
mund verdirbt viel Weisheit; es ist viel speise in den fur-
chen der armen; arme leute haben bald abgespeist; arme
leute schlafen wol für essen ; armer leute witz gilt nicht,
wasserkrug ist nicht klug; ein armer mann ist selten ein
graf (arm man mac niht grave sin. altd. wäld. 2, 140. arem
man nes ghen grave. Reinaert 564); ein armer wicht; die
armen wieble = armen leute ; die arme wichter und onder-
saissen. weisth. 3, 868 ; arme wiclile. Wieland 14, 238. weil
aber wicht in die bedeutung des teufeis übergeht {mylbol. 409.
410. 940), heiszt es ebenso ein armer teufel. Garg. 229'; was
für ein armer teufel müste der sein. Wiela.>d 13, 4; was
willst du armer teufel geben? Göthe 12, 85; und solche
Vorstellungen drücken wechselsweise abscheu oder mitleid aus,
ja dieses überwiegt in den benennungen ein armer scbelm.
Wiela.xd 13, 6 ; du armer wicht, blutarmer wicht ! ein junges
armes blut, eine arme, ehrliche haut; arme schwarte, noch
lebendiger: ein armer schwartenhals;
wo soll ich mich hinkchren ich armes brüderlein?;
die arme hutzel. mägrfe/ofr 4, 49. 59. 60 ; das gute arme tram-
pelein. 29 ; die arme dirne ; ich bins ein armer reutersknab.
ÜHLA-fD 380 ; ein armer buh, ein armer hirtenbub ;
ein armer pub auf einem ros. fa.^tn. sp. 557, IG ;
ein anner mensch, ein armes mensch ; kein ärmer mensch
als du. pers. baumg. 5, 7 ; das arme m.ldchen {vgl. alts. idis
armscapan, armhugdig). ein armer kerl, armer tropf;
ich ward mit leichtem mut und köpf
zwar arm, doch nicht ein armer tropf. Göthr 18,291;
die anne tröpHn ; derann tropf. Carj. 266'; du anner narr! ein
armer, nnverslendiger, wankelmütiger mensch, der nicht wol
TarnOnltig ist. Reciteb kriegtordn. 21;
555
ARM
ARM — ARMBRUST
556
bist du es, der so mich in schände gebracht,
so bring auch mich wieder zu ehren!
arm narrchen, versetzt er. Bürger 2, 34;
da ruh du, mein armes (kind), da ruh nun in gott. 2, 37.
ein krankes, elendes, unglückliches kind hciszl ein armes :
was hat man dir, du armes kind, geihan?
ein gekränkter, betrogner vater im voraus der arme: verdrusz
der meinem armen vater bevorsteht. GorrEii 3, 22; was soll
die arme mutter dazu sagen? der gefangne und venirlheilte
missetliäter wird genannt der arme gefangne, der arme Sün-
der, in der peinlichen halsgcrichlsoi dnung auch schlechtweg
der arme; kömpt letzlich der profos, führet den armen ge-
fangenen in ring. Kirciifiof mil. disc. 222; der arm gefan-
gene bittet auch umb einen der ihm sein wort Urne. 224; auf
die erste anklage des profusen und Verantwortung des armen
gefangnen. 224; wird von den spieszen eine gassen gemacht,
also dasz der arme gegen aufgang der sonnen laufe. 225;
empfaiiet der arm trost aus gottcs wort. 225; also dasz dem
schullheiszen die sonne auf den rücken scheine und der
arme beklagte gegen aufgang gestellt werde. 231; das stühl-
chen riecht so nach armen Sündern. Göthe 8, 119. der aus-
druck wird aber auch auf unverurtheille angewandt: wie die
lange reih arme reiche sünder daher zog (die adlichen vor
den bauern). Göthe 8, 137 ; wie manches armesündergesichte
(richtiger armensündersg.) niusz darunter gewesen- sein. Les-
sing 7, 164 ; verdiente mein hingefalines wort eine so mühse-
lige armensündersentschuldigung. Herder bei Merck 1, 6. vgl.
hernach armensündersglöckchen.
2) neben Ihiernamen, die dann oß auf menschen gezogen
werden, kann nur die bedeutung von vilis, miser, nicht von
pauper gelten: das arme thier, du armes thierl ich armes
keuzleia kleine. Uiiland 45. 46 ; der arme kauz !
sogar im dache
auch nicht ein armes käuzchennest. Wielano 18,214;
der arme wurm; ich kann nichts als jammern und klagen,
ich schäme mich wie ein armer wurm vor ihnen zu liegen.
GüTFiE 19, 88 ; das arme manschen.
3) neben Sachen, vorgingen, handlungen bedetUel attributives
arm immer nur was gering, schlecht, elend, bemitleidenswerth
ist. darnach kam er wider mit armen kleidern angethan.
Aimon V ; Ibh sehen, das er in armer kleidung von hinnen
gescheiden ist. Fl;
den armen rock
des pilgers oder schäl'ers zieh ich an. Göthe 9, 233 ;
als das gerücht in meine heimat gekommen, ich müsse über
meer, hätten meine jungen Schwesterchen all ihr armes ge-
wändli dahin geben wollen, mich los zu kaufen, der arme
mann im Tockenburg 98 ; eine arme (ärmliche) mahlzeit. Got-
ter 1, 17 ; des tischcs arme kost. 1, 275 ; wer wollte sich noch
lange besinnen, ob er einen so groszen vortheil um eine
arme band voll goldes erkaufen wollte? Wieland 13, 132; es
ist ein armes verächtliches wort. Sciiii.i.er 209; ein knecht,
ein armer name. 225; nein, meine armen lippen sollen nim-
mermeür einen vater ermorden I 104 ;
da brach mein armes herz vor bctrübnis.
VossOd. 4, 481;
golt sei deiner armen seele gnädig ! ; gott verzeihe ir armen
Seelen. Ca/my 331; wann nun der arme sünder verscheiden
ist, so kniet man nider und betet ein valterunser und gebet
zu trost seiner armen seelen. Reutter kriegsordn. 67 ; wenige
arme seelen unter den calvinisten feierten den tag, wo der
feind von ihnen gewichen war. Schiller 849; ein armer ort,
ein armes dorf, die wenig nahrungsquellen haben; du be-
trittst unser armes haus;
viel gute riticrsleute
die hatten ... ihr leben aufgesetzt,
und in der Walachei das arme feld genetzt. Opitz 1,4;
■0 singt er in der wiriterstundc,
wo nicht ein armes hälmchen grünt. Göthe 1,213;
dasz solch crrnhrncn mann
mein arm gespräch nicht uiiierhalten kann. 12, 160;
doch ach, ein gott versagte mir die kunst,
die arme kunst, mich künstlich zu beiragen, 2,149;
erhöre mein armes gebet. Judith 9, 14 ; wer ein arme hebe
(ein geringes opfcr) vermag. Es. 40, 20 ; bergmännisch, ein ar-
mer gang, ein armes crz ; den armen letzten trost. Wiei.and
22, 5 ; ob es schon anne Vergeltung für ihre vortrcnichen
seebriefe wäre. Merck l, 177 ; es wer funvar ein armer han-
del. Fischart bienenk. 202*; zu armen tagen kommen iarm
werden). Keisersb. brösaml. 59', man musz ehmals armlage
pauperlas, wie reichtage diviliae, siechtage morbus, nackttage
nuditas gesagt haben.
4) praedicatives arm, wozu die sache im gen. oder mit der
praep. an gesetzt wird: er ist nit arm des gfits, aber arm
des mfits und geists. Keisehsd. seh. d. penit. b' ; selig sind die
da geistlich arm sind. Matlh. 5, 3 (ahd. arme sind in geiste);
ich aber bin elend und arm. ps. 70, 6; das du bist elend
und jemerlich, arm, blind und blosz. offenb. Joh. 3, 11 ; ich
aber der dieser ding ganz arm bin, weisz kein andern trost.
Luther 1, 43'. 3,24'; ist gott so dürftig arm? 8,27';
dasz er nicht weisz, arm in der wähl,
was er soll nemen, was weglegen. Weckueri. 380;
arm an glück. Gökingk 3, 182;
arm am beutet, krank am herzen. Göthe;
das herz war nicht an freuden arm. Schiller;
sie werden die geschenke meiner liebe,
wie arm sie sind, darum gering nicht achten. 441 ;
alle nnsre dienste ... blieben noch
zu arm, die grosze ehre zu erkennen. 561;
bald muste der anwachsenden menschenmenge der acker zu
arm werden. 691. einen arm machen ; er hat sich arm ge-
soffen; die mutter arm fressen. Garg. 4l'.
ARM, n. paupertas, gebraucht Logau, wie arg, jung, alt
substantivisch: unter der Überschrift Sprachlehrer dichtet er:
es ist ein tolles volk, das in dem Wörterkriege
als Türken um die weit ist eifriger zum siege,'
wanns um und um nun kümmt, so ist ein wort erstriten,
indessen kruch, gebruch und bittres arm geiidten. 2,7,59;
Canus geht gar krumm gebückt,
weil ihn arm und alt so drückt. 2,9,20;
welches letzte arm oben sp. 264 adjectivisch gefaszt wurde.
ARMADER, f. vena brachii.
ARMARTIG, brachiatus: zwanzig dieser dünnen und lan-
gen armartigen sehnen. Tieck ges. nov. 1, 34.
ARMRAND, n. brachiale, nnl. armband: steckte dem lieb-
sten bald ihr armband an den hals. Weise kl. leute 18.
ARMRELN, n. os lacerti, ulna, armröhre.
ARMRIiNDE, f. binde in der ein verletzter arm getragen
wird.
ARMRLUTADER, f. vena brachii.
ARMRRUCH, m. fractura brachii. ein (echter ausdruck. Garg.
188'.
ARMRRUST, f. und n., eine seltsame, zuerst im zwülßen jh.
erscheinende assimilation des mlat. arcubalista, arbalista, prov.
arbalesta, albaresta, it. balestra, sp. ballesta, porl. besta, fram,
arbaleste, arbalete. hier sind mhd. belege:
mit armbruslen und mit bogen. En. 5512. troj. kr. 24980;
die armborst unde die phile. Alex. 2101;
(bolze), so si armbrustes span
mit senewen swanke tribet dan. Parz. 181, 1;
mit armbrusten üf gezogen. Herb. 2591. Dietr. 1588;
kocher, armbrost und bogen. 8707;
mit bogen und armbrusten. Gudr. 1384,2;
daj über si kein armbrust
geschiejen mohte noch kein böge. troj. kr. 17343;
die künden wol genützen
den bogen und aa; armbrust. 24788;
die vuorten ärmst und bogen. Helbl. 15, 323;
als ein phil van eime arembroste. Roths denkm. 86, 101;
ein armbrost truog er in der hanl. Bon. 3, 17;
noch sneller ist des argen wort,
denne von der armbrost si
der phil. 3, 57.
die armbrust neutral setzten, konnten keinen gedanken weder
an brüst peclus haben noch an brüst scissnra, nur spurweise
risz das fem. ein. das noch stärker gekürzte ärmst zeugt
wiederum für ein fremdes wort, vielleicht hatte das byzanti-
nische ;^£<(»o/9rtA<'«;T()«, das doch handschleuder, nicht bogen
ausdrückt, einßusz geübt auf die enlslcllung von arcubalista.
fries. armburst, crmborst, nnl. armborst, dän. armbörst, schw.
armborst, armbost, isl. armbrysti sind entlehnt von uns, keine
sl. spräche nahm das wort auf. Auch die früheren nhd. schriß-
steller ziehen das n. vor, Luther verwendet armbrust nirgend.
nembt mit euch das pirscharmbrost mein. Teuerd. 30, 8;
und gebt ein armnnisi im in sack,
und tausent faldubel auf sein nack. fastn. sp. 47, 21 ;
557
ARMBRUSTER — ARMEN
ARMEN — ARMFESSEL
558
auch wer auf unserm guet gel mit einem geladen armbst.
fceisth. 3, 691; ein gespanls ärmst. 3, 696, so auch bei Kal-
TENBÄCR 1, 251'. 2ö&" ; icU bracht das armbrust im rennen auf
{spannte). Götz tos Berl. 64 ; nun wolt ich das armbrust wie-
der ufbraclit haben, das.; hett wieder ein pfeil uf dem arm-
brust. 66; dasz er mir mein armbrust wieder herausbringen
wolt. das.; das armbrust überspannen. Agricola 5pr. 9t'; do
schicszt man mit dem armprust ab. Tuleneisser archidoxa
15; wer recht abkommen wolte, der soite selber die bolze
schiften und lldem und das armbrust stechen können. Ma-
THESIUS 153';
bistu der Unnsel schülze,
was ist dir dein arrabrost nüUe,
wann dus nicht spannen kansi? Garj. 93';
er spannt von freier, sperriger band des Herculis armbrust.
Garg. ISO'; das armbrust ernstlicher anspannung bisweilen
nachlassen. 185*; ein stählines armbrust. VVeckherl. 69; man
musz nicht zu lang im armbrust oder bogen liegen. Leu-
jiANs "2. später und heute gilt das f.; wer die armbrust über-
spannt, dem springt sie.
AR.MBHLSTER, ni. balislarius, armbruslmacher, in einer urk.
von 1423 hei Oberlin 59 ; die armbruster befedern auch ire bolze
mit solchen federn. SEBiz/e/rf6. 606; wäre der alte armbrust
etwas galanter, so halt er wol selbst herüber rücken und mich
etwa abholen können. Fr. Müller 3, 59, steht das für armbruster?
oder meint ers im sinne von haudegen, der alle schütz, lognert
AHMBRUSTKAIN, «i. ort wo nach dem ziel geschossen wurde:
am künstlichen gheiis,
welches den armprostrain umfieug. Fiscbart gl. seh. SSö.
ARMBRUSTSCHLSZ, m. bezeichnet ferne: ich bleib wol ein
armbrustschusz weit dahinden. Aimonk; hierauf zog sich Ot-
gier eines annbrusts schusz weit zurück. Ol; der nur ein
armbrustschusz vom meer entspringet. Matbesius 2'.
ARMBRtSTSCHLTZE, m. arcubalistarius, amibrusler. schon
mhd. Dielr. 2992.
ARMBRUSTVVI.NDE, f. lum spannen der armbrust.
ARMBÜCHSE, /". die städte borgten ihm 6 büchsen, 32 arm-
bücbsen, 6 tonnen pulvers. Dablm. ddn. gesch. 2, 57.
ÄRMCflEN, n. brachiolum, ärmlein.
AR.MEE, f. it. armata, sp. arraada, ein mit dem feind überall
vorgedrungnes, völlig entbehrliches wort, das unsere spräche
längst mit beer und häufen hätte zurückschlagen sollen.
ARMEISEN, n. manica, armfessel.
ÄRMEL, m. manica, ahd. armilo (Graff 1, 426), mhd. ermel
(Ben. 1, 57'), bei H. Sachs erbel, bair. erwel ; man schreibt
auch heute besser ermel, ursprünglich alles, was den arm um-
fpindet, also auch fessel, armkette, lange oder kurze ermel,
weite oder enge, bei der arbeit, beim essen die ermel zu-
Tückstreifen, dasz die arme freier werden: der salat war be-
reit, das fleisch darein schmückt sich, er streift die armel
liinder sich, grif darein und asz es also mit öl, essig und
salz hinein. Garj. 23''; die ir erbel hinder sich streift. H. Sachs
1, 265'. einem etwas auf den ermel binden, auflinden, auf-
heften, seine leichlgläubigkeit misbrauchen ; er lüszt sichs auf die
£rmel biegen. Rachel 19, eine sicher alle ausdrucksweise, die noch
vom biegen des goldes um den arm herrührt, vgl. mhd. armbouc.
einen am eiinel fassen, ziehen, zupfen, leise auffordern oder
warnen, dasz er sich einhalte, nicht zu weit gehe : mein Verleger
hat einen sehr demütigen brief an mich geschrieben und mich
wegen des vierten theils am ännel gezupft. Rabe.ner briefe 161 ;
lue nachricht ist gemacht, unsere überlreibeiide schriftsteiler
am ermel zu zupfen. Claudius 6, vii. etwas aus dem crrael
schütteln, aus weitem ermel plötzlich hervorholen : einen Cicero
schüttelt man nicht so aus dem ermel, der te.xt musz berich-
tigt werden. REiskEMs lebensb. 84; auf jede frage, so uner-
wartet und unbequem sie ihm sein mag, eine antwort aus
«lern ärmel zu schütteln. Wielaxd 6, 44.
ÄRMEIXHEN, n. kleiner ermel.
ÄRMEI.ERLEUCHTET, am ermel glänzend. Garg. 1|2'.
ÄRMELPOPPERLE, n., ein zierrat, ßitter, den man am
ermel trug und der am ermel zitterte, flatterte? schlug bald
an, zielt kurz, bawt nit lang, acht nit das ärmelpopperle,
truckt schnell ab. Garg. 180'. vgl. achselband, achselzierde.
AR.ME.N, in mehrfachem sinn, das altn. arma heiszl ergrei-
fen, umfassen, in die arme nehmen, bann armadi skiöldinn,
clypeum arripuit, ahd. mhd. nhd. scheint das einfache armen
ausgestorben, doch sagen wir umnrmen, in die arme fassen,
nach dem unter arm miser aufgestellten Übergang der begriffe
kann auch das goth. arman, gaarman ilesn; misereri ur-
sprünglich bedeutet haben amplecli und gleichen sinn gibt kund
unser erbarmen, d. i. erbearmen, von arm pauper wurde ab-
geleitet ein mhd. armen, arm werden |Bex. 1, 59'), nhd. die
salzsole armet am halte, verarmt; crmen, arm machen, wofür
nhd. gleichfalls armen, franz. appau\Tir, ein verbreitetes Sprich-
wort lautet almusen geben armet nicht. Acricola 172' n* 295.
ZiNKGR. 260, 11. Hippel lebensl. 4, 72, wer armen gibt wird
nimmer arm. Lohessteis kennt noch sich armen für in die arme
nehmen : sprang in den flusz und schwamm gerade mitten in
den Strom, drinnen er denn alsofort etwas, das selbter herab
trieb, zu gesiebte bekam, also sich mit demselben armte und
ans ufer brachte. Arm. 1, 1291; wie oft armt aug und ohr nur
mit gespensten sich. 1, 1291; er befahl demnach, dasz die
helfle seiner zum hinterhalt verbliebnen Deutschen sich mit
etlichen schütten stroh und reisiggebündern armen und von
seihten unter der eroberten mauer gleichsam einen tamm auf-
richten sollen. 2, 245 ;
wenn er mit dem sich armt und küst,
was nicht kann küssen und umarmen. 2, 1406.
im part. praet. hat sich gearmt brachiatus und langgearmt,
kurzgearml erhalten : weitgebrüstet und langgearmet. Stieler 54.
ARMENA\STäLT, f TircaxoSoyüov.
ARMENANWALT, m, advocatus pauperum.
ARMENARZT, m.
ARMENALFSEHER, m.
ARMENBECKEN, n. armenbüchse.
ARMENBEHÖRDE, f.
ARMENBEITRAG, m. zur Unterstützung der armen.
ARMENBÜCHSE, f. Rabener 2, 75. nnl. armbus. almo-
senbüchse.
ARMENEID, m. juramentum paupertatis.
ARME.NDE, n. das gegen den arm gerichtete obere ende dei
mittclhandknochcns. vgl. fingerende.
ARMENGABE, f. almosen:
auszuspenden alle habe,
zu verbluten mit geduld,
war ein scherflein armengabe
ITir der miune dank uud huld. Bchgeb 17*.
ARMENGELD, n.
ARMENGESETZ, n.
ARMENHAUS, n. Tt-cco/ßToofEior, nnl. armhuis.
ARMENHERBERGE, f 7irco/,elov, bettelherberge.
ARMENKASTE.N, m.
ARMENKIND, nnl. amikind. ich bin ein armenkind, kind
armer ellern, armer leute kind.
ARMENORDNLNG, f.
ARMENPFLEGE, f. almosenpflege.
ARMENRECHT, n.
ARMENSCHULE, /". nnl. armschool.
ARMENSTEUER, f
ARMENSÜNDERGLÖCKCHEN, n.
ARMENSUNDERSTUHL, m. Klinger 11,156.
ARMENSUNDERSTÜHLCHEN. n. auf dem armensünder-
stühlchen hat er den richter zum narren. Göthe 8, 245.
ARME.NSTOCK, f?i. armenkasten, ein holer klotz in kirchen.
ARMENVATER, m. armenpfleger.
ARMENVERSORGUNG, f.
ARMENVOGT, m. bettelvogt.
ARMENVVESEN, n.
ARMER, f armarium, Hemscq 120.121 gibt die armergen
und dns armerglin. s. almer.
ARMEREI, /■- miseria: unsere gebrechlichkeit und armerei
teglich erkennen. .Melissus ps. Xs'. druckf. ßr annelei?
ARMERITTER, pl. ein altes backwerk: man sol ein hun
braten mit spec gevult, und snit denne aht snitlen atme ril-
ter und backe die in sroalze niht zu trüge, von guter spise
$. 19. nach Frisch 1, 35 in teig gedrückte und mit butter ge-
backene semmelsclinitten. Stieler 1601. A. W. Schlegel könig
II. d. vierte IL 2, 4.
ARMESUNDERBLUME, f. Heine buch der lieder 160.
AR.METEI, f. paupertas:
nun weisz ich doch, das er oft ketvt
in armetei, die ia besessen. B. Waldi« Esop 4, S2.
vgl. armut und armuleL
ARMFÄHIG, ampleclent, in die arme fassend. Garg. 6(5*.
s. anbiegig.
ARMFEILE, f schwere feile, mit grobem hieb.
ARMFESSEL, f. manica, armeisen.
55d
ARMFLÄCHE — ARMMÜSKEL
ARMPOLSTER — AR3ISTEIN
560
ARMFLÄCHE, f. superficies brachialis.
ARMFLEISCH, n. Andreas Hofer gebot den Tirolerinnen,
brüst lind armfleisch zu bedecken. Beckers weltg. U, 19.
ARMFÜRMIG, brachiformis.
ARMFREI, manumissus. Frisch 1, 34*. Stieler 558. frei
vom arvi des herrn.
ARM GEIGE, f. die grosze geige, die mit ausgestrecktem arm
musz gehalten werden, viola da braccio.
ARMGEISTIG, pauper spirilu: denn es kann nicht anders
sein, die reichgeistigen müssen verfolgen die armgeistigen, wie
Esau Jacob. Luther l, 28 ; die armgeistigen, die do sind rein
von herzen, mit keinen wahn und kunst bemaiiget. Frank 2,
81 ; Christus ist dem armgeistigen ein schätz, dem wehrlosen
ein Schwert, paradoxa 72'. heute geistesarm.
ARMGESCHMEIDE, n. monile bracliii, nnl. armgesmijde:
keten, armgeschineide, ringe. 4 Mos. 31, 50 ; nam das armge-
schmeid von seinem arm. 2 Sam. 1, 10. H. Sachs III. 1, 74°; der
erste morgen des sommers warf über die wühlenden buche
das zitier und glanzgold des herabgeschwommenen morgen-
roths und legte den huschen das armgeschmeide von bren-
nenden tropfen an. J. Paul Hesp. 4, 62.
ARMGESCHRENK, n. Fischart Garg. 99'. mhd. arme schren-
ken. Fr IB. Trist. 711.
ARMGEWALTIG, manu fortis:
zu liülfe, bruder, armgewallger eile her! Göthe 40, 395.
ARMGEWUNDEN : armgewundene mäntel und kappen. Garg.
177'.
ARMGLOCKEN, sallando manibus molum campanarum imi-
tari? da danzten, schupften, hupften gaukelten, redJeten,
bürzleten, balleten, jauchzeten, gigageten, armglocketen, hend-
ruderten, arnilaufeten. Garg. 82".
ARMGRUBE, f ala sub brachio hominis, uao/n^.Tj, arm-
hOle: man siht unter dem arm die gruoben. Altswert 50, 27.
ARMGURGELN, pl. armschnürstiefeln und armgurgeln. J.
Pauls briefe 102.
ARMHANDSCHUH, m. langer, zum arm hinauf reichender.
ARMHEBER, m. armmuskel.
ARMHÖLE, f. ala, armgrube, achselhöle.
ARMHOLZ, n., aus dem die arme des mülrads gefertigt
werden : geschnittene, dicke holen zu kämmen oder kopf-
rädern, armholz zu denselbigen. Kirchhof disc. mil. 25.
ARMIG, gearmt, in den Zusammensetzungen langannig, kurz-
armig, krummarmig, vielarmig, siebenarmig.
ÄRMIGLICH, adv. misere, ärmlich, mhd. armecliche:
er für vil ermiklich. fastn. sp. 190, 28 ;
sie sprach, fiirwar ganz kümmerlich,
behelfen uns oll ermiglich. B. Waldis Esop 4, 30.
ARMKETTE, f armgeschmeide.
ARM KISSEN, n. zum auflehnen des arms.
ARMKORB, m., der am arm getragen wird, handkorb.
AR.MLAHM, am arm gelähmt.
ARMLAUFEN, beim tanzen, s. armglocken.
ARMLEHNE, f an hank und stuhl zum auflegen des arms.
ÄRMLEIN, n. brachiolum, ärmchen:
dann ich Hg jetzt so liefe
ins andern arnielein. Garj. 28';
gerade volle ärmiin, weisz wie topos. 77".
AR.MLEUCHTER, m. ein gcarmter leuchter. so heiszl auch
die chara, eine wasserpßanze, deren Stengel einem arnileuchter
gleichen, scliw. Ijusann, dän. armstagc. sonst auch wasscr-
katzenzagel, pferdeschweif.
ÄRMLICH , miser, miserabilis, ahd. armalih (Graff 1, 421),
mhd. ermelich, gewöhnlich aber ermeclkh, armeclicli, nnl. ar-
melijk: ärmlich ;mgcllian und gerüst, i4inio7ig4; ärmlich bc-
cleidct. fl; ärmliche kleidung; wenn dich diese hültc nicht
abschreckt, die nicht ärmlicher aussieht als Rie ist. Wieland
8, 350. ärmlich ist uns heute weniger als arm, es drückt gleich-
sam nur die beginnende, anhebende armut aus: ein reines,
aber ärmliches kleid; sie leben nicht gerade arm, aber ärmlich,
behelfen sich ärmlich, s. ärmiglicli.
ÄRMLIING, m. ein kurzer ermel zum anstreifen.
ARMLOCH, n. die öfnung im hemd oder kleid, in welche
die arme gesteckt werden, ähnlich war das mhd. houbelloch,
zum durchstecken des halses oder haupts.
ARMLOS, rfej arms beraubt.
ARMMÄUSLEIN, n. die ältere, deutschere benennung des ann-
muskels, musculus humeri.
ARMMUSKEL, ni. was dcu vorangehende und armbeber.
ARMPOLSTER, n. was armkissen.
ARMRIEME, m. Ttöonai, oxavov. Lessing 8, 124 125.
ARMRING, «1. armilla, ahd. arampouc, um den arm gebog-
nes, gewundnes gold. kann aber auch die mit dem eingestemm-
ten arm gebildete öfnung ausdrücken, gr. xV^Vt durch welche
geschaut werden muste, um geister zu erblicken, {deutsche myth.
s. 891.)
ARMRITZE, f scissio brachü : das blutet verteufelt für eine
armritze! Göthe 57,176.
ARMROHRE, f libia braehii, armbein. nnl. armpijp.
ARMROST, m. in den schmelzhütlen des harzes ein rosl,
worauf der armstein geröstet wird.
ARMSCHIENE, f libia braehii. die zergliederer nennen so
das obere, kleinere bein des ellenbogens, was sonst Speiche,
Spindel, spille, radius heiszt. dann aber bezeichnet es ein die
armschiene deckendes blech: dasz mir das halbe theil (des
Schwertknopfs) in arm gicng, und drei armschienen damit,
und lag der schwertknopf in armschienen. Götz von Berl.
lebensb. 78; dieweil die armschienen ganz blieben, daselbst.
ARMSCHILD, «j. clypeus; da jeder schild ursprünglich am
arme hieng, so musz die benennung aufgekommen sein, seit
man auch grosze, die füsze deckende setzschilde einführte.
ARMSCHLAGÄDER, f arteria braehii.
ARMSCHLINGE, f mitella, band um den arm geschlungen.
ARMSCHMALZ, n. adeps, vigor braehii, ein kraßvoller alts-
druck : armschmalz thuts. Simrock 460 ; schweiszwasser macht
oder rürt guten mürtel, armschmalz, den rucken darhinder
thün, th&ts. Frank sprichw. 2,163'; aber so ein gut braucht
händ und armschmalz, der arme mann im Tockenburg 14.
ARMSCH.MUCK, m. armgeschmeide.
ARMSCHNALLE, f ßbula, zum festigen des armbands.
ARMSDICK, dick wie ein arm, von der dicke des arms : der
bäum ist schon armsdick; mit armsdickem knüttel schlagen.
ARMSELIG, miser, ein nachdrücklicheres arm, «n/. armza-
lig, von personen wie suchen: als sich nun der armselige bub
so köstlich anlieng heraus zu butzen. Galmy 228;
armselige I musz ich, weil ich dich wil befreien,
zum Werkzeug deiner quäl mich selbst unwissend leihen?
Grypuius 1, J7U;
armseiger Wentwort! ach du hast durch unser wollen
ein unverdiente slraf, ich steh es zu, erlitten. 1, 330.
blünderten ihm seine kleider und gaben ihm darfür ein ge-
blelzten armseligen küttel. Garg. 266'; ihre eigne, ländliche,
kunstlose kleidung, die ihnen nun so armselig vorkommt.
WiELANL 8, 297 ; ihre armseligen aus koth und stroh zusam-
mengeplackten hütten stehen jedem anfall der demente offen.
7, 48 ; wie oft sehen wir die gröszten Wirkungen durch die
armseligsten Ursachen hervorgebracht. 3,50; wenn er endlich
die erwartung, worin man so lange geschwebt hatte, mit einem
armseligen 'das weisz ich nicht' betrog. 6,41; armseliger tropf!
Gerstenb. Ugol. It; der armselige druck dieses armseligen
dings. Sciiii.LER 134; vor der armseligen kirche, in dem küm-
merlichen orte selbst. Tieck ges. nov. 1, 194.' s. armutselig.
ARMSELIGKEIT, f miseria: des spartanischen Chitons
Spruch, die armseligkcit sei des processes und rechtfertigena
gefertin und ehgemahl und alle rechtfertiger seien armselig
oder Werdens. Garg. 159' [der spruch musz aber anderwärts
stehn, als bei Diodor 9, 8 — 10 und bei Diogenes Laertius^ ; die
Christen glauben mehr armseligkeilen, als dasz sie die nicht
auch noch glauben könnten. Lessinc 2, 230; o armseligkeit aller
armseligkeit! 10, 79; die armseligkeit unserer gewöhnlichen
Schlüsse. Kant 2, 229 ; der reiche stof der Sinnlichkeit, woge-
gen die abslracten begriffe des Verstandes oft nur schimmernde
armseligkeiten sind. 10, 142. s. armulseligkcit.
ARMSESSEL, m. mit annlehnen rersehner. s. armstuhl.
ARMSINNIG, was aimgeistig: wo ein armsinniger mensch
bedarf eins meisters, da bedarf ein reichsinniger zehen niei-
ster. Luther 1, 92'.
ARMSLANG, von der länge eines arms: armes lang hieng.
Garg. 206*.
ÄKMSPANGE,/". armilla: dieketelin, die armspangen. Es. 3, 19.
ARMSPINDEL, f tibia braehii, armröhre: danzt ihnen auf
den kniescheiben und arnispindeln. Garg. 205'.
ARMSTARK, armsdirk: ein indianisches, armstarkes, spa-
nisches röhr. Leipz. avant. 2, 48.
ARMSTEIN, m. in den schmelzhülten, der nach seehsmaligem
schmelzen des kupfererxes erfolgende stein, von armem sirter-
gehaU.
56t
ARMSTUHL— ARMUT
ARMUT— ARMUTEI
562
ARMSTUIIL. m. armsessel. Göthe 20, 122.
AILMLMSCHLUNGEN.
ARMLT, pauperlas, ein vort, dessen bildung und geschleehi
manchem bedenken unterliegen, die Golhen tencenden für die-
sen begrif unledi n., tcogegen ihnen annaiü f. misericordia aus-
drückt, ahd. führt ardmuoli f. inopia, paupertas zunächst auf
ein adj. aramuoti inops, deren uo wie das in heimuoli patria
aufzufassen wäre, dem auch mhd. armuote n. (Ben. 5S') ent-
spricht, altn. gilt aber armödr m. paupertas und armoedi f.
aerumna, welches letztere aus ar labor und moedi molestia =
ahd. mnodi (Gbait 2, 603) zusammengesetzt scheint ; schwerlich
läszt sich ahd. aramuoü als aramuodi fassen, diese mundart
kennt kein einfaches ar labor, noch bedeutet ihr aramuol'i mo-
lestia, vielmehr immer nur inopia. aramuoti = arammuoü
schiene zwar dem sinn von muoti nach seltsam, obschon bei
N. ausdrücklich armmuotig geschrieben steht; wie wenn das
muot hier tollkommen begründet und ßr arammuoü nur eine
^ältere, der des goth. armahairtei gleiche hedeutung zu behaup-
ten wäre? dadurch empfienge die bei arm entfaltete annähme,
dasz es ursprünglich subjectiv gewesen sein müsse, neuen halt;
wie arm müleidig, erbarmend übertrat in arm pauper, ebenso
wurde armmuoti misericordia, erbarmender mut zu paupertas,
obgleich nun der sinn von mut zu passen außörte. tgl. her-
nach armütig.
Mhd, halten einander das n. armuote und f. armuot 6«-
nahe das gleichgewicht, seken ist das m. armuot (ein beleg
dafür Diut. 1, 419). Er. 1578 zeigt sich frowe Armuot perso-
nißciert.
nicht anders schwanken nhd. schrißsteller zwischen beiden
geschiechtem. Luther schreibt das f. in folgenden stellen:
sihe, ich habe in meiner armut verscliaft zum hause des herrn
hundert fausent centner golds. 1 cbron. 23, 14; betrübe den
dürftigen nicht in seiner armut. Sir. 4. 2 ; auf das ir durch
seine armut reich würdet. 2 Cor. 8, 9 ; ich weisz deine werk
und deine trübsal und deine armut. offenb. 2, 9. das n. hin-
gegen ößer in andern: so wird dich das armut übereilen wie
ein fuszgenger. spr. Sal. 6, 11 ; das gut des reichen ist seine
feste stad, aber die armen macht das armut blöde. 10, 15;
mancher ist reich bei seim armut. 13, 7; wer seinen acker
bawet, wird brots gnug haben, wer aber müsziggang nach-
gehet, wird armuts gnug haben. 28, 19; wir wären wol zu-
friden gewest mit unsenn armut. Tob. 5, 27 ; diese arme witwe
hat von irem armut (de penuria sua) alles was sie hat, ire
ganze narung eingelegt. Marc. 12, 44 ; wenn ein fürst dir sein
gut beschiede und gebe dir zu einem pfand ein geschrieben
testament seines letzten willen und thet das aus seiner milde
und gute umb deines armuts willen. Luther 2, 24*; also, was
gelobt ein münch mit seinem armut? 6,29*; der apostel werk
war eine geselschaft und nicht ein orden des armuts. 6,29*;
das e. a. sol umb gelds willen ein böse geschrei haben, son-
derlich weil e. a. sonst gnug, und dieses armuts nicht be-
dürfen. 6. 506* ; klagte über das armut und elend der theolo-
gen. tischr. 396*. der sinn begründet hier keinen unterschied
zwischen f und n. Bei H. Sachs herscht das f, er schildert
1, 443 die armut mit ihrem überlangen schwänz, und Idszt sie
den menschen reiten, leiblich auf ihn niedersitzen:
und ob armut dich reiten wolt. 1, 245';
da ihn wird reiten die armut. ], 485*;
schaw als denn in die armut reil. 11. 4, 114*;
weil in die armut reit dermaszcn. III. 3, 72*;
anderemal stellt er sie auch als frau dar:
hierin wohnt fraw armut leider. III. 3, 28*,
wenn er aber sagt:
in armut liegen unter der baok. III. 3, 36*,
10 läszt aus diesem dat. das gescitlecht freilich sich nicht ent-
nehmen, auch M&THESiis und Fischart ziehen das f. vor: die
nimpt sich als ein vernünftige und barmherzige fraw der ar-
mut trewlich an. Math. 14*;
ein klosier wollen wir bawen,
ligt gar in groszer armut. Garg. 48';
doch viele andere das n.:
des groszeo armuts moclii ich nie. Al>k*cs27*;
wer ich in meinem armut blieben,
ich wurd ieut nit iimbtier getrieben. 27*;
Franciscus hat sein haus, das ist seinen orden auf einen
feisen, das ist auf das armut -gehawet Alberus barf eulen-
spiegel n* 471; nnd kami iUo dem aimnt wol gdiolfen wer-
den. Mela-xchth. 1, 553; fürwar lagen wir zwen am armut
schwerlich krank. Huttex 5, 316 ; erhalten ir unrein leben mit
dem ingeweid unseres armut*. 5, 319; also sei das armut
(die armen leute) verursachet worden ire hohe noth zu kla-
gen, weislh. 3, 443 ; und ist ein sehr theuer jähr gewesen, da-
von das armut sehr bedrängt worden. Schweixiches 1, 68 ; den
Tortheil, welchen das armut in rechten hat. sächs. procest-
ordnung 1622. i, 3 ;
der wald bringt gar schönes wild,
das nicbt fürs armut ist. Opitz 1, 132:
wer nimpt das armut nun
io seinen milden schütz, wer wird ihm gutes thtin
mit einer reichen faust ? 2, 98 ;
ist schon das armut weg, so bleibt doch die begier. 3, 2S6 ;
man solte ihm sein edles armut nit nehmen. Oprrz Arg. 1, S98 ;
du wirst des armuts schall. Fleming 555; •
dasz du (tod) vielmal mehr das armut angelacfaet.
Grtphics 2, 31 ;
ihr seid ein lieber, redlicher herr, ihr sorget allein für das
liebe armut. 1, 771;
mein grösztes armut ist zu leben ohne dich.
HOFFKAK.XSWALDAV 11;
mein ganzes trachten war mein armut zu Tcrhölen. 88;
schien der Schickung dies dein armut noch zu reich.
GC5THER 868;
an der das armut sog. 10S9;
wann uns das armut speist und tränkt.
WiEDEHAjrx mai 35 ;
was man aus dem armut z:wioget. 64;
dasz etlichen das liebe armut nahe genug wäre. Weise ersn.
89; lieber in grösztes armut als gefahr der seelen geraten
wollen. Felsenb. 1, 11; wende die helfte deines Schatzes an
das armut. 2, 273 ; es sind räuber, nun werden sie dein bis-
chen armut zu sich nehmen, irrgarten 172 ; bei täglich zuneh-
mendem armut. Leipz. armenordn. 1704 s. 16 ; sich gegen das
armut milde erweisen, s. 17 ; zu des armuts bestem. *. 18 ;
das armut unterstützen. Rabexer 3, 73 ; eine gar zu gefällige
nachsieht gegen das armut des contribuenten. 3, 95 ; das sind
die thränen des armuts nicht. 3, 99 ; lassen sie nicht zu, dasz
sich meine feinde meines armuts misbrauchen. 3, 100; der
besitzer des ritterguts empfindet das armut seiner ausgesaug-
ten untertbanen zuerst. 3, 137 ; ihre gemahlin nimmt sich des
armuts und ihrer untertbanen an. 4, 131 ; mein bischen armut.
Gellert 3, 149; wollen wir etwa dem armut etwas geben?
3, 160 ; mag das armut sehn, wies fertig wird. Lessixc 2, 305 ;
ja, wenn ich mein bischen armut gestolen hätte. Tiecs 3, 374.
Die heutige spräche ist zu dem schon der mhd. gebildeten
dichtkunst gemäszen f. zurückgekehrt, und das n. braucht nicht
einmal für die collectivbedeutung ton armut = liie armen leute,
oder ßr die redensart mein bischen armut, dein bischen ar-
mut (irrg. der liebe 172) torbehalten zu bleiben, da jener auch
das f. zusagt {mhd. diu arme diet) und mit bischen gerade sa
Schönheit, klugheit verbunden werden darf, doch soll es kein
fehler sein, in beiden hergebrachten fällen auch das n, zu ver-
wenden, schon Gellert setzte, von ihnen ahgesehn, das f.:
ich verlange den reichthum ebenso wenig als die armut. 3,
158. die armut der deutschen literatur. Götbe 26, 8 ;
stolz auf diesen könig gab der baner
freudig: seine armut bin. Scbilli« 922.
auch nnl. erseheint armoede = ahd. aramuoti immer weiblich,
Sprichwörter: armut ist des reichen kuh. armut ist des
reichthuins band und fusz. zwischen armut und reichthum
ist das beste leben, armut ist ein frOhUch ding, macht lustig.
armul ist ein leidfr esKt.
armut ist fiir thorheii guL
armiii ist Hirs podagra gut.
armut aller thür znthiit.
junges blul, spar dein gut,
armut im alter webe tbut.
armut ist keine schände; armut ist auslagefrei.
ARMLTTI . f. was armut, seheint aus der alten weiblichen
form aramuoti entstellt und in eine spdlere ableilung überge-
sprungen :
drumb könd ir uns nicht wohnen bei,
wann da ist nichts denn armutei. H. Sucus 5, 230*.
bei Fra?<k steht bald arm&lei, bald armalei geschrieben: wirt
eliendiglich in ann&tei zu Bethlehem gebom 84 ; mit diser ar-
36
563
ARMÜTIG—ARNEN
ARNER— ARSCH
564
matei vermeint der gut keiser soll der römisch stul content
sein, chron. 521'; und ist docli alles narretei, thorheit, bet-
lerei, Unwissenheit, blindheit und armatei. paradoxa 120'. ar-
metei uiurde oben aufgeführt, noch heute hört man in ver-
schiednen gegenden unter dem volle armetei, armutei.
ARMÜTIG, gleichviel mit armgeistig, armsinnig, den buch-
staben nach ganz das ahd. armmuotig pauper und sehr zu
beachten, weil es unverkennbaren bezug auf mut, sinn kund
gibt: nein, spricht er, sondern mein geist wonet in einem
armütigen, demütigen geist, der mein wort ehret. Luther l, 391*.
ARMÜTLEIN, n. recula, Patrimonium exiguum, das bischen
armut: etliche haben kirchen und klöstergüter geplündert, in
welche arme leut ir armütlein geflöhet. Fronsp. kriegsb. 1,
112'. hier ist das n. an seiner stelle.
ARMUTSELIG, was armselig: armetselige menschen. Kei-
WRSB. irrig schaf 9 ;
ich bi/i das armutseligst weih,
beide an seel und auch an leib. H. Sachs 1, 10*;
in armutseliger gebor. 3, 1, 200';
das er in sorg und en<rslen schwebt,
unsicher, armutselig lebt. 3, 3, 36';
nach disem armutselign leben. 5, 61';
haben gemeiniglich am wengsten gelt
und sein gar armutselig briider. Ayber225';
in armutseliger zerrissener wat. 341';
die elenden, zerlumpten und armutseligen verachteten men-
schen auf der erden sitzende. Kirchhof wendunm. 3"; haben
ein armutselig jämmerlich leben, mil. disc. 115 ; armutseligen
kranken und halb todten menschen. US ;
so kommt doch plötzlich, man weisz nicht wie,
eine trübe, armutselige stund. Tieck 13, 280.
ARMUTSELIGKEIT, f. in groszer armütseligkeit und betrüb-
nis. Keisersb. post. 3, 84 ;
seitdem erlitt sie still mit freudi^keit,
den frost, die blösze, armütseligkeit. TiEcr 2, 215.
ARMUTSPFEIL, m.
Zevs trifl nie den lorberbaum mit den dreigeeckten keilen,
aber die, die dieser krönt, tritt er oft mit armutspfeilen.
LoGAu 3, 9, 43.
ARMUTSSCHEIN, m. ARMUTSZEUGNIS, n.
ARMUTVOLL:
wer gott hat, der hat was er soll,
und war es sonst gleich armutvoll,
kann ihm doch kein gut mangeln, kirchenlied.
ARMVOLL, quanlum brachio capi potest, in der Volkssprache
armfel, arfel (Stalder 1, 111. Tobler 26), wie für handvoll
Lampfel, für mundvoll mumpfel. ein armvoll holz, armvoU
ruthen ; man kann auch den gen. hinzu fügen : ein arm voll
holzes; im pl. scheiden sich nom. und gen. nicht mehr: lief
mit einem ganzen arm voll späne. unw. docl. 747.
ARM WURF, m. amplexus, insultura in brachia: sie warf
sich ihrer mutler in die arme, dieser arrawurf — . Hippel
lebensl. 4, 351.
ARMZEUG, n. armatura brachii: dasz ich denk, die stang
und das ander theil vom Knopf (des schwerts) hab mir zwi-
6chen dem handschuh und dem arinzeug die band herab ge-
schlagen. Götz von Rerl. lebensb. 79 ; gute stählin kragen,
armzeug, rucken und krebs. Garg. 200*.
ARN, m. aquila, eine schon mhd. auftauchende form, von
welcher oben unter aar gehandelt wurde, nhd. braucht sie zu-
mal Waldis:
er rief ihm nach und sprach, herr arn,
ich bitt lasz meine kinder fahrn. Esop 1, 59,
doch setzt in derselben fabel er auch adlet und adelar. Stie-
LER 30 führt am noch auf;
wer aber bleibt, der wird zerrissen,
der arn fiiszt ihn für leckerbissen. froschm. 2, 2, 6.
ARNE, f. messis bei Stiei.er 18. die aren, ernc im vocab.
ine. teut., ahd. arn, aran, mhd. crne. s. ernte.
ARNEN, mereri, lucrari, eigentlich meiere, obsclwn Graff ahd.
am^n mereri 1, 426, ags. earnian, von arnön meiere 1, 4S0 getrennt
aufstellt, jenes zur uuriel ar orarff, dieses zu as stellend; rich-
tiger werden aber beide zurückgeleitet auf das golh. asans »les-
sis {mehr unter ernte), arnen mereri erscheint mhd. tioch oß
(Ben. 1, 6l'), nhd. selten: die doch gol selbs so thcwcr durch
seines lieben sons blut und tod arnt hat. Luther 5, 224, m
der bibel braucht er das wort nicht. Ai.bebus stellt noch auf
am vindico, mit dem (altdun iu$alx: hinc Arnold i. e. vin-
dex. die im chron. spirense ed. 1698 abgedruckte Speirer ge-
richlsordn. von 1328 sagt s. 286 §. 39 : wer aber in krieges wis
sprichet zu ieman 'du arnest es' oder 'ich gelasse es nimer
davon, du must es arnen', oder spricht zu iemanne, der in
eime huse ist, 'gang herusz, so helf mir gott, du arnest es*.
länger dauerte das zusammengesetzte erarnen, w. m. s.
ARNER, m. mcssor, ahd. arnari, Schnitter in der aren. vo-
cab. ine. teut.
ÄRNTE, /". messis. s. ernte.
ARNWEIHE, m. falco milvus. Frank chron. 120* schreibt
arenwjer.
ARPUSE, f. Cucurbita cilrullus, Wassermelone, aus dem russ.
arbus", poln. arbuz, als undeutsches wort hier blosz zum Ver-
ständnis einer dichterstelle angeführt:
so heisze bringen auch melonen und arpiisen,
die angenehme kost für mutter Amathusen.
Fleming 92.
ARSCH, m. culus, anus, podex, pl. ärsche, ahd. mhd. ars, .
pl. erse, ags. ears, engl, arse, mnl. aers, nnl. aars und naars
(wie narm, noom, nelleboog f arm, oom, ellebog), nd. ars
und mars, schw. ars, dän. arts, alln. aber umgestellt rass {ana-
log dem ragr für argr). wir haben das rohe wort roher und
breiter gemacht durch Wandlung des rs in rsch {wie uns mh.d.
birsen zu birschen, kerse zu kirsche, hersen zu herschen ward),
Luther schrieb noch ars, erse 1 Sam. 6, 4. 5. 11, das alle
neueren ausgaben hätten unangerührt lassen sollen, so an der
stelle war hier der archaismus; auch Brant, Frank, Alberüs,
H. Sachs ( : erfars), Fischart, Henisch und andere behalten
ars, Stieler will arsch aus dem albernen gründe, ne cum arte
Latinoruni confundatur, aber das wort muste dem slrom der
hochdeutschen ausspräche folgen, etymologien spricht Mephislo-
phelcs :
Ars Ares wird der kriegesgott genannt,
ars heiszt die kunst und arsch ist auch bekannt.
GÖTHE 56, 31.
etymologisch am nächsten liegt das gr. o^^os ßr o^aos, {wie
d'äQQOs &äQaos), was die Zusammensetzung o^QaydrjS furcht-
sam, neben dem altn. rassragr (= arscharg, arschfeige) fatt
sichert, dürfte man nun oqoos deuten aus OQWfic, dessen
fut. und aor. o^aco, toooa lauten, so entspränge die Vorstel-
lung reger beweglichkeil, wie sie sich mit dem sterz kleiner
Vögel verbindet, auf welchen oqqos und o^QOTtvywv gerade
gehn. motacilla oder oeiaovQa, oetaonvyis heiszt auch uns
wipstert, quikstert, weil sie unauflivrlich den schwänz rültrt
(vgl. ackei-männchen) und Fischart Garg. 237' sagt treffend:
unmüsziger (unruhiger) als einer reiberin oder wasserstelzen
ars; groszm. 54 nennt er unter den unßndbaren dingen: bach-
stelzen, atzein, Wäscherin und reiberin, die mit dem ars nicht
schnappen; und früher schon Keisersb. geistl. lewe 53': clap-
perecht als einer Avasserstelzen der ars. vom sterz oder bür-
zel der vögel wäre hernach das wort übertragen worden auf den
menschlichen after. wie aber, wenn nach gewöhnlicher Umstel-
lung des r, auch das bölm. rjt, poln. rzyc, serb. rijsch, slov.
rit, welche bürzcl und arsch ausdrücken, diesem unmittelbar
entsprächen und dem altn. rass nahe träten? nach Staldeb
1, 111 soll in Obcrsimmenthal arsch bedeuten scheune, was^
wenn es beglaubigt ist, auf manche weise auszulegen wäre.
In einer groszen anzahl von derbkräßigen, oß sinnreichen
und poetisch gewandten rcdensarten des rolks, welche die feine
weit scheu abweist, spielt dies wort eine hauptrolle; viele der-
selben sind so alt, auch unsrer spräche gemein mit andern,
dasz sie hier nicht übergangen werden dürfen, das alterthum.
war natürlich und gerade heraus, heute hält man ßir anstän-
dig, sich nur abgezogner ausdrücke wie der after, der hinlere,
das gesäsz, der sitzer, die silztheile oder gar des euphemis-
mus der allcrwerlhesle 21« bedienen:
must all die garstigen Wörter lindern,
aus schciszkcrl schurk, aus arsch mach hinlern.
GöTUE 56, 66,
es gibt aber augenblickc, wo der rede noch immer das unver-
hüllte Wort entschlüpfen musz, in manchen redensarten wird es
noch jetzt, vordent aber viel ößer, arglos und gleichgültig aus-
gesprochen.
Breitarsch nXnrvTxvyos, dünnarscli, nacktarsch, l)lcckarsch
drüdien die leibliche gestalt oder kleidung aus. ahd. so daj
rfclipocthili (liet, so. plecchfit iino der ars (GbafkI, LXiii);
KÖ geborn wirt da; rA,
irae wi{el der an alt der an«. MorolfiX-,
565
AfiSCH
ARSCHBACKE —ARSCHKITZEL
566
sehen icb eime den ars blecken,
wie sol ich da; bedecken? 433;
davon ir der ars so biudea bleckei. alld. bl. 2, 238.
in dem (ungedrucklen) terieichnisse der zu HansuursU hochseü
eingeladenen personen (von Göthe) stchn unter andern folgende
herschaßen: Hans Arscli von Rippacb, Hans Ärscheben von
Rippacb. Reckärscbchen, nichte. Leckarscb, patbe der braut.
Lapparscb, original. Heularscb. Jungfer Arschloch, heularsch
für jemand, der bei allen anlassen ßenni, ist bekannt, kaul-
arsch ein junger frosch oder ein huhn ohne Schwanzfedern;
quengelarscb, ein peinlicher geschäflsmann, kleinigkeitskrämer,
quengler in der höclisten potenz. in der Wetlerau nennt man
gebbarsch und nommarsch einen der gern gibt und gern ge-
schenktes nimmt oder wiederfordert. Aiberls, ein Wetterauer,
sagt AegjptJi sunt reposcones {nach Ammian 22, 16), gebars
nemars. diese redensart musz sehr gangbar gewesen sein, denn
Fischart nennt n' 169 ein alles gesellschaßsspiel, das lange
schon nicht mehr gespielt wird, 'gebars nemmars*. Stieler 5S
schreibt gebarscb, nehmarsch. feiner in gleichem sinn : gebhart
nemhart. nd. vergetern eers, tergeszUcher mensch, der teufel
hol den letzten, den hindersten faulen ars wollen wir dem
Mars opfern. Garg. 227'.
Der ars wird sich am ersten niedersetzen. Fischabt groszm.
40; setz dich dahin, wo dein groszvater gesessen hat. nd.
sitt up den eers, so loopt daar kene muus in; an sittend
eers kan vel bedenken; derhalb dürfen sich die herren nit
viel auf den gemeinen pöfel, sonderlich ir hofgesind verlas-
sen, denn sie habens oftmals in der noth stecken und aufm
ars sitzen lassen. Frank weltb. 39'; das ros beim ars auf-
zeumen. Fra5k lob der thorheit 143; des andern morgens
muste ich den ars desto fhiher aufheben. Simplic. 2, 276 ; das
dir das blut vom arse flösse. Luther S, 23S'; bis wir ihnen
die streu unterm arsch (in neuem ausg. steisz oder hintern)
angezündet haben. Scbili.er 121; sich geliehen rehte als ars
und mäne. Walth. 18, 10; den ars zukneifen, zuklemmen,
roh für sterben, die seele ausblasen; den ars verrenken. Garg.
97*; wann er auf den ars ful, so schads ihm nicht am köpf;
dasz er arsch über köpf in die ewige tiefe hinunder fiele.
Philasd. 1, 400 ; schäm dich in den arsch hinein I ; aus ver-
tagtem arsch fährt kein fröhlicher furz;
so schlegt man mit der tbür fürn ars,
wers nit wil glauben, der erfars. 11. Sachs 11. 4, 101*. III. 1, 199* ;
ir zwo klagt ungebleuten ars. I. 510^;
du klagest ungebleuten ars. II. 4, 1',
du klagst toreilig, bevor du schlage bekommen hast; hau
ihm den arsch aus ; er ist ihm in den arsch gewachsen, gänz-
lich ergeben; kriecht ihm in den arsch;
unser magd hat bummeln im ars,
icb bab sie horeu brummen;
SO waren auch diese rumpelscheiter überaus stolz und hoch-
mütig und glaubten sie trügen den arsch um eine gute spanne
höher als andere leute. Jucundiss. 20S; ein groszer ars musz
eine grosze bruch (hose) haben. Garg. 4l'; dann an fersen
sieht man, ob eine mit dem ars kan zundel schlagen. 149*;
sich den arscü verbrennen, /ür seinen voncitz besiraß werden;
er will sich den arsch zerreiszcn, ist vor zom auszer sich;
das schintmesser im ars hun. Brant narrensch. 96 ; der hund
reitet mit ihm auf dem arsch, er ist ganz zurück gekommen;
den ars ins fenster recken, fastn. sp. 6il, "; du kannst dirs
am arsch abfingern, kannst es selbst wissen.
Es galt ßr höchste beleidigung, sich cor einem andern auf-
zudecken und ihn zu gaste zu laden, ihm den hintern zuzu-
kehren und zu reisen; als Horolf den könig Salomo auf falsch«
spur nach einem teilde verlockt hatte,
er lle^ sin bruoch nider
und den ars her ü; wider. Morolf lil9 ;
die liiiidem si enplacien,
du soll in dise »piegel schauen. Behass Wien 103, 13;
das heiszt Simpl. 1, 464 mit dem beweisthum selbst antworten,
bei Frank, den ars und die feigen bieten. Üie geschickte des
mittelallers liefert mehr als ein beispiel, dasz solche schmach
vorüberziehenden feinden vom strande aus oder ron der burg-
maucr herab angelhan wurde. Das lingere calum {Calull 95,
12. 96, 4), lambere naies, altfranz. je li ferai mon cul baisier
(Jf^on 4, 226. 227. 230. 2931 kommt bei allen neueren tölkem,
in manigfaltem, grohem und kalbterschleiertem ausdruck vor,
natürlich ureigerten sich die belege der aufzeichnung und selbst
die lexicographen hallen sie meistens turick (litt, isziupk sub-
bin;; iszgrauszk mano subbin;; böhm. poUb rane w panj
mandu). nur aristophanische, fischartische naturen kennen hier
keine Blodigkeit und müssen sich frei auslassen, da schrie er
der amtmann oben heraus, da schrie ich wieder zu ihme hin-
auf, er solle mich binden lecken I Götz vox Beri.. lebensb.
170 ; er aber, sags ihm, er kann mich im arsch lecken. Götbes
Götz 1 ausg. 1773 s. 133; sie het rucken aus Braband, händ
von Cüln, den ars aus Schwaben, küst ir gselnl Garg. 76'.
es heiszt auch, im ermel lecken, den hobel ausblasen, man
tgl. Fischart Garg. zumal 94*, der 2S0' das «ort leckars braucht.
Die meisten der folgenden Zusammensetzungen stehn im nach-
theil gegen die beigefügten ausdrücke fremder sprachen, teeil
sie, vas in einfachen, behenden «örtem gleich verständlich ist,
mit platter deutlichkeil umschreiben.
ARSCHBACRE, m. dunis, im pl. arschbaeken nates: konl
nicht darauf (auf dem mantel) sitzen, er zog ihn dann aus,
dasz man fein den arsbacken binden zitteren sah. Garj. lis';
macht ein panzerfleck auf die hirszhäutin arsbacken, meint
das herz steck daselbs, da der leib am weichsten. 251*; sechs
und zwenzig musketen schützen, denen die zilgebelchen bin-
den im gürtel, wie dem Wilhelm Teil der bolz im goUer
Stacken, oder wie den Schweizern und scherem die tolchen
auf dem arsbacken. 263*.
ARSCHBELL , f. clunis, ahd. arspelli nates (Graft 3, 94),
mhd. arsbelle (Bes. 1, US*), eine grenzbesehreibung hat: in
das bachtal, das man nempt in der arsbell. «eisth. l, 81, wie
solche ausdrücke öfter auf vrler und stellen der feldßur ange-
icandl werden, nd. eersbille, dän. artsbild. Fischart Garg.
197' schreibt: schöne arsbollen.
ABSCHBÖLLER, schlage auf den hintern, wol vom voraus'
gehenden abgeleitet. ■
ARSCHBÜSZEN, ferire eulum, catdere:
ich weit dich ee selber arsposzen. fastn. tp. 172, 13;
das in der wirt icht arsposz. 715, 23;
die weiber würdn mich sonst arsboszen. H. Sachs 5, 370*;
binden die leut ans bett, strecken, arsboszelen sie. Garj. 161';
arsboszelieren. 7S'.
ABSCHDARM, n». culus, extalis, ahd. arsdarm (Graft 5,
226) ; desgleichen haben sie den arsdarm zugeheilt, dasz sie
also mangels halben der stulgäng haben löcher eingeboret.
Paracelscs 1, S17* ; das sant Tönigis feur dem goldsehmid in
arsdarm schlag! Garg. 136'; dasz der arsdarm armeslang rot
vor dem ßdloch hieng. 206'; wolt der könig in Frankreich
(Henri) seine arzet alle versenken, weil sie dem groszen ars-
darm langheri sagen. 109*. dem hirtenbuben, der am pfingst-
sonntag mit seinem rieh zuletzt auf die weide kommt, ruß man
entgegen arschdarm I (Schhelier 1, 110).
ÄRSCHEN, lambere nates.
ÄRSCHEiN, sich ärschen, franz. reculer : des sie sich ärsten
und nit wollen. H. Sachs 1, 209*. mnl. aerselen, hinten aus
gehn. lekenspiegel buch 3, 500.
ARSCHFINGER, m. digitus medius, impudieus: am prang-
finger oder (verzeicht mir) am arsfinger der rechten band hell
er ein ring. Garg. 120*. auch Stieler 4S5.
ARSCHFUSZ, »?i. coli/mbus cristatus, nnl. aarsvoet, ein tau-
chertogel, podiceps, it. fisolo niarino.
ARSCHGREIFER, m. Bebams Uien 295,9.
ARSCHHUBE,/'.; es sind nit allein arshurn, sondern auch
maulhurn, diebisch hurn. Fr.\nk spr. 2, 20l'. Fiscbart im
chsuchtb.. 157s K S' verfeinert leibshuren.
ÄRSCHICHT, was das folgende.
ARSCHIG, natibus instnictus, in den lusammensetzungeti
dickuischig, kicinarschig, breitarschig u. s. w.
ARSCHKAPPE, f als Schimpfwort ßr mdnner. Garg. 197*.
vgl. it. chiappa clunis.
ARSCHKERBE, f. culus, clunium Stria, frans, fesse, iL tacca
dei culo:
dem ran schmalz aus der arskerben. fastn. sp. M, 15;
ein pader und ein scbimlige arskerb. 70S, 13;
die arskerben Tegen. SöC, 11.
ARSCHKITZEL, m. die frucht des hagedoms, woßr unsrer
Sprache sonst ein edles wert tu gebot stand, ahd. hiofa, mhd.
hiefe, ags. heope, engl, hep, das auch noch in der Volkssprache
lebt, jener ausdntek scheint dem franz. graltecu, grateeul nach-
gebildet, doch hat ihn schon Aoa« Loxiceb (f 1586) %md noch
früher vocab. von 1482: byffen arskutzel oder bagenputz, an
zwei stellen.
36*
567
ARSGHKLITSCH— ARSCHWISCH
ARSCHWOLF — ART
568
Henning, herr GräfT, wie häszt dann hier die frucht?
Gräff. hainbutien.
Henning, die leut sage als ärschkitzele.
Gräff. das ist der gemeine name. Ghäfp 27.
ARSCHKLITSCH, m. it. sculacciata, leiser schlag.
ARSCHKNIF, m. vellicatio.
ARSCHKRAPFEN, p/. scA/äge, stüsie auf den hintern, Schmel-
lER 2, 393.
ARSCHKRATZEL, was arsthkitzel.
ARSCHKRATZER, m. ein Schimpfwort. Garg. 197*. auch heiszt
so der breite rüciccnmuskel, musculus dorsalismagnus, aniscalptor.
ARSCHLEDER, n. succinctorium fossorum in fodinis, unan-
stöszige benennung des leders, das die bergknappcn bei ihrer
arbeit anschnallen.
ÄRSCHLEIN, n. sasz neben den scherael mit seim zarten
ärslin auf den harten boden. Garg. 128*.
ÄRSCHLICH, adv. was das folgende: die krebse gehen
ärschlich.
ÄRSCHLING, adv. TtvyrjSöv, mhd. erslingen, retrorsum:
crslingen gen dem viure gan, reculer vers le feu;
so geht beide ärsling hinaus
und steigt auch är&iing auf die dillen.
H. Sachs II. 4, 20',
weil für beschwörungen solcher schritt vorgeschrieben war;
ich wil mich ersling von euch wenden,
das man mir kein pos wort tut nachsenden.
fnstn. sp. 561, 25.
man sagt auch, etwas arschling angreifen, verkehrt behandeln.
ÄRSCHLINGS, adv. dasselbe:
die phimpen schlagen rad auf rad
und stürzen arschlings in die holte. Göthe 41, 328;
müsten all arschlings zum teufet gehn. 13, 59.
ARSCHLOCH, n. culus, anus. ahd. arsloh (Graff 2, 141) ;
mhd. arsloch. Mornlf 1526. musz, wie arsbell, Ortsname ge-
wesen sein, bei Pistobius 3, 157 erscheint im j. 1112 ein Ar-
nuiphus de Arsloh. nnl. aarsgat. häufig steht loch allein in
gleichem sinn.
ARSCHLOCHIG: ja betten sie den arslochigen, äoUschen
stinkenden sack aufknipft und windmäszig drein geblasen, da
wers gangen, wie ein alt weih am stecken. Garg. lll'.
ARSCHLULLENBÜCHER: man stellet inen heut so sehr
nach, wie den übercelsischen arslullenbüchern. Garg. 80', Fi-
schart meint die des Raimundus Lullus und übercelsisch scheint
auf Paracelsus anzuspielen.
ARSCHMEIER, m. ja es sollten alle löbliche universiteten
darzu thun, dasz solche gesellen wie die arsmeier abgefer-
tiget würden. Tabermaemomanus s. 676.
ARSCHPAUKER, in. ludimagister, der auf den arsch paukt.
reinen arsch, sagte der praeceptor, oder ich thu keinen schlag
drauf, burschikos, überhaupt ein Ichrer, weil er einpaukt.
ARSCHPFEIFE, f clistier. also werden die wind vertrie-
ben, nicht mit cristiersecken oder arspfeifen, nicht mit pur-
gieren noch speien. Paracelsus 1, 56r>
ARSCHPRELLER, was das folgende, oder arschkrapfe.
ARSCHPRCGEL, wi. verber, ein zumal soldatisches worl,
und in militärischer amtssprache nach Schweden vorgedrungen
(arsprygel).
ARSCHPUTZE, m. aniscalptor, musculus dorsalis, arsch-
kralzer, franz. torchecul : also weiter vom gcnick hinab bisz
durch den rückgrat in den arschputzen, so oft ein gleich
oder hüle, als oft ein statt des podagrams. Paracelsus l, 579*.
ARSCHRÜTSCHELN, dunes agitare: zahelen, strabelen,
zitteren, witteren, zänknarspelen, toben, dauben, strampelen,
arschritschelen. Garg. lu'.
ARSCHSPÜLKÄMMERLEIN, n. latrina: abgesondert stehn
Ton aller politischer gemeinschaft, wie die arsspulkümmerlin
in häusern und die hurenkauten in statten. Garg. 245*.
ARSCHWISCH, m. franz. torchecul, russ. trjapka : weil
denn e. c. h. dem keiscr in sein kamergerichte scheiszt, der
Stadt Halle die freihcit, tmd dem schwert zu Sachsen sein
recht nimpt, dazu alle well und Vernunft für faule arsch-
wische hell, und alle ding so gar hepstlich, römisch und
cardinalisch handelt; so wirds, ob gotl wil, unser herr gott
durch unser gehet schicken einmal, das e. c. h. den dreck
selbst wird müssen ausfegen. Luther 6, 361*; spöttisch für
trügliche Schuldverschreibung deren, denen kein gcld auf
arschwisch aufzunemcn zu hoch ist. Fischart groszm. 27 ;
ich wags so dürr als im sommcr die Schneider ziun arsch-
wisch. Garg. 94*; wie sind das reuterkerles, wie ein igel ein
arswisch? Garg. 135'; kaum so viel kahle mark baares
geld, dasz man aiswische darvon kaufen kann. Gryphius i,
820 ; wische den ars an feuermäuerkehrer. 1, 784. vortreßich
ist cap. 16 im Garg., wie Grantgusier an erfindung künstlicher ge-
seszwisch seins sörilins Gargantua wunderlichen geist erwischt.
ARSCHWOLF, m. Intertrigo, wenn man sich frat oder wund
reitet: mit demselben saft den arswolf, so von reiten verur-
sacht wird, bestrichen. Taber.naemontanüs s. 253.
ARSCHWOLFREITER, m. intertriginosus : hei der ars-
wolfreuter! Gorj. 135*.
ART, /". natura, genus, indoles, modus, die geschichte die-
ses Worts hat ihre Schwierigkeit, so verbreitet es heute bei uns
'ist, geht es doch der golh. fries. nord. spräche völlig ab, denn
das von Biörn aufgeführte art, 6art, vanart sind aus dem
dän. hergeholt, das dän. und schw. art, wie schon rt lehrt,
aus dem deutschen, ein ahd. art kommt nur mit der bedcu-
tung aratio vor, ist es dasselbe wort? etwas gezwungnes hat
es doch, die angegebnen begriffe auf die würzet arjan, arare
zurückzubringen, häufiger erscheint ahd. artön colere, exer-
cere, habitare, und land bauen gienge leicht über in anbauen,
wohnen, niemals aber begegnet ahd. art habitatio, noch we-
niger genus, modus, allein die armut ahd. sprachquellen kann
uns diese bedeutungen vorenthalten, in der einzigen stelle,
die ein alts. ard darbietet. Hei. 33, 22, drückt es wieder aus
mansio, aufenthalt; desto öfter gebraucht ist ags. eard /ia6i-
laculum, patria, solum, grund und boden, wo einer wohnt, und
den Übergang in die Vorstellung natur zeigen einige stellen im
Bocihius, die hier ausgeschrieben zu werden verdienen: sumra
vyrta odde sumes vuda eard bid on dftnum, einiger kräuler
oder bäume art ist auf bergen (montibus oriuntur). 34, 10 ;
nim {)onne svä vudu svä vyrl of {)a;re stove, |)e bis eard and
üdelo bid on tu veaxanne, nimm einen bäum oder ein kraut
von der stelle, an der zu wachsen seine art und natur ist.
ebenda; hväder {)U nu ongite forhv>' J)ät fyr fundige up and
sio eorde of dune, forhvy- is {)üt, buton for {)y |)e god gesceop
bis eard up and hire of düne, for })y fundad aelc gesceaft
Jiider svidost, {)ider bis eard and bis haelo svidost biod, er^
kennst du nun, warum das feuer auf, die erde nieder strebe,
warum ist das? darum, dasz gott ihm {dem feuer) seine art
aufwärts, ihr {der erde) niederwärts schuf, darum strebt je-
des geschöpf zumal dahin, wo seine art und sein heil zu-
mal sind (quod cuique consentaneum est, id unumquodque
conservat). in allen diesen stellen könnte man für eard noch
wohnsldtte festhalten, doch auch art = natur, indoles ßgL
die engl, spräche hat hernach das wort eingebüszt. mnd. aber,
wie es uns der Sachsenspiegel zeigt, tritt die örtliche bedeu-
tung von grund und boden hervor: binnen swavischer art, in
Suevia. 1, 19, 2 ; swenne de koning uppe sessische art kumt,
cum rcx ßnes Saxoniae attiqerit. 1, 34, 3; so he erst kumt
in sessische art, cum primum in saxonicam advenerit natio-
nem. 2, 25, 2 ; uppe der art, dar he ut geboren is, in suis
oriundis parlibus (in seinem stammland). 3, 33,3; swelk man
von ridderes art nicht is, cingulo militiae carens. 1, 27, 2.
Wie nun kein ahd. denkmal die begriffe genus, indoles durch
art ausdrückt, sondern dafür chunni, slahta setzt, so mangelt
den mhd. dichtem art für habitatio, solum, und im 12 jh.
zeigt sich das wort überhaupt sparsam, das frühste beispiel
gewährt das alte bruchstück aus Reinhart- 1660 :
Reinhart der künde manigen ubil art,
und z. 190 mag dasselbe schon im echten ttxt gestanden ha-
ben, belege aus dem 13 jh. verzeichnet Be\. 1, 50 und zwar
gab Wolfram dem m. art den gen. ardes, dat. arde, während
andere dem gleichbedeutigen f. art oucA in der ßexion arte
lassen, rd gemahnt aber an erde terra, goth. air|)a, ags.
eorde, ahd. ßrda, dessen begrif dem von grund und boden näher
rückte als art aratio, denn höher aufsteigen müste erst, wer
air{)a und arjan einigen wollte, tnnl. aert, nnl. aard stim-
men zu allen bedeutungen des mhd. und nhd. worls.
Wichtiger und beinahe entscheidend schlägt eine sl. Ver-
wandtschaft an. wie unser arbeit dem rabota, robota, arm
dem ramo, wie arg dem rngr, ars dem ras, seheint auch art
zu entsprechen dem sl. rod genus, indoles, modtui, böhm. rod,
poln. rodzaj. rod" aber leitet auf die lebendige wurxel roditi
parere, gencrare und offenbar weg von orati arare.
Besinnt man sich auf die goth. asdingi, astingi, d. i. az-
digpös nobiles, generosi; so könnte es gar wol ein goth. azds
genus gegeben haben, von welchem azdiggs stammt, wie von
569
ART
ART
570
kuni knniggs {ahd. chuninc), dies azds, dem man aueb be-
Tührung mit azets facilis zutrauen möchte, entspräche dem mhd.
art (if le gazds dem gart), dem sl. rod aufs haar, noch mehr,
azds und art hätten altn. zu lauten addr, und ein berühm-
tes Kort, edda, sagt aus groszmuttcr, mutier, edda = 30^/1.
izda, ahd. erta lenkt aber auf die vurzel izdan azd, ahd. er-
tan art, die im fernen alterthum unsrcr spräche ausgesagt ha-
ben müste parere, gleichstehend dem sl. roditi. selbst das
malbergische leodardi, vofür einigemal leodasdi geschrieben
vorkommt, liesze sich auslegen tolksart, rolksgeschlecht, rolks-
gebrauch. alta, ato pater, uota, oda avia, von andrer icurzel,
scheinen sich zu verhalten wie azd und izda, und adal pro-
sapia, uodal praedium avitum sind ein gegenstück zur dop-
pelbedeutung des ags. eard, genus und praedium, die Ver-
knüpfung von eard and ädelo m der ausgehobnen stelle tcäre
vollkommen gerechtfertigt.
Dies alles weiter auszuführen gehört nicht hierher, aus dem
vorgetragnen folgt aber, dasz art genus und art aratio, art
genus und erde terra etymologisch unvereinbar sind, verlangt
roditi ein goth. izdan, so musz ihm goth. liudan crescere ^
skr. ruh ßr rudh crescere (Bopp 293") fremd bleiben, noch
sehe man hernach ast, cultura.
Jetzt werden aus der wurzel ertan parere, gignere, die be-
deutungen unseres heutigen art sich leicht darlegen lassen.
1) genus, nobilitas, adel. mhd. von arte böhgeborn.
fiib. 5, 1 {var. von arde höhe erborn, von adel höhgeborn) ;
Ton arte der sinen mdge. 29, 2; got grüsz den wirt von ho-
her art (den edeln wirt). fastn. sp. 97, 4; ein künigssohn von
edler art, in diesem sinn sagt man heute von hohem stamm
oder geschlecht, von hoher abkunft und nur ein dichter könnte
noch art setzen.
2) genus, geschleeht, abkunft überhaupt, auch ge-
ringe, gerade wie adel gebraucht wurde, älberds hat: ex
hac natione, ausz der art, i. landschaß, wie in den stellen
des Ssp. sächsische, schwäbische art;
freiheil, holdes wesen,
gläubig, kühn und zart,
hast ja lang erlesen
dir die deutsche art. Sche.>'ke?(oorf ; . 74;
das ein anzeichen gab, das dise insel etwas der art ist des
landes India. Fra>k re//6. 221' ; die böse, ehbrecherische art
suciiet ein zeichen. Matth. 12, 39. es bedeutet auch junges
geschlecht und zucht der thiere: den adeler, den habicht, den
fiscbar, den geier, den weihe und alle raben mit irer art.
3 Mos. 11, 15 ; den reiger, den heher mit seiner art. 11, 19 ;
die feisten nnder
sambt ihrer jungen art. Logau 1, 1, 4;
heute ward das neue jung, gestern starb das alte jähr,
so ergeht es aller art, drüber zeit die mutier war. 3, 5, 38;
alle die Judas art an sich haben. Luther 3, 306'; 0 du Cains
art und nicht Judae, die schöne hat dich bethüret. H. Jet. vox
Br. Sus. 4. 3. aus der art schlagen, degenerare: dasz etliche
von ihnen etwas aus der art schlagen. Opitz poeterei 10 ; ich
schätze meine ehre nicht so geringe, dasz ich aufs wenigste
wolle aus der art meiner vorfahren schlagen. Gryphics 1, 907.
3) natura, indoles, angeborne art, natürliche be-
schaff enheit: gute, edle art; züchtige art, ingenium pu-
dieum; bäurische, knechtische art;
di» bant an ir natur und art. Bkaxt narrerweh. 247 ;
wann du pist von art ein pöswicbl. fastn. sp.MO, 7;
wann ich mag Ton art nicht anders begem. 625, 9. 6*29, 8;
ein fiesz von an. riny i.lü;
▼on art [natura sua) steigt der lew auf die berg und felsen.
Keisersb. IT staffeln 51*; ist dein sun ein stum von der art
(ron natur) oder von einem siechtagen? seh. und ernst 203;
es ist ein rauhe art {natur) umb dise statt. MI'xster 820;
fruchtbare bewme. da ein iegiicher nach seiner art frucht
trage, l Mos. 1, 11 ; und gott machet die tier auf erden, ein
iglichs nach seiner art. 7, 14 ; da müssen die wort nicht zu
»erstehen sein, wie sie von art (an sich) lauten. Lcther 3,
286'; welcbs macht der ebreischen rede art. 3, 495; in dcud-
scher zungen gibts die art der spräche, das, wenn wir auf
ein ding deuten, das für uns ist, so nennen und deuten wirs
ein das. 3, 67'; nu Christus spricht, das ist mein leib, ver-
mag kein mensch aus art der sprachen anders verstehen.
3, 69*; es heiszt aber von art nichts denn kraft oder ver-
mögen. 3,183'; weil denn ir soichs künnet thun, die ir von
art nicht gut seid und keine gute ader in each ist gegen
gott, wie solt denn gott ewer himlischer vater, der von art
eitel gute ist, nicht euch auch gutes geben, so ir in darumb
bittet? 5, 435';
darümb ist mir der adel gut,
ja das ich hab ain thummen mut.
gewaltthat, gotsschwur ist mein art,
wild ist mein klaidung und der part.
SCHWABZENB. 135, 1 ;
so ein streitbar volk von art. Fra.m weltb. 29'; ich bin hie-
nenarl, mit öl tödt man mich. Garg. 24'; bist häringsart oder
krebsart, stirbst von plitz oder donnerknall? ISl';
dis Unkraut wachset weit und fern
von art in Adams acker gern.
Eulensp. reimweis bl. 218 ;
bin ich wahrer gott von art. Riägwalo evang. N3';
du hast verloren gottes art. Ol';
das inn oder neben Äsers stamm viel minerischer art musz
gewesen sein. .Mathesics 2'; ein stuf oder handstein, der
schön ist, doch one erz, heiszet ir bergkleut eigentlich ein
berg oder metallische art. 27'; Nero war von art zur poete-
rei geneiget. Opitz 1, 4' ;
wann die glut, erzeuget von den winden,
von feuers art genehrt, sich selber auf musx zünden. 1.45;
wird ärger noch als arg, kreucht gar ins teufeis art.
LoGAD 1,3,80;
der hart
hielt weiland man dafür, rermehret männlich art. 2,3,38;
sein eigenschaft und art bekam ein jedes thier,
und wie sie einmal war, so bleibt sie für und för:
der low der bleibt beherzt, der hase der bleibt schew,
der fuchs der bleibet schlaw, der hiind der bleibet trew,
der mensch nur wandelt sich, vermummt sich immerdar,
ist diese stunde nicht der, der er jene war. 2, 2, 47 ;
unter thieren ist kein narr, dasz die äffen gaukeln können
ist bei ihnen ernst und art, ist nur thorheit unsren sinnen,
bleibt dabei, dasz menseben nur thorheit bei vernunH beginnen.
3, 4, 80 ;
doch ihr seid eisenart, euch kann doch nichts erweichen.
Fleming 13;
das kinn ist perlen art. 154;
die art einer perl bringt niemal etwas böses hervor, pers.
baumg. 2, 15; ein agat hat die art, dasz er, was hinein ge-
schnitten wird, etlichermaszen vorstellen kann. pers. baumg.
1, 33;
ihr liebt die Bacchusfeste auch nicht sehr —
sist nicht in meiner art. Schiller 354;
ein sultan und ein bauer gleich von arte.
GöTHE 4, 53.
von art lassen, seine natur aufgeben : art leszt von art nicht.
LtJTHER 3, 212. 5, 59". AcBicoLi spr. 131 ;
wie man spricht, art lasz nicht von art. H. Sachs II. 4, 112';
wann art die leszt selten von art. 5, 360* ;
denn art leszt von art nicht. Kircbbot wendunm. 270';
Auret. die kinder fallen uns, wo nicht die mutter bei.
priester. art laszt nicht art. es legt ein rab ein rabenei.
Grtphils 1, 487;
ein traom läszt nie von art. Wiela^d 22, 149. andere Sprich-
wörter: böse art nie gut ward; diebische art erbet ins ge-
schlecht; je edler art, je leichter zorn.
4) species, franz. e s p e c e , mit davon abhängigem subst.,
das entweder unflectiert oder im gen. steht oder durch die
praep. von verknüpft wird, gilt zur bezeichnung von thier- und
pflanzenarten, häufig aber auch im absiracten sinn: eine art
äffen, Schnecken, eine art birnen, äpfel, eine art hier, wein,
eine art von blumen; eine neue art zanks. Lessinc 1, 403;
dich bewundrich, wo ich dich versieh,
Matthissonl doch deine basrelieffer,
die am sarge sprieszen in die höh,
ist das eine an von maucrpfelTer?
A. W. Schlecel;
es kann aber auch zusammengesetzt werden: steinarl, holzart,
menschenart, affenart. auch das freiwilligste, leichteste ge-
lübde ist eine art von vermessenheit. Götter 3, 64 ;
ich sah dabei wo! so ein ding,
als wie eine an von perlenschnüren.
GoTBE 12,193;
aber eine recht gote art volks. 16, 12; er kommt mit ihr zn
uns, um eine art von abschied zu nehmen. 20, 180; von
dieser ver%virrung, von dieser art von beslürzung. 20, 203;
ich lasse dir meinen diener hier, eine art von kammerdiener
571
ART
ART
572
und taiisendkünstler. 22, 47; der major legte sich zu bette
mit einer art von unangenehmer empfindung. 22, 49; dahin-
gegen der käufer mit einer art Unschuld herein tritt. 22, 72;
wenn sie eine art von herz und gemüt haben, so denken sie,
wie mir zu mute ist. 23, 107 ; ruhe, aber eine art todten-
ruhe war über die straszen des orts gekommen. 23, 227 ;
mit den menschen hab ich jetzt ein leidlich leben und eine
gute art Offenheit. 29, 8 ; diese erleuchtete zone, welche eine
art eines thierkreises vorstellt. Kant 8, 254 ; der niedere be-
grif heiszt in ansehung seines höheren art. 1, 426; wesent-
lich, d. i. der art nach {specifisch) unterschieden. 5, 374. nicht
anders drückt auch das sl. rod species aus, vgl. Jungmann 3, 836*.
5) modus, weise, manier, was mit natur und beschaf-
fenheit unter 3 nahe berührung hat. wenn denn ein fürst
den Carlstad auf der art fünde, das er sich zu den rotten
und mordgeistern hielte. Luther 3, 47 ; die art und natürliche
folge der wort. 3, 69 ; die mich ganz holdseliger art lieb hat.
H. Sachs III. 3, 21'; als die Teutschen nach gepflegter art
[sueto more) unser röm. volk thäten überfallen. Fronsp. 3,
232"; nach aller land art und gelegenheit. Garg.iS'; so wird
der leser bei ihnen oft schlechte, harte und rawe, und den
güttern kaum anstehende und gezimliche noch werthe reden
und arten finden. Yi'eckuerlis vorr. zu den weltl. ged.;
dan deine art und all dein weg und weis
sind so geü-ew, als du gerecht, gut, weis. 109;
verachten weder klein noch grosz
und eines jeden art erkennen. 365;
indem ich ein ding auf vielerlei art zu geben mich befleisze.
Opitz 1, 152 ;
kömpst du uns in den köpf, du rückst uns von der erden,
dasz unser herz und sinn voll art, volLgeistes werden. 1, 445 ;
der krieger art und werk biszher war rauben, stehlen,'
der Väter art und werk erkaufen und verholen. Logau 1, 3, 5;
wer eines dinges art nie recht erfahren hat.
wil ordnen aber dran, wil g:eben rath und that,
dem kümmt die schände früh, die reue viel zu spat. 1, 6, 82 ;
Venus soll man nicht mehr sprechen, nur Lustinne soll man
sagen,
als wann nanie zu der sache künt ein ander art beitragen.
2, 8, 47 ;
christenlieb ist reformiert, abgedanket sind bei ihr
werk und that, die sonsten doch sind ihr art und ihr gebühr.
3,3,82;
man sagt, dasz Türken reich werd ehstens untergehen;
was hilAs ? weil türkisch art bei Christen wil entstehen.
3, 6, 33 ;
so viel uns tag entfahren,
so vielmal ändern wir, von tausend arten reich,
von tausend thränen blöd und keine stund uns gleich.
Gryphius 2, 25;
Ton der persianischen münche art und sitten. pers. rosenth.
buch 2 ; von art und weise wol wissen mit leuten umbzuge-
hen. buch 8; Hugens und Vondelen, so gar einer hohen art
zu schreiben sich angemaszet. Hoffmannswaldad vorr. ; lieb-
reich mit gelaszner art. Gellert 1, 134; köntest du nicht
ctwan mit einer gescheiten art auf seine heirat zu reden
kommen? Lessing 2, 395; er hielt es also seiner nicht un-
würdig, mit guter art die neigung des prinzen zu ihr mehr
zu unterhalten, als zu bekämpfen. Wieland 3, 60 ; mit der
besten art von der weit. 3, 114 ; warum willst du von deiner
strengen art noch nicht nachlassen, da sie dir nichts hilft?
J. E. ScHLEGEi. 2, 24; ziemte bescheidenheit minder jung und
alt, jung besonders, und war sie nicht deutscher art und
eigenschaft sonderlich gcmäsz. Klopst. 12, 76 ; wie gerade sie
sich hiilt, welche feine arten {manieren)\ Hippel lebensl. 1,
189; seinem nebenbuhlcr den spotl auf die schönste art
beimgeben. Schiller 185'; will ein volk nicht lieber nach
seiner art von den seinigen regiert werden, als von fremden.
GöTHE 8, 185 ;
und sage, alles nach seiner dnl 12, 191 ;
eigentlich sollte ich sie mit guter art bitten, diesen saal zu
verlassen. 14, 18 ; so laszt den sechsten (act) spielen. A.
das ist auszcr niler art {gegen alle weise). 14, 65; dagegen
erlaubte er ihnen, ich möchte wol sagen, alles und es fehlte
nicht an arten und unurten in seinem hause. 15, 20C; wie
wir auf eine gute art auseinander kommen sollen ; diese
kirche stand seit mehrern Jahrhunderten, nach deutscher art
und kunst, in guten maszen errichtet. 17, 208 ; diesem hcrrn,
der immer auf seine art mit dem lianm zu scherzen pflegte.
18, 295; ersann sich die haronesse einen scherz, der völlig
in ihrer art war. 18» 303; sodann warf sie ihm auf eine an-
genehme art sein betragen vor. 18, 304; deine art zu sein
und zu denken geht auf eine leichte lustige art zu genieszen
hinaus. 19, 150 ; er müste desto unglücklicher werden, je mehr
sein naturell ihm zu jener art zu sein fähigkeit und trieb
gegeben hätte. 19, 152 ; da ich seine art kannte, sich selbst
in geringen dingen nicht gern zu erklären. 19, 301; der
mensch kann in keine gefährlichere läge versetzt werden, als
wenn durch äuszere umstände eine grosze Veränderung sei-
nes zustandes bewirkt wird, ohne dasz seine art zu empfin-
den und zu denken darauf vorbereitet ist. 19, 141; weil in
unserm vaterlande keine allgemeine bildung durchdringen
kann, so beharrt jeder ort auf seiner art und weise. 25, 59;
um nach meiner art den aufenthalt nutzen zu können und
ihr wiszt, ich kann nichts auf andre art. 29, 6 ; sie zeichnete
sich durch ihre natürlichkeit, ihre gute art sehr vorlheilhaft
vor den Römerinnen aus. 29, 114; ich mochte gern die folge
der gegend, die abwechselung der landesarl bemerken, nicht
weniger den character der städte, ihre arten und Unarten.
31, 95; jeder der eine kleine bibliothek deutscher art und
kunst sich angeschaft hat. 33, 222 ;
denn er redet gar manches in seiner heftigen art aus,
das er doch nicht vollbringt. 40, 275;
doch es fiel der gefährte mit seiner gesprächigen art ein.
40, 301 ;
er haue die munteren werte
mit behaglicher art in gutem sinne gesprochen. 40, 325;
denn wenn ein archiv Zeugnisse von der art eines Zeitalters
aufbehalten soll, so ist es zugleich seine pflicht auch dessen
Unarten zu verewigen. 45, 127 ;
doch unnatürlich war und neuer art
die kriegsgewalt in dieses mannes bänden.
Die belege zeigen, wie art und unart, alte und neue art
einander gegenübeistehn, in der letzten bedeulung ist art
gleichviel mit mode, was man früher auch alte band und neue
band nannte, wammesz von damasch nach art (nach der
mode) gemacht, wie sonst art und werk zusammengeslelU
wurden, verbinden sich heute art und kunst. art und weise
bezeichnet mit zwei wörtein dasselbe, es ist seine art so,
seine weise, in oder an der art haben bedeutet pflegen: ja
wir habens in der art, wenn wir eine hübsche melodie fin-
den, singen wir sie meist todt. Göthe 14, 25; indem die er-
zähler durch — die lebendigkeit des vorgetragenen zu erhö-
hen an der ärt haben. 33, 173 ; weil es doch allezeit die art
mit den leuten hat {die leute doch pflegen). Weise erzn. 7.
in der art, in dieser art, solcher art, ejusmodi, hujusmodi:
die abbildungen betreffen alles was man bis jetzt in der art
{dans ce genre) gesehn hat; der art leute. auf was art, auf
welche art, quomodo: sie sollen nur sehen, auf was art ich
im sinne gehabt habe zu studieren. Merck briefs. l, 517 ; auf
was art ich mich mit dem bekannt gemacht habe. 1, 518.
vgl. 1, 319. 2, 204.
6) art, manier, geschieh, lüchtigkeit, ohne dasz
erst ein adj. beigefügt zu werden braucht, so doch gott sonst
e. f. gn. vil mehr lügend und art in andern sachen gegeben
hat. Luthers br. 3, 57 ; ein gerader ungestümmeltcr leib hat
sein art an henden und füszen. kcMcoik spr. 445; der poet.
musz von sinnreichen einllillen und erfindungen sein, soll
anders seine rede eine art kriegen und von der erde empor
steigen. Opitz poetcrei 7;
freude, die gezwungen ist, geht in schwerer farl,
reime, die gezwungen sind. Iiaben wonig art.
LoGAu2, 3, 99;
sie hat gar keine art noch geschick, ihren zustand zu ver-
bergen. Göthe 19, 4 ; und mit welcher stirne wüste sie sich in
ihr Schicksal zu linden, ja mit welcher art diese schändlichen
fesseln zu tragen. 19, 87 ; ist das eine art I hat das auch eino
art! hat das nur die geringste art? Oft wird blosz das ad-
verb gehörig oder tüchtigmt< den warten dasz es eine art hat
umschrieben: so zweifelt mir auch nicht, ein jeder kricgs-
mann, so einem ampt gedenkt vorzustehen, werde auch so
viel hegriflVn haben, das er sich verantworte, das sidi nach
seinem ainpl iTumet, und eine art hat, und nicht alle be-
felchhalter eine antwort s|)rechen, wie die sperlinge nur einen
schre schyirb schreien. l\tVTrEn kriegsordn. 34; es regnet heute
vom himmel, dasz es eine art hat; er schreibt, dasz es eine
art hat; sie holten sich prügel, dasz es eine art halle;
«chmeiszet die thür zu, dasz es eine ort halte, zehn Wien
eines mannes i. iii. in solchem sinn hiesx es püker auch: er
573
ART — ARTIG
ARTIG— ARTLICH
574
Iflgt, dasz es taug (taugi); er kann trinken, dasz es taug;
und unter dem schwäbisehen volk hürt man s bot a höamet
(heimat), hat eine art, s bot koan hoamet. hat keine art.
erinnert das nicht an die alte bedeutung von art = patria?
{unter 2). nun ist es doch keine art {manier), dasz man
mich so lange warten läszt.
Alle mattieren und weisen gehn von angeborenheil aus, kön-
nen aber nachher aufs ervorbne übertragen uerden. vgl. anart.
ART, f. aratio, hat sich nach der beim vorausgehenden art
gepfiognen Untersuchung damit unrericandt erwiesen, jenes würde
goth. azdä, dieses ar|)s gelautet haben und dem altn. ardr ara-
trum zunächst stehn. hierher zu ziehen ist die örtliche benen-
nung eines hofes ze Arta, Arte im habsb. urbarbuch, ed. Pfeiffeb
192, 13. 193, 10. die ueisthümer scheinen einigemal noch ein
nhd. art aratio darzubieten: einen ruck zu eren zu iglicber
art 3, 3S0; und ob der ime zu nahe füre, so mag der erst
dem zweiten in seine arte faren. 3, 771. vgl. die beiden fol-
genden Wörter.
ARTACKER, m. ager arabilis, vgl. artfeld, artland.
ARTBAR, tragbar, urbar: einen acker artbar machen.
ARTEN, indolem referre, in die art schlagen, anschlagen.,
gedeihen: aus dem gspräcb spürt man, wohin die gmüter
arten. Fischart ehz. 40; rüben, welche im kochen gar weich
und wolgeschmacksam werden, der same aber will an an-
dern orten nicht so wol arten, pers. reiseb. 2, 3; befeuchte
meinen garten, so wird er besser arten. Gryphios ;
ihr artet mehr nagh eures vaters geist. Schiller 374;
0 in der weichen Liane musten diese rührungen ja zu leiden
arten. J. Paul Tit. 2, 225 ; die tochter artet nach der nuitter.
aber auch transitiv formare, bilden: die feder zu führen und
die alte römische schrift recht zu arten und zu formieren.
Garg. 175*; ein kraut kann ihm sein speis auch arten, lob
des feldb. bei Seuiz; sich arten, sich bilden, gestalten: also
artet sich Adam in uns wo er wonet. Agricola s/jr. 13'; salz.
eis, Schnee kompt von wasser und artet sich immer zu, und
hat keio ruw, bisz wider zu wasser würt, alsft artet sich Adam
in uns wo er wonet, und Christus spigelt sich auch in sein
gleubigen. Frank spr. J, 6' ; weil sie sich zimlich darzu arten
und geberden. Fischabt Garg. vorr. 5 ; Artsichwol ist für einen
eigennamen im Garg. gebraucht, z. b. 271* und öfter; wie sie
sich arten und stellen. Philand. 1, 423 ; wie würde es sich ge-
artet haben. 1, 696 ;
des forsten diener sind also wie sie der fürst wil haben,
sie arten sich nach seiner art, sind äffen seiner gaben.
LoGAU 1, 10, 44 ;
' die blümlein wunderschön sich arten. Speb trutzn. 120
vgl. abarten, anarten, ausarten und geartet.
ARTFELD. n. terra arabilis, artacker, pflugfeld.
ARTHAFT, arabilis, urbar, schon ahd. arthaftu erda, ara-
bilis terra (Graff404;; arthafles land. Casseler icochenbl. 1815
j. 243 und oß so.
ARTHAFT, indolem referens, natürlich, eigenthümlich : nur
was wild aufwächst in gottes Sonnenlicht und freier luft, ge-
deiht zu vollständiger ausbildung und recht arthaftem ge-
schmacke. Augsb. allg. zig. 1S45 ji. 250*.
ARTIG, adj. und adv., art habend, in den Zusammensetzungen
steinartig, sandarlig, thonartig, kalkartig, scbilfartig «. s. w.,
nicht mit dem abstracteren steinicht, sandicht, thonicht zu ver-
wechseln ; dann auch gutartig, bösartig, groszartig. steht artig
unxusammmgeselzt, so ist es ton der sechsten bedeutung des
vortes art abzuleiten und. meinte bei LtintiR uptus, concinnus:
war alles artig in einander gefügt. Ez. 41, 21 ; heute drückt es
uns aus geschickt, hübsch, manierlieh, niedlich, zierlich, elegant.
em artiges, frommes, geschicktes kind, morem gerens, obsequens;
ein artiges, hübsches mädchen ; ein junger artiger jägerbur-
sche. GöTUE 20, 45 ;
kein weib ist jetzt so gut und artig. GCitTRES 429;
Eosz willst du, und auch artig sein »
arull, was artig ist, ist klein. Lessiüo 1, 2;
lieb kiod ; mein anig her» ! mein einzig wesen :
GöTHE 2, 12;
bin ich dann artig? Luise 3, 84t.
sei hübsch artig! soyet sage! die herren waren ganz artig (ni<:7i/
tudringlich). Wnd aber sehr oß auf suchen angewandt: ein arti-
ges gesiebt. G.JTHE 43, 33 ; die frage ist, welche unter etlichen
tänzerinnen die artigsten füsze hat. Wieland 1, 139 ; ein sehr arti-
fx, kleiner fusz. l, 201 ; wie artig steht das kleid. Gkypurs l, 222 ;
süitt liebliche syren ihr artiger gesang
mit ihrem barfenspiet, mit ihrer lauten klang.
Gbtphics 1, 24ä;
eine artig gestickte weste. Götoe IS, 267; er erinnerte sich
eines artigen dörfchens. Wieland S, 344; er blies die flöte,
mahlte ganz artig und tanzte zum bezaubern. 6, 157; Pafos!
der hof der liebesgöttin ! nach Amom davon zu urtheilen
must es dort sehr artig sein. 10, 36; ein artig haus. Götoe
9, 233 ; dieser kaufte sich ein artiges gut in der nachbarschaft
20, 262 ; Darmstadt hat eine artige läge vor dem gebirge.. 43,
59; Neckargemünd ist eine artige, reinliche Stadt. 43, 66;
drauszen links liegt ein artiges kloster. 43, 69 ; an einem ar-
tig besetzten tisch. 16, 2; der einige sehr artige und ge-
fühlvolle verse zu sagen hatte. IS, 273; einen recht artigen
liebesbrief in versen. 24, 263 ; manche die das legen des grund-
steins versäumt hatten, wovon man so viel artiges erzählte.
17, 155 ; es wird sich artiger davon erzählen lassen, als sichs
schreibt. 29, 296; wo er, nicht ohne die angenehmsten und
artigsten abenteuer blieb. 19, 121 ; eine gesellschaft — ofliciere
— unterhielten sich heiter und in ihren verschiednen Verhält-
nissen des alters und der grade ganz artig. 43, 64 ; sich gar
artig schmeicheln. 24, 222; ich dachte mir, wie artig es sein
müste, wenn irgend ein hübsches kind mir wirklich gewogen
wäre. 24, 263; ein amt mit einem artigen auskommen. 16,
64; hinterliesz ihr das kleine freigut und ein artiges capital
zum Vermächtnis. 20, 6S ; mit dem geistlichen, der eine ar-
tige bücher- und kartensammlung besasz. 19, 64; das ist
eine artige geschichte, belle histoire, eine saubere geschichte;
blüht ein artig weilchen (eine hübsche zeit hindurch); mit
der artigsten art zur thüre heraus stoszen. Lessing 2, 411;
ob das feld der möglichkeit gröszer sei als das feld, was
alles wirkliche enthält, das sind artige fragen, die der ge-
richtsbarkeit der Vernunft anheim fallen. Kant 2, 228; der
Vorschlag zu einem allgemeinen Völkerstaat mag in der theo-
rie noch so artig klingen. 5, 410; wir sind in dem miltel-
puncte der artigsten aufgaben, welche die abstracte mechanik
vormals niemals hat gewähren können. 8, 176. was uns heute
die schönen Wissenschaften (heiles lettres) heiszen, nannte He-
derich in der vorrede seiner anleilung zu den vornehmsten
historischen Wissenschaften die artigen Studien.
Wie von hart bärtig, von fart fertig, könnte von art ertig
gebildet werden und mhd. hiesz es auch ertic, unertic (Ben. 1,
51*), wozu H. Sachs 'stimmt ;
das kund ich verglosieren artig.' I, 541;
ein artig land an Weinreben und fruchtbaren bäumen. MO"»-
STER 126, in welchem letzten doch die bedeutung von artbar,
arthaft anrührt.
ARTIGKEIT, f. geschielt, manier: artigkeit geht vor Schön-
heit ;
der glieder artigkeit. GöniBBt 175 ;
und eines zwerges bild die artigkeit verliert,
wenn es wird in gestall des riesen aufgeführt
Camtz 97.
einem mädchen artigkeiten sagen (artiges, schmeichelhaßes) ;
alle die artigkeiten, die sie mir sagten, nahm ich stolz für
schuldigen Weihrauch auf. Göthe 19, 270 ; widenvillige artig-
keit. 28, 2SI. in den Zusammensetzungen gutartigkeit, bösar-
tigkeit, kalkartigkeit ist artig wie in dem zum grund liegen-
den adj. zu fassen, mittelgut von menschen, die weit und
eine fabrikartigkeit besitzen. Hippel 6, 259.
ARTLICII , aptus, concinnus, veniistus, im adv. apte, con-
cinne, die gewöhnliche, ältere form für artig, ohwol Luther schon
letzteres braucht: die ricbter werden götl genant, aber nit art-
lich oder wesentlich, sunder teilhaftigklich. Keisersb. post. 2,
100 ; die erzelung der empter der lieb, durch ein künstliche
und artliche zusamensamlung und Verfügung. Melanchtdo.n
1 Cor. 13 verdeutscht; diser einred begegnet und kompt er art-
lich vor. dessen anm. zu dem br. an die Römer verdetitscht ;
wie sie in iren bflchcm und mappis gar artlich anzeigen.
Frank weltb. 1*; dis inseWolk ist zu scliifkriegen und schiF-
kunst artlich gerüst und wol geschickt. 20'; sie werfen art-
lich und gnaw mit der schlingen. 1S9*; und von gemäld und
bildwerk so artlich conterfeit, als lebte es alles. 231"; art-
lich und tüglich {dasz es eine art hat). H. Sachs I, 54* ; ganz
artlich grünen. H. 1, 54';
Tereniiiis der hoch noet
ein comedi beschreiben Ihet
artlich in lateiniseher sprach. V, 213' ;
575 ARTLICH — ARTSCIIAFFER
denn artlich ist geziert dein leib.
Ambr. Uederb. s. 330 ;
in gutem schein mit bösem grund
den schaliv er artlich decken kund. Soltau 365;
sollen von den fischern mit spieszen artiich gestochen wer-
den. Forer ßschb. 103'; im gespräch nit unhöflich, sondern
ganz artlich. Fischart ehz. 30 ; Sapho ist von wegen ircr art-
licher und sinnreicher Stellung der reimen der maszen kün
worden. "8 ; wann auch schon Bonaventura artlich so argu-
mentiert, bienenk. 38'; gar gratiöslich und artiich. 51'; also
lustig und artlich. Hl'; auch alle die wappen und panir von
iren vorfaren so artlich und bescheidenlich weisen kan. 222' ;
artliche beschreibung der ungewonten und doch glückfertigen
schifFart etlicher burger von Zürich gen Straszburg. rubrik des
gl. schifs; artlich gekerbet. Gary. 54'; fein artlich zerfetzelt.
116';
ist es nicht artlich, andre leut
der Seelen Seligkeit berauben,
und doch nicht wissen selbs den streit,
noch was, wie und warum zu glauben t
Weckherlin 416;
also durch der lieb rechte kunst
Wirt sie ihr aitliclie Ungunst
nach und nach artlicher verkehren. 460;
vil thewrer ist ein edler stein
artlich und rein in gold versetzet. 547;
was Augustus für ein artlicher und sinnreicher poet gewesen
sei. Opitz 1, 2'; zwar heidnisch, aber doch artiich gesegnet.
5*; ein artliches lied, ein artlich haus;
sie (Flora) streicht so artlich an
den schönen rittersporn, als w.oI kein mahler kan.
Fleming 151 ;
hör ich nicht von fern
ein artlich saitenspiei? Grypuius.I, 672;
die musen würklcn zwar durch kluge tlchtersinnen,
das Deutschland solle deutsch und artlich reden künnen.
LoGAU 1, 3, 57;
freundin des ochsens, Pasiphae, höre,
wie man dir böslich stahl weiland dein ehre,
üblich ists heute noch, artliche kinder
wehlen zu männern wie esel so rinder. 3, 3, 64;
ich hab es durch witz und kunst
so artlich ausgedacht. Lohenst. Agripp. 50, 353;
weistu nicht, wie artlich ein cameeltreiber gegen seinen söhne
sprach, pers. baumg. 2, II; hüte dich vor den stillen scor-
pionen und zertretenden tigern, wenn sie schon ein artlich
feil haben. 4, 12; Lokman war ein sehr weiser und artlicher
mann. 4, 20; eine artliche rede war es. 7, 17; einen eignen
pallast, so artlich, dergleichen ein jeder könig zu bauen nicht
vermag. Simplic. 1, 2 ; denn er war ein überaus artlicher mann,
als ich noch einen auf erden gesehen. Jucundissimus 129 ;
diese artliche erzehlung des studentens hatte uns ziemlich
ergetzet. 134 ; man musz bekennen, dasz die verse artiich ge-
nug. Leibn. 2, 405 ; artlich in lateinischer sprach beschreiben.
HouBERG 1, 4; die bienen mit ihrem schönen und artlichen
wachsgeb'au. 1, 20 ;
manch artlich buch, vergüldt im schnitt. Wermke 20;
artliche phantasie und einbildung. Wiedemann mai 81; du
hast artliche lieder, magst du mir einige davon ablassen?
TiECK 2, 160. in einzelnen dieser stellen und zumal in der
gemeinen Volkssprache empfängt es die bedeulung von sonder-
bar, seltsam, curios : ich hatte die rose am beine und dachte
es wäre mir davon so artlich, und ich glaubte nicht, dasz es
mit der niederkunft so geschwind zugehen könnte, scliles.
prov. blälter 1794 2, 111. Seit dem letzten jh. weicht artlich
dem gleichbedeutenden artig, wie die jüngere spräche überhaupt
geneigt ist licii in ig zu wandeln (adlig für adellich, billig /".
billich, völlig f völlich), das erklärt uns den unumlaul von
artig.
AHTLICHKEIT, f. qualitas, aptitudo: so die nucha {cervix,
der nacken) vcrwunt ist, bedeutet den tod, durch seiner ard-
lichait willen, das er fleuszet von dem hirn. Braunsciiweig
Chirurg. (H; Sachen von widerwertigen qualitetcn und artlich-
keiten. Seriz 10 ; poelcn bcfleiszen sich durch artlichkcit schö-
ner erfindung den leser zu crgelzcn. Fischart ehx. 37; das
anspicl und artlichkeit {dieendi vis, feslivitas). pers. baumg. 4, 11.
AUTLOHN, m. ackerlohn, was für die bestellung des ackers
gezahlt wird.
ARTOFFEL, f an einigen orten für kartoITel, Solanum tu-
berosum, entstellt atis crdapfel, nnl. aardappel.
ARTSCHAFFEK, m. creator, conditor generis humani : warum
ARTVERWANDT —ARZNEIEN
576
wolt sonst ein solche unerschöpfliche lieb und lust kinder
zu tragen in ihr (der frauen) herz eingestigen sein ohn durch
des vorsichtigsten artschaffers Verordnung? Garg. 66*.
ARTVERWANDT, ingenio convenieiis : sinn- und artvenvandt.
GöTHE 32, 74.
ARÜT, f. eine der vielen entslellungen von abrotanum : wird
von den gemeinen gärtnern arutken oder abroten genennt.
Hohberg 1, 630'.
ARZEN, rudus cffodere, nur bei Mathesius gebraucht: weil
aber des bergkmans sinn nur nach gelt stunde und arlzet
stetigs nach goldertz. 14*; stetigs und on unterlasz nach ertz
artzen und umb ein eigen himlisch beer auf erden oder wie
jener geitzhals umb hundert tausent gülden und umb ein fuder
zehrpfennig darzu bitten, stehet nicht im vatterunser. 40". dies
arzen scheint zurückführbar aufs ahd. aruj oder aruzi metal-
lum (Graff 1, 465), in welchem selbst man eine Umstellung des
lat. rudus erblicken darf, vocab. ine. teut. schreibt artz ßr
ertz, mehr bei erz.
ARZEN, curare vulnus, morbum, aegrum, mederi vulneri,
morbo: artzet, artz dich selbs I Keisersb. po«<. 2, 62 ; ich habe
wül ein stich geartzet, der nicht erschworen ist. Fel. WtJBTZ
practica der wundarzn. 153; aubeia, es hat sich wol geartzet
Garg. 249*;
ein doctor thet ein kranken artzen.
B. Wald IS Esop 3, 62.
üblicher ist arznen, arzten, die man sehe, westfälisch arsten,
ARZENEI, ARZNEI, f mediana: eine starke, schwache,
kräftige, langsame arzenei ; das ist für dich die rechte arze-
nei; arznei geben, nehmen, einnehmen, eingieszen, ausschüt-
ten, zuerst erscheint dies wort in einem gebet der Windberger
psalmen s. 183, als glosse neben lAchentuom, in der form ar-
cenie. mhd. arzenie, erzenie (Ben. 1, 64"), sowol für heilmit-
tel, als heilkunde, die betonung ist arzenie, nhd. arznei, Opitz
und LoGAü werfen aber den ton auf die erste silbe: der äugen
arznei. Opitz 2, 289;
die muuer unsrer ruh, die arznei vieler sorgen.
• LoGAU 1, 1, 7;
merkt und rühmt die edle raute,
neiget euch für ihrem kraute,
das für so viel landesgiften
kan so heilsam arznei stiften. 1,6,91;
des lebens aufcnthalt, die arznei des genesens. 2 s. 68.
Luther schreibt erznei : ire frucht wird zur speise dienen und
ire bletter zur erznei. Ezech. i',\2; die gallen und leber be-
halt dir, denn sie sind ser gut zur erznei. Tob. 6,^; der herr
leszt die erznei aus der erden wachsen. Sir. 38, 4; such du
hilf bei der ärzenei. H. Sachs 1, 108'. arznei bedeutet nicht
blosz ein dem leib oder der seele heilsames, sondern zuwcileii
auch ein schädliches, verderbliches mittel: des weines arzenei,
Verfälschung. Keisersb. narrensch. 363; arznei der liebe (an-
tidotum, gegen die liebe, Ovids remedia amoris). Logau 3, 4,
26. die krankheit spott der erznei. Luther br. 1, 509 ; an
disem ihrem vihemetzlen leren sie fast ir arznei, künden
sunst nichts. Frank weltb. 15l'; mäszigkeit, eine wahre, stär-
kende arzenei des lebens. J. Paul Tit. 3, 167. das baden ist
mir arznei; arznei ist galgenfrei; arznei hilft nicht für allen
schaden.
ARZNEIBEREITUNG, f confectio medicinae.
ARZNEIBRÜTLER, m. arzneiauskocher, von brütlen fovere,
ein wort, das Fischart noch mit einem buchstab verstärkt: des
bapstes Leo arsneiprütler. Garg. 161'.
ARZNEIEN, mcdicinam adhibere und curare morbos, was
arzen und arznen : er heilt und artzniet die schaden der Sün-
den. Keisersb.; sie anhub ihn zu artzneien. Bocc. 71; die
krankheit zu erzncien. H. Sachs 1, 108'; dafür kein arzt nit
kund gearzneien. fastn. sp. 345, 21; aber es ist umb sonst,
das du viel crzneiest, du wirst doch nicht heil. Jer. 46, 11;
hilf dir vor selber, elie du andere erzneiest. Sir. 18, 20 ; dann
von den unwissenden stolpein mancher um das geld geartz-
neict wird. Paracelsus 1, 787'; wenn du das ros von ober-
zcllen beiden kelsuchlcn schon gcärtzneiet hast. Seuter 3«;
daruinb rate ich nicht, dasz du junger angehender arzet dich
allein understehcn sollest ein knie zu arzncien. Würtz pract.
183; artzneit ein herr ein pferd, er thuts nit aus gütlicher
lieb. Frank sprichw. 2, 26' ; wann in den siechtagen der gro-
ben dann soll man artzneien am vordcistcn teil zu beiden
silcn, und in den »irchtagen der kleinen dilrm bei den siten.
Gersdorf 11 ; er wird sie artzneien und erlösen von irem ver-
derben. BeiszNER Jcrus. 2, 114' ; wie man den kranken aus der
577
ARZNEIFINGER — ARZTFINGER
ARZTGELD— ASCHE
578
kflche artzneien soll. Zinrgr. 2, 44, 14 ; blöde äugen mit che-
lidonio arzneien. Simpl. 1, 153 ; als half ich ihm auch stets in
seinem laboratorio arzneien. 1, 360; sich zu tod arzneien.
Wieland 24, 62; hilf dir selber, ehe du andere arzneiest.
Hippel 1, 224 ; die menschen arzneien und, wenn das glück
gut, sie heilen. 9, 206 ; unter den bänden einer arzneienden
oder reinigenden kunst. Herder IT, 219.
ARZNEIFLNGER, m. richtiger arztünger, digitus tnedicus.
i. Paul Fibel 75. biogr. bei. 1,52.
ARZNEIGELEHRT:
so sprechen wir, zwar nicht arznei^elehrt.
A. W. Schlegel im könig Richard 2, 1, 1.
ARZNEIGELEHRSAMKEIT, f.
ARZNEIGLAS, n. Götter 3,400.
ARZiNEIISCH, medicinalis, arti conveniens : dasz wir euch
hie nit erzehlen, wie in eim ieglichen stern das gift ligt,
wann es ist astronomisch mehr dann artzneiisch. Paracelsus
1, S' ; ich heisz sie {die lustseuche) Franzosen, von wegen ihres
vatterlands. solt ich sie blatern heiszen, were nicht artzneiisch,
dann blatern hat ein andern Ursprung, derselbe (GöU. gel. anz
1841, 920).
ARZNEIKRAFT, f. arzneikräfte des Wermuts.
ARZNEIKLNDE, f.
ARZNEILÖFFEL, m. zum einnehmen.
ARZNEIMITTEL, n. besser heilmittel.
ARZNEIVERSTÄNDIG, was arzneigelehrt : über die Ursachen
dieser krankheit sind die arzneiverständigen unter einander
noch sehr streitig. Rabexer 2, 235; wir haben einen einl'all
wider die arzneiverständigen, einen wider die rechtsgelehrten.
J. E. Schlegel 3, 400. ein steifes, wieder abgekommnes u-ort.
ARZNEIWISSENSCHAFT, f.
ARZNE.N, curare, mederi, ahd. erzinan, mhd. erzinen: die
wunden liesz man all verbinden und arznen. Tschüdi 1, 359;
er ward von viel arzten gearznet, ehe dann er zu mir kam.
WüRTZ pracl. 261. vgl. arzen.
ARZT, ffl. medicus, ahd. arzät (Graff 1, 477), mhd. arzat,
arzet ; mnl. aersatre, aersater, crsater, ersetre [Diut. 2, 223')
ic ben, seit hi, arsatre goet. Esop bei Clifjnett 221,
WO andere stellen aus Maerlant beigebracht sind; nnl. arts,
platld. arst. die mnl. wortgestalt führt deutlich aufs mlat.
archiater, gr. ao/iaTQos, wie bereits Hüydecüper op Stoke 2,
187 einsah, mit artista hat die benennung keine gemeinschaß,
die ausspräche des clii oder ci führte den Zischlaut heran, ganz
wie in erzengel archangelus u. s. w. in arznei und arzen,
arznen mangelt das t von arzt, kaum fiihlle man das Verhält-
nis von iaroös zu iairw und inouai, für arznei fand sich
aber auch die form arzetie, erzetie, erztei, vgl. ärzlei.
Der mhd. pl. lautet arzäte, kann aber für den vers in arzte
gekürzt werden (Lachh . zu Iw. 1553) ; nhd. ärzte :
ir ärtiet spotten der gesund. ScHWARZEftB. 153, 1; ertzt. 9«, 2;
was darr ich hab und gut mit ärzten gar verzehren?
sie kränken manchmal mehr als sie gesund gewehren.
LOGAU 1, 9, 66;
Snte bauen ihre mülen an die menschenflüsse;
seilen sind sonst wassermülen die man so genüsse. 3, 8, 96.
doch setzt Fischart noch alte arzet. Garg. 249', Keisersberc
den arzoten, medicis. omeisz 36'.
Wie arznei auch unleibliches heilmittel ausdrückt, kann
ein seelenarzt gedacht werden:
Nikias, treflicher mann, du artzt des leibs und der seele.
GöTUK 1, 323.
Dem eindringling muste das heimische wort mit allen seinen
ableitungen weichen: ahd. lichi, goth. lekcis, ags. laece, engl.
leech, altn. lajknir, schw. läkare, ddn. läge; litt, lekorus {letl.
aber ahrste, nach dem nd.); sl. Ijekar', russ. lekar', poln.
I^karz. characleristisch bezeichnen das engl, leech, russ. lekar'
nur noch den wundarzt, während für den feineren innerlichen
arzt das fremde wort sich geltend machte.
ARZTBLCH, n. fastn. sp. 683, 21.
ARZTEI, /". medicina, mhd. crzel'ie, nd. arstedie : wenn ma"
die ganze schul der ärzlei austrieb. Hlttes 5, 205.
ARZTEN, curare:
sonst ich dich widder arltten must,
dazu hab ich itzund nicht lust. froschm. 1, 1, 6.
ARZTFINGER, m. digitus medicus : das gleich (glied) an dem
on ein den letzten {vorletzten oder vierten) finger, sonst der arzet-
finger genannt. Sebiz 79 ; Garg. 120". ags. Iscefinger, ddn. läge-
fingcr.
ARZTGELD, n. arzllohn. 2 Mos. 21,19.
ÄRZTLN, f.
nach du" zu warten ist ümmsonst,
0 ärztinn meiner seelen. Fleming 525.
ÄRZTLICH, medicinalis: ärztliche behandlung, Verordnung.
ARZTLOHN, m. merces medici, arzlgebühr.
ARZUNG, f. medicatura. überschriß bei Logad 2, s. 215.
AS, n. kurz und scharf auszusprechen, unio vel canis, franz.
as, ahd. mhd. esse (Ben. 1, 44S), 15/. as, dän. es, engl, ace;
auch Stieler 3S8 führt noch es- {wie er schreibt esz) auf. as
werfen ; weder as noch daus ; ses {sechs) oder es, aul Caesar
aut nihil, daus, es. fastn. sp. 294, 16 ; machen den menschen
nit um ein äss gott angenemmer oder frummer. Frank 3, 134 ;
ein trümpfel von esz oder unterbüblein. Lehma:«s 1S2.
ASCH, m. fraxinus, die cschc. den buchstaben nach stimmt
aber das lat. esculus, aesculus, im festen sc war der laut vor
Verschiebung bewahrt, ahd. asc, mhd. asch, ags. äse, altn.
askr, schw. ddn. ask. da sich nun das holz dieses schönen
baums treßich schnitzen und drechseln liesz, lagen schon dem
hohen alterthum lebhaße und poetische Übergänge des worles
auf das gefertigte gerät unmittelbar nah. das ags. äse bedeu~
tet zugleich hasta, den eschenschaß, und ein krieger heiszt äsc-
berend, haslifer. im salischen geselz aber 21 ist ascus navi-
gium, der aus eschenholz gezimmerte nachen, vgl. aschmann;
in Baiern hat sich asch, hailasch für salzschif bis auf heute
erhalten (Schm. 1, 122) und auch das ags. äse {engl, ash) steht
für naviginm. darf man an den lederschlauch aoxöi denken ?
er müste hölzern und lederbezogen gewesen sein, das altn.
askr ist vasculum ligneum insgemein, zugleich gilt daßr askja,
eskja f., dän. äske ; im passional 351, 67 drückt asch den tel-
ler aus, auf welchen Johannis haupt gelegt wird, bei uns dauert
asch m. pl. äsche 1« den Zusammensetzungen blumenasch,
blumengefäsz, topf, milchasch milchgefäsz, milchnapf, reibasch
u. a. m., was alles ursprünglich holzgedrehte meint, dann auf
andere übertragen wurde: ich bitte dich um einen von den
kleinen blumenäschen, ich will etwas säen. Güthe an fr. von
Stein 3, 140. Steinbach schreibt aasch pl. äsche, sinum, vas
ventricosum, und in Schlesien soll heule ein groszes irdenes
gefäsz mit zwei henkeln so heiszen, aber auch aschach in Ost-
reich, Kärnten sclieinl ein holzgefäsz, s. assach. schade, das:
uns das einfache asch m. ßr den bäum selbst fast erlosch und
esche f. an 'seine stelle getreten ist. wenn Güthe schreibt: der
wind spielt gar schon in meinen äschen. an fr. von Stein 1, 312,
sieht das wol = eschen, und geht auf kein m. asch zurück.
ASCH, m. salmo Ihymallus, ahd. asco (Graff 1, 492), mhd.
asche (B£n'. 1, 65*), heule auch äsche, ascher, vgl aschling.
soll nach der aschgrauen färbe benannt sein, in Schjielzls
lobsptuch 92 wird aschn als nom. angesetzt, bei Hohberg 2,
465'. 468' äschen. kaufen vorhen und äschen. H. Sachs III.
1, 198'. 238*.
ÄSCH, n. feldfhir, verderbt aus ahd. ejzisc, und richtiger
geschrieben esch (Sch». 1, 123. 124) : in dem äsch ein haust
heues machen, weisth. 2, 571.
ASCHBACKEN, in cinei'e pistus panis.
ASCHBALLE, m. in schmelzhütten, eine masse ausgeschlämm'
ter asche.
ASCHBAUM, m. fraxinus, asch, esche.
ASCHBLEI, n. wismut, von seiner fahlen färbe.
ASCHBLEICH, cinereuj, aschfarbig, aschfahl: aschbleichen
angesichts. Schiller 729.
ASCHBRENNER, s. aschenbrenner.
ASCHE, f. cinis, goth. azgo, ahd. ascä, mhd. asche, esche,
auch im 16. 11 jh. oß noch äsche, esche, ags. axe, nnl. asch,
altn. aska, schw. aska, ddn. aske. bei H. Sachs steht asche
männlich, z. b. 1, 501*, wie auch mhd. mitunter (Lachm. zu Sib.
900, 4). jenes äsche ist analog dem gleichfalls üblichen Qäscbe
und täsche für Hasche, lasche, alle umlautenden formen setzen
ein ahd. askia, taskia, flaskia roroi«. ags. axe stellt asce um
in acse. die gröszte aufmerksamkeil verdient aber das goth.
zg in azg6. sk sagt dem goth. organ anderwärts zu (gal)rask,
fisks, hruskan); es musz ein wesentlicher grund vorhanden
sein, dasz der Gothe nicht ask6 schrieb und sprach, goth z
ist so weich oder blöde, dasz es nur vocal, liquida oder me-
dia, keine tenuis hinler sich duldet, zg, zd (folglich auch zb)
sind möglich, nicht aber zk, zt, zp, sondern nur sk, st, sp.
die ahd. mundart sehen wir goth. sk, st, sp festhalten, hin-
gegen goth. zd in rt wandeln, folglieh hätte sie auch zg in
rk (und, wenn es vorkäme zb in rp) umzusetzen.
37
579
ASCHE
ASCHE
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Wohin zielen diese nachweise? sie sollen einen aufschlusz
heranführen, der oben bei dem worte arg noch aufgespart
wurde, die goth. sprachresle gewähren uns dies adj. nirgend,
wie wenn es den Golhen azgs gelautet und bleich bedeutet hätte?
azgö cinis wurde ganz ruhig zu ahd. ascä, aber azgs zu arac,
arc; in ascd und arac ständen sich s und r zur seile wie in
was und wärun, ch6s und churiin.
Dem Worte arg sahen wir die Vorstellung der feigheit we-
sentlich ankleben, der feige, sowol der furchtsame als dem tode
nahe, erbleicht, in der edda heiszt er neffölr {nasenfahl} und
gefragt wird: hvi ertu svA fölr um nasar? {wie bist du so
fahl um die nase?) wenn nun azgs oder arg schon dem wort-
begrif nach fahl, blasz, bleich ausdrückt, musz jener vorwarf
desto bedeutsamer scheinen, einen feigen können wir ebenso
gut asclibleich, aschfahl nennen.
Sichtbar aber wäre arg und azgs zugleich das gr. a^yrjs und
nqyös, man hätte nicht weiter nöthig, davon ein a^yog trag
und fqge abgesondert aus as^yös zu deuten, da sich der feige
von selbst als einen bleichen und fahlen darstellt.
Wir lassen diese kühne etymologie des Wortes arg liegen und
kehren uns zu der von asche.
dasz auch azgu die fahle, weisze, bleiche ausdrückt, folgt
aus aUen analogien. mit einem andern ahd. worte heiszt sie
falawisga, mhd. valwische, altn. folski, was wiederum zu falo,
fahl gehört und dem litt, pelenai, tat. pallere begegnet, aber
auf die würzet des sl. paliti brennen zurückführbar scheint,
wie das reduplicierende sl. pepel", böhm. popel, poln. popiol
selbst: asche ist die brennende, glimmende, glühende oder die
abgebrannte, verglommene, graue, nicht anders läszt sich dnis
deuten aus cio, cieo ignem und xaico brenne, wozu xaivös
funkelneu und goth. haiza lampas wie unser heisz, ahd. lieij
calidus fallen, ein dritter ausdruck, ags. ysele favilla, mhd.
üsele, altn. usli ignis, eysa cinis verbindet sich mit tat. uro
== uso, praet. ussi, part. ustus und skr. ösa ardor, ja das
abslracte goth. iflsila ävsais darf man wagen als ein verglim-
men aufzufassen, usilvar ist wiederum gilvus, fahl, für azgo
selbst endlich wäre, nicht jenes 6sa, vielmehr das skr. ra-
dschata albus und argenlum, gr. uQyv^os, zcnd. erezatam,
sirjän. eszys zu vergleichen, immer also die Vorstellung des
weiszen, glänzenden zu entnehmen, und lat. ardere (ard =
arg) könnte unmittelbar hinzu treten.
Alle unsere Sprichwörter bezeugen, wie nahe der glut die
asche liegt: es glimmt noch unter derasche; von der asclien
in die glut; du blasest so lange in die asche, bis dir die
funken unter das augc stieben, so eben vernehme ich, dasz
jemand von meiner bekanntschaft nach Weimar geht, das bläst
die asche von der glut {eiregl die Sehnsucht). Bettine briefe
2, 79. die asche ist noch warm, heisz ;
dieses räumt seckel und täschen,
dasz uns kaum bleibt die warme äschen. Garg. 97";
denvegen solchen mut nicht under der aschen erstöcket ligen
zu lassen, sondern mit dem blasbalg strenger anmanung auf-
zublasen. 173"; das stille entzücken Albanos glühte unter der
asche des Schlafes noch fort. .1. Pacl Tit. 2, 223.
In asche, in die asche legen heiszt holz, bäume, hduser an-
zünden und in asche verwandeln: und hat die städle Sodonia
und Gomorra zu aschen gemacht. 2 Petr. 2, fi; und wollen
schlecht gottes haus zu boden und zu aschen haben. Luther
3, 389; manche feste, wehrliche Stadt in die aschen gelegt.
KiRcunoF disc. mil. 1 ;
eh als gou Zeboim liesz in die aschen legen.
Grvphius 2, 303j
und laszt euch nicht mit gehl bewegen,
das gewissen in die asch zu legen.
RiNCWALD tr. Eck. H7';
heute nacht brach heftiges feuer aus und legte das ganze
schlosz in asche ; der feind warf bomben und nach einer .
stunde lag die prächtige kirchc schon in asche. die leichte,
weisze, bei der geringsten bewegung auffliegende asche heiszt
lodcrasche oder flockasche.
Zumal bezeichnet asche die des leichenbrandes, und rifqa
[von d'dnro), was ursprünglich verbrenne), cinis, pl. ciucres
haben denselben sinn: und das ganze tal der Icichcn und der
aschen wird dem hcrrcn heilig sein. Jcr. 31,40; unib drei oder
vier lasier willen Moab wil ich ir nicht schonen, darumb das
sie die gebeine des königs zu Edom haben zu aschen ver-
brannt. Arnos 2, 1. aus seiner asche erhebt sich der phoc-
Dix zu neuem leben; kriechet nit aus des phönichs itscben
ein anderer phönichs? Garg. 105'. die Vorstellung der asche
wurde aber leicht übertragen auf den verwesenden staub auch
unverbrannter leichen, wir reden von der asche unsrer vorfah-
ren, vom zerfallen des leibs, des herzens in asche, seitdem,
längst das begraben der todten an die stelle des verbrennens
getreten ist: die asche der freundin ruhe sanft, wir wollen
blumen auf ihr grab streuen. Göthe 20, 80 ; doch liegt den
dichtem dabei der gedanke an das feuer immer nah:
es rufet noch natur aus unsrer gruft, es lodert
ihr feuer unverlöscht, wenn unsre asctie modert
Götter 1, 141.
sonst aber sind asche und staub beinahe gleichviel und schon
Helbmng 1,1201 sagt: wie stiubet der asche?
Den brauch des allerthums sich in tiefer trauer das haupt
und gewand mit staub und asche zu bestreuen, darf man am
natürlichsten von diesem leichenbrand herleiten; die umstehen-
den verwandten gaben dadurch ihre gemeinschaß mit dem todten
zu erkennen, zwar könnte blosz an die heilige erde gedacht
werden und Achilleus auf die künde von Patroklos tod greiß
alsbald den staub von der erde; doch steht gerade das bedeut-
same rBfQjj {II. 18, 25) und dichter wie sitte gestatteten statt
der asche leicht den staub, und die anwcndung des Symbols
auf andere anlasse der trauer: warf Thamar aschen auf ir
heubt und zureisz den bunten rock, den sie anhatte und legt
ire band auf das heubt und gieng daher und schrei. 2 Sam.
13, 19 ; 0 tochter meines volks, zeuch secke an und lege dich
in die aschen. Jer. 6, 26 ; fasteten und zogen secke an, streueten
asche auf ire heubter und zerrissen ire kleiden l Macc. 3, 47 ;
bestreueten sie sich mit aschen und riefen gott an. 2 Macc.
14, 15. Wenn es aber von Hiob heiszt 2, 8 sasz in der aschen,
und buszfcrlige sich auf asche legen, ist das nur ein zeichen
der reue und demut, ohne bezug auf verbrannte leichen oder
opfer.
Die catholische kirche hat einen solchen busztag als jahresfest
eingeführt, den dies cineris et cilicii, aschermitwoch, aschen-
tag, an dem sich die gläubigen mit geweihter asche bestreuen
lieszen oder selbst bewarfen: es ist euwer gewonheit (oder
potius corruptela) am haubt der fasten, am eschermilwochen,
so die heilig kirch uns ermant mit andacht zu der kirchen
die eschen zu empfahen und der priester dir die auf dein
haubt legt und spricht 'mensch gedenke, das du eschen bist
und wider zu eschen wirst', darzu so man die altar verbeugt
und dich zu hohen dingen ermant, so seind wir {d. i. seid
ihr, die erste person für die zweite gesetzt) am allerverruch-
testen, sie laufen darafter und seind so nerrisch, machen usz
der Ordnung gots und der heiligen kirchen ein gespöt und
verachtens. die hübschen frawen und die edlen berümen sich
und werfen einander mit eschen, und sol gar ein hübsch ding
sein. Keisersb. omeisz 9';
brechen das houbt der vasten ab,
domit sie minder kreflen hab,
wenig sich zu der äschen nahen,
das sie mit andacht die entpfahen,
förchten die asch die wenl sie biszen.
Bbant narrensch. 294 ;
bei der heiligen äschen. Fischart Garg. 104*; wiewol er {der
pabst) dem erzbischof, als er für ihme am eschcrmitwoch um
anstrcichung der äschen nider kniete, die Sschen ins gesiebt
warf, bienetik. 12^* ; secht da, der ist genug gestäubt, als kam
er vom eschcrmitwoch. Garg. 253*. in Sachsen haßel noch der
brauch, dasz die kinder auf diesen tag mit einem tannenreis
die asche den eitern abkehren, welche sich dann mit einer
gäbe lösen.
In ganz anderm, weltlichen sinn steht asche mit bezug auf
hcrd und küche : karloffel, äpfrl in der asche braten (öpfel
in der asch. Garg. 154'); den deckcl des topfs mit hciszer
ascTie belegen; in die asche blasen; in die gemartert äschen
blasen. Garg. 247'; der topf stürzt um und die speise fällt in
die asche, gehl verloren, das leidet häufig bildliche anwen-
dung: ich bin der hofnung, gott werde je euer etliche er-
wecken, das mein Ireuer rat nicht gar in die aschen falle.
Luther 2, 47s'; ja, ich habe dennoch etwa gesehen, das der
gerechte hat müssen unterliegen und ist seine sache gar in
die aschen gefallen für den gottlosen. 3, 293'; also ligt der
Zwingel mit seiner dcutelei in der aschen. 3, 344'; Davids
geschlecht lag gar unter und in der aschen. 3, 427 ; der hof-
nung immer stehet, es solle sich verziehen und zuletzt da-
durch in die aschen fallen, br. 5, 197; insuuuna, alles lieng
an in die äschen zu fallen. Fischart {umeni. 4'. Wiewol das
I
581
ÄSCHEL —ASCHENBRÖDEL
ASCHENbRÖDLEIN— ASCHENGRITTEL 5S2
liegen in der asche, statt von dem verschütteten essen, sieh auch
verstehen Idszt vom liegen in schmutz und Verachtung, sei nun
ein armer küchenjunge (aschenbrödel) oder ein büssender ge-
meint: micli verachteten und gar in der asche gelegenen.
SCHWEISICHEN 2,275;
durch rrunibkait bleibst dein leben lang
in dem aschen under der bank. H. Sachs 1, 259*.
wie viel haben sie nur sind der zeit, da das evangelium ist
angangen, ratschleg fürgenomen und noch heutigs tags für
und für, einen über den andern, die alle zurück sind gangen
und zu aschen worden. Lltber 5, 314"; wer nu mit im dis-
putieren wil, den stöszet er gewislich in die aschen (zu bo-
den), er sei denn sehr wol gerüst. 5, 335'. unter alten na-
men des biers führt Fischart Garg. 59' auch einen an, der
stampf in die aschen lautete, neben störz den kerl, also be-
deutete, dasz die stärke des getränks den trinker zu boden stürzte.
Ein prügel wird volksviäszig umschrieben durch ungebrannte
asche : man soll ihm den vogt von Eichensten mit seiner un-
gebrenten eschen ubers leder schicken. Spangexbergs tust-
garten 453 ; mein buckel hat bisher brache gelegen, nun wird
er mit ungebrannter asche gedünget werden, causenmacher
144. dichterischer heiszt es: mit einem ast klopfen, auf dem
schon fünf jähre der vogel gesungen hat.
ÄSCHEL, m. eine feinere, bleichere smalte, gegenüber dem
geringeren blauen kobald.
ASCHENAUSWÜRF, m. qectamentum cineris. Homboldt ans.
der nat. 2,273.
ASCHENBAD, n. Chemikern die aschenkapelle.
ASCHENBEHÄLTER, m. nnl. aschbak.
ASCHENBERG, m. Göthe 28,22.
ASCHENBLÄSER, m. ciniflo, der in die asche bläst, um
das feuer anzufachen oder um ein eisen zu erhitzen, dessen
sich die haarkräusler bedienen. Horat. sat. I. 2, 98. gilt auch
für aschenzieher.
ASCHENRRENNER, m. äscherer, der für glashütten oder
sehmelzwerke im valde holz zu asche brennt, böhm. popelar.
ASCHENBRODEL, m. cinerarius, ein küchenjunge, der in
der asche brodelt und sudelt, brodeln, brudeln, brutzeln «rird
gesagt vom geräusch kochendes, wallendes wassers; im gedieht
von Oswald heiszt es (Haupt 2, 100)
kaeme er in daj kocbebüs,
dai in niht herwider üi
iriben die aschenbrodele,
sluegenn üf sin getidere,
nemlich den weisen, ausgesandten raben. dies wort enthält eine
uralte, in den märchen ständige und reicher entfaltung fähige
Vorstellung, von drei söhnen gilt der jüngste für dumm und
wird verachtet, weil er seine erste jugend im schmutz und in
der asche der küche zubringt {altn. liggr heima i ösku) ; als
endlich seine zeit erscheint, tritt er auf, thut es seinen brüdem
weit zuvor und erreicht das höchste ziel, einen solchen nen-
nen schwedische märchen askefis tqui cineribus oppedii), nor-
wegische askeladd {das wäre altn. asklatr, öskulatr, folglich
wieder aschfeig, ahd. ascla;). litt, heiszt er pelenus, der asch-
farbige oder pelenmsis, letl. pelnu ruschkis, der in der aschen-
grube liegt, böhm. popelwäl orfer verkl. popelwälek, pecywäl
und pecywalek, poln. popieluch. fabel und name gehen aber
gleich häufig auf die dritte oder jüngste tochter über, die im
sehmutz der küche schwere arbeit verrichtet, der zuletzt ftr ihr
aschengewand königlicher schmuck zu theil wird, farillae pleno,
min armes südeli. Uhlajid 1, 274 ; franz. la cendrillon, neapol.
la gatta cennerentola, böhm. popelka, popelwalka, pecywalka,
serb. pepeljuscha, pepeluscbnitza , wendisch popelawa. die
deutschen weiblichen benennungen folgen unter ihren eigenen
Wörtern, ich russichter ascbenprüdel. Luther 3, 333 ; ein gering
ganz verachtet aschenbrödel. . . . ; das sie in {den Lot) nicht
anders gehallen haben, denn für einen aschenbrödel. 4, lOS'j
gott fragt nicht solcher reinigkeit, sondern wil das herz rein
habenj ob es gleich auswendig ein aschenbrödel, in der küchen
schwarz, rustrig und bestoben ist. 5,357'; man erferet oft, das
in einem geschlechlc vil leben auf einmal, der tod kompt
darunder und nimpl die alle hin, darauf man gedacht bette,
das sie die guter erben sollen, und beleibt irgend ein aschen-
brödel, darauf niemant gedacht bette. Acricola spr. n". 515;
Jacob war der aschenprodel, der mutter son, daraus auch
weise leute werden, n* 593 ; das ist das beste, wenn ein mäd-
chen in einen ansehnlichen elirenstand kömmt, dasz nicht
alle aschenbrödel über sie geben. Weise erin. 135 ; oder wenn
der unachtsame aschenbrödel (das bauermädchen) das kiad an
die thüre legte. 208 ; aschenprodel und fuszhader. Oberlw 62.
ASCHENBRÖDLELN, n. aber die dritte, das arme aschenpröd-
lin, hat nichts denn eitel mangel und ungemach. Luther 1, 482*.
ASCHENBROT, n. subcinericius panis, was ahd. derpi;pr6t
(Graff 5, 221) und fochanza (3, 441), it. focaccia, serb. poga-
tscha heiszt, auf dem herd, in warmer asche gebacken und un-
gesäuert; anderwärts aschenkuchen. mit dem torausgehenden
aschenbrödel wol unverwandt.
ASCHE.NFALL, m. im feuerkasten, die öfnung zum durchfall
der asche.
ASCHENFARB, colore cinerea, mhd. aschenTar: eschenfarb
und leberfarb. Garg. 88".
ASCHENFARBE, f. color cinericeus.
ASCHENFABBIG, colore cinericio : ihre haare waren aschen-
farbig. J. E. Schlegel 3,488. vgl. ascherfarbig.
ASCHENFIDLE, n. schwäbische benennung des aschenbrödel,
bei Ernst Meier n* 43 eschenfidJe, von fidle, füdle podex, wie
Matbesiüs ascherprödel und abersel verbindet, ßr welches letz-
tere doch auch andere deutungen zulässig scheinen.
ASCHENFISTER , m. ciniflo, homo sordidus. Sheleb 490.
nnl. aschevijster. vgl. schw. askefis.
ASCHENFLOCKE, f fliegende asche, floekasche.
ASCHENFUNKE, m. scintilla sub cinere latens.
ASCHENFCNKCHEN, n.
gegenliebe nähret liebe
und eniflammt zur feuersbrunst,"
was sonst aschenfünkcben bliebe. BCkger 27*.
geschichte eines aschenfunkens (neisti), der los ward und haus,
Stadt und land verzehrte, bis ein vom himmel fallender thau
ihn nöthigte wieder in asche aufzugehn (med öskum fara).
altd. wäld. 3, 2S4.
ASCHENGEHALT, m. der ehemische gehalt der asche.
ASCHENGRITTEL, n. eine andre schwäbisdie benennung ßr
aschenbrödel, bei Ernst Meier n* 4, man hört auch aschen-
gretel, Gretchen in der asche. Keisersbergs sieben scheiden
gleich zu anfang steht geschrieben äschengrütel, im paradies
der Seelen bl. 187 heiszt es: desgleichen ein muter, die vil
kind hat, und etwan ein eschengrüdel darunter ist, wann das-
selb nüraen den gürtel letz ummleit, si gibt im eins an einen
backen und spricht zu im, du wüster unQot ! aber das kind,
das sie sunderlich vast lieb hat, so es schon ouch den gür-
tel letz umm het, dem zartlet si. hier also ist eschengrüdel
das von der mutter zurückgesetzte, hart behandelte kind. Geileb
übersetzte aber auch in seinem irrigen schaf Straszb. 1510 4'
eine schrifl Gersons von schmachvoll erniedrigten, zuletzt er-
höhten menschen unter dem titel der eschengrüdel, von den an-
fahenden mönschen in dem gotsdienst, daselbst heiszt es u. a. :
das entpfindent die guten anfahenden mönschen, die sind La-
zarus und eschengrüdel, ligent mit dem todten, aber erstand-
nen Lazaro vol eschen, was die esch sei, darin sie grüdlen,
würt harnach geofifent. A 2 ; der mönsch ist Martha, ein zu-
nemender mönsch, und gefalt got, wie wol er auch grüdlet
in der eschen zeitlicher ding. A2'; in klöstren, da die kor-
schwestren die leischwestren verachten, und sie halten als
fusztücher und eschengrüdel die erst eigenschaft des
eschengrüdels ist, das er in der eschen grüdelt, dannanhar
er auch den nammen hat. er grüdlet in der eschen und
steckt voll eschen in allem dem, damit er umbgat, kleider
und sein brot, sein ougen, hend, ist alles sammen eschig.
A3; also ist die erst eigenschaft des geistlichen eschengrü-
dels . . klarlich erkennen seine sündep, ■ in der eschen sich
südlen. A4. Die deutlichsten stellen finden sich in den brö-
samlin: du müst thun als ein eschengridel (so) thut, und
must ein eschengrüdel sein, es ist selten ein haus, es ist
ein eschengrüdel darin, was thut ein eschengrüdel? ich find
sechs oder siben stück die er thut, die must du geistlichen
thun, nun merk die nacheinander, eigenschaft des eschen-
grüdels : zS dem ersten so hangt er fol eschen, und alles das
an im ist, nas, äugen, cleidcr, Schleier seind berOmt. zu dem
andern so müsz er das feuer machen und gat im der bitler
rauch etwann dick in die nasen. zu dem dritten, so musx
er wischen, geschirr reiben, kessel, pfannen, schusseln, und
etwann so reibt er es durch, zfi dem vierten, so mösz er
braten, die jungfrawen in dem haus, die braten nicht, ja wol,
der eschengrüdel musz es als thun. zum fünften, so müsz
er den katzen weren. wann sie beschlecken, was man neben
lieb setzt, zu dem sechsten, so musz er vil in dem bus lei-
37*
583
ASCHENGRUBE —ASCHENRUHE
den. zu dem sibenden so ist der eschengrüdel dem hausvat-
ter an dem allerliebsten, er nimpt in etwann zu der ee. 79'.
obgleich Keisersberg das wort männlich gebraucht, versteht er
doch, wie der schlusz zeigt das mädchen darunter, das sich der
könig zur braut auserkiest, die sieben stücke werden nun wie
ein evangelium in der predigt ausgelegt und angewandt, es
gehören noch folgende stellen hierher: das sol ein mensch
gedenken und mit der eschen umbgon, darin grüdlen. 79*;
der eschengrüdel müsz vil erleiden, sie handien in übel, man
flucht, und was alle weit in dem haus thüt, das niusz der
eschengrüdel alles haben gethon. 'entruwen, sprechen sie,
wer wolt es gethon haben, denn der eschengrüdel'. 81'. in
der eschen grüdeln musz aber dem Keisersberg bedeutet haben
in der asche schüren, stochern, im irrenden schaf sagt er auch
eitimal ungeruwige, grüdlechte menschen i. scrupulosi. Mür-
NER in der geuchmatt. Basel IblQ e' sagt: es sol ein gouch sin
wib regieren lassen und meister sin. nit das du sie al-
wegen für ein fusztuch wollest halten, denn sie ist dem man
usz der siten genummen und nit usz den füszen, das sie
soll ein äschengiyddel sin. im karsthans {ed. Kurz 185, 21)
heiszt es: vil sorglicher stück seind, darin lasset man grüd-
len recht und letz {verkehrt) machen ; was bedeutet hier grüd-
len? ScHMELLER 2,102. 124 hat gredern, gi'äten satagere, was
zum ahd. grätac inhians, goth. gredags fallen könnte, und
dann schiene eschengridel, grittel die richtige Schreibart.
ASCHENGRUBE, f ausgemauerte grübe zur asche.
ASCHENHAüFE, m. acervus cineris, nnl. aschhoop. nach ver-
brannten Städten, häusern, leichen erheben sich aschenhaufen.
seinen kröpf mit seinen feddern sol man neben dem alter
gegen den morgen auf den aschenhaufen werfen. 3 Mos. 1, 16.
und blast die kümmerlichen flammen
aus eurem aschenliäufchen raus. Göthe 12, 36.
ASCHENHÄÜPT, n. der herliche Vesuv mit dem grauen
aschenhaupt. J. Paul TU. 4, 166.
ASCHENHERD, «i., in der berghütte, zum abtreiben des Silbers.
ASCHENHÜGEL, m. was aschenhaufe.
ASCHENKASTEN, tn. zum ansammeln der asche.
ASCHENKEGEL, m. Humboldt ans. der nat. 2, 273.
ASCHENKRAUT, n. cineraria, auch artemisia vulgaris.
ASCHENKRUG, tn. urna, zum bewahren der asche ver-
brannter leiche. Gotter 2, 37 ; böhm. popelnjk ;
das Verhängnis
gibt die Unschuld oft der bosheit, dem betrug
preis und lohnt die treu mit einem aschenkrug.
WiEtAND 9, 308.
ASCHENKUCHEN, m. was aschenbrot.
ASCHENLOCH, n. öfnung am herd zum durchfall der asche:
sie bedeckte also den hafen aufs neue und stiesz ihn in der
küche ins aschenloch unter dem feuerherd. Fr. Mijller 1, 301.
nnl. aschgat, was auch persönlich den aschenbrödel bezeichnet.
ASCHENPÄTER, m. begegnet im nordöstlichen Deutschland
für aschenbrödel. päten ist nd. quetschen, rühren.
ASCHENPESEL, m. die niederd. bencnnung, an askefis ge-
mahnend, im froschmeuseler aschenpössel. vgl. hennenpfosl
bei ZiNGERLE n* 16.
ASCHENPÜSTER, ein andrer niederdeutscher name, von pu-
sten, blasen, also ciniflo. Lisch meklcnb. jb. 5, 84. nnl. asche-
poester : gij zijt cene rechte aschepoester. verkl. asche poestertje.
ASCHENPUTTEL, n. der hessische name, vom putteln in
der asche, wie hühner, tauben sich im staube pultein, wälzen,
vgl. nd. askenbüel.
ASCHENREGEN, m. Humboldt ans. der nat. 280. Göthe 28, 39 ;
der feuerregen der entzückung war nun als ein finsterer aschen-
regen in seine offene seeie zurückgefallen. J. Paul Tit. 3, 49.
ASCHENREST, f. requies cinerum, wenn rest, alts. resta
für rast, rust steht, doch lieber kann rest m. auch reliquiae,
Überrest ausdrücken.
und auch dann zerfällt mein staub hier, zwischen
ausgelöschter herzen aschenrest. Uöhger 98*.
ÄSCHENRÖSLEIN, wurde schon unter anweiden aus Garg.
65' beigebracht, die Schwierigkeit der stelle liegt in anweiden.
denn escbrüsel, eschrüssel wird bei Nemnich für sorlius sil-
veslris, Vogelbeere angegeben, aschröslcin bei Schmid schw. wb.,
und es scheint wie vom anfadmen der buttrn von einem an-
heßen der Vogelbeeren die rede, wenn anweiden bedeuten kann
anwcten, anbinden? s. äschlösloin.
ASCHENRUHE, f. was aschenrest:
und dein heiz aus aschennili zu flammcngnnlrn
wieder aufgeschalfän bebt auf! üötue 12, 200.
ASCHENSACK— ASCHERLEGELEIN 584
ASCHENSACK, m. für büszende.
ASCHENSALZ, n. aus der asche gelaugtes salz:
laszts mit aschensalz durchdringen,
das befördert schnell den gusz. ScnaiEn 2, 158.
. ASCHENSCHiCHT, f. Humboldt ans. der nat. 277.
ASCHENSPUR, f die aschenspur seiner Vorgänger bemer-
kend, war er geschäftig ein prasselndes feuer zu unterhalten.
Göthe 21, 59.
ASCHENTUCH, n. grobe leinwand zum durchseihen der
lauge.
ASCHENWEDEL, m. äschwedel, eigentlich aschbesen, hen-
nebergisch aber für aschenbrödel. Reinwald 2, 23
ASCHENWEIHE, f. benedictio cinerum:
wie ein abt, der blühend, wolgenährt
vom fastnachtsschmaus zur aschenweihe fährt.
• Götter 1, 249.
ASCHENWOLKE, f. ausgeworfnc aschenmasse: steine, grö-
szere und kleinere, zu lausenden in die luft geschleudert,
von aschenwolken eingehüllt. Göthe.
ÄSCHER, m. es musz schon ahd. und mhd. neben dem ge-
wöhnlichen f asca, asche ein in der bedeulung ihm nahe lie-
gendes m. ascari, ascheere, ascher, escher gegeben haben, das
sich alleinstehend nicht, nur in den mhd. Zusammensetzun-
gen aschervar und ascherkuoche aufzeigen läszt. die Schwei-
zersprache kennt es aber noch heute, denn nach Stalder 1,
114 bedeutet äscher die schon ausgelaugte asche oder auch das
zwilchene, in der lauge über die asche gespannte tuch. den
lohgerb ern dagegen heiszt äscher der gelöschte, durchgesiebte,
mit asche vermischte kalk, dann auch ein in die erde gegrab-
nes fasz, worin die häute mit kalk und asche gebeizt werden:
die haut in scharfen äscher legen. Keisersb. has im pf H. Sachs
1, 50l', die geschichte einer roshaut erzählend, nachdem er
vorausgeschickt hat:
und stiesz mich in ein alten aschen,
der stank gleich wie ein schelmengruben,
da sich mein leiden erst anhüben,
der aschen auch vermischet wart
mit kalg und bisz mich grausam hart,
fügt hinzu:
und mich ausz dem escher aufschlug,
wo escher offenbar jene mit kalk und asche gefüllte beizgrube
bezeichnet. Seifensieder nennen äscher den einsatz von asche
und ungelöschtem kalk, woraus sie ihre lauge bereiten, an
die zuthat von kalk zu denken ist unnothw endig, ascher oder
äscher scheint ursprünglich nichts als die getroffene Vorkehrung
zum auslaugen und benutzen der asche, ßr wasche oder beize ;
in den folgenden Zusammensetzungen hat es darum ganz den
sinn des einfachen worles asche und wechselt damit.
■ ASCHER, wi. salmo : gründling, ascher, barben, Schmerlen.
Brockes 1, 308. s. äschling.
ASCHERBRÖDEL, was aschenbrödel, s. abersei. Frisch 38'
hat ascherlegelein, ascherprudel, focarius.
ÄSCHERER, m. der aschenbrenner.
ASCHERFARBIG, cinereus, was aschfarbig, aschenfarbig.
mhd. askervare. Diemer 60, 3 ; ein schwarz, braun, lebcrfarb,
graw ascherfarb erz. Mathesius 63*. Wolfram sagt: nach
aschen var. Parz. 184, 2.
ÄSCHERFASZ, n. lohgerbern das fasz, welches auch blast
ascher genannt wird.
ÄSCHERICH, m. wiederum gleichbedeutend mit äscher. Stal-
der 1, 114 : es ist in diser weit kein lauge oder ascherich so
scharpf, das uns von Sünden rein machen könne. Mathe-
sius 120'. der heutige, nicht unseltne eigenname Ascherich,
Escherich wird aber anderswoher zu deuten sein und die Wur-
zel asch fraxinus in sicli enthalten.
ASCHERICHT, m. was das vorige: niter und borras, daraus
Ächarpfe wassor und aschcricht gössen werden. Mathesius
120' ; lauge oder aschricht. 121'.
ÄSCHERIG, cinereus, cinere conspersus: ob ein Egipler
dem leben Urlaub gibt, klagen alle freund mit äscherigem
haupt. F'ranr wellb. u' ; schlugen sie mit einem äschcrigen
sack. 51". einige schreiben auch äscliericht.
ASCHERKLEH), n. vcstis cinerea: von der priester kleid,
bar, schurb, bann, busz, asclierkJeid. Frank chron. 358'.
ASCHEKKUC'HEN, Hl. was aschenkiichen : wie ein vcrbran-
ter und dcrgcszner ascherkuchen. Mathesius 157'. mhd. ascher-
kuochelln. Haupt 8, 225.
ASCHERLEGELEIN, ». ascherbrödel.
5S5 ASCIIERMITTWOCHE— ASCHLAUCH
ASCHJ.EIFIG— ASETZE
586
ASCIIEKMITTWOCHE, der unter dem tcort asche schon ge-
schilderte dies cinerum. hier geht die r form durch, und man
sagt nie aschenniittwoch. davon lis Taulerum senn. auf den
äscherigen mitwoch. Fraxk parad. 165\ poln. popielec, bühm.
popelec, franz. jour des cendres benites, engl, ashwednesday,
tn tcelchem wort der alte Wodan sogar asche auf sein haupt
nehmen musz.
so sei die zeit in fröhlichkeit verthan,
und ganz erwünscht kommt aschermittwoch an.
GöTHE 12, 270.
ÄSCHEfUV, cinere lavare, macerare, purgare: das gespon-
nene garn äschern und gefrieren lassen. IIohberg 1, lOS' ;
dann das blei auch mit salz soll calciniert und geäschert
werden und nachmals mit einem eisen gerüret. Paracelscs
1, S94"; äschern, cinere aspergere:
der tod will den gebrauch der fastnachtzeit- behalten,
er äschert unser haupt mit moder aus der gruft.
GÜIHTBER 613.
tgl. abäschem, abeschem, einäschern incinerare, macerare,
Teräschern, wobei bald die Vorstellung des bloszen arbeitens,
steciens in staub und asche, bald des legens in asche, bald
des waschens und beizens vorwaltet: wenn ich so in den ofen
blase und mich abäschere. Tieck 3, 276.
ÄSCHEROFEN, m.
ÄSCHERRADE, /". ausgelaugte asche, äscher, äscherich:
nimm eberwurz, kreuzkraut, freudicht und ascherrade, diese
drei kräuter lasse man' wol sieden und thue sie samt der
ascherrade den Schweinen in den trog. Hohberg 3, 263*.
ASCHERSATZ, m. was das vorige.
ASCHERSCHRIMPF, m. palpebrarum asperilas, palpitatio:
das beiszen, jucken und krimraen der angen nennet der ge-
meine man den augenschrimpf und die gelerten roäxcoua,
aspretudinem. und vermeinen dieselbigen leute, wenn sie ge-
hen über einen ort, dahin man einen ascher, danon lauge
gemacht ist, hat ausgeschüttet, so sei es desselben schuld
und ursach. Bartiscu augendienst 108. s. schrimpf und
schrimpfen, rimpfen, zucken.
ASCHERSTaS'GE, /■. deren sich die gerber beim äschern be-
dienen.
ÄSCHERl'NG, /". der gebein mortification ist die calcination
und äscherung. Paracelsüs 1, 895'.
ÄSCHERTUCH, n. das beim beuchen der wasche über sie
gebreitete grosze, grobe tuch, worauf der äscherich sich be-
findet.
ASCHERWELLIG, es musz aber stahel und eisen wol und
recht an einander geweit oder geschweiszt sein, das es kein
bruch oder schifer behalte und nicht aschenvellig werde.
Mathesics 79".
ASCHEVOLL, cinere plenus:
ihr haupt ist aschevoll, wenns in den Schlummer
des todes sinkt. Klopst. 10, 111.
ASCHFAHL, pallidus, fuscus.
ASCH FARBE, f color cinereus.
ASCHFARBIG, colore fusco. mhd. aschvar, aschervar:
ein schwarze thür
und aschfarbe bender dran. Atrer fastn. sp. 77*.
ASCHGESICHT, n. facies pallida:
und aschgesicht und schwindelnd hirn? Voss 6, 108.
ASCHGRAU, die vier lagen des winkelmannschen Steines
sind in ihrer folge schwarzbraun, braungelb, weisz und asch-
grau. Lessing 8, 171 ; aschgrauer staub. Göthe 28, 29 ; asch-
graue dämmerung, vor den äugen steht mir alles aschgrau;
das gebt ja ins aschgraue, in graue ferne, über den horizont
hinaus, nnl. aschgrauw.
ASCHGRUBE, f aschengrube.
ASCHHUHN, n. rallus aquaticus.
ÄSCHIG, cinereus, nnl. aschig: aber mit dem äschigen
grund isis böser {als mit dem sandigen). Sebiz 24 ; der äschi-
gen, güldenen, fewrigen sonnen staubechte kinder. F'ischabt
groszm. 77;
(berg), der sein aichiges haubt in den eigenen dampr verbirgt.
PtATRM 120.
ASCHKERN, aschdberreste vom treibherd, mit silberhaltigem
hlei.
ASCHKNECHT, m. der arbeiler beim treibherd.
ASCHKRAHER, m. eorvus comis.
ASCHKRAUT, n. senecio jaeobaea.
ASCHLAUCH, n. allium aseaioitiiHH. schon ahd. Giurr 2,
143. im ersten theil also fremd, und weder zu asch noch
asche gehörig, oft in den alten kochbüchern : salsen von
aschlauch; weiche brot in wein und stosz den aschlauch in
demselben.
ASCHLEIFIG, s. aslaipfig.
ASCHLERCHE, f alauda cinerea.
ÄSCHLING, m. salmo thymallus, in Schjielzls lobspruch 92
geschrieben eschling ; dieser fisch, wann er gar klein ist, wird
von den fischern spränzling, wann er spännig wird, mailing,
wann er etwas mehr sich erstrecket äschling, endlich aber
äsche genennet. Hohberg 2, 519". s. asch.
ÄSCHLÖSLEIN, n. sorbus silvestris, woßr oben äschrös-
lein, mit bemerkenswerthem Wechsel des r und 1: de succis
fructuum sorbilium, von saft der frucht des äschlöszlinbaums.
Thürneisser magn. alch. 2, 1S6 kaum ein druckfehler.
ASCHMANN, m. scheint mhd. die einfache benennung des
aschenbrüdels :
des nahtes wart er geleit
wider sin gewonheit
in ein so armej hiuselin,
da; e; niht armer mohte sin,
da; was zevalien, äne dach.
man schuof dem fürsten solch gemacb,
da; vil gar unmapre
sinem aschman waere. Greg. 2S66,
seinem niedrigsten küchenknecht. denn ans ahd. ascoman Schiffer,
Seemann, Seeräuber ist hier doch nicht zu denken, weisth. 1, 56
imj. 1572 tritt ein Hans Aschman auf, es könnte auch einen
aschenhändler , böhm. popelär bedeuten, wie apfelmann ein
apfelhändler ist. nnl. heiszl aschman, bei uns aschenmann
einer der die asche in den häusem abholt.
ASCHMEISE, f. parus palustris, böhm. popelnjk, von ihrem
grauen gefieder.
ASCHMESSER, tn., hüttenarbeiter ßr den aschenvorral.
ASCHNITZ, nach Nemnich eine benennung der alchemilla
vulgaris, wahrscheinlich ein entstelltes wort.
ASCHOFEN, m.
ÄSCHSCH.MALZ, n. fett des fisches asch? gänsescbmalz,
äschschmalz, hasenschmalz. Pimer pferdesch. SSO.
ASCHTAG, m. dies cinerum, nnl. aschdag. s. aschermitt-
woche.
ÄSEN, gleichviel mit aasen, vom weiden und fressen gra-
sender thiere, zumal der hirsche: wo der hirsch äset, da
lauert auch der woIf; wann wir den Jägern und forstknech-
ten glauben wollen, so soll der hirsche und rothen wildprets
äsen in den saaten und feldern nicht sonderlich schädlich
fallen. Hohberg 2, 50';
ho ho ho, mein lieber weidmann,
was hat der edle hirsch heut zu Felde gethan?
jo ho ho, mein lieber weidmann,
das will ich dir bald sagen an :
er hat geäset den haber und das körn,
das bat erweckt den bauern manch groszen zorn.
weidspr. 199.
ÄSER, m. loculus, erumena, pera : des burgers eser, mit
siden genejet und edelstein darin gewurket ... er wollen im
gern geben oder einen andern eser, der vil beszer wäre. Clo-
sexer 40 ; da gap ich mim herrn vier albus in sinen eser.
a. 1431. Oberli> 358. aus dem vocab. von 1445 hat Scumel-
ler 1, 116 aser und einem den aser antuen, ihn belästigen.
Stai.der 1, 113 schreibt aser, aaser, oser, Pictorics l" aaser,
darin man ässigs gehalt, lineus fiscus ; schuloser, worin sich
die kinder speise mit in die schule nehmen; aser weidtasche,
speisesack der jdger, schleckerbiszlin aus seinem weidöser
werfen, weidw. buch 69'; jetzt auch blosz tasche in den kleidem;
besehent dem worle Petri den aser basz, er treit etwas an-
ders, denn ir meinent. Zwingli 1, 444.
ÄSERLEIN, n. diminutiv des vorigen:
künt sie da aber freuntlich mit mir leben,
ich künt ir wol eins ins cserlein geben.
fastn. Kp. 772, 11;
do stund ich uf, nam usz mim äserlin ein stücklin brot und
asz. Tno. Plater 65. beide Wörter, aser und äserlein sind auf äs
esca, cibus zurückzufüliren {vgl. ags. metebealg, metefdtels,
jcAif . matsäck, ddn. madepose) ; doch hat sich ein ahd. 4sari,
mhd. aser bisher nicht dargeboten.
ÄSERN, osem, tm freien das jägermahl halten, aus der
weidlasche zehren. Staldeb 1, 113.
ASETZE, vacuus, non occupatus, mhd. äsae^e : und vnrt ein
hof hie asezze (mansus absus), das in einer wil verkoufen
ande einen andern gewinnen, weisth, 1, «71 ; Asetze stdn, un-
587
ÄSIG— ASSEL
ASSORTIEREN— AST
588
besetzt. Schöpflin Als. dipl. 2, 345 ; ist ouch dehein schöffel
osetze da, den sol der herre do setzen an die stat, do er
billicli sitzen sol. weislh. 1, 700 das worl erscheint hier blosz
im Elsasz und noch vor dem nhd. Zeitraum.
ÄSIG, edax, cibi appetens, esculentus, sapidus : der mensch
ist äsig, hat guten appctit; wo fehlts, dasz du so unäsig
bist? so wenig issest; äsiges, schmackhaßes brot, unäsiges,
verdorbenes; er hat viel äsiges, äsige mittel, lebensmittel.
Stald. 1, 113. ToBLER 29'. 7nehr schweizerisch und schwäbisch,
als hochdeutsch, doch schreibt Fischart: da war ein wilder
mönch, ein waldbien, ein bruder Claus in der clausen, aber
ein äsiger, doch kein heuschreckenäsiger, sonder honigfräsi-
ger. Garg. 225;
die Schafe sollen salz lecken :
es hält sie äsig und gesund. H. Sachs 1, 87'.
besser vielleicht zu schreiben äszig wie fräszig, obschon as und
asz schwanken, s. äszig.
ASLAIPFIG, desolatus : das die guter nicht öd noch aslai-
pfig werden, in einer Tiroler öfnung (weisth. 3, 735) ; die heu-
lige form würde aschleifig, die mhd. äsleilic fordern. Schmel-
LER 3, 435 hat: ein landgut abschleifen abnutzen, und man
darf aschleifig aus abschleifig erklären, wiewol auch das ahd.
mhd. a- darin fortdauern kann, übrigens ein kraßvoller, be-
zeichnender ausdruck.
ASLE, s. assel.
ASPARGES, asparagus, spargel, noch bei Olearius pers.
reiseb. 3, 2 und sonst in ISiederdeutschland, franz. asperge,
nnl. aspersie (dreisilbig), dän. asparges, engl, spcrage und gar
sparrowgrass.
ASPE, f. populus tremula, espe. ahd. aspa (Graff 1, 491),
altn. espi n., ags. äspe, engl, asp :
der mund ist blasz wie blei, wie aspen ihre leiber.
Fleming;
zwischen schwarz- und weiszdorn, asp und schieben.
Brockes 6, 49 ;
du zitterest wie ein aspenlaub. Spangenb. lustg. 443, man
sagt auch zitterespe, flatterespe, beberesche. der würzet nach
können sich aspe und asch berühren, sk mit sp verlauschend,
wofür spricht, dasz das volk in manchen gegenden esche für
espe und flitteresche, zitteresche sagt.
ASPERLEIN, n. eine türkische münze:
ein guete peut sie darvon brachtn,
ducateo, taier, asperlein. Schmelzl «ug 7';
setz dir ein äsperl an drei burger. Saul 26'.
ASS, unio. s. as.
ASSACH, n. hölzernes gerdth und gefäsz , für aschach,
s. oben asch. wie von alter her nicht komen, von stueln,
penken, reitern etc. und dergleichen klain assach mawt zu
geben. Chmel Maximil. s. 370 ; item welcher perggenosz sein
assach oder pitting [hülte) in dem lesen in dem perg läszt,
das soll im niemand on willen sein weg fueren noch tragen.
weisth. 3, 709; welcher ainem wirt oder aim andern frumen
man seine assech, gläser oder schliem fräflich zewurf. Kal-
tenbäck 1, 5'; so sol man im das perkrecht in ain schons
assach, das ainen poden hab, gieszen . . . wirdet denn das
assach verlorn oder unibkert, so ist man dem pergherren
furbas darum nichts mer schuldig. 150*. 160" ; item, wer einem
sein assach, es sei potigen, tretschaf, putten, underselz,
muelter nimpt an sein willen. 156'; wer zu ainem wein mit
ainer kandl oder anderm assach wirft. 174'. 18l'. 190* u. s. w.
ASSEL, m. oviaxos, asellus, multipes, kelleresel, bei Al-
BERüs die assel oder esselwurm; man nimmt der asseln
imillepedum), so viel man will. Hohberg 1, 253'; engering,
haarwürme, assel und anders ungezifer. 1, 637'. H. Sachs,
alle krankheiten aufführend, sagt
der aszl und wurm bleib nit dahinden. 1, 456',
indem man wol ein übel mit diesetn insect in Verbindung
brachte. Nemnich unter oniscus asellus gibt auch die formen
ossel, atzel, nassel an. bair. asti, nasti (Schm. 1, 124).
ASSEL, f tignum, trabs, unmittelbar mit uns und anshaum,
altn. äs verwandt: rnsz, so an den sciiindlen, sirouw oder
aszlcn unter den decbern in den bauwrenheuscrn durch lange
zeit sich anhangt. Thurneisskr magn. alch. 54. andere spra-
chen für aslen wol asncn, und das von Stai.b. 1, 114 aufgc-
leichnete asni, aszni f, rauchfang der alphütte, gebälk zum
räuchern des fleischet in der küche scheint umgestelltes ansi,
wie noch dadurch bestätigt wird, dasz im Berner oberland
asnibaum = bair. ansbaum, ensbaum gilt, asle oder assel
konnte leicht hervorgehen aus asne (vgl. goth. asilus, lat.
asinus).
ASSORTIEREN ist wie sortieren und sorte jetzt eingebür-
gert, ein altdeutsches ohr würde durch den bloszen klang die ■
ser Wörter beleidigt worden sein, an allen ecken liest man
heute: wolassortiertes cigarrenlager, das fremde steht minde-
stens vornen und hinten noch deutsch eingefaszt. wenn ich
sie aber zusammen sehe, kann ich sie nicht für ein wol
assortiertes paar halten. Göthe 21, 147.
AST, m. ramus, goth. asts pl. astos, ahd. ast pl. esti, mhd.
ast pl. este, nhd. pl. äste, denn keine nachahmung verdienen
Flemings
halbbegrünte äster. 149.
allen übrigen deutschen sprachen geht in dieser reinen gestalt
das wort ab, weder ist es alts. noch nd. nt. fries. oder nor-
disch, denn das bei Biörn aufgeführte iastr ramus, wenn es
sich wirklich in alten denkmdlern findet, bildet den gen. iastrs
und sein ia würde gothischem i, ahd e entsprechen, wie das
norwegische ister salix (Aasen 197') bestätigt, das ags. ost
bedeutet aber nodus, nd. ost, oest, was freilich im sinne
von OS arboris, rami pars latens dem ast nahe tritt, beide
Verwandtschaften zugestanden liesze sich auf eine würzet istan
ast ustan cresccre, germinare (unterschieden von der bei art
vermuteten izdan azd uzdun?) rathen, .aus welcher alle diese
Wörter entsprössen, altn. äs trabs heranzuziehen, mahnt das
goth. ans ab, denn kaum stände asts für ansts, obschon ge-
rade ansts ;^a()ts altn. äst lautet, o^og aber, wenn aus oaroe
hervorgegangen, stimmte zu asts; man hat oaxoe, coaxos zu
erwägen, doch die wurzel vahsan, so geeignet ihr sinn wäre,
erreicht unser ast nicht.
Wie nun dem stamm der ast, entwächst dem aste der zweig,
erst dem zweige das laub, obwol sich sagen läszt ein belaub-
ter ast, stamm, bäum, da dem gröszeren alle kleinen theile
sich aneignen, ast ist der aus dem holz vorbrechendc wuchs,
ast stärker und dicker, zweig schmäler, dünner; ast kann durch
ramus, o^os, zweig durch surculus, xXäSos (golh. hlauts, ahd.
hlo;) übertragen werden, oben wurde arm gehalten zu ramus,
die äste dürfen arme, die zweige finger heiszen, Hesiod nannte
die hand na'vro^ov, fünfast. doch Ulfilas verdeutscht xkäSoe
immer mit asts, wie auch die vulg. ramus bietet, o^os kommt
nicht vor; selbst das orißaSas exonrov (lat. honies, ramos)
Marc. 11, 8 wird gegeben astans maimaitun, ahd. aber hiewun
zwig. T. 116, 4, und a/<s. streidun mid bömo tögun. Hei. m, 20.
dir zollt der ast, lautet es, mir nur der zweig;
du bist eines weitausgebreiteten astes jüngster zweig; wie ein
verlassen ast und zweig. Es. 17, 9j behieng an eim vei-wirr-
ten, kraspeligen ast. Garg. 25l'; am fürstlichen hofe wurde
Prinzessin Sophronie als mündel erzogen, sie der letzte zweig
ihres astes. Göthe 23, 137; dasz der orangebaum sich bald
über der wurzel in zweige trennt, die mit der zeit zu ent-
schiedenen ästen werden. 28, 201.
Fruchttragende unterscheidet man von falschen ästen, was-
serästen, Wasserschossen, unfruchtbaren auswüchsen. haupt-
äste, holzäste heiszen die stärkeren, aus denen die frucht-
zweige entspringen. Aber auch des astes, der getrieben hat,
spur im holz, im geschnittnen bret führt den namen ast (s.
astloch), und hier erreicht ast jenes ags. osl, den harten kno-
ten und knarren, wofür hin und wieder noch naSl, knast und
knost gesagt wird, im laut anschlagend zugleich an quast
laubbüschel, queste «nd quist, qvistr ramus. wie nest und
nidus, könnten also nast, ost und nodus sich genau berüh-
ren, alst für ast wurde oben 262 angeführt. Spee und andere
verwenden die form nast auch für den lebendigen, belaubten ast:
die bäum und nest bereichen sicli mit schatten;
da sauset auch so mancher nast;
girren und brechen der äste. Göthe im Foiwt;
ganz wie altn. iastr strepitus foliorum et ramorum, iaslra
slrepere, rauschen und sausen meint, astiges, knotiges holz
ist schwer zu spalten und fordert den keil : auf harten ast
gehört ein harter keil, von einem verwundeten, regungslosen
heiszt es: er blieb sitzen wie ein ast. Felscnb. 4, 83. er hat
einen ast, auswuchs, buckel; sich einen ast, buckel lachen.
Figürliche anwendung erfahren ast und zweig auf altes was
sich in spitzen und ecken lersprcitet, auf geschlcchler der men-
schen, thiere, auf das gefleckt der adem, die zacken des homs,
589
AST — ASTLOCH
ASTLÜCKE — ATHAM
590
auf ilrüme und flösse : in einer heiteren fläche, von der Maas
in mehreren ästen durchströmt. Göthe 30, 30.
nach esten faren. fastn. sp. 565, 31 bedeutet zu «aide fahren
und reisig holen, auf dem ast sitzen, im freien, ohne haus.
AST, »71. cultura, vom vorangehenden ast in der bedeulung
abstehend und vielleicht doch damit zu vereinigen, da der ast
spriesil und treibt wie die frucht des bodens. schon mhd.
dem walt und gerilde
ast und bonr ist undeHän.
kindh. Jesu bei Hahs 79, 6.
(den grund) in wesentlichem, guten ast erhalten. Erbacher
landrecht s. 97. 100. dasz hier keine Schreibfehler ßr art wal-
ten, Ihun die häufigeren belege hernach unter asten dar, ober-
flächlich würde art oratio, folglich cultura allerdings passen,
wir ermittelten jedoch ßr art natura, indoles oben ein goth.
azds, folglich ahd. ast = art, und es bedarf nur weiterer Ver-
ständigung, um die dort und eben bei ast ramus vorgeschlag-
nen vcrschollnen wurzeln izdan und istan zusammenrinnen zu
lassen, denn die ihnen zuerkannten bedeutungen von gignere,
generare und crescere, germinare vertragen sich sichtbar und
das skr. Tridh crescere wäre dabei kaum zu umgehn, Übergänge
in ardh ergäben sich von selbst, höchst beachtenswerth er-
scheint in der angezognen stelle die Verknüpfung von ast und
bau, weil auch ast ramus und bäum arbor zusammenstehn
und bäum ton bauen abieitel.
ASTBLÄTT, n. rameum folium.
ÄSTCHEN, n. ramulus, ramusculus, ästlein.
ASTELN, franz. ramifier: geästelet und geschärtelet auf
alle eck, wie die ähern am körn. Garg. 146'.
ASTEN, colere, in wetterauischen weisthümern : wer sein
gut nicht ast oder buwet. 3, 372. 393 ; der sein gut estet und
bauet. 3, 413 ; solche guter asten und bawen. 3, 456 ; einen
hof asten und under banden han. 3, 494; guter die er nit
selber astet oder buwet. 3, 495. einmal ist gesetzt: buwet
und eret. 3, 452. hof zu Elma, den itzunt Clas Kaihart ast
und bewet. urk. von 1472 in Brammerell laszgüter. Hanau
1790. 2, 95.
ÄSTEN, propagari, äste treiben, gewinnen, mhd. esten, sich
ästen, propagare se: ein tüchtiger meister weckt brave Schü-
ler und ihre thätigkeit ästet wieder ins unendliche. Göthe
37, 51 ; der alte stamm ästet sich zu einem ungeheuren nar-
renbaume. 36, 136; wie ein hirsch, der ohne rücksicht des
territoriums sich ästet, denk ich, musz auch der mineraloge
sein. Göthe bei Merck 1, 267.
ASTER, m. und f Sternblume, von astern kränze drehen.
GöKiNCK 1, 180. asterblume. Göthe 17, 410.
ASTHAKEN, m. uncus rami. Garg. 252*.
ASTIG, ramosus, nodosus: krumm und ästig holz, buch
der weish. 13, 13 ;
wie dem meerpolypen
häufige kiesel die ästigen g'lieder umhangen.
Voss Od. 5, 433 ;
in euer {der vögel) ästig Sommerhaus. Plate!» 19;
um schlanke päppeln oder um ästige maulbeerbäume. Stol-
berg 8, 129; ästige, knorrige dielen (nrf, ostige, nastige de-
len).
ASTKNORRE, m. im holt sitzende astwurzel.
ASTKRAHE, f eorvus comix, enlslelU entweder aus asch-
krähe, oder aster, agiasterkrähe.
ASTKREUZ, n. heraldisch, ein kreuz mit auswüchsen, ästen,
franz. croix clavel^e.
ASTLEER, ohne äste.
ASTLEIN, fi. ramusculus, dslchen.
ASTLING, ffl. junger vogel, der schon von ast zu aste fliegt,
zumal junger sperber und habicht, engl, brancher. es ist je-
doch schwer zu sagen, wie die begriffe ästling, näslling und
neslling {nidasius) hier in einander greifen. Sebiz s. 606 un-
terscheidet eslling und nistling : die estling sein die von einem
ast auf den andern fliegen und begerea nil hinweg zu kom-
men, s. nestling, nistling.
ASTLOCH, n. foramen nodi exemti in asseribus: die sonne
scheint durch ein aslloch ins dunkle breterhaus; wenn du
aus jedem astloch ein äuge stecktest. Schiller 181;
sieh plötzlich flauen ein täubrhen
aus einem astiocli empor, mit wandelbarem irefleder.
Chr. Ew. v. Kleist (1765) 22«;
er machte seinem offenherzigen reisegefährten nicht eine fuge
oder ein astloch in das Tcrhältnis mit ihnen auf. J. Paol.
ASTLCCKE, f dasselbe : in den bretern des verschlags eine
astlücke. Göthe 30, 220.
ASTLOS, der äste beraubt.
AST.MAL, n. knorre im bret. Claus narr. 1592. s. 458.
AST.MOS, n. hypnum.
ASTNARBE, f, durch abbrechen des astes im stamm ver-
ursacht.
ASTRENZ, f. astrantia: meisterwurz, kaiserwurz, magistrat
und astrenz. Hohberg 3, 456'. das ahd. astrenza wird bei
Graff 1, 503 ßr aristolochia angegeben, welche aber Osterlu-
zei heiszt.
ASTSTüMPF, ni. asthaken : henkt ihn an einen aststum-
pen. Hebel schatzk. 201.
ÄSTUNG, f. extensio ramorum : engstehende menschen und
bäume haben zwar einen schlankem stangenschusz, aber keine
Wetterfestigkeit, keine so reiche kröne und ästung, wie frei-
stehende. J. Pacl Tit. 1, 154.
ASTAOLL.
ASTWERK, n. complexus ramorum: der bäum hat ein
prächtiges astwerk.
ASTWURZEL, f. radix rami, die stelle im holz, wo der
äst ansetzt.
ASZ, ablaut von essen, mit langgedehntem a, wie vielleicht
schon golh. et, ahd. mhd. ag, altn. ät; schw. ät, dän. aad.
ASZ, n. esca, cibus, cadaver, mhd. äg (Ben. 1, 700): und
soln mit in bringen ir brot und asz. weisth. 3, 541; eichein
der sew asz, und bucheckern. Frank spr. 1, 130* ; ebenso hund-
asz, futter ßr die hunde, mhd. huntä;; baldrianwurzel zu
pulver gestoszen und mit semelmehl ein pappen oder asz
darausz gemacht, tödtet ratten. Tabernaemont. 568. dann aber
ßr cadaver, gewöhnlich aas geschrieben.
du schelmiges asz. fastn. sp. 255, 13;
und das gevogel fiel auf die asz, aber Abram scheuchet sie
davon. 1 Mos. 15, 11 ; feilet ein ochs oder esel hinein (in die
gruben) ... das asz aber sol sein sein. 2 Mos. 21, 34 ; so sei
er einen ochsen vergelten und das asz haben. 21, 36; die
Juden hatten eckel an den beiden umb irer götzenopfer und
blut und asz essen und hurerei. Luther 3, 520 ; ein eheweib,
die für und für krank und siech ist, und sie nur ein leben-
dig asz ist, als were sie todt. tischr. 317*; ein todt asz von
einem jungen kinde. 329'; Rom ist wie ein todt asz gegen
deii vorigen gebewden. 434'. vgl. atz.
ÄSZE, vcscus, eszbar, ahd. äji, mhd. aeje: äszes brot, pa-
nis grali saporis ; äszes fleisch, caro vesca. Steinbach 1,356.
im heuligen Schlesien geht das in die Vorstellung von schön
und angenehm über: äsze semmel, schmackhaße, äszes brot,
weiszes brot; ein äsze gesiebt, anmutiges.
ASZEN, praet. pl. von essen, goth. ^tun, ahd. mhd. 4jen:
drei gäns im haberstro,
sie aszen und waren fro. Garg. 91".
ÄSZIG, cibi appetens, esculentus, was äsig: ihr wollet mir
verzeihen, ob icht so äszig were, als es sich zimpt. Pauli
seh. und ernst 105*; also auch von dem fleisch, vom trank
und anderer speis, äszigs und unäszigs, guts, reines, böses
und wüstes. Paracelscs 1, 792" ; man wird desto weniger be-
trogen, wann man das vieh, ob es gesund, stark, äszig, wol-
gestaltet, milchreich sei, selbsten kennet. Hohherg 2, 274'.
AT, s. heimat, monat
ATAUBE, f
der taubenfalk ein teubin sliesz,
die ataub in ein läppen hiesz, '
darumb sie der meiispeier slach,
die hollaub bald ir mummen räch,
wiewol sie ward zu lod geschlagen,
die turteltaub thet traurig; klagen.
H.Sachs 1,426';
welche tnuhenart kann unter ataub, ätöhe gemeint sein? wie
wenn hier noch eine spur des goth. aliaks columba auftauchte?
ätaube ßr ahachtüba, wie im folgenden wort älum ßr aha-
tum.
ATHAM [atam], m. Spiritus, diese volle, dem ahd. ütam,
ätum nahstehende wortgestalt, hat sich bei alemannischen schrifl-
slellcrn, namentlich bei Keisersberc und Fischart oß erhal-
ten : dg sie kaum zeit haben ir zeit ze betten und den atham
zu nemen (a. zu schöpfen), omeisz 23'; der leuwe ist auch
ein heisz thier, sein atham stinket auch, geistl. lewe bl' ; der
heilig geist ist erscbinen in dem atham, da der herr sprach
nach seiner urstende zu seinen jungern und kücbet in ir
591
ATHEM
ATHEM
592
antlit. brösamlin 88" ; das ich wider atham hol. Garg. 33" ;
bisz das er wider atham holet, lll"; bisz der atham zu kurz
wird. 99'; seinen heiligen aliiam wol verbinet. 1C2'; atham-
vcrkaufer. 189'; und ihm den luft verschlug atham zu schöp-
fen. 233'; erstickt ohn atham. 262'; ohn hinder sich sehen
und atham holen. 270'; der (bechcr) darf so starken atham
nicht. 91*. von dem wort selbst gleich unter athem!
ATHEM [atem], m. Spiritus, halitus, ahd. ätam, alum (Graff
1, 155), mhd. atem (Ben. 1, 66'), alts. äthom, nnl. adem, ags.
ffidm, fries. ethma, adema, omma (Richth. 72l'); den nordi-
schen und der goth. spräche fremd, jene setzen dafür andi,
ande, aande (wovon oben unter ahnd), diese ahma. ne-
ben athem hat sich aber auch in der schrißsprache die ur-
sprünglich gleiche form ödem, neben dem nl. adem ein asem
erhalten, ödem auf der ausspräche von adem beruhend, asem
auf der zischenden von athem.
Schwerer ist es über die abslammung des worles selbst zu
urtheilen. Alle sprachen leiten aus den sinnlichen begriffen des
wehens, hauchens, blasens, athmens, da die seele dein men-
schen eingeblasen und wieder von ihm ausgeblasen wird, auch
die Vorstellung des geistes und der seele her. vom lat. flare,
halare, spirare bildet sich flatus, halitus, spiritus, doch nur
das letzte wird auf den animus bezogen, animus und anima
selbst fallen zu arjfit^und dem goth. anan, der würzet auch
unseres ahnden wie des altn. andi. aus nvslv flieszt nvev/ia,
ursprünglich hauch und luß, dann seele und lebcnsgeist. seit
durch das chrislenthum die abstraction des geistes gehoben
wurde, gewann selbst dieses neulrum 7tvev/ia persönliche kraß,
das goth. ahma geht nun zwar auf ahjan cogitare und aha
mens zurück {wie manna und manniska auf man memini), im
Untergrund aber musz dennoch ein verbum des wehens liegen,
das wieder an uT^fii stöszt. geist, ags. gast entspringt aus
gisan, goth. geisan, das vermutlich bedeutete bullire, spirare.
nach allen diesen analogien aber scheint in ätam, atum, des-
sen ableitendes m dem in ahma gleicht, dessen langer vocal-
anlaut zusammenziehung verrdth, nichts als ahatum, mit dem
sinn von flatus, enthalten, wobei noch das gr. azfiös rauch
und dampf, skr. dtman mens, anima in betracht kommen, zu-
gleich weisen diese letzten formen, dasz das ags. aedm der laut-
verschiebung strenger entspricht, als das ahd. atum, wofür
ädum, folglich ahadum = goth. ahj)ms oder ahj)ums stehn
sollte.
Eine Zeitlang schwankte die ahd. kirche zwischen ätum und
geist für den spiritus sanctus, bald aber waltete letzteres
vor, und schon mhd. erscheint dtem nie mehr in dieser ab-
stracten bedeutung. um so mehr darf dem nhd. athem insgemein
nur die sinnliche beigemessen werden, während sie umgekehrt bei
geist erlosch, ödem für athem wurde von Luther überall in
der bibel gesetzt und ist dadurch wie unter das volk auch in die
höhere dichtersprache eingegangen; doch behält allmälich wie-
der athem die oberhand. gottes lebendiger ödem durchdringt
die natur lautet poetisch; einfacher und darum besser setzt
man athem, denn niemand sagt odmen ßr athmen und die
beziehung zwischen athem und athmen gienge verloren.
Es heiszt nun tiefer und kurzer athem, leichter und schwe-
rer; starker und schwacher; freier, gehemmter, beklommener;
frischer, warmer, süszer, balsamischer athem:
lieber Weidmann sag mir fein,
was geht vor dem adeln hirsch gen holz hinein?
sein warmer athem fein,
gehet vor dem edlen hirsch gen holz hinein.
weidxpr. 65;
ihr süszer athem könnte einen kranken heilen; der athem
(and. ausg. atham) war recht balsamkräftig. Garj. 76'; im ge-
gensatz, ein stinkender, fauler, verpesteter, giftiger, unerträg-
licher athem; Dietrich von Bern hatte einen feurigen athem;
des drachen feuriger athem. athem haben = leben: so lang
ich athem habe, hofle ich, dum spiro, spero;
«0 wird die tochicr mir nicht sterben?
A. so lang ich athem habe, nicht. Schiller 231 ;
ich habe fast keinen athem, kann nicht mehr leicht athmen;
der athem bleibt mir aus, vergeht mir ; der athem geht leicht,
schwer, mühsam, ängstlich, gedrückt; warum geht mein athem
80 ängstlich? Schiller 198. druck, schwere, hemmung des
atliems: wenn ihrer Verschuldung masz auch nur um eines
nthcms schwere steigt. ScIiiller 287. athem drückt auch freien
athem, freiheit, aufhören des drucks aus : der feind zieht
ab, unser athem wird frei; Vaterland und guter im stichc
lassen, um nichts als athem und freiheit zu retten. Schil-
ler 858.
Auszer oder aus dem athem sein: du bist ja ganz auszer
athem, so hast du gelaufen ; sie war auszer athem und konnte
kein wort sagen. Gothe 20, 203; die verzückten Zuschauer
frohlocken sich fast auszer athem. 33, 20 ; du eiferst dich ja
ganz aus dem athem. Lessisg 7, 258; sich auszer athem re-
den, schreien, lachen.
In einem athem, hintereinander, ohne Unterbrechung, franz.
tout d'une haieine: in einem atheme. Lohenst. Arm. 1, 842;
in einem athem drei namen nennen; mhd.
ich nanie ir wol in einem ätemen viere. MS. 2, 128";
sie lacht und weint in einem athem ; du leugnest sie dreimal
in einem athem hinw'eg. Schiller 202' ; er schwätzt in einem
athem mehr als ich in zehn wochen. Lenz 1, 231 ; da sind bei
uns kapuziner andere leute, die können trauen und taufen
in einem athem. Arnim schaub. 2, 326.
Athem ziehen, schöpfen, holen, gleichsam aus dem brunnen
der brüst, aus der luß, spiritum ducere, haurire:
0 lag, berühmter tag,
den dis was athem zeucht, was künftig, preisen mag.
Gkvphiüs 1, 25;
solang ich den athem ziehe, werde ich deiner gedenken ; mit
dem athem ziehe ich wieder die luft des geliebten Vaterlan-
des; es schöpften aufs neue leichten athem diese länder.
Schiller 342; dasz in einer gi'oszen Stadt, in einem weiten
kreis auch der ärmste, der geringste sich empfindet, und an
einem kleinen orte der beste, der reichste sich nicht fühlen,
nicht athem schöpfen kann. Göthe 29, 87; wie wir die spa-
nischen besatzungen los waren, holten wir wieder athem. 8,
178 ; der graf liesz so auszerordentliche kenntnisse sehen,
dasz alle standen und kaum athem zu holen sich getrauten.
18, 239 ; endlich sah man von weitem eine laterne kommen
und holte frischen athem, allein die hofnung verschwand auch
wieder. 18, 255; auf der Rheinbrücke holte man noch frischen
athem, wie vor alters, und betrog sich einen augenblick als
wenn jene zeit wiederkommen könnte. 30, 327 ; wenn einer
von seinen frostigen beschäftigungen athem holen will. Lenz
1, 236 ; 0 lasz mich athem schöpfen an dieser brüst I Schil-
ler 192'.
Den athem lassen, von sich lassen, fahren lassen, aussto-
szen, aufgeben, von sich geben = sterben, exspirare, ausath-
men, goth. uzanan. der athem will nicht mehr zurück, e?i/-
flieht. den athem anhalten, an sich halten, einhalten, zurück-
halten, respirare, sich erholen; auch den athem schonen, sparen :
sparet den aten I fastn. sp. 877, 30 ;
wann ein böser gute schmäht, wann ein kind den wind verbläst,
gilt CS gleich, ob unten dis, jener oben athem läszt.
LocAU 2, 1, 94.
Einen in athem setzen, heßig anstrengen, laufen lassen, warm
erhalten : o geduld, ich will sie auch nur erst in athem setzen.
Lessing 6, 230; Melina überlegte, wie er noch geschwind durch
einige Vorstellungen den einwohnern des Städtchens etwas geld
abnehmen, zugleich die gesellschaft in athem setzen könne.
18, 243. in athem erhalten, nicht zu athem kommen lassen :
vertheidigungskunst . . . welche wenigstens dazu dienen konnte,
den angreifenden theil in athem zu erhalten. Wieland 15, 21;
ihr habt uns in athem erhalten, Weisungen. Göthe 8, 24 (42,
29. 262. gehalten); es werden wöchentlich neue opern gege-
ben, die meinen alten Winter sehr in athem erhalten. Bet-
TiNE 6r. 2, 11; sie scheinen getheilt, man musz sie nicht zu
athem kommen lassen. Göthe 14, 98; wo ein einfaches thema
auf die künstlichste weise durchgeführt, endlich durch sein
natürliches wiedererscheinen den hörcr zu athem kommen liesz.
29, 140 ; 0 lasz mich nur erst zu athem kommen ! athem
geben, luß geben, machen, erschallen lassen:
gebt athem allen kriegiischcn trompeten! Schiller 580;
ich will schweigen, denn wenn ich dem schweren leiden athem
gäbe, es würde dein groszes herz so tief durchdringen wie
das meine. Klincer 2, 418. gcgensatz, den athem rauben,
nehmen, benehmen: das nimmt mir den athem. den athem
verkaufen, damit theuer thun, ihn hemmen und sparen : da (an
fürstenhöfen) verkauft man den athem, schleift die Wörter.
Frank 2; zungendrescher, die den athem verkaufen. 30. Die
Sache ist den athem nicht wertli, den man daran setzen soll,
nicht werth, dasz man ein worl dazu spreche;
der raub
lohnt od des atheus uicbl, den man um ihn verschwendet.
Gott^hI, 241{
593
ATHEMUOLEN — AimiEN
ATHMEN — ATLASVORHANG
594
ich Terschwende den athem, wenn ich ihn auf andere mei-
nung bringen wollte, einem den athem versetzen, beengen : der
Schwefel lersetzt mir den athem, athemversetzende träume.
ATHEM BAR, spirabilis: athembare lufL
ATHEMHOLEN, n. halilus, athemsug:
mein hiersein
ist athemholen unter henkersband. Schillbk.
ATHEMHOLUNG, f. pers. baumg. 8,11. nn/. ademhaling.
ATHEMKRÄFT, /. vis spirandi:
verschwinde mir des lebens atbemkraft. Göthb 41, 87.
ATHEMLOS, auszer athem:
bedöcket
von meiner Sünden flut, die mächtig, streng und gron
mich überwältiget, dasz ich schier atbemlos.
Wkckherli.n 151 ;
hüben die band und lachten sich atbemlos.
Voss Od. IS, 100,
yt>Uj> ix&avov, wie es heiszl, vor lachen sterben, sich todt
lachen, atbemlos kann auch entseelt, todt meinen, sich atbem-
los laufen ; athemlose stille, athemloses schweigen, dasz man
nicht einmal athmen hört, in der Schweiz ist atbemlos unbe-
haglich, untro/. Stald. 1, 115.
ATHEMLOSIGKEIT, f.
ATHEMSADER, f. pulsader: ein ufgeschwollen fleisch, wel-
ches da ist gleichsam als ein unterlag unter den atherasadern
und unter den andern blutadern. THCRXEissERmajn. a/cA. 2,111.
ATHEMSWERKZEUGE, vasa respirationis.
ATHE.MVERKALTER, m. nennt Fischart Garg. 189' sack-
pfeifer, die für geld ihren athem terblasen.
ATHEMZIEHE.N, n. athemholen:
nur einen kleinen Seitenblick
beim athemziehn. Wiela^ds Klelia 1, 173.
ATHEMZUG, m. nn/. ademtogt, aamtogt : ein leiser athem-
zog; der letzte athemzug, abschiedshauch ,•
ganz war mein herz an deiner seite
und jeder athemzug für dich. Göthe.
ATHEMZtNGLEIN, n. epiglottis.
ÄTHER, m. die reine, höhere luft, der himmlische luflraum,
chemisch, ein flüchtiger, geistiger stof. Vossens verdeutschungeti
haben das fremde «ort gangbarer gemacht vnd man bildet damit
eine menge Zusammensetzungen tcie ätherflur, äthermantel, äther-
harfe, ätherkreis, ätherrein, die ßr unsre spräche ohne aerth sind.
Klopstocs setzte in seinen öden heitre (serenitas) ßr äther.
ATHMEN, spirare, halare, bei Lohesstei:« Arm. 1, 34 noch
atbemen, ein und aus alhmen.
l) intransitiv, leicht, ruhig, schwer, unruhig athmen; so-
lange ich athme, lebe; er athmel noch, lebt noch;
noch athmest du {kiad), frei von der erde sorgen.
GOTTEB 1, 173;
und furchtbar musz Orest, so lang er athmet, sein. 2,29;
ach mit ofnen armen stand ich gegen den abgrund, und ath-
mete hinab! hinab! Göthe 16, 152; wir in reichen geboren
und athmend (lebend), welche sich beständig an einander rei-
ben. Kli.nger 10, 4 ; under disem last ahtemen. Weckrerl. 467 ;
frei athmeo macht das leben nicht allein. Göthe 9, 7;
ein eigentlicher lebemann, der firei und practisch atbmet, bat
kein ästhetisches gefühl. 6, 73 ;
zerrissen ist der bnnge Schleier,
der UD?crn bund der weit entzog,
und deine Lyda, Ileinrich, athmet freier.
GOTTEB 1, 2S7.
flter nicht blosi menschen oder thiere athmen, auA der übri-
gen natur wird ein athmen, gleichsam duften, wehen, leuchten
beigelegt und selbst abstracten Vorstellungen:
und der morgen athmete kalt.
Klopst. Hess. 7,54. 14,20;
und es wehete schon leise, als athme der morgen vor der
sonne her. J. Paul fiegelj. 3, 130 ;
* tü&z, wie die athmende \utl {»pirant ner).
GöTBK 16, 173;
wie atbmet rings geflibl der stille. 12, 139;
und rosengedüft ... atbmete ringsum.
Voss weihe an Slolberg 16 ;
Mirjam, sein äuge verlischt und schwerer athmet »ein leben.
KtopsT. Steis. 10, 507;
lieder, aus denen Zufriedenheit und ruhiges vergnügen ath-
mele. Wielasd 6, 91 ; seelenvolle melodien, aus welchen schöne
gefuhle athmen ; aller deutschen dichter, in deren werken der
geist der unvergänglichkeit athmet. 1, it ;
in deinen äugen athmete beredsamkeiu Putkn 165.
2) transitiv, wie auch lat. spirare aliquid:
wenn ich dies frische leben regsam athme. Klopst. 2,94;
nur einzelne kalte wort atbmete sie. 7, 19 ;
gleich einer hebten wölke mit goldnem säum,
erschwebt die dichtkiinst jene gewölbte höh
der heitre, wo, wen sie emporbub,
reines gefühl der entzückung athmet. 2,25;
doch, was er noch athmete, waren
fluche wider sich selber, dasz ihn ein schauer so täusche.
Hess. 6, 326 ;
aller, die sterbhchkeit athmen. 16, 14S;
in einem hause, wo alles freude athmete. Wiela>d 1, 75 ; zu
den füszen einer lauter liebe und wollust athmenden Danae.
1,257; ich athme reine luft, freiheitsluft, freiheit;
es athmet der bain •
balsamische düne. Gottes 3, 431 ;
nichts ist bezaubernder als der eintritt in diese heiligen mauern,
alles athmet ruhe. 3, 10 ; ihre stille bescheidenheit athmet eine
liebevolle begierde. Göthe 19, 78; er soll freier luft athmen.
7, 133 ;
und eine frische gäbe, die auf langer fart
beklommnen reisenden erfrischung" athmet. 9,381:
mir schlug das herz, ich athmete turnier. 41,268;
aber kühnheit athmend . . zogen die Griechen.
BÜRGER 206*.
aus dieser fügung entspringen die Zusammensetzungen: blut-
athmend, himmelathmend, liebeathmend, racheathmend, rosen-
athmend, wollustathmend 6ei Wieulxd, wellenathmend bei
Göthe.
Beide ausdrucksweisen können einigemal tauschen: in dem
garten athmet es stille, oiier der garten athmet stille, auch
läszt die intransitive weise sich der transitiven oß gleichstel-
len, sobald man den acc. Infi hinzudenkt, vgl. ausathmen,
einathmen.
Ganz transitiv wurde athmen in einem jetzt erloschnen sinn
gebraucht ßr trocknen, der luft aussetzen: darumb man auch
ofen und spor wol abdrücknen, athmen und abderren lesset,
damit im gestübe nichts feuchtes bleibe. Mathesics 148*.
ATHMEZE.N, frequentativ des vorigen, anhelare, in einem
rocab. von 1429 bl. 24' admiczen spirare, im vocab. ine. teul.
atmeatzen. ahd. ätumazan, atimizan. Graff 1, 156'.
ATHMIG. auszer athem, schwerathmend , nnl. aamachtig:
hartschlechtig, herzschlechtig, bauchschlechtig oder athmich.
dise vier krankheiten ist alles ein ding, allein das sie mit dein
namen unlerschidlich, ist aber vil heftiger als wann ein res
einen schweren athem hat, dann über das keuchen, trensgen
(traurig schreien, trensen) und husten, so laszt es noch einen
rauch und dampf aus den .naslöchem, erhebt die brüst, schlecht
in die flanken, und ist in summa eben die krankheit, so man
wälsch puisive nennt. Selter rosarzn. 19. offenbar wird aber
hier dem deutlichen wort athmig zu viel aufgebürdet.
ATHMUNG, f. respiraiio, nnl. ademing. man hört wol ath-
mungsbeschwerde, athmungsnoth. rechnet die wenige athe-
mung (lebensfrist), die ihr noch habt, theuer, selbige wol an-
zuwenden, pers. baumg. 9, 1.
ATLAS, m., gen. des atlasses, pl. die allasse, ein glattes,
rauschendes seidenzeug, pannus subsericus. atlas arabice gla-
ber et cinercus, seu ad nigrum colorem Verdens, eodem no-
mine denotatur tramoserica vestis propter glabritiein. Htde
ad Perilsolii Hin. mundi p. 23. seit dem 16 jh. unter uns gang-
bar (s. atlasseckel), Hemsch 137, 25 schreibt attlasz ;
von reichem atlesz jeder segel. Wecuihl. 568L
ATLASAPFEL, m. pomme salin.
ATLASRAM), w.
ATLASERZ, »i. malachit.
ATLASKLEII), ri. Göthe 17, 254.
ATLASMLCKE, f tipula sericea.
ATLASSECKEL, m.
an iden fanen dazu benken
ein atlasseckel und darinnen
fiünf denkpfenning, solchs lang zu sinnen.
Fischart gl. seh. 970.
ATLASSEN, tericeus : ein atlassen band, kleid. bei Hknisci
aüasin.
ATLASVORHANG, m.
38
595
ATLAS WEBER— ATZ
ÄTZBRET — ÄTZEN
596
ATLASWEBER, m.
ÄTSCH, interjeclio irridentis, gedehnt und gezogen auszu-
sprechen, im zeilverlreiber 1668 s. 235 etscb ! , schwäb. ätsch,
ätschi, ägschägst! (Schmid x. 12); scheint in der Schweiz, in
Ostreich und Baiern unbekannt, denn Sciim. 1, 130 verzeichnet
es blosz aus Franken und Schwaben; Wetterau und Hessen
kennen es, in Thüringen hört man itsch! gewöhnlich begleitet
den ausruf noch die gebärde des rübcschabens, in l'oscana ru-
fen die kinder bei ähnlicher gebärde lima! limal die wciber
und mädchen werfen einen blick auf Tbryaiiis, als ob sie sa-
gen wollten ätscb! er bat uns aucb scbün gebeiszen. VVie-
I.AND 19, 309. vgl. ausätscben. dem neckenden ausruf ätscb
verwandt in der bildung scheint der schmerzensausruf autscb,
und da früher für ihn bloszes auscbl erscheint, tiesze sich
auch äscli mutmaszen und an aiscb, hdszlich denken. Stalder
1, 346 hat ein escbelen schrnollcn.
ATTER, /■. vipera, coluber berus, für nalter, goth. nadrs,
ahn. nadr und nadra, ajid. natra, wie viele andere Wörter n
dem anlaut bald zufügen, bald nehmen; nnl. addcr f
so pfif sie mich an wie ein alter. H. Sachs I, 449';
die altem bannen, den wurm segen. 1,532';
lieb hat oft rechten anefang,
das wert ein zeit und docli nit lang,
so wird sie giftig als ein atter. III. 3, 4';
0 du giftige, mördische alter! 111.3,79';
giftig altern und schlangen. V, 47*;
ein taube auer. V, 47';
auch manche krot, äder und schlang.
ScHMELZL lobspr. 79.
Luther schrieb Otter (was man sehe), wodurch sich natter und
oUer (lutra) schädlich mengten, darum wird heule natter allge-
mein vorgezogen.
ÄTTER, fl. campus, statt des üblicheren etter (w. m. s.):
Cbristus bat inen (den aposlcln) das älter witer gemacbt, da
er zu inen am tage der urstände sprach : wie mich min vatcr
gesendt bat, also send ich ucb. Zwingli 2, 311.
ÄTTI, m. paler, avus, statt des goth. atta, ahd. atto, mhd.
atte (Haupt 1, 25) begegnet in späteren schwäbischen, schweize-
rischen quellen stets die umgelauletc, auch im i der letzten
silbe begründete form; gehl sie auf ein ahd. attio, ettio neben
atto zurück ? bair. der ätt, ätten = ätt, ättn (Sciim. 1, 126) :
so da; chindel wirl von not
singent älli, gib mir proll ring s. 99, 27;
ir alten minne und eilen
ir sulient vasicn und sullent betten, namenbuch 112;
eins ist din minne, eins ist din eile. 120;
jo fünf Schilling nam din lieber eile,
die verspielt er nebten im breite. 125;
hinüber zu dem tauben eilein. fastn. sp. 96, 33;
das wisz ros,
das min elti allweg in die stad in Iruog. 822, 17;
die jungen wiber, die COjerige mann haben, dieselben spre-
chen 'wo ist der ett? wellen ir zum etten? der ett ist dob-
nen'. Keisersb. posl. 1, 21. 22; ein snn oder ein tocbler die
sprechen 'wo ist mein ett? wo ist mein minn?' nit sprechen
sie 'wo ist mein vatter?' oder 'wo ist mein muter?' das soll
nit sin, ist ungeschaffen, nit eererbietlich. 2, 64. 4, 37; (die
mütter) lehren sie (die kinder) dem vatter, den sie sonst nicht
kenten, ette rufen, das schmutzbändltn reichen. Garg. 68* ;
der alt etti war auch schier verzagt. Frey garteng. 75*. im
armen mann von Tockenburg ist ätti gleichbedeutend mit vater,
groszülti mit groszvater.
ATTICH, m. sambucus ebulus, ahd. atuh, atah (Graff 1, 153,
der nur ungehörig das nicht verwandte ags. ätih zizania heran
zieht); wol aus atcre'a, aitr^, flieder, hollunder, falls es ihm
nicht urverwandt und assimiliert ist aus abtib, ablab. Schnurr
16G4 p. 228 ; hollundcrattich. HoiinERC 1, 249*, sonst auch acker-
holunder: über mauern wirft sich der attig lebhaft herüber.
GöTHE 27, 35. attig für atlich, wie cssig, billig u. a. m. für
cssicb, billicb.
ÄTTICH, m. tabes, fcbris hectica, der fressig eltich, atlich,
das freszßeber, die zehrung, auszehrung. scheint entsprungen
aus ixTixöe. vgl. Tuui.kr 162 und hernach atzinann.
ATZ, m. cibus, nahverwandt, in der form aber verschieden
von asz. die Icllerschlecker soll man umb den atz üben.
Garg. 131'; dann solcher alz und wanne brü erweicht den
Schweinen auch die andere speise. Seriz 131 ; alz und j.'lger-
zcbning. Stieier 901. AnEi,u?(C setzt ein f. alz an, wofür keine
belege zuhanden sind.
ÄTZBRET, n. gerät der kupferstecher zum ätzen, s. ätzwiege.
ATZE, «1. asinus, aus esel gebildet in der weise von Matz,
Götz, Lutz, Fritz:
und bell mich albeg für ein atzen,
und heiszt mich sletigs schanlkatze. fastn. sp. 47, 16;
in welchem sinne schon Walthers G^rhart Atze 82, 18. 104, 7
genommen werden könnte.
ATZEL, m. oniscus, statt des üblichen assel.
ATZEL, f. sehr gewöhnliche, trauliche form für agalaster,
eisten ein wagen vol holzes, schwer und vol und übel ge-
laden, das ein atzel aufrecht dardurch gefliegen mag. weisth.
1, 523 ; ein atzel in eim keffig, die spottet iederman und kan
reden, wie man sie gelert bat. Keisersd. omeisz 23' ; der ge-
scheiden atzlen sind dennoch ir eir gestoln. Frank spr. 1, 86';
ein atzel oder agalaster. Kirchhof wendunm. 185' ; die atzel
sprach zu einer tauben. B. Waldis 2, 37 ; bachstelzen, atzein.
Fischart groszm. 54 ; man musz einmal der batzel die ent-
lehnte federn ausrupfen. Lehmann 21 ; die atzel läszt das
hüpfen nicht. 28. man gebraucht auch atzel für perücke, deren
haar bunt aussieht, wie das geßeder der eisler; aus demselben
grund scheint perruque nach dem bunten papagei (perroquet)
oder der papageiin (perruche) zu heiszen.
ATZELN, bunt machen, bunt sein? ein atzlet gemüt, eine
hierhin dorthin schwankende Sinnesart. Keisersberg, oder adj. ?
in Schlesien bedeutet mich atzelt, ätzeit : gelüstet nach einer speise.
ATZELWERK, n. geschwälz, geplauder.
ATZEN, in doppelter bedeutung,
1) vesci, comedere, abweiden: so aber die gersten erwach-
sen, haben die vier dorf der mark, nemlich groszen Garben,
klein Garben, Burggrevenrod und Kaichen samphaft mit ihrem
vehe, kühen und pferten dieselbige frucht geatzet. Carber
markbuch von 1643.
2) cibare, speisen, beköstigen, nach gesetzlicher aufläge: die
nach Aquitanien und Septimanien entflohene Spanier wurden
nicht härter als andere freie leute tractiret, sie durften nur
die wachen auf den grenzen thun, die königl. commissarios
atzen und beherbergen, mit Vorspann oder andern notbwen-
digkeiten dienen, davor sie von allen übrigen dienstlasten
exempt waren. Hahn 1,101; Hcnricus wurde auf seinen reisen
von herzogen, grafen und bischöfen aufgenommen, bedienet
und nach seinem höchsten königl. stände geatzet oder bewir-
tet. 2, 36. s. das folgende.
ÄTZEN, goth. atjan aus itan, ahd. ezan aus ejjan gebildet,
das z und tz durch das nachstehende i geschützt, wie in setzen,
goth. satjan. zwei hauplbedeutungen,
1) pascere, cibare, ^ allicere, füttern, durch speise locken, gilt
zumal von vögeln, wofür wir s. 279 schon ammen kennen lern-
ten : Vögel lock machen und ätzen. Garg. 249' ; dasz Christus
uns, da wir noch nicht flück waren, geätzet habe, bienenk. 99';
die w.Tohtcl liesz sich
aus den lippen der trauten wirlin ätzen. Rasler 1, 19;
tödtet ihr die vögel die ihr fangt? wies kommt, die meisten
ätz ich auf meiner kammer. Fr. Müller 3, 65 ; unter und ne-
ben ihm riefen und llatlerlen die kanaricnvögel, Singdrosseln,
Anken und nachtigallcn und die geätzte brut schlief gedeckt
unter der brücke. J. Paul Tit. 2, 50 ; gepaarte tauben ätzten
sich vor liebe. 2, 219. vgl. anätzen, aufätzen.
Dann auch von menschen: lieber, lasz meine Schwester Tha-
mar komen, das sie mich etze. 2 Sam. 13, 5; goll hett die
Juden geätzt, gespiset und getrenkt. Keisersb. post. 2, 25 ;
gott etzete den Jacob mit dem cinkommen des ackers. Acri-
COLA spr. 80; den leib etzen und trenken. 130;
CS hcit ein weih ein kleines kind,
wie rnan derselben noch wol lindt,
das kundls mit cizen oder scugen
von seinem weinen nimmer schweigen.
II. Waldis Eso/j 1,86;
der studier, der den gast auf piirpiir hingcsclzet,
und alles sucht und walill, was lellerlerker »izet.
IIaokdorn 1, 26;
(der knabe), wenn er nicht immer geätzt wird, sich erbost.
Wieland 24, 251 ;
und uns mit ntlschereien filzen,
bis uns der sinn l'ür sie gebricht. Stolurc 9, 335;
den herzpolypen er so gut wie ich den meinigen mit kaltem
kaffee grosz geätzel. J. Paul uns. löge 3, 40; dasz die edio
menschliche seclc den körper warten und ätzen soll, teufels-
pap. t, 35.
597
ÄTZER— AU
AU— AUCH
598
2) mordere, rodere, sculpere, bäzen, d. i. beiszen machen :
dem Petrus waren löcher in den backen, das die zäher im
also auf atzten. Keisersb. seh. der penit. S6; ein hauptmanns-
fluch etzt durch neun hämisch. Garg. 244';
ich will zwar ihr gemüt aus dem peschenke schätzen,
dies wort doch, das sie hesz auf dieses silber eizen,
ist was den kränz recht ziert und mich allein erquickt.
Grtpbiüs 2, 3S6;
insonderheit sind in Frankreich
beid alt und neu krieger zugleich
oftmals so eeaizi und gefangen, •
wenn ihn die proviant entgangen, /roichm. 3, 1, 14;
und dieses alles mahlte sich
so unverkennbar in geberden, mienen, Zügen,
als hau ihm auf die stirne sichtbarlich
natur geätzt: kehr ein mit deinem trosz vergnügen!
• GoTiER 1, 321 ;
Verwünschung dessen, der gefühl und recht verletzt
hat weise die natur in Jede brüst geätzt. 2, 112;
ich kenne meine pflicbt,
und ewig hat natur sie mir ins herz geätzt. 2,343;
es ätzte sich in dein herz am tiefsten, dasz gerade dein trener
Emanuel noch glaubte, du würdest von seiner freundin ge-
liebt. J. Paul Tit. 2, 241; das ätzende sublimat seines Spot-
tes. Tit. 1, 39. dies ätzen gilt heute zumal vom einfressen-
lassen durch säure und scheidewasser in kupfer, glas u. s. ic.
die platte ist sorgsam geätzt, nur halb geätzt.
ÄTZER, ni. nach den bedeutungen des ätzens ein speiser,
fülterer, ein künsller, der in kupfer einätzt : der mann ist ein
geschickter ätzer, liefert schön radierte blätter.
ÄTZERIN, f.
tochter der Zeichnung, wie es die maierei und des bildners
kunst ist, ätzerin, die mit dem stähle gestallen in erzt gräbt.
Klopst. 2, 236.
ÄTZGRO'D, m. wachsüberiug der kupferplatte.
ÄTZKRAFT, f.
ÄTZLAUGE, f.
ATZM.\iNN , m. phthisis, Schwindsucht, personißciert : der
atzmann hätte mich ohnehin an die kehle gegriffen. J. Paul
Tit. 2, 94. rgl. ättich, eltich.
ÄTZNADEL, f. radiemadel.
ÄTZPFL.\STER , n. ziehendes, dlzendes: der argen etzpQa-
ster. H. Sachs IL 2, 65'
ÄTZPLATTE, f am dritten tage gieng er, dessen gesiebt
eine ätzplatte des Schmerzes war. J. Paul uns. löge 1, 4S.
ÄTZPULVER, n.
ÄTZSTEIN, n>. höllenstein, wundheilend.
ATZUIS'G, f. cibus, alimentum:
ihr als gaste guter art
kamt nicht her um atzung. Voss.
atzunge wird oft in den weisthümern als ein bestimmtes recltt
genannt, das dem herrn auf futler und mahl bei den unter-
thanen zusteht, z. b. 3. 471. 479. 4SI. 494. 542. 546. 567. 577, rgl.
RA. 360 und Bex. 1, 760. je nun, von solcher atzung kann
auch wol eben kein feiner geist in die dickköpfe kommen.
.Moser patr. ph. 1, 159. es bedeutet aber auch futler für die
vügel: sie (die adler) waren ausgeflogen atzung zu holen.
NiEBUHR rüm. gesch. 1, 547.
ATZUNGSBEFEHL, ni. alles v»as von hofe käme, erschliche
spann- und alzungsbefehle. Moser 1, 225.
ATZUNGSREICHUNG, f. alimentatio: dem arrestbegehrer
die gebührliciie ätzungsreichung auferlegt. Abele 3, 109.
ÄTZWASSER, n. ätzendes wasser.
ÄTZWIEGE, f was ätzbref, auf welchem die mit scheide-
wasser begossene kupferplalte gewiegt wird, damit das wasser
gleicJimäsiig und nirgends zu stark fresse: manche Schreiber
machen die wiege eines beiden zu dessen ätzwiege und giesz-
grube. J. Paul vorseh. der aesth. 2, 113; die bruttafel und
auwiege glorwürdiger regenten. uns. löge 3, 141.
Aü, diphlhonq. da nach dem ältesten lautgesetz unsrer spräche
au und ai sich in ganz gleicher läge befinden und au zu u
steht wie ai zu i, sollte nhd. eigentlich so wenig ton au als
von ai die rede sein, mindestens nach der reinen ahd. und mhd.
Tegel gibt es gar kein au mehr, sondern an die stelle des golh.
au ist ou oder dessen Verdichtung in (> getreten, nhd. aber gilt
nun wieder au neben o, nemlich in- und auslautend vor tocalen,
vor m, b, f, g und ch : hau, thau, frau, aue, schaue, hauen, ver-
dauen, tmuen, schauen, bäum, säum, träum, zäum, iaub, raub,
ücbaub, stauh, taub, glaube, zauber, kauf, raufen, augc, lauge,
taugt, auch, gauch, lauch, rauch, o hingegen Irin ein vor n,
r, ch, b und sämtlichen lingualen : bohne, höhn, lohn, schon,
schone, frohn, fror, verlor, ohr, röhr, hoch, floh pulex, floh
fugil, zog = zoh, lohe ßamma, hode, tod, bot, brot, loth,
nolh, roth, blosz, ambosz, verdrosz, flosz, gosz, grosz, losz,
genosz, schosz pr. von schieszen, schosz gremium, schlosz,
sprosz, sprosse, stosze, slosz, bosheit, kose, los, osten, ostern,
kloster, rost, trost. auszerdem auch in den praet. schob,
schlof, trof, bog, log, trog, roch, welche mhd. lauteten schoup,
slouf, trouf, bouc, louc, trouc, rouch, während die nhd. subst.
staub, schaub, traufe, rauch den diphlh. festhalten.
Abgesehn aber von diesem au = mhd. ou hat der nhd. di-
phthong noch eine weit gröszere ausdehnung auf das mlid. ü
empfangen, ähnlich, nicht gleich dem wandet des mhd. i in nhd.
ei, überall, welche consonanten auch nachfolgen mögen : bau,
sau, faul, gaul, maul, kaum, räum, schäum, daume, gaume,
pflaume, braun, zäun, laune, raunen, staunen, auer, bauer,
lauer, mauer, sauer, schauer, Iraner, haube, taube, traube,
klaube, auf, häufe, saufe, sauge, bauch, brauch, hauch, Strauch,
schlauch, stauche, tauche, rauh, braut, haut, traut, laut, laute,
Staude, aus für ausz, strausz, braus, daus, haus, laus, maus,
saus, klausp. organischerweise hätte statt dieses au = ü vielmehr
eu, analog dem für 5 geltenden ei, sollen eintreten, wie auch
nnl. ui = eu gilt, vgl. gesch. der deutschen spräche s. S43.
Zwischen beiderlei au macht unsre heutige spräche keinen
unterschied mehr, löst man sie aber auf in niederdeutsche laute,
so erscheint ihre ursprüngliche Verschiedenheit, da für das erste
au ein o, für das andere ein u vortritt: bäum icird bom,
räum wird rum. Dennoch ist einzugestehn, dasz dieser di-
phthong au helle zugleich und liefe in die nhd. spräche gebracht
hat und wir seiner auf keine weise verlustig gehn möchten, s. äu.
AU, ein schtnerzensruf, dem sich schon mhd. wie heute ein
we zugesellt, in welchem eigentlich die Vorstellung des leides
und wehes liegt, au scheint also aus dem vorangestellten
ruf 6 diphthongisch entfaltet, mhd. ouwe Wh. 5S, 21 für owe
Parz. 8, 25. 28. 9, 26. 10, 18; ouwS gieng von selbst über in
nhd. auweh, wenn schon die casus sangall. bei Pertz 2, 98 au
we mir we haben, so waltete hier wie in andern ahd. denkmälern
au ßr ou. Göthe wie er den wehruf ai gebraucht, setzt auch
au ohne gelcit von weh: au au, ich liege schon unten! 14,
79 und ein heftig ausgestoszner schmerz hätte kaum zeit zum
anhang. s. aubeia, aubi, auweh, autsch.
Aü, f. abgestumpftes aue, pratum, campus, ganz gleich dem
durchgedrungnen frau, schau /". fraue, schaue, auch brauchen
wir es stets so it\ den Ortsnamen Grünau, Ilmenau, Lindau,
Meinau, Nassau, Rheinau, Schönau, Wetterau (und Glogau,
Spandau, wo doch sl. ow unterliegt); schon Ottocar hat im
reim enou (f. enowe, enouwe) 61'; Na^^ou: herschou. 731.
darum untadelhaß bei Fischart: schwäbisch au. Garg. 174",
oder bei Güthe:
wie Feld und au
so blinkend im thau. 1, 88.
vgl. aub, aue.
ÄU, Umlaut des vorhin geschilderten diphthongs au: bäum
bäume, räum räume, mhd. hingegen wurde der umlaut des ou
durch öu, des ü durch iu bezeichnet: loup löuber, stoup stöube-
lin, gouch giiuchelin; brön briunen. hfts hiuselin, müs miuse.
heute einförmig Iaub läublein, staub stüublein, braun bräunen,
sausen säuseln, maus mause, wo der umlaut ungefühlt ist,
Inil sich oß noch eu behauptet: freuen, streuen, seule, ana-
log dem e statt ä. einigemal entstellt in ei: ereignen/", erüug-
nen. nieAr davon unter eu.
AUB, f. was au, auw, aue, mit b ßr vi:
eröfiie doch got deines herzens aub. Wbckbrrlin 309.
AUBEIA , ausruf bei Fischart für auweh, auweih, in erwi-
derungen: aubeia eia, sagt Kampfkeib, laszt euch disz nicht
grawen. Garg. 233'; aubeia, antwort der mönch, es hat sich
wol gearzet! 249*. klingt darin eia nach? s. hotteia.
AUBI, der vorige ausruf: aubi unser! Witze.nb. 161; aubi
meiner! 258; aubi ja! 277.
AUCH, conjunclion, etiam, quoque. goth. auk, ahd. ouh,
mhd. ouch, alts. 6k, nnl. ook, ags. eäc, engl, eke, fries. ik.
man darf die durchsichtigkeil dieser partikel nicht fahren las-
sen, wie Graff 1, 120 thut, offenbar hängt sie zusammen mit
goth. aukan augere, ahd. ouchün, ags. eäcan, altn. auka, und
soll ausdrücken, dasz in der rede noch etwas hinzugethan
werde, wie sich deutlich ergibt aus dem ags. t6 eäcan tn-
super, von eäca, fries. äka additamentum, altn. at auki, so
wie aus der ags. fast praepositionalen anvendung eines tic
bei Zahlwörtern: gar |>at sixte eäc feovertigum meint das sechs
38*
599
AUCH
AUCH
600
und vierzigste jähr, das sechste zu vierztgen, über vierzig hin-
aus. Mit der Vorstellung und wird verknüpft, mit a u c h hin-
zugefügt, man könnte und eine erste, auch die zweite anfügung
nennen, doch in allen sprachen laufen beide partikeln inein-
ander, berühren sich auszerdem noch mit andern conjunctionen.
immer aber ist bei auch der begrif einer zuthat, eines dazu-
kommenden anzunehmen.
Dem lat. et {und) steht etiam (et jam, und noch) unmittel-
bar zur seile, den begrif auch kann aber bloszes et ausdrücken;
ebenso entspringt mit dem sufßx que ein quoque {ad id, to
eäcan). 7iichl anders bedeutet das gr. y.ai bald und, bald auch :
xa?.6s xai aya&os, ov fiavov . . . alla xai, non solum, sed
et; xai ov sl ixsivcav, xal av rexvop; auch du bist einer
von ihnen, auch du mein söhn? es darf aber 5^ oder te an-
gehängt werden, xai Sr], xal re, oder re vorausgehn re xai.
das litt, h; lett. ir, ar bezeichnen sowol und als auch, irgi,
arri und auch; das litt, bey ist mehr und als auch, die sl.
sprachen unterscheiden ihr i und von tako auch, russ. takzhe,
poln. takze, böhm. take, worin gelegen ist sie, ita, das auch
im franz. aussi, engl, also, isl. ogso f. oks\a, schw. ocksä,
ddn. ogsaa erscheint.
Zwar das goth. auk drückt in der regel aus yaQ oder os,
zuweilen xai, jah auk xai yaQ, wie lat. et übergeht in ete-
nim, denn yäq oder enim enthalten wiederum den begrif einer
zufügung, eines anhangs. dagegen steht das wörtlich unver-
wandte goth. jah beides für et und etiam; diesem jah möchte
7nan altn. ok und og, schon des kurzen vocals wegen lieber
gleichstellen, als dem auk, es bedeutet et und mit sva {sie)
verbtmden oksvä, ogso etiam. Schweden unterscheiden och
und von ock auch.
Von diesen allgemeinen betrachtungen, die sich noch weiter
verfolgen lieszen, wenden wir uns zum nhd. auch, das von
selbst manchen rückblick auf die ältere spräche gestatten wird.
1) in auch liegt ein zusatz, der weniger erwantet wurde,
als die durch und ausgedrückte anknüpfung : himmel und erde
gehorchen ilim, auch die hölle; die ganze familie erklärte
sich zu beitragen bereit, auch die diener; es könnte heiszen
himmel, erde und hölle, familie und diener, aber das auch
hebt einen unterschied heiror. wie und zwei Wörter verknüpft,
fügt ihnen auch häufig noch ein drittes hinzu: ich und du
wir sind da, auch er ist da ; vater und mutter kommen, auch
das kind kommt; es scheint dir und ihm so, auch mir {xai
ufia ifioi) ; mit äugen, mund, auch anmut der gestalt {voce,
motu, forma etiam magnißca); über feld und wiese, auch
durch den wald schweifen; reichlhum und ehre, auch ver-
gnügen, alles ist eitel. Es braucht aber nur ein begrif vor-
herzugehn, dem sich mit auch der zweite hinzu thut: die
thür war einfach von holz gearbeitet, auch der riegel hölzern;
ein grüner hut, auch das band daran grün; so jemand mit
dir rechten will und deinen rock nehmen, dem lasz auch den
mantel {afss avriö xai rb ifiänov, remitte ei et pallium,
aflet imma jah vastja). Matth. 5, 40 ; ziehet hin und forschet
lleiszig nach dem kindlein und wenn ihrs findet saget mirs,
dasz ich auch {xaycö, et ego) komme. 2, 8; jenes auch du?
in des sterbenden Caesars Worten ergänzt sich gleichsam : die
und die, auch du? zu ihnen gesellst du dich? man pßegt bei
litelhäufungcn den letzten mit auch anzuhängen: regierungs-
rath und professor, auch ritter; liebe, andachtige, auch gute
freunde! in berichten an fürsten folgten postscripte eingeleitet
mit den warten: auch gnädigster herr, wie es in kanfmanns-
briefen heiszt : auch melde ich. in vielen fällen der rede darf
aber das auch vorausgehn und woran es sich anschlieszl un-
ausgedrückt bleiben: auch ich {auszer dir) werde kommen,
auch du {auszer mir) weist es.
2) auch nimmt in der rede eine viel freiere Stellung ein als
und, kann dem worte, das es hinzuthut, vorausgehn oder nach-
folgen, während und fast immer zwischen den Wörtern haftet,
die es knüpft, man sagt auch ich oder ich auch ; alle tanzen,
könnte ich auch tanzen! wenn auch ich tanzen könnte! für
und ich darf aber nie stehn ich und. die ahd. und mhd.
spräche gaben dem ouh gern eine vordere stelle im salz, wo
wir es heute nachrücken, z. b. als ouch si gerne woldcn. Jw.
6084, wie sie auch gern wollten ; i; ouh wola so gizam. 0.
III. 16, 68, es ziemte sich so auch wol ; ir ouh tha/, ni wollet.
0. 111.14,103, ihr wollt das auch nicht; ih ouh sie irkrnnu.
0. HI. 22,23, ich erkenne sie auch; wir ouh i/, firnäniun.
0. IV. .">, 66, wir vernahmen es auch; Ihara ouh zua gifuagi.
0. III M, 71, dazu füge auch, in welchen worten man eine er-
weiterung des ouh sehen kann, wie Walther statt ouch setzt
dar zuo :
vil saelic si der walt, dar zuo diu beide! 35,22.
auffallend sind folgende einschaltungen des ouh: thaj det er
ouh thö suntar. 0. III. 20, 158 ; worton ouh thö bilden. III.
23, 42 ; joh folk ouh heidinero. V. 6, 4 u. a. m.
3) bei solcher frciheit mag, wie wir eben sahen, von zeit zu
zeit ein gewisser brauch obwalten, im ganzen besteht fast un-
beschränkte man^g faltigkeit der Stellung, wonach sich ton und
bedeutung richten, der salz: auch morgen will ich zu dir
kommen, würde dasselbe ausdrücken, wenn er lautete : morgen
auch will ich zu dir kommen, aber: morgen will auch ich
zu dir kommen, morgen will ich auch zu dir kommen, mor-
gen will ich zu dir auch kommgn bedeuten verschiednes ; mor-
gen will ich zu dir kommen auch, sagt man in prosa nicht,
doch im gedieht wäre es zulässig, die conjunclion leitet im-
mer einen gewissen nachdruck auf das wort, dem sie unmit-
telbar vorangeht oder folgt.
4) nachdrucksam zumal steht auch neben dem persönlichen
pronomen: (du has tJacob gesegnet), segne mich auch mein
vater. 1 Mos. 27, 34 ; meine geliebten sind alle todt, ich auch
bin lebensmüde; sie verlassen mich, er auch ist entflohen,
auch ihn hatten sie mir abspenstig gemacht, ohne gewicht
aber findet sich auch neben dem interrogativ und dessen ab-
Icitungen: wer es auch sei, wer auch komme, er wird nichts
ausrichten; rufe. alle heran, auf wen auch du stoszen wirst;
ich treffe ihn, wie er auch «ch berge; was auch erfolge, es
musz geschehn. in welchen fällen mhd. stelin würde: swer
ouch, swen ouch, swie ouch, swaj ouch.
dasz, wo sie immer irgend auch des weges sich
begegnen, jede der gegnerin den rücken kehrt.
GöiHE 41, 189.
5) und auch ein stärkeres und: Heinz, Kunz und auch
Albrecht; eine schöne und auch (= dazu, dabei) gute frau;
ein redlicher und auch grundgeseheider mann; man nennt
ihn gelehrt und er ist es auch; seine lippen flössen über
von deinem lob, und so meint ers auch im herzen ; ich sage
und betheure es auch; haut, fleisch und auch knochen ist
versehrt, auch und = und auch:
entnervend beide, kriegers auch und bürgers kraft.
GÖTHE 41, 190.
sie erblickt niemand am ufer, und auch was hätte es ihr ge-
holfen, jemanden zu sehen. 17, 361 = aber auch, oder blo-
szes und.
6) mehr ausführend ist die redeweise nicht nur, nicht
allein, sondern auch: nicht nur Heinz und Kunz, sondern
auch Albrecht; nicht allein haut und fleisch, sondern auch
knochen. ahd. nieht ein, sunder joh; nicht ein, nube joh;
dies joh ist das goth. jah, ahd. joh, welches noch bei Keisersb.
neben auch erscheint: ich hab es etwan von carthüsern ge-
hört, oder joch auch von vätern unsers ordens gunkel 5;
man sag joch von dem christallin himel, joch auch von den
groszen freuden. has im pf mhd. niht ein genöte, sunder;
niht ein genöte, wan, und noch anders, das schleppende sondern
kann wegbleiben : nicht nur haut und fleisch, auch der knochen ;
nicht deinen arm blosz will ich, auch dein aug.
Schiller 667.
7) eben auch, nur auch = bair. halt auch:
sie denken, dukt er da, folgt er uns eben auch.
GÖTHE 12, 185;
wenn deine worte nur auch wahr sind; ach wenn ich heuto
nur auch lust dazu hätte!
8) aber auch steht dem und auch noAe, nur dasz es ein-
schränkendes zumischt: eine schöne, aber auch {aber dazu)
gute frau. gelindern sinn empfängt es in den anmahnenden,
verweisenden redensarten: du must mir aber auch folgen;
du must es aber auch Ihun ; das ist aber doch auch gar zu
arg; sei aber auch vernünftig; warum läufst du aber auch
80? hier wäre kein und zulässig.
9) oder auch:
einsam oder auch selbandcr
unter lieben, unter leiden. Götiir;
du magst essen oder auch trinken ; reiten oder auch fahren ;
es gern thun oder aucii nicht, blnsze Verstärkung des oder,
die, wie bei 5 nach und, unterbleiben kann.
10) zuweilen erhält auch die gesteigerte bedeutung eines no-
gar oder selbst: auch nicht einen heller von dem gelde
6<M
AUCH— AUE
AUE —AUF
602
wirst du wieder kriegen; es regnet heftig, auch durch die
fenster dringt das wasser; tugend macht auch den armen
reich; willst du mir auch meinen letzten rühm rauben?; ich
fordere mit keiner silbe, sollt ich auch ein jalu- darauf war-
ten müssen; gründliche philosophen, die so tief in alle Sa-
chen einschauen, dasz ihnen auch nichts verborgen bleibt.
Kant 1, 59 ; ich hab da auch nicht einen bekannten gesehen ;
an diesem öden ort, dabin kein thier auch kommet,
den sonn und mond nicht weisz, da nie kein stero nicht glimmet.
Flesing 2 ;
dein schönes vaterJand,
das edle Nürmberg lacht auch mitten in dem weinen. 4S.
It) betontes auch vor a dj. oder a d v. auch recht, sprach
er = schon recht; auch gut, dachte ich. Lessi.ng 1, 520 =
immerhin gut; auch' wahr, versetzte ich, = schon tcahr.
12) unbetontes auch in fragen: bist du mir auch gut?
ist dirs auch lieb? ist es denn auch so, wie du sagst? hast
du mich auch noch lieb? geht dirs auch nahe? soll ichs
auch glauben, oder betrügen mich meine äugen? Gellert;
ist es ihnen auch zuwider, wenn ich zu ihnen komme? aber
weist du denn auch, dasz die ganze geschichte erfunden ist?
verschieden davon sind die fragen mit betontem auch : ich bin
dir gut, bist du mir auch gut? mir ists lieb, ist dirs auch
lieb?
13) unbetontes, ironisches auch: das thäte jetzt auch
noth! jetzt ist auch zeit zum weinen! was der kerl auch für
einfalle hat! das weisz auch der teufell das ist auch wahr,
du hast immer recht.
14) von Verbindung des auch mit den conjunclionen b b und
wenn s. unter diesen Wörtern.
ÄUCHEN, n. pratulum, kleine aue, gebildet wie fräuchen
von frau: hinter der groszen aue log noch ein äuchen, ganz
von weiden eingefaszt.
AUDIENZ, /■. ein ganz entbehrliches fremdes worl, wofür wir
gehör und verhör haben:
eh als er audienz (verhör ist viel zu scblechi)
zu wege bringen kan. Opitz 1, 136;
man sagt aber, einen zur audienz lassen, ihm audienz geben ;
gleich morgen
verlang ich audienz bei meinem valer. Schiller ;
er leidet an gicht, eine krankheit, die allen bösen launen
und melancholie audienz gibt. BErriNE br. 2, 8.
ALE, f wasserumflossenes land, feuchter ijrund, wiese, in-
sel, ahd. ouwa, mhd. ouwe, gekürzt in ou, nhd. au, das vor-
hin schon aufgestellt war. das goth. wort gebricht, deutlich
aber hängt ouwa zusammen mit aha flusz, goth. ahva, lat.
aqua, und nach analogie des goth. mari maujüs = mhd.
mouwe, ahn. mey Idszt sich ein goth. ari aujüs vrjaos rathen,
dem auch altn. ey entspricht, altn. stehen sich i flutius und
ey insula zur seile ganz wie schwed. §, dän. aa fluvius, ö in-
sula, folglich wie ahd. aha ßuvius und ouwa insula. in ouwa
ist aber das ableitende i geschwunden, wie in frouwa, wofür
doch ein goth. fravi oder fraujö anzusetzen wäre, denn dem
männlichen frauja entspricht altn. freyr statt freyji. doch zeigen
ahd. lateinische Urkunden volleres augia = auwia und goth.
avi, vielleicht aujo, mit g für j, vergleichbar dem in Visurgis
= Wisuraha, Wisurauwia. nacA dieser ganzen auseinander-
setzung aber müste das vermutete goth. avi hervorgegangen sein
aus einem älteren ahvi orfer ahvju, beinahe wie mavi puella
aus magvi, ton magus puer. auch das neutrum gavi regio
und m. gauja incola erwäge man. merkwürdig heiszt es noch
mhd.
dar «chif flö? enowe (stromab). Nib. 1503, 2;
elllchej ouwei (trieb stromab). 1511, 4;
was doch nur auf die Vorstellung aha und nicht ouwa bezo-
gen werden kann, und so steht späterhin naufart ßr das schif-
fen im Strom.
Fischart in der (unter au) angeführten stelle setzt das (nieder-
rheinische?) grün bruch dem schweizerischen matte, rheinischen
wiese, schwäbischen au an die seite. aus bruoch, broc palus,
nnl. veen, fenne, ergab sich wie aus aue insel, wasserland
die Vorstellung grasiger weide und wiese, aue, grüne weide
geht aber leicht über in grünes feld, auch ackerfeld, das un-
ter den bergen liegt: das land hat berge und awen, die der
regen vom hirael trenken musz. 5Afoj. 11, U; er weidet mich
auf einer grünen awen und füret mich zum frischen wasser.
fs. 23, 2; die anger sind vol schafen und die awen stehen
dick mit kom. 65, 14; und dein rihe wird sich za der zeit
weiden in einer weilen awe. Es. 30, 23; die tochter Zion ist
wie eine schöne und lustige awe. ]cr. 6, 2 ; ein man sasz auf
cim rolen pferde und er hielt unter den myrten in der awe.
Zach. 1, S ; denn weil e« ein schöne und lustige awe war,
die am gebirge Libano lag. Mathesius 2"; so lindt man in
den awen, so zwischen hohen gebirgen ligen, vil geschüb und
fletz, so die sündOut von gengen und stocken abgestoszen
und in die gründe geflöszt und über einander geschoben hat.
2'; wie die ganze lustige awe, darin die fünf königreich als
ein paradeis des herrn lagen, ins tode meer und gesalzen
wasser verwandelt wurde. 134*. schmückt wisen und awen.
Agricola spr. n 1. jene bergschhtchten mögen denn auch wild
und wüst bezeichnet werden: der reiche ist weder auf dem
felde noch berge, wildnis oder awen frembde. pers. rosenth. 3, 27 ;
glück zu du ödes leid, glück zu ihr wüsten auen '
die ich, wann ich euch~seb, mit threnen musz betauen.
LoGAu 1, 3, 4.
aus GöTHE nur folgende stellen:
verlassen hab ich feld und auen,
die eine tiefe nacht bedeckt. 12, 64 ;
es ist nur ein theil desselben {des Rheins), die voi liegende
aue beschränkt ihn. 43,250; die aue im flusz. 43,251; flusz-
aufwärts sieht man von hier die bewachsenen auen. 43,252;
der siromstrich wirkt hier stark auf das linke ufer, nachdem
er eine vorliegende aue weggerissen. 43, 301.
AUE, /". 0115, gr. ois, skr. avi, litt, awis, lett. aws, ags.
eovu, engl. e\v, nnl. ooi, fries. ey, altn. a, ahd. ouwi (Graft
1, 505). goth. entweder aus gen. avais oder avi aujös (wie mavi)
oder avei aveins (iric gaitei)? alle diese formen begehren äl-
tere, vollere mit g, avi = agvi, oris = agvis, was dem agnus
und agna näher treten würde, man erwäge goth. mavi =
magvi, neben magus. aber mhd. und nhd. ist ouwe, aue
längst erloschen, nach, dem westfälischen au und aulamm wagt
SiOLBEHG 3, 340 : sie hüpfte blökend mit den lämmem, denen
die auen oft blökend folgten. Schweiz, au, äuli. Stald. 1, 117.
AL'ER, f. uhr, gebildet wie bauer, mauer, sauer, aber nicht
durchgedrungen, noch heute spricht der Welterauer die auer
und Alberls schreibt aur horologium, sonnawer (sonnenuhr),
anderemal aber uhr; auch im kunkelevangelium steht um 7
oder 8 auren, vgl. engl, hour (spr. aur). Fischart setzt ur:
ich trink nicht dan nach meinen horis, uren und paternostem.
Garg. S4*.
AUER, m. einer aus aue, mhd. ouwarre, nocA heute ist Auer
eigenname. ebenso in den zusammengesetzteti : ein Nassauer,
Schönauer.
AUEK, m. urus, mhd. ör Wh. 335, 9. Aifc. SSO, 2, liesze sieh
noch erwarten, begegnet doch fast nur in den folgenden Zu-
sammensetzungen, das schwäbische landrolk spricht Aurich
Aurach f. Urach, Auerbach fftr Urbach und verschiedentlich er-
scheinen die Ortsnamen Aueralp, Auersberg, Auerswalde u. a. m.
die in der vorzeit nach diesem thier gegeben wurden, engl, owre
(spr. aur), gr. ovpos.
gewohnt den wilden ur zu greifen. Schiller 66".
AUERHAHN, m. tetrao urogallus, bei Fiscbart Garg. 236*
urhan; grosze fasanen nennt man awrhanen. MIIssteb 489;
aurhan Hemsch 155;
aurhanen, vögel und schwanen. Atrer3^S5*:
als wie ein taumelnder, lusttrunkner auerhahn.
WiELA.'HD 22, 301.
man sagt: der auerhahn balzt, steigt, springt an, tritt zu
bäume.
AUERHAHNBALZ, /". coitus tetraonis cum gallina, der an-
spmng, dann auch die danach benannte jahrszeit : von derauer-
hahnbalz bis zum zweiten schnepfenstrich. Göthe 22, 81; selbst
örter und Waldgegenden führen den namen. s. balzen.
AüERHEN.NE, f. gailina tetraonis.
AUEROCHS, m. bos urus, ahd. ürohso (Gkaff 1, 141), aur-
ochs. Hemisch 155.
AUERWILD, »I. Jägern ßr auerhahn und auerbenne.
AUF, Partikel, die ursprünglich nur adverb war, allmdlich
zur praeposition gedieh, goth. iup äpoy, ahd. uf? oder immer
schon üf, anzusehn als verdichtetes iuf?, mhd. ftf; aber altn.
upp, alts. ags. engl, up, fries. nl. dän. op, mit entschieden
knrzem vocal, der auch im nahverwandten alid. oba, obana,
goth. hingegen iupa, iupana, waltet, diese ablaute berechtigen
noch mehr als bei ab auf iban, bei an auf inan, einen stamm
goth. iupan aup upun, ahd. iofan ouf ufun anzusetzen mit
603
AUF
AUF
604
den bedcxilungen tollere, erigere, pandere, wie sieh ofan, offen
ex]m)isus, apertus deutlich als part. praet. darstellt, dem die
goth. form upans orfer schon in adjectivischer anwendimg upns
dürße zugetraut werden, vgl. nachher aufen. demnach drückt
auf aus das in die höhe strebende, sich aufrichtende, entfal-
tende und bildet den natürlichen gegensatz zu nieder, nieden,
ahd. auch noch nida, dem niederwärts gerichteten, vom stamm
nijjan na{) ne{)un, für den unser gnade, ahd. ginäda, altn.
näd gratia, d. i. neigung, propensio gewähr leisten, und wie-
derum entsprang hier praepositionskrafl, wie noch heute die
Schweizer nidsi und obsi, nid dem wald und ob dem waid
einander entgegensetzen.
Das goth. adv. iupana drückt aus avcod'ev, von oben her,
entspricht dem ahd. obana, unserm oben und musz vom ahd.
ufan, uffan, worin sich uf und ana binden, unterschieden wer-
den, diesem ufan steht gleich das altn. uppä, schw. pä, dän.
paa {sp. 285), welche letztern nur den auslaut von upp behal-
ten, während nhd. die Verschmelzung des auf mit an wieder
ausstarb und an wie auf uns rührige praepositionen sind.
Schweden und Dänen entgehn sie als solche beide, ihnen gilt
für unser an überall jenes pä, paa und ihr up, op ist blosz
adv., nie praeposition.
Auf und an verhalten sich wie gipfel und seile, wie höhe
und nähe; dem auf steht das nieder, dem an das ab entge-
gen, wer an dem berg ist, ist noch nicht auf ihm, die stüle
werden gestellt an den tisch, die teller auf den tisch, die
stüle abgerückt, die teller heruntergenommen; weil aber der
niedersteigende sich zugleich von der höhe entfernt, an die er
gelangt war, steigt er auch ab und die teller werden in die-
sem sinn abgenommen, oft können an und auf, noch ößer
ab und nieder sich begegnen, an oder auf der erde liegen,
der vogel ist an das dach oder auf das dach geflogen meint
dasselbe; der apfel fallt nieder oder ab, der abfallende musz
nach dem gesetz der schwere niederfallen, er sei denn schnell
aufgefangen. In der abstraclion pflegt an den beginn, auf
das ende auszudrücken, und so steht anbrennen neben auf-
brennen, anheben neben aufheben, ansagen neben aufsagen,
abbrennen jedoch würde mit niederbrennen beinahe zusam-
mentreffen und es heiszt nur abheben, absagen, nicht nieder-
hehen, niedersagen.
Bei dieser partikel ist voraus die adverbiale bedeutung, her-
nach die praepositionale zu erwägen.
I. Auf als adv erb, lat. sursura, in die höhe, empor, ahd.
inpor.
1) am deutlichsten, wenn es ermunternden ausruf bildet, den
sonst häufig imperative ausdrücken: auf, und jage den men-
nern nach ! 1 Mos. 44, 4 ; auf, und mach uns götter, die für
uns her gehen! 2 Mos. 32, 1; auf! das ist der tag, da dir der
herr Sissera hat in deine band gegeben, rieht. 4, 14 ; auf, laszt
uns zu ihnen hinziehen! 18,19; auf laszt uns fliehen ! 2 Sam.
15, 14; anfang vieler geistlichen wie weltlichen lieder:
auf auf ihr reichsgenossen!
auf auf,. mein geist erhebe dich!
auf Seele auf, und säume nicht!;
freund, auf! und lasz uns gehn,
auf! es ist hohe zeit. Fleming 106;
auf, ihr reisigen Troer wolauf! Voss II. 4, 509;
da heiszt es auf, auf ins schif! lasz die sachcn zurück.
Weise kl. leule 269; auf auf! an an! die waffen erklirrten.
GöTHE 8, 52 ;
auf auf ihr brüdcr und seid stark! Schubart;
auf! sprenge dieses schhimmers bände,
der deinen geist gefesselt hält. Götter 1,223;
auf maiunlüftchen, nus den blumenbeeten ! Üürger 4*
auch mit angefügtem denn oder vorausgeschicktem wol:
auf denn! die gl.iser gefüllt. Lui«e3, 615;
auf denn! werd o lied laut. Bürger 4*;
im beginn vieler alten Volkslieder:
wolauf, ir landsknecht alle!
wolaiif gut gesell von hinnen,
wolauf, wir wollcns wecken!
„ wolauf mit reicliem schalle!
wol auf und wol her! fasln, «p. 403, 9;
wol auf zum wein! Garj. 87';
unprünghch zumal ein wecken aus dem schlaf zum kämpf,
aus der ruhe zur arbeit;
wolauf, kameraden, aufs pferd, auf« pferd,
ins feld, in die freiheit gezogen!
ebenso frisch auf und anderes ähnliche:
frisch auf, mein seel und traure nicht I
frisch auf, gut gsell, lasz rummer gan!
frisch auf ihr gesellen! Garg. 82'; frisch auf, doli auf! 88*.
man wandte das wol auf und frisch auf a/*cr auch auszer dem
ausruf an: ich befinde mich noch gesund und wol 'auf; du
bist immer frisch auf; hat es mir als einem jungen men-
schen gar wol gegangen, bei gesund und wolauf. Scuweim-
CHEN 1, 62. noch häufiger sind die Verbindungen herauf! hin-
auf! wofür auch heran! hinan! gerufen werden kann, wie für
wolauf wolan ! und wie auf und an ! sich knüpfen, glück
auf! ist der bergleute grusz. damit auf und holla! der arme
mann im Tockenburg 90.
2) dem frischauf gleichen vollauf, hellauf, lautauf, in wel-
chen voll, hell tmd laut adverbia sind: schenk ein vollauf;
die Jäger blasen hellauf; die mutter schrie lautauf, als sie
ihr kind wieder fand; er schluchzte lautauf;
und laut auf lachten die m.'idclien,
laut auf lachten die knaben. Göthe 40, 255.
doch wird man das auf besser zum verbum ziehen und die redens-
art fassen: voll aufschütten, hell aufljlasen, laut aufschreien.
Nuu folgt aber auch ein au^ adjectiven, denen \on'vorausgeht: von
frühauf arbeiten, von frischauf überlegen, von jung auf gehor-
chen, von klein auf an dem ort wohnen, was doch eigentlich
heiszen sollte von frühem, frischem, jungem, kleinem auf.
in einem lande von klein auf erzogen werden. Kant 10, 82.
Denn dasz von einen abhängigen casus verlangt, geht aus der
analogen fügung von Substantiven hervor: von meiner Jugend
auf. Marc. 10, 20; von Jugend auf, o pueritia. Sirach 7, 25.
Göthe 24, 274; von kindheit auf, von kindesbeinen auf: ich
hatte von kindheit auf die wunderliche gewohnheit. Göthe
24, 249. hier steht auf wieder gleichbedeutend mit an, da eben-
wol gesagt wird von Jugend, von kindesbeinen an. verschie-
den ist das von unten auf, wenn man sagt: von unten auf
dienen, von unten auf rädern; oder mit subst. von der hölle
auf, vom tiefsten grund auf seufzen, anderemal verbindet
sich jiuf, gleich dem an und ab, auch mit dem acc. der Sub-
stantive: wir fahren jetzt stromauf, Rheinauf, bergauf; die
seele schwingt sich himmelauf;
Christus ist gefahren himmel auf. Opitz;
warf die äugen den himmel auf. .4rgenis 2, 103 ;
himmel auf und selbst zu gott
ist der reine geist geflogen. Fleming 338;
und heulte himmel auf. Zachariä;
welch geliimmel
slraszen auf! ScuiliehTS;
das wird die letzte thrän nicht sein.,
die glühend herz auf quillet,
das mit unsäglich neuer pein
sich schmerzvermehrend stillet.
Göthe in Hirzels fragm. s. 4 ;
den Strom hinauf, den himmel hinauf, das herz hinauf folgt
der acc. nach, so ist auf praeposition:
was zagt ihr, tapfre Franken? auf den feindl Schiller 458.
3) Verbindung mehrerer partikeln. lebendig und unübersetzbar
in andere sprachen, sagen wir auf und davon, was ursprüng-
lich von einem vogel entnommen scheint, der sich aufschwingt
und die weite sucht; die redensarl hat sicher ein hohes alter:
auf und darvon!
laszt den zeiter gon. Fischart Garg. 39";
ist auch damit auf und darvon. 42'; auf und danon, bereit
und beschoren. 249'; auf und davon reisen, irrg. der liebe 35.
498 ; meine zwei geiszen seien auf und davon, der arme m. im
Tock. 198; wenn es gefiihriich wird, geh ich morgen früh auf
und davon. Göthe 15, 6; wegen einer gequetschten nase, mit
der so viele kinder auf und davon springen. 15, 55; ich ent-
schlosz mich, als es nacht wurde, kurz und gut, auf und
davon zu gehn. 23,101; ich war indessen hei den ersten an-
stalten auf und davon gegangen. 32, 123 ; unter andern giengst
dn auch auf und davon. 57,129; und gieng endlich auf und
davon. 57, 154. eigentlich fügt sich die formet nicht recht
nach gehn, blosz nach fliegen, springen {aufs pferd). bei
den hexen heiszts auf und davon ! nemlich auf die gabel
oder den bock, auf und darab würde dasselbe sein mit auf
und davon, begegnet aber nicht, häufig auf und ah in der
bedeutung von hin und her, einen gang hinauf, den andern
zurück, auch im sinne von zu oder ab: lang in dem garten
auf und ah gieng. Galmy 25 ; die fahrend hab gaht auf und
ab. Garg. 80' ;
605 AUF
hier musz ich auf und ab durch wild gestrüpe reisen.
Fleming HS;
sie frug den zug wol auf und ab. Borger 13';
sie schweben auf, sie schwebeu ab
in seltsam fremder weise. Heise ;
in diesem bad auf bad ab ziehen. Klixcer 1, 94 ; sie sind
wol viel in der weit auf und ab gereist? 1, 141; icb will dort
unter den bäumen auf und ab schleichen und passen bis
er kommt. Fr. Müller 3, 161; lasz uns derweil auf und ab
schlendern. 3, 162 ; ein oder zwei worte auf und ab werden
nicht viel austragen, causenmacher 78 ; es ist nöthig, dasz
nichts gepflückt werde, ehe es reif ist, und vierzehn tage
auf oder ab thun viel. Göthe 16, 155; wenn man ein wenig
vorurtheii auf oder ab, mehr oder weniger lebhaftigkeit oder
bedaclU nicht eben in anschlag bringt. 38, 85 ; weil, das vor-
hergesagte zugegeben, auf oder ab die heilung immer bereitet
ist. 56,172; wenig tage auf ab. Göthe an fr. von S/einl, 137 ;
die Wissenschaft steigt daher ewig zwischen theil und gan-
zem, oder besonderem und allgemeinem auf und ab. J. Paul
bücherschau 1, ISl;
es war die zehnte stunde oder später,
ein wenig auf und ab hat nichts zu sagen.
TiECK 2, 37.
auf und nieder, mnl. op ende neder: so gehts schlag auf
und nider. Garg. 86"; gasse auf gasse nieder. Schiller 120';
er der auf und nieder geht. Gotter 1, 54;
-die niedliche gesialt,
die schlanken zarten glieder
besah er auf und nieder. Bürger 21';
ich aber habe nun die alten lieder
der schmeicbelei genugsam hören müssen,
wie man sie ganz vergöttert auf und nieder.
RiJCKERT 142.
auf und dran, »m ausrtif, gleicht dein wolauf und wolani
auf und dran,
spannt den hahn .'
auszer dem ausruf: ich war drauf und dran es zu thun,
mitten darin begriffen; er ist drauf und dran zu sterben,
liegt im sterben, auf und an, bald so, bald so, beinahe:
ein schöner und würfelter markasith oder brennender kis,
sihet wie ein gold oder auf und an wie ein messing, der
mit trippel abgerieben ist. Mathesics74'; andere schöne berg-
kart, die auf und an sihet wie ein gutes erz. 113'. vor dem
terbum gehduß: auf und annehmen. Garg. 64'.
4) wann ist die tersldrkung der conjunclion dasz durch auf
entsprungen und wie zu verstehn ? bei Luther begegnet dieses
auf dasz allenthalben, z. b. (nim zu dir) das menlin und
sein frewlin, auf das same lebendig bleibe auf dem ganzen
erdboden. 1 Mos. 7, 3 ; darnach liesz er eine tauben von sich
ausfliegen, auf das er erfüre, ob das gewesser gefallen were.
8,8; liefier so sage doch, du seist meine Schwester, auf
das mirs deste basz gehe. 12, 13 ; auf das der herr auf Abra-
ham komen lasse was er im verheiszen hat. 18, 19 ; ehre
vater und mutter, auf das dirs wol gehe. Eph. 6, 3 «. s. w.
durch die bibelsprache wurde nun diese partikel auch bei an-
dern schriflslellem des 16 und 17 jh. verbreitet : und halte sie
(fräulin Loisam) Philip Marnix aus Holland herauf nach Dil-
lenberg geführt, auf dasz man sie in der nähe haben möchte.
Ba>ce Ihür. chron. {Mülh. 1599) 206*; an einem könige wird
erfordert die freundlichkeit, auf dasz die leute zu ihm kom-
men, billigkeit, auf dasz sie geruhsam und sicher unter sei-
nem regimenl wohnen können, pers. rosenth. 1, 8 ;
auf dasz ich nichts begehe wider pflicht. Opitz,
der noch Oper in gleichem sinn um dasz verwendet, s. b. von
der nachtigal, die
mit singen lustic ist, umb dasz sie los und frei
von ihrer dieosibarkeit und nun ihr selber sei.
Ztatna 3.
im 18 jh. und heute teilen, nur im biblischen Ion oder zur
versfüllung :
nimm
die peiuch und fahr, auf daiz ich fechten mag.
BÜRCEii 161';
auf dasi erwarten sie möchten ihren köni«?.
SloLteRG 12, 5;
dies auf dasz hat nun den sinn des franz. afin que, wie urfl*
dasz dem pour que entspricht, wofür nhd. dur Aaz, gesetzt
wurde, nie aber erscheint ein mhd. (if daz, mit unmittelbar
AUF
606
der conjunclion vorangehendem ftf, wol aber einmal die volle,
unser nhd. auf dasz erhellende redensart: also wil ouch du,
öf da^ daj wir dir gar gelich werden, myst. 376, 6. hiemach
ist also auf dasz zu ergänzen in auf das dasz, in eum finem
ut, folglich auf Ai'er stets die praeposition, von welcher das
erste das abhängt. Ungleich häufiger begegnet die redensart
schon mnl., z. b.
ons en derf roeken wal wi hier doghen,
op dat wi hemelrike behben moghen. lekensp. 1. 37, 1^4;
ende daer helpt hi ons gherne toe,
op dat wi selve willen alsoe. II. 40, 176;
ghi sijt mine vrint, op dat ghi doet dat ic u ghebiede. Jesus
cap. 215; doch hat es in diesen stellen mehr die bedeutung
von wofern dasz, indem dasz, und de Vries erklärt es im
glossar zum lekensp. s. 547 op voorwaarde dat, unter der
bedingung dasz. einfacher wäre op dat dat, fcie rorAin üf daj
da?, die nl. spräche wirß gleichfalls das erste dat weg. man
darf in Lltuers auf dasz niederdeutschen einflusx erblicken.
5) schon ahd. fügte sich uf oder öf selten an nomina und
die Zusammensetzungen ufhimil, ufhüs, ufchiricha, ufwec,
womit der hohe himmel, ein hohes haus, eine hohe kirche, ein
hoher weg bezeichnet wurde, starben allmälich aus. desto öf-
ter hingegen verbindet sich die partikel mit dem verbum, aus
dessen Zusammensetzung hernach wieder nomina geleitet wer-
den können, aufgang, aufsieht, aufzug u. s. w. stammen von
aufgehen, aufsehen, aufziehen.
Während die mit ab und an zusammengesetzten verba in
vielen fällen noch die alte praeposition verkündigten und getrach-
tet wurde, sie darauf zurückzuftthren ; wird bei den Zusam-
mensetzungen mit auf ein solches verfahren unthunlich sein,
da wir erkannten, dasz es keine alte und ursprüngliche prae-
positim auf gab, sondern sie erst im verlauf der zeit erwuchs,
die composita mit auf müssen demnach, wo nicht alle, doch
die meisten und ältesten für ihre partikel den begrif des ad-
verbs , nicht der praeposition entfalten, d. h. diesem auf
«5/ nicht ein im salz ausgedrücktes oder zu ergänzendes no-
nien angehörig, sondern es fügt zu dem verbum selbst und un-
mittelbar die Vorstellung empor, sursum, so wie ausnahmsweise
einzelne composita mit an statt der praeposition das adverb
an, t'n der bedeutung des fortschritts oder anhalts enthielten.
Hauptsächlich also drückt es die in seiner würzet selbst ge-
suchte richlung von unten nach oben aus, ein aufwärts und
in die höhe, der aufstehende richtet sich empor, der aufhe-
bende nimmt vom boden zu sich auf und aufhängen, auffüh-
ren, aufbauen, aufbinden bedeuten in die höhe hängen, füh-
ren, bauen, binden. Je einfacher das verbum ist, zu welchem
auf tritt, desto fnscher und lebendiger erscheint der sinn, und
in vielen fällen bringt die partikel natürliche und treffende
Vorstellungen zu wege. sowol Ulfilas als Llther, iceni» sie
Luc. 19, 5 verdeutschen insaihvands iup und sähe er auf, über-
bieten das gr. avaßltxfias und lat. suspiciens, denn insai-
hvands iup tpärc avaß)Jxpas ttvco, wie es auch Joh. 11, 41
heiszt uzuhhof augüna iup, /ii<0 seine äugen empor, rjgev
rovi ofd'akuovs ävco, vulg. elevatis sursum oculis, iup und
auf erhöhen die schon in den partikeln avtu, in, ex, us gf
legne Vorstellung, so nahe sich avä und äfoi selbst liegen.
Wie treffend und anmutig bezeichnen wir das erscheinen des
himmlischen lichts am horizont und das hervorbrechen der
blute ganz mit denselben warten: die sonne {die gehende) geht
auf, die blume geht auf, sie richten sich empor, slehn nun
oben, sind aus ihrer Verborgenheit und hülle getreten; hier
wird die Verwandtschaft zwischen auf, oben und offen recht
sichtbar, wie kurz und tüchtig ist die redensart auf sein :
die sonne ist auf, der mond ist auf, die blume ist auf; ich
bin auf kann meinen, ich bin aus dem bette, ich bin wol
auf, frisch auf, stehe aufrecht und gesund, bin gerüstet zu that
und handlung; flugs laszt uns auf sein und dahin ziehen!
Garg. 224*; ein behend erzählender darf es unmittelbar hinters
persönliche pronomen stellen und das verbum unterdrücken:
er auf, und folgt mit blitzesschnelle ; kaum war sie entwi-
chen, ich auf, als trieb mich ein wespenschwann, fuhr in
den kaftan und komm ihr nachgeschlichen. Wieland 18, 224;
sie auf, und streckt den fusz von sich. Fiscuart, vgl. da
Kampfkeib discn vortheil ersähe, er vom pferd, zeucht von
leder. Garg. 231*. noch kühner steht auf derselben blattseite:
sie vergaszen die mäuier auf, vergaszen dasz ihre mäuler
offen standen, vergaszen sie zuzumachen, woraus man dock
kein zusammengesetztes aufvergessen folgere, es ist die frei
607
AUF
AUF
608
geschaltete parlikel. aber gott helfe dir bald auf! {vom belle,
krankenlager) ist schon von aufhelfen.
An dies empor schlieszt sich von selbst die Vorstellung des
üfnens, die aufgehende blume öfnet ihren kclch. darum hciszt
es zugleich von der aufgehenden knospe sie bricht auf, ber-
stet auf, platzt auf und dasselbe aufbrechen, anbrechen kann
wiederum von tag und sonne gellen, die nusz aufbciszen ist
sie vfnen und nicht anders verhalten sich den brief aufbre-
chen, aufmachen, das eis aufhauen, den knoten aufknüpfen.
Leicht ergänzen sich die ausrufe den gürtel aufl die thür
auf! in den gürtel, die thür aufgethan: den giirlel auf, lasz
dem bauch seinen gang wie ein fromme fraw! Gorg. 99'.
Wiederum aber bezeichnet die erreichte höhe zugleich gipfel
xtnd Vollendung, wer aufgeklommen ist, hat sein steigen zu
ende gebracht und so entspringen die Vorstellungen des auf-
essens, aufzehrens, aufkaufens, ohne dasz man steh dabei noch
ein empor zu denken hat, obschon der aufkaufende zugleich
auch aufhäuft, wie in aufbauen fertig bauen und in die höhe
bauen gelegen ist.
Das auf kann auch vor verba treten, die schon mit andern
Partikeln zusammengefügt sind und von auf unterscheidet sich
aufbe Mild aufer, jenes stärker, dieses schwächer, auflialten
weicht ganz von aufbehalten, aufstellen von aufbestellen ab.
aufwachen und auferwachen, aufwachsen und auferwachsen,
aufstehn und auferslehn liegen einander näher: aufwachen
vom schlafe, auferwachen vom tode; aufstehen vom bette,
surgere, auferstehen vom tode, aus dem grabe, resurgere;
das kraut wächst auf, geht in die höhe, einwächst auf, sprieszt
aus der erde, aus dem samenkom. durch er kommt in die
Zusammensetzung der begrif des wieder, den wir doch auch
schon ins blosze auf legen, vgl. aufliündigen, aufsagen, re-
nuntiare, widersagen.
II. Auf als praeposition, nhd. von sehr groszem um-
fang, weil es als solche den platz der älteren praepositionen
an und in eingenommen hat, die sich ursprünglich zur her-
vorhebung des empor iind in die höhe mit dem adverb auf
verbanden, nachher von ihm aus einem theil ihres gebiets ver-
drängt wurden, oß also verwenden wir nhd. die praep. auf,
wo die mhd., noch öfter, wo die ahd. spräche an und in ge-
braucht hätte, statt unseres auf dem stul sitzen hiesz es goth.
sitan ana stula, ahd. sizan ana stuole; statt unseres auf al-
len vieren gehn, auf sechs beinen stehn mhd. noch an allen
vieren gän, an sehs beinen stau; der ausdruck forderte nicht,
dasz hier schon immer die Vorstellung aufwärts äuszei'lich und
lebhaft beigefügt würde, da sie innerlich und still dem an
seihst beiwohnte. Dennoch fahren wir auch heule fort, in man-
chen fällen an und auf zu unterscheiden: an den berg und
auf den berg gehn, an dem thurm stehn und auf dem thurm
ist nicht dasselbe; der faden reicht an, aber nicht mitten auf
die tiiür; die füsze an einander und aufeinander stellen, an
den wagen treten und auf den wagen steigen sind ganz et-
was anderes, es wird aber gleichviel sein zu sagen an den
ambosz schlagen {in ambosz selbst steckt schon an) oder auf
den ambösz, den finger an die nase legen oder auf die nase,
die biälter kleben an einander oder auf einander, der vogel
fliegt an das dach oder auf das dach, die rose wächst an
oder auf dem stock, einigemal zeigt sich auch die Verschie-
denheit des auf: der herr sitzt in dem wagen, der kutscher
auf dem bock, der missethüter wird in oder auf die wange
gebrennt, aber es heiszt sicii in den finger, in die band
schneiden, nicht auf, umgekehrt eine Zeichnung auf die platte
tibertragen, weder in noch an ; eine Stadt in die ebene, auf
den berg, an den flusz bauen, da/ier cuc/i Frankfurt am Main,
an der Oder, Francofortum ad Moenum, allein franz. sur Ic
Main, ebenso Stadt am hof, Lutter am Barenbergc, Steinau
an der strasze. nicht selten vertritt auf die praepositionen
nach und gegen, oder wechselt mit ihnen, in vielen der her-
nach angeführten beispiele liegt in auf die mehr oder weniger
starke richtung hin zu. Zwischen auf und zu wallet die we-
sentliche Verschiedenheit, dasz auf {wie an und in) bewegung
durch den acc, ruhe durch den dal. ausdrücken, in beiden
riehtungen zu aber nur den letzten casus neben sich hat: zu
berge, zu walde heiszt sowol auf den berg, wald als auf dem
berge, walde; sich zu pferde setzen ist gleichviel mit sich
aufs pferd setzen, zu pferde sitzen mit auf dem pferde sitzen.
die praeposition zu ist ungelenker als auf und an.
■ A. bewegung und acc.
1) mit den sinnlichen wurtcm des selzcns, legens, stellcns
M. a, m. verbindet unsere spräche doppelten acc, der sache wie
des orts, in fällen, wo die lateinische den abl. des orts vor-
zieht: den fusz auf die erde setzen, den stul auf den boden
stellen, sich auf den stul setzen, einen bäum auf den hügel
pflanzen, eine Stadt auf den berg bauen, sich auf das bett
legen, es scheint lebendiger eine einwirkung auf den räum
auszudrücken, als zu sagen, dasz etwas auf dem räume ge-
schieht, in der Volkssprache wird sogat das intransitive sitzen,
stehen, liegen gleich jenen transitiven construiert: er sasz auf
das pferd, sasz auf den harten boden. Garg. 128', steh auf
das brett! lieg auf das bett! besser doch ist zu sagen sich
setzen, stellen, legen. Luther verdeutscht: den vergleiche
ich einem klugen mann, der sein haus auf einen felsen bauet.
Matth. 7, 24 ; ahd. gizirabröta sin hüs ubar stein, doch die äl-
tere Übersetzung hat oba steine, Ulfilas gatimrida razn sein
ana staina. hierher gehört nun eine menge ähnlicher Wörter:
ein kind auf die weit bringen, den strausz auf (an) den arm
binden, das pflaster auf die wunde legen, die leinwand auf
die wiese breiten, das' tuch auf den rahmen spannen, das
körn auf den häufen schütten, den knaben auf das pferd
heben, etwas auf die lange bank schieben u. s. w.
2) gleich häufig folgt auf nach intransitiven : auf die uhr
sehen, auf das wort hören, auf den berg klimmen, die raupe
kriecht auf den bäum, der vogel fliegt auf das dach, auf den
köpf fallen, auf das pflaster stürzen, nebel hängen herab auf
die thäler.
3) liegen, sitzen, siechen auf den tod : er liegt auf den tod,
sitzt auf den tod, auf den hals:
in London sasz ein böser buhe
nebst einem andern auf den tod. Geliert 1, 208 ;
dn nun begab sichs, dasz einsmais
ob vielem teufeisspasz
ein lumpenhexchen auf den hals
in kett und banden sasz. Bürger 24*;
er stach meinen Karlo auf den tod. Klingers th. 2, 248, so
dasz er auf den tod lag, verschieden von stach ihn zu tod,
so dasz er gleich todt war. ebenso verwunden auf den tod,
Schiller 104", siechen, ermüden, ermatten auf den tod.
4) trinken, zutrinken, zubringen, abschied nehmen : ich trinke
das auf deine gesundheit; ich bring dir ein auf siben stein.
Garg. 92* ; Eckart liesz ihm ein friscii glas mit hier reichen,
brachte es dem berggeschwornen auf reiches glück zu. unw.
docl. 3; freund, ich trinke dirs zu auf frohes wiedersehen!
auf du und du ! ; auf kundschaft und du ! Garg. 84' ; leben
sie wol auf wiedersehen beide! Gothe 14, 164; auf bessere
Zeiten ! auf bessere tage warten, hoß'en.
5) sterben, verscheiden auf etwas, mit festem glauben an
seine Wahrheit: er starb auf Christum, auf das evangelium;
er bekannte und starb auf seine aussage; in dem fehl auf
Christum wird erschossen. Ringwald laut. warh. 443 ; auf Mcs-
sic bitter leiden sanft verscheiden, tr. Eck. K 7" ; auf Messiam
sein vorschidn. M 6" ; bisz wir auf dich unsein mund be-
schlieszen. r2'; sie liesz sich auf alles, was sie bekannt
hatte, foltern und martern, ähnlich bei taufen: wir sind auf
Christum getauft, auf Christi namen; das kind ist aufihn(a/s
arigebiichen- vater) getauft worden ; auf seinen namen getauft.
6) wagen, unternehmen, beginnen: es auf gott, auf gut
glück, auf abenteuer, auf gerathewol wagen; das ich nicht
auf gottes versuchen {um gott auf die probe zu stellen) in
die fahr mich wagte. Luther 5, 13"; wer etwas guts anfahea
will, der schawe zu, das ers auf got anfahc und wage es
auf seine gute und beilcib ja nicht auf menschlichen trost
oder hülfe. 5, 53"; und fahe nichts an auf menschentrost ;
auf ein gerathewol wagen, irrg. der liebe 46 ;
wie viele freiten nie
die jcizl auf Rutos gluck es wagen. GottrrI, 80;
es steht bei ihnen, versetzte Wilhelm, wenn sie es auf meine
Zerstreuung hin wagen wollen. Göthe20, 210;
man wagts auf sein gcsichi sich ihm zu überlassen.
WlRLAND 17,89;
ich wage es auf ein gleich günstiges Schicksal. Kant 8, 427;
sich mit jemanden auf diese wafl'en einlassen. 8, 112; mutig
sich auf den kämpf einlassen; keine die durch das land auf
abenteuer umher schweift. Güthe 40, 281; diesen nimmt man
nur so auf glück und zul'all ins haus ein. 40, 314; dann ich
hatte zuvorne gesagt auf chcalhcwr {auf gerathewol), die feind
würden uns begegnen. Hans Staden M2; bei Icbzciten des
! vorigen füisten trieb man das geschüft auf hofnung, jetrt
609
AUF
AUF
610
fragte man nach dem unmittelbaren nutzen. Göthe 25,
332.
7) kochen, brauen, münzen, spitzen, den zahn wetzen: es
ist auf dich gekocht, gebraut, gemünzt, abgesehn, in bösem
sinn, aber auch in gutem, für einen kochen:
koch nicht auf mich. H. Sachs IV. 3, 9*;
die frau soll heute auf zwölfe kochen, /ür zwölf gaste; die
person, auf die sie es gemünzt {abgesehn) haben, hebamme
293, aber auch in gutem sinn: alles geld wird umgeprägt
und auf den jetzigen könig gemünzt; es war längst auf dich
gespitzt ;
schon wetzte meister Urion
auf diesen braten seinen zahn. Bürger 24\
8) verstehn, meinen, deuten, zielen, drohen, verstehst du
es auf mich oder einen andern?; ist es onzweifellich auf
den pabst zu Rom zu verstehn. Fischart bienenk. 122';
schweige, weil nichts auf häuslichkeit verstohst. ehz. 49, weil
du dich nicht auf häuslichkeit versiehst, als war es nicht auf
sie gemeint. Wiel.\nd 21, 15; man mag die form der dinge
auf den zufall oder blinde nothwendigkeit deuten. Kam 7,
316 ; arbeiten auf ein ziel (s. sp. 541) ;
kommst nicht, so must in thurm hinein —
es steht so übel nicht mein sacb,
dasz ir mir trohet auf den thurn.
Atrer fastn. 129';
ivir sagen heute drohen mit dem thurm, doch mhd. hiesz es
ebenwol: üf ir friunde drüent. Renn. 7506. vgl. aufdrohen.
9) schreien, klagen : ich werd auf hülfe schreien. Lohenst.
Ibr. 9, d. i. hilfio schreien, heute um oder nach hülfe; schrie
auf gewalt. unw. doct. 311 ; sie klagt gegen ihren Verführer
auf die ehe; ich klage auf entschädigung.
10) zürnen, sorgen, leid sein, verdrieszen:
mir ist auf den tanawässchel zorn. fasln, sp. 470, 28;
dasz uns auf in ernst sei. 461, 36;
es tut mir auf dich zorn. 58<}, 5;
es thul der matter auf in weh. H. Sachs IFI. 1, 43";
iederman grosz sorg auf mich hat. HI. 3, 64*;
darumb thut mir auf ihn gar wehe. Atrer 262';
es thut ihr leid auf dich; es hat sie stark auf dich verdros-
sen; was ihn am meisten auf den söhn verdrosz. Engel im
Lor. Stark; sollte es ihn nicht auf dich ärgern? nicht anders
mhd. den goten was üf mich zorn. Geo. 2117 ; im was zorn
üf den diep. flenn. 7258.
11) wenn sonst nach sein auf folgt, lassen sich eUipsen,
aber verschiedenartige, hinzudenken, er ist schon auf die
reise, auf die fahrt (gegangen); er ist aufs feld, aufs land,
auf den fechtboden, auf die strasze; du bist auf Urlaub.
Göthe U, 11 ;
ist sie schon auf den flug
die seele, so ists aus. FtEii.NGSO;
mhd. sagte man noch an:
uns ist unsers sanges meister an die vart. Waith. 108, 6.
das ist baisam {triefend) auf seine wunde; wasser {flieszcnd)
auf meine mühle.
12) gehn: auf die jagd, auf beule gehn, auf raub gehn;
auf die stmsze gehn; das haus geht auf die gasse {donne
sur la rue); auf die jetzige strasze steht es {das thor) ganz
falsch. GöTiiE 27, Ol; sein leben geht schon aufs ende (zu
ende); der wein geht auf die neige; es geht stark auf die
nacht, mhd. e; was vcrre öf die naht, üf den tac; es geht
auf die ernte, niArf. da? snit ist öf uns (steht uns bevor).
HtLLL. 1, 828; die uhr geht auf drei, auf ein viertel nach
drei; dreiszig groschen gehn auf den thaler, zwölf pfennigc
auf den groschen. aufs feld, aufs land gehn ;
wir gehn hinaus aufs Jägerhaus. Götbb 12, 48;
Görge ist aufs feld und Rose zu ihm. 14, 265 ; und mit aus-
gelasxnem gehn: ich will aufs nächste dorf (nacA dem dorfe).
8, 93; Ottiiie sollte mit auf die lust- und Schlittenfahrten,
sie sollte mit auf die balle. 17,246. auf die hohe schule
{Universität) gehn, verschieden von in die schule gehn, und
das beiwort hoch könnte dem auf zur erklärung gereichen,
obschon bei aufs feld, aufs land, aufs dorf kein gedankt mehr
an hinauf ist. man sagt auch auf den markt, auf die messe,
aufs schlosz, auf die bürg, auf den kirchhof {doch nur in
die kirche) gehn ; sogar hiesz es auf die apotbeke gehn. Fel-
tenb. 3, 144. 145, heule in die a., nach der a, gehn, doch auf
die bibliothek. ich will gleich an die arbeit (gehn); ich
musz flugs auf die that {los gehn). Schiller 146*. der Sprachge-
brauch hat sich im einzelnen ßr diese oder jene praep. entschieden.
13) sich rüsten, kleiden, anschaffen: alles rüstet sich auf
den krieg; wir sind auf alle angriffe gerüstet oder vorberei-
tet ; auf ein brillantes fest, bei dem er nicht zugegen war,
konnte ich mir etwas neues anschaffen. Göthe 19, 289 ; sie
kleidete sich geschmackvoll auf den -bevorstehenden ball.
14) bitten, einladen: auf die hochzeit, kindtaufe, leiche
bitten; auf den schmaus einladen; auf die suppe, .auf ein
glas wein, auf hausmann^kost, auf ein freundschaftliches
mahl; du mögest heute auf ein gern gesehn mein gast sein;
auf den ball [zum ball) einladen. Klopstock lädt Glcim l&juni
1750 ein : vergessen sie nicht zu mir auf einen kaffec und auf
einen kus zu kommen. Klopst. und seine freunde 1, 16. auf
pistolcn fordern.
15) denken, sinnen, trachten : er denkt auf mittol, sinnt
auf eine lüge, auf eine entschuldigung; er gerälh auf den
seltsamen einfall; ist auf den gedanken gekommen; denkt
auf alles, was ihm vortheil bringt; erinnert, besinnt sich auf
die vergangnen dinge, man sagt: auf einen doctor studieren.
16) dienen, sich ergeben: dienten auf genade. Ri.vgwald
evang. K 2' ; auf hofnung dienen. Wielaxd 19, 302 ; sich auf
gnade oder ungnade ergeben. I3, 61; meine Sachen dem lie-
ben gott auf gnad oder ungnad übergeben, arme mann im
Tockenb. 19S. gerade so mhd. dienen öf genäde, öf minne,
vgl. aufdienen.
17) sagen, offenbaren : sage mir auf dein gewissen ; auf
vertrauen saget man je einem guten freunde wol was. H. Jcl.
vo.\ Br. Siwanna 1, 5; ich glaube dirs auf dein wort; ich sage
das auf meine ehre; ich offenbare dirs auf deine treue.
ähnlich, auf treu und glauben verheiszen, zusagen, anneh-
men, beischlafen:
und wenn ich schlaf auf glauben bei,
bei wem kond das vt-rdächlig sein.
der deutsche schlemmer. Magdeb. 15S8 E 1* ;
sich in mantel und kleidern zu der Jungfrau, ins bette legen
(wie beim kiltgang), das heiszen sie auf treu und glauben
beischlafcn. Schweimchex 1, 77 ; bei einander auf glauben
ligen. LoRicHS anm. zu Wicrrams Albr. von Halberst. s. 219 ;
auf glauben ein liebe lange nacht in liebesarm schlafen.
s. 231 ; vgl. Hltten 5. 343. Rommel hess. gesch. 4, 444.
18) vermischte beispiele : ich thue es auf meine band; thu
das auf deine faust; auf meine faust bestellt. Schiller 164";
und wüste er einen mord auf dich, er sagte es nach. Sirach
6, 9; auf wen willst du sparen? man spart das schwarze
kleid auf ein andres leid {auf neuen trauerfall). Gotter 1, 95 ;
und leg auf vorrat, wenn was übrig bleibt.
Lessi.ig 2, 305 ;
er spielet förder aufs gewisse. Fle]iixg501;
das dauert auf dein ganzes leben; in jenen Verhältnissen,
die sehr selten eine dauernde folge auf das leben bewirken.
Göthe 25, 27.
19) sehr oft verwenden wir auf im sinne von nach (versus)
und damit abwechselnd:
do schleich ich zu in auf ein ort. fastn. sp. 562, 9;
auf disen (flusz) lauft die Pregora (Pregel), nach disem Me-
mula (Memel), die Niemen genant. Frank wcltb. 33" ; der her-
zog eilcte mit leichten pferden auf Venedig. Micrälius 3, 472;
giengen von dar auf Rotterdam. Weise erzn. 438 ; ich will ih-
nen entdecken, dasz meine reise auf den Harz war. Göthe
an fr. v. St. 1, 139 ; ich will morgen auf Gotha reisen. 3, 203,
doch steht gewöhnlicher heute nach, ohne dasz auf darum ein
fehler ist.
ihr Ilrlax will auf den verwegnen schäfer springen. Rost;
rasch auf ein eisern giiterthor
giengs mit verhängtem zügel. Bürger;
auf Doroihcen sprangen sie dann und gnisztrn sie freundlich
Göthe 40, 312.
20) auch bei der kraßrollen Wiederholung oder folge dessel-
ben Substantivs hat das zwischen sie tretende und das zweite
regierende auf die bcdeutung von nach, doch mehr im sinne
des franz. sur als vers: es folgte blitz auf blitz, krach auf
krach, schlag auf schlag, gusz auf gusz ; mann folgt auf
mann, bild auf bild;
wir zeugen kind auf kind,
ein denkmal hinter uns das ({. dasz) wir gewesen sind.
Logau 1,8,98;
39
611
AUF
AUF
612
und wagen nur wagen mit allem gerälh. Göthk 1, 196;
bis endlich ihrän auf thrnne flieszt. 3,31;
sorg auf sorge schwankt
mir durch die brüst. 9,63;
leider hab ich nichts zu erzählen als irrthümer auf inthü-
mer, verIrrungen auf verirrungen. 20, 46 ; so fall ich streich
auf streich, stürm auf stürm dieses leben an. Scmi-LEn 113 ;
schuld auf schuld hänfen, sünde auf sünde;
die schollen rollten, schusz auf schusz,
die schollen reihen, stosz auf stosz. BÜRGEn36';
und jach durchzuckte sie weh auf weh.
aber die formet crmallcl bei mehrsilbigen Wörtern, sie verlangt
einsilbige, männliche. Diesem auf gleicht das an zwischen
wiederholten Substantiven {sp. 287), drückt aber nähe, das auf
folge aus: die leute standen mann an mann, sanken mann
auf mann; wölke an wölke thiirmtc sich, straiil auf strahl
schosz nieder, mit demselben unterschiede des an und auf
sagen wir: dörfer lagen an einander (dorf an dorf) oder auf
einander {dorf auf dorf), jenes meint ihre dichte nähe, dies
ihre rasche folge.
21) noch auszerhalb solchen Wiederholungen steht auf =
nacii: auf solche red (nach solchen worlen, his dielis) warf
er seine weite kleidung von ihm. Garj. 204'; auf solche that
{hoc facto) gab der mönch seim pferd die sporen. 256';
wir kämen auf den krieg wol wieder was zu rechte,
wenn nur nicht aug und mund, piaclii, schwiilgerei uns
schwächte. Logau 3, 9, 95 ;
der richter ward auf anhörung dieses gcsprächs dermaszcn
ins enge gebracht, pcrs. baumg. 4, 5; dieses gcspräch wunle
des königes söhne hinterbracht, der auf anhörung desselben
erschütterte. 4, 6 ;
er ward auf sein geschrei von Fischern aufgenommen.
Hagedorn ;
wir wollen auf den streit auch heule hisiig sein.
Geilert 3, 407;
erbarmt hast du dich meiner klagen,
auf wunden, die du mir geschlagen,
mit neuen freuden mich getränkt. Gotter 1,9;
Ännchen lauft auf ihr geschrei
athemlos zum neuen thurme. 1, 54;
auf schweres gewitter und regengusz
blickt ein philister zum beschlusz
ins weiter ziehende grause nach. Götue 3, 199;
der tod der beiden hofleute auf den Uriasbrief. 19, ICI; nur
Wilhelm hielt für schimpflich, einen plan, in den man mit
so viel Überlegung eingegangen war, nunmehr auf ein blo-
szes gerücht aufzugeben. 19, 32; ich bin in dem augenbiicke
so für Michel Angelo eingenommen, dasz mir nicht einmal die
natur auf ihn schmeckt. 27,235; dasz auf ankunft der neuen
herzogin lady Milford den abschied erhalten soll. SciiiLLEtt
185; der bäum fällt nicht auf den ersten hieb: auf eine
solche rede müssen die andern das maul halten ; auf den Spa-
ziergang soll man ein Schläfchen thun ; auf diesen fisch gehört
sich ein schluck wein, was man auch fassen kann wie auf gro-
ben klotz gehört ein grober keil, d. h. dahinter her, oben darauf
22) bei Zeitbestimmungen pflegt detn acc. die praeposition
auf vorgesetzt zu werden, ist aber oft auch entbehrlich, er-
lauben sie mir, Danae, auf einen augcnblick {pour un mo-
ment) diesen rückfall in meine grille. Wiei.am) 10, 91; ich
komme auf die minute; sei auf die stunde da. GötiieS, 208;
kein Berüngcr der auf den tag bei der Schlacht ist gewest;
Rom ward nicht auf einen tag gebaut;
gou fragt nit viel nach irem klagen,
sie schreien auf den heutigen lag. Aibrrijs22;
sie leben beid auf diesen tag. 46';
auf den heutigen tag. Carg. 269* ; auf nachmittag ;
ich hab nie ghabt solch grosze freud,
als ich auf den tag hnb erlebt. Atreh423';
sein Vorrat ist auf heule,
auf morgen hat ihn gott. Fleming 73;
goil geh euch, was auch wir euch sämtlich wönschen sollen,
auf heut und alle zeit, llzt aber wünschen wir,
dasz ihr auf diesen lag noch muget sein allhior. 77;
auf heute (d. i. auf den lag von Itcule) kommen wir. 173;
Ilaldus führet alle Sachen, die er führet, aufs vorschieben,
wil sie bei dem Weltgerichte dann auf einen tag ausüben.
I.OCAII :t, 13S, 5 ;
pavillon, in welchem er alle jähr auf seinen gcburlslag die
ältesten freunde und die neusten bekannten einlud. Göthk
22, 75; Charlotte war ülieizeugt, Ollilie werde auf seinen
geburtstag wieder zu sprechen anfangen. 17,390;
so darfst du mirs nur auf Walpurgis(lag) sagen. 12, 132;
ich mag ie auf licint nit mer schwatzen.
II. Sachs 1, 453' ;
auf die dritte nacht. Schweinichen 1, 260 ; auf eine nacht
sähe er seinen vater im träum, pers. baumg. 5, 13 ; ich sasz
auf eine nacht zur zeit meiner Jugend bei andern jungen
burschen. 9, 2 ; vielleicht lauf ich auf die nacht alsdann
zu ihnen. Götiie an fr. v. St. 1, 39 ; es wird regen geben auf
die nacht. Lenz 1, 216 ; auf morgen. Garg. 136* ; er könne auf
die woche die verlangte summe nicht schicken. Göthe 8, 211 ;
kan man andere neuwe regiinenter auf den frähling wieder
bewerben. Kirchhof nti7. disc. 200;
Neptun kann keinem gut für seinen schaden sagen,
der sich in seiner flut auf speten herbst will wagen.
Fleming 79;
ein haus auf drei jähre miethen ; auf zehn jähre warten ;
alt auf hundert und vierzig jähr. II. Sachs 1,454';
es begab sich aber auf ein zeit (quodam tempore),
ÄLBERUS 5;
auf ein zeit begab sichs. 12;
die händ und füsz und alle glider
warn auf ein zoit dem bauch zuwider. 32;
man sagt der teufel auf ein zeit
fast reizet durch seinen allen neid
ein abt zu einer nunnen gier,
bis er sie bracht zusammen schier. Schwarzknb. 142, 1 ;
CS hatten auf eine zeit etliche räuber sich zusammen ge-
than. pers. rosenth. 1, 5; als ich auf eine zeit bei des h. .lo-
hannis grabe sasz. 1, 12; auf eine zeit sasz ich die ganze
nacht in gegenwart meines vatftrs. 2, 7; er fragt auf ein zeit
seiner bekanfen einen. Zinkgr. 263, 8; auf zeitlebens {auf im-
mer). Göthe an fr. v. Stein 2, 247 ;
auf eins {auf einen schlag) in zweien tagen
sind zwei geschwister hin. Fleming 330;
wil volk und ich auf eins (auf einmal) zu gründe gelin. 115;
auf einmal (tout d^un coup) schien die sonne durchzudringen.
Göthe 1, 4 ;
so hatte ich das vergnügen, sie beim ersten blick auf Einmal
in ihrer ganzen anmut zu sehn. 25, 349 ; wenn wir auf ('in-
mal aus einem ruhigen dache eine flamme gewaltsam aus-
brechen sähen. 25, 304; als sie aber auf einmal das fremde
gesiebt erblickte. 25, 366 ; aufs nechst (proxime). Garg. 138' ;
damit er aufs künftige (imposlerum) solchen gefahren nicht
mehr ausgesetzt wäre. Ki.inger 6, 244 ; lasset uns auf dismal
(hac vice, pour cetle fois) weichen. 1 Macc. 9, 9 ; doch auf
dismal wollen wir ein wenig davon sagen. Luther 1, 66. statt
auf einmal auch auf einen schlag, hieb, sitz, welches letxtere
auch im dat. stehen kann:
hat nechton verspielt hundert ducaten
fast auf eini' sitz, ich stund dabei.
IL Sachs III. 3, 71';
von jenen wunderlichen Sprüngen ist mir eine dunkle erin-
nerung auf mein ganzes leben geblieben. Göthe 18, 17; ich
bin elend, auf mein ganzes leben elend. 18, 64; sie auf ihr
ganzes leben elend zu wissen. Gotter 3, 56 ; sie glauben
mich aufs leben zu haben und nun entwisch ich ihnen.
Ki.inger 8, 182. Bei diesem zeitbestimmenden auf scheint der
Sprachgebrauch oft ungenau, eigentlich sollte auf den abend
ausdrücken gegen abend, franz. vers le soir, sur le soir, hin-
gegen den abend oder an dem abend vespere, le soir, au soir,
wann der abend eingetreten ist; wir setzen öfter auf den abend
auch im letzten fall, und auf drei jähre miethen bedeutet uns
nicht gegen, sondern für drei volle jähre, und aufs ganze le-
ben pour tonte la vie. besser sagt man : was heute wahr ist,
ist es auch morgen, als was auf heute.
23) unentbehrlich wird auf sobald b i s vorausgeht oder ver-
standen werden musz: der erbe ist unter den Vormunden und
pllegern bis auf die bestiuuute zeit vom vater. Gal. 4, 2 ;
dann Lolh und sein gesind genas,
bis aufsein weih, die sich vergasz.
SniWAHZEMlKRG 156*;
ich bleibe von monlag bis auf donnerslag, von heute bis
morgen, tadelhaß von heule bis morgen. Ja auch hin-
ter tat. usque nicht ad, /i;»i/er franz. jusquc nicht i^ fehlen
darf, und mhd. hiesz es : unz ftf den tac. Iw. 5467. wol aber
kann das bis unterbleiben:
traurig die lange
nach! von gestern auf heul. Göthk 1,322;
wie lang ists noch auf Ostern I 11, 9;
613 AUF
XU Quinsa; hat es biroen die wägen auf zehn pfund.
LocAC 3. zugäbe 133;
als Mahomet auf die 50 jähre alt war. pers. haumg. von. ;
fand in der zahl von zwöITen alle treu
auf einen nach (bis auf eiaen).
A. W. Schlegel im Richard 2. act i sc. i;
man riecht den brand auf eine stunde weit ; er quälte mich
aufs blut. GöTHE setzt meistens, uo nicht immer auf den grad
für bis auf den grad : die weit noch grosz genug und die
menschen nicht auf den grad soi^ältig. 24, 207; personep,
die sich einmal auf einen gewissen grad verbunden. 29, 126;
hoffe ich noch auf einen grad im zeichnen zu kommen. 29,
64; wenigstens musz man Tieles und zwar auf einen bedeu-
tenden grad mitgemacht haben. Klinger 11, 185.
24) ähnlich den mit auf und dem acc. gebildeten zeitadver-
bien sind andere, die art und beschaffenheil ausdrückende:
das geschieht auf diese oder jene weise (hoc illove modo, in
hunc modum), ahd. aber in dia wis, in andra wis, in desa
wlsön «. s. u:; auf gewisse weise {quodammodo) ; auf solche
oder andere art ; man ist auf diese art bald auf einem warum,
worauf keine anlwort gegeben werden kann. Kant 3, 94; ich
sehe nicht ab, auf was art (auf welche art) das herausge-
bracht werden könne. Hahs 3, 177; auf diese oder solche
masze igcteisser maszen). Liscov rorr. s. 40. bei liedern und
gcsängen heiszts: auf die weise vom Benzenauer, auf den
schwarzen ton, auf den langen .Mamer u. s. w. ; fieng Philine
ein liedchen auf eine sehr zierliche und gefällige melodie zu
singen an, Göthe 19, 195; ich brech immerhin, auf das alt
liedlein (nach dem alten lied). Garg. 77'. die euszersten Indi
haben büchsen und allerlei wor auf unsern brauch. Frank
ice//&. 191' ; auf allen, auf jeden fall ; meine gewohnheit bleibt
auf jeden fall um fünf uhr abends spazieren zu gehen. Göthe
36, 3 ; es gab scandal auf alle fölle. 48, 94 ; was uns auf alle
fälle nicht berechtigt. Kant 7, 265; auf die länge (d /a lon-
gue) kann dieses märchen nicht halten. Götue 14, 144. Die
tceise der kleiderlrachl, welche wir jetzt mode neunen (s. dies
wart) hiesz mhd. der alte oder niuwe site, diu alte oder niuwe
haut, später auch der alte orfer- neue schlag; unser heuliges
adv. nach der mode (d la mode) lautete also mhd. nach dem
Site, nach dem hovesite, üf den site, üf die niuwe haut ; nhd.
uf die alten hant zierlich gemacht. Götz von Berl. herausg.
von Zupft s. 14; kieioet iim fein auf den neuen schlag. Garg.
112* ; ein närrisches kleid auf die neue mode. Simpl. l, l.
25) hieran unmittelbar reiht sich die redensart auf deutsche
spräche und auf deutsch, nur dasz der letzte, gleichfalls den
acc. enthaltende ausdruck nicht allein auf spräche, sondern,
wie mode, auf jede andre gewohnheit und sitte gehn kann, er
aber antwortet auf seine spräche (in seiner spräche). 2 Mace.
7, 8 ; schmähet ihn auf ire spräche. 7, 24 ; redet heimlich auf
ihre spräche mit im. 7, 27 ; lobelen gott auf ire sprach. 15,
29 ; und es war geschriben auf ebreische, griechische, latei-
nische spräche (ißoaiari e/J-r^viari ocouaiort). loh. 19, 20';
warumb sotten wir Deudschen nicht mess lesen auf unsere
sprach, so die Latinischen, Griechen und viel andere auf ire
sprach mess ballen? Ldtbeb 1, 333' ; so dasz man auf unsere
sprach sagen möchte, pers. baumg. 8, 3; sprach sie auf ihre
spräche, unw. doct. 399. ahd. galt statt auf in, doch ebenso
mit dem acc:
nu i; lilu raanno mthihit, in sina zongün scribil. O. I. 1, 31 ;
Di sie in freDkiskün biginnen. I. 1, 34;
t6 scribent (totes thcgrana in frenki^kdn thia regnia. I. J, 46;
s6 wir DU hiar bigunnun in frenkisga zungün. I. 1, 114:
Ihaj wir imo hiar gisun^run in frpnki>ga ziingün. I. 1, 122;
Iha; wir Krisle sungun in unsera zungün. I. 1, 125;
wirteol Ottbied selbst in den angezognen rersen 34. 46 in fren-
kisgon schrieb, erst die strengahd. Freisinger hs. frenkiskAn
daraus machte; sein frenkisgon musz acc. m. sein rön fren-
kisgo (mos francicus), gleichviel mit dem f. frenkiskd. Notkeb
sagte stets in diuliskön teulonice, in ciiriechiskön graece, in
bimelskAn supeta lege, auf himmlisch, wie Gryphics:
dann wird die pracbl zutreten,
die von dem pövel sich auf bimnilisch an liesz beten. 1, 298.
tekon mhd. scheinen die schwachen f. diutisclie, himelscbe rer-
»Itet und durch das unßcctierte neulrum in diutsch Eiu 13277
»■ xe diutsrhe 13271 ersetzt, nhd, trat an die stelle des in auf,
der ace. blieb. Fischart, w-ie er sagt : auf schweizerisch, köl-
nisch, auf niderländisch, auf französisch, auf gut engellendisch.
AUF
614
Garg. 77* ; auf duarenisch, alciatisch, ochslinisch, fiuf Duarens,
Alciats, Ochslins weise, musz audi gesagt haben auf griechisch,
französisch (graece, gallice); wir steigen auf geistlich gen Jeru-
salem. Keisehsb. schif der penit. bl. 1; wie man vom hasen
auf gut weidmännisch reden soll, weidwerkbuch 92';
lasz uns unverdmsziich leben,
recht auf gut philosophisch ( v./ _ \^ _ ). Weckherl. 412 ;
dann zlato das heiszt gold auf windisch. Opitz Zlatna 10;
wir wollen brot und wein, und was sie mehr uns heiszen,
mit räuchern ehr anthun, auf jüdisch einher gehn.
Griphius 1, 501 ;
der redet etwas auf persisch, pers. roseng. 6, 1; diese wort
verdolmetschte ich auf arabisch, ebenda; weil das haus auf
stättisch (m städtischer weise) gebauet war. Simpl. 1, 238 ;
sie legte, ja doch, nur gemach!
schlagt euern I'lalo selber nach,
es läszt sich nur auf grieeliisch sagen.
WlELAND 10, 150;
und fieng auf polnisch schön zu tanzen an.
Gelirrt 1, 42;
die hymnen, die auf gut israelitisch dem herm der heerscha-
ren gesungen werden. Kant ö, 431. irie auf gut philosophisch,
auf gut weidmännisch, auf gut israelitisch heiszt es auch auf
gut, rein, gemein, schlecht deutsch und die beigefügten ad-
jecliva lassen über den acc. keinen zweifei, denn ebenwol sagt
man auch : auf reines, gutes deutsch, stände, ohne auf, blosz
deutsch, französisch, so wäre es das adv. == theotisce, gallice.
neben lateinisch aber erscheint zugleich latein (ir«c mhd. neben
ze diutsclie zc diute) : bei solchen talenten konnte er seinen
beruf zum Journalisten von profession nicht lange verkennen,
er ward es, doch auch nur erst auf latein. Lessing 8, 201.
26) bei den unter 22 angeführten zeiladverbien erschienen
schon einzelne mit dem adjectiv gebildete: aufs nächste, aufs
künftige, welchen manche hinzugefügt werden können: aufs
schnellste, aufs baldigste, aufs schierste, apost. gesch. 17, 15.
ausserdem gibt es eine grosze zahl, die nicht zeitliche, sondern
andere beschaffenheiten ausdrücken, und, zumal im 16 jh. das
adj. lieber stark als schwach setzen, obschon der vorausste-
hende artikel schwache form zu bedingen scheint, bei Lltheb
3,|140' findet sich aufs erst, Bindseils ausg. des .V. T. wird
zeigen, ob er es auch da schticb, wo die gangbaren texte be-
reits schwache form haben: aufs erste, apost. gesch. 15, 14.
Rom. 1, 8. 1 Cor. 12, 28. Ebr. 7, 2; indessen steht aufs erst
Jac. 3, 17. aufs schierst Ebr. 13, 19. Frank spr. 1, 87' hol
auf erst, ohne artikel, womit unser zuerst und vorerst stim-
men, aufs best, apost. gesch. 25, 10 in mehrern ausgaben;
so wollest doch bis an das Ie<t
gott dien und lieben auf das pest.
SCHWARZe.NBERG 155, 2;
darnach behend, aufs best ihr wiszt,
die Wagenburg zusammen schlieszt.
RiNCWALO laut. waHi. 383;
aufs freundlichst. Garg. 257'. AUmälich aber wird die flexion
mit recht hergeslelll: sie verwahrten es aufs beste sie konn-
ten. Opitz Arg. 1,612; sie hatten sich ansgezieret aufs beste
möglich gewesen. 2, 189 ; du aber bringest aufs höchste zwei
kinder zur weit. Lokman fab. 10; wartete seiner aufs beste
er kan. fab. 22;
denn er verfolget mir aufs euszersie mein leben.
Fleii.ng 26 ;
ich bat ihn anfs inständigste. Wielanb 1, 46 ; sich aufs eilfer-
tigste zu verbergen. 1,49;
doch schlürfl es und schlaraplt es aufs beste. GdTHS 1, 208;
anmutig thal.' du immergrüner hain,
mein herz begrüszt euch wieder auf das beste. 2, 145;
auf das behendeste. 24, 230 ; bis aufs letzte. 25, 59 ; alles auf
das fleiszigste und bunteste gemahit. 26,33; Vorzüge, die sie
so eben aufs freiste vor mir entwickelte. 26, 12 ; sah ich eine
meiner hurerinnen aufs äuszerste verzaubert. 26, 5. die be-
lege ergeben in dieser fügung beincJie lauter Superlative, wie-
wol der positiv stalthaß ist: aufs neue {von neuem) = auf
ein neues (Garg. 95') ; aufs wiederholte (itcrum), aufs andere
(zweitens) ; man fuhr aufs ungewisse fort, in hofnung die ver-
lornen wieder zu finden. Göthe 17, 334. auch hier ohne flexion
auf ewig (pir immer) :
nein ihr seid herscber auf ewig. Voss Od. 15, 534 ;
lisch aus mein licht, auf ewig aus ! Bürger.
39*
615
AUF
AUF
616
27) beachlenswerlh sind die lagen, in welchen die praep. auf
unmillelhar hinter einem nomen, sowol subst. als adj. erscheint,
wobei sich aber ausgefallne verba hinzudenken lassen oder die
nachwirkende verbalbcdenttmg des nomens in betracht kommt:
rede auf Friedrich den groszen, gedieht auf den frühiing, an-
trag auf freisprechung, eiischeidung, gastmal auf zwanzig Icute ;
vorrede und Unterricht auf alle bücher und Schriften D. M. L.
LüTUERl, 1*; meinung und gutdünken auf die artikel. Luthers
br. 1, 575 ; Melanchthon bedenken aufs Interim ; schade auf
das buch, schade auf das weiter sagt Lessing im jungen
gelehrten und in der alten Jungfer für schade ists um das
buch, um das wetter; was hiervon im druck erschienen,
vermehrte nur die bcwegung im publicum und die neugierde
auf den Verfasser. Götiie 26, 239; ich habe einen wünsch
auf den Vollmond. Göthe an fr. von Stein 1, 133. 139 ; die
erfahrung hat uns den werth dieser Wahrheit auf das all-
gemeine und recht im groszen kennen gelehrt. Klingeii 11,
192; ein Verbrecher auf den tod {vgl. sitzen auf den tod).
Kant 5, 167 ; deutung ästhetischer urtheile auf Verwandtschaft
mit dem moralischen gcfühle. 7, lüO ; in bezug, in rücksicht
auf das gesetz. hinter adjectiven: gierig auf essen, neugierig
auf alles; hund auf den hasen begierig, wcidwerkbuch 89*;
stolz auf beifall; wund, krank, müde auf den tod (bis auf
den tod, vgl. siechen auf den tod);
ein maul
schnell auf schraach, auT loben faul. Fleming 460;
drum ist er stets bereit aufsamcn zu erwecken.
LoGAU 1, 5, 84,
wo das auf von bereit abhängt, nicht mit erwecken zu verbin-
den ist; bei allem diesem zeigt sich die junge gräfin ent-
schieden heftig, parteiisch auf ihren stand, hartnäckig auf
ihren besitz. Güthe 15,49;
auf eigne fehler streng und gegen freunde billig. 56, 58.
bei participien, wie erhitzt, erpicht, versessen u. a. m. versteht
sich das folgende auf von selbst.
B. ruhe und dativ.
1) sinnliche Vorstellungen: auf der erde, auf dem boden
liegen, ein stein liegt mir auf dem herzen ; auf dem feld,
auf dem acker, auf dem tisch stehn ; auf einem fusz siehn ;
auf dem stul, gras, stein, berg sitzen, die praep. meint so-
wol den grund, als was ihn berührt, der auf der erde sie-
bende steht zugleich auf seinen füszen, der auf dem gras lie-
gende liegt zugleich auf seinem rücken, das mädchen sitzt
auf der stube, auf der kammer und spinnt, weil fraueiistubcn
und katnmern hoch, d. i. oben im haus gelegen waren, heute
ist üblicher zu sagen in der stube, in der kammer;
und sasz, wenn alles schlief, und wacht,
und weint auf ihrer zelle. Gökingk 3, 143
die sinnlichen verba können oft unausgedrückt bleiben : ich sehe
den vogel auf dem ast (sitzen) ; so doch jener künig den
zwerg auf seiner frawen (liegen) fand. Garg. 29'.
2) bei sein, das dann meislentheils die bcdeulung von ma-
uere, wesen hat: das kind ist auf der weit (crxc/ifoie)/) ; er ist
auf dem meer, auf der see, auf dem lande, er ist eben auf
dem landhause, wohin die betrieger gehen. Göthe 14, 222 ; er
ist auf der holten schule {aber in der schule, in der niede-
ren), auf der Universität; er ist auf der reise, auf dem wege
(untcrweges) ; auf dem ball, dem schmaus, auf der bühne,
auf der kanzel {aber im sciiauspiel, in der kirche, im haus),
auf der hochzeit, kindtaufe; er ist {steht) auf meiner seite.
ich bin {stehe) auf dem Sprunge, auf der warte, lauer, ich
bin auf meiner hut. es ist doch auch nichts, wenn man so
ganz auf dein sand ist.
3) auf dem pfcrde reiten, auf dem stecken reiten ; auf der
geige spielen, auf der geige arbeiten. J. Padi, Hesp. 2,91; auf
dem Waldhorn blasen ; auf dem eis laufen.
4) auf den bänden, armen tragen, auf beiden achseln, auf
dem rücken ; das kind wird auf dem arm, der korb am arm
getragen; kein kleid, keinen trocknen faden auf dem leihe
babcn; eine spanische fliege auf der brüst haben; du hast
das herz auf der rechten stelle; auf beiden Iheilen ist mir
weh. H. Sacus IIL 2, 6*; der fürst bat ein groszes beer auf
den beinen.
5) wir trinken caffce auf dem weinberg, hier auf dem fel-
senkeller; wir nehmen unser inillagsnialil auf der niüiilc.
Göthe 18, 146 ; sie wollten an einem andern orte, auf einem
benacbbarlen jügcrbause ihr niittagsmahl einnehmen. 18, 154.
auf den alpen lebt sichs frei, auf dem wald {Waldgebirge)
lebt sichs gesund;
kannst du von Veilchen dir im lenze,
im herbst von astern späte kränze
auf einem stillen dörfcnen drehn. Gökinge 1, 180;
bin auf dem holz beraubet wem. II. Sachs V, 359' ;
die unser töchter haben genommen
mit gwalt, als mörder auf dem wald,
den raub ihn mit dem schwert bezaU. Y, 256*,
d, h. als waldräuber, Strauchdiebe, man darf auf dem wald
nicht zu genommen construieren. auf dem walde wohnen ist
gleichviel mit zu walde wohnen, briefe an gutsbesitzer pflegen
ein auf und zu vor dem Ortsnamen zu häufen: freiherr von
Maitzahn zu Penzlin auf Rothenmoor; auf und zu NN. ; sonst
aber heiszl es, mit Unterscheidung jeder praeposition : wohn-
haft auf dem schloszplatze zu Berlin, auf der messe zu Leip-
zig, auf dem ersten turnier zu Magdeburg.
6) hier sei einer Sünde gegen die spräche bei Schriftstellern aus
Niederdeutschland gedacht, welchen ihr to {sp. 607) im sinne liegt
und die nun auch auf mit dem falschen casus construieren:
als wir nun auf der höhe von China kamen. Claudius 3, 50 ;
der niangel der vernunft würde uns auch auf dem fall dienste
thun. Liscov s. 533 ; erträglicher scheint bei Hippel 7, 86 auf
einem haar wissen, doch auf ein haar besser, auch Luther
verfällt in den fehler mit auf stücken : er wolt sich auf stücken
zureiszcn lassen, ehe er die messe wolt lassen faren oder
endern. 5,295'; wenn man es auf stücken zurisse. br. 2,62.
zu stücken wäre richtig {wie 5, 295' gleich folgt), oder auf
stücke, in stücke.
reiszet mich auf etlich tausend stück entzwei.
Ringwald Ir. Echh. (jiii';
doch falsch
grosze macht auf stücken springt, laut. warh. 341 ;
in der bibel aber unterscheidet Luther vollkommen recht zwi-
schen in stücke und zu stücken, doch auch Opitz setzte: auf
stücken schneiden. Argenis 2, 305 und Gryphius :
wo mein herz auf tausend stücken bricht. 286;
risz und bisz alles auf stücken, froschm. II. 1, 5.
7) auf sich selbst sitzen, sagte man im 15. 16 jh. für allein,
in sich gekehrt und von andern zurückgezogen sitzen: wenn
du doheimen uf dir selber säszest und betrachtetest. Keisebsb.
post. 3, 91 ; ein mensch mag nit ahvegen also in gezogen sein
und uf im selber sitzen ;
wie sitzt du also auf dir seih,
bist so crschlucbzct, bleich und gelb?
11. Sachs III. 1,107';
später aber veraltete die ausdrucksvolle redensart.
die gralien stehn tief betrübt auf diesem falle.
Fleming 137,
über den tod eines knabcn;
0 du verletzte cliaritinne
bist noch auf deinem harten sinne. 502;
mein vater bleibt
auf dem verhaszten ton. Göthe 7, 112;
alle meine hofnung steht nun auf dir; du gehst auf dem
grabe ; man fährt rechts und hat auf derselben liand garten-
häuser und Weinberge neben sich. 43, 150 ; Philibert ertappt
den Joachim über den Schmeicheleien und nimmt sie auf der
schlimmsten seile. Lessing 2, 475 ; ich erstaune über ihre ge-
schickHchkeit alles auf der schlimmsten seite zu betrachten.
Lessing im freigeist. auf der stelle, confeslim; auf der sttttU
Garg. 257. mhd. ze stete.
8) auf sich haben, sinnlich genommen, bedeutet auf oder an
sich tragen, abstract aber ertragen, werth sein, gelten, impor-
ter: das hat viel oder nichts auf sich, summi aut nullius mo-
menti est.
der weisen Romer volk das lern hinfort verstehn,
was ihre {der Christen) sabbnitag und märlein auf sich haben.
Gripuius 1, 501 ;
bislu ein weiser mann, so durcbgründe das innerste aller
Sachen, sintemal dieses und nicht die euszerliche gestalt, was
es auf sich hat, anzeiget. ;)ers. baumg. 2, 1 ; lasz mich gehen,
mein unglück ist gcwis, sie hat es sogar in meiner band ge-
lesen — was bat das auf sich? unterbnich ihn Pedrillo, wenn
man es nur nicht an ihrer stirne liest. Wieland tl, 234; du
wirst CS erfahren, was es auf sich hat, eine hübsche frau zu
haben. 11, 236; was hat das auf sich? qu'iinporte? Lkwz 1,
617
AUFACHT — AUFBAHREN
AUFBALLEN — AUFBÄUMEN
GiS
1C8; diese Schwierigkeit hat weniger auf sich. Käst 2, 584.
ich habs auf andern leuten. Garg. 89' will sagen, ich habe
mein geld bei andern leulen stehen.
9) auf mit dem dat., unmittelbar hinter dem nomen, kommt
«eit häufiger vor, als mit dem acc., :. b. ein haus auf dem
berg. ein TOgel auf dem bäum ; blind auf beiden äugen, taub
auf einem ohr, lahm auf der rechten seite, tceil dadurch blosze
oft geschilderte zustände bezeichnet werden.
AL'FACHT, /■. cura, sollicitudo, aufmerksamkeit, obacht: die
anfacht der bekandlen. Opitz 1, 5. Arg. 78; so wird nicht
leichtlich nur ein haus mit solcher fürsichtigkeit und anfacht
venvaltet. Opitz vorr. zu Hugo Gr. s. 1^2 ; ein fürst soll jeder-
zeit solche anfacht haben. Lohenst. Arm. l, 1103 ; das gebete
hätte der andacht und göttliche zeichen einer vorsetzlichen
anfacht ron nöthen. 2, 376. heute auszer gebrauch, obgleich
kürzer als aufmerksamkeit.
AUFACHTE.N, atlendere, gewahren : wobei er wol aufachten
möchte, welche geschlechter und arten hier einheimisch sind.
GöTHE 60,55.
AUFACHTSAM, attendens, aufmerksam: von seinem mehr
aufachtsamen söhne des reichs entsetzet. Louexst. Arm. l, 118.
233 ; der aufachtsamste feldherr. 1, 1010.
AüFACHTLNG, f. was aufacht: demnach habe ich mich in
ansehen und aufachtung etlicher meiner herren und freunde
mit der ehrbaren Jungfrau Anna M. verlobt. Karlstadt bei
Melanchth. 1, 539; welche schreiben in langen röhren haben
aus Liegnitz getragen werden müssen, solche aufachtung halte
man gehabt. Schweimchex 1, 263 ; beantwortet nur seine eige-
nen einwürfe ohne kenntnis, anhörung und aufachtung seines
gegenredners. Tieck nov. kr. 1, 138.
AUFÄCHZEN, alte suspirare: der kranke ächzte auf.
AUFACKEltN , exarare, iterare, land mit dem pflüge auf-
lockern, in die höhe ackern: wurzeln, steine aufackern, bei
kupferstechern, die platte rauh schaben.
AUFACKERUNG, f. iteratio arationis.
AUFANGELN, hämo excipere, einen fisch herauf angeln;
dann neuigkeiten aufangeln, aufgabeln, auffangen.
AUFARBEITEN, conficere, fertig arbeiten: bis ich aufgear-
beitet hatte. Lltiier 5, 528'. dann für außrauchen: der hung-
rige ruhte nicht, eh er den ganzen vorrat von speise aufgear-
beitet hatte ; das ganze leder ist Sthon aufgearbeitet ; ich habe
nun alles papier, alle samlungen aufgearbeitet, renovare:
alte kleider, eingesessene sessel aufarbeiten, endlich auch
für mühsames aufmachen, üfnen: den versandeten graben, das
schlosz aufarbeiten, sich aufarbeiten, sich aufraffen, ange-
strengt in die höhe bringen: der kranke wollte sich im bette
aufarbeiten; der mann schien verloren und arbeitete sich
doch wieder auf.
AUFATHMEN, respirare, alte spirare:
athme nun auT und trink! Klopst. 1, 114;
die saDflern schmerzen, welche zum wiedersehn
hinblicken, welche zum wiedersehn
tief aufatbmeo. 1,115;
der mensch sah schweraurathmeDd gen himmel.
Mets. 8, 404 ;
der feind ist geschlagen, wir atbmen frei auf; sie küste mich
und athmete auf.
AUFÄTZEN, nach den verschiednen bedeutungen des älzens.
das vöglein, das kind aufätzen, auffuttern : dasz ich ein junger,
zart aufgcätzter edelmann bin. J. Paul teuf. pap. 2, CO; das
futter verbrauchen : weistu nit, welchen groszen häufen schaf
ich habe und dasz das futter und hew gar aufgeätzt ist?
KiRCUu. uendunm. 240*. ein geschwür aufätzen, durch aufge-
legte, bciszende pflaster. eine kupferplatte aufätzen. s. aufclzen.
AUFBACKEN, verbacken, aufbrauchen, nnl. opbakken : alles
mehl aufbacken, dann wieder backen, recoquere, alles gebäck
aufbacken ; auch wol festbacken, anbacken : der kuchen ist
aufgebacken.
AUFBÄHEN, refovere, durch warmen Umschlag aufbahn.
AUFBAHREN, feretro imponere, auf die bahre legen:
wolt Heber sehen
ihn aufbahren und einnchen. Atrer323';
er tritt herein und sieht, man bahrt den Dämon auT.
Gellert 1, 213;
der mensch liegt aufgebahrel, liegt im sarge, mhd. gerfwet.
J. Paui. verwendet es lu allgemein für auflegen: die allen
schreibhücher der kinder lagen auf dem italienischen dache
eines gitterbellcs anfgebabret. jubeis. 155; der name ward in
den thurmknopf eingesargt und aufgebahrel. Fizl. 200
AüFBÄLLEN, globare, globos, globulos formare. von den
Pferden, wenn sich an ihren huf erde setzt : die erden so man
unter den vordem hufeisen findet, wann die pferde in wei-
chem weiter aufballen. Pister s. 408 ; ton wölken, von schv.ee
und anschwellendem eis:
auf berges ferne ballt sich auf
ein alpenheer, beeist zu häuf. Göthe 4,119;
die knaben ballen schnee auf und werfen, von polster und
waaren: zu hoch aufgeballtes bette. J. Paul biogr. bei. 1,146;
knoten seiner stim, den sie ihm durch alle sorgen aufgeballt
hatte. Herder 19, 83. waaren aufbauen kann heiszen sowol
binden als lösen.
AUFBANSEN, getraide aufbansen, s. banse.
AUFBASZ, adv. altius: iemer me über sich uf und ofbasz
gon. Keisersb. ehr. bilg. 156. andere belege bei Oberlin 65.
richtiger getrennt: auf basz, mhd. 6f hoher baj. s. basz.
AUFBAU, t?i. aedificatio, substructio, nnl. opbouw: die auf-
richlung eines gebäudes, eingeäscherter kirchen; der aufbau
des Vaterlandes unter ihren bänden ist mislungen; sei daher
jeder wacker und unverzagt bei dem neuen aufbau Deutsch-
lands. J. Pacl nachdämmerungen 70. bildlich: unter einem
aufbau lieblicher blumen und frftchle. Thümmel 10, 369.
AUFBAUCHE.N, tumere instar ventris: sah, wie des reiters
weiszer mantel im winde gleich einem segel aufbauchle. Armü
kronentr. 1. 19 erster, 1, 23 zweiter ausg.
AUFBAUEN, aedificare, substruere, restaurare, nnl. opbouwen,
das pari, aufgebawen bildet noch Fiscoart Garg. 2S0*, heute heiszt
es nur aufgebaut : ein haus, eine kirche aufbauen, aufrichten,
in die höhe führen; luflschlösser aufbauen; es ist leichter
einzureiszen als aufzubauen; haben feste thürm drinnen auf-
gerichtet und pallast aufgebawet. Es. 23, 13; einen holzstosz
aufbauen. Götter 3, 512 ; meine blumenbeete tragen den auf-
gebauten regenbogen und sinken nicht. J. Pacl Hesp. 2, 246 ;
der aufgebauetc himmel vor ihm. uns. löge 3, 139 ; mit sitzen
eingefaszt, die sich in mehrern reihen hintereinander aufbau-
ten. Göthe 24, 147. dann auch vom aufrichten des leibes ;
eine leicht aufgebaute, nett gebildete gestalt. Göthe 16, 152 ;
er rüstete sich zum reisen, das am besten seinen eigensin-
nigen körper auf- und nachbauete. J. Pall 4,108; Reinhard
suchte seine schon sehr zerrütlele gesundheil an der heiszen
quelle wieder aufzubauen. Göthe 32, 16. endlich von geistigem
bilden, erwachsen und stärken: dasz wir uns einen deutliche-
ren begrif von verlornen bildern aufzubauen wagen. 39, 174;
Moritz ist dadurch wirklich aufgebaut worden, es fehlte gleich-
sam nur an diesem werke {Herders gott), das nun als schlusz-
stein seine gedanken schlieszt, die immer auseinander fallen
wollten. 29, 79; eine naturgemäsze darsicllung aufbauen. 50,
56 ; diese werden eben diese Überzeugung auf eben dem wege
in ihnen aufzubauen suchen, auf welchem sie in ihnen selbst
aufgebaut wurde. Fichte kr. der otfenb. 130. im theologischen
sinn lieber sich erbauen, auferbauen.
AUFBAUER, m. aedificator, restaurator, erbauet.
AUFBAULICH : das wäre christlich und löblich und aufbau-
lich, da würden alle nationen desto lieber zu dieser religion
sich begeben, landgr. Philipp bei Melanchth. 9, 702.
AUFBAUMELN, diminutiv von aufbäumen, sich aufbäumein,
weidmännisch vom hasen, wenn er sich auf die hinterfüsxe
setzt, in die höhe richtet und umschaut.
AUFBÄUMEN, weidmännisch von wilden kletterthieren und
groszen vögeln, die gejagt zu bäume fallen, springen, fliegen,
was auch blosz bäumen heiszt: der luchs, der marder, das
eichhörnchen baumel, bäumet auf, das haselhubn bat aufge-
bäumt.
AUFBÄU.MEN, erigere instar arboris, sich aufbäumen, erigi,
ein lebhafter ausdntck, der sich ahd. und mhd. nicht aufwei-
sen läszt, aber vorhanden gewesen sein kann, da das einfa-
che, gleichbedeutige boumen bereits vorkommt: dag ors be-
gunde sich boumen. Lohengr. 130, außäumen. es gilt zu-
mal von Pferden, wie aufbäumein von hasen, wenn sie sich
auf die hinterßtsxe stellen, männerchen machen, bair. manne!
machen, wird aber auch gesagt vom kinde, das sich im mutterleib
bewegt, aufrichtet, von der bewegung des herzens, vom aufrich-
ten, sträuben der haare und mahnen, des wassers, der flamme,
des Schattens, und steht überhaupt für auflehnen.^ sich empor-
richten und erheben: Helisabet das ufböumen in inrueriib befand
Keisebsb. post. 1, 4 ; sich heben und aufbewmen. Luther 3, 111 ;
doch komb nimmer, das rat ich dir,
dich aufzubäumen gegen mir. H. Sachs ;
619
AUFBÄUMEN —AUFBEGEHREN
AUFBEHALT — AUFBEUTELN
620
die armut, die sich irulziglilich
nie darf aufbäumen wider mich.
III. 2, 71 ;
die wil du dich so frävenlich dem heiligen stäl zu Rom wi-
dersetzst und dich ufbömpst wider din ordenliche oberkeit,
so thfin ich dich in höchsten bann. Bullinger 1, 17 ; Rupertus
künde sich aufbäumen wie ein groszer Christoffel; so einer,
der von des herrn wegen uneelich bleibt und sich wider die
eelichen aufljewmt, der sei verbannt. Frank chron. 32l'; die
durch vil subtililet der künst sich aufbäumen und fallen in
die herschaft des teufeis. Frank 2, 82; Avie sich das herz
daran aufbäwmt und darauf verlaszt. 2, 98 ; die herzogin die
rede sobald nicht vernommen halt, alles ir geblüt von groszer
freuden empören thet, ii- herz von groszen freuden sich auf-
bäumet. Galmy 83; dann sobald solchs geschieht, sich mein
herz in meinem leib aufbäumet. 163; der flusz hat sich auf-
gebeumt und geschwellt ; wenn sich das hirn aufbeumet oder
aufwirft. WiJRTZ wimdarzn. 90 ; wirt sich aufbäumen wider den
fürsten. Wernstreit friedensb. 222;
also wil ich nemen das leben
allen die lliun auHaumen sich. Atrer63';
gleich als köntestu dich wider got aufbäumen. Ayrer proc.
3, 1 ; der kerl beumt sich gewaltig auf, cristas erigit. Stieler
115 ; wer sich zu sehr aufbeumt, schlägt desto schwerer nie-
der; nachdenkend betrachtet er des todten aufgebäumte brüst.
Fr. Müller 1, 102 ; o nun rufst du hoch, bäumst auf die
wilde brüst. 1, 176 ; die pest mag mit aufgebäumten (aufge-
häuften) leichen den Oeta übergipfeln. Schiller 14; als ein
wahrer lianenwald aufgebäumt. J. Paul Ilesp. vorr. viii; als
ich bei einem ihor in Hof vorbeigehe, auf dem ein gemahlter
löwe sich und seine mahnen aufbäumt. 4, 1; er sah einen
hoch aufgebäumten wald. TU. 2, 50; neben dem zauberwald
bäumte sich der hohe schwarze tartarus auf. 3, 103 ; die mäd-
chen sahen hochroth dem aufbäumen (aufrichten eines baums)
zu. ßegelj. 3, 72; hell klang drauszen das abendläuten unter
den aufgebäumten rauchseulen. 4, 112 ; eine sich aulbäumende
sinnenweit. Fixlein 43; als eine gebogene flamme sich zwi-
schen den grünen gipfeln aus einander rollte und aufbäumte.
biogr. bei. 1, 28 ; nun blickte sie nach ihrem schatten um,
der aufgebäumt an der wand gegenüber stand. Tieck 9, 167.
Den Webern bedeutet aufbäumen das garn, den zettel um
den weberbaum winden, außringen, nd. bömen, upbömen, nnl.
boomen, opboomen, den ketting op den weefboom brengen.
opboomen auch: een schip met een boom tegen stroom op-
duwen. dagegen fehlt diesem dialect das Vorausgehende nhd.
aufbäumen erigere.
Bergmännisch, es bäumt sich ein knauer auf, kommt hartes
gestein zu tage.
AUFBAUSCHEN, AUFBAUSEN, anschwellen, aufblasen, auf-
treiben: segel, gewänder bauschen auf; sogar meine kürbisfla-
schen klotzen mich an, pauszen sich auf. Fr. Müller 1, 128 ;
aufgebauschte backen : ein gutes, wackres weibsen, das auch
seine schmucken pfennige und aufgebauschte rothe backen hat.
Tieck ges. nov. 4, 180. s. hausbacken und aufpausen.
AUFBEBEN, tremule erigi: das herz bebte mir auf in
der brüst;
da waren um mich aufbebende gräber.
KiopsT, Mess. 7, 437 ;
in bangen entzückungen bebte das herz auf. Voss;
in süszem schrecken bebt die sultanstochter auf.
Wieland ;
welch kingliches geschrei
bebt zu den fenstern auf? C. F. Weisze.
AUFBEFINDEN, sich, surgerc, valere, aufgestanden sein und
sich befinden, sich gehaben: er befindet sich schon auf; i. f. gn.
befänden sich gar flbcl auf. Schweiniciien 3,125; er befindet
sich wo! auf und sieht doch blasz. Rabener 1, 123; die schäfer
belindcn sich niemals besser auf, als wenn sie von gift und
dolchc reden, ein unverwerfliches wort, dessen man sich heute
wenig bedient.
AUFBEFINDEN, n. habitus, status, valetudo: ich habe B.
gebeten, dasz er von meinem aufbefinden ihnen mündlich
nachricht geben möchte. Rareneh ß, 12&; das aufbefinden der
Prinzessin, wenn sie aufwachte, inüste allein entscheiden, ob
sie sich im stände bcHinde, ihn vor oder nach der tafel an-
zunehmen. J. E. Schlegel 3, 497.
AUFBEGEHBEN, insnlescere, mehr ah billig fordern, zornig
auffahren : sie wollen hier noch aufbegehren ! in anderm sinn,
aufverlangen.
AUFBEHALT, für aufenthalt, slalus ? die Verwendungen und
öftere wiederkehren des aufbehalts der dementen (ces ren-
versements, ces mutuels retours des rcgions clementaires).
Brockes 3, 152.
AUFBEHALTEN, servare, franz. garder; conscrver, auße-
wahren, aufheben, sinnlich, den hut auf (dem köpfe) behalten.
Göthe 25, 367; es regnet noch, du must den schirm aufbe-
halten, wie den mantel anbehalten, fruchte. Heisch aufbehal-
ten, aufbewahren, aufheben, dann in häufiger anwendung:
gott hat mich dazu aufbehalten, dasz ich noch enkel erblicken
soll;
so wirt doch deiner gute schätz
für dein volk aufbehalten. Weckii. 142;
da sie fast nichts können vor raub und plünderung recht ge-
sichert haben oder aufbehalten. Simpl. l, 15; die guter eines
verstorbenen prälaten wurden so lange, bis sein successor
kam, aufbehalten. Hahn 2, 165; aus dem Saturio aber hat
uns Festus unterschiedene stellen aufbehalten. Lessing 3, 4;
es gibt in der that auch hier paduanische münzen, die zwar
falsche aber doch von so schönem und dem wahren so nahe
kommenden Stempel sind, dasz sie gar wo! aufbehalten zu
werden verdienen. 8, 456 ; wer weisz, was ich ihm aufljehalten !
er war meine erste liebe. Schiller 305 ; Strada hat uns einige
artikel aus der geheimen Instruction aufljehalten, die ihr das
spanische ministerium gab. 797; dasz classische Schriften die
schätze ihrer spräche aufbehalten sollen. Herder 1, 130; ich
verfolgte einen alten lieblingsgedanken, dasz Myrons kuh auf
den münzen Dyrrhachiums dem hauptsinne nach aufbehalten
sei. Göthe 32, 137; dank dir, dasz du mich dieser stunde
aufbehalten hast. Klingers th. 2, 364 ; o Rinaldo, zu was bin
ich aufbebalten ! 3, 259 ; o boshaftes Schicksal, ward es mir
aufljehalten, den schrecklichsten von deinen kelchen zu leeren?
Tieck 15,149; flüchtige schritte, von denen die zeit nicht die
mindeste spur aufbehält. Kant 2, 548.
AUFBEHÄLTNIS, n. brüder, die das aufbehältnis einer ge-
heimen Wahrheit zu menschen macht. Hippel 10, 171.
AUFBEISZEN, dentibus effringere, nnl. opbijten :
kanstu das nüszia aufbeiszen? H. Sachs 1,424*;
das er vor zorn ein nusz mit dem ars aufgebissen hett. Garg.
253' ; allein er hat nüsse \^rher aufzubeiszen. J. Paul ßegelj.
1, 12 ; beiszt mir disen verknipften knöpf auch auf, habt ihr
änderst spitze zän. Garg. 286". die säure beiszt die haut
auf. sich eine ader aufbeiszen. Göthe 16, 108.
AUFBEIZEN, corrodere: ein geschwür aufbeizen.
AUFBEKOMMEN : du wirst schlage auf (den rücken) bekom-
men; bürgerkrone, die er auf (das haupt) bekäme. J. Paul
jubeis. 100. Schüler bekommen arbeiten auf.
AUFBELLEN, alle lairare:
graunvoll aufbellende haupier. Voss;
Scylla von hunden umtobt aufbell in sikulischen wässern.
derselbe.
AUFBEREITEN, zubereiten, bergmännisch, erz durch waschen
und pochen zum schmelzen aufbereiten.
AUFBERGEN, aufrücken, im landbau, die beete in der mitte
erhöhen, bei Stieler 164 ist aufbergen, cumulare montes, berg
auf berg setzen, s. aufl)irgen.
AUFRERSTEN, rumpi, nnl. opbersten ; die erde birslet auf;
dasz .ludas sich selbst erhcnket und der bauch im auflterstel
(f. birstct). Luther tischr. 300";
oder im wölbenden bäum und in nufgeborstenon fcisen.
ZACUARIÄ2, 63;
aufgeborslene lippen.
AUFRESCHWÖREN, durch beschwOrung m die höhe rufen:
einen stürm aufbeschwören.
AUFRESSEBN, sensim cmendare: er hat seine fehler, einen
nacii dem andern, aufgebessert ; sobald (ein erziehungsbuch)
sogar prinzchen aufljessert. J. Paul Fibel 130.
AUFBF^TEN, prcces recilarc, herbeten, aufsagen.
AUFBETTELN, nnl. opbeddelen: aufgebettelles brot. Klin-
CER 1, 176.
AUFBETTEN, lectum alte sterncre: mein neustes opuscu-
lum, das so verdammt hoch vor uns aufgebettet stand wie
ein sierncnkegpl. J. Paul lIcsp. 4,166; es ist schon aufgebet-
tet, die betten sind schon gemacht.
AUFBEUTELN, consumere: dieweil der unnütz und freszig
häuf die profeand, so den streitbaren inOcht genugsam sein,
aufbcutlet. Frank chron. 30\ die beutet öfnen und verlhun.
621
AUFBEWAHREN — AUFBINDEN
AUFBINDEN — AUFBL AFFEN
622
AUFBEWAHREN, conservare, aufbehalten.
Araor,
der dem geprürien, dessen heldenglaube
fest an ihm hält, ein weLbchen guter art
zum schönsten erbtheU aufbewahrt. Goitkr 1,253;
nach jenem wolbekannien kloster hin,
das einen iheuren schätz mir aufbewahrt. Scüilier;
ihr wolltet uns aufbewahren der schmach, der schände. Ki.ixger
4, 173; ein ältlicher mann, der im hause aufbewahrt wurde.
TiECK Sternb. 2, 62.
ALFBE\V.\HRER, m. conservalor : die alleinigen kenner und
aufbewahrer solcher Wahrheiten. Kaxt 2, 2S.
AUFBEWAHRUNG, f. conservalio, custodia : die beslimmung
und sorgfaltige aufbewahrung des ausdruckes, an dem der be-
grif hängt. Kam 2, 298;
in dieser windeln stiller aufbewahrung
schläft .... ein knabe. I'laten 287.
AUFBEZAHLEN, integrum solvere, nnl. opbelalen: haar
aufbezahlen.
AÜFBICKELN, außlopfen, aufhämmern : auf und ab bickeln.
Keisersb. XV staffeln 38'. nnl. opbikken.
AUFBIEGEN, sursum fleclere, nnl. opbuigen: die Oberlippe
war bis zur nase aufgebogen, pers. rosenth. 1, 42 ; die rinde
aufbiegen.
AUFBIETEN, evocare, proclamare, demintiare, offerre:
1) das beer gegen den feind aufbieten, uoftr auch aufge-
bieten und entbieten gesagt wird (welchem, s.): alles aufliieten,
was Stab und stange tragen kann ; den zehnten mann aufbieten ;
und aufbieten, das iederraan
gerüstet sei mit gewehrter band. H. Sachs III. 1, 71";
ich habe alle fürsten aufgeboten,
mich aus unwürdgen banden zu befrein. Schiller 443' ;
botschafi, dasz die natur längst unsrer müde worden,
die dort, geschäftig im ermorden,
der aufgebotnen pest
die giftgen schwingen schütteln läszt. Lessing 1, S9;
dann aber auch andere mittel anwenden, gleichsam heran ru-
fen : der schar» erksdienst, dazu die spräche aufgeboten wird.
Herder i, 51 ; allen meinen witz aufzubieten und alle meine
kunst zu verwenden. Göthe 24, 269 ; ohne zweifei bot man
die letzte der weiblichen listen auf? Götter 3, lOS ; ich wollte
so eben meine letzte stärke aufbieten. Klixgers theater 2, 360.
2) bekannt machen, darlegen, darbieten : nun hie beut ich
auf, ein anderer solvier, ich bin Davus, nit Oedipus, ich lege
die Schwerter, ein anderer fecht. Fraxr rerbütschiert buch,
rorr. 4"; ein räterschafl aufbieten {rätsei aufgeben). Frank
spr. 112 ; darin verzeichnet werden die getauften und die man
aufbieten {proclamicrcn) solle. Mathesics 136'; die verlobten
haben sich von der kanzel aufbieten lassen, etwas feilbieten.
3) auffordern:
der feind dacht im triumph
bald in das schlosz zu steigen, wenn ers ilzt
aufbieten liesz. E. ton Kleist 2, 117 ;
der knecht kam dorthin, die gerichte aufzubieten. Tieck ges.
nov. 2, 208 ; eine zum tanz aufbieten, auffordern.
4) höhnen, beschimpfen, vgl. aufblasen.
5) höher bieten, überbieten, diese bedeutung hat das nnl.
ophieden.
AUFBIETER, m. proclamator :
wo ist dann der aufbieter dein ? Atrer fastn. sp. 23'.
AUFBIETUNG, f: mit aufbietung aller kräfte.
AUFBINDEN, nnl. opbinden, in verschiednem, oß entgegen-
gesetztem sinn:
1) in die höhe binden : die haare aufbinden ;
heu ich ein bulen als mancher hat,
ich wolt im aufbinden sein gelbes har
mit eitel brauner seiden, ühlano 89;
die hosen aufbinden, in die höhe ziehen und nesteln. Fischart
podagr. trotlb.; eingenestelt, die stumpf (/. strumpf^ aufge-
bunden. Garg. 173'. geschnittenes oder gehauenes getraide auf-
binden und in garben aufstellen;
ein baurcnlochlprlein wolt gersten aulbinden,
Ha stachen »ie die distcl in die flnger. Garg. 88*;
blumen, Stengel aufbinden, dürres laub aufl.inden, in bündel
sammeln, die schwänze der pferde aufliindon; die pferde
{mit den* köpf hoch) aufbinden : und solts aun>inden, das sie
nicht mist oder kol aufnaschen. Secter s. 13; ehe du den
gaul will laufen lassen, so gib irae ein gaufen oder zwo mit
geseubertem futler, darnach bind den gaul auf und decke ihn
zu. s. 8 : die nacht zuvor, wann es am andern tag zu morgens
soll laufen, lasz es ungessen, steh aufgebunden, s. 11. den
mantclsack aufbinden; gepäck und koffer aufbinden, auf die
kutsche: der diener ersuchte ihn einzupacken, weil sie noch
diese nacht aufbinden wollten, um mit anbruch des tages
wegzufahren. Göthe 20, 148. er bindet bald auf. Eyring 2,
217 musz bedeuten, er ist jähzornig, reizbar, fängt schnell bän-
det an; das du dorumb nit strackes mit inen ufbindest und
glichs im hämisch seiest. Keisersb. post. 4, 37 ; damit ich nicht
mit ihm bald aufbinde. Zinkgref 138, 4, in streit gerathe, vgl.
anbinden, kurz angebunden sein. Hemsch 386 hat aufgebun-
den petulans, dissolutus.
2) aufbinden mit dat. der person, alligare, imponere: soltu
inen die hauben aufbinden. 2 Mos. 29, 9 ; darumb musz uns
der bapst gesetze aufbinden. Luther 5, 219'; nachdem sie
dem Xenophon von Athen ihrer beimfart sorg aufgebunden
betten. Fronsp. 3,276";
ist jemand hier zu finden,
dem man verrätcrei mit Wahrheit köiin aufbinden?
Grtphics 1, 66,
d. i. zur last legen, schuld geben, gegen das 18 jh. heiszl aber
allgemein einem eins aufbinden, ihm etwas unwahres weis ma-
chen, ihm eine lüge aufheften, gleichsam auf den arm ließen,
auf die nase binden, dasz ers glaube. Stieler 157 hat schon
dies inducere in falsam opinionem, auch Frisch 1, 9»', nicht
der ältere Hexisch, ja, ich war einsmals so verwegen eben
dieses dem kaiser selbst, da er bei guter laune war, aufzu-
binden. Felsenb. 3, 120 ;
wer hat dir, Kunz. das aufgebunden ? —
sei drum, so ward mir doch nichts aufgebunden.
Lessing 1, 2t ;
er hat ihr einen vater aufgebunden. 2, 357; ihr habt immer
solche familiengeheimnisse, doch mir wird man in solchen
fallen nichts aufbinden. Göthe 20, 293 ; indessen meine schöne
diese worte ganz treuherzig vorbrachte, sah ich sie bedenk-
lich an, weil es schien als ob sie lust habe mir etwas auf-
zubinden. 23, 92 ; unter uns jungen leuten hatte sich ein ge-
wisser kilzel erhalten einander etwas aufzubinden und wech-
selsw.eise zu mystificieren. 25, 238 ; wo das versammelte con-
cilium einer predigt des Jesuitengenerals zuhört, ich möchte
wol \»issen, was er ihnen aufgebunden hat. 27, 37; so hat
uns Lessing aufgebunden, dasz die alten nur das schöne ge-
bildet. 38, 94; der verstand will sich nichts unechtes aufbin-
den lassen. 53, 115; dasz er sich abendlicht für morgenlicht"
aufbinden lassen. J. Paul kämet 3, 122; schade, dasz dieser
sich die vermeinten bedingungen, die hirngeburt eines der
elendesten annalisten hat aufbinden fassen. Niebuhr 2, 279;
auch hatte es keine gefahr, dasz sie, wenn die leiche des
tribunen Genucius nicht gefunden worden wäre, sich hätten
aufbinden lassen, dasz er gen himmel entrückt worden sei. 3, 204.
3) endlich heiszt aufbinden auch losbindeti, entbinden, den
knoten aufbinden, außnüpfen, lösen; die haare aufbinden,
die verschlungnen locken wnl zöpfe lösen und der Zusammen-
hang hat zu entscheiden, ob ein mädchen mit aufgebundnem
haar ausdrücke mit zierlich aufgeputztem (nach 1) oder mit frei
und los fliegendem (nach 3).
ich sag dir warlich, wiltu nit schweigen,
ich wil dir erst die rechten punt aufpinden.
fastn. sp. 36, 27,
das bündel deiner Untugenden öfnen, aufmachen.
wo du {teufd) mit toller brunst die sinne kanst entzünden,
und wäre lieb aufbinden (außöscn, dissolvere).
Grtphics 1, 60.
den sack aufbinden, öfnen, mhd. enbinden. myst. 293, 27. di:s
nnl. opbinden hat blosz die bedeutung von 1, nicht von 2 und
3: het haar, de broek, de kousen, den wijnstok opbinden.
AUFßIRGEN, ßir aufbergen, im sinne von aufthürmen,
schreibt Wiei.axd:
das meer so fürchterlich
kaum aufgebirgt, sinkt wieder bis zur gläue
des hellsten teichs. 23.23;
am fusz der aufgehirgien zacken. 23,61.
AUFBLAFFEN, was aufbellen, hoch außellen:
wie maus herz fleiszig soll abrichten,
d.'isz es Wien Jagdhund schnülTelnd spart,
unsichtbar gut uns apportierf.
umschleicht und nach dem himmel gaft,
wenns clienib, engcl merkt, auftlaft. Tibc« 1, 343.
623
AUFBLÄHEN — AUFBLASEN
AUFBLASEN
624
AUFBLÄHEN, inßare, turgidum, tumidum reddere, sich auf-
blähen intumescere, inflari: es blehen sich etliclic auf. l Cor.
4, 18; sicli gegen dem mann aufbläiien. Garg. "T"; zur was-
sersüchtigen sackpfeifen aufplehen. 82'; dasz in ein frosch
aufblehet. 221* ; aufbleen das gemüt. H. Sachs I, 250';
so thut dich aufblehen die lügend. I, 252';
mein brüder reden mich nicht an,
sonder thun sich vor mir aufblehen. AvnER204'';
noch blähen sie sicii auf und dörfen sich erheben,
als jeder, gebe goti, müst ihrer gnade leben. Opitz 1, 137;
sie bläht sich eilends auf, und wird auch eilends wind ;
so hiebt sich auf, als aufgespannte segel,
sein geist. Schönborn bei Gryphius 2, 504 ;
wie? soll ich mich denn auf für deiner hochheit blöhn,
ein phariseer sein, mein nichtigs thun erhöhn!
Flkming 553;
Tiberius zerrisz mit aufgeblehtem rächen
wer ihm vor äugen kam. Sculteius bei Lessing 9, 284;
der du mit flammender lohe den aufgebläheten Xanthus
halb verraucht in seiu lager zurückzwanpst.
Hamler 1, 16 ;
die in verborgenem über die thaien der könige herschen,
wenn sie damit triumphierend als ihrer schöi)fiing sich auihlähn.
Klopst. Mess. 1, 651 ;
wie sehr auch die stolzen sich aufblähn. 7, 466;
die volle brüst, mutwillig aufgebläht. Wieland;
markte reizen dich zum kauf,
doch das wissen blähet auf. Göthe 5, 73;
ein maulwurfshaufen, der sich schwerlich zum berg aufschwel-
len wird, wenn ihn nicht sonst ein politisches erdbeben dazu
aufbläht. Klinger 12, 148 ; ein aufgebläheter bauch. Rabener
1, 119; und \yenn er sang, blähte er sich stolz auf, so dasz
sich seine fedlern noch prächtiger zeigten. Tieck 4, 154; das
eingebildete wissen bläht auf. Kant 1, 370 ; hochfliegende, auf-
blähende anmaszungen. 4, 282 ; sich vor ihnen aufzublähen
zur befriedigung seines stolzes. Fichte kr. der offenb. 246 ;
der aufgeblähete wipfel (des baumes). .1. Paul TU. 1,29; sein
so oft aufgeblähtes und zusammengefallenes herz. 2, 127.
AUFBLÄHEN, n. inßalio. 2 Cor. 12, 20. golh. ufsvalleins.
AUFBLÄHIEHEN bildet Fischart Garg. 79': wie die ente-
christ gebärend jungfraw zu Eszlingen aufblähiren.
AUFBLÄHUNG, f. inßalio, sufßalio.
AUFBLASEN , inßare, sufßare, in die höhe blasen, anfa-
chen, schwellen machen, nnl. opblazen.
1) sinnlich, federn aufblasen : bis an {sei an) und wandere
immer zum thor hinaus, wenn du naus kommst, so nimm
drei federn in die band und blas sie auf in die höhe, die
eine wird fliegen über die Stadtmauer, die andere wird fliegen
über das wasser, die dritte wird fliegen gleichaus, welcher
nilstu nachfolgen? grusz der schmiedegesellen, man sagt: ich
weisz nicht wohin aus ich meine feder aufblasen soll, fcuer
aufblasen, erst wird angeblasen, dann aufgeblasen, bis es hoch
steigt: es wird in ein fewr verzercn, das nicht aufgeblasen
ist. IHob 20, 26 ; der schmid so die kolcn im fewr auft)leset.
Es. 54, 16 ; ich wil das fewr meines grimmes über dich auf-
blasen. Ez. 21, 31 ; wie man silber, erz, eisen, blei zusamen
thut im ofen, das man ein fewr drunder aufblase. 22, 20 ;
also lustig und artlich, als ob die h. kirch ihr fcgfeur daher
aufgeplasen, angeschiret und geholt hab. Fischart bienenk. Hl";
derwegen solchen mut nicht under der aschen crstöcket (er-
stickt) ligen zu lassen, sondern mit dem biasbalg strenger an-
manung mehr aufzublasen. Garg. 173"; die guten tropfen be-
sehen, die das feuer im Vesuvio aufblasen. 22l' ; als wollen
wir dem teufel das fewr auflilasen. 250"; der dis fewr auf-
geblasen. 270'; bei welchem feuer auch die unholden mit
holzanlegen und aufblasen geschäftig waren. Lohenst. Arnu
2, 1430; der kaiser war so erbittert, dasz er auf anstiften
einiger personen, die das feuer beständig aufbliesen, Henrico
Leoni sehr aufsätzig wurde. Hahn 4, 25 ;
sie bläst der räche fcucr in ihm auf. Göthr 9, 47;
Selinde weil sie selbst mein feuer aufgeblasen.
Uz 2, 87 ;
in seinem busen glüht längst ein stilles, eingeschlossenes wil-
des feuer der grenzenlosen liersciibegierde, Ebu Amru blies
es nun zu flammen auf. Klinger 7, 107. ein eben erloschnes
licht wieder aun)lasen; bläst vielmehr auf der lugend licht.
Lohenst. Arm. 2, 1426. unter den spielen nennt Fischart eins
n' 229 kolen auflilasen.
Sehr oft das hörn, die trompete aufblasen, zum hecrzug,
zum außruch der krieger, zur jagd, auch mit weglassung der
accusalive, die sich von selbst verstehn : drumb blies man auf
und ordnet den zeug. Luther 3,129';
werdn uns die thor langsam aufblasen. H. Sachs IIL 1, 26;
geh, heisz aufblasen dem hofgesind. IH. 2, 121';
blas auf! da kommens mit gefär,
lerman, lerman, her her her her! IIL 1, 60";
man hat schon aufblasen und umbgescblagen. IH. 1, 120%
die pauken, trommeln geschlagen; zu band die trommeler auf-
blasen thelen. Galmy 323 ; der herzog von stund an eine
stille aufblasen liesz. 324; dasz man diesen werbern zum pott
{zur Schüssel, zur mahlzeit) aufplies. Garg. 152', wie wir heule
sagen zur tafel, zum tanz aufblasen; hört, wie die hinterpo-
saun so schön zu häufen aufplaset. 137'; trommeter blas aufl
227'; ein alter gaul regt die obren, wann er hört aufblasen.
259';
drumb soll ir in allen gassen
lermen schlagen und aulhlasen. Ayrer 152';
dasz ich ihm zu teulsch singen und wie andere reuterjungen
aufblasen muste. Simpl. l, tß2 ; hurtig bruder, frisch, lasz auf-
blasen! vorm thor vor Pfälzel erwart ich dich. Fr. Mijller
3, 10. an dies zum kämpf, zum stürm aufblasen schlieszt
sich ein aufljlasen, erregen des sturms, es heiszt stürme auf-
blasen, aufbeschwören, aus der ecke, woher der wind weht,
heran rufen: ich weisz, dasz ihr es versteht stürme aufzu-
blasen, doch wenn sie nun drohend daherrauschen, sucht ihr
euch schnell die winkel, die euch bergen mögen. Klinger 2,
338 ; ich sehe in dem fernen norden einen wirbel von dem
Schneegebirge herfahren, er sauset in diese stille, bläst sie
zum wütenden stürme auf. 7, 140 ; intransitiv :
da bläst das segel auf, da kommt ein schif in noth,
wann ihn (den wind) der Bolus aus seiner weilen holen
herfür läszt. Opitz 1, 38.
schnauben und hochmütig die backen aufblasen : blies die
backen so grosz auf, dasz man geschworen hätte, er wäre
ein doctor. Weise erzn. 235; sollten sie den kleinen mann
nicht kennen? er blaset immer die backen auf. Lessing 1, 255;
athmen und den busen aufblasen; auch von vögeln, die ihre
federn aufblasen, zumal der eule, dem welschen liahn und dem
Schwan, der auf dem wasser fährt und die federn aufbläst,
aufgeblasene hosen. Garg. 157", weile, bauschende; bcfleisze
dich auch, dasz du den schaden, da du ihn aufschneiden will,
hoch aufblasend machest. Würtz wundarzn. 279 ; hofleute,
welche {durch Schmeichelei) fürstcn, wie kuchinnen tauben
aufblasen. J. Paul Fibel 144 ; die metzger blasen fleisch und
braten auf, um ihnen mehr ansehen zu geben;
man hat jetzt aufgeblasnen zuckor, der ist zwar süsz, ist aber
leichte,
wie, wann des hofes süsze zunge gar selten etwas ernst
erreichte. Logau 3. zug. 67,
2) ßgürlich, zumeist vom aufblasen des feuers und der
backen entnommen, auf das sich nicht einer wider den an-
dern uinb jcmands willen aufblase. 1 Cor. 4, 6 ; das wissen
blaset auf (s. aufl)lähen), aber die liebe bessert. 8, 1 ; auf das
er sich nicht aufblase. 1 Tim. 3, 6 ; es hilft nicht, das man
wil aufblasen (zum kämpf? zur mahlzeit?), es hab ein guten
anfang und sei ein gut werk. Luther 1, 305'; das (Carlstad)
die geringsten stücke so aufbleset, als lege der well Seligkeit
mehr dran, denn an Christo selbs. 3,37'; es gehet on euszer-
liclie worl nicht zu, welches der heilige geist wol weisz im
herzen zu erinnern und aufzublasen, obs gleich für zehen
jaren gehöret wäre. 5, 50'; im sterben oder im todbette, da
ist er (der teufel) ein meisler mit Sünden aufblasen und got-
les zorn anzeigen. 5, 60'; der teufel kan einem herzen den
tod so gewaltig fürhilden, nicht schlecht wie ein mensch da-
her sagen, du wirst verbrennet, ertrenket, sondern kann es
aufblasen, wie ein schrecklich, greuwlich, ewig ding der lod
sei. 5,63'; kanstu nun aus dem evangelio auflilasen kindlichen
ungehorsam, so kan man wideruiiib daraus aufblasen deinen
unvcterlichen frevel. 5,252'; es ist am tage, das sie Christus
blut und gottes gnaden nicht gcpreisel noch geleret, sondern
allein des bapsts gewall damit aufgeblasen haben. 5,220'; ja
sie haben ire lügen noch weiter aufgehlasen. 6, 28"; wie sie
es denn haben können grosz auflilasen. 8, 266'; so hat sich
gemeiniglich mit diesem capilel niemand so fast aufgeblasen
als eben dieselben. Luthers br. 2, 364 ; darein dann die wei-
ber mit schönen wackensteinen zuwürfen und mit herben
schmechworlen aufliliesen (musicierten). Cary. 195'; die lieben
eheniänner bliesen sich von dem lobe auf, welches ihre wci-
625
AUFBLÄTTEM — AUFBLICK
AUFBLICKEN— AUFBOHREN
626
ber erhielten und verüienten. Moser patr. ph. 1, 133 ; diese
leidenschaft ists, die uns aufblasen wird zum brand. Güthe
an Auguste Slolberg 7 ; die eitelkeil jemandes aufblasen. Kus-
GER 10, 104.
Häufig steht das pari, aufgeblasen von übermütigen, innerlich
leeren menschen, vom frosch der fabel. schon Ulfilas 1 Cor. 4, 6
ei ains faur ainana ana an{)arana ufblesans ni sijai (infletur). tt-r»-
iro/ ufljlesans dem aufgeblasen nicA/ genau en^ipnc/i/, su/flaltis,
nicht inflatus meint, aufgeblasen = stolz. Er. Xlberls gesprdch
vom interim. 154S. E l" ; ein feister, dicker, aufgeblasener cardi-
nal. Frey garteng. 63 ; der aufgeblasene geselle. Schwei.mches 3,
102; ein solcher aufgeblasener mann. 3, 116; keiner hat je-
mals etwas in der ersten visite bei diesem aufgeblasenen
mann erhalten, gespenst 347 ; als ob Plato an dem sjTakusi-
schen hofe vielraeiir die rolle eines aufgeblasenen pedanten
gespielt habe. Wieland 2, 274 ; er ist von seinem glück auf-
geblasen ;
unversuchien stolzen kriegern
aurgeblasnen federsiegern. LESsi.fc 1, 77 ;
SO dasz der arme mensch zuletzt aufgeblasen, ja beinahe
verrückt wurde. GötbeIS, 296; ein aufgeblasener mensch kann
sehr schwindsüchtig aussehn. Lichtenberg 1, 21S ; ihr habt mit
nichts weniger als einem aufgeblasenen manne zu thun.
J. Pacl Tit. 2, 36. aufgeblasene worte ;
icb wei$z noch zeit und ort,
an dem ich auch ertrug das auTseblasnc dräuen.
Opitz 1, 21S.
j. aufgeblasen.
AL'FBL.\TTER.\, expandere, explicare, entfalten, gilt von
blnmen und vom gefieder. die glimmende, aufgeblätterte rose.
J. Pacl Hesp. 3, 195. mhd. rösen gebletert frisch und wol
gevar. Lichtenst. frauend. 228, 24 ; da er in einen! freien halb-
haus am hause sitzen und die ganze sich aufblätternde weit
umher haben konnte, flegelj. 3, 65; liebe, die nicht wie ein
auffjlättemder zephyr, sondern wie ein schüttelnder Sturm-
wind die armen blümchen umfasset, uns. löge 8 ; wie gc-
wächse durch nahrungsmangel sich in bunte färben aufblät-
tern, heiml. klaget. IC; und wenn dann die zephjre der me-
lodien die duftige landschaft wehend aufzublättern und zu
bewegen schienen, flegelj. 1, 103 ;
auf dem zweis sasz ruhig der aar, und die ceder
beugte voll Sehnsucht zu «lfm sän^rer herab
ihr im luflraum schwelgendes haubt,
während seinem ton sich sanft aurblätterten rosen.
PL.tTE.'< 130.
SO Stand er wie ein Sturmvogel mit aufgeblättertem gefieder
auf dem blühenden borst. J. Pacl Tit. 1, 13 ; der kleine knabe
trieb ihm einen aufgeblätterten (aufgespreizlen) truthalin ent-
gegen. 2, 218 ; kuppel jenes tempels, unter dessen gebälk die
Vögel sich bargen, denen der stürm das gefieder aufblätterle.
Bett\se tageb. 17. für eine miene entfalten: eine miene, die
unsere sanft und selig entschlummerte tante autblätterte,
wenn wir auf ihrem schosze keine bleibende statte fanden,
sondern durch thränen unsere mutter suchten. Hippel ehe 5,
196. endlich, ein buch aufblättern, entfalten, die klebenden
bldtter lösen.
ALFBL.\TTER\, n. das entfalten, außlüJien der blumen:
eine ebene von papillonblumen bewegte sich wie eine ernte
und unter dem aufblättern wurde ein leuchtender, gestirnter
fu'zboden enlblöszet. J. Pacl paling. 1, 85.
ALFBLEIBEN, non ire cubitum, non claudi, nn/. opblijven :
nachts lange auflileiben schwächt den leib. Stieler 193; der
abendwind blieb die ganze nacht auf J. Pacl unsichtb. löge
3, 90; beide blieben auf und erfrischten sich durch streife-
reien in der bethauten insel. Ti/. 1, 54; kinder lieben, wie die
Pariser, langes 'aufljleiben. Fibel 23. die thür soll aufldei-
ben, das thor bleibt bis um zehn uhr abends auf; das fcn-
8ter blieb die nacht auf (offen) und diebe stiegen ein. rer-
sehieden ist bleiben auf etwas, persistere. nnl. auch pir wäh-
ren, dauern: die kaars kan niet lang opblijven, die kerzc,
das licht kann nicht lang brennen.
AUFBLICK, m. suspectus, aväßjiefts, mhd. ftfblik:
und b6t sich an siniu knie
mit Tonje vil dicke.
mit mancgem üOjIicke (6Jidk gm Himmel). Greg. 2222 ;
din kniu diu neige dicke
mit menigem iifblicke. atld. bt. 1,344.
aufblick für blick in die hohe verwendet auch ThCmmel S, 99 und
S04; andern aber ist es ein schneller blick, gleicJisam ein
aufblitzender und wieder verschwindender: sein leben war ein
glanzvoller aufblick ; aufblicke von galanterie, neigung. Göthe
4, 1S6. vgl. Silberblick.
AUFBLICKEN, suspicere, die äugen aufschlagen, aufwärts
blicken: unter heiszen thränen bhckte sie auf; der könig
zieht ein, alles blickt auf; schon blickt der morgen auf,
bricht an und leuchtet; ein aufblickendes und verschwinden-
des licht. Göthe 52, xi ; in der ferne sahen wir ein feuer
aufblicken; wo nur im lande etwas neues aufblickt, ist er
alsbald dahinter her; sie wagte nicht aufzublicken;
und wie sie rieselnd nieder rann,
der drach im grund aurblickte dann. Rcckert.
eigenthümlich, aber schön, transitiv, ßr mit den blicken, mit
den äugen verzehren, verschlingen, vorare oculis : er las den
brief nicht, er blickt ihn auf, die beilage ward wörtlich
abgelesen. Hippel lebensl. 2, 55; dann hast du mich auf-
getrunken, aufgesaugt und aufgeblickt. Tieck tischler 2, 251.
vgl. anblickfresser.
AUFBLINKEN, emicare, nnl. opblinken : hier blinkt silber
auf; aufblinkender thau.
AUFBLINZELN, verstolen aufblinzeln.
AUFBLINZEN: nun darf ich wol wieder aufbliozen (sie
sieht erst durch die finger). Göthe 11, 299.
AUFBLITZ, m. micatus: der aufblitz des pulvers von der
pfanne; der aufblitz eines gedankens, noch weniger als auf-
blick.
AUFBLITZEN, instar fulguris apparere et evanescere0 ein
aufblitzender schein, gedanke.
AUFBLÖKEN, balare, in die luß blöken; das lamm war
krank, es mochte nicht einmal aufblöken.
AUFBLÜHEN, florere, florem pandere: die knospe blüht
auf, geht auf; ist über nacht aufgeblüht;
neu aufblühcade kräuier. Voss;
was kümmert mich die nachiigall
im aufgebluhteu hain ? DErger 118".
dann von aufwachsenden, blühenden menschen, blühendem
antlitz :
meine tage
sind nicht eines sterblichen, der aurblühct und staub wird.
Klopst. Mess. 5, 40 ;
die zart aufhirihende Schönheit der werdenden Jugend. 4,682;
sie bückte sich, um eine frisch aufgeblühte rose zu pQücken.
Wieland 30, 325; der stolz aufblühende Jüngling. J. Pacl Ti/.
1,1; wenn du für irgend einen abblühenden menschen ein
abendstern, für irgend einen aufblühenden ein morgenstcrn
würdest J. Pacl Hesp. vorr. xxvii ;
rosen aufgeblühter wangen. Hacedor.'« 3, 79,
vgl. anblümen ; mit unschuldiger hofnung im neu aufblühen-
den angesicht. J. Pacl Hesp. 2,87; lange stand Schoppe wie
todt, plötzlich stürzte er mit autblühendem gesiebt, mit fun-
kelnden äugen anf die knie. Titan 5, 134 ; Moor, aufltlühend,
in ekstatischer wonne : sie vergibt mir. Schiller 142.
Bildliche anwendungen: unter dem aufgeblühten himmel.
J. Pacl ; aufgeblühte wolkenkränze. Hesp. 4, 02 ; gen osten,
woran das gewölke zu einem rothen vorgebürge des tage»
anfieng aufzublühn. flegelj. 3, 130 ; auf einmal sah er im lich-
ten morgenrauchc des sees ein fahrzeug rudern, — das se-
gel blühte auf im morgenbrand. Tit. 4, 199 ; in die fülle auf-
blühender träume versunken. Hesp. 1, 53 ; der erste tag der
liebe begann in meinem herzen aufzublühn. Klingers Ih. 3,
375 ; noch eine schöne freude blüht mir auf; ackerbau, han-
del und gcwcrbe blühen auf; unsere aus gottschedischer ver-
Wässerung wieder aufldühende spräche.
AUFBLÜHEN, n. florum emissio, aetas florida:
umfasit Tnn dem vaipr
und an das herz gedrOckt stirbt ach der jtingling im aufblübn.
Klopst. Vm$. 5, 226;
dasz im laufe des lebens mir jenes erste aufblühen der
auszenwelt als die eigentliche originalnatur vorkam. Götue
22,198.
AUFBLÜTE, f. dasselbe. Hippel 7, 164 ; zur frischesten auf-
blüte und zum vollwnchs. J. Paul 34, 221; der autor ist eine
art bienenwirt für den Icserschwarm, dem zu gefallen er die
flora, die er für ihn hält, in verschiedene Zeiten vertheill
und die aun>lüle mancher blumen hier beschleunigt, dort
verschiebt, damit es in allen kapiteln blühe. Fixlein 248.
AUFBOHREN, aperire forando, denuo forare: himschalen
aufboren. Garg. 161"; ein fasz aufbohren.
40
627
AUFBORGEN— AUFBRECHEN
AUFBRECHEN— AUFBRENNEN
628
AUFBORGEN, "pecwniam foenore accipere, geld aufnehmen:
wann ich in schulden gar besteck,
vil porg ich auf und zeucli hinwegk.
SCIIWARZÜNBERG 137, 2 ;
so wil wol heut oder morgen
wider ausspeen und aufborgen. H. Sachs HI. 3, SO';
was nur mochte und konnte aufgeborget werden. Sciuveini-
CHEN 2, 72; besser ist betteln als gefährlich aufljorgen; auf-
borgen ist kein schand, sondern nicht zu rechter zeit wie-
dergeben ; wer mehr aufljorgt als er zahlen kann, verscherzt
sein freiheit. Lehmann 122;
mit der wangen frischem purpurbiut
aufgeborgt von mürben modern. Schiller.
AUFBOHGUNG, f. auiborgung geldes. Scbweixicuen 2, 124.
231.
AUFBOT, n. und m. evocalio, proclamalio, nnl. opbod, gc-
wühnlicher aufgebet, nach verschiedncn hcdmliuujvn des auf-
biclens, voraus aufgebot zur heerfolge: wenn er gleich aus
gehorsam und durch aufl)Ot seines herrn krieget. Lutheii 3,
327'; den aufbot von Friesen und Sassen. MüsEn 1,209;
das vieh bleckt in dem slolle,
das musz der aufbot sein zu ihrer bulerei.
HoFFMANNSWALDAU yctj". scliüfcr 8;
ein süszer seufzer war der aufbot ilirer tust.
huclizeilijcd. 15 ;
ein kus verbleibet doch ein aufbot unsrer brunst. 23;
.das aller bleibet doch der aufbot zu der bahre.
' begräbnisged. 32.
in vergantungen ist aufljot das höhere gebot.
AUFBRACHEN, proscinderc: aufgcbrachet wald.
AUFBRÄMEN, fimbriare, limbum addere, oben verbrämen:
das oberkleid, das goldne, schlage drüber,
auch diesem goUl ist mit geschmack und wähl
der bluraen schmelz, metallisch, aufgehrämt.
Götue 9, 298.
* AUFBRANDEN, ad scopulos allidi, öfter bei Voss:
hinein in den wild aufbrandenden Strudel;
und um den vorstrand
hängt sie (die woge) krumm auflirandcnd» ■<'•' ^'•"-
AUFBRANDUNG, f. allisio fluctmm ad littus: > . i.
wie von des meers aufl)randung, wenn feruher einer es hörcl,
schallt das geräusch.
AUFBRATEN, denuo assare: eine kiiibskcule aufljraten.
AUFBRAUCHEN, usu consumere, verbrauchen: das papier
ist schon halb aufgebraucht; alles was in den tag eingreifen
soll, musz ein frisches ansehen haben, und hier wird kein
werk zum aufbewahren, sondern zum auflirauchcn verlangt.
GöTHE ; dasz keine echte sympalhie mehr in der weit zu iia-
ben ist, obgleich so wenig aufgebraucht wird. Tieck 15, 330.
uutbrauchen ist stärker als verbrauchen, die papiermasse wird
gleich von an fang an \crbrai\dit, aber erst zuletzt aufgebraucht.
AUFBRAUf^N, denuo braxarc: aufgebrautes hier.
AUFBRÄUNEN, nnl. opbruinen, die braune färbe auffri-
schen.
AUF"BBAUSCHEN, nd. upbrusken, brüsken, ein frcquenta-
tiv von upbrusen, aiiflirausen, rauschen: sie können sich nicht
rüliren und kaum recht atheni holen, so aufgebrauscht {auf-
getrieben von fett?) ist das liebe vieh. Tieck not'. Ar. 2, 31.
AUFBRAUSEN, exaestuure: der gährende wein brauset auf;
die woge brauset auf; ein auflirausen sich gegenseitig durch-
schneidender und überschäumender wellen. Hl'.mhoi.dt ans.
der nat. 1, 254 ; der wind brauset auf. figürlich, ich Ii3l)c
aber stunden, wo ich auflirausen kann gegen ein paar ver-
liebte billge. J. Paul flegelj. 2, 87 ; wie er im feucr der rede,
welche er mit groszer Zuversicht hielt, aufbrauste. Bettine
tr. 2, 255; aufbrausende hilze. der a.vi. im Toclccnb.29i.
AUFBRAUSIG, aestuans, strepcns: aufbrausige rede, t»-
erepatio.
AUFBRAUSUNG, /". exacslualio: in leidenschaftlichen auf-
brausungen. WieiaM) S, 2S0 ; alb; Volker werden nur in ge-
nicinschaftlicher auflirausung hell. J. I'ali, //«;>. 2, 227; in sei-
ner seele halte jetzt die erste eifersüchtige aufbrausung einem
schmerzlichen mitleiden platz gemacht.. 77/. 5, Iü6.
AUFBRECHEN, e/fringere, nnl. opbrcketi, erbrechen.
1) transitiv, ein haus auflirechen ; die Ihiir, das Ihor auf-
brechen, l Mos. 19, 9. Garg. 2.j9' ; der keller war aufgebro-
chen; sie brachen kisten imd kästen auf; fand ich das liid-
Icin aufgebrochen. Schwei.nicue.'» 1, 38S; sclilosz, siege!, brief
aufbrechen; das pflaster aufljrechen ,♦ die brache mit dem
pflüg aufbrechen, weidmännisch, das wildbret aulbrechen,
öfnen und ausweiden (s. aufschärfen), das hier, das ge-
schmolzne erz aufbrechen, mit der stangc umrühren, das
lager, die zelte aufbrechen, gleichviel mit abbrechen.
2) intransitiv, mit weglassung des acc. von der transitivbe-
deulung. statt das lager aufbrechen hiesz es blosz aufbre-
chen, abreisen : darnach brach Abram auf von dannen an
einen berg. 1 Mos. 12, 8 ; wenn das heer aunjiicht. 4 Mos. 4,
5.15. 10,2; wenn ir aber drometet, so sollen die lager auf-
brechen. 10, 5. 6 ; da brach der hinderhalt auf eilend aus sei-
nem ort. Jos. 8, 19 ; Sanherib brach auf, zog weg. Es. 37, 37 ;
wenn er auffjrechen wird von der hochzeit. Luc. 12, 36 ; haben
(heute, sind) noch in Babylone nit aufgebrochen und hoffen thör-
lich, wir seien schon daheim. Fraxk laster b iiii ; der herzog von
München sampt andern fürsten aufljrechen wollen. Wickram
rollw. 66 ; was die Ursache war seines auflirechens. 90' ; zu-
vor und ehe aus einem alten lager aufgebrochen wird. Kirch-
hof mit. disc. 99 ; ja dasz ich geschweig des verreisens, ver-
ruckens und aufbrechens etwan ganzer länder und Völker.
Garg. 27" ; auf morgen, nachdem sie gesuppet betten, brachen
sie auf. 146'; als wir uns wieder zu unserer reise geschicket
und willens waren den morgen frühe aufzubrechen, pers.
roscnih. 5, 10 ; da den academisten die weiszen släbe schon
waren gereicht worden, ... so brachen sie auf. Klopst.
12, 395;
grabgefährlen, brecht zum riclitplatz auf. Schillehö';
aufzubrechen, den sessel zurückzustoszen. 146'; brich auf!
es wird mitternacht. 147'.
3) intransitives aufbrechen, rumpi, scatere, dissolvi der
quellen, blumen, geschwüre: das ist der tag, da aufbrachen
alle brünne der groszen tiefen und thelen sich auf die fen-
sler des himmels. 1 Mos. 7, 11; dasz in alle ewigkeit die in
ihm aufgebrochene quelle der göttlichen liebe nicht versie-
gen werde. Fichte anw. zum sei. leb. 304. die knospe, blume
bricht auf, geht auf, birstet, steigt in die höhe; mein herz
brach auf gegen dir als eine rose, die zu blühen beginnet.
pers. rosenlh. 5, 16. die wunde bricht wieder auf; der fusz
ist ihm aufgebrochen ; dasz im die zung aufbrach dem stum-
men, seh. und ernst cap. 47 ; die gräber brachen auf. Fleming
12 ; das verborgen gehaltne bricht auf;
da brach es auf! da lag es kund und offen,
aus welchem bculcl ich gewirtschafit halte. Scuiller 343.
wie der stürm aufbrach (begann oder aupwrte?) envachte er
aus seiner betäubung. Tieck 4, 1S7. in den seltenen flecken
oder Städten, denn dürfer sind fast überall aufgebrochen (er-
blüht, entsprungen). NiEnuiin lebensnachr. 1, 256.
4) was bedeutet aufbrechen in folgender stelle Luthers? da
er von Maria redet: thut doch eben wie vorhin, da sie der
keins hatte, fragt auch nicht mehr nach ehren denn vorhin,
brüst sich nicht, bricht nicht auf, ruft nicht aus, wie sie
gottes mutter worden sei. 1, 489'. dem Zusammenhang nach
gleicliviel mit sich brüsten, sich erheben, also wol auch sich
auflirechen? und das ist freilich der tilel aller keiserthum
auf erden, die sich mit krieg aufbrechen (se efferunt ?) 3, 234' ;
so ein arzt will nüchtern sein, so soll er nit beladen sein
mit andern bändeln, das ist, mit sprachen sich aiifl)rechen
(se cfferre), mit groszen frcmbdcn argumentcn infallen. Paba-
CELSUS chir. sehr. 53l'.
AUFBREISEN, relaxare, solvere, aufschnüren, gegensatz von
anbreisen : da hucket sich herr Abuer den schuch aufzuprei-
sen. ScuM. 1, 345. s. aufprcisen.
AUFBREITEN, sternere, superponere, auf.^preiten : tischtucU
aufljreilen, teuer auflueiten, manlel auflireilen, der leiter
brcilele seinen mantel auf und setzte sich nieder.
AU'FBRENNEN, ardescere, ßammam concipere, m/irf. ftf brin-
nen, auflodern, das praet. nur noch im 15. 16 jh. zuweilen
aufljrann, bald, wie heute immer, aufbrannte, mhd.
si bran ilf schöne sani der nbent röt. MS. 1, 34*.
nhd. wann bahl das opfer sich zündt an,
auf dem aliar int hoch aufhran. 11. .Sachs III. 1,49';
wo unlängst eine gliil so hoch ist aufgebraut. Opitz 2, iä2;
einige diirfer brannten zwar vor uns auf. (ÜiriiK 30, 5"; bei
diesem namen brennt der sloiker auf (wird er in u-ut ent-
brannt). WiKiANi) 9. 250; ich habe der kammerjuiigfer unter
dem Siegel des geheimnisses alles vertraut, die lirannte auf!
Kmnckii 1, 393 ; da er alles mit lelihaflem gefühl uinfaszte,
80 brannten seine cmpllndungen wie lichlkugeln auf, die
629
AUFBRENNEN— AUFBRINGEN
AUFBRINGEN — AÜFBRÜCKEN
630
einen aiigenblick die finslernis erleuchten, dann zerplatzen.
3, 150 ; bei golt, versetzte er aufljrennend. J. Paul Hesp. 3. 12 ;
genug, dasz Albano einem erdballe glich, an welchem schwanz-
sterne sich brausend anwerfen und der mit ihnen gemein-
schaftlich aufbrennt. Tit. 1, 129. bei den Jägern, das zünd-
kraut ist aufgebrannt, abgebrannt.
AUFBRENNEN, igne consumere, innrere, mhd. öf brennen:
alle lichter aufbrennen, verbrauchen : die köcbin hat alles holz
aufgebrannt; schon war er in gefahr, die Weisheit und stärke
seines geistes an der sträQichen glut seines herzens aufzu-
brennen. Klincer 5, 263; o dann ist ja noch nicht alle hof-
nung aufgebrannt. Tiecr S, 164. der feind brannte das dorf
auf, liesz es in flammen aufgehn.
eine ader aufbrennen, durch ein heiszes eisen Gfnen: so
diser kinder vier jar erreichen, scheren sie deren gipfel (haupl)
und brennen in alda ein ader auf, das in kein rotz oder
Unflat nimmerme ausgee. Frank weltb. 12*. ein zeichen auf-
brennen aber geschieht mit glühendem Stempel, auf den huf
des Pferdes, auf die daube des fasses. das aus- und aufljrcn-
nen der Weinfässer durch schwefel. Göthe 54, 144. einem et-
was aufbrennen bedeutet auch sou-ol weis machen, lüge auf-
binden, als heßigen schlag versetzen, tceidmännisch, einem
vnlA aufbrennen, es anschieszen.
AUFBRINGEN, eletare, sursun^ lerare, excUorie„ proferre^
nn/. opbrengen, in die höhe bringen, vorbringen, davon bringen.
1) kinder, thiere, pflanzen aufbringen, grosz ziehen:
da risz sich auf der bäum ffirwar
und ein schön zart knebk'in gebar.
das aber das kind nictit nein schaden,
theten es die meergöuin b.ideii
und legten es auf wache (weiche) kreuler,
seugten es auf ireni bruslcuier,
und ihm deckleia .ins biiiszcu llacliieo,
und also das kindieio aarbraehieo.
n. Sachs I, 15G*;
die arme frau wird das kind schwerlich au{>»ringen ; die mut-
ier starb nach der gehurt und das kind muste mit milch
aus der flasche aufgebracht werden ; von fünf kühen wnirden
nur zwei kälber aufgebracht, die andern geschlachtet; vier
welsche hüner hatten 42 junge aufgebracht. Felsenb. 2, 7S;
disz h. bienengeschlechtc vun escin, kälbern oder säucn (ans
deren verwesendem leib) wiederum erstatten, aufbringen und
erv^ecken. Fiscuart biencnk. 245*. verwandt ist einen kranken
aufljringen, retten, herstellen : davon dersclbig Kab uinb das
leben kommen müssen, der doch sonst wol helle erhalten
und können aufgebracht werden. Wübtz wundarzn. 23 ;
hab von den erzien vernummeu,
dasz sie mit ibreii künsicn allen
ihn nicht können wieder aufbrlngfn. ArRER203";
2) den feind, den landstreicher aufbringen, gefangen neh-
men: desselben gleichen geschieht auch, so die feinde eine
stad überfielen, da verdienet der ehre und dank, der die an-
dern am ersten auflmnget. Luther 1, 292'; in diesem gefecht
wurden dreizehn feindliche reiter aufgebracht ; wird dem
baillif gemeldet, dasz man die zigeunerin aufgebracht habe.
Schiller 686. ähnlich, schiffe aufliringen: die Engländer ha-
ben sich eines französischen schifTes bemächtigt und es ru
Gibraltar aufgebracht
3) die armhrust aufbringen, in die höhe spannen zum los-
sehieszen: und bracht das annbrust im rennen auf. Götz vo.n
Berl. lebensb. 04 ; und schosz ihn uf den rucken hinweg, nun
Wült ich das annbrusl wol wieder ufliracht haben ; da er sähe,
dasz ich das armbrust nit uf bracht, daselbst; da sich dann
der handel so kurz zutrug und begab, dasz ich und sie die
feinde unsere armbrust nit ufbring.n kunten. 6S.
4) der kranke wollte sprechen, konnte aber den athem
ilazu nicht aufbringen; er war "betrofl^en und brachte kein
wurl auf; es hat auch bis auf diesen tag niemand ein wörl-,
lin aufliringen können und Vermögens auch noch nicmer.
Luthers, 3l'; wenn herr Simon wiederkommen wird, so ge-
ben sie nur achtung, ich kann kein wort aufltringen. Gel-
lert 3, I(J»i; ich kann nicht sagen, wie mir ward, so viel
weisz ich. dasz ich kein worl aufliringen konnte. 4. 24!).
dies aufl>ringen ist krnßiger als das heute gewöhnliche vor-
bringen und henorbringen.
5) aufl>nngen, auf die bahn als etwas neues: eine trachl,
eine Sitte aufliringen; eine Ihumiersordnung. Garg.l'i*; neue
moden aulhringen. unir. dort, lob; es ist auch in der weit
nunmehr fast aufgebracht, dasz man die narren ehr», ein |
weiser wird veracht. pers. rosenth. 1, -U ; derjenige erhalt die {
belohnungen der republik schwerer als andre, der solche
modewörter aufbringt. Klopst. 12, 94 ; der ein wort aufbiingt,
das nur ein jähr Verwirrung anrichtet. 95; wenn uns der
markgraf so nannte. TV. der bischof von Würzburg hatte es
aufgebracht. Göthe 42, 29.
6) aufbringen, bloszes proferre, eilare, anregen, anfuhren,
anholen, vorbringen, übergehend in herbei holen, hervotsuchen,
ermitteln: aber d. Eck macht sich seiner bücher verlustig,
wo die authoritet in aufgebrachtem buch nicht geschrieben.
LuTUER 1, 14S' ; endlich bracht der prior einen brieve oder ge-
bot auf an den pfarrherm. 3, 32*; sie füren den spruch
Christi da sihe, wie sie den sprach so übel aufbringen
5, 24l'; was kan man doch dagegen aufbringen? Melaxchth.
Augsh. conf. im corp. doci. ehr. J). 31 ; da die schärfste Unter-
suchung nichts gegen ihn aufgebracht halte. Wieland 3, 13S ;
hierwider kann nichts aufgebracht werden. Kant 5, 402 ; hie-
gegcn liesz sich nach strengem recht nichts aufbringen. Dahl-
MANN ddn. gesch. 1, 409.
7) an citare grenzt excilare, aufliringen, aufregen, empör-
ren, erzürnen : um den schmerz nicht aufzubringen, nicht zu
erneuem. Hippel lebensl. 3, 173 ; zank, streit aufbringen ;
indessen halte kaum die aurg-ebracbten wogen
des rilters haupl berührt, so legt, o wunder, sich
des ungewiiters grimm. Wieland 23, 23 ;
höre, junger mensch, bringe mich nicht auf. Schiller 1S6';
der aufgebrachte ehemann. Götter 3, 23; sie sind zu aufgc-
bradit, als dasz sich ein vernünftiges wort von ihnen envar-
ten liesze. 3, 296; dasz ihr mich selbst durch dergleichen re-
den nicht aufbringen könnt. Tieck 5, 02 ; nur aber zu aufge-
bracht auf sämtliche menschen. J. Paul //ejc//. l, 49; fruchte
die das äuge betriegcn, den geschmack aufbringen (beleidi-
gen). Herber 1, 133; ekel aufbringen (erwecken, erregen).
») aufbringen, werben, anschaffen: zeugen aufbringen, es
wurden falsche zeugen aufgebracht; schnell ein beer aufbrin-
gen, auf die beine bringen, aufstellen;
Ost, west und mitternacbt
hat für und wider uns die wallen aufgebracht. Opitz 1,50;
wir halten sechzehn fäbnlein aufgebracht,
lothringisch volk. Scuillsr.
gcld und kleider aufbringen, herbeischaffen: zu seinen bünd-
schuhen wurden aufgebracht (verwendet) vierhundert sechs
ballen sammat. Garg. 115'; beim burgermeister geld aufbrin-
gen. Schweimchen 1, 154; als die letzte und kostbarste flüs-
sigkeit, die aufzubringen ist. Tieck 4, 70 ; der landmana weisi^
die hoben steuern kaum aufzubringen.
9) aufbringen, in gang und blüle bringen : handel und gc-
werbe auflmngen ; das sie {die bergstadt) gott auflirncht oder
bergkwerk allda enegct hat. Matuesius 2"; verblendete gru-
ben wieder aufliringen.
10) aufbringen, erwerben, erheben, comparare, extoll er c :
rhum und preis aufliringen. Luther 6, 52"; sol ich deine her-
lichkeit, ehre und preis aufbringen. 6, ISO*; klage aufbrin-
gen. 6, 56*.
11) bei den webem heiszt aufliringen was aufbäumen, den
Zettel am weberbaum in der höhe festigen.
12) man verwendet aufbringen noch in manchem andern
sinn: ich kann den engen hut nicht auf {den köpf) bringen,
icie die engen Stiefel nicht anbringen; den knoten nicht auf-
bringen, lösen u. s. w.
AUFBRINGUNG, f. nach dem verschiednen sinne des auf-
hringens : die aufbringung des kindes, des geldcs.
AUFBRODELN, evaporare:
so wie brausei ein kessel gedr.ingi von gewaltigem feuor.
«■.inn er das reit aiisschmuUl des wolgenShreien mastschwciiis,
rini;» umher aullirodclnd. Voss.
AUFBRUCH, m.
1) des kasteus, des briefes, des wildbrcls, der brache.
2) des beers, des reisenden : beklagte der knabe meinen
eilfertigen auflirucli. pers. rosenth. 5, 16 ; zum aufbruch bereit.
ehe eines mannes 410-; machten freundschaftlichen aufbruch.
f e/icnfc. 4, 209 ; sie machen auflinich. Schiller 353; als man
den lärmen zum auflinich schlug. 1^9*; Irompetenstosz : zum
aufbrach I Fr. MPller 3. IS ; man hatte noch eben zur rech-
ten zeit zum aiifliruch geblasen, so dasz die gesellschafl in
dem besten Verhältnis auseinander gieng. Göthe 26, ISS.
31 auflirucli der wunde, des geschwürs. man könnte uu€h
aufbruch der hhiine. der knosipe sagen.
AUFBBUCKEN, Iramitem lignis sierntre. aggerare: es muste
ein breterweg aufgebrückt werden. QOruE 24, 318.
40»
631
AUFBRÜUEN — AUFDÄMMERN
AUFBRÜHEN, bulliendo coquere: fleisch aufbrühen.
AUFBRÜLLEN, allerugire: der löwe brülltauf;
da brüllte die hölle trlumph auf. Klopst. Mess. 11, 890.
AUFBRUMMEN, obmurmurare : nnl. opbrommen: der bär,
stier brummt auf. studenlisch, einem einen dummen jungen
aufbrummen.
AUFBKÜSTEN, den metzgern, die brüst des geschlachtelen
Ihiers öfnen. da?in, prahlerisch herausstreichen, superbire:
pater Beraldus gardian
derhalb gesetzt ward obenan,
sein geistlichkeit thel hoch aufbrüslen.
B. Waidis Esop 4, 4;
er brüstet sich über die masien auf. Stieler 169. s. brüsten.
AUFBUDEN, tabernas exstruere, buden aufschlagen, s. bude.
AUFBÜFFEN, inßare, Ittmidum rcddere; ein bett aufbuffen,
Icctum ad pompam stcrnere. Stieler 259 ; den halskragen auf-
buffen. s. büffen.
AUFBÜGELN, ferramento denuo laevigare: halstücher, man-
schetten aufljügeln ; der Schneider bügelt die knopflöcher auf.
AUFBÜHNEN, bergmännisch, bühnen errichten, ein aufge-
bühnter zug, wenn viele zechen imd halden auf einem gang
nach der reihe fortgelrieben werden.
AUFBULLERN, ebullire, fcrvendo btillas emiltere, vgl. bul-
lern und bullerborn, so wie nnl. opbulderen.
AUFBUND, m. religamen, aväSeais:
sanft umschlang ihn (denkranz)
welliges haar ringsum, es verbarg ihn hinten der aufbund.
Voss.
AUFBÜRDEN, onus imponere: sich eine last, sorge, arbeit
aufbürden, besser ohne den acc, weil der begrif von bürde
im wort selbst liegt, sich etwas aufbürden, du bürdest mir
zu schwer auf; eine schuld, ein verbrechen, einen fehler dem
andern aufbürden :
wie grämt sie sicli, dasz in der nächsten Stadt
ein iästcrmund ihr aufgebürdet hat,
auch sie sei eine buhlenn. Göki.ngk 3, 251 ;
0 über die leichtgläubigen männer! wenn nur etwas auf ih-
rem wcgc ist, so kann man es ihnen leicht aufbürden. Göthe
20, 107; man musz niemanden, der zu irren scheint, eigen-
sinn und tücke aulbürden. 33, 101.
AUFBÜRDUNG, /". praegravatio : aufljürdung eines ander-
weitigen geheimen liebesverständnisses. Leipz. avanlurier 1,
270; ich habe nicht lust, mich durch niederträchtige aufbür-
dungen ihnen gleich zu stellen. Lessing 3, 444.
AUFBÜRSTEN, sursum pectere: die haare glatt aufbürsten,
in die höhe streichen.
AUFBUSELN? Fischart Garg. 79*, unter vielen Wörtern, die
vom schif gelten, hat auch aufgebuselt, heiszt das aufgenäht?
mit aufgenähten segeln ? Stieler gibt 262 büseln, büseln coti-
suere, sarcinare und schon ahd. war bösön suere (Gkakf-S,
217); kaum ists das nnl. opbossen, aufraffen.
AUFBUTZEN, s. aufputzen.
AUFDACHEN, tectum elevare.
AUFDACHUNG, f. jene flache aufdachung, die auf dem
Schindeldach gen himmel steigt. Herder 19, 82.
AUFDAMEN, im bretspiel einen stein an die stelle bringen,
wo er dame wird.
AUFDÄMMEN, aggerare, nnl. opdammen.
AUFDÄMMERN, lucescere, dämmernd aufsteigen, anbrechen,
ein schönes, vor noch nicht hundert jähren gebildetes wort,
das Adelung erst in die zweite ausg. mit einem einzigen bei-
spiel aus Werther eintrug:
ihr d.'immern lieblich verworrene gcsiniten
im iiiiiern auf. Wikland;
ein funke hofnung fiel in meine brusi,
ein schwacher lichtstrabl dämmerte mir auf.
GoTiKR 2, 226;
ach dem jünpling, der belohnet wimmert,
sonnen sind ihm autgedämmert. Schiller 4*;
fern dämmert schon in eucrm Spiegel
das kommende Jahrhundert auf. Scuiller;
die genossenen lenze der liebe dämmerten auf mit der
stimme. 132' ;
der morgen dämmert auf. Götiib 12, 216;
ich einen wiederschein der goldenen zeilcn der Jugend und
liebe in meiner seele aufdäininern sah. 10, 116; manchmal
will wol ein freudiger blick des Icbens wieder aufdäninicrn.
16, HO; ahnungen dämmern in mir auf. Gütiie bezieht es
AUFDÄMMERUNG— AUFDEGKER 632
auch auf die pcrson: morgens, wenn ich von schweren träu-
men aufdämmere (mich ermuntere, zu mir komme). 16,76.
AUFDÄMMERUNG, /". aufklärung: ein volk kommt unver-
merkt von einer stufe der aufdämmerung zur andern. Wie-
land 29, 256.
AUFDAMPFEN, evaporare, nnl. opdampen: feuchte wiesen,
sümpfe dampfen auf; das warme bad dampft auf; der auf-
dampfende caffee, punsch;
der himmelaufdampfende holzstosz. Zachariä 2, 42;
und die schalen
ihres räuchwerks dampften vor gott mit wölken von duft auf.
2, 166 ;
die flamme .... durch den holzstosr
knatterte, finsteren rauch seitwärts aufdampfend zum himmel.
Voss.
in der letzten stelle steht es transitiv, wie man auch sagt:
taback aufdampfen, rauch aus der pfeife aufdampfen.
AUFDAMPFÜNG, /". evaporatio, ausdünstung, aufwallung:
bald aber schlug ihr ihm vorkommendes bild in der Vorstellung
ihrer angebornen lügend und unversehrlichen treue alle diese
aufdampfungen zu boden. Lohenst. Arm. 2, 131; weil dieser
geist gewohnt ist die aufdampfungen, wormit die erde seine
schönen gestirne zu verdüstern bemüht ist, in fruchtbare re-
gen zu verwandeln. 2, 452
AUFDAUERN, in der höhe dauern, aufrecht stehn, aufblei-
ben: ich bin todmüde und kann nicht länger aufdauern;
mein schätz, führen sie mich wieder in mein Schlafzimmer,
ich kann nicht länger aufdauern. Gellert 3, 357; dieser
brachte es so weit, dasz die streu um neun uhr zurechte ge-
macht wurde; ich war krank und konnte nicht länger auf-
dauern. 4, 84; ich bin heut für niemand sichtbar und fühle
mich so unwol, dasz ich nicht aufdauern und am wenig-
sten mit jemand sprechen kann. Tieck nov. l, 157.
AUFDECKELN, opcrculum tollere: den becher, das glas,
den sarg aufdeckein; ich will dir dein töpfchen aufdeckein,
deine schuld offenbaren.
AUFDECKEN, nnl. opdekken.
1) detcgere, die decke wegnehmen, mhd. immer endecken,
entdecken: du seit auch nicht auf stufen zu meinem altar
steigen, das nicht deine schäme aufgedeckt werde für im.
2 Mos. 20, 26 ; niemand soll seines vaters weih nehmen und
nicht aufdecken seines vaters decke. 5 Mos. 22, 30; verflucht
sei, wer bei seines vaters weihe ligt, das er aufdecke den
fittich seines vaters. 27, 20 ; des erdbodens grund ward auf-
gedeckt von dem schelten des herrn. 2 Sam. 22, 16 ; wenn er
sich denn leget, so merk den ort, da er sich hinleget und
decke auf zu seinen füszen und lege dich. Ruth 3, 4; wer
kan im sein kleid aufdecken? Hiob 41, 4; da wird der fur-
hang Juda aufgedeckt werden. Es. 22, 8; das deine schäm
aufgedeckt und deine schände gesehen werde. 47, 3; ich wil
dir dein gebreme aufdecken unter dein angesichL Nahum3,5;
und da sie nicht konlen bei in kamen, deckten sie das dach
auf, da er war. Marc. 2, 4 (golh. andhulid^dun hr6t, enthüllten
das dach); ich wil dir, ob gut wil, den teufel aufdecken in
disem propheten (Carlstad). Luthers, 60;
der crdball ändert sich, das meer entfliehet
und deckt uns wunder auf. Rahler;
ich will diesem volke licht und recht aufdecken. Klincer 2,
260; nehmet an, die natur sei ganz vor euch aufgedeckt.
Kant 2, 383; einem tief eindringenden verstände, selbst wenn
ihm die ganze natur aufgedeckt wäre. 3, 257 ; eine nach ita-
lienischer silte aufgedeckt getragene leiche. J. Paul Tit. l, 4 ;
die siernwarle lag auf einem zwischenberge zwischen der
Stadt und Bhimcnbühl und deckte beide auf. 3, 57; dort
decket die nacht alle hinter einander ruhende himmel auf.
Hesp. 1, 274 ; meine ganze seele schmachlct nach den aufge-
deckten knospen und Munien dos frühlings, lit. noc/i/. 4, 254;
den Schleier aufdecken, au fliehen; ein grab aufdecken: der
gräbcr wird mir einmal aufdecken zur ruh. Fr. Müller
3, 324.
2) superimponcre, slernere, zumal vom aufdecken des tisch-
tuchcs und gegcnsatz vom abdecken : ich hofle immer, es
würde die niagd kominen und aufdecken. Jucundissimus 127;
die wirlin liesz alsbald aufdecken, unw. doct. bOi ; den freund-
lichen haiiswirt iiiaciien und zum aufgedeckten mahl beglei-
ten. Fn. Mt'Li.ER ;i, 27**. gewöhnlich nur decken.
AUFDKtKER, m. delector: ein kosak führt den Pallas zu der
groszen masse gediegenen eisens, jener ist erfinder, dieser
633
AUFDECKUNG — AUFDONNERN
AUFDOPPELN — AUFDRINGEN
634
der aufdecker zu nennen, es trägt seinen namen, weil er es
uns bekannt gemacht hat. Göthe 50, 165.
AUFDECKUNG, f. detectio, manifestatio : ich will dein ge-
wissen nicht foltern mit aufdeckung deiner Verblendung.
Klinger 1. ISO.
AUFDEUNEN, extendere, aufziehen, in die höhe dehnen:
ich meint, ich hett ihn aufgedehnt,
het in bald zum heulsen gewehnt. Atrer 155';
hör an, sagt sie zu ihm, der du dich so aufdehiiesl,
und mich aus Übermut verspottest und verhönest.
Werders Ariost 20, 134 ;
das leder dehnt sich auf, zieht sich in die höhe.
AUFDEICHE.N, aggerare, aufdämmen.
AUFDICHTE.N, falsa Iribuere, afßngere: wie mag aber dem
podagram mit fug aufgedichtet werden, was man von den
eitern da ererbet? Philand. 2, 471; es ist lauter anfgedichte-
tes wesen. Stieler 297. heute lieber andichten.
AUFDIEMEN, heu oder stroh aufschobern, ist nd.
AUFDIENEN, ministrare, praesto esse, aufwarten, nnl. op-
diencn, gleichsam auf den tisch dienen, die speisen außragen,
gegensatz ton abdienen.
es schaut und wartet, herr, mit gläubigem verlangen
dis was hier schwebt und lebt auf deine guligkeii,
es dient dir sehnlich auf, und hoftet zu empfangen,
die speise, die du schafst zu rechter essenszeit.
Opitz 3, 175;
der dient so fürsten auT, den andern hat besessen
ein hur und ärgers noch. derselbe;
wolan, der vierte dient auch noch zu seinem friede,
der für die braut gehört und die ihr aufgedient.
Fleii.ng 175,
d. h. für die, die ihr aufic arteten ;
die güldnen cherubinnen
bemühn sich, was sie können,
und dienen stets dir auf. 332;
ja, ihrer majestät nach wünschen aufzudienen.
LoHE.NST. Ibrah. bassa 46, 217.
das ist der lohn, das ist die frucht,
dasz ich dir aufgedienet habe. •
Chr. K.MTTELspoet. sinnenfr. 1677 s. 49;
nnl. dat het hondeken opdiendc {aufwartete) en hem dankte.
VosDEL. Heule ist uns aufdienen in diesem sinne veraltet,
dagegen bedeutet sich aufdienen, sich von unten in die höhe
dienen: er diente sich auf vom gemeinen zum hauptmann; das
pari, kann des sich entrathen: ein vom gemeinen aufgedienter
französischer ofiizicr. Niebchb */. scAr. 1, 25; ein aufgedientcr
factor. 1, 28.
AUFDIENUNG, f. cura, ministratio, pflege und aufwartung :
die gute wart und aufdienung. Simpl. 1, 77.
AUFDINGEBHIEF, m. Urkunde über das erfolgte aufdingen.
AUFDLNGEGELD, n. das dabei entrichtete gcld.
AUFDI.XjEN, tironem tradere in disciplinam, bei einem
handwerk aufdingen, schon mhd. im Augsb- stadtbuch von 1276 :
antwerk lät oder dingt ein chint üf dur lernungc (ig/, auch
dingen öf, hoffen, uarlen auf etwas. Ben. 1, 336'): den kna-
bcn aufdingen; der lehrling ist noch nicht aufgediingen ; auf-
und abgedungene meisler einer kunst. Wieland 24, 59; ich
sage, dasz sie entweder schon eine wirkliche mitinacherin sei
oder bei diesem unerlaubten handwerk sich ehestens werde
aufdingen lassen, ehe eines ueibes 29. bei Lodessteis ist auch
aufdingen, einen für bcdungnen lohn zu schiffe fortschaffen.
Arm. 2, S73.
AUFDINSEN, inflare, tumescere gebrauchen wir nicht mehr,
nur das pari, praet. aufgedunsen, aufgeschwollen, aufgetrieben
(ff. ni. s.). mehr unter dinsen, goth. jjinsan, ahd. dinsan, tra-
here. vgl. auch aufdumsen, aufdunsen.
AUFDOCKEN, ein unsicheres uorl, da docke selbst mehr
ah eine bedeutung hat, in keiner aber rein hochdeutsch scheint,
und tocke lauten sollte, allen älteren Wörterbüchern, selbst bei
Stieler und Frisch fehlend. Adelung kennt es nur als jä-
gerausdrucJe für aufseilen, das hdngeseil aufwickeln, allein we-
der die alten wetdwerkbücher noch Döbel wissen davon, und
erst seitdem docke für hund einrisz, kann es gebildet worden
sein, oder entspräche es dem nnl. opdokken außningen, be-
zahlen (auch prügeln), von dokken geben? doch dies nl. op-
dokken ist nie jngerisch. nach Campe soll aufdocken heiszen
die Wäsche aufmangeln, um das mangelholz winden, s. docke
und tocke.
AUFDONNEKN, fragorem tdert graviorem:
und es sank fürcblerlicb aufdonnernd Jericho.
KiorsT. Mets. 20, 234 ;
es donnerte laut auf am bimmel ; das erbrochne thor don-
nerte auf. transitiv, einen aufdonnern, aus seiner ruhe, aus
dem Schlummer gewaltsam wecken;
sogleich macht des gerüchtes mund
die grauenvolle thai mit lausendsiimmgem heulen
dem aufgedonnerten Karthago kund. Schiller 46'.
unter dem volk auch, in einigen gebenden, sich flatterhaft an-
kleiden, in rauschendes, krachendes gewand? die hat sich heute
recht aufgedonnert, donnert sich gewaltig auf. vgl. verdon-
nern.
AUFDOPPELN, den Schuhmachern, die sohle ans Oberleder
nähen.
AUFDORREN, torrescere, uri: in der groszen hitze dorrt
alles gras auf.
AUFDÖRREN, torrere: die hitze dörrt die kräuler auf; das
obst aufdörren.
AUFDRÄNGELN, diminutiv oder frequentaliv des folgenden:
sich leise aufdrängeln, wiederholt aufdrängeln.
AUFDRÄNGEN, urgere, comprimere, empor drängen: die
thür mit gewalt aufdrängen ; ich fand das nicht in der weit
und so fuhren die?e gefühle immer wieder in mich zurück,
drängten die brüst auf, trübten meine seele. Klincers th. 3,
2S7 ; die kraft das zu ertragen, was die politische weit auf-
drängt. Klincer 12, 129; sein herz war durch ein erdbeben
aufgedrängt und aufgehoben {empor gehoben), i. Paul Tit. 5, 14.
einem etwas aufdrängen, vi imponcre: einem seine freund-
schaft aufdrängen. Klixger l, 370; den fliehenden fusz fesselt
ein tyrann, den uns erziehung aufdrängt. 2, 355; ich diiinge
euch mein glück nicht auf, warum wollt ihr mir das eure
aufdrängen? 4,91; auch bin ich weit entfernt meine meinung
dir aufzudrängen. 5, 34. doch sagen wir lieber in diesem sinn
aufdringen, welches ebenfalls transitiv gesetzt werden kann.
sich aufdrängen, empordrängen = aufdringen: sieh, wie die-
ser marinorweisze busen sich aufdrängt. Klixgers th. 3, 167.
sich einem aufdrängen, aufnölhigen: er drängt sich mir immer
auf; eine andere ansieht drängt sich mir auf, hat sich mir
aufgedrängt, hier darf wiederum c^esetzt werden aufdringen:
es dringt sich, drang sich mir auf, hat sich mir aufgedrungen.
vgl. aufdringen, dringen und drängen.
AUFDRECHSEL!S' steht zuweilen ßr andrechseln und gleich-
bedeutig damit, s. auch das folgende.
AUFDREHEN, nnl. opdraajen,
1) tomando, torquendo imponere, ßrmare : der thür, dem
k;isten eine schraube, ein schlosz aufdrehen;
wers nechsicn fehl hoch aufdreht (aufscliraubl),
sein eigen roangel nicht versteht. Kirchhof tcendunm. 229';
nnl. hij moet er voor opdraajen, er musz dafür büszen.
2) torquendo apcrire: er suchte die thür aufzudrehen, er
fand sie verschlossen. Göthe 17, 129; den zopf, ein geflecht,
stricke, faden aufdrehen; ich kann die dose nicht aufdrehen,
aufschrauben.
3) sich aufdrehen gebrauchte H. Sachs ßr oriri, im sinn
unsers heutigen sich anspinnen, und wol auch vom drehen der
Spindel zu verstehn
botz marter, was will sich dort aufdrehen? I, 231';
thut aber ein Unglück sich aufdcehen. Ui. 3, 10';
vgl. andrehen.
AUFDRESCHEN, trituram absolvere: es ist schon aufgedro
sehen; wir dreschen dies getraide schnell auf.
AUFDRIEFELN, aufdrehen, aupösen. s. andriefeln, anthfeln
AUKDRIESELN, ersciteint aber in demselben sinn, so dost
Schreibfehler walten könnten, s. aufdröseln.
AUFDRINGEN, nnl. opdringen,
1) intransitiv empor dringen, aufsteigen: der tag, die mor-
genröte dringt auf; aus dem gras dringen die blumen aaf;
mhd. ein wölken gräwei g^n dem tage,
ich silic in schöne üf dringen. MS. 1,27';
man siht dur das gras iif dringen
vil der bluomen ine zai. 1, 26';
nhd. aus der feiszten kuchen aufdringen {aus der fetten küchc
steigen). Garg.%0*; hier dringt wolgeruch auf; ein kühles was-
scr dringt durch das gesicin auf; eine aufdringende wasser-
scule hob ihn mit sich empor. J. Paul Tit. 1, 51 ; auf seiner
kalt aber stark aufdringenden lebensquclle üesz er die weit
wie eine kugel spielen und schweben. 4, 74 ; seine seufzer
konnten aus dem engen kerker nicht aufdringen ; sein zurück-
gehaltncr geist drang jetzt mächtig auf;
635 AUFDRINGEN — AUFDUGKEN
Henn mäclilig ist des mimen hcllre kunsl!
niclil IjIosz dem eilein sonnciiljlici» der giinst
will sie die bluten liolder scliöpfiing bringen,
zur höclisten spbäre wagt sies auCztidringmi.
GöTHE 4Ö, 04;
was dieser zng beweist,
er kommt, gcslalt gestalten aufgedrungen. 4, 27.
2) transitiv, repugnanti dare, obtrudere, aufiwlliigen, auf-
zwingen: sie drang mir den ring auf; dieser mann wurde mir
als lehrer aufgedrungen; sie drangen ihm die braut auf;
wenn hat und wo die fromme raserei,
••.iVjViji «l^" bessern gott zu haben, diesen bessern
der ganzen weit als besten aufzudringen,
in ihrer schwärzesten gesialt sich mehr
gezeigt als hier, als itzt? Lessing 2, 249;
so sieht es leider mit gar vielen opfern aus, die uns als
grosze, erhabene tliaten aufgedrungen werden. Kli?(ger 9, 39 ;
mit der langenweile eines langen schmauscs und aufgedrung-
ner karten. Stolberg 9, 456.
3) sich aufdringen, se obtniderc, wofür auch aufdrängen ge-
sagt werden kann {wie neben bringen brengen galt) : wenn sich
ihm etwas aufdringt, das ihn nütbigt zu gestehen, seine zeit
.sei vergangen. GOthe 20, 29; es drangen sich ihr unzählige
fremde w^orle auf. 25, 72 ; in diesen gegenden musz man zum
künstler werden, so dringt sich alles auf. 29, 107.
AUFDIUNGLICH, imporlitmis, s/drto- a/s zudringlich, der
sich einem auf den hals dringt.
AUFDRINGLICHKEIT, f. importunilas.
AüFDHINGLlNG, m. homo moleslus: schmeichelnde auf-
diinglinge.
Al'FDIlOHEN, minari: er hat dir auch sehr aufgedreht.
Millers Siegwart 3, 676. mhd. ftf ir friunde droent. Renn.
7506, wie an diu ongen. vgl. androhen.
AUFDRÖHNEN, alte rcsonare, creparc, nnl. opdreunen : die
hölle dröhnt auf.
AUFDRÖSELN, resolvere, auffädmen, was aufdrieseln nnd
aufdriefeln :
aufgedröselt bei meiner ehr,
siehst ihn (den siralil), als obs ein stricklein war.
GÖTHE 56, 9S;
um das in worten noch recht aufzudröseln, was der bildende
künstler in darstellungen zusammengewoben hat 15, 274 ; zähle
dir das nicht vor, drösele dirs nicht auf, schweig und ent-
schliesze dich. 21, 149 ;
wir waren zwei verschiedenfarbge fäden,
was hat uns aufgedröselt nur?
RÜCKERTS Schiking. 226.
die herkmft unsicher, an driesen, triescln stillare kaum zu
denken, eher an drehen, vgl. Iröseln, trosseln.
AUFDRUCK, «(. pressura, preisio, impressio, Stempel:
die besser lebenswcrlh, und deren redlichkelt
als wie ein aul^ruck ist den leuten dieser zeit. Opitz 2, 129;
aufdruck eines Stempels, ringes.
AUFDRUCKEN, imprimerc, nnl. opdrukken, gilt wie ab-
drucken, vom kunstfertigen aufpressen der formen auf papier
ttnd zeug: typen dem feuchten papier, musler dem zeug, dem
katlun, titel dem buch aufdrucken ; die ncmliche bildsamkeit
macht den menschen gleich fähig, sich die form eines goltcs
oder die misgcstalt eines Ungeheuers aufdrucken zu lassen.
Wieland 7, 145.
AUFDRÜCKEN, imprimere, wenn sonst von drücken eines
gegenslands auf den andern die rede ist: einen kus den lip-
pen aufdrücken; die iippen aufgedrückt. Göthe 7,5;
gram
drückt der Schwermut siebenfaches sieget
den Iippen auf, von denen juhel (losz.
Gotter 1,32S;
eine nusz mit der band aufdrücken; ein geschuür mit den
Ungern ; Engclliard iiat mein (zahn) geschwürchon aufgedrückt.
GöTiiE an fr. v. St. 3, 151. gleichwol ist in dem imterschied
zwischen aufdrucken «nrf aufdrücken etwas willkürliches und
gemachtes, der umlaul schwankt wie in rücken und rucken,
stücken, stucken oder dem folgenden ducken, diN'ken; bei
WiELAND ', 145 könnte ebenwol gesetzt sein aufdrücken.
AUFÜUCKEN , repenle surgrre, richtiger auftucken und ge-
gentatj von untcrtucken, niedcrtucken :
<>'.\f)'. ■ . und risz nnd bisz alles auf sitieken,
1^-., ^,t, -, das iiir ihm niemamls diirll aufdürkcn.
/■roschmcusflcr II. 1,5;
CS lasse nur einer ein würtchen von der erzichung aufducken.
Hermes in Soph. reise 3, 230 ; es duckt oft, wie der liase, an
AUFDÜFTEN — AUFENTDECKEN
636
stellen auf, wo man es am wenigsten vermutet. Tieck nov.
kr'. 4,160.
AUFDUFTEN, alte fragrare, duß empor strömen: abends
duften alle blumcn auf; welcher schwcfel ins gehirn aufzu-
düftcn pdegct. von Rirken OL. 55.
AUFDUMSEN, turgere, intumescere, aufschwellen. Stieler
349. s. das folgende.
AUFDUNSEN , turgere, für aufdinscn, mit dem ins praes.
getretnen ablaut des part. : Seifenblase, die sich vor unserm
hirne aufdunset. Fr. Müller 3, 117. s. aufgedunsen.
AUFDUNSTEN, vaporcm emiltere sursum:
wiiz und weisheil dunsten auf
aus gefüllter wampe. üühger;
denn unsre thorheit dünstet in nebeln auf. Stolberg 4, 21.
AUFDÜPFEN, s. auftupfen. Fisciiart unter den spielen n° 17 :
dupf auf.
AUFEGGEN, occa proscindere, perfringere glebam, das land,
die erde aufeggen.
AUFEINANDER, Schweiz, ufenänd, ufenändere, ursprünglich
ein auf das ander, ein auf den andern, ein hinter dem an-
dern, allmälich mit Unterdrückung der ßexion unver inderlich
ander: stieszen auf einander am teich zu Gibetjn. 2 Sam. 2, 13 ;
sie waren schlecht auf einander gesetzt. Ez. 42, 6; wie sie
die Schwert zuckten und auf einander schössen. 2 3/acc. 5, 3;
berge auf einander setzen. 9, 8 ; solchs gibt natur und art der
rede auf einander. Luther 3, 74'. Die spätere zeit pflegte nicht
nur aufeinander zu verbinden, sondern es auch gern an das
folgende verbum zu rücken: aufeinändcrstöszen, aufeinander-
setzen, was sich bei directer Wortfügung wieder löst: wir slo-
szen aufeinander, am härtesten aber verknüpß sich aufeinan-
der mit Substantiven und wird dann untrennbar: die aufein-
anderfolge, aufeinanderhäufung «. s. w. geschichte erzählt be-
gcbcnheiten und ereignisse in ihrer aufeinanderfolge. Wolfs
7nus. der alterth. wiss. 1, 55 ; aufeinänderklcckung widriger fär-
ben. Lessixc 3, 130. getrennt aber: aufeinander schieszen, auf-
einander vertrauen.
AUFEISEN, glaciem effringere, tollere: weg und strasze auf-
eisen, vom eise befreien.
AUFEMPFINDEN, verstärktes empfinden : wenn er ihre fehler
vermieden und gröszcre Schönheiten aufempfunden. Götue
33, 269. ähnlich dem anempfinden.
AUFEMPÖREN, verstärktes empören, aufrichten':
sieht man da auf, wann man hat jetzt zu sitzen aufgehört? .
oder wann man zu dum slehn sich hat erstlich aufempöit.
LosAU 2, 1, 12.
AUFEN, exallare, aufbringen, in die höhe, gebildet wie anen,
bien, vonen, ahd. öfun (Graff 1, 169), ags. uppian, mhd. üfen :
sin loh begunder alzehant
an höhen ercii üfen (: liüfen). lurneivon N. 148.
da wurd eim hurger ich {roshaiil) verkaufet,
der mich gar wol schmuckei und aufel {Iwch hielt).
II. Sachs I, 500'' ;
mein reich zu aufcn und zu mehrn. 111. 1, 77*;
es gilt nit, das man des menschen witz als gottes Weisheit
aufe und grosz mache. Frank 3, 137; das unachtbar babylo-
nisch reich sei nach 1305 jaren zu grund gangen und erst
undcr dem könig Merodach wider gcaufct, atiQuimmen. Frank
Chronik 2S'; die delphin haben die alten gcaufet (hochgehal-
ten). 121*. nachher veraltet, tnan könnte sich auch ein äufcn,
mhd. iufen, in gleichem sinn denken, die Schweizersprache hat
äufnen, üfnen, empor bringen, urbar machen. Staldeh 1, 118.
vgl. aufung und öfncn.
AIFENRLATT. n. ruscus hypoglossum, uvularia, sonst lun-
gcnblatt, kehlblall, halskraut, waldglöckiein, hockcnblatt ge-
nannt, vielleicht entstellt aus uvularia. vgl. IIuhhkrc. 1,237'.
AUFENT, Verknüpfung der partikcln auf und etil in mehrern
Zusammensetzungen, vielmehr anschlusz des auf an eine schon
bestehende Zusammensetzung mit ent, das vor labialen in rmp
überlrill, folglich aufeinpliuden = aufenlündeii. iütrigens u(
dies auf nhd. auch vor dem verbum untrennbar geworden, es
heiszt ich aufcnlhalle, nicht mehr ich enthalte auf, oder man
läszt das ent weg und sagt ich halte auf.
AUFENTDECKEN, detegere, verstärktes entdecken:
ja die verschwiiuie Iriiiikenheil
eröfnct hcrzens lieinilichkeli,
und alles was ilarinnen sieckl
an gm und bösen niirenideckl.
i'iiiLANDKR 2, 752 «1« Hingwalds la'Jl. warh. 61.
637 ' AUFENTHALT — AUFENTHALTEN
AUFENTHALT, m. domieilium, mansio, mora, reeepiaculum,
refugium, sustentatio, rast, unterhalt.
i) der ort, die statte wo einer wohnt, sich aufhält, enthal-
ten, geborgen ist, weilt, wofür man steif sagt der ort des
aufentbalts. aufenthaltsort : der wald ist ein aufenthalt der j
wilden lliiere; hier soll mein aufenthalt sein, u-ill ich wohnen |
und bleiben ; dahin liefen die abtrünnigen, denn daselbst hat-
ten sie ihren aufenthalt. \Macc. 10, 14; da er verhofte einen
aufenthalt zu linden. 2 Macc. 5, 9 ;
werd ich des daseiüs wonne schmecken
in diesem bangen aufenihalt? GötiKR3, 4>1;
geht der wilde durch das leben
ohne rast und aufenthalt. Schiller;
ein gewisser la Regnaudie legte um den aufenthalt des kiinigs
fünfhundert pferde herum. Schiller 1102; sein stiller aufent-
halt Jjlickle ihm aufs freundlichste entgegen. Göthe 17, 345;
dieses jähr brachte ich, ohne auswärtigen aufenthalt, Iheils
in Weimar theils in Jena zu. 32, 42.
2) weil der aufgenommene auch genährt und unterhalten
wird, heiszt aufenthalt zugleich sustentaculum, alimentum:
einem pfarrherr seinen zimlichen aufenthalt geben im und den
seinen. Luther 3, Hl'; schütz und aufenthalt. H. Sachs II.
2,47"; wird im {dem ßsch) allein nachgestelt von seines löb-
lichen fleisches wegen zu narung und aufenthalt der men-
schen. Fürer fischb. 51*; ein metall, damit man alles dasje-
nige bezahlen kündte, so den leuten zu aufenthalt ihres leibes
und lebens nöthig. J. V. Andrea reform, der weit s. 132; als
ich neben meiner hütle sasz und zugleich neben dem gebet
gelbe ruhen zu meinem aufenthalt im feuer briet. Simpl. 1, 51.
3) erhallung, aufrechthallung, Unterhaltung in anderm sinn,
ohne bezug auf die speise: zu beschirmen aufenthalt und
bandhabuug des christlichen giaubens. Llther 2,427';
dann ich kein aurenihalt nit hab (kann mich zu pferde nickt
erhallen). Teuerd. 4,' , bO ;
da doch das menschlich geschiccht hat
sein aufenihalt wol von den weihen. Atrer 14';
sie sielln auf euer wort das urlhel ihres wesens,
des lebens aufenihalt, die arznei des genesens.
I.OGAU 2 s. 68;
suchten ihres lebens aufenthalt in der apolheke. Simplic. I, S5.
4) freude, trost, Zuflucht, was sich leicht aus dem begrif
der Wohnung entfaltet:
ein aufenthall irs mannes leben. H. Sachs I, 44S';
mein aufenthalt war got. MelissijsFS*. P6'; mhd. mein üfent-
halt! (anrede der geliebten). Be.^. 1, 623"; s. Hoffm. gesell-
schaflsl. 39 ;
ach du herzallerliebster mein,
mein einig freud und aufenthalt. Atrer 244';
ach schau doch, die eöltlich geslalt
ist meines herzen aufenihalt. 254'. tgl. Hälzterin 1, 100, 1.
5) mora, Interruptio, außalt: das Tcrursaclite neuen aufent-
halt, geschah ohne aufenthall. Heule sind die 2. 3. 4 bedeu-
tungeti erloschen und bloss die erste und letzte dauert, zu bemer-
ken ist' noch, dasz das wort früher auch weiblich verwandt wurde:
er ist die nufentlialt meins lebens. Atrer 254'; .
was er begehren kan zu seiner atifenthali. Wecrh. 27.
AI FENTHALTEN, nach den vier ersten bei aufenthalt ent-
wickelten bedeutungen.
1) herbergen, ins haus aufnehmen, aufnehmen : das erdrich,
das dich treit und ufenthaltet. Keisersf. pa/ern. 11; dasz solche
r*isige nicht sollen gcdullet oder aufenlhallen werden, landfr.
roM tö2l arl. 15 ; darumb soll man dise ofTenlliche taclirauber
nit also müszig auf den bolstern neren und iedennan zum
Schilden in dein land aufenthalten. Frank ueltb. 154'; die
auftiiihelt man frei an fürstenhöfen in eeren. 155'; seinen
feinden nieinmor zu helfen noch sie an keinem ort irer land-
schaft zu aureiiihailen. Aimon d ; man befand es für ftbe! ge-
Ihaii. dasz ihn der könig aufenihielt. (Ipitz Arg. 2, 379» sich
auh-nlhalten bedeutet wohnen, rerweilen, sich aufhalten : darin
aiifinthielt er sich so lang. Hugscha]>ler 1.
21 speisen, niXhren, aiiferhalten, sustenlare: sie wurden mit
schnfikenfleisch aufenlhallen. Frank ueltb. 1<<2'; wie wir die
speis kennen, die uns den leih aufenihalt. Paracklsis 2. 323';
ein narung. damit er sich und die seinen aufenlhallen künde:
AcRicoLA ICo' {spr. 258); dasz er sich, sein weih und kinder
mit eim klein arkerle 'aufenlhallen. Fronsperc 3,276".
3) aufrecht hallen, schttixen, erhallen, conserrare: der be-
schirmt und ufenthalt alles. kEisERSB. patem. 0 5;
AUFENTHALTER — AUFERBAUEN 638
das Schneckenhaus zerfall,
wann es die scbneck nicht aufenthall. Fischart «ns. 44;
damit sie sich vor der sunnenhitz aufenthalten und be-
schützen Franr wellb. 14' ; doch aufenthielt er sich, bisz inen
Scipio zu hülfe kam. Rihel Lfi>«s 323; ufenthielte ine des
falls. Fierabr. Eä.
4) trösten : und wenn sie sich durch die predigt des h.
erangelii trösten und aufenthalten, das sie alsdenn ge«is und
warhaflig vom heiligen gciste gezogen werden. .Melaschth. im
eorp. doctr. ehr. 932.
Jetzt besteht das wort längst nicht mehr und wird vertretek
durch aufhalten, erhallen, auferhalten, aufrecht erhalten, auf-
richten, beispiele des mhd. ftf enthalten gibt Ben. 1, 621.
AUFENTHALTER, oi. susceplor: Verfolger der frommen,
aufenthaller der bösen, ein pfeiler der pfnindenkräraer, Spie-
gel der Unredlichkeit, ein gefasz aller laster (pabst Johann XX\%
Fischabt bienenk. 20S'. aber bei Fronsp. 3, 231 heiszt aufent-
haller der Fabius max. cuncJator.
AUFENTH ALTSKARTE,/-. AUFENTHALTSORT,««. AUFENT-
HALTSZEIT, f. lauter neue, schlechte und in guter rede ent-
behrliche Wortbildungen.
AUFENTHALTUNG,/: sustentatio, SKSceplio, cmstrvaüo: wo
sie nicht von allem ralh, hülf, gunst und aufenthaltung des
vorgedachten Luthers und seines anhaugs sich ganz und gar
enthalten werden. Lctuer l, 103'; es ist dir not zu deiner
aufenthaltung. Keisersb. siben sclieiden und Schwerter; ein ieg-
licher mensch neme speis und trank als viel im not ist zu
seiner aufenthaltung. Palli seh. und ernst cap. 2S5; haben
ein herd lauter waldhund, die seind ires lebens aufenthaltung.
Frank wcltb. 14"; nun aber zukünftig ist noth etlich arznei
zu wissen, ncmlich den wein, so ich e. g. gemacht liab, und
salben zun füszen, mit den zweien stücken wird e. g. aufent-
haltung gewehret sein und weiter nichts noth sein. Paracelscs
1, 62S'; wie kann mens<-hlich leben auch des viehe» aufent-
haltung haben ohne wasser? Kibcubof mi/. rfwc. 165; also sols
haus und die haushaltung sein des weibs Zuflucht und aufent-
haltung. Fischart ehz. 44; als ein notwendige lebensfrist und
menschlichem geschlecht unvermeidliche aufenthaltung. Garg.
Gl'; (kinder sind) des valem aufenthaltung. 67"; dem schickt
der könig zu aufenthaltung seins lebens allzeit sein speis.
225* ; und sich aller anderer erschaffenen dinge zu seines nab-
rung bedürftigen leibes aufenthaltung bedienen solle. Simpl.
1, 501. später erlöschend, schon bei Stieleb fehlend.
AUFENTLEUNEN, regelari, solri, außhauen, ein seltnes wort,
das wir uns noch wünschen sollten:
ein man, der frauen dienen wil,
der bedarf gsangs und seitens|>il,
damit er hoch und nider reicht,
wan süesz« slim Trauen erweicht,'
das sie geio dem man auf enileunt,
der vor Dicht gwesen ist ir freunl.
fasln, sp. 743, 17 ;
bnirisch: aufs gassl bin i gangn, wars fensler verfrom,
nie de recht bue is keinen, is aufentleint worn.
Scuseller 2, 472.
vielleicht gabs noch ein mhd. liunen lepere, calescere, und ahd.
hliunen = altn. Iilyna == gr. yliaiveiy, auf diesem wege
möglicherweise erklärt sich die noch ungedeutete ahd. partikel
liuni (Graff 2,222), nahe, beinahe, allgemach?
AUFER, die Verknüpfung dieser partikeln erscheint noch vor
mehr Wörtern als aufent, bleibt aber untrennbar wie dieses,
doch kann wiederum die trennung erfolgen, sobald man er ireg-
läszt: auferstehn, ich stehe auf; auferwacben, ich wache auf ==
ich auferstehe, aufenvache. o/I erscheint durch die zutretenden
Partikeln der sinn nur unmerklich verändert und wecken sagt ßr
sich schon aus was aufwecken, erwecken und auferwecken.
die nnl. spräche hat keine Zusammensetzungen op-er, und be-
gnügt sich mit opstaan, opwekken «. s. w. das vortretende
auf verleugnet auch hier seine natur nicht, und bindet sich,
wie mit an, mit ent und er, welche sich ^doch nitlU vo» ihm
verdrängen lieszen, gleich dem an.
AUFERBAUEN, funditus exttruere, aedificare, von grund auf,
von griind aus erbauen, mangelt noch bei Stieleb und Frisch,
obuol die ßr anferbaulich beigebrachten belege es früher vor-
aussetzen, selbst Adelung nennt es aterdeulscb und versagt
ihm volle anerkeunung, Götue hat ihm aber seinen siempel
aufgedrückt :
wer golt vertraut ist schon auferbaui. 2, 227 ;
wenn andre staunen, wenn verwirrt sie beben,
da Uxbl ich mich von gruod aus auferbaui. 4, 23 ;
639 AUFERBAÜLIGH — AUFERSTÄNDNIS
AUFERSTEHEN— AUFERWEGKEN
640
so wird der beste trank gebraut,
der alle weit erquickt und auferbaut. 12, 14;
was sollt aus dem dichter werden, wenn es nicht hohe mäch-
tige menschen gäbe, an deren Vorzügen er sich auferbauen
kann. 6, 55 ; welch ein unterschied ist nicht zwischen einem
menschen, der sich von innen aus auferbaucn, und einem der
auf die weit wirken und sie zum hausgebrauch belehren will.
28, 53 ; ähnliche absiebten, ähnliche zustände nöthigen den
menschen in gleichen maximen sich aufzuerbauen. 29, 127 ;
man würde nicht endigen, wenn man alle die demente her-
zählen wollte, aus welchen der Verfasser seinen mutwillen auf-
erbaut. 38, 236 ; wird, wo auch nicht gerade von dieser seite,
doch von einer andern sich ausbilden und auferbauen. 39, 214 ;
die Jugend selbst, wenn man ihr nur vertraut,
stellt, eh man sichs versieht, zu männeru auferbaut. 41, 290;
es wird dich gewis vergnügen und auferbaucn es durchzu-
gehen, an fr. v. Stein 3, 74; ich (der kategorische imperativ)
setze die Vernunft auf den thron, den diese ewige gesetzge-
berin sich selbst auferbauet hat. Klinger 10, 145 ; nicht wahr,
der erdgeist hat ihn grosz und schlank auferbaut? Iieck ges.
nov. 6, 236.
AUFERBAULICH: christlicher und auferbawlicher ist im
klaghaus als im schlaghaus zu sein. Philand. 2, 488 ; zu mei-
nem geistlichen fortgang auferbaulich. Simpl. 1, 555 ; etwas so
rührendes und auferbauliches. Wieland la, 325; da sie ihren
geschmack an dem seinigen schärften, mit ihrem geistigen ver-
mögen seinem geiste nachzudringen suchten und sich also im
höheren sinne auferbaulich bereicherten. Göthe 31, 198 ; noch
während dieser auferbaulichen Unterhaltung. 32,65; du sollst
mir zuweilen dergleichen auferbauliche reden halten.
AUFERBAUUNG, f. aedißcatio. auch gern im geistlichen
sinn : das müssen wir uns wol gefallen lassen, dasz junge
leute nicht mehr an einem orte ausdauern und etwas zur
auferbauung dieses ortes leisten. Götiie an Knebel 347; das
schlanke miserable wesen grenzt an den kläglichen „aal, das
ist keine auferbauung. Tieck ges. nov. 6, 339.
AUFERBEN , hereditate transfcrre, durch die gehurt mit-
Iheilen, auf einen bringen, gleichviel mit anerben : denn solche
böse tück und stück sind uns von Adam aufgeerbet und an-
geboren von mutterleibe. Lutuer 1, 76*; und wie uns unser
vorfaren haben aufgeerbet. S, 44"; die eitern können eim kinde
auferben haus, hof und groszcn reichthum. Agricola spr. n' 36 ;
als möge ein vater seinem son Weisheit auferben, n 265 ; ihr
bruder hat ihr {der frau) viel aufgeerbet. Mich. Neander syl-
loge locut. p. 49. heute lieber, auf einen erben, vererben.
AUFERBRECHEN, efjfringere: das siegel, den brief aufer-
brecken ;
das wenig oder viel, so ich daraus gelöst,
hab ich tneils angewandt, die wacht mit zu bestechen,
auf dasz sie hülfen ihm den kerker auferbrechen.
Werdeiis Ariusl 9, 47.
AUFERLEGEN, imponere, auflegen: busze, strafe, pflicht,
zwang auferlegen ; ich lege mir stillschweigen auf, stillschwei-
gen ist mir auferlegt; davon e. eh. gn. und den andern ihren
mitverwandten ständen auferlegt würde, dasz sie ihrer lehre
nit gewis, auch unbeständig wären. Melanciitii. 3,366; ich
wollte bitten, dasz sie sich selber eine strafe auferlegten.
Gellert; der priester auferlegte ihm eine leichte busze. Auer-
bach dorfgesch. 1, 292 = legte ihm auf.
AUFERMANNEN, verstärktes ermannen :
heil dem geweihten geist,
der so sich aufermannel. Tiedce.
AUFERNÄHREN; groszzlehen.
AUFERQUICKEN, verstärktes erquicken : aufcrquicken cwren
mut. Ringwald evang. i 8*.
AUFERREGEN, excitare, aufregen :
ein falscher eifer, furcht
zerstören Mekkas aufcrregien kreis. GötBR 7, 150.
AUFERSTAND, «. resurrectio, auferstehung : dieser wind
und das feur ist nach Christus auferstand in die weit vom
himel komen. Luther l, 463'; als nernlich die Saduccer banl
kein teufe), hell noch auferstand. Tiiurneisser archidoxcn 4Ö.
heute auszer gebrauch, da doch aufstand allgemein üblich.
AUFERSTÄNDNIS, f. und n. resurrectio: bisz zur aufer-
stcnlnus aller crcaturen. Aimon c; durch dein auferslcnlnus
beiiut iieut mein leib, daselbst n ; dem reich golli's, wclciics
uns Christus durch sein anferslendnus erworben. Thurneisser
archid. vorr 1; uferstendnis. Aibekvs gegen WitzelCi'. Ki'.
AUFERSTEHEN, surgere, resurgere, sich erheben, erscheinen,
goth. usstandan, ahd. arrisan.
l) von den todten, aus dem grab : aber deine todten wer-
den leben und mit dem leichnam auferstehen. Es. 26, 19 ; er
ist von den todten auferstanden. Matth. 14, 2 ; getödtet werden
und am dritten tage auferstehen. 16, 21 ;
denn was man hier verweslich sät,
was hier verdirbt Im dunkeln,
das wird, sobald es aufersieht,
voll glänz und Schönheit funkeln, geisit. lied;
auferstehn, ja aufei-stehn wirst du
mein staub nach kurzer ruh. Ki.opst. ;
bist du vom rad auferstanden? Schiller 119*.
3) von sonne und tag: dann wird der heutige tag noch ein-
mal auferstehn. Klinger 2, 414; als die sonne nun im osten
in ihrer ganzen herrlichkeit auferstand. 8, 123; noch ehe die
sonne auferstanden war. .1. Paul Tit. 4, 199. •
3) von andern dingen: vil inrede der Widersacher, ob die
uferston wurden, zu vermeiden. Reüchlin augensp. 7' ;
so mag uns ehre auferstan. fasln, sp. 908, 21 ;
wenn die glock soll auferstehen,
musz die form in siücken gehen. Scuiller 79'.
AUFERSTEHEN, n. resurrectio.
AUFERSTEHUNG, f dasselbe, goth. usstass, ahd. urrist,
nnl. opstandinge : die Sadduceer, die da halten, es sei keine
auferstehung. Matth. 22, 23 ; es wird dir aber vergolten werden
in der auferstehung der gerechten. Luc. 14,14;
das rauschende feld voll auferstehung. Klopsi. JUess. 5, 710;
als weit um ihn her das todesgelilde
rauschte vön auferstehung. 11, 1168;
geld ist dir zwar zu gestorben, dran hat niemand keine beule,
dann du wirst doch keinem helfen, hast es in den sack vergraben,
wild, wann du wirst sein gestorben, erst die auferstehung haben.
LoGAU 3, zugäbe 88 ;
bei der auferstehung der todten. Schiller 192*.
AUFERSTEHUNGSFELD, n. kirchhof: eine summe, wovon
er das äuszere der kirche sowol als das innere herzustellen
und mit dem davor liegenden auferstehungsfelde zur Überein-
stimmung zu bringen gedachte. Göthe 17, 209.
AUFERSTEHUNGSGEIST, m. : ein herrlicher auferstehungs-
gcist arbeitet und glühet jetzt (1808) im vorigen rcichskirch-
hof. J. Paul dämmerunqen s. 119.
AUFERSTEHUNGSGESCHiCHTE, f
AUFERSTEHUNGSMÄNNER: der zeitungsleser findet artikel
interessant und lustig beinah, wenn er von auferstehungsmän-
nern erzählen hört. Göthe 23, 37; das furchtbare der aufcr-
stehungsmänner in England. 44, 62.
AUFERSTEHUNGSMORGEN, m.
AUFEBSTEHUNGSTAG, m.
AUFERSTERBEN, gleichviel mit anersterben, durch den tod
zufallen. Frankf. reform. V. 8, 11. 12. VI. 1, 1. 2, 4.
AUFERWACHEN, expcrgisci, aus dem schlafe, tode:
wenn denn der könig auferwacht. H. Sachs III. 1, 132';
auferwacht ist der krieg.
AUFERWACHSEN, surgere, alte crescere:
das dir nicht in zukünftig zeit
s|)ot zu dem schaden auferwachs,
wie diesem bawren, spricht Hans Sachs. IL 4, 76";
das ihm nicht weiter auferwachs
schaden aus schaden, räth Hans Sachs. IF. 4, 77*;
auf das darvon herz mut und sinn
in zinilirher frewd auferwachs
von schwermütigkeil, siiricht Hans Sachs. H. 4, 80";
dadurch spott und Verachtung kau aulerwachsen. Philand. 1, 639.
AUFERWECKEN, excitare, resuscitare, aus dem schlafe, lode:
wenn denn der herr lichter auferweckel, die inen holfen aus
der reuber band, rieht. 2, 16; denn mein son iiat meinen knecht
wider mich auferwecket. 1 Sam. 22, 8 ; alier ich weisz, das
mein erlöser Icliet und er wird mich hernach aus der erden
aufwecken {.spätere ausg. auferwecken). Hiob 19, 25; aber der
herr aller weit wird uns auferwecken zu einem ewigen leiten.
2 Marc. 7, 9 ; das ist ein groszer Irost, das wir liolFeii, wenn
uns die mensciien erwürgen, das uns gott wird wieder aufer-
wecken, du aber wirst nicht auferwecket werden zum leben.
7, 14 ; denn wie der vater die todten auferwecket und machet
nie lebendig, also auch der son machet lebendig welche er
wil. Joh. 5, 21 ; ein ungenannter hat 1702 S. v. G. auferweckle
gcdichtc herausgegeben, dieser tilel ist beweis, dasz diese
Sinngedichte damals schon begraben gewesen sind. Rahi.ers
und Lessings vorr. zu Locau s. xiii :
641 AUFERZIEHEN — AUFF AKEN
dann wird
kein reuevoller tbränengusz
mich treuen todien auferwecken. Gökingk 1, 86.
AUFERZIEHEN, educare, erziehen, grosz ziehen: ich habe
kinder auferzogen und erhöhet. Es. l, 2 ; das sie {die knaben)
also drei jar auferzogen, darnach für dem könige dienen soll-
ten. Dan. 1,0 ; ein füllen auferziehen. Lokman fab. 19 ; kräuter
und blumen. fab. 15; seinem meister, der ihn auferzogen.
pers. rosenih. 1, 30 ; das kind auferzogen. Lessing 2, 295. 301.
AUFERZIEHLNG , f. educatio, heule blosz ei-ziehung: sein
geburt und auferziehung wunderlich und voller gefahr gewe-
sen. Kirchhof wenduum. l'; die auferziehung der Stiefmutter.
Lokman fab. 15 ; die auferziehung der kinder. pcrs. rosenth. 7, 4 ;
mein herkommen und auferziehung. Simpl. 1, 2 ; welchermaszen
er dein bruder ist und einer auferziehung mit dir genossen
hat. Weise kl. leule 340 ; so einer herlichen auferziehung ge-
nossen, ehe eines mannes Alb ; das sind die glücklichen folgen
der auferziehung eines vernünftigen onkels. Rabener 6, 12.
AUFESSE.N, inlegrum edere, exedere, nnl. opeten: wo ir
aber in einem hause zum lamb zu wenig sind, so neme ers
und sein nehester nachbar an seinem hause, bis ir so viel
wird, das sie das lamb aufessen mögen. 2 Mos. 12, 4. isz auf,
dasz gut Wetter wird; ich kann nicht aufessen, man sagt:
einen vor liebe aufessen, vgl. Haupt G, 294 und freszlieb ; sie
ist so niedlich, dasz man sie roh aufäsze ; die ich ungekocht
gerne in einem bissen verschluckt hätte, ehe eines weibes 213 ;
he is lecker nüdlik darto, ik wolin gans wol upfrcten roh ut
reinem water. Aa/ienreierei 1618 D 2' ; kwoln halt hebben, wen-
ken ok scholl roe upfreten hebben. Teweschen hocht. 1663 A 6' ;
mhd. für zucker gaejen in diu wip. Parz. 50, 16 ;
für zucker möhten in diu wip
dur sine friheit niejeu. turnei von N, 189;
disen sumer hat er si gekouwen
gar Tür bröt. Nithart bei Ben. 395 ;
wände er kou si tegelich vür schcene; bröt. 897 ;
möhtes in also gej^en hAn,
daj bete si sicherlichen getan. GA. 1, 296.
in nnderm sinne sagt .1. Pacl: er war zwei stunden früher
aufgestanden, um beide (stunden) minute für minute aufzu-
essen, uns. löge 3, 159. £5 heiszt aber auch in übler bedeu-
tung : aufessen müssen, was andere eingebrockt haben ; die
gröszern richten solche suppen an und die kleinern müssen
sie aufessen, arme mann im Tockenb. US ; noch haben sie es
nicht alles aufgeessen. Acnic. spr. 2.
AUFETZEN, consumere, auffressen: und nicht viel groszer
herrn und fürslen schetze durch solche lose freszwürme auf-
geetzet. Lcther 5, 41l'. s. aufätzen.
ALFFÄCHELN, flando excitare, vgl. anfächeln;
1) blumen entfalten, aufwehen:
rosenknospe, aufgefächelt vom lüsternen zephyr.
Karschim.
2) glut und flamme anfachen, aufwehen:
bei jenem liebesfeur,
welch» aufgefechelt hat der kluge lieberwecker.
G. Hbvmakx poet. luslieäldchen Hamb. 1652. s. 163;
verlachte diese glüht, die Amor fechelt auf. s. 169;
soll die erstickte glut recht geben einen schein,
so musz sie nach und nach recht aufgefachelt sein.
Fle«i>-6 97.
Al'FFACHEN, was anfachen:
der durch schmarutzen nur der mordlust flamm auffachet.
LoHEnsT. Ibr. bassa 14, 435.
AUFFÄCHERN, des vorigen frequentativ : welches das fraucn-
volk mit den langen kleidern aufgcfadicrt. \Viedeiia.n dec. 114.
AUFFACKELN, in ßammam surgere, auflodern: unter einer
hirnschale wie seiner, zu welcher den ganzen tag die weisze
flamme der phanlasie auffackelte. J. Paul uns. löge 1, 65.
AUFFÄDELN, was anfadeln: jedes von seinen werten auf-
fädeln. Herder 2, 91; aufgefädelte vylieble herzen, J. Paul
aesth. 2, 142.
AUFFAD.MEN, richtiger als das torige. auszer anHidmen
bedeutet es aber auch die faden auflösen.
AUFFAHEN, sursum Irahere, intercipere, was später auf-
fangen : die Her fleuszt, nachdem sie vil andere flü.sz auffahet,
bei Fillzhofen in die Thonaw. Frask wellb. 32' ; den schwcisz
von der slirne auffallen; dasi man dich {frosch) zur speise
auffahe. Fischart ehz. 46;
und gchn nicht aus, so lang als Hecht am himmcl steht
die weil der zaubrer sie gewislii h all aufläht.
Werders Ariost 4, G.
AUFFAHREN
642
AUFFAHREN, sursum ferri, vehi, nnl. opvaren.
1) in die höhe, gen himmel fahren, von gotl und engein:
und er höret auf mit im zu reden und gott fuhr auf von
Abraham. 1 Mos. 17, 22 ; also fuhr gott auf von im an den ort,
da er mit im geredt hatte. 35,13; gott feret auf mit jauchzen.
ps. 47, 6; und es geschah, da er sie segnet, schied er von
inen und fuhr auf gen himmel. Luc. 24, 51; wenn ir denn
sehen werdet des menschen son auffaren (golh. ussteigan) da-
hin, da er vor war. Joh. 6, 62 ; rühre mich nicht an, denn ich
bin noch nicht aufgcfaren zu meinem vater. Joh. 20, 17; der
hinunter gefaren ist, das ist derselbige der aufgefaren ist
{schöner gothisch : saei atstaig, sa ist jah saei usstaig). Eph.
4, 10. ferner, und da die lohe auffuhr vom altar gen himel,
fuhr der engel des herrn in der lohe des allars auf. rieht.
13, 20 ;
sie sei. wie man denn sagt, vor jarn
von mund gen himel aufgelarn. H. Sachs I, 52S',
2) von andern, oß persönlich gedachten suchen, zumal de-
menten: durch welchen weg teilet sich das liecht? und auf-
feret der Ostwind auf erden? Hiob 38, 24; wenn des mäd-
chens gewand in der luft spielt, ihr haar hoch auffahrt. Klin-
gers th. 2, 131 ; aber die stürme fahren doch auf und greifen
nach dem herzen. J. Pacl Hesp. 1, 128. das feuer, die flamme
fährt auf; die blendenden Schönheiten eines auffahrenden
feuers. Lessing 3, 178 ;
wenn den forst zu verbrennen es auffuhr. Voss ;
andere dinge fahren, gehen im feuer auf (icie vorhin der engel
in der lohe) :
verwünschtes haus
in geilem feuer aufgefahren. Günther 129;
als jene flammen waren,
worinnen haus und hof und guter aufgefahren. 450;
staub, erde fahren auf, ein gewaltiger staub fuhr auf, er/106
sich; also wird Ire wurzel verfaulen und ire sprossen auf-
faren wie staub. Es. 5, 24 ; der gewalt des auffahrenden grun-
des {des von der hitze empor getriebnen erdbodens). Kant 9, 37 ;
der Wasserstrahl fährt auf; blasen im wasser fahren auf; der
fisch fährt im wasser auf.
3) aufsprieszen, aufwachsen, aufsteigen, aufschieszen :
das ist ein wilder stock von selber aufgefahren. Fleming;
über nacht fahren zahllose pilze aus dem boden auf; blät-
tern im gesiebt fahren auf;
ob iemant ichz (etwas) auf wer eefarn undern üchseu
fasln, sp. 768, 3 ;
das über ganz Egyptenland steube und böse blättern auffa-
ren. 2 3/05. 9, 9; da füren auf böse schwarze blättern, beide
an menschen und an vieh. 9, 10 ; wenn einem menschen an
der haut seines fleisches etwas aufferet. 3 Mos. 13, 2 ; wenn
derselb sihet, das weisz aufgefaren ist an der haut. 13, 10;
wenn uns nur ein bein wehe tbut, oder ein klein bletterlein
aulferet, so können wir himel und erden voll schreien. Luther
5, 45" ;
kein blälterchen fuhr auf, die rausche must es decken.
Zachariä.
4) angewandtes aufsteigen: der wein fährt auf, steigt zu
hirne, zu köpfe; keinen guten starken auffahrenden wein. Pa-
RACELScs 1, 701*. gedanken fahren auf: da ich diesen kom-
menden tod empfand, da fuhr eben so schnell der gedanke
in meiner seele auf, dasz ich heute sterben würde. Klopst.
8,15; schon etlichemal ist mirs so aufgefahren, ich wollte dir
schreiben und dem minister. Güthe 16, 77.
5) auffahren, aufspringen vor furcht, schrecken, zom: da
fuhr die ganze gemeine auf und schrei. 4 Mos. 14, 1 ; Leonore,
aufgefahren {erschreckend), horch! Schiller 145; sie fuhr auf
und fiel auch sogleich vor ihm nieder. Göthe 18, 228; was
hat der held, den eine thrüne auszer sich bringt, an innrer
würde vor dem weibe voraus, das vor einer spinne auffährt.
Leisewitz J»/iu5 r. T. 3, 3; der hase fuhr aus dem kraut auf;
sein herz fuhr auf J. Paul Tit. 2, 50 ; im schlafe, träum, De-
ber auffahren : einen mit träumen durchbrochnen auffahrenden
schlaf J.Paul biogr. bei. 1, 142; damit die auffahrenden klei-
nen in einem festeren schlafe bleiben. Kampanerth. 16;
aus entzückungen
des hehren traums auffahrend. Voss 3, 76.
er fuhr auf vor wut und zuckte den dolch; ffir er mit gflh-
lingcr röte auf Aimon c; do entsalzt sich der könig Ncbu-
cadnezar und fuhr eilends auf Dan. 3, 24; meine tage so
öde, meine nachte so auffahrend. Herder an Karol. Flachs-
land t. 98. wenn sich nur der geringste Widerspruch regte,
41
643
AUFFAHREN — AUFFALTEN
AUFFANGEN— AUFFASSEN
644
konnte er gleich auffahren; wenn ich gewust hätte, dasz sie
so auffahren würden, so hätte ich kein wort sagen wollen.
Gellert; an allem war sein auffahrendes wesen schuld; wenn
er in einem solchen jählingen anstosz von Unwillen oder mis-
mut gegen irgend einen seiner nebenmenschen auffuhr. Wie-
land 8, 242 ; der graf hielt einen augenblick inne, dann aber
fuhr er mit wut auf. Gothe 24, 151.
6) vom heftigen stürm fuhr das fenster auf; er stiesz mit
gewalt an die thür dasz sie auffuhr; hammerschläge ertön-
ten, das schlosz fuhr auf.
7) der bergmann, nach vollendeter arbeit, fährt auf, aus
dem Schacht zu tage, ein schif fährt auf, fest.
8) auffahren mit dem wagen, vorfahren, zumal feierlich:
der wagen fährt schon auf; in Regensburg fuhr der gesandte
auf, wenn er zum ersten male aufs rathhaus fuhr; ich sehe
nach der strasze um meinen bruder mit den hengsten im
pomp auffahren zu sehn. Klinger 1, 30 ; dort kommen sie
aufgefahren. 1,34; morgen fährt der brautwagen auf ; die bat-
terie Tährt auf gegen den feind.
9) transitiv, den weg auffahren, löcher und tiefes geleise
hinein bringen; der kutscher hat das thor aufgefahren; berg-
männisch, ein feld auffahren, es mit grubenarbeitcrn belegen,
aufgefahrene strecken, einen Stollen auffahren; erde auffah-
ren, heranfahren zum auffüllen; sand ist schon aufgefahren
worden und doch bleibt der weg grundlos.
AUFFAHREN, n. dasz ihr das orakel stört und durch eine
unnütze frage oder ein hastiges auffahren vernichtet. Tieck4, 398.
AL'FFAHRIG, was das folgende.
AUFFAHRISCH, hastig, leidenschaßiich: sie hatte ein auf-
fahrisches wesen, fuhr leicht auf.
AUFFAHRT, f. ascensus, himmelfahrt, mhd. öfvart, nnl. op-
Taart: insonderheit sol man halten den Christag, beschneidung,
epiphanie, die osterfeier, auffart, pfingsten. Luther 7, 13"; von
der auffart des herrn hat David geweissaget. Reiszner Jer. 1,
117*. dann, die feierliche auffahrt der gesandten, der braut
M. s. w. nachdem die ankunft der gesandten und ihre erste
solenne gesamtauffahrt stattgefunden, so bewunderten wir
nachher die ankunft der kaiserlichen commissarien und deren
auffahrt. Götiie 24, 288. bergmännisch, die auffahrt aus dem
Schacht, im recht, an einigen orten, cntriclilung einer abgäbe:
der hauptmann zog dafür bei der einführung des erben eine
erkenntlichkcit, welches jetzt die auffahrt oder der weinkauf
genannt wird. MösERp. p/t. 2, 105.
AUFFAHRTSTAG, m. dies ascensionis: am auffartstag.
TnuRNEissER archid. 56; rcgnets nicht am auffartstag, so be-
deuts döri'ung des futers. Fischart groszm. 105; wa sind die
königskuchen, die pfaffenparet, die pfingstvögel, auffartstagge-
flügel? Garg. 5l'.
AUFFALL, m. heiszt in der Schweiz der concurs der gläu-
biger Bluntschli Zürch. rechtsg. 1, 440. 2, 183. vgl. der arme
mann im Tockenb. 194. J. Paul bildet aber: dumpfer auffall
unten im grabe, biogr. bei. 1, 80. auffall der mutze. 1, 146,
beides unberechtigt und ohne gewähr.
AUFFALLEN, incidere, afficere, nnl. opvallen,
1) niederfallen: der platzregen fällt stark auf, schlägt auf
den boden; auffallende tropfen; hier kann der gefällte bäum,
ohne zu schaden, auffallen; naschwerk, das süsz auffällt (au/
die zunge), allein den magcn verdirbt. Hippel lebensl. 4, lü7.
2) ansloszen, verletzen, befremden: dein betragen fiel auf,
muste auffallen ; es fällt mir auf, verwundert mich; ich darf das
buch nur auffallen lassen, wo es auffallen will. Lessing 6, 229.
3) transitiv, auffallen, oß'en machen: er hat die thür auf-
gefallen, sich den köpf aufgefallen.
AUFFALLEND, in der zweiten bedeutung des auffallens:
das ist sehr auffallend; eine auffallende Unwahrheit.
AUFFALLEND, adv. insigniter: der die Verletzung der ma-
jestät auffallend zu ahnden beschlossen hat. Schiller 199'.
AUFFALLENHEIT, f. befremdliches wesen : durch Sonderbar-
keiten und auffallenhciten sich auszeichnen. Fichte wes. d.
gel. 109.
AUFFÄLLIG, bemerkbar: sich aufDlllig machen durch schim-
pfen, zanken.
AUFFALTEN, expandere, explicare, nnl. opvouwen: ein tuch
auffalten, bände, blältcr auffallen, entfalten;
laut weinte die hand aulTaltcnd dio muitor. Luise 3, 300;
diu knospe spnItRt
die voll« brii.st,
die blume fallet
sich aur zur lusl. Bürger 1, 44.
fürchterlich steht die einsamkeit vor ihm und fallet ihm ein
groszes schwarzes gemälde mit zwei frischen gräbern auf.
J. Paul Ilesp. 4, 101.
AUFFANGEN, interciperc, excipere, nnl. opvangen, haschen.
1) den flüchtling, den dieb, den boten aufTangen ; das pferd,
das wilde thier, den iiund auffangen; die flöhe im bett auf-
fangen; der fuchs sagt:
aus räche fiel mir ein
ein überflüssigs liiilin zu zeiten abzulängen,
untreue hennen aufzufangen,
und in das taubenfleisch grausam verliebt zu sein.
Hagedorn 2, 136;
einen fallenden mit den armen auffangen; als mich Ännchen
eines tags auf der strasze auffieng. der arme mann im T. 72 ;
zu tisch komm ich, wenn mich nichts auffängt. Göthe an fr.
V. St. 1, 100 ; Zimmer, auf dessen schwelle sie der von Albano
kommende Schoppe auffieng und anhielt. J. Paul Tit. 2, 77.
2) die niederfallenden tropfen mit dem regenschirm auf-
fangen ; das aus dem arm strömende blut mit dem becken
auffangen; die Sonnenstrahlen mit dem brennglas auffangen;
mit dem äuge der erinnerung. Bettine tageb. 51; die schwan-
kenden strahlen der Wahrheit auffangen. Klinger 10, 225 ; der
Zunder fängt den funken auf; die vorhänge fiengen das licht
auf; die nase fieng den duft auf.
3) den ball mit der hand, den hieb mit dem stock auffangen ;
der slosz gieng fehl, der mantel fieng ihn auf.
Schiller 431*;
nach und nach leitete ich dich zum gehen, das war freude,
als du das erstemal mit furcht und ungewisheit drei schritte
taumeltest, ich fieng den fall auf, drückte dich ängstlich an
mein herz. Klingers th. 3, 350 ; die wand hatte den schusz
aufgefangen ; die mahlerischen ansichten des parks in einer
tragbaren dunkeln kamraer aufzufangen und zu zeichnen.
Göthe 17, 316.
4) er fieng alle meine worte auf; dasz du das wort so auf-
gefangen hast. Göthe 16, 155 ; solche predigte sind durch an-
dere gelerte aufgefangen und allhie zusammen bracht. Luther
4, 1", wir sagen heute aufnehmen, in die feder aufnehmen,
früher hiesz es auch anschreiben; nichts von unsern reden
auffangen. Lessing 3, 39 ; da fieng nun einer die erste anfangs-
silbe ohne Zusammenhang, vor- und nachsinn auf. Herder;
die abgesandten briefe wurden aufgefangen ; jede von mir auf-
gefangne Silbe.
5) er fleug zween seufzer auf, die aus der brüst verirrten.
Zachariä ;
zweifei und sorgen, die er aufgefangen. J. Paul Tit. 2, 152;
dasz mein Vorschlag nicht flugs von einem sajnmler aufgefan-
gen werde. Herder 2, 266; eine ansteckende kiankheit, die
blättern auffangen.
AUFFÄRBEN, denuo tingere, nnl. opverwen: du trägst auf-
gefärbte kicider ; aufgefärbte freuden. J. Paul lit. nachl. 4, 128 ;
Jugenderinnerungen anfrischen und auffärben.
AUFFÄSELN, auseinander zupfen, s. das folgende.
AUFFASERN, fila diducere, in fasern aufziehen.
AUFFASSEN, rccipere, retinere, nnl. opvallen, von auffan-
gen verschieden, worte auffangen heiszt sie schnell und heim-
lich wegnehmen, auffassen sie mit bedacht aufnehmen und er-
greifen; das Schwert auffanget, den hieb schnell abwehren,
das Schwert auffassen, es in die hand nehmen, im einzelnen
fall können beide dennoch dasselbe aussagen.
1) fassen, greifen und außeben:
so faszt der Jahn die llasclicn auf. Ayrer444';
und jeder faszt bei ihren runden wadcn
zwo nymphen auf. Wiklaxd ;
'faszt alle Schwerter auf!' alle stürzen sich auf die wafTen.
Schiller 169' ; ich will auftassen für dich jeden tropfen aus
dem bccher der freude, dir ihn bringen in der schale der
liebe. 184' ; ich habe den faden wiederum aufgefaszt, den dein
vater angelegt hatte, raubbegierige und unwissende diener hal-
ten ihn zerrissen. Klinger 5, 195.
2) er wcisz den manigfaltigen historischen stof deutlichst
aufzufassen. Göthe 46, 226; der verstand kann nicht vereinigt
denken, was die Sinnlichkeit ihm gesondert überiieferte und
so bleibt der widerstreit zwischen aufgefasztein und ideierlem
immerfort unaufgelösl. Göthe 50, CO ; fasse die kraft auf, die
ich dir eingeboren und eingclehrt habe. Klinker 2, 51; Faust,
der alle häusliche und innige Verbindung zerrissen hatte, in
645
AUFFASSUNG — AUFFLEIEN
AÜFFLEIUNG — AUFFORDERN
646
dem laufe seines ferneren lebens keine melir aufzufassen
strebte; blickte düster in die weit. Klinger 3, 258; es war
freilich leichter die feder nach aufgefaszten oder aus büchern
gezogenen meinungen zu führen. 11, 143. es auffassen. Garg. 26".
AUFFASSUNG, f. eine lebendige und innerliche auffassung
des historischen Stoffes. Dahlm. ddn. gcsch. 1, viii.
AUFFASSUNGSGABE, KRAFT, VERMÖGEN.
AUFFECHELN, s. aufTächeln.
AUFFEGEN, sursum excitare, verrere:
bald, wenn es {das meer) gelblichen sand auffegt aus dem
untersten abgrund,
ist es gefärbt wie der sand. Voss.
AUFFEILEN, litnando solvere, nnl. opvijlen : die kette, fes-
sel auffeilen.
AUFFEUCHTEN, denuo iumectare, den rasen auffeuchten.
AUFFICKELN, ferfricare, den ohnmächtigen reiben und klo-
pfen : er feilet in einer anmacht die stiegen hinunder, unterdes
aber seine mitgesellen gelaufen kommen, mit ihm handeln
und ihn auffickeln und erquicken. Mich. Neander vom sei.
absterben s. 29. J. das folgende.
AUFFICKEN, leviter perculere. Stieler 481. s. ficken.
AUFFIEDELN, fidibus ludere: ein stück auffiedeln, auf-
geigen; sahen sie eine grosze menge wölfe an einem breiten
wege, den sie gehen musten, nahmen ihre geigen und fidelen
eins auf, richten sich die wölfe in die höhe, schhngen die
pfoten in einander und fangen einen tanz an. Ettners unw.
doct. 670;
Ulrich, Johann und der gärtner die fiedeln uns auf. Voss.
AUFFINDEN, adinvenire:
wo sichs versteckte, wüst ers aufzufinden. Göthk;
er zerarbeitete sich den köpf, um etwas aufzufinden, das er
lernen und wissen möchte. Klinger 10, 135.
AUFFIRNISSEN, denuo certtssa oblinere. s. anfirnissen.
AUFFISCHEN, expiscari, nnl. opvisschen : die laiche wurde
aufgefischt, bildlich, nachrichten, neuigkeiten auffischen ; auf-
gefischte einfalle anbringen.
AUFFLACKERN, tremule sursum flagrare, nnl. opflakkeren,
opflikkeren : die herzen müszen aufflackern zu gott in feures
weis. Keisersb. Aas im pf.; das feuer flackert im ofen auf;
das aufflackernde wilde krankenauge. J. Paul uns. löge 2, 128.
AUFFLAMMEN, alle flagrare:
der heilige brand bei mir aufflammte. Hess. 9,289;
voll freude dich zu sehn, flammt ich oft auf,
ein sterbend licht, das dennoch bald erlosch.
Klopsi. 9, 61;
ein liebt, das schnell noch einmal aufflammt, schnell
erlöscht. 9,72;
bei jenen sehnsuchtsthränen,
mit denen unser geist, aufflammend, in die scenen
der Zukunft strebt. Gotter 2, 40;
die hofnung ein altes glück wiederherzustellen flammt immer
einmal in dem menschen auf. Güthe 17, 382.
AUFFLATTER.N, sursum volitare, nnl. opfladderen : die Vögel
sind aufgeflattert, auf und davon; drauszen flatterte schon
leben auf J. Pah ßegelj. 3, 130; wie nach einem weggeschmolz-
nen nochwinter auf einmal die grüne erdendecke in blumen
und bluten hoch aufflattert. Tit. 2, 121; himmelhoch aufflat-
tern. 0. m. i. Tockenb. 274.
AUFFLECHTEN, nnl. opviechten, doppelsinnig wie aufbinden,
1) sursum pleclere, haare, locken hock flechten, aufwärts.
2) resohere, das gefleckt lösen : haare, zöpfe aufflechten ;
die schnür, den strick aufflechten.
AUFFLEHEN, sursum precari:
hoch aufflchend zu Zeus. Voss.
AUFFLEIEN, redimire, aufschmücken. Stiele» 501;
ein reiches kleid man ihr her auf befehl auch brachte,
das sie mit eigner band selbst aus einander machte,
und mich, als wenn ich wer ein wcib, damit bckleid,
und in ein gülden netz mir meine haar aufllpiclit.
Werders Ariost 25, 55.
auffleicbt ist schon dem reim nach falsch und in aufflcit lu
bessern, italienisch lauten diese übel verdeutschten verse:
poi fauasi arrccare una sua veste
adorna, e ricca, di sua man la spiega,
e, come io fossi Temminn, mi veste,
e in reiicella d'oro il crin mi lega.
das nnl. »leijen, schmeicheln, mct woordcn streelen, streicheln
geht iro/ auf ein sinnliches streelen kämmen, glattkdmmen zu-
rück, und das war des Wortes Urbedeutung, ein opvleijen wird
sich ohne xweifel darbieten, vgl. aufleihcn.
AÜFFLEIUNG, f. redimiculum, fasciola capillaris. Stieler
a. a. 0.
AUFFLICKEN, assuere, nnl. opfllkken, fast eins mit an-
flicken, da das aufgenähte zugleich angenäht wird: wenn unser
einer seine eigenheiten und albernheiten einem beiden auf-
flickt, und nennt ihn Werther, Egmont, Tasso. Göthe an fr.
von St. 2, 183.
AUFFLIEGEN, evolare, nnl. opviiegen, in die luft fliegen:
alle Vögel fliegen auf; der pulverthurm ist aufgeflogen; das
haus muste im feuer auffliegen; seine haare flogen wild auf ;
es ist noch kein khu aufgeflogen. Garg. 101'; weistu nicht,
dasz ein mann, wenn er gleich hundert äugen hätte, in einem
hause, darinnen der staub aufgeflogen ist, nicht wol sehen
kan? pers. baumg. 5, 16; ich dachte sie kämen, um zugleich
auch noch unser theater zu sehen, welches auf ostern gleich-
falls auffliegt. Lessing 12, 203 ; wenn sie ihre rechnung nicht
dabei finden, so lassen sie nur den quark auffliegen. 12, 223 ;
und unser pärchen ? — ist den gang dort aufgeflogen,
mutwillge sommervögel — er scheint ihr gewogen.
GöiuE 12, 167 ;
leicht wie der vogel von dem wirthbarn zweige,
wo er genistet, fliegt er von mir auf. Schiller;
die flügel (des thors) flogen klirrend auf. Bürger Lenore 29 ;
A. euer herr ist in Diegos bänden.
B. aber ihre herzen die sind mein, und fliegen auf, wenn
sie meine stimme hören. Klinger 2, 35; lege meine herschaft
über die demente, Unsterblichkeit, ewigblühende jugend, leg
alles dieses in eine schale und gegenüber seine liebe ; auf-
fliegen alle diese Seligkeiten. 2, 184; Viktor lief mit aufgeflo-
genen armen an hangende, die der eigner in der angst nicht
erheben konnte. J. Paul Hesp. 3, 43; nebel aufgeflogen aus
thau. 3,138.
AUFFLIEHEN, sitrsum effugere: die gequälte seele floh auf;
da das morgenrotb auffloh. J. Pacl ; die besiegten flohen auf
ins gebirge.
AUFFLIESZEN, cffluere:
wuchs ihm das herz im leib so grosz,
das auch der bauch weiter aufflosz. froschm. D3';
bis von neuem wieder aufflieszt ihres Jammers quelle. Fr.
Müller 1, 101.
AUFFLI.MMERN , micare, coruscare: aufflimmernde sterne,
blitze.
AUFFLIRREN, flatterhaft aufputzen:
die heueiin, der braune hirt
sind nicht arkadisch aufgeflirrt. Voss 5, 223.
AUFFLÖSZEN, flumine adverso vehere: holz aufilöszen.
AUFFLÖTEN, alle fistulare, nnl. opfluiten:
ein nachtigallmänncben wird locken die braut
mit lieblichem, tief aufflötendem laut. üi;RUBR 61'.
AÜFFLUCHEN, exsecrari, nnl. opvloeken: der fubrmann
fluchte laut auf; einem alle teufel aufflucben, auf den hals.
Stieler 522. vgl. anfluchen.
AUFFLUG, m. volatus: leicht und stark dein aufflug son-
der zwang. Bürger 123'; auch der junge aufflug des holzes.
s. anflug.
AUFFLUNKERN, scintillare, nnl. opQonkeren. s. flunkern.
AUFFODERN schreiben manche niederdeutsche dichter für
auffordern, um auf lodern, modern zu reimen, Luther setzte
sogar foddern. mehr unter fodern und fordern.
AUFFOLGE, f. successio, folge, nachfolge: Unmündigkeit
des erblings oder ancrben genügt für sich allein nicht den
vater zu berechtigen, denselben von der auffolge in das erbe
auszuschlieszen. gesctzsaml. für Hannover 1840 1, 83. scheint
einem nd. upvoige nachgebildet.
AUFFOLGEN, succedere, begegnet kaum nhd.; nnl. opToIgen.
AUFFORDERN, evocare, deposcere, invitare,
1) zum spiel, zum. tanz auffordern: eine Jungfrau zum
tanze auffordern. Stieler 540; der tanz sollte nun angehen,
ein schmucker zimmergeselle führte Eduarden ein flinkes
bauermüdchen zu und forderte Ottilicn auf. Güthe 17, 156.
2) die festung auffordern, franz. sommer, nnl. opeiscben:
voraus crsciiien ein herold, der das schlosz aufforderte. Scbil-
LER 415 ; die Stadt ist ohne Schwertstreich unser, rief er jetzt
voll vcrw underung seinen obersten zu und liesz sie unverzüglich
durch einen trommlcr auffordern. 949; die bürg ergab sich
erst nach der dritten aufforderung.
3) einen zu seiner pflicht, zum kämpf auffordern (vgl. aus-
fordem); der ganze adel ist in mir aufgefordert, der ganze
adel musz meine räche tlieilcn. Schiller 155 ; gegen die ge-
41*
647 AUFFORDERUNG — AUFFRISCHEN
AUFFRÖREN — AUFFÜHREN
648
fahr, die die gröszte geistesgegenwart des wachenden auf-
fordern würde. 699; sein äuge fiel auf den armen oder
schwächern, der seinen schütz aufforderte. 1011; gift trinkt
der freche bürger, der aufriihrisch die obrigkeit auffordert.
Klincter 2, 431.
AUFFORDERUNG, f. evocalio, invitatio.
AUFFRAGEN, erfragen, ausfragen: ich habe diesen men-
schen noch nicht auffragen können.
AUFFRESSEN, devorare, vorarc, nnl. opvreten.
1) vom viah wie von gierigen menschen : die rosse haben
ihr heu schon aufgefressen ; das schwein friszt auf was man
ihm vorwirft; da kamen die vögel und fraszens auf. Mattli.
13, 4. Marc. 4, 4 (goth. qemun fugl6s jah fretun l)ata); und
die sieben magere küe fraszen auf die sieben fette küe.
1 Mos. 41, 20 ; und die heuschrccken fressen alles kraut im
lande auf. 2 Mos. 10, 12 ; du lessest uns auffressen wie schafe.
ps. 44, 12 ;
und ich behaglich unterdessen
hält einen hatinen aufgefressen. Götue 2, -283;
das männiken soll eine tonne butter auffressen, unw. doct.
7S2; es wird dem konige vor den äugen so voll meuterei,
aufruhr und tollkühnheit,. dasz er sich vorstellt sie fräszen
sich hier einander auf. Göthe 8, 229 ; frisz auf und scheisz
es wider (? nider), das bringt das verloren gut wider! Fischart
Garg. 93'; man soll lieber die wolthaten der reichen leute
missen, als die schmähworte ihrer thürhüter auffressen, pers.
roscnlh. 3, 11. auch vor liebe auffressen, wie aufessen.
2) angewandt auf feuer, zorn, räche, die gleich thieren fres-
sen: da die gottlosen durchs fewr aufgefressen wurden, buch
d. weish. IG, 16 ; und nu lasz mich, das mein zorn über sie
ergrimme. 2 Mos. 32, 10 ; du bist ein halsstarrig volk, ich
möcht dich unterwcgen auffressen. 33, 3; denn sie haben
Jacob aufgefressen und -seine heuser verwüstet, ps. 79, 7;
so hat mich ihre wul schier gänzlich aufgefressen.
Weckhekmn 270;
mich auch allgemach darin ergab, dasz der hunger meinen
geist auffressen würde, pers. roscnlh. 3, 17 ; rächer im himmel,
was kannst du dafür, wenn deine Wasserfluten den gerech-
ten mit dem bösewichl auffressen. Schiller 121*;
die kirche hat einen guten magen,
hat ganze länder aufgefressen;
aus der tiefe der erde faiire das eingekerkerte feuer, fresse
auf der unfreundlichen wohnung! Klinger 2,219; die krunk-
lieit friszt meine Jugend auf. th. 2, 182. thränen fressen die
wangen auf, scheidewasser friszt die haut auf, doch in diesen
beiden ausdrucksvjeisen steht besser anfressen.
AUFFRESSUNG, f devoratio, corrosio: das ausz kraft des
corrosivischen salz eine etzung, auffressung geschieht. Para-
cELsus c/«r. sc/tr. 82'; den langsamen tod des alters von an-
dern thieren durch ihre auffressung abwenden. J. Paul teufelsp.
2, 44.
AUFFRETZEN, verhält sich zu auffressen, wie aufetzen zu
aufessen : nu wird dieser häufe auffretzen was uinb uns ist,
wie ein ochs kraut auf dem feldc auffretzet. 4 Mos. 22, 4.
bedeutet auch junge Ihiere auffüttern, auferziehen, und wunden
schweren machen, exulcerare.
AUFFRIEREN, regelare, auflhauen: also ist er mehr als
fünf stund hinter dein ofen im satlel gesessen, sampt den
Stegreifen, ehe er aufgefroren ist. Frey garleng. 92' ;
zum kaclielofen warf ers (die schlänge) nider,
auf das sie möcht aufdauwen wider,
als sie nun aufgefroren war,
ir macht und gifl hctt wider gar.
B. Waldis Esop 1, 7.
könnte auch gesetzt werden für festfrieren, anfrieren.
AUFFRISCHEN, nahverwandt mit anfrischen und erfrischen,
gilt doch vorzugsweise von auffdrbung des verblichnen, erneue-
rung des verschollenen, dann vom anregen und ermuntern:
was können die groszen an solciien leuten erMicken, das ih-
nen im geringsten iihnlich würe und sie auffrischen könnte,
diese ihre reprüsentarii in einen bessern und geachtetem stand
zu setzen? Lessinc 6,214; kritik ist das einzige mittel mich
zu mehrerem aufzufrischen oder vielmehr zu hetzen. 12,355;
märchen auffrischen. Göthe 25, 370; vcil)lichene gestalten auf-
frischt, den behauenen stein wiederbelebt. 26,47; ein lange be-
standenes gutes Verhältnis mit jemand auffrischen. 31, 142; das
andenken eines mannes auffrischen. 51, 244 ; ich will sein ge-
dächtnis ein wenig wiederum auffrischen. Klisger 1, 395; ich will
dir das gedächtnis auffrischen. 1, 398. 9, 3; so gut nun die
kultur für die kühlem und vernünftigem ist, so ist es doch
nicht übel, dasz wir uns zu zeiten aus dem stände der wild-
heil etwas rekrutieren oder auffrischen, wir würden sonst
gar zu artig, gar zu duldsam werden. 12, 39 ; unter der
menge von bekanntschaften haben wir einige sehr interes-
sante gemacht, einige habe ich von meiner vorigen reise auf-
gefrischt. Tieck 6, 45. in der thierzucht, den stamm auffri-
schen durch edles, männliches blut.
AUFFRÖREN, auffrieren machen, das zu auffrieren gehö-
rige transitivum, heute erloschen: die fasz allenthalben mit
wein erfruren, also das mans kaum mit undergemachtem
fewer mocht auffrören. Frank chron. 188'; bisz solche von
der wärme des feuwers, so man sie kochet, aufgefrört und
bewegt werden. Forer fischb. T. ■
AUFFÜHRRAR, ad scenam apttis : indem ich das kleine ar-
tige stück, als bei uns nicht aufführbar, zurücksende. Göthe
31, 147.
AUFFÜHREN, erigere, adducere, introducere, anführen, ein-
führen, vorführen, nnl. opvoeren.
1) aufführen, empor, in die höhe führen, aufrichten, errich-
ten, aufbauen, erigei-e, exstntcre, gebäude, häuser, thürme,
wälle, dämme : denn ich wil dich belagern rings umbher und
wil wallen umb dich auffüren lassen. Es. 29, 3 ; und er sol
auffüren den ersten stein, das man rufen wird glück zu,
glück zu. Zach. 4, 7; und den grund noch eins so hoch auf-
füret. Sirach 50, 2 ; mit den nachbarn soll man heuser auf-
führen. Garg. 153"; dasz einer dem andern zu weit einrucket
oder den zäun zu hoch aufführt. 194'; so musz man kein
maur darunib aufführen. 272' ; wohnungen und scheuern auf-
führen. Göthe 24, 213; die erde um einen bäum hoch auf-
führen; die kanonen aufführen, man sagt auch, erde, ka-
nonen auffahren, in gold- und Silberfabriken, den lahn auf-
führen, mit der hand auftragen; beim spinnen, den faden
aufführen, auf die sich drehende spule leiten.
2) menschen, tbiere aufführen, extollere, adducere, feier-
lich, pomphaß vorführen, das erstemal einführen:
fedenke, dasz erbarmen
ner schar dir desto mehr gebührt,
je mehr die götter dich hoch haben aufeefübrt (erhoben).
Opitz 1,232;
ein wacht auf und abführen. Kirchh. disc, mil. Sb ; die wache
aufführen. Opitz Arg. -1, 457 ; regimentcr im paradeschritt auf-
führen; besiegte, sciaven im gepränge aufführen; um in rö-
mischen fesseln sich periodisch im triumph aufführen zu las-
sen. Herder 2, 324; grosze beiden aufführen, auf der bühne;
auf der jagd das wild vorführen; hast du dem fürsten das
wild aufgeführt nach seines herzens lust? Klingers <A. 3, 265 ;
Friedrich, der erste könig von Würtemberg, üesz sich die
eher gebunden aufführen und wühlte mit dem spiesz in ihre
brüst; er versprach beim abschied zur bestimmten zeit die-
sen wunderbaren jüngling aufzuführen. Wieland 1, 190; als
Aristippus des folgenden morgens wieder kam, um ihn im
namcn des Dionysius einzuladen und bei diesem prinzen auf-
zuführen. 3, 15 ; der groszvizicr ärgerte sich, dasz er ihn {bei
dem sultan) aufgeführt hatte. Klinger 6, 111 ;
wir sind
gesandt als herolde dich bei ihm aufzuführen.
Schiller 558;
nun geh ich, einen andern Starrkopf euch aufzuführen. Klin-
ger 2, 40; er führte seinen gast hei einigen seiner freunde
auf. 6, 298 ; zeugen werden aufgeführt. Schwächer steht es
für bloszcs anführen: in einer rechnung, im Verzeichnis auf-
führen ; ich erlaube mir den baron an meiner statt aufzu-
führen und diese lücke durch auszüge aus seinen briefen zu
ergänzen. Schiller 730.
3) leicht erklart sich nun, warum man sagte, ein stück
aufführen, auf die bühne bringen, wie in dem stück die Hel-
den vorgeführt wurden; die oper ist schon hundertmal aufge-
führt; wenn sie das lied {der schäfer putzte sich zum tani)
singen und aufführen wollen, an mir soll es nicht fehlen.
Göthe 48, 207; die messe aufführen; um ihnen eine kleine
höflichkeit aufzuführen. Hippel br. 13, 1. in aiuhrm sinn sagte
Keisersiikrg, ein gebet aufführen, empor zum himmel richten:
du suit ein stark andechlig gehet auffüren zu got dem ber-
ren. sieben scliw.
4) sich aufführen, sc prodiicere, gerere:
im kiitel, wie im sammt, wcisz er sich nufkarahren.
Canitz 291 ;
649
AUFFÜHRUNG — AUFGABELN
AUFGAFFEN — AUFGANG
650
rween hunde dienten einem herrn.
der eine von deu beiden lliieren,
Joii, verstund die Isunst sich lustig aurzufübren,
und wer ihn sah, vertrug ihn gern.
Gellert 1, lOS;
führen sie sich hier nicht als einen tückischen schulknaben
auf? Lessisc 3, 415; bei der würde führt sich der geist in
dein körper als herscher auf. Schiller 1122; die geometer
haben sich in ansehung dieser ausfluchte ebenso aufgeführet.
Kant 8, 112; die töchter führeten sich galant und propre in
kleidung auf. Schelmcfsky 2, 47.
AUFFÜHUUNG, f. nach verschiednen bedeutungen des auf-
führeus,
1) die aufführang des palastes, der kanonen.
2) die aufführung im triumph, der gesandten, der braut.
3) Vorstellung des Stückes: genug, dasz das, was dem Eu-
rikles Voltaire selbst in den mund legt, hinreichend gewesen
wäre, die aufführung seiner Merope zu rechtfertigen, wenn
er sie als die gemahlin des Polyphontes eingeführet hätte.
Lessinc ", 214.
4) betragen, franz. conduite: dasz ihre freie aufführung
dem amimann endlich selbst verdacht erwecken muste. Fel-
seub. 1, 114 ; er hat eine frau ohne Schönheit, ohne geld, ohne
aufführung (sans conduite), ohne verstand geheuratet. Rabe-
NER4, 192; ist das eine aufführung? schämst du dich nicht?;
wie deine aufführung das vaterherz foltert. Schiller 103';
wie sie ist, bin ich ihr dank schuldig, versetzte Wilhelm, ihre
aufführung ist zu tadeln, ihrem charakter musz ich gerech-
tigkeit widerfahren lassen. Göthe 19, 19S ; ein ungesittetes be-
tragen und eine gewisse aufführung, die man pedantisch
nennt. Kam 8, 150; eine saubere, unverzeihliche aufführung.
ALTFÜLLE.N, implere, replere.
i) auffüllen, suppe auffüllen, aus der schüssel auf die fei-
ler geben, vorlegen, s. aufgeben; den ballon auffüllen, mit
luß erßUen : seinen mit dem gas der liebe aufgefüllten und
emporgehobnen herzballon. J. Pacl uns. löge 3, 138 ; aus dem
fasz bier in flaschen ßllen. den dämm auffüllen.
2) denuo implere: das fasz auffüllen, wenn des weins durch
zehren weniger geworden ist.
AUFFU.NKELS', micare, scintillare: sein äuge funkelte auf;
der wein funkelt im glase auf.
AlFFURCHEN, sulcare: die erde auffurchen;
erst nun stellt er die äil einher, auffurchend das estrich
allen in Einern zug. Voss Od. 21, 120.
AUFFÜSZE.N, pede slare, außreten: die öfnung war so
schmal, dasz man nicht auÖ'uszen konnte;
wo nicht auTzuruszen hat
räum ein fusz der mücke. Rückert 76.
AUFFUTTERN, in der baukunsl, ein fiitter befestigen: auf
die grundslichbalkcn eine bohle oder halbholz auffuttern.
GiLLV.
AUFFÜTTERN, alere, nnl. opvoeden : ein kind, einen vo-
gel auffüttern; hühncr, gänse auffüttern;
so blühend und so frisch,
als hätten für Cytherens bett und lisch
die grazien mit 'lauter jungen rosen
ihn aufgelultert. Wiklano 10, 330 ;
einen fremden godanken zu einem eignen auffüttern. J. Paul
aesth. 3, 114. auch das fuller verbrauchen: allen haber auf-
füttern, verßtlem.
AUFGABE, f.' nnl. opgaaf, nach verschiedenheil des aufge-
gcbens,
1) propositio, problema, pensum, leichte oder schwere aufgäbe
einer frage, eines rülhsels, preises. aufgäbe des lebens.
2) aufgäbe, auflegung eines briefs; aufgäbe des erzes auf
den ofen.
3) aufgäbe einer festung, dedilio, Übergabe: Bautzen bela-
gert und zur aufgäbe g»nötigel. Micrälics 2, 192. aufgäbe
eines amles, diensies, gutes.
AUFGABELN, furca, fuscinula excipere, mit der gäbet auf-
nehmen: heu aufgabeln, fleisch, brot aufgabeln, aufstechen,
dann überhaupt aufgreifen, arripere: konnten sie dessen ta-
feln, die sehr kostbar sind, aufgabeln, so haben sie für je-
^es rilzchen am menschlichen skelet eine gute sehr genaue
abbildung und bencnnung. Süjimerisc fcei AfercA 1, 351;
jeüt könnt ich mit dir, in titanischer kraft, aufgabeln als kugel
den erdball. I'late:i 2(i5;
die Vogelscheuche, die sie da drauszen aufgegabelt haben.
TiECK jfj. nof. 4, 1S9 ; wo ha^t du das wieder aufgegabelt?
ÄÜFGAFFEN, patefacere ora, aufsperren, nnl. opgapen:
jedennoch gaflen wir
das maul und augeh auf. Opitz 3, 42.
AUFGÄHNEN, alle hiare, früher aufginen, aufgienen, w. m. s.
AUFG.\HREN, ebullire, aestuare, aufbrausen : der wein, das
bier gährt auf; ein volk, das unter dem unerträglichen joch
eines tyrannen seufit, darfst du das schwach heiszen, wenn
es endlich aufgährt und seine ketten zerreiszt? Götbe 16, 68 ;
weiblicher stimmen geschrei und vom wein aufgährender
Wahnsinn. Voss ;
der träum, der in ihrem brausenden gehirn aufgor. Klinger
10, 235; Nodier und Balzac, so nahm Alexander das wort,
stehn unter den neusten, die am stärksten aufgähren, schon
wie talente einer älteren zeit. Tieck not". Ar. 4, 294.
AUFGANG, m. ascensus, nnl. opgang.
1) ortus, avaro).Ti, aufsteigen, sich erheben, zumal der
sonne, des monds, der gestirne, des tags und der nacht, golh.
urruns, dann die stelle, gegend des aufgangs : ziehen gegen
dem aufgang in das morgenland. l Mos. 25, 6; lagerten sich
gegen der sonnen aufgang. 4 Mos. 21, 11 ; von dem gebirge ge-
gen dem aufgang. 23, 7 ; disseit des Jordans gegen der son-
nen aufgang. Jos. 1, 15. 2 kön. 10, 33 ; gott der herr, der mech-
tige redet, und rufet der weh von aufgang der sonnen bis
zu nidergang. ps. 50, 1 ; denn gleichwie der blitz ausgehet vom
aufgang und scheinet bis zum nidergang, also wird auch sein
die Zukunft des menschensons. Matth. 24, 27; der aufgang
aus der hübe. Luc. 1, 78 ; wir haben seinen stem im aufgang
gesehen. Reisz.ver Jer. 2, 114*; von dannen ruckten sie ihr
läger gegen Moab auf den aufgang sich lenkende. Fra\k
weltb. 162'; im aufgang der nacht, incipiente nocte. Facics
bei Fronsp. 3, 234' ; der wind von nidergang ist regens auf-
gang, wind von aufgang ist schön wetters anfang. Fischart
groszm. 128 ; morgenrüte im aufgang. Jag. Böume.
man list von Xene, dem beherscher
des aufgangs und der edlen Perser, gl. schif 1 ;
gleich gleich indessen kam ihr der gedank in sinn,
zu nehmen ihren weg wiedrumb nach aufgang bin.
Werders Ariost U, 12;
von lichten gedanken umringt, als wärens des aufgangs
röthen. Klopst. Mess. 11, 1164;
dieser fremdiing, ich weisz nicht wer, kam irrend ins haus mir,
seis von des niedergan?s und seis von Völkern des aufgangs.
Voss Od. S, 29 :
mild wie des tages thauiger aufgang. Fr. Müller l, 24; da
rollen die donner im aufgang, dasz die seulen im niedergang
beben. 1, Hl. zur bezeichnung der himmelsgegend bedienen
wir uns heute lieber der ausdrücke Orient, morgenland.
2) andere aufsteige und aufgänge : gieng bisz er des walds
aufgangk fand (den pfad, wo man in den wald aufsteigt).
Aimon F2; doch erfand man einen leichtern aufgang auf die
höhe. Göthe 17, 75. aufgang der bühne, ascensus in scenam,
öfter bei .\yrer: die königin lauft zum aufgang und sagt.
220' ; bei dem aufgang, da Wolfdieterich sieht, red einer ver-
borgen und sagt. 22S'; er geht zum aufgang und schreit.
Avrer fastn. sp. 114'; macht darzu auch ein durst in der le-
bcrn und gibt aufgang zur Wassersucht (hydropi parat adi-
lum). Paracelsü^ 1, 689"; das brot, der teig hat seinen rech-
ten aufgang, steigt in die höhe, wie es soll.
3) aufgang, eingang, anfang, aufnähme, gedeihen: ich hab
die gemelt grammatick gemacht zu nutz und ufgang der heil,
geschrifl. Rel'chlix augensp. 36'; begehret aber ein fürst und
herr aufgang und beharrlichen wolstand seiner festung. Kirch-
hof disc. mil. 16; der zwölf patriarchen kindskinder (haben)
noch vil mehr gedachte feldarbcit geübet und in aufgang ge-
bracht. Sebitz feldb. 3", «•«> sagen heute in gang gebracht ;
jedoch rtir stolz und lieder neigen
und sterben stracks in dem aufgang.
Weckuf.rlin 356;
mitten im aufgänge des lebens. J. Pall Tit. 2, 179.
4) aufgang, apertura : aufgang der thür, der jagd, der Wein-
lese, des eises, des geschwiirs.
5) aufgang, aufwand, kosten, was aufgeht, aufgewandt wird:
wie ich aus der küchen ein kurz Verzeichnis des aufganges
liekommen. Schweimchem 1. 320; sonslen hab ich ein ziem-
lich jähr gehabt, ohn des vielen aufgangs. 2, 178; inglcichen
mich auch an der gicht darnieder geworfen und also 9 Wo-
chen in der stuben innen behalten, welches mir wegen des
vielen aufgangs groszen kummcr bracht. 3, 240 ;
must zahlen allen den aufgang,
den uns hat kostet diser kneg. Atrkr295';
651
AUFGÄNGIG — AUFGEBEN
AUFGEBER — AUFGEDUNSEN
652
dann Unser würdiges gottshaus
hat vorhin gnug des aufgangs,
der nicht gewesen ist aul'augs. Atrer fastn. 103*.
AUFGÄISGIG, aufgehend:
doch dasz die Venus sich vergleicht
vvol mit der sunnen, und auch sunst
sei unverhindert durch ihr brunst,
darzu, das si aufgengig sei
in gutem wesen darzu frei.
Thürneisser archidoxen 78 ; so wird der krebs, als ein haus
des mohns, mit seinem zwenzigesten grad aufgengig sein
müeszen, wan der Stengel mit sambt seinem mark und blet-
tern eingesamlet werden, inß. wirk, der erdg. 5; wann Mars
erfunden wird an dem himmelisclien cörper in dem Steinbock
oder wasserman, welclie da sind die heuser Saturni, und
darzu auch aufgengig oder ob der erden sein wird. ders. von
wassern 107. aufgängig könnte sehr wol auch ausdrücken in
kosten aufgehend.
AUFGARBEN, in manipulos coUigere, in garben bringen:
da thut man es (das körn) schon schneiden,
dort garbet man es auf und bindet es mit weiden.
Weckherlin 765.
AUFGATTERN, coUigere, zusammenbringen, ergattern, niü.
opgaderen : was sich nur auftreiben und aufgattern liesz.
AUFGAUMEN, attendere. fastn. sp. 990, 1.
AUFGEBÄUDE, n. aedificium, structura: das zusammen-
s.türzen des wundersamsten aufgebäudes. Göthe 46, 206.
AUFGEBEN, dedere, tradere, reddere, vorgeben, ausgeben,
hingeben, übergeben, ergeben, nnl. opgeven.
1) proponere, imponere: ich wil euch ein retzel aufgeben.
rieht. 14, 12 ; gib dein retzel auf, lasz uns hören. 14, 13 ; denn
seid keine pfaffen noch münche, und halt des bapsts gc-
setze ja nicht, gleubt im auch nicht, das es siinde oder ge-
wissen sei, was er für sünd aufgibt (ausgibt). Luther 2» Hl' ;
warum wollen ir nit eben so vil von diser kurzweiligen Zei-
tung und newen chronich halten, die euch vielleicht eben so
vil retersch als jenes fabulieren kan aufgeben? Garg. 23';
ein durch reine Vernunft aufgegebener satz. Kant 6, 165 ; wenn
das bedingte gegeben ist, ist uns eben dadurch ein regressus
in der reihe aller bedingungen zu demselben aufgegeben.
2, 394 ; ein frag aufgeben, ühland 10. 11 ; aufgegebne arbeit,
sich aufgeben, sich zur aufgäbe machen, stellen: er (Walter
Scott) gibt sich auf, die geschichte seiner zeit dergestalt vor-
zutragen. Göthe 46, 227; eine Untersuchung, die sich den
hohen satz aufgibt. Herder 2, 56.
2) aufgeben, bei tisch auf die teuer geben, vorlegen, auffül-
len: die Zeitung brachte (verkündete), dasz der tisch bereits
gedeckt, und die frau gleich aufgeben würde, unw. doct. 170.
3) sich aufgeben, in die höhe ausdehnen, erstrecken: der
Stengel, welcher sich eilends in die höhe und dicke mit
sambt den beistilen und iren blettern aufgibt. Thürneisser
infl. wirk. p. 25.
4) aufgeben, hingeben, übergeben, ergeben, fahren lassen,
dedere, reddere: das wir euch gebeten haben, die stad dem
Holoferni aufzugeben. Judith 7, 17. 8, 8 ; daneben sind ir viel,
die ein lehen dem andern aufgeben nur mit dem titel, daran
er kein heller empfehet. Luther 1, 296'; das'ich mit inen re-
den solt, sie sollen sich aufgeben. H. StadenN4; wann stete
oder Schlösser sich (dem belagerer) ufgeben. Reutter kriegs-
ordn. 13 ; mit aufgeben ewer statt und der scJilüssel uber-
liferung. Kirchhof mtl. disc. 87 ; den hämisch. Uhland 332.
Nahas mit gwalt ist kommen her,
Legert, solt im die siat aufgcbn.
ScHMEi.zL 6'ou/ 24';
wollen sie das schlosz nicht aufgebn,
80 kosts graf Albrecbten das lehn. Atrer U9' ;
die statt vor bunger aufgeben. 290";
ach wer hat dir das schlosz aufgeben,
oder wie bislu kommen rein? 317';
den geist, die sccle, das leben gott aufgeben, deo reddere:
da Ananias dise wort höret, fiel er nieder und gab den geist
auf. apost. gesch. 5,5; und alsbald fiel sie zu seinen füszen
und gab den geist auf. 5, 10 ; als er dis gesagt, gab er gott
den geist auf und starb. KiRcunoFttcnrfHnm.no';
ich will gott meinen geist aufgeben. Aviier351',-
heut mustu mir deinen geist aufgeben. Galmy 323;
die Unschuld, die den geist in solchem höhn aufgibt.
GnrPMius 2, 377 ;
hiermit entfiel ihm die spräche und gab seinen geist auf
{rendit son äme). unw. docl, 659;
allein was ist dies schnöde leben,
die kurze wallfahrt? mühe, pein.
musz ich nicht immer fertig sein
für dich, mein kind, es aufzugeben *
Hagedorn 2, 108;
das leid sull wir aufgehen, fastn. sp. 507, 4;
du hast dein gebet aufgegeben (betest nicht mehr). Schiller
207'; und warum, weshalb hat er ihr schönes herz so leicht-
sinnig aufgegeben? Tieck yes. nov. 19, 241; der arzt hat sie
aufgegeben ; ich gebes auf dich zu überzeugen ; die treu auf-
geben, brechen. Uhland 384 ;
so vergönne mir,
dasz ich die aufgegebene beschütze. Schiller;
ich lag im schif, mit stricken festgebunden,
wehrlos, ein aufgegebner mann. 540;
ich warb um seine freundschaft zwar,
mein ward sie auch; darauf
gab aber mich sein gokidurst gar
für einen schurken auf. Gökingk3, 12;
ein frauenzimmer aufgeben (sitzen lassen). Klinger 1, 468;
sein vorhaben aufgeben. Gotter 3, 46; da ich gern alles
übrige in dieser weit aufgeben mag. Tieck Sternbald 1, 39.
mhd. so geben wir unserm herren dem bischolf Bronnen von
Brihsen ouf ailej dag wir haben, eigen und lehen, leut und
gut, verchumbert und unverchumbert. Chmel fontes 1, 200
(a. 1278). der Zusammenhang wird oß zwischen den bedeu-
tungen entscheiden, z. b. aufgegebene arbeit kann meinen auf-
erlegte und zurückgelegte.
AUFGEBER, m. aulgeber des briefs, des pakets.
AUFGEBIETEN, was auil>ieten : bis das der landsfürst auf-
geböte für sich selbs. Luther 3, 329'.
AUFGEBIG, aufgebig lehen, feudum aperibile.
AUFGEBLASEN, tumidus, belege schon oben unter aufbla-
sen 2, denen hier noch einige zutreten mögen: sol ein weiser
man so aufgeblasen wort reden ? Hiob 15, 2 ; die wort der
aufgeblasenen. 1 Cor. 4, 19 ;
dick, aufgeblasen, frech und prächtig. Weckh. 3;
wir wollen unterdrücken
den aufgeblasnen mut. Grvphiüs 1, 504;
der aufgeblasene minister, ehe eines weibes 155 ; sie sind kei-
ner von den jungen aufgeblasenen. Lenz 1, 242; der aufge-
blasene ist ein hochmütiger, welcher deutliche merkmale der
Verachtung anderer in seinem betragen äuszert. Kant 7, 431.
AUFGEBLASENHEIT, f die gemeindeverfassung schützt
gegen amtliche willliür und aufgeblasenheit. denksclir. des
freih. von Stein 45.
AUFGEROREN. Falk über Göthe 28.
AUFGEBOT, n. evocatio ad arma, ad nuptias u. s. w. bei
meinem aufgebot (zur hochzeit). Lessing 1, 530 ;
vernehmt von euren höhen
der räche aufgebot. Schiller 45;
dann auch die aufgebotene mannschaß, das erste, zweite auf-
gebot. höheres gebot: die Verpachtung geschieht durch auf-
gebot. Stolberg 8, 108.
• AUFGERRACHT, s. aufbringen.
AUFGERUNG, /. deditio, redditio, renuntiatio: die aufge-
bung des geistes; die festung durch aufgebung dem feind
überlassen. Kirchhof disc. mil. 47 ; aufgebung des eigenthums
(derelictio dominii), des willens. Fichte naturr. 160.
AUFGEDINGE, n. traditio in discipliriam, s. aufdingen.
AUFGEDUMPFT: wer kann unbeobachtend genug sein, um
nicht in dieser weder stumpfen noch spitzigen, weder aufge-
dumpften noch niederwärts hängenden nase den feinen, tief-
sehenden menschenkenner zu erkennen? Lavater p/iys. /»af;»».
1, 181. aufgedunipft ist aufgebogen, aufgestülpt und gehört
zum schweizerischen tümpfen beugen, neigen. Stald. 1, 326.
AUFGEDUNSEN, part. pract. des verlornen aufdinscn efferre,
also aufgeschwollen, aufgeblasen, elatus animo: aufgedunsen
mit wind. Wieland 4, 102; aufgedunsene perioden, worin ir-
gend ein alltäglicher gedanke in einem gothischen putz von
schallenden woiten und rednerischen figuren strotzt. 6, 170;
eine art von antipathie gegen alles aufgedunsene und ge-
zierte in einpfiiwlungen, begriiron und sitten. 7, 21; nur un-
ter den liänden der grazien verliert die Weisheit und die lu-
gend des sterblichen das übertriebene und aufgedunsene.
10, 103; müste man nicht blind sein um zu leugnen, dasz
meine backen um die hälfte aufgedunsener sind als die ih-
rigen. 12, 272; die seelc wirkt den aufgedunsenen stof bald
ineinander. Lessing; durch das klare gefübl der kräfte wird
die standhaftigkcit einer wolgenährten seele von der sleifig-
653 AÜFGEDUNSENHEIT — AUFGEHEN
keit des aufgedunsenen stolzes unterschieden. Tn. Abbt ver-
dienst 2, 2 ; in aufgedunsenen vergleichungen. Herder 2, 230 ;
die leutlein, welche bei der fahre wohnen, sind blasz und
aufgedunsen. Stolbebg 8, 169; wir sahen nun nicht mehr in
jenen gedichteu ein angespanntes und aufgedunsenes helden-
wesen. Göthe 26, 145 ; diesem abgemessenen und aufgedunse-
nen pathos. 60, 266 ; das aufgedunsene herz durch verstand,
spott und witz erleichtern. Klixger 8, 116; eine aufgedunsene
einbildungskraft. 8, 129 ; aufgedunsene wetscher {mantelsäcke) ;
musz denn alles am menschen schwülstig und aufgedunsen
sein? TiEci 7, 267; wickelte sie in die hängenden, aufgedun-
senen priesterkleider ein. J. Pacl teuf. pap. I, 23 ;
wenn aufgedunsne kleinheit
misgünstig sich an ihm (meine/n geiste) empor pbilistern.
PLATE:t 46.
AÜFGEDUNSENHEIT, f. tumor, elatio.
AUFGEHABEN, echte gestalt des part. praet. von aufheben.
die sich, wie in erhaben, neben dem vorgedntngnen aufgeho-
ben, erhoben lange geborgen hat: der du Tormals hast alle
deinen zorn aufgehaben, ps. 85, 4; die werden nicht geklagt
noch aufgehaben noch begraben werden. Jerem. 25, 33; über
welchs (iand) ich meine band aufgehaben hatte. Ez. 20, 28;
denn ich hab mein band aufgehaben. 47, 14; und habet also
gottes gebot aufgehaben. Matth. 15, 6 ; ward er aufgehaben gen
himmel. Marc. 16, 19 ; und da er solchs gesagt, ward er auf-
gehaben Zusehens, apost. gesch. 1, 9; solcher dornen oder
spitzen hat er so viel, dasz er hart mag aufgehaben werden.
Forer /ischb. 84' ; stehn mit aufgehabnen bänden. Fleming 120 ;
leute sehen mit Verwunderung und aufgehabnen bänden nach
dem bilde. Rabener 1, 222 ; mit aufgehabnem arme. 2, 257 ;
mit aufgehabnen fausten. 4, 305; ein stürm ist ihm ein stürm,
er mag in der groszen oder kleinen weit entstehen, es mag
ihn dort das aufgehabene gleichgewicht der luft otler hier
die gestörte hamionie der leidenschaften verursachen. Lessinc
5, 69 ; in der aufgehabenen belagerung von Ollmütz. 6, 34 ;
unter dem aufgehabenen vorderfusze des einen centaur lieget
ein krag und unter des andern ein hörn. 8,236; eine thräne
fiel aus ihren aufgehabnen äugen. Wielasd 34, 300. heule
herscht aufgehoben, s. aufheben.
AUFGEHEBE, n. bei den klopffechlem, beginn der fechter-
tlreiche, aupteben der Schwerter:
was man auch df^r girht immer schuld gleich gebe,
ist sie rechtriscb doch, macht manch auTgehebe.
LoGAU 3, 7, 24 ;
woraus sich unsef\ie\ aufhebens machen erklärt, prahlerisches
außeben, emporheben der waffen. vgl. das mhd. nu heb ich;
an mit schirmensiegen, ich wilj erheben, e^ ist wol erhaben.
ALFGEHE.N, erigi, surgere, d. i. suberigere, scandere, nnl.
opgaan. eine menge von einfachen, schönen bedeutungen, de-
ren durchsichtigkeit unsrer spräche zum vortheil gereicht.
1) trie natürlich ist es zu sagen, die pflanze, die blume,
die rose geht auf, steigt empor, in die höhe, wird entfaltet:
fand er den stecken Aaron grünen und die blüet aufgangen
und mandeln tragen. 4 Mos. 16, 8 ; der mensch gehet auf wie
eine blume und feilet abe. Hiob 14, 2 ; gleichwie gewechs aus
der erden wechst und samen im garten aufgehet. £j. 61, fl;
etlichs gicng bald auf. Marc. 4, 5; und die dornen giengen
mit auf. Luc. 8, 7; und es gieng auf und trug hundertfältige
frucbt. 8, 8 ; da das grummet aufgieng. Arnos 7, 1 ;
durch erste rrühlingslun ein rosenzweig aufgeht.
Ghtphii's I, 52S;
ein zarte blum,
10 mit dem tag aufgehet. Weckh. 192.
5) die letzte stelle verbindet aufgang des tags und der blume.
sonne, die man des himmels äuge, steme, die man seine
blumen nennt, gehen auf: da nun die sonne aufgieng (goth.
at sunnin |)an urrinnandin). Marc. 4,6; da nu die morgenröte
aufgieng. 1 Mos. 19, 15; und die sonne war aufgegangen auf
erden. 19, 23; ist aber die sonne über in aufgangen. 2 Mos.
22, 3; am siebenden tage aber, da die morgenröle aufgieng.
Jos. 6, 15; er spricht zur sonnen, so gehet sie nicht auf.
lliob 9,7; morgenstem der vor dem tag aufgel. UntANOCe;
jetzt geht gleich aufdie morgenröl. H. Sachs IH. I, 26;
der mond geht auf; ein stem nach dem andern geht auf.
Bettime tageb. 15.
3) licht, tag gehen auf: über welchen gehet nicht auf sein
liecht? Hiob 25, 3; so wird dein liechl in finsternis aufgeben.
AUFGEHEN
654
! Es. 58, 10; die da saszen am ort und schalten des todes,
I denen ist ein liecht aufgangen. Matth. 4, 16 ;
doch gebt dem mörder auf ein neues licht im herzen.
Grtphius 2, 234 ;
i es sind mir tausend lichter aufgangen. Göthe bei Merck 1, 139 ;
ich gebe euch die entscheidendsten winke und es geht euch
kein licht auf. 14, 194 ; wie heiszt der pfnscher von arzt, dem
erst in diesem augenblicke ein licht aufgeht. 20, 302. ihm
geht der letzte tag auf, ihm geht kein tag mehr auf. das
neue jähr geht auf, geht ein.
4) feuer und flamme gehen auf, streben aufwärts, schlagen
empor, auf in die höhe, beim angehen des feuers konnte die
Partikel praepositionell gefaszt werden, obschon sie sich auch
als adv. deuten liesze: diais feuer geht an, hinan, aufwärts;
doch, scheint es, verbinden wir mit angehn weniger die Vor-
stellung des aufschlagens als des bloszen entzündens, wie das
angehende, wachsende kraut sich unterscheidet von der aufge-
henden blume. da gieng auch eine flamme auf. 2 Macc. l, 32 ;
gieng ein grosz feuer auf. Schweimches 1, 100; wann das
geschrei grosz würde und er das feuwer aufgehen sehe. Kirch-
hof mil. disc. 192 ;
der mit so steifen wangen
so lichte kohlen blies, dasz Teuer aufgegangen.
Grtphil's 1, 563 ;
wir haben des nachts etlichemal an drei und vier orten zu-
gleich das feur aufgehen sehen, pers. reiseb. 3, 1; wenn ein
feuer in alten häusern aufgehet, so ists gefahrlicher als in
neuen. Leh*anx 12. nicht anders gehn rauch und nebel auf:
ein nebel gieng auf von der erden. 1 Mos. 2, 6 ; und der rauch
gieng auf. offenb. 8, 4; und der rauch gehet auf ewiglich.
19, 3. haus, Stadt, dorf gehn im feuer, im rauch auf: da
fieng an sich zurheben von der stad ein rauch stracks über
sich und sibe, da gieng die stad ganz auf gen himel. rich-
ter 20, 40 ; dasz nicht ein monat, ja woche hingehet, in wel-
cher nicht etliche bäuser im rauch aufgehen, pers. reiseb. 3, 1 ;
das baus gieng gestern auf im feuer. Gotter 1, 163;
oft nur ein schlaugeworfner Schleier,
und Seladon gieng auf in feuer. 1, 443 ;
nicht ohne bewegung sah er diese so lange bewahrten hei-
ligthümer in rauch und flamme aufgehen. Göthe 18, 125 ; als
er den groszten theil seiner arbeiten in feuer aufgehen liesz.
13, 246 ; als die Stadt endlich im rauch aufgieng. Klixcer 6,
169. im gibt klar den dat. kund, die nach bloszem in fol-
genden substantiva könnten: ßr dat. oder acc. gelten.
5) aufgehn, sich öfnen: die blume geht auf darf auch ge-
nommen werden geht offen, öfnet sich, der mund, das äuge,
herz geht auf:
da sollen mit der morgenstund
für dir, o hcrr, mein herz, mein mund
ja meine äugen und mein flehen
zugleich aufgehen. VVeckberl. 14;
aber nun giengen ihnen plötzlich die äugen auf. Wiela^d 10.
61 ; ich wusle nicht was ich an euch vermiste, endlich gien-
gen mir die äugen auf. Götue 8, 73. 42, 91 ; er betriegt sich
eine Zeitlang, und weh uns, wenn ihm die angen aufgehn!
10, 167 ; aber und abennal gehen mir die äugen über mich
selbst auf. 20, 304 ; seine äugen giengen unbeschreiblich mild
und ohne nacbtwolken vor .\gathen anf. J. Pacl Hesp. 2, 1 ;
0 du holdes äuge, geh in meinem schlafe wieder auf und
sei der mond meiner träume. 2, 21. das herz, die seele
geht mir auf:
das schwarze schclmenaug dadrein,
die schwarze bnue dr.mf,
»eh ich ein einziirmal hinein,
die seele geht mir auf. Göiai 1, 19;
denen das herz aufgieng, wenn sie viel ihres gleichen bei
sich zu tisch sahen. 8, 111; mein herz geht mir Ober, meine
seele geht mir auf in hofnung. 10, 74; ach und mein herz,
wie geht es auf, wie schwillls vor ihnen. 10, 146; man kann
unmöglich etwas zierlicheres sehen, als diese geschöpfc {die
Pferde) hier, es ist das erstemal in meinem leben, dasz mir
das herz gegen sie aufgeht. 28, 24 ; wo mit einemmal sein
herz mir aufgieng, sein vertrauen wuchs. Schiller 335, d. i.
gegen mich sich aufschlosz. anderes öfnen: keinem gehet der
gürtel auf von seinen lenden. Es. 5, 27; die Ihür geht auf;
das fenster gicng von selbst auf; es begibt sich, dasz das
frauenzimmer {das getnach der frauen) von sich selbst aufgegan-
655
AUFGEHEN
AUFGEHEN— AUFGERÄUMT
656
gen. pers. rosenth. 7, 20; die jagd geht auf, wird eröfnel;
die stelle geht auf, wird offen, musz besetzt werden; dasz er
euch den zweiten marschallsstab von Frankreich, der auf-
geht, gebe. Schiller 10S2 ; der Vorhang geht auf, üfncl sich.
6) der Vorhang geht auf kann aber auch, bedeuten geht in
die höhe, wird aufgezogen, das herz geht mir auf, schwillt
mir; der östliche berg geht steil auf {in die höhe). Stillings
leben 25. in diesem sinn heiszt es: das brof, der kuchen,
der teig geht auf, schwillt, geht in die höhe; sieh, wie schön
der kuchen aufgegangen. Tieck 2, 333 ; über einer krume, die
gar nicht einmal aufgegangen, sondern teigig, klitschig ist.
ges. nov. i,i02; das pfrundbrot, das macht in allen, in de-
nen es aufgebt (gedeiht), entweder geistlich fleisch oder fleisch-
lichen geist. Garg. 259'; da gehn die Städte auf (gedeihen).
75'; ferner vom wachsenden haar, wie vom aufgehenden samen:
ob dir auch har da (auf dem köpf) wurd auf gan.
/"asfn. s;). 524, 20;
denn eifersüchtig sind des scliicksals mächte,
Toreilig jauchzen greift in ihre rechte,
den samen legen wir in ihre bände,
ob glück, ob Unglück aufgeht, lehrt das ende.
Schiller 367 ;
es ist mir ein gi-oszes glück aufgegangen; indem ich auf-
gieng (heranwuchs). Gryphius 2, 447.
7) die wunde, das geschwür geht auf, bricht auf:
die thorheiiwunden stinken,
die schwere gehen auf. Fleming 19;
hier bemerkte man erst, dasz die wunde aufgegangen war
und stark geblutet hatte. Göthe 19, 55 ; der angelegte verband
war aufgegangen; die blättern gehn schon auf; das gleicht
der aufbrechenden knospe, knoten, naht geht auf, löst sich.
8) nun viele abstractionen dieser sinnlichen bedeutungen.
es geht mir auf, es geht mir hell auf, ich werde klar über
etwas :
und fehd entbrannte bald darauf,
und heller giengs dem Junker auf,
und hurrah! heisz giengs an. Schiller 12;
nun aber fühlt sie sich aufgeregt, es geht ihr auf, dasz sie
nur mut fassen müsse. Göthe 22, 141; indem ich nicht abliesz
zu modellieren, gieng mir auf, dasz ich nunmehr Tasso un-
mittelbar angreifen müste. 29, 322 ; die grosze analogie zweier
vorzüglicher dichterseelen gieng mir lebhaft auf. 46, 259 ; jetzt
wenn ich scheide, werde ich nur wissen, welcher sinn mir
noch nicht aufgegangen ist. 29, 6; wahrscheinlich würde ih-
nen nach und nach der sinn für die werke selbst aufgegan-
gen sein. 18, 107 ; der pbilosoph entdeckt ihm nichts neues,
dem geometer war von seiner seile der grund alles denkcns
aufgefangen. 23, 251; doch hat uns euer entweichen auf
einen guten gedanken gebracht, der uns vielleicht sonst nie-
mals aufgegangen wäre. 24, 273;
dann geht die seelenkraft dir auf,
wie spricht ein geist zum andern geist. 12, 31 :
wie war mirs vor deiner liebe? aber da als die in meiner
seele aufgieng. 10, 176; ihm war auch eine neue weit auf-
gegangen. 18, 46; und so war auch mir durch den anblick
dieses mädchens, durch meine neigung zu ihr eine neue
weit des schönen und vortreflichen aufgegangen. 24, 272 ;
am ende des lebens gehen dem gefaszten gciste gedanken
auf, bisher undenkbare. 49, 87 ; endlich gieng ihm eine ge-
wisse mildigkeil auf, er schien sich in die weit zu linden.
21, 168; ist dir nicht da wünsch, hofnung, glauben aufge-
gangen? 33,283.
9) da Moses gcsctz und das evangelium aufgieng. Luther
4,444"; das sein evangelium mit macht würde bei euch auf-
gehen. 3,118'; das das evangelium zu Lübeck, Lüneburg
flugs aufgehet. Spalatin fcei Luther .5, 35'; weil nu das evan-
gelium aufgehet, das des teufeis reich antastet, da leget sich
alle well dawider. 3, 430'; wiewol auch sonst darneben viel
rotten aufgehen (cntstehn). 3, 398' und br. 3, 200 ;
0 goil, dein worl und reich gieng erstlich auf vom morgen
bisz unsrer grenzen zu. I^ogau 1,' 9, 12 ;
da sich unser leid und trübnus endet und unser ehr und
freude wird aufgehn. Mathesius 94"; ich glaubte ein plötz-
liches vergnügen in ihrem sciiönen gesiebt aufgehen zu se-
hen. Wieland 2, 35.
10) endlich bedeutet aufgehen consumi, verlhan, verwendet
weiden, gewissermaszen auch ein in die höhe gehen, wie man
tagt, das pulver gelit auf, fliegt auf in die luß:
dir gieng ein grosze» unkosl auf. H. Sachs IM. I, Ol";
und die zeit deines lebens würde aufgehen wie der mittag.
Hiob 11, 17; was täglich an fleisch, körn aufgehen wolle.
Kirchhof disc. mil. 30 ; milch, so zu seiner narung aufgieng.
Garg. UO'; die stoischen philosophen, die zwar davor halten,
dasz die seele nicht gleich alsbald mit dem leibe aufgehe
(pereat, consumatur), dennoch aber sterblich sei. Opitz 1,265;
in dergleichen fallen, da geld aufgeht. Schünborn fcej Gryphius
2, 503 ; derowegen muste ich sorgen, das proviant möchte
mir aufgehen. Simpl. 1, 166 ; gieng uns das brod auf. 1, 237 ;
indem zu vielen neuen stücken keine und zu andern nur
wenige Unkosten aufgehen und also eines das andere über-
trüge. .F. E. Schlegel 3, 255; weil er ein paar monate her
nicht prompt bezahlt, weil er nicht mehr so viel aufgehen
läszt. Lessing 1, 5. 12 ; das letzte wird aufgehn, was wir noch
gerettet haben. Lenz 1, 91 ; was der mensch unterwegs musz
für glück gemacht haben, dasz er so viel geld kann aufgehn
lassen. Tieck 3, 81 ; so kann mein buch nie der Vorwurf tref-
fen, dasz man darin wie im Grandison zu viel thee consu-
miere, eher zu viel starkes getränk geht auf. J. Paul Tit. 2,
133; in diesem hause geht jährlich ein groszes auf.
Beim rechnen sagt man, dasz zahlen gegen orfer in einan-
der aufgehen, ohne dasz etwas übrig bleibt. 7 geht 7mal auf
in 49. es waren verständige, geistreiche, lebhafte menschen,
die wol einsahen, dasz die summe unsrer existenz durch Ver-
nunft dividiert niemals rein aufgehe, sondern dasz immer ein
wunderlicher bruch übrig bleibe. Göthe 19, 117. in jeder gro-
szen haushaltung musz etwas sein, das mit dem übrigen
nicht aufgeht. Tieck jung, tischl. 1, 221 ; die sinne gehn auf
im geist und sind eins mit ihm.
Über die bedeulung hat oft der Zusammenhang zu entscheiden.
das brot geht auf kann hciszen der brotleig schwillt oder der
brotvorrat ist zu ende; Städte gehn auf, entweder sie wachsen,
gedeihetr oder verbrennen.
AUFGEHEN, n. das aufgehen der sonne, der saat u. s. w. ;
beim aufgehen der jagd hinken die hunde noch. .L Paul fle-
gelj. 1, 67; die kost und das aufgehen des keiserlichen hofs.
Philand. 2, 563.
AUFGEIGEN, fidibus canere, aufßedeln: ein lustiges stück
aufgeigen ; wollt dir anders aufgegeigt haben (anders mit dir
verfahren sein). Fr. Mijller 1, 270.
AUFGELÄUFE, n. incursus, auflauf, zusammenlauf: ein
aufgeläuf in der stad. Münster 345.
AUFGELD, n. xöVyvßos, agio, beim einwechseln besserer
münze: wer gute münz haben wil, musz aufgelt geben. Agri-
coLAxpr. 226; das aufgeld von dieser münzt. Gryphius 1, 901
dann auch arrha, angeld.
AUFGELEGT, disposilus und bene disposihis, gestimmt, auf-
geräumt: wer richtig raisonniert, erfindet auch, und wer er-
finden will, musz raisonnieren können, nur die glauben, dasz
sich das eine von dem andern trennen lasse, die zu kei-
nem von beiden aufgelegt sind. Lessing 7, 429; wenn der
lehrer scharfsinnig genug ist, so wird er die genies der schu-
ler bei dieser gelegenheit leichtlich prüfen und unterscheiden
können, zu welcher kunst oder Wissenschaft ein jedes der-
selben aufgelegt ist. 6, 24 ; Schwermut und traurigkeit machen
die seele nach und nach schlaf, weichmütig und mehr als
gewöhnlich zu zärtlichen eindrücken und regungen aufgelegt.
WiELAXD 1, 313; sein herz war zur dankbarkeit, zur freund-
scbaft und zum wolthun aufgelegt. 7, 151; die eigenschaften
durch welche die luft zur erzeugung der winde aufgelegt ist.
Kant 6, 76; die saiten sind so innig zum beben aufgelegt,
dasz sich der ton von der saile losreiszt. Claudius 1 und 2,
27 ; die Deutschen sind mehr zu philosophen als zu kunst-
genies aufgelegt. Hippel 11, 26; du bist heute ungemein auf-
gelegt über andere zu spotten; der vater war nicht gut auf-
gelegt. Tieck 2, 360; legt man das buch weg, so fühlt man
sich zu nichts aufgelegt. Das wart scheint dem il. disposto,
franz. disposc nachgebildet, doch für disporre und disposer
sagt man nicht auflegen, die parlicipia der anderen bedeutun-
gen unseres auflegens gehören nicht hierher.
AUFGELEGTHEIT, f. facilitas, dispositio.
AUFGEMENGE, n. gcmengsel.
AUFGEKÄUMT, e squalöre solutus, eompositus, eomptus.
alacer, geschmückt, heiler, gut gelaunt, nahvencandt mit auf-
gelegt, doch, wie es scheint, mehr von der ilnszeren gestalt aus-
gegangen und hernach erst auf die innere stinnnung übertra-
gen. \'\^c.nsm sagt : angestrichen ((;esc/imi»i/c-/) und aufgeräumt
(aufgepulit), wie die cortisancn. bienenk. 146*. aufräumen ist
657
AUFGERÄUMT — AUFGIENEN
AUFGIESZEN— AUFGRABEN
658
fcie au^utzen tccgscbaffen alles unrats, reinigen, man siebt
es also dem mddehen oder dem zimmer an, dasz es aufge-
räumt ist, während d/e aufgelegtheit nicht so ins äuge fällt.
es ist ihm jetzo wol aufgeraumet, curis jam vacat. Stieler
1535; weswegen ich sie mehr als 100 mahl kfissete, wodurch
sie wieder völlig aufgeräumt wurde. Felsenb. 1, 43 ;
du liebst ein aufgeräumt quartier. Gc.nther 23S ;
die kuost der poesie will aurgeräumte siuoen. 791 ;
mein aufgeräumt gemüte. 857;
ich weisz es selber nicht, was mir im sinne liegt,
ich bin nicht aufgeräumt. Gellert 3, 3S1;
er ist nie aufgeräumt. 3, 314;
dort blüht bei aufgeräumten sinnen
noch alle treu und redlichkeit. Lessi.nc 1, 83;
sie sehen sehr aufgeräumt aus. Wielajid 4, 175;
wie sehr sie mühe sich gab, ihn aufgeräumter zu machen.
5, 112;
freund Danischmend, du bist heute nicht aufgeräumt, wie ich
sehe. S, 2SÖ; nun wie, gnädiger herr, was fehlt ihnen? sie
sind ja gar nicht aufgeräumt? II, 214; ist er aufgeräumt?
lacht er? Schiller 1^'; ich will davon mit dir reden, wenn
du mehr dazu aufgeräumt bist. Leisewitz Jul. r. Tar. 3, 2. s. 5G;
will euch anmelden, sie ist heute recht aufgeräumt. Fr. Mül-
ler 3, 45 ; was sie in ihrer aufgeräumten spräche gewis nicht
ausrichten würden. Herder 1, S5. baii geraumsig, gramsig,
gramsi, munter. Schm. 3, 84. s. aufräumen
AUFGERÄUMTHEIT, f. alacritas.
AUFGERICHT, erectus, redus, sincerus =^ aufgerichtet, ton
LcTHER gebraucht für aufriebt und aufrecht: ein frommer,
aufgericbter, redlicher geist. 4, 203'; sie handeln aufgericht,
recht und schlecht. 4, 227'; das sie {die Juristen) zusehen,
recht und aufgericht mit den sachen umbgehen. 4, 404". nicht
anders von Ringwald: derhalhcn handel aufgericht {sincere).
laut, tcarh. 19 ; ein aufgerichten lauf zu führen. 55 ; Schlags
ihm ab ganz aufgericht. 44; du aufgerichter christ. 47; der
aufgerichtes herzens ist. 108.
AUFGERMEN. fermentescere, aufgähren. Stieler 609.
AUFGESCHIEBE, n. dilatio, aufschub. Gökixce 1, 171.
AUFGESEHE, n. aufschauen: was war vor ein aufgesehe
▼on dem volke! Schelmcfskt 1, 97.
AUFGESCHWELLE.N, inlumescere, aufschwellen: dasz er
davon aufgescliwal. Fiscuart bienenk. 220'.
AUFGESETZ, ii. mitella feminarum, bei Stieler 2041 au.f-
geselze ; ihre bände, welche sie alle augenblicke, das aufge-
setz recht zu machen, auf den haaren erblicken liesze. Phil-
ander 1, 90. heute sagt man aufsatz. vgl. aufsetzen.
AUFGETRUNSE.N, erscheint, gleich aufgedunsen, nur im
part. prael., das ein verlornes starkes trinsan Irans trunsun
zu folgern gestattet, ungefähr mit der bedeutung von strotzen,
turgere, tumere: dicke und aufgelrunsene blutadern, venae
turgidae. Uffexrach neues rosbuch 2, 3. ebenso begegnet zcr-
trunsen: indem er das tuch umb den hals zuzohe, wurd
ihm das angesicht durch blut zertrunsen. Witzenb. 3, 42.
vielleicht gehören dazu trensen rugire, in slösien schreien
und Irense, die strotzende schnür, mehr unter diesen Wörtern.
AUFGE\V.\LT!GEN, n aperire, mit gewall außhun, ' berg-
männisch, einen verstürzten, zugebühnlen schacht öfnen.
AUFGEWECKT, alacer, citus, munter, lebhaß: ein aufge-
wecktes mädcheii; er wollte immer von aufgeweckten geistern
omgeben sein. Wielaxd 6, 17; der chHiche Pedrillo, aufge-
weckt, «nnreich und spaszhaft. 12, 3G5; von lustigem aufge-
wccktem»bumor. Fr. MCller 3. 61. «.aufwecken.
AUFGEWECKTHEIT, f alacritas, munterkeit.
ALFGEWINNEN, urgendo aperire, aufzwingen, der edlere
ausdruck ßir das heulige aufkriegen: ich kann die Schublade,
die schachte! nicht aufgewinnen ; der wundrer gewint die tur
auf. fastn. sp. 549, 28 ; ja, mühe und arbait kost es, Ver-
leugnung sein selb?, will man disen schätz und Christum
finden und den Silenum aufgewinnen, das erschein was darin i
ist. FhAJiK paradoxa vorr. 6'. über den hier gemeinten Silenus
s. Garg. 18' (fantastische krüg, laden, büchsen und häfen, wie
wir sie heut in den apolhekcn stehen sehen), vgl. abgewinnen,
angewinnen.
AUFGIENEN, pandere os, guttur, aufsperren, aufgähnen,
gilt zumal von jungen vögeln, die weit aufginen und vil begem;
den köpf hat er also i^ehienl,
das er den ganzen lag ufgienl,
als ob er fliegen vohen woli.
Bhami narrensch. 217;
indem die faul hausmagd erwacht,
aufgienet weit und sach uns an.
H. Sachs I, 509';
da Gobandus das sah, gieng er zu dem vatter und spräche,
vatter ich thu meinen mund auch auf, gebt mir auch ein
apfel. der könig sprach, du bist zu spat kommen, ich gib
dir weder apfelschnitz noch land. darnach ist ein Sprichwort
worden in Frankreich: Gobande, du hast zu spat aufgegient.
Pauli seh. und ernst cap. 30; der mensch gienet nach unflat
auf, wie ein stork nach fröschen und schlangen. Agricola
spr. 47'; ist nfe so kuen gewesen aufzugienen. Frank 17;
denn da ein scheulzlich loch und kluft aufgienet. 2t; selig
ist der reich, der on mackel nach dem gold nit schnappet
und aufgienet. paradoxa 85*. nicht bei Luther, vgl. angienen
und aufgünen.
AUFGIESZEN, superfundere , aufschütten, nnl. opgieten:
Wasser dem thee, dem kafife aufgieszen; milch, wein den
erdbeeren aufgieszen; er war gern, da man mit groszen
löffeln aufgieszet. Garg. 45*; der lanlpe öl aufgieszen; giesz
auf! der mortel musz begossen sein. Garg. 100*;
des soniags gosr ich inen auf,
macht oft ein ganze predigt draus.
RhiGWALD tr. Eck. H7'.
einen aufgieszen, gleichsam der kehle, einen trunk thun.
wird die sache aus dem dat. in den acc. gesetzt, so bedeutet
es begieszen, und für jenen acc. tritt die praep. mit ein: den
thee aufgieszen mit wasser ist gleich dem thee wasser auf-
gieszen (itie einen mit dem buch beschenken = einem das buch
seh.) : grünen thee fünfmal aufgieszen. J. Paul biogr. bei. 1, 69.
man sagte auch einen aufgieszen, wie angieszen, im sinne
von verleumden, anschwärzen: und wolt si darzu vermögen,
dasz sie Jesum anders aufgieszen müsten, als die vorigen
zeugen gethan. Avrer proc. 1, 16.
AUFGIESZER, m., der im eisenhammer wasser über den
glühenden eisenstab aufgieszt.
AUFGIFT, /■. traditio: über liegend gut aufgift und wehr-
schafl thun. Frankf. ref H. 3, 6. 7. 12. 14. nach Haltaus 58
resignatio. vgl. aufgeben.
AUFGISCHEN, spumescere : das wasser, das hier gisclit
auf, schäumt auf.
AUFGLÄNZE.N, alle splendere, oriri, nnl. opglanzen:
wer ist, die aufglänzt wie das morgenroth? Hkrdeb;
mein schönster stern fieng an nun aufzuglänzen.
BiJrger 109'.
früher auch sich aufglänzen: do die sonn do aufglenzet sich.
Mörin 44.
AUFGLÄTTEN, dentio laevigare: das kleid, papier auf-
glätten.
AUFGLIMMEN, ignescere, scintillare:
neu aufgeglommner liebeszunder. Lorenst. ;
doch wenn ein funken seele vielleicht in euch
aufglimmei, wenn ihr zürnt, dasz ihr knechte seid.
Klopst. 7, 35;
die süsze röthe ist aufgeglommen. Tieck Sternb. 2, 89;
und klar
glomms auf, wie gluten, die mich wollten packen.
Werner 24 febr. s. 57;
die ganze hölle
glomm auf in mir. er^starb dort auf der stelle, s. 9t;
und eine ahnung drängte seine aufglimmende thatigkeit für
Esther zurück. Arnim 2, 237.
AUFGLOTZEN, /orreocuioser^ere.' ich erzählte dem bauer
die neuigkcit, der glotzte auf.
AUFGLUHE.N, fulgescere, affulgere, nnl. opgloeijen : der
morgen glühte auf; eine plötzliche röthe glühte in seinem
bleichen gesiebt auf. Wieland 3, 140 ; unser schnell aufglü-
hendes herz. Kli.ncer 4, 72 ; schon RosenblCt :
recht als die sonn uf glut zu orieni.
roN müsziggengern und arbeitern. o. j. u. o. A3.
AUFGR.ABEN, effodere, circumfodere, nnl. opgraven: das
land, das beet, den boden aufgraben; einen weg, gang, ein
loch aufgraben; einen schätz, sarg aufgraben; liesz die was-
serbrünnc wieder aufgraben, l Mos. 26, 18; ich gieng hin an
den Pbralh, und grub auf. Jer. 13, 7; deckten das dadi ab
und grubens auf [golh. usgrabandans). Marc. 2, 4 ;
darf ich hiniintersteigen, den haiii besuchen, in dein er
mir mein grab aufpräbtl Kiorsr. Mess. 16, 191;
ich brauche w.ilirlieiu ihre stille quelle
im dunkeln srhiitt des irrihiinis aiifziigrabcn
ist nicht das losz der könige. {»chiller.
42
659
AUFGRASEx\ — AUFlIAMxN
AUFHACKEN — AUFIlALTEiN
660
bedeutet auch insculpere: bei jeder figur, die Vulkan aufgräbt,
bewundre ich den schaffenden gott. Herder 13, 203.
AUFGRASEN, gleichviel mit dem üblicheren abgrasen : wir
haben bald aufgcgraset. Stieler 695.
AUFGRAUEN, canescere, albescere: der morgen graut auf.
AUFGREIFEN, arripeve, surripcre, nnl. opgrijpen: geld
von der erde aufgreifen ; einen fliehenden Verbrecher aufgrei-
fen; ich habe ihn unterwegs aufgegriffen;
ein schwedischer Iransport,
den grilTen die Croaten mir noch auT.
Schiller 331 ;
werte, die einer fallen liesz, aufgreifen ; einen recht aufgrei-
fen, richtig fassen, begreifen, unw. doct. 808 ; der lackei, der
das Podagra einhandelt und aufgreift. .1. Paul holzschn. 10,
ICO ; leute, die ihren beiden warm aufgreifen und ungemein
kenntlich abbosseln in wachs. Fibel 195; einen streit wieder
aufgreifen, erneuern, weidmännisch, die leithunde greifen
scharf auf, ihre nase ist auf der fährte.
AUFGROLLEN, recrudesccrc: der alte Unwille grollt wie-
der auf; laszt die feindschaft nicht aufgrollen. Stieler 707.
vgl. angrollen.
AUFGRÖLZEN, eruclare, aufstoszen, frequentaliv des vori-
gen: so ich sie bitten würde, mir solches in argem nit auf-
zuncmmen, würd ihnen vielleicht der bauch aufgrölzen. Pa-
RACELSüS chir. sehr. 162'.
AUFGRÜNEN, virere, revirere, revirescere, nnl. opgroeijen
und opgroenen :
dies dein äpfelchenpaar, das zuerst aufgrünte, versuch ich.
Voss Theokr. 27, 50;
man erzählt von einem unserer treflichsten männer, er habe
mit verdrusz das frühjahr wieder aufgrünen gesehn und ge-
wünscht, es möchte zur abwechselung einmal roth erschei-
nen. Göthe26, 212; wenn der himmel einen Fibel hätte wol-
len unter den Chinesen aufgrünen lassen. J. Paul Fibel si ;
unsere hofnungen grünen auf.
AUFGRUNZEN, grunnire: ein gewitter grunzt auf, brüllt,
dröhnt von weitem, ahd. aer grunzet fona ungewitere. Graff
4, 329, vgl. Hiob 37, 4 ; man hört die schweine aufgrunzen.
AUFGUCREN, aufschauen, nnl. opkijken.
AUFGUMPEN, catcilrare, exsilire.
lieber esel, leb im saus,
gump üf; liederbuch der Hälzl. s. 281, 159.
5. gumpen.
AUFGÜNEN, fehlerhafte Schreibung für aufgienen, aufgäh-
nen, aufsperren : das alles ungesettigt gleichsam nach der
warlieit noch aufgünt. Frank wellb. vorr. ; zanken auch aller-
meist mit denen, die auch etwas wollen sein und die gleich-
wo! umb die herschaft aufgünen {hianl ad regnum). 05'; ein
arm dürftig herz, das nach dieser gnade aufgün. Wernstreit
kriegbüchl. 15 ; günt auf, wie ein rapp nach gwin. 159.
Tobler 431' hat ein andres ufgöna, vom hund, männchen machen.
AUFGURTELN, nnl. opgordelcn, was das folgende.
AUFGÜRTEN, nnl. opgorden, in doppeltem sinn
1) succingere, höher gürten, das kleid aufgürten, aufschürzen.
2) discingere, den gurl oder gürtel lösen.
AUFGUSZ, tn. infusio, suffusio, sowol die Handlung des auf-
gieszens, als das aufgegossene: aufgusz von thee, von lindenblüte.
AUFGUSZTHIERCIIEN verdeutscht wan die infusionsthier-
chen, wie oß bei J. Paul zu lesen ist; bessern behclf hat das
franz. les infusoires, engl, infusorics. etwa aufgttsziinge?
AUFHABF^N, lertum esse, nnl. ophebben, auf dem köpf ha-
ben, gebildet wie anhaben un'ä abhaben : er hat gar nichts
auf, gehl unbedeckt; die frau hat heute ihre schönste liaiibe
auf; und sol den leinen hut auf haben. 3 Mos. 16,4; sie
giengen ein geisz an, die ein schleicr atif hat. Garg. 259';
dasz eine jede person, die einen hut aufliabe, auch reiten
müsse. E. von Kleist 2, 156; dasz mehr als 19 der besten
köpfe sich in den groszen breiten lorbeerkranz getheilet, den
ich allein aufliaben wollte. .1. Paul teuf pap. 1, xviii. tritt ein
casus zur praeposition, so hört aller anschein von Zusammen-
setzung auf: ich habe den iitit auf mir, auf dem haupt, wie
et heiszt: icii habe die pflicht auf mir, niemand sagt, ich
habe die pdirlit auf. doch gestattete sich Raiiener 2, 196. 249
eine aufliabeude pilicht, was klingt wie der aiifliabende hut,
die aufliabeude haube ; tri der Schweiz, einen bei aiifliaiien-
den eiden mahnen, erforilern. das kind hat heule viel auf
(zu lernen). Auszerdem für offen stehn: er iiatte den iniiiul
schon auf ihr das geheimnis zu erzählen. Lessinc. ; kein kauf-
inann hat mehr auf (den laden); sie dürfen sonntags nicht
mehr aufhaben, er hat was auf (dem dache), nnl. hij heeft
wat op, hat zu viel getrunken.
AUFHACKEN, effodere, nnl. ophakken : die vögel hacken
mit dem Schnabel die beeren, die körner auf, picken sie auf:
sie (die hidtner) hacken die körner
eilig auf. Zachariä 2, 18;
das eis mit der haue aufliacken; das pflaster in der festung
aufliacken. Kirchhof mil. disc. 42 ; die kartoffeln aufhacken, d'Je
erde an den kaufen auflockern, alles holz aufhacken.
AUFHÄKELN, solvere uncinos, das gehäkelte öfnen. nnl.
ophekelen.
AUFHAKEN, solvere uncos, das gehakte öfnen, nnl. ophaken.
AUFHALLEN, resonare, in die höhe schallen:
dumpf aufliallte der grund. Voss;
die geworfnen erdschoUen hallten auf.
AUFHALSEN, collo imponere: einem dienstbarkeit. Lo-
HENST. Arm. 1, 22 ; es reden die von euch uns aufgehalste no-
tlien. Cleop. 114, 392 ; um derentwillen er sich den tödlichen
hasz aller mollahs in der weit aufhalset. Wieland 8, 335 ;
wenn sie ihm noch mehr grade und geheimnisse auflialsen.
TiECK ^es. nov. 6, 36 ; hätte ich mir nicht kind und kegel auf-
gehalset, bei golt, ich zöge selber mit. J. Paul Tit. 4, 96. einen
auflialsen, auf den rücken nehmen: Arion ward von denen
ihn aufhalsenden delfmen errettet. Loiienst. i4rni. 1, 316.
AUFHALT, m. mora, remora, impedimentum : wiewol (Maxi-
milian) hat müssen der aufhalt sein bei seinem leben. Lo-
ther 3, 323 ;
die reiche Weichsel kan zur see ohn auflialt flieszen.
Opitz 1, 8;
an ihrem {der ohrtrommel) gewölbe die ßserchen,
sie, auflialt des gelöns,
dasz es sanft sich verliere. Klopst. 2, 93;
S. aber, Gambriv, das könnte uns ja sehr lang auflialten !
G. lasz du mich für die zeit des aufhalts sorgen. 10, 283.
in einer vortreflichen kürze mit auflialt der erwartung. Her-
der 20, 213 ; ohne weitern auflialt an unser geschäft gehen.
Fichte grundz. 3 in der reilkunst heiszen auflialt die bewc-
yungen des pferds vor dem stillstand, vgl. aufenthalt.
AUFHALTBAR, quod retineri potest: die kugel, der wurf,
das ausgesprochne wort sind nicht aufhaltbar.
AUFHALTEN, sustineve, detinere, relinere, nnl. ophouden.
1) die sinnlichste bedeutung ist in die höhe hallen, aufhe-
ben: der bettler hielt seine band auf, ein almosen zu em-
pfangen; halt deine schürze auf, mädchen, dasz ich dir kir-
schcn hinein werfe I halt auf den zippel von deinem rock
und empfang dieses ! pers. rosenlh. 1, 15. 8, 38 ; er war so
vom schlaf überwältigt, dasz er die äugen nicht länger auf
halten konnte ; das thor wurde, ihm zu gefallen, die nacht
über aufgehalten (aufgelassen).
2) daran schlieszt sich ein abslractes aufrecht erhalten, susti-
nere, erigere, consenare, behalten, bewahren, auferhallen, aufbe-
halten, aupieben: ein trosiprophet, der das volk sol Sterken und
auflialten, das sie nicht vei-zweiveln an Christus Zukunft. Lu-
ther 3, 220 ; gleichwie wir auch müssen die Christen mit got-
tes wort auflialten zum jüngsten tage, das.; damit ist nun
aufgehalten der glaub an Christum. 3,242'; denn in der zeit
der anfechtunge musz got selbs uns zusprechen und mit sei-
nem wort uns trösten und auflialten. 1, 82'; also kumpts
dasz das herz ein steten zorn zwischen im selbs crnert und
auflielt. Mei.anchth. l Cor. 10 ; gnädigster lierr, euer leib, seel,
ehre und gut wolle der allmächtige gütige golt cnädiglich
beschützen und bewahren und in gnaden lang auflialten.
Reüchi.in bei Melanchth. 1, 31 ; o wie lierlich, das si>lclie reiche
herrn, als Fugger und Medices, nicht allein stalllich buch
hallen, sondern auch herliche büchcr auflialten (aufltewahren).
Garg. 275'; willu es aber je brauchen, so scheide es mit gc-
dislillieiten essig, wirf das stinkende iiinweg, das reine aber
halte auf zur notturft. Wl-RTz;)r«c/ifa 449;
du selbs, mein gel, will mein eibjrul verwalten
und mich zugleich autliultcn und erlinllen.
WecKiiKRLiN 53;
der du allein was war, ist, wirt, verwaltest,
der du ohn aurenihali die ganze wkIi aufliallest. 317;
liebe, die uns aufli.ill, wenn wir sirauchcin.
(invpnii.'s 2, 159;
zu Nimes wird des groszen Rolands hörn aufgehalten. Piiil-
AN-n. 2, 329; köulest allerhand bilder auflialten und sie her-
iiacher zusaiiiiiieiibinden lassen. Si-ek tugendh. 70 ; soltii auf-
halten . . . und alsdan niin sie wider an die hand. 173 ; schrieb
661
AUFHALTEN — AUFHÄ5IMER.N
AUFHÄNGE — AUFHASCHUNG
662
und hielt es auf {hob es auf). tnUxnacht. 324 ; halte sie {die
ducaten) alle gegen den marquis auf. Kli^ger 1, 146. heute
sagt man erhalten, aufbewahren, aufheben.
3) aufhalten, zurückhalten, abhalten, morari, delinere: einen
in seinem laufe aufhalten; den flüchtling, den feind aufhalten;
halt auf!; sie konnte die thranen nicht länger aufhalten ; hallet
mich nicht auf, laszt mich, das ich zu meinem herrn ziehe.
1 Mos. 24, 56 ; wo du dich des wegerst und sie weiter
aufhellest. 2 Mos. 9, 2 ; und wie das wasscr in die erden ver-
schleift, das man nicht aufhelt. 2 Sam. 14, 14 ; und wenn sein
donner gehört wird, kann mans nicht auflialten. Hiob 37, 4 ;
er wolt sie vertilgen, wo nicht Mose den risz aufgehalten
hette. ps. 106,23; verflucht sei, der sein schwert aufhelt, das
nicht blut vergiesze. Jer. 48, 10 ; und das volk suchte in, und
kamen zu im, und hielten in auf. das er nicht von inen
gienge. Luc. 4, 42 ; damit ich aber dich mit meinem schrei-
ben nicht lang auflialt. Galmy 2S2; wir werden von euszer-
lichen dingen vom reich gotfes nur aufgehalten. Fra>k weltb.
von.; also dasz er auch eins edelinanns eheliche hausfrau
zur Unzucht aufliielle (bei sich zurückhielt). Fischabt bienenk.
213'; ich süff jelz das meer aus, wann mir die wasser auf-
hieltest, die drin laufen. Garg. 94'; das hält zu lang auf;
haU mich nicht fragend auf. Grtphius 1, 164;
er geht, Claudine, geht, du hältst ihn nicht?
wer gäbe mir das recht ihn aufzuhallen ?
GöTHE 10, 206.
4V aufhalten, unterftnlten : märlcin, damit man die kinder
aufhält. Simpl. 1, 492. hierher könnte auch die eben unter 3
aus bienenkorb 213* angeßhrle stelle passen, früher auch,
einen aufhallen, unterhalten, beherbergen, sich aufhallen, sich
unterhalten: absonderlich wusle er [der gaslwirt) sich in ge-
sprächen mit jedennan sehr annehmlich aufzuhalten. Cur.
Weise erzn. 8.
5) da sich unterhalten, s'entretenir übergeht in se divertir,
sich lustig machen, so scheint hieraus die unsrer alten spräche
noch fremde, heute sehr gewöhnliche bedeutung des sich auf-
hallens = spo//en5 abzuleiten, teer sich über einen, über et-
was aufhält, zieht los, spöttelt, macht sich lustig darüber: er
hält sich über "alles auf; wer hat sich darüber aufzuhallen?;
I'lularch sagt^uns, dasz nur die ältesten und cmsthafteslen
Athener sieh darüber aufgehallen. Wielajsd 2, 236 ; freunde,
die sich nur desto leiciilfertiger über ihn aufhallen, je mehr
er sich mühe gegeben hat sie zu bewirten. Götde 19, 146 ;
indesz sich dieses (das publicum) über ihre entschiedene licb-
haberei gelegentlich aufliielt. 10, 1S8. '
0) sonst bedeutet sich aufhalten ganz gewöhnlich auch mo-
rari, wohnen, verweilen, seinen aufenthalt nehnten: seil einem
jähr hält er sich in Leipzig auf; will sich nur noch einen
monat hier aufhallen; jetzt kann sie nicht bleiben,' bei der
rückreise aber wird sie sich noch eine stunde unter uns auf-
hallen können, divertere aber im sinne von paulisper com-
morari würde nochmals auf it. dirertire divertirse, sich lustig
macheti bringen.
',) ganz fremd aber ist unserer spräche ein intransitives auf-
halten, deaiuere, welches der unter 3 entfalteten Iransilivbe-
deutung zunächst läge. nnl. ophouden, schw. uphälla, ddn.
opliulde = aupiören, cessare: nnl. de donder houdt op, der
donnei- hört auf; de boomen bebhen opgehouden met bloeijen,
die bäume haben zu blüJten aufgehört; die langdurige oorlug
hield op, der langwierige krieg hörte auf; so lange de aerde
slaet, en sal niet ophouden saeijen ende inoogsten, vorsl
ende hille, somer ende winter, dach ende nacht. 1 Mos. 8, 22
(ed. betfl i.^S2.) ophouden = aufgehallen werden, mit Über-
gang der aclirrn in die passive bedeutung.
AL'FHALTEU, m. susceptor, Unterhalter: die kelzer aus allen
deudschen landen zu jagen und vertreiben, bei den aller-
schwersien penrn wider ire beherberger, aufhalter, oder die
sie nicht vertreiben. Llther 1, 257*. aulhaller heiszt auch der
breite rieme am hinterqeschirr der pferde, oder an der deichsei.
AlTHÄLTLICH, aufhaltend: ein aufhältliches geschäft.
AIFIIAI-TSAM, was aufliallbar.
ALFHALTRI.NG, m. der eisenring am brustblatt des pferdes,
durch welchen der aufhaller fest wird.
AUFHALTUNG, f. nach den verschiednen bedeutungen des
audiaitens.
AUFHAMMERN, malleo apertre, mit hammersehldgen Ofnen:
nüsse auniäinmern. dann aber auch ßr anh3nimcm, die nSgcl
der fahne aufhämmern, accudere.
AUFHÄNGE, f. tuchtcalkem ein rahmen zum aufhängen des
tuehs.
AUFHÄNGEBAND, n. ligamentum Suspensorium, in der ana-
tomie, z. b. aufhängeband der leber.
AUFHANGEN, nnl. ophangen, verhält sich zu aufhängen
trte abhangen und anhangen zu abhängen, anhängen.
1) intransitiv, suspcnsum esse:
mein leib so dürr, dasz auch ein jedes bein
kaa sichtbar und gezählei seiu,
aufhanget ausgedöhnet. Weckheri. 91;
die ende, in fruchtschnüren und biumenbändem aufgehangen.
J. Paul Hesp. 2, 247 ; die gesetze der in der Vernunft des men-
schen aufgehangenen tafeln. Kli^iger 6, 30S, wieirol diese par-
ticipia auch aus der transitivbedeutung folgen.
2) transitiv, suspendere: hieben inen hende und füsze abe,
und hiengen sie auf am teich zu Hebron. 2 Sam. 4, 12; die
ire Schild und heim in dir aufhiengen. Ez. 27,10;
die liebe winkte, schnell entsagtest du dem rühme,
und hiengst den lorberkranz im heiligthume
der musen lächelnd auf. Götter 1, 1S9;
gebettelt, alter kriegesmann \
wo nicht* dich aufgehangen. Gökince 3, 128;
er wird auf jedem Jahrmarkt prangen,
wird in wirtsituben aufgehangen. Göthe 2, 221 ;
die Pariser hiengen mir einen schoszhund auf. J. Paul pa-
ling. 2, 65.
AUFHÄNGE?^, ungleich häufiger als das vorausgehende,
1) intransitiv: der dieb hängt schon auf; das tuch mnsz
gleich aufhängen.
2) transitiv, suspendere: und soll das tuch in der thür der
wonung aufhengen. 2iVos. 40, 5; samleten wachleln und hen-
geten sie auf umb das lager her. 4 Mos. 11, 32; gebet uns
sieben raenner aus seinem hause, das wir sie aufhengen dem
herrn. 2 Sam. 21, 6 ; und Judith hcngele auf im tempel alle
Waffen Holofernis. Jud. 16, 22; hengelen die vorhenge auf.
1 Macc. 4, 51; und liesz beide köpf und band zu Jerusalem
aufhengen. 7, 47 ; und die band gegen dem tempel über auf-
hengen. 2 Macc. 15, 33 ; fegt die kleidcr aus, hengt die hosen
auf. Garg. 73'.
Wir sagen, den mantcl, hut aufhangen, an die wand hän-
gen ; die wasche zum trocknen aufliängen ; das fleisch auf-
hängen, in den rauch; kifmze, blumen aufhängen, an, über
die thür; bilder aufhängen; auch ist das mein erstes thier-
slück von belang, das ich in die gänge dieses werks aufhänge
und festmache. J. Paci. flcgelj. 1, S6 ; einem einen orden auf-
hängen, umhängen, überhängen. Götter 3, 345.
Der dal. bei aufhängen pflegt aber zu stehn, wenn etwas
schlimmes, unrechtes oder eine aufgeladene, an den hals ge-
hängte last gemeint wird: was für beweggründe konnte er wol
haben, dem ehrlichen Paul ein so unsinniges märchen aufzu-
hängen {aufzuheften)? \Vieu\>d 30, 244; Vermutungen dem leser
aufhängen. Lessing 3, 6 ; du hast ihm die Inge aufgehängt ;
ehe ich mir eine gelehrte (frau) aufhängen liesz. Lessimg 1,
233; soll ich meinem söhne ein armes mädchen aufliängen?
1, 277; das war ein angelegter plan, um sie dem allen kcrl
aufzuhängen. Tiecr 12,215; wozu mir eine solche plage auf-
hängen I
AUFH.\NSELN , in dem eben entwickelten begrtffe des auf-
bängens: der dir eine friicht, wer weisz wessen? aufliänseln
will? Herder 18, 149. sonst ist hänseln, einen womit aufzie-
hen, zum besten haben.
AI'FH.XRKEN, rastro congerere, effodere, nnl. opharken :
misl aufliarken, den boden aufliarken, lockern.
AÜFHARTEN, mollire. die härte benehmen, gilt ßr stahl-
arbeit: durch glühen auniärlen, die härte lösen.
AUFHASCHEN, raplim tenere, arripere, das fallende, lau-
fende, fliegende erhaschen : einen sciimetlerling mit der band
aufhaschen ; der vogel hascht im schnabel eine mUcke auf.
abstracl, seine phantasie haschte andere Vorstellungen auf.
Klimceb 5,60; wir finden in kleislen» gedichlen von solchen
einzelnen, glücklich aufgehaschten, obgleich nicht immer glück-
lich verarbeileten bildem gar manches, was uns freundlich an
die naiur erinnert. Götiie 25, 101 ; sie wurden ein wenig eilig
so durch die bank aufgehascht. Tikck 10, 242.
AUFHASCHEN, «. wie »ir da das erste glückliche aufha-
schen der begeisterten seele des idealischen künstiei« be
lauschten. Ki.imger lO, 12.-
AUFHASCHUNG, f. aufhaschung zufälliger Wahrnehmungen.
Kamt 10, 54.
42*
663
AUFHASPELN — AUFHEBEN
AUFHEBEN
664
- AUFHASPELN, aijylomerare, nnl. opliaspelen, auf den haspcl
brinyen, winden; auch zu ende haspeln, alles garn aufhaspeln,
sich aufhaspeln, wie sich aufwinden, mühsam vom bodcn auf-
stehn, aus einer krankheil erholen.
AUFHASPLER, m. prodigus: iness und marklbesucher,
liochzcitschiffer, aufhaspler, gulverlämmerer. Garg. 17'.
AUFHATZ, «i. irrilatio:
der aufliatz hnt die scbel
auf unsern köpf geschärft. Lohenst. Ibrah. bassa 37, 297.
s. aufhetzen.
ALFllAUCHEN, leniler efßare, sufflarc:
wie rosen hliihen sie {die wangen),
von fi'ühlingsodem aul'gehauclit. Uurckr 18';
und der püsiernde balg hauchet die flammen auf. Voss.
ALFHAUEN, cacdcndo, fericndo aperire, nnl. ophouwen:
thor, tiiür niil der axt aufiiaucn ; etliche hieben die thür auf,
das der ganze häuf hinein konle. 2 Macc. 10, 37 ; wagen auf-
hauen, straszenraub treiben. Kirch«, tcendunm. 299. Uhland 356;
dein wegen (currus) wurden aulgeliawen. H. Sachs I, 267'';
kein waar {merx) wurd mir nie aufgeiiawen. I, 441';
seit mir mein wahr (merx) wurt aufgchawen,
lial) icli verlorn glauben und trawen. III. 3, 11';
lasz mich die kisl aufhawen. UnLA?iD736;
alle kisfen wurden aufgehauen und geplündert; mit einem
Schwertstreich die hirnschale aufiiaucn. den zimmerleuten
heiszl ein haus oder gebäude aufliauen es in die höhe arbei-
ten, aufzimmern: der newlich hat ein haus helfen aufliawen.
Luther 8, 129". den fleischern, einen ochsen aufliauen, mit
dem beil tödlen. den schlossern, ein loch aufhauen, mit durch-
schlag einhauen, das blech aufliauen, figuren darauf einbauen,
forslmännisch, die Windbrüche im walde aufliauen, die gebroch-
nen äste zu brennholz hauen, in der arlillcrie, aufhauen, die
kanone mit der lunte abbrennen.
AUFHAL'ER, m. den schmieden ein meiszel zum eisenspalten.
AUFHÄUFELN, cumulos facere, circumfodere : die kartoffeln
aufliüufeln ; frisch aufgehaufeite artischockenländer. Götiie 27,
223.
AUFHÄUFEN, acervarc, nnl. ophoopen: erde, getraide,
körn, fruchte aufhäufen, zusammenschütten; aufgehäuft voll,
geld, reichlhümer, verbrechen aufliäufen.
AUFHAUS, n. domus superna, längst ausgestorben, folgt aus
dem verschiedentlich vorkommenden Ortsnamen Aufliausen, Of-
hausen.
AUFHEBEN, elevare, tollere, nnl. opheCfen. was die form
angeht, so sagte man früher im praet. aufhub, jetzt aufhob,
und noch Götiie schwankt zwischen beiden, nnl. gilt ophief.
im part. praet. wurde das alte aufgehaben allmälich verdrängt
von aufgehoben, Wiei.and brauchte bald eins, bald das andere.
Mess. 4, IGO schrieb Klüpstock 1751 mit aufgehabenen armen,
1760 und 1780 mit aufgehabcnem arme, zuletzt aber mit hoch-
erhobenem arme, statt aufgehaben brauchten mehrere schwa-
ches aufgebebt : aufgebebt und abgelhan. landfr. von 1521 §. 1
und oß Luther, z. b. : ist damit sein keiserlich öberkeit nicht
aufgehebcf. 6, 2'; Agricüi..\ 62"; von späteren Spee im tugendb.
99. HouuERG 1, 570', vgl. mhd. gehebet, behebet (Ben. 1, 043.
G44. G4ö).
Bedeutungen.
1) aufheben, in die höhe heben, erigerc, elevare: da hub
Lot seine äugen auf und besähe. 1 Mos. 13, 10 ; heb deine
äugen auf und sihc. 13, 14 ; und als er seine äugen aufliub
und sähe. 18, 2; am dritten tage hub Abraham seine äugen
auf und sähe. 22, 4 ; Jacob hub seine äugen auf und sähe.
33, 1 ; Esau hub seine äugen auf und sähe. 33, 5 ; seine ver-
dunkelten äugen fielen schmerzhaft vom himmel herab auf
Klotildens ihre, die aufgehoben seinen gegenüber standen.
J. Paul Ilesp. 3, 86;
f;anz Eilrich stand um ihn hemm,
lob vor crsiauncn bis zur slirnc
die augenwimpcrn aur. Gökiihgk 2, 05.
denn du wirst dein andlilz zu gott auflieben. Iliob 22, 2r> ; der-
halbcn er mit begirigen herzen einen Irunk Ihel mit anlge-
hebtein angesicht. Luther 3, 418 ; b"b die idickc gen liiiuinel
auf; sehet auf und hi-liet eure hcupter auf. Luc. 21, 2S; und
Aaron hub seine band auf zum volk. 3Mos. 9, 22; und Mose
lilib seine band auf und sciilug den fels. 4 Mos. 20, 11 ; mit
aufgehabnen iiiindcn. pers. rosenlh. 1,20; sie hob ihren finger
auf und drohte ;
und wer mir train'cn hellen will,
der heb ein ilnger auf. Uulamo06;
mit aufgehabnem aim. Gökingk 1, 226 ; da hub Jacob seine
füsze auf und gieng in das land. l Mos. 29, 1 ; der adler
hob seine flügel auf und schwang sich in die luft ; der
Sturmwind hebt den groszen flügel auf. J. Paul Hesp. 2, 247 ;
der löwe hob seinen schweif zürnend und schlug an den
boden; das pferd hob seinen huf auf und schlug aus; in den
meisten dieser beispiele leitet das auflieben die folgende eigent-
liche bandlung episch ein: er hob die äugen auf und sah,
hob die band auf und schlug, hob die beine auf und gieng
drücken das nackte aus er sah, schlug, gieng.
2) einen liegenden, knienden auflieben, vom boden in die
arme nehmen: und sie hüben Asahel auf und begruben in.
2 Sam. 2, 32 ; hüben in auf und begruben in. rieht. IC, 31 ;
sie drückte seine band, aber sie hob ihn nicht auf. Göthe
17, 139; sie hub ihn auf und ergrif seinen arm. 17, 140; er
hob sie auf und sie fiel auf seinen schosz. 18, 228; mein
kind, rief er aus, indem er sie aufliob und fest umarmte,
mein kind, was ist dir? das. ein kind aufheben, zur taufe
halten: secht, das ihrs hoch genug aufhebt, das es auch hoch
wachs! hebts ihr lieben patenl Garg. lio'; das kind bei den
oren auflieben und Rom zeigen. 68*. einen auflieben, auf
das pferd. mhd. Ben. 1, 643. es {das öl) hebt auch die leut
in fallendem siechtumb auf (relevat). Paracelsus 1, 693'. sich
auflieben, sich erheben, aufstehn: endlich hub er sich wieder
auf {aus dem gras) und gieng nach haus. Millers Sicgw. 2, 315
3) geräth auflieben, in die höhe heben, voraus glas, becher,
was aber wegbleiben kann, schon im mhd. weinschwelg heiszls
wiederholt {vgl. Ben. 1, 644')
dö liuob er üf unde tranc;
er hub auf und trank. Uhland 578. Forruna/i« k 7', wiederum der
epische ausdruck statt des prosaischen er trank, dichterisch aber ist
es, bei verstandnem trinken, blosz zu sagen: er hub auf; lasz
uns frölich leben, umbhin geben, oft auflieben, von den reben.
Garg. 96'; du hebst zu hoch auf, die band verstell dir die
nas. 100'. auch war derselbige Friederich grosz und stark,
also dasz er ein ohm weins aufliub und trank aus dem pon-
ten (spuntloch). Limb, chron. §. 86. teller aufheben, wir sagen
heute abnehmen, wechseln, bei der maUlzeit; ein alles Sprich-
wort lautet: heb einen teller auf und zubrich eine schüssel.
Luther 4,443'. mit löfleln auflieben, vom teller essen;
man hets mit lolFeln aufgehaben. fastn. sp. 385, 8,
man Hätte das ausgespieene mit löffeln aufnehmen können. Ua
man vor allers an kleinen tischen speiste, die nach geendetem
mahl bei seile gestellt wurden, so entsprang die redensart den
tisch, die tische bebCn (Ben. 1, 643), auflieben = das mahl
schlieszen, vom mahl aufstehn; als nun das mahl sich ganz
geendet halle, die tisch aufgehaben wurden. Galmij 60. das
blieb auch später, als an schweren, unaufgehobenen tafeln ge-
speist wurde:- die tafcl auflieben; nach aufgehobner tafel.
Götiie 31, 235. das klingt vornehm, der gemeine mann iszl
auf festen tischen; noch unpassender scheint: das mahl, die
mahizeit auflieben, wenn mans nicht vom wegnehmen der spei-
sen und des tischgeräthes verstehn will. Moser sagt sogar ein-
mal: die von einer schweren mahizeit aufgehobene {sich er-
hebende?) freifrau. venu. sehr. 1, 85. richtig aber heiszl es,
die aufgehobnen, abgenommnen speisen, gerichte, brosamen ;
was vom tisch wird aufgebebt. Agp.icola spr. 62'.
4) kleider und gewand auflieben, entdecken, delegere: den
Vorhang auflieben; er hub den Schleier auf. Göthe 20, 255;
ich hub den untern teppich auf. 18, 20; frauen, über die
strasze gebend, heben den ruck auf, um ihn nicht zu bestäu-
ben, zugleich schöne füsze blicken zu lassen ; mhd.
diu magci liuop üf ir wät,
sie gieiic über den liol' in ein schfpne kcmcnät.
MoroU 2294 ;
dö hob diu maget wolgeiän
ir wäi lossam
vnsic an diu knie,
sine gedahie der zubt nie,
vrouwelicbcr ganpo sie vergaj,
wie scbicic sie über den hof peloiifen was!
iJo//icr20St,
die eilende botin wird getadelt, dasz sie zu hoch aufgehoben
hatte, zierliches auflieben war geboten:
ach edle zarle schöne fiau,
wie bebt ihr euch auf so genau I Atrer 458*.
von männern sagte man für aufgürlen wiederum auflieben :
gleich wie man auf deudsch pflegt zu sagen 'du inüslest dich
hoch auflieben^ das du soltcsl ciacni schalk entlaufen'. Lü-
665
AUFHEBEN
AUFHEBEN
666
THER 5, 523", bei schnetlem lauf galt es sich hoch :u gürten,
damit das geteand nicht an die ßsze schlüge, die zelte auf-
heben, das lager, die belagerung.
5) steine aufheben, vieder mU folgendem und werfen: da
buhen sie steine auf, das sie auf in würfen (golh. neraun
stainans, ei vaurpeina ana ina). Joh. 8, 59 ; da hüben die Juden
abermal steine auf, das sie in steinigten (nemun aftra stai- |
nans. ei vaurpeina ana ina). 10, 31 ; hebt auf aus dem Jordan j
zwelf steine. Jos. 4, 3 ; hat er den stein aufgehaben, pers. ro- ]
senth. 1, 24 ; entschlosz man sich, das pflaster aufzuheben ;
(aufzubrechen) und eine sanfte ab- und auffahrt zu veranstal-
ten. GÜTHE24, 305; hüben die böden auf. Garg. 202', brachen
sie auf erde vom boden aufheben und über einen streuen;
die asche des brandopfers aufheben und neben den altar
schütten. 3 Mos. 6, 10.
6) Stab, spiesz, schwert auflieben: hub den stab auf und
schlug ins wasser. 2 Mos. 7, 20 ; du aber heb deinen stab auf.
14, 16; er wird seinen stab wider dich aufheben. Es. 10, 24;
er hub seinen spiesz auf und schlug dreihundert. 2 Sam. 23,
18. 1 chron. 12. 11; und bette mich dein volk nicht veracht,
so helle ich nie keinen spiesz aufgehoben wnder sie. Jud. 11, 2 ;
denn es wird kein volk \\ider das ander ein schwert aufhe-
ben. Es. 2, 4. Micha 4, 3. dann mit weggelassenem acc. auf-
beben und schlagen, er hub auf und schlug, und uiederum
ein fechlerausdruck, aus dem sich unser viel aufhebens machen
deutet {s. das subst. aufheben).
7) sich aufheben, ron wasser, fluf. meer, wölke, nebel, wind
bedeutet aufsteigen, aufschwellen, sich erheben: und wurde
sich das mör dermaszen aufheben und geschwellen, das uns
bcdaucht, wir schiften oben an den himmel. Fra.nk tce/(6. 218' ;
hoch zu bergen aufgehoben
schwillt das meer, die brandung bricbl.
ScaiLLER 60';
wenn die wölke sich aufhub, so zogen die kinder Israel.
2 Mos. 40, 36 ; und nachdem sich die wölke aufliub von der
hütten, so zogen die kinder Israel. 4 Mos. 9, 17. ebenso der
teig, das brot hebt sich auf, geht auf und transitiv : der wind
bebt den nebel auf, die befe (wörtlich die hebende) hebt den
teig auf.
8) in rieten fällen wird das aufheben gedacht als ein davon
tragen (/^rons. empörter), behalten; wie der vogel aufpickt, aiyf-
hascht, der hund auffängt, hebt der ßndende den apfel, das
geld vom boden auf und trägt es mit sich, in diesem sinne
heisit es, den flüchtling nachts im bette aufheben, einen feind-
lichen posten, eine diebsbande überfallen und aufheben ; einen
verdächtigen abenteurcr auflieben und verhaften ; aufheben und
auf die festung setzen lassen. Tiecr ges. nov. 3, 150. abstracl
aber, spott oder undank aufheben, davon tragen, wo man lob
oder dank erwartete:
ir wert wo! sehen, was Tür spott
mit der bochzeit ir werdt aufheben.
ScuiELZL hochz. II';
und werdt aufheben groszen spot. Sau{ 12*;
der wird wenig dank auflieben. Simpl. 1, 332.
9) noch häufiger ist die abstraction des aufliebens, wegnelt-
mens, tilgens und abschaffens : ich werde ir gedechtnis auf-
heben unter den menschen. 5 Mos. 32, 26; der du vormals
hast aufgehaben alle deinen zom. ps. 85, 4 ; er wird aufheben
die Schmach seines volks. Es. 25, 8 ; und ich nara meinen
Stab sanft, und zuhrach in, das ich aufliübe meinen bund,
den icU. mit allen Völkern gemacht hatte. Zach. 11, 10; das
alle andere gesetz sollen aufgehaben und allein des herrn
gehalten sol werden. 2 Macc. 2, 23 ; das testamcnt wird nicht
aufgehaben. Co/. .3, 17; da hebet er das erste auf, das er das
ander einsetze. Hebr. 10, 9; es ist sehr gut und nütz, das
gütt so mit Jerusalem umbgangen, der Juden regiment zu-
risscn, Mosen aufgehaben und sie verstöret bat, das sie nim-
mermehr wider aufkommen werden. LurnEH 5, 130'; jr habt
goltes gebot aufgehaben durch ewre eigen aufsetze. 0, 2'';
so ists gewis, das im solchs wolgefellel, das die sün<l und
lod sollen aufgehaben werden. C, 2J2'; der überig geruch ist
gleich verdrieszlich und ungesund, den sie mit eim leimrauch
und angezintcn (angezündeten) bocksbart auflieben. Frank weltb.
187'; Antiochus hat das gesatz aufgebebt. Heiszxer Jer. 1, 22' ;
das er gar wol verdienet, ime das handwerk ganz und gar
aufzuheben. Ayrer /iroc. 1,9; unter denen da einer liebet und
der ander geliebel «ird, wird der namc hcrr und dicner auf-
gehaben, pers. rosenth. 5, 1 ;
wer viel geld hat wegzuleihen
musz der freundschall sich verzeihen,
dann der tag zum wiedergeben
pflegt die freundschafl aufzuheben. Logid 1,7,34:
die liebe süsze Ordnung meiner tage und stunden ist ganz
aufgehoben. Göthe an fr. r. St. 2, 176 ; wie kinder ohne hasz
geboren werden, wie das glück der ersten jähre darin besteht,
dasz in ihnen mehr die neigung als die abneigung herscbt :
so sollte ich auch bei meinem Wiedereintritt ins leben dieses
glucks theilhaft werden, mit aufgehobnem Widerwillen eine
neue bahn anzutreten. Göthe an Reichardt; der gänzliche
müsziggang behagt mir nicht recht und doch würd es mir
schwer werden ihn aufzuheben. Tieck 6, 69 ; eine Universität
wird aufgehoben, ein gesetz für aufgehoben erklärt; aufge-
schoben ist nicht aufgehoben, dem philosophischen Sprach-
gebrauch geht das aufheben über in remeinen, wie das setzen
ein bejahen ist: die bewegung eines körpers hebt die des
andern auf. Ka!«? 1, 6t ; die aufhebende form der Verknüpfung
{modus lollens). 1, 437.
10) mit einem aufheben heiszt ein bisher lu ihm bestandnes
Verhältnis brechen, lösen, was wol auf eine alle exfestucation
und ein auflieben des hairas zurückgeht: also dasz sich sein
Schreiber der nutzung des gutes anmaszte, mit den gärtnern
aufhob, und das gelraide in seine Verwahrung nahm. Schwei-
mchen 2, 146; er gab mir vollmacht, diese sache mit dem
marchese abzuthun und dann sogleich mit dem wucfaerer auf-
zuheben. Schiller 744;
denn damals, sire, als ich auf immer mit
der kröne aufgehoben {gebrochen hatte). 277.
gleich aufheben mit einem {gleiche halme?) meint aber, wenn
beide Ihcile fahren lassen, auf eine linie zu stehn kommen:
ja du wirst fro werden, das du gleich (das gleiche) mit dem
andern aufhebest. Luther 5, 430*;
ihr bruder, der ein auior war,
sah sie am Spiegel stehn und schmälte,
herr autor, sprach sie, der ihr seid,
hebt mit mir auf! denn sich gern selber lesen
und gern im spiegel sehn, ist beides eitelkeit.
Geliert 1, 211.
man kann auch die exfestucation aus dem spiel lassen und
nach dem bloszen abrechnen deuten: zehn gegen zehn hebt
sich auf; sie haben auf meine Unkosten gelacht, ich lache
jetzt auf die ihrigen, und so heben wir gegen einander auf.
Schiller 654; sieh nur, eins hebt sich mit dem andern auf.
Armk schaub. 1, 39 ; eins hebt das andere auf.
gctheilter schmerz ist halber nicht,
aufheben sich geiliuilte quälen,
als wie sich aufhebt ein gewicht,
das man rertheilt in beide schalen. RCcccrt 5, 75.
11) einem etwas aufheben bedeutete auch vorwerfen, zum
Vorwurf machen, relevare, exprobrare, wobei wieder ein symbol
anzuschlagen wäre: Joseph dorft in nit anschauen noch an-
sprechen oder im das verwiszen oder ufheben. Keisersb. post.
1. 2 ; du und .Murnar mit vielen andern aufbebt mir fast (reibt
mir unter die nase, haltet mir vor), das ich der geistlichen
laster allein rüre, und schweige des adels und der weltlichen
gewall slreOich lasier. Luther l, 389* (gegen bock Emscr) ; die
schand, die sie im anihub und verweisz. seh. und ernst 30;
einem seine lüge aufheben. H. Sachs I, 542; si hüben im sein
ladel an scel und leib auf. Aventin cAr. 191; unser keiner
dem andern viel aufzuheben halte, weil wir allzumal gemachte
tropfen gewesen. A.ndreae chym. hochz. 1, 8. vielleicht dachte
man auch dabei an ein aufheben des deckeis vom topf, da
wir heute in gleichem sinn sagen: einem seinen topf, seio
töpfchen aufdecken.
121 auflieben == erheben, geld, zins, abgaben: vrie etliche
geizige blasen thun, die auf benante tage zinse aufheben und
frisch widerumb dasselb auch auf zinse treiben. Llther 1, 195* ;
es hat je der bapsl solch grosze guter nicht kauft, das er
von seinen officiis mag aufheben bei zehnhunderl tausent du-
caten. 1, 29S'; die edelleut mit der geistlichen zehend und
pfründen oder vil mehr mit deren einkumraen und aufheben
zu begaben. Frank weltb. 36*; aus dem tempel Saturni ma-
chet er gemeine Schatzkammer alles aufliebens der statt. 76*;
der papst zu Rom pflag alle jähr bei hundert tausend duca-
ten danon (rom häuschen Loreto) aufzuheben, btenenk. 182 .
Wie hier aufheben = erheben, sagte man chmals auch die
stimme aufheben, erheben: und sie .salzte sich gegenüber und
hub ire stimme auf und weinet, l Mos. 21, 16; und hub auf
seine stimme und weinet. 27, 38 ; hub das volk seine stimme
667
AUFHEBEN
AUFHEBER —AUFHELFEN
668
auf und weineten. rieht. 2, 4; und hub auf seine stim, rief
und sprach zu inen. 9, 7 ; da hüben sie ire stimme auf und
weineten. Ruik 1, 0 ; und hüben auf ire stimme und weineten.
Hiob 2, 12 ; Petrus hub auf seine stimme und redete zu ihnen.
apost. yesch. 2, 14.
13) entgegengesetzt der neunten bedeutung, dem wegnehmen
scheint die des aufhebcns, bewahrens, behaltens ; beide aber
kann die achte vermitteln, das wegnehmen ist der erste, das
behalten der zweite acl einer zusammenhängenden handlung.
sage Eleasar das er die pfannen aufhebe aus dem brand (um
den allar damit zu behängen). 4 Mos. 10, 37 ; und sie aszen
alle und wurden satt, und hüben auf was übrig bleib von
brocken, zwelf korbe voll. Malth. 14, 20; wie viel körbe ihr
da aufhubt. Mallh. 16, 9 ; und sie hüben auf die brocken zwelf
körbe voll. Marc. 6, 43; und wurden aufgehaben, das ihnen
überbleib von brocken, zwelf körbe (goth. jah ushafan varj)
jialei aflifpoda im gabrukö, tainjöns tvalif). Luc. 9, 17. in allen
diesen steilen ist noch mehr das aufnehmen, erheben bezeich-
net als das aufbehalten, was schadet es, ob alle creaturen
mir die sünde aufliübcn und behielten. Luther 1,40'; ich hab
aber noch ein buchlin doct. Martini bei mir, das ist etliche
jare für der bawrischen ufrhur ausgangen, das heb ich son-
derlich uf von diser lügen wegen. Alderus wider Jörg Witzeln
AS'; 0 ihre gnaden, sie könnte in dem schosze der Seligkeit
nicht aufgehobner sein. Lessi.ng 2, 156 ; meine tochter wird
bei ihm so gut aufgehoben sein, als bei mir selber. Gellert
3,191;
mein schwesierlein klein
hub aur die bein
an einem kühlen ort. Göthb 12, 237;
hier steht meine ganze bibliothck, es sind eher bücher, die
ich nicht wegwerfe, als die ich aufliebe. 20,66; die Vermäh-
lung bleibt gelegeneren tagen aufgehoben. Schiller 215.
Vor einem auflicbcn, behalten, sichern: man kann vor kei-
nem dieb aufheben. Acricola27';
ein dieb ist dennoch besser mehr,
vor welchem man auflieben mag. H. Sachs 1, 303'.
14) aufheben für auffangen, aufhalten, inlercipere: Pontus
hub den streich auf und cmplieng ihn in sein schild. Pontus 22.
15) bergmännisch, den Stollen auflieben, den verschütteten
wieder vfnen. gerichtlich, aufheben = die leiche auflieben.
landwirtschaftlich, aulheben, das ausgedroschene getraide von
der tenne heben, tnessen und aufspeichern, wir haben heute
aufgehoben kann in einer dieser drei bedeutungen gesagt sein.
AUFHEBEN, ji. denkbar in allen entfalteten lagen des auf-
bebens, hauptsächlich aber in folgenden :
1) aufheben der äugen, bände, des Steins.
2) aufbeben des tisches, der tafel, abdecken:
als nun das mal volcndet was,
bei das münclilein das gracias,
pirganisclicl ihei aufhebcns warien.
H. Sachs I, 426'.
3) auflieben, ertrag, einkunft von geld: daraus der künig
Ton Portugal ein grosz auflieben hat an gold und öl. Frank
wellb. 8" ; die obrigkeit im Pinzgaw und Pangaw behielten die
fürsten von Baiern, das auflieben reichet man s. Ruprecht gen
Salzburg. Avemix chron. 146. 307.
4) auflieben, praeludium, ein fechterausdruck, der schon bei
aufgehebe erklärt wurde, das gefccht begann mit Vorspiel:
nu heb ichj hie mit schirmsiegen. MS. 2, 1*;
nun aber zu discm meinem schulrecht hab ich euch für mein
a u f h e b e n zum richtcr und grieszwertel erweit. Frank sprichw.
vorr.i'; ein aufheben thun oder das erst schulrecht tliun.
1, l'; man tregt ihn zwei fechtschw erder entgegen, Bechting
nimmt eins, macht ein aufbeben ts, gibt dem jungen auch
eins, thun ein gang zusammen. Ayrer 201*; und wider zu
seiner kreuzstangen, mit der macht er ein aufliebens und
salzt sich wider zu pferd. Garg. 253*. Stieler 806 erklärt
noch richtig : in arte pugillatoria est colligere arma cum cere-
moniis (juibusdain, quod dicunt ein aufliebens machen, spä-
tere nehmen es blnsz für prahlen und rühmen, nur bei Lessing
blickt noch der alle sinn durch: von einem gewonnenen pro-
cesse viel aufliebens machen. KAnENER 2. 272 ; Dolce, in sei-
nem gcspräche von der inahlerei, läszt den Arelino von den
angeführten stanzen des Arinst ein aiiszerordentliches auflie-
ben machen. Lessing 6, 494 ; endlich scheini-t der lierr liaiipt-
paslor Göze, nach so langem ärgerlichen auflieben, welches
nur bei der schlechtesten art von klopffechtern im gebrauch
ist, zur klinge kommen und bei der klinge bleiben zu wollen.
10, 239 ; kein wunder, dasz diese leute so viel eifer für ihre
maske zeigen, immer so viel aufhebcns und prahlens davon
machen. Wieland 8, 111.
AUFHEBER, m. allevalor, abrogator : und dann hebe es
(das bein, den knochen) auf mit cim. auflieber und zeube
es heraus mit den fingern. Braunschweig chir. 43; also ist
Christus ein end und anfang des gesetzs, ein aufheber und
anricblcr. Frank wellb. 124"; vermischt mit jüdischen träumen
von einem söhne Davids und einem auflieber eines alten bun-
des und einem abschlieszer eines neuen. Fichte anw. zum sei.
leben 169.
AUFHEBSCHÜSSEL,Y. manigfaUen hausrat aufzählend nennt
H. Sachs 1, 440° auch : ein aufliebschüssel, ein zerlegdeller.
AUFHEBUNG, f mehrdeutig,
1) elevatio: das wesen und natur des gebets sei nicht an-
ders denn ein aufhebung des gemüts oder herzen zu gott.
Luther 1, 69'.
2) erhebung des geldcs : die zehen Vorsteher sollen mit gan-
zem vleisz alle zinse, aufhebunge, einkomen und schulde,
beide standbaftige und zufellige manen und in gemeinen kästen
einbringen. Luther 2, 263*.
3) hcbung, Steigerung: dasz gewerb aufbebung und nahrung
haben, reichsabsch. 1518 §. 3.
4) aufliebung, abschaffung: aufhebung der .lesuiten, der
priesterehlosigkeit.
5) aufliebung, Verneinung.' Kant 6, 33.
AUFHEFTELN, difßbulare: die schnüre, bänder aufheftein.
Maaler 33' schreibt auflieftlen reßbulare.
AUFHEFTEN, affigere, alligare. in den alten pferdebüchern
vom hochbinden des pferdes: heft es auf, das es sich nit legen
kan. Seüter 144 ; geusz es dem ^aul ein, hefte ihn auf, gib
ihm in sieben stunden nichts zu fressen noch zu saufen.
PiNTER' 416. das kleid auflieften, aufbinden, rcplicare, kürzer
oder länger machen, anheften und losheßen; aufheften das
krenzelin. Uhland 12. Heule zumal einem etwas aufheften,
centonem sarcire: man konnte nicht lange unter den Abde-
riten leben, ohne in Versuchung zu gerathen ihnen etwas auf-
zuheften. VViELAND 19, 127 ; was für beweggründe konnte der
denvisch haben, ihm so viel unsinniges zeug aufheften zu
wollen, 30, 270 ;
was hat uns der lügner nicht alles
aufgehenet! Göthe40, 117;
er (Kant) mochte bemerkt haben, wie anmaszend und nase-
weis der mensch verfährt, w enn er ... eine grille, die ihm
durchs gehirn läuft, den gegenständen aufzuheften trachtet.
50, 56 ; Plato brauchte einen Schwätzer, um ihm seine grillen
aufzuheften. Klinger 12, 58 ; sich Wahrscheinlichkeit für gewis-
heit auflieften lassen. Kant 3, 402; die geidsorten aussuchen
und die falschen heller ausschieszen, um sie handlangem
und tagelöhnern aufzuheften? Tieck 3, 81; seit jenem ritt
durch feld und wald, wo ihr mir jenes märchen aufgeheftet.
ges. nov. 6, 318 ; wir suchen dem einzelnen einen allgemeinen
sinn aufzuheften. Stonfc. 2, 124 ; war ich nicht gcnölhigt, mei-
ner heldin wider alle Wahrscheinlichkeit freundinneu aufzu-
heften ? J. Paul Hesp. 3, 192.
AUFHEITERN, serenare, exhilarare: der himincl, das wei-
ter heitert sich auf; die geliebte tochter heitert ihm die letz-
ten tage seines umwölkten lebens auf;
uiil aiifgehciicrter niione .
trat er zu dem Messias uud kiist ihn. Mess. 6, 78;
geh mein söhn, und heitre Selima auf! Klopst. 8, 21; geh
Kain, und heitre dich auf! II, 165; Theseus eiuiuntert ihn,
sein gesiebt aufzuheutern {so) und die herabfallenden thränen
zurückzuhalten. Lessing 4,237; wie du immer spasztcst und
mich auflieitertest. 2, 486; auch alte halb erloschne äugen
heiterten sich beim anblick einer so zahlreichen menge junger
schönen auf. VViei.and 2, 3t ; Haroun heiterte sich an ihrem
sanften lächeln auf Klingkr 5, 175 ; ich merke sehr wol, dasz
mich gcsellschuft aufheitert. Lichtenberg 1, 25; seine umwölkte
Seele begann sich aufzuheitern.
AUFHEITKBUNG, f außlärung. Wieland 6, 291.
AUFHELFEN, erigrre, sublevare, adminiculo es.^e, nnl. op-
helpen : dem strauchelnden, grfallnen in die höhe, auf die
beine, auf die knie helfen: wenn du deines bruders esel oder
ochsen sihest fallen auf dem wege . . solt im aunieifeu. 5 Mos.
32, 4; du aber herr sei mir gnedig und hilf mir auf. ps. 4^
669
AUFHELFER —ALFHILFE
ALTHIMMELN— AUFHÖREN
670
11 ; feilet ir einer, so hilft im sein gesell auf. pred. Sal. 4, 10 ;
sie ist zu boden gestoszen und ist niemand, der ir auflielfe.
Arnos 5, 2; wer wii Jacob wider aufbelfen? denn er ist ja ge-
ringe. 7, 2 ; er hilft seinem diener Israel auf {goth. hleibida
Israela ))iumagu seinamma). Luc. l, 54 ; der geist hilft nnsrer
Schwachheit auf. Rom. 8, 26 ;
führte mich von frosl und arbeit scbmaehlenden heimwärts
mit aufhelfender band. Voss Od. 14, 329 ;
der acteur kann hier übertreiben, so viel als er will, weil
die Wahrscheinlichkeit dadurch mehr aufgeholfen als verletzt
wird. Lessisg 4, 202 ; wenn ältere geschwister alsdann für
die jüngeren sorgen und das haus sich in sich selbst bedient
und aufhilft. Göthe 17, 2S3; und kann man ein exempel auf-
weisen, dasz ein einziger kriimer auch nur einen einzigen
handlanger unter seinen mitbürgern durch seine anlcitung und
einsieht aufgeholfen habe? Moser p. p/t. 1, 21. nur Lessixg und
Moser gestalten sich hier den acc. statt d?s dativs. s. helfen.
AUFHELFER, m. adminiculator. so heisst auch ein bett-
quast, an dem sich kranke aufrichten.
AUFHELLEN, eliquare, illustrare, unterschieden von aufhei-
tern ifie erhellen von erheitern oder wie hell ron heiter über-
haupt, hell ist gegensalz des dunkeln, heiter des umwölkten,
der himmel erhellt sich, wenn die nacht, erheitert sich, wenn
das gewülk weicht; lufl und tag können hell oder heiter hei-
szen, das wasser nur hell, nicht heiter, das trübe oder finstere
wird aufgehellt, die wölke verscheucht, vertrieben, nicht auf-
geheitert, man sagt also:- das wasser hellte sich nach dem
schütteln wieder auf; der wald wurde durch ausgehauene
günge aufgehellt i
der hügel und die weide
stehn aufgehellt. Hagedorn 3, 109 ;
mein verstand verdunkelt sich immer mehr anstatt sich auf-
zuhellen. Klinger 6, 231 ; ein dunkler punkt wird aufgehellt ;
auch des heileren tags weissagung
hellet den trüben mir auf. Klopst. 7, 37;
bis du die nebel aufgehellt, die noch
die quelle seines bubeostückes decken.
Gotter 2, 248.
AUFHELLUNG, f. aufklärung, erleuchtung :
freies sinns aufhellung gespnht und Wahrheit
sonder scheu. Voss 3, 235;
AUFHENKEN, besteht neben aufhängen, wie anhenken neben
anhängen : so solchen kindern tuch und anderes dergleichen,
welches sie zu gelt machen möchten, aufgehenkt würde. Frankf.
ref. II. 11, 14 ;
was alt und scitznm i^t thust du ...
in dein studierstübicin aufhenken. Weckr. SOS;
der henkt es {das geld) einem Italiäner auf. Weise tT:n. 233 ;
ein groszes glück war es bei unserm unglück, dasz uns der-
selbe in der ersten furie nicht gleich aufhenken liesz. Fel-
senb. 1, 7t.
AUFHER = herauf, im 16. 17 jh. häufig, z. b. H. Sachs IV.
3, lo'; den ersten fisch, der auflier ferel, den nimm. Matth.
17, 27 ; gsach man den obresten houptman Laveter unden
durch ein matten ufher kommen. Tno. Pi.ater 79 ; - ist aus
dem nieer in dieselbige auflier geschossen. Fürer fischb. 37';
secht, ziecht er nit schon dort aufher? Atrer 130*.
AUFHERSCHEN, imperiose praecipere, clamare.
AUFHETZEN , excitare feras cuiilibus. irrilare, nnl. ophit-
sen : das wild, den hasen "mit hunden atiflietzen, aufsprengen,
ertehrecken. dann auch einen gegen den andern feindlich auf- i
heizen, aufl>ringen : die misvergnügten noch mehr aufzuhetzen.
WiEi AMD 7, 369; ich will einen spasz daraus machen, dasz er
mich auflielzen wollte. Schii.i.er 185"; die klugen, die dich
auflielzen, fürchten dich. 172'; da bring ich den schäfer, der
uns alle aufgeheizt hat. Tiec» 5, 401. $. heizen.
AI'FHETZER, excilator. Fischart Corg. 279'.
AIFIIETZUNG, f. excilalio: da sein geschrei und seine
aunielziingen einen aufruhr unter dem pöbel verursachten.
WiEI ANÜ 6. 219.
AUFHEULEN, clamorem tollere, nnl. ophuilen: waisen und
wilwen, unterdrückte, geplagte heulen zu ihm auf. Schiijer
139'; heult zum mond auf. Gerstemb. t/ji./iiio f,2 ; um ihn lie-
fen die kleinen Ihiere aufheulend. Fr. Ml'i ler «, 24.
AUFHILFE, s. aufhülfe.
AüFHIMMEL.N, migrare in caelum. Stieler 841. nnl. ophe-
melen.
AUFHIN = hinauf, wider aufhin tragen. Fret garleng. 55*.
AUFHISSEN, ein fremdes, dem plattdeutschen uphissen, dän.
ophisse, opheise, schw. uphissa, diese aber dem engl, hoise,
franz. hausser nachgebildetes schi/ferwort, das man erst seit
dem letzten jh. ins hochdeutsch eingelassen hat: die flagge,
das segel aufhissen, aufziehen, aufspannen, der ausdruck ist
nicht einmal nnl., wo man richtiger sagt ophalen, außolen.
Wenn aber Berg. Waldis 2, 30 reimt
im curs sie nach Corintho setzten,
ir segel gegcm wind aufhetzten,
vermischt er sogar uphissen mit nnl. ophilsen ; richtig unter-
scheiden die Dänen zwischen ophisse und ophidse.
AUFHOCKEN, intransitiv, incubare, in Collum dorsumve alt-
cujus reptare, Schweiz, ufhocka: hock aufl ruß die mutter
dem knäblein zu, das sie auf sich nehmen will;
bock auf! hier in die bütte rein. Göthe 13, 79.
transitiv, einen auf sich nehmen, außocken lassen: der ein-
siedler hockt ihn auf und trägt ihn in die hüUe; er habe
die fiTiu aufgehockt, sein kamerade den söhn. 16, 292 ;
er eilt zum schwein, nimmt ab den trog,
bockts auf und fort ins weite. Vo$$ 6, 151.
gegensatz ist abhocken, vgl. auflmcken und nnl. huiken und
hurken, sich niederbücken und op de hurkjes zitten. ein an-
deies aufhocken bedeutet die garben in mandeln setzen, s. hocke
und nnl. hok.
AUFHOCKER, m. incubo, incubus: hechsenreutige mare-
schrötlein, aufhocker, wichtelein, erdmännlein. Fischart groszm.
132; ein aufliocker. Garg. 79*; soll auch der heut verruft Lu-
ther von eim aufhocker auszgeheckt sein. 105'; komen nicht
die Römer von geraubten mütem? die Gölten, wie Jornandes
hell, von aufhockem? 29*. nicht Gothen, sondern Hunnen lei-
tet Jornandes cap. 24 von aürunen und faunen ab.
AUFHOCKERN, frequentativ von aufliocken. Stieler 808.
AUFHÖHEN, elevare, erhöhen, nnl. ophoogen, nur in ein-
geschränkler anwendung : die erde aufhöhen; bei mahlem, die
färbe, die lichter auHiohen : wie man auf dunkelm gründe die
lichter aufliöht. Göthe 43, 101, nnl. opklcuren.
AUFHOLEN , höher ziehen, an sich ziehen, nnl. ophalen.
ein schifferwort hol auf! zieh das boot auf, das segel auf {vgl.
aufhissen); sonst, etwas aus dem wasser, aus dem brunnen
aufliolen. auch ein alles rechtswort: ein erklagt liegend gut
mit recht aufliolen. Frankf ref L 41, 11. 11.15,11; andere be-
lege bei Haltacs 79. 80, der es erklärt e.isecutione judiciaria
obtinere, s. auch Oberlix 66.
AUFHOLZ, n. nomen loci. Ubland 501. nnl. ophout.
.\UFH0RCHEN, auscullare, arrigere aures, auflauschen, bei
Stieler noch fehlend, bei Frisch 1, 466' aufgeführt : hoch auf-
horchen ;
und ist noch irgend ein gröszrer,
heiszerer flach, der siebenfältig Verwünschungen hinströmt,
dem die niitternacht aufhorcht. Klopst. Hess. 6. 293;
wallele dann, wie ein bach, der ftber gegl.iitete kiesel
rinnt durch blumen und gras und umschatiungen, wo sich die
hirtin
gerne legt, aufhorchend im lieblichen träum dem gemurmel.
Lutte 3, 804 ;
ich bin gewohnt, dasz das meer aufliorcht, wenn ich rede.
Schiller 158*; lassen sie hören, sagte Serlo, ich werde ruhig
aufliorchen, aber auch desto strenger richten. Göthe 19,160;
(der fürst) darf nur aufhorchen, wie sie ihn um gesinnungen,
handlungen und thalen lobpreisen, die man andern leuten gar
nicht anrechnet. Klinger 12, 5. s. horchen.
.\UFH(IREN, atlendere, ohedire, cessare, desinere, nnl. op-
hooren, nach deutschem einflusz auch schw. upliöra, dän. op-
hüre. das goth. ufliausjan vTxaxoveiv bleibt aus dem spiel.
1) aufliören, atlendere, aufhorchen ist wenig im gebrauch:
ein andermal must du feiner aufliören ; er hörte hoch auf,
als ich das sagte; wie hörte er auf bei diesen wortenl; hör
auf! ausculta! an einigen orten, wie horche! ei was du sagst!
2) für die desto gangbarere bedeutung des ablassens, endi-
gens hat man eine andere würzet gesucht als die von hören
audire; scheinbar zunächst läge das ahd. gihirman, mhd. ge-
hicmen, mnl. gehermen quiescere, subsislere. doch läszl sich
liören audire nicht aufgeben, obwnl die erklärung Schwierig-
keiten mitführt. Wie der hörende anhört, <iM(/i< ad dominum,
ihm angehört, (laL mit dem sinne des auges statt des okret
671
AUFHÖREN
AUFHÖRLICH — AUFJAGEN
672
aufgefasxt, spectat ad dominum) ; ebenso hört er auf, atlendit
ad vocem, paret verbo, verrichtet das gebotene, tintcrläszt das
verbotene, hör auf! desine! Da nun hören audire und hören
(gehorchen) obtemperare zwei momente darbietet, die zusam-
menfallen können, mag es auch hören audire und aufliören,
davon ablassen ; dieser Vorstellung zu hülfe kommt aber, dasz
die vihd. spräche der partikel gar nicht einmal bedarf, son-
dern unser aufhören, cessare durch das blosze hören aus-
drückt :
der herzöge hiej dö hoürcn. Serra/. 2474 ;
da mite was da gehoeret. Er. 7550 ;
geswigent unde hoereni noch. F(ore2511;
vater, hoere, es ist genuoc. Tübh. Wli. 109'.
folglich musz der unterschied der bedeutungen nicht in der
partikel auf gelegen sein, sondern jedes der beiden Wörter, hö-
ren und aufliören sowol audire als desinere ausdrücken kön-
nen, jenachdem sie gehorsam oder Unterlassung des Verbots
meinen.
Auch die heutige schweizerische und bairische Volkssprache
gebrauchen noch hören für aufhören: nu hör einist = nun
lasz ab, hör auf; er cha nit höre = kann nicht ablassen,
aufhören (St.u.d. 1, 54) ; hoir! = lasz ab, hör auf (Schm. 2, 233).
dem haupleindruck nach stimmt das zu dem hören = gehor-
chen anderer gegenden : das kind will gar nicht hören = nicht
gehorchen, denn wenn es gehorcht, Idszt es vom vcrbotnen ab.
Befremden kann also nicht, dasz hin und wieder schon im
mhd. die partikel üf neben hoeren, ganz im heutigen sinne,
erscheint :
' hör üf, hör üf unde erwint! pass. 188, 42;
nu heij den Riujen üf hceren, ir liabet gnuoc gestriten!
Urtnit herawg. von Ettm. s. 68 ;
die erste stelle läszt sich übersetzen, wie man will, audi, audi
atque cessa oder desine, desine atquc cessa, in dem erwinden
wird das aufliören vollends deutlich; die andere, jubc, Russus
cesset {oder oblemperct), affatim pugnaslis, und in der aus
TiJRH. Wh. angezognen stelle lautet es gerade so es ist genuoc,
durch welche genuoc die nothw endigkeil des ablassens bedingt
erscheint.
Wie man nun die partikel selbst fasse, als adv. sursum,
oder vielleicht noch als praeposition, mit weggefallncm subsl.
das wort; im verlauf der zeit setzte sich, bei dem häufigen ge-
brauch des ausdrucks, die bedeutung cessare, desinere fest,
ohne dasz ein vernommnes gebot oder verbot vorauszugehn
brauchte, ungefähr wie uns heule angehörig und angehören
verpflichtet und verbunden sein, ganz ohne die sinnliche Vor-
stellung von hören, bezeichnen. Ja frühe schon, nach ausweis
von Er. 7550, musz dies hören und aufliören für Unterlassun-
gen gegolten haben, denen gar kein verbot vorausgieng : an
dem elfenbein stand eingegraben, wie der krieg begann, Troja
eingenommen und zerstört wurde, weiter nichts = damit war
da aufgehört; oder will man deuten: da war kein räum mehr,
und geboten aufzuhören ? heute aber lassen wir auch ganz
unwillkürliche thätigkeiten aufhören und zu ende gehn: das
Wasser hört auf zu rinnen ; der puls hat aufgehört, schlägt
nicht mehr; das glockengeläutc hört auf, verstummt; das
Schauspiel hörte spiit auf; es hört auf zu regnen, der regen
läszt ab; lauter fälle, in welchen die eintretende intermission
nicht mehr aus einem gehorchen verstanden werden kann, nie
bei dem kind, das zu weinen, dem krieger, der zu kümpfen
aufliört. dennoch musz das aufliören zweiter potenz, das
blosze zu ende gehn nachgebildet sein dem aufhören erster
potenz, dem gehorchen und folge leisten, denn wie wollte man
es sonst begreifen?
Belege für dieses nhd. aufliören ergeben sich bei Luther
allenthalben: solange die erden stehet, so! nicht aufhören
Samen und ernd, frost und hitz, sonimer und winler, tag
und naclit. l Mos. 8, 22 (wo nnl. ophouden, nicht ophooren);
also zerstrcwet sie der herr in alle lender, das sie niustcn
aufliören {nnl. ophouden) die stat zu hawcn. 11,8; und er
höret auf {nnl. hielt op) niil im zu reden. 17, 22 ; und hö-
ret auf {nnl. hielt op) kinder zu gcbereii. 2!t, 35; wil icli
meine hende ausbreiten, so wird der donner aufliören {nnl.
aflaten). 2 Mos. 9, 29 ; höre auf von mir {vulq. parce mihi,
nnl. hout op van mij). Hiobl, Ifi; und als er hatte aufgeiiö-
rct {nnl. als hij afliet) zu reden. Luc. 5, 4.
Luther fügte aber den inf. mit der praep. zu dabei, andere
tehriftsleller des iü jh. den bloszen inf. ohne zu : aufliören
weinen, leid tragen, elugere. Maaler 34" ; nit aufhören arbei-
ten, non cessare in opere; aufhören hoffieren. seh. u. e. bl.
204; das möhr {meer) hört nit uf wüten. 288; so stirbt er,
so er nicht aufhört baden. Tiiurneisser von wassern 102. viel-
leicht entsprang dieser inf aus dem gen. des gerundiums, denn
man findet auch : der tod macht Sterbens hören auf. Sciiwar-
ZENBERG151'; bort auf fragens, und gebt mir gelt, fastn. sp
501, 14 ; wölt gott, das er nimer aufliöret des regens {pluendi).
Boccaz 109 ; er ziiljand seins klopfen (= klopfens, pulsandi)
aufhört. 126 ; und dazu stimmt der mhd. gen. er liicj hören
der marter {cessare martyrium) ; wil si des niht hören {davon
nicht ablassen). Ben. 713'.
Hier noch einige bcispiele des nhd. aufliörens: demselben
(ammeister) klopft man, wan er anfangen soll, es wer auch
gut, dasz man im klopft, wan er aufhören soll. Garg. 241";
hör uf, du hast wol gedienet {es ist genug damit), weisth.
3, 513 ; hören sie nur auf damit, ich mag sie nicht. Lessinc
1,299; hören sie auf graf! Schiller 170'; nun hört alles auf,
nun ist alles vorbei.
AUFHÖHLICH, cessans: ich hab das ewig leben nit für
aufliörlich, sondern für ewig gehalten. Frank chron. 430*. heute
auszer gebrauch, unaufliörlich aber dauert fori.
AUFHÖRüNG, cessalio: derlialb des wischens, weschens,
fegens, kerens kein aufhörung bei in {den Türken) ist. Frank
weltb. 104'; das mit aufhörung des Vorbilds die warheit in
der weit offenbart den sieg behielte. Reiszner Jer. 2, 176';
nach aufliörung des menschlichen lebens. Kant 2, 319.
AUFHOTZELN, scheint frequentativ von aufliockcn, wie an-
gutzen von angucken: darumb liotzelt der ein hernider, das
der ander aufhotzel wider. Garg. 45'.
AUFHUCKELN, derselben bedeutung : dasz er (rfer (od) gleich
kommen und ilimc aufliuckeln werde. Simpl. 1, 47.
AUFHUCKEN, was aufhocken : und weil das calcschgcn nicht
übrig grosz, muste sie bisweilen zu fusz nachlaufen, bis-
weilen huckte sie hinten auf, so gut sie kunte. Weise kl
leute 165.
AUFHÜGELN, elevare, acervare, außöhen: ihr habt einen
ehrenberg mit Verdiensten aufgebügelt, von Birken OL. 355.
AUFHÜLFE, f elevalio.
AUFHÜLLEN, detegere, revclare, enthüllen:
die götlcr hüllen es durch Ihaten auf. C. F. Weisze ;
liüllt er sein aiitlitz
gegen Gabriel auf. Klopst. Mess. 6, 16;
was ich mit schweigen bedeckie,
hüllet der ausgang auf. 6,332;
die meisten häuser in den beiden aufgehülleten straszen der
Stadt scheinen handwerkern gehört zu haben. Stoluerc 8, 79.
AUFHÜPFEN, exsilire, aufspringen, nnl. ophuppelen : und
meinest, Christus habs {das sacrament) umb deinen willen
geordnet und solle dir allein aufliüpfen, und seinen leib und
blut wandeln lassen, so du doch nicht sein glied, sondern
sein feind bist. Luther 6, 83';
ich lät mich eins zuo einer laden,
die mich ir lag nie hat erkent.
do sie mir nit aufhüpft behent {niciU entg. sprang),
wolt mich ir gleich nit mehr gelangen.
fastn. sp. 283, 25 ;
der pfaf erschrack, das er aufliunft (auffuhr).
II. Sachs II. 4, 92«;
wenn du wilt, musz ich dir autlnipfcn,
du wirst mich noch brüen und zupfen. AtnKR325";
hupf auf, Presinger! Iiupf Lipp in den klee! Garg. 89*. vgL
Uhland 507 ; unter den spielen führt Fisciiart »' 17 an : hupf
auf, dupf auf; hupfauf ist der namc eines tanzes und Mathis
Hupfuf hicsz ein Straszburger buchdrucker 1498. 1499 ; man-
sagt: das herz hüpft mir vor freude im leib auf; der mensch
hüpft(! vor ireudeii auf; man wird ihm nicht gleich aufhüpfen,
zu willen sein; das wasscr hüpft im kcsscl auf;
und dem gehöhlelcn selilund cnlrauscbt aiinnipfendf.s wasscr.
Voss ;
dasz ich liiillc aufliüpfen und sie umarmen mögen. Göthh
27,275; schrie aus lang gemarterter brüst so heftig auf, dasz
der kandidal wie vor nahem tudscblag aufliüpfle. J. Paul
flegelj. 1, 78. vgl. aufspringen.
AUFIIUSTEN, eromere tussiendo: der kranke konnte den
schleim von der brüst nicht mehr aufliuslen.
AUFJAGEN, vcnando excitare, nnl. opjageii, aufsprengen:
mein lieber weidinann, sag mir an.
was hast du dem cduin hiisch zu leid gothnn ?
673
AUFJA5IMERN— AÜFKETZERN
AUFKICHERN — AUFKLÄRUNG
674
das will ich dir wol sagen, aus rriscbem freien mut
hab ich ihn aufgejagt den edlen hirsch gut
mit meinem leithund. weiilspr. 49;
hasen aufjagen, erschrecken; aufgejagte gemsen, rebhüner;
von einer edeln art pferde, die, wenn sie schrecklich erhitzt
und aufgejagt sind, sich selbst aus instinct eine ader auf-
berszen. Göthe 16, 108 ;
die herren kennen kein behaecn,
als ewig fehler aufzujagen. Gotter 1, 452;
liebe schwelgerisch aufjagend. J. Paul TU. 2, 126.
ALTJAM.MERN, ejulare: laut aufjammern.
AL FJ.\UCHZEN, ;uWare, cxclamare: aufjauchzend vor lust.
s. aufjuchen.
AUFJOCHEN, jugum imponere, nnl. opjukken.
AUFJUDELN, juhilare.
AUFJLCHE.N, exsuUare, juhilare, aufjauchzen. Keisersberg
hat ufjucken : die forcht des herren ist glori und glorierung,
fröid und die krön des frölichen ufjuckens. parad. der See-
len 116; und mein secl wird ufjucken in gott. 121. Schweiz.
uQocka, ufjucka aufspringen. Tobler 431'; aus dem schlaf
oder bett schnell aufjucken, e sovmo corripere corpus. Mak-
ler 34". Wurzel ist das goth. jiukan siegen, also Urbedeu-
tung Siegesgeschrei erheben, aufjauchzen, aufjubeln, vgl. H.kzpt
&, 6 — 8. jucken, atifspringen der haut könnte verwandt sein,
s. jucken und das folgende.
AUFJUCKE.N, scalpere culem, die haut aufreiben, s. jucken
AUFJUCKUNG, f attritus. Maaler 34*.
AUFKÄMMEN, repectere, sursum pectere, nnl. opkammen,
in die hohe kämmen.
AUFKAPPEN, nnl. opkappen, die kappe öfnen und setzen.
AUFKARREN, mit dem karren auffahren, anfahren.
AUFKAUEN, commandere, nnl. opkaauwen : das brot auf-
kauen. Stieler 936 hat auch aufkaubem, dem doch verbrei-
teter gebrauch und beglaubigung abgehn. adelspatent, das
motten fast aufgekäuel hatten, j. Paul uns. löge l, 23.
AUFKAUF, m. coemtio, nnl. opkoop.
AUFKAUFEN, coemere: kom, getraide, obst aufkaufen;
alles fleisch aufkaufen. Schiller 107'. in der gerichtssprache,
einen sprach, ein urteil, ein neu recht aufkaufen. Ober-
iix 66.
AUFKÄUFER, m. coemtor, propola.
AUFKEGELN, ein fcuerwerkerausdruck, kanonenkugeln, gra-
naten aufkegeln, in kegelförmigen häufen aufsetzen.
AUFKEHREN, conrcnere: wir wollen Genua zusammen-
schmeiszen, dasz man die gesetze mit dem besen aufkehren
kann. Schiller 163'.
AUFKEHREN, sursum vertere, aufschlagen: den hut auf-
kehren, in die höhe wenden.
AI FKEHRICHT, n. purgamentum. imbergwerk, abspringen-
des gekrätz.
AUFKEILEN, cuneis aperire.
AUFKEIME.N, pullulare, germinare, nnl. opkijmea.
denn bei uns, was vegetieret,
alles keimt getrocknet auf. Götue 1, 162;
80 wie auch in ihm eine stille neigung gegen sie aufzukei-
men anüeng. 18, 2S5; Scrlo, der auf jede spur eines aufkei-
menden latentes zu achten gewohnt war, suchte sie aufzu-
muntern. 19,139; eine aufkeimende leidenschaft. 25,302;
darum soll dieser Wahnsinn vertilgt werden, um nie wieder
aufzukeimen. Kli.ncer 6, 353.
AlFKEIMEN, n. beginn, werden: mein vater erfüllte mein
iinerfahrnes herz mit dem glänzenden wahn der weit, von
dem augenblick meines aufkeimen«. Klincer 4, 118.
AUFKEl.MUNG, /". vor der frühesten aufkeimung des mensch-
lichen vernunftvemiögens. Kant 7, 314.
AUF KEINEN, findi, dissilire, crcpare. rocab. 1482. mhd. ü[
kinen. Keisersberg von Judas: und der hat neiszwen beses-
sen den acker von dem Ion di-r bosheil, und do er erhenkt
ist gesin, do ist er mitten ufgekuinen (für gekinen, wie oben
aufgunen für aiifginen) und ist herusz geloufen alles das in
im gewesen ist. pnst. 3, 27. über kinen kein, ginen gein
hiare, findi s. Hauw 8, 19.
AUFKERBEN, incidere, einschneiden, nnl. opkervcn:
ja schaut itn dnsr er nicht nur bliii von wunden schwüret,
die eure sunde schl.Tgt und euer grimm niinicrbt.
I.OHK>sT. geisit. ijeil. i;iO, 19.
ACFKETZEHN, bergmännisch, eine wand aufkclzcm, auf-
keilen, aufspalten, außrcibrn, zrrslufen. dies wnrt hat mit
ketzer und verketzern keine Verwandtschaft, sondern scheint
frequentativ von ketschen {was man sehe), besser also zu
schreiben aufketschern.
AUFKICHERN, auflachen, s. kichern.
AUP'KIPPEN, nnl. opkippen, in die höhe schnellen, auffah-
ren, zumal vom wagcbalken. kein hochd. wort, wofür man
besser sagt aufschnellen, s. aufküpfen.
AUFKIRCHE, f. hochgelegne kirche, zu folgern aus dem dorf-
namen Aufkirchen, vgl. iifchirche nomen villae in La.vcs re-
gesten 2, 34 (a. 1209).
AUFKITZELN, titillando excitare:
die seichte kunst m witzein.
und die noch seichtere, begierden aufzukitzeln. Alxincer.
AUFKLÄFFE.N, hiare, nicht mehr als das einfache klafTen :
klaffe auf sein herz nach einer Unendlichkeit. J. Paul /leaeli.
I, 144. ^ •'
AUFKLAFTER.N, forstmännisch, holz aufklaftern, in klaf
lern setzen.
AUFKLAGEN, ejulare, aufjammern.
AlFKLAMMERN, compage firmare, nnl. opklampen, mit
klammern festigen, gleichviel mit anklammem.
AUFKLANG, m. concentus : die schönen naturfeste bedür-
fen keines aufklangs. Hippel 7, 173.
AUFKLAPPEN, crepare, scindi, aufspringen: die kiste klappt
auf. nnl. opklappen, auch mit der uneigentlichen bedeutung,
langes schweigen brechen, transitiv, replicare, in die höhe
befestigen, den tisch, den hut aufklappen, in beiden gestal-
ten forderte die hocJid.. mundart ein pf ßr pp, und man hört
auch zuweilen aufklopfen.
AUFKLÄRE.N. die romanischen sprachen unterscheiden zart
zwei reihen 1) «7. chiarire, sp. clarecer, prov. clarzir; franz.
claircir erloschen. 2) »7. chiarare, sp. clarear, prov. clareiar;
franz. clairer erloschen, wiederum 1) it. schiarire, sp. escla-
recer, prov. esclaizir, /"rdn:. cclaircir; 2) «7. schiarare, sp. escla-
rear, prov. esclareiar, fraiiz. eclairer. die erste reihe weist
(luf lal. clarescere, die zweite auf ciarare, jene sollte intrans-
itiv, diese transitiv geblieben sein, doch mischen sich die be-
deulungen. unser aufklaren, wie das nnl. opklaren, beide im-
mer transitiv, entsprechen mehr dem schiarare, eclairer als dem
schiarire, cclaircir, welchen vorzugsweise die sinnliche bedeu-
tung des hellen und heiteren gebülirl (s. aufliellcn, aufheitern),
während schiarare und eclairer in abstradionen übergiaigen,
doch mit mancher aitsnahmc. in einem kirchengesang heiszt es:
horr der schönen himmeislichter,
kläre deinen himmel auf.'
ir seid noch immer dal nein das ist unerhört,
verschwindet doch ! wir haben ja aufgeklärt.
Göthe 12,217;
eine dunkle stelle, ein rätsei aufklären; das geheimniä auf-
klären; das Volk, die leute sollen aufgeklärt werden; auf-
geklärte Zeiten; ein aufgeklärteres Jahrhundert, was die ge-
genstünde an sich selbst sein mögen, würde uns durch die
aufgeklärteste erkenntnis der erscheinungen niemals bekannt
werden. Kant 2, 78.
o laszt mich doch bei meiner bibel,
laszt mich in meiner dunkelheil,
denn ohne horniing wird mir übel
bei dieser aufgcklnHen zeit,
und ohne horriung hin ich hier
ein elend aufgeklärtes ihier. wunderliorn 3. 169.
Intransitivbedeulung umschreiben wir mit sich: der himmel,
das Wetter klärt sich auf; und nun genug davon, heute
schenke dich mir, komm kläre dich auf (mi7/e jam islaec,
da te hodie mihi, exporge frontetn). Lessinc, 7, 323; wenn
man diesen begrif festhält, wird man sich über einen selte-
nen und seltsamen mann am ersten aufklaren. Göthe 48, 142.
AUFKLÄRER, m. man sehe die finslerlinge gegen aufklä-
rung und aufklärer sich erheben. Wieijind 29, 23; sich zu
aufklärcrn des haufens aufwerfen. Klinger 8. 304.
AUFKLÄREREI, f. anfklärung? nein aufklärerei. Voss 6,
228; auch mochte vielleicht jener philosoph einigen wolgc-
fallen an der aullvlärerei der (allgein. deutsch.) bibliothekare
gefunden und geäuszert haben. Fichte Sicolais leben 37; so
war ihm (Lessing) die aufklärBci und der neologismus in
der theologie, wie er in der d. b. getrieben wurde, ein wah-
rer greuel. 99.
AUFKLARUNG, f. aufklärung ist die maxime jederzeit selbst
zu denken. Kant 1,136; befreiung vom aberglauben heiszt auf-
klärung, weil, ohschon diese benennung auch der befreiung
von vorurliieilen ülierhoupt zukommt, jener doch vorzugs-
weise ein vorurlheil genannt zu werden verdient. 7, 153;
43
675 AUFKLATSCHEN— AUFKLINKEN
AUFKLIRBEN — AUFKNÖPFEN
676
man spricht viel von aufklärung und wünscht mehr licht,
mein golf, was hilft aber alles licht, wenn die leute entwe-
der keine äugen haben, oder die, welche sie haben, vorsätz-
lich verschlieszen. Lichte.mierg 1, 201. auch nur aufschlusz,
crklärung: kannst du mir aufklärung geben?
AUFKLATSCHEN, cum strepitu cadere: der regen klatscht auf.
AUFKLAUBEN, rostroj digitis legere, glubere, Schweiz, uf-
chluba: Vögel klauben die körner auf; im walde beeren,
pilze aufklauben; würmlein, welche wir {der kukuk spricht)
hin und wider von den bäumen und ästen aufklauben. Kirch-
hof wcndunm. 86' ;
den (bauern) schluogen si allzumal
ire tcnke pnin ab,
die ich aufgeklaubet hab. fastn. sp. 442, 32. 36;
wann klaubten sie all brügel auf,
gar bald würd unser auch ein häuf.
SoiTAU volksl. 240.
abslract, passim colligere: wiewol aber die arzt ihre kunst
und lehr aufklauben von hadern und scherern, die doch kei-
ner werschaft sind. Paracelsüs 1, 85S';
wer leut fatzen wil
musz falzwerk wider aufklauben. A.\Rv.n fasln, sp. 104';
wird durch deine leut ein ding nicht aufgeklaubt,
so ist doch Volk genung, das für und auf sie raubt.
Opitz 1, 106;
die kirchen sind beraubt,
die cammern sind erschöpft, das gold ist aufgeklaubt.
3, 268 ;
und wann sie sich genug peraubct
und alles sauber aufgeklaubet. Simpl. 1, 15;
eine seele, die beweissteilen in der bibel aufklaubt. Götiie
33, 92 ; von allen Schimmelwäldchen der philosophen klau-
ben sich die theologen die abgefallenen lesefriichle auf. J. Paul
flegelj. 2, 50; wo er nur das alles aufgeklaubt hat?
AUFKLEBEN, nnl. opkleven, s. aufkleiben, .
1) intransitiv adhaerere, ankleben: das pflaster klebt fest
auf; der mensch klebt auf, weicht nicht von der stelle.
2) transitiv agglutinare : Steinschaber und münzgaffer, die
auch ein gebuckleten Schröter (kdfer) für ein antiquitel auf-
lieben und jedes misgewächs aufkleben. Garg. 33'; aber der
minister haszte dies tödlich, und klebte allen politischen
freidenkern den namen Jakobiner auf. J. Palt. Hesp. 2, 155;
alles der schenke aufgeklebte lob. leuf.pap. 1,143.
AUFKLECKEN, in verschiedncm sinn,
1) intransitiv ßndi, frangi, rumpi, aufschellen, zerschellen :
das ei kleckt auf; ein knochen, bein kleckt auf, bricht: ich
nennen aber disz einen klcckbruch, wann durch stoszen,
schlagen, werfen oder fallen einem an eim schenke! oder
andern glied ein rhören zerknelt und auflcleckct, welches auf-
klecken kein rechter bruch ist, sondern nur ein spalt oderrisz.
WüRTZ wundarzn. 256. aufklecken fatiscere, hiscere. Maaler 34'.
2) transitiv, etwas außropfen, fallen machen : dinte, schmutz
aufklecken, aspergcrc.
AUFKLEIBEN, gleichviel mit aufkleben.
AUFKLEISTERN, mit kleister aufragen, befestigen.
AUFKLEMMEN, premendo aperire: die thür aufklemmen;
ich glaube, der bock hiitle sie idie slube) sonst mit seinen
hörnern aufgeklemmt. Bettine /ojeft. 167; einen markknochen
mit dem messer aufklemmen.
AUFKF.,ETTERN, sursum scandere, nnl. opklauteren : auf-
kletlernde ziegcn.
AUFKLIEBEN, findere, nnl. opklieven, mhd. üf klieben.
Parz. hdG, 10. vgl. aufklauben.
AUFKLIMMEN, enili, nnl. opkiimmen : ftfklimmcn in goL
OnERi.iN 67 ; lioiie mawrcn, wäll aufklimmen. KiRrinioF mil.
disc. 187 ; nachdem wir etwa zwei stunden mit unendlicher
mühe und beschwcrde aufgeklimmt {besser, aufgcklomnien)
waren, gelangten wir an den rand des kraters. Götiie 37, 2ü8.
AUFKLI.MPEHN, fidibus stridere, ein stück aufkiimpcrn,
herklimpem.
AUFKLINKEN, fores pandere, durch druck auf die klinke
vfnen: so klinke ich die slubenthüre auf. causenmacher 6G;
er solle nur umb eilf uhr an die hausthür kommen, auf-
klinken, pol. maulaffe .39 ; •'*
und vor der llifiro will er nicht sein,
da klinkt er auf, tritt ein so schnell.
GöTiiK 2, 304;
da kam mir eine thür, die dunkelheil benutzend, so schnell
entgegen, das ich tinniOgiicii ausweichen konnte, ich klinke
auf. TiECK gcs. nov. 2, 204. in diesen stellen ist das ■u'ort von
lebendiger Wirkung, andern .sinn hat das nnl. opkiinken.
AUFKLIRREN, crepitando pandi:
horch, die kirchenthüre brauset
und die ehrnen angeln klirren auf. Schcbart.
AUFKLOPFEN, pulsare, nnl. opkloppen,
1) intransitiv: das hochaufklopfende herz.
2) transitiv : nüsse, eier aufklopfen ; ich kan sie {die eier)
auch wol rho, ungeschelet und unaufgeklopft essen. Garg.
228'. früher auch im sinne des heutigen den feind schlagen :
hat er in einem streifen in das culmische land alles verhee-
ret und bei 600 mann von des ordens volk aufgeklopfet.
MicRÄLius d. P. 2, 281.
AUFKNACKEN, nuccs frangere: Philine, auf ihrem koffer
sitzend, knackte nüsse auf. Göthe 19, 54. davon überhaupt,
etwas hartes vfnen: gut gesagt, rief der rathsherr. knacken
sie das auf, herr Democritl Wieland 19, 54 ; eine harte nusz
aufzuknacken geben, schwere fragen vorlegen.
AtlFKNALLEN, cum fragore rumpi : ein pulverwagen knallte
auf. auch wol transitiv, im sinne von verknallen: pulver in
die luft aufknallen, besser, aufknallen lassen, s. aufknellen.
AUFKNAPPEN, cffringere nuces, aufknacken, aber auch in-
transitiv aufspringen, aufschnappen, H. Sachs III, 2, 28l' von
einer dürren haut:
die knappet auf an allem «rt.
AUFKNAPPERN, frequentativ des vorigen: der finke knap-
perl den hanfsamen auf.
AUFKNARPELN, morsicare: körner aufknarpeln.
AUFKNARREN, cum fragore aperiri: die Ihüren, wände
knarren auf.
AUFKNATTERN, sursum crepitare, zumal vom geräusch pras-
selnder flamme oder auffahrender rebhüner: rebhüner\ölker
knattern wie rakelen auf. J. Paul biogr. bei. 1, 8; wenn aus
einem halbtodten pianissimo plötzlich ein fortissimo, wie ein
rebhun, aufknattert, flegelj. 2, 87; das feuer knattert auf.
s. aufkniltern. aufprasseln.
AUFKNAUPELN, was abknaupeln.
AUFKNEBELN, solvcre, das geknebelte lösen.
AUFKNELLEN, disrumpi: si bläen sich solang bisz si auf-
knellen. Keisersb. sieben schw. mhd. geht knellen knal cre-
pitare stark, s. zerkncllen und Schm. 2, 373.
AUFKNEUFELN, gehört zu knauf und knüpfen, stimmt also
mit der bedeutung von aufknüpfen, Schm. 2, 372 hat aufknäfeln
für auflinöpfen. der Gemser sol versuchen, ob er dir künd
die obren aufkneufcin {aufrichten, aufmerksam machen). Lu-
ther 3, 67' ; da must man (den bauern) die obren aufkneufeln
mit büchsensteinen, das die köpfe in der luft Sprüngen. 3, 142';
du weist, sie ist ein böser teufel,
die dich sonst ubertng aufkneufel (suspendere velit?)
II. Sachs II. 4, 29' ;
vgl. I. 5, 521' und aufknöpfen.
AUFKNICKEN, infringere, zerknicken. Stieler 991.
AUFKNIEN, in genua procumbere: er weigerte sich aufzu-
knien, auf das kissen, den teppich. transitiv: ich habe mir
das bein aufgekniet, «.'uiid gekniet.
AUFKNIRSCHEN, infrcmere, frendere dentibus, vor wut auf-
knirschen.
AUFKNISTERN, aufprasseln, vom feuer.
AUFKMTTERN, was anfknattern und aufknistem.
AUFKNÖPFELN, globulos, nodos solvere: du soll uflösen
und ufknöpfelen die band deines hals. Keisersb. brösaml. 56';
ja sie fieng an meinen schlafbclz aufzuknöpfein. Simpl. 1, 369.
AUFKNÖPFEN, dasselbe: den rock, die weste, hose, den
hemdkrngen, die heindsermel aufknöpfen, dann aber auch,
sich frei und los machen, alles zwangs vertraulich entledigen,
franz. se deboulonner: in der damaligen zeit halte man sich
ziemlich wunderliche begriffe von freundschafl und liebe ge-
macht, eigentlich war es eine lebhafte Jugend, die sich ge-
geneinander aufknöpfte und ein talentvolles aber ungebilde-
tes innere hervorkehrte. Göthe 48, 91 ; es ist ein wunderba-
res stück {Eymonl). wenn ichs noch zu schreiben liätle,
schrieb ich es anders und vielleicht gar nicht ; da es nun
aber dasteht, mag es sieben, ich will nur das allzu aufge-
knöpfte, Studentenhafte der manier zu tilgen suchen, an fr.
von Stein 2, 170; lege dich an des vaters aufgeknöpfte {dir
offen stehende) brüst. J. Paul Tit. 1, 101 ; nun lieng der böso
feind auch an, alluiälich seine haut aufzuknöpfen (sich zu
enthüllen, wie er war zu zeigen), teuf pap. 1, 84. Eine an-
dere redrnsart unter dem rotk ist: die obren aufknöpfen, ar-
rigcre aures, in die höhe knöpfen, dasz sie aufmerken, oder
677
AUFKNOSPEN — AUFKOMMEN
AUFKOMMEN — AUFKRATZEN
678
losknöpfen, los machen? hör biirsch, jetzt knöpf die obren
auf! Akm» schaub. 1, 14; knöpf die äugen auf! kannstu die
äugen uicht aufknöpfen?
AUFKNOSPE.N, gemmam pandere:
rosCD knospen dir auf, dasz sie mit sOszem dufl
dich umströmen. Klopstock 1, 104;
ein aufknospendes mädchen, s. anmutsknospe ; der ffühling
streckt sicii mit seinen üppigen treibenden saften auch durch
meine aufknospende seele. J. Pacl Hesp. 3, 171.
ALFKNLPFEN, bei Fischart aufknipfen, in doppeltem sinn,
1) suspendere, nnl. op knoopen, mit umgesclilungnem kno-
ten aufhängen ; den dieb aufknüpfen ; sich an den bäum auf-
knüpfen; da {zu, Bajonne) die leut singen, wan man sie auf-
knipft, so fro sind sie der himlischen freuden. Garg. 53';
hoch aufknipfen. 2S6'.
2) solvere nodum, exlricare: die schuhriemen aufknüpfen,
den knoten aufknüpfen; ja betten sie den aeolischen sack
aufknipft. Garg. in*; nestel aufknipfen. 2S6'.
ALFKNLRHE.N, mutire, ringere: ein aufknurrender huni
AUFKOCHEN, ebullire, fervescere, auftcallen, nnl. opkoken :
künstlich aufkochen lassen. Schiller 1S2'; lasz mich einen
augenblick in die luft, eine nie gefühlte glut kocht -in meinen
ädern auf. Klingers th. 3, 313; ist das die ausübung deines
muts, der einst in deiner jugendlichen brüst aufkochte? 3,
333; man wird es nicht errathen, wer über Klotildens Ver-
lobung am meisten aufkochte. J. Faul Hesp. 4, 8S ; ich eilte
in ein nebenziinmer, weil ich meine wut aufkochen fühlte.
Arnim 2, 116. transitives aufkochen bedeutet entweder aufsie-
den lassen, z. b. kartoffeln ungtschdlt kochen, oder recoquere,
auftcdrmen : aufgekochter kohl.
AL'FKOLLER.N, in gt/rum terti, delirare: lieb ist mirs, dasz
sich der könig ärgert, da kollert sein blut ein wenig auf,
sonst gefrierts. Fr. Müller 2, U.
AUFKOMMEN, suryeie, aufstehn, nnl. opkomen.
1) auferstehn, in die höhe kommen, emergere, evehi: da kam
ein newer könig auf in Egypten, der wüste nichts von Joseph.
2 Mos. 1, 8 ; und dis volk wird aufkomen. 5 Mos. 31, 16 ; kam
nach inen ein ander geschlecht auf, das den herrn nicht ken-
net, rieht. 2, 10; es gebrach, an bauren gebrachs in Israel,
bis das ich Debora aufkam, bis ich aufkam eine mutter in
Israel. 5, 7 ; wenn sie {die kinder) aufkemen, das sie es auch
iren kindern verkündigten, ps. 7«, 6 ; ire söne komen auf (cr-
vachsen). spr. Saloni. 31,* 2S ; nach disen .wird aufkomen ein
frecher und tückischer könig. Dan. 8,23; ir saat sol nicht
aufkomen. Hos. S, 7 ; rannt ihn zu boden, das sein gaul mit
der nasen auf der erden lag, aber er kam allemal wieder
auf. Götz v. Berl. leben 65 ; lasz mich nur wieder aufkom-
men! ruß der i« boden liegende seinem gegner zu;
der Täter schuf was ist und was gewesen,
was auf der runden erd jetzt aufkorami, jetzt vergeht.
Grtphils 2, 256;
du weists auch, wie ich aufkam aus der kindheit. Göthe 7,
142; das soll nun wiihren, hat man mir gesagt, bis zwei brü-
der in der familie aufkommen, von denen der eine den an-
dern ermordet. Tieck 2, 40.
2) zun^al viederaufslehn vom krankenlager, genesen : wen
ich den ufkiiin, soft sie mir ein gute suppen gen (geben).
Tho. Plater 70 ; die frow des docters kam wider uf. 77 ;
der hat pthon ein schweres leger,
dasz niemand mehr gemeint« das er
dessen wider aufkommen wer. Airer /asjn. sp. 29';
ist auch des lägers nicht aufkommen. Zixkgr. 205, 7 ; wenn
er von seinen wunden wieder aufkäme. Tieck 13, 140; jelzo
sah man wol. dasz die aniie nicht wieder aufkommen würde.
ge$. not. !), 209 ;
komm ich vom lager auf, und gibt goit fried im Staat,
gelobt der kranke Stax, »o werd ich ein Koldal.
LessiNG 1, 16.
3) neu entspringende krtege, brauche und moden:
es i<t neulich aufkomen,
als ich euch iez wil sagen.
die pauren wellen nicht vertragen,
dasz die ritler und ire kin4
anders den si gekleidet sind. ^n«/n. «p. 439, 20 ;
tun diese zeit kamen neue trachten auf = hüben an, began-
nen, oder, wie die Limburger chron. immer sagt, giengen an;
er schrib auch alle bücher, dann die truckerkunst war noch
nit aufkommen, der Gulenbergcr zu Straszhurg und die Schä-
fer von Mentz warn noch in lumpis {absichtlich für lumbis)
Abraham. Garg. 140'; dann die morenkübelitet (morum civi-
litas) Erasmi war noch nicht aufkomen. 159'; die eier, umb
die am ersten der krieg aufkam. 195*.
4) liebe konnte in ihrer brüst nicht aufkommen; wo man
mitleid fühlen sollte, dürfte der hasz wol nicht aufkommen.
Tieck ges. nov. 1, 195; diese Vorstellung kommt unter uns
nicht auf; wenn der begrif der häszlichkeit aufkommen soll.
Herder 13, 223 ; das erforderliche geld kommt nicht auf, wird
nicht aufgebracht; aus dem verkauf der guter kamen nicht
einmal tausend thaler auf; solche zweifei sollen gar nicht
aufkommen.
AUFKO.M.MEN, n. beginn, anheben: das aufkommen dieser
raode war nacbtheilig.
AUFKÖ.M.MLING, «i. emporkOmmling, homo novus, franz.
parvenu: gern gönnte er einem aufkömmling ein glück. Schil-
ler 714.
AUFKOMMüNG, f. was aufkommen: bei aufkommung die-
ser leichten kupfermünzen. Zixkgr. 363, 5.
AUFKÖ.NNEN, non ralere, mit leicht zu ergänzendem in-
finiliv: er kann nicht auf ^stehen), hilf ihm doch! nnl. opkun-
nen: ik kan er niet op (komen); kunt gij.het op? kannst
dus aufessen?
AUFKÖPFE.N, bei nadlern, der nadel den knöpf aufstampfen.
AUFKOPIEREN: o weh, da kopirt man bald auf, was pro
Widerpart ausz der kannen feit. Garg. 44*.
AUFKOPPEN, eruclare, aufsloszen: alsdan kopt in (ihnen)
der wein auf, stoszt in an das herz, prennet sie der sod.
Fra.nk laster d4; und koppet im der groll und büberei des
bapsts noch unverdeuwet immer auf. chron. 328" ; dann noch
vil solcher eiferiger kuch und kircbgutschirmer vorhanden,
denen, wann sie das guts kröpfstöpfig genieszen, der gallen-
koderig eifer auch also aufkoppet. Garp. 207'; es seien dann
unsere heutige schrapherbscharfschärcharpische herren von der
greifen edlem treck entstanden, welcher inn {ihnen) etlichen
noch so bitterkoderisch aufkoppet. 267"; es koppet ihm leicht
auf was er einem guts gethan, er wirft den letUen seine «ol-
thaten ror.
AUFKRACHEN, außnallen. das thor krachte auf.
AUFKRÄCHZEN: der kranke krächzte auf.
AUFKRÄHEN, nnl. opkraaijen : der bahn kräht auf. trans-
itiv, durch krähen aus dem schlafe wecken:
der muntre bahn bat schon das landvolk atifgekräbt.
Grtpbics J, 549;
als kaum der baho xum grasmäbn unsern knecht
aufkrähte. Voss 2, 149.
AUFKRAHNEN, tollenone exirahere, mit dem krahn aufzie-
hen : 0 wie köstlich gut wer es, das jederman sein geburts-
register von Staffel zu Staffel und stiegcnwcis so gewis ausz
dem schif Noe schöpfen, bronnenseilen, aufkranen, dänen und
ziehen könte, wie wir. Garg. 26*; den wein aufwinden, auf-
kranen und einladen. 53*.
AÜFKRA.MEN, nnl. opkramen, aufräumen, einpacken, gegen-
satz von auskramen.
AUFKRÄMPELN, ic<w das folgende.
AUFKRÄMPEN, in die höhe biegen, stülpen: den ermel, hut
aufkrämpen, eine niederdeutsche form (upkrempen), da die hd.
aufkrämpfen fordert, was man nachsehe, besonders webten
die federn von den alterthümlich aufgekretnpten hüten aufs
prächtigste. Götiie 24, 300; fahr wol narrengesiebt mit der
aufgekrampten nase I Tieck 3, 96.
AUFKRÄMPEN, die krampe {franz. le crampon) aufdrücken,
aufschieben, aufziehen, aufklinken :
siehe, da sprang Amalia schnell nach der thüre,
lachend, und krompie sie auf; und der br.luti^am trat in die
_ kamraer. Luise 3, 203.
auch hier wäre krampfe und aufkrämpfen allein hocltdeutsch.
AUFKRÄMPFEN, in die höhe krümmen: der wunn krämpfte
sieb heftig auf. s. aufkrämpen. nul. dauett noch das starke
wort opkrimpen, kromp op, opgckrompen = aufkrimpfen.
AUFKRATZE.N, perfricar'e, su/fricare, scalpere, nnl. opkras-
sen: die baut, die blättern aufkratzen; die hüner kratzen die
erde auf; eine alte kupferplatte wieder aufkratzen; ein schlech-
tes stück aufkratzen, aufgrigcn, auffiedcln. in der Volkssprache,
aufgekratzt, aufgeräumt, lustig sein, die wolle aufkratzen, auf-
reiben; bei den tuchbereitern ist aufkratzen, mit disteln, kar-
den rauh machen, um es besser zu scheren: mir ist wol in
meiner pcin, solche disteln kratzen uns. nach guten mora-
listen, auf und bereiten uns zu. J. Pacl Tit. l, 190.
4a*
679
AUFKRÄUSELN — AUFKÜSSEN
AUFLÄCHELN — AUFLAGERN
680
AUFKOÄUSELN, crispare sursim : mit dem kämm die locken
aufkräuseln ; der wind kräuselt die wellen auf.
AUFKRAUSEN, früher auch AUFKIÜUSEN, dasselbe: mit
heiszen haarnadeln aufkrausen. Lohenst. Arm. 2, 183 ;
sein haupl ist gold, sein haar erhaben
und aufgekräust. Opitz 3, 20;
er haue vol bestreut die aufgökreuslen haare
mit woiriechendem zeug. Werders Ariost 7, 55;
uneeflochlenes haar krauste vom scheiiel sich auf.
^ GöTHE 1,264;
wenn wallrosse die wogen zerrissen und durch die aufge-
krauste flul zu mir herruderten. Fr. Müller 1, 27.
AUFKREIDEN , creta notarc: ich will einen beichtiger ha-
ben, ' der die Sünden verzeiht und nachläszt, und nicht einen,
der sie auflcreidet. Pestalozzi Lienh. u. Gerlr. 1, 126.
AUFKREISCHEN, franz. crier haut, nnl. opkrijschen, auf-
schreien: das kind krisch auf, als die rute geholt wurde.
AUFKRELLEN, vi sursum projicere:
wer den stein zu hoch aufkrelt,
desi schwerer er hernieder feit. Etring 3, 151.
AUFKREMPEN, s. aufkrämpen.
AUFKRIECHEN, sursum repere, nnl. opkrieken.
AUFKRIEGEN, nnl. opkrijgen, mehrdeutig, immer aber ge-
mein und unedel,
1) aperire, aufgewinnen : ich kann die thür, das schlosz,
den mund nicht aun{ricgen:
jetzt schanzen wir uns ein,
ziehn wall und maurcn für, und wann wir diese haben,
so werden wir mit list von andern untergraben
und unten aufgekriegt. Opitz 1, 50.
2) capili imponcre, den engen hut nicht aufkriegen, auf-
bringen, vgl. ankriegen.
3) zur aufgäbe erhalten : ihr kinder habt heute viel zu ler-
nen aufgekriegt, man sagt auch aufbekommen.
4) schlage empfangen: du sollst prügel aufkriegen.
AUFKRITZELN, ncgligenter inscribere.
AUFKRÖPFEN, ingluviem explerc, den kröpf anßllcn:
macht bald ein suppen diesem hund,
das er sich weidlich mög aufkröpfen
und seine Sterke wider schöpfen.
B. Waldis Esop 3, 93 bl. 187'.
mhd. einen guoten kröpf er a;. Parz. 132, 2.
AUFKRÜMELN, minutatim conterere: er krümelt sein ver-
mögen auf.
AUFKRÜMMEN, retorquere, sursum torquerc:
wie ein wurm, der unter des Wanderers fuszc sich. windet,
krümmt er sich auf. Klopstock Mess. 6, 330.
AUFKÜHLEN, refrigescere, »m/.- opkoelen : am ufer des
mcers kühlt es lieblich auf; gegen abend wird es aufkühlen.
AUFKÜNDBAR, quod rcpeti rcvocarique polest.
AUFKÜNDEN, renuntiarc, aufsagen : könnte er hinfort des-
sen dienst und gesellschafl wol aufkünden. Simpl. 1, 471 ;
ein kaiserlicher brief kam uns zu banden,
der uns beliclilt die pilicht dir aufzukünden.
.Schiller 381.
AUFKÜNDIGEN,, dasselbe, nnl. opkondigen: einem den
bund, vertrag, kauf, pacht, die miolhe aufliündigen ; die freund-
ßchaft, treue aufkündigen; als wenn er mit diesem lachen
der menschheit den kauf aufkündigen wollte. Tieck 7, 274.
auch absolut: ich liab ihm aufgekündigt.
AUFKÜNDIGUNG, /". aufkündigung des gehorsams; eine
Wohnung mit halbjähriger aufliündigung.
AUFKUNFT, f. origo, incrementum, nnl. opkomst: bene-
diktenwiirzcl hat ihre aufkunft (kommt auf, gedeiht) in den
wassern und feuchten orten. Mi;rai,t cidgcn. s. 225. Stieler
1003 hat aufkunft, restitutio sanitutis, das außommcn.
AUFKÜl'FEN, was aufkippen : die breter sind auf dem gange
noch nicht aufgenagelt und könnten leichllich aufküpfcn. fel-
senb. 2, 314.
AUFKUPPELN, adimere vincula canibus, die Itunde.aus der
kuppel lösen.
AUFKÜSSEN, o$culi$ exeipcre, vgl. abkUssen:
ihr sprecht : in stillen linbesihränen
ist Wollust, wahr, doch Scigt, was ist
natürlicher als .sich zu sehnen,
'0 würden sie mir aufgekiLsiI' Wibland 0, 199;
hat meinen letzten hauch dein miitid einst aufgeküsl,
was folget uns ins öde reich der sctialien ? 0,302;
dort sitzt sie und weint thränen de.s kuinincrs. ha, und ich
sollte sie nicht aufküssen von ihren wangcn, nicht abtrock-
nen! Klingers (A. 3, 345; ein tropfen thau, den der erste Son-
nenstrahl aufküst. Tieck 8, 62. dann auch, osculo imprimcre:
ihrer schleife hab ich einen schönen guten morgen aufgeküst.
GöTHE an fr. von Stein 1, 192.
AUFLÄCHELN, lene ridere.
AUFLACHEN, cachinnum tollere: ich muste laut auflachen ;
lacht grosz auf. Schiller 150'; boshaft auflachen. 153';
aber die Jungfrau
ihat als hörte sie nicht, und gewandt ihr erröthendes antlilz,
sprach sie ein albernes wort zu Araalia, lachte dann laut auf.
Luise 3, 775.
transitiv, cachinnando aperire: der grosz spottvogel Erasmus
hat über den cpisteln obscurorum virorum also gelacht, das
er ein sorgfeltig {besorgliches) geschwär, welchs man ihm sonst
mit gefahr aufschlagen müssen, hat aufgelacht. Garg. 14.
AUFLACHEN, forstmännisch, den bäum aufritzen, s. lach-
baum und auflochen.
AUFLADEN, onerare, onus imponere: holz, heu, steine,
fässer aufladen ; höher aufladen ; bürde, last aufladen ; eine
tracht schlage aufladen; aufladen und bringen an den ort.
5 Mos. 12, 26 ; da wir auszogen, luden sie auf was uns noth
war. apost. gesch. 28, 10 ; kan man für war nicht einerlei allen
aufladen zu tragen. Luther 3,392; nach etlichen jähren iiei-
ratete sie einen schlingel, der ihr ein häufchen jungens auf-
lud, der arme mann im Tockenb. 59 ; warum muste sie {die
natur) mir diese bürde von häszlichkeit aufladen? Schiller
105'; zieh hin, lade alle deine Sünden auf, lade auch diese,
die letzte, die entsetzlichste auf. 207*; einem eine geiselung auf-
laden lassen. Klinger 6, 341. friiher auch für das heutige
auftragen oder befehlen, franz. charger: wir thfind, wie ir
uns aufgeladen habent. Aimon d ; da rüstet sich ein iglicher.
so er best mocht, wie in aufgeladen was. 1.
AUFLADER, m. ein packknechl.
AUFLAGE, f nach mehreren bedeutungen des auflegens,
1) impositio, mandatum : und sind dem recht der canonum
oder Satzungen abgestorben und also billich von derselben
aufläge entbunden. Luther 1, 8'; es ist uns die aufläge ge-
schehn, zu berichten; ich hätte mich nicht gehalten und mei-
nes vaters aufläge geradezu entgegen gehandelt. Hippel lebensl.
2, 132.
2) tribulum imposilum, Steuer, abgäbe: aufläge auf das volk,
auf hier und wein, auf bestimmte waaren;
dieweil auch die frcigeVigkeit
bei ihm die leut durch auflag nicht erschröcket.
Weckherlin 425;
in allen andern Staaten, oder doch beinahe in allen pflegen die
auflagen auf das volk unvermerkt zuzunehmen. Wielamj 7,238.
3) inculpatio, insimulatio, anschuldigung : daruinb werdet
ir euch derselben aufläge und zumessung, ewer notdurft nach,
auf das ewer Unschuld vennarkt, — zu verantworten haben.
churf JoH. Friedrich bei Luther 6,6*;
0. er ist ein ehrnvergeszner mann.
Fr. ei, die auflag sei von im ferr. Ayrer 132*;
E. man stell Ihn für gerichte.'
L. wie, wenn er wie vorhin die klagen macht zu nichte?
E. die auHag ist zu klar. Grypuius 1, 12;
der arme apotheker, so wider diese auflagen nichts beibrin-
gen konnte. Pmiland. 1, 317.
4) die ausgäbe, editio eines buchs, in einer bestimmten zahl
von abdrücken: eine aufläge von fünfliundorl, von tausend
exemplaren. aufläge bezieht sich nur auf den verlegvr und
drucker, der das werk zur messe auflegt, den kau fern vorlegt;
ausgäbe kann auf Verleger und Verfasser gehn, beide geben
aus, ans licht, neue aufläge und ausgäbe unterscheiden sich
so, dasz jene unverändert sein und vom Verleger veranstaltet
werden mag, diese aber zulhaten und Verbesserungen des Ver-
fassers zu enthalten pßegt. das buch erlebte in drei jähren
sieben auflagen, man sagt aber die erste ausgäbe, editio
princcps, nicht aufläge; vollständige ausgäbe letzter band; die
ganze aufläge hat sicii vergriffen, der Verleger möciite gern
eine neue aufläge, der Verfasser eine neue ausgäbe des bu-
ches machen.
5) bei den handurrkcru bedeutet aufläge auch Zusammen-
kunft, gelag, entweder gleichviel mit dem letzten ausdruck,
oder weil ein zunftgeräl aufgelegt oder geld als beilrag und'
strafe erlegt wurde, sie bat eine aufläge in ihrem hause, sagt
man auch von einer hurenwirtin.
AlFL.XCiKRN, sirui, superimponi, schichtweise liegen, von
gestein und erde.
681
AUFLAGERUNG — AUFLAUERN
AUFLAUF — AUFLAUFEN
682
AUFLAGERUNG, f. strues, sti-uctura, dispositio: auflage-
rung von zertrümmerten steinen.
AUFLÄMMERN, ein undeutliches worl bei Tieck nor. 7, 193 :
seedrache, ihr wurm, nennt ihr mich? o ihr aufgelämmerte
gänseblumel lämmern ist lammen, lämmer werfen, verläm-
mern, scheu, verdutzt machen, belemmeren nnl. und nd. hin-
dern, der sinn fordert etwa schmächtig, elend, kümmerlich auf-
gebracht, vgl. aufläppern, aufpäppeln.
AUFL.\>'GEN, altius prehendere, mit gestreckten armen hin-
auflangen, aufgreifen, nnl. oplangen : er langte auf, grif in
die hohe; auflangen und erreichen; steine, holz auflangen.
Stieler 106S. früher auch ptr übergeben. H.vltacs 60.
AUFLA.NGER, m. im bauwesen, ein angesetztes, höher rei-
chendes holzstück.
AUFLÄPPERN, minutim ac paulatim alere, nulrire, läppern
ist sorbillare: das kind, nach der mutter tode, wurde mit
milch aufgeläppert, aufgebracht, figürlich, sein geld nach und
nach aufläppern, verläppern, sich aufläppern, langsam auf-
wachsen.
AUFLÄRMEN, crcitare clamorem : die Soldaten lärmten auf
und forderten doppelte löhnung. transitiv, excitarc clamore,
aufwecken : musik fSrme die mittemacht aus ihrem bleiernen
Schlummer auf. Schiller 14"'.
AUFLASSE.N. nnl. oplaten, mehrdeutig,
1) sinere aliquem surgere, den zu boden liegenden wieder
auflassen; lasz mich auf, ich will alles eingestehn. mhd.
iir lie^ er doch den wisant
äne gesichene hant. Parz. 510, 1 ;
er liej in üf. 543, 2S;
Parziväl io üf verlief. 268, 1*.
wir sagen wol sich herablassen, niedersteigen, nicht mehr,
sich auflassen, aufsteigen, sich auf die beine lassen, wie mhd.
dö sich der harre üf gelie
unt Ton im selben sten begnn. Tund. 42, 50.
2) von thieren, Sachen, aufsteigen, schwellen lassen, im gegen-
satz des niederlassens : den falken, die tauben auflassen; die
segel auflassen; den ballon auflassen, in die hohe steigen.
3) sitzen lassen: lassen sie den hat auf, behalten sie ihn
auf dem köpf
4) offen lassen : die thür, das fenster auflassen ; den rock
auflassen, nicht zuknöpfen.
5) lösen, aufmachen ; das band, die schleife auflassen, öfnen ;
hat officialis im die band aufgelassen. Lcther 3, 407*.
6) ein gut, ein grundstück, leben auflassen, feierlich auf-
geben, in eines andern hand übergeben, eine grübe, zeche
auflassen, nicht weiter bearbeiten, mhd. hiej in üf läjen sin
Teterlich erbe und wa; ime immer gevallen mochte von allen
einen vrunden. myst. 214, 3. diese bedeutung kann aus der
vierten oder ßnßen hergeleitet werden, allenfalls auch, wenn
ihr exfestucation zum gründe lag, aus der zweiten, vgl. Haltaus
60. Oberlin 67. RA. 556.
AUFLASZBRIEF, m.
AUFLASZGELD, n.
AUFLÄSSIG, in der letzten bedeutung des auflassens, ein
auflässiges gut, das man hingibt, aufgibt: auflässiges gewerk,
fodina deserla: ein bergfreies feld, das noch nicht gemutet
oder wieder auflässig ist; wenn einer {ein bergmann) aufles-
sig wird, sitzt ein ander an. Mathesics 37'; aber etliche herrn
binderten etwas sonderlich, weil von solchen neuwen alaun-
werk besser alaun, denn bei ihrem eignen bergwerk gemacht,
zudem hoften sie vielleicht, die gewerken sollen auflessig wer-
den, ob sie solch bergwerk gar an sich bringen müchlen,
derhalben sie dem sieder an seinem fürgenomenen gebcuw
binderung machten. Thcrxeisser m. alch. 1, 71 ; meine übrigen ,
liebhabereien erhalte ich immer durch ein oder die andere I
zubusze, wie man gangbare -gruben nicht gerne auflässig wer-
den lasset, so lange als noch einige hofnung von künftigen
vorthcilen scheinen will. Göthe bei Merck 2, 25S.
AUFLASSU.NG, f feierliche, gerichtliche aufgäbe, abdicaiio,
resignalio, Übertragung der gewere vor gericht. Albbeciit gew. 66.
AUFLASTEN, onerare, aufladen, aufbürden, aufladen ist
sinnlicher, es heiszt steine, sand aufladen, nicht auflasteii,
aber einem mehr auflasten, als er tragen kann, sich schulden
auflaslen; selbst nicht einmal ein dramatischer schriflsteller
würde einem zwischenact so viel handlung aufgelastet haben.
Schiller 73).
AUFLAUERN, insidiari, atlendere: man ist so barbarisch,
der armen kinder (allen Jungfern) zu spotten, wenn sie bis
in ihr vierzigstes jähr vergebens aufgelauert haben. Rabexer
4, 24S ; unter uns, , Schwester, weil doch niemand auflauert.
Schiller 166*; er lauert den mädcben auf; ich laure hier
längst der weit auf. J. Paul Hesp. l, 93 ; ich sah che spinne
in ihrem netz allen mflcken auflauem.
AUFL.\UF, m. accursus, incursus, tumor, nnl. opioop. sinn-
lich, auflauf des wasscrs, der wellen, auflauf einer blatter,
des backens ; auflauf des teiges, brotes, backwerks, daher
auch die benennung eines besonderen gebäckes, das über den
kohlen, im ofcn aufläuft, schwillt (Schweiz, uflauf, plinse. Tobler
431'). auflauf des hungrigen magens: sintenmal er der speis
nur genosz, den widerspennigen auflauf des magens zu stil-
len. Garg. 184"; im bauch ein auflauf bringen. 25*; auflauf
des kinds im mutterleib. 1»4'.
Die gewöhnliche bedeutung ist aber die eines auflaufs, lu-
mults der leute, des volks auf den straszen : volksauflaoL
Scuiller 140* :
da ich höret ein grosz rumor,
stund ich last auf ein vierteil uhr,
gedacht mir, es wer ein audaur. H. Sachs I, 479';
cinfall, auflauf, Scharmützel. Reutteb kriegsordn. 36 ;
Ir herren, laszt uns schauen auT,
das oit wer ein auflaui'. Schmelzl blindg. s(An 10*;
einen auflauf machen, zusammenlaufen. Scuiller 355. auflauf
ist aber weniger als aufruhr, empörung, nur deren beginn, die
sich dann weiter ausbreiten und tiefer wurzeln, vgl. aufge-
läufe und auflauft, man redet auch von einem auflauf, belauf
steigender kosten oder ausgaben.
AUFL.\UFEN, accurrere, tumere, nnl. opioopen.
1) steigen des wassers, der flut, des sandes : die flut läuft
schon hoch auf; zuvor die schiffe in den linken arm der
Dwina eingelaufen, weil aber durch auflaufenden sanJ der
mund desselben flach worden, hat man sich des rechten arais
mehr gebrauchet, pers. reiseb. 3, 1; das wasser, weil es ge-
schwinde auflief, pers. rosenlh. 3, 23 ; die segel laufen auf vom
winde.
2) aufschwellen : und wenn er findet, das weisz oder röt-
licht mal aufgelaufen an seiner glatzen. 3 Mos. 13, 43; da
iedermann vor Unwillen aufgelaufene und Versehrte herzen
hette (animis tumentibus). Fro.nsp. 3, 27S*;
das ir ein peul auflier als ein isalzscbeib.
fasln, sp. 345, 20;
zur Stillung des aufirhQrigen gesehwollenen welschhanenhals
und aufgelaufener rotblawen schlangenkäl. Garg. 6o'; vom
eingenommenem gift des erbsündigen Schlangenschwanz auf-
laufen. 77', wie lal. inguina tuntent; die adera laufen ihm
auf; seine haut läuft auf; die leiche ist schon aufgelaufen;
der Ifib ist beulenvoll, geliofert blul und ciler
rinnt bnuPig von ihm weg. die wunden brechen weiter,
die Striemen laufen auf in ungezählter zahl,
da ist kein pintzlein nicht, das habe nicht ein mahl.
FLExi.tcO;
hochroth im aufgelaufnen gesiebt. Tieci ges. nov. 4, 74 ; welche
wie die frösche aufliefen. J. Paul bingr. bei. 1, 134.
3) aufgchn des teigs: pfulwenbäuch, darunder man den
auflaufenden deig in der multer kan verbergen. Garg. 63*;
wuchs und lief auf wie ein teig in der niuller. 247'.
4) aufgehen, keimen oder schwellen der frucht: der same
ist noch nicht aufgelaufen, keimt noch nicht; die auflaufende
saat im herbst . . . von dem schon aufgelaufnen kom. Brockes
7, 465. leir sagen heute das schwellen der saat.
5) aufwachsen, in die höhe wachsen der haare, in der nach-
richt von einer Hildburghäuser diebsbande 1755 i. 29. 31. 45. 46
U.S.W, heiszt es immer: haare nicht aufgelaufen, sondern ab-
geschnitten, auch in diesem sinn heule schwellender haarwuchs.
6) zusammenlaufen, tumultuari, was gleichfalls von tumere:
als sein hesifirmi pallast slei'? mit lumult bespninccn,
als leichler hüben srhaum gleich einer flut aunier,
und frech, ich weisz nicht was, durch alle fenster rief.
Gryphils 1, 301.
7) auflaufen, aufsteigen, aufgeben: wie es mir kaum mög-
lich wurde, nach und nach so viel auflaufen zu lassen. Tieck
nov. 6,210; so läuft der loltoschlagschatz meiner ungedruckten
manuscripte täglich hoher auf. je mehr ich dem leser aus-
züge und gewinste gedruckter daraus gönne. J. Paul Tit. 2, 1 ;
ein capilal zunick zahlen nebst den aiifgelauSenen Zinsen.
8) hinauf laufen: spintisiert, wie die muck die wand auf-
lauf. Garg. 211*.
683
AUFLAUFT — AUFLEGEN
AUFLEGEN
684
9) auflaufen, sich öfnen: denn das glockenspiel tönte, wenn
die thür auflief. J. Paul Hesp. 1, 244.
10) transitiv, öfncn: mit dem ars ein thor auflaufen, auf-
rennen. Garg. 177' ; die füsze auflaufen, wund laufen : die hund
sollen auch, wenn es hart gefroren ist, nicht auf die hasen-
jagt gebracht werden, denn sonsten sie ire füsz auflaufen.
iceidwerkbuch 88'; in den schmelzhütten, erz und kohlen auf-
laufen, aufschütten.
AUFLAUFT, m. tumullus, excursus, aufiauf: in fewersnöten
oder andern aufläuften. Kirchhof disc. mil. 18 ; andere belege
gibt Orerlin 67 und Haltaus 61. dann auch ertrag, reditus,
was aufläuft: da ein junker, der thalgüter hat, sein gut sel-
ber nicht will versieden, so Ihut ers aus einem andern pfent-
ner, der pfandwerk hat, und er nimmet jerlich den aufleuft
oder wie wir reden, die ausbeut oder überlauft darvon. Ma-
THESiDS 126*. gebildet wie brautlauft, überlauft w. a. m.
AUFLAUNEN, hirquis intueri. Stieler 1089 schel ansehen?
s. aufleunen.
AÜFLAURER, wi. insidialor, speculalor:
wir müssen im auflaurer pstellen. H. Sachs III. 2, 197';
die freiheit der stimmgebung war dahin, weil sich die bischöfe,
als dienstbare auflaurer der kröne, jedem fürchterlich machten.
Schiller 801 ; dasz es in dem gange der hier beschriebenen po-
lizei keiner spione, keiner heimlichen auflaurer bedarf. Fichte
naturr. 2,155. Thümmel 10, 216.
AUFLAUSCHEN, auscullarc: schweigen und auflauschen.
s. auflaustern, auflösen.
AUFLAUSCHER, m. auscuUator: doch wir mögen lieber
denken, was er ist und sein könnte, als es aussprechen, was
wir von ihm denken, es gibt der auflauscher genug. Tieck l, 50.
AUFLAUSTERN, auscullarc : als sie vor dem fenster ge-
standen und aufgelaustert hatte. Sitjjp/. 2, 254; wo ich dieser
damen weiter auflaustern wolle. 2, 397. vom Verhältnis zwi-
schen auflauschen und auflaustern wird unter den einfachen
Wörtern die rede sein: das nnl. opluisteren ist_ illustrare, nicht
auscullarc.
AUFLEBEN, vitae reddi, reviviscere: der kranke, von die-
sem tage an, begann sichtbar aufzuleben; vor freude über'
diese nachricht ist sie wieder aufgelebt;
schon halb gestorben, lebet von neuem mir
der müde leib auf. Klopstock 1, 48 ;
desto feuriger lebts in mir auf,
dich als gemahlin in mein haus zu führen.
SCHILLER,232;
dasz das Vaterland noch einmal auflebe! Klinger 2, 120. feh-
lerhaft transitiv für beleben, aufleben lassen : meine thränen
sollen die deinigen von diesem leblosen holze wieder aufleben.
1, 316.
AUFLEBEN, n. reditus ad vitam.
AUFLEBUNG, f eine geschichte der kunsl von ihrem ver-
fall bis zur auflebung zu schreiben. Güthe 29, 39.
AUFLECKEN, calcitrare, golh. laikan springen, aufspringen:
zwen esel
gunden binden und vorn auflecken. U. Waldis 4, 57.
mehr unter dem einfachen lecken.
AUFLECKEN , delingere, lingendo consumerc, golh. laigun :
die geisz hat das salz aufgeleckt ; den zucker auflecken ; da
fiel das fewr des herrn crab und frasz brandopfer, holz, stein
und erden und lecket das wasser auf in der gruben. 1 kün.
18, 38; die opfer holocausta, welche das feur vom himincl
verzört und auflecket. Frank wellb. 177"; und nun, da das
ziehen der liurmonika wie das wasserziehen der siechenden
sonne sein herz aufleckte. .1. Paul Tit. 2, 212. intransitiv, die
flamme leckt auf gen hiinmel. s. lecken.
AUFLEEREN, vacuare, aufräumen, ausleeren.
AUFLEGE, f inid'Efin: ein gar gut auflege oder uinb-
schlag für groszc heubiwehc. Bartiscii äugend. 77. Stieler
1114 hat auch anlege pensum, angelegtes gcspinst. das f. be-
stätigt durch ahd. analegi, scafllegi u. a. m. vgl. auflegewasser.
AUFLEGEN, imponere, nnl. opleggen, häufig nahe grenzend
an das legen auf einen, auf etwas, doch so, dasz der von der
praep. regierte ncc, sobald blnsze partikel eintritt, im dativ
steht: ich lege die band auf dich = ich lege dir die band auf.
1) sinnlich: wenn die apostel die bände auflegten, aposl.
gesch. 8, 18; so ich jemand die hünde auflege. 8, 19; den
arm, den elenbogen auflegen, zumal ausbreiten, vorlegen: das
tuch, die decke auflegen ;
die tischlüchcr man da auf lait. fnstn. sp. 782,20;
messer und gabel auflegen; das brot auflegen; legt brot auf!
1 Mos. 43, 31 ; das man ander frisch brot auflegen soll. 1 Sam.
21, 6 ; zündeten die lampen an und legten die schaubrot auf.
2 Macc. 1, 8 ; folgends ward der tisch entdeckt und ein tapet
aufgelegt. Garg. 163'; dem ochsen, das joch auflegen, dem
pferde den saltel; mache du das schwere joch leichter, das
er uns aufgelegct hat. l kön. 12, 4; kein satel nit auflegen.
Soltau 448 ; dem rücken schwere last auflegen, dem arm harte
fessel. waaren auflegen, auslegen, ausstellen, etaler:
leg auf kneht! lasü schauen
die man und die frauen. fastn. sp. dSO, 4;
bücher auflegen, vorlegen, verlegen {s. hernach unter 5); Wür-
fel auflegen. Garg. 48' (mhd. für legen. MS. 2, 6') ; karten auf-
legen, aufschlagen, ausspielen, in verschiednem sinn: indem
sie (die kartcnschlägerin) die karten mischte und zum zwei-
ten mal auflegte. Götme 25, 279 ; nachdem er seine karten
drei jähre vor uns verborgen gehalten hat und noch verborgen
hält, sollen wir die unsrigen auflegen. 21, 109 (vgl. karte);
meine erste heschäftigung war, die müllersche Sammlung {von
mineralien) wieder vor mir aufzulegen. Göthe an Knebel 547;
briefe und Urkunden auflegen ; und wer will dran zweifeln,
so doch der papst gut brief drum auflegt, dasz im die hei-
lige befohlen haben. Fiscuart bienenk. US', den äugen die
binde, der wunde das pflaster auflegen : auflegen und einge-
hen (pflaster auflegen und arznei eingeben). Gar^. 161'; schminke
auflegen; fett auflegen, fett werden, das thier will nicht auf-
legen, fett ansetzen, legt zu viel fett auf; holz auflegen, forsl-
männisch vom bäum, der viel äste treibt.
2) figürlich, einem etwas auflegen, auferlegen: man legte
dem könige auf, sich in die angelegenheilen Deutschlands
fernerhin nicht weiter einzumengen. Schiller 916; ich weisz,
was die delicatesse dem prinzen auflegt. 741 ; ein amt, eine
pDicht auflegen; ewer aufgelegtes ampt. Luther 3, 324*. einen
namen auflegen, nomen imponere, gewöhnlicher beilegen, zu-
legen : legen sie mir keinen Spottnamen auf. Gotter 3, 279.
eine frage auflegen, vorlegen ; eine commission von theologen,
denen die frage aufgelegt wurde. Schiller 812. ein leid, her-
zenleid auflegen ; ietz sol er (der Türk) den ein not auflegen,
die sein glauben nit wollen annemen oder bekennen. Frank
weltb.iOb*; rücksichten auflegen: die dritte forderung an den
menschen zu machen und ihm rücksicht gegen die gesell-
schaft aufzulegen. Schiller 1126 ; zins, abgäbe, Steuer auf-
legen ; und sol man in umb geld strafen, wie viel des weibs
man im auflegt. 2 Mos. 21, 22 ; den eid auflegen : wenn jemand
wider seinen nehcsten sündigen wird und wird im ein eid
aufgelegt. 2 chron. 6, 22.
3) zumal bedeutete auflegen schuld geben, zur last legen,
eine schuld, schände, lasier aufbürden, -imputare: wenn jemand
ein weih nimpt und wird ir gram und legt ir was schend-
lichs auf. 5 Mos. 22, 14 ; derhalb wolle euer heiligkeit bösen
falschen lestermeulern nicht glauben geben, die vom Luther
anders sagen oder im auflegen. Luther l, 144'; soll uns zu-
vor gesagt und vermanet haben, ehe er uns solche grosze
laster üffcnllich für aller weit auflegt. 3, 50'; was heltestu von
dem geist, der Christo thar (darfi auflegen und sagen. 3,54';
wirdostu auszen bleiben und dich aufgelegter sache nicht ent-
ledigen. 3, 133'; der aufrhur halben, die uns der nieuchler
auflegt und böslich ertichtet. 5, 307'; Verantwortung der auf-
gelegten aufrhur. 6, 6 ; das ich solchen eid nicht erlichtet
habe, wie mir wird aufgelegt. 6, 20'; wie herzog (Jeorg sei-
nem lieben todten vctter auflegt. 6,32'; den unsern wird mit
unwarheit aufgelegt, das sie gute werk verbieten. 6,366'; und
wiewol im gerne [etwas zur Inst) wäre aufgelcget worden, so
hat er zuletzt mit der rechnung ehrlich bestanden. Luthers
br. 5, 411 ; wir streiten nicht aus eignem frevel, fün\ilz oder
stolz, wie uns von etlichen aufgelegt wird. IMelanchthon be-
denken aufs interim. 154S bl. 1. heule veraltet.
4) auflegen, zulegen, adjicerc : s. Antonius bolsrhaft iial an
etlichen orten die hecken beredt, das ihn (ilinen) ieder ein
Schwein zu seinen auflegt. Frank wellb. 13.5'; bei einem ge-
thanen gebot noch auflegen (höher bieten); das agio auflegen.
5) auflegen, wieder auflegen, errichten: haben die abgötti-
schen tempel in den grund verbrandt und über 30 kirchen auf-
legen lassen. Micräliüs a. P. 2, 255. gewöhnlich heiszt auch
ein buch auflegen es von neuem drucken, obgleich erste auf-
läge .sonst die erste ausgäbe ist. in andcrm sinne Lichtenrerg :
wenn es der hininiel für nöthig und nützlich linden sollte,
mich und mein leben noch einmal aufzulegen. 1, 17.
685
AUFLEGEN — AÜFLEIERN
AüFLEIHM — AUFLEUCHTEN
686
6) aaflegen, disponere, begegnet nur im pari, praet. :
blos weil mich die uatur zum miileid aufgelegt.
GÜNTHER ;
belege des adjeetivisch vencandten pari, oben unter aufgelegt.
7) sich auflegen bedeutet (wie unter 1) sich auf etwas legen,
sich mit dem einbogen auflegen, auf den tisch legen, stützen;
einem armen kleinen kegel,
der sich nicht besonders regt,
hat ein ungeheurer flegel
heute grob sich aufgelegt. Göthe 1, 155.
der Übergang in sich auflehnen, das auch ein aufstützen ist,
liegt aber nahe, und diesen verstand scheinen andere frühere
stellen mit sich auflegen zu verbinden: warum soll ich mich
wider in als einen sterkern auflegen? ne Hercules quidem con-
tra duos. Mich. Neander syll. locor. 112* ; leget sich aber einer
mit im auf und gibt bö-:e wort für verwendte reden, der ma-
chet ein solchen menschen rasend. Mathesics 119';
wan auch die scbäflein ubel auf
sich jemal sollen legen,
und auf dem feld mit liolem 'bauch
der weid noch brunnen pDegen. Spek trulzn. 210.
sich bei einem auflegen, schmarotzen.
AUFLEGEN, n. impositio, in mehrfachem sinn : so ist der
verstand dieses textes klar, das Jacobus auflegen nicht das
heubtstöck ist. Llther 3, 264'; er habe es aber durch sein
gebet und durch das auflegen seiner bände wunderbar am
leben erhalten. Göthe 20, 300 ; das leise, freundliche auflegen
der linken band auf die schulter des in purpur gekleideten.
AUFLEGER, m. auf- und abladcr von waaren.
AUFLEGE\V.\SSER, n. und dis was>er gehurt zu den ob-
angezeigten auflegewassern. Babtisch augendienst 111.
AUFLEGUNG, /. impositio: das du erweckest die gäbe got-
tes, die in dir ist, durch die auflegung meiner hende. 2 Tim.
1, 6; aus dem allen sol erfunden werden, das mir mit bil-
ligkeit von niemand» einige auflegung {beschuldigung) gesche-
hen sol. Luther 1, 2I0'; neben auflegung gnugsamer schrift-
lichen kundschaft seines Verhaltens. Kirchbof mil. disc. 265.
AUFLEHNEN, inniti, renitt, acclinare, reclinare, vom ahd.
blinen, y/.ntir, Graff 4, 1094,
1) aufstützen : die band auflehnen ; auftauen Garg. l"6* ;
den Stab gegen den boden auflehnen.
2) sich entgegensetzen, empören, iciderspenstig sein : das rot
mör hat sich ufgelenet als zwo muren. Keisersb. post. 3, 71 ;
his so lang, das mein herz sich als ein steinern ufer widder
die wellen auflehnt. Luthers fcr. 2, 107; darum nennet in Mo-
ses ein Nimroth und rebellen, der sich wider alle weit und
gottes wort auflehnet. Mathesius S2'; wer wil sich wider in
auflehnen? 1 3/o5. 49, 9; und ir soll euch nicht auflehnen
thüren (dürfen) wider ewre feinde. 3 Mos. 26, 37 ; und der
herr wird deine feinde, die sich wider dich auflehnen, für
dir schlahen. 5 Mos. 2S, 7 ; zuschlage den rücken dere, die
sich wider in auflehnen. 33, 11; von der band aller, die sich
wider dich auflehnen. 2 Sam. IS, 31 ; und mein widersprecher
lehnet sich wider mich auf. Hieb 16, 8 ; die könige im lande
lehnen sich auf. ps. 2, 2; es lehnet sich das mcer auf gen
berg über sich. Acricola spr. 711 ; ein lauter wasser, das sich
gegen ihr wie ein berg uuflehnetc. Opitz 2, 260 ;
Kaphareus verlacht die wellen,
die sich an ihn lehnen auf. Flehinc 465;
wann man sich, wie mancher wolt,
mit einem jeden auflehnen soll."
bett man bei tag und nacht kein ruh.
Etri.^g 1, 410,
«0 man vergleiche sich auflegen; der ochse lehnte sich auf,
etiesz mit den hfimern an das hudendach. unic. doct. 777;
jede nachricht, dasz sich wieder eine andere insel aufzuleh-
nen anfange, venirsaclifc eine allgemeine freude. \Viela>d 2,
101 ; wir sahen den srblaghaum. nnd hinter demselben eine
pnsze masse menschen, die sich dort auflehnten und an-
drängten. Göthe 30, 311; es heiszt die Ordnung der dinge
umsloszen und sich gegen die gesetze der naiur auflehnen.
TiEC« 7, 2.^2.
3) aufreizen, zur empOrung anregen :
hat euch der teufel all aufgelent? fattn. $p. 689, 5.
t. aufleinen.
AUFLEHNIG, renilens. ttidertettlich.
AUFLEHNISCH, dasselbe.
AUFLEIERN, ein lied zur leier singen, aufspielen: leire
mir eins auf! Stiei.er Uli.
AUFLEIHEN, leihen, geld aufleihen, aufborgen.
•MJFLEIHEN, tcas oben sp. 645 aufleien :
wie sie sich schmückt und ziert, gleich also nach der reibe
zier und ausschmücke dich, uud deine haar aufleibe
gleich eben so wie sie. Werders Ariost 5, 25, im original'
come ella s'orna, e come il crin dispone
studia imitarla.
AUFLEIME.N, entweder mit leim festigen oder den leim lösen.
AUFLEINEN, gleichbedeutig mit aufiehnen, der form nach
ahd. hleinan (GR.\rF 4, 1095), mhd. leinen: sich aufleinen,
inniti. Maaler 34'; so sich wider ihne aufleinen. Fiscbabt
bienenk. 126*; sie schleppen (die sacke) zu mark, leinens auf.
ävrer fastn. sp. SS* ;
wan man dan nicht kan verneinen,
dasz allhie tausend müh
wider uns sich stets aufleinen. Weceh. 600;
wie sie sich wider dich leinen auf. 279;
die wider mich aufleinen sich. Spee tugendb.iH.
AUFLENZEN, morari, säumen, zaudern: damit er S. Vei-
ten nicht mit seinem langen auflenzen unwillig machte.
Wickram rollw. 16'. s. lenz und glenz.
AUFLESEN, legere, colligere, nnl. oplezen, von beeren {s. auf-
klauben), ähren, reisern, brosamen, dann aber auch angewandt
auf heimlich und unversehens aufgeraßes, aufgehobnes, zumal auf
kitider und findlinge: leset steine auf! l Mos. 31,46; die ab-
gefallen beer auflesen. 3 Mos. 19, 10 ; wenn ir aber ewT land
erntet . . soll ir nicht alles gnaw auflesen, sondern solts den
armen und frembdlingen lassen. 23, 22 ; siebenzig könige mit
verhawenen daumen irer hende und füsze lasen auf unter
meinem tisch, rieht. 1, 7 ; lasz mich aufs feld gehen und
ehern auflesen. Ruth 2, 2; sie gieng hin, kam und las auf
den Schnittern nach auf dem felde. 2, 3 ; laszt mich auflesen
und samlen unter den garben den Schnittern nach. 2, 7 ; und
laszt liegen, das sie es auflese und niemand schelte sie
drumb. 2, 16; also las sie auf dem felde bis zu abend und
schlugs aus was sie aufgelesen hatte und es war bei eim
epha gersten. 2, 17 ; da las der knabe Jonathan die pfeile
auf. 1 Sam. 20, 3S ; las holz auf. 1 kün. 17, 10 ; ich hab ein
holz oder zwei aufgelesen. 17, 12 ;
und das er selber die speen auflas, fasln, sp. 816, 16 ;
wir wissen insgesamt wie weise Pallas ist,
und dennoch zischelt man von einem feinen knaben,
mit drachenfüszchen zwar, den sie aus einem zwist
mit Mulcibern soll aufgelesen hsben. WiELA.'tD 5, 185;
wie man einen schätz findet oder den schnupfen aufliest,
unversehens und ohne zu wissen wie. 8, 22; die saubere
waare (ro« menschen), die er auf den slraszen zu Kischmir
aufgelesen hat. 8, 281 ;
wie Vastola zwei keimchen (kinder) aufgelesen. 18, 113;
und nun würd unser einem hinterbracbt,
dies mädchen sei des Juden loehter nicht,
er hab es in der kindheit aufgelesen,
gekauft, gestolen. Lessimc 2, 301 ;
vom staube hat er manchen aufeelesea.
Schiller 3i^;
Ungeziefer auflesen, unvermerkt an sich bekommen; wo sie doch
ihre Weisheit mögen aufgelesen haben. Klincer 9, 13S ; sofort
sprangen seine zwei hömer in die stube, die ich auflas. J. Paul
teuf. pap. 1, 82. rorj kindem galt auch lat. colligere: quicumque
puerum vel puellam projecfam de domo pafris vel domini vo-
luntate scientiaque collcgerit. cod. theodos. 1 de exposilis.
Dann auch namen auflesen, recilare, herlesen.
AUFLESEN, n. meine tapferkeit war ein auflesen hinler
euch her, wie das emtemädchen hinter des meiers sense.
Fr. MriiER 3. 223.
AI FLESER, »1. collector.
AUFLETTERN, adspergere, aufsprengen: im louf vrird heim-
lich die kraft golts durch den priesler, der das wasser be-
wegt, oder wer do toufl ein kind, indem so er das wasser
uflettret und spricht, ich touf dich in dem namen u. s. w.
Keisersb. post. 2, 26. in einer andern bei Oberlix 918 angesognen
stelle sagt Keisersrerc : das was gewonheit der Juden, das sie ire
hend zum dickern mol wuschen und iemer meder (mehr) mil was-
ser letlerten (besprengten), elsäss. im wasser letschen (pßdt-
schern), sehwdb. latschen, latschen (Schhid 338), Schweiz, lüdem,
lauern, triefen, sudeln (Stald. 2, 15t, vgl. lüttern 2, 188), ein
altes, besserer aupiellung bedürßiges wort.
AUFLEUCHTEN, alte lucere: aufleuchtende flamme, auf-
leuchtende gedanken.
687
AUFLEUNEN— AÜfLüSELN
AUFLEUNEN, launisch werden, lustig oder übel gelaunt
sein? s. auflaunen ; oder gehörig zu aufentlcunen («p. 638)?
ir wist, die nacht ist nicmnnils freunt,
ob ich zu ser wer aufgeleimt
und liet zu grob ein teil gcspiinnen,
seit ir doch weder muncli noch nunnen,
doch bit ich mir hie zu verzeihen.
fnstn. sp. 3S8, 19.
AUFLICHTEN, lucem affundere, außellen, nnl. opiichten:
er konnte, nur wollte er nicht, dies sein entrc chien et loup
auflichten. Hippel 10, 105 ; um ihren verfinsterten köpf aufzu-
lichten. TiECK ges. nov. 2, 257 ; es beginnt aufzulichten.
AUFLIEFERN ßr aufgeben, bei den poslcn: es sind die-
sen monat tausend briefe mehr aufgeliefert worden.
AUFLIEGEN, mehrdeutig,
1) incumbere, impositutii, moleslum esse: der balke liegt
auf {der mauer) ; der arm liegt auf {dem lisch) ; fleisch liegt
auf (dem brot); die wölke liegt auf {dem hi'mmcl); gelt, die
{spanischen besalzungcn) lagen dir am schwersten auf? Götiie
8, 178 ; wenn sie {die bursche) nur nicht gleich heiraten woll-
ten und wenn man einmal freundlich mit ihnen ist, einem
darnach den ganzen tag auflagen. Göthe U, G ; anstatt uns
nun hieran zu trösten und als grünes holz dasjenige zu er-
trageii, was dem dürren auflag. 26, 54; das menschcnschick-
sal musz demjenigen am schwersten aufliegen. 26, 312 ; doch
erinnere ich mich, dasz {diese alleren dichter) mir als kna-
ben und jüngling wie ein alp beschwerlich auflagen. 45,281;
die band des einsam verschlossenen, der die stimme der
liebe nicht hört, drückt hart wo sie aufliegt, an fr. von Stein
1, 34; wenn die leute in eurem lande schlecht sein wollen,
so liegt mirs nicht auf, sie davon abzuhalten. Klingers Ih.
4, 268 ; der schmerz liegt auf den weiblichen herzen mit
gröszerer last als auf den männlichen auf. .1. Paul uns. löge
3, 72 ; die witwe liegt mir auch auf {drängt mich). Heyne an
Joh. Müller 9S ; was Heinrichs Untergang möglich machte, war
der hasz seiner erzbischöfe und bischöfe, denen er so schwer
aufgelegen, denen er so vieles abgekargt hatte. Dahlm. dän.
gesch. 1, 306 ; die pflicht liegt uns auf, ob. s. obliegen.
2) das gesinde liegt auf, ist dienstlos, cnlweder liegt auf
der faulen haut oder liegt offen {nach 3). der Schmarotzer hat
lange bei uns aufgelegen.
3) of^cn liegen : das buch liegt noch auf {aufgeschlagen) ;
die zeitung liegt auf, liegt zum lesen da, liegt auf dem tisch,
ist aufgelegt.
4) sich aufliegen, wund liegen, auf dem krankenlagcr.
AUFLIEGEN, s. auflügen.
AUFLIEGUNG, das aufliegen, mit aufiigung der lienJ.
bienenk. 167, das aufgeleglsein, oder für auflegung?
AUFLISPELN, orc blacso balbutirc:
doch lispelt
stammelnde freudc mit auf. Kiopstock 1, 115.
AUFLOBEN, mercem laudare, ut alter emat. Stieler 1172.
AUFLOCHEN, arborem incidere, s. auflachen.
AUFLOCHEHN, aperluram facere, incidere: das muesz lege
auf, so weit der schad reichet, und so er aber das ganze
glied umbgcbe, so nimb für dich die gescliicktigste statt und
löciier es auf. Paracelsls 1, 485*.
AUFLOCKEN, das haar auflocken, in locken binden,
AUFLOCKERN, lerram solvere, agrum mollire: auflockern
und urbar machen. Bettink lageb. 102. das bett auflockern,
aufschütteln; schwämme auflockern, befeuchten und erweichen:
nachdem sie die tische mit aufgelockerten scinviimmen
s.TUbericn. Voss Od. 1, 111.
AUFLODERN, flammam concipere: affecten lodern auf wie
ein feuer. Lehmann 9; meine frau in zorn aufloderte, ehe
eines mann es 195; seine ganze seelc loderte, wenn wir so sa-
gen können, in einen einzigen gedanken auf. Wieland 2, 213 ;
wenn er, empfänglich wie er war, leicht aufloderte, wenn
sein lebhaftes begehren zudringlich ward. Götiie 17, 10; die
man kalte leute zu nennen pflegt, weil sie bei anlassen we-
der schnell nocii sichtlich aullodern. is, 91; ihr verstand ist
nicht mehr meister ihres herzens, und nur zu Zeilen lodern,
gleich den blitzen in einer dunkeln nacht, iiellere gefühic in
ihr auf. Klinceb 2, 323; nun erzählte der herzog mit auflo-
dern. Arnim kronenw. 1, 438.
AUFLÖSBAR, solubilis.
AUFLÖSBARKEIT,, f.
AIJFLÜSELN, subauscultare, diminutiv des folgenden. Maa-
ler 34*.
AUFLOSEN — AUFLÖSEN
AUFLOSEN, auscullare, allendere, auflauschen, $chweis. uf-
losa, ahd. hlosen, mhd. losen:
ein ieilicher, der da lioren will,
der lose uf und scliwige still, fastn. sp. 820, 6;
so los mir uf! 827, 16;
solt sie meiner red auflosen,
wer meines herzen begier. Ambr. Ib. s. 223, 45;
auflöse, 0 got, meiiler gerechten sach.
Mklissus B 1* ;
und solchem rechtgläubigem spruch
thut gott lleiszig auflosen. .
W. Spangenberg fangbriefe E 3'.
AUFLÖSEN, solvere, resolvere, ahd. lusan, mhd. loesen, nnl.
oplossen.
1) sinnlich, kanstu das band des Orion auflösen? /fio6 38,
31; wer hat das wild so frei lassen gehen? wer hat die
bände des wilds aufgelöset? 39, 5; nicht werth, das ir der
gurt aufgelöset würde. Baruch 6, 44 ; das ich mich vor im
bücke und die riemen seiner schuh auflöse. Marc. 1, 7. Luc.
3, 16. Joh. 1, 27 ; das ich im die schuh seiner füsze auflöse.
apost. gesch. 13, 25 ; löse auf die vier engel, gebunden an dem
wasserstrom. offenb. 9, 14 ; denn er {der ochs) kan euch fein
leren, das ir in auflöset, wenn in dürstet. Luther 8, 198'; ihr
habt mir die bände, damit mein trostlos herz gebunden war,
aufgelöset. Galmy 50;
lös auf mein greises haar! Gbtphius 1, 59;
die sonne in ein glanzgewölke aufgelöset. J. Paul Hesp. 1,
168 ; salz in wasser auflösen.
2) schlaf, tod, krankheit, hitze lösen die glieder auf:
jedes ihrer glieder lag gefällig
aulgelöst vom süszen gölterbalsam {schlaf).
Götiie 2, 106;
innig verschmolzen mit musik heilt sie {die dichlkunst) alle
seelenleiden aus dem gründe, indem sie solche gewaltig an-
regt, hervorruft und in auflösenden schmerzen verflüchtigt.
22, 91; ich begehre aufgelöst zu sein. Philipp. 1, 23 {sntd'v-
fiiav t'xcov eli xb avaXvaai, goth. lustu habands andletnan) ;
mitlerweile sind aus diesem leben etliche nutzliche vornehme
leute aufgelöset. Micrälils 4, 48; die kirche gesammelt aus
den geistern der aufgelösten gläubigen. Claudius 7, 118; der
brief eines aufgelöseten, eines verklärten an seinen zurück-
gebliebenen freund. Hippel 14, 1; Horion lag aufgelöst in den
armen des lehrers. J. Paul Hesp. 1, 248; bis er sich in un-
schuldige träume auflöste. 1, 187; ihre aufgelöste und er-
quctschte seele glich der bruchweide, der man alle zweige
rückwärts mit der bloszen band herunter streichen kann.
2,40; Anna sah zum fensler hinaus, um eine gewisse be-
klemmung ihres herzens aufzulösen. Arnim kronenw. 1, 399.
3) er löset auf der könige zwang. Iliob 12, 18 ; sie verste-
het sich auf verdeckte wort und weisz die rätzel aufzulösen.
weish. Sah 8, 7 ; ir solt nicht wänen, das ich koinen bin, das
gesctz oder die prophetcn aufzulösen. Matth. 5, 17; wer nun
eins von disen kleinsten geboten auflöset. 5, 19; wer der ge-
ringsten gebot eines auflöset, der sol auch der geringste im
himel sein. Luther 3, 312'; welcher geist Christus fleisch auf-
löset, der ist nicht von gott. 3,382'; warum sind sie denn
nicht auch so keck und lösen mir meine schrift auf? 1,429';
und disen ernst, reverenz, schäm und crsamkeit hat sie nie
aufgelöset. Frank wellb. 106' ; dieser arme jüngling, weil er
nichts hatte und ilim die bände etwas zu geben gleichsam
gebunden waren, inusle seine zunge auflösen und es aufs
bitten legen, pers. rosenth. 3, 27 ;
schwer isis, wie maus trcITen sol, dasz mans recht auflöse.
LoGAU 3,0, 70;
des ritlers bczaiibening, den zauber auflösen. Wieland 5, 15.
10, 272 ; bloszgestellt dem neide und allen leidenschaflen
eines zügellosen, aufgelösten volks. Schiller 805 ; es war als
wenn er so gut durch fröhlichkeit als durch gefüiti Olli-
li(Mis erstarren wieder beleben, ihr schweigen wieder auflösi'U
wollte. (Jötiie 17, 397 ; der mann, der die heiligste pflicht
auflöst, kennt keine mehr auf erden. Ki.incer 2, 394; stille
lugend löst den mann auf, nur lapferkeit ist sein werth.
5,121; die ehe, eine gesellschaft, freundschaft auflösen; die
beobachtungen, nachdem sie durch malheuialik aufgelöst wer-
den, haben uns die kraft der anziehuiig oireiibart. Kant 3,
109 ; die bedculung eines begrifs durch eine erklörung auf-
lösen. 6, 10.
689
AUFLÖSLIGH — AUFMACHEN
AUFMACHEN — AUFMEISZELN
690
AUFLÖSLICH, auflösbar.
AüFLÖSL-NG, f. solutio, nach allen bedeutungen des auf-
lösens, s. b. auflösung der begriffe. Kam C, 14. 19 ; ich hätte
der auflösung dieses einwurfs überhoben sein können. 8,52;
der kranke geht seiner auflösung entgegen.
ALTLOTHEN, ferruminare, plumbare, mit blei befestigen:
einen knöpf auflöthen.
ALTLÜFTEN, ccn/i/are, insolare: das bett auflüften; sich
von dem zwange auflüften. Hippel 10, 208.
AUFLL'GEN, suspicere, aspicere, conlemplari, aufschauen.
Maalek 34*. schaeiz. ufluega. Tobler 431'.
ALTLCGEN, tnenliendo tribuere, lügenhaß außürden: du
richtest eine frembde lere in uns an, die du uns auflegest
und aufleugest, und nicht unser ist. Luther 3, 85'; der {ein
knabe) mir aus Engclland ist schaiklich aufgelogen, br. 5, 402.
durch lügen außringen, auftreiben:
wo hat er nur geh aufgelogen? H. Sxcas III. 2, 118'.
ALFLLFFEN, levare, aufheben, Schweiz, uflopfa: es sei
dann, dasz er zu zeiten ausz sonderlichem vorthei! sfeinen
hintern auflupfe, bienenk. 133'; mein bursche kehrt zu seiner
bürde zurück, lupft auf, kratzt hintenn ohr. Wiela.nd 18, 107.
sich auflupfen, in altum eniti, sich aufschwingen:
tliel in {den adler) gleich wie vorhin berupren,
das er sich nicht mehr kund auflupreD.
B. Waldis Esop 3, 47.
AUFMACHEN, lei'are, aufheben, nnl. opmaken.
1| üfnen, aperire, durch aufheben, außhun. die thür, das
thor auCmachen, mhd. üf luon; macht auf!; macht auf das
loch der hole! ios. 10, 22; wenn er jemand verschleuszt,
kan niemand aufmachen. Hiob 12, 14 ; ein buch aufmachen ;
den mund, die äugen aufmachen; den schlag am wagen auf-
machen, hcbamme 26 ; das fenster, den verhäng aufmachen,
aufschieben; die schleuse aufmachen; den knoten aufmachen,
außüsen; den schnürleib aufmachen; eine quelle des Unter-
haltes aufzumachen. J. Fall teuf pap. 1, 34. genaueres unler
aufthun.
2) feuer aufmachen, anmachen, es aufsteigen, sich erheben
lassen :
wie bald er da ein feur auTmacht. Uhla.hd 343 ;
sie macht ein feuer auf, i«t mühsam und geschwinde,
laun bin und milkt die küb. Opitz 1, 157.
Schweiz, ufmacha, anschüren, reizen. Tobler 431*. ein bild
aufmachen, aufrichten: sie machen ein bildnus eins men-
schen, das in all ircn winkeln und gezelten aufgemacht stehet.
Frank weltb. 96' ; von neuem aufmachen, außauen. Uhland 343 ;
3) aufmachen, aufspielen, spiel erheben:
mach auf, spieLmann, ein froling tanz.
H. SachsII. 4, 3";
unter währendem diesem gesang bedunkt mich warhaftig als
wann die nachtigall sowol als die eule und echo mit einge-
stimmet hätten, und wann ich den inorgenstern jemals ge-
höret oder dessen melodei auf meiner sackpfeifc aufzumachen
verinöclit, so war ich aus der hütte gewischt, meine karten
mit einzuwerfen. Simpl. 1, 28 ; da sie aber anficngen zu guin-
pen, dasz der ganze bau zitterte, weil man eben einen trol-
lichten gasscnhaucr aufmachte. 1, 109 ; musten die spiclleute
vor der tafel aufmachen. 2, 279 ; hürete die musicanten, welche
sich mit aufmachen tapfer lustig macheten. Salinde 329 ; nicht
wahr, meine herren, wandte er sich an die gescilschaft, wir
lassen eins aufmachen? Tieci tischler 1, 101. angewandt auf
das betlspiel:
mein man ist ein lorecbier ganch,
der sagt des tags vil von sachen,
wie er snaclits oft auf wol machen,
wenn wir denn zusamen kumen ins pclt,
so ligt er slill und ist versigen.
fastn. sp. 771, 27.
4) einen hut aufmachen, anfkrämpen ; das kleid aulinachen,
in die hohe stecken, aufnehmen; die wolle aufinachen, zum
sortieren auflegen.
5) sich aufmachen, sich erheben, aufstehn, auf den weg machen :
mhd. m.icht Incli itf dräte,
vareiil selbe zuo dem mer. Er. 7622;
ein paar hundertmal in Luthers bibel, z. b. danimb so macli
dich auf und zeuch durch das iand. t Mos. 13, 17 ; machet
euch auf und gehet aus disem ort. 19, 14; mach di-Ji auf,
niin dein weib und deine zwo töchter. 19, 15; Abraham aber
macht sich des morgens früc auf. 15, 27; ich wil mich auf-
machen und zu meinem valer gehen. Luc. 15, 18; und er
machete sich auf und kam zu seinem vater. Luc. 16, 20;
wenn nu hie ein zenkischer sophist sich aufmacht und wi-
der alle weit fechten wolt. Ldtuer 3, 79' ; der mach sich auf
und lauf davon. Garg. 8g'. s. auf und davon sp. 604;
sobald der tag sich auf wird machen,
wil ich auch munter sein und wachen.
Opitz p«. t. 210;
der moad bat sich schon aufgemacht, pers. rosenth. 1, 34 ; der
wind machet sich gewaltig auf. Lokman fab. 33 ;
mach dich doch auf, o herr! WeCKUERLi.-« 167 ;
Astree kennt das ziel,
wenn sie, o trauerspicl !.
sich soll mit donnerkuall und stürm zur räch aufmachen.
Grtphius 1, 424;
so mach ich mich auf und ziehe mit ihr von Florenz, l, 908 ;
willst du dich, gou, aufmachen, zu halten über der erden
ein geriebt? Klopstock Hess. 5, 16;
sage dem, der mich geschaffen und gerichtet liat, dasz ich
mich auhnache und komme und anbete. Klopstock 8, 23 ;
mache dich auf, Laomedons söhn. Voss //. 3, 250 ;
mache dich auf, heulender stürm. Gotter 2, 510;
nachher schien regen und stürm sich aufzumachen. Tieck
ges. nov. 6, 313 ; Melina, welcher sich, um die garderobe zu
übernehmen, bei zeiten aufgemacht hatte. Göthe 18, 234.
Da sich aufmachen leicht übergeht in sich rüsten, hört man
auch unter dem volk: die hat sich heute recht aufgemacht,
aufgeputzt; in welchem sinn schon bei Keisebsberg vorkommt
sich mustern und aufmachen = aufputzen.
AÜF.MACHERLN, /". lena: wie alti wib und ufmacherin, so
sie selber zu den Sünden zu alt sint worden, jungfi-owen
und dirnen habent abgeworfen. Oberlix 67 aus dem hand-
schriplichen Belial de Leronis. s. mitmacherin.
AUFMAHLEN, appingere, anmahlen. auch wol auffi-ischen.
die färben aufmahlen, verbrauchen.
AUFMAHNEN, admonere, anmahnen, außieten, auffordern:
her haublman, wenn ir jetzt aufmani
die Cananiter in ir grenz. II. Sacus III. 1, 34';
und Oohe sein junker dem dorf zu, also das ich gedacht, er
mant die bauren uf. Güt^ vos Berl. 64 ; gegen abend ist es
gleich arg "worden, als zuvor, das i. f. gn. die Stadt wieder
aufgemanet und das schlosz besetzet. Schweixichen Ij 72 ; so-
bald sie aber durch ihre kundschafter aufgemahnet. Froxsp.
kriegsb. 3, 142'; dessen ich ^iel beispiel und exenipel anzei-
gen könnte, dasz ich in groszer eil aufgemanet wurde und
auch bei den patienlen unbeholfen leut^halte. WüRTztcimd-
arzn. 242; hiezu wurden durch das orlandisch greuelhom
aufgemanet. Garg. Sl'; und gegen sie sich stark aufmanen.
2S4'; das ganze Teutschland wider die Ungarn aufgainahaet.
PuiLAXDER 2, 370 ; als er wider den kaiser aufgemahnet ward.
ZiXKGR. 166;
dasz man
aufmalinet das ganze kriegsbeer. Atrer7S';
bald mahnet auf zweihundert mann. 216';
vor Ungeduld sein herz bald aufzumahnen. Wielaxd 21. 178 ;
von jedem manso den eigenthiUiier zur rcichsvertheidigung
aufzumahnen. Moser 1, rorr. ,- wenn ein kaufmann einen pfef-
fersack verliert, soll man das ganze reich aufinahneu. Göthe
8, 80. 42, 103. 312.
AUFMAHNUNG, f. adhortaiio. erki. des landfr. von 1522. §. 4.
AUFMALEN, molere. das ganze getraide aufmalen.
AUF.MANDELN, die garben in mandeln zusammenlegen.
AUFMARSCH, «i. acies instnicla procedens.
AUF.MARSCHIERE.N: unser gnädigster landesherr licsz alle
regimenter auf dem paradeplatz aufmarschieren. Schiller 189' ;
zwei regimenter standen aufmarschiert.
AUFMÄSTEN, saginare, neh aufmästen; ein reich, welches
wie ein aufgemästeter leib an seiner eigenen grösze krank
lüge. LoHExsT. Arm. 2, 371 ; den Schweinen fett und fleisch
aufmästen, hannov. mag. 1^44 s. 334.
AUF.M.\SZ, n. was von frucht, wegen des verspäteten ein-
messens, oder auch als xins für geliehenes getraide mehr ge-
geben werden musz.
AUFMAUERN, in die höhe mauern: ein haus, eine wand
aufmauem; poetische geinählde, worauf die färben so hoch
aufgemauert waren, dasz man sie ohne zweifcl fühlen konnte.
J. Paul teuf pap. 2, 100.
AUFMEISZELN, celte, malleolo aperire oder auch caelare,
insculpere, mit dem meiszel üfnen, oder eingraben.
44
69 1 AUFMENGEN — AUFMERKSAMKEIT
AUFMERKSAMLICH— AUFMUTZEN 692
AUFMENGEN, futter untereinander mengen, schütten, s. auf-
gemenge.
AUFMERKEN, altendere, nnl. opmerken : merkt auf ir hi-
mel^ ich wil reden. 5 Mos. 32, 1 ; höret zu ir künige und
merket auf ir fürsten. rieht. 5, 3 ; lasz nun deine ohren auf-
merken aufs gebet. 2 chron. 6, 40; so sollen nu meine äugen
offen sein und meine ohren aufmerken aufs gebet. 7, 15;
ich habe aufgemerkt auf ewren verstand. Hiob 32, 11; merk
auf Hiob und höre mir zu. 33, 31; merk auf, du menschen-
kind. Dan. 8, 17; sie sahen einander an und schempten sich,
merk auf. schimpf imd ernst cap. 148. intransitives aufmerken
tst merken auf und wechselt damit, z. b. hiob 33, 1 heiszt es,
höre doch Hiob meine rede und merke auf alle meine wort;
tt'O bloszes aufmerken steht ohne casus, könnte es wie auf-
lauschen, auflosen ein in die höhe hören, ohren spitzen sein;
folgt ein casus, so verbindet ihn, wie die belege zeigen, Lu-
ther nochmals durch die praep. auf. spätere, welchen dann
aufmerken zu transitivem nolare, anmerken wird, setzen nur
den acc. hinzu: ich will mirs aufmerken;
dis haben aufgemerkt als uiierliörte Sachen.
Opitz 4, 358;
ich habe nun erkaiit die hochgcberztcn Keuszen,
ihr wesen aulgemcrkl. Fleming «26 ;
geschäfte der weit, welche er bei seinen reisen aufgemerket.
Opitz Arg. 1, 71 ; so viel ich von diesem sultan aufgemerkt
halte. Klincer 7, 210. doch behalten einige neuere die bcdeu-
tung von attendere mit hinzugefügtem dativ: beim studieren
des gedachten Werkes merkt ich mir selbst und meinen in-
nern geistesoperationen auf. Göthe 32, 175 ; er rechnete dem
herzen des sullans als gewinn an, was er seinem verstand
als Verlust aufmerkte. Klingeb 7, 118.
AUFMERKEN, n. altentio. man sagte sonst einer sache
sein aufmerken geben im sinne des heutigen seine aufmerk-
samkeit schenken : er sol auch weiter sein aufmerken geben,
wo verletzte knecht (seien). Fronsp. kriegsb. 1, 65' ; nach sol-
chem wird die bestallung zu verlesen an sie vermanct ihr
aulmerken zu geben. 3,6'; wir waren überzeugt, durch treues
aufmerken, durch fortgesetzte beschäftigung lasse sich allen
dingen etwas abgewinnen. Göthe 26, 63.
AUFMERKER, m. observalor: wolle auch hie andere auf-
merker hierüber verordnen oder selbst am andern ort den
augcnschein halten. Kirchhof mil. disc. 184 ; er hat auch auf-
merker verordnet, die alle monat musten inquiriern. Reisz-
NER Jerus. 2, 54' ;
wo purpn% nicht die mauren deckt,
wild kein aufmerker leicht versleckt.
Grypuius 1, 380;
ein sorgfältiger aufmerker. Kant l, 71; wenn die summierung
der pflichtübcrtietungen durch aufmerker bevorstände. 5, 116 ;
subtile und sorgfältige aufmerker. 8, 256. s. merker.
AUFMERKIG, attentus : aufmerkig und klarer erkendnus.
H. Sachs I, 369*; man musz in gottes dienst aufmerkig sein.
AcHicoLA 105'; so haben doch wirTeutschen nie fast auf die
werk gottes aufmerkig leut gehabt. Frank c/trora. rorr. a'; lei-
den macht aufmeikig. Frank spr. 139 ; darumb leser sei auf-
merkig. Paracei.sls 1, 51* ; grosze ohren zeigen an ein gnts
gehör, gute gedächtnis, aufmerkig, sorgsam. 1, 913'; so bläst
er umb, auf dasz man sei aufmerkig und horche gar still,
was der oberst gebieten wil. Fronsp. kriegsb. 3, 67'; wacht-
bar und aufmerkig. Philander 2, 100; meiner bitt aufmerkig
sei. MEiissulps. Li*.
AUFMERKLICH, attentus: alles wird im menschen praesa-
giert, in einem aufmerkiicher dann im andern. Paracelsus
2, 421*.
AUFMERKSAM, attentus, curiosus, das heutige wart, vor
dem aufmerkig zurückgetreten ist. Stieler 1272. aufmerksame
zuliörcr; einen auf etwas aufmerksam machen, (jötiie 25, 56 ;
aufmerksam geschaut! Voss Lui«e 3, 208 ;
mit den aufmerksamsten fingern forschte dieser grosze ge-
lehrte {Klotz) diesem niedlichen gölte durch alle kupferbücher
nach. Lessinc 8, 219; ein aufmerksamer liebhaber.
AUFMERKSAMKEIT, f attentw. konnte der horcher, nach
einer kurzen aufmerksamkeil, ungefähr folgendes verslehn.
Götiie 18, 217; es gehört unter die lobenswiirdigen atifinerk-
samkeiten {franz. altenlions), dasz wir uns sclinell bücken,
wenn jemand etwas aus der band fallen läszt und es eilig
aulzuhehen suciien. 17, 09; was soll ich euch von den hun-
dert aufinerksamkcilen erzählen, womit ich ihr den langen
weg über angenelim zu werden, sie zu zerstreuen suchte. 21, 50
AUFMERKSAMLICH, adv. allente: meine tochter, die dies
alles mit angehört und aufmerksamlich betrachtet hatte, ehe
eines weibes 282.
AUFMERKUNG, /". altentio, annotatio: stond also mit gro-
szer aufmerkung zuzuhören seinen Worten. Frank wellb. 199*;
aber leider solche geographische tabulen und aufmerkungen
des Tlieodori sind untergegangen. Micrämcs a. i*. 1, 10.
AUFMESSEN, in verschiednem sinn: einem schlage, prü-
gel aufmessen, aufzählen; Schweiz, ufmessa Todler 431'. ilie«-
messen, imputare: ihm dergleichen schuld und seumnus nicht'
mag aufgemessen werden. Frankf. ref. 1, 35, 7. landwirt-
schaßlich, gedroschenes getiaide aullieben, messen und auf-
speichern.
AUFMISCHEN, denuo miscere, aufmengen, aufschütten, auf-
schütteln: ein fasz wein, ein glas arznei aufmischen, auch
die karten aufmischen.
AUFMÖGEN, wie aufkönnen, doch im nhd. sinne des mö-
gens: ich mag gar nicht auf, aufstehen, das bell verlassen;
ich möchte gern auf, könnte ich nur. s. aufbegehren, auf-
sehnen, aufverlangen.
AUFMORGELN, procraslinare, auf morgen verschieben, hat
Stieler 2375, es bedarf aber der bestdtigung. besser wäre auf-
mornen = aufraorgnen. s. vennornen.
AUFMUDDERN,. aufschlemmen, ist halb niederdeutsch: er
läszt den see zwischen der Stadt und Goletta aufmuddern.
NiEBUHR leben Nieb. 1, 309.
AUFMUNTERN, excitare, ermuntern, erregen : einen vom
schlafe aufmuntern; den faulen zur arbeit, den bösen zur
lugend aufmuntern ; er that nichts anderes, als dasz er sie
aufmunteret, nicht in der predig zu entschlafen. Garg. 82*;
munter dich auf, kinds treck I 129*. sich aufmuntern, erheitern,
AUFMUNTERUNG, f excitalio, ermunterung.
AUFMÜNZEN, aufprägen: ja der keiser hatte sein bilde
zu seinen ehren aufgemünzet. Luther 3, 42'. auch vermünzen.
AUFMÜSSEN, wie aufliönnen, aufwögen : ich musz auf
(stehen); die thür musz auf (gemacht werden).
AUFMUSTERN, exornare. bei Keisersberg ist muster ala-
cer, vegetus, gleichviel mit frisch, munter, wacker, wie auch
Stieler 1241 munter = muster setzt, vgl. litt, mandrus und
mudrus, «.-otoM mehr bei munter, nun sagt Keisersberg auch:
sich aufmusteren auf das allerkostlichest, das scheint nicht
sich als ein musler aufstellen, sondern auffrischen, auf-
schmücken, man hört heule noch: sich heraus mustern, auf-
putzen, s. das folgende.
AUFMUTZEN, bei Maaler (Pictorius) 35*. 295* aufmutzen.
mhd. fast unerhört, während des 16 jh. in aller mund, später
wieder selten werdend, musz doch schon im 14. 15 jh. entsprun-
gen sein, man hat die sinnliche bcdeutung von der abgezog-
nen zu unterscheiden.
1) aufmutzen, comere, ornare, parare, adornarc, aufputzen, auf-
stutzen, bei Dasypodil's mangonizare, feile waare aufschmücken ;
sich erlich aufinülzen exornare, sich hübsch machen, wol auf-
gemutzter, wol gcbutzter hui, culta amica. Maaler 33*. nit
sihe an ain gezierte frawen, das du nit einfallest in ir strick,
zemal wan si sich also raisig aufmutzen und zerzerren, bu-
.sen offen stand, der hals, es ist als gelitzt und gefetzt, es
seind lauter Sünden strick. Eck pred. 5,46 bei Oherlin 67;
sich zum tanz mutzen. Keisersberg post. 131; mann oder
frau, die sich aufmutzen. 132; sie zieren sich und mutzen
sich auf. schimpf und ernst cap. ih\\ so lief der narr zum
reiswagen und besieht, ob man in auch rüstet und aufiniilzet.
cap. 198; wie hat der teufel hie todle kiwchen, kleidet
und geretc für der heiligen beine und gerele aufgemutzt.
Luthers, 287'; da ward er zornig und kunds nicht leiden,
das ich seiner kreien die pfauenfeddern ausrupft, darein er
sich geschmückt halte und für ein vicarius Christi aufge-
mutzt. 2, 14"'; sich aufmutzen zum tanz. Frank spr. 289';
lär, scliwelke, hangende brüst aufmutzen. 26 ; und hat ein
jeder sein heiligen aufgeimilzt, damit ein Zulauf gemacht.
weltb. 129'; von gold, silber, edlem gestein, seidiu gewaiid
seind sie schon aufgemutzt. 193*; wann sie in den krieg
ziehen, pflegen sie fie bar hoch aufziimulzen (in alliludineni
qiiandam et lerrorein adituri hella coinpli, iit hosliuin ociilis,
ornantur). Micvi.i.s 7'oci7u.? 449'; dieweil wir der neuwen ding
unlleiszig sein, inulzeii nur das alle hoch auf. Avkntin chron. 127 ;
darnach liebt man ein lanzen an,
ilu sich unser lochter und Trauen
vor niiilzen auf und lassen schauen
in pi-rleiu, rockrn, pilldin krönen, fastn. sp. 380, 12;
693 AUFMUTZEN
und auch mit kleiüung sich aurmuizt,
mit Worten irem ehman irutzt.
H. Sachs 111.1,1:9';
mit kleidung sie sich schön aufmutzt. III. 3, %;
so rat ich das usz minen witzen,
wir ihüciend post also ufmützen,
in lileidind. rüstind seltzamlich. Rüefs ^Idam 466;
das thicr in apocalipsin ist so gewaltig von der liuien auf-
geinutzet, das es die ganz weite anbettet. Wernstreit krieg-
büchl. 25; reiclilicli gestaffiert, geschmückt, aufgemutzt und
gebutzt werden. Fischabt bicnenÄ. 4'; dasz man die kircli mit
schönen bildern aufmutzen musz. 142'; man kann sich nit
vil aufmutzen und pllänzlen, wann man traurig und in trüb-
sal ist (immundas fortunas aequum est squalorem sequi.
Plaut. Cist. 1, 2). Berxb. Heüpold Plautus reditnvus. Augsb. 1628
s. 35. hieraus ergibt sich
2) ein abslractes erheben, hervorslreichen, übertreiben, mei-
stens in schlimmer meinung. schon in der erweiterunj eines
gedichts ron Süchenwirt, jedenfalls noch aus dem beginn des
15 jh. {bei Prijiisseb s. 167")
teten die herren nun ietzund da;
den schnopden und unnützen,
ej siiiend in sicher dri siunt ba;
denn daj sies herfür mutzen.
wenn ein reicher nicht recht gethan hat, so sind viel, die ihm
ttbcrhelfen, wenn aber ein armer nicht recht gethan hat, so
kan mans aufmutzen. SiracA 23, 27; iglicher christ wolle wis-
sen, das der teufel gerne wolte solche geringe stücke hoch
aufmutzen. Luther 3, 37'; darumb brüstet und mutzt (der
geist) solche grosze wort auf. 3, S3; das ist auch nicht der
geringsten stück eins, das sie aufmutzen. 3, 146*; wie denn
die gedenken, so nicht beten, sondern allein mit frevel ur-
teilen und iren dünkl aufmutzen. 4, 373". br. 3, 369 ; aber also
hat man gottes gebot nicht müssen aufmutzen, sondern ligen
lassen. 4,395'; wie es Paulus Rom. i hoch aufmutzt. 4,498';
in welchem (brief) ihr mir ewre arbeit, fahr, weinen so auf-
mutzet. 5,40'; die schendlichcn papisten und lesterer mutzen
hoch auf, das die kirche sei heilig und müge nicht irren. 5,
292'; dis mutzet die epistel an die Ebreer hoch auf {hebt
hervor). 5, 317'; umb des hohen rhums, den sie hatten, und
treflichen Scheins willen, den sie machen und grosz aufmutzen
kundten. 5, 371* ; welchs doch ein lauter falscher schein ist,
damit sie herkomen und ir nichtig leben so aufmutzen, das
alles andre verachtet wird. 5, 446'; aber weit über und vor
diesem allen hat er diesen dienst sonderlich gepreiset und
aufgemutzt, beide dere, die sein wort hören und predigen.
6, 33" ; wie er (der teufel) denn meister ist sunde zu machen
und aufzumutzen und aus einem funklin ein grosz fewer bla-
sen kan. 6, 62'; sihe, solches edles stuck der bejicht haben
die papisten ganz gedempft und nichts daraus gemacht, denn
die falsche unlregliche niarter mit Sünde zelen, und das alles
zum guten werk aufgemutzt, damit gott versünet solt werden.
6, 109'; trawen, hie solt ich mich wol selbs in die backen
gehawen haben, dazu gefangen und geschlagen sein mit mei-
nen eigen worten, sonderlich wo die scharfen antilogisten über
das buch kemen, die mich wie den öl (al) beim schwänz hal-
ten, und alle meine widerwertige rede wissen aufzumutzen.
6, 154'; also hat Paulus bei solchen mit seinem euangelio
auch nichts mehr ausgericht, da er mit allen trewcn gepre-
digt hatte, denn in verachten und taddeln, und sich so auf-
mutzen, lieben freunde, wir sind nicht aus einem stein ge-
sprungen, ja so wol gelauft und Christen als s. Paulus, c,
220*; sihe also kan s. Paulus den herrn Christum predigen,
preisen und aufmutzen, das wir sehfn was er sei und thu.
6, 24l'; weil sie solchs mit prechtigcn worten und groszem
geschrei, das sie fürgeben, aufmutzen, als leren wir, das was-
ser die seric bade. 8, 278' ; und weisz nit allein das böse
buch aufzumutzen, sondern auch die tugend. Lltmers tischr.
8'; die ärgsten buhen dringen hart und mutzen ir ding hoch
auf. 25'; die sünde so hoch aufnmizen und grosz machen.
Id7"; das du mir volgcnd die lieb der cinsamkeit so hoch
lobest und aufmutzest. .Mei.anchth. sendbr. an einen kartheuser.
Wittenb. 1524. bl. 2; sunder fahen an sein leben als tugent-
reich aufztlmutzen und erzüirn all sein kunst, redlicheit.
Frami «rltb. il'; ein ufgemutzt, nichtig, vermeint fürbringen.
ZüPFLS Götz von B. 28 ;
mit wollen lohen und nurmiilzen. II. Sachs I, 258* ;
was thuts helfen oder nutzen,
da nichts dahinder aiirzumulzen ? Httissvi 0. Z. 163;
AUFMUTZExN
694
hette gern die sach grosz aufgemutzt. Kirchhof «pcnrfioim. 156';
und tröstet sich eines prechtigen juristens, der ihm den han-
del rechte wol aufjnutzen und erlengern sol. Risgw. laut,
»arh. 272 ;
der Schwager thut sein red aufmutzen,
die ich gleichwol nicht strafen kan. Atisr362';
man mutzt an ihnen alles haarklein auf.
Gü.NiHER 4S7 ;
diesen punct weisz der pabst wiederum sehr hoch aufzu-
mutzen. Hahs 4, 150.
3) aus diesem aufmutzen, preisen, hervorheben, vorhalten,
wenn ein persönlicher dat. dabei stand, flosz unmittelbar die
neuste bedeutung des vorhaltens = zur last legens, voncerfens.
Atber fastn. sp. 27* sagt :
du mutzest mir hoch auf mein glück,
und seind doch Jauter schlechte stück,
das kann heiszen, du preisest mir mein gliick zu hoch, oder
maclist mir einen Vorwurf daraus, ziehst nachtheilige folgen für
mich aus diesem lob. sie scheniten sich, das sie so viel kin-
der haben sollen, der herr würde ihnen dies aufmutzen {ta-
delnd hervorheben). Widmanxs fai«/ (Haupt 2, 263); diese rede
ist mir so sehr aufgemutzt worden, dasz ich itzt drei tage
in dem loche stecke. Weise kl. leute 93 ; mit vorbehält, dasz
er bei erster gelegenheit solches aufmutzen wolte. erzn. 435;
als wolte man der Jugend {juventuli) Unverstand allzusehr auf-
mutzen. »id«/a/fe 193; excusierte das mir so hoch aufgemutzte
verbrechen. Felscnb. 2, 135; ein wolthäter, der den undank
zu hoch aufmutzt, Liscov 26 ; so würden sie uns den mangel
der Vernunft, den sie in unsem Schriften bemerken, nicht
mehr so hoch aufmutzen. 511 ; dasz wir unsere thorheiten vor
äugen sehen und diejenigen, welche die alten begangen haben,
entweder gar nicht wissen, oder doch aus ehrerbietung gegen
das allerthum, nicht so hoch aufmutzen. 660; must du aus
einer flüchtigen anmerkung, die du mir gar nicht hättest auf-
mutzen sollen, solche folgen ziehen? Lessisg 1, 403; wegen
des spöttischen tones habe ich nicht zeit dieses 'dein' noch-
mals aufzumutzen. 1, 572; denn je gröszer er sich selbst
macht, desto unbarmherziger wird ihm der leser sein thörich-
tes unternehmen aufmutzen. 6, 4; ein fehler, den man so
einem stümper kaum aufmutzen darf. 6, 115; denn ob er
schon den Griechen sehr hoch aufgemutzt hatte, dasz sie
glaubten der genusz des abendmals breche das fasten. 8, 409 ;
daher mag ich dem nachbar seinen trumpf auch kaum auf-
mutzen. 10, 99 ; oder man findet es zugleich so viel sonder-
barer und unrechter, dasz ich es in dem tone thue, den man
mir so hoch aufmutzt. 10, 22S ; und in der that, seine feinde
hatten unrecht, ihm solche kleinigkeit so hoch aufzumutzen.
Wieland S, 242; einem jeden armen menschen wird seine In-
dividualität, sein beschränkter zustand aufgemutzt. Göthe 45,
1S4 ; mutz mir doch den primas nicht auf. Bettine br. l, 352.
so hat, an diesem worl, allmälich die Vorstellung des schmückens
und lobens sieh verwandelt in ladet und Vorwurf, doch hieng
gleich anfangs auch jenem putzen etwas flatterhaftes und sträf-
liches an.
Fragt es sich endlich nach der Urbedeutung des worls, so
kann sie blosz für das sinnliche aufmutzen gesucht werden,
und hat ihre Schwierigkeit, wir werden unter mutz sehen,
dasz auch dieses einfache worl putz ausdrückt, unthunlich aber
«ure, in mutz und putz, aufmutzen und aufputzen einen
Wechsel zwischen m und p anzunehmen, vielmehr wurde schon
bei abinulzen erkannt, dnsz es entsprungen sei aus abmurzen,
abmurzeln, abschneiden, folglicti musz auch aufmutzen sein auf-
miirzen, aufschneiden, aufstützen {was man sehe) und aus schnitt,
zustui: der kleidertracht erklärt werden, nach der Limburger chron.
§. 36 waren um 1350 die mannerrOcke um die brusi oben ge-
mützert und gellülzert (Herp bei Setikenberg sei. 2, II schreibt
gemotzert und gepflützert), turnen aufgeschlitzt bis an den
gürtel. junge männer trugen kurze kleider, die waren abge-
schnitten auf den lenden, gemützert (Herp 12 gemotzert) und
gefallen mit engen armen, das ganze mittelalter trug zer-
hauene, zerschnittene, zerfetzte kleider, man sagte vestimenla
incidcre, cultcllare (Caesar, heisterb. 4, 151 und tunica cullel-
lata (5, 45), mm wird das vorhin aus Ecks predigen an-
geführte aufmiilzen, zerzerren, fitzen und fetzen verständlich
sein, aufmutzen ist aufschneiden, aufstützen und dann auf-
schmücken. Da aber mutzen ornare aus Suchenwirt nachge-
wiesen wurde und mm-zan, niui-zilüu beieits ahd. truncare, eur-
tare, altn. murlr eurtus, gestutzt ausdrückt, ein pferd mit ge-
■ii*
695
AUFMUTZER — AUFNEHMEN
AUFNEHMEN
696
slutztem schweif gemutzt und mutz liicsz; so kann aufmutzen
nicht vom it. mozzare, eher umgedreht dies von mutzen her-
geleitet werden, mehr noch unter mutzen.
AüFMUTZER, m. bei Dasypodius mango.
AUFMÜTZERIN, f. bei Pictouius ornatrix, putzmacherin.
AUFMUTZÜNG, f. ornalus: doch hilft biszweilen das, was
übrig Jiinzu gesetzt wird, auch zu aufmutzung der rede. Opitz
poeterei 34.
AUFNAGELN, clavis affigere, annageln, dann abp' auch in
die höhe nageln und vom hui aufkrämpen:
ist es niclil fein, eh man guts tliut,
oliu bit und scliinieren die laut hassen,
mit aufgenaglet idummem hut
sicli braiier Inachen rinn die gassen?
WfiCKHERlIN 415.
A11FN.\GEN, arrodcre, rodendo solvere, nnl. opknagen: die
mause nagen den strick auf; du nagst mich auf mit deinen
ewigen klagen ; qualvolle gefangenschaft nage seinen stolzen
geist auf. Ki.inger 1,304.
AUFNÄHEN, assuere, nnl. opnaaijen : dem ermel die schleife,
dem hcmd den streif, dem but die cocarde aufnähen, allen
zwirn aufnähen, consumcrc.
AUFNAHME, /". susceptio, receptio, incrementum.
1) die aufnähme ins haus, eines kranken ins spilal; die
aufnähme eines gastes, eines gesandten, empfang und bewill-
kommnung; die aufnähme war sehr herzlich, sehr kalt; die
aufnähme auf die herrenbank des reichstages zu einer viril-
slimme gebührt dem könig. denkschr. des fr. von Stein 47;
die aufnähme in eine gesellschaft. die aufnähme, welche ein
buch, ein Schauspiel im publicum findet ; wo zuletzt bei öffent-
licher darstell iing die aufnähme, welche das publicum gewährt,
den ausschlag cnlscheidct. Götue 45, 101; morgen ist auf-
nähme der Schüler.
2) die aufnähme des geldes, des capitals.
3) aufnähme, gedeihen, aufbringen, emporbringen: der ort,
das gasthaus kommt in aufnähme; Lessincs beitrage zur histo-
rie und aufnähme des tlieaters ; ob der weg zur aufnähme
oder zum verfall führt, läszt sich so geschwind nicht beur-
theilen. Lichtenberg 1,256.
AUFNÄHHEN, alere, nutrire, aufziehen:
ihr wurdet, gleich dem volke,
gewiegt und aulgenäiirl. Voss 5, 235 ;
männcr tur reif aufnähren. Voss lies, tlicog. 340;
untbicr aller gestalt, wie das land aufnahrt und die mccrflut.
575 ;
wie in der bonigkörbe gewölbeiem baue die bienen
dronengezücht aufnähren, das theil an bösem gcsclinfl lial.
5S8.
AUFNASCHEN, ligimire, avide vorare: die frau naschte
alle gcdürrten zwetschen aus der Speisekammer auf; die rosse
aufl)indcn, das sie nicht mist oder kot aufnaschen. Seuter s. 13.
AUFNASEN hat Stieler 1333 für nares corrtigare, nasc
rümpfen, in den hültenwerken isls die nasc der form öfnen.
AUFNEHMBAR, receptibilis : alle Wörter der spräche sind
aufnehmbar.
AUFNEHMEN, susciperc, accipcre, recipere, nnl. opnemen,
golh. andniman.
1) von unten in die höhe: der valer nimmt das kind auf,
auf seine knie; die mutter das schlafende kind auf in die
arme; er nahm sie auf und trug sie. Es. 63, 9; Christus wird
von der erde aufgenommen in den liimmel; bis an den tag,
da er aufgenommen ward, apost. gesch. 1, 2; dieser Jesus,
welcher von ciicii {von euch weg) ist aufgenommen gen himel.
1, II; eine wölke nahm ihn auf vor iren äugen. 1, 9; der
geist, die seele des sterbenden werden aufgenommen; imd
steinigten Stephanum, der anrief und spracii, herr Jesu, nimm
meinen geist auf! 7, 59. der vogel nimmt ein körn mit dem
Schnabel auf von der erde ; ich sah einen ring am bodcn lie-
gen und nahm ihn auf; den iiingeworfnen handschiih auf-
nehmen tmd dadurch den kämpf annehmen; und das {her-
nieder gefahrene) geflis/. ward wieder aufgenommen gen liim-
mel. apost. gesch. 10, 16; endlich nahm er in der Verlegen-
heit ein buch auf, das er- vor sich auf dem tischchen liegen
fand. (Jötiie 19, ft8. ins zimmer verschiilteles wasser mit dem
tuch aufnehmen {aufwischen); den slaub aufnehmen von der
diele mit einem tuch, wofür man auch sagt, die st übe auf-
nehmen, nnl. de meid nam den vioer op. das kicid aulneh-
men, in die höhe stecken oder blosz außchen. in der drtickc-
rei, den bogen aufnehmen, um lagen zu machen.
2) von oben nach unten : die erde nimmt den samcn auf
in ihren schosz; die mütterliche erde nehme den todten auf;
das meer nahm alle leichen auf in seine tiefe; der kleine
weiher kann die eingesetzten fische nicht alle aufnehmen;
die hölle nahm ihn in ihren abgiund auf; der stul, das bett
nimmt den müden auf.
3) anderes aufnehmen, wer euch aufnimmt, der nimmt mich
auf, und wer mich aufnimmt, der nimmt den auf der mich
gesandt hat. Matth. 10, 40; da Jesus wieder kam, nahm ihn
das volk auf. Luc. 8, 40 ; denn mein vater und meine mutter
verlassen mich, aber der herr nimpt mich auf. ps. 27, 10;
kinder, waisen, fündlinge ins haus aufnehmen ; und wer ein
solches kind aufnimmt in meinem namen, der nimmt mich
auf. Matth. 18, 5. Luc. 9, 48 ; gaste, boten, gesandte aufnelmien ;
da sie die boten aufnahm. Jac. 2, 25; flüchtlinge, feinde,
freunde in die Stadt aufnehmen, susciperc; wenn dein bruder
verarmet neben dir, so soltu in aufnemen als einen frcmbd-
lingen oder gast. 3 Mos. 25, 35 ; bürger in die Stadt aufneh-
men, recipere; kriegsvolk aufnehmen und bestellen, reichsabsch.
1529 §. 17 ; knechte, arbeiter, diener, schüler aufnehmen, an-
nehmen; einen in die zunft, das amt, als mitglied in die
gesellschaft aufnehmen, statt des acc, lassen hier einige den
dat. auf in folgen, d. h. stellen die Sache so vor, als wenn am
orte die aufnähme beschlossen worden sei: ich glaube ein frei-
mäurer zu sein, nicht sowol weil ich von älteren maurern
in einer gesetzlichen löge aufgenommen worden. Lessing 10, 254 ;
froh hat sie ihn aufgenommen
in der labungsregion. Bürger 72';
als der reisige Peleus mich in seinem pallastc
aufnahm. 242'.
4) kämpf, krieg, streit aufnehmen, unternehmen, bestehen:
in kriegen, die er ausz nolwür aufnemen mfisz. Frank wellb
187"; es mit einem aufnehmen: er wurde ganz unwillig, als
eine der Sirenen kühn genug war, es mit seiner göttin auf
zunehmen. Wieland 1, 247; der arme mann im Tockenb. 304;
seine freunde jammerten laut, sie baten den könig,
aufzunehmen den kämpf. Göthe 40, 221 ;
es wünsche der könig,
aufzunehmen den kämpf, den zwist geendigt zu sehen.
40, 222,
WO auch im Reineke den kamp, det orlich upncmen, vgl. den
handschuh aufnehmen und mit einem anbinden, strafe auf-
nehmen, annehmen:
weil sie kein straf aufnemen will. H. Sachs I, 509';
wir sagen heute, auf sich nehmen, spott aufnehmen, /«nne/imen ;
den spot musz ich do aufnemen. fastn. sp. 107, 25.
5) gelder aufnehmen. Göthe 17, 143; was für capital er hin-
ter mir aufgenommen. Fr. Müller 1, 277. zeug aufnehmen,
wir sagen heute ausnehmen : wurden zu seinem hemd aufge-
nommen funfthalbhundert ballen. Garg. 112' {hernach lU' zu
dem latz nam man aus), die feldmesser nehmen eine gegend,
eine ebene, einen wald auf, um einen risz davon zu verfer-
tigen; nehmen einen risz, plan auf; thii, als wenn du von
den rneublen ein inventarium aufnähmest. Tieck 12, 118.
6) das wort, die rede aufnebinen, susciperc: lasz dein herz
meine wort aufnemen. spr. Sal. 4, 4 ; wenn jemand das wort
höret und dasselbige bald aufnimpt mit freuden. Mallh. 1),
20 ; wer mich verachtet und nimpt meine wort nicht auf.
Joh. 12,48. verschieden davon ist das worl, die rede aufneh-
men, excipere, ein vernommnes wort außchen und darauf er-
widern, ein wort ins lexicon aufnehmen ; jedes worl, das die
spräche hat, soll aufgenommen werden.
•7) etwas wol oder übel, hoch oder gering, günstig oder
ungünstig aufnehmen;' der könig bats hoch aufgenommen.
Fr. Müllers, 223;
nehmt ja nicht übel auf, gestrenger liiter!
Lrssing 2, 25t ;
dasz man die gedrohte mishandlung dem Achilles hoch auf-
nimmt. Herder 15, 93. früher gelirauchte man dabei adv. und
praepositionen : du nimmst es mir in gutem auf; nichts in ar-
gem aufgenommen. FnE\ garleng.vorr.; seine rede wurde nicht
eben zum besten aufgenommen; der nam es ihme zu gut auf.
Ayrkr proc. 2, 11; für gut aufnehmen ; wie nimmst du das,
wofür nimmst du es auf?; für bekannt aufnemen. Garg. 212';
ich hülle es vornussehcn sollen, wofür mau meine freimütig-
keit aufnehmen würde. Lessing 6, 222; lauiie für ernst auf-
nehmen. Schiller 187'; er nimmt das alles für bares geld
auf »»I manchen dieser redcnsarten steht auch blostes nehmen
statt aufnehmen.
697
AUFiSEUMEN— AÜFNEN
AUFNESTELN— AUFORDNEN
698
8) beachlenswerth ist die bedeulung von enlnehmm, pereipere,
inlelligere: in allem leiden und anfechtung sol der mensch
zu allerersten zu golt laufen und erkennen und aufnehmen,
das alles von golt zugeschickt werde. Luther 1. 19*.
9) treidmännisch, der leilhund nimmt die fährte wol auf,
erkennt, unterscheidet sie durch den geruch. bergmännisch,
die zeche, grübe wieder aufnehmen, bearbeiten; es möge doch
das Ilmenauer bergwerk wieder aufgenommen werden. GOthe
30, 218. ebenso eine zurückgelegte arbeit wieder aufnehmen.
10) intransitive bedeulung tcird erreicht durch beigefügtes zu-
rückleitendes sich: der wind nimmt sich auf, hebt sich; er
nimmt sich auf, seine umstände heben sich, bessern sich.
11) sie entspringt aber auch ohne das, icobei leicht accusa-
tire hinzugedacht verdcn mögen: der mond nimmt auf, auge-
tur, = nimmt zu; wenn der mond aufnimpt und abnimpt.
buch der natur. Augsb. US3 weidmännisch, der hund, das
wild nimmt auf, wird trächtig, d. h. nimmt den samen auf,
empfängt (nach 2). wil der mensch aufnemen in lugenden =
zunehmen, wie der mond. Keisersb. aufnemender mond E6;
das dienet dir zu aufnemen in lugenden. A3; mhd. nam 6f
an muote. Mai 19, 40, das sein nechster basz aufnimbt an
reichtumb, ehr und glück. H. Sachs l, 298 ,
einer namb auf, der ander ab. 1, 441',
wiewol grosze armut vorhanden war, dennocht hat es fiber-
schwenkt und aufgenumen zu groszer miltigkeit. Mei-anchth.
2 Cor. 8. diesen sinn des gedeihens zeigt das subslanlicischc
aufnehmen, so wie aufnähme unter 3.
AUFNEHMEN, n. prosperitas, das gedeihen, aufblühen, nach
der zuletzt entfalteten intransitivbedeutung des aufnehmens :
dasz wir des heiligen reichs wolfahrt und aufnehmen gnädig-
lich zu fördern allezeit geneigt. Regensb. absch. bei MEiAncHrn.
4, 627; unserm christlichen glauben zu aufnehmen, reichs-
absch. von 1526 eingangs; dieser hochberühmten stadl Colin
zu merklichem besten und aufnehmen laufet. Schweimchex
1,203; die sladt soll durch den Untergang der hauptstadt in
so grosz aufnehmen gekommen sein, pers.reiseb.2,3; seines
Staates ehr und aufnehmen. Phiu^xoer 1, 556;
m hofnun^ stund er auch durch seine tapferkeiten,
die er erwiesen hett in wafTen und mit streuen,
und noch erweisen wolt in seines königs dienst,
zu seines reiches ehr, aurt>ehmen und gewinst.
Werders Ariost 5, 34;
Teutschland finden sie
in eim solchen aufnehmen,
dasz sie sich gleich für Welschland Schemen. Atiier102';
dasz sie der underthanen nutz und aufncmmen sollen beför-
dern. Zi.fKGR. apophth. 36, 36; golt bitten, dasz er dero re-
gicrung zu der gesamten lande besten aufnehmen ferner ge-
scgnen wolle Hahn 2. Zueignung, am ende; Magdeburg hatte
sein aufnehmen hauptsächlich der königin Edith zu danken.
2,93; vor des Volkes Sicherheit und aufnehmen sorge tragen.
BC."«ADl, 51; deren aufnehmen und bestes zu befördern. 1,95;
sie ergötzte sich an dem aufnehmen des ganzen geschlechts,
an welches sie durch ein doppeltes band der freundschaft
war verknüpfet worden Ck^nz 91; um die Ölmalerei in auf-
nehmen zu bringen. Lessixg 9, 456 ; er sorgte für das aufneli-
racn der Staaten, die er schon hatte, mit ausnehmendem fleisze.
J. E. ScHLECEt 4, 296 ; die Sternwissenschaft, deren aufnehmen
vorncmlich auf die Vollkommenheit der Werkzeuge ankommt.
KATr 8, 304. heute sagt man aufnähme
AUFNEHMER, m. receplor.
AUFNEHMLLNG, m. recipiendus : wenn bei den freimaurem
der aufnehmling während der aufnähme alles metall von sich
legen musz. J. Pacl dämmemngen s. 130.
AUFNEHMU.NG, f. was aufnähme und aufnehmen : derhalb
wir zu aufnehmung desselben bedacht, reichsabsch. von 1521.
pr.; es ist der adel und fürstenstand zwar bei den F'ersern
in gutem ansehen, aber ingemein in aufnehmung und befor-
derung einer persohn tugcnd und tapferkeit, durch welche sie
sich für andern lierfür thun müssen, beobachtet, pers: ro-
senth. 7, 9.
AUF"NEN, ÄUFNEN, augeri, promotere, aufbringen, empor-
bringen, bald intransitiv, bald transitiv, ein gutes Schweizer-
wort, das sich mit aufen, mhd. iiifen, aber auch mit öfnen
berührt, ältere Schriftsteller setzen noch ufnen, vgl. Stalo. 1, HS.
Toblei 431 (ufna):
ufnen alle grechiipkeii. Hotrs Eiter lleiai KU;
der pwall i^l drumb {reschafren uf erd,
das der göuer eer geiiTnei werd.
lU.Ns »0!« RÜTi fattn. E 1 ;
dan sein krankheit die ufnet fast,
er hat nienen kein niow noch rast.
Jos. Maurer mannentp. 1, 1 ;
nun wil ich witer ofTenbaren,
wie Babrloo sich gufnet hat. Malrer ßa6. 2;
von dcshin fieng an der bischof sine brüder merklich ze üfnen.
TscHLDi 1, G ; (Waldman) aufnet und fördert liederliche haus-
halter. Stettler 1,304; dest leichtlicher den römischen nam-
men und stand wideruinb ze aufnen. Stl «pf 1, 169" ; in disem
berggelend, bei einer meil wegs ob s. Gallen, habend die äbt
mit der zeit geaufnct den zierlichen fläcken Abtszell (Appen-
zell). 1, 89 ; mein vater halte seine wiesen mit dem mist geäuf-
net. der arme mann im T. 35; dschuel hed si güfnet, die
schule hat sich gehöben.
AUFNESTELN, sohere oder eonstringere ligulas, was der
Zusammenhang entscheiden musz, nnl. opneslelen: dieselben
(lederhosen) hatten krappcn einen bei dem andern, von der
groszen zehcn bisz oben aus, und hinten aufgenestelt halb
bisz auf den rücken. Limb. ehr. §. 85 ;
nestelt mich auf vor behend, fastn. sp. 333, 5;
wo das nicht helfen wolt, so woll ich die hosen aufnesteln
und uberüin springen. Luther 346'; zohe der pfarrherr die
priesterlichen kleider aus, nestelt sich auf. Frey garleng. 5l';
da Tanten beide häufen zusamen und nestleten einander der-
maszen auf mit stechen, slahen, schieszen. Hugoschapler 39;
da bekompt man witwens andacht, die wehret bisz sich einer
aufnestelt. Carj. 73'; so wolt ich im meine kuttenhalfter auf-
nesteln, anwerfen, aufsatteln und anzäumen. 25l'; ich meine
aber, wann sie (die Holländer) sich zu viel räuspern wollen,
sie sollen von theils Hochteutschen aufgenestelt werden. Phil.
2,810; einen faulen aufnesteln, alacrem reddere. Stieler 1342;
sie nestelte dem grafen das wams auf. Musics 3,168; einen
dieb aufnesteln, aupiängen.
AUFNESTLER. m. stimulator.
AUFNIETEN, affigere, festnieten.
AUETVÖTHEN, sohere nodos: auch können die fischer mit
ihren salmenplötzen sehr fertig die notknöpf (s. dies wort)
aufnölen und auftödten, wie ein nusz mit dem ars. Garg. 286'.
AUFNÖTHIGEN, oblrvdere: einem ein mädchen zur frau
aofnöthigen ; geld, speise und trank aufnöthigen ; bewirtete er
uns mit fetler Schafmilch, die er als höchst gesunde nahrung
pries und aufnölhigle, Götbe 31, 223 ;
so trieb sie mich durch alle gassen, mir
den heim aufnötbigend, den ich nicht wollte.
Schiller 450".
AUFNÜLEN, suffodere, aufwühlen: den wasen aufnülen,
wie die schwin thiind in wisen, cespites excitare. Maaler35';
meuse, so im vcld, wisen oder gärten wonend, fiirinen auf-
nülend, daher nülmaus. Forer thierb. 109'. vgl. ahd. nuol,
nuoil runcina, säge. Graff 4, 1126, Schweiz, nüelen wühlen.
Stald. 2, 245.
AUFOPFERN, immolare, sarrißcare, nnl. opoffercn,
1) mactare: der esel ward aufgeopfert, seh. und ernst c. 18;
dise rathen der verstorbnen männer wilwen, das si sich mit
der leich des manns in tod aufopferen. Fraxk irc///). 191*; als
der priester Calchas von wegen säiimung der schiffe gefragel
worden, hat er zu antworl gegeben, dasz man die PoljTtena
dem Achilles aufopfern müsle. Opitz 1, 209.
2) Offerte, darbringen, hingeben: seine seele dem Schöpfer
«ufopfern, sterben, pers. baumg. 1. 18. 9, 13 ; dem vaterlande
das leben aufopfern; geld und gut aufopfern ; im kriege men-
schenleben aufopfern; ich will mich aufopfern;
ihm Opfer du auf dein gesang. Weckii. 421 ;
aiifopfert ihm preis, dank und ehr. 126;
er würde selbst nach Delphis nicht grreiset sein und dem
Apollo seine andacht aufgeopfert haben. Lohexst. Arm. 1, 297 ;
wil auch nit was ich glaub anzeigen, sondern dem leser zu
urteilen aufopfern. Fraxk chron. vorr. a'; aber es ist nichts
dahinter als ein kaltes, selbstisches herz, das sich alles auf-
zuopfern weisz. Göthe 25, 2S5 ; ich habe für dich die schätze der
erde geplündert, du hast sie der wollust und dem vergnügen
aufgeopfert. Klixcer 3, 271 ; aufopfernde (sich aufopfernde),
aufopfenidsle liebe, freundschaft.
AUFOPFERUNG, f. darbringung, hingäbe, nnl. opoffering:
mit aufopferung seines lebens einen andern retten ; anfopfe-
ning der Unabhängigkeit.
AUFGRD.NEN, in ordinem redigere, aufstellen: ein roinera-
699
AUFORGELN — AUFPFEIFEN
AUFPFLANZEN — AUFPOLZEN
700
lügisches cabinet, das bis jetzt der bibliothek nur eingeschoben
war, wird soeben abgesondert und aiifgeordnet. Göthe 43, 361.
AL'FOHGELN, an der drehorgel aufspielen.
AUFJ'ACKEN, sarcinam imponere, aufladen, nnl. oppakken :
waaren aufpacken ; dem maulesel den sack aufpacken ;
sorge sie steiget mit dir zu ros, sie steiget zu scIiifFe,
viel zudringliclier noch packet sich Amor uns auf.
Göthe 1, 395;
hinter mir slehn schwarze klippen furchtbar aufgepackt (auf-
yelliürmt). Tieck 8, 58 ; er läszt sich alles aufpacken ; einem
grobheiten aufpacken, weil nun aufpacken der abreise unmil-
lelbar vorausgeht, drückt aufpacken aus sicti fertig machen, ab-
gehn: du kannst hier aufpacken, bist entbehrlich ; der kann auf-
packen, hat ausgespielt, häufig auch verbinden sich aufpacken
und abreisen formelhaß: packte nacliliero alles mein ver-
mögen auf und gieng nach Lübeck. Felsenb. 1, 80 ; so möchte
man nur beizeilen aufpacken und den stab weiter setzen.
tinw. doct. 753; das beste wird sein, wir packen auf und
ziehen weifer. Lessing, aufpacken kann wiederum hciszen
entladen : den koffer aufpacken, wofür doch lieber auspacken
gesagt wird; die ballen, waaren, kisten aufpacken.
AUFPÄPPELN, pulle alere, mit brci aufziehen, zärtlich auf-
bringen: die milch gieng der mutler aus und das kind muste
aufgcpiippelt werden ; ein gebildeter, übcrfüliter, von gelehr-
ten Zeitungen aufgepüppelter mensch. Tieck 5, 289.
AUFPAPPEN, dasselbe, man sagt es auch vom kinde selbst,
das seinen brci aufiszl ; das kind halte das gcld dafür auf-
gepappt. Hippel lebensl. 4, 202. dann bedeutet aufpappen auf-
kleben, mit pappe festkleben, congUUinare: siegelkabinet, das
auf den adlichen Schuldscheinen zerstreut aufgepuppt sasz.
J. Paui. Siebenk. 1, 5.
AUFPASSEN, altendere, aptare, nnl. oppassen.
i) intransitiv, aufmerken, acht geben: pas auf! gib acht!
glaubt ihr, dasz unser einer nicht besser aufpasic. Göthe 14,
297 ; welch ein aufmerken, welch ein aufpassen auf jede be-
dingung. 53, 25 ; überiiaupt hält ich den leser längst bitten
sollen aufzupassen. J. Paul Hesp. 2, 19G.
2) «1«/ beigefügtem dativ, auflauern, insidiari, oft nur al-
tendere:
wan schon mit list, gewalt, macht, schmach
vil hunderttausend mir aufpassen. Wecküerl. 9;
hätl dieser Schleicher nicht gewust
in ihier krankheit auTzupassen,
uns anzuscinvärzen. Götiik 11, 124 ;
die räuberische bände nemlich hatte nicht der wandernden
truppe, sondern jener herschaft aufgepasf. 19, 65; der pol-
terer spielte ganz im sinne des unbekiinntcn geisles und der
pedanl hatte seinem Vorgänger gleichfalls gut aufgepast. 19,
223 ; ' meine maximc bei der natmforschung ist, das gewisse
festzuhalten und dem ungewissen aufzupassen. 22, 252; eine
schöne past ihm langst auf, bemüht sich um ihn. 23, 135 ; dem
jungen möglichen Universalerben scharf aufzupassen. J. Paul
flegelj. 1, 14.
3) transitiv, aptare: der dose den deckel aufpassen, an-
passen; cosacken mit aufgepasten (angelegten) flinten. pers.
reiseb. 1, 4.
AUFPASSER, m. cxploralor.
AUFPATSCHEN, pcrfe //«mjdo sonilum facere : der frosth, die
ente patscht auf; am ende ists und bleibts denn doch ein stein,
den wir in des nachbars garten werfen, wenn er auch ein ))is-
chen aufpatsclit, was hals zu bedeuten? Göthe a« Sc/»7/cr 269,
AUFPAUKEN, lympamim perculere, auf die pauke schlagen :
pauk auT, und mach ilic seilen klingen! fasln, sp. b66,l ;
ich will dir was aufpauken, ironisch, du meinst wol ich Ihue
deinen willen. Stiei.er 107; er wird ihm schon eins aufpauken.
AUFPAUSEN, was aufbausen, aufbauschen :
aiiszuposaiiiicii in allen laiideii,
ohne just die hacken nurzu|)au.sen. Götiik 57,258;
sogar meine kürbisfla.schen pausen sich auf, als wollten sie
loben. Fk. Müller 1, 128.
AUFPEITSCHEN : ein Ihier durch peilschenhicbc vom lager
aufnülhigen.
AUFPFAHLEN, palo infigere: der aufgepfählle köpf des
mufli. I>oiiknst. Ibr. lOG, 577.
AUFPFEIFEN, praecinere libia, tum tanze pfeifen: pfeif
auf, lasz hören deine knnst, welchs ist der schriftlich und
wclclis der geistlich sinn in diesem gebot 'non conciipisccs'?
LuTBEii 1,37"'; ob er müsse uns aufpfeifen (zu dienstc sein),
wenn wir wollen. 3, 74; wolan, pfeif auf, und verderbe den
reigen nicht. 3, 343'; da lasz die jüden aufpfeifen, wer die-
selbige giöszere herlichkeit gewest sei? 8, 78'; pfeif auf!
Uhlanü 650 ;
pfeift auf, ir lieben knecht,
und machet mir den reien recht! fasln, sp. 578, 14;
so pfeift auf und laszt es umbhin gan! 578, 19;
pfeif auf, lieber spilman,
pfeif mir eins, darnach ich kan (nemlich tanzen)'. 584,3;
und heiszt aufpfeifen, es ist zeit. 716,5;
nu pfeift auf, lieben geselln! 78t, 14;
das der tod hinler im aufpfeift (ihn tanzen liiszl).
II. Sachs III. 1, 248';
laszt dem böswicht nach dem hals greifen,
so musz er uns gar bald aulpfcilen. III. 2, 112";
pfeif auf, so wil ich vor einmal tanzen, seh. und ernst c. 224 ;
pfeif auf bruderl Garg. 49"; ehe solcher tanz aufgepfiffen (der
Sturm unternommen) wird. Kirchhof mil. disc. 181; ich will
dir was aufpfeifen ! höhnisch, nicht zu willen sein.
AUFPFLANZEN, erigere, hoch aufstecken, nnl. opplanten:
sich aufpflanzen, sich aufschmücken (s. pflanzen, pflänzlen):
mein frau die kan sich schon aufpüanzen
mil neuem siten und mit tanzen, fastn. sp. 104, 17 ;
sie (die weiber) Ihun sich auch gar hübsch aufpflanzen. 150, 31
bäume aufpflanzen; die fahne aufpflanzen:
was kümmern dich die hiigel deiner jeichen?
hoch pflanze da die freiheiisfahne auf. Körner;
das bajonet aufpflanzen, mit aufgepflanztem bajonet ; kanonen
in der batterie aufpflanzen ; ich will über den gebeincn mei-
nes oheims einen galgcn aufpflanzen. Schiller 147'; Wein-
flaschen auf dem tisch aufpflanzen; gläscr standen in reihen
aufgepflanzt, ja in den mist von Kauburg, welchen man zu
elirn braucht und an schuhen in die schönsten gemach trcgt
und am sonntag aufpflanzt, wie ein braut von Schwollen.
Garg. 156'; man soll die commentarios, wa die seien, zu
banden bringen, ufpflanzen und in guten eern halten, als
brunnen, daraus die recht warhait der sprachen und verstent-
nus der hailigen schrift fleuszt. Keuchlin augensp. 13'.
AUFPFLÖCKEN, paxillo firmare, anpflöcken.
AUFPFLÜCKEN, vellere, decerpere: sie pflückten alle blu-
men auf.
AUFPFLÜGEN, lerram aralro aperire, nnl. opploegcn. dann,
iji die höhe pflügen, einen schätz aufpflügen.
AUFPFROPFEN, inserere, dem ast ein edles reis aufpfropfen.
nnl. opproppen »m sinne von anfüllen.
AUFPICHEN, pice firmare.
AUFPICKEN , rostro auferrc, aperire, nnl. oppikken : die
Vögel picken körner, tiauben auf; nnl. de vink heeft al de
zaadjes opgepikt ; er schnappte und pickte jeden französischen
fluch, schwur und schimpf sorgfällig auf. J. Paul komet 2, 63.
man sagte auch aufbecken, von bek schnabel; er fahet mit
seinem netze die vögel, wann sie im besten aufbecken untl
essen seind. Ge. Scherers wundsegen. Ingoist. 1595. 4. H2.
intransitiv, der vogcl im ei pickt (die schale) auf, kommt her-
vor; auf dem levischen llicater pickt ein talent auf, ein junger
inensch zieht kenncr und licbhaber dahin, fräul. von Göcn-
HAUSEN in Bölligcrs lil. zuständen 2, 241.
AUFPIPEN, pipire: das arme vögelchen pipt auf.
AUFPISI'EHN,- dasselbe.
ALlFPLATSCHEN , cadendo strepitare: der regen platscht
laut auf.
AUFPLÄTTEN, von neuem plätten: ein heind, manschetlen
aufplätten.
AUFPLATZEN, dirunipi, dissilire: die grasbliimen, rosen, die
kaslanien, karlolTcln platzen auf; eine aufgeplaUle naht; die
erde platzt (springt) auf vor hilze; die brelcr sind aiifgeplalzl ;
in den jahrhunderlen \t>r uns scheint uns die menschheil
heran zu wachsen, in denen nach uns abzuwelken, in unserm
herlich blühend aufzuiilalzen. ,1. Paul TU. 2, 3.
AUFPLAUSTEUN, aufspreizen: dabei plausleit er sich dann
manchmal auf, wie ein kollernder Irulhahn. Tieck nov. kr.
4, 174. nd. de höner plustert sik, ordnen, sireichen ihre federn
AUFPLUMPEN, i7/i(/t cum sonitu.
AUFPOCHEN, tundendo aperire, die thür aufpochen. intr.
sich erheben, in die höhe schlagen : mein herz porhie auf.
AUFPOLZEN, turgere, lumere: das Irüesechlig, scliwaiiiinig,
aufgepolzet der brüsten. Thurnkisser prob, der harnen .'.40;
ein innerlichen, aber doch unschwerenden und doch aufpol-
701
AUFPRÄGEN — AUFPUTZ
AUFPUTZEN— AUFQUETSCHEN
702
zenden cancrum. tn/f. Wirkungen aller erdg. 119 ; wann das
hirnnetzlein geschwilt und wie ein gescbwer oder wie ein
Pfifferling aufpolzent wird, alchym. 2, 27. rgl. ahd. öjarpul-
zan, ebullire (Graff 3, 115) und bolz, piiz.
ALTPR.\GE.\, was aufmünzen, einprägen, auch abslract,
wie letzteres : milde war seinen gesichtszügen aufgeprägt, auf-
gedrückt; der so glücklich ist, seinen nachkommen einen ent-
schiedenen character aufzuprügen. Göthe 24, 206.
ALFPRÄLLEN, allidi, resilire: die kugel, der stein prallt
auf. sonst aufprellen (wie abprellen, anprellen für abprallen,
anprallen).
AUFPKANGEN, faslui studere , aufprunken, aufslolzieren,
daher prangen.
AL'FPK.\SSELN, alte crepitare, aufknattem, und gleich die-
sem vom feuer und rebhun: die flamme prasselt hoch auf;
das aufprasselnde rebhun. J. P.\ll 3, 141 ; ich bin nicht ge-
wohnt bei jedem anlasz in kindische flammen aufzuprasseln.
Schiller 171 ; doch durfte er als frommer alchimist nicht auf-
fahren, aufprasseln oder auszer sich kommen vor ingrimm.
J. PiLLAömW 2, 8S.
AUFPREISEN, relaxare nodos, aufbreisen, aufschnüren, dem
anpreisen, anbreisen entgegenstehend :
die jungfraw ihet sich zieren
in einen mantei weisz.
ir brüst ihet sie einschnieren,
vermachis mit ganzem fleisz.
auch sprach die edle Jimgfraw schon:
kein man sol mich aufpreisen
dann eines grafen söhn. Ambr. Ib. s, 364.
AUFPRELLEiN, für aufpralieji, und in doppeltem smn, wie
aufl^uhren :
1) cum impetu evolare: auf die aufprellenden reiger wurden
alsofort so viel falken ausgelassen. Lohenst. Arm. 1, SS. rgl.
aufprasseln, auflcnattern.
2) cum impetu aperiri: ich war nicht lange hier, so prellte
auf einmal die thüre bei dem gnädigen fräulein auf. Lessing
1,547. ein solches äußersten kann zugleich ein auffahren in
die höhe sein.
AUFPRESSEN, ton neuem pressen: zeuge, tücher aufpres-
sen, auffrischen.
ACFPRICKELN, stimulnrc: der unbarmherzige treiben pri-
clelte das müde thier auf. intransitiv, es prickelt in mir auf,
das siedende wasser prickelt auf; ein aufprickelnder puls-
schlag.
AUFPROBIEREN, aufsetzend anprolneren: sie probierte die
neue haube lange zeit vor dem Spiegel auf; einen hut auf-
probieren, anderwärts auch aufproben.
AUFPROTZEN, franz. monier, ein stück, eine kanone auf-
protzen, gcgensatz von abprotzen, figürlich, im zorn auffah-
ren: Sinnbilder der aufprotzenden leute, welche sich durch
mückensliche zum zorn alsbald aufbringen lassen, colica 112.
AUFPRÜGELN, das rieh durch schlage außreiben. s. auf-
prickeln.
AUFPRUNKEN , prangen, stolzieren, nni. oppronken : het
meisje pronkt zieh vcrbaasd op.
AUFPUDERN, die haare ron frischem pudern.
AUFPUFFEN, aufstoszen, aufhausen, außreiben: die haare
aufpuffen, in die höhe treiben: mit gezierten, aufgepüften
haaren. Zixücr. apophth. 12, 11 ; kleider aufpuffen, mit puffen
aufschmücken; aufgepnfte, schwülstige reden und worte; die
ans teuschen und in ihrem holen aufgepüften ton nur irgend
Wahrheit sprechen? Tieck nor. 4, 85.
AUFPUMPEN, aquam e puteo exhaurire anllia, wasser in
die höhe pumpen.
AUFPI. PPELN, pupam omare, dann überhaupt aufputzen,
aufschmücken; hat sich das weih nicht aufgepQppelt? Stieleb
2.->4. 2:>.'j.
AlFPURREN, excitare, abigere: die vögel aufpurren, auf-
jagen, s. anpurren. Stieler 14C7 hat auch aufpurren iiirehi
in aliquem. ahd. ufpurian, ufpurran suscitare. Graff 3, 107.
AUFI'UTZ, Hl. comptus, ornalus : die keu«chheit hegt die
empfindlichste ergetzlichkeit, sie ist der herlichsle aufpulz der
Schönheit. Lohevst. Arm. 1, 619 ; und scherete mich nicht na-
gelsgrosz nm ihren stolzen aufbiilz. Jucundiss.xd^; dasz ihm
noch niemals ein aufpulz eines frauenzimmers hesser gefal-
len. fV/seni. 4, 137 ; durch einen prächtigen aufpulz die natür-
liche Schönheit noch mehr erhöhen. Rabk>er 1, 212;
ihn nihrci nicht der aurpuu hohpr biinlen.
H*ceoo«5i I, 12;
ein weiser untersucht der hohen recht und pflicht,
entdecket und belacht der leidenscharien hiOsze
im scfamucli der eitelkeit, im auTputz falscher grösze. 1,35;
der eine,- dessen amt der locken auTpiiiz war.
ZiCiiARiX I. lOS;
ich wurde zu der ehre bestimmt, den aufputz ihres schönen
kopfes zu besorgen. Wiela?!d 1, 42 ; indessen Laura mit Jacin-
tens aufputz beschäftiget war. 12,155; aufputz eines gemähl-
des, retouche. Göthe 39, 108.
AUFPUTZEN, comere, omare, mundare: eine braut aufputzen;
die haare einer frau aufputzen; das zimmer, ein geschirr,
einen degen aufputzen ; und wiewol mich wolt bedunken, das
papslum were bubenwerch, hat ich denecht im sin, ich weit
priester werden, wolle froin sin, min ampt trüwlich versächen
und min altar fin ufbutzen. Tuo. Plater 3S ;
! ich biege keine knie und rücke keine kappen
: Tür aufgeputzter ehr und angestrichner giinst. Logac 1,5,3;
hüpsche Jungfern dürfen nicht viel aufputzens, die jungen gesellen
sehen sie gern nackend, ped. schulfuchs 123; so könnt ich meine
unmacht zu einem verdienst aufputzen. Schiller 205; flickte
ein System zusammen von glänzender wahrheil, leuschenden
irrthüraern, aufgeputzt mit sinn und unsinn. Klixger 5, 153.
AUFPUTZERIN, f. zu ausgang der säl des frawenzimmers
waren die aufbulzerin, aufeäumerin, barkrauserin, bisamreuche-
rin, hendschuchbeizerin, halsseiferin, anstreicherin. Garg. 281*.
AUFPUTZUNG, f die aufputzung der zimmer. Rabener 5, 151.
ÄUFQUÄLEN, cruciare, hinquälen:
so leb ich fort, entgegen ewig verwaister zeit,
gestärkt an meiner tochter zart besorgtem sinn,
die nun bedurnig meiner vatersorge wird,
von liebesjammer unerträglich aufgequält. Götac 40, 410.
AUFQUALL, m. scalurigo: in dem rechten aufqual und
flusz des pronncns. Velr rer<;isimeiiinic/i< B4.
AUFQUAL.ME.N , vaporem exhalare, nnl. opkwaimen. Stie-
ler 14S8 :
langsamen schmauch aufqualmend. Voss.
AUFQUELLEN, scaturire, tumere,
1) hervorspringen, sprudeln: hier quillt kühles wasser ia
menge auf; ihre thräne quoll auf;
aUo fest in das aiige den glühenden pfnhl ihm haltend
dreheten wir, dasz blut siedheisz um den laufenden aufquoll.
VossOd. 9, 388;
eine zeit locales, lebendiges wesens und wirkens, von der
man wenn sie vorüber ist, nur hoffen kann, dasz sie nach
geraumen jähren an fremden orten wieder aufquellen werde.
Göthe 6, 40; nicht das, was er für mich gethan bat, erschul-
tert meine mannheit, die Verbindung uuserer Jugend quillt
hier auf. Klixger 2, 18 ; was kann ich dafür, dasz niirs immer
noch so biller aufquillt. Klixgers th. 2. 277; dann quollen
alle mit alten Ihränen vollgegossenen tiefen seiner seele auf.
J. Pai;l Hesp. 3, 87 ; sein Jammer regte sich gewaltsam, quoll
auf, überströmte den erdrückten groll und das bild des Jugend-
freundes stand auf. 4, 153; für eine so hoch aufquellende
masse finde ich keinen poetischen reif, der sie zusammen
hält. ScniLLER an Göthe 327.
2) schwellett, anwachsen : mitlen unter waffen, auf der woge
des lehens, ruht ich leicht athinend, wie ein aufquellender
knabe, in deinen {des schlafes) armen. Göthe 8, 274; eilig
kamen bediente mit lichtem gesprungen und das hera der
guten Wanderer quoll über diesen aussiebten auf. 18,253; so
quoll mein maniiscript täglich um so mehr auf. 24. 225; wenn
ich in ihrer almosphäre erst aufquelle, so will alsdann meine
seele nicht mehr in das enge nuisz der geschäftlichkeit pas-
sen, an fr. von Stein 2, 50; mein principal mit festem an-
stände, in embonpoint und aufquellende muskeln gedrückt.
J. Paul uns. löge 1.107; auf einmal quoll ihre bangigkeit von
der mittleren stufe zur höchsten auf. 2, 86. in diesem sinn
sagt man aufquellendes brol, aufgequollner kuchen, aufquel-
lendes pulsier, der hirse quillt im kochen auf, das getraide
ist von der nässe aufgequollen.
AUFQUELLEN, sprudeln, schwellen lassen, machen, praet.
aufquelllc, part. aufgequellt: er (der see) quellet schwarz bech
auf, das oben enlpor schwimpl. Fraxk wcltb. 183'; der erste
frühlingsregen wird unsrer Spazierfahrt schaden, die pflanzen
aber wird er aufi|uellen, dasz wir bald des ersten griins uns
erfreuen. Göthe an fr. ton St. 5, 51; kartoffeln, crbsen auf-
quellen, im wasser sieden lassm, aufgequeilte kartoffeln.
AUFQUETSCHEN, confringere: nüsse aufquetschen, auf-
drücken. Garg. 176'; aufgequetschte misse. Stikler 1490.
703
AUFQUIEKEN — AUFRATH
AUFRATHEN — AUFRÄUMEN
704
AUFOUIEKEN, quirritare, vaijire: die ferkel quieken auf.
AUFQUITSCtlEN, fritinnire, aufzwitschern.
AUFQUÖCHELN, refovere, refocillare, in Schlesien, einem
kranken, schwachen durch sorgsame pflege und gute nahrung
wieder auf die beine helfen, vgl. nnl. opkvveeken, opvoeden,
opkoesteren und unser erquicken.
AUFRÄDELN, auf ein rädchen winden, zwirn, seide auf-
rädeln.
AUFHAFFELN, caplare, corripere, forlbilJung des folgenden :
aber der Carlslad raffelt auf und tregt zusammen alles was
Vernunft bierinnen zeigen, leren, ricbten kan. Luther 3, 78 ;
wie die sew auf der gassen dreck aufraffeln. 4, 530'.
AUFRAFFEN, corripere, nnl. oprapen, hastig wegnehmen:
und ein reiner man sol die ascben von der kue aufraffen und
sie scbütten auszer dem lager an eine reine stete. 4 Mos. 19, 9 ;
und derselbe, der die ascben der kue aufgeraft bat. 19, 10;
und meine band bat fundeu die Völker wie ein Vogelnest,
das icb babe alle land zusamen geraft, wie man eier aufraft,
die verlassen sind, da niemand eine fedder regt oder den
scbnabel aufsperret oder ziscbet. Es. 10, 14 ; da wird man eucb
aufraffen als ein raub, wie man die bewscbrecken aufraft,
und wie die kefer zuscbeucbet werden, wie man sie uberfelt.
33, 4 ; und beilige leute werden aufgeraft, und niemand acbtet
drauf. 57, 1 ; man seit der lerer wort nicbt so unbedacht auf-
raffen und sieb darauf gründen on gewisse zeugnis der scbrift.
Luther 5, 229"; da er ein wenig strob neben im, sieb im nas-
sen darauf zu selzen aufrafte. Kirchhof mil. disc. 26t ; staub
mit bänden aufraffen, unw. doct. 559 ; wo hast du das zeug
alles aufgeraft?
sieb aufraffen, vom falle hurtig aufstchn; nacb der schwe-
ren krankbeit rafte er sieb bald wieder auf;
sie rafl sich auf um wegzugehen. Hagkdorn;
allein kaum halt ich mich vom lehnsuil aurgerafl.
WlELAND ;
so raffe denn dich eilig auf! Göthb 1,96;
er rafl sich auf durch wald und feld
und (lieht. Ü(jrcer71';
der geist der mnclitig, wie das feuer
im Aetna auf in dir sich raft. Gökingk 1, 179;
so rafl von jeder eitlen bürde,
wenn des gesanges ruf erschallt,
der mensch sich auf zur geisterwürde
und Irin in heilige gewalt. Schiller 8Ü'
AUFRAGEN, prominere, hervorragen:
zwar ich sih dort einn langen aufragen,
der hülf euch wol wasser an eur Stangen tragen
fastn. sp. 650, 28 ;
wie han die felnd zu feld
genisl so viel der zeit,
um wider mich aufragen. Melissus ps. A6';
aufragende scbifmaste, aufragende berggipfel.
AUFRAINEN, limites delegere: die stein zu suchen, aufzu-
rainen und zu entdecken. Frankf. ref. 9, 3, 12. «. abrainen.
AUFRAMMELN, sowol fest als los rammeln.
AUFRANKEN, propagines in altum cmittere:
du auch kamst mit geschlungenem fusz, aufrankender efeu.
Voss ;
wo in lauhcn die rehe sich aufrankt. Platen 121.
AUFRÄNZELN, bulgam dorso imponere, das ranzet auf-
nehmen.
AUFRAPPELN, unhochdeutsch für aufraffeln:
da rappelie der raih
vom millagsscnlaf sich auf aus seinem bette
Gökingk 2, 2U1.
AUFRAPPEN, ebenso für aufraffen. Stieler 1497.
AUFRASEN, cum impetu furere:
und ringsher lohen die winde,
trotzig mit winden im kämpf, dasz zerwühlt aufraset der abgruiid.
Voss.
AUFRASPELN, corradere: das eichkürncken raspelt die nüsse
auf.
AUFRASSELN, crrpitare, aufprasseln: das tbor rasselt auf ;
dasz schrecklich der leuclilendc heim um die schlafen
rings umprallt vuin geschosi aufras-telte. Voss.
AUFRATH, aenigma, nur in einer stelle und, wie es scheint,
neutral gebraucht:
wunderlich aufrat gab (Simsonl darnach.
11. Sacus III. 1, 5.V,
er könnte es nach aufzurallirn geben gebildet haben, das
ihm bereits geläufig gewesen $ein musx, bestand aber em uuf-
ratben = auflösen, so wäre auch aufratb das aufzulösende,
was durch ratben gelöst werden soll.
AUFRATHEN folgt nicht sicher aus der hergebrachten re-
densart einem etwas aufzuratben geben:
ei Jungfer ich will ihr
was aufzuraihen geben, wunderh. 2, 407 ;
das sind sie {die finger) gewohnt, seit zehn jähren habe ich
ihnen schon anders aufzuratben gegeben. Götue 36, 34; icb
weisz, dasz sie mir aufzuratben geben könnten. Gotter 3, 277 ;
und hat schon manchem braven offizier was aufzuratben ge-
geben. TiECK Cev. 1, 34. man fasse dies nicht wie einem etwas
aufzubeiszen geben, sondern als auf zu ratben geben, zu ra-
theu aufgeben, aufratb für räthscl fand sich so eben, anfra-
then für enträthseln erscheint nirgends, wäre gleichwol denkhar.
dagegen heiszt es im ähnlichen fall nicht einem etwas aufzu-
lernen geben, sondern nur aufgeben zu lernen.
AUFRAUCHEN, in fumum surgere:
sie {die locken) rauchten dampfend auf
gequetscht vom heiszen stahl. Zaciiariä;
mir wird, als rauchte hinter mir die weit in flammen auf.
Schiller 261; unten am tiefblauen biminel rauchten kleine
nebel auf. J. Paul Hesp. 4, 46 ; im norden raucht vom ewigen
morgen des pols eine goldbelle dämmerung auf. flegclj. 1, 29 ;
die von wunden aufrauchende ebene (des Schlachtfeldes), biogr.
bei. 1, 18.
AUFRÄUMEN, vacuare, amovere, purgare, nnl. opruimcn,
nahverwandt dem bloszen räumen, abräumen, ausräumen, ein-
räumen.
1) scheinbar intransitiv, wenn der, leicht verständliche, acc.
fehlt:
ich wil mich ein weil nider secken,
pisz man auf räumt in allen ecken, fastn. sp. 561, 17;
man raumbt vor mir auf wie vor rabn und wolfen.
H. Sachs I, 232' ;
so geh, räum du auf in dem gmach. Avrer 300*;
ich babe noch nicbt aufräumen können, alles liegt unterein-
ander; zurüsten, aufräumen und behobeln. Garg. 281'; herrn
Kant gebührt gewis das nicbt geringe verdienst, in der Phy-
siologie unsers gemüts aufgeräumt zu haben. Lichtenberg l,
101; Anna saug, indem sie ein wenig da aufräumte. Arnim
kroncnw. 1, 249. ebenso im passiven ausdruck: es wird erst
aufgeräumt, ist schon aufgeräumt, der kaufmann räumt mit
einer waare auf, vcrkauß sie wolfeiler als sonst, utn sie schnell
los zu weiden.
2) mit ausqedrücklcm acc. der sacke : alle ecken und winkel
aufräumen; tische, stüle, bünke aufräumen, dasz e$ platz im
Zimmer gibt, wegstellen; ungebeten dem wirt die bänk auf-
räumen (d. t. Stelen). Wickra« rollw. 83 ; alle zimmer im ganzen
hause aufgeräumet. Schweinichen 1,260; haus fein aufgerau-
rael. Garg. 89'; wenn als getreid nu aufgeraumpt. Rkuhuns
arm. mann 8 ; er bat das land ufgerumpt von der rouberei.
Keisersd. post. 2, 55; brachen ab die höhen und altar aus
dem ganzen Juda, ])is sie sie gar aufreumeten. 2 chron. 31, 1 ;
meine zeit ist dabin und von mir aufgereumet, wie eins bii-
len liütte. Es. 38, 12; machet ban, machet bau, reumet die
steine auf. 62, 10 ; denn es wird nicht allen groszcn und rei-
chen gefallen haben, das er (David) alle abgölterei und erger-
nis hat aufgereumet. Luther 6, 144". den winzcrn heiszt auf-
räumen, die erde um die wcinstöcke auflockern, ehe der saß
in die wursel tritt.
3) mit acc. der pcrson, aus detn weg schaffen, tilgen, lOdten:
das deine seele und deines hauses sedc nicbt aufgereumet
werde, rieht. 18, 25; gebet Jiin, weichet, das icb euch nicbt
mit im aufreume. \ Sam. 15, 0; hiemit wirstu die Syrer std-
szen, bis du sie aufrcumsl. lAün. 22, 11; sie haben Jacob auf-
gefressen und verschlungen, sie haben in aufgereumet und
seine wonung verwüstet. Jer. 10, 25 ; und wenn ich böse thicre
in das land bringen würde, die die leute aufrcuinclen. Ez.
14, 5; und wollen beide Christen und Römer aus der weit
aufreumcn. Luther 8, Sl'; denn so die mörder nicbt aufge-
reumet würden, werc niemand sicher. Melanchth. Hauptart.
im corp. dorlr. ehr. 498. in diesctn sinn ist aufräuuien heute
ungebräuchlich, obgleich man noch wegräumen, wegschaffen ver-
wendet, aus dem woge räumen. Opitz Arg. 143.
4) einen aufräumen für frei machen, erheitern sagt man
nicht, sondern nur im pnrt. praet. aufgeiäunil : ein menscli,
der sich nicbt überisscl und immer nüchtern und mäszig bleibet,
705
AUFRÄUMEN — AUFRECHT
ist allezeit fertiger, seiaem lieben gott zu dieneH, ja er blei-
bet in dem gedechtuüs und capacilät besser aufgeräumet
und wirtl also zu allen werken munterer und fähiger als so
ein angefüllter fresznarr sein. Stmpl. 1, 42. hier ist aufge-
räumt frei von speisen, icarum sollte es nicht auch frei von
sorgen, vergnügt und heiter ausdrücken.? mein meister, ein
vernünftiger und stets aufgeräumter mann, der arme inann
im Tuckenb. 58;
dort blüht bei aufgeräumten sinnen
noch alte treu und redlichlieit. Lessix&I, 83;
wenn du mehr dazu aufgeräumt bist. Leisewitz Jul. v. T.
3, 2; aus neugier eilte er hin und traf sie alle sehr aufge-
räumt und getröstet. Göthe 19, 82; er fand den könig sehr
■ aufgeräumt, weil er eine grosze und gute jagd gemacht hatte.
37, 262; aufgeräumter, gesprächiger, toller war niemand in
Rom als er. J. Paul körnet 1, 2; ein aufgeräumter köpf, ein
heller, klarer.
ALTRÄL'MER, m. ein tcerkzeug zum wegschaffen der erde,
erweilerung einer öfnung, enlfemung der asche aus der ta-
bakspfeife (pfeifenaufräumer).
AUFRAUSCHEN, crepitare, slrepere, in die höhe rauschen,
ein schönes wart: die meereswellen rauschen auf; das laub
rauscht auf im winde; aufrauschende flehten; aufrauschender
adler; ihr gewand, als sie sich .erhob, rauschte auf;
zu beiden selten rauscht der reiche goldstof auf.
Wie LAND ;
dann von triumf und feslmelodien aufrauschten die saiten.
Voss.
AUFRECHEN, rastello congerere, außarken: die erde, den
rasen aufrechen.
AUFRECHNEN, computare, imputare, aufzählen: wir wol-
len gegeneinander aufrechnen, abrechnen; allein der gewinst
findet sich da, wo wir ihn jetzt aufrechnen, nicht. Moser 2,
118; weder sein glück, noch seine erniedrigungen, die ihm
Diderot sehr hart aufrechnet. Göthe 36, 159 ; ein mann, der
im elende der hungcrsnoth seine frau neben sich in der
Scheune sterben sieht, und weil sie niemand begraben will,
sie selbst einscharren musz, dem dieser Jammer jetzt noch
aufgerechnet wird, als wenn er sie wol könnte ermordet ha-
ben u. s. w. Göthe an fr. v. Stein 1, 339.
AUFRECHT, erccttts, directus, inleger, gerade, ahd. mhd.
üfrtiht, nnl. opregl, engl, upright, ddn. opret. Wie das ein-
fache recht, golh. raihts, gleich dem lat. reclus, ein pari,
pract. enthält, aber sich von dem weiter gebildeten garaihti{)s,
ahd. girihtit, nhd. gerichtet unterscheidet ; ebensowenig verken-
nen läszt sich in aufrecht die participialnatur, obschon im
ahd. üfanihtit, nhd. aufgerichtet sie nochmals deutlicher her-
vorgehoben wird, recht und aufrecht empfangen darum in
vielen fällen blosz adjcctivgeltung, während anderemal aufrecht
und aufgerichtet, aufgereckt zusammentreffen, man s. die ein-
fachen Wörter richten und recken, aber auch aufriebt.
1) die sinnliche bedeutung ist gerad in die höhe, in der
höhe :
üfreht sol er gen, an zuein beinen si&a.
fundgr. 2, 13, 22 ;
bi; si zc Jungeste dd
zir selber kom baj und ba^,
und üfreht von ir selber saj. Trist. 38, 9;
der mensch steht und geht aufrecht, die thiere gebückt; die
aufrechte Stellung; in krummem leibe wohnt selten eine auf-
rechte seele; eine seule aufrecht gesetzt; von den zwanzig
seulen stehn nur noch drei aufrecht ; mit aufrechten und um-
gescblagnen fahnen ziehen lassen. Schärtlin vos Burtesbach
227.229; mit aufrechtem, sittigem, antiitz. Garg.iU'; wann
schon ein ganz dorf verbrennt und nur des pfaffen haus auf-
recht {stehen) bleibt. 154*; dann si achten nit von wannen
einer sei, wann er sich nur aufrecht {auf den beinen) bei
ihn helt. Fra.xk ae//6. 63';
wie das p.inz ouomannisch f^e<:chlecht
sich hat gehallen wol und aufrecht. Atrer 147';
er nebst einer Schwester halte für eine mutter zu sorgen,
die als wilwe solcher kinder bedurfte, um sich aufrecht zu
erhallen. Göthe 26, 255; wenn der regenl aufrecht sterben
soll, d. h. in der ausübung seines amts und seiner pdichf.
Kii.ncer 12, 126; der sesziiaflc, aufrecht stehende Schuldner
musz vor seinem natürlichen richter gesucht werden. Hexke
öff. recht der eidgenossensch. s. 318 ; drauszen stand eine fm-
sternis aufrecht, J. Paul Tit. anh. 2, 47. für erhalten conser-
vare sagen wir aufrecht hallen und erlialtcn.
AUFRECHT — AUFRECKEN 706
2) rein, edel, schlicht, sincerus, genuinus:
ein üfreht leben da? ist guot. Box. 43, 101;
das ist die gleisznerei der menschen, die doch nit ein auf-
rechts herz haben. Melaxchth. hauptart. bl. 62 ; und soll die
mit hübschen, züchtigen worten und guten exemplen reden,
doch das sie verstendlich, klar und aufrecht seind. Bracx-
schweig Chirurg, bl. 1; ein aufrechts, warhaftigs, ehrlichs ge-
müt. Thcrseisser archidoxen vorr. 1; unserm jetzigen herrn
keiser ist Hungern und Behem durch alte vertrege und auf-
rechte {rechtsbeständige) wählen, und als einem erben von
seinem gemahel heimgefallen. JIatoesiüs SS'; ein auhrechter
und gelehrter mann ;
von herzen ganz aufrecht. Mehssüs|w. K6";
und schreib uns oft, wie es dir geh,
und leb aufrecht in deiner eh. Atrer 201*;
hingegen wir, des henen arme kiiecht,
besTehen nu durch gottes faust aufrecht.
WfiCKHE&LI.I Si;
mein aufrechtes herz. 259 ;
also ru leben und zu sterben
gilt dem aufrechten Teutschen gleich,
der tod und sig seind schön und reich,
durch heed kan er sein heil erwerben. 523;
dasz dis zu halten sei nicht für die minste klarhelt,
die uns zwar überzeugt von der aufrechten warheit.
Opitz 351;
treulich und aufrecht, pers. reiseb. 1, 1 ;
er lügt nicht, dasz sich balken biegen,
und läszt sich mit dem schlechten stände
In seinem edlen Spessenlande
treuherzig aufrecht wol vergnügen. Simpl. 1,5;
unangesehen sie einander aufrecht geehlicht. 2, 46; es solle
ein Schäfer ein sittsamer gütiger mensch sein, die schäflein
lieben und mit aufrechten natürlichen stücken umgehen. Hoh-
BERG 3, 249*. statt dieses aufrecht verwendet die heulige spräche
aufrichtig.
AUFRECHTHALTER, m. conservator.
AUFRECHTH.\LTUNG, f conservatio, franz. manutention:
aufrcchthaltung des friedens, der öffentlichen ruhe, der Ver-
fassung.
AUFRECHTIG, erectus: wird die wurzel der lenge nach
gespalten und aufrechtig in ein verglasurten krug getan.
Thurneisser infl. Wirkungen 10; am obern theil eines jeden
stengelein gewinnt es sechs oder sieben röslein. ein jedes
auf einem langen stielgen über sich und aufrechtig. Taber-
naemont. p. 668.
AUFRECHTSTELLER, m.
ruhmgenannier väter blume,
aufrechtsteller seiner Stadt. Herder 10, 3-26.
AUFRECKEN, erigere, arrigere, emporrecken, emporrichten,
1) zumal vom leib und von den gliedern:
und dein (dar flehte) gerader leib bleibt immer aufgereckei,
kennt keine krümme nicht. LooAir 1, 8, 99 s. 192;
und tut gar pald sein köpf aufrecken,
und zeuhl sein keplein von den orn. fasln, sp. 226, 10;
das heiszt mit aufgerecktem hals dawider gelaufen. Luther
4, 449";
mit aufgerecktem hals schnauft der bekloninine stier.
HAaEPOR.t 2, 124;
und haschen will ich, nvmphe dich,
0 fliehe nicht die rauhe "brüst,
mein aufgerecktes ohr! Göths 2, 187;
die menschen stehn mit aufgereckten mäulern da und benei-
den euch, wenn ihr über die Wälder dahin fahrt. 14,108;
ein stillstehender knabe, der den fusz aufgereckt. 39, 152;
auf türkisch auf die runden mosquekirchen steigen und die
fingcr in die oren stecken und das maul aufrecken und den
leulen zur kirchen rufen, das uns der hals kracht. Garg. 155' ;
sasz fein lang, doch das ein has mit aufgereckten ohrn zwi-
schen dem Sattel und dem gesäsz unangcsloszen wer durch-
geloffen, wann er sich im siegreif stellt zu stallen. 177". wozu
man die formein RA. 93 halte, am meisten band und linger:
recke deine band auf gen himel, das es hagele über ganz
Egyptenland. 2 Mos. 9, 22 ; die priesier aber reckten ihre bände
auf gen himel. 2 Macc. 14, 34 ; hende aufrecken zu golt be-
deul gebet zu gotl. Luther 3,25';
bisz sie aufrecket beide hend,
sich mir ergab. H. Sachs HI. 3, 70* ;
45
707
AUFRECKEN — AUFREIBEN
AUFREIBEN — AUFREISZEN
708
das er seine band hefte meineidig gemacht und sie unbillig
gegen seim herrn und seiner oberkeit aufgestreckt. Fischart
bienenic. 124'; gehilfen und eideshelfer reckfen auf:
und wer auch des mit mir sinn hat,
der reck ein finger auf itzunt. fastn, sp. 813, 8;
wer mir wil helfen Irauren,
der recke zwen lingcr auf. Uhland 94;
ich bin bereit zum eid die finger aufzurecken.
Werders Ariosl 5, 32;
ich stehe allhier mit aufgereckten fingern. Reuttei» krtegs-
ordn. 23. und wie den staub vom rock abblasen übergeht in
den rock abblasen heiszl es für die band, die finger zum eid
aufrecken auch den eid aufrecken :
doch wöll wir sammen scliweren heid
zusam ein aufgereckten eid. H. Sachs HI. 2,25';
ihr wist, das ifir uns alle heid
schwüret ein aufgereckten eid. III. 2, 27' •,
bezeug wirs mit aufgrecklem eid. III. f, 108*;
in den weisthümern oß: bei starken aufgcrakten eiden. 3, 699.
2) von thieren, die sich aufrichten : wie ein aufgereckter
löwe jagest du mich. Hiob 10, 16; ein drache in fürchterlichen
Windungen aufgereckt. Götiie 39, 56.
3) von entfalteten fahnen: er redet von der Sachen mit
solchen worten, die man pfleget zu brauchen, wenn man sa-
get und rhümet von einem groszen prechtigen heerzug eines
gewaltigen mechtigen königs oder keisers, der zu felde zeucht
mit aufgerecktem panier. Luther 2, 524*; gehen si mit auf-
gereckten fanen on alle tribut ausz und ein. Frank weltb.
137'. s. aufregen.
AUFREDEN, persiiadcre, inducere, bereden, zureden,
1) mit acc. der sache und dat. der person, zum anicauf be-
reden, aufschwätzen: er hat ihm das pferd aufgeredet.
2) mit acc. der person, durch worlc zur Widersetzlichkeit
antreiben: in summa, es wurden die leute aufgeredt, also
dasz das bergkwerk dabin kam, dasz ein kukis 200 gülden,
und der gemeine kauf umb 180 thalcr verkauft ward. Tuurn-
EiscER mai/n. o/c/t. 1,'72; einen gesellen aufreden, j7in reizen,
von seinem meister wegzugehn.
AUFREFFEN für aufraffen brattchl B. Waldis:
aufrelTen und alsbald verschlingen. Esop 4, 99.
AUFREGEN, excitare, erregen, stärker als anregen, sinn-
lich, die elemente zur thdtigiceit reizen: der stürm regte das
gewässer auf, der wind das feuer, den staub;
sie stoppelt scheit und siroh schon huriiger zusammen,
ein biindel reiser wird auf dürren kien gelegt,
und als sie asch und kohlen aufgeregt,
facht, bläst und hustet sie den ganzen siosz zu flammen.
Hagedorn 2, 101.
Worte, reden, töne, musik regen die menschen, gemüt und
seele auf:
wo du den jüngeren mann, mit deiner alten erfahrung,
durch aufregende werte zum ungestüme verleitest.
Voss Od. 2, 190;
wenn den kriegcr wild getöse,
tromml und pauken aufgeregt. Götue 3, 71 ;
so aufgeregt als treulich,
80 treusam wie erfreulich
stimmet zusammen in herzlichem sang. 3,78;
nenne, wenn du es darfst vor einem sterblichen, deinen
güUlichen namen. wo nicht, rege bedeutend mich auf,
dasz ich fühle, welche du seist von den ewigen töchlern
Zeus, und der dichter sogleich preise dich wüi'dig im lied.
1,315;
den herrn, den ich beschäftigt vermuten konnte, wollte ich
nicht aufregen. 25, 354; wie uns irgend ein mangel oder
Hindernis zu thütigkeiten aufregt, denen man sich sonst nicht
hingeneigt hülle. 26, 13; in so gestimmter und aufgeregter
gesellsrhaft. 26, 78 ; in allen wahrhaft aufgeregten geniülern
sciiiägl die gute ader. Tieck Cev. 1, 108 ; als es 23 uhr schlug
und Albano die langweiligen schlüge addieren wollte, war er
so aufgeregt. .1. Pai-i. Tit. 1, 6.
Im weutwerkliuch 85' steht aufgeregte ehren f. aufgereckte,
doch sind beide ausdrücke einander verwandt.
AUFREGUNG, f excitatio: so .vertreibe ich die ungedul-
dige zeit, die mich aus einer aufregung in die andere stürzt.
Rettine br. 2, 222.
AUFREIBEN, affricarc, cnnlerere, nnl. opwrijven.
1) wann sich ein pferd fast reibet . . so es sich alicr schon
aufgerieben helle, were es an was orten des Icibs. Seuter
237 ; die nas aufreiben, wie ein glusmacher, wann er zu stark
in die gemartert äschen blast. Garg. 247'; sie wusch ihr ge-
siebt mit so groszer emsigkeit und heftigkeit, dasz sie sich
fast die backen aufrieb. Göthe IS, 167.
2) darumb sol das schwcrt über ire stedte komen und sol
ire rigel aufreiben und fressen. Uosca 11, 6 ; ich wil sie mit
dem Schwert, hungcr und pestilenz aufreiben. Jer. 14, 62; und
wil das Schwert hinder inen her schicken, bis ich sie auf-
reibe. 49, 37.
3) conterere dentibus, aufessen: derwegen ward beschlos
sen, auf das der plunder nicht unnützlich verdürb und aus
dem weg kern, den rücken dahinder zu thun, und es weid-
lich und neidlich aufzureiben. Garg. 8l' ; da frasz er auf
mein trew wol zu nacht, etwann besser als der grosz keiser
Carles, welcher wann er lustig war, ein ganzen pfawen oder
hammen oder schafquallen gebraten ringlich kont aufreiben.
171"; ihm so vil feind ins land zu führen, als vil er körn
aus dem habersack schütt, die doch die erhungerten hüner
bald aufriben. 211"; ich erschrack alle morgen, wann ichs
(das commisbrot) empficng, weil ich wüste dasz ich mich den-
selben ganzen tag damit behelfen muste, da ichs doch ohne
einzige mühe auf einmal aufreiben konnte. Simplic. 1, 392;
war froh, dasz uns die teufelischen leute nicht gar mit haut
und haar aufgerieben hatten. Jucundiss. 190; der betteljunge
wusle das harte brot bald aufzureiben.
4) wolle, tuch aufreiben, aufkratzen : rock von aufgeribener
oder aufgetribener krausrauher woll. Garg. 159'.
5) färbe, körner mit der müle aufreiben; mit dem reib-
eisen alte semmein aufreiben.
6) häufig abstract für tilgen, vernichten, zerreiben, consumere :
du wirst die Syrer schlahen, bis sie aufgerieben sind. 2 Äön. 13,
17, 19 ;. hiemit wirst du die Syrer stoszen, bis du sie aufreibest.
2 chron. 18, 10 ; und da sie die vom gebirge Seir hatten alle
aufgerieben. 20, 23; ziichtige mich, herr, mit masze, auf das
du mich nicht aufreibest. Jer. 10, 24; es wird in überfallen
wie ein lewe imd aufreiben wie ein pard. Sir. 28, 27; da wir
sehen werden, wie er den tod sogar aufreiben wird, das man
in nicht mer wird spüren. Luther 6, 241*; wie er durch ein
geschwind kriegsstück allein ein ganz herd Bittergroller auf-
geriben hab. Garg. 232"; wann man bis auf den letzten man
alles bat wollen aufreiben. 255';
herr, die gottlosen so aufreib. Weckherlin 39;
(du hast) mehr mittel itzt die feind a-ufzureibeu.
Gryphius 1, 406;
(der musicante Gaudimela), welcher auf dem schönen beila-
ger zu Paris auch jämmerlich ist aufgerieben worden. Opitz
ps. vorr. 9; ein System metaphysischer Wahrheiten also, und
eine sinnliche rede, beides in einem ob diese wol ein-
ander aufreiben ? Lessing 5, 4 ; wenn mich die last des elends
endlich aufgerieben haben würde. Wieland 2, 68 ; unsere arme
Schwester indessen schien von dem einzigen gedanken, von
der beschränkten beschäfligung nach und nach aufgerieben
zu werden. Götiie 20, 277; sie {die kraß der erregharkeit)
nimmt mit dem leben ab, bis endlich den aufgeriebenen
menschen nichts mehr auf der leeren weit erregt als die
künftige. J. Paui, 36, 27 ; aufreibender ärger.
AUFREIBER, m. eine art holbohrer.
AUFREIBUNG, f aufreibung der haut u. s. w.
AUFREICHEN, sursum tendere, porrigerc: wenn man irgend
so weit aufreichen konnte. Herder 17, 93; die statt reicht
sich auf (porrigitur) von dem wasser gegen dem biihel. Mün-
ster 1142.
AUFREIFEN, maturesccrc:
auch die unsterbliche saat sieht hoch, der ewigkeit ernte,
schimmernd reifte sie auf im frohen garbcngelilde.
Klopstock Mess. 11, 637.
AUFREIHEN, ordine jüngere : perlen, korallen an die schnür,
beeren an den faden aufreihen.
AUFREISEN, scandere, surgere:
nachdem Messias war zum vaier aufgercist. Opitz 342.
AUFREISZEN, scinderc, lacerarc, nnl. oprijlen.
1) äugen, maul aufreiszen, aufsperren, plötzlich öfnen, dasz
gleichsam ein risz im gesteht entsteht, ein lebendiger ausdnick :
was risz die ihre äugen auf! ror Verwunderung ; tausend sa-
kerment, da hättest du den kerl sehen sollen die äugen auf-
reiszen! Sciiii.iER IIS'; auf dem anpesicht des valers zeigte
sich die röthe, jenes feuer im aufgerisznen äuge. Tieck ges.
uuv. 2, 3H ; wo ich dem leufel ein maul stopfe, da reiszet
er zchen meuler zur seilen auf. Luther 4, 319*;
diu rissen auf zwei weite maul. II. Sachs I, 420* {
709
AUFREISZEN — AUFRICHT
AUFRICHTEN
710
menschen, die sich entsetzen, wenn mir ein warmes herz-
liches wort entwischt, mund und nasen aufreiszen, als sähen
sie einen geist. Schiller ISS'.
2) leib, brüst aufreiszen : die unholdin reiszt dem kinde
die brüst auf und nimmt ihm das herz; am dorn risz er
sich die haut auf; was hilft es alte wunden aufzureiszen ;
dem hast du seinen leib am düDnen aufgerissen. Opitz;
man balgt sich in comödien und romanen mit centauren,
und keiner reiszt dem mächtigen, reichen, thoren und Ter-
brecher die brüst auf. Klingers th. 2, 112 ; das warme bild
drückte er an das aufgerissene herz. J. Fall Hesp. 3, 153 ;
hier gosz Klotilde das erste wundwasser in die weit aufge-
rissene seeie der multer. 4, 101; den fisch aufreiszen.
3) wer hadder anfehet, ist gleich als der dem wasser den
tham aufreiszt. spr. Sal. 17, 14 ; wer zeun vorm gemeinen nutz
aufreiszt. KiRcnn. uendunm. 203'; es meldet auch Monardes,
dasz man den bäum zutor mit einem messer aufreisze, als-
dann fliesze der saft heraus. Tab£r.\aesio.\t. 1371 ; die erde
mit dem pflüg aufreiszen;
doch ein geräusch entsteht, die thür wird aufgerissen.
Hagedorn 1, 27 ;
den schlag am wagen aufreiszen. Güringk 3, 65; da sie selbst
den Vorhang so gewaltig aufgerissen haben, dasz er beinahe
gar nichts mehr verbirgt. Klingeb 11, 229 ; hier risz er freudig
alle seine wunden auf. J. Paol Hesp. 2, 103 ; einen aus seiner
alltäglichkeit aufreiszen.
4) kleider schleiszen, auftragen: seine kleider sind beinahe
aufgerissen; er reiszt monatlich zwei paar schuhe auf; wann
ich denn fragte, warum der knabe so vil schuhe durchbrächte?
bekam ich zur antwort, es wäre seine eigne schuld und zur
strafe müste er auch in aufgerissenen brandsohlen gehen.
untp. doü. 46.
5) aufreiszen, delineare, im abrisz zeichnen: doch aber
{diese bilder und figuren) nicht ohne grosze ursach da sind,
und von den alten magis aufgezeichnet und aufgerissen wor-
den. Paracelscs 2, 302"; darumb man sich solches aufrei-
szens oder grundlegens und verjungens mit höchstem fleisz
ohn unterlasz underfahen und gebrauchen soll. Fronsp. 2,
24*; land und statt in grund legen, festungen stellen und
aufreiszen. Garg, 1S6'.
6) sich aufreiszen, in mehrfachem sinn: als die thürc mit
heftigkeit sich aufrisz. Göthe 20, 13; das weiter reiszt sich
auf, erheitert sich, die wölken bekommen einen risz ; ach welche
wonne, so sich aufzureiszen von dem zurückziehenden crdcn-
fuszblock und sich frei und getragen in den weiten äther zu
werfen. i.Pwt Tit. 1,85; mit erneuter kraft risz er sich auf
und war gerettet.
7) intransitiv {gleich dem einfachen reiszen) : die naht reiszt
TOD selbst auf; die wunde risz auf, ist aufgerissen.
ach, nun reiszt sie von neuem mir auf, die wund in der seeie!
Klopstock Mess. 7, 488.
AUFREITEN, sursum vehi, prorehi, vorreiten, nnl. oprijden :
in reih und glied aufreiten;
aber ihn mehr zu beiriieben
reitet ihm auf einmal auf
aller lästern groszer häuf. Weckiierlin 597.
/ran5i7ir, ein thor aufreiten, sich aufreiten, wund reiten.
AUFREIZE.N, irrilare, anreizen : werke der einbildungskraft
haben das eigentbümliche, dasz sie den geist des bescbauers
zur Ihätigkeit aufreizen. Schiller 1227; eben darum muste
die form ihrer Verfassungen aristokratisch sein und dieses war
es was die volkspartei gegen sie aufreizte. Beckers u-eltg.
1, 393.
AUFRENNEN, in doppeller bedeutumj,
1) intransitiv, sursum currere, zumal in der formet auf
und ab rennen, eigentlich ohne Zusammensetzung: ich kann
dir nicht sagen, was in meinem herzen auf- und abgerannt
{besser, auf und ab gerannt) ist. Göthe 7, 141. das schif ist
aufgerannt, auf einen felsen gefahren.
2) cursim effringere: denvegen erlasen sie gute bewürtc
starke schwere griine und dicke rennsfang, damit rannten sie
ein thor auf. Garg. 176'; er ist so dumm, dasz man ein thor
mit ihm aufrennen kann.
AUFRICHT, erectus, sineerus, aufrecht:
mein füsz gehn aufriebt. H. Sachs V, 21*;
er hub sie aufriebt in seinen armen. Aimon x; noch dann
behielt er als vil kraft, das er aufriebt bleib, ebenda, trcwcn
aufrichten herzens. Luther 8, ll*. s. aufgcricht.
AUFRICHTEN, erigere, staluere, errichten, »n die höhe,
empor richten,
1) sinnlich, die äugen gen himmel aufrichten; mit aufge-
richteten äugen, blicken; aufgerichtete und feste äugen.
J. Pacl Hesp. vorr. xxvi ; die arme aufrichten, ausstrecken ; der
adler richtet seine schwingen, fittiche auf; flügel, die sich
nach einer andern weit aufrichten. J. Fall Hesp. 1, 175 ; der
schrecken richtete mir die haare auf; sie zeigte mir künste,
die mir die haare aufrichteten und mein blut in eis erstarr-
ten. TiECK 2,169; der feind richtet sein haupt wieder auf;
mit aufgerichtetem haupt näherte sich die schlänge; denn
sihe, deine feinde toben und die dich hassen richten den
köpf auf. ps. S3, 3 ; einen gefallenen, zu boden liegenden
aufrichten, abstract, einen erheben, ermutigen, trösten.
2) und Jacob stund des morgens früe auf und nam den
stein, den er zu seinen heubten gelegt hatte, und richtet in
auf zu einem mal. 1 Mos. 28, IS ; da nam Jacob einen stein
und richtet in auf zu einem mal. 31, 45; soitu grosze steine
aufrichten und sie mit kalk tünchen. 5 Mos. 27, 2 ; und Josua
nam einen groszen stein und richtet in auf daselbs unter
einer eiche. Jos. 24, 26; denn es werden in seinem lande
heilige steine aufgericht werden. Zach. 9, 16 ; und die, so im
lande umbher gehen und etwa eines menschen bein sehen,
werden dabei ein mal aufrichten, bis es die todtengreber
begraben. Ezech. 39, 15; richte dem herrn einen altar auf.
2 Sam. 24, 18 ; und richtet Baal einen altar auf. 1 kön. 16, 32.
2 kön. 21, 3 ; du solt dir keine seule aufrichten, welche der
berr dein gott hasset. 5 Mos. 16, 22 ; und richtet die seulen
auf für dem tempel. 2 chron. 3, 17; brach auf von dannen
und richtet seine hütten auf. l Mos. 12, S ; und kauft ein
stück ackers, daselbs richtet er seine hütten auf. 33, 19 ; nie-
mand richtet meine hütte wider auf. /er. 10, 20; in derselben
zeit will ich die zerfallen hütten wider aufrichten. Arnos 9, 11 ;
und liesz die mauren wider aufrichten, l Macc. 10, 11 ; von
des hause sol man einen balken nemen und aufrichten und
in dran hengen. Esra 6, 11 ; brechet disen tempel und am
dritten tage wil ich in aufrichten. Joh. 2, 19 ; und haben feste
thürm drinnen aufgerichtet. Es. 23, 13; und liesz bollwerk
und geschütze aufrichten. 1 Macc. 11, 20. 13, 43 ; ein schönen
bauw aufzurichten. Kirchhof vendunm. 144'. wir sagen heule
mehr errichten und aufbauen, erbauen, doch noch die seule,
den galgen aufrichten.
3) und hat uns aufgericht ein born des heils. Luc. 1, 69 ;
darumb hat auch gott das schwert und weltliche oberkeit
aufgericht und verordent. Lcther 3, 427'; bette im ein sieg-
zeichen aufgericht. iSam. 15, 12; einen Schild am bäum aufrich-
ten, aufhängen; die fahne am dach aufrichten, aufstecken;
einen freiheitsbaum aufrichten; signalstangen aufrichten; die
garbe im feld aufrichten.
4) aber mit dir wil ich einen bund aufrichten. 1^/os. 6, 18;
sihe ich richte mit euch einen bund auf. 9, 9; und ich wil
aufrichten meinen bund zwischen mir und dir. 17, 7 ; und
Josua macht frieden mit inen und richtet einen bund mit
inen auf. Jos. 9, 15 ; hatten ein bündnus mit einander aufge-
richtet. ZiNKCR. 87, 11 ;
und gib uns zeit zum bunde,
den wir hier richten auf. Fleming 623;
ein bfindnis aufrichten. Hahn 1, 45 ; einen frieden aufrichten.
1, 24; fiiedens- und bündnishandlungen, die sie zusammen
aufrichten. GCnther rorr. *. 12 ; ein geheimes liebesvcrständnis
mit mir aufrichten, irrgarlen der liebe 274 ; got der sein reich
aufgericht hat. Llther5, 9'; und richtete daselbst ein mäch-
tiges reich der Wandalier auf. Micrälics a. P. 1, 62; neue
mönchsorden aufrichten. Hahn 4, 125 ; gesellschaften aufrich-
ten, die einen ernsthaften und wichtigen endzweck haben.
J. E. Schlegel 5, 422 ; ich wil einmal ein kOnig aufrichten und
setzen, der sol bleiben. Luther 3, 426';
als sie (nengen.
das grosze beer dem kaiser aufzurichten. Scrillk>338;
eine summe, mit der er eine compagnie reitcr aufrichten
sollte. 1099; richten kluge gesetz auf. Luthers 6r. 2, 604 ; den
gemeinen reichszoll aufrichten lassen, reicitsabsch. t. 1524 §. 1 ;
gesetze und landordnungen, vertrage, Urkunden aufrichten;
Instrument aufrichten. Atrer /iw/n. *p. 49' ; brief mit der land-
schaft aufrichten. 344'; in der bullen hierüber aufgericht.
bienenk. 123"; laut der Information dariiber aufgericht. Garg.
158'; verschreibung und vertragsarlicul darüber aufgericht.
268'; ein tcstament aufrichten. Luthers <>r. 5, 10.
45*
711
AUFRICHTIG — AUFRINGELN
AUFRINGEN — AUFRÜGKEN
712
5) auch böses wird aufgerichtet, aufgebracht, erhoben: viel
falscher gottesdienst aufgericht. Luther 6, 366'; misbreuch,
zum thcil mit gewalt aufgericht. Melanchth. corp. d. ehr. p. 19 ;
das der thalmud uns cristen zu schmach sei ufgericht. Reüch-
LiN attgensp. 4*.
6) sich aufrichten, nach allen vorhergehenden bedeutungen :
er huckt sich nach eim sirohalm, vermeinend es wer gold,
und richtet sich auf wie ein giraffe. Garg. 235'; meine garbe
richtet sich auf. 1 Mos. 37, 7 ; der stürm richtet sich auf.
.1. Paul IIcsp. 2, 248 ; der lenz glüht unter dem schnee und
richtet sich bald auf. 2, 240; in einem jähr, wenn mein va-
ter kömmt, sag ich mich los und richte mich zu etwas bes-
serem auf. 2, 168.
AUFRICHTIG, erectus, reclus, sincerus, candidus.
1) aufrecht, gerade, mhd.
die füeje sinwel, diu bein sieht,
üfrihtic alle vicre
als einem wilden tiere. Trist. 168, 37.
n/»d. eim risen grosz aufrichtig
hilft weder sterk nock kraft. B. Waldis ps. 33, 6;
stehe aufrichtig auf deine fiisze. apost. gesch. 14, 10 ; dasz diese
blumen über sich gegen der sonnen aufrichtig stehen. Ta-
bernaemom. 467; die gestalt des menschen ist aufrichtig gen
himmel. kricgb. des friedens 71; auf gradem fusz aufrichtig
stehen, froschmeus. C 5*.
2) gerade, offenherzig: umb deiner gerechtigkeit und dei-
nes aufrichtigen herzens willen. 5 Mos. 9, 5 ; wandelst mit
rechtschaffenem herzen und aufrichtig. 1 kön. 9, 4; ich hab
funden, das gott den menschen hat aufrichtig gemacht, aber
sie suchen vil kunste. pred. Sal. 7, 30; sei mildreich, denn
es kaufen aufrichtige leute nichts aus denen kramladen, die
viel nahrung haben, pers. baumg. 2, 5 ; einen ehrlichen und
aufrichtigen namen haben. 2, 22; so ist unser ehrlich auf-
richtig regiment gestcrkt und nicht geschwecht. Reutter kriegs-
orrfH. 63; in einem aufrichtigen jahrbuche. Mascou 1, 390; wo
anders noch eine aufrichtige medicinische ader in ihm wäre.
unw. docl. 662; damit diese achtung aufrichtig und nicht er-
heuchelt sei. Kant 6, 139.
AUFRICHTIG, adv. ingenue: aufrichtig gesagt, gerad her-
aus; aufrichtig zu gestehen.
AUFRICHTIGKEIT, /". sincerilas, veritas: die aufrichtigkeit
solcher grabschrift. Mascou 1, 383; die aufrichtigkeit mit und
gegen sich. Klinger 12, 13; Offenherzigkeit, die ganze wahr-
heil, die man weisz, zu sagen, aufrichtigkeit, dasz alles, was
man sagt, mit Wahrhaftigkeit gcsngt sei. Kant 6, 376.
AÜFGERICHTS, adv. erecle:
helfl mir den riesen, wie ein narrn
aufgerichts binden auf ein kam. Akrer 342".
AUFRICHTUNG, f ereclio, institulio: bei der aufrichtung
des Stifts Hamburg. Zinkgr. apoph. 10,14; die aufrichtung der
republiken führte eine Ordnung und einen unterschied unter
Obrigkeit und unterthanen ein. Liscov 656; die aufrichtung
der seulc.
AUFRIECHEN, evaporarc, aufstoszen, in gutem und üblem
sinn:
zu eim süszen gcrucb des herrn,
das es aufriech dem schönfer fron.
11. Sachs III. 1,12;
das täglich aufrüchend opfer unsers bittenden und gott lo-
benden mundes. Wernstreit kriegsb. 220 ; mit einem aufrie-
chenden, stinkenden athem sicli erzeigen. Paracelsus 1, 693';
verschleimunge des magens, darvbn aufriechende dünst ins
haupt sich ziehen. Thurneisser harnen 10 ; wer viel wein ge-
trunken und isset bönig darauf, dem lasset es die starken
aufriechenden dampfe nicht über sich steigen. Hüiiderg 2, 399';
aber so, rochs mir dann wieder auf, darfst du Ännchen nie
mehr unter die äugen treten, der arme mann im Tockcnb. 65.
AUFRIEGELN, pessulo reducto aperire: die thiir, das gittcr
aufriegeln; die blimien des tags hatten sich zugeriegelt (ge-
schlossen), die der nacht auf (geöfnct). J. Paul anh. zu Tit. 1,
60; und wie unter den letzten posaunen erstand seine sccie
unter lauter glänzenden todten aus der aufgeriegelten erde.
Tit. 1, 123. Aventin gibt {nach Sciimeller 3, 08) sich aufrigeln
durch surgcre, und bairisch ist den strnsack aufrigeln, die
arznei im glas aufrigeln aufschütteln, einem etwas aufrigeln
vorwerfen, vorrücken; pflanzen und kraul aufrigeln (auflockern)
und hauen (hacken) lassen. HoiinERC 1, 125', teas alles auf die
bedeutung von riegel licht spreitet.
AUFRINGELN, volvere per orbes, circinare: locken aufrin-
geln. sich aufringeln: epheu, geiszblatt ringeln sich auf,
laufen in die höhe; die schlänge ringelt sich auf.
AUFRINGEN, vi anniti, heftig aufstreben:
rang aus seinem elend sich auf. Mess. 8, Si2;
auf iiir herzen, stille blumen, knospen, rege sinne,
ringet auf in lieb, o ringet aufzugehn iii leuer!
RÖCKERT.
AUFRINKELN, difßbulare, die rinke aufthun: schreiben
auch vil, wann die fraw kein band hett, wie si den schüch
aufrinklen müst. Frank weltb. 158'.
AUFRINKEN, fibulam solvere: die doch all diesen arcanen
nicht möchten die schuch aufrinken. Paracelsus 1, 604'.
AUFRISZ, m. apertura, delineatio, aufzug eines gebäudes und
von grundrisz zu unterscheiden, die wunde wird gefährlicher
durch diesen aufrisz (das wegreiszen der binde). Hippel lebensl.
3, 28. er verfertigte grundrisz, aufrisz und durchschnitt des hau-
ses. Güthe 26, 32; ich weisz nicht, ob^er leser mit solcher lust,
wie ich, seine marschrouten in gassen nach solchen perspec-
tivischen aufrissen macht. J. Paul paling. 2, 24.
AUFRITT, m. besuch zu pferd, zumal der fürsten und herrn
mit ihrem gefolg im kloster, wovon Haltaus s. 63 beispiele
gibt, dann besuch überhaupt: dieser treibt sein lauter mut-
willen mit der ehe, hell auch sein weih und kind nicht da-
für, das er ehelich bei inen wonen und bleiben solle, son-
dern das er einen gewissen sichern aufrit wisse, wenns in
gelüste wider zu komen. Luther 5, 3S3';
was sie nicht kan, lerens ir pspieln
bei den sie hat iren aufiilt. H. Sachs I, 449';
bei ihm der adel auf und ab
teglichen het seinen aufiitt. II. 4, 62';
das dosier hat grosze aufritt,
beides von knechten und vom adel.
AvRER fastn. sp. 103*.
AUFRITZ, m. scissura levis, ritz.
AUFRITZEN, leviter scindere: die haut, den arnx aufritzen.
• AUFRÖCHELN, rhonchos edcre, sterlere:
und er entsank aufröcheind dem schöngebildctcn sesscl.
Voss IL 5, 585.
AUFROHREN, verslopße röhren öfnen: die eingefrornen
hähnc an den. fässern mit glühenden kohlen aufröhren.
AUFROLLEN, convolvcre, nnl. oprollen.
1) in die höhe winden, drehen: braune locken schnell ge-
trocknet rollten sich schon wieder auf Gütue 23, 236; den
Vorhang aufrollen ;
die schlänge sonnt sich aufgcrolit im grün.
Shakespenr von Tieck im TUiis Andronicus 2, 3, nach :
the Snakc lies roUed iii the cheerful sun.
2) entrollen, öfnen, franz. derouler: ein gemählde, ein zeug
aufrollen, ausbreiten; wie die sonne die bliitler der buchen
so hold aufrollte, entfaltete, der arme mann im Tockenb. 242.
3) intransitiv: der. Vorhang rollt auf.
AUFKUCH, m. exhalalio, evaporatio, was aufriecht: dann
mache ein grosz feuvver, dasz das honig in der pfannen gar
verbrennet, reibe das gebrandte ganz klein und subtil, dis
croci Martis nim ein pfund, darzu ein halb pfund salarino-
niac, vermische es wol und sublimiers dreimal, dann nim
den aufruch herab. Thurneisser m. alchym. 1, 61.
AUFRUCK, «I. exprobralio, was aufgerückt wird, Vorwurf:
weil das der nation, aus welcher wir nach dem fleisch ko-
men sind, und die allzeit bis auf die nechste jar die ge-
lreuest und gottfürchligsl gewcst ist, ein groszer aufruck sei.
Luther 2, 181'; aber des aufrucks der unklugheit weigere
ich mich gar. Melanchth. sendbr. an einen Karlheuser. Wit-
tcnb. 1524 bl. 1 ; auch ire kinder würdcns (der mutter schände)
einen ewigen aufruck iiaben müssen. Luthers tischr. 320';
von siolzca kiial)n
des cui bcschwerlicli nulruck liabn.
ii. ItiNGWALD laut. waih. 220;
spöttliche höncrei und aufrtick anderer leutc lasier und ge-
brechen. Opitz poeterei s. 24 ; aufruck und schände. Arg. 1, 500 ;
dorm rcdiirhkeil
als wie ein aiifrnok ist den louten dieser zeit;
auch ich geh gerne narli, dasz ich dnrrh dein erheben
was höher kommen sei, doch kannst du dem was geben,
da.s dieses aufrucks werih, der so dein gut vermehrt,
dasz du dis gehen kannst. (iRyphii;.s 1,27.
später veraltend, so gut es neben Vorwurf bcsichn würde.
AUFRÜCKEN, sursum movere, schon ahd. lUrucchau gegen-
über dem nidarrucchan (Graff 2, 434), jnhd. ftfrucken.
713
AUFRCCKE.X— AUFRUFEN
1) die frauen, im mittelaller, rückten ihr gebende, ihren
kofiffulz in die höhe, streißen auf:
üf nictes ir gebende, ir varwc wol getan
diu liilite ir üj dem golde. i\i&. 1201, 1. vgl. Part. 515, 3.
2) fischer rücken angel oder hamen auf.
3) grüszende rucken den hut auf, wofür man heule nur
rücken sagt.
4) fahnen, im kämpf, werden aufgerückt, hoch empor ge-
halten :
des riches van wart üf geruht. Türh. llTi. 23'.
5) figürlich, das herz wird erhoben, aufgerückt:
sin herze im entspannen
Wirt höher iTT gerucket, troj. kr. 19033.
6) der fallende, strauchelnde:
des gesellen ger ich niht,
der väret, ober mich strüchen siht,
daj er mich nider drücke
unt niemer üf gerücke. Frkid. 64, 11.
figürlich, wie man in den gegenden fride und gemeinnulz
wider uf rucke, urk. von UU bei Haltacs 63; damit des h.
röm. reichs und teutsches gezunges grosz wirde wider auf-
geruckt und in die alten achtperkeit und erber stat und we-
sen gesetzt werde, daselbst.
;) etwas neues einführen : unde die fursten ruckten nf eine
jtel newe münze, daselbst.
8) einen aufrücken, befördern, zu höherer stelle erheben,
fastn. sp. 919, 13. auch intransitiv hinauf rücken, arancieren.
9) einem aufrücken, auf den hals, auf die stube rücken.
10) einem aufrücken, vorrücken, vorwerfen, im 16 jh. über-
aus häufig: rücke dem nicht auf seine sünde, der sich bes-
sert. Sirach S, 6 ; er narr aber rückts einem unhöflich auf.
18, 18; er gibt wenig und rücket einem \i\ auf. 20, 15; das
man im aufruckt, wenn man im geliehen hat. 29, 32; gott
gibt einfeltiglich iederman und rückets niemand auf. Jac. l, 5.
Luther 1, 117'; schemestu dich nicht, das du dir so lange
leszt aufrücken. Luther 3, '4; die sonst iederman gedult,
sittigkeit und senfte leren und aufrücken. 3, 332*; rücke im
also sein wort auf. 4, 52*; rückt im seine ehre auf. 4,104*;
solchs kanstu im aufrücken und sprechen, hie kome ich,
lieber vater. 4, 415* ; so wirstu sehen, wie er wird sack und
seil aufbinden und liechter lohe brennen, schelten, richten,
aufrücken. 5, 70*; kundt ir uns unser ehefrauwen aufrücken.
5, 90"; wo die herren so wol gestraft werden als der pöbel
und der pöbel sowol als die herren, da kan keins dem an
dem etwas aufrücken. 5, 151*; in unserm fürstenthum hats
freilich kein not, das euch jemand solt etwas aufrücken oder
im handel hindern. 5, 508* ; warumb rückt er solch hundert-
tausent gülden dem nicht auf, der noch lebt und auch wol
darumb weisz? 6, 31*; sondern es hciszet liebe aus reinem
herzen und gutem gewissen, das in nieman schelten noch
etwas böses zeihen und aufrücken kan. 6,38*; biszweilen
rückte sie mir meine armut auf. pers. rosenlh. 2, 27 ;
ruckt uns dies jemand auf, uns? Grtphius 1,63;
bist du bekant,
so kan dir jeder deine feil aufrücken. 2, 117;
da liesze sichs nicht wieder aufrücken, was einmal TCi^eben
und Terziehen wäre. Weise kl. leule 164;
ein halber advokat und dunkler grillenfänger
rückt den poeten auf, ihr seid nur müszi^^nnger!
J. E. Schlegel 4, 115;
ein pharis9er, dem die sadducüer das gesetz zu machtig auf-
rückten. Moser verm. sehr. 1, 164 ; man wollte die Verbindung
eines hergelaufenen menschen mit einer, so angesehenen fa-
milie sich durch die gegenwart nicht beständig aufrücken las-
sen. GüTHE 18, 83.
AUFKLCKIG, exprobrans, illalae injuriae memoriam reti-
nens: (die rechte hausfrau) ist nit räszzüngig, tachlropfig,
widerbefsam, aufruckig, adelstolz, treckbatzig, zornkäuig, klei-
derprüchtig, heiinsteuernihmig, gallkaUig, wortstichig. Garg. 75*.
Al.FRLCKU.NG, f. exprobratio.
AUFRUF, m. proclamalio, invoeatio, nnl. oproep : aufruf
zu den Waffen, aufruf des königs an das voIk, aufruf der land-
wchr; verkauf durch öffentlichen aufruf; gerichtlicher aufruf.
AUFRUFEN, inclamare, proclamare, nn/. oproepen. wie in-
transitives rufen acclamare den dat., transitives rufen vocare
den ace. der person fordert, hat auch aufrufea beiderlei easut
neben sich,
AUFRUFEN— AUFRUHR 714
1) einem aufrufen, ihm zurufen aufzustehn:
der mancher sunst die mess verschlief,
wan ich im nit so treulich aufrief.
fastn. sp. 793, 31.
2) einen aufrufen, rerocare, invoeare, vocare:
zu hause, für dem thor, und aus des grabes kluA
wird von des lodes schlaf ins leben aufgcrufl.
LoGAU 2, 4, 12 ;
sieht sie gen himmel und danket dem, der vom tode sie aufncf.
Klopst. Mess. 11, 392;
ich reizte den feurigen Charikles und forderte mit ihm den
schon zertretnen pöbel auf, Damokles mit mir aufzurufen.
Klixger 2, 404; Hoorn und Oranien wurden dabei zu richtem
aufgerufen. Schiller 819; die glaubensrichter, noch kürzlich
erst durch einen ausdrücklichen befehl zu strenger amtsübung
aufgerufen. S16 ; einen schüler aufrufen ; einen zum tanz
aufrufen ; alle Jünglinge über 1" jähren zur landwehr aufru-
fen; aufrufen zu erscheinen, auffordern.
3) etwas aufrufen: die baumgruppe beschattete kloster
Bergen, einen ort, der mancherlei erinnerungen aufrief. Göthe
31, 210; ich könnte das gefühl der damen aufrufen {appel-
lieren daran). Götter 3, 376; kommt zu Victoire, um ihren
beistand und ihre Verwendung für Adelaiden aufzurufen. Schil-
ler 686; jede Schwierigkeit (in den Wissenschaften) ruft ein
hülfsmittel auf. Kakt 4, 220.
AUFRUHR, f. und m. commotio, seditio, tumultus, aufstand,
empörung, bei Ulfilas unsuti orfer dröbna, nnl. oproer. der
älteren spräche ist das wort weiblieh, wie man auch die rühr,
in mehrfachem sinne, sagt. ahd. hruora motus (Graff 4, 1178).
es ward nur gröszere aufrur. Keisersb. schifderpcn.S9; ge-
dachter aufruhr hauptsacher. reichsabsch. von 1526 zu Speier
§. S;
das er kein sunder aufrar mach, fastn. sp.i,W;
du und deine ganze rotte macht ein aufrbur wider den herm.
4 Mos. 16, 11 ; der Arnos macht ein aufrbur wider dich. Amos
7, 10 ; nun richtet das volk in der Stadt eine aufruhr an.
l Macc. il, 45; darurab darfstu nicht begern einer leiblichen
aufrbur. Luther 2, 68*; dienet es zu frecher aufrbur unter
dem pöfel. 3, 47*; in der nehesten aufrbur {im bauemkrieg)
5,46*; dazumal in der aufrbur. 47"; mit welchem ich musz
unschüldiglich leiden den heszlichen, feindseligen namen der
aufrbur. 6, 8*; das ich der fürnemsten einer war, der wider
die aufrbur lerete und schreib. 6, 9"; sondern aufs höhest
wider die aufrbur streite. 6, 9"; das man die aufrbur nicht
stillen kündle. 6, 31*; die aufrbur stinkt inen zum halse
heraus. 6, HO*; wir stewren beide den irrthumen und auf-
rhuren. 6, 316*; kein krieg sondern eine rechte aufrbur. 8,
41*; zur aufruhr zwingen, br. 2, 143; da die aufruhr schon
gestillet war. Melanchthoss Daniel, verdeutscht von Jo^AS.
Wittenb. 1546 bl. 107 ; da Absolon die aufrur erreget hat. .Me-
lanchth. lehr und trostr. sehr. Wittenb. 1588 bl. 28 ; das wir zu
keiner aufrbur lust haben. Melaxchth. Augsb. conf 368 ; die
ncchst beurische aufriV. Fhaxk weltb. 45*; zu morgens be-
wegt sich die ganz statt zu rumor und aufrur. 190'; so hat
er wollen eine aufruhr anrichten. Micrälius a. P. 2, 138 ;
darauf grosze aufruren und blutvergieszen gefolgt. Reiszner
Jer. 2, 74'; under disem Floro hat sich die aufruhr der Ju-
den angefangen. 2,106';
0 könig aufrur, aufnir, aufrur {2kön. 11, 11).'
das volk hat mit groszer unfur
Adoram dein rentmeisier vereinigt
in dem felde zu tod gesteinigt. H. Sachs III. 1, 105*;
ungehorsam, blutige aufrur. III. 1, 106*;
müsz wir uns förchten einer aufVur. Atrem259*;
in dieser heftigen aufrur. Schmelzl Sauf 2';
warum soll dieses baupt der aufruhr weiter leben?
Grtpuius 1, 14;
der aufruhr beschuldigen. Zixrgr. 49, 25. das f. bezeugt
auch der plur. aufrühren {wie fuhren rou fuhr, ahd. fuora),
wie es in einer urk. Maximilians von 1494 (6et Cbnel 5. 32)
heiszt: die aufruren und empürungen.
Allmälich risz aber das m. ein, und die späteren ausgaben
der bibel setzen es an den platz des f. hin und wider; das
nnl. oproer ist bald männlich bald neutral, sinnlich bedeutet
es aufregung und toben der elemenle, des wassers, feuers und
windes : des orkans aufruhr. Voss Od. 12, 314 ;
das ermattete pdugros
trägt zu des walls aufhihr sacke mit dämmendem Schutt.
Voss 3, 121 ;
715
AUFRUHR — AUFRÜHRISGH
AUFRÜMPFEN — AUFRÜTTELN
716
wein, den die bosheit ausgedacht,
in dein des hetens aiifrulir tobt,
den niemand als der wiri uns lobt.
Hagedorn 3, 46.
davon ist ein leichter Übergang zu inncrn und äuszefen bewe-
gungen der menschen : sein herz, sein gewissen ist in aufrulir ;
das kommen und gehen, das reiten und laufen vermehrte
sich immer und unser haus war tag und nacht in aufruhr.
GöTHE 24, 153 ; mein blut ist in aufruhr ;
aber die königin, längst zerrissen von innigem aufruhr,
blutet an wunden des herzens. Bürger 244';
und sie entsprangen den thronen, den saal durchlobend mit
aufruhr. Voss Od. 22, 23.
man sagt intransitiv, in aufruhr treten, kommen, transitiv,
in aufruhr bringen, setzen:
und gegen ihn in aufruhr trnt
die jüdische gemeinde. Bürger 45';
das ganze weibliche Genua kam in aufruhr um diese schöne
eroberung. Schiller 145';
hurtig hinein mit der dirne I sie bringt mir den Hans so in aufruhr.
Luise 3, 494 ;
ein erhitztes und in aufruhr gebrachtes blut. Göthe 26, 22;
den gnädigen herrn in verliebten aufruhr setzen. Hippel
lebensl. 2, 56; Städte und provinzen in aufruhr setzen. Klin-
CER 1, 321 ; worte, die die halle in aufruhr gegen mich setzen
könnten. 10, 233.
AUFRUHRACTE, f.: die aufruhracte verlesen,
AUFRÜHREN, commovere, suscitare, turbare, aufregen : das
wasser aufrühren, trüben, den grund, boden, salz einer flüs-
sigkeit aufrühren ; man soll den unrath nicht aufrühren; fin-
sternis verlösche sie (die unthat) auf ewig und der tod rühre
sie nicht auf. Schiller 132. dann auch sittlich erregen und
antreiben :
da ich . . alle Staaten dieses weliiheils
tu meinem schütz aufrühre und bewege,
Schiller 414;
hauptsächlich, das volk aufwiegeln, zur empürung reizen; wer-
den wir nicht den pöbel aufrühren müssen? Schiller 152.
leidenschaften, stürme, kriege aufrühren :
drum gehts jetzt auch so fein, wenn krieg der herr aufrührt,
80 wcisz der bauer schon, dasz ihn sein beute! führt.
LoGAU 1, 3, 18;
für In Holt- und Engeland aufgerührten waffenszank.
3, zugäbe, 179.
AUFRÜHRER, m. turbarum eoncitator, rebellator: nachdem
mir etliche aufrührer mein erbkönigreich genommen haben.
1 Macc. 15, 3; und will in das königreich ziehen, das ich die
aufrührer strafe. 15, 4; auch weist du, dasz ich dem erst-
gebornen gegen die aufrührer zum thron verlialf. Klinger 5,
204 ; ein geführlicher aufrührer gegen die gcrechligkeit. 8, 63.
AUFRÜHRERISCH, seditiosus, rebellis: der aufrührerische pö-
bel. wird heule neben aufrührisch gebraucht, z. b. Klinger 8, 100.
AUFRUHRFLAMME, f
AUFRUHRGENOSZ, m. mitverschworner.
AUFRUHRGESETZ, f.
AUFRÜHRIG, excitatus, rebellis: Stillung des aufrhührigen
geschwollenen welschhanenhals. Garg. 60';
gar zu jach und gar aufrürig. Ayrer fasln. 32" ;
die aufrürigen, rebelles. reichsabsch. von 1529 §. 12 ; mit den
ufrürigen. Keisersb. pass. D4; um dieses Wespennest nicht
aufs neue aufrührig zu machen. Pierot l, 308 ; dreifacher
krieg mit den aufrührigen einwohnern von Rretagne. Hahn 1, 1.
AUFRÜHRISCH, seditiosus, rebellis: mein kind fürchte den
herrn und den könig, und menge dich nicht unter die auf-
lUrischen. spr. Sal. 24, 21 ; es war aber einer, genant Rarra-
bas, gefangen mit den aufrürischen (goth. dröhjandam). Mure.
15, 7; Hübacuc solle auch wol aufrhüriscli verdanipt worden
sein. Luther 3, 230; durch den aller ufrhürischten menschen
Thomas Münzer. V.r. Alberus widderjiirg Witzeln mammelucken.
A 8" ; denselben palast hat das aufrürisch kriegsvolk verbrennt.
Reiszner Jer. 1, 3l'; wolt ir wider den könig aufrürisch sein?
2, 34*;
wie «her würd es gehn,
wenn wider uns das beer aufrührisch wolt aufstehn!
Gryphius 1, 291 ;
diejenige aufrührische, welche mich und die meinige vom Va-
terland getrieben. Schuppius 717 ; aufrührisch machen. Ett-
NERs hcbamme 816 ; wegen dieser aufrühriscbca vermessenheit.
Wieland 7, 68 ; ist noch nicht mächtig genug, sich einem auf-
rührisch gemachten volke entgegen zu stellen. 29, 163; drei
aufrührische bürgen Schiller 144'; die aufrührische menge,
ihre aufrührischen Unternehmungen. Göthe 8, 81; aufrührische
gesinnungen. 14, 307; von den aufrührischen bauern. 42,407;
dies machte ihr verliebtes herz ganz aufrührisch. Fr. Müller
1, 295; Klincer 10, 280. 11, 115. 12, 212.
AUFRÜMPFEN, fastidire, distorqueie :
mit spötlich aufgerümpfter nasen. Weckherun 35.
AUFRUNZELN, corrugare, die stirnc in falten ziehen.
AUFRUPFBAR, exprobrabilis : es sei aufrupfbar, noch
eine weit wissen und dieselbe mit unter seinen gehorsam
bringen, von Birken OL. 184.
AUFRUPFEN, exprobrare, eigentlich aber vellere, vellicare
und aus einem sinnlichen aufrupfen oder pflücken der flocken
und federn voin kleid abzuleiten, was ein vorwerfen und vor-
halten von mangeln oder fehlem ausdrückt; man sagt aber
auch heute, wir haben ein hünchen mit einander zu pflücken,
uns vorwürfe zu machen, etwas unangenehmes abzuthun ? : ein
reiche rupft dir teglich auf, was sie dir zu hat gebracht.
Keisersb. narrensch. 192 ; geschenk und gutthat aufrupfen.
347 ; jetz rupften wir einander unsere thorheit auf. Frank
weltb. 225*; diese Ungeduld wird inen auch vom herrn auf-
gerupft. Hedio Tertuliian 14 ; dasz ihm {dem ehrlich gemach-
ten) derhalben niemands etwas solle zu Unehren fürwerfen
oder aufrupfen. Kirchhof wendunm. 104'; welcher ainem seine
mängel aufrupft. Isengreins beichtb. cap. 9 (Schm. 3, 119); auf-
rupfen improperare. Maaler 36"; die etwan einer ganzen
freundschaft solcher verbrachten that oder andern unfall für-
geworfen oder aufgerupfet. Fronsp. kriegsb. 1, 3'; hett ihnen
oft ihr verzagt, und unliebe weis aufgerupft. Facius frei Fronsp.
3, 273'; Spiels wie die Italiener in hundstagen, so hat der
köpf nichts aufzuropfen dem magen. Fischart groszm. 22 ;
wer sich bessert, dem ist sein fehler nicht aufzurupfen. Leh-
mann 101 ; kein tischgenosz war mir zu gut, ihm sein laster
zu verweisen und aufzurupfen. Simplic. 1, 140 ; thät Lucifer
eine scharfe rede, in welchen er allen aufrupfte, dasz. l, 563 ;
dem rupften sie auf, dasz ihm die' den herren Scholaren
von kaiser Friederichen gegönnete freiheiten nicht angienge.
Schuppius 546. In der späteren Schriftsprache erlischt das
wort, unter dem volk in Baiern und Schwaben lebt es noch
(Schm. 3, 119. Schmid 440), vgl. auch vorrupfen.
AUFRÜPFLICH, exprobrabilis: aufrüpfliche worte. Keisersb.
narrensch. 328 ; ist es ihm aufrüpflich, dasz es einem lands-
knecht nicht kühn sei, ein mummenschanz zu halten. Kirch-
hof mil. disc. 139.
AUFRUPFUNG, f. exprobratio: die trunkenheit ward kei-
nem verarget, nachteilig, noch ein aufrupfung. Frank weltb.
43'; aufrupfung, scheltung, opprobratio. Maaler 36*.
AUFRÜSSELN, nach Adelung, stroh aufschütteln, aufrütteln.
AUFRÜSTEN, elevare, exstruere, aufbauen, in die höhe rü-
sten, nnl. oprusten, in der anwcndung oß mit ausrüsten, niil.
uitrusten verflieszend, bei Maaler 36* adornare, aptare: aufrü-
sten, ein gerüst auffuhren, aufschlagen ; einen wagen aufrüsten,
ihm die leitem aufsetzen; niemants rüstet stCillachen ul'. Kei-
sersb. post. 2, 70 ; brüstlein aufrüsten, hervor schmücken :
und ihut es neunmal flmb einn plapphart,
in einem schönn wciszen tapphait,
darin ir brüstlein aulgerüst,
das ein von herzen ir gelüst. fasln, sp. 760, 12 ;
hier pflegt in stiller ruh der sperling aufzurüsten,
sucht für sein leichtes ncst ihm einen kleinen räum,
Opitz 3, 174.
AUFRÜSTIG, scheint in den folgenden stellen unser, heuti-
ges enlrüsM, aufgebracht, zornig, widerstrebend : daruinb wur-
den si an weib, kind, eer und gut schwerlich belesligt, wel-
ches die .luden, so von natur unleidlich und unvertreglich
fast ie und ie erfunden werden, aufrüstig gemacht liat. Frank
chron. 36*; denn sie sind aufrüstig und abcnteurlich in des
grafen gezelt kommen. Ilugoschapler 35.
AUFRÜSTUNG, instructio, exnrnatio, acdiftcatio. Maaler 36";
nun rüstet sich künig Hugo solch sciimach zu rechen, aber
er starb in discr aufrüstung. Frank chron. 292'.
AUFRÜTTELN, cxculere, excitare, aufschütteln: einen vom
schlaf aufrütteln, einen schmerz aufrütteln, renovarc dolo-
rem; dasz ])c\ so schöner gelegenheit von unlersuchrn meine
allen Stückchen genauer aufgerüttelt und fein kostbar am tag
revidiert würden. Fr, Müller 3, 220.
717
AUFRCTTEN — AUFSÄSZIG
AUFSATTELN — AUFSATZ
718
AUFRÜTTEN, dasselbe, nur stärker:
wann mit gebogenem pdug er die erd aufrüuet der landmann,
(agricola, incurvo terram moliius aratro).
Voss georg. 1, 494.
AUFS für auf das.
AUFSACKEN, sarcinam instar sacci imponere, suscipere:
dasz sie ihn {den kranken) aufsackten und wieder hinauf trügen.
Weise erifi. 303 ; was hast du denn alles aufgesackt? Schoch
slud. leben E3; der bärenhäuter hat schon alles aufgesackt.
Arnim 1, 60.
AUFSAGEN, in doppeltem sinn,
1) recitaie, hersagen : wenn nu ein kind beginnet solchs zu
begreifen, das mans gewene aus der predigt sprüche der schrift
mit sich zu bringen und den eitern aufzusagen. Lltiieb 3,
279'; die iectz aufsagen, aus der predig behalten. Garg. 6S";
soll er lection aufsagen,
wüst er lauter nichts davon. Opitz 2, 196;
der allermeiste häufen
kommt auf die tempel zu mit heiszer brunst gelaufen,
sagt seine Sünden auf. 1, 3o;
die (zwei bücher) faszt er in den köpf, die kont er ehr aufsagen,
als l'risca zeblen wird, wie viel sie hat getragen.
Grtphius 2, 99;
zu hören, wie rasch und beherzt auf sechzehnlausend fragen
der kleine papagai die anlwort aufzusagen
gelehrig war. Wiela.nd 4, 55 ;
da hatte icli nun wieder eine neue lection aufzusagen- Göthe
19, 309.
2) renuntiare, absagen, aufkündigen : den vertrag, kauf, bund,
die liebe, freundschaft aufsagen; das regiment aufsagen, die
regierung niederlegen;
gester tet ich mein dienst aufsagen, fastn. sp. 565, 20 ;
ja als es (das land) alle schuld und püicht ihm (dem könige)
aufgesagt. Grtphius 1, 30S;
nur wünsch ich, dasz ich nicht in meine grübe fahre,
eh ich dem laster schon den handel aufgesagt.
liAGEDORTf 1, 29;
er habe eine ungeheure summe seinen Schuldnern in Britannien
auf einmal aufgesagt. Stolberg 10, 19 ; ich komme ihnen einen
kauf aufzusagen. Lessi.nc 1, 2S2 ; seiner leidenschaft aufsagen.
Klingers th. 4, 156 ; zwölf mühsame jähre sind vorüber, ihm
ankündigen musz ichs, so heischt es unser vertrag, und auf-
sagen könnt er mir dann. Fr. Müller 2, 171 ; der herzog hat
das conseil aufsagen lassen, weil er von seinem nachtrilt er-
müdet ist. Göthe an fr. von Stein 2, 158 ; wenn solche groszen
massen, die sich selbst die erleuchteten nennen, öffentlich
allen gehorsam aufsagen. Tieck ges. nov. 1, 88.
AUFSÄGEN, resecare serra, mit der säge öfnen.
AUFSALZEN, aufschtcätzen, aufhängen? einem einen schätz
(ein mädchen) aufsalzen, der arvie mann im Tockenburg 1'ii.
Schmeller 3, 240 hat einem (streiche) aufsalzen, ihn prügeln,
schlagen.
AUFSAMMELN, colligere, recolligere: geld aufsammeln;
regenwasser aufsammeln ; sah man einen nach dem andern
etlichemal umbwerfen und sich mit seinem geräthe aus dem
Schnee wieder aufsamblen. pers. reiseb. 1, 3; meine mutter
schlief bei einem don, und sammelte mich da auf. Klingers
th. 4, 222 ; wahrhaftig in ganz Castilien findet man keine Im-
pertinenz mehr, er hat sie alle aufgesammelt. 4, 193; es hat
sich allmalich eine ungeheure Schuldenlast aufgesammelt
AUFSAM.MEN, dasselbe:
so sein wir all aufgesammet knaben,
die der Weisheit nit zu vll übrig haben.
fasin. sp. "00, 19.
ADFSÄSZIG, hostilis, repugnans, gebildet wie ahd. antsdjic,
mhd. widersae-^ec und wie ansäszig, landsüszig, obgleich die
Sehreibung und ausspräche aufsässig eingerissen ist: das alter
ist denen lösten und begierden aufsessig, die es selbsten in
der kindheit und Jugend getrieben. Lehmann 7 ; von den nach-
barn rührt sich keiner, sie sind mir alle wegen des müdchcns
aufsässig. Göthe ll, 23; niemand glaubte Ursache zu haben
ihnen aufsässig zu sein. 38,135; der frömmelei ist er beson-
ders aufsässig. 45, 359 ; alle menschen sind mir aufsässig ge-
worden. TiECR 3, 17 ; wenn jemand in gesellschaft übel von
mir redet, zumal wenn es nur geschieht, um die gesellschaft
zu belustigen, so kann ich ihm deswegen nicht im mindesten
aufsässig werden. Lichtenberg 1, 12 ; diese kirchc ist mir über-
haupt aufsässig. J. Paul lit. nachlatx 4, 83. s. aufsatz, 8 und
aufsutzig.
AUFSATTELN, sellam imponere: es ist schon aufgesattelt,
alles reisefertig; aufsatteln und anzäumen. Garg. 251*. bild-
lich, einem etwas auflegen, außaslen: haben sie aller nation
ir eigen schrift aufgesattelt. Frank 2, 76; und den glauben,
der ein frei, gott ergeben, willig herz erfordert, mit gewalt
iemant aufgesattelt, wellb. 114"; ihre guter den pQegkind«rn
nicht verkaufen, vertauschen noch aufsattlen. Frankf. ref. 7,
6, 3; was einer selbst nicht leiden wolt, das soll er einem
andern nicht aufsatteln. Lehmann 97; dasz sie ihm meine
gchwester ganz vortelhaftiger weise aufgesattelt. Simpl. 1, 469 ;
den namen hat mir das rabenaas aufgesattelt. 2, 59.
AUFSATZ, m. in mehrfacher bedeutung,
1) was auf den tisch gesetzt wird, tracht, speise:
um vielen aufsalz darf mein tisch mich nicht verklagen,
der gurgel ess ich nicht, ich esse nur dem magen.
LoGAC ;
er besinnt sich noch ganz genau darauf, was man für ge-
richte bei dem ersten aufsatze gebracht hat. Rabener 1, 123 ;
prangte geformt vom konditor ein anschaunswürdiger aufsalz.
Voss 2, -216;
viel güldne schusseln, teller, aufsätz und silberae gefäsze
standen auf der tafel. Brockes 8, 294; ein aufsatz von por-
cellan. Gellert 3, 173.
2) kopfputi der frauen: wird verurtheilet, mit sechs dau-
men hohen spitzigen schuhen und einem achtzehn daumen
hoch aufgethürmlen aufsatz von Ziegenhaaren zu erscheinen.
Wieland 13,207; frisur und aufsatz waren gesuchter, sie war
mit allen ihren Juwelen geschmückt. Göthe 18, 320 ; äuszert
uns der bräutigam, dasz wir ihm in einer morgenhaube bes-
ser als in dem schönsten aufsatze gefallen. 19, 287; wollt
eben einen aufsatz probieren, sah einen frauenkopf auf einem
geschnittnen steine, der haaraufsalz gefiel mir. Fr. Ml'ller 3, 139.
3) schmale, aufgenähte streifen am hemd oder kleid.
4) aufsatze in zimmern: Verzierung der zimmer durch ta-
peten, aufsatze und alles schöne ameublement. Kant 7, IS";
ofenaufsatz.
5) aufsatz, was niedergeschrieben, zu papier gebracht, abge-
faszt wird: kleiner aufsatz, zerstreute aufsatze, abhandlungen
geringes umfangs.
6) aufsatz, Satzung, außage, impositio, stattUum, traditio:
warumb übertreten deine jünger der ehesten aufsetze? Malth.
15, 2 ; warumb übertretet ir denn gottes gebot umb euer auf-
setze willen? 15, 3; halten also die aufsetze (goth. anafilh)
der ehesten. Marc. 7, 3. 5. S ; in solch vergessen und unacht
füren uns die groszen gebrenge des ablasz und das engsten
der aufsetz in der beicht. Luther 1, 85* ; wir der vicarius,
priores und brüdere des ordens s. Augustini zu Witemberg
versamlet, haben von den gelübden, vom bettel und andern
aufsetzen des ordens dermaszen, w ie folget, beschlossen. 2, 1* ;
lesen wir doch, das die apostel haben der kirchen aufsetze
und gebot gegeben über die, so sie' von Christo empfangen
hatten. 3,518*; und gehet also dis erste concilium gewaltiglich
wider der menschen aufsetze. 3, 519'; zu dem, so ist diser
artikel nicht ein lere oder aufsatz auszer der schrift von men-
schen ertichtet. 5, 490' ; ir habt gottes gebot aufgehaben durch
eure eigen aufsetze. 6,27'; das man sie aber in gnaden müste
halten, das war ein ubergebot und aufsatz, damit uns gott
über seine gebot beschweret und brandschatzet. 6, 28"; ich
hab gehört, wie das e. f. gn. nach abgang dieses aufsatzes
wolle eine andere (so) und vielleicht schwerer aufsetzen, br. 1, 78 ;
die land hart beschweren und schetzen
mit gar unbillichen aufsetzen. II. Sachs I, 255';
wies unter meim herr vatier war,
on alle aufsetz ganz und gar. III. 1, 76';
auch zu mehning königlicher sclietz
hat er gemachet viel aufsetz. III. 1, 101*;
vil tinnoiig er aufsetz macht,
damit er die gemein beschwert. Athf.r 259*;
ihr rechtsgelehrte, die ihr die aufsetze und geböte des ge-
setzes verstehet, pers. baumg. 4, 5.
7) aufsatz, aufgeld, Zinsen von dargeliehenem geld: wenn
dein bruder darbet, so leihe im on aufsatze. Luther 1, 50*;
sie leihen on aufsatz, halten gute pollicei. Frank weltb. 227';
ohn aufsalz, betrieglichen vorlheil. Frankf ref. 7, 6, 5.
8) aufsatz, nachstellung, feindschaß, insidiae, ursprünglich
wol aufgestelltes netz und garn: mir ist unverborgen mit was
aufsatz dir heut etliche begegnet. Galmy 139; umb seiner
tyrannei, geitzs und aufsatzs ,willen. Luther 3, 248' ; darumh
719
AUFSATZ — AUFSÄÜERUNG
AUFSAUGEN — AUFSCHÄUMEN
720
das er solchs alles mit unrechtem gut, durch aufsetz und
würgen gewonnen. 3, 250; aus schalkheit und aus aufsatz.
Keisersb. gunkcl 8 ; mit list und aufsatz. Hkdio com. Ab ;
denn ihm der aufsatz nit ganz verborgen ist, so wir lang
gegen ihn gehrauciit haben. 166; von stund an sich zur her-
zogin füget, ir solchen aufsatz und hinderlist zu wissen thet.
1S3; die bedrächtliche ufsetz und anschlege, so über in und
seine briider angestalt wurden. Aimon vorr.; bucher, die mit
ufsatz und stracks mit ufgeworfen titel wider uns geschrieben
sind. Reuchlin augensp. 15'; wie wol er mir meine wort mit
ufsatz nit recht nachsagt. 38'; mit ufsatz oder usz fürsatz.
Reuchlin verst. 9'; wenn das gewächs in seinem ersten und
zarten alter ist, so erleidet es groszcn aufsatz von den Wür-
mern. MuuALT eidg. 56 ; sie werden zu fliegen bewegt, so sie
gefahr oder aufsatz anderer groszen fische fürchten. Fobeb
fischb. 18*; als aber Benedictus den groszen ufsatz und Un-
willen gespürt, gab er das pabstumb uf. Tschudi 1, 17 ; die
zu Athen haben ihr beste burger durch neid und aufsatz ver-
trieben. RiHEL Livius 857 ;
tlict vor den jungen sönen warnen,
vor iren aufsetzen und garnen. 11. Sachs III. 1, 178';
sintemal gar oft auch verräterei und aufsatz durch markaten-
der, sudlcr und andre ihres gleichen ist gebraucht und zu-
wegen bracht. Kirchhof mil. disc. 95; sintemal vor irem {der
festungeii) ausfall und aufsatz sicher weder ins läger noch
daraus niemand ziehen kan. 197; dasz er zu dem streit all
augenblick gerüst und durch kein aufsatz möge von den bai-
baren überfallen werden. Fronsp. 3, 134' ;
sie brauchen auTsetz, list und wiiz,
wie sie mich mögen fangen. Waldisps. 140, 2;
denn falken und die leidig katz
thun mir Leide groszen aufsatz. froschni. D7*;
dasz du mögest ja das beer
und aufsatz alles leids vermeiden.
Weckherlin 199 ;
er ward durch aufsatz gefangen. Zinkgr. ap. 48, 27.
AUFSÄTZIG , insidiosus, hostilis, aufsäszig : der teufel ist
ufsetzig dem menschen. Keisersb. Iiell. lewe 21 ; du wirst uf-
setzig sein irer fersenen. 16 ; ihr werdet mich euch ganz auf-
setzig machen. Opitz Arg. 2, 407 ;
und ob mir wol die, die mich hassen,
aufsätzig hin und her aufpassen,
so stärket mich doch deine gnad.
Weckhkhlin 117 ;
witzlos war der fürwitz, aufsätzig der fürsatz. 702;
bis endlich das ganze dorf aufsätzig war und ihm in einer
nacht der stadel bis auf den grund abgebrannt wurde. Jucun-
dissimus 5; aufsätzig wurde. Hahn 4, 25; suche anderswo
flauen, die du ihren männern aufsätzig machen kannst. J. E,
Schlegel 2, 408. s. aufsetzig.
AUFSÄTZIGKEIT, f. repugnantia, hoslilitas, animtis infensus :
das ward aufsätzigkeit gescholten und den lictoren befohlen
ihn zu züchtigen. Niebuhr 2, 239. s. aufsetzigkeit.
AUFSÄTZISCH, dolosus : mit aufsetzischen gritfen betriegen.
Kirchhof wendunm, 178'.
AUFSÄTZLER, m. betrieger. Kirchhof uiendunm. 304.
AüFSÄTZLlCH, infestus, hoslilis, dolosus, vorsälzlich: auf-
sätzliche beschädigungen. landfr. von lb22 eingangs ; ufsetelich.
Reuchlin au^cns/). 1, 6. s, aufsetzlich.
AUFSATZMACHER, m.
ein aufsalzmacher on erbarmen. II. Sachs I, 350'.
AUFSATZüNG, f. stalulum, mposiUo: haben uns mit den
ständen einer leidlichen, möglichen und träglichen gemeinen
aufsalzung auf alle stand und unlerthanen des h. reichs ver-
einigt, rciclisabsch. von 1512. 1, 1 ; sie meinen man bcdörf zu
der /echtferligung nichts anders dann des gesetzs, darumb
auch so vil gesetz, Statut und aufsatzung vorhanden sein ;
das die aufsalzungen oder gepot der bischöf nichts gehören
zu dem christlichen wesen. Melanchth. l Cor. 4 ; ihr {der pha-
riseer) aufsalzung hüben sie etwas über Mosen. Frank wellb.
143"; ir verlasset golles gebot und haltet die aufsatzung der
menschen. Reiszner Jer. l, 53*.
AUFSÄUBEREU, m. im bcrgwerli, ein arbeiter, der das los-
yearbeitcle geslein tmd erz vor ort wegschoß.
AUFSÄUBERN, gcslein und erz aufräumen: da sie {die bcrg-
leule) nun schiebt gemacht und aufgcsaubcrt. Matiiesius 142'.
AUFSÄUERN,
AUFSÄUERUNG, f.: die mclallischcn farbcncrscbcinuagen,
wie sie durch säurung, aufsäurung, absäurung und entsäurung
entstehen. Güthe52, 217.
AUFSAUGEN, in die höhe, aufwärts saugen: den wein durch
das röhr aufsaugen; die sonne saugt alle feuchtigkeit auf;
sein herz, das gern die eilenden töne ohne Störung aufsog.
J. Raul Hesp. 2, 94. auch wund saugen, die lippcn aufsaugen.
AUFSÄUGEN, nulricare: ein kind, thier aufsäugen;
in strengen pflichten war ich aufgewachsen,
in linsterm hasz des pabstthums aufgesaugt.
Schiller 409';
ich habe kinder aufgesaugt, und weisz,
wie allgewaltig multerliebe zwingt. 562*.
AUFSÄUSELN, lene murmurare:
Teuls riesenhaum ergrünt am stumpf
und säuselt auf. Voss.
AUFSAUSEN, alle strepere : die flehten sausen auf im stürm.
AUFSCHAREN, radendo aperire, extenuare, fricando aspe-
rare, nnl. opschaven.
AUFSCHAFFEN, creare, erschaffen:
der ich eine wölke nur bin, woraus du mich aufschufst. Mess. 5, 47
(1751: woraus du mich, gotl, schufst);
blickte zur erde nieder, aus welcher ihn einst polt aufschuf.
10, 791 ;
und dein herz aus aschenruh
zu flammenqualen wieder aufgeschalTen.
Göthe 12, 200.
bei Stieler 1711 ist aufschaffen gleichviel mit anschaffen.
AUFSCHALLEN, resonare:
scholl da die hölle nicht dumpf auf,
■ voll des entsetzens vor ihm ? Mess. 19, 432;
wo gewählt zur heiligen feier Cvthäron
laut vom gesang aufscholl. Voss.
AUFSCHANZEN, valla exstruere: sich hoch aufschanzen;
umsonst hat die natur die alpen aufgeschanzt.
J. E. Schlegel 4, 47.
AUFSCHÄRFEN, aufritzen, aufschneiden : die haut aufschär-
fen, weidmännisch, für das aufschneiden einiges vnldprels: der
bär wird aufgeschärft, zerwirkt. Döbel 1, 33'. doch andere
thiere, wolf, fuchs, hase werden gestreift (gesträuft), der hirsch
aufgebrochen und zerwirkt, das nnl. opscherpen bedeutet an-
reizen, aufreizen.
AUFSCHÄRREN, effodere pcdibus: so oft die blinde henne
ein körn aufgescharret hatte. Lessing 1, 145 ; er könne solche
(extrablätler) allezeit viel schicklicher in ein besondres, ehr-
lich betiteltes buch aufscharren und aufschichten. J. Paul
biogr. bei. 1, 107.
AUFSCHAUDERN, cx/jorrere .•
aufschaudernd gebot der greis. Bürger 209'.
AUFSCHAUEN, contemplari, suspicere: wenn wir nur die
äugen recht auftliun und unsern schaden recht aufschawen
und beherzigen wollen. V. Dietrichs vorr. zur übers, von Me-
lanchthons troslschriß 1547 bl. 1. richtiger intransitiv:
schau auf, ob mich gewinn dir tlies zu sagen zwingt.
Opitz ;
noch hielt er sein herz, das in himmlische wehmut
aufzuschauen begann. Klopst. Mess. 8, 114 ;
Mariane schaute mit einem traurigen blick nach ihr auf. Göthk
18,31. aufgeschaut! rufen laslträger, garde! vorgesehn!
AUFSCHAUERN, contremiscere, fQiaaeiv, horrere, gänse-
haut bekommen, kaum verschieden von aufschaudern (s. Schau-
der und schauer) :
viel zweig und sprosse hat auch die böse that,
vor jedem schauern auf die empllndungen.
Klopstock 7, 16;
und wie der farbige bogen in sanft aufschauernder wallung
wiederscheint. Voss 3, 127 ;
Gusmanns fall zwingt mich um ihn zu trauern,
und still zum ewigen vcrgelier aufzuschaucrn.
Götter 2, 458.
AUP'SCHAUFELN, -pala egerere vel aggerere, nnl. opsciiof-
felen: gciraide, erde aufschaufeln; der todlengraber schau-
felte da auf; warum lieg ich nicht auf jener wiese, als ein
glücklicher schäfer, und schaufle ein bischen erde mit
meinem stab auf und werfe sie nach dem Icilhammel? 1*la-
TEN 210'.
AUFSCHÄUMEN, alle spumare, nnl. opschuimen, aufgischen:
der (.Tuscherin
Kcnillt ist mit gifllrunk, srluiell tödlond schäumt
dir kelch auf! Klopstock Mett. 20, 704 ;
721
AUFSCHEINEN— AUFSCHIESZEN
AUFSCHIESZLING— AUFSCHLAGEN 722
im Attila von Werner schäumen alle spieler mitten im kochen
des leidens zu einem freudigen Lalleiujah auf. J. Paul aesth.
3,97; die leicht bewegliche, sanft aufschäumende welle. Hdm-
BOLDT ans. der nat. 1, 4; aufschäumende eher; vor wut auf-
schäumen.
AUFSCHEINEN, aufglänzen, aufleuchten, schein werfen.
AUFSCHEITELN, discriminare comas, die haare in die höhe
scheiteln: aufgescheitelte locken lassen dir gut.
AUFSCHENKEN, aufgieszen, aufschütten, nnl. opschenken.
bei Stieler 1750 ist aufschenken poturn praebere, einschenken.
AUFSCHEREN, aufschneiden, bei den webern, die kette bil-
den, nnl. opscheren.
AUFSCHEUCHEN, fugare: die vögel, das wild, ein reh auf-
scheuchen.
AUFSCHEUERN, reinigen: den festrock aufscheuern. Wie-
lands llorai 2, 45 ; das küchengeschirr, die stube aufscheuern.
AUFSCHICHTEN, struere, acervare: holz aufschicliten, erde
aufschichten; bücber vor mir aufgeschichtet PlatekS;
ein Jubelfeuer
aurgeschichtet . . aus alten scheitern. 322. vgl. aufschlichten.
AUFSCHICKEN, adornare, nnl. opschikken:
mein lisch, mein haus und stall ist kostbar aurgeschickt.
C.4MITZ 149.
LoGAn für in die höhe schicken, entsenden:
wie viel äugen hat der himmel, da er mit die erd anblickt?
was für äugen bat die erde, die sie auf gen himmel schickt?
LoGAü 2, 10, 68.
AUFSCHIEBBAR, aufschieblich.
AUFSCHIEBEN, protendere, protrudere, nnl. opschuiven,
höher schieben.
1) den riegel, das fenster aufschieben, öfnen.
2) hoch wachsen:
dein beldenmut ist den liebten gleich
in kurzem aufgeschoben. Gü.ntuer 798;
3) differre, procrastinare : verzeuch nicht, und schieb es
nicht von einem tag auf den andern. Sir. 5, 8 ;
was sclieubest du viel auf? dein heute das ist hier,
nicht lebe morgen erst. Opitz 1,58;
aufgeschoben ist nicht aufgehoben.
AUFSCHIEBER, m. morator.
AUFSCHIEBLING, m. propago, aufschüszling, zweig, bäum-
dien, das schnell in die höhe geschoben hat. auch heiszt so
auf dein dach ein vorragender, gegen weiter und regen sdiützen-
der sparre.
AUFSCHIELEN, aufwärts schielen.
AUFSCHIESZEN, adolescere, schlank und schnell in die
höhe wachsen, nnl. opschieten.
1) ton pflanzen und menschen: das gras, die saat, die pilze
schieszen auf; er scheuszt auf für im wie ein reis und wie
eine wurzel aus dürrem erdreich. Es. 53, 2; die jung aufge-
schoszne beumlin. Aimon E 2 ; am ersten wechst die form und
componiert sich und schieszt sich auf. Paracelsüs 2, 45* ; wenn
ihr disem rat folgt, so werdt ihr sehen, das ihr schöne auf-
geschossene grosze buben soll werden. Garg.ii';
\e mehr man auf den stock geuszt,
je mehr er aufscheuszt. Garg.41';
die dan, recht nach der götter art,
in kurzer zeit so hoch autschieszen.
VVeckuerlin 343;
ein harter fluch beschwert das land,
wo dieser weinstock aufgeschossen.
IIagedork 3, 4C ;
die saat Ist aufgeschossen
und reizt der »chnitler band. 3, 70;
ein schwärm junger aufschieszender scribier. Lessinc 8, 203;
aufgeschossene bengel. der arme nu i. Tockcnb. 36 ; bald aber
schieszt er auf ins leben. Fr. .Müller 1, 28; kein pilz war
jemals so frisch aufgeschossen. Tieci 12, 206 ;
ihr seid in frischer Jugend aufgeschossen. Platbn318;
2) aufschieszen, emergere, auftauchen: als die nodi nicht
verstockt und versunken sind, sondern noch aufschieszen und
schwimmen und gerne zum ufer wollen. Luther 3, 155; die
fische schieszen aus der tiefe auf.
3) aufschieszen vom strahl, feuer, von blitzen, raketen:
hui! schosz mirs auf wie der blitz. Scbillek 127;
und als die sonne, wie eine lodernde well am gerichtslage,
untersank in einer aufschieszcnden letzten lohe. J. Paul Hesp.
4, 73 ; in Klopstocks und Göthens Jugendzeiten, worin beider
jung aufschieszendes kTaftfeuer eine gerade flamme war. aesth.
3, 97 ; im nordlichte schieszen die strahlen auf.
4) darum auch von aufprasselnden rebhünern: ein rebhun-
flug schosz schwirrend auf. raubvügel schössen auf.
5) ich sehe, dasz die thaten deiner hoben tugend zur thor-
heit aufgeschossen sind. Kli.nger 2, 347 ; llammen, wie nun in
meinem busen brennen, verkälten nicht des weisen trockne
lehren, sie sind mir zu hoher tugend auigeschossen. 2, 351;
bitlere, empörende empfindungen schössen in seinem herzen
auf. 5, 235 ; weil er den keim zu allem, was ibm widerfahren
mag, in sich selbst gelegt, entwickelt und durch die that zum
aufschieszen getrieben hat. 12, 195 ; ein buch war für ihn eine
gartenschere seiner üppig aufschieszcnden träume und freu-
den. J. Paul Hesp. 3, 183; dasz seilen eine neue mode auf-
schosz. teuf pap. 2, 199.
6) transitiv, eine flinte aufschieszen, in die luft abschieszen ;
das Ihor mit kanonen aufschieszen; sie schieszen das Ihor
auf. AVRER 279'.
AUFSCHIESZLING, surculus: mich deucht ich sehe schon,
wie sie {die brautlcute) ihre freude haben werden, wenn sie
beide in einem jähr so einen feinen jungen lecker und auf-
schieszling kriegen werden. Sciiocn stud. leben D4. besser
aufschüszling, aufschüszling.
AUFSCHIFTEN, aufstecken: wo der Jäger das thilmesser
(dielmesser, brettmesser ?) aufschift, ein gemszthier zu stechen
und kompt im gleich zum leib anzusetzen. Sebiz 570.
AUFSCHIMMERN, in die höhe schimmern:
wo hell muschel und kies aufschimmerten. Voss.
AÜFSCHLACHTEN, conficere peeora: ich habe alles aufge-
schlachtet. Stieler ISOI.
AUFSCHLAFFEN, relaxare, außhauen : die berge oder fel-
sen sein zu sommers zeiten von der kälte aufgeschlaft und
ledig gemacht. Fronsp. kriegsb. 3, 143*, vgl. ahd. slaf remissus,
dissolutus, moltis (Graff 6, 802).
AUFSCHLAG, nj. nnl. opslag, nacA Verschiedenheit der be-
deutungen des aufschlagens.
1) aufsclilag des rockes, des ermels, wobei oft das bunte
fuller heraus gekehrt wird, von gröszter Wichtigkeit bei uniformen :
in Jena liesz dir nur ein kurzer ermel schön,
weit besser wird dir hier ein langer aufschlag stebn.
Zachartä 1, 30.
2) aufschlag heiszt am vogelherd das spannholz des netzes.
3) aufschlag der äugen, aufblicL der erste aufschlag der
Vernunft. Hippel 11, 143.
4) aufschlag eines papiers oder buches : mit gedanken über
diesen verlust, und ich weisz nicht in welcher glücklichen
ahndung, suchte ich die papiere selbst auf, welche herr ßal-
lenstedt gebraucht hat, und was meinet man, dasz ich beim
ersten aufschlage darunter erblickte? Lessinc 9, 314.
5) aufschlag des balls, des lagers, der karte.
6) aufschlag der wage:
die menschen hier, es sei ihr stand
schlecht oder hoch, sind lügentand,
sind eitclkeit vor allen Sachen:
wann man sie auf der schale wiegt,
und. eitelkeit dargegen liegt,
so werden sie den aufschUg machen.
Onxips.p. 115.
7) aufschlag, erhöhung des preises der frucht u. s. »., der
abgäbe, des metalls. verkauf mir die frucht auf aufschlag.
Garg. 191'; das gold kam in den aufschlag. H. Sachs 1,411'
8) aufschlag, aufschub, mora, dilalio, mhd. ftfslac Greg.
2999. Bon. 35, 20 :
dein aufschlag, kaiser, ist mir schwer
rechts, des ich Qmb mein sun beger.
SCHWARZE<(BERU 117, 2.
andere beispiele gibt Haltaüs 65. in bösen sacben sol man
allwegen ein ufschlag nemen. Keisersb. posl. 4, 9. vgl. hernach
aufschlagen.
9) aufschlag des tacts, gegensatz des nicderschlags. auch
wol ßr hebung, arsis in der verskunst gebraucht, oder für
auflad.
AUFSCHLAGEN, bei Lttther fiocA aufschlahen, in die höhe
schlagen, nnl. opslaan,
1) die äugen aufschlagen, aufwärts richten, öfnen, entgegen
dem niederschlagen, schlieszen:
schlag auf die äugen! Ghtprius 1, 691 ;
46
723
AUFSCHLAGEN
AUFSCHLAGEN
724
der alte schlug die äugen auf. pers. rosenlh. 6, 1 ; sie schlug
ihre schönen äugen auf. Wieland 1, 261 ; da er die äugen auf-
schlug. 1,303; plötzlich schlug sie ihre festgeschlossenen äugen
auf. Gotter 3, 32 ; sie schlug die äugen auf, sie erblickte den
freund, umschlang seinen hals mit ihren himmlischen armen.
GüTHE 17, 332 ; der schlafende tag wird schon, wie eine schla-
fende schöne, in der die morgentriiume glühen, roth und
musz bald das aug aufschlagen. J. Paul uns. löge 2, 64. die
schweren äugen beinahe nicht aufschlagen können, den blick
aufschlagen, aufblicken.
2) das haar aufschlagen, gegensalz von niederhängen las-
sen: nachlässig waren seine blonden haare aufgeschlagen.
GüTiiE 18, 261.
3) kleidungsstücke aufschlagen : sie schlug den schleier ein
wenig auf, zurück; den mantel, ermel aufschlagen; den hut:
der erste, der mit kluger Iiand
der männer schmuck, den hut erfand,
trug seinen hut unaufgeschlagen. Gellert 1,43;
tugend und andacht zum zeuche, frommes gemüt zum unter-
futter, und dann noch mit reue und busze aufgeschlagen.
TiECK nov. 2, 112.
4) die fahne aufschlagen, entfalten, gegensatz von zusam-
menschlagen : dann schlagen sie ihre fendlin wieder auf. Reut-
TER kriegsordn. 66. den Vorhang aufschlagen, öfnen; das bett-
tuch aufschlagen.
5) den tisch aufschlagen, umklappen, ein bett aufschlagen,
rüsten, zelte und lager aufschlagen, figere tentoria: da zoch
Isaac von dannen und schlug sein gezelt auf im gründe Gerar
und wonet alda. 1 Mos. 26, 17 ; Jacob aber hatte seine hütten
aufgeschlagen auf dem berge. 31, 25 ; Mose aber nam die hüt-
ten und schlug sie auf. 2 Mos. 33, 7 ; die Leviten sollen die
Wohnung aufschlahen. 4 Mos. 1, 51 ; hatte seine hütten aufge-
schlagen bei den eichen, rieht. 4, 11 ; denn er hatte ir eine hüt-
ten aufgeschlagen. 2 chron. 1, 4; das auch die Araber keine
hütten daselbst machen und die hirten keine hurten da auf-
schlahen. Es. 13, 20; die werden gezelt rings unib sie her
aufschlahen. Jer. 6, 3; meine gezelt schlegt niemand wieder
auf. 10, 20 ; darnach zogen sie fort und schlugen ir lager auf
an Ammao. 1 Macc. 3, 57. kühn sagt H. Sachs I, 99' :
wie ich kam in ein garten weit,
aufgeschlagen vol schöner zeit,
für worin schöne zelte aufgeschlagen waren, diese ausdrucks-
weise des hirtenlcbens erhielt sich, auch wenn für zeit oder
hütte spdler wohnung, quartier gesetzt wurde: er schlug seine
wohnung in Hessen auf; der fein'd schlug sein Winterquartier
in Westfalen auf; woselbst sie ihr nachtquartier aufschlugen.
Hebamme 375; die Verwaltung schlug ihren sitz zu Potsdam
auf; ob die tugend allein ihre regierung daselbst aufgeschla-
gen. Kant 8, 378. Doch im ganz entgegengesetzten sinn jenes
quartier aufschlagens = se loger gebraucht Schiller ein, quartier
aufschlagen für deloger {nach 7) ; der anschlag wird gefaszt, die
quartiere der Franzosen in Tuttlingen und den angrenzenden
dörfern aufzuschlagen, d. h. sie unvermutet zu überfallen. 996.
6) es kann auch ans aufschlagen, d. i. zurüsten und bauen ge-
dacht werden, wobei man balken auf balken in die höhe schlagt.
die zimmerleute schlagen gerüste und häuserauf; wenn daher
die Limburger chronik §. 49. 51. 78 vom aufschlagen der bürg
redet, ist eine gezimmerte gemeint, keine gemauerte, ein schlosz
aufschlahen und bawen. weislh. 3, 333. keine gemauerte, die zim-
merleute, die da drüben einen bau aufschlagen, haben mich auf-
geweckt. Göthe an Aug. Stolberg 3. da nun der tag kommen
war, die schranken aufgeschlagen. Galmy 65 ; als sie ankamen,
fanden sie das gerüst aufgeschlagen. GütheIS, 150; der licule-
nant schlug nunmehr das theater auf. 18, 25. bildlich, die
sonne, die am himmel ihre weiszen bluten aufschlug. J. Paul
Hesp. 3, 145. diesen sinn des aufheßens hat aufschlagen auch
in andern beziehungen, der schmid schlägt dem pfcrde eisen
auf, beschlägt es;
du soll mir meim ros vier eisen aufschlagen. Ubland 341.
7) aufschlagen, öfnen: nüsse aufschlagen; den kern mit
dem hammer, eier mit der band aufschlagen; kisten und
kästen aufschlagen; das thor aufschlagen ; fasser aufschlagen ;
mild, ein kalb 6f slahen, aufschneiden:
ich slüng in üf als ein veijtc kalben. MSN. 3, 190^
eine adcr aufschlagen, schlagen; ein geschwär aufschlagen.
Garg. 14; einen graben aufschlagen, der vogel schlügt die
flügel auf, entfaltet sie; bildlich, in beiden frühlingcn {der
natur und des menschenlebcns) schlagen sich die flügel des
ideals weit auf. J. Paul Tit. 2, 82. ein buch aufschlagen,
sowol öfnen, entfalten: das buch liegt aufgeschlagen, unauf-
geschlagen; meine mutter schlug damals in der äuszersten
noth ihres herzens ihre bibel auf und fand — . Göthe an fr.
von St. 1, 137 ;
schau, das buch wird aufgeschlagen. Gbtpbius 2, 258 ;
als etwas in ihm aufschlagen, nachschlagen: wie bei dem da-
maligen religionsunterrichte eine der hauptübungen war, dasz
man auf das behendeste in der bibel aufschlagen lernte. Göthe
24, 230 ; da mir denn meine alte Übung im corpus juris auf-
zuschlagen sehr zu statten kam. 26, 44; die geschichte der
längst staubgewordenen aufschlagen. Klinger 11,177; schlagt
die französische revolution auf, ihr findet es auf jedem blatt.
11, ISO ; ein gesangbuch aufschlagen. J. Paul Fibel 25 ; wollt
er dem jüngling einige bauernregeln im hundertjährigen ka-
lender des hoflebens aufschlagen? Tit. 1,5. bildlich, in sei-
nem gesiebte war nichts als enthaltsamkeit aufgeschlagen (lag
offen). Hesp. 1, 156. gleich den büchern landkarten und ge-
mählde entfalten, aufrollen: das ganze aufgeschlagene gemählde
einer landschaft. Hesp. 2, 109. befehle, Verordnungen aufschla-
gen, mit dem naget außeflen; theses aufschlagen, an das
schwarze bret, anschlagen: Picus, der sich zu Rom zu dispu-
tiern erboten und offenlich ufgeschlagen, hett unter ander
fürtregen und conclusiones auch dise. Reughlin augensp. 12'.
8) wasser aufschlagen, über das mülrad laufen lassen, ge-
gensatz vom abschlagen, sperren, weidmännisch, das wildbret,
die sau schlägt das bad auf, räumt seine pfütze, lache, rührt
darin mit dem rüssel. feuer aufschlagen, mit dem stahl aus
dem stein, dasz die funken aufspringen: namen feuerstein
und schlugen fewer auf. 2 Macc. 10, 3 ; ein gut gebet sol nicht
lang sein, ist gnug, wenn du ein stück oder ein halbes kanst
kriegen, daran du in deinem herzen ein fewriin kanst auf-
schlahen. Luther 6, 314'; aus zusammenschlagung der stein
feur aufschlagen. Frank weltb. 19l'; fewrzeug der selbs im
busen ein fewr aufschlegt. Garg. 193'; wir hörten gar bald,
dasz man ein Hecht aufschlüge. Jucund. 146; sie mögen den
funken, den ich aufschlagen will, selbst in flammen bringen.
Chr. Fel. Weisze; umsomehr als er einen häszlich dunsten-
den schwamm, nach ausgerauchter pfeife, sogleich wieder auf-
schlug und jedesmal mit den ersten zügen die luft unerträg-
lich verpestete. Götiie 26, 277.
9) ein gelächter, eine lache aufschlagen, überlaut lachen:
schlägt ein gelächter auf. Schiller 187'; dreimal schlugen
sie auf ein hohngelach. Klopst. ; gezwungnes gelächter auf-
schlagen, der arme mann im Tockenb. 73 ; einen Schmetterling
aufschlagen, lachen, dasz es schmettert, ähnlich ist zorn auf-
schlagen. Opitz Arg. 1, 303. 621 ; lärmen aufschlagen. J. Paul
//csp. 4, 44; bittere klagen aufschlagen, lit. nachl. 4,78.
10) einen tanz mit der pauke oder trommel aufschlagen:
schlag ein reien auf! fastn. sp. 552, 6;
und dort erwarb- er sein brot mit tanzaufschlagen. Jucundis-
simus 162.
11) auf den preis, auf die waare schlagen: iedoch namcn
sis, wie ein leben von der kirchen, dise ir gegebnen gütter
wider ir lebenlang zu besitzen, doch nit on ein aufgeschlag-
nen aufsatz. Frank weltb. 36'.
12) aufschlagen, aufschieben, differre hat ahd. öfslagon,
praet. öfslagöla (Graff 6, 774) zur seile, kein üfslahan, üf-
sluoh, setzt also ein siibst. Afslag, wie handschlagen, ratschla-
gen ein subst. handschlag, ratschlag voraus, indessen wird
auch bei aufschlagen für aufschieben nlid. wieder die starke
form angewandt: schlach nit auf deine guten werk zu Ihun.
Keisersb. ; nit schlag es uf, das es dir nit zu spot werd.
christl. bilg. 39 ; man musz ctwan ein Zeitlang das peichten
aufschlahen. seh. der peniU 23; der brautlag ward lang auf-
geschlagen. Münster 420;
das glicht ward aufgeschlagen
wul drei und vierzig lag. Umland i'oIAs2. 306;
ich unJorstee die beiden in der beliigorung der slalt aufzu-
schlagen {aufzuhalten). Aimon i ; ich gib euch einen giilen rat,
schlahent auf dise reis fünf jar lang, auf das die ewern ein
weil ruwcn mögen, ebenda; schlahet auf ewcr vorgenommen
reis, ebenda k;
wer, wo der fluch einbricht,
noch lange zeit aufschliigi, cntwniclit der ülrafe nicht.
Grtphius 1, 327;
nach alifgeschlagncr belägerung. Simpl. 1, 160 scheint dem sinne
nach mehr abgeschlagner, zurückgeschlagner, aufgehobner, als
725 AUFSCHLAGEN— AUFSCHLIESZEN
AÜFSCHLIESZEX — AUFSCHLUSZ
(26
aufgesehobner. überhaupt veraltet diese bedeutung des auf-
sclilagens allmälkh und geht schon bei Stieler ganz ab. ohne
ZKcifel nntsz sie einen sinnlichen Ursprung gehabt haben, der
sich nicht mehr deutlich nachweisen läszt. die gleichbedeutigen
ausdrücke aufschieben und aufschürzen zeigen schieben und
schürzen an der stelle des aufschlags, u-ar ein auflassen der
gerichlsschranke gemeint?
13) in manchen der bisher angeführten, vie noch andern be-
deutungen steht nun endlich auch aufschlagen intransitiv, d. h.
ohne acc, der sich in einen nom. umsiclll : ihr sterbendes
äuge schlug zum letztenmal auf; die kugel schlug hart auf;
ich bin wie eine kugcl, die ricochet aufschlagt. Göthe 1. 360 ;
das bret schlägt auf, kippt um; als ein unkraut aufschlagen.
Acc. Büchners trostschr. 82; die blume, die am rauschenden
quell furchtsam aufschlägt. Hippel', 1S6; (seltsam), dasz auf
diesem für alle cultur unbrauchbaren boden weitläuftige fich-
tenwälder haben aufschlagen können. Kant 7, 238 ; der tam-
bur schlägt auf; schlah aufl fastn. sp. b22, 9 ;
schlag auT und lasz tanzen und springen. '38,36;
darumb schlaget auf ihr spilleut. Atrer412';
der klavierspieler schlägt auf, schlägt zu hart auf; die Wach-
tel im körn schlägt hell auf; die wellen schlugen auf; das
feuer schlägt lichterlohe auf; das dürre holz schlug prasselnd
in flammen auf. Göthe IS, 257. 15,314; ein unendlich ge-
lächter schlug auf. 27, 119; in augenblicken der aufregung
und leidenschaft schlägt in ihren gesiebtem eine trotzige wild-
heil auf. ausländ 1846, 1396 ; brot, fleisch schlägt auf im
preise; es schlug vast auf. Ubl.\nd 721; von nun an musz
ich sparsam werden, warum denn das? der wein schlägt auf.
Lessing 1,82; das nachdenken ist auch aufgeschlagen, ders. ;
itzund da alle ding schlegt auf. Kntn fasln, sp. 17*;
ir müler dörfl nun niemnn klagen,
das so übel die kiud aufsclilagen. Fischart flohatz 5,
entweder so gering im werlhe slehn oder so übel gedeihen.
AlTSCHLÄGEK, m. bei terschiednen handwerken.
AUFSCHLAGWASSER, n., das auf die rdder gelassen uer-
dcn kann.
AUFSCHLÄNGELN, sich in krümmungen aufwärts winden.
ÄUFSCHLAPPEN, escam lambere: ein frasz, der aufschlapt
wie die seuw. Kirchhof wendunm. 206*.
AUFSCHLAPPEHN, frequentaliv des vorigen: die hunde
schlappem vom teller auf.
AUFSCHLEIERN, detegere, revelare, entschleiern.
AUFSCHLEIFEN, hoch schleifen: aufgeschliffene glüser,
steine.
AUFSCHLEIFEN, sursum trahere: aufgeschleiftes holz.
AUFSCHLEISZEN, resecare, scindere : aufgeschlissene schuhe ;
kleid unten aufgeschlissen. Limb, chron. §. 37. 3S, vgl. auf-
mutzen.
AUFSCHLEMMEN, heluari, devorare: umb zwei setzen sich
die Juden nider und schlemmen die gesotten und braten
hüner auf. Frank wellb. 149' ;
aufschlempten die Hertens gens. H. Sachs.
AüFSCHLENKERN, in die höhe schlenkern.
AUFSCHLEUDERN, in die höhe schleudern.
AUFSCHLICHTE.N, complanare: die haare aufschlichten,
glatt in die höhe kämmen, neuere scheinen es aber auch un-
richtig ßr aufschichten zu verwenden : steine, holz aufschlich-
ten; dann nahm er diese nackten, rauhen kolosse und schlich-
tete sie sämtlich in die eine wagschale auf. J. Paul Tit. 1, 119 ;
das ewige büchcrschreiben und aufschlichten des scibile hat
kein ende. uns. löge 2, 56 ; in ein besonderes buch aufschar-
ren und aufschlichten, biogr. bei. 1, 107.
AUFSCHLIESZEN, recludere, reserare, apcrirc, nnl. opsluifen.
1) haus, thor, thür, schrein, kiste, lade, sarg, grab auf-
schlieszen : namen die Schlüssel und schlössen auf (die thür
der sommerleube), sihe, da lag ir hcrr auf der erden tod.
rieht. 3, 25.
2) mund, äugen, herz aufschlieszen :
thut eur herz auch gen mir aurschlieszen. Äther 174»;
fühltest du nicht, welch heiligthum sich dir eröfnele, als sich
mein herz gegen dich aufschlosz? Göthe 10, 183; ihr herz
gegen ihn aufzuschlie.szen. 20, 17S; wir haben gewünscht,
durch ihre gcgenwart das arme gute herz wieder aufzuschlio-
szen. 20, 179; als sie sich ihr mit aufgeschlossenem herzen
zu füszen warf. 26, 339 ;
sclileusz auf den hellen Sonnenschein
der himmelblauen augelein. Bürger 30';
die gute mutter schlosz die immer leise schlummernden äugen
langsam auf. J. Pacl Tit. 2, 57 ; höret den bessern engel, der
seinen mund aufschlosz. 2, 123.
3) samen, knospe, blume aufschlieszen:
der blumen ehr, die ros,
da sie beut der taw aurschlosz. Wecehebi. 391,
wie den mhd. dichtem sie beständig touwec rose heiszt;
und jede blume schlosz den holden busen auf.
Wieland.
für mich war es (das Verhältnis zu Schiller) ein neuer früh-
ling, in we'chem alles froh nebeneinander keimte und aus aul-
geschlossenen samen und zweigen hervorgieng. Göthe 31, 42.
4) wort, rede, buch, rätsei aufschlieszen:
wenn du dein wort beginnest aufzuscbliesien.
Opitz;
ein geistreich auTgeschlo^znes wort
wirkt auf die ewigkelt.' Göthe 3, 169;
Beuchlinl wer will sich ihm vergleichen,
zu seiner zeit ein wunderzeichen,
die heiligen bücher scblosz er auf. 4, 366.
.1) geist, sinn, gemüt aufschlieszen : als er nach dem ersten
erstarren seinen geist aufgeschlossen hatte. J. Paul uns. löge
1, 42 ; damit ich den groszen zirkus und paradeplatz der na-
tur auf einmal in die aufgeschlossene seele nehme, rorr. xiii;
ein angenehmes, den sinnen schmeichelndes und sie auf-
schlieszendes märchen. Klingeb 10, 5 ; genannte damtn hatten
das ernste starre, gewissermaszen lieblose wesen Corneliens
aufgeschlossen und erheitert. Göthe 26, 285; mein gemüt wollte
nicht geschulmeistert, sondern durch freies wolwollen aufge-
schlossen sein. 26,286; alles gute und liebevolle, was in mei-
nem gemüte lag, mochte sich aufschlieszen und henorbrechen.
26, 2S9 ; durch die liebe zu ihm in allem guten gestärkt, um
seinetwillen freudiger in ihrem thun, aufgeschlossener gegen
andere, findet sie sich in einem himmel auf erden. 17, 149.
6) weit, natur, erde aufschlieszen: wa nit des groszen
Alexanders und der Römer g«alt die weit betten aufgeschlos-
sen. Frank welth. rorr.; die sinnlichen eindrücke schlieszen
die moralische weit auf. Klinger 12, 2S5 ; das medicinische reizte
mich, weil es mir die natur nach allen seilen wo nicht auf-
schlosz, doch gewahr werden liesz. Göthe 26, 7.
7) bergmännisch, das erzl schlieszt sich auf; ein feld auf-
schlieszen, es bauen, gleichsam üfnen.
AUFSCHLIESZUNG, f. apertura, reclusio : die aufschlieszung
der kasse. Rarener 2, 122; der beste geschmack setzt eine
geistige aufschlieszung für alle arten von Schönheiten voraus.
J. Paul uns. logei, 133.
AUFSCHLINGEN, nodum fixere und solvere: bände anf-
schlingen, auflösen. Lohenst. Arm. 2, 1049.
AUFSCHLITZEN, scindere, aufschleiszen :
das es gibt einen widerbal,
samb der ein Frosch het aufgeschlitzt
und in wider den boden geschiizt.
H. Sachs HI. 3, 15»;
daselbst hat DIomed der göuin aufgeschliizet
die weisze zarte band. Opitz 1-, 97;
die aufgeschlitzten larven (masken). J. Paul Tit. 2, lOL
AUFSCHLUCHZEN, singultum edere:
aus dem schlaf aufschluchzend. Voss //. 5, 413;
endlich begann aufschluchzend die alte verständige hausn-au.
LuueS, 311;
dasz nicht Aigiaicia
einst vom schlaf aufschluchzend des hauses genossen erwecke
KCRGER 22*.
AUFSCHLUCKEN, gltüire, vorare, nnl. opslokken : das feuer
schluckt alles auf; wie gierig wird das dürre land den regen
aufschlucken; nnl. het goed van weduwen en weezen opslok-
ken; so darf ich nicht gleich ihre dichterei eben so begierig
aufschlucken. Herder 1, 84. auch intransitiv aufschlucken,
singulare.
AUFSCHLCRFEN, sorbendo haurire, ml. opslorpen : ein ei
aufschlürfen, ein glas aufschlürfen.
AUFSCHLUSZ, apertura, solutio: aufschlusz der kiste; auf-
schlusz des rätseis; was eine so gering scheinende anmer-
kung aus dem wörterbuche mit eins für einen aufschlusz in
die geschichte der künste geben kann. Lessi<«g 8, 57. ricA-
tiger wäre in der geschichte; aufschlusz eines epigrainms.
8, 451 ; aufschlüsse {auptldrungen) finden. 7, 336 ; einem auf-
schlusz geben; einen um aufschlusz bitten.
46*
727 AUFSGHMAUCHEN — AUFSCHNATZEN
AUFSCHNARCHEN— AUFSCHNELLEN 728
AUFSCHMAÜCHEN, fumando impertirt:
wirf die
meerschauraliöpfe hinweg, die wie Avern
schwinde! dem hirn und pest
dick aufschmauchen. Voss 3, 24.
AUFSCHMAUSEN, mit behagen aufessen; alle erdbeeren
sind aufgeschmaust.
AUFSCHMEICHELN, adulando tribuerc: der kaiser lasse
sich die milde gelindigkcit seiner flegmatischen Sinnesart für
fürstliche tugenden aufschmeicheln. Wieland 28, 194. einen
aufschmeicheln, blanditiis relevare: kein lüftchen kann dich
dann aufschmeiclieln. Hippel 7, 137.
AUFSCHMEISZEN, aufwerfen, nnl. opsraijten : die thür auf-
schmeiszen, aufschlagen.
AUFSCHMELZEN, resolvi: der schnee schmilzt auf, das
eis ist beinahe aufgeschmolzen.
AUFSCHMELZEN, resolvcve, liquefacere: die warme luft
schmelzt den schnee auf, hat ihn aufgeschmelzt;
das allerstarrste frsudig aufzuschmelzen
musz liebesfeuer allgewaltig glühen. Göthe 2, 16.
AUFSCHMETTERN, /rajorc aperire: ein donnerstrahl schmet-
terte die pforten auf. Stieler 1876 hat auch intransitives auf-
schmettern, riimpi, collabefieri.
AÜFSCHMIEDEN, cudendo firmare, nnl. opsmeden:
weh mir, es haben die Übermächtgen
der hcldenbrust grausame quälen
mit ehrnen ketten fest aufgeschmiedet. Göihe 9, 58.
AUFSCHMIEGEN, was anschmiegen.
AUFSCHMIEREN, inungere: butter aufschmieren, aufstrei-
chen; pflaster aufschmieren; das fleisch dachten viele sei
nur wie neue schwedische steinpappe über die knochen auf-
geschmiert. J. Paul Siebenk. 4, 77 ; hierauf salzte sich der
graf nun hin, nahm feder und dinte und lieng an zu dich-
ten, was er damals nun aufschmierte, waren folgende zeilen.
Schelmufsky 1, 94 ; einem eins aufschmieren, einen schlag ver-
setzen, figürlich, einem etwas zur last legen:
auch sind in ihrem thun viel lasier zu ermessen,
der schmiert so fürsten auf, den andern hat besessen
ein hur und ärgers noch. Opitz Grolius s. 330.
AUFSCHMITZEN, macula conspergere.
AUFSCHMÜCKEN, exornare, denuo ornare, nnl. opsmukken :
doch indem ich so behaglich
aufgeschmückl stolzierend wandle. Götue2, 109;
da die braut den hochzeitskr-anz aufsehmückte. MusÄus4, 162;
um mit ihnen die leichte Jugend einiger närrinnen aufzu-
schmücken. Tieck ges. nov. 2, 148; es war ihm, als sah er
hinein in seine weisz und roth blühende, mit berg- und
fruchtgipfeln aufgeschmückte zukunft. J. Paul Tit. 3, 2. s.
schmücken.
AUFSCHNABELIEREN, rostro vorare, aufpicken. Stieler
1895.
AUFSCHNÄBELN, dasselbe, und besser, ohne umlaul: wie
die Vögel körner aufschnabelten. Auerbach dorfg. l, 181.
AUFSCHNALLEN, fibulare und reßbulare: einen koffer auf-
schnallen, am wagen befestigen; die hosen aufschnallen, lö-
sen; wir wollen uns ein gewissen nach der neusten fafon
anmessen lassen, um es hübsch weiter aufzuschnallen, wie
wir zulegen. Schiller 106*.
AUFSCHNAPPEN, ore caplare, rictu hiante excipere, nnl.
opsnappen, auffangen: der hund schnappt das ihm zugeworfne
fleisch in der luft auf; die groszhcit bestehet nicht in viel
zu geben oder aufzuschnappen, pers. bauing. 4, 3; du magst
das bild in irgend einem elenden kramladen aufgeschnappt
haben. Göthe 18, 51; so imprimieren sich die schüler jene
kurzen forineln sehr gerne, indessen das übrige publicum
diese selige Überzeugung gleichsam aus der luft aufschnappt.
59, 20; was der junge alles aufgeschnappt hat! Arnim schaub.
2, 259; jedes bucii aufschnappen, der arme mann im Tockenb.
187 ; ein troslwort aufschnappen. 270 ; worin er das liebräi-
sche auch mit aufschnappif. J. Paul flegclj. 1, 47. intransi-
tiv, das bret, das schlosz schnappt auf, fahrt auf;
tritt an ein ort darauf, so schnabt
die haut am andern ort »uf.
U. Sachs ]Ii. 2, 281*;
der wird hohl aufschnappen {sterben).
AUFSCHNATZEN, comere, ornare, aufputzen, schmücken,
in Hessen und der Wctierau, aber nur von leuten, nicht ton
Sachen, s, schnalzen, schnetzen.
AUFSCHNARCHEN, alte stcrlere, und dann minari, gloriari,
aufprahlen, fast eins mit dem folgenden, da schnarchen und
schnauben in den Volksliedern nebeneinander stehn. Uhland 244.
AUFSCHNAUßEN, alte spirare, indignari, fremere, vor wul
schnauben.
AUFSCHNEIDEN, dissecare, nnl. opsnijden.
1) aufkerben, dem holz einschneiden; der bank, der rinde
des baums den namen aufschneiden.
2) einen fisch aufschneiden, einem thiere den bauch auf-
schneiden ; eine Iciche aufschneiden ; dem armen sünder die
eine band abhauen und an den stürz eine aufgeschnittene
henne, wegen hemmung des Verblutens, anstecken, unw.
doct. 948.
3) ein buch aufschneiden, blätter eines buchs aufschneiden ;
einen apfel, eine citrone aufschneiden.
4) brot aufschneiden, vorschneiden, damit es auf einem tel-
ler vorgelegt werde; überhaupt bei tische aufschneiden, was
geschnitten werden musz, vorlegen, außischen.
5) hieraus scheint sich die gangbare Vorstellung des prah-
lens und vorlügens, meistens doch in einem leichten, heiteren
sinn, zu entfalten:
disz und jenes schneidt man auf von der hochzeit ersten naclit,
mich, sagt Elsa, schreckt es nicht. Logaü 2, 6, 23;
der köpf thut mir weh ül>er dem unrfiäszigen aufschneiden
unsers capitains. Gryphius l, 783; wenn ältere thiere als ich
so wol als ich reden könten, sie würden euch wol änderst
aufschneiden (hier vorlegen, zu dienen wissen, iiichts schuldig
bleiben). Simplic. 1, 152 ; als zweifele ich nicht, es werden sich
etliche finden die sagen werden, Simplicius schneide hier mit
dem groszen messer auf. mit denselben begehre ich nun
nicht zu fechten, weil aufschneiden keine kunst, sondern
jetziger zeit fast das gemeinste handwerk isL 1, 169 ; als der
teufel so grosz aufschneidens machte, dasz Hiob noch nicht
recht probiert sei. Schuppius 162; von groszen reisen auf-
schneiden. Weise erzn. 06; da wüste der wirt vil aufzu-
schneiden, was er unlängst vor gaste beherberget, kl. leide
166; er war von lügen und aufschneiden so fruchtbar, dasz
er uns zu keinem worte kommen liesz. maulaffe 244 ; ei sap-
perment, was schnitte der kerl dinges auf, wo er überall
gewesen wäre. Schelmufsky 2, 51; Lucifer entsendet einen teu-
fel aus der hülle auf die weit, ein groszes messer alda ein-
zukaufen, damit man weidlich aufschneiden könne, ß. blalt
von 1621 bei Schcible 91. unter dem groszen messer hat man
sich am ersten das wcidemesser zu denken, da bei lustigen
jägcrmablen prahlerische Jagdgeschichten vorgetragen wurden.
AUFSCHNEIDER, m. pralUer, lügner: dem aufschneider,
dem capitain lügner von der bernkäuterei. Gbyphiüs 1, 765;
was es für ein unterscheid sei zwischen einem freund und
einem aufschneider. Schuppius 223; kopfstüsze, welche der
aufschneider schwerlich werde vertragen haben. Weise erzn.
40 ; er war ein allerliebster kleiner aufschneider. Göthe
24, 144.
AUFSCHNEIDEREL f
wie möcht ich aber wo! so falsch erdachtes sagen,
und grosz aufschneiderei mit langmut nur ertragen?
Opitz 2, 162;
wenn ich diese geschichte niciit in wahrhaften Schriften ge-
funden, würde ich sie vor eine von den grüsten aufsclinei-
dereien von der weit halten. Hoffmam.nswaldau heldcnbr. s.
13; man macht oft grosze aufschncidcrei von groszer herren
qualitäten. Schuppius 110; als die außchneiderei zu lang
währcte. Weise erzn. 199 ; unter allerhand dergleichen auf-
schncidcrei. maulaffe 244; ich mochte ihn nur nicht be-
schimpfen und auf seine aufschneidcreien antworten. Schel-
mufsky 2, 54 ; eine gewisse aufschneiderei durfte dem divan
nicht fehlen. Göthe 0, 144 ; der junge Dorunes war auszer
seinen aufschneidereien ein knabe von guten silten und recht
artigem betragen. 21, 145.
AUFSCHNEIDERISCH, prahlerisch: so wären solche auf-
schneiderische anfange gewis uicht ohne schlimme folgen für
mich geblieben. 21, 77.
AUFSCHNEITELN, pularr, falsa et superßua a ferlilibus rc-
secare: er befahl seinem forstmeister die jungen liäuiuc auf-
ziischneileln, wo ihrer viele beieinander stehen müsten. Mo-
ser patr. ph. 3, 2 »9.
AUFSCHNELLEN, sursum librare, vibrare: einen ring, ball
aufschnellen. »»i/r(ins«;»t), aufschnellen, impetu snrsum librari:
der ball schnellt auf;
729 AUFSCH.MEGELN— AUFSCUOCHEN
vier bäum,
die lasz u-h aufschnellen mit räum. AiBEa 2öl*
Stieler 1904 hat es für auffahren, zürnen.
ÄLTSCHNIEGELN, aufputzen, aufsclmalzen.
AUFSCHMPPELN, klein rupfen, zerschnippeln, hodideut-
scher scbnipfelo.
AUFSCHNIPPEN, micare digilis, Schnippchen schlügen.
AUFSCHNITT, m. disscctio, nach den mehrfachen bedeu-
tungen des aufschneidens (aufschnitt, spalte des ermels, der
pfeife oder flöte), zumal auch der letzten, ßr prahlerei und
lüge, Übertreibung: und wie man in den redlichen alten zel-
ten einen rechtschaffenen mann am gemüt und am hart er-
kennet, also musz man hingegen heutiges tags einen mann
Dur am fluchen und gottslästern, am boldern und bochen,
an unzüchtigen garstigen zotten und aufschnitten erkennen.
Phila.ndeb 1, 227. 22S; was neues zu hof? der Schalksnarr,
indem er viel närrischer aufschnitte und tischereien für-
brachte^ hub letztlich an. 1, 531. gehört dies tischerei zu auf-
tischen, so wird dadurch die von aufschneiden und aufschnei-
derei vorgelragne erklärung bestätigt.
AUFSCHNITZ, m. proseissio. Maaler 36'.
AUFSCHNITZELN, praecidere, excidere: eichen zustutzen
und aufsckniueln. Moser vemi. sehr. 1, 183. papier aufschniUeln,
aufschnippeln, vgl. abschnitzeln und abschnippeln.
AUFSCHNOPER.N, gleichsam naribus vorare, abripere von
fressenden pferden: unglücklicherweise waren die futtersäcke
gefault, so muste der hafer von der erde aufgesehnopert wer-
den. GöinE 30, 172, richtiger zu schreiben aufschnobern von
schnauben, andere sagen aufschnuppern, Plates aufschnop-
pern und gebraucht es für naribus percipere, uie ein spürliund
wittern, aufspüren: dasz er {der kritikus) in ihnen (Schillers
tragüdien) ein revolutionäres princip, ein beständiges aufleh-
nen gegen alles bestehende aufschnoppert. 359. s. das folgende.
AUFSCHNÜFFELN, naribus senlire, indagare, von Spür-
hunden: er weisz alles aufzuschnüffeln ; schnüffelt die trüffeln
auf. wiederum von schnauben, schnaufen abzuleiten.
AUFSCHNUPFEN, dürße in demselben sinn genommen ifer-
den, da schnupfen gleichfalls mit der nase einziehen bedeu-
tet, gewöhnlich gilt es vom aufziehen des labaks, und auf-
scbnupfen kann dann meinen, allen vorral von tabak ver-
sehnupfen. Ayrer aber verwendet es auch gans richtig in-
transitiv für zornig auffahren, fremere:
so zöra ich oft und schnupf bald auf. fasln, sp. 37',
wozu auch die folgenden adjectiva stimmen.
AUFSCHNUPFISCH, auffahrend, von aufschnupfen: wie so
gar unverschämt, schweinhaftig und aufschnüpfisch sie in re-
den oft sind. Sim/)/ic. 1,347. j. aufschnüppig K/id schnipfisch.
AUFSCHNUPPEn.N, s. aufschnopern.
AUFSCHNÜPPIG, auffahrend oder schnippig, schnippisch?
zeokisch, aufschnüppig, bös und murret.
H. SiCHS J, 447«;
unbescheiden, hertmeulig, üppicb,
mit werten stolz, frech und aufscbnüppicb. 1,449*;
ich bin gewesen stolz und üppich,
hochmütig, rauch und gar aurschnüppich. III. 3, 34*.
ScRMELLER 3, 494 Aal aufgeschuüpfig, empfindlich, leicht zu be-
leidigen, was die wahre meinuny sein kann, da man aber
tagt, es verschnupft mich, verdrieszt mich, bleibt die wurzel
immer schnupfen, doch vgl. schnippig, schnippisch.
AUFSCHNCREN, nnl. opsnoeren, in doppeltem sirM,
1) ligare, vineire: korallen aufschnüren; einem die bände
aufschnüren, auf den rücken binden; den Vorhang, die segel
aufschnüren, in die höhe ziehen:
wie Pluto die segel aufgeschnürt. Gümtbkh 759.
2) laxare, schere : die schuhe, Stiefel aufschnüren ; das
corset aufschnüren ; eine ohnmächtige schnell aufschnüren ;
die brüste aufschnüren, 5o/rere ubera. Stieler 190S ; das mäd-
chen konnte sich abends nicht selbst aufschnüren.
AUFSCH.NURREN, in die höhe schnurren:
nu schnurr auf und lasz prellen! fasln, tp. 620, 18;
eine saite ist aufgescbnurrt ; eben schnurrte ein käfer auf.
(. aufsnrren.
AUFSCHOBERN, tu 5eAo6er setzen : beu, stroh aufschobern,
aufdiemen. t. schober.
AUFSCHOCHEN, exslruere stramenta in acervum. Haaler36\
t. das folgende.
AUFSCHOClCEN— AUFSCHREITEiN 730
AÜFSCHOCKEN, garben auf dem felde zusammenlegen. $.
schock.
AUFSCHOLLEN: glebas frangere, Maaler 36':
wie sie zuerst aufschollte das land und mildere nahrung
scbuf. ^'oss-
AUFSCHÖPFEN, sursum haurire: wasser aus dem brau-
nen aufschöpfen; beilmhe, suppe aufschöpfen, aus der Schüs-
sel auf die teller geben.
AUFSCHOSSEN, gleichviel mit aufschieszen, aufwachsen, von
krdutem und menschen: unkraut sehoszt allenthalben auf;
der junge ist schnell aufgeschoszt, empor geschossen.
AUFSCHÖSZLING, m. surcultis, propago, von krdutem
und leuten : da ich mit ihm sowol und auch mein vetter Sie-
gemund als junge aufschöszlinge mitgeritten. Schweimchen'
1, 48 ; nunmehro, da ich ein ziemlicher aufschöszling wurde.
Leipz. arant. 1, 46 ; wie heiter werde ich die Verlegenheiten
der jungen aufschöszUnge {der jungen mädchen in der pen-
sion) betrachten. Göthe 17, 377; der aufschöszling des glucks,
der parvenu. Klisger 11, 239; der fall dieses aufschöszlings
mag eine lehre und wamung für alle ähnlichen glücksritter
werden. TiECt nov. kr. 2, 459 ; ich habe jetzt noch obendrein
gehäufte correspondenzen mit jungen aufschöszlingen derkunsL
Bettine briefe 2, 128. s. aufschieszling, aufschüszling.
AUFSCHRA.MMEN, leviter effringere, aufritzen: die haut
leicht aufschrammen.
AUFSCHRÄ.NKE.N, kreuzweise übereinauder legen und auf-
schieliten, damit die lufl durchstreiche: breter, dielen auf-
schränken. Döbel 3, 77*.
AUFSCHRAUBEN, in die höhe schrauben, aufdrehen: habt
ihr auch je ein fläschen aufgeschraubet oder mit eim diterich
erbrochen ? Garg. 2l' ; eine dose aufschrauben, oß auch an-
schrauben, die schraube erhöhen, höher spatuieu: die saiten
aufschrauben ;
um meine neugler aufzuschrauben. Wieland 22, 63;
das so schön aufgeschraubte institut. Heynes briefe an Jok.
Müller 216.
AUFSCHRECKEN, excitare, erschrecken, aufjageu, machen
dasz einer aufspringt: das wild aufschrecken; und würdest
dich legen und niemand würde dich aufschrecken. Hiob 11, 19 ;
und aufgeschreckt vom schlaf scbaun göiier aus dem himmel.
Wieland ;
habt ihr nicht selbst mich aus dem frieden
der rohen einfalt aufgeschreckt? Goiter 1,446;
dasz mehrere schon anfiengen über die Verwegenheit ihres
Unternehmens aufgeschreckt zu werden und vor der alimacht
des kaisers zu erbeben. Schiller 928 ; der sympathetische
trieb schreckt den erhaltungstrieb aut 1129;
ich bitte dich, dasz du
aus dem träume mir ihn auf nicht schreckest.
REcKERT 338.
iftlransiliv, aufspringen, auffahren: ich gieng jjen ersten feld-
weg, die feldhüner schreckten vor mir auf, so früh wars noch.
Bettine tageb. 30. dies geht auf ein ahd. screcchon, das transi-
tiv aber auf screcchan zurück, s. aufsclmcken.
AUFSCHREI, m. clamor alte sonans : jauchzender aufscbrei ;
hörst du der Völker staunenden aufschreit Schlbart.
AUFSCHREIBEN, literis mandare, notare: er schreibt sich
alles auf; hat sich einzelnes aufgeschrieben, das beste weisz
er auswendig;
der eine macht geschichten,
der andre schreibt sie auf. Eich£ndorff ged. 390.
itueribere, den titel aufschreiben. iNan gebraucht auch aufschrei-
ben ßr aufkündigen, aufsagen: ich habe ihm aufgeschrieben;
will mein dienst ihm aufscbreibn. Avrer 123*.
AUFSCHREIBER, m. notator: besitzen wir doch aus frü-
herer zeit kein poetisches und kein heiliges blich, als inso-
fern es dem auf- und abschreiber solches zu überliefern ge-
lang oder beliebte. Göthe 33, 205.
AUFSCHREIEN, alte clamare, in den himmel schreien:
aufschrei der wachter, was ein han. H. Sacbs I, 4J6*;
ir blut schreit auf umb racb. Unland 375;
jener sprachs, aufschrieen die Djnaer l.mt.
Voss //. 2, 394 :
und es hat Abner zum Joab aufgeschrien. Schuppics 692 ;
sie würde vor Verwunderung laut aufgeschrieen haben. Bet-
tine br. 1, 67. transitiv, aufwecken durch geschrei : sie haben
mir das kind aufgeschrieen.
AUFSCHREITEN, sursum gradi: die treppe aufschreiten;
731 AUFSCHRICKEN — AUFSCHÜSZLING
AUFSCHÜTTELN— AUFSCHWELLEN 732
er liesz die einzelnen aufschreiten ; um sie aufschreiten zu
lehren. J. Paul teuf. pap. 1, 150. tapfer aufschrciten, beim
wandern.
AUFSCHRICKEN, aufspringen: die agresten und sauren
weinbeer werden also eingemacht, man bricht sie fein ge-
mach von dem Stengel, dasz sie nicht aufschricken. Hob-
BERC 1, 216*.
AUFSCHRIFT, f. inscriplio, adresse, vgl. inschrift.
ÄUFSCHRITT, m. ingressus, das auftreten: blosz der laute
aufschritt und die Stiefel waren dem Zöglinge nicht zu neh-
men {nicht abzugewöhnen vom tanzmeister). J. Paul Tit. 1, 121.
AUFSCHROTEN, bei den schlossern mit dem schrolmeiszel
spalten, dann in die höhe wälzen, hier oder wein aufschroten.
AUFSCHRUNDEN, hiscere, crepare: die erde schrundetauf,
bekommt spalten, die richtige form war früher aufschrinden.
AUFSCHUR, m. mora, dilatio, mhd. üfschup. da machte
ich keinen aufschub. apost. gesch. 25, 17 ; da nam er einen
aufschub und frist, drei tage sich darauf zu bedenken. Lu-
ther 6, 175'; ich bäte aber noch auf zwei tage aufschub.
SciiwEiNicHE.N 1, 275; bittet, dasz des rechtes ihm ein auf-
schub bisz auf den andern rechtstag geben mücht werden.
Kirchhof mil. diso. 245 ; aufschub (induciae). Rihel Liv. 429 ;
es leidet keinen aufschub. Götde 14, 221.
AUFSCHULTERN, auf die schütter nehmen.
AUFSCHÜREN, excitare, in die höhe schüren, die flamme,
den zorn, die leidenschaft aufschüren, gewöhnlicher anschüren.
AUFSCHÜRER, m. incentor, stimulator: was aber den streit
beträfe, das hätten anfangs die aufschürer und der wein ge-
than. SCHWEINICHEN 2, 338.
AUFSCHÜRZEN, succingere, aufgürlen, aufwinden, nnl. op-
schorten. sich aufschürzen, um behender, leichter zu werden:
als er die albcn überstürzt,
ein laienbruder in aufschürzt. H. Sachs IL 4,93';
aufgeschürzt eng gürtel. Garg. 63"; schürze dich auf, ihm zu
dienen, pers. baumg. 2, 20 ; damit schürzte er sich auf, stieg
den bäum hinauf. 6, 6; er wird sich aufschürzen und wird
sie zu tische setzen, und vor inen gehen und inen dienen.
Lue. 12, 37 ;
läuft emsig, wie ein wirt, der sich die mühe kürzt,
und hurtiger zu sein, sich lustig aufgeschürzt.
Hagedorn 1, 26 ;
die junge Hebe, wenn sie halb aufgeschürzt den güttem
nektar einschenkte. Wieland 12, 175 ; mit dem aufgeschürzten
arm. 9, 262. man gebraucht aber aufschürzen sowol von dem
entblöszten theil des leibs ah von dem aufgestreiften gewand:
den arm aufschürzen und den ermel, das hemd aufschürzen ;
die beine aufschürzen und den kittel. blumen, die sie in ih-
rem aufgeschürzten gewande trägt. Götter 3, 426 ; aufge-
schürzte nase, nasus resimus. den kessel aufschürzen, über
das feuer hängen.
ein aufgesclnirztes pferd heiszt, das eingefallene seilen,
einen sogenannten hechlsbauch hat. gcschröte (scrotum) wol
aufgeschürzet Prizelics pferdewissensch. s. 144.
figürlich bedeutet aufgeschürzt kurz und behend:
im reden vor dem volk
war jener aufgeschürzt und kurz, doch scharf.
UiJRCER 153, 6,
redete iniXQOxäSrjv. blieb bei diesem kranken treulich und
thät alles, was er ihm befahl, aufgeschürzet {succincte). pers.
baumg. 4, 11. Aus dem sinn des außängens entfaltet sich aber
auch der des außaltens und aufschiebens, hemmens und hin-
dems: wie kund er aber mich bas ufschürzen dann mit mei-
nen bekannten Schriften? Reuchlix augensp. SH* ; dannocht
oh ich gleich also geschriben iiette, so were ich doch nicht
ufzeschürzen mit voriger missif, als ob ich mir selbs solt
widerwertig <?rrunden werden. 39'. das gericht soll wegen
der ernte aufgeschürzt werden, diese frage soll noch aufge-
schürzt, in suspenso bleiben.
AUFSCHÜSSELN, nnl. opschotelen, auftischen, obgleich
beide Wörter ganz verschieden gebildet sind, jenes meint die
tchüssel auf den tisch tragen, gut aufschüsseln, reiches gast-
mal geben; man wird ihm nicht gleich aufschüsseln; in
Städten wird zu ungelegener zeit aufgeschüsselt. Witzenb. 3,
193; sicherlich war es seine meinung nicht, dasz er uns jene
märchen aufschüsseln sollte. Schiller 732.
AUFSCHÜSZLING, m. surculus, propago: dasz derselbig ir
einiger sun ein jüngling oder ein ufschüsziing was. Keisers-
BERG post. 3, 84 ; er klagt, dasz man etwas nicht mer teutsch
bekreftigcn kan, sondern es musz heiszen par ma foi, par
dieu, welches unsere ufschüszlinge und junge schrannen fast
zu jedem ding brauchen. Chorion ehrenkranz s. 8 ; lieng der
wirt hünisch zu dem grafen an zu lächeln und meinte, ich
würde es unmöglich können bescheid thun, weil der herr
graf ein dicker corpulenter herre und ich gegen ihn nur ein
aufschüszling wäre. Schelmufsky 1, 18. s. aufschieszling, auf-
schüszling.
AUFSCHÜTTELN, excutere: dem kranken das bett, das
kopflvüssen aufschütteln (bei Caesarius heisterb. 4, 26 capitale
vertere et mollificare) ; das fieber schüttelte ihn heftig auf;
der Postwagen kann einem die glieder aufschütteln, aufrüt-
teln; er schüttelte ihn aus dem morgenschlaf auf; der bär
schüttelt sich auf. Fr. Mijller 1, 23 ; ob es gleich nur ein
trauriger dienst ist, wenn man uns aus einem lieblingstraume
aufschüttelt. Göthe 20, 82; Herder schüttelte mich kräftiger
auf als er mich gebeugt hatte. 26, 8 ; die natur macht den
menschen abhängig zur erde, trag und schwer und schüttelt
ihn immer wieder auf. 50, 6.
AUFSCHÜTTEN, superfundere, aggerere, nnl. opschudden:
das sie getreide aufschütten in Pharao kornhäuser. 1 Mos.
41, 35; also schüttet .loseph das getreide auf, über die masz
vil. 41, 4ö ; schüttet dapfer auf. Garg. 43' ; den honig, wie
Joseph auf die siben magere jar aufgeschüttet. 225";
ich schütte
die losze auf. Schiller 275*;
den wein aufschütten; in der müle körn aufschütten; erde
aufschütten, vgl. aufgieszen.
AUFSCHÜTTERN, was aufschütteln, nur stärker:
aufgeschüttert von des milleids triebe. Borger 101'.
AUFSCHÜTZEN, in der müle, an teichen, das wasser auf-
schützen, die multer schützt ihre müle auf, entsendet die kin-
der zur schule, s. abschützen.
AUFSCHWÄLL,-m. tumor.
AUFSCHWANKEN, in die höhe fahren: eine diele, über
den bach gelegt, schwankte beim betreten leicht auf.
AUFSCHWÄNZEN, dem pferde den schweif in die höhe bin-
den; die fische beim kochen aufschwänzen, so dasz sich köpf
und schwänz berühren; der aufgeschwänzte, rauchende hecht.
J. Paul Hesp. 2, 122. sich aufschwänzen, den schwänz aus-
breiten: ein ungewisse färb, wie ir am turteltaubenhals se-
hen, oder am pfawen in der sonnen, wann er sich auf-
schwänzet und spiegelet. Garg. 118*.
AUFSCHWÄRZEN, schwarz auffärben: aufgeschwärzter hut.
AUFSCHWATZEN, verbis inducere: da sie Aurelien die
sorge für des kindes erziehung aufgeschwatzt hatte. Göthe
20, 111 ; was ihr da seit zehn jähren dem armen publicum
habt aufschwatzen wollen. Fichte phil. journ. 5, 96.
AUFSCHWEREN, sursum ferri: der adler schwebt auf;
die göttin schwebte auf.
schweben auf, schweben ab, neigen sich, beugen sich.
GöiHE 12, 236.
AUFSCHWEIMEN, in allum evolare, mhd. M sweimen.
schweimen noch bei Stieler.
AUFSCHWEISZEN, ferruminare.
AUFSCHWELGEN, deglutire: wilde phantasien haben mei-
nen schlaf aufgeschwelgt (aufgezehrt). Schiller 162. so nimmt
das wort auch Stieler 1969, unrichtig aber Dietrich von dem
Werder in folgender stelle für aufschwellen :
gleichwie das wasser pflegt hoch aufgesrhwelgt tu stehen,
wenn es mit einem scnutz und lamme wird vorsehen.
Ariost 18, 142.
AUFSCHWELLEN, intumescerc, nnl. opzwellen, praet. auf-
schwoll, part. aufgeschwollen, goth. svillan svall: die traube
schwillt auf; sein herz schwoll auf von unmut; der auf-
schwellende reichthum; dasz er darvon aufgesclnval. Fischart
bicnenk. 220'; 20 pfund silbers mit allem aufgeschwollenen
Interesse (den aufgewachsncn, aufgelaufnen xinsen). Schuppius
169 ; aufgeschwollene hcrrcngcfälle abtragen. Leipz. avant. 2, 32 ;
zu der schar der lodien ward der stolzcsion einer
nnier den menschen geniliri. der aufpeschwollne verbrechet
b.itto seinem volk die heiligen rechte der frciheit
sie mit sclilangcneuiwürfen und kinun des löwen cnirisse'n.
Klopsiock Uess. 16, 438;
weich du von hier, der selbst nicht bemerkt und nur nachspricht,
eben darum, weil du dies nur und niclils mehr ihust,
aufschwillst, weich! werke 1, 267;
wo gleich blendendem schnoc aufschwillt ihr heiliges lagcr.
Voss 3, 116:
die von Ihrüncn aufgeschwollenen äugen. Gotter 3, 56 ; die
733
AUFSCHWELLEN — AUFSEHEN
ALTSEHEN — AUFSEILEN
734
wange war durch eine Terkältung aufgeschwollen. Klincer
9, 43 ; dasz schöpfungskraft im künstler sein müsse, auf-
schwellendes gefülil der Verhältnisse, masze und des gehöri-
gen. GöTHE 44, 14; die fliisse schwollen von wasscr auf und
traten über ihre ufer. Kaxt 9, 32 ; er- konnte niemand verach-
ten und hassen, weil seine geistigen äugen in seinem auf-
geschwollenen ich so tief saszen, dasz er damit gar nicht
über das geschwollene ich herausschauen konnte. J. Paul Tit.
1, 109 ; im gründe, sagt ich, schwillet ein Schriftsteller so gut
auf als ein Schriftsetzer, nur jeder mit dem leidenden theil.
jubeis. 162 ; dieses aufschwellen und wieder sinken (des tons).
Bettise br. 1, 304. Lessing in folfjender stelle setzt aufschwäl-
let für aufschwillt : dieses epigramm soll rier epigramme ent-
halten, und es ist zur höchsten noth kaum eines; nur dasz
der schale aufschlusz desselben in jeder zeile, wie eine Was-
serblase, mehr und mehr aufschwället, bis er endlich in ein
wahres nichts zerstiebet. 8, 451.
AUFSCHWELLEN, tumidum reddere, inflare, praet. auf-
schwellte, part. aufgeschwellt, goth. svalljan, svallida: wasser
aufschwellen. Kirchhof diso. mil. 37; wurde aber dis wasser
Ton feinden aufgeschwellet. 168 ;
wie seine miuter kocht, die zwischen furcht und klagen
ihr aufgeschwelltes leid mit kummer kann ertragen.
ScüLTETüs bei Lessiiig 8, 266;
als der erzürnte ström die wellen aufgeschwellet.-
LoHENST. Cleop. 2, 380;
ein berühmter held im fressen,
den das schlemmen aufgeschwellt. Hacedor!« 2, 150;
einen kleinen gedanken durch weitschweifende redensarten
aufschwellen. Lessinc 6, 136 ;
ein mund von Amorn selbst sanft aufgeschwellt zum küsse.
GoTiKR 1,320;
wenn die Ungeduld den mut aufschwellet. Kj.inger 2, 159 ; da
musz ich lachen, wenn ich mit den zahnen knirsche, die
galle mir das herz aufschwillt (/. aufschwellt), th. 3, 145.
sich aufschwellen, inflari:
das wasser schwellt sich auf. Werders Ariosl 11, 34;
wie würden sich alsdann die fluten thürmen und der aus-
druck aufschwellen. Herder 13, 121 ; ein maulwurfshaufen, der
sich schwerlich zum berg aufschwellen wird. Klixger 12, 148.
ALTSCHWELLU.NG, f. tumor: in einer steten und der auf-
und abschwellung des meers gleichen bewegung. Lohexst.
Arm. 2, 257 ; wäre nicht die aufschwellung der erde unter der
linie ein so gewaltiger berg. Kant 2, 521; die aufschwellung
des oceans. 8, 211.
ALTSCHWEMMEN', flumine advehere, icas anschwemmen,
aufgeschwemmt, aufgedunsen.
ALTSCHWENKEN, empor schwenken, die fahne, den but.
ALTSCHW l.M.MEN, supernatare, empor schwimmen : der er-
trinkende suchte vergebens aufzuschwimmen ; ach, wann musz
ich aufhören, über diesem glänzenden stillen meere, über die-
sem schönen ankerplatz des lebens aufzuschwimmen. J. Paul
flesp. 1,143; aufschwimmender schäum.
AUFSCHWINGEN, atiollere, erigere: ein tuch aufschwingen ;
den geist aufschwingen, erheben, mhd. diu ougen üf swingen.
sich aufschwingen:
war ich ein wilder falke,
ich wollt mich schwingen auf. wunderh. 1, 63;
schwing dich auf, frau nachtigall,
grüsz mir mein liebchen zehntausendmal. Göthe 12, 104;
der adel gut, aus freien mut
tet sich gar stark aufschwingen. Ühiajcd 512;
er hatte sich bald vom gemeinen zum hauptmann aufgeschwun-
gen: schwang sich schnell vom lager auf und entfloh.
AUFSCHWIRIIE.N, slrepere sursum: vögcl, küfer schwirrteo
auf.
AüFSCHWOREN, digitis impositis jurare, nnl. opzweren :
den Stammbaum Herwalds hatten heute
beim Stift drei alte cdelleute
als richtig aufgeschworen. Gd«i?»cK 3. 243.
AUFSCHWÖHER, conjuratores, eonsacramentales. Moser pair.
fÄ. 4,289.
AUFSCHWUNG, m. nisus, volatus in altum: aufschwung
des Vogels, des menschlichen geistes ; nie geahnter aufschwung.
AUFSEGELN, navi in arenas invehi: das schif ist aufgescgelt.
AUFSEHEN, respicerr, altendere, nnl. opzicn.
1) in die höhe, empor schauen, goth. ussaihvan, nvaßXtTtetv :
darumh bin icii aufgewacht, und sähe auf, und habe so sanft
geschlafen. Jer. 31,26; hat er gutes im sinn, so sihet er frö-
lieh auf. Sir. 13, 32; sähe auf gen himel und danket. 5Iatth,
14, 19. Marc. 6, 41. Luc. 9, 16; sähe auf gen himel, seufzeL
Marc. 7, 34 ; und er sähe auf und sprach. 8, 24 ; freilich sagt
mir das der erste blick, wenn er wieder aufsieht. Göthe 7,
131; alle leute sahen auf, als sie eintrat.
2) aufmerken, aufachten, attendere, animum adrertere : ich
bit euch, lieben brüder, ir wollet ja aufsehen auf die da ma-
chen secten und ergernisse neben der lere, die ir gelernet
habt. Luther 1, 504'; da sihe auf, das du den grund nicht
nachgebest denen die wollen gewalt haben gottes gebot zu
endern. 3, 263 ; einem gotgelerten, aufsehenden menschen pre-
digen all creaturen. Fr.\xr chron. vorr. a 3' ;
laszt uns verachten nit den feind,
sonder aufsehen in den sachen.
H. Sachs lU. 1, 45».
3) auf jemand warten, erwarten, franz. attendre : sie ent-
schuldigte sich, weil sie mit Lianen spazieren gehe, auf die
sie jede minute aufsehe. J. Paul Tit. 2, 53; als sie auf das
vierte kind jede stunde aufsah, komet 1, 6.
AUFSEHEN, n. aufschauen, s. aufgesehe.
1) sinnliches blicken und schauen: die hübschen frewlin,
die so ein grosz ufsehen haben uf iren leib. Keisersb. omeis
79*; er gedacht, wie er sich von dannen machen könnt, die-
weil auf in alles volk ein aufsehens hatte. Galmy 329 ; da du
igott) ein aufsehen hast auf uns deine arme kinder. Schcp-
piüs 431; aufsehen macht die ros feist. Froxsp. 1, 149', wie
das Sprichwort lautet: des herrn äuge füttert das ros; auf-
sehen ist im spiel die beste schanz, und wer nicht wil die
äugen aufthun, der thu den beutel auf. spielteufel. Ff. 1564.
B 3' ; Alcibiades, der in unsern Zeiten so viel aufsehens ge-
macht {so viel blicke auf sich gezogen) hat. Wielaxd 1, 143;
die Sache machte in der Stadt ein groszes aufsehn {alle blick-
ten, richteten ihre äugen darauf) ; ich meide gern aufsehn,
kann aufsehn nicht leiden.
2) cüra, attentio, acht, aufsieht, riicksicht: leben und wol-
that hastu an mir gethan, und dein aufsehen bewahret mei-
•nen ödem. Hiob 10, 2; er hat ein aufsehen auf seine auser-
welten. weish. Sal. 3, 9. 4, 15; das sie allen iren vleis und
aufsehen dahin keren. Lcther 1, 251'; gleichwol dringt mich
die hohe grosze sach, kein aufsehen weder auf e. g. hoch
wird und achtbarkeit noch auf mein unwirde zu haben. 2,
143'; nu ab«r weil der streit weret, so lang musz imer ein
aufsehen sein. 2, 348'; wie gott so gnaw aufsehen het auf
die seinen. 4, 90'; man hat mer aufsehens auf die groszen
gewaltigen bansen, denn auf die armen leute. 4,529'; so sol-
len wir uns nu also in unsern leiden halten, das wir das
gröszte und meiste aufsehen auf die verheiszungen haben.
5, 312'; denn es darf aufsehens. Luthers br. 4, 547; fleiszig
aufsehens haben, not. ordn. von 1512 §. 14; haben ein grosz
aufsehen, dasz sollich kuchen nit ersauren. Fraxk fcW/6. 147';
das sind die geist, vor den uns Christus gebeut aufsehen zu
han und zu wachen. Paracelsüs 2, 253'; denen allen gut auf-
sehens zu haben gebüret. Kirchhof dw. »ni/. 145; es gilt auf-
sehens mit den guS'en {nadeln), dasz sie eim nicht bestecken.
Gorj. 136';
es schadet nicht ein gut aufsehen,
dann die weiber sind wunderlich. Atrer343*;
seines aufsehns hat er kein gwin.
Atrer fastn. sp. 11';
da sali u. gn. h. einen buschhueler haben, der sali darauf
ein aufsehens haben, weisth. 2, 674. in dieser andern befleu-
tung zieht man heute aufsieht vor.
AUFSEHER, m. inspector. vgl. oberaufsehcr, sittenaufseher.
AUFSEHERIN, f inspectrix.
AUFSEHIG, altentus: Carneadcs ein geliemig, behend, auf-
sehig mann. Fraxk chron. 9l'.
AUFSEHNEN, surgere cupere, aufverlangen: der kranke
sehnt sich auf, verlangt aus dem bette; das zu seinem schöpfet
sich aufschnende gemüt des menschen. Göthe 24, 63. s. sehnen.
AUFSEHUNG, attentio, inspeclio: ist der halben an euch
unser beger, ir wollet auf diese sache gut aufsehung haben.
Luther 2, 73*; sollen die gemelten unterthanen ein getrewe,
vieiszige aufsehung habeti. 3, 107.
AUFSEILEN, was anseilen, illaqueare, alligare, aufbinden,
aufbürden :
man hat mir über dank aufgeseilt, fastn. sp. 235, 4;
der den occidentischen kirchen den römischen glauben mit
gewalt hat aufgeseilt. Frask weltb. 35'; welcher weit ein an-
dere ursach alles flbelstands der weit aufseilt. 37*; die oren-'
beicht sei von pfalTen erdicht und der weit aufgeseilt. 79';
735
AUFSEIN — AUFSESZ
AUFSETZBAR — AUFSETZEN
736
des ursach die einwoner uns aufseilten. 223'; ist etwas nit
so, wie du wünschest, herfürbrachl, also das ich dir an vil
orten nit genug thii, und noch vil begerst, so bitt ich dich
wollest dis meiin Unvermögen aufseilen, das ich nit iner ver-
mögt hab, sunder geben was ich hab. cliron. vorr. a 2' ; wann
gott uns aus seiner Ordnung disen tyrannen aufseilet. 177';
erbub sich ein grosze scisma wider Symmachum von wegen
einiger laster im aufgeseilet. 282"; nu ist das auch ein gnade
und gäbe gottes, das gott euch den sawren nasenschweisz,
so von der sünde wegen menschlichem geschlechte aufgesei-
let, dennoch mit nützlichen Instrumenten und künsten lindert.
Mathesius 145'; mit brächtigen träworten und vvaffen wolle
der weit kuntbar machen und aufseilen. Wernstreit kr. buchl.
des fr. 115; mir lasz ich nichts aufseilen, v. Birke.n OL. 414;
lieszen den groszen frisischen hengst, sampt den jungen fül-
len, die er in aufgeseilt {ihnen als geschenk aufgehängt hatte),
hinab rumpeln. Garg..iZb*;
ir jog unt aufgesailte last. Melissus A4';
was du einem andern thust und aufseilest. Avrer proc. 1, 9 ;
er hat ihm eins aufgeseilet, fucum ei fecit. Stieler 2000.
kommt .später auszer ijcbrauch.
AUFSEIN, nnl. opzijn, keine wahre Zusammensetzung, son-
dern mit noch fühlbar loser parlikel, hauplsdclilich in folgen-
den lebendigen anwendungen:
1) aufgehen, die sonne, der tag ist schon auf; weil der
mond noch nicht auf war. J. Paul uns. löge 3, 116 ; der lichte
morgen ist auf. weidschreie S2; der morgenstern ist auf. ge-
gensatz von unter, nieder, man ergänze: gegangen.
2) aufgehen, sich öfnen: die blume ist noch nicht auf ; das
fenster, die thür ist auf. die schiffart ist wieder auf.
3) aufstehen, aufbleiben aus dem bette: wenn ich aufwache,
horch ich, ob der bruder schon auf (gestanden) ist. Göthe
7, 29 ; nach einer meist durchwachten nacht war ich früh
auf. 23,73; weg zu sein, eh man auf war. J. Paul Hesp. 1,
163; den abend wöll wir noch auf sein. H. Sachs III. 1,57'.
4) sich befinden, auf den beincn sein: wie bist du auf?
(mhd. wie verstu?); ich bin wol auf, valeo; er ist besser auf;
bei gehendem leib übel auf sein. Schweinichen 2, 266. 3, 11 ;
Rom war nie besser auf, als wie die hohen sinnen
ein niedrigs dach bewohnt. Opitz 1, 133;
wegen des erschrecknisses nicht wol auf sein. Schweinichen
2, 124; weil sie vermerkten, dasz die hennen nicht wol auf
waren. Lokmans fabel 32 ; bin ich übel auf gewesen. Schwei-
nichen 2, 266 ; mein liebs weib auch zu unterschiedlichen ma-
len ganz übel auf und ungesund gewesen. 3, 173.
5) sich rüsten und aufmachen, auf die bcine machen, sich
erheben, zu pferde steigen, mhd.
Sit üf und vait mit mir! Mai 171, 21;
das alles von Insbruck an bis gen Trient rege und auf ist.
Luther 3, 151' ; wenn gottes wort kompt, da ist alle weit auf
(empört), da hebt sich toben und wüten an allen enden. 5,
54'; darumb spricht gott, ich musz auf sein, die armen sind
verstöret. 8, 364'; wie die unsern zu Augsburg wollen auf
sein. br. 4, 174; wa nit das creuz disen lendern zu hilf wer
worden und alles Europa wer aufgewesen (sich gerüstet hätte).
Frani weltb. 30'; obwol der Türk rachselig zu widergeltung
oftmals ist auf gewesen. 100';
der Türk ist aber gwaliig auf. üuland 521 ;
CS ist ein groszes gescl)rei,
das der Tiirk also siark auf sei,
Constaniinopcl zu überziehen. Avrer 149*;
wir sollen schnell uf sein. Götz von Berl. 21; bin ich nach
der Steinau und von dannen nach Gänschdorf auf gewesen.
Schweinichen 2, 260.
6) aufgehen, aufgezehrt sein: da aber das fleisch noch un-
ter ihren zencn und eh es auf war. i Mos. 11, 33; und liesz
im des tagcs ein leblin brol geben aus der beckcrgassen, bis
das alles brot in der stad auf war. Jer. 37, 21; Judith ant-
wortet, ich darf noch nicht essen von deiner speise, sondern
ich habe ein wenig mit mir genommen, davon wil ich essen,
da sprach Holofernes, wenn das auf ist, das du mit dir bracht
hast. Jud. 12, 3. nnl. a! het brood is op.
AUFSENDEN, resignarc: das leben aufsenden. IIai.taus 66. 07.
AUFSENKELN, bergmännisch, mit scnkdn festigen : die rip-
pen am treibehut aulsenkcln. s. senkel.
AUFSESZ, n. ein fränkischer ortsname, mhd. ftfsa.'jc. Lasc
reg. 2, 71 (a. 1216). gebildet wie aufkirchen, aufliauscn.
AÜFSETZBAR, was aufgesetzt werden kann,
AUFSETZEN, imponcre, apponere, instituere, nnl. opzelfen :
1) leiblich aufsetzen: dem liaupte hu(, kränz, kröne auf-
setzen ; und er liesz des königs son hervor komen und setzt
im eine kröne auf. 2 kün. 11, 12 ; setzen inen krönen auf. ßa-
ruch 6, 8 ; flochten eine dornenkrone und salzten sie im auf
(goth. atlagidedun ana ina jiaurneina vipja). itfarc. 15, 17; setzt
einen heim des iieils auf sein heubt. Es. 59, 17 ; setzt die
heim auf und scherft die spiesze. ier. 46, 4 ;
als aber wiederum der sonnen heller glänz
dem erdenkreisz aulsutzt den groszen griiiien kränz.
VVehdeks Ariosl 11, 77;
solt ich im nit ein nipThauben aufsetzen?
fasln, sp. 357, 32
(sollt ich ihm nicht sein haar zerraufen ?) ; flocht ire haar ein
und setzte eine hauben auf. Jud. 10, 3; dann wiszt ihr nit
von jenem philosopho, der sich ab eines äffen bossen gesund
lacht, als er sähe ine sein doctorhäublein und überparetlein
vom nagel ziehen und es so ordenlich wie der best dorfcal-
mäuser aufsetzen? Garg. 13;. wie der wittebergisch magister,
der seines preceptors schlafliaub aufsatzt. 71*; wie die jung-
frawen die Schleier aufsetzen. 74'; wie wolt ein huter eim
jeden narren ein rechten hut aufsetzen? 118'; ich wil dir
jetzund also par mit meiner band ein roths liütlin aufsetzen.
256', d. h. dich blutig hauen, altfranz. faire rouge chapel
Rcinh. fuchs s. 390) ; wie wir einem stolzen aufgeblasenen kerl
in unsrer compagnie möchten .die hille (hülle, schleier, kappe)
aufsetzen. Weise erzn. 450. zumal gilt aufsetzen vom ordnen des
barts und haares (vgl. aufsatz und aufschlagen, aufschnatzen) :
den hart aufsetzen, den knebelbart schnieren und in die höhe
streichen; das haar aufsetzen, über dem wirbcl zusammen-
stecken; ein frauenzimmer aufsetzen, ihren haarputz besorgen;
die Mexicanerin, wenn man sie abgeschmackt fände, weil sie
nicht il la rhinoceros oder a la coraefe aufgesetzt war. Wie-
land 14, 79 ; sie w-ar nicht zu ihrem vortheil aufgesetzt. 19,
269 ; sie war immer mit geschmack aufgesetzt und ihrem
Stande gemasz gekleidet. 30, 159 ; die schalen köpfe, deren
empörung gegen die religion zunimmt, sobald sie des mor-
gens gut aufgesetzt sind. Abrt verdienst 2,2; wie schön legt
sie (Aronens stadl) Lünens blanc d'Espagne auf und scheint
sich im umgeworfnen pudermantel des mondscheins für mor-
gen aufzusetzen und zu putzen. J. Paul Tit. 1, 11. früher
brauchte man aber aufsetzen vom anlegen (imponcre) des gan-
zen gcwandes:
bringe mir das kleid
das wil ich ihn (eis) aufsetzen, fasln, sp. 912, 27 ;
setzet auf dis newe gewant! 913, 7.
o/I musz die gewohnheit entscheiden zwischen aufsetzen oder
anlegen, es hciszt nicht den ring aufsetzen, sondern anlegen,
aufstecken, wol aber die brille aufsetzen : setz brillen auf und
sihe! seh. und ernst cap. 20. die thiere setzen hörner auf,
schieben hörner: der hirsch setzt auf, bekommt neues geweih;
am höchsten ist der hirsch im juni, so er aufgesetzt, weidspr
198; die frau setzt ihrem manne hörner auf (s. hörn), die
hörner aufsetzen bedeutet auch kampffertig, wie den köpf auf-
setzen hartnäckig, eigensinnig sein: weil sie (die gottlosen)
ire hörner aufgesetzt haben. Luther 4, 357' ; weil herzog Georg
seinen köpf aufsetzt. 4, 315* ; er setzt seinen köpf auf, wider-
strebt, einem eine nase aufsetzen, ihn anfiihren.
2) tische, bänke, stüle, speisen, schusseln, teller, gläser,
leuchter, kcgel, schcilcr, holz aufsetzen: wenn du die lampen
aufsetzest. 4 Mos. 8, 2 ; die letzten lichlerchen aufsetzen. Lks-
siNG 12, 522 ;
ein ungekämmter knab
erschien die lafcl aufzusetzen. Wiki.and 9, 50;
unter den spielen führt Fischaut n 422 eins an was setzt ihr
den gasten auf? und s. 171* ein anderes hirt, setz geisz auf,
was vielleicht zu 3) gehört.
die schwarze nacht, setzend mit stillom gang
des liiniincis lichter aiif.- Wkckhrrmn 225;
anstat deines worts hat er zu deinem spol
bildslöck und götzcn aufgesötzct. 1S3;
waarcn aufsetzen; holzhaufen aufsetzen, aufschichten; wenn
man puIver auf die pfannc schüttet und die luntc aufsetzet,
so giiit es einen groszen knall. Schuppius 225; eine Schleu-
der aufsetzen (aufrichten), pers. rosenth. 7, 20; häuser auf-
setzen, pers. reiseb. 3, 1. sich aufsetzen, zu wageit oder zu
Pferde steigen, zweige aufsetzen, einsetzen, inserere, pfropfen:
du solt dich auch fürsehen, das du keine zweige eben den-
I
737
AUFSETZEN
AUFSETZEN— AUFSETZLICH
738
selbigen tag, welchen du sie aufsetzen will, lassest abprechen.
Sebiz 328.
3) aufsetzen, aufs spiel setzen, einsetzen, wagen: das wir
getrost wagen und aufsetzen, wo es die not foddert. Luther
3,398; seinen leib aufzusetzen. Kirchhof tfenrfunm. 54'; aller
unser vermögen, auch gut und blut nach dem willen und
wolgefallen des allmächtigen aufzusetzen und zu wagen schul-
dig, mil. disc. 90; desgleichen wil ich auch meiner rautter
söhne einen bei euch aufsetzen. Redtter kriegsordn. 33 ;
dann die meinung ist auch bei vielen,
wann sie das volgend jar wölln spielen,
dieselben prennig setzen auT,
auf das sie nimer rew der kauf.
B. Waldis p. Reich Gg 2':
welches Streits doch der arme kranke nicht gelachen mag, die-
weil er die haut aufsetzen musz. Fel. WLrtz prad. 24;
ich setz mein blut und leib
für euch auf liebe brüder. Weckherlis 627 ;
viel guter riiiersleute
die hatten ihr leben aufgesetzt,
und in der Walachei das arme feld genetzt.
Opitz 1, 4;
Ober diser unglaublichen ergetzung haben ihrer viel hunger
und durst erlidten, ihr ganz vermögen aufgesetzt und fast
ihrer selbst vergessen, poeterei 75 ;
wer in händel ein sich läszt, wer sich einläszt in ein spiel,
jeder musz hier setzen auf, welcher was gewinnen wil.
LoGAü 2, t, 31 ;
Cardenio hat frei was höher mich geschätzet,
ja vor mich ehr und rühm und leben aufgesetzet.
Grtphids 1, 21S;
«unst musz der setzen auf der hier gewinnen wil.
FtBMiJtG 49;
wer ehre wil gewinnen der musz blut setzen auf. 220;
wer fürs vaterland setzt auf schweisz, kräfie, blut und geist.
LouENSl. Arm. 1, &41 ;
wie Süll ein soldat, der nichts zu fressen hat, leib und leben
im streit aufsetzen? pers. baumg. 1,33; ein könig hat macht
über seine feinde, wann sein beer vergnügt und gesättiget ist,
sintemal es umbs brot seine köpfe aufsetzet, das.; welcher
rechtschaffene held bei dem gemeinen wesen land und leut
aufgesetzt. Simpl. 2, 158 ;
du siehst, man will dich übertäuben,
doch gib nicht nach, setz alles auf,
und lasz dem handel seinen lauf,
denn recht musz doch recht bleiben.
Geliert 1, 70;
an die ich leib und leben aufeesetzt.
\ViELA.iD 23, 309 ;
mich hat das Unglück so herum und so müde gezaust, dasz
ich mein leben gegen eine Stecknadel aufsetze, um es da-
durch entweder zu verbessern oder zu verspielen. Bürger 2S9';
für denselben alles das unsrige bis auf den letzten bluts-
tropfen aufzusetzen. Schiller 351; für ihn den letzten bluts-
tropfen aufzusetzen. 979.
4) aufsetzen, aufzeichnen, literis mandare: eine rechnung,
die kosten aufsetzen ; von solchen zügen der alten ist leider
nichts aufgesetzt. Micrälils a. P. 1, 47; mit flüchtiger feder
aufgesetzet. Weise erzn. vorr.; nun war der Schreiber ge-
schwind über das dinlenfasz her und setzte folgenden wun-
derschönen brief innerhalb sechs Viertelstunden auf. 121 ; vor-
Irefliche werke aufgesetzet haben. J. Paul teuf. pap. 1, 127.
ebenso beim nähen, aufsetzen, aufnähen.
5) aufsetzen, insliluere, einsetzen : es müst auch dem bapst
verboten werden, mehr solcher orden aufzusetzen oder be-
eletigen. Luther 1, 302'; darumb sol auch keiner von im selb
auftreten und in der gemein predigen, sondern man musz
einen aus dem häufen erfürzihen und aufsetzen, den man
müge wider absetzen wenn man wolle. 2, 341*; nu hat got
Ann sibenden tag ausgesondert und aufgesetzt zu feiern. 4,
393'; festläge oder andere ceremonien ein Zeitlang aufzu-
setzen. 5, lo'; darumb ist die ehe aufgesetzt, dasz man nit
falle in den strick. Frank cAron. 374'; von wem, warumb und
zu was sie (die olympischen spiele) aufgesetzt worden. Seüter
rosarzn. 6; in der gemein ist einer aus den eltesten erweit
und aufgesetzt worden. Meijvnchth. 2 Cor. 2 ; die bischuf ha-
ben darzii keinen gewalt zu gepieten oder aufzusetzen. 1 Cor. 4;
wenn man art oder manier des lebens zum petteln aufsetzt.
2 Cor. 8 ; bisz sein söhn Seliin zum türkischen keiser aufge-
setzt worden. Froüsp. 3, 298" ;
lasi auch kein Schmeichler sich aufsetxen. H. Sachs I, 489',
$ich eindrängen, festsetsen?
6) namen, ziel, preis aufsetzen, vorstecken, aufrichten: und
misfalt unsem gnaden auch nicht, das man von eim sonde-
ren unversehenem fall eim kind den namen aufsetze. Garg.
106'; ir herren, nit stellet in vergesz, auf das aufgesetzte zil
zu kommen. AimonL; das der mensch sein aufgesetztes ziel
schwerlich überschreiten mag. Simpl. 1, 205 ; aus eben dieser
Ursache hätte Önomaus seine eigne tochter Hippodamia, Pi-
sander seine Schwester als einen preis dem tapfersten beiden
aufgesetzt. Lohesst. Arm. 1, 1405 ; ich würde darüber den auf-
gesetzten preis verlieren. Rabe.ner 5, 44. 52. wir sagen heute
den preis aussetzen.
7) aufsetzen, nach der bei aufsatz unter 7 nachgewiesenen
bedeulung, ist übersetzen, steigern, wuchern im darlehn oder
fruchtverkauf : als bette der herr Christus drin geboten also
zu leihen, das niemand nichts aufsetzt oder gewinst daran
sucht, sondern frei hin leihen solt. Luther 1, 192'; wir be-
triegen und teuschen unternander, setzen auf und machen
tewrung. 5,463*; gleichwie itzt die bawm und edelleute iren
mutwillen treiben mit irem aufsetzen, sie haben den boden
imd die fruchte innen, wollen nu auch das gelt haben. 5, 466':
ich hab gehört, wie dasz e. f. g. nach abgang dieses aufsatzes
wollte eine andere (aufläge, abgäbe) und vielleicht schwerer
aufsetzen. Luthers 6r. 1, 78; aber was geht er mich an? ich
will prave aufborgen und die leute aufsetzen helfen. Schoch
stud. leben J 5.
8) aufsetzen, insidiari, nachstellen, verleiten {wie aufsatz S) :
laszt euch Hiskia nicht aufsetzen (fallere). 2 kön. 18, 29 ; lasz
dich deinen gott nicht aufsetzen. 19,10; die schlänge hat mich
also aufgesetzt, dasz ich asz. Luther 4, 23' ;
du folgst ihm und bist lieb den andern göttern allen,
ich nehme Ceres aus, weil sie dich sehr verletzt
vor diesem, wie man sagt, und heftig aufgesetzt. Opitz 1, 434;
ich mag nicht sagen, was er für andere beutelschneiderpos-
sen mit mir triebe und wie er so viel ehrliche leut an an-
dern orten hab aufgesetzt und sie überredet, dasz ich und er
freunde seien. Schuppius 255; Plautus sagt: man sehe sich
so wol vor, als man immer wolle, so wird man doch oft, auch
wo man meinet, dasz man am allerbesten sich vorgesehen,
betrogen und aufgesetzet werden. Hohberg 3, 48'; ein mäd-
chen aufsetzen, verführen; er hat schon viel leute aufgesetzt,
betrogen, heule, in diesem sinne, veraltet.
9) intransitives aufsetzen: der holunder setzt schon auf,
treibt knospen ; der hirsch setzt auf, nemlich das geweih {s. un-
ter 1) ; das pferd setzt auf, setzt die torderzähne auf die krippe
und schluckt die laß heftig nieder (s. krippenbeiszer) ; berg-
männisch ist aufsetzen zu mittag ruhen, von eilf bis zwölf,
welche stunde daher die aufsetzstunde, liegestunde heiszt. viel-
leicht vom aufsetzen, hinstellen des Werkzeugs?
ALTSETZER, m. nach verschiednen bedeutungen des auf-
setzens. aufsetzer, junge, der die kegel aufsetzt; im bergwerk,
der das holz schichtet, aufsetzer, ein krippenbeiszer. auf-
setzer, eintreiber oder exactor. Luther 3, 178' ; es sind solche
gebot der apostel gewest, die den aufeetzern wehren und ver-
bieten etwas über das evangelium aufzulegen. 3, 519'. auf-
setzer, institutor: dasz gott sei ein aufsetzer, behQter and
beschirmcr der ee. Fr.\sk chron. 374'. aufsetzer, belrieger,
nachsteller.
AUFSETZERIN, f. magd, person, die der frau das haar
ordnet, noch bei Lessing 2, 396. s. aufsalz 2.
AUFSETZIG, was aufsätzig, insidians, infeslus: wenn sie
{die Juden) die armen Christen nicht mit iren aufsetzigen,
finanzischen wuchergriflein betriegen. Kirchhof wendunm. 72;
keinerlei volk aber under allen war den hasen aufsetziger
denn die Schlesier. 243"; warum die flöh den weibem in der
kirchen am aufsetzigsten sein. Carg. 202'; den gelehrten aof-
setzig. 142*; was bedeutet es aber in folgendem tpruekt
im rat sei ein schweizer,
im belt ein pfetzer,
über dem ti<ch ein ketzer,
zu der arbeit sei kretzig.
zum fressen aufsetzig. Garg. 45*,
der hinter dem essen tapfer her ist, daran bleibt?
AUFSETZIGKEIT, f. dolus, insidiae: mit dein viehe umb-
gangen, darumb keiner arglistigen aufsetzigkeit, änderst denn
nein und ja gewohnet hett. Kirchhof wendunm. 2C3*.
AUFSETZISCH, s. aufsätzisch.
AUFSETZLICH, dolosus : aufselzlicher weis, retchsordn. 1530
§. 31, 1 ; aufsetzliche todsQnd. Spee goldn. tugendb. 675. s. auf-
saizlich, vorsätzlich.
47
739
AUFSETZUNG — AUFSITZEN
AUFSITZEN — AUFSPANNEN
740
AUFSETZUNG, f. inserlio, das pfropfen: mit Setzung, im-
pfung und aufselzung. Fischart anmanung v. 3.
AUFSEUFZEN, alte suspirare: aufseufzende abendwinde.
Bettine tageb. 52 ;
als von der obersten höhe Saturnius schauet die greuel,
seuTzet er auf. Voss.
AUFSICH? so wol im mai als in diesem mönat {juni) pfle-
gen die Schafe gerne übergäilig oder sonsten aufsich zu wer-
den. HoiiBERG 3, 252*. bei ScHMELLER uiid in den andern idioli-
ken ist kein solches wort, das eine krankheit der schafe be-
zeichnen tnusz. man darf weder einen druckfehlcr für auf-
stützig vermuten, noch an aufsiecii denken, wäre es auf sich?
altn. ist ofs, ofsi aestus, violentia, norw. ofse, opse (Aasen
344. 348), welche aber von of nimis stammen, nicht von upp.
es müssen also bessere aufschlüsse abgewartet tverden.
AUFSICHT, f. inspectio, attentio, vorsieht, nnl. opzigt: was
hilft es, dasz man an deiner euszeriichen kleidung sehen kan,
ob du ein geistlicher oder weltlicher mann bist, sintemal bei-
des nur zur aufsieht des pöbels geschiehet. pers. baumg. 5,1t;
für diszmal aber hat die freundschaft mich bewogen,
dasz so viel aufsieht ich dir tragen wil nnheut,
zu warnen dich, dasz du verschiebest deinen streit.
Werders Ariust 26, 65 ;
kein sonderbarer streit ist noch zur zeit geschehen,
die weil sie beide wol in guter aufsieht stehen. 29, 46;
ich folgte mit höchster sorg und aufficht. Simpl. 2, 362 ;
in aufsieht soll sie bleiben bis zum grab. Schiller 610,
gewöhnlich, unter aufsieht; ich musz noch viel herumgetrieben
werden und dann einen augenblick an ihrem herzen ! das ist
immer so mein träum, meine aufsieht {aufsehen, halfen ?) durch
viel leiden. Gothe an Aug. Stolb. 6 ; mancherlei aufsichten und
Verantwortlichkeiten zu übernehmen. Fichte reden an die d. n. 78.
AUFSICHTIG, attentus, sollcrs: lehrt sie auch im hause
fein aufsichlig und getrew zu sein. Ringwald tr. Eckh. J 5*;
bündnis zu machen war er langsam, aber selbige zu erhalten
aufsichtig, von Birken OL. 221; aufsichtig, aufmerksam. Lohenst.
Arm. 1,1224; gar ein aufsichtiger Jäger. Schuppius 737.
AUFSICKERN, gutlatim incidere, außröpfeln, außropfen.
AUFSIEBEN, denuo cribrare: das körn aufsieben.
AUFSIEDEN, in doppeltem sinn,
1) intransitiv, eßervere: gelinde aufsieden; das wasser hat
schon aufgesotten.
2) transitiv, fervefacere: milch, eier aufsieden; Silber auf-
sieden.
AUFSIEGELN, sigillum solvere, entsiegeln: den brief, eine
Weinflasche aufsiegeln.
AUFSINGEN, canere: ein lied aufsingen; sing auf!, lasz
dein lied hören; er muste alle kinderspiele mit mir spielen,
die ich nur aufsingen konnte. Klingers th. 4, 254.
AÜFSITZ, m. ascensio equi vel currus:
' dasz sie (mein pferd)
durch mich zum aufsitz stehen gelernt. Klopstock 2, 32.
AUFSITZEN, insidere, nnl. opzitten.
1) aufrecht sitzen, im bell wachend:
schien hell in meine kammcr
die sonne früh herauf,
sasz ich in allem iammer
in meinem bett schon auf. Göthe 12, 190.
2) aufbleiben, nicht zu bett gehen:
gesetzt die königin sei oft ein wenig lang
bei ihrem mcntor aufgesessen,
entschuldigt dies auch nur den leisesten verdacht?
Wieland 10, 279 ;
die nacht hab ich beim beten aufgesessen.
TiECK 2, 187 ;
ich bin in voriger nacht bis gegen morgen aufgesessen, um
die Jubelperiode bis zum letzten wort zu entzilTcrn. J. Paul
Tit. 2, 44.
3) festsitzen : ich sitze auf und kann nicht weiter ; der na-
chen sitzt auf; endlich kam das hinlerstc rad {des wagens)
an ein stück holz aufzusitzen. Weise kl. leute 64 ; die auf dem
granit aufsitzenden basalte. Göthe 31, 268; das bergicder sitzt
zwischen den klüften der erzhaltigen steine auf.
4) aufsteigen, ascendere, vgl. sitzen auf {sp. 608) :
wlltu dich eriicrcn,
du junger edelman,
folg du meiner lere,
sitz uf, drah zum ban. Uhland339;
durch solchen fund macht er das pferd nach seim willen bün-
dig, leilig und zauiugerecht, alsu das es auf die knie fül,
wann er aufsitzen wolt. Garg. 139'; beide in keiserthumen
und königreichen sihet man nichts mehr denn abfallen und
aufsitzen, grade als sei die ganze weit mit irer oberkeit got-
tes tornier und reuterei. Luther 3, 230' ; da hat Esau gedacht,
nu habe ichs in der band, ist sicher und gewis. so lesset in
gott aufsitzen und prangen. 4, 150* ; Wolfdieterich welzet sich,
bisz er aufsitzen kan. Avrer 227'; aufsitzen, an bord gehn.
Opitz Arj. 2, 204 ; in einen nachen. 2,401;
er sasz krank auf und mit abfur. II. Sachs I, 172*,
er sasz krank auf das schif und fuhr damit ab; hinter wel-
cher (hütte) am ufer eines kleinen baches bedeckte netze ge-
leget, dann am selben wasser sich viel federwild aufhalten
soll, als sie aber bisz gegen abend gesessen, und kein vogel
recht aufsitzen wolle, ritten sie wieder zum nachtlager. pers.
reiseb. 4, 43 ; wenn ihm die nacht zu lang wurde und er nicht
schlafen kunle, ist er aufgesessen {aufgestiegen aus dem bett).
pers. rosenth. 6, 2; aufsitzen und nach dem schlösse fahren.
unw. doct. 458 ; die pferde stehn gesattelt, ihr könnt auf-
sitzen wann ihr wollt. Schiller 132"; der bräutigam hatte
schöne pferde und sogleich muste man aufsitzen. Göthe 17,
228; sattelt pferde! sitzt auf! Klinger 1, 77; in einem kriege,
wozu mehr mut gehört als zu dem, zu welchem ich aufsitze.
Klinger 8, 255 ; meinen schweiszfuchs parat I sollen zum auf-
sitzen blasen. Fr. MiJLLER 3, 24 ; aufgesessen I ; das pferd läszt
nicht gerne aufsitzen {sich besteigen) ; die hüner wollen auf-
sitzen, auf ihre stange steigen, sich aufsetzen.
3. 4 fordern im praet. sein, 1 fordert haben, 2 schwankt zwi-
schen haben und sein, doch mit vorgewicht des letzten.
Das part. aufgesessen, feindlich gesinnt, läszt sich kaum
aus der vierten bedeutung des aufsitzens durch gerüstet, im
heer gegenüberstehend erklären, da aufsitzen niemals diesen
sinn zeigt; es scheint blosz aus aufsätzig, aufsetzig entsprun-
gen, insofern wer sich einem aufsetzt ihm auch aufgesessen ist.
AUFSITZGELD , n., das dem bereiter beim ersten aufsitzen
vom Schüler entrichtet wird.
AUFSITZSTANGE, f. hünerstange, mhd. hanboum:
hanboume stuonden blöj,
der zadel hüener abe in schöj. l'or«. 194, 7.
AUFSITZUNG, f heergebot: krieg, welcher eine allgemeine
aufsitzung erfordert hätte. Moser 1, 62. ungewöhnlich.
AUFSPÄHEN, üblicher ausspähen, erspähen, investigare.
AUFSPÄHUNG, /■. investigatio : die aufspähung empirischer
gesetze der geinütsveränderungen. Kant 7, 133.
AUFSPALTEN, ßndendo aperire, nnl. opspouwen: ein stück
holz aufspalten; die erde ist aufgespalten; den heim auf-
spalten ;
er sah Ollmpio, den armen jungen tropf,
vom pferde fallen lab mit aufgespaltnem (gedr. aufgespaltrem)
köpf. Werders Ariost 16, 50 (16, 71).
der frühling streckt sich mit seinen üppigen, treibenden saf-
ten auch durch meine aufknospende seele, und der mai spal-
tet an ihr, wie ich jetzt an den nelken, alle knospen auf.
J. Paul Hesp. 3, 171.
AUFSPANNEN, sursiim extendere, aufziehen, nnl. opspannen.
ein seil, tuch, bild, netz, Schmetterlinge aufspannen; zu einem
werd im meer, darauf man die fischgarn aufspannet. Ez. 26,
5. 14 ; von Engeddi bis zu Eneglaim wird man die fischgarn auf-
spannen. 47, 10 ; die segel aufspannen, das schif zur abfahrt
rüsten; die sailen an der geige, an der folter aufspannen,
den hahn an der flinle aufspannen, bildlich, alle segel auf-
spannen, alle mittel anwenden; gelindere saiten aufspannen,
in der strenge nachlassen, den ton herabslimmen. einen teich
oder flusz aufspannen, das wasser durch hemmung aufschwellen.
In häufiger anwendung auf das innere: überraschende vor-
falle, neue Verhältnisse gaben den aufgespannten gemütern
manchen stof zu scherz und lachen. Göthe 15, 82; die auf-
merksamkeit nur durch seltsame und keineswegs lobenswür-
dige kunsIgrilTe aufzuspannen. 15, 144 ; wenn nach und nach
alle meine sinnen aufgespannt werden. 16,79; alles halte
mich zu einer unbedingten, ja ich möchte fast sagen, zu einer
aufgespannten fröhlichkeil gestimmt. 16, 207 ; diätetische und
medicinische behandlung der unglücklichen, aufgespannten
Aurclie. 19,252; ich bin sehr aufgespannt, fast zu sagen über.
an Lavaler 14 ; ich weisz nicht wies ist, dasz ich just in mir
so ganz anders aufgespannt bin. Klingers //i. 2,27«; ich will
dich aufspannen, und wenn du brechen solltest, deine glut
soll entweder dich oder meine feinde aufzehren. 3, 314 ; die-
ser entfernte sich mit seiner aufgespannten enisthafligkcit.
741
AUFSPANNUNG — AUFSPERREN
AUFSPIEGELN — AUFSPREIZEN
742
TiECK pov. kr. 4, 70; in aller aufgespannten leidenschaft wird
der mensch in ein unerklärliches, aber meist schreckliches
wunder verwandelt. C^vennen 1, 26.
AUFSPAiN.NlJNG, f.: bald .verwies er sich, dasz er durch
aufspannung und drang des augenblicks ein solches verspre-
chen gethan hatte. Göthe 19, 70; dasz in meinem glück und
Unglück, in dieser aufspannung, in welcher mir alle gedan-
ken entgehen, es aller kräfte und anslrengung bedarf. Tieck
ges. nov. 3, 193.
AUFSPAKEN, reeondere, asservare, aufheben, zurücklegen:
1) von Sachen, geld, capital, getraide aufsparen:
nir feldmaus kam einmal die siadtmaus in den wald,
in ihren dürftigen, gehölten auTenthait,
hier lebte sie genau, um Vorrat aufzusparen.
Hageook.'« 1, 23;
die mutter zog sich alles ab und sparte -für die kinder aut
ich spare mir dies vergnügen, diesen genusz noch auf.
2) von leuten: das Schicksal spart ihn noch zu groszem
auf; will uns bis zu einem noch kritischeren moment auf-
sparen. Gotter 3, 24; sparte mich das Verhängnis nur darum
auf? Klincer 4, 212 ; das verderben, für das sie aufgespart
wurden. Kam 6, 245.
ALTSPEICHERN , in horreo reponere, reeondere r kom,
fruchte aufspeichern; sämtlicher Jahreszeiten aufgespeicherte
schätze. Götz 2, 117.
ALTSPEISEN, consumere, nnl. opspijzen, behaglieh aufzeh-
ren, wie aufschmausen, nicht aber, wie Adelung meint, an-
ständiger als aufessen:
ich war indesz nicht weit gereist,
halte ein stücli salmen aufgespeist.
GöTUE 2, 2S2;
bei genauer betrachtung scheint es, als wenn jeder schal-
punkt sich eile, die nächsten aufzuzehren, sich auf ihre ko-
sten zu vergröszern, und zwar in dem augenblicke, ehe sie
zum werden gelangen, eine schon gewordene noch so kleine
schale kann von einem herankommenden nachbar nicht auf-
gespeist werden, alles gewordene setzt sich mit einander ins
gleichgewicht. 55, 329.
ALTSPEHREN, pandere, disiendere, zumal von mund, äugen,
nase, uhreii: sie haben iren mund aufgesperret wider mich.
Jliob 16, 10; sie warteten auf mich wie auf den regen und
sperreten iren mund auf als nach dem abendregen. 29, 22;
alle die mich sehen, spotten mein, sperren das maul auf
und schütteln den köpf. ps. 22, 8; iren rächen sperren sie
auf wider mich, wie ein brüllender und reiszender lewe.
22, 14; und sperren ir maul weit auf wider mich und spre-
chen da da. 35, 21 ; daher hat die belle die seele weit auf-
gesperret und den rächen aufgethan on alle masze. Es. 5, 14 ;
und meine band hat funden die Völker wie ein Vogelnest,
das ich habe alle land zusammen geraft, wie man eier auf-
raft, die verlassen sind, da niemand eine fedder regt, oder
den Schnabel aufsperret oder zischet. 10, 14 ; über wen wolt
ir nu das maul aufsperren und die zunge heraus recken?
57, 4 ; alle deine feinde sperren ir maul auf wider dich.
klagl. Jer. 2," 16. 3, 46 ; welcher seine seele aufsperret wie die
helle. Hab. 3, 5; wenn du bei eines reichen mannes tische
sitzest, so sperre deinen rächen nicht auf und denke nicht,
hie ist- vil zu fressen. Sir. 31, 12; o das were ein tredich
dinge, das giciszet und kan äugen aufsperren und sich rüh-
men lassen über alle lügend. Lither 5, 153*; das mans umb
rhums willen thut und den leuten mit solchen sonderlichen
geberden die äugen aufsperret. 5, 406'; so hat der grawe
rock und barfüszer kappe den preis, das wer darin begra-
ben wird, der müsse gen himel faren, es sei gott lieb oder
leid, denn solchs kan das maul aufsperren, das es leucht
und gleiszet 6, 76';
also schickt er mir nicht den gau),
und heit mir aufge.spert das maul,
dasz ich nun erst köm nach mittag.
WoLFH. SrA:<CE.<«BiBG fangbrlefe LT;
den bauren die mäuler aufsperren machen. Garg. 19'; schu-
weit die gurgel aufsperren. 229'; die kehle als ejoen schlauch
aufsperren. Philaüder 1, 15;
gleichwie ein Idw mit UDgestOm
begirig den raub zu zerstörren
die klawen pfleget aufzuspörren.
WEciHEaii!« 57 ;
Riza klagt den buhler an, dasz er wil kein nemer «ein,
tagt, er sperr ihr auf das maul, geb ihr aber wenig drein.
LocAU 2, 7, 8;
da musle unsere compagnie maul und nase aatsperren, dasz
sie alles recht betrachten und einnehmen könten. Weise erzn.
319; sperreten sie, der tebelbohlmer, alle maul und nasen
drüber auf. Schelmufsky 1, 101; so sperreten sie, der tebel-
bohlmer, allemal die mäuler auf und sahen mich an und lach-
ten. 2, 2 ;
und da& herz ist unersättlich,
es sperrt die äugen ganz gewaltig auf. Göthk 11, 137;
sperrt maul und äugen auf, der matz. 13,71;
sperrt die obren a^I sperrt die äugen aufl 14, 265; in einem
fort den Schnabel aufsperren zum gelächter. J. Paul Hesp. 1,
76. meistens ist aufsperren des eignen mauls gemeint, einige-
mal, ifi'e der Zusammenhang lehrt [bei Spangenberg und Lo
GAC) das eines fremden, dem man vergebliche hofnung machen,
den man hinhalten icill.
Veraltet ist sich aufsperren für sich aufblasen: der frosch
bläet und sperret sich noch mer auf. Keisersb. siben Schwerte,
auszcrdem sagt man, die thür, das thor, das fenster aufsper-
ren, a«c/i mit dem sinn des gewaltsamen öfnens: ein schlosz
mit dem haken aufsperren, überhaupt aufsperren, aufschlie-
szen : er brauchte einen hauptschlüssel, um den geldkasten
aufzusperren. J. Paul lit. nachl. 4, 79.
AUFSPIEGELN, vorspiegeln? was ist ewer kunst anders
gewesen biszher, dann auf ewern faulen grund, damit ihr
ewer weib und kind aufspiegelten? Paracelscs 1, 201*.
AUFSPIELEN, fidibus canere, nnl. opspelen, ein stück, ein
lied aufspielen; höre zu, ich will dir eins aufspielen; alwo
ich in dem hof eines aufspielete. Jucundiss.l62;
singt gott und stimmt die saiteo an,
spielt herlich auf!
AUFSPIESZEN, Iransßgere, mit speer, hom, gabel aufste-
chen : der hirsch geht auf den Jäger los, ihn aufzuspieszen ;
einen frosch aufspieszen.
AUFSPl.NDELN, gam auf die spindel winden, bei Stieler
2092 cuspidari.
AUFSPINNEN, linum conficere, nnl. opspinnen : aller flachs
ist aufgesponnen, auch sich die ßnger wund spinnen.
AUFSPITZEN, mucronem addere: ein bleistift, eine fedcr
aufspitzen, der hund spitzt auf, macht die ohren spitz, lauscht,
zweideutig bleibt der nusdruck in folgender stelle:
Helfrich. Jungfer Susännchen wird mich wo! zum schätze
annehmen, wann ich ihr was bessers als der junker gehe.
Susännchen. da spitze er sich nur auf. er gehe hin zu
seiner wirtin.
Helfrich. ich verstehe nicht, was ihr saget, jüngferchen.
ped. schulfuchs 147. es kann meinen, darauf spitze er sich,
mache sich hofnung, von sich spitzen auf etwas, oder er
spitze sich auf, mache sich spitz.
AüFSPLEISZE.N, findere, aufspalten, nnl. opsplijten:
kläwlein, gar sittlich aufgesplissen. Speb tntltn. 194.
AUFSPLITTEUN, in spittem auffliegen, auffahren, zersplit-
tern: er hieb so gewaltig auf den klotz, dasz p.s aufsplitterte,
dasz die splitlir flogen.
AUFSPRECHEN, schwankender bedeulung. die weit kan itzt
den segen aufsprechen. Lltheb 1, 501*, was heiszt das? ver-
sprechen, vituperare ? die arme dirne bekandte, sie were durch
gute wort der landsknechte aufgesprochen (beredet, gereizt)
und also ton inen verderbet worden und nu elendiglich ton
inen verlassen. Axdb. Hoppe^fod hurenteufel Eisl. 1565. 8. F7*;
die sie zu gehulfen mit aufsprachen (aufforderten, beredeten).
MiCRÄLiüS a. P. 1, 62 ; einen zum kriege aufsprechen, ad arma
impvllere. Stieler 2100; sie hatten neun barden aufgespro-
chen (aufgefordert) die freude zu besingen. Lohenst. Arm. 2,
1527. Adelu:<c hat auch: ein schlosz aufsprechen, es durch
abergläubische Sprüche öfnen.
AUFSPREISZEN, was aufspreizen.
mit lüg und listigs maul aufspreiszen. H. Sachs II. 4, IS*;
sich aufspreiszend. MtLissnsp«. HS'.
AUFSPREITEN, evohere, entfalten, nnl. opspreiden: ein
tuch aufspreiten, aufdecken.
AUFSPREITIG, elalus, superbus, tielleieht aofspreiszig ?
si aufspreitig sich rumen meins ungefels. Mslissds Q&'.
AUFSPREIZEN, turgidum facere: ein geschlachtetes kalb
aufspreizen, mit einem querholz ausdehnen; die thfir, das
maul aafspreizen, aufreisten, aufsperren; die federn aulsprei-
47*
743
AUFSPRENGEN— AUFSPRITZEN
AUFSPRÖDEN — AUFSTAND
744
zen, emporsträuben, dio reise, die reden des vaters hatten an un-
serm vogel rock die fltigelfedern so aufgespreizet, dasz sie im
eqghäusigen Blumenbülil sich nur verstauchen konnten. J. Paul
Tit. i, 11. sich auk^relzen, intumescere, superbire : laszt nie das
glück eines aufgespreizten Schwächlings euch hinreiszen.\Di/ano-
5o»'el,5q ; spottende entwafnung des aufgespreizten stolzes. 1,116.
AUFSPRENGEN, excitare, aufspringen machen.»
1) weidmännisch, einen hirsch, hasen, vogel aufsprengen,
erschrecken, aufjagen.
2) bei den handwerkern, einen geseliea aufsprengen, zum
mitwandern verleiten.
3) aufreizen : denn a. 1093 sprengte man seinen ältesten söhn
Conradum wider ihn auf. Hahn 3, 86; ein fanatischer eifer
sprengt den verschlossenen westen wieder auf. Schiller 1032.
4) aufreiszen : ein schlosz aufsprengen ; mit einem starken
tritt sprengte er die thür auf; mit welcher anstrengung ein
durstiger arbeitet, den feuchten boden aufzusprengen, unter
dem er eine quelle wittert. Klinger 8, 102.
5) Wasser aufsprengen.
AUFSPRENZEN, was aufspreizen:
ich bin gewest bei allen lenzen,
und let mein prüst gar lioch aufsprenzen,
die sein als bert, sie mochten knacken.
fastn. sp. 250, 25.
AUFSPRIESZEN, pullulare, germinare, in die höhe sprie-
szen, nnl. opspruiten: unter den füszen der göttin sprossen
lilien und rosen auf;
0 seht auf den wiesen
die blümchen aufsprieszcn. Fr. Müller 2, 387;
nicht weniger sieht man die lebendig vorstehenden, voran-
tretenden, gebildeten meister . . . von den neu aufsprieszen-
den mit kraftvoller selbstschätzung und würdiger demut ver-
ehrt. GöTHE 33, 158 ; die Völker, . welche ja immer verjüngt
auf den gräbern ihrer Staaten aufsprieszen. J. Paul dämme-
ruvgen 9. s. aufsprossen.
AUFSPRINGEN, exsilire, in die höhe springen^ aufhüpfen,
nnl. opspringen.
1) sprang auf, konte gehen und stehen, apost. gesch. 3, 8 ;
und er sprang auf und wandelte. 14, 10; er springet für
freuden auf. Luthers, 68';
do tanzt ich mit meim pulen im meien,
do sprang ich auf, dasz ich mich siiesz.
fastn. sp. 520, 24 ;
cameraden, aufgesprungen, frisch auf, cameraden! Schiller
110 ; spring an mir auf, wurm ! 211 ; da ein kriegcr immer,
wenn er den abschied bekommt, zu einer höhern stufe auf-
springt. J. Paul nac/u/. 83; ein hase sprang auf.
2) einem aufspringen, assurgere alicui, einem zu ehre sich
erheben (s. aufstehen 4): sonst müst man einem jeglichen
aufspringen. Luthers tischr. 260*. mhd.
üf spranc der wirt vil schiere. Parz. 83, 7;
nlwan ein Kälogreant,
der spriinc engegen ir zehant,
er neic ir unde enpfienc si. Iw. 106.
8) eine quelle sprang auf; das wasser springt auf;
wenn dein bejahrter wein
springt in der schalen auf und einer spielet drein,
Fleming 58;
blnmen springen auf; springauf name der maiblume; Isal-
den pferd trat in einen tiefen hufschlag, da wasser innen
war, also dasz ihr das wasser unter dem hemde aufsprang
bis zu dem knie. Tristan cap. 39.
4) die thür, das schlosz, die feder springt auf; wenn beide
federn aufspringen. Kant 8, 58; spring auf geistcrpforte!
J. Paul Tit. 2, 112; die haut, die erde springt auf; die pul-
vemiüle ist aufgesprungen, aufgeflogen; man möchte auf-
springen {bersten) vor lachen.
5) sein iicrz vor freud aufspringen thät. Spreng //. 138';
jetzo sprang dem beiden der trost wie eine quelle auf.
J. Paul llesp. 1, 154; aufspringende Vermutungen.
AUFSPRINGEN, n. der feder, des thurms.
AUFSPRINGUNG, f der feder. Kant 8, 58. 71.
AUFSPRITZEN, in altum spargere et spargi:
timb einen hera; sah man droimal drei «chwesiern sitzen,
von eines pferdes fusz ein waoscniuell aul'spritzen.
Wkckhkblin 724;
ein geschwür aufspritzen; der walfiscb spritzt wasser auf.
vgl. aufstritzen.
AUFSPRÖDEN, außrockncn, den hanf in spitze kegelförmige
trockenhaufen zusammen setzen.
AUFSPROSSEN, germinare: mein herz öfnete sich gegen
dich wie eine rose, die eben aufsproszt. pers. rosenth. 5, 16;
gesonderte pfade gehen zum hohen ziel,
zu der glückseligkeit;
einige krümmen sich durch einöden,
docli selbst an diesen sproszt es von freuden auf.
Klopstock 2, 104;
habt ihr die blumen gesehn, die vor ihm, — ach eden des
himmels,
dich erblickt ich! — vor ihm aufsproszten. Mess. 16, 666.
verhält sich zu aufsprieszen wie aufschössen zu aufschieszen.
AUFSPRÖSZLING, m. surculus.
AUFSPRUDELN, scalurire, ebuUire: aufsprudelnde quelle;
das wasser sott bis- es hoch aufsprudelte.
AUFSPRÜHEN, in altum scintillare.
AUFSPRUNG, m. exsuUatio, insuUatio, auch rima, ßssura.
die aufsprünge sind kaum zählbar, in die ein armer liebha-
ber zu setzen ist. J. Paul acstli. 3, 147. bei Maaler 37' auf-
sprang des hengsts auf die Stute.
AUFSPRÜTZEN, s. aufspritzen.
AUFSPULEN, garn auf die spule laufen lassen : gam, wolle
aufspulen.
AUFSPÜLEN, eluerevasa: schusseln und teuer aufspülen;
das wasser spült sand auf.
AUFSPÜLER, m. homo vilis, aschengrüdel : sonst ist er nur
ein sudelkoch und suppenwust und ein aufspulen Paracel-
sus 1, 22l'.
AUFSPÜNDEN, relinere dolium: denn mein schreiben wird
wenig newes bringen, on das ich im gedenk die nasen auf-
zuspünden, die er so fest zugespundet hat, und nicht rie-
chen wil, wie er stinkt, auf das ers riechen müsse. Lutuh«
6, 358'. br. 5, 35; das fasz aufspünden. MusÄus 4, 173.
AUFSPÜREN, investigare, aufsuchen, nnl. opspeuren, op-
sporen: die hunde spüren das wild auf; es gelang mir noch
eine verloren geglaubte handschrift aufzuspüren.
AUFSTACHELN, stimulo elevare,
1) .'opinis aculeisve affigere: der igel wälzt sich über die
äpfel und stachelt sie auf.
2) slimulare, irritare: den ruhenden ochsen aufstacheln;
einen zur räche aufstacheln, s. aufsticheln.
AUFSTAFFIEREN, instruere, aptare: einen aufstaffieren,
mit kleidern ausstatten; einen hut aufstaffieren.
AUFSTALLEN, stabulare: pferde aufstallen; vieh zur mast
aufstallen.
AUFSTAMMELN, halbulire:
0 erhör du mein entzuckt flehn von dem grablhal her!
von der nacht stammelts auf zu des chors'halleluja.
Klopstock Mess. 20, 621 ;
vor seinen knien stammelt nimmermehr
bei froher rückkehr aus der sauern schlacht
sein knäbchen vater, vater.' zu ihm auf. JJOrger.
AUFSTÄMMEN, s. aufstemmen.
AUFSTAMPFEN, pedibus calcarc, auf die erde stampfen,
1) intransitiv, die pferde stampfen auf; er stampft auf vor
zorn.
2) transitiv, calcando fadere: die pferde haben den boden
aufgestampft.
AUFSTAND, m. actus surgendi, surrectio, nnl. opstand.
wenn ein einzelner sich aus rfen» bell oder vom stul erhebt,
so heiszt rfa* aufstehen; erheben sich aber mehrere zusammen,
sei es um einen in die gescllschaß eintretenden zu ehren
{s. aufspringen 2), orfer utn wegzugehn, ein aufsUmd. ich bitte
meinetwegen keinen aufstand zu machen ! redet Richard die
sich erhebende gcsellschaft an. ped. schutfuchs 145; die ge-
wöhnliche formet lautet: bleibt sitzen!, bitte platz zu behal-
ten, es erfolgte ein allgemeiner aufstand, alle begaben sich
weg. Aber auch bei andcrm anlasz: die anstalten sollen mit
vorsieht getroffen werden, dasz kein aufstand erfolgt (rfoxx
sich keiner rühre). Schiller 196*. Fleming sagt von Christus:
0 alles ("iborail. o mehr als alles alles,
vor allem allzeit da, ein ntirsland alles fallos! 35;
früherhin galt auch aufstand von auferstehung der todten, re~
surrectio {z. b. Hätzlerin II. 65, 91), wofür man sich heule
technisch des letztem ausdrucks bedient, dagegm verwenden
wir allgemein aufstand für aufruhr, empörung, erhebiing, se-
ditio, so jedoch, dast aufstand, auflauf und aufruhr mehr
745
AUFSTÄNDIG — AUFSTECHEN
AUFSTEGHER — AUFSTEHEN
746
den beginn und ausbrueh, empörung, erhebung das Umsich-
greifen der Unruhen bezeichnen.
AL'FSTÄiSDIG, insurgens: die aufslündigen, die iniurjen/en;
unter dem vorwande einer kleinen Unternehmung gegen auf-
ständige versammelte er 3000 mann. Stolbebg 9, 97. ganz
andern sinn verbindet damit folgende stelle: das gebäu des
bmuhauses anlangend lasset sich solches nicht also vorstel-
len, dasz es einem jedem ort aufständig sein (an jedem platz
stehn) könnte. Hohberg 3, 54'.
AUFSTÄNDISCH, was aufständig: die aufständischen, In-
surgenten.
■ ALFSTANDSKRIEG, m. : eine epische Schilderung der auf-
standäkriege Serbiens. Götbe 46, 334.
AI FST.\NGELN, ad palum alligare, anstängeln: der hopfe
stüngelt sich auf; mit diesem gedulde er sich, bisz ich den
abgott der Vernunft werde aufstängeln, denn da soll er hö-
ren, dasz ihm die obren gellen werden, ob ich ein abgötte-
rer, oder er ein thor und golteslästerer ist. Joh. Scheffers
kehrwisch. Neisz 1664. 4. s. 31 ; jedes Stückchen holz ist ein
lackierter blumenstab, an welchen die fantasie hundertblätl-
rige rosen aufstängeln kann. J. Padl Levana 1, 181.
AL'FSTÄNKERN, investigare, aufscimüffeln, auswittern: wo
hast du das aufgestänkert?
AUFSTAPELN, ein wort der kaufleute, nnl. opstapelen:
waaren aufstapeln;
Torüber leichte schiffe ziehn, um hier und dort
kaufmännisch aulzusiapeln, was
an poraeranzen senden mag Sicilien,
an fremden weinen Genua. I'late."? 123*.
AÜFSTAIIREN, oculos arrigere, oculis rigidis intueri:
anfs'.arrender pfaffen chortanz. Voss3, 23S;
leise mit kus und gelispel erweck ich sie, und wenn sie aufslarrt,
'schmiicke dicti', spott ich, 'mein kind.' Luise 1, 235;
seine äugen starrten auf gen himmei. Klingeb 4, 242. ;. star-
ren und aufstieren.
AUFSTÄUBE.X, wie bei Plautus pulverare, intransitiv:
die weite laufbahn stäubte, wie wölken, auf.
Klopstock 1, 102;
es stäubt gewaltig auf, pulvis cielur, excitalur. richtiger wäre
aufstieben (was man sehe).
AL'FSTÄLBERN, s. aufsteubern, aufstöbern.
AUFSTAUCHEN, obstruere, den wasserstrom aufliallen, zu-
rückdrängen, dasz es anschwillt, bei den schmieden, eisen
aufstauchen, kürzer und dicker schmieden, dann auch auf-
stoszen : den fusz aufstauchen, verstauchen.
AUFSTAUEN, dasselbe: dasz das aufgestaute wasser zu
flieszen aufliört. Tieck ges. nov. 2, 253.
AUFSTECHEN, pungendo aperire, excitare.
1) ein geschwür, eine blatter aufstechen; der wundarzt hat
ihm den schwären aufgestochen; heiT marschall, ich habe
nach euch geschickt, euch den schwär aufzustechen. Schwei-
MCHEN 2. 322 ; nieinstu nicht, sie werden ihine den eisz (ulcus)
aufstechen. Avrer proc. 2, 6; stach säuren (milben in der haut)
auf. Garg. 160'; jedoch was sagt ihr von müsziggchn? min-
der als der seircn (besser seuren) aufsticht. 21ü'. vgl. seure,
ahd. siuro.
2) ein gespanntes tuch, papier aufstechen, durchstechen;
eine nusz, auster aufstechen.
3) einen apfel, ein stück fleisch mit der gabel aufstechen,
aufnehmen; ein gebund heu aufstechen, aufgabeln.
4) weidmänniscit, einen hasen aufstechen, auftreiben, auf-
schrecken.
5) die erde, das land aufstechen, lockern, aufgeschüttetes
kern, malz aufstechen, umschaufeln.
6) eine abgenutzte kupferplatte wieder aufsiechen.
1) abttract, in verschiednem, nicht immer deutlichem sinn.
es einem aufstechen, den schwüren aufstechen, einen» rf<dl;-
sirhlhs die Wahrheit sagen, den fehler, irrthum entdecken oder
verweisen; ich will gerne alls thun, alles leiden, das ich nur
nit weiter aufzustechen (das übel zu offenbaren) verursacht
werde. Luthers br. 1, 20S; wiewol der böse geist ein anders
drin angesehen hat, daran im mehr gelegen, denn an des
bapsts geitz, er liet es sonst iengsl aufgestochen (aufgerührt).
LUTBER 1, 507';
gedenk erloschuen streit nicbi wieder aufzustechen.
OUTZ 1,306;
eine kleine Unwissenheit will ich ihm nur aufstechen, die
denn am ende doch nicht so gar klein isL Tieck ges. nov.
2, 247; so soll er vor einer menge von kennem, wissenden
und aufstechenden sich über die natürlichkeit controlieren las-
sen. GöTHE 39, 237. Stieler 2154 hat auch die bedeutungen
adulando nocere, promissis fallere, perfide prodere, wofür bei-
spiele mangeln.
AUFSTECHER, m. der alles anzeigt, meldet, hinterbringt.
AUFSTECKEN, affigere, praefigere, anstecken, vorstecken.
1) das haupt des getüdteten aufstecken: sein haupt wurde
zu ewigem schimpf, schänden und spott aufgesteckt. Schcp-
piüs 562; sein (Herders) gepudertes haar war in eine runde
locke aufgesteckt. Göthe 25, 297 ; derjenige theil ihrer haare,
der noch aufgesteckt ist, mildert durch weibliche Zierlichkeit
ihr sprödes ansehen, dagegen der herabhängende das mäun-
lichwilde vermehrt. 39, 24 ; blumen am haar, schleifen am
arm aufgesteckt; hanenfedem, die darnach beiderseits haus-
herm einander zu leid aufsteckten. Garg. 194'.
2) einen hut an der Stange aufstecken; ein kreuz am
kirchthurm, eine fahne am dach aufstecken, ein licht, einen
kränz aufstecken, eine rute am spicgel aufstecken, ein kleid
mit nadeln, vorhänge am fenster aufgesteckt; den pferden
heu aufstecken, auf die raufe;
Priapus hat das zeit mit grünem aufgesteckt.
Flemimg 615.
3) feuer aufstecken, wte anstecken: ein liecht aufstecken,
anzünden, seh. und ernst 129 ;
Prometheus hat uns wol ein klares liecht gegeben,
ein feuer aufiresteckt, dem rechten nacbzustreben.
Opitz 1,54.
4) ein ziel aufstecken: dasz diejenigen, welche frömmig-
keit als zweck und ziel aufstecken, meistens heuchler wer-
den. Göthe 22, 236 ; heute dank ich deiner heiligen asche,
dasz du mir ein ziel der ruhe und gniigsarakeit aufgestcikl
hast. Klingers th. 2, 139 ; er bleibt weit hinter dem aufge-
steckten ziel.
5) aufstecken, einhallen, feierabend machen: es ist schon
spät, da wollen wir aufstecken ; noch eine nadel, dann kannst
du aufstecken sagt die matter zur strickenden tochter. stu-
dentisch, ein colleg aufstecken, aufgeben, an nagel hängen;
und allgemein, das werd ich wol aufstecken müssen.
6) nichts aufstecken, nichts erreichen; er hat den handel
mit der und der waare aufgegeben, weil er findet, dasz er
nichts dabei aufstecke, kaum vom aufstecken des kranzes
am ziel und am gtpfel entnommen, sondern von dem des lohns
oder Verdienstes bei der arbeit.
AUFSTECKKLEID, n. langes kleid, das aufgesteckt werden
musz.
AUFSTECKN.\DEL, f.
AUFSTEHEN, surgere, stare, nnl. opstaan, sich erheben.
1) aufstehen von, aus dem bett, lager: so stehet ir mor-
gens früeauf und ziehet ewr strasze. l .Vo*. 19, 2; da stund
Abimelech des morgens früe auf und rief allen seinen knech-
ten. 20,8; und stund auf in der nacht und zoch an den
fürt. 32, 22. das wild steht auf vom lager, erhebt sich, episch
verbunden mit essen: stehe auf, setze dich und isz von mei-
nem wildbret. 1 Mos. 27, 19; stehe auf mein vater und isz
von dem wildbret deines sons. 27, 31 ; legt sich und schlief
unter der Wacholdern, und sihe, der cngel rüret in und
sprach zu im, stehe auf und isz. 1 kün. 19, 5. 7; und er
stund auf und asz und trank. 19, 8. so wird auch einem
baren zugerufen: stehe auf und frisz viel fleisch. Dan. 7, 5
und dem entzückten Petrus: stehe auf, schlachte und isz.
apost. gesch. 10, 13. gleich häufig folgt dem aufstehn ein gehn,
wandeln, ziehen nach, als die eigentliche durch das aufstehn
bedingte handlnng : des morgens aber stund Laban früe auf,
küsset seine kinder und zoch hin. 1 ^fos. 31,55; sprach der
herr zS im, stand auf und gang in die statt. Fra."«« «ellb. 149* ;
wenn der pfaf aufstehet und gebet zur metten
und der edle birscb gen boli gehet und thut ihm selber betten.
weidtpr. 8.
ich steh aber erst auf, dcrhalben ein guten morgen. Garg. 56';
frii aufstehen ist nicht gut,
frä trinken noch das best thul. 160^.
man sagt aber einem sich verspätenden, des erfolgs verlustigen :
da hättest du früher aufstehen müssen.
2) aufstehen vom boden, von der erde, vom stui, von der
bank : da stunden die niänner auf von danncn und_ wandten
sich. ItfoJ. 18, 16; stehe auf, nim den knaben. 21,' 18 ; und
stunden auf und neigten sich. 2 Mos. 33, 10 ; da stund er auf
747
AUFSTEHEN
AUFSTEHEN — AUFSTEI GEN
748
von seinem stuel. rieht. 3, 20 ; da stund David auf von der
erden und wusch sich. 2 Sam. 12, 20 ; weiber, die zum evan-
geli {in der kirche) aufstunden. Garg. 15l'. mit diesem auf-
stehn verknüpft sich wiederum episch das sprechen, weil der
redende, um gehör zu erlangen, vorher sich erhebt: da stund
Paulus auf und winket mit der hand und sprach, apost.
gcsch. 13, 16; da man sich aber lang gezanket hatte, stund
Petrus auf und sprach zu inen. 15, 7; und etliche stunden
auf und sprachen. Marc. 14, 57.
3) aufstehen vom mahl, vom tische : und er asz und trank
und stund auf und gieng davon. 1 Mos. 25, 34; stund er vom
abendmahl auf. Joh. 13, 4 ; und der könig stund auf vom
mahl und vom wein. Esther 1,1; die entsetzliche mahlzeit,
woran diese gepriesenen glücklichen schwelgen, von der sie
betrunken aufstehen. Schiller 187'; sie sind noch nicht von
tische aufgestanden;
aufstund der könig und sehi adel,
ein (i. eim) rittorspil zusclien wohen.
H. Sachs f, 42ü'.
4) entgegen einem aufstehen, sich ihm zu ehren erheben,
assurgen; (s. aufspringen 2) : und da er die engel sähe, stund
er auf inen entgegen und bücket sich mit seinem angesicht
auf die erden. 1 Mos. 19, l ; für eim grawen heubt soltu auf-
stehen. 3 Mos. 19, 32. auch mit dem daliv :
für Zeiten stunden junge den alten höflich auf,
jetzt heiszts, junger sitze, und alter greiner lauf!
L0GAU2, 7,22;
dem neuen, der hereintrat, wenn er würdig genug war, stan-
den sie auf und neigten ihm einen willkommen. Göthe 17,
224 ; bis endlich die freunde kämen, denen du aufstündest, das.
5) aufstehen vom tode, wie vom schlafe, resurgere, aufer-
stehen: weichet, denn das mägdlein ist nicht tod, sondern
schläft, und sie verlachten in. als aber das volk ausgetrie-
ben war, gieng er hinein und ergreif sie bei der hand, da
stund das mägdlein auf {goth. urrais so mavi, ahd. arstuont
dag magatin). Matth. 9,25; die todten stehen auf. 11,5; die
gräber thäten sich auf und stunden auf viel leibe der heili-
gen, die da schliefen. 27, 52; mägdlein ich sage dir, stehe
auf (goth. mavilö urreis). Marc. 5, 41; so werden sie auch
nicht gleuben, objeman von den todten aufstünde. Luc. 16, 31;
aufzustchn zu jenem lehen,
wirst du, gott mein gott, mir geben. Klopstock7, 199;
staub du ruhest, steh auf in das leben! Mess. 11, 903;
ach, dasz ich ihn nur seh, wenn er aufstellt. 13, 494.
6) aufstehn von der krankheit, aus der ohnmacht, sich er-
heben: da nun der hirsch von seiner krankheit wieder auf-
stund. Lohmans fab. 3; er ist schon aufgestanden, genesen.
7) aufstehn, oriri, surgere, exislcre, aufkommen, entstehn, ent-
springen : aber das sind fehrliche Sachen, wo irrunge, zwntracht
und secten unter den Christen aufstehen. Luther 3, 103'. br.
2, 575; aufstehen, sich erheben, empören, insurg'ere, einen
aufstand machen; wie oft einem ein glück aufstehet. Agricola
spr. 111"; da frawcn nemmen meister zu machen aufstund,
da käme die arznei in das eilend. Paracelsüs c/uV. sc/ir. 5. 1;
da sind sie nach der hand auf ein andere art aufgestanden
(hervorgekommen). Fischart ftj'enenfc. 236'; man vernimmt teg-
lich, wie umb ein jedes kloster bald ein statt aufstehet, dann
der has ist gern, da er geheckt wird. Garg. 260';
die häuser stehen auf, die mawren seind beschlossen.
Weckherlin 253;
wann aber ein solcher practicant aufstehet und ein groszes
Unglück auf einen gewissen lag verkündiget. Schüppius 614;
dasz nit alle jähr Aristoteles aufstehen, das kompt daher,
weil keine Alexandri magni leben. 795; weil mir eine gele-
genheit in Italien zu reisen aufgestanden, maula/fe 109 ; so-
bald diese einen gesang zu spielen anheng, so stunden die
begierden auf. Wieland 34, 33; indem nun das deutsche
theater sich völlig zur ven^'eichlichung hinneigte, stand Schrö-
der als schriftsteiler und Schauspieler auf. Göthe 26, 194 ;
und gedächte jeder wie ich, so stünde die macht auf
gegen die macht, und wir erfreuten uns alle des friedens.
40, 337 ;
wie, wenn nun ein neuer Luther aufstünde? Lichtenberg 1, 48;
er glich langsam aufsteigenden gebirgen, die stets mehr aus-
beute abwerfen als schnell aufstehende {sich erhebende). J. Paul
Tit. I, 163; in der schwülen stille stand gegen vier uhr ein
fächelnder abendwind auf {erhob sich). Hesp. 4, 47 ; im düslcrn
haine stand ein wilder fcls auf. Tit. 2, 67; und es ist der
verwegene gedanke in mir aufgestanden. GOtue an Schiller 280.
8) weidmännisch, die vögel stehn vor dem hunde auf, er-
heben sich, fliegen auf. die fische stehn auf, tauchen unter
dem eis hervor an die lufllöcher. bergmännisch, der Schwa-
den steht auf, steigt in die höhe.
9) aufstehen, offenstehen: die thür steht auf; das fenster
stand die ganze nacht auf; als ich hörte, einem sei durch
Zufall das maul aufstehn geblieben. Tieck 3, 19. während
alle unter 1 — 8 verzeichneten aufstehen mit sein, bildet dieses
das praet. mit haben : das thor hat aufgestanden.
10) aufstehen, feststehen: das schif sieht auf; der wagen
steht auf, hält still; das eine tischbein steht nicht auf; ich
stehe fest mit dem fusz auf. die Frankf. ref. IL. 24, 10 ver-i
bindet fallieren und aufstehen von einem kaufmann der seine
Zahlungen einstellt, heiszt dies festsitzen ?
11) aufstehen vom wein gebraucht bedeutet trüb oder schal,
anzick werden, einen stich bekommen, was sonst abstehen, ab-
ständig heiszt. so sie mit einem wein umbgehn, derselbig
bald aufstehet und seiger wird. Paräcelsus 1, 883'.
12) ähnlich ist das aufstehen, stumpf werden der zahne,
nach genossener herber und saurer speise, was sonst ilgern,
eilen oder auch lang werden heiszt.
AUFSTEHEN, n. nach verschiednen bedeutungen des vor-
ausgehenden verbums : das frühe oder späte aufstehn ; das
aufstehn vom stuhl, vom tische; das aufstehen {sich erheben)
des zur erde gedrückten wilds; da die gemeine zu Rom ein
aufstehen machet, beredt ein kluger mann die aufgewigelten,
dasz sie wider einzogen. Schüppius 831; gröszere freiheit be-
günstigt das aufstehen aller ideen ; das aufstehen des wei-
nes, wenn ei; nachdem er hell war, wieder in gährung kommt;
das aufstehen der wolle an den thieren im frühjahr.
AUFSTEIFEN, rigere facere, nnl. opstijven:
die aufgesteifle stirn wird billich ausgelacht
Gryphius 2, 313;
der erbe weisz den runden hut
nicht recht geinäclilich anzugreifen,
er sinnt und wagt es kurz und gut,
er wagts zwo krempen aufzusteifen.
Gellert 1, 44;
der schuh ist niedrig stumpf mit aufgesteifier lasche.
Zacuariä 1, 23;
eine kröne von federspulen, welche nach art der Amerika-
ner in einer rundung aufgesteift waren. Rarener 2, 109 ; wie
werden diese Puritaner und jene aufgesteiften tugendhaften
dein andenken lästern. Tieck nov. 6, 215 ; der minister steifte
mit alten galanterien den erotischen sklaven (rf. h. sich) auf.
J. Paul Tit. 3, 105; ein eingepfarrter kleiner köpf um den
andern schlich mit einem kranzknauf und überhaupt mit
güldflittern gestickt und aufgesteift an ihm vorüber. Hesp, 3, 204.
AUFSTEIGEN, ascendere, sich in die höhe erheben, nnl.
opstijgen.
1) mit den füszen aufsteigen: und sihe eine leiter stund
auf erden, die rüret mit der spitzen an den himel, und
sihe die engel gottes stiegen dran auf und nider. 1 Afos. 28,
12; sähe er ander siben küe aus dem wasser aufsteigen.
2 Mos. 41, 3; die siben magere küe, die nach jenen aufge-
stigen sind. 41, 27 ; und sähe einen andern engel aufsteigen
von der sonnen aufgang. offenb. Joh. 7, 2; das tbier, das aus
dem abgrund aufsteiget. 11, 7. man sagt auch aus dem bette,
vom tische aufsteigen, oder beidemal blosz aufsteigen für auf-
stehen : heute habe ich dir schon lange für deine liebe und
treue gedankt, ich stieg eine stunde früher auf als gewöhn-
lich. Göthe an fr. von Stein 2, 261 ; darauf stiegen wir ver-
dricszlich vom tische auf. 34,227. aufsteigen, auf pferd, schif
und wagen.
2) angewandt auf sinnliche gegenstände, die man sich er-
heben sieht: die sonne stieg prachtvoll am himmel auf; der
luftballon ist aufgestiegen; das gebirge steigt vor uns auf;
sanft aufsteigende, von huschen und bäumen überschaltete
hügel. Göthe 31, 228; der boden ist aufsteigend, erhebt sich;
die landschaft stieg bald rüstig auf und ab. J. Paul flegelj.
1, 53 ; das meer stieg lebendig auf. 1, 73 ; wir sahen die
wellen höber aufsteigen; stolze eichen stiegen auf; wenn sie
unter cypressen gelagert den lorbeer aufsteigen und fruchte
zugleich aus dem dunkeln laube hervorglüliend erblickten.
Göthe 22,128; eine hohe flamme steigt auf; dichte rauch-
seulen sind aufgestiegen; ein gewitter steigt auf am himineL
3) angewandt auf innere oder abgezogene zustände: das hert
stieg mir auf, schwoll; bei inen stieg auf diser wohn. Spreng
IL 118'; der gedanke ist in mir aufgestiegen; wann solche
I
749
AUFSTEIGEN— AÜFSTERBEN
AUFSTEUBEN — AUFSTIMMEN
750
gedanken treuen lelirern auch aufsteigen. Schcppics 681;
stieg keiner jungen dirne der einfail auf, gefall ich auch?
WiELAJiD ; faszt mein geist die worte, aus denen ein so schwar-
zer, fürchterlicher sinn aufsteigt? Klincer 5, 363 ; seinen auf-
steigenden stolz durch eine heilsame rückerinnerung nieder-
zuschlagen. Schiller 714 ; der schmerz stieg höher auf bis
zum herzen ; diese speise steigt mir noch im magen auf (slöszt
auf); wann die mutler aufsteiget. Ettners hebamme 69; der
rauch irer quäl wird aufsteigen von ewigkeit zu ewigkeit.
offenb. loh. 14, 11 ; mit wachsendem alter und immer aufstei-
gender ehr. ScHCHpics 7S6; wenn die wellen der lachgier in
eurem herzen aufsteigen, so wolt ihr alles überschwemmen.
2S3 ; hier steigen so viele Schwierigkeiten auf. Klinger 9, li9 ;
erschienen die wahjbotschafter nach aufsteigender linie. Gothe
24, 304 ; erbfolge in aufsteigender linie.
4) wo ein acc. dabei ausgedrückt wird, gewinnt aufsteigen
die transitivbedeulung von besteigen :
Husa, Venus, Charis schauet,
wie Amoena siafTeln bauet,
aufzusteigen euien thron. Locau 1, 1, 3;
wer vermag wol einen ber^
ohne Schwachheit aufzusteigen? GC.mther;
den thurm aufsteigen, ascendere turrim. doch ist die fügung
unüblich und wol dem latein nachgeahmt, bei diesem transitiven
aufsteigen fordert auch das praet. haben statt sein, obwol die
ältere spräche jenes zuweilen mit dem intransitiven verknüpfte,
in der Limburger chronik §. 76 heiszt es z. b. auch hatte es
sich also verwandelt mit dem pfeifenspil und hatten aufge-
stiegen in der musica {waren höher aufgestiegen).
AUFSTEIGEN, n. ascensus: darumb ist gesang, reden,
pfeifen, wenn das herzlich aufsteigen nicht da ist, gleich ein
gebet, als die butzen in der menschen garten sind. Luther
1, 69"; war diese Volksfeierlichkeit von den jähren 1780 bis
etwa 1793 in ihrem aufsteigen und in der Vollkommenheit.
Tieck yes. nov. 2, 13 ; die ideen dienen zum aufsteigen in der
reihe der bedingungen bis zum unbedingten. Ka.nt 2, 305.
AUFSTEIGUiN'G, f. ascensio, ein technischer ausdruck in der
Sternkunde, gerade und schiefe aufsteigung.
AUFSTELLE.N, apponere, imponere, nnl. opstellen.
1) tische aufstellen; teller, schusseln, gläser aufstellen;
schränke, waaren, bücher, bilder aufstellen. Logac 2, 4, 7 sagt
auch brillen aufstellen statt aufsetzen.
2) netz, garn, sprenkel, falle aufstellen, oft mit dat. der
person. ein geiziger mönch, der hat sein herz aufgestellet,
die einraltigen zu fangen, pers. baumg. 7, 29.-
3) sich aufstellen ; ein heer zur Schlacht aufstellen ; Solda-
ten, zeugen aufstellen ; einen zum muster aufstellen ; die leule
zum hofstaat aufstellen. Klinger 2, 375; in reihen aufstellen.
4) einen satz, eine lehre, ein beispiel aufstellen; den be-
weis, die behauptung, die frage aufstellen ; eine rechnung auf-
stellen, auch blosz aufstellen, behaupten, annehmen, propo-
nere; aufgestelltermaszen, u/t propositum est.
5) aufstellen, attendere, einer suche nachstellen : Herder soll
doch aufstellen (acht haben), er sieht vielleicht in einem ka-
talogus dies interessante werk. Göthe 29, 292. gleichsam netze
aufstellen, meine frau gemahlin hatte schon lange aufgestel-
let {geachtet, dem nachgestellt), damit sie erfahren nlochte, wo
mehrgedachter cavalier seinen gewöhnlichen abtritt zu haben
pflegte. eÄe eines man« w 338.
AUFSTEMMEN, inniti, aufstützen:
'ist es ihre thüre» wärs die meine.'
sasz ich aufgestemmt in meinem bette.
GoTue 2, 103;
'die ursach ist leicht zu erdenken'
sprach ich mit aufgestemmten (so) arm.
I.Essinc t, 74;
er hielt »ich kaum
die starke band dem boden aulgesiemmt.
liÜ'RGKR 162*.
tausend schneidende, flehende zungen, röchlen der sterben-
den, gegrinz, gcwirr, gebad im blul, letztes aufstemmen zu
rächen, tobt über den gräbern. Klincers Ih. 4, 130.
AUFSTEMPELN, mit dem Stempel aufdrücken, aufprägen:
den namen aufstcmpeln.
AUFSTENGEL.N, s. aufstängeln.
AUFSTEPPEN, steppend aufnähen.
AUFSTEHBEN, morte obtingere, was ansterbcn : der kaufte
ein weib von Spunheini, der [cui) starb ein gut land auf, das
im hernach ward von seinem weib. Limb, chron. §. is2; das
zu der zeit des geistlichen rechts nicht den freunden hätte
können aufsterben ohn sonderlich testament. Lcthers br. 4,
403 ; es ist ihr viel aufgestorben. Mich. Neander syll. loe. 49.
AUFSTEUBEi^, concitare feras : das gwild aufstöuben. Maa-
LER 37*.
AÜFSTEUBERN, sagacius odoran, tnvestigare, aufjagen,
Weiterbildung des vorausgehenden : nu aber solche Jagdhunde,
ja teufel hinder uns sind, und uns aufsteubem, so müssen
wir wol munter werden. Lcther 5, 19S'. s. aufstöbern.
AUFSTEUEKN, in doppeltem sinn,
1) aufstützen, fulcire, nili, aufstemmen : den arm aufsteuem,
sich mit dem arm aufsteuern; das dritte bein ist dreieckicht
und einem Stegreif gleich, auf welchem sich die gröszte ecke
des ambosz aufsteuwert. Uffenbach rosbuch s. 19.
2) aufwärts steuern, segeln: eh er zum troischen landauf-
steuerte. Voss.
3) Stieler 2152 hat auch aufsteuem, pre/«o rerum intendere,
in die höhe treiben, wofür belege mangeln.
AUFSTICHELN, frequentatives aufstechen, mit kleinen und
wiederholten Stichen angehen: eines mannes fehler aufsticheln,
aufstechen; einen aufsticheln, aufregen, s. aufstacheln.
AUFSTICKEN, aufnähen: zierlich aufgestickte blumen.
AUFSTIEBEN, in sublime ferri. mAd. üfstieben, nn{. opstuiven :
dö sach er allenthalben
die moiien üf stieben. Rot. 119, 4.
nhd. ein windspraut mich entpor aufhub,
darmil ich in die luft aul'stub. H. Sachs I, 285';
verschwunden, lieszen laufen ir pferd,
das hinder den aufstob die erd. Teuerd. 101,28;
da sähe man erst manchen sper gen himmel aufslieben.
Galmy 146; es stob mächtig auf, wölken von staub bewegten
sich, weidmännisch, das kleine geflügel steubt auf, fliegt plötz-
lich empor, aus dieser dritten pers. des praes. steubt, mhd.
stiubet erklärt sich, wie der inf. ein eu stall ie annehmen und
sich dann mit dem transitiven aufstäuben (mhd. üfstouben)
mischen konnte, s. aufstäuben.
AUFSTIEFEN, aufwiegeln, aufregen? böse, lose leute, die
dir aus falschem herzen den giftigen angel mit honig bestrei-
chen, und dich allerlei unterweisen und aufstiefen werden.
Thcrneisser nothgedr. ausschr. s. 59; nun siht man was es
für ehrliche leut zu Basel hat, die einem mann sein weib
also aufstüefen. s. 70. Wechsel zwischen ie und üe erscheint
oft, z. b. ungestiem f ungestüem, doch in aufstiefen scheint
umgekehrt das ie besser, Stalder 2, 398 hat stiefeln, antreiben,
anspornen, das wart bedarf näherer aufklärung. vgL aufstiften.
AUFSTIEG, m. ascensus (über die Wortbildung s. stieg und
steig): sie durfte nur die eine felsenecke wegbrechen, so er-
langte sie eine schön geschwungene wendung zum aufstieg
und zugleich überflüssige steine. Göthe 17, 34 ; macht er sich
auf den weg, so ist jeder aufstieg die quäl des Sisj-phus, je-
der niederstieg der stürz Vulkans. 23, 266; jene gegend in
felsen und bäumen, auf- und abstiegen, stillen seen, beleb-
ten bächen. 29, 132; am fusze des aufstiegs. 31, 245; was
jetzt als Untersatz eines kleineren bergcs erscheint, musz ehe-
dem in einem aufstieg bis zum gipfel fortgegangen sein. 37,
210 ; der aufstieg ist steil, aber der weg gut. 43, 209 : endlich
gewinnt man einen aufstieg, gleichfalls durch ein kieferwäld-
chen. 51, 173. Thurneisser archid. 82 hat aufstig für ascensus
im astronomischen sinn.
AUFSTIEREN, was aufstarren, mit welchem es sich auch in
der Wurzel berührt (s. stier und starblind).
AUFSTIERE.N für aufstören: aber desto grüszer musz auch
alsdann die Vorsichtigkeit sein, um einen funken, durch all-
ziigrosze geschäftigkett ihn zu ersticken, nicht erst zu einer
flamme aufzuslieren. VVieland 6, 248.
AUFSTIFTEN, instigare, anstiften: was sie nicht mögen mit
der tliat begehn, Ibun sie doch solches mit aufstiften und
anreizen. Keisersberc braucht es aber für sühen : da die do-
sier erst aufgcstift wurden, hos im pf.
AUFSTIFTU.NG, f instigatio: die misvergnOgten Insulaner
durch geheime aufstiftungen übermütig und zu billigen bedin-
gungen abgeneigt machen. Wiela.-^d 2,107; durch ihre gehei-
men riinke und aufstiftungen. 6, 16.
AUFSTI.MMEN, altiut intendere ehordas, die saiten aafstim-
mcn, höher stimmen :
und Liglich stimmte das gemi'it sich schöner
lu immer reinem barmonien auf. GötbeS, 179;
die schlafenden kräfle im menschen aufstimmen. Kuncus Ik
3, 275.
751
AUFSTINKEN— AUFSTOSZEN
aufstosze;n — aufstrauben
752
AUFSTINKEN, in sublime spargi, vgl. scliw. stänka und auf-
duften: ihre sünde stinkt auf zum himmel; greuliche frevel,
die bis zum himmel hin aufstinken (oder hinauf stinken).
Schiller 122'.
AUFSTIPPEN, aufstipfen, digito tundere, quasi inßgendo.
Haltaus 68. s. aufstupfen.
AUFSTÖBERN, aufregen, aufsteubern : das wild aufstöbern,
ein seltnes buch aufstöbern; das ernste wort gemahl stöbert
alle zweifei in ihrem busen auf. VVieland 21, 273; jagte ihn
diesmal selbst voran, alles drüben in Pfülzel aufzustöbern.
Fr. MiJLLER 3, 9 ; ein glück für ihn, dasz die fürslin düs tolle
einschiebsei der uhr gar nicht aufgestöbert habe. .1. Paul ücsji.
3, 109 ; wo man lauter alte schaden aufstöbert. 3, 156.
AUFSTÖBERER, m. die aufstöberer von unterschieden und
neuen personen sind als au&'ührer zu betrachten. Tieck ges.
nov. 5, 98.
AUFSTOCHERN, /bdicare; die zahne aufstochern ; das Zünd-
loch mit einer feder aufstochern.
AUFSTOCKEN, suffodere? er fieng an rings um die Woh-
nung alle noch unbepflanzten platze aufzustocken und um-
zugraben. Wieland 30, 328.
AUFSTÖHNEN, alle suspirare: er stöhnte laut auf.
AUFSTOLZEN, AUFSTOLZIEREN, superbire, vullum sus-
tollere. Stieler 2178.
AUFSTOPFEN, doppelsinnig,
1) aperire, die flasche aufstopfen; zu dem so pflegt das
weiblin (der kaninchen) ir eigen loch aufzustopfen und aufzu-
machen. Sebiz 537.
2) adimplere, ein polster, ein bett mit federn, haaren auf-
stopfen, anfüllen, wieder ausstopfen.
AUFSTOPPELN, colligere, ähren aufstoppeln.
AUFSTÖREN, irritare, excilare, lurbare: ein Wespennest
aufstören; aus dem schlaf oder träum aufstören;
aufgestört durch eigene stimm und des mannes erscheinung
fährt sie empor. Voss ;
auch Geron ist zu sehn, wie ihn sein gutes schwert
aus pflichtvergesznem träum. enlsetzlich aufgestört.
Alxinger ;
ein welterleuchlender glänz von hundert bloszen wehren
scheint stracks in jeder brüst die mordlust aulzustören.
Wieland ;
und hätte nicht das Schicksal ihm gewehrt,
jetzt hätte den betrug sein eisen aufgestört. Schiller 29";
aufgestört wurden alle die ungewissen phantome. Tieck 14,
146 ; der miserable kleine fratz läge bei unserm elend nur
kalt da, mir nichts dir nichts, wenn ich ihn nicht aufstörte.
J. Paul Hesp. 1, 93. s. aufstieren.
AUFSTÖRLEN, eine verkleinerte aber gute form des vorigen.
Stieler 2174, der ein ahd. sturilön, storilön entspräche, s. an-
störlen.
AUFSTOSZ, m. collisio: aufstosz oder zweiung. Haltaus
69; aufstosz krankheil: diser harter aufstosz. Opitz Arg. 2,
450; aufstosz, gdhrung: der rheinische wein kann hitze und
frosl ausstehen, er kan wasser und alles was nur hineinge-
than wird, verdauen, ja er kan alle aufstösze, so ihm wider-
fahren, vertragen und bleibet doch allezeit guter wein, Fer-
dinand \. tafelreden übers, von Dav. Schirmer. Dresd. 1674. s. 133.
AUFSTOSZEN, nnl. opstoofen.
1) transitiv, die thür, das fenster, das liaus, das fasz auf-
stoszen, öfnen, pulsando aperire; er sticsz die thür auf und
sprang davon. Susanna 39 ; sich die liaut aufstoszen, auf-
ritzen, meidmännisch, aufjagen, aufsprengen: der liund liat
ein wild, einen hascn, gellügcl aufgestoszen. den staub mit
den füszen aufstoszen, erregen, auftreiben, feist, geswollen
und ufgcstüszen (aufgestrichnes) har. Muskatiilut 61, 37. den
Bcheiterhaufen aufstoszen, errichten, schichten.
stoszt ihr den holzstosz auf. Grtpuius 1, 39,
kaum ist es hier entzünden, ansloszen. die giäser aufstoszen,
auf einen anstoszen: sie greifen wieder nach ihren gläsern
um aufzustoszen. Gotter 3, 489.
2) intransitiv, aufstoszen, außeimen, auftreiben, gemmas
trudere: wiltu das der gestijct coriander bald soll aufstoszen,
80 must du den grund zwen tage vorhin tüngcn. Sebiz 246
und öfter.
3) intransitiv, aufstoszen, erkranken: das vieh slöszt auf;
die iiüncr sind aufgestoszen; das kind stöszt auf; unter disen
{türkischen heiligen) scind zwcn, deren nanicn man weist Goy
und Bartschumxassa (/. passa, d. i. pascka), von den man
wunder saget in ihren gegenden, wie sie fürbündig gewest
seind, das vihe zu bewaren vor allen zufeilen und anstoszen,
darvon der Sibenbürger seines herren fraw ihm oft gesagt
haben schreibt, dasz si vil guts von disem heiligen empfangen
hab, zuvoran in hüttung des vihes, darumb si im all jar ein
anzal masz bulter bezalt, und wa sie etwa in dem opfer zu-
reichen seumig gewesen, sei ihr ziihand ein Unglück zuge-
standen und das vihe aufgestoszen, damit er si gleich gemant
hab, und sobald si die verheiszen gab gelegt hab, sei das
vihe widerkummen (genesen, zurecht gekommen). Frank weltb.
111*.'. vgl. anstosz und aufstöszig, aufstützig.
4) intransitiv, aufstoszen, gdhren, prolrudere faeces: der
wein, das hier stöszt auf, stöszt in die höhe, beginnt zu gdhren:
ohne eine solche immer gährende, brausende, aufstoszende
harmonie sollen Livius und Polybius, Dionys'ius und Tacitus nicht
glaubwürdige geschichtschreiber sein können? Lessing 10,51.
5) intransitiv, aufstoszen, ructus movere: es stöszt mir auf,
der rettich stöszt mir im magen auf; dasz ihm (dem Saturn)
der gefressen stein aufstoszt. Fischart groszm. 56 ; denen der
rohgefressen narr noch aufstoszet. Garg. 17'; nicht also die
Orthodoxie, sondern eine gewisse schielende, hinkende, sich
selber ungleiche Orthodoxie ist so ekel, so widerstehend, so
aufstoszend ! Lessing to, 25 ; es stöszt mir oft dick auf, wenn
ich so hin in die weit schaue. Fr. Mlller 3, 64. bildlich:
zwar stiesz ihm die wegnehmung der Thusnelda etlichemal
nicht ohne unmut des herzens und tiefgcholete seufzer auf.
Lohenst. Arm. 2, 368 ; ihre meinung stiesz mir so auf. Hippel
4,349; aufstoszende zweifei. Klinger 3, 163; dem scandal vor-
beugen, der über kurz oder lang dem volke aufstoszen musz.
Kant 2, 28. vgl. aufkoppen.
6) intransitiv, aufstoszen, mit dat. der person, auf einen
stoszen, einem begegnen:
der pfarherr ist ein ehrlicher man,
ist mir da uiiglehr aufgestoszn. Atrer fastn. 63';
bis dir ein besser glück aufstoszt. Simpl. 1,431; was für ein
abenteuer mir hier aufgestoszen. Lessing 2, 565;
und hörst du, trift sichs, dasz dir unterwegs
der wagen aufstoszt. Schiller 216*;
und an diese chimären masz sie alle wirkliche menschen,
die ihr aufstieszen. Tieck 7, 78; es kann mir der fall auf-
stoszen, sag ich. J. Paul Tit. l, 68 ; will er ihr im park auf-
stoszen, so reiset sie, wie die sinesischen kuriere, doppelt.
2, 45; misdeutungen, welche scharfsinnigen männern in der
beurtheilung dieses buchs aufgestoszen sind. Kant 2, 30.
7) intransitiv, aufstoszen, collidere, rixari, gleichsam wie
Widder mit den hörnern aufeinander stoszen, Idszt sich aus
aufstosz und aufstöszig folgern.
AUFSTÖSZIG, collidens, eructans, aegrotus.
1) discors: ist der markgraf und die von Nürnberg uneins
und aufstöszig worden. Frank chron. 218'; aber wenn ich schon
um sie (die unfldter) war, bin ich doch mit ihnen niemals
aufstöszig worden (in zank gerathen). Schweinichen 1, 67.
2) eructans: wann es sich begab, das er zornig, rasend,
hirnbrünstig, treckaufstöszig ward. Garg. lU'.
3) aegrotus, morbidus, zumal von thieren: zu erfragen, ob
die schafo- gerne aufstöszig werden. Hohberg 1,10; wann ein
pferd aufstöszig wird und nicht fressen mag. 2, 195' ; die zic-
gen achtens auch im sommer nicht, wann ihre weide gleich
ganz überthauet ist und werden davon nicht aufstöszig wie
die Schafe. 2, 30l'. doch auch ein aufstösziges kind. s. auf-
stützig.
4) aufstösziger, gährender wein.
AUFSTOSZIGKEIT, f krankhcit der schafe, des federviehs.
AUFSTOSZUNG, f protrusio: diese aufsloszung aus dem
Schlund des bergs. Opitz 1, 36.
AUFSTRAHLEN, radios emittere, refulgcre:
sobald aufstrnlilio die sonne. Voss;
niclit sch.im ist giistfrciindschaft der Sänger,
die, am liellei)isi:hcn tage der fruiheit,
zu liuchverklärter meiischlichkuit aufgestrahlt, ders.;
wir rilumlen das buschige ufer und den aus dem wasser an
seine blätter aufgestrahlten Widerschein. J. Paul uns. löge 3, 107.
AUFSTRÄHLEN, sursum peclere, aufkämmen.
AUFSTRANDEN, alUdere ad litora, ad scopulos: das schif
ist aufgestrandet.
AUFSTRAUBEN, rigere:
und wenn in starrenden borsten mir rings aufstrauben di«
gliodcr. Voss.
753 AUFSTRÄUBEN— AUFSTREITEN
AUFSTRÄUBEN, rigefacere, in die höhe sträuben : der vogel
sträubt sein geßeder auf (vgl. aufstrobeln) ; das kann einem
die haare aufsträuben.
AUFSTREBEN, sursum tendere, supera petere, m die hvlie
streben, ragen, nnl. opstreven:
drinnen im speerverschlosz. dem getärelien, wo auch die andern
lanzen gedrängt aufsuebten des unerschrocknen Odysseus.
Voss Od. 1, 12» ;
aufstrebende pfeiler; mein ultes herz strebt auf. Kliscers «/i.
3, 33S ; aufstrebende Staaten, Jünglinge, kräfte.
AUFSTUEBUNG, f. des geistes. Hippel S, 191.
AUFSTRECKEN, protendere, empor $tr ecken :
welcher seine hand und stirn
zu der gerechligkeil eeslirn
unschuldig und sündfrei aufströcket.
Weckherlin 103 ;
ich möchte den unzeitlicli fragenden nicht stillen, streckte
derohalben den finger auf dieses zu lesen. Schcppius 762.
AUFSTREICH, ni. subhaslatio, vergantung, audion : mochten
einander vergiften um ein Unterbett, das ihnen im aufstreich
überboten wird. Schiller 107'; es ist ein aufstreich in mei-
nem köpf. 110'; er rielh dir deinen adelsbrief im aufstreich
zu verkaufen und deine strumpfe damit flicken zu lassen. 113'.
AUFSTREICHEN, i//incre, aplare, allingere, nnl. opstrijken.
1) dem brot butter, den wangen schminke, färbe, dem stein
gold aufslreichen : die menschen streichen sich recht auf mir
auf, wie auf einem probierstein. Gothe an fr. von St. 1, 136 ; du
hast dich auf dem schwarzen probiersteinc des todes als ein
echtes geläutertes gold aufgestrichen, an Zelter IST.
2) aufstreichen, mit dem bogen auf die saiten- streichen,
aufspielen: streicht auf, ihr spielleute; eins aufstreichen,
einen neuen tanz aufstreichen (mhd. strichen. Parz. 639, 10);
nahm einen pfarrer hinler sich
und auf die Offenbarung strich. GöTas 2, 2S2,
spielte die Offenbarung auf, trug sie vor.
3) die pistole aufslreichen, vorhalten: sähe er, dasz der
führer auf ihn zurannte mit aufgestrichener pistole {le pistold
au poing). unic. dod. 6ö7. s. aufpassen.
4) die haare aufstreichen, aufkämmen, mit dem kämm in
die höhe sireichen; er strich sich den Schnurrbart auf.
5) den luchscherern ist aufstreiciien, tcider den strich scheren.
6) dem pferd den zäum aufslreichen : die Irunkcnheit,
welche zu allen lästern die thür willig auflhut und dem pferd
den zäum aufstreicht. Kirchhof irendunm. S'.
7) sich aufstreichen, sich schmücken? eins mit 4?
ich bin der man der weisz und kan
mich XU dem mutz aufstreichen. Uhla.<«o 643.
s. aufmutzen.
8) intransitiv, aufstreichen, einhergehen, vorbeigehn : je län-
ger ich vor den grünenden seitenlogen des irrhains, dessen
front- und mutterloge ein belaubtes labyrinlh war, auf- und
abstrich. J. Fall paliny. 1, 7. das kleid streicht auf, rührt
auf die erde, streicht an dem boden her.
Hiermit sind die bedeutungen nicht erschöpft, das subst.
aufstreich mu»z ein sinnliches aufstreichen zur grundlage ha-
ben, urodurch mehrgebot oder Zuschlag bei der vergantung aus-
gedrückt wurde. Schm. 3, 679 hat aufstreichen, ein mehrgebot
schlagen, ohne die art und weise dieses schlageas anzugeben.
s. auch aufslrich.
AUFSTHEIFELN, for.bildung des folgenden, bei dem nähen
oder putzen etwas aufslreifeln, fälteln, s. streifein, striffel.
ALFSTREIFEN, repltcare, restringere, aufwinden, empor,
turückstreifen, aufslürzen, nnl. opslroopen:
er nimmt den weif^zen arm und streift ihn ünestlich auf,
und torscht, Ton lieb und ahnduiic eingenommen,
mit tillern nach der ädern laut,
und streift in irunkner angst d^n arm noch rielmal auf.
GeLLCRT 1, 154;
ein mädchen,
mit aiifgpstreiriem runden arm. Göiijigk 1, 202;
er streifte zugleich, indem er das sagte, ihren rechten arm
auf. GöTHE 20, 2.'>6. es heiszt aber auch das hemd aufstreifen,
den ermel aufstreifen. Stieler 2206 und metonymisch, sidi
aufstreifen, dies sich aufstreifen kann xugleidi ausdrücken
sich die haui aufritzen, verletzen.
Intransitiv, die kugel streift auf, berührt im /7upe die erde;
der säum des klcides streifte auf, rührte an die erde; lange
gcwänder streifen auf. rgl. aufstreichen 8.
AL'FSTREITEN, litigando Iribuere, nnl. opstrijden, gegensatz
von abstreiten: das buch fiel auf als schlecht und darum
AUFSTREUEN — AUFSTÜRZEN 754
stritt man ihm hier die autorschaft auf, die man dort ihm
abstritt. Fichte Sicolais leben 54.
AUFSTREUEN, aspergere, inspergere, nnl. opstrooijen:
zucker aufstreuen, sand aufstreuen; punctum, streu sand auf!
wenn man Tosel fangen wil, streut man auf die beste kost.
LooAO 2, 10, 39.
AUFSTRICH, fli. nach den bedeutungen des aufstreichens :
aufstrich der schminke ; aufstrich einer neuen färbe ; aufstrich
des fiedelbogens ; aufstrich der haare.
AUFSTRICKEN, laqueos solcere, Parz. 155, 25; einem die
schuhriemen aufstricken; sich aufstricken, von den stricken
frei machen :
ich bin mit solcher lieb behafl,
das ich mich nit aufstricken kann.
H. Sachs III. 2, 217*.
dann auch aufstricken, das slrickgam verbrauchen, den strumpf
aufstricken, fertig stricken. ,
AUFSTRIEGELN, strigili tergere, dann überhaupt omare:
das pferd aufstriegeln; so hat sich rechts und links die auf-
gestriegeite mode verbreitet. Her,der 19, 83.
AUFSTRIFFELN, was aufstreifein.
AUFSTRITZEN, was aufspritzen, denn strilzen ist in Schwa-
ben spritzen. Schmid schwäb. wb. 514. Scuji. 3, 690 : das es lau-
tet, als wann ein vierzig baurenmeidlin auf der alb stro in
leimen tretten, das inen das leimwasser zur quinternen hin-
auf stritzet. Garg. 55*, vgl. Heinrichs Trist. 3778. Ulrichs 40t.
AUFSTROBELN, frequentaliv von aufsträuben, die haare
oder federn sträuben, stnippich aufrichten {vgl. strobelkopf) :
weil er aber wie ein hänfling in der mausze, wie ein huhn
ist, das den pips, und alle federn aufgestrobelt hat. Tieck
3, 251.
AUFSTRÖMEN, afßuere: die flut strömt auf, assurgit;
transitiv, sand aufströmen im felde.
AUFSTROTZEN, tumescere: aufstrotzende brüste, tumidae
mammae; aiifstrotzen vor stolz, superbire. Stieleb 2214.
AUFSTCCKE.X, assuere, ein stück, einen läppen aufsetzen.
AUFSTUFE.N, gradatim exlollerc : erst gieng der stieg durch
abgestürzte kalkfelsenstücke hinauf, die durch die zeit vor
die steile felswand aufgestufet worden sind. Güthe 16, 241 ; in-
dem das Volk noch auf den hoch aufgestuften sitzen sasz.
Stolberg 7, 105.
AUFSTUFUNG, /". er wird die aufstufung eines organs aus
dem andern und deren gesteigerte entwicklung gewahr wer-
den. GoTHE 58, 231.
AUFSTÜLPEN, replicare, aufkrämpen: den hut, die stiefeln
aufstülpen, aufschlagen; aufgestülpte nase (vgl. aufgedumpft) ;
. das aufgestülpte kinn und die ganze stämmige, feste figur. J. Paul
Tit. 2, 32 ; muttermal, von der geslall eines aufgestülpten ko-
melenschwanzes. Siebenk. 1, 32; was hilfts, ihr romantischen
autoren, dasz ihr eure unterirdische blattseite gegen den him-
mel aufstülpet, ßegelj. 1, 145. man gebraucht es aber auch
ßr aufdecken, aufsetzen : den deckel aufstülpen, den topf zu-
decken; den hut aufstülpen, aufsetzen.
AUFSTUPFEN, digito tundere, was zumal beim eingehen von
vertragen geschah, vgl. rechtsalt. 604: entstehet alle aufrur
ausz trunkenhait, do stupft man auf, machet bünd. Fra!«i
laster E ii ; dasz die styptica specifica zusammengezogen den
mund, dasz er hat müssen mit Instrumenten wider von ein-
ander aufgestupfl werden. Paracelscs 1, 817*. s. aufslippen,
auftupfen.
AUFSTCRMEN, cum impetu ineedere,
1) intransitiv, grassari, furere: das meer stürmt auf, der
feind stürmte dreimal auf;
irou den göuem entfloh er des meers aufstürmenden wogen.
Voss.
2) transitiv, effringere, eoneitare, turbare: die Stadt auf-
stürmen, mit Sturm nehmen; guldnes saitcnspiel, slünn ihn
auf mit lautem donner. Rajiler 2, 53 ; ein leidenschaftlicher
und aufgestürmter mann. J. Paul aesth. 3, 114 ; Drotlas freu-
dig aufgestürmtes herz. Fibel 105 ; das reizende wallen und
beugen ihres aufgestürmten blumenOors (am busen). TiL
3, 152.
AL'FSTGRZEN, etwas umdrehen, wenden, und dann umge-
dreht aufstellen, aufgieszen, erigere, verlere, fundere, nnl. op-
storten.
1) die arme aufslürzen, aufstreifen: ja, sprichslu. ist denn
sünd da in essen und trinken? nein, es ist nit sünd, aber
fressen und suffen ist nil recht, und da sich einer dana
48
755
AUFSTUTZ — AUFSTUTZEN
AUFSTÜTZEN — AUFTHAUEN
756
richtet mit armen ufslürzen und mit messenvetzen, eben als
wolle einer ein ku metzgen. Keisersb. weltl. lewe 55*.
2) scliiisseln und teller aufstürzen, aufsetzen. Stiei.er 2230.
3) man stürzte die wallen der beiden in tempeln auf. Lo-
iiENST. Arm. 1, 1349 ; inwendig waren eitel feurige mahlvverke
{get)}ältlde) aufgestürzt (aufgesleUl). 1, 1204.
4) den deckel aufstürzen {auf den lopß. s. stürze.
5) die liaube aufstürzen, aufsetzen, umschlagen; den heim,
den hut aufstürzen.
6) wasser aufstürzen, aufgieszen, nnl. water opstorten. den
hegvif des heßigen, unordenllichen enthalten alle diese anwen-
dungen nicht, doch heute sind sie beinahe veraltet und wir
nehmen aufstürzen für gewaltsames hinstellen oder setzen.
AUFSTUTZ, m. ornatus, aufputz.
AUFSTÜTZEN, offendere, stupcre, percclli, nnl. opstuiten.
stutzen, intransitiv genommen, gehört zu stoszen und bedeutet
anstoszen, stillstchn, betroffen sein, aufstutzen also auf etwas
gestoszen sein, erschrecken, mhd. erscheinen diese Wörter nicht,
mangeln auch bei Dasypodius, Pictorius, IIenisch, Luther,
doch Keiseusberc hat erstutzen (was m. s.), ältesten beleg für
aufstutzen gewährt B. Waldis Esop 3, 98:
der manu stutzt auf, ward halber scbellig;
dann Kirchhof: ob etliche (fliehende) biszweilen an verdäch-
tigen enden aufstutzen und sich wenden, disc. mil. 49 ; die
kriegskncchte im laufen etlichmal aufstutzen (sollen), damit
sie nicht aus dem athem kommen. 15G. aus späterer zeit:
ich stutzte auf und erblickte eine feurige kugel in der Juft,
die weit höher als der mond zu schweben schien. Wieland
11, 7C. bei Adelung ist dies aufstützen gar nicht einmal auf-
geführt; wir brauchen heule lieber das einfache stutzen, stutzig
sein, in gleichem sinn.
AUFSTÜTZEN, adaptare, adornare, ornare, comere, auf-
putzen, aufmutzen, zustutzen, transitiv genommen, das ein-
fache stutzen caedere, schneiden, wiederum ahd. und mhd.
mangelnd, musz gleichwol ein altes worl sein, da auch alln.
slytta amputare, decurtare, stuttr brevis, curlus, norw. stytta
und stutt, altschwcd. aber mit eingeschaltetem n stunta und
slunt auftreten, man darf dies transitive stutzen ebenfalls
auf stoszen, goth. stautan zurückleiten, stautan ist = tudere,
tundere (mit n, wie jenes stunt für stutt), tutudi, da der be-
grif des stoszens auf der einen seile in den des hauens, auf
der andern seile in den des Schneidens übergeht, nicht anders ist
caedere sowol tundere als praccidere, amputare. die gegebnen
erklärungen von aufstutzen und aufmutzen bestärken einander
gegenseitig, hiernach ergibt sich für aufstutzen und zustutzen
die auf haar und bäum anwendbare bedeutung des zuschnei-
dens, pulzens, schmückens (mehr noch unter dem einfachen
wort). Lessing schrieb fehlerhaft aufstützen, wol, weil er es
von stützen niti ableitete, wir sagen, einen bäum, haarwuchs,
liut, ein kleid aufstutzen, ihm den rechten oder einen neuen
schnitt und zuschnitt geben und wenden es dann auch abstract
an. wiederum reichen die belege für dies aufstutzen nicht
über das 18 jh. hinaus, Stiei.er, Steinrach und Frisch ver-
zeichnen abstutzen, kein aufstutzen : der dichter musz sehr
arm sein, der seine spräche nur durch ein einziges mittel
aufzustützen weisz. Lessing; alle die lustigkeit, mit welcher
er seine fabeln aufzustützen gesucht. 6, 188; als kritikus
dürfte unser Verfasser ganz anders sprechen, was er hier so
sinnreich aufstützen zu wollen scheinet, würde er ohne Zwei-
fel als eine misgeburt des barbarischen geschmacks verdam-
men. 7, 315;
ein jedes aurgestutzle bäumcbcn liölmt micli an.
CÖTHE2, 92;
Dicht mich eitel aufzustützen. 47,63;
den phantastisch aufgestützten Studenten. 19,99; weil er Sinn-
lichkeit und abstruse denkweison durch bildende kunst zu
veredeln und aufzustützen unternahm. 60, 253 ; eine von an-
dern geschriebene geschichte durch die kunst des slils und
die macht der gedanken aufstützen zu wollen. Moser vcrm.
sehr. 2, 141 ; ein gewisser Ephorus erfand das marchen oder
stutzte CS auf. Stolbehc 8, 83 ; die dialektische gewaiidtheit,
womit berr Fichte seine philosopbeine aufzustützen weisz.
Aico/ai« leben von GDkinck ». UH; Imnt, lilank, aufgestützt
wie ein haselant. Tiecr 3, 45; das von Leibnitz in gang ge-
brachte und durch Donnct trellicli aufgestützte gesctz der
continuierliclien Stufenleiter der geschüpfe. Kant 2, 508 ; alle,
abgenutzte erkenntnissc neu aufgestützt sehen. 3, 172.
AUFSTÜTZEN, inniti in cubitum: ich habe Kain gefunden,
er lag auf der erde ausgestreckt, da er mich sah, stützt er
sich auf. Klopstock 8, 40. den köpf, einbogen aufstützen.
AUFSTÜTZIG, gleichviel mit aufstöszig,
1) streitend, zankend, uneinig, widerspenstig : das man und
weih oft mit einander aul'stützig werden. Luther 5, 340* ; di
aufstutzig wider mich warn. Melissus ps. S 2" ; mein leute
wollen abermals weder vom stillstände noch geldgeben hören
und wurden nochmals aufstützig. • Felsenb. 4, 64.
2) unpäsziich, krank: meldete, dasz sein pferd aufstützig
worden wäre. irrg. der liebe 53 ; der bursch sei gestern auf-
stützig geworden (erkrankt).
AUFSTUTZUNG, f. ornatus, adornalio : lassen sie die
neumodischen aufstutzungen für ihre gelehrte gcsellschaft.
TiECK 3, 6.
AUFSUCHEN, investigare, inquirere: der hund sucht das
wild auf; sechs reifer sind ausgezogen, den llüchtling aufzu-
suchen; ein mensch sucht den andern gern auf; du kommst
nicht, man musz dich aufsuchen ; er suchte alle angenehmen
genüsse auf; die tauben suchen alle körner auf.
AUFSUCHE!«, m. indagator.
AUFSUCHEHLN, f indagatrix.
AUFSUMMEN, susurrare, susurrando evolare : alles war still,
nur ein bienchen summte auf.
AUFSUMSEN, dasselbe: und ein schöner schwärm wespen
sumsten dir ein brautlied auf. Fr. Ml'ller 1, 141.
AUFSUHREN, dasselbe, vgl. aufschnurren.
AUFSCSZEN, in der chemie, haftende rückstdnde mit was-
ser auflösen.
AUFTACT, m. einigen die hebung, arsis, andern Vorschlag
einer oder mehrerer silben. auch in der musik.
AUFTAFELN, in mensam apponere, außragen, außischen.
AUFTAGEN, dilucescere: es tagt schon auf, der tag bricht
an. Stieler 2248. transitiv, an den tag bringen: damit sein
und seiner verwandten teuflischer irrthumb, gotteslesterung,
verzweivelt schalkheit und bosheit nicht für den leuten öf-
fentlicher aufgetaget und er zu der reformation gedrungen
werde. Luther 6, 329*.
AUFTAKELN, nnl. optakelen, gegensalz von abtakeln,
was m. s.
AUFTANZEN, nnl. opdansen, vor einem tanzen: die hunde
tanzten auf; dann, wie aufliüpfen, einem zu willen sein; ich
will dir was auftanzen. Stieleh 2256. transitiv, sich die
schuhe auftanzen.
AUFTAPPEN, gravi pede incedere, plump auftappen.
AUFTAUCHEN, emergere, emportauchen, nnl. opduiken:
kaum tiatt ich mich in die weit gespielt
und fieng an auCzutauclien. Göihk2, 252;
0 glücklich, wer noch lioiren kann
aus diesem mcer des irrihums auTzutauchen .' 12, 59 ;
nach einiger zeit aber tauchte er wieder auf. 21, 60 ; Schwie-
rigkeit in Frankreich überhaupt für den tag aufzutauchen. 46,
180; das frühste auftauchen meines talents im Göltinger mu-
senalmanach. 48, 90 ; einmal wollte der gedanke tröstend
auftauchen, eine der fremden damen sei die Verfasserin des
unglückseligen billels. Tifck ges. nov. 1, 147.
AUtTAUMELN, titubanter surgere:
man taumelt auf und sucht stock, klcider, hut und degen.
Zacuariä;
und sie tanniclien auf von ihren silzen und standen
starr, denkmale des Schreckens. Klopstock Aitss. 13, 932 ;
auftaumeln wird sie, die fürstliche drahtpuppe. Schiller 205.
AUFTHAUEN, in doppeltem sinn,
1) intransitiv rcgelari, liqueßeri, nnl. opdooijen, (vgl. auf-
leunen) : das eis, der schnee thaut auf; es thaut auf; vom
odcm gottes kompt frost und grosze wasser, wenn er auf-
thawen leszt. //iofr 37, 10; er leszt seinen wind wehen, so
thawets auf. ps. 147, 18 ;
wie auf der giiifei lioli
der nufgclhaiiie srhiiiie
schmulzt in dem strahl der sonnen.
Grvimiius 2, 289,
obschon dies pari, audi transitiv gefaszt werden könnte;
lasz uns zusnmmengoschniiegl im behaglichen kSmmerlcin
aullliaunl Voss;
glücklich ist immer die epoclic einer literalur, wenn grosze
werke der Vergangenheit wieder einmal auftliauen und an die
lagcsordnung küinmen. Götiie 26, 145; der fürst licsz an seinem
757
AUFTIIEILEN— AUFTHUN
decemhergesicht, ohne aufzulhauen, die warmen iobreden vor-
iiberslreichen. J. I'acl !«<. 2, 9S; sie musz erst aufthauen,
fiilill sicli noch fremd.
2) liquefacere, solrere:
durch einen kus wird euch
es leicht sein, liebe trauen,
wnr ich auch eis, sogleich
mich wieder aurzuthauen.
GöKi^GK 1, 249;
nur nach und nach thaute sein freundlicher blick ihr herz
auf. Klixcer 3, 111 ; es ist wunderbar, wie der blick des grau-
kopfs meine verstockte cmpfindungen aufthaule. Klogers //».
3, 267.
AUFTHEILEN, prorsut dispartiri, ganz verlheilen: dasz er
den gesammlen ager publicus zwischen Römern und den bei-
den verbündeten Völkern habe auftheilen wollen. Niebchr
2, 190.
AUFTHRÖNEN, collocare in solio: Arminius bleibt nun
ohne zweifei unter die beiden aufgethrönel. LonE>sT. Arm.
zuschr. doch in anderm sinn: ein neuer stuhl, mit purpur
aufgethrönt {durch purpur zum thron erhoben). Ibrah. 3.
AUFTHL.N, hinauf thun, empor thun, elevare, voraus zwei
bedeulungen, des üfncns und auflegens, sich entfalten, jene bei
veitem vorhersehend.
1) aufthun, nnl. opdoen, pandere, aperire, wer eine kiste
auflhut, hebt den decket in die höhe, wer den mund aufthut,
hebt die tippen empor, das ahd. uf tuon, alts. upp diian,
mhd. üf luon halten viel engere schranke, als unser heutiges
Wort, denn für vfnen galt das mit untrennbarer partikel gebil-
dete ahd. anttoan, intoan (Graff 5, 317. 318), alts. antduan,
mnl. ondoen; üftsete aperuisti erscheint zuerst in den Wind-
berger ps. des 12 jh. (Graff 5, 315) und Notker verband uf
mit intuon (Graff 5, 31S), nicht mit tuon, das alts. segel upp
dädun Hei. 6S, 12 heiszt noch deutlich zogen die segel auf,
lösten sie. nachdem aber jenes intuon erloschen war, kein
mhd. entuon, geschweige nhd. entthun fortdauerte, mehrte sich
die Verknüpfung des üf und auf mit tuon, thun.
2) zunächst eingetreten scheint sie für das öfnen von thür,
Ihor, fenster, wobei, wie am kästen der deckel, etn riegel auf-
gehoben, aufgeschoben wurde, mhd.
im w.irt daj tor üf getan. Iw. 5591 ;
dd wart bi iine niht fiber lanc
ein türlin üf getan. 1151;
und wurde de porie üf getan. 1264;
ern tset im iif die porte. 6173 ;
wände si nach siner bete
ein venster ob im üftete. 1450;
porte, diu nie wart üf getan. Walth. 55, 31;
diu burc ze Bechelärcn diu was üf geiäa. Nib. 125S, 2;
und mit weggelassenem acc. heiszt dieses üf tuon pandere ja-
nuam: tuot üfl Pari. 433, 1; tuon üfl Wältb. 55, 34; sä tuot
out: TüftH. Wh. 7S*;
tue üfl ich klopf an mit Worten,
lä mich in, so bisiu j;uoi,
sliuz ür schire mir die porten. frauend. 515, 24.
nhd. theten sich auf die fenster des himeis. 1 Mos. 7. 11; thet
Noah das fenster auf an dem kästen. 8,16; niemand thet die
thür der leuben auf. rieht. 3,25; da nu ir herr des morgens
aufstund und die thür anfthet am hause. 19, 27; und solt
die thür aufthun und fliehen. 2kön.O,^; thu das fenster auf
gegen morgen. 13, 17 ; haben sich dir des todes thor je auf-
gethan? Hiob 3«, 17 ; thet auf die thüre des himeis. ps. 7S,
23; Ihut die thor auf! Es. 20, 2; thu deine thür auf Liba-
non! Zach. 11, 1; that sie das thor nicht auf für frcuden.
apusl. gesch. 12, U; und von stund an wurden alle thürcn
aufgetlian. 16, 27; und sihe eine thür ward aufgethan im hi-
mei. offenb. 4, 1 ; thet ein thürlin auf an eira kensterlin. seh.
und ernst cap. 59;
die bürg ist aufgelon. Ubla.id 1S9;
da that er das thor auf. Garg. 134"; das zeughaus zum un-
friden aufthun. 200'; die Ihür der freigebigkeil aufthun. pers.
Totenth. 1, 15 ; die strasz aufthun, lassen passieren. Maai.£R 37' ;
kaum aber hat dem lag in seiner goMncn bahn
Aurorens rosenhand dio pforten aufgctban. Wielakd;
als hinter iiim die thür sich aufthat. Göthe IS, 306. mitaus-
bleibendcni acc. ; herr, herr, thu uns auf! Matlh. Vt, 11 ; thalen
demnach den kürissern auf. Garg. 266"; der thet mir auf.
SCHWARZ£>'DERC 150, 2;
AUITHUN
anf steckt die lichter an, umgürtet eure landen,
dasz, wenn der herr kommt, man alsbald auftbu!
Grtphiüs 2, 429;
758
holla bolla, thu auf mein kind! Bürger. |
wir können heute ßr aufthun auch sagen aufmachen : die thür,
das fenster aufmachen, doch ist aufthun edler und lebendiger
und kann in gewissen fällen nicht durch aufmachen vertreten
werden, z. b. für die gnadenpforte aufthun, die thür der frei-
gebigkeit aufthun liesze sich nicht setzen aufmachen, noch
unedler als aufmachen icäre aber aufkriegen, das nicht blosz
aufthun, sondern gewaltsam öfnen, die öfnung erzwingen aus-
drücken würde.
3) dem öfnen der thür und des thors ganz nahe steht das
des munds, den man als ein thor des leibs betrachtete, darum
sagte schon Notker: ih indeta uf minea munt (Graft 5, 318)
und mhd. heiszt es:
der trache viurin,
der gen dem man üf tet den munt. Bart. 119, 33;
her wolf, tuont üf den munt.' Box. 11, 3t.
nhd. bedeutet nun den mund aufthun, ihn öfnen, um etwas
zu verschlingen, und so immer wenn daßr Schlund und rächen
gesetzt wird, oder ihn öfnen, um zu reden, das schweigen zu
breelten: verflucht seist du auf erden, die ir maul hat auf-
gethan. l3/os. 4, 11; das die erde iren mund aufthut. 4 Afos.
16, 30 ; und thet iren mund auf und verschlang sie. 16, 32 ;
und er thet seinen mund auf, leret sie und sprach. Matth.
5, 2 (ahd. intteta sinan mund) ; wie ich meine lippen hab auf-
gethan und mein mund gercdl hat. ps. 6o, 14; ich thu mei-
nen mund auch auf. seh. und ernst cap. 30; thet das maul
auf. cap. 45 ; der freisam bär mit aufgethanctn rächen. Galmi)
143; schweigen bisz so lang einer das maul aufthet. Kirch-
hof ttcnrfunm. 257'; dieser that den mund ziemlich weit auf.
pers. rosenlh. 7, 20 ; auch der söhn gottes und seine prophe-
len haben ihren mund gerne aufgethan in schönen gleich-
nissen. Schcppius S45; ich will selbst mein maul aufthun.
Schiller 192';
erdschlünde thun sich auf. Götiie4, 20t;
es ist ein angenehmes, unterhaltendes mädchen. unterhal-
tend? versetzte Charlotte mit lachein: sie hat ja den mund
noch nicht aufgethan. 17, 65; als er den mund aufthat und
in einer art von recitativ den andern schalt. 18, 148 ; auf ein-
mal stockt meine geschwätzige laune und ich getraue mir den
mund nicht weiter aufzuthun. 19, 102 ;
da versetzte der vntcr und that bedeutend den mund aul.
40, 282.
den mund aufmachen ist wieder etwas anders als aufthun.
mache den mund auf! würde die mutter zum kinde sagen,
dessen zahne sie sehn will; er kann den mund nicht aufkrie-
gen, heiszt es von einem, der die mundklemme hat. doch in
beiden fällen wäre auch aufthun zulässig, wie es Iliuh 41, 5
heiszt: wer kan die kinbacken seines andlitzs aufthun?
4) leicht gebrauchte man auch aufthun vom öfnen der äugen,
die sich aufrichten, emporrichten, aufschlagen und aufblicken:
welchs tags ir davon esset, so werden ewre äugen aufgethan.
1 jVos. 5, 5; darnach thet der knabe seine äugen auf. 2 tön.
4, 35; wie sind deine äugen aufgethan? Joh. 9, 10; thut die
äugen auf und die hend zu! Garg. 227*; das unglttck hat
mir die äugen aufgethan;
schnell tlinten sich die äugen auf.
die äugen! nein der bimrael ihat sich auf.
l.Kssi.ic 1, 5$;
thue doch nur ein einziges mal die äugen auf. Gotter 3, 413;
wie er die äugen auflhut. Göthe 7, 129; so erwartete ich den
augenblick (dies wort ist hier übel gebraucht), worin der un-
sterbliche geist in die gefilde jener weit sich schwingen
würde, wo diese (gebletidelen) äugen wieder aufgethan wür-
den. Klincer 4, 34. wir sagen nicJit: der schlafende, erwa-
chende macht seine äugen auf ßr thut; wol aber heiszt es
von dem schlaprunknen, augenkranken : er kann die äugen
nicht aufmachen. Wie dem blinden die äugen, werden dem
tauben die obren aufgeliian. .Varc. 7, 35 und zur aufmcrksam-
keit wird durch den zuruf thue die äugen auf! thue die ob-
ren auf! ermahnt, sich auflhun und zerlhun als die blumen
und rosen, hiare. Maaler 37'.
5) band und arme aufthun : so soltu deine band nicht zu-
halten gegen deinem armen bruder, sondern solt sie im auf-
thun. 5 Mos. 15, 8 ; ein herr musz seine milde band gegen die
seinen auflhun. der lahme könnte sagen: ich kann die krumme
48*
759
AUFTHUN
AUFTHUN — AUFTISCHEN
760
band nicht aufmachen für aiiflhun. mit aufgethanen (offenen)
armen, manibus expansis. Aimon d. e. g.
6) einem das herz auflhun, erschlieszen : und ein gott-
fürchtig weih hörele zu, weicher that der herr das herze auf.
apost. gesch. 16, 14 ; alsdann thue sich sein herz auf. Scriup-
pius 113; so Ihut gott der heilige geist solchen leuten das
herze nicht auf, wie Lydiae der purpurkrämerin. 599;
mit hellem geist, mit aufgcihnncm sinn.
SCIIILLEK 27 ;
jetzt lag es kund und auf^'ethnn,
wie Danaer auf treu und glauben halten. 32;
was für gedanken sich in jener zeit vor uns aufthaten. Güthe
29,308; welch einen hlick thul ilir mir aufl Scuili.er 531;
so tiiat sich doch eine aussieht auf. Göthe 32, 179; durch
wunder und gleichnisse wird eine neue weit aufgethan. 22,
23; weiter hrauch ich mich der weit nicht aufzuthun. J.Paul
flegelj. 1, 17 j ich biet ihm, er soll den zauber aufthun.
Göthe 42, 177 ;
nun sing o licd und sag mir an,
wer hab das wunder aurgelhan,
dasz so in tausend liebespracht
das mndel, das ich meine, lacht? DÖRGEnll9*;
eben war er im begrif hiernach zu fragen, als noch eine
wundersamere bemerkung sich ihm aufthat. Göthe 22, 4 ;
sonst möchten sich vielleicht wunderliche erscheinungen auf-
lhun. TiECK 4, 76 ; ihr regelmäsziges gesiciit wäre angenehm
gewesen, wenn sich ein zug von theilnahme darin aufgethan
hätte. Göthe 26, 339 ; der unterschied zwischen ihm (Swe-
denliorg) und den andern besteht darin, dasz sein innerstes
aufgethan ist. Kant 3, 9S;
warum versclimnhte sies, den weg
aus diesem kerker schnell sich aufzuttiun
mit einem federsirich» Schiller 406;
nun aber hatte ich mich schon jähre lang auf dem bisheri-
gen wege vergebens abgequält, «b nicht ein anderer, viel-
leicht der rechte, sich vor mir aufthun wollte. Göthe 55, 312 ;
vor dem unendlichen folde der botauik, das sich nach der
zeit aufthat. 17, 305;
und an dem ufcr merkt Ich scharf umher,
wo sich ein vorthcil aullhät zum entspringen.
Schiller 540;
die festung
soll sich euch aufthun morgen wann ihr kommt, ders.;
dasz der kriegsschauplatz sich auch in unsern gegenden auf-
thun könne. Göthe 34, 74 ; man versprach ihm das erste an-
sehnliche amt, das sich aufthun würde. 10, 09 ; die blume
hat sich aufgethan : bergmännisch, das gcstein tliut sich auf,
löst sich ab; der abgrund hat sich unter mir aufgethan;
von der erde sich nährend, die weit und breit sich aufthut.
4Ü, 287.
in allen diesen fällen kann aufthun nie mit aufmachen i'cr-
tauschl werden, sich aufthun bedeutet sich öfnen, offenbaren;
sicii aufmachen, fortgehen.
7) ein buch aufthun, öfnen, aufschlagen, mhd.
wer hat mich guotcr üf geiän?
läszl Wirst zu eingang sein buch selbst fragen, nhd. und Esra
thet das buch auf für dem ganzen volk. Nehem. 8, 5 ; das
gcricht ward gehalten und die bücher wurden aufgethan. Dan.
7, 10 ; und niemand im himel noch auf der erden kont das
buch aufthun und drein sehen. offenb.h,Z; und die bücher
wurden aufgethan. 20, 12 ; du bist würdig zu nemen das
buch und aufzuthun seine sigel. 5,9; und ich saiie, das
das lamm der sigel eins auflhet. 6, 1 ; da thet sie auf einen
milchtopf und gab im zu trinken, rieht. 4, 19 ; wann ich
mein nestel aufthat. Garj. 286'; seinen geldbcutel aufthun;
sihe icii wil cwre gre])er auflhun. Ezech. 37, 12. fast überall
würde sich hier heule auch aufmachen für aufthun setzen
lassen.
8) etwas zur allgemeinen Iheilnahmc auMmn und freigeben :
als nu im ganzen lande thewrung war, thet .Joseph allenl-
balben korniieuser auf und verkaufte den Kgyptern. 1 Mos.
41,56; ein fest, einen markt aufthun; die weinlese, die masl
aufthun; die jagd aufthun; die wildhahn auf und zu thun.
Kcislh. 3, 491 ; ein spiel auflhun ; den wein, das hier aufthun,
anzapfen;
mein herr hal ain wein aurgninn.
da sult ir all zu gaa. fastn. sp. 449, 8. 484, 20,
was freilich für ein eröfnen des fasses genommen werden kann ;
den keller, den boden aufthun, allen daraus verkaufen, hier-
her gehört auch das schon alte ein land, ein lehen auf-
thun, mhd.
min Jant, min liut und swaj ich hän,
trüt nele, daj si dir üf getan. Trist. 113, 21,
sei dir zur nachfolge eröfnet, ein ofnes lehen.
9) endlich, die andere hauptbedeutung war die des aufle-
geiis und aufselzens oben auf etwas, ein tuch aufthun heiszt
freilich es entfallen, zugleich aber auflegen und ausbreiten über
den tisch, wcislh. 2, 298. das segel (s. vorhin unter 1), die fahne
aufthun, sie entfallen, öfnen, in die höhe lassen, die haube, die
mutze aufthun, entfallen und auf das haupt setzen: dort den
heiligen ßorromaeus, der den mond als eine frischgewaschene
nachtmütze aufthat {die vom mond beleuchtete bildseule des B.).
J. Paul Tit. 1, 11. Wie dies aufthun sich berührt mit anthun,
heiszl es nun auch in abslractem sitme einem ehre oder Un-
ehre, schände, spott aufthun, wofür wir heule sagen anthun:
denn wir müssen Noahs erben als den eltestcn in der an-
dern weit diese ehre aufthun, das land und inseln in der
heidenschaft von ihnen besetzt sein. Mathesius 18'; und wol-
let unserm evangelio, das gottlob itzt widerumb blühet, ja
kein Unehre aufthun durch euern abfall. Luther 2, 145". br.
2, 228; warumb thut er im die schände auf? 4, 116'; und
also dem evangelio ein sonderliche schände auftheten. 8,4t';
und thut dem evangelio die schände auf. br. 3, 80 ; sind inen
sogar statuae aufgericht und nach irem tod stattlich begra-
ben und grosze ehren aufgethon worden. Seuter6; und mir
selbst so vil mühe aufthun. 5 ; solle mir und den meinigen
keinen spott aufthun. Scuweinicuen 2, 2ül ; sich keinen spott
aufthun lassen. 2, 335 ;
im schol niemant kein sorge autthan.
fasln, sp. 674, 15 ;
weil uns der ries hell also übel
und aufthut so viel jammcr und plag. Atrer 329' ;
wiewol manchmal zweifei entspringt, ob unter 'aufthun impo-
nerc oder aperire gemeint sei,
gute dink hat er aufgetan, fastn. sp. 599, 28,
begonnen, aufgelegt, entfaltet, eröfnet ? also, dasz er ihm we-
der zu schlagen noch zu fliehen fug aufthet {facultatem dedit).
Fronsp. 3, 242'. den segen aufthun, in den beiden folgenden
stellen, bedeutet offenbar lösen, auflösen, entbinden, also öf-
nen: so haben si irem heiligen nit recht gedient und iren
Segen nit recht gesprochen, oder man hat in den segen auf-
gethon, sunst soll es nit sein geschehn. Frank weltb. 134';
es möcht mir sonst gehn wie dem Spanier, der wie die Sach-
sen sagen, ein schuszsegen hat, aber kein buszsegen, da ihn
der hofman mit dem fäustling über dem caball abschmisz,
der koiit im den segen aufllnin. Garg. 25t'.
AUFTHÜRMEN, turris in moduni elevarc, erigere: das meer
thürmt wogen auf; der slurin thürmt den schnee auf; die
pest thürmt leichen auf; beim gastmal die speisen aufthürmen ;
der seit der erschaffung empöningcn autlhürmt.
Hess. 6, 448 ;
von unsern hrüdern ward dies bollwerk autgethürmt.
Götter 2, 385;
er thürmt ihm einen ehrenhügel auf. Bürger 174*;
unsre stolz aulthürmeiiden pnlnste. Schiller 4,
aufthürmenden = sich aufthürmenden ;
hat ein kühn geschlecht sich ani^eslcdelt,
und uuersteiglich feste bürg sich aurgethürmt.
GÖTHF. 41,202;
dasz er sich, den himmel und das Verhängnis verwünscht, in
aufgethürmten bildern spricht. Tieck 11, 4 ; er music hinaus
ans ufer des lago, in welqhein die aufgethürmten inseln wie
meergutter aufstehen und herschen. J. Paul Tit. 1, 6; Alhano
sah an den aufgethürmten morgenden tag iiinauf, der voll-
hieng entweder von frühlingsregcn oder hagelkörnern. 2, 90.
AUFTIEFEN, nnl. opdiepcn, wenn die melalle kalt geschla-
gen- und ihnen mit dem hammer vertiefte gestallen aufgeprägt
werden, kupferplatten werden aufgelieft und zu kesseln ge-
schlagen.
AihTlPPEN, digitis attingere, vgl. aufslippen, aufs lüpfen,
auftupfen.
AUFTISCHEN, I« mensam apponerc, niciitiam exstruere, nnl.
opdisschcn: einem stattlich auftischen; ich kann dir nicht
viel, keine leckereicn auftischen;
i61
AUFTOBEN — AUFTRAGEN
AUFTRAGEN— AUFTREIBEN
762
hierauf wird warme milch, nebst fcid- und gartenfrücbten
in irdnen schusseln aufgetischt. Hagedorn 2, 101 ;
der Zufall pflegt io bergen und öden gebüschen
uns irrenden rittern gar oft noch schlechter aufzutischen.
WiEiASD 5, 44;
was heimlich oft das herz erfrischt,
wird endlich allen aufgetischt. 1'laten 81 ;
soll ich die {künden alter zeit) zur lust auftischen
neu fiirs alte lesekind? Rückert21$;
will ich hier etwas auftischen, das euern gaumen reizen soll.
Fr. Miller 2, 153; der leselusligen weit ein buch auftischen.
AUFTOBEN, anheben zu toben: der stürm tobt auf, tobt
von neuem auf.
AUFTÖNEN, in die höhe schallen, aufschallen, nnl. op-
deunen :
wie am ufer der stolzen' Elbe
der spreen schwarze wölke
vom gesträuch auftönt,
zum gesträuch niederiöntl Klopstock 8, 203;
doch lauter tönen klagen
zum thron des weltregierers auf. Gotteb 1, 62 ;
wie wenn bell auflönel der kriegsruf auf der drommete. Vos«.
AUFTOSEN, resonare:
am ufer des hoch auftosenden meeres. Bübgek;
felsengestad auAosen. Voss.
.\l'FTRÄBEN, tolutim incedere, nnl. opdraven : den berg
auflraben.
AUFTRAG, nnl. opdragt, nach den bedeulungen des auftra-
gen s,
1) illitus, sowol actus illiniendi als illinimentum : auftrag
des kalkes, mürtels auf die wand; auftrag der färbe : hier
konnte man den auftrag der färben nicht loben. Göthe 38,
123; der erste auftrag ihrer färben war licht. 38, 224; das
überhandnehmen des rothen grundes über den schwächern
auftrag. 3S, 225 ; dasz man sich immer der besten farbestoffe,
des reinsten auftrags bediene. 51, 81.
2) mandatum: bei meiner zunft anzufragen, ob sie mir jetzo
andre auftrage zu thun habe. Klopstock 12, 175 ; einen auftrag
geben (wie thun), ertheilen; den auftrag haben, empfangen,
erhalten, bekommen ; im auftrag von A. übersende ; den auf-
trag überbringen, besorgen, ausrichten, das nnl. opdragt be-
deulel auszer anbefehlung auch Zueignung.
AUFTRAGEIV, imponere, aufsetzen, nnl. opdragen:
1) cibos mensae imponere, schusseln, teuer, speise auf den
tisch tragen: und er trug auf butter und milch, und von
dem kalbe, das er zubereit hatte und satzts inen für. l.Vo5.
18, 8; und man trug im besonders auf und jenen auch be-
sonders. 43, 32 ; da trug der koch ein schulder auf und das
daran hing, und er legt es Saul für. l Sam. 9, 24; und da
er wider heim kam, hiesz er im brot auftragen. 2 Sam. 12, 20 ;
schlachtet ir vieh und trug iren wein auf. weish. Sal. 9, 2 ;
ein landstreicher oder lolterbub kam in ein herberg und liesz
im tapfer auftragen. Uüla>d 618 ; an einem ort tregt man wüst
gift auf, am andern geschmückt gift. Garg. 46' ; tregt das beste
aus dem hackstock auf. 73*; trag auf mit schalle! 91'; trag
auf vier, fünf, sechs maszenl 92'; als nun disz Tür über,
trug man karten auf, nit zu spilen, sondern vil hundert ge-
schwindigkeitcn, kurzweil und newe fündlin zu leren. 175";
fiihrt sie in ein saal und liesz ihnen auftragen. 260';
er kann die littet mästen,
trägt stets den feisten auf, zeucht stets herffir den besten.
LoGAü 3, ZW), s. 215;
sie liesz alsbald auftragen und war alles aus der maszen
Hol zugerichtet, unw. doct. 337; es ist schon aufgetragen.
LESsi.tc 1, 266; auftragen, dasz der tisch knackt, sich biegt.
2) inducere: kalk auf die wand auftragen; färben auftragen;
schminke auftragen; stark, grob auftragen, übertreiben; grob
und ungeschickt sind alle färben aufgetragen. Tieck 6, 192;
der mond trug allmälich einen grund von silber auf. J. Padl
Hesp. 3, 84 ; die fürstin hatte das empfindsame gesiebt mit
der reisekleidung weggelegt und ein festes, feines gallagesicht
dafür aufgetragen. 2, 44.
3) capili imponere, tragen auf dem haupl, aupiaben :
soll auftragen schneeweisze haubcn. H. Sacb» III. 1, 131';
micn {tagt der bHchsbaum) tregt auf manche schöne jungfraw
mit freuden zu dem tanze. üula.id 32;
sie trug ein allerliebstes schlafliäubchen auf. früher hiesx
es, stall des heuligen die kröne tragen, die kröne auftragen:
mit eurn worien ir mich nött,
das ich dise krön auftrag. fostn. sp. 656, 23;
er ist wol werd, das er die krön
nach euch im reich auftrage. Ambr. Ib. s. 313;
4) lerere vestem, schleiszen und stärker als abtragen: sie
tragt jährlich drei kleider auf; ist die aufgetragen, schaft
man wol rath zuner neuen. Tieck 2, 331.
5) congerere, aufschütten : erde auftragen, bergmännisch,
einen Schacht auftragen, erhöhen; erz und kohlen auftragen,
in die höhe tragen ; das seil auftragen, es um den korb legen.
6) mandare, demandare , committerc: menschen die ganz
frei und ledig bleiben, alle ire ehre und namen golt zu rech-
nen, im allein auftragen. Luther 1, 233';
es ist ein gröszcr lob, dasz gute laute fragen,
warumb nicht, als warumb dir was wird aufgetragen.
Opitz 1, 56;
von seinen vettern wüst er viel zu sagen,
viel grusze hat er uns an jeden aufgetragen. Göthe 12, 109;
einem ein amt, ein geschäft, eine arbeit auftragen, zumal
einem reich, land und leben auftragen : dasz ich meinen leib
und meine seele mit allem was ich bin und habe dir in
deine göttliche Vorsichtigkeit und väterliche sorge vollkömlich
auftrage. Scbuppics 451; sie war also gezwungen diese ge-
schäfte an andere abzugeben, oder nach der spräche jener
Zeiten, sie musle ihnen solche zu leben auftragen. Scuil-
LER 1035 ;
wir wissen .\bas dank,
dasz er nach so viel ach
uns seine cron aul'irägt. Grtphiis 1, 156;
nach den römischen grundsätzen gieng das grundeigenthum
von der republik aus, die welche bürger wurden, trugen es
dem Staat auf und nahmen es zu dessen bänden zurück.
Niebchr 1, 332 ; dasz communen, welche das bürgerrecht ein-
pfiengen, dem römischen Staat ihr land auftrugen und von
dessen bänden zurück erhielten. 2, 179 ; die böotischen di-
stricte, welche sich an Athen aufgetragen hatten, genossen
die vortheile des landrechts. l, 451 ; hierauf ward einmütig-
lich beschlossen, dasz man uns ihr ganz gebiet, land und
leut für eigen, damit nach unserm gefallen zu schalten und
zu walten auftragen solle. Garg. 268'. '.
7) einen auftragen, emportragen:
da mich das glück auftrug,
hett ich der freunde mehr denn gnug.
B. Waldis ksop 1, 12.
AüFTR.\GER, m. der essen oder trinken außrdgt, einen auf-
trag gibt.
AUFTRAMPELN und AUFTRAMPEN, pcdibus calcare, auf-
stampfen, zwar alle, aber unhochdeutsche Wörter, wovon mehr
unter den einfachen formen.
AUFTRAPPEN, hart, schwer außrelcn, aufstapfen.
AUFTRÄUFELN, außriefen, außröpfeln lassen: liquor dem
Zucker aufträufeln und eingeben; baisam aufträufeln.
AUFTRECHEN, in sinnlicher und abslracter bedeutung,
1) in die höhe ziehen, excilare, movere: im teutschen krieg,
welchen der Julius Civilis aufgetrochen hett. Fronsp. 3,276';
der staub, so das nachfolgend viech aufgetrochen hett. 3, 2S0'.
2) crimini dare, ■ auf einen schieben, ihm zur last legen:
das unserm reich nit etwan ein grosze schmach und schand
auftrochen werde, ne qua huic imperio macula atque igno-
tninia suscipiatur. Maaler 37'; man kan mirs nit auftrechen,
tnea culpa non est; dann dise ollentliche lugin {des gemem-
habens der weiber) wird unverschampt auftrochen nit allein
dem Dulcino und seinem anhang, sunder auch den fraticel-
lis. FRA?fR chron. 365'; etlich münch Ircchen im (dem Eras-
mus) alhie auf, er verleugne, rathbrech, inarler, beb auf oder
bieg alle auctoritet und schrift. 39l'; dann wie kan man
das leben, die seligkait und das liccht die ursach des tods,
finsternus und verdaninus auftrechen? paradoxa 20'; die
schmächllchen Ursachen, so im der pabst fälschlich uftriiche.
werden sich mit warbeit nit belinden. Tsciiloi 1, 142. später
veraltend, s. trechcn. das nnl. optrekken, aufziehen, hat diese
bedeutung des beschuldigens nicht.
AUFTREFFEN, illidere, aufschlagen : wo die bomben auf-
trafen, wirkten sie verheerend. auftreCFen bei den buchbin-
dem, wenn beim beraufen eines buchs auch die vier letzten
blätter der bogen beschnitten werden.
AUFTREIBEN, exagitare, emportreiben, nnl. opdrijven.
1) excitare feras e cubilUms , aufjagen , aufsprengen . er-
schrecken, aufspüren : den hasen auftreiben, weidwerkbuch 85*.
86'; er war ein Weidmann, trieb auf, eh er zu gam lauf
763
AUFTREIBEN— AUFTREIBUNG
AUFTRENNEN — AUFTRIFT
764
Garg. 52'; wild in schieiern auftreiben. 171*. man sagt aber
auch einen auftreiben, einen aus dem belle, von dem sluhl
treiben, endlich überhaupt ausforschen, auffinden: ich will
wissen, ob sie für meine tochter einen mann aufgetrieben
haben? irgendwo aufgejagl, aufgefangen.
2) zumal hiesz bei den handwerkern auftreiben einen an-
rüchlig machen, schellen, schmähen, gleichsam aus der zunfl
treiben, dasz er auch austedrls unzugelassen bleibe, in der
reformation gulcr policei von 1530, 39, 1: schmähen, auftrei-
ben, unredlich machen, wo aber einer einen meislcr oder
gesellen aufzutreiben oder unredlich an seinem handwerk zu
schelten vermeinet. Erfurter stadiordn. Q 3' ; auch keineswegs
aufgetrieben, gemeidet oder gar unredlich geacht werden.
ebenda.
3) auf Sachen oder personen angevjandl bedeutet auftreiben
erivischen, auffinden: wo hast du das wieder aufgetrieben?
er liest, wo er nur ein blatt papier auftreiben kann; geld
auftreiben, ich kann keinen kreuzer mehr auftreiben:
mein pselln habn mir prctzu leihen,
ietz khunl ich nit ein heller auftreibn.
ScHMELZL hochzeit 10';
wann der satan gieng von Job, ist sein anwalt dennoch blieben
Jobs sein weib, er haue nie keinen bessern aufgetrieben.
LoGAU 3, 2, 49 ;
SO terdrieszlich mir dieser umstand war, so gab ich doch
die hofnung nicht auf, durch die maszrcgeln, die ich deswe-
gen nahm, die alte noch endlich aufzutreiben. Wieland 12,
142 ; aber es will sich noch nichts auftreiben lassen. Tieck
15, 329 ; ich hoffe, wenn ich sie dadurch unterhielte, wol so
viel erfindung auftreiben zu können, ges. nov. 1, 54 ; ein bei-
spiel auftreiben. Kam 4, 152 ; endlich habe ich ein solches sub-
ject aufgetrieben. J. Paul ßegclj. 1, 11.
4) sinnliches auftreiben, in die höhe treiben von gegenstän-
den : die reife auftreiben, wie antreiben (sp. 505) ; die nestel,
haften und kneiflein (knäuflein) auftreiben. Garg. 163'; eine
thür auftreiben, gewaltsam öfnen; keile auftreiben;
Jungfern mündchen sind die mülcn, drauf man sQszen zucker
reibe,
jeder will hier sein ein müUer, dasz er stein auf stein auftreibe.
LOGAU 3, 7, 54;
in welchen brunnen würt das wasser also versamlet und auf-
getrihen. Frank weltb. 164'; Springbrunnen treiben das was-
ser, das meer die wellen, der wind den sand auf; mein ge-
hirn treibt öfters wunderbare blasen auf. Schiller 262 ; scheue
das blut nicht, es ist der thau, der die pflanze des ruhms
auftreibt. Klinger 5, 121. zumal, anschwellen, in die höhe ge-
hen machen: die hefe treibt den teig auf; das wasser die
blase, der wind den balg; trieben ein geschwulst auf. Garg.
136'; wenn einer mit seiner natürlichen grösze nicht zufrie-
den, auf stelzen einher schritt, oder sich vor eigendünkel
blähte und auftrieb, bis er hätte platzen mögen. Wielanu
8, 244; ein aufgetriebner leib bei kranken, den staub auf-
treiben.
5) abstractionen. widerumb alle die solchen glauben nicht
haben, sondern vermessen sich, die mess als ein opfer auf-
zutreiben, und ir ampt gott für tragen, das sind ölgötzen.
Luther 1, 336'; ein frölichkeit, mit welcher das gemüt aufge-
triben und grosz wird. Melanchtho.n annot. zum br. an die
Römer, verdeutscht 923;
eitle sinnen
2u treiben auf mit dem was sie nicht fassen können.
LoGAU 3, zugäbe s. 315 ;
nur das gefühl räche an dem zu nehmen, der diese leiden
verursacht hatte, trieb die von schmerz erdrückten kräfte
auf. Klinger 4, 44; ich treibe die geister von neuem auf.
<A. 3, 369; einen krieg auftreiben, erregen.
6) eigenlhümlich steht auftreiben für depascere, mit dem
vieh abtreiben, abweiden, fertig weiden, man sehe die unter
nbweiden ausgezogne stelle von Opitz.
7) intransitives auftreiben: der ertrunknc leichnam treibt
am ufer auf, treibt in die höhe; der same, die fruclit treibt
auf: laszt uns den saiiien auswerfen, sehen wir ihn aucii
nicht reifen, so wird er zu seiner zeit schon auftreiben.
Klincer 4, 257 ; die frucht, die in meinem iierzen aufzutrei-
ben beginnt. 5, 25 ; das schif treibt auf, gerälh auf den grund.
AIJFTIIEIBLICH, auffindbar: die anfireibliche zahl" guter
kunstrichter oder künstler. J. Paul aesth. 3, 4S,
AUFTREIBUNG, f. galt sonst lumal für die exagitatio opi-
ficum.
AUFTRENNEN, dissuere: ein kleid an beiden seilen auf-
trennen.
AUFTRETEN, pedem figere, nnl. optreden,
1) intransitiv auftreten, vortreten, vor der weit erscheinen:
und alle seine söne und töchter traten auf, das sie in trö-
sten. 1 Mos. 37, 35; ir seid aufgetreten an ewr veter stat.
A Mos. 32, 14; es sol kein einzeler zeuge wider iemand auf-
trelten. 5 Mos. 19, 15 ; wenn ein freveler zeuge wider iemand
auftrit. 19, 16 ; es tretten frevel zeugen auf. ps. 35, 11 ; aber
der herr ist aufgetretten die Völker zu richten. Es. 3, 13 ; und
die zween ältesten traten auf, mitten unter dem volk. Sus.
34; die königin von Ninive wird auftretten am jüngsten ge-
richte. Matlh. 12, 42 ; aber am letzten tage des festes trat Je-
sus auf und rief {golh. stö{) .Jesus). Joh. 7,37; und in den
tagen trat auf Petrus unter die jünger, aposl. gesch.l,ih; da
trat Petrus auf mit den eilfen. 2, 14 ; was für propheten her-
nach aufgetreten sein. Mathesius 74"; wenn ich auftrete, zit-
tert ein herzogthum. Schiller 187'; als ich zum erstenmal
vor dem publicum als Schriftsteller auftrat. Gökingk 1 rorr. 1;
die fürsten, die in diesem werk auftreten. Klinger 3, 125;
wenn man die argumente der Vernunft gegeneinander auftre-
ten läszt. Kant 2, 400; die erden der nacht (die planeten) tra-
ten schon auf. J. Paul Hesp. 4, 49.
Man pflegt die art und weise des auftretens durch die adv.
still oder laut, derb oder leise, stark, fest, hart oder gelind,
behutsam u. a. m. zu bezeichnen: wer das falsche vertheidigcn
will, hat alle Ursache leise aufzutreten und sich zu einer
feinen lebensart zu bekennen, wer das recht auf seiner seile
fühlt, musz derb auftreten, ein höfliches recht will gar nichts
heiszen. Göthe 56, 150 ; dieses leise auftreten, dieses schmie-
gen und biegen. 19,167; er tritt hoch auf, brüstet sich;
sein fusz tritt grimmig auf, dasz die allee erzittert.
Zacuariä;
gleich auftreten heiszl die füsze gleich heben und setzen zu-
mal von Pferden; die Schönheit des gewebes hängt vom glei-
chen auftreten des webegeschirres ab, vom gleichen schlag
der lade. Göthe 23, 65. mit etwas auftreten, etwas anbringen,
vorbringen: die leute sind mit einer klage gegen ihren amt-
mann aufgetreten.
Im auftreten liegt ursprünglich emporlrclen, der auftretende
redner orfer Schauspieler besteigt kanzel oder bühne und der
zeuge musz vor gericht treten, aufsteigen, am deutlichsten
wird dies empor beim auftreten zum galgen:
und da der hübsche Schreiber
die erste sprossen auftrat,
er sprach, ir siben landsherrcn,
gebt mir eins Wortes macht! Umland 229,
doch läszl es sich hier auch nehmen als treten auf die erste
sprosse wie es heiszl: ich kann nicht auftreten, auf die füsze
treten. Es heiszl aber auch : mir sind die füsze aufgetreten,
angeschwollen; der leib tritt ihm schon auf, schwilll ihm.
2) transitiv, calcando fiangere, aperirc : eine nusz, die thür
auftreten, das pferd tritt den fuszbodcn auf.
AUFTREUFEN, außriefcn, außropfen: es treuft hier auf,
es fallen tropfen.
AUFTREUGEN, außrocknen, aufdünen: aufgetreugte pfir-
sichblüeten. unw. doct. 463; aufgedrcugtc trauben. 874. vgl.
abtreugen.
AUFTRIEFEN, was auftrcufen, tropfen, bei Stieler 2328
inspergi.
AUFTRIFELN, auffädmen, die fdden außösen, auffdseln:
und als (alles) was sie beim lag thut wilTeln,
tliut sie bei nacht wider nultriirelii.
H. Sachs III. 2, 92',
nemlich Pcnclope Od. 2, 105. 10, 150 akXveoxs. alte sailer ge-
nommen, dii'sclben aiifgetrilTelt und gewaschen. Fronsp. kriegsb.
1,144'; mag leichtiichen sich begeben, dasz es [das fleisch des
hufcs) der wein mit seiner kraft auftriflc und zertasle. Fo-
rer Ihierb. 51'. hierzu halle man das folgende und antrifeln,
so wie die abweichenden Schreibungen andriefeln, ausdriefeln ;
ohne zweifei gehört dazu das altn, tiefja implicarc, treija filum
lineum, trefill lacera vcslis, ddn. trevel.
AUFTRIFEN, dasselbe, altn. treija, dän. plukke i trevler:
viel pcuicl hab ich mit zorkilTcl,
viel gellseck darmil aiirgetrilTi't.
H. Sachs I, 531«.
AUTTHIFT, f das treiben des viehcs auf die weide (vgl.
auftreiben G), hin und wieder auch das umpflügen zur herbtl-
teit in rauher furche.
1
765
AÜFTRINKEN— AUFTROCKNEN
AUFTROMMELN— AUFWACHEN
766
AÜFTRINKEN, consumere polando: alles bis zum letzten
tropfen gierig auftrinken ; dieser karge tliaulropfe zeit, schon
ein trauui von Ferdinand trinkt ihn wollüstig auf. Schiller
1S4; auch wollt ich die nahe Christnachtsmusik näher und
voller auftrinken. J. Pacl jubeis. las. austrinken heiszl ein
glas, einen becber leeren, auftrinken den ganzen vorral trinken.
AUFTRISTEN, exslruere stramenla in acervum, anfschochen,
tristen machen. Maaleb 37'.
AUFTRITT, m. accessus, das empor, hervor treten,
1) sinnliches aufsteigen: der auftritt auf die kanzel, auf
die bülme, auf die anhuhe:
wie nun die rrösch ans urer kamen,
aus dem wasser den auftritt naiimen.
froschm. CS'.
dann die stufe, auf welche man schreitet, der stein vor dem
haus um ju pferde zu steigen, franz. perron.
2) vom u^chselnden auftritt der Schauspieler bildete sich
leicht eine benennung der abschnitte des gespielten Stücks, das
Schauspiel zerfällt uns in aufzüge oder acte, jeder aufzug in
auftritte oder scenen, je nachdem personen abgehn und neue
zutreten. Hans Sacbs und äyrer zerlegten ihre Schauspiele
zwar in actus, diese aber noch nicht in einzelne scenen, son-
dern begnügten sich die zugehenden personen zu nennen, auch
bei Opitz sind nur acte angegeben und dann die auftretenden
personen genannt, bei Gryphil*s heiszen die acte abhandlun-
gen {bei Schoch handlungen), die scenen eingange, im ISjh.
drang seit Christ. Weise und Gottsched ßr scene auftritt
durch, die Dänen sagen optrin.
3) gleich dem frans, scene fieng nun auftritt an ein einzel-
nes, wechselndes bild oder abenteuer auch auszerhalb dem
Schauspiel, jeden auffallend herbeigefüiirten hergang und han-
del zu bezeichnen:
mein äuge durchirret den auftritt noch einmal.
E. V. Kleist 2, 17;
wird mich der lod auf schwarzen schwingen
zu einem bellern aurtrilt bringeu. L'z 1, 137;
kann der riuerslolz
des herzogs .Alba diesen aurtritt hören? Schiller 2.>4;
wohin ich nun trete, wiederhole ich den bangen auftritt un-
serer trennung. 752; ohne zu überlegen, dasz sie mir einen
auftritt bereiten, der meiner standhaftigkeit gefdhrlich werden
kann. Gotter 3, 72; auch machten die groszen hunde dieses
herm schlimme auftritte. Guthe IS, 139; sachte fiengen die
öffentlichen auftritte an. 24, 301; solche auftritte spannen
seine imagination zu sehr. Fr. Mlller 3, 259 ; die Schöpfung
ist immer geschäftig, mehr auftritte der natur, neue dinge
und neue weiten henorzubringen. Kam 8, 324; die natur
ziert die ewigkeit mit veränderlichen auflritten aus. 8, 329 ;
ein ärgerlicher auftritt folgte dem andern; nur keinen auftritt!
4) im 16 ;A. begegnet auftritt, ohne allen bezug auf das
sdiauspiel, für betrug: ein auftrit, ein falsch betrug, ein hin-
derlist Thlhneisser magn. alchym. 2, 12(5. im 17 jh. für di-
gression : weil ich im vorigen capite! der Grünländer gedacht,
als achte Ichs nicht gar unbequem zu sein, ailhier eine di-
gression oder von unser reise einen kleinen auftritt zu neh-
men und die grünlandischen Völker in etwas zu betrachten.
pert. reiseb. 3, 4.
AUFTROCKNEN, in doppeltem sinn,
1) 5iccarf, abstergerc, arcfacere: nasses auftrocknen; die
lütze trocknet alles auf; apfel, kirschen auftrocknen; den
ausgeloffenen wein mit mel auftrocknen. Garg. 159'; ein
iieinilicber abend trockne die pfützen eines schlüpfrigen ta-
ge« auf. LoHEftsT. Arm. 1, 70; seine traurigen nacliforschungen
trockneten sein herz auf. Kli?«cer 5, 17; die neueste Philoso-
phie der Teutschen trocknet das herz ganz auf. 12, 197.
5) stccescere, ganz trocknen : in der heiszen sonne trocknet
es schnell auf;
indem eri>laüzt die wang und «inkl, es trocknen
die letzten tbränen auf. Klopstock 1, 91 ;
mancherlei aufgetrocknete blumencrinnerungen früherer Spa-
ziergänge. 17, 399; es gehört hohe moralische kraft dazu,
den verstand durch v*clterfahrung aufzuklären, ohne dasz das
herz in dieser schule auftrockne. Klincer 11, 85; die gcrecbtig-
keil wird in den gesetzbUchem aufgetrocknet ziemlich erhal-
len. J. Pacl lit. nachl. 4, 139. di> part. praet. sind zweideutig,
aufgetrocknet kann sein teas von selbst trocknete oder getrock-
net wurde, ahd. würde sich artruccbani-t ton artrucchanit
scheiden.
AUFTROMMELN, tympanum pulsare, aufwirbeln: der tam-
bur trommelt auf; generalmarsch wird aufgetrommelt; der
tambur, so zum tanze aufgetrummelt hatte. Felsenb. 1, 36.
auch einen auftrorameln, aus dem schlafe trommeln.
AUFTROMPETEN, tuba canere, außlasen, frülier auch auf-
trommeten, auftrummeten , auftrumpten: da herzog Naime
und Otgier sahen, das es zeit was anlaufen zu lassen, si
theten auftrummeten, also ranten sie all dahin. Aimon k4;
eins auftrompeten, ein stüek aufblasen, wiederum auch mit
der trompete aufwecken.
AUFTRÖPFELN, instillare. intransitiv, es tröpfelt auf, «
fallen kleine tropfen, transitiv, in tropfen auf etwas fallen
lassen: wein auf zucker auftröpfeln, s. aufträufeln.
AUFTROPFEN, dasselbe, in beiden bedeutungen: es tropft
stärker auf, es fallen grosze tropfen.
AUFTRÖSELN, filatim sohere, altn. trosa solrere, trosna
solvi, rumpi, womit selbst das goth. ufartrusnjan {überspreilen,
überfädmen?) verglichen werden darf:
aber tage wnhrt.s,
jähre dauert«, dasz ich neu erschaffe
tausendräliig deiner Verschwendungen fülle,
auDrösle die bunte schnür meines^glücks
geklöppelt tausendfadig
von dir, o Suleika. Göthe 5, 159;
deine briefe wandern mit mir, die ich wie eine buntgewirkte
schnür auftrösle, um den schönen reichthum,- den sie ent-
halten, zu ordnen. Göthe bei Bettine I, 229. j. aufdrieseln.
AUFTROSSE.N, imponere sarcinis, aufpacken : mit den Wor-
ten gebot er, dasz manigklich sein kleinoten, gered und pro-
viand auftrossen und den negsten gen Dordon ziehen solL
Aimon y 3. s. trosz.
AUFTRÜBEN, turbare, das wasser aufregen und trüben:
von der turteltaube:
trübet zuvorhin der klaren brunnen flusz
mit ihren füszen auf, im fall sie trinken musi.
Opitz 2, SO.
AUFTRUMPFEN, eolorem praeeipuum chartae lusoriae emit-
tere, trumpf ausspielen: ich hält dem major besser auftrum-
pfen sollen. Schiller ISl; die kränzelherren trumpfen mir
niedergearbeiteten manne nach gefallen auf. J. Pacl Aomel 2, 90.
vgl. abtrumpfen.
.\UFTRUMPTEN, was auftrompefen : Hug sprach, lasset
auftrumpten und sich das volk der Stadt zuwenden, hernach :
man trumpt auf, der graf legt seinen spiesz ein. Hugosehapler
35. 57.
AUFTUCKEN, s. aufducken.
AUFTÜNCHEN, inducere, tünche außragen: so hast du dei-
nen bedürfnissen einen schein von Wahrheit und Schönheit
aufgetüncht. Götue 39, 34L
AUFTUNKEN, intingendo exhaurire: mit brot die brähe
auftunken.
AUFTUPFEN, in doppelter bedeuiung,
1) digitis leviter attingere, was auftippen, aufstüpfen. Stik-
LER 225S auflüppen.
2) attingendo siccare, betupfend auftrocknen: das wasser
mit einem tüchlein auftupfen, bei Tobler 430' uftopfa. Fi-
schart unter den spielen n* 17 führt an: hupf auf, dupf aufl
AUFUNG, f. awgmentum, incrementum: Germania ist züch-
tiger worden und in grosze aufung kummen. Frask weltb. 48' ;
Venedig hat zur zeit des grausamen Überzugs Athile (Attilae)
merklich aufung und anfang genummen. chron. 157' und noch
einigemal, sonst aber ungebräuchlich, s. aufen.
AUFVERLA.NGEN, auf wollen, aufstehn wollen, sich aufseh-
nen: der kranke verlangt immer auf. Schweiz, iifbiangera.
Tobler 430', auflielangen, vgl. mhd. belangen und aufbegehren.
AUFVERSP.\REN, rcservare, aufsparen: vermutlich verspart
er mir dieses vergnügen auf^ um mich damit zu überraschen.
Klinger 10, 6r>.
AUF\V.\CHE.N, expergisct, erwachen, nnl. o()waken. beide,
aufwachen und erwachen sind uns fast gleichbedeutig, wie sie
sich auch in auferwachen häufen; docit sagt aufwachen dem
gemeinen Sprachgebrauch mehr zu und envachen klingt gebil-
deter, vornehmer, eine mutttf wird nicht leicht sagen, das
kind ist erwacht, sondern aufgewacht, aus einem schweren
träum, von dem geräusche aufwachen, da nu Jacob von sei-
nem schlaf aufwachte. 1 Mos. 28, 16 ; er aber wachet auf von
seinem schlaf, rieht. 16, 14 ; wachet auf ir trunken und wei-
net. Joe/ 1,5; und so du rein und froin bist, so wird er
aufwachen zu dir {vutg. evigilabit ad te). Iliob 8, 6. es heiszl
sowol von, und früher ab etwas aufwachen, als über, durch,
767
AUFWACHEN — AUFWACHSEN
AUFWAGEN — AUFWALLUNG
768
zuweilen an etwas : Kronhelm hürle ihre stimme früh im haus
und wachte dran auf. Millers Sie(ßv. 2, 24G. stall für oder
zu etwas aufwachen, zu einem andern leben, zur Unsterblich-
keit aufwachen, sclzt Klopstock den bloszen daliv:
ja bei unserem slaube, der einst der Unsterblichkeit aufwacht.
A/ess. U, 1240.
Bildlich, die seele, wie sie schläft, wacht auf: die nun mit
allen heiligen kräften aufgewachte seele Albanos. J. Paul TU.
2, 09 ; aber jetzt war zu viel in Albano aufgewacht (rege ge-
worden). 1, 56 ; wach auf meine ehre, wach auf psalter und
harfe! ps. 57, 9; das volk wacht auf; aufgewachte Völker.
Hesp. 2, 222 ; Albano und Liane kamen vor eine aussieht, wo
der mond aufwachte [aufgieng). TU. 2, 244, was doch unge-
wöhnlich zu sagen isl. schlummernde, verborgne leidenschaf-
ten wachen auf; ein unersättlicher geiz war in ihm aufge-
wacht; aufwachende bedürfnisse. Gotter 3,465; aufwachende
schmerzen. Felsenh. 2, 92 ; der alte schaden auf meiner brüst
schien aufzuwachen, ich hustete heftig. Göthe 19, 349; alte
schulden wachen auf; bald ausgehenden 1569 Jahres ist i. f. g.
Schuldwesen aufgewacht, dasz also auf allen orten gemahnet
ist worden. Sciiweimchen 1, 61; das fürstliche schuldwesen
ist dies jähr sehr aufgewacht. 1, 67,
Wenn Opitz 3, 306 sagt:
ein aurgewachies herz und prächtiger verstand
begehrt gerühmt zu sein durch die geehrte band,
SO läszt sich zwar aufgewacht ßr das pari, von aufwachen
ansehn; andere stellen aber zeigen, dasz er es von aufwecken
bildet und für aufgewackt schreibt, s. aufwecken.
AUFWACHEN, n. erwachen: sie schlummerten zu einem
fürchterlichen aufwachen. Tu. Abbt verdienst 2, 2.
AUFWACHS, m. incremenlum, verhält sich za aufwuchs
wie anwachs zu anwuchs : es wärind die irrsäl, misbruch,
falscher geist, böse sitten zu sölichem ufwachs nie kommen.
ZwiNGLi 1, 589 ; zu ufwachs der wurzel. Rute /(J5in. M 2 ;
er (der weise mann) Kann aus vielen Sachen,
die er erfahren hat, ihm einen auszug machen,
dardurch ein iianzes land nicht schlechten aufwachs nimmt,
wenn es zugleich mit ihm bisz ans gcsiirne klimmt.
Fleming 62.
AUFWACHSEN, adolescere, excrcscere, nnl. opwassen. steht
zu erwachsen ivie aufwachen zu erwachen, vgl. auferwachsen.
1) sinnlich, und gott der herr liesz aufwachsen aus der
erden allerlei bewine lustig anzusehen und gut zu essen.
1 Mos. 2, 9 ; hielt einen rat mit den jungen, die mit im auf-
gewachsen waren. 1 kün. 12, 8 ; kan auch die schilf aufwach-
sen, wo sie nicht feucht stehet? HiobS,U; das unsere süne
aufwachsen in irer Jugend wie die pflanzen, ps. 144, 12; ich
bin aufgewachsen wie ein palinbaum am wasser. Sir. 24,18;
«tliches fiel unter die dornen und die dornen wuchsen auf
und ersticktens. Matth. 13, 7 ; das nicht etwa eine bittere wur-
zel aufwachse, //efcr. 12, 15; da er aufgewuchs. Seb. Münster 71;
sintemal auch kleine steine zu einem berge aufwachsen kön-
nen, pers. baumg. 1, 15;
wo Venus weiland sasz und den Adonis kfiste,
wuchs gras und blumen auf, obgleich der jirt war wüste.
LocAU 1, 5, cl ;
daher wuchs ich auf wie ein narr im zwiebellandoder kraut-
garlen. Simpl. 1, 160; die andere kinder wachsen auf, er
müsse denselbigen auch helfen. Schuppius 802 ; als ich vor
den schwellen das gras aufgewachsen sah. Klinger 4, 212;
das walzen und drehen war anfang, mittel und ende, alle
waren zu diesem nationaltanz aufgewachsen. Göthe 26, 22.
2) abstract, denn sihe, ich wil ein ncwes machen, itzt sol
es aufwachsen. Es. 43, 19 ; die in kurz also in ein sollich
macht aufgewachsen und so vilfeltig sig gehabt. Frank weltb. 99' ;
zum icliaden im der spott aufwachs. H. Sachs I, 535',
eine häufige schluszformcl seiner gedichte; jetzt sehet ihr wo!,
in was hohen ehren Galmy der riltcr aufwachsen tliiit. Gnlmy
165; nun ist zu sorgen, er wachs noch mehr und mehr an
dem hüf auf. 166; alle tiefe wilnsche der Iirusl standen auf
einmal aufgewaciiscn in Walter da und blühten voll. J. Paul
flegelj. 1, 114 ; das gespriich war offenbar im poetengange auf-
gcwaciisen. 1,150; was überkommt aber denn sonst das gute
arme volk für staatsclirc, indesz in höiiern ständen täglich
alle tilel höher aufwachsen, nachddmm. b2; die Zinsen wuch-
sen über das capilal auf.
Im pari, erzeigt sich wol einige Verschiedenheit twischcn auf-
gewachsen und erwachsen, wir sind zusammen aufgewachsen
isl zwar dasselbe mit erwachsen, doch ein erwachsner mann,
homo adultus drückt mehr aus als aufgewachsen, den zum
ziel seines wachsthunis gelangten.
AUFWAGEN, in aleam dare, aufs spiel setzen : habe ich also
über mein vermögen viel aufwagen und aufwenden müssen.
SciiwEiNicuEN 3, 291 ; ich will noch ein goldstück aufwagen, sich
aufwagen, sich in die höhe wagen, aufzustehn wagen: der kranke
wagt sich noch nicht auf; als wir in den mit zwei hohen
nuszbäumen überschatteten pfarrhof traten, sasz der gute
alte mann auf einer bank vor der hausthür, und da er Lot-
ten sah, ward er wie neu belebt, vergasz seinen knotenslock,
und wagte sich auf, ihr entgegen. Göthe 16, 42.
AUFWÄGEN, pendere, expendere, nnl. opwegen,
1) eine last, einen stein aufwägen; menschen wägen auf
deinem dolch keine luftblase auf. Schiller 122 ; durch bünd-
nisse unter einander eine macht aufzuwägen sTlchen, gegen
welche sie einzeln nicht bestanden. 881.
2) sie mögen mich gegen meine landslcute oder gegen
ausländer aufwägen, ich habe ihnen nichts vorzuschreiben.
Lessing 2, 4; damit man gründe und gegengründe desto be-
quemer gegen einander aufwagen könne. 5, 64 ;
t'a wenn selber mit golde dich aufzuwägen geböte
'riamos, Dardanos sobn. Voss //. 22, 351 ;
dein blick wägt ein leben eitler lugend auf, die man nur
mit leeren worten lohnt. Klinger 2, 390 ; die thränen, die ihr
nun in meine äugen zieht, wägt die herrlichkeit der weit
nicht auf. 2, 419 ; in meinem Wahnsinn wünscht ich, euch
mit einem verbrechen beladen zu sehen, um das meine ge-
gen das eure aufzuwägen. 4, 124. das pari, lautet aufgewägt
und aufgewogen, man sehe aufwiegen und die analogie von
abwägen, abwiegen.
AUFWÄHLEN, eine karte auf gut glück aufschlagen.
AUFWALL, «1. fervor: aufwall des heiszen wassers, der
leidenschaft; die erinnerung dieser geschichte verbitterte mir
jeden aufwall freudiger empfindung. ThIjmmel.
AUFWALLEN, aesluare, fervere, agitari. die alte, starke
form wallen wiel gewallen verrälh im 16 jh. zuweilen noch
wellt oder wällt für das heutige wallt, wallet, und das pari,
praet. gewallen für gewallt, gewallet.
1) von siedendem, brausendem wasser: das meer wallt auf;
der gieng einmal spaciern in seinen garten, darinn hett er
ein brunnen, der wället auf. seh. und ernst cap. 166; das
schlosz auch in der mitten ein schönen aufwallenden brun-
nen hett. Aimonii; das blut wallt auf; ha was ruft? was
wallt in diesen zarten ädern auf? Klinger l, 49.
2) von glut und hitze: aufwallendes feuer, -aufwallender
brodem; man sah den dampf hoch aufwallen.
3) herz und busen wallen auf:
aber was ist es in mir, dasz zu so zärHichen sorgen
für die unbekannte mein herz mit emplindunprcn aufwalh?
Klopstock Mess. 6, 364;
hüllete schnell in die seide den schön aufwallenden busen,
Luise 2, 339 ;
auf dem wege dahin walletc Gottwalts herz wie ein angewe-
hetes blumenbect bei dem gedanken auf. J. Paul flegelj. 2, 94.
4) das kornfeld wallt auf; der staub wallt auf;
wie unter dem fiisze des wandrers
leichter staub, von gewürmen bewohnt, aufwallet und hinsinkt.
Klopstock,
5) die leidenschaften wallen auf; aufwallende räche; auf-
wallende hitze der rachbcgicrde. RabenerI, 95; wie wir als-
dann aufwallen und ihn umarmen. Herder 1, 97.
6) transitives aufwallen isl zu tadeln, so sagt Hippel 10,
236 : die Jugend, in welcher die reife natur gewisse triebe
aufwallt, s. aufwellen.
AUFWALLEN, n. aufwalt, aufwallung: vielleicht ist dies
der freiheit letztes aufwallen. Klinger 2, 340; letzteres liel
mir einmal bei sehr gioszen schmerzen bei und bewirkte ein
kurzes aufwallen von lachen. Lichtenberg 1, 15; er iialte da-
von nichts im köpfe behalten als ein schmerzlich süszes tie-
fes aufwallen. ,1. Paul J(i<. 1, 3.
AUFWÄLLEN, s. aufwellen.
AUFWALLUNG, /". scatebra. Maaler37'; die anziehung des
inondes hält das gewässer des occaas in unauniOrlichcr auf-
wallung. Kant 8, 211 ;
(Uürmos) ichwebie daher durch viel aufwallungen.
Vosi Od. b, 54 ;
769
AUFWALZEN — AÜFVV.VRT
ein junger mensch, dem man den zügel in seinen begierden
und auh»allung der geister schieszen lassen. Wixselmaxs
3, 223 ; man musz nicht der ersten aufwallung folgen.
AUnVÄLZEN, subvohere,
1) emponcälzen, außhürmen:
ihn (den marmor) von der au aurwähend zur berghöh.
Voss Od. 11,596;
ein klausner, der
von dem lierg der aufgewalzten jähre
hinabsieht in das" aufgelöste spiel
des unverständlich krumm gewundnen lebens.
SCdILLER 60S';
wölken gössen sich gedrängt und düster von den bergen herab,
in hohen unendlichen gebirgen aufgewalzt. Tiecr 8, 58.
2) auf einen wälzen: dem gerichtshalter und mir ist das
ganze geschäft aufgewälzt. Göthe 20, 245.
AUFWAND, m. sumtus, impensa, tcas aufgewandt icird, itn-
pendiliir, erst seit dem 18 jh. im yang und bei Stieleb feh-
lend, der daßr mit derselben bedeulung das jetzt ungeicühn-
liche hinwand 2505 verzeichnet, der pl. aufwände hat kein be-
denken und folgt ganz dem einwände von einwand, groszer,
geringer, unmäsziger, übertriebner, unnützer, vergeblicher,
täglicher, jährlicher aufwand; aufwand machen , bestreiten,
aushalten, einschränken; aufwand von geld, von geist;
selber uns einzuladen gedachten wir. aber kein aufwand!
Luise 3, 41;
lächeln sie nur, lachen sie nur über den theatralischen auf-
wand von leidenschaft I Göthe 19, 131 ; weil er als ein unter-
richteter mann mit auszeichnung empfangen wurde, und den
aufwand des gesprächs recht gut zu bestreiten wusle. 25, S5 ;
es erfordert einen gröszem aufwand von verstandeskraft.
Kam 1, 3S2 ; wenn dies wirklich der unterschied ist, den die
krilik mit so groszem aufwände macht. 3, 345.
ALTWANDEL.N, aufwärts, empor wandeln: auf und nieder
wandeln; ach wenn einst die seele aufwandelt über die Ster-
nenbahn. Fr. Müller 2, 151.
ALFWANDELN heiszt den katholiken die verwandelte hostie
lur anbetung in die höhe hallen (Scum. 4, 95), den kelch em-
por heben, der ausdruck kommt mhd. noch nicht vor, und
schhnt unrichtig gebildet, da die Wandlung nicht im aupieben
erfolijl, schon vorher geschah, auch nennen dieses aufwandeln
die l'olen podzwignac, die Böhmen pozdwjhati, die Slovenen
in Sieier povsdigovali. d. i. erheben, die Franzosen elever.
ALFWANDSGESETZ, n. lex sumtuaria.
.\LTWANDSVOLL, sumtuosus: aufwandsvolle Staatsämter.
Fichte über die franz. rev. 272.
AUFWÄRMEN, recaleßeri, erwarmen, ahd. arwaramen:
mit solchen äugen und einer so glatten haut
und solchen alabasterarmen,
in denen sie den alten Triton sogar,
wie alt und kalt er auch in Aurorens armen war,
versuchen konnte zum Jüngling aufzuwärmen.
WlELA.tD 5, 47.
AUFWÄRMEN, recalefacere, recoquere, ahd. arwaraman, nnl.
opwarmen: w;y-um wärmet ihr nicht alle altvaterische worte
wieder auf? Weise erzn. 128^ von einem manne, der eben
versucht halte, über einen kohl, den er zum siebenündsieb-
zigstenmale aufwärmte, eine deutsche brühe zu gieszen, ward
herr Klotz urplötzlich zum allgemeinen kunstrichler der schö-
nen Wissenschaften. Lessinc 8, 204 ; die sitt und weise der
Scholastiker wieder aufwünnen. Klopstock 12, 154 ;
ihnen hau in der eile mama den bra'en vom mittag
aulgewvnit in der pfann und gewürzt mit kräftigen zwiebeln.
Luise 3, 532 ;
knaben sinds die wir gerettet
aus der brandung grirainem zahn,
sie auf «chilf und nioos gebeUet
aufgewärmt zum licht heran. Götbk 41, 175;'
ihre freundschaft hat mich zu einem autor aufgewärmt, und
aufgefordert. Hippel 14, 184 ; so wenig fühlst du der liebe
niaclil, dasz sie deinen chrgeiz nicht mehr aufwärmen kann.
Klincer 2, 389; o mein geist begehrt etwas anders als eine
aufgewärmte, neu aufgelegte erde. J. F»ai;l uns. löge 2, 170;
aufgewärmte spielwaaren voriger Chrisiiage. jubels. 191 ; die
alle geschichte, einen allen wilz aufwärmen.
AUFWART, f. was aufwartung, und ßr aufwarte stehend,
ganz wie warte, ahd. warta, blosz in der Schweiz gebräuch-
lich: ich bin zur aufwart, herr unlenogtl Pestalozzi L und
G. 1, 55; diese war ziemlich hübsch und ich, vermutlich
darum, eine Zeitlang sterblich reriicbl in sie. hätte sie meine
AÜFWARTEBURSCH — AUFWARTEN 770
aufwart williger angenommen, war ich wirklich an ihr zum
narren worden, der arme mann im Toekenb. 102.
AÜFWARTEBURSCH, m. puer ministrans, aufwdrler.
AUFWARTEGELD, n. merces famuli famulaete.
AUFWARTELOHN, m. dasselbe.
AUFWARTEMÄDCHEN, n. ancilla, famula, dienstmddchen :
die bei einer vornehmen dame als aufwarlemägdgen in dien-
sten stand. Felsenb. 2, 247 ; vergessen sie zu keiner zeit, dasz
ihr aufwartemädchen niemals ihre vertraute fireundin ist R\-
be.ner 3, 2S2.
AUFWARTEN, speclare, exspeclarc, attendere, minislrare.
1) die eigentliche bedeulung ist aufschauen, in die höhe
schauen, wie das einfache warten schauen, franz. regarder
ausdrückt.
um dich, o herr, stehn aller äugen her
und warten auf. Oenz ps. 145,
bei Luther ps. 145, 15 aller äugen warten auf dich, vulg. oculi
omnium in te sperant domine. daher aufwarten zu gott,
hinauf zu gott schauen, regarder ä dieu:
wenn mir das aufwartn ist geriebt
zu gou nach dem ewigen liecbh Atkek 131*.
2) dies aufwarten gehl über in attendere, aufmerken, einem
dinge warten, es abwarten, curare: ich legte mich an die hei-
lige stelle, damit ich alsbald mit der sonnen aufgang auf-
warten könte. Rollexhages wunderb, reisen 25. einem aufwar-
ten hiesz einem aufpassen, nachstellen:
darumb müsz wir aufwarten dem,
und ihm den weg mit volk verlegen, .\trer226';
und ward Ton obristen Schlangen, der ihm an einem holze
aufwartete, umbgeben (umringt) und muste viel seines volkes
einbüszen. Micrälics a. P. 5, 365. aber auch bloszes warten,
erwarten, exspectare: wären aber bisz zu ankunft Hanns
ThurnmejTs aufzuwarten bescheiden worden. Pdiland. 2, 234 ;
dasz ich v(ol anderlhalbe stunde vor seinem quartier aufwar-
ten muslc. Simpl. 1, 439 ; dasz sie ihr gewohntes geschrei
nicht den aufwartenden adlern verrathe. Lohexst. Arm. 1, 609 ;
weidet {der esel), dieweil er must aufwarten,
bisz sie ihr blumen, wurzeln, kraut gesamlet.
froschm. 2, 4, 4.
3) auf des herrn und gebieters äuge, blick warten, ihm
aufwarten bedeutet sodann, wie aufliören gehorchen, ihm an-
gehören, zu willen, dienste sein, von seinem worte abhängen.
Wenn der hund, auf seinen hinter ßszen sitzend, nach des
Herrn äuge unverwandt schaut, ihm gewärtig ist, wartet er
ihm mit allem, was er zu thun gelehrt wurde, auf:
du siehst, ein hund und kein gespenst ist da,
er knurrt und zweifelt, legt sich auf den bauch,
er wedelt, alles hunde brauch.
es ist ein pudelnärriscb thier, '
du stehest still, er wartet auf. Götbe 12, 63.
In solchem sinne des aufschauens, aufpassens ist also aufwar-
ten dienen, famulari, namentlich groszen herrn, vornehmen
und eitern, vorzugsweise ßr knaben und junge leule geltend:
in der Wirtschaft meinem herrn vater zugesehen und ihm
aufgewartet, mit ihm geritten und gefahren und sonst, wie
einem jungen gvhühret, mich bezeiget. Schweixichex 1, 47;
bin ich von ihro f. gn. jungenweise zum aufwarten erfordert
worden, l, 50; dergleichen Jünglinge hallen, wie es sonst
ausdrücklich heiszt, dem herrn auf den leib zu warten und
bildeten eine art garde. wie sich ein diener aufschürzet oder
geschickt macht, seinem herrn aufzuwarten oder etwas zu
tragen. Kirchhof nu7. disc. 114; schmorotzcr, die ihm aufwar-
teten, weil {solange) er etwas hat. Garg. 131*; Reinmar von
Zweier, der ein pfälzischer vun adel und bei keiser Friedri-
chen dem ersten und Heinrichen dem sechsten aufgewartet
hat. Opitz poeterei 15 ; ich habe die ehre gehabt, dem tapfern
und groszmüligen beiden, herrn landgraf Johannsen aus dein
hessendarmslällischen haus {als hofprediger) aufzuwarten, ich
habe ihm oft des morgens etliche stunden aufgewartet. Schlp-
PIC3 28; er hat zweien vornehmea fürslen für einen kam-
merdiener aufgewartet und einem andern vornehmen fürslen
hiebevor auch als laquei gedienet. 6t; dasz ihm allzeit 6000
reisiger oder einspänniger leute haben aufwarten müssen,
welche den könig begleilel, wann er hat ausreisen wollen.
108; er ist ein Schöpfer himmels und der erden und du
wohnest hier auf seinem grund und boden, darumb bist du
schuldig ihm zu dienen und aufzuwarten. 207 ;
die ihm getrew aufwarten. WECKBERLin 252;
49
771
AUFWARTEN — AUF WÄRTER
AUFWÄRTERIN— AUFWARTUNG 772
es wäre ein guter mensch, der bei hohen personen suchte
vor einen iiurzweiligen rath aufzuwarten. Weise erzn. 125 ;
sechs aufwartende diener. Voss Od. 16, 24S.
4) sichtbar liegt in diesem aufwarten etwas feineres, milde-
res als im dienen überhaupt^ beim aufwartenden wird ein ge-
schieh zti besvnderen Verrichtungen vorausgesetzt, und der auf-
wärter im wirtshatis, bei gastmal oder ball unterscheidet sich
von dem zu jeglichem dienst bereiten knecht, vor dem tische aufwar-
ten heiszt ministrare pucula, einschenken ; das aufwartemäd-
chen hilß bei putz, beim betten, bei tische, dient nicht, gleich
der magd überall: sag es dem kellner und hilf aufwarten!
GöTUE 18, 177; ich habe mich verpflichtet ihnen zu dienen,
aber nicht allen menschen aufzuwarten. 18, 176. aufwarten
bezeichnet zumal die höfliche aufmerksamkeil, welche vorneh-
men und frauenzimmern erwiesen wird und sich in verbind-
lichen kleinen dicnstleistungen äuszert. einer frau aufwarten,
um sie dienen, werben, ihr den hof machen, zu ihren befeh-
len stehn. wie mancher tugendhafter Jüngling wird dem Hiob
und seinem weihe aufgewartet, ehre und respect erwiesen ha-
ben, ihrer schönen und wol erzogenen tüchter halben. Schlp-
pius 150 ; warte jedermann fleiszig auf, begegne ihm höflich.
236; wenn das gold wird blasz werden, so werde ich auch
aufliören ihr aufzuwarten. Weise erzn. 147.
5) einem aufwarten heiszl ihm besuch abslallen, eine stunde
zu benennen, in welcher sie ihm ohne grosze verhindernis
aufwarten könten. Weise erzn. 44; herr von Waller will
aufwarten. Gotter 3, 53 ; und haben fast die hülse gebro-
chen, um die ehre zu haben ihm aufzuwarten. Göthe 14, 83 ;
ihre nichte fragt, ob sie aufwarten kann? 14, 149; nun war
die bekanntschaft gemacht. Narciss wartete mir und meinen
Schwestern auf. 19, 277;
augenblicklich aufzuwarten
schicken freunde solche karten. 47,206;
nein, will sie denn jetzt nicht stören, warte lieber ein an-
dermal auf. Fr. Müller 3, 45; wenn wünschen Wirklichkeit
wäre, in dieser minute sollte sie schon vor euch stehn und
euch aufwarten. 3, 53 ; wenigstens waren die banquiers dar-
über irrig, weil sie den andern tag der polizei aufwarteten.
J. Faul Tit. 2, 26. Selbst eine sache wartet auf, stellt sich bei
iemand ein, wird ihm verehrt, gegeben, geliehen: den beson-
dern abdruck einer humboldtischen Übersetzung habe ich be-
sessen, vielleicht findet sie sich und so soll sie gleich auf-
warten. Göthe an Knebel 290; abdrücke sollen baldmöglichst
aufwarten {zu dienstcn stehen). 339.
6) die leistung kann in den acc. zu stehn kommen: einem
eine lasse cafl'ee aufwarten (servieren), wie ein buch verehren,
geben, gewöhnlich aber wird die praep. mit verwandt, gerade
wie man sonst auch sagte, einen mit einem buche verehren.
der hund wartet mit der pfote auf;
aU und jung, man und fraw, der leser groszer häuf
mit kübeln, körblin, zain und bullen warten aul\
Wkckueriin 772;
sage dem könige, er soll seine hofnung zur dienstbarkeit,
mit welcher er will aufgewartet sein, auf die setzen, welche
u. s. w. pers. rosenth. 1, 31 ; da must ihm mein mann auf-
warten mit der posaun. Schuppius 169 ; maij sagt, dasz auch
weltkiuge leut bei der kirchen ihre diener mit laternen ha-
ben aufwarten lassen, damit sie ihnen, wann das finsternus
käme, aus der kirchen nach haus leuchten könten. 289 ; bei
der liochzeit mit musik aufwarten; einer frau mit einem
schönen blumenstrausz aufwarten; mit einem gläschen wein,
mit einer prise aufwarten.
7) so sinkt das wort zur leeren hüflichkeitsformel herab:
kann ich dir damit aufwarten? womit kann ich aufwarten?
man bejaht mit aufzuwarten, oder ihnen aufzuwarten, wie mit
ihnen zu dienen, ä votre Service, nicht anders nnl. u op te
wachten, ik zal de eer hebbcn u morgen op te wachten, wozu
teiiw. upvakta stimmt, ddn. aber, nach dem deutschen, opvartc.
AUFWAHTEH, m. minister: Hauciielsen aufwarter. Garg.
40'; seine hofschmeichler^. seine aufwarten 131"; pers. rosenth.
7,20; sie hatte ein halb dulzel rechtschaffener und wol qua-
lificierlcr aufwarler, deren jeder ilire liehe zu erwerben vcr-
hofte. Simpl. 2, 396 ; die heiligen engel sind meine diener und
aufwarter. Scuuppius 177 ; noch Stieler 2441 ohne umlaut auf-
warter.
AUFWÄRTEH, m. dasselbe: Georgius brach auch mit et-
liclien aufwärtern (hopeulen, ministrrialen) ajf, benanllich
doclore Georg Valltin Wintern, welchem die dircction der
reise anbefohlen war, Antonio Bonin, Michel Manteufelo
u. s. w. MicRÄLius 4, 32; wiewol auch ein stolz abgeführte
dame, dann also nennen sie unsere aufwärter (curtisane),
die nirgend schöner ist als in ihrem eignen spiegel, oftmals
mit gleicher münze bezalt wird. Opitz 2, 252 ; mein eisgrauer
aufwärter (courmacher). ehe eines weibes 22. heute zumal im
sinn eines den gasten aufwartenden burschen in haus und
keller: vieje wurden betrunken, gästfe und aufwärter ohne
unterschied.
AUFVVÄRTERIN, f. famula: sampt unsern aufwärterinen,
den stunden. Weckherli.n 868 ; die schöne aufwärterin, la
belle chocolatiere.
AUFWARTETE, m. famulus, gebildet wie bediente = einer
der bedient, aufgewartet hat: nachmittag als Eckarth abge-
speiset hatte, liesz er dem wirt, weiln er kein geld nehmen
wolle, einen recompens geben, um denen aufwarteten einige
ergötzlichkeit zu machen. Eckarths hebamme s. 6; das übrige
wenige, so noch in denen schachteln verblieb wurf er unter
die aufwarteden (so), mcdic. maulaffe 291.
AUFWARTIG, AUFWARTIG, promlus ad ministerium, qui
praesto est, gewärtig, aufzuwarten bereit:
es seint in zal deines frauenzimmers aufwartig
der künig döchtcr. Melissus ps. Ta ;
lasz uns dir aufwürtig sein, von Birken OL 295 ; die tänzerin-
nen müssen den gasten nicht nur im tanzen, sondern auch
zu andern begierden aufwärtig und zu dienste sein. per,?.
reiseb. A, iä ; dasz er (der fuchs) sich allezeit so gesellig und
aufwärtig umb den löwen finden liesze. rosenth. 1, 16; nim
diese geringe gäbe von der band deines bruders, welcher dir
bis in den tod getreu und aufwärtig bleiben wird. Schuppiüs
481. später veraltend und schon bei Stieler mangelnd.
AUFWÄRTS, adv. sursum, nnl. opwaarts : wer weisz, ob
der ödem der menschen aufwerts fare und der odera des
vihes Unterwerts unter di§ erden fare? pred. Sal. 3,21;
das er uns in dem land aufwerts
leszt umbziehen so lange zeit. 11. Sachs III. 1,98*;
wann du her fehrst aufwärts,
so thu hinweg den segel schwarz. Avrer253'; •
denen aufwärts fahrenden schipfern. Scnuppios664;
froh des neuen ungewohnten strebens
fliegt er aufwärts, und des erdenlebens
schweres traumbild sinkt und sinkt und sinkt.
Schiller 73" ;
als sein wieder aufwärts geworfenes äuge in den himmel ver-
sank. J. Paul uns. löge 1, 112. gegensdtze sind abwärts, nieder-
wärts, unterwärts, vgl. aufwert.
AUFWARTSAM, Studiosus, officiosus, dienstfertig: der kam-
inerdiener versprach sich gegen einen solchen groszmütigen
cavalier dergestalt aufwartsam aufzuführen, als man von
einem rechtschaff'enen kammerdiener verlangen könnte, irrg'.
der liebe 367 ;
er will sich aufwartsam, ja dienern gleicher weisen,
und bringet und kredenzt die nufgeiragnen speisen.
Hagedorn 1, 27 ;
er igolt) gab ihr (dar erde) den mond«dann
zum getreuen gefahrien der nacht, der folgt ihr aufwartsam.
Zachariä 2, 171 ;
als die aufwartsame Beatrix hereintrat, um die Unterhaltung
mit einem groszen korbe voll frischer und eingemachter
fruchte zu beleben. Wieland It, 118 ;
wir selber wollen uns bald hier bald dort
in die gesellschaft mischen und das amt
des aufwartsamen hauswiris fibernehmen.
SCHILLKH 569'.
AUFWARTSAMKEIT, /. ofßciositas, diensifertigkeil.
AUFWARTUNG, f nach der verschiediien bedeutung des
aufwartens : dieser kamuierherr, kammerdiener hat heule die
aufwartung bei dem forsten ; herrn grafen Anton Günther zu
Oldenburg, dessen hoflialtuug in aufwartung eines vornehmen
königlichen legati ich ein einigmal gesehen. Schuppius 3t;
gute aufwartungen. pers. msenth. 2, 28 ; die aufwartung mit
der musik, mit den speisen und getränken ; ein knahe, der
das ab(!ndessen hraciite, und hei der aufwartung von der
Ordnung des hauses erzählte. Göthe 20, 8 ; seine aufwartung
war nicht die schnellste ; ich konnte vor der menge der auf-
wartungen kaum zu mir selber kommen. Geliert; ich werde
morgen meine aufwarliing machen (den schuldigen besuch ab-
statten), s. aufwart, in der Schweiz die ufwartete : das ist en
unpliüri ufwaricte gsi, von einem groszen gastmal. aufwar-
tung bedeutet auch aufwärter oder aufwärterin.
773
AUFWASCHEN— AUFWECKEN ,
AÜFWECKER — AUF^VEINEN
774
AUFWASCHEN, eluere, aufscheuern, nnl. opwasschen: schus-
seln und teller aufwaschen; das küchengerät aufwascben; die
blutflecken sorgsam aufwascben. sich die bände aufwascben,
teund waschen, sich aufwascben, lebendig waschen: sie hätte
sich gar gern mit fremdem blut zum leben wieder aufgewa-
schen. GüTUE 57, S5.
AUFWASCHEN, n. elutio: es ist ein aufwascben, es geht
in einem hin; was ist besser, seine Seligkeit schaffen mit
furcht und zittern oder wider besser wissen und gewissen
bandeln? 'es ist ein aufwascben' bringt ihr leichtsinnige bei.
Hippel 3, 155.
AUFWÄSCHERIN, f.
AUFWATSCHELN, anatis in modum surgere: es war mir
so, dasz ich aufwatscblen wollte und zu ihr sagen 'schöne
Prinzessin'. Rlingers Ih. 4, 125. s. watscheln.
AUFWEBEN, retexere: das geweben (gewobene) auflösen.
Maaler 37';
das webt keiner der denker auf,
was vor irren sie damals gieng. Klopstock 1, IM.
aufweben, das garn zum weben verbrauchen, intransitives auf-
weben, moveri, tigere:
wie jener silbersee dort mit lebendigem aufwebt. Herder.
AUFWECHELN, efflare, incendere: sondern das er durch
heiszere seiifzer und teglicb lesen oder predighören solchen
{den heiligen geist in ihm) aufwecheln und aufblasen helfe.
Mathesics 124", welche abstraciion ein sinnliches wind oder
feuer aufwecheln voraussetzt, diese merkwürdige form gemahnt
nicht blosz an aufPacbeln und anfacheln, wo schon einer sla-
vischen Verwandtschaft gedacht wurde, auf polnisch heiszl nun
ein fächer wacblarz und fächeln wachlowäc. kaum zu denken
ist an unser wecken und aufwecken, obschon ags. gerade äied
veccean, das feuer wecken gesagt würde, zu erwägen bleiben
auch aufweben und aufwiegeln, mehr noch unter fiicbeln.
AUFWECHSEL, m. agio beim wechseln des gelds, franz.
le rompu: münzordn. von 1524 §. 22; umbsunst, on einicberlei
dauschel noch gelts wert oder ufwechsel. Keisersberg ; aber
er {der handel) wird auch mit anderm zusatz gefelschet, das
er nicht rein bleibet, sonderlich mit aufwechsel. Agricola
spr. n. 226.
AUFWECHSELN, peimutando coUigere, nnl. opwisselen :
das golt wird tbewr sein, angesehen dasz man das best golt
dem armen mann aufzuwechseln verbotten hat. Fischart
groszm. 28; den armen werden die engellotten (engl, gold-
münzcn) aufzuwechslen verbotten sein. 55; dann er in der
landschaft das gute geld aufgewechslet, bös, nichtswerthes geld
daraus gemacht. Schcible fl. bl. 51.
AUFAVECKEN, evigilare, excitare, nnl. opwekken,
1) aus dem schlafe wecken: also kam Gideon und hundert
man mit im und weckten sie auf. rieht. 7, 19 ; das ir meine
freundin nicht aufweckt noch reget, hohel. 2, 7; das ir meine
liebe nicht aufweckt noch reget. 8, 4; und der cngel kam
■wider und wecket mich auf, wie einer vom schlaf erweckt
■wird. Zach. 4, i ; und werden denn iren herrn aufwecken zur
Schlacht. Jud.U, 3; und die jünger traten zu im und weck-
ten in auf. Matth. 8, 25; schlief auf einem küssen und sie
weckten in auf. .Varc. 4, 38; Lazarus unser freund schläft,
aber ich gebe hin, das ich in aufwecke. Joh. 11, 11; der en-
gel schlug Petrum an die seilen und wecket in auf. apost.
gesch. 12, 7; denn indem der landsknecht so herumb zeucht,
den bawren die hund aufzuwecken und ein par wurst zu
samlen. Kirchhof disc. mil. 215.
2) aus der Ohnmacht: wenn sie nur erst das eiserne hals-
Land um hat, wird man sie schon mil steinwürfen aufwecken.
Schiller 194".
3) vom lade: wecket die todten auf, treibet die teufel aus.
Malth. 10, 8 ; vgl. auferwecken.
Sophus kan die Kunst, todten aufzuwecken,
nemlich die im grab Unverstandes stecken.
LocAU 2, tO, 10.
4) antreiben, anregen, tuscilare: ich werde hirten im lande
aufwecken. Zach. 11, 16; das unglOck weckte ihm freunde auf,
die ihm in seinem glücke geschwiegen hatten. Schiller 909;
den krieg aufwecken [alln. bildi vekja), beiden aufwecken:
las« ab zu jubilieren, krie? zu führen.
gou weckt ein andern auf. Soltau rolksl. 506;
der herr wird ausziehen wie ein rise, er wird den eiver auf-
wecken, wie ein kriegsman. Es. 42, 13; der innere verk<-br
weckte bald einen geist des bandeis in diesen Völkern auf.
Schiller 781; künste und Wissenschaften aufwecken; dieser
umstand schien seine ganze verrostete tbeilnabme an einem
andern aufzuwecken. Klinger 9, 43 ; der anblick einer frem-
den entzückung weckt den alten eindruck der unsrigen auf.
J. Pacl Tit. 1, 15; sie ist nicht allein selbst aufgeräumt, son-
dern sie besitzt auch die verborgene eigenscbaft, alle dieje-
nigen, die um sie sind, aufzuwecken. J. E. Schlegel 3, 472.
zum pari, aufgeweckt slehn schon belege sp. 657, hier noch
andere: Gebal ist ein aufgeweckter köpf. Wieland 6,192;
des freilich nicht sehr aufgeweckten menschen. Götue 24, 266 ;
aufgeweckte geister . . dergleichen anlasse lebhaft ergreifen
würden. 45, 100 ; ich wünsche, dasz ein aufgeweckter, guter,
. besonders aber liberaler köpf zur sache greife. 60, 64 ; Lich-
tenberg sagt in seiner aufgeweckten und gedankenreichen
manier. Kant 9, 121. ob sich aufgewacht bei Opitz für auf-
geweckt nehmen lasse? wurde sp. 767. gefragt, es gewinnt um
so mehr den anschein, als er Argenis 1, 291. 306 aufgewackt
setzt, aufwecken und aufwachen werden dialectisch mehrfach
verwechselt.
AÜFWECKER, m. evigilalor : in dem vertrauen, dasz weil
der himmel sein aufwecker gewest wäre, würde er auch sein
Wegweiser sein. Lohe.\st. Arm. 1, 1290. aufwecker heiszt auch
eine art wachtelpfeife. Döbel 2, 197".
AUFWECKLICH, excitalivus : wiewol die salia in ihnen
selbs ein hitzige und aufweckliche art haben. Paracelscs
chir. sehr. 86*.
AUFWECKL"NG. f. excitalio, erweckung.
AUFAVEG, m. via in montem. alts. upweg via in caelum.
AUFWEGEN, concitare, erregen, bewegen, aus dem folgen-
den adj. zu entnehmen, aber ungebräuchlich.
AUFWEGIG, qui facile commovelur, reizbar, leicht aufge-
bracht: die Franzosen seind von art ein parteisch aufwegig
volk. Frank wcllb. 65'; der gemein mann ward aufwegig in
disen dreien stellen. 157'; under Domiciano ist alles aufwe-
gig wider die Christen. 39'; das der gmein man aufwegig
ob solcher burd auf stund, chron. 216' und oß; der aufwegig
bofel {aufrührische pübel). weltb. 39; die feind aufwegig ma-
chen, lacessere, concitare. Froxsp. 3, 239*. Rihel L«r. 11; da-
mit er die seinen zu frid oder krieg aufwegig zu machen
vermag. Frank weltb. 105'; ein ganz künigreicb aufwegig ma-
chen. 112; brüder und angesipten zu krieg und verheren
aufwegig machet. Kirchhof ti-enrfunm. 368' ; etwann die fürsten
aufwegig machen, das man die ketzer überziehen soll. Wern-
STREiT kriegsb. 12 ; die alle weite mit krieg aufwegig machen.
56 ; andere zu kriegen aufwegig machen. 165. im 18 jh. er-
loschen.
AUFWEGUNG, /". commotio: Conslantius schicket Julianum
wider etlicb aufrürisch in Galliam, welcher der Teutscbea
und Gallier aufwegung mit seiner tugend und kraft bald stil-
let. Frank chron. 152'.
AUFWEHEN, efflari, efflare, nnl. opwaaijen:
das pferd lief witler den wind zur last,
der maen und schwänz aurtveben must.
froschmcuseter 3, 1,5;
nein, meine flammen wird vernunfl und zeit aufwehen.
LoHKXsT. Sophon. 31, 372;
ein schlummerndes fünkchen zur flamme aufzuwehn. Wie-
land 4, 194 ; ein froh aufwehender gedanke. J. Pacl Fibel 58.
AUFWEICHEN, emoUire, emolliri: sie hett aber viermal
die harten schwärn mit gebraten zwibeln aufgeweicht. Kirch-
vior wendunm. 120"; die Ouvertüre ist der Staubregen, der das
hirz für die groszen tropfen der einfachen töne aufweicht.
J. Pacl Uesp. 2, 96; in die jähre trat, wo der gesang der
dichter und der nachtigallen tiefer in die aufgeweichte seele
dringt. Tit. 1, 126 ; die brocken weichen in der milch auf.
AURVEIDEN, depascere, pastura gramen absumere, ab-
weiden.
AUFWEIFEN, ßla glomerare in alabrum: garn aufweifen.
AUFWEILE.N, detinere, mnrari, hinhallen ? ein nur hei Fle-
ming stehendes wort von nicht sichrer bedeulung, die doch
transitiv sein darf, wie in kurzweilen, intransitiv sein könnte,
wie in verweilen :
was wünschet ihm wol mehr ein aufgeweilter geist.
der, wie dann wir auch ihun, den hinitnel vater heiszt,
als dasz er. wenn er itzt sein leben auf sei geben,
von neuem in der weit sei fangen an zu loben
durch ein berühniies lob. 108 (1685, 111).
AUFWEINEN, planctus in caelum tollere:
was d'T hocherhnbene schrieb, verehr ich im staube,
weine gen himmel nicht auf. Klopstock 1, 20.
49''
775
AUFWEISEN — AUFWERFEN
AUFWERFEN
776
neben ihm stand sein anderer söhn und weinie zu gott auf.
Hess. 2, nO;
die mutter, als ihr töchlerchen ins grab gesenkt wurde,
weinte laut auf.
AUFWEISEN, firoduccre, exhibere: ich habe darüber brief
und Urkunde aufzuweisen ; handwcrksbursche müssen am tlior
geld aufweisen; er hat nicht viel (geld), nichts aufzuweisen;
seine vollmacht aufweisen; was hast du wider mich aufzu-
weisen? dann subornare, submiltere: der künig hat sie in ver-
dacht, si bettend in (herzog Hansen) ufgewisen, Tschudi 1, 234.
Maaler 3"'.
AUFWEISER, m. hortator: auf anstiflung ihrer rathge-
bern, aufweisern und kuplerin, die eben so ehrlos seind als
sie ist. TnuHNEissEn notgedr. aussclir. s. 15. Maaler 37'.
AUnVEISZEN, dealbare: die ganze wand ist aufgeweiszet
worden.
AUFWELLEN, fervefacere, aufwallen machen, mhd. wellen:
fleisch in siedendem wasser aufwellen; eier aufwellen, auf-
quellen, sieden machen.
AUFWELLEN, volvere, volulare, mhd. wellen: aus demsel-
bigen teig mag man deine fledlein machen aufgewollen mit
einem prot. küchenmeislerci c. 4.
AUFWENDEN, erogare, impendere: mühe, fleisz, kosten auf-
wenden ; er wendet viel, alles auf; was ich mit meiner mühe
und schweisz werde können erhalten, das will ich zu dersel-
Jien {meiner kinder) notdurft aufwenden. Scnuppius 732; wie
oft wendet er seinen ganzen gcist, seine ganze neigung auf.
GöTHE 17, 223; nachdem der künstler stein hatte oder der
Imperator metall aufwenden wollte. Herder 19, 125; da sie
ihr genie nun gar für eine ungerechte sache aufwenden.
Tieck C, 116. s. aufwand.
AUFWERFEN, in sublime projicere, nnl. opwerpen, früher
in häufigerem gebrauch.
1) äugen, haupt, mund, nase, arme, bände aufwerfen, auf-
thun, üfnen, emporslrecken :
der von Abensperg wart die äugen auf,
nach herzog Clirislor was im gadi. Uhiand 433;
der iandgraf warf die äugen auf. Scuärtlin 35. Soliau 35G;
aufgeworfne äugen, unw. doct. 45. blicke aufwerfen gen him-
mel;
der todt sich auf der par aufriebt,
und .warf gar friscli auf sein gesicht.
11. Sachs 1,70';
wie herrlich ist der sehein
der edlen sonnen doch, noch wirft man das gesiclite
gar selten zu ihr auf. Opitz 1, 47;
sie wurden halsstarrig und würfen ein heubt auf. Neh. 9, 17.
seinen köpf wird er schütteln und in die faust lachen, dein
spotten und das maul aufwerfen. SiV. 12, 19; da rümpften sie
die nasen, schüttelten den köpf und würfen das maul auf.
Luther 3, 314 ; ir solt auch wol das maul aufvverfen und sa-
gen. 3, 352 ; er gehet und siliet über sie hin, als legen nichts
anders denn strohjilmcr da im wcge, wirft das maul gegen
sie auf und spricht. 5, 51"; was schadets, sie würfen iren
phariseischen sewrüssel auch also auf wider die taufe. C, 320';
daher dann etliche, sobald sie etwas dergleichen, sonderlich
teutsche gedichte lesen oder hören lesen, gleich das maul
aufwerfen, ganskünig vorr. (i"; die lippen aufwerfen, er schmollt
mit aufgeworfnen lippen ; er warf hochmütig die nase auf;
ruft getrost wider sie, werft die band auf. Es. 13, 2; che
sollte die ganze Stadt zu trümmern gehen und werfen alle
die bände auf. Schweiniciien 2,101; und der es tbun wolle,
solle eine faust aufwerfen. 2, 281 ;
mit aufgeworfen armen. H. Sachs JI. 4, 113*. III. 3, C;
da stund ein pfaw zierliciien ganz
mit einem aufgeworfnen schwänz. 1, 102*.
2) bandschuh, fahne, panier, hut aufwerfen, einige geben
Tor, wann der begehrte dem (IcHflischen) bock (der ihn ab-
holen will) nur ein striiuipfliand oder iiandschuch aufwürfe,
begnügte er sich und briirhte das geschcnke der unholdin,
die ihn ausgeschickt. Ett.nhrs hebamme 230.
wirf uf den riiieriiehen van! Muskatblüt 02, 34 ;
der wider uns aiifwirfl sein sireilf.innen.
II. Sachs III. I, I2U';
im namen unsers gottes werfen wir panier auf. ps. 20, C;
du hast aber doch ein zeichen gegeben denen, die dich furch-
ten, welchs sie aufwurfen und sie sicher machet. f.O, 0; denn
er wird ein panier aufwerfen ferne unter den iieiden. Es. 5,
20; werft panier auf, auf hoben bergen. 13, 2; im namen
unsers gottes werfet panier aufl Scnuppius 378; ob einer
dem feind frisch unter die äugen tritt oder das hasenpanier
aufwirft. Simp/. 1, C3; mit aufgeworfnen hüten. Schiller lll';
seinen schilt, stamm und nammen hoch aufwerfen. Frank
wellb. 46'.
3) thür und thor aufwerfen, vfnen, im gegensalz von zu-
werfen wird heute nicht gesagt, es bedeutet uns gewaltsam,
durch steinwürfe öfnen. mhd. war aber auch jenes gangbar:
würfen üf diu burgetor. Kehr. 4408. Diemer 45G, 20. 512, 6;
würfen üf da; burgetor. Greg. 1981 ;
dö warf man üf diu burclor. IVijom. 3209 ;
üf die porten warf. Wernber vom Niederrh. 20, 18;
warf M die Iure. myst. 162, 22.
4) graben, hügel, dämm, wall, schanze aufwerfen: zeigten
im, wie die toten leichnum hin und her zerstreuet lagen und
hügel aufgeworfen waren am wege, darunter man die er-
schlagenen mit häufen begraben hatte. 1 Macc. 11, 4 ; wenn
man die schütt (vulg. aggerem) aufwerfen wird. Ez. 17, 17;
nu hatten die bawren ein tiefe Wolfsgruben aufgeworfen.
Wickram rollw. 58 ; der maulvvurf wirft häufen auf; im kriege
werden graben, schanzen, batterien aufgeworfen, auf abge-
sonderten und rings umher aufgeworfnen büfen. Moser 1, 4.
5) wellen, schäum, blasen, blättern, beulen : das meer wirft
schäum auf;
was warf das böse meer für freche wellen auf.
Fleming 10:
der siedende kaffee wirft blasen auf; hier wirft sich kein bläs-
ciien auf, das ich nicht merkte. Schiller 184"; da es denn
zwischen haut und fleisch grosze und kleine puckeln oder
hügel aufwirft, unw. doct. 137.
6) lichter aufwerfen: und wann sie es ersehen, selbs auch
liechter aufwerfen. Fronsp. 3, 268'. das gefilde begann zu
kreiszen und aufzuwerfen schädel und rippen. Schiller 138 ;
Romulus der l<önig hat
dem, der im kam|(f das beste tliat,
aufgeworfen diese ketten gut. Ayrer 16*,
dem Sieger die ehrenkette ausgesetzt, die karten aufwerfen,
offen vorlegen; die Würfel aufwerfen, würfeln.
7) den stein, den ball aufwerfen, so auch den vogel, den
falken aufwerfen, in die lufl aufsteigen lassen: wenn man
die Sperber aufvverfen will, so soll man sehen, das sie nicht
zu weit fliegen. Seiuz 607. wirf uf den adelare I Muskatrl. 92, 60.
8) das wasser aufwerfen, von dem kniend trinken, im-
Kvxpas TiiEiv, serb. nikom vode piti (Vuk 1, 149),
Günther sich dö neigte nider zuo der vluot. A'ift. 920, 2,
Gunnar slaer ser nidr ok dreckr (Vilk. saga cap. 323), unter-
schied das alterthum ein trinken des mit der hand geschöpf-
ten Wassers, und danach soll sich Gideon seine Streiter aus-
lesen (rieht. 7, 5. 6). Rudolfs weltchronik nennt die zweite weise
da; wa;;er in den munt ftfvverfen mit der hant, Bertuoi.d
s. 221 blosz werfen, nhd. denkmäler bieten kein solches auf-
werfen dar und würden aufschöpfen vorziehen, aber das mül-
rad, sagen wir, wirft das wasser auf.
9) aufschlagen und umschlagen der bldtler eines buchs hicsi
mhd. üf weifen und umbe werfen, vgl. Amis 239. 241 und in
dem Spiegel (aus dem schlusz des 14 oder anfang des 15 jh.)
S. 173, 20 :
sus fieng ich an geswinde
und warf schnell uf ein blat.
wahrscheinlich ergeben sich noch spätere beispiele: wann du
gleich alle heilige bücher und lerer stätigs lisest, wider-
lisest, aufwirfest, widerumh bewegest, hörest und lerest. Me-
lanchth. anweisung in die h. schrifl, deutsch von Spai.atin.
Augsb. 1523. bl. 9, es käme auf das hier gebrauchte lat. wort
an; bücher die mit ufsatz und stracks mit ufgeworfen litel
(wie man das titelblatt aufschlägt) wider uns geschriben sind.
Ueuchlin augensp. 15*.
10) zorn aufwerfen, zorn auf einen werfen:
komm wider zu ilir selbst, wirf mit den poldnen sierncn
nicht zorn auf ohne schuld, sie gleiszen dir von fernen.
TscuF.RNlNO (1642)«. 227,
rf. t. zürne nicht auf die slerne, sei niclU böse, dast die nacht
kommt.
11) wir sagen eine frage aufwerfen, quaestionem proponrre,
eine Vermutung aufwerfen. aufstellen, eine hypolhese aufwer-
fen. Kants, 325. in solchem sinne, für aufstellen, hinstellen,
vorlegen, darlegen, vorwerfen verwendet es Luther viel häufi-
ger: es iiat auch s. Johannes zu wenig gethan und nur an-
777
AUFWERFEN
AUFWTRFEN— AUFWICKELN
778
gefangen das evangelium aufzuwerfen. 1, 426'; welche nu
wollen aufwerfen Ire gute werk und rhiiraen den freien wil-
len, das sind die nicbt wollen Moses angesiclit lassen klar
leuchten, l, 3S0'; wiewol sie ir alter hoch aufwerfen, als
solts damit genug sein, das sie die alten, die lerer, die ober-
sten sind. 1, 524'; das sind die falschen ertichten wort, da-
mit sie den schein gutes lebens aufwerfen und verleugnen
doHi den grund der warheit. 2, 123'; und wiewol unser lei-
den und kreuz nicht sol also aufgeworfen werden, das wir
dadurch selig werden oder das geringst daijüil verdienen wol-
len. 5,311'; das ist nu ein stück, damit er die rottengeistcr
widerlegt, das sie ir eigendünkel on schrift aufwerfen. 6, 218' ;
wer etwas anders für des evangelien lere aufwirft, oder da-
neben leret und dazu setzet von unserm thun und eigener
heiligkeit, der verführet gewislich die leute. 6, 218'; die hei-
lige christliche kirche on solch heupl (den pabsl) wol bleiben
kan und wol besser blieben were, wo solch heupt durch den
teufel nicht aufgeworfen were. 6, 514'; wie komen denn un-
sere lügener darauf, das sie die exempel des alten opfers,
das lengest aufgehöret, nu widerumb aufwerfen. 5, 103'; wo
sie {die müiiche) das wüsten, wie und wozu sie von golt ge-
schaffen weren, würden sie nicht solche stende verachten,
noch ir ding allein aufwerfen, sondern dieselhigen als gottes
werk und geschepf lassen rein bleiben und ehren. 5, 35S';
da jederman sein ding für das beste aufgeworfen und andere
geurteilet hat. 5, 429'; und ist auch noch nie keine falsche
lere oder ketzerei aufkomen, sie hat das warzeichen mit sich
gehabt, das sie ander werk aufgeworfen haben, denn gott
geboten und geordnet hat. 5, 44S'; wer nu anders predigt
und wirft unser eigen werk auf. 4, 60"; welche (rfie uerAe) sie
nicht allein on gottes wort, sondern auch zu Verachtung und
Schmach der lieben taufe, ja zu grewlicher lesterung gottes
Damen und seiner werk aufgeworfen haben. 6, 292' ; das man
. nicht weisz, was gottes oder unser werk sind, ja dise gar
vertunkeln und ligen lassen und menschen werk an irer
statt aufwerfen. 6, 293'; denn wir sollen uns solche herlich-
keit und trost nicht so lassen aus den äugen und herzen
nemen, noch in einen winkel werfen, wie die mönche und
nonnen gethun haben, so es allein zu sich gezogen und ire
falsche, selbertichte geistlichkcit dafür aufgeworfen und dar-
gegeben, als weren sie allein die breute Christi, zu Verach-
tung und Verkleinerung des ehelichen Standes. 6, 357'.
12) an die sechste sinnUche Vorstellung schlieszt sich ein
abgezognes erhöhen und erheben : er hat den Esau erfür ge-
zogen und aufgeworfen. Lctiier 4, 184'; also sehen wir in
allen historien und erfurung, wie er ein reich aufwirft, das
ander nidert. 1, 495'; damit spottet Habacuc des babyloni-
schen gottes, welchen die Babylonier so hoch aufwerfen. 3,
237; es ist ein torrcchts ding umb den adel,'wie ihn die weit
aufwirft. Frank iceltb. 46'; der ist als ein sighafter held in
groszen eeren gehalten und aufgeworfen. 66'; die Juden wer-
fen mich hoch auf. Relcblis augensp. 40'. zumal gilt dies
aufwerfen ßr erheben zum golt, künig und hauptmann : sie
{die Arianer) gleuben nur an einen gott, der himel und er-
den geschaffen hat und umb des artikels willen uns Christen
verdammen, als die wir einen andern Izwetten) gott aufwer-
fen. Luther 6, 176'; das beweiset auch die that, das sie göt-
ter haben aufgeworfen. 3,42'; und haben andere und newe
götter in aufgeworfen. Mathesils 29'; der reichest under in
ist ihr fürst aufgeworfen. Frank iccllb. 213' ; last uns einen
heubtman aufwerfen. 4 Mos. 14, 4. statt des acc. reiszen aber
bald die praepositionen für oder zu ein: solche menschen
habend die beiden für ire gütter ufgewurfen, dero bildnussen
ufgericht. Zwincli 1, 600 ; darumb machten sie der götter schmide
drausz, und warfen ihn (den Tubalcain) für einen götzen auf.
Mathesiüs 0"; wie die beiden Jovem Hammonium, welches
dieser Cham ist, für einen gott hernach aufgeworfen. 82';
dasz sie das kalb in der wüsten für ein gott aufgeworfen.
Ayrer proc. 2, 5; die beiden würfen iren Jupiter zum höhe-
sten golt auf. Lither 4, 38«'; do sagt er, er weit für mich
der künigin von minctwägen schriben, si wurde mich zu
einem gott ufwerfen (hochhalten). Tho. Plateh 56 ; den sie
zum fürslen dieses zuges aufwurfen. Micrälius l, 68; also
würfen sie ihn bald zu einem herren, herfürer und haupt-
mann auf. Frank tcc//6. 118*;
ilas Tolk,
das dich tum h.iupt aufwarf. Crtpiiids 1, 27;
dasz sie ein losen mann zum rcgcnten aufwarfen. Sciioppids
827 ; die Franzosen warfen den grafen Endes zum könige auf.
Haos 1, 282 ; der tod des von den misvergnügten zum köuige
aufgeworfenen Rudolfs. Moser 2, 43.
13) ganz üblich ist auch heute noch sich aufwerfen, sieh
eigenmächtig und oft anmaszend ßr etwas erklären: aber Je-
robeam warf sich auf und ward seinem herrn abtrünnig.
2 chron. 13, 6; und wirf dich selbst nicht auf, das du nicht
fallest. Sir. 1, 34 ; da vernahm er, das sich Philippus aufge-
worfen hatte für einen konig. 1 Macc. 6, 63 ; der könig wird
thun was er wil und wird sich erheben und aufwerfen wider
alles, das gott ist. Dan. 11, 36 ; weil sich bereit solch teufels-
gesinde allenthalben geregt und gefunden hat, die sich auf-
warfen als gelerter und heiliger denn die apostel selbs. Lu-
ther 6, 45*; diese briefe können nur die beleidigen, welche ein
recht haben, sich für die originale dazu aufzuwerfen. Rabe-
NER 3, 324 ; hochvcrrat ist es, wenn sich einer zum beher-
scher aufwirft. Ki.opstocr 12, 98 ; der priester Theogiton, der
sich zu meinem mentor aufgeworfen halte. Wieland 2, 13 ;
derjenige, der sich zum kläger wider mich aufwarf. 2, 123;
er warf sich zum erklärten feinde aller freuden und Vergnü-
gungen des lebens auf. 6, 125 ;
cio frevler wirft sich auf zu A^amemnons söhn.
Götter 2, 167 ;
sich zum weiberadvocaten aufwerfen. 3,23; sich zum gesetz-
geber aufwerfen. Kant 5, 139 ; da ich mich zum kämpfe für
die unglücklichen aufwarf. Ki.ingek 4,273; ein rechtschaffner
tiefdenkender mann, der sich zum schriftsteiler aufwirft. 11,
192; ich wollte mich erst zum denker aufwerfen. Tieck 3,
191; wer setzt mich hier zum Schiedsrichter und wie darf
ich es wagen, mich als einen solchen selber aufzuwerfen?
ges. nov. 4, HO. sich zum führer, zum herrn aufwerfen.
14) intransitives aufwerfen, bei ausgelassenem acc, das meer
wirft auf, schlägt wellen; die milch wirft auf, schäutnt sie-
dend: topf, weidling und geschirr, die milch hinein zu thun,
und darin aufwerfen zu lassen. Hohberg 2, 263. der pfau
wirft prächtig auf, entfaltet seinen schweif; der maulwurf wirft
im fehle stark auf.
15) was bedeutet von einem kranken pferde: man soll ihm
oft aufwerfen, auch die bugadern öfnen. Pinter pferdschalz
385? kaum futler vorwerfen.
äUFWERKEN, conficere, aufarbeiten, aufessen, aufknaupeln:
als die köchin kam etwas aus dem keller zum frühstück zu
holen, wischte ich mit hinunter, liesz mich von ihr hinein
sperren, und als sie mich beschlossen, werkte ich einen hal-
ben nierenbraten auf, der vorigen abend auf dem tisch ge-
wesen. Simplic. 2. 241. Tobler 432' ufwercha. das nnl. op-
werken bedeutet aber aupragen, aufsticken, aufsetzen: hij liet
er nog meer ranken opwerken. vgl. aufwirken.
AUFWEItT, adv. sursum, mhd. üfwert:
als ich lang stund und sach aufwert. H. Sachs I, 251'
vgl. aufwärts, das einige aufwerts schreiben.
AUFVVETZEN, refricare: eine wunde aufwetzen. Stiblbr
2519.
AUFWICHSEN, superioris labri pilos eera replicare, den
Schnurrbart aufwichsen, wie man wichsen für wechsen sagt,
doch in Hessen hört man richtiges wechsen, aufwechsen. nacA
diesem aufstreichen und putzen des barts galt nun aufwichsen
überhaupt für putzen: er ist heute sehr aufgewichst, sauber
geputzt, und für stattlich bewirten, außragen lassen, largas
praebcre epulas, er wichst heute auf, selbst transitiv, Cham-
pagner aufwichsen.
AURVICKELN, mehrfacher bedeutung,
1) die haare aufwickeln, abends vor dem schlafengehn in
papier einwicJceln, damit sie sich morgens in locken käm-
men lassen: Mignon fragte, ob sie ihn aufwickeln dürfe?
Götiie 18, 227; die nacht ist ganz herrlich durch das weite
thal. die jungens sehr lustig und vergnügt ihrer Wanderung,
sie wickeln sich auf und bereiten sich zu bette, an fr. von
Siein 1, 107. vgl. aufrollen.
2) seide, zwirn, gam aufwickeln, glomerare, auficinden.
3) entwickeln, lösen: so gut es gieng suchte Siebenkfls,
indem dessen innerer mensch seine im grabe des freundes
starr gefromen glieder allmälich wieder aufwickelte, den sanf-
ten schmerz zu gevrinnen. J. Pacl Tit. 5, 74. die fahne auf-
wickeln, entfallen; ein papier aufwickeln; ein kind aufwickeln,
aus der wickelschnur lösen, vgl. wieder aufrollen.
4) im 16. 17 jh. bedeutete aber aufwickeln was das heutige
779
AUFWICKELUNG — AUFWIEGEN
AUFWIEGLER — AUFWISCHEN
780
aufwiegeln : weHn eine kiiegsbewerbung sicli aufwickelt. KmcH-
HOF wcndunm. 86'; darauf er gleich den herzog Ott von
Braunschweig wider in hat aufgewickelt. Fiscuart hienenk.
127'; die sich hatten lassen aufwickeln. Zinkgr. 2. 12, 10;
als solle er das volk aufgewicklet haben. Spee güldn. tu-
gendb. 101; der teufel, welcher zu Lutheri Zeiten die bauren
wider ihre obrigkeit aufgewickelt hat. Schuppids 331; wie er
knechte wider ihre huren und frauen aufwickeln könne, dasz
sie denselbigen widerstehen, widerbellen; allerlei untreu, al-
lerlei verdrusz erweisen, daselbst, s. die folgenden wörler.
die Vermischung des aufwickelns tind aufwiegelns lag nah,
weil inlricare leicht auf concitare, turbare führte.
AUFWICKELUNG, f. bei Maaler 37' explicalio, wie heule
die entfaltung, auflüsung : was bei einem trauerspiele die auf-
wickelung des knotens heiszt, das ist in dem ehestande der
tod unsrer weiber. JUbener 1, 218. im 16. 17 jh. aber meistens
aufregung, aufwiegelung, empörung : befunden sie die ganze
landschaft daselbs heruinb ganz still und sicher, ohn einige
aufwickelung, vergaderung oder widerstand. Garg. 20l'; man
suchet ehe allerhand grüblereien und aufwicklungen selbsten,
damit man nur oft fein bald einen wolgetroffenen frieden
wiederum umstöszig und selbstbrüchig machen möge. Simpl.
1, 507; wollen dann die unruhige und blutdürstige Esauwite
fernere aufwickelung machen und mehr blutvergleszung an-
richten. Sciiuppios 378.
AÜFWICKLER, m. concilator, aufwiegler: aufwickler des
lasters de& wiedertaufs. reichsabsch. von 1529 §. 6 ; unglück
müsse den ufwickler, den schriftensteller treffen, der mir zu
diesem process rath und that gegeben. Philander 1, 201. auch
bei Lohenstein Ibr. sitltan 5, 519.
AUFWICKLEREI, f. dahingegen diese krummacher und po-
litische nasendreher allerlei kunstgriflein und aufwicklereien
Lenorsuchen. Simplic. 1, 566.
AUFWICKLERIN, f. concitatrix: anstifterinne, aufwickle-
rinne, fuchsschwänzerinne. Philander 1, 266.
AUFWIEGELN, concitare, instigare, bei Maaler 37* aufwig-
len und gesondert von aufwicklen explicare, extricare, das
anfache wiglen kennt er nicht mehr, mhd. findet sich noch
wiegeln vacillare, wiegelönde gän, wankend gehn MS. 2, lOS',
aufwiegeln bedeutet also wanken machen, betvegen, erregen.
do was einer, der wiglet mich uf, wir weiten mit einandren
gen Straszburg zien. Tno. Plater 31; wie sich Josaphat von
dem gottlosen Achab zu einem mutwilligen kriege aufwiegeln
liesz. Matuesius 22' ; ein aufgewiegelt volk. Weise erzn. 267 ;
er wiegelle die schaaren
zum ungehorsam auf. Günther 988;
die nachbarn gegen ihre nachbarn aufwiegeln. Wieland 8, 158 ;
und wider dieses verbot will er selbst zu der zeit, da die
landgemeine beisammen ist, unsre jungen leute aufwiegeln?
Klopstock 12, 105 ; die geistlichen lieder, als das probatste
mittel mein aufgewiegeltes herz zu beruhigen. Hippel 1, 191;
was gilts, den haben sie auch schon gegen mich aufgewie-
gelt! Schiller 129';
um neue wut nicht in mir aufzuwiegeln. Gotter 2,434;
wir aufgewiegelten verschworneu. Göthe 5, 262.
AUFWIEGEN, praet. aufwog, part. aufgewogen, nnl. op-
wegen,
1) intransitiv, pondere praevalere: diese sache wiegt hier
auf, überwiegt; der gedanke wog auf, praevaluit.
2) transitiv, pondere superare, aequare, pendere, wofür sonst
aufwegen: eins wiegt das andere auf; sie wiegen einander
auf; seine schuld wird durch sein unglück aufgewogen ;
ich bin bereit mit gohl es aufzuwiegen. Lessing;
und müst icli sie mit gold
aufwiegen, groszer manu, ich nehme sie iu sold.
Gottkr 1,201;
dieser fremde mann macht mich besorgt, wie ich ihn ansehe,
getrau ich mich nicht ihn aufzuwiegen, frühere rechte zu ver-
drüngen vermag ich nicht. Gütue 23, 195 ; er wird in mir eine
geweiiite person erblicken, die nur dadurch ein ungeheures
übel für sich und andere vielleicht aufzuwiegen vermag, wenn
sie sich dem heiligen widmet. 17, 37S ; das bestreben beider
religionsparteien, sich einander wo nicht aufzuwiegen, doch
im gleichgewicht zu erhalten. 26, 130. früher auch für auf-
heben, erwegen : er hatte das thor schon aufgewogen. Louenst.
Arm. 1, 803.
AUFWIEGEN, praet. aufwiegte, part. aufgewiegt, in cunis
tducare, grosz wiegen, nnl. opwicgcn : seine eitern hatten ihn
in pracht aufgewiegt, nnl. zijne ouders hadden hem in alle
weelde opgewiegd; der held wurde unter fahnen eingewin-
delt, neben helmen aufgewiegt; im hasse der tyrannen auf-
gewiegt, jam inde ab incunabulis imbuius odio tyrannorum;
darumb das wir diser fantasei aller gewonet sind und damit
aufgewiegct. Frank weltb. 135'.
AUFWIEGLER, t?i. concilator: gedachter aufruhr aufwich-
1er. reichsabsch. von Speier 1526 §. 8 ; die aufwigler gestraft.
Ayrer 25';
bisz dasz des frieden
sie sich erbieten,
den dies aufwiegler
auszm land woltn spielen. Soltau 489;
aufwieglern und empörern zu steuren. Klopstocr 12, 105.
AUFWIEGLERIN, f vgl. aufwicklerin.
AUFWIEGLERISCH, aufrührisch.
AUFWIEHERN, alte hinnire: die rosse vor beginn der
Schlacht wieherten auf.
AUFWIMMERN, ejulare, vagire: das kind der armen frau
wimmerte auf.
AUFWIMMERN, n. vagilus: gegen dieses aufwimmern fal-
scher bildung. Tieck lischler 1, 176.
AUFWINDELN, infanlem fasciis evolvere, aufwickeln.
AUFWINDEN, involvere, nnl. opwinden,
1) glomerare, garn aufwinden, band aufwinden zu schleifen:
dieses band sei auch sein seine,
das wir haben auf":ewunden,
darmit sei er angebunden. Fleming 42;
dis band, das wir selbselbst
so haben aufgewunden. 39;
und an ewig gleicher spindel winden
sich von selbst die moiide auf und ab. Schiller.
2) sursum torquere : die schlänge windet sich auf; der weg
windet sich auf; es hob sie ein sanft aufgewundner weg auf
das höhe gestade des thals. .1. Paul uns. löge 2, 30. den wein
aufwinden zum laden, was Fischart auf den trinker anwen-
det: und dieselbigen rachenkitzel und weinhaspeln (d. i. Sa-
chen die den durst aufregen) waren gewis auserlesene stück-
lein, die ihm wol anstunden, und den wein wol aufwinden,
aufkranen und einladen konfen. Garg. 53"; den knüttel auf-
winden, erheben. R. Waldis 4, 98.
3) figürlich, ein einsamer ort, den er sich gewählt hatte,
um daselbst zu zeiten die kräfte seiner seele wiederum auf-
zuwinden. Klinger 7, 204 ; der sultan, der dir ein mensch zu
sein schien, da er nichts als ein durch deine Sprüche und die
gewohnheit deines Umgangs aufgewundener herscher war.
7, 232 ; seine secle und sein herz durch edle grundsälze auf-
winden. 12, 123 ; es ist einerlei, woran eine kindliche phan-
tasie sich aufwindet, ob an einem lakierten Stäbchen oder
an einer lebendigen ulme. J. Paul uns. löge 1, 184.
AUFWINDEN, n. glomeratio slaminis, anzetteln : ich sehe, an
diesem stuhl ist man beim aufwinden, ich betrachtete nun
sorgfältig das aufwinden. Göthe 23, 02.
AUFWINSELN, gemere, aufwimmern.
AUFWIPPEN, enxicare, aufkippen, aufschnappen, aufschnel-
len, nnl. opwippen:
gleichwie zwei kinder sich gebaren,
wenn sie aufvvip|ien und niderfaren
mit eim gleichwichtigen bawholz.
froschmeus. 2, 6, 5.
AUFWIRBELN, evolvere, evolvi,
1) der staub wirbelt auf; eine feucrseule wirbelte auf.
2) den staub aufwirbeln, in die höhe treiben; der tambur
wirbelt den generalmarsch auf; das fenster aufwirbeln.
AUFWIRKEN, aufarbeiten, vgl. aufwerken.
1) weidmännisch, das wild aufschneiden, zcrwirken.
1) den brolteig bereiten und gestallen.
3) garngewirke außösen.
AUFWIRREN, evolvere, explicare, entwirren, bei Alderus
ufwerren : es ist besser, dasz man das verworrn seuberlich
ufwerr, dann (luchs zerschneiden.
AUFWISCHEN hatte früher vorhersehend die intransitivbc-
deutnnq sursum elabi, erumpere, wie sie noch in unserm ent-
wischen und hervor wischen, prorumpcre liegt und galt zumal
vom raschen auffahren, auffliegen der vvgel. vom aufvasrheln
der schlänge, dann auch vom schnellen, heimlichen auftreten
der menschen, so findet sich schon tm liederb. der Hätzlerin
IL 4, 49 aufwischen für auffahren.
bich, was aufwischcns bebt sich dort!
fasln, sp. 275, 31 ;
781
AUFWISCHEN— AUFWÜHLEN
AUFWUHNEN— AUFZERREN
iS2
die Römer hetten ein hauptmann, der lag auf einem weiten
feld mit seinem zeug, da sah er, das aus einem wald auf-
wischten alle Vögel, so darinnen warn, er sprach, da ligt
ein zeug verborgen, das erkenn ich an den vögeln, das sie
einsmaJs aufwischen, seh. und ernst cap. 52; also wischt {es
steht wuscht) der mönch auf {aus dem bett) und wolt kein
metten nier verschlafen, cap. 291; das kind wischt geschwind
in der wiegen auf. Wickrah rollw. 2"' ; und zuweilen urplötz-
lich aus dem schweren träum aufwischt. Fiscbabt bienenk.
15S'; die so im schlosz waren, als sie dis vorgedacht ton-
nerend geschrei vernamen, wischten auf was hand und fusz
hat. Garg. 233"; unter den spielen n'. 124 'msch auf!'; wel-
chen friden er aber nicht lang gehalten, sondern unverse-
henlich wider aufgewüscht, von leder gezückt. Fronsp. 1, 9';
di wider mich aufwischeien. Melissus ps. G4';
die afTecten v\ischen auf, wie ein has aus »den Stauden. Leh-
ULXK 7 ;
sobald er war zur erd dem donner gleich gefallen,
sobald wischt er auch auf mit schallen, prallen, knallen.
Werders Ariost 9, 77 ;
wann ein gaul niderfelt (erkrankt) und die wiirm hat, so gib
ihm...., von stund an v\ischt er auf und wird gesund.
Secter ist ; es begibt sich oft, dasz den pferden beutzelen
{blättern ?) aufwischen (auffahren), darnach beiszen sie es auf
und reiben sich. 253.
Die heulige, gleichfalls schon alte bedeutiing von aufwischen
ist transitiv abslergere, u-ischend außeben, aufnehmen : wasser,
blut von der erde aufwischen.
ScHMELLER 4, 190 hat einem aufwischen, praesto esse, einem
zu diensle sein, dies könnte von beiden bedeutungen abgelei-
tet werden, cito assurgere, sich schnell erheben oder detergere,
den schmutz, flecken abwischen., vgl. aufpfeifen, aufpauken,
aufwitschen.
AUFWITSCHEN darf als frequentativform des vorigen auf-
wischen angesehen werden, da man auch enlwitschen, erv^it-
schcn ßtr entwischen, erwischen hört. Stalder 2, 461. dieser
und Maaler 506* schreiben wüschen für wischen, folglich auf-
wütschen 37* consurgere, aufwütschen auf sein einen anzu-
greifen, sich rasch aufmachen; dasz ich sei ein wunderlicher
köpf, nicht einem ieglichen aufwütsch nach seinem gefallen.
Paracelscs 1, 261".
AUFWOGEN, exaestuare, aufrauschen:
eme der Inseln liegt in dem weiiaufwo^enden meere.
Voss Od. 4, 354.
AUFWÖLBEN, fomicare:
die decke, welche dir dies hohe haus musz tragen,
und du hast aufgewölbt, ist unerschOpftes meer. Opitz.
AUFWOLKEN, nubilare: es wölkt auf, wölkt sich auf, es
bewölkt steh, liehen wölken auf;
die nachtviole, die kräftiger
duftet, wenns aufwölkt. Voss 2, 234 ;
aufg&wölkter rauch. Uz 1, 101,
labaksrauch, der sich in wölken aufgezogen hat.
AUFWOLLEN, re//e surgere, eniti, aufverlangen: weil denn
die elenden verstöret werden, und die armen seufzen, wil
ich auf, spricht der herr {vulg. nunc exsurgam). ps. 12, 6;
der kranke will gern auf, aber kann nicht; und meine auf-
wollenden arme triebe der Sargdeckel nieder. J. Pacl.
AUFWOHFELN, frumentum ventilare.
AUFWUCHERN, luxuriari: aufwuchemde reben ;
WO man . . . aufwuchern talent an talcnl sah. I'lateh 137.
AUFWUCHS, m. incremenlum, aufwachs.
AUFWÜHLEN, suffodere, aufnülcn:
aber der weg ist weil und holperich, dasz man im dunkeln
wol der leuchte bedarf; denn die pna»(erpr haben ihn garstig
aufgewühlt. Luise 3, 557 ;
ruhctcn fünfzig Tersperrt der crdaufwühlonden schweine.
Voss Od. 14, 15;
wenn die schweine einen wurm aufwühlen. LicnTENBERC 2, 75 ;
man sitri bei seines freundes scherzen,
und ist sehr billig noch, wenn man sie blosz nicht fühlt.
oH wird wol selbst in guten herzen
die galle dadurch aufgewählt. Gökinci 1, 1S7 ;
die wogen des meers, die der stürm aufwühlt. Ki.iscer 5,
365; umsonst kflmpflen die frischen braunen äugen gegen
den aufwühlenden schmerz. J. Paul Tit. 2, %7 ; die Silberpap-
peln, ewigen maischnee tragend flatterten mit aufgewühltem
glänz. 3, 47; ich mag den alten schmerz nicht wieder auf-
wühlen.
AUFWUHNEN, was aufeisen: den teich, flusz aufwuhnen.
s. wuhne.
AUFWURF, m. terra egesta, agger, aufgeworfne erde, Hügel.
AUFWÜRGEN, constringendo aperire, aufdrücken : die grosz-
mutter würgte die thür auf und blinkte durch ein ritzchen.
Hippel lebensl. 2, 164. s. würgen und abwürgen, abstreifen.
AUFWÜTEN, was auftoben : die gnod gotts löschet den
inbrunst der glüst und bösen begirden zu unküscheit, hoch-
fart, grjt und zu andern bösen sachen, die in der seel dos
menschen steckent und ufwüten. Keisersb. postill 2, 71.
AUFZACKEN, serrare, incidere, auszacken:
hat natur, nach ihrem dunklen walten,
hier sich bergreihn hingezogen, droben
felsen aufgezackt. Gotue U, 259.
AUFZÄHLEN, enumerare, dinumerare, nnl. optellen, auf
die bank, das bret, auf den tisch, auf den rücken:
so zel ich ir pald auf mein gelt, fasln, sp. 232, 12;
erlauben sie, dasz ich das geld aufzähle. Lessi.vg 1, 517.
schlage aufzählen, rutenschläge in bestimmter zahl zumessen;
gekaufte sachen aufzählen, zuzählen; gründe, lugenden, feh-
ler aufzählen, herzählen.
AUFZANNEN, ringere, gebildet wie anzannen:
han ir munt weit gen mir aufgezant. Melissus ps. 06'.
H. Sachs braucht es aber kühn von aufstehenden nasenlüehem :
mein nas ist breit, bluntsch. murk und kurz,
daran die naslocher aufzannen,
breiten sich aus wie ein futterwannen. IIL 3, 16*,
AUFZAPPELN, palpitare, pedes jactare : wenn es nicht wie-
der einmal in lust und freude recht aufzappeln kann. Tiecs
nov. 2, HI.
AUFZÄRTELN, molliter educare: ein aufgezürtelles kind,
weniger als verzärteltes, emoUitus.
AUFZÄUMEN, infrenare, nnl. optoomen:
ein braunseapfelt paar wird prächtig aufgezäumet.
Uz 2, 206.
das ros beim ars aufzeumen. Frank lob der thorh. 143 ; manche
zäumen das pferd, so zu reden, von binden auf. Simpl. l, 37 :
und verkehr ihm allwegen das tüechlin im maul, so oft du
es aufzämest. Selter 405. aufzäumen scheint auch auf einen
theil des weibliehen putzes angewandt worden zu sein [s. auf-
zäumerin); in der küche werden die hüner beim braten auf-
gezäumt, eine keule in den zurückgebognen Schnabel, die an-
dere in den leib gesteckt, gen markt aufzäumen = reiten, wie
man auch sagt aufsatteln.
AUFZÄU.MER, m. palefrenier.
AUFZÄU.MERIN, f. ehmals eine der pulzmägde. s. anslrei-
cherin.
ÄUFZACSEN, vellere crines : ein kind aufzausen.
AUFZECHEN, epulis eonsumere, abligurire, aufzehren :
so pawren ir sewseck aufzechen,
einander sie hawen und stechen. H. Sachs I, 336';
alles, hier und wein, aufzechen.
AUFZEHREN, eonsumere, nnl. opleren:
ihr gfiiler, die mit flammender gewalt
ihr schwere wölken aufzuzehren wandelt.
GoTHE 9, 60;
dasz Charlottens Wintervorräte nun bald aufgezehrt seien,...
so lassen sie es uns auf polnische art halten, kommen sie
nun und zehren mich auch auf. 17, 257 ; dasz das kind von
wenigen liefen empfmdungen nach und nach aufgezehrt wurde.
20, 155 ; es war mir angst und bange, er möchte sich in die-
sen ergieszungen aufzehren, jedoch liesz er sich ganz mun-
ter zu bette bringen. 23, 1S7; das wort 'fein' wird so oft
wiederholt, dasz es seine bedeutung am ende selbst aufzehrt.
33, 12S; etwa acht tage wird meine zeit durqh äuszere ge-
schafle aufgezehrt werden. Göthe a« Sc/(i7/er 176; ob ein
fiebcr meine kraft aufzehrt. Gotter 3, 105 ; drei feuersbrünste
hintereinander haben die halbe Stadt aufgezehrt.
AUFZEICHNEN, designare, nnl. opteckenen : merkwürdige
begebenheilen aufzeichnen.
AUFZEICHNUNG, f annotatio, dcsignatw.
AUFZEIGEN, exhibere, ostendere, aufweisen: so dasz etwas
zu Stande kam, was sich aufzeigen liesz. Göthe 26, 43.
AUFZERRE.N, distorquere, aufreisxen: die schleife, die binde
783
AUFZIEHBRÜCKE — AUFZIEHEN
AUFZIEHEN
784
gewaltsam aufzerren ; das halstuch aufzerren ; die äugen auf-
zeiTcn. Frank parad. 3l\
AUFZlEHßRÜCKE, f. pons duclarius, versalilis, besser zieh-
brücke, Zugbrücke : die aufziehbrücke der gesiebter, worauf
sonst beide seelen zusammenkamen, stand hoch auseinan-
dergerissen in die luft. J. Paul TU. 3, 182.
AUFZIEHEN, sursum habere, elevare, revohere,
1) thor und brücke: da die tbor zu Jerusalem aufgezogen
waren. A'e/». 13, 19 ; die brücke wurde schnell aufgezogen ;
ebenso den scblagbaum, den anker, die last aufziehen.
2) bogen Mndj)feil aufziehen: er führete einen so starken
bogen, dasz ihn zehn männer fast nicht hätten aufziehen kön-
nen, pers. rosentli. 7, 18;
mit- diesem aufgezogen pfeil. II. Sachs III. 3, 65' ;
die Saiten auf die geige ziehen : du solltest mir bald andere
Saiten aufziehen. Lenz 1, HO. . die feder aufziehen : zwar das
hat nun herr Dusch gewis nicht sagen wollen, sondern seine
feder, die einmal aufgezogen war, hat es wider seinen willen
hingeschrieben. Lessing 6, 98.
3) seil, segel aufziehen: ,
damit er mit kelierzier band
mög seine scgel schnell aufziehen. Weckherlin 353 ;
die vorhänge aufziehen; der Vorhang ist schon aufgezogen,
sogar, das theater wird aufgezogen. J. E. Schlegel 5, 312 ;
den vogel im kälich, den kronleuchter aufziehen, das gewebe
aufziehen, aufspannen :
aucli webslüle von stein sind drinnen gestreckt, wo die nymfen
schone gewand aufzichn, meerpurpurne, wunder dem anbiick.
Voss Od. 13, 107.
kragen {mit draht?) aufziehen: dis eichenlaub umb den hals
zu bauchen, zu pläuweln, zu schlegeln, zu reiben, auszuwin-
den, zu stärken und aufzuziehen. Garg. 113*; hosen mit brau-
nem hämisch (?) aufgezogen. Schweinichen 1, 46. auch für
anziehen : zieh ein paar weisze handschuh auf, solch eine
rede verdient es. Hippel lebensl. 2, 104.
4) rücke üf gezogen. 7w. 463; die achseln aufziehen, zucken;
äugen, nase, lippcn aufziehen : so mitleidig er auch die äugen
aufzog. J. Paul ßegelj. 3, 38 ;
leicht schwebend fühlte sieb der blick
vom schlanken wuchs der ceder aufgezogen.
Schiller 23';
den athem aufziehen, ziehen, schöpfen:
wer wünschte langer nun den alliem aufzuziejin,
wann er vor äugen sieht, dasz alles mit ihm stirbet?
TSCHEBNING 311.
5) die uhr aufziehen, franz. monier, wieder in die höhe
ziehen, dasz sie von neuem ablaufen kann, räder aufziehen,
die maschine aufziehen, den bahn am geweht, die pistole
aufziehen.
6) wasser, dünste; nebel aufziehen : die sonne zieht das was-
ser aus der erde auf; zeucht die nebel auf. Jer. 10, 13. 51, 16;
die wölken werden aufgezogen, das pflaster zieht ein ge-
Bchwür auf.
7) aufziehen auf papier, pappe: kupferstiche, landkarfen;
ich habe das zeug beute früh durchgeblättert, es dünkt einen
sonderbar, wenn man die altabgelegten schlangenhäute auf
dem weiszen papier aufgezogen findet. Göthe an fr. von Sl.
1, 220; lasz nur das weisze papier aufziehen, wir wollen es
auf dem rahmen färben lassen. 3, 117.
8) pflanzen, blumen, bäume aufziehen, aus dem samen in
die höhe ziehen; den weinstock aufziehen, ebenso hüner,
thiere, vieh und zumal kinder, menschen aufziehen, educere,
educare, erziehen: ich bin nicht mehr schwanger, ich gebere
nicht mehr, so ziehe ich keine Jünglinge auf und erziehe
keine jungfrawen. Jes. 23, 4; derselbigen {jungen lewcn) eines
zog sie auf. Ez. 19, 3 ; als er (Moses) hingeworfen war, nam
in die tochter Pharaonis auf und zog in auf zu einem son.
apost. gesch. 7, 21 ; und ir väler reizet ewre kinder nicht zu
Zorn, sondern ziehet sie auf in der zucht und vcrinanung zu
dein herrn. Eph. 0, 4 ; so sie kinder aufgezogen hat. 1 Tim.
6, 10. aufziehen und erziehen sind uns heute in manchen
fallen gleichbedeulig, meistens aber unterscheidet sich leib-
liches aufziehen, groszziehen, educere und geistiges, sittliches
erziehen educare. thiere werden nur aufgesäugt, aufgezogen,
nicht erzogen, vgl. das verbundne auferziehen.
9) einen aufziehen hicsz ehmals einen niederfallenden auf-
heben, vom boden in die höhe ziehen. Ayrer fasln, sp. 10'';
darauf liesz er ihn ins wasser werfen und Lernach bei den
haaren wieder aufziehen, pers. rosenth. 1, 8. einen dieb auf-
ziehen, sowol auf die foller als an den galgen. ein tag drei-
zehn mal aufgezogen, gefoltert. Scheible kl. 6, 990.
10) eine oder einen aufziehen war sonst der übliche, edle
ausdruck für zum tanze holen, auffordern. Wickram roi/«'. 47';
welcher sehr oft meine gesundheit getrunken und bei dem
angestellten ball fast stets mich aufgezogen hatte, ehe eines
weibes 197;
und Netteben ward von Zabren aufgezogen
zum tanze. Gökingk 2, 213;
zog dich ein schäfer auf, sogleich verdrosz es mich. Rost ;
die jungen stunden zogen
ihn (den tag) auf zum frühlingstanz. Uz 1, 346.
es ist sehr passend, zu den zügen und verschlingungen des
tanzes ein mädchen von seinem sitze aufzuziehen.
11) einen aufziehen heiszt auch einen höhnen, vexieren und
verspotten, mit etwas hervorziehen, gleichsam auf die spöttcr-
bank ziehen, oder will man es und das folgende aufziehen
hinhalten für eins nehmen ? der uns hinhält, spottet unser auch :
mich aufzuziebn, das bilde dir nicht ein,
ich beim Olvmpus selbst will dir den höhn verderben.
Opitz 1,186;
lang gnug ich euch aufzogen ban,
secTit eur vertraute doch recht au. Atrer 423';
der herr will mich aufziehen. Schmelzl 2, 178;
es wäre viel besser dasz du schliefest, als dasz du der leute
laster wilt viel aufziehen, pers. rosenth. '1, 1 ; hierüber wurde
er von vielen heftig aufgezogen und verlachet. 5, 9; man
sieht alle und weiset niemand ab, man wählt sich einen aus
und zieht indessen die übrigen auf, bis die reihe an sie
kommt. Wieland 12, 97 ;
das sagen sie nur, mich aufzuziebn. 4, 43;
weist du noch, wie tausendmal du, die flasche in der band,
den alten filzen hast aufgezogen und gesagt, er soll nur
drauf los schaben und scharren, du wollest dir dafür die
gurgel absaufen. Schiller 107'; wenn er fortfährt, uns mit
dem groszcophta aufzuziebn. Göthe 14, 155; sich wechselseitig
zu plagen und aufzuziebn. 15, 82; wenn ein alter guter freund
mich etwa scherzhaft darüber aufzog. 19, 289 ; man wollte
ihn wegen seiner cifersucht aufziehen. 25, 363.
12) einen oder etwas aufziehen, auflialten, hinhalten, auf-
schieben (wie verziehen, verschieben), auf die lange bank schie-
ben: da aber Felix solches höret, zog er sie auf (distulit
illos). apost. gesch. 24, 22 ; darumb ich auch gedacht, mit mei-
nen freunden not sein, davon zu bandeln, ob wir gottes ur-
theil möchten wenden oder aufziehen. Luther 2, 83'. br. 2, 113;
das es gewis sei, wie der vater oder freunde nichts wollen
dazu thun oder mit vergeblichen worlen imer und imer auf-
ziehen. 2, 444'; dazu bat er uns das sehen auch nicht ver-
sagt, sondern zugesagt, alleine das es aufgezogen und ge-
spart wird bis auf den jüngsten tag. 3, 303' ; kompt es nicht
so bald, wie du sihest, das gott Abraham aufgezogen hat,
so lasz nicht abe. 4, 75"; gott zeucht in (den glauben) auf
und machts lang. 4,77'; ein gut gebet sol nicht lang sein,
auch nicht lange aufgezogen werden, sondern oft und hitzig
sein. 6, 314"; das irer viel die taufe der kinder aufgesparet
und aufgezogen haben, tischr. 159'; die hochzeit lang aufzie-
hen und aufschieben ist sehr fehrlich. 307'; die Sachen für-
setzlicb aufziehen und verschleifen. 406'; die vertrüg, welche
wol auf diesen tag vorgenommen aber lange aufgezogen wor-
den bis herum ins andre jähr. Melanciitiion S, 942 ; wiewol
zwischen zulassen und verwerfen ain mittels inöcht sein, ob
sich ainer wölt uf ain sacb bedenken oder züg sie uf oder
verliesz sie als gieng sie in nit an. Heuchlin versl. 8'; nun aber
das ich dich, leclor, nit zu lang aufzeuch, was mich ursacht,
das vernimb. Paracelsus cAi'r. sehr. 625' ; ob aber eine wun-
den, die schon angefangen hat zu fauien, so leichtlich zu
heilen seie, das gib ich einem jeden zu rathen, aufs we-
nigste wird hiemit die heilung aufgezogen. Würtz 46; damit
nit die wunden auf ein neuwes anfange zu bluten und hiemit
nicht allein die heilung aufgezogen, sondern auch etwas bö-
ses verursacht werde. S7 ; mich mit der hochzeit !)is nacii
osU'in aufziehen. Schweinichen 2, 82; und gott derhalben
seinen gefasztcn zorn aufziehe bis zum jüngsten tage. H. Mus-
culus/ioic»/cM/('/ E 3'; ihnen auch Verzeihung zugesagt, aucii
zuweilen die straf aufgezogen. Heutter kriegsordn. vurr.; die
Lacedemonicr zogen die sclilacht auf. Fronsp. 3, 243*; und hell
als ein iangniüliger gott aus und zeucht die straf auf, ob die
gefesz des zorns wollen buszc thun. Mathesius u';
785
AUFZIEHExN — AUFZISCHEN
AUFZITTERN —AUFZUG
786
was zeuchst du mich dana auf? Opitz 1, 179;
wie lange hastu uns veruieinet aurzuziehen,
zu halten diesen schätz, den wir dir nur geliehen,
du reiches Dacien? 2,8;
ich habe keine macht,' das urtheil auTzuziehn.
GCnther 1027 ;
dasz bis nach gebrachtem kinde man die cur aufziehe. Ett-
NE8S hebamme 525 ; Werner hörte von mir, wie sehr man sie
mit ihren forderungen an die generalkriegeskasse aufzieht.
Lessing 1, 515 ; da sind wir nun ihrer drei, ich, du und Char-
lotte, die wir auf seinen tod lauern, ist es wo! erlaubt, dasz
einer ihrer drei so lange aufziehen darf? 2, 549. heute un-
gebräuchlkh, man sagt hin, in die länge ziehen.
13) zuletzt intransitives aufziehen, einhergehen, incedere,
procedere: das beer zieht auf; die wache zieht auf. Göthe
29, 270; der mond zieht auf, gehl auf; wölken ziehen am
himmel auf; ein gewitter zieht auf;
bis auf am himmelsbogen
die goldnen sterue zogen. BÖRcn;
ich musz aufzie^n alle tage
in der klage
und in schwarzen kleidern gehn. Opitz ps. 75;
er zeucht zwar nicht mit purpur auf.'
Grtphius 1, 3S5;
es sind canonici aus dem stifl, das e. k. m. hiebevor gestif-
tet haben, der kaiser sagte: warum ziehen sie dann so auf
in kleidungen, als wann es courlisane aus Frankreich weren ?
ScHcppics 75; ziehet ihr denn in solchem habit auch auf,
wann ihr in die kirche gehet und betet? 76; wer närrisch
aufziehet. Simpl. l, 179; auf schweizerisch aufzog {gekleidet
gieng). unw. dort. 521; jene spotteten der sokratischen Weis-
heit, die nur in einem schiechten manlel aufzog. Wielaxd I,
64; sie pflegten bei den orgien in ihrem schönsten putz auf-
zuziehen. 1, 34; der erste der mit einem neuen project auf-
zog, beredete ihn, er wisse es besser als seine Vorgänger.
6, 24 ; wie ärmlich (lumpig, stattlich) zog er damals auf. und
gern verbindet sich, in diesem sinn, das pari, aufgezogen mit
kommen: das beer kam aufgezogen; wann die alten in den
krieg zogen, kamen sie aufgezogen mit ihren armbrüsten.
ScHCPpics 94 ; da komme er aufgezogen mit einem kleid von
cameelhaaren. 243; als er einsmais mit solchen worten auf-
gezogen kam. 243; wer mit seinen abgeschmackten pickels-
heringpossen aufgezogen kömmt. Weise erzn. 352; dem ohn-
geachtet kömmt herr Klotz mich zu widerlegen mit ein paar
münzen aufgezogen. Lessing S, 19. bei naturerscheinungen ßr
aufziehen auch sich aufziehen: ein gewitter zieht sich auf;
0, schreit der wanderer, zog sich ein weiter auf!
Lessisg 1, 126.
aufziehen, im gegcnsatz zu abziehen, bedeutet auch antreten:
der neue gutsherr, der neue pfarrer ist aufgezogen, hat sein
gut in besitz genommen, sein amt angetreten : was nu e. k. g.
Schaft, beide mit dem vorigen pfarrer abzuziehen und mit
diesem genannten aufzuziehen, lasz ich gott walten. Li;thers
br. 3, 49.
AUFZIEHEREI, f. irrisio, Spötterei: was soll diese ewige
aufzieherei?; und die aufzieherei damit Fichte »<ao/i/. 129.
AUFZIEHIG, s. aufzügig.
AUFZIEH UNG, f. nach verschiednen bedeulungen des aufzie-
hens, z. b. die wehren der pasteien, so die welschen bawmcister
bollwerk (baluardo) nennen, werden im grund acht schuch dick
angelegt, aber in der aufziehung bis auf zehen schuch wer-
den sie eingezogen. Fro.nsp. 2, 2S'; die aufziehung der kinder.
aufziehung = aufzug, tracht: aus meinem magern und aus-
gehungertem anblick und hinterlässiger aufziehung. Simpl. l, 69.
AUFZIELEN, educare, elerare: junge Weingärten aufzielen;
birnbäume vom kern aufzielen ; also hat gott allmahl ein an-
fang geben, das ist den samen, und denselbigen samen auf-
gezielt, das er gewachsen ist in ein bäum. Paracelsus 2, 225*;
ist ein Sommergewachs und musz järlich vom samen widenimb
aufgczicifl werden. Tabernaemontanus s. 58; wo bliben aber
dise schöne spröszijn, wann man sie nit aufzilete? wer kan
sie aber besser aufzilen als die von nalur dazu geschaffene, die
eh- und betigenossc weiber? Garg. 67'.*. vgl. zielen, erzielen.
AÜFZIEBE.N, cfimere, aufschmücken:
f wer die lerrassen einsam abspaziert,
gewahrt die schönste herrlich aiifgezieri,
ein aug verdeckt vom stoßen pfauenwcdel.
GoTiiK 41, »;«.
AUFZIRPEN, alte slridere^ aufzirpende heiinchen.
AUFZISCHEN, alte tibilare, aufzischende schlangen
AUTZITTERN, tremule surgere : zittert vom sessel auf. Schil-
ler 193^ schwer aufzitternde seufzer. Voss.
AUFZOGERN, detinere, aufhallen: der pfarrer zögerte mich
auf in seinem losament bis 10 uhr. Simpl. 1, Sl; jemandes
bildung aufzügern, verzögern. Wielasd.
AUFZLCHT, /". educatio: ein weich aufzucht und nachlessig-
keit ist ein urlaub zur sünd. Frank cAron. 136'; alsbald üben
si die kinder zur aufzucht hin geschickten leuten. veltb. 84'.
AUFZUCKE.N, agitart, micare, aufflackern : die flamme zuckt
auf; ein blitz zuckte auf ; der sterbende zuckt noch einmal auf;
des erobererschwerts
blitzartig aufzuckenden glänz. Plate.n132;
aufzuckt im gemüt mir ein graunvorsatz. 2S7;
s cha si, es zuckt e streifli morgeroth
sehe an de berge uf — i weisz es nit. Hkbkl «. 188;
aufzuckende gedanken; aufzuckendes eingeweide. •
AUFZÜCKEN, sursum stringere, agitare: das schwer! auf-
zucken, aufeinen zücken; mit aufgezOcktem messen doch frühere
schriftsteiler erlassen noch den umlaut : hierein sich mischen
ist so viel als in aufgezuckte Schwerter greifen. Leibnitz 171 ;
bitt derhalb, es wöll mirs niemant für ein grollen aufzucken.
Frank «W/fi. forr. ; vil zucken zu auszgang des sabbats schnell
das tischtuch auf. 146*; sie haben die jungen kriegsleut nicht
also angenommen, wie wirs aufzucken {agitamus). Fronsp. 3, 199*.
AUFZUG, m., nach Verschiedenheit des aufziehens,
1) aufzug der brücke, der saite, des gams.
2) aufzug des Vorhangs, und danach die benennung des acts
im Schauspiel, Grtphils aber, der ßr diesen abbandlung setzt,
bedient sich einigemal des vortes aufzug ßr scene oder das
heutige auftritt, z. b. 1, 474 und Schocb (1657) hat aufzüge in
fünf handlungen. in diesem sinn bedeutet des aufzugs lachen.
unw. doct. 743 der scene, des auftritts. dann aber erscheinen auf
der scene, procession: aufzüge, ballet, mascaraden. Weckher-
LiN 836 ; aufzug des winters, der weltalter. Göthe 13, 195. 197. 201-
3) aufzug zum tanz läszt sich ohne Zweifel sagen.
4) aufzug, spott und höhn : wenn du mir ein andermal
einen solchen aufzug machen wirst, wie heutigen morgen.
Grtphics 1, 899 ; raitzung, angrif und aufzug. Weckherlin 365 ;
falsche flucht, angrif, aufzug. 459; wer aufzüge machen will,
der wage sich an verständige leute. Weise erzn. 41 ; indessen
ich mich doch für den höflichen aufzug bedanke, ped. schul-
fuehs 126.
5) aufzug, aufschub, verzug, mora, dilatio: Verhinderung
oder aufzug. kammerger. ordn. von 1521. 19, 4; ohn langem
aufzug. reichsabsch. zu Speier von 1526 §. 1; ohn aufzug be-
zahlt werden, von 1530 §. S2 ; das macht der aufzug göttlicher
gnaden und hülf, das die seel sorget, sie sei veriassen und
verdampt. Luther l, 44*; on weiter aufzug oder bedenken.
5,241'; alle ander wegerung, aufzug, hinderung. 6,330'; auch
das uns zur concordia oder vergleichung, wie sie es nennen,
nicht ernst sei, sondern suchen allein ufzug. Melancbthon an
Albrecht ep. 6. ed. Faber; ich bäte aber noch auf zwen tage
aufschub, wollte noch versuchen, ob i. f. gn. zu erreichen
sein möchten, solches zu verrichten, dies thät ich nur zum
aufzug, dasz ich könte davon kommen. Schweimchen 1,276;
allerlei ausflucht und aufzug suchen. Kirchhof fni/. dwc. 82;
das gar kein anfzug helfen wird. H. Sachs II. 1, 36»;
nur bald; der aufzug mehrt und schärft die rauhe pein.
Grtphius 1, 155;
er woll uns nur nicht länger quälen
mit aufzug unsers lods. Loiienst. [brah. bassa 59, 256;
mit langen kostbarlichcn aufzügen. Philaxder 1, 8; aatüge
machten. Opitz Arg. 2, 34. 73.
6) aufzug, anzug, kleidung : die spartanischen Jungfrauen
scheuen sich nicht in einem aufzüge gesehen zu werden, wo-
durch in Athen die geringste mctze sich entehrt hielte. Wie-
land 1, 148 ; einen jungen menschen, den er in einem so we-
nig versprechenden aufzug unter einem bäume liegend gefun-
den. 2. 72 ; ihr aufzug gefiel dir doch nicht, will ich hoffen ? 8, 2^4 ;
ungeachtet .«eines nicht sehr schimmernden aufzugs. 11, 259; da
er mich nach meinem aufzug für einen armen schlucker halten
mochte. Göthe 25, 352, auch 55. ein feierlicher, prächtiger,
dagegen ein lächerlicher, possierlicher, annseliger aufzug.
7) aufzug, aufßug der tögel: die vögel in ihrem unversehe-
nen aufzug. Rollenhacen wunderb, reisen 208.
8) aufzug, in der baukunst ein aufrisz des gebdudes von der
seile her. Fr. Miji.ler 3, 317. den webern heiszt das aufgespannte
gam, tonst anscher, werft, kette genannt, gleichfalls aufzug.
50
787
AUFZÜGIG— AUGAPFEL
AUGAPFEL —AUGBRAUNE
788
AUFZÜGIG , tabidus, efßorescens, ausgefahren : auf einmal
was ein bulerin, die het ein rot aufzügig angesiciit, des be-
schämet sie sich und kam zu einem schercr ... der gab ir
ein etzwasser, das streich sie an und etzt haut und har hin-
weg, seh. und ernst cap. 177; ein scheuziich aufziigig gesichf,
als ob es malzig wer. Ryff spieyel der gesundh. 144' ; vertreibt
das rot aufziehig scheutzlich angesicht. Tabernaemont. 109;
gemeldter saft heilet auch die roten aufziehige angesicht und
die roten blättcrlein und buckeln derselben. 432.
AUFZÜNDEN, incendere, anzünden: an vielen örtern knien
die leute für den steinern und hölzern bildern, zünden inen
Hehler auf. Melanchth. im corp. doclr. ehr. 268 ; was eben
umb die zit, das man die iicchter ufzündet. Tiio. Plater 77 ;
wann die glut, erzeuget von den winden,
TOn feuers ait genelirt, sicli selher auf niusz zünden.
Opitz 1, 45;
also legte sie es auf wacholderbolz und eisenkraut, darbei un-
gebrauchter Schwefel und weihrauch war, zündete es auf, und
wie die lohe in die hübe schlug, redete sie. 2, 281. gerade
so sagte man mhd. öf brennen für anbrennen, anzünden:
ein vackel wart uf gebrant (angezündet). Wigal. 142, 33.
AUFZLTFEN, evellere, ausrupfen, pßücken: eine schleife
aufzupfen, auflösen:
viel pränsoblümchcn,
die ich im ausländ weit und breit
einst aufgezupft und hier gestreut. Bürger 94';
die rosse
zupften den loios auf und eppich. 204*.
AUFZÜRNEN, iracundia exardescere: er zürnte auf.
AUFZWACKEN, arripere, raplim colligere, aufschnappen : nun
hat Scbwenkfeld noch kein ganz corpus doctrinae gemacht,
zwacket nur auf, wo er ein stücklein mit einem schein repre-
hendieren kan. Melanchth. 9, 326 ; von zwein heiniliclien ge-
fangnen, so wir aus diser statt iietten aufzwackt, zii erkün-
digen ir fürnemmen. Frank tt-'t'/ib. 230"; dasz zehentausend Boicr
auf die Römer gehalten und sie also aufgezwagt (l. aufge-
zwackt) haben wolten. Fronsp. 3, 231' ;
den storch ihn zu eim künig gab.
derselbig thet die fiösch aufzwacken. H. Sachs II. 4, 53'.
' AUFZWÄNGEN, urgendo aperire, aufkriegen: die thür auf-
zwängen, dann auch aufdrängen: dasz man sie mit kennt-
nissen quält und ihnen talcnte aufzwängt. Tieck nov. kr. 4, 305.
s. aufzwingen.
AUFZWICKEN, veUicare: mit der schere aufknippen.
AUFZWINGEN, nnl. opdwingen. verhält sich zu aufzwängen
wie aufdringen zu aufdrängen, d. h. in allen diesen formen
ist gleiche transitivkraft gelegen, man kann sagen die thür
aufzwingen wie aufzv^ängen. hauptsächlich aber gilt aufzwin-
gen für einem etwas aufdringen, aufnvthigen:
den fremdgebornen herrn
uns aufzuzwingen. Schiller 458;
Verzweiflung und schände hatten mir endlich diese Sinnesart
aufgezwungen. 708 ;
jene lehren die pflicht in schwer aufzwingenden Sprüchen.
Herder 10,90;
ihr zwingt mir eine schuld auf, die ich willig übernehmen
wollte, wenn mich das reinste bewustsein nicht frei spräciie.
Göthe 19, 51 ; der erziehungskünstler, der selbst dem göttlich-
sten seinen gemeinnützigen Stempel aufzwingt. 37,82; eben-
Süwol must du dem thier seinen aufgezwungenen instinct zum
Vorwurf machen, wenn du den menschen tadeln willst, dasz
er seinen bedürfnissen nachgeht. Klincer4, 70; in dem ersten
augenblick der ihm aufgezwungnen ruhe. 4, 267; der erste,
welcher mir den gedanken aufzwang, die menschen müsten
nicht so gut sein, als uns idealisierende moralisten bereden
wollen. 9,30; wenn uns auch zu Zeiten einige zweifei darüber
aufgezwungen werden. 11, 265.
AUFZWIRNEN, ßla involvere: um welches wickelpapicr eine
frau ihre garnkugel aufgezwirnt hat. .1. Paul Fibel 42.
AUFZWITSCHERN, alte frilinnire: aufzwitschernde vögcl.
AUGADER, f rena oculi : für das wcisz in den augöpfeln
treuf im (dem kind) naciitschattcnsaft hinein, für die röt,
schebigkeit und geschwulst salbe im die augadern mit gemcl-
tem saft. Röszlins hebammenbüchlin. Frankf 1505. 92'.
AUGAPFEL, m. pupilla, globus oculi, ahd. ougaphul, ags.
eagäppel, engl, cyeapple, nnl. oognppel ; altn. aber augasteinn,
ddn. öjestecn, sc/m', ögnastrn, wie man edelstcinc aus augäpfvin
werden licsz. poln. aber jablko oka, litt, akies obolys, Icti.
azzu ahbols, wie hei uns; finA. silmän muna, et des auges.
lasz tag und nacht threnen herabflieszen wie ein bach, höre
auch nicht auf und dein augapfel lasse nicht abe. klaget. Jer. 2, 18.
Gilt nun in der spräche für das unantastbarste und liebste,
das man am sorgfältigsten hütet, für den liebling des herzens :
er behütet in wie sein augapfel. 5 Mos. 32, 10 ; behüte mich
wie einen augapfel im äuge. ps. 17, 8 ; behalt mein gebot, so
wirst du leben, und mein gesetz wie deinen a«gapfel. spr.
Sal. 7, 2; wer euch antastet, der tastet seinen augapfel an.
Zach. 2, 8 ; er hebelt die wolthat des menschen wie ein sigel-
ring und die gute werk wie ein augapfel. Sir. 17, 18 ;
der rüret sein augapfel an. II. Sachs I, 54";
wo der herzog keine scheu trüge und es vor seinen aug-
äpfeln und rälbcn wagen dürfte. Schweinichen 1, 393 ; der
du mir so lieb bist als mein augapfel. pers. baumg. 2, 2 ;
wie der augapfel des auges kind,
alsbald ein stosz sich anerbietet,
schnell wird mit zarter sorg behütet.
Weckherlin h^;
wer mich anrühretc, der tastete meines vafers augapfel an.
Weise erzn. 76 ; nehmet hin, mein augapfel, dieses kleine an-
denken und liebet mich. Felsenb. 1, 44; bewahre und liebe
sie wie deinen augapfel. Wieland 8, 133 ; sie ist der augapfel
ihrer groszmuttcr. Lessing 1, 396 ;
das paradics der Linder
das gott liebt wie den apfel seines auges. Schiller 451';
nehm er sie hin, mein söhn, das kind ist sanfter gemülsart,
mein augapfel, mein herz. Voss Luise 3, 361 ;
in ketten meine augapfel! ihr lieben jungen. Göthe 8, 117;
Berlicbingen ist sein augapfel und ihr werdet inskünftige das
schwarze drinn sein. 42, 79 ; das recht, dieser augapfel gottes.
Kant 5, 426.
AUGARTEN, m. viridarium, hebt durch Zusammensetzung
hervor, was schon, und schöner, im einfachen wort aue liegt.
AUGBRAUE, AUGBRAUNE, schwankend in bedeutung, ge-
schlecht Jind gestalt des zweiten worts. skr. bhru supercilium,
gr. ofQvs, ir. gal. ablira, armor. abrant, altsl. br 'v , russ,
brov', poln. brwi, goth. brahv n., ahd. präwa f., pra n., mhd.
bräwe und brä; altn. brä /". cilium, brfin f. und br^n n. pl.
supercilium. Dasvpodius setzt augbraw cilium, ober augbraw
supercilium, augbrawenhaar palpebrae, Maaler 38'' augbrawen
beides palpebrae und supercilium, wie schon ahd. oucpra pal-
pebrae, mhd. bra bald supercilium bald palpebrae. Luther
6,500*: ich bin als lange nie on pein gewesen, als ein augen-
braw zu der andern möcht kommen. Fischart schreibt den pl.
augbroen {wie pfo für mhd. pfä, pfawe, nhd. pfau); Luther
aber 3 Mos. 14, 8 an den augbrunen und kühn Hiob 3, 9 die
augenbrün der morgenrote, vulg. ortus surgentis aurorae, LXX
'EmsipÖQOs arars'/.lcov, augcnlieder der morgenrote, vgl. Hiob
41, 9. schon nach dem altn. brün neben brd musz man der
form braune neben braue ihr recht lassen, sie scheint auszer-
dcm bestätigt durch das gr. TtQcov hügel, anhöhe, das lal. frons
frontis und jenes abrant; mehr davon U7id über die wurzel un-
ter dem einfachen braue, braune.
Das nhd. neutrum neben dem fem. bezeugen folgende stellen:
strich dem heiligen das kinn,
das augbran. Herder 6, 63. 19, 12;
sein finsteres, überhangendes, buschiges augenbraun. Schiller
129 ; mit verdrusz und Unwillen sieht man, wie Priestley in
seiner geschichle der optik, und so manche vor und nach
ihm, das heil der farbenweit von der epoche eines gespalten
sein sollenden lichtes her datieren und mit hohem augbraun
auf die älteren und mittleren herabsehen. Göthe 52, xvii. ge-
wöhnlich aber gilt weibliches augbraue oder augbraunc in der
bedeutung von supercilium unterschieden von vNimper {d. i. wint-
brä) palpebra: zarte dunkle sanftgezogeuc augenbrauen. Güthk
19, 85 ; meine aughrauen sind versengt. Gütuk an fr. v. Stein
1, 317. s. augenbraune.
Von alters her waren die aughrauen nicht nur ein tcesent-
lichcr beslandthcil der Schönheit, sondern auch in ihrer reg-
samkeil zeichenhaß und bedeutungsvoll, die dichter vergleichen
ihre krümmung dem bogen und der schlänge, in den serbi-
schen gesdngcn heiszen die augbraucn egel (pijavilze), die augcn-
lider schwallicnßügel; schwarze brauen, als säszen zwei krähen
über den äugen ist ein altnordisches bild {Vilk. saga cap. 1),
fast wte skr. kAkapaksa. krähenßügel die locke bezeichnet, be-
kannt ist ihr winken, inn-fVFiv ofQvat und das superriliiun
gercrc, jenes herabsehen mit hohem augbraun, sie aufziehen,
7S9
AUGE
ÄUGE
790
Kerfen oder sinken lassen drückt vechsclswetse slolt, ernst,
zom, trauer, viüde und heilerkeit aus, bhriiksepäläpa heiszt
skr. die augbrauensprache. Riga laelr j)u bnn for brär, fallen
lassest du brauen auf wimper, sagt die edda, du bist dem
schlafe nah. meine augbraunen sollen über euch herhangen
wie gewitterwolken. Schiller 117; zuweilen die frümetlliche
augbroen oder das vespasianisch cacantis faciein ablegen. Garg.
15; ir augbroen waren wie ein gewelb von ebenbolz. 76';
regt die stirn, augbroen und obren. 230'; mit sawrgerünzclten
augbrawen. Weckherl. 557; mord sasz in den düjtern winkeln
ihrer borstigen augbrauen. Fr. Müller 3, 2S3. ryl. augenblick.
AUGE, n. ahd. ougä, v>hd. ouge, golh. augö, alln. auga,
schw. öga, ddn. oje, ags. eägc, engl, eye, fries. age, nnl. oog.
hierzu stimmt nun, auch im neutralen genus, das sl. oko, pl.
vielmehr dl. otschi, pl. otscbesa, poln. oczy, böhm. oci; litt.
akis, lell. azs, altpr. ackis/". {weil diesen sprachen das n. fehlt);
gr. oxos, oxxos, beide ungewöhnlich, aber mit dem üblichen
dl. oaae, dessen Zischlaut sich zum tc in oxos verhält, wie
der slavische und lettische; lat. oculus, einfaches ocus vor-
aussetzend, it. occhio, sp. ojo, port. olho, prov. olh, hueih,
franz. oeil, der koseform oculus und ocellus (das duglein,
liebe äuge, wie soleil die liebe sonne) entsprach auch ein gr.
oxxafj-os, oxrafJ.os, tgl. ofd'a'/.fiö'i = oTtraXfiös, und
o^is, {o\p. endlich skr. aksi = a.\i. der hier dem kehllaut
anrückende zisch gleicht wieder jener modification des oko in
otschi, des oxos in oaae, dem y i« twp wtcos, und ist der
Wurzel ebenso fremd, als das die lat. flexion bestimmende si
»n scribo scripsi, nubo nupsi, rego rexi = regsi, duco duxi
»= ducsi. das skr. pflegt ihn auch in andern Wörtern zu ent-
falten, z. b. in riksa = rixa, irxa bär, litt, lokis ßr olkis, orkis,
lett. Jahzis, ahd. elah, elaho, lat. ursus ßr urcsus, gr. äoxros
für aoxaos = a^^os {wie jenes 6xra/.kos für ösaXlos), ir.
gal. art ßr arct, welsch arth.
Die deutsche spräche in ihrem ougä, äuge wie in elaho,
eich, die litt, in akis wie in lokis hegen reinen kehllaut, im
lett. azs und lahzis ward er zischend, gleich den sl. und gr.
dualen, im skr. aksi durchgängig, man kann nicht annehmen,
dasz der zisch in äuge, oko, oculus geschwunden, sondern nur,
dasz er in aksi zugetreten sei, wurzelhaß ist also ak, nicht aks.
dieser würzet zunächst gelegen scheint aber lat. acuo, acies,
acus, vielleicht axis; acies oculi bezeichnet gerade die sehe
des augs, die pupille, acus könnte spitze oder auch öhr der
nadel, axis auszer dem, worum das rad sich dreht, dessen loch
gemeint haben; verwandt sind ahd. achus, goih. aqizi axt, mit
angeßglem s, aqizi tritt nah zur form aksi. nicht stammt
aksi ton 5ks videre, spectare, umgekehrt iks, wie akli, von
der vnlornen Wurzel ak ; nicht unmöglich, dasz zu diesem iks
unser sehen, golh. saihvan gehörte {vgl. sehen), wie spähen,
specere dem skylhischen spu äuge gleichen; noch eine andere
skr. benennung des auges tschaksus leitet auf tschaki dicere,
indicare, vielleicht golh. teihan. deutlich fällt aber unserm
äuge zu das golh. augjan oslendere, ahd. ougan, mhd. ougen ;
wie Sks sehen ist augjan sehen lassen, bemerkenswerth end-
lich ist auch das allpr. ackiwisl publicus, augenscheinlich, ahd.
agawis, akiwis, augiwis publicus, publicanus (Graff 1, 136).
Oko, öxog, oculus zeigen, nach häufigem Übergang, o ßr
a, das sich in aksi und akis rein erhielt; wie zu deuten ist
aber der diphthong in augö, ougä, eäge und dessen verdicli-
lung ägc, oog, öga? schwankte doch selbst ahd. agawis, des-
sen a rein und kurz geblieben war, über in augiwis. dies au
ßr a gleicht dem des golh. haubij), ahd. houpit, nhd. haupt
gehallen zum kurzen a das lat. caput, ja des altn. hüfud =
hafud, wie noch das golhldndische geselz hafuj) schreibt {gramm.
1, 442 anm.) und aufrecht steht der Zusammenhang mit capere,
goth. haljan. vielleicht gieng dem golh. äu in äugo, häubi{)
ein aü aügö, haübi|) voraus, das dem kurzen o in oko und
oculus anfangt entsprechend sich allmälich in die länge zog.
fiach diesen erörterungen wäre, in seinem urbegrif, äuge
das sehende, sehen lassende, zeigende, die sehe, scharf, schnei-
dend, siechend, durchbohrend, man sagt: mit sehenden ougen.
Gudr. 1510, 3; mit gcscbndcn ougen. Iw. 1277.7058; mnl. mit
sienden oghen; nhd. wir sehen mit sehenden äugen (recht
pleonastisch). i Mos. 26, 28 ;
bald aber erblickpi er sehendes ange«
leuchtende menschengestnlien. Kiopstoci M««. 17, 752;
bei sichtlichen äugen, «rrj. 356; ein scharfes augc ; sein äuge
sem blick schnitt mir ins herz; sein äuge, sein blick durch-
bohrt« den elenden.
Von äuge bilden wir nhd. den unorganischen gen. auges
{wie von ohr ohrs, von herz aber herzens) statt des mhd.
ougen. diesem letztem geinäsz setzten noch einzelne schrißsteller
des 16 jh. z. b. Braünsciiweig in seiner chirurgia Augsb. 1539
bl. 47 des äugen. Wecrherli.ns harter nom. pl. auch :
ihr auch liebäugleten mir sehr. SOI
liesze sich dem mhd. pl. ouge ßir ougen an die seile stellen.
Zu äuge sind eine menge bedeutsamer redensarten anzuführen.
1) andere adjecliva und participia daneben: grosze, kleine,
schwarze, blaue, graue äugen, mhd. spilndiu ougen. Flore
6S01, oculi laeti, ludibundi; üz, spunden ougen. Walth. 27, 26.
109, 19. Frib. Trist. 1966 ; spilnder ougen schin. Wolfr. lieder
10,6; mit spilnden ougen. iNeifes 6, 2. jVar. 189, 33; ir spiln-
der ougen funt. MS. l, 47'; diu ougen stänt spillichen. Er.
8099; die äugen spielen ihr im köpf; spielte mit den äugen,
wie eine meerkatze auf den apfelkram. Weise erin. 2S6 ; ime
viureten diu ougen. Rol. 78, 19 ; mit viurendcn ougen. Kehr.
3671; fiwerniwe ougen. urstende lll, '0 ; funkelnde äugen. Fel-
senfc. 1,46; mit rollenden, blitzenden, strahlenden, micantibus
oculis; mit blinzelnden äugen; blinzender ougen pflac. Parz.
788, 22; bebende, krankhaft blinzende äugen; mit klaren,
lichten, glänzenden, hellen äugen ; mit liebten ougen. Walth.
110, 1 ; ouge wise und dar. Iw. 7264 ; schoeniu ougen. Gudr.
1446,4; einnehmende, hinreiszende, entzückende äugen; scow6a
lüteren ougon. 0. III. 20, 86 ; scowön frawalichen ougon. III
20, 23; mit lachenden ougen. Kehr. 4777; mit weinenden ougen.
Nib. 2075, 2. Gudr. 1293, 2 ; weindiu ougen. Wolfr. lied. 3, 26 ;
weinendiu ougen hänt süejen munt. Pari. 272, 12;
mit zeherden ougen. Ä'c/ir. 5966; mit zäherenden ougen. Lica-
tenst. 367, 10 ; ougen rot, zornvar. Iw. 451 ; diu ougen trüebe
unde naj. Iw. 6301; im truobeten diu ougen. 2965; dunkle,
trübe, rothe, verweinte äugen; mit riejenden ougen. Trist,
153, 8 ; mit Dienenden ougen. Parz. 25, 25 ; du trahenten siniu
ougen. Gudr. 1343, 1 ; mit trehenden ougen. MSH. 1, 166* ; mit
wazjerrichen ougen. Parz. 133, 12 ; do wurden naj5iu ougen.
Serval. 2738 ; nhd. da setzte es nasse äugen ; mit naj^en ou-
gen. Pars. 190, 1; niemand konnte ihn mit trocknen äugen
anhören; mit voWeo {Ihränenvollen) ougen. gute frau iOäi ; mit
spehenden ougen. Gurfr. 1510, 3; ofenen ougon. 0.111.20,81;
dasz diese die zeit über mit offenen äugen, als säszen sie
nicht da, da gesessen hätten. Göthe 16, 30; ginädlichen ou-
gon. 0. V. 20, 59 ; mit trürenten (niedergeschlagenen) ougon ;
aufgeschlagene, niedergeschlagene, gesenkte äugen; mit zu-
machenden äugen. Schweimche?c 3, 254; mit geschlossenen
äugen; mit gelphen ougen. Greg. 3221. 3266 ; glotzende, glolzige
äugen; flerrichte äugen. Ettxers Ae6amme937; hürischc augcn.
£3.6,9; blutdürstige, untreue äugen; falsche äugen ; mit ver-
ächtlichen äugen. Weise erzn. 104 ; mit äugen des hasses se-
hen. Schiller 202'; mit äugen der liebe; zärtliche äugen
brannten wilder. Schiller 145*; scheles, schielendes äuge ; mhd.
twerhejouge; ein bcesej ouge sich dran versneit. Porj. 71,16;
möhte ich dir din krumbe; ouge üj stechen! A/S. 1, 95'; den
blick mit halben äugen schieszen. Gellert 1, 93; miszt ihn
mit groszen äugen. Schiller 179'; mit ruhigen, gelassenen
äugen ansehen, irrg. 143; mit unverwandten äugen. 346 und
ehe eines mannes 144; er hat trübe äugen (ist betrunken).
Lichtenberg 3, 74 ;
ich hab zwei frische äugen,
und kann dem DJinden vaier keinesgeben. Schule» 523".
2) den dualis, wie ihn das sanskrit vermag, die gr. und
sl. formen noch zu erkennen geben, icena schon nicht mehr
rein anwenden, vermist die unsere und lateinische empfindlich
gerade bei Wörtern wie äuge, und sucht ihn durch zugesetztes
beide oder durch paar mindestens zu umschreiben, mhd.
mit beiden sinen ougen. Kehr. 14746; mit beiden minen ou-
gen. Bes. beitr. 372; sach im under sin beidiu ougen. GA.
1,495; im begundcn übergän diu sin beden ougen. Rab.lOil;
nicht anders allfr. ambes dex les oex. nhid. die hat ein paar
äugen I, macht ein paar äugen I; ein prächtig augenpaar;
was sperrte der wirt vor ein paar äugen auf! Schelmufsky I,
18; ich sah es mit beiden meinen äugen;
ich verlasse mich
auf mich und meine beiden ofnen äugen. Schiller 421;
in seine beiden äugen. 523' ;
wie man auch nachdrucksam das demonstrativum beißgt: das
sah ich mit diesen meinen äugen. Schiller 129"; gewöhnli-
cher mit meinen eignen äugen (wie mit eignen bänden) oder
50*
791
AUGE
AUGE
792
dem bloszen possessiv: ich musz mit meinen äugen sehen.
0 sähst du diesmal nur mit den meinigen, freund, weil du
sie offen hast, glaubst du, du siehst. Güthe 8, 224. schon
das mit äugen sehen erkannten wir für einen lebendigen pleo-
nasmus der sprachen:
du zweifelst noch? du wirsis mit äugen sehn!
SCUILLER 477.
mehr beispiele unter 10.
Wir pfleijen von todcsfall und erbe redend, zu sagen: das
land steht auf zwei äugen, auf vier äugen, statt auf einem
mann, auf zwei männern ; zwei äugen zu = einer todt; wenn
zwei äugen sich schlieszen, so fällt das reich heim, das ge-
schlecht aus ; es sei umb zwei äugen zu thun, wann die zu-
gethan seien, so sei Absolon könig. Schuppiüs 302;
dasz barbarei die Völker drückte,
und dasz es helle zelten gab,
das bieng oft von zwei äugen ab.
LiCHTWER 4, 30.
das geheimnis fordert vier äugen oder zwei menschen: ich
will mit ihm unter vier äugen reden; lesen sie, es ist mein
wille, dasz der Inhalt nicht unter vier äugen bleibe. Schil-
ler 205 ; die frauen haszten sie {Philine) durchgängig und die
männer hätten sie lieber unter vier äugen als auf dem thea-
ter gesehen. Göthe 19, 237; Albertine war eine von den
frauenzimmern, denen man unter vier äugen nichts zu sagen
hätte, die man aber sehr gern in groszer gesellschaft sieht.
23, 144.
3) ein äuge, kein äuge, nur ein äuge voll, mhd. ein blic.
Ben. beitr. 365 ; man musz ein äuge zudrücken ; unterdessen
hast du recht, dasz du ein ange zuthust und mit dem an-
dern neben ausblickst. Gotue 57, 151 ; es thun mit einem la-
chenden und emem weinenden äuge; einem ein äuge ver-
kleistern, das hat kein äuge gesehn, keines menschen äuge;
dasz kein ange dies gewahr wird. Schiller 131' ; und seitdem
sei sie mit keinem äuge mehr gesehn {gar nicht). 12?'; ich
habe ihn mit keinem ange gesehen; als der künig sich ver-
wundert, dasz im disz seins heiligen münchs kein aug mocht
werden {dasz er ihn gar nicht mehr erblicken konnte). Frank
wellb. HO"; einem nicht die äugen im köpfe gönnen, gar
nichts gönnen, kein augweh {nicht das geringste, was im äuge
weh thun könnte). Schmeller 1, 37.
4) gottes, des herrn, des freundes ange: gottes äuge sieht
alles, leuchtet über den menschen, die sonne, des himmels
äuge schaut alles auf erden an. des herrn äuge macht die
Lerde fett, fiätcrt das vieh; l'oeil du seigneur paist les brebis;
aufsehen macht die rosse feist (oben sp. 734);
auch so werd das vieli allermeist
von seines henen äugen feist. H. Sachs J, 443" ;
der mutier äuge ruht auf dem schlafenden kind;
al diu werll tiuoc im an
vriundes ouge und holden muot. Trist. 55, 24 ;
SU den göltern flehte der heide, dasz sie mit milden, un-
nenden äugen niederschauen möchten: lita vinar augom, Uta
öreidom augom. eine blume hiesz ahd. friudiles ouga, äuge
des friedeis, freundes.
5j der lebendigen formel unter äugen bediente sich die alte
spräche ößer als die heutige, da wo wir ins gesiebt, im ge-
eicht sagen, sie (ana ivavziov, iv oxjjei, coram, und augc,
gleich diesem gesiebt, hat dann den zwiefachen sinn des Se-
hens tmd gesehenwerdens ; eigentlich bezeichnet das unter den
äugen die wange. ahd. dannan bist tu s6 under ougon brin-
nende niet (hinc tibi nam Ilagrans ore cupido micat). N. Marl.
Cap. 4 ; erglei; tiu crda föne bluomon under ougon (nam et
tellus lloribus luniina renidebat). 38; daj man sie under ou-
gon zeichendi (notas insigniret frontibus). N.M. 21; siu speh
tcmo lyranno under diu ongen (in os tyranni abjecit). 89.
alls. endi im undar is ögun spiwun. Hei. Üb, 16; so liuem
60 ina muosta undar is ogon scawon. 171, 130, vgl. that Ihu
UQÜar is brdwon gisehes, haim an is ogon. 51, 18.
mhd. wir in sluogen under sinlu ongen.
Karaja?( denkm. 100, 2 ;
wan do got pilcden began
den allär.sien man,
nu sehet welich ein wundir dA gescach,
da; er dem jungistcn undir diu ougcn sach. 13,25;
wie rehto vientliche si im under dougen sach. Kih. 1802, 2;
er rauo; lachen swcr ir under ougcn siht. MSH. 1, 2VJ*;
giejct mir den meieu under ougen. MS. 2, 74';
der Itöte uoder ougen siht. Trist. 209, lö ;
daj er im under ougen sach. 102, 15 ;
dag iegelich dem geiihte under ougen sach. 281,37;
verboten, daj ich in nlht läje under min ougen sehen.
Mor. 1463 ;
enwolde du nlht under min ougen sehen. 1524;
scharavar wan er undern ougen. Er. 111;
ich bin zebrochen under minen ougen. 1037
verwijjeuj im under sinen ougen. 6529;
schöne under den ougen. Alex. 5898;
under den ougen er also ein vlur bran. Diemer 53, 20;
under diu ougcn spiren. 256,26;
spoien under diu ougen und In den munt. Haupt 7, 374;
warf mir under ougen. Emjetli. 4441 ;
getar manj in niht under ougen werfen, flenn. 992;
daj Ich mich under den ougen ranph. MS. 1, 73';
ein varw ir under diu ougen schö;. C.4. 1, 196;
under siner ougen blicke im künden, pass. 350, 24.
nhd. werden die beispiele allmdlich seltner: einem under Ott-
gen gebieten, fürbieten, veiJcünden. weisth. 1, 210. 226. 227 ;
er errot (errölliet) nie under den äugen, fastn. sp. 545, 26;
(die miicken) krochen under die äugen mein. 565, 17;
mir den siaub under die äugen blies. 789, 11 ;
er sach ir under die äugen. Uiiland 148;
das eilend schlug ir unter äugen. H. Sachs I, 525«;
bringt mir die jungfraw unter äugen. III. 1, 232°;
ich wil dich strafen und wil dirs unter äugen stellen, ps. 50,
21; und ire eigen Sünden werden sie unter äugen schelten.
weish. Sal. 4, 20; denn es kan dir weder könige noch tyran-
nen unter äugen treten. 12, 14 ; etliche würfen sie mit aschen
unter die äugen. 2 Macc. 4, 41 ; da aber Petrus gen Antiochiam
kam, widerstund ich im unter äugen. Gal. 2, 11; ich gehe
denn dem menschen der unfall unter die äugen. Luther 1,
19' ; wie mir auch Carlstad selber zu Jhene unter äugen für-
warf. 3,56; bis so lang man im richtig und klerlich unter
äugen gehe. 4,315'; aber bist du im ampt, und wilt deine
götter nicht öffentlich und under äugen, wie dein ampt fod-
dert, strafen, so lasz auch dein heimlich afterreden. 5,151";
das man trötzlich dem mörder und reuber unter äugen sage.
6, 4' ; denn wo du für gericht soll komen und die well
sampt deinen eigen gewissen dich überweisen kan deines un-
reinen lebens, so wird dir bald das blut unter äugen schie-
szen. 6, 61" ; es würde euch nach absterben N.N. sauer un-
ter äugen gehen. Luthers br. 4, 397 ; so ungleich wir einan-
der sehen under äugen, so seind und sehen wir in Adam
all einander gleich. Frank wcltb. vorr.; recht den Sachen un-
ter äugen gehen. Schweinichen 2, 117; i. f. gn. wollten der
Sachen unter äugen gehen. 1, 189; unlängst dornach sah er
seinen bruder Alarten under äugen an, den fand er ganz
bleich. Aimon])-2; ganz erscheinet, sähe auch keinen men-
schen under äugen an. L; bisz ihnen das glück solch trüb-
sai wieder unter äugen stellet. Galmy 164 ; der möncli auf
zu rosse sasz, mit begierigem herzen dem marschalk unter
äugen ritt. Galmy 322; wie ich euch jetzt nicht allein under
augcn nachsage, sondern künftig in alle weg nachsagen musz
und wil. Kirchhof na'/. rf«c. 209; nachdem sie ihm nun nach
dem freundlichsten als einem müden under äugen gicngen.
wendunm. 419"; sondern ich bin jedennan grad unter äugen
gangen. Mathesius 19'; ich dir jetzt unter äugen trit. Spreng
11. 140'; wa sich aber einer genieid und so kühn bedunkt,
das er im under äugen zur gegenwehr dorft Iretten. Garg. 206";
welche nicht wissen, was unglück und creuz sei, sonder
wann ihnen ein geringer wind unter augcn wehet u. s. w. Sciiüp-
pius 135; gehe jedermann mit freundlichkeit und höflichkeit
unter augcn. 229; du werdest dem Elia Prätorio trutz un-
ter äugen bieten. 498; dasz wir so viel vornehme poeten,
so heutiges tages bei uns erzogen worden, unter augcn kön-
nen stellen. Opitz poet. 14 ;
unter augcn dem zu gehn, was mir Icizlich kummon soll.
LoGAU 2, 6, 23;
Furvus lobt mich unter äugen, hinter rückcns schimpft er mich.
3, tugabo 77 ;
wie mir mancher die beste wort unter äugen gab, der mich
lieber todt gesehen hätte. Simpl. 1, 291; die die resolution
haben, der weit unter die äugen zu gehen, unw. dort. 377 ;
die Hunnen giengen Ottoni lieherzt unter die augcn, erlitten
aber eine bedeutende niedeilage. Hahn 2, 59; die grOszlcn
grobhciten unter die augcn sagen. Gem-ert 3, 190; wenn sie
793
AUGE
die freimüligkeit kennten, so würden sie mir alles unter die
äugen gesagt haben. Lessing 1, 390; unter die äugen stellen
(confrontieren). Hildburghduser diebsbande 1755 s. 31 ;
der ist, ihr groszen glaubts, ein groszer mann auf erden,
und darf monarchen selbst frei unter äugen gehn.
Hagedorn 1, 29;
der schlaue Jupiter entgieng durch diese flucht
der alten Juno eifersucht,
die ihm den neciar langst vergällte,
und was er als ein stier und schwau
und in der Jugend sonst geihan
ihm täglich unter äugen stellte 2, 99,
unter die nase schob, ins gesicht vorhielt;
wie seilen ist ein mann, der nie vergeblich zittert,
nicht hebt sobald er nur ein kommend übel wittert,
und unverwirri von furcht ihm unter äugen sieht.
üz 2, 40 ;
dasz ich dir dieses schmeichelhafte nur gerade unter die äu-
gen sage. GöTHE 1", 20; und um meinem vater mutig unter
die äugen treten zu können, steh ich beschämt vor den ih-
rigen. 19, 7 ; er sagte ihm eine grobheit nach der andern un-
ter das äuge, auszer diesem unter die äugen gehn, treten,
sagen versäumen wir heute die redensart und vermeiden jenes
ältere unter die äugen sehen, loben, unter den äugen errö-
then, leuchten.
6) vor äugen, ante oculos, einigemal gleichviel mit unter
äugen, bei Lltuer noch für äugen : lasz mich gnade für
deinen äugen finden. 1 Mos. 30, 27 ; das du thust was recht
und gut ist für den äugen des herrn. 5 Mos. 6, 18 ; darumb
das ir übel gethan habt für den äugen des herrn. 31, 29;
we wirs schon letzt sehen für äugen gehen {sich zutragen).
LcTHER 6, 209'; legte die stehe in die rinnen für die äugen
der herde. 1 Mos. 30, 40. .
ein tuchlein vor deu äugen haben, fastn. sp. 859, 1 ;
ich mein, ir habt vorn äugen das pler. H. Sachs II. 2, 27»;
gedenkt mein ehre vor äugen haben. Aimon Z 1 ; gleich ob
ichs vor meinen äugen sehe, vorr-.;
»or äugen ist der Untergang. Spre.ng //. 125'. 145';
es steht, schwebt mir deutlich vor äugen ; es schwindet mir vor
den äugen ; wird mir grün und gelb vor den äugen ; die er-
fahrung vieler bei unser zeit und gedenken verhandelten ge-
schichten noch immerdar frisch vor äugen schwebet Kirch-
hof mtl. diso. 92 ; er stellete ihnen ihre 'untugend vor äugen.
ScHLPPiüS 230; solchen leuten will ich bald etwas vor die
äugen legen. 331 ; der bruder ward ihm vor seinen äugen er-
mordet ;
was zu thun? an ihm und andren wil mich redlich rächen ich,
dasz im rucken er soll lügen und für aug^n reden wahr.
LoGAU 3, zufj. 77 ;
gehet mir vor meinen äugen weg! Felsenb. 4, 210; ich habe
nichts vor äugen, als ihre ruhe. Gotter 3, 75;
als mir zum ersten mal
der rürchterliche vor äugen kam. Schiller 246;
und warum stellte man ihn mir nicht lebend
vor äugen ? 413;
es wird dem künige vor den äugen so voll meuterei, auf-
ruhr und tollkühnheit, dasz er sich vorstellt sie fi-äszen sich
hier einander auf. Güthe S, 229; er hatte im stillen Ottilien
vor äugen und im herzen. 17, 285; man möchte oft lieber
ein gespenst als einen alten liebhaber zur unrechten zeit vor
äugen sehen. 19, 234 ; lassen sie mir ihn ja nicht vor die
äugen kommen. 20, 39 ; der aintmann, den vortheil seiner
herschaft «nd seinen eignen immer vor äugen habend. 23,
225; der Schwiegersohn durfte ihm nicht wieder vor äugen.
24, 251 ; warum gibt uns die betrachtung unseres einheimischen
eicbhörnchens so viel vergnügen? weil es als die höchste
ausbildung seines geschlechtes eine ganz besondere geschick-
lichkeit vor äugen bringt. 55, 320.
') in den äugen, in die äugen, eine thräne im äuge;
thronen standen ihr im äuge. Göthe20, 34; das ziel im äuge;
den gipfel im augc wandeln wir gerne auf der ebene. 20,
126; die puppe, der stcrn im äuge; der balken im äuge;
ormr 1 auga, icurvt im äuge, alln. beiname; ein dorn, ein
Stachel im äuge: er ist mir ein rechter dorn im äuge, sticht
mich, thut mir weh im äuge, ist mir unerträglich; er ist mir
in den ougcn nicht ein dorn (ich habe ihn sehr lieb). AfS. 1, lo';
er was ir in den ougen nihl ein dorn. 2,9S*;
ob ej ir eteslichen taste in den ougen w{. 1,68*;
ich tuon dir in den ougcn wol. Winsbekin 34, 4;
li tuoi mir in minen ougen wol. 3/5. t, 59*-,
AUGE
min friunt, den ich in minen ougen gerne bürge.
Wolfram lieder 8, 4,
7Ö4
mein augapfel, den ich im eignen äuge hegen, aufheben möchte;
und möht ich dich bergen in den ougen min,
friunt, daj taet ich. Lichtemst. 512, 21 ;
den gewiu trüeger bin ze Meinze in sinen ougen.
Des. 6et/r. 78;
äugen in äugen wurzelnd. Schiller 202*;
seine braut war schön in äugen, scheusziich aber sonst verholen.
LoGAU 2. zug. 29 ;
mägdlin, die gern in der thür stan,
und viel weiszes in den äugen han,
mich dunkt i^ meinen sinnen,
dasz sie uicht gerne spinnen. HE.tiscH 146;
die gegner waren sich so nahe, dasz sie einander das weisze im
äuge sahen; du must im äuge behalten, dasz du einen eid lei-
sten sollst; und so in meinen äugen und in den äugen der weit
wieder zum ehrlichen mann zu werden. Göthe 10, 81 ; aber sie
musz gleich in der ersten woche ernst und geduld und Ordnung
mehr als sonst üben und im äuge haben. 17, 143; das was
ich will, was mir unentbehrlich ist, halte ich fest im äuge.
17, 349 ; so kam der pedant zum rufe eines witzlings, und in
den äugen derer, die dem baron günstig waren, eines pas-
qtiillanten und schlechten menschen. tS, 296 ; dagegen die in-
duction verderblich ist, die einen vorgesetzten zweck im äuge
trägt. 22, 239 ; da er mich denn beschäftigen, beruhigen und
wie ich wol merken konnte, im äuge behalten sollte. 25, 6;
den Verlust hinter sich lassen und den gewinn im äuge be-
halten. 31, 129 ; in den äugen liegt das herz ; ich kanns in
deinen äugen lesen.
Deihalben ists nicht niMz, das man demut lere auf die
masze, das man in die äugen bildet geringe verachte ding.
Luther 1, 484'; darumb beschleuszt er nu und spricht, lie-
ber vater, die weit kennet dich doch nicht, und wil dich
nicht kennen, obs ir gleich öffentlich gepredigt und so klar
fürgetragen wird, das es ir in die äugen stöszet. 6, 204* ;
einem ins äuge greifen, mhd. ich grife ir in da; ouge. MSH.
3, 320'; als oft du {Schneider) zu viel geren geschnitten und
ins aug geschoben hast. Wickram rollw. 99'; man hat etwas
angenehmes in die äugen gefasset. Weise kl. leute 268 ; wer
kan nun der weit thorheit sich immer lassen in die äugen
schlagen? pol. maulaffe vorr. ; da die sonne mir bereit in die
äugen schien, unw. doct. 370; das kalb, wie man zu sagen
pflegt, zu sehr in die äugen zu schlagen. Lessinc 10, 194 ; ich
werde bei den buchhändlern das kalb in die äugen geschla-
gen haben. 12, 230; unter andern schönen neigungen hatte
er auch einen besondern geschmack an allem, was gut in
die augcn fiel. Wielanü 1, 68 ; aber wenn ihr der junge kerl
in die augcn gestochen hätte? S, 265; die erste beste, die
ihm in die äugen stäche. 8, 309 ;
, ein fräulein reizend, wenn es schwieg und sprach,
das unserm prinzeu in die äugen stach. Platen 1S5;
ich dächte doch, das gewebe eines meisters sollte künstlicher
sein, als dem einfältigen anfänger so geradezu in die äugen
zuspringen. Schiller 149'; faszt ihn scharf und lange ins äuge.
das.; mein herz trat in meine augec. 201'; wie werden sich
die thoren dann ins aug geschlagen haben, die ihn jetzt ver-
lieszen I 391 ; den hut ins äuge drücken. Goiter 1, 54 ;
drum thu wie ich, und schaue froh verständig
dem augenblick ins äuge, kein verschieben!
Gotub3, 28;
thr3nen traten ihm ins äuge ; er kann keinem menschen in die
äugen sehn ; sie trat mit einem hohen edlen anstand vor ihn hin
und sah ihm sehr ernsthaft in die äugen, so dasz er den blick
nicht ertragen konnte. 19, 216 ; geniählde, das wirklich kunst-
reicher und mehr in die äugen fiel. 24, 244 ; dasz sein reich-
tlium, wirklich oder durch groszthun gesteigert, vielen ins aiige
stach. 31,222; dem tode gerade ins äuge schon. Kant 10, 285;
graf Konrad fiel frau Annen gar nicht unangenehm in die äugen.
Ahm« kronenw. 1, 407; ein volk sieht gern einem frischen prin-
zengeschlcchte ins äuge, üahlm. /r. rei\422; das beiszt, schnei-
det ins äuge. Wolfra« sagt mit bloszem acc. dougen sneit.
Wh. 55, 17. Wie in auch an :
man sieht dirs an den äugen an,
gewis du hast geweint. Götui 1,9<);
ich sah es ihm sogleich an seinen äugen an,
dasz du ibm wolgeflelst. Host ;
man kann dirs an den äugen sehn, was du für ein gesell
bist; an die äugen {der leute) gehn, sich sehn lassen.
795
AUGE
AUGE
796
8) aus den äugen, ex ore, e conspeäu: der herr müsse
?ie nimer aus den äugen lassen, ps. 100,15; aber solch dreuen
ist zu weit aus den äugen. Sir. 16, 21 ; denn sie sind willig-
licli und christlich dem zorn aus den äugen gewichen. Lu-
ther 6, 20'; denn mit solcher irer rede werden die wort
Christi aus den äugen gethan, und frei hin, on wort, in die
luft gegleubet nach eigenen gedanken. 6, lov'; ich sehe wol,
das es wil not sein, das man imer anhalte euch zu vorma-
nen des, das ich euch erstlich gepredigt habe, das ir euch
nicht lasset dasselbe aus den äugen setzen, noch aus dem
herzen nemen durch ander predig und lere. 6, 211*; discr
(Zalmoxis) ist bald aus der Thracer äugen gangen und vor
irem angsicht mit groszer begird un3 nachsenen aller ver-
schwunden. Frank 86';
und gee mir aus den äugen drall fastn. sp. 669, 7
einem etwas aus den äugen schwören, ihn glauben machen,
dasz er falsch sehe:
ja will dich keren an sein jehen,
, so Schwert er dirs ja aus den atipen.
II. Sachs II. 4, 12» ;
ich habs oft aus den äugen geschworn
meim mann. II. 4, 18" ;
ach wann der lieben ehegespilin etwan einmal ihr ehegespan
aus den äugen kommet und über feld zihet. Garg. 73' ;
wie selig selig ist ein sterblicher zu schätzen,
dem gott den sündenrest fern aus den äugen setzen,
ja gänzlich schenken kann. Fleming 17;
man gibt mir ferner schuld, dasz ich der götter ehr
als aus den äugen seiz. Griphius 1, 376;
wirst du mir aus den äugen gehen? Lessing 1, 303; geh mir
aus den äugen ! 1, 342. 399 ; ja, herr Leander, wenn sie glück-
lich sein wollen, so müssen sie diesen Dämon einige zeit
aus den angen setzen. 2, 372 ; wahr ist es, dasz die epigram-
men, welche in der anthologie von ihm vorkommen, ein we-
nig aus andern äugen sehen. 9, 138; Schaft ihn aus meinen
äugen! Schiller 123'; pack dich aus meinen äugen! 134";
ewig aus meinem aug! abscheuliches geschlecht. 153; weil
iiim die fröhlichkeit, das freie leben, die gute meinung aus
den äugen sieht. Göthe 8, 172;
ja, aus den äugen, aus dem sinn ! 12, 161 ;
seit der trauung meiner Schwester sah dem oheim die freude
aus den äugen. 19, 345; thränen drangen aus seinem äuge.
20, 10 ; dasz wir den bruder nicht aus den äugen, noch we-
niger aus dem schlösse lassen wollten. 20, 268 ; wir hatten
unterdessen unsern bruder nicht aus den äugen verloren.
20, 276; wenn wir unsere altvordern nicht aus den äugen
verlieren. 23, 278; ich liesz sie nicht aus den äugen. 24,
278 ; jBerthold sagt wenig, aber seine liebe sieht ihm aus
den äugen. Arnim kroncnw. 1, 224. auszer acht lassen für aus
der acht lassen ist erträglich, fehlerhaß aber Göthes auszer
äugen lassen. 20, 66. man sagt: es sieht ihm etwas rech-
tes, nichts gemeines aus den äugen; da er spürete, dasz
mir was sonderliches aus den äugen heraus funkelte. Schcl-
mufshy '2, IS ; aber auch: es sieht ihm nichts gutes, derschalk
sieht ihm aus den äugen ; welches ser g&t wer, wa nit das
aug ein schalk wer. Frank weltb. 154*.
Ähnlichkeit des kindes bezeichnet eine höchst lebendige re-
densart: die mutter sieht der toehter aus den äugen; die
tochter ist der mutter aus den äugen geschnitten; ihr glei-
chet iiir so eben, als wenn ihr ihr aus den äugen geschnit-
ten wäret. Gryphius 1, 780 ; sihet seinem vatter so gleich,
als wenn er ihm aus den äugen geschnitten wäre. Simpl. l,
475: da» kind siehet gar zu schön aus, eben als wenn es
Jungfer Charlottchen aus den äugen geschnitten wäre. Fcl-
senb. 3, 432; er hat es, so wie aus den äugen gerissen, ge-
troffen. Ilii'pEL'lO, 117; ein alter mann, der unscrni beiden
wie aus den äugen geschnitten war. Fichte Nicolais leben 59.
litt, kudikis kaip isz akifk jam iszplesztas, das kind ist ihm
wie aus den äugen gerissen. Nesselmann 308' ; Ictt. dem va-
ter wie aus dem munde gefallen, letl. mag. 6, 72. mkd.
ni heilet Jocundlll«,
und ist ir lip Achillc
8Ö gar gclich an allen sitien,
als ob si von im si gcsnittcn
und allererst ab im gchouwon. Iroj. kr. 15284.
•) Ton den äugen gebrauchte man sonstwie aus den augcn:
bald tut sie von meinen äugen! fastn. sp. 597, 8;
mkd. da; alter im von den ougen gie. fundgr. 1, 147, 20. Die-
mer 236, 22 {er ward verjüngt), bei Maaler noch ab : sich ab
den äugen machen; bin ich etwan dir ab den äugen gangen?
10) mit äugen, auszer den schon unter 1 gegebnen beispie-
len : dasz man sie mit äugen werfen solle und sagen 'das
ist ein prediger'. Lcthers br. 2, 224 ; mit rechten äugen an-
sehen. Schweinichen 2, 107; indem das schwein die eine ei-
chel zerbisz, verschluckte es bereits eine andere mit den äu-
gen. Lessing 1, 136 ; du hast einen groszen begiif von seinen
cigenschaften, fast sollte man denken, du sähest sie mit an-
dern äugen. Göthe 8, 129; aber mit wie andern äugen sah
sie den freund an, den sie verlieren sollte. 17, 119; ich
schwöre, niemand soll gegen meinen und meiner freundin
willen dieses liebenswürdige geschöpf mit äugen sehen. 19,
134; ob es ihm gleich sehr paradox, und hätte er es nicht
mit äugen gesehen, gar unmöglich scheinen muste. 22, 269;
früher und von mir kaum noch mit äugen gesehen. 24, 115;
so habe ich denn auch das meer mit äugen gesehen. 27,139;
ich pries den genius, dasz er mich diese so wol erhaltenen
reste mit äugen sehen liesz. 28, 74; das kann man mit äu-
gen sehen, ja man möchte sagen, mit bänden greifen. 59, 69 ;
der lebensverlauf solcher geschöpfe ist ein fortwährendes um-
bilden, mit äugen zu sehen und mit bänden zu greifen. 68,
14; einen mit den äugen begleiten, einem nachschauen.
11) zu äugen, in conspcclum:
zum andern soll auch ein bofman
seim herren recht zu äugen gan. Atrer 272»;
das geht zu äugen und herzen; beide ausgaben sind uns
nicht zu äugen gekommen. Göthe 38, 439, statt vor äugen,
wie zu banden, ahd. ze ougon chomen, bringen. Graff 1, 123.
'bei den äugen' verbieten, sub poena e/fodiendorum oculorum.
Oberlin 72 ; praecipio tibi sub interminatione oculorum tuo-
rum. Caesariüs oeisterb. 9, 38 ; mnl. gebot hen bi baren ogen.
Lanc. 38457; mhd. aber : er gebot ir an diu ougen. G/1. 3,735,
wie man auch sagte einem an diu ougen drohen: ich drie
ime an diu ougen. Reinh. 626, drohe ihm die augcn auszu-
reiszen, und sonst an den leib drohen, mni. drechdem an sin
vel. Rein. 774.
12) äugen haben, seine äugen haben, richten: die hat ein
paar äugen ! er hat prächtige äugen ;
die schiele Theslylis hat äugen in dem köpfe,
so hat ein luchs sie nicht. Lessing 1, 30;
nun mylord, wo hattet
.ihr eure lausend äugen, nicht zu sehn,
dasz dieser Mortimer euch hiniergieng?
Schiller 435.
häufig das äuge, äugen haben auf etwas, für etwas : das Heva
und auch Adam ein äuge auf den ersten son gehabt haben.
Luther 4, 33'; als auf die gott ein äuge hat. 4, 23t*; ein
vleiszigs äuge haben. 4, 349"; die auf die andern ein aug
sollen haben. Mathesius 126'; ich möchte docii wissen, was
diese jungen gecken an der einbildischen Timnndra sehen,
dasz sie sonst für niemand äuge haben als für sie. Wielanü
1,99; dasz Agathon für sie allein äugen halle. 1, 202; aber
Kalaf war ehrgeizig, er hatte ein äuge auf die würde eines
oberbonzen. 6,277; indessen wirst du nicht übel thun, freund
Kassim, wenn du ein äuge auf den jungen Faruk hast, s,
265; den einem andern schelme gedungen, der auf Lamans
amt ein äuge hat. 13, 34 ; dero herr söhn haben ein aug auf
meine tochter. Schiller 182'; er habe ein aug auf das ding
{mädchen). 185*; der auf die fehler seiner milbürger überall
ein wachsames äuge hat. Göthe 18, 149 ; so jung er war,
hatte er ein äuge auf die hei-vorkcimende hofnungsvolle Ju-
gend .seines Vaterlandes. 19, 107 ; Melin.i ulicrnabin die regio,
und seine frau versprach auf die kinder ein mütterliches
äuge zu haben, von denen sich Wilhelm ungern losrisz. 19,
261 ; habs äuge aufs geld, es ist mein sauer erworbentr
schweisz. Klincer 1, 130; halte («'le habe) das äuge auf meine
ducätchens! 1, M5; besonders auf den reichen schönen gra-
ten halte sie ein äuge. J. Paul Tit. 2, 77.
13) augcn machen, verwundert stehen mit starren äugen:
wie die kirchcnculcn finstere äugen machen. Garg. 273*; die
wilden machten sehr groszc augcn, als sie unser haus sahen
Pierol3, 319;
sie madit
an ihren crrelicr mit seiner krono von binscn
zwei groszu augcn. Wirlano 4, 80;
Danischmcnd und Scridasch machten groszc äugen. 8, 282;
J97 AUGE
mein Netlchen ^asi im schütten,
blinzt um sieh her, wie alles ausen macht,
als sie dahin, schnell wie auf schliitsehuhn glitten.
GÖKINGK2, 202;
du wirst gaffen, du wirst äugen machen. Schiller tOS";
da guckt ich der eule ins nest hinein,
die macht ein paar äugen. Göthb 12, 20S ;
nnd jetzt macht der fratze grosze äugen, da der andere nun
wirklich kommt und ihm das madchen wegnimmt. 16, 60;
Philine, die zu dieser erscheinung grosze äugen machte. 19,
43; ich bin nun nach meiner art ganz stille und mache nur,
wenns gar zu toll wird, grosze, grosze äugen. 28, IS ; was sie
da sollten für äugen gemacht haben. Fr. Müller 3, 224. es
heisxl auch, äugen schneiden, icie ein gesiebt, gesiebter schneiden.
14) die äugen aufthun {sp. 158), aufschlagen, werfen, schwin-
gen; die äugen umgehen, weiden, fliegen, schieszen lassen:
Ihu die äugen auf; ich musz die äugen selbst aufthun und
sehn was ich zu schaffen hab. Göthe 8, 8" ;
drumb Teutschland thu die äugen auf! Soltad volksl. 477 ;
lasz die äugen nicht fliegen dahin, das du nicht haben kansf.
spr. Salom. 23, 5; sein äugen schieszen wie ein schlang.
H. Sacds II. 2, 9l' (riß. ormr i auga unter 7) ;
leszi si ir äugen Hechte dar
in rnintschaft zu im schieszen. Muskatbiüt 47, 9 ;
sie liej ir ougen umbe gän
als der valkeüf dem aste. Trist. 277, 2;
ja brinnent ime diu ongen sin
rehte in sime houbte als einem wilden relkelin.
Uor. 2166 ;
falkenäuglein schieszen lassen. Grobianus 109' ;
so lasz dein au^en umbher gehn,
gleichwie man tbut vom falken sehn. 233' ;
augcn, die vormals als die falken hier und dorthin geflogen.
Ettsebs Äefcamme 802; franz. oeil emerillonne; er liesz seine
äugen weiden, oculos pascere. Rudi. 1, 52 {vgl. augenweide),
oculis epulas dare. Plaut. Poenul. V. 4, 2. sie wirft die äugen
im köpf herum, läszt ihre äugen rollen; mhd. diu ougen boln,
schleudern, werfen:
maneger siniu ougen holt,
er möhts üf einer slingen
ze senflerm w^urfe bringen. Parz. 510, 2;
da von an den Waleis wart vil blicke geholt
von liebten zarten clären spilden ougen. Lohengr. 157;
ir äugen scharf sie gen mich warf. Müskatblut 36, 40 ;
warf sie mich stets mit äugen an. H. Sachs II. 4,29*;
und warfst ihn stets mit äugen an. 1(1.3,7';
so twang in des diu siechheil,
da; er dougen üf swanc. Parz. 788, 27;
diu liebten ougen üf dö swanc. Wh. 65, 6;
swanc diu ougen üf. Hacpt 5, 523 ;
ach wirf dein aug auf mich. Weckherlin 203 ;
da warf ich gleich ein aug auf die paslcte. Wieland 11,212;
wir bitten e. m. unterthänigst, auf unsere bedrängten um-
stände ein mitleidiges äuge zu werfen. Göthe 42,312; halten
sies denn nicht der mühe werth ein äuge auf mich zu wer-
fen? Lesz 1, 119; endlich schlug Otlilie die schönen äugen
auf (blickte auf). Göthe 17, 389 ; die äugen aufreiszcn, aufsper-
ren : da ich zum ersten das ablasz angreif und alle well die
äugen aufsperrete. Lctber 5, 53*; die äugen im köpf herum
wälzen. Göthe 12, 232.
15) die äugen wenden, richlen, heften, legen, stellen, heben,
sdilieszen, zudrücken : wende deine äugen auf mich ; wende deine
äugen von mir. hohelied 6, 4 ; er verwendet kein äuge von ihr,
betrachtet sie mit unverwandten äugen; ich habe von jugend
auf die äugen meines geistes mehr nach innen als nach auszen
gerichtet. Göthe 19, 95 ; ich weisz recht gut, dasz er von den
ersten zelten her ein äuge auf mich richtete. 23, 190 ; aller
äugen waren auf ihn gerichtet. 24, 290 ; er schlosz seine äugen
(itt schlaf oder tod); sobald der kaiser die äugen zugcthan
halle. Guthe 42, 208; ein äuge zuthun, connivere; ich sehe
dich deine äugen stellen {mit dem tode ringen), der o. m. im
Tockenb. 228 ; ich mache kein äuge zu, so schlage ich mich
mit ihm herum. Lessinc 1, 509 ;
■ie sagt, sie hab die ganzen nacht
kein aug gar zu dem andern pracht. 11. Sachs 11. 4,30*;
ich hab kein aug zum andern bracht. Atrer460';
dem valer, der mutter die äugen zudrücken; niemand ruckt
(nieman dnickt?) ihm mit tiefgesuchten turlcltaubenseufzen
die augcn zu. Garg. 68*. {rgl. anrucken), die augcn nieder*
schlagen, senken ; die augcn ducken. .Muskatbl. 76, 73.
AUGE
798
16) eines äuge suchen, tAn» unter die äugen treten, ins äuge
blicken :
euch kams zu,
das äuge eures königes zu suchen. Schillbk 277 ;
er sucht die äugen des marquis. 299. einem die äugen öfnen
{den Star siechen): der aufstand gewann eine solche gestalt,
dasz man sich gezwungen sab, Isfandiam die äugen zu er-
öfnen. Wieland 7, 94 ; wie leicht werden dem domherm, wie
leicht der ganzen schule die äugen zu öfnen sein. Göthe 14,
155; soll ich dem betrogenen domherm die äugen eröfnen?
14, 221; auf eine schreckliche weise hat gott mir die äugen
geöfnet, in welchem verbrechen ich befangen bin. 17, 370. die
äugen geben: mhd.
si begunde im ouge und ouge geben.
rrwi. 29, 4;
das Opfer, so du liebest,
dem du die augcn giebest,
ist ein zermalmter sinn. Opitz 3, 169:
Ämilcar gab beiden ein geneigtes äuge. Lohenst. irm. 1, 803 ;
die äugen aus dem köpf gegeben
mit freuden hättest lieber du,
und beide obren noch dazu. Wieland 18, 330.
die äugen ausstechen, aushacken, ausreiszen. Garg. 6l', aussto-
szen, ausbeiszen : es beiszt kein rab dem andern die äugen aus.
Lehmann 186; auskratzen: ich kratz ihm die äugen aus. Lenz
1, 110 ; ausbrechen : der ältest sun brach auf ein nacht seinem
vatter und muter und allen bruedem die äugen aus. Frank
ueltb. 190"; die äugen blenden; ausweinen, verweinen: ich hab
schier meine äugen ausgeweint, klagl. Jer. 2, 11 ; sich die äugen
aus dem köpf weinen, die äugen halten, verhalten:
weh ihnen, die dem volk die äugen halten,
dasz es dem wahren besten widerstrebt. Scrilikk 525.
den äugen trauen, nicht trauen: Wilhelm gieng ihm mit er-
staunen entgegen, er traute seinen äugen nicht, es war Wer-
ner. Göthe 20, 132. diese worte setzten meine äugen ins
wasser {brachten mich zu thränen). Simpl. 1, 44. habt das
spiel in guter acht und steckt die äugen nicht in beutel, da-
mit nicht solche prediger bei euch sein. Lcther 6,111*; steckt
die äugen, die nase ins buch; du must deine äugen an-
strengen, aufknöpfen, es ihnen sauer «erden lassen hiesz
mhd. du muost ej den ougen enblanden. Parz. 23t, 25. Flore
457. 7751, trie sonst den banden, dem libe enblanden. die
angen verstemen, blenden, starblind machen ? Mcskatblct 38,
12. der Jäger streicht dem hunde die äugen heraus, schmei-
chelt ihm. Becher 46.
17) intransitira. die äugen stehn ihm auf, offen, gehn ihm
auf: dem Studenten standen die äugen offen wie einer eule
(rp/. 13). Jucundiss.llO; es ist als ob mir die äugen auf ein-
mal aufgiengen. Lessing 1,333; o ich unglückseliger! wanim
gehn mir so spät die äugen auf? warum erkenne ich erst im
alter jene guter? Göthe 15, 147; aber und abermal gehen mir
die äugen über mich selbst auf. 20,301; da giengen ihm die
augcn auf und er sah ein, in welcher gefahr sie beide gewe-
sen wären. 37, 239 ; so gilt dies von allen Sammlungen und
jeder besitzer wird gern gestehen, dasz er manches lehr-
geld geggben, bis ihm die äugen aufgegangen. 39, 316; wem
hier Ober die newtonische verfahningsweise die angen nicht
aufgehn, dem möchten sie wol schwerlich jemals zu öfnen
sein. 59,74; seit drei tagen kein augc zu. Schiller 134';
giengen mir die angen xu. II. Sachs I, 256*;
bald giengen im die äugen zu. 11.4, 113*;
die augcn mir zugiengen. II. 4, 129';
dö liefen über diu ougen sin. Part. 3S3, 12;
Salomön liefen über diu ougen sin. Mor. 3326;
Morolf liefen diu ougen über tougenliche. 3511;
diesen, dasz das glas kracht, den, bisz die äugen uberlaufed'
Garg. 99*; er setzet mir hart zu, die äugen gehn mir über.
93'; dasz mein urane ob dieser einfältigen gutwilligkeit die
äugen anfiengen über zu gehen. 269*; da uns dann beiden,
mir aus mitleiden und ihm aus freude die augcn übergiengcn.
Simpl. 1, 446; dem ambtmann giengen die äugen über. unw.
doct. 121. 131; die augcn giengen mir wol über. 363; hierauf
giengen der frau die äugen über. 3St ; die äugen giengen ihm
über. 766; die alltägliche redensart gewinnt im lied bedeutung:
die äugen giengen ihm über,
so on er trank daraus. Göthe 12. 142:
0 mir sind auch gar oft die äugen übergangen. 7. 106:
die vorquellenden thränen treten über den rand. mhd. im cr-
wiclen siniu ougen. Gudr. 416, 3, wallten über; die äugen
799
AUGE
AUGE— ÄUGELCHEN
soo
stehn ihm voll wasser; es wird viel nasse äugen setzen, viel
geweint werden, das äuge weint, thränt, lacht, lächelt :
wenn mir dein äuge lacht, wenn deine hand mich drückt.
Göthe7, 23;
seht, wie froh den Phantasien
neuer tust sein äuge lacht. Borger 1*;
das äuge glänzt, spielt, funkelt, leuchtet, blitzt, rollt; die
äugen trüben, dunkeln, erblinden:
wären von weinen vil nach bunt. Parz. 98, 14 ;
das äuge erblaszt, erlischt, starrt, stiert, stirbt, bricht:
die äugen brechen ein. Fleming 12;
sind schon gebrochen, das äuge blutete mir; schwur, die
äugen hätten ihm bluten mögen. Weise kl. leule 30. die äugen
haften, wurzeln: sein äuge haftet auf mir; ihr aug an seinem
hieng; alle äugen wurzelten, ruhten auf mir. Schiller 127'.
die äugen schmerzen, thun weh, beiszen: ist ihm das helle?
dasz mich die äugen beiszen. Schiller 185'.
18) andere redensarten und Sprüche: alles was man einem
an den äugen absehen kann; alles was das äuge begehrt;
ihr seht, wir haben wein
und was die äugen nur verlangen. Wieland;
schau um dich, was nur dein äuge absehen kann. Schiller
122"; böse äugen sehen nie nichts gutes; ein bös äuge ver-
derbt das andere; das äuge sieht sich nimmer satt; seine
äugen sind gröszer als sein magen ; ihm sind die äugen wei-
ter als sein bauch ; das schickt sich wie die faust aufs äuge ;
mit einem blauen äuge davon kommen ; äuge um äuge, zahn
um zahn; man soll hinten und vorn äugen haben; wer mit
fremden äugen sieht, betrügt sich oft; er ist sein rechtes
äuge ; er war des herzogs rechtes äuge, schön und gut (questo
era l'occhio diritto del duca). Göthe 35, 29G.
19) oß geht die Vorstellung des sinnlichen auges über in die
des geistigen, äuge bedeutet dann verstand und urtheil. ich
sehe die sache jetzt mit andern äugen an, urtheile, denke an-
ders davon, in seinen äugen = nach seinem urlheil, seinen
gedanken. viel leichtsinn hat sie, aber auch versfand und
äuge. Klopstock; er hat für die meisten dinge ein feines
äuge, unterscheidet genau; er (Dante) faszte die gegenstände
so deutlich ins äuge seiner cinbildungskraft, dasz er sie scharf
umrissen wiedergeben konnte. Göthe 46, 279 ; diejenigen, de-
ren äugen der Vernunft etwas dunkel, pers. rosenth. (am
schlusz}; sollte er blosz verdammt sein fremde werke nacli-
zukritzeln, so kriegt er doch immer äuge, begrif und bieg-
samkeit. Göthe bei Merck 1, 230 ; sein äuge, die sehkraß, ein-
sieht schärfen.
20) umgekehrt tritt äuge, wie ohr, über in die noch sinn-
lichere Vorstellung der üfnung, des lochs. für fensler bediente
sich die ahd. spräche des ausdrucks augatora, ags. eagdurc,
gleichsam schaut das haus durch ein fenster wie der mensch
durch sein äuge. sl. okno d-voi's, fenestra. noch heute nen-
nen wir eine art von dachfenstern Ochsenaugen, weil sie sich
krümmen, gleich dem äuge des rindes. äuge heiszt das loch
in der thür zum durchschauen, oder das astloch im bret. der
Schmelzofen hat vornen ein äuge, eine üfnung. Mathesius lOO';
im käse, im brol sind augen. das nadelloch wird bald nadel-
öhr, bald nadelauge genannt: altn. nalarauga, schw. nälsüga,
ddn. naaleöje, nnl. naaldenoog, engl, eye of thc needle. bei
Luther aber nadelöhr, wie lilt. ausis (selten ackis) adattis, russ.
uschko, poln. ucho igiy ; ahd. loh niildün, golh. jiairkö no|)lus.
ein kleiner fisch, petromyzon ßuviatilis, führt den namen neun-
auge, engl, seven cyes, weil man sieben lußlücher oder kiemen
an ihm wahrnimmt, beide augen hinzugerechnet neun lücher.
so wurden im mittclaller dem menschlichen leib sieben löcher
nachgewiesen, fundgr. 3, 13, 36.
21) die pßnnze schlägt ihre knospe auf, wie der leib das
augc, daher die knospe gemma (augenstein) und augc genannt
ist: das wir frühe aufsleiicn zu den Weinbergen, das wir
sehen, ob der weinstock blühet und augen gewonnen habe.
Hohelied 7, 12; augen drücken, protrudere gemmas; die rebe
schieszt, setzt augen ; im merz soll der winzcr die reben auf
drei augen abwerfen, nur drei augen stehn lassen; der Bur-
gunder trägt auf den vordem augen lieber als auf den hintern.
und der weinslock h.lll sich kaum,
kriogei augen von der sonnen. Opitz 3, 13;
milder wclicn /cphyrsflügel,
augen treibt das junge reis, Schiller 61' ;
von den augen und ihrer entwickelung. Göthe 58, 61; läszt
sich nun aber ein blatt nicht ohne knoten, und ein knoten
nicht ohne äuge denken. 58,26; sie (die brüdergemeine) Imüe
sich nur in unbemerkten ranken durch die rohe weit hin-
durch gewunden, nun schlug ein einzelnes äuge, unter dem
schütz eines frommen mannes wurzel. 26, 305.
22) da auf der strasze und im koth stehen gebliebne pfülzen
hervorscheinen und leuchten,, sagte man von dem der unver-
sehens in sie gerälh, dasz er ihnen die augen austrete (vgl.
äugelecht) : das eis brechen, dem koth und lachen die augen
austretten. Lehmann 181; oft bei regen und ungewitter durch
die strasze laufen und mancher pfütze die augen austreten.
ScHUPPiüs 662; mancher pfützen die augen austreten, /ranz.
Simplic. 3, 40 ; mancher pfütze die augen austreten, manchen
sauren wind sich unter die nase wehen lassen, unw. doct.
440 ; allen pfitzen die augen austreten, maulaffe 192 ; itzt hiel-
ten sie sich so zärtlich, als wann sie nie keinem kuhfladen
ein äuge ausgetreten hätten. Simplic. 3, 756. Auf der suppe
schwimmende tropfen fett nennt man gleiclifalls augen, fettaugen :
ein ermiiche suppen, die nit gesiebt, kein augen hat. Keisersb.
ehr. bilgr. 17, ^eine magere suppe, ohne fett, augen sind die
im Pfauenschwanz glänzenden ründungen, vgl. pfauenauge.
23) ebenso heiszen die schwarzen runden flecken auf dem
Würfel augen:
do saszen drei gesellen gut,
die spielten mit den würl'eln,
und wem die meisten augen kämen,
der soll beim Eislein schlafen.
der alleijüngest der unter ihn war,
der warf die meisten augen. Uhland 676;
indem der spieler Plif (erzürnte götterl)
durch einen schlimmen wurf ein äuge jüngst verlor:
'brav kanierade', riefeln spötter,
'du gibst uns jedem nun ein äuge vor.' LkssincI, 28;
auf die meisten augen spielen; mhd. eines ougen wager han.
Er. 925, beim spiel um ein äuge im vortheil stehn; wie es bei Fi-
schart groszm. 56 ähnlich, doch in anderm verstände heiszt ; es
fehlet umb ein aug, das pferd wer blind, nemlich es war ein-
äugig, nach den augen der geworfnen würfet pflegt man einen
rechthaberischen, widerspenstigen zu bezeichnen : hielten nicht
vor rathsam diesem einfältigen tropfen zu widersprechen, lie-
szen ihn derowegen bei seinen fünf augen. Felsenb. 1, 199 ;
die unbescheidenen leute blieben bei ihren fünf augen. Plesse
1, 8 ; mithin bleibe er immer auf seinen fünf augen. 3, 49 ;
Theodor blieb auf seinen fünf augen. westf Robinson 2i5; so
bleiben solche lumina mundi doch auf ihren neun augen und
ändern es der geringen person zum trotze nicht. Weise erzn.
165; in den andern adiaphoris einen jeden bei seinen neun
augen lassen. 330; das mustu dann leiden, oder must dich
immerdar mit ihr schlagen und bleibt sie doch uf ihren eilf
augen und wird nur boshaftiger. Alrerüs ehbüchlcin E3';
bestünde er für und für auf seinen eilf augen, wolt von sei-
ner meinung umb einiges haar nicht weichen. Wickram rollw.
93'; er bestund auf seinen zwelf augen. Kirchhof wendunm.
323; der gegeniheil fehet wider an zu triplicieren, aber der
bergkman stehet auf sein achtzehen augen. Mathesius 21*.
die erzählung schwankt in den zahlen.
24) der keim im ei, ein gediegnes körn in der erzsiufe
wird wiederum äuge genannt: wovon sehr schöne mit jedem
andern gestein dem äuge nach wetteifernde beispiele gefunden
weiden. Göthe 51, 22. am diamant heiszt das fcuer und der
schein äuge, an tüchern der glänz: das tuch hat kein äuge,
glänzt nicht; beim stricken die masche. endlich ist äuge der
Späher, spion: Albanos nächtliche besuche wurden von nach-
geschickten augen immer seines edlen Charakters würdig
befunden. J. Paul Tit. 4, 100; I have eyes under my Ser-
vice, which look upon bis removedness. Shakesp. winter's
tale 4, 1.
AUGE, orfer äuge, enge, adj. patens, apcrtus, cvidens, ge-
bildet wie ahd. anaougi, urougi, glasougi, sörougi (Graff 1,
123); ein mhd. ouge möglich, nicht aufzuzeigen, nur in fol-
gender stelle: wovon einem dann mag ein geschwulst an ein
glied kommen, als von kratzen, kindsblattem, zu augen (zu
weit offen gelassenen) kleidern oder von harter arbeit. Würtx
practica s. 251.
ÄUGEI.CHEN, fl. ocellus, duglein: doch Trau basc, ich habe
den hüpsrheslon schätz? aber Jungfer Christine will mir ihn
gern abspannen, ich sehe wol, wie sie ihr augeichen machet,
ich leide es aber nicht, ped. schulf. 130.
801
ÄUGELEIN— ÄUGEN
AUGENADER— AUGENBLICK
802
ÄÜGELEIN, n. ocellus, äuglein, nnl. oogelijn:
wo zwei herzenliebe an einem danze gaii,
die lassen ir eigelein schieszen, sie sehent einander an.
Uhla.nd 80,
die enlstelUe Schreibung wie in ereignen f. ereugnen, eräugnen :
ei schliesz dein äueelein.
ei liebchen schlaf doch ein. Fr. Müller 2, 371.
ÄÜGELECHT, äugen habend: wa der grund leimecht und
bimsecht ist, auch dörre lächiin hat, da ist kein wasser zu
hoffen, aber wa der giund äugelecht, rot und murecht ist,
der unten ein festen küsz (kies) hat, da find man gut bestän-
dig wasser. Sebiz 16.
ÄUGEL.N, blicken, blinken, zumal freundlieh, liebäugeln, ein
gutes, erst seit dem 16 jh. eingeführtes tcort:
der feiste küsier, äugelte keck nach uns
durchs lange röhr. Klopsiock 2, 232;
wir schenken aufs wol
der weiblein Ulis voll
und äugeln mit ihnen. Voss 4. 116*
licmt es sich, Hans, liebkosend mit händedrücken und äugeln
mir die braut zu beihoren, da wir nun eben getraut sind ?
Luise 3, 489 ;
purpurisch zuckt durch düstrer tannen ritzen
das junge licht und äugelt aus dem Strauch.
Schiller S";
sie äugelt nach dem spiegcl hin,
belauschet meiue neckerein. Bürger;
in den blättern äugelte goldnes obst.
SCHLBART 1, 438;
es äugelte der wein in dem pokale. 2, 89;
nur vom tüchieen will ich wissen,
heiszem äugten, derben küssen. Götbe 2, 2S7 ;
über meines liebchens äugeln
stehn verwundert alle leuie. 5,60;
das mädchen. das an meiner brüst
mit äugeln schon dem nachbar sich verbindet. 12, 83;
die eine schalkisch äugeile
vom Schleiersaum her. 40, 40S;
spät kam Aphrodite herbei, die äugelnde göltin. 40, 346 ;
Hudhud auf dem palmensteckchen
hier im eckcheu
nistet äuglend, wie charmant!
und ist immer vigilant. 56, 119;
jetzt brach die liebliche sonne her%or und äugelte mit glühen-
dem funkeln durch den dichten wald. Tieck 4, 32S ; oft lag
ich in seiner (des baums) kühlen umwölbung und sah hinauf,
wie das licht durch ihn äugelte. Bettine tageb. 49; ich war
auch einsam damals in der kindheit, die Sterne äugelten mich
an. 66.
Weidmännisch, der hund Sugelt gut, blickt gut um, wie äugt
gut. in beiden seheint aber noch die bedeulung des alten ougan
ostendere nachzuhalten: er weist auf die fährte, zeigt die spur
des wildes, bei den gärtnern, äugeln, oculieren, ein reis mit
äuge, knospe in die rinde eines baumes setzen, vgl, liebäugeln,
beäugeln, anäugeln.
ÄUGELWEIDE, f was angenweide, mhd. öugelweide. Fbib.
Trist. 575 ;
meins herzen augelwaide. Uhlakd 642.
AUGEN, ostendere, sehen lassen, goth. augjan, ahd. ougan,
mhd. ougen, öugen. von dieseni treflichen wort sind nur noch
die letzten spuren in reiner gestalt erkennbar, desto häufiger
herscht das verderbte ereignen ßr eräugen, eräugnen, ereugen,
ereugnen, und der gedanke an äuge ist uns dabei entfremdet :
frau Kusche, euge din art. Altschwert s. 69;
din triuw du eugest offenbar, s. 105;
ich musz ie auch einmal zu euch kumen
und musz mich eugeu gegen euch, fasln, sp. 53, 6,
musz mich euch einmal zeigen, vor äugen stellen; darinn ein
ganz sciiif voll ceremoni werden geeiget, von den aposteln
picndert angeregt. Frank chron. 262"; Joseph von Arimathia
ist auch allain in haimlicher junger Christi, des sich an drin
aigt, das er für Pilatum trilt. Frank guldin arch. 176' ; es würl
sich in kein ander art glieder äugen dann im haubt. para-
doxe 84; nun was nit jederman dem könig hold, dann vil
grafcn, herren und stell im ungünstig, dorfend sich aber nit
öugen. TscHUDi 1,226; machetend gemeinlich in der statt, dasz
sich dero, so der herschafl anbangetend, keiner regen noch
Sagen bedorft. 1, 323 ;
darnach der träum sich wider eigt,
und ward d.inehen aiieezciKt
zeit, steu mit aller umb-^iand f^m
b. Waldis E$op 4, 32.
die Jäger gebrauchen es, wie äugeln, vom Spürhund, nnl. aber
bedeutet oogen intransitiv schauen, ausschauen.
AUGENADEH, f. was augader.
AUGENARZT, m. arzt für äugen.
AUGENB.\D, n. laratio oculorum, bad kranker äugen.
AUGENß.\LL, m. augapfel, nnl. oogbal:
die klare sonn . . der himlisch augenball. Spee Irutzn. 133.
AUGENBALSAM, m.
AUGE.NBEISZIG, mordens oculos : augenbeisziger mürrettich.
Garg. 72'.
AUGENBINDE, f. ahd. oucpinta.
AUGENBISZ, ni. niorsus oculorum: weinender augenbisz.
Garg. 72'.
AUGENBLENDE, f. corium ad oculos equi, nnl. oogenblinde,
augenieder, scheuleder: so unangenehm wie eine augenblende.
Herder 1. 191.
ALGENBLENDER, m. obcaecator oculorum: weil er der
augenblender und vergaukler kein gnad will haben. Garg. 190*.
AUGENBLENDIG. obcaecans: augenblendig hier. Garg. 59*.
AUGENBLEND.NIS, f obcaecatio, blendwerk: es ist ein uugen-
blendnis und illusio daemoniaca. Ettners hebamme 295. in
diesen Wörtern allen steht äugen pleonastisch, da blenden an
sich schon auf das äuge geht.
AUGENBLICK, m. ictus oculi, momentum, nnl. oogenblik,
mhd. ofigenblic, eine treffende, lebendige Zusammensetzung:
mit lieben ougenblicken einander sähen an
der herre und euch diu frouwe, dar wart vil tougen getan.
m. 292, 3 ;
din röter munt, din liebten ougenblicke
hänt mich verwunt in ir minne stricke. MS. 2, 150*;
ir vil minneclichen ougenblicke rüerent mich.
Walth. 112, 17 ;
manch augenblick sende ich im an smerzen.
MuSKATBLUT 37, 74;
snellcr denne der ougenblic Myst. 1, 385. nhd. hat sich die
sinnliche bedeutung selten erhalten und man sagt dann statt
augcnblicke blicke der äugen ; doch heiszt es noch : das man
wol greifen mag, wie gar einen besondern augenblick gott auf
die selb kirchen habe. Lither 1, 166' ; wie sehr er durch den
ersten augenblick in sie verliebt ward. Lohenst. Arm. 1, 845 ;
zuletzt benutzte ich einige augenblicke, die sie auf mich warf.
Güthe 21, 74. Desto häufiger ist die abgezogne anwendung für
den enteilenden puncl der zeit, die qititj oder auch öoTtt)
ofd'aXuov, ags. beorhtmhvile, goth. brahv augins, ahd. in
slago dero bräwo. N. ps. 2, 12 ; mhd.
ä ich die haut umbkdrte
oder zuo geslüege die brä. Er. 5172;
also schiere so ein brdwe den andern slahen mac, oder wie
sich Caesarics beisterb. 12, 5 ausdrückt, antequam superct-
lium superius inferiori jungi posset; als lange ein augenbraw
zu der andern möcht komen. Luther 6, 500' ; meislentheils im
bloszen adv. momento, puncto lemporis, das bald gen. und
acc, bald praepositionen bezeichnen: und die freude des hcuch-
lers weret ein augenblick. Hiob 20, 5; sie erschrecken kaum
ein augenblick für der helle. 21, 13 ; sein zorn weret ein augen-
blick. ps. 30, 6 ; verbirge dich ein klein augenblick. Es. 26, 20 ;
ich hab dich ein klein augenblick verlassen. 54, 7; in einem
augenblick. 2 Mace. 8, 18; weiset im die reich der weit ia
einem augenblick (goth. in stika melis). Luc. 4, 5 ; und das-
selbige plötzlich in einem augenblick zur zeit der letzten po-
saunen (goth. suns in brahva augins in spedistin ))uthaurna).
iCor. 15, 52; ja alle augenplich. Fischart öienenA. 107';
ich geh den augenblick zu holen trost vollauf.
GRTPUtus 1, 664;
misdeut auch du nicht mein erstaunen, suItan,
verkenn in einem augenblick, in dem
du schwerlich deinen Assad je gesehen,
nicht ihn und mich! Lessinc 2, 339;
so gibt es keinen augenblick, in welchem das gewand im ge-
ringsten eine andere falte machte, als es der itzige stand des
gliedcs erfodcrt; sondern läszt man es eine andere falte ma-
chen, so ist es der vorige augenblick des gcwandes und der
itzige des gliedes. 6, 47S ; das köstliche geschenk des hiinmcls,
entschlusz in dem geltenden augenblick. Schiller 193';
und der mächtigste von allen
herschern ist der augenblick. 49';
jedwede tilgend
ist fleckenfrei bis auf den augenblick
der probe. 284* ;
51
803 AUGENBLICKCHEN — AUGENBLICKS
hast du
denn nicht im augenbiick gelesen? 2S4';
nur um zwei augenbliclie bittet er,
er hab ein dringendes geschärt. 365';
hier ist kein augenbiick zu harren. Göthe 9, 214;
musz ich schon wieder warten ? Rüse. den augenbiick. 14, 259 ;
der augenbiick nur entscheidet
über das leben der menschen und über sein ganzes gcschicke.
40, 279 ;
du sagtest mir einst, es begegne den menschen in ihrem leben
oft ähnliches auf ähnliche weise und immer in bedeutenden
augenblicken. 17, 369 ; so ruhen die liebenden neben einan-
der, welch ein freundlicher augenbiick wird es sein, wenn sie
dereinst wieder zusammen erwachen. 17, 414 ; im augenbiick
der Vollstreckung gnade erhalten. Gotter 3, 12 ; dasz die men-
schen ihr Stückchen marktfleck und ihr Stückchen augenbiick
von jeher mit welttheil und Weltgeschichte entweder fürchtend
oder hoffend verwechselt haben. J. Paul sphinxe 153 ; gebt mir
das feinste stärkste gift der ideale ein, damit ich meinen
augenbiick doch nicht verschnarche, sondern verträume. TU.
2, 73. auf einen augenbiick, für den augenbiick, nach dem
franz. pour le nioment ; bis zum letzten augenbiick, jusqu'au
dernier vxoment. ich komme, entscheide mich im augenbiick.
AUGE.N'BLICKCHEN, n. minimum momcnlum: nur ein klei-
nes augenblickchen. Lessin-g 1,547; wollt ihr ein augenblick-
chen mit herüberkommen? Fr. Müller 3, 375. nn/. oogenblikjc.
AUGENBLICKEN, oculos jacere, mit den äugen blicken:
alle ursach fliehen der lieb,
die anfenklich hat iren trieb
durch beiwonung und augenblicken,
freundlich geberd und grusz heimschicken.
H. Sacus IH. 2, 130".
AUGENBLICKLICH, momenlaneus :
in dunkelm genusz
und trüben schmerzen
des augenblicklichen
beschrankten lebens. Göthe 2, 61.
AUGENBLICKLICH, adv. momento, gleich, eben, quovis mo-
mcnto, immer:
sagts, sagts in was für angst ich augenblicklich bin.
Fleming 652 ;
ihr meint durch langes recht die schnelle pest zu dämpfen
die augenblicklich wächst. Guyphius 1, 14;
so wird es um uns nur trüber und dunkler, je mehr wir ihn
{Hamann) studieren und diese finsternis wird mit den jähren
immer zunehmen, weil seine anspielungen auf bestimmte, im
leben und in der literatur augenblicklich herschende eigen-
heiten vorzüglich gerichtet waren. Göthe 26, 110; unsicher aber
blieb die ausübung auf jeden fall, und es war keiner, auch
der besten, der nicht augenblicklich irre geworden wäre. 48, 85.
AUGENBLICKS, ein kräftiges adv., mil dem gen., besser als
die mil der praep. gebildeten:
auch so got augenblicks im leben
dem menschen sunst all kunst mag geben, fastn. sp, 14,20;
das Clement luft ist also trocken, dasz es indorret alle was-
ser eines augenblicks. Paracelsds 2, lo' ; dasz dieser sich augen-
blicks aus dem zimmer entbrach. Lohenst. Arm. l, 260 ;
was mir der kaiser schaft, soll augenblicks geschehen.
Ibrali. 35, 240 ;
recht so! fängt augenblicks ein junger momus an.
Günther 519;
damit sie augenblicks Zum opfer fertig sei.
i. E. Schlegel 1, 31 ;
geh, hol ihn I A'at/mn. augenblicks I Lessinc 2, 284;
und augenblicks verschwinden. Wielasd 18, 156;
doch faszt er augenblicks sich wieder. 23, 262;
alle jene widrigen zügc werden augenblicks verschwinden.
Herder 15, 79;
und weisz dabei das ansehn sich zu geben,
als liesz er augenblicks Tür euren dienst sein leben.
Gotter 1, 107;
sie sollen sich ziirückzichn, augenblicks. Schiller 3S4;
und jeder fühlt an deiner holden seite
sich augenblicks den gunsiliug des gusriiickcs.
Göthe 3, -28;
nur augenblicks möcht ich den jammcr dämpfen,
der stechend schwer mir auf dem busen liegt. 4,56;
augenblicks verlor ich mich. 5, 161 ;
diese Wirkung licsz sich augenblicks in der gesellschaft em-
pfinden. 17, 109; er sprang in die kammer, und augenblicks
liel ibm ein, dasz er die uhr noch auf dem tisch gelassen.
AUGENBLITZ — AUGENBRAUNE
804
17, 386; man floh sich um sich einander augenblicks wieder
zu finden. 22, 100 ; der alte erblaszte und die wut band augen-
blicks seine zunge. KlincerI, 57; dasz augenblicks das ganze
werk still steht. Tieck 5, 226 ;
schnell thuts, doch augenblicks I
A. W. Schlegel im kdn. Lear 5, 3;
wer augenblicks sah jedes glück verschwinden.
Platen 99;
aber augenblicks befragt der prinz ihn. 329.
AUGENBLITZ, m. fulgur oculorum, scharfer blick:
mit seltnem augenblitz vom hohen thurra
uniherzuschaun bestellt. Göthe 41, 211 ;
den schärfern augenblitz. J.Pavi Tit. 5, i.
AUGENBLÖDE, f hebetudo visus, schwäche der sehkraß.
AUGENBLOSZ, nudus, apertus : aus dem regen kommt
fruchtharkeit, wormit das durstige feldgebäu begraset, die
steinöde äcker geschwängert, die augenblosze auen mitjäger-
kleid gezieret . . . 'werden. Adele 5, 151. blosz, nackl wie das
ofne äuge, vgl. mhd. hendebluj Nib. 1066, 3, blosz wie die
band, oder stände es für augenlos, blind, kahl ?
AUGENBLÜTE, /. anagallis arvensis, gewöhnlich gauchheil,
ackergaUchhcil, zuweilen auch augenzier.
AUGENBLUTEN, n. haemorrhagia ex oculis.
AUGENBOGEN, m. iris, circulus in pupilla.
AUGENBBAN, AUGENBBANE, f. scheint sich neben dem
alten ougbra gebildet zu haben, wie neben augbraue, augen-
braue auch augbraune, augenbraune vorkommt: zornrunzeln
über den augenbranen zusammengezogen, pers. rosenlh. 5, 19,
vgl. 3, 27 ;
als er auf diesen schlag sich wieder wolt ermahnen,
traf er zum andernmal ihn auf die augenbranen.
Werders Ariost 13, 35;
Brunello war der ein, und führt aus Tingitan
sein volk, und hielt hinab betrübt die augenbran. 14, 3.
Brockes reimt augenbranen : bahnen 3, 702. 5, 390 ; sein augen-
bran belebt sie treu und zart. Herder 19, 12, vgl. oben aug-
braue.
AÜGENBRAND, m. anthracosis, exulccratio oculi.
AUGENBRAUNE, f supercilium, ist die heute vorhersehende
gestalt dieses schwankenden worts, dessen oblique casus brau-
nen sowol auf ein n. braun, als f. braune zurückgehn können,
das n. wurde unter augbraue und eben unter augenbran be-
legt, gewöhnlicher ist das f.
zween {liebesgölter) saszen in den äugen,
und in den augenbraunen
versteckten sie die bogen. E. von Kleist 1, 52;
augenbraunen schreibt Rabener 1, 118. 4, 169. Winkelmasn 3,
81.82;
strich Wolf
sogar die augenbraunen mit der band. Lessing 2, 254 ;
unter den buschigen augenbraunen des sofisten. Wielano 3,
141; sein finsteres, überhangendes, buschiges angcnbraun.
Schiller 129 ; meine augenhraunen sollen über euch herhan-
gen wie gewitterwolken. 117';
fiirchten hinter diesen launcn,
diesem ausstaffierten schmerz,
diesen trüben augenbraunen
leerheit oder schlechtes herz. Göthe 1, 158;
wir mil heitern augenbrnunen
segnen sie von ort zu ort,
das versiummcn. das erstaunen
bildet sich als liebe fort. 4. 78;
die siirne voller falten,
die augenhraunen tieT, die äugen düster wild. 7,5;
diese schramme die ihm hier
die augenhraune spaltet. 9,95;
sie sitzen schon, mit hohen augenbraunen
gelassen da, und möchten gern erstaunen. 12,9;
ists auf seinen düstern augenhraunen,
im vcrschlosznen blicke! 14,44;
der major muste sich also gefallen lassen, dasz seine augen-
braunen !)epinselt und seine lippen betupft wurden. 22, 48 ;
Sorgfalt für haut und liaare, für augenbraunen und zahne,
für bände und nägel. 22, 77 ; auch seine augenbraunen
scheinen den sinn seiner gesänge auszudrücken, nach dem
inhalt beweglich. 44, 137. Göthe allein zeigt also fünferlei
gestalten des ausdrucks : augbraue, augenbraue, augbraune,
augenhraune und augbraun n., warum sollte ihm nicht auch
die sechste augenbraun n. {deren sich Schiller bedient) mund-
gereclU geweien $ein? augbra oder augenbran lagen ihm ab.
805 AüGENBRAUNBU>7LER— AUGENFLECK
Al'GENBRAUNRUNZLER, m. musculus comigatoT superci^
liorum, muskel, der die augenbraunen zur nase herabsieht.
AUGENBRüNNE, noch eine, und zwar schlechte form fiir
augenbraune, das doch mit brunne fons nichts gemein hat:
solch verdorren der äugen geschieht auch durch Ungeschick-
lichkeit des Schneidens der augenbrunnen, als wenn man einem
die untern und obem augenbrunnen schneidet, und die thren-
löchlin mit verschneidet. Bartisch s. 125. das genus hier nicht
:u ersehen, da aber auch mehrere ausgaben der lutherschen
bibel Hiob 3, 9 die augenbrunn der morgenrüt setzen, ßr
^ugenbrün, so ist das f. unzweifelhaft.
ÄlGENBUTTER, f gramiae,. lemae, gr. lirur;, y^uTj =
gramia (mit Wechsel des 1 und r), bei Dasvpodiüs augenziger,
augkotzen, augenbutzen, bei .Maaler 39' augenziger, bei Stie-
LEa 263 augenbutter, sonst auch augenkäse. nnl. oogendragt.
AUGENDE, n. horizon: äugend, der cirkel am himel, so
ferr wir in mit unsern äugen erlangen künden. Alberus, wo.
das äuge sein ende, seine schranke findet.
AUGENDECKEL, m. was augenlied.
AUGENDEUTLICH, per5/)ic«us; ich verkannte ihn sowenig,
dasz ich ihn vielmehr augendeutlich vor mir sah. Hippel le-
bensl. 4, 307.
AUGENDIENEN, oculis servire, adulari: so ich der weit
anhang, augendiene, mit heuchel, und förcht, ich könne mich
on sie nit neren, so bin ich ir eingefangener knecht. Frank
parad. 182; seine stinkende gerechtigkeit, damit er etwa vor
den menschen augendient, heuchlet und gleiszet, 29 ;
den Herren wend wir ougendienen,
wir tbuond das sie uns heiszend nicnen.
trag. Johannis H 8.
mhd. ze blicke dienen, jüngling 191. 201. Renn. 18090.
AUGENDIENER, adulator, nnl. oogendienaar, mhd. ougen-
schalc. Amgb. 35"; oigendiener. Schüress chron. s. 264; das
beer geschäftiger augendiener. Lessisg.
AUGENDIENEREL f. of&aXuoSovXeia.
ÄUGENDIENERSCHAFT, f. dasselbe:
beruft uns an den hof ein herr von legionen
zur augendienerschaft, wer mag bei löwen wohnen?
sogar ihr streicheln schrecist. Hagedorn 1, 36.
AUGENDIENSCHAFT, adulatorius : das eseltreibig, lonsor-
gig, augendienschaft gesind ist ihm kaum gehorsam. Garg. 68',
man darf nicht lesen augendiensthaft, gegen alle verglichenen
ausgaben, dienschaft scheint also ßr servilis zu nehmen, wie
ahd. friuntscaf für amicus persönlich steht.
AUGENDIENST, m. sowol adulatio, als auch sertitium ocu-
lis {dat.) praeslilum, wie der titel des buches von Bartisch und
der name einer heilsamen blume lehrt, augendienst oder augen-
trost ist die euphrasia officinalis.
AUGENDRÜSE, f glandula ocularis.
AUGENENTZÜNDUNG, f.
AUGENERFAHRENHEIT, f. practisches, durch ansehn mit
den äugen erworbenes geschieh: darauf sich ein jeglicher in
die ubung und augenerfahrenheit geb. Paracelscs l, 626*.
AUGE.NFÄLLIG, in oculos eadens, manifestus: dasz jener
farbenschmuck sich durch so manche Jahrhunderte klar und
augenfiillig erhallen. GGthe 44, 164 ; hier werden zwei hypo-
tliesen ausgesprochen, dann aber zwei augenfällige reine er-
scheinungen. 55, 77 ; die vollkommen wolkenlose atmosphäre
liesz die ganze gegend überschauen, ohne dasz irgend ein
augenfälliger gegenständ sich hie oder da henorgelhan hätte.
60, 141 ; doch hält man viel aufs augenfällige. Pi.ate.'^ 282.
AUGENFEDERN, pili palpebrarum. HemschHO.
AUGENfTiHLER, m. vitium, error »culi: physiologe färben
— anstatt dasz man sie vorher als flüchtige augenfchler be-
trachtete. Göthe 60, 3S.
AUGENFELL, n. plerygium, tunica oculorum, sonst auch
nagelfcll, it. ungola ; bei .Maaler38' geschrieben augenfäl: die
längste .schürze fürThümmels adamitische grazie ist das augcn-
fell der menge. J.Vau. freiheilsb. 119.
AUGENFEUER, n. die schwarzäugige, die freudig und hell
in fremdes augenfeuer blickte. J. Paul Tit, 4^ 127. Nenmch
und schon das vocab. 1482 haben auch augenfeuer für die
pflanze berberis.
AUGENFISTEL, f. thrdnenfistel.
AUGENFLAMME, f. die augenflamme, das ToUe leben, fle-
gelj. 1,107.
AUGENFLECK, m. augenpunct, an kleinen thieren und er,-»-
bryonen die stelle des auges, wo das unbewafnete menschliche
AUGENFLECKEN — AUGENKLAR
806
nur einen fleck, nicht das ausgebildete organ wahrnimmt, ein-
facher, äuge ßir keim.
AUGENFLECKEN, m. albugo, leucoma.
AUGE.NFLÜGEL, m. Fama schwingt die augenflügel. Fle-
ming 45.
AUGENFLUSZ, m. Ophthalmia eatarrhalis, lippiludo. augen-
flüsse, thränen. Spee ed. Junkm. 187.
AUGENFÖRMIG, oculalus.
AUGENFRAGE, f wink mit dem äuge: nach einer augen-
frage Lianens, ob sie es solle. J. Paul Tit. 2, 68.
AUGKNFÜLLE, f. quod oculos implet, occupat, was die
äugen einnimmt, triegt: darin nichts ist als ein augenfülle,
und weiter ein ganzer betrug. Paracelsus 1, 626".
AUGENFÜLLIG, oculos implens, teuschend: augenfüUige,
scheinbare sigszeichen. Garg. 267*.
AUGENGEFÄLLIG, oculis gratut: eine augengefällige ran-
dung. Hippel ehe 5, 86.
AUGENGERSTE, f s. augenhaber.
AUGENGESPENST, n. nach einer schnft von Robert Wa-
ring Darwin on the ocular spectra: wir haben bei recension
des danvinischen aufsatzes den ausdruck augengespenst mit
fleisz gewählt und beibehalten, theils weil man dasjenige was
erscheint ohne körperlichkeit zu haben, dem gewöhniichea
sprachgebrauche nach, ein gespenst nennt, theils w«il dieses
wort durch bezeichnung der prismatischen erscheinung das
bürgerrecht in der farbenlehre sich hergebracht und erworben.
GüTHE 54, 244. s. augentäuschung.
AUGENGESPRÄCH, n. : während diesem augengespräch traf
uns mein vater wie ein blitz. Hippel lebensl. 1, 149.
AUGENGESTELL, n. albugo. s. augstal.
AUGENGIER, f oculorum aridilas, stärker als angenlust :
in hoffart, flaisch und augengir
vil menschen leben als die thier. Sckwabzesb. 157*.
AUGENGIFT, n. was die äugen vergiftet und durch die äugen
den menschen, vgl. ohrengift.
AUGENGLANZ, m. splendor oculorum, mhd. ougenglast, dat
auch Maaler 38* noch angibt.
.\UGENGL.\S, n. vitrum oculare, oculus armalus:
ich sehe heut durchs augenglas der liebe. Göthe 5, 198.
AUGENGLEF, n. so heiszt in der Wetterau das augenlied,
der augendeckel, eigentlich augenlippe, von glef labium, la-
brum, was man sehe.
AUGENGLIED, n. eine schlechte form ßr augenlied, augen-
lid, die auf Verwechselung des ahd. hlit opcrculum (Graff 4,
1115) mit lid artus (Graff 2, 1S9) beruht, schon im vocab.
1482 augengelied und bei H. Sachs I, 401* meiner äugen gelie-
der ; die augenglieder. pers. rosenth. 2, 14.
AUGENGLUT, f fulgor oculorum: die larve beschaute ihn
nahe mit einer Ungewissen dunkeln augenglut. J. Paul Tit. 2, 106.
AUGENGREIFLICH, oculis palpabilis, gebildet wie hand-
greiflich: er war mir augengreiflich ähnlich. Hippel lebensl.
2, 412, icie aus den äugen geschnitten.
AUGENGREUEL, m. horror oculorum, gegensalx ton augen-
weide: mannlose, gebrochene, unnütze augengrewel. Garj. 273'
AUGENGRIMM, wi. oculorum truculentia: Heinrich nahm an
augcngrimni zu und fuhr an Rosas sommerhasenbalg von geh-
ler seide mit gehlsüchtigen blicken auf und ab. J. Paul Ste-
benji. 3, 145.
AUGENGRUBE, /". eavema oculi, augenhüle, franx. sali^re
(salzfasz), wird zumal von pferden gesagt.
AUGENHABER , m. hordeolum, gerstenkom : geschwür der
augenliedc, gerstenkom oder augenhaber genant. Bartisch 163.
AUGENHAUT, f tunica oculi.
AUGENHÄUTCHEN, n. tunicula oculi.
AUGENHEILKUNDE, f ars medendi oculis.
AUGENHOLE, f cavum oculi, augengrube. nnl. oogenhol.
AUGENHÖLENBLUTADER, f.
AUGENHOLENR.\ND, m.
AUGENHÖLENSCHLAGADER, f
AUGENHUFIG, nennt Seuter 148 und es scheint ungulis
raris, wenn der huf löeher, äugen hat. gebildet me ToUbafig,
harlhüfig, flacbhüfig, zwangfaüfig u. s. w.
AUGENKAMMER, f camera oculi.
AUGENKÄSE, m. lemae, augenbutter.
AUGE.NKITZEL, m. oculorum tititlatio, was die äugen reizt,
kitzelt.
AUGENKLAR, n. candor, purilas oculorum, gebildet wie
eierklar:
51*
807
AUGENKNECHT — AÜGENLIED
die stirne, dieses haar,
der hals, disz augeiililar,
die rothen wangen,
der stiiönheit reiche last,
die du jetzt an dir hast,
ist bald vergangen.
ScHiRMERS singende rasen, lied 44.
nnl. ist oogenklaar name eines hrauts.
AUGENKNECHT, m. augendiencr, augenschallc: das letzte
kleine gedränge feiler augenknechte zerflosz um seine person.
Schiller 807.
AUGENKNOCHEN, m. backenknochen.
AUGENKRAMPF, m. telanus oculi, spasmus. mhd. ougen-
krimpf. Herb. 1537. vgl. augenschrimpf.
AUGENKRANK, oculorum morbo laborans. Göthe 31, 100.
AUGENKRANKHEIT, f. morbus oculorum.
AUGENKRAUT, n. chelidonium majus, schellwurz. man
wähnte, dasz die schwalben damit die äugen ihrer jungen stärken.
AUGENKREBS, m. cancer oculi, ein am äuge fressender schade.
AUGENKREIS, m. orbita, augenhöle.
AUGENKRIMMEN, n. pruritus oculi, s. augenkrampf.
AUGENLEDER, ?i. was augcnblende, scheuleder,
AUGENLEIDEN, n. morbus oculi.
AUGENLICH, adv. evidenlet, perspicue: weil nun solche
Weissagungen wir betrangle Teutschen an ew. kün. maj. augen-
lich erfüflet sehen. Christoph. Andreae Roseliüs ratisponen-
sis trewherzige buszposaune. Amstcrd. 1643, in der Zueignung
an Gustav Adolf {die schriß erschien zuerst 1632). kommt sonst
vicht vor, Oberlin 72 hat äuglich consenlaneus, ahd. galt
oucsiunlc evidens, oucsiunigo evidenter (Graff 6, 128).
AUGENLICHT, n. lumen oculorum, die sehkraß: er liesz
sich durch das abnehmen seines augenlichts nicht davon ab-
halten. NiEBUHRs kl. sehr. 1, 71. dann auch was in die äugen,
den äugen leuchtet:
und lebe wol mein augenlicht!
Schirmers sing, rasen lied 68;
licht meiner äugen, geliebte! häufig aber für äuge:
mein klares augenlicht sol stets dir gehen für
und eine fackel sein. Fleming 18;
und was das härlste war, so halte keiner nicht
von uns so viel der zeit, dasz er das augenlicht
der liebsten liönte vor, wie sichs gebührt, gesegnen. 53;
man spüret aus dem augenlichte
ort der gedanken tiefsten giund. Canitz162;
0, öfnet euch, ihr lieben augenlicbter!
erwärmet euch, ihr bände I Schiller 509.
AUGENLIED, n. palpebra, ß)J(paQov, wörtlich augendeckel,
vom ahd. hlit, ags. hlid operculum, und eäghiid ist aus dem
engl, eyelid zu folgern, nnl. ooglid. doch erscheint weder ahd.
ougahlid noch mhd. ougelit, sondern palpebra wird durch oug-
brawa, ougbrd ausgedrückt, auch noch bei Dasvpodius und
Maaler; Keisersberg hat: ir ouglid underschlagen. seh. der
penitenz 53; die ouglidder. ehr. bilgr. 8; Henisch 145 stellt
neben augendeckel auch augenlieder, das er freilich aus Lu-
ther entnehmen konnte, seit welchem das wort allgemein in
gang kam. mein andlitz ist geschwollen von weinen und
meine augenliede sind vertunkelt. Hiob 16, 16; sein niesen
glenzet wie ein liecht, seine äugen sind wie die augenliede
der morgenrüte. 41, 9 {vgl. augcnbrün 3, 9); des herrn stucl
ist im himel, seine äugen sehen drauf, seine augenliede prü-
fen die menschenkinder. ps. 11,4; ich wil meine äugen nicht
schlafen lassen, noch meine augenliede schlummern. 132, 4;
lasz deine äugen stracks für sich sehen und deine augenlied
richtig für sich hin sehen, spr. Sal. 4, 25; lasz deine äugen
nicht schlafen, noch deine augenlied schlummern. 6, 4; lasz
dich ire schöne nicht gelüsten und verfahe dich nicht an iren
augenliedcn. 6,25; eine art, die ire äugen hoch liegt und ir
augenlied empor helt. 30, 13; das unser äugen mit thrcnen
rinnen und unser augenlider {so) mit wasser flieszen. Jer. 9, 18 ;
früh eröfne dich ein jedes augenlied. Weckuerl. 180;
du (sonne) bist jn nufpcpnngen,'
du lages augenlied. Opitz 1, 168,
nach Sophokles Anlig. 103 w x^vasas äfitQas ßXscpaQov.
meiner äugen schlafbcgierge lieder. Brockes 6, 175;
denn glaube, Sapnho konnte iichicr
nicht mehr nach t'haon. als nach dir {dem gcUlafe)
mein schweres augenlied verlangen. Gokingk 2, 74;
Unschuld ruht auf ihrem augenliede. Cottkr1,75;
cank je ein schlaf auf meine augenlicderl Schillir;
und meine augenliede
geschlossen hielt der friede. Hückf.rt.
AUGENLIEDERBRAND —AUGENMERK 808
die belege zeigen, dasz der pl. bald augenliede, bald augen-
lieder gebildet wird. Weit schöner als die deutsche Zusammen-
setzung sind die lat. und gr. ausdrücke, palpebra von palpare,
palpitare {vgl. augengreiflich), ßXefaqov von ß}.snsiv.
AUGENLIEDERBRAND, m., enlzündung der augenlieder.
AUGENLIEDERKRAMFF, m.
AUGENLIEDERROSE, f. und ähnliche Zusammensetzungen.
AUGENLOCII, n. augenhöle: haltet ihr die bände vor, mag
ihre leeren augenlöcher nicht sehen. Fr. MiJller 3, 385.
AUGENLOS, luminibus orbus, nnl. oogenloos, engl, eyeless,
mhd. ougenvri: blind und augenlos. Keisersb. ome>s37*;
ach sag, warumb das kind
ist augenlos und blind? H. Sachs I, 433';
nichts als den stab dem augenlosen greis. Schiller 523';
du so sinn- als augenloser mensch! Niobe, München 1688.
s. 36; die augenlose Liane wurde an die pforte gestellt. J. Paul
Tit. 3, 167. auch von pflanzen ohne knospen.
AUGENLUST, f oculorum voluptas, augenweide: du inen-
schenkind, ich wil dir deiner äugen lusl nemen durch eine
plage. Ezech. 24, 16; der äugen lust und hoBartiges leben.
iJo/i. 2, 16;
mein tausendschön und augenlust! Atrer381':
wenn fleisch, wenn augenlust, wenn hoffart dich ergeizet.
Gryphius 2, 433;
da war dieses euer zeichen, euer eigen augenlust
hat, weil so der herr befohle, zum exempel fort gemust.
LoGAU 2, 7, 7 ;
es gaben auch die nach Ordnung gesetzte bäume anmutiges
durchsehen und augenlust. pers. rosenlh. 2, 28 ; eine lumpichte
augenlust. Weise kl. leute 311 ;
wenn ich augenlust zu finden
unter schatllcht kühlen linden
schielend auf und nieder gehe,
und ein schönes mädchen sehe,
möcht ich lauter äuge sein. Lessing 1,53;
die lugend, die durch Psychens ofne brüst,
wie durch krystall, ihm in die seele schimmert,
läszt für gemeine augenlust
ihm keinen sinn. Wieland 9, 299 ;
und suchtest, deinen geist zu letzen,
ja nicht aus augenlust, der jüngsten mädchen kreis
Götter 1, 245;
und setzt die kunst^etriebenen geschirre
zur augenlust auf ihre rechten stellen. Göthe 10,7;
es ist eiije behagliche augenlust, die sich im allgemeinen über
die sinnliche weit aufthut. 43, 408.
AUGENLUSTIG : die augcnlustigen und die vom hoflartigen
leben. Hippel lebensl. 3, 42 nach 1 Joh. 2, 16.
AÜGENMAL, n. macula in oculo, flecken im äuge.
AUGENMASZ, n. oculorum Judicium: ein richtiges, gutes,
schlechtes augenmasz ; ein bild nach dem augenmasze fassen.
LoGAü 3, 7, 31; das gelt ist heut einig und allein der weit
augenmasz. Philand. 1, 245. s. augenraesz.
AUGENMÄSZIG, oculis gralus, commodus: augenmüszige
gegend. med. maulaffe 842.
AUGENMATZ, n. lemae, augenbutler.
AUGENMERK, n. quo attendunt oculi, scopus: augenmerk
des Schiffers, jiiger?, reisenden; sein augenmerk haben, neh-
men, sein lassen ; die liebe zum vaterlande sein augenmerk
sein lassen. Rabener 1, 174 ;
erde, wie oft warst du, in deiner niedrigen ferne
mein erwähltes, gelicbteres augenmerk;
Klopstock Mess. 1, 105;
du königin unter den erden,
augenmerk der geschaincn, vertrauteste frcundin des himmels.
1,522;
die flucht sag ich, die flucht ist nur sein augenmerk!
J. E. SCIILEGRL 1, 88;
nur eine einzgc frau. die sich zum augcnmnrke
der himinci nahm, cnirinnet der gefalir. Wirland ;
dies ist gewis, dasz Danae in der erzählung ihrer geschichte
mehr die gcselze des schiinen und anstilndigen, als die pdich-
tcn einer genauen, liistorischen treue zu ihrem augenmerke
genommen hatte. 2, 166 ; wenn es weniger gewis wilre, dasz
diese herrcn insgesamt kein höheres augenmerk hatten, als
ihr glück zu machen. 7,21; jeder solle nur auf seine rollen,
auf die kunst sein augenmerk, seine neigung richten. Gothb
18, 262; Pope war, wo nicht sein nuister, doch sein augen-
merk. 25,85; die bcmüliung des freundes, der die gesrhichtc
des colorits zum vorzüglichen augenmerk behielt. 54, 30S ; in
betrarktung des ganzen, darauf er bestündig sein augenmerk
809
AUGENMERKUNG — AUGENREIZ
hat. Fr. Müller 3, 344. das woH kommt auch wol männlich
vor, teenifistens geslattet sich Göthe 31, 211 der hauptaugenmerk,
ACGESmEKRUNG, dasselbe:
dann nichts ist drauf nicht der, von welchem alles hanget,
mit seiner gegen>?art und augenmerkung langet.
Upitz Hugo Grot. s. 298.
AüGE>'MESZ, n. tcas augenmasz:
doch nach dem augenraesz allein
Dtmpt kein gescheider nicht bald ein {eine frau zur ehe).
Fischart e/is. 32.
AUGENMILCH, f. beim pferde: über den obersten aiig-
brawen in oder auf dem bein der stirn ist eine hole, welcbe
insonderheit wol zu merken, denn man findet sie weder in
den menschen noch sonsten in etlichen vierfüeszigen thieren.
in dieser hole pflegt sich ein fett, so einem truoslein gleich
scheinet, zu versamblen und wird gemeiniglich die augenmilch
genennet. Uffenbach rosbuch s. 18. verschieden von feifei,
der halsdrüse des rosses.
AUGENMITTEL, n. medicatnen oculorum.
AUGENMUSKEL, m.
AUGENNEBELER, m. qui lumini nebulam offundit: liecht-
scheue augennebeler. Garg. n'.
AlGENNEKV, m.
AUGENMCHT, n. ein weiszer metallischer rusx, der sich
itber Öfen ansetzt, in welchen kupfer, messing oder glocken-
speise geschmelzt wird und gut für die äugen sein soll, heiszt
auch galmeiQug, graunicht, weisznicht, s. nicht.
AUGENPAAR, n. une paire d'yeu.x, a pair of eyes, unbe-
holfner ersatz des allen dualis (s. äuge 2):
ein funkelnd augenpaar. Chr. Kmttbl ». 132;
ein zauberisches augenpaar. Gotter 1,17;
ein augenpaar, verklärt in tbränenschimmer. 3,418;
das süsze wort 'ich liebe dich'
sprach aus dem holden augenpaar. Schiller.
AUGENPAPPEL, f. malva alcea.
AUGENPEIN, f. augenqual, augenschmerz.
AUGENPFERDCHEN, n. iTtTtoi, ein fehler der äugen, wenn
sie immer Hinzen und springen, s. augstal.
AUGENPFLEGE, f. cura oculorum.
AUGENPRACHT, f. splendor oculorum:
still und hehr die nacht,
des himmels augenpracht (die Sterne)
bat nun den reihn tegangen. Fr. ML'ller 3, 121.
AUGENPULVER, n. poudre aux yeux, eine feine, augenblen-
dende schriß im buchdruck: die kleine ausgäbe ist ein rechtes
augenpulver.
AUGENPUNCT, m. punctum in quod acies oculorum inten-
ditur, augenmerk, gesichtspunct : man kann die sache zur ent-
schuldigung des ungenannten aus einem ganz andern augen-
puncte betrachten. Lessixg 6, 273; die perspectiv erfordert
einen einzigen augenpunct. 6, 488 ; eine schilderei wird immer
noch ähnlich befunden, wenn sie auch nicht aus ihrem rech-
ten augenpuncle betrachtet wird. J. E. Schlegel 3,148; facta
sind alles was man daraus machen will, aus jedem neuen
augenpuncle scheinen sie etwas anders. Wieland 8, 103 ; eine
Preisfrage unter den wahren augenpunct bringen. Hippel 10,
137 ; ihr verliert den augenpunct, denn das äuge wird von
dem visier geblendet. Schiller 10S6; dadurch geht der augen-
punct verloren. Göthe 33, 8 ; den augenpunct, woraus sie die
gellertsche moral betrachten. 33, 13. in der anatomie hriszt
augenpunct, wie augenlleck, der bildungsanfang des embryo:
die augenpuncle waren an diesem embrjo mit weiszen ringen
umgeben. Mecrel. s. augpunct.
AUGENQUAL, /■. augenpein: du schCpfer meiner augenqual !
TbCmnel 10, 56.
AUGENQUELL, m. thränenquelle :
der schmerz hat meinen augenqnell versiegt,
ich habe keine Ihrüne für die frcude. Körper.
AUGENRANÜ, m. margo oculorum: Ihränen, am augcn-
rande gereifet. Fr. M(}ll£R 1, 61; sein augenrand quoll wei-
nend über. J. I'aul.
AUGENRECHNUNG, f.: auch verstieg er sich in derselben
plättcrkunst und augenrechnung also hoch, dasz er beides in
der theorie und practic, in erturung und erbrechung dersel-
bigen vorlreflich ward berühmt. Garg. 175*.
AUGENREIZ, tn. was die äugen reizt, schmerzlich oder wol-
thuend. den Griechen hieszen reizende frauen ofd'aÄuwy
cdyijSöves.
AUGENTtEIZEXD — AUGENSCHEIN 810
AUGENREIZEND, ocuUs placens: gänge, die sich augenrei-
zend schlängelten. Hippel 9, 184.
AUGENRING, m. circulus oculi, streifen um das äuge: da
blickts (das lastet) schrecklich durch den gelben bleifarbenen
augenring. Schiller 111.
AUGENRÖTHE, f. haemalops, blutunterlaufnes äuge.
AUGENRUHE, f.: die sonne blendete ihn — . — als er bei
hergestellter augenruhe Lucinden und Antoni vor sich sähe.
GüTHE 21, 148.
AUGENSALBE, f. collyrium: und salbe deine äugen mit
augensalbe, dasz du sehen mügest. offenb. ioh. 3, 18. ahd.
oucsalpa, ags. eägsealfe.
AUGENSALVE, f. schusz, blitz aus den äugen, zombliek:
zwei auf L. geworfene augensalven. J. Paul Tit. 3, 78. s. au-
genschusz.
AUGENSCHADE, m. vitium in oculo : Schriften, die er we-
gen eines augenschadens einem Schreiber in die feder sagte.
GösiNGK im leben pücolais s. 44.
AUGENSCHÄDLICH, oculos laedens: augenschädliche Si-
nope. Garg. 62'.
AUGENSCHALK, m. augendiener.
AUGENSCHEIN, m. conspectus, res praesens, avrorfia, nnl,
oogenschijn, ein m/jd. ougenschin A-aum aufzuweisen; auchLv-
THER braucht das wort nicht, wol aber andere seine Zeitgenossen :
wie man es sieht im augenschein. IL Sachs IL 2, 72';
dienn sie mir gleich im augenschein,
sinds doch heimlich die feinde mein. III. 3,65*;
das edle kraul wegwarten
macht guten augenschein (t/»at den auqen wol).
Uhlaxd 114 ;
sihest du den augenschein seiner not. Agricola jpr. 71' ; wolle
auch hie andere aufraerker hierüber verordnen, oder selbst
am andern ort den augenschein halten. Kirchhof mtl. disc. 134 ;
und es weists klar der augenschein. Soltad votksl. 466 ;
0 herr, worauf ich richte
den ganzen sinn, das ist dein augenschein.
Opitz p«. s. 53;
ich halte den für todt, für unweis und verkehret,
der eine Jungfrau sieht, und ihm doch nicht begehret
derselben huld und -gunst; er ist ein klotz und stein,
den nicht bewegen kann der lieblich augenschein. 2, 147 ;
so wil ich auch mit steten versen ehren
dein hohe zier und edlen augenschein. 2, 173;
wie wir den unerschöpften lauf der gewässer bestürzt in au-
genschein genommen. 2, 261;
da zeigt der augenschein die last. Grtphids 1, 10;
da wir in augensch«in die höchste schuld genommen. 1,51;
wer weisz, wer unter uns beiden besser sei? dem augen-
schein nach gleiche ich wol besser zu sein. pers. baumg. 4,
21; der augenschein hat solches von etlich jahrea her ziem-
lich mitgebracht. Simpl. 1, 21;
gleich trat ein junger geck herein,
und nahm das bild in augenschein.
Gellkht 1, 136;
um über ihre Schönheit, welche einer aus der gesellschaft als
unbeschreiblich angepriesen hatte, den augenschein einzuneh-
men. WiELAXD 2, 240; Alcibiades behauptete die Unmöglich-
keit so zuversichtlich, dasz kein anderes mittel ihn zu wi-
derlegen übrig blieb als der augenschein. 3,291; der augen-
schein zeigt ja, sagte man, dasz die quellen sich mit den
abgaben zugleich vermehren. 7, 348 ; dasz dem so sei, bewei-
set der augenschein. 8, 105 ; das zeigt der augenschein. 9, 91 ;
ich mag nicht vorgestellt
bei deinem fiirsten sein.
weil ers für gros/e gnade hält
in hohen angen^rlieiii
von ihm genommen sein. Göki.hgk 3, 51 ;
ein jeder wollte die gesellschaft in augenschein nehmen.
Göthe 18, 263 ;
ich miisz die puppen ordnen, deren augenschein
sie nehmen können. 1'late;« 281',
welche phrase doch tadelhaß ist, da man nur sagt etwas io
augenschein, n»c/i< einer sache augenschein nehmen, berg-
männisch heiszt auf augenschein fahren eine grübe besichtigen,
im gericht, ein beweis auf augenschein, durch augenschein;
wie der augenschein (die evidenz der beweisführung) darthut.
KA.-HT 4, 223.
8 1 1 AUGENSCHEINLICH — AUGENSEUZFER
AUGENSCHEINLICH, manifestus, praesens ante oculos, evi-
dens, avTomixös :
lasz dich augenscheinlich schawen. H. Sachs V, 245';
darumb gehört in die arznei ein guter verstand und ein au-
genscheinliche erfahreirlieit, so weisz der arzt was er redt,
das also ist, nicht nach gedünken, noch wenen, noch hören
sagen, noch bücher lesen. Paracelsus 1, 288'; augenschein-
lich ist es. KincHBOF tvendunm. 1, 171* ; jene Zeugnisse seihst
musten so glaubwürdig nicht sein, dasz ihnen die augen-
scheinliche aussage des künstlichen Schildes niclit vorgezogen
zu werden verdiene. Lessing 6, 487 ; es ist augenscheinlich,
dasz die ganze gattung sich vereinigen musz, um ihre na-
türliche herschaft über den erdboden zu behaupten. Wieland
7, 126 ; practisch oder augenscheinlich. Hippel 11, 72 ; durch
sichere erfahrung, d. i. ein unmittelbares augenscheinliches
bewustsein. Kant 1, 78.
AUGENSCHEINLICH, adv. evidenter, vgl. augensichtlich:
das man innerhalb zweinzig jähren
augenscheinlichen wird erfahren. H. Sachs III. 1, 18';
die fruchte davon zeigten sich augenscheinlich. Wieland 6, 24.
AUGENSCHEINLICHKEIT, f. evidentia: des Anaxagoras
sonne, welche die schüler wie ihre meister für einen stein
hielten, wider alle empfindliche augenscheinlichkeit. Winkel-
MANN 3, 418 ; mit genügsamer augenscheinlichkeit aus den grün-
den einsehen. Kant 1, 54.
AÜGENSCHIESZER, m., einer der vielen namen der li-
bellula, entweder von ihrem schnellen flurj, mit dem sie den
äugen vorüberschieszt, oder von ihren groszen äugen, die ihr
gleich perlen aus dem köpf schieszen. vgl. augenstecher.
AUGENSCIIIRM, m. umhella ocularis.
AUGENSCHLAG, m. ictus oculorum. aufschlag der äugen,
ahd. slag der ougen, slag dera brawo (Graff 6, 772) : er war
so gefällig, mir sogleidi auf meinen ersten augenschlag aus
dem träume zu helfen. Hippel lebensl. 2, 117.
AUGENSCHLÄGADER, f. arleria ocularis, nicht mit dem
vorausgehenden worte zusammengesetzt, sondern ein zu Schlag-
ader tretender gen. pl. äugen.
AUGENSCHLECHT, f. margo oculorum, augenrand: der
überflüssige weinflusz durchbrache die augensehlecht. Abele
4, 2. scheint heschlag, einfassung der äugen, vgl. beschlächt,
geschlächt bei Schm. 3, 427. man dürße auch ein n. augen-
schlacht mit dem pl. augenschlecht ansetzen, oder es mit au-
genschlag verbinden.
AUGENSCHLEIM, m. gramiae, Icmae.
AUGENSCHMALZ, n. dasselbe, vgl. Ohrenschmalz.
AUGENSCHMAUS, m. deliciae oculorum, aiigenweide: so
einen augenschmaus haben sie noch nicht gehabt. Gütiie IG,
216. vgl. Ohrenschmaus.
AÜGENSCHMERZ, m. oculorum dolor, augenqual:
vor schlechtem gebilde jedem graut,
das ein augenschmerz ihm ist. Göthe 3, 125;
doch uns sterbliche nöthigl, ach
leider, trauriges misgeschick
zu dem unsäglichen augenschmerz,
den das verwerfliche, ewig unselige
schönheitliebenden rege macht. 41, 189.
AUGENSCHMERZEND, oculos laedens: augenschmerzend
nasz, thräne.
AUGENSCHÖN, vegctis nitidisque oculis. Stieler 1754.
AUGENSCHRIMPF, m. augenkrampf. s. asefierschrimpf.
AUGENSCHULD, /. culpa oculorum:
den henker scheut Tast jedermann, Tast niemand sein gewissen,
da Jener doch nur augcnschuld, dis herzcnschuld mag büszen.
LoGAu 1, 9,93.
AUGENSCHUSZ, m. impetus, ictus oculi.
AUGENSCHWACH, infirmus oculis.
AUGENSCHWÄCHE, /. infirmitas oculorum.
AUGENSCHWAMM, m. spongia oculata.
AUGENSCHWARZ, n. der färbeslof des auges
AUGENSCHWEISZ, m. Spek trutzn. 89.
AUGENSCHWER, m. dolor oculorum. Gersdobf wundarm.
100. ahd. oucsuero. Graff 6, 888.
AUGENSCHWERE, f. gravitas, lassitudo oculorum. wäre ahd.
, oucsuüiri.
AÜGENSCnWINDEN, n. tabes oadorum: augcnscbwinden
wird Icichtlich erkennet in und nachdem sie kleiner werden.
Pl.vTER fferdcsch. 381.
AUGENSEUFZEH, m. J. Paul aeslh. 1, 130.
AUGENSICHTIG— AUGENTRIEFIG 812
AUGENSICHTIG, conspicuus: die ding, so verborgen sind
und augensichtig werden. Paracelsüs 1, 25'.
AUGENSICHTLICH, adv. aperte, evidenter: wir sehen au-
gensichtlich. Frank 2, 97.
AUGENSONNE, f. deliciae oculorum. Stieler 2059; leuch-
tendes, groszes äuge:
er klagt der schönen seine quäl,
er redt von strengen liebeskerzen,
von augensonnen, heisz an pein,
von tigermilch, von diamantnen herzen
Gelleri 1, 101 ;
deiner augensonnen wälzen brennt mich an vom köpf zur zeh.
Voss.
AUGENSPEISE, f. paslus oculorum. Stieler 2078.
AUGENSPERRE, f. ein krampf, der das schlieszen der au-
genlieder hindert, die äugen offen stehen macht.
AUGENSPERRIG, oculos late pandens: die albere weit ge-
scheuder und augensperriger zu machen. Fischart (/roszm. 4 ;
übersichtig und augensperrig wie ein stier. Garg. 19'; augen-
sperrige stierköpfe. 145'.
AUGENSPIEGEL, m. eine schöne frau, an der sich das
äuge spiegelt, die es mit lust anschaut, in anderm sinne,
perspicillum, brille: wie sollen wir die augenspiegel an die
nasen stecken? Paracelscs c/ur. ic/o-. 318'. Lessing 11, 619.
AUGENSPIEGEL, m. papilio Apollo, wegen seiner augför-
migen flecken.
AUGENSPIEL, n. lusus oculorum, vgl. die äugen spielen lassen.
AUGENSPRACHE, f. nictatio, redende, winkende äugen,
bhrüksepaläpa (sp. 789).
AUGENSPROSSE, m. die untersten spitzen am Hirschgeweih.
AUGENSTECHEN, n. dolor oculorum pungens.
AUGENSTECHER, m. UbeUula. Stalder 1, 119. wähnte man
dasz sie den menschen nach den äugen fahre, steche? denn
sie heiszl auch teufelsnadel, teufelsbolz. vgl. augenschieszer.
AUGENSTEIN, m. stein mit augfürmigen flecken, runder
eiförmiger stein, namentlich ociclus beli. altn. aber bedeutet
augasteinn die pupille, gemma oculi, schw. ögnasten, ddn.
öjesteen und es besteht vielfach ein mythisches Verhältnis zwi-
schen äuge und edelstein.
AUGENSTERN, m. pupula, den dichtem aber für das äuge
selbst: und. geschieht dir eben, wie man sagt, das du dich
fürchtest für deinem eigen augenstern. Luther 1, 514' ; darum
suchte ich in ihrem {der menschen) augenstern auf, was sie
etwa wünschten. Lenz 1, 214 ;
das kitzelt unsern augenstern,
das schmeichelt unsern obren gern. Schillkb;
Narzisse schaut dich an mit goldnem augenstern. R8ckert'.34;
zu nah nicht, noch zu fern
der muttt-r augenstern. 405.
AUGENSTRAHL, m. radius oculi. Spee trutzn. 90.
ein mädchen, so von angesicht,
von Stirn und augenstrahlen. BijrgerSO*;
augenstrahl ist mir verliehen
wie dem luchs auf höchstem bäum.
Göthe 42, 212.
AUGENSUCHT, f. morbus oculorum.
AUGENSÜCHTIG, inßrmus oculis: macht den menschen
übermütig, aigenliebig, aigennützig, augensüchtig, frech, üppig.
Frank 3, 134.
AUGENSÜSZ, oculis gratus, engl, eyesweet.
AUGENTÄUSCHUNG, f ludibria oculorum. Göthe 54, 245,
nachdem er, für seinen zweck, den ausdruck augengespenst
erwählt hat, fälirl fort: das wort augeiitäuschuugen wünsch-
ten wir ein für allemal verbannt, das äuge täuscht sich
nicht, es handelt gesetzlich und macht dadurch dasjenige zur
reaiitiit, was man zwar dem worte, niclit dem wesen nach
ein gespenst zu nennen bcreciiligt ist. Gleichwol redet der
Sprachgebrauch längst vom blenden, täuschen, triegcn des ge-
siciils und der äugen, gespenst /iber ist seinem Ursprung nach
ebenfalls fallacia, suasio, suggestio, leibliche oder unleibliche,
und das wort soll doch wol im Faust stehn bleiben:
ich sehe nichts als einen scliwarzen pudcl,
es mag bei euch wol aiigcnlauschung sein. 12, 62.
$. augentrug.
AUGENTHAUWETTER, n. lacrimae: der billige wird es mit
dem augenthauwetter meiner tochter nicht so genau nehmen.
J. F'aul lit. nachl. 4, 191. einfacher sagen mhd. dichter öugen
saf, ougen regen für Ihrdnen.
ALGENTHRÄNE, f. lacrima: ir würdet die bette und lu-
stige lager mit augcnthrenen waschen. Luther 1, 21*.
AUGENTRIEFIG, lippus.
813
AUGENTROPFE — AÜGEMVEIDE
AUGENWEIDE —ÄÜGICHT
814
AUGENTROPFE, m. lacrima:
kein augentropf im nie empfiel. Schsielzl verl. söhn '*.
AUGENTROST, m. euphrasia, eine den äugen wolthuende,
heilsame tciesenblume, sonst auch augendienst genannt, nnl.
oogentroost, schw. ögontröst, dän. öientröst, altn. augnafro
{augenruhe), ags. eäg^yrt, engl, eyebright, wie mhd. der hlee
ougenbrehende heiszt und die euphrasia mit noch andern na-
men die tageleuchle, die weisze leuchte, der lichte tag, vgl. ags.
däges eage {tages augc) primula teris, engl, zusammengezogen
in daisy. schottisch sagt man ee o' day {äuge des tags) schön
ßr mittag (Jahieson 1, 350 und suppl. 1, 361). troesten abei- wurde
mhd. mehr gebraucht für wolthun in den äugen:
ze sumere diu ougen trösten schoene wise. Senat. 822.
schöne wiesen thaten den äugen im sommer koI, und blumen-
trost begegnet als eigenname. den gegensatz bildet der dorn
im äuge (s. äuge ').
gilgen, augentrost, narciss, vergiszmeinnicht.
Weckherlin 759;
es stunde quendel zwar, auch augentrost die fülle
und viel mehr kräuter da. Fleming 641 ;
augentrost ist ein kraut, das soll da slehn,
wer getrost es mit äugen an darf sehn,
dem musz lust zum herzen gehn. Rückert 384;
gelber augentrost. Schxcbr 1664 p. 22S juni. eine andere
euphrasia pratensis rubra oder odontites hiesz Zahntrost. Wie
nun aus blumen insgemein kosenamen für frauen gewonnen
werden, deutet sich leicht die anwendung von augentrost auf
geliebte, den äugen wolgeßllige frauen, obschon sie auch ohne
bezug auf das kraul gefaszl werden mögen, doch hat dies
WECKnERLiN I»» sinn, weil er ehrenpreis, veronica damit ver-
bindet :
mein augentrost, mein ehrenpreis ! 821 ;
allgemeiner sind folgende stellen:
wann ihm sein augentrost den hohen sinn gekommen.
Opitz 2, 146 ;
dadnrch {durch ihren ausgesuchten anzug) ward sie den män-
nem, wie Ton anfang so immer mehr, dasz wir es nur mit
dem rechten namen nennen, ein wahrer augentrost. denn
wenn der smaragd durch seine heriiche färbe dem gesiebt
Kol thut, ja sogar einige heilkraft an diesem edlen sinn aus-
übt, so wirkt die menschliche Schönheit noch mit weit grö-
szerer gewalt auf den äuszem und inneren sinn, wer sie er-
blickt, den kann nichts übles anwehen. Göthe 17, 68.
AUGEiNTROSTGRAS, n. die sternpßanze.
AUGENTRUG, wi. fallacia oculorum:
herschl zufall blosz und augenirug? Göthe 3, 117;
ergetz am augentrug den blick, daselbst;
wenn wir uns die Vergangenheit Jahrhunderte weit zurückma-
len, so erscheint sie uns durch einen augentrug morgendlich
frisch und grün. J. P.4cl 34, 152.
AUGENÜREL, n. infirmilas, vitium oculi.
AUGENVERRLE.NDER. ni. praestigialor.
AUGENVERBLENDERIN, f praesligiatrii.
AUGE.NVERBLENDMS, f was das folgende.
AUGENTERBLENDUNG, f oculorum error: das schlug Si.xt
rund ab, weil er auf die mahlerei Albrecht DüreN gar nichts
hielt, sondern das wolgefallen der leute an dessen magern
gestalten für eine augenverblendung ausgab. Ar.M)i kronenw.
1, 294.
AUGENWASSER, n. lacrimae: ich wollte, ich könnte die-
sem undankbaren könig sein, was ein fruchtl)arer regen einem
dürren lande ist. und wenn ich mich ganz ausgösse, bei gott.
ich wollte auf das letzte samenkornchcn mein augcnwasser
schütten, um es zum schusz zu bringen. Ki.ingers Ih. 4. 206.
diu ougen guj^en wa^^er nidcr. Tlrl. Wh. 102'; ire äuglein
gaben wasser. Ambr. liederb. s. 132. in anderm sinn, ein die
äugen keilendes, stärkendes wasser.
AlGENWEH, n. dolor oailorum. der äugen wee. H. Sachs
1, 456*.
_ AUGE.NWEIDE, f. paslio oculorum. mhd. engen weide:
»I was ze ougen weide mancgem recken geborn.
Nib. 200, 4 ;
mtnes llbes ougen weide,
dast diu liebiii Trouwe min. MS. 1,90*;
da gesach ich mir vi! leide
eine swire ougen weide. Iw. 404;
sin vater unde muoier sähen an ime ir liebten ougen weide.
Cudr. 23, 4 ;
daj ich dich sihc so selten in der minen ougen weide. 27 4;
SU» hej ich weiden miniu ougen dar. MS. 1,201';
si lie^ ir ougen umbe gän
als der valke üf dem aste,
ze linde noch ze vaste
hxtens beide ir weide,
si weideten beide
als ebene und als lise. Trist. 277, 2 ;
vgl. oben äuge 14. nhd. bedankten sich nicht sowol vor die
bewirtung als vor die schöne augenweide gespenst 192 ;
die Felder bringen dir des segens augenweide. Gij.ntbii;
kurz, gar ein gutes kind, das seine augenweide
an andrer wonne sah. Wieiand 9, 2S5;
eine bezaubernde augenweide. Gerstexberc Ugol. 17;
süszer anblick, seelenfreude,
augenweid und herzensweide. Göthe 11, 136;
augenweid und seelenweide. 11, 138;
des reilers augenweide,
heraus mein schwert heraus! KöRi^Es.
*. äugelweide.
AUGENWEIDEN, n.
zuletzt im blauen blieb ein augenweiden
an fernentwichnen lichten linsternissen. Göthe 2, 9.'
AUGEN'WEISZ, n. das weisze im äuge, gebildet wie eier-
weisz und eierklar: es zersprangen die glasaugen der furien-
larve, hinter welchen ein grausend aufgedrehtes augenweisz
seellos starrte. J. Pacl herbstbl. 3, 10.
AUGENWEITE, f. conspectus, so weit das äuge schaut.
AUGENWERREN, morbus equorum. Pinter s. 381.
AUGENWIMPER, f. cilium, pili palpebrarum, ahd. wint-
prdwa, mhd. wintbra. mehr unter wimper.
hob vor erstaunen bis zur stirne
die augenwimpern auf. Gökingk 2, 95.
AUGENWINK, m. nutus oculi, augenblick, m/id. ougen wanc :
ich wil euch Wunderdinge sagen,
wie sich die liebe pflegt zu jagen
und wachset jeden augenwink.
Venus oder liebeslieder von Filidor dem
dorferer Hamb. 1660 s. 266;
der weise, dem die natur zu ihrem magazin
den Schlüssel gab. thut dies und gröszre sachen
in einem augenwink. Wieland 4, 204 ;
so wie die heiligen der wüste lächelnd
mit augenwink die leun und tiger zähmten. Tieck 3, 346.
AUGENWINKEL, m. angulus oculi, hirquus.
AUGENWÖUKCHEN, n. nubeaila ociilaris.
AUGENWONNE, f voluptas oculi, augenlust.
AUGENWURZ, f. allgemeine benennung verschiedner, den
äugen heilsamer krduler, als leontodon taraxacum, Valeriana
ofßcinalis.
AUGENWURZEL, n. die würzet solcher kräuter.
AUGENZAHN, m. dens caninus, spitzzahn.
AUGENZEUGE, m. teslis ocularis, avTÖxrr;?: epische Schil-
derung der aufstandskriege Serbiens, deren wichtigste momente
er als augenzeuge am besten darzustellen vermochte. GOtbe
46, 328.
AUGENZEUGNIS, n.
ein augenzcugnis, ein erhaschtes wort,
ein blatt papier. Schiller 265.
AUGENZIEL, n. scopus, meta oculi, augenmerk: sich von
dem bescheiden zurückziehen, was ein würdiger zu seinem
augenziele hätte. Lohenst. i4 rm. 2, 450; wenn man nicht blosz
das eingehenlassen mittelmasziger anstalten zum augenziei
hätte. Heyne an Joh. Müller 220.
AUGENZIER, f was den äugen zierlich erscheint, auch name
eines krauls. der anchusa offtcin., die sonst licbäuglein heiszt.
AUGENZIGER, m. lemae.
AUGENZUCKEN, n. augenkrampf.
AUGERQUICKLICH, oculum recreans:
also sag ich, dasz die färbe
grün und augerquicklich sei. Görai 5, 93.
AüGESCHAUEN, n.
all ihr künstler in der weit,
derer kfihnes augcsch.iuen
euch so vi.'l kan'h.iuser bauen
in das blaue gölterfeld. Logau 1, 1, 13.
AUGGCLBEN, n. eolor luteus. Garg. 77', besser auggilben,
gelb werden.
ÄUGICHT, EUGICHT, was das folgende. Stieier 69 ;
wenn sie schon mehr als Areiis aufzieht sein.
LouEMsT. hrah. 47, 566,
«15
ÄUGIG— AUGSTAL
AUGSTAL— AUKE
816
ÄüGIG, oculatus, äugen habend, in den Zusammensetzungen
einäugig, dreiäugig, groszäugig, trieraugig.
ÄUGLEIN, n. ocellus, euglein, s. äugelein:
zwei braune euglein schieszen
der lieben zum fenster ein. Uhi-a!<d 182;
sein äuglein liesz er sinken. 236;
sie sitzt auf ihrer kammer,
weint ihre äuglein seidenrolh. km. 38 ;
0 weine nicht die äuglein rolh,
als ob nicht trost und hoTnung bliebe. Körker;
schlaf kindelcin, äuglein zu!;
im schatten sah ich ein blümchen siehn,
wie Sterne leuchtend, wie äuglein schön.
GöiHE 1, 27.
im kniUelvers wagt Gothe den pl. äugleins:
ihäten mit äugleins sich begäffeln. 13, 62.
ÄÜGLEINSILBER, n., bergmännisch, das an dncsen und
erxstufen angeschmauchte.
ÄUGLEN ßr äugeln: ich sehe schon, wie sie auf dich al-
leine sieht, wie des äuglens ist kein ende, von Birken OL.
280. auch bei Hohberg 1, 123'. 125".
ÄÜGLER, ff!, adulator, augendicner, nd. ügeler:
van denie kanine, deme ögeler. ileinefce 4359 ;
das kaninchen, der äugler verleumd(/t mich.
GöTHE 40, 148;
Reinhart . . faszle den äugler. 40, 149.
im hallischen salzwerk heiszt der aufsichter über die born-
knechle äugler, gleichsam der sie im äuge hat.
ÄUGLICH, ociilaris, augenscheinlich: dasz sie aus ihren
sinnen geschriehen haben und nichts aus der erfahrenheit
und äuglichem anzeigen. Paracelsüs 1, 117'.
ÄUGLICH, adv. mit den äugen:
nach solchen werten stund er stif
wachen oben uf dem schif
und sah die Sternen ei^klich an.
Murners Virtjil. Straszb. 1515. 75",
nach Aen, 6, 853 oculosque sub astra tenebat;
die würstu darnach mögen spehen
und on schaden eiglich sehen. 78*.
eiglich ßr euglich, anglich, wie in ereignen.
AUGLIPPE, f. palpebra. s. augenglef.
AUGLIPPENHAARE, pl. cilia: die linie, an welcher die
auglippeniiaare stchn. Lavater fragm. 1, 216.
AUGPUNCT, m. wag augcnpunct: das bild ist mit hohem
augpunct gemahlt und eine ort perspective dabei angebracht.
GöTHE 39, 19 ; deshalb denn auch hohe augpuncte gewählt
wurden. 44, 239. auch bei Fichte oß augpunct ßr stand-
punct, gesichtspunct.
AUGSATZ, m. ein reis mit äuge oder knospe: man beizet
auch in diser monatzeit die Ölbaum mit zweigen und aug-
«atzen. Seriz 54.
AUGSCHWARZ, m. eine Burgunder weinrebe, auch augst-
klävner genannt.
AUGSPRIESZEL, m. was das folgende.
AUGSPROSSE, was augensprosse.
ÄUGST, m. mcssis, nril. oogst, mhd. ougest und ouwest,
ernte und crntemouat, august, welsch awst, armor. eost, vgl.
alln. iiaust auclumnus, schw. ddn. höst. aUgustus und auctum-
nus stammen von augcre. wann der früling erst im äugst
seit kommen, so hiesz er wol Spätling. Fisciiart groszm. 29 ;
vom äugst, sextil und obsmonat. 113 ; im keiserischen augst.
daselbst ;
wer tiMS Tür Unkraut hält und wil ims bald vertreiben,
thiit nichts als dasz er sich sam uns noch auf wird reiben;
er warte bis zum augst, da wird man deutlich kennen,
wer tüglich sei zur erni und würdig zum verbrennen.
LoGAU 1, 9, 17;
obschon für grimmen frost des daches nagel springt,
«pricht jener 'mir ist kalt'; obgleich die tropfen zwingt
die hilz aus seiner haut, so wird er dennoch zittern,
und liesz ihm auch im augst sein kicid mit filchsen füttern.
3, zugäbe s. 216.
t. augslmonat. augst, aust, august heiszt auch der haß, die
ephemera.
AUGSTAL, n. albugo, eine augenkranhheit der pferde, ahd.
cucstal (Graff C, 676) und ougisal, hougesnl, howisal, housal
(1, 424. 4, 709); für den augslail: es hat ein jedes ros das
augstall, und so es mangnl daran uberkompt, das geschieht
von wegen harter arbail, laufen und reiten in groszer hitz.
di«em zu helfen nimb ein nadel, darein zeuch ein sciden-
iudea und stich oben durch das heutlen des augs und lasz
darinnen, alsdann so nimb eine andere nadel mit seiden wie
zuvor, und stich sie durch das heutlen unden am aug, und
fasz die baidc durchgestochne nadeln, und zeuch das aug
ein wenig von einander, damit es offen stehe, darnach nimb
noch ein eingefadnete nadel und stich sie durch das inwen-
dig heutlen im aug, zeuch es an dich und leg es fein subtil
auf ein finger, so wirst du in dein aug an dem heutlen ein
dicks und zechs ding finden, hart wie ein kruspel, als grosz
wie ein pfennig, dasselbig schneid herausz. Seuter s. 176;
von dem augstal. Albrecht rosarznei Frankf. 1570. s. 95 ; aug-
staal oder nagel. Pinters. 381; H. Sachs, als er die roszhaut
redend einführt:
die rewden bracht mir auch grosz quel,
der feifei, darzu die augstel,
da must ich mich beim schmid erst leiden
mit elzen, brennen und mit schneiden. I, 501';
nach ScHM. 1, 37 heiszt das augengestell eine krankheit des
rindviehes, wodurch es dumm wird und gegen die wand geht.
Es hält schwer über dies alle wort aufs reine zu kommen.
albugo, Xevxco/ia, ist ein weiszer fleck im äuge, ein fehler
der hornhaut, der weisze star, schw. ögnehinna, dän. binde
(feil) i öiet, ags. eägfleä (floh im äuge) und fleah albugo, in
der Schweiz heiszt die hippobosca, die pferdebremsc, gerade aug-
stahler m. (Stald. 1, 119). vgl. oben augenpferdchen. noch ein
andrer ahd. name lautet zinko, cincho (Graff 5, 681), mit der
erklärung: aegilopium, vulnus quod inter oculum nascitur,
aiyilcotfr aber bezeichnet ein unkraul, das zicgen lieben, und
ein augengeschwär. bei oucstal dachte man sicher an äuge
und vielleicht an stal stelle, oder an stal furtum, musz jedoch
mit howisal eine andere Vorstellung verbunden haben, cincho
ist das bühm. cink, cink na oku, augenfleck, poln. luszczka.
mehr noch unter star.
AUGSTEICHE, f quercus pedunculata.
AUGSTEIN,, wi. succinum, gewöhnlich agstein, und ganz ab-
liegend von augenstein: als der magnet an sich zeucht das
isen und nit anders dan als der augstein z"i im zeucht die
hälm und die fasen. Gersdorf feldb. 66 ; wann man den aug-
stein bei das feur thut, hebt er an und brennt. Micylls Tac.
452* ; augstein in Preuszen. Fischart groszm. 135 ;
drei höllische syrenen,
die mit augsteinen reich die haar und arm beschönen.
Weckherlin 613.
AUGSTER, m. eine traubensorte mit groszen, süszen, schwärt-
blauen beeren, äugstier, bei Stalder 1, 119 überhaupt frührei-
fendc fruchte.
AUGSTERN, m. was augenstern, äuge:
zween augstern, ein geslirn ganz schein und Schönheit reich.
Weckhkrlin 670.
AUGSTMON, m. mensis auguslus:
den sex und zwainzigi.^ien tag
im augstmon ist geschehen. Soltaü 369;
im augstmon spate
im Torgemelden jar. 420.
AUGSTMONAT, m. dasselbe: nu was es in dem augslmo-
nat. schimpf und ernst cap. Mi; augstmonat. Logaü 2, 10, 38.
AUGUSTAPFEL, m. spliltapfel, calville blanche d'ili.
AUGUSTRILZ, m. boletus luteus.
AUGUSTEICHE, f augsteiche.
AUGUSTHABER, m. avcna saliva.
AUGUSTHEISZ, calidissimus. mhd. ougeslheij. Pari. 3, 9.
AUGUSTLINDE, f tilia folio majore.
AUGUSTSCHEIN, m. netimond im aug'nst.
AUGWENDLEIN, ri. minimum 7nomentum, kein augwendlein,
dasz man das äuge nicht wentlen kann, keinen augenblick.
SCHM. 4, 106.
AUGWUNDE, f. vulnus oculi: dieweil es sehr geCihrlich
ist mit den augwunden. Fei.. Würtz s. 111.
AUGZWEIGUNG, f inoculalio: sovil die augzweigung be-
langet, ist dicsclbige diszfalls nicht zum gewissesten. Se-
BIZ 307.
AUH, wcheruf, entweder gedehntes au! oder gedrängtes au-
weh !
AUHIRSni, m., ein hirsch auf aue und waldebenc.
AUJURKE, f. cucumis, i\g\nkc,gurke:
hat ein richier nur von dir
fünf aiijurkcn in den bänden,
so wird er gewis darfür
zehn mclonen dir zuwenden, pers. rosenih. 8, 149.
AUKE, f. rana bufo führt Lkssinc II, 619 aus einer Ver-
deutschung der gesta Rom. an, und die von Keller bekannt
817
AUL— AUS
gemadile cap. 44 s. 68 gewährt aukh, acc. aukhen, noch heute
sagt man in Sleier auke, die bairischen, Ostreich, idiotica ken-
nen es nicht; mhd. erscheint es nur im Tundalus i2, 21:
da eaist diu oucche noch diu cbrot,
da gibt es ueder früsche noch krölen. es ist das ags. ^ce
rana und mit übertritt in den Zischlaut das nd. ülze (brem.
«b. 5, 14S), im froschmeuselcr eulze, anderwärts ütsche krüte.
AUL, m. olla, fcetALBERUs: ein weit milchdüpfen, ein.aul;
im weislh. ton Altensladt a. 14S5 (3, 455): der ulner halben
weisten sie, das die ulner, die in der marg gesessen sein,
irer sei vile oder wenig, die mögen alle jare und eins ieg-
licben jars dreizehen male aiden (brennen) ire dopfen oder
aulen, und nit mhc. noch heute begegnen in der Wetterau die
eigennamen Aulenpfad, Aulenweg «. a. m., allgemein aber gilt
eulner für löpfer, ßgulus. anl stammt aus dem tat. olla und
wurde schon in der ROmerzeit dem westlichen Deutschland zu-
geführt, auch gleicht der vucalwechset in aul und ulner dem
lat. in aula, aulula, olla. in Schwaben und in der Schweiz
hat sich das wort nicht erhallen.
AULAMM, n. agnus, s. aue agna, ovis.
AULNSPIEGEL, m. schreibt Albercs, dem jenes aul geläufig
war, für Eulenspiegel: es hat der reformierer zeitlich ange-
fangen in Düringen zu reformiern und gemahnt mich sein
eben wie des Aulnspiegeis. wider Jörg Witzeln mammcluken.
F4*; da legt Aulnspiegel die beiz in ein büd vol wassers.
ebenda, doch auf dem tilel des zu Wittenberg bei Hans Luß
1542 gedruckten 'der barfuszer münche Eulenspiegel und Al-
coran' folgt er {oder des tilels abfassei) der gewülinlichen weise.
AUMAT, n. foenum auclumnale, grummet, ahd. ämdt (Graff
2, 653), vielleicht uomät (gramm. 2, '85), mhd. uomet odei-
oumet: auch die matten und wiesen zu diser zeit wässeren,
wo es aumat tragen soll. Sebiz 58. s. afterheu und grummet.
AUMEISZ, AUMEISE, f. formica: ein häuf von aumeisen.
FiscHAET ehz. 56; stellen aus Garg. schon unter ameise beige-
bracht, das au für ä oder o wie im vorhergehenden worl.
AUN, f. minutia Uni. Alberüs; gersfen sprewer, gersten
aun. heute in der Wetterau an, äne, gerstenän. s. oben ahne.
AUß^ f. hora, uhr:
dann da lief sclion die reisend aur
die ewigiilich nimmer stil stot.
WicKKA« irr. bilg. 14.
s. oben auer.
ALKENKRALT, n. AURLN, ALRIAN, m. gentiana centau-
rium, sonst tausendgüldenkraut und erdgalle, rother aurin, wo-
gegen unter weiszem aurin die digitalis minima, gratiola oder
gralia dei verstanden wird, bei Houbebg 1, 566* wilder aurin,
'die Friauler nenncns stancacavallo', womit sich der poln.
biihm. name konitrud berührt.
ÄLRLEIN, fl. diminutiv von aur, uhr, also ührlein, ühr-
then. Garg. 173'.
AUS, diese partikel hält denselben gang ein mit auf; beide
erscheinen ursprünglich nur als adv. und werden allmälich
auch zu praepositionen. das goth. ut drückt immer e^co aus,
niemals ix, i|, und das gilt ebenso vom ags. alts. üt, engl.
out, altn. üt, schw. ut, dän. ud bis auf heute, im ahd. ia,
hebt sich schon die praepositionsanwendung, doch ist sie sel-
ten (Gbaff 1, 534), mhd. und nhd. entschieden und häufig,
nicht anders im fries. mnl. fit, nnl. uit.
Für die dem gr. ix, lat. ex entsprechende praeposition diente
goth. US, ahd. ar ir ur, altn. or, ur {isl. ör), begann aber
bald zu veralten und findet sich mhd. und nhd. als er nur in
zusantmenselzungen. wie erreichte man den begrif der prae-
position auf andern wegen?
Schon die Gothen pflegten ihre praep. us gern durch beige-
fügtes ut zu stärken, usiddja ut us J)izai baurg, i^tTtootiero
i^oj T^s 7iö).co)t. Marc. 11, 19 ; usgagg ut us |)amma, t^et-d-e
i^avrov, J/arc. 1, 25 ; usvairpandans ina ut us })amnia veina-
garda, ixßaXtyyzts avr'op tkia rov du7te).cävos, Luc. 20,15;
uskusun imma ut us baurg, i^tßaXov avT(n> £^(a t^ä tio-
i-eois, Luc. i, 29; anderema! steht bloszesas : usiddja us imma,
i^f/Xd-ev an' ainov, Marc. 1, 26; usgagg us ))amma mann,
i?£/5'e ix Tov avd^QÜnov, Marc. 5, 8. diesem ut us gleicht
ein ahd. ö; ar, doch nur mit partikelbedeutung, nicht als prae-
position, wol aber als solche altn. fit ur: fit ur hüsi, e domo;
tchw. dagegen werden utaf, dUn. udaf, ags. fit of, engl, out of
verbunden, um die praep. ex auszudrücken, ahd. erscheint kein
ft; aba, so wenig als goth. ut af, zuweilen aber ahd. öj fona
(Graff 1, 531), mhd. fij von :
AUS 818
dm vor liebe als ein tou
mir ü; von den ougen dranc. MS. 1, SO*;
der mäne üj von den wölken steic. Wigal. 7055;
disen schilt hän ich dan verstoln
üj von andern kinden. Parz. 349, 13 ;
da j her ü; von Naroklin. IFh. 371, 2 ;
doch bleibt die formet selten und nhd. kommt aus von nim-
mer vor. alts. fit fon them aiaha. Hei. 6, 2 und in der be-
schwürung des nesso : üt f;in themo flesge an thia hfid, fit fan
thera hfid "an thesa sträla 1
Statt dieser Verknüpfung des öj mit andern praepositionen
war es dem wesen der hd. spräche angemessener, die praepo-
sitionskraß in das blosze fij zu legen, wie statt ufan in das
blosze uf oder üf, und unsere praeposition fij, nhd. aus, nnl.
uit unterscheidet sich von dem engl, out of, schw. utaf, Jan.
udaf gerade so wie mhd. fif, nhd. auf vom engl, upon, schw.
pä, dän. paa. hochdeutsch und niederländisch wurden aus und
auf, uit und op praepositional, den nordischen sprachen ruht
die praep. in af und a, welchen die parlikeln ut und up, letz-
tere nur mit ihrem consonantauslaul vorantreten, hat nun das
deutsche auf ein an, das aus ein ab fahren lassen, während
im nordischen jeder nachdruck auf der zweiten partikel haf-
tete; so stimmt diese erscheinung zu der hochdeutschen begün-
stigung aller praefixe, zu der nordischen aller suffixe insge-
mein, aus nord. utaf itdre taf, wie aus uppa pd geworden,
halte nicht die länge des u in ut den vocal erhallen.
Goth. US gewährt den gegensatz zu in, ganz wie af den zu
ana, folglich unterscheidet sich us von af, wie in von ana.
wer aus dem hause geht, musz in ihm, wer ab dem berge
sleigt, musz an ihm gewesen sein; der vogel fliegt aus dem
nest, a6er ab (von) dem bäum ; man hebt den decket ab (von)
dem becher, trinkt aus dem becher. ut gesellt sich zu bei-
den, US und af, goth. ut us razna, altn. fit ur hftsi, ags. fit
of huse, engl, out of the house, ir je sich altn. upp mit bei-
den praep. a und i verträgt, uppä, uppi.
Mislang es nicht, für an, ab, auf lebendige wurzeln in der
spräche zu suchen, so erscheint ein solches bemühen vergeblich
bei aus, den buchstaben nach wäre Verwandtschaft zwischen goth.
al und ut, ahd. a; und fij möglich, nhd. aus, d. i. ausz mit
goth. US, d. i. nhd. er zusammenzustellen ist ein grober fehler.
US, ahd. ar ir ur, begegnen dem sl. \z\ litt, isz, letl. is, wahr-
scheinlich auch dem lat. ex, gr. ix, «I, tcoron näher unter der
Partikel er zu handeln sein wird. Verwandtschaft zwischen goth.
US und ut läszt sich kaum darthun, wenn schon gr. i| und
e^co, wie eis und ei'oo} eines Stammes sind, dem skr. ut s«r-
sum liegt goth. ut, dem begrif und der mangelnden lautier-
schiebung nach, unverwandt, die nhd. Schreibung aus für aüsz
= mhd. uj wurde durch Ldther gefestigt, obschon viele schrift-
steiler des 16 und 17 jh. es noch bei dem ausz belassen, die
aber auch hausz, mausz für haus, maus setzen und von dem
unterschied zwischen s und sz aller richtigen Vorstellung ent-
behren, aus wird wie es und das schon durch den häufigen
gebrauch gerechtfertigt, wiewol beide letztere kurzen vocal vor
dem s haben, und der lange sonst sz nach sich zieht, siehe sz.
Auch bei aus musz wie bei auf die adverbiale anwendung
der praepositionalen vorangehen.
I. Aus als adverb und interj eetion.
1) aus im sinne von weg, fort, foras, apage hat heute ge-
ringeren umfang und pflegt durch hinaus, heraus ersetzt oder
erweitert zu werden, pfui aus I Garg. 62', wie sonst pfui dich
an! hinter einem solchen aus folgt dann die praep. mit:
darumb nur aus, aus mit den buben! Lcther 1, 395"; aus
mit den wüsten sewen ! 3, 161' ; aus mit dem folgern und gau-
keln! 3,529'; aus zum teufel mit solcher heiligkeit! 4,487';
aus zum teufel mit den guten werken I 4,521"; pack dich,
troll dich, ausz mit dir! Albercs {wetterauisch ousmitdir!);
es ist ausz mit dem heil, ausz mit dem zeug. Maaler 39*;
ausz mit disem feindsäligcn golt, der den menschen so übel
will! Frank f ararf. rorr. 2' ; ausz ausz mit solchen patientenl
Waldis £jop 4, 23; o ausz mit arzenei, zuckerei und zaube-
re!, die die leut tödten ! Fischart groszm. 140 ; ausz mit sol-
chem schleck I Garg. 42*; ausz mit dieser bibliothec, die sich
nicht zu meinem beruf reimet. Zixkcr. apophth. 9, 18 ; aus
damit!; und damit aus. mann im Tockenb. 20. heute meistens :
hinaus oder fort mit ihm! hinaus mit dem kerll engl, out
wilh bim! out with it! es kann aber auch der nom. oder
voe. gesellt sein: laut schreien, ausz du lecker, du bubl
WiCKtAJt rollw. 97' ;
52
819
AUS
AUS
820
ausz ausz ausz, nur immer aiisz
was nit gelt hat, ausz meinem haus. H. Sachs III. 1, 116'.
mhd., geschweige ahd. beispielc dieser fügung liegen nicht vor.
2) aus und aus, omnino, prorsus, von anfang zu ende:
wo find ich dann deins vatters haus,
seuberliches mägdlein?
'ge das giiszlein aus und aus,
schweig still und lasz dein fragen sein'.
(JuLAND 678 ;
diser flusz lauft durch Preuszen ausz und ausz. Frank weltb.
66' ; der hat sich besunder in dem dritten buch fortahcii usz
und usz hin für sich und uns des thalmuds wol und ge-
schicklich beholfen. Reuchlin augensp. 9' ;
er hat den tempel dir verwüstet ausz und ausz.
Opitz 3,295;
Marcus kunte baun ein haus
auf von grund und aus und aus. Logaü3, 9, 90;
der ist aus und aus geblendet. Chr. Kniiiel sinnenfr. 2i
3) aus und ein, mhd. dz, und \a:
ej gie üi unde in. Reinh. 589 ;
daj üj gät und aber in. 590 ;
ein schar vert üj, diu ander in. Walth. 20, 8;
du wilt gewalteclichen gän In minem herzen üi und in.
55,11.
n/»d. du fleugst den grünen wald aus und ein. Uhland47;
er get zu Lüneburg aus und ein. 122;
er reit zu Nürnberg aus und ein. 341;
wenn wir in höchsten nöthen sein
und wissen nicht wo aus noch ein. Kirchenlied.
wo adel und ehr beisammen sein,
darbei gehet ehr aus und ein. Lehmann 155;
wo ausz wo ein waisz ich schier nicht.
ScHMEtzL Verl, söhn 6';
nun weisz ich nicht, wo ausz noch ein. AYnER66';
der sonnen Schwester hetzt durch alle hole wälder
und jagt pusch ausz pusch ein. Flebi.nü 65;
aus und eingehen, aus und einfahren, weislh. 2, 172. 183 ;
ich bin heute hundert und zwenzig jar alt, ich kann nicht
mehr aus und eingehen. 5 Mos. 31, 2; aus und eingieszen.
A Mos. 4, 7; ich bin die thür, so jemand durch mich einge-
het, der wird selig werden und wird ein und ausgehen und
weide finden (^o//;. ingaggij) jah utguggij)). Jo/t. 10, 9; zum tau-
benschlag aus und ein ^lilzen (wischen). Garg.AO*; euer excel-
lenz sind hiebevor eine geraume zeit in meinem haus aus und
eingangen. Sciiuppius 788 ; weder aus noch ein wissen, vnw. doct.
796; so weist du weder aus noch ein, wenn nun noth an
den mann geht. Ki.opstock 12, 122 ; und wenns nun gar recht
zu dem geht, woraufs allein ankommt, so wissen sie vollends
weder aus noch ein. 12, 150; so wurde dadurch den Zwerg-
lein gar grosze noth und kummer bereitet, dergestalt dasz
sie nicht mehr wüsten wo aus noch ein. Göthe 23, 91 ;
da ich ein kind war,
nicht wüste wo aus noch ein. 2,79;
da wurden erst die söhne klug
und gruben nun jähr ein jähr aus
des Schatzes immer mehr heraus. Bürger 77';
jähr aus, jähr ein, nnl. jaar uit, jaar in ; ecuw uit, eeuw in.
4) aus und an:
hui oben aus und nirgend an!
wüst nit wo ansz oder wo an. Uhland 021. aus und davon
(ähnlich dem auf und davon sp. 604): aus und darvon kom-
men. Maria wunderzeichen. Ilegcnsb. 1522 n' 128 ;
sie läun und weisz nicht eben
woher und wohin ausz. Fleming 106.
6) aus hinter Substantiven, mhd. an sime tage und alle
die Wochen 6;. myst. 72, 2. nhd. das land aus, den wald
aus {wie vorhin bei aus und ein); trumpf ausi; besser ein
fenster aus als ein ganz haus. Öarg. 8 ; die kleidor aus und
drauf getanzt! Garg. 99', welches abziehen der kleider beim
schlemmen sich erklärt aus Uhland s. 578. 579 und franz.
Simpl. 1, 60.
6) ähnlich dem von anfang an, von stunde an, von kinds-
beinen an (oben 296) heiszl es :
bisz dasz der wein in im erhitzt,
dasz er im zom liuls usz switzl.
MusKATBLUT 91, 39;
den die grimme well
vom höchsten himmcl aus bis in das grab gefallt.
Fi.KiiN« 3;
er ist ehrlich Ton grund aus, taugt nichts von der wurzcl
aus, ist ein scheint von haus aus; von haus aus bat er gor
kein vermögen; eine solche heiterkeit von natur aus ist mir
unbegreiflich. Götme 25, 349 ; die treulichste Versicherung, dasz
wir uns von grund aus liebten. 26, 22 ; von Leipzig aus wird
mir geschrieben, dies von aus reicht wieder ans alle ft; von
oder das engl, out of.
7) heraus und hinaus, wie wir unter 1 sahen, ist Verstär-
kung oder nähere beslimmimg des einfachen aus, in welchem
an sich selbst schon ein bewegen von innen nach auszen lag.
in daraus, woraus, hieraus nähert sich aus setner pracposi-
tionalgellung, da man sie wnselzen darf in aus dem, aus wel-
chem, aus diesem, durchaus gleicht sowol dem durch und
durch als aus und aus. voraus bedeutet wie voran, vorab
inprirnis, überaus eximie. er ist immer obenaus, will oben-
aus ; von unten aus wie von gründe aus, vornenaus, hinten-
aus, nebenaus. gerade aus, ganz aus, garaus, halbaus. gar-
aus und voraus werden auch substantivisch genommen wie
kehraus, saufaus, wischaus, reiszaus, die doch von auskeh-
ren aussaufen auswischen ausreiszen herzuleiten sind, wegen
garaus s. ausmachen.
8) eine menge verba setzen sich zusammen mit aus und die
erste frage entspringt hier nach dem verhalten dieses aus zum
älteren er. in der goth. spräche erscheinen nur drei fälle des
ut: utbaurans vas naus. Luc. 7, 12; inngaggi}) jah utgaggij).
Joh. 10, 9; Jiata utgaggando us mann. Marc. 7, 15; hiii ut!
Joh. 11, 43. usbairan ist ixtpioeiv, ngofä^eiv, warum sollte
nicht auch Luc. 7, 12 usbairan stehn dürfen für utbairan dxy.o~
fiit,Biv? usgaggan verdeutscht unzähligemal e^aQxeod'ai, ix~
TioQsvsad'ai, utgaggan blosz in jenen zwei stellen; allein Ul-
FiLAS häuß auch gern beide partikeln in ut usgaggan oder
usgaggan ut, wie in usdreiban ut, usvairpan ut, uskiusan ut.
solchem golh. ut us entspricht nun ahd. ü^ar in üjargangan,
üjartripan, üjanverfan und andern mehr, bei Graff 1, 533 ver-
zeichneten, woncben aber das blosze öjgangan, üjtripan, üj-
werfan gleichbedeutig galt. mhd. wird die composilion mit
üjer immer seltner {gramm. 2, 930), heute ist sie bis auf we-
nige Wörter (ausersehen, auserlesen, auserkiesen) erloschen,
wogegen sich die mit bloszem mhd. üj, nhd. aus bedeutend
mehrte. Wenn das ahd. argangan noch exire ausdrückt neben
ftjgangan (Graff 4, 89. 87) ; so haben sich mhd. ergen «iid üj-
gen, nhd. ergehn und ausgehn dem sinne nach weiter von
einander entfernt, und nicht anders unterscheiden sich ertra-
gen, erfahren, erlangen u. s. w. von austragen, ausfahren, aus-
langen, wenn auch hin und wieder beiderlei bildungen noch
zusammentreffen können, die trennbare partikcl aus hat diese
Wörter vieldeutiger gemacht, als es das festgebannte er t;er-
mochtc, welchem ursprünglich jenes aus sich nur anlehnte, bis
es endlich der stütze nicht mehr bedurfte, wie die praeposi-
lionskraß von aus durch ö;ar eingeleitet sein musz, lassen uns
eben die Zusammensetzungen mit dem verbum ahnen, das ur-
sprüngliche einfache erblühen ward zu auserblühen, dies zu
ausblühen, so begegnen sich erheitern ausheitern, erhellen
aushellen, erosen ausüsen, erörtern ausürtern.
9) a u s neben dem verbum bedeutet, bald positiv, bald privatiu
a) regen und bewegen von innen her, zumal bei in-
transitiven, jenem er- zunächst stehend: feuer bricht aus, was-
ser läuft aus. ebenso bei ausgehen, ausfliegen, ausflieszcn,
auskommen, auskriechen, ausschliefen u. s. w. transitiv von
auszen her: vögel ausheben, ausnehmen.
b) entfernen, weil mit dem austritt meistens auch ein
weg und fort stattßndet, der ausfliegende vogel zugleich fort-
fliegt, zumal gehören hierher die transitiva ausgeben, aus-
tragen, ausdrücken, ausbürsten, ausklopfen : den staub aus
dem hat klopfen, den dotier aus dem ei blasen, und dann
den hut ausklopfen, das ei ausblasen.
c) bei manchen transitiven bezeichnet aus ein aus vie-
len, unter der menge suchen und wählen: auserlesen,
auscrwählen, auswühlen, ausersehen, ausscheiden, aossucben,
ausheben, ausnehmen «. s. w.
d) noch häufiger fertig sein, ende, Vernichtung,
intransitiv und transitiv: alles ist aus, das lied ist aus, zu
ende gesungen; das feuer ist aus, the firc is out, erloschen,
ausgegangen, die kerze ist ausgebrannt, das brot ausgehackcn,
der sturin hat ausgerast, der gesell hat ausgebuht, das buch
ausarheilen, vollenden; aushallen, ausdauern; ausgreifcn, a&-
greifen.
In allen vier richtungen berührt die partikcl sich mit er,
ent, vcr: ausbitlcn erbitten, austragen ertragen, ausgraben
ergraben, ausgehen, sich ergehen, ausgrübeln crgrübelu, aus-
821
AUS
AUS
822
löschen erlöschen, ausgründen ergründen ; ausfliegen entflie-
gen, ausblättern entblättern; ausgeben vergeben, ausblühen
verblühen. Sehr oß steht der composilion mit aus eine mit an
entgegen: anfaulen und ausfaulen, angrünen und ausgrünen,
anmachen und ausmachen, anfertigen und ausfertigen, um beginn
oder Vollendung zu bezeichnen. ?iicht selten aber kann, au-
szerhalb des Zusammenhangs, zureifelhaß sein, ob die positive
bedeutung gelte oder die privative, z. b. ob ausgehen egredi
oder deficere (feuer geht aus = bricht aus und geht aus =
erlischt), ausblühen efßorere oder deßorcrc, ausbrüten parcie
oder desinere parere, ausflecbten ßectere oder dissolvere, aus-
feuem feuer schlagen oder aufhören zu feuern seien, ähnli-
cherweise Kar auch auf in der Zusammensetzung sowol ein
heftendes als lösendes, man darf nur in den Wörterbüchern
die privativen aus nicht übertreiben, denn es gäbe kein ver-
bum, das nicht durch vorgeschobnes aus privativ gemacht wer-
den könnte, in dem sinne dasz ein außören seines begrifs be-
zeichnet werden sollte, der Sprachgebrauch hat ein privatives
ausleben, ausschlafen geheiligt, kein privatives ausführen, aus-
wachen = rfesinere ducere, vigilare, wie umgekehrt aufwachen,
kein aufschlafen.
10) subslantiva mit aus xusammengeselzt stammen meisten-
theils ab von rerben gleicher art: ausfall, ausbund, ausfahrt,
ausflug, ausflusz, ausgang, auskunft, ausschusz, ausschlusz
«. s. if. ton ausfallen, ausbinden, ausfahren, ausfliegen, aus-
flieszen, ausgehen, auskommen, ausschieszen, ausschlieszen.
nur bei wenigen wie ausacker, ausbürger, auseisen, ausländ,
ausmann, ausmärker, ausweg u. s. w. ist die partikel unmit-
telbar und allein dem subst. vorgetreten.
II. Aus als praeposition bindet sich durchgehends nur
mit dem dativ, stellt also immer bewegung von einem orte her
dar; adverbiales aus konnte sieh auch mit der richtung hin
vertragen und einen acc vor sich haben: den weg aus, das
jähr aus.
1) da aus dem in entgegensteht, wie von dem an; so
musz auf die frage woher? aus geantwortet werden, wenn auf
wo? wohin? in erschallt und auf woher? von, wenn auf wo?
wohin? an oder auf cu sagen ist. es heiszt also kommen
aus dem bette, steigen aus dem wasser, gehn aus dem gar-
ten, aus dem walde, aus der kammer, gieszen aus dem be-
cher, den kern aus dem obst nehmen, erstehn aus dem
grabe, weil man im bette liegt, im wasser schwimmt, im gar-
ten, im walde, in der kammer ist, der wein im becher, der
kern im obst ist, weil man ins grab gelegt wird, ins bette
steigt, in den wald geht, hingegen vom tische aufstehn, vom
felde kommen, vom dache, vom pferde steigen, den apfel
Tom bäume brechen, weil man am tische sitzt, auf dem felde
ist, auf dem dache, auf dem pferde sitzt, der apfel am bäume
hängt, daher ist ein unterschied zwischen aus dem hause und
von hause, zwischen aus dem hofe und von hofe, zwischen
aus dem berg und von dem berg kommen, der geht aus
dem hofe, der in dem hofe war, der gehl von. hofe, der zu
hofe war; ein knappe steigt aus dem berg, ein wandersmann
von dem berg. der vogel fliegt aus dem ncst, aber von dem
bäum, weil er im nest sasz, auf oder an dem bäume stand,
der reiter steigt vom pferde, aus dem sattel.
2) bei land und ort schwankt schon die ältere spräche, doch
scheint für land die praep. aus, für den ort von angemesse-
ner, »eil man in dem land, aber an dem orte wohnt, ich
bin aus Hessen, von Hanau; aus dem Elsasz gebürtig (Güthe
25, 339), von Straszburg. es heisit in ein land, an einen ort
reisen, gehn, wie franz. aller en Italie, cn France, aller ä
Roma, ä Paris, beidemal aber venir de France, venir de Paris,
da diese spräche den unterschied unseres aus und von nidit
faszt, also unser aus einem lande, von einem orte kommen
niclit erreicht, mhd. Gere ög Burgundenlant. ?iib. 68S, 2 ; der
fürste ö? Osterriche. MS. 2, 2" ; der hell öz; Osterrich. 2, 2' ;
A; Pcicrlanl ein fürste wert MS. 2, 65* ; des küneges kint Aj
Ungerlunt. .WS. 2, 2iu'; der künec usz oberlanden. Mcskatclut
32, 60 und noch Lutheb der könig aus Syrien. 2 kön. 6, 8,
viel ößer zu Syrien, in Syrien, nicht von Syrien; die königin
aus Arabia. Schuppils 95. 96; herzog Herman aus Lothringen.
387. Vor den namen einzelner sladle und bürgen findet mit
recht von : von Troneje Hagene, von Netzen Ortwin, Wolfram
von Eschenhach, herzöge Heinrich von Presselu, marcgräve
Olle von Brandenburg, der herzöge von Anehalten, woraus
sieh das allmälich sinnlos gewordne von in den namea der
edelleute entfaltete. Wider die regel setzt aber Wolfbam voq
Bürgen fürste Herman. Parz. 297, 16; lantgraf von Bürgen
Herman. Wh. 3, S. 417, 22 und nicht üj, wie es auch in den
überschrißen der minnelieder künec Wenzel von Behein, von
Tenemarke der künec Liudgast. Sib. 139, 3 heiszt und niemand
anstosz daran nahm, umgekehrt ist uns heute beides gleich
geläufig zu sagen, ich wohne zu Berlin oder in Berlin, waruni
sollte unverstattet sein ich komme aus Berlin? Lichtexsteiv
im frauendienst s. 162. 163 schrieb nicht nur ze Wiene, ze
Villach, sondern auch ze Stire, ze Langparten, er wird also
vor ländem und örtem von gesetzt haben und mhd. ist ze
Burgonden so richtig wie in Bürgenden, folglich auch von
Walhen, obgleich man ahd. vorzog in Walhum und üj Wal-
hum. lat. in Sabinis natus und e Sabinis redire, nicht a Sa-
binis.
3) die nahe berührung zwischen aus und von, wie sie uns
selbst die Verknüpfung ü; fona, üj von anzeigt, tritt noch in
manchen andern lagen vor, wo beide praepositionen tauschen,
wir sagen heute: nicht von der stelle gehn oder weichen,
sonst galt auch aus : du kannst nicht aus der stelle gehen.
Lenz 1,207; weder wagon. noch masken, noch Zuschauer wei-
chen aus der stelle. Güthe 29, 271. ßr aus dem wegel
apage, schw. ur vagen I, aus dem wege gehn, decedere de via,
wäre auch heute ungebräuchlich von dem wege, wol aber heiszt
es von der strasze, nicht aus der strasze. einsmals ritten
etzliche kaufleute aus der Leipziger messe. Schlppics 361,
heute von der messe.
4) dem lat. unus aliquis e multis, aliquis ex vobis gleicht
unser einer aus {von) vielen, einer aus dem häufen, aus der
zahl, aus eurer mitte ; fieng er einen knaben aus den leuten.
rieht. 8, 14; etliche aus inen. 1 chron. 10, 28; viel aus inen
fallen. 2 Mos. 19, 21 ; iemand aus den stemmen. 4 Mos. 36, 3 ;
einer aus denen. Matth. 26, 51; einer aus dem volk. Marc.
9, 17 ; zween aus inen. 16, 12 ; einer aus inen. Luc. 22, 50 ;
etliche ander aus inen, apost. gesch. 15, 2 ; einer aus den al-
ten. H. Sachs iv. 3, 48'; welche nicht allein einen oder an-
dern aus dem ministerio, sondern auch wol gar aus dem
rathestul mit pasquillen beschweren und schänden. Schcp-
P1ÜS623; 0 elendester mensch aus allen die da leben! 709;
also dasz keiner aus uns gewesen ist, welcher nicht geweint
habe. 735; dasjenige kupfer, welches mir aus denen, die ich
vor mir gehal)t hatte, am lebhaftesten in der einbildung ge-
blieben war. Lessixg 8, 107. mhd. hiesz es ir (eorum) einer,
heule gilt: einer von ihnen, unter ihnen, nicht mehr aus.
schon Luther setzte einer unter euch wird mich verraten
Matth. 26, 21. Marc. 14,18 und bereits ahd. hiesz es hier: ein
fon iu seilt mih, eli i^ vuct^f, vulg. unus vestrum. Ulfilas
ains US |)izai managein, eis tx tov oxJmv.
5) statt des heuligen von sich, von sich selbst kommen,
auszer sich sein, kommen verwandte man ehmals bloszes aüs :
ein junger mensch kehrete sein haupt ab 'von den geboten,
die seine mutier ihm befohl, worüber sie zornig und gleich-
sam aus ihr selbsten wurde {von sinnen kam), pers. baumg.
7, 2; der mich fast ganz aus mir selber bringet, unw. doct.
652. das aus sich selbst haßet aber noch sonst: von anfang
an zweifelte ich ganz ihn (den namen) je aus mir selbst wie-
der zu finden. Lichtenberg l, 27 ; prüfe dich, ja verandere
lieber deinen gegenwärtigen entschlusz, aber aus dir selbst,
aus freiem wollendem herzen. Göthe 17, 379, wiederum wäre
von mir selbst, von dir selbst gleich zulässig.
6) golh. US allamma hairtin {)einamma .Marc. 12, 30. 33;
ahd. fon alleuio thinemo herzen. Matth. 22, 37, in welchen
stellen auch Lltber schreibt von ganzem herzen. Musiatbllt
wechselt ab zwischen usz herzen gront 51, 25. 87, 2 und von
herzen gronde. 45, 21. 79, 18. ich wünsche es von ganzem
herzen oder aus ganzem herzen, aus herzens grund sind uns
beide geläufig, mhd. di und ü; von gründe. Walth. 74, 17.
7) unser auf befehl lautete früher aus befehl: aus be-
felh des berm. Jos. 22, 9 ; aus befelh des ewigen gottes. Rom.
16, 26; aus f. gn. befehl. Luther 3, 90; aus gottes befehl.
3, 179; aus Davids befehl. 3, 318'; aus befehl des fürsten.
3,417; aus seinem befehl und geheisze. 3,447'; also nahmen
Isaac und Jacob weiber aus väterlichem befehl. Luthers br.
2,515; aus befelch herzog Carles. Hediom com. 57; ausz ge-
biet Josuc. Fba-nk tre/(6. 119'; aus des keisers gebeisz. Micra-
uus2, 181;
ausi Ordnung und befehl der mütter aller göuer.
LocAu 1 s. 191.
tn der bibel schreibt doch Lutheb meistenlheils nach dem be-
52*
823
AUS
AUS— AUS ACHTEN
824
felh. 1 Mos. 45, 21. 4 Hos. 33, 38. 36, 5. Jos. 17, 4. 19, 50, Ebenso
galt aus rat stalt des jelzigen auf rat: aus rat seines bru-
ders. 2 Macc. 4, 39 ; aus bedachtem rat. aposl. gesch. 2, 23 ; aus
Tiberii rat. Micräliüs 1, 79;
ich bin tödlichen krank gewesen,
jedoch ausz rat des arzt genesen.
U. SachsIII. 2, 275«;
aus der meucLelmörder anschlag. Luther 3, 385. daneben
auch : nach dem rat des berrn. Esra 10, 3 ; nach dem rat sei-
nes willens. Eph. 1, 11.
8) anders zu fassen ist mhd. üj der ma;e Iw. 3274. misc.
2, 90 nemlich praeter modum, über das masz hinaus, wofür
auch 65er niäje. Jw. 6633. nhd. aus der maszen : es ist aus
der maszen schwer, auch den allergelertesten theologen, zu-
gleich den groszen reicbthum des ablasz und dagegen die
wäre reu und leid für dem volk zu rhümen. Luther 1, 9' ;
das aus der maszen verdrieszlich ist zu lesen und schwerer
zu behalten. 3, 60; andere aus der maszen schöne gebot.
3, 167'; es verdreuszt aus der maszen viel. 3, 175; denn es
bat müssen aus der maszen lang dünken. 3, 210 ; das wir im
rechten heiligen gottesdienst sind, der im aus der maszen
wol gefeilet. 6, 35'; darauf pochen und trotzen sie aus der
maszen hoch. 8, 50";
ein abt den wollen wir weihen,
ist ans der maszen gut. Garg. 48';
schrie er und sein volk aus der maszen grewlich. 265*; aus
der maszen schön, unw. doct. 389 ; aus der maszen wol. 806.
ivas meint aber bei Luther aus der bünden? und gibt für
mit der schneiden, das ist mit dem geistlichen verstand zu
hauen, wie er denn aus der bünden wol geistlich kan, bes-
ser denn deudsch und latinisch. 1,367*; dem sinne na-ch wie-
derum praeter modum, eximie, ausbündig, wol richtiger aus
den bünden: die salb schmackt usz den bünden wol. Kei-
SERsn. post. 2, 114. vgl. ausbund.
9) ähnliche anwendnngen der praep. aus, in fällen wo heule
gern wegen, nach, vor, von gellen : aus der Ursache, propterea,
aus Ursachen. Philand. 1, 23. 26. Lessing 2,171; die seind etwa
ausz dem unzifer und hitz der sunnen genötigt worden ir
land zu verändern. Frank weltb. 94* ; aus diesen guten schwank-
reden musten die reuter lachen. Wickram ro/to. 44* ;
so müssen wir denn ausz gefahr
die süszen felder meiden. Opitz 1, 70;
dahero ist geschehen, dasz wir aus gemachten schulden in
des Daedali labyrinth gefallen sein. Schuppius 700 ;
es ist kein gröszer rühm, als schmach und tadel leiden
ausz seiner bosheit nicht, ausz böser leute neiden.
LoGAü 3, 10, 78;
es unterblieb aus mangel an geld; ein unversehener einfall,
den es (das corps) aus abgang des soldes und ohne wissen
des kaisers in Böhmen that. Schiller 888; die billichkeit aus
(nach) der Vernunft messen. Luther 3, 3is'; ausz altem her-
kummen helt sich der künig nit über zwen tag in den ge-
meuren. Frank wellb. 7'; solchs will ich e. f. gn. aus irem
anhalten gebeten haben. Luthers br. 4,317; ausz diesem ge-
faszten schrecken. Kirchhof mil. diso. 265; gienge ein Jüng-
ling zu mir, der gedunktc kaum aus (nach) den klcidern ein
solcher zu sein, also halte er schier gar kein bärlein umbs
maul. Schuppius 772 ; also kan man auch von der frauen Sit-
ten aus (nach) den mägden urtheilen. 358 ; aus harter mühe
fnii7 schwerer mühe). 712; aus gegenwertiger not (durch g. n.).
Rebhuhn klag des arm. manns p. 3 ; aus ungedult. Lokman fab.
14 ; der knabe stöhnte aus schmerz. Klinger 5, 349 ; nenn
deine muttcr nicht, sie drehet sich dabei im grabe um aus
(vor) gram. Arnim sc/ioufr. 2, 155; er starb aus (vor) kummer;
ermanet seit
zu wehren euch aus löwenmut. Atrer 130';
das hat er nur aus (im) scherz, aus (in der) dummheit ge-
sagt, vgl. mhd. Ö5 ernste MS. 2, 194';
lasz unsern herr geit aus dem spaszl Göthe 12, 197;
ein reisender ist so gewohnt
aus güiigkeit rürlieh zu nehmen. 12, 160; '<
er sagte, that es aus (von) freien stücken ; aus liebe und frcund-
schaft Ihun; aus Zerstreuung. Lessinc 2, 1«5; eine menge Irait,
weiches deine iicker aus scgen gottcs und unserm (leisz dir
mitlheilen. Schuppius 730 ; als er endlich, aus (von) heroi-
schem geist gelrieben, den königlichen hof quittierte. 293.
10) wir sagen heule seinen scherz, spotf, höhn mit einem
treiben oder iiaben, das hicsz früher wieder aus:
usz dinem ncchsicn drib keinen spot. Muskatbl. 86, 160;
zeuch dein schwert aus und erstich mich damit, das nicht
dise unbeschniltene komen und mich erstechen und treiben
ein spot aus mir. l Sam. 31,4; das ich frölich und getrost
dem teufel mit aller seiner macht thar trotz und aber trotz
bieten, ja meinen spott und gelechter aus im treiben. Lu-
ther 6, 177'; aus solchem seiner freund rat er oft ein spott
trieb. Boccaz 112 ;
trieben ausz im den hon und spott. H. Sachs III. 1, 55';
darumb soll man dich ernstlich strafen,
dasz du ausz uns den spot wolst treiben. Atrer 22";
das würde uns jetzt bedeuten: atis uns treiben, vertreiben,
jagen, ps. 119, 51 steht: die stolzen haben iren spot an mir.
mehr noch unter den einzelnen Substantiven.
11) im gegensatz zu den unter 7 — 10 abgehandelten abslracten
fällen, wo das aus sinnlich gemeint ist, kann es auch heute
nicht entbehrt werden: aus schönem munde kamen diese
Worte; mhd. si sprach ilj rotem munde; si antwort mir usz
rosenfarben munde. Muskatbl. 37, 48. 68; du lügst aus dei-
nem halse; er lachte aus vollem halse, schrie aus voller
kehle; sie ist ihm aus den äugen geschnitten (oben s/). 795);
sie liesz ihn nicht aus den äugen; sie wollten sich nicht aus
den armen lassen ; er legte den stab aus der band ; kam die
ganze nacht nicht aus den kleidern; aus dem bette steigen,
aus dem bette sein; trat aus den schuhen; mache dich aus
dem staube. £s. 52, 1; das rind ist mager und aus dem fut-
ter gekommen; einen aus dem sattel heben; den köpf aus
der schlinge ziehen; ein scheit holz aus der flamme reiszen;
er bezahlte alles baar aus dem beutel;
begegnestu mir ufder breiten beide,
ich will dich bezalen ausz der scheide, ühland 380,
das schwert ziehen und dich erstechen.
12) aus verbindet sich mit reden, sprechen, hören u. a. ähn-
lichen: er redet wie aus einem buche; aus e. e. schrift habe
ich mit dem licentiaten Basilio geredt. Luthers br. 3, 40 ; er
sagt ferner ausz Luthero. Schuppius 27; aus dem mund des
berrn sagen. 614; weil der junker so artig discurriere ausz
den büchern, 87; ich hätte mit dem fürsten aus der saclie
gesprochen. J. Paul jubeis. 96 ; ein guter geist hat aus dir
gesprochen; er redet aus dem weine (betrunken) und umge-
dreht in gleichem sinn, der wein redet aus ihm ; so viel ich
aus andern gehöret und gemerkt. Luther 6, 136"; ich habe
es aus deiner rede behalten; aus der predig behalten. Garg.
68" ; wolle ihn auch aus dem catechismo examinieren. Schup-
pius 242; ob er sei aus der predigt gebessert worden oder
nicht. 193; ihr leben aus der predigt zu bessern. 599; erin-
nert er aus den Sprichwörtern Salomonis. 27; ermahnte ihn
aus der bibel; er predigt nur aus gottes wort; aus gottes
wort den leuten busze predigen;
nicht Menelaus isis, der aus mir handelt. Schiller 230.
13) einigemal ist bei dem aus, um es richtig zu fassen, ei»
verbum hinzu zu denken: du must dich aus der sladt (je-
kommen) an das land gewöhnen;
erst nach und nach, so hofl ich, würdest du
dich aus beschränkung an die weit gewöhnen. GÖthk 9, 271,
aus deiner schranke getreten; ich hatte kaum angefangen
aus einer krankheit (getreten) etwas kräfte zu sammeln. Schil-
ler 135; da war das weih mir aus den äugen (gekommen).
450*. nicht anders, wenn es unmittelbar vom Substantiv ab-
zuhängen scheint: ein kus aus rothein munde (ergangen); us
rodem munt ein friuntlich gruesz. Muskatbl. 78, 4 ; ein kern
aus harter schale (gebrochen); ein bild aus weichem thon
(geformt) ; ein schrei aus vollem halse (dringend) ; eine sage
aus grauem alterlhum (erschallend) ;
ein mnrchen aus allen zeiien,
das kommt mir nicht aus dem sinn. Hkinr.
doch dürfte man auch im Substantiv noch einen nachhält der
Verbalfügungen aus (mit) rolliem munde küssen, grüszen, ans
weichem thon bilden, aus vollem halse schreien zutrauen.
es ist eine folge aus der beschatTenheit unseres Verstandes.
Kant 7, 286, wie es folgt daraus.
AUSÄBERN, apricare, fovere: feldarbeit im december. die
waldtenne auf die kranwctsvögcl jetzo (leiszig besuchen, son-
derlich wann groszer schnee vorhanden, sie wol kehren und
mil kranwct und schmelkenbeeren ansübern lassen. Hohherg
1, 141*. s. aber, a-ber sp. 31.
AlISACHTEN, increpare, ausschellen, verachten: das mich
einer will sehenden und schelten oder für ein hüpper atisach«
ten. Paracelsüs cftir. sehr. 255*. vgl. Schm. l, 22.
825
AUSÄCHZEN— AÜSART
AUSÄRTELN — AUSBACKEN
826
AUSÄCHZEN, suspiriis ritam finire: er hat ausgeächzet.
AUSACKER, m. ager non vectiyalis. Oberlin 72.
AtSACKERN, exarare: steine, wurzeln, alte münzen aus-
ackern, auspflügen; wie umb Lessa bei Schlackewerde die
bauren eisenstein mit dem pflüg berüren und ausackem. BIa-
THESICS 2'.
AUSÄDERN, enenare, venas vaeuefacere:
ist wol ein pröszer sclimerz,
als in so scbtreren banden,
in lierker, stock und pein,
in sclimach und iierben schänden
ausädern leib und herz? Grtphiüs 2, 118;
ob sie zwar ihm ein dorn in äugen
und uns ausädern und aussaugen.
I.OHENST. Ibr. 17, 529 ;
das böse steckt in uns, als das blut in den ädern, es ver-
liert sich nicht, bis uns der tod ausädert; ein solches mis-
rathenes kind verdient ausgeädert zu werden, tali degeneri
filio singulae venae e corpore cxtrahi debent; abgemartert und
ausgeädert, «mit. doct. 565. heule ungewöhnlich, s. ädern.
AUSÄFFEN, ludibrio habere, ausspotten.
AUSALBELN, degencrare. s. albein.
AUSAL13ERN, desinere ineplire, redire ad bonam mentem.
Stieler 33.
AUSANDERN, imilari, spüttisch nachahmen, s. andern. We-
ste:<rieder 17 schreibt richtig ausantern.
AUSANTWORTEN, exhibere, tradere, aushändigen, überant-
worten : die Überläufer ausantworten. Mascou 2, 201 ; geßng-
lich ausantworten. Hahx l, 98 ; alle fahnen an den überwin-
der ausantworten. 3,268; dagegen will ich dir die Albrecht Dü-
rer, was mir in die bände kommt, ausantworten. Göthe an La-
valerin. beiLvTB. 2,161 ist aber ausantworten j)/ene respondere.
AUSARBEITEN, elaborare, conficere, exercere,
1) weidmännisch, einen Jagdhund ausarbeiten, jagdgerecht
machen.
2) den fleischern, einen ochsen ausarbeiten, aus der haut lösen.
3) fatigare: dann sie warent als gar müd (i-om ringen) und
ausgearbeit. Aimon V. ii ; ich musz mich einmal tüchtig aus-
arbeiten, mir hewegung machen, vgl. abarbeiten.
4) in bösem sinn : hei, was soltu lose, ausgearbeitete Cu-
ronnia mir das ins facies sagen? ped. schulfuchs l'i.
5) fertigen, vollenden, elaborare: die natur hätte ihn nicht
ausgearbeitet, sondern nur angefangen. Opitz 1,4"; machte er
den weibem so viel kinder als sie begehrten, wie ich denn
selbst in einer nacht fünfzig buben ausgearbeitet habe. Göthe
33,287; häufig, ein buch, ein werk ausarbeiten.
6) ausbilden, efformare, herausbringen: und musz denken,
wie ers fertige und früh und spät dran sein, das ers fein
ausarbeite. Sirach 39, 31; sie hat witz, aber keinen ausgear-
beiteten verstand. IIabener6, 71;
sein könidich gehirne
arbeitet (eine müh die es sich sehen gab)
ein miuel aus, sich ruhe zu verschafTen,
VViELA.tD 10. 254;
wie weit sich ein volk mühe gegeben, den witz auszuarbei-
ten? J. E. Schlegel 5, 262; die kinder schön, die jugend nicht,
die alten gesiebter sehr ausgearbeitet, mancher greis befand
sich darunter. Göthe 43, 264; an ihren ausgearbeiteten ge-
siebtem glaubt ich Schiffer zu erkennen. 43, 265; das meer
arbeitet sein belle aus. Kant 9, 19 ; so arbeitete sich die junge
seele gleichsam in laubknöpfen, holztrieben und ranken aus.
J. Paul 7■i^ 1, SO; das müszige offizierleben" arbeitete ihn blosz
noch eitler und kecker aus. 2, 126. vgl. aufarbeiten.
AUSARBEITUNG, effurmatio, elaboratio: mehr für die aus-
arbeilung der seele, als für die füllung des beuteis sorgen.
Rabe?ier4, 270; rechter gebrauch der kräfte und ausarbcitung
derselben. Hippel 9, 193 ; die manier ist jetzt edler, die Zeich-
nung richtiger, und die ausarbcitung bei weitem fleisziger.
TiECK Sternb. I, 20 ; die menschen haben selbst band anlegen
müssen, die ausarbcitung der natur zu beschleunigen. Kant9, 8;
den stof hab ich beisammen, ich gehe nun an die ausarbcitung.
AUSÄRGER.N, sich, desinere irasci: ich habe mich nun aus-
gcürgert. auch transitiv, einem die seele ausürgern, sich die
seele ausürgern.
AUSART, f. deelinatio, degener alio:
hat das urlheil
etwa den thcll und das iheilchen nicht mit scharfem
blick gemessen ? bonii'rki es ausart
in da» zu grosz und zu klein? Klopstoci 2, 50;
Schönheit gibt das ecsetzl zu ausan,
wenn sie nicht huldigt, wird art. 2, 7t.
AUSÄRTELN, degenerare: wenn aber unsere eingeborne
landskinder . . . sich auszuärtlen scheinen. Simplic. 1, 685'.
AUSARTEN, degenerare, aus der art schlagen, abartcn : der
söhn artet aus ; ausgeartetes kind I Götter 3, 104 ; das vieU
artet aus ; ausgeartete kartoffeln ; sie sind von ihrem ursprüng-
lichen Stiftungsgeist ausgeartet. Schiller 681 ; sehen wir ihn,
den freund der gerechtigkeit in einen Unterdrücker der mensch-
heit ausarten. 991; waren die leben einmal in erbliche be-
sitzungen ausgeartet. 1036; das blosze berathen artet leicht
in todte formen aus bei der neigung der Verwaltungsbehör-
den durchgreifend zu regieren, denkschr. des fr. vom Stew 213.
AUSARTIG, degener. Stieler 59.
AUSARTUNG, f. degeneratio: wir würden ans über diese
ausartung gar sehr verwundern, wenn uns nicht däuchte,
dasz es ganz natürlich damit zugegangen sei. Wielasd 6, 8 ;
dies hätte uns noch gefehlt, um unsre ausartung und herab-
würdigung zu vollenden. 8, 427 ; könnte die abartung (bei thie-
ren) die ursprüngliche Stammbildung nicht mehr herstellen,
so würde sie ausartung heiszen. Kaxt 10, 26.
AUSÄSTEN, in doppeltem sinn,
1) collucare arbores, die überflüssigen äste ausschneiden:
von gartenscheren ausgeästet. J. Pacls br. 81.
2) exire in ramos, sich ausästen, in äste zertheilen.
AUSÄSTUNG, f. inlerlucatio und divisio in ramos: die
nördlichen ausästungen der Karpathen.
AUSATHMEN, exspirare, nnl. uitademen, intransitiv und
transitiv: sonsten möchte er, ehe er es vermeinte, ausathe-
men. hebamme 304; dasz der porphyr seinen ganzen erdge-
ruch ausathmete. Göthe an fr. v. Stein 1, 332 ;
Frankreichs kerkerlufl
athmete sterbend er aus. Plate?(127;
WO der held ausathmete ruhigen schlummer. 130.
AÜSATHMUNG, f. finden wir ja doch oft personen, die
sich die allerseltsamsten töne, ausathmungen und banale re-
den angewöhnen, um damit ihren Vortrag zu spicken, za
flicken und zu zerstflcken. Göthe 49, 156.
AUSÄTSCHEN, illudere, ätsch machen gegen jemand: Peter
und Christel fiengen nun mit einem male an laut zu lachen,
ätschten sie aus und gaben ihnen die wiederholte Versiche-
rung, dasz sie fehlgeschossen hätten. A. G. Eberhard.
AUSÄTZEN, caelare, erodere, corrodere:
es hatte wol Ruggier erst nach dem augenscbeine
vermeint, es wer ein bild vom alabastersteine
und marmel, so gar wol geschnitzt und ausgeetzt,
und für ein kunststück her auf diesen fels gesetzt.
Werders Ariost 10, 69 ;
einen mit grünem laubwerke ausgeetzten hämisch. Lobe!(st.
Arm. 1, 32 ; das gift einer wunde ausätzen ; ausgeetzte schwarze
erde. med. maulaffe 901;
wenn im das arsloch wer zu gewachsen,
so solt es (das vulver) ims als weit ausz etzen,
das man ein hellbafea wol drein möcht setzen.
fastn. sp. 768, 17.
AÜSBÄCHELN, refocillare: ich setzte mich sehr nahe zum
ofen, umb mich rechtschaffen auszubächeln. Simplic. 2, 10.
bair. sich bücheln und dämpfen mit wasser, geschwulst mit
essich bücheln. Schmeller 1, 145. mhd. sich hecheln gen der
sunnen. i?enn. 19972. ahd. pachilün refocillare. verwandt mit
bähen, was m. s.
AUSBACKEN, percoquere: das brot bäckt nicht aus, ist
nicht ausgebacken; neu ausbacken, recens pislus;
was ein magister für ein thier ist,
zumal der erst ist neu ausbachn.
Atrer fasln, sp. 51*;
ein ausgebackner wackerer edelmann. Simpl. 1, 4; den teig
durcharbeiten, dasz er gehörig ausbacken und genieszbar wer-
den kann. Lessinc 8, 273; will einen einzigen groszen kennen
lernen, einen einzigen festen, ausgebacknen kerl, zu dem man
sagen könnte, fix und fertig ist der. Fr. MCller 2, 26; ich
will unser söhnchen zu einem fürsten ausbacken. J. Paul kö-
rnet 1, 9 ; die festkuchen dampften ausgebacken durchs haus.
Fibel 22. Bei H. Sachs bedeutet ausbadien fertig tein, fertig
werden, vgl. ausdreschen :
aber bald du ha«t gar auszbachen,
werden sich dein freund von dir machen,
dich schlagen auf die haberwaid. 1,224';
und het mit seim geld bald auszpachen. 11.4, lii*;
wfelcher umbget mit redline sachen,
der bat zu hof bald auszgebachen. II f. 1, 152';
827
AUSBÄCKEN — AUSBAMMELN
AUSBANGEN— AUSBEISZEN
828
so wirstu warlicli bald auszbachen,
fünDuindert guldin sind bald hin. III. 1, 198' ;
ei ei, ei ei, er dawret mich,
das er so bald hat auszgebachen. III, 1, 199'.
AUSBÄCKEN, exsculpere, aushauen. Maaler 39' ist ausbecken,
auspicken, vgl. becken Schm. 1, 150 und backen, bäggen. Stal-
BER 1, 125.
AUSBAUEN, elavare, luerc, fertig baden: wer erst einstei-
get, badet auch erst aus. Stieler 77 ;
und haben wir im tiaubensaft
die gurgel ausgebadet. Schiller 133' ;
baden alle milzsuchten des Schicksals aus. 133'. hauptsäch-
lich aber steht einen ausbaden für es einen büszen lassen
und es ausbaden für abbüszen:
als er ward gar gepadet aus. II. Sachs II, 4, 70';
ihm will der wirt nit lenger borgen,
schaw, des trawer ich in groszen sorgen,
er werd also trucken ausbaden. III. 1, 198*;
bald ich ein (einen) ausgebadet hab,
ist er stampa dahin, schabab. III. 1, 199';
metz, unser kaufmann der ist hin,
ich hab auch ausgebadet in. 111.3,23";
dann der einmal einsteigt, der musz das bad ausbaden oder
doch zahlen. Gar^. 209';
und kömrast du drauf zum vater nasz hinein,
so hast dus da erst auszubaden. Gellekt 1,203;
das ist nun aber oft so und wir andern müssen es ausba-
dep. GÜTHE21, 202; es ist ganz einerlei, vornehm oder gering
sein, das menschliche musz man immer ausbaden. 49, 67 ;
da hatten wir manches auszubaden. Tieck 13, 304; ich und
mein buch baden es aus und verkrüppeln nothwendig. J. Paul
Siebenli. 2, 7 ; der autor hat am ende das meiste auszubaden.
uns. löge 2, 175 ; man hält es auszubaden unter dem umge-
kehrten dintentopf recensierender Xantippen. Tit. 1, 19 ; die
geister, die es ausbaden möchten, flegclj. 1, 36; aber nicht
du sollst es ausbaden, sondern der magister. 4, 124. sonst
heiszt es im Sprichwort : wer ertappt wird, musz das bad aus-
tragen. Simrock 694; das bad ausgieszen müeszen. Aventin
chron. 473 ; das bad austrinken, aussaufen müssen. Schmeller
I, 154. die geschichte worauf sich diese redensarlen gründen,
ist nicht mehr genau bekannt, wahrscheinlich auch auf ver-
schiedne weise erzählt worden; es handelt sich davon, dasz
ein in verbotnem bade betretener mishandlung erfährt, oder da-
von dasz, während die andern mitbadenden frei entrinnen, der
letzte bleibende angehalten wird, das badwasser auszutragen
oder zu trinken.
AUSBAGGERN, fossam ohlimatam dctergcre, ausschlämmen,
unkochdeulsch, nnl. uitbaggercn.
AUSBÄHEN, fovere. s. ausbächeln.
AUSBALGEN, deglubere, pellem exuerc, ein thier ausbal-
gen, abbalgen, ihm den balg abziehen und wieder ausstopfen,
einige, wiei. Paul, der dies wort oft vei'wendet, schreiben aus-
bälgen : einen löwen ausbälgen, holzschn. 10, 165 ; seinem mit
paradisen angefüllten herzen kamen sogar die zimmer vor wie
glaskasten einer ausgebälgten vollere. Hesp. 4, 18 ; wie der
frosch sich nach eben so vielen (tagen) körperlich ausbälgt.
jubeis. 122 ; ausbälgte und ausgestopft aufstellte, uns. löge 2, 46 ;
in welchem falle du aber ein ausgemachter, ausgebälgter spitz-
bube wärest, flegclj. 4, 83 ; man bälge oder schäle die Venus
Urania aus. biogr. bei. 1, 131 ; würde ihm nicht das kleine le-
derne oder wächserne mädchen eine ausgebälgte milchschwe-
ster sein? komet I, 72; es wäre nicht einmal die Zoologie
mehr lebendig, sondern ausgebälgt, paling. 2, 122. schweize-
risch, einen ausbalgen, ausschelten.
AUSBALGEN, egerere, exportare, nnl. uitbalien, von balie
kufe, zuber, was aber mit balg pellis, utcr, schlauch verwandt
scheint: bei solchem stürm ward auch des schifs pumpe un-
klar und mustc man dieselbe mit groszcr mühe iieraus win-
den und wieder gangbar machen, unterdessen das wasser
ausbälgen und mit kesseln ausgieszen. pers. reiseb. 2, 2.
AUSBALIEREN, cxpolire: langlecht, glalt und gleichsam
ausballiert. Uffenbacu rosbuch s. 193 ; ausbaliert. Garg. 144'.
Stieler 85.
AUSBALLEN, exprimerc instar globi: darnach nimb ein
hanfwerk mit essig, balls aus, netz in aierklar und salz. Seu-
TER 372.
AUSBALLEN, sarcinas promerc, auspacken, die ballen öfncn,
AUSBAMMELN, cxtremum sonare campana, auch ausbiin-
meln:
die glocken hatten ausgebammell. Wiiland 21, 139.
AUSBANGEN, angorem deponere, finire:
ich irre trostlos, suche dich,
an deinem herzen auszuhängen. Göthe 13, 288.
in anderm sinn angore conßci: mit tausend peinigenden sti-
eben fährts durch die seele, . . ich bange meine seele aus.
Klingers Ih. 4, 252. vgl. ausbeben und abbangen.
AUSBANKETIEREN, discedere de convivio. Stieler 94.
AUSBANN, m. bann, da jeder bann ausweist.
AUSBANNEN, expellere, verbannen, nnl. uitbannen:
du hast die Völker aber ausgebannt. Opitz ps. 44.
AUSBANSEN, evacuare horreum.
AUSBAU, m. exaedificatio : der ausbau des hauses, der
Scheune, des Vaterlands, der Wissenschaft.
AUSBAUCHEN, malleo ventrosum facere: mit dem hammer
das metall bauchig treiben, eine seule ausbauchen, am schaß
verdickeii, spindelförmig machen.
AUSBAUEN, exaedißcare, perßcere: eine kirche, ein haus
ausbauen ; jedes jar, bisz es (das kloster) auszgebawet werd.
Garg. 274* ; bis er ausbawet sein haus. 1 kön. 3, 1 ; das ers
ganz ausbawet. 7, 1; und da Salomo hatte ausgebawet des
herrn haus. 9, 1; der ström baut allmälich seine laufrinne
aus. Kant 6, 88; immer neue fächer ausbauen. Tieck ges. nov.
9, 18 ; möchten doch nun unsre deutschen autoren, die eigent-
lich jetzt kein anderes Vaterland mehr haben, das gebäude in
dem sie geistig wohnen desto mehr in ehren halten und desto
eifriger aus- und anbauen. FERJiOw in Bötligers lit. zust. 2, 21S;
Schimpfwörter thun oft eine vorlrcfliche Wirkung, wenn man
einen satz gerne beziehen will und doch nicht zeit hat, den
beweis auszubauen. Lichtenberg 4, 91.
AUSBATZEN, numos dare: je mehr exemplare,' desto mehr
wird ausgebatzt {dafür gezahlt). J. Paul Fibel 91.
AUSBAUSCHEN, s. auspauschen.
AUSBEBEN, aujliören zu beben:
ein unerhörtes lied, nicht von Gradivus walTen,
lür dem du nun, gottlob, itzund hast ausgebebt.
Fleming 99.
AUSBECHERN, expolare, becher, ßaschen leeren.
AUSBEDENKEN, excogitare: Garg.ni".
AUSBEDING, m. conditio: das musz mit ausbeding (be-
dingungsweise) und exception verstanden werden, bienenkorb
39*. s. beding.
AUSBEDINGEN, pacisci, aushalten, vorbehalten: liet ok en
herre en gut enem manne sunJer underscheit, swat dar ge-
buwes uppe is, dat is des mannes mit sament deme gude,
als it des herrcn was, he ne bedinget ut. Ssp. 2, 21 ;
dabei bedung er aus,
ihn reih herum zti speisen bis ans ende. Gökingk 3, 216;
die dazwischenkunft irgend eines wolthätigen Wunderwerks
ausbedungen. Wieland 7, 86 ; indem er ihm das recht ausbe-
dung, das land unangefochten zu verlassen. Schiller 883.
s. ausdingen.
AUSBEEREN, weidmännisch, von den vögeln, wenn sie die
beeren aus den vogelschneiden heraus essen.
AUSBEGEBEN, exirc, sich hinaus begeben: ein reicher,
wenn er sich des tages aus begibt, musz gegen der nacht sich
wieder in seinen pallast machen, pers. rosenlh. 3, 27.
AUSBEHALTEN, was ausbedingen, entnehmen, vgl. aushal-
ten 89.
AUSBEICHTEN, fateri, patefacere : sie soll mir schon aus-
beichten; er hat alles ausgebeichtet, auch die beichte voll-
enden: kaum hatte er ausgebeichtet, so fiel ihm wieder eine
neue sünde ein.
AUSBEINEN, exossare, die knochcn aus dem fleisch neh-
men: rindbacken sauber ausgebeint. Garg. 53'. in anderm
sinn hat Stieler 125 ausbeinen, mit bein auslegen, ossibus va-
riare, vermiculari.
AUSBEISZEN, morsu elidere, nnl. uitbijfen.
1) eigentlich, einen zahn ausbeiszen, ausgebissene zahne;
ein äuge ausbeiszen : weil die vorigen seine irrsal viel wich-
tiger und diesen allen, wie man sagt, die äugen ausbeiszen
(sie weit überbieten) möchten. Luther 5,17*;
ich wiisi dir noch wol eins zu sagen,
das dem die augcn iniist auspciszcn.
II. Sachs 1,479«;
beisz dem ein aug aus. Garg. 86' ; rock von . . . krausrauhor
woll, mit fuchsen gefülcrt durciiaus, nicht das die scliaf die
füchs an das ort ausgebissen betten, wie etliche heuchlerische
beiz. 160'; deine (des allen wolfs) ousgcbissene zahne verra-
thcn dich. Lessing 1, 101.
829
AUSBEISZEN — AUSBESSERN
AUSBESSERUNG — AUSBEUTE
830
2) uneigenllich von beiszenden, ätzenden sacken:
wann es har mich auö meinem haus
der sauer rauch gebissen aus. II. Sachs IU. 3, 31* ;
wenn man die flechten und fressende scheden mit ausbeiszen
wil. Mathesiüs 119*.
3) ausstechen, verdrängen: die zwei leiden sich nicht mit
einander, geizen oder sorgen und gleuben, eines musz das
ander ausbeiszen. Luther 5, 424'; aber nu wollen sie (die
ieinkelprediger) den pfarrher heimlich ausbeiszen. 5,491*; du
solt deinen nehesten lieben, wie dich selbs, und richte dich
darnach, so soltu sehen, ob es nicht wird rein waschen und
ausbeiszen was da ist von eigennulz und liebe. 6, 36'; die
haben all unternander friede gehabt und sich teglich gemeh-
ret, keine hat die andern ausgebissen. 6, 541*; zuletst hat
der Türken namen überhand genummen und jhene ausbissen.
Frank u-ellb. GS'; wie es denn an fürstlichen hüfen pfleget
zuzugehen, das einer verfuchsschwanzet und ausgebissen wird.
ScHWEiMCHEs 2, 32S ; und gieng ihm zu herzen, dasz ich ihn
abermal ausbeiszen sollte. 3, 39 ; ob sie nu, dasz er von sei-
nem patrimonio ausgebissen so viel practicieret. Kirchhof
wendunm. 426' ; dasz man mich, um mich des gemeinen worts
zu bedienen, über kurz oder lang ausbeiszen würde. Heyne
an Joh. Müller 144. alte bleuen beiszen die jungen aus, Sper-
linge eine taube, der bahn eine fremde henne.
4) bergmännisch, von vorragendem gestein: das gestein beiszt
in den gangen aus.
AUSBEIZEN, erodere: wildes fleisch in der wunde, die
flecken in der wasche ausbeizen; jemandes namen mit einem
Schandflecken bescbmitzen, den keine zeit wieder ausbeizen
würde. Wieland 20, 259.
AUSBEKÜMMERN, exturbare curas. Stieler 926.
AUSBELäDE>', jubere, ausmahnen : der schefl"en ist ausbe-
laden recht zu bringen, weislh. 2, 8. 9.
AUSBELLEN, lalrarc, gannire, latrando proclamare: ich
main, dasz sie {die dreiköpfige beslia) sich ain nachvolger sant
Peters rümet und ofl'entlich auszbillet. flugschriß um 1525 ;
feblgösse lachten wir, der hofhund
bellte sie, krähte der henne mann aus. Klopstoce 2, 232.
AUSBENÄCHTIGEN, cogere ad foras pemoctandum? die
widerwitterig wolkenfeuchtigung und hagelung von unsern lie-
ben labsäligen reben zu e.xtranesieren und auszubenächtigen.
Garg. 152*.
AUSBtOKDERN, foras matidare, auscommandieren.
AUSBEHATEN, collocare ßliam data dote.
AUSBEREIT, paratus, instructus, perfectus, wolausgerüstet :
ein uszbereit ganz meisterlich werk. Keisersb. ehr. biigr. 28;
Tor uns stellen die aller ausbereiteste jungfrauw experientiam,
die ohne männlichen samen eine mutter ist aller künsten.
Paracelsls 1,477'; so sihet man noch ein ausbereite seul be-
gangner geschieht, darbei versamlung zu erwölung römischer
ratsherrn geschach. Frank chron. 23*.
AUSBEREITE.\, pararc: angesehen, das alles mark zu sei-
ner vollkommenen natur und natürlichen Vollkommenheit ist
emehret und ausbereit. Garg. 22*.
AUSBEREITER, parator, praeparalor: borcha buba, Wech-
sel hie den kreuzer, butz mir die bir, du butzst wol, gehst
ein guten goldscbmid, machest sauber arbeit, ein guter kre-
tzenwescher, ein guter ausbereiter, Garg. 87'. vielleicht hier
ein gerbet gemeint.
AUSBEREITU.NG, f. perfectio: ein zeichen der Vollkommen-
heit und uszbereitung. Keisersberc.
AUSBERSTEN, erumpere, ausbrechen, in lachen ausbersten :
der alle seine ernsthaftigkeit zusammen nehmen muste, um
Dicht auszubersten. Wieland 19, 288.
AUSBESCHEID, m. praecipuum, praelegatum. bei Stieler
1740 ausbescbied.
AUSBESCHEIDEN, excipere, ausnehmen, vgl. Ssp. 2, 1.
AUSBESCHEIDEN, adv. exceplo, ausgenommen : und dem-
nach so sollte am kammergerirht kein process zugelassen
werden, ausbescbriden da ein reichsstand klagte. Regensbur-
ger friedensarltkel bei Melanchthon 4, 473.
AUSBESSERN, emendare, cnrrigere , verbessern: kleidor
schuhe ausbessern, flicken; schlethle woge, alle lirticken aus-
bessern; dabero trachtete er durch eine kiiegslist sein ver-
sehen auszubessern. Lohekstein i4rm. l, 56; ich habe die feh-
ler ausgebessert. Babener 1, 84; ich kam zur gewöhnlichen
stunde und fand den vater allein der ... an meinem tragen
und bchaben noch manches ausbesserte. GOthe 25, 281.
AUSBESSERUNG, f. emendatio: zur ansbessemng der deat-
schen spräche beitragen. Rvbener 1, 183.
AUSBESTATTEN, uas ausberaten, ausstatten.
AUSBETEN, preces finire : und da Salomo alle dis gebet
und flehen hatte für dem herrn ausgebetet. 1 kün. 8, 54 ; da
sie nun ausgebetet hatte, stund sie auf. Judith 10, 1.
AUSBETRACHTEN, considerare, perspicere. Stieler 14.
AUSBETTEN, alio transferre: der kranke muste ausgebet-
tet, jft ein frisches bett gebracht werden, cukitas tollere: die
betten herausnehmen, auslüften, nnl. uitbedden.
AUSBEUCHEN, eluere, auswaschen : und wird die verschwerzte
und besudelte lere aiubeuchen und seubern. Mathesiüs 12l';
und beuchet das unreine gerete mit glüenden kislingsteinen. das.
AUSBEUGEN, deflecleic de via, für ausbiegen, das eu ist
blos: in 2. 3 sg. recht, aber von da weiter erstreckt worden:
beugen doch die postkutscher auch zuweilen aus. IfeUenb.
1 vorrede;
ihm auszubeugen war der streich zu schnell gefallen.
LessiiNg ;
da er dem trotz ausbeuget der übermütisren männer.
Voss Od. 17, 581 ;
mylord; bleibt bei der sache, beugt nicht aus.
Schiller 414.
AUSBEUGüNG, f. deflexio: sittensprüche und allgemeine
betrachtungen, diese lang^veiligen ausbeugungen eines verle-
genen dichters. Lessing 7, It ; diese ausbeugung vom gewöhn-
lichen leben und dessen geschäften. Tieck nov. kr. 1, 131 ; eine
vortrefliche ausbeugung in das wahre gebiet der albernheit.
TiECK 4, 100 ; gehen wir nach dieser kurzen ausbeugung zu-
rück zu unserm vorhaben. Fichte grundz. 49.
AUSBEULEN, tubera delere : beulen auf metall mit einem
holzhammer wegschaffen; einem schadhaften, ein- und aus-
gebeulten, zerschabten und verlöcherten kesselwesen. TiECi
ges. nov. 3, 165.
AUSBEUTE, praeda, spolium, fructus, lucrum, beute, ertrag:
und es war der übrigen ausbeute, die das kriegsvolk gcrau-
bet hatte, sechsmal hundert und fünf und siebenzig tausent
Schafe, zwei und siebenzig tausent rinder, ein und sechzig
tausent esel, und der weibsbilde, die nicht menner erkand
noch beigelegen hatten, zwei und dreiszig tausent seelen.
4 Mos. 31, 32 ; on das vieh raubeten wir für uns und die aus-
beute der stedte, die wir gewonnen. 5 Mos. 2, 35; und solt
essen von der ausbeut deiner feinde, die dir der herr dein
gott gegeben hat. 20, 14; sollen sie denn nicht ünden und
austeilen den raub, einem iglichen man eine metzen oder
zwo zur ausbeute, und Sissera bunte gestickte kleider zur
ausbeute, gestickte bunte kleider umb den hals zur aus-
beute? rieht. 5, 30; und das volk richtet die ausbeute zu.
1 Sam. 14, 32 ; er rümet wol seinen freunden die ausbeute,
aber seiner kinder äugen werden verschmachten. Uiob 17, 5;
der sol lebendig bleiben und sol sein leben als eine ausbeute
behalten. Jer. 2t, 9; den gottlosen auf erden zur ausbeute.
Ez. 7, 21 ; die ausbeute aber und sold wollen wir nemen als
uns unwirdigen von seiner göttlichen gute und gnaden ge-
schenket und gegeben. Luther 3, 329; da höret der friede
auf und hebt sich ein rumorn, bis er überwunden seinen
hämisch und ausbeute geben musz. 6, 540'; nach dem be-
giäbnis wollen des verstorbenen bischofs Schwester söhn mit
dem herrn von Kobelin ausbeute halten und die verlassen-
schaft des bischofs thcilcn. Schweinichen 1, 111; und viel
reiche geng hat ausschürfen lassen, darauf grosze ausbeut
gefallen. Mathesiüs l"; die Ionen der mühe und geben rei-
chen überschusz und ausbeute. 2*;
ctlich der Christen kirchen rier
die wir in ircn kirchen namen,
zu einer ausbeul überkamen. Anna IM';
doch kam ich diesesmal leider ohne ausbeute, auch oben
sah und hörte ich nichts. Göthe 21, 30 ; hier gab sein latent
ihm eine entschiedene ausheute. 24, 122 ; doch wäre vielleicht
noch das geschichtliche der letzten zwanzig jähre nachzu-
bringen, obgleich keine sonderliche ausbeute davon zu hoffen
steht. 54, 318; «rie man alte büclier studiert in der absieht
Wahrheit zu suchen, so kann man wol zuweilen eine ausbeule
erhalten, die andern entgangen ist. Lichtenberg 1, 280; ge-
lehrte ausbeule. J. Paul Fit)el 5; er hielt das, was ihm der
arm aus den wölken gab, für ausbeute des eignen. Tit. 3, 5.
Für praeda setzett wir heute nicht mehr ausbeute, nur beute,
ausbeute gilt also vom ertrag der bergwerke, saliwerke, ßtehe-
831
AUSBEUTELN — AUSBIETEN
AÜSBIETER — AUSBLASEN
832
reien und der gelehrten arbeiten, man sagt die ausbeute he-
ben, empfangen, geben, austheilen. die abstammung des worls
unter beute.
AÜSBEUTELN, excernere, pollinem excutere, purgare, aus
dem beutel schütteln, bei Maaler 39* auszbütlen, nnl. uilbui-
delen, uitbuilen; hauptsächlich für expendere: was hilft spar-
sam sein, wenn man schon ausgebeutelt hat? Stieler 142;
das er schier ausgebeutelt hat. H. Sachs III. 1, 198' ;
was merklichs in den büchern ist, herauszbeuteln, aussich-
ten. Frank weltb. 143 ; einen ausbeuteln, ihm den beutel lee-
ren: das bild des heiligen Rochus, wie er als Töllig ausge-
beutelt von seinem palast die pilgerschaft antritt. Güthe
32, 106.
AUSBEUTEN, praedam dividere : rauben, plündern und aus-
beuten. Dan. 11, 24; etlich Juden fraszens gelt, das man in
es nit nemmen und auszpeuten solt. Frakk chron. 35'; den
raub der feind solt ir theilen und auszbeuten. verbülschiert
buch 321'-,
nembt ewers vatters hab und gut,
in drei gleich tlieil ausbeuten thut,
das ewer iedera werd ein theil. H. Sachs 1,230';
auszubeuten den spröden scbacbt. Röckert48;
deines Stamms allvordere beuteten wahrlich
nicht umsonst goldgruben aus. Platen 130;
das land, den boden ausbeuten ; ein buch, einen andern aus-
beuten, um aus ihm vortheil zu zieheii.
AUSBEUTUNG, f.
AUSBEZAHLEN, integrum solvere:
dasz du den lohn, den mir du gelobt, und dem würdigen enkcl
ausbezahlst. Voss.
AUSBIEGEN, ßcclere, deßectere, nnl. uitbuigen.
1) transitiv, auswärts biegen : ausgebogner rücken, mhd. ho-
veroht und (t; gebogen. Iw. 464 ;
auch ein mannliches hemd mit ausgebognen manschetten.
Zacuariä 1, 257.
2) intransitiv : einem wagen auf der strasze ausbiegen ;
den neckereien der bosheit ausbiegen. Gotter 1, 1G8.
AUSBIETEN, in mehrfachem sinn,
1) provocare ad certamen, mit dem dat. der pcrson, wie
zum einfachen bieten : es betten zwen mahler einander aus-
geholten zu mahlen umb die meisterschaft. seh. und ernst
cap. 174 ; das einer dem andern ausbot zu kempfen ;
dem feind ze schlahen ausbieten. Maaler 39';
hub an und seinen meister haszt,
und bot im aus vor herrn und knechten
umh leib und leben mit im zu fechten.
B. Waldis Esop 4, 72;
im zu dem weulauf auszuhieten. Fischart gl. seh. 6ü4;
er muste des ausbietens lachen,
alt die Schildkröte dem hasen wettlauf anbot, ehz. 53 ;
ich arme magd, wie gern ichs wagt,
aber es ist kein recht,
dasz ein magd ausbeut dem knecht. Garg. 2S';
dasz er sich eim jeden waghals ausbof. 183'; die liebe las-
set ihr so schlechthin nicht ausbieten. S. von Birken 73; kurz
und gut ich biete dem junker aus. Scuiller 181*; dieser
Irompeter hat euch ausgeboten. Tieck 12, 190 ; Wigand hatte
sich kaum etwas erholt und sah seinen feind festgehalten,
als er ihn (für ihm) ausbot, sich noch einmal mit ihm zu
raufen. Arnim 1, 254.
2) mandare ut urbe excedanl: den bettlcrn ist ausgebotten
worden. Witzenb. 3, 62 ; einem mietmann, einem paciiter aus-
bieten, tVini die wohnung, den pachl aufkündigen, ihm gebieten
XU räumen. Adelung gibt statt des dat. den acc. an, wie auch
GöTUE 43, 4 setzt : in Wien hat man alle fremden ausgeboten,
$laU allen fremden, bei ausmabncn ist der acc. recht.
3) renale proponere, waaren ausbieten, feil bieten; hier,
wein, fische ausbieten ; dirnen die sich ausbieten, sesc ven-
ditant; wie kannst du so frevelnd dein leben ausbictco?
Arnih schaub. 2, 304.
4) proclamare, aufbieten: wie wir auch nach unser obrig-
keit Ordnung keine wilwen ausbieten, sie bringe denn u. s. w.
Matuesius 13C'; desgleichen müssen fremhde personen, so
sich hie copulieren lassen, von ihren ordentlichen pfarren
schriftliche kundschaft auflegen, das sie zuvor ohne Verhin-
derung ausgeboten sein, daselbst; P. Burmann, der sühn, bot
mich in der vorrede zum Petronius aus, und machte meine
schände bekannt. Reiskens lebensbeschr. 25, d. h. nannte mich
öffentlich, proclamavit, nicht provocavit; den leidigen teufel,
der sich in dem Carlstad für einen geist ausbeut (ausgibt,
dargibt). Luther 3, 79 ; Logaü vom jähr 1638 :
davon nichts, ja für die todten
sieucrn wurden ausgeboteu. 1, 3, 43,
d. i. ausgeschrieben.
5) ausbieten, darbieten, offcrre, ausstrecken: also das er
die hend zu himel ausbietend zusammen legte. Aimon B.
AUSBIETER, m. provocator. Maaler 39*.
AUSBILDEN, excolcre, perficere, nnl. uitbeelden, entfallen:
der rohe mensch ist zufrieden, wenn er nur etwas vorgehen
sieht, der gebildete will empfinden, und nachdenken ist nur
dem ganz ausgebildeten angenehm. Göthe 18, 138 ; durch rei-
sen ausgebildet werden. Kli.nger l, 455. 460; das sich (richti-
ger ohne sich) zum geist ausgebildete wesen. 12, 265; die
kleine anwandlung des Schreckens bei ihr, die sich gleich
wieder in grüsze und etwas verdrusz ausbildete. Klingers th.
2, 204; um auf Griechenweise den spuk ausbildend zu ver-
schönern. Tieck ges. nov. 1, 37; was der ausgebildeten mensch-
heit gefällt, dies allein ist schön. Fichte sittcnl. 4SI; die
krankheit bildete sich allmülich aus.
AUSBILDER, m. dasz die ersten erfinder der spräche nicht
Philosophen und die ersten ausbilder meistens dichter ge-
wesen sind. Herder 1, 208 ; ist so feiner art, dasz sie unter
den bänden des ausbilders leicht misbildet wird. Stolberc
10, 416.
AUSBILDUNG, /". conformatio, cultus: ausbildung des gei-
stes, eines werks, der spräche, der kunst.
AUSBINDEN, solvere, vieh aus (der kette) binden, der
Schriftsetzer bindet die gesetzte columne aus (lie la page),
um sie au/jfassen und aufs setzbrel schieben zu können.
AUSBINDLICH, was ausbündig, excellens und adv. excel-
lenler : so uszbintlich gelert. Keisersberg post. 4, 3.
AUSBITTE, f. petitio puellae, feierliche braulwerbung : es
hielt aber der Geisicr bei i. f. gn. um (lag zur) ausbitte der
Jungfrau, als bei dem obersten Vormunden an. Schweinichen
1, 98; es ward doch Schellendorfen zur ausbitte tagfahrt ge-
setzt. 1, 115 ; Schellendorf aber kommt und fährt mit der
ausbitte fort. 1, 115; einen tag zur ausbitte und Verlobung
anzusetzen. 2, 80 ; welche, wie landbräuchlichen die Jungfrau
ausbitten sollen, das.; demnach Jocheim von Salzau meine
schwestcF Jungfrau Salome zur ehe begehret, als habe ich
ihm zur ausbilte einen tag angesetzt. 2, 235.
AUSRITTEN, expctere, rogare, erbitten.
1) darf ich mir ihren namen ausbitten?; etwas von einem
ausbitten. Opitz Arg. 2, 195; ich bitte mir ein glas wasser
aus; ich musz mir bedenkzeit ausbitten; das bitte ich mir
aber aus (das soll geschehn oder nicht) ; will mir die vorgeschla-
gene partie auf ein andermal ausbitten. Göthe an Schiller 531.
2) sich einen unter vielen ausbitlen ; verhiesz er dem Pto-
lemeo viel gelds, wenn er ihn beim könig möchte ausbitten
(los bitten). 2 Afacc. 4, 45; wann ich ausgebeten oder ranzso-
niert wurde, unw. doct. 342 ; sich einen zum führer aus-
biUen ; den schwarzen gelben tod oder den herzeinzigen aus-
bitten. Schiller 183'.
3) ausbitten, zu gaste einladen; ich bin heute ausgebeten,
esse nicht zu hause.
4) ein mädchen ausbitten, zur braut werben: es vermeinte
zwar der alte hcrr, dasz i. f. gn. meinethalben dahin kamen,
seine tochter auszubiltcn. Schweinichen 1, 244; sein weib
helfen aushitten. 3, 277. s. ausbitte und ausgeben.
AUSBITTERN, amariludinem Icnirc. Stieler 130.
AUSBLASE.N, efflare, nnl. uitblazen, ahd. üjpldsan.
1) die seel auszblascn. Frank weltb. 12'; so die rbömischen
imperatores die seel auszgeblasen betten, so hab man ein
contrafeit bild in ein sessel gesetzt. 76';
auch ist nicht unbewust,
wie Alovas den geist durch gift ausblasen must.
Grtpuius 1, 144;
es blies dis Icbcnslichllein aus. 1,133;
die scele blasctr aus. Lohenst. Cteop. 112, 333;
dreihundert deutsche edclleutc hatten für ihr Vaterland schon
den geist ausgeblasen. Lohenst. Arm. 2, 242; wenn wir aber
dein verdammten Jacob das licht ausblasen. Weise comöd.
160 ; ob ein guter keile dem Jacob das licht ausgeblasen hat.
173 ; einem das leben ausblasen. Klingers th. 4, 264.
2) das feuer ausblasen, löschen; was bläst so auf einmal
das feuer in deinen wangcn aus? Scuiller 187*; sollten wir
833
AUSBLASEN — AUSBLÜHEN
AUSBLUMEN — AUSBBECHEN
834
die glut ausblasen, die uns zu kühnen tbaten reizt? Kli.v
GER 2, 339; ihr die ihr eure hölle erst ausgieszen wollt mit
thränen und ausblasen mit seufzern. J. Paul TU. 5, 121 ; oft
geschichts, dasz zwei brennende herzen zusammen kommen,
dannoch kan der teufel eins oder das ander ausblasen. Leh-
MA.Nx 170 ; den ofen ausblasen, kühlen.
3) buccina nunliare. den frieden ausblasen, neujahr aus-
blasen; Irompeters grabschriß:
Georg schweiget under disem wasen,
weil er sein letztes ausgeblasen. Wecsheriix 811 ;
da sagt der drommeter, sie sollten Schüttlern vor einen Schel-
men ausblasen. Schweimches 1, 308 ; liesz sich für einen kö-
nig der Quaden ausblasen ; die wort kan Carlstad fein sagan
und mit sthriflen ausblasen. Lctber 3, 451*. vgl. ausrufen.
4) der teufel bläst menschen die äugen aus. MClleshoffs
sagen 202 ;
mit diser hexe hab ichs gar,
der teufel hat ir das au? ausblasen.
H. Sachs IU. 3, 13*.
5) eier ausblasen; den rauch aus der pfeife ausblasen;
eine flöte ausblasen, durch blasen geßg machen.
6) die bohrspäne ausblasen, altn. bläsa i nafars raufina
(Snorri s. 86) ; den hobel ausblasen, vgl. oben sp. 566.
AUSBLASIEREN, praedicare, exomare, franz. blasonner:
das können si wol ausbläsiren. Mcrxehs schelmenzunß 25, 9 ;
dan dise ire liebe frau, wie sie es ausbläsiren, ist sehr ehr-
geizig. Fischart bienenk. 182'. bei H. Sachs plesemieren.
AUSBLATTEN, excerpere folia, überflüssige blätler ausbrechen.
AUSBLATTERN, foliis privare, entbläUern.
AUSBL.iUEN, verberare, durchbläuen: auszknötzschen und
auszblewen. Mathesiüs 119'. s. bläuen.
AUSBLECHEN, vestire laminis, mit blech beziehen.
AUSBLEIBEN, von venire, non redire, nnl. uitbliJTcn.
1) er bleibt heute lange aus; sie blieb aus und kam im-
mer wieder. Göthe 20, 273; das kind blieb aus, man fand
seinen hut auf dem wasser schwimmen, daselbst; das bäch-
lein bleibt hn hoben sommer aus; er ist ausgeblieben wie
röhrwasser. in den weisthümern oft, vor gericht ausbleiben.
2) der athem, der puls bleibt aus, stockt; das fieber ist
zwei tage ausgeblieben; darumb musz auch der früregen
ausbleiben und kein spatregen komen. Jer. 3, 3 ; die erwarte-
ten nachrichten, die posten bleiben aus ; die verspätete strafe
wird doch nicht ausbleiben; als die geträumle glückseligkeit
ausblieb. Beckers weltg. 14, 396; so würde ihm das lächeln
nicht ausbleiben. Klixger 12, 79 ; das geld ist ihm ausgeblieben.
3) die gesäten pflanzen bleiben aus, kommen nicht; es konnte
nicht ausbleiben, muste so kommen; es sind beim abdruck buch-
staben, zeilen ausgeblieben. Luther schreibt aber auch auszen
bleiben: die Weissagung wird ja noch erfüllet werden und
nicht auszen bleiben. Habac. 2, 3; wenn ich einen tag zu
lange auszen bliebe, so würde seine seele betrübt. Tob. 9, 4 ;
des frommen bofnung wird nicht auszen bleiben. Sir. 16, 13.
AUSBLEICHEN, decolorem ßeri, verbleichen: die färbe blich
aus, ist ausgeblichen; der flecken bleicht aus.
AUSBLEICHEN, maculas e linteis ad solem pandendis de-
lere, nnl. uitbleeken: es ist zwar ein flecken, aber doch ein
Decken, den die zeit ausbleichet; kernhafte und gut ausge-
bleichte leinwand; wenn auch alter und schwäche mein ge-
dachtnis einst matt machen und alle erinnerungen ausblei-
chen sollte. TiECK 9, 161.
AUSBLICK, m. prospectus: zwischen der kirche und dem
academischen gebäude habe ich einen freundlichen obgleich
schmalen ausblick ins Neckarthal. Götbe 43, 137 ; über die
frischen berglehnen hin, von denen er von zeit zu zeit den
ausblick auf die schönen felsen hatte. Tiecr ges. nov. 7, 140;
mit diesem ersten überiegungslosen ausblick in die zukunfl.
Herder an Car. Flachsland 1, 135.
AUSBLICKEN, prospicere, ausschauen, ausgucken.
ALSBLITZEN, desinere fulgere: es bat am himmel aus-
gebiitzt; aus und einblilzen. G ar g. io\
AUSBLÜKEN, desinere balare. aber auch proelamare ba-
lando : seit dich ein trupp zum führer einer gehörnten herde
ausgebliikl. J. Faul 5, 7.
AUSBLÜHEN, l) efflorere, erblühen : der ausblühende früh-
ling dieser beiden wellen ist die liebe. Tiec« grs. nov. 4 269 •
ausblühn will ich voll in allen blättern und ranken. Fr.'mül-
LEB 2, 35. 2) deflorere, verblühen: es hat schon ausgeblüht;
warum enlblaiiert soll ich ruhn im mose,
tutt auszublübo Tor deiaem angesichlf K6ckut 303.
AÜSBLÜMEN, floribus omare: diese Artusgedichte sind die
ausgeblumte frühlingspracht der weit und poesie. Tie« not.
kr. 2, 343.
AUSBLUTEN, sanguinem effundere, emittere, verbluten: sein
blut ausbluten lassen. 3 Mos. 1, 15; und lasse das ubnge
blut ausbluten. 5, 9 ;
mein leben auszubluten
iu diesem augenblick war eiue kleinigkeiu
WiELA.ND 10, 257;
dasz ich an seinem herzen mein leben ausblute. Klixgebs Ih.
3, 361; es musz erst ausbluten, sich verbluten, die zeit wird
den schmerz lindern.
AUSBOGEN, arcuare: das mit kleinen gebäuden umgebene
rund in kleineren halbcirkeln ausgebogt. Göthe 2S, 116.
AUSBOHLE.X, so/um axibus compingere, den fuszbodeo,
die tenne ausbohlen.
AUSBOHRE.N, exterebrare: ein fasz, einen brunnen aus-
bohren.
AUSBOLZEN, s. auspolzen.
AUSBORGEN, foenori dare, ausleihen, mhd. tu borgen.
Walth. so, 17.
AUSBOSE.N, iraatndiam exercere, austoben. Stieler 209;
er {Christus) lesset ihn {den teufel) jetzt wol ausbosen bis zu
seiner stunde. Luthers tischr. 202", wo aber steht ausbossen,
das leicht anders zu deuten.
AUSBOSZE.N, tundere, ejicere: klagt, dasz er und sein ge-
walt im seinen arman {armen mann, colonus) auszgeboszL urk.
von 1396 bei Oberlix s. 59.
AUSBOT, m. venditatio, ausgebot:' komm aber zu dem, der
ihn mir zum ausbot gegeben hatte, und frage ihn selbst.
Herder 9, 272.
AUSBRACKEN, rejicere, ausstoszen: altes, unzuchtbares
vieh ausbracken, aussondern; sollte dem jüngsten Übersetzer
des don Quixote das schöne beiwort für Ariost etwa zu spa-
nisch oder disparat vorgekommen sein, dasz er es ausbrackte
oder ausmärzte? Hahaxx 7,93. wol niederdeutsch, utbraken,
nnl. uitbraken. ausbrechen, auswerfen?
AUSBRAGEN, bei den kürschnern, die feile über ein schar-
fes, breites eisen ziehen, etwa für ausprägen?
AUSBRATEN, in mehrfachem sinn,
1) intr. assando exsudare: es brät viel fett aus.
2) intr. satis torreri: das fleisch hat ausgebraten, noch
nicht ausgebraten.
3) Irans, assando elicere: fett ausbraten.
4) Irans, satis ossäre: das fleisch ist ausgebraten.
AUSBRAUCHE.N, plene adhibere, verbrauchen.
AUSBBAÜE.X, excoquere: das hier recht ausbrauen; wol
ausgebrautes hier; figürlich, anstißen, verursachen: was die
stürme für zeugs in diesen gebirgen ausbrauen ist unsäglich.
Göthe an fr. v. Stein 1, 130. vgl. brauen.
AUSBR.\UNEN, fuscare: die sonne hat ihn ausgebrannt;
was bedeutet es aber in folgender stelle: wenn sie nicht mün-
nich und pfaffen und alleriei andere schwermer auszbreunen
und derzausen. M.4thesil's 51", verbrennen ? rösten ?
AUSBRAUSEN, desaevire, austoben: der wind, das raeer
hat ausgebraust ; ein gährender slof, der most, das hier musz
erst ausbrausen; seine jugend hat noch nicht ausgebraust;
es brauchte einige zeit, bis die gährung, wovon diese bege-
benheitcn theils die Ursache, theils die folge waren, ausge-
brauset hatte. Wielaxd 8, 192; sie staunen Strephon? sehn
sie denn nicht, dasz der mann ausgebraust, ausgelebt hat?
Lexz 1, 243 ; laszt ihm nur seine Wildheit, all sein wesen :
wenns krieg gibt, braust er aus. Klixger 1, 4L transitiv,
sein dunder, schröcklich als ein beer,
ausbrauset tausent todsgerahien. Weckherlix 127;
seine üble laune an jemand ausbrausen. Klixger 6, 228.
AUSBRECHEN, evellere, egerere, erumpere, nnl. uitbreken,
die transitiven bedeutungen 1 — J2 vorausgehend, die intransi-
tiven 13 — 22 nachfolgend, vgl. ahd. arprechan, ftjarprechan
und ftjprechan (GRArr 3, 263. 264).
1) den zahn, die zahne ausbrechen: ihnen die ausgebro-
chene zän zum palernoster an hals henken. Garg. 207*;
schickte zu einem balbierer und liesze dem sehn ein par
zahn ausbrechen. Schlppids 812 ; du must dir deinen wein-
rahn ausbrechen lassen.
2) ohnmächtigen und im krampf liegenden die eingeklemm-
ten daumen:
man bricht der joogen frau die daumen aus. fiiiiERT 1, 84.
53
835
AUSBRECHEN
AUSBRECHEN — AUSBREITEN
836
3) bäumen und pflanzen die tauben äste, das laub und obst
ausbrechen : die äpfel ausbrechen, dann auch den bäum aus-
brechen ; den auswuchs an den Weinreben, die geizen an den
lotten ausbrechen. Bronner 52. s. ausgeizen ; der pflanze
das herz ausbrechen; durch Gretchens entfernung war der
knaben- und jünglingspflanze das herz ausgebrochen, sie
brauchte zeit, um an den seilen wieder auszuschlagen. Güthe
25, 39; trauben ausbrechen, vgl. ausbrach; einen kern aus-
brechen, aus der schale, mhd.
si bcDse unkrüt darunder,
daj breche er ü; besunder. Walth. 103, 22.
4) der weber bricht einen faden aus, wenn er den unrecht
aufgezognen abreiszt und an den gehörigen ort bringt.
5) einen nagel, pflock ausbrechen, ausreiszen. die Ihüran-
geln ausbrechen.
6) steine, erz aus dem boden ausbrechen, aushauen; so
sol er die steine ausbrechen, darin das mal ist. 3 Mos. 14,
40 ; grosze und köstliche steine ausbrechen. 1 kön. 5, 17 ; ge-
markstein ausgebrochen, wcisih. 2, 170.
7) ein stück ausbrechen: dem rad, der Scheibe ist ein
stück, die ecke ausgebrochen; so eckig, zackig und ausge-
brochen auch immer das erste viertel {des mondes eines
schrißstellers) vor der weit hangen möge. J. Paul 5, v ; ich
bin völlig der meinung, dasz man das repetier- und das
Laibe räderwerk ausbrechen könnte, ohne das vorlege- oder
Zeigewerk zu beschädigen. Tit. 1, 37.
8) wachs und honig ausbrechen, ausschneiden, ausnehmen
aus den stücken, dann auch die bienen ausbrechen.
9) der bierbrauer bricht das hier aus, inde^n er es aus
ffanne oder bottich in die rinne schöpft.
10) weidmännisch, das Schwarzwild bricht die erde aus,
wühlt aus.
11) ausbrechen, evomere: gift und galle ausbrechen;
da kam Petrin und las was er vor euch gesprochen,
darüber hab ich lung uud herz schier ausgebrochen.
Grvphius 2, 472.
12) allgemein elicere, entlocken, cmittcre: sie brechen den
geiz ausz. Keisersb. sieben scheiden 5 ; den hasz gedarst du
nit uszbrechen. ehr. bilgr. 141 ; du brichest den grollen usz.
ebenda;
von solcher arbeit ward ihm heisz,
das im die müd ausbrach den schweisz.
Waldis Esop 4, 5.
13) intransitiv, erumpere, das feuer bricht aus, gleichsam
aus seinen banden, auch das licht bricht aus, wie der tag
anbricht, die nacht einbricht.
14) das gewässer, die quelle bricht aus: da get der brun-
nen über und bricht aus (über seinen rand). Frank wellb. 166' ;
Viadrus, die Oder, der zuletzt bei Caminum in das mör aus-
bricht. 33*; ein wunderbares ausbrechen süszer quellen mit-
ten im ocean. Humboldt ans. der nat. 1, 254.
15) an einem tage und zu derselben stunde brach das un-
gewittcr aus. Schiller 904 ; der stürm bricht heftig aus.
16) sie fliehen für diesem sprach, rauschen für über, als
brennet inen der köpf, das inen der schweisz ausbricht. Lu-
ther 3, 522 ; ein heftiger schweisz brach ihm über hals und
köpf aus.
1") der dieb, der gefangene bricht aus und entrinnt: die
belagerten brechen aus, fallen aus; sechstausend menschen
brachen aus der Stadt hinaus. Schiller 827 ; aus dem lager
schosz der feind auf mich und viele brachen aus mich auf-
zufangen. Klincer 2, 100 ; der dämm brach an zwei orten aus.
18) die blume bricht aus, aus der knospe, geht auf, bricht auf:
du warst vor wenig wochen
ein knöspchen blosz,
nun tliut, kaum ausgehrochen,
das röslein grosz. Voss 4, 90.
19) die Zähne brechen aus, schieben, die blättern bre-
chen aus.
20) das gerücht bricht aus; und obwol Herodotus diesem
gemeinen gertichte, so zweifelsohne von den kaufleuten aus-
brach, nicht wil bcifall geben. Micrälius 1, 4;
schaw da bricht gleich ans an den tag
unser ebgeslerige sag. ii. Sachs lil. 1, 93';
es brach melde aus. Schweiniciien 2, 202 ; eine sage war aus-
gebrochen. 2, 89 ; nachdem allerlei reden ausbrachen. 3, 301 ;
würde solch geschrei ausbrechen. Kirchhof disc. mil. 8; die
hcimlichkeit bricht aus. Gargi. 249*; wann jemandes geiieimnis
bei vielen ausgebrochen ist, so kan man es durch keine kluge
beniühuug wieder geheim machen, pcrs. baumg. 7, 4. auch
blosi, es bricht aus, wird bekannt, lautbar; da das ausbricht.
Kirchhof disc. mil. 9 ; Davids namen brach aus in allen lan-
den. 1 chron. 15, 17.
21) andere fälle: von mitternacht wird das Unglück aus-
brechen über alle die im lande wonen. Jer. 1, 14; an allen
orten ist auch euer glaube an gott ausgebrochen. 1 Thess.
1, 8 ; das Christus wort weiter ausbreche und in der weit
angenommen werde. Luther 6, 201' ; du weist sovil sovil du
thust, du glaubst sovil sovil du durch die lieb thetig ausz-
brichst. Frank sprichw. 1, 62" ;
ich hab ein groszes hausgesind
von knecht, mägd, auch welb und kind,
durch die der mord würd brechen aus,
drumb trag den todten bald hinaus. H. Sachs IL 2, 41*;
und ist ihre spräche weit ausgebrochen. Micrälids 2, 133 ;
als nun war ausgebrochen weit
deren von Straszburg Willigkeit. Fiscakm gl. schif^l;
und wenns schon von dem bader ausbrech,
dasz er das übel hett gelhan,
könd wir ihm doch helfen davon. ArRKRl66*;
man munkelt in dem rath, bei voller gasierei
bricht man was härter aus. Gryphiüs 1, 273 ;
itz bricht der meineid aus. 1, 395;
der Schauspieler kann ohnstreitig unter der maske mehr con-
tenance halten, seine person findet weniger gelegenheit aus-
zubrechen (hervorzutreten), und wenn sie ja ausbricht, so
werden wir diesen ausbrach weniger gewahr. Lessing 7, 251;
näher berührte mich die zwischen Voss und Stolberg aus-
brechende mishelligkeit Göthe 32, 178 ; die pest, die cholera
ist ausgebrochen, ein concurs ist ausgebrochen.
22) ausbrechen in worte und geberden, erumpere in vocem,
in verba: da ich auf sie zueilen und meine freude über die-
sen unverhoften anblick in geberden und vielleicht in ausru-
fungen ausbrechen lassen wollte. VVieland 2, 35 ; in fluch, in
drohung ausbrechen. Gotter 2, 4; brach sie in unbändiges
weinen aus. Göthe 25, 279 ; brach er sogleich mit Selbstge-
fälligkeit in behaglichen scherz aus. 25, 348; auf einmal in
ein lautes lachen ausbrach. 25, 360 ; brach sie in ein lautes
gelächter aus. 26, 11 ; brach ich in gotteslästerliche reden aus.
26, 30 ; hier war ein Christus, bei dessen anblick ein Götlin-
ger Professor in den bittersten thränengusz sollte ausgebro-
chen sein. 31, 217 ; in eine thränenflut ausbrechen. Klinger
3, 103; wenn alle freudigen hofnungen in die Wirklichkeiten
ausbrechen. Bettine br. 2, 173 ; falschheit bricht zuletzt in
eine berufsmäszige betrügerei aus. Babener 4, 72. auch blo-
szes ausbrechen:
und Juno, frei von rachbegier,
brach aus: söhn Jupiters. Ramler 1,39;
Moor in den anblick versunken, bricht heftig aus, o unbe-
greiflicher fingen Schiller 134; vergeht einem Jünglinge, dasz
er es wagt, in kühnen worten vor euch auszubrechen. Klinger
2, 96. mil wider und gegen : dasz er nach der verlornen sciilacht
bei Philippi voll Unwillens wider die lugend ausgebrochen,
dasz sie ein eitler, leerer name sei. J. E. Schlegel 3, 406 ; mit
heftigem eifcr gegen ihn ausbrechen. Wieland 1, xix; sollten
wir einst, brach der aufgebrachte general gegen den franzö-
sischen residenten aus, sollten wir einmal gegen Frankreich
fechten. Schiller 992*.
AUSBREISEN, nodulos solvere. Stälder 1, 227, gegenüber
dem anhreisen.
AUSBREITEN, pandere, extendere, explicare, dilatare, nnl.
uitbreiden.
1) die bände, arme ausstrecken: wil ich meine iiende aus-
breiten gegen dem herrn. 2 Mos. 9, 20. 33 ; breitet seine
hende aus zu diesem hause. 1 kön. 8, 39 ; sie breitet ire hende
aus zu den armen, spr. Sal. 31,20; und er wird seine hende
ausbreiten mitten unter sie. £s. 25, 11;
aber die arm ausbreitend mit innigkcit. Voss Luise 3, 222.
2) die flügel, fitliche ausspreiten, entfallen : und die cheru-
bim sollen ire flügel ausbreiten oben über her. 2 Mos. 25, 20 ;
diese flügel der Cherubim waren ausgebreilet zwenzig eilen
weit. 2 chron. .1, 13; dich ausgebreiteten cheruh. Ex. 28, lö;
er breitet seine litlich aus. 5 Mos. 32, 11 ; der käfer breitete
seine flügel aus und entflog;
ausbreite die thauschwcren flügel, o mein gemüt.
1'latkn 131.
3) die zweige, äste : der brombccrstrauch breitet seine stach-
iichtc zweige und blttlter aus. Lokman fab. 22 ; der bäum brei-
837
AUSBREITEN ~ AUSBRENNEN
AUSBRINGEN — AUSBRUCH
838
tete seine äste aus über das fenster; es wuchs und ward
ein ausgebreiter weinstock. E:. 17, 6.
4) segel, kleid und tuch ausbreiten : die scbiffe breiten ihre
segel aus ; breiten ein kleid aus. rieht. 8, 25 ; tücher wurden
gegen die sonne ausgebreitet; und sollen die kleider für den
ehesten der stad ausbreiten. 5 Mos. 22,17; die wasche auf
dem gras zum trocknen ausbreiten; im groszen sale des
gasthofes war die weit ausgebreitete wirtshaustafel mit gasten
besetzt. Tieck nov. kr. 2, 103.
wir breiten nur den mantel ans,
der soll uns durch die lüfte tragen. Göihk 12, 102.
5) wölken, decken ausbreiten: wenn er furnimpt die wöl-
ken auszubreiten, wie sein hochgezelt. Hiob 36, 29; ja du
wirst mit im die wölken ausbreiten, die fest stehen wie ein
gegossen Spiegel. 37, 18; er breitet eine wölken aus zur
decke, ps. 105, 39.
6) figürlich, ein narr breitet narrheit aus. spr. Sah 13, 16;
daher sind ausgebreitet die geschlecht der Cananiter. 1 Mos.
10, IS ; gott der die himel ausbreitet. Es. 42, 5 ; da sie es
aber gesehen hatten, breiteten sie das wort aus. Luc. 2, 17 ;
hie wird vermanet ein iglich mensch, das er sein herz aus-
breite in die ganze Christenheit. Luther 1, 82*; ich wil sein
falsches herz an den tag ausbreiten. Luthers br. i, 311; das
man ein wort nicht gnugsam ausbreiten kan, wenn man
gleich lang davon predigt. Luther 4, 28' ; die feiod darinnen
nicht so stark und viel, wie das geschrei yon ihnen aus-
breite. Kirchhof mil. diso. 183 ;
und du machst, dasz ich underfang,
der erst mil ungezwungnem iilang ,
die gölter auf der Griechen saiten
teutscb lieblich spilend auszubreiten.
Weckherlix 376;
die kraft, der beiden treflichkeiten
mit tapfern worten auszubreiten,
verdankt Homer und Maro dir. Uagedor.'« 3, 23;
fallen auf die knie, damit sie ja ihren schlamp ausbreiten
können. Schiller 107"; lassen sie also durch ihre bekannte und
freunde das wünschenswerthe einer solchen neuen erschei-
nung recht ausbreiten. Göthe an Schiller 196; dessen name
im ganzen lande ausgebreitet war. Tieck Stemb. I, 6 ; er be-
sitzt ausgebreitete kenntnisse.
7) sich ausbreiten, wie sich die beche ausbreiten. 4 Mos.
24,6; wie ein nuszbaum sich ausbreiten. Garg. 247'; die viel-
farbigen tulpen, welche gegen den abend ihre blätter zu
schlieszen begunten, ach ehe ihr euch werdet wieder aus-
breiten. Weise kl. leute 16 ; die exemplare fangen an sich in
Deutschland auszubreiten. Göthe an Schiller 130 ; das gras
breitet sich über die ganze erde aus.
AÜSBREITER, m. propagalor
AUSBREITUNG, /. extensio, dilataho: die ausbreitung des
menschenpeschlechts, des christenthams.
AUSBRENNEN, ausbrann, igne consumi, exstingui, doch ist,
wie beim einfachen brennen und bei andern Zusammensetzun-
gen, die starke form heute auszer gebrauch geraten und mit
der folgenden schwachen ßr die Iransitivbedeutung nachlheilig
vermischt: das feuer brennt wieder aus, lasz es ausbrennen;
die pfeife brennt aus, geht aus; der hohe lichtfunke ist aus-
gebrannt. Schiller 106'; ehe dieses liciil noch ausbrennt,
stehst du vor gott. 212'; nachdem sie, weil die lichter aus-
zubrennen drohten, eine lampe hereingebracht hatte. Göthe 24,
312; das haus brennt aus, nur die mauern stehn noch; eine
ganze afte bibliothek schmilzt ein oder brennt aus zu einem
buche. J. Paul herbslbl. 3, 125; eure liebe brannte aus, da
eure sinne von der Zerstörung beleidigt wurden. Kli.ncer 2,
34; noch eine wölke glühte sich ab, aber sie zerflosz, ehe
sie ausbrannte. J. Paul Hesp. 1, 50.
.\USBRENNEN, ausbrannte, exurere, intus comburere: nnd
Josua brandte Ai aus und macht einen häufen daraus ewig-
lich. Joj. 8, 28; und sie verbranten das haus gottes, und alle
Ire pallast brantcn sie mit fewr aus. 2 cArot». 3«, 19; das er
dein land verwüste und deine stedte ausbrenne. Jer. 4, 7 ;
das die fürt eingenomen und die seen ausgebraod sind. M, 32 ;
wolauf so wollen wir belÄgem
erstlichrn die statt Gibeon,
wenn wir die ausgeprennei hon,
denn xiech wir Urael entgegen. H. Sachs ni. 1, 29;
die dürren beine baogea und «ind ganz ausgebrandt.
Fle«i;<c 22;
doch will ich lieber von ihnen gebrandschatit und ausge-
brennl werden. Göthe 42, 7; dasz er stärker und gesünder
war, als der ganze ausgebrannte, abgedampfte hoL J. Paul
Hesp. 1, 65 ; das ausgebrannte, verglasete krankenauge. uns.
löge 2, 148 ; ein plumpes ausgebranntes herz. 3, 33. die be-
deutung des part. praet. wird oß zweifelhaß. topfe ausbren-
nen, fertig brennen; die sonne hat ihn recht ausgebrannt.
AUSBRINGEN, efferre, promere, emitlere, palam facere, nnl.
uitbrengen, ahd. ujpringan (Graff 3, 197).
1) ausbringen, aus dem haus, ins feld, unter die leute
bringen:
mein weip hat mich kaum ausz pracht,
ich seit mein gesten nach wiltpret laufen.
fastn. sp. 271, 6 ;
schuld laugnen, handwerker dringen,
angsten und zum tbor aus bringen.
H. Sachs 1,258«;
du bringst mich heute nicht aus (der stube); ein landstrei-
cher wurde ausgebracht (zum thor hinaus).
2) brütende thiere bringen junge aus: die henne hat sie-
ben küchlein ausgebracht, das ausgebrachte, die ausbeute
beim bergwerk.
3) es ausbringen: bringets aus bis an der weit ende. Es.
48, 20 ; ich sorgte, er möchte es ausbringen. Simplic. t, 397 ;
brachten meine rede aus zu im. Nehem. 6, 19; bringet ein
bös geschrei über sie aus. 5 Mos. 22, 14 ; auf das die Grie-
chen, verjagt und zustreuet, die griechische sprach ausbrech-
ten. Lcther 2, 474'; brachten auch bei frawen Margareten
Dram brieve aus. 3, 3l'; das gerücht vom churfürsten aus-
gebracht ist falsch und erlogen. 3, 151' ; drumb hab ich dis
büchlin durch den druck ausbracht. 3, 437*. br. 3, 229 ; ein
treflichen gioszen schein und glimpf erheben und ausbrin-
gen, hr. 3, 333 ; etwas heimliches ausbringen ;
bringls küinlich aus, ihr lüfte, was ihr wiszt,
wie Tielmal wir uns haben lass {mUde) gekäst.
FLEBIIN6 534;
ists auch gewis? wer bracht es aus?
'ich habs aus des Obersts eignem munde'. Schilikr 326 ;
sie bat manch armes Christenkind verzaubert,
das vieh verdorben, krankheit ausgebracht. Tieck 2, 221 ;
ich würde mir kein bedenken machen, es allgemein auszu-
bringen, dasz der minister nichts vom gieszen und anbren-
nen der wachsfackel der aufklärung im schlaf gesprochen
habe. J. Paul paling. 1, 24.
4) in der rechtssprache : eine ladung ausbringen, cammer-
ger. ordn. 1521 22, 2 ; was von beiden ausstand also ausbracht.
reichsabsch. 1524 §. 35 ; privilegi ausbringen (ertrirÄen). Garg.
227' ; die erlaubnis ausbringen. Zi.vkgr. 122, 8 ; die Vergebung,
so er bei ihm ausbringen wollte. Opitz Arg. 2, 355.
5) den becher, den trunk ausbringen, ein lebehoch:
den hab ich redlich ausgebracht,
bescheid zu thun wirst sein bedacht. UHLA{n>S90,
drauf bring (16S5 trink) ich den becher aus
in gesuDdheit uosers herren. Flei[.'«g47;
doch füllet sich von selbst der becher wieder an,
nachdem er ihn von neuem ausgebracht.
Hacedor.ic2, 102;
eib, schenke, gib vom safl der reben,
dem neumond und der mitiernachl
sei dieser weihtrunk ausgebracht. 3,28;
6) ausbringen im satz heiszt den buchdruckem «eitldußigtr
setzen oder mehr räum machen.
7) sich ausbringen, fortbringen : besoldungen davon sie sich
ehrlich ausbringen können. Zwkcr. 129, 3. sich ausgeben ^
eben dadurch, dasz Hamann sich selbst für einen geistlichen
in Schwaben und zugleich für einen schulbedienten in der
weiszgerbergassc ausbringt. HAVAnx 4, 302. sich mit etwas
ausbringen: zu dem, das kundpar und jederzeit ist präuch-
lich gewesen, darmit man sich des besser in die Icut richte
und mit einander auspringe, sich nach der weis und gewon-
beit des lands einzurichten. Sebiz s. 2 ; desto besser lebet er da-
von und bringet sich damit aus. Scruppids423. r^/. auskommen.
AUSBRI.NtiER, m. auctor salutis propinandae, der die ge-
sundhcit ausbringt.
AUSBRINGLICH, sufficiens: seind dann nicht alle geschöpf
zu ausbringlichcr crhallung des menschen geschaffen und ge-
segenet? Garg. 65'.
AUSBHI.NGUNG, f. in mehrfachem sinn, ausbringung der
compulsorialbrief. cammerger. ordn. 1521. 24, 3.
AUSBROCKELN, sich, friari, sich zerbröckeln.
ALSBRODEME.V, evaporare, auswittern.
AUSBRUCH, eruptio, m. nach den verschiednen bedeulungen
xumal des intransitiven ausbrechens. ausbruch des fcuers,
53*
839
AUSBRÜEN — AUSBRÜTEN
AUSBRÜTUNG — AUSBUND
840
des gewässers, gewitters, vulcans, der pest, der blättern, des
gefangnen, des gerüchts, des Unglücks, des krieges. ein
ausbruch gewinnen, ausgang nehmen. Frey garteng. 53 ;
mit tobendem ausbruch. Weckherlin 402 ;
wünschen, dasz dem fasse
ein wolgejohrner mosi den besten ausbruch lasse.
GÜNTBKR 542 ;
der einfalt ausbruch. 561;
du siebest mehr den sinn als wort und ausbruch an. 748 ;
der blitz, der ausbruch höchster macht. 822;
der ausbruch einer stummen zähre. Gellert 1, 218;
ausbruch des kummers. Gotter 3, 33 ; des Schmerzes. 3, 104 ;
der Schadenfreude. 3, 335; die empfindlichkeit gewisser ieute
kann freilich keinen noblem ausbruch nehmen. Schiller an
Göthe 246 ; der ausbruch einer mishelligkeit. Göthe 32, 178 ;
solche ausdrücke, ausbrüche der empfindlichsten seelen. Lich-
tenberg 1, 8 ; lasz nicht stumm den schmerz an deinem edlen
herzen zehren, gib ihm ausbruch. Klinger 2, 131; o seine
schmerzen nehmen ausbrüche, die mich zittern machen. Klin-
gers Ih. 2, 280. ausbruch des weins, ßos vini, den auserle-
sene reifste Irauben geben: überschwemmen mit ausbruch von
Tokaierwein. Brockes 5, 117.
AUSBRÜEN, incubare ovis, für ausbrüten: der seine eier
auf der erden leszt und leszt sie die heiszen erden ausbrüen.
Hiob 39, 14; dieweil die kaufleut verreisen und die edelleut
in krieg ziehen, und doch die weiber daheim kinder ausbrüen.
Garj. 29'. wol könnte brüten zurückgehn auf hrüejea und ver-
wandt sein mit brühen; nnl, broejen neben broeden. s. aus-
brüten.
AUSBRÜHEN, intus aqua fervida abluere: fasz, geschirr
ausbrühen. •
AUSBRÜLLEN, rugire, rugiendo proclamare:
hal wenn sie euch unter dem heile so zücken,
ausbrühen wie kälber, umfallen wie mucken,
das kitzelt unsern augenstern. Schiller 133";
Belial brüllte satans erklärung über das beer der aufrührer
aus. Klinger 10, 289. s. ausrüllen.
AUSBRUMMEN, fremendo proclamare:
kaum ist ihr gaist hin, dasz ihrer diener schar
wie hummeln brummen aus und machen olfenbar,
was sie zuvor verschwigen.. Weckherlin 300.
auch desinere strepere: die glocke hat ausgebrummt.
AUSBRUNFTEN, was abbrunften, abbrunsten.
AUSBRUNNEN, eluere: wie man geschirr, gleser und an-
ders ausbrünnet, ausspüelet oder seubert. Thcrneisser magna
alcliym. 2, 103. im brunnen, tvasser spülen.
AUSBRUNZEN, urina restinguere flammam: dasz das feg-
fewer müst ausgeprunzt und verseicht sein. Fischart bienenk.
115*. auch finem mingendi facere.
AUSBRÜSTEN, die brusthöle des geschlachteten viehes aus-
leeren, das geschlinge heraus nehmen.
AUSBRUt, f fetura, fclus, brut, ausgeburt.
AUSBRÜTELN, fovere, pullos facere: etlich brütlen (auf
fastnacht) narren aus. Frank wcltb. 132'; brüleln narrn aus.
Garg.bi'; so ein junger mann {mensch) lag im Jeib, wer noch
nit auf sein zeit ausgebrütelt. Paracelsus chirurg. scÄr. 205';
ausgebrülelte junge hüner. Simplic. 3, 178.
AUSBRÜTEN, ova excludere, pullos facere, aushecken, nnl.
uitbroeden : ei ausgebrütet. Keisersb. Aas im f/". Aa 4*;
es sol kein beiden in Cristenlanden '
nicht nisten oder jung ausprüeten. fastn. sp. 292, 2;
wie ein vogel, der sich über eier setzet und brütet sie nicht
aus, also ist der so unrecht gut samlet. Jer. 17, 11; kinder im
perdsmist, eier unter den uchsen ausbrüten. Garg. 106'; die
beckelhaub, darin die liebe meuslin ihre liebe jungen so lang
wol ausgeprütet. 209'; dann viermal im tage pflegen sie {die
Seidenraupen) zu sciilafen, sonderlich wann sie ausbrüten (eier
legen). Sebiz 452 ;
drum hab ich zu einem treibhaus geraten,
und brüte, zum exenipel, diese granaten
in einem rrostbcilccklcn haus
mit unlerirdschem Teuer aus. Götuk 14, 40;
in jeder groszcn trennung liegt ein keim von Wahnsinn, man
musz sich hüten ihn nachdenklich auszubrüten und zu pOc-
gen. 29,302;
jedwede nflchste .stunde brüiet Irgend
ein neues ungeheures sohrcckblld aus.
Schim.rr;
abenteuerliche einfalle ausbrüten. Heyne an Joh. Müller 231 ; sei-
denwurmsamen von nouvellen biographisch ausbrüten. J. Paul
Tit. 1, 64 ; die gesprächweise entfallenen eier weiter ausbrüten
auf einem lehnstul. aesth. 3, 4 ; er brütet nichts gutes aus,
sinnt auf böses. Endlich auch ausbrüten, aufhören zu brüten.
AÜSBRÜTUNG, f. die frühere ausbrütung und belebung
des herzens. S.Vavl jubeis. 191.
AUSBUBEN, puerum deponere, die bubenschuhe ausziehen
und gesetzter werden: darumb sind sie zuvor wild gnug
und wollen, wie man sagt, ausbuhen, so sichs vielmehr hin-
einbubet, wie die erfarung weiset. Luther 1, 315' ; denn seine
{des teufeis) gedanken stehen gewislich also: wenn ich die
kindertaufe weg hette, so wolt ich mit den alten denn wol
handeln, das sie die taufe würden verziehen und aufschieben,
bis sie ausgebubet betten. 5, 186'; wenn er ausgebubet und
das seine durchbracht hat. 5, 383' ; er wolle dieweil im sause
leben und thun was in gelüstet und itzt wol aushüben. 7,
62'; sie hat ausgebubet. vitae impurae finem fecit. Frisch 1,
148' ; er hat nunmehr ausgebubet, ad saniorem mentem rediit.
Stieler 254. vgl. hüben, erhüben, verhüben.
ÄUSBÜCHSEN, mit einer büchse, d. i. einem breiten ringe
ausfuttern, s. büchse.
AUSBUCKELN, bei den goldschmieden, die buckeln auf einem
Werkstück herausklopfen.
AÜSBÜCKEN, was ausbiegen: er bückte sich den Verfol-
gungen des glucks bescheidentlich aus. Lohenst. Arm. 1, 1263.
AUSBÜFFEN, s. auspuffen.
AUSBÜGELN, plicas aequare ferramento laevi : falten, wasche
ausbügeln ; um aus dem sande alle sechs fuszstapfen auszu-
bügeln. J. Paul flegelj. 2, 60. auch fertig bügeln.
AUSBUHLEN, desinere amare, scortari: er hat ausgebuhlt.
AUSBUND, m. decus, praestantia, specimen:
ich klag den tag und alle stund,
dasz mein auszound nit hab sein gesund.
Ambr.lb.s.2ii,2;
insonderheit ist eine stat,
da es den rechten auszbund hat
von schönen jungfrawen wol geziert, s. 379, 8;
man eert die menschen umb eines uszbunds oder über-
schwangks willen. Keisersberg posl. 3, 182 ; da sind bei ein-
ander gewesen Christi und der apostel jünger, ein ausbund
der Christen. Luther 3, 26l'; ausbund eines guten regiments.
4, 42'; die besten und nützlichsten lerer aber und den aus-
bund halte man die, so den catechismum wol treiben können.
4, 233' ; die allerbesten im ganzen volk, die der rechte kern
und ausbund waren. 5, 373'; sie haben das lob, das sie der
ausbund sind für allen. 5, 377"; du bist unter den buhen,
bist des menschen son, solltest du der ausbund sein? Lu-
thers tischr. 214'; ein auspund der Unschuld, specimen inno-
centiae. Maaleb 45* ;
der auszpund seltzam funden wirt.
SCHWARZENBERG 129, 1. 158, 2;
das dritt geschlecht seind der ausbund bei achthundert aus
den Persern und Scythen. Frank wellb. 98'; es meldet Pli-
nius, dasz siligo ein ausbund des weizens sei. Tabebnaemont.
586; dieser saft ist ein ausbund wider alles gift. 1115; ein
ausbund aller beredtheit. Garg. 23',' ein ausbund von eim
werk. 77'; ein rechter ausbund von eim münch. 254';
du wahrer ausbund aller tugent. Atrer 419';
sieh an die roten wangen,
in denen alle zier und ausbund sich eräugt. Opitz 2, 153;
theurer ausbund aller tugend. Flemlnc 302 ;
diesen ausbund aller gaben,
diese werthe kleine weit. Logau 2, zugäbe s. 247;
der kern und ausbund der kaufleut aus Hamburg. Schuppids
63; Ruth war eine Moaiiitin, aber sonst ein recht ausbund
eines frommen wcilis. Hartm. Creidius nuptialia. Frankf 1657
s. 121; er ist ein ausbund, er stehet oben an in burschnia-
nier, saufen und raufen, ped, schul f 13; sie war ein ausbund
aller leichtfertigen huren. Jucundissimusm; als ein ausbund
aller annehmlichkeiten. Salinde2; ein ausbund aller scbelme ;
sie der Schönheit ausbund. Gi;NTnER954;
werlhes bibelbuch, du ausbund aller schriflen. 982;
wer jenes weise haupt? der ausbund des Verstandes.
Canitz 91;
wir der ausbund deiner treuen. 208;
ein ausbund von beredten thoren. Gellkrt;
der ausbund eines schönen kaiers. Lichtwsr 2, 11;
wenn gleichwol dieser nusbund allep menschen
so ein gemeiner judo wäre. Lessinc 2, 312;
841
AÜSBÜNDIG
AUSBÜRGEN — AUSDAUER
842
dasz zartere miinner sich an die mutter gottes gewendet, ihr
als einem ausbund weiblicher Schönheit und tugend leben und
talente gewidmet. Göthe 26, 271; weil er ein ausbund von
allen möglichen Verdiensten ist. Gotter 3, 144; du ausbund
wackrer hunde ! Gökisgr 3, 50 ; ich will versuchen, was stück-
weise über den monarchischen Staat vorfiel, in einen ausbund
vom ganzen zu ziehen. Hippel lebensl. 4,122; dieses ist der
Jugend ausbund (oiSs t' f^d-äcav hxroi. Soph. Oed. tyr.iS)
Stolberg 13, 104 ;
ein ausbund aller beiden und Soldaten. Plates 191.
Die gehäußen belege zeugen von der gangbarkeit dieses der
alleren spräche wie den benachbarten mangelnden ausdmcks,
der mit bund, bündel, fasciadus gebildet scheint, zunächst
kommt ihm das mhd. überbunt (Ben. 1, 135"), woßr man auch
den namen schaufalt halte, d.h. das tom kaufmann zur schau
gelegte, aufgefaltete vordere ende eines Stückes tuch, das immer
das beste zu sein pflegt und zuletzt verkauß wird; man nannte
es auch Überbund oder ausbund, das übergebundne, heraus-
gebundne. Marja aller megede ein überbunt. MS. 2, 214* «rare
nhd. ein ausbund, ein muster, kern aller Jungfrauen. Keisers-
BERG verbindet ausbund mit überschwank, superpondium. be-
denken macht blosz das unter aus II, 8 angezogne adv. aus der
bünden, aus den bünden, mit praepositionalem aus ; doch dies
könnte gleichfalls meinen aus dem bündel, aus den bündeln
der tvaare hervorstehend, musterhaß. vergleichbar dem aus-
bund sind auch die mit genitiven verbundnen mhd. ausdrücke
wal (auswahl), kraft, wunne, ^re, gebe, dach, ags. cyst {gramm.
4, 725).
AÜSBÜNDIG, eximius, ausgesucht, musterhaß, «m adv. eximie,
egregie: das wil ein ausbündig gut ding werden. Lltber 3,
495' ; was rechte ausbündige historien sind. 4, 155' ; das Chri-
stus der einige und ausbündige sei. 4, 3S0'; die auserläsni-
sten, ausbündigisten burger, electissimi viri civitatis. Ma.u.er
39'; ein schönes weib, aber nicht gar ausbündig fromm, denn
sie bulet mit dem pfaffen in dem dorf. seh. und ernst cap. 292 :
der bracht mit ime einen ausbündigen und auserlesenen häu-
fen Teutscher. Aimon 1; da Scipio sich ihrer ausbündigen
schöne verwundert, liesz er sie fragen, wer sie wäre. Rihel
Liv. 308; dies gewüchs mag in allerlei wundtränken als ein
ausbündig und fürtreflich stück gebraucht werden. T.\bernae-
mont. 1143 ; ein sehr weiser man unter den Griechen hat aus-
bündig wol gesprochen. Fischart 6/eflenA-. 155'; wie ausbündig
groszen ablasz und verdienst man alle jähr erobern könte. 181' ;
woraus wollen wir aber solche aushündige ehfraw schnitzen
und schnetzelen? Garg.'O'; ein ausbündige besenbalach. 120';
ein auspündig schöne jungfrawen. Atrer422*;
in dem ausbündigen spanischen buche, in weichem das leben
und thaten des dorn Quichot lächerlich genug abgebildet.
Gryphils 1, 651;
die ein und andre war au^bündig scbön und zart.
Werders .4rioÄ( ti, 89;
ob ihre glieder wol sein all ausbündig schön,
80 möchte sie sich doch gedecliei gerne sehn. 10,98,
weil er ein so herrlicher und ausbündiger herr ist? Spee
guldn. tugendb. 9'; ausbündig grosz und herrlich. 676; der
könig, der von einem adsbündigen geniüte war. pers. baumg.
1,9; 80 rede ich latinum, und zwar nicht das schliraste, son-
dern aushündig gut küchenlatein. Schuppiüs 544; wegen ihrer
ausbündigen Schönheit. Simpl. 1, 7 ; die concubine Alpais ma-
chete ihn zu einem vater des heldenmütigen Caroli, der wegen
seiner aushündigcn tapferkeit und ganz ungewöhnlicher besie-
gung so vieler mächtigen feinde Tudites oder Martellus ge-
nennet worden. Hahn 1, H ; ausbündige Schönheit. 1, 154 ; von
dem ansbündig schönen fräulein. Felsenb. 2, 99 ;
ein ausbündig schöner bäum. Rrockes 3, 593;
ganz ausbündige meisterstQcke. Güntber vorr. p. 10 ; ein jedes
glückwünschungsschreiben ist ein inbegrif seltner Schönheit,
ein kern aushündiger Sachen. Rarener l, 152 ;
dasz Phillis
in ein schlechtes kleid sich so ausbündig schicket
WiRNiKR 56;
das grosze lob, welches ein berühmter gottesgelehrter diesem
ausbündig schönen werke ertheilcl hat. Liscovj. 12; was ihn
bei dem anblick einer so ausbündigen gestalt befallen. 425;
ausbündige genies. Göki^igk leben Nicolais s. 136; mit einem
ausbündigeo schelme in ein vertrautes Verhältnis zu gerathen.
Tieck nov. kr. 2, 202 ; das ist die ausbündige narrheit der weit.
A. W. Schlegel, kön. Lear 1, 2 (Ihis is the excellent foppery
of the World), vgl. ausbfndlich, fürbündig.
AUSBÜRGEN, ßdejubendo eximere captivum a vinculis : da-
rumb ward er erstlich XVII wochen gefangen, doch durch
zwen herzogen wider ausbürgt und entledigt. Frask chron.
196*. Haltaos 73.
AUSBÜRGER, m. im deutschen recht einer, der encorbnes
bürgerrecht mich auswärts beibehält, vgl. Oberlix 73: da ent-
stand, als der umfang der mauern die wachsende menge bald
nicht mehr begrif, eine grosze anzahl ausbürger. Jon. Müller
Schweizerg. 1, 346; dasz der sympolit dem pfahlbürger der
alten stadtrechte entspricht, ist gewis klar genug, von die-
sem ist meines erachtens der ausbürger so zu unterscheiden,
dasz er nur dann pfahlbürger heiszen kann, wenn er in die
Stadt zieht, wer einzeln das Verhältnis des ausbürgers er-
hielt, war durchgehends ein vornehmer mann, ritter oder prä-
lat, und gleicht dem proxenen. Niebchr rOm. gcsch. 2, 87;
indem der blosze ausbürger so wenig als ein fremder liegen-
schaften erwerben konnte. 2, 459.
AUSBÜRSTEN, peniculo purgare: die magistri nostri gelob-
ten ire rück nit eh auszubürsten, noch ire laus abzustralen,
es sei dann durch einen endlichen spruch entscheiden. Garg.
158'; bis er sich gar ausgerüst, eingenestelt, gefegt, in die
band gespeizet, die strumpf aufgebunden, ausgebürstet, cr-
steubert und erblasen hett. 174'; ein herlicher messabsatleler,
mächtig geübt und fertig die vigilien auszubürsten. 203'; du
wirst mir meinen rothen plüschenen rock ausbürsten. Schil-
ler 182' ; weil ich mich mit einem hübschen brechmittel aus-
bürstete. J. Paul lit. nachl. 4, 88.
AUSBURT, f : denn dies darf man sich nit besorgen, dasr
die fürsten solche geistliche guter alle den kaiser werden las-
sen an sich ziehen, sie werden auch in der ausburt sagen
wollen, und nit unbillig, wenn es ie dazu kommen sollt. Lu-
thers br. 5,28. was bedeutet in der ausburt? ausgeburt?
AUSBURZELN, elevare anum cadendo: wan sie (die Dänen)
im schwimmen das gesesz hinten ausburzelen. Garg. 127*.
AUSBUSCHEN, everrere: gras, unkraut ausbuschen, aus-
jäten.
AUSBÜSZEN, emendare, expiare: garn, netz ausbüeszen;
zurichten, was zur weidmanschaß gehört, vögelleim, leinöl,
härene mäschen, garn und vögelwende ausbieszen. Hohberg
1, 128*;
ein weber liegt alliier, sein faden ist xerrissen,
weisz keinen weberknopf denselben ansrubüeszen.
LoGAü 1, 10, 33;
kein gelübd, bit, busz kan deinen fehl ausbüeszen.
Weckheblin 749;
sie hat ausgebüszt, lArc busze erlitten.
AUSBÜTSCHEN, extundcre, ein schweizerisches wort, man
sehe bei Stalder 1, 250 butschen, bütschen, stoszen, was doch
nah verwandt ist mit ahd. pöjan, goth. bautan. Maaler 40*
hat ausbütschen, schwariich erobern und behaupten.
AUSBLTTERN, butyrum facere:
ich half ir das smalz auszputtern. fastn. sp. 859, 28.
AUSDAMPFEN, evaporare, exhalare, nnl. uitdampen: der
kessel dampft stark aus; die kohlen haben noch nicht ganz
ausgedampft.
AUSDÄMPFEN, in vaporem solvere : feuchtigkeiten ausdäm-
pfw. Sebiz 28 ; kohlen ausdämpfen ; weidmännisch, den fuchs
und düchs durch dampf aus seinem bau vertreiben, auslöschen,
exslinguere : es seien denn beide obbcrurte hauptsacher, auf-
wigler und anstifter dieser rebellion und alles unrats im hei-
ligen reiche zuvor einsmals entlich ausgedempft. La-^z statsp.
Karl 5 s. 409 (o. 1547).
AUSDÄMPFUNG, f. cvaporatio: die ausdämpfungen dieses
brunnens. ehe eines mannet 169.
AUSDÄRMEN, exenlerare, ausnehmen, ein geschlachtetes
thier ausdärmen.
AUSDAUEN, AUSDEUEN, digerere: bis er den andern ur-
laubet, speiet, verkocht, ausdeuet und von sich purgieret.
Frank 2, 81 ;
zohe hin, setzt sich under ein Strauch,
das er ausdauwt den vollen bauch.
Waldis Esop 4, 7.
AUSDAUER, f. perseverantia: lange schwankte der sieg,
endlich entschied die ausdauer der Deutschen, die feinde
flohen; was konnte er dafür, dasz ihm di-r himnicl nicht
so viel kraft und ausdauer veriiehen hatte. Arsim Aronenw. 1, 434.
84a
AUSDAUERN ~ AUSDENKEN
AUSDENSIEREN — AUSDINGEN
844
AUSDAUERN, perseverare, nnl. uitduren :
1) intransitiv: ausdauernde, übenvinternde pflanzen; in der
kälte nicht ausdauern ; bei solchem lebendigen glauben und
freidiger bekentnus tawret lob aus bis an den tod in gedult
und gutem gewissen. Mathesius 19'; wenn nun trewe diener
iren lauf verrichtet und haben in gedult bei dem wort des
creuzes ausgetawret. 47"; bei der arbeit ausdauern;
ganz den morgen harrten wir so ausdauerndes herzens.
Voss Od. 4, 447 ;
allerdings weilt jene noch stets ausdauerndes herzens
dort in deinem palast. 16,37;
nur ein mohnkörnchen schlaf, dasz ich bis morgen ausdauern
kann. Klinger 1, 54; die ausdauerndste bemühung musz es
erzwingen.
2) transiliv, aushalten, ertragen:
besondern hin und her stellt er sie auf die mawren,
da können besser sie den starken feind ausdawren.
Werders Ariosl 14, 80;
die beschwerlichkeiten eines feldzugs desto besser ausdauern.
Wieland 6, 130 ; hungern und dursten, wind und weiter aus-
dauern. 13, 73 ; 0 wer kann diesen monat ausdauren ! Leise-
witz Jul von r. 2, 2 ; sein robuster nervenbau und seine starke
Seele dauerten diesen fürchterlichen zustand aus. Schiller
714 ; dasz sie alle Strapazen ausdauern konnte. 795 ; habe ich
manche langweilige stunde ausdauern müssen. Güthe 14,124;
ob er das masz seines leidens ausdauern kann. 16, 69; da
alles so selten die ganze kraft seines daseins ausdauert. 16,
76; 0 dasz doch mein beruf wäre, immer in bewegung und
freier luft zu sein, ich wollte gerne jede beschwerlichkeit
mitnehmen, die diese lebensart auch ausdauern musz. an fr.
von St. 1, 334 ; ich will auch den Januar hier ausdauern. an
Schiller 403; ich kann selbst den meinigen {zustand) mit
aller meiner kraft kaum ausdauern. Klinger 8,325; tief im
menschen ruhet etwas unbezwingliches, das der schmerz nur
betäubt, nicht besiegt, darum dauert er ein leben aus, wo
der beste nur laub statt fruchte trägt. J. Paul uns. löge 3, 184 ;
pflanzen, die den gröszten frost ausdauern. biogr. bei. 1, lOO.
vgl. andauern, aufdauern und dauern.
AUSDAUERUNG, f. perseverantia : es entwöhnt von berufsge-
Bchäften, von ausdauerung bei mühsamen arbeiten. Herder 20,
402 ; das schöne geschlecht hat keine ausdauerung. Hippel 7, 101.
AÜSDAUMEN, evaporare, ausdampfen, ein schönes altes wort,
mhd. öjgedoumen. Diul. 1, 487. ahd. doum, toum fumus (Graff
6, 141), heule nur noch in der Volkssprache lebendig, Schmel-
LER 1, 371. vgl. taumeln.
AUSDEHNRAR, ductilis.
AUSDEHNBARKEIT, f dilatabilitas.
AUSDEHNEN, extendere, vgl. golh. ufjjanjan, ahd. ardennan,
mhd. erdenen: leder ausdehnen; metall unter dem hammer
ausdehnen; der den himmel ausdehnet wie ein dünne feil.
Es. 40, 22; dann an dem ausdänen ligt es. Garg. 42'; ein
eichbaum in ein gefäsz gepflanzt, das nur blumen hätte auf-
nehmen sollen : die wurzeln dehnen aus, das gefäsz wird zer-
nichtet. Göthe 19, 76; die unbestimmten, sich weit ausdeh-
nenden gefühle der Jugend und ungebildeter Völker. 25, 14;
meine einbildung dehnte sich dergestalt aus, dasz auch meine
dramatische form alle theatergrenzen überschritt. 26,199; die
afi"ecten beweisen dadurch, dasz sie das herz ausdehnen und
welk machen. Kant 7, 20 ; jetzo dehnte die gebet- und abend-
glocke ihre melancholischen bebungen aus bis an die heuen
der menschen. J. Paul 3, 160 ; ein gesetz, geschäft ausdehnen ;
er hat ein sehr ausgedehntes geschäft. man sagt ausdehnen
auf und über etwas.
AUSDEHNUNG,/", exlensio: die ausdehnung eines gesetzes,
hegrifs; die gegend ist schön in ihrer ganzen ausdehnung;
die ausdehnung der luft, dermuskeln; nembt die windbengel
und was zu austhänung helfen mag. Garg. 43*.
AUSDEHNUiVGSKRAFT, f. die ausdchniingskraft expansibler
flüssigkeiten. Göthe 43, 123.
AUSDEICHEN, aggere excludere.
AUSDENKEN, excogitare, nnl. uitdenken:
wein, den die bosheit ausgedacht,
des Wassers rühm empor zu bringen. Hagedorn 3, 46 ;
laszt uns einen so grausamen gedankcn auch nicht einmal
ausdenken. Lessing 10, 19 ; den gedankcn, der in ihm auf-
stieg, und den er sich kaum auszudenken getrauctc. Wielano
3,229; ich habe mir ein mittel ausgedacht;
sasz sie und dachte masken aus
sur kommenden redoute. Gottsr 1, 89;
du hast den Sklaven wol gekettet, hast
ih.ij wol gespart zu ausgedachten quälen.
Göthe 9, 240;
lassen sie uns diesen einfall, diesen Vorschlag aus dem Steg-
reife ja recht gut durchsinnen und ausdenken. 22, 57; die
grausamste und ausgedachteste sciaverei. Kant 5, 434. (Hugo
nalurr. 1819 s. 243); ersinnen und ausdenken. 10, 270; von
jungen geniesüchtigen originalköpfen, wie sie sich nennen, die
ihr halb ausgedachtes halb gesagt bei jeder gelegenheit dar-
bieten. Lichtenberg 3, 208.
AUSDENSIEREN, extendere: musz wie der schuster das
leder erzerren, errecken, erstrecken, erdensen und ausden-
sieren. Garg. 104*. s. dinsen.
AUSDEREINI G, unicus: und redst kein ausz der einig wort.
Wenzel Scherffer grobianer, Brieg 1640 s. 204. äne seltsame,
unverständliche Wortbildung, vgl. das folgende.
AUSDERKOREN für auserkoren:
von einer junkfrau auszderkorn. fastn. sp. 597, 22.
AUSDEUTEN, inlerpretari, auslegen, nnl. uitduiden: der
jetzo Antenorn neidet, verfolget, übel von ihm redet, seine
wort und werk übel ausdeutet. Schüppius 570; deuteten ibra
fast alle seine wort anders aus, als seine meinung war. 599;
dein alter Adam pflegt den Moses auszudeuten,
und macht des heilands wort zu deinem fleisch bequem,
• Canitz 25;
er bequemte sich also endlich zu einem schritte, der ihm von
den freunden Dions für eine feigherzige verlassung der guten
Sache ausgedeutet wurde. Wieland 3, 177 ; man hat dem ehr-
lichen Aristipp diese maxime übel ausgedeutet. 9, 247 ;
als uns der mönch
das anathem ausdeutete. Schiller 431*}
hört ihr zur trauer läuten,
so wiszt ihrs auszudeuten. Bürger 52';
Peleus söhn, du gebeutst mir, o göttlicher, auszudeuten
diesen zorn des Apollon. Voss IL 1, 74 ;
natürliche, naive und doch weitausdeutende behandlung grie-
chischer mythologie. Göthe 56, 163 ; der minister zu dem dich-
ter? das liesze sich gar artig ausdeuten. Klinger 9,208; wir
träumen ja auch nur die natur und möchten diesen träum
ausdeuten. Tiece 4,96; einem etwas günstig ausdeuten.
AUSDEUTSCHEN, was ausdeuten: so ist uszgedutschet,
was ein last si, und ist als vil swers als ein pferd gefurea
muge. weislh. 3, 393, wie man sagt deutsch reden für deut-
lich, s. deutsch und verdeutschen.
AUSDEUTUNG , f. interpretatio : dies ist einer sehr argen
ausdeutung fähig. Wieland 8, 9.
AUSDICHTEN, excogitare, aussinnen, ausdenken: die ihr
die köpfe brechet und ausdichtet, wie ihr nur bald dieses
Unglück anrichtet. Simpl. i, 257 ; du kannst nichts ausdichten,
was schöner sei.
AUSDICHTEN, dicht, wasserdicht machen.
AUSDIELEN, contabulare, mit dielen belegen.
AUSDIENEN, emereri : wa nagenranft (hunger) überhand ge-
wint, da hat sterke ausgedient. Garg. 218'; seine jähre aus-
dienen, der arme mann im Tockcnb. 100; der hut hat ausge-
dient, ein ausgedienter hut, scemann, soldat.
AUSDIGNEN, siccescere, Schweiz, er ist vor alter ausgedieg-
net, ausgetrocknet. Stalder 1, 281 ; die innein ringe stehen weit
näher bei einanderen als die äuszeren, weil jene durch so viele
jähre gleichsam ausgedignet worden. Muralt eidg. 58. man sagt
in der Schweiz dieges, diegnes fleisch, trocknes, geräuchertes,
im gegensatze zum grünen, auch in Schwaben digen räuchern,
trocknen, verdigcn ausgetrocknet. Schmid 126, in Baiern digen,
gedigcn wurst, fleisch, birn, Schmeller 1, 300. 363 ; Henisch
1407 hat gedigen erdrich, terra solida, gedigene feigen, gedi-
gene wichseien, trockne kirschcn, gedigcn holz, hartes, gedi-
gen gold. vgl. ahd. gidigan provcctus actale, annosus. Graff
6, 107. Hadpt 5, 210. mehr unter gedeihen und gediegen.
AUSDINGEN, pacisci, aushalten, ausmachen, bei Maaler 40"
excipere, recipere: und möchten solchs noch wol ausdingen
oder mit feinen worten verwahren. Ldther 4, 318*. br. 3, 278 ;
am freitag dingt es sich sust aus. fastn. np. 542, 2;
ich wolt erst viel mit ir aiisdlntren,
da thets mit streichen auf mich dringen.
II. Sachs II. 4, 28';
ich will mich in das göttliche kciserliche recht aus- und ein-
gedingt haben. REUTTER^ncjsorrfn. 58; doch ding aus, das du
kein baus zu bawen woltst verdingen, Garg. 90': dasz sie
845
AUSDINGÜxNG — AUSDREHEN
AUSDRESCHEN — AUSDRÜCK
846
(die ndlherin) mir meinen ausgedingeten sterbeküttel verfer-
tige. Gryphics 1, S07 ;
nur, er dingt ihm aus zu lachen,
wie der erben brauch. Locad 1, 8, 20;
dis aber ding ich aus. GC.mher 666. Camtz 93;
worinnen sie deutlicli ausdungen. Lohesst. Arm. 1, 768 ; dabei
icii mir 50 Ih. ausdinge, causenmacher 139 ; weil es diesesmal
nicht sein kan, dinge icli mir die ehre auf eine andere zeit
aus. 39. ich habe es mir ausgedungen, s. ausbedingen,
AUSDINGUNG, f. exeinlio, exceptio. Maaler 40*.
AUSDOCKEN, weidmännisch, das hängeseil von der docke
ablaufen lassen.
AüSDONNERN, delonare, nnl. uitdonderen. s. ausdundern:
überall donnerwolken
eh die ausgedonnert. Gieseee ;
der krieg hat über Deutschland ausgedonnert. J. Pacl fne-
denspr. 1, sich entladen.
AUSDÖRREN, arefieri : mancher bäum erstreckt seine este
so weit, dasz andere darbei ersticken, verdüstern und aus-
dorren. LEHiiA5:i 67 ; der erdboden, der mensch dorret ganz aus ;
flüsz und die Schwindsucht wirt dich plagen,
das du ausdorrest wie ein grieb. H. Sachs I, 33S* ;
die lenden dorren aus. Flemi.xg 19;
lieb und bleibende treue würden hier den ausgedorrten raga-
bunden fesseln. Göthe 10, 156 ; eine ausgedorrte pflanze. Kli.x-
GER 9, 243.
AUSDÖRREN, arefacere: die hitze dörret das land aus;
und (die leute) sich vor ihren hemmern, öfen und treibherden
ausderreten. Mathesics 9*. Luther aber: und sollen alle feld-
bewme erfaren, das ich der herr den grünen bawm ausgedor-
ret und den dürren bawm grünend gemacht habe. Ezech. 17, 24 ;
ausgedörrte ofenhocker. Schiller 120*.
AUSDRANGEN, hervordrängen, cogere: durch die thäler
drängte sich noch das lichtscheue schwarze erdthier der nacht
aus und bäumte sich auf gegen die berge. J. Pacl Tit. 3, 202.
AUSDRECHSELN, cavando tomare.: becher ausdrechseln;
ein diener musz immer die worte besser ausdrechseln, cau-
senmacJier 54 ; und dennoch können die schrägen tiefen nicht
ausgedrechselt werden, sondern es musz hier mit dem meiszel
gearbeitet sein. Wi.nkeljiann 3, xsxiv ; seine läge ist gesuchter
und ausgedrechselter als glücklich. Lessixg 7, 1S9.
AUSDREHEN, torno excavare, extorquere: einen becher aus-
drehen, ausdrechseln; einem etwas ausdrehen, aus der hand
winden; ein schlosz ausdrehen, ausschrauben, verderben, im
16." 17 jh. sagte man häufig sich ausdrehen für elabi, entrin-
nen, entschlüpfen: auch ists nicht gnug, das du wollest dich
ausdrehen mit worten und sagen, ob das bapstum wol unter
dem teufel etwan ist, so sind doch unter im from Christen
allzeit blieben. Llther 1, 275'; sich als die diebe heimlich
ausdrehen. 3, 44l' ; aber die münche haben sich ausgedrehet,
erstlich aus dem gehorsam der eitern, darnach der weltlichen
oberkeit. 6, 28' ; diejenigen, so nicht vom tejt fallen, diese
drehen sich also aus. 8, 65' ; sich ausdrehen in fremde land.
Götz von Berl. lebensb. 170 ;
fast umb dieselbe zeit, acht ich,
der esel ausgedreht bat sich. Albebüs 108;
der hahn, eul, kautz, fleddermaus,
die drehten sich vom adler aus,
und traten auf des löwen seilen. 114;
was half es da die fleddermaus,
dast sie «ich dreht von vögeln aus. daselbst;
dasz ich da kund nicht bleiben lang,
ich dreht mich aus und kam gen Trier. 133;
ich wil mich zu der thür ausdrehen. H. Sachs I, 231*;
Heinz wolt .sich ausdrehen zustund,
und eilet zu der stubihür dar. II. 4, 121';
der dich wird sich zur Stadt ausdrehen. IIF. 3, 22';
wil mich zur hindern lür ausdrehen. IV. 3, 38*;
er lauft der schalk. er dreht sich aus.
Maut. Hki;<eccii drei comödien. Lp. 1582. G4*;
das merket an di- " '
von andern vögti ,, aus. Waidis jE«<jp 1, 34;
es lehrt uns hie .: ,i]s,
die sich dr.iei in tluu nuicn aus. daselbst;
dar du di hefst her ut gedreil. verl. son 981;
sich su-eoger dienstbarkeit der Römer auszudrehen.
LoHBüsT. Sopiwn. 24 ;
der dreet sich bald von inen aus
und hat nicht mehr lust in ir haus. Etkinc 1, 706;
als er nun hie gelebt iranz wol,
dreht er jiich aus, bsorgi er wurd voll. 3, 331;
(kriegsleute) welche sich heimlich von dem rechten zug zur
Seiten ausdrehen uiid ihrem mausen nachhangen. Kirchhof
mil. disc. 120 ; man musz ein Schlupfloch behalten, dasz man
sich auf den notfall könne ausdrehen. Lehmann 944; geden-
ken, wie ich mich förderlich ausdrehen und davon laufen
möchte. Simpl. 1, 22; und weil ich sorgte, er möchte noch
endlich schnellen, sihe so drehete ich mich aus. 2, 125; drfr-
hete mich damit aus, und schlug die thür hinter mir zu.
2,194; welches so bald geschähe, das ich mich nicht ausdre-
hen noch so geschwind wieder aus der stube machen konte.
2, 262 ; bedunkte mich zeit zu sein, dasz ich mich ausdrehen
solle. 2, 2S2; er hat sich gar fein ausdrehen können. Stie-
ler 328. später ungewöhnlich, vgl. sich schrauben.
ÄUSDRESCHEN, frumenta excutere, exlerere, aus flegeln,
nnl. uitdorschen : die garben sind nicht recht ausgedroschen ;
man hat diesmal aus einem schock nur drei schefifel ausge-
droschen ; . wenn maus mit wagenraden und pferden aus-
drescht (für ausdrischt). Es. 28, 2S. häufig aber bildlich ßr
sein gut verthun, nichts mehr vermögen:
wan ich an freuden bin verloschen
und han über all ausz gedroschen.
fastn. sp. 521, 33. 738, 19 ;
und das ist alles an mir derloschen,
wenn ich hab unten ausz gedroschen. 720,21;
wie ist die trew so gar erloschen,
wie hat mittigkeit ausgedroschen. H. Sachs 1,348';
kein pfenning wir im seckei haben,
so gar hat mein juuker ausgedroschen, m. 1, 199';
ach got erst hat mein glück ausdroschen. III. 2,8';
mein begir die bat gar ausdroschen,
hab kein lust mer zu bulerei. III. 2, 176* ;
ir seid gleich schuldig 22 groschen,
ir wert gar bald haben ausgedroschen, ül. 3, 74';
der unbekannte sagte, er wolle meinen emtekranz nicht aus-
dreschen. J. Pacl aesth. 3, 162. Mcskatbl. 28, 23 bildet das pari.
uszgedreschen f gedroscben.
AUSDREUSCHEN, divulgare, sermones dissipare : er dreuscht
alles aus was er hört; es ist alles ausgedreuscht. SnELE»
334. s. austrätschen.
AUSDRIESELN, was aufdrieseln, auftröseln.
AUSDRINGEN, elici, nnl. uitdringen:
mir dringt aus der eiskalt schweisz. H. Sachs HI. 2, 21';
das mir tödlich schweisz ausdrang. Mcrner sche/m. S6, 9;
thränen dringen ihm aus. aber auch transitiv elicere: Jonas
leszt die arriien leute umb seinen willen solch schrecken und
jamer leiden, bis im gott die sünde ausdringet. Luther 3, 206 ;
und wenn wer das uszdringet, das ist gewalt und kein recht.
weisth. 3, 359.
AUSDROHEN, minari desinere.
AUSDRUCK, m. enuntiatio, significatio, etn heute sehr gang~
bares, doch erst im 18 ;7i. entsprungnes wort, dem auch kein
nnl. uildruk entspricht. Stieler und Frisch geben dafür nur
ausdrückung (was man sehe), nnl. uitdrukking. wir verwen-
den es ganz im sinne des franz. und engl, expression für wört-
liche bezeichnung, ßr wort: das ist der rechte ausdruck, ein
guter, passender, glücklicher, gewählter, sinniger, neuer, ver-
alteter, schlechter, schiefer, widriger ausdruck; wer braucht
solche ausdrücke?
gefällt euch Recha? 'über allen ausdruck I*
d. h. es gibt keine worte daßr. Lessi.ng 2, 286; er bekannte
dadurch, sagt jener, dasz der schmerz eines vaters bei der-
gleichen vorfallen über allen ausdruck sei. 6, 386; der herr-
liche genusz, mit dem sie das gute vor und nach kosteten,
war über allen ausdruck. Göthe 19, 186 ; die innere Sicherheit
und männlichkeit des meisten?, seine groszheit geht über allen
ausdruck. 27, 226 ; genehmigen sie den ausdruck meiner er-
gebenheit.
Es kann aber auch anders als durch worte, durch geberden,
töne, färben ausgedrückt werden und von einem ausdruck der
natur, der kunst, der Schönheit und jeder empfindung die rede
sein: so kann die reine Schönheit allein nicht der einzige
Vorwurf unserer betrachtung sein, sondern wir müssen die-
selbe auch in den stand der handlung und der leidenschafl
setzen, welches wir in der kunst in dem worte ausdruck be-
greifen. Winrelmans 4, 55; das wort ausdruck, welches in der
kunst die nacbahmung des wirkenden und leidenden zustan-
des unserer seelc und unseres körpers und der leidenschaf-
tcn sowol als der handiungen ist. 4, 136; wie er also dort
bei dem sdireieu den ausdruck der scbönlieit aufopferte, so
847
AUSDRUCKEN — AUSDRÜCKEN
AUSDRÜCKER — AUSDUCKEN
848
opferte er hier das übliche dem ausdrucke auf. Lessing 6,413;
so würden anraut und grazie nicht m.ehr fähig sein, der
menschheit zu einem ausdrucke zu dienen. Schiller 1109 ;
hab ich mich nicht an den ganz wahren ausdrücken der na-
tur, die uns so oft zu lachen machten, so wenig lächerlich
sie waren, selbst ergetzt? Göthe 16, 5; der graf lobte den
besondern ausdruck der Vorlesung. 18, 308 ; haben sie bemerkt,
wie richtig der dramatische ausdruck seiner romanzen war?
18, 208 ; sie küste ihn mit dem lebhaftesten ausdrucke des
Verlangens. 18,211; (kleider), in denen ihr wesen einen ganz
andern ausdruck hat. 20, 159 ; der ausdruck jener unbezwing-
lichen kälte. 38, 178 ; wenn ich sie so ansehe, und bemerke,
wie sich ihre reize entfaltet, jede ihrer lieblichen Schönheiten
den zaubervollsten ausdruck erlangt hat. Klinger t, 159 ; man
kann überhaupt Schönheit, sie mag natur- oder kunstschön-
heit sein, den ausdruck ästhetischer ideen nennen. Kant 7,
183 ; die gestalt, welche den ausdruck (ektypon, nachbild) der
ästhetischen idee ausmacht. 7, 185; wie widernatürlich der
ausdruck ist, dasz eine feder einem körper ihre ganze kraft
erlheile. 8, 197 ; sein gesiebt hat einen sanften, hübschen, ge-
meinen ausdruck; sie tanzt, singt ohne ausdruck.
AÜ.SDRUCKEN, prorsus imprimere, bei den buchdruckern,
vollkommen, fertig drucken, im druck vollenden: der bogen
ist noch nicht ausgedruckt, die bestimmte aufläge noch nicht
erfüllt, auf einem 1514 erschienenen büchlein heiszl es: vor-
mals auszgedruckt. Panzers ann. suppl. 129. die gewöhnliche
schluszformel der alten drucke lautet aber: gedruckt und voll-
endet (Impressum et finitum oder impletum). einest, do es
noch bi der mäsz was, und wir die werk nit mochten usz-
truken, wir truktend den ouch am fiertag, hatten wir am
suntag den ganzen tag gedrukt. Tho. Plater 91 ; wenn sie
einen corrector finden, der vor dem abdruck nicht allein die
falschen, sondern auch die schlechten, ausgedruckten (abge-
nutzten) buchstaben ausmerzt. Göthe an Schiller 1G5.
AUSDRÜCKEN, exprimere, nnl. uitdrukken, einzelne, zumal
ältere bedienen sich der unumgelauteten form, auch Göthe
früherhin, in die späteren ausgaben ist der umlaut schwan-
kend eingeführt.
1) sinnlich, die traube, citrone ausdrücken ; den honig aus-
drücken; den schwamm ausdrücken, das wasser aus dem
schwamm ; das geschwür, die wunde ausdrücken ; und da Gi-
deon des andern morgens frue aufstund, drucket er den law
aus vom feil und füllet eine schale vol des wassers. rieht.
6, 38; was kan ein spiegel dazu, das er ein lützelhüpschen
lutzelhüpsch anzeigt? der kühdreck, dasz er eim die nas
ausdruckt, nachdem er drein fall? Garg. 5; und werdet also
ewer ururäne fein modelmeszig austrucken. 43* ; das truckt
der laschen das hirn aus. 90* ; die fackel in der rechten,
welche er deinem gespielen genommen zu haben scheint, ist
er bereit, auf einem zwischen inne stehenden altare auszu-
drücken (zu löschen). Lessing 8, 235; alle diese dinge drück-
ten aus dem herzen und den thränendrüsen unsers nacht-
wandlers unwillkürliche, süsze thränen aus. J. Paul IIcsp. 3, 144.
2) Worte ausdrücken, mit, in vvorten ausdrücken, sich aus-
drücken : denn es war nicht klar ausgedruckt, was man mit
im thun solle. 4 Mos. 15, 34 ; denn der text spricht mit kla-
ren ausgedruckten worten, das der herr Christus hab diesen
schätz der kirchen erworben. Luther 1, 116'; zeiget und druckt
aus. 3, 38'; got hat selbs zwo ceremonien mit ausgedruck-
ten Worten hinein gesetzt. 3, 41 ; mit ausgedruckten wortfn.
3, 5ü'; hie stehet das wort tuto ausgedruckt. 3,68; ausge-
druckte, stracke wort. 3,69'; wiewol solchs nicht mit ausge-
druckten Worten in diesen Sprüchen gesagt wird. 3, 425' ; liie
verwirft golt mit ausgedruckten worten der Juden tolle an-
dacbt. 8,145"; herzog Georg wolle ausgedruckte anlwort ha-
ben, br. 3, 273; man hat es mit ausgedrückten worten den
aposteln befohlen. Melanchth. im corp. doctr. ehr. 311 ; do seit
er mit uszgelrucktcn Worten. Tmo. Plater 42; dasz ich mich ja
nicht zu oben bin davon ausdrücke. Lessing 2, 45; die cm-
pfindungen, die mein herz in dieser feierlichen stunde erfül-
len, sind zu grosz mit worten ausgedruckt zu werden. Wie-
LAND 7, 183 ; den sinn der ihrigen (worte) versicherte er rich-
tig ausgedruckt zu haben. 8, 408 ; wenn wir im deutschen
gelegenheitsgedicht sagen, so pflegen sich die Franzosen mit
poesies de circonstance auszudrücken. 46, 180; er drückte
sich gelegentlich darüber in einem gewissen paragraphen aus.
49, 90 ; sich schielend ausdrücken.
3} anderes ausdrücken : zeichen, die ausdrückender waren.
Herder 19, 166 ; man findet die gemütsbewegungen viel hefti-
ger und ausgedrückter in den gesiebtem abgebildet. J. E.
Schlegel 3, 49;
alles was du denkst und sinnest
druckst du aus durch musengunst. Götue 2, 166 ;
du übst die angeboriie kraft,
mit schneller lianil bequem dich auszudrücken. 13, 159;
diese rechtliche Schurkerei, diese Unfähigkeit wie kann sie
durch einen menschen ausgedruckt werden. 19, 167; dieses
gieng so weit, dasz der auszerordenlliche Voltaire bei Vorle-
sung seiner stücke in einen ausdruckslosen, eintönigen bom-
bast verfiel, und sich überzeugt hielt, dasz auf diese weise
die würde seiner stücke ausgedrückt werde. 36, 178; der
junge mann, der die gastwirtin vorstellte, druckte die ver-
schiedenen Schattierungen, welche in dieser rolle liegen, so
gut als möglich aus. 38, 178 ; nun wird es eine spräche, in
welcher sich der geist des sprechenden unmittelbar ausdrückt
und bezeichnet. 38, 182; wie köstlich ists, wenn ein herrli-
cher menschengeist ausdrucken kann was sich in ihm bespiegelt.
an fr. von Stein 2, 282 ; vor beiden allein könnt er sein herz
ausdrücken (ausschütten), i. Paul Fibel 121.
AUSDRÜCKER, m. streichmesser der gerber, um das wasser
aus den feilen zu drücken.
AUSDRÜCKLICH, expressus, certus: mit diesen ausdrück-
lichen Worten. Schuppius 571; ausdrücklicher befebl.
AUSDRÜCKLICH, adv. expresse:
dieweil die recht ausztrücklich sagn. kvRZR fastn. sp. 40';
strenge tapferkeit, darzu du bist geboren,
dazu der himmel dich ausdrücklich hat erkoren.
Opitz 1, 13;
wann ihr mir den ni^ht flndt, der dieses grab gemacht,
und er ausdrücklich mir vor äugen wird gebracht. 1, 173 ;
ein lange sermon, die man ausdrücklich verstanden hat. Simpl.
1, 45 ; nicht ausdrücklich nein sprechen, wegkürzer 8 ; gerichts-
nutzungen sollte man besser und ausdrücklicher rechtliche
contribulion oder gerichtsbeute nennen. Rabener 3, 139 ; der
valer in der grelryschen oper gelang ihm besonders wol,
wo er sich in der hinter dem flor veranstalteten vision gar
ausdrücklich zu gebärden wüste. Göthe 48, 43 ; ein fall, wo dieses
wort (einbranchement) zulässig und ausdrücklich erscheint, ist
wenn es gebraucht wird, um die Verzweigung einer strasze
in mehrere zu bezeichnen. 50, 244 ; ich habe es dir doch aus-
drücklich verboten.
AUSDRUCKSART, f. dictio.
AUSDRUCKSLEER, insignificans, languidus.
AUSDRUCKSLOS, dasselbe. Göthe 36, 178.
AUSDRUCKSVOLL, expressus, gravis.
AUSDRUCKSWEISE, f was ausdrucksart.
AUSDRÜCKUNG, f. enuntiatio, significatio, das ältere wort
für das heulige ausdruck, nnl. uitdrukking : das man in keine
wege der begrif und ausdruckung der wort einigen abbruch
thun müge. Luthers, 96'; dasz seine ausdrückung weiterge-
het als seine befindung. Leibnitz 376 ; pabst Joannes ermah-
net den fürsten mit beweglichen ausdrückungen. Hahn 1, 215.
1,200. 2,73; Wippo bedient sich einer gleichen ausdi-ückung.
2, 258. 3, 28; sich gleicher ausdrückungen bedienen. 3, 70;
ironische ausdrückungen. Liscov vorrede; die seltenen, hohen
und zärtlichen ausdrückungen. 160 ; ausdrückungen dieser art
haben einen höheren Ursprung. 161 ; sich künftig solcher aus-
drückimgen zu enthalten. 208; dasz sie durch die einzige
ausdrückung 'Paulus sei so klug wieder gekommen, als er
hingegangen', sich bewegen lassen werden. 235 ; noch viele
andere bedenkliche ausdrückungen. 326. 338. 366; die ehren-
rührigen ausdrückungen, die sie gegen mich gebraucht ha-
ben. 456; ich will sogleich schreiben, und sir William, hoffe
ich, Süll mit den belheurungcn meiner reue, mit den aus-
drückungen meines gerührten hcrzens und mit den angelo-
bungen des zärtlichsten gehorsams zufrieden sein. Lsssmc
2, 52; verliebte ausdrückungen. 2, 400; die ganze seiteist mit
solchen unnatürlichen ausdrückungen eines groszen schincr-
zens vermischet. J. E. Schlegel 3, 63. spater fast erlöschend:
um uns jetzt aller minder huldreichen ausdrückungen zu ent-
heben. Lichtenberg 4, 229.
AUSDRUSCH, m. excussio fnmenti: der diesjährige aus-
drusch des getraides ist nicht reichlich, auch für das aus-
gedroschene kom.
AUSDUCKEN, elabi : und weil er sich als ein sophisl ver-
meint damiit auszuduckcn, so macht er auch gar wenig worte
und bildt ihm ein, ich werde es nicht merken. Jou. Scueff»
I
849
AUSDÜDELN— ALSECKEN
AUSECKEN— AUSER
850
LERS kehrtcisch. Neisz 1664 s. 26 ; bei so gestalten Sachen kiiate
sich niemand entbrechen, der sich sonst doch ausdücken
würde, wenn ihn die schamrüthe oder der mangel eines gül-
tigen Torwands nicht zurücke hielte. Lohexst. Arm. 1, 28.
AUSOUDEÜV, aushöhnen, ausspotten:
ausgezischt und ausgedodelt
jeden wiukoupan l Voss 4, SO.
AUSDÜFTEN, halare, exkalare, sokoI duß verbreiten als
verlieren: die blumen duften sQsz aus; welchen wolgeruch
das beet ausduftet!; dasz ein körper gar nicht lieche, aiis-
dufte. Kaxt 2, 397.
AUSDUFTUNG, f. exhalalio.
AL'SDULDEN, perpeti:
in des heils kleid, ausduldende märtTrer,
zu dem erb in dem lichtreich kommt' freudig ihr,
die gott rächt, von dem nacbtthai beri
KLOPSTOCKÜes«. 20, "14;
nnd doch, enge), manchmal wenn die nolh in meinem her-
zen die gröszt ist, ruf ich aus, ruf ich dir zu: getrost, ge-
trost, ausgeduldet, und es wird werden. Götbe an Aug. Slol-
berg 7 ; er hat ausgeduldet, ausgelitten, starb.
ÄUSDUNDEILN, detonare, ausdonnem, gleich dem subst. nach
dem nnl. uitdonderen:
ach, könt Ich meine stim dem duoder gleich erhöben,
mit überlauter macht aus meiner brüst ausdundern:
der grosz Gustav ist tod I Weckhkrlix 602.
AUSDÜNSTEN, exkalare, duft, dunst von sich geben: die
wiesen dünsten aus; bonmots, die er ausdünstet. J. Fall
lit. nachl. 4, 63. man unterscheidet davon intransitives aus-
dunsten : der zuhörer, dessen eifer schon ausgedunstet wäre.
Kant 1, 104. doch wird auch dem transititum der umlaut
entzogen.
AUSDÜNSTUNG, f. exhalatio.
AUSEBENE.N, complanare, aequare, verebenen, ausflaehen.
Stieler 357. den alten und ganz ausgeebneten pferden {bren-
nen belrüger schwarze zeichen an die zahne). Hohberg 2, 120*.
AUSECKELN, expendere, indagari, diminution des folgen-
den: wer so kitzlig und andig ist, dasz er alles so nahe wil
suchen, erwegen und auseckeln. Fra>k sprichw. 2, 170' ; wer
alles nahe wil suchen, erwegen und auseckeln. Agricola 22S';
habend all bisz auf die stund noch nicht so viel betracht,
dasz ihr betten ausgeeckelt, dasz laub und gras grün ist.
Paracelscs 1, 718'; wie kan unser vemunft die heimlichkeit
gottes so gar auseckeln. 2, 3S8'; wollend ihr die krankhei-
ten so eben ausecklen, so sagend mir waraus wachs savina?
dessen chir. sehr. 264'; denn in anfallung solcher ofnen scha-
den, die da heiszen uicera universalia, sind nicht auszuecklen
oder darzulegen, wie sie kommen. 395'. noch heute in Baiern :
auseckeln, auseggelntind ausörteln, sorgsam überdenken. Schmel-
tER 1, 25.
AUSECKEN, perpendere, indagari, scrutari, alle ecken und
winket erwägen, erörtern, ausmessen, ausarbeiten : die menschen
laufen hin und laufen her, aufsteigen die kobel (/. tobel) und die
berg, sie gien durch teler und gruben und in die höler, sie
ausecken das inwendig des erlrichs, die liefe des meres und
der Wasser, die vinstemus der weider und die unweg der
Wüstung. Albr. vox Eybe, ob einem manne sei zu nemen ein
eltehs weib. A'ürnft. 1472. 6/. 48 ; da siehestu wie die doctores
alle Worte ausecken und sie ergründen. Keisersb. post. 19 ;
der messenkunst was er behend,
kund doch usz ecken nit .sin end.
Bra.<<t narrentch. 193, 28;
ob wir nicht alles können ausecken, ligt nichts an. Lctber
4, 32'; ein wenig rohe erkentnis, nicht so scharf ausgeeckl.
4, 64* ; auch werden daraus leichtlich rotten, wenn das Tolk
alles aufs geschwindest wil meistern und ausecken (qunndo
populus nimis acerbe judicat de moribus doctorum) an der bi-
schove oder prediger wandel und leben. Jonas bei Luther 6,
401* ; warzu aber solch beichten dienet, lasse ich ein andern,
80 die sach basz verstehet, ausecken. Wickraü ro//w. 63 ; der
da auseckt den ganzen scbrein der gotheit. Frank 28; nun,
das ichs nit alles auseck. 35; so sie {die sieben weisen) ie-
mand nahend auseckt und reutert, ich sterb, wo der auch
ein halb weisen finde. 38; himlische Sachen, die mehr anzu-
bellen dann auszuecken sind. 48; ich beschleusz mein red
in der allen, so ihr je wollen so gar ausecken, das ewer holz
»0 gar vil virtutes habe, wolle ich gern ein frag an euch
thun, wie ihr solche lugend im holz erfunden hellen? Para-
CELStjg ckir. sehr. 258';
wers aus kan ecken und drob sinnen,
man wirt noch selzara diug drin tiuden.
TarRNEissKR archidoxa 61 ;
tregst dein bretspil mit in die bierheuser und hilfst darneben
alle weit ausecken und zur bank hawen. Mathesios 130*;
secht wie man allein bei eim Schnecken
so schöne lehren kan ausecken. Fiscuart ehz. 45;
dammb eck nur keiner meinen magen aus. ei ja, eck bis
zum andern eck und leck bis zum andern etc. Garg. 162";
es ist einer ein kluger abgefeimbter schalk, zu aller bosheit,
anschlagen, practiken ausgeeckt. Lehmann 246. Maaler 40'
hat ausecken expendere, fleiszig ermessen und Schmeller kennt
auch ausecken in der bedeutung von auseckeln. man hat für
beide Wörter mehr an den begrif von ecke cardo, angulus als
von egge occa zu denken und die Vorstellung von dem bauen,
zimmern, richten der ecken und örter herzuleiten, so dasz aus-
ecken und erörtern nahe zusammentreffen. Stieler 358 kennt
ausecken nur im sinne von hohnecken, irridere, wie auch
Schneller ein eckein mit einem, ihm beleidigende, ausfor-
dernde Worte sagen anführt, was an das altn. eggja acuere,
hortari, schw. ägga gemahnt, und in ecke liegt zugleich acies;
auch Lohenstein : durch allzu genaues ausecken und schärfe
den zustand eines reiches nur schärticht machen, irm. 1,1160.
später werden auseckeln und ausecken ungebräuchlich.
AUSECKER, ra. irrisor, cavillator, nach Stieler 358.
AUSECKISCH, ridiculus, absurdus, nach demselben.
AUSECKUNG, f. ludibrium, irrisio, nach demselben; bei
Lohexsteix hingegen die quadratur des cirkels: schwerer als
die auseckung eines zirkeis. Arm. 1, 579.
AUSEGGEN, occatione evellere: unkraut auseggen.
AUSELNANDER, wie aneinander, aufeinander und alle ähn-
lichen zu beurtheilen, das lebendige ein aus dem andern rer-
härtete sich allmdlich, mit vorangerückter praeposition, zu einer
unbeweglichen masse. jedwedes verbum, mit dem sicli die
Vorstellung des zerlegens und trennens verknüpft, kann ein sol-
ches aus einander bei sich haben und man hat sieh daran ge-
wöhnt, es fester anzuheften, woraus eine menge der schwerfäl-
ligsten Zusammensetzungen entspringen : auseinanderlegen, aus-
einanderfallen, auseinanderflieszen «. s. w. es ist natürlicher,
das auseinander abgetrennt zu schreiben, doch bei substantiv-
bildung bleibt der anschlusz unvermeidlich : auseinanderle-
gung, auseinandersetzung, auseinanderblütterung ; bei diesem
langen auseinandersein wird es einem doch zuletzt wun-
derlich. GöTHE an Schiller 916; auseinandersetzung der be-
griffe und zumal eine deutliche, die erwartete ich schlech-
terdings aus diesem quartiere nicht Lichtenberg 4, 77. der-
gleichen Wörter begegnen bei J. Pacl haufenweise, ander-
wärts nodi weitere composita wie auseinandersetzungsurtheil,
auseinandersetzungsklage. Hugo heut. röm. recht. 1S26 s. 79. 318.
Die geläufigsten Verknüpfungen des auseinander erfolgen mit
bringen, fahren, fallen, gehen, legen, rücken, setzen, spren-
gen, stellen, treiben, ziehen: meine knochen fallen ausein-
ander. Schiller 120'; eben darum musz die sach noch heut
auseinander. 182; sie fanden das jähr darauf für gut, sich
durch das losz aus einander zu setzen. Lessing 5, 106 ; Cro-
negk aber hatte Ciorinden Tcrliebt gemacht, da war es frei-
lich schwer zu errathen, wie er zwei nebenbuhlerinnen aus
einander setzen wollen, ohne den tod zu hülfe zu rufen.
7, 11 ; nach allem diesen setzte sich Wilhelm mit der alten
auseinander. Götbe 20, 112; diese bedeutungen treffen raan-
nigmal zusammen, aber in den meisten fällen sind sie un-
endlich weit auseinander. Kant 2, 297. was man sonst noch
hier erwarten könnte gehört unter die einzelnen verba. aus-
einander! wollt ihr auseinander ! zuruf an streitende, ringende,
balgende.
AÜSEISEN, e glaeie expedire: den angefromen eimer aus-
eisen; ein Wagenrad auseisen; klug sein wie ein schlänge
und sich auseisen können. Mathesius 133'.
AUSEISEN, n. m den schmelihütten ein eisen mit langem stiel.
AUSEITERN, pus effundere, als eiter ausdringen.
AUSEMPFIFröEN, plene sentire, etwas in seiner ganzen fre-
deutung empfinden.
AUSENTSETZEN, destituere, excipere: Tollkommenheit der
geburt aller menschen, kein gcschlecht ausentselzt {ausge-
nommen). Paracelsus 1, 120'.
AUSER, ahd. öjar, üjir, mhd. üjer. von dieser partikel-
häufung gilt das bei aufer gesagte, wenn sie vom verbum ab
getrennt werden müssen, fällt das er meistens weg : ausenvälilen,
54
851
AUSERBEN — AUSERSINNEN
AUSERWÄHLEN — AUSFAHREN
852
ich wähle aus und nicht ich erwühle aus. wol aber kann
gesagt werden: ich auserwähle, auch hierin zeigt sich wieder
die nahe berühnmg zwischen auser U7id aus. man darf dies
auser, in dem sich zwei partikeln häufen, nicht vermengen mit
auszer, was m. s.
AUSERBEN, exheredare, enterben: mein vater hatte mich
meines Ungehorsams halben ausgeerbet bis auf hundert gül-
den. Weise erzn. 71.
AüSERüENKEN, excogitare, ausdenken:
und hab ein list mir auserdacht. H. Sachs III. 2, 205'.
AUSERFINDEN, invenire.
AUSERFINDUNG, f. inventio : hauptgute auserfindung. unw.
doct. 4S5.
AUSERFOLGEN, persequi, gerichtlich verfolgen: er ensi
dan mit gericht uszerfolgt. weislh. 2, 247.
AUSERFORDERN, evocare, herausfordern.
AÜSERKENNEN, recognoscere :
und edler, den ich auserltannt
zu meiner liebe wacht. Herder 8, 63.
AUSERKIESEN, eligere, auserwählen : mhd. barmherzic muo-
ter öjerkorn. Waltu. 7, 22.
ein tapfrer geist crliiest
ihm stets ein höhers aus, mit dem er möge ringen.
Fleming 110;
einige bilden das prae/. auserkieste, parf. auserkiest: so werde
ein obrester priester userkiest unter den menschen. Zwingh
1, 620 ; richtiger ist auserkor und auserkoren : ich weisz wol,
das du den söhn Isai auserkoren hast. 1 Sam. 20, 30 ; mein
freund ist weisz und rot , auserkoren unter viel tausent.
hohel. 5, 10 ; er hat in auserkoren zum heiligen stand. Si-
rach 45, 4 ;
es ist ein fürstin auserkoren. Weckherlin 347;
ach Seba, Seba geliebter!
auserkorener, vor allen mir auserkoren. Messias 16, 504 ;
böte
dessen, der auferstand und der mich armen zum jünger
auserkor. 17,688;
auch hatte sie der junge held
sich heimlich auserkoren. Gotter 1,350;
auch war er wahrlich lange nicht so put
als Zähren zu der rolle auserkoren, Gökingk 2, 220.
vgl. ausderkorcn.
AUSERKLÄREN, declarare: ob die christliche kirche noch
heut beschlüsse und auserkleret, das der ablasz mehr denn
die werk der gnugthuung liinneme. Luther 1, 46'.
AUSERKOBERN, recuperare: were es aber sach, dasz sie
iemants liesz auszerkobern und liesz die guter in der herren
hend komen. weisth. 1, 791. ahd. irkoborün.
AUSERLESEN, seligere, zumal häufig im part. praet. : sechs-
hundert auserlesen wagen. 2 Mos. 14, 7; der wurden siben
hundert gezelet auserlesen man. rieht. 20, 15 ; ich habe seine
hohe cedern und auserlesen tannen abgehawen. 2 kün. 19, 23 ;
heubter im hause irer veter auserlesen. 1 c/iron. 8, 40 ; meine
fruchl ist besser denn gold und fein gold und mein einko-
men besser denn auserlesen silber. spr. Sal. 8, 19 ; ein aus-
erlesner männlicher helt. Reinhart der auserlesen ritter, ach
meine liebe auserlesene kind und manlichc ritter. Aimon c.
f. g. ; darumb musz es auf den gliickfall auserlesen sein {sich
glücklich getroffen haben). Garg. 110*;
die er ihm auserlesen
für seine knecht und volk. Weckherlin 231 ;
doch sind wir nach dem zweck des Schöpfers aller wescn
nur um gelehrt zu sein zum dasein auserlesen ?
Hagedorn 1, 17;
ein auserlesner dudelsack. 3, US;
dies plntzchen.
hab ich mir langst zum liebling auserlesen,
hier giüszt mich meine ländliche natur. Schiller 247*.
AUSERPRESSEN, extorquere, erpressen:
der unterdrückten wiinsch, das auserprcslo liehen
hört er, laszt keinen mann nicht hülflos von ihm gehen.
Fleming 24.
AUSERSCIIALLEN, emanare, personare: denn von euch ist
auserschollen das wort des hcrrn. 1 Thcss. I, 8.
AÜSERSEHEN, deligere, auserlesen:
der einst den frommen knaben Isais,
den hirten sich zum Streiter ausersnhcn.
Schiller 452*.
AUSERSINNEN, excogitare: ich sann es mir so aus, habe
CS mir so ausersonnen :
bald ward cm wapenrecht mit regeln ausersonnen. Canitz.
AUSERVVÄHLEN, seligere, auserkiesen: seine auserweleten
heuhtleute versunken im schilfmeer. 2 Mos. 15, 4 ; alle anser-
welte stedte. 2 kön. 3, 19 ; ich habe einen bund gemacht mit
meinem ausenvelten. ps. 89, 4; hat doch der herr auch die
zwei geschlecht verworfen, welche er auserwelet hatte. Jer.
33, 24 ; umb der auserwclten willen, die er auserwelet hat,
hat er dise tage verkürzt. Marc. 13, 20 ; ein auserwählter gottes ;
auserwel er im zu gsellschafl
getrewe freund still und warhafl. H. Sachs I, 483*.
AUSERWÄHLER, m. hereticus laut griechisch ein sünder-
ling, eigensinniger oder auserweler. Frank chron. 453".
AUSERZÄHLEN, rem omnem narrare: lasz mich auser-
zählen !
AUSESELN, conviciis consectari, ausschelten.
AUSESSEN, exedere: sie mögens ausessen, brocken sie zu
viel ein. Luthers br. 4, 383 (tute hoc intrivisti, tibi omne est
exedendam) ; ich mags nicht ausessen ;
wie kummt es, dasz die last der noth die well so drucket?
sie isset jetzund aus, was sie vor eingebrocket.
Logau 1, 1, 90.
s. ausfressen und vgl. ausbaden.
AUSFABELN, desinere nugari: hast du nun ausgefabelt?
AUSFACHEN, loculare, einen schrank mit fächern versehen.
AUSFÄCHSERN, vioiradicibus instruere, ausfechsen, bei den
Winzern.
AUSFACKELN, vibrare desinere, uneigentlich, der wird bald
ausgefackelt haben, austoben, fertig sein.
AUSFÄDELN, filatim solvere, die faden auseinander ziehen;
auch den faden aus der nadel ziehen.
AUSFÄDELUNG, f explicatio: Franz gewann durch diese
langweiligen ausfädelungen so viel, dasz er nun für eine art
von Vetter gelten konnte. Tieck ges. nov. 8, 250.
AUSFAHREN, curru avehi, excurrere, exire, egredi, nnl. uit-
varen.
1) der könig fahrt aus; wir wollen heute ausfahren;
der sinkend abend fleugt,
die dunkle nacht fährt aus. Flemlng 624.
sonst auch für ausreisen, die 'reise antreten : und fuhr aus von
Pharao und zoch durch ganz Egyptenland. iMos. 41, 46; da
fuhren wir aus von Troada. apost. g. 16, 11 ; ich macht mei-
nen abschied mit inen und fuhr aus in Macedonien. 2 Cor.
2, 13 (golh. ak tvistandands imma galaij) in Makidonja).
2) ausfahren gilt zumal von eiigeln und teufein : und in der
selben nacht fuhr aus der engel des herrn. 2^0«. 19, 35; ich
wil ausfaren und ein falscher geist sein. 2 chron. 18, 21 ; da
fuhr aus der engel des herrn. Es. 37, 36 ; da fuhr der satan
aus vom angesicht des herrn. Hiob 2, 7; da fuhren sie aus
und fuhren in die herd {goth. usgaggandans gali[)un). Matth.
8, 32 ; und der teufcl fuhr aus von im {ahd. iijgieng fon inio).
Matth. 17, 18 ; aber dise art feret nicht aus, dann durch beten
und fasten. Matth. 17, 21 ; verstumme und far aus von im
{goth. })ahai jah usgagg ut us Jjainnia). Marc. 1, 25; und der
unsaubere geist fuhr aus von im. 1,26; fare aus, du unsau-
ber geist, von dem menschen (usgagg ahma unhrainja us
J)amma mann). Marc. 5, 8 ; der teufel ist von deiner tochter
ausgefaren {goth. usiddja unhul|)ö us dauhtr J)einai). Marc.
7, 29 und so überall häufigst, z. b. wie dann mit einem gro-
szen brausen der böse ausfuhr. Philander 1, 43; hui teufel,
schlag dem fasz den boden aus und schlief ins körn und fahr
zum tachfenster aus! Garg.W*.
3) hieran schlieszt sich das geisterhafte ausfahren der scele
aus dem sterbenden, und ausfahren an sich bedeutet sterben,
exire e vita: Chrislus wartet unser, wenn wir ausfaren sollen.
Luthers, 13*; so kan er den ausgefaren geist nicht wider brin-
gen, buch der weish.\f>.,\i; bei dem ich war, bis ihm die seel
ausfuhr. Mich. Neander menschensp. 47'; und forchte alle augen-
blicke, die secle würde mir ausfahicn. iucundiss. 211; so
krank, dasz mir den augenhlick die seele ausfahren wollte.
eausenmacher 117; ich rief vater, vater! aber keine antwort.
seine seele war ausgefahren, geslabet und kalt waren seine
lieben bände, der arme mann im Tockenb. 182. man sagt auch :
der athem ist ihm ausgefahren.
*4) nicht anders fahren die demente aus, erheben sich: da
fuhr aus der wind von dem herrn und liesz wachfein komen
vom meer. 4 Mos. 11, 31 ; da fuhr ein fewr aus von dem herrn
und verzehret sie. ^ Mos. 10, 2. 4 Mos. 16, 35; und das fewr
fuhr aus von dem fels. rieht. 6, 21, vgl. ausbrechen.
6) ausfahren = ausbrechen, von blättern, ausschlag un4
853
AUSFAHREN — AUSFALL
AUSFALLEN
854
aussatz: und da er mit den priestern murret, fuhr der aus-
saU aus an seiner slirn. 2 chron. 2S, 19 ; die blättern fahren
in seinem gesiebt aus; denn zu unterschiedenen malen solche
hügelchen mit hitzigem jucken ihm an armen und beinen aus-
gefahren sind. tinw. doct. 139 ; das kind fährt am ganzen leibe
aus; bist du denn etwa ausgefahren? (im gesicht) Gellert;
und war der brantewein im aniliiz ausgefahren. Gc.nther.
auch von ausbrechender blüle : sein freiheitsbaum fuhr in bluten
aus. J. Paul Tit. l, 155.
6) von f feilen : das der pfeil durch sein herz ausfur (egre-
diebatur). 2 kün. 9, 24 ; und der herr wird über inen erschei-
nen und seine pfeile werden ausfaren wie der blitz. Zach. 9, 14.
7) ausfahren = ausgleiten, elabi: die band, der fusz fuhr
ihm aus, er fuhr mit der band, mit dem fusz aus; ich wollte
schneiden, das messer fuhr mir aus; schief ausgeschnittenes
gesicht, wo die gartenschere betm silhou«ttieren ausgefahren
ist. TiECE 3, 17.
8) der hirt fahrt aus, trabt die herde aus; der hirt dingte
einen andern mann, der mit seiner herde frühe ausfahren
muste. Simpl. 2, 331; der bergmann fährt aus (im gegeiisatz
zu anfahren) : bein bergleuten, wenn sie ausfahren, führen sie
handstein bei sich. Schcppius 838. aber auch die partei fährt
aus von einem gericht zum andern, fährt zu hofe. s. ausfahrt.
9) ausfahren, herausfahren, erumpere: er fährt gleich aus,
ist so ausfahrend, beleidigend.
sie aber mehr bereit als vor mir ru begegnen
fuhr recht entrüstet aus, klagt über meine treu,
schalt meinen wankelmut. Griphils 1, 243.
10) transitiv, den weg, die strasze ausfahren, verderben;
lief aiisgefahrne löcher, in die der wagen umzustürzen droht.
GöTHE 15, 34 ; der kleine weg, der jetzt zu einem groszen aus-
gefahren war. J. Pacl uns. löge 3, 168 ; der kutscher fährt die
herschaft aus ; eine furche ausfahren, waaren ausfahren, ex-
porlare, besser ausführen.
AUSFAHRT, f exitus, in mehrfachem sinn, tod, abreise,
ausgang: wie man auch lieset von alten heiligen vetern, als
s. Hilarion dem einsidler, welchem begunde, als er itzt ster-
ben wolt, ein böse wort zu entfaren, 'mein liebe seele', sprach
er, 'warumb fürchslu dich für der ausfart?' Lctheb 6,170";
dasz meine seele auf einer seilen durch den antringenden tod
zur ausfahrt genölhiget. Schüpp\^s 437 ; siben jar nach seiner
ausfart. Kirchhof wendunm. 352; als aber nun das edel ein-
horn kein ander ausfart nier (aus dem brennenden wald) ha-
ben mocht. Galmy 143; dasz man nothwendig auf denselben
punct der ausfahrt zurückkommen musz. Tieck 4, 66. den
bergleuten, das aussteigen aus der grübe, ausfahrt heiszt auch
der lliorweg, durch welchen man auszufahren pflegt, bei den
alten gerichten hiesz ausfart die fahrt zu hofe, zum oberhof,
zum andern gericht. s. ausflucht, zug.
AUSFAHRU.NG, /". eruptio, pustulae: so der jugend rote
purpuien und finnen im angesicht wüechsen, soll man ihnen
das Wasser über den leib schlagen, so werden sie der röte,
wie auch der ausfarunge los. Tucr.neisser infl. wirk. 87.
AUSFALL, m. nach verschiednen bedeutungen des ausfallens,
1) sinnlich, ausfall der haare, defluvium; ausfall der zahne,
ausfall der körner aus den ähren. die ärzte nennen den aus-
tritt einzelner glieder aus ihrer natürlichen läge ausfall: aus-
fall des auges, der gebürmuller, des afters, eines darms.
2) den fechlem heiszt ausfall das ausstoszen gegen den feind:
welches ist denn das eigene des mifes veles, das idi dem
borghesischen fechler angedichtet hätte? weil beide einen ähn-
lichen ausfall thun, so hätte ich sie verwechseln können; aber
musz ich sie darum verwechselt haben? Lessinc 8,43.
3) ausfall der belagerten, excursio: der feind that einen
lebhaften ausfall; der ausfall wurde zurückgeschlagen; vor
aus- und Überfall sicher. Kirchhok mil. disc. 99 ;
in allem schanzen, stürm, Scharmützel, ausfall, selilacht.
Wf.ckiierlin tj9.
ausfall heiszt auch das heimliche Ihor, durch welches die aus-
fälle gemacht werden.
4) ausfall, ein heftiger angrif in Worten, insectalio; feind-
selige ausfälle in rede und schrift ; grober ausfall.
5) ausfall des flusses, auslauf: wie dem ohngeachtet der
starke arm des Ilusses seinen ausfall allhier behalten, indem
das Wasser mit gröszter gewall zwischen dem geslein heraus-
slürzte. Felsenb. 1, 160; dasz durch den ausfall des flusses
gegen millcniachl zu ein ganz bequemer ausgang von der in-
sul anzuirelTea sei. 1,194.
6) ausfall, ausgang, eventus, dän. udfald: und ich sage,
dasz der ausfall meine worte bestätigen wird, alle übers, von
Holbergs Plutus 1755 1, 3 (ddn. og jeg siger, at udfaldet vil
sande mine ord). vgl. Vorfall.
7) ausfall, abgang, minderung des erlrages: starke ausfälle
in der einnähme ; der diesjährige ausfall in der ernte ist sehr
beträchtlich.
AUSFALLEN, exeidere, elabi, exire, ausgehen, nnl. uitvallen,
1) sinnlich, von haaren, federn, zahnen, kornern, blumen:
die haare fallen ihm aus ; wenn einem man die heubthar aus-
fallen, das er kal wird, der ist rein ; fallen sie im fornen am
heubt aus, und wird eine glatze, so ist er rein. 3 Mos. 13, 40.
41; es ist dein glück, dasz die haare so blond sind, zwar
ausgefallen scheinen dir keine zu sein. Göthe 10, 15S; die
stolze ki-ähe schmückte sich mit den ausgefallenen federn der
farbigten pfaue. Lessixg 1,144; die rose ist ausgefallen (ent-
blättert) und die dornen sind geblieben.
2) aus dem ei kommen, auskriechen, ausschliefen: die jun-
gen hüner, gänse sind ausgefallen, ausgekrochen, aus der schale
geschloffen. Schmeller 1, 520; die jungen neu ausgefallenen
gänslein läszt man zwölf tage bei der mutter. Hohberg 2, 335*.
vielleicht sagt man es auch von neugebornen kälbern, fohlen,
wie lateinisch animal ex utero delapsum excidit.
3) ausfallen, erumpere, sowol von fechtem ah von belager-
ten: befanden für gut, dasz man umb mitternacht ausfallen
solle zum Scharmützel. Garg. 24S'; ob ratsamer wer auszu-
fallen und die anlaufende zu trüngen, oder die statt einzu-
halten und sich lassen pfrengen. 265"; etliche der ausgefal-
lenen bände (scharen), daselbst; der letzte slosz, mit dem hr.
Klotz gegen die römische kunst ausfällt, ist besonders merk-
würdig. Lessi.ng 8, 57; ,
rastlos fechtend fällt die mannschaft aus,
doch wenge sehn die heimaipforte wieder.
Schiller 453;
hier halt ich
den kriegerischen schild vor meinen leib,
fall aus, trif; und verdammt sei, wer zuerst
rief halt, genug.' 5S1 ;
wir gewöhnten uns bald vorwärts und rückwärts zu gehen,
auszufallen und uns zurückzuziehen. Göthe 24, 231.
4) ausfallen, insectari: wollte unser herr gott, er fiele ein-
mal grausam grob aus und tradierte einen wie ein anderer
mann, so wüste man doch vne und woran. J. Padl Fibel 18;
wir wollten gegen ihn (mit gründen) ausrücken und ausfallen.
Kampanerth.di; sich reichlich mit witz wapnen und ausfallen.
biogr. bei. 1, 115; wie kannst du gleich so plump ausfallen?
5) ausfallen, geraten, ausschlagen: das ist gut oder übel
ausgefallen; wenn die sache gut ausfallen sollte. Lessing 1,
2S0; so würde unsere recension sehr kurz und zwar folgen-
dermaszen ausfallen. Göthe 49, 173; so gut fielen sie (die
kinderjahre) für unsern Gollhelf aus. J. Paul Fibel 13. dies
liesze sich aus einer abstraction der zweiten bedeutung herlei-
ten, zumal es Göthe gerade auf ein neugebornes kind und blu-
men anwendet: man hätte vielleicht noch lange gezaudert eine
Prinzessin wieder einmal in das land zu senden, wenn nicht
niein nachgeborner bruder so klein ausgefallen wäre, dasz ihn
die Wärterinnen sogar aus den windeln verloren haben und man
nicht weisz wo er hingekommen ist. 23, 93; myrten beson-
ders, zwergröslein und dergleichen (künstliche in klüstern ge-
machte blumen) fielen gar schön und natürlich aus. 24, 282.
man kann sich aber mit dem bloszen ausgang nehmen, aus-
gehen begnügen, und es heiszt auch : die ernte fällt reich aus,
wo ein bczug auf die gcburt unpassend wäre, man müste denn
an den mütterlichen schosz der erde denken.
6) ausfallen für einfaches fallen: Ludovicus bekräftigte die
auf Adrianum ausgefallene wähl. Hahn 1, 204.
7) ausfallen, exeidere, excludi, wegfallen : dieser beirag fhllt
aus; die heutige schule, Sitzung, Vorstellung fällt aus; diese
stelle fällt bei der aufführung des Stücks aus; dieser theil-
nehmer fällt künftig aus, weil er seinen beitrag nicht entrich-
tet hat; das die selbige menschen als denn aus der gnade
ausfallen. Melancutho!« im corp. doctr. ehr. 598. auch exeidere
de memoria :
viel Sachen fallen mir bei andern sorgen ein,
doch fallt mir bald auch aus was ich 'mir vorgenommen.
Opitz 2, 487.
es ist beim druck ein buchstabe ausgefallen.
8) transitiv, ein glied ausfallen, verrenken, ausstoszen: er
bat den arm, den fusz ausgefallen; zwei zahne ausgefallen;
gewöhnlich mil zugefügtem sich : er hat sich den arm ausgefallen.
54*
855
AUSFALTEN — AUSFEGEN
AUSFEHMEN — AUSFILZEN
856
AUSFALTEN, explicare, entfalten, aus den falten legen:
dann sie {die Türken) legen ihr strenge und ernst nimmer
hin, das si ihr angsichl nimmer auflösen und ausfalten, das
jederraan in einer forcht behelt. Frank weltb. 106*; das ge-
satz und lere mit vi! worten ausgefallen den menschen wei*-
den fürtragen. kcmcoiK spr. vorr. 2' ; dasz ich mich selbst mit
einer beschreibung ausfalt und sag wer ich sei; ist in 'ihr
alles so entwickelt und ausgefaltet. Herder 1,35;
faltet ans die frisctien prachten,
holde blumen, euren flor. Göthe 13, 242.
ÄUSFALZEN, striare: die druckbogen brechen, auch die fal-
ten mit dem falzbein ausstreichen.
AUSFANGEN, capere, excipere, pferdc aus der stuterei neh-
men: jungen pferden, die erst neulich ausgefangen und auf-
gestellt worden, ist das traben eine nothwendige und nütz-
liche Unterrichtung. Hohberg 2, 164. 5. ausschlagen, auch sagt
man einen teich ausfangen, leeren, alle fische darin fangen,
und ein drittes ausfangen beim pflügen gibt Schmeller 1, 540
näher an.
AUSFÄRBEN, probe tingere, fertig färben, wiederholt färben.
AUSFÄRBER, m. ein tüchtiger ausfarber wird sogleich ver-
langt. Berliner Zeitungen.
AUSFASELN, was das folgende.
AUSFASEN, intransitiv, die faden gehen lassen: der taffet
faset aus. transitiv, filatim discerpere, die faden auszupfen.
s. ausfädeln.
AUSFASERN, dasselbe.
AUSFASSEN : die gruben auf Weinbergen werden vorher im
frühling ausgefaszt, damit der grund durch sonnen und regen
fein ermarbe und abiige. Hohberg 1, 359'.
AUSFASTEN, finem facere jejnnii, nnl. uitvasten.
AUSFAULEN, putredine confici: die zahne faulen ihm aus;
der bäum ist ausgefault; unter allen treppen, die auf eine
kanzel heben, ist wol keine wurmstichiger und ausgefaulter,
als der gi-adus ad parnassum. J.Pkvi.jiibels.20.
AUSFAUSTEN, pugnis coniundere. die becker fausten den
teig aus, sloszen ihn aus (s. ausstoszen), die hutmacher fau-
sten den hut aus, dehnen ihn mit den fausten.
AUSFECHSEN, was ausfachsern.
AUSFECHTEN, armis verbisve disceptare, nnl. uitvechten:
es vor gericht ausfechten; sie mögen es mit einander aus-
fechten; ausfechten, warumb ein iglichs land etwas sonder-
lichs tregt. Luther 4, 10'; ob diese strafe noch wehret über
alle gottlose, wollen wir hie nicht ausfechten. 4,37*;
ein ieder wils uszfechten
wie es in dunkel gut
in sinem übermul. Uhland volhsl. 369;
doch sie spotteten nur des sehenden, fochten das ding fer-
nerhin unter sich aus und lieszen ihn allein zum geiger gehen.
Klopstock 12, 148 ; dieser streit musz auf anderm felde aus-
gefochten werden, ein ausgefochtener, einer der ausgefochten,
sein pulver verschossen hat, enervis. Ettners Aetamme 80.
AUSFEDERN, in verschiednem sinn,
1) mit federn ausstopfen: auf unausgefedertem bette schläft
eichs unsanft. Stieler 450.
2) die federn, den federstaub ausklopfen.
3) kleine spalten im holz mit holzschnitzeln ausfüllen, was
bei grösxeren spalten ausspänen heiszt. vgl. ausfiedern.
AUSFEGEN, verrere, depurgare, delere, nnl. uitvegen : und
wil die nachkomen des hauses Jerobeam ausfegen, wie man
kot ausfeget. 1 A:d/i. 14, 10; auch feget Josia aus alle warsa-
ger, zeichendeuter, bilder und götzen und alle grewel. 2, 23,
24 ; das du die haine hast ausgefegt aus dem lande. 2 chron.
10, 3; ich wjl auch worfler gen Babel schicken, die sie wor-
feln sollen und ir land ausfegen. Jer. 51, 2 ; und wil die ab-
trünnigen unter euch ausfegen. Ez. 20, 38 ; und gehet aus
durch den natürlichen gang, der alle speise ausfeget. Marc.
7, 19 ; darumb feget den allen Sauerteig aus (goth. U8brainei|)
J)ala faimjü beist). 1 Cor. 5, 7 ;
dem etwas wer im niaRcn gelegen,
das kan es {das pulver) im gar wol aus fegen.
fnsln. «/). 71)8, 15;
sie butzt ihm die schuch, fegt die kleider aus. Gari;. 73'; ich
musz kurzumb die ochscndämi ausfegen. 85'; bei den Teut-
sclien hat Mars und liachus mehr erlegt, als Venus bei den
Welschen ausgefegt. 88*;
und jener {krieg) machte leer der menschen leib und blut,
da dieser nur fegt aus der kästen altes gm.
LoGiU 1,2, 12;
Deutschland bei der alten zeit
war ein stand der redlicbkeit,
ist jetzt worden ein gemach,
drinnen lasier, schand und schmach,
was auch sonsten aus man fegt,
andre Völker abgelegt. 1, 6, 18;
ohne einiges brechpulver die überflüssige feuchtigkeiten ihrer
geldbörse ausfegen, ehe eitles mannes 215 ;
dasz er die stall ausfegt und laub vortrüge den Zicklein.
Voss Od. 17,224;
da werden wir das haus wol einmal ausfegen müssen. Arnim
schaub. 2, 35.
AUSFEGSEL, n. auskehrsei.
AUSFEHMEN, schweine aus der masl nehmen, s. fehme.
AUSFEIERN, bergmännisch, nicht arbeiten: wegen eines
vergebens die woche ausfeiern müssen, vielleicht die woche
aus (hindurch) feiern?
AUSFEILEN, elimare, nnl. uitvijlen : einem eisengerdth mit
der feile die letzte gestalt geben, einen Schlüssel ausfeilen.
dann figürlich, ein gedieht, eine schrift ausfeilen, perpolire;
das werk ist noch nicht ganz ausgefeilt, fehler, falsche reime
ausfeilen, auszerdem bedeutet ausfeilen auch hol feilen, metall
ausholen und herausfeilen : rost, flecken, ein loch ausfeilen.
AUSFEILUNG, f. elimatio: Alcibiades überläszt es einem
Antifon, sich mit ausfeilung einer künstlich gesetzten rede zu
bemühen, Wieland 1, 144.
AUSFEIMEN, besser abfeimen: ein lustiger, ausgefeimter
geselle. Arnim schaub. 2, 16.
AUSFELDEN, par/e^es intercolumniis distinguere. Stieler 464.
AUSFENSTERN, malis verbis objurgare, ausschelten, ausfil-
zen: ihr herr vater hat sie beiszen nach hause gehen und
erschrecklich ausgefenstert. Schelmufsky 1,112; meine mutter
fensterte mich bei diesem zufall verdienterweise ziemlich aus.
Leipz. avanturier 1, 39 ; und so fahren ihro majestät fort, den
armen grafen auszufenstern, dasz es eine art hat. Lessing 7,
289. da fenstern heiszt nachts am fenster der geliebten har-
ren, seufzen, so bedeutet ausfenstern oder wegfenstern ur-
sprünglich den am fenster flehenden liebhaber schnöde abferti-
gen, ausschelten, vgl. Schmeller 1, 545 und fenstern.
AUSFERKELN, desinere porcellos parere.
AUSF'ERTIGEN, conficere, expedire, conscribere, verfertigen:
nur etwas von seiner fast ausgefertigten Eneis. Opitz 1, 3';
einen befehl, den Bassianus ausgefertiget. Gryphiüs 1, 370 ; eine
lustige bauerncomödie ausfertigen. Jucundiss. 212; indessen
wurden die ausgefertigten contracte unterschrieben. Göthe 19,
155 ; um zu hause gehörig rechenschaft zu geben, ja manchen
kleinen aufsatz auszufertigen. 24, 289; mein vater verlangte
ein ordentliches werk, das ich, wie er meinte, sehr wol aus-
fertigen könnte. 26, 41 ; mit welchem geschmack der geübteste
pinscl dieses bildchen ausgefertigt hat. 44, 221 ; wenn man
sich widersetzt ein solches buch auszufertigen. Tieck 9, 187.
ausfertigen ist etwas stärker als das blosze fertigen und als
anfertigen, verfertigen und bezeichnet das voltendet ausgehen
lassen, die arbeit wird angefertigt, gemacht, bereitet und aus-
gefertigt vollendet, man sagt aber heute lieber ein buch ver-
fertigen als ausfertigen, dagegen den pass ausfertigen, nicht
verfertigen, an einigen orten heiszt auch die tochter ausfer-
tigen, ausstatten, aussteuern, s. das folgende.
AUSFERTIGUNG, f dos: weder heuratgut, Widerlegung,
noch auch einige andere ausferligung. FranA/. re/brm. IIL 8, U.
AUSFEüERN, in verschiedner meinung,
1) transitiv, ein ziminer, eine stube ausfeiiern, gehörig hei-
zen und erwärmen, den böttichem, ein neues fasz ausfeuern,
durch eingelegtes feucr erwärmen, damit die dauben biegsam
werden und den überzuschlagenden reifen nachgeben.
2) intransitiv, ausfeuern, desinere tormenta explodere: die
regimenter haben ausgcfeuert. ausfoucrn, vom pferde, hinten
ausschlagen, dasz vom hufschlag funken ausfahren.
AUSFIEDELN, finem facere canendi fidibus. transitiv, durch
fiedeln wegschaffen: unter andern hatte der zahnbrecher eine
kunst, dasz er den leuten die bösen und holen zahne aus-
iiedelte und ausplif. med. maulaffe 383.
AUSFIEDERN, im bergbau, federn, d. i. eiserne keile in die
wandritzen treiben, dasz sie sich auseinander gebett. s. aus-
federn.
AUSFILZEN, 1) mit filz besetzen, ausstopfen, auspolstern.
2) hart ausschclten: das ein grober esel auch auf der can-
zel möcht könig und fürsten ausflizen und seine lust an ihnen
büszen. Luther 5, 148*; denn noch neulich hat mich Hiero-
857
AUSFINDEN — AUSFLÄCHEN
AUSFLACKEM — AUSFLÖUEN
858
nymus so heftig ausgefilzet, als er sein lebenlang nicht ge-
than. Grtfhics l, S69; so sehr ich sie auch ausgefilzet und
ausgehudelt habe. Jucundiss. 40 ;
der tod wird ausgelilzt, dasz er dem theuren leben
nicht eine längre frist aJs achuig jähr gegeben.
Ca.nitz 98;
werde sonst wieder ausgefilzt, wenn ich euch ungeraeldet von
dannen liesze. Fr. Müller 3, 45 ; lassen sie (die recensenten)
einen flieszpapiernen zettel umlaufen, auf welchem sie mich
ausfllzen. J.?acl Siebenk. 2,14; daher filzte er nur die hebe-
maschinisten aus. 7"»/. 1, 93 ; der doclor filzte ihn nun drun-
ten so aus. 1, 176 ; «ein autor von gefühl filzet die aus, die
nicht so viel verstand haben als er. l, 147 ; dasz ich dich auch
ausfilze. 3, 53 ; so filzte er den erstaunten glöckner aus. flegetj.
4, 29 und noch oß.
AUSFI>'DEN, invenire, reperire, herausfinden, nnl. uitvinden :
bis ich deines worts gelieimnus recht ausfind.
WECKiiERLrM 261 ;
und so entdeck ich selbst, was auch bei wachen stunden
ein Deutscher, ja sogar ein domherr ausgefunden.
Hagedor.n 1, 17 ;
nach langer nachte grübeln
fand ich nichts anders aus. Elopstock 9, 29 ;
viel wichtiger deucht michs, des einen,
der unser freund und Judas könig ist,
errettung auszufinden. 9,35;
wir haben kein andres mittel zu diesem zwecke zu gelangen
ausfinden können. 12, 177 ;
stellt und verstellt euch, wie ihr wollt, ich lind
auch hier euch aus. Lessing 2, 24S;
sie hatten in wenig secunden,
60 fein sich jede glaubt, einander ausgefunden.
WiELA.ND 4, 226;
habt ihr schon ohne uns
Termutlich ausgefunden. 18, 171 ;
es würde leichter sein, eine noch schönere frau auszufinden.
8, 40S ; über diesen verlust fodert er genugthuung, in so weit
jemals eine genugthuung für einen so unersetzlichen verlust
auszufinden möglich ist. J. E. Schlegel 5, 411;
ihr habt auf meinem thron mich ausgefunden, marquis,
nicht auch in meinem hause? Schiller 280;
das unstet schwanke sehnen war gebunden,
dem leben war sein inhalt ausgefunden. 495;
wir wandern und suchen und findens nicht aus. 553;
alle gründe, welche die brüderliche delicatesse ausfand, wtt-
ren nicht vermögend, den alten raarchese mit der idee aus-
zusöhnen. 727 ; ich habe wenige menschen in der weit ge-
kannt, deren schwaciiheiten ich nicht nach einem umgang
von drei wochen ausgefunden hätte. Lichtenberg 1, 8 ; leute,
die den einstudiertesten hcuchler auszufinden wissen. Klin-
ge« 9, 134; freilich kann auch ich keine (antworl) ausfinden.
11, 227 ; vielleicht dasz er dann endlich ausfindet, nur er trage
die narrenjacke. 12, 92 ; ei, ich hoffe doch nicht, dasz er ihre
breite ausgefunden hat. Tiecr 12, 318; ich höre noch nicht,
dasz der thäter ausgefunden ist. Hey.ne an Joh. Müller 119.
auffinden ut das finden des gesuchten, ausfinden das hab-
haß werden des gegenständes unter einer menge, das ausfin-
dig machen, engl, find out.
AUSFINDIG, indagabilis: er ist nicht ausfindig, nicht aus-
zufinden; ich mache ihn schon noch ausfindig; er zündete
bis in die siedenden kessel hinein, hörte endlich mein ge-
schrei, dem er nachgieng und machte mich nun bald ausfin-
dig, der arme mann im Tockenb. s. 11. tgl. ausfündig, aus-
fündlich.
AUSFIKSISSEN, vollttändig mit fimis bestreichen, s. an-
fimissen.
AUSFISCHEN, expiscari, erhaschen: den teich ausfischen;
einen brocken in der Schüssel ausfischen ; eine neuigkeit aus-
fischen; da der bei ihnen als ein gallischer Überläufer sich
einfindende Quintus Serturius sie hierzu verleitete und dem
Marcus alle- ausgefischte anschlage der Deutschen verkund-
schaftete. LoHENSTEi.-« Arm. t, 917 ; es ist strafbar, der fürsten
geheime gedankcn ausfischen zu wollen. 2, 714. vgl. ab-
fischen.
AUSFITZEN, rirgis caedere und dann increpare, ausschel-
len. merMiren des ritter vom Lang l, 2S. auch entwirren, ver-
fitztes ausfitzen, t. fetzen, fitaen.
AUSFLÄCHEN, explanare, gani abflachen : der hügel flucht
■ich aus.
AUSFLACRERN, aufhören zu flackern, ausflammen: das
licht hat ausgeflackert, ist erloschen.
AÜSFLA.M.MEN, dasselbe, verflammen: ach bald werden
diese träume ausgeflammt haben. Bettise br. 2, 309. bei
feuerwerkern, ein locker geladenes stück anzünden, um es tro-
cken zu legen.
AUSFLATTERN, erolilare, ausfliegen, bildlich, das leicht-
sinnige mädchen flattert gern aus.
AUSFLECHTE.N , l) probe tcxere: die wände mit reisig
ausflechten. 2) dissolvere: die haare ausflechten, los flechten:
flicht deine Zöpfe aus. Es. 47, 2 ; von der kOnigin aus Saba :
die kunig Salomon grosz Schenkung bracht,
und im sein tiefe frag ausQacbt. Ha.xs Folz im klopfan,
oder wäre es auf ein aiisflachen, explanare zu leiten ? 3) sich
ausflechten, se liberare, eximere: ich suche mich von der sache
auszuflechten ; dasz sie sich nicht ohne merkliche Veränderung
aus seinem gespräche ausflechten konnte. Lobenst. Arm. 2,
128. 356.
AUSFLECKEN, purgare maculas, nnl. uitvlekken : wir müs-
sen uns ausflecken von der schände. Stieler 498.
AUSFLEGELN, trilurare, ausdreschen: das getraide vorläu-
fig ausflegeln, mit einem flegel dreschen; hier liegt noch ein
reiches feld der lästerung unserer unwissenden Hephästione
über das judenthum auszudreschen und auszuflegeln. Ha-
MANX 6, 112. auch einen ausflegeln, grob ausschelten.
AUSFLEHEN, expetere, ausbitlen : nur für meinen söhn da
will ich mir etwas ausflehen. J. Paul Fibel 36.
AUSFLEISCHE.N, canie privare, nudare:
die ausgeüeischte haut wird schlaf und runzelt sich.
FLEai>-G 16;
um einen sack voll geld nam Glaucus, wie ich meine,
sein ausgefleiscbies weib, den alten sack voll beine.
LoGAü 3, 9, 72,
wie es sonst heiszt, das alle gestell, mhd. alter hiute wagen.
A/S. 1, 59'; die gerber fleischen das feil aus.
AUSFLENNEN, finem flendi facere, ausheulen : hast du aus-
geflennt?
AUSFLETSCHEN, irridere. Stieler 501. man sagt auch
das wasser ausfletschen für auspldlschen, plätschern.
AUSFLICKEN, resarcire, ausbessern : ein altes kleid, haus
ausflicken ;
es braucht ein böser mensch das schweren wie ein tucb,
damit zu flicken aus zucbt- ehr- und tusendbruch.
LoGAU 1, 8, 3.
AUSFLIEGEN, evolare, nnl. uitvliegen: liesz einen rabea
ausfliegen, l Mos. 8, 8 ;
der guckuk wolt ausfliegeo. Uhlaxd 44 ;
er ist sein tag von seinem haus
so wfit nie als jetzt gflogen aus.
Atrer fastn. sp. V;
die Vögel sind schon ausgeflogen; der junge mensch ist erst
ausgeflogen ; die Yenediger tragen weit lang ausfliegende klei-
der in groszein umbschweif. Frank weltb. 76'.
AUSFLIEGLING, puer imberbis, gelbschnabel : solches hörte
ein junger ausfliegling. Weise drei erzn. 451. s. ausflügling.
AUSFLIEHEN, effugere, nnl. uitviieden: eitel ausfliehen
und für über rauschen ist da. Luther 3, 344 ;
die mens die fliehen von mir aus. Uhland722;
der man wol zu dem haus ausQocb. 727;
der Epimetheus, welcher als er die übel und alle mühselig-
kciten ausflichen gesehen, hat er ein decken auf das geschirr
gethan. Scboppius 747.
AUSFLIESZE.N, effluere, nnl. uitvlieten: das wasser flieszt
aus;
der quell des sehns ist ausgeflossen,
das ficht der sonne schaut er niemals wieder. Scbillrr 523' ;
der mit güldenem flusz der wort ausflieszende Chrjsosto-
mus. ScHUPPius 724 ; der sonst so ausflieszende, ausströ-
mende dichter wie kurz! Herder 7, 24; man sollte wunder
denken, was es für ein ström wäre, bis zuletzt der vorrat
ausflieszt und ein jeder zum bache wird, grosz oder klein,
hell oder trüb, wie ihn die natur hat werden lassen, und er
seines gemeinen weges fortflieszt. Göthe an/V. r. S<. 2, 190.
AUSFLIMMERN, exstingui, nitorem exuere:
als Hochburgs lampen überall
schon ausgeflimmert hatten. Borger 53*.
AUSFLÖHEN, pulicibvs liberare: das kind behelt die mat-
ter, die wiudeleia flöhet sie aus, das unreine bad mit dem
859
AUSFLUCHT — AUSFLÜCHTIG
AUSFLUG— AUSFORSCHEN
860
Unflat schüttet sie weg. Mathesius 69*; wie der hund nicht
kann die flöh ausflöhen, also kan ein mensch die beschwcr-
den nicht all abschaffen. Lehmann 94.
AUSFLUCHT, f. effugium, diverticulum, praclextus, im al-
ten recht galt ausflucht, schön und kräßig, für appellalion,
gang zu einem andern, höheren gericht: auch soll das land-
volk und die in dem landgericht gesessen sein, kein aus-
flucht suchen, noch appellieren, weislh. 3, 407. vgl. ausfahrt,
ausfahren, ausziehen, das stimmt auch zu der gewöhnlichen
bedeulung diverticulum. wiewol er bereit in demselbigen
stück die schrift schier in zehen löcher und ausflucht zu-
rissen hat, das ich nie schendlicher ketzerei gelesen habe.
Luther 3, 337'; falschen schein oder ausfluchten suchen. Me-
LANCBTH. im corp. doctr. ehr. 523; und wie im sein weib und
8un ertrunken wer in der ausflucht (flucht aus dem schiffe
ins meer). Frank weltb. 218' ; hielte sie die entschuldigung vor
unkräftig und lauter ausflucht. Schweinichen 1, 313; ich ver-
zog aber, was ich mochte, und nahm ausflucht, was ich
konnte. 2, 16 ; mit nichtigen ausfluchten länger aufhalten. 2,
61; er hat aber, wie zuvor, ausflucht gesucht, und ist aus
keiner handlung nichts worden. 3, 25 ; dem könig Grollenko-
derer die ausflucht zur selbigen porten aus zu verschlagen.
Garg. 265';
ohn trost, heil, hofnung und ausflucht.
Weckuerlin 112;
ohn ausflucht vertilget ab der erden. 229;
ohn ausflucht, ohn Zuflucht mein stand
fand zu hilf keines menschen band. 297 ;
ein in angst und gefahr begrifl'ener mann greift wol, wenn
er sonst keine ausflucht siebet, mit bloszer band in ein schar-
fes Schwert, pers. rosenth. 1, 1; wann eine entschuldigung
nicht helfen will, musz man eine andere ausflucht suchen.
Lehmann 205 ; verschone mich mit solchen ausfluchten. Weise
kl. leute 214; ich bat sie wieder, sie möchte mir eine aus-
flucht (heimlichen ausgang) y/eisen. erzn. 346; dies ist nur eine
beliebte ausflucht des frauenzimmers. Salinde 284 ;
und hält ihm alles abzuschlagen,
sich zu der ausDucht schon bereit. Hagedorn 2, 35;
so hält er zum voraus sich mit der ausflucht fertig. 2, 107.
sie würden doch nichts als ausfluchte wider mich vorbringen
können, Klopstock 12, 260 ; da er also die stellen so gut ge-
wählt hatte, dasz nichts als ausfluchte dawider konnten vor-
gebracht werden, so hatten die aldermänner beinah nichts
anders zu thun, als die vertbeidigungen abzuweisen. 12, 271;
was wir dem Charakter der person zur last legen, ist sehr
oft das gebrechen, die nothwendige ausflucht der allgemeinen
menschlichen natur. Schiller 789 ; auf ausfluchte vorbereitet.
203"; ihrem herrn Schwager wollte ich mein gartenhaus gern
tiberlassen, doch würde es nur als die letzte ausflucht zu
empfehlen sein. Göthe an Schiller 21 f>; daher glaubte ich mir
die ausflucht erlauben zu können, in der strasze selbst nicht
gewesen zu sein. 24, 333; ausfluchte! wir nehmen das nicht
an. Fr. Müller 3, 49 ;
dann ist hofnung, es werde sich ausflucht öfnen des elends.
Voss Od. 23, 287 ;
Kant, der sonst immer ausflucht hat, schreibt 2, 177 die aus-
fluchte musz wegfallen, wie alle ausgaben der krilik der r.
vern. lesen und auch Rosenkram beibehält, sonst wäre leicht
musz in müssen zu ändern.
Bei der nähe von ausfliehen und ausfliegen begreift sich,
wie einigemal ausflucht für ausflug gesetzt wird: nach mei-
nem gehaltenen kirchengang und erster ausflucht. Fclscnb.
1, 9; bei meiner ersten ausflucht (dem ersten ausgang). 1, 59;
aus den gebirgen sind wir glücklich zurück gekehrt, der in-
»tinct, der mich zu dieser ausflucht trieb, war sehr zusam-
mengesetzt und undeutlich. Göthe 43, 210. au(A bedeutet nnl.
uitvlugt beides, ausflucht und ausflug.
AUSFLÜCHTEN, praelexere: wann nun Chemnitius sich
mit den Juden ausfliichtcn wil, so musz er beweisen, dasz
Luther als ein anderer mcssias den Christen sei vcrheiszcn
worden. Jon. ScHF.Tri.En» kchrwisch s. 13; man wird an dieser
ausfluchtenden manier doch wol sogleich den echten jünger
Newtons erkennen. Göthe 54, 82.
AUSFLÜCHTIG, fugitivus, jiraetentus, profugus: und wel-
cher dann ausz solchem kommer auszfltichtig wirl. weislh. 3,
698 ; wer sich des ergeben wil, das gottes reich in in komc
und gotles wille geschehe, der mache nur nicht viel auszüge,
suche nur nicht ausflüchtige wcgc. Ldtoeb 1, 78' ; solche wilde
renke und ausflüchtige wort, die schrift zu verstellen, nen-
net s. Paulus auf griechisch kybia und panurgia. 1, 407*;
also sibestu und merkest, wie dieser ausflüchtige teufel kei-
nen andern behelf hat. 3, 73'; solche ausflüchtige rede zei-
gen an, das man das licht schewet und die warheit fleugt
(/. fleucht). 5, 294'; dasz des beklagten und appellaten aus-
flüchtig suchen unerheblich. Avrer proc. 2,6.
AUSFLUG, ffl. volatus e nido, excursio, mhd. öjvluc. pass.
217, 60: der ausflug der vögel; am ersten ausflug. Luther
3, 1 ; wenn ich dir alle ausflüge beschreiben sollte, die wir
von unserm Rheinaufenthalt aus machen. Bettine br. i, 238 ;
einen ausflug in die wüste machen. Wen Jägern heiszt auch
ausflug der ort, nach welchem der ausflug oder auslauf ge-
richtet ist.
AUSFLÜGLING, m. wie hoch möchte sich mancher aus-
flügling bedanken, wenn er aus solchen schriflen seine eigne
thorheit verlassen und klug werden solte. Weise pol. näscher
106. s. ausfliegling.
AUSFLUSZ, m. effluvium, emanalio, nnl. uitvloed, ausflut,
mhd. üjflög Diut. 1, 486. ü^vlieg pass. ed. Köpke 447, 90 : der
ausflusz, die mündung eines Stromes; jene ununterbrochenen
ausflüsse des spanischen goldes. Schiller 777;
sind lieb und hasz ausflüsse meiner safte?
Götter 1, 385 ;
den schwarzen ausflusz seiner galle. 1, 421.
ausflusz der urkraft, der huld, gnade.
AUSFLÜSTERN, susurrando divulgare, heimlich verbreiten.
AUSFLUT, f. effluvium, nnl. uitvloed. im bergbau eine
rinne, das aufschlagwasser abzuführen.
AUSFLUTEN, effluere, ausströmen.
AUSFODERN, s. ausfordern.
AUSFOLGEN, i) intratisitiv, nachfolgen, begleiten: das mäd-
chen durfte seinem geliebten nicht ausfolgen. Auerbach dorf-
gesch. 1, 80. 2) transitiv, verabfolgen, ausliefern : Scipio aber,
wie sehr er durch den ersten augenblick in sie verliebt ward,
liesz sie dem fürsten Allucius unversehrt ausfolgen. Lohenst.
Arm. 1, 845.
AUSFOLGUNG, f. auslieferung : um diese schmach zu rä-
chen brachten sie theils mit geschenken, theils mit dräuun-
gen Brittons ausfolgung zu wege. Lohenst. Arm} 1, 1074. 652.
AUSFORDERER, m. provocator: darf ich den namen die-
ses seltsamen ausforderers wissen? Schiller 148.
AÜSFORDERN, provocare, evocare, nnl. uiteisschen;
die nachtigall
forschend fordert aus, wer gleichen ton und wohn
nach ihr erschöpfen kau. Weckherlin 760;
ein fechter fordert aus, ein landsknecht liebt das kriegen.
Opitz 1, 65;
dasz er so frech seinen meister ausgefodcrt hatte, pers. ro'
senth. 1, 30; fordert er den Nimrod zum streit aus. 7, 2o;
ich hatte ihn ausgcfodert, er war mir genuglhuung schuldig.
Lessing 2, 160;
der lod und Unfall auszufodern,
und wie ein gott zu hcstehu gelernet. Götz 3, 223;
schon dreimal haben wir sie ausgefodert,
doch sie sind klug und bleiben in den schanzen.
Tieck2, 100;
der alle gärtncr stand schon mit einem gesichle droben, das
mit keinem lächeln zum lobe ausforderte. J. Paul Tit. 2, 154.
heute ist üblicher herausfordern.
AUSFÖRDERN, evehere aes e fodinis, aus den gruben for-
dern, doch galt dafür ehmals auch ausfordern : wenn nun
solcher zwitter zu tag ausgefodert und getheilt ist, rüstet man
ihn. Matiiksius 100*.
AUSFORDERUNG, f. provocatio ad cerlamen, herausforde-
rung. IvLisnER 11, 205. nmn sagt die ausfordcrung ergehen
lassen, annehmen, ablehnen.
AUSFORMEN, offnrmare: die Charakterzeichnung des kö-
nigs nach den feinsten niiancen ausformen. Hippel 10, 91.
AUSFARSCHELN, indagari: alle heiinlichkeiten ausförsch-
len. Phii.ander 1, 180; zu mir kamen die kerls als die besten
freimde, försclielten und frUgelten mich aus. der arme mann
im Tuckcnb. 201. läszl sich als fortbildung des folgenden an-
."fc/ien, doch auch unmittelbar vom alid. forscal curiosus (GnAFr
3, 097) ableiten.
AUSFORSCHEN, explorare, scrutari, nnl. uilvorschen : sol-
chen lohn sollen empfahen, die gottes wort nicht gleuben,
sondern ausforschen wollen. Luther 3, 450 ; einen fremden
ausforschen; sein gehciinnis ausforschen.
861 AUSFÖRSCULER— AUSFUCHTELN
AUSFÜniEN — AUSFÜHREN
862
AüSFÖRSCHLER, m. indagator: weise sie weg die indis-
kreten ausförschier und mache dir den auch so mühsamen
weg eigner Untersuchung durch voreilige urtheile nicht noch
schwerer. Lavater phys. fr. 4, 156.
ALSFORSCHLICH, scrufabilis: wie das zugehe, sollen wir
gleuben, denn es ist auch den engein nicht ausforschlich.
Luther 6, 542*.
AUSFRÄGELN, interrogando perquirere. s. ausforscheln.
AUSFRAGEN, dasselbe: einen ausfragen, sachen ausfragen;
dort kumbt er her, den wil ich ausfragn.
Ayrer fastn. sp. 1' ;
«11/ duppellem acc. : morgen hoffe ich seinen bedienten zu
sprechen und ihn alles auszufragen. Rabener 6, 108 ; bald
können wir die natürliche, nngeschmückte und doch gefallige
spräche der erzählung nicht finden, so sehr wir auch unser
gedächtnis ausfragen. Gellert 1, 35; dasz seine mutter ihn
ausfragen wollte, was im Senate wäre verhandelt worden.
Stolberg 7, 125 ; ich hörte wol wie du den boten ausfragtest.
Götiie 21, 4.
ALSFRAGEREI, f. percunäatio molesta: ausfragerei des
erzherzogs. Arnim 1, 116.
AUSFRAÜ, f.
sind kein hausfrawen,
sonder ausfrawen,
wann sie draus schawen. Fischart ehz. 50.
AUSFRESSEN, vescendo conficere, exedere, iinl. uitvreten:
der hund hat die brühe, die Schüssel ausgefressen ; die pferde
haben ausgefressen, iTire krippe geleert; die mause fres-
sen den käse, die würmer die nüsse aus ; der krieg friszt
das land aus ; die meise tödtet kleine vögel und friszt ihnen
das hirn aus; frisz aus was du einbrocktest. Schiller 192',
vgl. ausessen sp. 852; ein elendes fieber hat das mark aus-
gefressen. Göthe 8, 155. 42, 214 (ausgesogen 42, 441) ; dies
gibt dem fels ein ganz eigen ausgefressenes ansehen. 51, 63;
Ton einem rölhlichen mannor, den die Witterung angreift,
daher stellt man der reihe nach die ausgefressenen stufen
immer wieder her. 27, 60 ; wie der jetzige legatz zu Menz
seine Stift, sonderlich Magdeburg ausgefressen, ausgesofifen
und ausgesogen hat. Llther 6, 491*. ungewöhnlich,
wollen
aus diesem land sie gar ausfressen. H. Sachs III. 1, 39*,
d. i. das land ausfressen und dessen alle bewohner dadurch
zwingen auszuwandern, das pferd hat die bohnen ausgefres-
sen, hat sich ausgefressen, die schwarzen flecken an den zah-
nen {woran man sein alter erkenn!) ausgewachsen, s. bohne.
aber auch sich fett fressen: der ochs friszt sich aus; sein
pferd sähe ganz mager aus, das muste der junge flugs hinaus
auf die wiesen in die weide reiten, dasz sichs wieder ausfres-
sen solle. Schelmufsky 1, 79.
AUSFRETZEN, exedere: als wann solche seulen von bolz
gewesen wären und etliche tausend holzwürmer dieselben
ausgefretzet hätten, dasz sie in einem nu dahin fielen, unic.
doct. 276.
AUSFREUEN, affalim gaudere, sich satt freuen: ich will
mich erst ausfreucn. . LEiSEwrrz Jul. v. Tar. 3, 3, satiare gau-
dio, vgl. ausweinen.
AUSFRIEREN, frigore percelli: ich war so steif ausgefro-
ren, wie das rehkalb, das als blinder passagier mit mir auf
dem Postwagen gesessen. J. Paul Siebenk. i, 1 ; der teich ist
ganz ausgefroren, glacie concrevil.
AUSFRISCHEN, weidmännisch, den hund ausfriscben, al-
vum eanis solvere.
AÜSFRCCKELN, exculere, expromere:
Ton blumen was sie (die bienen) scliabcn,
was sie da frucklen aus,
wird gleich zur honig^vabcn,
wauns ituien kommt uacli haus. .Speb trvttn. 129.
die neusten herausgeber {Münster 1S41 s. 118. 12S) ralhen daßr
allgemeines 'einernten.' es scheint genau dai engl, wrigglc
out, loswinden, losbrechen, losrütteln, losdrehen, nd. sagt man
wrickeln und nach härterer ausspräche frickeln, frackein, die
gelenkt drehen {hrem. wb. 5, 298), nnl. wrikken, n-ozu schon
das gnlh. vniiqs krumm gehalten werden darf Sheb hätte
aber das alte und gut gewählte wort richtiger frickeln ge-
schrieben.
AUSFUCHTELN, Iransverso ense pereulere. soldatisch, detf
kerl ausfuchteln und acht tage bei wasser und brot ein-
stecken.
AÜSFCHLEN, palpando inquirere, herausßhlen: derblinde
musz ausfühlen, was seine äugen nicht mehr sehen; weil er
jeden zwischen die äugen nahm, um auszufühlen, ob er {der
köpf) dem rothen Jüngling angehöre. J. Paul flegelj. i, 149;
unter dem essen lockte ich den hund mit dem namen hof-
mann! zu mir, er kam wirklich, ich fühlte ihn aus, ob an
seinem halse kein 45stes capitel hienge, er war leer. Hesp. 4, 173.
AUSFUHR, f. exporlatio, nnl. uitvoer: die ausfuhr des ge-
traides, des weins wird von den nachbarn erschwert.
AUSFÜHRBAR, quod efßci, exportari polest.
AUSFÜHRBARKEIT, f
AUSFÜHPiEN, educere, exportare, egerere, nnl. uitvoeren.
1) von metischen, tlueren. sehr häufig in der bibel: das ich
sie ausfüre aus diesem lande in ein gut und weit land. 2 Mos.
3, 8 ; der aber den ledigen bock hat ausgefürt, sol seine klei-
der waschen. 3 Mos. 16, 26 ; und füreten den flucher aus für
das lager und steinigten in. 24, 23; wie ein adler ausfüret
seine jungen. 5 Mos. 32, 11 ; und füret er sein volk aus mit
freuden. ps. 105, 43 ; der du dein volk aus Egyptenland gefürt
hast mit starker band. Dan. 9, 15 ; füreten in aus, das sie in
creuzigten {goth. ustauhun ina). Marc. 15,20; er rufet seinen
Schafen mit namen und füret sie aus {golh. ustiuhijt). Joh.
10, 3; als nun der gerichtstag kam, dasz man Ulenspiegel
uszfüren soll {ium galgen). Eulensp. c. 58 ;
do tet man in ausfüren [zum Scheiterhaufen)
wol über ein baid, ist brait. Uhla.nd 307 ;
ach Henslein, lieber Henslein
du redtest nicht also,
do mich dabeimt ausfuriest
aus meines vatters hof. 672 ;
da redet inen Gurgelstroza getröstlich zu, ehe er sie ausfüret
{zum kämpf). Gar^. 264*; etliche {in die see gefallen) ergriffen
das umbgekehrte bot, etliche die rüder, und erhielten sich so
lang daran, bis unser Steuermann mit einem ihren fischer-
büten ihnen zu hülfe kam und sie auf zweimal ausführete.
pers. reiseb. 2, 2. noch heute, die Soldaten ausführen, einen
übelthäter ausführen, lieber hinausführen, oder mit fremdem
ausdruck, ausmarschieren lassen, hinaus transportieren, weid-
männisch, den leithund ausführen, am hängeseil in die freie
luß; so auch von menschen, spazieren füliren: sonntags sein
mädchcn ausführen ;
dasz einen guten wirt wir betten,
der uns ausröret diese stat,
die so viel schöner gassen hat. Atrkr fastn. sp. 1*.
2) von Sachen, kom, salz, tucb, geld ausführen, exportare;
du wirst viel samens ausfüren auf das feld und wenig ein-
samelen. 5 Mos. 28, 38 ;
ein tag ich ein Puder thu aus füren, fastn. sp. 563, 34 ;
do ers holz bort aus füren (zum Scheiterhaufen).
Uhlakd 307 ;
du soll aber nicht meinen, das das allein gestolen heisze,
wenn du deinem nehesten das seine ausfflrest. Luther 4, 527* ;
es gehl mir auch wie jenem Schulmeister, da er mist aus-
führet und ein stimm vom hiramel hört: Achaci, Achaci lasz
dein klopfen sein, du bist zu höherem berufen ! Garg. 15l' ;
mancher meint, er müsse allen mist ausführen. Lehmass 100 ;
jenem Schulmeister der mist ausführet, und ein stimm höret,
die sprach: Grcgori, lasz den mist stehen! Scuüppils 543.
ausführende arzneien, evacuantia, die den unrat aus dem leibe
führen, abßhren.
3) ausführen, ad finem pcrducere, voUßhren, durchßhren, voll-
enden, ausrichten: wenn du deine band in legest, so gedenke,
das ein streit sei, den du nicht ausfüren wirst. Hiob 41, 27 ; er
hat eine gniben gegraben und ausgefürt. ps. 7, 16 ; mach dich auf
gott und füre aus deine sachc. ps. 74, 22 ; der hcrr sehe drein
und füre meine sache aus. 1 Sani. 24, 16 ; bis das er ausfürc
das gericht zum sieg. Matlh. 12, 20 ; ich musz noch hingchn
ein fach auszuführen {auszubauen, d. i. eine stelle meines ma-
gens xu fidlen) und ein schnitlcin weichen. Garg. 103';
ich will angloben, dasz ich wöll
mich des rechten förcn aus. ätrpr fastn. «j>. 20"; "
auch soll mein mund stets goiles loh ausrüren.
Wbckhsrlik 53;
der götter grosrer ralh liesz dich hicrumb beiagen
und Tür gcrichtc ziehn. du, wie es sich gebührt,
hast solclien mord und dich zum besten ausgeführt.
Omtz 1,93,
deine Unschuld ausgeführt, dich gerechtfertigt ; da er bei dem
römischen landpQeger kein recht haben kundte, berief er sich
auf den römischen kaiser, dasz er daselbst sein recht aus-
863
AUSFÜHREN — AUSFÜLLEN
AUSFÜLLETHEIL —AUSGAFFEN
864
führen wolle. Schüppiüs 594; da ers gleich folgends kündle
ausführen. 675; sie hätten sich wol ausgeführt, ausführlich
erklärt. Opitz 4, 348 ; gute freunde, die mir einen schmaus
nach dem andern ausführten. Weise erzn. 76 ; wenn man eine
menschliche handlung gesprächsweise ausgeführet und affecten
dabei angebracht hat. J. E. Schlegel 3, 7 ; es ist mir leid,
diesen thurm nicht ganz ausgeführt zu sehn, denn die vier
Schnecken setzen viel zu stumpf ab, es hätten drauf noch
vier leichte thurmspitzen gesollt. Göthe 26, 82 ; besser gedacht
und meisterhafter ausgeführt war nicht leicht etwas zu schauen.
31,220. man sagt allgemein: eine sache, seine sache, einen
handel, streich, schlag, anschlag, sein vorhaben, versprechen
ausführen, ein gleichnis, einen plan, gedanken ausführen;
etwas mehr oder weniger ausführen, schrißlich ausarbeiten.
etwas in rechten, vor gericht ausführen, beweisen, seine
Unschuld ausfüren, peinl. halsg. ordn. 151 — 155. das leben,
die jähre ausführen, hülier führen: die schöne Jugend im
■ Apollo gehet nachdem in andern jugendlichen göttern zu aus-
geführtem Jahren. VVinkelmann 4, 84.
AUSFÜHREN, n. perductio: mut, entschlossenheit, unauf-
haltsames ausführen. Göthe 8, 250. ausführen der waaren,
des heers.
AUSFÜHRER, m. exporlator.
AUSFÜHRLICH, perfectus, accuralus: ausführlicher beweis,
ausführliche erzählung, ausführlicher Vortrag;
mir ists genung daran, dasz ich ausführlich mache,
dasz unsre meinung nicht so arg und frembde sei.
Opitz 402 ;
lobten des libells eingang gar wol, sagten es were fein aus-
führlich. Ayrer proc. 2, 2 ; ich musz diesen abstracten gedan-
ken ausführlich und bestimmt machen. Kant l, 66; begriffe
zergliedern, ausführlich und bestimmt machen. 1, 68.
AUSFÜHRLICH, adv. perfede, plene: wie ich mich dann
solches ausführlich gnugsam darzuthun zu schwach befinde.
KiBCHHOF disc. mil. 2;
was dieser da
mit dir beschlossen hat, weist du ausführlich. Schiller 228;
wir waren einen tag der woche recht ausführlich narren.
GöTIIE 19, 117.
AUSFÜHRLICHKEIT, f. dicendi, scribendi copia, Weitschwei-
figkeit, genauigkeit, detail : was mich aber besonders frappierte,
war der originalausgusz von ihrer büste, der eine solche Wahr-
heit und ausführlichkeit hat, dasz er wirklich erstaunen er-
regt. GöTHE an Schiller 355.
AUSFÜHRUNG, f eductio, exporlatio, exsccutw, deductio,
perfectio: wie ich nun i. f. gn. ausführung thät (beiichl er-
stattete, ausführte). Schweinichen 2, 55; die calvinisten sind
gnugsam widerlegt in der gründlichen ausführung der marpur-
gischen theologorum, welches buch kein calvinist angreifen
wird. ScHDPPiüs 580; die nöthigen ausführungen (exoneratio-
nes). Günther vorr. 15 ; man ist also für erschrecklichen Zeug-
nissen und ausführungen aus den acten sicher. Herder 1,155;
es war eben nicht das beste gemählde, nicht gut zusammen-
gesetzt, von keiner sonderlichen färbe und die ausführung
durchaus manieriert. Göthe 18, 106 ; die tiefsten abgründe der
erfindung sind ihnen nicht verborgen und die feinsten züge
der ausführung sind ihnen bemerkbar. 19,95; das ganze herr-
lich gezeichnet, reich und unschuldig, harmonisch in seinen
theilen, von der höchsten ausführung. 31, 219; dem dichter
bleibt doch das ganze verdienst einer lebendigen ausführung,
die desto fertiger sein kann, je besser die fabel ist. Göthe
an Schiller 285.
AUSFÜHRUNGSART, f. Göthe 32, 162.
AUSFÜHRUNGSVVEISE, f.
AUSFUHRVERBOT, n. cxportatio inlerdicla.
AUSFUHRZOLL, m. portorium. s. ausgangszoll.
AUSFÜLLEN, explere: und wil dein asz auf die berge wer-
fen und mit deiner hohe die tal ausfüllen. Ez. 32, 5; trug in
die tiefen löcher holz und stein und füllet es aus. Wickram
rollw. 7*; guten Vorrat von starken quallen vom Hundruck
und hanenkamm mit zwibeln ausgefüllt. Garg.bZ*;
die sich ausfüllen wie die krapfcn. Kirkr fastn. ap. iO*;
sein leben auszufüllen, muste er die zahl seiner gcnüssc ver-
mehren. Schiller ICH; seinen platz, postcn ausfüllen;
wenn Ich nun gleich das wciszc hintt dir schickte,
anstatt dnsz ichs mit leitern erst beschreibe,
ausfülltest diis vielleicht zum ztjitvertrcihc,
und scndciesti) nn mich, din hochbcglücktn.
OOTUK 2, 12, vyt. liBTTINE br. 1, 100)
der hauptacteur, der das ganze stück ausfüllt, sprach und
spielte vortreflich. 27, 260; wer den thron selbst nicht aus-
füllen kann, ist des glanzes unwerth, den er um ihn lügt.
Klinger 2, 6; den edlen, der mein wachen, meinen schlaf aus-
füllte, darf ich freund und vater nennen. 2, 343 ; eines jeden
bedürfnisse kennend und ausfüllend. Bettine br. t, 167.
AUSFÜLLETHEIL, m. stellt man sich das menschliche ge-
schlecht als ein ganzes vor, wo jeder theil in seine stelle past,
so werden dergleichen menschen {die mit jedermann leicht
freundschaß machen) zu solchen ausfüllctheilen, die man überall
hinwerfen kann. Lichtenberg l, 154.
AUSFÜLLUNG, f. fartura.
AUSFÜLLUNGSMITTEL, n. explementum.
AUSFUND, m. inventum: mit sonder- und wunderbarem
abwechselungsausfund. von Birken OL. 103. tetTsciiUDi scheint
jedoch usfund adjectivisch gebraucht: an einem rechten lassen
usfund werden, ob etwas recht sei. 2, 36l'.
AUSFÜNDIG, repertus, apertus, nolus: es ward durch einen
jungling auszfündig. Hedion com. 23 ;
damit euch nu werd kundig
desselben erden an, '
und offenbar auslündig
ir pflüg und wagenfart. Soltau volksl. 173;
dasz bergwerk in Spanien lengest vor Christi geburt gewesen,
ist ausfündig. Mathesiüs 16'; ist ausfündigs rechtens {offen-
baren rechts), s. oben sp. 135 unter abstricken aus Hohberg 3,
30". hauptsächlich in der redensart etwas ausfttndig macli^n,
ausfinden: sie machte bald ein mittel ausfündig sich meiner
zu entledigen. Wieland l, 39 ; den ort ihres aufenthalts aus-
fündig zu machen, schien beinahe eine Unmöglichkeit. 2, 142 ;
mich verlangt von herzen nach dem urtheile des publicums
über meinen neu ausfündig gemachten dichter. Bürger 244".
s. ausfindig.
AUSFÜNDLICH, dasselbe: sintemal doch ausfündlich, dasz
es der weit auf solchen schlag mächtig wolgefallt und ohn
nutz nicht abzugehn pfleget. Garg. 4.
AUSFUNKELN, emicare: am stifte schimmerten alle fenster
im ausfunkelnden mondlicht. J. Paul Hesp. 3, 141. dann mi-
care desinere : Amors fackel funkelte aus. biogr. bei. 1, 77.
AUSFÜRCHEN, sulcare: den acker gehörig ausfurchen;
ausgefurchte wangen, ausgefurchtes gesiebt.
AUSFÜRCHTEN, metum abjicere: und da ich nu mich für
solchem sprühen des teufeis schier ausgefürchtet hatte. Lu-
thers br. 5, 155.
AUSFUTTERN, vestem muntre panno, pelle: das kleid roth
ausfuttern ; ein mit pelz ausgefütterter rock, auch ein loch
mit eisen ausfuttern, man sagt aber auch in dieser bedeutung
ausfüttern, sowie umgekehrt die folgende ohne umlaut erscheint.
AUSFÜTTERN, largo pabulo pascere: ausgefüttertes leibes.
Luther 3, 17'; ein tapferer soldat, wenn er wol ausgefuttert
ist, greift den feind hurtig an. pers. rosenth. 1, 17 ; ein pferd,
rind ausfüttern, auch das rindvieh ausfüttern, den winter hin-
durch füttern; die knechte haben den ganzen haberkasten aus-
gefüttert, leergefüttert; sich ausfüttern, stark essen.
AUSGABE, nach verschiednem sinn des ausgebens,
1) die ausgäbe der angekoinmnen brlefe: die ausgäbe ge-
schieht siebenmal des tages.
2) die ausgäbe der auf einmal abgedruckten excmplare eines
buches, verschieden von aufläge {w. m. s.). ausgäbe von der
letzten band. Wieland 1, vi. .xxvii ; ausgäbe letzter band {s. band) ;
Prachtausgabe, ausgäbe auf besserem papier.
3) geldausgabe, cxpensa pecunia, im gcgensatz zur einnähme :
er hat wenig ausgaben, starke ausgaben, musz seine ausgaben
einschränken ; unerwartete ausgäbe alle ausgäbe und ein-
nähme anschreiben. Sir. 42, 7.
4) andere ausgaben: diese schwäche der augenbraunen ^ber
ist immer ausgäbe, abzug von der kraft und vom feuer. La-
vater physiogn. 4, 255.
AUSGABEBELEG, m.
AUSGABEBUCH, n. tabulae expensi.
AUStiABELN, furca excipere, gewöhnlicher aufgabeln.
AÜSGABIG, expendens pecuniam: welcher ausgäbiger ist in
einem, ist vunnüthen, dasz er mäszig, karg und häuslich in
einem andern seic. Schuppius 739.
AUSGABLICH, ausgabliche berechnung.
AUSGAFFEN, stupide prospicere, oculos cireumferre: was
hast du immer auszugafTen? dann auch desinere spectare:
am galFcndcn publicum, ob das, wcnns ausgegaft hat, sich
865 AÜSGÄILXEN — AUSGANGSPUNCT
rechenschaft geben kann, waram es gafte oder nicht, was liegt
an dem? Güthe 33, 31.
AUSGÄHNEN, oscitare, osätanier loqui:
sie weist dem jungen mann die schönste reih von zahnen
im schönsten munile, der srch jemals aufgeihan,
•und PsTche' gähnt sie aus 'war damals schon geboren?
WlgLA.ND 9, 282.
ausgähnen, desinere oscitare.
AUSG.\HREN, defervescere, fenendo ejieere: gutes ausge-
gohrenes hier; seine jugend hat noch nicht ausgegohren;
desgleich so sein (des veins) der mensch trinkt tu,
er unten und oben aus wil,
bleibt so ungstüm bis er rein wirt,
allen unüat von im ausgiert. H. Sachs II. 2, 89";
ach ja, mein täglich hier ist köstlich ausgegohren.
Weise comöd. 350;
Spöttereien über thoren
haben darin (im fast) ausgegohren. GöKi.tGc 1, 142.
t. ausgühren.
AUSGÄKEN, eructare: musz alles aus dem magen aus-
gäcken. Wiedemasn juni 117. s. ausküken.
AUSGANG, m. exitus, ßnis, nnl. uilgang, mhd. üjganc. troj.
kr. 18306.
1) ausgang aus dem hause, lande : ausgang der kinder Israel
aus Egyptenland. 2 Mos. 19, 1 ; dein ausgang und eingang mit
mir im' heer. i Sam. 29, 6; das er erkennete dein ausgang
und eingang. 2 San». 3, 25; weisz nicht weder mein ausgang
noch eingang. 1 kön. 3, 7 ; daher behüte deinen ausgang und
eingang. ps. 121, 8; zeige inen die weise und muster des hau-
ses und seinen ausgang und eingang. Ez. 43, U ; redeten von
dem ausgang, welchen er soll erfüllen zu Jerusalem {^oSov
Iv ' laoavaalrifi). Luc. 9, 31 ; alle ausgenge des heiligthums.
44, 5 ; das haus hat nur einen ausgang ; buch des ausgangs,
exodus. fasln, sp. 11, 24.
2) insonderheit der erste ausgang der frau nach der nie-
derkunft, des genesenden nach der krankheil, des reisenden
nach der ankunß: es ist wirklich sein erster ausgang. Les-
si>G 2, 536 ; die frau hat ihren ausgang, ihren kirchgang noch
nicht gehalten, tos Göchhacses in Bottigers lit. zuständen
2, 256. sonntags hat eine magd um die andere ihren ausgang.
3) weidmännisch, das wild hat seinen ausgang, geht auf die
felder weiden; der liirsch hat die schönsten ausgänge.
4) ausgang des flusses, mündung, auslauf: die Trave, welche
ihren ausgang bei Lübeck hat. Micrälics a. P. 1, 29 ; ausgang
des gewässers. ausgang bei der grenze: von dem berge Hör
messen bis man kompt gen Hamatb, das sein ausgang sei
die grenze Zedada. 4 Mos. 34, 8.
5) ausgänge des leibs: das der bapst solchs nicht macht
hat zu gebieten, als wenig als er macht hat zu verbieten essen,
trinken und den natürlichen ausgang. Luther 1, 304* ; von der
rur oder ausgang. Albrecht rosarznei 96.
6) ausgänge der zeit, des jahrs, monats, der woche, des tags,
welche man oft persönlich dachte, ihnen also wirklichen gang
tuschrieb : im ausgang des jars. 2 Mos. 23, 16 ; nach ausgang
der flitterwochen. Kirchhof wendunm. 328' ; nach ausgang der
erstgeschwornen zeit. mit. dise. 66.
7) ausgang heiszt den Schriftsetzern der sehlusz eines rede-
tatzes, nach welchem abgesetzt oder der absatz eingezogen wird.
8) ausgang, ende, ziel, evetitus: der sachen ausgang vor-
bedenken. Kirchhof icendunm. 282*; endlich war dies der aus-
gang. Garg. 269"; der ausgang der bewegung war ein edler;
der anfang seh auf den ausgang,
der ausgang macht gut den anl'ang. Logau 1, 7, 100;
was es für einen ausgang mit ihnen genommen hab. Scucp-
piGS 7 ; viel haben von dem ausgang gezweifelt. 748 ;
wa« nicht hat einen guten anfang,
das gewinnt einen bösen ausgang. LEHaAK.i23;
graunvollcr ausgang meiner ahndungen. Gotter 2, 245;
es ist im ausgänge (luletzl) einerlei, ob ich sage etc. Kaut 2, 393 ;
wenn es ein nothwendiger ausgang der natur ist, dasz ein
Weltsystem endlich zum völligen stillstände gelange. 6, 66;
wie der ausgang dieses Schlusses ein lachen enveckt. 8, 3C5 ;
jeder ausgang ist ein goltesurlheil. Hcco na/arrfcAn819 j. 547.
AUSGÄNGER, m. qui est a pedibus, sonst ausläufer: nun
kam der ausgänger des klosters und fragte, ob sie nicht in
das refertnriuiii kommen wollten. MiLLER%Si>9irar( 1, 28.
AUSG.\NGSGEB( HIU f was ausgangszoll.
AUSGANGSPUNCT, m. ; ihr seid von einem richtigen aus-
gangspuncte in eine falsche fulgerung gerathen. Oabljiasn
/ranz. rer. 31 r.; der erste ausgangspunct ist verborgen.
AUSGANGSTHOR — AUSGEBEN
866
AUSGANGSTHOR, n.
AUSGANGSZOLL, m. porionum. s. ausfuhrzoIL
AUSGÄTEN, ecellere, eruncare, besser ausjeten, aasjäten:
will du denn, das wir hingehen und das unkraut ausgeten?
Matth. 13, 2S ; dasz ir nicht zugleich den weizen mit ausreu-
fet, so ir das unkraut ausgetet. 13, 29; das unkraut ausget-
ten. Frask 5, 148; der magister schwur unterwegs aus ihm
(dem beiderseitigen züghnge) jeden tag so viel auszugäten, als
jener {der mitlehrer) einharke. J. Pacl Tit. 1, 107; du alter
graubärtiger, ungehangener dieb, du darfst mir nicht nel, ich
gäte dir den hart aus. Gryphius 1, 769.
AUSGATTERN, aucupari ex insidiis, durchs gitter erspähen,
rimari : wenn er gleichwol sein Hannchen ausgattern könnte.
C. F. Weisze ;
der paU-iarch
hiemächst hat ausgegaitert, wie die veste
sich nennt, und wo auf Libanon sie liegt,
in der die Ungeheuern summen stecken. Lkssikg 2, 220 ;
sie wird nicht ruhen, bis sie ihn ausgegattert hat. vgl. auf-
gattern und ergattern.
AUSGAUKELN, herausgaukeln, aus der tasche locken: die
leut ubertölpelen, besefelen und inen das pludermus und
wurmsamenkat auf zigeinerisch eingaukelen und den seckelsa-
men (das geld) ausgaukelen. Garg. 192*.
AUSGEBÄREN, parere, gignere ex se:
wie eins im andern sich verliert,
manch buntes kind sich ausgebiert. Göthx 4,380;
aus sich selbst in stiller wonne
traubensüsze ausgebieret. Tieck get. not. 10, 296 ;
gott hat ein wesen ausgeboren. SiiLtiNC 691; diese naturan-
lage der Vernunft, welche metaphysik als ihr lieblingskind aus-
geboren hat. Kant 3, 279. vgl. ausgeburt.
AUSGEB.ÄUDE, n. aedificium prominens: aus dem liede,
woraus, wie ein ausgebäude, die schönen worte heraussprin-
gen. Hippel lebensl. 3, 251. vgl. angebäude.
AUSGEBEGELU , n. geld zu täglichen ausgaben : weil sie
aber nicht flugs bei ausgebegelde war. Schelmufsky 2, 17.
AUSGEBEN, edere, promere, distribuere, von sich geben,
herausgeben, austheilen, nnl. uitgeven.
1) die tochter, das mädchen ausgeben, dare e manu, nuptui
dare, exSiSövat, böhm. dceru wdati, mhd. üz, geben, pass.
Köpre 340, 27 : es ist nicht sitte in unserm lande, dasz man
die jüngste ausgebe vor der ehesten, l Mos. 29, 26, wie das
Volk sagt, giummet mache vor dem heu; grosze kinder, die
sie fürter beraten und uszgeben betten. Eulensp. e. 67;
der Kolman gab sein tochter aus. Uhla-cd 35;
ein solche magd wird geliebt, gefordert und darnebn
von guten leuten ausgegebn.
der berr beschert ihr einen frommen mann.
Ri:«GWALD laut. varh. 315 ;
demnach doctor Baudisz witwe eine tochter ausgab und ich
von ihr zur hochzeit eingeladen worden. Schweisichen 3, 177 ;
wann ein reicher mann eine tochter ausgab, so gab er ihr
knecht und mägde mit. Schcppics 101; vor ungefehr einem
Tierteljahre gab die frau Gragem ihre Jungfer tochter an einen
peruquenmacher von Jena aus. unw. doct. 635; die tochter
unsers herrn wird morgen ausgegeben. Wielasd 22, 165.
2) aber auch allgemein für leute herausgeben, ausliefern,
aus der hand lassen : war aber, ob ein herr hernach kam,
des er (der ins land gezogne mann) gewesen war, und in wolle
vahen ... so sullcnt vier man oder sechs zu dem herrn
schicken, die sullent in bitten, ob er in well ausgeben auf
recht will er in denn ausgeben aufrecht u. s. w. weisth. 3, 652;
nehmt an der hand und bringt des Brises rosige tochter,
wenn er sie nicht ausgäbe, so möcht ich selber sie nehmen.
Voss lt. 1, 324.
3) Sachen ' ausgeben, austheilen, gutes oder böses: da er
sold und gaben ausgegeben hatte mehr denn alle könige vor
im. 1 Macc. 3, 30 ; brot ausgeben oder verkaufen, weisth. 3, 643 ;
dem falken das luder ausgeben, weidw. 2, 6'; die hausfrau
gibt aus, holt aus der Speisekammer und vertheilt; karten
beim spiel ausgeben;
die sprcnze, die sprenze (sprinte, sperber)
die gab aus schöne krenze. üula5d 41 ;
Fischabt unter den spielen nennt n' 163 eins stein ausgeben
und sagt auch Garg. 149* : als Paris zwischen den drein frawen
den apfel austheilt, daher noch der löblich brauch des stein
ausgeben», es scheint hiemach der besten oder schönsten ein
stein gegeben worden zu sein.
55
867
AUSGEBEN
AUSGEBER— AUSGEHEN
868
dasz ihr gegenpart ohrfeigen ausgegeben habe. Schüppiüs 818.
vian sagt auch, bei wegbleibendem acc. der sacke, mit dem
•Schwert, mit dem stab, mit der band ausgeben (ähnlich dem
mhd. lie; dare gdn mit eime mejjer, mit der baniere, mit
dem rosse):
ich wil dir mit dem schwert ausgeben, fastn. sp. 194, 27 ;
da gab mans (den segen) mit den kolben aus ; da wurde mit
beiden bänden (schlage) ausgegeben; sie gab mit voller band
(brol, almosen) aus. auch bloszes ausgeben bedeutet den ar-
men geben:
darumb du frommer christ ausgieb,
zeig den armen dein christlich lieb. H. Sachs I, 64';
frei milliglich ausgeben. 1, 225'.
4) ausgeben, aiiszer dem hause fertigen lassen: die wasche,
oder eine andere arbeit ausgeben.
5) ein buch, werk ausgeben, herausgeben, durch den druck
zum verkauf bringen, edere librum, vgl. ausgäbe; die briefe
sind noch nicht ausgegeben ; die zeitung wird ausgegeben ;
wie wol ich etzliche kleine tractätlein wider den tichter des
pasquills ausgegeben. Schüppiüs 623; aber die Schrift darf
noch nicht ausgegeben werden.
6) geld ausgeben, expendere pecuniam, und wiederum mit
wegbleibendem acc. blosz ausgeben : das dir furfelt auszugeben,
das lasz geben aus der kamer des königs. Esra 7, 20; er
gibt aus, immer aus und nimmt nichts ein; er gibt alles,
sein ganz vermögen aus; ein geizhals will nichts ausgeben;
die herren müssens einnehmen, wie sie es ausgeben, rufen
sie hott, so gehts suder (schwuder, links). Lehmann 87 ;
wo es dann an ein rechnen gat,
vil me in unserm uszgen (ausgeben) stat,
den wir ingnommen wellent han. trag. Joh. B8.
7) Worte ausgeben, verba proferre, von sich geben: wo nie-
mand zuhöret, da geh ich nicht aus das wort, sprach Salo-
mon. Luther 1,28'; auch blosz ausgeben, sagen, vorgeben:
da gab ainer aus. fastn, sp. 758, 26 ;
die parole ausgeben ; darumb das gott möge seine kraft und
trost ausgeben und uns mitteiieri, so zeucht er hin allen an-
dern trost. Luther 1, 20'; schaden ausgeben, stiften:
hunde die an ketten liegen, menschen die nach willen leben,
sind bedenklieb, beide pflegen leichtiich schaden auszugeben.
LoGAU 3, 3, 49,
vielleicht mit rücksicht auf den Sprachgebrauch der jäger, nach
welchem der hase sein glos (seine losung, excrcmentum) aus-
gibt (auswirft), weidwerkbuch 90'. anderwärts scheint aber aus-
geben auch das bellen der hunde auszudrücken: nachdem
sich nun des (in den dachsbau gekrochenen) hundes ausge-
ben in ein winseln verkehrte. Hohberc 2, 637*.
8) allgemein ausgeben für geben, hingeben, producieren, im
gegensalz za empfangen, sich geben lassen: personen, die mehr
empfänglicher als ausgebender natur mit reinem sinne einen
ruhigen antheil an dingen zu nehmen bereit sind. Göthe 26,
210. was mein vermögen ausgeben (ertragen, austragen) kann.
unw. doct. 5.
9) sich ausgeben, dargeben, mitlheilen: sich ganz ausgeben,
sich von barem gelde entblöszen; ich habe immer ihro gnaden
für einen ordentlichen und vorsichtigen mann gehalten, der
«ich niemals ganz ausgibt. Lessing 1, 514; von deutschen pro-
ductionen war mir Olfried und Lisena eine höchst willkom-
mene erscheinung. das einzige bedenken, was sich auch in
der folge einigermaszen rechtfertigte, war, der junge mann
mochte sich in solchen (so) umfang zu früh ausgegeben ha-
ben. Göthe 32, 176.
10) von sich oder von einem andern ausgeben, aussagen, be-
haupten :
0 lieben nachbawrcn schweiget still
und gebt die ding nit von mir ausz. H. Sacus III. 3, 58';
80 man von ihr gibt rümlich aus,
das auf ircn (ihr) das haus bestand. Fiscuart eht, 49;
damit unterdrücken und dämpfen,
was er von ihr ausgeben hab. Arnin 269*;
man gibt zwar von dir (demtode) aus, du seist von schlechlem bein.
VOM .Schönbohm bei (;iirpiiiiis 2, 32;
du must von dir selbstcn mehr nicht ausgeben, als es in der
that ist, damit du nicht roth von schäm werdest, pers. baumg.
5, 11. ungewöhnlich ist auf einen ausgeben : dasz auf ihne
ausgegeben worden, er hätte die gewonhcil, beides mit der
2ung und krummen fingern spazieren zu gehen. Simplic. 2, 312.
11) für etwas ausgeben, darstellen ah: Ulenspiegol gab sicii
usz für ein scbrcincrknecht. Eulcnsp. c. «2 ; ich geh mich aber
nicht für den aus, der crfarnc und trewc sciimelzer will
arbeiten leren Mathesiüs 147\- wie immer sie sich für die
erste unserer besseren poesie erfinder fälschlich ausgeben.
Weckherlin vorr. zu den welll. ged. ; kam ein cavallier zu mir,
der gab sich für einen baron und obristen aus. Schüppiüs
253; ich will nur erwehnen, dasz mich einige leute vor schön
ausgeben wollen. Fclsenb. 3, 147 ; dieser gibt sich keineswegs
dafür aus, die möglichkeit der dinge zu erklären. Schiller
1169; in wahren geschichten, warf Anselm dazwischen, wofür
sich diese doch ausgibt, kommt dergleichen nicht vor. Tieck
ges. nov. 9, 175; da er jim ende recht behielt und ich nicht
gern für boshaft ausgegeben werden wollte, so liesz ich auch
diese abhandlung hegen. 9, 6.
12) intransitiv, ergibig Sein, ertragen : das mehl gibt gut
aus, gibt vieles brol; das getraide gibt wenig aus; die schul-
denmasse wird dreiszig vom hundert ausgeben; so kommt
doch eins zum andern und es gibt am ende etwas aus.
weidmännisch, das hörn gibt gut aus, erschallt laut; der
hund gibt aus, bellt, vlg. 7. es hält nicht schwer accusalive zu
ergänzen, vgl. ausgibig.
AUSGEBER, m. dispensator: ausgeber über ein regiment
teutsches kriegsvolk. Reütter kriegsordn. 9 ; aber, mein freund,
sage mir, wer hat dich zum ausgeber oder wagmeister der
göttlichen gnade gemacht? Felsenb.i vorrede, zuweilen auch
für herausgeber, editor: der deutsche ausgeber des englischen
bibelwerks. Lessing 10, 63; wäre ich ein ausgeber des Tyr-
taeus. Herder 1, 176. ausgeber hiesz auch zuweilen der aus-
steller eines wechseis.
AUSGEBEREf, f. expensae inutiles.
AUSGEBERIN, f dispensatrix, haushdlterin, hausjungfer, an
einigen orten auch die ausspeiserin, schlüsselmagd, käseraut-
ter, altfrau: eine 35jährige Jungfer ausgeberin. Felsenb.2,i6;
die ausgeberin des Präsidenten. Tuümmels Wilhelminc s. 32;
was ihm allen verstand nimmt, ist die liebschaft zu seiner
aus'geberin. Arnim kronenw. 1, 397.
AUSGEBIETEN, proclamare, edicere: der ausgebieten Hesz
in seinem beer. Boccaz 43.
AUSGEBOT, n. vendilatio: die marktweiber in der Stadt
sind am wenigsten geglückt, da sie beim ausgebot ihrer länd-
lichen waare den Städtern gar zu ernstlich den text lesen.
Göthe 33, 169.
AUSGEBREITETHEIT, f ampliludo, besser ausbreitung.
AUSGEBUIVG , f cditio : bei der letzten ausgehung ihres
Wörterbuchs. Leibnitz 455. heule unüblich und durch ausgäbe
vertreten.
AUSGEBURT, felus, gern in üblem sinn: die laune, deren
ausgeburt das werk selbst ist, hat ihm auch den namen ge-
schöpft. Wieland 4, ix; o du ausgeburt der hölle. Göthe 1,
239; eines werks aber der wahrsten ausgeburt des sieben-
jährigen krieges musz ich hier vor allen ehrenvoll erwähnen,
Minna von Barnhelm. 25,100; Eros, Amor, Cupido selbst er-
scheinen als ausgeburten der urzeif, Aphroditen wol zuge-
sellt, aber nicht so nahe verwandt. 39, 288 ; die centaurin
gibt der jüngsten ausgeburt ihres doppehvesens die milch der
mutterbrust. 39, 288 ; da diese Schnecken ausgeburten de»
süszen Wassers sind. 43, 307 ; eine gewisse cultur, die vom
herzen ausgeht, ist daselbst {im nördlichen Deutschland) ein-
heimisch, wie vielleicht nirgends, er selbst (Uiller) ist ein kind,
eine ausgeburt dieser cullur. 40, 181 ; vorzüglich an Schmet-
terlingen, diese, die man wahrhafte ausgeburten des lichtes
und der luft nennen könnte. 52,262; wie denn auch die fär-
ben als ausgeburten jener beiden ersten (Hehls und Schaltens)
dargestellt sind. 53,202; der beifall, der jenen wunderlichen
ausgeburten (dem Ardinghello und den räubern) allgemein ge-
zollt ward. 60,253; raubschiffe, ausgeburten des bürgerkriegs.
Dahlmann dän. gesch. 1, 409.
AUSGECKEN, Hindere, zum narren haben: verlachet und
ausjäcket. Simpl. 1, 170.
AUSGEHEN, exire, egredi, prodire, interire, nnl. uitgaan,
mhd. A; giln (Ben. 1, 408').
l) ausgehen, exire domo, cubiculo, gegenüber dem eingehen,
rfa/jor ausgehn und cingehu formelhaß verbunden (s. aus 1,3);
drei heller kummen ein, sechs lieller gnhen aus.
I.or.AU 2, 3, 6.
Ruhen gicng aus (dem hause). 1 Mos. 30, 14; heute seid ir
ausgangen. 2 Mos. 13, 4 ; ich bin ausgangen, das ich dir wider-
stehe. 4 3/oi. 22, 32 ; als er wieder ausgieng {nach der krank-
heit). MATirEsiusls'; ausgehen, lustwandeln, spazieren gehn, mhd.
sich crgän (Ben. 1, 472'); die mutier liesz das mädchen nur
869
AUSGEHEN
AUSGEHEN
870
selten ausgebn. das vieb, die herde gebt aus, wird ausgetrie-
ben, tceisth. 2, 272. die eier gehen aus {der schale), exeludun-
tur, vgl. ausfallen 2. Oß ist der ort ausgedrückt, von wel-
chem, oder der wohin ausgegangen wird: von dem hause,
schiffe, walde, berge ausgeben, in das land, in die Stadt, an
das feld ausgeben; und sali in sieben tagen nicht ausgeben
von der hütten. 3 Mos. 8, 33. die praep. zu kann, ihrer art
nach, dabei bald das her, bald das hin bezeichnen: da ich
unsgieng zum tbor. Hieb 29, 7; ich bleib stille und gieng nicht
zur thür aus. 31, 34; was zum munde ausgehet, das verun-
reiniget den menschen. Matth. 25, 11 ; bis das euch zur nasen
ausgebe und euch ein ekel sei. 4 Mos. It, 19 ; gieng er aus zu
seinen Lrüdern. 2 Mos. 2, 11 ; der flötz gehet zu tage aus ; die
(kohlen) lager geben häufig zu tage aus. Göthe 25, 326. die
seele, der athem gehet ihm aus, gehet aus dem leibe, munde:
da ir aber die seele ausgieng, das sie sterben muste. 1 Mos.
35, 18 ; das er nicht ehe speise den hungrigen, kleide den
nackenden, sie komen denn in die letzte not, das inen die
seel ausgehet. Luther 1, 50' ;
bis dem weidmaa die seel ausgieng. H. Sachs II. 4, 55';
etlichen (kranken) gehet, wann sie also under den andern im
gedreng auf dem wagen sitzen, die seel aus, ehe sein die an-
dern gewahr werden. Kirchhof mil. dise. 118 ; es ist kein wun-
der, dasz einem heftig verliebten die seele ausgehet, pers. ro-
senth. 5, 4 ; dasz ihm gleichsam leben und athem ausgeben
würde.' Göthe 20, 197. der weg war so leimig, dasz ihr die
schuhe (rofj den ßszen) ausgiengen; die Stiefel gehn leicht
aus, lassen sich bald ausziehen;
am untern steilen abbang gehn dem pferde
die letzten schmalen klippenstufen aus,
es stürzt herunter. Göthk 9, 257.
der weg gehet von dem berg aus; ir weg gebet beseid (bei-
seits) aus, sie tretten aufs ungebente und werden umbkomen.
Hiob 6, 18. das feuer gebt aus, bricht aus, schlägt aus dem
Schornstein: ob sich durch Unglück zutrüge, dasz ein iewr
ausgienge. Bectter krieysordn. 41; in den weisthümern heiszt
es häufig: die schaffen gehn aus, um an einem vom gericht
abgelegnen ort zu beratschlagen. Die ältere spräche setzte
den auf ausgebn, wie das einfache gehn, folgenden inf. gern
ohne zu : ein jager gieng aus jagen, ein knabe gieng aus baden ;
und er wolt ausgan weihen. Uhland 274 j
rfocA Luther unrf Fischart erlassen sich zu nicht: er war aus-
gegangen zu beten auf dem felde. l Mos. 24, 63 ; sie giengen
aus künstliche werk zu beschawen. Garg. 186*.
2) beachten swerlh ist die Verknüpfung des ausgebens mit den
ad}, frei, leer, los und einigen participien: im siebenden jar
sol er frei ledig ausgehen. 2 Mos. 21, 2 ; und sol nicht los
ausgehen im halijar. 3 Mos. 25, 30; denn er sol von dir los
ausgehen und seine kinder mit im. 3 Mos. 25, 41 ; da ward
Jonathan und Saul troffen, aber das volk gieng frei aus. l Sam.
14, 41; und was soll ich haben, sagt die dritt, soll ich lär
ausgehen? Garg. 131*;
ists wahr, da<!Z sich das herz auf solche sprach versteh,
wie kummls denn, dasz Ich leer mit meiner plut ausgehl
Grtphils l, 667;
wenn ich ihm zehn stelle, läszt er mich frei ausgehen. Schil-
ler 118; du sollst frei ausgehen, wie die weite luft. 137; und
ich werde, wie es scheint, leer ausgehen, sagte Laertes, Göthe
18, 157 ; der fürchterlichste streich ist leer ausgegangen. Kavt
8, 127 ; damit einer zaiet und umbkeme und die andern one
entgeit und ungestraft ausgiengen. Mathesics 72';
wie aber geht es dem für so genossen aus? Ca.iiti;
doch da ich dieses in dem werke des Marmontels nicht finde,
so kann ich es zufrieden sein, dasz man ihm auch jenes nicht
für genossen ausgehen iäszL Lessisc 7, 152;
wart nur das geht dir nicht so ungenossen aus.
, . . . , . . GöTHi 7, 94.
mna. ir hauet mich gcsrhojjen
und gät sie geno;;en. Walth. 40, 33 ;
h«r, mir tuot immer wA,
»ol er$ geno;^en scheiden hin. Por*. 290, 9;
noch fit er under in genouen,
der got selben ane vihtei. Sertat. 1022;
unt varent si Renoj^en hinnen,
daj wil ich iemer goie chlagen. Rul. 3öO. 24.
genossen gän. varn, scheiden wird jenem ungestraft, unenfgol-
ten ausgeim entsprechen; certtand CinnE die alle redensart so
muste er schreiben, das geht dir nicht für genossen ans, denn
ungenossen gibt hier keinen oder falschen sinn, er meinte
etwa: das sollst du noch zu genieszen kriegen, genoyen
aber bedeutete einen der genossen, d. h. geweidet, gegessen hat,
der sich satt, behaglich fühlt und die verbotene weide unge-
straß verläszt, während ein andrer dafür büsit. mehr unter
genieszen.
Eines dinges ausgehen war sonst sich seiner entledigen,
es von sich weisen, abthun : einem des Streites ausgehn, ihm
den kämpf abschlagen; des gutes ausgeben, es versäumen,
aus der hand lassen, weisth. 2, 406 ; einem (eines) mit recht
auszgeen. Chmel Maximilian n* 156 s. 178.
3) ausgehn lassen heiszt in die weit, ans lieht geben, be-
kannt machen: und das urteil gieng aus, das man die wei-
sen tödten solle. Dan. 2, 13; so lasz man ein königlich ge-
bot von im ausgehen. Esth. 1, 19 ; da gieng eine rede aus un-
ter den brüdem. Joh. 21, 13; so nu gott sein beiliges evan-
gelium hat aus lassen geben. Luther 3, 60'; dasz eine rede
ausgangen sei unter etzlichen meinen Widersachern. Schüp^
piusSOO; ein schreiben von seinem berrn ausgangen. Schwar-
zexberg 149; kurae schrift des ehrwürdigen herrn d. Marl.
Luther gezogen aus der vorrede von im selbs gestellt, über
den ersten tbeil seiner latinischen bücher, im druck ausgan-
gen anno 45. Luther 1, 2' ; wiewol ich nu diesen newen Zei-
tungen gern gleube, das sie war sind, bewegen mich doch
viel mehr die unfleligen Schriften, so die zu Münster haben
lassen ausgehen. 6, 317' ; ein ganz predigt . . hat dörfen las-
sen ausgehn. Fischabt bienk. 156' ; ein bücblein sol ausgehen.
Garg. IS';
weil jctzo in dem truck ausgeht
ein Deus betbüchleln schönes drucks.
Atrer fastn. sp. 22* ;
kein schönes buch geht aus, du weist es. eh es kömmt. '
Flebi.xg 47;
in seinem schönen lateinischen gedichte, welches nebst an-
dern seinen poematibus ausgegangen. Grypbigs 1, 180 ; im ca-
talogo urbium, der neulich ist ausgangen, pers. rosenth. 8, 57 ;
in einer predigt, die er anno 1578 in truck ausgeben lassen.
ScHUPPius 613; lassen sie doch das recept von ihrer vortref-
lichen medicin allen kranken weibern zum tröste und ihnen
zum rühme im druck ausgehen. Gellert 3, 372; ein dritter
bucbbändler namens Trypbon, der nemliche durch den Ouincti-
lian sein werk ausgeben liesz. Lessi.xg S, 489. heute zieht
man diesem ausgehen vor erscheinen.
4) ausgehen auf etwas, wir haben ein regul, das ein sach
übel gethan, oder anders dan sichs gehört gethan, oder die-
selb gar unterlassen, gleich auf eins ausgehe {auslaufe, hin-
auslaufe, redeat ad idem). Fischart bienenk. 196* ; im parnasso
wollen sie das römische reich reformieren, und gienge der
schlusz auf petersilien und kirschen aus. Lehmann 102; auf
beute, auf abenteuer ausgehn; der wolf geht nachts auf den
raub aus ; der jäger gebt auf den wolf, auf den fuchs aus,
geht aus ihn zu jagen; auf den raub ausgehen. Lokman fab.
23; der münzenschniecker, der auf das schöne ausgebt. Her-
der 14, 152; auf den titel eines philosophen ausgehen. Göt-
ter 3, 66 ; unser freund, der auf menschenkenntnis ausgieng.
Göthe 18, 247 ; auf einsichten ausgeben. Kant 3, 233 ; die be-
fugnis auf eine mechanische erklärungsart der naturproducte
auszugehen ist an sich unbeschränkt. 7, 296 ; dasz sie so
gar nicht auf schiechte stellen ausgegangen sind. Tieck 9,
176; als ob ein böser geist recht darauf ausgienge. Stemb.
1, 363 ; ich gehe gar nicht darauf aus ihn zu widerlegen ; er
gieng dabei auf nichts gutes aus, hatte böses im sinn.
5) ausgehen über einen, aber es wird über euch endlich
ausgehen. Luther 3, 117'; es wird über einen unschuldigen
dritten ausgehen müssen. Piiila.noer 2, 777 ;
für die zwen beiden mustu sterben,
dein untreu über dir ausget. Atrer 292*;
das ungewitter muste über mich ausgehen; dort liegt der
bär in fauler ruhe, läszt über sich ausgehen des winters
graus. Fr. MOller 1, 22; das unglück gieng über sein baupt
aus.
6) Ton einem ausgehn, davon ausgehn, procedere:
gott ratier von im selbst peziert
in ewigkeit den sun gebiert,
von beiden ausget got der geist,
ir keiner ist der minst noch meist.
8chwarze;(berg 154, 2 ;
das Urbild als in gott befindlich und von ihm ausgebend.
Ka?it 6, 293; alles was von jenem merkwürdigen geiste nur
ausgieng. Götbe 26, 107; Adam, von dem alle ausgeben.
55*
871
AUSGEHEN
AUSGEHEN — AUSGEIFERN
872
Klinger 6, 344; wenn ein mann von verstand einer solchen
regierung das wort redet» so kann man immer sagen, er geht
von menschenveraciitung aus. 12, 219 ; desto mehr wird er
sich von dem satze überzeugen, von dem ich ausgegangen
bin. 12, 278 ; der erste gedanke zum werke gieng von ihm aus.
7) privatives ausgehn, zu ende gehn, aupiüren, im gegen-
satz zum angehen, beginnen, wie wird das ausgehen? Göthe
14, 63; wie das ausgehen wird! immer sorge und kum-
mer, es geht nicht gut aus! 8, 192; es wird unruhig und
geht schief aus. 8, 199 ; da es nicht anders als gut ausge-
hen kann. Kljnger 1, 138 ; da giengs aus wies schieszen zu
Hornberg, und musten abziehen mit langer nase. Schiller 107 ;
so fabl, so schal, so kahl gehts aus.
froschmcuseler am ende;
es wer euch langst pasz ausgangen. fastn. sp. 17, 3 ;
das euch nit wol ausgehen wird. Luther 3, 119' ; wissen aber
nicht, wie sawer es wird mit inen ausgehen. 4, 484'; das es
nicht zuletzt an iren kindem ausgienge. 4, 528'; ists im wol
ausgangen und wird nicht für einen unsinnigen narren, wie
alle andere propheten von seinen klüglingen gehalten sein,
80 ist mirs ein wunder. 6, 165'; drumb wird ir ende auch
mit schänden ausgehen. Luthers br. 2, 224; wie denn gemei-
niglich grosze köpfe mit Wahnsinn oder melancholei geplagt
werden, und grosz an- und klein ausgehen. Mathesiüs 83*;
der künig gebot bald, das das übel, das sie wider in gedacht
betten, an inen selbs ausgieng. Frank welib. UO'; wiewol es
an irem hals ausgeet und man dise arme leul nit darum
verfolgen soll. 150'; Sachen zu keinem ausgehenden guten
ende bringen. Schweimchen 2, 38 ; wie Wernhart und seine
gesellen mancherlei anschlug machten den ritter umbzubrin-
gen, doch alles widersinns ausgieng. Galmy 165 ; viele Wörter
gehn auf ch aus; affectiert setzt man das ge vor die worte
und läszt das en zischend ausgehen. Herder 18, 186.
Am einfachsten erscheint dies ausgehn unmittelbar hinter
dem nominativ: das jähr geht aus (zu ende, gegeriüber dem
geht ein) ; ausgehenden 1569sten Jahres (exeuntis). Schweim-
c»ETt 1, 61; bald ausgehenden 1576 Jahres. 1, 171; die faste
geht aus. ühland86; das licht geht aus, erlischt;
da gehn die lampen aus und riechen übel.
Göthe 11,364;
eine kranke frau, die die pest unter deine nachkommen-
scliaft bringen wird, dasz alle deine kinder und enkel so in
gewissen jähren höflich ausgehen, wie bettlerslämpchen. 10,
101; das öl ist der lampe ausgegangen; dasz ich oft im fin-
stern fuhr, und es in meinem wagen, wenn die laternen zu-
fällig ausgiengen, ganz dunkel war. 23, 82; das feuer geht
im ofen ganz aus ; im fall so einem naclibauren das feuer
ausgienge, dasselb wieder anzünden, tveisth. l, 611 ; das holz
ist wieder ausgegangen (gegensatz von angegangen) ; die pfeife
geht ihm aus ; er liesz die pfeife den ganzen tag nicht aus-
gehn; wir verstehen unter erleuchtung nichts anders als
die erleuchtung der guten sonne, und geht uns die aus,
so zünden wir lichter an. Klinger 6, 323; der athem, die
ßeele geht aus kann aus 1) auch hierher gezogen werden, weil
indem sie aus dem leibe gehn, sie erlöschen, ersterben und
an diesem beispiel zeigt sich der nothwendige Zusammenhang
jwischen der positiven und negativen bedeutung augenschein-
lich, jedes ausgehn ist auch ein weggehn, verschwinden;
wenn sie nicht immer menschen, männer um sich sieht,
ist es als wenn ihr der athem ausgienge. Göthe 23, 135 ; dasz
der wein nit ausgienge. weisth. 3, 757; das baar geht ihm
aus, fällt ihm aus, mangelt ihm:
da zog er ohne stocken
den hiit vom haupte fein,
und zeigte dasz aie locken
ihm ausgegangen sein. Röckkrt207;
das kraut, die blume geht aus, stirbt ab; worauf die bäume
verfalben und ausgehen. J. Paul Siebenk. 1, 78 ;
er sei dem lorbeer gleich, und gehe nimmer aus.
JoH. FniKDR. Küngkhl;
geschlechter und stumme gehen, sterben aus; bei den Thes-
protern, wo einst Heracliden geherscht hatten, waren sie
schon in jener früheren zeit ausgegangen. Nieiiumr 3, 530;
wenn sie in ilirer heimat einen sulm zurücklirszen, damit
nicht ihr haus ausgehe. 3, 620 ; den belagerten geht die speise
aus; das wiidpret war gestern ausgegangen, frisches fleisch
sollte der wirl morgen bekommen. Wieland 11, 333; die färbe
geht aus, verbleicht; das geld geht aus, ist verthan, mangelt;
diese sorle tabak, sagt der krdmer, ist mir augenblicklich ausge-
gangen; da ihr und ihren reisegefährten das geld ausgieng.
Göthe 18, 150 ; das gespräch, die Unterhaltung geht aus, stockt,
ist zu ende; das gespräch gieng bald aus, der graf ward stille.
18, 308 ; nach und nach aber ermattete das spiel, das gespräch
gieng aus. 24, 313; will das gespräch ausgehen, so wird ge-
lesen. 27, 221 ; ist nun ein verliebtes gespräch auf die bahn
gebracht, so lassen sie es nicht so bald ausgehn. Tieck 12,
209; ach nun geht mein träum aus (löst, deutet sich, wird
erfüllt). Göthe 42, 279 (vgl. ist aus. 8, 45. 42, 56). Frisch 1,
331' ; mhd. wie der troum wolle öj gen. Grieshaber 2, 133 ;
iwer troum wil sich enden (eintreffen, wirklich werden). Flore
1117; das spiel, die comödie geht aus, zu ende; wahrhaftig, rief
don Sylvio, dem die geduld ausgieng (risz). Wieland 11, 87 ;
da geht einem der verstand aus, steht still; ein begrif, mit
dem ihnen der verstand ausgeht und alles denken ein ende
hat. Kant 6, 403; seine kraft geht ihm aus; derjenige, der
seine kräfte nicht ungebraucht lasse, könne sich da, wo sie
eben ausgehen, wo sie nicht hinreichen, auf den beistand des
vaters im himmel berufen. Göthe 15, 200 ; lugenden, die ihm
ausgegangen sind. J. Paul biogr. bei. l, 45 ; dasz schon aus-
artende Sitten die noch nicht ausgegangene natürliche tugend
in helleres licht setzten. Niebuhr 3, 652; der krieg, der Waf-
fenstillstand geht aus ; mag der streit ausgehn, wie er will.
TiECK ges. nov. 8, 25. ausgehen auf oder in : das wort geht
auf ein f aus ; die strasze geht in einen winkel aus, exit in
angulum; die blätter gehen in zacken aus; der leib geht in
einen fisch aus, desinit in piscem.
8) transitives ausgehen erscheint selten, in meistentheils veral-
teten anwendungen. es bedeutete aussuchen, ausmachen, finden :
0 kunig gib mir neur so vi] huld,
das ich mir selbs ein paum aiisgang,
an dem mich glust, das ich dran hang.
fastn. sp. 537, 27 ;
und die wil mir min liebe tochter Ursula gestorben was,
bette ich gern' ein andre tochter gehebt, gedacht, wo ich
minem sun ein frowen uszgienge. Tho. Plater 109; so vil
möglich soll man zu eim landgut ein ort ausgehen, weiches
weit entlegen seie von sümpfen. Sebiz 10; auch Maaler 42*
kennt dieses ausgon und gibt folgende betspiele: so ein Jäger
das wild ausgat, wo es sein läger habe, vestigare feram; las-
send uns wilde schwein ausgon und jagen, insidiemur apris ;
dem läger ein komlich ort ausgon und erkiesen, deligere
caslris locum idoneum; einen tag ausgon, explorare diem;
gülägne zeit ausgon, occasionem captare; gut wätter ausgon,
tempeslates captare; ich hab schon ze fliehen ein wäg aus-
gangen, jam pedum visa est via; ort und platz ausgon und
ordnen, wo die heuser ze bauwen seiind, domos sorliri. in
den letzten stellen könnte man es fassen als ermessen, aus-
messen, richtiger doch vergleicht es sich dem ebenfalls transi-
tiven mhd. ergan, einholen, durchdringen (Ben. 1, 472'), was,
nach irgiengin penetrarent (Graff 4, 89) zu schlieszen, auch
schon ahd. bestand; der Weidmann ergeht das wild = aus-
geht es, holt es ein, spürt es auf, und Markolf, der sich einen
bäum zum galgcn sucht, will ihn ergehen, ausgehen, auch
ist zu diesem transitiven ausgehen das transitive angehen ado-
riri (sp. 340) zu hallen. Frisch und Stieler führen es nicht
mehr auf, das letzte beispiel gewährt Dietrich von dem Werder:
drumb schicket er viel leut umbher, mich auszugehn,
dasz er ertappen mich und hart bestrafen konn.
Ariost 9, 45,
vuol, che con Podio a investigar s'unisca,
comc egii m'abbia in mano, e mi punisca.
Frank scheint ausgehn nicht für einholen, aufspüren, sondern
in verwandtem sinn für ausmachen, ausscheltcn zu brauchen :
darumb nimpt Paulus gemeinklich, so er das fleisch also usz-
geet, vernicht und beschreit, für den affect das fleisch, chron.
363'; die bischof geet er übel ausz, beiszt sie Niciasbischof,
Wolf. 427*. Auszcr dem weidmännischen ein wild ausgehen
ist auch noch bergmännisch üblich zu sagen einen gang aus-
gehn, mit der Wünschelrute suchen. Wir nennen ein feld, einen
acker ausgehen, ihn mit schritten ausmessen, ermessen:
es steht ein grosz geräumig haus
aiiT unsichtbaren seulen,
CS iiiiszis lind gehts kein wandrer aus,
und keiner darf drin weilen. Schiller 73*.
in anderm sinn, die scliulie, Stiefel ausgehen, durch hdußget
anziehen austreten und bequem machen.
AUSGEIFEKN, effundere salivam: die newen zeinten, so
iren unzeitigen eifer wider unschuldige und wolvcrdienle leut
873
AUSGEIGEN — AUSGE>'05DIEN
AUSGENOMMEN — AUSGESCHEIDEiNUEIT 874
mit Unverstand entbrinnen lassen und ausgeifem. Mathesics
HO*; mit seinem ausgegeiferten speichel. Lohexst. Arm. 2,
1409; der welsclie theist hat sich wie ein kind den brei ins
maul schmieren lassen, um selbigen wieder auszugeifern. Ua-
MA»- 4, 3, 20^
AUSGEIGEN, was ansfiedeln.
AUSGEISELN, flayellare: also wird der alte hund meo-
niglich ausgegeiselt, von den buben getreten. Kirchhof icend-
unm. 55'; bei straf des ausgeiselens und Verweisung. Redt-
TER kriegsordn. 13.
AUSGEIZEN, vües pampinare, den reben die unnützen ran-
ken und bläUer ausbrechen, ausschneiden.
AUSGEIZEN, finem facere avariliae: wann wird der mann
einmal ausgeizen?
AUSGELÄCHTER, n. irrisio: für alle ihre mühe und lust
das ausgelachter und wolgönnen darüber haben. Simpl. 1, 131.
AUSGELÄ.NDE, n. in der Schweiz, das zu einem grundstück
geliörige garten- und aiesenland.
AUSGELASSEN, dissolutus, intemperans. noch nicht bei
Luther, antwortet die ander, gar ein ausgelassene schälkin.
Kirchhof tcendunm. 333';
was? lust hinein lu springen?
du must doch ausgelassen sein. Gellkkt 1, 203;
dasz alle ausgelassene leidenschaften sonderlich aus öffent-
lichen werken der kunst verbannt waren. Wisselmaxx 4, 153 ;
die furcht den ausgelassenen Hippias zu einer allzu schar-
fen räche zu reizen. Wielasd 1, 299; eine ausgelassene und
allein auf befriedigung ihrer leidenschaften erpichte Jugend.
2, 247 ; so ausgelassen und schmutzig die geraählde sind,
welche uns der genievollste, witzigste und verständigste aller
possenschreiber , Aristophanes , von den frauen zu Athen
macht. 2, 235 ; ungeschliffen und ausgelassen in ihren sitten.
7, 314; das kleine bucklige ungeheur war vor freude ganz
ausgelassen. 11, 194 ; in dem ausgelassenen vergnügen nöthigte
er ihm das versprechen ab. Hippel lebensl. 4, 226 ; Philine
freute sich recht ausgelassen darauf. Gothe 18, 279 ; die kin-
der sprangen und sangen fort, und besonders war Mignon
ausgelassen, wie man sie niemals gesehen. 19, 211 ; Friedrich,
der ausgelassene mensch. 20, 301; thorheiten ausgelassener
Jünglinge. 24, 166; manchmal misfallt mir nicht ein lustiger
abend mit freunden, selbst ein ausgelassener. 36, 5S ; ihr
ausgelassener höhn. Gotieh 1, 40S ; die ausgelassene freude.
Kaxt 10, 2S0 :
gerne Tolgt
der ausgelasznen lusiigkeii ein übel. Plates 199.
AUSGEL.\SSENHEIT, f. intemperantia : ein heiteres allegro
der ausgelassenheit verdrängt den buszgesang. BErri.NE br.
1, 232.
AUSGELEHRT, perdoctus, doctissimus:
sein ausgelehrter mund der redet was er will.
Fleüixg 159.
AUSGELEITEN, was ausleiten.
AUSGELER.NT, probe docius, peritus: hundert und fünfzig
fromme, schleichende, gleisznerische Schurken, welche ausge-
lemte meister in der kunst w^en, ihre leidenschaften zu
verbergen. Wieuu»d 6, 141 ; in jedem frevel ausgelernte Sün-
der. GoTTE« 1, 395 ; Maximilian, in der verstellungskunst aus-
gelernt. Schiller 957 ; ein ausgelemter lischler.
AUSGELOBEN, spondere, angeloben.
AUSGELUBDE, n. sponsio: drum zog herzog Bernhard die
grafscliaft ein, mit dem ausgelübde, dasz gemelder Otto die
grafschaft erben sollte. Micrälius a. P. 3, 34S.
AUSGELZEN, castrare, ausschneiden, s. geize, geizen.
AUSGENIESZEN, plene uti, vollständig, zu ende genieszen:
doch immer einerlei wird endlich ausgenossen.
WuiA.HD 18,139;
wollen sie das glück des lebens nun nicht ausgenieszen, weil
ein düstrer Zwischenraum sich unsern hofnungen eingescho-
ben halle? Gothe 10, S9; ausgenossen hast du das leben,
und siehst nun kalt in die freude die es gewahrt. Kli^cer
2, 118 ; der brief, den sie einsam lesen, küssen, ohne in-
nere und äuszere stürme ausgenieszea konnte. J. Paul uns.
löge 3, 25. vgl. ausgehen 2.
AUSGE.NOMMEN, distincius, eminent: denn du bist in lu-
genden ein ausgenoumincr mann. Tiecs 13, 182; mAd. schcene
und öjgenomen 73'j3; äy;enomen an prise Bari. 21, 28; ein
Adenomen zeichen, mysl. 330, 36.
AUSGE.NO.MME.N , excepto, exceptis, nnl. uitgenomen. et
ist noch unermittell, vann ein absolut gesetztes und zur par-
tikel vencandtes ausgenommen zuerst vorkommt; das mlat.
verhärtete excepto (excepto capitale et dilatura, excepto ac-
cipitre et spata, excepto duabus villis\, it. eccetto, frans, ei-
cepte boten sich von frühe an zur nachbildung, und das ahd.
part. Ajginoman, mhd. Adenomen exceptut teuren ganz ge-
bräuchlich, doch für die begriffe praeter und praeterquam gal-
ten ahd. wie mhd. andere und gefügere Wörter, im 14, iren«^-
stens tb jh. scheinen sich aber ausgenommen, ausgeschlossen
und ausgescheiden in solcher bedeutung festgesetzt zu haben,
in den Urkunden und weisthümern kommen sie oß zum Vor-
schein, z. b. Wasser und weide, nichts ausgenommen, weislh.
2, 250 ; uszgenomen bannezune. 2, 177 ; nicht ausgenomen
ongeverlich. 3, 524 ; ausgenomen die guter unter der hochwie-
sen liegen. 3, 524 ; ausgenomen das malefiz der dreier händel.
3, 669. Die hauptfrage ist nach dem dabei stehenden casus.
1) LcTHER läszt den acc. folgen, wie er auch von ausneh-
men abhängt, bei die und das könnte zweifei sein zwischen
acc. und nom., aber den entscheidet: alle seelen, die mit
Jacob aus Egj-pten komen waren, ausgenomen die weiber
seiner kinder, sind* zusamen sechs und sechzig seelen. 1 Mos.
46, 26 ; ausgenomen der priester feld, das kauft er nicht
1 Mos. 47, 22 ; dise leute sollen das land nicht sehen, ausge-
nomen Caleb den söhn Jephunne und Josua den son Nun.
4 Mos. 32, 12 ; Salomo muste zur speisimg haben zehen ge-
meste rinder und zwenzig weiderinder und hundert schaf,
ausgenomen hirs und rehe. 1 kön. 4, 25 ; der ganzen gemeine
war 42360, ausgenomen ire knechte und megde, der waren
7337. AeA. 7, 67 ; und ist auch niemand, der es für dem
könige sagen könne, ausgenommen die gutter. Dan. 21, 11;
denn man kan alles versöhnen, ausgenomen die schmacb,
Verachtung, Offenbarung der heimlichkeit. Sir. 22, 27. einmal
steht der acc. auch voraus: und sol niemau da durchgehen,
der gott Israel sol da durchgehen, doch den fürsten ausge-
nomen. Ez. 44, 3. so FiscHART : nach vollendetem Scharmützel
zog Gurgellang mit seim volk ab, ausgenommen den mönch.
Garg. 257'; und noch Wielaxd: alle menschen haben ihre
fehler, dich allein vielleicht ausgenommen. S, 360. Diese aec
sind abhängig von ausgenommen, nicht vom verbum des satzes,
denn sonst hätte Lcther schreiben müssen: ausgenomen Ca-
leb der son. nicht anders darf man annehmen, dasz er ge-
schrieben hätte: ich gedenke aller, ausgenommen dich, ich
gebe allen, ausgenommen dich.
2) allmdlich ward aber ausgenommen iinbel^ter, zur blo-
szen Partikel, und der casus richtete sich nach dem verbum
des Satzes, so schon weisth. 2, 223 : uszgenomen der frie und
der hirt. rir sagen heute: alle freuen sich, ausgenommen
du; ich gedenke aller ausgenommen dein; ich gebe allen
ausgenommen dir ; in allen (allem), ausgenommen der mensch-
lichen gestaltung, ähnlicher einem thier. Simpl. 1, 31 ; ich rufe
alle ausgenommen dich, der acc. pflegt zumal gern voraus-
zugehen: dich ausgenommen, ihn ausgenommen, das gesetz
verbindet alle, keinen ausgenommen, diese constru^ion gleicht
dem mhd. wan ich, wan din, wan dir, wan dich {vgl. ohne);
doch heiszt es ßr ausgenommen ich, dein, dir besser: nur
ich nicht, nur dein nicht, nur dir nicht, am geläufigsten ist
mich ausgenommen, im nachgefühl der allen ßgung.
3) ausgenommen dasz, wo, wenn entspricht dem lat. prae-
terquam quod : ich gebe dir alles zu, ausgenommen dasz du
behauptest; ich bin überall gerne, ausgenommen wo man
mich nicht gerne sieht ; man hört ihn gern an, ausgenommen
wenn er jene sache berührt lieber, nur das nicht, nur nicht
wo, nur nicht wenn.
AUSGEREDEN, dicendi finem faeere: er mocht dise wort
kaum ausgereden. Garg. 263', wo cAer das ge von mochte
abhängt, s. gramm. 2, 647. 648.
AUSGEREITER, f. eribrum, ahd. rilera, bair. reiter (Schb.
3, 162). TABER.NAEJiONTA.-tcs hat ausgereuler /ür das ausgerei-
terte, ausgesiebte: spreuer oder ausgereuter von dem weizen
ist dem rindviehe sehr gut. 600. *. reitem.
AUSGESCHEIDE.N, exceptus, heute ausgeschieden, s. aus-
scheiden.
AUSGESCHEIDEN, adv. excepto, ausgenommen: uszgeschei-
den hocbwilipret weisth. i,iii; ft^escbeiden das dorf. 2,175;
ausgescheiden in terminis probatoriis. Frankf. ref. I. 40, 5.
AUSGESCHEIDENHEIT, f. exceptio, atunahme: wers find,
mag es behalten, doch mit dieser ausgescheidenheit, so fern
ich das kleinod erbalte, jetit otuztr gebraudi.
875
AUSGESCHENK— AUSGIESZEN
AUSGIESZEN — AUSGLEITEN
876
AUSGESCHENK, »i. s. ausschenken.
AUSGESPEI, n. sputum, exspulum:
das gold, den reinen koth, der bleichen sorgen kind,
des glückes ausgespei. Opitz 1,54;
du der höllen ausgespei ! Kmttels sinnenfrüchte 22.
AUSGEWLNNEN, für aufgewinnen:
der adler fand ein Schneckenhaus,
das kund er nicht gewinnen aus. Waldis Esop 1, 10.
AÜSGIBIG, über, largus, ergibig: ausgibige ernte; ausgi-
bige Zölle ; mein aufenthalt zu Wetzlar war zu einer solchen
Unterhaltung nicht ausgibig genug. GöTnE26, 169. s. ausgeben 11.
AUSGIESZEN, effmdere, nnl. uitgieten.
1) flüssiges ausschütten : geusz die brühe aus. rieht. 6, 20 ;
schepften wasser und gossens aus für dem herrn. 1 Sam. 7, 6 ;
bald hat ein harter fels gut wasser ausgegossen.
Weckuerlin 238;
man hatte die dämme durchstochen und das wasser derWe-
sterschelde beinahe über das ganze land Waes ausgegossen.
Schiller 867; sein blut ausgieszen, vergieszen; den samen
ausgieszen; das bad ausgieszen; ein loch mit heiszem blei
ausgieszen; den holen zahn mit blei.
2) das gefäsz ausgieszen, worin flüssiges enthalten war:
und er eilet und gosz den krug aus in die trenke. 1 Mos.
24, 20; das glas, den becher ausgieszen; die schale, die
Schüssel ausgieszen; das kind mit dem bad ausgieszen; de-
ren {Türken} ein jeder zwölf weiber haben mag, jedoch ihr
leib also meistern, das man kein leichtvertigkeit spürt, noch
ihr leib etwa unordentlich gegen einer ausgieszen, mit Ver-
achtung der andern. Frank weltb. 106'.
3) mit flüssigem brand löschen i das feuer, die flamme, die
kohlen ausgieszen, ausschütten, so dasz sie ausgehen.
noch ist es zeit dies höllenfeuer auszugieszen.
GÖKINGK 1, 86.
4) licht, glänz, strahlen ausgieszen, auswerfen: mondschein
ausgegossen ;
der süsze glänz, den dise stern ausgieszen.
Weckherlin 685 ;
ausgegossene feuerwürmer. J. Paul 'Sampan, th. 75; ungeach-
tet alles lichts, welches der gelehrte Stilbon über sie {die
alterthümer von Abdera) ausgegossen. Wieland 12, 253. auch
liebliche röthe, todesblässe war über sein antlitz ausgegossen.
5) geist, liebe, wonne u. s. w. ausgieszen: bis so lange,
das über uns ausgegossen werde der geist aus der höhe.
Es. 32, 15; denn der herr hat einen Schwindelgeist unter sie
ausgössen. 19, 14 ; ich wil ausgieszen von meinem geist auf
alles fleisch, apost. gesch. 2, 17. 18 ; denn die liebe gottes ist
ausgegossen in unser herz. Rum. 5, 5 ; süszer duft ist aus-
gegossen; stille war ausgegossen über die gegend;
dasz ich mög aus dankbarer brüst
deiner hiir lob ausgieszen. Weckherun 32;
Albano gosz vor seinem biedern herzensfreund sein herz aus.
J. Paul Tit. 5, 111 ; rede aus, giesz deinen schmerz aus. Klin-
CERS Ih. 3, 366 ; soll ich mich mit dem Vorwurf stechen las-
sen, ich gösse alle macht und schätze über unser haus allein
aus. 7, 103; alle reichthümer waren über ihn ausgegossen.
6) gift, zorn, schmach, lästerung, bann, tadel, worte aus-
gieszen : gehet bin und gieszet aus die schalen des zorns
gottes auf erden, offenb. Joh. 16,1 ujid durchs ganze capitcl;
alles bittere gosz sie {die liebe) über diese einzige nacht aus.
Leisewitz J. v. Tarenl 1, 1 ; unwarhaftig wort und schrift zu
ruck {im rücken) uszgegossen. Heüchlin augenspr. 2'; disen
hinderrttcklingen unwarhaftigen uszgegossen handel. das.; von
den lügen und Verleumdungen, welche Butyrolambius auf des
Alltenors person ausgegossen hatte. Schuppius 566; der Dio-
nysius hat nicht übel wider den Platonem gercdt, dasz er
der unnützen alten wort bei den unerfahrnen jungen ausge-
gossen habe. 766; wer viel drawwort ausgcuszt hat kein
macht. Lebmann 154 ; dieser hat die allerlästerhaftigsten und
schimpflichsten worte wider den könig ausgegossen, pers. ro-
scnth. 1, 1 ; gosz die schändlichsten lästerworte wider mich
aus. 7, 20 ; lästerungen ausgieszen. Haiin 3, 326 ; nachdem
er seinen Unwillen gegen den hof in die bittersten vorwürfe
und Schmähungen ausgegossen. Schiller 079 ; den tadel über
das ganze ausgieszen. Bürger 182^ einen bann über jemand
ausgieszen. Gotter 3, 70 ; auf das si nicht ir kctzerei in der
Türkei leren und ausgieszen. Frank weltb. 117*.
7) wo transitives ausgieszen ohne acc. steht, must es aus
dem Zusammenhang verstanden werden.: also schied er ab, das
er nicht wolt disputiern, und schlug mir die disputation ab,
darnach gosz er aus {verbreitete er), die rehte {räthe) wollen
in nicht disputiern lassen. Luther 1, 160* ; andere mich bei
aller weit ausgössen {verlästerten). Thuhneisseu notgedr. aus-
schr. 17; gieszen sie aus, edler jüngling, mein herz ist ihres
Schmerzes würdig. Leisewitz J. v. T.i,i; wir sind jetzt ganz
in weit und naturgeschichte, reisebeschreibungen und was
dazu gehört ausgegossen. Göthe an Knebel 44.
8) sich ausgieszen: nu aber geuszet sich aus meine seele
über mich. Hiob 30, 16; der Tigris, so sich in das persische
meer ausgeuszt, Opitz 1, 251;
es trinken die felder
geizig das segnende licht, das so wolthäti^ sich ausgieszt.
Zachariä;
es ist nun meine schwäche, mich in worten auszugieszen,
wo ich tief bewundre. Klinger 2, 361 ; da gosz sich die ge-
drohte quäl über ihn aus. 3, 297 ; nun gosz sich sein gepei-
nigtes herz in den rührendsten und zartesten vorwürfen aus.
10, 167 ;
so gosz sich eine kriegeswolke aus
von Völkern über Orleans gelilde. Schiller 450'.
9) schöner ist das einfache inlransitivum, wozu man leicht
wasser oder blut ergänzt:
sei zu geleichen
eim lauter quellenden brünnlein klar,
süsz, trünkig, kül und angenem gar,
welches sommer und winter fleuszt,
miltiglich quillet und ausgeuszt,
thut nicht verseihen noch gefrieren.
H.SachsII. 2, 90';
es regnet wie ausgieszend. Göthe anfr.v. S/ein 3, 282. weid~
männisch, das wild geuszt aus, hat ausgegossen, heßig ge-
schweiszt.
AUSGIESZUNG, f. effusio: die ausgieszung des heiligen
geistes. hier sagt man nicht der ausgusz.
AUS GIPFELN, putare cacumen arboris, dem bäum den gipfel
beschneiden.
AUSGISCHEN, exspumare, ausschäumen.
AUSGLÄTTEN, plicas laevigare: die eindrücke der traurig-
keit nicht können ausglätten. Hippel 9, 76; beide Eutrope
zu verschmelzen zu einem Livius und diesen noch dadurch
auszuglätten. J. Paul flegelj. 1, 36.
AUSGLATTERN, faltente vestigio cadere, ausglitschen : mein
pferd das war gewandt, es trottierete wie ein blitz mit mir
die gläsernen treppen hinunter, dasz es auch nicht einmal
ausglatterte. Schelmufsky 2, 41.
AUSGLEICHEN, exaequare: verlust und gewinn, einnähme
und ausgäbe ; alles hat sich gut ausgeglichen ; um des Schick-
sals unrecht auszugleichen. Gotter 1, 388. 2, 231 ; dasz ich
überall die bedürfnisse der menschen sah und ein unüber-
windliches verlangen fühlte sie auszugleichen. Gütue 20, 176 ;
das höchste glück ist das, welches unsere mängel verbessert
und unsere fehler ausgleicht. 22, 237; sprach er von den
menschen und ihrem Schicksal, so sprach er als ein mann
davon, der seinen werth mit beiden ausgeglichen hatte. Klin-
ger 5, 45 ; das böse, das sich die menschen einander thun,
mit der Vorsehung oder der Icitung des höchsten ausglei-
chen. 5, 46; Kiinger gesteht es selbst, dasz ihm das wort
Vorsehung ein schall ist, bei dem er in die peinlichste Ver-
wirrung gerathe, wenn er den vermeinten sinn mit dem gange
der weit ausgleichen wolle. Gervinus ««/. lit. 3 aufl. 4, 577. Die
starke form wie in vergleichen, Loiienstein aber verwandle die
schwache: welcher die stiefmütterlichen abneigungen des glucks
mit so väterlicher liebe gegen das Vaterland ausgegicicht hatte.
Arm. 1, 75 ; denn alle seine reden waren göttliche lehren,
jedwedes wort war ein talent schwer, und die Sparsamkeit
seiner zunge ward ausgogleicht durch Verschwendung guter
werke. 1, 081; der schnee hatte berge und tiiäler ausge-
gicicht. 1, 826. auch sagt man: das pferd liat ausgegleicht,
wenn im achten jähre die eckzähne den übrigen gleich gewach-
sen sind.
AUSGLEICHER, m. lod ein ausgleicher. Locau 2, 2, 6.
AUSGLEICHUNG,/", cxaequatio: endliche ausgleichung aller
Zwiste ; ausgleichung der wolle eines vlicszes.
AUSGLEICHUNGSGESCHÄFT, n.
AUSGLEICHUNGSVEHSUCH, m. Dahlmann /ranz. ret>. 444.
AUSGLEITEN, lapsarc, nnl. uitglijden: mit dem rechten
fuszc ausgleiten; das pferd ist ausgeglitten.
877
AUSGLIMMEN — AÜSGREIFEN
ÄUSGLIMMEN, exsüngui, verglimmen, nnl. uUglimmen : das
fegfeuwer beginnt auszuglimmen und zu äschen werden. Kirch-
hof wendunm. 476' (509);
das irdische lag da wie ausgeglommen. Tieck 2, 72;
die (vom abendschein) ausglimmenden fensler der abtei. J. Pacl
fleip. 1,245; endlich quoll der mond hinter dem ausglimmen-
den gletscher herauf. Fixlein 57.
AUSGLITSCHEN, frequentativ von ausgleiten : man glitscht
bei jedem schritt ans ; da sie ihre untergebene auf die schlüpfri-
gen wege leitete, wo die Unschuld bei jedem schritt in gefahr
ist auszuglitschen. Wielaxd 3, 302; werde ich auf einer so
schlüpfrigen bahn nie ausglitschen? 3,400; wenn jemand aus-
glitscht und in einen tiefen abgrund fallen will. Scbiller 1128 ;
indem sein pferd auf dem glatten römischen pöaster aus-
glitschte. GüTHE 27, 239 ; ich kann mich der sorge nicht er-
wehren, dasz die leser ausglitschen. J. Paul Hesp. 3, 105.
AL'SGLITSCHUNG, f. schon auf dem see erblickt man die
oberste ausglitschung des spitzebühels, von wo aus der schreck-
liche bergsturz seinen anfang genommen. Ulrich Hegner 4, 176.
AL'SGLCCKEN, Jiaud amplius succedere: wo die klugheit
nicht darunter mit henor blicket, so hat sichs ausgeglücfcet.
Simplic. 1,277.
AUSGLÜHEN, transiliv, im feucr ausbrennen, exurere: einen
topf, draht, ein eisen recht ausglühen; herr schifscapitän, ihr
seht ja aus, als hält die sonne euch zum hämisch ausglühen
wollen. Bettine 6r. 1, 225. intransitiv, aufhören zu glühen : die
sonne hat ausgeglüht, ist unter; die pfeife glüht aus, geht aus.
AUSGÖFFERN, surripere, entwenden, heimlich in der hand
bergen, von gaufe, vola manus, vgl. bair. gaufem eilig thun,
haschen. Schm. 2, IS. ein ehrlicher mann kan nicht davor,
wenn schelmen und diebe hinter seinem rücken was ausgöf-
fern. Weise comüd. 270.
AUSGRABEN, effodere, exsculpere, goth. usgraban, ahd. ar-
grapan sculpere, öjgrapan e/fodere, nnl. uitgraven. du soll
auch ein stimblat machen von feinem golde und ausgraben,
wie man die siege! ausgrebt. 2 Mos. 28, 36 ; sende mir nu
einen weisen man, der da wisse auszugraben. 2 chron. 2, 7 ;
herr, sie haben deine altar ausgegraben. Rom. 11, 3 ; wann so
oft man Übels thue, die äugen ausgegraben würden. Schüp-
piüs 407 ; wir musten die klippen hinabklettern, als wenn wir
den monden wollen die äugen ausgraben. Weise erzn. 69;
steine, erz, wurzeln ausgraben, teiche ausgraben; den fuchs,
dachs in seinem bau ausgi-aben.
AUSGRÄMELN, finem facere aegritudinis : er hat ausge-
grämelt.
AUSGR.ÄMEN, sich, dasselbe: er hat sich ausgegrämt ; kam
etwas unangenehmes, so war ich schon darauf gefaszt und
hatte mich allbereit darum ausgegrämt. Weise kl. leute 262.
AUSGRANSEN, ivas ausflennen, ausweinen. Schelmufsky 1, 57.
AUSGRASEN, demetere, depascere, ein stück der wiese aus-
grasen, vgl. abgrasen, aufgrasen, auch evellere herbas, den
weg ausgrasen, das gewachsne gras ausraufen.
AUSGR.\TEN, exossare pisces : ausgegrätete Sardellen. Hoh-
BERG 3,82"; karpfen essen und ausgräten. J. Pacl I«/. 1, 135.
AUSGRÄTSCHELN, ditaricare pedes, ausspreizen.
AUSGRÄTSCHE.N, dasselbe : unsre miliz war doch noch ein
lustig Volk, sie nahmen sich was heraus, standen mit ausge-
grätschlen beinen da. Göthe 8, 241. s. auskrätschen
AUSGREIFEN, in mehrfachem sinn,
1) altius, latius tendere, hingreifen:
rang nach vernichiung,
winselte, raste nach ihr, (rrif aus mit der sterbenden bangem
furchtbaren greifen nach ihr, und war!
Klopstock Mess. 16, 696;
der gedrängte vertrag dieses weitausgreifenden wanderers (Marco
Polo). GöTHE 6, 187 ; ich wüste wol, wem ich diese Verlegen-
heit vertraute, wen ich mir zum fürsprether ausgrifl"e: aus
allen dich Lucinde. 21,127; zwei weitausgreifende werke, ein
historisch religiöses Volksbuch und eine allgemeine liedersamm-
lung. 32, 30 ; der aus weil ausgreifenden absiebten sich diesen
rebcllen verbunden habe. Tieck 5«. nop. 6, 130 ; das leben ist
ein schlaf, ein gedrückter, hciszer schlaf, vampyren sitzen auf
ihm, regen und winde fallen auf uns schlafende und wir grei-
fen vergeblich aus zum erwachen. J. Paol Hesp. 4, 83.
2) secemere, eligere: ich greife mir das aus.
S) palpare, die hüncr ausgreifen, befühlen, ob sie bald legen
mollen.
4) taetu detertre, abgreifen : die klinke ist beinahe ausgegrif-
AUSGROLLEN— AUSGUSZ 878
fen; diese schwämme und moose säte das Schicksal so weit
als es konnte in die höheren stände hinauf, weil sie in den
niedern und breitern zu sehr ausgegriffen und ausgesogen
wären. J. Paul Tit. 1, 67.
5) intransitiv vom pferde, im gang ausschreiten:
halloh als jag es zur weit hinaus,
greif aus, areif aus I
dies letzte noch lasz uns gelingen. Bürger 81*.
AÜSGROLLEN, finem facere xndignandi : er hat endlich au»-
gegroUt.
AUSGRÖLZEN, ructari, eruelare: blul ausgrölzen, ausieer-
fen. Stieler 707; es gibt reimere und zeilenleimere, die auf
einem fusze stehend ein halb schock reime ausgrölzen kön-
nen. V0>- BiRKEX G. 58.
AUSGRÖSZERN, den kammmachern, die eingeschnittenen zahne
des kamms vergrüszern, was mit der gröszerfeile geschieht.
AUSGRÜBELN, fodere, rimari: heut disz. morgen jenes
auszugrübeln. Kirchhof mil. disc. 98 ; dasz keiner nicht die
zän ausgrübel. Fischart Garq. 2 ; da setzen sich nun die re-
gulgeber hin und meinens auszugrübeln, was da natur sei.
Klopstock 12, 150; diese reden machten einen tiefen eindruck
auf mein gemüt, und je weniger ich ihren sinn verstehen
konnte, desto mehr bemühete ich mich ihn auszugrübeln.
Wieland 12, 88.
AUSGRÜBLICH, adv. rimando: da doch hochgelehrtere,
verschmitztere und spitzCndigere köpfe, als du bist, nach-
förschlichen und ausgrübelicht erwiesen haben. Philaxder 1,463.
AUSGRÜNDEN, perscrutari, rimari, ergründen, durchgrün-
den: er ist nie gewest, der es ausgelernet hätte, und wird
nimmermer werden, der es ausgründen möchte. Sir. 24. 39 ;
wollen wir nicht ausgründen. Luther 4, 18' ; die man nimer-
mer ausgründen kan. 5,417'; das ir lernet von solchen gedan-
ken lassen und dem teufel heimschieben {br. 4, 249 heim-
schicken), das er sie ausgründe, der weisz wol wie im drüber
gangen ist. 5, 487'; willu klug und weise sein, ja alle gött-
liche heimlichkeit und Weisheit ausgründen. 6,187'; und soll
das disputieren auch eine masze haben, ob wir gleich nicht
alles ausgründen können. Mela.\chth. corp. doctr. ehr. 435;
wenn wir durch unsre vemunft die gottheit ausgründen könn-
ten, so nähme die gottheit ein ende. Elisabeth herzogin lu
Braunschweig 1545 ;
sind unerforschlich ta erfinden
keim menschen müglich auszugründen.
B. Waldis Esop 4, 95 ;
nrkrafl, verbalt und zweck tief ausgegründet
umschlingt der anmul leicht geknüpfte schnür.
Voss 5, 73.
den tischlern ist ausgründen die fuge aushobeln und auch an-
dere handwerker verwenden es für vertiefen.
AUSGRÜNEN, desinere virere, nnl. uilgroeijen. gegensatz
des angrünens.
AUSGUCKEN, 1) ausschauen, prospicere: das mädchen gnckt
immer aus ; Luther schreibt auskucken : diese trachenköpfe,
die dem bapslesel zum hindern auskucken und speien. 6, 319".
oder ist es ausköken? 2) prospiciendo consumere: sie guckt
sich nach ihm die äugen aus ;
wer die Vernunft gebraucht, die gottheit zu ergründen,
guckt sich zuletzt die augea aus. PFErrit 5, 164.
5. ausgutzen.
AUSGÜHREN, procidere, apparere, ausgähren. bergmännisch,
der gang güret durchs geslein aus, es tritt eine gur aus dem
gesteine. s. guhr und gähren.
AUSGURGELN, gargarizando eluere, schleim ausgurgeln;
die kehle ausgurgeln.
AUSGUSZ, m. effusio, ergusz: ausgusz des wassers;
dasz bald ein starker flusz
heraus flosz als ein meer mit tobendem ausgusi.
Weckberlin 725;
schavj^ lieb, wie diser flusz
mit rauschendem ausgusz
die macht der lieb bekennet. 755;
dieser flusz fällt mil drei ausgössen ins meer. LonE?fST. Arm.
2, 860. in den schmelzhülten heiszt ausgusz, was von dem
herde mit der kelle in die pfanne gegossen wird; liesz auf
ihren ai^gusz sehen. Mathesids 26". auch das loch, wodurch
man ausschüttet, der schlauch, die rühre, durch welche wasser
gepumpt wird, empfängt den namen ausgusz. bildlich, aus-
gusz des besten jugendlichen herzens. Herder an Caroline
Flachsland 1, 240 ; o es ist ein nieisterstück, der ausgusz der
wännsten, wollüstigsten phantasie. Klixcer 2, 406; das was
879
AUSGUTZEN— AUSHALTEN
AUSHALTEN
880
ich nun wahrnehme, gibt dem ausgusz ihrer zerrütteten phan-
tasie den schein von Wahrheit. 2, 410 ; mit dem lebendigsten
ausgusz und gebrause einer feurigen einbildungskraft. 8, 9.
auch sieht ausgusz für abgusz, imaginis effidio : einen aus-
gusz des kolossalen Junokopfes. Göthe 27, 250; was mich
aber besonders frappierte war der originalausgusz von ihrer
büste, der eine solche Wahrheit und ausfülirlichkeit hat, dasz
er wirklich erstaunen erregt, der ausgusz, den sie besitzen,
läszt diese arbeit wirklich nicht ahnen. Göthe an Schiller 355.
AUSGUTZEN, prospicere ex feneslra, frequentaliv von an-
gucken und wol entsprungen aus guckitzen:
so ich mich etwan schmucli und putz,
oder aus zu dem fenster gutz. H. Sachs I, 527' ;
wenn sie hofierten vor dem haus,
gutzt denn dein weib zum fenster aus. II. 4, 87 .
vgl. angutzen.
AUSHAAREN, crines dimütere, die haare fahren lassen : der
pelz haart aus.
AUSHABEN, in verschiednen, elliptischen bedeulungen,
1) verlieren, gleichsam ausgespielt, seine rolle ausgespielt
■ haben: er hat bei mir aus, perdidit apud me gratiam. Stein-
bach 1, 663 ;
gott füllt manch wüstes haus,
und macht die reich sind arm, die treu hat keinmal aus,
so wenig als sein wort wird seine kraft verkürzet.
Ghiphius 2, 438 ;
hier schweigt endlich der Verfolger,
und hier hat die misgunst aus. Gönihkr 851.
oder ist aushaben ein ende haben, aussein? Schmeller 2, 135
gibt an: aushaben, etwas verloren haben, und Steinbach: ich
habe aus, finem consequor.
2) aushaben vincere, ut in ludis et alea: ich habe aus,
vici. Stieler 725. gehört hierher folgende stelle ? dasz alle ehr-
liebende ein betrübnis ob solchen calumnien haben, dasz em
solcher hochlöblicher fürst von einem solchen landläufer also
ausgehabt wird. Melanchthon 9, 731, überwunden ? es scheint
vielmehr ausgespottet, verleumdet. Schmeller a. o. o. hat auch
jemand aushaben, böse auf ihn sein, näherer aufklärung be-
dürftig und heute veraltet, vgl. aushalten.
3) aushaben, den rock ausgezogen haben, gegensatz zu an-
haben; ich habe die schuhe noch nicht aus.
4) aushaben, ausgetrunken haben: ich habe das glas schon
dreimal aus; habe den teller aus {gegessen).
5) ein buch aushaben, ausgelesen haben, zu ende haben:
ich habe das Med schon aus {gesungen).
AUSHACKEN, effodere, eruere: die raben sollen dem gott-
losen söhn am galgen die äugen aushacken; keine krähe
hackt der andern die äugen aus; so bedienen wir uns der
reinen befugnis uns selbst recht zu verschaffen und den ne-
krologischen Schnabel zu verrufen, der unserm armen Moriz
gleich nach dem tode die äugen aushackt. Göthe an Schiller
230. steine, kartoffeln aushacken, ein stück land mit der hacke
fertig bearbeiten, die schuhe aushacken, ihnen durch sliche
und schnitte zackigen rand geben, bei den ßeischem, das fleisch
aushacken, in stücke zerhacken, bei den böttichern, holz aus-
hacken, aus dem groben arbeiten.
AUSHADEHN, non amplius irasci, auszürnen.
AUSHAGELN, non amplius grandinare: die wölke hat aus-
gehagelt- ^ ...
AUSHAGERN, macrescere, ausmagern: der nein hagert aus,
wenn andere zunehmen; wieder aushagern, remacresccre.
AUSHÄKELN, solvere uncum: die schuhe aushükeln. den
vinzem, putare vilem, die spitzen und eberzähne an der rebe
ausschneiden.
AUSHAKEN, gegenüber dem einhaken.
AUSHALFTERN, capistrum demere equo: das pferd hat sich
ausgehalftert, von der halßer losgemacht, dann überhaupt sich
aus etwas helfen, lösen: er wüste sich und seines ampts an-
gehörige auszuhalftern. Simplic. 1, 726.
AUSHALLEN, longe sonare : die glocke hallt weit aus ; seine
Worte hallen im sale aus;
dasz gottes gnad und allgewalt
in vollem jubel lang aushallt. Voss 6, 201.
dann auch finem facere sonandi: die letzten schlage der glocke
hallen aus;
die glockcn hallen au«, die liedcr enden. Uhland.
AUSHALTEN, suslinere, nnl uilhouden, bis zu ende hallen.
1) intransitiv, wenn kein casus ausgedrückt steht, durare,
perdurare, ausdauem: ich halle nicht länger aus; er hielt
nicht mehr aus ; du hast lange mit ihm, bei ihm ausgehalten ;
der hund hält nicht aus, bleibt nicht; der wagen hält wol aus,
dauert, hält noch länger; hielt recht aus {von einem bogen-
schützen). Garg. iSO';
wer niäszig ist, häh aus. Grvphius 195 ;
schwache brustwehren, welche noch nie gegen die angriffe des
neides, der arglist ausgehalten haben. Wieland 2, 116 ; er hat
gegen Cyanen ausgehalten. 1,177; die Vernunft kann in einer
anarchischen weit nicht aushalten. Schiller 1031;
dreiszig jähre haben wir
zusammen ausgelebt und ausgehalten. 379";
ich will sehen ob ich aushalte. Göthe an fr. v. St. i, 37. aus-
haltende kraft, aushaltender wille. auch die wolle heiszt aus-
haltend, wenn sie überall gleich vom leib absteht.
2) oß wird ein es oder das hinzugefügt und der begrif
leise transitiv gewendet: ich halte es nicht länger aus; er
hielt es nicht mehr mit ihm aus ; nein, es ist mit euch nicht
auszuhalten. Lessing 1, 240 ; wir konntens in der Stadt nicht
mehr aushalten. Göthe 14, 82 ; aber nun kann ichs nicht län-
ger aushalten. Gerstenberg Ugol. 36 ; nein, beim groszen gott
ich kann das nicht aushalten. Schiller 191'; das halte der
teufel aus! • u u i
3) transitiv mit ausgedrückten Wörtern der zeit: ich halte
dir das jähr aus, halte keinen tag weiter aus ; er hielt die
bestimmten drei monate ruhig aus ; halte mit dieser die wochen
aus {vulg. imple hebdomadam dierum). 1 Mos. 29, 27 ; Jacob
hielt die' Wochen aus. 29,28; das er dem herrn die zeit sei-
nes gelübds aushalte. 4 Mos. 6, 12 ; wie er aushielt die tage
der reinigung. apost. gesch. 21, 26. man könnte aber die accu-
sative jähr, tag, monate u. s. w. adverbial fassen, und dann
würde aushalten wiederum intransitiven sinn haben, das kleid
hält den winter noch aus, will entweder sagen erträgt den win-
ter, fert hiemem, oder dauert winterlang, per kiemem.
4) mit acc. der person:
gelassen kalt hat er mich ausgehalten,
aufs höchste mich getrieben. Göthe 9, 162;
und deine cither, deine gesellin, gespielin, buhlerin, die noch
alle deine liebsten ausgehalten hat. 57,198. in anderm sinn,
einen mann aushalten, marem ferre, von mannbaren mädchen.
5) mit acc. der sache: den kämpf, krieg, angrif, stürm, das
spiel aushalten ; wann ich mit solchen {hastigen) leuten zu
thun habe, halte ich ihnen einen stürm aus und denke ihr
zorn vergehe wol von sich selbst. Schuppids 292 ; das schwache
boot hielt den stürm der wellen nicht aus; er hatte wieder-
holte stösze oder schlüge des Unglücks auszuhalten ; der feind
hielt unsern anblick nicht aus. zuweilen steht blosz das un-
bestimmte pronomen und ein subsl. ist leicht zu ergänzen: er
kann schon einen (schlag, puf) aushalten, etwas aushalten;
dein volk hat mir crzöriit ein maus,
drumb soltu mir ein halten aus. Alberüs 112 ,
einen kämpf, krieg, den schmerz, kummer, die strafe, das
Unglück geduldig aushalten; die probe, die prüfung, den ver-
gleich, die nebeneinanderstellung nicht aushalten: freilich
konnte der bräutigam die vcrgleichung mit dem nachbar nicht
aushalten, sobald man sie neben einander sah. Göthe 17, 328.
6) in der musik heiszt den ton aushalten »7m nicht sinken
lassen, gleich stark erhalten, gut, falsch aushalten; auch wol
zuletzt darauf verweilen; die weise, das lied, den gesang recht
aushalten; dieser gesang ausgehallen ohne rasche bewegung.
TiECK 4, 429; in einem entzückten ton aushallend. J. Paul
biogr. bcLl, 23.
7) früher gebrauchte man aushalten auch für unterhalten,
erhalten, suslentare :
eim buler oft ein glück zufelt,
das in ein schöne fraw aushelt. H. Sachs I, 228*;
mein erbtheil wil einbringen ich,
darmit aushalten mich und dich. III. 1, 195';
wir wölln aushallen den guten man,
Ist einem umb ein kieuzer zihan. IV. 3, 26 ;
da ward ich ausgehalten frei {frei gehalten).
b. Waldis 4, 17;
und sich allein vom raub und blut der anderen aushielten
{unterhielten, erhielten, nährten). Frank c/iron. 122*;
drumb ich ein •gfaltcrn gewinnen wil
der moira weib aushell das kindbet.
Atrkr fastn. sp. 26* ;
diese musten nicht allein mit geld und vivers ausgehalten,
sondern auch mit fast allem kriegsapparat versorget werden.
MlCRÄLlUS a. P. 5, 210.
881
AUSHALTUNG — AUSHARREN
AUSHARREN —AUSBAUEN
882
8) aushalten, ausbehalten, entnehmen : darumb wer dem Un-
glück und ewiger pein entfliehen wolle, der mag im aus diser
historien aushalten, das zu seinem ewigen fride und wolfart
dienstlich ist. Mathesics h'.
9) aushalten, vorbehalten, ausbedingen: ich halte mir das
aus; er hat sich beim verkauf noch allerlei ausgehalten.
10) beachtenstverlh sind die beiyegebnen dative: ich halte es
dir, halte es ihnen aus, ivofür auch gesagt tiird mit dir, ge-
gen dich, gegen sie. selbst ein dat. der sache kommt vor:
so Tielen streichen auszuhalten. GC.xther 160,
es gegen so viel streiche aushalten, sich so viel streichen ge-
duldig hinhallen; diesem neuen ungewitter werden die schiffe
schwerlich aushalten ki.nnen. Opitz Arg. 2, 2 ; dem streiche
der grausamen trennung aushalten. 2, 169 ; der gefahr aushal-
ten. 2, 404; dem göttlichen verhängnüsse gedultig aushalten.
LoHENST. Arm. 2, 1128, in welchem sinn wir heule vorziehen
still halten.
11) bergmännisch, aushalten, attssondem : eine stufe aushal-
ten, das gestein von ihr sondern, forstmännisch, das holz, die
bäume aushalten, nutzhoh vom Scheitholz sondern, nnl. de
spriet dient om het zeil uit te houden, um das segel von ein-
ander zu halten.
AUSHÄLTUNG, /". consiantia, hlerantia: die aushaltung des
Ions; aushaltung, ertragung der gemachten vorwürfe; ruhige
aushaltung eines eigenen, öffentlichen ehrbankbruchs. J. Paul
nachdämm. 78.
AUSHÄMMERN, malleo pertundere: beulen im metall aus-
hämmern, austreiben, glatt schlagen; eine person, die die we-
nigen eckenbeschläge aus goJd und tressen, die sie vom hofe
aufs land hinausgenommen, drauszen zu einem goldfliltemen
opern- und schleppkleid in der einsamkeit ausgehämmert hatte.
J. Fall jubeis. 180.
AUSHANDELN, vendere, verhandeln, weggeben:
lasz einen alten freund anjetzt unausgehandeh,
denk au die erste gunsl, hat er sich gleich verwandelt.
Opitz 1, 319.
auch mercaluram deserere: er hat längst ausgehandelt.
AUSHÄNDIGEN, dare de manu in manum, tradere, einhän-
digen drückt das in manum aus: der tochter den fächer aus-
zuhändigen. J. Pacl paling. 2, 15 ; der vertrag wurde ihm aus-
gehändigt.
AUSHANG, m. periculum typographicum, was das folgende
wort: zu dem ende soll meine ganze Ilias, gesang für gesang,
in dem Journale als ein aushang erscheinen. BCrger 183'.
AUSHÄNGEBOGEN, m. plagula speciminis causa excusa,
weil solche bogen an der presse ausgehängt werden : mir gefiel
es gar nicht übel, meine wilde dramatische skizze nach und
nach in säubern aushängebogen zu sehen. Göthe 26, 204 ; an
den aushängebogen der Jugend verbessert das alter als cor-
rector. J. Fall grönl.proc. 1, vii; er sprach vom steigen und
fallen dieser weiblichen papiere {der morgenbriefchen) und
nannte sie die aushängebogen des weiblichen herzens. Hesp.
2,189.
AUSHANGEN, suspensum esse, nnl. uithangea : dem hange-
ten kutlen usz. Tho. Plater 78 ;
Partei wird alles, wenn das blutffe zeichen
des bürgerkrieges ausgehangen fst. Schiller 456.
wegen des Verhaltens zum folgenden wort gilt die bei abhan-
gen, anhangen, aufliangen gemachte bemerkung.
AUSHÄNGEN, suspendere: tücher, fahnen, bogen aushängen ;
ein fenster, die kette, locomotive aushängen, s. aushenken.
AUSH.\NGESCHILD , n. signum e domo suspensum : man
nahm meinen naraen zum motto, mein bildnis zum aushünge-
echild. Tiec« 3, lo.
AUSHAREN, pilos auferre: eine haut aushären.
AUSHARKEN, pecline purgare, gartenwege ausharken.
AUSHARMEN sich, finem facere luctus.
AISHARNEN, urina reddere: blut, griesz aushamen; in-
transitiv minqrre.
AUSHARREN, perdurare, perseverare, aushallen.
1) heute fast nur intransitiv: ich will ausharren, ausdauern ;
ich habe ausgeharrt bis ans ende; in dieser peinlichen läge
zu verharren und doch nicht mehr lange ausharren zu kön-
nen, der a. m. im Tockenh. 33 ; er harrte auf seinem werte
aus, bestand darauf J. Paul oeJtA. 3, 163; ausharrende gedull,
ausharrende seele. wer ausharrt, wird belohnt.
2) früher aber transitiv, exspeciare, aushalten: harrets aas
gedültiglich. Mei.anchthon im corp. doctr cAr. 724; bie ist nu
ser nützlich vleiszig aufzumerken, was es für ein kämpf kostet,
gotliche verheiszung ausharren und recht erwarten. Melaxch-
rnoxs Daniel übers, von Jonas. Wittenb. 1546 bl. 8 ; auch dasz der
feind auszuharren {auszuhalten) sei und sein pulfer und ku-
geln vergebens verschiesz. Froxsperg kricgsb. l, 131'; so vil
lodsgefahr ausharren. Fischart ehz. 58 ; dasz die natur die
plötzliche änderungen wegen der gewaltsame on verdrüszlich-
keit nicht wol überstehet und aushart. Garg. 172'; welcher
feind mit solcher rüstung nicht zu überwinden noch auszu-
harren. Zi.NKGR. apoph.3'i,21; meine zarte Jugend dörfte eine
solche art zu leben in die länge nicht ausharren. Simpl. 1,
33 ; könnte sie aber das ende meiner erzählung nicht aushar-
ren? alle übers. Holbergs 2, 343; nach wenig ausgehaiTten
tagen. Gotter 1, 249 ; er vermeinte den harten sinn des fräu-
leins auszuharren. Mcsaecs volksm. 3, 56.
AUSHARREN, n. perseverantia : wähnen sie ja nicht, Peter
habe die geduld und das ausharren zum künstler. jetzt da
er in den wald soll will er zeichnen, er würde eine begier
nach dem holz haben, v^enn er an die Staffelei sollte. Göthe
an Kraft 12.
AUSHÄRTEN, indurare, hart machen: ich führte so ein
streng leben, dasz mich verwunderte, wie er es ausherte»
möchte. Kirchhof icenrfunm. 395*; den stahl aushärten; unser
gemüte wider die zufalle dieses lebens aushärten. Opitz poe-
terei 74 ; übrigens härtet der krieg nicht viel stärker aus als
der friede. J. Paul dämmerungen 60. vgl. abhärten.
AUSHASELIEREN, ineptire desinere : der kerl bat noch nicht
aushaseliert. s. haselieren.
AUSHASPEN, cardine emovere, ausheben: die thür aushaspen.
AUSHASSEN, odium restinguere: viele leute hassen gar
nicht aus.
AUSHATSCHEN, AÜSHUTSCHEN, subito egredi. in Baiem,
hatsch aus ! apage hominem, auch katschaus ! katzaus ! Schnel-
ler 2, 259. 345.
AUSHAU, m. excisio, das aushauen, gebildet wie anhan und
verhau : der aushau eines waldes ; ihre besten lustspiele eines
Congreve und Wycherley würden uns, ohne diesen aushau des
allzu wollüstigen wuchses, unausstehlich sein. Lesslnc 7, 57.
s. aushieb.
AUSHAUCH, m. exhalatio :
nicht flieht den athemraubenden ausbauch
von goldneu kerkern der Städte. E. vo.> Kleist ;
0 wie stärket ihn da der aushauch duftender kräuter.
Zachariä;
freund, welcher nordwlnd, schwarz vom gifte,
gieszt seines aushauchs bange dufte
auf deines lebens schönste zeit? Gotter 1,219;
der fliege kolibri gleich, die nie von dünsten beschwert
auf blumen schwebend sich nur von ihrem aushauche nährt.
Thcsiels reisen 8, 301 ;
die sümpfe, deren böser aushanch ihnen die pest gab. Stol-
berg 9, 201.
AUSHAUCHEN, exhalare, efßare, verhauchen :^
hauche dort die trAbe seele
langsam in gesängcn aus. Gotter 1,104;
hier hauch Ich ungestört
den schmerz in Seufzern aus. 2,4;
ich habe dies wesen in gebeten und seufzem ausgebaucht,
jetzt habe ich ein anderes wesen. LEisEwrrz Jul. v. Tar. 2, 2 ;
selbst der wunderliche geruch, den so mancherlei spezereien
durcheinander aushauchten. Göthe 18, 22; undurchdringliche
Wälder, welche ungeheure niassen theils eingesognen theils
selbst erzeugten wassers aushauchen. Hcmbüldt ans. der nal.
1, 15.
*AUSHAÜCHUNG , f. exhalatio: die aushaucbungen feuer-
speiender berge. Käst fl, 54.
AUSHAUEN, excidere, exscindere, in vielfachem sinn.
1) virgis caedere, fustigare, verberare, flagellare, mit ruthen
streichen, wofür die alte spräche eine menge ausdrücke hatte,
z. b. goth. bliggvan, usbliggvan, ahd. pliuwan, ags. svingan
«. s. w. mit ruten aushawen. pcinl. halsfjer. ordn. 198 ; wirt
einer mit rritrn ausgehawen. Draunschweig Chirurg. 84 ; das
kind tüchtig aushauen; einen dieb zur Stadt aushauen.
2) evirare, castrare, verschneiden, ausschneiden, wofür wie-
derum der alten spräche viele besondere Wörter zu gebot stan-
den : den knaben beuwen (hieben) sie ausz und mesieten sie.
MCnster 1428. Maaler 42'.
3) concidere, dissecare: folgen etliche leutfressende inseln,
darin die einwoner die leut schlachten, aushauwen, im rauch
56
883
AUSHAUEN— AUSHEBEN
AUSHEBEN— AUSHECKEN
884
dörren. Frank wellb. 142" ; die schlächter hauen das fleisch aus
zum verkauf; der Scharfrichter haut den missethäter aus,
viertheill ihn;
man dörft mich auch bald hauen aus. Atrer 74*.
4) bäume, wälder, holz, äste aushauen: und die ^awleute
Salomo und die bawleute Hiram und die Giblim hieben aus
und bereiten zu holz und steine zu bawen das haus. 1 Icün.
5, 18 ; denn so du aus dem Ölbaum, der von natur wilde war,
bist ausgehawen. (yolli. us vistai usmaitans |)is vilj)eis aleva-
bagmis.) Rom. 11, 24 ; die hecken auszuhawen. tveisth. 2, 249 ;
später ward der insel eine besatzung gegeben und ausgehauen
der zuvor mit menschenopfern besudelte hain. Stolberg 10,
20; den bauna aushauen, die unnöthigen zweige enl fernen;
die wurzeln, dörner aushauen, wegschaffen.
5) felsen, steine, löcher, brunnen aushauen : einen weg im
berg aushauen; treppen im stein; ausgehawene brünnen, die
du nicht ausgehawen hast. 5 Mos. 6, 11 ; denn sihe, auf dem
einigen stein, den ich für Josua gelegt habe, sollen sieben
äugen sein, aber sihe ich wil in aushawen. Zach. 3, 9 ; ein
bild in marmor, im felsen aushauen; ein ausgehauenes feld,
aus dem schon alles erz gefördert wurde; das brandsilber aus-
hauen, was in den schmelzliütten mit dem auslmucr geschieht.
6) tröge, rinnen, krippen aushauen.
7) kleider aushauen (vgl. oben sp. 694): ausgehawene und
verschnürte gebreme und schweife. Mathesius 10".
8) die bienen aushauen, weislh. 2, 789.
AUSHAUER, wj. ein Werkzeug der bergleute, schmiede, klemp-
ner u. s. w.
AUSHAUSIG, qui foris est, wenig zu hause bleibt, vgl. aus-
heimisch und alln. öth^sa, domum interdicere, einen aushäusen.
AUSHÄUTEN , pellem exuere, die haut abstreifen : ein ge-
schlachtetes thier aushäuten; die schlänge häutet sich aus,
häutet sich.
AUSHAUUNG, f fustigalio: aushawung mit ruten. peinl.
halsg. ordn. 123.
AUSHEBEN, tollere, loco suo auferre, eximere, nnl. uitheffen.
1) den dieb ausheben, aus dem bette nehmen, fangen {vgl.
aufheben 8) ; er liesz die helfershelfer sogleich aus ihren bet-
ten ausheben und war selbst bei diesen gefangennehmungen.
Schiller 1092.
2) Vögel aus dem nesl, eier und dann nester ausheben, aus-
nehmen, in häufiger anwendung auf menschen, woraus sich die
vorhergehende bedeutung ableiten liesze: die jungen falken aus
irem gestände ausheben, weidwerk 2, l'f. lo"; aus den nestern
ausheben. 2,15'; vermeineten einen flücken vogel auszuheben.
Kirchhof wendunm. 426'; hub da meine lieben junghern von
sanct Jacob aus dem nest. Garg. 238' ; nachdem also die bil-
ger ausgehaben, daselbst; es ist gar schön den ganzen tag
im walde zu sein und die vögel zu hören, zu wissen wie sie
heiszen, wo ihre nester sind, wie man die eier aushebt oder
die jungen. Göthe 21, 4 ; in drei häusern kamen diese böse-
wichter zusammen, das erste nest ist schon ausgehoben, fuhr
er fort, und in diesem augenblick werden es die beiden an-
dei-n. 24, 336. ebenso ameisennester, maulwurfshügel aushe-
ben: wenn der krieg mit einer pflugschar die aufgeworfnen
ameisenhügel aushebt. J. Pacl biogr. bei. 1, 63. gleichbedeutend
ist ausnehmen.
3) Sachen ausheben : steine, wurzeln aus dem boden ; da
hör ich ein poltern und finde Omal, der die steine aushebt.
TiECK It, 283; die kartoffeln sind schon ausgehoben; einen
schätz ausheben, heben; thor und thür, fenstcr ausheben, aus
den angeln: Simson aber lag bis zu inittemacht, da stund er
auf zur mitternacht und ergreif beide thür an der stad thor,
sampt den beiden pfosten und hub sie aus mit den rigeln.
rieht. 16, 3. sich die schuller aushcbeYi, verrenken, verheben,
aus dem gclenk, der rechten läge heben, wein oder hier aus-
heben, aus dem fasse ziehen (s. lieber), die setzer heben aus,
tragen die in den Winkelhaken gesetzten zeilen auf das schif, der
drucker hebt aus, nimmt die form aus der presse.
4) ausheben für aufheben, emporheben, ausstrecken :
ein adlersjüngling hob die flügd
nach raub aus. Göthe 2, 77.
6) einen reiter ausliehen, aus dem sattel heben, niederfdl-
Im, ausstechen, oß in figürlichem sinn: ein iglich teil denkt,
uie es den andern teil aushebe. Llther 5, 305';
und dieser den verdruckt, der Jenen ans wil heben.
üRVPuiiJS 1, 313)
wer prinzen aus wil heben
und krönen niederdruckt, bringt meine larve mit. 1, 322.
6) ausheben, Soldaten ausnehmen, recruten ausheben;
wen er ... für den krieg aushebet nach Willkür.
Voss 2, 53;
es wurden aus jeder compagnie zehn mann ausgehoben, über-
haupt aussuchen, auswählen: der sultan liesz die fähigsten
köpfe im lande ausheben. Klinger 6, 61. meisterswitwen dür-
fen sich bei den übrigen meistern einen gesellen ausheben.
7) ausheben, hervorheben, auszeichnen im abgezognen sinn:
ich will einige stellen ausheben, die meinen satz beweisen;
es sollen hier beispiele ausgehoben werden ; zu meinem eignen
besten will ich daher folgende kleine geschichte zur probe aus-
heben. Tieck 15, 300 ; ich kann dir einige andre stücke, unter
einer menge von meisterstücken sie aushebend, nur flüchtig
nennen. Stolberg 7, 287 ; ich linde jetzt kein rechtes gedieht,
ich musz auf gerade wol ausheben. J. Paul flegelj. 1, 72.
8) sich ausheben: wir können uns zu einer würde aushe-
ben, wo wir den namen geist verdienen. Hippel 7, 175. besser,
sich erheben.
9) zuweilen erscheint die schwache form statt der starken
und ein part. prael. ausgehebt für ausgehaben, ausgehoben:
wenn die netze ausgehebt und gezogen werden, weidwerk 2, 43".
AUSHEBER, m. ein geräth zum ausheben der pflanzen, in
den Schlaguhren ein rad, um das- schlagen zu bewirken, s. heber.
AUSHEBIG, was aushebt, auszuheben verfügt : meine schuld-
gläubiger würden iren wein wol haben, wann es zur aushe-
bigen (es steht aushibigen, was kaum in ausgibig zu ändern) formel
kern. Garg. 100, tvenn genchtliche aushebung angeordnet wäre.
AUSHEBUNG, f. delectus: aushebung der kriegsmannscliaft.
AUSHECHELN, peclinare: den flachs aushecheln, häufig,
wie durchhecheln, für carpere, vellere im abgezognen sinn:
weilen er alles tadelte, herüber zöge und, was er nur fast
ansähe, aushechelte. Simplic. 1, 272 ; fiengen wir an Spindlers
Unachtsamkeit auszuhecheln. Pierot 2, 234.
AUSHECKEN, pullos excludere, ausbrüten, engl, hatcb,
s. hecken.
1) der vogel heckt jährlich sieben junge aus; die taube
heckt keinen sperber aus; jeder vogel ist gern da, wo er aus-
geheckt wurde ; eier aushecken, pers. rosenth. 7, 10.
2) dann auch von andern thieren für purere, gignere:
wiewol sie (die Hasen) teglich junge trügen
und die ausheckten und auszügen. H. Sachs 1,503';
der igel wird auch daselbs nisten und legen, brüten und aus-
heggen unter irem schatten, ß*. 34, 15; wenn die hewschrecken
ausgeheckt haben. Luthers, 313; und wie ein kartenläusche-
rischer säur laur, sampt eim schneckenfresser schreibt, soll
auch der heut verruft Luther von eim aufhocker ausgeheckt
sein. Garg. 105'.
3) Zähne aushecken, dentire: das kind heckt zäne aus.
Stieler 728; die zähnlein leicht aushecken. Ettners /tcbamme
828.
4) procreare, machinari, cxcogitare, wie ausbrüten, hervor-
bringen :
was hat der deutsche krieg, der sich so lang erstrocket,
von fruchten und von nutz doch immer ausgehecket?
LocAU 3, 5, 69 ;
Syrien heckte zur nachahmung die encratiten aus, welche auch
aquarii genannt werden, mitleidenswürdige ketzer, die allen
genusz des weins und des tleisches für siindlich ausgaben.
Hagedorn 3, 95 ; ich freue mich, wie ein poet, der ein Sinn-
gedicht ausgeheckt hat, Barf.ner 0, 14 ; ein labyrinth metaphy-
sischer spitzlindigkeiten und Umschweife, die am ende vor-
nemlich gedienet haben, ungeheure bücher auszuhecken und
den verstand durch ekel zu ermüden. Winkelm. 4, 35;
nun schwitzt er tag und nacht, ein zweites (epigramm) auszuhecken.
Lessin» 1, 2;
jpde mess ein büchlcin auszuhecken. Gökingk 1, 219;
die kalte einbildung eines spätem Verfälschers, dem man es
nie verzeihen könnte, so etwas umsonst ausgeheckt zu haben.
Moser 1, 369; wodurch nach und nach ein ganzer schwärm
enlhehrlicher, ja sogar naturwidriger neigungcn ausgeheckt
wird. Kant 4, 344 ; das vielkOptige ungeheuer, das nach jedem
streiche neue köpfe ausheckt. 8, 137; der künstliche zwang
der bürgerlichen Verfassung heckt witzlinge und veriiiinftler
aus. 10, 7 ; die Vernunft würde dann lauter leere begrille aus-
hecken. 10, 93;
885
AUSHEEREN — AUSHELFEN
AUSHELFEN — AÜSHETZEN
886
wenn Javell für alte grillen
neue namen ausgeheckt.
KÄSTNERS verm. sehr. 1773 1, 272 ;
mit selbst ausgeheckter furcht. Fk. Müller 2, 152 ; er thünnet
sich nicht selbst ausgeheckte erschwernisse hin. 3, 147 ; manch
hirngespinst ausheckt es. Plates 132; damit sie (die u-ärme)
neues giftiges, scharfes ungiück aushecke. J. Pacl Hesp. 4, 163 ;
die schlechteren pasquille, die ich blosz auf hiesiger erde
aushecke, lege ich hier der gelehrten weit mit achtung vor.
paltng. 1, xxv ; die artige Schilderung deiner erlebnisse mit ihm
auf der seefahrt, die dein muthwille ausheckte. Bettine br. 2,
SS; wirklich heckte man auch einen rettungsplan aus. Dahl-
MASN franz. rev. 352. die beispiele lehren, dasz das vcorl nur
in übelm, herabsetzenden sinn so verwendet wird.
AÜSHEEREN, populari, verheeren:
wo hastus herz genommen,
dasz du dem, der ganz Teutschland werth,
an geld und gut fast ausgeheert
darfst unters antlitz kommen? Soltaü473;
so wer manch getrewer stand im reich
gemachet nicht'dem betler gleich
und also ausgeheeret. 476.
ÄÜSHEFTEN, affixum removere: einen bogen ausheften.
AUSHEILEN, persanare, völlig heilen: all offen schaden,
die sich in viel löcher ausheilend. Paracelscs 1.1120'; da er
denn seine wunden in einer hole mit kräutern ausheilete.
LoHE.\ST. Arm. 1,849; mein vater war fast tödlich verwundet
worden, doch hatte er sich einigermaszen wieder erholet und
kam bald darauf nach hause, um sich völlig ausheilen zu las-
sen. Felsenb. l, 492 ;
ein hirsch, der sich nicht wol befand,
blieb lange zeit daheim, die ballen auszuheilen.
Hagedorn 2, 30 ;
es heilte sich seine seele langsam aus. J. Paul Kampan. 9.
auch intransitiv: die wunde heilt aus. persanatur.
AUSHEILUNG, f. die gänzliche ausheilung aller wunden.
Wieland 7, 335.
AUSHEIMISCH, exlraneus, exsul, extra domum constitutus,
nnl. uitheemsch, ausländisch, auswendig:
lasz dich nicht ausheimisch sagen,
wenn gute leute nach dir fragen. Rixgwald laut. warh. 110.;
also bin ausheimisch auch ich, denn ich tödtete jemand
unseres Volkes. Voss Od. 15, 271;
wenn fremde auch das ausheimische bei uns zu suchen haben.
GöTHE 46, 322; so wird der ausheimische in kurzer zeit bei
uns zu markte gehen müssen, daselbst; wenn der köpf weisz
was er will und das herz nicht nölhig hat ausheimisch zu
sein, dasz es ihm wol werde, so gehts ja wol. an fr. v. Stein
2, 203 ; so haben die Dilmarscher geschlechter den ausheimi-
schen zu einem vetter angenommen und nicht geringer geach-
tet als den angebomen sippen. Niebuhr 1, 341. anheimisch
wurde oben auf ein adverb zurückgeleitel, doch kein ausheims
kommt vor. freilich auch kein subst. anheim, ausbeim, von
dem das adj. herflösse, vgl. einheimisch.
AUSHEIRATEN, dotare, ausstatten: dasz ein römischer rat
sein tochter von armut wegen ausheiraten must. Facius bei
Fronsp. 3, 277".
AUSHEISCHEN, deposcere, provocare, erfordern, herausfor-
dern, nnl. uiteisschen: heimsuchen, ausheiscben. weisth. 2,
226; die er mit namen erfordert und ausgeheischen hatte
(depoposcerat), sagten, sie wollten hinziehen. Kihel Liv. 619 ;
do ist er zu der thor usgegangen und hat den erbrichter us-
geheischen (aus dem haus gefordert). Magdeb. weisth. s. 33.
AUSHEISCHEH, m. provocator. Frankf reform. 9, 3, 8.
AUSHEITEHN, serenare, erheitern, au/heitern: der saft des
erdrauchs macht die äugen threnen, häutert (so) aber das ge-
siebt aus. Hohberg 1, 549"; begegnete lauter ausgeheiterten
himmelsgesichlern. J. Pall Hesp. 1, 119 ; der weile ausgehei-
lertc himmel. 1,240; sie hob ihr antlitz unaussprechlich aus-
geheitert empor. Fixl. 58; sie lieszen einander ausgeheitert
aus den armen los. Tit. 3, 71 ; tugendhafte tage, wo alles
in uns ausgeheitert und beleuchtet ist. uns. löge 3, 102. aus-
heitern ist mehr als aufheitern, nemtich vollständig außei-
tern, durchheitern, wie auswärmen mehr als aufwärmen, s.
ausheilen.
AUSHEIZEN, percalefacere : die stube musz vorher ansge-
heizt werden ; obwol ich mir die zimmer im schlosz ausbei-
zen und zurichten liesz. SciiwEmcHEN 3, 208.
AUSHELFEN, subvenire, nnl. uilhelpen, aus der hattd, noth,
Verlegenheit «. s. w. helfen : er hilft mir aus von meinen fein-
den. 2 Sam. 22, 49 ; also half der herr Hiskia und den zu Je-
rusalem aus der band Sanherib des königs. 2 chron. 32, 22 ;
da sie hoffeten, halfestu inen aus. ps. 22, 5 ; er klags dem
herrn, der helfe im aus. 22, 9 ; errette mich und hilf mir
aus. 71, 2 ; da du mich in der not anriefest, half ich dir aus.
81, 8; er begert mein, so wil ich im aushelfen. 91, 14; und
sie zum herm riefen in irer not und er inen half aus iren
engsten. 107, 13; sihe mein elend und errette mich, hilf mir
aus. 119, 53 ; denn ich wil diese stad schützen, das ich ir
aushelfe. Es. 37, 35; der herr aber wird mich erlösen von
allem übel und aushelfen zu seinem himlischen reich. 2 Tim.
4, 18 ; der im von dem tode konte aushelfen. Hebr. 5, 7 ; ein
geschieht, wie gott einer erbarn klosterjungfrauen ausgehol-
fen (aus dem kl.) hat. Lctblr 2, 384*;
durch dein göttlich gerechtigkeit
hilf mir aus, neig die ehren dein. H. Sachs II. 1, 66*;
es ist gut, "wenn den freunden mit gelde und mit anderer
notdurft ausgeholfen wird. Weise */. leute 298 ;
welcher, wenn noth eintrat, ihm gern aushalf mit dem brummbass
Voss Luise 3. 576 ;
die form des buches war für den anfänger nicht so günstig,
dasz er sich selbst hätte aushelfen können Göthe 24, 230;
oft hilft uns ein funken leidenschaft wider hoffen aus, wenn
der verstand uns stecken läszt. Kli.nger 2, 356. ungewöhnlich
ist der acc. statt des dativs, einen aushelfen, doch sagt Mo-
ser : wodurch es (das land) jetzt von andern nationen aus-
geholfen wird. patr. ph. 1, 19.
AUSHELFER, m. der aushelfer in allen nöthen.
AUSHELLEN, serenare, ganz erhellen, aufhellen: das hier
hat sich ausgehellt, cerevisia defecata est; das weiter heilt
sich aus. Göthe 5, 161; die luft hellt sich aus, es wird diese
nacht sehr frieren, an fr. von Stein 1, 133 ; möchte ich doch
im Stande sein, ihren trüben zustand nach und nach auszu-
heilen und ihnen eine beständige heiterkeit zu erhalten, an
Kraß 10 ; der es nie selber erfahren hat, dasz durch die aus-
geheilte selige brüst, wie durch den heitersten himmel, Sturm-
winde ziehen können. J. Pall Hesp. 1, 169 ; welche ausgehel-
lete herzen schlugen! komet 3, 4; die von dem leuchtenden
frühlingseden ausgeheilte seele. paling. 2, 15.
AUSHELLIGEN, corroborare, recreare: man hungert sie
(die falken) wieder aus . . . und ve.tieret ihre hungrige mäu-
1er, dasz sie ausgehelliget und ihre bauche fein ledig werden.
Bechers jdgercabinet. Leipz. 1701 s. 93, wo durch druckf. steht
ausgehelliget. behelligen, abhelligen ist ermüden, abmatten,
erhelligen conficere, also ausheiligen reficere. vgl. Schmeller
2, 172. 173.
AüSHELLUNG, f. illustratio: die ausheilung der in die-
sem werke kaum vermeidlichen dunkelheiten. Käst 2, 34.
AUSHEMMEN, rotam sufflamine expedire, den hemmschuh
vom rad abnehmen.
AUSHENREN, suspendere, auswärts aufhängen, verhdU sich
zu aushängen wie henken zu hängen überhaupt:
thut sie (die mörder) all zu dem schlosz aushenken.
H. SachsUI. 2, 60*;
euch ist der schilt ausgehenkt, kehrt hie ein, hie wird gut
wein geschenkt. Garg. 17'; wie meint ir, dasz auch bei eim
schönen ausgehenkten schilt böser wein vorhanden sei? 77".
neuere brauchen aushenken für losmachen: die thür aushen-
ken ; wie heiler geht dagegen ein Simultanliebhaber, der sich
endlich aus einem fressenden herzen glücklich ausgehenkt.
J. Paul Tit. 3, 155 ; dasz der beste arzt die seele eines men-
schen nach wünsch von seinem körper aushenke, teuf. pap.
1, 101.
AUSIIER, adv. = heraus, das sich mit auszer mengt, bei
Uhijvsd 360 steht auszher klauben, 369 auszer klauben, her-
ausklauben; damit si den schalk auszher Ion, herauslassen.
MuRKER schelmenz. 60, 4 ;
wir bitten dich
du wellest zuo uns uszhar gan. trag. Joh. 03;
(der bock) mit seinen hörnern auszher stiesz,
zu im den ochsen nicht eiuliesz. B. Waldis 1, 9S;
und sind seine äugen weit auszher bauszend. Forer fischb.
37*; es sind etlich, so sie ein hlat oder zwei gelesen, oder
ein predigt gehört, rips raps ausher wischen. Luther 2, 69*.
AUSHERKE.N, desinere dominari : unser alter herr hat auch
ausgeherret, seit fünf tagen ist er maustodt. J. Paul Tit. 1, 172.
AUSHERSCHEN, dasselbe.
AUSHETZE.N, exagitare canibus, heraus hetzen: seit man
solchen scheimcn nicht mit hunden ausheizen? Luther 4, 383';
56*
887
AUSHEÜGHELN — AUSHOLEN
AUSHOLEN — AUSHORCHEN
8S8
schwig nit ich, würd mit hund zu letzt
von fürstenhöfen ausgehetzt. H. Sachs I, 350';
eh man dich hetz mit hunden aus. III. 1, 159'';
darnach mit hunden dich aushetzen. III. 2, ISO'.
AUSHEUCHELN, deponere larvatn: ewer tyrann, so bisher
sich ausgeheuchelt hat. Ldther 3, 513. br. 3, 305; ich achte
aber, ewere früchtlin und kreutlin zu Halle hat nu ausge-
heuchelt und lange genug den bawm auf beiden achseln ge-
tragen. LUTHEH 6, 115*.
AUSHEUEHN, locare, ausmiethen, sowol verheuern, vermie-
then, als durch höheien preis aus der mielhe treiben.
AUSHEULEN, flere desinere: hast du bald ausgeheult?
und transitiv: heule dein leben aus! Klinger 2,158; heule
dich aus, satia te nunc lacrimis, weine dich aus.
AUSHEURUNG, /". heurung an den meistbielenden. Moser
I, 116.
AUSHIEB, m. excisio, der neuere ausdruck für den alleren
besseren aushau (vgl. hieb) : ausgehauenes holz oder erz.
nicht zu mischen mit aushub.
AUSHIN, odt». = hinaus, gebildet wie anhin, ausher:
greift an und laszt in auszhin tragen, /"astn. «p. 62, 67 ;
wa wijls zuletzt doch auszhin gon? Murner schelm. 60, 5;
an dem aushin und einhin tringen. H. Sachs III. 1, 123';
lauf aushin auf den almen. Ambf. Ib. 339, 12; do wir wit
uszhi kamen. Tho. Plater 78 ; liesz man iederman über brugg
uszhi. das.; giengen wir mit einandren uszhi in ein käm-
men 80; aushin Rom, die du keinen glauben haltest! Hüt-
ten 5,284; wisch aushin hetz! Eyring 2,436;
das er nach nahrung aushin denkt,
und stund der galgen gleich vor der thür. 1, 433.
Maaier 42'.' führt eine ganze reihe von aushin an.
AUSHINKEN, claudo pede exire: der fusz schmerzt mich,
ich will doch aushinken.
AUSHIPPEN, ausschelten. Wickram rollw. 51. ed. mulh. 88.
s. ausholhippen.
AUSHOBELN, edolare: ein ausgehobelter sarg;
hövelt euer neues haus
bräutgam aus! Fleming 1685, 385.
AUSHOFFEN, desperare: wer will gleich aushoffen?; die
ausgehofte hofnung. pers. rosenlh. 6, 1.
AUSHÖHNEN, deridere: gab er ihnen die ernstliche ver-
mahnung mich nicht auszuhöhnen. Felsenb. 2, 405 ; laut wurde
der verräther ausgehöhnt;
ich höhne lasier aus, ich schimpfe böse zeit. Locad 3, 6, 2.
AUSHÖHNER, m. derisor: ein rechter spotter und aus-
höhner der leute.
AUSHÖHNUNG, f. derisio, Verhöhnung.
AUSHÖKEN, minulatim divenderc, duriorem facerc anno-
nam. Stieler 849. auch ausbökern.
AUSHOLEN, edueere, nnl. uithalen, ausrecken, ausreichen,
auslangen.
1) ausrecken zum streich oder schlag: holet mit der band
die axt aus das holz abzuhawen. 5Mos. 19, 5; zu einer klei-
nigkeit die axt so weit ausholen. Herder 1, 112. ebenso den
arm, die band ausholen und den streich, den schlag ausholen :
dasz man das richtbeil mir
.mit ausgeholtem streich hatt an den hals gesetzt.
Grypuius 1, 455.
2) den schritt, den sprung ausholen, weit ausschreiten:
geht
mit grosz weit ausgeholten räuberscliritlen
der raord an sein entsetzliches geschält. Schiller 563.
3) das wort, die rede ausholen, ausforschen, herholen:
discurse, dadurch mein vorsatz, sinn und gedanken ausge-
holt werden sollen. Simp/. 1,323; manches aber ist sicher,
wie ich jetzt sehe, zu weit ausgeholt. Moser 1, vorr.
4) auf personen bezogen bedeutet das nnl. uithalen noch
sinnlich aus dem hause führen, die docliter uithalen, freien
(ahd. quenön halön, uxorem ducere). wir würden in jenem
fall heraus iiolen verwenden, ausholen ist uns ausfragen, aus-
forschen : mit seinen freundlichen gebcrdcn iiolet er dich aus.
Sir. 13,16; ein gegner des ßerengarius, der die anhiinger des-
selben tief und genau ausgeholt zu halien versichert. Les-
siNG 8,416; sie liesz nicht ab mit glatten worten ihn auszu-
holen, was er für ein abcnleuer beslandL-n habe. MusXüs4, 0;
um den kammerherrn besser auszuholen. J. Paul Hesp. 2, 71 ;
.lulicnne sucht ihn listig auszuholen. Tit. f,, 35; der reise-
marschall holte den kandidalen mit mühe aus. kämet 2, 160.
man dürfte auch ein ausholen des brunnens, des wassers an-
nehmen und dem ausfragen die bedeutung des auspumpens,
ausschöpfens unterlegen.
5) steht kein acc. dabei, so wird das verbum intransilio,
und er pflegt sich gern in eine instrumentalfügung zu verwan-
deln, oder es wird ein zu und im beigefügt; statt den arm,
das Schwert heiszt es mit dem arm, mit dem schwert aus-
holen ; zum schlag, zum streich ausholen ; kurz oder weit
ausholen; im reden ausholen; er holt von neuem ^s und
springt; bei Schiller:
bewegungslos starr ich das wunder an,
den jagdspiesz in der band, zum wurf ausholend,
wo man auch mit getilgtem comma den jagdspiesz zu aus-
holend nehmen könnte; der waldbruder mit bloszem dolch
rennt ausgeholt auf mich los. Fr. Müller 3, 134;
doch ich mag tändeln, necken, stören, wie ich will,
sie keifen, lärmen, holen aus und sind mir gut.
J. E. Schlegel 2, 025;
hole zum glauben mit einem besonnenen iiberglauben aus.
J.Paul dämm. 21; was dem frieden die wolthaten verfälscht
und schmälert ist eben, dasz er alle kriegswunden zu vcr-
schlieszen und zu neuen auszuholen hat. 62.
AUSHOLEN, excavare, nnl. uitholcn : gräber ausholen ; der
regen holt den stein endlich aus ; nester ausholen ; secht wie
ich die hon wil holen und wie ein weinmilb ausholen. Garg.
93"; liesz Salomo schnitzwerk machen von ausgeholten Che-
rubim. ScHUPPius 47;
ich sollt es wol
mit ansehn, wie er euch von tag zu tag
ausholen wird bis auf die zehen. Lessing 2, 256;
singt Opernauszüge, die ihre zarte nachtigallenbrust ausholen.
J. Paul Tit. 1, 108 ;
an des altars hoher schwelle
thut ein grab sich auf, mit grauen
ausgehölt. Platen 12'.
s. aushülchen.
AUSHOLER, m. scndalor: die mutmaszung wäre ein schär-
ferer ausholer, als die zunge ein verraten Lohenstein Arm.
1, 1314.
AUSHÖLER, m. cavator.
AUSHÖLERN, excavare, vgl. ahd. holren dolare (Graff4,
848) : bald hölern sie den ganzen leib aus, wie ein maus ein
brot. Frank weltb. 13'; alle berg hölert man aus. Agricola
157*; durch die ausgehölerten felsen. Mathesiüs 56'.
AUSHOLHIPPELN, conviciis inseclari, ausschelten: der so
gar wol beschwätzt ist und mich dermaszen ausholhippelt,
dasz ich mich dessen schämen musz. Ayrer proc. 1, 7. Schmel-
LER 2, 221 ; ausholhippelen durioribus verbis increpare. Stieler
843. i. holhippeln.
AUSHOLHIPPEN, dasselbe: ich darf euch wol schelten und
wol ausholhippen. Paracelsus 1, 143'; o ihr unverständigen arzt,
warum holhipp ich euch aus? darumb, dasz ihr nit recht
dran sind, chirurg. scAr. 632'; einander wie hund und katzen
ausholhippen. Fischart bienenk. 87'; noch vil weniger einer
des andern werk und kunst vernichte, verachte, aushollipe,
sehende oder schmehe. Ulmer rathsentsch. von 1590 bei Schmid
s. 285 ; weil er sich müsse ausholhippen lassen, eselkünig,
um 1620;
.0 Wolf, wisz ich verraten bin
bei meim alten, wie hat er mich
ausgeholhübt so scnigklich.
H. Sachs III. 1, 195'.
s. holhippen und aushippen.
AUSHOLHIPPERN, dasselbe: ich rede ciceroniane und ihr
verstehet es nicht. Cyr. ich verstehe genung, dasz ihr mich
stichelt und aushoiippert. Gryphius 1, 816.
AUSHOLUNG, f scnUatio: um gewisse fragen und ausho-
lungen zu vermeiden. Lessing 12, 436 ; warum mehr ausho-
lung? Hippel 0, 86; jetzt bin ich kein wort mehr schuldig
als die stelle, die viel ausholung nöthig hat. br. 14, 332.
AUSHÖLUNG, f. excavatio : die aushölnng des grabs.
AUSHOLZEN, lignari: die wiilder ausholzen; figürlich, im
letzten bände, wo jeder ästhetische Schnitter seine leute aus-
holzet. J. Paul Hesp. 1, 63.
AUSHOLZEN, bei den schustern, die holzabsdlte zusehneiden.
AUSHORCHEN, auscultando explorare: er horcht alles aus;
er hat seit einem halben jähre einen kerl dazu gebraucht,
ihm in ganz England ein stummes mädchen auszuhorchen.
Tieck12, 107; seine gefühlspitzen konnten nicht» regsames an
ihr aushbrchen. J. Paul uns. löge 3, 27; bezweifeln, ob Bentley
seinen genius darüber gehörig ausgehorcht habe. Wolfs ana-
leclen 1, 86.
889
AUSHÜRCHER — AUSHUSTEN
AUSHÜTEN— AUSKEGELN
890
AUSHOßCHER, m. Beckers wdtg. 12, 369.
AUSHÖREN, audire usqite ad finem, plane audire, nnl. uit-
hooren: sie fürend ain bailig schämig leben und wirt sel-
ten böses uszgehört. beschr. Wiens bei Scheible 6, 659; Ma-
robod hörte gleichsam als verzückt diesen nichts minder klu-
gen als heiligen allen aus. Lohessi. Arm. 1, 1105 ;
die boten, die noch kommen werden,
bebalt bei deinem zeit, und frage sie
genau, und höre (horche) sie ganz aus. Klopsiock 10, 127;
die aldermänner können anklage und vertheidigung, wenn sie
nicht von einer zunft geführt werden, ohne sie auszuhören,
abweisen. 12, IS; ob man sich darauf einlassen wolle, die
lateinischen kunstwörter dem gedächtnis mühsam einzuprägen
und die erklärungen derselben, die nur selten kurz sein kön-
nen, auszjuhören ? 12, 214 ;
zornig hörte der k6nig nicht aus was Reineke saete.
GöTHE 40, 152 ;
ich bitte, hört mich ausi Kllvgeb 1, 285; so hör mich nur
aus! Arnim sehaub. 2, 260; eine Torlesung, eine predigt aus-
hören.
AUSHOSEN, extiere braccas : . äer flachs hoset sich aus,
wenn er die wurzelhülsen fallen läszt. in Schlesien, ganz ver-
schieden das nnl. uithoozen ron hoozen schöpfen.
AUSHUB, m. tcas ausgehoben wird, das vorzüglichste, der
ausbund; ein aushub aus allen mundarten. an recht der
meisterswitwen, s. ausheben 6.
AUSHUDELN, increpare: ausfilzen und aushudeln. Jucun-
dissimus 40.
AUSHULCHEN, excavare: da namen die müs bomeran-
zenäpfel, da vil kernen in sein, und hülchten si usz. Kei-
SERSB. evang. 203 ; in dem uszgehülchten büslin {des felses). post.
3, 8 ; uf den abent kouft Ulenspiegel ein hüpschen apfel, den
hüllecht er inwendig usz und stiesz den vol fliegen. Eulensp. c. 86.
AUSHÜLFE, f subsidium: eine aushülfe in der noth.
AUSHULFLICH, adv. in subsidium: verboten ist das aus-
schütten auf die straszen bei strafe von einem gülden, wo-
für aushfilflich der stubenbesitzer haftet. Gütlinger acad. gesetze.
AUSHÜLSEN, eximere folliculis : höhnen, linsen aushülsen.
AUSHUNGERN, famc macerare, necare, nnl. uithongeren:
damit er die hungerigen seelen aushungere. Es. 32, 6 ; das ir
als lang hie verharren wölt bisz ir sie ausgehungert. Aimon
X3; Schemen soll ihr euch, das ihr euch also aushungert.
Garg. 52'; den hunger aushungern, pers. rosenth. 3, 9; die
Stadt solle ausgehungert werden. Weise erzn. 68. intransi-
tiv, aushungern, fame macerari. auch von ackern, ttngedüngt
lassen: und sullent nit uszgehungert noch gemergelt sin. tirk.
von 1443 bei Oberlix 75; ein ausgehungertes land.
AUSHUNZEN, tncrepare, aussckelten:
sonst störte mich kein mensch im schlafe,
itzt pocht mich jeder narr heraus,
und wenn es niemand thui, so liunzt die frau mich aus.
Gellbrt 1, 145;
indem er herr Heinzen aushunzt, kommen ihm auch die Ver-
fasser der götlingischen gelehrten zeitung in den weg. Les-
sing 6, 182; überdies ist der deutsche jambus jener ausge-
hunzte klippklapp keinesweges. Bürger 17S'; wofür man denn
von den moralischen personen rechtschaffen ausgehunzt wurde.
TiECK 5,320; jeden morgen hunzte sich Viktor unter der bett-
decke aus wegen des abends. J. Paul Ilesp. 1, 124. hiinzen
bedeutete zerfetzen, zerschneiden, s. zerhunzen und verhunzen.
AUSHCPFEN, exsilire: der vogel ist ausgehüpft, einem
aushüpfen, aus dem wege gehn: also habens von ihnen auch
gelernt die blaterarzet, weiche mehr und besser sein wollen,
dann die Juden, und ist doch des eins läders, wiewol sie zu
beiden selten einander aushöppen. Paracelsds chir. sehr. 332*.
.«Ol das sin so ein heiliirer man
der mit dander lut uszhüppcn kan? trag.Joh.iS,
sich lustig machen, springen ? vgl. aufliüpfen. Bräker schreibt
aushoppeu : sobald ich wieder aushöppen und meinen saclien
nachgehen konnte, war meine noth vergessen, der arme mann
im Tockenb. 178.
AUSHÜBEN, ixnoQv^Etv: wie auch Sodoma ond Go-
morra und die umbligende siede, die gleicherweise wie diese
ausgehuret haben und nach einem andern neisch gegangen
sind. br. Juda 7; haslu dich nun ausgehuret bei deiner wir-
tbin? ped. schul f 243.
AUSHUSCFIE.N, vellere, einem das haar raufen.
AUSHUSTEN, extussire: blut aushusten, auch tussire de-
tinere.
AUSHUTEN, loco cedere, räum machen, den weg räumen,
dem hirtenleben entnommen, wenn ein weidender hirt auszu-
weichen, seitwärts zu hüten aufgefordert wird:
hüet usz. arm und rieh,
wichz mir usz dem pfad und stig.' Uhland 7;
vgl. ausweichen, in anderm sinn ist transitives aushüten eine
wiese ganz abweiden, depascere.
AUSJAGEN, expellere, ejicere, nnl. uitjagen:
mhd. daj man in (den siechen)
üj jagete von den andern hin. Bart. 23, 36.
ich wil bornissen für dir her senden, die für dir eraus jagen
die Heniler, Cananiter und Hethiter. 2 3/o5. 23, 28; were er
aber ein gegenwertiger sichtlicher mensch, er soll sie mit
einem strohalm zum lande ausjagen. Lcther3, 59'; so müs-
sen wir sie wie die tollen hunde ausjagen. 8,101";
und das man auch die hund ausjag. fastn. sp. 2, 11;
das hat er iren frunden von mir geclagt
und mich darzu mit einem scheit auszgejagt. 860. 3 ;
man hat dich zuo Tiereck am Necker
mit ruoten zuo dem tlior uszgejagt. S65, 32 ;
ist die seele wirt und der leib ihr haus,
wie dasz dieses dann jenen oft jagt aus? Logao 2, 8, 57;
die nächtliche erscheinung jagte ihm den angslschweisz aus;
aus den gesangbüchern wurden zeilen, Strophen und lieder
ausgejagt, die obwol keinen guten sinn, doch auch keinen
schlimmen hatten. J. Pacl biogr. bei. 1, 138.
AUSJAHREN, continuare annum, ein jähr ausdienen: ich
weisz nicht, obs der groszvater auf einmal gar zu streng an-
gefangen oder ob knecht und magd sonst zu meisterlos ge-
worden, kurz, sie jährten aus und liefen davon, arme mann
im Tockenb. 16.
AUSJAMMERN, transigere plangendo : sich ausjammern ;
sie wird ihr leben fern von mir und dir ausjammern.
GöTHE 10, 188:
als er den todeskampf nun bald hatt ausgejammert.
Wbrxers 24 febr. s. 58.
AUSJETEN, eruncare: das unkraut aus dem lande, dann
das land;
das sollen ir pebst und bischof ausjeten.
fastn. sp. 294, 4 ;
und pflanzten menschen in ihr land,
statt menschen wie das unkraut auszujäten.
GöKiXGK 3, 115 ;
es ist kindisch und pedantisch aus kindern freudige irrthü-
mer auszujäten. J. Pacl jubeis. 192; die komelen sind aus-
gejätete weiten, lit. nachl. 4, 26. s. ausgälen.
AUSJOCHEN, jugo solvere, ausspannen : das vieh ausjochen.
AUSKALBEN, desinere ritulum parere, nnl. uitkalven.
AUSKALKEN, calcem extrahere, den kalk ausziehen.
AUSKÄLTEN, perfrigescere, erkälten: auskältende saaten.
AUSKÄMMEN, depectere, ausbürsten, nnl. uitkammen : lause
auskämmen ; den köpf auskämmen ; die haare sind schon aus-
gekämmt; indem das examinationscollegium seine samlenea
hosen mit einer glasbürste auskämmte. J. Paul uns. löge 3, 146.
AUSKÄMPFEN, armis decemere, ausfechten: den verhaszten
streit auskämpfen. Klisger 2, 166.
AUSKAPPEN, putare, nnl. uitkappen, bäume auskappen.
AUSKÄRREN, carro evehere.
AUSKASTEIEN, corpus castigare, macerare: sich auskasteien;
wie wol thut die sonne meinem auskasteiten, von gebet und
wachen abgematteten körper. Kli.vcers th. 3, 111.
AUSKAUEN, gleichsam emandueare: knüchlein auskauen;
es ist ebenso unwahr, dasz dieser bogen hieselbst ausgckauen.
Hamann 4, 450 ; ausgekauener orfer ausgekauter taback.
AUSKAUFEN, integre eoemere, erkaufen, nnl. uitkoopen :
wo ein gemahlter brief und auspekntifle bullen,
wer edel noch nicht ist, erst edel machen sollen.
LoGiu 1, 3, 30;
kauft ein bergherr frembde gewerken aus und wollte den ge-
niesz gar allein haben. Sciiüppius 832; er läszt sich nicht mit
tausend gülden auskaufen ; der ganze Vorrat, daS gewölbe ist
schon ausgekauft, j. ausverkaufen, einem auskaufen bedeutet
im kauf zuvorkommen :
es hatte sie (die uhr) ein lord bei Sweerts bestellen lassen,
ich kaufte sie ihm aus, der Junker muste passen.
Uz 2, 106.
AUSKECKEN s. ausköken.
AUSKEGELN, etwas durch kegelschieben ausspielen, bei den
Pferden aber den kegel, d. i. den Oberschenkel verrenken : da-
von kan es {das pferd) aniers nicht als auf dem spitzen vom
891
AUSKEHLEN — AUSKEINEN
AÜSKELLEN — AUSKITTEN
892
huf stehen und die fössel krümmen, dan musz man den ke-
gel wieder recht einrichten, auch die dabei verrenkten ädern.
PiNTER 395, welchen Hohberg 3, 223' ausschreibt, aber auch
2, ^u" folgendes sagt : wann ein pferd auskegelt, so schmier
das glied gar wol mit warmem loröl. später wird eine salbe
um den kegel gebunden, die ziehet das glied wieder ein.
vgl. ausköten.
AUSKEHLEN, slriare, in der baukunst, etwas mit kehlen,
d. i. holen streifen oder rinnen versehen.
ÄUSKEHß, m. exilus: der mensch musz drei auskere thun,
der erst von Egipten diser weit, der ander von der wüstin
sein selbs, der drit in das gelobt land. Keisersberg.
AUSKEHREN (i'om mhd. kern), verrere, nnl. uitkeeren : die
Stube, das haus, den stall mit besen auskehren ; kommt für
euer plaudern her und kehret mich aus {bürstet mich ab).
i. E. Schlegel 2, 58 ;
dann ist es sauber fein auszkert. Scheu groh. B2;
der scorpion gleicht dir, so auf den tod verletzet,
und kehrt mit seinem schwänz ein theil des volkes aus,
als wie ein sehwert-auch ihut. Opitz 1, 92.
sprichwörtlich: im {oder beim) auskehren \^'ird sichs finden,
rf. h. zuletzt, wenn man das zimmer auskehrt, findet sich die
verlorne sache, und allgemein, da wird sichs ergeben, zeigen:
wie auch sollichs zu verantworten sein werde, wird man im
auskehren finden. Luthers br. 3, 508 ;
so find es sich in dem auskeren. H. Sachs I, 479' ;
fint sich zuletzt in dem" auskeren. II. 2, SQ';
befände ich endlichen und im auskehren. Philand. 1, 6; im
auskehren werdet ihr sehen. 2, 347. s. auskehrich, auskehricht.
AUSKEHREN {vom mhd. keren), egredi, austreten, gegen-
satz des eintretens, einkehrens: auszgekeret, auf äuszere
dinge, nicht in sich selbst gekehrt, auswärts gekehrt. Keisers-
berg der has im pf AaS'; ich bin eingekeret in mein ja-
mer, das ist, vorhin war ich ausgekeret von meim jamer.
Luther 1, 23' ; darumb ist gott in Christo vermenscht worden,
dasz die weit gar euszerlich abgefallen und auszkert, nicht
mer götlichs vernam. Frank chron. 2'. auszerdem in transi-
tivem sinn: das rauhe auskehren, auswärts kehren, sich streng
erzeigen; der vater kehrt gern das rauhe aus, stellt sich hart ;
der glänz der heuser ist alles einkert, wie bei uns auskert.
Frank weltb. 14l'. im geschäftsieben, einem seinen antheil an
der erbschaft auskehren, seinen gläubigem eine summe aus-
kehren, d. i. zukehren, zuwenden, auszahlen, was doch kaum
verrere meint.
AUSKEHRICH, n. purgamentum: aber zuletzt hat sichs
dennoch imer funden im auskerich. Luther 3, 320; im aus-
kerich aber wirt sichs wol finden, tischr. i'. 281";
das wird sich im auskerig finden. Ayrer 458'.
AUSKEHRICHT, «. dasselbe, abkehrichl: aber es hat sich
gefunden im auskerichf, was {es) für ein geist gewesen sei.
Luther 5, 489"; gegenwärtiges fragment sollte, meinen ersten
gedanken nach, durch mich entweder gar nicht oder doch
nur irgend einmal zu seiner zeit in eben dem abgelegenen
60 wenig besuchten winkcl bibliothekarischen auskehrichts
erscheinen, in welchem seine Vorgänger erschienen sind. Les-
fiiNG 10, 234; man sprach und schrieb und sang auf öffent-
licher strasze von ihnen als von dem verworfensten auskeh-
riciit des menschlichen gcschlechts. Wieland 6, 238 ; die be-
griffe läutern sich, ein kleiner theil bleibt, das übrige wird
als auskehricht weggeworfen. Kant 3, 93; dort ist sie war-
tendes auskehricht. J. Paul jubeis. 7,
AISKFIHRSEL, n. dasselbe.
W.ShiVAVKNyincrepare, auszanken: hm, ich soll nicht mehr
die nönnchcn auskeifen. Klingers Faust cap. 9. s. auskiffcln.
AUSKEILEN, cuneis firmare, cuneare. steht sowol gleich-
bedeutig mit einkeilen, als ihm entgegengesetzt für eingekeiltes
auskeilen, bergmännisch bedeutet es spitz ausgehen: der gang
keilt den bcrg au.s, keilt sich aus. zuweilen steht es auch
für auskegeln, bei den pferden.
ALSKP^IMEN, progerminare, aufkeimen: das erste auskei-
men der rebe; die erbsen keimen aus; das malz keimt aus.
AUSKEINEN, dasselbe, nach der alten form golh. uskeinan,
alts. kinan :
darauf er liegen hat getreid,
da sach er erst sein hf^rrenlcld,
das keinet aus an allem cnd. H. Sachs I, UV,
auch bei Matuesius.
AUSKELLEN, trulla exhaurire, mit der kelle ausschöpfen,
bergmännisch.
AUSKELTERN, prelo exprimere: die trauben auskeltern,
den wein, most auskeltern, figürlich, aber wies jetzt unsre
gnädige herren anfangen, uns bis aufs hlut auszukeltern.
GüTHE 42, 7 ; ausgekelterte wangen. J. Paul Iksp. 2, 14 ; aus-
lachen und auskeltern, ßegelj. 2, 81 ; so sehr kelterte er mun-
tere reisegefährten aus. Katzenberger 1, 3. dann auch wieder
ßnem facere exprimendi.
AUSKERBEN, incisuras facere, nnl. uitkerven : die sicht-
baren balkenköpfe waren, wie es der Zimmermann nicht las-
sen kann, ein wenig ausgekerbt. Göthe 38, 163 ; ausgekerbte
blätter: ein glänzend blatt in finger ausgekerbet. Hallers
alpen 40.
AUSKERNEN, cnucleare, mhd. üjkirnen, gewöhnlich erkir-
nen: die nusz auskernen, ausgekernte pfirsich. oft aber
figüTlich :
swer swenden welle sin hirne,
daj er tiefiu wort üj kirne, itenn. 23459;
wenn sich die winde legen
der köstlichen und ausgekernten gunst.
■ ScHÖNBORM bei Gryphius 2, 502 ;
als hülsen seiner ausgekernten stunden. J. Paul uns. löge 3,
176; sie spielen mit dem ausgekernten leben, wie mit einer
locke. Hesp. l, 238; jeden tag, jede stunde auszukernen. 3,
184 ; aus der form alle fälle auskernen und ausspelzen. Fixl.
17; ich liesz die ausgekernte perücke vicarieren. lit. nachl.
4, 85. bergmännisch, die erze auskernen, sondern, ausge-
kernter rieme ist den fleischern ein stück aus detn hintcrvier-
tel des rindes.
AUSKESSELN, excavare instar aheni : bergmännisch, der
ort kesselt sich aus, die grübe bricht ein, verschüttet sich kes-
seiförmig, s. kessel.
AUSKETZERN, bergmännisch, findere, mit ritzen versehen:
die wand ausketzern, um keile einzutreiben, s. auflcetzern.
in der Schweiz könnte ausketschen bedeuten ausschleppcn, in,
Baiern heiszt katsch ausi apage, mach dich fort! Scumeller
2, 345. s. aushatschen.
AUSKEUCHEN, anhelando emittere: du hast jenen elenden
gesehen, Araalia, der in unserm siechenhause seinen geist aus-
keuchte. Schiller 111. Maaler 43" schreibt auskauchen.
AUSKIELEN, caules pennarum conßcere, alte kiele treiben:
und wie ein adler thut, der nicht läszt ungeflogen,
wiewol er kümmerlich erst jetzt hat ausgekielt,
und noch der nordwind nicht mit seinen federn spielt.
Opitz 2, 18.
AUSKIESEN, eligere, auserkiesen, nnl. uitkiezen, mit star-
ker und schwacher form, wie bei auserkiesen:
da mag ein jeder im besundern
ein bäum auskiesen für das best. Waidis Esop 2, 27 ;
glück hat zu seinem kinde Sutrinum ausgekiest.
LoGAU 1,10,81;
das sind die heiligen zwölfe,
Selia, die [zu vertrauten der iniuler gottes sich auskor.
Klopstock 3ies«. 3, 125;
und aus der groszen gedriinglen vcrsamnihing
koren ihn Moses sich aus und Abraham ihm zu erscheinen
15, 1027 ;
folgte dem führer den pfad hinauf, den gott für ihn auskor.
16, 203;
zur gespielin kor das herz sie sich aus. werke 1, 210;
so kies er ihn {den weg) sich aus, und walle auf selbigem frisch
und frühlich einher. 12, 410 ; des lehnherrn hausfrau soll mit-
gehen und ein fasz wein auskiesen, als darnach soll das ge-
richt auch ein fasz auskiesen, kiesen sie ihn gut, so haben
sie ihn gut. weisth. 3, 783.
AUSKIFFELN, frequenlativ von auskeifen, schon im vocab.
1482.
AUSKIND, n. extraneus, peregrinus: soll das rechtlich gut
folgen den rechten erben und nechsten ganerben und nicht
den auskindern. weisth. 3, 346. vgl. ausmann.
AUSKINDRETTEN, lectum pucrperii relinqnere: so sie ih-
rer kindcr genesen und auskindbetlen. Paracelsus 2, 260".
AUSKINDERN, finem facere ineptiarum puerilium, wie aus-
buhen, das nnl. uitkinderen auch desinerc parere, von frauen.
AUSKIl'l'EN, excipere, extollere, ausgrcifcn, nn/. uitkippen:
uns arme leute aus der unzähligen menge dieser verüchtcr
auskippen. Liscov 490. auch intransitiv, atlotli, nutarc.
AUSKITTEN, ferrumine immisso oblurare, mit kilt airsfül-
len: das inenschenblul, welches das karlenhaus Und das
sparrwcrk unscrs ichs auskittet. J. Paul uns. löge 2, 163.
893
AUSKLAFFEN — AUSKLAUBEN
AUSKLEBEN — AUSKNURBEN
894
AUSKLAFFEiN, gamre, ausschreien: das sie das für be-
werte und gegründte warheit ausklaffen. Luther 1, 48'.
AUSKLAFTERN, ulnis meliri, mit gestreckten armen aus-
messen.
AUSKLAGEN, Ute atque judicio persequi, verklagen, nnl.
nitklagen, dann auch zu ende klagen:
wie es den tausend mal tausend der todten goties einst sein
wird,
bat das grosze weh von dem falle bis an den gericbtstag
ausgeklagt. Klopsiock Hess. 13, 674 ;
Johann, fortgehn wollen sie nicht, bezahlen können sie
nicht, was ist denn noch übrig?
Adrast. mich ausklagen zu lassen. Lessing 1, 400; ausge-
klagter schulden halber soll das haus verkauft werden; ich
musz mich einmal recht ausklagen.
AUSKLAGT, f. actio : ausklagt thun. weisth. 3, 13, actionem
inslituere.
ACSKLANG, m. exitus soni : du, ihr anklang und ausklang.
Herder 4, 63; der ähnliche klang und ausklang der zweiten
und vierten zeile. 18, 6.
AUSKLÄREN, expurgare, nnl. uitklaren: den waizen aus-
klären, die roggenhalnie daraus entfernen; das mehl ausklä-
ren; das weiter klärt sich aus, klärt sich ganz ab, s. abklä-
ren ; ein ausgeklärtes gemüthe. Logaü 1, zugäbe 139 ; in der
sabbatstille meines ausgeklärten gemüthes. Tieck nov. kr. 2, 240 ;
sie erapfieng Augustin mit ziemlich ausgeklärten äugen. Pie-
rot 1, 30.
AUSKLATSCHEN, effutire, ausschwatzen, ausplaudern: sie
klatscht alles aus ; er wird unser geheimnis ausklatschen, den
Schauspieler ausklatschen, explodere, auszischen, auspfeifen.
AUSKLAUREN, excerpere, mit den fingern aus der schale,
aus der erde, aus dem häufen nehmen: erbsen, bohnen aus-
klauben, käse aus dem topf ausklauben;
darumb ausklaubt ich diese guten
kes, und hab mich darüber gesetzt.
II. SachsIIL 3, 45*;
gold, erz aus dem boden, aus den halden klauben :
goid in blättchen, gold in fliltern
durch die ritzen seh ich zittern,
laszt euch solchen schätz nicht rauben,
imsen [ameisen) auf! es auszuklauben.
GöTHE 41, 13S;
das geläuterte gold, das wir aus schult und grusz der natur
nur mühselig ausklaubend als kümmerlichen gewinn eines ver-
geudeten lebens bedauern müssen. 39, 145 ; ich fand den Steiger
mit ausklauben beschäftigt, hier sondern sie den zinnstein von
den anhängenden gangarten. 51, 108. Oß figürlich für mühsa-
mes aufsuchen : ich will das allerbest und hüpschist ausklauben ;
erlaubt mir ein vorsprech.
ja den thue ich dir erlauben,
magst du nur ein ausklauben, fastn. sp. 9S8, 17;
sie haben in {einen vers aus den psalmen) in einem augen-
blick rein aus gegleubl (so), ja leider allen rein aus, das sie
weder uns noch niemand etwas daran gelassen haben. Luther
5, 67* ; denn er erzelet also der Türken historien, das er
nicht allein ausklaubet, was an irer religion am höchsten und
schendlichsten ist. 5, 258' ;
was besser gottesdienst ist irgend aus zu klauben
für guttes rühm zugleich und für der menschen glauben?
Opitz Hugo Gr. 331 ;
gleichwie alles besonder ausgeklaubte und ausgesonderte weit
höher geachtet wird. Simplic. 1, 5; bei jeder frischen Samm-
lung fieng er an aus dem chaotischen Vorrat auszuklauben.
CöTUE 32, 37 ; ungeachtet ich gestehen musz, dasz ich mich
freue, wenn ich hie und da ein buch zu meiner erweckung
und zur orweiterung auch meiner geistlichen erkenntnis aus-
klauben kann. Hamann 1, 349 ; scheinbare Widersprüche lassen
sich in jeder schrift ausklauben. Kant 2, 31; es war etwas
ganz unnalüriiches, aus einer ganz willküriich entworfenen
idee das dasein des ihr entsprechenden gegenständes selbst
ausklauben zu wollen. 2, 404 ; dasz zuhörer und leser wie die
Bchweiszhunde in romanen und tragüdien nur venvundctem
wildpret nachlaufen und es aus dem unverietzten ausklauben.
J. pAtL jubeis. 64; hier in diesem manne und protoplastiker
sitzen nun alle facultäten und männer, die besten altfürstli-
chen häuser, wiewol noch nicht rein aus dem gemeinen schifs-
volk ausgeklaubt. Siebenk. 1, 139; weil unter so vielen grün-
den der wahre nur von einei« extrablättchen auszuklauben
wäre. Hesp. 3, 28; ich pries sie ins schöne gesiebt, dasz sie
sich einen solchen verlobten ausgeklaubt, biogr. bei. 1, 145.
AUSKLEREN, s. das folgende.
AUSKLEIBEN, intus illinere, obducere: einen schrank aus-
kleiben ; die löcher in der wand, die wand mit lehm aus-
kleiben.
AUSKLEIDEN, nnl. uitkleedea,
1) entkleiden, vestes exuere : ich will mich auskleiden ; kleide
mich aus ; kleide das kind schnell aus ; die räuber kleideten
ihn ganz bis aufs hemd aus ; den todten auskleiden.
2) ausputzen, exornare vestibus : alle mit entblöszten brüsten
und wie liebesgöttinnen mit rosenkränzen auf den häuptern
ausgekleidet. Lohenst. Arm- 1, 018 ; was für garstige teufels-
bildnüsse werden nicht zu fastnachten ausgekleidet. Simplic.
1,172; die ergsten zwei lumpenhunde, die wir können auftrei-
ben, die wollen wir auskleiden als grafen. Weise comöd. 315;
dasz er denen herren solche kleider verfertigte, welche schöner
als ein pfauenschwanz aussehen, darinne sie nachmals als
eines groszen fürsten hofrath stutzen könten, und dasz er
seine kunst an ihnen, sie auszukleiden, aufs beste würde be-
wiesen haben. Plesse 1, 116. heute sagt man herauskleiden.
AUSKLEIDUNG, f omatus, ausputz: venvunderten sich über
die possierliche auskleidung. maulaffe 92.
AUSKLEINEN, frustatim efferre, bergmännisch, das erz in
kkinen stücken herausbringen und klauben: ein häufen tauber
schlacken oder ein ausgekleinte und umbgekerte halle. Ma-
thesids Hl'.
AUSKLEISTERN, was auskleiben, oblinere: einen kästen
mit papier auskleistem, beziehen.
AUSKLENGELN, was das folgende.
AUSKLENGEN, den samen aus nadelholz gewinnen, gleich-
sam ausklingen lassen.
AUSKLLNGELN, tinnitu divulgare : aussprechen wäre besser
als ausklingeln. J. Paul aesth. 2, 222 ; wie die Samojederinnen
ein glöckchen tragen, damit die ellern jeden schritt und aufen!-
halt derselben wissen, so klingeln die Deutschen ihre raärsche
den feinden aus. Nepomukkirche 114 ; verlorne sachen aus-
klingeln {ausschellen) lassen, intransitiv, von einem ausspru-
delnden, auspldtschernden bach. s. klingeln.
AUSKLLNGEN, tinnire desinere: das lied klingt aus, verklingt.
AUSKLOPFEN, pulsando excutere: die kleider, die feile aus-
klopfen ; den staub ausklopfen ; anis, kümmel ausklopfen (aus
den Stauden); iasz ihn unter fremde leute kommen, die wer-
den ihm den rock besser ausklopfen. Arnim schaub. 1, 7 ; aus-
klopfen, damit die schaben ein wenig davon flögen, unw. doct.
524; einem die kleider auf dem leibe ausklopfen.
AUSKLÜGELN, subtiliter excogilare: die alle geheimnis der
schrift ausklügeln wollen. Zinkgh. apophth. 8, 13; die unter-
thanen beteten fleiszig für ihre fürsten, klügelten nicht alles
so genau aus. Schcppius 539; nun hat Moritz ausgeklügelt,
dasz es eine gewisse rangordnung der silben gebe. Götue 27,
255; die befriedigung der neigungen, so fein sie auch immer
ausgeklügelt werden mögen. Kant 4, 238.
AUSKNAUPELN, probe rodere, ganz abknaupeln.
AUSKNERELN, fuslem solvere: den hund ausknebeln.
AUSKNEIFEN, dam se subducere, nnl. uitknijpen, eigentlich
ausdrücken: er ist ausgekniCfen, er hat sich gedrückt, ist aus-
gekratzt, nnl. he is stil uitgeknepen ; eenen citroen uitknijpen,
eine citrone ausdrücken.
AUSKNEIPEN, exire in cauponulam.
AUSKNETEN, probe subigere, nnl. uitkneden: der leig ist
noch nicht ausgeknetet ; gleichwie ein backofen, den der becker
heizet, wenn er hat ausgeknetet. Hosea 7, 4; er sollte auf
fürstlichen befehl ein drama auf der drchscheibe seines pul-
tcs auskneten. J. Paul uns. löge 2, 74.
AUSK.MEN, flexis genibus excavare: andächtige pilger knie-
ten den stein aus.
AUSKNIRSCHEN, stridendo, frendendo fransigere : Iasz mich
mein einsames leben so ausknirschen über das Schicksal dei-
ner Verblendung. Götiie 10, lol. auch Klinger im th. 3, 363. 371.
AUSKNISTEILN , desinere crepitare: das feuer hat ausge-
knistert.
AUSKNITTELN, fuslibus expellere:
der bniir und bürirer wird kanalj und pack betitelt
und seinem au wachs früh die mensch heil ausgeknittelt.
Voss 6, Ibl.
AUSKNÖPFEN, globulis eximere.
AUSKNCPFE.N, exsolvere, knoten auflösen.
AUSKNURRE.N, desinere mussitare:
nun gute nacht.' so hat er ausgeknurri. Vo(t6, 177.
895
AUSKNÜTSCIIEN -- AUSKOMMEN
AUSKOMMEN — AUSKüTEN
896
AUSKNÜTSCHEN, tundendo, conterendo eluere, ausbleuen,
ausdrücken, andere schreiben knötschen : da haben sie ir aus-
knötzschen und ausblewen an ein wasser gerichtet, wie bei
uns die tuchmacher und weiszgerber ire walkmülen haben.
Mathesius 119'. vgl. knutschen, zerknQlschcn.
AUSKOCHEN, excoquere, percoquere, aussieden, nnl. uit-
koken.
1) fertig kochen, das fleisch, gemüse wol auskochen ; die
arznei ist noch nicht ausgekocht, bildlich, etwas auskochen,
wie ausbrauen, fertig werden lassen: Faust kochte alles im
stillen aus. Klingeu 3, 267; er kochte den zorn in seinem
herzen aus. 6, 153; wir haben es noch nicht ausgekocht, et-
was mit einander auszukochen.
2) heraus kochen: dem fleisch alle kraft auskochen; das
fett auskochen ; einen topf auskochen, reinigen ; das garn,
die Wäsche auskochen ; die leiche ward ausgegraben und alles
gift ausgekocht.
3) intransitiv, das fleisch hat ausgekocht; jedoch hat auch
diser schwäbisch keiser Heinrich dem pabst bald ausgekocht
(es nicht mehr zu danke gemacht). Fischart bienenk, 128* ; wie
ists euch nun, habt ihr ausgekocht {euch gestillt, beruhigt) ?
Klingers J/i. 4, 153.
AUSKÖKEN, eructare: sie sind toll im weissagen und koken
die urteil eraus. Es. 28, 7; nachdem er solches mit ziemlich
schwerer und stamlender zunge ausgekeckef. Schuppius 547.
AUSKOMMEN, exire, egredi, nnl. uitkomen.
1) ausschliefen aus der schale : die glucke hätte schon 20 tage
auf den eiern gesessen und noch wäre keins ausgekommen.
GöTHE 37,251; nnl. waneer zullen de kuikens uitkomen?
2) ausbrechen, vom feuer, los werden, gleichsam aus den banden
oder auch als ein entschlüpfter vogel : wenn ein fewr auskompt
und ergreift die dornen. 2 Mos. 22, 6 ; denn das fewr kam aus.
3 Mos. 9, 24 ; von dem sol ein fewr auskomen über das ganze
haus Israel. Ez. 5, 4; ist durch ein auskumens feur seins
nachpauren ein stadel brennend worden. Maria wunderzei-
chen 1521. 69. (Scheible 6,989). schon im Meraner stadtrecht:
swenne daj fiwer üj kumt. Haupt 6, 424.
3) auch das gerücht, mhd. maere, liesz man einem ßücken
vogel gleich, aus dem nest ins land, unter die leute ausfliegen
{mythol. s. 850) :
dö dag maere üj quam. En. 1916. Herb. 14374,
und ebenso heiszt es nun: sein gerächt kam weit aus. 2 chron.
26, 15 ; es kam ein erlogen geschrei aus. 2 Macc. 5, 5 ; es kam
aber die sage von im ie weiter aus (usmernoda I)ata vaurd).
Luc. 5, 15 ; und da das wort auskam. 2 chron. 31, 5 ; oder ist
das wort gottes von euch auskommen? 1 Cor. 14, 30; und
auskommen gieng in den allgemeinen begrif icber von devul-
gari, bekannt werden: und wo es würde auskommen bei dem
landpfleger. Malth. 28,14; es war aber der name noch nicht
auskommen, hie aber wird er ausgeschrien und lautbar. Lu-
ther 4, 191"; wo aber die sache auskommen solt. Wicrram
rollw. 87'; wanns von ihnen auskompt. Kikchhof 7nil. disc. 121;
was würde man aber sagen, wenn es auskäme. Lessing 1,
383; ich bin ein geschlagener mann, wenn das ding auskommt.
Tieck Cev. 1, 43 ; von Stolbergs religionsveränderung als einer
noch nicht ausgekommenen sache nicht zu reden. Niebühr
leben A'iefc. 1, 285 ; ich möchte nicht gern, dasz die anccdote
■weiter auskäme. J. Paul «ns. logel, 23; wenn auch eine solche
erklürung auskäme. Göthe an Schiller 170. Zumal galt auskom-
men {wie ausgeiien) von dem, was in schriß und druck öffentlich
bekannt gemacht wurde, wofür wir heute lieber iierauskommen,
erscheinen verwenden : da ich nu iedcrman auf diesen kampf-
platz fodderte, aber niemand sich cinstellcte, dazu auch sähe,
das meine disputaliones imer weiter auskamen. Luther 1, 53';
es möcht denen von Mitweide auch also geschehen, wo meine
Schrift auskerne, wie es leichtlich gescheiien ist umb solche
gemeine schrift. 6, 325"; weil dies buch weit ist auskomen
beide in lateinischer und deudscher spräche. 3,405'; ehr aber
dieses mandat auskamb, eroberte der churfürst Vicrradcn mit
list. MicRÄLius a. /'. 3, 444 ; endlich wan sich andere verwun-
dern und verdrieszen lassen sollen, dasz ich so wenig für
eine so lange vergangene zeit nu auskommen lasse. Weckher-
LiN vorr. zu den weltl. ged.; Clavigo kann das papier nicht
auskommen lassen. Göthe 10, 87.
4) ausgehen, von menschen gebraucht, aus dem hause kom-
men: ich komme wenig aus; er ist in acht tagen nicht aus-
gekommen ; Jeriho war verschlossen, das niemand aus oder
einkomen künde. Jos. C, 1; bis alles volk zur stad auskam.
2Sam. 15, 24; ich lige gefangen und kan nicht auskomen. ps.
88, 9 ; alle die aus einem schifbruch auskummen (davon kom-
men), opferen sie Iphigenie. Frank weltb. 94*.
5) ausgehn, zu ende gehn, verstreichen, exire, praeterire:
wann die fierzehen tage usz komen. weisth. 3, 549 ; wenn die-
selben XL tag uszkoment und verschinen worent. Keisersb.
post. 4, 30.
6) zu ende kommen, zurecht kommen, fertig werden, aus-
reichen, auslangen, mit einem oder mit etwas : dann es ist
kein tugend mit eim guten mann auskommen, sonder eim
bösen. Garg.n'; mit ihm kann kein mensch auskommen;
noch wll mein arbeit nicht erklecken,
das ich auskem in meinem haus. H. Sachs II. 4, 2";
das ich denn niendert mit im kan ausziiunien.
fasln, sp. 733, 17 ;
man würde dann gewis mit einem verehrungswürdigen publi-
cum gar nicht auskommen können. Tieck 15, 4; ich kann mit
dem gelde, mit dem übersandten Wechsel nicht auskommen,
auslangen;
mit viel geld hält man haus,
mit wenigem kommt man aus;
mit einer solchen entschüldigung wirst du nicht auskommen ;
damit ist schon auszukommen; der Schneider kommt mit dem
zeuge nicht aus. mhd. mit dem guote üj komen und ere
erjagen, pass. Küpke 156, 171.
AUSKOMMEN, n. copia victus, facilitas in consuetudine:
ein gutes, reichliches, sicheres, ehrliches, schlechtes, nothdürf-
tiges auskommen; er hat sein gutes auskommen; man kann
damit ein gutes auskommen erlangen, pers. baumg. 2,21; gib
nach deinem göttlichen willen ein auskommen mit der Ver-
suchung, dasz wirs können ertragen. Schuppius 436; in allen
dingen, so uns beschwerlich zufallen, ein auskommen ver-
leihen. 437 ; eine art von Schwermut, deren Ursache niemand
errathen konnte, und die seine gemütsart nach und nach so
sehr versäuerte, dasz kein auskommen mit ihm war. Wieland
8,338; dasz Albert hierbleiben und ein amt mit einem arti-
gen auskommen vom hofe erhalten wird. Göthe 16, 64 ; da war
nun gar kein auskommen mehr mit ihr. 11, 53 ; herzogin Luise
läszt ihnen sagen, sie möcliten bald wieder gesund werden,
denn ohne sie sei kein auskommens. an fr. v. Stein 1, 4 ; ein
auskommen treffen, mittel und wege einschlagen.
AUSKOMMENTLICH, suppetens, sufßciens, womit man aus-
kommt, ausreicht: welcher in sich ein auskommentliches masz
{von Vernunft) hatte, die ganze weit zu beherschen. Lohenst.
Arm. 1,21; dasz die natur ein theil der weit für andern län-
dern auskommentlicher versorget habe. 1, 107 ; derer vermögen
zu erhaltung des geschlechts nicht auskommentlich war. 1,
976; ihre tracht ist durchgehends, wie ihr sie an mir sehet,
ihre speise auskommentlich, aber sonder uberflusz. 1, 1338;
das markmännische reich, wenn es auch schon in gegenwär-
tiger Verfassung bliebe, hätte schon eine auskommentliche
grösze. 2, 1400. heute veraltet und durch das folgende oder
durch genügend, hinlänglich, ausreichend vertreten.
AUSKÖMMLICH, womit auszukommen, auszureichen ist, ge-
nügend.
AUSKÖNNEN, zu fassen wie aufkönnen und mit ergänztem
infinitiv: ich kann heute nicht aus {gehen); und belagert die
stad zu land und zu wasser, das niemand aus oder ein konde.
1 Macc. 15, 14.
AUSKÖRNEN, grana folliculis eximere, vgl. auskernen.
AUSKOSTEN, gustando explorare, plene gustare: ein aus-
gekosteter, auserlesener, geprüßer wein ; die schiffer, wenn
sie in Hamburg das hier auskosten. Weise erzn. 52 ; begieng
er fehler, so hat er, wie der tragische held, diese auszuko-
sten. Herder 18, 56; über ein jähr hatte sich della Valle in
Ispahan aufgehalten, um von allen zuständen und Verhältnis-
sen nachrichl einzuziehen; endlich nachdem er alles ausge-
kostet, fehlt ihm noch der gipfel des ganzen zustandes. Göthk
C, 196 ; was mir das Schicksal alles gegeben hat, und wie nach
und nach, wie man kindern freudcn macht, dasz ich jedes
gut erst ganz ausgekostet, mir so ganz eigen gemacht habe.
an fr. v. Stein \, 122; in süszer langeweile die zeit recht aus-
zukosten. Tieck nov. kr. 4,198; den trank bis zur hefc aus-
kosten.
AUSKOSTER, m. explorator: wenn es nicht das ansehen
gewinnen möchte, als wSrc dieser narren auskoster der erste
im regisler gewesen. Weise erzn. 7.
AÜSKÖTEN, von Pferden, die köte {acelabulum in osse)
897
AUSKOTZEN — AUSKREISCHEN
AÜSKREISCHEN — AUSKUNFT
898
verrenken, verstauchen : das pferd hat sich ausgekötet. s. aus-
kegeln.
AUSKOTZEN, exscreare, ausspeien.
AUSKRÄCHZEN, crocilando proferre, mühsam herauskrächzeit.
AUSKRAGEN, murum instruere mutulis, kragsteine an der
wand hervorragen lassen.
AUSKKÄHEN, canendo evulgare, canendi ßnem facere:
MinerveDS muntrer hahn kräht oft den morgen aus.
GÜNTHER ;
fehlgüsse lachten wir, der hofhund
bellte sie, krallte der henne mann aus. Klopstock 2, 232 ;
ehe der hahn den morgen auskräht, wird er wieder in deinen
armen sein. Mlsäcs ; ich üesz gewöhnlich die spaszvögel erst
auskrähen und üel selber mit ein. J. Paul freiheitsb. SS.
AUSKRAMEN, exponere res renales, venditare, promere : ge-
schwind, kramen sie ihr Unglück aus. Lessixg 1, 541; hier
kann er einen brocken Weisheit wieder auskramen, den er
erst gestern einbetteile;
iwar hat er die böse gewohnheit, bei allen arten von damen
altmodische komplimente, in platten witz gehüllt,
mit vielem prunk und bombasi auszukramen.
WfELAND 4, 169;
wurm, krame vor mir deine gräszlichen knoten aus. Schil-
LEB 211* ; kinder kramen ihr Spielzeug aus;
nein, freunde, lassen wir es noch zusammen,
und geben uns nicht ab, hier auszukramen.
GöTHE 10, 2ü3;
wandte er sich an mich und kramte viel Wissens aus. 16,13;
wenn nun alles weiszzeug, stattlich ausgekramt, die augcn
blendete. 22, S5; ein mann, der sich durch ausgekramtes ge-
räth als barbier ankündigte. 23, 10 ; die mutter der Gracclien,
wie sie einer freundin, welche ihre Juwelen auskramte, ihre
kinder zeigt. 29,67; als ein academischer lehrer den unstatt-
haftesten apparat auskramte. 32, 123; Newtons versuche und
theorien werden mit groszem bombast ausgekramt. 54, 209;
aber ich blieb in fassung und kramte läppisches zeug aus.
an fr. von Stein 1, 5 ; womit man die lächerlichen seilen und
lasterhaften ausschweifungen seines Charakters nicht nur sehen
läszt, sondern gar auskramt Hamann 3, 246; physische ein-
sichten auskramen. Kast 6, 78 ; ich werde müde alle Unrich-
tigkeiten und widersprechungen auszukramen. S, 82 ; er lobte
um seinen witz auszukramen. J. Paul uns. löge 2, 119.
AUSKRÄMPELN, carminare, auskämmen: die wolle aus-
krämpeln.
AUSKRAMUNG, f. expositto, ostenlatio : hochmütige auskra-
mung schöner und groszer gesinnungen. Lessing 4, 125; die
auskramung deiner siebensächelchen. GorrEB 3, 345.
AUSKR.\NKEN, convalescere, liberari a morbo, die krank-
heil überstehen: wenn man todt ist, bat man ausgekrankt.
AUSKRÄTSCHEN, j. ausgrätschen.
AUSKRATZEN, eradere, exsculpere: da Saul aber von goll
und der warheit wider abfeilt, wird er auskratzt (aus der le-
benden buche) und in das schwarze buch geschrieben. Matiie-
sitjsios'; kurz wir zweifeln mit gutem gründe, ob diejenigen,
die von einer Danae am unbarmherzigsten urlheilcn, an ihrem
platze einem viel weniger gerährlichen Versucher als Agallion
die äugen auskratzen würden. Wiela.nd 1,263; ich will ihm
die äugen mit den nageln auskratzen. Schiller 113' ; eine teu-
felei mit einer andern auskratzen. 164'; aber soviel ist doch
richtig, dasz aus der universalhislorie die beispiele nicht aus-
zukratzen sind. J. Paul Ilesp. 3, 169; ich würde das ganze
bisherige lob auf die ärzte ohne mitleid auskratzen, teufels-
pap. 1, 109 ; das soll mir keine henne auskratzen, litera scri-
pta manel. intransitiv, mit dem fusz auskratzen, einen kratz-
fusz machen, scharren, auf die erde streictiend sich verbeugen,
und daher entspringt die bedeutung des Weggehens: nachbar,
wartet doch, nun der kratzt aus {empfiehlt sich, reiszt ans,
macht sieh aus dem staube). Arnim schaub. 2, 319.
AUSKRÄUSELN, comam crispare, calamistrare.
AUSKREBSEN, cancros eximere: einen bach auskrebsen,
alle krebse aus ihm «egfangen; hier ist schon ausgekrebst,
wie ausgefischt.
AUSKREIDEN, ereta probe notare, explurare:
niemand hats gezehlet gar,
niemand hat es ausgekreidet. Spee trut:n. 231.
AUSKREISCHEN, vociferari, elamando nuntiare, ausschreirn,
nnl. uilkrijten: was hilft das auskreischen? sich auskreischen,
finem facere clamandi, hast du dich ausgekrischen? vgl. auf-
kreischen.
AÜSKREISCHEN, praet. auskreischte, pari, ausgekreischt,
scheint dem sinne von abkreischen zu begegnen, doch ist seine
bedeutung unsicher in folgender stelle:
hier hängst du ausgespannt, geädert, abgefleischt,
zerstochen, sU-iemenvoU, entleibet, ausgekreisehu
Fleming 12.
AUSKREISEN, late propagari, in weitem kreise ausgehen:
schnell, wie der gedanke, schweben sie in weit auskreisenden
Wendungen fort. Klopsiock 1, 237,
man könnte auch verbinden weitaus kreisenden.
AUSKRIECHE.N, prorepere,
1) excludi, ex ovis prodire: die küchlein sind ausgekrochen ;
die Seidenwürmer kriechen erst in zwei tagen aus.
i) perreptare: alle winkel auskriechen;
ein ku war durch die wunden ausz gekrochen. ÜHLiro 649.
AUSKRIEGEN, debellare, subigere,
1) verheeren, durch krieg verwüsten:
heiszt dis verheert und ausgekriegt? Opitz ps. 9.
2) den krieg beendigen, ausgekriegt haben.
3) herauskriegen, herausbringen, gemein, wie aufkriegen : ich
kann das glas nicht auskriegen {ausleeren, austrinken) ; gab
gleich ein kopfstück drum, wenn ichs ganz auskriegen {zu
ende bringen) könnt. Fr. Mijller 1, 2S4 ; kann die Stiefel nicht
auskriegeu.
AUSKRÖPFEN, e gutture evomere, aus dem kröpf werfen:
wann er (der sumpf) nun disz, so er geschöpft,
mit rauschen wieder ausgekropft,
so schaut man flut auf allen seilen.
HoFFMANNswALDAO Socrot. t. 136.
AUSKRCMELN, friando spargere, in krumen ausstreuen,
verkrümeln.
AUSKUCKEN, prospicere. s. ausgucken.
AUSKÜHLEN, refrigerare, völlig abkühlen : dort musz das
raisonnement in affect entbrennen, und hier der affcct in
raisonnement sich auskühlen. Lesslng 1, 17 ;
um sich selbst und ihn ein wenig auszukühlen.
Wie LAND 5, 113;
doch seine wunden weisz er auszukühlen.
GöTHK 2. 17;
die gewitter kühlten nachts und morgens die atmosphäre aus.
43, 19 und br. an Schiller 347 ; nun will ich in ihrem anden-
ken einen stillen abend genieszen und mich auskühlen, an
fr. von Stein 1, 327.
AUSKÜNDEN, notum facere, edicere, verkündigen, früher
auch häufig ohne umlaut: liesz brief anschlagen und auskun-
den. Frey garteng. 17'; dann die ding sind heimlich geholten
zu verhalten, nicht auszukunden oder auszurufen. Paracelscs
2, 251'; als er auskünden lassen, mit dem weslnortwest ab-
zufaren. Garg. 26»'. heute gebrauchen einige auskunden für
erkunden, erkundigen, auskundschaften, explorare:
aller irdischen naiuren kraft
zu dem heil der menschen auszukunden. BCrger $S*.
AUSKCNDIGEN, explorare, indagare, auskundschaften: die
mich vermittelst der spure hätten auskündigen sollen. Simplie.
1, 248.
AUSKÜNDIGUNG, f ediclum, Verkündigung: dasz der papst
kein andre meidung in seiner auskündigung von des glailbens
handlunge ihut. Melanchthon 3, 150.
AUSKUNDSCHAFTEN, indagare, explorare, erspähen: die
gröszle sorge, so sie hatten, war diese, dasz sie nicht von
ihren leuten möchten auskundschaft und verfolget werden.
Weise kl. leute 145 ; und nun fragte er so lange nach, bis er
endlich den namen und aufenthalt des körbchenmachers aus-
kundschaftete. Wieland S, 347 ; wiszt ihr auch, dasz man uns
auskundschaftet? Schiller lOS'; seine ellern trauern, sie ha-
ben allerorten sein bildnis hingeschickt, ob sie ihn etwa leben-
dig oder todt auskundschaften möchten. Fr. MIjller 3, 105;
nichts gieng über den voraus gerührten blick, womit er in
jedem dorfe die arme haut, deren Schwielen und narben und
Schnittwunden einen blulschwamm oder schmerzlindernden
tropfen nölhig halten, auskundschaften wollte. J. Paol Hesp.
i, 169.
AUSKUNDSCHAFTUNG, f exploratio.
AUSKUNFT,/', via, remedium, notitia, nnl. uitkomst. Adelheid.
Schach dem künige ! bischof. es ist noch auskunft {dagegen noch
auszukommen, dem zu entgehen, es ist noch aushülfe, engl.
escape). Göthe 8,53. 42,66; nun habe ich aber, nach noch-
maligem beschlafen der sache, die natürliciiste auskunft von
der weit gefunden, an Schiller 200 ; es ist hier keine auskunft
57
899
AUSKÜNFTSMITTEL —AUSLAGE
AUSLAND— AUSLÄNDIG
900
für den philosophen, als dasz er versuclie u. s. w. Kant 4,
294; ich weisz keine auskunft. unoewöhnlich für andere be-
deutungen des auskommens, z. b. icli lialje eine iiinreichende
auskunft x= auskommen, einnähme, vgl. einkunft.
AUSKUNFTSMITTEL , n. remedium, enlbehrlichc Steigerung
des schon im einfachen auskunft liegenden begrifs.
AUSKÜNSTELN, arte et meditatione invenire, künstlich her-
vorbringen gegenüber dem natürlich entstehenden : man könnte
sagen, dasz ilm die natur reclit darzu ausgekünstelt habe,
seine ernsthaften bürger zum lachen zu bringen. Lessing 3, 7 ;
wie er alles sah, was das haus des weisen Hippias zu einem
tempel der ausgekünstcltsten Sinnlichkeit machte. Wieland 1,
74; ausgekünstelte Selbstsucht. Ki.inger 5, 375.
AUSKÜSSEN, osculandi ßnem facere:
du trinkst, du küssest länger nicht,
trink aus, küss aus, von dannenl Lgssing 1, 4S.
AUSKUTEN, desinere furere, ausloben, ein scliweizerisches
wort: der wind kutet aus, hört auf zu blasen; der schmerz
hat ausgekutet, nachgelassen. Stalder 2, 147, vgl, Maaler 84'
chuten slridere.
AUSKÜTTEN, eligere prae aliis: sanctum Johannem hat er
uszgeküttet und erwölt gehaben, wen er kant in, dasz er eins
reinen herzen was. Keisersberg post. 2, 28, von kütte häufen,
menge volks, aus der kütte wählen.
AUSLABEN, plane reficere, recreare: nun habe ich mein
herz hier so weit hinweg spazieren geführt und es so recht
gemütlich im Sonnenschein der andacht ausgelabt und einge-
sommert. Tieck ges. nov. 5, 147.
AUSLACHEN, probe ridere, satiari ridendo, deridere, irri-
dere, nnl. uitlagchen.
1) intransitiv, sich satt lachen: als nun die storken ausge-
lacht. Garg. 156' ; da wollen wir uns einmal von herzen aus-
lachen ;
werdet ihr bald auslaclien, Amalia, und du Luise? Ltiise 3, 381 ;
o dasz ich recht auslachen dürfte! Gerstenberg Ugol. 16; wann
ich nur von herzen auslachen kann dabei. Lenz 1, 148.
2) transitiv, verlachen, ausspotten: einen andern hat die
vermeinte bulschaft einmal freundlich angelacht, oder wie die-
ser leute gebrauch ist vielmehr ausgelacht. Opitz poeterei s. 8 ;
es lachen dich alle aus ; da wirst du recht ausgelacht werden ;
er lacht sie alle aus, hat alle übervorlheilt ; oho! lacht ihn aus!
AUSLACHEN , n. derisio : ein lachen, nicht ein auslachen
mit Verachtung, sondern ein gutmütiges belachen. Kant 10, 128.
AUSLACHENSWÜRÜIG, risu dignus.
AUSLACHENSWÜRDIGKEIT, f. wenn man ihm (so) seine
auslachenswürdigkeit hatte wollen empfinden lassen. Kant 8, 150.
AUSLADEN, exonerare, nnl. uitladen, ausräumen, ausziehen.
1) das geladene wegschaffen, die waarcn ausladen, aus dem
schiffe holen, die ladung löschen; den schusz ausladen, aus
dem gewehr ziehen; den electrischen funken ausziehen.
2) das schif ausladen, das gewehr, die electrische Hasche
ausladen, entladen : der oberhofmeister konnte als Iciter der
funkenzieher sein, der ihn {den jüngling) mit seinen franklin-
schen spitzen auslud. J. Paul Tit. 1, 18.
3) sich ausladen, entladen, frei und ledig machen:
bei niiclitlich stiller weile
gShrts in dem tückschen f'euersclilnnde, ladet
sich aus mit tobender gewait. Scuiller.
die gewilterwolke, das gewehr hat sich ausgeladen, entladen.
4) in der baukunst und holzarbeit heiszl ausladen hervor-
stehen, hervorragen lassen : ein ausgeladenes gesimse.
AUSLADFJR, m. exonerator, abladcr, der zum ausladen des
Schiffes, der waaren angestellte arbeitcr. in der electrischen
maschine das den funken hervorlockende Werkstück.
AUSLADUNG , f. exoneralio, die entladung. in der bau-
kunst, das hervorragende.
AUSLAGE, f. nach verschiednen bedeutungen des aitslegcns
und ausliegens,
1) expensum, das ausgelegte geld, haare ouslage, auslage
machen, (hun, erstallen, vergüten, anmerken, portoauslagc,
CS lohnt die auslage nicht.
2) mcrx proposita, die ausgelegte vaare, der ort, tisch, auf
welchem sie zur schau ausgelegt wird, die auslcgung der waare.
3) projcctio, ein fechterausdruck, wenn ausgclegen orfcr aus-
gelegt wird mit dem arm oder leib; er machte eine sclu'ine,
geschickte auslage. auch die auslogc, wenn man im fensler
ausltegt.
4) in marschländern, ein deich, der weiter hinaus gegen die
flut angelegt wird.
5) unsicher ist die bedeulung in folgender stelle: die frechen
haben mir auslage aufgetragen, welche nicht war nach dei-
nem gesetz. Lutüer 1, 524".
In andern fällen des auslcgens kann blosz auslegung^wog/ wer-
den, z. b. die auslegung, interpretatio, eines traums, nicht auslage.
AUSLAGERN, diu jacere, ausgelagertes hier, ausgelagerte
waare.
AUSLAND, n. terrae cxterae, altn. ütlönd {auch pl.), die
fremde; ahd. und mhd. nicht aufzuweisen, denn das ahd. ü;-
lenti wäre nhd. auslände und bezeichnet das ufer, den ort, wo
man auslandet, mhd. daj gelende :
zi Stade joh zi sanle, zi thurremo tijlente. 0. V. 13, 18.
auch die älteren nhd. tvörterbücher und Luther geben noch
kein ausländ für fremde, nur die ableitunyen ausländer und
ausländisch; im 18 jh. wird es desto üblicher und gegensatz
zu inland [was man sehe) : er geht ins ausländ, auszer lan-
des, peregre; die sitten und brauche des auslands;
du willst ins ausländ dich entfernen. Pfeffel 4, 140;
so liihrt
vom fernen ausländ fremder sitten
den flüchlling der gesang zurück. Schiller.
nnl. sagt man ebensowenig uitland, wol aber uitlander, uitlan-
dig, uitlandsch. tn den marschländern bezeichnet ausländ ein
von der sielpflicht befreites land, und auch anderwärts ein vom
Spanndienst entbundnes, dafür gcldabgabe leistendes ; dabei denkt
niem^Lud an die fremde.
AUSLANDEN, AUSLÄNDEN, evehere, aus dem schif ans
land bringen, die waaren auslanden, Schweiz, einen todten
ausländen, aus dem wasser ans land tragen, auch se effundere:
das sich der ström zur zeit auslendet
und von der rechten slrasz abwendet, froschmeus. 2, 2, 15.
]Yeil aber der landende seine fahrt vollführt, vollendet, sein
ziel erreicht (collineat), so bedeutete auch lenden, gelenden
eine Sache beschlicszen, vollziehen, gleichsam mit ihr zu lande
kommen, z. b. im Ssp. etwas vor gerichte lenden, endigen, und
in diesem sinne nimmt Keisersberg auslenden geradezu für
exsequi, ohne allen gedanken an das schif: die Juden kunten
Jesum wol verurteilen, aber sie durften das urteil nicht usz-
lenden {vollstrecken), post. 49.
AUSLÄNDER, ?». extraneus, peregrinus, fremdling, obschon
diese Wörter sich auch unterscheiden, nnl. uitlander: man hörts
ihm an der spräche an, dasz er ein ausländer ist; da kam
einer der entrunnen war und sagets Abram an dem auslender.
i Mos. 14,13; frembde werden stehen und ewr herde weiden
und auslender werden ewr ackerleule und weingertner sein.
Ez. 61, 5 ; tinser erbe ist den frembden zu teil worden und
unser heuser den auslendcrn. klagt. Jcr. 5,2; auslender von
Rom. apust. gesch. 2, 10 ; auch die auslender und geste. 17,
21; damit sie {die Juden) nit unser müszig spotten, das wir
als die cinwoner inen arbeiten und sie als die fremdling neh-
ren, des sollen sie billich durch die faust lachen und uns die
feigen bieten und eselsoren zeigen, weil überflüssig gnug wer,
das wir si als ausländer, bcde des glaubens und lands, auf-
klauben, bei uns lassen wonen, handticren. Frank weltb. 155*.
ausländer nennt man auch eine aus der fremde eingebrachte
oder sonst ungewöhnliche suche : er trägt einen ausländer
{fremden hut) auf dem köpf; ausländer, ein bienenstock, de»
man überwintern läszt (s. ausständer). bei Keisersberg ist aus-
lender der Scharfrichter, Vollstrecker, lictor: der herr sprach
zu seinen usziendern oder nachrichlern, bindet im hende und
füsze. post. 113.
AUSLÄNDEIIEI, f. peregrinitas, putida percgrini moris ad-
miratio: aufgedrungene ausländerei. NiEnuim kl. sehr. 1, 11;
es sei genug hier den grundquell dieser ausländerei unter den
Deutschen angegeben zu haben. Fichte reden an d. d. nat.
163; so wie alle ausländerei aus der sucht vornehm zu tiiun
entsteht. 165; mithin wird die ausländerei doch die inländi-
sche webe aus ältestem und neuestem reichthum nicht er-
drücken und bedecken. J. Paul acsth. 2, 200.
AUSLÄNDEHIN, f. extranea.
AUSLÄNDIG, extraneus, cxsul, nnl. uillandig: auslendigfi
herrn. «'i'i.v7/i. 3, 760. "Ol. 7(>6 ; wir werden verlriben und aiisz-
lendig {exsules, ahd. ftjlenllM. Keisersiieiig schif der pen. \h;
die auslUndigen riller. l'ontus 30 ; viel auslendiger wissen da-
von zu sagen. Thurneisser von wassein 130. heute dem folgen-
den gewichen.
901
AUSLÄ>'DISCH — AUSLASSEN
AUSLASSEN
902
AUSLÄNDISCH, exiraneus, nnl. uitlandsch: ausländische ;
waaren, ausländische sitlen ; eine ausländische waise. Schiller i
190' ; Salomo liebele viel auslendischer weiber. l kün. H, 1. 8. j
Nehevu 13, 26. 27. 30; es dienen viel ausländische im heer; i
waldhöhe, von der sie ein wunderbares glorienland unter sich |
sahen, so freundlich und ausländisch, als sei es übrig aus I
der zeit, da noch die ganze erde ein immergrünes morgen- .
land vsar. J. Fall Tit. 3, 140. 1
AUSLANGEN, extendere, exlendi, suppetere, ml. uitlangen,
ausreichen.
1) herausreichen, strecken, transitiv und intransitiv: sol er
dem vogt die pfände über gatter auslangen, ueisth. 2, 191 ;
ich beüls den heiszen feuersflaramen,
die hoch oben zu den baien auslangen. Ublasd2S9;
gieng das gnädige fräulein aus dem zimmer in den keller um
den wein auszulangen. Moser patr. ph. l, 24S ; mit der rech-
ten band dreht sie [die Spinnerin) die Scheibe und langt aus
so weit und so hoch sie nur reichen kann. Gothe 23, 52.
2) ausreichen, genügen: vne wolle und künte doch das ein-
kommen auslangen und genung sein. Schuppics 416; es musz
eine lugend geben, die auch ohne den glauben an Unsterb-
lichkeit auslangt. Schiller 756; von manchem konnte der
freund auslangende rechenschaft geben. Göthe 21, 70 ; von dem
misbrauch fürtrefiicher und weitauslangender mittel. 21, 177;
worüber er sich mit ihr, seitdem er eine zwar wunderliche
aber doch auslangende spräche einzuleiten gewust, recht gut
verständigen könne. 23, 210; mit einem schon früher auslan-
genden und nun frisch bereicherten repertorium kamen wir
wol ausgestattet nach Lauchstädt. 31, 14S; dasz man glaubt
solcher heftigen und doch keineswegs auslangenden empfeh-
lungen zu bedürfen, an Schiller 587 ; wo es nur irgend aus-
langen mochte. Tieck ges. nov. 9, 36. Dann auch, nie aus-
kommen, ausreichen, mit etwas auslangen : aber damit langt
man nicht aus. Schiller 628 ; das vermögen, mit einer me-
chanischen erklärungsart der naturdinge auszulangen, ist be-
schränkt. Kant 7, 297 ; wenn die Vernunft mit einem principe
auslangen kann. 10, 74.
AUSLÄNGEN, protendere, länger machen, verlängern : die aus-
gelängte nacht. Opitz i4r3. 1, 5S0; den ausgelängten tag dienst
thun. pers. baumg. 5, 13 ; die ausgelängte nacht laufen sie. 3, 2.
AUSLÄNGLICH, suppetens, sufßciens, hinlänglich: zu aus-
länglicher Verhütung, dasz dergleichen in das künftige nicht
mehr geschehe. Schcppius 677.
AUSLÄPPERN, sorbillare, nnl. uitlappen, uitlepperen: die
suppe auslappern; wa wer Hercules gebliben, wann er nicht
vor durst oft den bach, darin er gefahren, hett wie ein zung-
streckiger hund ausgeleppert? Garg. il^.
AUSLÄRMEN, tumuUuandi finem facere, austoben.
AUSLÄSE, f. delectus, auswahl. man hört und schreibt am
Rhein, im Rheingau : von den erherbsteten slückrässern wurde
nur der dritte Iheil, lauter auslasen, geprobt, sonst heiszt es
auslese, weinlese, lese; ausläse könnte aber wie ausgäbe, aus-
nähme gebildet scheinen.
AUSLASSEN, emittere, laxare, nnl. uitlaten, entlassen, los-
lassen.
1) aus dem haus, aus der hand und gewalt, aus dem ker-
ker, aus der siadt lassen: da stund Abraham des morgens
früe auf und nam brot und eine flasche mit wasser und legts
Hagar auf ire schulder und den knaben mit und liesz sie aus.
lAfos. 21, 14; und lasz sie dein weib sein, wenn du aber nicht
lust zu ir hast, so soitu sie auslassen, wo sie hin wil. 5 Mos.
21. 14 ; so sol er ein scheidebrief schreiben und ir in die hand
geben und sie aus seinem hause lassen ... so kan sie ir er-
ster man, der sie ausliesz, nicht widerumb nemen. 24, 4 ; der
herr über Völker hiesz in (den gefangnen) auslassen, ps. 105,
20 ; und ich ward in einem korbe zum fenster aus durch die
mauren nider gelassen. 2 Cor. il, 33 ; bin ich bewogen, den-
selhigen Licchtenberger noch eins auszulassen. Luther 3, 405*;
denn es war der anschlag, man solte die henker bei der nacht
auslassen. 3, 41S'; bestell wachten unter die thor, die nieraan
auslieszcn. Carj. 266'; zum fenster auslassen. 69';
so thu die thür auf, lasz sie aus! Scheit i7ro6i<inu« 04.
man sagte auch, die töchter auslassen = leer ausgehen las-
sen, ton dem lehen, von der erbschafl ausschlieszen.
2) Ihiere aus dem stall, aus der hülte lassen : und wenn er
seine schafe hat ausgelassen, gehet er vor inen her (goth. Jiö
«vesüna lamba ustiuhi{)). Joh. 10. 4; die lämmcr auslassen;
das vieh ist schon ausgelassen worden;
das ich anslasz mein sew und ku. IL Sachs III. 3, 42*.
Luther scheint es aber auch von geburt der thiere zu setzen,
wieu'ol die stelle zweideutig ist: sie {die hirsclikülie) beu-
gen sich, wenn sie geberen, und reiszen sich und lassen
aus ire jungen. Hiob 39, 6. weidmännisch, den leithund aus-
lassen, ihm das seil nachlassen, ihn aus dem straffen seil
lassen.
3) athem aus der brüst, donner aus der wölke, wasser aus
dem felsen lassen: du lessest aus deinen ödem, so werden
sie geschaffen, ps. 104, 30; der herr donnerte vom himmel
und der höhest liesz seinen donner aus. 2 Sam. 22, 14. ps. iS,
14; kanstu die blitzen auslassen, das sie hinfaren. Hiob 38,
35; sihe, wenn er das wasser verschleuszt, so wirds alles
dürre, und wenn ers auslesset, so keret er das land um.
12, 15. desgleichen die seele, das wort, einen schrei auslassen :
die edelsten in Israel
haben ausgelassen ir seel. H. Sachs UI. I, 74*;
kaum hatte er das wort ausgelassen; der gute mann, als er
das schröcklich geschrei vcrnam, welchs sein söhn, alsbald
er an das lieclit der weit kam, auslicsze. Garj. 106'; do hont
de rche uf oanmol a mörderisches geschrua ausglan. ER^rer
Meier schwdb. sagen s. 201; ein schweisziein binden auslas-
sen. Garg. 15, wie einen auslassen.
4) zorn, gift, wut, Unwillen, räche, lügen auslassen : denn
da du deinen grim auslieszest, verzeret er sie wie stoppeln.
2 Mos. 15, 7 ; räum und stet, seine gift auszulassen. Luther
3, 48; das Carlstad lügen ausleszt. 3, Sl'; du kannst nichts
thun, als deine zahne zusammen schlagen und deine wut am
trocknen brote auslassen. Schiller 113'; die einen schliefen
ihren rausch aus, die andern hätten ihn gern auf irgend eine
mutwillige weise ausgelassen. Göthe 23, 109; um wenigstens
unterwegs gegen einen hasen meinen Unwillen auszulassen.
Tiecr 14, 209 ; er liesz seine räche, seinen eifer an dem un-
schuldigen Spiegel aus und zertrümmerte ihn. auch diese
leidenschaßen werden als ausbrechende, wilde Ihiere angesehn,
die in des auslassenden dienst und gewalt stehn, daher ein
possessivum beigeßgt ist.
5) seltner von andern Sachen: seine geschieht und leiden
an euch zu schreiben und auszulassen. Luther 3, 28'; sei-
nen hofmann (seine feine monieren) recht auslassen. Garg.
210'; seine gedanken, meinung, empfindung über etwas aus-
lassen; hättest wissen sollen, dasz mich das geheimnis mar-
tere, wenn ichs nicht auslassen darf, aber doch will ichs
nicht auslassen, will überlaut seufzen bei dem zwang. (L. Ph.
Hahn) der aufruhr zu Pisa 34 ; die spannungskraft der federn
fängt an ihre thätigkeit auszulassen (auszuüben). Kaxt 8, 141.
6) bücher, briefe, schrift, befehi, erklärung auslassen : da-
mit die Sache dennoch ein ende gewinne und das ergernis
des deudschen büchlins, von den ewern ausgelassen, gestillet
werde. Luther 2, 220*; dasselb buchlin wder auszulassen.
3, 1; 0 das die propheten vorhin basz studierten, ehe sie
bücher auslieszen. 3, 84; derbalben Carlstad auch schuldig
war, solche erklerunge auszulassen. 3, 155 ; das sie solchen
vemieineten meinen brief auszulassexi, es soll in einer fürst-
lichen canzlei nicht ein solcher esel canzler sein, der heim-
liche brieve ausgelassene brieve nennete. 4, 538'; solche ge-
danken haben uns verursachet diesen propheten Daniel aus-
zulassen für den andern, die noch dahinden sind .... ich
hab mir fiirgenommen, denselben unter e. f. gn. namen aus-
zulassen. 5, l'; ich gedenke einen sermon von den lieben
engein auszulassen. 5, 145"; ich habs aber wollen durch den
druck lassen ausgehen, weil ich besorget, es möcht doch
sonst in druck komen und unvieisziger ausgelassen werden.
5, 488'; darumb irs für gut ansehet, das ich solche falsche
meuler zu stopfen einen kurzen brief aus liesze gehen (oder
ausgehen liesze?). 6, 116*; hab zuletzt mich bewegen lassen,
ellich sermon auszulassen, br. i, 387 ; dann dieses unser aus-
gelassenes cdict nicht universal ist. Scruppius 571. heute sagt
man lieber herausgeben, ausgehen, erscheinen lassen, erlassen.
7) sich auslassen, iicA äuszern, darlegen, dargeben:
die unbefletkie zung erschallt in kirch und haus
und laszt sich lausendTnch in süszen liedern aus. Grtpbius 2, 92 ;
du hast dich zu weitläuftig darüber ausgelassen ; gib acht, ob
er sich nicht unversehens einmal darüber ausläszt; er liesz
sich in heftigem lachen, liesz sich erbittert darüber aus.
früher hiesz auch sich auslassen sich aus dem staube madien:
da ist der mann erheim komen und doch sich wider usz
wollen lassen oder machen, weisth. 3, 752.
57*
903
AUSLASSEN — AUSLAUFEN
AUSLAUFEN
904
8) fett, talg, butter, wachs über dem (euer auslassen, aus-
schmelzen, in ßusz bringen, ausßieszen lassen, man kann
dies unter 4 bringen, da die ßüssigkeil gleichsam aus den ban-
den der härte entbunden wird, doch heiszt es nie, dasz die
sonne Aals eis auslasse.
9) ein kleid auslassen, durch außrennen der eingeschlage-
nen naht weiter machen.
10) den ofen auslassen, ausgehen lassen und dann im hüt-
tenwerk schicht machen, die arbeit cinslcllen. nie aber die
pfeife auslassen für ausgehen lassen.
11) auslassen, weglassen, wegbleiben lassen, omiltere: wer
aber etwas aus ungeferden ausgelassen, weislh. 2, 192; diese
stelle wird ausgelassen, unlerbleil)t ; es sind drei worte, drei
Zeilen ausgelassen, diese bedcutung widerspricht der sechsten
und ein ausgelassener brief kann den umständen nach sowol
ein erlassener, als in der reihe fehlender sein.
12) das part. praet. ausgelassen gilt zwar für sämtliche be-
deutungen, zumal aber im adjectivischen sinne von wild und
frech: er ist ganz ausgelassen, ein ausgelassener mensch;
ein ausgelassener erhungerter teufcl. Garg. 23l'; eine ausge-
lassene schälkin. Kirchhof wendunm. 352 ; der ausgelassenste
bube ist zu verzagt, uns etwas beschimpfendes zuzumuten.
Schiller 204'.
AUSLASSUNG, f. omissio, in der eilßen bedeutung des aus-
lassens : die auslassung auch eines einzigen wortes soll scharf
geahndet werden, ehmals hiesz es auch : nach vülliger auslassung
(emissio) des lachens. unw. doct. 12, was aber heule verallot ist.
AUSLASZ, m. emissio : desgleichen etliche verdächtige per-
sonen unter ein thor zum auslasz kommen und mit gewalt
heraus gewollt. Kress bei Melanchlhon 2, 265, wie cinlasz. das
ahd. ftjläg bedeutete finis, exilus (Graff 2, 315).
AUSLATSCHEN, egredi talipedando, sonst die schuhe aus-
treten, verächtlich von ausschweifenden ehemännern: sie lat-
schen aus, prostibtila scctantur. s. anlatschen, auslicgen.
AUSLAUBEN, frondibus ornare: da er in die mit linden
ausgelaubte stube gieng. i.P.\üL Hesp. 1, 244; sie setzten sich
auf den hügel, gegenüber einem gang, den grünes moos aus-
laubte. Tit. 2, 116.
AUSLAUEKN, explorare transitiv, während auflauern in-
transitiv ist: da ich nicht vermeiden konnte, sie (die männer)
zu sehen, nahm ich mir vor, sie alle auszulauern, und mein
bruder half mir wacker dazu. Güthe 19, 98.
AUSLAUF, m. excursus, nnl. uitloop.
1) auslauf des wassers, baches, flusses : so kann auch nicht
sein, das das wasser ob denen metallen eine Zeitlang stände,
die kraft an sich ziehe, und so es dieselbige cntpfangen, erst
als dann sich zum auslauf fürdere. Tuurneisser von wassern.
Strasb. 1612 s. 1 ; bis an den anfang der Weissei und auslauf
der Donaw ins euxinische meer. Micbäliüs o. /'. 1, 13 ; zwi-
schen dem auslauf beider bäche. Pierol 2, 399 ;
der quell flieszt überall, der auslauf ändert nur. Haller 14t;
da der Nil durch absetzung des Schlammes den boden seines
auslaufs erhöhte. Kant 9, 9.
2) der auslauf des schiffes auf dem wasser:
sondern bereits ist
niedergezogen das schif und rüderer Tertig zum auslaut.
Voss Od. 8, 15t ;
die flotte ist ganz zum auslauf bereit, ebenso ein schneller gang
zu lande und zu fusz: der böte soll noch einen auslauf thun.
3) weidmännisch, der ebene, lichte platz, auf welchem die
eingestellten hirsche und sauen vorgejagt werden, vgl. ablauf
und anlauf. man sagt auch ausflug, wie anfing.
4) in der baukunst heiszt auslauf, was sonst ausladung, das
vorragen einzelner glieder oder stücke einer Ordnung, oder die
weite, in welcher ein solches glied von der achse der seule
hinausreicht.
5) in den salzweiken heiszt auslauf, was bergmännisch die aus-
beute, der nach abzug der kosten zufallende, auslaufende gewinn.
6) ehmals name einer krankheit: wa ein man trit bloszes
fuszes auf ein kleeblat mit vier blelter, so sol es nit feien,
er wird den weiszen auslauf (/epra a/fra ?) gewinnen, der kun-
kel evangelia. 1587.
7) in schrißcn und abhandlungen ist auslauf, excursus, was
nebenbei untersucht und verhandelt wird: daruinb wollen wir
hie ein nOttigen und nutzen auslaiif tliPin von des tollen bo-
fels art und natur. Frank weltb. 37".
AUSLAUFEN, excurrere, exire, nnl. uitloopen, oft mit fol-
gendem in und auf:
1) von menschen: ich bin schon frühe ins feld ausgelaufen
dich zu suchen; ein böte läuft aus, um das begehrte schnell
zu holen;
wo ist der schönpart ausgeloffen? H. Sachs 11. 4, 1»;
im 16jA. häufig von mönchen, die das kloster verlassen, wie-
der in die weit laufen: Pfeifer, ein ausgelaufner münch. Lo-
ther 3, 128 ; Sergius, ein ausgelaufner und abtrinniger manch
und ketzer. Frank weltb. lis'; ein ausgelaufner münch kam
auf die löbliche kunst der truckerei. Wickram rollwagen [ed.
Mulhausen) 57. in anderm sinne: er muste die ganze nacht
auslaufen, bekam einen durchfall, s. auslauf 6.
2) vom wild: der hirsch ist ausgelaufen, aus dem wald aufs
freie gegangen, in anderm sinne: die hündin hat ausgelau-
fen, hört auf läufig zu sein, ist trächtig geworden, weidwcrks-
buch 1, 9*.
3) von flüssigem: wo ist aber ein mensch, wenn er tod
und umbkomen und dahin ist? wie ein wasser ausleuft aus
dem See. hiob 14, 11 ; gleich einem wütenden wasserstrom,
wann der über das ufer auslauft, so rciszet er alles umb,
was er antrift. Schuppius 283; der ström läuft in drei arme
aus ; zog ein zapfen aus einem fasz und liesz ihm wein aus-
laufen, seh. und ernst cap. 140; den ausgeloffenen wein mit
mel auftrocknen. Garg. 159' (nach kinderm. n* 59) ; der sand
in der uhr ist ausgelaufen, man sagt auch: der topf, die
kanne läuft aus, hat einen ritz; der eimer, das fasz läuft
aus, wie die böltchcr sich ausdrücken: das fasz thränt, weint.
4) von andern sinnlichen dingen : wind, welcher gegen dem
mitlag sich ziemlich stark erhub, und endlich in einen stürm
auslief, pers. reiseb. 2, 2 ; die crbsen laufen aus, wenn sie aus
den hülsen fallen; auslaufende reben, in die höhe sich win-
dende, krümmende; das lebendige, wenn es ausläuft, so dasz
es wo nicht abgestorben doch abgeschlossen erscheint, pflegt
sich zu krümmen, wie wir an hörnern, klauen, zahnen ge-
wöhnlich erblicken. Göthe 55, 297 ; der schnitt gieng durch
den ballen, gerade unter dem dauinen, theilte die lebenslinie
und lief gegen den kleinen finger aus. 19, 134; ein langer,
dürrer arm, der in fünf finger ausläuft. J. Paul teuf. pap. 1, 6.
5) absiruclionen : das aber soldier falscher wahn vertrieben
und die rechte dcmnl von der falschen erkant werde, wol-
len wir ein wenig auslaufen und von der demut sagen. Lu-
ther 1, 483' ; sehet, wie bin ich ausgelaufen und über flössen
mit Worten. 2, 92';
dies lauft auf aufschub aus und aufschub auf entfliehn.
Grvphius 1, 35;
herr ich will auf dir erblassen,
wenn nun meine stund auslauft. 2, 276,
was von der sand- oder Wasseruhr hergenommen sein, aber
auch blosz exit, finilur sagen kann; endlich ist das ding gar
auf eine krämerei und kaufmanschaft ausgelaufen. Schup-
pius 08; meine uhr ist noch nicht ausgelaufen, ich fühle es.
Götiie 16, 152; Symptome des lebensübcrdrusses, der nicht
seilen in den Selbstmord ausläuft. 26,212; eine beim herge-
brachten ins willkürliche auslaufende kunst. 32,205; vollstän-
dige erkentnis, auf die alle grundsätze a priori zuletzt doch
immer auslaufen müssen. Kant 2, 189; antworten, die am
ende doch auf Baumgarten auslaufen werden. 3, 379 ; die
Wirkungen der natur laufen auf wolgereiiniheil aus. 6, 77;
das werk ist um zehn bogen ausgelaufen [starker geworden);
diese schrift läuft mehr aus; das manuscript läuft aus (gibt
mehr im satz) ; die gesimse einer seule laufen zu beiden sel-
ten aus (s. auslauf 4) ; alles unglück wird über dich auslau-
fen, auf deinen köpf fallen.
6) transitiv, percurrere: er ghort nit gären sagen, wie ich
alle land was uszgeliffen (so) in Tütschland. Th. Pi.ater 36;
laufent alle winkel aus. Soltau volksl. 254 ; der Verbrecher
scheint dem abgrundc, der ihm bestiniiul ist, ausweichen zu
wollen, und stützt hinein eben da, wo er seinen weg glück-
lich auszulaufen gedenkt. Göthe 19, 90; der kreis, den die
menschheit auszulaufen hat. 53, 3; wann ich wieder (ron
Leipzig) abgehe wcisz ich nicht, ich will den kreis auslaufen,
und wenn das lied von vorne angehl, empfehle ich mich.
an fr. von St. 2, 280. bergmännisch, in anderm sinn : eine
last erz auslaufen, ausharren, zu tage fördern, eigentlidi auf
dem knrrn auslaufen lassen.
7) sich auslaufen, ?iuc/i langem sitzen sich bewegen, gleich-
sam die beim- wieder auslaufen; das kind inusz sich auslau-
fen, auch sich ermüden: wenn man sich den ganzen tag
ausgelaufen hui.
905
AUSLAUFEN — AUSLEBEN
AUSLEBEN — AUS LEERUNG
906
AUSLAUFEN, n. exeursus: das erste fahrzeug, das zum
auslaufen fertig liegen würde. VVieland 2, 206; übrigens könnte
man vielleicht auch das gegenwärtige geslein ein auslaufen
des granits nennen, indem man dadurch das ende einer
epocbe bezeichnet, anstatt dasz man da, wo ein folgendes
sogleich nachzuweisen ist, das auslaufen ganz schicklich einen
Übergang nennen kann. Gotiie 51, 47; nach einem kurzen
warten auf das auslaufen des gesprächs. J. Paul Tit. 1, 179.
in besonderm sinn für durchfaU, profluiiiim alvi: der alt sagt
im, wie er die ganze nacht het das auslaufen gehabt, seh.
vnd ernst cap. 208.
AUSLÄUFER, m. ein diener zum ausschicken, puer a pe-
dibus; im bergwerk, der das gewonnene erz zu läge fördert;
eine auslaufende rebe oder sprosse der pflanze, auch würzling
genannt, beim hopfen laufschleiche ; ein auslaufender berg, z. b.
das riesengebirge, ein auslüufer der Karpathen.
AUSLÄUFIG, largifluus, efßuens: ein ausläufiger krug.
AUSLÄUFISCH, excurrens, libidinosus, ausschweifend.
AUSLAUFT, m. excursus, egressio : das sei zum auslauft
ungefehrlich geredt, nu komen wir wider zu den stücken.
LuTtiEB 2, 4S7' ; er machet aber einen ebenlangen umbschweif
und auslauft von seinem ampt, ehe er wider auf den für-
genomen artikel kömpL 6, 219'.
AUSLÄUFTIG, excursivus, excurrens : diese ausleuftige rede
hab ich müssen thun. Luther 3, 49'; er wil den häufen hö-
ren, nicht mich noch dich, oder einen ausleuftigen, abgeson-
derten phariseer. 1, 82* ; es könnte auch heiszen : ein ausleuf-
tiger möncb.
AUSLAUGE.\, lixivio elieere, mit lauge ausziehen, nnl. uit-
loogen : salz auslaugen ; das aus dem erdreich ausgelaugte
salz. Kant 9, 10. dann ßr subigere, vexare : sie durch trüb-
sal aller art erst tüchtig auszulaugen. Wielaxd 21, 315.
AUSLAUT, m. exitus voeis, der ein wort schlieszende laut,
gegensatz von anlaut. Q ist kein deutscher, M kein griechi-
scher auslaut. tgl. ausklang.
AUSLAUTEN, auf einen laut ausgehn, schlieszen, endigen.
AUSLÄUTEN, exlremum sonare campana, nnl. uitluiden:
es läutet eben aus ; die glocken haben ausgeläutet, eampanae
tacent ;
zum gefleht hat man geleutet aus. H. Sachs IIL 1, 115'.
einem ausläuten, einem zur ehre die glocken ziehen: wie ich
ihr (meiner frau bei ihrem begräbnis) denn zu Hanau, in des-
sen kirchspiel sie erzogen, ausläuten lassen. Schweisiche!« 3,
260; wer für dräuen stirbet, dem läutet man mit eselsfür-
zen aus,
qui moritur niinis, illi pulsabitur bombis.
G«ypuiüS 1, 796. züchtiger die alte spräche:
man spriehet, wer von vorhiea stirbet,
da; der im selber da; erwirbst,
daj man in sot in mel begraben. Bon. 32, 27;
swelch man von dröuwen stirbet,
den sol niemen klagen. Fraie.nlob S3, 1 ;
vgl. BA. 695. transitiv, die kirche, die messe ausläuten, «ie
sie eingeläutet icurde; als die kirche gegenüber nun den
sonntäglichen gottesdienst ausläutete. Tiecr ges. noi: 3, 11.
man verwendet auch ausläuten ßr offen gestehen, frei heraus
sage», reinen wein einschenken:
■was bedeiilet
dein nur und doch? rein ausgeläutet: Voss 6, 237.
AUSLAUTEN, n. postremus eampanae sonus: ausläuten,
oder sieben letzte worte an die Jeser. J. Haui. uns. löge 3, 175.
AUSLAUTEKN, serenare, außeitem: ausgeläuterte gesieb-
ter. LoiiEssT. Arm. 1, 368 ; da der himmel sich ausläulerte.
1, 390. Opitz Arg. 2, 338. heule unüblich, forslmäszig aber
sagt man einen wald, ein holz ausläutern, lichten, hell ma-
chen, holt schlagen in den drei hiebzeiten.
AUSLEBEN, vitam finire, complere, nnl. uitlevcn (das engl.
ouilive aber überleben):
üocb eh ich sie erlangt, hab ich fast ausgelebt. Caiiti 89;
um den rest seines lebens in gesellschaft der Venus, des
Bacchus und der musen auszuleben. Wieland 2, 240 ; in die-
sem stillen, noch vor kurzem so paradiesischen Jemal, wo
ich meine tage in seliger Verborgenheit auszuleben hofle. 8,
304; du theilesl alles was ich besitze mit mir, und bist,
wenn ich ausgelebt habe, der erbe meiner talcnte und mei-
ner ganzen Verlassenschaft. 3, 153;
hier möchl ich mit dir ausleben das alter. Voss,
bic ipso tecum consumerer acro. Virgil. ed. 10, 43;
schenke du dem dulder mut auszuleben. PFEFrKL 1, 10;
was sagst du? dreiszig jähre haben wir
zusammen ausgelebt und ausgebalten. Schiller 379*;
der mann, dem für seine manigfaltigen talente auch ein
rein ausgelebtes menschenalter noch immer zu kurz gewesen
wäre. Leisewitz über Lessings tod s.Wh; ein sehr alter, aber
gesunder, frohmütiger mann, still, fein, klug, auslebend nun
hie und da aushelfend. Göthe 21, 133; sehn sie denn nicht,
dasz der mann ausgebraust, ausgelebt hat? Lexz 1, 243; das
ausgelebte rilterleben. J. Paul herbstbl. 3, 136 ;
ja, hier könnte die tage des irdischen seins ausleben
irgend ein herz, nach stille begierig und süszer beschränkung.
Plate.n 122".
AUSLEBEN, n. vitae exitus: möge der trostlos umkom-
men, der eines kranken spottet, der nach der entferntesten
quelle reist, die seine krankheit vermehren, sein ausleben
schmerzhafter machen wird. Göthe 16, 139.
AUSLECKEN, elambere: die Schüssel, den bonig, die milch
auslecken ; der hund leckt die wunden aus ;
so läszt er fürbaj sein auslecken sein, fasln, sp. 310, 2,
im sinne von auslatschen, egredi prostibula sectando, scheint
aber von lecken, springen, seitwärts springen (s. austreten).
intransitiv: der wein leckt aus, tröpfelt aus dem fasse.
AUSLEDIGEN, racuefacere, erledigen, ledig machen: die
ehre ist ganz sein, hat sie alle zu sich genomen und alle
ausgelcdiget. Luther 1, 3S'; und wir hohen und reichen er-
schrecken nicht, so wir hören, das gott uns absagt, ja nicht
allein absagt, sondern dreuct zu brechen, nidrigen und aus-
ledigen. 1, 497*; damit ich e. k. mai. hofgesind von stat ge-
bracht und ausgeledigt hab. Chmels Maximilian s. 188 (a. 1497) ;
dagegen hatte der meister das haus Wildenbmch ausgeledigt
und entblöszet und an geschütz, artolerei und rflstunge da-
von geführet. Micrälics a. P. 3, 548 ; ich habe meinen sack
ziemlich ausgeledigt. med. maula/fe 629. s. ledigen.
AUSLEEREN, vacuefacere, effundere, exhaurire, nnl. ait-
leeren.
1) das Wasser ausleeren, ausschütten; den wein, den trank
ausleeren, trinken; das glas, den becher ausleeren, leeren;
ausleeren bis auf den dörren boden. Simpl. 2, 280 ; es kompt
die zeit, das ich inen wil Schröter schicken, die sie ausschro-
ten sollen und ire fasse ausleren und ire legel zerschmettern.
Jer. 48, 12; den eimer, den topf ausleeren aiwjiejjen, ausschüt-
ten ; die platten (schusseln) sauber ausleeren. Scheit grob. L 4
2) den magen, den leib ausleeren, alvum exonerare, pur-
gare, ausleerende mittel, weidmännisch, intransitiv vom hund:
der hund leert aus, Ie chien se vide. die blas in die kachel
ausleren. Scheit grob. Q 4. D 4 ; leer weidlich aus, so wirt
dir basz. D l.
3) den sack, beute], kästen, das zimmer, haus, die Stadt,
das land ausleeren.
4) die pfeile, den köcher ausleeren:
wann Verfolgung ihren köcher
endlich auf dich ausgeleert. Bürger 12*.
5) figürlich, das herz ausleeren, ausschütten: ihre erschei-
nung war so kurz, ich habe mein herz gar nicht ausleerea
können. Schiller an Gölhe 274 ;
und leert den schalen witi
bei diesem anlasz aus. Wieland;
mit gewalt ausleeren so viel und erfreuende guter.
Voss Od. 16,429;
diese bilder und formein sind zuerst ausgeleert, sodann laut
verhöhnt und zuletzt der stillschweigenden und höflichen Ver-
achtung hingegeben worden. Fichte anw. zum sei. leben 20;
ausgeleertes leben. J. Paul Hesp. 2, 142 ; ausgeleertes gesiebt.
2, 134 ; ein fatales, ausgeleertes gesiebt, holtschn. 10, 178 ;
ausgeleerte, ausgeweidete seelen. Fibel 4.
6) sich ausleeren: unter heftigem tumult und Säbelgeklirr
leert sich der sal aus. Schiller 665; am tage des drama
leerte sich das neue schlosz in das fürstliche zu Oberscherau
aus. J. Paul uns. löge 3, 8.
AUSLEERUNG, f egestio, exinanilio: aber du kerest es
umb, das das newe testament wol ein auslerung und fin-
sternis ist gegen das alte testament. Luther 3, 474*; diejeni-
gen, lieber nachbar, sind eben nicht gleich kranke köpfe, die
diese und mehrere auslegnngen der neuern für wahre aus-
leerungen der ausgelegten stellen halten. LESsitc 10, 102; der
arzt verordnete eine ausleerung nach der andern.
907
AUSLEGEN
AUSLEGER — AUSLEIERN
908
AUSLEGEN, exponerc, pandere, etaler, nnl. uitleggen.
1) den kram, die waare auslegen, feil hielen, zur schau
legen, Fischart unler den spielen nennt 240 auch 'kram aus-
legen'; kaufniannschatz auslegen. Maaler 43"; vor sonntag
dürfen die inessleute nicht auslegen; Sybille, welche anfangs
die waaien völlig auslegt. Scnuppius 753; die dirne hat aus-
gelegt, pectora denudavit; der dickwanst legt aus streckt sei-
nen bauch vor; auf einen groszwanst:
Gastro, wo er geht und stellt, trägt den watsack für sich her,
ob er pleich nun strutzend voll, nimmer oder selten leer,
liab ich doch noch nie gehört, dasz ihn etwa ein sohlat,
wann er gleich wo ausgeleci, je, wje brauch, geplündert hat.
LOGAUl, 8, 48;
well ich gerne gebe zu und bin frei mit schenken,
wird man, dasz die waar gar schlecht, leichllich wollen denken :
guten wird doch alles gut, bösen böse sein,
guten leg ich alles aus, bösen alles ein. 3, zugahe,2;
teppiche in den fenstern, auf den straszen auslegen ; brot
auslegen, auf den heckciladen ; bücher auslegen, t'eno ponere
{vgl. auflegen, verlegen) ; man musz nicht seinen werth aus-
legen, um die menschen zu gewinnen, sondern man musz
sie gewinnen und dann erst jenen zeigen. J. Paul Tit. 1, 39;
die heillosesten ansichten und grundsätze werden in dem
buche ohne scheu ausgelegt.
2) auslegen, ein fecittcrausdruck, im gegensatz zu parie-
ren, Stare in gradu Ov. mel. 9, 43 ; den arm, die band aus-
legen ; auch verstoben all diejenige, die wider einander band
ausgelegt hatten. Simpl. 1, 210. «. auslagc und ausliegen.
3) sich auslegen, wiederum f echter ausdruck: er legte sich
in parade aus. sich zum fenster auslegen.
4) ein schif auslegen, franz. rader, mettre en rade: das
schif hat ausgelegt, stat in ancoris. die Soldaten auslegen,
einquartieren und ausquartieren, aufs land, in die dörfer le-
gen, anderswo einlegen.
5) geld auslegen, expendere, vorschicszcn, sborsarc: der
, wird vielmehr rathen, dasz man Lesbien wiedergebe, als dasz
man einen heller auslege. Gryphius 1, 866; ich wolle dem Ju-
den die auf mein wort ausgelegte vierhundert mark wieder
geben, er aber sagte nein, er habe meine band über zwei-
tausend mark. Schuppius 582; kanst du soviel gewinn jähr-
lich erwarten, als wann du 20 gülden dem wuchern ausge-
legt hättest. 736; allermaszen ich beinahe die helfte meiner
beulen auf kundschaft auslegte {ausgab, um damit auszukutid-
schaßen). Simplic. 1, 234; du hast schon oft für mich ausge-
legt, wie soll ichs erstatten, dies geht also über in den sinn
von darleihen: solt das geld, das versoffen wird, zusamen-
legen und einen gemeinen schätz samlen, ein iglich hand-
werk für sich, das man in der not einem dürftigen mithand-
werksraan auszulegen helfen und leihen kondte. Luther l, 20"'.
6) auslegen, proponere, vorlegen, darlegen, vorschlagen:
si hat in irem sinne
mit irn junkfraun aus gelait,
wer ir dienen well mit hübschait
der sol gar bald eilen u. s. w. fastn. sp. 394, 11;
sDlIicben meinen ratschlag hat ain getaufter jud in sein aigen
band und gewalt gebracht, mutwilliglich erofnet, darzu durch
ain gedruckt schmachbuchlin dargeben, verkündt und uszgc-
legl. Reuchlin verstentnus l',
7) allerhdußgst aber interprelari, explanare, auseinander le-
gen: es hat uns getreumet tmd haben niemand, der es uns
auslege. Joseph sprach, auslegen gehöret got zu, doch crze-
let mirs. 1 Mos. 40, 8 ; fieng an Mose auszulegen das gesetz.
6 Afo«. 1, 5; Gabriel, lege disem das gesiebt aus, das ers ver-
stehe. Dan. 8,16; wer alles zum besten ausleget. Sir. 6, 5;
aber insonderheit legt ers seinen jüngerh alles aus {goth.
andband allata). Marc. 4, 34; und legte inen alle schrift aus.
/.«c. 24, 27 ; einem andern {wird gegeben die gäbe) die spra-
chen auszulegen. iCor. 12, 10; reden sie mit mancherlei spra-
chen? können sie alle auslegen? 12, 30; es sei denn, das
er» auch auslege. 1 Cor. 14,5;
.spoiweis mit iren hinderschlegen
all «ein ding zum ergsten auslegen. H. Sachs II. 4, 41' j
ich gedenk es euch besser auszulegen. Garg.llb'; die schwer-
verständlichsten puncte auslegen. 173';
zwar ist es j«tz gar nirhi mein will,
wie es dnn au<:h nicht mein vermögen,
hie deine thnirn niiszzulngen,
daruinl) nu halt ich Jutzund still. Wf.ciiikri.in 371 ;
wa« die tcuische frei ausz lögen. .176;
nur Seufzer habe ich von ihr gehöret und ihre Schwester hat
uns ihren willen ausgelegt. J. K. Schugei, 2, 28 ;
im an.slegen seid frisch und munter!
legt ihrs nicht aus, su legt was unter.
GÖTHE 3,270;
so löset sich der fluch,
wir legtens von Apollens schwesier aus,
und er gedachte dich. 9,96;
das, was sie so sehr zu ihrem vortheil auslegte, fand ich
keineswegs bedeutend. 20, 61; man würde euch verkennen,,
und selbst der könig vielleicht diese zurückgezogenheit in
einem ganz verkehrten sinne auslögen. Tieck nov. kr. 3, 123 ;
ich wäre vom landhause aus sehr falsch ausgelegt worden.
J. Paul komel 3, 237 ; die sache schlimmer auslegen als sie
gemeint war. Dies auslegen ist weder goth. noch ahd. zu er-
warten, tmd golh. wird dafür gaskeirjan oder andbindan ge-
sagt, ahd. arrecchan; mhd. beginnt es, doch selten, aufzutre-
ten : ein iljlegen, interpretatio. myst. 183, 17 ;
die ich hän bescheiden
und mit namen iijgeicit. Köpkcspass. 471,33,
altn. fitleggja könnte erst nach dem dän. udlagge, dies nach
dem deutschen gebildet sein; solcher späte Ursprung des viorts
hindert, es auf ein auseinanderlegen, entbinden (andbindan)
dcr^ runen zurückzulcilen. dennoch musz die sinnliche Vorstel-
lung des entfallens als seine grundlage angenommen werden, die
auch fürs ahd. arrecchan obwaltet, man bildete exponere nach.
8) auslegen, caclare, distinguere: den fuszboden auslegen;
mit elfcnbein und gold auslegen ; ausgelegte arbeit, opus vartum.
9) auslegen als gegensatz des anlegens, exuere: das gewand,
kleid, die schuhe auslegen, ablegen.
AUSLEGER, m. inlerpres: ist er aber nicht ein ausleger,
so schweige er unter der gemeine. 1 Cor. 14, 28 ; bei Prophe-
zeiungen ist der ausleger oft ein wichtigerer mann als der
prophet. Lichtenberg 2, 81.
AUSLEGEREI, /"• in übelm nebensinn für falsche auslegung,
sucht auszulegen, doch veiwendel Kant 1, 235 schriftauslegerei
ohne ironie.
AUSLEGERIN, f explicatrix.
AUSLEGUNG, f. interpretatio: da Gideon den höret sol-
chen trawm erzelen und seine auslegung. rieht. 7, 15; höret
meine rede und meine auslegung. Iliob 13, 17 ; alle lande
verwunderten sich deiner liede, Sprüche, gleichnis und ausle-
gung. Sir. 47, 18 ; er hat Offenbarung, er hat auslegung {(jolh.
skeirein). l Cor. 14,26; so sich denn unterstanden derhalben
jemands auslegung zu thun. Luther 2, 5'; auf ein höhersin-
nige auslegung ziehen. Garg. 2l'; eine auslegung thun. pers^
baumg. 1, 29 ; wie tbeodicee soll auslegung der natur sein,
sofern gott durch dieselbe die absieht seines willens kund
thut. Kant 6, 149; betrachtet nun das neue kunstwerk, wel-
ches der tyrann mir zur auslegung gesandt. Humboldt ans.
der nat. 2, 307. Man dürße aach auslegung, wie auslage der
waare sagen, doch heiszl es nur auslage des gelds, nicht aus-
legung.
AUSLEHNEN, acclinando prospicere, vom ahd. hUncn:
wie oft hab ich in vorgcr zeit gestanden,
mich aus dem klosterl^enster ausgelchnt. Tieck 2, 72.
AUSLEHNEN, foenori dare, commodare, vom ahd. lebanon :
-er wolle ihn verkaufen, das geld auslchnen. Schuppius 227;
wer der wollust sich lehnt aus, wird er nicht ums hauptgut kommen,
wird er krahkheit haben doch stal der Zinsen eingenommen.
LoGAU 3, 8, 99.
AUSLEHREN, perdocere:
wer diesem folgen kann,
der ist schon ausgclehrt und hat genug geihan. Opitx;
sein ausgclehrtcr mund der redet was er wil. Fleming 159.
AUSLEIDEN, perpeti, nnl. uilleiden : das ist gar ein grost
ding, im leiden nicht hülfe suchen von irgend einen menschen
oder cieaturen, sondern sich drücken und ausleiden. Luther
1,44'; das ich viel lieber wolle ein jar lang im kerkcr ligen,
hungcr und durst leiden, denn einen tag solche helleangst
ausleiden vom teufel. 6,227"; was ist es anders als menschen-
schicksal, sein masz auszuleiden, seinen bechcr auszutrinken?
Güthe 16,132; er hat ausgelitten, ist gestorben;
ausgelitten hast du, ausgerungen
armer Jüngling deinen todessireit!
Lotte bei \yerlhers grab, clegie 1775.
AUSLEIERN, delirare, declinare, aberrarr, aus der furche
{lat. lira), aus dem geleis weichen, nehenaus fahren, und dann
sinnlos werden, die fastnaehl, von den frauen angefochten
und verklagt, sagt ihnen:
warumb wolt ir mir nit auch ausileiren f fastn. sp. 380, 5,
909
AUSLEIERN— AUSLESEN
AUSLESEN — AUSLIEGEN
910
mtr ausweichen, aus dem wege gehn, räum lassen? man sagt
noch heute Iraiisitiv, ein geleis ausleiern, ausdrehen, auswei-
ten: der weg war schlecht, der frost hielt noch nicht, und
überdies waren die gleise entsetzlich ausgeleiert. Seume; ein
rad ausleiern, ausweiten, die pfanne eines Zapfens ausleiern;
die thiuangeln leiern sich aus. Schmeller 2, 4S9 hat: die
kugel auf der kegelbahn aushin leiern, auswärts, folglich aus
der rechten bahn drehen, werfen, ausleiern entspräche dem aus-
drehen, ausweichen, s. das folgende.
AUSLEIERN, ßnem facere lyra canendi. Stieler 1141, der
spielmann hat ausgeleiert, da nun die leier gedreht wird,
ifeiangt man wieder auf ausdrehen, und bei Stalder 2, 174
heiszt auch lyre kurbel und butterfasz, das gedreht wird, doch
scheinen lira = scrobs, porca und lyra, /.voa unverwandt.
AUSLEIHEN, mutuo dare, geld ausleihen, gi-osze summen.
AUSLEIHER. m. creditor.
AUSLEISTEN, inslruere subscudibus, mit leisten versehen.
AUSLEITE, f. exsequiae, ahd. üjleiti, das letzte geleit, die
leichenbegleitung könnte, gebildet wie anleite, noch gebraucht
worden sein, ist aber nicht mehr nachzuweisen.
AUSLEITEN, deducere, exsequi, o/id. öjleitan (Graff 2, 1S5),
das geleit hinaus geben, kommt selten vor, gewöhnlicher aus-
geleiten, ahd. öjgileitan : ihr ward ein schleier vor die äugen
gebunden und sie ausgeleitet zum blindekuhspiel. Clacüics 1, 6.
AUSLEITGEBEN, vinum, cerevisiam rendere, ausschenken,
dem vorausgehenden wort unverwandt, und mit leit, mhd. lU
■potus, leilgebe caupo gebildet: ein guter hauswirt soll den
schlechteren wein auf seine schenk und Wirtshäuser verlegen
lind ausleitgeben lassen. Houberg l, 361"; das hier desto wol-
lailer ausleutgeben (so). 2, 90'. man sagt in Baiern auch ver-
leitgeben und verleiten = verschenken. Schmeller 2, h2l.
AUSLEITGEBUNG, f. venditio vini: eine herschaft kann bei
Jahrmärkten von ausleitgebung ihres getränks nicht wenig ge-
bessert und bereichert werden. Hohberg 1, 52'.
AUSLENDEN, s. ausländen.
AUSLENKEN, deßectere, ausweichen: der fuhrmann lenkt
schon aus;
siehe, er lenkt unsern ehrenbo^en aus
und unsern goldbehängten rossen. Haxler;
Friedrich zog in seine königsburff,
und lenkt dem triumph ausT Scucbart 2, 2S1.
bergmännisch, auslenken oder auslängen, einen ort neben dem
gange treiben, auf einem überfahrnen gange fortbrechen.
AUSLERNEN, perdiscere, peidoceri: er ist nie gewest, der
ts ausgelernet hätte. Sir. 24, 3S ; sunderüch die im regiment,
die haben den gmeinen man ausgelernet. Frank wellb. 3S';
das buch der natur ist zu grosz und zu hoch, unser leben
zu kurz, unser Vernunft zu alher es auszulernen. Lohexst.
Arm. 2, 482 ; sich selbst hat niemand ausgelernt. Zinrgref 26,
26 und GüTiiE 2, 2G1 ; den menschen kann man nicht ausler-
nen; kein alter hat ausgelernt, er habe denn das gras wach-
sen hören. Lebmann IT ; welcher ein ausgelernter erzvogel
war. Felsenb. 2, 30 ; ausgelefnter practicus. Schiller 118" ;
in guter schule
hat er des Schmeichlers künste ausgelernt. 422;
in jedem frevel ausgelernte Sünder. Gotter 1, 395 ; ein ausgelern-
ter Schlosser; man lernt nie aus. Göthe14, 263. ej Aei'ss/ aus-
lernen auf etwas, auf ein bandwerk auslernen; ich glaube,
dasz sie auf das kuppeln ausgelernt haben. Lessing 1, 371 ;
wie gehls dem feuerwerker?
drauf ausgelernt, wie man nach maszen wettert.
GÖTHB 2, 17.
AUSLESE, f. delectus, auswahl: du hast die auslese; Mar-
donius halle um sich die auslese der tausend tapfersten Per-
ser; auslese halten, s. ausläse.
AUSLESEN, nnl. uillezen, in zwei bedeutungen,
1) deligere, eligere: du kannst darunter auslesen, auswäh-
len; ausgelescne, au5gMuc/i/e mannschaft ; uszgelesencr schalk.
Eulensp. 84; ob allen schelken uszgelesen. 92; erbsen, fruchte
auslesen, die tauglichen aussuchen; leset aus, und nemet schafe,
jederman für sein gesinde. 2 Mos. 12, 21 ; ich wil zwelf tauscnl
man auslesen. 2 Sam. 17, 1 ; und las die knechte aus, das
beste Volk, das er unter inen fand. Judiths,'; sich den Son-
derling zu seiner rolle auslesen. Göhngk 1, 19; der pabst hatte
eine kardinalsbeförderung vorgenommen, wozu er die reich-
sten prälaten auslas. Klincer 3, 252; die wilde geisterweit hat
mich zu ihrer beute, zu ihrem spiele ausgelesen. TieckII, 96.
2) perlegere: und wenn du das buch hast ausgelesen, so
binde einen stein dran und wirfs in den Phrath. Jer. 51, 63 ;
als dise antiqultet ward ausgelesen. Garg. 2S6*; les er doch
ganz aus! Schiller 206'; seine eigenen prosaischen zusam-
menschmierungen haben wir nicht auslesen können. Göthe
33, 65.
AUSLESEN, n. delectus: worauf wir ihr das auslesen un-
ter den kleidern lieszen. Felsenb. 3, 267 ; der neue Statthalter
hatte ein schreckliches auslesen unter der ganzen nation.
Schiller S5S ; du hast das auslesen.
AUSLESUNG, f dasselbe: morgen habe ich die auslesung
(der rekruten). Göthe an fr. v. Stein 1, 2)5.
AUSLETZE, f postremum delectamenlum :
zur ausleiz mir mein wiln erfüll. Eiring 3, 188.
vgl. letze.
AUSLEUCHTEN, domum redeunti faeem praeferre, heim-
leuchten, feierlich entlassen, nnl. uitlichten: es war schon
finster, die magd sollte ihnen ausleuchten ; zu ausgang des
lesens kernen diese knaben all in eim feld zusaraen, und
machen inen alda von stroh gute handvoUige fackeln, iegücher
zwo, gehend zu nacht singend in einer Ordnung in die Stadt,
damit leuchten sie dem herbst aus. Frank weltb. 5t'. gewöhn-
lich in übelm sinn, einen aus dem haus werfen, und figürlich,
hart behandeln, den angreifer abfertigen, bald mit dem acc,
bald dem dat. der person: solt man solchen Schelmen nicht
mit hunden aushetzen oder mit ruten ausleuchten? Luther
4, 3S3'; solt man den nicht als toll und tüncht zum land aus-
leuchten? 5, 42l'; viel fromer leute würden sich hüten und
solche buben helfen ausleuchten, wenn sie wüsten, das solche
grosze fahr helle. 5, 492*; Eneas Silvius helle wol verdient,
das im die geleiten ausleuchteten. 8, 219'.
AUSLEUTE, extranei homines, peregrini, schon ahd. ftjliute
alienigenae N. ps. 55, 1, ein gutes wort, besser als die adjeclive
auswärtige, ausländische, und der pl. zu ausmann, ft^inan.
mhd. im Augsburger stadir. beziugen mit burgern und mit iijliu-
ten; ander ausleul. «reis/Ä. 3, 656. zuletzt noch bei Reuchlin: *
fremhde ausziüt zu rechtem glauben bringen, augensp. 20".
AUSLICHTEN, collucare, interlucare : wald, holz, bäume
auslichten; den flachs soll man auslichten, wenn er seine zeit
gestanden hat, und gelbiarb ist worden, darnach fürt man
in zu haus. Sebitz 503. figürlich, aufhellen: unvermutet lich-
tete sich mein dasein wieder aus. Tieck nov. kr. 2, 290. ver-
schieden ist das nnl. uitliglen, ausheben, engl, lift out, was im
nd. Claws bur 58 vorkommt:
so worde mi balde en ander utlicbten.
AUSLIEBEN, ponere amorem: ausgeliebt fastiditus;
er hebet fort und Tort, und hat erst ausjreliebt,
wann ihm sein ende selbst des Hebens ende giebt.
LoGAU 2, 6, 84.
AUSLIECHEN, erellere, ein seltnes, aber uralles starkes
verbum: da sehen wir allererst, wo Jäckel in den bohnen ge-
sessen, wenn sie nun sind ausgelochen. Philander 1, 13. ahd.
arliohhan (Graff 2, 138), ags. ülöcan und öldlücan, goth. us-
lukan. Schwab, liechen, rupfen, die flexion wie auskriechen,
ausgekrochen, mehr unter liechen.
AUSLIEFERN, tradere, dedere, überliefern, nnl. uitleveren:
dem feinde die Stadt ausliefern; den Verbrecher in kettea
ausliefern; den buchhändlem, die bestellten bücher expedieren ;
dies haus des elanzes und der hcrlirhkeit
steht nun verödet, und durch alle pronen
stürzt das erschreckte holgesinde fort.
ich bin die letzte drin, ich sclilosz es ab
und liefre hier die schlüssei aus. Schiller 404*.
AUSLIEFERUNG, f. traditio: auslieferung der handschrift,
der bürg; die auslieferung war heute stark, sagt der Ver-
leger.
AUSLIEGEN, in mehrfachem sinn,
1) ausliegen, jacendo praestantius fieri: der wein liegt lange
aus, ausgelegner, ausgelagerter wein.
2) ausliegen, per nociem domo abesse, abnoclare, proslibula
sectari (s. auslatschcn, auslecken):
so ist er heut ausglegen die nacht. Atrik /ostn. 9. 88*;
das au.sligen kan ich nicht leidn,
will mich von nicim mann lassen schcidn. 89*.
3) ausliegen, was auslehnen, auslugen, per fenestram pro'
spicere: das müdchen liegt eben zum fenster aus. auch das
wachlschif liegt aus, liegt auswärts in der see zur wache, wie
die schildwache aussteht, ein buch liegt aus, im laden, tsl
ausgelegt.
911
AUSLIEGER — AUSLÖSCHEN
AUSLÖSCHEN — AUSLÜFTEN
912
4) kunstworl der fechter, was sicli auslegen : er liegt männ-
lich aus.
5) finem cubandi facere, surgere.
AUSLIEGER, m. wachlschif!
AUSLISTE.N, subdole scrutari, listig ausholen: der einfäl-
tige verlasset sich darauf, dasz man keine andere wege habe,
ihn oder andere auszuholen, als seine ligne, womit er aus-
lislet. J. Paul teuf. pap. 2, 175.
AUSLOliEN, tinem facere laudis und laudes pcrficere:
tnitd. ein fiowe wil ze schedeliche
schim|iren, ich habe üj gelohet. Waltu. 45, 8;
nhd. der herr professor Pauli hat
zwar ausgelobt, doch euer leben
schreibt Knirknar gern an seinei statt.
GÖKINGK 1, (i ;
• gott ist alleine grosz und schön,
unmöglich auszulohen. V. GERUAno ;
summa, wenn man gott ausloben wird, so wird man sein
wort und predigt auch ausloben. Luther 5, ITC'.
Man setzt auch ausloben im sinne von ausgeloben, polli-
ceri: einen preis ausloben, vorausbestimmen; das ausgelobte
Pachtgeld, im deutschen recht heiszt ausloben, von seilen des
erben, dem das gut zufällt, die übrigen kinder entschädigen.
AÜSLÜBUiS'G, f. in der Iclzicn bedeutimg des ausiobens:
die auslobungen abgehender kinder. Moser 1, 113.
AUSLOCHEN, excavare, cxcavando evellere. bergmännisch,
erze auslochen, sie unter dem rasen und in schwebenden mit-
leln, nicht aber aus der tiefe holen, verwandt mit ausliechen.
die zimmerleute lochen die seule, die schwelle aus, wenn sie
das Zapfenloch daran ausarbeiten.
AUSLÖCHERN, foraminibus instruere.
AUSLOCKEN, elicere, nnl. uitlokken : thränen, welche von
den herzbrechenden complimentcn waren ausgelocket worden.
Weise kl. leute 19 ; so musz man diese gesellen nicht in ihrem
neste angreifen oder sie auslockcn. med. maulaffe 375; sie
thut verschiedne fragen ihn auszulocken und zu hören, ob
sein herz schon eingenommen. Lessinc ', 279 ;
von unsern Wächtern
bah ich bisher gar vieles ausgelockt. Götue 9, 35;
funken, welche eine glückliche anwandelung aus der einbil-
dungskraft auslockt. Kant 10, 357; man hat ihn ausgelockt,
ihm alle seine heinilichkeiten ausgelockt.
AUSLODERN, ßagrare dcsinere: die flamme hat ausgelo-
dert, ignis conscdil; ausgelodert die umgekehrte fackel. Hum-
boldt ans. der nat. 2, 307.
AUSLÖFFELN, ope cochlearis exhaurire, elambere, aus-
schöpfen: die mutter nannte mich einen schelm. wenn ich
ihr den heiszen brei ausgelöffelt hatte. Arnim schaub. 1, 16.
AUSLOHEN, exurere, durch flammende lohe reinigen: eine
stückform auslohen, mit reisholz.
AUSLOHNEN, mercedem dare, im bergbau, die arbeiter aus-
lobnen. unterirdische geisler, denen man für verrichtete arbeit
kleidungsstücke hinlegte, riefen betrübt ausgelohnt, ausgelohnt!
und kamen nun nicht wieder- in vielen sagen (mythol. 453).
AUSLÖSCHEN, exslingui, erlöschen, praet. auslosch für
auslasch: das liecht der gerechten macht frölich, aber die
leuchte der gottlosen wird ausleschen. spr. Sal. 13, 9 ;
der ewig helle brand
lasch in den hnnden aus. Lohemst. C/eop. 15, 514;
mein söhn, Tür den die sonne nicht auslosch,
dessen äuge der Sommernacht sanrtschimmcrndes licht sieht.
Ki-OPSTOCK 3<ess. 11, 1473;
er trin das lichte locht, es zittert und löscht {f. lischt) aus.
Zachariä 1, 17;
lisch aus, mein licht, auf ewig aus!
stirb hin, siirb hin in nacht und graus!
DÜHCER 13';
mein gedachlnis loscht (/". lischt) aus. Schiller 151; ganz lischt
der mensch nicht aus. Klincer 11, 159; am abend, wo wir
unten im westen stehen und auslöschen. J. Paul Hesp.l,9h;
seine auslöschenden tage, l, 269.
AUSLÖSCHE.N, exstinguere, praet. auslöschte: und wollen
meinen funken ausleschen, der noch uhrig ist, 2 Sam. 14, 7 ;
darum wird mein grim sich wider diese stete anzünden und
nicht ausgeleschet werden. 2kön. 22,17; und haben die thür
an der halle zugeschlossen und die lampen ausgelescht. 2 chron.
29, 7 ; und mein grim sol angezündet werden über diesen ort
und nicht ausgelescht werden. 34, 25; das auch viel wasser
nicht miigen die liebe ausleschcn. hohelied 8, 7 ; das glimmend
locht wird er nicht ausleschen. Es. 42, 3. Matth. 12, 20; ei^
greifet den schild des glaubens, mit welchem ir ausieschen
könt alle feurige pfeile des bösewichts. Eph. 6, IG; weiche
haben des fewers kraft ausgeleschet. Ebr. II, 34; so mögen
wir ausleschen das erste gebot sampt dem ganzen evangelio.
Luther 5, 4l'; welchs sie leider nicht vermögen, sondern alles
verkcren und ausleschen. 6,212"; Joannes Husz, der zu Cost-
nitz vor dem concilio mit feur ist ausgelöscht worden. Frank
wellb.49'; lesch das liecht aus, so sind die weiher all gleich.
spr. 1,24"; ein wenig mit lügen angemahlt, die schier ausge-
lescht waren. Garg. 205"; derer bücher sollte man mit dem
nassen schwamm, die urheber aber mit peitschen vertilgen
und auslöschen. Schuppius 770;
heu ich den pfafTcn in meim zorn
ergnlFen, hctt im ausgelesclii das liecht. H. Sachs IV. 3,10';
denn seit ich nicht dich mehr habe,
losch (f. löschte) die freud ihr lämpchcn aus.
GöKiNCK 3, 188;
wolan, wenn noch moin recht den wiUrich schrecken kann,
er komm, in meinem blut losch er es aus. Gotter 2, 61 ;
mit dem nasz geweinten Schleier
lösch ich meine thrnnuu aus. IüjrgerU';
und auch dann zerrällt mein staub hier, zwischen
ausgelöschier herzen ascheniest. 9S';
freudig eilt ich in dem kalten tode
auszulöschen meinen llamnienschmerz. Schiller;
und ist dein stamm vertrieben, oder durch
ein ungeheures Unglück ausgelöscht. Göthb 9, 15;
jedes unerfreuliche unbequeme gefühl der mittleren zeit war
ausgelöscht. 17, 397; diese barschaft sollte einen theil der
schulden auslöschen, die auf traurigen, ja unseligen zustan-
den lasteten. 48, 34 ; theils hat man gesucht durch ein mis-
wollendes verschweigen meine frühern bemühungen gänzlich
auszulöschen. 54, 312 ; die ideen sind einmal alle ausgelöscht.
Lenz 1, 223; dort will ich dem vater noch fluchen, der das
blühende leben der fochter auslöscht. Klinger 2, 123; nur der
tod kann das brandmark der sünde an meiner stirne aus-
löschen. Leisewitz Jul. von Tur. 5, 6; er löschte alle seine
wünsche aus. i. Pavl uns. löge 2,130; der ausgelöschte regen-
bogen. Kampanerth. 74; bis endlich ein neuer genius alle
richtungen durch eine neue auslöscht, nachdämm. 72.
AUSLÖSCHLICH, exslinguibilis : wie auslöschlich die züge
der gegenstände im gedächtnis seien. Göthe 43, 132.
AUSLÖSEN, exsolvere, eximere, liberare.
1) weidmännisch, die vögel, die lerchep auslösen, aus den
schneiden, aus dem klebegarn nehmen, die bälge oder fange
der raubthiere auslösen, das schiesz- und fangcgeld zahlen
und dann für sich behalten.
2) einem die zunge auslösen, ausschneiden, wie vian auch
sagt die zunge lösen.
3) den gefangnen auslösen durch Zahlung des lösegeldes ;
pfander auslösen ; einen gast auslösen, beim wirte für ihn
zahlen, bei landlagen wurden die stände vom landesherrn atis-
gelöst, im gasthaus frei gehalten, einen brief auslosen, das
porlo bezahlen, sein wort, sich auslösen.
AUSLÖSUNG, /■. nach den bedeutungen des auslösens: als
er am abend von der post einen brief erhielt, der dem an-
schein nach weit herkam, denn die auslösung beiief sich hoch,
TiECK nov. kr. 2, 25.
AUSLOSZEN, Sorte legere, durchs losz auswählen: zum
kriegsdienst ausloszen, den zehnten mann ausloszen zur hin-
richtung, deämieren. ausgeloszte staatsschuldscheine.
AUSLOTEN, AUSLOTTEN, progerminarc, aussprteszen, von
gestrduch und holz, vgl. ahd. arliotan, pullulare (GiUFr 2, 198),
goth. liudan crescere.
AUSLUDERN, gustare, exedere, auskosten:
ich wehr dir nun die losen gsellen,
die alle gfresz ausludern wollen. H. Sachs I, 232*.
AUSLÜFTEN, ventilare, vento exponere,
1) Stube, kleider, betten auslüften : das krankenzimmer aus-
lüften ; drum stank auch die luft so nach Schwefel stunden-
weit, als würde die ganze garderobe des molochs unter dem
lirmament ausgelüftet. Schiller 120*.
2) einen auslüften, in frische, freie luft bringen: zicmlicli
müd und ausgelüftet von der eisfahrt, silz ich bei W. Göthk
an tai'a/cr 15 ; eine menge Icutc, die sonst im stillen gewerbe
lebten, hatten diesen tag zum auslüften {zur lustfahrt) er-
wählt. Arnim 1, 80 ; ich habe hier keinen alter ego, mit dem
ich recht auslüften kann. FIamann an Jacobi 4. 3, 309.
3) figilrlich, eines morgens frühe, als Danisrhmend aus-
gieng, seine trtiumereien auszulüften. Wieland 8, 23.
913
AÜSLiiFTIGEN — AUSMACHEN
AUSMACHEN
914
AUSLCFTIGEN, dasselbe: bei warmen tagen musz man sie
(die kühe) auch dann und wann aus den stallen lassen, dasz
sie sich ergötzen, auslüftigen, die glieder erstrecken, gelenk
bleiben und nicht krümpticht werden. Hohberg 3, 244".
AUSLUGEN, prospicere, ausschauen, vgl. ausliegen, aus-
lebnen :
das jneitlin was bebende.
es h°igt zum laden aus. Uhland 90.
lugl das gsind lum fenster aus. Schkit jro6. E3;
AUSLUGEN, enientiri: itzt musz ich abbrechen und aufs
concilium, so der bapst mit den seinen angelogen und viel-
leicht auch ausgeiogen hat. Luther 6, 544'; das etliche mei-
ner gewesenen diener viel von mir erdichtet und ausgelogen.
TiiLRNEissER iiutligedr. ausseht: 6.
AUSLLMMELN, iiicrepare, lümmel schellen.
.\USMACIiEN, nnl. uitmaken. um sieh die bedeutungen klar
zu denken, erinnere man sich des lal. facere, efficere, con-
licere, perficere; vielfach berührten sich abmachen und ab-
thun, aufmachen und aufthun, venig schon anmachen und an-
thun, noch weniger ausmachen und austhun. alles läszt sich
suruckßhren auf die hauptvorstellungen aus, zu ende, fertig
und aus, heraus, hiuaus.
1) sinnliches zu ende bringen,
a) das feuer ausmachen, auslöschen, im gegensatz des an-
machens, anzündens: mache das licht aus, ehe du schlafen
gehst.
b) das glas leeren, austrinken, gegenüber dem antrinken :
trinkt llugs herum und macbl es aus,
so wild ein frolich bruder draus,
tribks gar aus, trinks gar aus,
so wird ein voller bruder draus !
Garg. 86". Uula!<d 595.
c) das getcand ausnähen, fertig machen, conficere: aber ra-
tet, wie vil hat mein mutler nadelspitzen an ihrem hcmbd
zerbrochen, eh sie es hat können ausmachen? Car^. 135'; es
isset niemand fleisch, es sei dann gekocht, es legt niemand
ein kleid an, es sei dann ausgemacht. Lehmann 72 ; so waren
die hosen auch schon ausgemacht. Simpl. 1, 76. da aber beim
anlegen der letzten hand ans werk noch ein schmuck oder zier-
rat zugelhan zu werden pflegt, hiesz ausmachen zugleich ans-
tieren, ausschmücken, sticken, besetzen und aufschlagen, aus-
schlagen : schön ausgemachte zimmer.
den leib, dein schönes kleid, das mit so schöner pracbt
der tugend war gestückt und sauber ausgemacht.
Fleüing 144;
das kleid ist um und um mit ungemeiner pracbt
und einer bunten reih von Sternen ausgemacht.
Grtphius ;
die danke, da man mit denselben will belegen,
der überwinden wird, die sein ein schild und degen
gar sehr reich ausgemacbl, dantu ein edles pferd.
Werders Ariost 18, 94;
doch nicht so stattlich ausgemacbl,
der könig fürt allein den pracbt. froschm. 1,2,2;
einen sattel mit leder, einen deckel mit gold und silber aus-
machen, besetzen; maszen ich einen jungen annahm, den
ich als einen edelpagen kleidete und zwar in die narrisclite
färben, veilbraun und gelb ausgemacht (ausgeschlagen). Sintpl.
1, 322, obgleich man dtes ausmachen auch als heraus machen
deuten kann {nach 7,A).
d) ausmachen, percoquere, gar kochen (vgl. anmachen und
einmachen) : derhalbcn die natürliche werme in ime (dem erd-
boden) gemindert, und dan auch die frücht, das obs, der wein
und anders aus mangcl des natürlichen tiibs der sonnen nicht
recht digeriert, innkocbt und ausgemacht wird. Tiilrneisser
probierung der harnen bL 8. vgl. gar (= gemacht) und gar
ausmachen unter 2.
e) im kegelspiel, zuletzt schieben: wer hat ausgemacht?
2) einen ausmachen hiesz ehmals was conficere, interftcere,
lödten, abUiuu, fertig machen : der durst wil mich gar aus-
machen, consumor siti ; die kranklicit macht mich aus, in/!r-
mitas nie con fielt; einen ausmachen, conficere hominem; einen
gar ausmachen, eim das leben ncmmen, perdere aliquem;
alle diese beispiele sind aus M&aler 44', und das einen gar
ausmachen wandte sich leicht in einem den garaus madien.
Bald aber verlor ausmachen diesen strengen sinn und yicng
über in den milderen verbis conficere, increpare, carpere, aus-
schellen, worin ja auch ein abfertigen und abthun enthalten
var, LiJTHER gewährt noch keinen beleg dafür, wol aber an-
dere Schriftsteller des 16. 17;/i. genug: wie würde ich da von
ir (meiner frau) ausgemacht werden. Frei i^arjeny. 4o' ;
nnd mit so vollem unbedacht
ganz unverscherabt die leut ausmacht.
HiNGWALD taut. warh. 66. 74 und PHiLjutD. 2, 753;
so macht ich in mit groszem straus
für allen nacbbarn redlich aus. tr. Eck. JV;
und haben unsern feind ausgmacbt,
Terspott, verliönet und verlacht. Atrer151';
machst mich hesziich aus vor den leuten.
Atrer fastn. 81*;
dasz du nicht ursach habest also zu schnarchen, zu boldern
und mich auszumachen. Avrer proc. 1, 7; einer machte die
Jesuiten aus, dasz sie die beste köpf aus der Jugend ausle-
sen. Zinkgref 2, 138, 16 ; die jambischen (verse) schicken sich
auch wol zu satyrischen sachen, wenn man die leute durch-
ziehn oder in zom ausmachen will. Hanmann zu Opitz 147 ;
bisweilen geben sie (rfie könige) dem kleider und geschenk,
der sie vexiert und durch scherz ausmachet, pers. rosenth. 1,
16 ; meine beischläferin, die er auch schrecklich ausmachte,
kontc nichts als weinen. Simplic. 1, 337 ; wie manche magd
ist, welche ihres herren kinder verschimpft, wie die untreue
magd Raguels that, welche seine betrübte tochter übel anführe
und schändlich ausmachte. Schippics 357 ; müssen sie sich
doch oft wacker drum zerschänden und ausmachen lassen.
mdgdelob 64 ;
ich macht ihn ziemlich aus, doch war mirs nicht ums herze.
Gelleri 3, 404;
Coraline macht Lucinden aus, dasz sie den leutea so schlecht
wahrzusagen wisse. Lessing 4, 411; ich würde sie auf einem
ganzen blatte ausmachen und das wäre noch eine kleine
strafe. Hippel br. 13, 113; wir haben auch von ihnen gespro-
chen und sie rechtschaffen ausgemacht. Lenz 1, 222. heute
ziehen wir diesem ausmachen in gleichem sinne vor herunter-
machen, welches wörtlich mit interllcere zusammentriß, doch
schwächere bedeutung hat. in der Schweiz sagt man daßr
abemachen, verkleinern. Staldeb 2, 189. vgl. auch ausstel-
len, aussetzen, taddn.
3) es, etwas ausmachen, es mit einem ausmachen, con-
summare, perficere, absolvere, fertig maciien, abmachen: er
hat es ausgemacht, ist gestorben; aber nach deiner gro-
szen barmherzigkeit hastu es nicht gar aus mit inen ge-
macht. ?>eh. 9, 31; denn du machest es mit mir aus (vulg.
finies ine), den lag vor abend. Es. 38, 13 ; das ganze land sol
wüste werden und wils doch nicht gar ausmachen (vulg. con-
summationem non faciam). Jer. 4, 27 ; stürmet ire mauren
und werfet sie umb und machts nicht gar aus (vulg. consuin-
mationem nolite facere). 5, 10 ; und ich wils zur selbigen zeit
nicht gar ausmachen. Ez. II, 13; sihe, ich wils mit allen de-
nen ausmachen, die dich beleidigen. Zeph. 3, 19 ; wolan laszt
sie machen, sie habens noch nit ausgemacht. Luther 5, 42';
golt wird fortfahren und ausmachen was er angefangen hat.
Luthers br. 4, 347 ; was du anfahest, das mach aus. Acricola
spr. 15' ; da nun Alexander hochfertig was, must er auch herab
von dem stui und hinunder under ein menschen, der ims
ausmacht. Frank chron. 65"; ich wolls bald (im kämpf) mit
ihm ausmachen. Galmy 98 ; ist denn dieser handel noch nicht
ausgemacht (zu ende)'} Simpl. 2, 247;
der was vor mir und kunipt mir nach,
Wirts machen usz, das ich anfach. trag. Joh. F8;
ziehet nun hin in gottes namen, machts wol aus, habt ici
wol angefangen, habt irs wol kocht, so eszl es gut Garg. 261' ;
bawst ein haus,
so inacbs vollends aus. LehmaürSO;
mein herz zuckte bange zurück vor dem ersten glockenton,
der das Jahrhundert ausmachte (vollmachte, absolvit). i. I'aui.
wunderb, gesellsch. 56 ; er hat es mit dem degen in der band
ausgemacht, mit den waffen ausgemacht, auch hier zeigen
viele der ausgehobnen bibelstellen ein gar ausmachen, conficere.
4) ausmachen, betragen, bilden, conficere, interesse: das
macht viel aus (ntultum interest), macht nichts aus (macht,
thut, verschlägt nichts, nihil refert) ; das macht eine grosze
summe aus (longam summam efficit), macht wenig aus (beträgt
wenig, exiguam summam confictt) ; das macht die sache nicht aus
(entscheidet, thut sie nicht ab); beten allein machts nicht aus
(thuls nicht) ; haben wir frembde vertriebene leute nicht wol ver-
sorget? allein das macht« nicht aus im christenthuin, sondern
man musz auch sonst den willen thun des himmlischen valers.
ScHUPPius 642; Elberffld und Barmen machen fast eine stadl
aus ; die beiden hauser machen nur eins aus ; diese drei her-
ren machen das collegiuiu aus (tres faciuiU colUgimn); funf-
68
915
AUSMACHEN
AUSMACHEN ~ AUSMARKEN
91G
zehn Vormünder, welche den staalsrath ausmachen sollten.
Stolberg 9, 154; dreiszig groschen machen einen thaler aus;
zum öflern pflegt ein doppelt nein
ein ja ganz zierlich auszumaclien. Hagedoris 2, 56 ;
der durch seine reichthümer, seine stelle am hofe ein groszes
bedeutendes haus ausmacht. Klinger 4, 65; Verbindung und
trennung, welche das denken ausmacht {worin das denken be-
steht). Kant 2, 321 ; die erscheinungen, sofern sie eine reihe
ausmachen. 2, 337.
5) ermitteln, bestimmen, festsetzen, entscheiden: zahlpfen-
nige, die sie bei dem eingange oder vorher erhielten und ge-
gen deren Wiederablieferung ihnen etwas ausgemachtes, hier
namentlich wein verabfolget ward. Lessing 8, 493 ; als ihm
endlich die dringenden bestiirmungen eine bestimmte erklä-
rung abnüthigten, machte er aus, dasz der herzog mit der
armee vorausgehen sollte. Schiller 854; alle diese scheinba-
ren unregelmaszigkeilen folgen einer regel, die wir noch nicht
kennen, die aber künftige zeiten ausmachen werden. Lichten-
berg 4, 149 ; für uns ists schwer, etwas auf ihn auszumachen.
Herder 14, 127 ; wenn ich gleich nichts über des subjectes be-
schaffenheit ausgemacht habe. K.\nt 2, 322 ; der zustand, durch
welchen jedem das seine gesichert, aber nicht ausgemacht
und bestimmt wird. 5, 60 ; wenn ausgemacht ist, dasz der
erste in die biblische theologie eingriffe gemacht habe. 6,167;
die kritik der Vernunft, die alles dieses ausmachen niusz.
7, 17; die Wahrheit auf diese art auszumachen. 8, 75; ich
trage die erklarung als eine mutmaszung vor, die ich mir
nicht auszumachen getraue. 8,294; die sache ist nicht leicht
auszumachen.
6) das paiiicip ausgemacht bedeutet häufig absolutus, per-
fectus, consummatus, vollendet, entschieden: der verlust aller
liofnung, Psychen jemals wieder zu finden, welchen er ohne
genauere Untersuchung für ausgemaciit annahm. Wieland 1,
309; er war von seiner Jugend an dasjenige gewesen, was
man einen ausgemachten Wollüstling n«nnt. 6, 85 ; ausge-
machte gesetze der attraction, ausgemachte bewegungsgesetze.
Kant 8, 228 ; ausgemachte betrüger. 10, 278 ; herr, wir oder
unser gcnius, oder allzusammen sind ausgemachte esel. Gütiie
57,169; der ausgemachteste Staatsmann. Klinger It, 69; der
ausgemachteste egoist. 11, 84; die sich für. die ausgemachte-
sten richter der sache halten. 11, 106 ; für diese gibt es in
der weit zweierlei ausgemachte narren. J. Paul Siebenk. 1,3;
der Jüngling hatte zu harte begriffe von hof- und weltleuten,
er hielt sie für ausgemachte basilisken und drachen. Tit. 1, 39 ;
meine herren, sie spielen hier doch mit ausgemachten betrü-
gein. 2, 27 ; ein wahrer ausgemachter generalfeldzeugmeister.
leufclspap. 1, 2. im adv., das ist ausgemacht wahr, unausge-
macht verwendet schon Ringwalu laut. warh. 283 und Opitz
poeterei 18 : in dem ersten buche der noch unausgemachlen
{unvollendeten) trostgedichte.
7) sinnliches ausmachen für heraus, hinausbringen.
u) fruchte aus der erde heben, aus der hülse, schale thun :
rüben, kartoffeln ausmachen ; bohnen, erbsen, nttsse ausmachen :
da hagelis wolsclie nüsse,
frisch abgehülst und ausgemacht. Voss 4, 198.
perlen, auslern aus der schale nehmen, muscheln ausmachen :
indem ganz von ohngefehr drei harken mit perlenaustcrn in
wisere liände fielen, womit wir denen herren Spaniern die
mühe erspareten selbige ausmachen zu lassen. Felsenb. 1, 68 ;
krebse ausmachen.
b) fruchte ausmachen, säen, pflanzen, stecken, in den boden
bringen: flachs, kraut, kartoffeln ausmachen. Schmeller 2, 541.
c) flecken ausmachen, im kleide, zeuge tilgen : dintenflecken
ausmaclien, wegschaffen.
d) weidmännisch, das wild ausmachen, aufspüren; der hund
hat wild ausgemacht.
e) Icute ausmachen, bestellen, anwerben, ausfindig machen:
es sind die nemlichen kerls, die mir Steffen jüngst ausge-
macht, meinem miidel nachzusetzen. Fr. Müller 3, 284.
/) suchen ausmachen : der jüger begab sich weg, um zu
sehen, ob er nicht ein bequemes quartier für das ehepaar
ausmachen könne. Güthe 19, 49.
g) inusik ausmachen, aufspielen : und so wie er heran kam,
wurde die coinplctcste janitscharenmusik ausgemacht. Tieck
8, 208.
h) fulter ausmachen, herausschlagen, s. 1, c.
»■) sich ausmachen, aus dem ort, haus fortmachen, enlfer-
nen. weisth. 3, 762.
8) abstract genommen, ausmachen, ausfinden, herausbringen,
außreiben, zu wege bringen: einem geld ausmachen; unsere
herren kritiker werden das bald ausmachen. Gothe an Knebel
369; ich glaubte meinen abend recht gut zugebracht zu ha-
ben, wenn ich mir mit älteren personen ein spiel ausmachen
konnte (vgl. 1, e). Güthe 19, 289. berührt sich mit 3 und 5,
da das herausgebrachte, gefundne zugleich in stand gesetzt und
ermittelt wird.
AUSMACHEN, n. absolutio operis: ich habe einen Ever-
dingen angefangen, nach meiner gewöhnlichen art, auf schlecht
papier, und nun dauert mich die arbeit, da ich ans ausma-
chen komme. Göthe an fr. von Stein 2, 37 ; daher man bei
einem, der im ausmachen ist, den verstand so wenig erwar-
tet als findet. J. Paul Fibel 185.
AUSMACHUNG, f heute veraltet, galt sonst
1) für spolt und schelte: dasz etliche Christen witzige aus-
machungen auf die Wucherer erdacht haben, ein anderer sagt,
er seie ein armer teufel, der ander, ein Wucherer seie der
gröszte brecher des sabbats. Schuppius 721.
2) für aufschlag und besalz: lasset selbiges regiment roth
mit blauer ausmachung montieren, weslph. Robinson 153.
AUSMAGEHN, emaccscere, nnl. uijmageren, stärker als ab-
magern : das thier ist ausgemagert, die haut hängt ihm in den
knochen.
AUSMAHLEN, probe molcre, gut ausgemahlenes körn, nimis
molere, das getraide ist ausgemahlen, auch die schale mit
eingemahlen, molere desinere : der eine hat ausgemahlen, nun
kommt der andere daran.
AUSMAHLEN, cxpingere, picturam absolvere: der ein malet
ein rosmär hin, und da sie ausgemalt war, da liesz er ein
reisigen hengst darzu füren, seh. und ernst cap. 174; ein bild un-
ausgemalt lassen, ausmahlen, coloribus illustrare, ausstreichen:
bunt ausmaiilen ; ein zimmer ausmahlen, tineig entlich, abschil-
dern, beschreiben, depingere, illustrare, amplificare: aber diesen
(den Sonntag) hat er sonderlich ausgemalet und strenge geboten
zu halten. Luther 0, 33'; aber das heiszt noch lange nicht
liebe, das ich einen menschen oder zween ausmale, welche
mir gefallen. 6,36'; das heiszt ein göttliche liebe, die niemand
ausmalet, noch sich stücket und teilet, sondern frei gehet
über alle, das.; man fühlt sich berufen, sie (die kurze er-
zählung) ins einzelne auszumahlen. Göthe 24, 222; ein sol-
ches ausmahlen biblischer nur im umrisz angegebner Cha-
raktere und begebenheiten. 24, 222; nun suchte ich die Cha-
raktere zu sondern und auszumahlen. 24, 223.
AUSMAHLUNG, f. nach meiner empfmdung macht deine
ausmahlung keinen andern eindruck als die originalskizze
macht. Göthe an Lavater 52.
AUSMAH.NEN heiszt in den weisthümern, wenn der richter
die scheffen auffordert, aus dem gericht beiseits zu gehen, sich
zu beraten und dann zu weisen, z. b. die scheffen. durcli den
schullhciszen ausgemant, haben ihren bedacht genommen und
nach gehaltenem bedacht für recht erkant. 1, 842. 2, 23G ; der
scheffen gesetzt und ausgemant worden durch den meier als
ein richter ... darauf sich der scheffen bedacht und nachfol-
gende artikel vor weistliumb erklerl. 3, 799.
AUSMÄHHEN, plane miscere, guslare, auskosten: warte nur,
wir habens noch nicht bisz auf den grund zusammen ausge-
miiliret. Filidor Ernelinde s. 121. von mähren, meren, einrüh-
ren, anrühren, vgl. mlid. enblanden.
AUSMANGELN, lintca, massam probe laevigare, ausrollen:
Wäsche, teig.
AUSMANN, »1. homo exlraneus, mhd. fi;man, oft tn den
weisthümern, z. b. 3, 346. 489. 499. 615. der pl. ist ausleute.
AUSMAItGELN, s. ausmergeln.
AUSMAHKEN, 7io/j.s-, limilibus dislinquere, insignire, limi-
tare: die gerechten wirt er {der antichrist) als kelzer verfol-
gen, die sein wirt er als das vihe ausinarken. welche sich
seins gemcrks widern u. s. w. Frank c/iron. 523'; welche zwen
flüsz, so disz land ausmarken {es steht auszmarcklen) und
einfassen, cl.\.\ii tausent schrit von einander seind. weltb. 72';
Asia wirt an drei enden mit dem inör berürt und ausge-
inarkt. 139';
golt lasz die kricghcirüblo zeit
endlich zu dem frieden dienen,
dnsz die auspcmnrktun griinzen
wieder ihre zier ergänzen.
Kkittel.4 poet. smnenfr. 119,
WO ausmarken nicht aussaugen bedeuten kann, sondern U)ol
nur der grenzzeichen berauben.
917
AUSMaRKEX — AUSMERGELN
AUSMERGELN — AUSMESSEN
918
AUSMARKEN, exprimeie medullam, enervare, ausdrücken,
ausmergeln, nnl. uitmergen : mit solchen abgefäumten, ausge-
markten, verdächtigen vögeln. Simpl. I, 192 ; market etliche
citronen aus, rühret zucker daran. Hohberg 3, 24'; ausge-
markte iausgepresle) citronen. 3, 61*.
AUSMÄHKER, extraneus, extra tnarcam habitans, ausmann,
der mark untheilhaßig, oß in den ueisthümern, z. b. 2, 233.
3, 416 und Frankf. ref, VIII, 12, 3. es steht auch ausgemärker,
veislh. 2, 162. 163.
AUSMARKU.NG, f. limitatio: sie haben kein ausmarkung
der land, bawen kein feld. Fban» vellb. 92*.
AUSMÄHSCH, VI. profectio: der ausmarsch des heers.
ALSMAHSCHIERE.N, ausrücken, castra morere.
AUSM.\RTEKN, excruciare, abmartern, sich ausmartem,
steh abquälen : alle unruhen und furien hatten sich schon an
mir ausgeniartert. Herdeb an C. Flachsland s. 101.
AIS.MÄHZE.N, s. ausmerzen.
AUSMÄSTEN, saginare:
und in (den ochsen) gedacht zu scblacbien,
wann er iu bett wol ausgemesl. älbercs 88*;
wie komst so langsam du weinscblaucb
mit deinem aiisgemestea baucb. H. Sachs U. 2, 3*;
der ochs war feist und ausgemestet schön und glatt.
ganskönig U S.
AUSMATKAZEN, effarcire, auspolstern.
AUSMATTE.N, faligare, noch stärker als abmalten: den
gegentheil der Sachen müde zu machen und auszumatten.
Frankf. ref. I, 44, 1; ehe sie {die belagerten) dann gar ausge-
mattet und von slätcm hunger verderben und doch letzlich
vom feind sterben musfen. Kirchhof mil. disc. 200; kranke,
verzehrte und ausgemattete leute. Taberxaexomams 5. 733;
dasz das reich durch lang^vierige kriege ausgeniattet wurde.
Micrälics 3, 397; eben da die kaiserliche auf die beide aus-
gematlete und verderbete Städte Pjritz und Stargard zugien-
gen. 5, 371 ; oder man wolt die unterbrachte Teutschen mit
allzu unerschwinglichen contributionen ausmatten. Christoph
A.NDBEAE treuherzige buszposaune. Amsterd. 1643 L3'; man musz
die unterthanen mit frondiensten, stewern und aufladen nicht
ausmatten. Leh3ia.n.n S60 ; sich mit müheseligen gedanken und
banger aasmatten. Rolleshagex trunderb. reisen 25 ;
die (könige) sein beid heDig ausgemalt
wegen der vilfeliigen schlachi. .\trkr 2S9'.
AUSMAUERN, niuro munire: ausgemauertes grab, gefach,
ausgemauerter keller, graben.
AUSMAUSEN, penitus suffurari .-^ mauseten alle heuser und
gemach aus. Garg. 202*. • s. mausen.
AUSMAUSTERN, icas das folgende, sich ausmaustern, eigent-
lich aus der mausze sich erholen, herstellen, ausflicken: nach-
dem wir uns nun so ein bisgen ausgemaustert halten. ScJiel-
mufsky 1, 23 ; nachdem ich mich nun innerhalb Jahresfrist
ein wenig ausgemaustert hatte und die luft in etwas wie-
derum vertragen konnte. 2, 16. scheint verschieden von aus-
mustern.
AUS.MAUSZEN, desinere mulare pennas : die Vögel mauszen
aus; sich ausmauszen, se reficere, recreare. s. das vorige
«ort und mauszen, ahd. mtlida.
AUSMEISZELN, exsculpere, caelare: aufs zierlichste vom
Steinmetz und bildbaaer ausgemeiszelt. GöTHE24,8i; ein loch
ausmeiszeln.
AUSMELKEN, emuigere, nnl. uitmelken: die magd hat eben
ausgemolken ; die kub, geisz ist ganz ausgemolken. Simpl. 2, 2S3.
AUS.MERGELN, emedullare, enervare und enerrari, maee-
rare, das mark aussaugen, ausmarken, nnl. uitmergeien: sich
mit langem warten in der sonncnhitz und von hunger ausge-
mergelt betten. Frey garteng. IS ; ir sollen den kuromcr von
euch legen, dann es vergebens ist, sich dermaszen ausmorg-
len. Hugschapler 4S; denn ich bab mich {im umherlaufen)
dermaszen ausgemörglct, ich weisz angeessen nit weiter zu
kommen. 50. Rihel Liv. 150 ; die klug seel musz verdorren,
erdursten, erseigern, verschmachten, ausmergeln. Garg. 85';
weil man in vor andern ausmerglet. Acricola spr. n* 75 ;
ich bin auügemergeli malt,
mein ganzer leib kein kraft mehr hat.
Atrer438';
wan sie, als alles übels knecbi,
mein Tölklein hinziirirbleu
unibireibend mCrglen ans.
WKCRHmti» 174 ps. fß, 5;
seine unterthanen ausmergeln. per$. rosenth. l, 8; die hai^
lahrer umbber fahren von einem herra zum andern, von
einer statt zur andern, dieselbigen bis aufs hinderst ausmer-
geln, vegkürzer 32' ; das von den vorigen kriegen zerrüttete
und ausgemärgelte reich, vox Birsex OL. 227 ; wie ihr euern
kranken leibern, die durch viel erstandene Widerwärtigkeit
ausgemärgelt, gütlich thun moget. Simplic. 1, 63; wie er sol-
ches reich ausmergele und deme die schwingen zu fliegen
wol utid genau beschneide. Schcppics 415; in welchen {kir-
chen) die glocken heruntergenommen und den ausländischen
Soldaten vom armen ausgemergelten volk anstatt des tributs
gegeben worden. 723; sie {die griechische philosophie) ist
fruchtbar an strittigkeit, aber am werk ausgemergelt. 767;
bei so erschöpftem cassa der ausgemergleten gliedmaszen.
Abele 4, 2S6; dem auf reisen oder bei andern gelegenbeilen
ausgemergelten beutel neuen zuflusz verschaffen, ehe eines
mannes 2 ; heftige blutstürzungen, welche mich dergestalt aus-
mergelten. Felsenb. 2, 329; die körper der altern von über-
mäsziger arbeit, kärglicher, ungesunder nahrung und mangel
ausruhe, erquickung und vergnügen gedrückt, abgewelkt
und ausgemergelt. Wiela.nd 8, 140; in einer mit zwei ausge-
mergelten dorfkleppem bespannten kalesche. 12, 351; gleich
andern wilden Ihieren müssen sie ausgemergelt werden und
den stock immer über ihrem rücken schweben sehen, um
einen gebieter dulden zu lernen. 7, 46; wimmernde Säug-
linge, welche sich anstrengen, einer hungernden mutter noch
die letzten blutstropfen aus der ausgemergelten brüst zu zie-
,hen. 7, 4S ;
. der ausgemergeile tropf
von einem beiden. 4,217;
samt diesen gieng auch Hepbästos
hinkend, denn unter ihm schwankten die ausgemergelten sehenkel.
BÜRGER 230*;
aus dem gründe steigt ein alter, ausgemergelt wie ein ge-
rippe. Schiller 135; ausgemergelter! Le\z 1,177; eine arbeit,
die meinen geist ganz ausgemergelt und mein gemüt ganz
trübe gemacht hat. Hajiaxx 5, 173; schwach ist er, ausge-
mergelt, und führt reden. Tieck 3, 490; ausgemeißelte leute.
Arsim 2, 205; diese {freiwilligen leistungen) sind so grosz,
dasz sie nur von denen übernommen werden konnten, welche
nicht wie Rom selbst und ein theil der bundsvenvandten
durch den krieg ganz ausgemergelt waren. Niebchr 3, 505;
den delinquenten durch wehmut ausmergeln. J. Pacl grönl.
reis. 49. man sagt auch, das land, den boden ausmergeln,
icas mit mergel argilla nicht zusammenhängt, t. mark, me-
dulla, ahd. marag, marg.
AUSMERGELUNG, f. enervalio: abnähme, Verunstaltung
und ausmei^elung der gattung. Wielaxd 14, 324.
AUSMERZEN, rcjicere, secernere, untaugliches ausverfen,
ausscheiden, aussondern, scheint zumal von den zur zucht un-
dienlichen Schafen {ores rejiculae) zu gelten: denn wie der
sonc gottes am jüngsten tage die reudigen schaf und bocke
von seinen scheflein ausbeben oder ausmerzen wird. Mathe-
sics lOS*; geht aber auch auf leute und sachen, heute beson-
ders auf vorte: ich sähe mich demnach sehr fleiszig nach
einer solchen person um, welche von dem jungen und an-
mutigen frauenvolk vor mehr als zwanzig jähren ausgemer-
zet worden {d. i. nach einer ältlichen frau). ehe eines man-
nes 351; ausbrackte {s. dieses) und ausmärzte. Haha^x 7,93;
es wäre ganz und gar nicht billig ein altes, echtdeutsches,
zweisilbiges woii aus der dichtersprache ausmerzen zu wol-
len. \Viela.>d 4, 21; wenn sie den ersten theil wieder auf-
legen wollen, so wünschte ich, dasz die westphalismen aus-
gemlrzt werden könnten. Moser verm. sehr. 2, 156; er nahm
dann gclegenbeit auseinander zu setzen, nach welchen stren-
gen regeln sie besonders robeit und gelächter ausmärze.
J. Pacl Tit. 1, 137; dasz ich jetzt die quintessenz und der
kurze inbegrif aller ausgemerzten leser sein musz. teufelspap.
1, XII; manche buchstaben, wenn wir besser schreiben wol-
len, sind auszumerzen, ein irorf, weder vom merzmonal, noch
minder vom goth. marzjan (m/irf. merren) herzuleiten; man
würde sich für merz, fncrx entscheiden, wen» es die kaufleute
vom ausscheiden schlechter waare gebrauchten, vielleicht aber
berührt es sich mit murzen schneidai ?
AUSMESSEN, emetiri, nach dem masz messen, ermessen,
nnl. uitmeten, mhd. djme;5en pass. K. 670, 36.
1) frucht ausmessen, weisth. 2, 163; uszmessen und inne-
men. 2, 242; er masz das getraide auf ein gebreitetes tucb
aus ; pfeffer, den man wie das körn bei uns ausmiszt. Fraxs
weltb. 207'.
58*
919
AUSJIESSEN — AUS3IUSTERN
AUSMUTZEN — AUSNEBELN
920
2) ausmessen mit wage und gewicht, auswägen, auswiegen:
geltet ihr meszt den liimmel nicht nach lothen aus? Garg. 246".
3) nach der eile: band ausmessen; lucU ausgemessen.
4) nach seil und ruihe: land ausmessen.
5) nach finget und spanne: mit der spanne hat ers aus-
gemessen.
6) abslraclionen :
ilele Wort er üjma; {ausschüticle)
ür AmhrOsius leben, pass. liöpke 252, 88;
seit ir unsinnig oder besessen,
das ir solch geschrei mugt ausmessen (ausschütten) ?
fasln, sp. 539, 9 ;
ir lob auf erden nie ward austjemesseii (ermessen). G77, 18;
und welcher meint, in bclf sein list,
gibt im vollaul', wie er ausmiszl. Kirchh. uiendunm. ISg';
dasz kein pfaffen mehr •würden die mesz für ander leut mö-
gen ausmessen, und sie selbst in sich essen. Fischaht biencnk.
73*; jenen (den hcidebcwohner) kann der Steuereinnehmer
nicht ausmessen. Moser 1, 97 ; dasz das feld sentimenlalischcr
poesie durch diese eintheilung vollständig ausgemessen sei.
SciiiLLüR 1206; so musz er das feld der poetischen literatur
noch vollkommener ausmessen, als es der künsller selbst
nütliig hat. Göthe 44, 285; wenn diese dinge in gleichen theilen
unter alle bürger ausgemessen wären. J. E. Schlegel 3, 332;
in Genua darf sich kein mann bei seiner frau auf der strasze
Jtlicken lassen, man tadelt diesen gebrauch vielleicht mit
recht, aber es ist doch etwas in dem gefühl, was ihn ent-
schuldigt, es gibt doch zu sonderbaren gedanken anlasz,
einen mann bei seiner frau zu sehen, sie werden ausge-
messen und allerlei dabei gedacht, was man nicht denkt,
wenn man jedes allein sieht. Lichtenberg 2, 168. ausmessen
für verderben, zertheilen: gehet hin, ir schnelle boten, zum
Volk das zurissen und geplündert, das hie und da ausge-
messen und zutretten ist, welchem die wasserstrüme sein
land cinnemen. Es. 18, 2.
AUSMESSER, m. mensor, distributor:
süsz seind sie (deine blicke) des trosts ausmcsser.
Weckueum.n 794.
AUSMETZEN, modio metiri: säen, einernten, ausmetzcn
in der mühle. Schweinicuen 1, 74.
AUSMICHELN, dcsinere garrire: als die staarmätzchen
ausgemichelt und ihre Weisheit an den mann gebracht hat-
ten. Sicgfr. von Lindenb. 2, 316.
AÜSMIETHEN, lucare, vermiethen; auclo jirelio domo expellere.
AUSMINDERN, nach dem nd. utminnern, an den mindest
fordernden ausbielen. dies worl hat einer, der wüste, wie kurz
unsere spräche sein dürße, aus Übermut gemacht. Klopstock.
AUSMISTEN, a stercorc purgarc, früher mit dem dutiv,
den rossen ausmisten ; man mistet inen gar nicht aus. Seü-
TER 92. einen Augiasstall ausmisten ; man wird müde, könnte
man zu seiner entschuldigung sagen, die alten, elenden Über-
setzungen auszumisten. Lessing 8, 258.
AUSMITLEIDEN, desinere misercri: da bat sichs alsdann
ausgemitleidet. Simplic. 1, 444.
AUSMITTELN, explorare, ermitteln, ausfindig machen.
AUSMONTIEREN, inslrueie veslibus: ins feld ausmondie-
ren. Simpl. 2, 392.
AUSMÜNDEN, efflucre, influere, die mündung haben, fallen
in einen andern ßusz: der Main mündet in den Rhein aus.
figürlich: muste man bald zum gezwungnen curs seine Zu-
flucht nehmen und hiermit war die bahn beschritten, welche
in den liankerott auszumünden pflegt. Dahlmann fr. rev. 298.
AUSMÜNZEN, aurum, argentum percutere: es wird alljähr-
lich eine million gold ausgemünzt, vermünzt, figürlich, sie
wollen ihn für einen David ausmünzen. J. Paul /to/zsc/m. 134 ;
alle wilden Völker scheinen nur unter einem prägstock ge-
wesen zu sein, hingegen die ründelmaschine der cullur mün-
zet jedes anders aus. Hesp. 2, 222. das nnl. uilnmnten er-
scheint in der intransitiven bedeutuny von hervorstechen, hervor-
blicken, excellere.
AUSMUSTERN, seligere, rejiccre, nnl. uitmonstcren, bei
sorgfälliger besichtigung, muslerung ausschieszen :
du bist nusgmuslcrt, geh dein sirasz! II. Sachs I, 476*;
das alter mustert manclien aus. Scuwahzenbero 153*;
welcher adel disz fleischs von golt stinkt, verworfen, ausge-
tilgt und aus seinem reich ausgemustert ist. Frank aeW. 46*;
die sich die ersten verholTen zu sein, werden ausgemustert.
2.34; dasz sie also, was die commissarii etwaii gut gelassen,
ausmustern. Kirchhof mil. disc. 72 ; umstehe aber nicht, dasz
es einem auslender zu erlernung unsrer spräche leichter fal-
len dürfte, wenn das c ausgemustert würde. Logau vorrede
zum 3 lausend; die philosophi, so die afl'ecten bei den men-
schen wollten ausmustern. Lehmann 8; da sei auch erschie-
nen der esel und der has. die andern thiere haben diese
• beide ausmustern wollen, als welche zum krieg nicht ge-
schickt sein. ScHUPPius 107; nun wird es niemand leugnen,
dasz dieselben Wörter, die ihr ausmustert, von jedermann
besser verstanden werden. Weise crzn. 126 ; über kurz oder
lang würden sie mich gewis wieder {aus der gesellschaß} aus-
mustern, der arme mann im Tockenb. 204 ; ich allein ausge-
mustert aus den reihen der reinen. Schiller 125 ; die meisten
eingerückten stellen, die sich ausmustern lieszen. Herder l,
21. Adelung führt auch ein ausmustern für ausputzen an,
was zu dem folgenden ausniutzen stimmt, s. ausmaustern.
AUSMUTZEN, exornare, ausputzen und ausscheltcn: ich wil
aber mir die zeit einmal nemen und dem giftigen lügeninaul
und leslercr könig Heinzen vollend ausantwurten, und in
ausmutzen, das er sagen sol, Luther habe im geantwortet.
Luther 2, 161'; sind aber etliche, die dergleichen haben, so
mutzen sie einen frembden aus, den lassen sie alle solche
wahr attfkeufen. 2, 488*; das ir solche bischove seid, wie
droben angezeiget und mit der zeit, wo ir euch nicht bes-
sert, anders sol ausgemutzt werden. 5, 90*; und ein jeder
mutzt sein tochter nach dem schöneslen aus. Fortunat, Augsb.
1599. f7'. s. aufmutzen und ausputzen.
AUSNAGEN, erodcre, ausholen: die mause nagen den gan-
zen käse aus.
AUSNÄHEN, acu pingere, in gold und seide ausmachen,
sticken : sie seind angethon mit baumwollin kleidern fast wol
ausgenäet, anstatt des harnasch. Frank «»eW. 204*; dahat sie'
krenzlein gebunden und ausgenehet. Matuesius 10*; die alten
pocten oder heidenpropheten machen gut ding von ihren klu-
gen fabeln und diesem alten Mida, der auch schon sein aus-
geiicte bergkap getragen. 13* ; ausgenähte arbeit. Simpl. 2, 274 ;
aus solchen ihren sobicirn klar
nam Ilecuba den besten gar
mit gold und Silber ausgcneht. Spreng II. 124* ;
erst muste er einen alten ausgenähten ledernen beutel auf-
ziehen. Arnim kronw. 1, 66 ; das laub war gleichsam mit ver-
kohlten Johanniswürmchen schwarz ausgenäht. J. Paul Kam-
panerlh. 34; die bunt ausgenähete beschreibung von Viktors
aufenthalt in Maienthal, llesp. 3, 203 ; ein mädchen sucht
künden im ausnähen.
AUSNAHME, f. exceptio : keine regel ohne ausnähme ; alle
ohne ausnähme, mit ausnähme von zwein; eine oder keine
ausnähme machen ; mit gewissen ausnahmen ; ganz gewis hat
er sich wiederum alle übel als ausnahmen aus den allge-
meinen gcsetzen eingebildet. Lessing 5, 25; wo kaum ihr
neuer tochtermann nebst wenigen blutsverwandten von dem
allgemeinen urtheil über die calvinistische partei in die aus-
nähme gesetzt worden war. Schiller 1074 ; die ausnähme politi-
scher Schriften von der pressfreiheit widerspricht denen erforder-
nissen einer freien Verfassung, denkschr. des fr. von Stein 71.
AUSNAHMLOS,- adj.
AUSNAHMLOSIGKEIT, f in der bildlichen form der ge-
setzmäszigkeit d. i. der ausnahmlosigkeit. Fichte naclig. werke
1, 250.
AUSNAHMSFALL, m.
AUSNAHMSWEISE, adv.
AÜSNARUEN, desipere desinere:
Cris|)us meint, wer in der iugend ausgenarri, sei klug bei jähren,
Crisitus, mein ich, sei noch immer jung an witz und altaanaarcu.
LouAU 2, 9, 94.
AUSNASCHEN, ligurire,
1) intransitiv:
ich wil mein csol nimmer blnicihen,
dasz er ausiiasub auf l'rcmde waid. fasln, sp. 167, 2.
2) transitiv:
du thust all heimlich winkl nusnnschn. ktKKK fasln, sp. II*;
sie hatten jene heitere Unbefangenheit der kinder, die nur
den h<migliehäller der minule ausnascht. J. Paul Tit. 1, 17.
AUSNEUELN, exire in ncbulam, vcrdußcn:
ein schmerz, der nebelt aus in worie, souTüor, zehren,
erleichtert herz uu<l bnisl. Loiirnst. /br. 56, 139;
der Zeichner ohne innere empfindung wird wol einen schal-
ten, aber nur einen in Unbestimmtheit ausnebelnden schat-
ten des wahren naturcharaklcr.s erhallen. Lavater /)Ays. 4, 3, l.
921
AUSNECKEN — AUSNEHMEN
AUSNEH»IEND — AUSNUTZEN
922
AUSNECKEN, hidibrio habere, ausspoUen.
AUSNEHMEN, eximere, excipere, nnl. uitnemcn.
1) eier, junge, vügel ausnehmen, ausheben; nesler ausneh-
men: da weisz ich ein hctzennäst auf einer eich, das will
ich morgen ausnemmen und stürmen, faceliae Bebelii, Tttb.
1555/). 13'; bei Fischart ein spiel n' 3S6 vögel ausnemmen;
namen spatzen aus. Garg. 193*; namen die taubhäuser aus.
201'; es hatte aber der churfürst zu Sachsen das nest nit
leiden wollen, sondern die vügel wollen ausnehmen lassen.
Eb. Alberüs wider Jörg Wilzeln H2';
so nem wir im die Tögel aus. Atrer fastn. sp. 1';
der zeucht sich auf das haus
im kloben kühnlicb an und iiimmt die elstren aus.
Fleming 49;
er hat wollen dolen ausnehmen, med. maulaffe 927. auch
honig ausnehmen, ualdbienen nisten im bäum.
2) kleider im kaufladen ausnehmen, auswählen: die erben
werden nit viel umb das erb werben, noch schwarze rock
darauf (zur trauer) ausnehmen. Fischaut yros^m. 55; niemand
nimbt leidkleider auf ihn aus. Garg. 6S'; für seinen rock
nam man aus neuntausend sechshundert pack, lis' (vgl. auf-
nehmen 5); sie erhallen den auszug für die ausgenommenen
Stoffe und andere waaren. R\ben£r 3, 352; ein neues kleid
wird ausgenommen. 4, IST. oß mit dem nebensinn des erbor-
gens, nicht gleich bezahlens, auf credit nehmens: er nimmt
bei den kaufleuten mehr aus, als er bezahlen kann.
3) das eingeweide und gedärm vom geschlachtetem vieh und
zumal vögeln oder fischen ausnehmen : das huhn ausnehmen ;
die (ische sind noch nicht ausgenommen, ich weisz mit was
not wir etwann dem bauren von Kraflshofcn haiien geholfen,
der den magen also verwüst gehabt, dasz wir ihn haben
müssen ausnemmen. Garg. 42'.
4) anderes sinnliches ausnehmen : Soldaten, rekruten aus-
nehmen, ausheben; einen schadhaften zahn ausnehmen, aus-
brechen; von einem goldmacher:
bis itasz der zeliend monat kam
und er die büclis zum fewr ausiiam (aus dem feucr heraus),
froschm. 1, 2, 17.
abnehmen und ausnehmen sind fechterausdrücke, ausnehmen
bedeutet excipere, abwehren, abschlagen, parieren. Garg. 188';
den hieb kaum ausnehmen. Opitz Ary. 1, 534;
man kan bald weichen sie, bald Tfir sich schreiten sehen,
bald nehmen die streich aus, bald lassen sie sie gehen.
Wkrdkrs Ariost 2, 9;
es warte diese schincht bis uinb die abendstunde,
und dasz doch keiner noch am andern vortlicii Tunde,
und über das so hett auch keiner ohne Hecht
dem andern seine streich ausnehmen können nicht. 19, 8S.
allgemein : das best vorab oder ausnemen, vorausnehmen,
weisth. 2, 263.
5) abstracles ausnehmen, excipere, ausschlieszen : nichts ist
orfer wird ansgenommen, ausgeschieden: wiewol einem so
verdampten und in seiner verstockten verkcrung verharten,
und von dem brauch der christlichen kirchen abgesondertem
menschen und offenbarem kctzer verhör zu geben in allen
rechten ausgenomen ist. Luther 1, 459'; die vernünftige na-
tur nimmt sich dadurch von den übrigen aus, dasz sie ihr
selbst einen zweck setzt. Kant 4, 63 ; die Verfechter der cvo-
lulionstheorie, welche jedes Individuum von der bildenden
kraft der natur ausnehmen, um es unmittelbar aus der band
des Schöpfers kommen zu lassen. 7, 303. s. ausgenommen.
f.) einen ausnehmen, tentare: probieren und ausnehmen.
Simpl. 2, 302 ; lügen ausnehmen, prüfen. 2, 325.
7) sich ausnehmen, unter andern Sachen herrorscheinen, sich
hervorheben, zuletzt blosz sich anlassen, darstellen: das nimmt
sich wol oder übel, schön oder häsziich aus (das läszl wol
oder übel) ; wolklingende töne in silben und Wörtern müs-
sen durch die ausspräche so gebildet werden, dasz sie sich
vor den andern ausnehmen. Klopstock 12, 218 ;
mit schin.iler gesiali, durch keine klciduag erkünstelt
nimmt sie unter den nymphen sich au«. Zachariä 2, 37 ;
lauter züge, durch welche sich, wie man weisz, auch die
Athener vor allen andern griechischen Völkern ausnahmen.
Wieland 2, 245 ; wie schön in dieser spräche das bürgerliche
madchen sich ausnimmt. Schiller 184*;
wie nimmt ein leiilensclianiicli stammeln
geschrieben sich so seltsam aus. Göthb 1, 11 ;
und ila» alter wie die jufrend,
und der fehler wie die lugend
nimmt sich gut in liedern aus. 1, 12;
wappendecken, worauf der weisze adler im rothen fe.lde sich
gar gut ausnahm. 24, 303 ;
sehr gut nimmt das kütschchen sich aus. 40,234;
für das übersendete exemplar zweiter ausgäbe danke zum
schönsten, sie nimmt sich recht gut aus. an Schiller 249 ;
weil sie sich freilich auf unsrer bühne nicht ausnehmen wür-
den. TiECK 4, 361 ; die sich höchst trübselig ausnehmen, ges.
nor. 1, 12; scherze gegen längst begrabne thorheiten nehmen
sich aus wie stachclschriflcn gegen mumien. J. Paul grönl. proc.
6. es kann aber auch noch ausdrücken eine ausnähme machen:
Mercur und Mars (die planclen) nehmen sich von diesem ge-
setze aus. Kant S, 262, sondern sich davon, und so steht mhd.
üjnemen im pass. bei Köpke 210, 65.
AUSNEHMEND, eximius: die ausnehmende klugheit der
schönen Rleonissa. Wieland 3, 96; im ausnehmenden ver-
stände, sensu eminenti. Kant 2, 179; ausnehmende fehler.
8, 155; überhaupt ist dies ganze stück im zweiten bände so
ausnehmend, wie das 20te im ersten. Herder 2, 268 ; und so
könnte das werk vielleicht ausnehmend und classisch werden.
TiECR 9, 236 ; es wird erlaubt sein, den namen alterthum in
ausnehmendem sinne auf die beiden durch geistescultur ver-
feinerten Völker einzuschränken. Wolfs museum l, 19 ; auf die
ausnehmendste weise. Lessing 3, 276; freuden von ausneh-
mendem geschmack. J. Paul Tit. 1, 26.
AUSNEHMEND, eximie: nun will ich dicJi auch ausneh-
mend lieb haben. 4, 146.
AUSNEHMUNG, /". deleclus : kein sonderlich vergnügen ist
bei der ausnehmung (der rekruten), da die krüppels gerne
dienten und die schönen leute meist ehehaften haben wollen.
GöTHE an fr. von Stein 1, 218.
AUSNEIGE.N, lagcnam exsiccare, bis auf die neige aus-
trinken :
ein mensch, dem Juj)iter nur einmal hat gegeben
zu trinken guten wem, der bleibt bei seinem leben
wol allzeit auch dabei, wann einer aber schon
zum wasser ist verdampt, kompt ewie nicht darvon„
wie sehr er schart und kratzt, drumb wacker ausgeneiget,
weil sonderlich hierauf der winier selber zeiget I
Opitz 2, 72.
AUSNENNEN, lotum nomen indicare:
nein, der seraph nennt dich nicht aus.
Klopstock Hess. 8, 193 ;
welche namen nennen dich aus, du, der für sie blutet!
8, 463 :
du der geliebten geliebtesler ! du, dich nennet kein nam aus.
8,604;
sang ich den sichtbaren eott im heiligthurae der Schöpfung,
sein, den der seligste nicht ausnennet, vielnamiges abbild.
Voss 3, 102.
AÜSNEHGELN, exiorquere: und, was noch schrecklicher
ist als ein hitziges lieber, einfalt und hcuchelei müssen das
bette des sterbenden nicht belagern, und ihm so lange zu-
setzen, bis sie ihm ein paar zweideutige wortc ausgenergelf,
mit welchen der arme kranke sich blosz die erlaubnis er-
kaufen wollte, ruhig sterben zu können. Lessi.tc 8, 336. s.
nergeln, nörgeln.
AUSNESTELN, filmlam solvere, dissolrere.
AUSNIPPEN, ebibere degustando : wann sie nun ihr gläslein
oder halbes ausgcnipt und darbei der frau sechswöchnerin
und des lieben kindcs gesundhcit getrunken hat. hebamme 687 ;
statt die tausend (blumcnkelche) auszunippen,
die euch Florcns uiilde beut,
saugt aus Amaryllis lippen
aller lausend sciszigkeit. Uürgbr 83*.
AUSNÜTHEN, extorquere, expellere, abnüthigen: aus wel-
cher ursach disz ganz gcwechs im menschlichen leib ein art
und cigenschaft hat, zu wcrinen, zu zcrlheilen und auszunö-
len oder zu treiben. Tiiurneisser infl. Wirkungen 20.
AUSNÖTHIGE.N, dasselbe: es ist auch eitel ausgenötigte
heuchlerei, was sie (der gemeine mann in Deutschland) iuen
(den Pfaffen) thun oder ehr enlbiclen. Frank weltb. 44'; bis
dasz sie (die erde) mit gewalt ausnöligt vil wassers. Garg. 284*.
AUSNÖTUiNG, f. expressio: durch pressunge oder sunst
ausnöllunge danon getruckt. Thurneisser inft. wirk. 109.
AUSNÜCHTERN, crapulam sohere, nüchtern werden : er sof
also, dasz er niemals ausnüchterte. Abele 4, 1 ; ich habe mich
ein wenig wieder ergangen und hab« ziemlich wieder ausge-
nüchtert. Sc HOCH stud. leben C5.
AUSNUTSCHELN, AUSNUTSCHEN, exsugere. Stieler 1184.
taubenknochen, äpfelschalen. 5. abnutscheln.
AUSNUTZEN, usu plane consumere, stärker als abnutzen:
923
AUSNÜTZEN —AUSPFÄNDEN
AUSPFARREN — AUSPOCHEN
924
ein erdrich ausnutzen, ausmärglen, ersaugen. Maaler 44*;
neue ersparungen des kleinsten aufwands ihrer ausgenutzten
kräfte. Wieland 7, C9; der tliürgrif hat sich ausgenutzt, ge-
wöhnlicher mit Umlaut,
AUSNÜTZEN : welche all zuletzt, wann er sie zu seim ver-
ordneten werk, darzu er si erweckt hat, ausgenützet, so lie-
derlich seind umbkummen. Frank chron. a 5* ; bis das es zum
teufel und ausgenützt ist. Wernstreit An'e^Äfc. des fr. 25; bis
er sie zu seinem dienst ausnützt. 83; musz die ausgenützt
rut zuletzt in ofen. 164 ; ihr erster grundsatz schien zu sein,
den gegenwärtigen augenblick zum vortheil ihrer ausschwei-
fenden lüste auszunützen. Wieland 6, 48;
ein maniel, so entfasert, abgefärbt
und ausgenützt (frühere ausg. abgenützt). 9, 3.
AUSÖDEN, vaslare, veröden: das land ist ganz ausgeödet.
ahd. arödan (Graff 1, 15o). s. ausösen.
AUSÖLEN, oleo perungcre: ein ausgeöltes gefäsz.
AUSOPFEHN, sacrificium perficere: und da David hatte
ausgeopfert die brandopfer und dankopfer, segenet er das
Volk. 2 Sam. 6, 18.
AUSORDNEN, instituere, erigere, anordnen: und sollen in
den dreien häusern daneben pfarrer, prediger und capellen,
wie die ausgeordnet worden, wohnen. Luthers br. 5, 797.
AUSÖRTERN, exquirere, discutere, erörtern, ausecken: aber
diesen regen soltu gott selber ausortern. Luther 1, 466" ; da {in
den sententiarien) unzeliche unnütze fragen sind, welche noch
keine theologi selbst haben gnugsam können ausortern.
6, 420* ; das noch heut niemand die grenz viler land eigent-
lich kan ausortern oder anzeigen. Frank wcltb. vorr.; lasz
ich andere ausortern. 27''; so den himel wollen auszirkeln
und ausortern. 225'; ist etwas nit so, wie du wünschest,
ausgeörtert und herfür bracht, chron. a2'; auf das sie all
sach wissen zu richten und ausortern. lasier e2; schlieszen
und ausortern. 42, 48 ; demnach wil ich hie in disem buch-
lin nit sagen und ausortern. Wernstreit kriegsb. 5 ;
gotloser bo^hait sich ausörtre. Melissus^s. C2'.
erlischt später und wird heule durch erörtern vertreten; bei
Maaler 44' ist ausortern metari, angeben als ein bauw. wur-
zcl ort acies, angulus, initium, ags. ord, alln. oddr, folglich
goth. uzds, wie tirolisch uscht, oscht.
AUSÖSEN, evastare, ausöden: si raubten, wo sie nur et-
was funden, also dasz sie die dörfer ganz und gar ausöseten
und verwüsteten. Rihel Livius 691. ahd. osan, farosan.
AUSPACfITEN, elocare, verpachten: das bücherschreiben
ward von Verlegern ausgepachtet. Herder 1, 105.
AUSPACKEN, eximere, depromere, nnl. uitpakken : waaren,
bücher, gläser auspacken; die kiste, den koffer, ballen aus-
packen; als er erschrocken von dem wortc hinüber sprang
in sein haus und die Hiobspost auspackte. J. Paul Hesp. 2,
63; der fürst, an dessen hof jedes jähr ein ähnlicher Tiroler
seine kurzen waaren und seine kurzen reden auspackle, kö-
rnet 3, 202 ; vorwürfe, vorschlage, einfülle auspacken.
AUSPAPPEN, intus glutinare, inwendig verpappen.
AUSPARIEREN, iclum avertere, s. ausnehmen, abschlagen,
ausweichen.
AUSPASSEN, emeliri, ausmessen: der saame (des korns)
soll, wie der waitz, zeitlich ausgepasst, dünn aufgeschüttet
werden. Hohberg 2, 36".
AUSPATSCHEN, egredi ex aqua strependo, herauspatschen,
ßusbaden.
AUSPAÜKEN, tympano indicare, durch paukenschlag vei-kün-
den. auch auspauken, ausklopfen, ausprügeln, vgl. arschpaukcr.
AUSPAUSCHEN, excuterc, bergmännisch von schlacken und
erz : was gar taub ist, oder was gar ausgepauscht und auf
den tod gcarbeit ist, das stürze man immer in den weg.
Mathesius 69'; wie ein Schmelzer die tauben und ausge-
pauschtcn schlacken weg stürzt oder in weg laufen liiszt. 107'.
gehört zum goth. bautan, ahd. pöjan tundcre, s. bauschen.
AUSPEITSCHEN, virgis caederc, caedendo expellerc: einen
dieb auspeitschen ; und war in tausend heimlichen ängstcn,
die cdelfraii durfte mich in crüfnung des bctrugs zum schlosz
auspeitschen lassen. Jucundiss. 178. ausgepeitscht, todt ge-
peitscht auch wie abgedrosclicn, prrlritus, decantalus : ist die
fahel ausgepeitscht, weil selbige bei gescheuten Protestanten
Selbsten keinen glauben mehr findet, irrgartcn 113.
AUSPFÄHLEN, palare: ein fcld, einen ackcr auspfiihlcn.
AUSPFÄNDEN, debilorem pignoribus coercere.
AUSPFARREN, aus der pfarre, kirchengemeinde ausscheiden.
AUSPFEIFEN, exsibilare, explodere: wie Gurgelstrotza den
könig Picrochol nach erlegung seins volks aus dem land püf.
Garg. 264';
er schreibt, man pfeift ihn aus. Hagedorn;
ein liluger Stieglitz pflf sie aus. Lichtwer 3, 23;
meine elegieen sind in ganz Deutschland als erbärmlich aus-
gepfiBen worden. Fr. Müller 2, 42 ; der hochmütige glaubt
geehrt zu sein, indem er ausgepfiffen wird. Kant 10, iv; pfif-
fen leute, wie Vult und der wirt, seine probe aus. J. Paul
ßegelj. 1, 88 ; solange einen schlechten autor auspfeifen, als
er dazu die pfeife mit dem guten in der band hat. lit. nachl.
4, 215; schlechte Schauspieler oder redner werden aiisgepfif-
fen, ausgezischt, vgl. avQirreiv. Da das mlat. pipa, franz.
pipe zugleich ein weingemäsz ist, so hiesz auspfeifen zugleich
ein solches masz austrinken, und Fischart läszt einen zecher
dem andern zurufen: ich sing dir eins, bis dis dännlein {tän-
nenbecher) auspfeifst. Garg. 98'. endlich bedeutet auspfeifen
auch intransitiv, wie ausfiedeln, zu pfeifen aufhören.
AUSPFERCHEN, ßmum ejicere. Stieler 1442.
AUSPFLANZEN, explantare, pflanzen aussetzen, an andere
stelle pflanzen.
AUSPFLASTERN, lapide constemere: den hof, den weg
auspflastern.
AUSPFLÖCKEN, paxillos figere.
AUSPFLÜCKEN, evellere, 7inl. uitplukken: blumen aus-
pflücken; ganze beete auspflücken.
AUSPFLÜGEN, exarare, ausackern, nnl. uitploegen.
AUSPFÜTZEN, exhaurire, auspumpen, bergmännisch, die ta-
gewasser ausschöpfen, s. pfützen.
AUSPICHEN, pice inducere: fässer, rinnen auspichen; ein
ausgepichter magen, der das schwerste verträgt; ich hab ein
paar nichten und einen gevatter Schenkwirt, wenn sie {die
spanischen Soldaten) von denen gekostet haben und w-erden
dann nicht zahm, so sind sie ausgepichte wölfe. Göthe 8, 247.
AUSPICKEN, roslro extundere, nnl. uitpikken: körner aus-
picken; die henne pickt ihre jungen aus; von den raben die
äugen ausbicken lassen, gespenst 335. s. aushacken.
AUSPINSELN, penicillo finire, in übelm sinn male pingere,
schlecht ausmahlen.
AUSPISSEN, mingere, nnl. uitpissen, ausharnen; das feuer
auspissen, ignem exstinguere miclu.
AUSPLAPPERN, effulire, ausplaudern, ausschwätzen : hastu
dann schier nicht einmal ausgeplappert? siehe da, bald wol-
len wir dir das plappern verbieten. H. Jul. von Br. Sus. 3, 4.
AUSPLÄRREN, clamando, rudcndo divulgare:
so dringen wir auf recht und mögen selber klagen,
was disz geblüt ausplärrt. Gryphiüs 1, 574,
was diese verwandten davon ausschreien.
AUSPLÄTTEN, laevigando tollere: falten ausplätten.
AUSPLATZEN, rumpi, dissilire: ausgeplatztes knopfloch, am
ermel ausgeplatzt; er platzte aus mit dem geheimnisse, konnte
es nicht länger verhallen; platzte aus in lautes gelächter. berg-
männisch, auf dem festen gestein platzen die bergeisen aus.-
AUSPLAUDERN, deblalcrare, effulire, ausschwätzen : er plau-
dert aus, plaudert alles aus ; wenns nur nicht heiszt, Lorenz
hats ausgeplaudert. Schlampampe s. 102; personen, die auf
den freund toll werden, wenn er ausplaudert. J. Paul Hesp.
1, 105; sich recht ausplaudern, satt plaudern.
AUSPLUMPEN, was auspumpen. Lohenst. Arm. 1, 589.
AUSPLÜNDERN, expilare, despoliare, nnl. uitplunderen:
der feind plünderte das ganze land, alle kirchen aus; einen
Schriftsteller ausplündern.
AUSPLÜSCHEN, franz. pelucher:
und um seine schultern spielet
ausgcpjüsclit ein hermeliu. Herder 5, 93.
AUSPOCHEN, exculere, explodere, pulsare, nnl. uitpokcn,
1) weidmännisch, einen marder auspochen, durch klopfen und
schlagen aus dem holen bäum treiben, in dem er versteckt liegt.
2) bergmännisch, auspochen, durch klopfen das zeichen zur
ausfahrt geben, was heiszt: du wirst mit uns bald ausgepocht
haben. Luther 6, 226'?
3) bei den landskncchten verbindet sich pochen und plün-
dern: die Engclburg bochten sie aus und blündcrten alles,
so sie funden. Frank chron. 30«'; liesz alle sündische guter
auspochen und plündern. Micralius 3, 491. auspochca also
aus dem versteck klopfen.
4) Pelzwerk ausklopfen, reinigen.
925
AUSPÖCKELN— AUSPRESSEN
AÜSPRESSER — AUSPUTZEN
926
5) heule einen Schauspieler auspoclien, ihm durch pochen,
klopfen misfallen zu erkennen geben.
AUSPÖCKELN, exsiccare, ausdörren: heringe auspückeln;
ich halte auch nicht, dasz ich dazumal auf meinem ganzen
leibe ein pfund fleisch hätte zusammenbracht, so sehr war
ich ausgepöckelt. Weise erzn. 70.
AUSPOLIEltEN , ejcpolire, ausglälten, sowol fertig glällen,
als durcli die glaUung uegnehmen: flecken auspolieren; wer
dergleichen aus seiner religion auspolieret, hätte eben so gut
gar keine. Lessing 10, 14.
AUSPOLIEKU.NG, /. was endlich die auspolierung des yer-
standes belrift, so wäre zu besorgen, dasz dieselbe gänzlich
unterbliebe. J. E. Schlegel 3, 279.
AUSPOLSTERN, e/farcire, ausstopfen: ein bett, einen stul
auspolstern ; jene wolthätige trägheitskraft, womit die schlech-
testen wesen ausgepolstert sind. J. Paul teuf. pap. 1, SS ; dasz
es ^uletzt wol gar an haaren fehlen dürfte, womit man die
köpfe der schönen auspolstert. /t(. nachl. 4, 153.
AUSPOLTERN, desinere tumulluari.
AUSPOLZEN, exsilire, ebullirc, wie ein poIz oder bolz her-
ausspringen: wenn di grat auspolzen (die gräten der sieden-
den fische ausspringen), so haben sie sein (des feuers) genug,
darf nicht mehr feuer zugelegt uerden. küchenmeisterei a 3.
schon ahd. üjarpulzan ebullire (Graff 3, 115), * mhd. so dir
ietze also zorn sl, da; dir da; herze her ü; wolle pulzen vor
ungestüemekeit. Berthold 78; wiltu einen slahen oder wun-
den vor zorne, da; dir rehle da; herze bulzen her üj welle.
123. ö;bulz ebullitio. vgl. bolz.
AUSPOSAUNEN, buccina indicare, nnl. uitbazuinen:
Terkleioern das rerdieost und stümper ausposaunen.
Gotter 1, 305;
wenns dem denn hyperbolisch dünkt,
posaunt ers hyperbolisch weiter aus. Götue 14, 37;
hab aber auch die kunst Tersianden,
auszuposaunen in allen landen,
ohne just die backen aufzupausen,
wie ich thät meinen Telemach lausen. 57, 25S.
AUSPRÄGEN, signare, accurate exprimere: das gold, silber
ausprägen, münzen, thaler, geld ausprägen, figürlich:
ich lasse gern die tboren gelten,
wofür das glück sie ausgeprägt. Göki;<gk 1, 14;
hör auch meine wünsche, mit dem Stempel
lanpgeprüfier freundschaft ausgeprägt! Götter 3, Lxvt;
wollte man euer gescbwätz ausprägen zur sappbischen ode.
Plate!» 13ö;
aus männermut mit Weiberlreu verschmolzen
im reinsten gold, das keinen fleck verträgt,
liat uns die zeit zu diesen stolzen
Schaumünzen ausgeprägt. Tbüimel;
da die natur kein volk mit einem münzslempel und einer
band allein ausprägt, sondern mit lausenden auf einmal.
J. Paul Hesp. 2, 222; grundsätze, die er nie in Ihaten aus-
prägte. TU. 2, 204 ; der stolz prägt sich in seinen mienen aus.
AUSPRASSELN, ederc cum fragore:
dasz sie [die uolken) über uns toII angst und ^aus
zerspringend prasseln (es steht hrasshien) häulig aus
rauch, glut, plitz, bilz und fewerllammen.
Weckuerli.n 12S.
AUSPREDIGEN, perorare, finem facere concionandi : ah gott,
gotl meines heils, erlöse mich von den geblüten, und lasz
mit freuden auspredigen mein zunge dein gerechtigkeit. Lu-
ther 1, 30'; dieses lob und ehre sol auspredigen dir meine
zunge. 3, 15 ; wann habt ir einmal ausgeprediget ? Garg. 252'.
einem etwas auspredigen, durch die predigt abgewöhnen : meine
bauren läuten auch zu zeiten etwas mit der grobem glocken,
doch thue ich ihnen so viel einhält als möglich, hat doch
der selige herr Rist, als ein geistlicher, es seinen bauren nit
ganz auspredigen können, ped- schulfuchs 258.
AUSPREISEN, plene laudare, rollpreisen, autloben: golt
kann keine menschliche zunge auspreisen.
AUSPRESSEN, exprimere, ausdrücken, nnl. uitpersen: einer
citrone den saft auspressen, die citrone auspressen ; öl, wein
auspressen, den samen, die trauben auspressen ; den äugen
thränen, der brüst seufzer auspressen ; die angst preste sei-
ner stirne schweisz aus, der knebel seinen fingern blut. einem
ein gebeimnis, ein gelübde, eine Verwünschung auspressen:
beider namen weist ich,
doch keine raarter prest sie von mir aus. Schillir 59S.
ein land, die armen einwohner hart auspressen; sich vor
einem ausgepresten fluch hüten, medic. maulaffe 775. geld
von den leuten auspressen; die abhängigen Satrapen auspres-
sen. Wieland 8, 316; aus einem erfahrungssatze nothwendig-
keit (ex pumice aquam) auspressen wollen, ist gerader Wider-
spruch. Kam 4, 107.
AUSPRESSER, m. torcularius.
AUSPRESSUNG, f. expressio, stärker als ausdradc:
schweig, ausdruck! dummes zeug, es dürfte wol
bei dir'auspressung sich betiteln können. Tieck 3, 273.
AUSPROBEN, passim tentare, versuchen : den wein ausproben.
AUSPRÜFEN , pertentare, durchprüfen : ausgeprüfter wein ;
ausgeprüfte treue;
Jemina, Fliobs des ausgeprüflen
und des wiedergesegneteu tochter. Klopstock Hess. 15, 710.
AUSPRÜGELN, deverberare: nach verdienst ausprügeln;
der Spieler will sein geld, sonst prügelt er mich aus.
Götue 7,61.
AUSPÜFFEN, pugno tundere, deverberare, auch effareire,
auspolstern, s. aufpuETen und ausbufTen.
AUSPUMPEN, exantlare: wasser auspumpen und dann den
keller, brunnen, teich auspumpen, s. ausplumpen.
AUSPÜNCTIEREN, punctis dicinare: ohne die cabbala zu
hülfe zu nehmen, getraut ich mir fast, ihren ganzen Wort-
wechsel von silbe zu silbe auszupunctieren. Bürger 175'.
ÄÜSPURGIEREN, alvum purgare: eim die seel auspurgie-
ren. Garg. 192".
AUSPUSTEN, ausblasen. Göthe 41, 253.
AÜSPÜTZ, m. exomalio, expolitio: der ausputz eines kin-
des, einer mauer; zwei diener mit rother liberei, welche
uns der alte vom adel zu einem bessern ausputz auf den
weg gegeben hatte, iucund. 204; um ihren guten eigenschaf-
ten den glänz und ausputz zu geben. J. E. Schlegel 5, 46 ;
mit allem ausputz von angemaszter gründlichkeit. Kant l, 44 ;
der ausputz der Wissenschaft. 3, 314. s. abputz, anpulz, auf-
putz, putz.
AUSPUTZEN, eigentlich ptUare, amputare, expurgare, exor-
nare, ausschmücken, die letzte hand ans werk legen.
1) die bäume, die hecken ausputzen, beschneiden, interpurgare.
2) fische ausputzen, depurgare; den rost, flecken ausputzen,
detergere; die flinte, kanone: liesz die stücke ausbutzen.
Plesse 3, 352.
3) das licht ausputzen, emungere, gewöhnlich aber auslö-
schen, candelam incaute emungendo exstinguere; Flamin habe
dem kammerherrn mit der pistole das lebenslicht ausgeputzt.
J. Paul llesp. 4, 97.
4) mein stall sind fein ausgebutzet. Garg. so'; gemacher,
die er mit allerhand schildereien ausputzen solle. Weise erzn.
3; ihre tische und tresuren mit gülden und silbern bechern,
schusseln und kannen ausgebutzet und gezieret. Schuppius
783; das ßllen ruß aus:
zwar dient der zäum mich auszuputzen,
doch darum ward er nicht gemacht,
er ist zu meines reuiers nutzen
und meiner sciaverci erdacht. Gellert 1, 48.
5) das glas, den becher ausputzen heiszt auch rein austrin-
ken, ausleeren : er hat schon einen ausgeputzt, genommen ;
wer alle pocal ausbutzet, der gehet mit den Schweinen zu
tisch. Lebna.nn 67. auch die kisten ausputzen, ausleeren:
es ist fein, dasz ein frembdling sich
kan in ein gutes haus einnisten,
und mit dem fuchsschnanz listiglich
ausbutzet förliglich (dotose) die kisien.
Weckuerlim 417 ;
nachdem der wirt nun sähe, dasz niemand mehr asz und die
schusseln ziemlich ausgeputzt waren. Schelmufsky l, 27.
C) häufig von flilterhapem anzug und Staat: so können sie
doch wol doctoiisch gehen und sich ausbutzen mit dem maul,
mit dem schlecke, mit gewand. Paracelsus cAtr. sehr. 12S* :
zwen junger ritter nit basz mit cleidung, pferdeu und bar-
nasch ausgebutzet. Aimon D 3 ;
waj hat üch in die wüste treil?
ein menschen zsehn, der si bckleit
mit zarten kleidern gbutzet usz * trag. Joh. b4;
underdes war er angethan, gestrält, vom schuh bis zum hut
ausgebutzt, geräuchert und erlabt. Garg. 173'; mit seidenen
kleidern ausgeputzet. pers. baumg. 3, 18 ; treten die beiden wol
ausgeputzt auf. Scboch stud. leben J 5 ;
indessen kömpt sein weib,
die nicht nach bisera reuclit, und ihren schnöden leib,
wie falscher waar gascbiebt, vollauf an allen enden
bat prächtig ausgebutzt. Opitz 1, 138 ;
927
AUSPUTZEN — AUSRAHMEN
AUSRAMMELN — AUSRAUFEN
928
sie hatte sich eben an ihrem nacht tische befunden, um sich
auf die ankunft ihrers bruders auszuputzen, der sie auf eine
unerwartete gesellschaft vorbereitet hatte. Wieland 12, 45;
sie putzte mich so gut aus, als es in der eile möglich war,
warf einen schleier über mich und sich selbst, und führte
mich aus dem hause. 12, 107; sie traten zusammen herein,
sehr abenteuerlich ausgeputzt. Göthe 19, 210 ; die infantin will
eine masquerade angestellt haben und ich will mich zu einem
narren ausputzen. Klingers tli. 4,274; für sich allein würde
ein verlassener mensch weder seine hütte noch sich selbst
ausputzen. Kant 7, 156; allsonntäglich putzte die mutter ihr
tüchterchen wie eine puppe aus. s. ausmutzen.
7) abslract, in gutem wie übelm sinn: ich will auch fort-
fahren die Wahrheit auszuputzen. Luthers br. 2, 15 ; hierdurch
werden unsre gedanken ausgeputzter. .1. E. Schlegel 3, 88;
so könnt ich mir ja den schein einer heldin geben und meine
unmacht zu einem verdienst ausputzen. Schiller 205"; man
hatte gewisse vorfalle ausgeputzt und ihnen eine lustige und
interessante gestalt gegeben. Göthe 18, 293 ; past hier keiner
von den dreitausend namen, mit denen ihr {ärzle) eure Un-
wissenheit ausputzt? 20,301.
8) aus der Vorstellung des fegens leitet sich die des züch-
tigens, verwetsens, scheliens: er hat den buben tüchtig ausge-
putzt; doch stellt Keisersberc die person in den dativ : das
du in strofest, anschnauwest und im uszbülzest. ehr. bilg. 141.
s. ausschneuzen.
AUSPUTZEN, n. expurgatio, expolitio: da nun alles haus-
gesind umb frau Anna stehet, und eins dieses, das andere ein
anders begaffete und betrachtete, und im ausputzen so ge-
schäftig waren. Schuppiüs 542; wir pachteten hierauf einen
gasthof und hatten viele ausspannung, mithin dem scheine
nach gute nahrung. dem ohngeachtet aber waren wir in einem
halben jähre fertig bis aufs ausputzen, und ich muste aufge-
häufter sclmlden wegen Prag verlassen. Leipz. avanturier 2, 53.
AUSPUTZER, m. putator, exornator, gewöhnlich aber nach
ausputzen 8 ein derber verweis: Musca, du wirst Ursache
sein, dasz ich wackern ausputzer und vielleicht auch wol gute
trockene stösze von dem herrn bekommen werde. Gryphiüs
1, 862 ; ich wil ihm einen statlichen ausputzer geben, dasz er
ein andermal ein wenig besser den sachen nachdenke. 1, 898 ;
um meinem Schwager einen tüchtigen ausputzer zu geben.
Felsenburg 2, 436; einen wichtigen ausputzer zu verdienen.
ehe eines tnannes 237; und ich hatte denjenigen guten aus-
putzer ganz wol verdienet, den ich damals cmplieng. Lcipz.
avant. 1, 32; sie aber nur einen ausputzer davon kriegete.
Salinde 105; damit, wann das werk übel ablief und ihnen
{den jungen pharisäern) Christus einen guten ausbutzer gebe,
die alten patres den köpf aus der schlinge ziehen können.
ScHUPPius 790; die Schwester mag mir diesen ausputzer nicht
übel nehmen. Lessinc 12, 459 ; die gnädigsten ausputzer summ-
ten ihm schon um den köpf. Göthe 18, 72; dasz ich dem
Gherardo nur eine ohrfeige gegeben hätte, und deshalb kei-
nen so heftigen ausputzer verdiente (non mi pareva dovere
di meritare tanta gagliarda riprensione). 34,46.
AUSPUTZUNG, f. leibspHeg und wolhaltung, ausbutzung
und schmuck des leibs. Fischart ehz. 21.
AUSQUÄLEN, excruciare: ob es (das mädchen) sich ver-
zehrt und sein armes junges leben ausqualt. Göthe 10, 57.
AUSQUALMEN, evaporare, ausdampfen.
AUSQUAKTIEKEN, hospitium mutare: der darf mir nicht
ausquartiert werden, bürgercapilain 1, 3.
AUSQÜELLEN, scaturire: ausqueliende brunnen; die aus
den schönen guten äugen ausquellenden thränen. Göthe 23,
193; seiner seil jähren zum erstenmale von leidenschaft aus-
einander gerissenen brüst quoll das sieche blut aus. J. Paul
Hcsp. 3, 256.
AUSQUESTEN, exire foras saepiusque. Stieler 1490.
AUSQUETSCHEN, elidere, exprimere: ausgequetschte citro-
nen; den saft der beeren ausquetschen.
AUSKAÜIEHEN, eradere, auskratzen, ausschaben.
AUSHAFFEN, exhaurire : ein prudelinus gekocht und aus-
geraft. bienenk. überschr. von 1, 10.
AUSRAGEN, cminere, prominerc, vorragen: gleich als wenn
ein strosack vol slro stecket, und oben und unden dennoch
ausraget. Luther 3, 46l'; ir werden die füsz ausragen. Waldis
4, 89 ; ausragende felsen.
AUSRAHMEN, ein bild aus dem rahmen nehmen, gegenüber
dem einrahmen.
AUSRAMMELN, coire desinere, von schafen, kalzen und
hascn. Fischart setzt es transitiv für aushecken: welche ein
trunkener münch und ungelehrter püffel irgends auf s. Mar-
tinsabend ausgerammelt hat. bienenk. 5S'. das ahd. ramini-
16n erscheint nur intransitiv, das nnl. uitrammelcn hat ganz
andere bedeulung.
AUSRAMSEN, dasselbe, ein ahd. rammisön voraussetzend:
kumpt die eebrecherisch hur in acht oder zehen jaren wider
und hat sich aller buberei wol genietet und ausgerainst. Frank
weltb. 128'. s. ramsen.
AUSRÄNÜERN, marginare: den teig ausrändern ; ausgerän-
derte, ausgekerbte blätter.
AUSRANEN, gracilescere, schmächtig werden, von ran ^racilis,
schlank, ein gutes, nur noch bei Stieler 1505 verzeichnetes wort.
AUSRANGEN, auspflocken ? ein kreis uf den wasen ausrangen
oder mit stro bestreuen, weisth. 3, 004. vgl. Schm. 3, 108.
AUSRASEN, furere desinere, austoben, nnl. uitrazen: er
musz erst ausrasen; das fieber hat noch nicht ausgerast;
wann du dann wol hast ausgerast. Scueit grob. Ki;
lasz du
den krieg ausrasen, wie er angefangen. Schiller 456;
im tanze sich ausrasen. Göthe 26, 12 ; führe uns hinunter zu
dem lager der feinde, dasz wir die kühne begeisterung aus-
rasen. Klincer 2, 157 ; er raste seine glut aus. 3, 78 ; als ein
ausgeraster. der arme maiin im Tockenb. 237.
AUSRASSELN, cohibere tumultum, ausldrmen. Stieler 1523.
AUSRASTEN, conquiescere, ausruhen: drei bis vier tage
allda auszurasten. Ettners hebamme 297 ;
im schatten da ein wenig auszurasten. Wieland;
sie rasten im hohen berufe nicht aus, bis sie vollbracht was
sie sollen. Fr. Mijller 1, 38.
AUSRAUREN, expilarc, despoliare, ausplündern : alle augen-
blicke fiel es zweien oder dreien von diesen potentaten ein,
den vierten mit einander auszurauben. Wieland 6, 39; der
pöbel raubte die öffentlichen kassen aus. 7,371; die kleinern
Sultanen raubten die provinzen aus. 8, 146 ; denen die ausge-
raubte küste keine beute mehr darbot. Schiller 1039; die
Thurier, die jetzt aus ihrer ausgeraubten und verheerten hei-
mat flüchtig sind. Niebuhr 3, 573.
AUSRAURUNG, /■. exspoliatio: bei der bekannten ausraubung
des mogolischcn Schatzes durch Thamas Kulikan. Wieland 7, 207.
AUSRAUCHEN, weidmännisch, fumo expellere, die fuchse
durch rauch aus ihrem bau treiben, sonst, eine pfeife tabak
ausrauchen, leer rauchen; intransitiv, aufhören zu rauchen:
der Vesuv hat ausgeraucht; der ofen musz erst ausrauchen.
AUSRÄUCHERN, odoribus, fumo rcplere, nnl. uitrooken:
ein gemach ausräuchern ; ein fasz mit Wacholderbeeren aus-
räuchern; fleisch ausräuchern, beräuchern, fumo durare, wol
ausgeräuchertes fleisch.
AUSRAUFEN, evellcre: äliren ausraufen, ausrupfen, goth.
raupjan ahsa (vgl. unter ausreiben); da ich solchs höret, zu-
reisz ich meine kleider und meinen rock und rauft mein heubt-
har und hart aus und sasz einsam. Esra 9, 3 ; die da nesseln
ausrauften umb die püsch. Hiob 30, 4; ah das sie müssen
sein, wie das gras auf den dechern, welches verdorret, ehe
man es ausreuft. ps. 129, 6; ich wil sie pflanzen und nicht
ausreufen. Jer. 24, 6 ; das erste thier wie ein lewc, und hatte
flügel wie ein adeler, ich sähe zu, bis das im die flügel aus-
gerauft wurden. Dan. 7, 4; fiengcn an ehern auszureufen.
Matth. 12, 1. Marc. 2, 23. Luc. 6, 1 ; auf das ir niciit zugleicii
den weizen mit ausreufet. Matth. 13, 29 ; lieber schlahe im ein
kliplin dazu und reuf (es steht reiß) im den hart aus. Luthek
1, 365*;
dein hart will ich dir ausraufen,
sag ich dir vil allen man. Uuland 332.
der untersten schara den wald ausreufen. Frank spr. 20; der
bäum ist von kainem menschen usz zeraufen. Rkuchlin augensp.
8'; dem teufel ein hörn ausraufen. Garg. 17' ; die federn aus-
reufen. AcnicoLA spr. 142'; und der herr wird ir schönes har
ausreufen. Mathesius 50' ;
geht, reufi dis unkraui aus! Grtphius 1,513;
reufl hyacintlicn aus. Fleiiing 159;
inll ausgerauftem haar. Gotter 1, 214;
kommt ein glaube neu,
wird oft lieb und Iren
wie ein böses unkraui anspcrauft. GöriiR 1,242:
wir wollen sie nicht ausjäten, um nicht vielleicht edle pflan-
zen zugleich mit auszuraufen. 19, 7; wir allen würden noch
929
AUSRÄUMEN — AUSRECKEN
AUSREDE — AUSREDEN
930
heule die haare ausraufen über euerm sarge. Schiller 103';
die weil er junge tännchen und anderes ausraufte, der arme
mann im Tockenburg 13. der schwankende umlaul wie in glau-
ben und glauben «. i. tr.
AUSRÄUMEN, racuare, auferre : da sol der priester heiszen,
das sie das haus ausreumen. 3 Mos. 14, 36 ; er hat ihm wirk-
lich die zimmer ausgeräumt {ihn beslohlen). Lessi.vg 1, 551;
raisbrüuche ausräumen, wegräumen, aus dem weg räumen;
liänke, tische, stüle ausräumen, aus einem räum schaffen;
Wäsche ausräumen, aus dem kästen und den kästen ausräu-
men; den graben, die ahzucht ausräumen; ein loch ausräu-
men, erweitern.
AUSRAUFEN, was abraupen.
AUSRAUSCHEN, explodere manihus, ausspotten: als dasz
man mich mit schimpflichen worten spüttlich ausrausche und
lache. Ayfer froc. 1, 7 ; weil ich aber diese seine Sophisterei
schon droben gar laut ausgerauscht habe, so darf es hier kei-
ner andren antwort. Job. Schefplers kehrwisch. I^eisz 1664.
s. 42 ; bei Stieler 1537 auch ausreuschen exsibilare.
AUSRÄUSPERN, exscreare, lussire, ausspeien: zerteilet den
schleim in der brüst und macht ausreuspern. Tablrxaesco.n-
TANDS 927. bei Maaler 45* ausrüspen, wie mhd. riuspen.
AUSRECHEN, everrere: das laub ausrechen; den garten
ausrechen.
AUSRECHNEN, computare, revocare ad calculos, nnl. uit-
rekenen :
rechoets nicht zu dem ergsien aus. H. Sachs III. 3, 79* ;
wie musz ich das ausrechnen schier,
dasz ihr zwen heilig kommt zu mir? Atreh /a«/n. 136';
was potl recht rechnet aus, was golt wo! misset abe,
sieht nie so recht und wol, dasz tadel nichts dran habe.
1.0CAU 1, 9, 34,
der dem reim zu liebe auch einmal ausrechen schreibt:
man soll dir die naticität, Tenebrio, ausrechen,
zu rechnen wer dein vaier sei, das wil den koj)f zerbrechen.
3, 9. S2,
denn ausrecken kann nicht gemeint sein, aber schon Brant
im narrenschif hat ausrechen f. ausrechnen.
AUSRECHNUNG, f. computatio, caiculus: ausrechnung der
gestimwinkel. Fischart bienenk. 11*; nach meiner ausrechnung
müste er ihnen, wo nicht von liebe, doch wenigstens von Ver-
ehrung vorgeredet haben. J. E. Schlegel 2, 190; ich hätte den
ausrechnungen der kalten Vernunft gehör gegeben. Wielaxd
27,276; eine genaue ausrechnung. Kant 8, 304.
AUSRECKEN, extendere, nnl. uitrekken, ausstrecken, hand,
arm, finger, hals, zunge : recket seine hand aus und fasset
das messer, das er seinen son schlachtet. 1 Mos. 22, 10 ; recke
deine hand aus über die wasser. 2 Mos. 7, 19 und sehr oß in
der bibel; nicht wissen noch gesehen haben die Züchtigung
des herm, seine mechtige hand und ausgereckten arm. 5 Mos.
11,2; ich hab meine hende ausgereckt zu dir. Luther 1,42';
denn als ich meine arme ausreckt. Felsenb. 3, 259 ; sie recket
die hand aus, der gäbe zu nahen. Göthe 3, 4 ; gewöhnlich
kann man die breite der gasse mit ausgereckten armen mes-
sen. 27, 104; tn den weisthümern häufig, mit ausgereckten
fingern schwören; mit ausgerecktem halse und aufgerichtem
haupte einher treten. Laurekrerg acerra 247. es heiszt aber
auch finger, hals, ohr aufrecken (w. m. s.). stab und stecken
ausrecken: recke deinen stübe aus, und schlag in den staub
auf erden. 2 Mos. 8, 16 ; da recket der engel des herrn den
stecken aus, den er in der hand hatte, rieht. 6, 21 ; recke den
Zauberstab aus ! Zacharid 2, 85. abstract, wir sagen, das gott
nicht ein solch ausgereckt, lang, breit, dick, hoch, tief wescn
sei. Luther 3, 461* ; nun will ich ihn gern nicht auffordern,
mir doch ein ähnliches so ausgerecktes gleichnis bei dem Tul-
lius zu zeigen. Lessixc 6, 235 ; hergegen fiiilt die stelle recht
wol aus, wenn die ausgereckten, wackelnden, hexametrischen
in kürzere, straffere, jambische glieder zusammen gezogen
werden. BCrcer243*; äuszerst fratzenhaft erscheint der arme
T., der, nachdem er nun zeitlebens gesungen und gezwit-
schert hat, wie ihm von der lieben natur die kehle gebildet
und der srhnabcl gewachsen war, seine individnaliläl durch
<lie follcrschrauben der neuen philosophischen forderungen
seihst auszurecken bemüht ist. Göthe an Schiller 347 ; die be-
inühungen seiner collegcn, den Staatskörper zu einem ana-
gi-amma auszurecken, erhielten von ihm den verdienten bei-
fall nicht. J. Paul Ilesp. 2, 74. sich ausrecken, erstrecken,
ausdehnen :
voift felsen, der par hoch »ich ftben meer ansteckt,
bett er sich nabgestürzi Wirdkrs j4rtM( 5,67;
da kann sich meine seele ausrecken. Klisgers th. 2, 271. Heute
wird dem ausrecken vorgezogen ausstrecken, wenn von rächen,
ausdehnen, wenn von erweitem die rede ist; man sagt die
zunge, den fusz ausstrecken, aber das leder ausdehnen, seine
macht, die grenzen des landes ausdehnen.
AUSREDE, f. pronuntiatio, excusatio, praelextus, ausspradte,
ausflucht, entschuldigung.
1) für ausspräche: ob aber die schlesische ausrede der
meisznischen für zuziehen, lasse ich hochdeutsche redeerfahrne
urtheilen. Hasmann zur poeterei s. 169 ; dasz ich im schreiben
der frembden Wörter nach der hochteutschen spräche und
ausrede gangen. Olearil-s rorr. zur pers. reiseb. ; iiire spräche
und ausrede fält auf die tartarische art. 3,4; nach der teut-
schen ausrede, pers. rosenth. 7, 6 ; ihre spräche prächtig, und
ihre ausrede klang in den obren der frembden um so viel
schrecklicher. Blnaü 1, 60; ihr höret und wisset, dasz ich eine
unförmliche und sehr schwere ausrede habe, welcher fehler an
meiner zunge liegt. Felsenb. 4, 441 ; sie habe eine ausrede wie ein
mann. Hildburgh. dicbsbande s. 49. in diesem sinne veraltet.
2) das gesprochne wort:
und so erbaulich
predigte, dasz hell tönte die ausred, auch in die winkel.
Voss 1, 178.
3) entschuldigung, ausflucht: doch musz ich zuvor eine aus-
rede thun auf etliche bezichtigung, so sie auf mich treiben.
Lm-HER 1, 400'; nit ausred hab I Uhland 601; keine ausrede
suchen. Wickram rollw. 64'; solcher faulen ausreden müszig
stahn. Garj. ISl'; ausred vorbringen. Simp/. 2, 233 ; es ist besser
gar nicht geboren sein, als dieser missethat zur ausrede dienen.
Schiller 1S6 ; nur ein fürstenthum kann meinem geschmack zur
erträglichen ausrede dienen. ISS; er hat allemal eine ausrede;
er braucht ausrede ; nur keine ausrede I
AUSREDEN, eloqui, pronuntiare, loquendi finem facere,
excusare, dissuadere.
1) eloqui, aussprechen, ausdrücken: er ist so heiser, dasz
er kaum ausreden {ein worl hervor bringen, reden) kann; wer
kan die thalen des herrn ausreden? ps. 106, 2; wer wil sei-
nes lebens lenge ausreden ? Es. 53, S ; ich wil euch geben
einen mundj das i^t ein ausreden und sprechen, und Weis-
heit, dem nicht mügen sollen widersprechen alle euer feinde.
LcTHER 1,466'; nu ist bei allen schrifikündigen ungezweivelt,
das Gabriel hie rede nicht von tag^vochen, da sieben tag ein
Wochen machen, sondern von jarwochen, da sieben jar ein
Wochen machen, wie die schrift pflegt auszureden. 2, 247";
welche spräche hat die art, das sie die stücke das ist mein
leib u. s. w. also verstehe oder ausrede? 3, 78; welchs die
andern evangelisten also ausreden. 3, 8S* ; Carlstad kan nichts
ordentliches fassen oder begreifen, vielweniger ausreden oder
schreiben. 3,89'; das ein Deudscher möcht s. Lucas lest bei
sich also ausreden, dieser becher ist das newe testament des
bluts Christi halben? 3,494'; und würde gott geben, das es
auch frucht schaö"ete, mehr denn jemand ausreden möcht.
6, 35' ; welches kein mensch ausreden noch mit gedanken er-
langen kan. 6,203'; des bapstes büberei kan man mit Wor-
ten nicht ausreden. Luthers tischr. 241*. 242'; und ist nicht
wol mit Worten auszureden. Melanchth. im corp. doctr. christ.
165; allerlei latine auszureden. Mich. Ne.\>der bedenken 28;
ein Prediger hoher kunst und treflichs ausredens {Vortrags).
Kirchhof wendunm. 461; weil sie {die Rugianer) rauhe, oder
wie wirs Pommern ausreden, rüge lüde an köpf und bärtea
gewesen sein. Micräliüs 1, 87; es musz ein mensch ihm erst-
lich etwas in seinem gemüte fassen, hernach das, was er ge-
faszl hat, ausreden. Opitz poeterei 29; Seneca, als er das
worl anad'eia wil lateinisch geben, sagt er, so ers wolle
mit einem worte ausreden, möchte es in eine vieldeutung ge-
zogen werden. Hanmann zur poeterei s. 127 ; wenn ich in Fer-
sien ein wort nach unserer pronunciation ausreden und etwas
fragen wollen, hat kein Perser gewust, was ich gewolt. Olearius
lorr. zur pers. reiseb. ; sie haben kein r, daher sie auch Wörter,
so diesen buchstaben haben, nicht ausreden können, das.;
welcher der gröszere sei, redet die parze nur aus.
GörnE 1, 380;
er kommt von Rom und holt mich ab. wir haben
viel auszureden, abzuthun. entschlüsse
sind nun zu fassen. 9, 115;
denn er redet gar manches in seiner heftigen art aus,
dns er doch nicht vollbringt. 40, 275.
in einzelnen dieser stellen kann auch xu ende reden, durch-
sprechen gemeint sein.
59
931
AUSREDEN — AUSREICHEN
AUSREICHEN — AUSREISZEN
932
2) f erorare, finem dicendi facere, fertig reden: und der
herr gieng hin, da er mit Abraham ausgeredt hatte. 1 Mos.
18,33; und ehe er ausgeredt hatte. 24, 15; un 1 da der herr
ausgeredt hatte mit Mose. 2 Mos. 31, 18 ; nachdem er aber vor
dem volle ausgeredt hatte. Luc. 7, 1 ; er mocht dise wort kaum
ausgereden. Garg. 263'; wenn wir unser herz ausgeredet ha-
ben. Gelleht ; kaum ausgeredt. ühland 619 ; als er das wort
kaum ausgeredet. Lokmaii (ab. 14 ; aber er musz mich aus-
reden lassen. ScHiLLEn 207'; weiter! reden sie aus, eher kom-
men sie nicht von der stelle. Göthe 14, 183; hast du bald
ausgeredet? lasz mich nur ausreden.
3) excusare, was gefaszl werden darf : sich oder einen lieraus,
aus der suche reden; niemand ist damit entschuldiget, das im
seine oberkeit so hart den kclch verbeut, als solt hie der gehor-
sam und furcht der strafe uns ausreden mögen. Luther 5,
263"; doch ist das urteil noch nicht gangen, das er noch mag
räum haben sich auszureden. 5, 375'; ich will sie nit ausre-
den und entschuldigen von Sünden Frank trunkenh. H2'; ob
du schon auf meine wort dich ausreden und beschönen kanst.
KiRcniioF wendunm. 51"; welcher, da er für den fürsten kam,
wenig bette, darmit er sich ausreden mochte, ward dcrhalben
in gefengnis gezogen. 450'; da sich der mann ausgeredet
hatte, wegkürzer 7; das vergnügen zu hören, wie ein solciier
mann sich ausredt. Lessing; es redt sich immer einer mit
dem andern aus; so gehts mit dem ausreden! Göthe 14, 298.
4) einem ausreden, dissuadere: einem den aberglauben,
den hasz ausreden, ihii davon abbringen. Stieler 1545 ; und
hättest d : tyuscnd zungen, du solltest mir meinen vorsatz
nicht ausreden. Göthe. 18, 5; die er sich vom aufgeklärten
Stadtbewohner niemals wird ausreden lassen. Tieck gcs. nov.
1, 36 ; er läszt sich nichts ausreden, diese ausdrucksweise,
welche Adelung nur dem gemeinen leben ztieignen will, scheint
erst im 18 jh geläufig zu werden un I auf ein vollerem einem
etwas aus dem sinn, aus den gedanken reden zurückführbar :
als sie Eckarthen so bestürzt sahen, wollen sie ihm alles aus
dem sinne reden, unw. doct. 652. beides aber klingt edel und
unanstöszig.
AUSREDLICH, effabilis, unausredlichin^afci7is. Stieler 1545.
AUSREG.NEN, desinerc pluere, nnl. uitregenen : es hat aus-
geregnet, pluvia cessat, die wölke hat sich ausgeregnet, dann
auch transitiv, pluendo cavare: die wege sind ausgeregnet;
dann durch haselgebüsch den ausgeregneten pfad auf
steigen sie. Voss 1, 20.
AUSREIBEN, exterere, nnl. uitwrijven,
1) äiiren ausreiben, exterere spicas, die körner aus den ihren
reiben und essen, goth. raupidedun ahsa jah matidedun bnauan-
dans handum, äriXXov xpcoxovres, Luc. 6, 1, ags. ear plucce-
don and mid heora handum gnidon, vgl. Matth. 12, l. Marc.
2, 23 tnd 5 Mos. 23, 25; im Schwabcnsp. 172 s. 168 Wack.
unde get ein man in einen esch, er sol der eher brechen
mit siner hant und ribe die und ejje des kornes ; du solt
in diu kern gän und solt des roggen riben. 3/5.2,101'; und
sättigte mich mit ausgeriebenen waizen. Simplic. 1, 67.
2) klcidcr ausreiben, exterere tnaculas, die flecken aus den
rücken reiben, den koth ausreiben :
lial)i ilir viel kleidcr sampt den weihen,
liahn die magd desi nielif ausziireibcn
und die »chaben dest mehr zu fressen. H. Sachs I, 471''.J
3) die äugen ausreiben, sich die äugen ausreiben, den schlaf
ausreiben, den schlaf aus den äugen reiben:
kaum die au^en ausgerieben, Kinder, langewcilt ihr schon ?
GöiHE 41, 207.
4) einem beim had die haut ausreiben, einen ausreiben
{vgl. abreiben), defricare, hart ausreiben, aspere tractare: so
hett ich es gut im sinn, ich wolt ihm das bad gesegnet und
ihne ausgerieben haben. /c6en«6. Götz von Berl. 103;
si band einander wüst u.sprihcn,
sind doch bi allen eren bliben. fasln, sp. 896, 7;
du hast uns trocken ausgcriben. Garj. 135", im trocknen prü-
gelbad; mich vor aller weit also uszribcn! mich so öffentlich
mishandeln I
5) die Schuster reiben, mit einem eignen ausreibholz, die
nähte an den schuhen aus, machen sie (ben. auch fehlerhafte
Zeichnungen werden ausgerieben.
AUSREICHEN, extendere, atlingere, erreichen, hinreichen,
nnl. uilreiken.
1) ausreichen, ausstrecken,- darreichen: beide armen aus-
reichen, extendere. unw. doct. 084 ; zum fensler ausreichen.
2) erreichen, durch ausstrecken: der apfel hängt zu hoch,
du kannst ihn nicht ausreichen ; zu kurzsichtig, mein ganzes
auszureichen, zu kleingeistisch mein groszes zu begreifen.
Schiller 102 ; wenn das genie des acteurs nicht beides aus-
reichen kann. 699.
3) ausreichen, auslangen, auskommen, satis habere: der
Schneider reicht mit dem tuch, der maurer mit dem kalk
nicht aus.
4) ausreichen, satis esse, hinreichen: das tuch, das geld reicht
nicht aus; ausreichend, sufficiens; ausreichend unterstützt;
das arme thier
schien kaum belebt genug bis Bagdad auszureichen.
"WiELAND ;
über das allgemeine, was in den wanderjahren etwa beab-
sichtigt, in welchem sinne sie geschrieben, haben sie gar man-
ches gute und ausreichende gesagt. Göthe an Rochlilz 57.
AUSREICHEN, n. extensio: nun merken die ding wol und
eben, denn sie haben ein weit ausreichen (weile ausdchnung).
Paracelsus 2, 170'.
AUSREICHLICH, sufßciens, hinreichlich: eine ausreichliche,
ausreichende summe, vgl. reichlich.
AUSREIFEN, justam capcre malurilalem: heuer reifen alle
fruchte herlich aus ; ausgereiftes obst, poma matura et sole
cocla; in deinen erquickenden strahlen reift ich zum men-
schen erst aus. Fr. Müller 1, 19.
AUSREIHEN, removere, ausrangieren, aus der reihe stellen :
ein Soldat wurde ausgereiht.
AUSREINIGEN, expurgare: obgleich die sündflut alles Un-
kraut der allen weit weggespült halte, so blieb doch einiger
sainen desselben in der erde zurück und vermutlich wird sie
nur das feuer einst ganz und gar ausreinigen. Klinger 6, 20 ;
gewisse Schönheiten zu erblicken musz man das herz ebenso
ausgereinigt haben, wie den köpf. .1. Paul uns. löge xxi ; eine
pillula perpelua, die der patient unaufliörlich einnimmt und
die ihn unaufhörlich ausreinigt. Tit. 1, 25 ; gescliwüre ausrei-
nigen.
AUSREINIGUNG, f. expurgatio, ausführung : die ausreini-
giing des schwarzen safls. hebamme 817.
AUSREISE , f profeclio, abitio, nnl. uitreis : unsere aus-
reise aus Muscau. pers. reiseb. 1, 15; das von ihr angezeigte
datum der ersten ausreise. Lessing 9, 209. gegcnsatz, rückreise.
AUSREISEN, percgrinari, proficisci, abreisen, nnl. uilreizen
(eigcnllich ausreisen, exire, aus der stadt, dem lande; abrei-
sen, abire, von dem ort. s. ausIL 1. 2): und reisete aus und
durchwandeile nacheinander das galatische land und Phrygiam.
apost. gesch. 18, 23 ; wolle des andern tages ausreisen. 20, 7 ;
Zenodolus ist gegen morgen ausgereiset. Micbälius l, 10; dasz
ihm {dem Salomo) allzeit 6000 reisigen oder einspännigen ha-
ben aufwarten müssen, welche den könig begleitet, wann er
hat ausreisen wollen. Scuuppiüs 108 ; hast du auch des aus-
reisens satt, wolltest jetzt hübsch gut thun und hier bleiben?
Fr. Müller 1, 318 ; es war ausgemacht, dasz ich über einige
zeit als geselle auf meine künste und Wissenschaften reisen,
oder wie man es in Kurland nennet, ausreisen und das haus
meines valers verlassen sollte. Hippel 1, 119. das nennt man
überall so.
AUSREISEN, deciderc, abreisen, nnL uitrijzen : was nu von
diser regel abweicht und von diser göttlichen Ordnung aus-
reiset, das ist unecht. Melanchtii. im rorp. doclr. ehr. 429 ;
besser ist es ein wenig zu früh, als ein wenig zu spat an-
fangen {ernten), weil, wann es üherzeiligl, viel ausreiset. Hoh-
behg 2, 51' ; so ist der sand nach und nach ausgeriescn {aus
dem locherigen geschirr gefallen). 1, 094*. ». abreisen.
AUSREISZEN, evellere, runipi, discedere.
1) die transilivbedcutung vettere ist die ursprüngliche: iiaarc,
hart, Zähne, äugen, zungen, hörner, federn, kräuter, blumen,
bäume, wurzeln, steine, felscu ausreiszen, gewaltsamer als
ausziehen, bei haar, hart, feder, pflanze gtetchbedeutig mit
ausraufen, nachdem man die steine ausgerissen hat. 3 Mos.
14, 43; wiltu den leulcn auch die äugen ausreiszen. 4 Afo.":.
16, 14 ; ir hellet ewer äugen ausgerissen und mir gegelien
{goth. augüna izvara usgrab.indans), Ca/. 4, 15; denn dein ole-
bawin wird ausgerissen werden. 5 Mos. 28, 40 ; sihe, ich setze
dich heute dieses tages über Völker und königreiche, das du
ausreiszen, zubrechen, zerstören und verderben soll, und baweij
und pflanzen. Jcr. 1, lO; sihe ich wil sie aus irein lande au.s-
reiszen. 12,14.15.17; für welchem der fordersleu hörner drei
ausgerissen wurden. ZJiih. 7, 8;
933
AUSREISZEN
AUSREISZEN — AUSBEUTEN
934
der teufe! im die se! zum leib ausrisz. Uhland 151 ;
man musz euch zung zum nack ausreiszea. FI. Sachs IV. 3, 23';
dasz im die braut im schlaf die äugen ausrisz. Garg. 6l';
risz den mucken die füsz aus. 129'; pfawenfedern ausreiszen
lassen. Philand. 1, ll ; reiszt pohl und acklei aus. Flexikc 49 ;
wer eeprüflen rath verachtet
und ihu {Amors pfeil) auszureiszen trachtet,
der zerfleischet ganz sein herz. Bchger;
Über jeden (aus der mitte, dem Zusammenhang) ausgerissenen
punkt. Fichte sonnenkl. her. 161; im heftigen schmerz sich
die haar ■ ausreiszen. einem den ermel ausreiszen, ihn zum
dableiben nöthigen, scheint bloss nach dem lat. paenulam ali-
cui scindere.
2) einigemal für entreiszen, eripere, aus der hand reiszen:
so ihut der vater auch,
der alles bat erzeugt, und reiszt uns dem gebrauch
der scharpft'n guter aus, darein ein men>ch sich stechen,
ja seel und hals zugleich darüber könie brecbea.
Opitz 1, M;
Hermann reiszt dem Manlius den bauptadler aus. Lobensteii«
Amt. 1, 3.
3) sich ausreiszen, se evellere: saget zu diesem maulbeer-
bawm, reisz dich aus und versetze dich ins meer, txotZcö-
d'Tjri, goth. uslausei J)uk us vaurtim. Luc. 17, 6 ; ich wil aus-
gehen, ich wil mich ausreiszen, vulg. me eicutiam. rieht. 16,
20 ; wie der mönch sich von der wacht ausrisz, die in ver-
wart. Garg. 255*; ich will andern von den königen zu reden
gern gönnen, und mich mit dem niderträchtigen völklein über-
werfen und ausreiszen (je parlerai des gens de bas estat).
groszm. 47; so hast du zimlich vil gelernct und wirst dich
in der weit wol wissen auszureiszen (durchzuschlagen). Scuuf-
pius 838.
4) weit üblicher als diese reflexive form ist die intransitive,
mit dem sinn von rumpi, diseedere, ausbrechen, sich auf die
flucht machen: die naht reiszt aus; der knöpf reiszt immer
aus; das kleid, der ermel, das band reiszt aus, bricht, zer-
fasert sich; der dämm reiszt aus, das wasser, die flut reiszt
aus, durch den dämm und figürlich, aber schön: die geduld
reiszt aus, geht aus, bricht, palienüam aliquis rumpit, der ge-
duldsfaden reiszt ab. durch sein wort wehret er dem meer, das es
nicht ausreisze. Sir. 43,25; der art seind, die mitten in der
passion weit ausreiszen (davon gehn). Luther 1, 167" ; als er nu
hinein komen, brach und reisz er aus zu allen seilen. 3,336';
darumb ist Herzheimer zu rathen, dasz er bei zeit und mit
ehren ausreisze. Luther fcr. 4, 503; ausreiszen und davonflie-
gen (vom adler). weidwerk 2, 9* ; geschwindigkeit, dardurch er
(der hase) den hunden ausreiszt (entrinnt). I, 86' ;
wir zwen armen verräther
rissen aus wie das schären leder (schaßeder). Atrer321»;
wie wann die nachtigal, vom keficht ausgerissen,
bin in die lüften kömpt. Opitz Zlatna im eingang;
schweig, eh ich ganz beginn in eifer auszureiszen. 1, 172;
die spräche, für der vor viel felnd erschrocken sind,
vergaszen wir mit fleisz und schlugen sie in wind.
bis euer groszes herz ist endlich ausgerissen,
und hat uns klar gemacht, wie schändlich wir verlieszen
was allen dort gebührt. 2,46;
ein pferd, das immer zu bei vollem fuilcr stehet,
das nie geritten wird, nie an den wagen gehet,
wird wilde, beiszt und schlägt, trägt keinen reuter nicht.
so reiszt der mensch auch aus, wann ihn der haber sticht.
3,272;
dergleichen krieg pflegt gott uns menschen gut zu heiszen,
und pfleget selten auch zum ärgsten auszureiszen. 3,303;
des Ephraim geschlecht, im bogenschleszen
wol ausgeübt, ist dennoch ausgerissen
und von der »chlacbl geharnischt durchgegangen, ps. 149;
wo ist der fürst» 'er blieb noch, als ich ausgerissen.'
Grtpbius 1, 72;
doch meine jugend liesz gelbst ihre blum nbwehen,
als mich der westenwind der geilheit ühcrliel,
bald risz ich weiter aus und uTberschritt das ziel. 1, 246 ;
welch geheimnis, das euch durch die lipp ausreiszt? 1,695;
wann nicht geqiiälei würd der mann von so viel plagen
des arirwohns, des Verdachts, der furcht, der angst, der klagen,
der marter und der pein, so endlich gar ausreiszt
in ein unsinnigkeit, und so man eifer beiszt.
Werders Ariott 30, 1 ;
wo an*ehn mehr nicht ist, wil auch nicht folge sein,
wo folge reUxet aus, kan Ordnung nicht bestehen.
LooAt; 2, 3, 64 ;
wir reiszen aus, verfolgt! Gü.ithir 125;
die gedult selbst, wenn sie zn oft angegriffen wird, beginnet
mit der zeit empfindlich zu werden und auszureiszen. Hahn
4,164; meine geduld wird ausreiszen. Lessisg 2, 482; er er-
hörte mich, antwortete die gemse, da ich ausrisz und gebar.
Herder 9, 47 ;
nun wollte sie
an die liebe,
da risz ich aus. Göths 5, 217 ;
ausreiszen ist das deutsche tcort ßr desertieren: drei Soldaten
rissen heute nacht von ihrem posten aus ; einige bemerkten,
ich sei von armer familie, dazu ein ausgeriszner soldat. der
arme mann im Tockenb. 204. vgl. austreten.
AUSREISZEN, n. fuga: wann es an ein ausreiszen gehet.
Rectter 27.
AL'SREISZER, m. desertor, Überläufer, der seine fahne ver-
lassende Soldat, auch bergmännisch, ein erzlrumm, das sieh
vom hauptgange zu tage wendet.
AUSREISZIG, seinen posten verlassend? item es soll auch
keiner nach besetzter wacht ausreiszig sein. Fro.nsp. kriegsb.
1, 118'.
AUSREITEN, nnl. uitrijden, in mehrfacher bedeutung,
1) evehi equo: wir sind gestern von Rerlin ausgeritten;
dep herr ist nicht zu hause, er ritt eben aus ;
mhd, sus reit er üj und lic; in da. Iw. 963;
nhd. mit lust tet ich ausreiten
durch einen grtinen Wald. Uhlamd60;
und da d«r hübsche Schreiber
zu der hohen tür ausreit. 229;
ich will zu laad ausreiten. 330;
es begab sich einmal auf ein zeit,
dasz der reich karge mau ausreit,
der reich man was geritten aus,
ein heiler kam im für das haus. 737 ;
wenn ir den firwitz recht betracht,
den dann wir welber han zu zelten,
ir lieszt uns nit als viel ausreiten.
fastn. sp. 388, 13;
und die reitende boten auf den meulem ritten aas schnell
und eilend. Esth. 8, 14.
2) equum vehendo exercere: das pferd soll öfter ausgerit-
ten werden; wenn Stein noch zu haus ist, sagen sie ihm,
ich möchte gern das neue pferdchen stallmeisterlich ausrei-
ten. GüTHE au fr. von Stein 1, 98. im scherz, ich will mei-
nen neuen mantel ausreiten, den leuten zeigen.
3) percurrere equo:
ein gebäude steht da von uralten Zeiten,
es ist kein tempel, es ist kein haus,
ein reiter kann hunden tage reiten,
er umwandert es nicht, er reitets nicht aus.
Schiller 74*.
4) exterere calcando ungulis equi: der haber wird ausg©-
ritten, auf der tenne von pferden ausgetreten.
AUSREITER, m. apparitor equester, excursor.
AUSREITEKN, cribro secemere.
AUSREIZEN, excitare: ob sein Ordnung hiemit gehindert,
zertrennt, oder in ander weg ausgereltzet und von einander
gebracht. Fro.>sp. 1, 165' ;
reichtumb. gailheit, stolz und pracbt
hat die pfaffen so verbailzet,
und gelehrter lasier macht
hat sie so weit auscreraitzet,
dasz verkehret sie jctz seind
goues feind, des teufeis freind. Weckhiklin 506.
ein selten gebrauchtes wort, mit nicht ganz klarer bedeutung.
AUSRENKEN, luxare:
die muuer komm und schau ihr umgesprüutes blut,
die ausgerenkten arm. Grtphiis 1, 522 ;
dasz sie rücklings vom sessel fiel und einen schenke! aus-
renkte. MosAEUs 4, 36; sich eine hüfte ausrenken. J. Padl
utij. löge 3, 29; durch solche ausgerenkte maximen, halbver-
standene gesetze und zersplitterte lehren. Götbe 25, 10.
AUSRENNEN, excurrere, zumal gegen einen, wider etwas:
nütd. da; sin hüsfrouwe oder sin friundin
iht sprechen, er si mit iammes vellen
üj gerant gin riters vellen. flenn. 21530.
beide reiter rannten heftig gegeneinander aus; er rannte in
gerader richlung aus wider das scheuerthor; die stelle, von
wo man ausrannte; und nun liesz man die einbildungskraft
aiisrennen. Wiela.xd li, 357. transitiv, bis wir uns das ge-
birn an einander ausgerennt haben. Tieck 2, 139.
AUSIHvl'FEN, s. ausraufen.
AUSREUSFERN, s. ausrüuspem.
AUSREUTEN, evellere, exstirpare, gilt blosz von gewachsen,
59*
935
AUSREUTEN — AUSRICHTEN
AUSRICHTEN
936
nicht wie ausraufen, ausziehen von haaren und federn, welche
umgekehrt nicht den sinn des ausroltens und vertilgens haben :
und gleich wie ich über sie gewacht habe auszureuten, zu
reiszen, abzubrechen. Jer. 31, 28; ich wil euch pflanzen und
nicht ausreuten. 42, 10; was ich gepflanzt habe, das reute
ich aus. 47, 4 ; ja, ich wil die menschen ausreuten aus dem
lande, spricht der herr. Zephan. 1, 3; alle pflanzen, die mein
himmlischer vater nicht pflanzet, die werden ausgereut. Malth.
15, 13 ; als wer wil Emsern die gnade geben, dasz er solchen
irrthum und lügen seines büchiin wider ausreute, wie er
schuldig ist? Luther 1, 381" ; ergernis und misbrcuch auszu-
reuten. 8, 210';
und möcht durch anzal böser laut
ir lob nie werden ausgereut. Schwahzenb. 152';
der nit bringt gute frucht uf erden,
der sol uszgrüt und verbrennet werden.
trag. Joh. h 5 ;
die natur so ganz und gar
ausgereutet kan werden nicht. Äther 161*;
dasz sie ihnen (Jesum) gar ausreulen und an das creuz schla-
gen sollen. Ayrer proc. 2, 5 ; man wird dem wolf die art des
wolfes nicht ausreuten, pers. rosenth. 1, 5;
es ist dein aigen wort, das discr stolze drach
wil durch sein gilt und macht ausreuten.
Weckherlin 188;
gott thut, wie gärtner pflegen,
propft, reutet aus, versetzt. Fleming;
wir wollen slamm und zweige
und Wurzel reuten aus. Grtphius 1, 114;
gewolinheit und natur sind schwerlich auszureuten.
GÜNTHER 1011 ;
80 bin ich doch nicht gesinnt, alle menschen zugleich und
ohn unterscheid auszureuten. Simpl. 1, 261; das kraut reutet
die Zahnschmerzen aus. Hohberg 1, 566' und so ößer;
nicht den, der in der brüst die tugend ausgereutet.
i. E. Schlegel 1, 351;
die nessel ausreuten. Gökingk 3, 109.; nicht hinlänglich alle
etwa noch übrigen groszmütterlichen scrupel (vcteres avias,
wie sie Juvenal nennt) aus dem gründe auszureuten. Wie-
land 15, 325; die wurzel einer alten religion auszureuten.
Schiller 790;
ausreuten mögest du der freyler brut! Stolberg 15, 239;
dasz wir die wurzeln
zusamrot dem bäum ausreuten. Tieck 3, 384;
ein gartc^ibeet,
dem jede falsche nessel ausgereutet. PlatenCO;
dieser giftige gedanke zwang alles auszusterben und reutete
zuletzt auch den egoisten selber mit aus. J. Paul teuf. pap.
1, XXI. s. ausrotten.
AUSREUTUNG, f exstirpalio : die blosze ausreutung der
galgen. J. Paul teuf pap. 1, 71.
AUSRICHT, perfunctio, exsecutio, Verrichtung, ein seltnes,
dem geschlecht nach unsicheres wort: hatte ich gaste ... gott
aber gab gnade, dasz ich guten leuten allemal ausricht thun
mochte, also dasz sie wol zufrieden waren. Schweiniciien
2, 183. gewöhnlicher ausrichtung.
AUSRICHTEN, instruere, apparare, exsequi, ahd. mangelnd,
mhd. kaum vorblickend, im 16. 17 jh. ungemein häufig und
vieldeutig, dem heutigen anrichten, entrichten, errichten, ein-
richten, verrichten, zurichten, berichtigen entsprechend, auch
das nnl. uitregten erscheint unhdufiger, das schw. uträtta, ddn.
udrctte, isl. ötretta sind germanismen. die erste bedeutung
war recht, gleich, eben machen, in die rechte läge bringen,
ins werk setzen.
1) dies zeigt sich noch am bergmännischen Sprachgebrauch,
wenn der kübel im gange stecken bleibt, wird er ausgerichtet,
d. h. gerade gerichtet, wieder losgemacht; einen gang, neuen
hau ausrichten will sagen zurecht bringen, ausfinden, entdecken.
die kupferschmicde richten beulen im geschirre aus, machen
sie eben, bringen sie durch hammerschlag weg. weidmännisch
isl ausrichten das sichern der fährte mit dem hund.
2) ausrichten hcisxt nun auch bezahlen, entrichten, eine
schuld ausgleichen, wctl machen, gelten, berichtigen (Mai.taus
78): da er aber d.is geld, das er dem kiinige versprochen
hatte, niciit kernte ausrichten. 2 Macc. 4, 27 ; er (der zinskauf)
reiszl aber ein in die groschen und pfennig und ül)et siiih
hie niden in gar geringen summen, die man leichllich mit
geben oder leihen ausrichtet nach Christus gebot. Lctiier 1,
197*; damit man kein landstewr dürfte auf den armen an-
legen, sol mans von diesem Überschüsse ausrichten. 3, lU"';
zins ausrichten und bezalen. wcislh. 1, 790. 2, 170. 171. 173 ;
haber und hun ausrichten (entrichten). 2, 191 ; geleit ausrich-
ten (bezahlen). 3, 751 ; die kosten ausrichten. 3, 753 ; die busze
ausrichten. 3, 425 ; den solde ausrichten und bezalen. Chmel
Maximilian s. 8 ; daz ir von unsern wegen ausrichtet und be-
zalet benantlichen sechzig guldin. s. 12. 13; mit sambt an-
derm gelt, so ir vormals etlichen ausgericht habt. 13; daz ir
ime die zerung auf sein quitung ausrichtet, gebet und da-
mit nicht verziehet, s. 68 ; die soldner ehrlich ausrichten.
Ponlus 50; sie haben mir den tribut noch nicht ausgericht.
Fierabras 0 5;
ich weisz, er rieht uch erlich us
um das nüw und um das alt. fastn. sp. 829, 19;
wie wol ich hab auf siben pfund
ir zu dem grabgelt ausgericht. H. Sachs I, 828';
wer gest wil hon, der richts auch aus (besorge sie).
Scheit grob. Q3;
einem das geld ausrichten. Opitz Arg. 1, 650.
3) ebenso das übernommne und aufgelragne avtsrichten, besor-
gen, vollbringen, erfüllen, verrichten, sache, geschäft, bestellung,
amt, Opfer, befehl, geschenk, grusz : und der knecht erzelet Isaac
alle Sache, die er ausgerichtet hatte. 1 Mos. 24, 66; das ge-
schefte ist dir zu schwer, du kansts allein nicht ausrichten.
2 Mos. 18, 18 ; der gesang der senger, das drometen der dro-
meter weret alles, bis das brandopfer ausgericht war. 2 chron,
29,28; ich hab ein grosz gescheft auszurichten. Nehem. 6,3;
lobet den herrn ir seine engel, ir starken beide, die ir seine
befelh ausrichtet, ps. 103, 20; sein beer ist ser grosz und
mechtig, welchs seinen befelh wird ausrichten. Joel 2, 11 ;
wer seine sache durch einen törichten boten ausrichtet, der
ist wie ein lamer an füszcn. spr. Sal. 26, 6 ; darnach stund
ich auf und richtet aus des königs gescheft. Dan. 8, 27 ; und
er richtet sein ampt aus auf dem altar. Str. 50, 16 ; richte
dein ampt redlich aus. 2 Tim. 4, 5 ; und das du verkündigst
für den ehren deiner kinder was ich in Egypten ausgericht
habe. 2 Mos. 10, 2; bis das alles ausgericht war, das der
herr geboten hatte. Jos. 4, 10 ; so mache dich auf und richte
es aus. i chron. 23, 16; und gibt für, er wolle von wegen
meines gn. h. alles gütlich und velerlich ausrichten. Luther
1,119"; er höret nicht ehe auf, er habe denn sein werk aus-
gerichtet. Luthers tischr. 204"; amt ausrichten. Eulensp. 89;
ich habe eine fröhliche botschaft auszurichten; er richtete
einen schönen grusz, die besten empfehlungen aus.
4) man sagt, es, etwas, die sache wol oder übel ausrich-
ten, einem seine sache ausrichten, viel oder wenig, alles orfer
nichts ausrichten: die sach ausrichten, weislh. 2, 273; rechts
helfen und ausrichten. 3, 548 ; ich kan die sach nit ausrich-
ten, schimpf und ernst cap. 128 ; so oft sie der herr fraget,
ob auch das oder dieses geschehen were? so sprach sie all-
zeit, es were lang hievor ausgericht. Frey garteng. 73'; wer
aber immer zutruckt 'cras, cras' der rieht nimmer icht aus.
Agricola spr. 15"; es ist besser nicht bawen, dann nicht aus-
richten. 15"; der priester wolt sie nit ausrichten (absolvie-
ren), schimpf und ernst, wozu auch eine bei Oberlin 77 ange-
zogene stelle stimmt;
sint mir cur leib ist allzu kark,
so musz ich zu einer niilten gan,
die mir mein sach ausrichten kan.
fastn. sp. 661, 13;
was wollen wir aber singen?
wir singen ein neus (gedieht
wol von dem landgrafen aus Hessen,
wie ers hat ausgericht. Uhlanu 549;
setzten dapfer in unser volk, aber richteten wenig aus. Garg.
205"; da redete ich auch von dieser maleri und meinete ich
hätte es wol ausgerichtet. Schuppius 382 ; ich habe weder
dem neugierigen durch nachrichten, noch dem forschenden
durch vernunftgründe etwas ausgerichtet. Kant 3, 104 ; ihr liabt
es auch wacker ausgerichtet. Tieck Sternb. 1, 206; das was
unmöglich scheint auszurichten, ges. nov. 1, 157 ; wenn ich so
nicht etwas ausrichte, so richte ich nichts aus. Lichtenberg
1, 11. damit ist schon viel ausgerichtet, erlangt, damit ist
wenig, nichts ausgerichtet, vollbraclit, gelhan, damit wird nichts
auszurichten sein :
ja, wcnns mit saufen wer ausgericht. H. Sachs 1,480*;
mit spanischen galeassenlhttrnen rieht man nichts gegen ihnen
aus. Garg. 224'; denn ich gar wol weisz, dasz es mit der
poeterei alleine nicht ausgerichtet ist. Opitz poet. l' ; es isl
damit noch nicht ausgerichtet. Günther 2;
937 AUSRICHTEN
'uein, ja, ich wcisz es nicht'
hat wie l\ir alter zeit disz ding nicht ausgericht.
LoGAü2, 1,38;
es ist nicht mit dem bloszen wissen ausgerichtet, sondern
wissen und thua musz bei einander sein. Schüppios 639;
mit dem maulspitzen ist es nicht ausgerichtet, es musz ge-
plifTen sein.
5) seine nothdurft ausrichten, heule veirichten, necessitali
parere: da ein kind mit zucht und heimlich seine not ausrichtet.
Luther 4, 3S3'. etwas ausrichten, anrichten, anstellen : wenn
sie {die kinder) was ausgerichtet oder angestellt haben und
der praeceptor hinter sie kompt mit der ruthen, so sprechen
sie gleich, 'ach lieber herr magister, schonet doch!' Schup-
pius 409. die hochzeit wurde auf des oheims schlosz ausge-
richtet (angestellt, gehalten). Göthe 19, 333 ; der aus noth ge-
drungen ist ein mahl auszurichten (auf seine kosten anzustel-
len). Hippel lebensl. 1, 70; ein gastgebot, eine kindtaufe aus-
richten, die kosten davon tragen, bezahlen (unter 2). ausrich-
ten, abthun, abmachen: das sei von der historien genug
geredt, alle punct können wir nicht ausrichten (abtnun,
berichtigen). Luther 4, 216* ; dis gehäders kamend abt und
statt also an einander, dasz es nach langem durch ein päbst-
lichen legalen ausgericht (zu recht gebracht) ward. Stumpf 2,
39'; weil aber der erzpriester sich seiner Zuspruch willig
verziege und liesz sich gütlich ausrichten (abfinden). Mathe-
sics 135*; so lang not da ist zu essen, so lang ist nit
da fraszhait, das ist auszgericht (ausgemacht). Keisersb. sibai
scheiden 6 ; und ist wol ausgericht. schimpf u. e. 252 ;
man nit weisz,
in welchem land es sei geschehen,
im Schweizcrland ists freilich nicht
geschehen, das ist ausgericht {sicher, ausgemacht).
Alberus40*;
in der speiunken möcht ich nicht
haushahen, das ist ausgericht. tl7';
was dieselbige bedeute, bin ich selb nicht übrig gewis, doch
wollen wir uns dran versuchen, wenn wir das evangelium
haben nach seinem schriftlichen und heubtverstand ausge-
richt (ausgelegt). Luther 1, 555* ; diesem nähert sich die bedeu-
lung eines mhd. üjrihten :
wiltu mir üjrihten dit. pass. Köpke 646, 72,
d. h. recht, gerade, verständlich machen, ausrichten, einrichten :
der kauz hats auch so ausgericht,
dasz er bei tag darf fliegen nicht. Albehus 114';
gute frauen würden vielleicht seltener sein, wenn die män-
ner richtige begriffe von dem hätten, was den wahren werth
eines frauenzimmers ausmacht und folglich im stände wären,
ihre wähl darnach auszurichten, die Lucius an Geliert...,
ausrichten, meinen, ausdrücken : es ist deutlich und dürre ge-
setzt 'selig sind die armen', und stehet doch dabei das wört-
lin 'geistlich arm', also das auch nicht damit ausgerichtet
ist, das jemand leiblich arm sei und kein gcld und gut habe.
Luther 5, 348'. ausrichten, errichten, ausfertigen:
ein testament
das solt ihr bede herrn ausrichten. Atrer 202'.
ausrichten, vollbringen, zu wege bringen, hervorbringen : meine
krcftc und meiner hende slerke haben mir dis vermügen aus-
gericlit. 5 Mos. 8, 17 ; an dem aber ist kein zweifei, die ersten
kupfcrerz und eisenstein sein am berg Liban(jn ausgerichtet.
Mathesius 71*. verrichten, vollbringen: wenn zwei körper eine
wirkling ausrichten. Kant 8, 131 ; wenn das reden und spielen
durcli maschinen ausgerichtet würde. J. Paul teuf pap. 1, 59.
warlich ich sage euch, ir werdet die Städte Israel nicht aus-
richten (non consummabitis), bis des menschen son kompL
Matth. 10, 23. Luther 3, 121. die gerichtlichen bedeutungen des
ausriciitcns , pracstarc evictionem und litem per sententiam
finire finden sich bei Haltaüs 78. 79 näher belegt und erläutert.
6) hieran reiht sich ein früher ganz häufiges, jetzt erloscli-
nes ausrichten mil dem acc. der person und der bedeutung von
expedire, abfertigen oder berichten: nit darumb, das du umb
wollest laufen von ainer zu der andern und iederman ausz-
ricbten (aburtheilen). Keisersb. hat im pf. Bb 3' ;
wem darnach mcr zu klagen pcrall,
den sol man auch auszrirhicn Tort
nach anklag und nach der aniwort. fa*tn. sp. 234, 8;
ob iemani vor im (Salomou) zu schafTen hctt,
der wird hie kurzlich auszgericht. 523, 10,
d. t. tdinell mit seiner klage gehurt und gerichtet, daraus
AUSRICHTEN— AÜSIUCIITIG
938
entfaltete sich aber der sinn eines übel abfertigens, übel zu-
richtens, verspottens und mishandelns :
auch solt ich sie ausrichten. Haüpt 9, 82;
der rieht in aus wol nach der paus,
red im nichts guts am rücken. Ambr. Ib. s. 19, 11;
blieben sie huren,
und lieszen sonst from leut ohnausgerichtet. s. 334, 21;
und wem die allen mütterlein nicht,
ich würd noch übler ausgericht. H. Sachs IL 4, 4';
wie si ainandcr richten ausz. Murner sc/ie/m. 20, 9 ;
nachreden und die leut ausrichten. Scueit gro6. PI;
wie schmehlich, schendlich, lesterlich und hönisch ich da von
ir und andern ausgericht, ist nicht für froincn leuten zu re-
den oder zu schreiben. Luther 2, 384'; so schemet sich Mo-
ses nicht, seine groszveter so zu schmehen, das gnug were,
wenn er seine feinde so ausrichtet. 4, 199'; afterreder haben
sonst nichts zu schicken, denn das sie die leute ausrichten.
das.; glaubt kain mensch, wie übel die Sophisten den Petrum
Lombardum handeln und ausrichten. Melanchtho.n hauptart.
bl. 57 ; gehorent nit mer, als genzlich hindan gewisen und
uszgericht. Reuchlin verst. 10*; saufen, spilen, hurn, schla-
gen, die leut auszrichten ist ihr feier. Frank tce/iö. 133'; ich
hab sie übel mit worten ausgericht. Boccaz 56; einen übel
ausrichten und butzen. 57 ; jetzt ward der sentenz gefeit,
dasz ich kein doctor were. der frombkeit wegen richtet mich
der prediger und der pfarrer aus, dieweil und ich der Venus
kein zutitler bin. Paracelsus 1, 356' ; anfahren und so übel
ausrichten, dasz ein hund nicht ein stuck brots von ihm ge-
nommen hett. Alberüs 6'; wann man das weib schiltet, ver-
fluchet und auf das schnüdest ausrichtet. Fischart e/tz. 16 ;
schelt, schmähe und rieht die leut weidlich aus, wann es
schon nit war ist. groszm. 75 ; schalkheit ausrichten. Eulensp. 87 ;
man pflegt im schif zu thun sonst nichten,
dann dleut vexiern und ausrichten.
Ma.ngold markschifs nachen 1597;
die ruh fällt in den mittelpunct, bei Lupa aber nicht,
wer hier kämmt her iwd sucht zu ruhn, wird schändlieh
ausgericht. Logau2, 3, 45;
behüte dich gott, weit ! dann deine diener haben keine an-
dere arbeit noch kurzweile, als faulenzen, einander vexieren
und ausrichten. Simpt. 1, 553; den schalk zuvor in seinem
busen sehen ist besser als andere leut ausrichten. Lehhanx
102; wer mich ausricht, gedenkt sein nicht, gedächt er sein,
so vergäsz er mein. 2, 4S9.
AUSRICHTER, m. exsecutor: also gar viel eines bessern
testaments ausrichter ist Jesus worden. Hebr. 7, 22, vgl. Haltaus
80 ; befohlener dingen fleiszige nachsetzer und ausrichter.
Kirchhof wendunm. 356*; ein paar rüstige Jünglinge (Romulus
und Remus) hüben auf dem hügel den grund zu palästen der
herren der weit gelegt, an dessen fusz sie die willkür des
ausrichters zwischen morast und schilf einst hinlegte. Göthe
27, 268. bergmännisch heiszt ausrichter der arbeiter, welcher
das seil bei dem ausfördern richtet, ausrichter eines gangs,
der ihn entdeckt hat.
AUSRICHTERIN, f exseculrix: wo hätte sie eine geschick-
tere ausrichterin ihrer auftrage finden können? Wieland 28,
204; eine gunst, welche die Vernunft, als gesetzgeberin des
menschlichen baues, der natur als ausrichterin ihrer gesetze
erzeigte. Schiller Uli; sich die Vernunft des geschöpfes zur
ausrichlerin dieser absieht ersehen. Kant 4, 12.
kVSRlCllTlG, cxpedilus, promtus, anstellig: da Salomo sähe,
dasz der knabe ausrichlig war, satzt er in über alle last des
liauses Joseph. 1 kön. 11, 28 ; er war der schleunigst uud aus-
richtigst unter allen, die an Sauls hofe waren. Luther 3, 427';
Justinianus, in allen bürgerlichen, sittlichen sachen ausrich-
tig, wunderlhätig und gewinscht. Frank chron. 159'; auch
sonst ausrichtig, geschickt und beredt. Fronsp. 1, 103'; der
ausrichtigistc man. Boccaz 18 ; in allen dicnsten ausrichtig. 47 ;
nachlessig, schlüchtisch, unausrichtig. H. Sachs I, 447*;
heillos, unachtsam, unausrichtig. I, 449*.
wenn die scheren das recht nicht wüsten und lu hofe aus-
fahren musten, hiesz es das gericht ist des urleils nicht usz-
richtig. RA. 864. ausrichtig galt aber auch in der Übeln be-
deutung des ausrichtens für vexans, afflictans, rixosus und
findet sich so schon beim Wolkensteiner «. 74, 15 : wie die
pasquillendichter die gute sprüch aus der heiligen sclirift
mutwillig auf ihre ausrichtige, verkleinerliche materien ver-
biegen und herbeiziehen. Garg. 239'; geschwätzig, klapperig
939
AUSRICHTLIGH — AUSRITT
AUSRITZEN — AUSRUFEN
940
und ausrichtig. Seuiz 62, jenes ausrichtig war ein lob, dieses
ein ladeL heute in beiderlei sinn veraltet.
AUSHICHTLICH, expeditus : das wir darusz mögen heftige
und uszrichtiiche argunienten uns nemmen wider die Juden.
IJEücrii.m augensp. 9".
AUSRICHTSAM, was die beiden vorausgehenden:
du bist ausricliisam und ganz frum,
ich liabs erkant und lob dich drum.
Mart. Haineccii drei comödien. Lp. 1582. HS'.
AUSRICHTUNG, f. expeditio, instructio, apparatus, ausstat-
lung, Verrichtung nach verschiednem sinne des ausriciitens. im
rechtlichen sinn bald solutio debiti, bald exsecutio rci judica-
tae, bald sententia (Haltaus 80.81); von denen er bisher nit
ausrichtung noch bezahing erlangen hab niugen. Cumei,
Maximil. s. 23; um die erlangten acta ausrichtung thun.
cammerger. ordn. 1521. 25, 1;
wan er im wirt ausrichtung Ihun. Folz bei Haupt 8, 520;
solten dieseibigen mit blutvergieszen und ausrichtung ires ampts
nicht wol thun u. s. w. Luther 3, 149 ; das macht, du thust inen
gute ausrichtung, wie ein reicher wirt seinen gesten zu thun
pfleget. 6,347'; miltigkeit, zucht und gute ausrichtung. Agri-
COI.A spr. 259"; sein künftiges glück hieng an guter ausrich-
tung dieses geschäftes. "Wieland 30, 268 ; hämische werd ich
putzen und neue einriebt ungen und ausrichtungen werd ich
machen. Göthe an fr. von Stein 1, 104. ganz besonders hiesz
oder heiszt noch in einzelnen gcgenden ausrichtung der bei
einer hochzeit oder kindtaufe angestellte schmaus, so wie die
der braut auszcr dem braulschatz mitgegebne kleidung und ge-
rätschaß, wofür auch einrichtung gesagt wird.
AÜSRIECHEN, ausduften in mehrfachem sinne,
1) intransitiv, exhalarc, evaporare, den geruch verlieren : die
blumen haben ausgerochen, ausgedußet; die wasche riecht
nach und nach aus;
(leckt mit dem hut es wider zu.
dasz der feihl nit ausriechen thu.«^H. Sachs IV. 3, 50".
'■ 2) transitiv, odorari, aufspüren: etwas ausriechen, mit der
nase ausfindig machen; alle winkel, jeden gestank ausriechen.
odorem spargere: die blumen riechen die ganze stube aus.
AUSRIECHUNG, f exploratio: die linderung und ausrie-
chung der angst und geschwulsten des herzens. Schuppius 755.
AUSRIESELN, effluere, emanare, ausrinnen, hervor rieseln,
sprudeln.
AUSRIFFEN, exornare, auszacken, auszieren, ausriffeln?
das wort goties, die heilig schrifl
er {Lutlier) mündlich und schriftlich ausrift.
n. .Sachs II. 1, 87",
ahd. sind riffilun zacken, rostra serrantia (Graff 2, 497) und
riflilön vellere {s. riffeln), ausriflfen also entweder ausschmü-
cken oder reinigen, ausreinigen, in der Schweiz meint riffeln
nagen (Stald. 2, 276), was auf ausschaben, expolirc führt,
gehört zu diesem riffen, riffeln auch das heutige riefe, rinne,
streif, so entspränge der sinn von ausriefen, aus falten, striare?
kaum aber setzte H. Sachs ausrift für ausruft, ausruft pro-
nuntial, obschon ein druck der wittenb. nachtigall von 1523
wirklich ausruft liest.
AUSRINGEN, in mehrfachem sinn,
1) exprimere humorem torquendo: das wasser ausringen,
aus dem tuch oder linnen drücken; die nasse wasche ausrin-
gen ; ausringen wie ein bauchwäscherin. Garg. 22'.
2) luclando perßcere, den kämpf vollenden, sterben:
ausgelitten hast du, ausgcrungen
armer jünflina deinen lodesstrcii.
Lolte nn Wcrtliers grabe.
AUSRINNEN, effluere, ausftieszen: ausrinnendes wasser;
das geHlsz rinnt aus, hat einen risz; dadurch dise ziiherliche
feiiclitigkeilen ausgetrocknet und auszurinncn gelrilien wor-
den. Garg. 156'; wo des Jammers undankl)are thränen im
durchlüclierten siebe der ewigkeit ausrinnen. Schiller lOl';
dasz man die edelsten liandlungen aus eigennützigen quellen
ausrinnen hisset. J. Paul teuf pap. 2, 48.
AUSRIPPEN, tecemere in costas , venulas: ausgerippte
pflanzen.
AUSRISZ, m. avulsio, discettus, fuga, digressio: ein aus-
risz in der wand ; nusrisz der flüclitlinge, ausbruch aus dem
gefängnis, endlich excursns, was auslauf, digressio : ein aU8-
risz und umbschweif. Hsr i.hachs iirnbinnus vorrede 6.
AUSRITT, m. equitatin: im ausritt vom Harze. GCithe an
fr. von Stein 1, 143 ; möchte ihnen doch ihr erster ausritt ins
gebiet der dichtkunst nach einer so langen pause besser be-
kommen sein, an Schiller 98.
AUSUITZEN, rimis instruere.
AUSRÖCHELN, spiritum cxhalare, das leben ausröcheln.
AUSROÜEN, exstirpare, was ausreuten und ausrotten, doch
verwendet man die niederdeutsche form nur für die sinnliche
bedeutung, nicht ßr die abstracte des austilgens: er rodele
die bäume aus. Mdsaeus 4, 71 ; junge stämmchen, die ich ret-
tete, als mein vater sie mitten im sommcr ausroden liesz.
Göthe 17, 31.
AUSRODUNG, f exstirpatio: auch wildnis halte werth als
der ausrodung fähig. Jon. Müller Schweizerg. 2, 153.
AUSRÜHREN, destillare: die wunde rührt blut aus, vulnus
sanguine manat. Stieler 1621. mhd. rfiren.
AUSROLLEN, evolvere,
1) sich ausrollen, evolvi,
hast du die welle gesehn, die über das ufer einher schlug?
siehe die zweite, sie kommt, rollet sich sprühend schon aus!
GöTHB 1, 384.
2) getraide ausrollen, mit dem rollsieb.
3) geld ausrollen, aus der rolle nehmen.
AUSRÖSTEN, omnino lorrere, fertig rösten.
AUSROTTEN, exstirpare, ausreuten, nnl. uitroden : sondern
ire altar soltu umbstürzen und ire götzen zubrechen, und
ire haiue ausrotten. 2 Mos. 34, 13; er rottet die haine aus.
2 kön. 18, 4 ; laszt uns den bawm aus dem lande der leben-
digen ausrotten. Jer. 11, 19 ; ja man wird seine wurzel aus-
rotten und seine fruchte abreiszen. Ez. 17, 9; und ob sie
eine zeillang an den zweigen grünen, weil sie gar lose ste-
hen, werden sie vom winde bewegt und vom starken winde
ausgerottet, weish. Sal. 4, 4 ; kann man ohn schaden ein bäum
nicht ausrotten, so soll man ihn beschneiden und stümmeln.
bildlich sehr oß in der bibel, z. b. des seele soll ausgerottet
werden aus seinem volk. 1 Mos. 17, 14; denn welche diese
grewel thun, ijlere seelen sollen ausgerottet werden von irem
volk. 3 Mos. 18, 29. 19, 8 ; und wil ewre höhen vertilgen und
ewre bilder ausrotten. 26, 30; und unsern namen ausrotten
von der erden. Jos. 7, 9 ; alle Völker die ich ausgerottet habe.
23, 4; bis er ausrottet alles was mansbilde war in Edom.
1 kön. 11, 16 ; der die alte catholische lehre wollte helfen aus-
rotten. ScHWEiNicHEN 1, 173. 212 ; unser ausgerottetes ge-
schlecht. Lessing 1, 163; das lasier, die neugier ausrotten.
Götter 2, 11. 1, 56 ; der despot geht endlich so weit, dasz er
alle seine verwandten ausrotten will. Göthe 33, 58 ;
diese brut ist ausgeroUet. Piaien 277.
AÜSROTTER, m. exstirpator : der ausrotter kompt, da wer-
den sie friede suchen. Jer. 7, 25. so heiszt eine schere zum
beschneiden der wasseräste in den baumkronen.
AUSROTTUNG, f
AUSROTTUNGSKRIEG, m. bellum inleinecinum. Fichte
grundz. des g. z. 432.
AUSRÜCKEN, nnl. uitrukken,
1) intransitiv, egredi, exire: das beer rückt aus gegen
den feind, ist ausgerückt ; man liesz tausend mann ausrücken ;
ruckte zur thür aus. med. maulaffe S55 ; wir wollten gegen
den ritlmcister ausrücken und ausfallen. J. Paul Kamp. 34;
er soll ausrücken, mit der spräche herausgehn.
2) ausrücken, extrahere, protrudere:
befahl, ich solt fassen den schwänz
und auf einmal ausrücken ganz, froschm. 3, 1, 16.
ein haus ausrücken, vorrücken, weiter auswärts bauen.
AUSRUF, «». exclamatio, nnl. uitroep :
du nennest immer deinen namen,
dein uusruf handeh nur von dir. Hagedorn 3, 99.
der pl. lautet ausrufe, doch liest man bei Göthe 22, 61: nach
solchen und üiinlichen ausrufen kam es endlich unter beiden
zur aiifklärung.
AUSRUFEN, exclamare, proclamare, nnl. uitroepen. man
kann das schwanken zwischen starker und schwacher form
längst nicht mehr auf den unterschied intransitiver und transi-
tiver bedeutung xurücJc fuhren, da schon in frühster zeit jede
form in beiden beJeutungen erscheint (s. rufen), auch die in-
transitivbedcutung hier, wie sonst oß, durch annähme eines
-ausgefallnen acc. transitiv gestclll werden darf beispiclc der
formen bieten die folgenden belege genug an hand.
1) i.<tl kein acr. ausgedrückt, so läszt sich der inhalt des
ausrufs als solcher betrachten oder ergänzen die wortc. er
941
AUSRUFEN — AUSRUHEN
AUSRUHE— AUSSÄEN
942
rief aus, ich sterbe unschuldig; liesz vor im her ausrufen,
der ist der landesvater. 1 Mos. 41, 43; liesz ausrufen und
sprach, morgen ist des herren fest. 2 Mos. 32, 5; und sie
lieszen ausrufen zu allen kindern, die gefangen waren gewe-
sen, das sie sich gen Jerusalem versamJeten. Esra 10, 7 ; und
fieng an auszurufen, wie grosze woltbat im Jesu gethan hätte.
Marc. 5, 20.
2) acc. der sacke, Qffentlich, feierlich ausrufen {vgl. aus-
blasen 3) : und soll disen tag ausrufen, denn er sol unter
euch heilig heiszen. iMos. 23, 21; soltu dis gesetz ausrufen
lassen für iren obren. 5 Mos. 31, U ; darnach liesz er ausru-
fen alle wort des gesetzes vom segen und fluch. Jos. 8, 34;
nach dem wort des herm, das der mann gottes ausgerufen
hatte. 2 küti. 23, 16; liesz eine fasten ausrufen unter ganz
Juda. 2 ehron. 20. 3 ; das herz des narren rufet seine narrheit
aus. spr. Sal. 12, 23 ; ein freijar auszurufen. Jer. 34, S ; und
liesz lesterliche gebot ausrufen, l Macc. 1, 25 ; oder wie wol-
testu leiden, das ein ander auch also dein bosbeit ausrüfte ?
LOTBER 1, 85' ;
sölt ich ihr namen rufen au$.
die phsziich leben in dem saus,
TJl liefen wider mich zu praus. Schwarzexberc 157, 2;
und leszt ein hof ausrufen und schreien, fasln, sp. 761, 10;
nach dem tanz so rueft des wirts knecht den wein aus. 449, 6 ;
woliestu mir den wein rüefen aus,
ich woit dir zu trinken geben aus der kraus. 484, 12;
set hin, frau, und schenket ein,
wann es ist der allerpest wein,
als ich in nie ausgerüeft habe. 4S7, 32;
der wein ist genug ausgerufen. Garg. 102'; geferbt hütlin
oder gebrochen gläser ausrufen. 1S9'; jemanden den wein
ausrufen. Fra^k lob der thorheit 21 ;
wie war mir, als ich frei, in nie empfundner lufl,
mit ungeübtem ton, mein Schicksal ausgerun?
Lessing 1, ivS;
lanter als alles rief vor ihm etwas die Scheidungen des lebens
aus, der vom leichentuch erstickte trommelschlag. J. Padl Tit.
2, 82.
3) acc. oder im passivum nom. der person: wenn sie {die
fürsten) banket, fullerei und prassen anrichten, werden sie
kost- und gastfrei ausgerufen. Kirchhof icendunm. 50'; nit
dergestalt, das ich von ir gelaufen, wie ich dazumal lügen-
hafliger weis ausgerufen worden bin. Thlrneisser nolgedr.
ausschr. 1,65;
gut wein darf kein zeichen vorm haus,
dann solcher ruft sich selber aus.
Kirchhof «renrfi/nm. 1S7*:
SO unempfindlich fQr eure reizungen man sich ausruft. Wie-
land 13, 38.
4) für etwas ausrufen, öffentlich ausgeben: wie der wahn
vom ablasz gar ein ungewis ding ist, den doch die ablasz-
prediger für ganz gewis ausrufen und halten. LtrrHER 1, 7*; bis
endlich sich dis hellische kind nicht allein für ein vitzthumb
Jesu Christi, sonder auch für einen irdischen gott liesz hal-
ten und ausrufen. Mathesics 92'; für eine satire ausrufen.
WiELAND 14, 248. man sagt aber einen zum kOnig oder als
könig ausrufen, regem proclamare.
5) das pari, praet. hatte sonst die hedeutung von öffentlich
bekannt, berühmt: ein statt von allerlei gebeuw und kauf-
manschatz fürbündig und ausgcrüff. Frank tcellh. 72*.
ALSKIFEN, n. proclamatio: es ist fürwar eijj groszes aus-
rufen um ein klein gelt, das die arme leul, was not oder
krankheit sie anstosz, zur stund wissen, wo sie ein guten
triakelskrünier finden sollen, der ihnen aus nöten helfe. Fi-
sciiart liienrnk. 184'.
AI SRUFEK, m. praeco, proclamalor: gute waare bedarf keinen
ausnifer. Leiuann 28; dann kaum ein volk irer that, wort
und krieg fieisziger ausriifer und Schreiber hat gehabt, als
nach den Grecis die Latini. Frank weltb. 74'; wird kurz vor
dem jüngsten tage wieder kommen und des teufeis vorhole
und aiisrufer sein. pers. rosenth. 7. 20.
AI SIU FrNG. f. exclamalio. doch ungHmJurhlicher als ausruf.
AISRUFINGSZEICHEN. f.: da ich ihr jedes kleine ge-
dieht, wenn e« auch nur ein ausrufungszeichen gewesen vrtre,
sogiricfa niittheilte. GOthe 26, 169.
AUSRUHE, f. requies: auf welches caslnim doloris der
wolselige eine ganz kurze zeit zur ausruhe hingestellt wurde.
HipfEis lehensl. !. 51.
AUSRIIIEN. quiescere und reereare,
t) intransitiv, ruhe haben, schöpfen, empfinden: von der
arbeit ausruhen ; von aller seiner mühe ruht er nun im grabe
aus; in der groszen hitze ruhten wir unter schattigen bäu-
men aus;
nicht wahr, im grünen vertraulichen haus —
'das gäbe geschlchten'
ruhst du in meinen armen aus?
'mit nichten ! ' Göthb 1, 206 ;
ein land, auf dem vereinzelte häuser unter gruppierten laub-
hainen ausruhten. J. Pacl Kamp. 58 ; die heiterkeit eines be-
friedigten, ausruhenden herzens. 13.
2) transitiv, sich ausruhen : als sie sich ausgeruhet hatten.
Rollenhagen tcunderb. reisen 9; hier wollen wir uns ausruhen;
wo soll mein irrendes äuge sich ausruhn ? Kleist 2, 8 ; wir
haben uns ausgeruht ; vom vielen schreiben müde will ich
mir die band ausruhen ; geht, ruht euch aus ! ;
dasz du von sommerermattung die schweraufathmenden glieder
ausruhst. Voss ;
wir wollen weiter wandern, denn wir sind schon ausgeruht;
unausgeruht im joche ziehn. Uz 1, 166.
AUSRÜHESTUNDE, f.: das ist seine aasruhestunde ; aus-
ruhestunden, die ihm von eignen arbeiten übrig bleiben. Götbk
45, 21.
AUSRCHREN, excutere: die erbsen rühren sich aus, ent-
fallen den hülsen.
ACSUCLLEN , emugire, nusbrüllen, einfaches rüllen mugire
bestätigt Stieler 1636 :
das gralias keiner ausrollt,
er hau denn erst den balg gefüllt. B. Waldis Esop 4, 88.
rfillen könnte aber aus rubelen {vgl. röcheln) gekürzt sein, im
Eulensp. cap. 13. 58. 70 gerühel, gerühel für gesckrei.
AUSRÜLPSEN, eructare.
AUSRüNDEN, ausründen, rotundare, etwas stärker als ab-
runden, rund ausarbeiten; sich ausrunden, vervollkommnen:
die äpfel runden sich aus; eben da rundet sich ihr syslcm
aus. Klinger 11, 204; der staut rundete sich allmälich mehr
aus ; so rundet sich alles eckige in der weit aus. U, 158.
AÜSRU.NS, oder vie Maaler 45' schreibt, ausrunsch, m.
effusio, profusio, ein altes vort, vgl. ahd. runs. Graff 2, 519.
AUSRUPFEN, evellere, ausraufen, von gras, haar, wolle,
federn : die jungen gänse verstanden sich gleich aufs ausrupfen
des grases;
man rupft uns steif die federn aus. Soltac 465;
wegen der küsse, die ich dir gleichsam auf den weg gebe,
der haare, die ich deinentwegen ausrupfe, und der thränen,
die ich so häufig vergiesze. Opitz 1, 275.
AUSRCSTEN, armare, instruere: ein beer, ein sdiif, die
flotte, den wagen ausrüsten; sich ausriisten. kleiden. Garg.
173'; lebe wol, mein kind. gott rüste dich aus mit mut und
kraft ; ein stumpfer köpf ist durch erlernung sehr wol, sogar
bis zur gelehrsamkcit auszurüsten. Kant 2, J55; bebe, söhn
des staubs, der du dich so kühn zum feigen betrug ausrüstest.
Klinger 2, 263. auch bei den handwerkem gilt ausrüsten /Br
zurüsten.
AUSRÜSTUNG, f. instruclio, armalura: der verstand ist
einer belehrung und ausrüstung durch regeln fähig. Kant 2, 155.
AUSRUTSCHEN, prolabi, ausgleiten.
AUSRÜTTELN, excutere, ausschütteln: kOrner, stroh aus-
rütteln.
AUSSA.KT, f. sementis, sowol das säen selbst, als das dazu
bestimmte getraide : ein fetter acker verlangt vier schefl'cl aiis-
saat. figürlich, seine aussaat von blättern und runzeln. J. Pall
uns. löge 3, 166 ; die aussaat des bösen wuchert ; die grosze aus-
saat, der lodtenaeker, wie goth. raanasejis, mdnnersaat, volk, weit.
AUSS.\CKE\, effundere, aus dem sack schütten: kom, kar-
toffeln aussacken ; nachdem nun die statt also zugerüst und
ausgesacket {ausgeplündert, saceagM war. Garg. 202'.
AÜSSÄCKELN, was ausbeuteln : ich bin ausgesäckelt, habe
mein geld ausgegeben; sie haben dich schön ausgesückelt
heute. Fr. MCller 2,118. bei Stieler 1660 ausseckeln.
AUSS.\E.N, sementem facere, steht sehr oft bildlieh:
irdisch bin irh au<geint.
himmlisch werd ich aufprslelin;
het mirs tu freuden au<gesät,
der ander hat mirs abgeroäi. l'aLAifD 138;
wirsän auf Wahrheit aus, und ernten zweifei ein. Doscb;
wer oliren macht mit iobe reich, wil machen reich sein baua,
der wil ihm ernten eignen nutz, der fremdes lob sät aus.
I.ociu 1, 8, 51 ;
so see) ir in ein freradeo acker das kom aus. fattn. tp. <M9, 6 ;
943
AUSSAGE— AUSSATZ
AUSSATZ — AUSSAUFEN
944
gut ausgeführte monumente, nicht einzeln und zufällig aus-
gesäet. GöTHE 17, 205; wer mit Rousseau nur irgend in Ver-
hältnis gestanden hatte, genosz theil an der glorie, die von
ihm ausgieng, und in seinem namen war eine stille gemeinde
weit und breit ausgesäet. 26,181; meine in Deutschland aus-
gesäeten freunde und freundinnen. 45, 311; deine hungrige,
bettlerische und elende brut wird den von dir ausgesäten
Jammer durch kinder und kindeskinder fortpflanzen. Klinger
3,271; so erntete ich oft Vorwurf und fluche, wo ich so sorg-
fältig auf dank und segen ausgesät hatte. 7, Cl ; an diesem
striche des himmels sind die Sterne dicht ausgesät.
AUSSAGE, f. testimonium, effalum: aussage der prophetcn;
aussage der zeugen vor gericht; einstimmige oder unverein-
bare aussagen ; aussage thun.
AUSSAGEN, effari, dicerc: als die Urkunde aussagt; wahr-
heil oder lügen aussagen ; ein zeuge sagte dafür aus, der an-
dere dawider ; es läszt sich nicht aussagen ; aber das ist das
heubtstück aller bosheit und ein solche schendliche unver-
ßchampte lesterunge, das nicht auszusagen ist. Lutheb 5, 294';
er solle sich nicht scheuen, sonder sol recht aussagen, woi-zu
er lust habe. Scuuppius 595 ; sich aussagen, sich aussprechen :
sollte aber die Zulassung eines mehreren zu der Vereinigung
der evangelischen helfen, sollte ich dafür halten, die herren
hollandi theologi würden sich nicht aussagen. Leibnitz 2, 247 ;
auf einen oder auf etwas aussagen, bekennen : eine Verschwö-
rung, nach deren entdeckung einer der gefolterten auch auf
Belisar aussagte. Beckers weltg. 4, 87; sie hat von freien
stücken und hernach eidlich auf den hausknecht als vater
ihres kindes ausgesagt.
AUSSÄGEN, serra exsecare: einen ast aussägen.
AUSSÄLBEN, perungere.
AUSSANDEN, purgare a sabulis: den hafen aussanden.
AUSSATZ, m. lepra, eine im alterlhum weil verbreitete Haut-
krankheit, die imter sehr abweichenden namen außrilt. den
Golhen hiesz sie J)rutsfill, d. i. hautvcrdrusz, hautbeschwerde,
entsprechend dem böhm. trud, poln. trad. der ags. ausdruck
war hreof oder hreofel, dem auch in einigen ahd. denkmälcrn
bruf, ruf, riobsuht zur seile steht, mhd. fiberwog miselsuht.
nie begegnet ahd. mhd. ftjsaz für lepra, wol aber ein ahd.
fijsäzeo orfer öjsazeo für leprosus (Graff 6, 305) und mhd.
fijsetzel, öjsetzic leprosus; diese scheinen eigentlich einen von
der menschlichen gesellschaß ausgesetzten, ausgeschiednen zu
bezeichnen {wie auch öjsetze anderwärts bedeutet non suo loco
locatus. Obeblin 1914); es ist bekannt, dasz die miselsüch-
tigen abgesondert lebten, wie sie auch sondersieche hieszen.
Die herleilung des sächlichen begrifs aus dem persönlichen hat
etwas seltsames, wir begegnen hier wiederum einem willkomm-
nen beispiel dafür, dasz der sprachgeist die Vorstellung der
Sache aus empfindungen des personenverhällnisses hervorgehen
liesz. nicht unähnlich war der Ursprung unseres elend mise-
ria und elend miser aus dem persönlichen alilanli exsul, ca-
ptivus, oder unseres arm pauper aus dem persönlichen tim-
armt, bemitleidet {sp. 554). (ijsazeo war also der seines un-
heilbaren Übels wegen ausgesetzte, und bald fieng man an den
leprosus überhaupt einen aussätzigen, endlich gar die lepra den
aussatz zu nennen, ohne dasz weiter an die absonderung ge-
dacht wurde, so wenig als bei elend an exil und gefangenschaß.
Wer diese geschichte des worts bestreiten und annehmen wollte,
aussatz meine vielmehr einen ausschlag, der aus der haut vor-
dringe, sich aussetze, müste ein ahd. ftjsaz = lepra aufweisen,
nach welchem djsazeo gebildet worden sei, und darlhun, dasz
aussetzen soviel als ausschlagen, ausfahren bedeuten könne;
die analogie von frasej aerugo würde eher ein ftjscj fordern.
die gänzliche abwesenheit des sächlichen Wortes neben den häu-
figen persönlichen räth aber jenes aus diesen abzuleiten, aus-
satz für lepra selbst mag erst im 14. 15 jh. vorkommen, mit
aussalz ganz umbgebcn findet sich fasln, sp. 707, 8; Diefen-
BAcns Wörterbuch von 1470 sp. 167. hat ausseczickeit, Üasyi-o-
uiiis 114' aussctzigkeil, 300' aussalz, Maai.er 45' aussatz; bei
Luther wird aussatz ganz entschieden und sehr oß gebracht,
offenbar nahm er es für das ausfahrende, sich ansetzende, für
flecken, macula, und hatte keinen gedanken mehr an die aus-
selzung des kranken : wenn einem menschen an der liaut sei-
nes neischcs ^twas aiUTeret, oder sclicbichl oder cilenveisz
(lucens pustula), als weit ein aussalz werden. ^ Mos. 13,2;
liesprengcn den, der vom aussalz zu reinigen isl. 14, 7 ; so
ists gcwis ein fressender aussatz. 2 Sam. 3, 29; und da er
mit den prieslern murret, fuhr der aussatz aus an seiner
Stirn (vulg. orta est lepra in fronte ejus). 2 chron. 26, 19 ;
alsbald ward er von seinem aussatz rein. Malth. 8, 3 ; gieng
der aussalz alsbald von im. Marc. 1, 42; sihe da war ein
mann voll aussatzes. Luc. 5, 12 ;
die pest
steckt die glieder serbst mit scharrem aussatz an.
Gryphius 1, 314;
er {Jesus) sctiaut der lamen laul,
der aussatz musz vergehn. 2, 392.
figürlich heiszt es: aussatz (schandmal) dermenschheit. Schil-
LEB 122". man hat auch einen flechtenüberzug an den bäumen
aussatz genannt, seinem eigentlichen gehalt nach könnte aus-
satz {wie ansalz, besatz, Umsatz) das aussetzende oder ausge-
setzte in manigfacher abstraction aussagen, die vorhersehende
der lepra scheint aber alle gehindert zu haben, Schmeller 3,
297 hat aussatz für ladet, man sagt aussatz, das ausgesetzte
im spiel, seinen aussatz wieder gewinnen ; anderemal steht üus-
satz für Vorsatz {scr. rer. lusat. 2, 376) ; einigemal bezeichnet es,
was das folgende aussatzung: der wird nicht stolz und hoffär-
tig werden, wann ihn andere leute höher schätzen und hal-
len, als er nach aussalz {anschlag) seines eigenen gewissens
ist. ScHüPPius 309. s. aussetzen und hernach aussatzung.
AUSSÄTZEL, m. leprosus, subst. läszt sich nhd. nicht mehr
aufzeigen, Schmelleb führt es aus Westenbieders beitr. 7, 183
an, mhd. djsetzel erhellt aus Grieshabeb 94', wo geschrieben
wird uzzecil, uzzezil. die bessere, jenem ahd. üjsazeo gleiche
mhd. form lautet üjsetze in Lichtensteins frauend. 323, 25.
27. 324, 23. 329, 19. ags. hiesz er hreofla.
AUSSÄTZIG, leprosus, adj. besser zu schreiben aussetzig,
mhd. üjsetzec. Berth. pred. 250 und im pass. bei Köpke 65,
51. 84, 44. 147, 16. ursprünglich, wie wir sahen, expositus,
expositicius, abjectus, und hernach euphemistisch für infectus,
leprosus : <ijsetzec wart, pass. 65, 51 verfiel der seuche. nhd.
Deus dedit, der was so heilig und kuste einen usselzigen
menschen, der wart an stelle reine und gesunt von dem
küsse. Königshofen 170'; Agatho, der kuste einen usselzigen
man an sine haut, do M'art er von stelle gereinigel und ge-
sunt. 174''; stecke deine band in deinen bösen, und er steckt
sie in seinen bösen und zoch sie eraus, sihe da war sie aus-
setzig wie Schnee. 2 Mos. 4, 6 ; es ist aussetziger grind des
heubts oder des barts. 3 Mos. 13, 30 ; so isl er ausselzig und
unrein. 18, 44; das sie aus dem lager thun alle aussetzigen.
4 3/os. 5, 2; und sihe, da war Mirjam ausselzig wie derschnee.
12, 10 ; der herr plagt aber den könig, das er aussetzig war
bis an seinen tod. 2 kön. 15, 5 ; sihe, da ward er ausselzig an
seiner Stirn. 2 chron. 16, 20 ; und sihe ein aussetziger kam
und betet in an. Malth. 8, 2; machet die kranken gesund,
reiniget die aussetzigen. 10, 8 ; die ausselzigen werden rein.
11,5; im hause Simonis des aussetzigen. 26, 6; weil sie wol
gefület, das ir Sache löcherichl, ausselzig und unfletig war.
Luther 5, 290'.
AUSSÄTZIGKEIT, f lepra, mhd. ftjsetzicheit, verkürzt in
uzzekcit hei Grieshaber o. a. o., nhd. belege vorhin unter aus-
satz.
AUSSÄTZISCH, was aussätzig: die ausselziscbe seuche.
Paracelsus chir. sehr. 97".
AUSSATZMAL, n. macula leprae. 3 Mos. 13, 20. 25. 14, 34.
AUSSATZUNG, f expositio, instilutio, Verordnung: aus-
salzung oder ^Constitution gemachet, brandenb. edicl von Ibi^;
umb welcher aussatzung und Ordnung willen sei auch die
empfahung des hochwirdigen sacramenis unter beider gestalt
frcvelich. Luther 1, 214*; unbciiinderl der bepstischcn aus-
salzung und Ordnung. 3, OO'; und die leute mit den heiligen
sacramenlen, nach aussatzung Christi, sciiglich verschen wer-
den. 4,349'; weil sie doch selbs nicht mehr die fasten halten
nach aussalzung der canonum. 5, 114'; das wort gotles und
der iieiligen kirclien Ordnung und aussatzung zu verkündigen.
Mei-anchth. 1, 501. s. aussetzen, später veraltend.
AUSSÄUBERN, emundare, ganz säubern.
AUSSAUF"EN, ebibcre, exhaurire, nnl. uilzuipcn, heule nur
von thieren oder unmäszigen menschen, chmals häufiger: troet
und trotzet, so vil reuter ins land zu bringen, dasz die pferd
den Bhein müsten aussaufen, damit das fuszvulk trocken
durchgieng. Garg. 211*; er leszt sich dünken, er versiehe in
{den bibelspruch) uiieraus wol und iiab in rein bis auf den
boden ausgesollVn, der doch sein ganz lebcnlang nie daran
gedacht hat. Luther .S 45'; sihe nu die wort, wie gewaltiger
{Paulus) aui der schrifl redet vom tode, und in so fiirmalet,
945
AUSSAUGEN — AUSSCHÄLEN
AUSSCHÄLEN —AUSSCIIÄTZEN
946
als sei er gar verschlungen und rein ausgesofifen, das nichts
mehr davon bleiben sol, der doch alle menschen auf erden
gefressen und vei-schlungen hat. 6, 269"; wie der jetzige le-
gatz Nalz zu Menz seine stift, sonderlich Magdeburg ausge-
fressen, ausgesoffen und ausgesogen hat. 6, 491* ;
dürsl dich zur selben stund,
so saufs gar aus bis aar den grund. grobianus G4;
es ist noch vii härter, das ich disz hoch glas aussaufen musz.
Garg. 92'; aussaufen zur geselligkeit {bescheid thun). 152';
ein Schelm, der dem andern etwas vergibt und in nit laszt
aussaufen. 102' ; hat jemand dein landweingen ausgesoffen.
Weise kl. leute 276 ; hiesz mich der Schiffer ein gut glas voll
bomolie aussaufen. Schelmnfsky 1, 61 ; sof die wasserkanne auf
einen zug reine aus. 1, 101. s. saufaus.
AUSSAUGEN, exsugere, nack starker und schwacher form,
nnl. uitzuigen: die milch, die brüst aussaugen;
Zartlieb ist im bett erzogen,
hat sechs ammen ausgesogen. Logac 3, 10,24;
wenn Sirius den waizenähren
die milch aussaugt. GdKi?<cK 1, 279;
die wunde, das gift, das mark, den knochen aussaugen:
und saugt das mark des laudes aus. Götter 1,425;
den saft, die frucht aussaugen. Oß figürlich, das land bis
aufs blut aussaugen ; und wenn denn alle herm (acc.) mit
geldborgen i. f. gn. (nom.) zuvor ausgesauget hatten. Scuwei-
KiCHEN 1,263; fand die länderei ausgesogen und ungebessert.
Kirchhof Kcr.dunm. 167'; das reich gar auszusaugen. Soltao
477 ; wie sie den armen mann mit contribution bis auf den
letzten grad aussaugeten. Scbcppius 6ö8;
und stellt ihm, wann er sieht das volk sein herz aussaugen,
mit glücklicher Vernunft die ursach unter äugen,
so in den dingen steckt. Opitz 1,49;
oder hat den alten mut
dir die Schwindsucht ausgesogen? Göei.'^ge 2, 42;
dnsz nicht die edlern spröszlinge glut und frost
aussaug und Sturmwind. Voss ;
und blickst nach meinen äugen,
liclit ihnen auszusaugen. Höckert 406 ;
wie hätten sie eine regierung lieben können, von der sie un-
terdrückt, ausgesogen und mit füszen getreten wurden. Wie-
land 2, 102; das ausgesogene und gerollte gesiebt. J. Pacl
Jubels. 117; die fürsten sind gut, sie werden selber ausgeso-
gen und dann scheinen sie auszusaugen. Tit. 2, 97.
AUSS.\UGEN, perlactare: die amme hat das kind ausge-
säugt, bis zu ende gesäugt.
AUSSAUGEREI, f. exhauslio.
AUSSCHABEN, eradere, ausradieren, nnl. uitschaven.
AUSSCHAFFEN, perficere, ausarbeiten, vollenden:
nach meinem denken von der Vollkommenheit
g.tnz ausgcschafTen, mir geschalten,
führst du sie weg, die mein ganzes herz liebt. Klopstoce 1, 59;
CS kam auch der meisten,
alle Vollender der kunst, sein schmiedegerät, in den bänden,
dasz er wol ausschüfe das gold. Voss Od. 3, 435;
alJes ist ausgeschaffen und zur Vollkommenheit gediehen. Hip-
pel 7,205; jetzt wurde der notarius bis auf das letzte glied,
auf die fersen gar ausgeschaffen. J. Paul //ege//. 1, 65; wanim
richten wir unsere phantasie nicht im winter ab, den früh-
ling aufzufassen oder vielmehr auszuschaffen. uns. löge 3, SS.
AUSSCHAFFEN, schwachformig, herausschaffen, ejicere, fort-
schaffen: die keiscrin unübei-wicsen auszuschaffen. Ayreb 271* ;
fremde aufnehmen und geleiten oder ausschaffen und weg-
weisen. Moser p. ph. 2, 104.
AUSSCHAFFUNG, f. ejeclio: und was will er ihmc die aus
dem paradeis geschehene ausschaffung verweisen und fürwer-
fen ? Ayrer proc. 1, 15.
AUSSCHALEN, e concha eximere, austcm ausschalen, man
nennt auch ausschalen, ucnn der Kellenschlag die oberen ufer
abspült, umgekehrt ist ausschalen so viel als verschalen, be-
kleiden mit schalen oder rauhen breitern.
AUSSCFIALEN, deeorticare: nüsse, mandeln, bobncn aus-
schälen ; Christus kann sich wol ausschclen, das du die schale
davon kriegest und den kerne nicht ergreifest. Luther 3, 355 ;
denn es erschreckt ein ungehörtes leiden ein menschen gar
secr, das er sich sol fülcn also ausgeschelet, und für allen
menschen ein sonderlichs leiden. 5, 5S'; das die schwermer
eitel brot und wein draus machen, den kern aiisscbelen und
inen die hülsen geben. 5, 102'; da ist denn alles aus, und
bleibt weder liebe, glaube noch Christus, sondern lauter hül-
sen und taube nüsse, die wol den namcn der Christen be-
halten, aber den kern verlieren und sich selbs ausschelen
und verweben, wie die sprew von dem reinen koin. 6, 49*;
wer nicht in der liebe bleibt, der bleibt in gotl nicht, noch
gott in im, sondert und schelet sich selbs aus, als ein un-
nütze, untüchtige hülsen oder sprew. 6, 49'; gleich als wi-
derumb kein ding, das leiden oder anfechtung so schwer und
untreglich macht, und kein exempel oder milgeuossen desscl-
bigen leidens sihet, als sei es allein verlassen und ausge-
schelet. 6, 192';
der burgersmann erzählet,
wie auf der sU'asze dich der landsknecht ausgeschelet.
Tscher.m.^c 210;
weil ich unterwegens ausgeschälet (ausgeplündert) worden.
Simpl. I, 470 ; die giftigen kräuter von den gesunden ausschä-
len. LouENST. Ami. 1, 1349 ; sie hatten zugleich die Verfügung
getroffen, dasz er {Kleist} in Frankfurt so viel geld bekom-
men kann, als er nothig hat, weil es leicht möglich ist, dasz
ihn die Russen zugleich rein ausgeschält haben. Lessing 12,
134; meistentheils unter lehrern zu stehen, die keine litera-
toren, keine wahren schulleute waren, sie konnten mir den
Cicero nicht recht ausschelen. Reiske Icbensb. 7 ;
wenn einer schiffet und reiset,
sammelt er nach und nach immer ein,
was sich am leben, mit mancher pein,
wieder ausschälet und weiset. Götbe 2, 247.
sich ausschälen, sicA langsam auskleiden, die fleischer nen-
nen ausschälen, trenn sie an geschlachteten Schweinen den in-
nern speck ausschneiden und ablösen.
AUSSCHÄLLEN, personare, erschallen : als der scherer nun
meinte, es were jetzund weit genug ausgeschollen. Wickram
ro//if. 81. steht tcie das einfache schallen ßr schellen, aus-
schellen, mhd. üj schellen, öj schal, myst. 62, 9.
AUSSCHALMEN, im forsttcesen, durch beschdlung der bäume
aussondern, anweisen: einen platz zur weide ausscbalmen.
AUSSCHÄMEN, sich, pudorem abjicere:
ich hab mich genzlich ausgeschembt. H. Sachs I, 300*;
er hat sich ausgeschemet, os homiui plane deinceps nullum
est. Mich. Neander syll. loc. 75*; er hat sich ausgeschämt,
dedidicit pudere. Stieler 1728.
AUSSCH.\NDEN, opprobrüs afficere: er schändet alle leute
aus.
AUSSCHÄNDIEREN, dasselbe. Stieler 1732 ;
der hatte recht auf seinen tezt studieret,
die kirchenväter oft citieret,
die keuer stattlich aussohendieret. Gbllikt 1, 204.
t. ausschimpfieren.
AUSSCHANK, m. divendilio Hquorum, eaupona, $. aasschen-
ken.
AUSSCHAREN, segregare, aussondern, aus der schar sloszen.
vgl. ausscheren.
AUSSCHÄRFEN, exscindere, vcird weidmännisch ßr auf-
schneiden von einseinem tcildpret gesagt.
AUSSCHARREN, eradere, effodere: die hyüne scharrt lei-
chen aus ; die bunde scharrten vergrabne münzen aus ; soll
mirs ein dieb ausscharren? Garg. 90'; die leiche des Verbre-
chers wurde wieder ausgescharrt und neben der mauer be-
graben, einen ausscharren, explodere, durch scharren mit den
füszen beschimpfen; intransitiv, ausscharren, mit dem fusze
scharrend hinten ausstreichen, kratzfusz machen, wie die tauben :
ich erwicderte drauf mit weit ausscharrendem bückling. Voss ;
ist mein rücken krumm? scharr ich mit den beinen aus?
TiECK 3, 139. bildlich, eruere, wieder hervorbringen : er ge-
wann damit die zeit, die verschüttete gottesstadt der kind-
heit auszuscharren, so dasz zuletzt völlig dieselben gassen
ans Sonnenlicht kamen, wie die waren, durch welche er ein-
mal als kind gegangen. J. Pacl flegelj. 1,122. bairisch, und
der ahd. spräche gemäsi, ausschcrrcn (Schü. 3, 389).
AUSSCHARTEN, bei den kürschnem, leder auszacken, schar-
tig bilden.
AUSSCH.\TTIEREN, adumbrare, abschattieren : zu den um-
rissen soll er seine tusche nur stärker machen, zum aus-
schattieren kann er sie alsdann schon schwächer nehmen.
GöTHE an Knebel 325.
AUSSCHÄTZEN, dedeeorare, beschimpfen, vgl. engl, tax
schelten, tadeln: dasz nicht grobe hübeler, ausschwätzer und
Wäscher darüber {über mein buch) kommen, mich damit in
meiner gruben ausschälzen. Schweimchen 1, 13;
ganz höoisch mich ausschetzien gern.
JoACH. Sariobics psalm 69, 12.
60
947
AUSSCHAUEN — AUSSCHELFEN
AUSSCHELLEN — AUSSCHIESZEN
948
AUSSCHAUEN, prospicere, aussehen, ' ausblicken :
mit starrendem blicke
schauet er in die finsternis .aus. Klopstock Jtfess. 4, 1208;
mein hin geliefietes äuge
schauet aus in die nacht, und kann nicht weinen. 5,405;
oft schaut sie vergebens
in die finsternis aus. Zacuariä.
Zuweilen auch, wie aussehen, welches doch gewöhnlicher ist,
für speciem habei-e: du schaust gesund aus; er schaut recht
vergnügt aus ; es schaut nach gewitter aus, wir werden, dem
anschein nach, ein gewitter bekommen.
AUSSCHAUERN, cum impctu effundere, stromweise, schauer-
weise ergieszen:
die wunden noch schauern sie biut aus. Mcss. 8, 608.
AUSSCHAUFELN, palis ejicere: wasser ausschaufeln, einen
teich ausschaufeln.
AUSSCHÄUMEN, exspimare: wilde wellen des meers, die
ihr eigen schände ausscheumen. br. Judas 13 ; sterbende Schü-
lerinnen schäumten den nanicn ihrers lehrers unter fluchen
und Zuckungen aus. Schiller 191;
0 endlicli kann ich meine brüst entladen,
aussch.-iumen endlich gegen meinen feind
der tiefsten secle langverliallnen groll. Uli.
der eher, als ihm die hunde nahten, schäumte aus.
AUSSCHEFFELN, accrvatim expcnderc, nach dem Sprichwort,
was man einleflelt ausscheffeln, inil löffeln einnahm, mitsclief-
ßln ausgeben ; hie gehören her, von denen man sagt, sie he-
ben einen Icffel auf und zutrelten eine Schüssel, oder avo
groszc guter sind, als zu königcn und fürstenhöfen, da man
einleffeltundausschcffelt, macht grosze rechnung. Luther 6,147".
AUSSCHEIDEN, nnl. uitscheidcn, in doppeltem sinn,
1) transitiv, seccrnere, aussondern: uszscheiden das ostcr-
lemblin usz der herd. Keisersd. posl. 2, 114 ; bergmännisch,
die erze ausscheiden, vom tauben gestcine absondern, ausschla-
gen; die guten von den bösen ausscheiden; einen krankheiis-
stof ausscheiden, sich ausscheiden, discedcre: ein paar jähre
im warmen klima zubringen, ob sich dieses übel vielleicht
ausscheide. Arnim schaub. 2, 368.
2) intransitiv, discedere, abgehen: ich musz von euch aus-
scheiden; ich dächte ich schiede gänzlich aus. Lessing.
AUSSCHEIN, ni. splcndor elucens: ein glänz und ausschein
seiner herlichkeit. Frank 5, 67. nihd. üjschin. Leyser 27, 18.
s. abschein.
AUSSCHEINEN, elucere, nnl. uitschijnen, engl, outshine:
wenn feuer über das dach ausscheinet. Kaltenbäck panteid.
1, 34" ; in anderm sinn aber transitiv exstinguere, delere :
aus edelsteinen,
gemacht den lächerlichen blitz der erdengötter auszuschcinen.
WiELAND 17, 124 ;
SO eben hat die sonne da ein talglicht ausgeschienen. Licii-
TENiiERGS Hogarth 1, 112.
AUSSCHEISZEN, gleichsam excacarc, alvo egerere, mhd.
(1; schijen, ein uraltes, ehmals unanstöszigeres wort: blut aus-
scheiszen. Stieler 1757 ;
dasz Niger edel, must du wissen,
ein reiger hat ihn ausgescliissen. Logau 1, 8, 53,
was auf einen hergebrachten, der bewahrung werthen volks-
scherz zurückgeht :
ein rab
schisz einen Schwab,
und aus dem stank
erwuchs ein Frank;
ausführlicher bei Schmeller 3, 524:
doch ist ein Sprichwort,
die Schwaben seien von hohem Slam,
«ie scheisz ein reiger ab einem bäum
nidcr auf die erden, bei dem Rhein,
davon die Schwaben komcn sein,
und von der Schwaben stank
(sind knmen die PVank,
und aus der Franken eicr
sind komcn die iinsaubern Iteier.
der Volksglaube liesz die urstämme aus steinen oder auf bäu-
men cntspricszen, und von den bäumen durch vOgel herab ge-
worfen werden {mythol. s. 538. gesch. der d. spr. 780).
AUSSCHEITELN, capillos sccernere, das haar aus dem ge-
siebt, aus der slirne scheiteln, die tuchmachrr benennen aus-
sclieileln das aufbäumen, aufziehen der werfte.
AUSSCHELFEN, fulliculis eximerc, enthülsen, ausschälen:
die nüsse sollu schwingen lassen, wann sie ünfalien sich aus-
zuschelfen. Seiiiz 358.
AUSSCHELLEN, campanula proclamare: es ist eben aus-
geschellt worden ; dem musz man so was an die nase heften,
wenns morgen am marktbrunnen ausgeschellt sein soll. Schil-
ler 183. vgl. mhd. Cljschellen. GA. 3, 54 und ausklingeln.
AUSSCHELTEN, duriter increpare: die mutter schalt das
kind aus ; ich bin ausgescholten worden ; ich fand unsern
hofmeister, welcher seinen söhn mit vielem eifer ausgeschol-
ten hatte. Rabener 2, 11. 6, 208.
AUSSCHENKEN, divendere liquores, cauponam exercere:
wein, brantwein, hier ausschenken, maszweise verkaufen, aus-
wirten, in Süddeutschland verleitgeben, ausleitgeben. bei den
handwerkcrn, den gesellen ausschenken, ihm beim auswandern
den ehrentrunk reichen, im gegensatz des einschenkens, des
bewillkommens mit dem trunk. s. ausgeschenk. ausschenken
ejfunderc: du soll auch seine schusseln, becher, kannen,
schalen aus feinem golde machen, damit man aus und ein-
schenke. 2 Mos. 25, 29. 37, 16 ; denn der herr hat einen becher
in der band und mit starken wein vol eingeschenkt, und
schenkt aus demselben, ps. 75, 9 ; ausschenken und verschwen-
den. H. Sachs I, 275"; brentenwein ausschenken. Garg. 49*.
dann aber auch ausschenken donare, largiri, hinschenken, hin-
geben, reichlich schenken:
da will ich könglich gab ausschenken. H. Sachs IV. 1, 23';
dem nackenden kleider schenket usz. trag. Joh. B8.
on allen reiiw ausgeben. Maaler 45*.
AUSSCHEREN, ausscbor, tonsuram absolvere, gleich dem
einfachen scheren sonst mit dat. der person : das haar ist mir
ausgeschoren, abgeschnitten, figürlich hiesz einem (die wolle)
ausscheren, ihn übel, hart, eigennützig behandeln:
ich hab manigem usz^eschorn,
der gieng dan trauriclich dahin. Hdtzl. 306, 52;
auch hat die jungfraw mich mit zorn
gehandelt, und mir ausgeschorn
mit Worten so iiefiig und scharf. H. Sachs I, 112*.
die tuchbereiler scheren aus, wenn sie die tücher, nachdem sie
gefärbt worden sind, zum dritten und letzten mal scheren, das
erste scheren heiszt ihnen bärteln, das zweite schlechthin
scheren, das dritte ausscheren.
AUSSCHEREN, ausscherte, secernere, segregare, ausscharen:
ir eigne freund sie selbst verachten,
und von in auszuscheren trachten. II. Sachs IV. 3, 101';
das kein zweivel ist, dieser spruch rede vom bapst und seinen
geistlichen, und Christus selbs hie absolviert und ausscheret
alle pfaffen und münch, indem das er verdampf alle orden und
klöster. Luther 2, 113'; fohlen ausscheren, absondern. Rosen-
zweig rosztäuscher s. 86. in einigen landstrichen ausschicren,
z. b. für forstmäsziges aussondern des hohes, vgl. ausschalmen.
AUSSCHEUCHEN, fugare, abigere, verscheuchen: man hat
ihn hier ausgescheucht.
AUSSCHEUERN, expurgare, ausfegen, reinigen, nnl. uit-
scheuren : die gefäsze ausscheuern ; jede malerische teuschung
aus dem gesiebte der dame ausscheuern. J. Paul teup. pap.
2, 32. einen ausscheuern, ausschelten.
AUSSCHEUERUNG, f. die ausscheuerung des alterthüm-
lichen Sauerteigs. J. Paul Hesp. 1, 87. üblicher die ausfegung.
AUSSCHICKEN, emittere, aussenden: boten ausschicken;
ich habe schon nach ihm ausgeschickt; er schickt nach leu-
ten aus; schicket aus und liesz rufen alle vvarsager. 1 Mos.
41, 8 ; er schicket aus von der höhe und holet mich. 2 Sam.
22,17. ps.is,ll; schickte aus und liesz alle kinder zu Reth-
lehem tödtcn. Matth. 2, 16; schickten sie aus in das ganze
land. 14, 35 ; schicket sein beer aus. 22, 7 ; zum fenster aus-
schicken (hinauswerfen). Garg. 164"; er schickte seine au«cn
nur auf Sternbilder aus. J. Paul TU. 3, 57.
AUSSCHIEREN, extrudcre: mhd. unz er wart ft; unde ft;
geschoben, pass. K. 228, 12 ; brot ausschirben, aus dcnr ofen
schieben; die schuhe, pantolTel ausscbieben, ausstoszen; den
lisch ausscbi<'l)en, durch vorschieben eines verdeckten Iheils
länger machen; sich den arm aussciiieben, verschieben, ver-
renken, früher auch figürlich für auswählen, gleichsam hervor
schieben, stoszen: auf ein zeit war die gewnnlieit in einem
klosler, wenn ein apl starb, dasz das convent zwen crwelel und
aussciiub (eligerel crtruderetque) zu eim apt. seh. u. ernst cap. 317.
AUSSCHIESZEN, nnl. uilscbieten, in mehrfacher bedeulnng,
1) ejaculari: der königssohn schnsz einen pfeil aus, der in
einem garten niederfiel ; und wenn ich böse pfeil des hun-
gers unter sie Äcbieszon werde, die da schedlicii sein sollen
und ich sie aussrliieszen werde, eucli zu verderben, fe'z. 5, 16;
da «• seine gifl und lügen ausgeschossen. Luthers, 188*; der
949
AUSSCHIESZEN— AUSSCHIMPFEN
AUSSCHIMPFIEREN — AUSSCHLAG
950
bauptstamm des gebirgs, obgleicb es ansebnlicbe nebenäste
ausschieszt, ei-streckt sieb u. s. w. Kant 9, 43.
2) effodere jaculando : der pfeil schosz dem birsch das rechte
äuge aus.
3) iceidmännisch, einen wald ausschieszen, alles wild darin
niederschiessen.
4) ein neues schieszgewehr ausscbieszen, schuszgerecht ma-
chen, vervollkommnen; das zündJocb ist sehr ausgescbossen,
weil geworden.
5) secernere, segregare, sowol das taugliche, als vorzugs-
weise das untaugliche, schlechte: einen bock von der berde
ausscbieszen, absondern; die räudigen scbafe ausscbieszen;
zebn männer unter bunderten zu näberer beratbung aus-
schieszen ; da sind etlicbe vom reicb ausgescbossen, mich zu-
vor gnediglicb und freundlich zu vermanen. Lcther 1, 455".
br. 1, 602; aber weil es der häufe nicht warten kän, musz
man je zum wenigsten einen tag in der woche dazu {zum
gotlesdiensl) ausscbieszen. 4, 393' ; darum die haubtleute sag-
ten, wer lust dazu hat sie {die feinde) anzugreifen, die möch-
ten sich ausscbieszen {hervortreten), und war ich auch selbst
einer, und schössen freilich ein pferd oder anderthalb hun-
dert aus, warlicb gute redliche gesellen. Götz vox Berl. 82 ;
man wolt auf ein zeit ein bischof erwelen, und da die ber-
ren zusamen kamen, Schüssen sie zwen berren aus, aus den
zweien solt man erwelen, welchen man wolle, seh. u. ernst
cap. 346 {ganz wie vprhin bei ausschieben); zuletzt empörten
und Schüssen sich aus wider in Chora, Datban und Abiron.
Fra.>k chron. 43'; alsdann schieszen sich die Mammalucken
aus und etlicb beherzigt und würbafte im häufen der char-
vana {caravane). trellb. 1S4'; sobald das geschähe, schössen
sie auf jener seifen wieder sechs ros neben einem trompeter
aus. ScHWEiJticHE.N 1, 181; bedenkzeit nemmen, gemein halten
und rathe ausscbieszen. Kirchhof mil. disc. 213 ; alle hellische
geister, so zu dieser beratschlagung ausgescbossen waren.
Ayrer proc. 1, 1 ; ich denke du hast nichts dagegen, Danisch-
mend, wenn ich diese lügenden sogleich als offenbar unrecht
ausschiesze und bei seile werfe. Wieland 8, 113 ; die geldsor-
ten aussuchen und die falschen beller ausscbieszen. Tieck 3,
80 ; bei bofe würde ein mensch mit geradem leibe und geiste
als böfischtodt ausgescbossen werden. J. Pacl Hesp. 4, 33;
einzelne gedanken zu seinem besten gebrauche ausschieszen.
Hl. nachl. 4, 139 ; um irrtbümer auszuschieszen. teuf. pap. 2,
144. das particip ausgeschossen bezeichnet meistens das un-
brauchbar beiseils gestellte : ausgeschossene pferde ; ausge-
schossene rebstecken. Garg. 286'; alte und ausgeschossene.
hebamme 286. s. ausschusz.
6) intransitiv prosilire, exsilire, progerminare, von licht, strahl
vnd pflanze, aber auch von andern dingen :
schöj ao Worten ü;. pass. 677, 86;
mir ist mein disackn ausgeschossen,
der also rumpelt nab die stiegen. H. Sachs IV. 3, 4' ;
ans dem nordlicbt schössen helle strahlen aus; da die fun-
ken, wie die stemen bei nacht, zur schmidlen ausscbieszen.
Garg. 247*; Lysis wird in einen bäum verkehrt:
mein fleisch vergeht in holz, die Bnger werden äst,
die zweige schieszen aus, der ganze stamm ist fest.
Grtphius 1, 702;
dort seh ich stehn etliche wäslein,
ausschieszen mit den grünen gräslein. H. Sacus IV. 3, 49';
wie können wir den keim der anfechtungen ausrotten, wenn
wir ihm nicht freiheit geben kraut auszuschieszen, um sieb
dadurch selbst zu entdecken, und es nachher mit der wurzel
zu vertilgen. Kant 2, 583; eine gedrungene kürze, die nicht
in wilden übertlusz der worte ausschieszt. Herder 1, 77 ; dasz
diese glückliche wcndung zuverlässigem wesens nichts ange-
leimtes, sondern lebendig angeschossener wuchs ist. iNieblhr
/eten A. 1, 189 ; und jetzo stand diese edennachT mit allen um
sie hängenden bluten und Sternen ausgeschossen vor ihm.
J. Pali. Hesp. 3, 234. man sagt scherzhaft, im frübjabr ists
gefährlich spazieren zu gebn, weil die bäume ausschieszen
und die blätter ausschlagen.
AL'SSCHIFFE.N, nnl. uitscheppen,
1) intransitiv, enavigare, escendere, porlu exire:
ich daheim ausschiflTpn war
aus dem konigreich Arraenia. Atrer 333*
2) Iransiliv, e navi aponere: waaren, guter, truppen aus-
schiffen.
AUSSCHIMPFEN, probris afficere: er bat ihn tüchtig aus-
geschimpft, auch wol desinere proscindere: hast du endUeb
ausgeschimpft?
AUSSCHLMPFIEREN, proscindere, Stieler 1797. gebildet wie
ausdensieren, ausschändieren. s. ausschumpieren.
AUSSCHLNDEX, peeus glubere, mlal. eicoriare: tragen et-
liche ausgeschunden wolfshäut. Ayrer 197'; guter, fleisziger
postbund, ich werde dich zur aufmunterung, sobald ich zeit
habe, ausschinden. J. Paul Hesp. 4, 186. bildlich, die leute
ausschinden, aussaugen; den aeker aussehinden; das getraide
ausschinden, theurer machen, in die höhe treiben, mit wucher
verkaufen, essende waaren ausschinden. Stieleh 179S.
AUSSCHINDLING, m. e venire malris exseclus, ein ausge-
schniltnes kind. s. Besold und Speidel, auch .\bele gerichts-
händel 1, 719. Stieler 179S. s. ausschnittling.
AL'SSCHIRRE.X, abjungere equos, gegensatz von anschirren.
ALSSCHLACHTEN, mactare: salzten dasselbe, wie auch
das ausgeschlachtete Ziegenfleisch ein. Felsenb. 1, 241. aus-
schlachten, guter vertheilen, zerstückeln.
AUSSCHLACHTUNG, f concisio, zerStückelung der guter, die
guter kaufen, um sie zu zerslücken, nennt man güterschläcbter.
AUSSCHLACKEN, defecare, despumare, s. anseblacken.
AUSSCHLAF, m. recrcatio per somnum : dasz sie nach ih-
rem ausscblaf eine stunde würfel gespielt. Hippel lebensl. 2, 7.
AUSSCHLAFEN, edoiviite, nnl. uitslapen.
1) intransitiv, ich habe recht ausgeschlafen ; kam ich in ein
lustigs Wäldlein, worinnen ich mich niederlegte und vollends
ausschliefe. Simpl. 2, 328. auch bildlich, noch warlcu müssen :
nehmen sie sich in acht ! ihre neugierde wird ausschlafen müs-
sen. GöTHE 19, 233.
2) Iransiliv, sich ausschlafen ; die nacht ausschlafen; einen
rausch, den wein, ärger, verdrusz, zorn ausschlafen, verscJilafen;
schliefen die verdriesziichkeit aus. unw. doci. 810; eine recht
glüekücbe Stimmung und eine wolausgescblafene nacht haben
mich seeundiert. Schiller an Göthe 543 ; von dem nicht völlig
ausgeschlafenen rausche war ihm der köpf düster. Göthe 19,
215 ; die einen lagen und schliefen ihren rausch aus. 23, 109.
AUSSCHLAG, m. in verschiednem sinne,
1) bei fechtern und ballspielern, primus ictus, prima missio,
das anheben, den ausschlag thun, den ersten streich.
2) libramenlum, der ausschlag des wagebalkens nach der
schweren seile: mit unzen und quardi abgewogen on aus-
schlag. Garg. 117*;
lieb ist, der nichts gleich zu schätzen,
wenn man alles gold der weit
gleich wolt auf die wage setzen,
lieb ist, die den ausschlag hält. Grtpuics 2, 185.
3) progerminatio, pullulatio, was aus wurzel und stumpf
der bäume und pflanzen neu ausschlägt, schüszling, junger
trieb: ein kräftiger ausschlag; ein bucbenwald im vierzigsten
jähre abgebolzt treibt wieder aus stock und wurzeln am leb-
haftesten neuen ausschlag; ein kohl, den meine mutier aus
dem ersten ausschlag verschiedener krüuter zusammenlesen
liesz. Hippel 12, 50 ;
wenn ich darauf die frohen blicke
von diesem schönen ort noch weiter herwärts schicke,
seh ich mit neuen freuden
den langen schönen weg im ausschlag, der mit weiden
recht lieblich ausgesetzt uns zum ßillwärder führt.
Urockes 2, 381.
4) eruptio, Scabies, ausschlag auf der haut, sehorf, grind:
ausschlag am köpf, im gesiebt {s. ausseblecht). auch ein
weg, der seitwärts von der groszen landslrasie ausschlägt, aus-
bricht, heiszt ein ausschlag.
5) ausschlag, das womit ein räum inwendig bekleidet ist; der
ausschlag der kammer fordert zwei stücke tapeten.
6) im hüttenwerk heiszt die ausgelaugte asche {der äscherieb)
der ausschlag.
7) den kürschnem der Umschlag eines pelzes. raannsroek mit
einem Überschlag und groszen ausscblegen. Leipziger stadtordn.
1544. Dl.
8) abstract nach 2 die enlscheidung, das ergebnis, der aus-
gang, erfolg, das ende, exitus, eventus: den ausschlag thun,
geben, nehmen,
und dieses ist mein got, der was ich nnderfang
beglucket, und mein thun und ausschlag sognet.
\Vec«uerli?( CS;
der ausschlag dieser Zeiten
sieht dich an, als weil du kanst chur und fürslen leitep
auf deines kaisers theil. Upitz 2, 20;
er sei dann so gesinnt,
dasi bei ihm ehr und schmach vergleichton ausschlag OaiU
LocAU 2, 3, 57 ;
60*
951
AUSSCHLAGEN
AUSSCHLAGEN
952
die vögcl fängt man so, nachdem man auf sie stellt:
der ausschlag fallt nach dem, nachdem der anschlag fällt.
2,5,30;
■ was hat für ausschlag sein erschrecknis denn bekommen?
LoHENST. Agripp. 60, 141 ;
gelehrter leute ausschlag möchte ich darüber gleichwol gerne
hören. Philand. 2, 613 ; Jahero dann auch Averrhoes diesen
klaren ausschlag gibet. Simplic. 1, 34 ; endlich bringt die zeit
den ausschlag, 'dasz alle kommen und sich raths erholen.
Weise kl. Icute 295 ; doch stellt man den endlichen ausschlag
der grauen ewigkeit anheim. erzn. 123; endlich machte Flo-
rindo den besten ausschlag und spendierte dem mahler ein
paar ducaten. 51 ; dasz ich den glücklichen ausschlag erzehle.
Leipz. avcnt. 1, 156 ; du magst, meine tochter, so viel plaudern
als du willst, so ist doch der ausschlag, dasz du Leandern
nicht kriegen sollst. Holbergs Schaubühne 2, 227; diese Zei-
tung veranlaszte eine geheime berathschlagung unter den
häuptern der räuber, wovon der ausschlag war, dasz u. s. w.
Wieland 1, 49 ; den ausschlag geben, l, 150 ; facta müssen hier
den ausschlag machen. 8, 103; er fühlte, dasz seine sachen
einen erwünschten ausschlag nehmen würden. Stillings le-
ben 261 ;
jetzt werden wir des trelTens ausschlag hören.
Schiller 556;
wie sehr sie an einem glücklichen ausschlage verzweifelten.
865; der philister fiel endlich wie ein klotz und gab der
ganzen sache einen herlichen ausschlag. Göthe 18, 10; wo
zuletzt bei öffentlicher darstellung, die aufnähme, welche das
publicum gewährt, den ausschlag entscheidet und die beleh-
rung vollendet. 45, 101 ; der endliche frieden, woran der junge
edle held so vielen antheil hat, wozu er, wie es scheint, den
ausschlag gab. Klinger 11, 70 ; den schlimmsten ausschlag
hat wol unser Kotzebue gehabt und gegeben. Tieck ges. nov.
6, 52 ; der ausschlag einer durch philosophie versuchten älte-
sten menschengeschichte ist Zufriedenheit mit der Vorsehung.
Kant 4, 358 ; da hier ein bestimmender grund eines ausschlags
auf regelmäszigkeit angetroffen wird. 6, 100; der ausschlag
der allgemeinen gesetzen überlassenen natur zielt seihst aus
dem chaos auf regelmäszigkeit ab. 6,114; der ausschlag, den
diese bemühung hat, mag sein, welcher er will. 7, 336; ein
ungemeiner ausschlag (der ivagschale). 8, 176.
AUSSCHLAGEN, excutere, nnl. uitslaan, in vielfachem stnn,
1) transitiv, leiblich: einen ausschlagen, percutere: den {Po-
lacken) schlug ich wacker aus dazumal. Götiie 8, 28. 42, 269 ;
da einer mit ruten ausgeschlagen ist. Braunschweig chirurg.
83; den missethäter stäupen und ausschlagen; du weist noch,
dasz wir uns schon in einigen der ehemaligen Jugendjahre
tüchtig ausschlugen. Tieck 6, 55; wollest das werk deiner
hende {mich, dein geschöpß nicht ausschlahen (operi manuum
tuarum porriges dexteram). Hiob 14, 15. einen zur thür aus-
schlagen, ejicere foras, wird zumal gesagt von hunden:
heur hört ich von im, mit laub, em list,
do sprach er, es het der hunt getan,
und log den armen hunt an,
das man in zu der tür ausschlug.
fasln, sp. 520, 19. 737, 6. '
einem einen zahn, ein äuge, das hörn ausschlagen : wenn er
seinem knecht oder magd ein zan ausschlegt, sol sie frei
los lassen umb den zan. 2Mos. 21,21;
lieber Weidmann, sag mir an,
wo willt du heul hinan?
'ins Wirtshaus,
da schlägt mir kein reis kein aug aus.' wcidspr. 2. 72;
wann tliut der hirsch das kalte eisen am köpf tragen ?
'so ich im das gehörn thu ausschlacen,
thiit er das kalte eisen am köpf tragen.' 69.
das getraide ausschlagen, aus den ähren, hülsen : also las sie
auf dem fehle bis zu abend, und schlugs aus was sie auf-
gelesen hatte, und es war hei eim eplia gcrsten. Ruth 2, 17 ;
die Wicken schlegt man aus mit eim stabe und den künicl
mit eim stecken. Es. 28, 27; das körn mit Hegeln ausschla-
gen, das ei ausschlagen aus der schale, den dotier aus-
sclilagen :
nachdem so schlug sie aicr aus. H, Sachs I, 451';
öl ausschlagen am dem rübsamen, aus den nüssen, 'öl aus-
schlagen' Ate»* ein alles gesellschaßspiel, bei Fiscuart n'516;
spielen
des Stocks, blinden mens und öl ausscblngon.
H. Sachs I, 4"2';
des Stocks spielen und öl ausschlahen. IIF. 3, 7
die zunge ausschlagen, ausstrecken:
sehiah nit die rung aus gleich eim hund. 11. Sachs I, 430*
(vgl. Simpl. 3, 171 : so henkt sie das maul wie ein Icilhund) ;
heraldisch heiszl es vom adler mit ausgeschlagener, vom löwen
mit vorgeschlagener zunge. die wasche ausschlagen, auswinden :
geh in, und schlag mir aus gar resch
die eingedeuchte saifenwesch. H. Sachs III. 2, 174";
ausschlagen mein saifenwesch. III. 3, 82'.
das essen ausschlagen (aus dem topf auf die schüssel) sagte
man sonst auch für anrichten, den ball ausschlagen, in die
luß schlagen, beim balispiel anheben : derjenige, der den ball
ausschlägt, steht auf der obersten höhe. Göthe 27, 66. den
hieb, streich ausschlagen, abhalten, parieren:
und habt gut achtung, wie ich euch
so künstlich ausschlag eure streich. Atrrr 202".
die fackel ausschlagen, löschen: indem er die andere in der
linken bis über die Schulter zurückgeführet, um sie mit ge-
walt auszuschlagen. Lessing 8, 235. dem fasz den boden aus-
schlagen: ein frensch foder weins (ein fuder fränkischen w eins)
auf einen boden gesetzt und alsdann den andern ausgeschla-
gen (damit geschöpß werden könne), weisth. 3, 747 ; hui teufel,
schlag dem fasz den boden aus! Garg. I9l'; das heiszt denn
auch die auf die spitze getriebne sache endlich brechen, der
geduld ein ende machen:
das schlägt den boden vollends aus dem fasz.
I'laten 195.
ofen und fenster ein- und ausschlagen, ein fach der wand
ausschlagen :
brich sie (die gläser) und schlag die fenster aus.
Scheit ^i'ofciaHU« P 2;
und schmeiszen ofen ein und schlagen fenster aus.
LoGAU 1, 4, 47;
den mutwillen eurer cameraden, welchen sie oftmals brau-
chen im fensterausschlagen, in Zerschlagung der öfen. Sciiup-
pius 248. erze ausschlagen, klein schlagen; ein blech aus-
schlagen, laminam ducerc; feile ausschlagen, aus dem äschcr
nehmen und schlagen, bäume ausschlagen, mit dem waldeisen
zeichnen, die buchbinder schlagen blätter aus. ein gevvand,
kleid, gemach ausschlagen, inwendig beziehen, besetzen, un~
terschieden von aufschlagen, umschlagen: ein rock rolh aus-
geschlagen, gefüttert; diese rothen, mit hermelin ausgesclila-
genen fürstenmäntel. Göthe 24, 299; ein ziminer mit grünem
sanimet ausgeschlagen; einen wagen mit tuch ausschlagen;
in seinem überschatteten, mit dem grün der natur ausgc-
schlagenen Innern. J. Paul Hesp. 1,175; den fetten domhcrrn
von Meiler, der um seinen Innern menschen mit einem di-
cken warmen äuszern zu bekleiden auszuschlagen, u. s. w.
Tit. 2, 31. Scnuppius 68 schreibt falsch die hütte des Stifts aus
und abschlagen statt auf und abschlagen (oben sp. 723). wahr-
scheinlich aber sagt man noch eine bürde ausschlagen, öfnen,
damit die schafe heraus können, wiv es mhd. hiesz ein stuot
(stuterei) üj slahen, dasz die füllen frei umher springen:
diu ros liefen ledec da,
als ein stuot waere üj geslagen. Wigal. 485,
2) transitiv, abslract. es ist eine schöne ausdrucksweise,
sich gedanken, leid, zorn ausschlagen, sie aus dem köpf, dem
sinn, dem herz schlagen und verjagen: ja es sol niemand sieh
auf sein herz verlassen, er sei denn wol geübt im gcist und
erfarung hab, die frembden gedanken auszuschlahen. Luther
1, 69*; nach der mahlzeit gieng Luther in mein gertlin, aus-
zuschlahen seine Schwermut und trawrigkcit und sicli etwas
zu erlüsten. 3, 403'; schlugen alle furcht aus. 4,109*; damit
kanstu die gedanken und zweiveln ausschlahen. 5, 400'; allein
das man bei dem wort bleibe und alle ander gedanken aus-
schlahe und nichts anders von gott hören noch wissen wolle, *
on was Christus redet. 6, 185*; also sol sich ein Ciuisfen
an golles wort halten, das er solch heidnisch und gottlose
geschwetze wider den glauben ausschlahe, und bei dem bleibe,
darauf er ge^uft und berufen ist. 6, 252*; sänger schlagen
die sorgen mit singen aus und hinweg; gut were es dir,
dasz du zorn und was fcllisciie (die fallende sucht erregende)
proprielates sein, ausschlügest. ParacelsusI, 692';
drumb sott all sorg ausschlagen thon.
II. Sachs III. 1, 49';
derhalb solch klcinmut gar ausschlachl (ausschlahet).
III. 1, 132*;
ausschlagen das horzcnlcid. III. 1, 189';
ausschlagen alle bös cinfell. III. 3, !0'; '
Ol ir müsi das leid schlagen aus. III. 3, 83»;
und dasz er (der iraum) wer zu schlagen aus.
ArnKR 179";
schlagt allen kiimmor aus. GRTPniiis62.
953
AUSSCHLAGEN
AUSSCHLAGEN — AUSSCHLAUDERN 954
hiesze das dunkle den geil ausslahen bei Foi^ (Haupt 8, 524)
die lust, freude ablegen, zu trauern beginnen?
3) sinnliches ausschlagen (aus der hand schlagen) wie ab-
schlagen geht über in abstractes ausschlagen, abschlagen, rc-
cusare, repudiare, renuere, abweisen, von der hand weisen :
die bitte, ehre, den antrag, das geschenk; hoffe auch noch,
e. a. werde mir diese bitte nicht ausschlahen. Lcther 6, 506';
jr seint nit leut, die man verwerfen oder ausschlahen soll.
Aimon h 3 ; wo er uns aber ausschlegt oder verschmehet. 1 2 ;
und wo er den frieden ausschlecht, ich geloben got, das ich
in niemer darumb besuchen thu. zl; Paulus wil haben, das
die boshaftigen Christen sollen rermeidt und ausgeschlagen
werden. Melascbth. l Cor. 5 ; danke aber gott und meinen
lieben eitern vor ihre treue Vorsorge, dasz sie mich nicht so
leichtlich verworfen und, wie zu sagen, nicht ausgeschlagen
haben (entw. aus der hand oder aus der stul, aus der hürde
geschlagen, in die fremde entlassen, was hier der sinn ist).
ScHWEi.McuEy 1, 36; wer wolts ausschlagen? zwo kirscn an
eim Stil. Garg. 7"';
iedoch ich nicht ausschlagen kan
fürDemblich die liebsten kinder mein,
weil ich nicht weisz, wo sie jetzt sein. Atrer 270*;
das seid mir zeugen alle drei! sie schlagen aus.
fastn. sp. 95' ;
gott schlägt meiu wünschen aus. Opitz 1,235;
der hunger wurde bei den Grieben
hinaus, das reichthum eingestrichen:
der hunger wird bei unsern tagen
hinein, das reichihum ausgeschlagen. LogauI, 6, 6;
wer wolle ausschlagen, den menschen gutes zu beweisen,
wann dieses derjenige befilcht, so die menschen gemacht hat?
ScHCPPiDs 696; Eurvlas. der keinen possen ausschlug, wann
einer zu machen war. Weise erzn. 235 ; den trunk nicht gar
zu sehr ausschlagen, unw. doct. "03 ;
wir freuen uns, dasz ihr wiszt, wer ihr seid,
und dasz ihr unsern dank ausschlagt. Kiopstock 12, 393;
aber nicht ausschlagen die schreckenvoUe vermäblung
kann sie. Voss Od. 1, 250;
was man von der minule ausgeschlagen,
gibt keine ewigkeit zurück. Schiller 21;
etwas als leere vernünffelei ausschlagen. Kant 4, 241.
4) intransitive, sinnliche bedeutunyen. ausschlagen, den
kämpf beendigen : und da sie ausgeschlagen hatten, war ich
noch übrig. Ez. 9, 8. ausschlagen, mit den bänden und füszen :
der kranke schlug aus, wenn man ihm nahe kam;
das sind der Jugend sItten,
sie schlaget grimmig aus, und kan ihr nicht gebieten.
Opitz 1,218.
ausschlagen, den ersten schlag thun : aggressor? was ist das für
ein ding? 'so heiszt der, welcher ausschlägt', Lessisg 1, 251.
ausschlagen, vompferde: komm hin auf das Schlachtfeld, und
sieh da, wie die stuten ausgeschlagen haben. Klopstock
12, 284; darum lecket der ein die finger immerzu, dasz
der ander binden ausschlag und zisch mit dem schuch.
Garg. 45". ausschlagen, ton krdutern und plauzen: die knos-
pen schlagen allerwärts aus; die bäume sind schon ausge-
schlagen ; wenn der weinstock ausschlagen wird ; das wir se-
hen, ob die granatepfelbewm ausgeschlagen sind. Hohelied 7,
12; seine wurzeln sollen ausschlagen, wie Libanon. Hosea
14, 6; sehet an den feigenbawm und alle bewme, wenn sie
jetzt ausschlagen, so sehet irs an inen. Luc. 21,30; das gras
wechst so hoch, das es zeitig über ein menschen ausschlecht.
YRASKwellb. 57*;
blüh haus von Österreich, schlag ewig also aus!
Grtphtcs 1, 623;
aus der entlaubten, verdorrten seele wird ein neuer leib aus-
schlagen. J. Paul Kamp. 47. ausschlagen, ron der waltenden
flamme: erst glimmts, dann gehts an, dann brennts, endlich
üchlägts in helle flamme aus ; dasz die lohe oben ausschlug.
Dan. 3, 47 ;
gern war er, allzugern in flammen ausgeschlagen. LesSisc;
dort schlugen unsre flammen
luerst gewalug aus. Göthk 1, 126;
die kälte schlägt bei ihm aus, ist in ein fieber ausgeschla-
gen, von dunst, reif und ausbrechender unreinigkeit : die kälte
schlägt an den wänden aus, die wände, die fensler schlagen
aus; du bist wie ein stein, wenn die kälte ausschlagt, ich
schwitze über und über. Gütiie 14, Sl; Agathens gesiebt war
wie ein felsenkeller von der kälte ihres brudcrs ausgeschlagen.
J. Pacl Hesp. 3, 158 ; der grind, die krStzc schlägt an ihm
aus; er ist am ganzen leibe, am kinn ausgeschlagen; damit
gieng ich in keller, tat den gröszlen trunk, als ich glaub min
lebtag ie getan han, dan ich halt lang groszen durst ghan,
und was mächtig uszgeschlagen, drank nütz den warem bad-
wasser. Tho. Plater S9 ; es muste wol von der luft herrüh-
ren, weil ich so flugs an bänden und füszen ausschlug.
Schelmufsky 2, 15. ausschlagen, zu ende schlagen : die nach-
tigall hat ausgeschlagen ; du lassest den vogel nicht ruhig
ausschlagen; die uhr schlägt ganz aus; es schlug zwölf aus;
sobald die ur hat ausgeschlagen, grobianus Q2;
sein herz hat ausgeschlagen ; die wage schlägt aus, neigt sich
seitwärts.
5) von dieser letzten bedeulung entsprungen scheint die häu-
fige abstraction ausschlagen = ergehen, erfolgen, sich bege-
ben, sich wenden, bald ohne praep., bald mit folgendem zu,
auf oder in : wa nit das fürstenmäszig woltrawen für dismal
uns . . . übel ausschlüge. Garg. 209' ; endlich schlug es da-
hin aus, dasz der general auf nähere wege sich wolle finden
lassen. Micrälics 5, 206 ;
komm, mein geist der reget sich,
deinem alter wahr zu sagen,
wie es küoriig aus wird schlagen. TschkrmngOO;
Lysander bauet seine liebe auf einen gefährlichen grund, wel-
ches gar übel ausschlägt. Gbypuils 1, 1S4;
theils sucht man wissenscliafl, damit man was verdiene,
und dieses schlägt nur aus zu schändlichem gewinne.
LoGAL- 2, 1, 43;
wenn die sache nach seinem willen und vorsatz würde aus-
schlagen, pers. rosenth. 2, 30 ; gott auch das böse zu der men-
schen besten ausschlagen läszt. Weise kl. leute 162 ; gedanken,
welche zu einer misgunst leichtlich ausschlagen. 290 ; weil
feuer feuer leschet und vertreibet, oder weil zwei widerwer-
tige ding nothwendig auf das gegentheil ausschlagen. Schup-
pics 528 ; die anfanglich betrübte, nachhero aber wol ausge-
schlagene haushaltung. Felsenb. 1, 191; wenn seine Unterneh-
mung für die Srnkuser und ihn selbst glücklich hätte aus-
schlagen sollen. WiELA5D 2, 259 ;
und diese ehe, schlug sie glücklich aus? Schiller 240;
geschweige, dasz irgend ein groll in jene alten Zänkereien
ausschlagen wollte. Herder IS, 218 ; dasz Vernunft nicht in
practischen gebrauch ausschlüge und die vermessenheit hätte,
mit ihren schwachen einsichten den entwurf der glückselig-
keit auszudenken. Kant 4, 12; zuletzt schlägt alles auf den
zustand aus, dasz u. s. w. 6, 108 ; der senkrechte fall schlägt
in kreisbewegungen aus. 8, 267 ; warum schlägt der nordwind
nicht in einen Ostwind aus? 9,87; eine gährung schlügt nicht
sogleich in entzündungen aus. 9, 33; er zeugt brünette oder
blonde kinder, je nachdem sie auf die eine oder die andere
seile ausschlagen. 10, 51 ; das heiszt doch eine pflanze aus
ihrem vaterländischen boden ausreiszen, auf einen fremden
werfen, ohne sich zu bekümmern, ob sie zu unkraut aus-
schlage. Klixger 12, 56; wärs jetzt glücklich ausgeschlagen,
dann war alles gut. Fr. Müller 3, 177; sich einer sache an-
nahm, die vielleicht gegen den Präsidenten ausschlagen konnte.
TiECK nor. kr. 4, 317 ; wohin soll das ausschlagen ? 2, 138 ;
solche unähnlichkeilen schlagen unter gebildeten menschen
nie zu offenen fehden aus. J. Paul Tit. 2, 203; wer kann
wissen, nach welche seile es ausschlägt.
Der regel nach bilden bei ausschlagen die transitiva das
praet. mit haben, die intransitiva mit sein; doch manche
der letzteren, insofern ihr innerer zustand sich nach auszen
wendet, nehmen auch haben zu sich: er hat ausgeschlagen
(mit dem ersten streich), das pferd hat ausgeschlagen (mit dem
fusze). man sagt beides : die knospe, die flamme ist oder hat
ausgeschlagen; die wage ist oder hat links ausgeschlagen.
nur mit haben : der vogel, die uhr hat ausgeschlagen, ab-
slract aber immer: die sache ist gut ausgeschlagen, bemer-
kcnswerth ist das part. praet. der ganze ausgeschlagene lag:
den ganzen ausgeschlagenen lag im fensler liegen. Hippel
lebensl. 2, 172; den ausgeschlagenen tag Ihut er nicht das
geringste; gewöhnlicher, den ganzen geschlagenen tag.
AUSSCHLAfiER, m. ein arbeiter, der die zu tage georder-
ten gänge zerschlägt tind das erz absondert.
AUSSCHLAGSPARER, m. kein elenkflrzer, meszschüner,
aussrhingsparcr. Garg. 280*.
AUSSCiü.APPEN, elambere, von leckenden hunden.
AUSSCIfLAl.'DERN, funda exeutere, dann überhaupt emit-
lere, aussprutzrn : einem ein äuge ausschleudern. Fischart
ron Zwergen: die, wann sie auf den meulcn oder pantoffcln
955 AUSSCHLECHT — AUSSCHLIESZEN
AUSSCHLIESZEND — AUSSCHLÜRFEN 956
liersclilappen gehen, disen vortheil haben, dasz sie weder
stumpf ((/. j. strumpf) noch mentel betreppen, sonder den
treck über den köpf ausschlaudern können. Gary. 41*. man
schreibt heule aussclileudern, Adelung ausschlaudern, Lessinc
ausschleidern : dieses gestus der auszuschleidernden fackel,
als Sinnbild des nahenden todes habe ich mich immer erin-
nert, so oft mir die sogenannten brüder Castor und Pollux
in der villa Ludovici vor äugen gekommen. 8, 235 ; der Vesuv
schleudert steine aus. über die würzet, s. Schleuder.
AUSSCHLECHT, f. mentagra, ausschlug am kinn. Maaleu 45*.
AUSSCHLEICHEN, occulte exire, crepere, pcrreptare:
und zu der hindern tliür aussclilcichen. H. Sachs IIL 2, 103' ;
was ich ausschleich all winket do. IIL 3, 2S''.
s. ausschliefen.
AUSSCHLEIDERN, s. ausschlaudern.
AUSSCHLEIF, vi. occullus exitus : wa diser weg sie nit für
sicher bedunkt, haben sie andere ausschleif. Hedion com. 195 ;
sein ausschleif er fein allzeit Tund.
FiscHARTs Eulensp. reimenweis 6'.
AUSSCHLEIFEN, ausschlif, ausgeschliffen, in verschiednem
sinn,
1) früher inlransitiv, elabi, vgl. ahd. slifan, inslifan (Graff
6, 807):
er schleift all Schlupfwinkel aus. Atrer fastn. 86*.
s. ausschliefen.
2) heule exacuere, acuendo delere: ein glas, einen spiegel
ausschleifen; die scharte ausschleifen, atcswelzen;
dasz du hast nach seim messer frrilTen,
und im die scharten ausgeschlilifeii. grobianus n4;
sie hatten von nalur schon verstand genug, und im kriege
haben sie ihm nur mehr ausgeschliffen. Lessing 6, 329 ; an
Viktors seele waren mehrere kräfte zu schimmernden fScet-
ten ausgeschliffen. J. Paul Hesp. 3, 155.
AUSSCHLEIFEN, ausschleifte, ausgeschleift, extrahere: den
missethäter ausschleifen ; eine schwere last ausschleifen.
AUSSCHLEIMEN, pituila mundare.
AUSSCHLEISZEN, exscindere, vihd. üjsligen myst. 202, 31.
«. ausschlitzen.
AUSSCHLEMMEN, limo purgare: einen teich, graben aus-
schlcmmen. in anderm sinn, aufhören zu schlemmen, pras-
sen: jetzt ist ausgeschlemmt, s. schlemmen.
AUSSCHLENDERN, excurrere, vagari.
AUSSCHLENKERN, excutere, ausschleudern: als wollte sie
die beine sich ausschlenkern. Arnim 1, 65 ; mit den beinen
ausschlenkern, s. schlenkern.
AUSSCHLEPPEN, extrahere, ausschleifen: eine ansteckende
krankheit ausschleppen, verschleppen.
AUSSCHLEUDERN, s. ausschlaudern.
AUSSCHLICHTEN, explanare: in den münzen, die zaine
ausschlichten, unter dem hammer dünner strecken, auch einen
zank ausschlichten, schlichten.
AUSSCHLICKERN, aussprützen, ausschlenkern, s. schlickern.
AUSSCHLIEFEN, prorepere, auskriechen, nnl. uitsiuipen,
lumal von küchlein, aus der schale schliefen [Garg. 43'): schlcuft
ein liünlin daraus. Keiserrb. has impf Aai'; die gens und
hünlin, so bisz jar erst fallen und ausschliefen. Frank 1,147';
wenn sie {die bebrüteten eicr) ausschliefen werden. Frey gar-
teng. 3'; die eiersciialen, daraus die jungen hünlein ausge-
schloffen. HoHBERG 1, 270" ; oftmals gcschihet, dasz wann man
die eier {der Seidenraupe) einweichen will, man schon etliche
ausgeschioffene würmlein darunter findet. Homherg 2, 420';
die eierlein, daraus sie ausgeschloffen sind. 2, 425". aber
auch von blumen: die rose schleuft aus, dehiscit rosa, apcrit
florem, geht auf Maaleu 45*. dann wie ausschleichen, per-
reptarc, profugcre:
alle Winkel hat ausgeschlolTcn. fasln, sp. 316, 7 ;
den andern afTen aiisschloffcn {etiUicfen). II. Sachs IV. 3, 70*.
AUSSCHLIESZEN, excludere, nnl. uitsluiten. sitmlich, ca-
tena solvere : so werden alle gefangne knecht und andere, so
an keltenen angeschmidt, ausgeschlossen, und ihr verfangen-
schaft halben entlassen. Fronsp. kriegsb. 1, 165'; ich bip aus
dem zimnicr ausgeschlossen, kann nicht hinein, dann wei-
ter, einen von der sladt, von dem anite, von der gesellschaft,
erbscliafl ausschlicszen. jede fniu schlieszt die andre aus,
ihrer natur nach: denn von jeder wird alles gefordert, was
dem ganzen geschlecht zu leisten obliegt, nicht so verhüll
CS sich mit den münnern^ der mann verlangt den mann.
GüTiiE 17, 281; weil ein junger mensch immer Ursache hat
sich auszuschlieszen. 20, 241; dasz er mit unfreundlichem
betragen sich aus der gesellschaft ausschüesze. 30, 223.
AUSSCHLIESZEND, adj. und adv.
die über männerwerth und männerruhm
ausschlieszend ohne widersprach entscheiden.
Schiller 261 ;
diese methode gehört ausschlieszend und eigenthümlich dem
redner und dichter. 706; dasz ihm ausschlieszend vor seinen
übrigen brüdern Zuschüsse bezahlt werden. 743 ; für die ab-
wesenheit ihres zweiten sohns schien sich Katharina um so
ausschlieszender durch erfüllung ihrer herschsucht entschädi-
gen zu wollen. 1078 ; wie schön, dasz sie die liebe als einen
affect, als etwas ausschlieszendes und besonderes gar nicht
kennt. Schiller an Gölhc 179 ; individuellen dunkel und aus-
schlieszende beschränktheit. GöTnEl9, 345; Schiller war über-
haupt weniger ausschlieszend als ich und muste nachsichtig
sein als herausgeber. 31, 43 ; jetzt habe ich das ausschlie-
szende, oder wie herr Rehberg das ausdrücken würde, das
ausschlieszliche (== ausschlieszbare) recht. Fichte über die
franz. rev. 139.
AUSSCHLIESZLICH, was ausgeschlossen wird, sich aus-
schlieszt, mit dem adv. verbindet die gerichtssprache bald acc,
bald gen. z. b. ausschlieszlich die stempelgebühren oder der
stempelgebühren, s. ausgenommen.
AUSSCHLIESZLICHKEIT,/-. über die ausschlieszlichkeit (dasz
die erhabenheit der moral dem christenthum ausschlieszlich eigen
sei) sind sie nicht recht berichtet. Claudios 7, 38.
AUSSCHLIESZUNG, f exclusio.
AUSSCHLIESZUNGSWEISE, adv. sich etwas ausschlieszungs-
weise zueignen, ohne zu bedenken, dasz wir alle menschen
sind. Hippel 12, 31 ; diejenigen seiner Verrichtungen, die aus
einer solchen handlung herfiieszen, heiszen ausschlieszungs-
weise seine thaten. Schiller 1115.
AUSSCHLINGEN, evolvere, explicare, aus der schlinge lö-
sen. Stieler 1854.
AUSSCHLITZEN, dissecari, dirimi, disscindi, ausgehen, zu
ende gehen:
aber es slitzt in übel usz. Brant narrcnsch. lOI,
{wo Strobel unrichtig flytzt), es geht ihnen übel aus;
ihr gsend, die sach ist mächtig schwär,
die uns nit wird ausschlitzen lär. Berchtold 84 ;
es würde im nümmen mit einem scherz ausschlitzen. Wick-
ram rollwagcn 53 ed. mülh., 31 ed. francof; aber es ist ihr
übel ausgeschlitzt, denn sie hat darumb, als die ir conscienz
gedruckt, wol gebüszt. Thurneisser ausschreiben 1, 68 ; und
zuletzt papst zu Rom, welches im sehr übel ausschlitzte. Fi-
scHART hienenk. 210'. ein krdßiger, später aussterbender aus-
druck. s. ausschleiszen.
AUSSCHLUCHTEN, faucibus montium inslruere: die zackige,
wild aufgethürmte, ausgeschluchtete Schweiz. J. Paul 36, 24.
AUSSCHLUCHZEN, singulticndo edere:
wie er matt ausscliluchzle den atlicm. Voss.
AUSSCHLUCKEN, devorarc, evomere :
dich scharfe menschenscuch hat das erhitzte schwellen
der Thetis ausgeschinckt. Grvphius 1, 508;
bei hofe lernt man merken, dasz die die besten sein,
die sonst nichts lliun noch künneii, als schlucken aus und eio.
-LOGAU 1, 8, 56;
das gläsgen fein sauber ausgeschluckt. Günther 797.
AUSSCHLUPF, 7)1. latebra, ausschleif, Schlupfwinkel: und
was für ausschlupf und heschwerung gesucht und fürgewendt
worden. Lanz slatsp. Karl 5. 415 ; crstlicli soll er still ein aus-
schlupf oder loch suchen. Fürer fischb. 164'. Maaler 45* hat
ausschlupf delrectatio.
AUSSCHLÜPFEN, e/afc/, entschlüpfen, ausschliefen: die küch-
lein sind noch nicht ausgeschlüpft ; die bienen schlüpfen aus,
zum flutjloch; das glas schlüpfte ihm aus, entfiel ihnt unver-
sehens; die ausgeschlüpften federchen seines bettcs las sie
aus zum nachfüllen. J. Paul Fibel 59.
AUSSCHLÜRFEN, cxsnrbere, nnl. uitslorpen: ein ei aus-
schlürfen ; iniiszigiing ist Weisheit, und nur dein weisen ist
es gegönnt, den herber der reinen wollust, den die nalur
jedem slerblichen voll einschenkt, bis auf den letzten tropfen
auszuschlürfen. Wikland 6, 107 ; er schlürft acht lassen aus.
RüRGKR 2l'; ich niusz den gifttrank dieser .Seligkeit vollends
ausschlürfen. Schiller t.')2'; todcsminutcn, die er noch aus-
schlürft. J. Paul uns. löge 2, 131.
957
AUSSCHLUSZ — AUSSCHNACKEN
AÜSSCHNARCHEN— AÜSSCHKEUZEN Ö58
AUSSCHLUSZ, ni. exclusio, früher auch zuweilen conclusio :
da etliche ausschlüsse gemacht wurden, die lutherischen und
papisten mit einander zu vertragen. Luthers tischr. 98*. mit
ausschlusz, ausschlieszlich, exclusive.
ÄUSSCHMACHTEN, inedia conficere: willst du dein leben
im tiefsten meiner thürme vollends ausschmachten? Schiller
130; hier will ich mein leben ausschmachten. Gerstenbebg
ügol. 61.
AUSSCHMÄHEX, contumeliis prosequi, ausschimpfen.
AUSSCHMÄHLEN, diminutiv des vorigen, molli brachio ob-
jurgare: freilich schmählte sie mich tüchtig aus. Wieland 11,
212, ICO das beigefügte tüchtig den milderen grad des scbmä-
bens nicht aufhebt, auch zu schmdhlen außürcn.
AÜSSCHMATZEN , osculis exsugere: schnitzelt er den na-
men (der geliebten) in eine linde, schmatzt er den saft aus,
der aus den buchstaben quillt. Hippel lebensl. 1, 157.
AUSSCHMÄUCHEN, fumo expellere, nnl. uitsmoken: einen
fuchs durch dicken rauch aus seinem versteck treiben, dann
auch, die pfeife ausschraauchen, ausrauchen; eine stückform
ausschmauchen, auslohen.
AUSSCHMECKE^f , mali esse odoris, aus dem munde rie-
chen : wem do ein wein, salz oder ein essen ausschmeckt,
der nem petcrlein, rauten oder salvei, kew es wol, so verget
im der geschmack und stinkend otem. küchenmetsterei di.
Aeu/e /ransiOr /iSr auskosten, perguslare: weine ausschmecken;
dasz ich euch diese birnen übergeben soll, damit ihr die ver-
schiedenen arten genau ausschmecken und ihm eure meinung
darüber sagen könnt. Arnim schaub. 1, 25.
AUSSCHMEISZEN, ejicere, nnL uitsmijten, das aber, nie
das einfache schmeiszen, gemein klingt und durch auswerfen
vertreten wird: einem einen zahn, ein äuge ausschmeiszen ;
ergreifet einer schon nur eines Zugseils trumb,
wird es ihm ausgeschmissen. Weckherli.n 249.
Pestalozzi schreibt ausschmeizen : wo ist dein verfluchtes
kind? ich will es ausschmeizen, dasz kein fetzen mehr gut
an ihm ist. Lienh. und Gertr. 3, 273.
AUSSCHMELZEN, ausschmolz, ausgeschmolzen, ausseigern,
liquescendo efßuere: das blei schmilzt aus; der schnee, das
fett ist ausgeschmolzen.
AUSSCHMELZEN, ausschmelzte, ausgeschmelzt, eliquare:
erz, fett, butter. giieben ausschmeizen ; ausgeschmelzte griebeo.
AUSSCHMETTEHN, cum strepilu elidere:
der gleich sein liirn an diesen felseniianten
ausschmeliern wird. Tieck 3, 172.
schmettern ist eine aufgenommene nd., zu smiten gehörige
form, die darum nichts von dem unedlen des hd. schmeiszen
an sich hat.
AUSSCH.MIEDEN, percudere, malleo coniundere: das eisen,
das Schwert ausschmieden, bildlich, ein gedieht ausschmieden ;
ich hab dir dises alt gesang
new aus zu schmiden mich geubet. Weccherli.'« 577.
in andern» sinne, wie ausschlieszen, einen gefangnen aus den
ketten schmieden, entfesseln.
AUSSCHMIEHEN, oblinerc: eine pfanne giil fett ausschmie-
ren, den ofen ausschmieren, don» auch veräditlich, exscri-
bere, compilare: es ist alles ausgeschmiert, abgeschmiert, aus
andern ungeschickt und roh entnommen, studentisch, im duell
verwunden: er ist ausgeschmiert, besiegt worden.-
AUSSCHMOLLEN, irammissam facere, zu schmollen aufhören.
AUSSCHMOREN, incluso intus vapore excoqui: der braten
musz recht ausschmoren, das fett musz ausschmoren.
AUSSCHMUCK, m. ornatus uimius:
werden wir nicht noch können die nreise Vollendung
griechischer ktinst und den aussrhmuck in der neuem?
Klopstock 2, 71.
AUSSCHMÜCKEN, exornare: ein haus, ein gemach, eine
braut, ein werk ausschmücken :
Tcrieumdung, ncid und hasz< inig, heuchele! und honen,
die ausgesrlimiickten wort und ralschlichcs beschönen,
das haue hier nicht statt. Looau 3, tug. 56;
die muscn sclimückien nie
ein m.idchen schon so herlicli aus, als sie. Gökixgk 2, 20S;
damit die zehnte {muse, der anstand) die neun zu hofdamcn
ausschinOckte. Klincer 9, 133; das zeilallcr einer sehr ausge-
schmückten bürgerlichen Verfassung. Kant 1, 99 ; Wahrheit mit
dichtung ausgeschmückt; wahre geschichic zum ruman aus-
geschmückt.
AUSSCHNACKEN, blaterandi finem facere, austchteätzen :
irii hab ihn mit fleisz ausscbnackcn lassen, berr! Siegfr. von
Lindenb. 2, 183.
AUSSCHNARCHEN, destertere.
AUSSCHNARREN, desinere stridere: rollende wecker sind
wir, die sogleich ausgeschnarret haben. J. Paul Tit. anh. 1, 5.
AUSSCHNAUBEN, respirare, nnl. uitsnuiven: er musz erst
ausschnauben ; das pferd ausschnauben, verschnauben lassen,
s. ausschnaufen.
AUSSCHNAUBERN, ausschnobern, investigare: dasz der
hund ausschnaubere, was ihm werden kan. Witzenb. 105.
s. ausschnüffeln, ausschnuppern.
AUSSCHNAUFEN, auch hd. wird diese nd. form verwandt
ßr ausschnauben : schnaufe ein wenig aus, dasz du erst zu
sinnen kommst. Fr. Müller 3, 176.
AUSSCH.NÄUZEN, s. ausschneuzen.
AUSSCHNEIDEN, exsecare, exscindere, ahd. arsnidan, öj-
arsnidan (Graff 6, 841), nnl. uitsnijden.
1) einem die zunge ausschneiden: man solte dem ältesten
die zunge ausschneiden und hende und füsze abhauen. 2 Macc.
7, 4 ; ein geschwür ausschneiden.
2) einem die hoden, die nieren ausschneiden, oder mit
wegbleibendem acc. blosz einem ausschneiden, ihn verschnei-
den, entmannen:
sechl, ob ir im mugt selbs auszschneiden. fasln, sp. 255, 31 ;
dem sol man seiu beide niern auszsneiden. 309, 25;
wall mir ist noch nit auszgeschniten. 702, 10;
und haben im ander freuen ausgesniten. 771, 7;
heiszen mich ein nollprudcr ein rollen,
und droen mir denn auszzuschneiden. H. Sachs IL 4, 4';
ich woli, im wer geschnitten ausz. IV. 3, 40*.
hat Franciscus von Sickingen den bischof von Trier gekriegt,
verbergt, den pfaffen {dat. pl.) auszgeschnitten und den geist-
lichen vil plag angelegt. Frank chron. 224*; dem ferkel aus-
schneiden. Witzenb. 105 ; nimb des obgenanten schmeers und
mach ein einschlag daraus, lasz dem gaul wol ausschneiden
bis auf das leben. Seuteh336; die nur ihren lust haben, den
leuten auszuschneiden und büuser nider zu reiszen. Garg.
149' ; der den legalen ausschnitt und sie ir eigen geschirr zu
essen zwang. 234*; die den leuten ausschneiden. 235';
Saturnus schuiet dem Coelo aus und warf es in das meer,
vom schäum, der aus dem wurf entstand, da wuchs die Venus her.
LocAD 3, 9, 74.
man scheint auch gesagt zu haben einen ausschneiden, wie
das part. ausgeschnitten voraussetzt : Sardanapal, der eineo
ausgeschnittenen verheiratet. Lohenst. Arm. 1, 201.
3) dem bäum die äste ausschneiden ;
so wil ich höflich aus der weiden
die korb zcunen und ausschneiden, fastn. sp. 556, 12,
ICO besser zeinen stände, dann auch einen bäum ausschnei-
den : der "zu einem thier oder menschen zierlich ausgeschnit-
tene gartenbaum. J. Paul biogr. bei. 1, 5t. s. ausschneiten.
4) das hemd oder kleid, den kragen ausschneiden, rornen
weit offen lassen, die Limburger chronik erzählt §. 46 : die
frauen tnigen weite ausgescimittene hembde, also dasz man
inen die brüst beinahe halb sähe (vgl. Altswert s. 50) ;
sie geht weil, tief ausgeschnitten; aber unserm sönlin macht
man das hembd ausgeschnitten. Garg. 113", icie man noch
heute die kinderhemder ausschneidet, um die haut an der lufl
abzuhärten.
5) blumen, thiere, gesiebter mit der schere in papier aus-
schneiden; sie kann aufs zierlichste ausschneiden.
6) einen räum ausschneiden : fluchen, die einen räum in
der breite eines winkeis ausschneiden. Kant S, 277.
7) tuch, zeug ausschneiden, ellenweis abschneiden und ver-
kaufen, auch der liecker schneidet brot aus, trenn er es in
stücken verkaup.
AUSSCHNEITELN, putare arbores fruticesque, fein und zier-
lieh ausschneiden; hopfcnstangen ausschnciteln. das ahd.
sntdan = goth. snei|)an, erhält im praet. sneit, snitun die tenuis,
ebenso das mhd. sniden, sneit, snilen, nhd. schneiden, schnitt,
schnitten, mit diesem t ist auch schneilein {nicht schueideln)
und das folgende schwache sclineilen gebildet, s. aufschneileln.
AUSSCHNEITEN, putare, exputare: wenn er {der maulbecr-
baum) wol gedüngt, besprützt und ausgeschneilet ist, tnigl er
desto besser. Hohberc 1, 43l'.
AUSSCHNELLEN, rifrrari, exsilire:
denn der lärm) schnellt aus wie Tedcrstalil,
sein schwerthieb ist ein wettersirahl. Uükgeii 51'.
AUSSCHNEUZEN, emungere, frülier wie schneuzen mit per-
sönlichem dativ, einem die nase ausschneuzen, einen strengen
verweis erth eilen:
959 AUSSCHNICKEN— AUSSCHRAMMEN
und schneuzet im so tückisch aus,
so schwieg er denn still wie ein maus.
H. Sachs II. 4, 1Ü2' ;
dann er halte sorg, Moyses würde ihm ausschneuzen. Ayrer
proc. 2, 3. das licht, die lampe ausschneuzen, aicslüschen :
ausblasen und ausschneuzen. J. Paul paling. 2, 36. s. ausputzen.
AUSSCHNICKEN, vibrando eliderc, aussprülzcii : die dinte
ausschnicken, die feder ausschnicken ; ebenso die färbe aus
dem pinsel oder den pinsel: er schnickte den pinsel aus.
Ardinghello 1, 105.
AÜSSCHNIEBEN, respirare, was ausschnauben, s. schnieben.
AUSSCHNITT, in. seclor, segmentum, exseäio: ausschnitt
eines zirkeis, einer kugel ; ausschnitt des hemdcs, des kra-
gens ; ausschnitt der waare, beim ellenweise geschehenden ver-
kauf; ausschnitt des fuszbodens im zimmer. J. Paul Tit. 2, 54.
AUSSCHNITTELN, zierlich ausschneiden, ausschnitzeln:
ein vierter schnitleit eine maus
aus einem apfelkern ihr aus. Wieland 21, 10.
AUSSCHNITTEK, wi. ausschnitthändler.
AUSSCHNITTLING, m. puer exseclus, ausschindling.
AUSSCHNITTHANDLÜNG, f.
AUSSCHNITTWAARE, f.
AÜSSCHNITZELN, exsculpere, zierlich und klein aussehneiden.
AUSSCHNITZEN, exsculpere:
mit recht wird stets von uns der götior beer verlacht,
wir können, was ein mensch ausschnitzt und mahlt, nicht ehren,
'Gryphiüs 1, 490;
ein denkmal, barbarisch ausgeschnitzt. Götter 1, 140.
AUSSCHNÜFFELN, odorari, aufspüren: die hunde schnüf-
feln die trüffeln aus. s. ausschnaubern und ausschnuppern.
AUSSCHNÜPFEN, ausleeren durch schnupfen.
AUSSCHNUPPERN, ausschnüppern, was ausschnüffeln,
AUSSCHNÜREN, relaxare funiculum : sich ausschnüren, von
fraum; schhüre mich aus, sagt die frau zur magd.
AUSSCHÖPFEN, cxhaurire, nnl. uitscheppen : er wolle den
Jordan mit seinem munde ausschepfen. Iliob 40, 18; und
meint den abgrund göttlicher maiestet auszuschepfen. Luther
3,102; sie {die gottlosen reichen) werden gewislich ausgeschepft
und ein andern drein gesetzt. 3, 293; und erholten unser aus-
geschöpfte kraft. Frank wellb. 233"; briider Niclaus, der was
dürrs, magers, ausgeschöpfts leibs. chron.Sli'; wenn sie den
geltsack ausgeschepft haben. Kirchhof wendunm. 34'; die
wolthaten, die sie genossen, wären von einem so groszen
masze, dasz ihre dankbarkeit sie nimmehr ausschöpfen künte.
LoHENST. Arm. 1, 272; um dir noch heute an das herz zu
stürzen und deinen himmel auszuschöpfen und meinen zu
füllen. J. Paul Tit. 5, 65. heute gebrauchen wir ausschöpfen
sinnlich, erschöpfen abstract: den brunnen, das wasser aus-
schöpfen, aber die geduld erschöpfen.
AUSSCHÖPFKELLE, f.
AUSSCHÖPFLÖFFEL, m. besser Schöpflöffel.
AUSSCHOPPEN, explere, farcire:
het mich denn mit stro ausgeschopt. H. Sachs I, 502*;
hab auch an ein alle reisjoppen,
die wil ich mit hew ausschoppen. IV. 3, 51'.
schwören bei teufdholen, wann sie nicht mehr saufen kön-
nen, und dannoch hören sie nicht auf sich auszuschoppen.
Simpl. 1, 101. s. anschoppen.
AUSSCHOSSEN, germinare, schnell und nebenher auswach-
sen, von pflanzen und geslräuch: das gras ist in wenigen
tagen ausgeschoszt; das unkraut schoszt überall aus; haben
nicht geblühet, haben nicht gcproszlet, haben nicht ausge-
schoszt. Paracelsüs 1, 22S'; unterdessen ist der spargel aus-
geschoszt. Hamann 5, 235.
AUSSCHÜSZLING, m. surculus: die ihres leibsstammens
aiisschösziing und nabelstück sind. Gary. 67'; alte bäum er-
sticken mit ihrem überschatten die jungen ausschösziing. Leh-
mann 68; einzelne ausschöszlinge einer allen wurzcl. Göthe
14, 104,
AUSSCHOTEN, deglubere, was aushülsen, auskernen: erb-
sen, höhnen ausschoten, aus der schale nehmen.
AUSSCHRAMM, m. quod excidilur, exscinditur, bergmän-
nisch von einer lelligen, leicht zu gewinnenden thonart, die
los geschrammt wird, sonst ablösung und besieg geheiszen.
könnte aber auch für andere stoffe gelten, die man losschrappt,
X. b. für den leig in der mulde.
AUSSCHRAMMEN, cxscindere, nach dem vorigen, steht in
folgender stelle intransitiv ßr seeedere, cxsilire: nun erst er-
Bchrack sie {diemultcr) über seine (rfe« ioAn.?) kübnhcil, fürch-
tete, er würde ihr in allen dingen ausschramnien, nachdem I
AUSSCHRAUBEN— AÜSSGHREIEN 960
er solche gefährliche kinst {das reiten) heimlich erlernt habe.
Arnim kronenw. 1, 185.
AUSSCHRAUBEN, cochleam relorquere, laxare, die schraube
aufdrehen, eingeschraubtes ausschrauben.
AUSSCHRECKEN, cxcitare, aberschrecken:
der ritt des pfaffen pferd iiin wegk,
das er im nett so ausgeschreckt {durch eingejagten schrecken
abyedi-ungen). Fischarts Eulensp. reimw. bl. 114;
dasz er angst machen möcht den bauren
und in {eis) ausschrecken geld und pfand. 265;
was hat
euch so aus euren sinnen ausgeschreckt? Tieck 1, 140,
AUSSCHREI, m. exclamatio, proclamalio, lauter schrei, aus-
ruf: wollen wir lassen anheften und hengen zeddeln oder
bletter an die thore der kirchen, welche sollen verkündigen,
als mit irem lautbarn ausschrei und öffentlichem zeigen diese
process, Luther 2,56'; und so muste gar zuletzt ein gegen-
satz von lispeln und ausschrei zur spräche kommen. Göthe
31, 239. vgl. aufschrei.
AUSSCHREIREN, exscribere, nnl. uitschrijven,
1) fertig schreiben: ich habe das werk nun ausgeschrieben;
da nun Mose die wort dieses gesetzs ganz ausgeschrieben
hatte in ein buch. 5 Mos. 31, 24; ihr habt ewer leben lang
nicht mehr bücher gesehen als dise jar her, wann werden sie
einmal ausgeschriben? Garg. 243'; ich wollte am 15 oct. schrei-
ben, aber können sie es glauben, dasz ich erst heute voll-
ends ausschreibe? Rabener 6, 208; könnte ich nur indessen
meinen Wilhelm ausschreiben! das buch wenigstens. Göthe
ü» fr. von Stein 3, 176. eine ausgeschriebene band, durch
Übung fest und characteristisch ausgebildete handschrifl.
2) aus andern schreiben, compilare: ganze Zeilen und Sätze
sind ausgeschrieben ; er schreibt nur andere aus ; aber gleich-
wol ist es falsch, dasz ich in dem ausschreiber den ausge-
schriebenen getadelt habe. Lessing 8, 132; wer andre aus-
schreibt und sie nennt, musz gleichwol rechenscbaft geben,
warum er ausgeschrieben habe. Klopstock 12, 81; tempelraub
ists zwar eben nicht, wenn einer den andern ausschreibt,
weil so manche bücher mit nichten tempel sind, wol aber
Strohhütten und marktschreierbuden. 12,82; die buhen haben
mich von jeher aus- und nachgeschrieben und meine manier
vor dem publico lächerlich und stinkend gemacht. Göthe an
Lavater 103; ein scholiast hat den andern ausgeschrieben.
Herder 2, 91. man sagt auch in gutem sinne, die musik, die
noten ausschreiben lassen, für die einzelnen stimmen zur auf-
führung : die musik der operette wird ausgeschrieben, Göthe
an fr. von Stein 3, 181.
3) proclamare, rescribere: nachdem aber der junge könig
seinen ersten reichstag ausgeschrieben hatte. 2 Macc. 4, 21;
da der bapst Paulus, des namens der dritte, ein conciliuin
ausschrieb im vergangen jar. Luther 6, 509'; auf das ausge-
schrieben schieszen, Fischart gl. seh. titel;
Apollo schrieb nächst aus, dasz jeder solle müssen
bei ihm sich stellen ein zu mustern das gewissen.
I.OGAU 3, 3, 31 ;
auch jeglichem ein sicher und frei gcleit zugesagt und ausge-
schrieben worden. Kirchhoi^ wendunm. 35; ein fasten aus-
schreiben. Schiller 107' ; eine preisaufgabe ausschreiben. Göths
31, 189; man schrieb neue Werbungen aus. Beckers weltg.
2, ,470. eine Steuer ausschreiben, sonst auch für öffentlich
ausgeben, im unglimpf bekannt machen : nu da du selber, dazu
mit groben buchslaben, das es jederman wisse, dich einen
bock ausschreibest. Luther 1, 360 {an den bock zu Leipzig);
das mich der tauft jud Pfefferkorn mit der unwarheit hin-
geben und wider got, eer und recht uszgeschriben und un-
ziemlich verunglimpft hat. Reuchlin augensp. 32',
AUSSCHREIBEN, n. rescriptum, edicium.
AUSSCHREIBUNG, f: die Ungerechtigkeit solcher aus-
schreibungen {von abgaben). Kant 1, 114,
AUSSCHREIBER, m. compilätor.
AUSSCHBEIBEREI, f
AUSSCHREIEN, clamando nuntiare, signifieare.
1) ohne acc, mit folgesatz: lasz nu ausschreien fnr den
obren des volks und sagen, rieht. 7, 3; licsz ausschreien
durch sein ganzes königreich. 2 chron. 36, 22. Esra 1, 1 ; die
von dir ausschreien sollen zu Jerusalem. Nch.6,1; und liesz
ausschreien und sagen zu Ninivc. Jona 3, 7 ;
lasz ir dem volk ausschroicn. 11. Sachs F, 54';
er wird mir auch verzeihen,
dast ich Troi ofToMtlit-h als hcrold aus darr schreien
was gruud und wahrhcit ist. Opitz 1, 9.
961 AüSSCHREIEN — AUSSCHROTEN
2) mit acc, er gibt wenig und rücket einem vil auf, und
schreiets aus als ein weinrufer. Sir. 24, 15; den wein aus-
scbreien (s. ausrufen); laszt eine fasten ausschreien. 1 kün.
21, 9; und iieszen ein fasten ausschreien. 21, 12; und soll
disen tag ausschreien. 3 Mos. 23, 21 (ed. I.i28, ausrufen 1534.
1545); der wächler schreit den tag aus; den jägem wird der
tag ausgeschrien ; wie man jegerlich morgens den frühen Ug
sol ausschreien:
wolauT, wolaur, wolauf,
der lichte morgen, der ist heut auch auf!
wolaur, wolaul, ihr weidleut,
was guter lag ist heut! .Mkürer 71'. Becbkk 107;
Don das ihr klärer möcht verstau,
wer die lieblich nachtigall sei,
die uns den hellen tag ausschrei:
ist doctor Mariinus Luther,
in Wiitemberg augusiiner,
der uns aufwecket von der nacht. H. Sachs II. 1, 85';
also liesz der Statthalter ein still durch den weibel ausschreien.
Fbet garteng. 67; das handwerk ausschreien, ein spiel bei
Fischart n* 294; das ist sein name, den lesset er durchs
wort ausschreien. Lcther 6, 343'; als sie den namen und titel
der verstorbenen ausgeschrien haben. Kirchbof wendunm. 414";
rindus und sein volk ist hier,
das ein lautes lobgeione
schreiet aus zu unsrer zier. FiESiJtG 44;
nach den ausgeschrienen worten 'ach mein bruder Eberhard ! '
Felsenb. 2, 585 ;
damit nicht deine stummen steine selbst
mein werk ausschreien. Schiller 563.
einen ausschreien heiszl ihn unter die letite, ins geschrei brin-
gen, verleumden, meist in übelm sinn: weil sie denken wer-
den, es geschehe aus lauter rachgir, als von dem, den sie
so heftig durch den druck ausgeschrien haben. Luther 6, 315";
ich habe keinen vortheil, das weibliche geschlecht auszu-
schreien. Pierol 1,446; doch auch erhebend und rühmend:
von euch beräuchert, ausgeschrien,
und lebend apoiheosieret.
ricTman die Uenselin nach Wien. Gotter 1, 114.
3) mit doppeltem acc, des subjects und praedicats, welchem
letztem doch meistens ein für oder als vorgesetzt wird: das
er Clirislum einen priesler ausschreiet, das ist einen patron,
fürbitter, mitler, bezaler aller sünde. Lcther 1, 95' ; das sie
die für ketzer ausschreien. 5, U'; und in einen mörder aus-
geschrien. Scheibles kloster 6, 992; wann man mich für ein
guten prillenreiszer und grillenscheiszer ausschreit. Garg. 24' ;
nicht wer gold zu golde trägt,
ist Tur reich bald auszuschreicn. Logad 1, 4, 11 ;
wer ist. der geld für worte giebl?
ein weib, dem lob so sehr beliebt,
dasz manche man für schön schrei aus,
so wagt sie dran ihr hof und haus. 1, 8, 37 :
wann er ärger gehalten oder für boshaftiger ausgeschrien wird
als er ist. Schuppics 309; wie man alle auszerordentliche
menschen von jeher für trunkene und wahnsinnige ausschreien
muste. GöTHElG, 67; seinen gegnem, .. welche seine giünde
als unüberzeugend ausschreien. 60, 23; eher wird man mich
für einen grillenkopf ausschreien. Gotter 3, 156.
AUSSCHHEIER, m. praeco, herold. fasln, sp. h9l,i; sobald
einer in Frankreich gestorben ist, laufen die verordneten aus-
schreier herumb, und berufen mit vielen schallen das volk
zusammen. Kirchhof wendunm. 414*.
AUSSCHKEITEN, in doppeltem sinn,
1) egredi, pedem efferre, vorschreiten, durchsehreiten : wir müs-
sen tapfer ausschreiten, um richtig einzutreffen, einen räum
ausschreiten, mit schritten ausmessen. ThChmels reisen 10, 2G2 ;
so schreitet in dem engen breierhaus
den ganzen kreis der schöpfung aus. Göthb 12, 17.
2) aberrare: die rinder schritten beseit aus. 1 c/iron. 14,9;
da war niemand auf rechter ban, sie warn all ausgeschrit-
ten. Lother 8, 364 ; nun ich über den grenzstein ausgeschrit-
ten bin. TiF.CK 8, 203.
AI'SSCHÜEITLNG, f. aberratio.
AL'SSrUHITT, m. excessus, aberratio.
AUSSCHKUl'FEN, delrahere sanguinem: wiederholtes aus-
schröpfen ermattete den kranken; bildlich, ein land aus-
scbrüpfen, bluten lassen;
die sonnensucht durch lindes schröpfen
und adertasz ihm auszuscbröpfen. Voss 6, 236.
AISSCHHOTEN,
1) exedere, erodere: die mause schroten das getraide, den
käse aus.
AUSSCHRUMPFELN— AUSSCHÜTTEN 962
2) excidere, behauen : stamme, klotze mit der axt ausschro-
ten, zurichten.
3) evotvere, fässer ausschroten, aus dem heiler wälzen;
hier ausschroten: es kommt die zeit, dasz ich inen wil
Schröter schicken, die sie ausschroten sollen und ire fasse
ausleeren. Jer. 48. 12. vgl. anschroten.
AüSSCHltUMPFELN, corrugari, marcescere:
die slirnc schrumpelt aus. Flexing 113.
AUSSCHRUMPFEN, dasselbe, verschrumpfen.
AUSSCHUHE.N, excalceare, die schuhe ausziehen, entschuhen:
welchergestalt die Türken gegen miltage ausgeschuhet, geba-
det ihr gebele verrichten. Lohensteiv zu Ibrah. 2, 8.
AUSSCHUMPIEKEN, eine andere form für ausschimpfieren,
ausschimpfen: ausschumpiert, anschnauzt, trotzt und tribu-
liert. Ringwald laut. warh. 267 ;
dann wer sein völklein ausschumpiert,
bei ihnen alle gunst verliert. Puiland. 1, 445 aus Rincwaid.
AüSSCHüPFEN, exlrudere, aiisstoszen : widerumb die gott-
losen reichen, ob sie itzt ein Zeitlang überflüssig haben, so
werden sie doch verderben und nicht im land und gut blei-
ben sitzen, sie werden gewislich ausgeschupft und ein ander
drein gesetzt. Luther 1, 532'. br. 2, 74.
AL'SSCHUPPEN, schuppenweise ausschneiden, ein heraldischer
ausdruck.
AUSSCHCREN, bergmännisch, die schlacken aus dem ofen
ziehen.
AüSSCHCRFEN , effodere melallum : viel reiche geng hat
ausschürfen lassen. Mathesics l'.
AÜSSCHURKEN, lapsare, ausgleiten, s. schurren.
AUSSCHUSZ, m. separatio, delectus, nnl. uitscbot, sowol
des besseren als schlechteren.
1) von leuten: nachdem von dem lande ein vollmächtiger
ausschusz gemacht worden. Schweimchex 3,17; ist des lan-
des ausschusz bei einander gewesen. 3, 19; was ist ein aus-
schusz? 'man teilt die herren im regiment aus iegklicher par-
tei zu einer sonderlichen sach oder handlung, das sie nit
alle über ein sach dürfen sitzen.' Ücusle bauernkrieg 23;
der Juden ausschusz nun, der Tharser biirgersmann,
so sagt wie Christus ihm sich habe kund geibau.
Opitz 343;
ein ausschusz dapfrer beiden. Fleii.ng;
sampt einem ausschusz von der hauptwach. Simplic. 1, 119 ;
schickte der regente auch an uns übrigen vom sogenannten
engern ausschusse. Felsenb. 4, 235; ich ward überfallen von
16 mann besofnem ausschusz. J. Paul uns. löge 1, 25. rer-
sammlungen wählen sich ausschusse.
2) t'on Sachen: ein ausschusz schlechter, wolfeiler waare;
das quantum von lugend, das uns nach diesem ausschusz
übrig bleibt. Wieland 8, 114 ; wenn es {das papier) nicht gut
ist, so musz M. den ausschusz zurücknehmen. Göthe37. 271;
da die unteren planeten von dem ausschusse der materie
gebildet werden, welche durch den Vorzug ihrer dichtigkeit
u. s. w. Käst 8, 276.
3) ausschusz, hervorragendes an gebäuden: man soll lugen,
dasz man unden an die mauwr kein grosz gesims oder aus-
schusz mache. Froxsperg kriegsb. 2, 184*.
4) ausschusz einer pflanze, rebe, der sich tordrängende
trieb. Maaler 45*. s. ausschutz.
AUSSCHUSZSTÄNDE, pl. jetzt haben wir die weimarischen
ausscbuszstände hier, bald werden die jenaischen kommen.
Götue an Knebel 230.
AUSSCHUSZTAG, m. Eisenacher ausschusztag. 47.
AUSSCHÜTTE, f oder pl.? was ab dem tisch fall, als
brosmen, bein, analecta, abhub. Maaler 45'.
AUSSCHÜTTELN, excutere, verhält sich zum folgenden, wie
einfaches schütteln im schütten : das tuch, das kleid ausschüt-
teln; den staub ausschütteln; die henne schüttelt sich aus;
und endlich schüttle doch ein jeder nur sich selber aus, kriege
sich selbst bei der nase, er wird wol manchen fehler ent-
decken. WIEI.ANDS //orai t, 85; da sie aber widerstrebten und
lästerten, schüttelt er {Pnulus) die kleider aus. apost. geseh.
18,6; auch schüttelt ich meinen bösen aus, und sprach, also
schüttele gott aus iderman von seinem hause und von seiner
erbeit, der dis wort nicht bandhabet, das er sei ausgeschüt-
telt und leer. iVefc. 5, 13.
AUSSCHÜTTEN, effundere, nnl. uitschudden,
1) sinnlieh, ich bin ausgeschult wie wasser. pt. 22, 15; wein
ausschütten ; den sainen ausschütten ; Hein name ist ein aus-
61
963 AUSSCHÜTTEN— AUSSCHWADERN
äUSSCHWADMEN— AUSSCHWEIFEN 964
gescliütte salbe, hohelied 1, 3; und ist mitten entzwei gebor-
sten und alle sein eingeweide ausgescliutt. aposL gesch. 1, 18 ;
und da sie die secke ausscliutten, fand ein iglicher sein bünd-
lin gelds in seinem sack. 1 Mos. 42, 35 ; und da sie es (das
kraut aus den löpfen) ausschütten für die menner zu essen.
ikön. 4, 40; und sie nam das gericbt und schüttets für im
aus, aber er wegert sich zu essen. 2 Sam. 13, 9 ; und wil Je-
rusalem ausschütten, wie man schüssel ausschüttet. 2 kün.
21, 13 ; schütten die laden aus. 2 chron. 24, 11 ;
schusz einen Schotten er gleich mitten durch die stirn,
dasz er im ruotert'all ausschütte sein gehirn.
Werders Ariost 19, 8;
madame, ists nicht sie, die beute die hainkacbel über mich
ausschüttete? Holberg alte übers. 2, 73; nachdem ich mich
lange mit diesem hin und herreden gequält hatte, schüttete
ich das kind mit dem bade aus und warf den ganzen plun-
der desto entschiedener weg. Göthe 24, 170. mhd. her öj schüt-
ten {aus dem beutet), w. gast 14027 ; man sagte aber auch
lebendig einen üj schütten, rasch auskleiden:
dö schütte man in üj an den tac. Wigat. 158,9;
der pfaf schütt aus das messgewand. Haupt 8, 527.
2) bildlich, Hanna aber antwortet und sprach, nein mein
herr, ich bin ein betrübt weib, wein und stark getrenk hab
ich niciit getrunken, sondern hab mein herz für dem herrn
ausgeschut. 1 Sam. 1, 15; schüttet ewer herz für im aus. ps.
-02, 9 ; sondern die herzen gegen einander ausgeschüttet ha-
ben, gespenst IQQ ; nun hab ich auf alle artikel deines lieben
briefs geantwortet und dir mein ganzes herz ausgeschüttet.
Bettine br. 2, 79 ; ein gebet des elenden, so er betrübt ist,
und seine klage für dem bcrrn ausschult, ps. 102, 1 ; ich
schütte meine rede für im aus. 142, 3; verständige und wol-
redende leute schütteten ihr gebet aus vor dem bilde (preces
fuderunt). pers. baumg. 8, 13; er scliüttelie alle seine klagen
bei mir aus. P/'ero/ 1, 113 ; dasz ein liebevoll beschäftigtes ge-
müt das dringende bedürfnis hat sich zu äuszern, das was
in ihm vorgeht, vor einem freunde auszuschütten. Göthe 17, 185 ;
aber ihr männer, ihr schüttet mit eurer kraft und begierde
auch die liebe zugleich in den Umarmungen aus.
Göthe 1, 268;
ein narr schult seinen geist gar aus, aber ein weiser hell an
sich. spr. Sat. 29, 11 ; wenn sie ja ihre Weisheit ausschütten
müssen. GEi.t.EnT 3, 340 ; viel worte ausschütten, pers. baumg.
7,2; lästerungen gegen jemand ausschütten. 4, 23; schüttele
auf die letzt so viel dräuworte aus. Weise kl. leute 175; wie
es möglich gewesen, eine solche masse von scbmähgedichfen,
wolgezahlt 410, auf einen einzigen mann auszuschütten. Göthe
38, 235; darumb wil ich meinen zorn über sie ausschulten
wie Wasser. Hosea 5, 10 ; errege deinen grimm, und schütte
zorn aus. Sir. 30, 8 ; darumb hat er über sie ausgeschut den
grim seines zorns. £5. 42, 25; sihe, mein zorn und mein grim
ist ausgeschut über disen ort. Jer. 7, 20 ; oder so ich pesli-
lenz in das land schicken und meinen grim über dasselhige
ausschütten würde. Ez. 14, 19 ; da dacht ich meinen grim über
sie auszuschütten. 20, 8 ; erfaren, das ich der herr meinen
grim über euch ausgeschüttet habe. 22,22; und wil meinen
grim ausschütten über Sin. 30, 15 ; ich bitte dich, du getrewer
gotl, du wollest deinen gerechten zorn über sie ausschütten.
Heinr. Jul. von Br. Susanna 3, 2.
3) sich ausschütten : dasz wir uns alle vor lachen hätten
ausschütten mögen. Felsenb. 4, 108 ; er ist witzig und saly-
risch, man möchte sich vor lachen ausschütten. Badener 3,
27; wenn er sich lachend nur ausschütten kann. Herder 11,
65; konnte ich mich des lauten lachens nicht enthalten, und
erst nachdem ich mich eine weile ausgeschüttet (dipoi riso
alquanto), sagte ich. Göthe 34, 309 ; sich in ein wildes lachen
ausschütten. Kmncer 3, 252; wir schütteten uns in lachen
aus. th. 3,310; er schüttele sich in wildes fröhliches lachen
aus. 3,318; er gieng zwar oft zu Augusti, skh {seinen ärger)
auszuschütten. J. Fall 7'//. 2, 34.
AUSSCHUTZ, »71. tumor? das hervorgelriebene? die ander
(verrenkung des schulterbeins) wird crkant fornen ain sonder-
licher ausschutz, und binden ain grilli. Braunscmweig 105. in
ganz anderm, tviewol vertvandlrm sinne hat es Maai.er 45* ffir
colonia, gleichsam der zweig und ahleyer, der aus einem vnlke
treibt: ausschutz eines völklins, so man anderswohin schickt
ze wonen ; der ort, dahin man ein ausscimlz eines volks zc
wonen schickt.
AUSSCHWADEBN, in doppeltem tinn,
1) intransitiv, ejfundi : das es an allen orten von inen aus-
schwadert und schwemmt, eitel teufelsdreck. Luther 8, 111*.
2) transitiv, effundere, effulire: alles das ausschwaderest,
das dir angelegen ist. Keisersb. has im pf. Bb 3'. vgl. schwa-
dern, überschwadern. Stieler 1950 und Schmeller 3, 529.
ÄUSSCHWADMEN, exhalare, evaporare. Stieler 1950. vgl.
schwadern.
AUSSCHWANKEN, nutare, evanescere: dann schwankten
die glocken bang verstummend aus. J. Paul Tit. 1,142; lang-
sam liesz er die wiege unsers herzens ausschwanken. 2, 159 ;
entgegengesetzte richtungen schwanken in einem mittlem aus.
rfäm.m. 5; aber der oscillierende jüngling scliwanke einmal in
der ruhe des mannes aus. aesth. 3, 70.
AUSSCHWÄREN, ulccre protrudi: die äugen sind ihm aus
dem köpf geschworen; der splilter, der im finger steckt, musz
ausschwären.
AUSSCHWÄRMEN, strependo evolare, von vögeln, bienen:
dasz die tauben nicht zu viel ausschwermen. Kirchhof wendunm.
139* ; die bienen sind ausgeschwärmt ; junges volk schwärmt
gern aus ; es musz ausgeschwärmt sein, dann auch zu schwär-
men aufliören: er hat ausgeschwärmt, transitiv, einen träum
ausschwärmen. Kmngers Ih. 2, 111.
AUSSCHWATZEN, garriendo in vulgus efferre, sowol arglot
heraussagen, als in böser absieht ausplaudern, austragen:
mein kind, du sciiwatzest ja dein ganz geheimnis aus.
Gellert 3, 312;
dasz der, der gleichgültige mysterien ausschwatze, endlich wich-
tige sage. J. Pacl Hesp. 1, 105. sich ausschwatzen, satt
schwatzen, ad satietalem garrire: die leute schwatzen sich
aus ; laszt ihn nur ausschwatzen ; ich bin bald in dem zu-
stande, dasz ich für lauter materie nicht mehr schreiben kann,
bis wir uns wieder gesehen und recht ausgeschwatzt haben.
Göthe an Schiller 2b9. einem etwas ausschwatzen, ausreden:
wie freudig ihm mein trost die grillen ausgeschwatzt.
Günther.
AUSSCHWÄTZER, »n.: dasz nicht grobe hübeler, aus-
schwätzer und Wäscher darüber (über mein buch) kommen.
Schweinichen 1, 13.
AUSSCHWÄTZEREI, f. Klinger 12,16.
AUSSCHWÄTZERIN, f.
AUSSCHWATZUNG, f. zog mich aber in eine unerlaubte
ausschwatzung ihres hauses hinein. J. Paul ßegelj. 1, 82.
AUSSCHWEBEN, evanescere: fieng an ir trug und falsch
auszuschweben. Frank weltb. 138*. s. verschweben.
AUSSCHWEFELN , sulfure suffumigare, nnl. uitzwavelen.
Stieler 1964: den keller, die fässer ausschwefeln.
AUSSCHWEIF, m. evagatio, digressio, ambages : einen aus-
schweif gewinnen, nehmen :
er hat im aber ein aussciiweif gnomen. H. Sachs IIL 1, 195*;
und ist der seltsamen ereignisse erwehnung kein ausschweif
einer fabulierenden feder. gespenst 142; ich möchte dieses
weges sobald nicht wieder kommen, man erlaube mir also
einen kleinen ausscbweif. Lessing 7, 333. in der form wie
schweif, abschweif, umschweif; in der bedeutung wie auslauf,
ausschritt.
AUSSCHWEIFEN, evagari, ausbiegen, dispalari.
1) von ßusz und gewässer, sinuari : alle ströme haben TOr
alters (ror bildung der flulbette) so ausgeschweift (sich so weit
ausgebogen). Kant 6, 88.
2) von fläche und ebene: die ebene schweift hier aus, ist
ungleich ausgeschweift, biegt sich aus; ausschweifende linie;
die Umschreibung der figur in geraden und wenig ausschwei-
fenden linicn. Winkelmann 3, 77; die wenig ausschweifenden
umrisse ihrer figuren. 3, 79.
3) ton dach, fach, gerälh: das dach ist oben ausgeschweift;
ausgeschweifte giebcl ; der becher ist am rande ausgeschweift.
4) von gliedmaszen : mit völligen und ausschweifenden hüf-
ten des weiblichen gesthlechts. Winkelmann 4, 89 ; die waden
(der Venus) sind straf und voll bis an die kniekehlen, ohne
auszuschweifen. Ardinghello 2, 214.
5) persönliche bezüge: wir schweiften heule aus durch wald
und gebirge ; meine äugen schweifen aus in die ferne und
erblicken den geliebten nicht;
freund, schweif :ius mit deinen blicken,
\asT. dicli die nnlnr rnt7url<(Mi,
die dir sunst gol.irht. Gottkr 1, t4;
er schweift reciits und links, nach allen richtungen aus, ia
alle ecken.
965 AUSSCHWEIFEN — AUSSCHWEIFUNG
AUSSCH^^TIGEN — AUSSCHWINGEN 966
6) zumal gilt es vom ungetreuen ehmann (s. auslatscbcn),
vom Jüngling, der abseits ausschweift, die bahn der lugend
verldsil, nebenher geht, schon Maaler 46* ein paur, der aus-
schweifend und nit gern daheimen bei seiner frauwen ist,
aversus contubernio suo villicus. eine ausschweifende, wol-
lüstige frau ; vil irrige, arme, weit ausgeschweifte mädlen.
WiRSLNG Calistus e; nollte sie ausschweifen, sie könnte den
wertb der seele herunter bringen und die tagend mit der wol-
lust verfäisclien. Schiller 202*. ein ausschweifendes leben
führen, der u-ollust nachhängen.
7) aber auch sonst übertreiben, modum exccdere: im essen,
trinken, im aufwand, in der liebe, freude, Iraner ausschwei-
fen, im lobe ausschweifen, unmdszig loben; in oder von der
rede ausschweifen, abschweifen, digredi;
wer haue je so weit im argwöhn ausgeschweift?
WiELi.VD 10, 333;
SO musz ich wider willen in exempel ausschweifen. Herder
1, 176 ; die kritik des Verstandes erlaubt es nicht, in intelügible
weiten, ja nicht einmal in ihren begrif auszuschweifen. Kam
2, 273; es ist schwer in einer materie, die von so weitem
umfange ist, nicht auszuschweifen. S, 23 ; mit der einbildungs-
kraft in den räum des chaos ausschweifen. S, 325 ; das blosz
zum privatvortheile meines ausschweifens gebaute fiiialbänd-
chen. J. Pacl Tit. 1, 61. Das partic. ausschweifend bedeutet
als adj. oder adv. häufig unmäszig, übertrieben : diese seine
Weisheit machte er in zwei verschiednen Vorlesungen bekannt,
von denen die erste gewis nicht wolfeil und die zweite aus-
schweifend theuer war. Klopstocr 12,297; wenn es auch die
allerausschweifendsfe suche von der weit wäre. J. E. Schlegel
2, 3S7 ; es ist etwas bekanntes, dasz im wirklichen leben oft
weit unwahrscheinlichere dinge begegnen, als der ausschwei-
fendste köpf zu erdichten sich getrauen würde. Wielasd 1,
iiv; kurz ich wollte das ausschweifendste, was man in der
Verzweiflung wollen kann. 2, 61 ; so ausschweifend dieser wahn
war, so wahrscheinlich schien er meinen gönnern aus der un-
tersten klasse. 2, 99; dürfte man einer ausschweifenden an-
gäbe aus jenen zeiten trauen. Schiller 915; mit ausschwei-
fendem lobe. Kli.nger 5, 342 ; die ausschweifende stärke eines
gefühls. Kam 12, 425.
8) transitiv, etwas bogenförmig ausarbeiten: den giebel, den
becher ausschweifen, alln. sveipa silfri ; ein hemd am hals
ausschweifen, emarginare; auch ein gefäsz ausschweifen, aus-
spülen, gleichviel mit abschweifen, abspülen (sp. 112).
AUSSCHWEIFIG, ragus, discursans, ausläufisch, gebildet wie
ahd. sueifag, ubersueifig (Graff 6, 902), ron übelm hausgesinde:
auch was es tu ausschweilig viel. H. Sachs 1,441';
nit ausschwcifip, leichtreriig werden,
sonder fein erbar sich einziehen. V, 372*;
wenn du also ausschweifig bist. Keisersb. has im pf AaS'.*;
zu dem ersten so ist ein mensch versumlich hinlessig, so
Wirt er darnach schneickerecht uszschw eilig. XV staffeln 4l'; die
liebkosende, blosze, ausschweifige seel Hadriani. Schuppils 743.
Al'SSCHWEIFLING, m. homo luxuriosus. E.ngel 3, 13.
AUSSCHWEIFUNG, f. evagatio, diyressio.
1) capereien und einbrüche der Normänner, an denen wir
uns vorstellen können, was in den alten zeiten von der schif-
fart und den ausschweifungen der Franken, Sachsen und
Heiuler fürgekommen. Mascou 2, 4S; die aussciiweifung der
kometen nach allen gcgenden. Kam S, 262; die ausschweifung
der iinie. Tiec» /»c/i/. l, 95; zu was für ausschweifungen ver-
leitet dich deine freundschnfl gegen mich. E. von Kleist 1, 180;
tugend ist allen ausschweifungen entgegengesetzt. 2, 189 ; was
mein herz in seinen kühnsten ausschweifungen nicht zu kühn
gewesen war zu hoffen. Lenz 1.114; o Jüngling, lange genug
hab ich deinen ausschweifungen zugehört, in was für ein gc-
webe von hirngespinslen hat dich die lebhaftigkeit deiner ein-
bildung-skrafl verwickelt. Wieland 1,91; diese ausschweifung
»einer hochachliing. 2, 111; er überliesz ihr also die ausfüh-
rung eines einfalls, der an ausschweifung vielleicht niemals
seines gleichen gehabt bat. 6, 201 ; ein mecr von ausschwei-
fungen und willkürlichen erdichtungen der einbildungskraft
Kant 8, f.8 ; freie ausschweifungen des witzes. 8, 362.
2) ausschweifung in der liebe, libido.
3) ausschweifung in der rede, abfchweifung : dasz ich diese
ausschweifung begehe (ron dem gegenständ abschweife). Hesse
3,11; die ausschweifung ist überflüssig. Kabener 2,97. 4,40;
ich frage nunmehro meine leser, denen zu gefallen ich diese
aasscbweifung gemacht habe. Liscov 206; dasz ich, um den
werth dieser groszen tugend des Shakespear recht ins licht
zu setzen, eine ausschweifung auf andre nationen mache.
J. E. Schlegel 3, 49 ; gleichwol wird man sie [gelahrlheil) in
diesem werke vergeblich suchen, ob es schon voller ausschwei-
fungen ist. Lessing 3, 141; eine kleine ausschweifung über
obige stelle des Plutarchs. 3, 427 ; man erlaube mir über die-
ses gleichnis, das ich für eins der schönsten im Homer halte,
eine kleine ausschweifung. 6, 340; wer zweifelt daran, dasz
ihre ausschweifungen satjTisch sind? Herder 2, 307; das ver-
gnügen, welches ich dabei (6eim qucllenlesen) empfand, ver-
führte mich zu unzähligen ausschweifungen. Moser l, forr. ,•
ich glaube dieser langen ausschweifung wegen keiner entschul-
digung zu bedürfen. Schiller 1032; ich erhole mich wieder
von einer ausschweifung, die mich von der hauptsache ent-
fernt hat. Kant S, 70 ; ich lenke nun von dieser kleinen aus-
schweifung wieder ein. Lichtenberg 4, 47; auch in den obliga-
ten blättern ist nicht das kleinste nur einer brandblase grosze
satyrische extravasal von ausschweifung ersichtlich. J. Fall
tu'. 1, 61.
.\USSCH\\'EIGEN, sich, silentio uti: mit welchem sich Chem-
nitius gar fein ausgeschwiegen hat {worüber er absichtlich ge-
schwiegen hat). JoH. ScuEnLtP.s kehrwisch s. 62 ; ich lobe noch
die breslauischen, dasz, ob sie es zwar für andren angegan-
gen, sie dennoch klüger gehandelt, und sich lieber ausschwei-
gen, als mit ungereimtem schreiben ärger haben zu schänden
machen wollen, s. 74; alleine, weil der deutsche krieg den
meisten ein greuel war, in welchem nichts ais viel elend und
wunden aufzulesen wären, meinten sich ihrer viele, weiche
das loosz traf und gerufen wurden, auszuschweigen. Lohenst.
Arm. 2, 1094; eine heutige behörde, aufgefordert ihr beharr-
liches schweigen zu rechtfertigen, antwortete, sie glaube sich
hinlänglich ausgeschwiegen zu haben, ein umgekehrtes aus-
schweigen, rumpere silentiun^ hat Stieler 1965, tgl. mhd.
ensweic, Reinh. 148.
AUSSCHWEINEN, labescere, auszehren, mhd. swinen: er
ist ganz ausgeschweint vor kummer. Stieler 1983,
AUSSCHWEISZEN, candens ferrum tundendo subigere. bei
den Jägern aber intr. vom angeschossenen wilde, ausbluten.
AUSSCHWELGEN, cessare a luxuriosa vita.
AUSSCHWELLEN, extumescere, part. ausgeschwollen, nnl.
uitzwellen :
die stunden enifliebeD in goldenen träumen,
die seele schwillt aus in unendlichen räumen. Schiller S'.
AUSSCHWELLEN, part. ausgeschwellt, eliminare, limine
pellere. Stieler 1695.
AUSSCHWELLEN, s. ausschwielen.
AUSSCHWE.M.MEN, eluere: der anhaltende regen schwemmt
die felder aus; die wolle ausschwemmen, reinigen;
der angstschweisz schwemmet mir durch manche ganze nacht
mein müde.« I.iger aus, das qual der thränen macht
mein bcit als eine bach. Fleii.nc 16;
und .... die schuldlose seele
dadurch ihm ausgeschwemmt in su-ömen bluts.
A. W. Schlegel im Richard II. 1, 1.
(sliiiced out his innocent soul tbrough streams of blood).
AUSSCHWE.NKEN , eluere, ausspülen : gläser, becher aus-
schwenken ; sich den mund ausschwenken, vgl. schwenken.
AUSSCHWIELE.N, planare, excidere callum. Stiei.er 1969,
der ßr Schwiele auch schwell angibt, daher scheint folgendes
ausschwellen dasselbe: dasz ir den schaden seubert, und die
adem underfaalb und ob dem schaden ausschwellen, und mit
sophiakraut den schaden binden. Paracelsls 1, 723.
AUSSCHWl.MMEN, enatare, nnl. uitzwemmen:
ich hab eillch schifbruch genumen,
bin in zwein .-illein ausgschwumen. H. Sachs III. 2,9$';
das schir zerstiesz sich an eim fels,
das es alles zu trummern ging.
da schwiimmen aus die juiigeling. 111.2,246';
i also dasz gar wenig knecht in die kleine nachen gesprungen,
oder zu ihrer bundgenossen schif ausgeschwummen sind.
Fbonsp. kriegsb. 3, 158*.
AUSSCHWINGEN, vibrare, vibrando purgare: den Dachs,
hanf, das werk, den haber, die wasche ausscbwingen ; das
haar, das gefieder:
fraw nachtigal schwang ir gefieder aus,
sie schwang sich für eins goldsrhmids haus.
(.'uland 48;
schwing aus, schwing aus dein gelbes haar,
du tregst ein kindlein, das ist war. Ambr. Ib. 193, 26.
einen ausscbwingen, durchprügeln.
61*
967
AUSSCHWITZEN — AUSSEHEN
AUSSEHEN — AUSSEIN
968
AUSSCHWITZEN, exsudare, nnl. uitzweeten,
1) intransitiv: der win in zum hals us switzet. Mdskatpl.
91, 39; an den pflanzen schwitzt honig aus; an seinem leib
schwitzte blut aus; die allegationes sind mir ausgeschwitzt.
Garg. 154'.
2) transitiv, die bäume schwitzen einen süszen saft aus ;
purpurrothe blumen, deren jede ein krystallhelles harztröpfchen
ausschwitzte. Bettine tageb. 58 ; das üeber ausschwitzen ;
da die buren das gelt uszschwitzen. fastn. sp. 895, 21 ;
die peccata juventutis ausschwitzen. Weise kl. leute 61; dasz
Burghart diese sachen schon ausgeschwitzt hätte, unw. doct.
779; meinem scheblimini, dessen inhalt ich beinahe ausge-
schwitzt. Hamann 7, 148; das habt ihr rein ausgeschwitzt.
Schiller 131'; den wein im bade ausschwitzen.
AUSSCHWÖREN, ejerare, in verscliiedner bedeulung,
1) die Stadt ausschwören, verschwören, abschwören, belege
hat Haltaus 81. 82.
2) ausschwören, feierlich schwören: er hat es ausgescbwo-
ren, conceplis verbis juravit;
ich scholl im sein tiochzcit versorgen
und scholl darauf aussciiwein und porgen. fasln, sp. 784, 30,
d. h. Sachen ausnehmen und die Zahlung eidlich versprechen;
vil renk und müh ich denn anker,
bisz ich ein ander pferd ausschwer,
denn hab ich lang daran zu zain. H. Sachs II. 4, 3*,
d. h. bis ich ein andres pferd, unter geleistetem eid für des-
sen bezahlung, kaufe, ich zahle aber langsam.
3) ausschwören = abschwüren, jurato negare; einem etwas
aus dem gesiebt schwüren, scientem et ßdentem (?videnteni)
perjurio fallere. Stieler 1977, das ist das oben sp. 795 beige-
brachte aus den äugen schwören, dem, ders mit seinen äugen
gesehn hat, es eidlich ableugnen, swuren sich üj, daj si dar-
vone nicht inwisten. viyst. 168, 17.
AUSSEGELN, exire e porlu, nnl. uitzeilen, auslaufen, absegeln.
AUSSEGNEN, exeunli fausta precari: als wenn es ihnen
noch mit tausend teufein wäre ausgesegnet worden. Simplic.
1, 230; sie segnen den sabbath auch aus mit gebett, wein.
Frank wellb. 146*.
AUSSEHEN, nnl. uitzien, wie das einfache sehen bald vi-
deri bald vidcre bedeutet,
1) specie esse: er sieht gut oder böse aus; du siehst mir
eben nicht sehr gelehrt aus ; er sieht aus wie ein dieb ; der
wein sieht wie hier aus ; sie sieht aus wie der teufel ; kind,
wie siehst du wieder aus?; wir sehen nicht aus, als ob wir
viel bei uns trügen ; zu der zeit, da du noch glat und schön
aussähest, pers. roscnlh. 5, 10 ; ist das nicht ein wunderschöner
kerl, sieht er doch flugs aus wie milch und blut. Schelmufsky
1,48; durstig aussehende. Simpl. 2, 307; lasz uns aussehn,
wie listige erben, die heulend hinter der bahre gehen und
desto lauter ins Schnupftuch lachen. Schiller 148*;
bräuiigam, so wird morgen Luis aussehen im brautschmuck.
Luise 3, 207 ;
diese deulung sieht gar zu studiert aus. Kant 7, 160 ; die
kunst kann nur schön genannt werden, wenn wir uns be-
wust sind, sie sei kunst, und sie uns doch als natur aus-
sieht. 7, 167. zumal aber unpersönlich und in Verbindung mit
so und wie oder den praepositionen nach, in und mit; wie
fiiehts in Berlin aus?; es sieht heute nach regen aus; das
sieht nicht gut aus. Gellert 3, 366; sie hat ihm vergeben.
*es .sieht so aus'. Göthe 10, 90; man kann sich in alles schicken
und weisz wie es in der weit aussieht 11,11; was haltet ihr
davon? 'es sieht völlig aus wie eine lüge*. 14, 101; wie sieht
es in ihrem herzen aus? 14,129; hernach seh ich wie es auf
dem ackcr aussieht. 11,253; wenn sie glauben, dasz es nicht
pedantisch aussieht, so kann ich wol in der Zeichensprache
mich zusammenfassen. 17,56; wie wird es aber mit den Zin-
sen unsers capitals aussehn? versetzte Werner, um nichts
schlimmer, sagte Lothario. 20, 146 ; noch sieht es mit seinen
unmittelbaren leibeserben mislich aus. 24,240; sagen sie mir
bald nachricht, wie es aussieht? an Schiller 196; ach sie
mögen sehn, wie mirs im herzen manchmal aussieht, an fr.
von Stein 1, 59 ; ob es gleich hiebei lediglich nach einer kette
von Ursachen aussieht Kant 2, 423. diese ausdruckswvise scheint
erst im n jh. um sich zu greifen, Luther Kurf Fisciiaht /io/h'«
noch kein beispiel davon und verwenden dafür bloszcs sehen,
ohne aus. aber auch nnl. hct ziet er siecht niel hein uil;
ziet hij er nog zoo ongunslig uit? ursprünglich war es, ana-
log dem ansehen 12, ein wirkliches atisblicken: sie sieht so
frisch aus ihren äugen; was hernach genommen wurde ßr sie
hat ein frisches aussehen.
2) aussehen, prospicere: sähe Micha! die tochter Saul zum
fenster aus. l chron. 16, 29 ;
do sach die falsche frawe
mit freuden zum fenster aus. Uhland285;
Caivus sah zum fenster aus, Lippus hielt die nase für.
L0GAu2, 6, 81;
wie säumt dpnn Nathan so? sieh aus, ob er
sich noch nicht naht? Klopstock 9, 140;
ist nicht der liimmel überall voll nachl?
seht aus: ist jeder strahl des tags in wölken
nicht ungewöhnlich llnster eingehüllt? 10, 67;
dein blick ist scharf, sieh aus, ob sie schon leichen tragen.
10, 88 ;
du läszt mich lange nach dir aussehen und ich habe doch
wichtige dinge mit dir zu reden. Jul. von Tar. s. 11; sonst
hätte ich wol noch lange nach dem küsse dieser süszesten
lippen aussehen mögen. Tieck ges. nov. 1, 204 ; hier kann man
weit aussehen, ausschauen, sich umsehen.
3) transitiv, auserschen, ersehen, aussuchen, auswählen : ich
habe mir meinen ort hier ausgesehen ; sieh dir einen tag
aus, sume diem. Stieler 2024 ; wo wollest du dir eine lusti-
gere Wohnung aussehen können ? Simplic. 1, 476 ; ei Leander,
so jung, und er hat sich schon ein mädchen ausgesehen?
Lessing 1,404;
und dann am quelle
die rasenstelle,
wo zephvrs wehn,
zum grillensitze
mir auszusehn. Stamford bei Göhingk 1, 231;
man musz die Jugend zu geschäften aussehen, besonders sol-
chen, die zu andern stellen geschickter machen. Hippel br.
13, 74.
4) sich die äugen aussehen, zu grund richten: bei dem
spitzenmachen sieht sie sich noch die äugen aus; ich sehe
mir die äugen danach aus, schaue unablässig dahin ; ich kann
das stück nicht aussehen, bis zu ende sehen.
5) das participium aussehend, mit weit verbunden, empfängt
häußg, nach der zweiten bedeulung, den sinn von incerlus,
anceps: die beide nordische königreiche, Schweden und Den-
nemark, hatten einen weit aussehentien krieg angefangen.
ScHUPPius 222 ; die wahren thaten der freimäurer sind so
grosz, so weit aussehend, dasz ganze Jahrhunderte vergehen
können, ehe man sagen kann, das haben sie gethan. Les-
sing 10, 260;
lange nicht auszusehende weg, umgeben von sonnen.
Klopstock itfess. 1, 202;
meine weitaussehenden absiebten. Wieland 2, 120 ; das genie
arbeitete an weit aussehenden planen. Klinger 10, 277.
AUSSEHEN, n. prospeclus, aussieht: euer mehrste aussehen,
laden und fenster soll ihr gegen aufgang über den- garten
richten. Sebiz 30; von demselben berge hatte ich ein schö-
nes aussehen. Simpl. 1, 556 ; als wir nun im besten da saszen
und zechten, erblickte ich im aussehen {durchs fensler, pro-
spiciendo) ein abenteuer. unw. doct. 245. dann aber auch für
species, anblick, ansehen: wolt ich mit fünvitzigen äugen das
elende aussehen meines Vaterlands ansehen. Schuppius 693;
in Teutschland hat das wilde meer, der krieg noch kein end,
sondern es hat ein aussehen, als woU es mehr und mehr
toben. 715; ich nehme euch zum zeugen, was vor diesem
mein haushaltung für ein aussehen gehabt habe. 734; viel-
mehr bin ich voll Verwunderung dein aussehen frischer und
jünger zu finden als das meine. Gütiie 22, 40; endlich aber
mitlachen niuste über das aussehen einer närrischen hand-
lung, die ich mit so vielem ernste durchgeführt hatte. 23, U3.
AUSSEICHEN, urinam facere, ausharnen: herr Batt mit
dem glaltcn schaden, der die zwillingbrüderlein im bauch
verbirgt, und seicht binden aus, wie des meiers stut. Garg,
13l'. mingendo exsliuguerc : wann ich in die hölle solle,
wolle ich mich erstlich brav voll Minder hier saufen und dem
teufel zum possen das feur ausseichen, ped. schulfuchs iOb.
AUSSEIGEBN, igne metallum separare: das silber vom ku-
pfer ausseigern.
AUSSEIHEN, excolare.
AUSSEIMEN, favus, mclla eximere: wachs, davon das hö-
nig auspesaimet oder ausgelassen worden. Hohberg 2, 401*.
AUSSEIN, verhält sich wie absein, ansein, aufsein, und
bcdeulct
1) zu ende sein, finiri, sowol von sinnlichen, als ahstraclen
dingen, das licht, feucr, leben, das lied, die schule, die noth,
969
AUSSEIN
AUSSENDEN— AUSSETZEN
970
angst ist aus ; der herren geding ist aus. weisth. 2, 169 ; wann
die losung aus ist. 2, 200; da nu das wasser in der fla-
schen aus war. 1 Mos. 21, 15 ; sie las, bis das die gerstenernd
aus war. Ruth 2, 23 ; wenn man nacülieset, so die weinernde
aus ist. Es. 24, 13; wo bleibet nu der rühm? er ist aus.
Rom, 3, 27 ; wie ein knecht sehnet sich nach dem schatten,
und ein taglöner, das sein erbeit aus sei. Uiob 7, 2 ; und da
die tage aus waren, macht der könig ein mal. Esther 1, 5 ;
bis der zorn aus sei. Dan. il, 36 ; wenn zu Babel siebenzig
jar aus sind. Jer. 29, 10 ; da nu die leidtage aus waren, l Mos.
50,4; bis das die zeit aus sei. 4,Mos.6,b;
wo gell gbrist, do ist fiüntschafl usz. Bra« narrensch. 104;
wach auf Iried, der krieg ist aus.' fastn. sp. 39, 2;
all freud war aus. II. Sachs I, 161';
wo nit, sei all sein bofaung aus. V, 226' ;
lasz dein büberei aus sein, nequitiae fige tnodum tuae. Maa-
LER 46' ; das glas ist aus. Garg. 89' ; wäre dem fasz der
büden aus. 103*. vgl. ausschlagen sp. 959;
ach es ist noch nicht zeit, dasz ihr einmal beginnet,
ihr tbränen, aus zu sein. Flemi.-<g 635;
der klare' wein ist aus, die heTen sind in fassen.
LoGAOl, 9, 14;
meine bahn ist aus. Scbill£r 174*; die wacbtparade ist aus.
188*;
das gesetz ist aus. das köpfen hat ein ende. 592;
gottes gute ists, dasz wir im tode nicht gar aus sind. Hippel
10, 270; wenn im schlösse die lichter alle aus sind. Götbe
15, 50; meine predigt ist aus; der tanz, das Med, der träum
ist aus; wiltu denn über uns zürnen, bis das gar aus sei?
Esra 9, 14 ; es ist aus, wir sind verstöret. Micha 2, 4 ;
wenn es aus ist. /as/n. sp. 727, 24;
ist sie schon auf den flug die seele,
so ists aus. FlehimcSO;
es ist alles aus. Geliert 3, 166 ; nun ists aus. Göthe 14,
298 ; da ists aus und vorbei, der arme mann im Tockenb.
117. man kann sich leicht participia hinzudenken: das licht
ist aus gethan, das lied ist aus gesungen, das glas aus getrun-
ken, der träum ist aus gegangen (erfüllt, s. ausgehen), es ist
alles aus gespielt.
2) wie sich schon zum hloszen aus die praep. mit gesellte
{sp. 818), tritt sie auch zu aussein: und ekelt mich ir nicht
also, das mit inen aus sein solt. 3 Mos. 26, 44 ; und mit den
götzen wirds ganz aus sein. Es. 2, 18 ; wie ists mit dem trei-
ber so gar aus? 14, 4; und wird aus sein mit der feste.
17, 3; und wenn ein mensch dahin ist, so ists gar aus mit
im. veish. Sal. 2, 1 ; denn es war aus mit inen. Matth. 2, 18 ;
es ist aus mit im. Marc. 3, 26 ; ists denn ganz und gar aus
mit seiner gute? ps. 77, 9; ich wil das schwert hinder sie
schicken, bis das aus mit inen sei. Jer. 9, 16 ; da war es
mit den gesten aus. grobianus H3; der angeklagte fürst der
Cherusker hat durch diese schlacht die Römer so sehr zu
zorn und räche wider uns gereizt, dasz es mit uns ans war,
wenn Tiberius den Caesar nicht zurück rufte. Klopstock 10,
263; die bücher, mit denen es aus ist, sind uns sehr gut
bekannt. 12,384; es ist aus mit uns. Schiller 192';
mit mir ist es ja aus, auf immer aus. 298;
am jüngsten tag, wenn die posaunen schallen
uud alles aus ist mit dem crdeleben. Göthe 2, 15;
ich lasz euch nicht weg, und damit ists aus. 11,102; siehst
du, mit mir ists aus, ich trag es nicht länger. 16, 140; und
mit mir ist es aus, meine sinnen verwirren sich. 16, 153.
3) aus sein, domo abesse, ausgegangen sein, ausbleiben:
du lolt nit lang aus sein, fastn. sp. 501, 28;
ich bin gleich lang gewesen aus. H. Sachs II. 4, 1';
wie bist so lang aus, du böswicht? III. 1, 262^;
soll ich so lang aus sein, ich woll etwas schicken, seh. u. ernst
198 ; als nun die rauher den tag über, nach ihrer gewohnbeit,
beul zu machen ausgewesen, pers. rosenth. 1, 5; korapt er
{der fuchs) auch, entschuldigt sich, er war aus gewesen und
bat sich bei den ürzten aufgehalten. Schüppiüs 832; zehrpfen-
nig, den ihm die meisterin abschlug, wenn der meister aus
war. J. Paul Uesp. 1, 171; heule war ich noch nicht aus.
4) aussein nach etwas, ausgehn, nach etwas suchen ;
wo bleibt Albafl denn! ist niemand nach
ihm aus? Lessi.tc 2, 231.
5) aussein auf etwas, mit etwat beschäßigl sein, danach
streben : ich bin darauf aus, das gcld herbei zu schaffen ; eine
ehre, auf die ich gar nicht aus bin; ohne auf das aufgerich-
tete ziel aus zu sein. J. Pacl teuf pap. 1, HO; gleicbwul
war man auf eine blutreinigung der geistlich poetischen adcr
aus. biogr. bei. 1, 138 ; ob sie gleich, wie der pabst, auf die
erledigungen der stellen aus sind. Fixlein 141 ; er war darauf
aus, die schönsten entdeckungen zu machen, vgl. ausgehen 4.
AUSSENDEN, emitlere, entsenden, nnl. uitzenden : boten
wurden, einer nach dem andern, ausgesandt ; und habe aus-
gesand dir meinem herrn anzusagen. 1 Mos. 32, 5 ; sende men-
ner aus, die das land erkunden. 4 Mos. 13, 3 ; und Mose sande
aus kundschafter. 21, 32 ; und sande seine knechte aus. Mallh.
22, 3.
ÄüSSENGEN, exurere: wie die parfoten (barfüszer) iren
creuzgang mit fewer reinigeten und aussengeten, wenn ein
Weibsbild öffentlich dardurch gangen war. Matbesics 96'.
AÜSSETZEIN, exponere, seponere, proponere, disponere, nnl.
uitzetten.
1) aus einem ort an den andern setzen: bäume, pflanzen
aussetzen, versetzen; die genadgesalbte kirch, daraus gott co-
lonias, burgerstift und bewohner, als geimpfte Versetzung und
schöszling aussetzet und ziehet. Garg. 65'; ein kind aus-
setzen, iy.Ti&eiai, es aus dem hause auf das freie feld aus-
setzen; leute aussetzen, aus dem schif ans land; tausend
mann wurden glücklich ausgesetzt;
wer ausgesetzt ans feuerland
sich nicht am ersten bäum erhienge. Göti;«GK 1, 277;
0 schifmann,
setz aus, setz aus das mädlein doch! Uhlaxd 269;
er liesz sich zu Danzig aussetzen und reiste nach Polen ; ein
boot aussetzen, um wasser einzuholen; pferde oder rinder
aussetzen, aus dem pflüg oder wagen spannen; da er nun un-
der den galgen kam, da hielt er still und satzte die pferd
aus. Eulensp. cap. 64; eine wache, einen posten aussetzen,
d. i. aus dem häufen absondern und an gewisser stelle stehen
lassen ; in einem so engen kreis, als es die ausgesetzten wa-
chen erlauben wollten. Güthe 30, 312. die tochter aussetzen, aus
dem väterlichen hause weg, an männer geben, ausstatten {vgl. aus-
geben) ; der halle dreiszig söne, und dreiszig töchler salzt er
aus, und dreiszig töchler nam er von auszen seinen sönen.
rieht. 12, 9; ein jung par volks von dem gemeinen schätz mit
ehren aussetzen. Luther 1, 207'; dasz derselben nonnen zwei
oder dreihundert gülden möchten geben werden, damit sie
ehrlich genug ausgesetzt würde. Luthers br. 2, 269 ; und da-
mit je Danielis erklerung deutlich erfüllet würde, bat gott
unserm herrn keiser acht frewlin geben, der schon vier gro-
szen polentalen und mechtigen fürslen ausgesetzt. Matbe-
sics 88';
er nimmt ihn in sein haus,
gibt ihm die tochter noch und setzt ihn reichlich aus.
Opitz 2, 450;
die tochter aussetzen. Opitz ilrt;. 1, 742 ; die waare aussetzen,
auslegen, feilbieten, einen der sonne, der hitze aussetzen,
ihn aus dem schatten in die sonne setzen, aus der kälte in die
wärme, oder aus der wärme in die kälte:
unser antrit in die zeit, unsre thür ins erste jähr
setzt in eis, schnee, frost uns aus, unter falscbheit, trug, gefahr.
LOGAD 2, 10, 31.
. 2) sehr oft, schon mehr abgezogen, sich oder auch etwas
aussetzen für blosz stellen, preisgeben, wagen: welchen Spöt-
tereien soll ich mich aussetzen? Lessing 3, 305; sie erklärte
mir, dasz sie in dieser unruhigen zeit sich dort {im putzla-
den) nicht hätte aussetzen wollen. Göthe 24, 297; und wenn
sie einmal gewitzigt ist, wird sie nicht mehr lust haben, so
allein sich auszusetzen. 11, 18; ich erkannte meine schwäche
und ich suchte mir dadurch zu helfen, dasz ich mich schonte,
dasz ich mich nicht aussetzte. 19, 315 ; er selbst drang durch
den rauch hinauf, aber vergebens setzte er sich der gefabr
aus. 19, 219; und sie wollen ihr kostbares leben so aus-
setzen? Schiller 201;
die Wahrheit aber setz ich aus, wenn sie
mir diese gunst venveigern. 277;
um in einer so wichtigen sache das ansehen sr. durcblauchl
nicht auszusetzen. KLi.tCER 8, 313; euch ihm in dieser läge
auszusetzen gebt nicht, er ist keck und übermütig. /A. 4, 189.
3) diesem exponere liegt nah ein seponere, zur seile, bei
seile setzen, aussondern, ausnehmen: die spindcl und nadel
weglegen und geschmuck zum tanz suchen, den pdilg aus-
setzen und die hellenparten ncinen. Fraxk weltb. 133'. hierher
ein absolut gebrauchtes ausgesetzt für ausgenommen, extepto :
971
AUSSETZEN
AUSSETZUNG — AUSSIEDEN
972
so sei verspeit, du ehrcndieb,
ausgsetzt dein piiesierliclien stand. Atrer2C3',
d. i. salvo sacerdotio tuo; allein den beklagten wegen neuw-
licher turbation ausgesetzt. Ayrer |)roc. 1, 4 ;
cott will, sich ausgesetzt, nichts lassen immer währen.
Opitz 3, 282,
d. i. sich ausgenommen.
4) seponere gehl über in intermiltere und di/ferre, weil das
zur Seite gesleUle auch ausgesetzt, unterbrochen wird, wenn es
schon, oder aufgeschoben, unterlassen, wenn es noch nicht be-
gonnen hatte: wir wollen einhalten und den tanz eine stunde
aussetzen; die schule, die collegien aussetzen, schwänzen; die
brunnenkur aussetzen; er liesz die hochzeit noch drei tage
aussetzen ; meine abreise bleibt noch einige tage ausgesetzt.
GüTHE an Schiller 464 ; der preis mag gewonnen oder ausgesetzt
werden. 55, 82; wahrend dies auf entfernte zeit ausgesetzt
bleibt. Kant 6, 156. auch mit etwas aussetzen: setzen sie
mit der medicin einmal aus, sagt der doctor.
5) aus seponere ßieszl zugleich der begrif des tadelns, das
beiseit oder zurück gesetzte wird dadurch für gering und feh-
lerhaft erklärt: warum bat er damals mir den fehler nicht
ausgesetzt? hebamme 819; ich habe die fehler ausgebessert,
welche man mit gutem gründe ausgesetzt hat. Rabener 1, 84 ;
ich bewunderte einige stücke, setzte an andern dies oder
jenes aus. Wieland 2, 72; die gaste, die vom tische aufste-
hen, haben nachher an jedem gerichte was auszusetzen.
GöTHE 19, 194; so würde niemand dagegen was aussetzen
können. Kant 8, 73 ; es ist an ihm nichts auszusetzen.
6) aussetzen bedeutet aber auth in positivem, gutem sinn
proponere, disponere, festsetzen, anordnen, bestimmen, es auf
etwas anlegen : das die christliche kirch durch ein gemein con-
cilium aussetzet, das alle christgleubige menschen geistlichs
und weltlichs Stands under beider gestalt des brots und weins
mit dem hochwirdigen sacrament bericht und communiciert
würden. Luther 1, 214' ;
keine straf ist ausgesetzet
auf des neides gift. Logau 1, 1, 36;
und würde deine brusf nicht durch mein blut verletzt,
so könt ich endlich noch mich in gedult bescheiden,
ich sagt, es hat es so der himmel ausgesetzt.
HoFFMANNSWALDAU iieldcnbr. 129;
die zeit, die dazu ausgesetzt war. Wieland 7, 141;
denn Johannis hat mein treuer
ausgesetzt zur hochzeitsfeier. Voss Idyllen 6, 70;
einen preis aussetzen; geld aussetzen, anlegen; ein Vermächt-
nis für arme aussetzen; fruchtlos habe ich das meine aus-
gesetzet, und damit nichts gewonnen als nachreue. pers.
baumg. 4, 4;
magst nun schätzen,
ob und was und auch wie viel meinen muscn auszusetzen.
GC.'XTUERSei;
etwas auf einen eid aussetzen, es auf den eid. einer partei
ankommen lassen; wenn man es nicht auf worte, sondern
auf Sachen aussetzen will. Hippel 11, 397; ein beweis, der
alles auf beweise der erfahrung aussetzt {sich blosz darauf
stützt). Kant 2, 482 ; wo es um urtheile a priori zu thun ist,
kann man es auf schale wahrscheinlichkeilen nicht aussetzen.
3, 192; wenn wir es mit dem Epikur bei der tugend aufs
blosze vergnügen aussetzen. 4, 121 ; die einen gewissen mo-
rahschen sinn annehmen und doch alles auf verlangen nach
glückseligkeit aussetzen. 4, 141.
7) aussetzen, exslruere, inslruere, ornare:
und ein lehrreiches iobgesang
mit müh und zier recht ausgesetzet. Wbckiikrlin 557;
nimm dieses reine kleid
mit Sternen ausgesetzt {bestickt)
zu einem unterpfande. GÜNTiieR 1091 ;
er will mir alle stuben mit bildern von seiner band aussetzen.
J. E. Schlegel 2, 118 ; einen sal mit steinen aussetzen, bele-
gen lassen.
8) bei den buchdruckern : einen bogen aussetzen, lu ende
setzen, im salz vollenden; das werk ist bald ausgesetzt, fer-
tig gesetzt,
9) sich aussetzen, beim billardspiel, aequit geben,
10) intransitive bcdeutungcn entspringen, wenn kein ace, oder
tm passiven ausdruck kein nom. ausgedrückt steht: die nette
hatte in Campanien ausgesclzel {gelntidet). Mascou 1, 469 ; mit
Vermeidung, er in ewigkeil von solrhcii glaubcnspuiicten nicht
aussetzen {abgehen, abweichen) kiiiidte. üfKr. g. tugendb. 96;
da ich von dem Laokoon gleichsam ausseUte (ausgieng) und
mehrmals auf ihn zurückkomme, so habe ich ihm auch einen
antheil an der aufschrift lassen wollen. Lessing 6, 375 ; er
setzt aus (il part) von dem allgemeinen Schicksal, geht als-
dann auf den menschen und seinen willen über. Göthe 33,
102 ; welche man ungebunden gehen liesze, weil man den
glauben zu ihnen trüge, sie gewis nicht aussetzen {durchgehn,
entweichen) sollen. Philander 1, 462 ; dann es keinem von
euch soll besser gehen als diesem, wenn er aussetzen {sich
davon machen) wolle. 2,589; er antwortete dilatorisch, dann
setzte er aus {verschob), diesen punct zu crwiedern, dann
waren seine worle zweideutig, zuletzt schwieg er ganz. Gütue
21, 203; der puls setzt aus {intermittiert) : ein kleiner aus-
setzender puls der emplindung. Schiller 145. bergmännisch:
die gänge, flütze setzen aus, gehen zu tage aus. landwirt-
schaftlich, die Schafe setzen aus, hören auf zahne zu setzen,
alte schafe heiszen ausgesetzte schafe.
AUSSETZUNG, f. exposilio, in allen bedeutungen des aus-
setzens : die aussetzung der kinder, der waaren ; die Unter-
lassung, Unterbrechung.
AUSSEUFZEN, itigemiscere, gemitibus edere: wie oft hatte
ich nicht schmerzlich ausseufzen müssen, 'ich trete die kel-
ter allein'. Göthe 26, 313 ; das ende der tage ist gekommen,
die Schöpfung seufzt den lebendigen ödem wieder aus und
alles was da ist gerinnet wieder zu dementen. Leisewitz
Jul. von Tar. 5, 4.
AUSSEULEN, columnis ornare. Stieler 1694.
AUSSICHT, /". prospeclus, nnl. uitzigt, ein erst im 18 jh.
erscheinendes wort : mein haus hat eine weite aussieht in die
gegend; oben an einer seile des felsens bekommt man plötz-
lich die aussieht auf das meer; herliche aussiebten öfnen
sich dem blick allenthalben ; die mahlerischen aussiebten des
parks. Göthe 17, 316 ; hier musz die aussieht genommen wer-
den; sie sollen auf dem wege langsam gehen und zuweilen
ruhen und aussieht nehmen. Fichte phil. Journal 9, 201 ; o
meine aussiebten, meine goldnen träume! Schiller 104"; leb
wol, du liebste aussieht meines ganzen lebcns! Göthe an fr.
von Stein 2, 171; und warum nicht ein andermal alle die
(schritte), welche zu thun uns die aussiebten in ewige be-
lohnungen so mächtig helfen? Lessing 10, 329; weil ich, ohne
sonderliche aussiebten, einem wolhabenden, nicht geliebten,
aber geehrten manne meine band reichen muste. Göthe 17, 9 ;
eine frohe aussieht in die zukunft üfnete sich ihr. 17, 181;
hatte jeder zuhörer räum genug, zu einer glücklichen Selbst-
gefälligkeit empor zu steigeo und von da aus die anmu-
tigsten aussiebten in die zukunft zu überschauen. 18, 245;
glaubte man durch die neue form eine .neue aussieht für die
vaterländische bühne eröfnet zu haben. 19, 24; von der zeit
an war ihr ganzes gemüt mit den heitersten aussiebten be-
schäftigt, auf keinen irdischen gegenständ richtete sie ihre
aufmerksamkeit mehr. 20, 279; und ob mir zwar die eigen-
heit seines Charakters einige sorge für ihn gab, wie er sich
in das bürgerliche wesen finden und fügen werde, so that
sich doch eine aussiebt auf, in die er mit günstigem geschick
einzutreten hoffen durfte. 32, 179. die heutige geschdßssprache
sagt gern in aussieht stehen, stellen : seine befördcrung steht
in aussieht, der in aussieht siehende friede, Verhandlungen,
die eine beilegung des Streits in aussieht stellen; es ist keine
aussieht auf ruhe.
AUSSICHTEN, secernere, sichten:
der in der alten besten werken
nur eine lesart zu bemerken,
nur Wörter auszusichten welsz. Hagedorn 1,93.
AUSSICHTSPLATZ, m. locus prospcctum praeberts: wege
auf denen und in deren nähe man noch die angenehmsten
ruhe- und aussichtsplätze zu entdecken hofte. Göthe 17, 87.
AUSSICHTSREICH: günstige, aussichtsreiche läge.
AUSSICKERN, rorare, exstillare knie: es sickert wasscraus.
AUSSIEDEN, cribrare: getraide, asche aussieben;
wir wolln des wütrichs asch aussieben grosz und klein,
und laclicu wenn sie wird ein spiel der winde sein.
Gryphius 1, 500.
AUSSIECH, leprosus. Schneller 3, 190. s. aussucht.
AUSSIECHEN, langurre: mancher isset und trinket, das
er darnach aussieciicn und oft daran sterben musz. Luther
5, 43!»'. das aus wie in ausmagern, ausslrrben.
AUSSIEDEN, pxeoquere, coquendo pnrgare, nnl, uitzieden
gain, feit, münzen, kräuler aussieden ; auch ein kraut, meus
ühr genannt, mit wasser aussieden lassei», weidwnk 1, 15*
und en braust aussicdend der kcsscl Voss 1,37;
973
AUSSINGEN — AI SSOMMERN
AUSSÖMMERN — AUSSPÄHEN
974
wer zu einem poeta laureatus ausgesotten und ausgebrannt
sein will. J. Paul Fixl. Hl ; Termutungen auszusieden. teuf,
pap. 2, 144.
ALSSINGEN, nnl. uitzingen,
1) cantu prodfTt: ich musz aussingen, was meine brast
bewegt; die nachligall sang lieblich aus. Docen misc. l, 2S4;
die liebe, die dich schwellt,
freudig auszusingen. Röcisrt 304.
2) eanlum absoltere: ein lied aussingen; er langt viele lie-
der an, singt aber keins aus; man lasse sie doch aussingen.
roctm canlando attenuare: ihre stimme ist schon sehr aus-
gesungen.
3) canlu funus efferre, eine leiche aussingen.
4) inlransitir, desinere cantare:
schnell wird ein dichter alt, dann hat er ausgesungen,
doch manche criiici die bleiben immer jungen.
Kasl-vees rerm. sehr. 2, 263.
5) inlransiliv, crepare:
dem gib ich ein solchs recept ein,
das all bös lüft, die in im sein.
die müssen von im unden aussingen, fattn. tp. 752, 31.
AUSSns'NEN, exeogilare, fingere, invenire, ausdenken: eine
list, kunst, ein mittel aussinnen ;
welcher kan das aussinnen,
dasz wir erlangen ein gute beut? Uhiaxd539;
ich bin drei ganzer nacht gelegen
ob dem, das uns Simson ttiet fregen,
jedoch kan ich das nit aussinnen. U. Sachs lü. 1,50*;
sein sinn ist nimmer auszusinnen. Opitz;
dasz dies sein musz der graf, hat er ihm ausgesonnen.
Werders Jrios/ II, bl ;
das mögen eur ehrwürden aussinnen. Simplic. 2, 300 ; ich ver-
wunderte mich, dis alles zu sehen und zu hören und konte
nicht aussinnen, aus was Ursachen ein lebendig geschöpf
einen todten klotz anbetete, pers. baumg. 8,13; spannen sie
vielmehr ihren verstand an etwas auszusinnen. Lessisg 1, 241 ;
treibt euch der müsziggang, phantome auszusinnen —
sägt holz! Götter 1,400;
welch neues unerhörtes hat der vogt
sich ausgesonnen? Schuler 521':
wol ausgesonnen, pater I.amormain. 343';
ich sinne schon das stück aus und bin mitten drin. Güthe
26, 349.
AUSSI.NNEN, n. ; ich weisz aber nicht, aus was aussinnen
ich nie vor e. eh. gn. habe mögen komen. Lctheb 1, 147*.
AL'SSrrZEN, in doppeltem sinne,
1) dem räum nach, in foro sedere: die krämer sitzen mit
ihren waaren aus. sedendo dislendere: die rasenbank, der
stul ist ausgesessen ; sich und seinen sessel ab und aus-
silzen. J. Pacl teufelspap. 1, x.
2) der zeit nach, per lempus eonslilulum sedere: der ge-
fangne hat sein jähr ausgesessen; man verwahret die pferde
wol vor der luft, bis die geschwulst ausgesessen. Pixteb 391 ;
das huhn hat noch nicht ausgesessen, nocli nicht ausgebrütet ;
der brulofen, worin karaeralistische ideen ausgesessen wer-
den. J. Pacl teufehpap. 2, 14; ein kapaun, der meine kiich-
lein aussösze. Fixlein 16.
ALSSÖH.NBAR, placabilis: die thal ist noch aussöhnbar.
AUSSÖHNEN, placare, reconciliare, expiare: söhnelen also
meinen herren bei s. k. gn. ganz und gar aus. Scbweimchen
1, 85; dennoch hat der son gottes dem ausgcsOneten Adam
aus gnaden wider beide ampt befolhen. Mathesics Sl*;
als meinet Calchas so, wo unsre schilTart soll
ja werdj-n ausgesöhnt, musz Hectors asche wol,
damit die see sich leg, hinaut gesireuet werden,
und auch sein grab gescblein bis auf den gniiid der erden.
Opitz 1,230;
unser schutdbuch sei vernichtet,
ausgecohnl die ganze weit. Schiller 19';
do(\ \ haben h.ilme «irh erkühnet
her, : . und das pr.ili iimTassend
es i' -,i leben ausgesiilmet. Kückert 89.
vgl. Sühnen und subneu.
AUSSÖHNUNG, f. placalio: als Cahus durch gute freunde
unib aussöbnung bei ihm anhalten lassen. Opitz l, 2'; wie
kann einige missethat so grosz und schrecklich sein auf er-
den, dafür die grosze uiarter deines einigen sohncs zur aus-
Bübnnng nicht solle gnugsein? Sciiopmus 459.
AlSSüMNER. m. rfconcilialor.
AI SSiillNKIUN, /. reconciliatrix.
AÜSSOMMEHN, insolare, ad solem pandert: die bellen aus-
sommem, in die sonne breiten; er sommert sich aus, ant-
wortete Jenny. Tieck ges. not. 3, 9.
AUSSÖ-MMEELN könnte dasselbe aussagen, erscheint aber nocli
in andern bedeulungen. bei Hohberg 3, 330* heiszt es: die-
jenige eiche, so unter kieferichten gehölzen stehet, wachset
schön gerade in die höhe, weil sie sich wegen der engigkeit
nicht also in die seitenäste aussömmem kann, d. i. seitwärts
auswachsen. 3, 96: es musz darauf gesehen werden, dasz
die felder zu rechter zeit wol gearbeitet, besäet, beschicket,
gebrauchet und nicht ausgesömmert oder versäumet werden.
dies leiste aussömmem meint also u-ol austrocknen? Stieler
2060 erklärt aussömmem apricatione calefacere, corrigere in-
solatione, bei Schmelleb 3, 249 [ist süraern geschlagnes holz
den Sommer durch austrocknen lassen. J. Pacl im Fibel s. 19
sagt: auswintern und aussömmem konnte nach ihm [dem
vater) der junge nicht genug haben, d. i. abhärten im winter
und Sommer, rgl. absömmem.
AUSSONDEKN, segregare, nnl. uitzonderen, ahd. arsunta-
rön (Graff 6, 53), mhd. s6 ist ir schoene als ftj gesunden.
MS. 1, 84" ; sich üj sundem. pass. K. 661, 53. ich wil heute
durch alle deine herde gehen und aussondern alle fleckete
und bunte schafe. 1 Mos. 30, 32; so soltu aussondern dem
herra alles was die mutler bricht {vulg. quod aperit vulvam).
2 Mos. 13, 12 ; und soll die leviien mir, dem herrn, ausson-
dern. 4 Mos. 3, 41; ists euch zu wenig, das euch der got
Israel ausgesondert hat von der gemeine? 16,9; das sind
die senger, die heubter unter den vetern der leviien über die
kästen ausgesondert. 1 chron. 10, 33 ; ich sonderte dich aus,
ehe denn du von der mutier geboren wurdest. Jer. 1, 5; da
versuchts der könig auch und liesz den ort aussondern und
befrieden. 2 Macc. 1, 34 ; darnach sondert der herr andere sie-
benzig aus. Luc. 10, 1; sondert mir aus Baraabam und Sau-
lum zu dem werk, apost. gesch. 13,2; Paulus, ein knechlJesu
Christi, ausgesondert zu predigen. Rom. 1, l; der mich von
meiner mutier leib hat ausgesondert. Gal. 1, 15 ; ist nu Chri-
stus fleisch aus allem fleisch ausgesondert. Lctheb 3, 365';
wollen eben S. Veiten ausgesondert haben. Wicsram ro//ir.
17*; und sich von dem häufen auszusondern gezwungen wer-
den. KiBcnnoF icendunm. 379*; derhalben vil fürlrelTelicher
menner die allerbesten experimenta eintweders ganz heimlich
behalten oder aber gar aus iren büechern ausgesundert und
nicht mehr gebraucht haben. Thcrxeisser infl. wirk. 8S ; alle
andere Schriften und salzungen, keine ausgesondert, bienenk.
34*. heute Kenig verwandt, man setzt dafür absondern, ron
dem es sich eigentlich dadurch unterscheidet, dasz es die aus-
wahl unter rieten hervorhebt.
AUSSORE.N, AUSSÖREN, exsiceare, austrocknen, ausdörren,
ein seltnes, aber gutes, uraltes wort, su dem Schmelleb 3, 2S0
einen beleg aus Bälde anßhrt: am hungertuch musz nagen,
liegt ausgesöhrl auf bloszer erd. man sagt: der scharfe Ost-
wind sort das land aus. ni/j<f. s6ren :
an ir was gesöret
vil gar ires herzen macht, pass, ff. 90, 56 ;
daj herze wird gesöret
von der grase vüchticheit. 117,76;
ahd. arsor^n emarcescere (Graff 6, 272), ags. searian, engl, sear,
woftr sich ein goth. sausjön rathen liesze, dem das litt, sau-
sas aridiis, skr. lus arescere, siccari (Bopp 352') nahe treten.
Al'SSORFELN, exsorbere, sorbendo exhaurire, ausschlürfen :
knabatz gib her, sörfel ihn aus! Garg. 101*.
AUSSORFEN, nach dem vorausgehenden frequentativ 3u ent-
nehmen, auch gibt Schkelleb 3, 282 surfen, sürpfen neben sür-
feln, sflrpfeln, schlürfen.
AUSSORGEN, finem facere curarum: o läget ihr, du Arpe
und Gambriv, und schlummertet und hüllet ausgesorgt, da-
mit Hermann wieder allein sorgen könnte ! Klopstocr 9, 356.
AUSSORTIEREN, ausmustern, fremd wie assortieren.
AUSSPÄHEN, speculari, inrestigare, erspähen, früher ge~
sclirieben ausspehen (Lctuer hat weder das einfache, noch das
zusammengesetzte wort) : auf dein wege wieder anliaims aus-
gespäht, an ein paumb gebunden. Scheible kloster 6, 997 ;
wösi üwern gnaden ein dienst weu sin,
so wend wir den uszspähen tin. trag. Joh. H 8;
ausspähen, wo der feind lige. Kircbhof mil. disc. 94 ;
floh in den walJ, auf dasz er nicht würd ausgespähei. Opitz;
von keinem äuge ausgespäht, von keinem verslande bewun-
dert ringt in der schweigenden muschel die perle. ScniLLEt
975
AUSSPÄHER — AUSSPANNUNG
AUSSPAREN — AUSSPENDEN
976
314'; ich habe sie neulich am brautaltar ihres bruders aus-
gespäht. Jul.r. Tar. 2,4; furchtsam ausspähend stund er vor
ihm. GüTiiE 19, 205 ; trug Wilhelm ihn gern vor den Spiegel
und suchte dort ähnlichkeiten zwischen sich und dem kinde
auszuspähen. 20, 114.
AUSSPÄHEH, m. exploralor: bis sie die fünf pilger fan-
den, welche sie feszleten, und mit allen vieren, wie die käl-
her, auf die rosz banden und für ausspeher darvon führten.
Garj. 254*; dasz nicht vielleicht der feind ausspäher alles ab-
sehen möge. Kirchhof nii/. rfisc. 143; dem boshaftesten aus-
späher und belaurer des weiblichen herzens. Wieland 8, 268 ;
sendete dann ausspäher umher auf die warten des landes.
Voss Od. 14, 261.
AUSSPANN, m. locus abjugandis jumenlis aptus, diverso-
rium, ort wo man ausspannen kann, das ablager. an einigen
orlen die ausspanne f.
AUSSPANNEN, disjungere, relaxare, exlendere, nnl. uit-
spannen, vgl. anspannen, aufspannen.
1) die pferde, rinder ausspannen: der kutscher hat ausge-
spannt ;
der henker ihu ihrs ros ausspannen. H. Sachs II. 4, 3*;
ein pferd ausspannen. Philander 1, 36 ; aber auch den wagen,
den pflüg ausspannen ;
ich bin ermüdt, ich hab gefürt
des tages hürd,
es musz einst abend werden,
erlös mich herr, spann aus den pllug,
es ist genug,
nimm von mir die beschwerden. kirchenlied.
die Stickerei ausspannen, aus dem rahmen spannen, figür-
lich, die seele, das gemüt ausspannen , losspannen : wenn
schon manchmal die allzusehr ausgespannte seele Heber in
sich selbst zusammenfiele. Göthe 16, 250; der abschied von
einer langen und wichtigen arbeit ist immer mehr traurig
als erfreulich, das ausgespannte gemüt sinkt zu schnell zu-
sammen und die kraft kann sich nicht sogleich zu einem
neuen gegenständ wenden. Schiller an Gö^/ie 174; tolles herz,
tobe und spanne dich dann aus, labe dich im Wirrwarr.
Klingers Ih. 2, 265. Vormals sagte man aber auch ausspan-
nen für geld ausgeben, gleichsam loslassen, aus dem beulel
springen lassen:
der pfaf was reich und spannet aus.
Rosenblut vom edelmann und hasgeier;
er was im pewtel gering,
und er nit het auszuspannen, ebenda.
2) ausspannen, ausdehnen, ausstrecken: die finger, die arme,
die flügel ausspannen ; mit ausgespannen armen. Keisersu.
aufr. mensch D 5 ; ir ietweder het seine vettach ausgespan-
nen. ausg, der jud. J;
er kneuet für das kreuzaltar
mit ausgespanlen armen. ümAND771;
ein seil, ein tuch, ein segel ausspannen ; sie haben meine
saelen {spdler seile) ausgespannen und mich zu nicht ge-
macht. Hiob 30, 11 ; ein ausgespannet netz. Hosea 5, 1 ; spannt
alle segel aus! alle kräfte ausspannen, anstrengen. Lohenst.
Arm. 2, 748 ;
nach Phrygien die segel auszusparinen. Schiller 230* ;
er, welcher über meer und land
den lichten himmel ausgespannt. Bürger 37';
als der abend sich ausgespannt {ausgebreitet) in seiner prachf.
Fr. Müller 1,10 ; da er auf seinem gesiebt den gröszten, höf-
lichen ernst ausspannte. J. Paul //csp. 1,113; eine weit aus-
gespannte, wie ein grünendes meer fortwogende ebene. Tit.
2, 50. Zwischen beiderlei bedeutung hat im zweifei der Zu-
sammenhang zu entscheiden, z. b. ob das tuch ausspannen
ausdrücke ausdehnen oder losspannen. Keisersrerg und Lu-
ther halten noch das starke part. ausgespannen fest, nicht
mehr das pract. ausspien, und haben auch schon ausgespannt
daneben.
AUSSPÄNNER, m. jumcntarius, was anspänner. auch ein
geftell zum ausspannen,
AUSSPANNUNG, /". 1) wir pachteten hierauf einen gasthof
und hallen vil ausspannung {einkehr der fuhrleute), mithin
dem scheine nach gute nahriing. Leipz. avant. 2, 53. 2) ex-
pansio : ausspannung, die einen räum errüllt. Kant 2, 184;
die kraft der ausspannung. 8,136; die ausspannnngskraft der
luft. 9, 32; meine macht hält den würgenden in seiner
ausspannung, damit ihr euch nicht reif glaubt in eurer blute.
Klincer 10, 212.
AUSSPAREN, reservare, gleichviel mit aufsparen: die mah-
ler sparen stellen aus, halten sie noch frei von färbe; die
ausgespartesten Situationen. Lessi.ng 7, 308 ; eine ausÖucht,
finde ich doch, hat sich Diderot auszusparen gesucht; wir
sparen unsere Schüsse wol aus. Göthe 8, 107. 42, 139 ; ich
musz noch einige worte hinzusetzen, aber ausgespart, als
wäre ich Spartaner: Herder bei Merck 1, 18; sehen wir in
dieser wilden grünen anstalt noch irgend ein fleckchen den
gartenblumen besonders gewidmet und mit liebe ausgespart.
TiECK 4, 80.
AUSSPAZIEREN, exspaliari, s. abspazieren:
kommt, laszl uns ausspazieren! Opitz;
geschieht es, dasz zur zeit sein halbgou ausspaziert.
LoGAU 3, Seite 216 ;
wann ein Christ am sontage wil ausspazicren, Schüppius
207; als er ausspazierte, feldhüner zu fangen mit dem tyras,
Simplic. 1, 186;
kaum kann der hohe storch zum froschfang ausspazieren.
Hagedorn 2, 123.
AUSSPECULIEREN: heiszt disz nit tief ausspeculiert? Fi-
schart biencnk. 1588. 59'.
AUSSPEIEN, exspuere, exscreare, nnl. uitspuwen, uitspu-
gen: blut, gift und gullc, eitcr, feuer ausspeien; ich wil ire
misselhat an inen heimsuchen, das das land seine einwoner
ausspeie. 3 Mos. 18, 25. 28; die guter, die er verschlungen
hat, musz er wider ausspeien. Hiob 20, 15 ; deine bissen, die
du gessen hattest, mustu ausspeien, spr. Sal. 23, 8 ; und der
herr sprach zum fische, und derselb speiet Jona aus ans
land. Jon. 2, 11; da speielen sie aus in sein angesicht {golh.
spivun ana andavleizn is, ahd. spuwun sie sin annuzi). Malth.
26, 27; weil du aber lau bist und weder kalt noch warm,
werde ich dich ausspeien aus meinem munde, offenb. 3, 16;
solchen werten und exempeln, als des heiligen geistes Wor-
ten und vernianungen müsset ir warlich folgen, und die ge-
danken, so euch davon treiben, ausspeien und auswerfen.
Luther 5, 528"; da spüwten sie usz und sprachen, das wer
nit ein zimlich beth. Eulensp. 58; hub dann der pfarrherr
neben im an ausspeien. Gar^. 61* ;
dasz ein fliisz verschluckt wird von der erden,
und anderwerts hernach musz ausgespeiel werden.
Opitz 1, 46;
ein weih, das gerne trinkt, speit unversehens ans
ihr ehr, ihr gut gerücht, auch endlich hab und haus.
LooAu2, 2,24;
das das haus seinen bauberrn oder seine kinder bald aus-
speie, zu dessen erbauung arme leut stein und ziegel zufüh-
ren müssen. Schüppius 56 ; dasz ihme gott einen solchen rae-
dicum zugeschicket, der ihm eine purgation eingeben soll,
dasz das land ihre einwohner ausspeie, wie das land Kanaan.
365; dasz du, butterlecker, solches aus deinem schamlosen
lästermaul wider deinen nechsten ausspeiest, aber an beweis
wird es dir ewig mangeln. 635;
0 speit ihn aus von euch, dasz er die beste sache,
die besten bürger nicht durch sich verdachtig mache.
Lessing 3, 338 ;
und wie aus oTnem höllenrachen
speit es verderben zündend aus. Schiller 79';
pfui, speit ihr aus, die hure da! Göthe 1, 204;
und was er noch mehr aus ärger und galle ausspic, das
ich alles vor lachen nicht verstand. Fr. Müller 1, 233; die
ganze Stadt ist voller Staatsmänner und man kann auf der
gasse fast nicht ausspeien, ohne in gefahr zu siehn, einen
politicus zu treffen, verächtlich: das ist zum ausspeien.
AUSSPEISEN, exedere, ausessen: arme Icule haben bald
ausgespeiset. Stiei.er 2078.
AUSSPEIZEN , frequentaliv von ausspeien : weil sie die
liehe der warbeit ausspcizt und nicht weniger annemen
will. Frank chron. 498*.
AUSSPELZEN, cortice nndare, ausschälen: auskernen und
ausspelzen. J. Paul Fixl. 17 ; Firmian hatte sich besonders
vorgenommen, vorzüglich diese paar tage recht auszuspclzen
oder abzurahmen. Sicbenk. 3, 5; warum er (in der grselhchaß
beim minister) nicht einen gewissen ausgespelzten, eingetrock-
neten kleisleraal, einen Schwächling voll impertinenz ange-
sehen hätte. Tit. 2, 33.
AUSSPENDEN, expendere, distrihuere, largiri: hie will ich,
was ich vermag, willig darlhiln und ausspenden. Frank laster
der /r. A 2 ;
ofncn des kAnigs lesinment,
wie er sein reich hat ausgespcndt. iL Sacus IIL 1, 179';
977
AUSSPENDER — AUSSPINNEN
in drei bücher ausspänden, diducere in tres Ubros. Facies
bei Fronsperg 3, 228; belonung ausspenden. Gökingk 1,186;
der Zufall spendet parteiisch glück und unglück, kränkungen
und ehren aus. Gotter 1, 170 ; der die kleine blute von wöl-
kst, die im wahnwitz sprossen kann, noch wirthschaftlich
ausspendet. Schiller '58; eine schöne sittliche natur liegt
wie ein capital zu gründe, von dem die Interessen nur spar-
sam und gleichsam nur als würze in den gedichten aus-
gespendet sind. GöTHE in Hiriels fragtn. s. 12;
es fehlt dir nie an närrischen legenden,
fängst wieder au dergleichen auszuspenden. 41,253;
gegen die vielen ehverbote half das ausspenden (dispensatio)
der gnade der kirche in einzelnen fällen. Hcgo encycl. 1835
s. 154. s. spenden.
ÄüSSPENDEK, «I. und hatten i. f. gn. nicht mehr, als sie
ton Prag auszogen, als 335 th. bei sich zur zehrung, darü-
ber war ich ausspender und hatte es in meiner Verwahrung.
ScHWEiNicHES 1, 149 ; einen älteren beleg liefert Oberli.n 79.
AÜSSPE.NDIEREN, uas ausspenden: weil ich bekennt habe,
ich seie ein spenditor gewesen und von den Sachen bei rechter
zeit einzukaufen geredt habe, will ich auch mit selbiger kürze
sagen, wie man die sachen ausspendieren solle. Schcppiüs 739.
AUSSPENDUNG, f. freigebige ausspendung. Zi>kgr. 31, 11.
AUSSPEHHEN, 1) distendere, divaricare : die beine aussper-
ren; die flügel aussperren: ein silberner adler mit ausge-
sperreten flügeln. pers. reiseb. 1, 7, vgl. ausstrecken. 2) ex-
cludere: man hatte sie (die hunde) zwar ausgesperrt. Gütue
18, 139; da ich ihn aber nicht einsperren kann, so soll er
wenigstens ausgesperrt werden, an Schiller 470.
AUSSPICKEN, probe illardare, mit speckstreifen durchzie-
hen : den hasen, bahn ausspicken ; ganz vollkommen ausge-
spicktes und allerniedlichstes ehr- und tugendbrätlein. ped.
schulfuchs 162 ; den beutel mit geld ausspicken.
AUSSPIEGELN, speculis instruere: ein gemach, glänzend
ausgespiegelt; ein pfauenhahn vollkommen ausgespiegelt.
AUSSPIELEN, nnl. uitspelen, in t-erschiednem sinn,
1) das spiel anheben : wer spielt aus ?
2) im spiel, eine bestimmte karte oder färbe auswerfen : was
hat er ausgespielt ; du must die beste karte, trumpf ausspie-
len, austrumpfen, was sonst auch vorziehen, hervorziehen hiesz :
wer das meist hab, der zeuch für! fastn. sp. 626, 20;
eine gesellschaft von Spielkarten, die sich selber mischten,
ausspielten und stachen. J. Pacl Tit. 2, 102. auch sein le-
ben ausspielen, aufs spiel setzen; dieses sündhafte prunken
und pracht ausspielen, dieser Übermut der vornehmen rei-
chen weit. TiECK nov. 6, 7.
31 lu ende spielen: das kartenspiel, das musikstück aus-
spielen; und feierlich spielt ich mein possenspiel aus. Stol-
berg 1, 134; immer ex tempore zu leben und sein ganzes
dasein in impromptüs auszuspielen. Tiecr 4,259; dieses ist
unter allen stücken, die ich je gesehen, das einzige, das
nicht ausgespielt worden ist. Lichtenberg 3, 2W; niemand
macht mir mehr freude, als die hundsfutter, die ich nun so
ganz vor mir gewähren und ihre rolle gemächlich ausspielen
lasse. GöTHE an fr. von Stein 1, 135; das repetierwerk und
nachspiel des ausgespielten lebens. J. Paul holzschn. 10, 187.
ausgespielt haben, nil amplius passe; ausgespielte leidige
tropfen. Garg. 273*.
4) ausspielen, verloszen, gegen geringen einsalz vieler: ein
baus, ein pferd ausspielen.
AUSSPIEHEN, seltsam und tadelhaß ßr ausspüren {vgl.
ausflcren und ausfüren) : so wie ein spierhund, der an dem
langen leithande das wild ausspiert. Lessi.ng 4, 269.
AUSSPINNEN, filum e colo ducere: die parze spann sei-
nen lebensfaden lang aus; du zerest dich aus, wie ein spinn,
die nur mucken facht, und spint sich ganz aus, und im win-
ter hanget sie dort und ist nichts dan ein läre haut. Kei-
sebsb. has im pf. Bb2'; ich sih den birz springen aus dem
wald, und trinken bei dem pronnen, du siehst er {der bntn-
nen) ist ausg«punnen {trocken, leer?). Garg. 99*, icie noch
heute: die schüssel ist ausgesponnen, leer gegessen; was be-
deutet aber:
nun spinn ich den aus,
der musz ins narreohaus. 92'!
haben mein spinnweb oft zerbrochen,
so lienir ich denn ein andres ao,
und eh ich dasselb ausgespuna (prael. conj.),
kam etwan tochter oder sun
und mir dasselbig auch xerstört. 11. Sacbs I, 483*.
ÄUSSPINTISIEREN— AUSSPRECHEN 978
figürlich, fusius deducere, evolvere: ich musz das weiter aiis-
spinnen ; kurz genug und wills gott bündig und treffend, das ist
alles, denn ausspinnens ist jetzt nicht zeit. Göthe on Lava-
ter 15 ; werke am schreibpult ausspinnen und aufsetzen. J. Padl
paling. 1, xxvi.
AUSSPINTISIEREN, excogitare, ausgriibeln: da geht er nun,
und will alles ausspintisieren. Lessi.ng;
das kundt ir köpf ausspüntesieren. Scbbit grobianus R2.
AUSSPIONIEREN, ausspähen, auskundschaßen.
AUSSPITZEN, exacuere, cuspidare: ein eisen, einen pfal
ausspilzen; ein ausgespitzter {geschliffener) diamant. Garg.
120'. figürlich, seine worte ausspitzen, spitze worte geben;
diese red, denn er wusle sie so nötig auszuspitzen, hielten
sie als warhaftig. Kirchhof wendunm. 105";
er darf euch üwer giiad uszspitzen (ausßhren),
wie si in ofnem eebruch sitzen, trag. Joft. Hl;
si (die bösen weiber) thuond nit dann dlüt uszspitzen. LI,
mit scharfer, spitzer zunge verleumden, intransitiv, spitz werden,
spitz auslaufen : alsdann faben sie (die kräuter) an schmäler
zu werden und allgemach ausznspitzen. Tabernaemost. s. 612.
wir sagen heule, die nase spitzt sich aus, wird spitz.
AUSSPÖTTELN, leniler deridere.
AUSSPOTTEN, deiidere, pers. baumg. 7, 13; spotte mich
tüchtig aus ! Schiller 13S ; er hat mich ausgespottet. Götter
3, 295 ; was ausgespottet, verlacht ! Kli.nger 1, 430.
AUSSPRACHE, f. pronuntiatio, nnl. uitspraak: ausspräche
der buchstaben, silben, Wörter; er hat die rechte, richtige,
wahre ausspräche ; eine reine, deutsche, deutliche, schöne,
angenehme, gute, feine ausspräche; eine falsche, fremde,
unreine, schlechte, unangenehme, breite, plumpe, grobe aus-
spräche; lugenden und fehler der ausspräche, vgl. ausrede
und ausspruch.
AUSSPRECHEN, pronunliare, eloqui, nnl. uitspreken,
1) j« dem bei ausspräche angegebnen sinne des hervorbrin-
gens der laute: rein, scharf und recht, undeutlich und falsch
aussprechen ; ein wort zu breit und gedehnt aussprechen ;
denn es gehört zu dem geist, der predigen wil, ein gute
stim, ein gut aussprechen, ein gut gedechtnis und ander na-
türliche gaben. Lother 2, 17*. es gibt leute, die kein r aus-
sprechen können ; die stimme versagte ihm, er vermochte
die letzten worte nicht mehr deutlich auszusprechen.
2) etwas völlig ausdrücken, effari: ich wil meinen mund
aufthun zu Sprüchen und alte geschichte aussprechen, ps.
78, 2; der herr allein ist gerecht, nieman kan seine werk
aussprechen. Sir. 18, 2; ich wil meinen mund aufthun und
wil aussprechen die heimlichkeiten von anfang der weit. Matth.
13, 35 ; und fiengen an zu predigen mit andern zungen, nach-
dem der geist inen gab auszusprechen, aposl. gesch. 2, 4;
dasz weder goiies gnad noch alimacht auszusprechen.
Weckuerli>i 244;
es kan nicht leicht ausgesprochen werden, wie viel ein ver-
ständige mixtur dieser methodorum und weisen nutze, die
vermöglichkeiten des gemülhs zu befördern. Scuoppius 728;
es ist nicht zu glauben oder auszusprechen. Simpl. 2, 243;
hierüber hat ein kenner sich bewundrungswürdig erklärt, so
dasz dieses Verhältnis nunmehr ausgesprochen und für im-
mer abgethan ist. Göthe 6, 111; ein ausgesprochenes wort
ist fürchterlich, wenn es das auf einmal ausspricht, was das
herz lange sich erlaubt hat. 17, 168 ; zwei kinder, stumm wie
die mutter, mit einer art von Verwunderung drein sehend,
wenn die blicke jener ein vielfaches leiden aussprachen. 3t,
237 ; wenn familien sich lange erhalten, so kann man bemer-
ken, dasz die natur endlich ein Individuum henorbringt, das
die eigenschaflen seiner sämmtlichen ahnherrn in sich be-
greift, und alle bisher vereinzelten und angedeuteten anlagen
vereinigt und vollkommen ausspricht. 36, 207; ich sitze oft
unter meinem himmcl in gedanken an sie, sie helfen mir ab-
wesend zeichnen und einen augcnblick, wo ich sie recht lieb
habe, sehe ich die natur auch schöner, vermag sie besser
auszusprechen, an fr. von Stein 1, 60 ; spräche diesen geisti-
gen bettelorden der scelen ein anderer scharf aus, so müstc
er sagen u. s. w. J. Paul dämm. 32.
3) etwas feierlich aussprechen : der ricbter spricht das ur-
theil aus, hat ausgesprochen; von den schöffen wird ausge-
sprochen und gewiset. weisth. 2, 177 und oß; das königreich
Italien ward ausgesprochen (proclamiert). Göthe 39, 115.
4) sich aussprechen: ich kann mich darüber noch nicht
aussprechen; worüber ich mich auch mit anthcil aussprach,
62
979
AUSSPRECHLICH— AUSSPREUEN
AUSSPRIESZEN— AUSSPRUNG
980
GöTHE 32, 176 ; auch hätte das unvereinbare von Vossens und
Stolbergs natur sich früher ausgesprochen und entschieden,
hätte nicht u. s. w. 32, 179 ; ein diebstal spricht sich gleich
aus (kommt unter die leule) ; manche slavische Wörter sprechen
sich schwer aus. figürlich, es spricht sich in seinen mienen
wolwollen, in diesen Worten geheimer groll aus, d. h. nicht
laut, aber merkbar.
5) ausgesprochen, prononcö: seine Vorliebe für die italieni-
sche spräche und für alles, was sich auf jenes land bezieht,
war sehr ausgesprochen. Göthe 24, 17; die mittäglichen Völ-
ker sind reicher an ideen, ausgesprochener und glühender in
der art zu emptinden. 49, 198; in Carlsbad, wo die felsen
überall steil, ausgesprochen von natur oder durch Steinbrüche
aufgeschlossen und zugänglich gefunden werden. 60, 129.
AUSSPRECHLICH, effabilis: dis geschrei ist unnieszlich und
mit keiner zungen aussprechlich. Luther 1, 23' ; ein grosz
schauwerin der gütlichen, heimlichen und nit uszsprechlichen
dinge, legende von sant Anna. Straszb. 1509. D 2 ; die geteilten
sint begriflich, bekentlich und ussprechlich. theologia deutsch.
Stutg. 1851 s. 2, in Luthers ausg. von 1518 aussprechenlich.
AUSSPREISZEN, s. ausspreizen.
AUSSPHEITEN, expandere, dislendere, ausbreiten, ausstrecken :
die flügel, die bände ausspreiten ; das heu auf der wiese aus-
spreiten ;
0 dessen werk dein lob ausspraiten. Weceuerl. 15;
also kan der fürsten gunst
ihr lob ewiglich ausspraiten. 354;
er hat rund umb sich her das wasser ausgespreitet.
Opitz 3, 211;
komm sonne, scheine klar,
spreit aus dein gül'dnes haar. Flemino264;
Hatem spreitete das leder aus und tödtete ermeldtes pferd.
pers. baumg. 2, 13 ; indes Spiegelberg mit ausgespreiteten flügeln
zum tempel des nachruhms emporfliegt. Schiller 108.
AUSSPREIZEN, dislendere, divaricare : bände, finger, klauen,
füsze, beine ausspreizen:
Beelzebub spreizt seine klauen aus. Gotter 1,371;
mit ausgespreizter faust. J. Paul Tit. 2, 91 ; ähnlich den hof-
und Stadtweibern, die wie gewächse sich ans fenster nach dem
lichte ausspreizen. Ilesp. 3, 83. einige sprechen spreiszen:
was geht denn da so närrisch,
so launisch, ungehobelt, herrisch,
so bucklicht, krumm und ausgespreiszt? Tieck 1, 340.
s. spreizen.
AUSSPRENGEN, effringere, dispergere, ausspringen machen :
einem einen zahn aussprengen ; mit pulver ein stück mauer aus-
sprengen ; wasser aussprengen, um den staub oder die flamme
zu löschen; Weihwasser aussprengen; der lasse solches buch
ungelesen und unausgesprenget verbleiben. Sciiweinichen 3,2;
noch ferner sprengt man aus, als ring ich nach dem thron.
Grvpuius 1, 377;
es werden oftmals dinge wider mich ausgesprenget, welche
mit solchen umständen erzehlet werden, dasz mancher dar-
auf schweren sollte, es sei die warheif. vergangenen som-
mer wurde von mir ausgesprenget, ich hätte eine tonne hier
einlegen lassen, als sie wer angestochen worden, sei lauter
blut daraus gelaufen. Schcppius 587; eine solche pasquil soll
dessen, wider welchen sie ausgesprenget, ehrlichen namen
nicht kränken. 673; leute, die musten allenthalben ausspren-
gen, als hielte sich in dem pfarrhof ein erschröckliches ge-
spenst auf. Jucundiss. 131. ein pferd aussprengen heiszt es
aus dem schritt in galop übergehen lassen.
AUSSPRENZEN, exornare, ausschmücken:
ain edelman der hettc ain weib,
die zoch auf hofTart iren leib
mit manichen kosperlichen klaid,
darinnen si oft spacieren rait,
zu stechen, hofiern und lenzen,
darzu kont si sich wol aus sprenzen.
Rosenblut vom edetmann v. Uasgeier;
welche frau sich hübschlich aus kan snrenzen
mit kospern kleidern zu den tcnzcn. fastn. sp. 693, C.
vgl. aufsprenzen.
AUSSPREUEN, dispergere, ausstreuen, mhd. alle; sin gc-
derme ist ftj gesprewet. myst. «7, 3. vgl. zuspreuwcn im
pass. K. 397, 2.
nhd. du hast uns anders nicht geachtet
als arme schafe, die man schlachtet,
den hin, den andern her gestreut
und unter Völker ausgespruut. Upitz p«. 87.
Stieler 22ß hat spreuen, besprcuen, zerspreuen, vgl. spreu
Mnd aussprühen.
AUSSPRIESZEN, egerminare, aussprossen: aussprieszendes
gras und gesträuch auf dem gemäuer; mhd.
die ougen die üj sprujjen,
und sich wit zurgujjen
an manigen schönen winreben. pass. K. 353, 17.
AUSSPRIESZLING, m. surculus.
AUSSPRINGEN, exsilire, nnl. uitspringen,
1) heraus, er hieb ins pflaster, dasz die funken ausspran-
gen ; ein einspringender und ausspringender winkel. Göthe 54,
68; ein stück an dem messer ist ausgesprungen; die lasse
am rande; vom stosz sprangen drei zahne aus.
2) hinaus, der hirsch springt über den zeuch aus. Becher s. 47 ;
thet sich der hirsch auf,
des Sinns über in aus zu springen. Teuerdank,
in dieser bedeutung läszt man auch das pferd ausspringen,
z. b. über den graben, über den zäun setzen. Garg. 176'; die
klinge, das schwert springt aus, prallt von der stelle ab, auf
die es gerichtet war; apfelrunde und lindharte brüstlein, auf
die prob der spannischen filz, die nach palmenart vom grif
nicht weichen, sonder ausspringen, wie die valenzische rapier-
klingen. Gar^. 77'; hiermit grief er nach dem degen und thal
nach seinem bruder einen heftigen stosz, der ihm aber aus-
sprang (auswich) und sich in innern tempel rettete. Lohenst.
Arm. 2, 59 ; dem Amor ausspringen und seine bände zerrei-
szen. Opitz Arg. 2, 172.
3) sich ausspringen, durch Sprünge erfrischen sowol als er-
schöpfen, Opitz 1, 11 braucht in solchem sinn intransitives
ausspringen :
wer pflegt nicht erstlich bald ein wenig auszuspringen,
und Kan sein frisches blut dermaszen überzwingen,
dasz nicht ein überllusz der Jugend bei ihm bleibt?
4) transitiv, sich den fusz ausspringen, aus dem gelenke
springen, verrenken.
AÜSSPRITZELN, Verkleinerung des folgenden.
AUSSPRITZEN, 1) intransitiv emicare, wasser, blut, gift
spritzte aus. 2) emittere, spargere: mit dem munde wasser aus-
spritzen; der steinerne mann am brunnen spritzt wasser aus.
3) die feder, dinte ausspritzen, ausschnicken. 4) blutgefäsze
mit wachs ausspritzen; wie die natur gewisse insecten mit
rothem und weiszem blute zugleich ausspritzte. J. Paul teuf,
pap. 2, 196. 5) feuer mit wasser ausspritzen, löschet.
AUSSPROSSEN, was aussprieszen: die wurzel stöszt neben
den blettern vil langer, dünner, runder fadem, welche hin
und her auf der erden umb sich kriechen, welche auch aus-
sprossen, kleine zäserlin anstatt der wurzeln und bletter brin-
gen. Tabernaemont. s. 435.
AUSSPROSSUNG, f. die würz aber soll gegraben werden,
nachdem das kraut halber gewachsen, und doch vor ausspros-
sunge des samens. Thurneisser infl. wirk. 22.
AUSSPRÖSZLING, m. surculus, aussprieszling : der epische
aussprösziing der roman. J. Paul aesth. 2, 140.
AUSSPRUCH, m. l) effatum, pronuntialum : nach manchen
gerichtstagen ward ein tag gesetzt des ausspruchs. seh. und
ernst c. 65 ; feierlicher ausspruch des Orakels ;
das recht das soll den ausspruch thun. Gellkri 1, 70;
es war verordnet, dasz diese drei eben so viele unter den
mädchen auswählen sollten und zwischen den ausgewählten
sollte Dafnis den ausspruch thun. Wieland 10, 76; auch bin
ich heute zum erstenmal in dem falle, in das heilige geßisz
zu greifen und mich dem ausspruche des Schicksals zu un-
terwerfen. Göthe. 2) ausspruch, pronuntiatio, für ausspräche :
ein wort hat einen längern ausspruch als das andere. Han-
mann zur poeterei 140 ; also würde es auch in unsrcn ehren .
übel klingen, zu reden wie die freinbden reden, also dasz es
nur nöthig scheinet, im reime sich des einheimischen aus-
spruchs zu gebrauchen. Locau t'orr. zu th. 1.
AUSSPRUDELN, 1) intransitiv, scaturire : hier sprudelt küh-
les wasser aus. 2) transitiv, scaturiendo edere: wasser aus-
sprudeln ; heftige reden, thörichte worle, witz aussprudeln.
AUSSPRÜHEN, evomere: funken, feuer aussprühen; der
berg sprüht nainmcn aus. vgl. ausspreuen.
AUSSPRUNG, m. exsultatio: wann er (der junge falke) dann
ins wasser springen wil, so lasse solches geschehen, sollest
ihn darinnen aber nach seinem gefallen baden und bleiben
lassen, und so er dünn auch widerunib herauszer stehen
wil, sollest du ihm deine faust mit frischem asz darbieten,
dasz er im aussprung derselhigen nicht fälc. weidwerk 2,34*;
wenn ich eiuige minutcn erübrige, so Lab ich lusl, in das
981 AUSSPRÜTZELN— AUSSTAFFIEREN
exordium noch einige beiläufige aussprünge zu thun. J. Pacl
teuf. pap. 2, 59. das tnhd. passional bietet dar den äjsprunc
nemen an der weride leben 327, 86. 39", 28. 515, 90 und von
der weride 589, 42 ßr nasci und mori, den sprung ins leben
und aus dem leben.
ACSSPRCTZELN, was ausspritzein: gab es einer andern
zu kosten, dise mit dem maul drüber her, sprützelte aber
bald aus. unw. doct. 402.
AUSSPUCKEN, exspuere, nnl. uitspugen : blut ausspucken ;
vor emem ausspucken, zum zeichen der Verachtung oder aus
abergläubischer furcht.
AUSSPÜLEIV, eluere, abluere, nnl. uitspoelen: den mund,
die Zähne ausspülen ; ein fasz, eine kanne ausspülen ; die
Wäsche ausspülen, ton der seife reinigen; der heilige vater
bapst und die cardinel haben zu Rom viel klöster, da etwa
anderthalb hundert personen innen gelebt, so rein ausgespü-
let, das zween verlaufen münche oder ein loser buhe umb
sechs ducaten jerlich darinnen sitzen. Lcther 5, 300* ; und
wenn das heilige evangelium sonst nichts hette ausgericht,
were es doch ein grosz merklichs wunder, das es solche go-
teslesterung rein hat ausgespület. 5, 317"; es ist rein ausge-
spület, die weit ist auf die hefen kommen, tischr. 360"; den
schmutz, die hefen ausspülen; das viert (kind) alle kar mit
dem spiegeligen ermel ausspület. Garg.il'; diese krieger, so
alle land krieg suchend ausspülen und nur des jars einmal
heimkommen, kriegsb. des friedens 188;
man hat die länder
lang wol durchwandert,
und aiisg'espöiet.
wie mancher fühlet. Soliad4S6;
weil die M. durch keine brandung schneller aufwallungen
weich . und locker auszuspülen war. J. Pacl Tit. 3, 75. in sol-
chem sinn heiszt es auch: der flusz hat das ufer, der rei-
szende ström den felsen ausgespült, ausgewaschen, ausgeholt.
AUSSPÜLICHT, n. eluvies.
AUSSPUNDEN, contabulare, inwendig mit bretem bekleiden.
AUSSPÜREN, odorari, indagare, gleichviel mit aufspüren:
viel arme Polen, welche sich aus fufcht in den groszen Wild-
nissen und morasten aufgehalten, sind wie das wild von den
jaghunden ausgespüret. Schcpprs 3S6; ich nahm denkleinen
Tintin mit mir, weil ich hofte, dasz er den weg, den wir mit
einander gegangen, durch seinen instinct leichter wieder aus-
spüren würde. Wielaxd 11, 75; wie ich denn von letztgenann-
tem {Dellbrück) nur anführen will, dasz er in den gedichten
an Lida gröszere Zartheit als in allen übrigen ausgespürt.
GöTHE 45, 316; ich hab eine schöne buschichte hole ausge-
spürt. Klägers th. 2^354 ; er konnte zweierlei unmöglich aus-
spüren, seine bibel und seine puderquaste. J. Paul Hesp. l, 90.
s. ausspieren.
AUSSPÜRIG, exeedens ria, orbita, aus der spur, aus dem geleis
weichend, nnl. uitsporig: alle rechtsgelehrte geben dem lan-
desherm das recht, wofern die handwerker ausspürig werden,
denselben einen oder mehrere freimeister entgegensetzen zu
dürfen. Moser p. ph. 1, 207.
AUSSPURZEN, exspuere, exscreare: der soll stetigs aus-
spurzen vil speichel. küchenmeisterei d 6 ; auch wullcn spurzen
und husten ist ir kurzweil. d8; man sagt von kaiser Con-
stanlio, wie er nicht ausgespürzt hab. Ave.mix chron. 259.
auch Rerthold vox Chiemsee sagt ausspürzen.
AUSSPÜTZEN, dasselbe: dasz man nicht auf die erde aus-
spütze. Luthers tischr. 162*;
AUSSTAFFIEREN— AUSSTAND
982
der Aslachs seine äugen putzt
und das kerergeschmeisz aussputzt.
froschm. 3, 3, 12.
AUSSTACKELN, wcls das folgende.
AUSSTACKEN, palare, firmare palis, ein fachwerk mit zaun-
stacken ausflechlen und mit lehm verstreichen: es ist sehr
schwer jetzt in der ernte arbeiter zu bekommen, welche mir
zu Verfertigung eines Strohdachs und zum ausstacken der
wände nöthig sind. Schiller an Gölhe 479. vgL bestackeo.
Stieler 216l und Adelung schretben ausstaken.
AUSSTAFFIEREN, inslruere, omare, was aufstafliereD, nnl.
Btoffeeren, franz. eloffer; der bräutigam sich ziemlich ausstaf-
fieret. SCBWEINICHE.X 2, 304;
die erd ist mit gewärk der mohren austtafflert.
GRTparus 1, 51;
leibeigen wird er dem, bei dem er g»it gemach
für seinen leib vermerkt, und der ihn ausstaffieret
mit dem, was rorthel bringt, mit dem was speck gebieret.
LoGAb 3 (. 216 ;
es haben die bürger und bäum ihre tische und tresuren mit
gülden und silbern bechern gezieret, dahingegen vor zeilen
ein vornehmer semperfrei sein haus nur etwan mit zin hätte
ausstaffieren und butzen können. Schcppics 784; ausgeputzt
und staffiert {d. i. ausstaffiert). Simplic. 2, 276. 382; sogar,
wie ihr mich hier seht (und er war sehr prächtig gekleidet),
hab ich mich mit eigner band ausstaffiert, Unterkleid, kaftan,
gürtel, mantel, alles hab ich seihst gemacht. Wielasd 1, 19 ;
lob sei, o bildner, deiner kunst,
dasz du dein abbild ausstalliert
mit allem, was die Schöpfung ziert. BCrger119';
auch färben sah ich neu im groszen narrenhaus
mit namen ausstafßert. Gotter l, 305;
die übrigen wurden auch, nach und nach, doch geringer, aus-
staffiert. GüTHE 18, 32 ; wüste er sein zimmer stattlich auszu-
staffieren. IS, 86 ; jedes hatte seine rolle mit angenehmen und
unterhaltenden scherzen ausstaffiert. 18, 189 ; sie gestand, dasz
es ihr sehr lustig vorgekommen, mich diesmal geputzt und
wol ausstaffiert zu sehen. 26, 12 ; (marktflecken Kuhschuappel
übersah das vergnügen nicht), womit er {Siebenkäs) durch sei-
nen unausgesuchten anzug und narrenhaften aufschritt eine
denkende und ausstaffierte wesenkette mehr zu entstellen und
zu verhängen, als wirklich zu verzieren dachte. J. Paul Sie-
benk. 1, 49 ; am morgen waren alle ausstaffiert. Arxih 1, 67.
Stieler 2175 ßhrt an : eine güldne borte, ein kleid ausstaf-
fieren, die Wurzel s. in stof.
AÜSSTAFFIERUNG, /". ornalus: eines seidenkramers jung,
der bringt etwas der frauen zur schnürbrust, dem mann et-
was zur ausstaffierung seines kleides. Schcppics 203; auf diese
ausstafficrung. Simpl. 2, 301 ; nöthige ausstaffierung eines poe-
tischen styli. Gc.nther vorr. 11 ; der dichter dieser mahlerischen
ausstaffierungen. Lessixg 6, 443.
AUSSTÄHLEN, chalybe inducere, roborare: fuszreisen stäh-
len die gesundheit aus ; eine tiefe, am urrermügen des daseins
ausgestählte kraft, schon Fleming sagt:
das eisen der ausgestählten weit;
wo ist nun unser mut,
der ausgestäblte sinn, das kriegerische blut? 568.
ÄUSSTAKEN, s. ausstacken.
AUSGESTALTEN (gehört auf sp. 875) efformare:
ich trat das lebensalter an, '
in welchem die nalur den Jüngling ausgestaltet.
BiJRGiR 104';
jene verwandelnde phantasie, durch deren ungeduldiges bilden
sich der fels zu göttlichen mädchen ausgestaltet. Götbe 33, 149.
AUSSTALLEN, excludere stabulo, educere e stabulo, gegen-
über dem einstallen, vgl. ausschlagen.
AUSSTAMMELN, balbutiendo efferre, nnl. uitstamelen:
herr, herr, ich weisz die stunde nicht,
die mich, wenn nun mein äuge bricht,
zu deinen todlen sammelt.'
riellr-icht umgibt mich ihre nacht,
eh ich (lies flehen noch vollbracht,
mein lob dir ausgestammelt. Klopstock 7, 143;
meine tippe, die so viel gewohnt ist,
von der liebe süszem glück zu schwellen,
und wie eine goldne himmelspforte
lallende Seligkeit aus- und einzusiarameln.
GöTHE an fr. von Stein 1, 68 ;
envürgend wird sich alles durcheinander schlingen, wenn er
am traualtar mit Rabette kniend das ja ausstammeln musz.
J. Paul Tit. 3, 160.
AUSSTAMPFEN, exculcare, exterere pedibus, nnl. uitstam-
pen: das körn ausstampfen, aus den dhren treten.
AUSSTAND, m. 1) credilae vel debitae pecuniae, ausstehendes
geld: pfand geben genüglichen, dasz er allen ausstand daraus
erlösen könne, weisth. 2, 191 ; belege bei Haltaus 84 ; und was
von beidem ausstand also ausbracht, davon soll zuförderst
herzog Friederich von Baiern zweitausent gülden geliefert wer-
den, und das herzog Friedrich zu Sachsen und der bischof
von VVürzburg ihres ausstands ... entrichtet und bezahlt
werden, reichsabsch. von 1524 § 35; allerlei ausstand, reichs-
absch. von 1530 §. 140; so sich begibt, dasz noch ein rest
oder ausstand an der scbullsumm überpleibt. bienenk. loo';
weil ich nicht allein die schulden, in die ich geraten, bezahlt,
sondern auch meines vaters seligen ausstände richtig und
menniglich klaglos gemacht. Thcrseisser atwscAr. 3, 141;
ich bin dir schuldig, ach, die hauptsumm und die fruchte,
dafem ich auch verkaufen wolt
was ich besitze, wird kein gold,
kein geld, kein blut den ausstand, herr, erreichen.
Griphil-s 2, 422.
62*
983
AUSSTÄNDER — AUSSTÄUBERN
AUSSTÄUPEN— AUSSTECKEN
984
2) ausstand, dilatio, frist, anstand: einem Schuldner ausstand
geben. Moser palr. ph. 2, 208. 3) ausstand, der landungsplalz,
die stelle, wo man aus dem schiffe geht: sein wonung war bei
drilthalb hundert meil von meinem ausstand aus dem schif.
Frank weltb. 215' (s. ausstehen 1). 4) das abtreten, beiseits gehen
der betheiligten bei beralhungen (s. ausgehen 1). 5) das öffent-
liche ausstehen xur schau: bei seiner ankunft bemerkte er
denn doch wol, dasz es mit der öffentlichen marktschreierei,
dem ausstände in einer bude und dem französischdeutschen
hanswurst nicht gehn würde. Klopstock 12, 297.
AUSSTÄNDER, m. ein bienenstock der aussieht, d. i. über-
icintcrt, gefristet werden soll. s. ausländer.
AUSSTÄNDIG, creditus, nondum solutus: ausstendig geld.
Wickram rollw. 54; fordret sein ausstendige schuld. 66 und
ÜHLAND 620; wären also über 20ü0 th. ausständig. Schwei-
NicHEN 1, 366. nicht lange ausständig, bald zu erwarten, bald
eintretend :
wann es wirl auch das ende deia
nun fort nh lang ausstendig sein. H. Sachs III. 1, 264'.
AUSSTANKERN, odorati, auswittern, in dem frühern sinn
von stinken riechen, gestank geruch: wollet ihr auch gleich
über meer fliehen, so werden doch nur diese räuber der weit
euch nachziehen, und nachdem iimen nunmelir länder gebre-
chen wollen, alle winkel der meere auszustankern anfangen.
LoHENST. Arm. 2, 1191; wie verwunderte ich mich, dasz sie
mich flugs ausgestankert hatten. Schelmufsky 1, 139. später
mit Umlaut, ausstänkern : ich lege noch eine rarität bei, die
ich hier auf einer öffentlichen bibliothek ausgestänkert habe.
Lessing 12, 148. auch mit gestank verpesten: er stänkert mit
seinem tabak das ganze haus aus.
AUSSTAPFEN, deßectere pedem, austreten, seitwärts treten,
nnl. uitstappen.
AUSSTÄRKEN, roborare, firmare:
als wie ein junger low, im fall der seine knochen
im maule, seine mahn auf beiden schultern merkt,
und alle viere sieht mit klauen ausgestärkt. Opitz 1,14;
das wankende herz ausstärkend. J. Paul Fibel 40.
AUSSTATTEN, instruere, ornare,
1) allgemein, einen mit gaben, eigenschaften, rechten, voll-
machten ausstatten: die kirche hat die gelübde mit verhei-
szungen unsichtbarer belohnungen und überirdischer Vorrechte
ausgestattet. Gotter 3, 66 ;
verlangst du wohniinpr, mitten in der Stadt?
geräumig, heiler, treflich ausgestaltet. Götue9, 280;
dieser mensch ward nach und nach bekleidet und bis auf iihr
und dose equipiert und ausgestattet. 18, 287; dasz dieser
mann von unserm alten treflich ausgestattet worden war und
seine zeit nicht umsonst zugebracht hatte. 20, 262 ; der lieb-
haber wolle es (das fest) diesmal ausstatten. 24, 265; mit
einem frisch bereicherten repertorium kamen wir wol ausge-
stattet nach Lauchstädt. 31, 148.
2) besonders, die kinder zur heirat ausstatten, dotieren: er
stattete in demselben jähr söhn und tochter aus; dasz der
teufcl üjm vorgenommen habe zu freien und kinder zu zeu-
gen, damit er dieselbige in der weit ausstatten und mit den
menschen befreunden möciite. Schoppiüs 841.
AUSSTATTUNG, f. instructus, apparatus: die ausstattung
eines hauses, kleides, buches, kindes ; da die natur dem men-
schen Vernunft gegeben hat, so war das schon eine klare an-
zeige ilirer absieht in ansehung seiner ausstattung. er sollte
nicht durch den instinct geleilet werden. Kant 4, 296; die na-
tur hat die thierische ausstattung (des menschen) knapp ab-
gemessen, daselbst.
AUSSTATTUNGSWEISE, adv. jene Verehrung des vyider-
wärtigen, verhaszten, flieiienswerlhen geben wir einem jeden
nur ausslattungsweise in die weit mit, damit er wisse, wo er
dergleichen zu linden hat. Göthe 22, 26.
AUSSTAUBEN, pulverem excutere, dann auch, was das fol-
gende, investigare: sieubelcn und spüreten unerschrocken alle
tritt und spuren aus. Garg. 228".
AUSSTÄURERN , investigare, was aufstäubern, und xumal
von Jagdhunden, welche släuber heiszen: die stäuber pflegen
alle graben und hecken auszustäubern ;
David, wie wird sich denn das land von dieser blutschuld säubern?
Gibeon, wir wollen diesem haupt, das uns sucht niiszust.iubern
° ganz wider red und recht, so springen aiiT den Inib,
dasz von dem stamm nicht zweig, nicht wiirzol übcrbicib.
Ghtpuius ], 560;
wenn ich meinen hauswalter (pediculus) in seinem lager aus-
stäubere, so mag ich ihm den hals brechen, das musz ein
ander bei seinen peinigern wol bleiben lassen. Weise kl. leule
204. die ältere Schreibung ist aussteubern, w. m. s.
AUSSTÄUPEN, virgis caesum urbe expellere, ausstreichen:
drei diebe wurden gestern ausgestäupt, bildlich für ejicere,
abrogare: was aber die fabel anbelangt, ist ein ungegründeter,
ausgesläupter aller Schlendrian, irrgarten 142.
AUSSTAUPUNG, f. ihr verbrechen aber aufs wenigst die
aussteupung verdienet hätte. Simpl. 2, 376.
AUSSTECHEN, expungere, excidere, effodere,
1) einen reiter ausstechen, aus dem sattel stechen, wie aus-
heben, dann auch allgemein seinen gegner verdunkeln, über-
treffen, verdrängen: den andern nach möglichkeit zu übervor-
theilen und auszustechen. Wieland 7,366;
zwar ists ein sehr kleiner triumf, so eine häszliche braut
durch ihre reize auszustechen. 5, 137;
ein beiliges gebet sticht hundert ochsen aus. Rachel 39;
sie ist der inbegrif aller Vollkommenheiten, und die niedliche
Schwester war ein für allemal ausgestochen. Göthe 21, 166;
sie stach alle weiber durch ihre Schönheit und ihren witz aus.
Klinger 1, 394; du bist nun ausgestochen.
2) einem die äugen ausstechen, aus dem köpf stechen:
mhd. wan im hat diu girescheit
diu ougen der bescheidenheit
ilj gestochen, daj ist war. welsch, gast 14081.
nhd. aber die philister griffen in und stochen im die augea
aus. rieht. 16, 21; das ich euch allen das rechte äuge aus-
steche. 1 Sam. 11, 2 ; aber Zedekia liesz er die äugen aus-
stechen. Jer. 39, 7. 52, 11; stach den vögeln die äugen aus.
Garg. 129*; sticht den zeislin die äugen aus. 185*.
3) rasen, torf ausstechen; spargeln ausstechen; teiche,
graben ausstechen :
sorgt, die graben fleiszig auszustechen. Göth« 5, 245.
butter mit dem löffel aus dem topf ausstechen : wenn ich mir
butter aussteche. Göth» 16, 39 ; austern ausstechen.
4) gläser, flaschen ausstechen, austrinken, ausleeren, viel-
leicht vom öfnen, aufstopfen, aufpfropfen entnommen oder lie-
ber fortsetzung der bedeutung 1, wie es auch heiszt einer flasche
den hals brechen: lasz uns noch eins (noch ein glas) aus«
stechen :
er siebet frölich zu, wird eines ausgestochen,
das muth zu reden macht. Opitz 1,62;
die gläser wurden wichtig ausgestochen, ehe eines mannes 95;
als der abend herbei gekommen, auch manches gläsgen wol-
schmeckender wein ausgestochen war. !225; so ein weilläuf-
liges mühmchen bei einem alten hagestolze auszustechen, bei
gott, Finette, das würde eben so wenig sünde sein, als. Lot-
chen soll leben!, als ein glas wein auszustechen. Lessing 2,
550; haben doch lang nicht beisammen gesessen, lang keine
flasche miteinander ausgestochen. Göthe 8, 28.
5) die kürschner nennen aussiechen, wenn sie die wamme
aus dem balge schneiden; metallarbeiter siechen sciieiben aus,
kupferstecher ihre platten; laulenmacher stechen den boden
der laute oder geige aus, wölben ihn aus.
6) Wäscherinnen stechen die spitzen aus. bilder orfer muster
werden ausgestochen; er stach ihm mit seiner spitzen zunge
ein schönes bild der höfe aus. J. Paul uns. löge 2, 42.
7) einen tag ausstechen, pracßgere diem: was inzwischen
mich bewog, den heutigen tag dazu auszustechen, war haupt-
sächlich der gestrige. J. Paul jubeis. 185; vergeblich hatte
seine Schwester vorgeschlagen, etwan den vierten oder fünften
markttag zu seinem glänz- und gasltage sich auszustechen.
komet 2, 65.
8) intransitiv, ausstechen f. hervorstechen, excellere: was
für ein strebender mensch und aussterbender vater ist unser
redliche Caspar. Hamann 7, 407. gehören dahin auch die fol-
genden bedeutungen des pari, ausgestochen: mein herr halte
einen ausgestochenen essig und durchtriebenen funken zum
page neben mir. Simplic. 1, 07 ;
ein Seemann, stark von knochen,
rasch wie sein dement, in reden kurz tinn rund,
plump von monier, und gar nicht nu.si;esiuchpn,
groszaasigt überdies und grnszer nocli von mund.
VViKi-ANn 10, 219?
AUSSTECKEN, erigere, nnl. uilstcken, zeichen, fnhne aus-
stecken : also werden sie auch das fcnlin nicht auf den mast-
985
AUSSTECKEN — AUSSTEHEN
AUSSTEHEN — AUSSTEIGEN
986
bawm ausstecken. Es. 33, 23 ; vor dem herbest ist ein jar-
markt zu DiedenLoven und steckent sie ein wimpel usz. weisth.
2, 239 ; strohwisciie auf der wiese ausstecken ;
das frewlin steckt ein zeichen aus. ühla.nd740;
sie war an Schönheit reich,
an vielen gaben hold, der Rehen zu vergleichen
der weisen künsllerin, ein ausgestecktes zeichen
der angewandten zucht. Fle«ing133;
die fahne der freiheit öffentlich auszustecken. Möseb 2, 192 ;
und aus den welken, blutig roth
hängt der herrgoit den kriegsmantel runter,
den kometen steckt er, wie eine ruthe,
drohend am himmelsfenster aus. Schiller 324';
mit rosen hat er ausgesteckt
dein •stilles schlummerhaus. Uhla:<ds jed. 153;
der weg von der rechtschaffenheit zur tugend bezeichnet sich
durch thaten, um ihn zu finden, musz man sich diese zum
leilungszeichen ausstecken. Klinger 12, 219; sie haben sich
nicht einfallen lassen, dasz das ziel ihrer hemühungen so kurz
sollte ausgesteckt werden. Kant 3, 233. in anderm sinne sagt
man, höhnen, kartoffeln ausstecken, <iufs land stecken, aus-
säen, pflanzen.
AUSSTEHE.N, in mehrfachem sinn
1) ausstehen, aussteigen, e navi egredi, ähnlich dem abstehen
descendere equo:
in die insel Sagena kam,
da stund man aus in gottes nam." H. Sacbs 1, 171*;
seither ich von dir gescheiden, an dem britannischen port aus-
gestanden bin. Galmy 347 ; sei ausgstanden vom schif ietzund.
Ayrer 462'. ebenso auch ausstehen aus der beisze. aeidwerk
2, 34' und vom fallit werdenden Schuldner: ausstehen, austre-
ten und in die freihung sich begeben. Frankf. ref. II. 27, 9
ivgl. aufstehen 10) ; ausstehn, aus dem kloster treten : wer nicht
mehr bestehn mag, der mag dann ausstehn. Garg. 284. aus-
stehen bei gerichl, austreten, bei seite gehen, s. ausstand 4.
2) ausstehen, in publicum prodire, hinaustreten, feil stehn:
und wer dann nicht mehr solcher gestalt
bestehn mag, der mag dann ausstehn,
und darnach wider herbei gehn. Garg. 2S4*;
selbst des nachbar gastwirts müh»
der vordem in fremden landen
als ein doctor ausgestanden,
war vergebens bei dem vieh. Gellert 1,67;
de la Popepiere war auf den landtag gekommen, um als
marktschreier auszustehn. Klopstock 12, 296 ; es würde uns
alle empören, ein erbstück eines geliebten vaters, das wir nur
unserni kostbarsten schranke anvertrauen, plötzlich in der
schmutzigen judengasse öffentlich ausstehn zu sehn. Tieck 4,
26S ; ich wollte als Student mit einer gastpredigt ausstehen.
J. Paul lit. nacht. 4, 94 ; jene deutschen mystiker und roman-
tiker, welche wahrlich nicht spärlich in allen sogar schlech-
testen taschenbüchern und romanen ausstehen, kämet 1, xx;
die schildwacht steht zwei stunden aus; der kaufmann steht
mit seinen waaren aus und die waaren stehen aus. berg-
männisch, erzadern stehen aus, gehen lu tage.
3) ausstehen, vom gelde, s. ausstand und ausständig: es
steht noch viel geld aus; der gröszte theil seines Vermögens
stand im land aus und war nicht sogleich einzuziehen, aus-
stehen, ton andern Sachen, im rückstand, rückständig sein :
acht und zwanzig stimmen waren gesammelt. Dorias und die
seinige standen noch aus. Schiller 155;
das gröszte steht noch aus! 559.
au^teheo, aufgeschoben, ausgesetzt bleiben, anstehen: die ent-
scheidung möge zum morgenden tag ausstehen. Niebcbr 2,
395; doch soll die Vollziehung bis zum 14 juIi für Paris aus-
stehen und drei monate für die provinzen. Dablmann fr. rev.
330. vgl. ausstellen 9 und aussetzen.
4) transitives ausstehen, aushalten, ertragen, sustinere, per-
peti, soKol von personen als sacken, vgl. unausstehlich, aus-
gehend von einem sinnlichen beharren im stand, wie aushalten
im hallen: die predigt ausstehn, stehend aushOren, sich wäh-
rend des gotlesdiensles nicht niedersetzen, wiltu nicht gicuben,
so fare imer hin und erfare es, du wirst mit uns bald aus-
gepocht haben, es ist aber einer, der dir deinen trotz wol
kann ausstehen. Luther 6, 226'; das kein ungiück so grosz
ist, es sei geistlich oder leiblich, das ich nicht künde aus-
stehen und aberwinden. 6,345'; mein trotz sol iren trotz aus-
stehen, das weisz ich für war. 3, lt6; dasz ich solche mühe
auf mich nehmen und ausstehen müssen. Schweiüicher 3, 43 ;
gleichwol hat er stark angen, die ein puf ausstehn (einen puf
aushallen). Garg. 24l';
mut und stärk alles auszustehen. Wkckherli.'« 364;
nach ausgestandner zucht. 253;
zweimal ist es in der weile,
dasz sie (die stadt) aus hat müssen stehn
Hercules geschosz und pfeile. Opitz 1,214;
gott hat nun ausgestanden
was auszustehen war. Fleiing14;
das gold steht feuer aus. Veit duldet alle Qammen,
eh er läezt gold und sich mit willen thun von sammeo.
LoGAC 3, 2. zug. 40 ;
Choerilus hat sich verbunden auszustehen einen streich
immer und von jedem verse, der der kunst nicht üele gleich.
3,7,94;
wobei ich ziemliche furcht seiner ungnade ausstehen musz.
pers. rosenth. 1, 32 ; mit einander gutes und böses auszustehn.
3, 9; Ungemach und unlust von jemand ausstehen. 5, 14; einen
ehebrecher strichen die Eg)T)ter mit ruthen aus und gaben
ihm tausend streiche, konte er dieselben ausstehen, so möchte
er weiter fortlaufen. Schüppids 513 ; eiserne köpfe, welche
etwas ausstehen, vertragen und dasjenige, was sie gefasset
haben, behalten können. 597 ; kleine vöglein haben grosze ge-
fährlichkeit auszustehen. 837; so eine kurze faste wird noch
auszustehen sein. Weise kl. leute 15;
wärst du so klug, die kleinen plagen
des lebens willig auszustehn,
so würdest du dich nicht so oft genöthigt sehn,
die gröszern übel zu ertragen. Gellert 1, 181;
er steht den schmerz nicht aus, er überwältigt ihn.
Zachariä 1, 179;
nein, ich kanns nicht ausstehn. Gerstenberg Ugol. 63; einige
aufrührer werden verwiesen, viele andere stehen Züchtigungen
aus. Schiller 834; nach allen prüfungen, die ihr ausgestan-
den habt. GöTHE 14, 196 ; schon bei tafel hatten wir manches
auszustehen, denn einige männer hatten stark getrunken. 19,
279 ; wer weisz nicht, was ein lied auszustehen hat, wenn es
durch den mund des volkes eine weile durchgeht! 33, 205;
da kommt der winter wieder und mir ists als wollt ich ihn
wol noch einmal ausstehen, an fr. v. Stein 1, 70 ; sie konnte
ihren herrn vater nicht eher ausstehn, bis er u. s. w. Klinger
1,168; nein gnädger herr, sie kann ihn nicht ausstehn. Tieck
3, 203; in einem solchen falle, wenn man niemand von der
gesellschaft ausstehen kann. J. Padl Tit. 2, 32; das ungiück
der erde war bisher, dasz zwei den krieg beschlossen und
millionen ihn ausführten und ausstanden, dämmerungen 55;
stand ihre kopfschmerzen aus. Fibel 21. Unterbleibt der ge-
läufige acc, so wird das verbum wieder intransitiv : der kranke
steht viel (schmerzen) aus; der junge steht im künftigen jähr
aus, hat seine lehrjahre ausgestanden; er Schafte einen laden-
diener ab, dem succedierte der fast ausgestandene junge.
maulaffe 25. Doch darf man sich auch ein an sich intransi-
tives ausstehen == persistere, perdurare denken, bei welchem
kein acc. zu ergänzen ist : dasz man nit verzage, sondern man
stehe unserm herrn gott aus und bete {halte ihm aus, halte
ihm stand). Luthers tischr. 232'; und damit ihr an ewer sawem
arbeit umb ewer unerzogner kindlein willen lenger taweren
und ausstehen könnet. Mathesids 146'.
AÜSSTEHLEN, expilare: die groszen gewaltigen erzdiebe,
die nicht eine stad oder zwo, sondern ganz Deudschland
teglich ausstelen. Luther 4, 402'; kommen alsdann mit den
edelen zigeunern, Stelen und henken das land aus. Garg.
227'; du willst noch einmal nach S. Lüne marschieren und
ganz verarmt vom blassen engel, den dein ausgestohlnes herz
nicht vergessen kann, den zweiten abschied nehmen. J. Paul
Ilesp. 3, 42 ; und es gieng ihm durch die seeie, seinen ausge-
stohlnen freund so sehr an freunden verarmt zu sehen. 4, 19.
AÜSSTEHLICH, ferendus, erttdglich: soll unser hexameter
ausstehlich werden. Herder 1, 219.
AUSSTEHUNG, /". perpessio: nach ausstehung viel kum-
mer, mühe und sorgen. Schweinichen 1, 213.
AUSSTEIFEN, rigidum facere: ein kleid aussteifen; eine
wand, ein gebäude aussteifen.
AUSSTEIGEN, escendere: ans land aussteigen (s. ausstehen 1) ;
vom wagen aussteigen; sind schon alle ausgestiegen?; der
dieb musz zum dachfenster ausgestiegen sein ; wie meine
zweite weit, auf die meine seele ausstieg. J. Paul Hesp.
1, XXVII ; Viktor will am ersten pfingsttag vor der sonne auf-
brechen, um am dritten wieder zurückzukommen, wenn sie
in Amerika aussteigt. 3, 176 ; wo aber stieg denn das gröszte
kriegerische, das romische volk, welches Jahrhunderte lang
987
AUSSTELLEN — AUSSTEUBERN
AUSSTEUER— AUSSTOPFEN
988
weniger im blute watete, als auf dem blute schifte, endlich
aus? dämmerungen b^ ; blühet gelblich an einem groszen oben
aussteigenden kolben. Hohberg 2, 43".
AUSSTELLEN, proponere, disponere, exponere, nnl. uit-
stellen.
1) eine Preisfrage ausstellen, aussetzen: die frage war eine
der ausgestellten und ich buhlte um den preis. Herder 20, 69.
2) einen schein, Wechsel, pass, eine quittung, vollmacht,
Urkunde, ein zeugnis ausstellen, ausfertigen.
3) ausstellen, aushändigen, herausgeben: allein die briefe
mustea sie zuvor alle ungelesen ausstellen. Schweinichen
1, 214.
4) das land, den acker ausstellen, bestellen: hatte unter-
dessen mein land ausgestellt. Schuppius 119.
6) wachen, posten ausstellen; die ausgestellten wachen
wieder einziehen.
6) waaren zur schau ausstellen; bilder, gemählde aus-
stellen; eine leiche zur schau ausgestellt.
mancher meinet, ehr und würde scheine nicht an ihm hervor,
wann sie nicht steh ausgestellet auf der hoffart berg empor.
LoGAU 2, 5, 47.
7) fallen ausstellen, den mausen, den vögeln, dem wild,
dem feinde, weidmännisch, die sau ausstellen, absperren.
8) ausstellen, blosz stellen, aussetzen: die satyre ist feinde-
seligen urtheilen ausgestellt. RabenerI, 92; der satyriker wird
die laster tadeln, ohne der öffentlichen beschimpfung die per-
8on des lasterhaften auszustellen, l, 93 ; und dessen, dasz die
masse der schale keine composition, sondern echter, natür-
licher stein sei, konnte der besitzer auch höchstens nur ver-
sichert zu sein verlangen, wie auch sich wirklich versichern,
wenn er sie mit der gehörigen behutsamkeit einem feuer aus-
stellte, dem keine composition ohne nachtheil an klarheit und
färbe widerstand gehalten hätte. Lessing 8, 497; die meisten
begnügten sich über die neuerungen den köpf zu schütteln
und zu beklagen, dasz eine so ausgemachte sache vorwitzi-
gen Untersuchungen ausgestellt werden sollte. Wieland 6,
281 ; sich dem urtheil des Paris auf Ida auszustellen. 10, 91 ;
sich einer gefahr ausstellen. Klinger 5, 183.
9) ausstellen, tadeln, aussetzen: einem mängel ausstellen.
Opitz Arg. 2, 435. Lohenst. Arm. 1, 160 ;
er stellt mit höchstem fleisz die kleinsten mängel aus.
Gryphiüs ;
was gibts aufs neu denn an ihm auszustellen? Schiller 335*.
10) ausstellen, weiter hinausslellen, aufschieben {vgl. aus-
stehen 3):
herr Karamell hatte den alten rühm der Scythen,
von welchen er landsmann war, behauptet wie ein held,
doch vortheil davon zu ziehn, blieb diesmal ausgestellt.
WiKLAND 5, 11.
AUSSTELLER, m. eines wechseis, dator syngraphac.
AUSSTELLIG: etwas ausstellig machen, tadeln.
AUSSTELLUNG, f. cxpositio: bei der ausstellung seiner
ersten versuche gibt die Jugend einem jeden Verfasser an-
sprüche auf billige beurtheilung. Gotter 1, v ; man sollte aber
doch in diesen tagen eine ausstellung belieben, wo die drei-
jährigen fortschritte der bravesten Zöglinge mit vergnügen zu
beschauen und "zu beurtheilen wären. Göthe 22, 163. s. kunst-
ausstellung, weihnachtsausstellung. ausstellungen machen, ta-
deln.
AUSSTEPPEN, steppend ausnähen, aussticken.
AUSSTERBEN, interire, nnl. uitsterven: das ganze haus,
dorf, geschlecht stirbt aus ; die Stadt ist von der pest bei-
nahe ausgestorben; leer und still geworden:
ist doch die Stadt wie gekehrt, wie ausgestorben!
GÖTliE 40, 233 ;
<olt auch bei leib nicht lachen eh,
bis da«z ein grosz schif under geh,
oder ein ganzes land verdorben
und ein stat gar sei ausgestorben.
Scheit grobianus S 3 ;
ausgestorben trauert das gefllde. Schiller;
ich schätz ihn nicht mehr, ausgestorben ist
in meinem busen die natur. 309;
dem herz ist ausgestorben,
die spräche ist ausgestorben, todt; gefflhle, hofnungen ster-
ben aus ; wenn die pockcninoculation allgemeiner wird, so
werden wir um eine ganze classe von gesiclitern kommen,
überhaupt wenn krankhciten ausstürben, so würden viele ge-
sichtsgeschlechtcr untergehen. Lichtenberg l, 209.
AÜSSTEUBERN, ältere Schreibung für atisstäul)ern, inve-
$tigare, excutere: ausgesteubcrt werden wie hcwschrcckcn.
Luther 3, 313; und wir reden auf deudsch also, wir haben
sie ausgesteubert. 3,313'; ob er auch so viel mark in seinen
henden noch bette, das er einen garstigen Chresem, hinter
seinem willen, durch lauter menschengeticht eingefüret köndte
aussteubern? 6, 82'; wollen die lügen vollend aussteubern.
8, 87'; darnach alle ketzerei und irrthum ausgesteubert.
8, 103"; Christum wollen sie nicht, noch hat er sie ausge-
steubert. tischr. 85* ; dasz wir (soldalen) ihnen (den kaufleulen)
die pfeffersäcke ein wenig aussteubern. Schuppius 658. s. aus-
stöbern.
AUSSTEUER, f. dos, die mitgiß der tochler: sie ist reich,
bekommt eine glänzende aussteuer. dann überhaupt für gäbe,
begabung : die aussteuer der mutter natur begleitet uns im
weit- und menschengetümmel.
AUSSTEUERN, dotare, instrucre, ausstatten: zu Rom war
ein reicher mann, der het ein son und zwo töchter, die steurt
er aus. seh. u. ernst c. 363 ; Jungfrau Falschheit, die habe er
{der leufel) denen bäum vermählet, Jungfrau Neid, die habe
er den handwerksleuten ausgesteuret. Schuppius 841 ; weil die
armen menschen nicht so geputzt sind und sich nicht so
mit schönen reden aussteuern können. Tieck 6, 358 ; die an-
merkung mit einem etwaigen witz auszusteuern. J. Paul lit.
nachl. 4, 61.
AUSSTICH, m. expunctio, effossio : der ausstich des auges,
des rasens. ausstich, das schönste, beste, was alle aussticht :
das mädchen ist der ausstich im ganzen dorfe.
AUSSTICHELN, frequentaliv von ausstechen: der handwer-
ker hat es auf das feinste ausgestichelt, ausgestochen.
AUSSTICKEN, was aussteppen.
AUSSTIEBEN, evadere, davon stieben : er stob aus wie der
wind ; die hunde stoben aus nach allen selten ; hör wie das
wort ist ausgestoben aus dem mund des allerhöchsten als
das mel aus der mül. Keisersb. schif der penit. 42.
AUSSTIEFELN, ocreas exuere, gegensatz von anstiefeln :
dann ich kann nicht reisig kummen auf dem blanken tichterpferde,
gicht die hat mich ausgestiefelt, dasz ich jetzo spornlog werde.
LoGAu 3, 8, 58.
AUSSTILLEN, perlactare, aussäugen: die schwache mutter
wollte dennoch das kind an ihrer brüst ausstillen ; eine aus-
stillende amme.
AUS STIMMEN, r elendere fides, das verstimmte aufheben, den
reinen ton herstellen: dein weih wird dein gemüt, wenn es
auch noch verstimmt ist, ausstimmen. Hippel 5, 179 ; scrupel
heben und Widersprüche ausstimmen. 9, 197; er wurde end-
lich blosz durch den tugendhaften entschlusz wieder rein aus-
gestimmt, jetzt die liebe zu Joachimen nicht zu verstecken.
J. Paul Hesp. 2, 181 ; etwas blieb in ihm unharmonisch und
unaufgelöset. er muste Liane morgen wiedersehen, um sein
herz auszustimmen. Tit. 3, 14 ; um sich selber nach diesem
gehaszten mislaut wieder auszustimmen. 4, 191.
AUSSTINKEN, non amplius foetere: es hat hier ausgestunken.
AUSSTÖBERN, excutere, s. ausstüubcrn, aussteubern:
da stöbert man mich wider aus. II. Sachs III. 3, 25;
die wege mit besemen ausstübern. Simpl. 2,276; sein Capric-
cio war nur munter genug, das äeiTiaQd'tvos auszustöbern,
und es in diesem gelegenen augenblicke bei ihm vorbei zu
jagen. Lessing 6, 270; stöbert mein Springinsfeld erst noch
dieses capital aus. Schiller 181'; gefunden nun mein wild,
habs ausgestöbert! Fr. Müller; nach einer stunde stöberte
Leitgeber ein mit dem zerbröckelten Siegel des Vormunds
tiberpichtes schreiben aus. J. Paul Siebenh. 1, 53.
AUSSTOCHERN, dentes fodere, die zahne mit federn, dor-
nen ausstochern: bis er (rfer «<oc/ier) gedient hätte, den hinter-
sten stockzahn eines achtzigjährigen mädchens auszustochern,
die noch eine unbefleckte Jungfer wäre. Wieland tl, 82. 12, 24.
AUSSTOCKEN, exslirpare , ausreuten: abgeleitete flösse,
ausgetrocknete sümpfe, ausgestockte wälder. Wieland 7, 255.
in anderm sinne, die hunde ausstocken, ausfüttern.
AUSSTOFFEN, materiem cxhaurire:
doch hier entfallt die fedcr meiner band,
ich geh es auf, den stof noch besser auszuslolTen.
TnÜHaEL.
AUSST(")HNEN, suspirare.
AUSSTO!,ZEN, AUSSTOLZIEREN, gegcnsatx von aufsfolzen.
AUSSTOPFEN, /arcire: einen vogel, einen balg, ein bell, ein
kisscn ausstopfen, bildlich, von närrischen und abgeschmackten
fabeln war sie ganz ausgestopft, ehe eines mannes 172; wie
überflüssig und ausgestopft die markte von kaufinannswaarcn
sind. pers. baumg. 0, 1 ; todte, lastende inasse, die nur den
989
AUSSTÖREN — AUSSTOSZEN
AUSSTOSZEN— AUSSTRECKEN
990
räum ausstopfte. Fichte best, des m. 330; alle herlichen zu-
stände der menschheit, als sie endlich lebendig in seiner
brüst erschienen, könnt er sie besonnen ergreifen, regieren,
ertödten und gut ausstopfen für die eisgrube der künftigen
erinnerung. J. Pacl Tit. 2, 124.
AUSSTÖREN, perlurbare, investigare : alles ausstören; alle
ecken der weit ausstören. Petr. 57'.
AUSSTÖRLEN, evellere, eruere. Stieler 2174.
AüSSTOSZ, m. ejectio, exlrusio. bei den (echtem, der erste
stosx; bei Wundärzten, was aus seiner natürlichen läge ge-
bracht ist: ob aber die Verrenkung auswerts ht, das wirt
generet mit der haut, vestiglichen nidergetruckt den ausstosz.
Braüsschweic chir. 104; bei den feuerwerkern, eine art ge-
mischler ladung ; bei den gerbern, ausstosz des leders aus der
grübe.
AUSSTOSZEN, extnidere, expellere, nnl. uifstooten,
1) bei den fechtern, den ersten stosz thttn : der gegner hat
noch nicht ausgestoszen; er darf nur einmal ausstoszen.
2) dem fasz, kessel den zapfen, den boden ausstoszen:
wol, Dun kann der gusz beginnen,
schön gezacket ist der bruch,
doch bevor wirs lassen rinnen,
betet einen frommen sprach!
stoszt den zapfen ausi
golt bewahr das haus! Schiller 78';
der letzte und ergste zom des teufeis wider Christum, da-
mit er dem fasz den boden ausstöszet. Lcther 4, 473' ; dar-
nach durch der bawern aufrur, dadurch gedacht der satan
gewislich dem evangelio den boden auszustoszen. Albercs
wider Jörg Witzel. AS"; wan ir wolt, so kundt ir wol dem
Luther ein groszen abbrach tbun, ja dem fasz den boden
gar ausstoszen. K7'; bis das der Mahometh käme, der stiesz
dem fasz den boden gar aus. As', vgl. ausschlagen.
3) einem das äuge, den zahn ausstoszen: er stiesz sich
unvorsichligerweise an einem Torragenden ast das rechte äuge
aus; die balgerei endigte nicht ohne ausgestoszne zahne;
drumb gib den gfangnen bruder {ructum) los,
dasz er dir nicht die zen ausstosz.
Scheit grobianus B2;
»je haben meinen fusz ausgestoszen und haben über mich
einen weg gemacht, mich zu verderben. Hiob 30, 12.
4) einen ausstoszen, aus der stube, dem haus, dem land
jagen, von sich fortjagen: stosz den hund aus! Garg. S7';
ich wil sie nicht auf ein jar ausstoszen für dir. 2 Mos. 23, 29;
das du sie solt ausstoszen für dir her. 23, 31 ; und wil für
dir her senden einen engel und ausstoszen die Cananiter,
Amoriter. 33, 2 ; wenn ich die beiden für dir ausstoszen und
deine grenze weitern werde. 34, 24; in disem allen haben
sich verunreiniget die beiden, die ich für euch her wil aus-
stoszen. 3 Mos. 15, 24 ; wird sie aber eine widwen oder aus-
gestoszen. 22, 13 ; und der herr ewr gott wird sie ausstoszen
für euch. Jos. 23, 5; da aber das weib Gilead im kinder ge-
bar, stieszen sie Jephthah aus. rieht. 11, 2 ; das übel ist grö-
Bzer, denn das ander, das du an mir gethan hast, das du
mich ausstöszesf. 2 Sam. 13, 16 ; stosze sie aus umb irer gro-
szen ubertrettung willen, ps. 5, 11; auf das ich euch aus-
stosze und ir umbkomet. Jer. 27, ^0 ; aber die kinder des
reichs werden ausgestoszen in das finsternis hinaus {golh.
usvairpanda in riqis). Matth. 8, 12; es kam für Jesum, das
sie m ausgestoszen hatten (})atei usvaurpun imma). Joh. 9,
35; nu wird der fürst diser weit ausgestoszen werden (us-
vairpada ul). Joh. 12, 31; welche gott ausstiesz vor dem an-
gesichte unserer väler. apost. gesch. 7, 45 ; und sollten uns
nu heimlich ausstoszen? 16, 37; ins elend ausgestoszne gat-
tin ! Götter 2, 488 ; ich bin ein gegenständ der Zwietracht,
es ist billig, dasz mich die gesellschaft ausstosze. 3, 99 ; der
das weib von sich ausstöszt, die sich ihm ganz geopfert hat.
2, 220. Vormals bedeutete ausstoszen {wie ausschieszen) aber
auch in gutem sinn aus der menge sondern und erwählen : Ja-
cobum hell er uszgestoszen. Keisersb. post. 2, 28 ; das be-
sunder vnik gottes, das gott uszgestoszen und erweit hat vor
allem volk. 3, 102.
5) zornige werte, unbesonnene reden ausstoszen ;
man siöszi oft aus im zorn, was man nie vorgenommen.
Gr(puii<s 1, 28;
stosz aus allen zom auf die trewlose haiden!
Wf.ckhkrlim 326;
schelte, gottesläsferungen, schimpfreden, fluche, beschuldigun-
gen ausstoszen; seufzer, laute klagen ausstoszen; man wöll
rnirs dann gar abtringen und ausstoszen. Garg. 209*; wenn
eigenschaften, die der nation, dem fürsten in entscheidenden
momenten unentbehrlich sind, nicht geschätzt, vielmehr ver-
worfen und ausgestoszen worden. Göthe 17, 409; die heilige
liebe, die nach und nach das fremde durch den geist der
reinheit, der sie selbst ist, ausstöszt und so endlich lauter
werden wird we gesponnen gold. an Aug. Stolberg 8 ; das
meer stöszt alle unreinigkeit, das hier die hefen von sich
aus ; ein ström, der sich ergieszt, uiibekümmert, woher die
gewässer ihm zuflieszen und wohin er sie ausstöszt. Kli>-ger
3, 194; diese idee stöszt eine menge von praedicaten aus.
Kant 2, 444.
6) den fleischern ist, ein kalb, einen hammel ausstoszen,
die haut des geschlachteten thiers durch stoszen ablösen, den
hutmachern, einen hut ausstoszen, ihn auf der form zurieli-
ten. den buchbindern, ein buch ausstoszen, die scharfen ecken
des bandes abstoszen. den gärtnern, die wege und gänge aus-
stoszen, sie mit dem stoszeisen reinigen.
7) intraiuitives ausstoszen ist ausbrechen, hervorstoszen,
erumpere und galt zumal von kräutern und gewachsen: wana
aber gemelte gesetzte pflanzen anfahen auszustoszen oder
auszuschlagen. Sebiz 288, obschon es leicht ist einen acc. bei-
zufügen: aloen, deren etliche in unserer anwesenheit etliche
schuh hohe stängel ausstieszen. Lohesst. Arm. 1, 672. figür-
lich, der kaiser verbisz seinen schmei-z eine Zeitlang, aber
die mehr verhehlte als unterdrückte bitterkeit kochte bestän-
dig in seinem herzen, bis sie mit voller gewalt ausstiesz.
Hahn- 3, 294. mhd. hiesz ü; stojen, zur see ausfahren, aus-
laufen, von lande stoszen. pass. K. 469, 54.
AUSSTOTTERN, haesitante lingua profeire: kahle entschul-
digungen, die er ausstotterte.
AUSSTRAFEN, probe punire: wenn der vater das kind aus-
gestraft hat, wirft er die rute ins fewer. Lcther 3, 237.
AUSSTRAHLEN, radiäre, nnl. uitstralen: ausstrahlende
wärme;
nicht dies die sonne, deren licht
einst ausgeslralet auf barbaren. Rdckert295;
der also eine zahl harmonierender geister um sich her ver-
sammelt, die wieder ebenso rein ausstrahlen, was sie von
ihm empfangen haben. Klincer 12, 125; jene einfache edle
Sympathie, welche harmonisch die befreundeten klänge ver-
bindet und mit einander ausstrahlen läszt. Tieck 4, 429.
AUSSTRÄHLEN, ausstrehlen, depectere, auskämmen, der
arme mann im Tockenb. 266.
AUSSTRAHLUNG, f diese reinsten ausstrahlungen der
gotlheit. Wielaxd 3, 405.
AUSSTRECKEN, extendere, porrigere, erstrecken, nnl. uit-
strekken,
1) die finger, bände, arme, fiäsze, beine, zunge ausstrecken :
nu aber, das er nicht ausstrecke seine band und breche auch
von dem bawm des lebens. 1 Mos. 3, 22; denn ich werde
meine band ausstrecken und Egjpten schlahen. 2 Mos. 3, 20 ;
strecke deine band aus und erhasche sie bei dem schwänz.
4, 4; und da der engel seine band ausstreckt über Jerusa-
lem. 2 Sam. 24, 16 ; wenn ein land mich verschmehet, so wil
ich meine band über dasselbe ausstrecken. Ez. 14, 13; ich
aber streckte meine band aus wider dich. 16, 27 ; strecke aus
deinen arm. Jud. 9, 9; und Jesus strecket seine band aus
igoth. ufrakjands handu). Matth. 8, Z; strecke deine band aus.
12, 13; wenn du aber alt wirst, wirst du deine hendc aus-
strecken und ein ander wird dich gürten. Joh. 21, 18 ; das wir
mit brünstiger bitze und, wie ir tölpische wort lauten, mit
ausgestrackter lust sollen auch also uns tödten. Ldtiier 3, 6l';
die mit ausgestrackter lust das leiden Christi bedenken. 3, 73 ;
da er zwo oder drei meil käme, da stund er auf die stra-
szen und streckt beide arm aus, einen gegen s. Jacob, den
andern gegen seinem dorf. schimpf und ernst 254; langer aus-
gestreckter hals, weidwerk 2, 56'; mähet mit ausgestreckten
armen. Garg. 257'; der käfer streckt sein fühlhorn aus;
wer die zung auf höhn ausstrecket,
der erwecket
einen, der den köpf hehl auf
und ihm auch für seinen lauf
lichter stecket. I.ooau 3, zug. s. 211 ;
so strecke die band aus und nimm es an. Weise kl. leuie
281; ihre seele ist dunkel von trauer und streckt ihre arme
nach dem stillen leben aus. J. Fall Hesp. 2, 115. die schmiede
strecken (recAen) das eisen aus.
2) abstraclionen : deine sorgen ausstrecken (eri/rrcAen, aus-
dehnen). ScHuppius 726; wenn ich dann mein sein und füh-
len ausstrecke. Tieck nov. kr. 2, 240 ; macht, gewalt, hersckaft
ausstrecken :
991 AUSSTRECKEN — AUSSTREICHEN
AUSSTREICHEN
992
einst war seine [des meers) gewalt noch ausgestreckter.
Rdceert 148;
die bäume strecken iliren scliatten (wie arme) über uns aus;
dunkle stunde, du strecktest deinen schatten über viel jähre
aus. J. Paul uns. löge 2, 161. von wegen ihrer gelegenheit,
so werden linien ausgestrecket und gezogen. Frank weltb. 164*.
3) sich ausstrecken, ausdehnen, denn s. Gregorius spricht,
das göttlich liebe gegen sich selb nicht bestehen kan, son-
dern sie musz sich ausstrecken zu einem andern. Luther
1, 50' ; die ebene streckt sich stundenweit aus ;
und lasz dem bauch sein rechten gang,
dasz er sich ausstreck breit und lang (vgl. auslegen 1).
Scheit grob. 02;
sondern mit wachsendem schwang
sie sich mögen stets ausstrecken. Weckuerlin 355;
wie sich oft mein geist in mir ausstreckt, als wenn er zu
dir hinüber reichen wollte. Tieck 6, 328; ein werk, das sich
länger ausstreckte. J. Paul flegelj. 1, 19 j der behaglich aus-
gestreckte (der sich ausgeslreckt hatte). Göthe 25, 350.
AUSSTRECKUNG, f. extensio: protocoll oder ausstreckung
desselben, not. ordn. von 1512 §. 8 ; die ausstreckung elasti-
scher, gekrümmter federn. Kant 8, 136.
AUSSTREICHEN, nach Verschiedenheit der bedeutungen des
einfachen Streichens, die erst dort gehörig entfallet werden
können, nnl. uitstrijken.
1) expUcare, glatt sireichen : leinwand, wasche, hemder, falten
ausstreichen, glätten; die furchen mit dem pflüg ausstreichen,
ebenen, schlichten; er hat sich ausgestrichen als steif er im-
mer kund. Keisersberg ; wan da komen die wiszen tüchlin
und es alls sampt also musz gefaltet sein und ausgestrichen.
geistl. gunkel 8; die münich, die da gond als steif ausge-
strichen mit linschen rocken und glat und gefaltet am rücken,
als hetten sie, ein scheit daran, has im pf.; so dein fraw
oder dochter zum tanz geziert und ausgestrichen geht. seh.
und ernst 373; der eptissin wart geraten, sie solte vier die
allerhübschesten frawen, die sie het, wol ausstreichen und
soll sie mit ir nemen und mit inen selber für den fürsten
komen, sie wurden ein gnedigen fursten finden. 381 ; mich
dunkt wol, könig Heinrich habe ein eile grobs tuchs oder zwo
dazu geben, und der giftige bube Leus habe die kappen ge-
schnitten und mit futter underzogen, aber ich wil sie inen
ausstreichen, und schellen daran schürzen, ob got wil. Lu-
ther 2, 146*. Maaler 46* hat ausstreichen exornare, ausbutzen,
blümen und ausstreichen.
2) illinere, oblinere, interlinere, anmahlen, vgl. anstreichen,
bestreichen : got hat das distelvögelin auf das allerschünst aus-
gestrichen mit hübschen färben. Keisersb. sieben scheiden 6 ;
da gieng es denn wol hin, das der lügen gute schlappen
gebe und striche sie mit rechter färben aus. Luther 4, 33l';
das ich sie bisher nicht genug gemahlet habe, sondern,allein
auf ein papier schlecht abgerissen und derhalben begeren,
ich solle sie auch mit der färben ausstreichen. 5, 16l'; solt
ich, oder bette ich zeit solchen buben zu mahlen und aus-
zustreichen, so wolt ichs wol klar machen. 5, 255'; wo
ist er (der teufcl) denn? rings umb euch, spricht er (Chri-
ttus). was hat er im sinn? er suchet wen er verschlinde.
da habt ir in mit seiner färbe auf das meisterlichst abgemah-
let und ausgestrichen. 5, 334*. man nannte auch das schmin-
ken ein ausstreichen, färben: aus disem metall (dem spiesz-
glas) sollen die weiber etwan ihre schmink gemacht haben,
damit sie die äugen ausgestrichen und die angesichter ange-
strichen liaben. Mathesius IOg', s. anstreichen 2. Handschrif-
ten und die ältesten drucke pflegten rolh ausgestrichen zu wer-
den: das buch ist so hübsch gerubriciert und ausgestrichen.
Keisersb. post. 18 ; eine kirchenrechnung von 1552 setzt zwei
gülden an für 'das büchlein auszustreichen'. Scheibles klosler
6,983; ausstreichen, illuminieren. Garg. ISii* ; die glosen sol-
ches textes mit gebürender färbe besser ausstreichen. Kirch-
hof wendunm. 264" ; welcher seinen scliorstein auf dem tachc
halte wcisz und rot ausstreichen lassen. Schuppius 609. mit
dem durchstreichen, unterstreichen verband sich aber auch
leicht der begrif von delcre, abolere : ein wort, eine zcile aus-
streichen, tilgen, sein namc ist im buche ausgestrichen wor-
den, man soll ihn im Verzeichnisse ausstreichen, wegstrei-
chen, auslöschen; eine stelle im ])rief war ausgestrichen; die
schuld ist ausgestrichen; aber auch die kunst auszustreichen
verstehet herr Klopstock. Lessinc 6, 51 ; die kunst auszustrei-
chen, auf und damit man es lese, wie einige Icute in ihren
briefcn die gcwohnheit haben. Licutenbbrg 4, 218.
8) auf diese siiinliche Vorstellung des färbens, vielleicht auch
mit auf die erste des glätlens und faltens zurück gehl nun die
häußge abstraction des ausstreich ens, herausstreichens, hervor-
hcbens, ausmahlens und ausführens, wobei bald gar nicht mehr
an färbe oder falle gedacht wurde: deshalben ist mit allem
vleisz des glaubens war zu nemen in dem sacrament und wol-
len in weiter ausstreichen. Luther 1, 63'; ja freilich sol man
sie nicht verzweiveln heiszen, aber das verzweiveln müst man
recht ausstreichen. 1, 176*; ich köndte diesen handel mit
exempeln der heiligen schrift wol weiter und reichlicher er-
kleren und ausstreichen. 1, 444"; das musz ich weiter aus-
streichen. 3, 82 ; darumb hat Jona fürwar der Nineviten rewe
und busze meisterhch und gewaltiglich ausgestrichen, als die
heftig, ernst und thetig gewest ist. 3, 207 ; das redet Habacuc
mit vielen worten und streicht es alles eigentlich aus und
schmückts mit gleichnissen. 3, 234'; dieser spruch ist wol
werd, das man in vleiszig ausstreiche. 4,25'; wie sanct Pau-
lus sagt Rom. am 5. nun wir gerecht worden sind etc. wie
er daselbs diese freude weiter ausstreichet. 5, 67*; zu dem
wollen wir euch ewer römisch Sodoma, welsche hochzeit,
venedische und türkische breute und florenzische breutgam also
ausstreichen, das ir sehen solt und greifen, das sich unser
ehe an ewer erlosen keuschheit redlich gerochen habe. 5, 90' ;
wolan, es ist mir itzt zu viel, die prediger können alle diese
stück wol reichlicher ausstreichen. 5,185'; wie man das alles
aus den historien in die lenge mag ausstreichen. 5,206'; die
pfarrherrn sollen solcher groben leute bosheit öffentlich aufs
allerschendlichst ausstreichen. 5, 253'; das sind doch solche
wort, die kein mensch noch kein engel gnugsam kan ausre-
den und ausstreichen, wie sie wol werd weren. 5, 318'; wie-
wol er das gesetz recht erkläret und ausstreix:hct. 5, 371';
es ist eine solche predigt, die man kan lang und weit aus-
streichen und auch kurz machen. 5,438'; aber in jener ant-
wort sol ers, ob got wil, anders finden, da wil ich solche
schöne Sachen ausstreichen. 6, 32'; nu das sind tiefe und
rechte paulische wort, dazu seer reich, darumb müssen wir
sie etwas ausstreichen, das maus ein wenig verstehe und
seiner rede gewone. 6, 35'; wie s. Paulus davon pfleget ru
reden, als ein rechter meister diesen artikel auszustreichen
und imer beide, herz und mund vol hat, wie Christus auf-
erstanden ist. 6, 79'; und wer hat auch jemal gelhan odfcr
künds noch thun, das er alle bosheit von stück zu stück
solt in einem buche, schweig in einem psalin ausstreichen.
6, 104' ; ich gedachte dasselbe (wider den ablasz) nur zu ent-
werfen, darnach würden wol andere leute kommen, die es
würden vollend ausstreichen und hinaus führen. Luthers
lischr. 277' ; las in des Campani buch, das er mit eigener
band geschrieben, und Munsterus übersehen und ausgestri-
chen (angestrichen) hatte. 294'; wo aber die Sophisten nicht
aufhören zu lestern, wollen wir diesen handel weiter aus-
streichen. Melanchthon im corp. doctr. Christ. 48 ; diese hi-
storien ans liecht zu bringen und mit fleisz auszustreichen.
Melanciith. decl. von k. Fridrich, deutsch von Lauterbek bl. 8 ;
mündlich ausstreichen and declaricrn. 11. Sachs III. 1, 132';
die gleichnus klärer auszu.streiclien. II. 1,78';
so soltu im sein wort aussirciclien. Scheit profr. Q3;
nach verdienst beschreiben und ausstreictien.
Weckhkrlin 738;
ein greis, der nicht knn streiten,
streicht seine thaten ans, foszt einen hecher wein,
und wil zum minsten hier noch jung in kämpfen sein.
Oi-rTZ 1, tOÜ;
streicht löblich aus dem herrcn seine werke,
so weit als sich erstreckt sein reich und stärke, ps. 193;'
so laszt gelehrte liänd aufs in-ächtigsi euch ausstrciclien.
Grypuius 2, 446;
CS ist unvonnöthen, dieses lustspiel weitläuftig auszustrei-
chen, weil es sich seihst genugsam lobet. 1,952;
die menge macht mich arm, ich kan nicht Zierden haben
zu streichen zierlich aus die uiizahl eurer gaben.
I,0GAU 3, 8, 54;
Tür tugcnd streichen aus die schändlichsten gehrechon.
LouBNSTiiiN hofmann 186;
nit inögcns gnugsam streichen aus
noch rudner noch scribenten. Spkk Iruitn. 118;
diese auf allerlei weg ihme günstig zu machen, ihr thun und
wcscn loben und ausstreichen. Scuuppius 649; mit gewaltigem
lob ausgestrichen. Zinkgr. 371, 11;
er weisz sie anzuhringcn, ausziistrelcheni
die äugen ordentlich kann er bezaubern. Tikgk i, 200.
993
AUSSTREICHEN— AUSSTREUNEN
AUSSTREUUNG — AUSSUCHUNG
994
4) ausstreichen, virgis caedere, ausstdupen, auspeitscftfn,
streiche auf den rücken geben, was auch ein hemahlen mit
Striemen heiszen kannte, da mit der rute, dem besen, wie mit
dem pinsel gestrichen wird:
mit ruoien zum tor uszgstrichen. /a«(n. sp. 871, 32;
so lasj! mit ruten streichen aus
und hcuken an den galgen naus. H. Sachs IV. 1,24';
ob si schon zum vierten mal ausgestrichen wurd. Wirsüsg
Cal. G2'; ausgestrichen, durch die baciien geprannt. Jl';
streich einen mit ruten und gärten aus. Peir. 213'; er wer
lieber von einer junkfrawen gehenkt, dann ausgestrichen. Garg.
48"; in von den schuiknaben lassen mit ruten ausstreichen.
145*; horcht, wie klapt das, als strichen die kinder den dreck
mit ruten aus. bienenk. iZS' ; hat man doch kaum vor eim jar
vil kuppeln mönchischer hurer mit ruten ausgestrichen. 154*;
etliche wurden gehenket, etliche mit ruten ausgestrichen. Mi-
CRÄLIUS a. P. 4, 127 ;
Möchus ward mit ernst vermahnt in ein andre haut zu krichen,
als er dieses nun getban, ward er dennoch ausgeslricben.
LoGAU 3, 6, 17 ;
einen ehbrecher strichen die Egj"pter mit ruten aus. Schdp-
piL's 513; wurde sein mitgespan ausgestrichen und des land-
gerichts auf ewig verwiesen. Abele 3, 226.
5) ausstreichen, everrere, auskehren, das gleichfalls mit dem
besen geschieht: es kommen gaste, streich die Stube schnell
aus!; die tenne musz, bevor der tanz beginnt, erst einmal
ausgestrichen werden.
6) den fusz ausstreichen, unter dem volk ein zeichen der hüf-
lichkeil {s. ausscharren) : ungezwungene Stellungen des Icibes
lassen sich nicht blosz dadurch erlangen, dasz man den rücken
krümmen und den fusz ausstreichen lernet. J. E. Schlegel 3,446.
der transitivausdruck geht aber leicht iiber in den intransitiven mit
dem fusz ausstreichen : der alte Verwalter strich ungeschickt
mit dem fusz aus. ThCmmels Wilhelmine 34. 69 ; du sollst auf
dem Bucephalus sitzen, ob er sich gleich wie ein elephant
in die luft hebt, seinen speckhals krümmt und hinten aus-
streicht und wiehert. Zachariä 1, 409. man sagt von rossen
und hunden, sie streichen mit den beinen aus, streichen aus,
laufen schnell.
7) intransitiv, ausstreichen, evagari : die eulen, Oedermäuse
streichen aus;
der ein ist wie ein low erhitzt,
der auf den raul) pllegi auszustreichen. Opitz ;
mit dem nebensinn von ausschweifen, austreten, auslatschen:
er streicht bei nacht aus. bergmännisch, der gang streicht
zu tage aus; weidmännisch, gegen abend ausstreichen, auf
den lerchenfang ausgehn,^ streichen, es heiszt auch von schar-
fer, schädlicher lufl, dasz sie ausstreiche : wenn nun derglei-
chen Witterung ausstreicht und die luft erfüllt, med. maulaffe
697; nachdem eine fliegende Witterung ausgestrichen, unw.
doct. 3.
AUSSTREICHERIN, f. ausputzerin, flickerin alter kleider,
interpolatrix. .Maaler 47*.
AUSSTREIFELN, deglubcre, bohnen, erbsen aushülsen, aus-
kernen.
AUSSTREIFEN, exueie, den mantel, den ermel schnell aus-
streifon, abstreifen; auch wie das vorausgehende, bohnen, erb-
sen ausstreifen, intransitiv, ausstreifen, evagari, excurrere,
wie ausstreichen: leute die ausstreifen, umherstreifen; ausgc-
slreiftes und ausgekehrtes gesindel. s. streifen = ströufcn.
AUSSTREITEN, absolvere litem, nnl. uitstrijden:
ausgestrittcn, ausgerungen
ist der lange, schwere streit. Schiller.
er läszt sich das nicht ausstreiten, wie ausreden.
AUSSTREUEN, spargere, dispergere, nnl. uitstroojen : sarhen,
blumen, federn, geld, asche ausstreuen; weistu, wie sich die wöl-
ken ausstrewcn. //io6 37, 16; sirewe aus den zorn deines grim-
mes. 40,6; er strcwet aus und gibt den armen, ps. 112,9; er
hat ausgestrewcl und gegeben den armen (schöner goth. tahida
gaf unledaiiii). 2 Cor. 9, 9 ; dann allenthalben die ausgesiriiuwetc
gäns- und hünerfeddern scind sein stätige Wegweiser. Kirch-
hof mil. disc. 121; geheimnisse ausstreuen. pers.baumg.',i;
man hat bei hofe ausstreuen lassen. Klikcer 4, 117 ; üble ge-
rüclite, lügen ausstreuen ;
ausgosirruter edelilialcn
reine fnichl im siebe schwirrt. RCrcer.
AUSSTREUNEN, investigare, au.\slöbern, bair. ausstreunen
(Senn. 3,696), vgl. ahd. striunan (Graff 6,755):
streunt ah ding iti der kamer aus. H. Sachs III. 2, tl*.
AUSSTREUUNG, f. rumor sparsus : kabalen, Verhetzungen,
indirecte ausstreuungen. Wieland 13, 202 ; allerhand aus-
streuungen erklären dies gesetz für zu streng. Klopst. 12, 99.
AUSSTRICH, m. in mehrern bedeutungen des ausstreichens :
ausstrich des missethäters, ausstrich der stube, ausstrich bei
nacht, bergmännisch, das am ufer des ßusses ausgestrichene,
angeschobene zinnerz.
AUSSTRICKEN, pertexere: seidene schnür und seiler, mit
welchen die zeit ausgestricket gewesen. FRo:iSP. kriegsb. 3, 193';
wo ist der weisze rock mit bildern ausgestricket,
der aufgesetzte zeit durch keusche band gesticket?
Gryphius 1, 59;
ich habe jene recht zu stricken angefangen, wer sie wil ganz
ausstricken, thue es. Schuppiüs 424.
xVUSSTRIEGELN, was das einfache striegeln, equum pecterc.
AUSSTROM, m. effluvium, ausßusz, mündung:
höchste glut ist seine (des scitmerzes) quelle,
und sein ausstrom liöchste glut. BiJacER 43*.
AUSSTRÖMEN, efßuere, nnl. uitstroomen, sich ergiessen:
tönender schon, mit hellerer saite, laulerem donner
ihrer posaunen, strömt ein chor in diesen gesang aus.
KtopsTOCK Mess. 20, 47 ;
er strömt in laute klagen aus ; eine menge menschen strömte
aus in das feld; heftiger regen strömte aus auf das land.
AUSSTROTZEN, turgere, hervor strotzen: von den groszen
ausstrotzenden und heraus bolzenden augenöpfeln. Bartiscii
216. s. auspolzen.
AUSSTÜCKELN, dissecare, comminuere, zerstückeln.
AUSSTUDIEREN, excogitnre: wir wollen das sorgsam aus-
studieren; seine rede war wol ausstudiert; mit ausstudierter
geringschätzung abweisen. Schiller 916. dann absolvere studio :
er hat ausstudiert; ein ausstudierter Jurist.
AUSSTUFEN, per gradus partiri, abstufen : der fels ist aus-
gestuft.
AUSSTÜMPFEN, contumeliis afßcere, s. stimpfen, stumpfen
bei Schmeller 3, 639 : verachtet, ausgestümpfet und veriachet.
Philander 1, 151.
AUSSTURMEN, in mehrfachem sinn,
1) violenta manu auferre: er stellet die ausgestürmplcn bil-
der wider in tempel. Frank chronik 165'.
2) vehementer eßundere: mit ungestüm seine empfindungen
ausstürmen; verlieh ihm die muse nicht die gäbe, jenes be-
drängende gefühl am busen eines theilnehmenden freundes
gewaltig auszustürmen. Göthe 33, 159.
3) intr. desaevire: sein herz hat ausgcstünnt; lasz mich
weinen, ausweinen und ausstürmen. Klingers th. 3,348; wir
segeln ab. sobald die winde ausgestürmt haben werden.
AÜSSTÜRZEN, raptim effundere, nnl. uitstorten : ein glas
wein ausstürzen; die becher wurden hastig ausgestürzt; einen
zuber mit wasser ausstürzen; einen sack mit getraide auf den
boden ausstürzen ; die andern aber sollen sie vom leben zum
tode bringen und ihr blut als eine Wasserflut ausstürzen, pers.
baumg. 2, 15. sich den arm ausstürzen, aus dem getef)ke fal-
len, intransitiv effundi: das ganze wasser stürzte aus; er
stürzte aus, hinaus, entfernte sich plötzlich.
AUSSUCHEN, exquirere, perqnirere, nnl. uitzoeken.
1) einen aussuchen, seine kleider durchsuchen, nach ver-
dächtigen Sachen; suchten die profei {privete) aus, ob ctwan
ein goldbergwerk umi schätz darinnen leg. Garg. 202'; es
wird keiner gelesen, welcher aus glückseligkeit zu reden ihme
ein namen gemacht habe, der nicht vor (vorher) der rhetoruin
brunnengrüblein mit wunderlicher aufmerksamkeit ausgesucht
habe. Schdppiüs 724; alle gräber aussuchen. Petr. 191"; ich
habe den ganzen schrank vergebens ausgesucht.
2) aussuchen, auslesen : schöne und grosze bursclie zu Sol-
daten aussuchen ; ein starkes pfcrd zum reiten aussuchen ;
eine kühle stelle zum lagor, die rolhbäckigen äpfel zum essen
aussuchen, zumal gilt das parlicip ausgesucht wie exquisitus,
auserlesen: das ist wie ausgesucht ; ausgesucht schön, schlecht;
es ist nicht ausgesuchte prachl,
es ist ein stilles bliimchen. Göthk 1, 191;
Charlotte verlangte von Oltilien, sie solle in kleidem reicher
und mehr ausgesucht erscheinen. 17, 67 ; zur schönen witwe,
welche sie umgeben von einer zwar nicht zahlreichen aber
ausgesuchten gesellschaft antrafen. 22, 57. ausgesuchte höf-
lichlicilen, grobheiten.
AUSSUCHT, f dysenteria, ahd. fljsuhl (Graff 6, 141), noch
in der Schweiz fortlebendes wort. Stalder 2, 417.
AUSSUCHUNG, f. perquisilio: noch in dieser woche, viel-
63
995
AUSSUCKELN — AUSTAUSCHEN
AUSTER — AUSTITEILEN
996
leicht morgen soll durch die ganze Stadt in allen quartieren
aussuchung gethan werden. Kabeners briefc s. 33.
AUSSUCKELN, exsugere, frequentativ von aussaugen, schon
der WoLKENSTEi.vER 119, 31 liat aussuggeln. man gibt den kin-
dein süszholz oder zucicer in den mund zum aussuckeln.
AUSSUDELN, immundc lavarc: wüsche aussudeln; derpro-
curator Grifling ist ein kcrl, der schwarz weisz machen kann
und alle dreckichte händel aussudelt, ped. schulfuchs 182.
AUSSÜHNEN, s. aussöhnen.
AUSSUNDERN, s. aussondern, mhd. üjsundern. H. Sacus
reimt noch auf hundert:
auf (las ich nit werd ausgcsunderl. IIF. 3, 21.
AUSSÜRFELN, cxsorhcre, schreibt Maaler 47' für aussörfeln.
ToBi.ER 436' hat ussörpfa.
AUSSÜSZEN, edulcare, salze oder säuren auswaschen, weg-
schaffen, gleichviel mit absiiszcn : wenn er auch der woler-
fahrenste scheidekünstler in der redekunst gewesen, würde es
ihm mühe gemacht haben, hier etwas auszusüszen oder ab-
zusicgen. Hippel 8, 399.
AUST, m. verkürztes äugst, sowol in der bedeutung von mes-
sis, ernte, als von libcllula ephemera, uferaas, gr. s/z7cis, weil
dieses insect sich vorzugsweise im heiszen august entfaltet, ge-
wöhnlich heiszt es das {nicht der) haft, unter welchem worte
auch noch andere benennungen angegeben werden sollen.
. AUSTÄFELN, tabulis viunire: ein zimmer, den fuszboden
austäfeln; um das täfelwcrk aus seiner wohnstube zu reiszcn,
hergegen selbige Stube aufs neue mit nuszbaumholze auszu-
täfeln. Felsenb. 2, 332.
AUSTAG, m. dies peremptoria, in einer urk. bei Schöpflin
Als. dipl. n' 1268 heiszt es: und dasz diser tag ein ustag und
ein cndlag sin solte, die sache nach dem rechte uszetragende
als vor stat. endtag ist das ahd. antdag und endidago (Graff
5, 358), vgl. antag oben sp. 495. usztagfrünung bei Oüeri.in 79
war citatio peremptoria. in der Schweiz sind austage die letz-
ten frühlingstage, die scheide zwischen früh jähr und sommer :
die austag des frühlings waren gar harb. Schelchzer 1, 131,
vnd nach Stalder 1, 258 hiesz dieser ausgehende frühling selbst
der ustig, austag. die Schreibung haustage, huslage, samt der
ableitung von hausen, haushalten, sparen scheint verwerflich.
s. das folgende vcrbum und auswart, auswjjrts.
AÜSTAGEN, peremptorie citare, in jus vocare, auffordern:
musz endlich deine räch aus ihrem Irautn erwachen I
so ists, sie tagt uns aus, wenn mans am minsten denkt.
Gryphius 1, 8;
■wir haben schmach und schaden,!
und unruh abgelhan, den Buigar ausgetagt,
den Agaren gediimplt, der Scylhen iieer gejagt. 1,25;
wer gott zum streit austagt,
wird asch und staub und dunst und rauch und wind. 1, 46;
es klingt nichts in dem ohr,
als der donnerherben räche
von gott ausgeiagte sache. 1, 48;
weist du, wem du dis sagst?
. 'dir, der du mit dem mord gott zu gericht austagst'. 1,79;
und steht es frei, den mord zu wagen,
und die gesalbten auszutagen?
zu tagen vor ein blindes recht,
da über herren spricht ein knechtl 1,270;
schone, wolverdicnte strafe
auszutragen auf dis land. 2,276;
hier ist das ziel,
das deine räch austagt. Loiienst. /ftr. 13, 286;
wer blitz in streit austagt, der wird in streit gelegt. 39,341.
andere und die späteren Schriftsteller bedienen sich des wortes
nicht, man vergleiche die bei Oheri.in 79 und 1943 aus Urkun-
den mitgethciltcn stellen und im Ssp. dach utlcggen.
AUSTÄNüELN, fincm facere ineptiarum.
AUSTANZEN, saltationcm absolvere: sie war zu ermüdet,
um den walzer auszutanzen; welchen ich auf dem litel mein
letztes komisches werk nennen wollte, weil ich darin mich
mit der komischen musc in meinem leben ganz auszutanzen
vorhatte. J. Paol kämet 1, xiii. ; ich will mir den unniut aus-
tanzen.
AUSTAPEZIEREN, ornare lapetibus.
AUSTAUSCH, m. permutatio: auslausch der ringe, der guter,
der gedankcn, Micke, vollmaciilen.
AUSTAUSCHEN, cnmmutare: und sind in ihrem stand so
beiiügel, dasz sie auch ihr leben, handel und wände! nicht
gegen einem königreich auslauschen wollen. Philanü. I, 40;
lobt was sich nicht pebiihrt
und lästert was doch laug, und lauscht fur fctlc lügen
die dürre warhcit aus. I.ocau 3, tugabe : 215)
seffie erfahrungen und einsichten austauschen, die kinder
wurden ausgetauscht, vertauscht; verrückt ist bruder Martin,
rief jetzt die lebhafte Luise aus, völlig ausgetauscht ist er.
TiECK ges. nov. 10, 162 ; du bist heute wie ausgelauscht.
AUSTER, f. ostrea, schon ahd. aostar und wol m., wie nnl.
oester vi., ags. ostre f., altn. ostra, schw. ostra, dän. östers,
engl, oister, oyster, franz. hultre, früher huistre {wie huis
oslium, huit, huict octo, huile oleum), sp. ostra, it. ostrica,
armor. hister, gal. cisir. die mhd. wortform gebricht, man
sagte aber früher nhd. uster, der ausspräche des nnl. oester
gemäss: nach ustern fischen. Garg. 247', und auch Sediz 47
hat usters, Henisch 156 schreibt awstern, ostcrn. wenn sie
nicht mein herr wären, so würde ich sagen, dasz sie sp dumm
wären wie eine auster (dcrsom i ikkc var min herre, saa vilde
jeg sige, i var saa dum som en Oslers). Holberg 2, 149. auster
gilt auszer der eszbaren muschel auch von andern und man
sagt perlenaustern für perlenmuscheln.
AUSTERBANK, f. ostrearum vivarium, nnl. oeslerbank, dän.
östersbänk : inzwischen wate ich mit gröszter lust zur auster-
bank hinab. J. Paul Hcsp. 1, 42.
AUSTEItBETT, n. dasselbe.
AUSTERRHUT, f. fetus ostrearum.
AUSTERFANG, m. ostrearum collectio.
AUSTERGRUND, m. was austerbank.
AUSTERLEBEN, n. ein eichhörnchen, das an seinem Ster-
belage ein auslerleben führt, ist nicht unglücklicher als die
auster. Lichtenberg 1, 181. Wieland schreibt austernleben 24, 63.
AUSTERNESSER, m. nnl. oestereter.
AUSTERNFUSZ, m. franz. picd d'huitre, ein pferd mit flachem
fusz, dem es an hörn mangelt. Rosenzweig rosztduscherkünste
s. 132.
AUSTERREICH, ostreosus.
AUSTERSCHALE, f ostreae tergum.
AUSTERSCHMAUS, m. Gotter 1,89. dän. östersgilde.
AUSTHAUEN, los thaucn, hervorthauen : das eingefrorne
stück holz konnte lange nicht austhauen.
AUSTHEDIGEN, litem absolvere, ausführen, ausmachen, für
austeidigen, austagedingen : Picus von Mirandula von bapst
Alexander VI wider sein neider auszthedigt, absoluierl, ent-
schuldigt und beschützt. Frank c/iro/i. 414"; nuhn ist der zank,
welchs die aposteln seind und wclchs nicht, sie werden allein
erkennt im wort gottes. das lasz ich sie auszthedigen. Pa-
racelsus 2, 636'.
AUSTHEEREN, picare: schiffe austheeren.
AUSTHEILRAR, quod distribui polest.
AUSTPIEILEN, distribtiere, nnl. uitdeelen: und er teilet das
volk aus in die stedte, von einem*^ort Egypten bis ans an-
der. 1 Mos. 47, 21 ; des morgens wird er raub fressen, aber
des abends wird er den raub austeilen. 49, 27 ; der feind ge-
dacht, ich wil inen nachjagen und erhaschen und den raub
austeilen und meinen mut an inen külen. 2 Mos. 15, 9 ; über-
windet in, nimt im seinen hämisch und teilet den raub aus.
Luc. 11, 22; diesen soltu das land austeilen zum erbe nach
der zal der namen. 4 itfos. 26, 53 ; und soll das land austeilen
durchs losz unter ewre geschlechle. 33, 54; dazu soll irncmen
eines iglichen stams furslen, das land auszuteilen. 34, is ; wenn
ir nu das land durchs losz austeilet. Ez. 45, 1; denn nacit
dem losz soltu ir erbe austeilen zwischen den vielen und we-
nigen. 4 Mos. 26, 56 ; denn er sol Israel das erbe austeilen.
5 Mos. 1, 38 ; dein acker sol durch die schnür ausgeleilet wor-
den. Arnos 7, 17 ; funfzehen tage an einander oder ausgeteilt.
Luther 3, 93'; das die Vernunft nicht kan die gotlhcit recht
austeilen noch recht zueigen, dem sie alleine gehurt. 3,204*;
si haben sccr grosze heuser, die seind mit baumwollin netz
auslheill, das also bis in xxx oder xl wonungen in einem
haus seind. Frank weltb. 218'; ihr Iheilt aus die ge.schlecht
der fiebcr, wol 70 thcil. Paracelsus 1, 4' ; dasz sie die aiinci
nicht kennen noch wissen auszuthcilen. dann ursach, die
arznei in zweifach, leih- und handarznei. 1, 57C' ; er anhubc
mit im selhs die schöne irs Icibs zli bedenken und auszutei-
len {einzeln durchzugchn). lioccaz 96; Sems brüder, die in
die well ausgetheilt wurden. Mathesius 163'; Fisciiart nennt
n' 477 ein spiel kinder austhcilen, d. i. erbe unter ihnen ver-
Iheilen ;
so haben sie, weil sie nichts wcilrcs wider mich,
auch mciiift klaider uiider sich
ausihailcnd hingcnomtnen. VVkckiifri.in 91 ;
war es hesser, da die well nur in drei Iheil war gelegt,
oder joizl, da unsr« zeit auch das vierdc zu noch tragH
997
AUSTIIEILER— AUSTHUN
AUSTHUN— AUSTILGEN
998
viere möchten viere sein, wann nur jetzt nicht jedcj land
sich in theile so iheilt aus, dasz fort mehr nichts ganzes stand.
LoG*ü2, 10. 70;
dasz er sein königreicU in zwölf äniptcr oder kreisz ausgetheilet.
ScHCPPiDS 30; gott hat es wie unter den leuten selbst also
auch unter den ländern weislich und wunderlich ausgetheilet,
dasz eines nicht alles hat, sondern handel und wandel niusz
getrieben werden. 46; die austheilende gerechligkeit {jiislilia
dislributiva). Kant 5, 116; superlatives lob von Mendelssohn,
so wie es jeder primaner austheilen kann. Lichtenberg 4, 'S ;
und tbeilte jedem eine gäbe.
dem fruchte, jenem blumen aus,
der Jüngling und der greis am Stabe,
ein jeder gieng beschenkt nach haus. Schiller 71';
das abendmal austheilen ; brot unter die armen, fleisch unter
die Soldaten austheilen ; schlage, stösze austheilen ; befehle aus-
theilen ; das stück ausschreiben und die rollen austheilen.
man construiert: mit der band, mit dem stock austheilen,
wie ausgeben 3.
AUSTHEILER, «i. distributor : herr und austeiler des lebens
und aller lodten auferwecker. Luther 3, 182'; dasz er Chri-
stus der austeiler des ewigen lebens ist. Mathesics 4*.
Al'STHEILEIUN, f. es ist billig, dasz ich sie zur austhei-
lerin meiner geringen geistesproducte mache. Gotbe an fr.
ton Stein 1, 225.
AUSTHEILÜNG, f. distributio: austeilung des heiligen
geistes. Ebr. 2, 4 ; und dieselbe austeilung ist wol und ordent-
lich gefasset und an mehr orten der schrift gegründet. Lc-
THER 1,490"; die dritt usztailung der jüdischen bucher. Reuch-
LiN augensp. 12'; austeilung und entwerfung des ganzen erd-
bodens. Frank tceltb. 1" ; austheilung unter die armee. Scuüp-
pius 748; austheilung der beute, des abendmals, des brots;
jetzt braucht man gott nicht mehr mit der austheilung der
amter beschwerlich zu fallen. Kabe.ner 4, 37; die allgemeine
austheilung der materien im cbaos. Kant S, 274.
ALSTH[{A>'EN, eff andere: helfet mir doch weinen! denn
ein solcher ström voll blutes darf zu seiner abschweifung
{ab$tersio) mehr wasser, als zwei äugen austhränen können.
LoHENST. Arm. 2, 1136.
AUSTHUN, nnl. uitdoen, in mehrfacher bedeutuug,
1) austhun, exuere, gegensalz von anthun, induere, obgleich
diesem eigentlich das abthun entgegensieht, man thut oder
legt ab, was über die Oberfläche gelegt oder gesetzt war, z. b.
den mantel oder httt, aber thut aus die Ueidunysstücke, welche
den inneren leib, die haut berühren, z. b. rock, weste, hemd,
strumpf und schuh:
si täten üj irc kicit. pass. K. 40, 90;
sein hemd austhun. Ziskgr. 140, 13. dem abthun steht ablegen
gleich, dem austhun ausziehen, waffen austhun, sagt die Limb.
cAron. §. 109. sich austhun, um ins bad oder bell zusteigen:
hat er sich ausgetban, und (ist) in ein wasser gestiegen, sich
zu külen und abzuwaschen. Melancutu. declam. von keiscr
Fridrieh, deutsch von Laüterbeck bl. 28.
2) austhun, exstingtiere, edler als ausmachen: feuer, licht,
kerze austhun;
die liechter ausgetban.' FiEiii.'«(r. 172;
Ihm die lichter aus! Götue 13,37;
aus tbaten sie die kerzen (tbeir candles arc all out).
Macbeth 2, l ;
tbu aus das licht! (put out the lieht). Othelloh,i;
frau, liegst du? so thu ich das licht aus. LeiseViItz poel.
gespr. $. 3.
3) austhun, castrare, ausschneiden: aber holz Murners guck-
guck was sehe ich, du hast ein krummen latz, bist ausge-
tban. Garg. 252'.
4r austhun, aus den* hause thun, entweder ausjagen oder in
die fremde hingeben, in dienst thun: einen knabcn austhun,
auf eine entlegne schule geben: als ich in meinen jungen jäh-
ren ausgetban wurde, unw. docl. 48 ; er thut seine kinder aus,
läszt sie dienen, mhd. sagte man auch mxrc ia, tuon, die
nachricht verbreiten, myst. 147, 9.
5) abslraclcs austhun ist vieldeutig, je nachdem man es auf
eine der vorausgehenden sinnlichen Vorstellungen zurückführt:
auf das du atiT dem mustcrplan
nicht schimpflich werdest atisgeth.in.
KiN&WALD t. warh. 18;
wer das nicht kan, ist ausgetban. 67;
dagegen wird ein frommer mann
des arniuts halben nusgeth.m
und musz zu winkel traben.
KincwALD geittl, lied. 10C\
d. h. doch zurückgesetzt, ausgewiesen, nicht anders: es soll
kein hauptmann einen besolten {besoldeten) knecht uszthan,
ohne ihrer herrn wissen und willen. Heutter knegsordn. 15.
dagegen bedeutet es vertilgt = ausgelöscht in folgenden stellen :
könnt ihr gedächtnis nur so leicht sein ausgetban,
als dies gemählte brennt. Grtphics 1, 221 ;
und wird alsdann die süszigkeit der ersten empfindung . . .
ausgetban und verderbet. Leibnitz 421 ; und diese hölzernen
buchstaben sind es, welche der herr von Heineke gänzlich
aus der geschiebte der druckerei will ausgetban wissen. Les-
sing 9, 12, wo es doch auch ausgeworfen ausdrücken kann, wie
bei Klopstock: und was kam heraus, wenn Marbod über-
wand? ich war ausgetban! und ein fürst, der nun viel gröszer
geworden war, setzte meine Unternehmungen fort, weike 10, 269.
eine schuld, eine rechnung austhun heiszl sie löschen.
6) den acker, garten, das feld, land austhun, ausgeben, ver-
pachten (utdun Ssp. 3, 77) : es war ein hausvater, der pflan-
zet einen weinberg und füret einen zäun darumb . . . und
thet in den weingürtnern aus {i^eSoro, vulg. locavit). Matlh.
21,33. Marc. 12, 1. Luc. 20, 9 {in welchen letzten s/e//en Ulfilas
anafalh, befahl setzt) ; er wird seinen weinberg andern wein-
gärtnern austhun {ixScöaerai, locabit). Malth. 21, 41 Luc. 20, 16
{golh. gibij» an{)araim). ebenso, du soll im dein geld nicht auf
Wucher thun, noch deine speise auf Übersatz austhun {vulg.
frugum superabundantiam non exiges). 3 Mos. 25, 37; geld
auf Zinsen austhun, ausleihen, diese wieseji wurden von ihm
ganz nach gutdünken ausgetban (verpachtet ?) Tieck ges. nuc.
8, 385 ; es ist an vielen orten gebräuchlich, den acker oder
feldbau um die helfte auszuthun, besäen und arbeiten zu
lassen. Hohberg 3, 9".
7) sich austhun = vorgeben und sich ausgeben, praetendere,
alicujus personam ferre, sich eines dinges austhun, anmaszen,
wie einfaches thun und geben einander nahe stehn: sich be-
rübmen und austhun {vorgeben). Oberlin 80 ; warumb wollen
si sich dann nit für äret austhfin? Frank ue/Zfe. 15l' ; und nam
im für, sich vor ein stazionierer usz zu thun und mit dem
heiltijmb in dem land umbher zu reiten. Eulensp. 31 ; da thet
er sich vor ein wüllenweber usz. 51; dasz wir die personen,
von den Christus weissaget, die sich für Christen austbuend,
erkennen. Paracelsls 2, 634" ; darumb soll sich der arzt nicht
zuviel austhun, dann es ist ein herr über ihn, ist die zeit,
die mit dem arzt spielet, wie ein katz mit den meusen. 1,
696*; ein edelman der sich grosz bulens ausgetan; es war
ein Teutscber in Engelland, der thet sich aus, er wolt das
meerwasscr dahin bringen, das^sich das salz ohn sieden ver-
samlen und das wasser süsz würde. Thcrneisser ro» was-
sern 7; ein zunbrecher thet sich groszer arznei und kunst,
wie er allerhand bresten heilen köndte und ein doctor wer,
aus. Kirchhof uendunm. 117'; damit er sich nicht an einen
ieglichen, der sich vieler künsten austhut, verlassen musz.
Fronsperc kriegsb. 1, 82';
di sich grosz ausiün wider mich. Melissus ps. PI*;
er tbu sich für keinen gescheiden aus. Ayrer proc. 2, 10 ; hin-
gegen thäl sich eine junge zigeunerin vor dessen weih aus.
Simpl. 2, 223; er thut sich vor euer gnaden vettern aus.
2, 235. Heute nicht mehr in diesem sinn, sondern sich aus-
thun gebrauchen wir fiir sich aussprechen, sich äuszern: er
thut sich dessen gar nicht aus ; wenn der Verfasser sich zu
weitläuftig ausgetban hatte oder nicht endigen konnte. Göthe
31, 65; das gieng dem ritter ans herz, doch that er sichs nicht
aus. MusAEüs 4, 6. er thut grosz aus, prahlt; thut klein aus,
ist demütig.
AUSTHUN, n. das austhun des feucrs ; austhun des gutes,
des geldes ; austhun und verkündung eines reichstags. reichs-
absch. von 1527. §. 12.
AUSTHÜRNEN, einem durch kerker abnülhigcn: was ihr in
so vielen jähren den eilenden leuten ausgepresset, ausgetrot-
tet, ausgethürnel, ausgeprügell und ausgemartert habt. Pnii.-
ANOER 401.
AUSTIEFEN, effodere, nnl uitdicpen : einen brunnen, kel-
1er, graben ausliefen ; der kummer hat seine wangen ausgeliefl.
AUSTILGEN, delere, abolere, aus der stalte, aus dem land.
dem Ijuch (2 Mos. 32, 32) tilgen: denn ich wil den Amaiek
unter dem himmel austilgen, das man sein nicht mer ge-
denke. 2 Mos. 17, 14 ; lasz ab von mir, das ich sie vertilge und
iren namen austilge unter dem himcl. 5 Mos. 9, u ; und der
herr wird seinen namen austilgen unter dem himel. 29, 20;
dus nicht ein staut ausgetilgct werde von Israel, rieht. 21, 17 ;
63*
999
AÜSTIPPEN — AUSTRAG
AUSTRAG — AUSTRAGEN
1000
werden ganz und gar ausgetilget werden. Iliob 24, 24 ; lasz ire
Sünde für dir nicht ausgetilget werden. Jcr. 18, 27 ; und hat
ausgetilget die handschrift, so wider uns war. Col. 2, 14 ; Ba-
tavodurum, ein ausgelilkte statt, jedoch ist noch davon ein
berünipt schlosz vor äugen. Frank w'c/i&. 27' ; aihveg trachtet,
womit er doch dem edlen ritter sein gut lob austilgen möcbt.
Gahny 96 ; solche tugend ist bei inen noch nicht veraltet oder
ausgetilget. Kirchhof wendunm. 229'; austilgen und leschen.
Pelr. 181" ;
der fürslen umgebraclit,
und Völker ausgeiilgi und siiidte wüst gemacht.
J. E. Schlegel 1, 156;
aus des lebens buche wird
ausgetilget nie ihr name. Klopstock 7, 293;
doch ganz verwüsten die schwolger
mir mein haus, und sie werden mich selbst austilgen in kurzem.
Voss Od. 1,252;
dasz er den Iheueren söhn dir geheim austilgte durch arglist.
22, 53.
AUSTIPPEN, sorbere intiiigendo, vgl. auftippen.
AUSTISCHELN, a meusa surgere, fertig essen. Stieler 2287.
AUSTITSCHEN, was austippen: klebebier brauen, welches
auch so gut schmecken würde, dasz sie es gar mit fingern
anstitschcn würden. Schelmufsky 2, 24; einbrocken und aus-
titschen; 'must du denn alles austitschen?' zu neugierigen,
andere schreiben tütscheri.
AUSTOBEN, desaevire:
e Schaft sich eine mit mutwill krank,
umh das si sich etwas gelob
und irem fürwiiz noch ausztob.
FoLz bei Haupt 8, 540 ;
halt dich, bisz du ausz getobst.
fasln, sp. 385, 36 ;
die angst, die dich gequält, hat endlich ausgetobt.
J. E. Schlegel ;
der erdbeherscher wilde heeresgluten,
die iii der weit sich grimmig ausgetobt. Göthe 13, 71 ;
oinen ausloben lassen ; die Jugend musz austoben, wie der
most; der krieg hat noch nicht ausgetobt; ausgetobt in der
Jugend, macht im alter stille leut. Fr. Müller l, 279.
AUSTOCHTEUN führt Stieler 2638 im sinne von nomen
filiae perdere an : wenn der söhn todt ist, hat die schnür aus-
getochtert. s. ausvettern.
AUSTOLLEN, debacchari, desaevtre: wir wollen heule ein-
mal austollen, haben recht ausgetollt.
AUSTÖNEN, plene sonare und couticescere : es ist ja nur
die alte klage, fuhr der geistliche hervor, die Petrarka schon
bis zur crmüdung geführt hat^ die Dantes erbitferung vielfach
austont. Tieck nov. kränz 3, 21 ; um aus unserer brüst die
erhabene er.scheinung wieder auszutönen. 4, 90 ; siehe ebenso
töne am längsten tage meine seele aus. J. Paul Hesp. 3, 240 ;
der gesang tönt voll aus.
AUSTÖNIG, peisonans, volltönig.
AUSTONNEN, im bergbau, einen Schacht austonnen, in-
wendig mit breiern und holz bekleiden.
ALSTÜABEN, lolutim exire, nnl. uitdraven : das pferd musz
ordentlich austraben ; das pferd austraben lassen ; auch von
menschen für auslaufen:
so sie {die mägde) des nachtcs hunger leiden,
und III des dngs darum ausdrabcn
dohin, do sie ir pulscliaft haben.
fasln, sp. 794, 2.
AUSTKAG, m. perductio ad fmem, exitus, transactio, Ulis
senlenlia, urleil, dem folge gegeben wird, ein im 15. 16 jh.
sehr gangbares wort, dem schon ein mhd., ja ahd. öjtrac ent-
sprechen könnte, obgleich belege mangeln; den bei Haltaus 86
angviognen lassen sich viele beifügen: zu usztrage komen.
Magdeb. weislh. 28; zu rechlis usztrage komen (a. 1452) 36;
zu rechtlichem austrag laufen, not. ordn. von 1512 eingangs;
gewillkürte austräg (pL). landfr. von 1521 §. 2; die sach zum
austrag vcrthiidingen. daselbst zu eingang; weil ich und mein
vorvordern aber solcher irrung nit zu auszirag und rue ku-
men mugen. Ciimei.s Maximil. s. 365; und wer denselben
(den geist gottes) hat, die sollen demselben ein auszirag
gelten (folgen) und den geist nit erlöschen. Keisersb. omeisz
n'; in der zeit als Christus Jesus iiat wellen ein usirag ge-
ben (folge geben, leisten) den dingen die do von got beschlos-
sen seind gcsin in ewigkeit. posl. 1, 34 ; das man diu ding, so
si verordnet band, vullstreck, inen einen auszirag geh und
on verziehen auszricht. parad. der seien 57 ; der austrag der
gercchtigkeit. seh, der pcnil. 121 ; seinem zorn einen austrag
(ein ende) geben; da schemt sich der richter und gab der
sach ein austrag (sprach das urtheil). seh. und ernst cap. 82;
durch einen der nachfolgenden austrag. Luther 3, 106; den
austrag gegen einander nemen und geben. 3, 106'; welcher
dasselb hernachmals zum austrag und ende wird bringen.
5,43'; hat die k. maj. den handel eigner person mit samt
den reichsständen richtiger zu fördern gelegener geachtet und
eilet damit zum austrage. Melanchtiion 4, 93 ; er mocht aber
des auslrags nit erwarten. Stumpf 2, 3S'; ich wafnet mich
in willens meiner gelübd ein austrag zu geben (sie zu erfül-
len). Hugo Schapler 28 ; wir werden der Sachen ein end und
kurzen austrag geben. Aimonc; nun wolle ich mich der
pferde bis zum austrag der Sachen nichts mehr anmaszen . . .
so wolt ich zu recht gefraget haben, ob sie der wirt nicht
bis zu austrag der sachen mit ordentlichem futler und War-
tung zu unterhalten schuldig sei? Schweinichen 1, 215 und
gleich darauf: bis zu endschaft der sachen; nun aber, dasz
ich in den ceremonien ein austrag (ende) mache. Paracelsus
1, 115* ; ich weine darumb, dasz dieser sach nicht ein austrag
wird gemacht. Kirchhof wendunm. 408';
da sich zu meiner lieb austrag
musz ein dreifacher freitag linden. Weckheruk 798;
dann pflegte der fünfte zu kommen und sie auf einmal zu
vergleichen, indem er bis zu austrag der sache den gegen-
ständ in Verwahrung nahm. Wieland 6, 39 ; kein theil der
streitenden parteien will seinen gerechtsamen etwas vergeben
und der austrag der sache wird auf einen anderweiten ter-
min verjchoben. Musaeus 4, 102; es kam zum gütlichen aus-
trag der sache. 4, 151 ; so würden die Ardeater nicht zu Rom
austrag über den besitz der öden mark von Corioli gesucht
haben. Nieruhr 2, 291. austrag steht auch nicht weit ab von
vertrag, da was vertragen ist zugleich ausgetragen, verabredet
heiszen kann. Im deutschen recht wurde aber der pl. austrage
zumal auf schiedsrichterliche entscheidungen angewandt und
dadurch dem ausdruck eine fast persönliche bedeulung verlie-
hen, austräge, mlat. austregae, sind gekorene oder bestehende
Schiedsmänner (arbitri), die einen streit zu gute oder recht aus-
tragen; nach Ducange soll austregae bereits in einer nrkunde
von 1218 bei Ludewig rel. mss. 1, 212. 237 enthalten sein, ad-
liche erbschaflen, wobei sie die stelle der austräge vertreten
mochten. Moser 1, 54; der gang der deutschen denkungsart,
welche die austräge liebte. 2, 164 ; die austräge der ebenbür-
tigen. Göthe 26, 125 ;
wenn dich Antonio beleidigt hat,
so hat er dir auf irgend eine weise
genug zu lliun, wie du es fordern wirst.
mir war es lieb, du wähltest mich zum austrag. 9, 164;
würdigen sie mich zum austrag,, Schiedsrichter oder advoca-
ten anzunehmen. Tieck ges. nov. 2, 263. höchst undeutsch und
barbarisch aber sind die Wortbildungen austrägal, austrägal-
richter, austrägalgericht, austrägalinstanz.
AUSTRAGEN, ahd. Ö5 tragan (Graff 5, 497), nnl. uitdragen.
1) exporlare, efferre, egcrere, aus dem haus, stall, aus den»
kästen, gefäsz tragen: den todten, die leiche austragen; et-
liche aus inen waren über das gercte des ampts, denn sie
trugcns gezelet aus und ein (vulg. ad numerum enim et in-
ferebantur vasa et efferebantur). 1 chron. 10, 28 ;
trag wir ein vollen seckel,
und ein läien wider aus. Uuland533;
er tregt mir mein nnchtfuoter aus. fasln. sp.ZOi, 18;
ir sprecht der trag die pfrünt aus. 649, 13;
mein man tregt mir das nachlmal aus. 771,4;
du hast mir meine pfenbert tragen aus. 657,34;
du tregst mir meine klcider aus. H. Sachs I, 525';
ich verspil mich oft bis ans hemd,
austrag ich klcider, holt und zin,
das gellt olt als an galgen bin. 11.2,6';
ein gutes ros hat mein hvrr,
dem musz ich den niisi austragen. /"««Ol. »;). 503, 28 ;
wie das gesind in ihres hcrrn tödlichem hinzug anfiengon
auszutragen, zu sielen, zu kelsrhen. Gnrg. 6S'; brot, sein-
mein austragen, die hriefe austragen, das bad austragen oder
ausgicszen ist gleichviel mit ausbaden (oben sp. 827) :
.wolan so muosiu sbad usztrngen. trag. Joh. K2;
das weih mtisz das bad auszlragen. Scheit ^ro/». R4; der un-
schuldig trügt das bad aus. Simpl. 2, 390 ; ich gedachte, dasz
der ohne dem zornige und erschrockene fürst uns das bad
würde austragen lassen. Felsenb. 4, 408. man sagt auch, das
kind mit dum bade austragen, wie ausschütten.
1001
AUSTRAGEN — AI STRÄGLICH
AUSTRÄGLICH— AUSTREIBEN
1002
2) austragen, in vulgus e/ferre, unter die hüte tragen, aus-
klalsciien: sondern suchen etwas, das sie lestern mügen, ge-
hen hin und tragens aus. ps. 41, 7; wenn ich ein solcher
were, wie sie mich sehenden und austragen. Lcther 1, 5S';
weil wir an dem sind, das wir nicht allein den unnützen
lügnern antworten, so mich in diesen stücken austragen, son-
dern auch gerne den Juden dienen wollen. 2. 243*; die mich
mit meiner verlraweten jungfrawen Catharina von Bore aus-
tragen und berüchtigen. 3, 150' ; der fromme Joseph hat sie
(seine brüder) nicht ausgetragen, noch ein böse geschrei von
inen gemacht. 4, 196'; wo dir ein unnütz maul fürkompt,
das ein andern austregt. 405*; wenn du deinem nehesten
übel redest, die leute austregest und verleumbdest. 5, 377';
und sind gut gspilen alle sander,
doch bald sie kumoien ron einander,
eiaander sie denn auch austragen. H. Sachs 1,453';
dasz sie es nicht gethao, das wil ich nicht austragen,
weil ichs nicht weisz, so niöcht ich die unwarheit sagen.
Webdkrs Ariost 4, tiö ;
viel besser, du bist fromm, läszt böses von dir sagen,
als dasz du böse bist und läszt dich rrouim austragen.
pars, rosenih. 2, 18;
ein mitgeselle, der nur ein wenig mangel an mir gewahr
wird, Terlässet mich wol und trüget mich aus. pers. baumg.
10, 5 ; mit lästerworten austragen. Opitz Arg. 1, 230 ; versorge
das gesinde wol, sonst wirst du unter den leuten ausgetra-
gen. Weise kl. leute 373; es konnte nicht fehlen, die geschichte,
das geheimnis wurde in der ganzen Stadt ausgetragen.
3) austragen, perferre, zu ende tragen: die frau trug das
Idnd nicht ganz aus, brachte es zu frühe zur velt; ein aus-
getragenes kind, reifes; die kuh trägt im nächsten monat
aus; ich habe kraft, mein leiden auszutragen. Klinger 5, 358;
ich habe schon seit manchen langen lagen
nicht genossen, nur das leben so aussetragen.
GÖTHE lä, 102.
4) austragen, transigere, decidere, schlichten, ausmachen,
2u ende bringen, in dem schon bei austrag erörterten sinn:
ausgetragen und ausgerichtet, iceisth. 3, 4S4; ob wir spruch
und vorderung zu einander gewonnen, sollen die ausgetragen
werden nach der ahred. Cühel Maximil. s. 8b;
richier und schöpfen, ir seit sitzen,
und bort uns zu mit klugen witzen,
was man vor euch hie habe zu klagen,
das ir uns das wolt recht austragen, fastn. sp. 154, 23;
man bat heut noch mer sach auszuU^gen. M7, 18;
das er dem richter dank musz sagen,
als rebt sol man Im sein sach ausVagen. 704, 10;
heut werden kernen zu gericht
die kinder Israel entwicht
und ir hendel vor mir austragen. II. Sachs III. 1, 33*;
dasz sie ihre händel mit der faust austragen. Fhilaxd. l, 601 ;
das er die irrung vor den jüdischen rabinen zu Frankfurt
austragen wolle. Avrer proc. 2, 5 ; bist du ein rechtschaffener
kerl, so nim ein gut pferd, ein gut schwert, ein gut paar
pistolen und komm an den und den ort, da wollen wir uns
vertragen und die sach austragen. Schcppics 316; Paulus wolte
seine suche bei dem kaiser austragen. 594 ; wie gemeine kla-
gen ausgetragen und gerichtet werden sollten. Nieblhr 2, 45.
5) austragen, ertragen, betragen, efficere, conficere : es trägt nur
ein paar Ihaler aus; das wird viel austragen; i. f. gn. hätten
die wolle noch nicht verkauft, darum sie, was sie austrüge,
noch nicht zu wissen machen konnten. ScawEi.-<icBEN 1, 363 ;
über 487 th. nicht austragen, l, 367;
das jagen ein unnöttiges ding beiszen,
welches den kosten nicht austrag. Atiier326';
eure retcbsb9ndel tragen doch wenig aus. mägdelob 56 ; ein
oder zwei worle auf und ab werden nicht viel austragen.
causenmacher 78; 300 pfund austragen, untc. doet. 916;
der alte disputiert, stellt tausend schwache gründe,
nach STkofanien art, er denkt, die menge tragts aus,
vor seine incinung her. VVieli>d 4, 60;
da es nicht wenig für die künftige Wirksamkeit der apostel
in ihrem berufe austragen muste, wenn sie davon recht fest
überzeugt wurden. PLA.^» gesch. des ehristenth. 1, 306.
AUSTHÄGEH, m.
ALSTUÄGEKEI, f. klatscherei.
ALSTKAGIC, furax oder garrulus : das gesind ist mürrisch,
widerbefzig, diebrauinisch, unvertreglich . . . geschwelzig, aus-
trägig aus dem haus und im haus trag. Garg. 69".
AL'STHÄGLICII, fructuosus, quaestuosus (Haltacs 86): ob
der anschlag nit genugsam oder austreglich erfunden wurde. '
reichsabsch. von 1501 §. 2; ein austräglich hulf. von 1518 ein-
gangs; und ob wir, auf des gewinnenden theils anrufen, für
austräglich ansehen, kammerger. ordn. ron 1521. 31, 8; aus-
träglichen rechtens. 33, 1; wol macht die tawf menschlichen
geist lebentig, so vor der tawf tod gewesen, deszhalb aim
ungetauften, als aim toden, kain ander sacramenl oder arz-
nei zeraichen noch auszträglich ist. Berte, v. Ch. s. 411; da-
mit auf dem künftigen concilio deste förderlicher, statlicher
und austreglicher von der neuen lere geratschlaget, was gut
angenomen und was bös gemidden werde. Lcther 2, 433';
austrägliche fruchte. Lohe\st. Aim. 2, 774 ; in einer sonst sehr
austräglichen pfarre gesessen. Felsenb. 2, 9 ; weilen er ver-
schiedene tüchtige subjecta in ein und anderes austrägliches
amt vorzuschlagen genöthiget worden. 2, 42 ; wegen eines
vacanten austräglichen Schuldienstes. 2, 43 ; indessen weil ich
nicht zweifle, dasz mir gott vermittelst meines sehr austräg-
lichen pfarrdiensts den schaden gar bald wieder ersetzen
wird. 2, 359; die schönsten und austrüglichsten rittergüter.
4, 207; man gab mir ein amt, welches nicht ansehnlich, aber
doch austräglich war. R.\beker 2, 20 ; eine austrägliche pfarre.
3, 45 ; was für eine austrägliche erbschafl ist auf mich gefal-
len. Lessing 3, 63. heule sagt man einträglich.
AUSTRÄGLICHKEIT f des amtes. Babexeb 3, 37 ; zu güt-
licher austräglichkeit. Haltacs 86.
AUSTRAGUNG, f elatio funeris. Frischuni nomend. 480.
AUSTBAMEN, tigna disponere, sternere, balken, scheiter
schichten, klaftern, s. tramen.
AUSTRAMPELN, exculcare frumenlum, austreten.
AUSTRAUEB, f. luctus depositio, außOren der trauer, ver-
schieden von abtrauer, wie an höfen die zweite tcoche der
trauer heiszt. sie ist in der austrauer, im letzten Stadium der
trauer, wo färben gewählt werden, die vom schwarzen zum hel-
len, bunten den Übergang machen, wie violett, lila.
AUSTRAUERN, luctum deponere, elugere: nachdem Juda
ausgetrauret hatte. 1 Mos. 3S, 12; da sie aber ausgetrauret
hatte, sandte David hin und liesz sie in sein haus holen,
und sie ward sein weib. 2 Sam. 11, 27 ;
wann Bethseba getrauert aus. H. Sachs III. 1, SS";
die tochter Eliams, die Davids freundin war,
imd, als sie ausgeiraurt, ihm einen söhn gebar.
Hagedorn 2, 5;
junge witwen haben bald ausgetrauert.
AUSTRÄUMEN, exitum somnii videre, nnl. uitdroomen:
den träum austräumen ; er hat den träum des lebens aus-
geträumt, bat ausgeträumt; es that mir sehr leid, dasz sie
gestern den kurzen träum, den ich meinen freundinnen be-
reitete, nicht ganz austräumen konnten. Gutoe an fr. von
Stein 3, 439; es hat das jähr nun ausgeträumt (seinen «in-
terschlaf, der frühling bricht an). .\rni)i schaub. 2, 216.
AUSTREFFEN, pertinere, conducere, ausschlagen, anschla-
gen : darbei wol zu ermessen ist, dasz viel krankheiten seind,
so solcher magen halben kommen, die sie in falsche capitel
gesetzt haben, und wenig betracht, wo es austreffe. Paba-
celscs 1. 60'.
AUSTREIBEN, expellere, ausjagen, nnl. uitdrijven.
1) /e«/e, Ihiere aus dem land, garten, haus: und treib
Adam aus und lagert für den garten den cherubim mit einem
bloszen hawenden schwert. 1 Mos. 3, 24 ; treibe diese m'agd
aus mit irem son. 21, 10; bis das er seine feinde austreibe
von seinem angesicht. 4 Mos. 32, 2t ; und er wird für dir her
deinen feind austreiben. 5 Mos. 33, 27 ; das vieh austreiben ;
moi^ens wann der hirt austreibt;
Soldaten und der wein, wo die zu gaste kumraen,
da ist gewalt und recht dem wine bald benummen,
der wirt kan diesen zwar zum hause treiben aus,
Jen aber räumen weg den wirt und auch sein haus.
LoGAü 1, 5, 2S;
den rachegeistem überlass ich
dies haus, ein frevel fühne mich herein,
ein frevel treibt mich aus. Schiller 51'2';
des Pachters, den unser onkel zwar mit recht, aber doch,
dünkt mich, mit ziemlicher härte austrieb. Göthe 21, 107;
dasz der pachter eines unserer guter endlich wirklich ausge-
trieben werden solle. 21, 199. nicht selten liegt der nachdruek
mehr auf dem hinaus als dem heraus, z. b. die scbweine austrei-
ben meint zwar aus dem stall, aber vorzugsweise aufdie weide.
2) im n. t. kehrt käufig die Vorstellung wieder von dem aus-
treiben der teufel und geister aus dem leib der menschen:
haben wir nicht in deinem namen teufel ausgetrieben ? Matlh.
7, 22; am abend aber brachten sie vil besessene zu im und
er treib die geister aus mit Worten. 8, 16; da baten in die
1003
AUSTREIBEN — AUSTRETEN
AUSTRETEN — AUSTRINKEN
1004
teufel und sprachen, wiltu uns austreiben, so erlaube uns
in die herd säu zu faren. 8, 31; er treibet die teufel aus
durch der teufel fürsten. 9, 34; so denn ein satan den an-
dern austreibet. 12, 26 u. s. w. Ulfilas verdeutscht iyißäXkeiv
bald usdreiban, bald usvairpan, abd. steht arwerfan oder öjar-
werfan, ags. ötadrifan, wie die vulg. stets ejicere hat. einem
den hoffartsteufel austreiben ; man sagt auch den teufel aus-
treiben für recht austollen.
ja wie vil seilten hat dein wölir
den stolzen cörpern ausgciriebenl ^Vl;cKHERll^ 371.
3) man treibt oft ein nagel mit dem andern aus. Lehmann 58 ;
die pende oben und unden usxdreiben. weislh. 3, 772 (unter pfand
werden aber meistens thiere gemeint), vgl. 2, 256. 258. furclit ist
nicht in der liebe, sondern die vollige liebe treibet die furcht
aus. l Joh. 4,18; die hitze treibt mir heftigen schweisz aus;
man musz diese Unarten des kinds beizeit austreiben ; o thö-
richte wellliebe, deinetwegen liegt mein verstand gefangen,
meine seele beschweret, meine andacht ausgetrieben, pers.
roscnth. 2, 28; man nicht wol vermutete, dasz man solche
von ihnen so lang getriebene oder gar angeborene laster aus-
treiben künte. pers. rciscb. 3, 1; dieser wolredenheit, kraft
welcher wir die bewegungen können ein- und austreiben.
ScHUPPius 850; die diebsbande hat es nun bald ausgetrieben,
man stellt ihr nach; einem seine mucken, grillen, thorheiten
austreiben.
4) zuweilen steht austreiben fitr treiben, caelare, aus metall
hervorarbeiten: das bildwerk ist schön ausgetrieben; in Sil-
ber ausgetriebene kunstwerke. figürlich, es versteht dies kein
mensch, der seinen Wirkungskreis aus sich geschaffen und
ausgetrieben hat. Göthe an Lavater 110.
5) intransitiv, austreiben wie treiben: die blume treibt
schön aus; der schweisz treibt aus, dringt hervor;
für dem kunt mein jungfraw nicht bleiben,
das herz wolt ihr zum mund austreiben.
froschmeus. I. 2, 3.
auch für aufhören zu treiben: der hochofen treibt aus, geht
aus, verglüht.
AUSTREIBUNG, f expulsio : die austreibung der könige,
der Juden ; nach austreibung der bösen geister.
AUSTRENNEN, solvere, solvendo eximere, durch auftrennen
der naht herausnehmen : und da man den rock bracht, da
het er zwen ermel, und der ein ermel war wie der, den sie
het lassen austrennen, seh. und ernst cap. 23 ; Schönheiten,
die man zerstört, wenn man sie austrennt. Herder 1, 96.
AUSTRETEN, exculcare, nnl. uittreden.
1) trauben, ähren austreten, den saß aus den Irauben, die
körner aus den ähren treten; dasz ich ihm nicht die zahne
austreten soll. Lessing 1, 513; könnt ich ihnen doch all das
gehirn austreten, die dafür oder dawider schreiben. Lenz
1, 182.
2) calcando delere: ein funke fiel hier nieder, tritt ihn
schnell aus I ; man muste das feuer austreten (sofort er-
sticken). Göthe 18, 257; den speichel austreten: platsch, Iritis
ausi Garj. 154'; der pfütze das äuge austreten (oben sp. 800);
ein solchs honigswäffelin ihm auszutreten. Garg. 77'.
3) calcando excavare: die stufen austreten; die treppe ist
ganz ausgetreten.
4) die schuhe austreten, sowol die engen weiter treten, als
ganz vom fusz treten, ausziehen, ablegen: du hast nun die
kinderschuhe ausgetreten ; er meint immer, ich habe die kin-
derschuhe noch nicht ausgetreten. Bettine briefc 1, 310. einem
andern die schuhe austreten, einem dicht nachtreten, nachfol-
gen, um seinen platz werben: Romanus so dem Stephano die
schnell austrat (gegenpabst Romanus, der Stephan den 6 im
j. 897 stürzte), biencnh. 213'; ellicli tretlen den einsiedlcrn
die schuch aus und (Icchten korb. Garg. 185'; verleumhder
die einem andern gern die schuh austreten. Kirchhof wend-
tmm. 56"; besorgte, ich möchte ihm vielleicht die schuhe aus-
tretten, sähe mich derowegen mit neidigon äugen an. Simpl.
1,97; wer den ehrenberg erstiegen hat und die Iciter nit nach
sich zeucht, dem können die schuhe leicht ausgetreten wer-
den. Lehmann 175. Fisciiart verzeichnet n' 435 ein gcsell-
schaßsspiel 'den scliurh austrctlen'.
5) auslrclen hiesz auch geradezu aufspüren, attraper: kann
er in dann im l.lger nicht ausiretten oder finden. Fhonsp. 1,5';
ir vermeint, ich wolle euch nwer lebtag an die Elicia und
Arreusa geschmilt haben und ich werd cucli kein andere aus-
Irellen. Wirsung Cal. 7.:\'; man findet vil leut, die weit und
breit gcreiset haben, bis sie ein ort ausgetretlen, da sie möch-
ten stille haben. Pelr. 193'; es war unmöglich gnug vermögliche
säugamraen für in auszutretten. Garg. lio', vgl. ausgehen 8.
6) intransitiv, excedere, secedere : Iredet uz und nemet den
lantman zu uch! (vgl. ausmahnen), weisth. 3, 488; der Sol-
dat muste austreten, aus dem glied treten; als Golthart und
Siegfiid an der hausthür stehend blieben, gieng eine compag-
nie Studenten vorbei, unter denen zween waren, die unsere
beide reisende kanten, dise ti^aten aus (procedebant, traten
aus dem häufen), unw. doct. 295 ; auf die an die mannscbaft
gerichtete frage, wer den gefahrvollen zug wagen wolle? tra-
ten alsbald drei kühne Jünglinge aus (vor) und erklärten sich
bereit; er ist ausgetreten, flüchtig geworden;
ich will gehn, austrelten darmit. 11. Sachs HI. 1, 22';
aus dem zimmer, aus dem wagen treten : wann eine vor-
nehme leiche sol begraben werden, so kompt ein mann end-
lich ins gemach, darin die trauerleute versamlet sind, und
fragt, ob denen herrn und freunden geliebe auszutreten,
dann es sei nunmehr zeit. Scuüppius 633; woselbst der graf
Carlsson aus dem wagen sprang und Eckarthen (am andern
wagen zum aussteigen) die band bot, der aber nach gemach-
ter complimente selbst austrat (ausstieg), hebamme 10. es be-
deutet dann auch entuieichen, entfliehen (Haltaus 86. 87) und
ausgetretene Soldaten sind flüchliinge, deserteurs. austreten,
aus dem bund, aus der gesellschaft treten; ein ausgetretener
mönch, der das kloster verlassen hat; dasz alle ordensge-
nosze, wann es ihnen geliebet, ungehindert möchten ab und
austrelten. Garg. 273'. austreten, im sinne von beiseils, über
die schnür treten, bedeutet auch was auslatschen, auslecken,
untreue begehn.
Das wasser tritt aus, über sein bett; der flusz tritt aus
aufs feld und auf die wiesen; läszt der regen nicht nach, so
musz der ström austreten;
seht der Rhein ist ausgeireien,
reiszt zu sich dies unglücksland. Arnim scftouft. 1, 240;
die galle ist ausgetreten und hat das blut entzündet.
AUSTRETER, m. desertor. Haltaus 87.
AUSTREUGEN, austrocknen. Stieler 2326. vgl. ablreugen
und austrocken.
AUSTRIEB, «I. l) exactio : austrieb der herde, der Schweine
auf die weide; auch sobalden der hirt (die schweine) heim-
treibet, ein jeder das seinige einthue, und bis zum austrieb
im stall halten soll. Carbcr markordn. von 1657 art. 49; die
Schwein haben dis mit den schafen gemein, dasz ihnen der
frühe austrieb und die mit ihau befeuchtete w'eide ungesund
ist. Hohberg 2, 308*. 2) austrieb hciszt am weinstock der
sprosse im winkel der knospe, gemeinhin eberzähn genannt,
w. m. s.
AUSTRIEFEN, destillare, nnl. uildruipen: an einer ritze
des fasses trof wein aus, den wir gierig sammelten; es war
doch allzu wenig ausgetroffen, als dasz er uns hätte laben
können ; aus Odins ring triefen alle neun nachte acht gleich
schwere ringe aus. Snorri 132.
AUSTRILLERN, canliunculam vibrare: er trillert sein lied-
chen aus.
AUSTRINKEN, ebibere, nnl. uitdrinken. an einem rechten
het ein armer baursman ein sach und kam zu seinem für-
sprechen und schenkt im ein hafen mit guter milch, der
ander kam und schenkt im ein saugferlin oder spinferlin,
das gut zu braten war. das urteil gieng wider den, der
dem fürsprechen die milch het geben, da sprach derselbig
baur, 'wo ist mein gute milch hinkomen?' der fürsprech
antwortet, 'das saugferlin hat sie ausgetrunken', seh. und
ernst 86;
Iriuks gar aus mit guten Iruwen! Scur.ir grob, g4;
er hal kaum ausgetrunken,
springt im sein herz euzwei. Uiiland21S;
triiiks aus und machs nit long! 590;
hiir mir den wein austrinken! 693;
und war sein lust sauber auszutrinken. Garg. 43';
dis glitslcin weiiis das gilt dir liiilb,
trinks gar aus du mein liebes kalb.
er salzt das Kla^lin aii den mund,
er tranks wol aus bis an den gruud. 89';
irinkts gar aus! 91';
da hub er an zu Irinken
den bechcr halber aus. 93";
Marlialis gefallt unser gcnaden, der trank soviel hochbecher
aus, als viel seiner bulscli;ift nain buchstaben innhiell. 9l';
ich tranks elwan gar aus, jetz lass ich nichts drinnen. lOl';
drauf trink ich den bucher aus. Flkminc 47 ;
1 005 AUSTRIPPELN — AUSTROPFEN
sie bemerkten, dasz ich mein glas etwas langsamer austnink
als sie. IUbener 4, 67 ; ich habe gegraben und ausgetrunken
die frembden wasser. 2k6n. 19, 24; die hefen des daumel-
kelchs hast da ausgetrunken. Es. 01,11; denn der kelch dei-
ner Schwester Samaria ist ein kelch des jamers und traw-
rens, denselben mustu rein austrinken. E:. 23, 34; was ist es
anders als menschenschicksai, sein masz auszuleiden, seinen
becher auszutrinken. Göthe 16, 132 ; trink aus, dasz wir fort-
kommen ! 42, 3 ; der eilfer solle köstlich gewesen sein, davon
sich jedoch kein beweis führen lasse, weil er schon ausge-
trunken sei. 43, 272 ;
und doch hat jemand einen braunen safl
in jener nacht nicht ausgetrunken. 12, 81.
vgl. ausoeigen,
ÄUSTRIFPELN, /et;i incessu exire: ein lustig austrippeln-
des kind.
AUSTRITT, m. excessus, egressio : der austritt aus dem wa-
gen, aus dem schif, aus dem walde; beim ersten austritt aus
dem hause, med. maula/fe 536 ; der austritt des flusses auf die
wiesen ; sein austritt aus der gesellschaft ; der austritt eines pla-
neten aus dem schatten des andern, austritt heiszt auch der
ort auf den man aus dem hause zur Umschau tritt, der balcon.
AÜSTROCKEN, AUSTROCKNEN, exsiccare, nnl. uitdroogen.
1) transitiv, wir haben gehört, wie der herr hat das wasser
im schilfmeer ausgetrocknet für euch her. Jos. 2, 10 ; wie der
herr das wasser des Jordans hatte ausgetrocknet. 5, 1; wie
eine hitze, die den regen austrocket. Es. 18, 4; ich habe mit
meinen fuszsolen ausgetrocket alle verwarete wasser. 37, 25;
ich wil die wasserstrom zu insuln machen und die seen aus-
trocken. 42, 15 ; bistu nicht, der das meer der groszen tie-
fen wasser austrocket? 51, 10; ich wil ir meer austrocken
und ire brunnen verseihen lassen. Jer. 51, 36; der herr wird
aus der wüsten her auffaren und iren brun austrucken.
//o.«. 13, 15; die sonne trocknet den flusz aus; ein austrock-
nender wind ; einen teich austrocknen.
2) intransitiv: das wasser trocknet aus; das land trocknet
aus. für das part. praet. bleibt transitive oder intransitive be-
deutung zweifelhaß: die wasscrbeche sind ausgetrockent. Joel
J, 20; wie reimbt oder stimpt sich aber ein ausgetrocknet
heisere stinwn? Garg. 23'; ausgetrocknete wangen. Klixger
II, 255; der arme innere mensch von dem wechselfieber der
leidenschaften ausgetrocknet. J. P.\ll Hesp. 1, 43 ; unter so
viel hundert äugen war keines so verwelkt und ausgetrock-
net, aus dem nicht die heisze quelle der rührung aufgestie-
gen wäre, jubeis. 151.
W ir verwenden heute austrocknen in beiden bedeutungen und
austrocken, woßr man. auch hin «nrf irierfer austreugen sagte,
ist veraltet, die Unterscheidung zwischen transitivem austrocken
und intransitivem austrocknen, wenn er sie so fasztc, hat Lu-
ther selbst nicht strenge durchgeführt, das nnl. uitdroogen
steht gleichfalls transitiv und intransitiv, ganz fern steht je-
nem austrocken das austrucken exprimere, welches einige für
ausdrucken sehreiben.
AUSTROCKNE, f. siccatio, siccilas, nur ie» Päracelscs : so
mag es nicht bestand haben, allein die täglich austrockne
der erden sei da. 1, 518"; so nun die austrockne angeht, so
dörret sich die lung aus. 1, 520'. wir sagen austrocknung.
AUSTRÖDELN, festinare: er gieng mir viel zu sachte, ob
er schon ziemlich eilte, trödelt aus! rief ich ihm nach. Ra-
tiENERS br. 22.
AUSTROMMELN, tympano indicare: sie kennen doch den
nsopisclien zahnschreier Hermann Axel, den die schweizeri-
schen kunslrichter vor einigen jähren mit so vieler zujauch-
zenden Itewunderung austrommelten? Lessixc 6, 263. auch
durch schallende fusztritte entweder auszeichnen oder verhöh-
nen, auspoehen. die biencn austrommeln, durch schlagen an
den stock ausjagen.
AUSTROMPETEN, luba indicare: dasz ichs herzlich satt bin,
in der weit immer für einen kcrl ohne iicrz und ohne ehre
ausgetrompetet zu werden. Wieland bei Merck I, 403.
AUSTROPFELN, exstillare, in kleinen tropfen ausflieszen,
diminutiv des folgenden : jener ansgetröpfelte balsain aber
gäbe dem bei Jericho nichts nach. Lohenst. Arm. 2, 30S.
AUSTROPFEN, exstillare, was austriefen: darunder setzen
si ein Schüssel, samlen sollichen ausgetropften saft darein.
Frasr weltb. 202* ; irgcnts im spital auf dem stro austropfen
oder sonst ir kost mit faulem nickenhucken gewinnen. Fi-
scuhhj bienenk. 75*; und zur stund vor forcht, das Ceiestinus
AÜSTRÖSELN— AÜSÜREN
1006
sich noch für den rechten papst mOcht ausgeben, warf er
ihn in ein gefenchnus, und liesz ine darin jamerlich austro-
pfen. 206', gleiclisam guttatim effluere, sich verbluten.
AÜSTRÖSELN, s. ausdrieseln, aufdröseln.
AUSTROTTEN, extorquere, auspressen, vgl. ahd. trota presse
und trotön pressen (Graft 5, 522): lorbonen zerstosze gar
wol, kochs in wasser, thus in ein sack und trotts aus, so
findest du das öl auf dem ausgetrotten wasser emporschwim-
men. Tabernaemont. 1363; den eilenden leuten ausgepresset,
ausgetrottet u. s. w. {oben unter austhümen).
AUSTROTZEN, placari.
AUSTRUCKNEN, siccare, was austrocknen:
die nässe trucknel man mit flamm und aschen aus.
Grtphics I, 37.
AUSTRÜLLEN, explicare, auseinander trüllen. Maaler 47*.
AUSTRUMPFEN, colorem primum edere, trumpf ausspielen.
AUSTRUNK, m. exhauslio calicis : zum austrunke des gift-
bechers verdammt.
AUSTUIMMELN. debacchari, sich austummeln; den rausch
vollends austummelu. irrgarten der liebe 59.
AUSTÜNCHEN, tnducere, dealbare: die Stube austünchen,
ausweiszen.
AUSTUNKEN, tntingendo sorbere, austütschen : nachdem die
alte ihr zwiebelgericht ausgetunkt hatte. Arnim 1, 35.
AUSTUPFEN, tntingendo siccare: eine wunde, ein geschwür
austupfen.
AUSTUSCHEN, pingere alramenlo sinensi : radierte umrisse,
sauber und kräftig ausgetuscht.
AUSTUTEN, buccinam inflare, buccina indicare: der hirt
tutet aus; der Wächter hat schon die stunde ausgetutet.
AUSTÜTSCHEN, s. austitschen.
AUSÜBRAR, exercibilis: das recht meine pflicht zu thun,
ist nur auf eine art ausübbar. Fichte fr. revol. 226.
AUSÜBEN, exercere, patrare, ein erst in den letzten jhh.
häufig werdendes verbum, statt dessen die mhd. spräche ein-
faches uoben, ücben verwendet, die nnl. oefenen und beoefe-
nen. Keisersberg, Luther, Dasypodics, Hesisch kennen nur
üben, kein ausüben, verüben.
1) ausüben, verrichten, in gutem wie bösem sinn: was sie
nur wollen thun und ausüben. Schüppics 415 ; was golt aus-
geübet und verrichtet hat. 538 ;
soldate kömmt von seid, die ausg-eübten thaten,
die sie auT Treier sirasz in bof und haus verübet,
verdienten schlechten sold. Logaü 1, 10, 47 ;
Baldus führet alle sachen, die er fähret, aufs verschieben,
wil sie bei dem Weltgerichte denn auf einen tag ausül>en. 3, S, 5;
etwars edles ausüben ; unfug ausüben, anrichten.
2) darlegen, äuszern, walten lassen: dasz er nach gelcgen-
Iieit sein feindliches gemüte desto heftiger wider dich aus-
übe, pers. rosenih. 8, 14; gegen Cellini hat er seinen bösen
willen ausgeübt. Schiller an GOthe 123;
der immer wider ihn viel feindscbafl ausgeübt.
GöKiMCK 3, 275.
3) forlüben, was man gewohnt ist, femer ausüben, exer-
cere: freundschaft, gerechtigkeit, erbarmen, tugend ausüben;
und ohne gleisznerei, aus neiginig, nicht aus pflicht,
ist schöner scelen lust sie fröhlich auszuüben.
WiELAXD 9, 22S:
ein recht, sein recht, eine gewalt, ein amt, sein amt aus-
üben ;
das recht des herschers üb ich ans zum letzten mal.
Schiller;
man unterscheidet die Zuständigkeit und ausübnng eines rechts,
im statt aber gesetzgebende und ausübende gewalt {pouruir
executif), doch heiszt es, die gesetze werden ausgeführt, goübt
{statt ausgeübt), eine kunst erlernen und ausüben ; ausüben-
der {practischer) arzt. ich habe kein gröszercs glück gekannt
als das vertrauen gegen dich, das von jeher unbegrenzt war;
sobald ich es nicht mehr ausüben kann, bin ich ein andrer
mensch. Göthe an fr. von Stein 3, 330 ; nach wie vor übten
sie eine unbeschreibliche anziehungskraft gegen einander aus.
Göthe 17, 395;
der juxend frlOcklicbes ^eFÜhl er^reitt .
das rechte leirhi, und eine freude ists,
das eigne unheil prüfend auszuüben. Schiller 367:
gransamkeiten, räche, srhandlhaten ausüben {vgl. 1) ; ein ver-
brechen, eine unthal ausüben, was doch gewöhnlicher heiszt
verüben , begehen, so wie wir heute lieber sagen, tngend,
gerechtigkeit, erbarmen üben, als ausüben ; nur bei recht, ge-
walt, amt, pflicht ttfird ausüben dent üben vorgezogen, t. üben.
1007
AUSÜBUNG —AUSWACHSEN
AUSWAFNEN —AUSWANDERUNGSLUST 1 008
4) sich ausüben stall des heuligen sich üben:
des Ephraims gcsclilccht im bogenscliieszen
wol nusgeüljt. Opitz jw. 149;
wil singen von der treu beherzter, weriher beiden,
die melir ihr valcrland als ihre haut geliebt,
und mit bestiindigkeit sich haben ausgeübt,
die jetzt hoch nöthig ist. 2, ;U.
doch wird gesagt : ein recht übt sich nicht von selbst aus, übt
sich leicht aus.
AUSÜBUNG,/', exerciiiiim, praxis: ausübung der tagend, der
gerechtigkeit ; wenigstens wüste ich mich keiner rege! dawi-
der zu erinnern und die ausübung der alten ist völlig auf
meiner seile. Lessing 7, 140; ist das die ausübung deines
muls, der einst in deiner jugendlichen brüst aulkochte?
Klixgers Ih. 3,333; eine zweite niaxime, welche die statthal-
terin in ausübung bringen wollte, war diese. Schiller 79";
die Schlüsse der kirchenversammlung in die genaueste aus-
übung zu bringen. 815; die Vorstellung der mühsamkeit,
welche die menschen bei ihren unmittelbaren ausübungen
{verrichlungen) empfinden. Kant 6, 64; ausübung der arznei-
kunde, praxis; ebenso rcgelmäszig als in seinen geschäften
war er in ausübung seiner taknte und im genusz seiner Ver-
gnügungen. GüTHE ; dasz zu jeder zeit sich immer ein local
finden wird, wo das problematisch wahre, vor dem wir in
der theorie allein respect haben, sich in der ausübung mit
der lüge auf das allerbequemste begatten kann. 31, 232.
AUSVER, gleichl dem auser {sp. 850), zeigt sich aber nur
selten und ist heute fast auszer gebrauch.
AUSVERBKEITEN, propagare: und so verbreitet sich das
gift der physischen und sittlichen Verderbnis fast unvermerkt
durch die ganze masse aus. Wieland 7, 146.
AUSVERHARREN, perseverare, ausharren:
so man standhaft aiisverharrt. Fleming 412.
AUSVERKAUF, wi. vendilio omnium, quae veno posita eranl.
AUSVERKAUFEN, mit den waarcn aufräumen : ich bin wil-
lens mein waarenlager auszuverkaufen.
AUSVERSCHÄMT, intpudens, avaiSrjs:
der ausverschämie Pan hält seine Syrinx fest. Fleming 153 ;
. und die ausverschümten frösche
haben hochzeit schon gemacht,
treiben ihr koa.tgewäsche
von früh an bis in die nacht. 417 ;
da du ganz ausverschämt geworden, sollst du deine strafe
empfangen. Langes Herodot 7, 39.
AUSVERSCHWINDEN, omne perire, evanescere:
das mark verschwindet aus. Fleming 16.
AUSVETTERN, gegensalz von einvettern, cadere gratia: es
ist mit ihm ausgevettert, benevolentia inter eos refrixil. Stie-
ler 532. s. austochlem.
AUSVIEREN, in quatuor efformare partes anguhsve. Stie-
ler 2381. vgl. abvieren.
AUSWACHEN, pervigilare, vigilüs consumi, nnl. uitwaken:
ich habe mir fast die äugen ausgewacht; ich wache gar nicht
aus, stehe immer wache;
ich han vi! lange neciit gewachet usz. trag. Joh. D3;
ich bin nur hant und bein, bin durch des todes klauen
geädert, abgefleuscbt, verdorrt und ausgewacht.
Opitz 2, 299.
AUSWACHSEN, excrescere, nnl. uitwassen, ih vcrschiedner
meinung, '
1) zur rechten grüsze erwachsen : der mensch, das thicr, der
bäum ist ausgewachsen, hat ausgewachsen.
2) aussprieszen, hervorwachsen : unten an der wurzeln wach-
sen neue triebe aus; gras wächst allenthalben aus an den
Pflastersteinen; ranken und gesiräuch ist an der seiilc aus-
gewachsen; das gclraide wächst im nassen weller aus, keimt;
die karlofTeln sind im keller ausgewachsen, ausgeschlagen.
das ist zum auswaclisen = aus der haut zu fahren; ich bin
fast ausgewachsen vor langerweile, Ungeduld.
3) auswachscn, zuwachsen, verwachsen: die wunde, narhe
wächst wieder aus;
lagcfn wir uns im schatlon der allen rnmilienbuchc,
die verlangst uns bckonnl mit schon aliswachsenden namcn.
Voss l.uine I, 250;
und ach, nun seh ich, dasz ein liefer, früher scliade nicht
wieder auswachscn, sich nicht wieder herstellen kann. Göthe
18, 132.
4) auswachscn, verwachsen, zur entslellung : sie haU einen
etwas ausgewachsenen rücken. Uipz. avant. 1, 201 ; er ist ganz
ausgewachsen, buckelicht; man behauptet, dasz dergleichen
ausgewachsene sich durch list auszeichnen. Hippel 8, 9.
AUSWAFNEN, armis inslruere, mit waffen rüsten:
so viel kan marler dem, den sein gewissen schützt,
den tilgend wafnet aus, den grosze ihaicn krönen,
ohnniächtgen abbruch lliun. Lohenst. lipicli. 121,535;
ich wafnele mich mit allen gründen aufs beste gegen ihn aus.
AUSWAGEN, aurfcrc ej;nc, sich auswagen, herauswagen: der
kranke wagt sich schon wieder aus ; ich wage mich noch nicht
aus dem bette, aus der stube aus; anfangs mai wagte ich
mich aus. Göthe 31, 192.
AUSWÄGEN, ponderare, expenderc : ewr brot sol man mit
gewicht auswegen. 3 Mos. 26, 26 ; du soll nicht pondus et pon-
dus, d. i. zweierlei gewicht in deinem sack haben, und nach
Nürnber,gcr gewicht das silber einnemen und nach erfordisch
auswegen. Mathesius 98'; kaffee und zucker, butler und käse
im laden auswägen ; er wog unrichtig aus ; ich wog die sache
recht aus, erwog sie;
eins nachts ich ungeschlafcn lag,
vil schwer gedankeii ich auswag (erwog). H. Sachs I, 332' ;
ein weiser mann ist werlh, dasz man ihn mit gold auswäge.
Wilzenb. 15; indes dieser sehr bald den leichten, heiszen,
stillen Wildling richtig auswog (laxierte). J. Paul Tit. 1, 165;
da Luigi sich gegen die bilder kehrte, um ihren artistischen
geholt auszuwägen. 1, 183.
AUSWAHL, m. deleclus: die auswahl haben, treffen; eine
prächtige auswahl von blumen; seinen fahnen folgte noch eine
grosze anzahl freiwilliger und die auswahl (elite) des spanischen
adels. Schiller 855 ; jetzt ist zwischen der auswahl einer
nation und der masse derselben ein sehr groszer abstand
sichtbar. 1231; eine ohne alle auswahl angestcllle lesung von
büchern. Lichtenberg 4, 179 ; die volkstapferkeit der neuesten
kriege führt uns die beweise, dasz nicht die menge, sondern
die auswahl, nicht die regierten, sondern die regierenden sün-
digen. J. Paul dumm. 86.
AUSWÄHLEN, eligere, seligere, mhd. öjweln. pass. K. 37,
69 ; wenn ir über den Jordan ins land Canaan kompt, soll
ir stcdte auswelen, das freistedlc seien. 4 Mos. 35, 11; unter
den blumen die rose auswählen; man halle sich diesmal einen
weiblichen boten ausgewählt; die ausgewähltesten stücke wur-
den gespielt; ausgewählte schriflen.
" AUSWÄHREN, perdurare, aushalten :
mein lebenshiurist wie ein miltagslraum,
wie hoft er dann, den deinen auszuwähren; Haller 157.
AUSWALGEN, AUSWÄLGEN, AUSWÄLGERN, exaequare,
complanare volulando, vgl. ahd. walagön, waligön volverc (Graff
1,801): den leig auswälgen. Hohberg i, 171'; mach einen teig,
aber nicht zu fest, walge ihn aus. 3, 156'; den kuchen aus-
wälgern.
AUSWALKEN, subigere in novam speciem.
AUSWALLEN, ebullire, exaestuare.
AUSWÄLTIGEN, emillere de possessione. Haltaus 87.
AUSWALZEN, cylindro exterere: gepUügtes land auswalzen;
getraide, körner auswalzen, beim tanz auswalzen, den walzer
zu ende tanzen.
AUSWÄLZEN, evolverc.
AUSWANDERN, cmigrare, die heimat verlassen und in die
fremde ziehen, mhd. üjwandern. pass. K. 454, 28 ; in einer
urh. von 1141 fcci Laco.mblet 1 n° 344 Uciszt es z. b. quod tanta
scpe violenlia compriincrentur, ut nonnulli vacuas, quas le-
ncbant, possessiunculas relinquentes patriis e sedibus migrare
disponerent;
der könig miisz in die Verbannung gclin,
der söhn auswandern aus des vaiers hause. Sciiillsr;
glücklicli sind die schlafen, und die
sind beglückter, die wandern aus.
die da wachen und bleiben hie,
klagen in frost und winlcrgraus. Hückert 632.
figürlich, ob er (der sieche) schon da ligt mag dannoch das gemUt
stehen, himel, erde und meere überlaufen und auswandern.
Pelr. 183"; wie schon Gorgouen und misgoslallen niclil aus dem
reiche der maiileiei in das gebiet der bildhauerkunst auswan-
dern dürfen. .1. l'.wi jubcls. 58; stellen, die aus dem neuen
gesaugliiich auswandern musten. bioifr. bei. 1, 138.
AUSWANDERER, m. exsul: Amerika ist erfüllt von aus-
wandcrern.
AUSWANDERUNG, f. emigralio, dcmigralio.
AUSWANDERUNGSLUST, f.
1009 AUSWANDERUNGSTRIEB — AUSWARTEiN
AUSWARTEN — AUSWÄRTS
1010
AüSWANDERUNGSTRlEB, m.
AUSVV ANKEN , iilubando exire: der kranke wankte noch
einmal aus, that aber nur wenige schritte.
AUSWANNEN, vanno expurgare, nnl. uitwannen : das körn
ist noch unausgewannt.
AUSWÄRMEN, percalefacere, durchwärmen: ein wol ausge-
wärmtes ruhebett. ehe eines mannes 318 ; damit mich die Schil-
derung ganz besonders auswärme. J. Paul fiegelj. 1, 24.
AUSWART, HJ. ver, frühling. s. auswärts.
AUSWARTEN, ein im 15. 16j7i. so häufiges, wie heute selt-
nes icort, an dessen stelle wir uns Heber des einfachen war-
ten oder abwarten, aufwarten bedienen.
1) die ursprüngliche intransitivbedeutung von auswarten =
ausschauen, auslugen, ausgucken erscheint nicht mehr. ahd.
hxesz es bei Willeram 16, 25 sihet üj den venstron unde war-
tet üj von den linebergon, wo freilich -die partikel ganz un-
gebunden sieht.
2) da der ausschauende zugleich wartet, erwartet, und spe-
ctare sieh unmittelbar berührt mit exspeclare, ist auch intransi-
tives auswarten = warten, ausharren, ausdauern:
wart aus, steh Test gleichwie ein maur!
RiiNGWALD geistl. lieder 83 ;
wart aus I evang. G 2' ;
wie bald sind acht tage vorbei, damit haben sie ausgewartet,
und unser wort musz gehalten werden. Weise com. probe 273.
3) transitives auswarten = exspeclare, bis zu ende aus war-
ten, aushalten, stärker als envarten uud abwarten : das musz
aber auch alles im glauben erkennet und ausgewartet sein,
denn er zustoret die gewaltigen sobald nicht, als sie es ver-
dienen. Ldther 1,494';
den krieg wir nicht auswarten mugn. Atser 83* ;
so klein und zart kein vöglein war,
es must auswarten grosz gefahr. froschm. II. 2, 7;
er gibt manches trauerzeichen
und wartet bei mir aus so manchen ganzen tag.
Fleming 118;
also wartete herzog Jubil die erörterung ihres zweifeis nicht
aus. LoHENST. Arm. 1,50; also müsse sie das verborgene gc-
sütze des verhängnüsses nur auswarten. 2, 988; ich werde
meine lobrede nicht auswarten. Gellert 3, 269 ; ich will ihn
schon auswarten (länger aushalten als er); die predigt aus-
warten, bis zu ende hören;
die mengen der feinde
warten den anfall nicht aus. Wiela.>d 16, 128;
es. ist schade, dasz sie diese letzten schönen tage nicht noch
in Jena ausgewartet haben. Schiller an Güthe 518".
4) auswarten mit dem gen. entspricht unserm beuligen war-
ten oder abwarten:
das Podagra der bawren schont,
nur bei reichen und edeln wont,
die haben sein wol auszuwarten. H. Sacus I, 156*;
bis zu ende des rechtens auswarten. Brandenb. kämm. ger.
ordn. von 1516; wird aber kais. maj. nicht gelegen sein, sol-
ches langwierigen gesprächs diesmal auszuwarten. Mela.nchth.
4, 129 ; damit, hoETen sie, wollen sie dieses Sturmwinds aus-
warten- 6, 132 ; golt begegnet allen menschen, wenn er sie zu
einem stand ordnet, darinnen sie bleiben sollen und dessel-
bigen auswarten. Acricola spr. 13; dieses Stands und gött-
lichen berufs so! er auswarten. 712; er (Luther) wil uns al
reich machen mit dem glauben an Jesum Christum, des kan
Witzel nicht auswarlen, er sihet in rem presentem, nach dem
Judasbeutel. Albeels wider J. Witzeln C4'; diewcil ich mei-
nes febers auswarten muste. .Mich. Neander bedenken 9; welche
auch on underlasz irs ampts mit pfeifen und tromraen zu
schlagen auszuwarten haben. Ftiossp. kriegsb. l, hl' ;
aber er wolt nicht sitzen nider,
wolt auch keins warten aus,
er gieng dann vor mit im hernider
in sein liechilinster haus. Garg. 11;
indem er der verdäuung seiner eingenommnen speis auswarlet.
175"; der (quorum falconum) auszuwarten Sicuran groszer
meisler war. Bocc. 1, 122' ;
allhie wohn du dem turnier bei,
und wenn du dessen aus wirst warten,
so reit mit hin bis gen Garten. Avher 230*;
glückhan seiner kämpf auswarlen. 242*;
des Streites auswarten. Lohesst. i4r«i. l, 1302. 2, 789.
5) auswarten, geht wie warten, aufwarten über in den begrif
des pflegens, der schauende hütet und schützt; dieser ßgung
war, zumal wenn die pflege etwas lebendiges betriß, ein daiiv
angemessen: da wir dem bauch und gailen leib auswarten.
Keisersb. has im pf Aa 5' ; dem federspiel auswarten. Bocc. 1, 116';
wie ein leibeigner knecht seinem herrcn auswarten. Petr. 26' ;
und warten ir (der frau) beid fleiszig aus. fasln, sp. 388, 6;
wenn er auswartet seinem gaul. H. Sachs II. 4, 3'.
aber auch Sachen stehn im daliv: das wir solcher parleien
bändeln nicht stattlich genug auswarten mögen, reichsabsch.
von 1512. 5, 8 ; dieselben sollen iren ämtern für sein und mit
getreuem fleisz auswarten, kammerger. ordn. 1521 §. 11 ; damit
er des reichs obliegenden sachen soviel desto fleisziger und
statlicher auswarten mochte. Lanz Karl 5. 5. 475 ; die geist-
lichen sollen irem kirchcnarapt treulich auswarten. Fr\nk
chron. 384"; auch seinem befelc^f getreulich ausgewart. Reut-
TER kriegsordn. 147 ;
nun kerend wider heim zuo hus
und wartend üwer sachen usz. trag. Joh. E 3 ;
du habst die speis all aufgetragen
und ausgewartet irem zechen. Scheit gro6. Gl;
der ein wart seinem handel aus
mit fleisz örndtlich in seim haus. H. Sachs I, 441';
was steht ir da? geht in sein garten
und thut ewer arbeit auswarlen. III. 1, 43';
nun geh hin zu dem himelthor
und wart aus deinem amt wie vor. III. 1,241';
kan nicht auswarten diesen dingen. III. 3, 29*;
er musz auch haben ein lustgarten,
und thut allem wollust auswarten. IV\3, 72*;
als dasz sie da eim losen klosterpsalter auswarten musten.
Garg. 256' ; salbe den patienten alsdann wol umb die wunden
und warte den sachen sonst fleiszig aus. WL'nrz practica 119 ;
man musz oftmalen den kriegssachen auswarten, es gehe und
stehe mit der wunden, wie es wolle. 34t.
6) Verwechselung des gen. und dat. ist erklärlich, da die
formen oft, namentlich im sg. f., zusammenfallen, man findet
den gen., wo besser ein dativ stände, z. b.
wolt mir der pawr die groschen geben,
der kont ich vast wol auswarten, fastn. sp. 109, 28;
het ich darfür würfet und karten,
der wolt ich fleisziger auswarlen. H. Sachs I, 18*;
da wird dein ausgwart, wie eins herrn. III. 2, 31*.
umgedreht vertritt der dat. den gen. oder acc. : dasz ich in hof-
nung der zeit und dem Verhängnisse auswarten solle. Lohexst.
Arm. 1, 543; Mithridates wartete dem blutigen bürgerkriege
nicht aus. 1, 933. auch der acc. erscheint statt des dat.
ich halt innen das regimeni,
das ich nicht wol auswarten kan.
mein ampileut lass ichs für mich than. H. Sachs ü. 2, 8*;
dieweil aber gedachter N. solchen unscrn befehl nicht zu jeder
zeit selber auswarten mag. Fronsp. l, 26"; die kranken mit
essen, trinken, arzenei fleiszig auswarten lassen. 3, 200'. aber
schon das einfache warten schwankt zwischen gen. und dat.
igramm. 4,658.660.699.) im Ambr. Ib. s. 216 liest man:
ein becher frei,
wie grosz er sei,
wil ich euch thun auswarten,
meint das bescheid thun, bis zum grund aushalten?
AUSWÄRTIG, exterus, ahd. öjwertig (Graft 1, 1004): ob
ich einen ort finden möchte, wo die tugend, vor auswärtigen
beleidigungen sicher, ihrer eigcnlhümlichen glückseligkeit ge-
nie-zen könnte, ohne slth aus der gesellschaft der menschen
zu verbannen. Wielaxdi, 54; Verbindung und trennung mit (!)
auswärtigen mächten. 2, 250 ; nachdem der prior einen auswär-
tigen ruf angenommen. Göthe 39, 107 ; die auswärtigen ange-
legenhciten; der minister des auswärtigen; das auswärtige
amt, the foreign office.
AUSWÄRTIG, adv. foras: dasz man dieselben insgemein
nur auswärtig sucht. Günther rorr. s. 7.
AUSWÄRTS, adv. foris, foras, extra, ahd. Ajwertes : er ist
ein bürgcr, wohnt aber auswärts; er wohnt hier im hause,
iszt aber auswärts ; er hat auswärts (auszer lands) sein glück
gesucht; der vorrath des Verstandes, weil wir ihn nicht aus-
wärts suchen dürfen, kann uns nicht verborgen bleiben. Kant
2, 54; diese feine lebcnsart bestand aber darin, dasz er sich
um nichts bekümmerte, sondern auswärts that, als sitz er
warm zu hause. J. Paul fiegelj. l, 151 ; man gieng schon von
auswärts die hiesige Universität an. Heyne an Joh. Müller Ul;
von auswärts ist die nachricht eingetrofl'en. auswärts geben,
ponere pedes obliquos:
ihr könnt vortrenich auswArts gehn. Gellekt 1, 163;
die füsze setzte er so auswärts. Weise er;n. 54 ; das futter aus-
wärts wenden; das best soll man auswärts wenden. Lehman.'«
100 ; das neugepnlgte silber gebt gleich auswärts, nach auswärts.
1011
AUSWÄRTS —AUSWECHSELN
AUSWECHSELUNG— AUSWEIDEN 1012
AUSWÄRTS, adj. extrorsum vergens: die vertrockneten
schoten des lathyrus furens, nach vollkommen abgeschlossener
reife der frucht, springen auf und rollen sich jede nach aus-
wärlser richtung streng zusammen. Göthe 55, 125. dies kühn-
gewagte adj. rechtfertigt sich durch das folgende verbreitetere
subslantivitm.
AUSWÄRTS, m. ver, printemps, primavera, gleichsam das
auswartende, ausschauende jähr, man sagt: das jähr geht
auswärts, gegen den sommer, wie geht einwärts, gegen den
icinter, der auswärts das frühjahr, der einwärts der herbst.
ScHMELLER 1, 117. 4,161. in MarbuTger acten von 1658: nechst
abgewichenen auswärts = frühlings; von auswert an bis
Christag. Vilmar in der hess'. zeitschr. 4, 52, wonach in Hes-
sen auch der ähnliche ausdruck die ausfart vorkommt, öslr.
im auswerts {frühling) die felder anbauen. Hüfer 1, 51 ; bair.
also mag ein embsiger hauswirt seine traider im herbst, win-
ter und auswärts oft besichtigen. Hoiiberg 2, 49'; im auswärts
um ostern. 2, 6l'; des hopfens frühe schöszlinge im auswärts.
2, 66'; die hengstlein (von den escln) rasen und wüten im
früling dermaszen, dasz übel mit ihnen auszukommen, son-
derlich wann sie im auswärts gute weide finden. 2, m'; es
ist besser, wann man sowol im früling als im herbst erst-
lich eines mit dem andern (;/rü(ies mit dürrem faller) nach
und nach vermischet, und immerdar im auswärts des dürren
und gegen den winter des grünen weniger gibt. 2, 266"; im
auswärts um liechtmessen oder in der fasten. 2, 480'; im
auswärts gegen dem merzen und april. 2, 506'. in der Schweiz
scheint das wort ungebräuchlich, aber aus Baiern und Steier
mag es sich nach Kärnten erstreckt haben, wo man ein slove-
nisches vigred {von vi aus und gresti gehen, gredem ich gehe)
bildete. Jarnik slov. etymol. 225*. Mürko slov. wb. 707, ausgang
= frühling, die übrigen Slaren haben das wort nicht, auch
unser frühling scheint vom adv. frühe abzustammen, vgl. aus-
tag und der marschall Vorwärts.
AUSWASCHEN, eluere, nnl. uitwasschen,
1) das zeug musz in kaltem wasser ausgewaschen werden;
die wunde auswaschen; ein gefäsz auswaschen; schmutz,
flecken auswaschen; die den brandllecken ihrer ehre in mei-
ner schände auswaschen würde. Schiller 187 ; alte freunde
und bekannte habe ich auch wieder gesehen, so wie einige
vorzügliche kunstwerke, die mir die äugen wieder ausgewa-
schen haben. Götiie an Schiller 258; er ist in meiner erin-
nerung ganz ausgewaschen ; das wasser hat an dieser stelle
das ufer ausgewaschen; höhlungen, welche die flut in dem
ersten dieser hügel ausgewaschen. Humboldt ans. der nal. 1, 269 ;
dasz wir sie, wie ein flusz am ufer sand und erden
schier ohn empfindlichkeil, im gninde waschen aus.
Lohenstein Arm. 19.
2) effutire, divulgare, ausplaudern : die sache ist schon aus-
gewaschen ;
auf das es mög verschwiegen bleiben
bei mägd und knechten in dem haus,
die alle ding sonst waschen aus. H. Sachs II. 1,40';
lasz mir das mcsser und die taschen,
man wird mich sonst genug auswaschen,
Ich musz mich Schemen vor allen mannen. 11. 4, 28'j
du wäschest nimmer aus, wann einer was verbrochen.
Opitz 2, 437 ;
plaudern, auswaschen und rühmen. Äeframme 59.
AUSWÄSSERN, aqua infusa liberare sale, sordibus: dörr-
fleisch, Stockfische auswässern.
AUSWATEN, permeare, durchwaten:
wir sein auch sulch gesellen,
das wir prCitzschcn auswaten wellen, fasln, sp. 788, 18;
man sieht cj g(?n dem Affenlal üjwalen. Hadamar 444, 5.
AUSWATSCHELN, anatis in viodum inccdere, scheint forl-
bildung des vorigen.
AUSWEBEN, pcrlexere, fertig weben: ich sag aber, man
spinnt und zctict da, das man darnach auswebl. seh. u. ernst
372 ; das bild von vater und kind ist in der epistel mit einem
andern gar fein verschlungen und in die passendste allegorie
ausgewebt. Wielands Horaz 1, 326.
ACSWECHSEL, m. cnmmutatio: auswcchscl des gcldes, der
gefangnen, bergmännisch, die Zimmerung im Schacht.
AUSWECHSELHAUE, f. die haue des steigers beim aus-
wechsel der grübe.
AUSWECHSELHAUER, m. der den auswechsel herstellende
bergmann.
AUSWECHSELN, commutare, austauschen, nnl. uitwisselen:
feld, waaren, gefangene auswcciiseln; ein mann musz gegen
den andern ausgewechselt werden ; er war heute wie aus-
gewechselt (s. ausgetauscht); geisein auswechseln, berg-
männisch, den Schacht auswechseln, von frischem bezimmern.
figürlich, gedanken, herzen auswechseln, austauschen, ein in
die runde laufender und auswechselnder perpendicul, welcher
die gleichste mensur von der zeit machet. Bechers narr, weish.
vorr.; wenn wir jetzt brüst gegen brüst und Schicksal gegen
Schicksal auswechseln sollten. Schiller 204 ; was die bewoh-
ner ihrer {der well) verschiedenen tkeile gegen einander aus-
wechseln. Göthe 24, 30 ;
bist du denn ganz verwandelt* äuszerlich
erscheinst du mir die vielgeliebte selber,
doch ausgewechselt ist, so scheinis, dein herz. 9, 355.
AUSWECHSELUNG, f commutatio, jetzt üblicher als aus-
wechsel. auswechselung des papiergelds gegen silber.
AUSWEDELN, fiabßlo exstinguere, auswehen : ein licht aus-
wedeln.
AUSWEG, m. exitus, nni. uitweg, enjLwayout: ich konnte
aus dem wald lange keinen ausweg finden; aus dem bren-
nenden hause kein ausweg mehr;
da wird es nacht vor meinen sinnen,
nichts, nichts, kein ausweg, keine hülfe,
keine, im ganzen umkreis der natur. Schiller;
gestern auf Herisau und heute wieder heim, auf dem aus-
wege (hinwege) hatte ich ein stück weit einen reisekameraden.
der arme mann im Tockenb. 252 ; aus dieser Verlegenheit gab
es nur einen ausweg; auf vernünftige auswege sinnen; aus-
wege und mittel ; ausweg, durch den man der consequenz
auszuweichen sucht. Kant 2, 349. vgl. ausflucht, auskunft.
AUSWEGEN, s. auswägen und auswiegen.
AUSWEGER, m. ponderator. Garg. 247'.
AUSWEHEN, flando exstinguere, nnl. uitwaaijen : du wehst
mir das licht aus; der wind weht die fackel aus;
kein erdensturm vermag
die fackel auszuwehen. Jacobi öHeHei 7;
auch hinaus, heraus wehen: weil nun das in sich selbst schon
zwistige Rom so wenig als ein groszer leib die ruhe länger
vertragen konnte, ward es lüstern, die zwirbelwinde seiner
ehrsucht über den luftigen alpen auszuwehen. Lohenst. Arm.
1, 895 ; der stürm hat bäume ausgeweht, intransitiv, exstin-
gui: das licht weht aus; die fackel ist ausgeweht.
AUSWEICHEN, excedere, deflectere, nnl. uitwijken:
1) aus dem wege weichen: weich aus! ausgewichen! zuruf
der fuhrleute;
weich aus! was wilt du hinnen thon? H. Sachs III. 3, 32';
ich wil durch dein land ziehen, und wo die strasze gehet,
wil ich gehen, ich wil weder zur rechten noch zur linken aus-
weichen. 5 Mos. 2, 27 ; der fuhrwagen musz dem postwagen
ausweichen; einem betrunknen soll man ausweichen;
mein fusz wich oft
von seinem pfad zur seile aus. Giesekb ;
wie oft bin ich mit zwang dir schamroth ausgewichen.
Geliert 1, 328.
2) aus der fuge weichen: das holz weicht aus; die maucr
ist merklich ausgewichen; der musiker weicht vom grundton
aus; der clavierspieler, der sonst geduld genug hatte, wüste
nicht mehr in welchen ton er ausweichen sollte. Göthe 17, 234.
3) dem stosz ausweichen, sich ihm nicht blosz stellen: weich
aus ! ein fechterausdruck.
4) aus dem besessenen weichen: weich aus von mir, böser
geist ! ; der teufel wich aus, fuhr aus.
5) figürlich, der rede, frage, bitte, Versuchung ausweichen :
da setze dich hin und sprich, aber ohne auszuweichen; ich
strebte dieser maszregel auszuweichen; es wird ein gesetz
verdreht, ein befehl übertrieben oder {ihm) ausgewichen. Wie-
land 6, IX ; ausweichende antwort.
AUSWEICHEN, emollire, erweichen, nnl. uitweeken: gesal-
zenes fleisch ausweichen, auswässern; der hcring musz in milch
ausgeweicht worden; der regen hat den hut ganz ausgeweicht.
AUSWEfCHSCHlENE, AUSWEICHSTELLE, f bei eisen-
bahncn.
AUSWEICHUNG, f declinatio: ich glaube nicht, dasz mich
lady durch diese auswcichung noch unruhiger machen wollen.
Lessinc 2, 64 ; zur entkräftung oder auswcichung des gesctzcs.
Wieland 31, 178; in der Sternkunde heiszt auswcichung der win-
ket, unter welchem ein planet von der sonne fern zu sein scheint.
AUSWEICHUNG, f cmoltitio, emulsio.
AUSWEIDEN, in zwei verschicdncn hedrutungen,
l) fi'i'sccrare, ein wild aufbrechen, auswerfen, aus ihm das
1013
AUSWEIDNEN — AüS\\T:ISEN
AUSWEISEN — AUSWENDIG
1014
eingcweide nehmen: bern ausziehen und ausweiden. Pe<r. 30';
ein reh, einen hasen ausweiden ; der unausgeweidete passagier
(«n rehkalb), i. Paul Siebenk. 1, S ;
der junge schach yerbot
in Zukunft die mooarcben auszuweiden. Pfeffel 3, 117.
figürlich, ausgeleerte, ausgeweidete seelen. J. Pacl Fibel 4;
es war biosz ein iioliles, ausgeweidetes veiierbuch. jubeisen.
104. s. ausweidnen.
2) depascere, abweiden, nnl. uitweiden : diese stelle der wiese
ist ganz ausgeweidet.
AUSWEIDNEN, eriscerare, exenterare, vgl. ahd. weidanön
pascere (Graff 1, 775): Masimilian gebot auch, das man in
nach königlicbem brauch nit soll ausweidnen. Fba.m chron. 216' ;
Murguland todten leib nemen mit,
ausweidnen und wol palsamiern. AtkerSOS*;
da schickt im der bofmeister dar
ein brief in eim ausgweidenten basen. H. Sachs 1, 134*.
AUSWEIDUNG, f. evisceratio : einen groszen, den man nach
der ausweidung im tode aufs paradebette legen sollte. J. Pacl
Hesp. 2, 39. ausweidung der hirsche, franz. la curee, mhd. curie.
Trist. 76, 1.
AUSWEIFEN, absohere glomeralionem. SnELE« 2451.
AUSWEIGERN, sich, abnuere desinere : und wenn man sich
zu lange weigert, so gibt es leute, die uns unrecht verstehn
und nicht warten wollen, bis wir uns ausgeweigert haben.
J. E. Schlegel 2, 432.
AUSWELNEN, efflere, nnl. uitweenen,
1) desinere flere:
wenn da, mein ange, nun
lang über meines lebens scbicksal,
brecbend im tode, nun ausgeweint hast.
Elopstock 1, 40;
und wir singen schöne lieder,
und wir haben ausgeweint. Jacobi a//crlet 68 ;
wir ßnden einst, wenn jeder ausgeweint,
uns wieder, um uns nie zu trennen. Göei^gx 2, 13.
J) ttttiari laerimis, satt «einen : ach das herz bricht mir,
ich mnsz mich entfernen, ich musz ausweinen. Götter 2, 3",>5 ;
einmal ist sie munter, meist betrübt,
einmal recht ausgeweint,
dann wieder ruhig, wies scheint. Göthe 12, 174;
sie schlief zuletzt, bewegt und ausgeweint, wie sie war, in
ihren kleidern ein. 20, 98 ;
als sie nunmehr sich gesättigt des toH ausweinenden grames.
Voss Od. 19, 213 ;
ausgeweinte angen {die ausgeweint haben). Müsaecs 2, 81.
3) sich ausweinen, dasselbe:
wein dich aus, du volles herz! GöKi.t« 3, 187;
und mich auf deinen bänden über alle das entbehren aus-
zuweinen. Göthe 21, 12 ; geliebter, theurer, lasz mich jetzt aus-
weinen. Fh. Müller 2, 213; das ausgeweinte, durch¥erzweifelte
herz sank in ermattung hin. Göthe 10, 167.
4) transitiv, ich hab schier meine äugen ausgeweinet. klagl.
Jer. 2, 11; eine seele, die ihre äugen schier ausgeweinet hat.
Baruch 2, 18 ; weine reuelhränen aus. pers. baumg. 9, 5 ;
nur einmal noch
die Tromme kreatur zu sehen, die
nicht ruhen könne, bis sie ihren dank
zu seinen rüszen ausgeweinet. Lbssitcg 2. 196;
ich hätte mich zu deinen fiiszen werfen, stumm meinen schmerz,
meine reue ausweinen wollen. Göthe 10, 90 ; in dem beklem-
menden Jammer, den du ehmals so oft in meinen busen aus-
geweint hast. 10, 102; bitterlich ausweinend ihren kummer.
Fr. Müller 2,215; o lasz mich mein leben an deinem busen
ausweinen. KlisgErs th. 3, 377.
AUSWEIS, m. probalio, demonstratio, nachweis: der ver-
langte ausweis wird hiermit gegeben; nach ausweis der rech-
nung; nach ausweis eines beliebten Journals. Göthe 31, 230;
ein reisender ohne ausweis, legilimation.
AUSWEISEN, in doppeltem sinn,
1) indicare, demonslrare, nnl. uitwijzen: das urteil auswei-
sen, aussprechen. Haltac? 87 ; daruf der scheffen komen und
erkant, das sie von altersher uszweisen. veisth. 3, 751 ; erkannt
und ausgewiesen. 3, 746 ; als der articul ausweiset, l, 471 ; als
der brief, als das recht usweiset. Magdeb. veisth. 37; doch
weiset das worl aus ein Zuversicht gegen got, die wir allein
auf in haben sollen. Luther 1, 68* ; so weit ihr verstand aus-
weiset Rectter kriegsordn. 36 ; wie Adams zweizipfeliger beiz
ausweist. Garg. 117*;
kan niemand doch dein hohes lob, •
0 Hobeoloe, recht guug ausweisen. Weckherl. 369;
Pbänicia will ich wol kleiden,
wie es ihr stand wird ausweisen.
Atrer 418* ;
ingleichen haben zu der apostel zeiten die Christen ihre offene
gemeine kirche gehabt, wie unter andern das exempel deren
zu Corintho ausweiset. Schoppics 69 ; davon wil ich keine
pralerei machen, es wird sich am jüngsten tage ausweisen.
589 ; Schädel, der von dreien oder vieren, wie die leeren eiser-
nen spitzen auswiesen, sich erhalten hatte. Göthe 24, 234;
wie der nachtrag ausweist. Göthe an ScAi/Zer 407; wo es sich
dann ausweiset, dasz hier nicht zu wählen sei. Ka5t 7, 364;
sich über geleistete Zahlung ausweisen; es wird sich auswei-
sen ; er kann sich nicht ausweisen, legitimieren, man sagte
ehmals auch, die tochter ausweisen, aussteuern. H.\ltac3 S7.
2) expellere, aus dem land, dem ort, dem haus weisen: alle
Protestanten, die im slift Salzburg lebten, wurden ausgewie-
sen; einen säumigen miethsmann, widerspenstigen schüler
ausweisen; defensive ausweisen oder eintreiben. Garg. 210';
zu dem haus ausweisen. Boec. l, 147*.
AUSWEISLICH, demonstrabilis : der schultheisz fragt den
genchtsmann, ich firage dich bei deinem eid, den du gott ge-
schworen hast, umb eine ausweisliche frage {d. i. die leicht
gewiesen werden kann). Reütter kriegsordn. Z9.
AUSWEISLICH, adv. nach ausweis.
AUSWEISUNG, f. nach den bedeutungen des ausweisens,
1) demonstratio: ausweisung des rechtes, pronuntiatio sen-
tentiae. Haltacs 88; nach des rechtes auswisunge. Magd,
weisth. 3; nach ausweisung der alten rollen, weislh. L, 623;
iren ausweisungen zu geleben und volg zu tun. beschl. des
reichsreg. von 1501 §. 2 ; fragt der schultheisz einen der gerichts-
leut umb eine ausweisung und urtheil. Kirchhof mil. disc. 224.
2) expulsio : ausweisung der Protestanten, des schülers ;
besser der kröne ganz entsagen, als sich von bauem die aus-
weisung des einzigen sohnes vorschreiben lassen. Dahlxax.n
ddn. gesch. 1, 230 ; polizeiliche ausweisung.
AUSWEISZAGE.N, finem facere vaticinandi: und da er aas-
geweiszagt hatte, kam er auf die höhe (tulg. cessavit prophe-
tare et venit ad excelsum). 1 Sam. 10, 13. s. weiszagen.
AUSWEISZEN, dealbare: ein zimmer ausweiszen.
AUSWEITEN, laxare, dilalare: ein loch ausweiten, weiter
machen; die schuhe, handschuhe weiten sich schon aus; wir
wollen zusammen wohnen, ohne das hält ich des guten men-
schen gewissenhafte häuslicbkeit zeither schon gern ein bis-
chen ausgeweitet. Göthe 7, 133 ; durch die fortdauernde theil-
nahme an Shakespeares werken hatte ich mir den geist aus-
geweitet. 26, 199 ; mein gemüt ist nun durch das viele sehen
und erkennen so ausgeweitet, dasz ich mich auf irgend eine
arbeit beschränken musz. 29, 122; wir haben recht schöne
grosze Sachen entdeckt, die der seele einen schwung geben
und sie in der Wahrheit ausweiten, an fr. von Stein l, 334 ;
unser hofaungsreicher Fritz musz aber vor allen dingen in
die Stadt hinein, um seinen sinn, sein gemüt auszuweiten.
TiECK nov. Ar. 2, 8 ; man musz das herz eben so ausgeweitet
haben wie den köpf. J. Pacl uns. löge ni; ein karpfen von
vier pfund, so lange gefüttert im Tischkasten, so geschickt aus-
geweitet (? ausgeweidet). Hesp.Z,bO.
.\ US WELKEN, exsiccari, was abwelken.
.\USWENDEN, adhibere, erogare: was aber werhaftigcr
stücke, sollen verwart und also fiirder nach ermessunge der
zehen Vorsteher für die armen ausgewandt werden. Lcther 2. 264*.
AUSWENDIG, exlemus, exterus, exlraneus, nnl. uitwendig,
gegensatz des inwendigen. lum gründe liegt ein von wenden
oder noch besser von wand abgeleitetes wendig, da sich aber
die begriffe enden und wenden nahe berühren (m. s. ende),
könnte das schwierige und mehrdeutige ahd. ü^anuntic, ü^an-
entic (Graff 1, 539) einßusz auch auf auswendig gehabt ha-
ben, doch das ahd. innenewendiun, u^enewendiun theru gra-
sceffi bei Pertz 3, 261, intra, extra comitatum == tntra, extra
parietes comitatus hiszt über jenen Ursprung keinen zweifei.
in dem anfang, do die clöster erst aufgestift wurden, do wa-
ren si nitt als ganz beschlossen, sie mochten auszgon, und
gieng der ganz convent herausz in die kirchen, und was nitt
mer dann der underschlag zwüschen den innwendigen und
den auszwcndigen. Keisersb. has im pf. .\a5'; auch so einer
aus dem bof in fremden landen auswendig (abwesend) were,
und kerne widerumb in 62 jaren .. so soll man inen beilas-
scn, und ein inwendigen hinnent 32 jaren. weisth. 2, 240;
wenn ein auswendiger sprüch setzet, 3, 642; inwendig und
auswendig dienst. Befith. v. Ch. 49, 2; nit allein inwendige
64»
1015
AUSWENDIG
AUSWERDEN — AUSWERFEN
1016
rew, sondern auch auswendige puosz. 53, 5; auf das auch
das auswendige {alid. thaj dar ujjana ist) rein werde. Matlh.
23, 26 ; so musz gott seine creatur so wol im allerinwendigsten,
als im allerauswendigsten machen und erhalten. Lutuer 3,351*;
und ist nicht alles gold das gleiszt.
dann oft durch auszwendigen schein
musz manclier lang ein beiiris sein.
Scheit grob. C4;
alle meine aus- und inwendige kräfte. Schuppius 433 ; die aus-
wendige grenze des dunstkrcises. Kant 8, 299.
AUSWENDIG, adv. foris, foras, extra, extrorsum, für ausze-
wendig, wie noch das volk sagt, s. hernach ausze, auszenwendig,
mhd. der mit barmeherzekeit
im üzewendec was bereit
zuo des vleisches ougen. pa«s. Ä. 215, 32 ;
daj Maria wrere bereit
im an diensies arbeit
üjevvendec mit der hant. 333, 69 ;
diu zuo im an die tur quam
und sin ruofen wol vernam
öjewendec vor der want. 373, 51.
nhd. und ist auswendig worden, foras exiil. wmlh. 3, 752;
wenn unser sele ist von uszwendig zu uns komen. Keisersb.
ehr. bilg. c. 3 ; verpiche sie {die kammern des kastens) mit
bech inwendig und auswendig. iMos. 6,14; und seit sie mit
feinem gold überziehen, inwendig und auswendig. 2 Mos. 25,
11. 37, 2; auswendig wird sie das schwert berauben und in-
wendig das schrecken. 5 Mos. 32, 25 ; fenster inwendig weit,
auswendig enge. 1 kön. 6, 4 ; mit blechen inwendig und aus-
wendig. 6, 30 ; brief beschrieben auswendig und inwendig.
Ez. 2, 10 ; es gieng eine maur auswendig am hause. 40, 5 ;
und der fürst sol auswendig unter die halle des thors tret-
ten. 46, 2 ; wiewol sie unter sich selbs mit dieben und aus-
wendig mit reubern geplagt sind. Hosea 7, 1 ; die ir die becher
und schusseln auswendig (ahd. ujjana) reinlich haltet, inwen-
dig aber ists voll rauhes und fraszes. Matth. 23, 25 ; ir plia-
risäer haltet die becher auswendig reinlich. Luc. 11, 39. 40;
denn das ist niciit ein jüde, der auswendig ein jüde ist. Rom.
2, 28 ; allenthalben waren wir in trübsal, auswendig streit, in-
wendig furcht (goth. utana vaihjons, innana agisa). 2 Cor. 7, 5;
lasz es nur auswendig bleiben, also das es nur umb der liebe
willen gehalten werde. Ldther 3, 264'; die werk, so von gott
auswendig der gottheit gemacht. 8,151"; warum liesz der pfaf
diejenen, so dermaszen geschickt waren, nit auswendig shaus?
Hütten 5, 193 ; ein gut oder meierhof, den Jacob seinem sun
Joseph gab auswendig seinen brüdern. Frank wellb. 17l'; uf
die seit auswendig des we^s. Fierabras C2; uszwendig der
dorfe. «jeJs//i. 2, 176; in seim haus ist ein jedes frei, auswen-
dig verlassen. Fischart ehz. 46 ;
denkt ihr niclit, das er dort zu naclit
auswendig herkam zu der niaurn? Avrer235';
in und auswendig,
vor goll und menschen rein. Weckuerlin 287;
sie sollten in der thüre innerhalb des Vorraums sich halten
und allenfalls ein stück brot auswendig (foras) reichen. Gothe
30, 120.
Dies auswendig bedeutet uns aber auch ano aro/iaros, ex
corde, engl, by heart, franz. par coeur, nnl. bij der herten,
ahd licrzlicho Kero 31', aus dem köpf, litt, isz galwos, lett.
no galwas, altpr. iswinadu, memoriler, aus dem geddchlnis,
schwcd. urminnet, litt, alminlinay, poln. na paml^d, z pami^ci,
ahd. fijana :
tha; sie thes biginnAn, ij üjana gising(5n. 0. I. 1, 109.
das altpr. iswinadu sollte fast dem auswendig nachgebildet
scheinen, da hab ich {Johannes Pauli) ein bawren gekennl,
ein groben kegel, der hiesz Hans Werner, kundt lesen und
kundte schier die ganze liibcl auszwendig. schimpf und ernst
37; kond doch den Donat uf dem niigeiin uszwendig. Tiio.
Pi.ater36; konte auch den kleinen kalechismum Lullieri auf
ein nagelchen auswendig. Scmweiniciien 1, 34; das sie {die
Pfaffen) ire zeit {horas) uszwendig können. Eulensp. 63 ; seine
Schriften und reimen auswendig lernen. Garg. 71"; dasz eis im
fiinn in- und auswendig, hindersich und fürsich kont. 140';
da reciliert ers auswendig. 173' ; beides die nielodeien und
lieder auswendig lernen. Simpl. 1, 303 ; so weisz ich ihn {den
minister) auswendig. Scuii.ikr 630 ; wenn iclis auswendig ge-
lernt liahe, ich mich den ganzen tag damit trage. GOtiie 14,
84 ; einen auswendig {sehr genau) kennen. KiiNnKH 12, 81. nnl.
gerade so van buifen, nit liet gehengen, uitwendig. aber aus-
wendig kiinnen ist deutscher und aller als auswendig wissen.
AUSWERDEN für ausgehen, vgl. vorhin auswendig werden :
erst wil dem schimpT der boden aus werden.
H. Sachs III. 3, 62" ;
oder sie gehen beide hin und schlagen die geliebte todt, und
wollen beide den thron haben, so kann es gar nicht auswer-
den {das Stück nicht zu ende gehen). Lessing 7, 139 ; oder sie
schlagen beide die mutter todt und wollen beide das mäd-
chen haben, und so kann es wiederum nicht auswerden.
7, 140. Luther 1, 427 sagt da wird nichts aus, daraus wird
nichts, daraus kann nichts werden.
AUSWERFEN, ejicere, excutere, nnl. uitwerpen.
1) den teufel auswerfen, s. austreiben 2:
mhd. der tuvel wart dö gräjen,
dö in Syrus nicht üj warf. pass. K. 409, 75 ;
und es ward ausgeworfen der grosze drach, die alte schlang,
die da heiszt der teufel und satanas. o/fenb. Joh. 12, 9. men-
schen auswerfen, in Verbannung, aus dem haus treiben:
wirf aus die diern und ir kind. Schwarzenberg 156, 1 ;
die weit hatte mich ausgeworfen, wie einen verpesteten. Schil-
ler 710; gleichviel, wo ich diese beiden auswerfe (au*' dem
schiffe setze). Klinger 4, 168 ; ein auf einer wilden insel jung
ausgeworfener naturmensch. 11, 324 ; vorausgesetzt, er sei nicht
von frühster Jugend auf eine einsame insel ausgeworfen wor-
den. 11, 97; wa die brüder zusamen thun und werfen den
abt zum fenster aus. Garg. 95'.
2) von innen auswerfen : speichel, schleim, blut auswerfen :
der kranke warf stücke, flocken der lunge aus ; gerunnen blut
auswerfen wie warastermel. Simpl, 2, 474; samen, koth, un-
rat auswerfen; alles was zum munde eingehet, das gehet in
den bauch und wird durch den natürlichen gang ausgeworfen
{ahd. al daj in mund inget, in wamba ferit, inti in ftjgang
wirdit gisentit). Matlh, 15, 17; das verschluckte durch erbre-
chen wieder auswerfen ; dem falken zur reinigung federn ein-
geben, die er dann mit dem gewell wieder auswirft, weidw,
2, 31' ; der mund musz es brockend auswerfen. Wirsung Cal.
Cl'; das meer wirft muscheln und pflanzen ans ufer aus;
aber die gottlosen sind wie ein ungestüm meer, das nicht
stille sein kan und seine wellen kot und unflat auswerfen.
Es, 57, 20; der Vesuv warf steine und asche aus; die see
wirft wellen aus:
wo seine wellen
mit Sturme wirfet aus mein deutscher ocean, Fleming 113 ;
werfen von in aus die unart,
darinnen sie klebten so hart. H. Sachs II. 2, 89'.
3) von auszen auswerfen : er hob einen stein auf und warf
ihm damit ein äuge aus; einem drei zahne auswerfen; wenn
ein burgermeister oder richter straft, so wirft man inen die
fenster aus. Luthers tischr. 401' ; grenzsteine auswerfen, weisth.
2, 163; stein auswerfen mit frevel. 2, 167; als weit man ein
rciszaum mit dem zügel in die Mosel auswerfen kan. 2, 256 ;
Unkraut auswerfen, atisreiszen; aber Belial sind allesampt wie
die ausgeworfen disteln, die man nicht mit henden fassen
kan. 2 Sam. 23, 6.
4) ein geschrei der tochter Zion, die da klagt und die hende
auswirft. Jer. 4,31; dasz ihr bände voll geld unter die arme
auswerfet. Schüppius 748 ; es ist vergeblich das netze auswer-
fen für den äugen der vogel. spr. Sal. 1, 17 ; und die so netze
auswerfen aufs wasser, werden betrübt sein. Es. 19, S ; ich
wil mein netz über dich auswerfen. £«.32,3; derhalben wer-
fen sie ir netze noch imer aus. Ilabac. 1, 17 ; far auf die höhe
und werfet ewer netze aus {goth. athalii}) [)u natja izvara).
Luc. 5, 4; auf dein wort wil ich das netz auswerfen {goth.
vairpam natja). 5, 5; diese buhlerin hatte schon lange ihr
netz nach ihm ausgeworfen ; wurf das netz aus. Garg. 179' ;
den anker auswerfen; am dritten tage würfen wir mit unsern
hünden aus die bereilschaft im schilTe. apost. gesch. 27, 19.
5) der silemann wirft seinen samen aufs land aus; laszt
uns den samen auswerfen, sehen wir ihn auch nicht reifen,
so wird er zu seiner zeit schon auftreiben. Klinger 4, 257 ;
er gieng um die ncuigkeit aus seinem siietuch in gutes land
auszuwerfen. J. Paul llesp. 4, 162 ; geld mit voller band aus-
werfen ; ein lierr der das ganze jähr titcl und biinder an alle
weit ausgeworfen, die alle spräche setzte .itatt des acc. den
dat. oder instr. {gramm. 4, 710. 711) : mit dem stein werfen,
mit dem samen werfen, und wenn Luther 1, 362' .«(ijf.- ^lahen
sie den gast mit dreck wollen auswerfen, so Idszt sich das
umsetzen in dreck auswerfen an den gast.
0) abstract bedeutet auswerfen, wie abwerfen, ertragen, ein-
1017 AUS W£ RFEN — AUS WICKLUNG
AÜSWIEGEN — AUS WIPFELN
1018
bringen und aussetzen: groszer herren dienst werfen etwas
aus, wenn nur die lierm mittel haben. Scui'ppics 115; die
stelle wirft 100 thaler aus;
auch das ist in der kasse stehn geblieben,
was du mir einmal ausgeworfen. LBsst:«G 2, 235;
dasz ich dem preiswürdigen erfinder eine jährliche pension
ton 25000 gülden rheinisch für ihn und seine ehelichen lei-
beserben schöpfe und auswerfe. Wieland 15, 353; die arm-
selige pension, die man uns auswirft, kann kaum gerechnet
werden. Tieck ges. nov. 5, 154.
7) intransitiv steht auswerfen, wenn der acc. unausgedrückl,
aber verstandeti wird: das pferd wirft aus, wendet die ßsze
im gehen auswärts; die uhr wirft gut aus, trenn ihr pendel
weit schwingt; auswerfen unter die buhen. Garg. 5l', nemlich
geld; auswerfen, den ersten wurf im kegel- oder Würfelspiel
thun; weidmännisch, dem hasen auswerfen, nemlich das ein-
geweide, ihn ausweiden; ein schweinchen, ausgeworfen das
eingeweid {exemtis visceribus). weislh. 3, 760; auswerfen, sich
erbrechen : wenn man auch ihnen baumwollen und jamerhanf
in fleisch verborgen und eingewickelt eingibt, dasz sie davon
übergeben und auswerfen, so ist inen geholfen, wetdw. 2, 27*.
Speichel oder blut: er wirft seit einiger zeit stark aus.
8) zumal hiesz es, einem thiere orfer auch menschen aus-
werfen, nemlich die hoden, es verschneiden : zu diser krank-
heit aber ist nichts bessers, ah oft und vil (blut) gelassen,
wann man aber darmit nit gar zu hilf kan kommen, so soll
man dem gaui auswerfen, wann im dis nit hilft, so wirt im
schwerlich geholfen. Sectter rosarznei 73 ; seinen ehern, widern
soll er nicht auswerfen oder verschneiden, dann im wachsen-
den mon. Sebiz 4S; die Curetes würfen in selbst aus {ent-
mannten sich selbst), daher sie Galli oder verschnittenen hie-
szen. AvEMix ehr. 31;
man seh I im auswerfen sein gail. fastn. sp. 7S5, 21.
auch einer hündin auswerfen, weidwerk 1, 9". rgl. Schxelleb
4, 151.
AL'SWERFER, m. talpa, Schjcid im schwäb. wb. hat auwer-
fer == auswerfer, aber auch auberderer, andere auweader.
t. auswürfel.
AüSWESTEICS' ? ein zweifelhaßes, nur einmal begegnendes
wort: sie müssen aus unser kirchen, wir wollen sie aus-
westem aus dem stuel, darein sie stehen. Lcthers tischr. 39S',
kaum druckf. ßr auswerfen.
AUSWEITEN, abjungere, exuere e jugo, ausspannen, vom
allen geweten, anspannen, ahd. intwetan abjungere (Graff 1,
73S): denselben liesz er zwen seiner besten ochsen vor dem
pflüg auswätten. Siettler Schweiz, gesch. 1, 29.
AUSWETTERN, s. auswittern 3.
AUSWETZEN, exaeuere, ausschleifen: gesetzt, dasz sie der
eifer ihre vorige mannheit wider zu holen bewegt und die
scharten auszuwetzen. Kirchhof mil. disc. 181; die scharte
ihrer wafTen öfters auswetzen müssen. Simpl. 2, 79 ; wofern
er die scharte auswetzen würde. Weise kl. leute 359 ; durch
alle ersinnliche dienstleistungen dieses mein verbrechen aus-
zuwetzen, ehe eines mannes 26ö ; sie- suchen die scharten aus-
zuwetzen. J. Fall Siebenk. 1, 99.
AUSWICHSE.N, cera indueere, dann perculere, verberare,
ausstreichen, ausprügeln. J. Pacl uns. löge 1, 69. Fixlein 108,
flegelj. 4, 117. rgl. abwicbsen, aufwichsen.
AUSWICKELN, evolvere, loswickeln: das kind auswickeln,
aus den windeln; geld aus dem papier auswickeln; die haare
auswickeln, aus dem zopf lösen; sich auswickeln, aus dem
netz, der schlinge lösen; so er ein bürge ist geworden und
gehet mit ranken um, dasz er sich auswickele. Sirach 29, 26 ;
wo der zustand knechtisch ist, wil die znngc herrisch sein,
wird sie nicht aus knecbtschafl aus, wird sie mehr »ich wickeln ein
Lor.*o 2, 10, 90.
in Kamts d//eren tehrißen beinahe durchgängig für entwickeln :
die eindrücke der geisterweit zum klaren anschauen aus-
wickeln. 3, 73; alle naturanlagen sind bestimmt sich einmal
Tollständig auszuwickeln. 4, 294 ; seines gleichen erzeugen und
nicht blosz auswickeln. 6, 71; die natur hat sich aus dem
chaos ausgewickelt. 9, 323. vgl. aufwickeln 3.
AUSWICKLUNG, /". entwicklung : ich will die auswickluog
aller dieser kleinen umstände dem leset selbst überlassen.
Lesshc 4, 83; so einfach ist dieser begrit, dasz man nichts
zu seiner auswickelung (analysis) sagen kann. Kant 6, 23; die
natürliche Ordnung der auswickelung. fi, 72 ; die auswickelung
der Ordnung der natur. 8, 229; bei einigen menschen bleibt
es bei diesem grade der auswickelung. 8, 367; eine periode
der völligen auswickelung. S, 368 ; die höchsten gegenden
sind die ersten, die dieser auswickelung der natur sich zu
erfreuen hatten. 9, 10.
AUSWIEGEN, ponderare, expendere: bei medicischem ge-
wicht, da vier unzen ein pfund thun, auswigen. Garg. ISO';
auf dem nasenmarkt, da man die nasen ausniget. 247*; Ga-
lenus reichthum gibt, Justinian die ehr auswigt. Schcppids
705 ; verdiente ich nicht die ausgewogensten und eindringUch-
sten schlage. Tieck 14, 278. 5. auswägen.
AUSWIG, gekürzt von auswendig: auswig der Stadt. Bres-
lauer infectionsordnung von 1568. in der schlesischen Volks-
sprache äsbig: immig und äsbig, intra et extra, wo das immig
ebenso ßr inwendig.
AUSWIMMERN, fijiem ejulandi faeere:
ausgewimmert hat allbier der kummer. Bürceii 100'.
AUSWINDELN, evolvere infanlem fasciis : nicht etwa in der
wiege, und auch nicht einmal in windeln, sondern ausgewin-
delt. Göthe 39, 51;
wann er blank und bar,
eulstantsperrückt, entliaUkrausl, ausgewindclt
aus seinem groszea amtsialar
vor mir erschien. Bcrgkr 106'.
AUSWINDEN, exlorquere, ahd. ftj wintan (Gbaff 1, 753),
1) die Wäsche ausringen:
es solt ein medlein waschen gan,
ir hemdlen weisz, ir euglin klar,
sie hört ein reuler singen;
sie winket mit ir schneeweiszen band
dasz er ir hülf auswinden. Uhla.xd 2,52;
das eichenlaub umb den hals zu bauchen, zu pläiiwcin, zu
Schlegeln, zu reiben, auszuwinden. Garg. 113'; sie weinet, dasx
ein thräne die ander rührte, und von denselbigen hatte sie
ihr fazinet durch stätigs abwischen dermaszen angefüllt, dasz
man es auswinden mögen. Simpl. 2, 365 ; "ich bin zum aus-
winden nasz' icer aus starkem regen kommt.
2) ergata levare, mit der winde heben : ein thor auflaufe,
so dörft ers nicht ausheben, wie Samson die stalthor zu
Gaza, noch auswinden, wie Grumbach die zu Würzburg. Garg.
177'; der wagen versank im schlämm so tief^ dasz er ausge-
wunden werden muste.
3) aus der band drehen, entwinden: einem den stock aus
der band auswinden; den degen auswinden, aus der band
schlagen ;
dem noch kein slärkerer die palmen aufgewunden.
GÜNTHER.
4) sich aus der aehse drehen: so wanne ein gemeinder
frönen und pflogen soll, und er an seim pflöge ein lauen
verloren bette und das pflograt sich auswinnen mochte, soll
alsdan der arme man ein rockenbrot, so grosz dasz man ein
loch dardurch machen kund, nehmen, und das in das rat in
die achse siechen und alsdan ferner frönen, arbeiten und
plogen. und so sich nu das brot in dem ploge verzerret und
damit abgeetzt mocht werden und das rat sich auswinne, dau
sol der arme man uszfaren und damit den tag sein fron ge-
tan haben, weislh. 2, 262.
5) abstract, einem ein geständnis auswinden; aller klagen
begehr ich euch nicht auszuwinden. Opitz 2, 294;
ihr solt nun siracks empfinden,
der princessin den kummer umb etwas auszuwinden.
.irg. 2, 394 ;
dasi bosbeit sieb der straf umbsonst müht auszuwinden.
LoHBNST. Epich. 120, 504.
AUSWINDÜNG, f. mit auswindung aller sachen, die mich
betten halten mögen. Oprrz Arg. 2, 315.
AUSWINTERN, per hiemem serrare, überwintern : das rieh, die
bienen, die saat, die pflanze auswintern ; ein bauer mag wol 12
küw auswintern. MIJsster 856. einen knaben auswintern, in der
kälte abhärten. J. Pacl Fibel 19; die ausgewinterten tage un-
serer liebe schlagen wieder in bluten aus. uns. löge l, 137;
sich auswintern, Winterquartier beziehen: als sich die vcne-
tianische flotte ausgewintert. Wiedemax.i aug. 57. ßtr dies
sich auswintern steht auch inlransitives auswintern : komme
ich in\ herbst, so hoffe ich bei ihnen auswintern zu können.
Ha]IA!<m 7, 324. einige gebrauchen es tadelhaß für im winter
verderben: das körn ist ausgewintert, erfroren; von der nässe
waren die meisten gründe ausgewintert, verdorben, die taat
war ausgegangen.
AUSWIPFELN, arbores eacumine praecidere: die b.lume aus-
wipfeln. man sagt auch wein, hier auswipfeln, durcA ausge-
hängte fichtenwipfel feil bietem.
1019 AUSWIRKEN — AUSWISCHLEIN
AUSWITTERN — AUSWÜHLEN
1020
AUSWIRKEN, conficere, perficere, nnl. uitwerken, vgl. aus-
machen, ausarbeiten.
1) bei den hufschmicden, den huf des pferdes auswirken,
das pferd auswirken, den huf mit dem- wirkmesser ausschnei-
den, wegschneiden: so brich das eisen ab und lasz den huef
wol auswirken. Seuter 308 ; mit dem auswirken ist eine kunst,
dasz man weder zu viel, noch zu wenig ausschneide, und
das eisen also genau einrichte, dasz es recht aufiige. HoBBEnc
2, 138.
2) weidmännisch, den hirsch, die sau auswirken, zerwirken,
aus der haut nehmen und zerlegen.
3) den teig auswirken, nach dem kneten nochmals durch-
arbeiten.
4) die bienen wirken den honig aus: die gewonnenen
fruchte sorgsam dürren und in selbst ausgewirktem honig ein-
machen. Arnim kroiienw. 1, 90. der weber hat ausgewirkt,
sein gewehe vollendet.
5) abstracl, nach der dritten bedeutung: mhd. er enweij kei-
nen gedank, er werde denne etwd mitte üj gewürket. myst.
275, 6 ;
nhd. wer nimmer nichts versucht, der weisz nicht was er kann,
die Übung würkt uns aus, versuch der führt uns an.
LOGAU 2, 2, 73 ;
sie können durch lange iibung besser ausgewirkt werden.
LoHENST. 1, 740 ; wiewol uns künste und Wissenschaften solche
Sitten mit einem reinem und bessern nachdenken auswürken
helfen. Schoch Studentenleben A; grosze thaten auswirken.
LoHENST. >lr»?i. 1, 520 ; bosheiten auswirken, unw. doct. 189.
6) auswirken, ausrichten, erlangen, bewirken: einen befehl,
ein arat, eine gnade auswirken; dem guten menschen musz
gewis viel daran gelegen sein, dasz er briefe ausgewirkt, die
nichts geheiszen. Weise erin. 102 ; was sollte der ganze streit
auswirken? Herder 10, 281; das kann der grosze mahler durch
seinen pinsel auswirken und bekräftigen. Tieck Sternb. 1, 346.
7) auswirken, vollständig wirken: man musz die arznei aus-
wirken lassen.
8) sich auswirken, se exsolvere: sich auswirken von dem
gerichte, sieh von der peinlichen klage ledigen, belege bei
Haltaüs 88. ist aber jemand dieser last müde lehre zu er-
halten und will mit einem schein sich auswirken, der thue
solch erbieten auf sich. Melanchthon 6, 45.
AüSWIRKLICH , efßciens: der Ursprung ist die sonn, die
auswürkliche kraft ist die wärm. Frank 4, 160.
AUSWIRKUNG, f. item sie {die Jacobiten) glauben, das nit
mer dann ein natur und auswirkung in Christo sei gewesen.
Frank weltb. 137' ; des göttlichen worts Ursprung ist der vater,
und des worts auswürkung, gaist und kraft wirt der h. gaist
genent. 4, 160.
AUSWISCHEN, abstergere, nnl. uitwisschen,
1) die äugen ausvrischen, lacrimas extergere; sich die äugen
auswischen, trocknen, der arme mann im Tockenb. 299 ; einem
andern die äugen auswischen, ihn tüchtig zahlen lassen; meine
äugen sind selbst gut ausgewischt. Göthe in Böttigers lit. zust.
2, 148 ; die ehren auswischen ; das Schlüsselloch, die kanone.
einen auswischen, ihm den köpf waschen.
2) die Schüssel, das gefäsz auswischen ; die brQhe mit brot
auswischen, aufwischen; die schuhe auswischen, beim eintritt
ins haus:
auswischens solt dich nicht befleiszen. Scheit ^roft. ß2;
was sohus ißtzund wischen aus?
bald gestu wider aus dem haus. D4.
3) einem eine ohrfeige, oder auch blosz eine, eius auswi-
schen, einen ausschmieren, ihm ein denkzeichen anhängen.
4) geschriebenes, gezeichnetes mit brot, gummi, schwamm
auswischen, auslöschen, flecken auswischen, hellbemahlte
ume längst ausgewischter tage. J. Paui. Tit. 1, 78.
5) auswischen hiesz sonst heimlich entwenden. Alberus setzt :
furor, suffuror, furtum facio, subvolo, suhduco, subtraho, sur-
ripio, ich steel, entwend, entfür, wusch aus ;
und hat kein geh, so tut er bsen,
wo er was mög eriapen, crllsthcn,
Stelen, finden und sonst auswischen.
Thurnrisser archidoxa 38.
6) intransitiv, elahi : wir sind ölig, glatt und hell wie die
al, truckt maus, so wischls aus, schlieszt maus, so glitschls
aus. Garg. 204'.
AUSWISCHER, m. reptehensio: er bekam einen redlichen
auswischer. Witzenb. 22. sonst auch blosz wischer.
AUSWISCHLEIN, n. lenit reprehcnsio:
ncmt auch vil auswischlein davon. H. Sachs Y, 360'.
AUSWITTERN, in mehrfachem sinn, vgl. abwittem.
1) corrodere: die luft wittert das erz aus; die rauhe luft
wittert den marmor allmälich aus.
2) odorari, investigare:
doch der prophet
weisz unsre mängel droben auszuwiuern. Göthe 5, 251;
konnte man sich doch unter der geistreichen gesellschaft,
welche unsre dame umgab, einen gelehrten denken, welcher
diese nachbildung ausgewittert hätte. 22, 81 ; sie hätten gewis
fleisch und andere gute dinge verborgen, die wir auszuwittern
noch nicht recht gelernt hätten. 30, 117 ; weil geld noch immer
leichter zu verbergen sei, als thiere, die man wol auswittere.
30, 114 ; ich hatte am morgen die gerichtsschränke durchstö-
bert, um irgend eine wissenschaftliche trüfifel unter diesem
schmutzigen boden auszuwittern. J. Paul biogr. bei. 1, 151 ;
die ihr mit scharfen nasen ausgewiuert
viel höchst gefährlicher geheimer bünde. Uhlands ged. 181;
und was auszuwittern
Widers zittern. Köckert 231.
3) intransitiv, detonare, ausdonnern, auswettem:
je härter donnerschlag je schneller ausgewiuert. Grtphius i, 154;
er kam, nachdem es ausgewittert,
und fand die eiche halb zersplittert. Lichtwbr2, 6;
da sie endlich ausgewittert. 1, 9;
die längsten regenmonate der menschheit haben ausgewittert.
J. Paul Hesp. 2, 226.
4) tempestate solvi : das erz wittert aus ; den thon ein jähr
lang unter freiem himmel auswittern lassen ; ausgewitterte
klüfte. Göthe 16, 222; die kalktheile wittern aus, der quarz
bleibt stehen. 51, 63 ; so wie die oberste lava auswitternd sich
zu erde bildete, Stolberg 7, 228 ; die zeit hat allerdings vieles
von dem scheinbaren glänze dieses gemäldes geraubet, und
die kraft der färben ist zum theil ausgewittert. Winkelmann 1, 39.
5) die bienen wittern aus, schwärmen nach trübem welter.
AUSWITTERUNG, f. exhalatio vaporis, vgl. einwitterung.
AUSWITZEN, cautum, ingeniosum reddere, witzigen: ein
ausgewitzter, gewitzigter bursche.
AUSWOHNEN, auszerhalb wohnen, mhd. öje wonen, nnl. uit-
wonen : wenn man aber das halten wil, so müst man auch
dafür sein, das man nicht in einer stad allen frembden, aus-
wonenden gebe. Luther 1, 199'. man sagt auch transitiv, das
haus auswohnen, durch langes bewohnen abnutzen, verderben.
AUSWÖLREN, camerare: ein ausgewölbtes zimmer, aus-
gewölbter keller; die helle mit himmelblau und himmelroth
ausgewölbte see seines innern. i. Paul Hesp. 1, 172.
AUSWÖLKEN, serenare, aushellen: ein stummer, ausge-
wölkter abend.
AUSWOLLEN, exire velle: ich besorg wo es auswölle,
quorsum accidal timeo. Maaler 48' ; disz ist bei ihnen der ge-
brauch, dasz wenn der könig mit seinem frauenzimmer aus
will, sich niemand auf den gassen darf sehen lassen, pars,
reiseb. 4, 44.
AUSWUCHERN, fenore vastare, nnl. uitwoekeren : were das
loch zugestopft, so dürft man itzt der klage nicht hören, wie
allenthalben eitel schuld jind kein geld, alle land und stedte
mit Zinsen beschweret und ausgewuchert sind. Luther 2, 482';
das sie ein einigen Christen auszuwuchern sollen macht ha-
ben. 8, 94'.
AUSWUCHS, m. excrescentia, nnl. uitwas, vgl. anwuchs
und anwachs.
1) des getraides, abitio frumenti in fruges, der volle uuchs.
2) an bäumen, surculi vagi, spurii.
3) am thierischen leib, tuber, höcker; auswuchs von fleisch.
4) abstract, in der künftigen ausgäbe des Laokoon fällt der
ganze abschnitt, der ihn betriff, weg, so wie mehrere anti-
quarische auswUchse, auf die ich ärgerlich bin. Lessing S, 118 ;
wilde auswüchse der phantasie. Gotter 2, xv ; was für ein
kriegen und streiten und rennen für gottesvcrehrung! man
sollte zu manchen zeilen fast geglaubt haben, der mensch
lebe blosz um zu beten und gott zu verehren, ich bin über-
zeugt, dasz bierin das meiste ein bloszer auswuchs ist. Lich-
tenberg 1, 94.
AUSWÜHLEN, erucrc, effodere: gold auswühlen aus der
erde; die hyäne wühlt leichen aus. In ganz anderm sinn
telzt es H. Sachs für auswallen, ausbrechen :
nun sticiu dio sonn so übcrheisz,
durch unsern leib rint ab der .schwoisz,
aus den thunstlöchlein thut auswulen,
wo wir uns nit sollen knien
in eim waster, so müsz wir sterben. III. 2, 178*
1021 AUSWUNDERN— AUSWÜRZELN
vihd. wallen bekommt im praet. wiel, und so scheint ein un- j
organisches ausfielen entaprungen zu sein.
ÄUSWüNDERiN , salis mirari: die sich nicht auswundern
können, woher ihm solche geschicklichkeit käme. Spangexberg
bei Uanmann s. 106. {
AUSWURF, m. ejedamentum, nach den bedeutungen des aus- |
Werfens : auswurf des blüts, projectio sanguinis. Maaler 48' ;
und da wir grosz ungewitter erlitten hatten, da theten sie
des nähesten tages einen auswurf {i>cßo/,r/v inoiovvxo, vulg.
jactum fecerunt). apost. gesch. 27, 18 ;
aber bald heischet die noth
den auswurf, dasz nicht sinke das ?chif.
Stolberg 15, 103;
so er {der habich) auch leicht und kurzdäuwig ist und zum
schweiszen weiten geraumen auswurf hat. ueidwerk 2, 12' ; auf
der insel, welche sie aber wegen des öfteren erdbebens und
der feurigen auswürfe verlieszen. Wiskelman.n 3, 231 ;
dein schreckendes Rom ist ein höherer auswurf
von ameisen. Klopstock Hess. 7, 424;
jede menschliche handlung ist eine neue Schöpfung, ein aus-
wurf der saat zu neuen entstehungen. Klinger 5, 132; so wie l
die fruchtbarkeit des ackers durch den auswurf der thiere j
befördert wird. 12, 222. die krankheit verschlimmert sich, i
der auswurf nimmt zu; es entstehet aus der zusammenwir- |
kung ein gewisser ohnfehlbarer effect oder auswurf. Leibmtz '
2, 48; gleich einem armen fündling, der, nachdem er sich
lange für einen verwahrloseten auswurf der natur angesehen,
unverhoft von einem edlen und zärtlichen vater erkannt wird.
Wieland 7, 176; alle noch so unreife auswürfe seines witzes
sind ihm kostbar. J. E. Schlegel 3, 464; das erhabene, das
in diesen kräftigen auswürfen der jungen von keines men-
schen band unterjochten natur lag. Klinger 5, 15 ; ein aus-
wurf der menschheit. Hcmboldt ans. der nat. 1, 37; Italiens
auswurf. Schiller 191'; diesen auswurf müssen wir ja vom
Tolk unterscheiden. Tieck not', kr. 4, 20 ;
Windsbraut,
die den auswurf aller Völker auswarf. Platen 335.
AUSW^'RFEL, m. talpa, in einigen gegenden. s. auswer-
fer und mauhvurf.
AUSWÜRFELN, l) primum jacere lesseras, den ersten wurf
thun. 2) durch würfet ausspielen. 3) figürlich, auf gerathe-
wol ausgewürfelte einfalle.
AUSWÜRFIG, ejiciens: das mör ist auswörfig. Keisersb.
seh. der penit. f3.
AUSWÜRFLING, m. reiculus, auf mehr als einen gegenständ
anwendbar. Fischart Garg. 63' schreibt auswirfling und braucht
es neben fündling von einem ausgesetzten kinde; allerhand
auswürflinge, die in der weit weder zu sieden noch zu bra-
ten taugen. Simpl. 1, 187. dann aber heiszt auswürfling auch
Ovis reicula, ein schaf, das ausgemerzt wird, Maaler 48' (s. aus-
merzen), und ein wort, das ausgemerzt werden sollte: aber un-
ter diesen und mehr solchen Wörtern seind drumb keine aus-
würfling. Simpl. 1, 724. für ejectamentum maris : ligen unter
andern auswürflingen des meers. Foreb fischb. 153'; der ag-
stein ist ein auswürfling des meers. Lohenst. Arm. 2, 855.
abstrnct, diesemnach müste ein fürst sich vieimal der besten
diener entlasten, wenn er sähe, dasz sie entweder dem volke
ein greuel in äugen oder ein auswürfling des glückes würen.
Lohenstein Arm. 2, 1393. s. abwürfling.
AUSWURFSDUNGKÄFER, m. setzen einige sdtwerfdllig für
dungküfer, mistkäfer, als wenn diese nicht hinreichten.
AUSWURFSKEGEL, m. woraus lavaströme bandförmig sich
ergieszen. Humboldt ans. der nat. 2, 257.
AUSWÜRGEN, penitus jugulare, mactare: einen stier aus-
würgen ; heraus würgen, aus der kehle torbringen : Ronsar-
dus, von deme gesaget wird, dasz er, damit er sein franzö-
sisches desto besser auswürgen köntc, mit der Griechen Schrif-
ten ganzer zwölf jähre iich überworfen habe. Opitz poe/eiei 17.
AUSWÜRGUNG, f. die jämmerliche auswürgung und brand-
verheerung der Stadt Magdeburg, vo.i Uibken 0. L. 237.
AUSWCRKEN, 5. auswirken.
AUSWURZELN, eradicare , entwurzeln, ahd. arwurzal6n,
ft;arv*urzal6n, nnl. uilwortelen : so werde ich sie auswurzeln
aus meinem lande. 2 r/iron. 7, 20; und mein geschlecht müsse
ausgewurzclt werden. Hieb 31, 8; denn das were ein fewr,
das bis ins verderben verzeret und alle mein cinkomen aus-
wurzelte. 31, 12; Accaron soll ausgewurzelt werden. Zephan.
AUSWURZELN — AUSZÄHLEN
1022
2, 4; kale unfruchtbare bewme, zweimal erstorben und aus-
gewurzelt. Judae 12; von den Sünden wird man ledig, wenn
unser wille ausgewurzelt wird. Lcther 1, 78"; widerumh die
gottlosen werden ausgewurzelt, wo sie sitzen in gütern. ■ 3,
293; es ist dir ernstlich geholten, das du sie soll ziehen zu
gottes dienst oder soll mit kind und allem rein ausgewur-
zelt werden. 5, 174'; die Juden beten auch mit ausgetruck-
ten Worten, das gott das römisch keiserthumb auswurzlen
soll. Frank tte//6. 150'; und was unkraut im reich gewachsen
sei, das soll ausgewurzelt werden, ehron. 170 ;
die [sünde) soll wir all fliehen und meiden,
auswurzeln und genzlich absehneiden. H. Sachs IT. 1, 36';
ich wil den zorn sampt dem ar^on
so frei auswurzeln deinem mon,
sam hett mans mit eim messr abgschnitten. IV. 3, 12';
gott hat doch niemals keinen bäum bis in den himmel las-
sen wachsen, es müst ehe ein einziger mann denselben stum-
pfen und auswurzeln. Lehmann 181 ; wenn man vom bäum
die blätter abzopft, so wird er damit nicht ausgewurzelt. 331 ;
man wurzle sie aus, man verpflanze sie. Herder U, 119 ; der
mann wollte recht, aber er vergrif sich in den mittein, wie
hätte ihn sonst so einer, wie mein patron, auswurzeln kön-
nen? Klinger 9, 154; das auswurzeln des alten glaubens
scheint ihm die härteste arbeit zu sein. Abbt verdienst 2, 2 ;
wenn sie den hasz auswurzeln sollen. J. Padl teuf pap. 2,
164. Intransitives auswurzeln, radicitus excuti: gab ihm eine
solche dichte maulschell auf seine unbescheidene gosche,
dasz ihm vier zahn darvon auswurzelten. Simplic. 2, 250.
AUSWURZELU.N'G, /■. evulsio: und Julius preste mit strö-
menden verfinsterten äugen den schluchzenden athem in die
flöte und erhob seine seufzer zu himmlischen tönen, um die
entrinnende seele unter ihrer auswurzelung mit dem nach-
klänge der ersten weit, mit dem vorklange der zweiten weit
zu verhüllen und zu betäuben. J. Pacl Hesp. 4, 73; eine
solche seltene auswurzelung ackert den halben köpf um.
teuf pap. 2, 160.
AUSWÜTEN, ad sntielatem saevire, nnl. uitwoeden : o wä-
rest du schon jetzo zum tode bleich und verstummtest, so
hättest du zu der vertheidigung eines angrifs ausgewütet, der
sich nicht mit siege, aber mit deinem tode endigen kann !
Klopstock 9, 259 ; eile, oder ich wüte meinen zorn an dir
aus. Klinger 3, 204 ; laszt ihn nur erst auswüten.
AUSZ.\CKEN, extremas partes incidere, dentare, zackig aus-
schneiden: die blätter auszacken; dies kraut bat schön aus-
gezackte blätter; deshalb war heute sein gesiebt von einer
sonderbaren lächelnden Verlegenheit durchzogen und ausge-
zackt. J. Pacl Siebenk. 1, 29 ; er zackte das gehirn zur kul-
tur mit wenig schlügen mit dem zainhammer seiner faust
aiis. Fix/. 113; nicht alle Jahrhunderte wird ein so ausge-
zacktes vollgeschriebenes gesiebt geschnitten, körnet 2, 73 ; aus-
gezacktes gebirg.
AUSZACKER.N, exarare, ausackem : wann einer den andern
übermehet, stein auszackert. weislh. 3, 402 ; so die schiedsteia
wären ausgezackert oder verrückt worden. Frankf ref. IX. 3,
1. 7. s. abzackern und zackern.
AüSZACKUNG, f. incisio extremae partis: auszackung des
wollhaars, die nur bewafnetem äuge sichtbare schuppenbil-
dung desselben.
AUSZAHLEN, exsolvere, persolvere, nnl. uittellen : das geld
auszahlen; alles bei heller und pfennig auszahlen; die an-
geordneten Vermächtnisse wurden richtig ausgezahlt; geld
hatte er im bentel, zahlte aber nichts aus ; die mutter zahlte
dem leclor nur den lohn eines freundlichen blicks aus.
J. Paul Tit. 3, 88. figürlich, einem oder einen auszahlen, iPie
bezahlen, es einem vergelten, ihn entgelten lassen : wie wun-
derlich uns die stiglfritzischen spitzbuben mit dem lustwasser
ausgezahlet hatten. Jucundissimus 185 ; mit schlagen auszahlen.
AUSZÄHLEN, enumerare,
1) durchzälilen, eine ganze reihe zu ende. Stieler hat 2249
auszeiilen numerandi finetn facere. beim decimieren wird je
der zehnte mann, das zehnte thier ausgezählt, ausgesondert ;
auch im spiel wird einer durch auszählen getroffen, bestimmt,
oder eine schon bestimmte menge abgezahlt: ein allgemeines
geiächter endigte das spiel, clie noch das tausend ausgezählt
war. Güthe 16, 36. was in folgender stelle heiszt es: die
wamstknöpflin sind ausgezelt, so viel bab ich eingczelt und
hinein gequell. Garg. 99'? beim essen die knüpfe am bauch
aufgemacht und gezählt?
2) auszahlen, enarrare, auserzählen: wer kann aber aus-
1023
AUSZAHLUNG — AUSZE
AUSZECIIEN — AUSZEICHNEN 1024
zehlen, wie viel reicher tugend und nutz aus dieser einigen
ersten tugend folgen? Luther 5, 152*.
3) auszählen, rejicere, verwerfen:
ich bin ausgezelilet,
man weist mich armen vor die thür.
Limb, chron. §. 139,
entweder nach 1 aus dem kreis, aus der gesellschafl gestoszen,
oder mit bezug auf das gerichtliche verzählen, verurtheilen.
s. verzählen.
4) gleich dem nnl. uittellen wurde auszählen auch gesetzt
ßr auszahlen:
man lasse den beamten begnügten sold auszahlen,
so müssen sie sein redlich, so dürren sie nicht Stelen.
LoGAU 3, 9, 92.
AUSZAHLUNG, /". solutio: auszahlung des geldes, der ar-
beiter.
AUSZÄHLUNG, /". dinumeratio.
AUSZAHNEN, desinere dentire: das kind hat jetzt ausge-
zahnt, bekommt keine zahne mehr; so haben sie grosz hitz
vom zanwee, ehe sie auszanen. Garg. 112'. auszahnen auch
zahnarlig auszacken, z. b. einen kämm.
AUSZANKEN, 1) increpare, ausschelten: er fürchtet wol gar
sein söhn werde ihn auszanken. Schiller 637.
2) finem facere increpandi.
AUSZANNEN, cavillari. Stieler 2596. s. anzannen.
AUSZAPFEN, expromere, nnl. uittappen: blut auszapfen;
wein auszapfen; das fasz auszapfen; wie theuer es ausge-
zappet solle werden, weisth. 2, 275 ; in dem dorf und ban usz-
zappen. 2,261. Fischart schreibt auszepfen: er hab sein
leibliche mutier gesutzelet und aus iren brüsten vierzehn
hundert zwen reingäaisch viertheil und neun masz für jedes-
mal auszepfen können. Garg. 111'. figürlich, ein land aus-
zapfen, aussaugen.
AUSZAPPELN, finem facere motitandi, palpitandi: das ge-
schlachtete thier zappelte im hofe aus und die kinder jam-
merten.
AUSZASELN, cffingere, extorquere, ausfasern: so zart und
lieblich ausgczaselt, so fein gezwirnt. Tieck 5, 191.
AUSZAUBERN, arte magica invcnire, solvere: ausrechnen
und auszaubern.
AUSZÄUMEN, freno laxare, effrenare, loslassen:
und will sich immer zeumen aus. H. Sachs I, 626* (zemen
druckf.) ;
auf dieser weit ist nichts, das stärker wird getrieben
als ausgezeumte brunst und ungeordnet lieben.
LoGAU 1, 3, 77.
AUSZÄUNEN, scpire: einen räum, graben auszäunen; das
feld ist schön ausgezäunt.
AUSZAUSEN, carpere, evellere, für auszeisen, nnl. uittee-
zen : der kerl zauset mir die haare aus. Simpl. 2, 310 ; eine
ausgezauste perücke ; ausgezauster flaneil. i. Paul Tit. 1, 119.
AUSZE, adv. i'^co, goth. Uta, das sich zu ut verhält wie
iupa zu iup, inna zu inn, fairra zu fairr : Uta sat ana röhsnai.
Matth. 26, 69 ; ak Uta ana auj)jaim stadim vas. Marc. 1, 45 ;
Uta standandona. 3, 31; jainaim ])aim Uta. 4,11; stii{) at
dauröm Uta. Joh. 18, 16. ahd. uj;e oder üje : uj?e, foras. gl.
Jun. 206 ; kecaugrot wesan ujje. Kero cap. 67 ; uzsi arworpa-
nan. Is. cap. 5; ü;e stuant. 0. /. 4, 71; stuontun ujje. T. 59, 1;
inne unde u;je. N. ps. 78, 3; heime ne wärin, nube ujje.
70, 1 ; merkwürdig der ausgang e, das in den ältesten denk-
mälern ein e scheint, und dem co in i'^co gleicht, alls. Uta:
ftta wArun. Hcl. 12, 6 ; öta gibruhti. 16, 22 ; stod tharöte. 151, 7 ;
tite stüd. 150, 22. altn. üti, schw. ute, dän. ude. mhd. ziem-
lich selten:
und sin du äje bitcn. Iw. 956 ;
«wie ich hie nu li)jc,
heue ich iuch di üje. Herb. 13630;
weit ir nu sin dar üje. JVtfc. 1914, 4;
daj in diu ougcn i'ije füeren. Walth. 61, 30,
tvelches Lachmann in der zweiten ausgäbe nicht hätte sollen
verlauschen mit ti, gefüeren;
sprach ein kamerrüjc,
läzent in ilk ü;c. GA. 1,217;
und der kilnic was lange ftje sine betevart. myst. 105, 3; dö
vant ich, da; her inne was und ich fl;e. 187,38; her zogitc
eine herevart und was lange öjc. 213, 24. Es war geboten
für diese uralte partikel zeugen zu bringen, die tinserer heuti-
gen Schriftsprache erloschen ist und durch aus oder auszen
vei-lrelen wird, unterm volk lebt sie noch hier und da, z. b
in der Schweiz: chumm zuenier ausze oder uusze! ausze
niittem! hinaus mit ihm! Stalder 1, 119; in Hessen: ausze
bleiben, er ist ausze, auszewendig; Schneller 1,117 rcrzetc/inet
bairisches ausz' = ausze. man sehe auszen und inne, innen.
AUSZECHEN, epotare: wir haben manche flasche mitein-
ander ausgezecht, ausgestochen, ihr den hals gebrochen; ich
gieng keinmal schlafen, ich hett dann ein rcnfllin brot ver-
zert und zu ietlichem bissen ein glas wein ausgezecht. Wir-
SüNG Cal. K2'; wann ich zwei solliche krüeglein, ehe ich
schlafen gieng, ausgezechet hett, so war ich gewis, das mich
die winterlange nacht nit fröre. Sl'.
AUSZEHNTEN, decimam pcrcipere, decimarc: ein geistlicher
zehntel den andern nicht aus, clericus clericum non dccimat.
AUSZEHREN, exedere, consumere, nnl. uitteren : die krank-
heil zehrt ihn aus; der hunger hatte das land ausgezehrt;
auszehrende fieber herschen ; die feuchte auszehren, dissipare
humorem- Maaler48';
zum neunden vermeid auch die tauben
zu essen gar schedlich auf glauben,
welche stecken in den weinfassen,
sie würn eim auszern die kotgassen,
verbittern ihm den niagen sein,
mit irem billern welnslein. H. Sachs IV. 3, 95';'
seither ist unser frei in dieiistbarkeit verkehret,
die haut ist abgestreift, das mark ist ausgezehret,
LoGAü 1, 2, 57 ;
wie kostbar waren krieger, die länder auszuzehren?
3, zugäbe 12 ;
wie hart sein Untergang uns diesen geist beschwer,
wie scharf sein herber tod uns herz und seel auszehr.
Grtphius 1, 34;
durch deine härtigkeit ist mein leib ausgezehret. pers. baumg.
4, 20 ; die ausgezehrten und blaszen gesiebter, ehe eines man-
nes 282;
als ihr des brudern flucht die geister ausgezehrt.
GiJNTHER 1009;
ausgezehrt wird das haus und das fruchtbare gnt mir verödet,^
VossOd. 4, 318;
ob auszehrende seuch, ob Artemis, freudig des bogens,
unversehns dich getödtet, mit lindem gcschosz dich ereilend ?
11, 172;
warum haben mir diese hofnungen allen genusz des lebens
ausgezehrt, indem sie mir ein paradies von weitem zeigten?
Göthe 8, 197 ; es zehret sie ein unheilbares heimweh aus.
J. Paul Kamp. 62 ; seil dem war Groszgrieciienland durch die
Unternehmungen der sicilischen tyranncn, durch die angriffe
ganz ausgezehrt._ Niebuhr 3, 507. Sich auszehren, se consumere,
confici: zeresl dich aus wie ein spinn. Keisersberc has im
pf. Bb2'; hätten i. f. gn. ihre schätze gänzlichen versetzet
und sich dermaszen ausgezehret, dasz i. f. gn. keinen ratii
nicht wüsten. Schweinichen 2, 31. Intransitiv tabescere: er
zehrt aus, hat die Schwindsucht; dasz er zu einer secte ge-
hört, die allen wassersüchtigen, auszehrenden einreden wifl.
Göthe 33, 278; und im sinne von exedere, zu ende essen, nicht
mehr essen: denn wenn du tod bist, so hast du ausgezeh-
ret. Sir. 14, 17, was kein niedriger ausdruck ist, wie Adelung
meint.
das ich kündt noch ein jähr auszern.
Rebuun klage des armen manns s. 13,
ist auszerhalb des Zusammenhangs unsicher und kann bedeu'
ten confici oder exedere.
AUSZEHRUNG, f tabes: er starb an der schnellen aus-
zehrung. Bettine br. 1, 96.
AUSZEICHEN, n. xa^axtriQ : die bischöfe hatten ein glei-
ches und unauslöschliches auszeichen.
AUSZEICHNEN, exsignare, signo notare, dislinguere, nnl.
uitteekenen,
1) sachlich, Germania von den Franzosen mit dem Rein,
von Österreich mit der Thonaw ausgezeiciinct. Fiiank weltb.
42"; ich zcicimetc mir selbst auf den fnszsl;ipfon der Solonen
und Aristiden einen weg aus. Wieland 2, 85; wenn uns die
weltgcschiclite vorgetragen wurde, zeichnete ich mir sorgfllilig
aus, wo einer auf eine besondere weise erstochen oder ver-
giftet wurde. Göthe 18, 38; ich unterzog mich der arbeil, die
dicbtwerke meiner zwölf bände auszuzeichnen und" den jäh-
ren nach zu ordnen. 24, 6.
2) persönlich, einen mann vor andern auszeichnen; die
hohe krnft <les Verstandes, welche den Königsberger weisen
vor allen speculaliven pbilosuphen auszeichnet. Klinger 12, 209.
1025
AUSZEICHNEN — AL SZEN
AÜS2EN
1026
3) sich auszeichnen : dasz durch die aufhebung des un-
sichtbaren in den homerischen handlungen zugleich alle die
charakteristischen züge verloren gehen müsten, durch weiche
sich Lei dem dichter die götter über die (gewöhnlich : vor den)
menschen auszeichnen. Lessixg 8, 9 ; da sich der fall nach
dem verlangten berichte zu der angetragenen milderung nicht
auszeichnete. Hippel 11, 271; obwol feldherr, zeichnete er
sich äuszerlich durch nichts aus.
4) vor dem part. praes. unterbleibt das pronomen : ihr aus-
zeichnender hang ist sich zum weiberadvocaten aufzuwerfen.
Gotter 3, 23 ; wünschte ihm zu der auszeichnenden gnade des
Sultans glück. Kliscer 6, 80 ; da die princessin für niemand
einen auszeichnenden geschmack oder besondere neigung
Wicken läszt. 10, 41; es ist schade, dasz man dergleichen
briefe so selten zn sehen bekommt, sie haben wirklich mei-
stens etwas auszeichnendes. Lichtenberg 4, 225 ; die wirklich
auszeichnende meinung, die ich von seinem geist und Cha-
rakter habe, ein mann von eben so angesehener stufe im
Staat, als auszeichnendem geiste und feiner bildung. Niebchr
leben S iebuhrs 1, ISi. part. praet. ein ausgezeichneter schüler;
in ausgezeichnetster weise.
5) auszeichnen, fertig zeichnen: ich schick ihnen die Zeich-
nung unvollendet, denn ich furcht ich verderb sie. auch ha-
ben sie da noch ein ander stück, das ich nur in ihrer ge-
genwart auszeichnen kann. Gothe an fr. von Stein 1, 53.
AüSZEIGEN, monstrare, ausweisen, anweisen, mhd.
dö gap si im mit freuden da
drijec huobe ze eigen,
UD(I hie; im ü; zeigeu
da; beste hüs, als er si bat,
da; iender stuont in der stat. Wigal. 5743.
ausgezeigte guter heiszen in der Tiroler landordnung 3, 35 an-
gewiesene, ausgetheilte ; ein jedlich stat sol in zwai, drei oder
vier tail ausgezaigt sein. bair. feuerordn. von 1543.
AUSZEILEN, neuen weinberg reihenweise anlegen.
AUSZEITIGEN, malurescere: das obst kann heuer nicht
auszeitigen.
AUSZEM für aus dem, mhd. ti^em : der auszgieng auszem
thron gottes und des lambs. Reiszner Jen«, l, 15"; beute
anszm deutschen kriege. Logaü 2, 3, 60.
AUSZEN, adv. extra, foris, goth. utana e^co, e^md'ev, ahd.
fi?ana, üjän (Graff 1, 536. 537), ags. ütan, altn. utan, mhd.
üjen, nnl. nur mit vorgesetztem be buiten. utana ist keine
zusammenfügung von ut und ana, sondern fortbildung von ut,
wie innana von inn, iupana von iup, daher auch die ags. form
fttan absteht von ftt on, und die altn. form utan von ütd.
utan ist adv., in öt on, üt ä wird die praep. ags. on, altn.
ä dtirch vorgeschobenes ut verstärkt, im ahd. üjana scheinen
sich ags. fltan und öton einigemal zu mengen, vgl. gramm. 3, 203.
Da schon goth. ut, uta, utana und uta})rö in form wie be-
deutung einander nahe stehn, nicht mehr überall rein geson-
dert werden können; so ist wenig zu verwundem, dasz ahd.
ö;, üje, iljana, mhd. ö; und ö;en, nhd. aus und auszen sich
oft vertreten, das goth. uta{)r6 (dessen ]}ro sichtbar dem lat.
tra in eitra entspricht) mangelt allen übrigen dialecten und
wir sahen vorhin unter ausze, dasz auch Uta fast erlosch, wie
in der jüngsten zeit selbst nhd. auszen entweder dem einfa-
chen aus oder den späteren Zusammensetzungen auswärts, au-
szerhalb u. s. w. weicht, auszen erscheint nun
1) allein, ohne andere partikeln. mhd.
81 schinet ü;en fröidenrich. Walth. 121, 7;
dia schcene diu si üjen zieret. 12t, 12;
diu werh ist iljen scboenc. 124, 37 ;
beidiu ü;en und innen. 31, 5;
•ft e; ü;en ist sd wünneclich,
»6 woli ich es ouch innen
gar künde gewinnen, krön« 20465;
üjen und inne. 23545;
man sach e; inne und i'i;en
und innerthalben lü;en. Tri»/. 275, 35 ;
•ich zeigete üjen ein schime. pass. K. H, "2 ;
den namen d;en hast getragen. 120,84;
da; man si il;en sihet wol. B<ir/. 47, I.
wir sagen zwar noch in höherer rede: auszen ist sie schön,
innen häsziich; auszen weht frische luft. innen ists dumpf;
innen und auszen stehn alle dinge wol ; auszen fix, innen
nix. die gewöhnliche spräche Idszt aber ein dar oder hier vor-
ausgehen, und dann znsammengezognes drauszen und hausten
erwachsen.
2) bloszes auszen findet sich praedieaiiv neben bleiben, las-
sen, sein, stehen : er bleibt auszen, läszt auszen, ist auszen,
steht auszen. belege folgen hernach unter auszenbleiben, au-
szenlassen, auszensein, auszenstehen, welches so wenig wahre
composita sind als ausbleiben, auslassen, aussein, aber gleich
diesen so aufgestellt zu werden verdienen, da sie bisweilen
auch substantivisch genommen sind. mhd. überall ungebunden :
er was ü;en, ptregre fuit. pasj. 63t, 37.
3) häußg folgt eine r.raeposition mit ihrem subst. dem auszen
nach und bestimmt es dadurch näher.
mhd. ü;en an ir waete. Trist. 67, 33 ;
zeigte ü;en an im. pass. 540, 16.
nhd. fureten in hinaus und lieszen in auszen für der stad.
1 Mos. 19, 16; wo ist die hure, die auszen am wege sasz?
38, 21; und soll in gürten auszen auf dem leibrock. 2 Mos.
29, 5 ; aber des farren fleisch, feil und mist soltu auszen für
dem lager mit fewr verbrennen. 29, 14 ; nam die hutten und
schlug sie auf, auszen ferne für dem lager. 33,7; welcher
ein ochsen oder lamb oder zigen Schlacht in dem lager oder
auszen für dem lager. 3 Mos. 17, 3 ; so soll ir nu messen
auszen an der stad. 4 Mos. 35, 5 ; du solt auszen für dem la-
ger einen ort haben. 5 Mos. 23, 12 ; sol stehen auszen für der
stad thor. Jos. 20, 4 ; er legte thramen auszen am hause umb-
her. lAön. 6, 6; die auszen auf den dörfern waren. AVA. 11,
25; und auszen für dem innern thor waren komen. Ez. 40,
44; funden das füllen gebunden an der thur auszen auf der
wegescheid. Marc. 11, 4 ; auszen am garten muste ein kleiner
bach eine grasreiche wiese durchschlängeln. Gesser;
ihr, ihr dort auszen in der weit,
die nasen eingespannt! Schiller 12";
auszen vor der wölke stehe. J. Pacl fiegelj. 1, 75. auch in
dieser fügung wird heute oft schon auswärts, auswendig, au-
szerhalb für auszen gesetzt.
4) dem auszen gehl unmittelbar eine praeposition vorher,
um die richtung deutlicher zu bestimmen: von auszen schei-
net ir vor den menschen from (ahd. üjana arougel iuwih).
Matlh. 23, 28 ;
der krieger art und werk bisher war rauben, stelen,
der stäter art und werk erkaufen und verhelen.
es ist was stark gesagt, es ist ja gut gemeinet,
wiewols von auszen nicht, als wie es sollte scheinet.
LoGAt; 1, 3, 5;
ich kenn ein höllisch rolk, die brüder der Erinnen,
ein art von auszen gold und lauter koth von innen.
3, s. 214;
Ton auszen lassen sie freundschaft sehen, aber im herzen
haben sie lauter betrug. Lokman fab. 30 ; wilstu einen gro-
szen namen vor der weit haben, so ziehe von auszen schöne
kleider und von binnen schlechte an. pers. baumg. 5, 13 ; sie
wissen, wie sehr ich am begrif der zweckmäszigkeit der or-
ganischen naturen nach innen hänge, und doch läszt sich ja
eine bestimmung von auszen und ein Verhältnis nach auszen
nicht leugnen. Göthe an Schiller 401. die letzte stelle gewährt
neben dem von auszen ein nach auszen, wie dem nnl. van
buiten ein naar buiten zur seile steht; ein land im innern einig,
nach auszen schwach ; nach auszen blicken ; was seine eigne
bildung' und die Wirkung nach auszen betrift. Göthe 24, 8 ;
aber ungern seh ich den Jüngling, der immer »o ihätig
mir in dem hause sich regt, nach auszen langsam und schüchtern.
40, 243.
Keisersberg setzte statt von auszen auch von ausznen. trostsp.
m. 5, was dem ahd. fi^enan bei N. gleicht.
5) gleich dem ahd. üjana drückte auch auszen noch im 16;A.
unser heutiges auswendig, memoriler aus : daneben sol der
Schulmeister den knaben etliche leichte psalmen fürgehen
auszen zu lernen. Luther 4, 350\ 7,21*; die jungen pfaffcn bc-
dörfen keiner brillen zu irem gebet, die alten künnens auszen.
Agricol.\ spr. 21* ; so sie die schrift doch bei einem nägelin
schier auszen wisten. Fhaxe parad. 4'; er lernet den catechis-
mum auszen. Mich. Xeander bedenken s. 16. s. auswendig.
6) auszen als praeposition, mit davon abhängigem casus, wie
ahd. üjana des grabes und ftjan dcmo wingarten (Graff l,
bZl) nur einigemal : die Schnecken kommen in v\e\ arzenei, so
auszen des Icibes gebraucht werden. Forer ^cA6. 195" ;
mit dem geding, das er solt warten
auszen dem zauu und iimb den garten.
B. Waldis 4, 78;
lassen die todten bei der nacht auszen dem weg briagen
und verscharren. Kirchhof nii7. disc. 203. dieser gebrauch ist
heute veraltet, vgl. auszer 6.
65
1027
AUSZEN — AUSZENKLEID
AUSZENKNECHT — AUSZENWERK 1 02 8
AUSZEN, ein verlum, gleich dem ahd. Cijüii Gräff 1, 510,
ags. ötian, engl, out, alln. yla, nnl. uiten, tmd analog dem
aufen ahd. dfon ist nicht vorhanden, man sagt dafür üuszern.
AUSZENBLEIBEN, non reverli, für ausbleiben, weil der
nicht wiederkehrende zugleich auswärts bleibt: sie solle in den
keller gehen und einen trunii wein holen, die tochter aber
sei über eine halbe stunde auszenbliebcn. Schuppius 813 ;
bleiben unterwcilen aiir-zen wie das rührwasser. Weise kl. leute
195; es blieb auch mancher ehrliche mann bei solchen par-
teigängereien auszen. Felsenburg 3, 30 ; Harlequin findet, dasz
die nacht diesesmal länger auszenbleibe, als gewöhnlich. Les-
sing 4, 371 ;
wie wiszt ihr, dasz graf Gallas auszen bleibt?
Schiller 331 ;
dagegen ist der unmut stets egoistisch, er besteht auf forde-
riingen, deren gewährung ihm auszen blieb. Göthe 6, 141 ; er
konnte mich nicht entbehren, und ich war höchst unglück-
lich, wenn er auszen blieb. 19, 108 ; wie kommt es, dasz das
neue stück der Hören so lange auszen bleibt? Göthe an
Schiller ibO; ich werde nun nicht lange mehr auszen bleiben.
525 ; nun ist er gegangen, wird aber nicht lange auszen blei-
ben. Klinger 1, 422. für unterbleiben, wegbleiben : kan (das e)
auch auszen bleiben. Opitz poelerei s. 46; es gelinge ihm etwas
nicht und der angestrebte äuszere erfolg bleibe auszen. Fichte
anw. zum s. leben 272. man zieht heute ausbleil)en (w. m. s.)
vor, doch ist auszenbleiben untadelhaß und ursprünglich ange-
messener, tadelhaft aber in folgender stelle: die gesellschaft
hätte vor lachen auszen bleiben mögen (= auszer sich kom-
men), unw. doct. 325.
AUSZENBLEIBEN, n. emansio, intermissio, praclermissio :
nach Leibnitzens meinung müssen nothwendig alle unvoH-
koramenheiten in der weit zur Vollkommenheit des ganzen
dienen, oder es würde sonst ganz gewis ihr auszenbleiben
aus den allgemeinen gesetzen erfolgt sein. Lessing 5, 21;
reclinen sie mir, lieber freund, mein auszenbleiben also nicht
zu. 12,114; Abdallah eilte nach hause und erfreute die ängst-
lich auf iiin wartenden durch seine gegenwart. er erzählte
ihnen die Ursachen seines auszenbleibens. Klingeu 7, 2C3 ; sei-
nes längern auszenbleibens ward nur im vorbeigehen gedacht.
Göthe 19, 109; ihr auszenbleiben machte gleich eine groszc
lücke in die kleine gesellschaft. an Schiller SOG; das auszen-
bleiben meines sohnes drückte mich sehr heftig und wider-
wärtig, an Zelter "CO ; das auszenbleiben meines sohnes musz
ich mir nun nach und nach gefallen lassen. 778 ; mache dir
keine traurigen Vorstellungen von meinem auszenbleiben. an
fr. von Stein 40.
AUSZENDEICH, m. nnl. buitendijk: die Verwaltung der
auszendeiche. Niehuur kl. sehr. 1, 69 ; in dem auszendeiche
des Joh. P. Glameyer zu Westerende Otterdorf ist ein fasz mit
ruin gestrandet worden. Hamburger corresp. 1S24 n° 204 beilage.
AUSZENDEICHSLAND, n., vom meer angespültes land au-
szerhalb der deiche.
AUSZENDING, n. res externa, hors d'ceuvre: die auszcn-
dinge, die gegenstände auszer uns, dann die auszerhalb der
Sache, daneben liegen; solange wird er (der chor) in der Öko-
nomie des trauerspiels als ein auszcnding, als ein fremdartiger
körper erscheinen. Schilleh 487,
AUSZENGEIIALT, m. pretium exlernumi im despotischen
Staate kann die aufklärung wie das wolleben an inncngehalt
gröszer sein, aber im freien ist sie an auszcngehalt gröszer
und unter alle vertheilt. J. Paul Hesp. 3, 167.
AUSZENGESTALT, f. forma externa.
AUSZENGLUT, f.
heil, nymphe, dir! dein kranqiiell sicpet oft,
wann auszengiui den derben hau umlodert.
ÜÖRnER 69».
AUSZENGRABEN, m. fossa extcrior, zumal in festungen.
AUSZENHAFEN, m. porlus extcrior.
AUSZENIIANDEL, m. commercium cum exleris, nnl. bui-
(enliandel.
AUSZEMIEILIG, scheinheilig, spccie sanclus: der auszcn-
heilgc lichter. Tieck in Shakesp. measure for measurc 3, 1 :
tliis oulward sainted deputy.
AÜSZENHEH, adv. cxlrinsceus, verstärktes auszen, und noch
gehäufter von auszeniier. Wiela>d 10, 207.
ALSZENFilN, nach auszeniiin.
AUSZENKELCH, m. calyx rxlerior, der äuszere Iheil der
blume, wenn sie sich in drei kreise scheidet.
AUSZENKLEID, n. veslis exterior: die auszcnkleider wer-
den gemeiniglich von besserm zeuge gemacht, als das futter, weil
man das erste siehet und das andere nicht, pers. baumg. 5, 13.
AUSZENKNECHT, m. Oberlin 78.
AUSZENLÄND, n. nnl. buitenland.
AUSZENLASSEN, omittere, auslassen, auszerhalb lassen:
Christus bette diese wort wol mögen auszen lassen im abend-
nial. Luther 3, 63'; hie ist im text ein stücklein auszen ge-
lassen. 3, 234; und wir müssen die worl nicht auszen las-
sen. 447'; wörtlin, die man also mag auszen lassen oder hin
zu setzen. 4G6; läszt viel auszen was sich nicht hinschicken
will. Opitz poe/. 22; weil die Perser keine druckerei im lande
haben, und sich nur mit den geschriebenen büchern behelfen
müssen, geschiehet es, dasz durch der Schreiber und copiisten
unfleisz bisweilen etliche worfe auszen gelassen werden. Olea-
bi us vorr. zum pers. rosenlh. 3.
AUSZENLINIE, f linea extrema: der künstler kann also
schlechterdings weder gröszere noch mehrere gegenstände auf
eine schildförmige fläche bringen, als sich auch auf eine ganz
platte von gleicher auszenlinie bringen lassen. Lessing 8, 130.
AUSZENMAGD, f. dienstmädchen für die geschäfte auszer-
halb.
AUSZENMAUER, f. nnl. buitenmuur.
AÜSZENMENSCH, m. hör er auszenmensch, sagte der ehr-
liche nachtwächter, ich habe einmal wo gelesen, wie es seine
alten vorfahren mit leuten, wie er einer ist, gehalten haben.
Klopstock 12, 300.
AUSZENSCHALE, /". cortex exterior: hofleule nur gleich
kastanien an der auszenschale abgeschliffen. J. Paul Tit. l, 93.
AUSZENSCHEIN, m. species externa : die sitte dieser weit,
einfältigfromm, begehrt des auszenscheins nicht, ihr gnügt
am innern werth. Gottek 2, 439.
AUSZENSCHLÄG, m. ager exlremus, die entfernteren äcker
bei der koppclwirtschaß.
AUSZENSCHÖN, specie pulcher, nnl. buitenschoon: 'an
eine auszenschöne' ist die Überschrift des 218 Stücks in Cur.
K.mttels kuvzgedichtcn. Frankf. a. d. Oder 1074 x. 53.
AUSZENSELN, foris esse: verneinet ir noch nicht, dasz al-
les was auszen ist und in den menschen gehet, das kan in
nicht gemein machen? (goth. all })ata utajjro inngaggandö)
Marc. 7, 18 ;
ein Schmied vcriiesz sein weib, war auszen manches jähr.
LoGAU 2, itig. 41 ;
gab mir fast eine kleineJreprimande, dasz ich so lange auszen
gewesen. Fclsenb. 3, 3.
AUSZENSEITE, f. species externa: sein sie ruhig, wenig-
stens zeigen sie ihm die gelassenste auszenseite. Göthe 10,
63; seine gelassene auszenseite sticht gegen die unruhe mei-
nes characters sehr lebhaft ab. 16, 59 ; immer mehr gift find
ich in historikern, in arsenik und in brillenschlangen, je
heller und schöner ihre auszenseite ist. J. Paul.
auszenthat, /•.
du kannst die auszenlhnt nur. Klopstock 1, 118.
AUSZENTHEIL, «1. pars exterior.
AUSZENTREPPE, f scalae in publicum ferenles, freilreppe.
AUSZENWAND, f paries exterior.
AUSZENWEG, m. via exterior, nnl. buitenwcg.
AUSZENWELT, f res extemae: jenes erste aun)lühen der
auszcnwelt. Göthe 22, 198 ; ich aber längst gewoimt mich von
der auszcnwelt völlig abzuschlieszen. 32, 43; in der Schilde-
rung der von der auszcnwelt empfangenen sinnlichen eindrücke.
HuMitoLüT ans. der nat. 1, 32.
AUSZENWENDIG, adv. extrinsecus: wer auszenwendig dem
gericht sitzt, weislh. 2, 197.
AUSZENWERK, n. munimenlum exterius, nebenwerk, bei-
werk :
kein ausrcnwerk kann herzen ftberwinden. FLKBirrr. ;
dein herz als ein castell Iiat par viel nuszenwcrke,
wer drein, Vtilpinus, kilmt, bat nicht gemeine siArke.
LoüAu 3. 5, 6;
das auszenwerk ward neu, er üclbst der hiit bheb alt.
Gkllkrt 1, 46;
or kam nn einen lioT, ein liöfrlien wollt ich sacen,
und ob die auszonwerk ihm gleich iilrlii sehr behagen u. s. w.
Gottfh 1. 199;
es ist lustig zu sehn, was diese menschenart eigentlich geär-
gert iial, was sie glauiten, dasz einen ärgert, wie schal, leer
und gemein sie eine frnndc existenz ansehen, wie sie iiire
pfeilc gegen das auszenwcrk der ersclieinung riciiten, wie we-
nig sie auch nur uhncn, in weicher unzugänglichen bürg der
1029 AÜSZENVVIRTSCHAFT— AUSZER
mensch wohnt. Götue an Schiller Hb; dies sind auszenwerke
oder bei werke (parerga), welche einen schönen, tugendähn-
lichen schein geben. Kant 5, 315.
ALSZEN WIRTSCHAFT, f. die hauswirtschaß de)- Vorwerke
eines guts.
ALSZE.NZEIT, f. oft ist in derselben person die idealisti-
sche einkehr in sich und die realistische auszenzeit vereinigt.
J. Paul acsth. 3, 72.
AUSZEH, extra, praeter, jiraep. und adv., eine partikel, de-
ren gescitichte Schwierigkeiten hat.
Gebildet scheint sie von aus, wie inner, ober, über, unter,
hinter, nieder, wieder von in, ab, ob und den verlornen ein-
fachen unt, hint, nid, wid; dem adjeclivischcn äuszere zur
Seite steht ein innere, obere, untere, hintere, niedere, auch
dem begriffe nach rühren aus und auszer dicht aneinander,
wer aus einem räum getreten ist, steht auszer, auszerhalb des
raums. vergleichbar der bildung auszer ist das lat. super,
eupra, superus, superior von sub {für sup) ; dagegen tritt ein
linguallaut zu tn subter, inter, praeter, propter, extra, iatra,
ejterus, extcrior, externus, interius, internus, wie in unserm
after, goth. aftra, wo die Verbindung ft den laut zu verschie-
ben hinderte, denn extra, intra sehen wir dem goth. utajiru, in-
na{)rü entsprechen, wie aus afar afaj)f6 hätte entspringen können.
Allein die goth. spräche, obschon ufar und undar kennend,
weisz von keinem utar noch innar, man möchte wissen, wie in
ihr ivSörtoos lautete, für e^iarsoos setzte sie hindumists,
der hinterste statt des äuszersten und ßr 6 aaca, 6 eaaid-ev
sa innunia. das altn. ytri exterior, schw. Jttre, dän. ydre
gehen zurück auf eine partikel vir oder utr, die nicht vorkom-
men, das ags. fttera exterior, engl, utter, out wiederum auf
ein üter. friesisches üter extra und ütera exterior leiden kei-
nen Zweifel (Hichth. IIIS. 1119).
Auch alts. ist die partikel deutlich aufzuweisen, denn es
heiszl : libdun im far Citer laster. llel. 3, 5 ; far ütar niancun-
nies wiht. 31, 22, und nicht anders erscheint ahd. üjar zueon,
extra dubium (Graff 1, 536), weit häufiger hat dies üjar die
blosze bedeutung von ex (Graff 1, 536), was man versucht wäre
in üj ar zu zerlegen und dem goth. ut us (sp. 817) an die
seile zu stellen, obgleich ii?ar, ü^er noch in denkmdlern auf-
tritt, denen die einfache praep. ar, er = us längst entfremdet
war, und wie hätte aus üjar = ut us ein üjaro, üjaröst her-
vorgehen können? glaublicher also ist Hnzusammengesetztes
derivativisches ujar.
laicht allzu häufig zeigt sich mhd. öjer, MHrf Iduß gefahr der
Verwechslung mit ü^er = üj der, vor dat. f. oder gen. pl. ;
unzweifelhaß sind alte stellen, wo dem folgt oder männliches
und neutrales Substantiv im dat. sg. :
swie wunt er was zem töde, so kreAicIicb er sluoc,
daj Ü7er dem Schilde drapic gt-nuoc
des edelen gesleines. Kib. 926, 2,
WO drei handschrißeri einfaches öj lesen. ö;er Sahsenlande
mb. 139, 2 dürße scheinen üx, der Sahsen lande, verglichen
mit üz, der Hiunen laut 1130, 3, wo BCÜ ujjer bieten, doch
üjer iNiderlant 2S9, 2 lehnt den artikel ab und musz ü^er =
ö; enthalten. Unsicherheit trifl zumal die fügungeii, in wel-
chen ein f. folgt oder folgen könnte, huob in üjer toufe.
myst. 121, 20 gäbe einen beleg für unsere praep., wenn touf
m., für angeschleißes (a, der, wenn toufe f obwaltet, gleichen
iweifel rege macht ft^cr mä;e Iw. 6C33, das extra modum be-
deuten, aber auch dz, der nu'ije, wie 3274, sein kann; üz,or
m&i,e rieh. Trist. 11107 ; wan er sichs öjer mäje schaml. kröne
20207; ü^cr mäje kleit. 2146S ; schcene ö? der niAz.e 23254;
man wird lieber die praep. ft^er als üz, der annehmen, doch
sind beide richtig, das geläufige öjer not Bon. 17, 42. 26, 17.
47, 11. 103. 56, 43. 71, 13 ist doch wol stets u^cr, niemals (\t,
der. öjer der nalüre fli^. Flore 1S38 überliefert uns offenba-
res ft^cr extra, und hätte nicht dem von Laciiman.n vermuteten
über weichet^ tollen, gerade so steht ü^er burt, extra latus na-
vis. pass. K. 55, 40, teo/ur wir freilieh über bord sagen, man
halte zu mhd. iujer das parallele inner.
Nicht anders erscheinen mnl. uter »= extra und uter = ul
der, beide zulässig, jenes z. b. in utt-r bort. Sinke 10, 503,
wo Uuydeeoper ohne grund buter schreibt, es entspricht völlig
jenem mhd. ftjer bort. Nnl. ist aber uiter ausgestorben und
nur übrig in uitcrlijk äusierlich und der Zusammensetzung
uitcrbuurt (aiiszengemeinde), in uiterste (dusierste) vorausgesetzt.
Desto häufiger gilt nlid. auszer, meist als praeposition, zu-
Keilen als conjunction.
AUSZER
1030
1) auszer = ex: uszer der groszen lieb sprach er zu dem
Schacher. Keisersb. ehr. bilgr.i'i; die priesterschaft entpfohen
das blut Christi allein uszer dem kelch. 19 ; wie sie es auszer
des königs munde gehört. P/u/. 69; da mich aber gott auszer
meines vaters hause wandern hiesz (vulg. eduxit me de domo
patris mei). 1 Mos. 20, 13; wir sind aber getrost und haben
vielmehr lust auszer dem leibe zu wallen (iy.Sr]fif^aai. ex zoZ
acöfiaros, vulg. peregrinari a corpore, golh. u»lei{)an us ])amma
leika). 2 Cor. 5, 8 ; wiewol diese beiden stellen die stärkere be-
deutung von extra gestalten, so sind auch bei späteren schriß-
stellern noch einzelne auszer, für welche man heute lieber blo-
szes aus hören würde: ich bin verschiedene tage auszer Leip-
zig gewesen. Lessing 12, 115; ist der knabe auszer unserer
band. Klinger 5, 33S. doch mag man solche auszer wieder
verstehen = auszerhalb.
2) auszer = exlra, sowol räumlich und leiblich als abstract
genommen: ich habe dir ein stück landes gegeben auszer
(LXX v:xa^) deinen brüdern. 1 Mos. i% 22; den tisch aber
setze auszer dem furhang (LXX i'^cod'si'). 2 Mos. 26, 35; in
der hütten des Stifts auszer dem Vorhang. 27, 21 ; das soll er
alles hinaus füren auszer dem lager (LXX £?<y). 3 Mos. 4, 12 ;
und sol den fairen auszer dem lager füren. 4, 21 ; und seine
wonung sol auszer dem lager sein. 13,46; doch sol er auszer
seiner hütten sieben tage bleiben (LH £»«). 14, 8 ; die ganze
gemeine sol in steinigen auszer dem lager. 4 3ios. 15, 35; und
der blutrecher findet in auszer der grenzen seiner freien stad.
35, 27 ; und lieszen sie hauszen auszer dem lager Israel (LiX
ä'Sco Tr^a Tiaoeiißo/.rji, vulg. extra caslra, Lltoer hat das
e^oi doppelt wiedergegeben durch hauszen und auszer). Jos.
C, 23 ; es fielen aber auf Manasse zehen schnüre auszer dem
lande Gilead. 17,5; und soll in verbrennen an einem ort im
hause auszer dem heiligthum. £';. 43, 21; es ist nichts auszer
dem menschen, das in künte gemein machen (oiiStt^ iaxtp
e^cod-ev rov avd'Qc&rcov, vulg. nihil est extra hominem, goth.
nivailits ist utajirü mans). Marc. 7, 15; das ir zu derselbigen
zeit wäret one Christo frembde und auszer der bürgerschafl
Israel. Eph. 2, 12 ; derselbigen leichnam werden verbrant auszer
dem lager. Ilebr. 13,11; und die kelter ward auszer der stad
gekeltert (£tii}d'Ev Trjs nölecoi). offenb. 14,20;
dasz sich zu deiner zeit disz alles lasse zningen,
was auszer zäume iiel. Opitz 2, 6 ;
ein solches volk,
das auszer tugead lebt. 2, 7 ;
nur ich bin auszer kuinmer. Flexi.ng 507 ;
doch bin ich auszer schuld, Looau 1, 8, 75;
da er nun auszer hofnung vor alles war, slellele er seine
bofnung auf gott. pers. baumg. 1, 26 ; seid auszer furcht, ich
bin zugegen. Schiller 194*; die kirchen zu räumen und sich
auszer den mauern mit einem gotteshause zu begnügetf. 835;
so lange man jung und auszer Verhältnissen ist, soll man
reisen. Güthe an fr. v. St. 61 ; einen sprung auszer dem zu-
sammenhange der sinnenweit thun. Kant 2, 437; wenn ich
mich auszer dem felde der sinne damit hinauswage. 2, 515 ;
suche die quelle deiner Zufriedenheit in dir selbst, nicht auszer
dir auf; ich sage, die dinge sind auszer mir, weil ich sie so
ansehen musz. Lichtend. 1, 95; der kranke ist auszer gefahr
(hors de danger) ; ich bin daran auszer schuld ; ich bin auszer
Stande, dir zu helfen; es ist auszer der zeit (engl, out of time)
das zu thun ; ich esse nicht auszer der zeit (non opportuno tem-
pore); die Sache ist auszer allem zweifei; man wählt bald in,
bald auszer der reihe. Die heutige spräche pflegt, zumal für
sinnliches auszer vß ein schleppendes auszerhalb zu verwenden.
Das fiihd. schwanken zwischen üjer und Ö5 der zeigt sich aber
auch luicli heule in einigen rcdensarlcn, man sagt uuszcrnia-
szen und aus der maszeii, auszer acht und aus der aclit,
auszer alhem und aus dem atbeni, auszer bette und aus dem
bette, beiderlei ausdrucksweise ist gleich gerecht, belege für
aus der maszen stehen oben sp. 823, für aus der acht sp.
166; Casaubonus rühmte die Zierlichkeit dieser Übersetzung
auszer alle maszen. Lessing 8, 506 ; ihr mann war auszer
maszen unentschlüssig. 12, 152 ; Güthe zieht vor auszer acht
lassen. 37, so «»iii hoffentlich auch auszer maszen. die sache
ist auszer streit und aus dem streit; die sache völlig auszer
streit zu setzen. Lessing 8, 52S ; sehr mit unrecht getadelt wurde
sp. 795 auszer augcn lassen; wir sind aus der notli, aus
alier noth, auszer iiutU bietet sich in der Volkssprache, nicht
in büclurn dar; wieder auszer bette (hors du Ut) sein. Güt-
TCR 1, 95 ; auszer atiiem kommen, auszer athcm sein, sicli
65*
1031
AUSZER
AUSZER— ÄUSZERE
1032
auszer athem laufen {oben sp. 592) und aus dem athem. das
männliche und neutrale geschlecht hebt hier die praeposition
auszer über allen zweifel. aber auszer landes, nicht auszer
lande, s. hernach 6.
3) hervorzuheben ist auch das mit dem einfachen aus gleich-
berechtigte auszer vor dem persönlichen pronomen. sp. 822, 5
wurde nachgewiesen, dasz man sagte aus sich sein (non esse
apud se, sui non compotem esse), aus sich werden, geraten,
kommen, setzen, bringen, hier folgen nun Zeugnisse für auszer
in derselben läge {franz. hors de moi, toi, lui) : ein eifer für
die ehre des mannes, den ich hochschätze, setzt mich sogar
auszer mir. Liscov 16 ; wie dich sein wolgemeintes lob auszer
dir setzen können. 404 ; bei dem gesange kommen wir auszer
uns. sterben wollen wir und nicht leben! bei dem liede zer-
flieszen wir in froher wehmut und erwarten unsern tod mit
heiterkeit. Klopstock 7, 55; sie ist so auszer sich, dasz sie
nicht weisz, ob sie bei uns oder in Walhalla ist. 10, 222 ; ich
ward halb auszer mir, die thränen stürzten aus den äugen.
11, 18 ; der gedanke von seiner Psyche wieder getrennt zu wer-
den, setzte ihn auszer sich selbst. Wieland 1, 50 ; wie sehr
er auszer sich selbst war. 1, 249; auszer sich selbst gesetzt.
2, 223 ; Alcibiades gerieth beim anblick dieses gemühldes auszer
sich. 3, 261; vom anblick der künigin auszer sich gesetzt.
Schiller 259 ; wir erklärten ihm was wir wüsten, er kam
auszer sich. 749 ; die auszer sich gesetzten einwohner rann-
ten ungeduldig nach dem Osterthore. 876; seit er sich unter
den mordscenen der Bartholomaeusnacht auszer sich selbst
verloren hatte, war er nie wieder was er sein konnte. 1077 ;
wie er auszer sich ist, dasz man allen leuten ihre guter nimmt.
GöTHE 14, 257; sie ist darüber auszer sich und untröstlich.
19, 81 ; Wilhelm war auszer sich über diese nachricht. 19, 235 ;
in solch einem moment von auszer sich sein. Fr. Mijller 3,
259; im plötzlich erregten affect ist der mensch, wie man
sagt, auszer sich. Kant 10, 170. ein Sprachfehler, zu ivetchcm
das sich verleitete, ist es aber den acc. mit auszer zu verbin-
den, man hört unter dem volle: ich komme auszer mich, du
bist ganz auszer dich, und einzelne schreiben sogar: ihr bringt
mich auszer mich. Lenz 1, 219. Göthe, der hier immer den
richtigen casus setzt, wagt einmal auch ein substantivisches
auszerihneu: wobei sich mehr und mehr ergeben wird, wie
klar und richtig die alten das auszerihneu gewahr worden.
53, 66 == die äuszere naiur.
4) auszer == praeter, die örtliche Vorstellung des anszen-
seins übergehend in die abstracte des ausgenommenseins : und
er bracht zu das speisopfer und nam seine band vol und
zündets an auf dem altar, auszer des morgens brandopfer
{vulg. absque ceremonias holocausti matutini). 3 Mos. 9, 17 ;
und hat jemand dich beschlafen auszer deinem man. 4 Mos.
5, 20 ; auszer dem was er sonst vermag. 6, 21 ; und der herr
redet mit euch mitten aus dem feuer, die stim seiner wort
höretet ir, aber kein gleichnis sähet ir auszer der stim. 5 Mos.
4, 12 ; es ist niemand heilig wie der herr, auszer dir ist kei-
ner. 1 Sani. 2, 2 ; ich, ich bin der herr, und ist auszer mir
kein hciland. Es. 43, 11 ; ich bin der erst und bin der letzt
und auszer mir ist kein gott. 44,6; auf das man erfare, das
auszer mir nichts sei. 45, 6; denn es ist ein gott und ist kein
ander auszer im {nkr^v avrov, vulg. praeter cum). Marc. 12,
82; und sage nichts auszer dem, das die propheten gesagt
haben {vulg. nihil extra dicens). apost. gesch. 26, 22; einen
lindern grund kan niemand legen auszer dem, der gelegt ist
{vulg. praeter id quod posituni est). 1 Cor. 3,11;
ich lobe solche pracht,
die auszer menschen list natürlich ist gemacht. Opitz 1, 131;
alle, auszer ihm, waren der meinung, dasz man kijeg begin-
nen solle; man erlegte, auszer dem hären, auch noch zwei
Wölfe; ich verkaufe, auszer dem garten, alle meine grund-
Mücke; die gefangnen Verbrecher wurden, auszer einem be-
gnadigt
5) ivie nun das lebendige ausgenommen, mit seinem acc. vor
oder hinler sich zur hloszcn covjunclion wurde {oben sp. 874),
gieng auch die praeposition auszer mit ihrem daliv leicht über
in die conjunrtion praeter, nisi und hat dann den casus neben
sich, welchen die satzcnnstruction fordert: auszer (»iKr) das
feuer der räche saiie ihm aus den äugen. Loiirnstein Arm.
i, 10; 80 soll euch mein schif und alles was drinnen ist,
auszer die knechte, verfallen sein. unw. dncl. 782 ; niemand
kommt mir entgegen, auszer ein unverschämter. Lessinc. 2,
103; er nahm nun die Schlüssel der thore, die zublieben,
auszer das Rhonethor. Schiller 1082 ; man erlegte nichts,
auszer einen baren und zwei wölfe; ich habe an niemand,
auszer (an) dich, gedacht; ich verkaufe alle meine grund-
stücke, auszer einen garten nicht, mhd. galt in solcher tage
wan oder ane, wie auch nhd. zuweilen ohne kann gesetzt wer-
den. Beachtenswerth ist, dasz Ulfilas umgekehrt seine con-
junction aija zur praeposition werden und einen dat. von ihr
abhängen liesz, jenes TtXrjv avrov Marc. 12, 32 lautete gothisch
nist anl)ar aIja imma. Unser auszer dasz, auszer wenn ent-
spricht dem tat. praeterquam quod, si, nisi quod:
(loch dabei find
ich meine rechnung nicht, denn auszer dasz
ein solches spiel das unterhaltendste
nicht ist, gewann ich immer nicht am meisten
mit dir, wenn ich verlor? Lessinc 2, 227 ;
L. hörte ihn ohne andere bewegung an, auszer dasz sie oft
das niedergeschlagene äuge zu ihm bedauernd aufliob. .1. Paul
3, 70; auszer dasz dieses gar keine transcendentale betrach-
tung gewesen sein würde. Kant 2, 433 ; er geht alle tage spa-
zieren, auszer wenn übel weiter ist.
6) auszer steht als adv. für auszen, ahd. üjana, meist mit dem
gen.: auszer sind sie fältlecht, inner glatt. Forer fischb. 131' •
brant in und auszer er von zorn und bitter noth.
Werders Ariost 1, 29 ;
der pilgram, welchen du sihst auszer weges wallen.
Opitz;
ist, ist er auszer baums, doch dürft es leicht geschehen,
dasz mit der morgenröt wir ihn darinnen sehen.
Grvphiiis 707;
litt sie auch die pfeiT im munde,
wolle sie, war so beflissen,
nimmer auszer mundes wissen. Logau 3, 5, 64;
viel laufen in den sprachen und laufen auszer des weges.
ScHUPPius 729 ; in solchen reden kommet unsere rückständige
compagnie auszer des weges. unw. doct. 8li; auszer des hau-
ses. HoHBERG 1, 194'; mach dich auszer lands. Fierabr. H5;
ich brachte drei jähre auszer lands zu; er ist auszer lan-
des, geht auszer landes ; da die sinesischen prinzen einem
alten lierkommen zufolge, niemals auszer landes zu reisen
pflegten. Wieland 7, 134 ; daher erhielten sich ihre arbeiten
auch auszerlands in dem besitz eines Vorzugs, den ihnen keine
andere nation streitig machen konnte. 7, 261. ahd. hiesz es
üjana thes grabes, öjenan thes keliches, fi^an munistres, üjenan
ringes (Graff i, 537) und heute wird oft vorgezogen auszerhalb
des landes, grabes, ringes.
7) auszer = ausher, auszher, was die getoöhnliche Umstel-
lung ist von heraus, herausz : was soltestu da gutes schrei-
ben, wenn du so unvleiszig, unbedechtig auszer speiest, was
dir ins maul feilet? Luther 1, 389';
ach liehe fraw, tragt auszer wein,
und laszt uns alle Trölich sein. II. Sagos II. 2, 21*.
AUSZERAMTLICH, privatus und im adv. privatim, was nidit
ofßciell ist und auszerhalb dem dienstkreis geschieht: die War-
nung war auszeramtlich ; die äuszerung erfolgt auszeramtlich.
AUSZERDEM, praelerea, zusammengerücktes auszer dem,
extra illud, praeter id, begegnend der bedeutung von überdem,
über das, outre cela, übergehend in die von sonst, anderswo :
es ist wirklich eine art der fürchterlichsten prosa hier in
Weimar, wovon man auszerdcm nicht wol einen begrif hätte.
Göthe an Schiller 222. auszerdem dasz, auszer dasz, prae-
terquam quod. Kant 6, 362.
ÄUSZERE , ÄUSZERSTE , exlerus, exlerior, extrenrus. go'
thisch mangelnd; ahd. üjaro, öjarusto ; mhd. (ijer, üjcreste;
nnl. uitere, uiterste; ags. fttera, ütemest; engl, utter, utmost,
uttermost; altn. ytri, ylstr; schw. yttre, ytterste; ddn. ydre,
yderstc.
äuszere entspricht mehr dem lal. exterus als exterior, und
sein r ist nicht das unserer comparative, denn es steckt schon
im positiv der partikcl auszer und geht mit in den superl.
äuszerst ein, welchem jenes comparativische r fehlt (blind, blin-
der, lilindcst) ; also verhält es sich wie das r in bitter, superl.
bitterst, und der eigentliche romparativ würde lauten äuszerere,
ahd. ftjaroro, mhd. ft7,erre, gerade wie zum analogen ahd. hin-
taro sich wirklich ein iiiiiinroro, iiintartlsto darbietet, doch
die comparative A/,eire und äuszererc sind ungelirauchtich.
Unorganisch scheint der nhd. umlaut äiLszere, äuszersle und
dem obere, olierste, vordere, vorderste, ja detn magerere, ma-
gerste ganz entgegen, wiewol bei Luther auch ftl)ere, öbersle
vorkommt; das ahd. ftjaro, mhd. ftjer begehren auch nhd. äu-
szere, auszcrste, ohne umlaut. die deutsche theologie (ed
1033
ÄUSZERE
ÄÜSZERE — AÜSZERHALB
1034
Pfeiffer) cap. 7 hat auch der üszer menscüe, dem öszern
menschen und noch Keisebsbebg sagle uszere oder auszero,
bei Luther 15/ überall der umlaut euszere und euszerst. soll
man ihn aufs nnl. uitere, uiterst zurückführen? diesem aber
liegt auch uit und uiten = nhd. aus, auszen zum gründe,
in betrachl kommt zugleich der nordische umlatit ytri, yttre,
ydre und der ähnliche in efri superior, schw. üfre, ddn. övre,
doch gehört das weiter auszußhren nicht hierher.
Die bedeutungen ron äuszere berühren sich mit denen von
äuszerlich, auswendig und auswärtig, welchen das innere, in-
nerliche, inwendige entgegensteht, äuszere ist der einfachste
ausdruck und kann auch die zusammengesetzten vertreten.
1) der äuszere schmerz gegenüber dem inneren ; mhd. dag
üjer lop, diu iure tugent. Walth. 81,4. 5; das äuszere ansehen,
die äuszere gestalt, erscheinung, gegenüber dem inneren zustand,
wir sagen, ohne subst., das äuszere, franz. I'exterieur : das äu-
szere dieses mannes gefällt; er hat ein angenehmes äuszere;
schon in seinem äuszeren zeigten sich seine inneren Vorzüge.
2) die äuszere hand, die auswendige; die äuszere schale
oder haut, die auswendige, gleichsam nach auszen gewandte;
sein euszer wand. 1 kün. 6, 5 ; zum euszern vorhof. Ez. 40, 17.
42,1; vom euszern thor. 47, 2; das auswendige kleid, die
äuszere seile, mhd. hieszen, ohne beigeßigtes subst., bela-
gerte die innem, belagerer die üjern, die leute in der bürg
und die sie von auszen angreifen.
3) das äuszere, auswärtige, ausländische, fremde: die äu-
szere gienze ; das äuszere, ausländische porto ; die äuszeren
angelegenheiten, die auswärtigen ; etwa acht tage wird meine
reit durch äuszere geschälte aufgezehrt werden. Götue an
Schiller 176; die äuszeren kriege, die auswärtigen, ausländi-
schen, in der fremde geführten, gegenüber den inneren Unru-
hen, mhd. der üjer hunt. Bon. 12, 32, der fremde, den äu-
szem behalten = drauszen bleiben müssen. Stettler ann.
Helv. 323.
4) das äuszerste ist zugleich das fernste, letzte, hinterste,
höchste.
o) räumlich gedacht : das fewr verzert die euszersten lager.
4 Mos. 11, 1 ; an der euszersten grenze. 22, 36 ; bis an das
euszerste meer. 5, U. 24 ; die euszerste herberge. 2 kün. 6, 5 ;
das euszerste seines fingers. L«c. 16, 24, die spitze, das ende;
die äuszersten, ohne subst., das hinzu gedacht wird, sind die
höchsten, letzten stufen : als er auf den euszersten (stufen des
lebens, im höchsten alter) war. pers. baumg. 5, 2 ; die mauren
wurden aus dem äuszersten gründe wol aufgeführt. Weise
erzn. 1 ;
das keine steile höh, kein tiefer abgi-und schreckt,
an deren äuszerstem für dich ein lorbeer steckt.
i. E. Schlegel 1, 263;
die Baiern wurden bis an das äuszerste Schwaben zurückge-
drängt. Schiller 098. zu äuszerst drückt ein adverbiales ad
extremum aus : mit solchen Worten sie sich beide zu euszerst
der schranken fügten. Galmy 148 ; und als der afife ein welsche
oder baumnusz funden, bisz er darein, und dieweil im zu
euszerst die bittere leufte (schale) das maul zusammen zohe
u. s. w. Kirchhof it'enrfunm. 129';
hier musz ich arme frau von meinen schönen sitzen,
von meinem groszen reich und Völkern au$geja<;t,
zu euszerst meines lands bei kaltem winde schwitzen.
Fle«i!«(i 113;
StaufTachers haus verbirgt sich nicht, zu äuszerst
am ofnen lieerweg stehts, ein wirtlich dach
für alle wandrer, die des weges fahren. Schiller 520*.
b) abstracl genommen ist das äuszerste das höchste: die
äuszerste noth, extrema, summa necessitas; das äuszerste ver-
derben, das äuszerste elend, die äuszerste gcfahr, wo man
am rande des abgrunds steht; das äuszerste verderben. Kirch-
hof mil. disc. 180 ; der äuszerste (genauste, letzte) preis ;
die freiheil, die ihr uns zu geben ausgegangen,
ist ja der menschen lust und euszerstes verlangen.
Grtphii-s 1, 109;
aber nicht alles zuläszliche wäre löblich, noch alles euszerste
sicher. Lohemst. Arm. 2, 124 ; will ich mein äuszersles anwen-
den. Lessmg 1, 247 ; weil aber den wenigsten eine so äuszerste
Seltenheit zur hand sein dürfte. 9,231; da wir in absieht auf
causalitat ein äuszcrstes und oticrstcs wescn bedürfen. Kam
2,477; aufs äuszerste trcihts nur die liebe. Scoiller 193';
der kaiser hat mich bis zum äuszersten
gebracht, ich kann ihm nicht mehr ehrlich dienen. 363';
so sehr e« mich
empört, zu einem äuszersten zu greifen. 436";
wer wird auch gleich das äuszerste denken. GOthe 17, 167 ;
Melina ward mit allerlei mutwillen auf das äuszerste ge-
bracht. 18, 262 ; ich war entschlossen, die sache aufs äuszerste
kommen zu lassen. 20, 50 ; eine äuszerste abneigung gegen
alle gasthöfe. 25, 164 ; was nicht zum äuszersten bedarf war,
hat man mir abgenommen. Tieck 3, 15. das äuszerste steht
substantivisch, wie (Jas extrem: jedes äuszerste führt sie (die
kunst) zur natur zurück. Schiller 319 ; um sich aufs neue
zu erheben und so mit beständigem raschem Wechsel von
einem äuszersten zum andern zu eilen. 993; in der glückli-
chen mitte zwischen beiden äuszersten. 1030.
c) äuszerst als adv. steht für summe, maxime, extremement :
sei nicht mit deinem rothen haar
so äuszerst, Fuska, unzufrieden. Lesslns 1, 20;
so äuszerst war, nach Tacitiis bericht,
der alte Deutsch aufs spiel erpicht. 1, 22;
ich musz ihn sprechen, seiner majestät
ist äuszerst dran gelegen. Schiller 296" ;
eine führt dich zu der andern schmause,
den sich jede äuszerst ausersinnt. Götue 5, 254;
die jungen leute betrübten sich äuszerst. 15, 186 ; was ihn
äuszerst beunruhigte. 15, 194; er fürchtete sich äuszerst vor
dem lächerlichen, das uns der anschein ängstlicher gewissen-
haftigkeit vor der weit gibt. 19, 296 ; ein anhaltender regen
hatte die wege äuszerst verdorben. 25, 44; wenn wir ihn
nun hierüber äuszerst ausschalten. 25, 144 ; sowie nun eine
genauere kenntnis den künstler äuszerst fördert. 38, 12 ; alles
dieses sind umstände, die der einheit dieses Stücks auf das
äuszerste schaden und höchst fehlerhaft sind. 19, 161 ; woge-
gen Wilhelm aber aufs äuszerste protestierte. 19, 161. In an-
derm sinn verwandte die frühere spräche aufs äuszerste ßr
sogar: ich musz ihr aufs euszerst den besen kaufen, wann
sie nur ein stub auskehren will. Simpl. 3, 169, und ähnliches
hört man noch unter dem volk.
AUSZEIIEHELICH,^i7/e3t7im!«, auszer der ehe geschehend und
erzeugt: auszerehliche Verbindung, auszerehlicher beischlaf;
ein auszerehliches, unehliches kind.
ÄUSZEKER, m. homo abslemius, solitarius, der sieh der weit,
des Umgangs mit den leuten enthält. Stieler 70. s. äuszem 4.
ÄUSZEREUROPÄISCH : auszereuropäische musterstücke.
GöTHE 31, 99.
AUSZERGERICnTLICH, extrajudicialis, was nicht vor ge-
richt verhandelt wird: auszergerichtlicher befehl.
AUSZERGEWÖHiSXlCH, ungewöhnlich, auszer der gewohn-
heit.
AÜSZERHALB , extra, praeter, extrinsecus, ahd. öjarhalb
und üjarünhalb (Graff 4, S84); mhd. üjerhalp mit dal. oder
folgenden andern partikeln: üjerhalp der lür. Ai&. 1915, 1;
(Ijeihalp des mundes tür. Iw. 457 ; üjerhalp dem bürgelor.
Iw. 6147; üjerhalp bi der want. Iw. 91; itjcrhalb an der ge-
siht. Bari. 127, 41. Wie schon mhd. das nachfolgende der
zweifelhaß läszt, ob ein gen. oder dat. f. gemeint sei, findet
auch nhd. diese Unsicherheit statt, z. b. auszerhalb der stad
gegen mittag ein brunn war. lud. 7, 6; auszerhalb der her-
berg. weisth. 2, 231 und man hegreiß, dasz im m. und n. gen.
und dat. schwanken. Beispiele des dativs: auszerhalb dem ehe-
stande. Mela.>chth. im corp. doctr. christ. 496 ;
dasz dich ein andrer hat bescblafen
auszerhalb deim mann. II. Sachs IV. 1, 40*;
dieweil ich sonslen mit nichtes anders, auszerhalb meinem
vater unser, e. gn. zu verehren habe. Ri.-<gwald tr.Eck.XS';
ward ihm in der eil alles verdeckt auszerhalb eim fusz, wel-
chen die sonn schwarz brannte. Garg. 172*; auszerhalb dem
rechten. Opitz Arg. 2, 341 ; auszerhalb allen lästern. 2, 435 ;
auszerhalb dem gefängnis. pers. nsenth. 7, 20 ; er führete ein
eingezogen leben und machte sich auszerhalb seinem ampt
und beruf mit niemand gemein. Scucppics 308; auszerhalb
dem Zirkel des privatlebens. Wiela^d 2, 236 ; muste diese
praetur, ehe das tribunat auf sechs stellen gebracht ward,
auszerhalb demselben sein. Niebchr 2, 442. Belege für den
seltneren gen.: an eim sondern ort auszerhalb der ungleubi-
gen. LctherS, 271; so jemand zum andeminal, doch auszer-
halb einsteigens oder brechens gestolen bette, peinl. halsger.
ordn. 161; alles auszerhalb des herzens. Opitz Arg. 2, 191;
stirbst du auszerhalb des vatterlands. Pe/r. 215'; was auszer-
halb des kreises unsrcr sinne liegt. Wiela>b 3, 411. Da wo
auszerhalb ßr ausgenommen gesetzt ist, wird ihm sogar, wie
diesem, der casus des satzes selbst gelassen: aber die andern
personen in der kircben. auszerhalb die schulpersonen sollen
graf Philipps und graf Hans George zu bestellen haben. Luthers
1035 AUSZERHALBEN— ÄUSZERLICHKEIT
AUSZERMASZ EN — ÄUSZERN
1036
fcr. 5, 795; Huszerhalb den Gelanor. OpiTZj4r<;. 2, 320; sie hatten
keine einzige minuten zum spielen und spazieren, auszerlialb
die Jugend, ^¥elche mit ihrem praeceptor jedesmal eine stunde
nach dem essen spaziereten. Simpl. 1, 531. Dies auszerhalb
kann auch, wie auszer und auszerdem, die stelle vor conjunc-
tionen einnehmen, z. b. auszerhalb dasz sie hörner und lange
spitze obren hatten. Philander 2, 2. s. auszerthalb.
AUSZERHALBEN, yraeter, gleichviel mit auszerhalb : und
auszerhalben meinem groszen herzensrisz und leiden hat es
mir wol gegangen. Schweimciien l, 62.
AUSZERHÄUSLICH, was auszerhalb dem hause geschieht:
dasz ich in dieser ungerecht verkannten gesellschaft die ein-
zige auszerhäusliche consolation geniesze. Mercks briefs. 1,
200 ; das leben der Griechen und Römer wurde mehr auszer-
häuslich und unter der menge geführt. J. Paul friedensprc-
digt s. 30 ; auszerhäusliches vergnügen suchen.
ÄUSZERIN, f. solilaria, eine frau, die sich vom Umgang
der leute zurückzieht. Stieler 70. s. äuszerer.
AUSZERIRDISCH, überirdisch, quod supra terram est:
denn ein verdienst das auszerirdisch ist,
das in den lüften schwebt, in tönen nur,
in leicklcu bitdern unsern geisi uingaukelt.
GöTHE 9, 185;
auszerirdische wesen nöthigt er {Shakspeare) seinem unter-
nehmen zu dienen. 45, 119.
ÄUSZERLICH, exterus, externus, nnl. uiterlijk, mhd. üjeiTich
(pass. K. 320, 15), bei Keisersberg noch uszerlich, auszerlich, (has
im pf. Bb 4*), bei Luther euszerlich : an den euszerlichen ge-
scheften im hause gottes. Nc//. 11, 16 ; wer wil sagen, was er
verdienet, wenn mans euszerlich ansihet. Hiob 2t, 3t ; wenn das
herz traurig ist, so hilft kein euszerliche freude. spr. Sal. 14,
10 ; das reich gottes komt nicht mit euszerlichen gebärden.
Luc. 17, 20; ob unser cuszerlicher mensch verweset, so wird
doch der innerliche von tag zu tage verneuert {golh. {lauhjabai
sa utana unsar manna fravardjada, a})j)an sa innuma ananiu-
jada). 2 Cor. 4, 17 ; da wir kinder waren, waren wir gefangen
unter den euszerlichen Satzungen. Gal. 4, 3; euszerliche hei-
ligkeit. Ebr.9,1;
ein innerliches weih, ein äuszerliclier mann.
LoGAü 1, 10, 13;
wer an frömmigkeit kleiner und an reichthumb gröszer ist
als der andere, der ist dem äuszerlichen ansehen nach zwar
reich, aber in sich selbst arm. pers. rosenth. 7, 20 ; man be-
treugt die euszerliche sinn und betreugt ihren verstand, dar-
nach man einem ein brill aufsetzt. Lehmann 106 ; wir können
unsern kindern die äuszerlichen fehler des Übelstandes nicht
leichter abgewöhnen, als wenn wir ihnen solche vor den äu-
gen nachahmen. Rabener 1, 90 ; das herz bilden, ohne das
äuszerliche zu verabsäumen. 6, 12 ; sorgfältige bildung des
äuszerlichen. Gotter 2, xiv; die härte der seele bei äuszerli-
cher geschmeidigkeit und Sanftmut. 3, 9 ; Saturn der äuszcr-
lichste unter den Wandelsternen. Kant 8, 260 ; bei dem hiesi-
gen theater sind mehrere subjecte, die ein recht gutes äuszer-
liclies haben. Güthe an Schiller 796 ; nach den natürlichen
begriffen der äuszerlichen gerechtigkeit. Licutenberg 3, 171.
Man sagte früher sich auszerlich stellen, sich fremd und kalt
benehmen: stell dich auszerlich und dapfcrlich (fremd taid
derb). Keisersb. siben scheiden 7 ;
die landliorrn die haben sich
gegen uns gslcllt lani^ gar euszerlich. Ayrer 105';
der auserwelte held
sich gegen mir so euszcriicli stellt. 168';
er stellt sich gegen uns gar auszerlich, infrequens est nobis.
Stei^bach 1, 51.
ÄUSZERLICHKEIT, f. mhd. blnsz öjerkcit {pass. Ä. 400,43):
darumb ist dir not, das du in dich selber gekeret seiest und
dich allain haltest, es sei dann ampts halb ausz gehor-
same, da du gezwungen wilrst wider deinen willen zu auszcr-
lichait. so liis gehorsam und llitl das getreulich mit aufge-
hehtem herzen zu gof, und eil allweg wider zu dir selbs
hinein, da» geschieht laider nit, sonder si suchen eigcizlichait
in auszerlichail. Keisersb. has im pf AaS'; sie lud mich
manciien abend zu sich und wusle mich, der ich zwar ge-
sittet war, aber doch eigenllich was man leiiensarl nennt,
nicht besasz, in manchen kleinen äuszerlichkeileu zurecht zu
führen und zu verbessern. Götiik 25, 62; wenn der dichter
Ariosto seinem ihn aussciieltenden valer ergeben zuhört, so
liegt die äuszerlichlirit des vaters wie des sithnes von jedem III-
cherlichcii ab. J. Paul acsth. 1, 147 ; er hängt an äuszci lichkeiten
AüSZERMASZEN, s. auszer 2.
AUSZERMÄSZIG, modum egrediens: ich schlosz aus ihren
Schriften mit völliger Zuversicht auf einen auszermäszigen
Charakter. Fichtes leben 1, 181.
ÄUSZERN, auszer sich geben, thun, ist gebildet von auszer
wie nnl. uiten, ahd. öjon von uit und üj, mhd. sagte man
öjeren, mnd. nach Ssp. 2, 62 üteren, engl, utter. es kommt
meistenthcils mit sich verbunden vor.
1) weidmännisch, das wild äuszert sich, gleichsam thut sich
aus dem holze, kommt zum Vorschein; als wir auf der jagd
waren, äuszerte sich kein wild. Steinbach 1, 51.
2) von andern dingen, die sich zeigen : die blättern äuszern
sich, brechen aus; die gröszte Verlegenheit äuszertt; sich in
der gesellschaft; ein betrug, ein verdacht äuszerte sich in
diesem geschäft; eine gelegenheit äuszert sich;
als wenn beim amtsetat
ein minus sich statt plus geäuszert hatte. Gökingk. 2, 201 ;
ich schlief nicht, ich wachte nicht, ich schlummerte, ich ver-
nahm alles was um mich vorgieng sehr deutlich, und doch
konnte ich mich nicht regen, mich nicht äuszern. Götue 11,
369 ; eine gleiche Schwierigkeit äuszert sich. Kant 8, 22.
3) sich äuszern, sich aussprechen, ore prodere, mit worten
zu erkennen geben: er hat sich dahin geäuszert; ich mag
mich darüber nicht zu frühe äuszern ; er äuszert sich so
deutlich, dasz man ihn nicht inisverstehen kann, auch ohne
sich mit dem acc. : er äuszerte folgendes ; er hat den wünsch
geäuszert (ausgesprochen) ; er äuszert seine meinung stets un-
verholen; Forskaal hatte meinem vater geäuszert, dasz er
wünsche. Niebuhh kl. sehr. 1, 20. seilen sich äuszern mit dem
gen., in diesem sinn: überdem hat man noch nie gehört,
dasz ein wegen mordes zum tode verurtheilter sich beschwert
hätte, dasz ihm unrecht geschehe, jeder würde ihm ins ge-
siebt lachen, wenn er sich dessen äuszerte. Kant rechtsl.
1798 s. 231.
4) äuszern mit persönlichem acc. ist ungewöhnlich : sondern
euszert sich selbst und nahm knechtsgestait an (iavrop
ixs'vcoasv, golh. sik silban uslausida, vulg. semetipsuin
exinanivit). Philipp. 2, 7. in anderm sinn: im marchiereu
äuszerten mich ehrliche weiber. Simpl. 2, 145, d. h. vermieden
mich, enthielten sich meiner. Sehr häufig sagte man sich eines
dinges äuszern = enthalten, abthun. mhd. wil er sich siu
öjern. Schw. sp. ; mnl. wel he ir (der schädlichen Ihiere) sik
üteren name (nach dem) scaden. Ssp. 2, 62 ; andere belege die-
ses sich äuszern abstinere für den rechtsgebrauch gibt Haltaus
83. welchs beides (cujiis utriusque) der römisch bischof sich
bisher geeuszert hat. Luther 1, 02"; so viel genanter doctor
Martinus befunden würde, das er in einigem artikel geirret
bette, so wollen wir die ersten sein, die sich sein euszern.
1, 135'; das ir euch in dieser Sachen euszert des christlichen
namens und rhümefts des christlichen rechtes. 3, Its'; das
sie sich des meszhaltens aller ding euszern und enthalten.
3, t!)4 ; das die natur gewartet des, das sie nirgend siliet noch
empfindet, und sich des euszere, das sie sichtlich emplindcl.
3, 295 ; so ists auch kein fahr, das ir euch der unlcrthanen
damit eitszert, so ir die guter verkauft. 4, 318"; solche leut
für keine Christen zu halten sind, die sich so lange des sa-
cramenls euszern und entziehen. 4,42s"; da ist hohe teil,
das sich alle frome Christen ir (der falschen lehre) euszern.
6, 178'; so müste er (gott) wariich zuvor sich seiner rechten
gottheit euszern. 8, 3"; denn ich bei mir genzlich beschlos-
sen, ich wolle mich hinfurt ewers hofs gar euszern. 8, 173';
werden wir gezwungen, den christlichen nanien euch absagen
und euer ganz zu euszern. Luthers /ir. 2,355; liaus und hof
verlassen und sich der vorberhürlen stück euszern. Mei.an-
cmno^ü augsb.conf im coip.doctr. ehr. s. 9; das er darin nielils
heimlichs lürgenominen, oder sich der leut geeuszert, son-
dern alles am liecht gehandelt. Mei.anchth. rede von herzog
Ernsten, deutsch von Lauterbeck. /'/". 1503. s. 23; herzog Ott
und herzog Albrecht euszerten sich solches krieges. Aventin 4S5;
ganz in nllcr dimiütigkeit
{lial Clirislus) sich geeuszert scini'r golllicit.
II. Sachs H. 1,56';
wenn man mich hell zu gvatiern gliellen,
lum kind und bei die laut' zu Irultoti,
euszert ich mich durselben liun. H. Waidis 4, 69;
doch euszerxt du dich mciiuT klag
ein nntvvon zu veileihon. Wsckuehlin 86 ;
wer lebet, der nicht geht dos bleichen lode» bahn»
wer ist c», der sich selbst des graln's euszern kau?
Opitz ps. s. 172;
1037
ÄÜSZERN— AUSZIEHEN
AUSZIEHEN
1038
im fall er ein gebot nun etwan ewig nennt,
bezeugt er, dasi er disz von jenen andern fenn'.
so dasz es unrecht sich zu euszern dessen bürde,
bis er es, der es gab, auch selbst verendern würde.
Hugo Grot. «. 3S1 ;
dasz gott sich äuszert der gewall.
LoHENSTKiN getstl. gea. ib, li'Ji; ^
dasz er sich meiner gesellschaft in etwas euszern müslc. :
Philand. 2, 776 ; sobald sie aber wind bekamen, dasz der zaar
mich im land zu behalten entschlossen, wurden sie alle zu
stummen an mir, ja sie äuszerten sich auch meiner. Simpl.
1, 539 ; doch wollte ein solcher mensch sich der gesellschaft
ganz euszern. Weise erzn. 395. Stieler 70 hat noch folgende
beispiele: sich seiner gewalt euszern auf eine Zeitlang; sich
seines rechts euszern; sich der leute gesellschaft euszern;
sich eines freundschaft euszern ; icli werde mich nicht euszern
(nicht enlhallen) ?u euch zu kommen ; geeuszerte suchen, res
separalae. Frisch 1, 43 sich eines äuszern, eines umgany viei-
den. später erlischt der gebrauch dieses worls, und theilweise
an seine stelle getreten ist entäuszern w. m. s.
AUSZEKOKDENTLICH, cxtraordinarius : auszerordentliche
gäbe, ehre, liebe; auszerordenllicher festlag; auszerordentli-
clies mitglied; ein auszerordenllicher gesandter; alles was
mir von diesem auszerordentlichen manne bekannt geworden
ist. Lichtenberg 4, 139.
AUSZEUORDENTLICH, adv. extra ordincm, mirißce, exi-
mie: auszerordentlich beliebt, gelehrt, erfreut, klein, schön.
AUSZERREN, evellere, ausreiszen, auseinander zerren, dts-
trahere :
dem heisz ich auszenen alle sein ädern, fastn. sp. 596, 15 ;
man niusz dir die sei auszerren. 1093 ;
sie hatte schon ihre krause haarlocken ausgezerret. Simpl. 2,
541; die stolze noppel wusle ohndem nicht, wie sie das maul
solle krumm genug auszerren. Weise erin. 399; Wielands
goldner Spiegel ist ein ausgezerrler Uhsong. Weisze an Us.
ALSZERSINN'LICH, quod in sensus non cadit.
ALSZERTHÄLB, foris, exlrinsecus, mhd. üjerlhalb. Nib.
1915, 1. B (wie innerlhalben 1914,4. 1915,4); nhd. auszerthalb
des gelobten landes. Keisersb. ausg. der Juden J6; auszert-
halb des landes. WiRSCNG Ca/, h 2"; sie bleiben allzeit auszert-
halb des krieges anheims. Fraxk tceltb. 66*.
AUSZERTHALBEN, dasselbe: dasselbige bad nahe bei dem
Ihiirlin war innerthalben, da sich auszerlhalben Rinaldus ein-
gesetzt hatte. Boec. 1, 45' ; den Tartarus mag er auszerlhalben
aufschlieszen wem er will. Wieland 25, 98.
.\USZERU>G, f. nach den bedeutungen des äuszems,
1) signißcatio, dictum: schriftliche oder mündliche äusze-
rung; harte, wahnsinnige, thörichte äuszerung; vom lallen
und jauchzen des kindes bis zur treflichen äuszerung des
redners und Sängers. Götiie 20, 217; Faust merkte, dasz einige
wild, andere gerührt hinaufsahen und erkundigte sich um
den grund dieser äuszcrungen. Klixger 3, 117.
2) diverticulum, segregalio. Stieleh 70. Steixbach 52: nu
ist klar, das die euszerliche einigkeil römischer versamlung
macht nicht Christen, so macht ir euszerung gewislich auch
keine ketzer oder abtrünnigen. Llther 1, 266*.
AUSZERWÄRTS, extrorsum, auswärts, bei Alberüs auszer-
werts und so noch in der Wetterau; jeder sucht seinen him-
mel auszerwärts, wie glücklich bin ich, dasz ich meinen so
nahe habe. GOtiie an fr. von Stein 3, 140.
AUSZERWELTLICH, gleichviel mit auszerirdisch.
AUSZERWESENTLICH, non pertinens ad ipsam rem, «n-
vesenllich : zufällig und unserer natur auszerwescntlich. Fichte
fitlenl. 243; und dies ist nicht etwa eine auszerwesentlicbe
8ache, sondern es ist ein selir wesentliches krilerium. thats.
des betcusts. 106; Horaz schreibt vor, ein Schauspiel solle
nicht mehr nnd nicht weniger als fünf aufzüge haben, die
rcgcl ist so auszerwesentlich, dasz Wieland gemeint hat, Ho-
raz habe die jungen Pisonen zum besten haben wollen.
Schlegel dratn. kunsl 2, 105.
AUSZETTELN, exordiri, anzetteln : Zankapfel, welche unter
den dreien, verstand, willen und begicrde, einen vorzugsstreit
auszettrln. t. Birkex OL 43; das gerüchlc wurde an allen
Aussen ausgozellcU. 412.
AUSZEUGEN, generare: es zeugt kein rap ein zeislin aus.
AcRtcoLA ipr. 15*. man könnte aber für zeugt Uten zeucht
und dann gehört es zum folgenden ausziehen.
AUSZIEHEN, extrahere, educere.
1) kleider ausziehen, gegenmier dem anziehen, $o wie aufziehen
dem abziehen entgegensieht: als nu Joseph zu seinen brüdern
kam, zogen sie im seinen rock mit dem bunten rock aus, den er
an hatte. 1 Mos. 37, 23 ; und sol seine kleider darnach ausziehen
und ander kleider anziehen. 3 Mos. 6, 11 ; und Aaron sol in die
hüllen des slifls' gehen und ausziehen die leinen kleider, die
er anzog, da er in das heiüglhum gieng. 16, 23; und zeuch
Aaron seine kleider aus und zeuch sie Elcasar an seinem sone.
4 .Mos. 20, 26 ; und Jonathan zoch aus seinen rock, den er an
hatte. iSam. IS, 4; Irit nicht herzu, zeuch deine schuch aus
von deinen füszen. 2 Mos. 3, 5 ; wenn einer ein gut nicht be-
erben noch erkeufen woll, so zoch er seinen schuch aus und
gab in dem andern. Ruth 4, 7; die stifel halb ausziehen und
darnach fliehen. Garg. 61* ; nu musz hie ein fleischlicher
mensch seine schuhe ausziehen. Llther 4, 5* ; den kardinals-
hut ausziehen und mit dem Schwerte vertauschen. Klinge«
3, 233. dies letzte ist doch ungenau gesagt, da man den hut
abzieht, wie aufsetzt, richtig aber heiszt es das hemd, die
Strümpfe, die hosen, die handschuhe ausziehen ; du hast nun
die kinderschuhe ausgezogen und bist verständiger geworden ;
die kindische bubenschuch ausziehen. Simpl. 3, S7, vgl. aushüben.
Einem die kleider, das gewand ausziehen stellt sich nun um
in einen ausziehen, ihn des gewandes entledigen: du hast den
nackelen (nudis) die kleider ausgezogen. Hiob 22, 6 ; auf das
ich sie nicht nacket ausziehe und darstelle wie sie war, da
sie gebom ward. Hos. 2, 3 ; und zogen in aus und legten im
einen purpurmanlel an (ahd. inan intwälenle röllachan umbi
bigäbun inan). Matlh. 27, 2S ; fiel unter die mörder, die zogen
in aus (gotA. biraubödedun ina). Lucio, 30; der rauher liesz
den poeten ganz nackend ausziehen, pers. rosenth. 4, U ;
zeuch dich fein aus, das hat wol fug. Scheit grob. F4;
{die fraü) zeucht in {den mann) aus und an. Gnrg. 72'; ich
mag mich nicht ausziehen bevor ich schlafen gehe, sagt der
vater, wenn er sich des guts nicht vor der zeit an die kinder
entäusiem will {vgl. altheu) ;
der arme freund ist ausgezogen,
und fast wie Adam blosz' und naclit. Göthe 1, 210;
so lasset doch den fraun von stände
die tust, die diener auszuziehn! 1, 212.
sist ein sehclm, hat im spiel betrogen —
ja, und hat mich rein ausgezogen. Schiller 326;
sie haben ihn rein ausgezogen, gerupß, geplündert.
2) figürlich, für ablegen, deponere, eximere: ziehet den alten
menschen mit seinen werken aus und ziehet den neuen an (goth.
afslaupjandans izvis Jiana fairnjan mannan mi|) tojam is, jah
gahamol) niujainma). Col. 3, 9. 10 ; und hat ausgezogen die
fürstenthum und die gewalligen {vgl. goth. andham6nds sik).
2, 15; er hat meine ehre mir ausgezogen und die kröne von
meinem heubt genommen. Hiob 19, 9; wie die mönche uiid
alles geistliche volk than haben, so da meinen, wenn sie in
ein Winkel laufen, so sein sie heilig und allem gehorsam
ausgezogen. Llther 4, 452* ; so haben sie keine oberkeil und
sind aller oberkeil ausgezogen. 3,226'; sondern auch auszie-
hen alles was uns angehorn ist des veigenglichen wesens,
essen, trinken, schlafen. 6, 267' ; mistrauen, dasz die christ-
Uche lieb ganz und gar ausgezogen werde. Schlppils 749;
so viel ich noch scribenten angetroffen, erklären dieses also,
ob sei Bamberg schon damals von aller erzbischöflichen ge-
richlbarkeit ausgezogen und dem römischen pabst ohne mittel
untenvorfen worden. Hahx2, 212; mit der leichtesten untreue
an der kirche hat er sein gesdilechl ausgezogen. Schiller 79t* ;
alle grosze] schienen ihren groll ausgezogen zu haben. SI2; die
beiden eines Corneille und Voltaire ziehen weit eher ihre mensch-
heil als ihre würde aus. 1126; weil es einem nachdenkenden
wesen anständig ist, gewisse Zeiten der prtifung zu widmen,
hiebci aber alle Parteilichkeit gänzlich auszuziehen. Kant 2, 379 ;
der mensch, wenn er einen gewissen punkt der Verfeinerung
erhalten hat, scheint seinen originalcharakler ganz auszuzie-
hen. Klincer 5, 40 ; der mensch hat alle schäm ausgezogen.
3) haare ausziehen, aus dem hart, dem pferd aus dem schwänz;
den schwänz ausziehen ; dem vogel federn ausziehen ; sie liesz
sich einen holen zahn ausziehen, ausbrechen, ausreiszen; der
zahn ist mit der wurzel ausgezogen ; den star ausziehen : in-
dem sie {die ode) die einbildungskrafl mit bildern hinrciszt,
wie das licht einen, dem der slar ausgezogen worden. Lich-
tenberg 2, 39; die zunge ausziehen, ausreiszen:
und so ich atirh nicht thei entfliehen,
ihet man mir die zungn zum nack ausziehen.
H. .S»cn» IV. 3, 23'.
man sagt auch die zunge ausziehen ßr ausstrecken.
1039
AUSZIEHEN
AUSZIEHEN — AUSZIEREN
1040
4) Schwert und messer ausziehen (aus der scheide), slrin-
gere, ahd. arziohan und ögziohan (Gbaff 5, 607. 608),.m/jd. er-
ziehen. Parz. 421, 23. nhd. nicht mehr erziehen, nur auszie-
hen : ich wil. mein schwert ausziehen und meine hand sol
sie verderben. 2 Mos. 15, 9 ; euch aber wil ich under die bei-
den strewen und das schwert ausziehen binder euch her.
3 Mos. 26, 33 ; denn hundert und zwenzig tausent waren ge-
fallen, die das schwert ausziehen künden, rieht. 8,10; recket
die hand aus und zog sein schwert aus. Matlh. 26, 51; dasz
sie ire schwert ausziehen und ires ersten geschreies begin-
nen {beim blittgcricht). weislh. 2, 212; zogen aus drei bloszer
schwert. 3, 828 ; er zog sein schwerd aus und verschied auf
seinem freunde. Lessing 1, 167 ; wenn einer ein messer über
den andern auszeucht, weisth. 2, 160 ; ein messer ausziehe,
dasz man die spitz sehe. 2, 233. 235. vgl. ziehen und zücken.
5) den dorn, den splilter ausziehen aus dem fusz oder ßtiger,
den nagel aus dem holz, aus der wand, die kugel aus der wunde:
dorn ausziehe(n)s spiln. Fischaut unter d. spielen n° 31 ; dem wolf
steckte ein knochen im hals, der storch zog ihn aus; eine
hütte, die nicht weggefürt wird, welcher (cujus) negel sollen
nimmermehr ausgezogen und ire seile keines zurissen werden.
Es. 33, 20; alles was niet- und nagelfest ist, musz bleiben
und darf nicht ausgezogen werden, man soll die pflanze
beim versetzen behutsam ausziehen, damit die wurzel nicht
verletzt werde; der riesc zog eichen mit der wurzel aus.
die Quadratwurzel einer zahl ausziehen ; die wurzeln sind
noch nicht ausgezogen.
6) den zapfen ausziehen : ich habe die zapfen meiner ge-
fasze, wie er angeklopft hat, gar freundlich ausgezogen und
mir auch dagegen von dem seinigen reichen lassen. Götiie
an Lavaler 41. der pfropfen an der flasche ist noch unaus-
gezogen. einen krug wein ausziehen, austrinken, die grosze
hitze hat den boden ganz ausgezogen, alle feuchtigkeit aus
ihm gesogen.
7) die sonne, das licht zieht die färben aus; die violette
färbe ist am schnellsten ausgezogen ; die Chemiker lösen alle
Stoffe auf und ziehen sie aus ; durch langes sieden dem
fleisch seine kraft ausziehen ; die krankheit hat ihm die besten
kräfte ausgezogen ; mit einem rolhen ballkleide, dem die wal-
zer die färbe ausgezogen. J. Paul Tit. 1, 194.
8) auseinander, in die länge ziehen: das tischblatt auszie-
hen; das eisen auf dem ambosz ausziehen, strecken; den
draht dünn ausziehen ; das tuch, die wolle ausziehen ; die
getrocknete wasche ausziehen, recken; die Spinnerin zieht
den faden lang aus; beim schreiben die buchstaben fein aus-
ziehen ; auch die zarte ausgezogene handschrift kannte Albano
nicht. J. Paul Tit. 2, 55. figürlich, der krieg zieht sich aus,
in die länge; sie zog lange seufzer aus; was seufzen wurden
ausgezogen! Wirsü.ng Cal.hi'.
9) bötlicher ziehen die dauben aus, büchsenmacher das röhr
der schieszgcwehrc. es steckt noch ein alter schusz im laufe, der
musz erst ausgezogen werden. Fischaiit, die verschicdne arl der
lälze schildernd, sagt: und damit es nicht die zan pleck wie ein
wammest mit haften, so wirds gekollert mit knöpflin, etliche
haben glatte, andere rauhe, etliche ausgezogene, andere ein-
gezogene, etliche gehörnte, andere schneckenhäuslin. Garg.
1 15*, woraus aber nicht deutlich erhellt, was hier auszieheu und
einziehen meine.
10) ausziehen, erzeugen, gebären, hervorbringen: Gelulia ist
ein land, das vil clephanlen auszeucht. Frank «'<>/<&. 8'; Agil-
niundus hat gefunden in einer lach oder pfilz siben kinder,
die auf einmal ein hnr bett auszogen und geboren. 74'; darin
(in dem flusz) man schneckenheuscr Hndet, die da bärlen aus-
ziehen (aus welchen perlen hervorkommen). 32';
vom vogel cassita mit namen,
der nisict in des ircides samen,
darin junge ausziehn thet. II. Sachs IV. 3, 115';
die natur lüszt sich lenken, niciit breclien, wie löwen und
beren lassen sich zahm maclien, nicht ausziehen. Lehmann
147. s. ScuMEiLER 4, 246 und auszeugen.
11) ausziehen verwenden wir heute für cxcerpere, ein buch
ausziehen, seinen wesentlichen inhalt, oder was man gerade
davon braucht, herausnehmen, abkürzen: ich Iiahe nur ausge-
zogen, was sich wcitlüuftiger in den alten ausgaben der laii-
jersciien predigten findet. Tieck ges. nov. 9, 27 ; Göthcs werke
für das Wörterbuch auszuziehen, war vor allem noihwendig;
rechnungun aus dem schuldbuche ausziehen ; aus einer oper
einzelne aricn ausziehen. Der spräche des 10 jh, war aber
ausziehen ausnehmen, excipere, eximae, sich vorbehalten, ab-
rechnen: denn dieser psalm allen gemein ist und niemand aus-
zeucht (keinen ausnimmt). Luther 1,19'. 3, 2 ; dieweil ers im selbs
auszogen und fürbehalten, da er zu Petro sagt, was du lö-
sest auf der erden sol los sein. 1, 51" ; darumb musz diser
Spruch verstanden werden von solchen leiblichen stetten, die
insonderheit für andern ausgezogen und nötig zur Seligkeit
gemacht werden. 3, 89 ; die Juden etliche bücher mehr aus-
gezogen haben für junge leute nicht zu lesen. 4, l'; ausge-
zogen (ausgenommen) meister Hansen, der seines ampts hal-
ben dem nehesten böses thut. 4, 405" ; canones leren selbs,
das in allen gelübden autoritas superioris sol ausgenomen
sein, darumb sol in diesen gelübden auch autoritas dei aus-
gezogen sein, das sie wider gottes befehl nicht binden. Augsb.
conf. bei Luther 6, 373' U7/dMELANcnTH. corp. doctr. ehr. s. 31 ; ob-
gleich Moses gesagt hatte, das sie mit etlichen frembden bei-
den sollen keine freundschaft haben und machen, welche
nicht sie, sondern gott sonderlich ausgezogen hatte als seine
feinde. Luther 5, 392'; diese wort sind ein gebot, da nie-
mand von auszuziehen ist, sondern es betrift alle. Melan-
chthon im corp. Joc<r. 632. selten im n jh.: hiervon sind einige
auszuziehen. Opitz Arg. 2, 278.
12) häufig ist nun auch intransitives ausziehen (wie ziehen,
abziehen, anziehen, aufziehen, einziehen) für egredi, se abri-
pere, emigrare, und zwar
a) von thieren, fliehen: das wild zieht aus, wird flüchtig;
der hund zieht aus, entrinnt aufs schnellste; du hättest ihn
sollen ausziehen sehen ; hui was er auszieht ! vgl. ausstieben.
6) von menschen : da zoch Abram aus, wie der herr zu im
gesagt hatte. 1 Mos. 12, 4 ; und zogen aus zu reisen in das
land Canaan. 12, 5; darnach weich Abram ferner und zoch
aus gegen dem mittag. 12, 9; aber Jacob zoch aus von Ber-
saba und reiset gen Haran. 28, 10; zum lande ausziehen.
2 Mos. 1, 10 ; und ich wil disem volk gnade geben für den
Egyptern, das, wenn ir ausziehet, nicht leer ausziehet. 3, 21 ;
zeuch aus, du und alles volk das unter dir ist, darnach wil
ich ausziehen. 11, 8 ; von den lustgrebern aber zoch das volk
aus gen Hazeroth. 4 Mos. 11, 35 ; da zogen wir aus von Ho-
reb. 5 Mos. 1, 19 ; da nu das volk auszog aus seinen hüllen.
Jos. 3, 14 ; da zogen die kinder Israel aus. rieht. 20, 1 ; und
da sie von Jericho auszogen, folgte im vil volks nach. Matth.
20, 29 ; aber nach zwen tagen zog er aus von dannen. Joh.
4, 43; dag der hat einen son der usgezogen ist von sinem
brote. Magdeb. weisth. 40. 42 ; und wann andere herrn bei
iren eigen leuten alsdan ingezochen weren, sollen dieselben
alsbald ausziehen und unsern gn. h. platz und räum geben.
weisth. 2, 198 ; gebüden uszuziehen und das land zu weren.
1, 612 ; die Schelfen ziehen aus zum oberhof um sich rechtes
zu belehren, s. ausfahrt, ausflucht; wann nun der einfali
(des hauses) nahe ist, was soll man änderst thun, dann dasz
man sich aufs beldest so man kau davon mache und gar
ausziehe. Pelr. 191', in diesem sinn sagen wir häufig auszie-
hen: er ist aus meinem hause, von mir ausgezogen;
Franzosen ziehn jetzt stark in unser Deulscliland aus,
zu rauben unser gut, zu nemen unser haus.
LoGAü 1, 3, 60;
wann der fürst auszog (ausgieng), verfügte der bettler sich
stets dichte bei ihm. pcrs. laumg. 3, 3 ; die jüger ziehen aus
zur jagd; die reuler sind ausgezogen gegen die rauher; der
kaufinann zieht auf die messe aus.
c) man sagt auch ausziehen für herausziehen, extrahi: die
feuchtigkeit musz erst besser ausziehen, aus der wüsche, der
getünchten wand; der mehlbrei zieht aus, dampß aus.
AÜSZIEHER, Hl. ein geräth zum ausziehen, z. b. stiefelaus-
zieher, Stiefelknecht, wer die leidenschaften wie ein altes kleid
ablegen kann, aber dergleichen auszieher sind wenige. Hippel
br. 14, 220.
AUSZIEHSTUBE, f. zimmer zum etitklciden.
AUSZIEHTISCH, m. dessen eingeschobne bliUter tu beiden
Seiten ausgezogen werden können.
AlJSZlEHliNG, f. nach bedeutungen des ausziehens, i. b. aus-
Ziehung der färbe, des eisens. ehmals auch für erstreekung,
ausdehnung: eine verlcngening oder ausziebung der freiheit.
Melanciith. 1 Cor. 9.
AUSZIFil^EN, intendcre, acquirere, erzielen: ein mann, der
sich nachts in einen vortheil, beim tag ausgezielt^ setzet.
Kirchhof mil. disc. 177.
AUSZIEHEN, exornare: es ist schändlich, dasz ein König
1041
AUSZIERUNG — AUSZITrEM
AUSZOTTELN — AUSZUG
1042
sich mit kleidem ausziehre, wann das gemeine Tulk in ar-
mul sitzet, pers. baumg. 1, 12; wie wenn er dir mit dem
scliwerd den köpf vor die füsze legte? es gilt mir eben gleicb,
ob mein köpf mit einer kröne oder mit einem belle ausge-
ziebret wird. 3, 3 ; eines mannes baupt musz voll gebirn und
verstand sein und nicht ausgeziehret mit einem tulband vol-
ler edelgesteine. 4, 5; aus was Ursache soite ich mich dann
bemühen, disz haus höher aufzuführen oder auszuziebren?
6,12; ausgezierte kleiden Scbuppids 524;
die Wissenschaft ein lob recht auszuzieren
IIagedühm 1, HO;
ein glückwünschungsscbreiben ist eine abbandlung, worinnen
alle Wörter mit allen nur ersinnlicben anmerkungen ausge-
ziert sind. Rabener 1, 153; jedem war erlaubt, sie (die nar-
renmaske) an seinem tage cbai-akteristisch auszuzieren. Göthe
19, in ; ihr geist war fein und treffend, ihr gedächtnis so wo!
ausgeziert und ihr gemüt so schön. 21, 82; die ehre seine
abbandlung mit dero namen auszuzieren Kant 8, 5.
AL'SZIERUNG, f. die herlicbe auszierung der Peterskirebe.
Hahn 2, 119; Trimberg hatte gesunde und gute lehrsprüche,
aber hohe gedanken und lebhafte auszierungen wird man frei-
lich nicht oft in seinen gedichten fmden. Gellert 1, 19 ; dem
beklagten, verlassenen und von allen auszierungen des glucks
eniblösztcn Agathon. Wiei.and 2, 135 ; weisbeit im plan, Schön-
heit in der auszierung. Herder 2,126; die auszierung eines
märchens. Klinger 7, 38.
AUSZIFFERIEREN, ausrechnen:
und kan auch wol ausziiTeriren
wie sich ein ieder numerus geraert. fastn. sp. "41, 2.
AUSZIFFERN', dasselbe, nnl. uitcijferen: dise frog ziffrent
die lerer usz. Keisersb. post. 4, 34;
denn ich denke wie du, und empfand unwillon von jeher,
wenn habsüchtig ein mann mii dem trug aufopfernder Wahrheit
wucherte, sich auszifternd den vortheil, jenen den nacbtheil.
Voss 2, 58.
AUSZIMMERN, edolare, nnl. uittimmeren : den Schacht aus-
zimmern, mit limmerwerk bekleiden.
AUSZIN'NEN, slanno obducere, verzinnen, ein gefäsz aus-
zinnen.
AUSZIPFELN, den gerbem, die zipfel oder ende der aufge-
hängten feile ausziehen, sich auszipfeln, diffluere in lacinias.
Stieler 2632.
AUSZIPSEN, spiritum aegreducere: zips einmal aus! emi-
calo tandem suspiritus. Stieler 2634.
AUSZIRKELN, cj'rcjno emeliri, genau abmessen, compasser: und
begunden also die andern auch Iiinacb darinne zu klügeln, und
woltens mit der Vernunft und eigener klugbeit auszirkeln, wie
sichs soll reimen, wenn wir sollen alle zumal, so je geborn
sind, wider auferstehen. Lutuer 6, 209'; ein jeder stern hat
sein zugeeigneten lauf und ausgezirkelten gang seines auf-
und nidersteigens. Wirsuxc Ca/, b 3'; darmit man die künheit
und frävel derjenigen legt, so den bimmel wollen auszirkeln
und ausörtern. Frank veltb. 225'. vgl. ausecken.
AUSZIRKLER, m. metator: nachdem seine auszirkler ein
gelegenheit zur Wagenburg ausgemessen. Fmonsp. 3, 255'.
AUSZIRKLUNG, f Fischart ehzuchtb. E.
AUSZISCHELN, susuirando evulgare: geheimnisse auszi-
scbeln.
AUSZISCHEN, exsibilare, explodere, nnl. uitsissen, aus-
pfeifen: und werden ausgezischt, wie die schlechten komö-
dienschreiber. Lessi.nc 1, 352 ;
die harmonie der dinge wird gestört,
die tugead ausgezischt, der goiterstand entehrt.
WiELANO 5, 169.
intransitiv, cum tibilo exstingui: die kohle zischt im wasser
aus;
die fackel lodert wild, und zischt
schnell aus. Götter 1, 324.
6« WiEDEMAS!» oel. 23 Mteht geschrieben ausgelschischt, me das
nnl. sissen früher tsissen lautete, s. zischen.
AUSZITTERN, desinere tremere: aber er muste zur haus-
thüre wieder hinaus, damit seine bebende retterhand auszit-
ierte. J. Paol Hcsp. 1, IS ; in der absiebt, dasz der neue
nachklang seiner liebe in seinem herzen auszitiere. 2, 188;
der körperliche kitzel zittert als ein närrischer doppcllauter
und doppelsinn zwischen schmerz und lust aus. aeslh. 1, 103.
transitiv, cum tremore exlrudere: der sprachlose wonnescuf-
zer von der brüst in schnellen zOgen eingetrunken und freu-
dig schauernd in langen ausg«zittert. Resp. 3, 89.
AUSZOITELN, lacerum elabi: hauwet in (den hund) nun
ein Schwein, dasz im die därm zum leib auszotteln. Kircu-
BOF wendunm. 55'.
AUSZCCilTEN, efficere, hervorbringen : was das schmeich-
len eines .lacobs hat ausgezüchtet, das hat Esau erfahren.
Abr. a s. Clara 1, 109.
AUSZÜCKEN, slringere: sie werden ir schwert über Egvp-
ten auszücken. Reiszxer Jerus. 2, 20*. s. ausziehen und zücken.
AUSZUG, m. nach verschiednen bedeulunjen des auszie-
hens,
1) man sagt nicht der auszug des kleides, des Schwertes,
sondern das ausziehen.
2) icol aber heiszt auszug die länge des fadens beim spin-
nen, des wollfadens, auszug die Schublade oder ein brel, das
sich aus dem tisch ziehen Idszt.
3) auszug (extractus) eines briefes, bucbes, einer recbnung:
Auszug Schreibens von London; ich theile den brief hier
nur im auszuge mit; sie erhalten den auszug für die aus-
genommenen waaren. Rabener 3, 352. auszug = durc/isc/ini«;
der ablauf der Witterungen, in einem auszuge vieler jähre.
Kant 9, 54. historien, welche da sind menschlichen lebens
lebrmeisterin und aller ergetzlichkeiten kürzlicher auszug.
ScHDPPius 537; der ministerin ihr köpf war nicht übel, son-
dern bunt, er war ein kurzer pragmatischer auszug aus
zehn andern köpfen. J. Paul uns. löge 3, 10.
4) auszug des geistes, des besten, auszug heiszt das feinste
waizenmehl ; geistiger auszug gegohrener gelränke, brantwein.
Kant 10, 174.
mein Jerusalem, du auszug dieser well,
desgleichen nicht die see in ihren armen hält. Opitz 3, 41 ;
ich rühme billich dich, du haupistadt einer weit,
weil deiner gottlichkeit hier nichts die wage hält,
und du der auszug bist von lausenden der Reuszen.
Fleming 617;
ich bebe hoch die gaben,
mit denen Bresziaw ist den Sternen gleich erhaben,
ein auszug der natur, des landes beste ziehr.
TSCUERNI.NG s. 26;
Minillo aber du, du auszug meiner seelen.
HoFFMASjfswALDAU getr. Schäfer s. 82,
der auszug aller lust erwartet deiner hier, heldetibr.iä;
ja selbst von einem grün und bunten garten
scheint er (der pfauenschwanz) der inbegrif und auszug recht
zusein. Brockes 4, 165;
äpfel, die ein auszug aller lieblichen gewürze. 5, 12;
in einem auszug schöner wälder. 5, 122-,
du auszug aller tödlich feinen kräfte. Göthe 12,42;
der mensch auszug und gipfelblüte des thierreichs. J. Paul
'komet 3, 213. diesem auszug kommt die bedeulung von aus-
bund nahe, das aber andern Ursprung hat.
5) im 16j7j. galt auszug, wie ausziehen II) ßr excipere,
für exceptio, einrede, ausrede, ausßucht, ausnähme, ohn al-
len auszug und Widerrede, absch. des reichsreg. von 1501 §. 11 ;
auszug, die zu latein genennet werden dilatoriae. ordn. der
termin b. reichscatnmerg. von 1508. 5, 1; einred, auszug oder
anfechtung. cammerger. ordn. von 1521. 19, 10; wo solches
aus freventlichen auszügen oder Unverstand der procuratom
geschehen, von 1523. 7, 12; sein einred oder auszug anfech-
ten. 3, 9 ; aus freventlichen auszügen, versauranus. von 1527
§. 25; älteren beleg für diese rechtliche bedeulung liefert Hal-
taus sp. 90. und sollen die Juden solche stücke treulich hal-
ten obn allen betrug und auszug. l Macc. 8, 26 ; wer sich des
ergeben wil, das gottes reich in in kome und gottes wille
geschehe, der mache nur nicht viel auszuge. Lctber 1, 7S';
denn wie gut und billich rechte sind, so haben sie doch alle-
sampt ein auszug, das sie wider die not nicht treiben kön-
nen. 2, 202"; on einig auszug und Widerrede. 3, 107'; und
hie bebt sichs auch, das, wenn man gewisse regel und recht
stellen wil, so viel feile und auszuge sich begeben. 3, 318 ; es
komen feile, die einen auszug gewinnen, und wo man nicht
den auszug liesze geben, so were es das allergröszest un
recht. 3, 318; sol hie kein auszug gelten und das strenge,
steife recht gehen. 3, 318 ; wenn ein conditio, anhang oder
auszug dabei gesetzt würde. 5, 241*; dagegen sind nu etliche
klügling, die suchen ire auszuge, damit sie ja nicht ehelich
werden. 5,342'; lieber mache mir keinen auszug mit diesem
Stande. 5,343"; aber in theologia ist kein exceptio noch aus-
zug; darumb kan man da kein ge\vissc regel geben, man musz
66
1043
AUSZUG — AUSZWEIFELN
in so vielen auszügen zun örtem einschlagen, nu aber gehet
ein Jurist mit den particularibus um, so mancherlei auszüge
können haben, tischr. 402'. 403"; so versagst du mirs und
suchst so wundervil fauler auszüg. Wibsung Cal. ci'; die
fraw im mancherlei ursach zu verstehen gab und auszüg su-
chete, die wenig von im (als der da listig war) geglaubt wur-
den, ßocc. 1,219';
amice, wie gfelt dir der rhat?
gar nichts, als was du gvvis veriieiszt,
dasselb on alle auszüg leist. H. Sachs II. 2, 45';
weil procuratorcn und Juristen
machten mit iren schwinden listen
der aufschüb und auszüg so vil. II. 2, 62'';
sucht gar vil auszüg, list und renk. III. 1, 115»;
erwel dir kurz eins aus den zweien,
den tod oder das dich mag freien,
da wird kurzab kein auszüg in. III. 2, 111" ;
der faule sucht allzeit auszüg,
damit er sich entschulden müg. B. Waldis 4, 41 ;
derhalben weH sie kein auszüg in der sach mehr hatten, seia
sie gen Paris geführt. Kirchhof wendunm. 416' ; was sie mit
euch schaffen und gebieten, dasselb ohn alle widerred und
auszüg zu thun. Fronsperg kriegsb. 1, 19" ; sonsten würdestu
wol solche exceptiones und auszüg unterwegen lassen. Ayrer
proc. 1, 6. Später erloschen, und etwa nur noch in fassung
der rechtsgcschäßc übrig; so nennt man hin und wieder noch
auszüg, was beim abtreten eines guts ausgenommen und vor-
behalten wird, oder auch auszüg, wenn sich die eitern bei ih-
ren hindern auf den alten theil setzen, s. auszugshaus.
6) auszüg, nach dem intransitiven ausziehen, exitus: das
geschieht aber nit weder an unserem letzten uszzug. Kei-
sERSB. Christi, bilg. A2'; und Mose beschrieb iren auszüg.
4 Mos. 33, 2; auf das du des tages deines auszuges aus
Egyptenland gedenkest dein leben lang. 5 Mos. 10, 3 ; ich
kenne aber deine wonunge, deinen auszüg und einzug. Es.
37, 28; seines hohes und nideres hauswildes, oder vihes si-
cheren ein- und auszüg. Garg. 64'; der auszüg des heers
in den krieg; der auszüg der Studenten an einen andern ort ;
der auszüg aus einem in ein anderes haus.
AUSZUGM ACHER, m. niemals bin ich auf einen auszug-
macher oder verkürzer ungehaltener gewesen als auf diesen.
Lessinc 9, 235.
AUSZUGSHAUS, n. wohnung der eitern, die ihr gut den
kindern abgetreten haben, leib Zuchthaus.
AUSZUGSMACHER, m. der herr auszugsmacher in der ge-
lehrten Zeitung. Göthe 33, 115.
AUSZUGSWEISE, adv. summatim: und so wirkte in un-
serer Straszburger societiit Shakspeare stückweise und im
ganzen, stellen- und auszugsweise. Göthe 26, 74; briefe, die
man in alle zeitungen auszugsweise eingerückt hat. Lich-^
TENBERG 4, 170. früher hiesz es in auszugs weise: aber die
.luden in den dingen, die iren glauben antreffen, sind sie al-
lain inen selbst und sust kainem richter underworfen, sol
auch darüber kein crist mögen erkennen, es were dan in-
cidenter in ainem laischcn handel zum rechten in uszzugs-
wis ingehracht. Reüchlin augensp. 12*.
AUSZUPFEN, ei;e//ere, ausrupfen:
betten mein zollen ausgezupft. H. Sachs I, 495*;
ich wil im sein schwingfedern auszupfen. III. 3,78»;
ausgezupfte ermel und ausgehawene und verschnürte gcbreme
und schweife. Mathesiüs 10*; haare, wolle auszupfen, ausein-
ander ziehen; faden auszupfen.
AUSZUPFICHT, quod erui aptum est. Stiei.er 2G33.
AUSZilPSEL, n. ßoccus, ausgezupftes haar.
AUSZiJHNEN, iram ponere: er wird einmal auszürnen,
discedet ab eo ira. M. Neander syll. loc. 159'; das gewilter
hat ausgezürnl, es hörl auf tu donnern; das meer zürnt aus,
wird ruhiif.
AUSZVVACKEN, vi cvellern, abzwacken, loszwacken: einen
nagel anszwacken. «. auszwicken.
AUSZWAGEN, elucre, auswaschen, rein waschen: in gewis-
ser hofnung euch ganz trucken aus dem bad ausgezwagen
und abgcrihcn hcimzuferligen. Garg. 22"; wir werden wol heut
schön sein, also schön hat uns dis lustig herzenzümpclin
ausgezwagen. 135*.
AUSZWÄNGEN, comprimendo eruerc: enge stiefeln aus-
zwiingen.
AUSZWARCHEN, pellem, corium delrahere führt Stiel. 2650 an.
AUSZWEIFELN, finem facerc dubitandi
AUSZWEIGEN— AUTORGEWISSEN 1044
AUSZWEIGEN, transitiv ramos ampulare; intransitiv exire
inramos: päppeln hoch ausgezweigt und wein hinangezogen.
GüTUE 28, 14.
AUSZWICKEN, evellere: laszt euch den hart auszwicken,
doctor ! Schiller 607. hutmacher zwicken die groben haare aus.
AUSZWINGEN, exlorquere: seine härte zwang ihr thränen
aus; dem mörder das geständnis seiner that auszwingen, ab-
zwingen; also dis sind nu ganz ausgezwungene und gewal-
tige auslegung. Luther 1, 98' ; auf den bübischen und nichti-
gen vertrag, so Wolf Hornungen ausgezwungen und abge-
trungen ist. 5, 267". br. 3, 548.
AUSZWITSCHERN, fritinnire: ein geheimnis, das die vögel
auf dem dach auszwitschern.
AUT ODER NAUT, aliquid aut nihil, das ahd. iowiht und
niowiht, mhd. iht und niht, ags. äviht, avht und näviht, navht,
engl, aught und naught, ought or nought, welchem das nd.
aut oder naut zunächst steht, aber auch in Hessen und der
Welterau ist die redensart lebendig unter dem volk. naut ist
durchgängig, aut in vielen gegenden verbreitet, wie auch nicht
allgemein herscht, iht meistentheils vergessen ist, doch stammt
etwas selbst aus ihtwaj. Fischart Garg. 90' schreibt neut,
im reim auf heut, naut im schank {nichts im schrank). Simpl.
1, 102 ist noch heute wetlerauisch. aut oder naut heiszt
was es ma4 biegen oder brechen, man sagt von naut, es
kommt von aut, man sagt von nichts, es kommt von etwas,
es musz etwas wahres daran sein, zum gründe liegen, im
falle der noth und wenn es aut oder naut gilt, welches einem
braven weidmanne nicht selten begegnet, greift er lieber, wer
weisz wozu. Münchhausens reisen s. 30.
AUTER, n. über pecudis, die organische form eines urallen
Worts, das wir heute mit umlaut euter aussprechen, ahd. fttar
n. und ötaro wi. (Graff 1, 158), vgl. drozinta ütir, distenta
ubera, strotzende euter. Haupt 5, 329 ; ags. öder, engl, udder,
mnl. uder, nnl. uijer, alin. iugr «red iufr, schw.]nr, rfän. yver,
{wie altn. liuga dän. lyve) ; finnisch utar, estn. udder. dem ags.
iider, ahd. ütar zur seile steht das skr. ödhas, gr. ovd'aQ, dessen
& im lat. über zum lippenlaut wurde, unverwandt aber scheint
lat. Uterus, balg mit kurzem u. mhd. würde üter zu gewarlen
sein, wie noch Schweiz, uter gilt (Stald. 2, 425), bair. und östr.
aber auter (Schm. 1, 127. Höfer 1, 51) ; diese unumgelautete form
zeigt sich auch bei älteren schrißstellern hin und wieder: das
auter thut der eselin nach dem weifen gar wee. Forer thier-
buch 42', auch Henisch 159, 25 stellt noch auter auf, Dasypo-
Dius 255' üter, Maaler 122" eüler, Fischart Garg. 81" schreibt
uter, wie uster für auster. mehr «. euter.
AUTERBUTZ, ein dunkles, vielleicht mit dem vorausgehen-
den zusammengesetztes wort, in dem gedieht der narrenbrüler
was sitzst du allble du göckhan,
ob den eiern zu brüten than,
von dir ein gute frucht komt hart,
weil du selb nit bist gscblachter art,
sonder tölpiscli mit werk und wort,
ungescbickt grob an allem ort,
von dir kommen gleich die auterbutzen,
die niemand frommen oder nutzen. V, 410»;
ein andermal aber:
gar kurzweilig ist all mein brauch.
ich mag nit sein ein auderputz. II. 2, 44'.
einen abscheulichen auderbutz
zur weit sie bringt, der niemand nutz.
Hemigii duemonolatna, übers, von Privatds. l-f. 1598 s. ioi
butz bezeichnet nun vielfach ein dämonisches wesen, einen lu-
stigen oder traurigen hausgeist {mythol. 474. Schmeller 1, 229)
und leicht könnte man sich bezüge auf autcr hinzu denken,
z. b. dasz der daemon das euler der kühc oder schüfe aus-
zumelken pflegte, doch mMe eine bestätigende Überlieferung
und die form cuterbutz begegnen.
AUTHAL, n. das thal der aue:
das aullial und die hügel. Tirdge.
AUTHOR, n. das in die aue führende thor.
AUTOR, «i. beholfner, 'schon der zusammcnseltung wegen,
als Verfasser oder scluiftstcllcr:
mir will das kranke zeug nicht munden,
uuioren sollten erst gesunden. Göthe;
ein junger aulor, der sich noch nicht gedruckt gnsehn. 18, 320.
AUTORENDE, n. fast wurde ich mir lächerlich, dasz ich
90 crnsthait von meinem aulorcnde spreche. Rabener 6, 194.
ADTORKKHI.ER, »i. verzeihen sie meinen autorfehler, den
ich begangen liahe. Raiienkr 5, 170.
AUTORGEW ISSE.N, n ein reuiges autorgewissen. Rauk-
ner 5, 161
1045 AUTORHMDWERK— AUWINNEN
AUTORHANDV^'ERK, n.
Mops grüszt, als ein romanenschmid,
das autorhaadwerk, mich denn mit.
GÖEI.NGK 3, 162.
AUTORLEBEN, n. es {dieset buch) ist vieliuelir bestimmt,
die iiicken eines autorlebens auszufüllen. Göthe 26, 151.
ALTORMÄSZIG, ich theile ein Verzeichnis meiner autormä-
szigen fähigkeitea mit. Rabener 2, 7t.
ALTOHMIENE, f. eine stolze autormiene. Rabeser 4, 288.
* ALTORNOTH, f.: ich habe vergessen ihnen meine autor-
noth zu klagen: meine Schriften werden nachgedruckt. R\-
BE.N-ER 6, 236.
AUTORSCHAFT, f. im gewühl der autorschaft. Göeing» 1,
260; es ist gleichsam das goldne zeilalter der autorschaft.
GöTHE 18, 320.
AtTORVVELT, f. ich werde mir die feindschaft von der
halben autorwelt auf den hals ziehen. Rabe.ner 6, 194. an-
dere schreiben autorenwelL
AÜTORWESEN, n. zum schreiben und autorwesen ist er
nicht gemacht. Heynes briefe an Joh. Müller s. 75.
AUTSCH, interj. dolenlis, ein kraßvoller ausruf bei empfund-
nem sinnlichen schmerz, fortgebildet aus au oder ach, ähnlich
dem ätsch und hutsch für husch, denn man sagte ebentvol
ausch: da druckt mir {der h. Franciscus sprichls) Christus
seine wunden ein, mit solcher grausamer marter, das ich,
so oft er mir eine wunden eindruckt, laut rief ausch ausch!
0 wehe! Alberls harf. münche Eulenspiegel n* 558. Maaler
47S' hat utschl mit der schwächeren bedeutung von hem ! wel-
ches Dasvpodics verdeutscht durch botz, hei!
AUTSCHEN, autsch ausrufen.
AUWE, AUWEH, inlerj. dolenlis, mehr für den inneren,
geistigen schmerz, gegenüber jenem sinnlichen autsch. Luther,
wie awe, bawen, frawe, hawen = aue, bauen, fraue, hauen,
schreibt auch awe und verbindet es gern mit ja oder nein {wie
es 0 ja, 0 nein, ach ja, ach nein heiszl) : er sprach zu inen,
awe ja, der herr sei mit euch (LXX ^arco ovrca, vulg. sie).
2 Mos. 10, 10 ; er schrei und sprach, awe mein herr, dazu ists
entlehnt {LXX (a xvoie, vulg. heu heu heu, domine mi). 2kön.
6, 5 ; awe mein herr {LXX co xvois, vulg. heu heu heu, do-
mine mi). 6, 15 ; ists nicht fein ? awe ja, ganz fein. Luther
3,73; awe ja schöne folge. 3,46^'; awe wie wollen wir nu
thun? 4, 155*; awe ja, ziehet hin und bawet. 4, 24S'; awe,
jetzt fiile ich erst rechten glauben. 4, 323'; unser ungedult,
Wagen und awe schreien gefeit im wol. tischr. 209'; awe
nein. 244'; die ßgung erscheint aber auch bei andern, z. b.
auwe nain es. Wirsdsg Ca/. T4'. oß folgt ein genitiv oder ein
verbum:
auwe meines armen kopfs! Ublamd "15;
auwe, auwe, weh meiner hand! Atrer 377 ;
auwe, auwe meines herzen.' 408';
awe mir grawet. Wirsü>c Sl'; auwe, awe beichten! Z4*.
Das Volk sagt: er ist recht im auweh, in der klemme; nun
kommt er ins auweh.
Dies auwe, auweh entspricht dem mhd. owe und ouwe (gramm.
3; 293), hat aber in der heuligen schrißsprache etwas unedles,
man sagt lieber oweh! bei den dichtem des n jh. erscheinen
noch einzelne auweh, obschon oweh, ach weh vorherseht:
auweh! was bin ich doch als mein selbsteigner spoii.
FLKHI.tiG 621.
Seltsam ist, dasz Maaler 48' auwee und au auf frauen ein-
schränkt: ein wort eines betrübten und erschrocknen weibs, au
interjectio constcmafae mulieris, was ihm Hemsch 137 nach-
schreibt. Stieleb 2458 ßhrt neben oweh auweh an und be-
merkt die thüringische ausspräche auwich, sp. 62 ist ihm aber
aue ja quasi vero. aubi, aubi ja und aubeia wurden oben
sp. 598 angeführt, s. auwcih.
AUWEHZEN, auweh schreien, wie ächzen, ach rufen: wann
er etwan sochet (seufzet) und auwehzet auf seinem bett, da
er schmerzlich krank ligt. Geo. Scherer kunst und wund-
segen für schieszen. Ingotst. 1595. E4'.
AUWEIH, jüdische ausspräche des auweh: auweih ge-
schrien! au weih, au weih! ich bin ein betrogener mann,
der stein ist falsch. Hebel 3, 146.
AUWINNEN, eine Weiterbildung des auwi und aubi: als er
dieses noch redete, hörele ich ein geschrei undcr der truppe
und grewliches rufen : ach wehe, helas, auweh, mordio, hellio,
retlio, auwinnen auweh ! Philai«der 1, 672 ; 0 mordio, mordio,
heißo, kombt mir zu bülf, er schlegt mich zu tod. ach weh
AWASEL— AXT
1046
und ach weh, auwe und auwe, auwinnen auwe I 2, 351. dabei
ist an winn und we, wind und we (Schmeller 4, 109), so wie
ans ahd. winnan ^ulare (Graff 1, 876), mhd. winnen pati zu
denken, so dasz in winnen ein imperativ gelegen sein könnte,
vgl. annen.
.WVASEL, w». caro mortieina, esea, as, luder. tchon in der
lex Bajuv. 13, 4 heiszt es von einem getüdteten thier : recipe
animal, quod laesisti, quod nos auursum vocamus, mit den
Varianten auursan, auuorsan, auuarsan, auursam und nach
einer Wiener hs. des 12 jh. auuasel. diese letzte und jüngste
lesart stimmt zu dem im Schwabensp. 172 Wackem. 201 Laszb.,
so wie nochmals 179 Wackern. 213 Laszb. wiederholten aus-
druck der awasel, awesel, awursel, mit var. awese, acc. awe-
sen und daj awej n. auch im sinne von cadaver und bezüg-
lich auf 2 Mos. 21, 35, wo Luther das ass oder asz schreibt.
hEKTHOiv von Regensb., gleichfalls auf diese bibelstelle blickend,
setzt s. 94. 95 fünfmal der awehsel, und das Augsburger stadt-
buch s. 27 der awasel ; mit der neutralform ohne 1 zu stim-
men scheint irslageniu aweisiu {trie für irslagenin aweisin zu
lesen sein wird) occisa cadavera bei Notker ps. 62, 11. Schmel-
ler 4, 16. 172 hat noch nwns, abas.
Diese merkwürdigen aber schwierigen formen werfen licht auf
zwei, sp. 6 und 36 vielleicht falsch erklärte Wörter, aas und
abersei. denn aas aus essen, goth. itan zu leiten, hat der
analogie von esca und edere zum trotz sein bedenken, wie
wenn es verkürzt wäre aus jenem awes, awas? nnch deutli-
cher ergibt sich abersei als gleichbedeutend mit awersel und
dem allen awarsan, aworsan cadaver, esca, luder und kann in
den stellen bei M.vthesics sehr wol einen zurückgesetzten, ge-
plagten menschen meinen, den man noch heute ein aas orfer
luder nennen dürße. dazu tritt eine neue stelle, in welcher
abersel offenbar ßr lockspeise, luder genommen wird: disz
abersei (die erzählte fabel vom sperling) schenke ich heut zur
fasznacht. Schlppius 838. schwer aber ist es aworsan, aber-
sel, awasel, awehsel, aweise, awese, abas, aas untereinander
auszugleichen und zu deuten.
AWAWAÜ, ein alter name des W: die Teutschen wissen
gar nit, wie sie mit disem buchstaben dran sein, die ein we-
nig gelert sein, nennen in ein zwifach u. hie zu Augspurg
nennet man in in den teutschen schulen fast ungeheur als
awawau, welchs ich gedenk auch zwei u sein, auf grobschwä-
bisch oder mehr wirtenbergisch au genennet. Val. Ickelsa-
MER teutsche grammatica bl. B l'. offenbar liegt die benennung
vau = v, also vauvau, doppelt u zum gründe.
AX orfer achs, f sectiris, goth. aqizi, ahd. achus, alts. acus,
mhd. ackes (Bes. 6'), nnl. akse, altn. öx, schw. yxa, rfäM. ökse,
gr. «|t'r>7, lat. ascia f acsia von der würzet ac, die in acies
und im sisr. asri waltet, vgl. alru, die scharfe, beiszende Ihräne.
das heute angehängte t ist früher noch oß entbehrlich : i. b.
greifen die thier an mit spieszen, pfeilen, achsen, krummen
messem. Forer ßschb. 8S'; agkes, pl. egkese »eis/A. 3, 223 ;
scbidachs fastn. sp. 821,24; Maaler 48' schreibt ax oder achs,
Hemsch scheidet ait securis fon ax axis. vgl. Schm. 1, 25 äckes.
s. axt.
AXE = achse, /". lat. axis :
wo um die axe nur des lleiszes
sich leben und gesundheit schwingt. Gottkr 1, 462;
erdxxe, himmelaxe. J. Paul kl. bücherschau 1, 203; axendre-
hung der himmelskörper. Brandes astron. l, 122. am Wald-
stettensee ein Axenberg {von seinen scharfen ecken oder vom
drehen der schiffe darum?), bei Schiller 540 in den groszen
und kleinen Axen unterschieden; do si also furent bisz an
Axrn hin. Etterlin. Ebel schreibt Achsenberg und deutet
falsch auf ächzen, weil die gefährliche schiffart an den stei-
len wänden angst einjage.
AXHOSEL, m. und f. manubrium asdae: kein marker soll
hauwen einich grün holz zu hörnen {brennen), dann was man
mag mit einer achshoseln abeslagen. weisth. 1, 524 ; dorre holz
und was sie mit eim axhosel mögen abegeslagen, daj megen
sie holen. 1, 525. hosel ist blosz geraten und noch dunkel,
könnte es ßr hasel, haselstock stehen, woraus man axtstiele
machte ?
AXT, f securis, ascia. mit angehängtem t, wie in habicht
für habich, erzt ßr erz, pabst für pabes u. 0. m. bet Keisersb.
Sünden des munds 5' findet sich geschrieben agst, 6« Luther
entschieden axt : holet mit der hand die axt aus, das holz ab-
zuhawcn. i Mos. 19, 5; so soltu die bewme nicht verderben,
das du mit exten dran faresL 20, ^9; und nam eine axt in
66*
1047
ÄXTCIIEN— AXTHELM
ÄXTLEIN— AZUR
1048
seine band und hieb einen ast von bewmen. rieht. 9, 48;
man sihel die exte oben her bücken, wie man in einen wald
hawet. ps. 74, 5 ; mag sich auch eine axt rbümen wider den,
so damit hewet? Es. 10, 15; si faren daher, das der hämisch
brasselt und komen mit heerskraft, und bnngen exte über
sie, wie die bolzhewer. Jer. 46, 22 ; es ist schon die axt den
bewmen an die wurzel gelegt. Matth. 3, 10. Luc. 3, 9, golh. so
aqizi at vaurtim bagnie ligi}) ; das ich eitel donnerschlege
wider das bapstthumb reden künd und ein jeglich wort
ein donneraxt were. lischr. 244'. 24!)*; der axt allweg linden
ein Stil. Kirchhof itendimm. 43'; dieser axt weis« ich schon
einen stiel. Weise erzn. 93, wie sonitt: dieser hacke ist bald
ein stiel gefunden, man saqt auch: von vielen schlagen
wird die axt stumpf; zu einem bösen ast, einer harten eiche
gehört eine scharfe axt; wills gott, so kräht (kreit) eine axt
unter der bank (s. axlhelm). Fisciiart schrieb achszt: man
gesegnets im nit wie dem schweizerischen amptmann mit der
achszt im bad. Garg. 6l'; ja war nit Minerva in Jupiters hirn
durch orenöfnung des Vulcan achszt erzeuget? 105'; und un-
terscheidet davon achszt (axe): es war allda ein solch ein-
reuten von wein zur achszt und schif, als vil all berge trau-
ben geben, wie vil kornür an stengelein heben. 59*. aber
auch bei Zinkgr. 47, 23 heiszt es wein auf der axt nacher
Straszburg führen, statt axe, achse.
ÄXTCHEN, n. asciola.
AXTER, /. ptca, die eisler. Henisch 159. s. agalaster und
atzel.
AXTHELM, manubnum asciae. Stieler 738. dem wort ent-
spricht das umgestellte ahd. helmaciius bipennis (Graff 1, 136),
das eine gehelmte, gestielte axt bedeuten musz, wie helmbarte
eine gestielte, mit handgrif versehene harte; nicht können beide
Wörter ausdrücken sollen, dasz axt und barte helme spalten.
die bedeutung von axthelm erhellt klar aus der bekannten fa-
bel, wo ein bauer den wald bittet:
du wölst micli lassen hauwen ab
ein axlhelm
und liesz nicht bleiben bei eim heim,
sonder er hielt sich wie ein schelm,
das heim dem schelmen ursach gab,
dasz er bei hundert stamm hieb ab. Albhuüs 144.
mhd. einem manne brast ein axsstil,
do bat er alle boume vil
um einen halp, der waer veste. alld. wäld^Z, 225,
und halp ist wieder mojiubrium läszt ein herr hauen, so
sollen die märker dabei still sfehn, bis er sein theil geladen,
dann aber zugreifen, äste und abschlage nehmen, folgends
der nächste marker sein axthelm vorschlagen und dieselbige
länge hauen weisth. 3, 402. vorschlagen wird hier meinen, in
den bäum mit dem bell einschlagen, wie man von den hexen
glaubte, dasz sie eine axt in die thürseule schlagen und aus
dem axthelm milch melken (mythol. 1025). Keisersberg, als
er einmal ein wunder berichtet, fügt hinzu: das was ein wun-
derbarliche Verwandlung, und also wenn gott wil, so kreg«t
ein axthelm under dem bank, sprechen die bauren. omeisz 32'
(s. vorhin axt). falsch also ist Adelungs annähme, axthelm
sei der hintere dicke theil (das äuge) der axt, in welchen^ der
stiel befestigt werde.
Ä.XTLEIN, n. asctola.
AXTSTIEL, VI. capulus, manubrium asciae. s. axhosel,
axthelm.
AY, ein undeutscher diphthong, gleich dem einfachen y ganz
zu meiden, ei, mai, laie. Baier, und alle solche Wörter, wei-
chen in der ausspräche des vocals nicht von einander ab, wie
schon die mhd. Schreibung ei pl. eiger, leige, Beier oder Bei-
ger erkennen läszt.
AZ, s. ATZ.
AZUR, m. hochblaue, himmelblaue färbe, ein fremdes, erst
seit dem vorigen Jahrhundert nach dem franz. azur, engl, azure
gangbares wort, den dichtem zum reim auf nur, spur, flur ge-
legen, azur selbst, it. azzurro, azzuolo ist aber entstellt aus
lazur, lazul, lapis lazuli, (Dücange s v.. lazur) und mhd. sagte
man lajür. Trist. 397, 35. Wigal. 15, 26. 103, 8. 189, 21, wie noch
nhd. lasur, lasurstein (Stieler 2140), mit lack, endig (indiy)
und lasur. Simpl. 1, 75 ; poln. russ. lazur.
und wie im aug die cinzlen färben starben
im grün der see und in der luft azur. Rückbrt 301 ;
enget mit lilien
stehn im azur,
fromme vigilicn
singt die natur. Platen 53'.
AZURN, caeruleus (ahd. weitin), gebildet wie silbern, ku-
pfern, ledern, mhd. lajürvar. Wigal. 211, 17. poln. lazurowy.
die weilen azurnen gefilde
flimmern auf einmal umher mit schärfer strahlenden Sternen.
Zaciiahiä ;
nur ein welkendes roth weilt am azurenen west.
Cur. Stolberc 1, 14.
1049
1050
B.
1) B nimmt in allen dem phönicischgrieehtsehen entstammen-
den alphabelen gleich hinter dem A seine bedeutsame stelle ein.
denn dasz auf k, den grund aller vocale, unmittelbar die drei
mediae, als grund und boden aller stummen consonanlen fol-
gen, musz ein groszes gewicht haben, auch bei den Gothen
hapete die reiheBGÜ; im lateinischen aiphabet, aus dem her-
nach die meisten europäischen flössen, ist sie gestört dadurch,
dasz dem ursprünglich mit Y identischen zeichen C bedeutung
der tenuis K beigelegt, die der media G auf die siebente stelle,
d. h. des griechischen Z gewiesen wurde, und G hat mit Z,
wie unter G gezeigt werden soll, manigfache berührung. Eine
andere beeinträchtigung des BGD fand statt im altslavischen
aiphabet, welches zwischen B tmd G das V (vidi!) rüchte ; schon
der diesem V in der cyrillischen Ordnung abgehende zahlwerlh
Idszt erkennen, dasz die einschaltung unursprünglich war, und
scheint zu zeugen ßr das mindere alter der glagoliliscken, vi-
dil auch unter die zahlen aufnehmenden, doch, wie in deva-
nägart die zeichen ßr ba und va einander gleichen, finden auch
bei uns Übergänge des B «n V statt.
2) die sprachen standen nicht still, aber in ihren bewegun-
gen waltete reget, alle stummen consonanten halten, wie die
geslime sich von osten gen weslen drehen, ihren festen na-
turgang ein, so dasz sich die weiche, volle, tönende media
zur dünnen, dumpfen tenuis erhärtet, die harte tenuis in aspi-
rata spaltet und die entfaltete aspirata wieder zur media zu-
sammenschlieszt. hiermit ist der kreislauf vollendet und kann
von neuem beginnen, wer wollte nicht die media obenan stel-
len? unnatürlich wäre ein fortschritt aus ihr zur aspirata, aus
der aspirata zur tenuis, aus der tenuis zur media, und nur
im rückschritt oder erschlaffen mag ein solcher Wechsel sich
kundthun. es gibt aber sprachen, die der media ganz, oder
der meisleti aspiraten verlustig gehn, keine, der die tenuis ge-
bräche.
Diese der etymologie willkommne und heilsame lautverschie-
bung, obgleich in allen alten und neuen sprachen hin und
wieder oder strichweise auftauchend, ist doch bei der deutschen
zunge am wahrnehmbarsten und in zweimaligem ansalz durch-
gedrungen, gerade wie, die stummen consonanten der hoch-
deutschen mundart auffallend abtreten von denen jeder andern
deutschen spräche, ebenso entfernen diese sich von allen nicht-
deutschen, urverwandten sprachen, gegenüber der groszen masse
des Sanskrit, griechischen, slavischen, lateinischen, keltischen
findet sich die gothischnordischniederdeutsche eigenheit in ge-
ringerem umfang, und gegenüber diesen letzten einzig und al-
lein die hochdeutsche im geringsten, ei scheint als ob der
Sprachgeist, indem er jenen ausschritt zuliesz, der spitze des-
selben nur den engsten räum gestatten wollte, ältestes beispiel
der laulverschiebung gewährt uns das zend im Verhältnis zum
Sanskrit, neuestes das ungrische entgegen dem finnischen ; ein-
zelne Verschiebungen treffen wir im sanskrit, griechischen und
latein genug an, wie das gothische und hochdeutsche auch aus-
nahmen davon darbietet.
Um bei allen folgenden buchstaben des alphabets darauf zu-
rückgehen zu können, soll das gesetz der lautverschiebung hier
reranschaulichl werden, wobei wir die horizontallinien reihen,
die senkrechten stufen nennen:
griech. med. ten. asp.
golh. len. asp. med.
ahd. asp. med. len.
wer anders beginnen oder ordnen, i. b. die dritte reihe an die
stelle der zweiten setzen wollte, würde die geschichtliche folge
der stufen aufheben, man merke,
a) in den anlauten prägt das gesetz sich am reinsten aus,
erscheint dennoch auch inlautend und auslautend oß beobach-
tet, nicht selten mit einiger Verschiedenheit.
b) nur auf urverwandte Wörter erstreckt es sieh, nickt auf
erborgte; höchstens wird diesen analoge behandlung zu theil.
c) ausnahmsweise kann die Verschiebung sich in derselben
reihe, an einzelnen Wörtern einer mundart, ja bei der flexion
eines worts erzeigen, so läuß gegenüber dem goth. J)vairh das
ahd. duerah, mhd. twerh, nhd. zwercli alle lingualstufen durch,
statt dasz die beiden letzten dialecle bitten das D festhalten
sollen; nhd. selbst sehen wir geitig in geizig, im schwed. thu,
then M&(T(;e/in in du, den. unser vater: pater stört ;_ das goth.
fadr setzt nothtrendig ein älteres fa|)r voraus und die organische
reihe wäre pater, fajjr, vader. darin liegt eben ein unwidersprech-
licher beweis ßr die succession der laute, lat. pario und fero
sind doch einer würzet, das goth. gaf bildet den pl. gebun.
im lat. rufus hat F älteres ansehen als das B in ruber.
d) wo statt der verschobnen gleiche mutae eintreten, liegt ein
hemmnis oder eine lücke im weg, z. b. der Gothe behält die
Partikeln du und dis mit alter media bei, wie sie im sl. do
und lat. dis walten, verschiebt nicht in tu und tis, analog dem
ahd. zi und zir, was doch geschah in der goth. partikel tus,
ahd. zur = gr. dvs, skr. dus, dur. im goth. dags hingegen
haßet media, wie im lat. dies, sl. d n , skr. dina, und hier
entspricht ihr auch ahd. tenuis tac, ja mit fortklebender media
Otfbieds dag. im hintergrunde des goth. D bei diesem wort
müsle also älteres TH und T liegen, wie schon Bopp aus sin-
teins ein teina, anschlieszend ans skr. dina folgerte, noch auf-
fallendere beispiele wird die labialordnung an band geben, vgl
berg, bitten, binden hernach unter 5.
e) am vollständigsten erscheint die lautverschiebung bei den
lingualen; in der labial- und gutturalordnung stockt sie eini-
gemal und zwar immer an den aspiraten, die sich allzusehr
verengen und dann still stehen bleiben, von den lingualen wird
näher bei D, ton de» gutturalen bei G gehandelt.
3) auf die labialen wendet sich die Verschiebung also an:
griech. B P PH
goth. P PH B
ahd. PH B P,
da aber die goth. wie lat. asp. zu engerem F gediehen ist,
steht ihr ahd. F und V zur seile, gerade wie bei den guttura-
len dem gr. K goth. H für CH und wiederum ahd. H, ßr den
inlaul war CH geblieben, als nun ahd. V = BH den platz
der organischen media einbekam, gewann diese daßr räum an
dritter stufe und behielt ihre gothisclK bedeutung zum wenig-
sten neben slrengahd. P. jene theoretisclie fassung verändert
sich in der praxis je nach anlaut, inlaul und auslaiä.
anlautend gr.
B
P
PH
goth.
P
F
B
^ ahd.
PH
V,F
P,B
inlautend gr.
B
P
PH
goth.
P
B,F
B
ahd.
F
V,B,P
P,B.
auslautend gr.
ß
P
PH
goth.
P
F
B
ahd.
F
B.P
P,B.
nhd. bestimmen sich diese labialen folgendergeslall :
anlautend PF V, F B
in- und ausl. F B, F B.
hiernach sind also zwei hauptarten des hetUigen B zu un-
terscheiden, insofern es der urrencandten tenuis zweiter stufe,
oder der urverwandten asp. dritter stufe entspricht, im ersten
fall hat sich der inlaut zu lief gesenkt und geräth in Zwiespalt
mit dem anlaut. der zweite fall ist vollkommen organisch und
darum hier zuerst zu behandeln.
4) unserm anlautenden nhd. B, wo es goth. B und slreng-
ahd. P ausdrückt, steht also gr. PH und lat. F zur seile, das
sanskrit enlfaltel eine doppelle aspiralion BH und PH, jene
von groszem, diese von geringem bereich und beide begegnen
deutschem B ; der Uli. spräche entgehl die asp. ganz, die sl.
hat blosz CH, und ihr B sowol gr. B als PH zu vertreten.
a) beispiele des skr. BH: bbadsch (bhag) backen; bhära
onus, babre ; bhadni felix, optimus, goth. batiza, bessere ; bhri
ferre, gebätiren ; bhl timere, beben ; bhid beiszen ; bhil spalten,
beil; bhudsch (bbug) biegen, drehen; bhu esse, ich bin; bhrü
augbraue; bhratri hrudcr.
1051
B
B
1052
b) beispiel des skr. PH : phull blatt, blühen.
c) beispiele des gr. PH : fSQeiv yaarsQi, tragen, gebähren ;
tpövos, todschlag, ahd. pano, altn. bani, einer würzet mit un-
serm balin, mhd. ban, via; cpevyeiv, terga vertcre, biegen,
ausbiegen, weichen; fe'ßo/iai fößos, bebe; fi'co ich bin;
ipvXXov h\üi\.; fQarrjQ briider; y^f'a^) brunne ; y^y^os buche ;
gpö^Tos bürde; (päyio ich backe.
d) beispiele des lat. F: follis balg; -fer -bar; ferre ge-
bähren; fovere bähen, bächeln ; barbabart; facere bauen; fio,
fui ich bin; funus ban, bahn; fiber biber; fugio biege; fin-
dere beiszen ; flare blasen ; folium blatt ; fligere bläuen ; faba
bohne ; forare bohren ; fodere goth. bautan, boszen ; frui brau-
chen ; frangere brechen ; fervere brennen ; fagus buche, eini-
gemal mit Wechsel der labialis und lingualis: timeo, timor
für fimeo, fimor = thimeo, thimor, litt, bijau, baime, skr.
bhi, bhima ; rutilus = rufilu?, golh. rauds, ahd. röt, vgl. fera
=.d'rio, goth. dius, ahd. tior.
e) beispiele des sl. B: brati tragen, beru trage, gebähre;
bos" baar ; brada hart ; boi, bojati timere, beben ; bjegu fugio,
biege, laufe; bobr biber; bereza birke; bodu fodio, pungo,
tundo, bosze; bob faba, bohne, ^»n. papu; bjes böse; buti
esse, ich bin; brat frater, bruder; br V braue.
/) beispiele des litt. B: basas baar; baltas candidus, bald;
barzda hart; begu laufe, biege; bebrus ßber; bijoti timere,
beben ; buti sein, buwau fui, bin ; berzas birke ; boba bohne,
faba; badyti golh. bautan, boszen; besas, der böse, teufel;
bruwis augbraue ; brunas braun ; brolis bruder.
g) für den inlaul lassen sich folgende anführen i sftr. ubhäu,
gr. oLfifco, lat. ambo, sl. oba, litt, abbu, goth. bai, bajüjjs,
beide; gr. ufifl, ahd. umpi, m/id. uinbe, n/td. um; gr. ofQvs
braue ; vielleicht skr. ribhus, elb (s. 201) ; skr. nabhas, gr.
vEfos, lat. nubes, nebula, sl. nebo, nebel.
5) neben der reget zeigen sich aber merkwürdige ausnahmen,
in welchen unserm B keine urverwandte aspirata, sondern gleiche
media oder auch tenuis gegenüber steht, da nun solches deut-
sche B nur aus der asp. hervorgegangen sein kann, setzt es
sie in verlornen formen, die asp. aber wieder eine noch ältere
ten. voraus, welche sich dann an die ursprüngliche asp. schlieszt.
slavisches und litt. B entscheiden dabei nicht, weil sie, wie wir
sahen, sowol gr. med. als asp. entsprechen. Nicht immer sind
jedoch die mittelglieder abhanden, sondern lassen sich aufwei-
sen, worin trißige bestäligung der vollen Ordnung liegt und
was zuerst störende ausnähme schien, musz der regel desto
stärkere kraft leihen.
Wenn lat. pario und kro, vom slandpunct unseres gebären und
goth. bairan angesehn, zusammenfallen, erscheint auch B in ce-
leber, lugubris, cerebrum, candelabrum und viel dergleichen,
sei es nun dem P vorgängig oder, was mehr für sich hat, dem
¥ folgend; zu pario stimmt slrengahd. piru, zwm B po/A. baira.
auch die lat. ambo und nubes waren verschoben aus amfo,
nufes. Ein noch lehrreicheres beispiel ist unser binden, goth.
bindan, dessen anlaut das skr. bandh erreicht, und doch wurde
diese gleichheit erst nach langem umweg hergestellt, aus bandh
sprieszt neid'co, dessen abstracte bedeulung noch auf die sinn-
liche in Tielofia zurückgeht, und nicht anders scheint der da-
kische pflanzenname ycuQonid'Xa bei Dioscorides 4, 132 die
Vorstellung band (harband, flachsband ? oder liegt das alts. he-
rubendi, herusßi näher?) zu enthalten, neid'co, nid'Xa ver-
schieben sich in lat. fides (nioris und chorda), foedus, filum
(für fidlum), aber auch ins ags. fetel, ahd. vejjil ; unser bin-
den band hält den nasallaut, der im altn. batt, praet. von
binda oder in hast {gebildet wie nlaris) und fetel schwand,
slrengahd. pintan fällt zurück in die gr. oder dakische tenuis.
Seinen buehstaben nach vergleicht sich das skr. wort praudhA
nupta, sponsa unserm braut, goth. bru|)S, ahd. prüt, dessen
sinn durch die Verschiebung ganz verloren gieng, während die
skr. bedeulung curru vecta, ducta vor äugen liegt (Bopp 314"),
vah ist vehere, pra vorgetrelne partikel, die sonst in golh. fra
gesenkt, hier noch weiteres ß annahm, die goth. Zusammen-
setzung bru|)faj)s sponsus zeigt also zwei verschieden behandelte
Wörter, in fa|)S ist das skr. pati regelmdszig, in bru{>s praudhd
unrcgelmäszig verschoben, historisch aber wird uns brujis durch
jenes fra vermittelt.
Wenn unser bach nicht von Trrjyri zu trennen ist, Tcrjyr]
nicht von jtrjytwjui, näyoi, nriyai, Ttaxi^Tj, Tta/vi, so musz
aus dem rinnen das gerinnen, aus dem flüssigen das feste,
aus dem warmen das kalte gedeutet, und auch backen, skr.
patscb (pac) hinzugenommen werden, wie frigo unmittelbar tu
frigeo, frigus gehört, hinter backen liegt aber zunächst gr.
fcoysiv. back tergum, backe gena {vgl. lat. bucca) sind feste,
feite erhöhungen, hügel des leibs, bache nennen wir ein mast-
schwein, Ttäyos ist ein hügel, naxvs dick, fett, wie pinguis
von pango, pago abstammt.
Anderemal tauchen olme Zwischenstufen lauter B auf: bei
verschiedner ableitung zeigen dieselbe wurzel unser birke, ahd.
piricha, sl. bereza, litt, berzas; tat. betula, ir. beith, welsch
bedwen, armor. bezven; keine skr. oder gr. Wörter entspre-
chen, im neugr. yovvra könnte R ausgefallen sein. Unser
baden ist das skr. bäd, im lat. balneum, gr. ßaXaveXov ward
aus D ein L; allsl. banja {vgl. it. bagno, franz. bain) hat
diese consonanz ausgetilgt.
Wie seltsam überein triß ahd. pitit mit lat. petit; zwischen
petere und goth. bidjan scheint aber eine unaufweisbare stufe
mit den lauten fith gelegen zu haben, lat. pet sich an älteres
bad zu reihen. Gleiches schwanken ist zwischen pasco und
ßoaxco, nivo) und bibo, welche Störung der laute vollkommen
der zwischen sl. pivo und unserm bier, ags. beor entspricht;
sanskritwurzel ist pd und pi, sl. piti, aspirierte formen wür-
den alles ausgleichen, da nun pä auch essen bedeutet, höher
aufgefaszt essen und trinken eins sind, folglich die abweichung
von bibo und Ttivco gerade der in ßöoxo}, pasco, näoiiat
begegnet, so Idszt sich mit Zuziehung des deutschen fatter,
goth. födjan die reihe ausfüllen.
Folgendes beispiel empfängt auch mythologischen werth: un~
sere vorfahren müssen für herg früher gesagt haben ferg. denn
nicht nur braucht Ulfilas zur Verdeutschung von o^os durch-
gängig das neutrum fairguni, obschon neben bairgahei oQeivr;,
bairgan rrjQElv, sondern mit derselben bildung erscheint alln.
Biürgyn, als weiblicher name der Stadt Bergen, und Fiörgjn
hiesz Thors mutier, die erde, ahd. aber Fergunna (= Fergunia)
und Firgun ein wdldgebirg, so wie ags. firgen in mehrern Zu-
sammensetzungen montanus oder sUvestrts ausdrückt. Griechen
und Römer, mit Wandlung des F in H, machten daraus 'Eoxv-
7'ios, Hercynius, und wahrscheinlich bedeutet sl. Kerkonoscb,
ein name von gebirgen, des Riesengebirgs zumal, dasselbe.
Wie nun Biörgyn auf Fiörgyn musz fairguni zurück gehen auf
ein älteres Perchun, Perhun, und eben nennen die Liltauer
ihren donnergott Perkunas, die Slaven Perun, weil man den
donner vom berg niederfahren liesz. ohne bestimmtes Zeug-
nis einen goth. Fairguneis anzusetzen, ist allzukühn, allein
Fiörgyn, des donnerers mutier, darf schon selbst donnergöttin
heiszen oder gedeutet werden die hohe, erhabene, Perkunas,
Perun der hohe, offenbar aber kehrt im ahd. perac jenes alte
perk wieder und die mitlelstufen standen nachzuuleisen. da
ferner von bairgan auch baurgs, bürg arx abstammt, ist gleich-
falls TtvQyos turris, arx heran zu ziehen und für die aspi-
rierte form fvQxos, dor. fovgxos, burgmauer. in nvQyos,
fvqxos, baurgs, puruc liegen, wie in Perkunas, fairguni, bairgs,
perac volle lautverschiebungen vor äugen, und wer wollte blo-
szen Zufall walten lassen da, wo sich alles nach natürlicher
stufe ergab ? die regel, anfangs in einzelnen Wörtern hier und
da vorbrechend, gewann in den deutschen sprachen endlich ih-
ren halt, wo golhischem B ein gr. P begegnet, braucht nur
die Fform ausgefallen zu sein, wo aber goth. B mit gr. B
Zusammentrift, wird man die formen F und P zu ergänzen
haben.
6) vom slrengahd. anlaut P, obgleich er heute fast überall
dem B gewichen ist, bleiben einzelne spuren übrig,
a) in den einfachen Wörtern pracht, mhd. braht, pauke mhd.
bouchen, und porkirche {s. empor), im Ortsnamen Passau, lat.
Pataviumj mhd. Paj^owe war längst alles gefühl seiner ab-
kunß von den Bataven ausgestorben, aber in einer menge von
anlauten schwankte die Schreibung zwischen med. utul ten., ehe
sich die heutige med. festsetzte.
b) in einigen Zusammensetzungen hat der anstosx an eine
vorausgehende ten., die dann weggefallen sein kann, P fest-
gehalten: aus andhabt wurde ampahl und noch spät ampl,
ambct, heute amt; zwischen empor und mhd. enbor liegt ein
falsches enipor, entbor {z. b. Keisersbercs staffeln 44*) mitten
ein, doch heiszl es sonst in gangbaren wörteiii nur entbehren,
cntbrechen, entbrennen, wimpcr ist offenbar aus wintbri, wind-
braue; schamper aus schandbar, schanlbar; Schampach aus
Schanlbach ; semper «« scmperfrei aus scntbar, synodpflichtig
hervorgegangen; wir hätten auch bilden können hmper für \nm-
beerc = bintbere, wie man ehmals kospcr sc/iriW^ für kostber,
kostbar, deultichstcn beleg ergeben aber manns- und ortsna-
1053
B
B
1054
men mit P /ur B: Rupert, Gumpert, Hilpert, Lampert, Wi-
precht, Leuprecht = Hutbert, Guntbert, Hiltbert, Lantbert,
Wikbrecht, Leulprecht (irie m jenem pracht) und Diepurg, Lim-
purg = Dietbui^. Limburg.
7) wir schreiten fort zur betrachtung der hochdeutschen media
B, wie sie in zweiter stufe in - und auslautend statt der aspt-
rata erscheint, was unorganisch heiszen darf, da hierdurch ein
abstand vom anlaul begründet wird, der sein F wahrt {wenn
auch ausnahmsweise einzelne urverwandte Wörter den anlaut P
unserm B gegenüber stellen), so gtU ßr Tie/iTve fünf, /ur piscis
fisch, sollte ßr ano af, ßir aper efer, und nicht ab, aber
stehn. auch hat in dieser läge die ags. und nord. mundart
überall F behauptet, die golh. aber häufig in B fortgeschoben,
woraus dann leicht, gleichsam in dritter stufe strengaJtd. P
wurde, obgleich viele Wörter inlautend zwischen B und V scJiwan-
ken. man bemerke
a) der Gothe zog noch im anstaut vor af, uf, gaf^ gif, tva-
lif, hiaif, senkte erst inlautend abu, ibai, giban, gebun, sibun,
tvalibim, hiaibis. seine asp. entspricht der gr. ten. anö, vTtö,
hträ, und begegnet den tat. ab und sub, die von af, suf und
wiederum von ap, sup geleilet werden müssen, wohin auch su-
per und supra, so wie die inlaute aper, caper, lupus weisen,
denen wol goth. ibrs, habrs zur seile stände, doch hat vulfs
= ulpus, vulpes auch inlautend vulfis, vulfos. in iftuma,
aftra, tveifljan scheint der anstoszende consonant die asp. zu
hegen, dem hlaifs aber entspricht sl. chljeb", wie (nach sp.
539) dem arbja, arbai|)s rab' und rabota.
b) die alls. spräche vermittelt den Übergang aus ags. altn.
F in goth. B, ahd. B, V durch ihr BH in abh, bobh bobhüs,
hobhid, arbbed, gebhan, suebban, obhan, nebha u. s. w. nie-
derländisch tritt auslautendem af, gaf, twaalf, wolf inlautendes
V m aver, gave, twaalven, \vohea recht zur seile.
c) ahd. scheint sich allmälich ein unterschied zu ergeben
zwischen Wörtern, die inlautendes B oder P, und solchen die
V zulassen, beispiele für B und P sind: aha apa, oba opa,
babaro baparo, snabui snapul, habuh hapuh, eban epan, ebar
epar, geban kepan, weban wepan, sibun sipun, biben pipcn,
halb haip, selb selp, cüalb cbalp, arbi arpi, arbeit arpeit; in
allen diesen pflegt kein V zu stehn. V wird gesetzt in avar,
avaro, bavan, chevar, weval, ovan, hovar, hof boves, scövala,
und dem goth. vulfs ähnlich in wolf wolves. niemand würde
hobes, scübala, wolbes, noch weniger bopes, scüpala, wolpes
schreiben, dennoch steht in beiden lagen ags. und nord. F,
hm und wieder müssen auch ahd. B, P und V gleichbefugt ge-
wesen sein, neben wolf hat sich ein wulpia erhalten, die for-
men ruoba, roapa, ruova (Graff2, 361); eiparundeivar (Grafk
1,100); frabali und frdvaii (3, 824) vertreten einander, in eigen-
namen kommt bald ebar und epar, bald evar vor. weval aber
leitet sich sichtbar ab von weban, wepan. chevia (Graff 4, 370)
aus tat. cavea behielt sein V, aber mit deutscher ausspräche.
d) mhd. dauert die Unterscheidung zwischen B und V fort,
nur dasz P fast ganz aufhört. B erscheint in abe, obe, ha-
bere avena, snabel, habech, eben, eher, geben, weben, he-
ben, Sweben, siben, erbe, arbeit ; P höchstens noch in wülpe.
V hingegen in aver, frevel, kever, schever, neve, wevel, oven,
hover, hoves, eiver, zwivel und wolf wolves. auszerdem gilt
nach einem allgemeinen mhd. lautgesetz für alle inlautenden
B auslautendes P: gap, gip, gruop, diep, liep, loup, toup,
halp, was letzte nachwirkung des strengahd. P heiszen mag,
und dem n/. dief dieven, lief lieven gleicht.
e) nhd. hört die ten. in den auslauten völlig auf und desto
gröszerer Spielraum sieht der media offen, inlautend aber hält
der ahd. und mhd. unterschied an, doch so, dasz an die stelle
des V jetzt ¥ getreten ist. wir schreiben gab, gib, grub, dieb,
lieb, laub, taub, halb, kalb, ab, ob, eben, geben, beben, le-
ben, schweben, weben, sieben; dagegen hof hofes, käfer,
schiefer, ofen, eifer, rweifel, scbaufel, wolf wolfes. in dem
einzigen frevel hat sich V behauptet, Luther schrieb auch eiver,
zweivel. das F sucht aber weiter umzugreifen und den inlaut
B zu beeinträchtigen in hafer, schnaufen, elfisch, es ist doch
hochdeutscher zu sagen haber, schnauben, elbisch. in hübsch
{früher auch hüpsch) und höfisch gellen beide mit Verschie-
denheit des Sinnes, den man auch zwischen rauben und rau-
fen gellen läszt. aus barfusz macht das volk barbes. auch im
fremden kafich, cavea, ji// nun F, im 16 jh. schrieb man kebich.
Auffallend ist im anlaul blach ßr flach, worüber näheres
unter dem worte seihst, lilgung des inlautenden B, in hat,
mhd. hilf ür habet allhergebracht, ist heule usuulässig m geil,
mhd. git ßr gibet. trir unterdrücken es in wams ßr wam-
bes (wie in amt vgl. 6, b), setzen aber kämm, lamm, dumm,
krumm, um, zimmer ßr kamb, lamb, dumb, krumb, umb,
zimber. ahd ten. haftet inlautend ausnahmsweise in wampe,
wämplein, und angelehnt an T in haupt, wofür einige ohne
alle noih scJireiben haubt; im engl, head, und landschaßlich
im nnl. bood ßr hoofd schwand der labiallaut. Umgekehrt
war das Kj.lljk. geneigt, ihn ungehörig nach M vor T und D
zu entfalten: nimpt, kompt, sampt, bestimpt oder nimbt,
korabt, sambt, bestimbt, wo wir heule MM setzen, fromb, da-
heimb, hembde, frembde, wärmbde, schambd (3 Mos. 20, 17),
statt fromm, daheim, hemde, fremde, wärmde = wärme, schäm.
Da M den lippenlaul sucht, konnte auch aus aibe albn alm
(sp. 201), aus ermel erbel (sp. 557) entspringen, wozu man
das nord nafn, iafn, rafn und namn, iamn, ramn halte.
8) andrer aH, als die eben geschilderten Verwandtschaften
zwischen ß und V sind die zwitchen B und W, so nahe auch
doppeltes V = W dem anfachen V = lat. vau oder sl. vidi!
steht, das hoch- und niederdeutsche \' hat sich aber, wie wir
sahen, dem . F genähert, dem W entfremdet. B und V schwan-
ken auch in andern sprachen, älteren wie neueren, z. b. im
sanskril kann ßr bäd /arare auch gesagt werden väd, und skr.
van ferire, occidere entspricht der im gr. fövos und unserm
ban enthaltnen würzet; im lillauischen steht ßr hehrus wehras,
und bekannt ist, wie sonst in spanischer Schreibung B das V
vertrat, die Byzantiner setzten Belisarius, Bandali, Bandala-
rius anstatt Velisarius (\alisaharis), Vandali, Vandalarius und
viel dergleichen, aus Verona entsprang Bern. In unserer
spräche erscheint der Wechsel zwischen B und W
a) anlautend. W ßr B in wase, base, *. b. bei Philander
1, 21; Wossen, Bosnien. Simpl. 2, 47 ; wascha, bascha. Frev
garteng. cap. 5 ; man sagt berwolf und werwolf. die bairische
Volkssprache läszt häufig B ßr W, W für B eintreten.
b) in- und auslautend ist uns das mhd. L\V BW zu nhd.
LB, RB geworden: für swalwe, val valwes, vehve Salix, gel
gelwes, gewelwe, milwe, var varwe, gerwen, herwe, erweij
sagen wir schwalbe, falb falbes, felbe felbinger, gelb gelbes
gilben, gewölbe, milbe, färb färbe, gerben, herbe, mürbe,
erbse. der orlsname Vilbel in der Wetterau lautete früher Vel-
wele, Felwila (von der läge an weidenbüschen) dasselbe W
unterdrücken wir ganz in see, schnee, mebl mehles, blau,
grau statt des mhd. se sewes, sne snewes, mel melwes, blä
bläwes, grä grdwes, im 16. 17 ;7». hiesz es zuweilen me\b, blab,
grab, ähnlich entsprang unser albern aus ahvaere (sp. 201);
salbei aus salvia, umgekehrt balwier aus halbier, barbier.
Aber auch nach vocalen und andern consonaulen wandeln
sich einzelne W in B : aus mhd. Tuwingen (wol = Twingen,
ein Zwinger, pomoerium) ward Tübingen; aus vidua, ahd. wi-
tawa wittib, neben witwe, aus aventiure abenteuer. awas und
abas, awasel und abasel, awersel und abersei sind sp. 1045.
1046, auswig und äsbig s. lOlS, auwe und anbei sp. 598. 1045
beigebracht, in ihnen musz das W älter sein als ß, umge-
kehrt gieng unser ingwer hervor aus ingeber, doch zitwer aus
it. zettovario.
9) fremde Wörter mit unsicherem P und B
a) P in ß übertreten zu lassen, war ahd. natüiUch, da auch
deutsches P in B gemildert zu werden pflegte; mhd. muste,
seit die meisten strengahd. P geschwunden waren, dies noch
mehr zusagen, man schrieb bäbes, bähest papa, liatc patrinus,
bech pix, bermint membrana pergamena, belle? it. pelliccia,
bilgcrin peregrinus, bischof episcopus, bensei penicillus, bo-
vel peuple, brüeven prouver u. s. ir. als nhd. der falsche
grundsatz, alles fremde, ohne geßhl ßr die gewohnheit der
eignen laute, unangetastet bestehn zu lassen, suchte man die
P herzustellen und setzte pabst, noch lieber papst, pathc, pech,
pergament, pelz, pilgrim, pinsel, pöbel, prüfen ; einige B blie-
ben, wie in bischof, das man aber zunächst von vescovo oder
evesque, eveque leiten dürpe. diese Wörter sind darum in P
aufzusuchen, doch soll in einzelnen fällen, wo noch im 16. n jh.
media überwog, ihnen im B ort und nachweis gestattet werden,
z. b. balieren neben polieren, oß kann auch zweifelhaß sein,
ob ein wort deutscli geblieben oder aus der fremde zurückge-
führt ist, z. b. bicken oder picken.
b) anlaulendes fremdes B wandelte man, der laulverschiebung
nach, ahd. in P, und so ist aus bervUus entsprungen perala,
was noch heute in perle haßet, obgleich auch die Schreibung
berle galt, wie eine jüngere, auf denselben stamm zurückge-
hende benennung brill lautet, au« bursa entsprang im 15. 16;A
1055
BA — BAAR
BAAR
1056
bursch, später auch pursch geschrieben, wie für birsen bir-
sclien und pirschen, pürsclien vorkommt.
10) Verdoppelung des B erscheint eigentlich nur in ebbe und
wird unter diesem wort erklärt werden, in babbeln, zabbeln,
schlabbern, krabbe, flal)be, ribbe hat BB kein altes recht, und
abbt für abt schreibt niemand mehr.
Schluszergebnis noc/tl — 10: unserer spräche sind heute vie-
rerlei B eigen, ein anlautendes organisches in busen, blume;
ein inlautendes, unorganisches in geben, weben für F; ein
in - und auslautendes in LB, BB für W ; endlich in fremden
Wörtern.
Sprichwörtlich heiszt es: wer a gesagt hat, musz auch b
sagen, der begann, soll, was auch erfolge, fortfahren;
Herr, wer a sagt, musz auch b
sagen, kurz, ich schlosz die eh.
Werners 24 fefer. s. 85. ~
BA, ein ausruf verdrossenen, gleichgültigen, abweisenden
Staunens, in der älteren spräche nicht aufzuweisen (vgl. beu),
dem franz. bah, ah bah! nahe kommend, kaum nachgeahmt:
auch selbst der alte saget:
0 tochier, nicht verzaget,
ich bin nicht ba und bu! Voss 5, 189;
un gegen kind, gesind un fru.
da geil jümmer ba un bu! idyne 7, 92.
littauisch bedeutet ba allerdings, jawol.
BÄ, das blocken der lämmer und schafe ausdrückend.
BAAR [bar], nudus, inlectus, synonym mit nackt und blosz,
ahd. par, mhd. bar, nnl. haar, ags. bar, engl, bare, altn. berr,
schw. dän. bar. die heutige Schreibung baar neben barfusz,
barhaupt ist wie in beer und Hermann, bahn und Hanslein,
doch setzen auch viele bar. leider geht uns die goth. form ab,
sie würde vielleicht lauten basis, wozu der umlaut des altn. berr
stimmt, oder basus, basvus, nach dem mhd. barwer brüste bei
FiiAUENLOB Ettm. s. 6 und irbarwen für irbaren im gedieht von
dem gelouben 850. 1269. 1331. 2630. denn mit unserm bar in
offenbar, lautbar u. s. w., mhd. baire, ahd. pari, überhaupt
mit der wurzel beran kann das baar nichts zu schaffen ha-
ben, auf S weisen auch sl. bos nudus, litt, basas, Ictt. bass,
selbst die lappische spräche, welche P für B setzt, gewährt puodsus
nudus. also verhält sich das R in baar, wie in be«re, goth.
basi, ja zwischen basi und jenem basis, basus wäre vertvandl-
schaß möglich, wovon mehr unter beere gesagt werden soll,
zwar schränkt der heutige sl. und litt. Sprachgebrauch bosy und
basas ein auf barfusz, nudipes, und bos übersetzt Jes. 20, 5
urnntöSrjTos, allein früher musz es allgemein nudus bedeutet
haben, sonst sagte man nicht russ. na bosu nogu, auf bloszem
fusz und hätte nicht gebildet bosonogii, böhm. bosonohy ; ent-
scheidend wird das lappische, nudus überhaupt ausdrückende
wort.
Baar bedeutet uns
1) leiblicitc nacktheit und blösze. Cädmon läszt Adam U7id
Eva im paradies sagen: vit her baru standad, unvered va;do,
wir beide stehn hier baar und unbekleidet ; so könnte auch
schön wie ein baarer engel. Wielamd 22, 169
zu nehmen sein für nacket, doch soll es nach 23, 321 aus-
drücken manifcstus, luculentus. Gewöhnlich wird die enlhül-
lung einzelner theile des leibs gemeint, was die Zusammen-
setzungen barhaupt, barfusz, barschenkel näher bezeichnen.
der paro arm ist ahd. brachtum exsertum, ein aus dem ge-
wand hervorgestreckter, entblöszter ; gcirvörtur berar sind altn.
pupillae nudae. Laxd. sagas.l'M; mhd. diu barn knie; arme
und füejc wären bar. Ben. wb. 1, 140'; sie wies ihre haaren
ziihne, bleckte die zahne;
mit iren schenkluin get sie bar,
rcclit als sie wasclien soitc. Uiilan'd 57;
und flolie hinweg mit allem hnr,
da sasz der rcutcr kal und har. Waldis 1,95;
sie raiift im aus die schwarzen liar,
hisz im der kopT ward kal und hur. 3,83;
ach, dusz doch, wie ich wünsch, mein herz euch bahr zu
sehen (wäre)'. - Wkckiikrlin 746;
polschc prerde gehen baar, polsche lente gehn beschlagen.
LocAU 2, 0, 13,
dte Pferde gehn ohne schuhe, hufeisen. Iioubelpari war ahd.
ealvitium, und kah! beriilirl sich oß mit baar.
das scheint doch wirklich sonnenklar,
ich gell mit zugen frei und har.
mit freien, treuen blicken ;
der hat eine maske vorgcthan Götue 3, tCl.
man sagt, das baare (wie sonst das nackte) leben:
erböllg, sollt es auch ums bare leben gehn,
das abentcuer zu bestehn. VVieiand 18,99.
(dem selbst nichts übrig blieb als dieses nackte leben. 23, 44).
2) baar, auf die erde bezogen, kann dem zusammenhange
nach meinen unbedeckt von wasser, schnee, gras, blumen. ahd.
dar diu erda bar ist, dar ist sie oberura demo wajjere. N.
ps. 135, 6, aus dem wasser hervorgetreten, winters liegt die erde
baar, wenn kein schnee auf sie gefallen ist {vgl. harhos\). mhd.
nu ist diu beide worden bar. MS. 2, 50*. die bare beide bei
Moser p. ph. 1, 246 meint aber, wie das nnl. harre hei, den
räum, wo das äuge nichts als beide erblickt, wie nnl. de bare
zee, wo man nichts als wasser, kein land sieht.
3) baar von schwert und Waffen gesagt, bedeutet entblöszl:
das baare, wie sonst das blosze, nackte schwert, das aus der
scheide gezogne:
ir swert beten sie al bar,
diu siu an henden truogen. £n. 6611;
done beten sie dchein ander pfant,
niuwan daj iscn also bar. /w. 7222;
der ritter beleip bar. Krone 2874 ist gleichviel mit beleip blö;.
2888. 2904, ohne rüstung.
4) das baare geld, die baare münze, pecunia praesens, nu-
merata, man könnte wieder auslegen: aus dem' beulet gezog-
nes, aufgezähltes geld, offen auf dem bret liegendes; auch die
blanken tbaler, wie es so7ist heiszt, sind die blankendcn, blin-
kenden, baar geld lacht; baar geld kauft; baar geld kauft
wülfeil ; baar geld ist gute waare; baar geld ist die losung;
wer baar geld gibt, hat macht zu dingen; baren solt geben.
Keisersb. hell, lewe 66'; baare bezahlung steht entgegen dem
borgen; auch blosz baar (ohne geld): 100 thaler in baar;
und aufschlag machen in all wahr,
auf porg vil thewrer wann umb par.
n. Sachs 1,333';
und man gab das geld bar über denen, die da erbeiten (ciJcoxa»'
rö aoyvQiov ib eroiuaad'tv enl x^Xgas, vulg. dabant in
manuni). 2 kön. 12, 11; der gut alt etti bett sein siben pfen-
ning geholt, die waren im also bar (ausgezahlt) worden. Frey
garteng. cap. iO; etliche werden bahr bezahlet. Kirchhof mil.
disc. 213 ;
wa sie dafür gab gut par gelt. Weckherlin 810;
kaum so viel kahle mark baares geldes, dasz man darvon
Schwefelhölzer in die küche kaufen kan. Grvphius 1, 820 ;
da hast du haare fünfzig thaler,
nur unterlasse den gesang. Hagedorn 2, 68 ;
verheiszung, gegendienst, vielleicht was baarers noch.
Ualler 113;
die tausend thaler musz ich baar und auf einem brete (ha-
ben). Gei.lert 3, 296 ; geben wir denn nicht unser baares geld
dafür? G0the20, 145; es dauerte sie jeder baare pfennig, den
sie aus der band "geben wollte. 22, 202. etwas für baares
geld nehmen heiszt unbesonnen und ungeprüß lügen glauben,
oder scherz für ernst halten : ungereimte meinungen und mär-
cben, die für baares geld angenommen wurden. Wieland 19,
128 ; man glaubt leicht was man wünscht, Nicolai nahm in
seiner Unbefangenheit alles für baare münze. Fichte Nicol.
leben s. 18. s. bargeld, barscbaft.
5) baar für rein, lauter, ungefälschl: baare milch, blosze
milch, nichts als milch; er soll schwarz brot essen und das
baare wasser dazu trinken ; sehen sie, das ist blanke, baare
erfahrung. Bürger 179', das liegt offen vor augcn, ist lauter.
FisciiART sagt: dise haben gebeicht und gercwet (bereut) und
ahlasz bekommen, darumb werden sie also par (gereinigt) ins
paradis falircn, wie die siins in sack. Garg. 207*. in den
folgenden stellen ist mehr abslraction, doch lieste sidi überall
baar vertauschen mil offenbar oder lautcr'i
und was er andern nicht an baarer gunst erweist.
lUr.EDORN 1, 22;
sie halten dies vermutlich für baren eigcnsinn?
Wieland 5, 43;
und dazu kommt noch, dasz sie mirs für baare Verachtung
aufnehmen, wenn ich ihrer nicht gedenke. Wieland bei Merck
2, 140 ; baare, angeborne cinfalt. Gotter 3, 302 ; das ist eine
baare thorbeit zu nennen. Güthe 2,232; das ist baare hexe-
rei. 11,293; wenn sie nach entfernten und immer enlferntern
Iropen haschen, so wird es baarer unsinn. 6, 105; diesen
baaren unsinn der naciiwelt zu empfehlen. 69, 292; das ist
1057
BAAR — BACH
BACÜ
1058
doch der baarste unsino ; icb scLämte micb nar vorber, gleich
meine reue so baar und offen zu zeigen. Tieck U, 6.
6) die mhd. spracht verwendet bar, tcie blo?, häufig für le-
dig und frei, mit gen. der sache; er ist wiser sinne bar; si
ist alles valsches bar; ej tuot sorgen bar; ougen saffes bar
(Ben. «c6. 1, 141'); der da wirt guotes bar. jüngling 430. nhd.
erfolgt die fügung seltner:
und aller ehren bar war ich geblieben,
batt euer mut die schniach mir nicht vergaumt (abgevehrt).
Wieland IS, 50;
so seis. wer von ergebung sprich! an Ostreich,
soll rechtlos sein und aller ehren baar. Scuillkk 530*;
da kommt der immer meine freude war,
der jetzt mich machet aller Freuden baar. TtECK 2, 142;
so waren wir alles französischen wesens auf einmal baar und
ledig. GöTHE 26, 71. statt des gen. mit der praep. an :
wehr-lehr-nnhrstnnd, jeder stand hat sein eigen ehr in sieb,
nim w. I. und n. weg, lehrt der name solches dich:
nur der herstand, der bisher andrer stände henker war,
hat bei ständen keinen stand, ist an ehr und naraen baar.
LoGAü 2, S, 21.
'•) wie das baare geld ein bereites ist, setzt Keisersberg bar
haben /»r bereit halten, in promptu habere: het ich auch also
bar die geschrift wider ietlichs lasters anfechtuog, ich bin
aber nit gelert; ein unTemünfiige antwurt, die liasta bar.
post. 2, 83.
BAAR in Zusammensetzungen s. bar.
BAARE, f. nuditas, Calvities, nach Adelcng heiszt so tn
oberdeutschen mundarlen ein nur mit gesträuch bewachsner, an
hochstämmigen bäumen bloszer ort im walde, dann auch der
barfrost: die haare verbrennt die saat, bei frost ohne schnee
erfriert die saat. ob mit der ersten bedeutung das ahd. para,
gaa (z. 6. in Albwines bara, Bertoldes bara), dies mit dem ahd.
paro gen. parawes, wald, ags. bearo bearves zu verbinden sei,
müssen weitere Untersuchungen sichern, auch das lat. lucus
var eine gelichtete, heilige waldstelle, paro könnte dem worl-
sinne nac/i den baumenlblüszten, zum gottesdienst bestimmten
«aldraum bezeichnen, n in bearves, parawes gliche der vor-
hin angeführten form erbarwen ßr erbaren.
BAARE, feretrum. s. bahre.
BÄB.4, et»» wort, womit die magd dem kinde wehrt, unrei-
nes, verbolnes anzurühren: das ist bäbä! pfui bäbä! (rp/. pfui
äks), litt, babä, nicht mehr da, jau baba, ist schon weg.
BABBELN, BABBERN, s. bappein, bappern.
BABE, f. telula, anus. sl. baba, litt, boba atitu, avia.
diesen sinn darf man wol dem ahd. frauennamen Baba, wie
detn mannsnamen Babo den ton avus zutrauen, mhd. ist bÄbe
retula. Reinh. 20. troj. kr. 14492; aide bäbe. pass. 395, 86,
mehrmals in der Martina (Ben. 1, T5'J. Oberli:« aus einer
Straszburger hs.: welcher keibe solle eime alten man und
einre alten hoben danken, dasz sie kusche sint? si enmü-
gent doch nit mcre. bairisch noch heule die haben, die
wabm, altes weib. Sch«. 1, 141. nach Nemxich führt ein kraut,
die osmunda lunaria, beim volk den namen : traut Babichen
sieh mich an, was doch lieber Bärbchen bedeutet (Tobler 31').
Kon alters her heiszt in denselben landstrichen auch ein ge-
bdck oder kuchen habe, vielleicht nach der gestalt, die vian
ihm gab, oder weil ihn alte weiber zu essen pflegten, ein lopf-
kuchen, scherbenkuchen, napfktichen, aschkuchen {s. asch, napf)
in Schlesien werden geriebene haben verkauß, kugelhopfen;
ei dam hirael is a laba,
nischt 2u frassa als kucha und baba.
HoFFiANNS schles. rotksl. ».314;
die bairische bäben ist aus semmelschnitten, milch und eiern
gebacken, in Meiszen sagt man bäbe, aschkuchen. alles deu-
tet auf slatisdten namen und gebrauch, über das poln. und
böhm. baekwerk baba tgl. Linde 1, 3S'. Jlngm. l, 56'.
BACH, m. f. rivus, torrens, ton der würzet backen {ßr
baclien), coquere, wie torrens ron torrere, brunne von brin-
nen, sot ron sieden, weile ron wallen, bullire, scatere, das
warme entspringen, quellen, rinnen aus der erde bezeichnend,
der terwandtschaß zwischen bach undTiTjy^ wurde schon sp. 1051
gedacht, und »j entspricht dem ablaut 6, uo, wie in ^f/yös,
fir^rr^o u. a. m. man darf beide, Ttriyrj und bach, auch die
kühlen deuten.
Zu erw'tgen ßr bach riria bleibt
1) das wechselnde geniis. bei Ulfilas, der xdua^ooi rinnü
verdeutscht, mangelt das worl, ahd. pah pl. peclil, mhd. bach
f'l. beclie, nhd. bach pl. buche, alln. beckr, schw. bück, ddn.
bäk, agt. becc^ engl, beck sind alle männlich, doch «eiblich
vielleicht sdion alls. beki, biki, bei Gerhard ton Minden 2, 1.
3, 32 beke, in SchCbens teutonista beeke, in der lex Friso-
num Laubachi, woßr aber fluvius Loveke bei Pertz 2, 3S0;
nnl. beek, was selten vorkommt, aus LoÜiringen, dem Miltel-
rhän, der Wetterau, Hessen, Thüringen zieht sich ein weibli-
ches bach 615 nadi ScJdesien. so schon im pass. K. 3, 67.
172, 97, in der lirl. chronik, in Elisabeth {Diut. 1, 421) und
in Urkunden. Schwaben, die Schweiz, Baiem und die edle
schrißspraciie, auch Lcther, halten das m. fest, bei Dastpodics
und PicTORics m. Aber Keisersberg scliwaiikt, in den Sünden
des munds heiszt es hintereinander 44*: und das waltwasser
der bach, die da schnell lauft, ist gech für inen, darin sie
kommen werden alle, die enteren vatter und mutier, das ist
der gech bach ewiger verdamnis ; 47* : da sie einest stund
ober dem bach weschen ; und brOsamlin 37* der erst bach,
3S* der ander bach; unsiclier omeisz 44' stot in ein bach;
doch sind bekanntlich seine predigten von verschiednen aufge-
schrieben worden, die krumme bach . weisth. 2, 20S. das sie
on schaden über die bach kommen waren. Aimon (Simmern
1535) f 5'; was über die bach geritten. f5'; hat sich bei einer
groszen bach gelagert, f 6"; wie er nahent bei der bach was.
Fierabr. {Simmern 1533) g2. nicht anders im übersetzten Pe-
trarch, bald: wer könde einen brunnen nicht lieb haben, die
weil er solchen lust nur aus dem bach, der daraus fleuszt,
hat? 3S*; bald tber: zerschmolzen und zusammen, gleich als
von einer bach, gelaufen. 39*. durch eine bach hin nach der
müien eilends fuhr. Privates verdeutsdiung des Remigius s. 2S1.
In der Wetterau gilt das wort auch heute nur weiblich, und
Aldercs sagt: wasser aus der bach in die wis leiten;
da schwam er durch die Erlenbach. Alberijs 19;
das stück fleisch Gel im aus dem maul
und fuhr die bach hinab behend, ebenda;
und plurobten in die bach behend. 66;
die magd wusch tücher bei der bach. 147 ;
die katz durch die bach ziehen. Lehmann 12S; jenseit der
bach findet man auch leut. Agbicola (bürtig aus Eisleben)
spr. 16*. Blrk. Waldis {ein Hesse), der sonst immer bach
männlich setzt (1, 2. 4. 69. 96. 100. 2, 77. 83), Idszt sie/» doch
noch von einem f. beschleichen :
er pDügt den sand und mist die bach. 4, 95
Sclilesische beispiele sind die häufigsten : hinter dem haus
weg über die bach baun. Schweinichen 3, 222 ;
worzu dienet das studieren
als zu lauter ungeinach 1
unterdessen lauft die bacb
unsers lebens, das wir führen,
ehe wir es inne werden,
auf ihr letztes ende hin. Opitz;
als eine schnelle bach,
die alles was sie rtibrt, zeucht bioter sich bemach. 1, 11;
man soll, dasz uns der wein
nicht schaden bringen mag, ihm selber schädlich sein,
und bach darunter thun. 1,59;
an dieser stillen bach, da kein Sllvanus springet,
da keine aachiigall sich in die lufl erschwinget.
Fleiinc 2;
so, freund, so geht es auch iizt meiner Ilippocrenen,
der obzwar kleinen bach. doch lauteren und schöoeo,
die vor so belle flosz. 63;
ihr gratien geht vor, komm Sais, lust der sitien,
und N'ais, schmuck der bach. 564;
dazwischen auch: sein trinken führt der bach. 73.
(er lauft) wie eine strenge bacb, wenn sich die sirömm
ergieszen
und bäuser, b:iura und vieli binführon in die see.
GsTPillCS I, 11 ;
und jagt so hurtig nach,
als der geschwinde falk den tauben an der bach. 1,55;
und wandt sich nach der schwarzen bach,
die Kidrons thal durchflössen. 2. 2()3;
der wol beredte mund, der gleich der stolzen bach
sich unverzagt ergosi. 2,309;
der Zorn ist eine volle bach,
ist aber trocken von gemach. Logad 2, 3. 67 ;
wer stai des Bacchu« ihm läszt lieben eine bach,
bleibt immer bei sich selbst und leschi viel ungeoiach.
2. 4. 93;
du schreibst von gliil und flammen,
indem die Irauerbacb beschwemmet meine bni<(.
lloFiANNswALOtc lieldeibr. So
aus dieser uncrschöpflen b.-ich. i>(;ntherMI;
an der schattenreichen bacb. 2S7 ;
um tinsre rausenbach. tXK>:
67
1059
BACH
BACH— BACHBAMBELE
1060
daneben: sage du verschwiegner bacli. 302; ein tiefer silber-
bach. 1067. selbst Haller ahmt Opitzen das der Schweiz
fremde f. nach :
dort wirft ein glänzend blat, in fniErer auspekerbel,
auf eine helle bach den grünen wiederschein, s. 40 (48).
JoH. GuTSLAF liesz zu Dorpl 1644 ein buch von der heiligge-
nanten buche Wühhanda ausgehen.
2) in den aus Opitz und Logaü gehobenen stellen vom mi-
schen der bach unier wein, vom triniien der bach statt wein
hat bach die bedeutung von wasser, wie wir sie auch den Wör-
tern brunne und quelle beilegen, des bachs trinken 1 kön.
17, 6 meint den bach Crilh. meistentheils aber drückt bach
das aus der quelle flieszende wasser, den flusz und ström aus :
der helle, klare, tiefe, rauschende, plätschernde, rieselnde,
murmelnde, zumal häufig der klingende, klingelnde bach, wie
torrens ahd. chlinco, mhd. klinge hiesz und die Ortsnamen
Klingenbach, Klingell)ach überall vorkommen, ebenso der gie-
szende bacli, ahd. kiojo, giojo, Gieszen = ze den giejen, ad
rivulos; der diejente, tosende bach, ags. J)eote.
wiegt ihn in Schlummer der murmelnde bach.
Schiller 497';
der bach rauscht hurlachei. Wolkenstkinbr «. 33,
und hurlachei ist lärm, gelöse. s. 65. 78. aber nicht blosz
der kühle, kalte, frische bach, sondern auch der heisze und
warme, wenn thränenbäche oder blulesbäche stürzen:
hiu üj herten ringen den bluotigen bach. JVi6. 2221,2;
si holten ü; den helmen den heij Hievenden bach. 2225,4;
daz im ein röter bach
flöj üj sinen ringen von llartmuoies banden. Guar. 1224, 2,
in welchen stellen bach wiederum mehr dem wasser selbst, als
dem flieszen gleichsteht;
in manchem bach von blut, aus des feinds leib vergossen.
Wecsherlin 626;
sie trauten, von empfindung warm,
sich ihres lierzens tiefste schwäche
und mischten ihrer thränen bnche. Gotteh 1,222;
der bach der thränen. Göeingk 2, 158;
das herz des liebenden als geschiebe von thränenbäcben fort-
gerollt und abgerundet. Göthe 6, 107.
3) Otts der quelle springt rferbach, zusammenrinnende bäche
bilden einen flusz, zusammenrinnende flüsse einen ström: wer
dem bächlein nachgeht, kommt zum brunnen ; viel bächlein
machen auch einen ström, doch wird dem bach schon hef-
tigkeit und macht beigelegt: es bricht ein solcher bach crfür,
das die drumb wonen, den weg daselbs verlieren, und feilt
nider und scheuszt dahin von den leuten. Hiob 28, 4; und
liesz beche aus den felsen flieszen, das sie hinab flössen,
wie wasserslröme. ps. 78, 16 ; aber bald wirt der brunn grosz
und macht ein strengen bach. Frank weltb. 166*. selbst flüsse
und ströme heiszen bach:
gefangen ausz dem Thonaw pach. Schmelzl lobspr. 92.
Hierher gehört die formet, mit der man die gegenüber liegende
seile eines flusses bezeichnete, wie es ahd. hiesz ennont Ei-
nes, cnnont Tuonowo (Graff 1, 600) ; mhd^ ennent Rines und
ennent baches:
eins splls sie da begunden,
also man jensit Rines tuot. GA. 2, 301 ;
so man noch spulget hinnen und ennen. Diut. 3, 55;
mit speln, sam enents baches tuot. MS. 2, 193';
ich bite din anderhalp des bach. ülr. Trist. 1399;
enhulm des pachs und hie dishalm wasser. MB. 27, 175 (a. 1362) ;
der hirt sol faren mit dem vihe uf die alt Dorkeimer bach
in dem biesemonat, und sol stan gesset der bach naher Dor-
keim mit sinem stabe. weisth. 1, 785 {vor 1530) ; lagert sich gen
Buphon jenscit des baches {mehrere ausgaben lesen hier jen-
seil der bach). 1 Macc. 5, 37 ;
als man dan jenset Reines thut fasln, tp. 1170:
hie und auch da jenseit des bachs. 11. Sachs II. 2, 96';
der man noch viel llndt Jenseits bachs
und auch hcrjosseits spricht Hans Sachs. II. 4, 88';
der gesi findt man viel jenseits bachs
und auch herjesseit spricht lian.i Sachs. II. 4, 07';
so bleibst ins aller von deiner jiif;eiiil
sambi deinen brüdern jenseits bachs
s.'ini Grobianus, so spricht Hans Sachs. IV. 3,00';
er kan dir doch nit gehen mtit,
wie man jeuseit des wasscrs ibui. U. Waldis 4, 70.
noch heute An Baiern enten bach und herenten ; enten bach
san a leut (Scux. 1, C9), bei Agricola, jenseit der bach findet
man auch leut ; nhd. überm bach wohnen auch leute. Sm-
rock 677.
4) ein sclilag in den bach bedeutet, was sonst auch ein
schlag mit der rulhe ins wasser {weisth. 3, 311), vergebene ar-
beit, die gleich zerrin7it:
ist als ein slac in einen bach. MS. 1, 155';
ej ist in einen bach ein slac. Winsbeke Zo, 10;
daj ist als in die bach ein slag. Haupt 2, 131;
wie man auch spricht zu aller frist,
wenn jemands (müh) vergeblich ist,
es ist nichts denn ein wasserschlagen. Etering 1, 19 ;
so viel als ein streich in das wasser. Abele jericA/sA. 2, 400 ;
vgl. Meon 4, 137 ni pert que cops en eve.
5) unklar oder mehrdeutig ist die redensart in bach treten
oder gehn:
si ist weder die erst noch die letzt,
die mit dem fusz in bach ist tretien.
fasln, sp. 878, 4,
von einer dirne, die zu fall gekommen war. aber,
er geet mit eim fusz im bach.
JoH. vo.N MoRSHEiMs Spiegel des regtments.B. 3
meint etwas anderes, und in gutem sinn musz es stehn, wenn
Frank in den spr. 2, 20l' sagt : und gehört vil zu einer from-
men frawen, nemlich, dasz sie nit allein mit dem einen fusz
im bach geh, sondern ein lind herz habe. Fischart nennt
wn/er den spie/en n' 142 eins ; was geht auf dem köpf in bach?
unverständlich heiszt es im unwürdigen doctor s. 637 bei einer
prügelei: die stadtknechte Sprüngen hinaus und schlugen mit
denen springstecken auf sie los, traten in bach, hieben und
schlugen, dasz es eine lust war. und bald darauf: gieng
mit dem bratspisz auf ihn los, stöszt ihn wider die stirne,
dasz er rücklings in bach fiele, wann der spisz scharf gewe-
sen wäre, hätte er sein letztes bekommen, nach dem stosz
merket er den fehler, hub ihn aus dem bach auf, führte ihn
ins hochzeithaus und bat ihn um Verzeihung, von einem flie-
szenden bach ist gar keine rede, vielleicht aber die gösse oder
rinne auf der strasze gemeint.
BACHAMSEL, f sturnus cinclus, wasseramsel. an einigen
orten die bachstehe.
BACHANT, m. im 15. 16 jh. ein angehender student, der
zwischen den untersten Schülern oder schützen und den eigent-
lichen Studenten in der mitte steht, ein ungeschliffener, roher
Jüngling, der name kommt von bacchari, in der bedeutung
vagari, durchs land laufen und betteln, ist also gleichviel mit
vagant und fahrendem schüler: zogen also unser mit einandren
8 oder 9, dri klein schützen, die andren grosz bachanten,
wie man sie do nampt, unter welchen ich der allerkleinst
schütz was und jungst. Tno. Plater 10; da kam der Schul-
meister mit der ganzen process seiner schützen und bachan-
ten. 20; es sind uf einmal in der stat, wie man sagt, etlich
tuscnd bachanten und schützen gsin, die sich all des almu-
sens ernartcn. ich han niincn bachanten oft eins abenz 5
oder 6 trachten heim uf die schul tragen. 21; die schuler
und bachanten, jo ouch zu ziten der gmein man, sind so
voll lüsen, das nit gloubar ist. 22; so habt ihr es mit ewe-
ren groben eselen und bachanten also gedeutet. Luther 5, 88';
kein bachant noch esel ist so grob, wenn er nur thar was
newes aufluingcn, so leuft jederman zu und gleubets. 5,368';
hörstus da, grober bacchanl. KioEnvswider Jörg Witzeln B 6*;
sihe da, grober bacchant, aus deinen liüchern kan man mer-
ken, das du auch den Alexandrum nit recht studiert Dl*;
darumb schreibt er auch in seinen bacchantenbüchern. E6*;
es brummen uns die münch in den groszen cappen, schreien
wie die esel, die bestellten bachanten wissen nit was es ist
AvENTiN 306; Conrad der pachant kombt mit dem sack und
Schreibzeug. H.Sachs IV. 3, 3"; ach wir arme bachanten, wir
bilden uns oftmals ein, wir sein grosze, pcrfectc Christen.
Scnuppius 650; lesen bei dem alten bacchanten tröster. 827;
schmorotzer, blacken und bacchanten. VVsckberlin 533.
BACHAI'KEL, m. ein apfel weinartigen geschmacks.
BACHAHM, pgenus rivomm: so muste man eine reichliche
Schüssel besonders groszcr krebse in einer so bach- und
wasserarmen pegend höchst merkwürdig finden. Güthe 31, 226.
BACHBAMBELE, /". cyprinus phoxinus, die elrilzc. $. bam-
belc.
1061
BACHBINSE — BACHE
BÄCHELN — BACHNASZ
1062
BACHBINSE, f. juneus conglomeratus. &et Maaler bachbinz
scirpus, bächbinzLe scirpulus.
BACHBIR.NE. f. eine birnenart.
BACHBLLME, f. ealtha palustris, sumpfhlume, doUerblume,
butterblume.
BACHBUNGE, f. reronica beeeabunga, «asserbunge, tcasser-
heil, entstellt in bachbohne; nd. beckebunge ; nn/. beckpunge;
scbtc. bäckabunga ; it. beccabungia, sp. becabunga. der deutsche
name drang in die romansprachen vor. Hobberg 1, 565' hat
bachbuDge aiiagallis aquatica, Fbischlin nontencl. 80 bachpun-
gen cepaea, ebenso Hexisch 559. s. bunge.
BACHE, ffl. pema, mlat. baco, franz. engl, bacon, ahd.
pacho (Gbaff 3, 29), mhd. bache (Ben. 1, TG), mnl. hake, liesze
sich unmittelbar herleiten von dem uns längst veralteten uorte
bacb, ahd. pah, dorsum, tergum, das im ags. bäc, engl, back,
altn. schw. bak, dän. bag fortlebt, und dem gr. Tiaxi'S dick,
feist, fleischig nahe steht, wahrscheinlich hiesz auch skr.
pastscba (palca) tergum. da sich am rücken des schtceins
feiste und speck häufen, nannte man erst das rücken- und
Seitenstück {die Speckseite), dann das geschlachtete, aufgehängte,
zuletzt auch das lebendige mastschwein bache.
gestabat pone baconem nisticus. Reinardus 1, 1S3;
bacone comesto. 1, 3S3;
qu''il est venuz au hardeillon,
oii il Tjt pendre le bacon. ifeon 4, 240;
Reinhart ein gebüren sacb,
der truoc ein gröjen bachen. Reinh. 451 ;
die wisse, daer die bake an binc. Reinaert 224 ;
die selve pape badde enen spiker,
daer menich vet bake in lacb. 1516;
sie werfenl ain wurst an aioen bachen (suchen durch geringe
gäbe reichere gegengabe zu gewinnen, heute: die wurst nach
der Speckseite werfen). Keisersb. sieben scheiden 5; er wirft
ein wurst an ein bachen, uf das im ein halbe saw darfür
werde. Sünden des munds BS' ; und also ist es unfri und eigen-
nützig und die wurst an bachen geworfen. Zwi.ngli 1, 273 ; ein
wurst an oder nach dem backen werfen. Fra5k s;)nc/ur. 2, 69' ;
mein gfatier het eim gstolen ein pacben. H. Sachs I, 470*;
wie im teutscben bof hang ein bachen. 1,473';
wer den bachen wil trage« naus,
der musz sein herr in seinem haus. 1,473';
und Stelen im sein Schweinen baclien. III. 3,56';
knol, hast du den bachen erschnappet? III. 3, 57*;
so wil ich dir ein bachen schenken,
den besten der im haus thut henken. IV. 3, 12';
und stachen dann denselben bachen. B. Walois 4, 90;
ein feister bachen ungestochen,
reife äpfel ungebrochen. 4, 93 ;
ficng an zu reden und zu lachen,
sprach, hie oben secht ir ein pachen
under dem roten thurm bangen. Schiklzl Io(«pr. 74;
niinh fünf pfund speck von einem bachen, der gehangen ist
an dem luft und nicht im rauch. Selter rosarzn. 89. Aus
dem beisatz Schweinen bache Idszt sich folgern, dasz man
auch von andern thieren bachen ausschnitt und bei Helbl. 3,
232 erscheint geijbache, Hazl. 2, 72 geijin bache, veisth. 1, 105
bache ron fischen, in den stellen bei Waldis ist bache deut-
lich das noch lebende schwein, was erst gestochen werden soll.
Heute sagen wir schinke, nicht mehr bache. bairisch noch:
en bachen und bamen von der sau. Schhelleb 1, 143. nach
SciiMiDS Schwab, wb. 34 ist bachele ein dickköpfiges fettes kind
(speckhals), in Wagmers Justitia s. 24 'a bachele' schelle und
kann speckschwein bedeuten, s. bache f
BACHE, f sus fera, apra, weidmännisch, Weibchen des ebers,
scheint ganz das vorige wort, in der Jägersprache für die wil-
den Schweine haßend. eine scropha Becca tritt Reinardus 4,
669. 684. 694. 808 auf, sollte das nnl. big, bigge f por-
rellus und engl, big gleichfalls anzuschlieszen sein? Seltsam
setzt das weidwerksbuch ßr das weibliche wilde schwein 'der
bach', 1. b. der kcilcr (aper) den bacli (apram) liebt sehr.
1, 57*; der bach tregt järlich nur einmal. 1, 60'.' und so
könnte auch gemeint sein :
weil wir etliche seu gefangen,
wie wol der bach ist uns entgangen. Atrek326';
weil wir dem bachen nachgereni. 327",
obschon dies auf den eher zu gehn seheint; alle übrigen jagd-
bücher sagen die bache, die bache.
Ober wilde scbweine . . . lebt nicht diese b«cbe faslf
Brogkbs 6. 226 •
wälzt sich icfanaubend die bache mit ihren jungen.
Zachariä 2, 35;
eine bache unter ihren friscblingen. Fb. Miller I, 133; als
ich mitten im tiefsten walde einen wilden frischling und eine
bache dicht hinter einander hertraben sah. Münchh. reisen s. 26.
B.\CHELN, fovere. s. bähen und ausbächeln. Scbmeller 1,
145 hat aufbacheln, ein schwaches kind aufbringen, s. bächem.
BÄCHELN, rivare, rivulum efficere : eine quelle, die thalein
mit schlankem gang bächelt. Birken, ehrei\mäi auf Pipenburg.
Schmeller 1, 143 hat bächeln pissen, Ostr. bacherin. Höfer 1, 52.
BACHEN, pinsele, s. backen.
BACHENDIEB, m. für pemae. H. Sachs IV. 3, 93*.
BACHE.NSPECK, m. lardum pemae: bachcnspeck mit fer-
kenschwenzlin herabwerfen. Garg. 81'. dem sinne nach, mit
der wurst nach dem Schinken werfen.
BACHER, fn. weidmännisch, das männliche wildscliwein, sonst
auch keuler genannt, s. bache und backer
BACHERN, was bächeln. lesenswerthe belege bei OBERLi.f 84.
gangbarer im nnl. bakeren forere.
BACHFAHRT, f ein holer, von sehnee und regen ausge-
waschner weg, eine Schlucht.
BACHFISCH, ni. piscis riro degens.
BACHFORELLE, f fortlle in waldbächen.
BACHGE.MUR.MEL, n. strepitus rivi. Göri.ngr 3, 39.
BACHGETRÄiNKT, rivo madefaclus: des Wäldchens bach-
getränkte frische Wildnis. Platex 19.
BACHGR.\SLEDER, n. confena ricularis,
BACHGRC.NDEL, f. was bachkreszling und bachschroerle.
BACHHOLDER, m. vibumum opulus, wasserholder, hirseh-
holder.
BACHHüND, m. bachhündlein n., ein daclishUnd zur otter-
und biberjagd.
BACHKATZE, f. in der gaunersprache ein stein oder kiesel.
BACHRÖNIG, m. motacilla trochilus.
B.\CHKREBS, m. Cancer astacus.
BACHKRESSE, f. was brunnkresse.
BACHKRESZLING, m. die gründel, gobius.
BACHLEIN, n. ein weiblicher frisckling, junge bache.
BÄCHLEIN, n. rivulus, ahd. bachili, mhd. bechelin: wer
einem bechlin nachgat, der kompt zß dem brunnen. Keisersb
brOsamlin 37' ; es flieszen von mir vil bächlein in die gärten.
Sir. 24, 41; da werden meine bächlein zu groszen strömen
und meine ströme werden grosze see. 24, 44; wachset wie
die rasen an die bächlin gcpflanzel. 40, 17;
wo willst du klares bächlein bin
so munter?
du eilst mit frohem leichtem sinn
hinunter. Göthk 1,207;
ein bächlein aber rauschte durchs feld.
ScBiLLBK 69;
dicht von felsen eingeschlossen,
wo die stillen bächlein gehn,
wo die dunkeln weiden sprossen,
wünsch ich bald mein grab zu sehn.
TiECK nach Fr. MjJllkr.
BACH.MATT, m. equus bellator, ein groszes tartarisehes pferd,
russ. bachmat'\ poln. bachmat (Li.xde 1, 40'): hätte ich mei-
nen bachmatt, der mir in der Schlacht von Warschau er-
schossen ward, nur ein halb jähr eher gekriegt, ich wollte
funfzigtausend thaler reicher sein, er gieng in einem futter
dreiszig meilen hin und her. Weise erzn. 196 ; eine scbmarre
über den köpf bauen, dasz ein bachmatt wie meiner war,
daraus saufen künte. 198 ; gieng der andere mit rechteo
bachmattsschritten zur stube hinaus. 201.
BACH.MEISTER, m. oberster der flüszer und holzknechte, in
Polen heiszt mit diesem deutschen namen ein salzbergbeamter
bachmistrz, packmeister. Linde I, 41. aber mhd. bacbmeister
becker. mysl. tos, 37.
BACHMINZE, f mentha aquatica.
BACHMICKE. /". lipula rivalis, Schnecke auf feuchten wie-
sen, an buchen.
BACH.NASZ, plane madidut, itie aus dem bach gezogen:
bacfanasz sein, rfurcA einhin nasi sein, permadescere. Maaler
48 ; die wällen bedackten oft das ganz schiflin, und das wä-
ret bisz wir gen Brunnen, an das gstad kainend, da waren
wir bed bachnasz. Tno. Plater 44 ; das weisz ich aber gar
woll, das min hembdiin bachnasz ward. 67; sie schlug waidli
zu, und wir einander an hals, dasz ich und mi Anna vor
freudigen brieggtropfen bachnasz wurden, der arme mann im
Toekenb. 298.
67*
1063
BACHRAIN— BACKE
BACKE
1064
BACHRAIN, m. limes rivo circumscriptus. weisth. 1, 468.
BACHSCHMALZ, «. aqua polabiUs:
das bachschtnalz tut mir viel zu lieb,
das scliepf ich aus dem Lecii,
es maclit mir nit faiszt mein rieb. Uhiand 722.
vgl. armschnialz und Rheinanke in anke.
RACHSCHMERLE, f. tvas bachgriindel, ein fischlein.
■RACHSCHNATTERIG, inier lavandum garrula? instar nvi
garrula? nastriefige, plewelwäschige, bachschnadrige, pfudel-
nasse, sacksleubige, schneckkriechige, belzplelzige alle kupp-
lerin. Garq. 4"'.
RACHSTADT, f. eine Stadt am back gelegen: zun bach-
stedtcn. Jos. 17, 9.
BACHSCHWEIN, n. gleichviel mit bache. Stieler 73. be-
chenschwein speckschwein. weisth. 2, 20S.
RACHSTAUUNG, f. cohibitio aqiiae. Moser 1,362.
RACHSTEINRRECH, m. saxifraga rivularis, ein kraut.
RACHSTELZE, f. motacilla ripivaga, ein an buchen herlau-
fendes und unablässig den schwänz rührendes, munteres, zier-
liches vöglein, das unter vielen andern namen bekannt ist:
motacilla {von ciliare movere), asiaoTtvyis, wasserstelze (oben
sp. 564), bebeschwanz, wedelschvvanz, wegesterz, nd. quek-
slart, wipstart, wagstart, nnl. kwikstaart, schw. qvickstjert,
engl, wagtail, it. codatremola, squassacoda, franz. lavandi^re
battequeue, baussequeue, sonst auch ackermännchen, stifts-
fräulein : davon ist der liebe mensch so lustig, dasz er in
der Stube herumtanzet, wie eine bachstelze. Weise comöd.
probe 282. schon ahd. waj^arstelza (Graff 6, 678), wajjer-
stellia (Haupt 5, 198'), stelze ist gralla, doch scheinen stelze
und Sterz hier dasselbe.
BACHSTROM, m. strömender, rinnender back : aufdembach-
strom hängen weiden. Fb. Müller 2, 339.
RÄCHTEN, s. hechten.
RACHTHAL, n. vallis quam nvus perfluit, ein häufiger Orts-
name, wie das umgestellte thalbach.
RACHTOBEL, m. bachtöbele, n. vallecula. Maaler 48*.
BACHVOGEL, m. bachamsel.
BACHWANZE, f. cimex saltatorius, sonst auch der springen
RACHWASSER, n. fluvialis aqua, brunnenwasser.
BACHWEIDE, f. salix helix: meien von dichten hewmen
und bachvveiden. 3 Mos. 23, 40 ; das gepüsch bedeckt in mit
seinem schatten und die bachvveiden bedecken in. Hiob 40, 17.
BACHWELLE, f. ein kühler südwind trieb jnit weichen
locken und bachwellen sein letztes spiel. J. Paul biogr. bei.
1, 59.
BACHZECHER, m. aquac polor, auch poetisch für frosch.
Stieler 2604.
RACK, s. hak.
BACKAPFEL, m. bratapfel.
RACKREKECHTIGT, zum brotbacken berechtigt.
BACKRIRNE, f. bralbirne.
B ACKERET, n. ein dünnes, breites, zum backwerk dienen-
des bret.
RACKRUTTER, f. butter, die sich für backwerk eignet.
BACKCHEN, n. s. bäcklein
BACKE, m. gena, mala, ahd. pacho, später backo (Graff
3, 29), mhd. backe (Re>. 1, 76'), den übrigen dialecten abge-
hend und nnl. nur in der Zusammensetzung hakbaard vorhan-
den, es scheint einer würzet mit back rücke, bache mast-
schwein. backe ist der runde, dicke, feste Iheil des angesichts,
wird aber auch von andern rundlichen erhöhungen gebraucht
{s. 6), vgl. lat. bucca; einige verwenden backe weiblich, hal-
ten es wol gar für feiner, vornehmer, Maaleh schreibt bagk m.,
viele backen.
1) synonyme, wange ist edler ah backe, und geht nicht wie
dieses in die bedeutuiig von kinnbacke maxilla über, man sagt
essen ze beiden backen. Uätzlerin 277'; mit dem einen ba-
cken kaut er, und mit dem andern redt er. Lessing 1, 268;
er hat sich beide backen vollgcslopft ; er nimmt die backen
recht yoW (redet prahlerisch, schwülstig); um die backen nicht
80 voll zu nehmen. Götiie 16, 216. in diesen fallen könnte
nicht stehen wangen, ebenso wenig heiszt es kinnwange, wange
eines apfels, obgleich umgekehrt apfelwange, apfelkiiin ßr gena
gesetzt wurde, heisze thrünen rollten ihm über die wangen;
sie weinet des nachts, das ir die thronen über die hacken
laufen, klagt. Jer. I, 2 ; die threnen der witwen llieszen wol
die backen erab. Sir. 35, t8. den dualis {yet^ve) musz beide
umschreiben oder er bleibt unausgedrückt : arm und Itcidc ba-
cken : den arm und beide backen. 5 Mos. 18, 3 ; deine backen
stehen lieblich in den spangen. hohelied i, 10; seine backen
sind wie die wachsende wurzgertlin. 5, 13. in den noch lich-
ten brand mit steifen backen blasen. Grvphiüs 1, 42; blas in
zinken, spann die backen. Garg. 9l'. ags. galt hleor, alts.
hiear, mnd. 1er, engl, leer, mnl. Her für gena, ahd. hiufila,
hiefela, was an ahd. hiofa, mhd. hiefe, die rothe fruchl des
weiszdorns mahnt, gerade so poln. jagoda erdbecre und wange,
böhm. gahoda fragum, galiody genae, serb. jagoda fragum,
jagoditze genae, russ. aber jagoda beere, jagoditze hinlerba-
cken. Walther Idszt rosen auf wangen scheinen und in schwcd.
Volksliedern steht röd blommande kind \wange). wir sagen : rolhe
backen, blühende, frische wangen ; um ein paar rothe bäck-
chea, die mir jetzo nicht so sehr, als ehedessen blüheten.
ehen eines mannes s. 386 ; rothbäckigte dinger = tfangcn. ebenda.
rothbäckige äpfel. bleiche wangen, scäw. "blekblommande kind.
grübe in den wangen, grübchen im kinn, löchlin im backen
Garg. 76" (mehr unter grübchen). glatte, volle wangen ; volle,
dicke, hangende, magere, hagere, eingefallene wangen; glatte
backen hin seind. Pelr. 180' ; geschminkte wangen :
der glänzende betrug, der stirn und back auffrischet.
Grvphiüs 2, 26.
2) den backen oder die wange zum küssen darbieten, dar-
reichen; den rechten backen zu küssen bieten. Garg. 68'; gib
mir den backen, lasz dich von mir auf den backen küssen
bei Spee ist aber bäcklein der kus, das mdulchen selbst ge-
worden :
die bäcklein er mir klebet
auf meine wangen beid. irulzn.bd;
je mehr ich ihm der bäcklein gab,
und mehr und mehr thäi küssen. 188 (204) ;
ich ihm die wänglein also gar
mit häcklein ab weit messen. 189;
und ihm von äugen, stirn und hals
der bncklein satt weit prassen. 189 (205) ;
dir die letzte bäcklein heften
an die süsze wangen rund. 258.
3) backenstreich : schlug Micha auf den backen. 1 kön. 22,
24; haben mich schmehlich auf meine backen geschlagen.
Hiob 16, 10; du schlegst alle meine feinde auf den backen
und zerschmetterst der gottlosen zene. ps. 3, 8 ; und wer dich
schlägt auf einen backen, dem biete den andern, auch dar.
Luc. 6, 29 ; wenn du ein künig an ein backen schlücgest, er
hett dir das nicht für gut. Keisersr. Sünden des munds 2l';
so sich zimpt, das du deine kind magst mit ruten houwen
und dem bösen knaben eins an den backen geben, das er
umb trümlet. 35*; wan dich einer an ein backen schlecht,
schlag in nit widerumb. 61"; schlag in an ein backen, das
er umb tromlet. 64' ; schlägt es ihm unsanft zwischen back
und ohr. Lessing 6, 510 ; mit einem sachlen schlag auf den
backen, unw. doct. 479, wofür wir auch iagen: auf die backen
klopfen ; in die backen kneipen ; die backen streicheln {vgl.
backenstreich) ;
er musz uns beidn die backen waschen.
Atrer fasln. 21*.
4) kanstu mit einer stäche) im die backen durchboren?
Hiob 40, 21 ; durch die backen brennen, genam vel maxillam
urere. rechtsalt. 709 ;
meinst ich hab dein tochter nit kendt,
die man hat durch die backen brendt?
H. Sachs III. 3, 13';
so thut man mich durch backen brennen.
IV. 3, 31'.
ein baggenbrennte conscienz bei Zwincli 1, 6 meint ein vcr-
sehrtes, innerlich zerrissenes gewissen.
h) in die backen lügen, sich in die backen hauen, sich
selbst ins gcsicht schlagen: also müssen sie sich selbs ins
maul beiszen und liegen in die backen, wissen gar nichts,
was oder wie sie reden. Luther 2, 508' j aber der schwermcr-
geist hewet sich hie selbst in die backen. 3, 439'; druiuh
müssen sie solchs sagen, das sie sich selbs in die hacken
hawen bis an die obren hinan, das iedcrman ir lügen und
büherci olTenbar werden. 3, 527; heiszt das nicht sich fein
in die backen gehawen und sich in der Weisheit beschissen?
5,290"; golt blendet sie also, das sie kein wort nicht setzen
können, damit sie sich selhs nicht in die backen hawen und
verraten. 5, 300'; Irawen, hie soll ich mich wol selbs in die
backen gehawen haben, dazu gefangen und geschlagen sein
mit meinen eigen Worten. 0, 154'.
6) backe wird angewandt auf andere runde und gewölbte er-
habenhcilen, s. arschbackc (die andern backen = hinterbackcn).
1065
BÄCKELCHEN — BACKEN
BACKEN— BACKENGRLBE
1066
kinnbacke, backe eines apfels, einer aprikose ; backe am mie-
det, tculst zum anhängen der rücke (Schm. 1, 149) ; backe, pol-
sler am lehnsluhl; backe, das an einer wand oder einem bret
als ansatz oder stütze befestigte holz; backe an messerklingen
und vorlegesehlössem ; backe am gewehrschaß, backen sind
dem anatom erhabene theile des gehirns.
BÄCKELCHEN, n. bäcklein, diminutiv von backe.
BÄCKELTROG, m. tcas backlrog.
BACKEN', coquere, torrere, fngere, ahd. pachan, mhd. ba-
chen ( : machen, Sachen), nnl. bakken, ags. bacan, engl, bake,
altn. baka, schw. baka, dän. bage. 6« älteren süddeutschen
schripslellern immer bachen, und noch heute so in Schwaben,
Baiem, Ostreich, erst Luther setzte backen durch, das so un-
hochdeutsch scheint, als macken, sacken /ür machen, sachen
wäre; doch erscheint ausnahmsueise schon ahd. packan, bacchan
(Graff 3, 24) und peccho, mhd. becke pistor. die organische
flexion ist stark, ahd. puoch, mhd. buoch und buoc, nhd. buch
und buk und überall mit dem part. gipachan, gebachen, ge-
backen ; mnl. boek, nnl. bakte, altn. bakadi, schw. bakade,
dän. bagede. Luther setzt neben backen noch buch 1 Mos.
19, 3 ; buchs {buk es) 1 Sam. 28, 24 ; buchen 2 Mos. 12, 39. das
parL prael. steht in altbacken, frischbacken, neubacken, haus-
backen ohne ge.
Diesem backen entspricht nun skr. patsch (pac), sl. peschtschi,
praes. peku, kaum gr. Tieaaco, später Tiinxco, lat. pinso, welche
beiden doch mehr das kneten und wirken des teigs ausdrücken,
erwägt man, dasz im backen das weiche erhärtet und dorrt,
so kommen auch Tcayr^rai und pangere in betracht, wozu die
unter2rerhandelte bedeutung des anklebens, anfrierens stimmt.
Die zwischen backen und patsch mangelnde lautvcrschiebung
«eist auf vermittelnden aspirierten anlaut, und das gr. fcöyco,
lat. focus, kochslätte, it. focaccia, ahd. fochanza (Graff 3, 441),
»er6. pogatscha, ags. foca, panis stib cinere pistus seheinen
steh darzubieten. Die Wandlung der auslautenden reinen gul-
turalis in skr. tsch, sl. schtsch gleicht der des hochd. bachen
in backen = backian, ja dem bitscüe batsche kuchen eines
kinderreims bei E. Meier n' 36. 37.
1) intransitives hackea: das brot bäckt schon, «st im ofen, \si
im backen ; bäckt aus ; der kuchen darf nicht zu lange backen.
2) zumal kleben, haßen, starren, frieren, ganz wie nayf;-
vai: auch braucht er igott) der sonnen nicht dazu (zum au/'-
thauen), sondern es flegt nach der sonnen deste herter zu
backen. Luther 3, 469' ;
wach auT, Oieboll, hau Dieboll wach,
es ist morn auch ein nacht,
wach eh dirs ding ans leilach Lach.
horch wie der lian schon wacht. Garg. 249";
das bembd ist mir in ars bachen. Frischlis 29 ; weil aber
der junge herzbruder meinem obristen gar ins hembd geba-
cken war {nah am herzen lag). Simpl. 1, 426; so wärs un-
müglich, dasz er dem gn. herrn in einer solchen bälde so
halt ans herze backen können. 2, 300 ; es ist kalt, dasz es
backt; es hat diese nacht gebacken = harte rinde gefroren,
angesetzt;
so war ich Qbcrn Dauben«ee gerannt,
der, wie mein starrend btiit, zu eis gebacken.
\Ver.^sr 24 febr. 57 ;
das blutige hemd backt am arm, klebt fest. nnl. hei zal de-
zen nacht een koekje bakken = stark frieren, vgl. anbacken,
aun)acken.
3) transitives backen ist vorzugsweise brot backen, panem
coqUere: und sie buchen aus dem rohen teig, den sie aus
Eg}-pten brachten, ungcsewrte kuchen. i Mos. 12, 39; was ir
backen wolt das backet und was ir kochen wolt, das kochet.
16, 23 ; zwei webebrot von zwo zehenden semelmei gesewrt
und gebacken. 3 Mos. 23, 17 ; das zehen weiber sollen ewT brot
iu einem ofen backen. 26, 26; und nain mel und knetets
und buchs ungesewrt. 1 Sam. 2S, 24 ; den man anzündet und
brot dabei beckl. Es. 44, 15 ; ich hab auf den kolcn brot ge-
backen und fleisch gebraten und gessen. 44,19; besunder in
dem land {unter den bauern) bachet iedcrman selber. Kei-
btRSB. omcif 136*; buch alles brot, so sie bedurften. Wickram
ro//ir. 87 ; das brot buch ich auch nie zu klein. H. Sachs 1,
Ml ; becken, die über das geordnet gewicht bachen. Fischart
;;r6*ini 54 ; sieden, braten oder bachen. bienenk. 134". Man sagt,
da« brot ist braun orfe» blasz, hart (knupperig) oder leise geba-
cken und letztnes wird auf einen verzärtelten ntenschen angewandt:
nie sftit ir nur so leis gebachen,
ich DIU«! mir gleich der abweisi lacheo.
11. SacimIV. 3, 2f;
mein muoter bacht küchle,
bacbt alle so braun. E. Meif.r n* 25 ;
so sebaw alsbald zur selben zeit,
was für brot auf der tafel leit,
obs alt, obs new bachen sei,
ob auch gut semel sind dabei,
dann grob brot, schwarz gleichwie ein kol,
das sclimeckt keim grobianer wol. Scheit L2;
bachen in heiszer asche. Simpl. 1, 39. er iszt sein letztes brot,
sein henkersmahl, hat sein letztes hemd angezogen :
mhd. ern bei; da nach niemer brötes. Diemer 21S, 15;
ej was ir jüngslej ma;. Helmbr. 1572 ;
»w vorara SsiTiiniaeiav. Od. 20, 119 ;
a)J.a 7tQo)Jyco vuiv, ort to vararof 7tiea9^e rrjfisQOP.
Lucian. dial. meretr. 9; nun wo die frau auch rasend wird,
so- ist unser brot gebacken (ists um uns geschehen). Weisb
eomüd. 158 ; das letzte brot ist dir gebacken, irrp. der liebe 218 ;
dir ist dein brot gebacken!
4) kuchen backen: eile und menge drai masz semelmei,
knete und backe kuchen. iMos. 18, 6; und er macht inen
ein mal, und bud» ungeseurte kuchen und sie aszeh. 19, i;
und soll semelmCr und davon zwelf kuchen backen. 3 Mos.
24, 5; gerstenkuchen soltu essen, die du für iren äugen mit
menschenmist backen solt. Ez. 4, 12 ; daraus buchen sie ku-
chen. Keisersb. sünd. des munds 16'; es was ein frauw uf
ein zeit, die die hoslien het gebachen. 44*; schlugen ein fried-
mal an und buchen strauben und kuchlin. seh. und ernst cap.
153 ; buch ir ein pfannen mit eier, die asz sie aus. cap. 162 ;
die alte buch zelten. Wicsra» ro//ip. 49'; wo sollen sie küch-
lein bachen, so sie weder feuer, eier noch schmalz hetten?
Fischart bienenk. 139';
so musz man narren krapfen bachen. H. Sachs IIL 2, 51'.
(wil) ihm eier bachen auf dem köpf,
sie ihm einrühren mit dem schöpf. Birck doppelspiler 129.
5) tische, frösche, bahne backen, in teig oder mehl rösten :
gebacken fisch und grün kraut darzu. Keisersb. Sünden des
munds 11' ; noch heute östr. gebachen hendl, bachhendl.
6) übst backen, dörren: gebackne äpfel, birnen, pQaumen:
wie zu dem braten backne pQaumen. Tikck 1, 1U5.
7) Stahl backen, das eisen glühen und in stahl verwandeln ;
steine, ziegel backen, s. backstein.
8) redensarten: ja verlasse dich drauf und backe nicht.
Luther 5, 227*. 464* zu solchen, die goU versuchen, die hände
in den schosz legen und meinen, alles werde ihnen ohne fleisz
und arbeit zu theil werden;
wir sind von einem teig gebachen. Schiit ^rob. B2;
sie hat von allen menschensarten das scheuszlichste auf einen
häufen geworfen und mich daraus gebacken. Schiller 105;
wer weisz was er gebacken, das er nicht verthun kann. unir.
dod. 579. nnl. hij heeft mij bedrogen, maar ik zal hem weer
bakken; iemand ene pots bakken, einen streich spielen; ba-
cken und brauen geräth nicht allzeit wol; was einer nicht
backt, das braut der andre.
BACKENAUSSCHMTT, «i. an hauben, hüten, perückea die
länglichen, an die backen reichenden seiterüheile.
BACKENBART, m. nnl. bakbaard, die baarthaare auf den
backen.
B.\CKENBEIN, tu os zygomatiatm, os malae, der rundlidie
knochen in den backen, s. apfelbein :
so drück ich dir aufs backenbein
hübsch frischen, derben kus. Fr. Möller 1, 2S7.
B.ACKENBISZ, m. admorsa gena, bisz in den backen.
BACKENBLASE, f. sacculus buccalis, t. backenwinkel.
BACKENBLCHSE, f. kleines getcehr, das zum feuern an den
backen gelegt wird.
BACKENDRÜSE, f. glandula butcalis.
BACKENFUTTER, n. ribus, mundvorrat: und sobald ein
dorf oder ort von den kriegsknechten ausgefressen, wechsel-
ten sie das ab für ein anders, da noch backenfutter zu fin-
den. KiRCHHor mit. dise. 215.
BACKENGESCHWULST, f. lumor malae. auch männlich:
ein recidiv des backengeschwulstes überfiel mich. Guthe an
Schiller 72.
BACKENGRUBE, BACKENGRÜBCIIEN, laeuna:
sini parvae uirimque lacunae. Or. de arte am. 3, K^;
gr. Ol yeXnaJrot, grübchen jtnd laehzähne, vviupr], was auch
sonst die sich öfnende rosenknospe bedeutet; altn. spiekoppr;
dän. smilebu), sonst auch latterdal; franz. fossette; tn deui-
1067 BACKENHAKEN — BACKGABEL
BACKGAST — BACKZAHN
1068
sehen tnundarten kaule, kautlein, kütterchen. böhm. dulek w
Ijci, dolicek; poln. dolek policzkowy, smiechowy.
BACKENHAKEN, m. an den backen der Hobelbank bei tisch-
lern.
BACKENHALTER,»», ihr lungkitzliche backenhalter. Garg.lt.
BACKENHAUBE, f. die auf die backen herabreicht.
BACKENKNOCHEN, m. backenbein, auch am schetikel der
Pferde.
BACKENLEISTE, f mandibula : demnach asz er, wie es in
ankam, soviel als im geful, spant die backenieist, liesz zu
thai, schult auf die mül. Garg. 163'.
BACKENMUSKEL, m. musculus buccinator.
BACKENRIEME, m. am pferdczaum.
BACKENROTH, gena rubicundus:
ihr schönen frauen, so wolgeputzt und backenroth.
GÖTHE 12, 50.
BACKENSCHLAG, m. alapa, mhd.
er gab im einen backenslac an; dre. MS. 2,6*;
gab einen gröjen backenslac. pass. K. 350, 67 ;
und sluoc ir einen backenslac. 388, 79.
nhd, ein backenschlag solt mir geschehen.^ /"astn. sp. 1121;
und gab {der nonne) aus gunst ein packenschlag.
SCUWARZENBERG 142, 1.
BACKENSCHLAGADER, f. arleria genae, nicht mit dem vo-
rigen zusammengesetzt, sondern mit Schlagader, also zu beto-
nen backenschlägader, nicht bdckenschlagader,
BACKENSCHMIEGE, f. zimmerleuten die schmiege oder der
schräge schnitt, den die schißsparren da bekommen, wo sie an
den grathsparren anliegen.
BACKENSCH.MITZ, m. colaphus, schlag mit der peitsche an
den backen.
BACKENSTREICH, m. alapa: gab Jesu einen backenstreich.
Joh. 18, 22 ; und gaben im backenstreiche. 19, 3, vgl. streich
auf den rechten backen. Matth. 5, 39 ; einer sol betrachten den
backenstreich Christi. Keisersb. «finden des munds 61'; also
schlagen sie Christum, dise backenstreich Christi betracht.
ebenda; der ein schrie, der ander weint, der drit lacht und
wert so lang, dasz die alten auch backenstreich teilten. Eu-
lensp. cap. 4 ; wo alsdann ainer schon der tugent ein backen-
straiche gibt, so bleibt doch ainem sein gutes lob bei den
leuten. Wirsüng Cal. F 2' ; solches backenstreichs wil ich nit
mehr gewarten. Kirchhof wendunm. 62' ; da sie dieses backen-
streichs sich besorgen, mil. disc. 22 ;
er flel Gelinden an, die alabasterbleich
und plötzlich ward geßrbt durch seinen backenstreich.
Grtphius 1, 204.
ßr unedler als backenschlag und backenstreich gelten ohrfeige,
maulschelle, dacbtel u. a.
BACKENTASCHE, f. ventriculus, sacculus bucealis.
BACKENWINKEL, m. dasselbe. Maaleb 48*. baren und äf-
fen schieben das futter in die backenwinkel, und verzehren es
hernach.
BACKENZAHN, m. densmaxillaris, ahd.hacchozant, baccho-
zan (Graft 5, 684), nnl. baktand: da spaltet gott einen ba>
ckenzan in dem kinnbacken. rieht. 15, 19 ; ich zubrach die ba-
ckenzen des ungerechten. Hiob 29, 17 ; zestosze herr die ba-
ckenzene der jungen lewen. ps. 58, 7. backenzähne sind die
vier letzten auf jeder seile des kinnbackens, und der letzte un-
ter ihnen heiszt der Weisheitszahn, s. backzahn.
BACKENZAHNDROSE, f
BACKER, m. aper, ßr bacber, wie in backe und backen
CK an die stelle des früheren CH getreten ist : alte sau heiszt
ein hauend schwein, zweijährig schwein ein backer. Sebiz 569.
einige schreiben bäcker.
BÄCKER, m. pistor. s. becker.
BACKFASZ, n. gefäsz zur teigbereitung.
BACKFISCH, m. fisch zum backen, noch nicht zum sieden,
dann ein junges, unausgewachsnes mddchen: backflschlein,
puellae virguncuiae dictae haihgewachsene frischling, back-
flschlein. facel. fac. s. 393; und ich im besitz des strittigen
Stücks, und drüber den hübschen (1773 richtiger hübschten)
backPisch im ganzen dorf. Göthe 8, 76. ähnliche namen sind
flitze, spielte, grasaffe. nd. aber ist bakflsk ohrfeige. Brem.
wb. 1, 39.
BACKFORM, f. testum, form, worin ein kuehen gebacken
wird.
BACKGABEL, f fuscina pistorum: sie siechen auch die
kucben voller locher mit einem eisinstral oder backgebclin.
Frank weltb. 197*.
BACKGAST, m. der sein brot bei einem bestimmten becker
backen läszt.
BACKGELD, n. pretium pro coquendo pane.
BACKGERÄTH, n. instrumenta pistrinae.
BACKGERATHSCHAFT, f dasselbe.
BACKGERECHTIGKEIT, f. jus furnariam exercendi.
BACKHAUS, n. pistrina: küche, keller und backhaus. Schwei-
NiCHEN 2, 65 ; küche und keller, backhaus, stall und renlkam-
mer. 3, 42. 146.
BACKHECHT, m. ein kleiner hecht zum backen.
BACKHITZE, f. hilze, wie sie der ofen zum backen fordert.
BACKHOLZ, n. gespaltnes, trocknes brennholz zum backen.
BÄCKIG, gena praeditus, nur in den Zusammensetzungen
dickbäckig, rothbäckig «. a. gleichviel mit wangig.
BACKKÄMMER, f. in hofhaltun'gen das gemach für das back-
wesen.
BACKKOHLE, f kohle zum backen taugend.
BÄCKLEIN, Verkleinerung von backe, wänglein.
BÄCKLING, m. alapa. Oberlin 84.
BACKLUST, /■ lust am backen: mittags wurde gar nicht
gegessen vor backlust. J. Paul Fibel 23.
BACKMAGD, f pistrix.
BACKMEISTER, m. pistrinae magister. verschieden von bach-
meister.
BACKMULDE, f. alveus ad coquendum panem: trug den
sack zur bachmulten und leerete ihn aus. Simpl. 2, 305.
BACKNAPF, m.
BACKOBST, n. zum trocknen geeignetes, auch getrocknetes obst.
BACKOFEN, m. fumus, clibanus, nnl. bakoven : die frösche
sollen komen in dein haus, in deine kamer, auf dein lager
... in deine backöfen und in deine teige. 2 Mos. 8, 3 ; gleich-
wie ein backöfen, den der becker heitzet. Hos. 7, 4 ; denn ir
herz ist in heiszer andacht wie ein backöfen. 7, 6; nement
die band toI eschen von dem bachofen. Keisersb. Sünden des
munds 2*. Alberos hat in der Barf. münche Eulensp. n' 230
den nom. sg. backofe, und Frischlin im nomencl. sogar bachof.
die sonn wird je lenger je wärmer den bachofen einheitzen.
Fischart groszm. 29 ; ein badaud ist nemlich ein mensch, der
um ganz populär davon zu sprechen, nie hinter seinem back-
öfen hervorgekommen ist. Fichte Nicolais leben 117.
wer sich eim gröszern widersetzt
und auf in seine zäne wetzt,
der selb sich gar unnützlich zert,
gegm backöfen das maul aufsperrt. Waldis 1, 37;
ein weites maul hat gnug zu schaffen,
wenns widern backöfen wil gaffen. 2, 28.
vgl. Reinhart fuhs s. xciii.
BACKOFENDRESCHER, m. nanus: bachofentrescherlein.
Garg. 41*.
BACKOFENHITZE, f. was backhitze.
BACKOFENLOCH, n.
BACKOFENZINS, m.
BACKORDNUNG, f., Ordnung, nach der gebacken werden musz.
BACKPFANNE, /. sartago, pfanne zum backen, nnl. bakpan.
BACKPFEIFE, f ohrfeige, wird gedeutet ein schlag, der an
den backen pfeift, wie man auch ohrsausel sagt.
BACKRÄDCHEN, n. zum rändern der kuehen.
BACKSCHAUFEL, f pala, zum schieben des brols m den ofen.
BACKSCHEIBE, f dasselbe: sie halte einen groszen ku-
ehen von der backscheibe laufen lassen. J. Paui. Fixl. 71.
BACKSCHEIT, n. dasselbe: ein grosz packscheil. H. Sachs
I, 468'.
BACKSCHILD, m. baekmulde, abweichende lesart für bad-
schiid. weisth. 3, 356.
BÄCKSEL, n. gebäck, nnl. baksel.
BACKSTEIN, m. laier coctus, nnl. baksteen : ziegel und
backsteine brennen. Felsenb. 2, 72.
BACKSTEINBRENNEREI, f
BACKSTUBE, f. pistrina.
BACKTROG, m. alveus, baekmulde, nnl. baktrog. s. backeltrog.
ich will dir die bein abschlagn,
und in eim packlrog thun hcimtragn.
Atrrr fastn. 63';
sechs packlröge von fichtcnem holze. Gryphiüs 1, 835; eine
gleich einem backlroge ausgehauene lagerstalt. Felsenb. 3, 329.
BACKTUCH, n. zum bedecken des gebdcks.
BACKWERK, n. gebacknes, gebäck.
BACKZAHN, m. was backenzahn : besonders eine deutliche
auslegung eurer neuesten meinung über die backziihne. Göthb
6c« Merck 2, 245. auch Stieler 2596 backzäne.
1069
BACKZEIT— BAD
BAD — BADEFREIHEIT
1070
BÄCKZEIT, f. die zeit, in welcher gebacken wird.
BAD, n. balneum. das golh. tcort ist nicht zu ersehen, da
auch Seh. 4, 23. Tit. 3, 5 mangeln, im alt. lest, würde es noch
öfter begegnen und höchst wahrscheinlich ba|) lauten, ahd. päd,
mhd. bat bades, alts. bath, ags. bäd pl. bado, engl, bath,
nnl. bad, alln. bad, schw. dän. bad. die epenlhese des pl.
bäder steht ahd. nicht aufzuweisen, mhd. beder nur in der
Martina 46*.
Die Wurzel scheint auf das skr. bäd, vdd lavare zurückzu-
gehn, in balneum, balineum, ßa).apsiov trat L an die stelle
des D, hinzuzuziehn ist ßadx% wie golh. diups zu daupjan,
tief zu taufen, vgl. ßaTtreiv. im altsl. banja lavacrum, ba-
niti, banjati lavare fiel die lingualis aus, wie im it. bagno,
sp. bano, prov. banh, franz. bain, walach. bae {s. doch it. baja,
franz. baie, meerbusen). vergleichen Idszl sich auch das finn.
peso, lavacrum, läpp, passalwas, worin anlautendes P = B,
inlautend aber entsprang S leicht aus D (kesi keden, mesi me-
den, vesi veden, Tuosi vuoden) und man gelangt auf pedo,
bedo. wenig für sich hat Verwandtschaft zwischen bad und
bähen, fovere, calefacere (westf. baddig, schwül, warm), da
der begrif des bades ausgieng vom abkühlen, waschen im flusz;
vielmehr berühren sich bähen und backen, synonym mit bad
war alln. laug lavacrum, von lauga lavare, abluere.
1) das neugebome kind besprengen, waschen, baden, in geist-
lichem sinn das bad der taufe, der Wiedergeburt. Tit. 3, 5.
auch die heiden besprengten und badeten die kinder,, die alten
Germanen {Gallier) sollen sie auf einem schild im Rliein ge-
badet haben, nach einem gedieht der gr. anthologie (RA. 935),
vgl. hernach badschild:
worum hat man dich nicht versenkt,
und in dem ersten bad ertreokt?
Tho. ßiRCK ekespiegel. Tüb. 1598 s. 46 ;
TOm ersten bad bis zum begräbnis. Göthe 41, 307.
das kind mit dem bad ausschütten sagt man ßr mit dem
schlechten auch das gute verwerfen; das bad soll man aus-
gieszen, das kind behalten; das ist eine böse mutter, die
das kind mit dem bade, und die windeln mit dem unflat
wegschüttet. Matbesics 122'; ja das kind mit dem bade nicht
ausschütten. Felsenb. 4, 174 ;
nun nun, verschütt er nur nicht gar
das kindlein samt dem bade! B(;aGER39';
auf eine so zerstörende weise zu verfahren, und wie man
im sprQchworte sagt, das kind mit dem bade auszuschütten.
Göthe 53, 157.
2) zu bade gehen, ins bad, aus dem bade gehen, steigen ;
im bade sitzen, liegen ; ein bad geben, nehmen ; der stille
bach lockt zum kühlen bade;
es lächelt der see, er ladet zum bade. Scbilleb 516*;
wer in den wein begraben liegt, wann der soll auferstebn,
musz oft, eh er gen bimmei laug, zuvor zu bade gebn.
L0GAU3, 9, 70;
wenn der mann geht ins mad [ins mähen),
soll die frau liegen fm bad. Ave-ntix chron. 17',
der mann führt ein hartes, die frau ein weiches leben, gu-
ten morgen, meine beste, ehe du ins bad steigst. Göthe an
fr. von Stein 2, S2. der arzt verordnet dem kranken ein war-
mes oder kaltes, ganzes oder halbes bad, dampfbad, kräu-
terbad. im badehaus werden Wannenbäder genommen,
hast nit ein pfeaning in ein bad. H. Sacus III. 3, ISV
3) einem das bad richten, rüsten, bereiten, anlassen, aufgie-
szen hat oß den Übeln sinn von einem nachstellen, falle legen,
einen in gefahr stürzen, weil der nackte, wehrlose überfallen, er-
schlagen werden kann, oder das bad zu heisz gemacht wird:
wenn die liehen engel nicht weren gewesen, soll dir der teu-
fel ein bad haben zugericht. Lither 5, 336*; es musz also
sein, das sie inen selbs das bad in der hülle wol bereiten.
3, 291* ; CS were gut, das die oherkeit hiezu thet und hiesze
den geist schweigen, denn er weit euch zu Freiberg gern in
ein bad bringen, sehet euch wol für. 6,349';
der in {ihnen) auTgegossen hat das päd. fasln. $p. 1123;
das päd den jüden war gestift. IV. 1,30';
hat dis betrübte bad gesiift. Ri:i6wald Ir. Eck. GS';
do das dem feiod Terkundschafl ward,
das im bereitet war das bad. Soltau 385;
Tor Sachsenhausen theten sie rennen,
da kamen sie recht in» bad. 406,
der baron verklagte den hausbofmeisler und glaubte ihm ein
rechtes bad angcnchtel zu haben. Göthe 18, 260 ; daran denkt
wol kein solcher unberufner, welches bad er durch seine
vrahrheitsverrätherei allen hofbedienten bis zur garderoben-
jungfer herab bereitet. J. Paul dämmerungen 98.
fericht ist sonst ein heiszes bad,
ariouen lernt man mores. Soltai;450;
das bad ist heisz genug geheizel, wem es gilt, der wird
schwitzen müssen. Luther 6, 332'; got gebe gnade e. eh. h.,
das sie mir auch einmal solchen oder dergleichen brief oder
bolschaft lasse zukomen, der mich betreffe, so soll e. h. bad
und lauge kriegen. 6, 361'; damit mancher armer gefangner
durch freche unverstendige schreier nicht in ein weiter bad
geführt und verkürzet werde. Kirchhof nn7. disc. 241 ; dann
einer der lasier verschweiget und einer der falsch urtheii
spricht, die werden beide zugleich in einem bade baden.
Uectter kriegsordn. 48; hie wil ich, sprach der bock, den
münch im bad ergreifen und ehre einlegen. Litther {gegen
Emser) 1, 367*.
4) einem das bad gesegnen: wol bekomme das badi pro-
sit balneum ! rief man einsteigenden zu. häufig aber auch in
schlechter bedeutung: es übel bekommen lassen:
der teufet sprach, icb gsegn dirs bad. H. Sachs IL 4, 87* ;
da lief ich frisch hinzu, so wie ich war,
und mit der ait bab ich ibms bad gesegnet. Scbiller 517*;
um abend sülen sich die Schweine und wälzen sich in den
pfülzen, da soll der Jäger, ehe sie zu bade kommen, auf
einen bäum steigen und ihnen das bad gesegnen. Becher 57.
5) das bad bezahlen lassen, austragen, aussaufen, austrin-
ken {vgl. ausbaden) : vollends mein bruder Nicolo, der das
bad mit bezahlen müssen. Lessisc 2, 150 ; du wirst müssen
das bad austragen, was ein andrer gethan hat, wirst du bü-
szen. Stieler 76. aber das bad wird ausgehen über sie {die
räche wird sie treffen). Lcthers br. 5, 417 (vgl. ausgehen 5) ;
und über mich wird stets das bad
von neid und misgunst ausgegossen. Gc.nther88;
und weil die Unschuld stets das letzte bad ausgeuszt. 1063.
6) wie im gegensatz zu balneum der pl. balneae öffentliche
bäder und heilquellen bezeichnete, gr. al d'eQuat, thermae und
aquae, franz. les eaux, pl. vody, altn. laugar thermae, weil an
solchen orten viele bäder neben einander eingerichtet waren;
galt auch ahd. dal. pl. a; padum ad balneas, ags. ät badum,
ät hätum badum für solche Warmbäder und daher rühren die
Ortsnamen Baden : Versuchs nur ein monat, thu als einer der
do leistet dem andern so lang freuntschaft, und fart mit im
gen Baden. Keisersb. Sünden des munds SO'. auch Achen ist
ursprünglich nichts als Ahum = Aquis. wäre unser epenthe-
lisches bäder so frühe üblich gewesen, würde auch vorkommen
a; Padirum = Bädern, wir könnten unterscheiden ins bad ge-
hen (in balneum) und in die bäder (ad aquas, Ihermas), wie
franz. aller au bain und aller aux eaux, aux bains. doch wir
sagen ins bad reisen, ich musz ins bad Pyrmont.
7) die ahd. spräche gibt ihren Zusammensetzungen pada, die
mhd. bade, zuweilen bat, das 15. 16 jh. bad, später galt wie-
der bade, wonach also hier geordnet werden musz. man vgl.
blutbad, dampfbad, fluszbad, fuszbad, kräuterbad, seebad,
schweiszbad, solbad, wildbad.
BADDELN, volutari, putteln, engl, paddle: bis der schüt-
ten an einem eckstein zersprang und der Stutzer in seinem
luchspelze auf dem eise herum baddelte, wie ein floh im obre.
Weise erzn. 3S7.
BADEANSTALT, f. balneae, mit kaltem oder warmem wasttr
BADEANZUG, m. badegewand, badekleid.
BADEABZT, m.
BADEBEKANNTSCHAFT, f.
BADEDIENER, m. badeknechL
BADEDIHNE, f s. bademagd.
BADEEINRICHTUNG, f. häusliche badeeinrichtung, Aauitad.
BADEF.XSZ, n. vas larationi inserviens.
BADEFAL'M, m spuma balnei: weisze haut, welche das
abgekühlte badewasser überzieht, med. maulaffe 912. s. bade-
schaum.
BADEFERTIG, paralus ad balneum: halbnacket, daher wir
sie vor allbereit badfärtig urtheiletcn. Birkex OL 93.
BADEFLECK, m. loctu lavando aptus: hier ist ein guter
badedeck.
BADEFRAU, f. was bademuhme.
BADEFREIHEIT, /". sie müssen meine Vertraulichkeit der
badelreibeit zuschreiben. Klincer l, 142, wie maskenfreibeit.
1071
BADEGAST— BADEN
BADEN
1072
BADEGAST, m. qui ad balneas venit: es sind heuer we-
nig badegäste.
BADEGEFÄSZ, n. was badefasz.
BADEGELD, 71. balncnticum. s. badelieller.
BADEGEBÄTH, n. ahd. padagigarawi.
BADEGESELLSCHAFT, f.
BADEGESINDE, n. badgsind. H. Sachs IV. 3, 77*.
BADEGESCHIBR, n. vas balnearitim.
BADEGESTRIEGELT, balneo pexiis: 0 badgestrigelter doc-
tor von Costenz ! Garg. 28", nach einem volksliede der zeit.
BADEGEVVAND, n. der mond windelt uns in ein nasses
badegewand von woliien ein. J. Paul lierbstblum. 3, 227.
Bx\DEHAUBE, f. calantica balncaris.
BADEHAUS, BADEHÄUSCHEN, n. balnearium, balineum.
ahd. padahüs, nnl. badliuis.
BADEHELLER, tn. balneaticum: wem spart ihr die drei
badheiler? Garg. 41*. s. die unter bad 2 angeführte stelle aus
H. Sachs III. 3, 18'.
BADEHEMD, n. indusium balneare: er hatte aber kein
badhembd an. Luther 6, 14l'; und gehn doch beid im bad-
hembd einer remigkeit. Fischabt bienenk. 84' ; chorröck, bad-
hemder. 20'.
BADEHRE, f. praecinctorium balneare: kurz und gut, sie
hat, mit gunst zu sagen, keinen läppen am leibe, nicht ein-
mal eine badehre. Wieland 11, 22L schon Dasypodius 300' hat
badehr, badtuch perizonium, und Stalder 1, 124 noch badeere
ßr badhemd. hiesze es bades ehre, so würde sich das mhd.
des mcigen kre und ähnliches vergleichen, jedenfalls ein alter
ausdruck, dem man fernere aufmerksamkeit zuwende.
BADEHUT, m. pileus balnearis, legumenlum balneare:
lind deinem weib ain alten padhut. fasln, sp. hl3, 30;
dein gschirrlich (penem) in ein badhut henk.
H. Sachs IV. 3, 77«.
BADEHÜTLEIN, n. ein seltsamer vogf, der unter dem bad-
bütlein erschupft (eunuchus) und nicht recht gescheide war.
Katziporus K6.
BADEKAPPE, f. was bademantel.
BADEKESSEL, m. lepidarium.
BADEKITTEL, m. veslis linea balnearis:
den pfaffen heu nach dem bad gfrorn,
stund nahent bei dem ofen vorn
in seinem schneeweiszen badkittel. H. Sachs IV. 3, 90*.
BADEKLEID, n. veslis balnearis: ich spreche doch, wenn
sie aufs höhest zürnen, lieben herrn, zürnet ir, so gehet von
der wand, Ihut in ewer badekleid, und hengets an den hals.
Luther 5, 280'. nnl. badkleed.
BADEKNECHT, m. badediener.
BADEKRAUT, n. herba balneo salutaris. dergleichen bade-
kräuter sind rosmarin, liebstückel, kamille.
BADEKUR, /. usus aquarum: die badekur blieb unvoll-
ständig.
BADELEBEN, n.
BADELISTE, f gedrucktes Verzeichnis der badegäste.
BADELUST, f Studium balneorum.
BADEMAGD, f. ancilla balnearis, balneatrix: ich sihe wol,
soll ich den groben köpfen allen iren mutwiilcn gestatten,
würden zuletzt auch die bademeid wider mich schreiben. Lu-
ther 1, 279';
und sol es denn ein badmeid bleiben,
sein zait in rocknstubn venrcibn. H. Sachs II. 2, 48*;
und die badmeid henken das maul. IV. 3, 77'.
s. badcrmagd. nac/t Schmelzl lobspr. 92 baddiern eine fisch-
galturifi, was doch badedirne?
BADEMANTEL, m. palliiim balneare.
BADE.MEISTER, wi. balnealor, der die aufsieht beim baden
führt, auch im schwimmen nnlerrichtet. s. badermeister.
BADEMUHME, f obstetrix, weil die hebamme das neugc-
borne kind badet, auch testis baptismi, gevatterin: also fiel
des kinds gütlel von dem stcg in die lachen und besudelte
beide, sich und das kind so jcmorlichen, dasz das kind schier
erstickt was von unsuberkeit. also hülfen die andern frauwcn
der bademumcn mit dem kind wieder iierusz. Eulvnsp. cap. 1.
BADEMULDE, f wanne zum baden des kindes : die kindcr
.sind aus der bademulde zu tode gefallen. Weise comüd. 223 ;
meine tochter ist mir nicht aus der bademulde gefallen, das.
BADEMUTTER, f was bademubme. Scuweimchen 1, 88.
Felsenb. 1, 224
BADEN, lavare, abluere, ahd. padön padöla, vihd. baden
badete und hatte, nnt, baden baadte, nhd. baden badete, im
Elsass ward aber zur zeit des 16j/i. auch stark gebogen, nach
analogie von laden lud für ladete und schaden schud für scha-
dete,' welches schud organisch war {goth. skajtjan sköj)). ein
beispiel liefert Keisersberg: wenn mir {=wir) nit büedent.
post. 1, 24. ein andres Wickram im Ovid 4, 10:
der Jüngling in eim solch leiden
sein muller Venus bitten ihet,
dasz sie das wasser machte sött (täte),
welcher mensch fürbasz büd darinn,
dasz er beide natur gewinn.
noch heute ist ich bade, ich bud auch welterauisch.
1) sowol intransitives baden, und sich baden, als transiti-
ves baden, und letzteres halte früher, gleich andern Wörtern
des waschens, kämmens, scherens u. s. w. den dat. bei sich :
ob sie den kinden badt und zwecht. H. Sachs V, 378'.
ein schwarzer mensch will sich weisz baden. Lokman fab. 17 ;
er hat sich gesund gebadet, schaaren von jungen nymfen ba-
deten in stillen grotten. Wieland 11, 192; der schwan badet
im glänz rosiger flut;
sie öfnet früh beim morgenlicht den laden,
und kommt, ihr liebes angesicht (im bacli) zu baden.
Göthk 1,208.
die Cölner frauen badeten auf sonnewende ihre bände und
arme im Rhein, um alles unheil des ganzen jahrs abzuwa-
schen {mythol. s. 555). baden, sich erfrischen: jederman ba-
det in seinem willen, erlustiget sich in seiner kunst. Frank
bäum des Wissens 124 ; jederman ist wol und badet gleich in
seinem wissen, künsten, wssen, ohne alle busz. 135.
flut, die nicht ersäuft, nur badet,
schimpf und scherz der keinem schadet. Logaü 1, 10, 17.
2) in blut baden: in dem blut der unschuldigen kind ba-
den. Keisersb. Sünden des mundes 15';
und Israel im blut thet baden. H. Sachs HI. 1, 96* ;
werden kommen umb leib und gut,
und alle baden in dem blut. IV. 2,41';
die so erhitzt gesucht in unserm blut zu baden.
Grtphius 1, 124;
in grausem blute will ich kühn mich baden.
Fr. Schlegel Alarcos l, 1;
die unglückliche liebe öfnete so früh alle adem seines her-
zens und badete es warm im eignen blute. J. Paul Tit. 2, 124.
3) in der luft baden, das luftbad nehmen, sich im freien
bewegen und ergehen zur gliederstärkung :
lustig hinaus in das dampfende thal
über berge, über klüfte,
die ermatteten glieder zu baden
in den erfrischenden strömen der lüfte! Schiller 497';
die unbedeckte brüst im frischen morgenwinde baden. J. Paul
Hesp. 1, 125 ; und badet {die sonne) nackt im blau, flegelj. l, 28.
4) Güthe badete sich des morgens in den Sonnenstrahlen,
abends im mondschein:
auf, bade, schüler, unverdrossen
die irdsche brüst in morgenroth. 12, 32 ;
Faust zum mondschein:
(ach könnt ich doch)
von allem wisscnsqualm entladen
in deinem thau gesund mich baden. 12,30;
und geh ich meinen alten gang
meine liebe wiese lang,
tauche mich in die sonne früh,
bad ab im monde des lages müh.
an fr. von Stein 1 , 109,
vgl. abbaden. sich in den warmen sand am gestade des mens
strecken und sonnen, ist auch einem bade gleich, von den hü-
nern, die sich im sande putteln, heiszt es dasz sie baden
{s. baddeln). man sagt im sande baden für waten: wir ha-
ben lange im schlämm baden müssen, ehe wir trocknen fusz
fassen konnten.
5) in thränen baden, nnl. zieh in tränen baden:
mild. 1*15 ougen mtiosi er wangcn baden. WinsbekeM;
nhd. dann ich in zähren bade. Sprk 18;
Lividus ist tödlich krank, will er leben, sol er baden
aus den thrcneu, die er gusz {yost) über eines andern schaden.
LocAu I, 10, 90;
des Jünglings grab, das ich noch itzt mit thrnncn bade.
GöKiNGK I, 191 ;
er wirft sich vor ihr nieder, er badet ihre bände in thrünen.
Götme 17, 391 ;
lange genug bat in thrnncn sich baden
kümmernis müssen in furchtbarem drang. Huckkrt 215.
6) f?i/id. in jämer baden. U7i. 47, 22 ; in riuwcn baden. MSII.
3, a53'; in herze riuwc baden. Freihank 35, 5; daj herze in
1073
BADEN— BADER
BADEREI — BADESTÜL
1074
jämer baden. TObl. Wh. 26'; In zwivel baden. 95', in sweiftl
stecken ;
kein gröszer übel ist, als wenn ein mann in schaden
auf gute Treuode trawt, die doch ihn lassen baden (ausbaden).
Opitz 3, 314;
was war die übeltbaL, damit er so verstieszl
dasz er in Partben uns allcine baden liesz.
LouExsT. Cleop. 22, 7S2;
die weiber badeten Tor jamtner
im scbweisze sich. Gotter 1, 155.
7) in wein baden:
dich wird der liebste wirt mit speisen überladen,
mit gläsern auf dich gebn und dich mit weine baden.
Gellert 2, 5;
mit malrasier baden mein zen. H. Sachs III. 1, 198*;
in frischpepresztem wein
zween satirn ihre kehlen baden. Wiela:<d.
aber den wein baden heiszt ihn mit tcasser mischen.
8) unter dömern baden:
dorn und distel stechen sehr,
falsche zungen noch viel mehr,
doch wolt ich lieber unter dorn und distel baden,
als mit falschen zungen sein beladen.
SCHL-PPICS 311.
9) einen kranken finger, die äugen u. s. w. baden.
10) die bienen baden, den bienenstock in icasser tauchen,
um sie matt :u machen.
11) das möhli^d badet, vrasser steht so hoch daran, dasz
die schaufeln bedeckt sind und der gang gehindert ist.
12) er sieht aus wie eine gebadete maus. Stieleb 76; sie
brachte mich demnach als eine gebadele maus nach hause.
Plesse 1, 52. itaque stalim urceatim plovebat, aut lunc aut
nunquam, et omnes ridebant, uvidi tanquam mures. Petron.
cap. 44.
BäDENF.\HRT, f. iter ad balneas: ich wil in Briger bad
ein badenfart für das podengran han, bud mit mir, ich wil
dir die badenfart zaien. ich halt gar ein gute badenfart. Tho.
Plateb 88 ; so sie sprechen, secht an den groszen häufen der
knicken und stecken, lesen die zeichen ab den tafeln herab,
die besehehen sind, und wen es schon alles war wer, ist der
Ursprung ein cörper, so halts (gut) für ein badenfart, dann
zu beiden seilen gerats wol und übel. Paracelscs l, 107'; so
ist auch gut ein badenfart. im dritten jähr einmal, gen Pfeffers
am besten. 1,690"; wir wollen der badenfart auswarten. Frey
garleng. c. 68 ; heiligen walfart ist für ein badenfart. Fischabt
bienenk. 185*. eine andere stelle bei Obeblin 84 nachzulesen.
BADENWALLFAHRT, f. dasselbe, badenwalfarlcr {die ins
bad ziehen). Garg. 17'.
BADEMSCH ßr badisch:
die badenischen nymfen. WgCKHKaLiN 359.
die bildung ist aber tadelhaß, da wir von Hessen, Preuszen,
Tübingen, Güttingen hessisch, preuszisch, tübingisch, güttin-
gisch ableiten, obschon auch heule hin und wieder badensch
geschrieben wird, das lat. badensis, bremensis kann ßr ba-
densch, bremensch kein masz geben.
BADEPLATZ, m. badefleck, badesteile.
BADEQL'AST, fasciculus ramorum Stieleb 1489; und bleibt
war, das es ist ein gewürz, schanddeckel und badquest aller
l.oshaitj Fra5i paradoxa 125'; LC.ntzel slißsfehde s. 207. 5. ha-
derqueste.
BADEQUELLE, f.
und klar und hell
die badequelle. BL'rckr IC.
BADER, m. balnealor, ßaXavevi, dann auch chinirgus, der
kranke zu baden, öffentliche badstuben zu hallen pflegt, wo zu
tider gelassen und gesdnöpß wird; zuweilen vom barbier un-
terschieden, bischof oder bader, aut caesar aut nihil; bi-
^chof oder bader, es musz gehn oder brechen. Fraxk sprichw.
2, &9*; und wollen mit dem köpf hindurch, drein oder drü-
lier, bisdiof oder bader. Lltrer^, 444*;
weh dem, d«r mit einem hadr
in seiner not von diesem hadr
sich musz die kolbe lassen heiin.
RmcwALD taut. warh. 34;
«in schlag, den nicht sobald der bader heilt. 83;
hader erkennt man an der schürze und nimmt in ihrem'amte
Ihnen uicUu übel. GötheS, 38; ein ?ersofifener bader. Stie-
ler 76;
ei ijjet als ein mider
ond trinket als ein bader. jüngling 610;
«6 ijj ith als ein mjkder,
*i tunk ich als eio^ader. far. schiiter 227 ;
den schlechten reim mdd: bad halte auch ein anderes Sprich-
wort (bad 2).
BADEREI, f. hadestube: welcher den andern gestochen hat,
der in der baderei lieget, eausenmacher 106.
BADEREIBERIN, f. balneatrix frieans: langweilig anzuse-
hen, wie ein alte badreiberin. Gary. 15; kloslerläuferin, bad-
reiberin, krankenwarterin. 273'.
BADEREISE, f. iter ad balneas. s. badenfahrt.
BADERGASSE, f. platea balneatorum.
BäDERGESELL, »71. baderknecht, balnealor junior.
BADERHÜTLEIN, n. von stroh oder binsen geflochten : ^esf 9.-
sian flechtet baderhüllein. Garg. 185'. s. badehütlein.
BADERIN, f. balneatrix. ßocc. l, 163'. Tho. Plateb 52
BADERISCH: nichts barbierisch, badensch oder hümple-
risch gehandelt. Paracelscs 1, 1020'.
. BADERLICH, balnearius: es ist mir jetzt nicht baderlich,
ich habe keine lust zu baden. Stieleb 77.
BADERLOHN, m. balneaticum.
BADERMAGD, f. er heiszt mich einen wechselbalg und ba-
dermagds son. Lcthebs tischr. 259*.
BADERMEISTER, m. samt einem barbier und zweien ba-
dermeistern. Abele 3, 179.
BADERMÜCKE, f. phryganea, wassermücke.
BADERQL'ESTE, m. fasciculus ramorum, badebesen, russ.
Tjenik", /«/(. wanta, mhd. queste. Parz. 116, 4. Wh. 436, 10;
figürlich: menschen, die da mit dem baderquesten der ent-
schuldigung understont zu verbergen ire lasier. Keisersberg
Sünden des munds 13", wie nackte reiser torhalien. vgl. Od. 6,
128. 129. s. badequast.
BADERSCHL'RZ, m. supparum balnealorium.
BADERSKOPF, m. Cucurbita, schrOpßopf.
BADERWÄSSER, n. weil aber gottes name und wort da-
rinne ist, so mustu es nicht für schlecht und ledig wasser
halten, als das nicht mehr ausrichte, denn das badenvasser.
Luther 6, 282'.
BADESCHAF, n. vas balnearium:
ain padschaf und aio wiegen, fastn. «p. 574, 2.
BADESCHAü.M, m. was badefaum.
BADESCHIF. n. das zu bädem eingerichtet tor anker liegt.
BADESCHILD, m. alreus balnearius, badewanne: auch sal
man einen armen man in diseme gerichte lassen siUen uf
dem sime, die wile he sich mag behalden under einem bad-
schilde. wcisth. 3, 356; wer aber alhie eigen und erbe hat,
derselbige sal sich darauf finden lassen, und denselbigen sal
man auch uf keinen groszem buwen dringen, diewil er sich
unter "feinem batschilde erhalten mag. 3, 378; item, ob einer
verarmt, das er sinen bew nicht gehalten kan, sol er einen
schilt stürzen uf sin erb oder gut, sol er us dem balschild
geben des besten, das er vermag, so sollen die herren in nit
zu rertriben haben. 3, 386. der badschild dieser hessischen,
uralten rechtsformel könnte noch auf das baden der kinder im
Schild (bad 1) zurückweisen; den namen liesz man auch der
badewanne jüngerer zeit. s. backschild.
BADESCHLAMM, m.
BADESCHRÖPFER, m. hörten gemeinlirh auf, wann sie
über den ganzen leib von schweisz tropften, wie ein bad-
schrcpfer. Garg. 174".
BADESCHCRZE, f. subligar: da soll sich der brSutigam
wol gar in einer badeschflrze trauen lassen. Weise erzn. 253 ;
aber ein Stutzer, wenn er im bade oder bette ist, musz den
zetlel an statt einer badeschürzen anhcngen. kl. leule 267.
BADESCHWAMM, m. spongia balnearis.
BADESINTER, m. ein tuf, der in warmen bädem anlegt.
BADESO.MMER, m. so ein badesommer ist wirklich ein
gleichnis eines menschcnlebens. Güthe an fr. von St. 3, 399.
BADESTELLE, f. badefleck.
BADESTRIEGEL, f s. badegestriegelt.
BADESTL'BE, f. balnearium, baderri, mhd. badstube: da«
ist wider die jnden und bösen Christen, die da spöttisch re-
den von den heiligen sacramenten, als man dan thnt in den
batstuben. Keisebsb. zünden des munds 44*; in die baKtSbcn
geen. 89*; schaffen wolt, dasz wir heimlich und beid uns in
einer badstuben zusammen fiigten (farebbe, che io potrei cs-
sere segrelamente ad un bagno). ßocr. 1,162'; zu einer alten
frawen gieng, die da badstuben hielt (ad una buona femmina,
che quel bagno teneva). 1, 163'; dasz der bader auf seinem
rittergute die badstube abkaufen wolle. Weise kl. leule 241.
BADESTÜL, m.
68
1075
BADESTUNDE — BAGSCHIRREN
BAH — BAHN
1076
BADESTÜNDE, f. stunde, wo man badet.
BADETAG, m. Agricola sprichw. Ih. 2 n* 351.
BADETROG, m. badewanne.
BADEWANNE, /. alveus. s. bademulde, badeschild, badetrog.
BADEWARM, ad lavandum aptus, ad bibendum ineptus:
so wurd (las wasser im badwarm
das schmeckt dann so elend arm. H. Sachs II. '4, 69';
Schutt ein ein külen, der (vorige) war badwarm, es war mir,
als tränk ich meiner mutter milch. Garg. 242'; ein kalter trunk
Wassers wird (dem durstigen schnülei) basz schmackend sein, dan
den reichen hünerfressern der badwarm gänswein. groszm. 30.
r)\an sagt, etwas badewarm erzählen, von frischen neuigkeiten.
BADEWASSER, n. das kind sammt dem badewasser aus-
geschüttet. Felsenb. 1 vorrede.
BADEWEIB, n. badefrau.
BADEWETTER, n.
BADEWIRTSCHAFT, f. so will ich (in Carlsbad) aushalten
und so wird aus der zerstückten badewirtschaft für mich ein
ganzes. Göthe an fr. von Stein 3, 173.
BADEZEIT, f. tempus lavandi.
BADEZEUG, n. badegeräth.
BADEZIMMER, n. badeslube.
BADEZUBER, m. vas balneare, labrum : im badsuber sitzen.
Maaler 49*.
BADISCH, s. badenisch.
BADMEN, juvari, proficere. lügen, triegen, biegen ist ir
täglich brot und badmet (gedeiht ihnen, schlägt an). Frank
weltb. 155'; untreuw musz ihren herren treffen, unrecht gut
nit badmen. chronik 250'; das si (die well) in Sünden, irr-
thumb, ketzerei bad oder badmet. verbütschicrt buch 3'. auch
mhd. erscheint D für T in baden : bestaden bei Herbobt 2697,
wo leicht zu ändern wäre baten: bestalen. mehr über dies
Wort unter hatten.
BADSTANDE, f labrum,
BADSTEIN, m. baplisterium.
BADSTUBENTHÜR,/-. Plat.s. 52.badstubenthürlein. Garg. 40'.
BADSTÜBLEIN, n. sie machen nur kaltpfinnische badstüb-
lin draus. Gary. 224'; badstüblin (warzen) auf der nasen. 109';
musz man dir das badstüblein wärmen? KiRcimofEn Schweiz.
spr. 54.
BAF, interj. fragorem indicans: ich wittre den frasz, laure
dem burschen in einem hohlwege, baf! liegt der marder —
wir haben das huhn. Schiller 163"; herzogWoIf und er trafen
auf einander, baf! stiesz er ihn, dasz der gute herzog zehn
schritte hinter seinem rosse niederpatschte. Fr. Müller 1, 220.
Stieler 81 deutet das wort aus dem knall der ßinte, führt aber
auch 80 baf! vom hundegebell an, vgl. baffen, hälfen, eins
mit paf, pifpaf, puf, bardauz «. a. m.
BÄFCHEN, s. befchen.
BAFESE, f scutum, aus dem it. pavese m., franz. pavois,
gewöhnlich pafese geschrieben, z. b. bei Aventin 17' : leg zwo
bafesen kreuzweis daruf.
BAFFEN, nach Stieler 81 percrepare und latrare, was zum
lat. baubare stimmt, nach Schmid schw. wb. 37 zanken und wi-
derbellen. fceJ Maaleb 49' bäfifen, 6e//en. mn/. haften = blaffen.
BAFFEN, percutere, ferire, so dasz knall und fall eins war,
also von bafi abgeleitet: und meinet man wunder, wie es ge-
bäft oder getroffen sei. Simpl. 1, 531; der richter schändcts
(das ihn bestechende geschenk) zum schein hinweg, die frau
winket es wieder her, und damit meint sie wie sies bäfte
(es recht getroffen zu haben). 2, 322-
BAFZEN, latrare: der hund häfzt den dieb an. Stieler 81
schreibt hefzen, Schmid 37 aber bäfzen, bäfzgen. Staliier 1, 125
bätzgen kläffen, bäfzgerli kleiner kläffer. Maaler 49' hat bäfzen
und liäizen wie ein fuchs.
BÄGERN, vexare, cruciarc: dasz mich das volk plagt und
bägcrl, ihnen eine oper zu machen. Wieland 6e» ^/erffc 1, 109.
ScuMiü schw. wb. 37, der das ahd. paian, mhd. bägen zan-
ken vergleicht. Stalder 1, 125 veneichnel aber bäggen, backen,
hauen, hacken.
BAGGER, m. Werkzeug zumauswerfen des Schlamms und san-
des, s. das folgende.
BAGGERN, ein unhochdeulsches, aus dem nnl. baggeren ent-
lehntes wort für das räumen und reinigen der graben und ka-
näle, den schlämm aus dem gründe schöpfen tind auswerfen.
BAGGERTORF, m. leichter schlammlorf, der auf nicderuiigs-
seen schwimmend mit netzen gefischt wird.
BAGSCHIRREN? so gehen wir {in der fatlnuht) umb um-
schanzen, prassen, rassen, danzen, mummen, stummen, prum-
men, rennen, fechten, ringen, stechen, bagschirrn mit der
trummen, butzen, mutzen und larfieren. Garq. 50'.
BAH, s. ha!
BÄHEN, fovere, ahd. pälian (mit verlängertem vocal, wie in
fähan) GraffI, 4, mhd. been (Ben. 1,78' wie draen, ssn), ver-
wandt mit bächeln und bächern, refocillare, welchen doch nnl
bakeren zur seile steht, bähen bedeutet uns wärmen und trock-
nen, dürren : kranke glieder bähen, die geschwulst bähen ;
ihm lückisch olir und wange kneifet,
die ihm der gartner mühsam bäht. Stolbkrg 9, 338;
aber auch schnitten und semmein in der pfanne rüsten, gebä-
het brot, panis tostus, gebähet fleisch, caro focillata; mhd.
er bat in lange sniten ba;n
und inme kejjel umbe drcen. Parz. 420, 29;
nhd. blumen und laub im topf treiben:
früheres maiengebüsch,
welches im bähenden topf sie beschleunigte. Voss 3, 123.
den kohlenmeiler bähen, anzünden und erglühen lassen, bevor
er mit erde bedeckt, holz bähen, um ihm den hast abzuzie-
hen, weiden im ofen bähen, um sie desto biegsamer zu machen.
BÄHKISSEN, n. fomentum.
BÄHMITTEL, n. malagma.
BAHN [han], f. via trita, ein für die geschichte unserer
spräche lehrreiches wort. golh. finden wir banja vulnus, ags.
benn, altn. ben vulmis, ahd. pano percussor, interfeclor, ags.
bana, fries. bona, alln. bani occisor, schw. bane occisio, ho-
micidium, dän. bane vulnus und occisio, engl, bane gift und
verderben, das will sagen mord und todschlag, mhd. bau
(Ben. 1, 82'). alle diese ausdrücke fehlen nhd. mnl. nnl., hin-
gegen bietet sich dar mhd. ban via, callis, nhd. bahn, mnl.
baen, nnl. baan, schw. bana, dän. bane, welche umgekehrt golh.
ahd. ags. altn. mangeln.
So unvereinbar anfangs auch die begriffe todschlag und
strasze scheinen, beide reihen müssen einer quelle entflossen
sein, wie die bedeutung lehrt, setzen wir als würzet ban fe-
rire, so entspringt daraus banja nXriyri, it. ferita, die ge-
schlagne wunde, bana percussor, todschläger, und bahn, via
trita, le chemin baltu, die von füszen und wagen getretne,
breilgeschlagene strasze. nicht anders sagte man die sträje,
den wec bern, den weg treten, von bern ferire (Ben. 1, 144*^
und noch bedeutsamer ist, dasz von der würzet wig, altn. veg,
skr. vah, lat. veh sowol unser bewegen, fahren und weg, via
= veha stammt, als das altn. vega ferire, percutere, erschla-
gen, selbst schlagen entfaltete aus sich die Vorstellung slaha,
mhd. slä, vestigium, getretene, eingeschlagene wegspur.
Zugleich ist der würzet ban hohes alterthum beizulegen, da
jenem bana gr. (poveiss, dem banja (povos (vom verlornen fdvco)
und lat. funus begegnen, aus dem sanskrit entspricht van ferire
(Ropp 308"), dessen V wie öfter für BH steht, nicht entspricht
(wie Graff 3, 125 meinte) han occidere, welches vielmehr aus
dhan hervorgieng (Bopp 397') und zu unserm tod und tödten
gehört.
Bahn also bezeichnet den durch ungangbare, unfahrbare ge-
gend, über rauhe, schwierige stellen getretenen, gebrochenen, geeb-
neten, geglätteten weg oder pfad; felsenbahn, waidbahn, wild-
bahn, eisbahn, gleitebaiin ; die Schlittenbahn führt über den ver-
schneiten boden, die kegelbahn die kugel zu den kegeln; knot-
tenhahn, tenne zum ausdreschen der fiachsknotten ; tanzbahn;
reitbahn, rennbahn, stechbahn sind für reiler eingerichtet, und
in unserer zeit hat das wort durch die crfindung der dainpf-
bahnen oder eisenbahnen, die schon das blosze bahn kennbar
macht, weiteren umfang gewonnen, nordbahn, ostbahn sind
rtchtungcn der eisenbahnen. An sich drückt bahn einen ge-
machten weg über das land aus und steht insofern dem fluiz
gegenüber, der einen natürlichen weg bildet:
und zwei zusammen sehen (lusz und bahn
und bcrg und busch sogleich ganz anders an.
GöTUS 3, 138.
doch heiszt auch der flusz die staublose bahn, der Wasserweg
(wasserbalm bei GiiriiE 2, 39) und durch das eistreibende ge-
wässer wird dem schiffe bahn gehrochen. Olearius409<: dasz
man auch tnicknes fuszes in seiner (des flusses) bahn spa-
zieren kan. pers. rosenth. 7, 6. d. i. im fluszbett.
Redensarten.
1) liier ist bahn; wir wateten im scbnee, es war durchaus
keine bahn ; nun wäre freie, ebene bahn bis auf diesen är-
gerlichen, zUlien klumpen fleisch. Schiller 112; und wird eine
1077
BAHN
BAHN— BAHNEN
1078
ban sein dem übrigen seines Tolks. Es. 11, 16; zu der zeit
wird eine ban seiiv von Egypten in AssjTien. 19, 23 ; und es
wird daselbs eine bane sein und ein weg. 35, 8. nnl. rer-
icendet man zumal das diminutiv baantje, um anzudetUen, dasz
etwas rorlheilhaß ist: het is een goed baantje, vooi-een baantje
dienst nemen.
2) babn machen, reine bahn machen, die bahn frei ma-
chen, räumen, nnl. de baan klaar maken: macht ban dem,
der da sanft her feret. ps. 68, 5 ; du hast für im die ban ge-
macht. SO, 10; macht auf dem gefilde eine ebene ban un-
serm gott. Es. 40, 3; der im mer weg und in starken was-
sern ban machet. 43, 16; machet ban, machet ban, reumet
den wegl 57, 14; weichet Tom wege, machet euch von der
ban I 30, 11. bildlieh, Kant hat hier bahn gemacht, einen neuen,
vorher unbetretetien weg eingeschlagen; Justinian hat in der
nov. 115 nicht so reine bahn gemacht, wie in nov. HS. Hcgo
heut. röm. recht 1826 s. 206. ebenso bahn brechen durch fei-
gen und Wälder, bildlich, rorangeheri, neues erfinden: daher
heiszt er in der schrift primogenitus ei morluis, als der uns
die ban gebrochen und voi^angen ist zum ewigen leben. Lu-
ther 6,79"; dieser gelehrte bricht immer bahn;
und doch sich neue bahnen brechen
heiszi in ein nest gelehrter wespen stechen.
Wiela:»d 17, 14.
die bahn kehren, zumal von schnee auf dem eis: es ist ent-
setzlich kalt, wenn sie auf der Um fahren wollen, es wird
bahn gekehrt. Göthe an fr. von Stein 2, 13. ein ban speien,
es möcht einer han ein schiffelein gefurt. Garg. 89*.
3) bahn halten, einhalten; man sagt so, wenn sich begeg-
nende nach demselben orte gehen, namentlich wenn ein flei-
scher eben den weg auf die dOrfer einsehlägt, den schon der
andere genommen hat. auf der bahn, in der bahn bleiben :
auf das du wandelst auf gutem wege und bleibest auf der
rechten ban. spr. Sal. 2, 20 ; das ich auf rechter bane bleibe.
LcTHER 6, 345'; aber das lassen wir jetzt faren tind bleiben
auf der ban. 3, 293*. umgekehrt, die bahn verlassen, verlie-
ren, aus der bahn schreiten, treten: die da verlassen die
rechte ban und gehen finstere wege. spr. Sal. 2,13; der tritt
freilich aus der ban und ist des teufeis. Llther 3, 327';
und sein verstand triit gänzlich aus der bahn.
Wieland 22, "l ;
den jungen aus der bahn schreitenden geistlichen. Götbe 19, 99.
4) auf der bahn sein, unterwegs sein, herannahen: der fünft
i^t auf der ban. Luther 3, 2S5' ; darnach müssen denn folgen
seiche falsche geister, die selbs nicht wissen noch ie'erfaren
baben, was es ist das sie leren, wie es bereit allenthalben
auf der bun (im gang) ist. 6, 35*;
denn sieb die nit ist auf der ban,
wie manche bände! leigen an.
HiXGWALD laut. warh. 93;
wann Helena kann zehren
rersieszen, wie sie thut, was Tall ist auf der bahn ?
Opitz 1, 241.
auf der bahn liegen a6er bedeutete auf der strasze liegen, ve-
gelagem: und mir selbst aus treuer meinung atizeigt und
sagt, ich leg (läge) immer auf der ban. Götz vos Bebl. le-
bensb. 49.
5) auf die bahn kommen, heraus kommen, erscheinen: wann
sie die heiligen bocbpreisen, so kompt gleich die anrufung
der heiligen auf die ban. brenenk. 31* ;
so wird er kommen auf die bahn,
dich hOren und beschützen. Risgwjlld geittl. Ued.Ei*;
igott) sein Tätterliches rüthelein
leszt auf die bahne kommen. F4*;
bei einem glase wein kömmt manches auf die babn.
Lkssi.-«g 1, 182;
er hoffe, dasz ich schärfere beweise zu gelten haben würde,
als bisher auf die babn gekommen waren. Wieu^>d 15, 134.
6) auf die bahn bringen, aufs tapet, vorbringen: er wollte
die Sache auf die bahn bringen. Wickbam roZ/ic. 8S;
das du grob louen bringt auf dban. Scheit grob, gl;
ein newes auf die babn zu bringen. Rimgwald l. warli. 194;
könt selizam gscbicia auf die bahn briogn. Atbs* fattn. V;
und was ich weiter nicht mag bringen auf die bahn,
dadurch ich sonsten wol in argwöhn kommen kan.
, ., , . Opitz 1,131;
bald bnnrt man anf di<> b.ibn
ein unertionc lehr. Gktpbics 1, IS;
sie brachten auf die bahn indessen ibr bedenken
Wkroebs .4rio«( 20, 23;
drumb bringt ihr bocksbeutel, ilu-e ratio Status etwas anders
auf die bahn. Scdcfpics S; solche brodlose grülenfangereien
auf die bahne bringt. Weise erzn. 221 ; dasz bei tische nichts
auf die bahn gebracht werden konnte, wovon man nicht im-
mer wieder auf Bonifazchen zurück gekommen wäre. Wie-
land 15, 163 ; bringt klaren nnsinn auf die bahn. 18, 110 ; er
brach ab, brachte aber das gesprüch bei andern gelegenhei-
ten wieder auf die bahn. Götbe 19, 273; die erdichtete art
von freiheit, die einige auf die bahn gebracht haben. Ka-tt
6, 9 ; neue plane auf die bahn bringen. 6, 405 ; einen ein-
wurf wiederum auf die bahn bringen. 8, 201.
7) leiten und führen auf die bahn,, auf der bahn: herr
weise mir deinen weg und leite mich auf richtiger ban. ps.
27,11; ich wil dich auf rechter ban leiten, spr. Sal. i, II; dein
guter geist füre mich auf ebener ban. ps. 143, 10 ;
ist liebe dann wol blind? wann ich sie recht seh an,
so siht sie ortmals mehr, als jemand sehen kau,
und fuhrt was nirgend da, noch dennoch auf die babn.
LoGAC 1, 8, 76.
verführen: lasz dich nicht verfuren auf irer ban. spr. Sal. 7,
25; die rechten heubtstücke faren lassen and also listiglich
aus der ban gefürt werden. Lcther 3, 37.
8) sich auf die bahn stürzen, werfen: er stürzt sich auf
die bahn des lasters; merkwürdige menschen, die sich in
seine bahn werfen, zerstreuen seine aufmerksamkeit. Schil-
ler 763 ; ein fremder warf sich auf die eisenbahn, und wurde
von dem wagen zermalmt.
9) einem die bahn sperren, verlegen, verhauen, was meint
aber die zeit zur bahn hauen? bei Schcppics 7S0. einen auf
der balin,- bei der that, ergreifen, ertappen.
10) abstract steht bahn geradezu für weg, und klingt edler,
gewählter als dieses: die bahn der tugend, des lasters, die
lebensbahn; laufbahn des menschen ^ zweifelbabn ; der leiden-
schaften bahn. Götter 1,173;
vertraut mit allen künsien.
die auf die raube babn des weisen blumen streun. 1,272;
ach, weis mir deines willens bahn. Wbckhebli.i 121.
denn ein gott bat
jedem seine bahn
vorgezeicbnei. Göthe 2, 64. *
11) den astronomen heiszt bahn der weg oder die linie, die
ein gestim durchläuft: erdbahn, Sonnenbahn «. s. w.
sie lief in der gekrümmten bahne fort. Licbtweh.
12) bei Werkzeugen heiszt bahn die der einwirkung eines an-
dern körpers unmittelbar ausgesetzte glatte fläche, so wird bahn
des hammers genannt der theil, welcher aufschlägt, bahn des
amboszes das, worauf mit dem hammer geschlagen wird, bahn
der axt oder des beils die scharfe einhauende seile, das klingt
alterthümlich, aber verworren, eigentlich sollte der ambosz die
bahn des hammers genannt sein, vorauf er zu treten gewohnt
ist, das holz die bahn des beils. man erinnert sich des ver-
ses bei Herodot 1, 67 :
xai Ti'.Tos avrirvTtos xal ntju' hei Ttrj/iaTt xeTzat,
und det altn. rätseis aus Hervararsaga c 15:
gen^ hamar ä glöd Rinar,
qredr vid bän ok kemr ä stedja.
Mathesics sa^J s. SO'f musz man stahel oder solche peuschel
und eisen baben, die ihr stehlene banen, schneiden, spitzen
und örter haben. Tubalcain ist auch der erste waffenschmid
gewesen, der stehlene schneiden, bane oder ort am eisen hat
schweiszen, wellen und herten können. Hebttwic s. 43 er-
klärt bahn das breite ort an dem hand- und andern fäusteln.
den tischlern und büttichem ist bahn des hobeis dessen untere
glatte fläche.
13) aucA das breite ende am zeug, ein streif des zeitgs heistt
bahn. nnL een rok van zes banen. indem er sie (die gemählde)
im gedachten giebelzimmer, bane für bane, breiter und schmä-
ler, nebeneinander nageln liesz. Göthe 24, 172.
14) in den angezogenen stellen kommt m^rmals bahne für
bahn vor, was zum nnl. baan = bane stimmt, ahd. lautete das
wort ohne zweifei pana f.
BAH.NBKRt;CH.>'END, nocA bahn 11: haben sich doch die
hiininelheubachtenden und stemaufsuchenden astronomen von
den bahubereciinenden getrennt. Göthe 52, 294.
BAHNBHFXHER, m. qui riam aperit.
BAH.NBHUCH, m. zum bahnbnich war sie nicht aufgelegt.
Hippel 4, 97.
BAH.NE.N, riam aperire, lerere, mhd. banen (Be5. 1, 83*),
ein ahd. panün (Gbaff 3, 126) erscheint noch, aber unsidter,
da capanünt aequant caepanünf - ^ein mag und ebnen mit bah-
nen nicMs zu ihun hat. den weg bahnen, aufräumen, ein
6S*
1079
BAHNEN — BAHRE
BAHRGERIGHT — BALBIEREN
1080
gebahnter weg; jedoch ersähe ich einen steig, der wol geba-
Det und getreuen war. Hans Clawerts historien ; nur be-
stechung hat ihm den weg zu diesem amte gebahnt; ich
will ihm die riickkehr zur tugend bahnen. Nach Campe, der
nicht sagt, woher er schöpft, hciszl bahnen weidmännisch auch
von thieren, was sonst lösen, losen, alvum exonerare, solvere,
also erleichtern, aufräumen, bahn machen.
BÄHiNEN, dasselbe, bei den schlesischen dichtem und wei-
terhin: den weg vollends zu bahnen. Opitz poeterei l';
die ungebäliiiie bahn. Opitz ged. 1,2;
er wild ihm die slrasze zeigen,
die er selber liat gebahni. ps. 4Ö ;
und die zeit bühnete ihnen die sandichten Wüsteneien des in-
neren Libyens. Lohenst. /Irni. l, 6; dasz sie den feinden eine
brücke in ihre eigene länder bahnen würden. 2, 366.
den weg ins paradies gebrihnt. Günther 183;
und bnhnt ihm den einzug in herzeu und brüst. 334;
ich bahne mir den weg. 393. 1021;
die sichre slrasze bahnen. 485;
und bahn Ihm sichre siege. 573;
den ungebniinten weg. 757;
ihm ein kus den weg ins herze bahnt. 778;
den weg zur ankunft bahne. 1059;
der einzige weg zu der freiheit wird hierdurch gebähnet. Weise
kl. leute 290; die Vernunft findet den weg der naturnothwen-
digkeit viel gebahnter und brauchbarer als den der freiheit.
Kant 4, 84, was doch bloszer umlaut des comparativs sein kann
und einen positiv gebahnt verstattet.
BAHNENLOS, invius, sonst bahnlos:
das schöne thier floh durch des thales kriimmcn
durch husch und klulX und bahnenlos gestrüpp.
ScniLi-ER 495.
B.\HNENSCHLEGEL, m. schmieden der grosze hammer, ver-
derbt in pfähnenschlegel.
BAHNENWEISE, nach bahn 13: lösten das tuch von der
brücke, wickelten es banenweise zusammen. Göthe 24, 321.
BAHNER, m. instrumenlum textoris vcl restiarii. figürlich:
ob ich etwan heimlich und unvermerkt den bahner anbrin-
gen könte. Simpl. 2, 4\\.
BAHNGALOPP, m. der auf der reitbahn erlernte künstliche
galopp eines pferdes, zum unterschiede von dem freien feld-
galopp.
BAHNHOBELN, aushobeln, glatthobeln, s. bahn 12.
BAILNHOF, m. der hof mit den betriebsgebäuden einer eisen-
bahn.
BAHNHOFGEBÄUDE, n.
BAHNIG, was glatte flächen hat. bergmännisch, babnigezinn-
graupen.
BAHNLOS, unwegsam, s. bahnenlos: bahnlos liegts hinter
mir. Schiller 362.
BAHNUNG, /. aperlura viae:
eurer kühneren bahniing
spähe der regeler nach. Voss 3, 67.
BAHNWART, m. Wärter auf eisenbahnen.
BAH.NWÄRTER, dasselbe, nicht zu mischen mit dem alten
banwärter = bannwärter.
BAHNZUG, m. wagenzug auf einer eisenbahn: die bahnzüge
folgen sich rasch ; zwei bahnzüge stieszen aufeinander.
BAHRE [bare], f. feretrum, wie dieses von ferre abgeleitet
von beren, hären, tragen, ahd. pära (Graff 3, 150), mhd. bare
(Ben 1, 144'), alts. b;\ra, nnl. baar, ags. baere, engl, hier, schw.
bär, dän. baar; goth. b^ra oder berÄ zu mulmaszen. pleona-
stisch sagt man tragbahre, da auf jeder bahre getragen wird,
und Luther schreibt noch : das sie die kranken auf die gös-
sen heraus tragen und legten sie auf betten und baren, apost.
gesch. 5, 15. allmälich überkam aber das einfache baiire den
smn der leichbare und darum musle die blosze tragbahre un-
terschieden werden, wenn nicht andere Zusammensetzungen wie
baodbahre, mistbahre, radebahre, oder der Zusammenhang aller
mveideutigkeit abhalfen.
Heute gesund, morgen auf der bahre; die kinder stehn
um d'e bahre des valcrs und weinen ; von der wiege bis zur
bahre; kunimer und leid haben ihn früh auf die bahre ge-
bracht; der erzhi?chof kam zfi der bare und entdecket iinc
sein geficht Aimon¥i;
kein lob ist für dich in der bahr. Wrckhrrlin 18 d. h. im tode
gedenket man deiner niciu ;
zom und lisl brauchen sie mein leben
in die bahr zu föllen (fällen). 270;
in dem das ganze land auf seiner bare steht. Opitz 2, 128;
die ringen nach der bare
und nehmen unverliol't ein sclinell und schrecklich end.
GiiTPiiius 1, 17 ;
es überfallt sie ein katarrh, woraus eine brustkrankheit wird
und in drei wochen liegt sie auf der bahre. Göthe 19, 349.
BAHRGERICHT, n. wenn ein todschläger unentdeckt war,
liesz man alle verdächtigen an die bahre treten und den leich-
nam berühren, im glauben, bei dem schuldigen werde die to-
deswunde zu bluten beginnen. RA. s. 930.
BAHRRECHT, n. dasselbe verfahren.
BAHRTRÄGER, m. vespiüo.
RAHRTUCH, n. leichentuch, das über bahre und sarg ge-
deckt wird, bildlich, ein gewitter hieng sein hahrtuch von
schwarzem gewülk über die sonne. J. Paul unsichtb. löge 3, 84.
BÄHSCHNITTE, f. panis siligineus toslus: morgens aber,
ehe s. f. gn. vor tag auf die jagd zogen, wollten sie eine
behschnitten. Schweinichen 2, 358. noch heute in Schlesien ge-
bräuchlich.
BÄHSTUBE, f. bei gerbern.
BÄHUNG, f. fomentum.
BAI, f. sinus marilimus, bei Frisch 1, 49* baie, nnl. baai,
nach dem franz. baie. es hat aber auch, gleich diesem, die
bedeulung eines fensters an den zinnen {vgl. golf, it. golfo
meerbusen und altn. golf pavimenlum) :
ich befils den hciszen feuersflammen,
die hoch oben zu den baien auslangen. Uhland 289;
da schaut dieselhige falsche frau
hoch oben zur baie hervor. 287.
Stalder 1, 153 verzeichnet baienstein, fensterbank.
BAIE, f. apis, biei^e: baien finden, weislh. 3,764. s. beie.
BAISALZ, n. meersalz, engl, baysalt.
BAKBORD, n. bei niederdeutschen Schiffern die linke hintere
Seite des schiffes, weil der Steuermann, das rüder an der rech-
ten hand haltend, den rücken nach der linken seile kehrt, nnl.
bakboord, schw. bakbord, dän. bagbord (engl, larboard). ein
unhochdeutsches wort, wie schon daraus erhellt, dasz bak rücke,
womit es gebildet ist, hochdeutsch bach zu lauten hätte, bord
aber bort, auch würde bort m. sein. Brockes 8, 191 schreibt
mindestens backbort.
BAKE, f (mit langem, gedehntem a), signum navigantibus
tutum monstrans ingressum appulsumve, wiederum nnhochdeutsch,
nnl. baak f., engl, beacon, ags. beäcen, was Signum übeihaupt
ausdrückt und dem ahd. pouchan entspricht, wovon unser pauke,
Signum militare, ahd. heripouchan, feldzeichen übrig ist. so
hat sich des wortes eigene gestalt, die uns bauchen lauten und
neutral sein sollte, verloren und nur die ausländische tind ent-
stellte auf doppelle weise fortgepflanzt (s. pauke). Brockes re-
det oß «on hake und bakenthurm, dem thurm des leuchtsignals ;
haken stecken heiszt zeichen auf Stangen im wasser festigen,
oß dienen tonnen dazu: das fahrwasser war ohne einen kun-
digen lootsen nicht zu entdecken, sobald die haken aufgeho-
ben waren. Niebuhr 3, 708.
BAKEN, pulsare, tundere, gilt vom schlagen des getrockne-
ten flachses vor dem schwingen, auch vom klopfen der gerste,
um die körner aus dem bart oder der spitze zu sondern. Bro-
ckes 7, 571. das wort wäre leicht durch ein gut hochdeutsches
wie bläuen oder schlagen zu vertreten.
BAKENGELD, n. was zur Unterhaltung der bake entrichtet
wird.
BAKENMEISTER, m. der aufseher dabei.
RALBAUM, ni. salix: die goltsSligkeit gepflanzt wie ein
balbaum neben einem bach. Frank i'erbü/sc/iie»/ bucA »orr. **.
scheint das schwed. pil und nd. wilge.
BALBIER, m. tonsor, p"«r barbier, nach einem häufigen Wech-
sel zwischen r und 1, auch oß mit Übergang des b in w, bal-
wier, balwicrcr, wie z. b. H. Sachs IV. 3, 58' schreibt, balbiercr
FiscHART im Garg. 100", Ayrer fastn. 105'; OleaWüs im pers.
roseii//i. 8, 25 ; Logau 3, 6, 5 ; Schuppius 546. halbier steht bei
Geli.ert 3, 349 und noch i. Paul anhang zu Tit. 2, 13. man
hält heute barbier oder gar rasör für anständiger und meidet
das deutsche sciicrer, barlsciierer, bartpulzer, wie andrerseits
der begrif des scherers in den des baders und aderlasscrs über-
gieng: halbierer, welcher die ader schlüget und verbindet.
Olearius a. a. o. musz dem balbirer zahlen arzlnhn. Ayreh
o. fl. 0. litt, balberus, letl. ball)ceris, poln. halwiirz.
BALBIEREN, rädere barbam : halbieren, klistieren und laxie-
ren. Fr. Müller 2, 61 ; einen über den lölTe! halbieren ; die
bawren werden in diesem monat ijuli) die wisinet mit sen-
lOSl
BALBIERERIN— BALD
BALD
1082
sen halbieren. Fischart groszui. Hl ; einen trocken halbieren,
belügen, anßhren: ♦
auT einen öden bof da ward mans füren,
man ward in (ihnen) allen zwalien
und tel in tnicken balwieren. L'bla>-d462;
man bat in [ihnen] irucken gscboren. 514,
denn die uöTler des scherens, kämmens, waschens hatten frü-
her den dal. der person neben sich ; bruder wirst trucken hal-
biert. Fr. Müller 3, 36.
BALBIEKEKIN, f. tonstrüc.
BALBIEHSGESELL. m.
BALBIERSTUBE, f. Garg. ISS'.
BALCHE, B.ÄLCHE, f. s. belebe.
BALD, eeler, fortis, golh. baljis, ahd. pald (Graff 8, 108),
mhd. bait, baldes (Bes. 1, 80) liber, liberalis, fidens, temerarius,
aus dem begriffe der kühnheit und freiheit in den der frech-
heil, tertcegenheil übergehend; ags. beald, engl, boid, nnl. boud,
alln. ballr, schic. und dän. erloschen, in alldän. liedern noch
hold, aber ins it. baldo, pror. bautz, allfranz. bauz, franz.
band eingegangen, eine menge eigennamen sind mit diesem
bald zusammengesetzt, man darf das litt, bailas, lett. balts
albus hinzunehmen, icie sich aus äoyos weiss auch die Vor-
stellung der schnelle entfaltete (oben sp. 579), ein zweig der
alten Gothen hiesz Baltbae (bal)>ai, bal)>ans), leuchtende, kühne,
schöne, freie, tapfere, und diese ableitung macht möglich auch
Paltar, alln. Baldr, den namen des lichtgottes zu vergleichen,
die lingualis ist der wurzel fremd, wie in alt, kalt u. a. m.
beide ballr und Baldr scheinen einer und derselben wurzel mit
bdl rogus, folglich mit sl. paliti, planati urere, plamen' lat.
flamma, gr. ^'tdytiv und fXö^. in der mylhologie noch wei-
tere ausführurtgen.
Seit dem ii jh. beginnt der gebrauch des hochdeutschen adj.
nachzulassen oder aufzuhören, doch werden hin und wieder
noch beispiele außauchen: Tertröstete sie meiner balden wi-
derkunft. Simpl. 2, 358, woßr wir heute sagen baldigen.
BALD, adv. mox, celeriter, je seltner das adj. geworden ist,
desto häufiger gilt das adv., wie uns auch zu den gangbaren
adv. sehr und gern das adj. ausstarb, golh. balj)aba audacter,
ahd. paldo, mhd. balde. dies volle balde erscheint zuweilen
noch nhd.: der sehe das alles balde. Keisersb. Sünden des
mundes 37" ; erhöre micb balde. ps. 143, 7 ; und sie sich balde
ganz Terloren. Micräliüs o. P. 5, 369 ;
kömmt meine seele nicht balde wieder? Fleking;
es ist nicht balde wahr, was der und jener spricht. 156;
der glücklich, siegreich balde wiederkehrt. Göthe 16, 18;
die Tögelein schweigen im walde,
warte nur, balde
ruhest du auch. 1, 109;
die sich balde
wie im holden zauberwalde
Toller goldnen fruchte beugen. 2, 25;
ich hoffe es soll balde bei ihnen anlangen, an Schiller 82 ;
vom Harze werde ich nun balde die wichtigste suite beisam-
men haben, bei Merck 2, 242. Die comparalion schwankt zwi-
schen reinem vocal und umlaut : ich komme desto balder, bal-
dest, aufs baldeste ; ihr sollt es haldest hören ; bälder. Wick-
RA» ro//». 2S' ; aufs baldeste. Ga/my 107; demnach ich etlicher
freinden begehren desto bäider statt gegeben. Weckberl. vorr. zu
d. weltl. ged. ; auf das bäldest so si mochte. Bocc. 1, 270". 2, u'.
50". 52'. 53'. 57' ; aufs beldest so man kan. Petr. 191* ; die weiber
wachsen bälder dann die männer. Fischart gro«m. 74 ; wann das
weiter sich will verkehren, so empflndens die kranken am bäl-
desten. Paracelsüs 2, 421'; welche fische du bälder wirst ver-
kaufen können als haber und waizen. Schuppius 737; balder
schaden. 743; wäret ihr bälder gekommen; die kleider bäl-
dest verfertigen; je bälder, je lieber. \Viela;»d 4, 78. 87. 193.
205. ahd. erscheint paldor und pald6st, mhd. beides balder
und beider; haldest und beldeste. Be:». 1, 8l', Wichtiger ist
es Stellung und bedeutung des adv. zu erwägen.
1) mhd. balde geht nadtdrücklieh dem imp. voraus:
balde ile, brinc din ors her an! Trisf. 336, 32 ;
balde ile, niht entwile! Helmbr.ZSb;
balde gi en wider! Trwt. 270, 33;
er sprach zem boten, balde rar! GA.i, 718;
balde machet üf! JU. 3, 269;
balde ej mit mir wäge! MS. 2. 107';
balde satelt uns diu pfert! myst. Hb, «i ; balde wartet! 163, IS,
folgt ihm aber auch nach:
bim dir balde min Irflt geüpil! MS. 2, 75";
Ir entslie^enl balde mirdajgaden! ebenda;
rüme balde den hof! iIoro2l 5S1. 624;
strich vil balde von mir! Karl 21*;
vJiuch von hinnen balde! IfSff. 3, 230*;
nu zeiget balde! Bart. 197, 24;
nu louf balde ! Bart. 390, 7 ;
louf snel und balde,
da; din min trechiin walde!
louf balde und risch von dannen! Stbpha» stofl. 2, 161;
stant balde üf! Grieshaber 2, 2; bereite dich balde! 2, 147
noch lebhaßer mit weglassung des imp.:
üi minen ougen balde! Herb. 1959;
nach diner muoter balde! Wh. 160, 2;
wol balde zwöne koehte her! TWst. 74, 32;
nu wol her balde! 76,29;
wol balde von der sträjen! 402, 17;
balde hin üf dinen wec! MSB. 3, 228' ;
nu balde enwec! £arl. 11, 31;
balde nider von den rossen! roseng. 1722;
balde von mir sathanäs! vater tiruer 3868 ;
balde in den oven ! myst. 108, 39 ; balde herre uweren gortel I
120, 23; vil wunderlichen balde in starke buojel Berthold
75. 78. 80; in welchen fällen wir heute fort, gleich, schnell,
augenblicks zu verwenden pflegen.
Shd. ist das vorangehende adv. selten:
Spiegelglanz, bald sag an! fastn.sp. 901, i;
bald stehe auf, fraw ! Bocc. 1, 276' ;
lind ohne imp.: bald her! Stieler 827; fein bald! perge. 84;
bald für, und hilf mir auf den wagen.
ü. Sachs III. 1, 11-2*;
ößer nachfolgend : wenn ich dich anrufe, so erhöre mich bald I
ps. 103, 2; herr erhöre mich balde! 143, 7; fare nicht bald
eraus zu zanken! spr. Sal. 25,8; raube bald! £«.8,1; gehe
aus bald auf die straszen! Luc. 14, 21; gehe bald hin und
setze dich zu tische! 17, 7. wir sagen täglich: komm bald
wieder! thu das bald! sprich dich bald darüber aus! man
stellte aber auch, wenn kein imp. gesetzt ist, das bald in der
rede gern voran, x. b. bald den jungen zurückzufüren befahl.
Bocc. 1, 293'.
2) zeitlich aufgefasst stoszen die Vorstellungen bald, schnell,
gleich aneinander, doch sind uns heute schnell und gleich stär-
ker als bald, gleich ist stärker als schnell, gleich entspricht
dem gr. su&v, bald dem ra^v, oder auch gleich dem franz.
aussitöt, bald dem franz. bientöt, gleich dem engl, immediately,
bald dem soon. gleich, den augenblick; bald, in wenig zeit.
ich komipe gleich tri/1 sagen auf der stelle, im augenblick,
ohne Verzug, ich komme bald kann auch ausdrücken in eini-
gen stunden, tagen, wachen, ich verrichte es gleich, unge-
säumt; ich verrichte es bald, in kurzer zeit, schnell be-
zeichnet unausgesetztes eilen, für die todten reiten schnell kann
weder gesagt werden gleich noch bald (doch in Zusammensetzun-
gen behauptete bald nocA länger den sinn der Schnelligkeit).
bald Idszt frist zu, schnell nur kurze, gleich keine mehr, schnell
und bald gestatten den zusatz von sehr, recht, gar: er wird
sehr bald, recht schnell eintreffen; sehr gleich, recht gleich
tcdre unslatlhaß zu sagen, das wetterglas fallt gleich, steht
im begrif zu fallen; es fällt bald, irird in kurzem fallen,
sprachen, die besser als unsere tempora unterscheiden, würden
mit gleich dos praesens, mit bald das futurum verbinden, wir
aber haben kein bedenken beides zu sagen : er kommt gleich,
wird gleich kommen ; er kommt bald, wird bald kommen, lat.
actutum redi, mox redibis.
3) früher und heute musz jedoch auch dem bald oß die be-
deutung des gleich zugestanden werden, wie in den meisten un-
ter 1 angeführten und manchen andern stellen:
du sollst zur arbeit dich bald mit dem tage wenden.
Opitz 1,340;
du hast den wundermulh bald mit der milch gesogfn,
bist zu der lapfcrkeit von kindheit an erzogenT 1,10,
d. i. gleich mit dem tage, gleich mit der muttermilch; bald
im anfang. Atrer 1*. namentlich, wo man bald auch mit leicht
vertauschen könnte: das ist bald gesagt, bald gethan; gleich
gesagt, gleich gethan ; leicht gesagt, leicht gethan ;
dies hnb ich bald gedacht. Gillert 3, 307;
ich sterbe, das ist bald gesagt
und balder noch gethan. Göiai 12, 1%;
ist bald gesagt, das thier ba^ auch vernunn,
da« wissen wir, die wir die gemsen jagen. Schiller. 517*;
ist bald gesprochen, aber schwer gethan. 531*.
1083
BALD
BALDANDERS — BALG
1084
In diesem strm pflegte man ehmals bald auf nicht folgen
zu lassen: dergleichen klagens und traurens in vi! zeit nit
bald von ainem solchen, siinst standhaften und groszmütigen
man gehört noch gesehen worden. Sciiwarzenberg 149 ; dasz
seines gleichen nit bald in der weit war. Bocc. l, 34'; tod-
krank genesen nit bald, sie werden dann todkalt. Fischart
groszm. 75 ; ich darf aber darumb nicht bald aus dem fran-
zösischen sagen approchiren u. s. w. Ofiiz poeterei 34;
es ist nicht halde wahr, was der und jener spricht.
Fleming 156;
der höchste blitzt nicht bald, dafern ihn jemand flucht.
Gryphiüs 1, 38;
ihr buhler seht euch für, es ist nicht bald zu trauen,
die junjfern welche frora, die werden böse frauen.
LOGAU 2, 6, T2;
was einem, ist nicht bald auch einem andren recht,
sonst wer des beeren fraw auch für des herren knecht.
2, zugäbe 6 ;
und nicht bald, wenn der necbste fallt,
zu richten und zu schlagen. Günther 22;
falschschwerens wissen wir sie nicht bald zu überweisen.
Ayrer proe. 1, 9 ; weil die banren nicht bald gemahlte häuser
haben. Simpl. l, 238. für dies nicht bald sagen tvir heute
nicht leicht oder nicht gleich.
4) bald für beinaiie, nach den umständen, es fehlte nicht
viel: die kugel hätte ihn bald getroffen; ich könnte bald
eifersüchtig werden; bald hätte ich das gesagt; es dörft im
bald geraten, wie dem guten man von Paris. Fischart bienenk.
141* ; bald hätte das pferd hungern gelernt, wenn es nicht
gestorben wäre; ein knabe, der bald ersoffen wäre. Lokmans
fab. 25; ich hätte bald was gesagt' (tto man derbes, bitteres
zurückhäll) ;
oft hat michs bald verdrossen. Bürger 28'.
berührt sich mit der vorausgehenden bedeulung und läszt sich
wiederum durch gleich oder leicht vertreten.
5) bald modo: ich mach bald änderst alle ding. H. Sachs
I, 538' (s. baldanders) ; jetz auf die rechte, bald auf die linke
seile des altars laufen, bienenk. 20' ;
ich bin der gölter spiel und kurzweil, ihr behagen,
und lustiger pallon, den immer himmel an
bald die bald jene faust, bald hin und her tliut schlagen,
bis er wird athemlos und nicht mehr steigen kan.
Fleming 117 ;
sie wollen der sonnen den weg zeigen, erstlich durch den
Widder, bald durch den stier, dann durch die zwilling. Schdp-
piDS 534 ;
bald wünscht ich mir die eil, bald wünscht ich den verzug.
Gellkrt3, 309;
ein domherr schöpft aus seiner pfründe
bald rothen und bald weiszen wein. Hagedorn 3, 53;
der alte er wandelt nun hier und bald dort. GötkkS, 5;
und wölbt sich nicht das überwelilich grosze
gestahenreiche, bald gestaltenlose? 3,' 25;
triebst du doch bald dies bald das,
war es ernstlich, war es spasz? 3,255;
da kämpft sogleich verworrene bestrebung
bald mit uns selbst und bald mit der Umgebung. 3, 21 ;
will denn meine stube heute gar nicht leer werden? bald ist
der da, bald jener, bald die, bald jene. Lessing 1, 272.
6) räumlich genommen würde, nach dem unter 2 angelegten
maszslab, gleich unmittelbare nähe, bald geringe ferne aus-
drüclKn: icii wohne gleich {hart, dicht) am ende der Stadt,
ich wohne bald am ende der Stadt, nicht weit vom thor; der
garten ist bald am dorf; eine kammer bald darneben, Opitz
Arg. 2, 53;
fragt dich wer, was du (am (irahstein) gelesen,
der nicht bald (na/ic) dabei gewesen. Logau 1, 10, 2.
wir sagen heute nahe, dicht, unmittelbar, nicht mehr bald.
7) van alsbald wurde oben sp. 259 gehandelt, sobald wird
an seiner stelle naher besprochen werden, hierher gehört nur,
dasz früher auch hloszes bald für sobald gesetzt wurde, z. b.
ich zilter und «rüsseU mein blut,
bald icJi nur bort die wolgemut. II. Sachs V, 214';
bald solches geschehen, machet sich u. s. w. Kirchhof mh7.
diso. 110. aufs häldcst so er moclite. Bocc. 1, 284',
8) je bülder, je lieber = je eher, je lieber:
je b.ildcr einer stiibet, je lieber ist er goll. Fujiing 132;
das verlangen zi^lil,
Je bälder je lieber das herrlichf «chlo.iz zu erreichen.
WiKiAND 4, 7H. 87. 193. 205.
etaer als bald = auf das baldeste, schneller als schnell :
das denn, hat es goti ver.iehen.
eh als balde kan geschehen. Flising 434.
BALDANDERS,^ m. ein Proleus, dessen gestall immer wech-
selt, ein 'illoTCQoaaXlos. Simpl. 1, 592. 593 und H. Sachs I,
537. 538, der Baldanderst schreibt.
BÄLDE, /■. das goth. balj)ei ist libertas, das ahd. paldi,
peldi libertas, fiducia, continentia, das mhd. beide audacia
(Ben. 1, 82'), heute begegnet bälde nur in der adverbialen re-
densart in bälde, in continenti, die in Scliwaben, Baiern, auch
im kaufmännischen stil noch sehr gangbar ist: so wärs un-
müglich, dasz er den gn. herrn in einer solchen bälde so
hart ans herz backen können. Simpl. 2, 300 ; vgl. 2, 47. 259.
313. 448.
BÄLDEN, adv. was balde, scheint aber auf ein ahd. pal-
dem zurückführbar, für welches es keinen beleg gibt: sähe eine
ziege auf der mauer umbspazieren und forchte, sie möchte
den hals entzwei brechen, würfe geschwind die leiter an und
wiese ihr die sprossen herabe zu gehen, aber der schneider-
geist funde balden ein andern weg. Schuppius 534 ; so balden
du nur die Ihür aufthust auszugchen. 530; und so balden
er sich des einstands ausdrücklich verziehen. Hohberg 3, 36*.
BALDFÄHIG, schnell auffassend: Sylla was gesprech (ye-
sprächig), baldfähig, geschickt, ergizig. Frank chron. 73' und
öfter.
BALDFÄHIGKEIT, f ingenii celeritas: da verwundert sich
Solon der geschwindigkeit und baldfähigkeit Anacbarsis. Frank
chron. 26".
BALDFLIESZEND, schnellßieszend : der keiser schwemmet
in ein unbekant, zuckend, baldflieszend wasser. Frank chron. 184*.
BALDGLÄUBIG, schnellgläubig, leichtgläubig: summa, der
baldgleubig, leichtfertig bofel kan nicht rechts dulden. Frank
chron. 98'; frumme baldgelöubige fröwlin und andere einfal-
tige. Joh. Eberlin der VUI bundsgenosz 1521 6/.' 4; damit sie
bewegen kleinverstendig und baldgelöubig leut zu stiften ewige
mesz, jarzeit. der VII bundsgenosz Aä'.
BALDGREIS, senecio, die kreuzwurz, deren samen bald grau
werden soll, woher der name.
BALDIG, brevi futurus, eine erstimiBjh. aufgekommne ad-
jectivbildung, steif wie sonstig, einstig, dortig und ähnliche,
das verlorne einfache bald übel ersetzend, schon Gellert sagt :
ich wünsche ihnen eine baldige besserung, ihr baldiger ab-
schied von der weit ; ich komme baldigst.
BALDKÜNFTIG, dasselbe: der baldkünftigen gewissen ent-
setzung vertrösten. Kirchhof mil. disc. 34, s. schierkünftig,
schierstkünftig.
BALDLAÜFEND, schneilaufend: sie versehen sich mit bald-
laufenden pferden. Fronsp. kriegsb. 1, 149"; das baldlaufenst
pferd. Fierabr. H6,
BALDMÖGLICHST, adv. quam fieri polest cclerrime: aus
dieser Stellung befreien wir unsern Zögling baldmöglishst.
Güthe 22, 13.
BALDRIAN, m. herba Valeriana : wachst gern an den feuch-
ten Stätten bei den buchen und in den gruben, etwan uf
mannshohe. Brunfels kreuterbuch 61. vgl. deutsche mytholo-
gie 1159.
BALDROCK, m. s. paltrock.
BALG, m. follis, uter, cutis, tumor, sowol die volle, schwel-
lende hülle, als die abgestreiße haut, die würzet ist ahd. pel-
gan, mhd. beigen tumere. goth. balgs balgeis, ahd. pale pelgi,
mhd. balc beige, seilen balge, nhd. balg bälge, nicht balgen,
obgleich in den Zusammensetzungen oß balgen vorgesetzt wird;
nnl. balg balgen; ags. bälg, engl, belly; alln. belgr, schw.
dän. bälg, zunächst, und der lautverschiebung gemäsz, das
lat. follis und folliculus, weiter aber gleicht folium, ^vXkoy
und die skr. würzet phull {vgl. phol) pandcre. Festus sagt.
bulgas Galli sacciilos scorleos appellant, und noch heute ist
das ir. bolg follis, bolgaim tumere, in bedeutender einslim-
mung zu den deutschen Wörtern. G scheint, wie oß, aus J ent-
fallet. Wer an diesen elt/mnlogien sich nicht will genügen
lassen, darf, in der anomalie, heranziehen neXXa, pcllis, goth.
IUI, unser M\. (KiXnxos, ifvXdxwv, &vXis aber könnten & =s
lat. V enthalten und zu follis gehören.
1) balg gemma ßoris, folliculus, mhd. zumal belgeltn:
als von diMU siiojen touwe
diu rose ii^ ir belgclin
blocket niweu werden scliin, Part. 188, 10;
touwic rösc, diu sich ür ir holgolin liAl zesproitct.
J»f.S/f. 1, I.W;
bei vielen gräsern wird eine jede blüd' durch ein solches
bUittchen, das in diesem falle der balg genannt wird, beglei-
tet. GüTHE B8, 67, die schale der Weinbeere, die hülse der erbse
1085
BALG
BALG — BALGEN
1086
heiszen balg, erbsenbälge; die abgebälgten erbsen sind ge-
sünder als wann sie samt den bälgen gegessen werden. Hoh-
BERG 2, 4l' ; der balg der komer. 2, 7S'.
2) alle ihierhäule, die abyestreiß, zum unterschied von de-
nen die aufgeschiiitlen und abgezogen icerden, heiszen balg:
basenitalg. fuchsbalg, luchsbalg, wolfsbalg, marderbalg, zobel-
balg, iltisbalg; aber bärenhaut, pferdebaut, ocbsenhauU esels-
haut, scbafliaut. nicht anders von vögeln: rabenbalg, kräben-
balg, mhd. sitichbalg. Wh. 1, 105*. auch schlangenbalg, wenn
sich die schlänge häutet, der fuchs bat einen balg an. Be-
cher 67; ein jeder fuchs wart seines balg«. Garg. 194'; der
fuchs ändert den balg und behält den schalk. Lehmann 16;
der fuchs hüt seines balgs. 126; stirbt der fuchs so gilt der
balg; wenn der fuchs krank, so stäubet ihm der balg. Grv-
PHiDs 1, S05; ein jeder fuchs thu seines balgs warten. Ayrer
255"; ein wolfsbalg aufs herz legen. Schcppics S32; so doch
der Wulf was erschnapt, frisset, und nicht aufhöret, er hab
seinen balk erfüllet. Kirchhof wendunm. 292'.
3) die menschliche haut heisil mhd. meistens yel oder swarte,
auch wol hftt, was der allgemeine ausdruck war, balc bezeich-
nete den bauch, leib, den vollen oder leeren:
die truogen alle slachen balc. Part. 183, 19;
in was eischoben niht der balc. 200, 23.
nhd. ist feil unedler und wird mehr von thieren, für menschen
aber haut und balg gebraucht: wir müssen uns also mit dem
alten balge schleppen und martern, bis wir an jenem tage
gar geistlich fleisch werden. Lcther 6, 350' ;
und binden liesz er diesen schalk,
mit ruien $0*8101160 seinen balk. Schwarzenbebg 113, 1 ;
dein rüden schick mir an die sew,
ee das ich dir den palg erplew. 13S, 2;
die kut mir zieret meinen palk. 139, 1 ;
sein palk an den Philister wagn. Scbüelzl David 20';
Patrobius Neronis hofschranz einer liesz im sand oder griesz
aus dem flusz Nilo gen Rom bringen, darinn er sich badet,
damit er ein säubern und glatten balg bette, wenn er nacket
kempfen wolte. Mathesics 120"; welche uns mit speise und
trank also tradierten, dasz ich in kürze wider einen glatten
balg bekam. Simpl. 1, 227 ; seinen balg wol ratsamen, im selbs
gütlich thun, curare pelliculam. Maaler 49*; der ein glatten
und feiszten balg hat, bene curata cute nitidus.
4) balg angewandt auf unzüchtige frauen, mägde, kupple-
rinnen, wie zwischen scortum und jenem scorteus (ledern) Zu-
sammenhang waltet, vielleicht zwischen pellex, craA/lat, ttcc).-
Xaxis, 7ta)JMXTj und pellis, Tte'XXa. du öder palk! Hadit
8, 513; da schicket er (der teufet) einen alten balk zu dem
weib, die bracht ir zu oren u. s. w. Luther 5, 361"; ja man-
cher leszt sich so blenden, der ein recht schön from weib
hat, das er ir gram wird und sich beuget an einen scheusz-
lichen schendlichen balg. 5, 379'; wenn einer seine braut
nicht rein fünde, einen balk für eine jungfrauw. tischr. 317';
es ist einem tyrannen wie einer huren, wann sie es mit eim
darf wagen, so darf sie es mit zehen wagen, und kumpt in
ein brauch, das nit mer sünd oder unrecht ist, ie mer man,
ie freier balg. Frank chron. 23*; ein alte hur, ein illisbalg.
B. Waldis 4, 69 ; ildesbalk. H. Sachs IV. 3, 10* ;
all dieser hämisch ist versetzt,
so hat das der gelb balk geletzt. H. 2, 20*;
du unendlicher balg da gelber! III. 3, 13;
der ihr {der magd) den ungetrewen balk rechtschaffen klopft.
Ri> c WALD /au/, if arA. 317; könig Alboinus hat mit seinem blut,
das im sein grewlicher und schandlicher balg vcrgosz, den
gestaden des hellen wassers der Etsch besprengt und das
Wasser blutfarb gemacht. Petr. 61"; einer, der etliche jar lang
sein ehweib sampt etlichen kindcrn verlassen und mit einem
andern balk sich die weil geschlept. Kirchhof irenrfunm. 294";
'ein unzüchtiger balg' ist folgendes dislichon überschrieben:
ein jeder ist besorgt, was er. für nahning treibe,
die bure nährt den leib auch wieder mit dem leibe.
LociAU 2, 5, 20;
ein bunten rock, einen alten bock, eine schwarze kuh, ein
faulen balg dazu, einen halben hopfengarten hat man ton
einer acadeiniscLen Jungfer zu erwarten. ScHUPPifs 115; trauete
dem un;£üfhtigcn balge gar zu viel ehre und keuscheit zu.
pol. maulaffe 3HI ; der alte balg (rfieiupp/erin). coliea 22. mhd.
«wer ein übel wip habe,
der luo sich ir enztt abe,
enpfelhe st dem riuen
und lege «i üf ein sliiieo,
und kouf ir ein bestli
und heng si an ein estli,
und henge dahi
zwfn wolve oder dri.
wer gesach ie galgen
mit wirsern balgen ?
e^ eowapre. ob man den tiuvel vienge
und in oucii dazuo hienge. L». 2, äl,
vgl. mit Hdtzlerin 219, 61 und fastn. sp. 511. s. auch schand-
balg, hurenbalg, in Frischlixs nomencl. 399 15/ balg = pellex.
Heule gebraucht man es auch in mitderm sinn: ich habe aber
stunden wo ich aufbrausen kann gegen ein paar verliebte
bälge. J. Pacl flegelj. 2, 87. Schiller läszt einem greis seinen
unnatürlichen söhn zurufen: hinab mit dem balg, er hat ge-
nug gelebt. 136". vgl. die schelte: dasz dich unglück sehend
als balgs! oben sp. 230.
5) balg ron hindern: 'Heber herr, ich hab es trawen nicht
gethan, sondern das kindlein', 'ei so geh gott dem balg die
drüs und beulen!' Kirchhof wendunm. 443"; sie hätte zwar
den kleinen balg, so dort in der wiege liegt, mit mir erzeu-
gen müssen, ehe eines mannes Z36;
weise, beschütze vor dem blauen balge,
wer selbst denket, und nicht groszäugig erstaunt,
schulen. Klopsiock 2, 215 ;
der knab, der balg der! 0 ersäuft, erdrosselt ihn!
GöTHE 7, 93;
was ists denn mehr, wenn ein solcher balg umkommt. Lenz
1, 100; ich sehe so einen ungezogenen balg in der gesell-
schaft. Herkes Soph. reise 3, 234 ; der kleine balg schrie dann
wieder. 6, 636; der balg mag werden was er will. J. Pacl
Fibel 48 ; ach da schreien schon wieder alle eilf, wenn ich
nicht immer die bälge stopfe und nudle, so haben sie keine
ruhe. Arnim schaub. 1, 23. s. wechselbalg.
6) balg, ausgestopfter puppenleib; ausgestopfter vogel bei Vo-
gelstellern.
7) schlauch, sack, früher balg für weinschlauch, schwertbalg,
scheide, blasbalg, schmiedebalg : die bälge ziehen, treten ;
wol, laszt die balge gehnl nun wird die orgel klingen !
Grtphils 2, 342;
und der püsternde balg bauchet die flammen auf. Voss 3, 7.
8) endlich wie tumor und tumultus aus tumere stammt aus
belgan balg in der bedeutung von lärm, zank, streit: es ligt
alles in katzbalg. \\ER!*STREn kriegsb. des fr. iö; mit einander
uneins im balg ligen. 21S; so ist es eitel balg und zank.
Thcrneisser archidoxa 13 ;
wer pulver riechen kann,
auf balg und stosz besteht, nicht die karthauneo scheut,
der ist ein mann wie ich. Fleming 111.
(fiese anwendung ist heute veraltet und man braucht daßr das
verbale neulrum, oder das gebalge, die balgerei.
' BALGAR.M, m. in der schmelzhütte die hinten vor den balg-
bretem ragenden höher, einige schreiben schlecht balgenarm,
und so auch in den folgenden.
BALGBRET, n.
BALGDECKEL, m. das obere deckbret des blasbalgs.
BALGDIESZE, f. luftrohr am vordem ende des hüttenblas-
balgs. schwierigkeil macht diesze, seheint aber das ags. |ieote,
ahd. dioja fistula, canalis, weil die ausströmende luß rauscht
(ah^. diu^it). s. balgliesze.
BALGE, f. situla, nd. balje, nnl. balie, schw. balja, eimer,
mit der bedeutung balg schlauch verwandt, vgl. engl. pail. in
Schleswigholstein, Mektenburg heiszl die hülfsmagd der meieria
baljenmädchen und verridUet nur leichte arbeit.
BALGEN, rixari, altercari, mit einem oter auch einea
balgen :
merk baur, du bist ein grober Heinz,
lind wärst wol mit dem müller eins,
das soll mich merken eben,
und balgest mit dem müller vil,
dein sack müst frevel geben. ÜaLAifD699;
was dürft ir mich sacken und balgen* H. Sachs I, 479*;
hacht sie mit weib und kind an galgen,
und laszt sie mit den raben palgen. 1I(. 1, tS«*;
nausz, hengi in an den lichten galgen,
da dort die raben mit im balgen. III. 2, 257*;
diesen Bernhardum zeig ich dir,
dasz du oit vil palgesi mit mir.
WoLTG. .Spancinberc fangbnefe J8^;
zank, 0 her, mit meinen zankem,
balg, 0 her, mit meinen balgern. Meliss.j)«. U4*;
als das weib hört die hüner nennen,
aus zorn gund wider in zu balgen,
und sprach, ich wolt du werst am gnigen. Waldis 4, 99,
1087
BALGEN— BALGER
BALGEREI — BALIEREN
1088
die kellerin liiib an zu balgen:
gang mit dein wursten an den galgen.
Fischart Eulensp. 109 ;
ich mag nicht mit dir balgen
du loser hudler du. Avrkh /as(n. sp. 160';
do hau er sich drab verwundert und ist ingedenk gsin, wie
die pfaffen mit einandren gebalget hatten. Thü. Plater 38 ; do
zeigt der ineister sin art, lieng an zu balgen und fluchen.
52 ; eim tavvben ein liedlin singen, zun wenden reden, die
nebel balgen {ausscliellen, mit ihnen zank anfangen). Frank
sprichw. 1, 27"; er ward zornig über den Schuhmacher, wol
die schuh nicht, balgt mit ihm. Frey garteng. cap. 4 ; der cur
tisan fieng an mit dem bapst ze hadern und balgen, cap. 17 :
SO heiszest du mich gleich liegen und balgest mit mir. cap
46; wenn sie in voller weis schnarken und balgen wollen
Kirchhof wcndunm. Vld"; heut bekümmert er mit neidischen
Worten einen bruder, morgen balget er mit dem andern. 224''
ohn underlasz balgete auch ein weih mit ihrem mann. 333'
Funk hatte eine nieuterei über die ander, mutwillig und vor
setzlich balgen angericht. disc. mil. 61.
Lebt so noch in der oberd. Volkssprache. Schweiz, er hat ihn ge-
balget, mit ihm gebalget, geschmält, gezürnt, sie balgt den gan-
zen tag. Stald. 1, 126. ScHMiD schw. wb. 38. die heutige Schrift-
sprache kennt nur ein sich balgen, pugnis certare, contendere, rau-
fen: leute, welche nichts anders wissen als sich indengymna-
sien zu balgen. Winkelmann 2, 436 ; sie finden in keinem trauer-
spiele handlung, als wo der liebhaber zu füszen fällt, die prin-
cessin ohnmächtig wird, die beiden sich palgen. Lessing 5, 375 ;
im lager von Agramant,
wo beiden und heldinnen sich wie lose jungen balgten.
Wiy.AND 5, 131;
unsere filosofie hätte sich jähr und tag mit seinen Ungarns
herum balgen können. 8, 184; bald muste er sich mit dra-
chen und (liegenden katzen herum balgen. 11, 35;
sich für tyrannen gar hinab zur hölle balgen,
das ist ein tod, der nur der hölle wol gelallt. Bürger 102';
da balgten wir uns. Güthe 14, 297; sie rangen und balgten
sich sehr hartnäckig, drehten und wanden sich lebhaft mit
einander herum. 19, 93; zwei knaben von entgegengesetztem
sinne balgen sich schon unter dem herzen der mutter. 24,
217 ; ob er (Zimmermann) sich mit dem krankenwärter oder
mit Paracelsus, mit einem harnprophelen oder chymisten herum
balgte, war ihm gleich. 26, 343 ; bis zu seinen füszen hat sich
der knabe mit den schlangen heran gebalgt. 39, 54; wenn
männer mit aniazonen sich balgen. 39, 293; die anhänglich-
keit der wilden an ihre gesetzlose freiheit, sich lieber un-
aufhörlich zu balgen, als sich einem gesetzlichen zwange zu
untenverfen. Kant 5, 427.
BALGEN, depsere, für walgen, wälgern, volulare, mil dem
vorausgehenden unverwandt: balge es mit der milch zwischen
den bänden. Tabernaemont. kräiiterb. 934. gleichbedeutig mit
beeren, ahbeeren. im Sprichwort die milch balgt wol, aber sie
talgt nicht. Simrock 7017 heiszt es aber den bauch füllen:
sie nährt, aber macht nicht feil.
BALGEN, n. rixa, lucta, duellum: nicht mit palgen, po-
chen, trotzen und zanken fordern. Fischart ehz. 4; glaube
nicht, dasz gröszere thorheit, als in dem balgen auf acade-
mien fürgehc, da manchmal beide parteien das herz zu hause
und doch hernach die dcgen das fürspiel zum vertrage ma-
chen lassen, den sie ohnausgelachet besser zuvor annäh-
men, ped. schulfuchs 114 ; stehlen, morden, huren, balgen.
Schiller 133 ; über dem balgen fielen ihre langen haare
herunter. Göthe 10,171* vom ersten balgen des knaben. 20,
217; beim ringen und balgen. 24, 101; ihre kinder lernten
schwimmen und rennen, vielleicht auch balgen und ringen.
30, 237 ; wobei sich denn die wörtlichen neckereien in kitzeln
und balgen zu steigern pflegten. 31,208.
BÄLGEN, pellcm delrahere: der fuchs bälgte und frasz den
hasen ; sich bälgen, pcllem exuere, häuten : die schlänge bälgt
sich ; die erbsen bälgen sich, lassen im kochen die haut fuhren.
BALGENTRETKI», m. was balglreter. Voss id. 6, 23 schreibt
bälgentreler.
BALGER, m. hotno pugnax, raufer, Zänker: sich also pflegt
es den mutwilligen balgern allen zu geiien. Kirchhof icenrfunni.
242"; weinsäufer, spieler, zänker, balger. 245"; den balgern
fried geholten, mil. disc. Wi ; sei kein balger, aber wann man
die f^bnlein fliegen läszt, dann sei keck und fliehe nicht.
ZiNKGR. 1, 88; von balgern und kriegern sagte er {Luther):
wer das mcsser zum ersten zucke, musz es auch zum er-
sten wieder einstecken 1,175;
einen buliler, einen zänker,
einen balger, einen stäuker. Logau 1, 10, 11;
schlosz vestiglich, dasz diese balger keine Christen seien.
Simpl. 1, 90;
lasz jene balger etwas ruhn,
wir müssen selbst das beste thun. Hagedorn 2, 56.
BALGEREL f. rauferei, Zänkerei.
BALGERISCH, rixosus, zänkisch: ein balgerischer pfaf.
Frey garteng. cap. 122.
BALGGERÜST, n. gerüst, worauf die bälge befestigt sind.
BÄLGGESCHWULST, f die kleine bälge oder beutet bildet.
BALGHAKEN, m., eiserner haken, womit die küper beim
ausfällen und schroten den blasbalg an die faszreife hängen.
BALGHARNISCH, m. wie man sie im 16 ;Ä. zum kriege Irug.
Fronsperg 118', von balgen, streiten.
BALGHAUPT, n. vorderende des blasbalgs.
BALGHOLE, f caverna follium: Ulenspiegel sagt,
wann ir haben isen und kolen
und wind in den balgholen
SO künden ir wol schmiden. Eulensp. cap. 41.
BALGISCH, nxoius, zänkisch: futerstichig, meisterlos, kiffig,
balgisch (gesinde). Gar^. 69'; die balgische rott. groszm.n.
BALGKAMMER, f wo die blasbälge der orgel getreten wer-
den. Felsenb. 2, 436.
BALGKAPSEL, f. fruchlhülle, die sich der länge nach üfnet
BALGKOPF, m. was balghaupt.
BALGLEDER, n. corium follis.
BÄLGLELN, n. folliculus, gemma {s. balg 1): er schenkt im
ein kleines belgclein (marsupium) und wartet eines beiz dagegen.
Keiseusb. Sünden des mundcs 38' ; treibet fort die todte frucht
und das bälglein oder die aftergeburt. Tabernaemontanus s. 46 ;
belglin, darin die kinder geboren werden. Wirsung Cal. E l'
(vgl. kinderbälglein) ; bälglein, schale der Weinbeere. Hohberg
1, 350' ; wann man von denen schwarzen Weinbeeren die bälg-
lein wol austrocknet und auspresset. 1, 221'.
BALG LEISTE, f. holzstab inwendig im blasbalg.
BALGLIESZE, f. beweglicher blechdeckel an der schnauze
des blasbalgs in hohen Ofen (vgl. balgsterzel). Frisch 1, 52
schreibt balgliese und erklärt: tegumentum qnod claudit fer-
reum os sive gulam follis, quoties aere implenda est, ne
flamma in eum trahatur. item canaiis sive gula, cujus orifi-
cium tegumentum claudit," quolies folles levantur. die dun-
kelheit des ausdrucks liegt in dem wort üesze, das vielleicht
eins mit diesze aus dem Wechsel zwischen D und L entsprang,
dafür zu sprechen scheint auch div Zusammensetzung wasser-
liesze, nympha, rauschendes wasser.
BALGLUFTKLAPPE, f
BALGNAGEL, m. clavus cornutus. Frischlin nomencl. 255,
zum anheften des balgleders.
BALGPFEN.NING, m. geld zur Unterhaltung der bälge in den
berghütten. Orerlin 86.
BALGROHR, n. was balgdiesze, balgliesze.
BALGSCHNAUZE, f. was balghaupt, gula follis.
BALGSCHWENGEL, m.
BALGSTECHEN, n. hastiludium: so sei auch könig Hein-
rich von Frankreich im balgenstechen verletzt, dasz er in we-
nig tagen darauf verstorben, landgr. Philipp bei Mclanchthon
9, 917. es war Heinrich IL im j. 1559, vgl. Ranke franzüs.
gesell. 1, 198.
BALGSTERZEL, m. vcctis, ein hebet an der obersten bühne
des blasbalgs: derhalben so der pomper den balgsterzel hinab
drückt, so geht die t)berbüne des halgs empor und zugleich
auch mit ihr die strodel (forcs) des windloclis, so sie den
wind haben »n sich gezogen, und mit der weis zeucht der
balg den luft an sich, so die Üesze (naris) in sein lotle (ca-
naiis) geschlossen ist; so aber der lotten mundloch sein
mundlüch gefaszt hat, so zeucht er die bösen und vergifligen
dünst aus dem windschacht. Bechius Verdeutschung des Geo.
Agrtcola s. 172. s. liesze und lotle. man schrieb dem balg
(wie dem wagen und pflüg) haupt und schwänz, mund, nase
und arm zu.
BALGSTÜRZE, f. cauda follis. Frisch nomencl. 255.
RALGSTÜRZEL, m. dasselbe und was balgsterzel.
BALGTRETER, m. der auf die balgbalken Irilt, um sie in
zug zu bringen.
BALIEREN ßr polieren: die zenlin klain und weisz, wie
das balierl helfenbain. Wirsung Co/. C 4'; ballieren und fägen
lassen. Frey gartenges. cap. 39; klingcnbaliercr (schwertfeger).
Garg. 63'; auf das allerkünstlichesl balieren. Pdr. 28';
1089
BALKE
BALKEXAXKER — BALL
1090
ir velt die misbreuch glatten,
die Dit ballieret sind. UblakdOIS;
▼on wachs gar dünn getrieben
seind alle maur und wand,
balliert und glatt gerieben. Spee trutzn. 135.
«n folgender stelle scheint es scitonend behandeln, hinhalten:
sonder ist besser, dasz du in ballierest, das ist, dasz du in
uflentbaltest und im sunst senftigklicben rot irath) thiiest.
dann den du also understundest gar zu bellen, der stürb als-
bald. Gersdorf /ie/t/b. 74. es kann hier auch bedeuten palliare,
palliative anwenden, s. ausbalieren.
BALKE, m. trabs, ahd. palcbo, balko (Graff 3, lOS), mhd.
balke (Ben. l, TO'l, alls. baico, nnl. balk, gen. balks; alln.
biaiki, schw. bjelke, ddn. bjälke, daneben aber altn. bälkr,
altscIiK. balker, boiker für die abschnitte der gesetzbücher.
nicht goth., sondern durch ans, altn. ds (j. oben sp. 432) rer-
treten. das litt. letl. balkis, rtiss. balka. poln. balka, belka
scheint ton uns entlehnt und mangelt altsl. böhm. u. s. w.
eine höhere abkttnß liegt dunkel, denn skr. pbalaka scutum,
parma und lat. porca, unser furcbe heranzuziehen, veil ags.
balca, boica, engl, balk auch furche, gleichsam balken auf
dem acker bedeutet, ist nocli bedenklich, dies balca, balk
scheint das gal. balc, a ridge of earlh bet\reen two funows.
neben unserer sthicachen form balke begegnet im 16 jh. zuwei-
len ein starkes, dem nnl. gleiches balk, z. b. erscbien ein un-
gewonlicber stern umb vesperzeit, dem lief ein groszer balk
oder trom entgegen. Frank chron. 1S2 ; dieser zeit bat sieb
ein feuwriner balk von nidergang aufgeschwungen. Reiszner
Jerus. 2, 74'; doch im pL sieht balken: die tröm oder bal-
ken. Frank ueltb. 22S*. das hier daneben siehende trom, alid.
drum (Graff 5, 260) ist synonym ton balke.
Balke bezeichnet also vorzugsweise tignum, das starke in
den wänden und dem dach des hauses gelegte holz: er banet
eine balle mit seulen und dicken balken. 1 kön. 7, 6; und
überzog die balken oben an und die wiinde und die tbüren
mit golde. ScAron. 3, 7; geböfelt (gehobelt) bolz zu keufen zu
den balken an den bäusern. 34, ll ; balken legt man in die
wende. Es. 5, 8 ; und welcher menscb diese wort verendert,
von des bause sol man einen balken neraen und in dran
hengen. fi, 11; das er mir bolz gebe zu balken der pforlen
am pallast. yeh. 2, 8 ; denn durch faulheit sinken die balken
und durch binlessige bende wird das haus tiicfend. pred. Sal.
10, 18 ; unser bette grünet, unser beuser balken sind ccdern.
hohel. l, 17 ; denn auch die steine in der mauren werden
schreien und die balken am gesperr werden inen antworten.
Habac. 3, 11; rordomel werden wonen auf iren tbürmen und
werden in den fenstern singen und die raben auf den bal-
ken. Zephan. 2, 14 ; sie sind wie die balken im bause. Baruch
6, 18 ; sie aber verbrennen wie andere balken. 6, 55. e5 heiszt
den balken legen, einziehen, richten ; die scbeune liegt getrai-
des so voll, dasz sich die balken biegen; figürlich, er schwört,
lügt dasz die balken krachen und sich biegen : liegen^ das die
balken krachen. Luther 3, 516'; da viel verheiszens, zusagens,
verlrostens, schweren und eiden, das die balken krachen,
geschiebt. 6, 164"; die fursprechen liegen [lügen) gegeneinan-
der, das sich die balken biegen, man sengt wol hammen da-
bei {so heist sind die schwüre). Keisersb. Sünden des munds
41'; diser leugt nach dem fürgrif, das sich die balken möch-
ten biegen. Frans trunkenheit D' ;
wie kan der wolT so weidlich liegen,
das sich daTon die balken biegen. Alsrros 176;
er leugt, sich möchten palken biegen. H. Sachs I, 542;
fidern, dasr sich die balken biegen. Sensu grob, ß 1 ;
leug, dasz sich die balken biegen. S2»;
er lügt nicbt, dasz sich balken biegen. Simpl. l. 5. auch,
unter freiem himmel biegt sich kein balke {hol man den ein-
stuTZ des hauses nicht zu ßrchten). Simrock 4741. irr»7 ver-
breitet ist sodann die biblische redensart : was sibesta aber den
s-plitter in deines bruders äuge und wirst nicht gewar den
balken in deinem äuge. Matlh. 7, 3. Luc. 6, 41; du beuchler,
zeuch am ersten den balken aus deinem äuge, darnach be-
sihe, wie du den splilter aus deines bruders äuge ziehest.
Matth. 7, 5. Luc. 6, 41. Kero setzt kipret (bret), die ags. tertion
beäm, bei T. steht balco. noch ein Sprichwort lautet:
wer kunst fraRt deir, ders selbst nit weisi,
sucht starke balken unterm «i«.
KtacHHOP vendunm. 4M';
das Wasser, das eis bat keine balken. distillieren durch neun
balken. Garg. 22*. zu balken steigen bedeutet sterben, veil die
haute der schnfe auf dem balken :um trocknen aushängen:
krfimer, dem beutet gebricbts am klingenden! vorigen winier,
über das mufUge heu, stieg widder und schaT mir zu balken.
Voss id. II. 9.
I» der sehettne wird der höhere räum, sonst auch der kom-
boden oder der Speicher des hauses balke genannt, schif. pflüg,
egge und wage haben ihre balken. poetisch steht balke für
das schif selbst:
ist Noa und sein haus im balken fortgeschwommen ? ^
Opitz 3, 228.
sonst ist balke der mittlere theil eines zweimal gespaltnn
Schildes, wenn die beiden äuszeren theile einerlei färbe ha-
ben; in der geige ein hölzchen vor dem F-loche. Stalder 1,
126 führt ßr balke auch noch die bedeutungen eines fenster-
ladens, eines hosen - und brustlatzes und eines viereckigen ris-
ses am kleide an, welches letzte sonst gere hiesz. wenn beim
pflügen zwischen je zwein aufgeworfnen furchen ein streif un-
gewendeten bodens, so wie auf dem Weinberge zwischen den Zei-
len ein freier erdraum liegen bleibt, gilt daßr ebenfalls der
name bnlke. s. vorhin über porca.
BALKENANKER, m. eisenwerkstüek mit ankerförmig getheil-
ten enden, um balken in eine seitenmauer zu festigen.
BALKENBAND. n. steg auf dem boden einer laute.
BALKENDECKE, f. im geqensatz zur gewölbten.
BALKENGESIMSE, n. gesimse unter dem dach.
BALKENHAUEB, m. ein Zimmermann, der aus dem groben
haut.
BALKENHOTZLEB, m. der schwere balken schleppt: solche
vierschrötige, ja sibenscbrötige plotzwedel, balkenhotzler, seck-
trager, trollen, knollen, Stollen und babiloniscbe thurnbauer.
Garg. 43'.
BALKENKANTE, f die seile eines viereckig behauenen baums.
BALKENKANTIG.
BALKENKELLEK, m. gebalkter, ungewölbter keller.
BALKENKLAFTEB, f.
BALKENKOPF, m. das vorragende ende eines balken.
BALKENLAGE, f.: die balkenlage will sich auch Suszer-
lich zeigen. Armm kronenw. t, 259.
BALKENRECHT, n. serrilus tigni immitlendi.
BALKENRJSZ, m. baurisz von dem gebälk eines gebdudes.
BALKENHUTHE. f. der zehnte theil einer schaclitrulhe
BALKENSCHLAGER, m. balkenhauer.
BALKENSCHLELSE, f. aus balken gezimmerte.
BALKENSCHNLR. f. am weberbalken.
BALKENSCHRÖTER, m. lucanus parallelopipedus.
BALKENSCHUH, m. der zehnte theil einer balkenrulhe.
BALKENSTAB, m. eine arl des stars, wenn ein weisxer, un-
durchsichliqer streif hinter der pupille steht.
BALKENSTEIN, m. der kragslein, worauf ein balke ruht.
BALKENSTREIF, m. heraldisch, der dritte theil eines bal-
ken s.
BALKENSTRICH, m. dasselbe.
BALKENSTCCK, n. aus einem balken gezimmert.
BALKENTRACHT, f dicke bohlen, an beiden seilen des
Schiffes, welche die deckbalken tragen.
BALKENVORSPRUNG, m.
BALKENWAGE, f.
BALKENWERK, n. das ganze der balken im gebdude, das
gebälk.
BALKENZOLL, m. der zehnte theil eines balkenschuhes.
BALKON, m. balkenvorsprung, auf dem man eines Standes
im freien zur aussiebt geniesxt, nach dem it. balcone, das
selbst aus unserm balke entlehnt wurde, vgl. allane.
BALL, ablaul von bellen, mhd. bal, heule boll : ball wie
ein hund. Keisebsb. omeisz 12' ;
der hund
ball überlaut, davon der kneeht
erwacht. Albfkus 14£V
BALL, m. pila, globus, ahd. pallo m. und palla f. (Graft
3, 93. 94) neben sloz (6, 736); mhd. bal balles m. und halle
ballen m. (Be.n. 1, 117*. 1I8') neten stützel; nnL bal pl. ballen;
altn. böllr m., schw. ball, da», bold. riAA unterscheiden wir
ball pila, globus, pl. bälle, von balle fascis, pl. ballen, und
beide sind männlich, doch wurde auch von ball pila der gen.
ballens, acc ballen gebildet, des ballens spielen sagt Fischart
Garg. 174'. 178'; da man des balln spielt. Albebgs ; alle bal-
len, die auf dis tacb fallen, kan man mit eim wort ubcrausz
schlagen, bienenk. 47';
ich warf den ballen weg, womit ich spielte. Göthb 10, 23.
Was die würzet betriß, so ist das von Bbs. 1, llT' vermutete
bil bal bdlen geboln, anscliwellen, aufspringen unerweislich
69
1091
BALL— BÄLLCHEN
BÄLLCHENATLAS — BALLENSPIEL 1 092
und unnvlhig, die bedeutung schwellen auch schon in dem ver-
wandten beigen enthalten, dessen G, vie vorhin angcmeikt wurde,
aus J, folglich I hervorgieng. foilis begegnet sich der laut-
verschiebung nach mit ball wie balg, und beiden liegt die Vor-
stellung des schwellenden, geschwollnen zum gründe, pila hin-
gegen, dessen kurzer vocal zum franz. bille stimmt, so wie
piilula, tritt neben gr. rcdV.a globus, von ■näXXetv schwingen,
drehen, treiben, tat. pellere. will man auch ßaXXsiv werfen
heranziehen ? dann käme ßolrj und ßsXos, pilum speer mit
langem i und unser pfeil in betracht, und die consonaiit-
rerschicbung bietet genug anomalien dar, deren ausgleichung
hier nicht weiter zu erörtern ist. unsere spräche läszt den
baU sowül werfen als schlagen und treiben :
in des liant von lliuwental
warf diu stolze magl ir vinkclvölien bal. MS.2,75'. Ben. 6c»(r. 440 ;
warf ich den bal in des hant von Riuwental. 454;
welches zuwerfen ein zeichen der gunst war. ob er sich des
tags den ballen zu schlagen zu sehr erwermet bette. Bocc. 245*;
ich hab aber noch ein Übung des leibs, darab ich vil freud,
kiirzweil und lusts einpfahc, den bal zutreiben. Petr.'iZ';
als ich, in gesellscliart von titanen
mit l'elion und Ossa als mit hallen sclilug.
GOTHE 41, 137,
wo doch statt des zweiten als besser wie stände; den schlägel
führen und damit den ball treffen. 6,227; ohne schlägel und
ball. 6, 228; ihre spiele, wie das mit ballen und schlägel,
auf groszen rennbalinen. 6, 23 ; das maillespiel zu pferde, wo
ballen und schlägel die grosze rolle zugetheilt ist. 6, 87. man
sagt: den ball leiten, zurückschlagen, springen lassen; den
gcworfnen ball fangen, ebenso den Schneeball werfen und
fangen, s. schlagball, mhd. sleipal.
Hei dem spiel mit clfenbeinkugeln heiszt es; auf einen ball
spielen, einen ball machen, den ball sprengen, versprengen,
vollnehmen und schneiden, der ball läuft und verläuft sich.
Für die kugel der geschütze (franz. la balle, la boule, le
beulet) bedienen wir uns des wortes ball selten:
der weg der Ordnung, gieng er auch (hircli krümmen,
er ist kein uinweg. gradaus geht des iilitzcs,
geht des kanonballs rürchterlicher ptad. Scuiller336;
durchlöchert von kugeln war sein hui,
durch den slielcl und koller fuhren die ballen. 323*.
Oß aber bezeichnet hall den lußball, den augapfel {die pupille),
und die kugel der planeten : luftfahrten mit aerostatischen bal-
len. Kant 5, 406; fallen öfters gVosze feuerballen (feuerku-
gcln) von himmel. Sciiuppics 409; der crdball ;
auf jedem landhaus unsers balles. Gökingk 2, 139.
Bildlich: ball des Schicksals, weil man die glücksgütlin auf
einem ball darstellte, m/irf. gelückes slützel. fieHH. 18362; solche
künigc, die dem guten vertrauen aulhelfen, schlagen mit den
armen des Vertrauens den ball ihrer macht am allenveitesten.
pers. baumg. 1, 6. spielball für spiel :
wer auf dem meer
des lebens nicht die stürme der begierden
bemeistern kann, ist ewger wellen ball. Gotieb 2, 259.
BALL, m. saltatio, chorea soloinis, nach dem it. ballo,
franz. bal, vgl. mlat. ballare, balarc und gr. ßalXit,Eiv, die
schenket •werfen, tanzen, dem vorausgehenden deutschen worte
ball unverwandt, es sei denn, dasz man auch dieses aufßäX-
Xeiv leiten könne, ball = tanz kennen die Wörterbücher des
idjh., auch Hemscii noch nicht, es scheint erst im 17 aufge-
kommen, SiiELER 87 setzt es neutral an, zum unterschied von
jenem deutschen ball, Frisch 1, 53' aber schon männlich, man
sagt einen ball geben, anstellen, mitmachen, auf den ball
gehen, einem ball beiwohnen, auf dem ball sein, j« einzel-
nen Zusammensetzungen musz der sinn ergeben, ob ball pila
oder hall chorea gemeint ist, z. b. ballhaus.
BALL, m. lalralus, sonus, laut, anschlag. weidmännisch, die
rüden folgen auf den ball des findcrs, werden auf den ball
gehetzt. Döbel 1, 102'.' ; lleiszen sich scheutzlich zu schreien,
verheben irc münd mit den lartschen, das der ball herwidcr
gell, und dester grewliclier laute. Frank teutsch. nat. chron. 7*
nach Tac. Germ. 3. s. bellen.
BALLADE, f eigentlich tanzlied, woßr ehmals das bessere
dtulsche leich zu gebot stand.
BALLAST, m. saburra, belaslung, Überladung des schi/fes,
dann überhaupt überflüssiges, was man wegwerfen kann.
BALLASTE.N, ein schif beladen, auch nnl.
iJÄLLCHEN, n. 1) kleiner ball, pila pisilla. 2) kleiner
balle, fasciculus: ein bällchen feine leinwand. Rabener 3,90.
3) kleiner tanz.
BÄLLCHENATLAS, m. geringer alias, den man bällchen-
weise, in halben stücken verkauß.
BALLE, m. fascis, globus,
1) ründung, erhöhung an Hand und fusz der menschen und
thiere (mit huf wie gespaltner klaue) : spilten des handballens.
Garg. 174";
laszt vom ballen zum schöpf mich sein. Wieland 18, 137;
der schnitt gieng durch den ballen, gerade unter dem dau-
men. Götiie 19, 134; so ein pferd ihm selber auf die ballen
(die innere fläche des hufs) tritt. Seüter 320 ; mhd. ej gie üf
den ballen, kröne 19851; der edel birsch zeigt ballen, die sau
nit. weidspr. 200;
ein hirsch, der sich nicht wol befand,
blieb lange zeit daheim, die ballen auszuheilen.
Hagedorn 2, 30.
2) runder, schtuellender bündel, fascis, sarcina: sein vatter
und sein mfiter und alle seine freund schickten im vil bricf,
in ein ballen gebunden. Keisersb. Sünden des mundes 70';
waarenballen, tuchhallen, bücherballen, papierballen; ballen
voll pfersich. Garg. 54'; wie sich die ncbel zu ballen wälzen
und an den bergwänden herab lenken. Bettine br. 1, 252. bild-
lich, der nimpt den ballen des reichlhumbs mit sich aus der
weit, der vor das zukünftige etwas beileget, pers. baumg. 2, l.
3) den buchdruckcrn hieszen sonst ballen halbrunde lederkis-
sen zum auftragen der schwärze, an ihre stelle treten jetzt
walzen; den fcchtern rundlich ausgestopße spitzen des fecht-
cisens; den tischlern der hintere runde theil des fausthobels.
BALLEN, constringere, conglobare,
1) band und faust ballen: der sultan gieng, die geballten
bände auf den rücken verschränkt, mit ziemlich starken schrit-
ten auf und nieder. Wieland 8, 409 ; mit geballter faust. Pierot
1, 102. Götter 1, 80. Klinger 1, 10 ;
die kalte leufelsrausl entgegen,
die sich vergebens tückisch ballt. Göthe 12,72;
könnt ihr den weilen räum
des himmels und der erde
mir ballen in meine laust! 33, 244.
2) Schnee, nebel, wölken ballen sich: der schnee wird ge-
ballt, ballt sich, oder auch blosz ballt, ich ballte die wölken
vom dunkeln meer her und zog sie über dich. Klinger 2, 225 ;
dem gläubgen müssen
selbst die wölken sich zu fuszen ballen. Plaikn84;
und ballende sonnen rings. Voss 3, 93,
die sich als kugeln bilden.
3) sich hervor ballen, empor drängen, erheben, außreiben:
der hirsch und reh sein hörner krauset,
wenn die allen sind abgclallen
und die newen sich herfür ballen, /"rosc/im. 3, 3, 11.
Stalder 1, 127 hat das part. erballt für dick und fett, das heisil
doch aufgetrieben, angewachsen, auch das gewundene knäuel
ballt, und der wurm knäuelt sich:
nahe liegt, zum knäul geballt,
des feindes scheusziiche gestalt. Schiller 66.
4) der teig, das mus, die gehackte speise wird geballt,
d. i. zu runden klöszen gebildet: der wolle machen ein mor-
chenmus, der nem morchen und erwelle da; uj einem brun-
nen, und geballen (?geballct) u; eime kaldem wasjer und
gehacket kleine, und tu e; dennc in ein dicke niandelmilich.
von guter speise s. 24 cap. 79, die vorschriß ist aber undeutlich
5) figürlich, die Franzosen wurden zu den jetzigen Franzo-
sen durch eine längere als die benannte revolution oder Um-
wälzung gebildet und geballt, i. Paul nachdämm. 69.
BALLENBLNDER, «i. mercium consarcinalor. Garg. 237*.
Thdrneisser archidoxa 11.
BALLENEISEN, n. ein meiszel mit schräger schneide, der
mit dem handballen gelrieben wird.
BALLENGICHT, f. gicht in den fuszballen. fiiszgicht.
BALLENGUT, n. copia mercium, aufgebaute waaren:
dieser speichert, was der schlump ihm wirft
ballengut vom krano. Voss 5, 3.
BALLENHAUS, n. s. ballcnspiel.
BALLENKHAUT, n. plantago major.
BALLENKREl'Z, n. in der Wappenkunde, ein kreux mit run-
den ballen an den enden.
BALLENMEFSZEL, m. was bällencisen.
BALLENSCHNUR, f globi funiculus. nac/» rfcr ballenscbnur
verkauße man sonst alte bücherlagcr.
BALLENSPIEL, n. ballspiel, Indus pilae, ehmals aber oß
gesellt für sphacriskrium, ballspiclbatts, wie franz. le jeu de
1093 BALLENSPIELERLEIN — BALSAMAPFEL
BALSAMBÜCHSE — BALZEN
1094
paume /ur das haus, spectaculum ßr Schauspiel und Schau-
spielhaus. Maaler 50". Frischmx nomencl. 474: man macht
doch heut wol stall aus den kirchen und kirchen aus den
Ställen und ballenspielen. Garg. 134'. Logaü hat daßr bal-
lenhaus :
die Jungfern, die das eeile rund,
das zu der liebe legt den grund,
so frech ans lichte stellea aus,
die sind ein rechtes ballenhaus,
da stets der ballen liegen viel
und warten dem, der spielen wil. 1, 4, 95.
hallspiele auf freier strasze schildern die mhd. dichter leben-
dig z. b. Walther 39, 4. Neidhart MS. 2, 79'.'. MSH. 2, 113. 114.
BALLENSPIELERLEIN, n. ballspieler. Garg^Ai'.
BALLENVVAARE, f die geballt versendet wird, gegenüber
der in kisten und fässem verpackten.
BALLENVVÄLZER, m. scarabaeus pillularius, slercorarius,
mislkäfer, der mit seinen langen beinen kugeln bildet und fort-
■ schleppt.
BALLENWEISE, adv. sareinatim, in ganzen ballen, gegen-
satz von stückweise.
BALLENZINN, n. zinn das in ballen gerollt verkauß wird.
BALLERN, tumultuari: da wirslu einen rechten trostrei-
chen Prediger hören, der nicht also poltert und ballert, wie
dieser unsinnige pfaffe. Schuppics 480.
BALLET, n. saltatio scenica, it. balleto, franz. ballet. Weck-
HERLiN 836 schreibt balleth.
BALLETTE, /". /"ranr. palette : rock von grünem berkan mit
goldnen balletten. Göthe 24, 78.
BALLETMEISTER, m.
BALLFÖRMIG, in modum pilae formeUus.
BALLGAST, m. ein zum ball eingeladner gast
BALLGESELLSCHAFT, f
BALLHAUS, n. sphaeristerium, s. ballenhaus und ballen-
?piel. Dahlxann franz. revol. s. 207.
B.ALLHAüSSCHWUR, m. Dahlma^h» o. a. o. 437.
BALLHOLZ, n. ballschlegel.
BALLIEREN, s. balleren, polieren.
BALLIEREN, in ballen packen, emballer. richtiger ballen.
BALLKLEID, n. tanzkleid.
BALLKÖMG, m. dem zu ehren der ball angestellt ist.
BALLKUGEL, f pila. pleonasmus.
BALLMÄSZIG, saltationi eonveniens: ballmäszig angezogen
sein.
BALLMEISTER, m. Schüppils 803. s. balletmeister.
BALLON, m. ein groszer lußgefüllter ball. Fleäisg 117 schrieb
pallon. •
BALLROSE, f. vibumum opulus.
BALLSAL, m.
BALLSCHUHE, pl. leichte tanzschuhe.
"BALLSPIEL, n. was ballenspiel.
BALLSPIELZIMMER, n.
BALLUNTERNEHMER, m.
BALLWORFEN, instar pilae jactare:
so geht es zu, das oft und viel
gott mit den leuten hat sein spiel.
und bahrorn sie bald auf bald nider,
bald her bald hin, bald dort herwider.
Mart. IIathecii drei comödien. Lp. 15S2 A G'.
setzt ein subst. worf orfer ein rerbum worfen voraus, wie schon
ahd. worf und worfön bestanden (Graff 1, 1039. 1042).
BALLWURF, ni. jactus pilae; nach dem vorausgehenden viel-
leicht auch ball worf.
BALM, m. franz. paume, pila, weil man mit der flachen
hand den ball schlug. Di;ca<<ce s. v. palma, palmae Indus :
den balm schlagen, tanzen und springen. Atrer 179*.
BALM, /■. eaverna in rupe, mlat. balma. Stalder 1, 127.
BÄLMLEIN, n. palmula. sein bälmlein uf einen schieszen,
bei Keisersberc öfter ßr seinen witz an ihm auslassen.
BALMTAG, m. dies palmarum.
BALSAM, m. balsamum, steht häufig ßr wolgeruch und lin-
demdes heilmittel überhaupt : nimb wilden baisam, das ist ter-
pentin. Selter 16t.
Sclinar, dein wort, du erscheinst, stirbst du Tor mir,
deiner Selma ! o geusz den bal.om
in die wunde der verlasznen. Klopstock 2, 118;
ihr gösset meinen wimden
der hofnung baisam ein. GoTTeR2, 3&S;
allgegenw.irtger batsam
allheilender natnr. Oötbi 2, 77.
BAL5AM.\PFEL, m. momordica balsamina.
BALSAMBÜCHSE, f
BALSAMDLTT, m. Brockes 6, 44. 154. 8, 207 ;
nie gefühlte frühlingsluft
weht mich an mit balsamdufl. BiJRGEa2S':
paradiesische ufer im balsamduft blühender gefilde. Bettine
br. 1, 121.
BALSAMEN, balsamo perungere, mhd. balsemen, balsmen
(Be\. 1, 80') und so auch noch Aimon B : der leib ward ge-
balsmet \es steht verdruckt gebalmset) und gesalbet ; auch nnl.
balsemen ;
dann liebe balsamt gras und ekel berscht auf seiden.
Halles 32;
haar,
das durch öl balsamt in neuem wachsthum war.
ZiCHABrÄ 1, 120;
und schüttet ambradufl
und lieblichen geruch in die balsamte lufl. 1, 132;
doch menschenquälern die wunde
zu baisamen, es ist gegen die menschlieit verrath
I1rrder9, 168;
und den berühmten
magenwein, mit arsenili und silberglätte gebalsarat.
Voss 2, 202.
BALSAMFLUT, f Brocres 6, 39.
BALSAMGEFÄSZ, n.
BALSAMGEIST, m.
vom balsamgeist der hofnung in den kalten
behausungcn des grabes hingehalten. Schiller 21*.
BALSAMGERUCH, m.
BALSAMHAUCH, m.
BALSAMIEREN, franz. enbaumer:
ausweidnen und wol palsamiern. Atrer 308'.
BALSAMISCH, suaviter olens:
von salben umduftet,
auch balsamischem honig. Voss Od. 24,69;
war der essig nicht scharf und balsamisch das nnszöM
Luise 1. 77 ;
die süsze luft, die ihre schöne wange gekühlt, darein sie ih-
ren balsamischen athem ergosz. Fr. Müller 3, 130.
BALSAMKRAUT, n. impatiens balsamina.
BALSAMKRUG, m. Gotter 3, 334.
BALSAMREICH. Brockes l, 82. 169. 312. 507.
BALSäMSAFT, m. der balsamsaft der trauben. Göthe 12,
78. mhd. balsamsaf. myst. 320, 19.
BALSAMSCHLAF, m. besänftigender, heilender sclilaf:
ermuntert von Auroren
und durch den balsamschlaf gestärkt. Wielaxd 17, 168.
BALSAMSCHWALL, m. Brocres 7. 148.
BALSAMSTAUDE, f
was der balsamstaud entrollt.
heilet nicht wie mintiesold. Bürger 17'.
BALSAMTRÄGER, m. in jenen Waldgegenden holten sich
laboranten angesiedelt und manche arten von extraclen und
geistern bearbeitet, deren allgemeiner ruf von einer ganz Tor-
züglichen heilsamkeit durch emsige, sogenannte balsamtrügcr
erneuert, verbreitet und genutzt ward. Götue 58, 87.
BALSAMTROPFE, m. tausend balsamtropfen fremder thrü-
nen. J. Pacl Hesp. 4, 100.
BALZ, f coitus silrestrium avium, nach Nemmch 1570 vox
falconum ad coitum prurientium, gilt aber hauptsächlich von
auerhahn, birkhahn, kranich, trappe, fasan, schnepfe. Stieler
schreibt die balze oder pfalze, Döbel falz oder balz, Pärso:«
pfalz. s. aucrhahnbalz und das folgende rerbum.
BALZEN, FALZEN, coire jungique, vom federwildbret, denn
ßr die falken musz es erst bestätigt werden; das weidwerk-
buch von 1582 hat es weder von falken noch anderm gevögel,
bei wildem, uneszbarem, z. b. bei storch, rabe, sperling wird
es nie gesagt, kein Wörterbuch vor Stieler und Frisch über-
liefert den ausdruck, als frühster zeuge musz H. Sachs auf-
treten :
doch schaw auf des aworhannen falzen
und scheusz in, wenn er lang thut schnalzen. I. 42-2*;
im geistlichen vogelgesang heiszt es nach Grieshabers ausg. s. 85 :
der aurhan seiner hrnnen lockt,
wann er im falzen (in der bninst) ist.
neuere schripsteller nehmen es ßtr schreien: alle vfigel balz-
ten, klapperten und krächzten ihm beifall zu. Mcsaeds 2, 137.
Frisch 1, 246' denkt ans it. balzarc springen, das bei wel-
tchen Jägern mindestens denselben sinn, um entlehnt zu wer-
den, gehabt haben müste. näher zu liegen scheint unser fal-
zen plieare, striare, zumal ßir ahd. anafalz ineus, ags. onfilt,
engl, anvil mit B nd. ambolt, nnl. ambeeld, aanbeeld gesetzt
wird. mhd. ist valz die sehneide, klinge des sehwerts (vals
«9*
1095
BALZER — BAMMELN
und ecke. Parz. 254, 13). Dagegen kommt in betracht, dasz
man vom nueiliahn und birklialin in der balz auch krollen und
krolzen sagt, krolzen aber sich zu krollen verhält wie schnal-
zen zu schnallen, folglich balzen zu ballen stringere. Jung-
mann 4, 606' verdeutscht das entsprechende böhm. tokati, toko-
wati krollen krolzen, balzen, falzen : letfcw hluchy lokä, der
taube auerhahn krolzt ; tokugj telrewowe, die auerhahne bal-
zen, tok {sonst flusz, stürz) ist die balz, man dfirßc das ags.
bealcetlan eiuclare, effundere, engl, beleb heran ziehen, da
krolzen, grolzen auch ructare ausdrückt, aber krollen ist sonst
crisjiare, torquere, krolle cirrus, capillus contortus, und nun
tritt hinzu, dasz ahd. balz (GnAFF 3, 114), mhd. balzer cirrus,
coma, baizieren das haar kräuseln oder kämmen (Ben. 1, 82*)
bedeutet, was einen obscoenen sinn von balzen ver7nitleln könnte.
s. das folgende.
BALZEH, Hl. in Ostreich schelte für unruhige, ausgelassene
kindcr: du balzer du! ihr balzer wollt ihr nicht friede ge-
ben ? ein balzer, prostibulum (vgl. balg). Hör er 1, 54 ; in Schle-
sien :
so lasz ich darum mich in keine Ihränen ein,
und mag darüber niclil ein flenncbalzer sein. GCnther405;
blöckabalzer heiszt ein dorfschuhe in Dan. Stoppens drama
auf das namensfest der frau Anna Barbara Emrich, und en-
gelbalzer zu Schweidnitz ein pfe/ferkuchen, auf dem ein enget
ausgedrückt ist. man will deuten Balthasar, das freilich in
, Balzer gekürzt wird; doch jenes mhd. balzer cirrus, witbalzer
schöpf, zopf scheinen unmittelbar verwandt, obschon zur er-
klärung noch etwas abgeht.
BALZZEIT, f. tempus coeundi, eine harte Zusammensetzung,
statt der man besser das einfache balz gebraucht, das auch
für sich die zeit ausdrücken kann.
BAMBELE, »i. cyprinus phoxinus, ein kleiner, lebhafter fisch,
sonst auch bachbambele, das glatte bainbele, pfrille, elrilze
genannt. Maaleb 50' schreibt bambele, Henisch 179 bammele,
bambele, pampele, Stalder 1, 128 bammele, bammeli, entwe-
der von bammeln, bambeln agitari, wegen des fischlcins rüh-
rigkeit, oder von bammcn naschen ? angesehen das er der
slür, mürthnnnen (thunßsche) und hausen etlich legion auf
einen schnitt nam, wie der baur die bambele, müliing und
grundein, da er sie für Welschkraut asz. Garg. 43'. nach
Stalder nennt man auch ein lebhaßcs (oder genäschiges?) kind
so, die ähnlichkeil des it. bambo, bambino und bambola docke,
puppe mag zufall sein, an einigen orten heiszt bambele der
auszerhalb der erde liegende (also unfesle, bewiTjlichc) theil des
weinsenkcrs, mit dem er am multerstock hängt, pampelt. s.
bampel.
BAMBS, m. ? streich die salb warm darauf, ein leinin tuch
darüber, und ein alten bambs darauf, so zeucht sich das
aiter auf einen ort Seuter 427. bei Stieler 90 ist bams,
bems, pämps conglobatio foeda ex crinibus et adipe, bei Ade-
lung bams, pl. bämsc dickes, haariges feil am sattel, bei
ScHMELLER 1, 285 pams balg = v/-dms. hier soll das pßaster
damit befestigt, geheßct werden, s. bamsen.
BAMME, /■. sonst geschrieben bämme, bemme. nach Stie-
ler 90 litura, quidcunque pinguedine adipeve illinitur, zumal
bulterbrot, schnitte:
wenn die kindcr nacli dem sande greifen,
weil der hund die liulieibamme tiimnit.
Dan. Stoppe ged. erste samml. 129.
ßäfifin, fyßafipa tunke läge allzu nah und die angeführte
deutung scheint ihm erst abgesehn, besser vergliche sich Tiififia,
kuchen, backwerk und unser bammen, bampen, bainschen.
BAM.MELN, suspcnsum agilari, sonst bambeln, bampeln,
panipeln, baumeln: das band bammelt auf der erde; mit den
füszen bammeln ; am hohen bäume bammeln ; Dunischmcnd
und der kalender bemerkten sogleich, dasz unter den wci-
bern ihres dorfs wenige waren, die nicht einen zierlich in
musselin eingewickelten lingam am halse bammeln hatten.
WiEtAND 8, 159 ; sieh, .so liesz ich dem Bacchus den linken
arm übers knie bambeln. Fr. Müli er 105 ; die schwebende glocke
erschollt, bammet {vgl. bimmeln):
wie anrieis. wrnn der glocKc bimhflm bammelt,
drangt alles zur Versammlung sieb hinein. Göthk 50, 31 ;
denn wir Tulilen schon im .schweben, schwanken, bammeln
uncrgotilirli
unsere gliedereben. 41,200;
bammelt ei'Kt die leichte waare,
dieser gleich ist nm oliare
peugescblirne« bcil bereit. 41,220;
BAMMELN — B.'^ND 1096
wo des gefübles lippe stammelt,
ist seliön die slcrhlfcliki-il veiklSrt.
ja ein biedeiherz wird lioch geehrt,
wenn zuletzt der schclm am ealgcn bammelt.
A. VV. SCULEOEL.
BAMMELN, mulcere, vielleicht dem folgenden bammen ver-
wandt. Hermes in Soph. reise 4, 367 schreibt pämmeln und
hätscheln, dorloter.
BAMMEN, ligurire, naschen. Stieler hat aufbammen, auf-
essen; hineinbammen, hineinessen, s. bampen.
BA.MPEL, m. pampinus, rebschosz: so an eim ieden bam-
pel vil trauben hangen, dozu so er auch ettwo usz dem her-
ten stammen ein gerten mit ettüchen trauben usztrcibt und
zu letst auch frucht usz der bampeln baiupel an iiu bringt,
dann was pampelen ausz hartem holz schössen, die sind nach
allem urteil unfruchtbar, der auszsprossend pampel. Michael
Herr Verdeutschung des ackerwerkes Lucii Columelle. Straszb.
1538. 26". 37' M. s. w. das wort scheint aus pampinus, viel-
leicht mit rücksicht auf unser bammeln, bambeln, bampeln,
pampeln gebildet.
BAMPELN, w?ax bammeln. Stalder 1, 128 erklärt bewegen,
ziehen.
BAMPEN, was bammen, mit behagen essen, naschen, Stal-
der 1, 128. engl, pamper. s. das folgende und schlampampen.
BAMSCHEN, nochmals dasselbe: das kind bamscht; du
sollst noch erdbeeren bamschen. Stalder 1, 133 hat aber ein
banschen, bantschen, gierig, mit vollen backen essen, Schmid
41 bantschen, Tobler 37' pantscha.
BAMSEN, verberare coria, das feil klopfen, prügeln, der
gerber bamset die häute, s. wamsen.
BAND, ablaut von binden, der pl. banden /ür bunden rej«t
im 18 jh. ein, z. b. Felsenb. 1, 83.
BAND, n. vitta, taenia, redimiculum, fascia, ligamen, vin-
culum. kein golh. ags. nnl. n. ; ahd. pant, pl. pant und pen-
tir; mhd. bant pl. baut und bender; nhd. band pl. bände
und bänder; altn. band pl. bönd; schw. band, dän. baand.
den mhd. pl. bender stellt Ben. 1, 131* unbelegt auf, er findet
sich Iw. 3470 nach der guten s. 460 zweiter ausgäbe unanye-
merkten lesart der handschrift D :
si hafte zeinem aste
diu pfertbender vaste.
nhd. steht bänder, wo die sinnliche einheit in der Vielheit,
bände, wo die absiracte Vielheit gemeint wird, armbänder an
den armen, spangen, eisenbänder an der thür (fibulae), aber
eisenbandc, wenn fesseln überhaupt gedacht sind, liebesbande,
freundschaftsbande. doch einzelne Schriftsteller nehmen es nicht
genau damit und enthalten sich der einen oder andern form
ganz, z. b. Luther setzt immer bände, nie bender. über die
Wurzel unter binden.
1) sinnlich, alles was bindet, vom kalm und dünnsten fa-
den an bis zur schweren kette, alles was nagel und band, haß
und band hat : armband, brustband, balsband, achselband,
knieband, hauptband, haarband, zopfl)and, Strumpfband, ho-
senband, Schuhband, gürtelband, liutband, kunkclband, ro-
ckenband, eisenband, goldband, seidenband, strohband, blu-
menband: Corinna danzte mit ihren armbändern herum.
ScHüPPius 480. Am namenstag pflegte man bänder um den arm
zu winden, mit bündern anzubinden :
dis band, das wir selbselbst so haben aufgewunden,
und auf den schönen tag zu elircn eurli' gebunden.
Flf.)Iinc39;
dis ungeformte band ist einic übrig noch,
vcrflihtlich, iinwerib, arm. nehmt schone, nelimt es doch
und laszts ein zeichen sein, dasz man euch hat gebunden. 40;
mit hliimen wollen wir ein kleines bandlein wniden
und unsern liilx-n freund darmit an beule binden. 41;
so »Ol er, oller hlumen schein,
mit bliimen angebunden sr-in.
nicht mit blumt'ii nur alleine.
dieses band sei anrli sein seine,
was wir haben niiCjrewuiidcn,
darmit sei er anRi-hunden. 42.
Liebende schenken sich bander zum zeichen:
ich schenk ihm jüngst ein band
und knüpf es ihm dazu noch selber um die hdnd.
Gkllert 3, 383;
und ein andrer bot ihr hander,
und der drille hol sein heiz,
doch sie trieb mit herz und bandern,
so wie mil den lammern scherz. Gutiie I, 21.
Frauen legen bünder allenthalben an, zu putz und schleife:
1097
BAND
BAND— BANDE
1098
sie tragen gelbe bäte
mit rosenrotliein band. Göthe 1, 32;
um die stirn eia schwarz und goldnes band. 1, 243;
der liebsten band und schleife rauben. 1, 48.
blumen und bäume, stäbe und grdber werden mit bändern um-
wunden: abgeschälte maienbäume mit verblühten bändern und
Ycrblaszten fahnen. J. Pacl Tit. 2, 107. getcundnes, gedrehtes
band: strohband, weidenband, blumenband, kränz; reife, die
vms fasz gewunden sind, heiszen bänden dem gestreiften ried-
gras, phalaris picta leird der name band gegeben, thürband,
fensterband, klammer an thür und fenster; kistenband, eisen-
band: alles offen gerate, das kein deckel noch band hat.
4 Mos. 19, 15 ;
mauern, Schlösser, band und riegel. Göthe 42, 436;
die bänder sind schadhaft geworden, verrostet, halten nicht
mehr. Auch was den leib innerlieh verbindet und festigt,
nerven, sehnen, häute, muskeln werden bänder genannt: weil
diese bände zug oder streckaderen die gleich (gelenke) zu-
sammen heben und ihnen alle sterke geben. WChtz pract. 153 ;
zarte bänder, molles commissurae; ich mochte mir dadurch
die bänder der brüst übermäszig ausgedehnt haben. Göthe
25, 45. Den simmerleuten sind bänder schräge höher, durch
welche sparten und seulen verbunden werden, in der wapen-
kunst heiszt band das mitielstück eines gdheilten Schildes.
2) von betten und fesseln gilt, auch bei sinnlicher Vorstel-
lung, bände, nicht bänder, da hier nicht die einzelnen glieder
der kette, sondern das ganze in betracht kommt : er zerrisz im
kerker seine bände und entQoh ; er war mit ketten gebun-
den und mit fesseln gefangen und zureisz die bände. Luc. S,
29; die stricke an seinen armen wurden wie faden, die das
fewr versenget hat, das die band an seinen henden zuschmol-
zen, rieht. 15, 14 ; die frembden kinder sind verschmachtet
und zabbeln in iren banden. 2 Sam. 22, 46 ; mein vater liegt
in ketten und banden;
wilt du mein seel in netz nnd band
fürn, das ich getödtet werd. H. Sachs III. 1, T2'.
ich bin gefangen, ich bin in banden. Schiller 425'.
Noch viel mehr bei der abstraclen anwendung : und es war al-
ler weit unmüglich, sich wider ausz des teufeis banden und
banden zu winden. Mathesius 113';
in meiner kindhait on verstand
kam in dises closters band. Scbwaixc!(bihg 140, 1;
dasz einer eötiin treflichkeit
hielt seinesfürstens mutsfreiheil
gefangen stark in ihren banden. WKCKaEiiii:i 345 ;
sein herz vom bände der traurigkeit befreien, pers. rosenth. 5, 16 ;
durch die bände des Vertrauens und der freundschaft. Wielasd
3, 71 ; durch das stärkste aller bände, den eigennutz. S, 311 ;
fühlst du im wiiwenflore schon
den hang zu süszern banden. Götter 1,%;
auf, sprenge dieses Schlummers bände,
der deinen geist gefesselt hält. 1, 223;
neue bände, neue freuden
machen trennung dir zur pflicht. 3, LXXIV;
zerrissen sind des lebens bände
fQr den, der fremd, auf ödem strande
in tiefer Schwermut wallt. 3, 454;
andacht und Wetteifer in guten werken waren die einzigen
bände ihrer freien unabhängigen gesellschaft. 3, 65; hätte
der donner auch nicht so schnell von den banden des schlafs
entfesselt. Kli^cer 6, 354; sein häusliches band, da er seine
familie nicht mehr zu erhalten wüste, ward ihm zur last.
Klincer 3, 6; die bände des bluts;
ach des hauses zarte bände
sind gelöst auf immerdar,
denn sie wohnt im schattenlande,
die des hauses mutter wüt. Schiller 79*;
ehret die frauen! sie flechten und weben
himmlische rosen ins irdi<iche leben,
flechten der liebe begliickendcs band. 80»;
die das theuerste der bände
wob, den trieb zum vaierlande. 79';
nichts heiliges ist mehr, es lösen
sich alle bände frommer scbeu. 60*;
das herzerstickende band des schmerzens nird sich lösen.
395; ihr geist machte sich nach und nach von den banden
des kOrpers los. GOtbe 20, 279 ;
der himmel ist helle,
und Aeolus löset
das angstliche band. 1,73;
irrthum, lasz los der äugen band. 13, 117;
denn es löset die liebe, das fühl ich, jegiich« bände,
wenn sie die ihrigen knüplt 40, 274 ;
denn gelöst sind die bände der weit, wer knüpfet sie wieder
als allein nur die notb? 40,309.
Flemixg und Opitz setzten hier auch, gegen den heuligen ge-
brauch, bänder:
sie führen thaten aus durch ihrer büodnis bänder FLEii.^e 120 ;
Opitz Arg. 1, 590.
3( einigemal erscheint band für bann, im sinne von bezirk,
revier (Haltacs 95) : weisen die lehenleut denen herren von
Spanheim eine weinfuhr im bandt Merle. weisth. 2, 211 ;
er satzt sich in des waldes band,
viel Vögel flogen im zu band,
sie blieben all obn netz und band,
als viel er fieng, die liesz er all bei leben.
Ambr. Ib. s. 326, 141.
vgl. alle die pflüge, die in dem banne sinL weisth. 1, 708
und hernach bann.
4) redensarlen. der zunge das band lösen, schweigen brechen ;
zuohand
ward uAhan siner zungen band. trag. Joh. .Kö.
einem das band durch den mond ziehen, ihn äffen, teuschen,
übcrvorlheilen :
dem hab ich das band durchs maul zogn. kxMK fasln. 131';
mhd. den halm, da; helmel vorziehen;
du ziuhest mir den halm als einer juneen katzen vor.
MS. 2, 163' ;
dem bat er; halmel vorgezogen,
unz er in gar hat betrogen. Dieser 305, 2;
daj er mir an ir da; helmel vorgeziehe. Beü. beür. 2, 412;
da von vil maniger wirt betrogen
iu Wirt da; helmel vorgezogen", cod. kolocz. 188.
ebenso am bände, mhd. halme umführen:
manche frau ein frommen man
wie ein narrn beim band umblürt. .4trer 335';
si fuorte dich an eim helmelin. Morolt 799.
geschwister von beiden banden, von vater und mutier. Haltacs
92. 93; ob nicht interjectio et conjunctio Schwester von bee-
den banden? Abele 3, 17. aus rand und band gehn, aus der
fuge; durchs band, ohne unterschied, durch die bank.
BAND, m. tomus, volumen, pl. bände, nnl. schw. band, dän.
bind, was zusammengebunden wird, z. b. ein band kleiner
Schriften, vermischter abhandlungen, das werk füllt nur einen
band, gewöhnlich aber der gezählte einzelne theil eines werks,
in welcher bedeutung der ausdruck doch erst gegen die mitte
des 18 jh. aufgekommen ist. man hat den französischen un-
terschied zwischen tome, volume und partie durch unser theil,
band und abtheilung zu etreichen gesucht und damit alle an-
ßhrungen unbeholfen gemacht, denn die dritte abtheilung des
zweiten bandes des ersten theils ist, den umständen nach,
nichts als der sechste theil des ganzen, wie man ihn einfach
bezeichnen sollte, es heiszt ein dicker, starker oder dünner,
schwacher band, nicht theil. auch bedeutet band was ein-
band, tegumentum : ein schöner band, lederband, pappeband.
Tadelhaft gebrauchen Schriftsteller aus niederdeutschen ge-
genden auch band vinculum männlich statt neutral {wie das
nnl. band, pl. banden m. ist): der armband, der uhrband,
der stockband;
durch so wunderbaren band. Brockes 1, 339;
der band der landeigenthümer, d, i. Vereinigung zu einem
bunde (pagus). .Moser rerm. sehr. 1, 344; man siebet an den
ältesten gebunden weder hohikehlen noch rundliche bände.
Wi.iKELiiA.NN 1, 406 ; haare, die rund herum am haupte hinauf
gestrichen und auf dem wirbel zusammen genommen sind,
ohne sichtbaren band, der sie hallen konnte. 4,83; die frei-
willigen, welche den rang der gefreiten haben, werden durch
einen schmalen weiszen band, und die unterofQcicre durch
einen schmalen schwanen band um den aufschlug ausge-
zeichneL proclamalion des königt von Preusxen vom 17 merz
1S13. s. verband m.
BANDAÜER, f. lendo, nervus: mit den bandadern pindet
die nalur die hertsten bain in gelidem zusamen. buch der
naiur von 14S3. Mo>e 8, 494, 15. vgl. ahd. senüdara.
BANDBOHRER, m. simmerleuten ein ndgelhohrer.
B.\NUCHE.\, n. diminutiv von band, bdndlein.
BANDDEGEN, m. degen, der am gürtelband getragen wird :
breiter banddegen. Simpl. 2, 55.
BANDDRAHT, m. eine arl miUeldraht.
BANDE, f pl. banden, früher auch bände, pl. bände, nnl.
bende.
1099
BANDE — BANDHAKE
BANDHANDEL — BÄNDIGEN
1100
1) cohors, caterva, turba, truppe, gesellschaß von Soldaten,
schauspielern, musikanten, räubern u. s. w. : etliche fendlin
landsknecht, auch etliche bände und geschwader reut er. Lanz
Karl 5 s. 530 (a. 1554) ; allein fertigt er etliche ab, die seine
ordenliche bände und regiment, so auf den festungen ... in
besatzung und bestallung lagen, zusamen forderten. Garg.
263'; etliche der auszgefallenen bände, die dem geschütz ent-
gangen waren, setzten dapfer in unser volk. 265"; damit der
eher, welcher diese lieder sang, manchmal ruhen und athem
schöpfen könnte, fiel Thespis darauf eine interessante bege-
benheit dazwischen von einem aus der bände erzählen oder
vorstellen zu lassen. Lessing 6, 343 ; nicht genug, dasz sich
die freimäurer einer den andern unterstützen, denn das wäre
nur die nothwendige eigenschaft einer jeden bände, was thun
sie nicht für das gesammte publicum jeden Staats, dessen
glieder sie sind ! 10, 258 ;
selbst die wüihenden
Burgundier, die mordgewohnten banden. Schiller 455*;
sie habe sich während der plünderung und niederlage um
die gunst des anfübrers der bände bemüht. Göthe 19, 49 ; die
räuberische bände. 19, 65 ; Napoleon stürzte sich mit der gan-
zen masse dieser von leidenschaftlichem rachedurst glühen-
den banden auf die Preuszen. Beckers wellg. 14, 385 ; eine
bände diebe, landstreicher, zigeuner, eine spielbande. ebenso
nnl. eene bende ruiters, eene bende toneelspelers, struikro-
vers. die belege zeigen, dasz die benennung von gesetzlichen,
anständigen vereinen ausgegangen, allmälich den schein des
anrüchigen und gemeinen auf sie fallen läszt, der auch schon
mit häufe verbunden ist, sich aber in trupp oder truppe noch
verstärkt. Schiller wechselt mit beiden: räubertrupp 119',
einer von der bände. 120*.
2) margo, fascia, streife und rand im gewebe, vgl. banden-
faden, bandentritt. bände, leppich oder tapete. bände, rand
nm billard, franz. rebords du billard : die bände halten, bei
gevjissen stüszen den leib mit dem rande gleich halten, bände
des Schiffes, schmaler gang am rande, auf der seile.
Da sich kein ahd. panta, mhd. bände f darbietet, so ist
der ausdruck vom it. banda, franz. bände herzuleiten, etwas
anders aber, dasz diese selbst auf unser binden und band zu-
rück gehen, vgl. bandum vexillum {flatternde binde) bei Pau-
lus DiAcoNUS. vgl. litt, banda, Viehherde.
BANDEISEN, n. vinculum ferreum, gleichviel mit eisen-
band: (dein weib ist) deinen henden und füszen (ein) herte
panteisen. Albr. von Eybe 2*.
BÄNDEL, m. fasciola, s. bendel.
BANDELIER, m. balteus, franz. bandelier, it. bandoliera,
zu jenem banda, bände gehörig.
BÄNDELN, s. bangein.
BANDENER, s. bender.
BANDENFADEN, m. bei den webem der faden zu den streifen.
BANDENSCHAFT, m. der schaß zu den bandenfaden.
BANDENSTOSZ, m. beim billard.
BANDENTRITT, ni. der tritt des webers zu denbandenschäßen.
BÄNDEREICH, multos libros continens.
BÄNDERLEHRE, f syndesmologia, lehre von den bändem
im menschlichen oder tliierischen leib.
BÄNDERN, laeniis, fasciis instruere: das zeug bändern,
händer einweben, eindrucken, auf der wachsbleiche das wachs
bändern, das geschmolzene über eine walze in dünne bänder
laufen lassen, s. bebändern.
BÄNDERSCHUH, m. schuh zum binden, gegensatz Schnal-
lenschuh.
BäNDEWEIS, adv. catervatim : alle bandeweis und in fün-
lin gemustert. Garg. 263' ; sich bandeweis oder in bände stel-
len = zusammenstellen.
BÄNDEZAHL, f librorum numerus.
BANDFASZ, n. ein fasz mit weitem Spundloch, zum schwe-
feln der bandweiden, in der Schweiz auch ein groszes wein-
masz.
BANDFEST, vinculo firmus, nagelfest: band- und nagel-
fest. J. Paul aesth. 2, 45.
BANDFISCH, m. eepola tnenia, ein fisch mit streifen, banden.
BANDFRAU, f. frau, die mit band handelt.
BANDGESCHÄFT, n. handel mit band im grosien.
BANDGESIMSE, n. gesimse über dem ersten Stockwerk.
BANDGRAS, n. streifiges gras, was auch allein durch band
bezeichnet wird.
BANDHAKE, m. l) haspe, um eine thür mit den bändem
einzuhenken. 2) Werkzeug der hötlither, um die reife aufs
fasz zu zwängen. 3) geräth zum umwinden starker bäume.
BANDHANDEL, m. was bandgeschäft.
BANDHÄNDLER, m.
BANDHOLZ, n. holz zu reifen.
BÄNDIG, qui vinculo paret, qui domatur, mhd. bendec (Ben.
1, 134*), von thieren, welchen ein band angelegt ist, und wird
dann auf andere dinge bezogen:
alt hund sind bös bändig zu machen.
IL Sachs I, 368*. Atrer 58» ;
alt hund bös pendig sind zu machen. IlL 3, 52*. 69*;
wann alter hund zu aller frist
nit pändig recht ze machen ist. Schwarzenb. 127, 1. 153, 2;
leszt niemand ab von alter art,
ein aller hund schwer bendig wart. Kirchhof wendunm. 68*;
denn alte hunde lassen sich
nicht bendig machen liederlich. HATNECciüsi/anso/ramea2, 1;
alt hund sind nicht gut bendig zu machen. Luther 3, 302';
es ist schwer alte hunde bendig und alte schelke from zu
machen. 5, 184'; ich bestätige mit meinem exempel, dasz
alte hund schwer bändig zu machen. Simpl.2,Hi. Schuppius
188 ; alt hunde wollen nicht bendig werden. Paracelsus 1,
711*; dann sie hat alter füchs art, welche übel bändig zu
machen sein. Fischart bienenk. 50"; den hund sol man ben-
dig machen, weisth. 1, 658 ; ein alter wolf ist bös bendig zu
machen. Lehmann 149 ; die pferd lassen sich bendig machen
mit sporn, ebenda; durch solchen fund macht er das och-
senköpfig pferd nach seim willen bändig, laitig und zaumge-
recht, also das es auf die knie fül, wann er aufsitzen wolt.
Garg. 139*; hat man doch mit ochsen und pferden gedult,
ehe sie bendig werden. Weise keuscher Jos. 94 ;
seid nicht so unverständig,
wie gäul und mäuler sein, die eh nicht werden bändig,
als wenn ihr wildes maul ein scharfer zügel zwingt,
dasz ihnen blut und schäum durch beide leTzen dringt.
Fleming 19;
so euch solche grosze strafe noch nicht bendig oder versten-
dig machen kann. Luther 2, 278'; mit schlahen wirstu nichts
ausrichten, das du ein weib from und bendig machst. 2,355';
welche die kriegszeit etwas im zäum hielt und bändig macht.
Frank 21 ;
und wann ir nun meint sie sind bendig,
werden im augenblick sie wendig.
Sebiz 20, diese reime sind Fischirts ;
bring in {den wilden mann) bändig mit sich her. Atrer 276';
und unser Heisch fein bendig halt. Ringwald evang. R2';
ein weiser frommer mann macht ihm die Sternen bändig.
Opitz 4, 372;
was herr, was meister soll mit geisein bendig machen.
Grtpuius 1, 276;
das wort beständig
macht alles bändig
was elend heiszt. Gömthbr 298.
heute fast auszer gebrauch, desto häufiger unbändig.
BÄNDIGEN, domare, edomare, kommt erst auf, nachdem
das bändig machen unüblich geworden war und Luther kennt
es noch gar nicht: ein wildes thier bändigen, ihm band und
zäum anlegen und dann in andern anwendungen zwingen, über-
wältigen :
sein herz bändigen. Geliert;
Ton der arbeit in porphyr habe ich meidung gethan und an-
gezeiget, auf welche weise und mit was für arten von eisen
dieser stein gebündiget wird. Winkelmann 5, 113 ;
gott der hilfe, hab erbarmen,
bändige die llut! Götter 3, 451;
den Zufall bändige zum glück,
ergetz am augentrug den blick. Götub 3, 117;
doch wenn ich dich {den bogen) einst bändige. 10,9;
und hinter ihm, im wesenlosen scheine
lag, was uns alle bändigt, das gemeine. 13,170;
die frauen gewohnt sich jederzeit zu bändigen, behalten in den
auszerordentlichstcn fällen immer noch eine art von fassung.
17,119; der kunstreiche mann, der die ungeheuere orgel die-
ser kirche allein zu bändigen wüste. 28, 193; der sand ist
dort, wo ein geringes wasser flieszt, durch gärten und sonst
anmuthige Umgebung gebändigt. 31, 211 ; das R nicht bändi-
gen {aussprechen) können. Klincer 2, 262; Stolberg verstand
damals noch nicht, spräche und vcrs unter sich zu bändi-
gen. BliRCER ; Vernunft wird durch Vernunft gebändigt und in
schranken gehalten. Kant 2, 562. bündigen und zähmen fal-
len nicht immer zusammen, das zahme, gezähmte thier hat
seine wildlieit ganz verloren, das gebändigte nur solange ihm
das band aufliegt,- seine leidenscliaft bändigen heiszl sie für
1101
BÄNDIGER — BANG
BANG
1102
jrtit xurückhalten, sie zähmen, sie völlig bezwingen, zähmen
isl oho dauernder und stärker als bändigen.
BÄNDIGER, m. domüor:
Lyaeus, der bnndiger sterblicher sorgen. CRonscK;
Graan, der saiteabändiger. Rarlsr 1, 32.
B.\NDIGERIN, f. domilrix.
BÄ-NDIGUNG, f. eoercitio: bändigung der rosse; der nei-
gungen. Kant 4, 235; ein mensch, der in seinem ausdruck
die bändigung der lust, die Unterwerfung des blinden triebes
zu hölierem zwecke zeigte. Arsim kronenw. 1, 294.
BANDKIESEL, ni. streifiger kiesel.
BA.NDK.NEIF, m. messer zum schälen der bandiceiden
BANDKRAM. m. kleinhandel mit band.
BANDKRÄMER, m. bandhändler, bandmann.
BANDLADEN, m. bandhandlung.
B.A.NDLOS, solutus a vinculo:
dasz ibr bandlos mit den engelo schwebet. Weceberlin 310 ;
der schönsten schönste haar,
wan scherzend in dem luR ilir schon bandios umflieget.
710;
kurze parenthesen können, bandlos abgebrochen, als neue
Perioden mitreden. J. Paul aeslh. 2, 212.
BA.NDMESSER, n. zum behauen der reife, in gestalt eines
Handbeils.
BANDMÜLE, f. trebestuhl ßr bänder, den ein rad bewegt:
an vielen orten durfte man die einfülirung einer bandmüle
nicht wagen, weil unzählige bandweber zu verhungern drohten.
J. Pacl teufelsp. 1, 57 ; wie eine bandmüle durch einen knaben
bewegen lassen, palingen. 1, 77.
BANDNADEL, f. voluta plicaria.
BANDNAGEL, m. confibula lignea, zimmerleuten ein starker
holznagel.
BANDNERVE, f. tendo, was sonst band allein ausdrückt:
tendones und andere bandnenren des peritoneL Thurneisser
in/l. Wirkungen 12.
BäNDREIF, fTi. den böttichem ein reif, dessen enden mit
weiden umwunden werden.
BA.NDROSE, /". bandschleife in gestalt einer rose: sie hängt
Toll bandrosen. J. Pacl herbstbl. 3, 74.
BANDSCHACHTEL, f
BANDSCHLEIFE, f lemniscus. auch an pferden läszt man
eine bandschleife ffis zum ende der mahne laufen. Rosenzweic
rosztäusclierkünste s. 33. 35.
BANDSTEIN, m. streifiger stein.
BANDSTRALCH, m. taxus baccifera.
BANDSTREIF, m. schmales band.
BANDSTL'CK, n. bei zimmerleuten.
B.XNDSTUL. ni. zum bandweben.
BANDWEBER, m. bandwirker.
BANDWEIDE, f. salix viminalis, weide, die zu reifen und
fiechlu-erk dient.
BANDWERK, n., wie backwerk.
BANDWIRKER, m. bandweber.
BANDWUR.M, m. taenia, dünner und langer wurm im cin-
geweide.
BANDZETTEL, m. der zettel des bandgewebes.
BANDZWEIG, m. vibumum : allerlei weiche Stauden, band-
zweig und weiden. Sebiz 3L
BANDZWITTER, m. eine art zinnerz.
BANER, s. banier und banner.
BANG, anxius, pavidus, B.\NGE, anxie, ein der alten spräche
abgehendes worl, denn das alln. bängs pulsare darf man kaum
hinzu nehmen {s. nachher unter bangein und bangen); auch
die reinmhd. spräche kennt es nicht, nur das passional und
der bei Halpt 2 abgedruckte Oswald:
nu was im also ban^re
von släfe, der in beiwanc. pats. 20, 19. A'. ;
nach dem ist mir so bange. Osw. SCO;
im was leide und bange. 667;
zuo Ter Spange,
Dach der ist air $ö bange. 962;
mir ist gewesen bange, cod. pal. 311
wird ton Ben. 1, 84* nicht ndher angezogen, in allen diesen
stellen steht aber das adv., nicht das adj., wodurch die deu-
tung erleichtert wird, denn jedesmal kOnnte man schreiben
ange {anxie) und aus beange scheint bange verdichtet {wie er-
bau, bleiben, blangcn aus erbean, beleihen, belangen), folg-
lich gehört bange zum goth. aggvus, ahd, enki, mhd. enge
angustus. ßr das entsprechende adj. aber unterblieb die com-
position, denn sonst mäste auch benge für beenge dem enge
zur seile stehn. allmälich und erst später erzeugte sich nach
dem adv. bange ein adj. bang, wobei die spräche, des Verhalts
von ange zu eng vergessen, der falschen analogie lange und
long folgte. Sicht anders begegnet nnl. bang als adj., kein
beng, beeng; mnl. denkmdlcr weisen aber nur anghe, kein
banghe. ;46er von pang prae melu bei Woleensteiner s. 122
setzt ein subst. ang voraus ?
Auch den heutigen oberdeutschen volksmundarten mangelt
bang oder tritt selten auf, Stalder, Schhid und Höfer kennen
es nicht, Schjieller 1, ISl. 1S2 hat es und ein verbum bangen
{für bengen) aus MB. 14, 2S2 vom j. 1414. Dasvpodics und
-Maaler wissen nichts von dem wort, Henisch 184. 1S5 führt es
natürlich an, es war durch Litther häufig genug geworden.
Gleichwol bedient sich Lltber immer nur des adverbs in
der Verbindung mit sein, werden, machen, thun und dem dal.
der person: da furcht sich Jacob ser und im ward bange.
1 Mos. 32, 7 ; und Mose {dal.) ward auch bange. 4 Mos. 11, 10 ;
das, wenn sie von dir hören, inen bange und weh werden
sol für deiner zukunft. 5 Mos. 2, 25; denn dem volk war
bange. 1 Sam. 13, 6 ; es wird inen bang sein, v\-ie einer ge-
bererin. Es. 13, 8 ; und ist uns bange, das wir kaum ödem
holen. 26. 18 ; sihe umb trost war mir ser bange. 3S, 17 ; im
wird so angst und bange werden, wie einer frawen in kinds-
nöten. Jer. 50, 43 ; wie bange ist mir, das mirs im leibe weh
thut. klagt. Jer. 1, 20; und seinen gewaltigen ward bange.
Dan. 5, 9 ; da Judas sähe, das die feinde auf in dningen,
ward im bang. 1 Macc. 9, 7 ; und sähe, das dem volk ser bang
und angst war. 13, 2 ; aber ich musz mich zuvor teufen las-
sen mit einer laufe und wie ist mir so bange, bis sie volen-
det werde. Luc. 12, 50 ; und auf erden wird den leuten bange
sein. 21,25; da sahen sich die jünger unter einander an und
ward inen hange. Joh. 13, 22 ; uns ist bange, aber v^ir verza-
gen nicht. 2 Cor. 4, 8. ebenso in der redensart einem bange
machen : denn das volk macht mir bang. 2 Sam. 14, 15 ; ich
wil den leuten bange machen, das sie umbher gehen sollen
wie die blinden. Zeph. 1, 17; zu der zeit wil ich alle rosse
schew und iren reutern bang machen. Zach. 12, 4; es thut
mir sehr bang, das ich nicht kan leiblich bei euch sein. Lu-
ther 5, 147.
Andere belege desselben adv. bis auf die heutige zeit sind:
wenn iemand dir wil machen bang. Albkrcs 66';
und ward dem armen thier so bang. 89';
umb schuld thet im ein kaufman bang. H. Sachs I, 411';
denn alsbald ein äuge sehr rot wird, so thut im das helle
liecht wehe und bange. Bartiscb 121; wem war bänger als
mir? ScHWEiMCHEN- 1, 89 ;
müh ohn rrucht macht allen bang. Wkckbkrlin 432;
schew dich nicht für seinen wafen,
ab welchen seinen Teinden bang. 421;
es thut zwar heriig bange,
m diensien müssen sein. Opitz 1,240;
es thut mir bange, dasz ich noch der spräche nicht hesser
kündig bin. 2,306;
das reisen macht mir bange. FLiai<i6 13;
der krieg, der aller weit bisher macht angstlich baoge.
LocAU 1, 3, 80 s. 70;
die änderong Tom warmen zum kalten hat mir viel bänger
gethan. Lohesstei?! ;4rm. 1, 584 ;
die Spötter thun mir Treilich bange. Gij.ither S9;
der mir ewig bange thut. 378;
wirf, was dir bange Ihm, ins grab. 680;
thut ihm der abschied bange. 972;
es that mir zwar unerhört bange, aber was solt ich thun, ich
wüste nirgend hin. Weise erzn. 79 ;
für Görgen ist mir gar nicht bange,
der kömmt gewis durch seine dummheit Tort.
GiLLiRT 1, 142;
0 reden sie nicht so gleichgültig, es wird mir angst und bange
dabeL 3, 164 ;
wie sich
der knoten, der so oft mir bange machte,
nun ron sich selber löset. Lessi.<<c 2, 336;
lasz dir doch nicht bange sein. 2, 352 ;
und ach, von ahndung neuer wnnn euch immer b.^ager
um &\e beklemmten herzen wird. Götter I, 177;
ich musz dem biiben bange machen. 3, 506;
und doch war mir so bang ums herz. Göthc 3, 31 ;
1103
BANG- BANGART
BANGARTFRÄULEIN —BANGEN 1104
imiTier ist dem herzen bang. 3, 33;
verlier ich ihn nur nicht, das eine macht mir bange. 7, 16;
nun ward mir bange. 19,280;
bei gott, sie machen mir
ganz bange. Schiller 266';
mir ist ?am weh und bang, dasz unsre Treude
in rauch aufgeh. 608';
wenn du mir nur nicht so bang machtest! Klinger 1, 4;
bange machen gilt nicht.
Allein im i" jlt. entsprang nun ein unorganisches adj., das
sich im 18 noch allgemeiner verbreitete:
dnsz kein halbraulend aasz so grausam riechen kan,
wenn sich der bange slank bei heiszem lag erhebet.
- Grvphius 1, 317 ;
war sie vorher erscliicnen,
erschien sie nur noch mehr und mit noch hungern micnen.
Gellert 1, 278;
bald scliickt ein banges reich an ihn gesandten ab.
Hagedorn ;
banger vor freuden und bebender stehn die hüter.
Klopstock Hess. 10, 221 ;
ich bin, das weist du, banger als damals. 14, 371 ;
der wilden flammen macht
mit loderndem geräusch die bange luft zeriheilel.
Zaciiariä 1, 29 ;
den liebenden
ward enger und bänger von alindung die brüst.
BÜRGER 31';
freund, welcher nordwind, schwarz vom giflc,
gieszt seines aushauchs hange dülle
auf deines lebens schönste zeit? Gotter 1,219;
zerrissen ist der bange Schleier,
der unsern bund der weit entzog. 1, 287;
die bange nacht. 2, 231;
und drauszen liört man schon ein tausendstimmig heulen
mit wachsendem getön die bangen liille iheilen.
Scna.LEK 32";
von dem dorne schwer und bang
tönt die glocke grabgesang. 79";
ihr seid todlenblcich, eure stimme ist bang und lallet. 137';
in dieser bangen stunde verläszt er uns. 193';
der ctiketie bange Scheidewand
ist zwischen söhn und vaier eingesunken. 255* ;
hab es nicht vermieden,
die bange stunde mit dir auszuhaltcn,
die man die letzte nenn!. 299';
sei meiner stimine nicht auf ewig gram,
wenn sie dir jetzt den allerhiingsten schall
angibt, der je dein ohr durchdrungen. 576';
gibt mir erlüuterung über das bange räthsel des todes. 754;
so waschen sie die wunden ihm mit thränen.
ich spare meine für ein bängres sehnen.
ScuLEGEi in Romeo 3, 2;
öfne meine bange kleine hülle. Göthk 1, 250;
was auszen eng. was aiiszcn bang,
uns macht es nicht beklommen. 3, 74;
die letzte, bangste krankheit. 16, 47 ; ein tragischer Schauspie-
ler, der in der probe laback schnupft, mache sie immer bange.
19, 187 ; ganz natürlich klagte ich ihm, was mich bange machte,
und bemerkte nicht, dasz ich selbst das, was mich bange
machte, wünschte und begehrte. 19, 288; wenn ich nur aus
dieser bangen angst wäre! Kmngers //t. 3, 353.
Nach der historischen sprachenlwicklung ist dies adj. bang
ein Widersinn, und so unslatthaß, als hätte man aus dem mit
bange gleichbedeutenden adv. ange ein adj. ang ziehen wollen,
' da schon eng vorhanden war, dessen analogie auf hp.ng, benge
leiten müstc, Bürgers enger und biingcr bietet einen ungcßhl-
len Pleonasmus dar. das wollautende wort ist aber nun ein-
mal durchgedrungen, seitdem es gilt, musz freilich auch an
die stelle des organischen einem bange machen treten können
einen bange maciicn, anxium reddere, und an die von mir
ist bange, angor me occupat, ein ich bin bange, anxius sum.
die beispiele lehren, dasz es auszer anxius, timidus zuweilen
auch bedeutet mrtuendus, .schrecklich, fürchterlich, die gestei-
gerten grade schwanken zwischen umlaut und unumlaut. zu-
gleich aber hat, durch diese gcschichtc des worts, auch sein
Zusammenhang mit aggvus, enge, sich auszer zwei fei gesetzt.
B.\NGA1{T, BANdEltT, m. entstellt aus baumgart, l)aum-
garte, arboretum, viridarium, hortus. sonst auch bongarl, bom-
gart. viele städte und dürfer am Rhein, Main, im Westerwald,
auf der Rhön haben einen bangcrt und eine bangerlsgasse.
BANG.\BT, m. hortulanus, custos horti, campi: «mb die
zeit, wann man die nusz sciiwingt, hüteten des Grandgusiers
unterthane, bangart oder baiinwarler und sonst die nächst
umbligend hirlen derscibigcn gegene der Weingärten und rc-
ben, auf dasz die Staren und sonst ires geschlechts vögel nit
die trauben abfreszen. Garg. 197*; allen kühhirlen, geiszhir-
ten, bangarten, raupen, weingartnern und tagiönern. 199'; die
andere bangart und hirten. 198'; unsere hirtcn und bangart.
199"; die hirten und bangart des Grandgusiers. 199'; von den
hirten, bangarten, wingartsknechten und nuszschwingern. 200' ;
wo kein bangart umbstehen, ist gut trauben abbrechen, groszm.
116. scheint aus dem französischen bangard, banard = messier
entnommen, welches doch selbst seinen Ursprung im deutschen
bannwart, flurschütz findet.
BANGARTFRÄULEIN, n. was das folgende: die meisterlo-
sest under disen bangartfräwlin, . . . fieng ein schön meister-
sangerisch liedlin in der jülgenweis (lilienwcise) von diser victori
an zu singen, dasz es ein lust zu hören war. Garg. 199*.
BANGABTIN, f gärtnerin: sambt den bangartinen und hir-
tinen. Garg. 198'.
BANGATHMEND, trepide spirilum ducens:
es empört ihm das herz bangalhmende wollust.
Voss Luise 3, 221.
BANGE, X. bang.
B ANGELN, perlractare, venlilare: eventilo, ich seubere wol,
ich bangel in henden umb. Dasypodius 257'; banklen con-
trectare, in henden banklen, hin und här bütlen, venlilare.
Maai.er 50'; panglen, handien, in henden hanzlen. 315*; ge-
pangklet contrectatus, wild umbhin gepangklet, jaclatus. 169';
bängeln, werfen, schleudern, bangein, bankein, hin und her
sloszen. Stai.der 1, 130. hierzu darf noch folgende stelle ge-
nommen werden: wer woll ein Juristen über euch zu eim
strafer setzen? dann ihr habt euch dermaszen hindergeschla-
gen, d;isz keisern und bäpsten rotwelsch ist, was ihr band-
lent. Paracelsüs 1, 20"'.- entweder druckfehler für handlcnt
oder banglent, wenn wian nicht einen Wechsel der media zwi-
schen bandeln und hangeln gestalten will. Schmid s. 40 führt
auch bangein, drückend und küssend liebkosen an, es wird
nichts, als drücken hciszen sollen, denn alle diese Wörter schei-
nen dem folgenden bangen tundere angehörig, s. auch bengel.
BANGEN, tundere, percutere, pulsare. Stalder 1, 130; attn.
banga pulsare, percutere, schw. bänga, ddn. banke, engl. bang.
hiervon bengel, prügel und das vorangehende hangeln con-
trectare, in der hand schwingen, schütteln, man darf auch,
wenn das G unwurzelhaft wäre, ban, via strata und bano per-
cussio, plaga heranziehen, s. bahn.
BANGEN, angere für beangen Hemscii 185, 1, ganz entspre-
chend dem einfachen angen, und von dem vorausgehenden ban-
gen tundere genau zu scheiden.
1) unpersönlich, mir bangt = mir ist bange: einer unter
euch, dem vor der wage bangt? Wieland 23, 18; mir bangte
für meine Amalie. Schiller 127';
schon lange sinn ich, spricht er, was euch bange.
Platbn 327.
ladelhaß der acc: mich bangt vor einer unglücklichen auf-
lösung. NiEBUHR leben N. 1, 560.
2) persönlich, zagen, fürchten : let mich pangen. Wolrbnst. 37 ;
langen und bangen
in schwebender pein. Göthk 8, 232;
wo eine stille seele den verlornen.
rasch abgeschiednen freund vergebens sich
zurückzurufen bangt und sich verzehrt. 9,94;
ich lebe nur um wieder neu zu bangen.' 10,315;
was mein armes herz hier bangel,
was es Zilien, was verlanget,
weist nur du, nur du allein. 12, 189;
er lebe und lechze, bange und lebe! Klinger 2, 224.
3) sich bangen : die menschen srherzen und l)angen sich
an den lebensiäthseln herum. Gütiie an Schiller 796. viel-
leicht ist auch in der aus 9, 94 angeführten stelle das sich
nicht auf zurückzurufen, sondern auf bangen zu ziehen.
4) l)angen für verlangen, sich sehnen : schon gut, dasz er
darnach zu bangen scheint. VVieland 22, 258. s. aus Göthe 8, 232.
5) bangen transitiv, bange maciien, in furcht setzen : wenn
du wüstest, dasz ich dadurch meinem gebangten herzen luft
machte. Klingers Ih. 2, 141; was sonst gute, jetzt gebangte
Sinne sprechen. 4, 187. hierfür setzen einige bangen :
ach mich b.ingt die furcht. Stolbkrc 14> 124;
Antonin, dein gürlrl engt
sich bald und minder frei,
von unbekanntem weh geb/ingt
vullbringst dus mit goschrci. 2, 129;
höre, mutier, das llehn <ler geb.lnptpn
mutier.' Theseus 'H>'i.
1105
BAiN'GENKRAÜT — BANK
BANK
1106
BäNGENKRAUT, n. acuta, contum maeulalum. Dasipodius
301". MaalebSo'; der {Socrales) hat müssen vom bangenkraul
trinken. Schuppi#s 707. dunkler abkunß.
BANGGEFALTET: banggefaltete bände. Gotter 2, 65.
BANGIG, wird nicht gesagt, und doch im folgenden worl
vorausgesetzt.
BANGIGKEIT, f. anxietas, nnl. bangigheid, schon frühe
üblich :
ach, ich veimag nicht lenger vor bangigkeit zu reden.
H. JcL.'voN Braoschw. Sus. 3, 4;
wird seine seelenqual durch bangigkeit vergnügt ?
Gbtpbius ;
sie starb in verzweifelten bangigkeiten. Bodmers Alreus 5, 6 ;
schwer lag auf mir des scheidens bangigkeit.
Schiller 346;
indem man die nachrichten des gewaltsamen Vordringens in
Österreich mit bangigkeit vernommen hatte. Güthe 32, 44 ; die
bangigkeit, die man bei thicren (ror dem erdbeben) bemerkt.
Kant 9, 33 ; furcht über einen unbestimmtes übel drohenden
gegenständ ist bangigkeit. 10, 281; du willst aus liebender
bangigkeit für mein entsinkendes leben nicht haben, dasz ich
oft schreibe. J. Paul Besp. 2, 114 ; sie leidet an bangigkeiten ;
bangigkeit der luft, gravitas caloris.
BÄNGLICH, anxius, panimper anxius, sei nicht bänglich I
ist schwächer als sei nicht bang, doch in andern fällen steht
es diesem ganz gleich: nach einer gefahrvollen bänglichen
Jugend. Göthe 6, 195; doch schnell ergrif sie eine seltsame
ahnung, ein freudig bängliches erzittern. 17, 140; er brachte
einige stunden in einer bänglichen läge zu. 19, 222 ; ein ge-
spräch, das wir aber, um unsere leser nicht mit unzusam-
menhängenden ideen und bänglichen empfindungen zu quälen,
lieber verschweigen als ausführlich mitlheilen. 19, 228; hier-
nach will ich denn nicht leugnen, dasz es in Lavaters seele
gewissermaszen bänglich war. 48, 140; in der bänglichsten
zeit, die je über Berlin geschwebt hat. ThCmmels reisen 10, 246.
lieb ist da$, doch ist sie bänglich,
wenn sie nicht kann widersiehn. Rcckert 385:
bängliches erwägen. Schlegel in Richard 3 act 4, sc. 3.
beispiele des adv. mein herz noch bänglich klopft. Gotter 1,
267; sie rief daher bänglich, valer, vaterl J. Fall Fibel 110.
BLNGLICHKEIT, f anxiludo:
was will diese bänglichkeit,
die dich so oft ergreifi ? Wielasd 32, S9 ;
sie zog ihren haushält, ohne bänglichkeit, ins enge. Güthe
17, 177.
BANGSAM, anxius, ein gutes tcort, das mehr in gebraucli
sein sollte: bangsame todtepgrüfte. LoaEssTEi.i i4rm. l, 256;
so hol, so bangsam klingt die glocke. Gü:«ther622;
so blasz. so bangsam stille
sah ich nie deinen schein. Scbobart 2, 82 an den mond.
BANGSAMKEIT, f.
BANGVOLL: arme, bangvoile mutter! KtrscER 1, 288.
BAMER, n. und f. Signum, rexillum, panier, banner:
so wollen wir des heiligsten banier,
als deines sigs und unsers temnel'! t'ier
zu ewiger gedechinus hoch aultionken.
WlCEHERLI.N SO;
von reichem ailesz jeder segel,
von purem demant alle nSgel.
▼on gold und seiden jedes seil,
mit perlein die banier verweben. 568;
haben das keiserliche banier, darin des keisers adlcr waren,
aus der band des keisers empfangen. Micrämcs 2, 264. s. banner.
BA.NK, f frfther auch m. scamnum, ahd. panch, p/. penchi;
mhd. banc pl. benke, f. und m.; alts. bank f. und benki n.;
ags. henc, engl, bench ; nnl. bank /".; altn. heckr m., schw.
dän. bänk. das it. sp. banco, franz banc stammen aus dem
deutschen, und sind einem dialect nachgel/ildel, der das vort
männlich gebrauchte, ein goth. bagks tr^re zu mulmaszen. '.
auch die Bussen, Polen, Böhmen nahmen männliches bank auf, [
die Letten henkis. ' !
Höher in das elymon aufzusteigen fällt schwer, man hat ''
Tclä^ und planca verglichen, die zu planus, unserm Bach ge-
hören, schon darum hätte die lilgung des 1 bedenken; eher ;
ifürrfc sich Ti^ytvut, pango, pago, Tirj/ia, im sinne des j
(ügt^is, festigens hinzu halten lassen, und da wir oben bach
aus nriyrj und nr/p^iu leiteten, wäre anzuschlagen, dasz altn. |
becki rivus und beckr scamnum völlig, auch im gesehlecht i
übereintreffen, wie nun, wenn unser fach, das gerade ßr die
wassersehwelle in flüssen gilt, auch die mangelnde Yforn\ dar-
böte? mehr unter fach.
Mhd. überwog das m. (Bex. 1, 83), nhd. hat umgekehrt das
f. allmälich das m. verdrängt, für welches hier einige belege
zeugen sollen:
mich tregt mariche schöne junkfraw
dem meizger zu dem banke. L'hlasd 33;
streck dich auf den bank. Scheit grob. D3;
ein ander sesz auf dem küssen und du auf dem bank. Pa-
RACELScs 2. 206 : wann er auch sein verborgen liecht underm
bank herfür bringt. Wcrtz pract. 299 ; die edle warheit under
dem (/. den) bank mit füszen treten. Thcrxeisser magn. alch.
1, 84 ; wenn ihr änderst die warheit nicht undem bank stecken
wollet. Kirchhof irendunm. 264;
zuletzt ful einer undern bank,
dem andern ward die zung zu lang. Garg. 89* ;
nun zuck den bank,
nun wirf den slul. 98';
noch heule scheint in Schwaben und m der Schweiz das m.
gangbar, Hebel sagt auf den bank, aber Keisersberg und
auch Fischart schwanken: tröwen {drohen) im also uf den
fleischbank. Sünden des mundes 63' ; man die sach uf die langen
bank zeucht. 42'; die decreten beginnet man hinder die bank
nach den mausen zu werfen, bienenkorb 4*; unter den bank
stecken. 13"; den wechsclbank aussetzen. 45*; bei Luther
ist das f. entschieden, dem gen. dal. sg. f wurde aber im
16 jh. noch oft der umlaut gegeben, z. b. bei H. Sachs gesagt
auf der bank = mhd. benke.
Im allgemeinen bezeichnet nun bank eine erhöhung zum
sitzen, lehnen, liegen oder stellen,
1) am häufigsten zum sitzen, was sich mit bett und stul,
x}uvT] berührt; bett und bank werden, gleich dem pf er de, be-
stiegen, daher lal. scamnum ßr scadmnum von scando, sca-
bellum ßr scamnellum : wer auf den bank wil steigen musz
ein schämel haben. Keisersb. gunkel 7 ;
da sitz ich uf dem schemel und er oben üf der bauk.
MSH. 2, 112'.
bank tind slul unterscheiden sich aber darin, dasz dieser nur ßr
einen, jene meistens für mehrere nebeneinander eingerichtet ist;
doch die kurze fuszbank dient auch nur den füszen eines einzigen,
in der regel ist bank ein längeres bret, das auf beinen stehend
sich um den tisch oder an wand und seile hinzieht, auf das
man sich auch strecken und legen kann (faulbank, ruhebank).
bänke werden aber zugleich vor dem hause und im freien von
holz, stein oder rasen bereitet: Steinbank, felsenbank. gras-
bank, rasenbank. die vertraulichste bank ist die um den tisch,
welche tischgenossen und gaste zu mahl und trinkgelag verei-
nigt, und im hause ein recht auf bestimmten sitz und platx
gründet, eheleute sind bankgenossen, gehören auf dieselbe
bank, jh dasselbe bett [alts. gibenkion, gibeddion). wie bei
uns von der bierbank, ist in den ags. gedichten von ealobenc und
meodobenc die rede, seinen kindem auf der bank sitzen, sich
von ihnen ernähren lassen, der arbeitende sitzt auf seinem stul;
auf Schulbank, kirchenbank, ruderbank, bank der angeklagten
sitzen ganze reihen: bank an bank gedriinget sitzen. Schiller
58*. ßtr die Stellung mehrerer bänke finden bestimmte Ordnun-
gen statt, und es gibt eine höhere oder niedere, obere oder
untere bank, herrenbank, fürstenbank, grafenbank; zumal in
der schttle heiszt es, eine bank hinauf! eine bank hinunter.';
um eine bank nicken ; wir sind alte freunde, saszen in der
schule immer auf einer bank zusammen, waren uns gleich,
bankgenossen ; würde der dritte nicht um ein paar bänke tie-
fer hinunter müssen? Göthe 29, 116; und ich habe Cranicm
geschmäht, dasz ich ihn mit Popen auf eine bank setze? Les-
sirtc 6, 226.
Im verlauf der zeit aber wechselten und hoben sieh die Sit-
ten, was früher den herrn auszeichnete, wurde spdler dem knecht
eingeräumt, nachdem sich der herr eine noch höhere stufe be-
reitet hatte, wer weisz, ob im ferneren alterthum der unter-
würfige Jinecht nichl zu des auf der bank sitzenden herrn füszen,
hinter der bank lag {vgl. andbahts s. 280)? allmälich wurde
dem herrn ein stul und dem knecht die bank zu theil, der
slul galt ßr vornehmer, die bank ßr demütiger:
üf sinen stuol er in satzie,
üf die bank er sich selber salzte.
'herre, ir luoi nihl recht.
da; ir nider fallet also die knecht
Af die harten benke. Haupt 2, 94.
70
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BANK
BANK
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Bedcnsarten. unter der bank liegen, weggeworfen, ver-
achlet, vernachlässigt liegen, wie ein knechl ? wie eine werth-
lose Sache: da wir sahen, dasz die sciirlft unter der bank
lag. Luther 3, 337'; wie bisher bei inen die schrift unter der
bank gelegen ist. 4,282'; er {der pabsl) leszt das evangelium
unter der bank ligen. 4, 323'; das sie die heilige schrift ver-
achten und unter der bank ligen lieszen. 5, 83*;
die frömbkeit leg unter der bank. II. Sachs II. 2, 73';
die tugent h'gt unter der bank,
ist gleich von iederman veracht. .11.2, 103';
ich vorcht unter die penk
sei ich ziijfingst gedigen. fastn. sp. 1386;
ja es hat die Wissenschaft so gar lange zeit in dem christ-
lichen Europa unter der bank gelegen, sich nicht eher hervor-
thun können. Hoffmannswai.dau vorrede; dasz ich es endlich
verachtete, und es unter der bank und ungedruckt wolte ligen
lassen. Schuppius 462; dasz aber das justinianeische recht
auch vorher nicht gänzlich unter der bank gelegen, ist oben
erwiesen. Hahn 3, 161; denn wo ich neuerer zeit nur immer
den Polo angezogen finde, so geschieht es sicherlich entweder
nach Müllers ausgäbe oder nach ßergerons Übersetzung, ßa-
musio liegt unter der bank. Lessing 9, 216. unter die bank
legen, schieben, beiseile legen, wegwerfen: das sie es ie
nicht hinder sich werfen und unter die bank legen. Luther
4, 459' ; solchs sollen wir nu mit allem vleisz treiben und wol ins
herz bilden, den glauben zu erwecken und Sterken, nicht also,
wie bisher, aus dem wege setzen, oder eine weile unter die
bank legen. 6, 177*;
man legt dich (die mode) nach sechs monden gleichwol
, schon unter bfinke. Locau 2, zug. 76.
unter die bank stoszen: darumb ists inen fast not, die
schrift zu lestern und zu schmehen, sie unler die bank stoszen
und fürgeben, sie sei ein finster nebel. Luther 1, 374'; das
man die bibel unter die bank gestoszen hat. 4, 143*; so sol
man das evangelium recht unter die bank stoszen. 6, 13'.
unter die bank stecKen: das evangelium unter die bank
gesteckt. 4, 334*; ob woi die Sophisten (das evangelium) mit
füszen getretten, unter die bank gesteckt, veracht und ver-
dampt haben, noch ists blieben durch den, der daran gedenkt
ewiglich. 5, 213'; die papisten wollen sich wol gern putzen
und solche grcwel unter die bank stecken. 5, 2S2'; das wir
iederman trewiich gesagt haben und nichts unter die bank ge-
steckt. 5,36"'; wie itzt unsere geistlichen, die im ampt sitzen,
und ist ihnen befohlen, das sie der Christenheit fürstehen und
üfTenlich leuchten sollen mit ihrer lehre, so stecken sie es
unter die bank. 5, 369'; wir prediger haben des von gott
in unsern Instructionen, das wir den leuten nichts unter
die bank stecken und lautern wein einschenken. Matiiesius
150'; ir habt jetzt s. Paul unter den bank gesteckt. Fischart
/»Jen/;. 13*; der teufel wird all die prediger holen, welche uinb
schendliches genieszes willen verschweigen oder unter die bank
stecken, was gott austrücklich zu reden befohlen hat. Scuup-
pius 88 ; ich bin ein rechter bärenhüuter, dasz ich meine
wahrhaftige reisebeschreibung, welche icii «chon eine geraume
zeit vorfertiget gehabt, so lange unter der bank stecken lasse.
Schelmufsky vorrede, unter die bank setzen: niemand
aber zündet ein liecht an und bedeckts mit einem gefa.sz oder
setzet es unter eine bank (hnoxaTOi xkivr^g, vulg. subtus
lectum, golh. uf ligr). Luc. 8, 16. mit er die bank stel-
len: welche ihre ehre und redlichkeit entweder an den na-
gel henken oder unter die bank .stellen. Weise crzn. 462.
unter, hinter die bank werfen: die dccreten beginnet
man hinder die bank nach den mausen zu werfen. Fisciiaht
bienenk. 4'; es bett dann die rüin. kircii .. das üherig, was
ir nit wol inund (mundet) unler die bank geworfen. 4o'; doch
merke ich wol, er wil die plafferei unler die bank werfen
und einen Staatsmann herfür suchen, ped. schul f 74 ; die
Schneider werfen tuchlappcn unter die bank, in die hülle,
unter die bank schmeiszen: sobald ich aus der sciiulc
kam, schrnisz ich meine büchergen unter die bank. Schel-
mufsky 9. unter, hinter der bank hervor ziehen,
hervor holen: noch musz dis alles heiszen, des Luthers
evangelium unter der bank erfür gezogen. Luther 6, 13'; alte,
unter der bank hervorgeholte einHille. sich unter die
bank senken, selbst erniedrigen:
du hast dich gleich dein leben hink
gcsenht {so) allein unter die hank. H. Sachs IU. 3, 68*
unter die bank jagen, von hunden entnommen, die man
unter die bank weist, sich niederstrecken {se coucher) Idszt:
es ist zwar guter raih mehr werlh als gros* geschänke,
doch jagt das schenken oft das rathen unter baiike,
dasz an das schenken mehr als guten rath man denke.
LoGAU 3, 1, 13.
auf die bank, über die bank legen, schlage geben,,
von Schülern oder Sträflingen her entnommen : mit diesen Wor-
ten hättet ihr verdienet, dasz ich euch ein wenig über die
bank legte und euch gebe unum, verum bonum. Schüppios
791. 5. überlegen, von der bank fallen, sowol die ehliche
treue verletzen, als unehlich geboren werden {s. bankert); er
ist mit der dirne von der bank gefallen, hat sie auf die bank
getragen {fastn. sp. 1416), hat mit ihr ein unehliches kind ge-
zeugt, durch die bank, hintereinander, ohne unterschied:
riebe und arme durch die banc. Livl. chron. 943;
es wird alles durch die bank losgeschlagen; sie taugen alle
durch die bank nichts; wir füttern alle durch die bank den
tod, wenn wir essen und trinken. Hippel /eiensf. 2, 452. sich
zwischen zwein bänken niedersetzen, wie sonst zwi-
schen zwein stülen. Sprichwörter: man musz den mantel
nach dem wind henken, unter der bank und auf der bank
sitzen können; unter der bank neidet man keinen; wer auf
der bank schläft, den sticht weder feder noch stroh; wer
unter die bank will, den stöszt man bald darunter; auf un-
gewischter bank ist gut finden (Hebel 33); trachte auf die
bank, du kommst wol darunter; gedenke uf die bank und
nit darunder. Petr. 12'; menschen gedenken auf die henke
zur ruh. 79'; was auf der bank gemacht ist, das trachtet
ans bret. Lehmann 155; was auf der bank gemacht ist, das
ligt nicht gern darunter. Garg. 29'.
2) gerichtsbank, dingbank, schoffenbank. das alte
gericht wurde durch vier bänke gebildet, daher heiszt es: bin-
nen den bänken, den vier bänken, vor die vier bänke kom-
men, vor der gerichtsbank erscheinen, die bank wird gehegt,
gebannt, gespannt, bekleidet, besetzt und geräumt; häußg in
Urkunden ; da wir an gehegter bank saszen ;
und wenn die bank nu, wie man pflegt,
wird siailich sein genug gehegt
von unserm herren. Ringwald tr. Ecüi. M 5' ;
traurig siehn ... wie schälke Tür gehegter bank. M6';
die gehegten und ungeheglen bänken {falsch für bänke) der
menschen. Hippel 6, 115. bei feierlicher ladung muste der
schullheisz auf die bank treten und reden: wiset der schellen
und der lanlinan, daj der schultheisze sulle slehn uf die bank.
weisth. 2, 213 ; so sal der schulleisze uf die bank treten und
sal den morder heischen dri stunt. 2, 214. frist geben, das
gericht aufschieben, aufschlagen Jäszl sich vielleicht als ein
sinnliches schieben und zurückschlagen der gerichtsbänke fas-
sen; wenigstens die redensart etwas auf die lange bank
schieben musz, wie man sie auch näher deute, in den ge-
richten entsprungen sein : und das geschieht gar dick, besun-
der so einer nit hat der sach nachzekomen {arm ist und für
den rechtsgang kein geld aufbringen kann) und man die sach
uf die langen bank zeucht. Keisersb. Sünden des munds 42*;
er rieht die sach uf den langen bank. post. 3, 70 ; man wiset
in uf den langen bank (hält ihn hin). 3, 102; doch damit
meine sache nicht in die lange bank komme, sondern in kur-
zer verhör abgehandelt werde. Gryphius 1, 859; wer einem
willfeitig zu sein zweifelt oder auf die lang bank schiebet.
Lehmann 5; eine ausrede, vermittelst deren er die sach auf
die lange bank schieben konnte. Simpl. 2, 127; er spielt die
Sachen in die lange bank hinaus. Weise erzn. 30Ö ; schob
er es doch in die lange bank, bis nichts daraus ward. 428 ;
denn ich sehe, dasz sich in Wien die sachen sehr auf die
lange bank ziehen. Lessinc 12, 359. Das umgekehrte scheint
etwas durch die bank schnellen, abfertigen, abwei-
sen: wenn der herr wird gericlil halten, so wird kein mensch
an seine statt vermögen weder knechl noch ralh einzustellen
und also durch die iiank zu schnellen. Kingwalu laut. warh.
240. Auch nachdem die bänke längst durch slüle verdrängt
waren, blieb noch die bcnennung einer adlichen und gelehrten
bank : setzte man doch bei den höchsten reichsgcrichlen und
auch wol sonst der adeligen bank eine geiehrtcnbank gegen-
über. GÖTHE48, 71.
3) brauten pflegte das alterlhum eine ehrenstellr, brautslul
oder braulbank zu bereiten, alln. brftdheckr, brödarheckr, ddn.
brudebäuk; bei andern öffentlichen anlassen und Iwchzeilen
l
1109
BANK
BANKARBEIT— BÄNKELKRÄMER 1110
frhllf die bank eben so venig. Sänger und spiellinUe standen
auf bönken und ihre lieder erschollen von der bank, vielleicht
auch vor den b9nken der kaußeute, votier die benennung bän-
kelsanger rührt; ein verbreiteter, beliebter gesang gieng durch
die bänke und durch die straszen : dasz man dich wie ein
gassenbauerchen auf allen bünken sänge. Fr. Miller 3, 204.
4) die Vorstellung der bank übergehend in die des tisches.
Maaler 50' setzt zu bank scamnum und abacus, Dasypodics
zu abacus aarichte und recbenbank. vahrsciieinli^h braucht
man noch heute bank und tisch in manchen fällen gleichbe-
deulig: geld auf die bank, auf den tisch zählen; die ange-
richtete speise auf die küchenbank oder den küchentisch setzen
(hernach unter 6). mhd.
Tone benche ze bencbe hie; man allüteren win scencben.
HoFFHiN.fs fundgr. 2, 33
kann übersetzt werden von bank zu bank oder von tisch zu
tische, kaufleute und handicerker schlagen in straszen und
auf platzen ihre bänke auf, das sind tische und buden mit
den ausgebreiteten tvaaren; zumal gilt es von bänken der metz-
ger und becker. brotbänke bezeichnen den markt; die kra-
niche, meldet eine schlesische volkssage, sollen durch die brot-
bänke geflogen kommen, über den markt, thiere werden zur
fleischbank, zur schlachtbank geführt, einem an die bank
droben, einen zur bank haaen, tri// sagen, eineti öffent-
lich zerhauen, wie man fleisch haut, ihm seine ehre abschnei-
den, nichts gutes an ihm lassen: thü er es nif, so müsz im
darausz gon, das er nit gern hab, tröwen im also uf den
fleischbank. Keisersb. Sünden des mundes 63\- die unnütze
weschigen roeuler, die die leute gerne zur bank hawen und
austragen. Luther 4, 530' ;
kan ich beide man und frawen
hinterrück 2u der fleischbank hawen. U. Sachs;
tregst dein bretspil mit in die bierbeuser und hilfst dameben
alle weit ausecken und zur bank hawen. Matbesics 130'; und
hat mich redlichen über die zungen springen lassen und zur
bank gehauwen. Thubveisser nothg. ausschr. 2, 45 ;
thut seinen herren nichi beilegen,
haut auch denselben niehi zur bank
und oimpt fürlieb mit speis und trank.
Ri.XGWALD laut. »arh. 311 ;
man sol seinen freund nicht helfen zur bank bawen.
so soliu nicht bei mann und frawn
in helfen zu der fleiscbbank bawn. 134;
und weil sie ibn nit hab gewehrt (gewährt),
hab er sie also zur benk ghauen. Atrkk 270^;
Hebelfurk sprach, ir habt mich alle beide wol mitgenommen,
dapfer an ehren angezogen und zur bank gehawen. Atber
proc. 3, 1: nichts destoweniger wird der arme .Machiavellns
Ton männiglichen zu der bank gehauen. Schi^pics 521; das
spiel solchen personen, die in gesellschaften anders nichts,
als den armen nechsten zur bank zu bauen wüsten, keines-
wegs zu verargen, ehe eines mannes 219. Wol alle Städte des
mittelalters hatten solche platze mit bänken. man weisz aber,
ohne «eiteren zusatz nicht, ob brotbänke, Oeischbänke, trödel-
bänke, wechselbänke gemeint sind: deswegen zog ich in ein
gutes haus hinter den bänken (in una buona casotta drieto
a' banchi). Göthe 34, 9S ; mein bruder war eines tages unter
den bänken (era in banchi). 34, 139.
5) von der bank oder dem tisch des Wechslers und Spie-
lers schreibt sich der it. ausdruck il banco, der franz. la ban-
que, und bedeutet das von ihm den fibrigen Spielern entgegen-
gesetzte geld, womit er bank hält, bank macht, so wie man
die bank zu sprengen, zu brechen, ihn aus der bank zu he-
ben sucht, allmälich aber meint es blosz ein groszes geldqe-
schäß und bank heiszt nicht nur die geldcasie, eine öffent-
liche casse, sondern auch das gebäude, in dem sie sich befin-
det, in dieser bedeutung bildet man den pl. bänken, nicht
bänke. von der bank aufstehen, bedeutete sie nicht
länger hallen können, Uankrut werden (*. bankerot) : der kauf-
mann, wann er von der bank aufstehet, glauben und credit
verlieret, ist sicher vor raubern. Scacppics 408, das erklärt
•fallieren und aufstehen' unter aufstehen 10 sp. 748 ;
ich habe niedrig nie gespielt,
seit ich das spiel begonnen,
und wo dem leiod die bank ich hielt,
da habt ihr stets gewonnen. RCcurt 208.
6) in der küche sind bSnke zum aufstellen der topfe, schus-
seln, teller und zum anrichten der speise, hackbänke und
wsschbäJike ; in der stube büclierbäoke zum stellen der bücher.
der tisehler hat seine hobeibank, der tapfer seine drehbank,
der Strohschneider seine hechselbank, zur flachsbereitung dient
die hechelbank. wie hecheln und durchhecheln auch carpere,
proscindere, lästern ausdrückt, sagt man ebenso durch die
bank ziehen, z. b. bei Schdppius 535. in der schule die
schandbank.
7) bank, erhöhung im wasser, untiefe: wasserbank, Sand-
bank, eisbank, austerbank, perlenbank, muschelbank. die
routterpferde ziehen sich mit den füllen auf die höheren bänke
zurück, welche inselfönnig über dem scespiegel hervorragen.
HcMBOLDT ans. der nal. 1, 31.
8) bank in gebirg und felsen : kohlenbank, scbieferbank ;
ob sich gleich der fels in lager und bänke theilt. Göthe 27,
23; nach marmorblöcken und bänken. 39, 79.
9) biük, Jägern das strickholz, worüber netze gestrickt werden.
10) bank, bruslwchr. über bank scbieszen, wenn keine
schieszscharten in der brustwehr sind.
11) figürlich, auf der spötterbank, narrenbank sitzen, nach
ps. 1, 1. vgl. bärenhäuterbank.
BÄNKARBEIT, f arbeit, welche die handwerker auf ihrer
bank, an ihrer Werkstatt, nicht auszerhalb hauses, machen.
BÄNKARMBRUST, n. tragula: da begab sichs, dasz Scipio
mit einem bankarmbrust in ein hüft geschossen wurd. Rihel
Liv. 284; liesz er sein haupt mit eim bankarmbrust in der
feinden wagenburg hinein schieszen. Fbonsp. 3, 257*. mnl.
bancannborst. Huydec. op Stoke 3, 316. 317.
BÄNKART, m. spurius, hier blosz der form wegen aufzu-
führen, die erklärung folgt unter baukhnrt : er hat inen den
gewalt geben ze werden sun gottes, hüt du dich, das du nit
bleibest ein bankart und ein todsünder. Keisersb. narrensch.
177; kein bastart noch bankart. Fischart bienk. 109'; bei
H. Sachs 1,113' heiszt Virginia ires vatters bankart;
bankarie sind tapfre leute, wannen kümmt doch dieses her?
weil sie lieb und gegenliebe fleiszig zeugt, nicht ohngefähr.
LocAC 2, 2, 6«;
ein pankard in ihrem leib getragen. Abele 2, 233; kein ehe-
licher söhn sondern ein pankard. 4, 273.
BANKARTISCH, hurenkindisch. Pabacelscs 2, 322'.
BANKARTLEIN, n. für sich und ire junge mägd und junge
bankartiin verdienen. Fischart bienk, 75*.
BÄNKBEIN, n. pes scamni: paukte mit einem bankbein
hinten nach. Weise erzn. 295; ich hätte ein bankbein ausge-
treten, wann sonst kein stecken wäre zur band gewesen. 402 ;
das bankbein her! zerblnut ihn, schlagt!
Hageoor!« 3, 124 ;
wenn ich ein bankbein nähren soll,
so will ich es auch seibs^ gedrechselt haben.
Lsssi.tG 1, 212,
vgl. bankhart.
BANKBERG, m. schweres, graulMiges geslein unter stein-
kohlenflötzen.
BANKBOHHER, «i. um die lochet für bcmkbeine auszuboh-
ren, beinbohrer.
B.ÄNKBRECHER, m. qui sohendo impar est, aere diruitur,
der die bank bricht, bankerot macht : betrüger, krümer, Wechs-
ler, Wucherer, bankbrecher. Fiscdabt groszm. 88.
BANKBRUCH, m. bankemt: ruhige aushaltang eines eige-
nen, öffentlichen ehrbankbruchs. J. Paul nachdämm. 78.
BÄNKBRÜCHIG, eedens bonis: den butterbraten liesz er
den bankbrüchigen, arsblalerigen, bitterteschigen. ubelsessigen
land und lischraumigen kaufleuten und fürkeufem, die mit
ihrem fallement machen fluchen viel tausent sacrament Garg.
54*; hiromel, würde nicht die heiligkeit des satirischen feuers
beschmutzt, wenn es nur als der namenszug einiger schelrae,
eines uachdruckers und bankbrüchigen brennen wollte? J. Padl
anh. zu Tit. 2, 67. ¥ibel 147 ; s. hochgräfl. gn. sind eben so
bankbriicbig als sie gichtbrüchig sind. Lichtenberg.
BANKBUBE, m. potator, eombibo, der auf der weinbank
sitzt und schlemmt: ihr landkündige und landschlindige wein-
verderber und bankbuben ! Garg. 17*.
Bänkchen, n. scabellum.
BANKEISEN, n. zum festigen der bänke, schrinke.
BäNKEL, n. bänklein.
BANKELN, was bangein: wie auch Antonius Tater den
tcufeln gebanklet, zuletzt erlöset. Frasr paradoxa 80.
BANKELDICHTER, m. carminum trivialium auctor
ansem kraft- und bänkeldicbtern
dürre kehlen und ein nüchtern Wasserglas! Voss 4, 80.
BÄNKELKRÄMER, m. der kurze waaren umirdgt und absetU
70*
1111
BÄNKELSÄNGER — BANKHART
BANKHAUS — BANKRIESE
1112
BÄNKELSÄNGER, m. circulator cantans. Klopstock 12, 59;
wie sie ihr herz an einen herumziehenden bankeisänger und
an ein albernes, zwitterhaftes geschöpf hängen musten. Göthe
18, 312 ; sieh, wie ich dusteh, gleich einem herumziehenden
bankeisänger, der seine gemahlte fahne in die höhe trägt.
Fr. Müller 2, 119; er lachte und hörte mit einer nur wenigen
lesern begreiflichen rührung einen bankeisänger an. J. Paul
Siebenk. 1,.119;
hcklntscliend lüsterne biinkelsünger. I'iaten 133.
BÄNKELSANGEREI, f. die poesie zur bänkelsängerei herab-
würdigen. GOJTTER 1, VII.
BÄNKELSÄNGEHISCH: bänkelsängerische gemeinheit und
Plattheit der meistersänger. Götiie 33, 204.
BÄNKELTOCHTEH, f. filia naturalis, ülegitima:
dasz sie des kaiser.s hnnkelinchter sei.
Kleist Källichen v II. acl 5 sc. 1.
BÄNKEN, dfw erdreich in erhülile bänkc legen, z. b. die
kartoffeln bänken, mit dem karlo/felpflugc attfslreichcn, dasz
die büsche auf beiden seilen von erhöhter erde umgeben sind,
was man sonst häufeln nennt.
BANKENRUMPIEBIG, bankbrüchig: o ihr bankenrumpirigc,
halten euch steif auf dem stul, es wird bürzlens gelten! Fi-
schart groszm. 27.
BANKERLEIN, tn. spurius. Murin 20 f. bankertlein.
BANKEROT, m. ruinae fortunarum, heute bankrott, franz.
banqueroute, engl, bankrupt, it. banco rotto : etliche kauf-
leut heben ire händel so hoch an, dasz si in nit hinausz
künden füren und müssen darüber entlaufen, welchs man
aufstehn heiszt oder gefalliert, in Hispanien heiszt es ban-
kerota. Aiberos dialogus vom interim 1348. P2' {s. oben bank5);
so spilt der kaufman hankaiotten. .Ion. Haselderg «ni;. 1533;
und müst also wol unser muter, die h. kirch iren glauben
verlieren, bankerot spielen, und zuletzt ir armselig leben jä-
merlich in eim spital vertriefen und vertropfen. Fischart
lAencnk. 50' ; wann es einem kaufmann mislingt, dasz er ban-
corot macht. Schdppius 59.
RANKEROT, ädj. zahlungsunfähig.
BANKERSTE, m. der auf der bank obenan sitzende schüler.
BANKERT, m. filius naturalis, spurius, betont bankert {nicht
mehr bänkfert, wie bänkärt bänkärt): weil ich erst neulich
mit freuden vernommen, dasz dieser bankert des betrogenen
betriegers einiger erb sein würde. Simpl. 2, 23 ;
was wärs
denn nun? so was von baslard oder bankert!
der sclilag ist auch niclil zu veracliten. Lessing 2, 288;
mich begal)st du mit dem bankert. 1'laten 287 ;
er war ein bankert, die sollen nicht leben. Arnim 1, 396.
BANKET, n. convivium, it. banchelto, franz. banquet, nach
unserm bank, bankgelag, tischgelag : mit eim Streichholz glatt
abgemessen, den seelen im fegfewer ein presenz oder banket
davon verehren mögen. Fischart bienenk. 112'.
BANKETIER, m. convivator : guter banketier, guter banke-
rotier. Simbock 719.
RANKETIEREN, convivari: da thet er im das best leben
an mit banketieren. Bocc. 1,295';
ich hab ir liebe etwas zsagen,
was Rscliehen sol in (Ilsen tagen
mit adcliclium bankietieren. trag. Joh. H8;
Tracula, der zwischen der gespieszten und gemarterten to-
dengestank bankctieret. Garp. 234'; Spee <ru<zH. 86.
BANKETIERLICH, adv. wie es sich nach einem banket schickt.
BANKETLEIN, n. kleine mahlzeil: gleich auf das banket-
lin war ein feine bank, sampt dem liankpfulwen und sonst
ein faulbeltlin zur band, darauf streckt er sich bankctierlich
und zierlich und schlief ein zwo oder drei stunden dahin,
nicht das er eim ein bös wort liett geben. Garg. 17p'.
BANKGENOSZ, «i. conviva, consors judicii: unser bank-
genossen auf dem berge, wcisth. 3, 337.
BANKHALTER, m. qui numos in alea ponil.
BANKIL\.M.MER, m. bei den schlossern ein niclhammer.
BANKHART, m. spurius, ilhujitimus, gebildet wie frcihart,
reinharl, gebhart «. a. m., die sich dann in fieiart freier!,
reinart rcinert, gebart gebcrt kürzten; nnl. bankard und ban-
kerd; belege für bankart, bankert sind untfr diesen Wörtern
angeführt, der vollen form gebührt auch voller Ion, bankhärt.
gleichbedeutig mit bUnkling, bankkind, banksohn, bankriesc,
ein von der bank, d. i. hier aus dem ehbrtt gefallnr.i, unter
der bank, im winket erzeugtes kind, wie sich altn. bornftngr, ]
filius illegitimus, von hörn angulus ableitet (s. hornungV; umge-
kehrt wird auch gedeutet auf der bank, nicht im bell erzeugt, mhd.
bankhart ist nicht aufzuweisen, aber wol möglich, die dlleien
nhd. beispiele werden leicht zu vermehren sein: und ein mann
bankhart, der gieng aus von den berbergen der Philistiner.
alte Übersetzung von 1 Sam. 17, 4 bei Orerlin 87 ; dieweil ihr
und andere uns die bankharten {schlecht für bankharte) müs-
sen ernehren und ziehen belfei. Kirchhof «'endw/im. 341';
mein vater mnclii mich auf einer penk. /os/n. sp. 250, 32 ;
ist sie geleich dei' ha kliart dein,
so ist sie (loch leibeigen mein. H. .'^achs I, 114*;
schaw dori kiuiii gleich mein Venus rein
mii irm verzettelten pankliarl. Ayr eh /as(n. 32';
ein wolbenamles volk sind gleichwol hiirenkiiider,
bei bauien liel^zi man sie zwar so nicIiLs desto minder,
bei bürirern besser noch bankliait, und im geschleohte
der edlen l)astarti'n, und beisclilag. auch unechte
bei fürst und konigen. Logau 1, 10, 75;
von der bank gefallen. Zinkgref 3, 279; Greten auf der trep-
pen son. Sastrow 3, 33 ; kindbetterin werden und ein frischen
bankhart auf die weit bringen. Abele s. 225. die Böhmen ha-
ben daher panchart, pankhart (Jüncm. 3, 23), die Polen b^kart
und verkürzt b(is (Linde 1, 69').
BANKHAUS, n. was bank, haus des geldhandels.
BANKHOBEL, m. groszer hobcl, gleich der bank vierfüszig.
BANKHORN, n. kleiner ambosz, den die Schlosser an die
bank schrauben.
BANKIERER, m. bankhalter, banquier:
fürköufler, Wechsler und bankierer. trag. Joh. C 1.
BANKKIND, n. was bankhart. Logau 1, 10, 75 überschriß.
BANKKOHLE, f kohlenlager unter den bankbergen.
BANKKRATZE, f. blech zur reinigung der töpferscheibe.
BANKLEHNE, f. scamni fulcrum.
BÄNKLING, m. spurius: dieweil ein grosze ehr bei den
Spaniern, Franzosen, Italienern, Niderländern und andern
worden ist, eins groszen berrn bänkling, spörling undnefzu
sein und heiszen. Garg. 29*. in folgender stelle scheint es
abe-r concubine: ein ehrlich weib wird sich schämen, dasz sie
eines groszen berrn bänkling sein soll, der sei wer er wolle.
Aretini hurenspiegel 237.
BANKMAUSERLEIN, n. zwerg oder wichtel, der unter der
bank mauset? Fischart Garg. 40' unter ähnlichen namen: wol-
lenzupferlin, benkmauserlin, erdtelberlin, zaunschlüpferlin, reif-
springerlin.
BANKMEISTER, m. der bei gewerben die waaren auslegt.
BANKMEISZEL, m. zum durchschlagen des kalten eisens.
BANKPFULWE, m. oder n. pulvinar, pulvillus scamni, cer-
vical, bankpfiihl, bankpolsler. Stieler 2392 schreibt bankpfül.
s. die unter banketlein ausgehobne stelle.
BANKPFULWELEIN, n. dasselbe, Garg. 95' von dem wein,
auf den sich gut schlafen läszt: du mein liebes rebenbrülin,
mein bankpfulwelein, gumenkützel u. s. w.
BANKRAUMIG, furax, die bank abräumend, was darauf
liegt entwendend: bankrauniige, ruckenfegige, seckelschneidige
galgenscbwengel. Garg. 47", vgl. oben das Sprichwort: auf un-
gewisc.hter bank ist gut finden.
BANKRECHNUNG, f
BANKRECHT, n. inbcgrif der einer bank zuständigen rechte.
BANKREIHE, f Ordnung der bänke: die untern bankrei-
hen. Dahlmann franz. rev. 400.
BANKREKEL, m. longurio, ruslicus, eine noch heute gang-
bare schelte für einen groben, bäurischen kerl, der sich auf
der bank rekell, ausstreckt, s. das folgende wort.
BANKRIESE, «i. scheint im I6jh. wiederum einen bankhart
oder bänkling, und deutlich den von der bank gefallenen {mhd.
rise, von risen cadrre) zu bezeichnen, gebildet wie bellerise,
ahd. peltiriso, decnmbens lecto {ganz unverwandt ist riese gi-
gas). in einem ungedrucUen schreiben Nickel Brehls, sächsi-
schen schössers zu Saida bei Frauenstein, vom 26 juni 1553
heiszt es: will e. churf. gn. nicht verhalten, das gedachter
Joachim von Amsdorf, neben andern vom adel, so in dies
mein liefohlen anil gehörig, e. eh. gu. kein rilterdicnsl zu
Ihun schuldig, deswegen ihnen gleich bürgern und pauern
ihre guter zu verschätzen auferleget, und seint allein aufm
schldsz zu wachen und mit e. cb. gn. verordneten ampiman
oder schosscr alhier, do geferlikeit vorfallen, oder es die iiot-
durfl erfordert, zu reiten schuldig, werden auch, wie icli be-
richtet, bankricsen genenncl. sind das nicht unehliche
söhne, baslarde des adels, vom ritterstand ausgeschlossen,
1113
BANKRIESE — BANN
BANN
1114
aber doch m den bürgen lebend und für gewisse dienste zu-
gezogen? Eine hauptstelle findet sich im Eulenspiegel cap. 16,
nach der ausg. von Straszb. 1519 also lautend: sattelte sein
pferd und reit hinweg gen Rosendal zu, und kert wider gen
Feinen [Peina) zu, und wolt durchbin reiten gen Zell, da
stunden die nackende bankressen von der barg,
und fragten Ulenspiegeln, waz wegs er daher kern? Ulenspie-
gel sprach, ich kum von Koldingen (einem nahgelegnen dorfe),
er sach wol, das sie nit vil an betten, sie sprachen, hör hie-
her, wa kumstu von Koldingen, was entbüt uns dann der
Winter? (tcortspiel zwischen kold, kalt und Koldingen). Ulcn-
spiegel sprach, der nil euch nüt enbieten, er wil euch sel-
ber ansprechen, und reit hin und liesz die nackenden
buben ston. die Erfurter ausg. von 1538 liest besser: die
nackenden bankresen und ebenso der niederd. druck
Cl: da stoinden die nackende bankresen von der
burch; Fischarts gereimter Eulensp. 6/. 49:
da stunden vor der bürg berausz
gar schlimme hudler uberausz
die hiesz man nackende bankressen,
dann sie die kleider ban vergessen
und waren übel zwar gebutzt,
gleichwie die beiiler auTgemutzt.
die neueren ausgaben des Volksbuchs machen daraus nackende
Spitzbuben, Pebiandees lat. Übersetzung hat p. 30':
astabat portae castri nudata Corona,
Fischart aber mus: den ausdruck recht verstanden haben, weil
er ihn auch anderwärts anwendet: (der verehiichte) zihet cli-
ehrlicbe kinder, darf sich deren nicht schämen, wie der bank-
ressen, die ihm ein unehr, schmach und räch sind. Gari;. 69';
in summa bankressen, herz und halsdurstige, fuszgrammige
(podagrische) hünerfresser. groszm. 62. bankrese stellt uns die
reine nd. icortgestalt dar, das doppelte S scheint nur die kürze des
vocals zu wahren, es käme darauf an, auch der hd. form früher,
und genaueren nachrichten über die lebensart adlicher bastarde zu
begegnen, man könnte auch annehmen, dasz bankrese zu einem
bloszen Schimpfwort, ohne den gedanken an unehliche abkunß,
ausartete {vgl. bankrekel, bankrutscher, bannerherr).
BANKRL'TSCHER, m. Spottname ßr Schulkinder.
B.\NKSCHäBE, /". wird ßstn. sp. 1216 unter dem alten haus-
gerät aufgezählt und diente zum reinigen der bänke.
B.\NKSCfIEIN. «1. banknote, bankzettel.
B.\NKSCHLACHTE.N , zum feilkauf in den ßeischbänken
schlachten, dem hausschlachten entgegen.
BANKSCHLÄCHTER, m. der zur bank schlachtet.
BANK.SCHREIBER, m, buchhalter.
BANKSTÄTTE, f gerichtsstätte, gerichtsbank. weisth. 2, 267.
BANKSTOLLE, m. was bankbein: wenn die hexen milch
aus bünkstollen, holz und andern närrischen dingen melken.
Simpl. 1, 175. vgl. a.\thelm.
BANKSTL'BE, f. geschäflsort einer bank.
BANKSTCCK, n. in Steinbrüchen ein mühlstein, der seiner
höhe nach aus dem bruch gehauen wird.
BANKSTÜL, m. was bankstolle: als sie hart aneinander
und bald von werten zu den bankstülen kommen wären.
SCBDPPIDS 545.
BANKTHALER, m. ein thaler banco, in unveränderlichem
werth, ohne rücksicht auf die ausprdgung.
BANkTÜCHTIG, gut zum verkauf in den bänken.
B.\NKU\TCCHTIG, gegentheil davon.
BANKUNWESEN, n. Dahi,iia.n:< frant. rev. 171.
BANKVVÄHRÜNG, f.
BANKWESEN, n.
BANKZAHLUNG, f
RANKZETTEL, m.
BANKZINS, m. xins ßr bänke der beeker und fleischer.
BA.N.N, m. edictum, inletdictum, proscriplio, ahd. pan pan-
nes, mhd. ban bannes, ags. (ge)ban (ge)bannes, fries. bon
bonnes, nn/. ban bans; a/(n. bann n., schw. bann, dun. band,
in den lat. volksrechten und capitularien bannus, bannum. die
formet der weisthümer rerknüpß man und ban, bann und mann,
z. b. 2, 145. 230. 250. 257. 289, was auf den uralten unter-
schied zwischen bannirc ttnd mannire, hegung des gerichts und
ladung {capitul. bei Pertz 3, 85. 212. Balcze 1, 7Si. 792) zu-
rückgeht, franz. prov. I»an, t7. sp. bando. von der würzet
hernach unter bannen. Bedeutungen,
1) bann ist dem geistlichen oder weltlichen richter und bann-
herm zuständige gewalt und gerichlsbarkeit. so redet der Ssp.
von des koninges ban.
2) bann ist der bezirk, durch welchen die gewalt des bannherm
und richters sich erstreckt (s. band 3). oß verbinden die weis-
thümer auch twinc und ban, zwing und ban, wie zwing ßr sich
umfang und grenze eines gerichts bezeichnet (Haltal's 21S8.
2189); dasz er dieser Stadt zwing und bennen müszig gehe
(i7ir gebiet meide). W'ickrasc rollw. 75. der bann zu Simmern,
weisth. 1, 146 meint das gebiet, den kreis des dortigen gerichts,
vgl. bannmeile. in vielen stellen bezeichnet bann die geist-
liche diöcese, in andern den bezirk des weltlichen richters
(Haltaus 93. 95), den gehegten umfang eines forstes oder wal-
des (s. bannforst), zuweilen nur den jungen forst, welcher ge-
schont, in welchen weder geschritten noch getrieben werden soll.
3) bann, das ausgesprochne, gebotne und verbotne, edictum,
interdictum; der friede, in den land, wald, leule gesetzt wer-
den, der aufruf des heers (heerbann).
4) bann, die gegen den säumigen erkannte strafe: bannos
exigere. Gregor, turon. 5, 26 ; wette und bann auf einen schla-
hen. weisth. 3, 741; vorzugsweise Verbannung aus dem gebiet,
proscriptio, bei der kirche die excommunication, ausschlusz
aus ihrer gemeinschaß, im mittelalter scheiden sich bann und
acht so, dasz jener vom geistlichen, diese vom weltlichen rich-
ter verhängt wurde, auf den kirchenbann weltliche acht folgte.
Ssp. 3, 63. Ms. 2, 255. Helbl. 8, 962 ff.
swer Ton dem banne in die aehte kumet. Amgb. 1*.',
gebt darüber ban und acht, fasln, sp. 1000, 23.
ursprünglich und früher stand aber auch dem weltlichen ge-
richt der bann s«. Es heiszt, in den bann thun, in den bann
künden, den bann erkennen, aussprechen, verhängen, mit
dem bann treffen, belegen, den bann zurücknehmen, aufthun,
einen aus dem bann thun, lassen, im banne, unter dem
banne sein, den bann halten, aushalten, brechen, übertreten*
wenn wir heul nit frölich fünden,
den wollen wir bis sunt<ig in ban künden.
fastii. sp. 678, 36 ;
die kinder Israel mügen nit stehen für iren feinden, denn
sie sind im bann, ich werde fort nit mit euch sein, wo ir
nicht den ban aus euch vertilget. Jos. 7, 12 ; und welcher er-
funden wird im bann, den sol man mit fewr verbrennen mit
allem das er hat. 7, 15; und man wird drinnen wonen und
wird kein bann mehr sein. Zach. 14, 11 ; das ich nicht kome
und das erdreich mit dem bann schlabe. Mal. 4, 6 ; wer aber
dawider handelt, der sol im bann sein. 1 Macc. 14, 45 ; so ie-
mand in für Christum bekennete, das derselbe in bann ge-
than würde {goth. utana sv-nagögais vairj»ai). Joh. 9, 22; das
sie nicht in den bann gethan würden (ei us synagögein ni
usvaurpanai vaur{)eina). 12, 42 ; sie werden euch in den bann
thun (US gaqum{>im dreiband izvis). 16, 2; dermaszen, das
selbs die keiser und könig, ja ganze länder in den bann er-
kant und für ketzer sind verdammt worden. Fischart bienenk.
12'; und solchs bei strafe des bannes oder harter gefengnus.
42' ; müsten sie urfehde schwören, auf ihren schlossern ru-
hig zu bleiben und nicht aus ihrem bann zu geben. Guthe
8, 82. 42, 106; soll ich mein ritterlich v*ort dem kaiser bre-
chen und aus meinem bann gehen? 8, 140. 42, 410; er hat
seinen bann gebrochen. 8, 145. 42, 194 ; und bat ihn Lersens
bann aufzuthun. 42, 206.
5) abgezogenere anwendungen im sinne des fluehs, .Zaubers,
der fessel, des Verbots überhaupt, ohne dcuz es ron» richter
ausgesprochen wurde, ergaben sich allmälich:
dein kalb bracht Israel in unglück, fluch und bann.
Ko.iGEULs torbeerhain 1 ;
Kupido, das ist deine list,
der bist du, der du allzeit bist,
du hast mich nun in deinem banne. Flsmi.'«g 420;
warum auch must er beim empfange gleich
den bann um sie verbreiten! ScHiLirn 347';
mir musz Tortan pin neues glück beginnen,
denn dieses bannes kralt isf aus. 400';
denn mit des bannes fluch bewafnet kommt
der Ungarn königin, die strenge Agnes, 549';
denn auf dieser well, wo keiner
die verdrieszlichkeit in bann
und die freud in erbpacht nehmen kann.
UöKiKcK 1, 133:
den bann Ober jemand ausgieszcn. Gotter 3, 70 ; das schäd-
lichste vorurtheil ist, dasz irgend eine art nalurunlersucbung
mit dem bann belegt werden könne. Göthe 23, 262 ; er wäre
mit dem ganzen donner seines geometrischen bannes und mit
aller gewalt der mathematik wider seinen feind aufgezogen.
Kant 8, 120.
1115
BANNBIER— BANNEN
BANNEN — BANNER
1116
BÄNNBIEB, H. hier, nach dem bannzwang, an bestimmter
stelle zu kaufen.
BANNBRIEF, m. literae continentes proclamationem despon-
sorum, franz. les bans : da stet einer am morgen uf die kan-
zel und verkündet die tag, darnach bringet er ein langen
zedel, und verkündet die toden, und weret weisz wie lang,
da verkündet man die banbrief, den blander, und also gel
die stund hinweg, so lert man, so ist es usz. Keisersberg
geistl. Spinnerin Ml. sonst auch, was bannbulle:
der bannbrief liest er mir so vil. Murner sctietmenz. 6*.
BÄNNBHÜCKE, /. Moser 1, 236.
BANNBULLE, f. solemnc dccrelum pontificis, ex quo aliquis
coetu cliristianorum arceri jubetur.
BANNE, s. benne.
BANNEN, edicere, interdicere, prohibere, cxpeilere, ahd. pan-
nan, das praet. plan nicht zu belegen, aber nach analogie des
mhd. und ags. anzunehmen; mhd. bannen, bien; »i/irf. bannen,
bannte ; ags. bannan Iteov. 1 IS. praet. beonn. Kembles chartae
2, 387 ; ahn. banna, bannadi ; mlat. bannire, franz. bannir, it.
bandire. ,
Soll man dies bandire interdicere, bando interdictum aus
unserm binden herleiten, wie banda, bandiera, bandella ohne
Zweifel daher flieszen? wol dürße der bann einem band ver-
gleichbar sein, unser Winsbeke singt 53 :
.siin, niiich daz dich ihi binde ein bant,
daj ist geslricket in der niabt,
da; du gebunden bist ze liant
vor eole in kreltech"cher äht.
daj bant ist der gediente ban.
nahe läge, bei hegung des bannwaldes an den seidenfaden Ses
alterthums, bei den schranken des gerichts an die altn. ve-
bünd, heilige bände, zu denken, allein dem bando und ban-
diira für bann gehl in den älteren capitularien, volksrechten,
z. b. dem ripuarischen, bannus und bannire voraus, das ahd.
pintan pant steht von pannan pian, das ags. bindan band von
bannan beonn entschieden ab.
Doch die golh. spräche zeigt neben bindan vincire, bandi
vinculum zugleich ein mit U gebildetes bandvjan innuere, signi-
ficare, bandva, bandv6 signum, womit Diefenbacd 1, 298 glück-
lich unser bannen zusammen gestellt hat, und Luc. 20, ä~ steht
banvida für bandvida, aus banvjan ward ahd. bannan, aus
vilvan ahd. wellan, NV, LV assimiliert in NN, LL. altn. blieb
benda innuere, digito monstrare = bandvjan. die Übergänge der
begriffe sind leicht, band ist auch zeichen, die fahne ei7i zeichen,
vexillum, signum militare. significare ist declarare, edicere,
innuere, aus edicere enifaltete sich interdicere, prohibere. wie
den buchstaben wird dem sinne nach bannum aus bandum
und das it. bando mag sich auf langobardische, ostgolhische
ausspräche stützen, die dem fränkischen bannus entgegentritt;
das langob. glossar (Haupt 1, 550) hat bandum vexillum, gleich
Paulus diac. 1, 20. Dasz der schwachen goth. und altn. form
hier ahd. und ags. starke zur seile steht, ist auch sonst der
fall U7id begründet keinen einwand; altn. finden sich benda
und banna nebeneinander, beide aus binda entsprossen.
Wte nun, wenn uns jene alte formet der weisthümer 'bann
und mann' zwei dunkle goth. tinter sich ähnliche Wörter mit
aufhellen hülfe, bandva (oder bandvus) und manvi, d. h. wenn
mannire nicht zu mahnen, monere gehörte, sondern zum goth.
manvjan parare? davon kann näher erst unter dem warte
mann die rede sein.
Bedeutungen von bannen,
1) ursprünglich hegen des gerichts, bannire, verschieden von
mannire, ahd. da; mahal gipannan ; doch verdeutscht die alte
Übersetzung der lex salica s. 105 auch einmal manniat durch
gibann6 slatl giiucne. noch später heiszt es die J)ank bannen,
wie sonst spannen, hegen: vor gebanncter bank erscheinen.
Reutter kricgsurdn. 53. bannen auch in späterer zeit vorladen,
vor gericht fordern. Oberlin 90.
2) die tage bannen, sie zu feiertagen erklären: der herr
sei nicht lehen recliten in den bannen lagen, die sind sun-
nentage und all gcbannen feierlag. schwäb. lehnr. cap. 74 Sen-
kcnb., MO Laszb. cap. 9 und 130 gebunden tage liest, ebenso
hat (las schwäb. landr. 109. 113 Laszb. 91. 95 Wack. gebunden
tage, der Ssp. 2, 10. 11. 66 gebundene dagc, das Slraszb. slal.
3, 193 hingegen gcbannen virlage, nicht anders die Straszb.
Ordnung von 1309 gebanncn firtag, eine andere hs. bei Ober-
UN 90 gebaimen vasteltage. auch Keisersberg sagt: auf ge-
banncn tagen , er haltet sein gcbannen vastag. aus diesem
Sprachgebrauch geht deutlich die verwandtschaß zwischen ban-
nen und binden hervor, es ist kein masz oder bescheiden-
heit da, als wenn wir die hend und äugen und das maul
(dahin wenden) alles, was in der Schüssel iigt, zu nieseien,
und zu erfüllen den lust, und die begir ist also daruf gehef-
tet, dasz du nit achtest, gott geb es sei gcbannen oder
geboten ■(?tag), es sei fasten oder ostera. Keisersberg geistl.
Spinnerin p 4.
3) einen forst oder wald, ein gewässer bannen, sie für hei-
lig und unverletzlich erklären, der gewöhnlichen benutzung ent-
ziehen; ebenso wurden einzelne bäume und das hohe wild in
bann gethan. die heiligen wälder des heidenthums wandelten sich
in vorbehaltene bannforste des königs, der herrn und der kirche.
sie werden kommen, unsre schaf und rinder
zu zählen, unsre alpen abzumessen,
den hochllug uncf das bochgewilde bannen
in unsern freien waldern. Schiller 526';
die bäume seien
gebannt, sagt er, und wer sie schädige,
dem wachse seine band heraus zum grabe. 535";
von solchen bäumen, die alter Volksglaube für unverletzlich er-
klärte, meldet die sage allenthalben.
4) die müle, den wein bannen, einem müller und schenken
das recht verleihen, dasz alle leute bei ihm malen und wein
holen müssen: zu der müle ist ein ganzes dorf gebannt.
5) bannen, strafen: er ist gebannt, im bann, excommuni-
ciert; einen in ewige gefengnis bannen. Bocc. 1, 258'.
6) bannen, verbannen, verweisen, verjagen: einen aus dem
lande bannen, pers. baumg. 1, 5 ; furcht, freude, trauer bannen ;
es bann ein Strafgericht
die menschen ohne lieb in weiten ohne licht.
Hagedorn 1, 45;
0 Jugend, holde führerinn,
bereite hier den sitz der fröhlichkeiten
und banne frost und eigensinn. 3,100;
ob ihn sein Schicksal zu den wilden,
an Zemblas nebelvollen Strand,
in Zaras unwirtbarcn sand
und auf des Atlas gipfel bannt. Gotter 1, 450;
sie {die oötter) hören mich nicht mehr, und bannen
mein flenn von ihrem thron. 2, 128 ;
ich kann die furcht nicht bannen. 2,436;
seine tochter ins kloster bannen. 3, 41 ; den schlaf bannen. 3, 524 ;
nein in diese Wüsteneien
sind wir «wig nicht gebannt. BCrger;
in diesen eiskalten kreis gebannt. Kunger 11, 276; sie sagte
{dem mahler), sie hoffe, er werde den heutigen kummer aus
ihrem wirklichen gesiebte wegmahlen und ihn blosz ins ge-
mahlte bannen, i. Paul uns. löge 2, 105.
7) bannen, festhalten, zaubern, bezwingen: die geister ban-
nen, schätze, teufel, schlangen bannen; dasz sie hingieng wie
eine gebannete schlang und natter. Simpl. 2, 386 ; alte hunde sind
bös zu bannen (wie bändig zu machen). Fra.nk spr. 118 ; reich-
thumb haben adlers federn, sie lassen sich nit bannen, ebenda;
geh, du weist nun, was an Lethes strande
mich noch bannte,
schwarzer schiffer, stosz vom lande! Schiller 134';
er bannet das glück, es rausz ihm stehen. 323;
gleich einem heiigen bilde,
daran der Stadt unwandelbar gescliick
durch ein geheimes göiterwort gebannt ist. GötueQ, 96;
das flüchtge ziel, das hunde, ros und mann
auf seine fährte bannend, nach sich rciszt
der edle hirsch. 9, 249;
hinter den ofen gebannt
schwillt es wie ein elepbant. 12, 69;
das scblosz war zugeschnappt und er stand gebannt. 17, 387 ;
Zerrbilder groszer männer sieht man in allen schulen und in
den schulen nicht allein, man bannt sie auch in den histo-
rischen romancn für das erwachsne publicum. Klinceb 12, C2 ;
ich steige jetzt in diesen gebannten zirkel sicher vor euch
und der hülle. Fr. Müller 2, 153 ; wäre alles gute nach Göt-
tingen zu bannen. Hevne an Joh. Müller 187.
BANNER, m. exorcista: ob es nu wol war ist, der bann
ist zu fürchten, er sei recht oder unrecht, so ist doch allzeit
des banncrs stand in grüszcrn fehrlicbkeiteii, denn des ver-
bannten. Luther 1, 285*.
BANNER, n. signum militare, vexillum, nach dem franz.
banni^re, it. bandiera, sp. handera ; einige schreiben hanier,
panier (s. oben), andere balier, paner; mhd. banier ;i. und f.
ist die unter bannen vorgetragne identitdt des goth. handvjan
richtig, so würde aus bandva signum auch ein ahd. panna,
1117
B A.NNER — BAMIEREN
BÄMIG— BAMWEIN
1118
mhd. banne folgen, statt dessen aber der ausdruck aus der ro-
manischen spräche zurückempfangen wurde, mit goth. fana,
ahd. fano, nhd. fahne steht band?a und banduin in keinem Zu-
sammenhang, wir verwenden aber baoner ganz in der bedeutung
von heerfahne und sagen das banner entfalten wie die fahne :
vorlrager aller buben baaer. fastn. sp. 1290;
denn aller orten läszt der Engelländer
sein sieghaft banner fliegen. Schiller 44S'.
Maaleb 315* nennt paner 'das oberst fänle' und so kann auch
banner für die hauplheerfahne genommen werden, der baner m
deutschen karten ^iel enthielt, statt der heutigen zehn, das
bild einer fahne mit angäbe der färbe: die lieben kind, die
macht man zu baner. kamüfifel und bäpst im karten, die
scheubt man hinfür. Frank spr. 2, 2S* ;
sag demnach auf mein traw und glaub,
dasz dkarienbaner nicht beraub
die secl, weil auf dem baner sitzt
ein falk, der seine äugen spitzt.
BiBCK deppelspiler 2.5.
im Simpl. 2, 4fl den bahner anbringen soll wol keiszen diese
zehn ausspielen?
Was ist aber das baner des satteis? wann auch che lange
haar auf dem rucken und auch im baner des satteis von dem
schwaisz zusammen gezogen worden, oder sonst ein hartes
stainlin in dem baner zwischen dem haar ligt, und man dar-
auf reit, so wird es in den rucken hineia getruckt. Secter
417; nee das pei^amen auf das paner des satteis, dasz es
den schaden bedeck. 422.
BANNERPLCCHTIG, vexillum deserens: ir seint noch viel
im geistlichen stand, die im kämpf der reinikeit nicht so bald
bannerOüchtig werden und aus ungedult der anfechtung so
künlich in unkeuscheit fallen, als du und deine schuler. (Pau-
los Amnicola) ein schnopluchlin auf Luthers geifer und Un-
lust. Dresden 1532 4. Cl. 2.
BANNERHERR, m. baro, der ein eignes banner erheben
kann, oder mit fremdem banner belehnt ist: ein markgrafaus
der statt Ferrer, gar ein reicher, fürsichtiger und weiser mann
und der heiligen kirchen panerherr (gonfaloniere della chiesa).
ßoccl, 27*;
den edlen bannerberm von .\liinghaus. Scdiller 520.
der franz. name war banneret, Kilian hat nl. banerheere,
banderheere und banrots. banrotse, was dem it. banderese,
mlat. banderesius, bandarensis entspricht (Ducaxge 1, 564) und
an unser bankrese gemahnt, in welchem doch ein K und nie-
drige bedeutung wallet, auch SchCress teutonisla gibt banritz
und banerheer. baro.
BANNERIN, f saga :
still, schwarze bannerio, du zaubrin schweig!
(feil, banning bag, enchantress, hold thr tongue !)
Schlegel in kön. tleinr. 6, act 5 «c. 3.
B.\NNERLEUTE, pl. aufgebot zum banner.
BANNERSCHILD, m. schild des bannerherm.
B.A.NNERT, m. bannwarl, flurschütz. Acerbach dorfg. 1, 114.
rgl. bangart, bannwart.
BAN'NET, n. galerus, franz. bonnet: was er aber geant-
wort, weisz ich nicht eigentlich, er behielt aber sein rot-
zipflicbt banneth auf seinem haubt, und ehret sie nicht wi-
derumb. Llther 2. 466". kein druckfehler fiir baret.
BAiNNFEIERTAG, m. feria, vgl. bannen 2 :
heilig panfeiriag zubrechen, fastn. fp. 1100.
BANNFLUCH, m. solemnis exsecratio, was schon bann ßr sich.
BANNFORST, m. bannwald. Ssp. 2,61.
RANNFRIEDE, m. einfriedigung des bezirks.
RANNGERECHTIGKEIT, f
BANNGUT, n. gut, das im bezirk liegt.
BANNHELD, m., der in den bann thut: solche tapfere
bannhelden und heil, väter. Fischabt bienk. 216'.
BANNHERR, m. herr des banns: hat den Claudium Mar-
cellum zu einem bannherren (aedilis curulis) gesalzt. .Micvlls
Tac. 2* ; daraus dann ein kammrotblutiger streit zwischen bei-
der bannherm banen entstund. Carg. 194*. verschieden von
bannerherr.
BANNHERRLICH.
BANNHOLZ, n. lueus, bannforst: ein bannholz fiostcr und
weit. Fromi!* bei Faeius 1, 11, 10. Fronsp. 3, 240" ; bannholz
der abgöttm Diana. 3, 261*.
BANNIEREN, was bannen, franz. bannir, i7. bandire: in
samma den teufel gar auf ein küssen bannieren. Fischabt
btenenk. 50*.
BANNIG, bannitus: nach dem Tcrmögen der worten Christi
Mattb. 18, 1" ist der erst bannig, den die kilchhOre usge-
schlossen hat. Zwixgli 2, 13 ; und achten gänzlich, die La-
tiner mögen als die bannigen nit consecrieren. Frank wtltb.
136'; der bann ist zu Rom gemalet, ain scheutzlich bild mit
greulichen äugen die bannigen ansehend. 5s; item das sich
kein banniger den andern zu bannen understen solt chron.
327'; 1094 zerschlug die strahl den balken, darauf das grosze
cruciflx im münster zu Basel stund, ward ausgelegt, es were
darum geschehen, dasz man mit dem bannig bischof und prie-
sterschaft daselbst gemeinschaft gemacht. Scbecchzer 2, 4S ; wo
bannige flüsse den fischern sind in bestand verlassen, musz
man acht haben, dasz sie zeuge brauchen nach der fischord-
nung. Hohberg 1, 117'. vgl. Schmelleb 1, 176.
BANNISCH , dasselbe : solche leut, die in ihrer impietät
halsstarrig sein, sollen billig bannisch gehalten werden und
mit ihnen geübet werden, was vom bann Paulus schreibet.
ScH.NEPF bei Melanchthon 2, 33!.
BANNISIEREN, was bannen und bannieren: aber so sie
von ihrem beginnen nicht bald abstehen, dannenhero aus un-
serm reich bannisirt werden. Philander 1, 33; aus dem par-
nassü bannisiret und verwiesen sein. Schcppios 572; dieser
militair ist durch dieses eine worl bannisirt. Tieck nov. kr.
4, 201. vgl. ScHMELLER 1, 177. Oslr. banasirn.
BANNKELTER , /". fcorin die leute zu keltern gehalten sind.
BANNKREIS, ni. .Moser p. pA. 1, 236.237.
BANNKRIEG, m. Moser 3, 65.
B.\NNLELTE, pl. unterlhanen des geridilsbezirks.
BANNLICH, mlat. bannalis (Dccange 1, 566): denn ichs
bis her gehalten habe, wer die irrthum über die warheit setzt,
der leugne gott und bete den teufel an, und das wil uns
diese hochberhümpte theure bulla mit bannlichem dreuen
heiszen und zwingen. Lcther 1, 347' ; weiter hielt unser Gur-
gelgrosz bannlich die zinskappige Martinsnacht und den Mar-
tinsbrand. Garg. 50'.
B.\NNLING, m. bannitus, nl. balling.
BANNMASZ, n. festgesetztes gemdsz: tiefe bannmasz. Garg.
124'. .
BA>'NMEILE, f mlai. banleuca, franz. banlieue, mhd. ban-
mile. Wacrernagel Baseler urk. s. 35.
BANNMEISTER, f?i. also sollen wir auch thun, die schwa-
chen freuntlich underrichten und nit mit dem bann dazu trei-
ben, ja man soll dir ein breiten küdreck uf den bann setzen,
zu eren dem bannmeister. dialogus ro» Martina Luther und der
geschickten botschaß aus der helle. 1523. 4. B4.
BANN.MCLE, /. in eineni bezirk, wo malzwang slatlßndeL
BANNOFE.N, m.
BANNPFLICHT, f gegenüber dem bannrecht.
BANNRECHT, n. jus bannarium, banngerechtigkeiL
B.A.NNBEITEL , m. junger gehegter baumstamm, den man
schont; auch ein mit dem beil gezeichneter bäum, laszreis.
BANNRICHTER, m.
BANNSPRUCH, m. machtspruch, Zauberspruch.
BANNSTRAHL, m.
ob aus der Engelsburg
ein banostrabi zuck, ob seine donner schweigen.
F. L. Stolbero 1, 2;
kein bannstrahl aus dem Vaiikane
schreckt die regenicn. Gotter 1,410;
seil himmelempor die freibeit
vor den zwingherrn floh und des götzenpriesters
lauerndem bannstrahl. Voss.
BANNÜNG, f bannitio: »
dies sind seine echten worie,
eb er in die bannung zog. IIerder 5, 157.
BANNUS, f dasselbe: bei straf der bannus und verdamnus.
Fischart bienk. 168'. man würde heute schreiben bannnisz.
BANNVOGT, m.
BAN.NWALD, ffl. ji7ra ineaedua: du soll dir kein bann-
wald pflanzen bei keinerlei bäumen (5 Mos. 16, 21). Reisz.ner
Jerus. 1, 107' ; er hat die bilder und bannwald abgehauwen. 1, 93'.
BANNWART, m. waldschütz, flurschtäz. weisth. 1, 182. 183.
670. 671. Frei garleng. cap. 13. 73. s. bannert.
BANNWARTER , m. als man etwan banwarter und hölcr
setzt {in reben und gärten), seh. und ernst cap. 188; bangart
oder bannwarter. Garg. 197".
BANNWASSER, n. veisth. 1, 669.
BANNWEIN, m. das recht mit ausschlusz anderer einselver-
käufer von wein an einem orte auszuschenken, x. b. weitth. 3, 364.
1119
BANNWORT— BANZBIRNE
BANZE — BAR
1120
BANNWORT, n. bannspruch.
BANNZAÜN, m. zäun, der den bezirk begrenzt: in die ban-
zune darkomen. weisth. 2, 177.
BANSAM, BANSEM, m. horreum, receplaculum frugum : als
aber allda {in der scheune) das gewässer auch zunimbt, Stei-
gen sie auf den bansam. Namsleri ergieszung der Katzbach
1608. Steinbach 1, 65 schreibt der bansem, Stieleb 94 der
bansen ;
bindt garben auf, füllt seine scheuer an,
die fast nicht mehr in bansen halten kan. Tscherning 124,
WO der numerus unsicher bleibt, gewöhnlicher ist banse.
BANSCH, BANTSCH, m. venter, wofür zunächst liegt franz.
panse, it. pancia, sp. panza, alle f., tat. pantex, doch auch
unser wanst == wämbes, m., neben wampe, wambe bauch zu
erwägen bleibt. Stalder 1, 133 bansch, bantsch schmerbauch,
banschli, bantli feller, schwerfälliger mensch, östr. barastl.
Maaler 5S* benserich, venter obesus. das engl, paunch, nnl.
pens f. verleugnen ihren Ursprung aus dem franz. panse nicht,
man nennt panse den ersten magen der wiederkäuenden thiere.
auch Fischart, von eingesalzner vjampe redend, schreibt pans
in der sulz. Garg. 53'. hier sind belege für die aufgestellte
form : und zumalkten sie, dasz ihr flugs der bansch so wehe
thate, dasz sie kaum mehr keucbsen kunte. Schoch slud.
leben Di; die vor dem groszen bantsch kaum kan drei schritte
gehn. Wiedemann apn7 1, 26 ; hänget an seinen bantzsche alles
vermögen. Praetorius Katzenveit 38. s. auch banze.
BAMSCHEN, BANTSCHEN, nach Stalder 1, 133 füllen, an-
füllen, in sich füllen, gierig mit vollen backen essen, gehört
zum vorigen, berührt sich aber auch mit bamschen. 1, 132 gibt
ihm aber Stalder die bedeutung von rütteln, stoszen, schlagen,
wozu sich bamsen, wamschen, gleichsam den wams, wambsch
ausklopfen hallen liesze.
BANSE, f. venter. s. bansch.
BANSE, m. oder f. horreum. Stieler 94 setzt an bans oder
banse m., das brem. wb. 1, 49 banse, kornbanse scheune,
Schütze im holst, id. 1, 67 banse, holtbanse, aufgestapeltes
brennholz, im Braunschweigischen ist banse der scheuneraum,
wo die garben geschichtet werden; zu ihrem glücke befindet
sich in einer nebenhanse {an der scheune) einer meiner leute.
westf. Robinson 136 ; demnach springt schon gcmeldter lustige
bruder aus der banse. 137.'
Das worl, bisher weder ahd. noch mhd. aufzuweisen, auch
der schweizerischen, schwäbischen, bairischen, östreichischen
Volkssprache, die dafür barn gebrauchen, wie den wörterb. von
Dasvpodiüs, Maaler, Henisch mangelnd, musz dennoch von
höchstem alter sein, da schon Ulfilas bansts gewährt, welches
wie ansts altn. äst, auf ein alln. hast schlieszen liesze, wofür
sich aber, ohne T, bäs stabulum, praesepe bovis, schw. büs,
dän. baas findet, bas würde einem goth. bans gleich stehen, wie
as dem goth. ans, und bans erreicht die hochd. formen bans,
banse, bansam. Noch mehr, auch ein ags. bös oder böse
praesepe bovis, analog dem ös für ahd. ans, altn. &s, ergibt sich
theils aus der ableitung bösig praesepe, thcils aus den Ortsna-
men Bösvurd {engl. Bosworth), Bösanhäm, Bösanhangra, Bö-
sehämburne in Kembles Urkunden; ja in nordengl. Volkssprache
lebt noch heute boose kuhstall. Die Vorstellungen scheune,
krippe, stall grenzen aber natürlich an einander {vgl. unten
barn), zumal wenn man im alterlhum ein flechtwerk von wei-
den und holz, wohin schon das lat. praesepe ßhrt, für diese
räume annehmen, und auf die wurzel binden zurückgehen will,
von der auch hast, weidenband, Hndenband herzustammen
scheint.
Auch mlat. und romanische Wörter begegnen hier, man vgl.
Ducance unter banastum cista, corbis, sp. banasla (DiezI, 56)
liansa vilis species, bansella corbis, bansta flagellum; franz.
banse, groszer korb. s. hast.
BANSEN, garben in die scheune legen, schichten, auch brenn-
holz schichten, sonst lassen, einlassen, eintasten.
BANSER, m. dispositor mergitum, der garben schichtet.
Frisch 1, 60* schreibt banzcr.
BANT, n. pl. bunter, bair. und östr. schelle, zumal für
weibsleutc: du bist en rechts bant! es benter! du liederliches
banl! Schneller l, 1S2. Höfer 1, 57.
BANTOFFEL, m. sandalium: tragen hohe Jiolzschuh oder
bantotfcln an den füszen. seh. und ernst cap. 216. i. pantofTcl.
BANTSCFl, s. bansch.
BANZBIRNE, f. volema, eine art dicker bimen. Frisch 1, CO*.
Nemnicb 42. im spott, eine dicke na$e. s. das folgende.
BANZE, «. kleines kind, dem der bauch noch hängt. Frisch
1, 60'. s. bansch.
BÄPP, «, puls, s. das folgende:
ach Till, es w'ard nur allzu weich,
das es eim brei und bäpp ward gleich.
PiscuARTs Eulensp. bl. 161.
BAPPE, f. puls densior, it. pappa: so haltet er dich für
ein narren und für ein kind, das man mit bappen geschweigt,
er {der Schmeichler) wil dir bappen einstreichen oder er wil
dir eselsoren machen und aufsetzen. Keisersb. Sünden des
munds 35"; kind geschweigt man mit bifpen {so), also lont
sie sich mit bappen geschweigen. vom weltl. lewen 54'. an-
dere stelle bei Oberlin 94. s. pappe.
BAPPEL, /". malva rotundifolia. Alberds; papelenkraut.
Dasypodiüs 12"'.
BAPPELER, m. nugator, babillard: solte ich mich nicht an
diesem bapplcr rechen? Philand. 1, 277.
BAPPELN, balbutire, garrire : fieng die buppe an zu schreien
und zu batielen 'mamma, mamma'I gespenst 206; der knan
und die meuder erwachten zum ersten, und indem jener
krüchzcte, diese aber mit ihm bappelt, wurden wir übrige
allzusammen munter. Simpl. 2, 43 ; lieszen ihn stehen zu bap-
peln als lang er wolle. Frey garteng. haha ist der erste laut,
den die kindcr stammeln, von baba beginnt alles schwätzen
und plaudern. baj)a mutier, papa vater, pappa brei.
BAPPERN, balbulife, was bappeln. Schmeller 1, 290 hat
babbern, die tippen unverständlich bewegen: wann du si mit
dem mund bepern siehst, so bis on zweifel, das si nit bete,
sondern das si lugin ausrede. Wirsung Ca/. R 4" ;
es klappern und bappern und blappern schlankbeinichte storche.
ßiRCKEN Pegnitz Schäferei 35 ;
er nam ein krcszling klein,
hielt ihn för sein maul von stund
und bappen mit ihm mit dem mund. Etring 1, 77.
man sagt auch, mil dem munde, mit den lippen vor frost
beppern, was zu beben gehören könnte.
BAPST, BABST, m. papa, mhd. bäbes, bähest, bei Kei-
SERSBERG stcht bald bapsl, bald babst, und Luther behielt die
altgewohnte Schreibung bei, wofür de Wette unbefugt in den
briefen papst durchführt, das Luthern nie in die feder kam.
dem papa thut ja das angehängte st viel gröszern eintrag als
die media, die wir in fremden Wörtern {der natürlichen laul-
verschiebung gerade entgegengesetzt) statt der lenuis anneh-
men, aus dem romanischen nom. li papes entsprang uns ha-
bes, welchem nach deutscher weise noch ein l zutrat.
BÄPSTISCH, papalis: kein bepstischer ablasz. Er. Alberüs
wider Jörg Witzeln mammelucken. B 6'.
BAPSTTHUM, n.
BAPSTTHÜMCHEN, n. o du armes dürftiges bapstumbchin !
Alberüs allda C4*.
BAR, abtaut von baren, mhd. bern, ahd. pcran, goth. bai-
ran ; ob aber ein beleg für das einfache bar noch in das ge-
biet der nhd. spräche fällt? baren = ferre wurde durch tra-
gen ganz verdrängt und nur gebären = purere dauert fort,
das letzte bar tulit mag im 14. 15 jh. gesprochen worden sein,
gebar peperit blieb geläufig, z. b. gelag und gebar, liocc. 1, 290*
d. i. lag nieder und brachte zur weit, auch das lat. fert ist
bringt; parit bringt zur weit. s. baren.
BAR, nudus, s. haar.
BAR, ein nicht für sich, nur in Verbindung mil einem vor-
ausgehenden subst. oder verbum .außrclendes adj., das goth.
mangelt, ahd. pari, mhd. ba-re, nnl. Ixiar lautet, und von
hären, mhd. bern herrülirl, wie das lat. fer oder ferus, gr.
f6{>os von ferre, fioeiv, was Ben. 1, 147* ohne grund leug-
net, denn fruciithar ist doch fructifer, yct^TtofOQOi, mhd. löt-
bicre niortifcr, inortiferus, d'avair,fÖQoe. mannbar drückt
aus nubilis, viripolens, quae virum fert, man hätte auch viri-
fera bilden können, oft aber weichen die bedeulungen aus und
bar läszt sich capax, nptus erklären, zumal in den erst spuler
enlsprungnen zusamrnensetzungen mit dem verbum: cszbar,
trinkbar, aptus ad edendum, bibendum, edulis, potabilis.
Pearhlcnswerth ist die schon mhd. anhebende Verkürzung
des ha-re in l)er: dankber Bon. 22, 43. 47. 125; unahtber
Rkrtii. 75. 114; liupper bei Neidh. für iiulba'rc; ßir vaihaere,
dem fall, mortuarium unterworfen, setzt eine urk. von 1414
im cod. zaringobad. n* 389 falber; kampher wunden sind
kampfljare (Hai.tal's 1065). bekannt sind aus noch jüngerer
zeit die sempcrfreien = sendharcn, sendpflichligen und die
schamperl ieder, unxücfUigen, schandbaren gesdnge; unterm volk
1121
BAB
BÄR
1122
kört man heuliges tages: der weg ist gangfoer, mit dankbrem
herzen, kospre f. kostbare gescbenke. chosperi stei, cbuppe
hat Hebel s. 270. 294 und lustberkeit 262 ; dankperkeit faitn.
tp. 1369. Melisscs ps. K s' seist scheinbar, gesiaUH sich aber
H4' ßr scheinbarem
mit scheinbrem scbmuk.
solchen «echsel ztcischen baar und gekürztem bre, bren weis-
sen sich niederländische dichter besser zu nutze zu machen:
en Pf, 0 grijzen, die met Troee besneeuwde hairen
de Woeste drifl bezuun der onbedwiri?bre jaren.
BiLOERDiJK liekte der gel. 1, 54;
Homer, onsterflijk licht vaa ongelijkbren gloed. 1,72;
beiaas! «rat gruwbre reeks van onafiieabre kwalen
TertooDt zieh. 1, 85 u. s. w.
Aveh im latein scheinen die häufigen Wortbildungen auf bris,
bra, brum irie celebris funebris, lalebra, cerebrura entsprungen
und verschoben aus feris fera ferum, mit ausgeslosznem rocal:
funebris funus ferens, lugubris tuclum inducens, cerebrum
quod in capiie fcrtur, iras man dann auch auf den nom.
celeber, october, november erstreckte, wir sähen also in pario,
Tero und diesem bris die tolhldndige reihe PFß, irenn man
nicht lieber das bris als älteste form ansetzen und ordnen will
BPF.
Die Üblichsien nhd. adj. auf bar sind: achtbar brauchbar
dankbar dienstbar ehrbar fruchtbar furchtbar jagdbar kampf-
bar kostbar lohnbar mannbar schandbar schöffenbar sichtbar
streitbar wandelbar wunderbar, mit dem rerbum können sie
leichter neu gebildet werden : brennbar denkbar dehnbar deut-
bar eszbar fahrbar hallbar kennbar lernbar lesbar genieszbar
schmelzbar sühnbar tragbar theilbar trinkbar wobnbar, beson-
ders wenn un rorausyelit: unabsehbar unbeiobnbar unbezwing-
bar unausdenkbar unannehmbar, in offenbar, ahd. ofanpäri,
mhd. offenbsere ist das erste wort part. praet. und enthält eben
die bedeutung ron manifestus, detectus. in tragbar erscJieinen
tragen und baren nebeneinander und bar = pari war an sich
schon ferendus oder porlabilis.
BAR, n. bezeichnete den meistersängcm eine bestimmte art
gesanges, über dessen beschaffenheit und Ursprung wir noch
keine genügende auskunß haben. H. Sacbs V. 3, 413*, als er am
schlusz seiner laußahn über seine dichterische Ihätigkeit rechen-
sehaß ablegt, gedenkt vor allem seiner in 53 jähren veifasz-
ten meislergesänge
darin ril schrifUicber bar warn
aus alt und newem testament,
hernach 414*
in einer summa diser bar
der meistergesang aller war
eben gleich iwei und vierzig hundert.
nach dem Dresdner meistergesangbuch n* 5 scheint bar oder
par {wie sonst bort) ein groszer aus verschiednen tönen zu-
sammengesetzter gesang {rgl. s. 1G6 — 176. 463. S02 dieser hand-
schriß.) in einem älteren gedielite Regenboge<i8 MSH. 3, 350"
ich lob ein roeistersinger schön,
der mir antwurt io di&em iöa
ein iruoi bariin oder zwei iij sines herzen gründe.
in dem Colmarer liederbuch steht rerzeiehnet ein ander par-
tben und ein ander par {mus. für altd. HL 2, 1«7), m einem
Hede {das. 225)
das sint XJI barant töne,
'vil schöner, guter, maisterticher gedieht par' heis^ et fastn.
sp. 1270 und 'das gcsiibent par' 1271, also deutlich n., der
mangel des umlauts in bariin weist auf birlin, folglich bAr;
am nächsten zu liegen scheint das beim orgeispiel erhaltne
laren, schnarren, gelinde und leise tönen, wovon auch die
barpfeife, bärpfeife eiH bnimmendes schnarrwerk den namen
hat, man vergleiche fries. bere clamor, baria clamare und
was sonst unter baren zusammengestellt ist. erwägt man nun
da*z eine andere meistertängerische gesangsart von schal-
len schall hiesz, im vocab. o. Ufe2 pardawe {s. bardauz),
schallmei und parda nebeneinander gestellt ist und bei Jsidor
barto genus organi vorkommt (Ducasce 1, 609*); so erklärt sich
bar mit der nebenform hartben ron selbst, barto, obgleich
an ßÜQßirov und bariton {ßa^at'os) mahnend, kann an-
dern Ursprung haben und es ist keine Verwegenheit, des ba-
ritus oder bardilus 6ei Tacilus hier zu gedenken, wenn auch
der keltische name bard für dichter nichts damit zu tekaffen
hat, das fractum munnur ohjectis ad os scutis alter ttrai aün.
bardi elypeus {ton berja pulsare) stimmen dürße.
BAB, n. par, franz. paire, heute paar geschrieen : ein bar
ochsen ; es musz ein jeder ein bar oarrenschucb vertreten, ver-
tritt er nicht mehr. He.msch 1S6; die pest belangend lehrt
ein geniischer apostel, es sei nichts bessers darfür, dann ein
gut new bar schuch, und dieselben von dannen gebraucht,
bisz sie brechen. Garg. 202'; stechen den feinden wie den
hünlin die gurgel ab, und fertigen sie also in ein bar stun-
den hinweg. 206*. für ein paar sagte man leicht zwei paar:
fwei bar schwarz leuchtend augea dar. fastn. tp. 1297.
BÄR, m. ursus, gen. baren (bei LirrBEB aber noch geschrie-
ben beer, beren und Pelr. 30* bem, tadelhaß ist der gen. des
bares Lohesst. Arm, 1, 266, dat. dem bare 2, 198, pl. die bare
2, 748 und Lessixg 1, lOS. 109), ahd. pero gen. pgrin, mhd.
ber gen. bem, mnl. bere gen. beren, nnl. beer gen. becrs,
ags. bera gen. heran, engl. bear. die goth. form leider un-
bekannt, aus offenb. Joh. 13, 2 und mehreren stellen des a. t.
würde sie erhellen, nach hd. weise würde sie baira, nach altn.
baims lauten, denn altn. gilt biürn, schw. ddn. björn, analeg
dem öm für ari {oben sp. 5). auch ags. besteht ein dem eara
= öm ähnliches beora, aber mit der bedeutung von vir for-
tis, hinter welcher doch woi die von umus liegt.
In den urverwandten sprachen stoszen wir auf ein anderes,
weit verbreitetes wort, dessen schon sp. 7S9 zu gedenken an-
lasz war, skr. riia = irxa, gr. ä^xroi == äo^oä, ir. gal.
arL, welsch arth ßr arct, lat. ursus ßr urcsus, litt, lokis ßr
olkis orkis, welchem ahd. elah, das auf ein anderes wildes
thier angewandt wurde, begegnet.
Wie nun aber pero, bero? pero, poro tst portator, lator
(Gbaff 3, 155. 157) und stammt ton peran ferre, altn. hat das
einfache beri diesen sinn behalten, möchte man das lat. fems
vergleichen und gleichfalls von ferre leiten? man erhielte dann
die einfache bedeutung eines wilden thieies. doch fems fera
scheint, dem e zum trotz, richtiger das gr. frjo ßr d'r,o, &r,~
^ioi'=golh.d\az, o/id. tior, nAd. thier, abliegend vonierrewie
heran und nie entfaltet aus diesem heran sicli sonst der be-
grif des wilden. Uesze nach der entstellten ni. form bare
sich ein baren, brummen erweisen, so würde das dem aus-
druck brummbar treffend begegnen; doch die alte spradie sagt
brimmen, limmcn, niemals beren oder baren, höchstens die
bärpfeife der orge! iröre unsicher heranzuziehen.
Jn der thiersage stellt unser alterthum den baren als den
köttig dar und der allnordiscJie, slavische, finnische, lappische
Volksglaube feiert ihn als ein höheres, heiliges wesen, dem
menschlicher verstand und die stärke von zwölf mänuern ein-
wohne, er heiszt waldkonig, goldfusz, süszfusz, honighand,
bonigtatze, honigesser, aber auch der grosze, der alte, der
alte groszvater, den Lappen namentlich aija {avus). das leitet
zu der freilich gewagten Vermutung, dasx auch bär, pero taler
bedeutet haben könne, das lat. parens = pariens geht auf
den vatcr, parere = generare, procreare auf den vater, wie die
mutter, bär gedacht als yovei<i, Toxn'v, der bärende, tragende,
zeugende vater, wie, wenn er goth. berusjis, beruseis geheiszen
hätte? berusjos sind dem Ulfilas parentes, yovtii, roxeU,
und bemseis gewährt ein uralles part. praet. acl. geboren, er-
zeugt habend, qui peperit. dies goth. beruseis, parens und
ursus, scheint nun wirkliche besldligung zu empfangen, die der
grammatik und thier fabel gleich willkommen wäre, dadurch
dasz die altn. spräche den baren auch noch bersi, gen. bersa
nennt, das siclier zu bera parere gehört und das S des goth.
particips bimscLs bewahrte, zugleich begriffe sich, wie biöra
ausser ursus auch vir ausdrücken, ja das ags. beura nur vir,
heros, ohne nebensinn des hären bedeuten kann, zahllose manns-
namen sind ahd. mit pero, alln. mit biüm, ags. mit beora
gebildet, bersi, assimiliert bessi gemahnt an die koseform
hetz == bär, vgL allfranz. Patous; alln. kommt auch bdmsi,
bingsi, ursus immer mit demselben S zum Vorschein, ja wer
kühn sein wollte, dürfte das 1 tA rikäa, ä^/xaos, urcsus ur-
sus hinzunehmen und auf diesem ins dunkel der urzeit sich
verlierenden wege berührung zwischen beruseis, l)ersi und
ursus, af>CToe ahnen, wenn auch bei ganz verschiednen wur-
zeln, unser b9r läszt dies S fahren, wie das keUiseke art,
d. h. bedient sich der praesensform.
Dieses Versuchs, in seinen Ursprung zu dringen, war ein mit un-
serm alterthum und manchen auffa.'.sungen der vorieii zusatnmen-
hängendes wort ridthmtmen werth. merkwürdig setzt die thier-
fabel dem fränkischen künigthum des töwen ein deutschet,
alemannisches oder tdeksisches de« barea entgegen mmd wahr-
tckeinlich lange tckon tiattden die roke», ungeleekten, wi^»»
71
1123
BÄR
BÄR— BARBE
1124
schU/fenen Deutschen in ihren ieäldem dem verfeinerten leben
der romanischen Völker gegenüber; ruß doch noch im Nathan
Daja dem tempelherrn, der sich selbst einen plumpen Schwab
nennt, die worle nach:
so geh, du deutscher bär! so geh! — und doch
musz ich die spur des thieres nicht verlieren.
Lessing 2, 225.
{vgl. bärensprache). der bär brummt, du alter brummbär!
frauen nennen ihren mann gern einen bär und sagen er brumme ;
der bär /ieJs2< auch ein alter knasterbart, und knisternde
Zähne werden ihm beigelegt:
underdes gaf en goih eventur,
dat sei einen wilden beren grepen ungehur,
dei was ser vreith van gebaren,
mit gnisterden tennen dede hei sei verferen.
Soester felide s. 654.
weidmännisch wird ihm gleich dem menschen band, finger
und gang zugeschrieben, weil er sich aufbäumen, emporrich-
ten und aufrecht gehen kann (von welchem erheben einige sei-
nen namen ableiten, dies ist aber bern ferire, nicht bern ferre) :
und zwen beren giengen ausz dem wald und zerissen XLI
kinder. Keisersb. Sünden des tnunds 38' nach 2 kön. 2, 24, wo
Ldther kamen setzt, vgl. Nib. 902, 2 : da der bere gie. Wann
der bär im moos liegt heiszt mitten im winter, er ruht dann
faul in seiner hole, saugt an seinen talzen, an den hungerpfoten :
als der ber sauget die clo. fastn. sp. 1310.
Man sagt den baren fangen, stechen: in voller weis
{in der trunkenheit) wollen sie alle den beren fangen und
binden helfen (kühne that verrichten). Kirchhof disc. mit. 58 ;
nun gedachte er den beren (den eingeschlichnen liebhaber) zu
fangen und vernagelte die eine thür. wendunm. 296';
mit arbeit sticht er keinen bern. 11. Sachs I, 522,
wenn ich im ob dem hals nit bin
so sticht er warlich keinen bern (ist er kein Held). 111.3,68';
mehr dann ein feiner kriegshelden haben, wann sie mit wein'
begossen, den beren allein stechen wollen, und es zu heisz
gewagt, ihr leben oder gesundheit verloren. Kirchhof mil. disc.
92 ; man soll die bärenliaut nicht verkaufen, ehe der bär ge-
stochen ist. SiMROCK 722. Henisch 233; du suchst den baren
und stehst vor ihm. 723 ; es ist besser einen baren loslassen
{unbesonnen sein) als einen hären anbinden (schulden machen).
724. so wurde das hären anbinden oben sp. 296 erklärt,
und in diesem sinne heiszt es offenbar: so behelfe er sich
nunmehro mit borgen und bände (für binde) einen hären
nach dem andern an. ehe eines weibes 114; o die baren sol-
len ihn nicht beiszen, die er etwa hier angebunden hat. Lenz
1, 223 ; ich habe diese messe verschiedne bare loszubin-
den (schulden zu bezahlen). Rabener 3, 359 ; die baren (schul-
den) abbezahlen, der arme mann im Tockenb. 189. anderemal
aber, wenn ein persönlicher dativ daneben steht, bedeutet es
was einem aufbinden, die Unwahrheit melden, fallere, lügen
weis machen (oben sp. 622) : wer dir wol den hären angebun-
den haben mag? Wiei.a\d 8, 261; da wurden wir gewahr,
dasz uns der wirt einen grausamen baren angebunden hatte.
Jucundiss. 206, während sonst umgekehrt die gaste dem wirt
baren anbinden, nicht anders in der oben sp. 296 falsch ge-
deuteten stelle: also dasz ich ihnen, wenn ich nur aufschnei-
den wollen, seltzame hären hätte anbinden können. Simpl.
1, 296 (298). nach beiden erklärungen (dem borgen und lügen)
pflegen aber mehrere hären hinter einander angebunden zu wer-
den, den baren treiben ist kuppeln, wahrscheinlich weil
die bärentreiber gelegenheit hatten liederliche leute zu unter-
stützen (s. bärentreiber): im Calistus sagt Melibia zur Scele-
stina: ich will dich aber wol vergwisen, du schandloser, un-
erbarer sack, das dir von diser deiner botschaft kein andere
belonung, dann du wol verdient hast, werden soll, ich will
verschaffen, damit du gott mit deinem berentreibcn nicht mehr
erzürnest, das dir deine recht und du ab diser weit soll gc-
thon werden. Wirsunc K 4" ; den baren treiben kundt. Bocc. 2, 75';
das ich im treiben hilf den bern. H. Sacus I, 516;
von diser kirchweih ich gedenk
zu erobern ein giiic schenk,
wann ich (die maqd) hab zwischen beiden lieben
den beren je irewlich getrieben. IV. 3, 3';
ihr seidenstrickrin müst bei mir bleiben
und mir helfen den bern treiben,
die mcrlcin (kundschaft) hin und wider tragen. ArnsR 193'.
wir würden diese nur in schrißen des 16. 17 jh. wiederkehren-
den und verdunkelten, wahrscheinlich uralten redensarien hes-
ser verstehen, wäre die mhd. pnesie weniger auf das welschi,
mehr auf das einheimische gerichtet gewesen, Nib. 891 bindet
Siegfried den baren an den sattel und läszt ihn hernach
(898. 899) in die küche los, das war deutscher scherz und
tust, gleich dem bärentanz. andere gebrauche kommen bei den
susammensetzungen in betracht. der bär greiß die menschen
nicht an, wehrt sich erst angegriffen und wird dann grausam
und unbarmherzig; das erbarmen ist zu baren geflohen.
Schiller 142. Manche pflanzen, wie nach dem wolf, hat das
alterthum nach dem baren benannt und dabei mythische Vor-
stellungen untergelegt.
BÄR, m. aper, gen. bärs. Hohberg 2, 305'. 307", dem vor-
ausgehenden völlig unverwandt, ahd. per, mhd. her (Ben. 1,
104'), ags. bär, engl. boar. würde goth. bair gelautet haben,
wie das langob. sonorpahir, sonorpaiz bestätigt, gesch. der
deutschen spräche s. 695. s. beier.
BÄR, m. ein schwerer klotz zum einrammen, einrammeln der
pfähle, rammklotz, stampfklotz, ungewisser abkunß, vielleicht
von beren, schlagen, denn kaum zu denken ist an die thier-
fabel von dem hären, der seinen köpf in den spalt eines bal-
kens steckt, auch böhm. heran.
BÄR, m. im bergwerk aßern oder abginge bei trocken ge-
pochten koboldausschlägen. s. bärenschlamm.
BÄB, m. im festungsbau ein starkgemauerter querdamm mit
scharfem rücken, franz. batardeau, soll aus einem mlat. herum
stammen. Frisch 62'.
BARÄRSCHIG, nudis natibus : aber meim Schulmeister wars
erlaubt, wann ich in nöthen mein nestel auf allen ecken ver-
knipft, der schnitt sie mir so lustig auf, das ich barärschig
vor ihm niderful. Garg. 286'.
BARBAR, m. homo peregrinus, incondita lingua loquens,
humanitatis expers, noch nicht bei Luther, Dasypoüids und
Maaler, zuerst bei Henisch. doch haßel im 11 jh. und später
die griechische und lateinische belonung :
wer sind wir? sind wir die,
vor den der bärbar oft voll zittern auf die knie
gesunken ? Gryphius 1, 7 ;
verrathen durch den freund, den, den der bärbar ehret,
erwürgt der blulfürst, ach. 1,22;
der bärbarn liebe. Lohenstein Cleop. 22 ;
bis du der bärbarn stolz voll gröszern stolzes dämpfest.
Uz 1, 142 ;
von verschwornen bärbarn überfallen. Rahler 1, 75.
man schrieb und sprach auch um 1700 im pl. bärbern. Allmd-
lich aber drang die französische ausspräche barbare wie Tartare
durch : barbär, barbär, Tärtär, Tartar, pl. barbaren, Tartaren :
sie liefen mit zerstreuten haaren,
und warfen schon vor angst halb todt
sich vor den feldherrn der barbaren. Gellert t, 139;
so hart als auch der feldherr war,
so könnt er doch dem zauberischen flehen
der weiber nicht ganz widerstehen.
denn welchen mann, er sei auch zehnmal ein barbar,
weisz nicht ein weib durch thränen zu bewegen? allda;
der morgen kömmt, und Lucia
ergibt sich thranend dem barbaren. 1, 240.
der frauenname Barbara (verkürzt Bärbel), gr. Ba^ßäga, be-
hält den ton auf erster silbe, desgleichen bdrbar, bärber, ein
Pferd aus Africa.
BARBAREI, f betont bärbarei, einmal der landstrich in
Nordafrica, wo die Berbern, oder jedes land, wo barbaren
wohnen; dann aber inhumanitas, crudelitas:
auf einmal wachet auf
die ganze bärbarei, ein heer von Gothen, Wenden.
Canitz ;
dasz in der bärbarei
auch was zu finden sei,
das nicht barbarisch ist. Fleiiing;
unser jetzige zeit hat sich solcher bärbarei billich entschüflet.
Scnuppiüs 779 ; der stärkende Winterschlaf einer neuen bär-
barei. Lichtenherg 4, 28.
BARBARISCH , barbarus, incultus, inhumanus. das 17 jk.
müste leicht gesagt haben harberisch, barbrisch, heute fällt der
ton wie in barbar : das heiszt barbarisch mit sich und andern
verfahren. Gellert 3, 345 ;
ein denkmal, barbarisch ausgeschnitzt. Götter 1, 140.
BARBARZIER, f. decus barbarum:
unverlookt von dem walm, welcher mil barbarzier
Schönheit selber verschönt. Voss 3, 214.
BARBE, f cyprinus barbus, ein edler fluszßsch mit vier
bartfedem, wonach er genannt ist, ahd. barbo m. Graff 3, 207.
it. liarlio, franz. barbeau, auch rothbarf, slninharbc, barf und
barme: groszc fisch kaufen, die man vor zu stücken hawt,
1125
B ARBEHUKD — BARCHAT
BÄRCHEN— BARDEN
1126
eb das man sie kocht, als karpfen, becht, barben und der-
gleichen, darnach schmecket dem knecht sein maul. seh. vnd
ernst cap. 287 ; Schmelzl lobspr. 92 ;
rurolken, barb,en, becbten, schleiea,
grundlen, bersich, groppen nach der reien.
WiCKRA« irrreitend bilger bl. 16;
hier sah man
karpfen, barben, becbt nnd lachs. Grtphids 2, 64.
BARBEHCND, m. zum barbenfang abgeriehleler hund : im
maul holen, wie unsere barbehund. Garg. 179'.
BARBEIN, nudipes, altn. berbeinn, schw. barbent, dän. bar-
benet. das gold im feur lauter und parbein machen, par-
bein gold. Matuesiüs conc. 4. Frisch 2, 72' nimmt das ßr
probiert gold, es scheint aber nacktes, unvermischtes, bloszes.
BARBEIMG, nudis pcdibus, barfusz. Gützsow ritter vom
geiste 2, 12. höchst merkwürdig ist aber das in Estors ober-
hess. id. angeführte barbes en busbenig, wodurch die her-
leitung des bar aus bas bestätigt wird. Der mnl. dichter Pot-
ter sagt, ohne Zusammensetzung, absolut:
bars biens ghinc die coninc groot. 4,683;
doe bi al naect ghinc speien
baers biens ende bloter kelen. 4,704; .
KiLUEN baerscber been.
BÄRBEISZIG, ferox instar ursi, brummig, au/fahrend: thue
nur recht bärbeiszig! Chr. Fel. Weisze ; manchen bärbeiszigen
gelehrten. Münchhausens reisen s. 31 ; als der bärbeiszige Schwa-
ger ins haus trat. Güthe 30, 120; dem widerspricht der bär-
beiszige Eustach. 55, 155; ich kann schon den geruch von
dieser mystik nicht ausstehn, bärbeiszige Unvernunft! Tieck
3, 279.
BÄRBEL, f. barbulus, was barbe:
barbeln han ein süszes meulcben,
brachten jenen reuter von seim geulchen. Garg. 54\
BARBEN'KRAUT, n. barbarea vulgaris, auch barbelkraut,
barbenhederich, winterkresse, weil es die barben im bach fressen.
BARBERITZE, f. berberis vulgaris, gewöhnlich berberitze:
hagebutten, barberitzen. Brockes 9, 154.
BARBES, s. barfusz.
BARBESTAND, m. pecunia residua, summa: barbestand der
casse, barvorrath, ein jetzt häufiges wort der cassenführer.
BARBIER, tonsor, bartscherer, bartputzer, halbier, was man
sehe.
BARBIERBECKEN, n.
BARBIERBEUTEL, «j. Göthe 14, 305.
BARBIEREN, tondere, den hart abnehmen, scheren, putzen,
rasieren, einen über den löffel barbieren.
BARBIERER, m. der ältere ausdruck für barbier : wann ein
barbierer durch die weit will und hat nur sein bindzeug.
ScHCPPiosSO; es ist ein barbierer bei mir gewesen. 4SS; dem
mädel fehlt was, musz heunt den barbierer befragen. Fr. Mül-
ler 1, 235.
BARBIERGEHCLFE, m.
BARBIERGESELLE, m.
BARBIERISCH, tonsorius : barbierisch, baderisch oder hümple-
risch gehandelt. Paracelsos 1, 1010*.
BAHBIERLOH.N, m.
BAHBIERMESSER, n.
BARBIEHSACK, m. Göthe 14, 269.
BARßlERSTUBE, f.
BARBIERZEÜG, n.
BARCH, m. poreus, poreus castratus, verres, ahd. parub,
paruc. GRArr 3, 207 ; barcb und berz, verschnittner aber, ma-
jalis. Maaler 50'; heule nur in der Volkssprache einzelner ge-
genden. $. barg.
BARCHANT, m. was barchat und barcbent, H. Sachs I, 407*
schreibt parchant, im reim auf gwand.
BARCHANTER, m. barchenlweber, deren es sonst zu Augs-
burg 6000 gab. Schseller 1, 194. s. das folgende.
BARCHAT, m. heute barchet, barchent, aus dem mlat. bar-
chanus, parchanus (Sch». 1, 193), mhd. barkän (Ben. 1, 89"),
dofh steht schon joppe parchatln. MSII. 3, 309" ; später ein aus
lernen und baumwoUe dicht gewirkter starker sehr verbreiteter stof:
die Schwaben machen barchet, der ein leinen zettel hat und
ein baumwollenen inworf. Mümster 850. Zur Volksbelustigung
wurde an festlagen um den barchat gelaufen oder ge-
jagt: sie pleibcn im sack stecken und werden auf der kirch-
weih den barchet mit laufen nicht erjagen. Fn^cnhm bienenk.
60*; schürzen ire hembder mit eim gürtel auf, als woltens
um den barchat laufen. 149*; noch viel minder vergasz die
lieb Grandgurgel die ordenliche kirchweihen, die mesztag, die
jarmärkt, da lindiert er, kelberiert er, dorfariert er, kegelt,
sprang umb die hosen, jagt umb den barchat. Garg. 51' ; da-
her kommt auch palgen, walgen und bellum, dasz man den
fuchs umb den palg und feil jagt, darvon ist noch das spiel
'umb den barchat jagen' und 'haar auf haar*. 194'; dann ich
wolle viel lieber todt als ein solcher bernheuter sein, der nur
da stehet und zusihet, wie tapfer andere ehrliche und wol
mondierte Soldaten sich umb oen barchet jagen. Simpl. 2, 66.
aus den von Schmelleb 1, 194 gegebenen belegen erhellt, dast
ein luch beim wetllauf ausgesteckt wurde, um das zuerst die
Junggesellen, dann die Jungfrauen sprangen; eine nähere Schil-
derung steht fastn. sp. 1352. 1353; auch Mur>er:
wie die von Basel und von Bingen
umb ein barchet wollen ringen, schelmenz. 6*.
vgl. das ältere barlaufen.
BÄRCHEN, n. ursulu^:
selbst aufrecht lernt ein bärchen wandern
und steigt nach honig wie die andern. Voss 5, 87.
BARCHEN, ni. was barchat, barchent, böhm. barkan, bar-
chan : streiche das schmalz auf ein leinen tucb oder bareben.
Tabersaemontascs 619. löcher in den bareben (ins bettuch)
reiszen, schnarchen.
BARCHENT, m. die heute feststehende form: er hat mich
eins in parchent gekleidet. Scbweikichen 1, 73 und oß. s. bar-
chat, barchet.
BARCHENTSCHAU, f. zu Ulm, wo viel barchent gewoben
wurde, galt strenge barchentschau. Jägers Ulm s. 639. 647. 649.
BARCHENTSTUHL, m. weberstuhl zum barchent.
BARCHENTTUCH, n.
BARCHENWEBER, m. Schcppics 57.
BARCHET, m. was barchat, barchent: seiden Ton Venedig,
barchet von Ulm. Fischart groszm. 134; tuch oder barcheL
Wicrram rollw. 44 ;
was gilts, er wird dort barchet stehln. ätrer fasln. 17'.
BARDAUZ, ein ausru/" «fje klatteratatsch ! paf! und ähjjliehe,
plötzlichen knall und fall bedeutend, früher auch pordutz!
perdutz !
und fiel bardauz! in schnee. GöKiHeK2, 220;
an einem hübschen morgen gibt er mit dem ellbogen seinem
kameraden einen schuh, und bauz, baradauz ! liegt er am
boden ; perdutz I da lag es; pordutz! lag der bienstock auf
dem boden. Simpl. 2, 336. lelt. ist spert wie der donner ein-
schlagen, litt, spirdyti, spardyti stoszen, schlagen, vgl. das
unter bar beigebrachte bardawe d. i. bardau.
BARDE, m. poeta, des Strabo utid Ammianus nachrichten
von den keltischen barden waren längst bekannt, und auf alt-
deutsche dichter unanwendbar; die Zusammenstellung des ger-
manischen barditus oder baritus Tac. Germ. 3 mit jenen bar-
den {vgl. oben unter bar), brachte im 18 jh. einen ungedeihli-
chen, bald wieder vorüber gegangnen bardenunfug hervor, der
doch den ausdruek barde für dichter in unsere spräche einge-
führt hat:
wenn du voll Vaterlands
aus jenen hainen kommst, wo der barden chor
mit Braga singet. Klopstoce;
ja bei barden
wuchs ich mit dir in dem eichenbain auf;
ein barde hiesz aus frommer püicht
ein ganzes heer von silben ringen. IIagedobn 2, 55 ;
frommer barden chor. Voss 3, 26;
wenn sich der barden sang
durch das hallende thal ergosz. Stolberg 1,6;
straszcnbarden. J. Paul biogr. bei. 1, 156. man vgL GOtbb 33,
71—77.
BARDE, f. gestus, ahd. pJrida Graff 3, 150, mhd. barde
Be!*. 1, 149*, ößer kipdrida, geha-rde, gebärde : einen zeddel
voll seiner hässigen wort und bürden. Luthers br. i, 309 ; er
wird nicht nach geschrei und barden crkant. 1,319;
do weis noch berd sich eiget nicht, fasln, sp. 1264;
in aller weis und bärde,
als ob er wer ein gertner. UHLAND848;
des teufeis larvenspiel und spot,
darin durch falsche berden
die weit er gar beireuget. 921.
BARDEN, gestire, gebärden: schreien, bürden, viel plau-
dern. Luthers br. l, 318 ; wie eine braut in irem geschmeide
berdet. Es. 61, 10. in Luthers werken steht daßr ohne %m\-
laut barden: (fein were es), wo die umbligende stedtlin und
dOrflin mit einer stad gleich bardeten. 3, 277*.
71*
1127
BARDIET — BÄRENHATZ
BARDIET, m. soll bei Klopstock jenen barditus bei Tacitus
ausdrücken, er sagt: wir haben barde nicht untergehen las-
sen und was hindert uns bardiet wieder aufzunehmen? we-
nigstens habe ich kein eigentlicheres und kein deutscheres
wort finden können, eine art der gedichte zu bezeichnen,
deren inhalt aus den zeiten der barden sein und deren bil-
dung so scheinen musz. 8, 243.
BARDISCH, poelicits, dichlerisch: der bardische quell. Klop-
stock 1,245; die verlornen bardischen denkmale. 3,170; diese
genauigkeit scheint unumgänglich, wenn ein bardisches ohr
die kunstreiche harmonie eines Flaccus fühlen soll. Lessing
3, 209 ;
der esel sang mii bardischem geschrei. Pfeffel 1, 128.
BARE, n. rrassa, pera, mhd. bßre (Ben. 1, 105'. 106') : beren
in den bach setzen, weisth. 1, 23; man pflegt sie zu fahen
gemeiniglich mit garnen, baren und dergleichen instrumenten.
Forer 164*.
BAREIS, n. eis das blosz, baar liegt, unbedeckt von schnee.
BAREN, procedere, se gercre, gewülinticlier gebaren, ahd.
gebaron (Graff 3, 151'): denn wie e. k. gn. damit wil faren
oder baren, sol es geschehen. LornERS ftr. 3, fl9; der hundert
gülden vermag, baart als vermüge er zwei. Frank laster d3;
daselbst baret er, als wer er von seinem sun verlriben.
Chronik 149*; das man vor fürwitz schier nit mer weiszt, was
man an sol thun, oder wie man sol reden, paren, geen und
einher tretten. 524'; er sol auch nach gelegenheit der zeit
elwan baren, als förcht er iiim. Fronsp. kriegsb. 1, 176'.
BAREN, m. bei den Orgelbauern ein gedecktes, sanftes regi-
sler. baren schreien hat Schmid scbw. wb. s. 43 aus einer urk.
von 1532; harren, sublale et ferociter clamare more ursorum.
Henisch 192. Staloer 1, 136. s. bar, gesang.
BÄHEN, ferre, parere, goth. bairan, ahd. peran, mhd. bSrn,
»o/ur aber jetzt nur gebaren parere gilt, indem die bedeulung
von ferre dem tragen überwiesen wurde, fride beren erscheint
noch im j. 1320 weisth. l, 671.672; bärender bäum, fruchttra-
gender noch in der üfnung von Güttingen bei Püpikofer, wie
der Ssp. 2, 28 berende (bei Homeyer barende) bome sagt. (s.
bärhaft). Fischart Garg. 258' hat noch unbären = unfruchtbar
sein, von weibern. der Untergang des einfachen worts muste
auch den der schönen ableitungen barm sinus und barn infans
nach sich ziehen, nnl. dauert baren noch fort. s. bar.
BÄREN, ferire, verberare, s. beren.
BÄREN, marem appetere, von der bärin : die bärin bäret,
wie es heiszt die kuh öchseit, die Stute hengstet ; weiln die
bärin um diese zeit {gegen lichlmesz) anfängt zu baren (hitzig,
brünstig zu werden). Hohrerg 3, 342*. man sagt ebenso von
der sau, und dann leitet es sich von bär aper.
BARENBEISZER, m. canis molossus ursum aggrediens, ein
kurzhaariger, dickküpßger, schwarzschnauziger hund, dessen man
sich in der bärenhalz bedient, wie des bullenbeiszers gegen den
stier, nicht zu verwechseln mit barnbeiszer.
BÄRENBLUST, n. rhododendron ferrugineum. Staldeb 1, 135,
alprose.
BÄRENBROT, n. wenn der Mainzer waldbole auf die brot-
schau gieng, führte er einen baren mit sich, wofür ihm die
becher ein brot entrichteten, weisth. 1, 533, vgl. deutsche myth. 743.
RARENDRECK, n. rubus caesius, weil man den Strauch aus
dem koth des baren aufgehen liesz. auch fuchsbeere, bocks-
beere. Schweiz, ist bärendreck süszholzbaumsaft. Stai.der 1, 135.
BÄRENFANG, m. captura ursorum, die bdrenjagd, häufig
auch die angelegte grübe, in der sich baren fangen sollen.
BÄRENFACKEL, f verbascum thapsus.
B.ÄRENFENCHEL, m. bärwurz.
RARENFETT, n. adcps ursorum.
BÄRENFINDER, m. canis familiaris.
RARENFLEISCH, n. coro ursina.
BÄRENFÜHRER, m. duclor ursi, nd. barcntrekker, nn/. be-
renleider, der herumzieht und den bdren tanzen Idsit, $, bä-
renlreiber.
BÄRENFUSZ, m. pes ursinus; gilt auch vom plumpen, mis-
geslalteten fusze eines menschen oder pferdes. das ' pfcrd hat
bärenfüsze, wenn die fessel sich zu weit rückwärts biegt, auch
ein kraut, helleborus viridit, heiszt bärrnfusz. s. bärenklaue.
BÄRENGRüBE, f. loetts ursis cnpiendis: eine rnsidenzstadt
ist die bärengrube der protinz. J. Paui. lit. nachl. 4, 37.
BÄRENHAAR, n. zottiges, straffes haar.
BÄRENHATZ, tenatio ursorum: auf die bSrenhatz reiten,
Schiller 189*.
BÄRENHAUT — BÄRENHÄUTER 1128
BÄRENHAUT, /". pellis ursina, altn. biarnarfeldr, biörn-
skinn, biörnstaka. es musz davon in unserm nlterthum manche
sage umgegangen sein, deren die mhd. denkmäler geschweigen.
Thor, wie die vorrede zur edda meldet, war zwölfjährig schon
so stark, dasz er zehn bärenhüute zusammen empor hob: J)ä
lypti bann af iördu 10 biarnstökum senn. ein Sprichwort
sagt, die' bärenhaut verkaufen, eh der bär gestochen, für die
wiege sorgen, ehe das kind geboren ist; ein anderes, die drei-
zehnte bärenhaut verkaufen, reiche losung haben : doch wol-
len itzt die reiche kaufleut ires gelts glück und dasselb eitel
on Unglück, dazu anderer leut willen und mut verkeufen,
an welchen es ligt, ob sie verkeufen wollen, das heiszt die
dreizehende bernliaut verkauft. Ldtuer 1, 196", auch über den
Ursprung dieser redensart wäre genaue auskunß erwünscht, auf
der bärenhaut liegen galt von beiden, die im frieden be-
haglicher ruhe pflogen: quotiens bella non ineunl, non mul-
tum venalibus, plus per otium transigunt dediti somno ci-
boque, fortissimus quisque ac bellicosissimus nihil agens.
Tue. Germ. 15. auf der bärenhaut nicht zu verschimmeln.
Garg. 185'; auf der bärenhaut liegen. Schweinichen 2, 14; auf
der faulen bärenhaut liegen. Simpl. 1, 256. 2, 81 ; hatte auch
immer das glück nicht lange auf der härenhaut zu liegen.
Fclsenb. 2, 332 ; dasz ich die bärenhaut suchen und darauf
liegen könnte. 2, 391 ; ich, der ich sonst herum schwärme
den ganzen tag und plane wie ein rauhvogel, musz heut hier
auf der bärenhaut liegen. Göthe 57, 170; es kann aber auch
jene tradition der hörigen über die roheit ihrer herren sein,
die auf der bärenhaut lagen, und für die sie das feld bestel-
len musten. Niebühr 1, 93; ebenso sind unsre Statuen keine
müszigen Staatsbürger auf der bärenhaut, was karyatiden sind,
tragen häuser, was engel sind, halten taufschüsseln. J. Paol
TU. 1, 43.
BÄRENHÄUTER, m. homo ignavus, nebulo, ein vieldeutiges,
oß zur schelte, aber auch gutmütig, {etwa wie kerl) verwandtes
wort, zu dessen erklärung Simpl. 3, 895 - 904 ein märchen vor-
getragen wird, wonach ein der schlachl entronnener landsknechl
einem erlegten baren die haut abzieht und als mantel solange
trägt, bis er endlich im Rhein gebadet und seiner wüsten Ic-
bcnsart ledig geworden ist; vgl. biarnolpumadr in der alln.
Kormakssaga cap. 12 s. 114. perenheuter haben die face-
liae facetiarum s. 156. 158 ; ich habs mit meinen äugen ge-
sehen, das man auf einer hoclizeit herschafl und frembde
leut mit einer lagel Reinfal verehret, die man unrath zu ver-
hüten ins breutgam Stuben auf ein tisch satzte, das ein tisch-
diener, so oft er ein becher einliesz, so oft söffe er allweg
einen in sein iials, darauf schenkt er ein schreckeberger.
sol das nun von ehren wegen zur hochzeit gehen, oder solch
gering geschenke ehrgelt heiszen, das braut und breutgam
und beiderseits freundschaft zu ehren geschenkt werde, so
weisz ich nicht, was hier- und weinörten oder jarküchler und
bernheuter heiszen. Jon. Mathesii »om e/ies/and und haus-
wesen fünfzehen hochzeitpredigten. Nürnberg (1563) 4. Ddd*;
meid seufer, schlemmer und vergeuler,
meid lose buben, beb renheute r,
meid miisziggenger, spiler, dopler
meid huren, hurenfürer, kopier.
Ambii. Lobwasser bewerte tixfmm patrum, aus dem
tatein ins deutsche mit gleichen reimen gebracht.
Leipzig 1579 8* s. 310;
ja Ciipido, du b e e re n h ä u t e r,
du hast verderbt einen guten reuier. Gbtpuids 1,736;
wäre er kein bernheuter gewesen, so hätte er allen redlichen
Soldaten zum spott diese schändliche arbeil nicht verrichtet.
Simpl. 1, 53; in diesem deinem stand nimbt sich aber kein
mensch deiner an, und du bist der allerverachtcste bernhüu-
ter, der sein mag. 2, 7; ich werde kein schlechter bernheu-
ter sein, wenn ich mich nun auch aus4ileiden (herausputzen)
werde. Sciiocii slud. leb. H2; ich hätte doch wol so einen
nackigtcn berenheuter gekriegt. Weise erzn. 10; verzagte be-
renheuler. 224; aber dasz ein christ dem tode gleichsam vor
der thüre wetzt und ihn herausfordert, als einen andern be-
renheuter, das ist fürwahr eine von den grüszten Schwach-
heiten. 315; ob es rühmlich ist, wenn man sich im kleider-
Rchrank als ein ander bärenhäuter verschlieszen läszU kl. leute
58 ; diese Belise aber, so einen bärcnhäuter ihrer Schönheit
theilhaftig macht. 26; aber ein solcher bärenhäuter will den
faulen schelmsack alle tage gcfüllet haben. 205; uns trennt
kein alter bärenhäuter. maulaffe ii;
aber u der b.irenhnuter
taugt 80 kaum zum glockcnlftuter. 57;
1129 BÄRENHÄUTER — BÄRENLAÜNE
sei still, 14 Schneider,
14 bernlieiter,
ein gaisz und ein bock
ist just ein halb schock, fliegenwadel 13;
hier salzt es nichts als bärenhäuter. Gcxther 163 ;
man könte den elendesten, verlaufenen bernheuter nicbt är-
ger tractieren. ped. scliulfuchs 84; was habt ihr bärenhäuter
da zu wetzen? Sclielmufsky l, 56; ich hielte ihn vor keinen
braven kerl, sondern vor den allerelendeslen bärenhäuter auf
der vielu I, 73; o sapperment, wie verdrosz mich das ding,
^asz der bärenhäuter mir von solchen sachen schwatzte.
1,135; bärenhäuter stehl Felsenb. 1,31; bärenhäuter, du hast
dich gebalten als ein resoluter kerl. 1, 32 ; so sind wir doch
nicht die einzigen bärenhäuter gewesen. Lessi.ng 3, 41; ein
dummer bärenheuter. Cur. Fel. Weisze poeten nach der tnode
3, 3 ; Moser palr. ph. 2, 297. 3, sO ;
wenn sies nicht hat, bin ich ein bärenhäuter. Göthb 7, 80;
der oberkeller ist so so, aber doch fast ein ehrlicher mann,
wenn man ihn gegen die andern bärenhäuter vergleicht. Fr.
Müller 1, 279 ; bei der ganzen pastete dauern mich die zwei
Mosler, die des goldschmieds mädel zu bärenhäutern gemacht.
2, 51. Diese gehdußen beispiele sollen das ursprünglich un-
verlelzende der torsiellung durchblicken lassen, der die haut
des baren anlegende krieger kommt dem baren selbst gleich,
der sieb tcinlers auf die faule haut strecJct und an seinen tatzen
saugt, bis die zeit des hervortretens wieder naht, in solchem
sinn ist der bärenhäuter auch dem ascbenbrödel ähnlich, den
eine Zeitlang der schmutz der küche birgL die Böhmen sagen
pecauch, peciwal, peciwälek für beide.
BÄRENH.lLTERBANK, f das liederlichste volk, das auf der
bärenhäuterbank sitzet, causenmacher 63.
B.\RENHÄLTEREI, f inertia, uequitia: capitain lügner von
der bernhäuterei. Gbvphics 1, 765.
BÄHENHAUTERISCH, iners, ignatus.
BÄRE.NHÄUTERZEL'G, n. pannus Uno lanaque textus. Stie-
ler 2175. 2626: die hörner des bocks waren verguldet, sattel
und chaberaque von bärenheuterzeuge und mit schellen be-
hangen. Felsenb. 2, 414.
Bärenhetze, f was barenhatz.
BÄRENHLTER, m. arctophylax, arclurus, das gestirn Bootes.
BÄRENJAGD, f. ursorum venalio.
B.\RENKÄFIG, m. carea ursi. Eberlix lob der pfarrer der
VII bundgenossen. 1521 4' a 5.
B.\RENKASTEN, m. dasselbe.
BARENKLAIE, /". ungula ursi, bärentatze, bärenpfole. die
bärenklauen saugen bedeutet kümmerlich zehren:
die hofsuppen musz ich wol dewen
und musz die beruiiklatven saugen,
meins elends kan ich nicht verlangen. H. Sachs II. 4, 5*.
Unter den kräutem heracleum sphondyliurn, dentsche bären-
klau, it. brancorsina tedescha, nnl. beerenklaauw, schw. björns-
loka, dän. björneklov. man sagt auch borst, porst, bartsch,
franz. la berce, lelt. bahrksches, poln. barszcz.
BABEiNKLAUBLATT, n. ein zierrat am seulenknopf, nach
der gestalt des blatles der pflanze.
BÄRENKLALDISTEL, /. eine distelart.
BÄRENKLEE, m. Steinklee, melotenklee.
B.4HENKN0BLALCH, m. atlium ursinum, s. bärenlauch.
B.XRENKOTH, m. stercus ursi, bärendreck. in den berg-
hütten, das unreine, beim schmelzen oben schwimmende.
BARENKRAUT, n. rrrbascum thapsus.
B.XRENKRIS, in Schwaben niedres Strauchwerk, buschholz;
soll das sein chriesi kirsche, oder griesz stein, sand?
B.\RENLAPPE, m. lycopodium elavatum, auch bärlapp, bär-
lappe genannt, eine urk. ron 1303 bei Heinr. Schreiber n* 67
hat den mannsnamen Bernlappe, und ahd. lappo ist palma,
palmula, hand, folglich pfole, talze, so dasz barenlappe wie
härenfusz, bärenklaue zu fassen wäre, lycopodium Äei«/ narA
dem wolf, dän. ulvefod, engl, wolfsclaw, 'sonst auch nach dem
lOwen löwenfusz, was mit bärenfusz mythisch einerlei. Der
gelbliche, entzündbare samenstaub, semen lycopodii, hexenpul-
ver, sulphur regetabile dient auf der $ehaubühne xum blitz
machen :
»eine blitze sind nur von bärenlappen. Wielano 20, 216.
BÄRENLAUCH, m. allium ursinum.
BARENLAUiNE, f. morosUas , brummiges wesen: er ist
heute in seiner bäireDlaune.
BÄREMIOOS — BÄRENTRAUBE
1130
BÄRENMOOS, n. polytrichum.
BÄRENMUTZLE, n. ursulus. Maaler 48', und xu Bern heisxt
der bar noch heute der mutz, vielleicht von mutzen, zustutzen,
putzen (s. aufmutzen), weil die baren ihre unförmlichen jun-
gen grosz lecken?
BÄRENOHR, n. auris ursi, das kleine, gestutzte ohr des
baren. Linnaeus gab ausländisclien pflanzen. den namen aretotis.
BÄRENÖHRLELN, b. auricula ursi, primula auricula, we-
gen der ähnlichen gestalt.
B.ÄRENPFENNING, »?». eine kleine münze, s. batz.
BÄRE.NPFOTE, f. pes ursinus, dann ein unter vielen na-
men bekannter schwamm, clavaria coralloides, sonst auch bä-
renpratze, hirschling, geiszbart geheiszen.
B.ÄRENPRATZE, f dasselbe, auch ßr boletus ramosissimus.
BÄRENRAUPE, f. die grosze, rauhbehaarte raupe des ba-
ren, phaiaena caja, eines nachtschmetterlings. man sagt auch
schlechthin der rothe, der schwarze bär von solclten raupen.
BARENREISZER, m. ein feiger prahlhans: pfarrenreiszer,
die nur ibren lust haben, den leuten auszuschneiden und
häuser nider zu reiszen, darumb beiszen sie bärenreiszer,
sind freche Parides, die in den toden Ächillem stechen, sind
basen, die umb den toden lewen danzen und ihm den hart
ausreiszen, daher sie beiszen vom hart reiszen. Garg. 149'.
der sinn scheint: farrenreiszer, die sich an einen farren, bären-
reiszer, die sich an einen baren wagen wollen, s. das folgende.
BÄRENRLNGER, m. und zog also der eisenfresser und be-
renringer seine pfeifen ein und traf einen andern weg nach
hause. Cvr. Spaxgenbergs jagteufel 1560. 4' M4*. der Jäger
bei Aesop, dem der hirte einen löwen zeigen soll, den löwen
vertritt wiederum der bär.
BÄRENSCHLNKE, fTi. petaso ursi, galt sonst, nebst den
tatzen für ein leckeres, vornehmes gericht.
BÄRENSCHLAMM, »i., bergmännisch was bärenkoth.
BÄRENSCHM.\LZ, «. adeps ursi, ausgelassenes bdrenfett.
BÄRENSCHOTE, f astragallus glycyphyllus, auch wolfs-
schote.
BÄRE.NSPIEL, n. ludus ursi, der bärenlanx und die Ver-
kleidung in baren, ehmals eine grosze volkslust: mit zweien
lauten und bärenspiel. pers. reiseb. 1, 4. deutsche mythol. 745.
BÄRE.NSPRACHE, /. bezeichnung der deutschen spräche {s.
oben deutscher bär) : so füichte denn niemand (wie Fichte im
j. 1809), dasz wir unsere bärensprache verlernen werden.
J. Pacl nachdämm. 99;
sonderbar! wie wolbekanni
dünlu mir diese bärensprache.'
bab ich nicht in theurer heimat
früh vernommen diese laute ? Hewe Atta Troll 13.
BÄRENSPRUNG, m. saltus, sallatio ursi: er madit lauter
bärensprünge, tanzt blind.
BÄRENSTAND, m.
unmenschlich ist der trieb, von menschen sich zu scheiden,
und Timons bärenstand ist nimmer zu beneiden.
IIagedoe!« 1, 53.
BÄEIENSTÄNGLER, m. alligator ursi: unser Gurgelgrozza
machts (im lustigen verkehr mit den landleuten) vil gugelfüri-
ger als der baurenfcind Neidbart fuchs beschrieben hat, dann
eim solchen mollentrolligen, aOenrunden bärenstengler stund
es mechtig wol an. Garg. 5l'.
B.ÄRENSTECHER, m. vgl. baren stecben unter dem warte bär.
BÄREN.STECHERLEIN, n. und wie lebt, sagt der mönch,
das lieb berrlin abt Trancüelion, das bärenstecberlin, ein bo-
denlos gut zecherlin? Garg. 2b9'. scheint eine Verdeutschung
von tranchelion, löwentödter, nach der oß angemerkten Ver-
tretung des löwen durch den baren.
BÄRENTANZ, m.
BÄRE.NTAPPE, f pes ursi, galt für einen leckerbissen, der
von erlegten bdren auf die tafel des herm oder fürsten gelie-
fert werden muste: ungewontliche speis essen, als biberschwenz,
berendoppen. Keisersb. Sünden desmundsi*; sdiwcnvichtige,
holzschlegcliche bärentapen. Garg. 70'. dann auch name einer
pflanze, wofür man an einigen orten der Schweiz bärcntalpe
Aör/ (Staloer 1, 1S5), s. das folgende.
BÄRENT.\TZE, f pes ursinus: wie er auch der bercndatzen
(ah leckerhaßer speise) nicht achtet, er liesz sie den schwer-
tapigen und greifklauigen fürsten. Garg. 54'. unter den kräu-
tem heuxen so acanthus, anthyltus vulneraria und der schwamm
clavaria coralloides.
BARE.NTRALBE, f. arbutus uva ursL bekannter unter den
namai mchlbeere, preiselbeere, wolfsbeerc.
1131
BÄRENTREIBER— B ARFUSZ
BARFUSZ — BARFÜSZIGKEIT
1132
BÄRENTREIBER, m. duclor ursi, dann leno, kuppler:
was kosten in nur die alten weiber,
die kuplerin und berentreiber. H. Sachs III. 3, 71'.
BÄRENTREIBERIN, f. lena, kupplerin:
die alte berentrciberin,
wo hat sie wol der teufel hin ? H. Sachs IV. 3, 20'.
BÄRENTRUN'KEN, ebrius instar ursi: etlich werden bern-
trunken, etlicU sewevoll, etlicli hundslrunken, etlicli der teu-
fel gar. Frank trunkenheit C3'.
BÄRENWÄRTER, m. cuslos ursi, bdrenhüler.
BÄRENWÜRZ, f. heracleum sphondylium.
BÄRENZOTTIG, liirsiUus instar ursi:
hüllte das töchterchen dann aus dem bärenzottigen fuszsack.
Voss idyll. 16, 1S8.
BÄRET, n. pileus, galerus, cappa, nach dem mlat. barre-
tum, gewöhnlich birretum, wie auch in Deutschland biret, pi-
ret gesagt wurde: ob er gang als die büben und trag zwei
örlin an dem barret. Keisersb. Sünden des mundsbl'; kom-
men herfür ir meine geschmückte bareter, ir meine gestickte
hauben, ir meine früüche röcki Wirsung Cal. d3'; die flie-
genschwämme sind rund und breit wie ein baret (hut). Ta-
BERNAEMONT. 1521 ; es Stehet sehr übel, wann ein magister das
piret tregt, und nicht darzfi kan. Petr. 43"; drug rot piret
oder ein narrengugel. Berliner hs. von meistergesängen. auch
ein frauenkopfpiitz hiesz baret, bareit, zu Ulm gieng das Sprich-
wort 'bareit und barfusz', flitter am köpf und blosze füsze.
SCHMID s. 43.
BARETCHEN, n. pilcolus: bin einmal einem um mitter-
nacht erschienen mit dem baretchen auf dem haupte und
Stäblein in der band (als zauberdoclor). Fr. Müller 2, 12.
BARETLEIN, n. dasselbe: paretlin zucken. Scheit jrofc. E 2.
BARETLEINSLEUTE, pl. mdnner, die das recht haben ein
baret zu tragen, gelehrte doctoren: also die bresthaftigen her-
rcn haben die schmeichkr lieb, das seint die gehübten, die
paretlislüt, die mer schaden thunt weder die, die ir paretlis-
lüt heiszen, das seint doctores und gelert lüt. Keisersberg
narrensch. 12; wir lesen von Sigmunde dem herzogen von
Ostereich, wenn der etlwas mit dem adel redt, so zohe er
alhvcgen die geschrilt der weisen herfürer, das verdrosz den
adel und fragten in wie es kem, das er allwegen die barret-
lislüt herfür züge? da sprach er, allein gott mag euch kunst
und Weisheit geben und nit ich, die natur gibt die. aber
usz euwer eim mag ich einen groszen machen und mag im
land und lüt geben, siiber und gold und grosz reichtumb,
darumb züch ich die gelerten und weisen herfür. brösaml. 45' ;
wann es eim fränkischen reuter begegnete, so sprach man,
er wer ein bawrentroll und ir sind baretlinsleut und sind
noch dölpischer. Paracelsus chir. sehr. 263'.
BARETLEWÄSCHER, m. interpolator, mango. Maaler 315*.
BARETSLELTE, was barelleinsleute : wenn Siegmund, her-
zog von Österreich mit den adlichen beratschlagung hielt, so
licsz er oft die Schriften der weisen den ausspruch thun.
die adlichen zürnten : warum ziehst du uns die baretsleute
so vor? Klopstock 12, 243, nicht nach Keisersberg, sondern
nach Pauli seh. und ernst cap. 113.
BARETMACHER, m. galerorum confeclor.
BARETTELLER, m. ein flaches, tellerförmiges baret: so
musz ich mir, bei der heiligen äschen, die new kart bekom-
men von vier auserlesenen färben, roten cardinalshülen, grawen
mönchskappen, blawen comutschlappen und schwarzen predi-
cantischen uberparetdellern. Garg. 164*.
BAHF oder BARFE, m. discalceatus, barfüszer: die barfen
dunkl ir regel die beste, die prediger widdcrumb achten ir
regel die beste, augustiner hin aus (voraus). Luthers deutung
des munchkalbs zu Freiberg. Wittetib. 1523 fol. 5.
BÄRFELL, n. pellis ursina: einer der mit bärfeilen und
bernstein iiandelt. Lessinc 7, 82. es heiszl aber richtiger bä-
renhaiit. schon darum ist barfeli in folgender stelle ganz et-
was anderes:
da sah ich stan
in eim parfebl ein handwerksman. II. Sachs 1, 541.
meint es ein schürz feil?
BARFROST, m. gelu agris nive non leclis, frost, ehe noch
Schnee das crdrrich bedeckt hat. ^ in mehreren gegenden setzt
man dafür das einfache haar oder bar substantivisch, s. hiachfrost.
BARFUSZ, nudis pedibus, in der Volkssprache gekürzt barfes,
barwes, barbcs, barbesig, nd. barfcl, banet, barft, vgl. auch barf.
ags. bärf6t nudipes, altn. barfoetr, schw. barfotad, ddn. barfodet.
mhd. er gät für die frouwen barfuo;. jiingl. 718 ;
ein riter sol niht vor frowen gän
barfuoj, als ich; verstän. Cato ed. Zarncke 133, 177.
(vgl. barschenkel). nhd. zu derselbigen zeit redet der herr
und sprach, gehe hin und zeuch ab den sack von deinen
lenden und zeuch deine schuch aus von deinen füszenl und
er thet also, gieng nacket und barfusz. Es. 20, 2; also wird
der könig zu Assyrien hintreiben . . . beide jung und alt, na-
cket und barfusz mit bloszer schäm. 20,4; den tisch brieiten
sie auf die erd, sitzen zu essen barfusz herumb. Frank wellb.
104' ; die gäns gehn ungern barfusz. Garg. 92' ;
so lasz mir die scharn iragen rein,
die im glütofen ligen schon,
darauf so will ich parfusz gohn. Atrer 135* ;
welche andern schu machen, laufen selbst barfusz herumb.
ScHüPPius 712; so will ich dir schuh und strumpfe verstecken
und solst du morgen den ganzen tag zur strafe barfusz gehn.
Weise erzn. 12.
Wie nun das sl. bosonohy allmälich den allgemeinen sinn
von nudus annahm (sp. 1055), gerade so überkam ihn auch
unser barfusz, und gerieth in die läge, mit schwerfälligem
pleonasmus, nochmals zu fusz oder bein gesetzt zu werden,
schon die Goslarer berggesetze 185 drücken sich aus: der vote
scal en sin geschoit, de andere barvod, wo es doch schöner
hiesze : de andere bar. noch ärger lautet die unmittelbare ne-
beneinanderstellung :
und wallen mit barfuszen füszen
gen Rom und zum heiligen grab. H. Sachs III. 2, 148';
wanderen van einem orde tho dem anderen mit barveden
Voten. Nie. Gryse pawestdom. Rostock 1593 Xx 1' ; mit barfuszen
beinen und abgenommener mutze hinein trat. Felsenb. 2, 403 ;
machte mich auf die barfuszen beine. 2, 472; hennebergisch
sogar, nach Reinwald 2, 26, mit barbesen bene und mit bar-
besen arsch (mit bloszem hintern), s. hernach barfuszhaupts.
so wenig gehört dazu, die sprachgewohnheit über den offen-
baren gehall der wörler zu verblenden und unsinn herbeizu-
führen.
Als adv. begegnet nd. barfotes, nnl. barvoets, analog dem
unter barbein angeführten barbens : si he van sinem rosse af-
gestegen und barfotes in de stad geghan. Grvse LI 3' ; etlike
ghan barvotes, etlike slapen in härenen hembden. Nn3'. die
absolution wäre genauer, wenn es hiesze bars fotes. hd. er-
scheint weder baares fuszes (wiewol es könnte gesagt werden),
noch barfuszes, was sich doch leicht in barfusz kürzte, also
mit dem adj. zusammen fiele.
BARFÜSZER, m. discalceatus, nnl. barvoeter: so sol sein
schwegerin im einen schuch ausziehen von seinen füszen und
in anspeien .... und sein name sol in Israel heiszen des
barfüszers haus. 5 Mos. 25, 9. 10. vorzugsweise nionachus dis-
calceatus: damit sie der barfüszer spotten. Fischart bienenk.
27' ; dann er (der pabst) hat doch das barfüszer Franzlein in
Lucifers stul erhöhen können. 48'; dasz dem papst der stul
gezuckt und die Schlüssel gebrochen würden, wie sehr man
in auch mit bischofstäben und mit barfüszerslricken umwin-
det. 49"; denn das vermag kein cartheuserkappen, barfüszer-
stricke, noch aller monche heiligkeit. Luther 6, 78';
man mich ein parfüszer münchen nennt. Avrer fastn. 99*.
zu den barfüszern begraben. Bocc. 2, 134'. 135' will sagen ins
barfüszerkloster, weil der örtliche begrif oß durch den persön-
lichen ausgedrückt wurde (gramm. 3, 420. 421. 784. 4, 289. 290),
und gerade so hiesz es zu den Schotten, zu den Einsiedeln,
zu den Ursulinerinnen.
BARFÜSZEHEl, f. nuditas pedum: unsere sinesischc pc-
dülatrie (fuszanbeterei) verslattel leichter jede höhere nackt-
heil, z. b. des busens, des rückcns, als die barfüszerei.
J. Paul Levana 1, 275. vgl. das nicht barfusz vor frauen gehn.
BARFUSZHAUPTS, adv. nudo capile, für barhaupts, nach
dem vorhin gerügten pleonasmus : barfuszhaubts fallen die llüs^
(wenn man das haupl unbedeckt läszt, ereignen sich schlagflüsse).
Garg. 156'.
BARFÜSZIG, nudipes: es ist billich, das wir unser gSle rock
abziehen, iiisz auf unser henibder ausgethan und barfüszig zum
keiser umb gnad zu bitten geon. AimunC:^'; nichts dann al-
lein ire hembder aiihchieltcn, auch barfüszig von iren gezel-
ten schieden, ebenda; etliche gehen bariiaupt, vil barfüszig,
aber all mit einander müszig. Fischart bienenk. V.** ; die bar-
füszigeu Rammler {dorfjungen). J. Paul Fibel 10.
BARFÜSZIGKEIT, f. nuditas pedum. Voss myth. br. s. 137.
1133
BARFÜSZLER— BARKHOLZ
BARKOPF — BARMEN
1134
BARFÜSZLER, m. was barfuszer:
damit man spöttisch nicht barfüszicr zu ihm sagt.
LoGAD 1, 5, 84
mit bezug auf 5 Mos. 25, 9
BARG, ablaut von bergen.
BARG, m. porcus, nnl. barg: nimb ein guten theil Rain-
berger Schmer, das von einem barg sei. Secter 336 ; 300 bärgk
und färklin von der milch kommend. Garg. 236'. s. barch.
BARGAÜN, f. s. das folgende.
BÄRGE, /". horreum foenarium, in der Schweiz ein heu-
schober im gebirge, dodi ohne riehslall darunter (da sich sonst
die begriffe scheune und stall begegnen, s. banse), mit der
merkwürdigen nebenform bargaun und bargüne. Stalder 1,135.
auch bei den marschbewohnern in Holstein heiszt ein luftiger
Schober ohne wände barg. ScHiJtZE 1, 68. mehr unter berg.
BÄRGELD, n. pecunia parata, barschaß Stieler 681, bes-
ser vnzusammengesetzt haar geld, baares goid, Maaler 50'
setzt zwar bargält, aber mit barem galt bezalen; auf schul-
den, bargelt und fahrende hab. Frank f reform. 1, 13, 4 ; schicke
ich dir hiemit ein bargelt, mit dem du dich auf dem tburnier
rüsten magst. Galmy 118; es musz allwcgen bargelt da sein,
kumm ich auf den fischmarkt, sehen die fischer bald, ob ich
umb bargelt oder auf borg kaufen wüll. Uhlasd 620; dasz
man niemand mehr gefunden hei, der ein meszlin auch umb
gut pargelt bet singen wollen. Fischabt bienenk. 4*.
BÄRGESTALT, /. figura ursi:
die gelahrten werden angebunden
wild in bärgestalien an ihr pult. Bcrger 57'.
B.ÄRHAFT, fertilis, mhd. berhaft (Bes. 1,140") Maaler 49';
Thracia ist nit allerdingen fruchtbar, auch nit allenthalben
bärhaft. Stcmpf 1, 5'; die wiber der Gallier sind über andre
fruchtbar und bärhaft. 1, 103*; die ärzt rieten, sie soll wein
gebrauchen, wolt sie berhaft bleiben, aber der keiser liesz ir
sagen, er wolt lieber ein unfruchtbar, dann ein weinseuferin
liaben. Frank deutsche chron. 258'.
BARHAUPT, capite nudo: barhaupt sein, capillos solvere.
Maaler 50'; sobald si ein man nimpt, gehet si blosz und
barhaupt. Frank ice//6. 76' ; ich bet im (detn söhn Eissclmarr)
terbolten, dasz er nicht barhaupt solt sitzen, aber er hats
nicht gethan, da hat in die sonn so heisz gestochen auf sein
köpf, dasz er zerschmolzen ist. seh. und ernst cap. 251; et-
liche gehn barhaupt, vil barfüszig, aber all mit einander
müszig. Fischart bienenk. 29*;
barhaupt mich zu sehn! Voss 5, 52;
schreitet barhaupt, barfusz zur kapeile. CHAaisso 357 ;
wogegen {dasz Socratcs und Cato auf dem markte barfusz ge-
gangen) barhaupt (chapeaubas) gehen ihm nicht halb so viel
war. J. Pacl Siebenk. 1, 96; ladenjungen standen barhaupt
unter den ladenthüren. /«/. «ac/i/. 4, 176; er that an den sehr
ernst unter seiner thür stehenden wirt barhaupt am stalle
die frage, flegelj. 1, 96.
BARHÄUPTIG, dasselbe: gienge die ganze procession bar-
hcubtig. LimtEB 5,27'; weil ich allezeit paarhäuptig zu gehn
pflegte. Simpl. 1, 68.
BARHAUPTS, adv. fein barhaupls, wie jener kriegsfürst in
schnee und regen, das ist weidmännisch. Garg. 244*.
BARIL, n. cadus, franz. baril: da wachsen lange ror in
der grösze, als ein baril oder zimliche legcl umb sich bat.
Fräs» weltb. 206'.
BARILL, f perspicillum, brille, pl. barillen. Agricola spr.
335*. Henisco 190; wie ein ieglicher ein barill auf der nasen
hat, also erscheinen im alle ding. Frask von heillosigk. 87
und bäum des Wissens 128; bei teufein und warsagern rat
fragen und in die barill sehen, darnach ein gebcude anstel-
len oder auf gespenst und des bergmendels gerümpel kuz
bawen ist christlichen leuten nicht zu raten. Mathesils 38*.
BÄRIN, f. ursa, ahd. pirin, mhd. bhnn, berin. Ben. 1^ 104*.
BÄRISCH, urtinus:
und mit seiner beerUchen stimm
murrt er und grisgrammet mit grimm. H. Sachs II. 4, 50'.
BARKE, f navicula, mlat. barca, barga (Diez 1, 26), it.
barca, franz. barque, nnl. bark. mhd. Bes. 1, 89*. nhd. zuerst
bei Hesiscu 188. Stieler 134; Rose sasz in der leichten barke
und schwamm über die spielenden wogen. Klisceb 10, 127.
mitunter heiszen auch leichte lastschiffe barken.
BARKHOLZ, n., ein an der barke festes holz, zum eiji-
nnd aussteigen, nnl. barkhout.
BARKOPF, adv. nudo capite. Hekisch 186. besser barkopfs,
baares kopfes.
BARKÖPFIG, was barhäuptig. J. Paul Siebenk. 2, t27.
BÄRLAPP : der lohe lichtfunke Prometheus ist ausgebrannt,
dafür nimmt man jetzt die flamme von bärlappenmehl. Schil-
ler 106. s. bärcnlappe.
BÄRLATSCHE, f unförmlicher, plumper fdzschuh, einer
bärentappe ähnlich, auf bärlatschen gehn, leise treten;
'die schönsten latschen an den füszen'
sie trug also latschen und zwar an den füszen. ist trug
das rechte wert? sagt man: die taube hat latschen an den
füszen, oder sie trügt? man fällt beinahe durch das wort
tragen auf bärlatschen oder lilzschuhe. Gellert 1, 313.
BARLAUFEN, cursu certare. Schm. 1,292. 2,444. mhd. die
baiTe loufen. Wh. 1S7, 15. alld. bl. 2, 224. Lanz. 282. Altsw.
89, 27. vgl. barchat laufen, s. barre 3.
BARLEN,par//ere;i, schwei:. parla (Tobler 36"), rotwelsch barle :
ja wenn du je da vil barln weist,
uns mit hundo und grenguus drohen. Atrer 47*.
BARLEFRANZ, morbus gallicus, lues venerea: es müsten
etwan die barlefranz oder sogenannten franzosen sein. Simpl.
1,376(382). doch aus parier franjais?
BARLEIBIG, nudo corpore: meint ihr, dasz ich meine tochter
barleibig, als ein gerupft hühnlein verkaufen soll? Mcsaecs4,145.
BÄRLEIN, n. ursulus, bärchen, sonst auch ein hundename (wie
fuchs und wolf) : ertrenkt ihren hund, der hiesz bärlin. Garg. 258*.
BARM, m. sinus, gremium, goth. barms, sowol y.ö/.nos als
arrj&o;, ahd. param (Graff 3, 154), mhd. barm (Bes. 1, 142'),
alts. barm, ags. bearm, alln. barmr, schw. ddn. barm, dies
Irepiche, von heran abstammende wort, drücke es nun den sich
hebenden busen aus oder den tragenden schosz, ist uns heule
beinahe erloschen, wie auch ein engl, und nnl. barm in sol-
cher bedeutung fehlen, noch bei Ruprecht von Freisincen
/). 159 ed. Westenr. paren Abrahams, möglicherweise ist es
doch in bärmig, barmung, barmherzig enthalten (s. zum letzte-
ren wort). Höchst merkwürdig aber steht dem alts. barm sinus,
gremium ein farm amplexus, dem alln. bannr sinus, gremium
ein farmr onus, das was getragen wird zur seile, so dasz auf ein
dem bairan vorausgehendes älteres fairan (= lat. ferre) geschlos-
sen werden darf, wie von fairguni auf ein älteres fairgan statt
bairgan. an fiures farm Hei. 75, 10 ist in amplexum, in gre-
mium ignis und thes flüdes farm 133, 9 fluctuum amplexus.
BÄRMDE, f misericordia, erbarmen: dasz er ein wilde.";
thier hätte zur bärmbde bewegen sollen. Puilander 2, 593.
s. barmen.
BARME, f cyprinus barbus, entstellt aus barbe.
BARME, BÄRME, f. faex, ags. beorma, engl, barm erscheint
auch in Deutschland statt des üblicheren hefe, nnl. hef, ist
aber wie dies von heben und das franz. levain von lever von
beren = sich heben, emportragen zu leiten, die barm oder
befen. Houberg .%58*; den inost von der banne oder hefen
abziehen. 3, 284*. man versteht darunter sowol den aufstei-
genden schäum als die zu boden sitzende hefe. in nordwest-
lichen gegenden Deutschlands nennt man auch bärme die sich
am deich hebende, häufende erde und unterscheidet auszen-
bärme von der binnenbärme; am yiederrhein heiszt barm ein
im freien aufgeslellter häufe ungedroschener frucht. ebenso nnl.
barm und barmte für hügel, erdaufwurf, dämm, in Geldern
für heuhaufe. vgl. Bannen bei Elberfeld.
BÄRMELN, misereri, s. das folgende.
BARMEN, misereri, erbarmen, ahd. pannanto miserando
(Graff 1, 423), mhd.
daj e; barmen muose den Guntheres man. yib. 80C, 3 D ;
si barmet sich den armen al ze guote. ilSH. 3, 14' ;
nhd. ihn barmte der uninündgen härm und weinen. Tif.ck 2, 86;
nein, wegen seines barmenden (lamentabilis) geschreies!
Herder 13, 67.
et mug en stoen in de ccT barmen, sollte einen stein in der
erde erbarmen. ScHf^TZE holst, id. 1, 70 ; es verhärmt ihn, er-
barmt, betrübt ihn. alln. barma ser, lamenlari, vor miUeid
jammern, wehklagen; allschw. barma misereri: gud barme then
omildhe hempd, deus misereatur immilis vindiciae; ömka ok
barma, lamenlari et misereri. Ihre 137. in Sachsen und Thüringen
barmen lamentieren, sie barmt erschrecklich, thut ganz kläglich.
Schon Hesisch 190 deutete barmen aus beanncn, ihm fol-
gen Adelung und die neueren, denen auch erbarmen erbear-
men igramm. 2, 808), barmherzig beannherzig ist. doch heben
sich Zweifel.
1135
BARMEN
1) volles piarmfin, bearnien u. s. w. zeigt sich nie, da doch
sonst ahd. kiengan kiangti, kiarton steht, wie nhd. beengen,
beerben, für unser bleiben aber mhd. beliben, 7ieben mhd.
blangen belangen gilt, bange wurde erklärt aus beange. ar-
punnan scheint dem arparamen nicht ganz gleich, denn da
unnan gönnen, arpunnan misgönnen ausdrückt, sollte auch die
bedeutung von armen miscreri sich umdrehen in arparmen,
grausam, hartherzig sein, allein arparmen meint was armen.
man müsle sagen, dasz den parlikeln ar und pi bald priva-
tive, bald intensive kraß beiwohne.
2) wie kommen Schweden und Dänen zu barma, förbarma,
forbarme? sie haben keine parlikel be, auszer in erborgten,
deutschen Wörtern, sollten auch jene von uns entlehnt sein?
freilich, die altn. spräche gewährt kein förbarma, doch das
angezogne barma lamentari, von welchem förbarma, forbarme
ungezwungen sich ableiten, barma aber wird von Ihre unbe-
denklich unter barm gremium gestellt, man musz auch ein
ahd. parmon sicher zu param sinus, gremium stellen: si in
barmöta, suslentavit gremio. N. Cap. 62 (Graff 3, 154). Be-
necke Ihut jedenfalls zu viel, dasz er auch dieses wort 1, 59
unter arm setzt.
3) nl. und 7id. tritt eine eigne, vom hd. erbarmen abwei-
chende Wortbildung auf, mnl. ontfaermen, nnl. ontfermen, mnd.
entfarmen, z. b. oft im Reineke oder bei Detmar 2, 395. dies
kann nicht aus ontbaermen geworden sein, da die partikcl
ont, ent niemals das anlautende B des folgenden worles in F
wandelt, überdies die hd. Zusammensetzung entbarmen nirgends
vorkommt; noch weniger liesze sich das F aus einem, gar nicht
vorhandnen afaermen {gleichsam abarmen) deuten, vielmehr in
faermen, farmen scheint das vorhin iinter barm hervorgehobne
alts. farm = barm enthalte7i, wodurch wir nochmals von armen
ab und auf barm gelenkt werden.
4) wie das transitive barmön in gremium suscipere, fovere
hiesz, würde ein intransitives barmen sinu commoveri, innerst
erregt, bewegt sein, a7ilayxvit,sad'ai aussagen und diese sinn-
liche deutung von barmen, erbarmen, baraiherzig aus barm der
oben gewagten von arm miser aus arm brachium zu statten kom-
men, der unglückliche wird vom mitleidenden in den arm
oder auf den schosz, an die brüst genommen, beidemal entfaltete
sich die abslraction misereri, hinter den abgezognen würtein
läge schön ein sinnlicher grund. ein gangbarer alln. ausdruck
für misereri lautet kenna i briosti, in der brüst fühlen, und
brioslgüdr ist misericors, briostlaus ferox, unerbarmend. die
ausdrücke für reue haben oft ähnlichen Ursprung, scheint doch
im lat. miser, misereri, maestus, maerere ein sinnliches niclari,
skr. mil, die äugen niederschlagen enthalten und unser trauern
ihm vergleichbar (Haupt 7, 456). zugleich aber wird der miser
ein fiiar^Tos, ganz wie der bejammerte elende ein armer, er-
bärmlicher, verachteter, wenn barmiierzig dem misericors nach-
gebildet sein soll, wie könnte es erbärmlich ausdrücken?
BARMHERZIG , misericors, lamenlabilis, ahd. paramberzi,
barmherzi (Graff 4, 104G), mhd. barmherze (Ben. 1, 674), nnl.
. barmhartig, schw. barmhertig, dän. barmhjertig, milleid, er-
barmen im herzen tragend, fühlend, goth. nur armahairls,
ags. nur earmheort, ahd. beides armherzi und Itarmherzi ;
mhd. nur barmherze, nicht mehr armherze, knechtische nach-
ahmung des lateins braucht hier gar nicht obzuwalten. Ui.fi-
LAS, wenn ihm gr. texl vorlag, dachte bei Verdeutlichung von
et'on^.nyxvoe durch amiaiiairts, ton i'ÄBOs und i/.er^fj.oovi'r]
durch armahairtei, anT)ahairli|)a nictU an misericors, miseri-
cordia, die goth. spräche konnte selbständig zu diesen aus-
drücken, wie zu hauhhairts, liryinjahair^s, hankihairts gelangt
sein, warum nicht die ahd. zu armherzi, Iwrmherzi, wie zu
miltherzi, hroinherzi, rehtherzi, hcijherzi? Mallh. 6,4 hat die
vulg. elemosyna, nicht miseric.ordia, wo freilich auch ahd. elc-
mosina sieht, golh. aber armahairli|)a, das wie armaiö den be-
grif des almosens einschlieszl. neben armherzi aber durfte die
spräche sehr wol ein ähnliches, doch vcrschiednes barmlierai
entfallen.
Nhd. findet sich das adj. barmlierz gar nicht mehr, nur
barmherzig, und in Lctiiers bibel sehr oft, i. b. golt barm-
herzig und gnedig. 2 Mos. 34, C; der lierr dein gotl ist ein
barmherziger gotl. 6 Mos. 4, 31 ; der gottlose borget und bc-
zalet nicht, der gerecht aber ist barmherzig und milde, ps.
37, 21 ; es haben die barmherzigste «eiber ire kinder selbs
müssen kochen, das sie zu essen helten..A7(j(7/. Jcr. 4, ifl ; so
du demütig bist, keusch lebest, almusen gibst, armen leuten
barmherzig bist. Keisersii. «ünt/en Jei niunt/« 75' ;
BARMHERZIGKEIT— BÄRMUTTER 1136
es will der grosze gotl barmherzig sein der weit.
pers. rosenth. 7, 20.
Barmherzig heiszt aber auch milleid einßöszend, erbarmcns-
werth, elend: er kan auch kein besserung seines leidens ha-
ben, denn dasz er ein lauten neme und also barmherzige
(rührende, zum milleid beilegende) traurige liedlein schlage
und singe. Wirsung Ca/. L3*; wie ist das so ein barmherzige
entschuldigung, dasz sie sagen, sie seien leibarzet und nicht
wundarzet, damit wollen sie ihre thorheit beschirmbt haben.
Paracelsus chir. sehr. 193'; er machte ihm die äugen mit
Speichel nasz, und sah so barmherzig aus, dasz alle alte
weiber weinen musten. Gryphils 1, 724; lustig, mädchens!
hochzeit, hochzeit! nu? ihr seht ja so barmherzig aus? was
fehlt dir Juliane? Lessing 1, 461; da geht der barmherzige
(arme) schlucker; der kerl ist ein barmherziger reiter; das
ist doch ein barmherziges (erbärmliches) weiter!; ein barmher-
ziger (elender) Unterricht, diese bedeutung ist heule fast un-
gewöhnlich geworden, zeigt aber augenscheinlich den Zusam-
menhang zwischen barmherzig und barma lamentari.
BARSIHERZIGKEIT, f. misericordia, gralia, mhd. barmherze-
keit. pass. K. 4, 11 ; nhd. sihe dieweil dein knecht gnade fun-
den hat für deinen äugen, so woltestu deine barmherzigkeit
grosz machen. 1 Mos. 19, 19 ; die barmherzigkeit thu an mir,
das wo wir hinkommen, du von mir sagest, ich sei dein bru-
der. 20, 13; und die dirne geDel im, und sie fand barmher-
zigkeit für im. Esther 2, 9; und der könig gewann Esther lieb
über alle weiber, und sie fand gnade und barmherzigkeit vor
ihm vor allen Jungfrauen. 2, 17 ;
etlicher ist beim trunk andechtig
als wer er voller heiligkeit,
und ist hier und barmherzigkeit.
Ringwald laut. warh. 79,
Wortspiel mit hier und barm, hefe.
mein söhn, wie hat uns der mittler
mit barmheizigkeiten, mit huld, mit gnade beseligll
Klopstock Mess. 11, 261 ;
wie denn auch eine beleidigende art des wolwollens, barm-
herzigkeit genannt, die ein wolwollen ausdrückt, was sich auf
den unwürdigen bezieht, unter menschen gegen einander nicht
vorkommen sollte. Kant 5, 295. man sagt ohne gnade und
barmherzigkeit, da ist keine gnade und barmherzigkeit, kein
erbarmen; sie schlugen ihn ohne gnade und barmherzigkeit
tod. Opitz braucht es einmal für hang des herzens:
für itllen sol uns nicht barmherzigkeit beiwohnen
auf euszerliche pracht. 4, 327.
BARMHERZIGLICH, adv. misericorditer :
demnach du nu mein gott ...
mein gebet barmberziglich erhöret. Weckherlin 124.
BÄRMIG, tnisericors, mhd. barmec. pass. K. 439, 30 ;
nhd. recht bärmig milde nie verdarb,
kargheit grosz schand allzeit warb.
Brands Frddank 1539. 14»,
wo der urtext liest 87,16:
reiniu milde nie verdarp,
so erge manege sclianae erwnrp.
BÄRMLICH, misericors, misericorditer, bei B. Waldis.
wenn andre bärmlich sich beklagen. Götbe 13, 126.
BÄRMUF, m. manica e pelle ursina facta.
BARMUNG, f misericordia, erbarmung. mhd. bannunge.
Walther 7, 36. 36, 23. pass. K. 147, 89. 639, 34. nhd.
auf das bleib in der wag
bannung in miliclmasz. II. Sachs II. 2, 61';
würst an deiner barmung nit vil gwiniicii. III. t,20;
sein barmung über uns leszl wallen. III. 1, 153*;
durch seiner milden barmung gnaden. IV. 1, 57*.
BÄRMUTTER, f. uterus, matrix, gebärmutier, nul. baarmoe-
der, dann auch für multerbeschwcide, passio hysterica : die
weil mancherlei sinn und ursacli von dem griniuicn {colica)
gehalten werden zu sein, dariimb entspringen viel seltzanier
namen, das einer torsiones, turinina, der ander colicani, der
dritte bärmutier, der multer siechlag uennt. Paracei.sus t,
527'; ich gieng kainmal schlafen, ich hett dann ein renftlin
brol verzert und zu ietlichem bissen ein glas wein ausgczächt,
das bekäme mir ganz wol an der bermfiter, die mich v»st
engsliget. WinsuNc. Cal. K2'; luna, welche hals, genick, Schlund,
magen, bauch, biirniutter, link seit ein hat. Fischart grosxm.
03; da er (Lrmnius) mit gestank gcluanler abscbnidling von
loder und hörnern die pest wolt vertreiben, als ob die leut
die biirmutter hetleii. Gurg. 182*. vgl. deutsche mylhol. s. IUI.
1137
BÄRMUTTERIIÖLE — BARN
BARX
1138
BARMUTTERHÖLE, f. viuUermund.
BÄRMLTZE, /■. galerus pelle ursina munitus, eine soldaten-
Iracht. solche Soldaten heiszen auch selbst bärmiUzen.
BARN, fj. infans, proles, der syntactischen fügung nach
bald auch tn., bald f. {gramm. 4, 2C7), früher allen deutschen
mundarlen ohne ausnähme gemein, goth. barn, ahd. parn, mhd.
barn, alts. barn, mnl. baren, ags. bearn, frics. bern, altn.
schu: dän. barn, heute nur dauernd in den nordischen und
friesischen, auch in engt. Volkssprache bairn. von der wurzel
bairan, heran, wie rixvov, rtxos von tsxsTp, rixreiv, und
dem berusis, parens, xoy.svg zur seile, aus dm urverwandten
sprachen begegnet litt, bernas, lelt. bebrns kind, söhn, knechl,
gerade uie arbja, erbe, söhn die bedeutung von rab knecht an-
nahm {sp. 539).
Da5 icort ist nhd. nnl. längst erloschen, schon mhd. über-
tciegt kini, doch haben barn noch Hcco vox Laxgensteix in
der Martina und Helblixg 8, 233, nicht mehr Boner, Slciiex-
wiRT, \VoLRE.\sTEi\. am festesten könnte es in den Zusammen-
setzungen westebarn und muoterbarn gehaftet haben; auch
mal. erscheint es zuletzt in moederbaren beim dichter der kin-
der von Limburg, der noch in die zweite hdlfte des 14 jh.
fällt, das iöjh. ueisz nichts mehr davon und keins der älte-
sten hd. icOrterbücher hat eine spur übrig, auch die oberdeut-
sche Volkssprache nicht, es reicht also nicht mehr ins nhd. ge-
biet, und wird hier nur angezogen, um die forschung zu scluir-
fen, da es aller mühe werth ist, genauer zu ermitteln, wann
ein so alter xmd natürlicher ausdruck das letztcmal außauchl.
BARN, m. praesepe, krippe, raufe, die ahd., bei Graff
ganz mangelnde form ist schwach, parno dat. parnin (Haupt
3, 462), wozu die Variante barnen Parz. 209, 4 stimmt, die
späteren sumerl. 51, 17 geben praesepe parn und eine gl. bei
Mose 7,591 houbam focnile. mhd. barn stark:
in den barn er sich so habie {hielt sich so zur krippe),
daj er der spise swaude vil. Parz. 165, 27;
Segraraors kasteiän
huop sich gein sinem barne sän. 2S9, 4;
daj man den muose legen,
der elliu dinc miioj beWarn,
in einer chuo bain. nnejenje 31, 48;
und. ijjet nil gern^ nach dem riien,
den barn gnagt zu allen ziten. anlasteriO;
nu hdstft dich in den baren geleif. mysl. 343, 15. nhd. darzu
sol ein knecht nemen ab dem wagen ein garbe und sol si
den rindern für werfen, ald dem meier in den barn. wcisth.
1, 307; wo aber ein bauw darauf gesetzt wird, der soll mit
vier hohen wenden ufgericht werden und soll darin setzen ein
barn und raif t?rauO, darzu ein beth, im fall der gericbts-
herrn einer quem, und nit underkomen könt, soll er daselbs
mit einem knecht, zweien pferden und eim hund in zu zechen
haben. 2,197; wan ein pferd ledig wird von dem barn, so es
sich von dem barn abzerref. Keisersd. g. spinn, bei Oberlin 97 ;
schwingen das fuler in den parn
und furlegen den unsern gurren, /astn. sp. 251, 3;
do mein pferd soll sieen am parn. fastn. sp. 1137;
wer ein pfert am baren hat,
zu fusz darf er nit gan. Uuiajcd 103;
daneben ein hengsi am baren halten. B. Waldis 4, 76;
welcher kein ros am paren hat. II. Sachs II. 4, .3';
wo in {den reichen) die armen schuldig warn,
half ich sie bringen zu dem parn. III. I, 115';
er hieb leichter vier res am barn. III. 3, 71';
ich wil zum barn dich bringen fein
und dich vor dem pdeger verklagen. IV. 3, 41*;
hab also lang fortuna gsungen,
bisz mirs ros ist In baren gsprungen. V, 350';
ich wil inen nemlich der halfler an dem barn nicht verges-
sen.^ LcTHEH 1, 103"; darumb sie von den allen narren fast
besucht ward, denen sie auch der halfter am barn nicht ver-
pasz, sondern sie schand die auf das lebendig. Wirsung Cal.
El"; golt kann uns nicht zum baren bringen, dann durch
das creuz. Fban« lasier U; ein ochs erkennet seinen hcrren
und ein escl den bam seines mcisters. e3; da hat er sich
an den widerspennigen burgern heftig gerochen und (sie) zum
barn bracht, chron. 315*. 517*; ein pferd am (/. an) baren
füren. Agbicüla 66*; es gehiiren vi! ackergurren darzu, bisz
sie einen solchen reisigen gaul am baren erhalten, ass'j wer
müszig lebt, des leben sol lang sein, kunst du doch deinen
esel am baren wol überschütten. /Wr. 15*; n(»ch alle krippen
und baren, daraus die pferd essen, wie sie alle die krenz,
80 man machen kan, lasset .Tiibcitcn. Ki-ciiARr bienenli, iia' ■
will dein vihe gesund ballen, so räum zu Weihnachten den
barn in Joseph esels namcn. groszm. 128 ;
der Eulenjpiegel gleich gedacht,
das heiszt die leut «um barn gebracht,
dasi sie in gelt drein müssen speien.
FiscuARTS £B/e/isp. 259;
drumb suchten sie ein solchen rauch,
darmil sie einen nebel machten
und fein die lent zum barn brachten.
FiscHARTs nachtrab G 7 ;
etliche führen schmale, von thannenhsiz gemachte boren oder
krippen mit, werden an pfule vor den rossen her angehenkt.
Kirchhof disc. «ii7. 126; nimb lebendigen schwefel, stosz den
und gib ims im futter, das futler stell auf die erden und
das hew under den baren. Seiter 3t; gib ims under dem
futler in einem geschirr under dem barn zu essen. 32; und
gib ims under dem baren zu essen, Hlesgleichen auch gersten-
slroh und was du ihm zu essen gibst, das gib ihm altes nider
under dem baren zu essen, so rindt es ihme. 38; es ge-
schieht gar vil, dasz durch hinlässigkeit der knecht die pferd
oft in die baren (/. baren) oder zigel springen, wann sie
{nemlich die knechte) beim wein sitzen, also das oft ein 'ros
erkrumbt und erlambt. 210; stroh unter den baarn streuen.
HoHBERG 2, 139*; die pferde laufen wider den haaren. 2, 140^
156*. 157*; die bärn (/. barn), darein man ihnen das heu gibt, mit
samt den krippen, müssen niedrig gcslellet werden. 2, 286";
Stalder I, 122 schreibt baaren, Tobler 36 barn, krippe und
hcuschober. Sciimeller 1, 200 erklärt barn durch freszlrog,
fulterkrippe und den räum in der scheune, wo die garben zum
dreschen aupjewahrt werden; in Broxners leben 1, 195 liest
man: ich sprang bebende in den kühstall und verkroch mich
unter den barn ins heu. Schnids schwäb. wb. 44 gibt: baarn,
barn komscheune, heuboden, verschlag in der scheune, krippe,
trog. Höfer 1, 58: barn fulterkrippe und einfang zu beiden
seilen der tenne, zum legen des strohs und der garben. das
bOhm. perna, pjrna scheint hiernach entlehnt, in Franken und
Henneberg lebt der ausdruck noch, nicht im mittlem und nörd'
liehen Deutschland, das ihn durch banse und krippe ersetzt.
Dieser unterschied der volksstdmme zieht an, merkwürdiger
weise scheint aber England beiderlei bencnnungen zu besitzen.
banse wurde im ags. böse, bösig praesepe erkannt, mit barn
stimmt ags. bern horreum, engl, barn, wozu auch ags. berem^
beretün area, engl, barton gehalten werden tnusz, die schot-
tische form lautet bern (Jamieson 1, 97); also nur die bedeu-'
tungen haben gewechselt, da unser banse mehr für scheune,
böse ßir stall, unser barn mehr für krippe, das ags. bern für
scheune gilt, aus bern und berem gewinnen wir aber die
etymologie. ags. ist bere hordcum, golh. baris, woraus jetzt
auch mit Sicherheit ein verlornes ahd. par zu schlieszen, viel-
leicht dem altn. bar «. semen, gemma arboris su vergleichen
ist. in Alvismäl, auf die frage ndch den beaennungen der
saat, heiszt es Siem. 51
bygg heiiir med mönnom en barr me<J go<lom,
bjgg aber ist dän. byg gerste, barr »». also goth. baris. bern
und bcrern kann nichts anders sein als rece^Haculum hordei,
ahd. parno dasselbe, will man annehmen, dasz bern aus be-
rem, pamo oder parn aus parnerin {vgl. ährc area sp. 198)
gekürzt sei? {s. harre), die goth. Zusammensetzung bleibt
schwer zu rathen, musz aber baris Sa sich enthalten haben,
überraschend stimmt nun das lat. hordcum = ahd. kersla,
nhd. gerste, «nrf horreum, das wie berern rec.eptaculum hor-
dei war. baris, bere entspricht aber dem lat. far farris und
farina {gerstenmehl) und ist, wie dieses von ferre, abzuleiten
von der reichen wurzel bairan, heran.
Dies alles lehrt, dasz unsere vorfahren den rossen, wie die
Griechen xoT kevxöv zu fressen gaben, noch nicht häber, und
dasz die deutschen, wie die lat. viehställe vom aufbewahren
und ßttem der gerste benannt waren; bansls und banse, wie
lat. praesepe sind vom geßecht der krippe, raufe und scheune
aus reisem entnommen, vgl. krippe.
Uralt müssen die redensarten sein am barn slehn, pferde
am barn haben oder halten, sich gegen dem barn heben, sich
in den barn haben oder ballen, in den barn springen, in den
barn heiszen, am barn nagen, zum barn treiben oder bringen,
deren einige durch die folgenden Zusammensetzungen näher be-
leuchtet werden sollen, un^er heutiges leule zu paaren trei-
ben; bewältigen, zur ruhe bringen scheint nichts anders als das
wilde ros zum barn treiben und man musz so gut sagen kön-
nen: ich will dich schon zu paren treiben als euch. s. barre.
72
1139
BARNBEISZER — BARRE
BARRENEINGÜSZ — BARSCHENKEL 1 140
BARNBEISZER, m. equus praesepc mordens, krippenbeiszer,
krippensetzer, kopper, küker, franz. tiqueur, engl, cribcham-
ping liorse, böhm. krkac, poln. lykawy kon, wenn das pferd
seine zahne beim fressen an die krippe aufsetzt, daran zu
nagen scheint, nicht zu mischen mit bärbeiszer.
BARNTiHOLZER, m, dasselbe, wenn es bei jedem schlucke
grolzt, rülpst.
BARNHEiNGST, m. eqiius iners, domi ad praesepe manens :
jedoch was achts unser rümiscli kirchlein, mestet sie nit fein
aus frembden gut vil legion müsziger sibenfuderiger schmär-
bäuch und barrenhengsl hin und wider in kiöstern ? Fischart
bicnenk. 39*; dem herrn raumauf und den barrenhengsten
ist die weid gewachsen, die ackermerren mögens wol mit
dürrem rucken bawen und haberstro fressen. Garg. 81'.
BARNMÄHRE, f. equa ad praesepe. Garg. 62\
BARNRIND, n. bos ad praesepe nutrilus: baunzen sind
feiszte magendärm von barrenrindern. Garg. 79*.
BARNSCIIEISZER, m. was barnhengst: barenscheiszer und
pfarrenreiszer. Garg. 149'.
BARNSPRINGER, m. was barnbeiszer, wenn das wilde pferd
in die krippe springt, setzt, krippensetzer.
BARNSTREICH, m. schlag, der das pferd zur krippe führt,
XU paaren treibt? dann du bist nicht in seiner ruthen, son-
dern in gottes, erzürnstu ihn natürlich, so bistu sein söhn,
so bezahlt er dich mit barenstreichen. Paracelsus 1, 373'.
könnte vielleicht auch sein baren streichen, auf den bloszen
rücken ?
BAROCKISCH soll das franz. baroque, bizarre unserer
spräche bequemen {wie antikisch sp, 500, ideaiisch, theatralisch) :
der barockisebe schmuck vielfarbger musclieln.
Zaciiariä 1, 103 ;
barockischer konnte man nichts als BlafTardinen sehn,
vom köpf zum güriel so sclieuszhch als bis zum knöchel schön.
VVlELA.ND 4, 141.
BARON, m. ein erst im 17 jh. aus dem franz. baren, it.
barone (Diez 1, 26) ins deutsche aufgenommnes wort. Henisch
führt es noch nicht auf, aber Stieler. Dasypodiüs und Maa-
LER verdeutschen baro und dynasta nur durch frciherr. daher
auch die fremdartige betonung der letzten silbe.
BARPELN, pl. variolae, elsäss. barpeingesicht, blalterge-
sichl, durch blatternarben entstellt. Oberlin 97.
BÄRPFEIFE, f. in der orgel ein lief •brummendes schnarr-
werk, entweder nach dem hären, oder von baren schreien.
BÄRRALPE, f s. bürenraupc.
BARRE oder BARREN, m. schreiben einige stall barn prae-
sepe: das wir drei oder vier huren an dem harren haben ze
ziehen, Keisersb. omm 9';
wer sein gut fast auf rüstung Icit,
vil geul auch hat am barren. Uhlajid 617 ;
will dein vihe gesund halten, so räum zu weihenachfen den
barn und geh dem viii an die erd für den barren zu essen
{was die vorhin ausgezognen stellen Seüters und Hoiibercs nen-
nen: under den barn, unter dem barn). Fischart groszm. 128;
wie man die ketzer soll überwinden und zum barren pringen.
bienenk. 62"; wie ein pfaf Hans Hylle 13 huren am barren
gehalten. 154';
wer ein pferd hat am barren slan,
zu füsz darf (braucht) er nicht gan,
und die allein nicht schlafen kau,
nem die fasznaclit ein mann. Gorj. 50';
aber was darf ich Vil knüpf an einer binzen suchen, ich möcbl
sonst die halfter am barrn vergessen. 126'; zu welchem dann
villeiclit gott ihm zur straf den zäum nun etwas verhenget,
auf das wir durch seinen freuel erregt, ihne nach gcbür ein-
treiben, züchtigen und, wie man sagt, zum barren bringen
(vgl. barnstreich). 2lü'; ich wollt sein (des rosses) uf die
nacht beim barren auch nicht vergessen. Piiiland. 2, 27. la-
delhaft steht das wort weiblich : man soll dem füllen eine
halfter anlegen und ein zäum an die barrc binden. Skbiz
150; was die schüfe in der harren lassen. 141. das rr in
barren, barrn soll wol nur die kürze des a ausdrücken, kaum
eine zusammenziehung aus barern?
BARRE, f. later, stange, franz. harre, mlal. barra.
1) barrc goldes, Silbers, d. i. unverarbeiteten; goldbarrc,
silberbarre.
2) harre schlagbaum, riegel, hebebaum, Maai.er. 60' setzt
harren : ein holz oder stücken elwar fürgeschlagen ;
(chlagen die tiuf an die bemmcodeo harrea. Vom,
3) es gab ein spiel, das man harre laufen, barlaufen {sp. 1134)
nannte: da kam er auf ein matten, da liefen die jungen
edlen und burgers sün der herren barr. seh. und ernst ; spil-
ten der barr, des wettlaufs. Garg. 174'; nachgehends lief er
der barr, der eier, des hirzes. 178'. genaue Schilderungen ent-
geh n aber.
RARRENEINGUSZ, m. eiserne form zmn gieszen der Sil-
berbarren.
BARRÖST, nudo corpore: etlich hettind gern ir harnisch
und züg von inen geworfen und barrüst gestritten. Tschupi
1, 526. der sinn ist klar, gleich den nordischen berserken,
indusio tantum induti. aber was'* ist röst?
BARS, BARSCH, wj. perca, nnl. baars, ags. bears. s. bär-
sich.
BARSCH hiesz auch ein stück an der rüstung, das vielleicht
nach der gestalt des fisches gebildet war : es seind bei drei
rosse verbüget und schadhaftig worden, dann sie haben kein
barsen oder geliger (?glieder) geführt. Goi.dast const. imp. bei
dem turnier von XbiO ; mit seinem ganzen küris, starkem beugst,
guten harschen oder verdeckten stählen gliedern gerüst. Frons-
PERG 1, 37'; ihre kürisz mit ganzen parschen, wolbedeckt stälen
glider und verdeckt beugst. Garg. 200'.
BARSCH, acris, trux, austerus, ferox, rauh, grob, herb,
nnl. barsch, nd. hasch, schw. dän. barsk; zuerst bei Stieler
99 : ein barscher mensch, homo durus, inexorabilis, barscher
käse, caseus acrioris saporis, ein barscher geschmack, barsche
Worte, verba acerba. Adelung nahm das wort erst in die
zweite ausgäbe auf und führt an: die wolle ist barsch, das
tuch fühlt sich barsch an, der wein ist barsch, hat einen
herben geschmack.
tyranrienvolk, das barsch vom thron gebeut. Gökimgk;
mit gunst, ist dies nicht allzu barsch? Bürger 93';
an dir gesellen unhold, barsch und toll. Göihe 12, 171;
der barsch besiegle habe sichs. 40, 418.
nd. en baschen keerl ; sprik doch mal en hasch woord ; en
basch woord holt den keerl van de dör. der hochd. Volks-
sprache, überhaupt der älteren spräche unbekannt, auch nicht
mni, der bedeutung nach läszt es sich kaum von haar nudus,
etwa wie hübsch von hof, ableiten.
BARSCHAFT, f. pecunia.parala, heute mit langem a ausge-
sprochen: alle barschaft an gclde und kleinod. Luther 3, 239;
daruinh auch alle gelübd in der schrift allein so beschrieben
stehen, dasz sie sind in menschlicher barschaft bereit von
got geben, als ochsen, schaf, haus, äcker, leibe. Luthers br.
2, 637; sie haben allzeit zubereit gift inhendig und in bar-
schaft. Frank weltb. 121'; münz oder gelt und barschaft. Ma-
thesius 160';
des musz ich euch bescheiden,
die parschaft mein,
was mir gat ein,
zahl ich nit bald zu Zeiten. Garg. 89';
Athen, das gwaltig königreich,
deme an parschafl scbir keins ist gleich.
AvnER248';
dann ich wüste wol, dasz sie unsere barschaft in ihre brusl
vernähet hatte. Simpl. 2, 94; seine mittelmäszige barschaft
sicher unterzubringen, ehe eines weibes 5;
die barschaft, die zu sehr an kargen fausten klebt,
nur ihrem liütcr lacht, der stets nach mehrerm strebt.
IIagf.dorn 1, 2t ;
dasz ich aber
dir alle meine barschaft nicht kann schicken,
das macht der junge tempelherr. Lkssino 2, 283 ;
aN ich ihr drauf mein biszchen barschaft gab
und einen goldnen ring. UürgerIOS';
seine ganze barschaft, welche sich, die warheit zu gestehen,
nicht über zehn oder zwölf pistolen bclief. Wieland to, 94;
da ihre emsig gesammelte barschaft der familie doch endlich
zu gute kommen sollte. nöTHE22, 203; seine harschaften und
capitalien. 31,222; denn eine masse gemünztes gold und Sil-
ber verleiht selbst dem unwahren ansehen und gewicht, man
lüszt die lüge gelten, indem man die barschaft beneidet. 31,
231; die Umsetzung der hanknoten in barschaft. Kant 5, 95;
das kargen mit der barschaft des lehensgefühls. 10, 108.
BARSCHENKEL, «t«/o femore, barbeinig, barfusz. mhd.
lautet die oben unter barfusz angezogne lehre:
ein riler sol niht vor vrouwen g(*n
barscliink, als luhj kan vorstiUi. welsch, gaul 457,
mit den Varianten barschenk, harschenkel.
parscbeukel het kein boseu ou. H. Sachs II. 4, 79';
1141
BARSCHHEIT— BART
BART
1142
der burgermeister luf usz sinem hus barscüenkel. Tscdcdi
1, 3S6; die magd bald an das fenster gieng, und von dem
schein des biminels wol erkannt, dasz es ein nackender
mensch war und darzu barschenkeit in einem hembdlin arm
und elendiglichen für dem thürlein sasze und vom frost zit-
tert als ein aspenlaub. Bocc. 1, 45\ die alte Llmer ausgäbe
bl. 2d' : die meid pald an das fenster ging und von dem
schein des himels wol erkante, das es ein nackender mensch
war darzu parschenkel in einem hemdlein arm und elendi-
clicben in dem türlein sasze und von fi-ost zittert als ein
espenlaube; im original: la fante andö, e ajutandola la
chiarita deü' aere, vide costui in camiscia e scalzo quivi se-
dersi, come e detto, tremando forte, also barschenkel für
scalzo discalceatus.
BARSCHHEIT, f. acerbitas, rauheit, grobheit, barsches vesen.
BÄRSENDUNG, f. von geld.
BÄRSICH, perca, gleicht dem il, persico, persega, franz.
persegue.
BARST, ablaut von bersten.
B\RT, m. barba, ahd. part, mhd. hart, nnl. baard, ags.
engl, beard, fries. berd; den nordischen sprachen mangelnd
und durch skegg, schic. skägg, ddn. skäg {läpp, skautja, skau-
zhja) ersetzt, das bei Biörx (unterschieden von bard n. ala,
axilla) aufgeßhrle hart n. kommt nicht vor, und scheint nach
der deutschen form eingetragen, schade, dasz die gothische
bei Ulfilas wieder nicht zu ersehen ist, nach analogie von
gazd, azd, huzd, uzd = ahd. gart, art, 'hört, ort tcäre bazds
(tirol. salzb. wirklich hascht) zu geKarlen, alln. baddr, dem
djoch die eigennamen Harbardr und Längbardr widerslrebcn.
Zunächst liegt das litt, barzda, lelt. bahrsda. beide weiblich ;
dann das altsl. brada, bühm. serb. brada, poln. broda, russ.
boroda, alle auch weiblich, R nach der sl. Umstellung, wie in
rud = art. finnisch parta gen. parran (neben hapena, est. habbe).
Mit labialis statt der lingualis lat. barba und so in allen
romanischen zungen, überall f. unter den kellischen nur welsch
barf, armor. barö, nicht gal. und ir. das B in barba neben
jenem bard ist wie in verbum neben goth. vaurd, wie in herba
neben bortus ßr hortbus (vgl. goth. aurts herba, aurtja hor-
tulanus), wie in über neben ovd'aQ u. a. m. ; B : D verhält
sich wie sonst üßer F:TH, z. b. in fores und d'v^a, fera
und ^rjQ, fumus und d'vuös. will man B aus DY deuten,
wie bellum aus duellum, bis aus Sis ßr dvis, so böte sieh
das serb. bradva für unser harte, zimmeraxt dar, und statt
des vorhin geralhnen goth. bazds gelangte man auf bardv.
Wie es auch um diese Verwandtschaften eigentlich siehe, sie
sind unleugbar; nicht zu übersehen, dasz zwischen bard brada
barzda barba keine consonanz verschoben ist und lauter me-
diae walten; bedeutsamen anklang hat das ahd. parran und
parzan rigere (Gbaff 3, 155.191), üstr. harzen (Höfer l, 59),
bair. harzen (Scbm. 1, 204), hervorstechen, weil die stacheln des
barts starren, emporstehn.
Bart war, wie Ticiyeov, der allgemeine ausdruck, den lip-
penbart, ftvara^, bezeichnete ahd. grana /"., mhd. gran, alln.
grön, woßr wir heute die unbeholfnen composita Schnurrbart,
Schnauzbart, knebelbart brauchen müssen, der jungspricszende
hart hiesz gauchhart, von gauch, vOglein, weil nach dem volks-
scherz es noch im streite liegt, ob aus dem flaum federn oder
haare wachsen ; andere Zusammensetzungen gehn auf gestall
und färbe: Qachsbart, Strohbart, mosbart, Stutzbart, spitzbart,
milchbart, eisenhart, grauhart, rothbart, bocksbart, ziegenbart.
geiszbarl; schönbart ist schenibart, larve.
Bart kann auch das kinn, die stelle des barts ausdrücken:
am bart noch ohne haare. Göki.-ick2, 174.
Es heiszt den bart kämmen, winden, knüpfen, streichen,
wischen, schmieren, beizen, färben, einseifen, abnehmen, ma-
chen, putzen, scheren, schaben, schneiden, verschneiden, stutzen,
ziehen, raufen, ausreiszen.
1) vor dem bart drückt, wie unter den augeo (sp. 7»t), das
coram, nähe und gegenwart aus, einem etwas in den bart
(unler die äugen), geradezu heraus sagen; etre ä la barbe
bedeutet en presence, katson partahan jumalan. Kalevala 27,
200 gottes bart schauen, vor seinem angesicht stehn; papin
parran näkivät, des pfaffen bart schauen. Kanteletar 1, n* 177,
vor ihm stehn; du lehrest die alten vor dem bart, cum im-
berbis majorem natu docet. Heniscb 193. ante pilos venit.
Persius; nahmen mich derowegen vor ihren bart (coram).
Simpl. 1, 634 ; es war eine stattliche frau in den besten jähren
mit handfester gemütsart, eine von denen, welche unsenn
herrgott unter dem bart stünden, wenn er sie bis dahin kom-
men liesze. Jeb. Gotthelf erzähl. 3, 234. ähnlich ist: gott
läszt sich nicht in den bart greifen, zu nahe treten: sie ge-
denken nicht, das gott redt, er sei ein starker eiverer, er
lasse im nicht in bart greifen. Lcther 4, 511*; unserm herr-
gott in bart greifen, tischreden 403 ; derhalb soll man mit dem
weltlichen schwert unverworren sein und gott nit also in sein
urteil, gericht, bart und schwert greifen. Feaük chronica 460'.
lauter heidnische ausdrueksweisen.
und sagten ihm von dieser art
noch viel verbiadiiehs in den bart (ins gesicht).
GöTHE 2,200.
wir hätten sie hart gegen bart empTaagen
und heimgepeiischt. Schillkr 579*,
wir wären ihnen tapfer unter die äugen getreten, einem um den
bart (mund) herum gehen, trie frauen den männem schmeichelnd.
2) einem strohernen, fläcbsenen bart drehen, faire la barbe
de paille ä quelqu'un, ihn hintergehen, übervortheilen, ihm
etwas weis machen : weil sie im solch ein feine nasen drehen
und einen solchen schönen ströern bart flechten. Luther 5,
55*; herr Caiphas fienge an und machte gott auch eine na-
sen und ströern bart. ebenda; ein etwas mit lug und trug
überreden, ein nasen treen oder eim ding ein ströin bart
flechten. Frank sprichw. 1, IS'; und es ist nicht wol müglich
gott ein flächsinen bart oder wächsine nas zu machen. Fi-
schart bienenk. 202'.
3) einem etwas in den bart werfen, einen schimpf, der an
ihm hängen bleibt: eine klette oder leimspille in den bart
werfen. Risgwald laut. warh. A 5' ; sprüchwörter lassen einen
Stachel hinter sich, darum musz man sie nicht einem jeden
ohne unterscbeid in den bart werfen. Böj^ikers teutsche spräche,
ausg. von 1746 s. 478.
4) in dem bart grasen lassen, praebere ul vellalur barba;
wer ihm in dem hart laszt umbgrasen, dem hoGeret man
endlich gar aufs maul. Hemsch 195.
5) einem etwas in den bart reiben, ins gesicht vorwerfen ;
die begebenheit mit seiner frauen unter den bart gerieben.
wesif. Robinson 162.
6) einem den bart scheren, kämmen, putzen, bespinnen,
einen hart mitnehmen, ausschelten, atis den falten legen (heb-
amme 43) ;
sein messer vi! genewer scbirt
zu banen berten ungenetit,
dan ie kein scharsach new gewetzt, fattn. sp. 1112;
und im den bart also bespunnen,
das crs sein lebtag nicht- verwunnen.-.
Ki.NGWALD laut. warh. 128;
der profos ward geheiszen nachfolgen vor des fürsten losa-
ment, bekam doch nichts, dann dasz der bart ihm wüst ward
gekemmet. Kirchhof mil. disc. 220 ; wem der köpf bleibt, der
butzt den bart. 200; dann ich sehe wol, es heiszt da, wer
den köpf bekompt, der schär den bart. Fischart bienenk. 127" ;
den bart verschneiden. Ringwalo laut. warh. 81. einem den
bart machen, seine plane vereiteln. Staldeb 2, 493.
7) raufen : sich in die Icfzen beiszen und bei dem bart
ropfcn. Keisersb. sünden des munds 2i* ; das heiszt dem todten
lewen den bart reufen, welchen sie lebendig nicht betten
tburst anrüren. Luther 3, 29S'; schlahe im ein kliplio und
rcuf im den bart aus. 1, 365" ;
dein bart wil ich dir ausraufen. VatA.ND 332;
vom schmähen bis zum bartansraufen (oben sp. 512).
8) in den hart brummen, murmeln, unvemehmlich, ßr sich
reden; was brummt er wieder in den bart?; vernehmlich
sprechen ist besser als in den bart murmeln. Plate;« 245*.
auch er lügt in seinen bart hinein.
9j den bart behaglich streichen, wischen :
und streiche lächelnd meinen hart. GöinE 12, 191;
ein jeder wüschet sein bart. 1'iila:<d 577.
10) durch den bart trinken, langsam, vorsichtig schlürfen,
altn. littu grön sia |)4I (lasi den bart den wein seihen).
S<em. edda 170. Völs. saga cap. 10 5. 142; ich trink nicht
nach dem stundglas, wie ein prediger auf der kanzel, ders
oft schüttelt, ich nicht durch die sip, aber durch den bart
seigem, das ist das best. Garg. S5'. aber, er hat sich einen
bart gemacht, kann nicht mehr über den hart spuken, ist
trunken. Lichtenberg 3, 75.
11) von einem greisenden bart: sehet wie der rif (reif) dir
in den hart gefallen ist. Keisebsb. kaufleute (brvsamlin) 106" ;
wie ligl der tbaw dem auf dem bart. Garg. 87*. mhd. bart
snövar. £rrii;20S0.
72*
1143
BARTwBARTE
BARTE — BARTIIAUBE
1144
12) bis an (len hart in arbeiten stcckem« ti<« an die schul-
ler verließ :
so aiirgclilülit wie ein pedani,
der ilzt von seinem wertli erhitzet
in werken seiner eignen liand
bis an den bart be^nuben sitzet. Gellert 1, 93.
13) mädchen mil dem taiifwasser eines hnabcn gelauß, he-
Iwmmen davon bart; frau, die einen ktiaben über laufe hält,
kann davon . hart ■ bekommen ; kleine mädchen, die sich von
mdnncrn küssen lassen, bekommen bart; das mädchen musz
die muller, den knabcn der vater zuerst küssen, sonst bekommt
das mädchen bart, der knabe keinen;
mine graue, die mir sint angezuat,
gesaet ir minne ilf niinen munt,
, • üiu mir sliuie ül' dise vart
mit küsse gap. den selben bart
bat lij mime kiiine
nocb mer.gezogn ir minne
dun miner kurzen zitc jär. Wh. 287, 11.
14) schwur bei dem bart, mil anfassung desselben. i?A. 809.
sam mir min bart! so mir dirre min bart! bei meinem bart !
so sagt auch der lOwe. Gükingk 3, 22ö,
lä) um des kaisers bart streiten, sich erfolglos um abge-
Ihane, verschollene dinge abmühen, an die man kein recht hat.
könig Qarl wurde mit langem weiszem, kaiser Friedrich mit
rolliera bart gesciulderl (deutsehe myth. 910). und es hiesz auch
auf den alten kaiser hinein leben, prassen, hcirathen, d. i. in
ruhiger crwarlung, dasz er wieder komme.
Auszer dein menschlichen kinnhaar gilt nun bart
16) von den borsten an der schnauze einiger thiere, zumal
kalzenarliger : die katze leckt ihren bart, es ist besuch im
hausti zu erwarten; atifh vom bart der ziegen, und des fisches,
der den namen barbe führt; vom Idppchcn am halse d§s hdlxas.
n) weidmännisch, von den} rüssel des schwarzwildbrets.
iS) von den grannen (was Ac/ion bartbaaren /tm-i) der gerste
und des habeis. auch die nusz hat einen bart.
19) von den strahlen, die der komet nach der seile des him-
mels wirß, wohin er sich bewegt, im gegensalze seines Schwei-
fes, s. barlstern.
20) am Schlüssel heiszt der unlere, viereckige ansatz, den
man . im Schlüsselloch umdreht, bart oder kämm : da eben zum
grüszten unglück der bard, gleich bei dem anfange des ura-
drehens von dem Schlüssel abgieng. Leipz. avanturier 2, 152.
21) bergmännisch, der gang setzt einen bart, er führt in
der Sicherung erz oder steine, auch heiszt bart ein holzslück
mil angeschnitzten Spänen, zum zünden des feuers, sowie der
vom stürzer zum zeicheii an die tonne gesteckte holzbüschel.
22) in der schmelzhktle das gepochte, unten' im waschlrogc
sitzen bleibende erz.
23) an den Orgelpfeifen zwei stücke zinnblech zunl itintmen.
24) bei den woUUimmern, die klar gekämmte, zur^ verspin-
nen zugerichtete woll«. vgl'. 6. •
25) bart des Weinstocks, wenn lange fäden herabhangen, nach
Köi.GEs weinbaukunde i. B3 die feinen thauwurzeln dicht am
boden des Stocks.
2ü) ein l)art an -der kappe : eine grosze kappe mil langen
harten, die kappe selbst durch ein dratgestell hoch über den
köpf gehallen,, die bürte ubor wie eine Schärpe um den leib
geknüpft, so dasz die enden hinterwärts herunter fallen. Gütiie
27, «6. ; !
27) ein dem waclislichl abgenonmiencr bart, ein wachsbarl.
HiPPEi. Ifbcnsl. 3, 205. 206.
HAIiTJJtlSZKLH, m. cobilis barhaiula, fussilis, ein kleiner
fisch viil barifaden, beisker, bitzker ist das poln. piskorz,
böinn. piskoi- von piskati pfeifen, wie er auch in deutschen
landslrichen pi-ifkcr und pipe heiszt.
«ABmCHSTK, f. zur pflege des barts.
BÄHTCIIEN, n. barbiila.
HAUTE, f bipennis, ascia, «/«/. part.A, mhd. hatte, den übri-
gen deutsciicu sprachen mumpiiul,.. ahsr allst, erscheint neben
brada barba ein bradv" asria, serb. neben brada barba ein
bradva ascia. das b'Vim. brada bedeutet unverändeii den baii
an der axt {iu^cn. l, \r,>>'), das poln.hrmh zugleich die spitze
der axl; was meint aber der liart an dera.U? brad;itice soll
bartaxt oder breites bfil ausdrücken, wobei Verwirrung herschen
musz. denn das ags. lirAdilx, engl, brondax i.st breite axl und
von harte würüidi- verschieden, unter axl heim wurde dat'ge-
Ihan, dasz heim den stiel bedeute, belmbarte eine gestielte harte,
folglich «arltarte, wU' das yoln. hnula der spitze oder schnei-'
dende theil des Werkzeugs mil einem bartähnlichen Widerhaken.
unser barte ist demnach von bart, tp»> bradv von brada her-
zuleiten, die folgenden stellen zeigen, dasz man mit der barte
zu hauen, aber auch zu werfen pflegte, sie diente dem Zim-
mermann wie dem krieger. mhd. andere belege i/e» Den. 1, 90';
bat sines gesellen wip behalten sine harten'. Tunda/. 43, 75 ; '
malet sicheln und harten, jungling b31 ; ' '
torwarten bouwen mit der harten. Renner üdO.
nhd. man musz nit all ding mit harten behauwen. Keisersb.
ömeisz 22'; man sibct die exte oben her blicken, wie man
in einen wald hawet und zuhawen alle seine tafelwerk mit
heil und harten (vulg. in securi et aiscia dejecerunt eam). ps.
74, 5. 6 ; da man mit harten wirft und stecken und Stangen
ficht. Luthers br. 3,358; zu einer jiarten eiche musz man
harten, heile und exte haben, tiscitr. 37"; warf er nach dem-
selben (hasen) mit einer harten. Kirchhof wcndMJim. 210'; ein
bauwer wird mit einer harten gehauwen. 223' ; buh ein lange,
breite harten, die er trug, auf. 223'; holet eine barte und
hieb mich aus dem bauin heraus. Hans Clawerts //isr. 35;
die harten über einen rücken und ihm den wurf bieten, die
harten einem aufrücken, urk. von 1557. 1562 ;
die Ohren wollen schaben
mit der aposlel kling und hart.
KiNCWALD taut. warh. 432;
wie viel sie da mil heil und harten feilen.
Opitz;)«, s. 141 ;
mit spieszen, heil und harten. Spee Irutzn. 44.
Sprichwort: schlägst du mich mit der barte, schlag ich dich
mit dem heile. Simbocü 741. vgl. belmbarte, bellebarte, par-
lisane.
BARTECHT, 5. härtet.
BARTEISEN, n. zum kräuseln des hartes.
BARTELN, bei den tuchscherern, das lach zu halben haa-
ren scheren, dasz es rauch wird und gleichsam das ansehen
eines hartes hat. s. ausscheren.
BARTELTLCH, n. zum erstenmal geschorenes, rauhes tueh.
BARTEiN, pubescere. Maai.er 50\ Stiei.er 768. ahd. parl^n.
Graff 3, 711. die zeit des ersten barts hiesz mhd. ^ransprunge zit.
BARTEN, pl. laminae corneae balaenarum, nnl. baarden,
schw. dän. barder, engl, whalebones, franz. les barbes, sp.
las barbas, das rohe fischbein, welches man nachher reiszl und
spaltet, jeder walßsch hat viele hunderte solcher harten, die
ihm in der obcrn kinnlade sitzen und in Vertiefungen der un-
teren passen, man verglich sie den barthaaren.
BARTET, barbatus, «i//rf. bartoht (Ben. 1, 90'), a/irf. parf cht :
der härtet baccalaurius. Bocc. 1, 65', des barteciiten bacalauri.
1, 66' (die Vlmer ausg. 43'." der parlat bacalari, des parthe-
ten bacalari, das zweitemal verdruckt f. partehten) ; silie zu,
wol geht mein bartetc alle so langsam. Wirsung Ca/. G 4"; du
alter barteter unnützer sack. Ks';
am härtet man, was alt und greis. ScuwarzkniJ. 150';
darvor ein kleines Zwerglein sasz
kurz, dick von leih und partct was. H. Sachs I, 352'';
ein Zwerglein alt, härtet und rauch. V, 333*;
pariet, mit zeihaeklem gewand. 1,294*;
unter der rinden ist noch ein andere haarlockecbtc oder bar-
techte schal, welche eines menschen antlitz scheinet gleich
sein. Taiiehnaem. 1333; etlich etitföniien sich mit der kleidung,
der nackend, der härtet, der von der dritten regel. Paracei-
sus chir. sehr. 332*. heute bärtig.
BARTFADEN, »i. was harten der fisclie.
RARTFÄHIG, pubei, vesliceps: barifehigcs alter. Garg. 76'.
MAAtER 50*.
BARTFLSCII,. ni. barbe oder auch wölfisch.
BARTFLECHTE, f liehen barbattis.
BARTFI^lEGf;, f. musca mystacea.
BARTGEIER, m. falco baHxttus,
RARTCiKRSTE, /. hordeum zeocrilhon, mil langen grannen,
BART(;|{AS, n. andropogon.
BARTGRLBLEIN, n. grübchen im kinn, im backen. StI£-
LER 6H9. ; . .
BARTGRCNÜEL, f. cobilis barbatula.
BARTHAAlt, M. pilus barbae: • •■
keitm'iulo hartliuare um niund und kinit. Ö^önik Sl, 219.
BARTIIABER, «i. barlhafer, avena fatua.
BARTM.VNS, m. homo tiinmtm stndens barbae, haitnnrr.
Itarthänscl, bei RAnKi.Ais barbcrot. FisciiAnT.(?ro5sm. 72.
BARTHAI BE, f haube die unterm kinn gebunden »iiVrf,
nachthaube. hart im sinne von kittn, gena. Sciimellkr 1, 2irt3.'
1145
BARTHEL — BARTPÜTZER
B^RTSALBE — BASALTBRUCII 1146
BARTHEL, Bartholomaeus oder Barthold.?: Barlel wcisz
schon, wo er den niost höh {weis: alle schliche). Si31bocs744;
ja ihr glaubet niclit, wie er den fenzigen iuireo so schöne
kleider niarhen können, darinnen sie geprangt, wie Barthel,
so most holet. Simpl. l, 139; mit groszer oder verdorbener
kauQeiite rath, weiche wissen, wo Barthel den inost hole.
ScBUPPiis 121; ich wil wissen, wo Barlhold den raost geholt
hab? 613; ich will ihm aus dem hinterfasse auch einen trink
Barthel einschenken, ped. schulf. 274. der Ursprung dieser
Sprichwörter licqt im dunkel, s. schmutzbarthel.
BARTHOLOMEI MACHEN: es seind etlich, die sein also
unzüchtig in dem brot schneiden, das sie dasselbig schinden
und machen ein baitliolomei daraus, indem sie die rinden
dar\on schneiden und essen und lassen die brosini also al-
lein, narrcnsch. ed. Höniger 58. nie der heilige Bartholo-
maeus geschunden tvurde.
BARTHOLT, nomen capri. B. Waldis 3, 2". im Reinvl;e aber
keiszt 1777 Bartolt de adebar der storch {s. adebär).
BARTHOLZ, n. siehe hart 21.
BÄRTICHT, barbatus, s. bartet, bartigt und das folgende:
der bärtichl Heinrich starb. Opitz 2, 09.
BARTIG, dasselbe: etliche bärtig, die andern unbärlig und
ungebüitig (für ungebärdig). Fischart 6icne>iA-. 29';
Zarliieb ist der weit zu zärlig.
eh er, dunkt niicli, noch wird bärtig,
werden mit ihm ilnen mui
würm und sclil.ms-en machen gut. Locic 3, 10,24;
der bärtge Zeus ersah die freude"
und des vergniigien flüchtiings glück. IIageoobx;
die bartige ziege
klimmt den zackigen teis himin. Stolberc 1, 6. s. Barlholt ;
das linseafeld und die bärtge gersie durchwandehid. Voss.
einige schreiben bartig: dasz die Amerikaner von natur bartig
sind und sich den hart nur ausraufen. K.\nt 4, 333.
BARTIGT. dasselbe : diese bartigte Ilse ist mein weib. «nir.
doct. 908;
jedoch sein bariigl maul mft steht! Zachariä 1, 116.
BARTKARPFE, f. barbe. - ' ■
BARTKRATZER, m. tonsof; raiiur^ bartschaber: hab dem
alten so eben ein quartier beim bartkratzer Alzel gedungen.
Fr. McLtEB 2, 61 ; das unverständige volk spricht viel von bart-
kratzem. GörirE 15, 59.
BARTKÜ.NSTLER, m. was er als bartkünstler leistet, da-
von können sie selbst ein zeugnis geben. Göthe 23, 69.
BÄRTLÄPPCHEN, n. palea, unter dem schnabel der hüner
herabhängende hdule.
B.ÄRTLEIN, n. barbula: wann die rinder unter der zungen
geil fleisch bekommen, so man das bärtlin nennet. Sebiz 127.
BÄRTLER, m. tonsor.
BÄRTLERZUNFT, f.
süszer träuf» in keiner bärtlcrzunft
lipp und kiel vom bonigseim der suade. Bürger SS'.
BÄRTLING, ni. rir barbatus, ni/((/. bertinc. Bex. 1, 9o': und
sunderFiiib zeicht man sollichs (der ferne) die pärtling in den
fürstenclöstern. Fra.vk irc/ri». 6l'; ire nollbrüder oder bärtling.
kriegsh. des fr. 124. 125;
du aber bcrtling troll dich nausz,
eh ich dir iliu dein haut erbern. H. Sachs H. 2, 47*.
BSKTLOS, imbcrbis, impubcs: der bartlose knabo, ein bart-
loses kinn.
BARTMANN, »;». caper, wie Bartholt:
Rcinhart imd Bariman von den ziegcn
zusarocn io ein iituizun stiegen. IJ. Wai-dis 3, 27.
BARTMÄN;\CHF,N, n^ parus -biartiiitusf barfmefse. - ''"
BAHTMA.N.NCIIE.N, n. ophidium barbatum, cive aalschlange
mit bartfäden.
RAHTMES.SER, n. evUcr tonsofim.
BARTMOOS, n. phascum. •
BART.NEHiE, f. reliquum ccrevisiac, vtni, gleidisam was
durch den hart trieft, vgl. hart 10.
RART.NELKE, f. dtanlfius barbatus.
BARTNL'SZ, f. corylus avcllana, «eil die torragende grüne
schale einen» barte gleicht.
BARTPFLEGE, f. cura barbae.
BAHTPUTZER, ni. tonsor, war ein ganz imterdrhtliches vort ;
«che hin zum barlpiitzcr und sage er soll zu mir kommen.
ScHcppius 609. J. pAtt //r.»;). l, 90.
BARTSALBE, f.
B.\RTSCH, heracleum sphondylium, vielleicht aus büientalze,
bärenklau gekürst, vielleicht tcas sonst porsch, i>orst heiszl,
ahd. borse ledum paluslre. GraffS, 215.
BARTSCHEREN, n. tonsio barbae: man spricht, vier jähr
vorm bartscheren und vier Jahr hernach ist am besten ein
weih nehmen. ScBWEisicnEs 1, 99 ; mir beim bartscheren die
gurgel abzuschneiden? Scuiller.
BARTSCHERER, tonsor. Platex 214".
-BARTSCHIEREN? es darf im (dem türkischen ftäiser) auch,
so er von der kirclien gehet, niemant nachfolgen noch iemant
auf der gassen im begegnen und vil buckens, goappens oder
partschiers treiben. Fraxk ife//6. 103' (die ausg. ton 1667, 104*
bartschiers). bartschiers steht für bartschierens, und bart-
schiercn vergleicht sich dem sp. 1075 unbeslimmt gelassenen
bägschinen, zu velchem päckscherer und packschirrer, pack-
schierig 6ei Schjieiler 1, t64. 3, 394, batschierig fr« Stälder 1,
142 gehalten werden musz. der Ursprung und eigenlfiehesnHi
dieser Wörter bleibt noch unaufgeklärt, vgl. bartwischen. ' ^'
RARTSGHCSSEL, f pelvis tonsoria, barbierbecken : dort
droben die himmlische bartschüssel, der zahnlückige, tief-
äugige mond. Fr. Müller 2, 117.
BARTSCHWADEN, »i. panicum crus corvi.
BARTSCHWAM.M, m. spongia lonsoris.
BARTSEIFE, f. sapo tonsoritis.
BARTSTERN, m. cometa: der schiefer war ihm eine ko-
metenkarte, die ihm gott weisz welchen neuen feurigen bart-
stern ansagte. J. Paul flegelj. 1, 100.
BARTSTREICHER, m. adulator barbam permulcens: lieber
wo bleiben jetzt unser suppenfresscr, tellerlecker und bart-
sfreicher? Thcrneisser magn. alch. 2, 55.
BARTWACHS, n. BARTWICHSE, f. cera barbae ungendae.
BARTWISCHE, f. was bartneige? an eine bartwisch bibere
queat, qui barbam non habet? facel. facet. m. bartwisch m.
heiszt sonst ein kehrwisch aus borsten.
BARTWISCHEN, n. extersus barbae: aber wieder heraus
{aus der hOlle) zu entrinnen wird viel schnaufens und bart-
«ischens brauchen. Simpl. 1, 133.
RARTWOLLE, f. lanugo barbae: die keimende bartwoHc
nm die wange. Güthe 44, 137.
BARTZANGE, f. volsella.
BARÜCKE, f. galcriats, kaarhauhe, die frühere form für
das franz. perruque, dessen deutung unter atzel versucht ist.
S/m^*/. 2, 421. 3, 119. 123; auch Stieler 94 sr/ireifc« barücke, wel-
ches, nach Adelung, weil es doch dem franz. wort zu ferne
stand, wieder in perrücke geändert wurde, als ob wir nicht
das recht hätten ausländische Wörter uns mundgerecht zu machen?
BARViVTER, m. gegenstüek zu bärmulter: (die frau ist des
mannes) teckelwärmerin zu scim nabel, wann in der bärva-
ter plaget. Garg. 69*.
BÄRWAMME, /■. Uterus matris, ahd. wampa :
geworfen bin auf dich aus der bärwamme. MELisscsp«. IIS*.
B.\RWOLF, ni. Ivy.ärd'QcoTios, wcrwolf: vergleicht sich mit
dem lömisehen beerwolfe und seinen meszbischoven. Lltuer
3, 96 ; wollend geren Teutschland, wie die beervvülfe, gar auf-
fressen und verderben. Alrerus vom interim E'; becrwolf,
mecrwolf. unit'. doct. 671. vgl. wcrwolf und deutsche mylhol.
1048.
B.XRWüRZ, f. heracleum sphondylium. Schnurr s. 201. s.
bärenwiH'z.
RARZAHLUNG, f numerata pecunia.
BAUZEIT, f. weidmännisch, des baren brunstzeil.
RARZEN, rigcre, starren, sich brüsten, s. unter barL
BARZENKRAl'T, .H. cicuta »irosa, sonst auch berslenkraul,
wutschierling, wul weil das giß der pflanze stanen macht
BAS, melius, magis. s. basz.
BAS, ni. gen. basses, rox gravis, fides gravioris soni, nnl.
bas, aus dem it. basso m., franz. basse f. davon weitere bil-
dungen bassist, basQüte, basgeigd, hasstinimc «. s. w. als
mit einer luigeheurcn basstimmc dieses enakskind einzufallen
begann. GüTUt 23, 7 ;
wenn das gewölbe wiedcrscballt,
ffihh man erst recht des basses gnindgewalt. 12, 104 ;
er sieht den himmel für eine basgeige an (ist bctrunkai).
Licrtexberg 3, 74.
BASALT, ni. basaltcs.
BASALTBRUCH, m. ich besuchte die basaltbrüche von
Dransfeld. Göthe 3!, 115. -'<^ >'' <"'"•
1147
BASALTGLIMMER— BASE
BASEN— BAST
1148
BASALTGLIMMER, m.
BASALTKEGEL, m.
BASALTSEULE, f.
BASCH, m. numeri pares, beim Würfelspiel, gewöhnlich pasch,
was m. setie:
mein held
zwang (wie beim hasche sonst, wann ehr und Seligkeit
auf eines Würfels fläche schwehte)
sein muskelspicl zu falscher heiterkeit. Gottbr 1, 193.
BÄSCHEN, n. dimitnitiv von base: ich glaub, eine von mei-
nen haschen hat dich überrumpelt. Fr. Müller 2, 60.
BASCHGEN, s. bastgen.
BASE, f. amita, alid. pasd, basä (Graff 3, 215), mhd. base
(Ben. 1, 92), ein kennzeichen unserer mundarl, yleich seinem
gegenslück muhme, denn die übrigen dialecte haben beide Wör-
ter nicht, später ist die im mittleren Deutschland gültige form
wase auch nach Westfalen und Medersachsen vorgedrungen,
nicht nach den ?iiederlanden. base ist amita, des vaters,
muome matertera, der mutter schwestei: nicht anders verhal-
ten sich ags. fadu amita, mödrie matertera, nd. vade und
medder, frics. felhe und mödire (Riciitii. 736''), schw. dän. fa-
ster amita, moster matertera. seltsames pei amita, bop mater-
tera aus der Wangeroger Volkssprache gibt Eiirentralt s. 19.
Klar liegen faster und moster, bequeme zusammenschiebun-
gen aus farsystcr morsyster, fadersyster modersyster == alln.
födursystir, mudursystir. sollten nicht in matertera die bei-
den letzten silben kürzung eines älteren sostera anzeigen? so-
ror geht zurück auf sosor, svasor, vielleicht svastor = sl.
"seslra, goth. svistar. dem matertera ist amita (woraus franz.
tante, engl, aunt entsprang) unähnlich gestaltet, parallel wäre
patertera, Vermutungen über amita gehören nicht hieiher. zu
matertera treten mödrie, mödire, medder, doch fehlt ihnen,
was dem tera entspräche; ihre bildung gleicht genau der von
palruus, ags. fadera, ahd. fatareo, nhd. veiter, vaters brudcr.
in basa und muoma musz fatar und muotar, in fadu, fethe
musz fäder, feder stecken, sind ihre Verengungen blosze hy-
pokorismen, oder rührt das S in basa noch von suestar her,
basa = fasler? was fadu, felhe und ihren abstand vom D in
fiider, feder anlangt, so gewahrten wir oben sp. 1050, dasz dem
goth. fadar, um mit paler in einklang zu kommen, ein fä]}ar
vorausgegangen sein werde; hier wären in fadu und fethe
(vgl. goth. faj)s in bru})fa|)s) Überreste der gesetzlichen aspi-
rata. von muoma, wie von bluomo ou/bluosmo, ags. blösma,
auf muosma zu schlieszen, schiene zu kühn.
Doch das merkwürdigste ist die Störung der lautregel zwi-
schen basa, pasa und falur, welches ein fasa forderte, F wurde
gleichsam in B fortgeschoben, das B noch weiter in W. den
Wechsel von B und F bezeugen bairgs und fairguni, balzen und
falzen, blacli und flach, wahrscheinlich auch Balder, Paltar
und die tose/brm IHioi (Folz?). Gegen die einleuchtende noth-
wendigkeit basa mit falar, fadu mit fäder zu verbinden, wer-
den andere Vermutungen einer gemeinschafl zwischen basa und
buosum (gramm. 2, 44), zwischen fadu und fädm nicht können
außommen. wer wollte muoma von niuolar, matertera von
maier trennen ? aber schon skr. ist vadhü, badhft femina,
nurus. Bopp 308".
So bestimmt alle solche verwandtschaßswörter ursprünglich
waren, so leicht pflegt im laufe der zeit ihre bedeutuny sich
zu veiwirren und verallgemeinern, veiter palruus und base
amita wurden bald auch auf den mann der base, auf die frau
des Vetters, allmälich auf die palrueles überhaupt erstreckt,
ja heute drücken sie gar nicht mehr patruus und amita, son-
dern geschwisterkinder und weitere verwandte untereinander aus.
den begrif patruus und avunculus musz uns oheim, den begrif
amita zugleich muhme oder das fremde tante bezeichnen.
Bei Luther, der immer wase, nicht base schreibt, ist es
3 Mos. {H, U des patruus frau: du solt deines valern bruder
srhamhd nicht blöszen, das du sein weib ncmest, denn sie
ist deine wase. Tho. Plater hält noch die Urbedeutung auf-
recht: die wil ich das jüngst was, band mich meine böslin,
des vatlers Schwestern, ietliche ein wil ghan. 5; min bäsi-
ncn. 6. bei Keisersberc fallen base und muhme zusammen :
meines vatlers oder meiner mutier Schwester, das wer mein
bas. post. 4, 8. bei GRvpiiitJs ist aber unter base deutlich die
lochtet der tante oder des oheims gemeint:
was ists denn, sprach er, mehr? und w.ir es picich geschehen,
man hat mich dennoch nicht mit Schwestern buhlen sehen,
nicht in der tochter «chosz, wie Verianus pflegt,
der sich zu kind und wcib, zu baas und Schwester legt. 2, 96.
Gellrrt seilt base richtig für amila, muhme ungenau ßr nichte :
zwei mädchen brachten ihre tage
bei einer alten base zu,
die alle hielt zu ihrer muhmeu plage
sehr wenig von der morgenruh. 1, 179.
geschwisterkinder untereinander reden sich heute vetter und base
an, in alter zeit würde der neffe seine tante base genannt ha-
ben, wenn Gotter 1, 50 tanlen und basen zusammenstellt,
wäre dies ehmals ohne sinn gewesen, da base einerlei mit
tante ist, er versteht also unter basen fernere verwandtinnen,
was unter base gemeint sei, hat oft der Zusammenhang zu be-
stimmen.
Nicht unähnlich dem mhd. 'ich pin miner basen bruoder
sun' (Ben. 1, 92') pflegte man zu sagen 'das geht dir an dei-
ner basen herz', ist dir gleichgültig, kümmert dich wenig: du
gönnest (/. er gönnet) elwan eim etwas, aber schlechtlich
anhin, es got im an der basen herz. Keisersb. post. 3, 91; so
lenger du on tanzen bist, so minder dich tanzen anficht, es got
dir an der basen herz, das du nit gon soll. 3, 99. aber 'einan-
der in der base sein' meint gut mit einander stehn. Stald. 2, 493.
Man bildete groszbase proamita, amita magna, obergrosz-
base amita major, abamita, vorobergroszbase, amita maxima,
abavi soror; stiefbase, vitrici et novercae soror. Stieler 100.
BASEN, delirare^ vagari, ein seltnes wort, das nach dem
Wechsel zwischen B ttnd DW sich mit dem nnl. dwazen berüh-
ren könnte, doch ist auch verbazen, slupere zu vergleichen,
das bremische wb. 1, 59 kennt beides basen und verbasen. wer
bist du denn, das du so rasest und basest, springest und
rennest, wie ein rechter Bachusbruder? Erbenius fastnachts-
gespräch. Erfurt 1582.
BASENGESPRÄCH, n. zu Straszburg wurden noch in diesem
Jahrhundert ergetzliche fraubasen- und jungferbasengespräche
in reimen abgefaszt und für das volk als fliegende blätler ge-
druckt.
BASENSCHAFT, /". cognatio, sippschaft: ich musz geste-
hen, dasz sich die basenschaft mit grazie in das zimmer hinein
hustete. J. Paul uns. löge 1, 87; verachten wir das masz, so
macht sich am ende das ganze todlenreich von abstracten, die
ganze basenschaft von eigenheilen auf. A>/. bücherschau 1, 169.
BÄSLEIN , n. affinis, amica, bäsi, bäsli. Maaler 49' ; liebs
bäslin. seh. u. ernst c. 132. Keisersb. Sünden des munds 72*.
BASSIEREN, bas singen: ich will mit dem gutteruf bas-
sieren, so tenorier du mit dem kranchhals. Garg. 91'.
BAST, »». seltner n., cortex, cutis.
1) liber, cortex tiliae, spartum, ahd. past, mhd. hast pl.
beste (Ben. 1, 92"), nnl. hast 7n., ags. bäsl, engl, basl, altn.
schw. hast n., dän. hast m., die inwendige weiche, unter der
äuszeren harten rinde abgezogne haut der linde, ulme und an-
derer pflanzen,' deren man sich zum binden bedient, die na-
türliche ableitung ist darum von binden band, alln. binda halt
(in der zweiten person wahrscheinlich hast oder bazl), nach dem
A das N ausstoszend. auch dem goth. pract. band dürfte man
in zweiter person banst zutrauen, wie von standan slöst, von
vair|)an varst gebildet sind, und im abgeleiteten subst. afstass,
usstass für stand, gahts neben gaggs, ohne nasalis gellen,
goth. bansts horreum, wahrscheinlich geflecht bedeutend, konnte
neben btisls über bestehen, wie sich hochd. banse von bast,
ags. böse von basl, altn. bäs von bast scheidet, ähnlicher
tilgung der nasalis begegnen wir im zendischen baäla gebun-
den von bandh, im pers. besteh von bend (Bopp vergl. gr.
s. 102) ; doch auszer bandh fordert auch die würzet pal ligare
rücksicht, zu welcher sich einige der obc.t sp. 1051 angeführ-
ten Wörter mit gleichem recht schlagen lieszcn.
Abgesehn von solchen Schwierigkeiten macht anstand, dasx
ein nahverwandtes mhd. buüst oder buosle auf einen ablaul
von basl leitet:
mit hesiinen hiiosicn
bani crn (den Hattet) wider zuo. Parz. 137, 10,
«10 das abstracte buost strick durch das angefügte sinnliche
adj. gehoben wird, immerhin aber mag aus bast von binden
ein neues basten buost entsprungen sein, das weitere verbum
besten, cnbcsten (Ben. 1, 92*. Halpt 8, 12. 13) stellt sich zu
basl wie zu hasten. Ganz von binden ablenken würde, wollte
man bast, buost und besten zum ahd. Iiösön nähen, oder
gar zu buojan bessern, flicken ziehen, welches letzte doch ge-
ringe Wahrscheinlichkeit hätte (vgl. 2 c. f.).
Bast galt nun gleich jettem besten im einfachen alterlhum
zumal vom binden der schuhe, des zaums und saltels (RA. 260.
1149
BAST
BAST — BASTART
1150
261): die soliens bezahlen, so die schuhe mit hast binden
{d. i. die armen bauem). Stieleb 157;
ich bin ein liellandisch bnuer,
mein leben wird mir sauer,
ich steige auf den birkenbaum,
davon hau ich sattel und zäum,
ich binde die schuhe mit haste.
mhd. gereitc geworht von haste, kröne 19004 :
von baste ein zoiimelin geflöhten. 19940;
mit einem grüenen baste
verslrikte erj. Trist. 75, 30 ;
die Tüeje wqrn im unden
zesamene gebunden
und die^ hende vaste
ze rüke'mit baste. Iw. 4940.
nhd. ein jung mensch musz man ziehen wie ein wiidfang
{uilden bäum), das in dem walde slot, Ifcgt sauer obs, wan
man sie {die äpfel) iszt, so ziehen sie das maul ze samen
als ein seckel (wie einen beutet), so man das {wildfang) aus-
grebt und mit hast verbindet. Keisersberg Sünden des munds
63'; wenn man mich bQnde mit sieben seilen von frischem
hast, die noch nicht verdorret sind, rieht. 16, S; man sihet
die buszbrüder und buszschwestern biszweilen in Italien über
die strasze gehn mit einem hast und strick um den hals,
als ob sie vom galgen gefallen wären, damit sie der barfü-
szer spotten. Fischart bienenk. 27*. hast, panloffelholz, suber.
Frisch nomencl. 16; schuh aus dem baste der zartesten linde
gewoben. Rlckert 262. zugleich aber drückte hast, tfie Stroh,
balm und ähnliche Wörter, etwas werthloses, geringes aus: mhd.
ej was im anders sam ein hast. Iw. 2635;
ich sag iu ein hast. 6273;
er ist nicht bastes wert. MSH. 3, 463.
2) die benennung des bastes wird erstreckt auf die abge-
löste oder haßende haut und schale, ohne alle Vorstellung des
bindens.
a) auf die menschliche haut, den hast an fingern und bänden :
das biszchen gras verwelkt,
dasz man des abends rast das hast von flngern melkt. Rost ;
kalt wehten entsetzen und grausen sie an,
0 Jesu, mein heiland, was hab ich gethan?
sie wand sich das hast von den h.'iDden. Bürger 62'.
doch auch dieser hast muste s« bändem dienen: mein valen
der lange in Ungarn gegen die Türken gedienet und sein le-
derwerk, was er auf der jagd brauchte, diesen unchristen bei
lebenden leibe aus dem beste gerissen hatte. Moser pa/r.p/i.
1, 266.
b) auf die haut, unter welcher sich das gehörn des hirsches
und rehes bildet: der hirsch schlägt oder fegt den rauhen
hast vom gehörne ab. Dobel 1, 3. Becher 50.
c) im Tristan s. 72 — 75 bedeutet der hast die enthäutung
des hirsches durch den jdger, und enbcsten ihm die haut ab-
ziehen, wofür auch enlwajten und entnxjen gesagt wird, was
wieder an jenes ahd. böson klingt.
d) auf die ablösbare äuszere schale, oder die unter der
baumrinde feste haut: so klopfen die knaben den hast von
der weide los {deutsche mylhol. s. 1190. 1191);
noch prahlt ein bäum mit manchem frischen aste,
die blätter bilden noch geräumge lauben,
da schon zerslömng wütut unterm baste. Platc« 94'.
e) die äuszere haut des flachses wird gleichfalls basl ge-
nannt.
f) mhd. heiszl der säum oder bebänderte rand eines kleides
der hast (Be:*. 1, 92*) oder ftfbast. lUtzl. 2S2'.
3) ScBMELLER bemerkt 1, 214, dasz linden und ulmen selbst
hast heiszcn, gleichsam bastbäume. in solchem sinn könnte
auch ein stab, der geschält ist oder sich schälen läszt, den
namen hast ßhren. GC.ntuer 1'.)2 undeutlich:
bald schnitz ich etwann bunte stabe,
da martert mich sogar das basl,
was will er damit sagen ? dasz ihm die harte rinde mühe
mache ? Den hirlen legt schon das höchste alterthum buntge-
schälle haselstäbe bei (l Mos. 30, 37) und das rolk schält sie
noch heute, es mag als gewagter einfall beigefügt werden, dasz
das so gut wie unerklärte romanische bastone, haslon, bäton
ursprünglich ein geschälter oder schälbarer stock gewesen sei,
wofür die geschickte unserer spräche selbst freilich keinen be-
weis mehr aufbringen kann. RAYrtoüABo schweigt oder verweist
auf ÜEMMA, der wol auch ßaaxät,eiv (Diez I, 39) anführt,
doch das mlat. basta, bastum, elitellae, sella, sagma (Dccance
1, 613. 619) gemahnen an den bast untrer alten sdttel, der ur-
alte tolksname der Bastamen an bastema, den gefloehtnen
wagen {gesch. der deutschen spr. 460. 461). Maaler 50* hat
ein schweizerisches der bast, elitellae, saumsatlel, und Forer
thierbuch 51* den esel unter den bast {tragsattel) verkaufen
{s. bästlein) ; selbst in bastardus scheint das deutsche wort bast
xu liegen, -auf der andern seile stimmen ßaarayua tracht,
last, bei Hesyeh ßaarnyt] zu sagma, säum zum it. basto
Saumsattel, und bastone wäre ein prtigel, den man in händen
trägt, sogar fustis vergliche sich zu bastone, baton.
4) abstractionen der ersten bedeutung des bastes verstehen
sich von selbst: der fürst wurde durch einen dreifachen bast
an Lebaul geknüpft, durch dankbarkeit, durch söhn und frau,
der lord zausete den bast auseinander. J. Pacl Hesp. 1, 34.
BAST, optimus. schon mhd. begann die zusammenziehung
von bebest in best, nhd. im 16 jh. erscheint aber eine unum-
laulende form, doch nur im adverb am oder zum basten,
optime: gefallen mir an dem basten. Keisersb. brös. 26*: im
lesen kau er am basten und leichtesten merken und unter-
wiesen werden. Val. Ickelsaüer ca/). 3; dessen er am basten
erfahren gewesen. Froxsp. kriegsb. 2 rorr. ; so stehet es nicht
zum basten z?i haus. Wirsc.ng Cal. R4*; wer mich am ba-
sten zaiet, der war der best an inen. Tl*; versähe alle Sa-
chen nacli dem basten. Wickram ro//if. 97'; ir wissend am
allerbasten, wo euch weh ist. Frey gaWenj. cap. 60;
du gfelst mir nit am basten. H. Sachs I, 224';
lüg und list kan am allerbasten. T, 255*.
vgl. basz und best.
BASTART, m. nothus, spurius, die Schreibung bastard «n-
hochdeutseh, wie denn auch Maaler, Hesisch und andere im-
mer bastart setzen; ein aus den romanischen sprachen her
weit verbreiteter ausdruck für einen begrif, dem haufenweis
andere benennungen zuslebu, mlat. bastardus, it. bastardo,
pror. bastarz, franz. bastard, bätard, mhd. basthart {wie Rein-
hart, hasehart = renard, hazard) und bastart (Ben. 1, 93"),
nnl. bastaard, basiert, engl, bastard, litt, bustras {Sesselm.
233*).
Um den Ursprung und sinn dieses worts xu ermitteln, musz
vor allem geforscht «erden, wo es zuerst erscheint, man
findet es nun weder ahd., noch ags., weder in den gesetzen
und capitularien, noch bei den lateinschreibenden Chronisten
Frankreichs oder Deutschlands vor der zweiten hälße des
eilften jh. der berütimle normannische Wilhelm, der natür-
liche söhn herzog Roberts und eroberer Englands im j. 1066,
ist der erste unter diesem namen vorkommende, und heiszt bei
Adas von Bremen 2, 52. 3, 51 iste Willelmus quem Franci
bastardum vocant, cui pro obliquo sanguine cognomen est
bastardus ; bei Anseimus gemblacensis, dem fortsetzer Sige-
berls, ad a. 113S Wilhelmus bastardus {Pertz 8, 3S6); beim
aunalisla Saxo ad a. 1014 Wilhelmus, quem Franci bastardum
vocant {Pertz 8, 667); ja in seinen eignen briefen nennt er
sich ego Wilhelmus, cognomine bastardus, alle normannischen
herzöge führen beinamen, es war natürlich, dasz er das kebs-
kind hiesz. das wort könnte nun ein französisches scheinen
und man hat es aus bas, bassus, niedrig gedeutet, da in spä-
teren urk. des 13. 14 jh. fils de bas, fille de bas für bitard,
batarde vorkommt, vcnir de bas für ex illegitimo concubitu
(Dlcange 1, 614*. 615*). andere urk. setzen aber fils de bast,
venir de bast, ohne Zweifel richtiger, und bas ist blosze ent-
slellung des bast, womit die vorgeschlagne ahleitung fällt, wäre
der ausdruck französisch gewesen, man begriffe nicht sein un-
terbleiben in fn'ilierer zeit, in welcher die Hotürlichen kinder
der Carolinge oft dazu anlasz gaben; er war also norman-
nisch, folglich altnordisch, und erst durch den titel des ruhm-
vollen herxogs Wilhelm nach Frankreich und in alle andern
reiche des mittelalters vorgedrungen, zwar gebrauchen die nor-
dischen gesetze selbst für nothu.t und spurius das wort bastardr
niclit; bemerken swerth aber ist, dasz nach der saga Magnus
Erlingssonar cap. 5 {fomm. sögur 7, 297) Sigurdr iari ein
Schwert führte, das bastart hiesz (er bastardr var kalladr),
und eine hs. liest basthardr. das mag nun, der treflichkeil
des Schwertes unbescliadet, spoltname gewesen sein, hart wie
basl {gegenüber dem beinhantr, steinhart), d. i. unecht, und
wir werden nachher sehn, dasz hastari überhaupt auf gemischte
und unechte Sachen anwehdung findet, in der unmittelbar vor-
ausgehenden saga Hdkonar cap. 13 {förnm. sog. 7, 269) steht
bastbleikr, bleich wie bast. höchst unwahrscheinlich ist, dasz
auch nach ?iorwegen bastanlr erst aus der .Sormandie oder
England terpnanzl worden sei; man könnte aber den iweUw
1151
BASTART — BASTEL
BASTELKOPF— BASTWURM
1152
theil des namens, icenii er nicht auf ein schwert, sondern auf
einen mann bezogen mird, allgemeiner fassen und nach der
vorhin bei Last hervorgehobnen bedeutimg von res vilis, nul-
lius pretii, erklären hämo spurius, illcgilimus, ein sahn, dem
erbe und stand des vaters eulzogeii werden, beidemal ist je-
doch hast Über darin enthalten, und im verlauf der zeit bä-
tard, wie renard allgemein in die französische spräche einge-
treten; auch in der hochdeutschen spräche hat es, als vor-
nehmes und rittermäsziges, aus Frankreich hergebrachtes, ob-
schon urdeutsches wort, die übrigen benennungen, zumal bank-
liart und bankrise verdrängt «nrf unter das gemeine volk ver-
wiesen.
Deii höheren stil von bastart bezeugen folgende stellen: du
bist unerlicli, du bist ein basthart, daran sein valter und mut-
ier schuld haben. KEist.nsii. sünden des munds 91*;
so wer ich wol ein pasthart. Vindlf.r bei Haupt 9. 92;
seid ir aber one Züchtigung, so seid ir bastarte und nicht
kinder, «Ort vöd'oi y.nl ovy^ vloi iaxe. Ebr. 12, 8; wie hat
denn Lascus seine bastarten an iin-e statt bringen können?
MicnXr.ics 2, 1C9 ; päpstische bastart. Fisciiabt bienenk. 96*.
128". 130"; menig {muttitudo) irer bastart. 210*; die bastart
seugen. Garg. 70";
und dieser Dietrich ist allein
ein paslart und unehlich kind. 'Atrer 204*;
der iliron von England ist durch einen bastard
entweiht, der ürilcn edelherzig volk
durch eine lisige gauklerin betrogen. Schiller 429".
iprichwort : keine mutter trägt einen bastart; ein bastart
bringt so grosz brot für einen pfennig als ein ehekind {gegen
die ausschlieszung unehlicher vom handwerk).
Schon frühe ward das wort übertragen auf unechte, unreine
erseugnisse und Stoffe, auf blendlinge, inischlinge:
des niht von der höhen arf,
■ . c; Was ein samit pastart. Parz. 552, 12;
thu dazu ein wenig wciszen tragant in dem baslard (wein)
j:ulassen (zerlassen). Taiiernaem. s. 102; wann sie ein gute supp
von bastart und romanei gezecht haben, bienenk. 9Z' ; die we>ch
man drei tag in starken romanei oder bastart. 241"; Fischart zd/i//
unter weinen tind unter bieren einen bastart auf Garg. 5S", 59' ;
ein gewisser spanischer wein hicsz bastartwein,- ein geschwe-
felter, siiszer wein weiszer bastart. hunde von Jagdhund und
Schäferhund erzeugt sind bastarte oder zwitter; es gibt auch
von Windspielen und docken eine bastartierte art. laicht an-
ders it. bastardo unechte, wilde rebe; französisch : charrette
bastarde, quae inier majorem et minorem media est; coustel
bastart, bastardeau; vin bätard; moulin bastart. Dücange 1,
tjio'; heule noch heiszl ecriture bütarde die zwischen der run-
den und italienischen siehende, man sehe die folgenden Zu-
sammensetzungen und verbastarten, auch composita mit baucr,
welches ebenso zur bezeichnung des schlechten, unechten diente.
BASTARTADLEH, m. viülur percnoptcrus, geieradlcr.
BASTAHTART, f, aus begattung oder befruchlung mehrerer
arten hervorgegangen.
BASTAHTBAUEHNSENF, m. iberis umbellata; hier ist die
unechlheit zweimal, durch bastart und bauer ausgedrückt.
BASTARTBHUT, f untaugliche drohnenbrut im bienenstock.
. -BASTABTEHRENPREIS, m. veronica hibrida.
BASTARTEISVOGEL, m. todiis.
BASTARTFENSTER, n. halbfensler.
BASTARTKIND, n. was bastart.
BASTARTKLEE, m. trifolium hibridum.
BASTARTKÜMMEL, m. lagoecia.
BASTARTLERCHE, f. alauda pratensis.
' BASTARTLORREER, m. viburnum linus.
- BASTARTMOIIN, m. papaver hibridum.
BASTARTNACIITKJALL, f molacilla hippolais.
BASTARTPETZK, f söhn einer bastaripetze, thc son of a
mongrcl biteh. kOnig Lear 2, 2.
BASTARTI'FLANZE, f planta hibrida.
BASTARTRII'I'E, f cosla spuria.
BASTARTWESPE, f sphex.
BASTDECKE, •/■. tegumentum e libro lextum.
BASTDOHNE, f. tendicula e libro lexla.
BASTEI, f it. baslin, vnllum, propugnaculum, bnllwerk. Friscu-
i.irf 'nömencL 'HO. starke baslci von guten biniliu. Garg. 23"'.
- BASTEL, n. arlocreas, pastrte? und mache ein blat von
(eige gesetzt, dri ecke von basteln, ah ein sdiiH; schöne
bastel-fanfc von huenren,- einj initten in den finden gesetzt,
die viere an das ende, von guter speise s. 2S;'-tfoeft Jr; "baster-
zucker und zuckerbastel. oiinp ii\i
BASTELKOPF, ni. ein schönen bastelkopT di*uf gesetzet.
von guter speise s. 28. 29.
BASTELN, BASTELN, fabricari, tornare, drechseln, schnitzeln,
kleine handarbeit, ßickarbeit machen. Hermes in Soph. reisen
1, 603; ein unehliches kind zimmern, zeugen. Schmid schw.
wb. 45. gemahnt wieder an bastart, an besten flicken und ans
roman. bastire, batir, bauen, zimmern.
B.\STEN, e libro factus : basten stiegleder. weisth. 1, 465;
bastene decke;
der (seckel) hieng an einer basien schnür.
Waldis Esop 4, 21.
BASTERFORM, f. in den zuckcrsiedereien eine thütierne
form zum absondern des syrups vom kochzucker. baster scheint
aber nichls anders als bastart, geringer, schlechter zuckcr.
BASTERLEIN, n. filius illcgilimus: David, da er zu Bath-
seba hinein gangen, sie zu trösten nach absterben ihres ba-
slcrleins. Sciiuppiüs 13.
BASTERN.\T, «i. paslinnca.
BASTERSAMMET, m. millelgute sammetart. jener samit
pastart bei Wolfram.
BASTERTOPF, m. ein irdener topf, worin der vom zucker
ablaufende syrup gegossen wird.
BASTERZUCKER, m. baslardzucker.
BASTETE, f pastelc. Umland 605.
BASTGEN, compescere, edomare. Maaler 50*; paschgen
315'; ein nur schweizerisches, alemannisches wort:
ir wennd all herren basken und demmen.
Rufs Eiter Ileini vorsp. S' ;
und wii ietz luogen on Verzug,
ob ich den menschen paschgen mug.
Adam und lleva 5132;
ich wil min puren, kan ich acht,
wil änderst pastgen dann biszhar.
mih. Teil s. 65 ;
so wil ich lugen, wo ich gspör
etwan ein guten gsell und gspan,
dem dise kappen wol sliiiid an,
ders niaiil und dl'üsz nil basgen möchl,
dem müst sein dise kappen i-eclif.
Geo. Gothard Zerstörung Trojas. Sotoltiurn 159S. B2;
der jenner seit: i förch di nit,
chumni, wenn de mit mer baschgc wit.
FIebel 209;
pasfga, paschga bemeistcrn: sena, magst d'soppa paslga, kannst
du die suppe bezwingen, aufessen. Todler 37'; basten und
baschen, eines im raufen meister werden. Schmid schw. wb. 45 ;
Staldeb 1, 139 hat basigen, baschen, 1, 143 aber hatten : d'stube
cha nit alli balta, nicht alle in sich schlieszen; er mag da
essa nit alls batta, kann nicht alles aufessen, welches ballen
stehen musz für basten und von hatten helfen uiilerschieden
sein, sollte es aus dem it. dimesticare, domeslicare können
erklärt werden? doch näher läge bastare sufßcere. Frisch 1,
69' denkt wieder an ßaarä^eii', mit schlagen zähmen, ä coups
de büton, was doch mit der bedeulung bastare unvereinbar
scheint, vgl. basteln, das Schm. 1, 213 = bascheln setzt.
BASTH.\NF, m. hanf wie er aus der breche kommt, woran
der bast noch hängt.
BASTIIART, m. s. bastarU .
BASTHUT, m. pileus e libro textus.
BÄSTLEIN, »1. funiculus e libro torlus. mhd. l)estlin. sieht
aber auch für ein geflecht zum tragen: .Marius machet seinen
knechten bäsllin und tragriinin, darmit si ir rüsluug zu rugk
on irrüng der gwecr seihs dinscn möchlen. Forkr //i/cr/). 4<>';
Marius hat seine knecht gewänl ir rüslung, narung und ge-
weer rnit inen zu scheipfen uf rüflinen, die sie zu rugk lu-
den, eben wie ein maulesel den bast. 53'.
BÄSTLING, m. der männliche hanf, fimmcl
BASTMATTE, f Icges le.rta e libro.
BASTPFEIFE, f fistula aucupis e libro facta.
BASTSCHUH, »j. calceus e libro textus:
irJiirt eisen in der Taust und hasischue an den Tüszcu.
' ' ] Opitz 1, 103.
j. balst und abschinden.
BASTSEIDE, f eine art derbes seidenzetig.
RASTSEIL, wi. vimen c libro lextum, bdsllein.
BASTULME, f ulmus campeslris.
RASTÜTZLER, m. a. apostützler sp. 53C.
BASTWURM, ni. phalaena spirilintfwis, faupe Üit sitkin
den bdsl der apfelbäume bohrt, • ■'■'■•'■
1153
BASZ
BASZ
1154
BASZ, ade. melius, ahd. pa;, mhd. ba;, alls. bat und bet, i
ags. bet, mnl. bet, aUn. betr. die golh. form erscheint nicht,
musz aber, wie gramm. 3, 589 vermutet wurde, gelautet haben
bats, nach der analogie ton mais magis, mias minus, suns
ocius u. a. m. das adv. bats verhält sich zum neutrum des
adjectivischen comparativs batizö, wie mais zu malzo, mins zu
minnizö; das latein unterscheidet magis ton majus, bedient
sich aber für bats und mins de« adjectivischen melius und
minus, gerade wie engl. nnl. schwed. und dän. das ältere adv.
bet erlosch und durch das neutrum des adj. better, beter,
bättre, bedre vertreten wird. nhd. aber hat sich basz neben bes-
ser behauptet, mehr neben mehrere, doch das alte min musie
dem adjectivischen minder weichen.
In bats, mais, mins, suns ist das auslautende S zeichen
des comparatits, im ahd. mer, mhd. mer, nhd. mehr, altn.
meir ward es zu H, im ahd. paj, mhd. ba?, nhd. basz ic/iitand
es, wie in min, docÄ im altn. betr 6/ie6 « haften, merk-
würdig sind einzelne spuren von baser {wie Luther bas und
das schreibt statt basz, dasz) im 16 jA., worin ein altes adv.
bajer, unterschieden vom adj. bejjer enthalten sein könnte:
das du die innerlich und dein angeborne tugent dester baser
und brachtlicher an tag bringen magst. Wirsu.ng Cal. 3* ; wirdl
der nagel rot, so hat es genug, wa nit, so lasz es baser sie-
den. Sectterx. 2; bei Keisersberg wechseln fürbasz und für-
baszer. vielleicht aber faszle die damalige zeit basz als po-
sitiv auf und comparierte ihn ton frischem, wofür auch die
vorhin (sp. 1150) aufgeßhrte Superlativ form hast anstatt best zu
sprechen scheint.
Wie steht es aber um den eigentlichen positiv zu basz, dem
die Vorstellung bonus, nicht melior beiwohnen müsle? jeder
cimparativ seiner natur nach setzt einen positiv voraus, doch
fast in allen sprachen erlöschen die einfachen positive zu. den
comparativen melius, pejus, magis, minus und werden durch
abgeleitete oder ganz andere Wörter ersetzt, wie z. b. im latein
durch bene, male, multum, parum. aus demselben gründe
tritt auch bei uns an die seile des comparativen bats und ba?
der positiv vaila, wela, wola ton verschiednem stamm, theo-
retisch aber musz es einmal einen wirklichen goth. positiv bata
bene, oder ein' adj. bats bonus {unterscheidbar von jenem
bats = batis melius) gegeben haben, die über die geschickte
unsrer spräche hinausreichend sich dem skr. bhadra felix, excel-
lens vergleichen und die würzet bhand gaudere, excellere an-
erkennen (Porr 1, 245. Bopp vergl. gr. 411 und gloss. skr. 243"),
verwandt ist vielleicht das ir. fearr, ferr melius, doch musz
verglichen werden was unter busze und büszen gesagt ist.
Dies über den Ursprung und die form von basz vorausge-
schickt, kann nun eine darstellung seines gebrauchs gegeben
und in folgende regel zusammengefaszt werden: basz steht im-
mer als adverb, besser ursprünglich nur als adjectiv ; allmä-
lich aber wurde besser {gleich dem lat. melius) auch adver-
bialisch verwendet und der gebrauch von basz, das man nicht
mehr recht verstand, dadurch eingeschränkt.
1) basz in bezug auf das verbum des satzes, ofl tm sinn
von eher, leichter, mehr, und mit ehe oder mehr ausdrück-
lich verbunden: die künige mügcn basz köstliche speis über-
kamen, dann das gemein volk. Keisersb. Sünden des munds
a'; gotl ist weiser dann du bist, und weisz basz zu wittern
{welter zu machen), weder du. IS'; disen menschen ist nit
basz ze iielfen, weder das {als dadurch dasz) sie glouben er-
farnea leuten. 19'; so schedigslu in mer, weder stülest im
gelt und zeitlich gut, wann er möcht es basz leiden. 2S*;
die leut meinten, sie wollen es umb andere {bei andern kauf-
leuten) basz kaufen. 22'; ich weisz es wol und basz wen
{als) du mirs sagen kanst. 41* ; du wilt ausz dem duppel und
in ein einCd gon, das du es {des zankens) abkumest, da
magstu gel basz dienen weder also. 43'; so spricht er, ich
wil im basz nachsehen und nach gedenken. Go'; wilt du aber
vier reder haben, die behaltest du basz, so bab gott lieb
über alle ding, ist ein rad, hab darnach dich selber lieb,
das ist das ander rad, und hab lieb deinen freund, das ist
das drit rad, und hab lieb deinen feint, das ist das vierd
rad. i»9'; er musz dir den köpf basz zerschlagen. 67';
dem Inigea die erzt sülchen basz,
und detea weder wirs noch basz. fa*tn. tp. iTSi ;
wer ich bei meinem bulen,
wie könt mir bas gesein *
ÜHtA!^D 73. Ambr. Ib. s. 50;
•0 ipei einmal, so wirt dir basz.
ScBtiT grob, D4*;
ein andermal so gehl es basz. Q2';
so bebt sich erst das murmlen basz. iV;
ei laotsman, trink doch basz. M4';
damit ers basz verneme. Bocc. 1, 235* ; da das der mann ver-
nam, dasz sein weib basz und hoher verkauft hett. 2, 31";
sintemal ich es basz dann du verkauft hab. 2, 3l'; damit sie
sein noch basz freud haben möchten. 2, 20* ; der basz den
du in hohen freuden stehn wird. 2, 62*; wolan, wir wollen
dich bas plagen denn jene. 1 Mos. 19, 9 ; woran kund er sei-
nem herrn bas gefallen thun, denn an den köpfen dieser
menner? 1 Sam. 29, 4; Ahub hat Baal wenig gedienet, Jehu
wil im bas dienen. 2 kön. 10, IS ; das wird dem herrn bas
gefallen denn ein farr, der hömer und klawen hat. ps. 69,
32; den erwürgeten durchs Schwert geschah bas, weder den,
so da hungers stürben, ier. klaget. 4, 9; die mütter haben
alle söne lieb, und geräth doch zuweilen eine tochler bas
denn der son. Sir. 36, 23; und solcher einer kan oft etwas
bas ersehen, denn siben wechter. 37,18; als wollet Irin bas
verhören, apos/. jesc/i. 23, 15 ; welcher geschicklichkeit so man
ansihet, scheinet es wol, das ir lichter zu viel zeit und pa-
pir gehabt, derselben nicht hat gewust bas anzuwenden. Lc-
THERl, 4S*; durch welche gesetze die weit würde bas regiert,
dan itzt mit den zinsen. 3, 43 ; aber das ich den teufel bas
abmale. 3, 5l'; ein apostel ist höher denn ein prophet laut
bas, denn apostel ist höher denn prophet. 3, 466; das wird
bas beiszen, denn ir lachen. 6,86'; nu höre weiter, wir wol-
len in noch bas sehen. 6, 90'; wie ein messer bas schneidet,
denn das andre, lischr. 180'; wer auf dise weis lesen lernet,
der list auch das latin vil leichter und bas, dann ders lernet
durch das gemein buchstaben, wie mans nennet. V'At.. Ickel-
SAMER b6; da merkt er die verenderung der laut und stimm
vil ehe und bas, dan so ers von einem andern hört. b7;
so, nagel, ich dich wacklet merk,
an dir versuch icli pasz mein sterk. Scbwarze.'^b. 121,2;
dann als ich wol erquigket was,
da kamen wir zu reden pas. 150.2;
der hält dich des bescheiden pasz. 152, 2;
er versucht sich aber basz an ihm. Alberds 11;
er meint es solt ihm basz gelingen. 20;
ich bitt noch, wollt euch basz bedenken. 33;
halt, hnlt, ich wil den pfarrer bringen,
der selb knn basz zu (iiesen dingen, il. Sachs III. 3, 43';
und ist kein uneer, wer basz mag, der nimpt dem andern
das sein on gewissen auf dem mör. Frank weltb. 17*; ist nit
unnütz si ein wenig basz erleuteren. 17G*; es wirt den stel-
len Tyrus und Sidon basz ergehen am tag des gerichts dann
euch. Reiszner Jer. 1, 125'; wolt in basz probieren. Eulensp.
cap. 79 ; hab ich gedacht dis mein büchlin nit basz anzule-
gen. WiCKRAMS bilger A 2 ; ach wie möcht basz geschehen mir.
B 3 ; wer mich einmal beteuschel, der sol niicht nit basz be-
teuschen. LEn)iA:«N 2, 473 ; es ist keim basz als in seim haus.
Fischart ehz. 46 ; Stricks umb den hals, wird sich basz schicken.
bienenk. 27' ; trag auf, zeit nicht, lauf basz ! Garg. 9S' ; be-
kam mir basz. 99';
dann was stat basz, dann wann die jugend
nacbschlägl irer vorraren lugend? gl.schifl^;
pas wers, ich wer ein schusier worden. Atrsr /a^fn. 99*;
ist es nicht basz zu bcth voll wein,
dao auf der erden tod zu sein? Weckherli.'« 412;
dan eben nach müh und verdrusz
kan man der ruh vil basz genicszen. 493;
den frawen kan fürwahr nichts dan ihr lob erschallen
und ihrer Schönheit macht besingen basz gefallen. 749;
im felde stirbt sicbs basz. pLEiitc 134; ,
du bnrenhäuter nim dein dintenfasz,
geh in die schul und lerne basz. Schuppios 645;
es lernte Jost ohn iinterlasz,
dasi ihm der köpf fast rauchte,
kein mutierkind studierte basz
was es zu wissen brauchte. IIacedos:« 3, 113;
nun, da ihr die verliebten seelen
so unaussprechlich elend seht,
dasz saian selbst sie basz zu quAlen
nicnt möglich fände. Wibla.io 9,203;
da sollte Bacchus juchhei basz
ans Ohr der kenner schlagen. Bürger 9*;
drob ärgern sich nun freilich basz {tüchtig)
die herren faculiisten. 40*;
die herren von der klerisei
und aus dem cdeln raihe
verschmelzen mehr in supp und brci
und prunken basi im suate {at* ein dithter). 40*;
73
1155
BASZ
BASZ
1156
basz glückt harfenspiel und san^,
wenn ich brav schlampampe. 50';
was glockenklang, was chorgeplarr!
die jagdlust mag euch basz erfreun. 70*;
der rechte ritter sprengt heran
und warnt den gral'en sanft und gut,
doch basz hetzt ihn der linke mann
zu schadenfrohem Frevelmut. 70';
mags, frommer narr, dich basz verdrieszen,
so "will ich meine lust doch büszen. 70";
ha, dasz du deiner besten kuh
selbst angewachsen wärst,
so sollt es basz mein herz ergetzen,
euch stracks ins himmelreich zu hetzen. 71*;
er rühmt dir basz sein gntes herz,
will freundschad mit dir treiben. Gökingk a« Bürger 39*;
ich sehe vvol, das ding verdrieszt dich basz.
GöKiNGK 2, 20Ü;
ihr zechet basz (tüchlig) I Gotter 3, 491 ;
ein guter schlaf stellt alles her,
und morgen bin ich basz. Claudius 5, 140;
den edeln Bajard zu besingen
gefallt mir basz,
als unsern beiden Weihrauch bringen. Stolberg 1, 290;
das macht, er thät sich basz {tüchlig) hervor,
thät die weit mit seinem kriegsruhm füllen.
SCHILLKR 324*;
babens gekauft, es freut sie basz {sehr),
eh maus denkt, so betrübt sie das. Göthe2, 246;
sind die im Unglück, die wir lieben,
das wird uns wahrlich basz (sehr) betrüben. 2,306;
dreihundert jähre hat sich schon
der Protestant erwiesen,
dasz ihn von pabst- und Türkenthron
befehle basz (stark) verdrieszen.
was auch der pfafle sinnt und schleicht,
der predger steht zur wache,
und dasz der erzfeind nichts erreicht
ist aller Deutschen sache. 3, 146;
das sollte frau Wahrheit basz verdrieszen. 5, 132;
das Wesen ist mir recht zur quäl
und niusz mich basz verdrieszen,
ich stehe hier zum erstenmal
nicht fest auf meinen füszen. 12, 229.
alle neueren belege sind aus der poesie und lehren, dasz das
adv. häufig positivbedeiUung gewinnt; wo es aber noch compa-
raiivische behält, wird in prosa immer besser dafür gesagt,
jenes basz für tüchlig, sehr, gewallig, gestaltet sich zuweilen auch
die prosa, z. b. er liesz ihn in ungewisheit, dasz reue und
furcht ihn basz mürbe machen möchten. Claudius 8, 42; und
wenn ich ihn basz gepeinigt hätte. Hermes in Soph. reisen
1, 659; wie wir nun scharmierend um die frauen herum-
schmunzelten, dasz es einem basz wol thät. Klingers th. 4,
121. hier wäre besser unstatthaft, man sehe auch pasz und
unpasz.
2) participia sowol praes. als praet. gleich andern adjccli-
ven zu steigern, war schon ahd. und mhd. unbeliebt, wiewol
den gramm. 3, 584. 585 gegebnen seltnen beispielen noch ein-
zelne zugesetzt werden können, in der regel aber pflegte man
den comparaliv durch vorangehendes baj, wie auf romanisch
durch plus auszudrücken: mhd. baj gemuot. MS. 1, 83'; hat,
geziert. Wigal. 7272 ; baj geriten. Parz. 119, 5. 537, 11 u. s. w.
(Ben. 1, 94'j ; mnl. bat ghemaect, bat oder bet gheraect. dies
geschieht nun auch nhd., doch mit recht besteht daneben auch
adjectivische comparalion. ein kalter trunk wassers wird basz
schmackend sein, dann u. s. w. Fischart groszm. 30; basz-
geberdiger seie (neben der gewöhnlichen Steigerung, für basz
gebärdig). Garg. 144'; du bist wainüch in dieser Sachen basz
erfahrner (erfahren hätte ausgereicht). Avher proc. l, 7 ; für
basz wird aber heute vorgezogen besser: ich bin besser un-
terrichtet, besser beritten als du. Seltner hingegen steht ein
solches basz oder besser vor adjecliven: der basz gemulcst
man. Bocc. 2, 125*; doch wil ich liierin keinem basz verstän-
digen fürschreilen. Ayrer proc. 1, 1, wo es richtiger hiesze kei-
nem verständigeren; einem dichter mag es eher gerecht sein:
nUD lächelt sie
so minniglich die lehre,
gar sanft mirs Ihut,
hin basz gcmul (= benser tu mute),
denn ob ich kaiser wäre. Voss 4, 30,
ähnlich ist: und nach den zchcn tagen waren sie schöner
und bas bei leibe (= beleibter), denn alle knaben, so von
des königes speise aszen. Dan. 1, 15. Bemcrkenswcrlh scheint
auch bei Steinhüvel die häufung von besser und basz vor
participien : ist es nicht besser und basz gclhan, icii vcrgünne
das? Bocc. 2, 16"; denn du die best und basz geboren loch-
ter bist dieser statt. 2, 59'. in der alten Vlmer ausgäbe 227'
ist es nicht besser und bas getan; 260' aber: denn du die
peste und pasz gepornest tochter pist diser slat. Es läuft
auf eins hinaus, ob man diese basz beritten, basz verständig
als gesteigerte wol beritten, wol verständig oder als gesteigerte
beritten und verständig ansehen will.
3) die ahd. mhd. auch mnl. spräche pflegte baj und bet
mit den Partikeln höher nieder näher ferner her hin
für auf MJirf aus zu verbinden, wenn zu den mortem des
Stehens gehens tretens reitens fliegens und sitzens die rich-
tung bezeichnet werden sollte, ahd. nidar baj sizzi. fragm.
theol. p. 7; sizzi noh höhöro baj. daselbst; hera pag, hina
paj. gramm. 3, 214. mhd. wichet hoher baj. Nib. 1880, 1;
sitzent höher baj. (Jer/t. 4561; enthielt er höher baj. £r. 825;
er lie die giirtel nider baj. Helmbr. 1153 ; gestuont hin naher
ba;. Iw. 5228 ; näher beide bag. Nib. 2069, 1 ; urloup näh und
näher baj. Wolframs lieder 5, 14 ; trat näher baj. Trist. 179, 7 ;
hine baj. pass. K. 430, 63 ; rit her näher haj. 236, 25 ; zieh
näher baj. Wigal. 5367 ; ruck her näher baj. graserin 7, 3 ;
vür baj. Nib. 1071,3. Iw. 3020. Trist. 179,5; ftf baj. pass. H.
151, 10. 342, 29. K. 432, 61. mnl. geht das bat oder bet vor-
aus : bet naer. Maerl. 3, 179 ; bet naer. Lanc. 5631. bat naer.
25778 ; bat neder. 20952 ; trec bet achter. Maerl. 3, 109. altn.
hingat bctr, propius.
Von allen diesen dauerte nhd. fürbasz ulterius noch am
längsten: und wenn du dich von dannen furbas wendest.
1 Sam. 10, 3 ; und da er von dannen furbas gieng. Matth. 4,
21. 9, 27; doch das etliche zeit hangen liesz, nicht fürbasz
suchet, also das gute junge mägdlin fürbasz span. Bocc. 1,
234'; sage mir fürbasz, dasz dich gott gesegne. 2, 80'; bei
Keisersberg erscheint bald fürbasz, bald fürbaszer und mit
nl. Voranstellung basz naher = naher basz : so wolt er inen
verheiszen und zugesagt haben, das sie basz naher würden
kummen. sündeu de/ munds 22'. fürder basz steht im Anibr.
Ib. s. 40. Stieler 719 führt an basz dran, basz oben, basz
unden, basz forn. zu bar basz steht bei Uhland 406, auf
basz oben sp. 618. heute sind auch sie veraltet und man fügt
etwa besser statt basz einzelnen jener partikeln zu: besser
heran, herunter kommen, besser hinab steigen; tritt besser
her, besser hinter! Tobler 36' mit vorangestelltem bas gibt an:
bas aha, bas noba, bas föra.
4) auf gleiche weise hat sich die mit dem alten instntmen-
talis gebildete partikel des diu paj, wie des diu mer, des diu
min, mhd. in deste baj, deste mer (mit t für d wegen der
anlehnujig) verdünnt, nhd. lautete sie früher noch desto basz,
deste basz, dester basz : auf das man dich desterminder er-
suchte, und desterbasz darvon möchtest kummen. Keisersb.
Sünden des munds 22'; damit dieselbe räth ilirfes raths und
diensts desto basz zukomen. reichsabsch. von 1512. §.10; auf
das mirs deste bas gehe. 1 Mos. 12, 13 ; damit das volk den
gesang deste bas vernemen möge. Luther 7, 14' ; damit solche
schiffart desto basz von stat gehen möge. Micrälius 4, 104;
damit alle sachen dester basz versehen werden. Reütter
kriegsordn. 34. heute nur noch bei den dichtem, die sich auch
des bloszen basz bedienen:
dagegen kann ihr pfauenpaar
sie desto basz erfreuen. Bürger 27';
die sonne mag uns tausend segen schenken,
doch sengt und brennt oll desto basz dafür. 55';
in prosa aber heiszt tes nur desto besser. Bei diesem deste
und desto darf nicht übersehen werden, dasz der vorausste-
hende gen. des urspriinglich abhieng von dem im te oder to
enthaltnen instrumental diu, der dem lat. eo in eo melius
entspricht, mnl. hiesz es des te bat hebben, vorlheil aus
etwas ziehen, nii es des te bat, es gereicht mir zum nutzen,
der gen. des konnte aber auch wegbleiben, wie er vor dem lat.
eo immer fehlt, und dann hätte das te wieder de werden
sollen, weil kein anlasz weiter war, die alte tenuis fest zu
halten ; man liesz aber nnl. t e b a t stehn, und nhd. entfaltete
sich vielleicht ein ganz unorganisches zu basz, zu pasz,
dessen sinn schwer zu fassen, nur aus den beispielen selbst
zu entnehmen wäre: ich bin übel zu basz, perdita sum valetu-
dine. Mich. Neanuer sylloge loc. 154'; ich was nit wol zu
pasz. Eulensp. cap. 85; solche bossierliche spiel könnt er so
meisterlich zu pasz bringen, dasz ihm ein lust zu zu sehen und
zu hören war. Garg. 170'. zu basz bringen, zum besten geben, zu
basz sein, sich zum besten befinden? Docli richtiger nimmt man
an zu bas, zupas = zu passe, nnl. te pas, nd. to pas vom
1157
BASZ— BATTE
BATTEN
1158
folgenden (mehr unter P). Leicht verständlieh sind je basz und so
basz: und thet im ie lenger ie basz gefallen. Keisersb. Sün-
den des munds 57* ; setz aber ein dein kolenglut und ie basz
und basz rieht kolen "darumb. küchenmeisterei aö; ie mehr
die reb den weinstock ergreifet und basz in im stehet ver-
wurzlet, ie mehr sie saft in sich sauft. Fra>k /a5/era2; meine
bücher, so basz ich immer mag und sich das schicken will,
zu transferieren und auslegen. Hcttes 5, 41. heute, je länger
je besser, je mehr je besser.
BASZ, ffl. fassus, franz. pas, jetzt pasz, genauer pas,
gen. passes, ganz verschieden von dem vorhergehenden:
dasz etlich longae gehn den basz,
breves den zelf gehn lernen lasz,
ancipites zu basz und zeit
könt brauchen wie es euch gefeit.
IsAACus GiLHDsiDs marpurgensls grammatica (eine
comoedia) 1597 s. (>9.
BAT, ablaut von bitten.
BATAILLE, f proelium, acies. dies fremde wort war schon
frühe unter uns hergebracht, vgl. das mhd. verbum bataljen,
proeliari bei Ben. 1, 93*. man gebrauchte es auch, wie treffen,
von der Schlachtordnung: herzog Bernhard Ton Weimar, der
die eine bataille führte. Micrälics 5, 297.
BÄTE, m. sowol baptismi Sponsor als filiolus baptismatis,
das heutige pathe, der mhd. Schreibung gemäss (Ben I, 93") und
nach ier üblichen Umsetzung des fremden P in deutsches B.
Stieler 77 ; bathe. unw. doct. 672.
B.ATENGELD, n. pathengeld: der geist aber ist das kleine
beutelein, da das batengelt, das ungerische gold innen lieget.
Lcthers lischr. 198*.
B.\TENGESCHENK, n. donum lustricurt. Stieler 1760.
BATE.NHEMD, n. velamen luslrale, westerhemd.
BATE.ME, f. betonica, mhd. betoene: schoene. Hätzl. 163,
86. nimb braun battengen, dörre die. Seüter 349. vgl.
deutsche mylhol. 1159.
BATEMKEL, leucrium ehamaedrys, gamander, aber auch
primula veris, Schweiz, badönikli, Schlüsselblume, flukblume,
bei Tobler 33' badenechtei, patönjele, bei Schmeller I, 215
batengel. die deutung ßa&vs ayyeXos, frühlingsbole ist nur
spielend, das wort scheint diminutiv des vorausgehenden, gleich-
sam kleine betonica.
BATSCH, s. patsch.
BATSCHEN, batuere, eontundere, franz. battre: da balscht
die maid ir hend zusam. H. Sachs IV. 3,66'; die geisel pat-
schen. ÜHLA>D 734. mehr unter patschen.
BATTE, f lumtm, emolumentum. Stieler schreibt die bäte
auxilium. mhd. bäte :
ich gebe iu noch hiuie
alle; da; ich ie genran,
lanl, bürge, diensiman.
e; kuniet alle; wol ze baden,
luwer jiincfrouwe.n wil ich bestaden
ba; dan nach irme rehte. HeRB0AT2697;
armisen unde plaien,
geschiitze in guoten baten. 4738;
ir Sil In graben unbaien,
deheines grirens ich iuch staten. 417;
da; Troilus mit timbaten
ür Eleno tribei siiien spoi. 2296;
überall scheint baten hier der dat. pl. eine im wb. zum pass.
K. 697* angezogne, aber nicht angeführte stelle war jetzt nielU
XU erreichen. Oberlin 98 führt in mehrem stellen an: weder
miete noch hatte nemen. batelüs hilpos findet sich Tiinda-
lus 54, 69. unbate bedeutet unart, schade, und wie wir unart
persönlich anwenden: du bist ein rechter tinartl gilt auch
noch heute in wetterauischer, westerwäldischer tolkstprathe un-
batte für einen hämo nequam, nihili.
Nd. dat mochte ik reken vor grole bäte. Beineke 2083 ;
wat scholde roi dat lo bäte komen? 2103;
lor baten. 3233;
«e denken mAst der kindere hate. 3979;
scholde ymant bäte entßn. 5250.
Sprichwort: alle bäte helpet, segde de mügge, un m^g in den
Bin ; hd. alle halte hilft, sagte die mücke, und seichte in den
Rhein, mnl. baet, bäte:
entie mfiM andren h^ft mesdaen,
»a\ den andren in baten staen. Rein. 191;
daer orte hebben baet en ghenot. 4265;
om sin bäte. Chri»line 1365;
Ie sirc bäte, heimelich. lllj;
te sire ombate. 1501
wat baet comt u van minre ddt * Pottik 1, 1201 ;
bäte of ODtfaen. 2, 1451.
tinl. baat oder bäte f. siehe das folgende wort.
BATTEN, frugi esse, prodcsse, juvare, proficere, frommen,
fruchten, im Westerwald, in Hessen, in der Wetterau sehr üb-
lich, Albercs erklärt batt durch proQcit und das synonyme
hilft, Dastpodics 179' expedit, es ist nutz, es hattet;
die sonne gab des fleisches schatten,
er meint, es soll in etwas hatten.
er greif darnach und war nicht faul. Albbscs 19,
das Stroh, das er in schuen hatt,
wiewol mich« warlich wenig halt,
das nam ich, als herauszer guckt,
und hab es hinder im verschluckt. 39;
als er nun lang gebetien bau
und sah doch, dasz in wenig batt. 97;
geh du am säubern ort,
und lasz in in dem dreck ^umb walten,
das wirt dich an dein schuhen hatten. Scheit j^rod. ES^t
hat euch die leussalb nichts gebatt. Tl';
und denken nur. was sie mag hatten,
wann sie bau viel acker und matten. ganskönigHSl';
du glaubst und glaubst und weist nicht was,
was meinst, das dich werd patten das?
W. Spa.nce.^berg fangbriefe FC* ;
was batt dein übelsehen? Uhla\d6$0;
es batt noch hilft nichts. Fischart bienenk. 34"; ja dasz man
die gewissen mit keinen neuen geboten binden inng, das batt
uns nichts, ebensowenig als ein frühmesz auf den abend.
47" ; dasz . . . alles sein leiden uns nicht hat können hatten.
75'; und ob man sich schon zu gott bekehrte, das kan nicht
hatten, es sei dann, dasz man vollkommenlich bezale. 106";
und hiewider hilft noch haltet alles nichts, was die ketzer
einwerfen. 107'; aber es hattet sie wie muterkraut für herz-
gesperr und heisze eschen für blalrige füsz. 244'; es soll
dich wol etwas ballen, dasz ich da sitz. Garg. 15l'. Stieler
führt 719 an: es ballet mich nichts, ni7n7 conducit; was batt
es, dasz man den stall zumacht, wenn die kühe weg sein?
nach Hemsch 198. batt es nichts, so schadt es nichts ist
eine noch heute gangbare redensart; es will nichts ballen sagt
man in Schwaben (Schmid 1, 36) und im Elsasz, für die alle-
mannische mundart zeugen zwei stellen aus Hebel (ausg. 5):
du grobe bursj, se battets nüt. 212;
*s het alles nit ghulfen und hattet. 298;
in der schweizerischen sollte man das worl erwarten, doch ge-
ben es weder Maaler, noch Staloer und Tobler an, Stalder
1, 143 hat ein ballen, aber in der bedeutung von bastgen, be-
zwingen, überwältigen, der bairischen und östr. Volkssprache
scheint es heute ganz fremd.
Desto üblicher bleibt es in der niederdetUschen :
wente gi könnet noch so manigen rat,
de ju lichte wol baten mach. lieineke 130S ;
de können nicht an enen baten. 3652;
it mach mi schaden, it mach mi baten. 3700;
mochte ik ju mit mineme live baten. 5313;
dat sulre Keinken nicht vele batede. 6362;
in welchen stellen allen kein baten des mnl. gedichts ent-
spricht, dodt unterliegt das nnl. baten keinem zweifei.
Hält man nun das mhd. bäte, nhd. hatte zum mnl. baet,
bäte, nd. bäte, das nhd. hatten zum nd. und nnl. baten, so
musz die abgehende lautversehiebung auffallen und man hat
eben darum das wort für ein unhoehdeutsches, aus der nie-
derdeutschen spräche erborgtes angesehen, bei genauerer for-
schung ergibt sieh umgedreht, dasz die hochdeutsche form hier
in vollem rechte steht und das nl. nd. baten aus baden rer-
derbt ist, wie längst schon gramm. 1, 494 (ausg. von 1822) nach-
gewiesen wurde, niemand kann glauben, dast ein mhd. dich-
ter wie Alber batelos für bajelüs geschrieben oder ganze hoch-
deutsche landsehaflen hatten aus bajen gemacht haben sollten,
umsnwi-nigpf als ein ahd. bajen melius habere (Graff 3, 223)
wirklich bestand, dies bajcn ist aber mit baten ganz unver-
wandt und baten fordert zur würzet ein goth. had, nicht bat,
folglich CM ahd. pat, nicht pa;; baten hat auch gar nicht die
bedeutung bene se habere, melius se habere, vielmehr die völ-
lig versch'tedne von juvare, proficere. die Schreibung baden:
bestaden ])ei Hebbort, dessen gedieht ans nd, streiß, hatte gu-
ten grund.
Wie nun, sollte ahd. keine spur des ausdrucks übrig sein?
alle glossen gewdlireti unpata lentus, wobei man sicJi alsogleieh
jenes persönlichen unbate nequam erinnert, wie schon das oi«-
73*
1159
BÄTZ — BATZE
BATZE — BÄTZLEIN
1160
lautende a ein fem. anzcuß; noch mehr, fragm. Iheol. p. 20
steht in Christi amore promptissimus verdnitscht : in Christes
minniu batast gagarawiter, das will nicht sagen optime (bejisl)
paratus, sondern promptissime ad juvandum paratus, = funsist
gagarawiter. Dazu stimmt aber badmen juvari {sp. 1075) und
die von Schmeller verfehlte auslcgung eines alts. ausdrucks,
der es zur sicherheil bringt, dasz nd. baten für baden steht:
idisi fengun gibada an iro brioston. Hei. 172, 11,
muliercs ceperunt jitvamen inpectorihm;
thcm mannum ward gihßlid möd,
gibadi an iro briosuin. 97, 9,
viris restilutus csl animits, auxilium datum pectoribus eorum;
wie sich damit aber die dculung von underbadön 148, 5 ver-
trage, musz für einen andern orf aufgespart bleiben, von der
verwandlschaß dieses ahd. pata, alts. gibada mit ahd. petti,
goth. badi, vielleicht auch mit ahd. palo, ags. beado, alln. böd
pugna .<toll unter dem worle bett lectus die rede sein, hier
genügte es batten als rein hochdeutsch gerechtfertigt und seine
herkunß aus basz abgewiesen zu haben.
BÄTZ, m. ursus, betz, petz, koseform für bär, den betzen
zu Bern im loch zeigen. Garj. 124'; vgl. alln. bessi, bersi
und hernach liätzli.
BATZE, BATZ, m. numus ursi typum gerens, ursalus se-
slertius, mlat. bacio, bacius, bacenus (Ducange 1, 52S'), eine ge-
ringe zu Bern geprägte, vier kreuzer werthe münze, die sich seit
dem 15. 16 jh. im südlichen Deutschland allgemein verbreitete
und auch in andern gebieten, ohne dasz der Berner bär dar-
auf abgebildet war, gleichen namen behielt, auf dieselbe weise
entsprang der name florenus von der blume, die dem floren-
tinischen gülden, oder kreuzer von dem kreuz, das dieser klei-
nen münze eingeprägt war, und behauptete sich auch, wenn
das zeichen wegfiel oder mit einem andern verlauscht ivurde.
diese herleitung des batzens isl der vom it. pezzo oder franz.
piöce schon deshalb vorzuziehen, weil dann auch wol allge-
mein goldbatze für goldstück, pifcce d'or gesagt worden wäre,
wie nie geschieht, auch heiszl den Schweizern gerade das sil-
berslückchen von ßnf sols bieszli (Stai.der 1, 170), niemals
bützli. doch s. das folgende batze.
Wann das wort zuerst erscheint, ist noch unermiltclt, es mag
gegen den ausgang des 15 jh. der fall sein, in dessen mitte
die rcchnungsbücher Conrads von Weinsberg oder Otto Unlands
nie von batzcn reden, auch nicht des abtes Ulrich von sanct
Gallen um 1490 (Zellwecer n* 523). Frisch 1, 74 nnrf Sciimei.-
LER 1, 227 //äu/'cn beispiele aus dem IG jVi. Matiiesius 165" sa.9<;
batz ist hernach ein gemeiner name worden aller der gro-
sclien, die auf vier kreuzer, wie die halben alten zehner ge-
schlagen; so weil als nach gülden und kreuzern gerechnet
wurde, verbreitete sich auch die hencnnung des batzens und
des dreibätzners, seciisbälzners für grvszere münze, statt zwei
kreuzer sagt das volk lieber einen halben balzen, statt vier
kreuzer immer einen batzen, ja das worl ist allmälich ein
ausdruck für geld überhaupt geworden, es heiszl nicht das ko-
stet kreuzer oder gülden, sondern das kostet batzen; nicht
der iiat gülden, sondern der hat batzen, ist ein reicher mann,
wai freilich wieder für jenen auch in piece und pezzo lie-
genden allgemeinen sinn sprechen könnte, seine l»atzen zu-
sammen halten. Simpl. 2, 44; wäre sie arm, so könte ich ja
wol denken, dasz sie nur meine bare l)atzen genommen.
ebenda; wenn danken ein batzen kostet, so behielts mancher
in seinem säekcl. Lehmann 133 ; ein liöser batze, der seinen
herrn nicht lösen will. Simrock 549; seine balzen zählen,
sein geld zählen. Gotter 1, 158 ; halbbatzen daher machen, al-
bernes zeug schwätzen. Schmeller 1, 228;
darzii lial) icli ein speccroi,
die gili ein batzen oder drei.
und gel) tvii ninem gelt dazu,
ncmlich ein palzen oder drei.
Al.BF.RUS 197;
11. SachsII. 4, 3';
da der zahlpfennig jetzt ein gülden, ein album oder batzen,
jetzt ein pfcnning heller bedeutet. Kirchhof wendunm. 47";
kund.schaft zu verhiiren, von jedem zeugen 2 batzen. nii7.
diso. 258 ; Königsteiner batzen und Salzburger gröschlin. Garg.
120*; wenn das glück gar wol will, fallen etwan ein thaler
batzen von den reiciien, als wie durdis Schneiders scheer
uns zu. ScHüPPius 548; den Schülern zehn batzen, den wit-
frauen ein gülden. "50; acht balzen von der winkelslcuer.
Jucunrfisx. 192; sie ihm ein paar balzen schenkten, wegkürzer
26; o ho, drei batzen ffir meinen eintritt. Fr. Müller 2, 122;
alle diese dinge wären keinen halben batzen wert.
Platen 250.
In der bairischen kindersprache heiszt jedes geldstück, zumal
ein als schmuck angehängtes batze, balzel, aber auch ander-
wärts war batze ein angehänge der frauen von gold, silber
und edelgestein, so wie der rosse:
ein schönes rosz,
i'ung, weilig, Treidig, stark und grosz,
leliangen mit sntlel und bäum,
mit batzen, das mans seilen kaum. Waldis 2, 78,
mit glänzenden metallplatlen oder blechen, die zinngieszer nen-
nen grosze, abgedrechselte zinnstücke, wonach die formen ge-
macht werden, batzen, was doch wieder vom folgenden worl
abgeleitet werden könnte.
BATZE, m. massa, gleba, klumpe, was aus dem weichen
erhärtet, geronnen ist und zusammen klebt, ohne zweifei von
backen 2 herzuleiten, wie gutzen von gucken, gatzern von
gackern «. s. w. man sagt mehlbatze, leimbatze, eiterbatze,
rotzbalze, speibalze, augenbalze {was augenbutter, augenkiise)
und nennt die klebrige, aus zerquetschten thicren oder pflan-
zen vortretende malerie batz : ich drücke dich, dasz dir der
balz ausgehl; er hat den wurm getreten, dasz ihm der batz
herausgegangen isl; er friszt, dasz ihm der balz abrinnt; die
birne ist teig, ich habe sie zu einem batz zerdrückt (Schmel-
ler 1, 228). jungfraw mon bringet so schöne, kalte wetter-
linge, unflaler, grindbalzen. Fischart groszm. 94 ; ja von sol-
chen dreckbatzen, kruckäntlein, kotänllein, muckenscheiszer-
lein, hafenguckerlein. Garg. 40' ; der naturlich mensch, der
in der schrift ein verderbler batz wird genent. Frank bäum
des Wissens 125; weisz fast wol, dasz wir alle gleich Adams
kinder seind ein verderbler balz, ja all wol wasser an einer
Stangen tragen, weltb. vorr. a4'; wir seind all ein verderbter
balz ausz Adam, die nichts dann die hell verdienen, ausz
demselben vernfichlen kotbatzen seind ausz genaden ellich
geschirr zu ehren gemacht, guldin arch 210'; golt wird all
menschen auf ein häufen durch sein wort nicht desto weni-
ger, wie sie sind, ein verderbten batzen, vasz des zorns,
Ihorecht und gotlos nennen, paradoxa 37'; dann was ist das
fleisch, dann ein pfütz, Instrument, häfel und patz der sünd?
66'. in den hohen öfen heiszt ein stück lehm oder leim zum
verkleben des lochs im tümpel der batze. batze, dreckbatze
cjnc schelte der vornehmen gegen handwerksgesellen, sonst broz,
handwerksbroz. Man könnte nun auch vermuten, dasz die
Ideine am finger klebende münze, weil aus heiszem silber ge-
backen, balze genannt worden sei, und vielleicht verdient diese
herleitung den vorzug vor der andern aus dem Berner baren.
BÄTZE, f canicula, beize, pelze, hündin, alln. bikkja, ags.
bicce, engl, bitch, wozu man das sl. p's" canis, poln. pies
und die in der gesch. deutsch, spr. s. 38. 39 angeführten weil-
grcifenden Verwandtschaften halte.
wer solche thierchen fängt, der fängt beläuflge balzen.
WiEDEMANM oprit 1. 22.
BATZEN, haerere, rigere, coagulari, kleben, pappen, zu-
sammen backen {sp. 1065), dem subst. batze entsprechend, wenn
zottige haare sich in knäuel verwirren, heiszt es sie batzen
{backen) zusammen; betlfedern haben sich gepatzet. König
Schweiz, hausb. 819; indeme er {der staar) sich nicht allzu
reinlich hält, seind seine federn meistens nasz und zusam-
men gebatzet. Hohderg 3, 372*. Schneller aber hat es noch
in der weichen, flüssigen bedeutung : einen käfer, einen apfel
balzen, zerbatzen, quetschen, zerdrücken; herumbatzen, in et-
was schmierigem herum greifen.
BATZEN, sarcire, grob flicken, grobe naht nähen: den rock
balzen, verderbt aus besten oder büszen, welche man sehe.
BATZENFLÖTE, f i. Paul flegelj. 1, 43.
BATZENHAUSLEIN, n. geringes Wirtshaus, wo man nur
einen batzen verzehrt.
BATZET, rudis, aus batze, wie massiv aus masse, derb,
grobgebacken : warumb macht sich iedermann so breit, grosz
und balzet? Frank pararf. 14; sich balzet machen. Scbmkller
1, 228 ; eine batzcte lüge, derbe lüge.
BATZIG, dasselbe, oft geschrieben patzig: der kerl macht
sich batzig, thut dick, prahlt derb; sihe, hagenbutz, du machst
dich discn morgen mechtig patzig. Garg. 198"; wie macht er
sich mit ander leut geld so pelzig. Taubmann zu fcrox est in
riautus Asinar. II, 4, 62. vgl. adelstolz, Ireckbatzig. Garg. 75' ;
Ireckhatzige zwerglin. 196'.
BÄTZLEIN, n. mit verschicdnen bedeutungen.
1161
B ATZMANN— BAU
BAU
1162;
1) hnndUin, s. bätze: hett ein kleines Lündlin, dem lockt
sie bebend und bald, schlfig die bend zusamen, sprach hurs,
hurs batzli, biirs, dapfer an ibne, er ist doch nichts mar
werd. Frey garteng. cap. 20 s. 33.
2) schäßein, oricula. Schmeller 1, 229, vgl. bätschelein
kälbchen 1, 226.
3) anhdngsel von gold, Silber und perlen.
4) kleiner, fester mchlklosz.
5) kleiner, aufgenäliler ßickßeck.
BATZMANN, m. name eines biers. Carg. 59*; nach dem zeit-
verlreiber s. 158 des biers zu Wollin.
BÄTZ.NER, VI. siehe dreibätzner, sechsbätzner.
BAU, fli. eubile, aedißcium, cnllura, nls, pl. baue, ahd. pü gen.
pftwes, mhd. bft binves und bou bouwes, nnl. bouw botiws;
<Uls. aber bft n., alln. bö n., schw. ddn. bo n. {neben byr f. gen.
byar, urbs, schtc. dän. by), ags. engl, mangelnd, golh. nicht
vorkommend, von der icurzel hernach unter bauen.
1) eubile, fovea, specus, den tcilden thieren, die sich ihre
Wohnung bauen, wird darum ein bau zugeschrieben, nament-
lich heiszt die fuchshöle und dachshole bau; in der thierfabel
empfängt Iteinharls hole oder grübe sogar den eigennamen
Malperluis, mhd. Übelloch, trenn er sich dahin zurückzieht,
wird gesagt, er bebt sich zu seiner bürg, wie ihn die jäger
zu loche, zu baue schliefen oder kriechen lassen. Grimberls
bürg wurde altfranz. Malbuisson genannt, schiced. räfven bar
bo i skogen. biber, ottem, hamster, kaninchen haben ihren
bau, auch dem wolf wird bau und lagcr beigelegt, dem baren
nur ein loch.
begibt sich das raubthier
aus dem gesicherten bau in unabsehlichen wäldern.
Zachariä 2, ~4;
wollen den dachs bis an seinen bau beizen. Fr. Müller 2,
112; die hunde slehn vor dem. dachsbau und bellen. Mit
noch grüszerem rechte verdient das kunstreiche nest der rögel
den namen eines baues, schwed. heiszt es ausdrücklich fagelbo ;
mhd.
daj ein stval«ve ze Irlande kxme,
ein frouwen liär da na-me
zir büwe. zir geniste. Trist. 217, 11;
wenn ihm sein ehgemalil vom garn erhaschet wird,
der jetzt sein einsam sein ruft aus auf allen bauen,
so bin anitzo icli. Flbjiimg 23.
die bienen wirken honig in aufgestellten körben, aber in selbst
gebauten zellen; das Wespennest, der ameisenhaufen könnte hau
genannt sein, wie den letztern die thiersage bürg nennt,
2) das haus, die behausung und wohnstdlte der menschen
ist ein bau, j» welchem sinne Ulfilas bauains verwendet von
dem unreinen geisl, saei bauain habaida in aurahjüm, qui
domicilium haltuit in sepulcris. Marc. 5, 2, oder ahd. pfihaft
habitabilis ausdrückt.
wer herscht inner groszen bauen. Opitz 1, 210;
fragt nichts nach hohen bauen. FLr.ai.fc 72.
3) häufiger aber ist bau das gebäude, aedißcium, structura,
die errichlung des hauses, an dessen balken und giebel, nach
HoMEYERS entdeckungen, der eigner sein handgemal, sein bau-
seiehen, b6mark in gestalt alter runen setzte: wie die menner
hieszcn, die diesen baw theten. Esra 5, 4 ; meisler, sihe welche
steine und welch ein baw ist das? 3/arc. 13, 1; siheslu wol
allen diesen groszen baw? nicht ein stein wird auf dem an-
dern bleiben. 13, 2 ; wir wssen aber, so unser irdisch haus
diser hüllen zubrochcn wird, das wir einen baw haben von
golt erbawet {goth. gatimijön, oixo8oftr;i). 2 Cor. 5, 1 ; da
Jesus Christus der eckstein isl, auf welchem der ganze bau
in einander gefüget wechset zu einem heiligen lempel {goth.
galimrjö, oCxoSofij). Eph. 2, 21; und der baw irer mauern
war von psfis {iyoöfxr^ais). apost. gesch. 21, IS; wann du den
grund enzeubest, so ist der bawe lose und feit bald umb.
Petr. SO'; welches doch der rechte grund und boden ist,
darauf sie Iren römischen bau zimmern und setzen. Fischart
bienenk. 16"; burgüclien bau thun. Landac ritterg. i. 104; dar-
auf bin ich fortgezogen und die nothwendige baue verdinget.
ScHWEMicBEx 3, 125. wir sagen: das ist ein stolzer, edler
bau, ein herliches gebdude; ein neuer bau steigt über der
asche auf; viele büuser stehn in bau ;
laszt ihr nur danim ewge baue gleisten,
um schnell dieselben wieder einiureiszen ?
der tod kömmt plötzlich, der wird euch bei zeiteo
höhlen bereiten. E. v. Kxkist 1,6;
beiige Ordnung, segensreiche,
die der städte bau gegründet. Schill» 79*;
dumpfbrausend wie des meeres wogen
von menschen wimmelnd wachst der bau
in weiter stets ge<cliweil1en bogen
hinauf bis in des liimmels blau. 5S*.
neuere bilden den pl. baue: glauben sie, dasz er bei bauen,
wo sie selbst einwirken, angestellt werden könnte. Göthe an
Zelter 9. Auszer dem haus gilt bau auch ßr schiffe, hdfen,
canäle, straszen, eisenbahnen, wagen und mascitinen.
4) dieser bau, genommen für structura, construetio, leidet
vielfache anwendung sowol auf sinnlich wahmembare Verhält-
nisse des leibes, der pßanzenwelt und gebirge, als auf ab-
stracte gegenstände : der bau des menschlichen körpers. Kam
8, 9 ; ein mädchen von schlankem bau (wuchs) ;
die du in tiefer ruh am nachttisch bänder wählest,
der locken bau besiehst und muschen überzahlest.
Zachariä schnupft. 2, 1 ;
ein pferd vom schönsten bau; vielfarbige blülen von wunder-
barem baue. HcwBOLDT ans. der nat. 2, 32; der bau der ge-
birge, der Vulkane; der bau des himmels, der weit;
gott bleibt goti, man wird die weit gar in neuem baue sehen,
wann- man bei der letzten brunst meinen wird es sei geschehen.
• LoGAU 2, 7, 7 ;
der ganze bau der well zeigt seiner bände spur. Hallem;
und bebte gleich der wellen bau und veste,
so zaget er bei ihrem einfall nicht. Hagedorx 1, 13;
ein baw von siahl, von stein und eichen
darf langer zeit nicht leichtlich weichen,
ein baw^ der auf dem glauben steht.
vergeht, wenn ewigkeit vergeht. Logac 1,3,47;
und kann die gleichheit nur den bau der freundschnft gründen.
wie wird er (der /«r«r) einen freund stau eines lieuchiers linden?
Hagedor.x 1, 3t3.
der bau eines gedichls, seine composilijn ; der bau der sprä-
che, ihre innere einrichtung. vgl. aufbau, unterbau, satzbau.
5) das altn. bü n. hatte die bedeutung von ms, land im
gegensatz zur Stadt und zum hause, dann aber bezeichnete es
auch das landgut, praedium, rusticatio und den viehsland, na-
mentlich die rinder. ein aller spruch lautete
heima skal best ala, enn hund ä büi,
eqnus dorn«, rure canis atatur,
für ala liest hävamäl {S(Fm. 20') fcita, saginare, das pferd soll
daheim im stall, der hund beim bauer auf dem land geßttert
werden, man legte die hunde bei den hörigen ein. bann reisti
bö, rusticatum exorsys est, er begann seinen landhaushall,
ein bft, praedium, wird oß hingegeben und verschenkt, höggva
büit heiszt das rindvieh ins haus schlachten, offenbar ent-
springen diese bcnennungen daher, dasz das feld gebaut, an-
gebaut wird und die rinder den acker bauen, pflügen, die
Stadt aber fithrte, gleich der villa nach derselben wurzel,
den namen byr oder beer, weil sie erbaut wurde und von ge-
bändcn erßllt ist. die heutigen nordischen sprachen setzen bu
oder bo nicht mehr ßir land, rus, doch gilt in Norwegen bu
ßr das hornvieh (Aases 52').
6) das ahd. pä. nthd. bft gehn zwar nielit auf das land
selbst, aber auf die landbestellung. den pft huerpan mag ur-
sprünglich ausgedrückt haben das land bauen und pflügen, 0.
II. 16, 8 sagt in geistlicher anwendung:
büent sie in wnra erda filu mära,
ther hiar Ihen bü hiwirbit, er iamer thar nirstirhit.
mltd. mir hat der schür erslagen
den besten bü den ich hän. Jir. 2S33,
der hagel hat meine besten äcker verheert;
iu ist bü wol bekant.
nerat die arl in die hant,
crt. ziunet nnde s.ti.
snil, dreschet unde man,
und ander slahte arbeit,
die man gcbüren üf leit. nACPT2,88,
ihr versteht euch auf alles, was ein bauer im feld zu verrich-
ten hat, vgl. Be"«. 1, 289'. es heiszt ein feld, ein gnindstück
in bau und besserung, in gutem bau erhalten, es gehörig
ausstellen; ein acker ligt in bau oder nicht (Schneller 1, 137).
icir Jagen aber meistenlheils in der Zusammensetzung ackerbau,
feldbau, landbau, weinbau treiben : gott Zebaotli wende dich
doch, schaw vom bimel und sihe an und suche heim disen
weinstock, und halt in im baw, den deine rechte gepflanzt
hat. ps. SO, 16. auch mit bezug auf die einzelnen fruchte :
gelraidebau, kombau, flachsbau, hanfbau. kartoffclbau, ja ho-
nigbau und Seidenbau, herghau bezeichnet den anbau und
betrieb der bergwerke, und wiederum auf die einzelnen arten
angewendet, silherbau, kupferbau, cisenbau. kohlenbau : der
bau der Steinkohlen wird eifrig anempfoiilcn. Götiif. 45, 290.
7) cigenthümlich ist der Schweizersprache bau oder buu fimus.
1163
BAU— BAUCH
BAUCH
1164
mist, dünger, weil man den dünger einackert, mit ihm das
land baut: bauw anlegen, stercorare. Maaler 5l'. Stalder 1,
146; mist oder bauw. Tobler 37'; ein fuder bau, mist; kuh-
bauw, roszbauw, kuhmist, pferdemist. oder musz dem wort
ein andrer Ursprung beigemessen werden? vgl. bauen.
8) das ahn. bö, norw. bu, schw. bo bedeuten auch res fa-
miliaris, vermögen, hausgeräth.
9) bau steht nhd. für festungsbau, gefängnts: der missethä-
ter kommt auf den bau, in schwere festungsarbeit.
10) in den Städten führen einzelne öffentliche gebäude den
namcn bau, stadtbau, städtisches wirtshaus.
BAU, ausruf, gewöhnlich mit bif oder baf verbunden: auf
einmal kams, wie vom himmel herunter, von der mündung
des flusses, bav, bau I immer mit kanonen in die Franzosen
drein. Göthe 8, 173. s. bauz.
BAUÄBHL'ß, m. da kam der wirt und der besen, um den
Aauabhub und bodensatz über die stube hinaus zu fegen. J. Paul
flegelj. 1, 99.
BAUAMT, n. cura aedificiorum publicorum.
BAUAIVSCHLAG, m. aestimatio, einen bauanschlag machen.
BAUANSTALT, f. apparatus opeiis : an dasjenige, was eigent-
lich zur besten zierde gereicht, daran pflegt man zu anfang
einer bauanstalt am wenigsten zu denken. Göthe 53, 4.
BAUARBEIT, f opus publicum, s. bau 9.
BAUART, f. aedißcandi ratio, die gothische, griechische bau-
art; die bürg war guter bauart. Klopstock 3, 69 ; deutsche bau-
art. Göthe 39, 352; die bauart der wagen, dampfwagen w. s. w.
BAUAUFSEHER, m. publicorum operum ctirator.
BAUAUSFÜHRUNG, f.
BAUBAR, arabilis, cullus, urbar: baubares land; felder,
die sie erst neulich baubar gemacht haben. Svrings zehntrecht.
BAUBEDARF, m.
BAUBEDÜRFTIG, aedificii egens : nur um dir dein vorur-
Iheil zu benehmen, dasz alle baubedürftige platze schon aus-
gefunden und besetzt, alle nöthige arbeiten schon unter die
erforderlichen bände vertheilt wären. Lessing 10, 275.
BAUBEHÖRDE, f. was bauamt.
BAUCH, m. venter, uterus, ahd. püh, mhd. bftch, mnl. böc,
nnl. buik, ags. büc, alln. bükr; schw. buk, dän. bug. nach
dem nhd. pl. bauche darf man einen mhd. biuche, ahd. pöclü
ansetzen, der nnl. lautet buiken. die goth, form begegnet nicht,
sie würde lauten buks, pl. bukeis.
Der Wurzel nach verwandt scheint gr. fnyog, der esser von
fayeXv, skr. bhaks, weniger das von Bopp 75* verglichene kuksi,
derselben bedeutung ; Übergänge des a in u ereignen sich oß, und
viele goth. u erleiden in den übrigen sprachen vei längerung ;
doch sehe man bauke. vorzugsweise drückt bauch den die
speise aufnehmenden theil des leibs, also Unterleib im' gegen-
satz zu brüst und hals aus. bauch ist gleichbedeutig mit goth.
vamba, ahd. wampa = lat. venter, aber auch mit uterus =
goth. qiJjTS, yaaxriq und alle drei Wörter bezeichnen blosz den
inneren leib, nicht dessen äuszere decke, wie balg, feil und
haut, man kann sagen den balg füllen oder den bauch, nicht
aber der balg thut mir weh für bauch, wampe oder leib.
1) bauch, der essende, die speisen einnehmende: voller
bauch ein fauler gauch; volle schlauche, dicke bauche;
vil dicke vrö houbet siät
lir satem bilche, der in hat. Freid. 125, 11;
anf TolIem bauch steht ein frölich haupt; ist der bauch satt,
80 ist das herz froh; man füllt leichter den bauch als die
äugen ; der bauch macht uns alle zu schelmcn ; ein feiszter
bauch der gebirt ein dum gemüt (plenus venter non studet
libenter). Keisersb. .münden des munds9'; etlicher ist so weis,
das er nummen drei mundfol von einer trachten isset, und
gewinnet noch dannocht ein feiszteren bauch darbei, dann
mancher der ein trachten gar isset und laszt die andern ston.
ll'; sol ein weiser man so aufgeblasen wort reden und sei-
nen hauch so hieben mit losen reden? Iliob 15, 2; von den
leuten dieser weit, welche ir teil haben in irem leben, wel-
chen du den bauch füllest mit deinem schätz, p*. 17, 14; mit
denen die da heuchlcn und spotten umb des bauchs willen,
35,16; er hat mich verschlungen, wie ein drache, er hat sei-
nen bauch gefüllel mit meinem niedlichsten. Jcr. 51, 34; du
menschenkind, du must diesen brief, den ich dir gebe, in
deinen leib essen, und deinen bauch damit füllen. Ez. 3,3;
sie werden doch ire selc davon nicht scttigen, noch Iren
bauch davon füllen. 7, 19; der bauch ninit allerlei speise zu
sich. Sir. 36, 20; denn gleichwie Jonas war drei tage und
drei nacht in des walfisches bjuch (ahd. in thes wales wambu).
Matlh. 12, 40; alles was zum munde eingehet, das gehet in
den bauch (ahd. in wamba verit). 15, 17 ; und er begerte sei-
nen bauch zu füllen mit trebern {goth. gairnida sad itan
baurne). Luc. 15, 6 ; denn solche dienen nicht dem herrn Jesu
Christo, sondern irem bauche. i?öni. 16, 18; die speise dem
bauche und dfer bauch der speise. 1 Cor. 6, 13 ; die Creter
sind immer lügner, böse thier und faule beuch {goth. vam-
bös latus). Tit. 1,12; nimm hin und verschlings und es wird
dich im bauch krimmen. offenb. Joh. 10, 9 ; und da ichs ges-
sen hatte, krimmets mich im bauch. 10, 10; wie ein grober
baur hiebet er den bauch. Luther 5, 253*;
sie luszen in ain halbes käiblin sieden,
darmit do wollen sie die beuch verschieben,
dannocht hetcns noch nit gnug-. ühland 702,
vgl. mhd. in was erscboben nicht der balc, Parz. 200, 23;
der bauch sieb zu henken anfacht, weidwerk i, 9' ;
nun thu bcscheid unbesunnen,
wir haben bauch wie tunnen,
0 gott behiit den wein
vor hageisieinl Goi-g. 99';
schoppet sich und frasz bisz im der bauch strotzt, wie ein
füllwurst und seusack. 163*; mit hungrigem magen und kur-
renden bauch. Laürenberg acerra 182; weil sie alles ver-
schwenden und durch den bauch jagen, pers. rosenth. 8, 67;
bauch wider bauch, fac. fac. 428; er hat dem vater pabst
die kröne und den mönclien den bauch genommen. Schüp-
PIOS405; der bauch ist ein böser schalk, ein böser ratgeber;
laut auf lachten die knaben, es hielt den bauch sich der alte.
Göthe 40, 255 ;
hält man sanct Paulen ein bislhum geben,
polirer war worden ein fauler bauch,
wie caeteri conlratres auch. 56, 20 ;
und die armee liegt hier in Böhmen,
pflegt den bauch, läszt sichs wenig grämen. Schiller 324';
wo sein selber der mensch sich erinnerte, das« er verständig
SCI, ein göttergenosz, nicht ein geTrasziger bauch.
Voss 3, 134.
die belege zeigen, dasz dieses bauch oß für des bauchs träger,
für mensch oder mann gesetzt wird.
2) bauch allgemein venter, leib, Unterleib, ohne bezug
auf das einnehmen der speise, im gegensatz zu brüst, hals
und den beinen. was bauch und hals antrift. weislh. 2,253;
voigte über hals, über bftch. 1, 604; hals und bauch belan-
gen. 2, 261; einen bauch haben, kriegen, bekommen, corpus
sibi facere, auch sich einen bauch zulegen; du sihest es an
den fürstenhöfen, wenn man sol jagen, prassen und ein land
innemen, da seind vil freund, wenn man aber soll die buch dar-
heben {den leib in gefahr setzen), da ist niemands darbei, es
seind tischgesellen. Keisersb. wannenJcremer 109'; seist du
(schlänge) verflucht für allem vieh und für allen thieren auf
dem felde, auf deinem bauch soitu gehen und erden essen
dein leben lang. 1 Mos. 3, 14 ; alles was auf dem bauch kreucht,
soll ir nicht essen. 3 Mos. 11, 42 ; Ehud aber recket seine lin-
ken band aus, und nam das schwert von seiner rechten hüft,
und stiesz im in seinen bauch, rieht. 3, 21 ; sihe, seine kraft
ist in seinen lenden und sein vermügen in dem nabel seines
bauchs. Hiob 40, II; meine gestalt ist verfallen für trawren,
dazu meine seele und mein bauch, ps. 31, 10 ; denn unser
seele ist gebeuget zur erden, unser bauch klebt am erdbo-
den. 44, 26 ; der bauch ist ihm so weich wie mir ; der teufel
greift die leule am bauch an, wo sie am weichsten sind.
SiMROCK 773 ; den bauch aufschlitzen ;
die Römer sind je auch nur leut,
haben eben so weich beuch als wir. H. Sachs IIF. 2, 62";
verholten bei hals, bei bauch. IIayneccius liansoframea\,1,\
die beuch, die rücken wenden. Götz von Berlich. bei Zöpfl
44 ; den bauch aufblasen (stolzieren). Petr. 7* ; zog ein junger
Student nach Paris in Frankreich, in willens das studieren
durch den bauch zu stechen (zu erlegen, hinzulegen, aufzu-
geben) und sich daselbst an jemands dienst zu begeben.
Kirchhof u'cnrfunm. 136'; der bauch zwischen den obren thet
mir weh (= der köpf). Garg. 89'; täglich rib und kratzt er
ihm den bauch mit eim nonnenkörblin. 128*; macht den leib
eng und ermel weit, anzuzeigen, dasz ein kricgsmann dem
bauch nicht so viel raums als den armen soll geben. 113'.
3) bauch, uterus: von dem allmechtigen bislu gesegnet
mit Segen oben von himel crah, mit scgen von der tiefe, die
hunden (hier unten) ligt, mit segen an brüsten und beu-
chen. 1 Afos. 19, 25 ; dein bauch ist wie ein wcizcnhaufe umb-
1165
BAUCH —BAüCHBLÄSIG
BAÜCHBLÄSTIG — BAUCHET
1166
steckt mit rosen, deine zwo brüste sind wie zwei junge rehe-
zwillinge. hohelied 7, 2 ; so sol der priester das weib beschwe-
ren, so gehe nu das verfluchte wasser in deinen leib, das
dein bauch schwelle und deine hiifte schwinde. 4 Mos. 5, 21 ;
und stach sie beide, den man und das weib durch iren bauch.
25, S ; er gehet schwanger mit unglQck und gebirt mühe, und
ir bauch bringt feil (Uterus ejus praeparat dolos). Hiob 15, 35 ;
aber es hat einer heimlich zu mir gesprochen,
ir hab ein Schreiber in das fleischgaden geprochen,
derselb hab ir den bauch gegroszt. fastn. sp. S54, 30;
es fieng sich an zu schicken, das der andacht mit zweien
groszen beuchen ein ausbruch gewinnen weit. Frey garleng.
64 ; aber wol vernam. dasz ir der bauch geschwall und schwan-
ger ward. Bocc. 1, 185' ; also das sie nachgehends anfieng sich
gegen dem mann aufzublähen und sehr schwermütig und
schwerleibig zu bauch tragen, mit manigfaltigem schwampe-
len, schwindelen, stirnweh, auggülben, blumstellen u. s. w.
Garg. "* ; lasz dem bauch seinen gang wie ein fromme fraw.
99'; habe ein gut herz, lasz den bauch sanct Veiten haben!
103"; dann man sah es im an, dasz er mit etwas schwanger
gieng, also strotzt er den bauch. 152"; es hatte ein paar den
ehestand lang lediger weis getrieben, worzu gleichwol der
bauch geschwiegen (d. h. ohne dass schwang erschoß der frau
erfolgt wäre), etliche murmeler entblödeten sich, ob wäre es
hierbei mit cräutern zugegangen. Simpl. calender 178. in die-
sem sinne heiszi es auch: der bauch ward ein Verräter, ent-
deckte die Schwangerschaft;
wenn der bauch schwillt,
siebt man wo es gilt. Simroce 771.
• 4) bauch, die sich hebende wOlbung , der schosz an
knauf, fasz, kessei, flasche, krug, schif und mauer, berg, erde,
ico/ür auch tat. venter und Uterus, gr. ydoTQa gesagt wird:
an dem reife, der umb den bauch des knaufs hergieng. 1 kön.
7, 20 ; zwo seulen mit den beuchen und kneufen. 1 cAron. 4, 12;
zu bedecken beide beuche der kneufe, so oben auf den seu-
len waren. 4, 13 ; bauch der kirche, alvus templi. Hemscb 206 ;
dort lullet man dem fasz durch trechier seinen bauch.
Weckherli.i 777;
bell umschlug sie den bauch des geschirrs und es kochte das
wasser
{später: hell um den bauch des geschirrs flog glut), ^ ^^
yäoronv uiv tpitioSos tivo äuweTis, d'tQueio S' vScoo'
Voss Od. S, 437 ;
schöprte des nektars himmlische gäbe
Jovis liebling, der phrTgi>cbe koabe
m die bauche des golünen pokals. Schiller 227',
(Iph. Aul. 1052 iv xQatrjQcjv yvtUotä);
sein born von elfenbein,
er setzt es an den mund und zwingt mit sanriem bauche
den schönsten ton aus seinem krummen bauche.
Wielakd;
gewachsen war ein brombeerstrauch
aus des geborslnen brunnens bauch. Rcckert;
eröfnet Sinon still den bauch der flehte. Schiller 31*;
wird rings der bauch der schifTe
zur neuen fahrt verpicht. PlatemSO;
in den bauch der erden schliefen. Petr. 74' ; aber es wird ein
erwachen sein, wie des lebendig begrabenen im bauche des
kirchbofs. ScBtLLEB 139' ;
was fragt ich dann nach allen erzen,
die man im bauch der grübe fand. Gökikck 1, 2S3;
im bauch dieser felsenberge ist die kelle (eine grotte). 3, 134 ;
weisz der durstige, ob die quelle, die ihn tränkt, aus dem
bauche eines berges springt, der mit gift angefüllt ist? Kua-
cer 3, 279; eine wölke stieg den horizont herauf, der blitz
schosz aus ihrem bauche. 5, 389; der bauch seiner weste.
J. Pacl Fixl. 15. Henisch hol auch bauch ßr indusium sine
manibiis et eollari.
BALCHARTIG, ventriosus.
BAUCHAKZT, m. was heute leibarzt ScamD tehwdb. «b,
47. 48.
BAUCHB.AND, n. ventrale, binde um den Unterleib, bauch-
gurt. auch der reif um den bauch des fasses.
BAlCHBENGEL, m. C. F. Weisze poeten nach der mode.
BAUCHBINDE, f. was bauchband.
BAUCHBI.NDERIN, f. eine schwangere, die :ur Verheimli-
chung ihres sustandes sich den bauch bindet. Garg. 63".
BAUCHBLÄHEN, n. inflatio, crepilus. fastn. sp. 856, 18.
BAUCHBLÄHIG, corpus inflans: mit räszen pfefferwürsten,
bauchblehigen roszv^ürsten, stulgengigen mettwürsten. Carj. 54".
BAÜCHBLÄSIG, venire tumidus, ein pferdemangel : bach-
blesig. Frankenberger gewohnh. bei Schhikee 2, 752; bauch-
bläsig oder schlehbäuchig. Schmeller 145 ; vor bauchbläsige
pferde ist auch gut ehrenpreis. Pister 404. die späteren pfer-
debücher haben das wort nicht mehr, tgl. das folgende und
bauchschlechtig, bauchstrebin, bauchstrenge, im ped. schul-
fuclts 74 heisst es: wie weisz er allerlei modos von gesund-
heitstrünken? wie tolle lieder, dasz man sich musz bauch-
bläsig lachen?
BAüCHBL.ÄSTIG, dasselbe: die roszteuscher geben das pul-
ver (ron süszholz) den pferden und curieren sie damit, wann
sie bauchblästig sind. Hobberc 3, 49'.
BAUCHBLLTTERN, n. pantices. Maaler 51*.
BAUCHBOHRER, m. zum bohren des bauchs in einem Werk-
stück.
BAUCHBRUCH, m. gasterocele.
BAUCHDECKE, f. bnykaxQiov, die den bauch deckende haut.
BAUCHDECKENSCHLAGADER, f. arteria epigastrica.
BAUCHDIELE, f. bret zur bekleidung des schißauches.
BÄUCHDIENER, m. venlri dedilus, i'jiiyätTT^ios: wie red-
lich und from der herr ist, so sind auch seine bauchdiener.
Luthers, 96; wie die maier malen und die bauchdiener pre-
digen. 3, 212'; bauchdiener und freszlinge. 4, 54. 385*; wol-
lüstige und bauchdiener. pers. baumg. 6, L 6, 6. 6. 9 ; bauch-
diener und Weichling. Leipz. arant. vvrb. Lesz 1, 97.
BAUCHDIENST, m. rila mollis, gulae dcdita: ein lauter
bauchdienst und gefresze. Luther 3, 379'; eitern, so wol kin-
der haben, die sie zu gottesdienst ziehen künden, und ziehen
sie allein zum bauchdienst. 4, 463'.
BAUCHDRÜSE, f. glandula abdominalis.
BAUCHE, f. maceratio in lixiria, waschen und bähen in
lauge, it. bucata, sp. bugada, franz. buee, armor. bugad: in
der bauch oder waschen. Keisersb. ;
das wird mir doch ein schöne bauch,
das leder wil ich jetzt enveichen
und wers so hart gleich wie ein eichen.
FiscHARTs Eulensp. bl. 161.
BAUCHEISEN, n. ein stück der rüstung. H. Sachs V, 348*;
auch tras bauchbohrer.
BÄUCHELCHEN, n. ventriculus:
ich habe niemals danach gefragt,
von welchen Schnepfen und fasanen
ich mein baucheichen gemästet. Göthe 47, 77.
BAUCHEN, BÄUCHEN, lixicia macerare, ni. büken, engl.
bück, schw. byka, dän. byge, franz. buer, die herleitung aus
buchenasche, ron welcher die lauge bereitet wird, hat wenig
scliein; vielleicht romanischer abkunß, wie die bei bauche an-
geführten Wörter bezeugen, doch hat das wort schon im 16 jh.
in Oberdeutschland allgemeine Verbreitung : das ist wider die
faulen luntschen und faulen feigen weiber, die thunt nüt^
wenn sie bauchen und man nicht zu inpn kumpt, so verwei-
sen sie es eim. Keisersb. Sünden des munds ll" ; ja sprechen
sie, ich bin nimmer müsziger, weder so ich bauch, ebenda;
denn was ich gebaucht hct in der aschen
und ganz schneeweisz mit seifen gewaschen.
WaldisI, 53;
besehet Ecken in seim enchiridio 'das fegfeurig Sünden bau-
chen'. Fischart bienenk. Itl"; jedoch mit guter hülf wil! ich
mich brauchen und dapfer bauchen (arbeiten), dieweil irs also
haben wolt. Garg. 103*; disz eichenlaub umb den hals (den
krausen halskragen) zu bauchen, zu pläuweln, zu schlegeln,
zu reiben, auszuwinden, zu stärken und aufzuziehen. 113*.
s. verbauchen und beuchen.
BAUCHEN, turgere venire. H. Sachs iv. 3, 59'.* erzählt von
Sewhainz, der sich in eine schwangere frau verkleidet:
samb wer er ein gro^z bauchent weib,
den aber die frauen als mann erkennen:
erst merket sie die schalkheit tief,
dasz di»z bauchend weib war ein mann.
ein bauchender krug, der oben einen kragen hat IIohbebc
1, 239'.
BÄUCHEN, implere venlrem, den bauclt ßllen:
ich und mein bündlein habn, ich sag,
heut noch nichts gessn den ganzen tag,
wie wollen wir uns bauchen heint.
H. Sachs IV. 3, W.
BAUCHERIN, f. lolrix. Fischart (/rojzm. S3. Carj. 273*.
BAUCHET, turgidus ventre, von einer frau gravida:
sie (die sckwangeren berge) waren bauchet über dmosi.
B. Waldis 1,21;
1167 BAÜCHEUTER — BAUCHKNEGHT
ein bauchete magd treugt nicht, sie ist feiszt oder tregt ein
kind. FisciiART groszm. 127. Schweiz, pauclits weiter, überzog-
ner, duftiger liimmel. Stai.d. 1, 146. s. baiichiclil.
BAÜCHEUTER, m. abdominalis mamma.
BAUCHFALLIG, venire proslralus, supplex: was aber so
viel gesellige Verehrer und so viel fusz- und bauchfallige
dienten des einfluszreichen mannes einander nur fromm ins
ohr sagten, dasz vater Gleim sehr schlechte verse mache.
GöTHE 49, 185.
BAUCHFASZ, n. labrum lavando servieiis, waschfasz: einer
armen dienstmagd an ir beuchfasz und waschscheffel. Ma-
THESIÜS 122*.
BAUCHFELL, n. perilonaeum.
BAUCHFETTE, f. abdomen.
BAUCHFINNE, /. pinna venlralis, am bauch der fische.
BAUCHFLOSSER, m. piscis pinnatus, abdominalis.
BAUCHFLUSZ, m. fluvium alvi: scharfer bauchflusz. fasln,
sp. 1267, heßiger durch fall: so solchs beschicht, so wirt der
dreck nicht mit seim rechten gestank, dergleichen nit mit
seiner rechten form, und wirt da ein krankheit, das ist ein
bauchflusz. Paracelsus 1, 639*.
BAUCHFLÜSSIG, profluuio laborans: vor diesem bad sol-
len sich hüten die zum grimmen geneigt und bauchflüssig
sind. Thüiineisser von wassern. 162.
BAUCHFÖRMIG, was bauchartig, bauchig.
BAUCHFREUND, f?j. parasilus. Pelr. 47'.
BAUCHFÜLLE, f. ingluvies, ahd. puhfulli (Graff 3, 484)
die narung ist beim tetnpel schmal
und darinnen iiaum die bauchfiili. H. Sachs III. 1, 125';
mit der pauchrüll er uns fleht an.
ScuMELZL hochzeil 24" ;
gaben dem könig allzeit recht,
von der bstallung und bauchlüll wegen. ArRER260';
das derselbige modus praeparandi vergleicht werde einer bauch-
völle oder magenvölle. Paracelsus chir. sehr. 214*.
BAUCHGEGEND,/', regio gastrica: die analomen unterschei-
den obere, mittlere U7id untere bauchgegend.
BAUCHGERÜMPEL, n. strepilus alvi.
BAUCHGESCHWULST, f. lumor venlris.
BAUCHGETÄFER, n. gleichsam laberna venlris, vgl. täfere
bei Maaler 397': hiemit so seie es genug für disen heller
von unsers Groszhustiers koch und keller, ir habt jetz sein
magengrenzen, magenzen, magenstädel, bauchgetäfer und darm-
gebün verstanden. Garg. 60'.
BAUCHGÖTZE , m. als were er (goU) ein mammon oder
bauchgötze. Luther 4, 283".
BAUCHGRIMMEN, n. colicus dolor. Maaler 51*; wiewol nun
iren der kindsgepfrengten frawen das bauchgrimmen etwas
ungewont war. Garg. 103* ; fühlte oft entsetzliches bauchgrim-
men. ehe eines weibes 314. man sagt heule leibweh, leib-
schmerzen.
BAUCHGURT, ni. ventrale, breiter gurt, um den bauch zu
sehnallen, dann um den bauch des pferdcs, cinyula, mhd
darmgürtel.
BAÜCHGURTIUEME, m.
BAUCHGURTSCHNALLE, f.
BAUCHHAAR, n., am bauch der Ihiere, oft von anderer,
hellerer färbe als das des übrigen leibs.
BAUCHHAUT, f zarte haut der inwendigen bauchhöle.
BAUCHHAUTENTZÜNDUNG, f.
BAUCHHÖLE, /". abdominis cavum.
BAUCHICHT, ventriosus, gewölbt: ein rundes bauchichtes
scliild. Lessing 8, 142. s. bauchet. Keisersberg evang. 15
schreibt bauchecht.
BAUCHIG, dasselbe, nach der heute üblichen form: den
bauchigsten seiner krüge zu leeren. Wieland 4, 157; die
bauchge spinne (bottied spider). Schlegel in Richard 3 ad 1,
tc. 3; ein bauchiger dickköpliger herr. Arnim /troncnit'. 1, 206;
ein bauchiges glas u. s. u\ den Zusammensetzungen pflegt man
ungenau den umlaut zu geben: groszbiluchig, dickbiiuchig,
weitbäuchig, it'ie dickköpfig, aber auch küplig.
BAUCHKETTE,/', an den frachtwagen, zum ausweiten der last.
BAUCHKISSEN, n. zum erwärmen des bauchs.
BAUCHKNECHT, ni. was bauchdiener: ein geizhals, ehr-
süchtiger und baucliknecht wirds wol lassen. Luther 8, 240' ;
das ihr sehet und erfaret, das Witzel ein giftig heuchcler
und bauchknecht ist. Alberus wider Wilzel II 5 ; bauchknccht
ist ein grosz geschlecht. Simbock 770.
BAUCHKNEIPEN — BAUCHSCHÜTTERND 1 1 68
BAUCHKNEIPEN, n. was bauchgrimmen.
BAUCHKRAMPF, m.
BAUCHKRANKHEIT, f. morbus gastricus.
BAUCHLAPPE, m. lobus ventris.
BAUCHLAUF, m. fluor ventris, was bauchflusz, altn. bök-
hlaup. Maaler 51*. Paracelsus 1, 639*.
BAUCHLAUT: von einer bauchlauten kolik geplagt werden.
Hippel 8, 16.
BAUCHLEER, famelicus:
dein volk auch, die soidalen,
ist bauch und seckelleer. Opitz 1, 104;
was soll aus der vielköpfigen, bauchleeren hydra werden?
Knebel.
BAUCHLEIN, n. venlriculus, nach Henisch 206 auch sinus:
verbarg ir beuchlein, wo sie kundt. II. Sachs IV. 3, 100';
arm, schenket, bnuchlein, schosz. Weceherlin 743.
BAUCHLING, m. was bauchdiener, bauchknecht: weil ich
höre, dasz ir nicht solch müszige freszlinge und bauchlinge
habt, wie wir, und auch niemand darben lasset. Luther 2,
231'; bäucbiing. Stalder 1, 146.
BÄUCHLINGS, adv. prone, mhd. biuchelingen : buchelingen
uB'e ein pfert legen und zu gerihte füren, weisth. 1, 700;
bauchlingen. Stalder 1, 145.
BAUCHLOS, ventris expers:
der niemal satte frasz, ohn seinen got baucblos,
und goilos ohn den bauch. Weckherlipc 215.
BAUCHLUST, f. gulositas.
BAUCHMÄSTER, m. pinguefaciens ventrem.
BAUCHMÄSTLER, m. dasselbe: in einer groszen theuw*
rung, wenn solche Lazaruswirt und bauchmestler ir bettstroh
weidlich zur hellen führen. Kirchhof wendunm. 184'.
BAUCHMASZ, n. mensura ad quam ventriculus pecoris exigi-
tur e pascuo redeuntis: ferner prügelte mich der vater nicht
selten, wenn ich nicht hütete, wo er mir befohlen hatte und
die geiszen nicht das rechte bauclunasz heimbrachten, der
arme mann im Tockenb. 31.
BAUCHMÜNDUNG, f. die vfnung der muttertrompete.
BAUCHMUSKEL, m. musculus abdominis.
BAUCHMUSKELWAND, f.
BAUCHNABEL, m. umbilicus.
BAUCHNAHT, /". sutura venlralis. den Wundärzten heiszl
so eine besondere naht für wurden des Unterleibs,
BAUCHNAHRUNG, f. alimenlum : haushalten oder mit bauch-
narung umbgehen Luther 6, 235*.
BAUCHNERV, m. nervus abdominis.
BAUCIINERVENSCHWÄCHE, f.
BAUCHPFAFFE, m. darumb wirst du auch gewislich nicht
gewandelt, sondern eitel brot und wein geopfert und den
fromen Christen mitgeteilet haben, deinen bauch zu erneren,
du bauchpfaf und nicht gottes pfaf. Luther 6, 85' ;
unseren herrn bauchpfafTen mit kupfriger nase, den läuten
bald die pokale zu grab. Vosstd. 8, 65;
der edle Saurin, der ein guter hin
in gottes herden, und kein miethling war,
kein Tauler bauchpfaf. SiolrbrgS, 9;
in jenem glatten wolgemästeien
bauchpfaffen, der ehrwürdig schnaubend naht. 3, 34.
BAUCHPILZ, »?i. holer pilz.
BAUCHREDNER, m. ventriloquus.
BAUCHREDNERISCH: Proteus, bauchrednerisch, bald nah
bald fern. Göthe 41,167.
BAUCHREICH, n. regnum ventris: und ich soll gott und
sein reich so schcndlich hinwerfen und faren lassen, das ich
dies unfletige, tödlich bauchreich neme für jenes göttliche,
unvergengliche. Luther 5, 425*.
BAUCHRIEME, m. was bauchgurt.
BAUCHRING, m. abdominis annulus.
BAUCHRUND, gewölbt.
BAUCHRÜNDE, f. Wölbung.
BAUCHSCHILD, m. testudo.
BAUCHSCHLECHTIG: hartschlechtig, herzschlcchtig, bauch-
schlcchtig oder athmig, diese vier krankheiten ist alles ein
ding (weiter oben sp. 594). Seuter 19. vgl. bauchbläsig.
BAUCHSCHMERZ, m. dolor venlris, bauchweh, leibweh.
BAUCHSCHNALLE, f.
BAUCHSCUNITT, m. schnitt in den bauch, bei Wundärzten.
BAUCHSCHÜTTERND, ventrem concutient: holes, bauch-
schütlemdes lachen. Göthe 24^ 199.
1169
BAÜCHSEIL— BAUDEN
BAÜDER— BAUEN
1170
BAUCHSEIL, n. was baucUkette.
BAL'CHSIECH, alvinus, lienlericus. Maaler 51*. Hesisch 207.
BAUCHSORGE, f. cura nimia venlris, sonst ein gangbarer
ausdruck ßr das heutige füege des leibs, nahrungssorge : viel
pfarrherr und prediget veracbten beide ir ampt und diese
lere, aus lauter faulbeit und baucüsorge. Luther 4, 385' ; weil
ich sehe, das der gemeine mann allein auf die narung und
baucbsorge sich geben. 5,173'; zu höhn, spott und schänden
dem leidigen geiz und bauchsorge. 5, 422' ; die bauchsorg ist
hindan gesetzet. AgricolaS'; die bodenlos bauchsorg martert
uös. Fra.nk laster b2; wider die baucbsorge sich schützen.
Rebbcbn klag des armen manns s. 4 ; wenn die bauchsorge
nicht wäre, würde kein vogel im stricke gefangen, pers. ro-
senth. 8, 66.
BAUCHSPEICHEL, m.
BAUCHSPEICHELDRÜSE, f.
BAUCHSPRACHE, f. bauchredekunst. Stieler 2102.
BAUCHSTEMPFEL, m. Garg. 181'.
BAUCHSTICH, m. einslich in den bauch.
BAUCHSTOSZ, m. slosz in den bauch, in dem bauch, s. das
folgende.
BAÜCHSTÖSZIG, was bauchschlechtig und bauchbläsig,
dämpßg. Stalder l, 146. mhd. b6chstoe;ec Krone 19845. die
bauchstöszigi, f. der dampf. Stalder a. a. o.
BAUCHSTREBEN, n. scheint dieselbe pferdekrankheit. Hohe
8, 493.
BAUCHSTREiS'GE, /". wiederum dieselbe: es {das pulver) ist
köstlich für alle bauchstrenge. Homberg 3, 182*.
BAUCHSTRICK, fn. was bauchseil.
BAUCHSTÜCK, n. statumen navis, ein bret für dm bauch
des schi/fes; dann auch ein stück fleisch aus dem bauch des thiers.
BAUCHSUCHT, f. dysenleria, durchlauf.
BAUCHTROG, m. gewölbter trog. Garg'.iSl'.
BAUCHTUCH, n. fürfleck, castula, wie es die frauen trugen.
Hesisch 207.
BAUCHUNG, f. fehlerhaße verdickung einer seule oder wand.
Henisch 206 hat: bauchung, da das wasser zwischen den
fastigiis ara niedrigsten fleuszt, ventres rivorum, und da sich
das werk also sinkt {senkt), das die rinnen oder canäl voll
stehen, intervalla lacunosa.
BAUCHVATER, m. kundschafterische beichlvätter, busen-
vätter oder bauchvütter. Fischart tienent. 160'.
BAUCHVOLL, plenus venire.
BAUCHVÖLLE, f. s. bauchfülle.
BAUCHWÄSCHERIN, f lotrix: wie ein bauchwäscherin
ringen. Garg. 22'; als die bauchwäscherin mit dem seifenrei-
ben wollen zu faul werden. 113*.
BAUCHWASSERSUCHT, /. asciles.
BAUCHWEH, rt. colicus dolor: ein unsätliger frasz schläft
unruhig und hat das grimmen und bauchwehe. Sir. 31, 24.
BAUCHWIND, m. crepilus venlris: ein bauchwind ist ein
uolebendig ding, welches schwerlich zu fangen, polit. eoliea 109.
BAUCHWINDEN, n. inleslinorum tormina.
BAUCHWIRBEL, ni., so heiszen die ßnf untersten starken
Wirbel des rückgrats.
BAUCHWOLF, m. zona tgnea, bauchumlauf, enlzündung, die
den bauch, wie ein gürlel umzieht, feuergürtel, it. cintola er-
petica. Paracelscs chir. sehr. 445' schreibt: de cinziila, vulgo
bauchwolf. gebildet wie arschwolf.
BAUCHWUNDE, f vulnus abdominis.
BAUCHWURM, m. lumbricus, eingeweidewurm.
BAUCHZINS, m. eine unter die sporen nehmen, einer die
hosen gerecht machen, über die wassernusz kommen, schel-
lenmännlein spielen, einer den bauchzins geben, einer den
krautgarten düngeo, mit einer zu acker fahren. Mainhinilebs
sack.
BAUCHZUBER, m. alveus ad larandum. Messerscbmids spi-
tal der narren. Slrastb. 1619 s. 213.
BAUCHZWANG, m. tenesmus, stuhlzwang. Stieler 2666.
BAUDE, f casa, tugurium, die hülle des hirten auf dem
irhlesisehen, böhmischen und sächsischen gebirge, mhd. Frib.
Trist. 3391. bOde slabulum. pass. K. 512, 39. auch böhm. bauda,
liudka (Jungm. 1, 76'), poln. buda {Linde 1, 188), gleichviel mit
dem gewöhnlichen bude, was, und baute, man sehe.
BAUDEN, pultare, tundere:
der probst kam haimhin schnauden,
der maler richi an grosz pauden
und klopfet greulich an dem tor.
RosENBLCT fattn. tp. 1181.
scbnauden ist anhelare, schnauben, mhd. snüden, wonach ßr
banden mhd. bilden slehn müsle, das nicht vorkommt, goth.
bautan tundere, ags. beätan, ahd. pöjan, dem sinne nach ver-
wandt, liegen in den consonanlen ab, welche sich mehr zu lat.
batuere, franz. battre schicken, die folgenden Wörter führen
auch auf baudern schlagen, wobei man sich des böhm. udenti,
poln. uderzy(5, russ. udarjat erinnert und bauden, baudern
scheinen gerade in Franken und Schwaben iiblich.
BAUDENKMAL, n. Göthe 39, 365.
BAUDER, m. ictus, tumor cutis. Schmeller 1, 155. Scumid
48. russ. udar schlag.
BAUDERF.^^ST, f geballte, schlagende faust, faustschlag.
BAUDERFÄUSTIG : darumb musl der mann auch ob tisch
ihren (=> ihr, der frau) ein taschenmeulige und maultäschige, ein
faustpäuderige und pauderfeustige product abkehren. Garg. 70*.
BAUDERLING, BÄUDERLING, m. ictus: item were es,
dasz einer den andern lugen straft oder bauderling gebe, und
wann die gerügt wurden, die weren buszfallig umb die kleine
busze. weisth. 3, 371 ; was dem niedergericht zustehet, als
beinschrötig flieszende wunden, peuderling, maulstreich, a.
1537 (Haltaus 1458); vulnera peuderling, die offen, aber nicht
schädlich, auch heftens und meiszelns nicht notdürftig. iVürn-
berger ßnferordnung ;
der Schreiber was ein mann,
er gab dem pfaireo ein päuderling
und lief darmit darvon. Garg. 49*.
BAUEN, colere, aedißcare, form, bedeulung und verwandt-
schaß dieses wertes fordern die gröszte aufmerksamkeil.
1) das goth. bauan bedeutet oixeir, ivoixsXv, liegt uns aber
in seiner geslalt nicht vollständig vor. aus baui{) Rom. 7, 18.
20. 8, 9. l Tim. 6, Ifi. 2 Tim. 1, 14 darf ein reduplieierendes
praet. baibau oder baibo gefolgert werden, wofür aber 2 Tim.
1, 5 das schwache bauaida anßritt, welchem auch die Substantiv
bildung bauains oiMr^-crjotov entspricht; doch statt jenes baui))
würde dann bauai]) {wie neben trauaida trauai{)) nothwendig. die
übrigen gebrauchten formen entscheiden nichts. liuha(i bauijt
unatgaht, fcäs oixäv aTtoöaixov. 1 Tim. 6, 16. einem star-
ken bauan baibau bauans gereicht aber zur bestdtigung das
altn. büa bi6 büinn, so wie das ags. büan, dessen praet. beo
freilich unbelegl ist, dem aber das part. bün oder gebün zum
unabweisbaren zeugen dient, Beov. 234 steht (hfts) gebön häf-
don, bewohnt hatten, auch bän Cadm. 45, 32. 259, 18 scheint
mehr habitaterint = beon, als habitent (woßr 6, 2 bAan). ein
schwaches bv"van byvde drückt aus aedificare, wovon das pari.
Abyvde im cod. exon. 234, 24 vorkommt, das alts. bftan ha-
bitare bildet sein praet. nicht mehr bio, sondern büide. Hei.
83,3; das ahd. püan nicht mehr plo, sondern pftta (Graff 3,
17) und ebenso verhallen sich mhd. büwen böte, nhd. bauen
baute ; doch dauert heule hin und wieder {belege hernach 4 a)
das starke part. gehauen, erbauen, mhd. gebftwen {fundgr. 2,
61) und ein ahd. gipüan leidet keinen zweifei. auch das schw.
bo habitare macht sein praet. schwach bode, das dän. boc
boedc. wie aber jenem altn. böa biu habilare ein schwaches
byggja aedißcare, so steht dem schw. bo, dän. boe ein bygga,
bygge aedificare entgegen und man möchte auch dem goth.
bauan baibau habilare ein transitives baujan bauida aedificare
gegenüber stellen, unabhängig von. dem intransitiven bauan
bauaida habitare.
2) das lat. habilare gehört zu habere, auch unser bauen
musz mit ags. beon esse, beo ero, und unserm bin, sum zu-
sammen hängen, wenn das zum praesens gewordne praet. vait,
ich weisz, eigentlich ausdrückt vidi, ich habe gesehn, so mag
ich bin, ahd. pim ursprünglich bedeuten ich habe gebaut «=
ich wohne, maneo, existo und eben aus der reduplicalion bai-
bau oder baibö entspringen, die absiraction des seins leitet sich
ab aus der sinnlichen Vorstellung des wohnens, ganz wie visan,
wesen manere in vas, war zum ersatz des rerbum substantivum
dient, im litt, buwu, buwau, busi, buti erscheint dies rerbum
vollständig, und die subsl. buwis, buwas, buwimmas aufent-
hall, Wohnsitz hinzugehalten bleibt kein zweifei an der innigen
verwandtschaß zwischen bauen und sein, die auch das sl. buti
und buvati tlpat laut bezeugt, im sanskrit entspricht bhül
esse, existere, bhavana domus, bhavitu futurus, esse debens,
im lat. fui, fuisse, fore, futurus, im griech. fvto creo, paro,
faeio, ^ofiat tpioofiai fio, existo, <pvais natur und wesen.
unser wesen und visan aber könnte, wie der imp. wis in bis
übergeht, den futurischen formen busi, fvaofiat, fvan selbst
angehören.
74
1171
BAUEN
BAUEN
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3) damit nicht genug, alle diese wüTter, bei ihrem hohen
alter und vielfachen gebrauch, verraten abgeschliffenheit, es
darf nicht verwundern, dasz noch spuren vollerer geslaltung
auftauchen, das ü in bhö, das hernach gekürzte u in fui und
fvco tpvais, das ü in böa, pöan geben ihren Ursprung aus av
kund, wie ihn bhavana, bhavitu bestätigen, im goth. bauan
scheint aber der diphlhong so veihdrtet, dasz er sich nicht mehr
in av, woraus er entsprang, zurück auflöst, da doch taujan und
tavida, mavi und maujüs wechseln, gleicliwol weist, wie mavi auf
magvi, bavi auf hagvi und bagvan, bauan auf bagvan, dem vor-
erst jenes ahn. byggja, dann aber das lat. facere und faxo =
busu bestdtigung bringt, die lateinische spräche, überaus ge-
neigt kehllaute wegzuwerfen (via /Tir veha, weg; dies /"«r deces,
tag; res für reces, ahd. racha), hat doch facio behalten, wäh-
rend inficit ihr zu infit, ficio zu fio statt fior, facior ge-
diehen ist. fio steht zu fui unmittelbar, wie unser baue zu
bin, facio aber, obschon bauen ausdrückend (aedificare, nidi-
licare = aedem, nidum facere, haus und nest bauen, faber
= facber schmid, Zimmermann) hat den abstraclen sinn von
thun übernommen, fveiv von creare, parare, wie das altn.
böa zugleich parare, bAinn paratus bedeutet, mit der redu-
plicalion baibo = bio scheint das oskische fefacust= fecerit
augenscheinlich zu stimmen, factus (fallo, fait) ist also was
gebaut und ttnser bauen trägt wie facere meistens transitiven
sinn an sich, das golh. bauan den intransitiven des gr. (pvvai,
nur dasz dieses mehr wachsen und werden, jenes mehr wohnen
und sein atisdrückt. unser wert und das gr. eqyov zeigen
höchst analoge iibergänge aus dem begriffe des bauens in den
des Ihuns.
4) diese Sätze geben einen Schlüssel zur erklärung der Wör-
ter bau, bauer, bäum, bin und vielleicht noch anderer, bei
welchen darauf zurückgekommen werden musz; jetzt kann sich
die unleisuchung in die schranke des nhd. bauen ziehen.
a) vorerst sind beispiele des starken pari, praet. gehauen
nachzuholen :
habe gebawen und vollendt
die stau Rom. H. Sachs V, 258*;
in lioTnung was ir herz erbawen. Spreng 405';
daher dann die poeten sagen,
das durcli das künstlich luutenschlagen
die slätt gebawen seien worden.
FisciiART lob der lauten s. 114;
dann darumb ist die rhuwart auCgebawen,
alles zu handelen ohn schew und grawen. Gar*/. 280';
80 bleibet doch des höchsten stat mit bfichlein rri.sch genötzet,
durch ihn, der sie gebawen liai, trostreich allzeit ergötzet.
Weckhrrli.n 168;
wer vorgebauen hat. Hohberg 1, 16*. Luther setzt aber nur
die sdtwache form : Hebron war siben jar gebawet vor Zoan.
4 Mos. 13, 23 ; grosze und feine sfedte, die du nicht gebawet
hast. 5 Mos. 6, 10 ; welcher ein new haus gebawet hat. 20, 5
u. s. w. schweizerisch noch heule gehauen.
b) inlransilives bauen gilt noch zumal wenn es sich von
Ihieren und vögeln handelt: hier an der kriimmung des flus-
ses bauen biber; die hären bauwend und machend hülinen,
specus aedißcant ursi. Maaler 5l' ; er forsclit, wo etwa die
ameise baut und zertritt ihr nest. Fr. Müller 1, 22 ; über der
hausthür haben schwalben gebaut; der dislelfink baut gern
auf apfelbäumen, der zeisig in den gipfeln hoher bäume;
man kann aber leicht den acc. nest hinzudenken, und ebenso
haus, wenn von bauenden menschen die rede ist. sie aszen,
sie trunken, sie pllanzeten, sie baweten {goth. timridMun).
Luc. 17, 29 ; von stein bauen. Götiie 38, 164 ; wer am wege
baut, hat viel meister, oder nach Epko von Repco :
ich zimbere, so man sagt, am wege,
des musz ich manigen meister han ;
will bawen, so baw wol besunnen. U. Sacus II. 2, 49';
wer an den flusz baut, dem steht heim eisgang der keller
voll Wasser; icli leide nicht, dasz du mir zu nahe baust;
nachbar hei«zi ein naheliauer, gar zn nahe bauet der,
der bei nncht ins nachhars bvtte bauet.
LouAU 2 tug. 52;
doch wird es Jupiter gestatten,
dasz der Trojaner an ilen Tyrer baut,
dasz beide stamme sich iti eins ziisummen gaticn,
zu einem volk vereint durch engen bund? Scuii.i.Rn 38'.
külin wird der flehte bauen, d.i. wurzel einschlagen beigelegt:
dein Hisz ist so gesetzt, dasz Aeolus sein wetier
zu schänden an dir wird; ein harter Tels und stein
musz dir in seinen leib zu bauen zinsbar sein.
LooAU 1, 8,99 «. 191.
c) das land bauen bedeutet uns heule agrum eolere, das
land anbauen, und so sagt auch Luther: denn gott der herr
liatle noch nicht regenen lassen auf erden und war kein
mensch, der das land hawete. l J>/os. 2, 5; du lessest ir ge-
treide wol geraten, denn also bawest du das land. ps. 65, 10.
mhd. aber hiesz daj laut bftwen es bewohnen, darin wohnen
(Ben. 1, 288') und in diesetn sinn verwenden es auch die fmht-
ren nhd. schriftsteiler :
des musz ich pawen fremde lant. fastn. sp. 1352 ;
wölt mich zwei jar lang lassen bawen
die land, hin und herwider schawen. H. Sachs III. 2, 121';
das ich vor langer zeit
von meim vater daheim auszreit
l'rembde land und lewt zu pawen. Teuerdank 116, 21 ;
ein jung gsel, der das lant nit paut,
wirt zugleicht ciin ungschmalzn kraut.
ScMMELZL lubspr. 65;
mit ewiger flucht frembdc unerkante lande bauwen (in esilio
vivere). Bocc. 2, 15*. hiernach begreiß sich die häufige redens-
arl das elend bauen, da elend, ahd. alilanti, mhd. eilende
nichts anders als das fremde land ausdrückt, mhd. beispiele
bei Ben. 1, 288* ; nhd.
wer das elent bawen wel,
der heb sich auf und sei mein gesel
wol auf sanct Jacobs straszen. Uhland798;
die raben kann gott gleicher weis
ermuntern, dir zu bringen speis,
wenn du das elend bauest, kirchenlied;
nun ist es jetzt vierzehen jar,
dasz ich das eilend bawt fürwar.
H. Sachs IV. 2, 24* ;
damit er auch müge ein ander wesen anfahen, dabei er blei-
ben und nicht so in der irre ewiglich das elende bawen müsse.
Luthers br. 3, 548 ; nun ist es bei vierzehen jaren, dasz ich
das eilend gebauwet hab. Bocc. 1, 77' (hier schöpße H. Sachs
wörtlich die eben ausgezogne stelle); sechs ganzer jar das
elend und ewcr land gebawet hab. 1, 125' ; dieweil ihr ursach
seit, dasz Thedaldus sieben ganze jar das elend gebawet hat.
1,173*; und Adam ausz seinem lustgarten virstoszen ward und
muste das elend bawen. Mathesius 7*; haben kein bleibende
Stadt, bawen das elend. 53";
kommen her ein weg gar weit
ausz klein Egypten, siben jar
müssen wir bäwen also bar
das elend, wann auszlauft die zeit,
alsdann w;ir alle seind gefreit.
BiRCK ehespiegcl 120;
und so mein müder leib noch länger soll beschauen
das unrecht dieser weit und dieses elend bauen,
herr gott, so gib geduld. Logau1,1,6;
brachte ihn ebenmäszig von land und leuten, dasz er etliche
jähr zu Friaul in Welschland das elend bauwea muste. Mi-
cRÄLius 1, 80 ; der von seinen brüdern vertriebene Wladislaus 11
muste das elend bauen. Hahn 3, 251 ; der vorhin gerühmte
Pelagius hatte ebenfalls das elend bauen müssen. Mascou 2,
165; fand kaum einen aufenthalt, da er sicher das elend
bauen {in der fremde wohnen) konte. 2, 250; auf welcher in-
scl ich nun mein elend ins fünfte jähr gebauet, pol. Stock-
fisch 326; mit meinem ehgemahl musz ich das elend bauen.
Me\antes 1, 184. später unüblich, denn wenn Bräker im arm.
mann von Tockenh. s. 131 sagt: ich wollte mein glück bauen
und baute mein elend, nimmt er bauen in der heutigen be-
deutung von eolere, nicht in der von habilare.
d) es gibt noch einige andere redensarten, in welchen bauen
für habilare, nicht für eolere gesetzt wurde, das wüste, die
wüste bauen, m der wüste hausen. Hiob 3, 14 {vulg. aedificant
sibi solitudines). die strasze, den weg bauen hiesz was wir
heute nennen auf der strasze liegen:
ich bin ein armer karren man,
ich fahr und paw im land die strasz. H. Sachs II. 4, 3*;
du wölst darumb nit traurig sein,
das wir letzt müssen paun die straszen.
SciiMELZL aussendung 10';
ein cartheuser münch hawet einen solchen weg, dadurch er
wil gen himel komen. Luther 7, 56*. das meer, die see, das
Wasser hauen, darauf schiffen:
kein meer ist mehr gebauet,
kein hnfcn weit und breit wird schöner nicht geschauet
als umb Ciijela hör. Opitz 1,27;
viel lieben von dem Strand auf einen hin zu schawen,
der in gewiticrs noili die strenge see musz bawen. 4, 359.
den schnce hawet {im schnee watet), als der bawcr dem acker
thul. Bocc. 2, 99'. die messe, den markt bauen = besuclien,
darauf hingehen:
1173
BAUEN
BAUEN
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der Christen kaufleut war betchawen,
welche die mesz hie werden bawen. H. Sachs III. 2, 14';
und rousz pawen mesz und die mark. 1,337';
und fordert ein solche grosze auflag,
der vor nie gwest ist sein lebtag,
so lang ich den mark hab gebaut. Atke«26S*;
die die Leipziger messe bauendea buchhändler. Sachs, man-
dal von 1773. ähnliche lassen sich nach den mhd. (Ben. 1, 288)
hinzudenken, sind aber auszer gebrauch gerathen.
e) IransUives bauen, aedißcare, goth. tinirjan, ahd. zimbarön :
Stadt, dorf, bürg, haus, festung, schlosz, mauer, brücke, wagen,
schif, kircbe, altar und kanzel; kompt, iaszt uns die mauren
Jenisalem bawen. .VeA. 2, 17; das alte tbor bawete. Jojada 3, 6;
da wir nu die mauren gebawet hatten, henget ich die thür
(sve gatimrida var{) s6 baurgs vaddjus, jah gasatida haurdins).
7, 1 ; und er bawete eine stad. 1 Mos. 4, 17 ; woiauf^ Iaszt uns
eine stad und thurn bawen. U, 4; der sein haus auf einen
felsen bawet (golh. saei gatimrida razn sein ana staina). Matlh.
7, 24 ; ich wil den tempel, de»" mit bänden gemacht ist, ab-
brechen und in dreien tagen einen andern bawen, der nicht
mit bänden gemacht sei {goth. ik gataira alh |)6 handuvaurhtön
jah bi {)rins dagans an))ara unhanduvaurbta gatimrja). Marc.
14, 5S ; wer ist aber unter euch, der einen thurn bawen \^i\
(golh. izTara hvas raihtis viijands keiikn timbrjan). Luc. 14,
28 ; ganze platze, straszen liegen unangebaut ;
was dir nit gfell, brich wider ab,
und baw ein anders an die stat. H. Sachs II. 2, 49';
also hat Clodoveus das mflnster zu Straszburg in der eer
unser frawen zu bauwen angefangen. Frank weltb. 36*. ?iack
dem biblischen Wortspiel: tit es Petrus {goth. Stains skeir. 7*1,
super hanc petram aedißrabo ecciesiam meam, du bist Pe-
trus, auf diesen feisen will ich bawen meine gemeine. Matlh.
16, IS, ipur<fe die redensart häufig auf einen, auf etwas bauen,
sieh gründen, stützen, vertrauen : darauf ist nicht zu bauen ;
auf dich allein ich hofT und baw. Weckbcrlin 20;
dasz ich so weit kam, dasz ich ein schlosz auf ihn bauen
dürfen. Simpl. 2, 437 ;
auf gott und nicht auf meinen raih
will ich mein glucke bauen. Gellert 2, 162;
dasz man so .«elten nur auf deine werte bauen will. Lessikg
1,9; die warme bekennerin eines glaubens, der auf liebe ge-
baut ist Gotter 3, 123 ;
weil ich auf deine gute, schöne seele baue.
Schiller 291 ;
du wirst mir meinen glauben nicht erschüitern,
der auf die tiefste Wissenschaft sich baut. 369*;
es war ein mann, auf den ich alles baute. 559';
die wir schon früher auf des grafen wort gebaut hatten.
GüTHE 24, 155; dasz ich nun auf den Jüngling baue. J. Fall
flcgelj. 1, 11 ; ist aber nicht grade auf mein gesiebt meine
ganze zukunft und kröne gebauet? komel 3, 125; die Schil-
derung von der erhabenen liebe desselben, die keinen men-
schen vergasz, weil sie nicht auf die Torzüge, sondern auf
die bedürfnisse der menschen gebauet war. liesp. 1, 259.
f) transitives bauen, colere, laborare, operari, goth. vaurkjan :
feld, land, acker, erde : und gott satzt in in den garten Eden,
das er in bawet und bewaret. l Mos. 2, 15; dn licsz in gott
der herr aus dem garten Eden, das er das feld bawet, da
von er genomen ist. 3, 23 ; wenn du den acker bawen wirst.
4, 12; zu ackerleuten, die im seinen acker bawen. 1 Sani. 8, 12 ;
er ferel leiclilfertig und bawet seinen weinberg nicht. Hiob
24, 18 ; CS sol aber der ackermann, der den acker bawet, der
fruchte am ersten genieszen {goth. arbaidjands air}iüs vaurstvja
skal frumist akranl anduiman). 2 Tim. 2, 6 ; denn die erde,
die den regen trinket und bequeme kraut Ireget, denen die
sie bawen {vulg. illis a quibus colitur), empfahet segen von
goll. Hebr. 6, 7; das erdreich mit dem pflüg bauen; das
bergwerk bawen auch ein göttliche und ehrliche nariuig und
bandel ist. MatbesicsI';
der pauman sprach, ich pau da« chom. Ubla!«d 337 ;
blieb sie daheim bei irem mann (dem mutier),
hiill im das körnlein bawen. 692;
seinen beuiel baue vor, wer ein wüstes put wil pflügen.
LocAi; 2 zug. 59;
hundert ochsen, welche du an die pflüg sollest spannen, da-
mit sie den acker bauen. Schcppius 735; Cyrus und Abraham
bauten lustgärten. 834; das schöne wolgebaiite ihal. Göthe
43, 59; die hohen gutgebauten Weinberge, die wolgehauten
Weinberge. 43, 63; eine schöne, sanft ablaufende wolgebaute
erdspitze. 43, 66; wegen seiner ofnen fruchtbaren wolgehau-
ten läge. 43, 125; alles ist grün, alles gebant, jedes eckchen
und winkelchen genutzt. 56, 190. Schlösser in die luft bauen
heiszt sich falschen einbildungen ergeben, die bergleute nen-
nen auf den raub bauen, «renn ste nur obenhin arbeiten,
nicht kunstmäszig in die tiefe, man sagt körn bauen, ge-
traide, haber, gerste bauen ; kartolTeln, hopfen, flachs bauen ;
wein, honig und seide bauen.
g) transitives bauen, formare, ereare, exstruere: nnd gott
der herr bawet ein weih aus der riebe, die er von dem men-
schen nam. 1 Mos. 2, 22 ; diewei! er Adam aus erden und
Hevam aus Adams rieb gebawet hat, Litther 5, 479 ;
an Wäldern, berg und ihal, an feldern und an auen
und was natur noch sonst hat küosilich können bauen.
LocAL 1, 5,99. s. 192;
so spricht der herr, dein gott: ich habe dich gebaut,
zum könige gesalbt, das reich dir anvertraut.
Hagedorn 2, 6.
man sagt heute nur: eine schön gebaute frau, ihre band ist
schön, seine brüst stark gebaut, ein herlich gebautes pferd.
h) alistracles bauen, anbauen, erbauen, fördern: das gewis-
sen bawen. Luther 4, 126*; wer darauf trauwet, der bauwet
ihm selbs die helle. 5, 59'; es ist ein wunderlicher, mechti-
gcr geist {der teufel), der aus einer geringen sünde solch eine
angst anrichten und solche helle bauwen kan. 5,60*;
80 kan niemaut für ungelück bauen, fastn. sp. 754, 12;
betstu oft lugent recht gepaut.
jetzt wer dir recbtthun leicht und sösz.
ScuwarzenbergUI, 2;
welcher mensch mutwilliglich
wird jetzt gemelte laster bawn. Ringwaid tr. Eckhart 02*;
dadurch wird des teufeis reich gebauet und gottes reich zer-
störet. ScHCPPius 332; eine recht eiferig gemeinte predigt, ob
sie gleich gering und schlecht, bauet mehr als tausend hoch-
künstliche, alaraodische. 553; ein prediger würde wenig bauen,
wann er unter Soldaten stünde und von den lästern der kauf-
leute redete. 658 ; so will doch gott nicht durch bloszes be-
ten, sondern auch durch arbeiten die weit gebauet und fort-
gebracht haben. Weise kl. leute 373 ;
dein glück dereinst zu bauo. Gellert 3, 106;
wer, welche Wissenschaft er baut,
nur auf geniesz des lebens schaut,
den nennt schon Luther niesziing. Voss.
j) bauen, hoch sein, ragen, sieh fügen: der bäum
baut 50 fusz ; die Sakristeien bauen auf jeder seile sechs
eilen heraus, das bauet nicht, heiszt es von arbeiten, tcenn
sie kein gutes Verhältnis haben ; die läge der kirche batft nicht
mit der gasse.
k) eigenthümlich, doch sicher dem Sprachgebrauch gemäsz,
setzt Fischart bauen ßr zielen, richten beim abschieszen:
schlug bald an, zielt kurz, bawt nicht lang, acht nit das
ämielpopperle. truckt schnell ab, hub nicht viel ab. Garg. iso'.
/) nach bau 7 bezeichnet Schweiz, bauen, buen auch dün-
gen, stercorare agros (Maaler 51*. Stalder 1, 146) in naher be-
rührung mit bauen colere. felder bawen. Bocc. 2, 123" ingras-
sare i campi.
m) sich bauen : er baut sich arm ; bergmännisch, eine grübe
baut sich frei, deckt ihre kosten;
Furvus denkt sich grosz zu bauen, legt den grund von solchen
stücken,
die er andern durch verleumden weggezogen hinterm räcken.
LoGAD 3 tng. 13;
in der groszen weit
blühn schön und süsz viel mädchen noch und frauen,
du kannst dich ja in manches herz noch bauen. BöaGiR68*;
ach zu dem entfernten strande
baut sich keiner brücke sieg,
und kein fahrzeiig stöszi vom ufer,
doch die liebe fand den weg. Schiller 59*:
Griechen, Römer, o kommt, o seht, das nite l'ompeji
findet sich wieder, aufs neu bauet sich Hercules Stadt. 83*;
es baute sich ein portal in die höhe. Göthe IS, 9; an dem
groszen begrif, den die preuszischen Schriftsteller von ihrem
könig hegen durften, hauten sie sich erst heran. 25, 104 ; ich
gewöhnte mich zu ertragen, nicht zu seufzen unter hitz, frost
und last, baute mich zu dem. was ich jetzt bin. Ki.incers
f/i. 4, 205; wie fest bauete sich beim nächtlichen Spaziergange
Alhanos über die flüchtigen zeltgassen der Stadt die weltro-
tunda mit ihren festen sternreihen dahin. J. Pacl Tit. 2, 1S7.
Die belege lehren, oder lassen schlieszen, dasz anfangs bauen,
xumal die alte starke form des worts, nur wohnen und sein aus-
drückte und /Sr aedifieare und colere noch andere verba galten,
74*
1175
BAUER
BAUER
1176
allmälkh aber bauen diesen stnn annahm und der von wohnen
erlosch, wie zu oixslv und wohnen sich leicht ein acc. ge-
sellte und die transitivbedaitung von bewohnen entsprang, gieng
auch aus bauen ein bebauen und der sinn voti aedificare, co-
lere hervor, günstig unterschied sich altn. böa biö und byggja
bygde.
BAUER, m. cubile, cubiculum, cavea, habitatio, gen. bauers,
pl. bauer, ahd. pfir (Graff 3, 18), mhd. bör, alts. ags. bür,
engl, bower, altii. bür n., seine, bur, dän. biiur. wie wol auf
golhisch? ohne Zweifel baurs, wenn männlich, baur, wenn
neutral, die herkunft von bauan ist offenbar, wie auch das
einfache bau in seiner ersten bedeutung völlig dazu stimmt.
das angefügte ableitende R in baurs von bauan gleicht dem in
akrs von akan, in ligi-s von ligan. pur, bör ergeben sich wie
pöan, büa aus bauen, nnrf jenes goth. baurs wäre bäurs, un-
terschieden von baurs gcnitus, filius, altn. burr, ags. byre,
dessen R der würzet bairan gehört. Bedeutungen,
1) cavea, aviarium, nach Frisch 1, 72' m., nach Adelung n.
bau war das nest, bauer ist der käßch, zumal für kleine Sing-
vögel, Vogelbauer. Hemsch 209 hat das bawer, vogelhüusle ;
besser ein vogel im bawer, dann tausent in der luft; in ein
gut bawer gehört ein guter vogel ; es lautet übel, wenn das
bawer schön ist, und der vogel darin singt nicht wol ; man
musz den vogel im bauer haben, ehe man ihn will pfeifen
lehren ;
die freundin, sprach er (der hänfling), gieng mir nah,
die ich in diesem bauer sah,
sie rief und durch das glück bewogen
utn sie zu sein, kam icli gedogen. Gei.lekt 1, 251 ;
einst lehnt ilir Üamon zum vergnügen
das thürchen nicht beim füttern an,
sodasz sie aus dem bauer fliegen
und in der stube flattern kann. 1, 284;
ich geh und will den hahn zur sie in bauer stecken,
die jungen bring ich mit, sobald die allen hecken. 3, 397;
viel glucks! die vögel sind dem bauer
entwischt. Wieland 9, 211 ;
keine dieser stellen entscheidet für m. oder n. (obwol Gellert
trt der letzten ins bauer für in bauer = in den bauer ge-
schrieben hätte, wenn ei- das n. meinte), deutlicher ist die
folgende:
ein jeder hatte seinen bauer. Pfeffel 5, 124;
Schoppe begleitete die sanfte fast zehn schritte weit, um den
vogel des bauers {den in der sanfte sitzenden ordensherrn)
besser zu beschauen. J. Paul Tit. 2, 25. s. gebauer.
2) das altn. bftr ist fenuarium, das Schweiz, bauer käse-
speicher (Stalder 1, 147), das engl, bower mastkorb und laube.
3) das altn. bür gynaeceum, gemach der frauen und mägdc,
kämmerlcin:
modir mik foeddi biört i bürl. Soem. 230*;
ags. bnt on btire äliöf bryd Abrahames
liihlleasne lileahlor.'
Cmdm. 144,7;
ahd. her furl.Tei in lanie Itiiiila sitten
biül in büre, bnrn unwahsan. Ilitdebr. lied.
mhd. bör, nhd. bauer nicht mehr in diesem sinn.
BAUER, m. voluptas, libido. aus der Vorstellung des woh-
nens und ruhens leitet sich die des frcuens her, vinja die
weide (des hirten wohnplatz) wird zur wonne, wunnia (wonne
und weide) ; salida, selida, seldc, habitatio wird zur sälida,
sa,>lde fclicilas; ginäda, ruhe, herablassung zur gnade, gratia,
favor ; gemach, kammer, stube ist auch behagen und wonne.
hiernach geht auf das gothische, vorhin angesetzte baurs cu-
bile zurück das bei Ui.filas erscheinende gabaurs xcöfios, fro-
hes gelag und mahl, gabaurj"|)us ■tjSoi'rj, gabaurjaba rjSf'cog,
dies auf gabauris t]8vs, volnpis, welche alle mit der würzet
bairan nichts zu schaffen haben, sondern aus bauan erwach-
sen, gabaurjaba ist gleichviel mit us lustum, gerii, von freien
stücken.
Diese gothischen Wörter scheinen nun fortzuleben in einem
nitö^QTjrov der heutigen spräche, dem alle glossare auswei-
chen, so allgemein es verbreitet ist, als bezeichnung einer lur-
pitudo, die der europäische Sprachgebrauch durch den ausdruck
onanic (nach 1 Mos. 3S, 9) verschleiert, unsere deutsche philo-
logiekann aber nicht umhin eine benennung zu erkunden, die wol
ron uralter zeit her züchtige rede auf unzuclU anwendet; denn
was möchte besser anstehn als lusl wider die nalur kalte lust
zu heiszen? kalt, wie frigidu.s und yv/oöe, gibt den neben-
sinn von miser und languidus, infestus, inulilis, frigida nc-
gotia sind nullius momenti, kalte ralschlilge sind böse, in der
edda liest man 67" scolo \>ct x köld rid koma; 138* köld
cro mer rüid Ym ; kalladi kaldri röddo, infesto sermone; kalte
träume sind unglückliche, lust hat, neben der bedeutung Wol-
lust, immer auch den reinen sinn behauptet, bauer für lust
ist uns erloschen, in kalte bauer haftete das wort, längst un-
verstanden und desto gemiedener.
Der ausdruck herscht, vielleicht mit ausnähme nördlicher,
niederdeutscher landstriche (namentlich soll er in Holland un-
bekannt sein), in ganz Deutschland und läszl sich über Schle-
sien, Deutschböhmen und Österreich bis in die Steiermark, über
das Elsasz in die Schweiz verfolgen, ein elsässischer arzt
sagt, bauer sei insgemein aneQfia, warmer bauer die natür-
liche beiwohnung, kalter bauer onanie, und so genommen liesze
sich bauer unmittelbar zu cpvetv zeugen, cpvais zeugende,
schaffende natur halten, vielleicht auch die schweizerische be-
deutung von bau, befruchtendem dünger vergleichen, denn in
der Schweiz kommt daneben vor: er tribtem selb d'natur ab,
gewöhnlicher: macht en ciialte bür; die ehalte büre hd bt-
zeichnet pollutionen haben, gleichsam erfolglose, unwirksame
lust. in Steier heiszt onanieren den kalten bauer schlagen
oder herunter reiszen, die Slovenen in der gegend von Laibach
übersetzen wörtlich aber falsch merzel kmet, bauer für rusti-
cus nehmend, ebenso unrichtig die polnischen Schlesier zimny
chlop, eigentliche Polen tvissen nichts davon, unter dem west-
fälischen volk ist der name meistenlheils gangbar, unbefangen
und ohne sittlichen Vorwurf heiszen ihm spuren der pollution
de kalle bür. in Niedersachsen scheinen wenigstens die stddte,
wenn auch nicht überall die dörfer das wort zu kennen, wei-
teie forschungen müssen darthun, ob es in Scandinavien auf-
taucht, oder diesem volksstamm gebricht.
BAUER, m. agricola, colonus, rusticus, mit schwankender
flexion, die sich auf zwei oder drei ältere gestalten zurück-
zieht, ncmlich bauer, gen. bauern und pl. bauern ist das ahd.
gipüro, p/. gipüron (Graff3, 19); bauer gen. bauers, sowol das
ahd. gipür, p/. gipürd, als püarip/. püarra, mhd. büwaere, buwsere
(Ben. 1, 290), doch den pl. bilden wir für diesen starken sg.
dennoch schwach bauern. man würde, weil dem heutigen bauer
meistenthcils der Vorsatz ge mangelt (einzelne fälle werden un-
ter gehauer aufgezählt), es überall von pöari, büaere ableiten,
wo nicht die vorhersehende schwache flexion des sg. und pl.
entgegenstände, den gen. sg. sichert Fischart recht entschie-
den, indem er bei den spielen unter n' 320 auch eins namhaß
macht 'des bauren'. Keiner dieser formen bedient sich die
altn. mundart, sie setzt entweder hti = ahd. T^two, orfer böndi,
schw. dän. bonde = ahd. püanti.
In Luthers bibelübersetzung begegnet bauer nur wenigemal:
es gebrach, an bauren gebrachs in Israel (vulg, cessaverunt
fortes in Israel), rieht. 5, 7; da sage man von der gerechtig-
keit des herrn, von der gerechtigkcit seiner bauren in Israel
(vulg. fortes). 5, 7 ; ich wil deine hirten und herde zerschmei-
szen, ich wil deine bauren und joch zerschmeiszen {vulg. et
collidam in te agricolam et jugales ejus). Jer. 51, 23. ge-
wöhnlich gebraucht er ackermann, wenn vom landmann die rede
ist, und auch heute verbinden wir mit diesen beiden Wörtern einen
edleren bvgrif als mit bauer, welchem daneben noch die Vor-
stellung des gemeinen, groben und unedlen anhaßet, in wel-
chem sinn es dann auch als schelte von andern, die nicht
bauern sind, gilt: er ist ein rechter bauer, ein grober bauer;
dank liab, dank hab du grober baur,
was wilt du bei mir holen I Uhland 693;
er müst ein rechter bauer sein,
der uns so ernehre. Garg. 86*.
so heiszt es: diese fabel Icret, das dis buchlin bei bawren
und groben leuten unwerd ist. Luther 5, 270'; ich hab len-
ger, denn zehen jar mich oft gedemiltigt und die allerbesten
wort gegeben, damit ich sie {die papisten) je lenger je ergcr
gemacht habe, und die bawren nur sich vom flehen deste
mehr geblchet haben. 6, 309*. sclion bei Keisersberc hatte
bauer meistenlheils diese ungünstige bedeutung: ein herlich
pcrson als ein künig ist, dem zimpt ein köstlich kicid zd
tragen seines Standes halber, und nit ein bauern schanz {gro-
bes kleid, s schanze), sündtn des munds 4' ; den bauern ge-
riet weder ir ops noch kraut. 18'; wer ein bauern salbet, so
sticht er, wer sie sticht, den salbenl sie. 59" ; got thilt dar-
nach als ein bauer oder als ein melzger. welches kalb ein
bauer metzgcn wil, das laszl er blitzen und gumpen uf den
matten. 18'; got geb dir den rillen, oder die beulen, oder
die hiinsch {schwere krankheiten), als dan die bauren einem
wünschen. 38*; aber wie wol die Juristen in ircn büchern
1177
BAUER— BAÜERBA.ND
BAÜERB ART — BÄÜERIS CH
1178
haben, das ein blosz und schlechte rerfaeiszung (nichts wirke
und) müg darum keiner den andern mit recht anziehen (nuda
promissio non dat actionem), darumb nemcn die baurcn den
mantel in die band {sehen sich vor, ut promissio sit vestita).
65'; es kam ein weltweiser einist in ein Wirtshaus, und er
sah, das ein bauer bei den andern bauem in der urten sasz
und hört inen zu, was sie redten, und er redt nichts, dan
er kunt nüt zu den sachen reden. 7G'; geheiiget werd dein
nam, zukum uns dein reich, knecht stich den bauern ze tod!
{von Unterbrechung des valerunser bei unandächtigen belern).
84"; das lit also kior am tag, als der bur an der sunnen.
posl. 3, 52, auch schimpf und ernst cap. 226. wie man das men-
schengeschlechl überhaupt aus bäumen und steinen hervorgehn
liesz, heisxt aucli der bauer, der es am einfachsten darstellt,
o/laus kieselslein entsprungen, z. b. in ErryERS hebamme s. 15.
Aus späterer zeit werden icenifje belege genügen: auf dasz
die leut an der schrift nicht erwürgen, wie dem bauren schier
geschehen war, der ein calender für coriander frasz. Fischart
bienenk. 39^ ; lobt ihn für alle schwangere bauren. Garj. 239';
danzen auf eim fusz, wa ein Schweizer baur zwen bedarf.
Garg. 126'; setzt den bauren auf den edelraann, vom pferd
zum esel. 129';
das Teld hält sabatlag, der acker liget stille,
und duldet nicht wie vor, dasz ihm viel wunden schlug
des bauers frecher arm und ein tyrannisch pflüg.
LöoAü 1, 1, 4;
wer bauren rerderben will, müsse bauren mit nehmen. Simpl.
2, 467 ; die bauren, die beim Untergang der sonnen oft strei-
tende kriegesheere erblicken. Liscov 55 ;
es schleicht der echte schlaf den fedtTpfühl vorbei,
ist falschen stndtem falsch und treuen bauren treu.
Hagedor.'« 1, 23;
eines bauers hätte. Pfeffel 1, 166;
ich wette fast, ihr bauern, ihr verliert.' GKtiERT 1,205;
diesen gesunden, kemhaften, wolgebiideten jungen bauer.
Wieland 6, 146 ; ihn aus einem bauer zu einem Staatsbürger
umzubilden. 7, 161;
ich bin regent im land an kaisers statt,
und will nicht, dasz der bauer häuser baue
auf seine eigne band und also frei
biuleb, als ob er herr war in dem lande. Schiller 519';
und zu gericht zu sitzen mit dem bauer. 525*.
Sprüche: bauem sagen auch etwan wahr; bauern machen
fürsten ; der bauer ist nicht zu verderben, man hau ihm
denn band und fusz ab; wenn der bauer nicht musz, rührt
er weder band noch fusz; der bauer ist ein lauer; gibt der
bauer, so sieht er sauer; ein bauer kommt sobald in den
bimmel als einedelmann; hinter sich hinaus tragen die bauern
die spiesze; in einen bauern gehört haberstroh; wir sollen
drauf schlagen als die bauern auf den wolf; die bauern
jauchzen dazu, wann sie singen ; er fährt hinein, wie der
bauer in die stiefeln; der bauer glaubt nur seinem vater;
ein reicher bauer kennt seine verwandten nicht; was der
bauer nicht kennt, das friszl er nicht; gemach ins dorf, die
bauern sind trunken; bürger und bauer scheidet nichts als
die mauer.
Man unterscheidet hofbauern, ganze bauem, halbbauera,
pferdebauera ; es gibt aber auszerdem eine menge anderer be-
nennungen, um die bäuerlichen veihältnisse zu unterscheiden,
vgl. hflbner, hintersassen, kossäten, meier, spanner u. s. tr.
Im Schachspiel heiszl bauer, rfer mhd. vende genannt wurde;
auch eine muschel, conus rusticus, sonst der aschenpuster,
aschenbrödel, fültrt den namen bauer. Bei der Zusammen-
setzung schwankt der erste Iheil oß zwischen bauer, bauern
und bauers, doch drückt bauer mehr den allgemeinen begrif,
der vorgesetzte gen. bauers die abhängigkeit aus und bauern,
wenn es den gen. sg. meint, ebenfalls, musz darunter ein gen.
pl. verstanden werden, so hat es die allgemeinheit des prae~
fixes bauer. häufig aber dient bauer-, bauern- cor sttbstan'
liren zur bezeiclmung des geringen, schlechten.
BAUER, f. societas colcnorum seu ruslicontm, so nennt
man in üiedeideutschland jeden kleinen rerein ton land- oder
grundbesitzem. Möseb 3, 71. entweder ein altes bftra, biur«,
oder blosze kürzung ton bauerschaft.
BAL'ER.\RBEIT, f. opus rusticum, besser bauemarbeit.
BAÜLRART, f. rusticitas, mores rustieorum, auch baueraart,
bauersart.
BAUERBAND, n. kurländischer flacht, der to versendet wird,
wie ihn die bauem gebunden zur stadt tragen.
BAUERB ART, m. barba sordida, male pexa.
BAUERBENGEL, m. homo agratis: ein ungeschliffener
bauerbengel. Weise kl. leute 377.
BAUERBURSCHE, m. juvenis agrestis, rusticus: hab ich
dir nicht einmal von einem bauerburschen geschrieben, gleich
da ich herkam? Göthe 16, 117.
BAUERBURSCHENSCHAFT, f. Martinsgans (wunderh. 1, 226).
bauerburschenschaft, lustig losgebunden. Göthe 33, 193.
BAUERDE, f. humus, dammerde.
BAUERDLNG, n. mhd. bürdinc, Judicium civieum de eausis
civilibus, von biir, domicilium.
BAUERDIRNE, f. puella agrestis, ein landmädchen. Simpl.
1, 492.
BAUEBDCNKEL, m. besser bauerndünkel.
BAUEREI, f. aedificatio: ich bin froh, wenn die bauerei
im hause einmal aufhört;
vernickte zierratbrauerei,
es ist eine saubre bauerei. Göthe 3, 269.
den acker zu bauen und fische zu fangen macht glücklicher,
als gewisse andere fischereien und bauereien. Kli.ngeb 7, 271.
BAUEREPPICH, m. apium graveolens.
BäUERERZ, n. argentum nativum solidum, gediegnes, er-
kennbares erz, zumal Silbererz; man erklärt, das auch ein
bauer erkennen kann. Nemmch schreibt bauernerz.
BAUERFISCH, m. eine art Stockfische, mit und ohne barifaden.
BAUERFLEGEL, m. was bauerbengel : wenn die vorneh-
men diener nicht zur stelle sein, so kömmt die Ordnung wul
an einen bauerQegel. Weise comüd. 73.
BAUERFLÖTE, f. in der orgel die gedachte pedalstimme.
BAUERFRAU, /. colona, rustica, bduerin, gewöhnlicher
bauersfrau.
BAUERFRIEDE, m. in Niederdeulschland, der dorfbeiirk, die
dorfmark, landwehr. s. friede.
BAUERFUDER, n. siehe bauemfuder.
RAUERFüSZ, m. den tuchbereitem ein eiserner, gabelßrmi-
ger hebet zum einspannen der tüeher in den rahmen, sonst
breitbaum.
BAUERGER.VT, n., dessen die bauerwirtschafl bedarf.
BAUERGLOCRE, f. dorfglocke, die den bauem zu gericht
läutet, burdingsglocke. Oberlix 100.
BAUERGRETE, /. was bauerdirne: unsre alte magd hat
mich mit eid und thränen versichert, dasz eine bauergreta
viel besser sich auf dem strohsack befinde als des gelehrte-
sten maunes frau auf schwanenfedem. Grtphids l, 764; indes-
sen aber war er mit liebe über macht nach dem baurengretel
eingenommen ; da wilst dis ehrliche baurengretlein heuraten.
Simpl. 1, 482. 483. s. grete, greteL
BAUERGROSCHEN, m. zinsgroschen, wie ihn die bauem
dem gutsherm entrichten, s. Oberli.s 100.
BAÜERGUT, n. praedium rusticum, ein gut, auf dem bauem
sitzen, ein mit frohnen und diensten belastetes gut, im gegen-
satze der rittergüter. zuweilen auch ein gut, auf dem wenig-
stens zwei Pferde gehallen werden, ein pferdegut, anspänner-
gut, s. bauerngut.
BAUERGCTCHEN, n.
BAUERHAFT, rudis, ungesittet, bäurisch, flegelhafl.
BAUERHAÜT, f siehe amtschreiber.
BAÜERHAUS, n. aedes rusticae.
BAUERHOF. m. villa rustica. Mosaeds 2, 54.
BAUERHUBE, f dienstpflichtiges land, gegenüber der rit-
terhube: ausbrflche der noth, von denen sich der arme be-
freiung von schulden und erwerbung von baaerbufen ver-
hieSZ. NiEBDBR 1, 650.
BAUERHUND, m. canis domestieus. t. bauerkOter.
BAUERHUTTE, f. casa rustica: ich wählte eine bauerhatte
zu meinem aufenthalL Wielamd 28, 20S.
BAUERLN, f. colona, rustica, bauersfrau. bauet und bäue-
rin spielen, ein altes spiel.
BÄUERISCH, rusticus, sowol ländlich als roh, ungesittet,
zuweilen, wie früher, noch ohne umlaut bäurisch,
mhd. nach gebiirischen siicn. IIaupt6, 4S9;
nhd. pauriscb kleidung. fasln, sp. L292 ;
man tagte auch die bäurischen, rusticani ßr bauem, rustiei,
z. b. ich hab aber noch ein buchlin D. Martini bei mir, das
ist etliche jare für der bawrischen ufrhur ausgangen. Albe-
RDS ifirfer Wttzel k 8*, wo bawrischen gen. pl. ist, da ALbEios
aufrur als m. hat. bäurisch, grob, ungeschickt:
grob, beurisch und unhöflich art Schhit j^roft. a 1* ;
1179
BÄURISCHHEIT — BÄUERLICH
BAUERLIED — BAUERNFRESSER 1180
gegen diser künstlichen resolvirung Ptolemel ists gcwislich
ein pewrische resolvirung. Mich. Stifels coxz. 1554 bl. 112; so
bäurisch quartiert von leib war er. Garg. 19'; der ist ein
bauwer, der bäwrische sitten bat. Lehmann 154 ;
was nützlich öfters ist, ist allemal nicht ehrlich,
was bäurisch etwa nützt, nützt allemal nicht herrlich.
LoGAU 1, 8, 100;
beim rauhen klang der bäurischen Schalmeien. Cronege;
bäurisches wesen, ungeschliffenheit ; bäurisches benehmen; bäu-
rische tracbt; er geht ganz hSiUnsdi (in baucrnkleidung) ; auch
roh im sinne von ungeschmückt, einfach: als in der bekann-
ten fast bäuerischen oberstube die schöne witwe ihm entge-
gentrat. GöTHE 22, 116 ; bäuerisch treues blut. 56, 42.
BÄÜERISCHHEIT, f. rusticilas, kommt bei Pauli in schimpf
und ernst vor. ahd. sagte man einfacher gipörisci.
BAUERJACKE, f lunica rusticorum. Göthe 14, 269.
BAUERJUNGE, m. puer agrestis, ruslicus.
BAUERKANAILLE, f.
oft schleppen ihre gnaden ear
mich zu der baurkanaille. Voss 4, 44.
BALERKERL, m. stärker als kerl allein, und gleichviel mit
bauerbengel, bauerflegel : kam vom ersten dorfe über der
föhre jenseits der Moldau (Mulde) ein groszer bauerkerl. Ett-
NERS hebamme 844 ; ein rüstiger bauerkerl.
BAUERKIND, n., ein auf dem land, von bauem geborner
mensch.
BAUERKIRSCHE, f. wilde kirsche.
BAUERKITTEL, m. vestis agreslis.
BAUERKLEIDUNG, f vesliius rusticorum.
BAUERKNABE, m. puer rusticus:
ich guter, dummer bauerknabe. Gkllert 1, 157.
BAUERKNECHT, m. rusticus, bauer, bauerkerl:
Tityrus war der betrübste
unter allen bauerknechten. Logau 1,6,33;
ihr stampfenden tänzer hervor!
ihr springet auf grünender wiese,
der bauerknecht hebet die Liese
in hurtiger Wendung empor. Hagedorn 3, 98 ;
der edle, der von seinen ahnen
in unzertrennter Ordnung stammt,
ohn dasz ein wackrer bauerknecht
nicht oft das beldenblut geschwächt.
Lessing 1, 81.
der dienstknechl eines bauern würde heiszen bauernknecbt,
bauersknecht.
BAUERKÜTER, m. was bauerhund: es war nie kein baur-
koter so schlimm, leg ein pferd da im tiefen graben, er wolt
sein maul davon voll haben. Henisch 21L s. köter und bauern-
köter.
BAUERKUNDIG, stolide ferox: solche ehre und gewalt
möchte warlich einen forsten kützeln und bewegen, sonderlich
wenn er bawikundig ist, das er dem ketzer Luther feind
würde. Luther 3, 515'; der esel ward auch einmal bawrkün-
dig, und als er einem lewen begegnet, grüszet er in hönisch
und sprach, ich grüsze dich bruder. 5, 272*. kündig bcdculete
sonst listig, geizig u. a.
BAUERKÜNDIGKEIT, f ferocia: weil der adel zu hofe und
auch sonst von jugent auf sich verderbet mit schwelgen, spie-
len, bawerkündigkeiL Luther 6, 162*.
BAUERLEHEN, n. feudum rusticum, im gegensatz zu rit-
lerlehen.
BAUERLEI, m. homo laicus, ein bäurischer laie, gegenüber
dem gelehrten:
wan der burlei kein unterscheit
hat nach der dinge Sicherheit, fasln, sp. 1251.
BÄUERLEIN, n. rusticulus:
nu dar, n« dar mein penerlein,
ich rousz dich eins bescheiden. UulandSSS:
beurlin, trags ins kloster hinein, so gibt man dir ein supp
und ein sauren trunk wein. Garg. 246*; damit kein armes
bäuericin mehr in den fall komme, über frobndienste zu kla-
gen. WlEI-AND 28, 315.
BÄUERLICH, ad rusticum speetans : die bäuerlichen laston, das
bäocrliche besitztbum, grundeigenthum; was ists auch fUr eine
leichlferligkeit, dasz etliciie fürsten und grafen heutiges tags las-
sen körn malen, hier brawen, brot backen, alles zu kauf, bür-
ger- und bawerliche händel und nahrung Ireilten. Chr. An-
PREAE 6usj/)osawne 1 4'. verschieden vom ahd. gipftrllh civilis,
domesticus (Graff 3, 19), das sich ton pär habilalio ableitet.
BAUERLIED, n. cantio rustica.
. BAUERLIEDLEIN, n. sihe, das ist das bawrliedlein, das
alle geizwenste singen. Luther 5, 413'.
BAUERLÜMMEL, m. homo rudis. s. lümmel.
BAUERMÄDCHEN, n. puella rustica. Göthe 33, 168.
BAUERMAGD, f virgo rustica.
BAUERMEISTER, m. von hör, habitatio, eine städtische
obrigkeil, burgermeister, auch, und so im Ssp., auf dörfer
angewandt.
BAUERMENSCH, n. femina rustica, verächtlich gesagt.
BAUERMIETE, f siehe baumiete.
B.\UERMÖTZ, m. wo wollten wir strumpfe kriegen, die
wir dem bauermutze anzögen? denn du weists wol, die beine
geschwellen den gemeinen leuten, wenn sie zu viel ehre krie-
gen. Weise crzn. 400.
BAUERN, rus colere. das unter abbauen aus Logad 2, 6, 85
angezogne distich führt die Überschrift 'baurende Soldaten'
der lasz am ersten sich der arbeit nimmer tauern,
so ist er wol versorgt, so wird er glücklich pauern.
Scherfers grobianer 1, 57.
s. verbauern.
BAUERNADEL, m. alte geschlechter der bauern, verächtlich
vom landadel:
ja ich verberg es nicht, in tiefer seele
schmerzt micb der spott der fremdlinge, die uns
den bauernadel schelten. Schiller 525'.
BAUERNADER, f. vena rustica:
0 soltn dir blutn die baurnadern,
du würst wol hie bei alln hadern
finden weder meister noch gselln,
die dir das blut köndten verstelln. Atrer fastn. 61'.
BAUERNARBEIT, f opus rusticum.
BAUERNART, f mores rusticorum, sowol die einfache le-
bensweise, als das grobe betragen der bauern.
BAUERNAUFRUHR, m. tumultus rusticorttm, bauemkrieg.
BAUERNAUFSTAND, m. dasselbe.
BAUERNBAIERLAND, n. Bavaria rustica: von Filzhofen
ausz Baurenbaierland. Garg. 54' (Vilshofen in Niederbaiem).
BAUERNBENGEL, m. was bauerbengel : lasset mir die kinder
ungeheiet, sie sind keine gemeine bauernbengel. Jucundiss. 118.
BAUERNBESCHEID, wi. portio pagana. Stieler 1749.
BAUERNBESCHEISZER, m. deceptor rusticorum :
ein farender schaler zu ihm eintrat,
wie sie denn umbgiengen vor jarn
und lauter pawrenbscheiszer warn. H. Sachs IL 4, 63*.
BAUERNBRAUT, f. sponsa rusticana:
so sitz nicht wie ein bawrenbraut,
die sich mit prangen läppisch stellt. Birck ehespiegel 163.
BAUERNRROT, m. panis vilior rusticorum.
BAUERNDRECK, m. siehe bauernviol.
und lasz dort niden die hofschranzen
die weil umb den bawrendreck tanzen.
IL SachsIV. 3, 51»;
in deinem martinischen bawrendreck. Luther 3, 132*.
BAUERNEIGENTHUM, n. einen district, wo nur bauem-
eigenthum vorkommt. Niebuhr kl. sehr. 1, 70.
BAUERNELEMENTER, dirarum in rusticos jactator, bauern-
feind: marterhanscn, hanshumm, mufmaffen, baurenelemen-
ter, die gar kein kriegsweis wissen als Stelen und rauben.
Garg. 232*. s. dementen, imprecari.
BAUERNERBE, n. praedium rusticum immune: seitdem je-
der sich ein freies bauernerbe gewinnen konnte. Niebuhr 3, 85.
BAUERNFEIERTAG, m. altmodischer putz, wie ihn bauers-
leute an feiertagen tragen. Schmid schw. wb. 49.
BAUERNFEIGE, f. was bauerndreck:
der narr hoft schon ich sei die sein,
ja baurnfeigen ich aber mein.
Castenhof pentalogus conjugalis b.
BAUERNFEIND, m., bekanntlich der beiname Neidharts
Garg. 5l';
du luchs, du füch.<i, du paurenfeint, lernstadel!
fastn. sp. 254, 27.
BAUERNFEST, n. solemne rusticorum, hauemhochzeil.
BAUERNFLEGEL, m. was bauerflegel: baurenflegel, hund-
bengel, galgenschwengcl. Garg. 197' ; in ein haus gienge, wo
ein dergleichen idiot und baurenflegel seinen fusz hingesetzet
hätte, unw. doct. 002.
BAUERNFRESSER, m.
ich glaub fürwahr, bei meiner treu,
das er ein paurnfresser sei. Athi* 341*.
vgl. bauernkrieger.
1181 BAÜERNFREUDE — BAUEILNLECKKUCHEN
BAUEILNLÖFFEL — BAUEMSTAKD 1182
BAUEFLNFRECDE, f. laelitia ruiticontm: unsere bauem-
freude ist mitunter etwas tölpisch, aber sie flieszt aus dem
herzen. Götter.
BALERNFRELND, »n,
BAl'ERNFLHRE, f. frohnfuhre, die ton bauem geleistet vird.
B.AL'ER.NGANS , f. eigentlich anser domesticus, dann aber
eulter plicaiilis ansa lignea, taschenmesscr mit hölzernem grif:
zu gutem glücke find ich eine bauerngans in meine» hoseo-
sacke. Wieland 15, 130. Schmid schwäb. vb. 49.
BALERNGESINDE, n. Simpl. 1, 11.
BALERNGIPPE, f. testitus riuticus, bauemjuppe, bauemkiltel:
TÜ lviurengi;>pen hat er feil,
darzu grosi lurmaoskappen. Uhla.'^d 697.
vgl. untergippe, Unterrock, fasln, sp. 825, 26.
BAUERNGOTT, m. nennt Jupiter bei H. Sachs II. 2, 68* oder
bewrisch gott den Fan.
BAUERNGUT, n. praedium rusticum. Mcsaeds 2, 66.
BAUERNHAAR, n. wie es bauem zu schneiden und zu strei-
chen pflegen, die Schauspieler nennen dancuh gemcuhle pe-
rücken ein bauernhaar.
BAUERNHAMPEL, m. bauerntocke, puppe: was soll ich mit
dem baurenhampel {dem schönen mädchen) machen? Simpl.
1, 477 (4S3). 5. hampelmann.
BAUERNHAUS, n. aedes rusticae:
TÜ bawrnbeuser bat er umbgstoszen. H. Sachs III. 2, 90'.
dies ist die heute gültige v>ort(orm, bauernhäuser, nicht bauer-
häuser.
BAUERNHEBEL, m. homo agrestis: oho, er dorft nicht
wie jener baurenhebel ein gänskrag drein stecken. Garj. 115';
die knebelspiesz underzulaufen, die bauernhebel abzuweisen.
177'. hcbel ist vectis, stange, franz. lavier.
BAUERNHOCHZEIT, f Göthe 8, 75.
BAUERNHOF, m. villa rustica. Simpl. 1, 495 ; Niebchr kl. sehr.
1, 5; \on der erhaltung der bauernbüfe und der adlichen guter
in massen hängt die erhaltung eines tüchtigen Standes von
landbewohnem ab. denkschr. des freih. ton Stein 1S6..
BAUERNHOFLEUTE, pl. wa seit ihr baurenhofleut, die
nicht in die stub dörfen, wrie? seil ihr gestorben? Garg. S6*.
BAUERNHÜTTE, f. casa rustica.
BAUERNJUNGE, m. buccinum serlum, der geschmückte
bauernjunge, eine schneckenart.
BAUERNJUPPE, 5. bauerngippe.
BAUERNKALENDER, m. Fiscbart bienenk. 203'.
BAUERNKÄPPE, f cucullus rusticorum:
io ein grob bawrenkappen schlecht. U. Sachs IV. 3, 55*.
BAUERNKITTEL , m. linlea rusticorum vestis. Garg. 157*
steht geschrieben baurenkOtel.
BAUERNKLEIIMJNG, f testitus rusticorum.
BAUERNKOHL, f?i. brassica fimbriata.
BAl'ERNKÖNIG, m. anführet der bauem bei festliehen aufzügen.
BAUERNKOST, f tictus simplex agrestium:
seid ihr auch satt ihr liehen? nur bnuernkost war es freilicb,
und kein gräDicher schmaus. Voss Luise 1, 56;
er halte keine lieblingsspeisen anszer der bauemkost seiner
beimat. Niebohh kl. sehr. 1, 79.
BAUERNKÖTER, m. was bauerköter, canis domesticus:
auch ist zu wissen, dasz wo ein hündin von einem hund, es
sei gleich leithund, jag, hetzhund oder bawrenküler anfangs
belegt wird, nachmals auch so oft sie widerumb weift, unter
denselbigen {d. i. den weifen) allzeit einen hat, so dem ersten
gleichet, mit welchem sie aniünglich belegt worden, buch vom
weidwerk 1, 9". t. bauernrekel.
BAI ERNKRAUT, n. ledum palustre.
BAUERNKRESSE, f. thlaspi arvense.
ßAUE|{NKRIEG, m. bellum rusticorum.
BAUERNKRIEGER, m. zu teutsch stubenkriegcr, baurn-
krieger, die all baurn wollen fressen und in ernst iren feind
nit gnug dörfen sehen. Fba.nk sprichw. 2, 46*. vgl. hauern-
elementer, baucrnfresser.
BAUERNKCCHLEIN, n. placentula rusticorum: krapfen, nu-
deln, pfanzelten, baurenküchlein. Garg. 66* ; nudeln, bauren-
küchlein und kosfladen. 197*. s. bauernleckkucben.
BAUERNLAGER, n. castra rusticorum: das ist nichts dann
armadei (armutei, sp. 562) im baurenläger Fiscbart frienrniL 39*.
BAUERNLEBEN, n. vila rustica.
BAUERNLECKKUCHEN, m. was bauemküchlein:
bawraleckkucben uad braoteo wein. II. Sacb* IV. 3, 42*.
BAÜERNLÖFFEL, m. coehlear ligneum. Garg. 88\
BAUERNLUST, f. bauernfreude,
BAUERNMAGD, f. virgo rustica:
umb kein pawrnmeit pul Ich nit me,
wie es mir immer sunst erge. Hacpt 8, 516;
als Trü die bawrenmeid aufstoD. H. Sachs U. 4, 104'.
BAUERNMÄGDLELN, n. ein Volkslied:
und wil meiner bulschaft heini hofieren,
und wil irs 'bawrenmeidlein' dreio singen. H. Sachs II. 4, 30*.
BAUERN">!ETZE, f. puella rustica.
BAUERNMETZLELN, n. dasselbe:
auch schöner baurenmetzlin tu. Schiit grob. AI'.
BAUERNPFEFFER , m. piper rilius, die schlechteste sorte.
BAUERNPLACKER, m. rusticorum earnifex, bauernschinder,
bauernelemenler. Soph. reise 6, 451 ; wie mancher fürst und
graf weisz wol, das sein drost ... ein baurenplacker, bürger
und hausmansfeind ist Chr. A.ndreae buszposaune H2'.
RAUERNPLAGE, f. rexatio rusticorum.
BAUERNPLOTZER, m. eine art messcr oder kurzer Schwer-
ter, wie sie die bauern im 16 jh. führten, s. plötzer.
BAUERNPUR, 6auernrei«; fragt, ob sie sein liebstes kind
auch sauber und rein hielten? darauf antwort das Gargan-
tule, 0 jungherrle, gar baurenpur wie ein scbindmesser.
Garg. 136'.
BAUERNREGEL, f.: das steht in der bauemregel. Kirch-
hofer schw. spr. 212; verschiedene bauemregeln und sprüch-
wörtliche Weiterprophezeiungen. Göthe 43, 278.
BAUERNREKEL, m. homo agrestis: unvei-ständiger bauren-
rekel, pflugstüi-zer. unw. docl. C63, bei Stieler 1507 bauers-
rekel. vgl. bankrekel. bei Nemmch aber ist bauernrekel canis
laniarius, und man dürße es dem bauernköter gleichilellen,
unter bankrekel einen hund verstehen, der sich auf die bank
streckt.
BAUERNROCK, m. vestis agrestis, rudis.
BAUERNSCHANZE, f. eigentlich propugnaeulum, dann aber
vestis rilior rusticorum, in das die bauem sich gleichsam ver-
schanzen, die stelle Keisersbekcs ist schon oben unter bauer
angefiüut. erinnert wird man an das nnl. schanslooper, einen
groben manlel oder übencurf beim wachthalten in der schanze.
BAUERNSCHENKE, f caupona rustica. s. bauerschenke.
BAUERNbCHIMPF, m. jocus illiberalis, scurrilis, deiber
bauernscherz.
BAUERNSCHINDER, m. exactor rusticorum, bauemplacker :
bengel, baurenscJiinder. erznarren, coujonen. Gitphics 1, 827.
BAUERNSCHINDEREI, f. rusticorum vexatio.
BAUERNSCHRITT, m. gradus amplus, quali rusliei ince-
dunt :
so ieder schwur, es fall im nit,
80 fält es umb ein burenschrilt. Braxt narrensch. s. 190,
es fehlt noch ein tüchtiges stück daran; so es doch gemein-
klich wol umb ein paurcnschritt Tält. Frank weltb. 37* ; wa
irs glaubt, kompt ihr weder mit bänden noch füszen, bei
vilen baurenschritten, nit zu meiner meinuog. Garg. ii*;
man Termut oD, das sei geschehen,
und wenn roans bei dem iiecht ihut sehen,
fehlts wol umb etlich baumscbriii. Atbbr 431'.
s. bauemschuh, bauernsprung.
BAUERNSCHROT, n. homo agrestis, schrot ist grando plian-
bea, also ton grobem schrot und kom.
BAUERNSCHRÖTLEIN, n. ungeschickte, simplicianische,
grobe baurensclihjtlcin. Simpl. 1, 38.
BAUERNSCHUH, m. calceus rudis: es macht bös blut und
schwere gedanken, wenn das angeben (des gewidits) oft wol
umb ein bawrenschuch fehlet. Mathesics 155*.
BAUERNSCHWALBE, f die rauckichtcalbe.
BAUERNSENF. m. thlaspi arvense, hederich.
BAUERNSITTE, f mores agrestes.
BAUERNSOHN, m. Güthe 33, 172.
BAUERNSPRACHE, f. sermo rusticorum: ihre spracJic war
die i'fidentliciie hiesige baurensprache. Lessinc 1, 307. rer-
schieden davon bauersprache.
BAUERNSPRUNG, m. saltus qualem rustieut facil: allein
hier war noch ein groszer baurensprung dazwischen (fehlte
noch viel). Salinde 247. s. bauernscbritt.
BAUERNSTAND, m. ordo, conditio rusticorum. McsÄus 2, 149;
du sehr verachier baarensiand
bist doch der beste in dem Und. SimpL 1, 11.
1183 BAUERNSTOLZ— BAUERSCHAFT
BAUERSCHENKE — BAÜERZECHE 1 1 84
BAUERNSTOLZ, m. fastus, ferocia rusticorum : der bauern-
stolz selbst hätte sie (die recension) nicht gröber und plum-
per abfassen können. Lessinc 8, 208 ; was ist denn bauern-
stolz, wenn das nicht bauernstolz ist? 8,209; aber nichts ist
blinder in der weit, als der bauernstolz, wenn er sich ge-
kränkt glaubt. Lichtenberg 4, 273.
BAUERNSTOLZ, rustice superbus. Garg. 69*. Stieler 2178.
BAUERNSTRAUSZ, m. flores rustice serli : was das für ein
bauernstrausz ist! Gotter 3, 172.
BAUERNSTÜCK, n. gemählde, Schauspiel, das bauern dar-
stellt.
BAUERNTAG, m. dies communis: dasz es in einer Stadt
einen mittwoch, einen sonnabend und andere platten bauern-
tage gebe. J. Paul flegelj. 1, 123.
BAUERNTANZ, m. chorea agreslis: den bauerntanz auf-
streichen. Schelmufsky 1, 60.
BAUERNTAPPE, f. manus, pes rudts, bauerntatze:
sobald sie aber mich (den reichthum) erschnappen,
so gewinnens alle baurndappen. H. Sachs II. 2, 18*.
BAUERNTAUBE, f. columba domestica, kaustaube.
BAUERNTHUM, n. rusticitas, wie bürgerthum.
BAÜERNTISCH, tn. was bauernkost: sie hatten so ihren
bauerntisch, suppe und fleisch mit erdäpfeln und erbsen. der
arme mann im Tockenb. 130.
BAUERNTOCHTER, f. puella rustica.
BAUERNTÖCHTERLEIN, n.
ein baurcntöchterlein wolt gersten aufbinden,
da stachen sie die distal in die finger. Garg. 88*
BAUERNTÖLPEL, m. Klingers th. 3, 211.
BAUERNTRACHT, f. veslitus agreslis:
selbst gesponnen, selbst gemacht,
rein dabei ist bauerntracht.
BAUERNTROLL, grober bauer. s. Paracelsüs unter baret-
leinsleute, und oben ackertroll.
BAUERNVATERUNSER, n. Scheible ß.bl.m.
BAUERNVERSTAND, m. Judicium, captus rusticorum
BAUERNVIOL, f. stercus, bauernveilchen, nach der bekann-
ten neidhartischen fabel : sie {die säue) achten dessen alles
nüt, sunder da ienen (ihnen) ein bauernviol an eim zäun
ligt. Keisersb. Sünden des munds 29"; ein mor (scrofa) die
nimpt alwegen lieber ein burenviel in das maul oder in den
trüssel, weder em muscatnusz. 62*.
BAUERNVOGT, m. praefeclus rusticorum: wann du deinen
baurenvogt abschaffest. Schdppius 89.
BAÜERNVOLK, n. plebs rustica.
BAUERNWEIHRÄUCH, m. fichtenharz, womit das volk räuchert.
BAUERNWIRTSCHAFT, f.
BAUERNWIRTSHAUS, n. bauernschenke.
BAUERNWÖRTLI, n. Maaler 51*.
BAUERNZECHE, f. compotatio rustica: etliche burgcrmei-
sler und rathsherren zechen biszweilen manchen guten, dicken,
fetten baurenzech hiervon in rathskellern und dürfen eben
darumb andere, die dergleichen thun, nicht gebürlich strafen.
Chr. Andreae buszposaune M 3.
BAUERNZEHE, f. digitus pedis rustici, i. e. foelidus. Garg. 72'.
BAUERNZWANG, m. zwang gegen dienstpflichtige bauern.
BAUERORDEN, m. ordo rusticorum:
was gab der deutsche krieg für beute?
viel graren, berren, edelleute.
das deutsclie blut ist edler worden,
weil so gescbwäclit der bauerorden. Logai; 2, 3, 60.
BAUERPFERD, n. starkes ackerpferd.
BAUERPÖBEL, m. plebs rustica: der gemeine bauerpühel
im dorfe. Rarener c, 21.
BAUERSAME, f. rusticitas, hauerschaß:
ein ganzi bursamen seit, fasln. $p. 825, 27;
die bauersame des herzoglhums Lothringen wolte sich auf-
rührisch erzeigen. Stettler l, 638; nachdem sie mit gewalt
an das land gestiegen und ohne mühe die bnucrsaine ge-
schlagen, führten sie die kühnsten fort. Jon. Müller 2, 353.
BAUERSAND, m. zinngieszern der grobe sand zu den gusz-
formcn.
BAUERSCHAFT, f. rusticitas, eommunio rusticorum: ver-
manung D. M. L. an die bawerschaft. Luther 3, 108 ; welcher
adel alsbald anfleng, der paurschuft aufzusetzen und in viel
wäg zu belästigen. Stumpf 1, 327'; die berggruben sein be-
trüglich und kosten viel und mit süszer hofnung machen sie
die baurscbaft trägig. Scuuppius 720; dasz die auszendciche
vor und nach der eroberung den bauerschaften gehörten.
NiEBUHR leben Nieb. 1, 302; die kirchspiele und die bauer-
schaften, aus denen die gerichte und ämter bestanden, hat-
ten ihre bauerschaftsvorsteher und bauerrichter, im Sauer-
lande hieszen sie Vorsteher und Schöffen, denkschr. des freih.
VON Stein 31 ; die reihefolge der ländlichen gemeinden in
Westfalen ist bauerschaften, kirchspiele, kreisz, provinz. 91 ;
die nothwendigkeit der erhaltung, und wo sie nicht erhalten,
sondern zerstört sind, der Wiederherstellung der ordentlichen
bauerschaften. Arndt leben s. 318.
BAUERSCHENKE, f. caupona rustica. Weise erzn. 315.
BAUERSCHERZ, m.
doch die ibn besser kennen,
die pOcgen ibn den bauerscherz zu nennen.
J. E. SCULEGEL 2, 537.
BAUERSCHÖNE, virgo rustica:
mich selber reizte diese scene
weit weniger, als eine bauerschöne
in weiszem wamms und rock. Bürger 105'.
BAUERSCHWELLE, f. habitatio rustica: nur ein wort dan-
kes für die Zeichnung, sie ist ganz herlich, ganz wahr und
deine ganze seele in der Wahrheit, das gefühl des friedens,
der mit dir geht, an den bauerschwellen. Göthe an fr. von
Stein 1, 43.
BAUERSFRAU, f. rustica, bduerin. Uhland 712.
BAUERSKERL, m. rusticus. Zinkgr. 45, 9. Simpl. 2, 313.
BAUERSKRIEG, m. für bauernkrieg. Schuppius 367.
BAUERSLEUTE, rustici, pl. von bauersmann.
BAUERSMÄDCHEN, n. Göthe 10, 133.
BAUERSMANN, m. rusticus, colonus. Spreng //. 483'. 550':
ein ritter und ein paursman. fastn. sp. 613, 14 ;
aber ein ritter und ein pauman. Unland 336;
der trugenhaft baursman bringt mit seiner laternen und dem
süszen glockenklang die Staren zu seim netz. Wirsüng Cal. X2';
bawersmanns söhn
lasz das rösleio stöhn. Andr. Gartneri dicteria proverbialia
Francof. 1598 6i. 97';
die groszen berren hielten den armen bauersmann zur be-
dauerlichen sclaverei. Grvpuius 1, 344. Die form ist noch heule,
gleich dem pl. bauersleute, im gemeinen leben sehr verbreitet,
man darf sie von bauer domicilium leiten, so dasz sie ur-
sprünglich nicht sowol einen bauer, als einen ein wohner be-
zeichnete, in diesem sinne heiszl es z. b. im j. 1463 bei Neü-
MANN Magdeb. weisth. 59. 60: als ein gebawersman in einem
andern lande und gerichte gewandert und gegangen ist. ebenso
wäre bauersfrau mehr hausfrau als bäuerin, obsclion beide be-
griffe verschwimmen.
BAUERSPIEL, n. ein Schauspiel, in dem bauern die han-
delnden personen sind.
BAUERSPRACHE,/', colloquium, conventus civium, wiederum
die Verhandlung der einwohner, nicht der bauern. Haltaus 109.
110. Moser 1, 20. 21.
BAüERSSCHALKHEIT, f. rustici calliditas. Petr. 52*.
BAUERSTOLZ, m. lächerlicher bauerstolz, ehe eines mannet
444. s. bauernstolz.
BAUERSTOLZ, adj. das distich bei Logao 1, 4. 85 hat die
Überschrift 'auf den bauerstolzen GroUus'.
BAUERSTÜBCHEN, n.
BAUERSTUBE, f conclavc rusticum.
BAUERSVOLK, n. turba rustica: Opitz 1,104;
drauf sehr viel gelds löset er
von bauersvolk, alten und Jungen. H. Sachs II. 4, 40*.
BAUERWAGEN, ni. currus rusticorum.
BAUERWEIB, n. rustica, bäurisches weib, bauernweib mehr
das eines bauern.
BAUERWELT, f turba agreslis:
die l'rolie bauerweit
laurt ütnni die Zcros her, die einen reichen (roihon) bell
ümm das berauschte dorf. Flriing 65.
BAUERWERK, n. agricultura: das baurwerk \virl von vilen
geübt. Frank wcllb. 71'.
BAUERWESEN, n. res rustica.
BAUERWETZEL, BAUERWÄSCHEL, m. Parotitis, eine drü-
sengeschwulst an hals und ohren, engl, muinps. man sehe das
einfache wctzcl und tanewetzel.
BAIJERWIRTSCHAFT, f
BAUERWOLLE, f welche die bauern selbst scheren, tm
gegensalz zur sorgfältiger behandelten schüferwolle.
BAÜERZECHE, f. was bauernzeche: sein seligei, tröitli-
1185
BAUFACH — BAUGERIPPE
BA UGERÜSTE — BAUKER
1186
ches sacrament deuten und Terkehren in eine baweraeche.
LOTBER 8, 179'.
BAUFACH, n. architeclura, bauwesen: sich dem baufache
widmen; er ist im baufach angestellt.
BAUFÄHIG, arabilis : baufähiger acker, ager restibilis. Stik-
LEB 393.
BAUFALL, BAUGEF.lLLE für nina {mhd. gevelle, ahd. gi-
felli), kommt nicht sicher vor, desto ößer das adj. doch setzt
Stieler 419 baufall an.
BAUF.XLLIG, ruinosus, eaducus: ein bawfeliig wand, ruino-
sus partes. Dasvpodiüs 211*; ob die müle bawfeliig werde.
iceii/A. 2, 254; davon sollen sie bessern, was bawfeliig ist am
bause des herm. 2 kün. 12, 5. 22, 5. 2 chron. 34, 10 ; darauf
solch sein bawfeliig gluslin sich gründet. Luther 3, 505; wel-
cher Spruch oder gedanken auch wol kan einen haw^elligen
Christen stoszen. 4, 484'; der teufel sihet, wo du bawfeliig
und unverwaret bist, da er könne ein lücken finden. 5, 514' ;
wenn sich ergibt, dasz die erhobene klage baufällig und un-
gegründet ist ; bawfellige guter besitzen. Bocc. 2, 87 ;
mein herr, ich bin so müd und hellig,
vom schlaf worden so bawfeliig. H. Sachs III. 2, 28';
weil es so unglückhaflig geht
und all sach so bawfeliig steht. V, 223*;
der provincial und prior von Basel übten sich auch hart,
dasz sie diese bawfellige sach abtrieben. Kirchhof vendunm.
410'; in unsern bawfalligen pilgerhütlein. Garp. 64';
fürwahr die sach baufellig steht. AtrerSS";
so stehet er (gotl) hinter unser wand, hinter der wand un-
sers baufälligen leihs. Schcppiüs 261; die ausbesserungen eines
baulalligen gebäudes. Wieund 2, 227; was bleibt in fällen
des Unvermögens dem baulalligen manne übrig? Hippel ehe
5, 133; ein wolgebauter, obwol baufälliger herr von adel.
J. Paul herbslblum. 3,217; des baufälligen und ungehorsamen
kranken, teufelsp. 1, lOS. heute daßr hinfällig.
BAUF.XLLIGKEIT, f. labes, infirmitas, caducilas.
BAUFALTER, m. papilio, bei Nemmch angeführt, entstellt
aus feifalter, fifalter oder aus baumfalter?
BAUFELD, n. arvum, campus arabilis: und sihe, das baw-
feld war eine wüste und alle stedte drinnen waren zubro-
chen. Jer. 4, 26; das niemand müszig gieng, sunder all das
bawfeld und ackerwerk wider übeten. Framk tce//t. 75';
mit wisen, awen und bawfelden. H. Sachs If. 1,7';
in die dörfer und die bawfelder. lU. 3, 25';
und wir dein thal, dadurch du rinnst,
mit bawfeld zieren, dem schönsten dienst.
Fischart glückh. scitif 122 :
wir halten uns lieber in ungebawten einöden, als in statten
und bawfelden. Ziskcr. 417, 19; hundert solcher (losze) bil-
deten eine alte centurie von zweihundert jugern baufeld.
iNiebchr 2, 177; dasz nach jeder eroberung der antheil des
baufelds, welcher gemein bleiben und der welcher getheilt
werden sollte, geschieden wurden. 2, 185; dasz das gemeine
baufeld steuerpflichtig gemacht worden. 2, 370.
BAUFEST, /irmus ad aedißcandum : den grund zu sittlichen
gebäuden eben und baufest machen. Katf 2, 293.
BAUFLÖSZE. f. natis e trabibus junctis facta.
BAUFBEIHEIT, f.
BAUFHESSIG, edax aedißciorum: wo es kein baufressiges
alterthum wird beschädigen oder zu grund richten dürfen.
JüH. Riemers reime dich. s. 158.
BAUFROFLNE, f. oprra teeturae serva ad aedifieationem,
baudienste: ich hatte nur die erste hälfte eines plans ausge-
baut, die risse und baumaterialien der zweiten forderte ich
dem handlangerzufall als baufrohnen ab. J. Paul biogr. bei.
1, 13«.
BAUFUHRE, f. vectura a domino aedißeationis imperala.
BAUFÜHHER, m. bauaufseher.
BAUGEDING. n. bauding. Haltads 104. 105. «eislh. }, 180.181.
BAUGEFANGNER, m. ad opus publicum damnalus.
BAUGEIST, m. aedificandi cupiditas. Ka>t 10, 50.
BAUGELD, n.
BAUGERATHE, n. instrumenta ad aedifieationem neeessaria.
mhd. bögera;te TrisL 217, 19 von dem, was eine schwalbe zu
ihrem ne«te brauchte. Avexti^ 1533. 34* in der gewöhnlichen
bedeutung. aus grobem baugerälh, sagt Herder, ist deine
denkende natur nicht zusammen gezimmert.
BAUGERIPPE, n. eompages aedificationis, sparrwerk. J. Paci
Uesp. 1, 173.
BAUGERÜSTE, n. machina aedificationis.
BAUGEWERK, n. was bauhandwerk.
BAUGLIED, n. zierrathen sind häufig in horizontalen bau-
gliedem und streifen durch abwechselnde formen und färben
höchst anmutig auseinandergesetzt, sodann finden sich aber
auch wirklich erhabene bauglieder, gesimse und dergleichen
durch färben vermanigfaltigt und erheitert. Göthe 44, 157.
BAUHAFT, nach verschiednen bedeutungen von bau, bau-
haftes land, terra arabilis; bauhafte zeche, die des bearbei-
tens werth ist und in baulichem stände erhalten wird; bau-
hafte stelle, locus aedificaliuni commodus.
BAUH.\ND\VERK, n., das zur ausführung eines baues nüthig
ist, wie das der zimmerleute, maurer, dachdecker u. s. w.
BAUHERR, m. 1) aedificator, der bauen läszt: alle brauch-
baren menschen sollen in bezug unter einander stehen, wie
sich der bauherr nach dem architekten und dieser nach mau-
rer und Zimmermann umsieht. Göthe 23, 128.
2) aedilis, dem die aufsieht über die gebäude obliegt: bau-
herr war ich sechsmal im rath. Göthe 40, 260; die Verwal-
tung des eigenthums und der einkünfte der repubiik, als käm-
merei und bauherren. Niebuhr 2, 447.
BAUHERR.NAMT, n. aedilitas.
BAUHOF, m. chors materiae exasciandae, zimmerhof. s. beunte.
BAUHOLZ, n. materia. das bedeutete ursprünglich das ein-
fache ahd. zimpar, altn. timbr, wättrend uns heute zimmer
schon ein erbautes gemach ausdrückt, architektonik und bau-
holz für die vorrede. J. Paul Hesp. xiii ; das biographische
bauholz, das meine floszinspection für mich bald in die Elbe,
bald in die Saale, bald in die Donau oben herabwirft Tit.
1, 64; wollte ein groszer Staat nur die hälfte seines kriegs-
brennholzes zum bauholz des friedens verbrauchen, wie stän-
den die Völker ganz anders und stärker da. dämmerungen 62.
BAUJOCH, n. im bergwerk, das gebälk ßr die seitenpfäle
des ganges, dasz er nicJit ton oben einstürzen könne.
BAUKE, f tympanum, pauke und schon mhd. bei Wolfram
püke oder büke. Wh. 34, 6. 40, 3. wie aus dem ahd. woluhan
nubes, mhd. wölken n. ein nhd. wölke f wurde, entstellte sich
auch ahd. pouchan, mhd. bouchen n. in ein f. bauke oder
mit slrengahd. P pauke: ir habt in eweren zachen harpfen,
leiren, baugken, schwegeln. Frank /a5/era3. Alberes scAreibt
bauck, Irumm, tympanum, crepitaculum, pulsatur baculo, Da-
SYPODiLS 253' hörtrumme, baucke, Hexisch 209 baucke, paucke,
trumme, auch Stieler 107 noch richtig bauke, Lctber hinge-
gen paucke. das ahd. pouchan, ags. bedcen, welchen ein
golh. baukn zu entsprechen hätte, wurde schon sp. lOSO zu hake
nachgewiesen, welches mit bake ein* sein musz. hinter allen
diesen Wörtern scheint ein verschollenes biukan bauk ferire,
pulsare zu liegen, ahd. piochan poub, dem auch unser pochen
folgt; xvfiTiavov, Tvnavov erwächst gleichfalls aus tvjttco.
pouchan rar also schlag und heripouchan, nhd. heerpauke,
Signum militare, weil an den gewölbten schild gesdilagen wurde,
dasz es weit erscholl, selbst das romanische bocia, franz.
boucle. pror. bloca scheint das nachher anzuführende baukel,
die Schildwölbung, woran man schlug, und bouclier, bloquier
der schild. weiter zu gehen und nun auch ßr bauch die be-
deutung des holen, wölbigen, xoUia, venter, als erste zu setzen
und dann aus ihr die des essenden leibs zu leiten, hätte in
der that nicht wenig ßr, nur das wider sich, dasz ahd. pAh,
nicht pouh, altn. bäk, nicht bauk gesagt wurde und die Zu-
sammenstellung mit tpäyoi dennoch rücksicJit verdient, zu er-
wägen ist. dasz auch Tvnos form und gestalt ausdrückt, mehr
unter pauke, beerpauke, buckel, pauken, pochen, vgl. bock.
BAUKEL, /. tympaniolum, trommel: der best steht dir bei,
wie der hase bei der baukeln. Acricola spr. 50'; er besieht
bei den gesellen oder warheit, wie ein hase bei den hunden
oder baukeln. 238'; er steht bei der Wahrheit, wie der has
bei der pauke. Simrock 4370. die hasen sind natürliche tromm-
let und brauchen nicht erst darauf abgerichtet zu werden.
auch Fischart scltreibl noch trometen und hörpaukeien (heer ■
pauken). Garg. 200'.
BAUKEN. pulsare, lympana lundere, pauken.
BAUKE.NER, BAUKNER, m. lympanolriba, tympanista, mit
erhallnem allem .N ron bauken tympanum : wie die heeri)an-
kener mit den henden trommen schlagen, dann mit den füszea
hah ichä noch nicht gesehen. Garg. 230*. im unw. doci. 64S
steht aber truiiipeter und heerpauken, und heerpauke Idsxt
sieh auch für heerpauker nehmen, wie lanze ßr lanzentri^er.
BAUKER, m. was das vorige, heute pauker.
1187
BAUKNEGHT— BAÜLICHKEIT
BAULIEBHABER— BAUM
1188
BAÜKNECHT, m. eine unsichere benennung des knechts auf
bauerhöfen, bald meint es den groszknecht oder Pferdeknecht,
im gegensalz zum enken, bald den ackerknecht, aralor, bald
den knecht, der die baufuhren leitet, vgl. Brockes 7, 494 und
s. baumagd.
BAUKOSTEN , pl. sumtus aedißcationis aut agriculturae,
nach dem sinn von bau. in der Frankf reform. V. 8, 5. 16
sind bauwküsten die besleUungskosten, um feldgiUer in rech-
tem bau zu halten, heute verstehn wir meistens darunter den
aufwand bei erbauung von häusem, bei umbau u. s. w.
BAUKUNST, f architectura, in allen ihren anwendungen,
bürgerliche und kriegsbaukunst, wasserbaukunst, bergbaukunst
U.S.W, auch die ausgeführt sich darstellende regel: er gieng
sich im hause umzusehen, es war die reinste, schönste, wür-
digste baukunst, die er gesehen hatte. Güthe 20, 161.
BAUKÜNSTLER, m. architectus. Göthe 17, 205. 223.
BAUKÜNSTLERISCH.
BAULAND, n. terra arabilis, zum ackerbau laugend.
BAULAUSTIAN, m., ein dunkles wort, das einen zur arz-
nei diensamen pflanzenstof ausdrücken musz: so nim schif-
bech, cypressennusz, baulaustian, von der granatbiumen iegk-
liches ein quintlin. Gersdorf feldbuch der wundarzn. 35.
BAULEBUNG, f. setzt ein ahd. püleipa, büleiba {wie äleipa,
tötleipa), mhd. böleibe voraus und bedeutet die hinterlasscn-
schafl im bau, von leipa, goth. laiba reliquiae, entspricht also
den sonst üblichen benennungen baumiete, bömeda, bauleii,
biiteil und vielen andern, die für den hauptfall, sterbfall und
das bestehaupt hergebracht waren, vgl. RA. 364 ff. nd. galt
büleve, bulevinge. der herr nahm nach dem tode des hörigen
aus dessen kinterlassener habe das beste stück, gewöhnlich
pferd, rind, kleid, aber auch geringe Sachen, baulebe, bau-
iebung. HüHBERG 3, 23' und in vielen rechtsurkunden.
BAULEHM , m. zum bauen geeigneter lehm, aus dem auch
in der schmelzhülle Ofen errichtet werden.
BAULEUTE, pl. von baumann, in verschiednem sinne,
1) mhd. büman colonus, büliute coloni:
die liiite wären sälic, erde jouh vilie vil bäric,
da got selbe was püman, waj mahle da iibele wiiocheren?
fundgr. 2, 56, 5 ;
'ir bäliutc unde ir enken. Parz. 119, 2.
auch alln. bömadr rusticus, pl. bömenn. noch heute heiszen
hin und wieder die ackerbau treibenden bürger bauleute.
2) baumann für Zimmermann, faber lignarius oder maurer,
faber 7nurarius wird nicht gesagt, desto häufiger bauleute für
bauende, aedißcanles, fabrorum operae: und die bawleute Sa-
lomo und die bawleute Hiram und die Giblin hieben aus
und bereiten zu holz und steine zu bawen das haus. 1 kön.
5, 18 ; den zimmerleuten und bawleuten und meurern. 2 kön.
22, 6 ; den zimmerleuten und bawleuten. 2 chron. 34, 11 ; und
da die bawleute d^n grund legten am tempel. Esr. 3, 10 ; der
stein, den die bawleute verwerfen, ist zum eckstein worden.
ps. 118, 22 ; deine bawleut haben dich aufs allerschönste zu-
gericht. Ez. 27, 4; der stein, den die bawleute {ahd. zimba-
röntc) verworfen haben, der ist zum eckstein worden. Matth.
21, 42. Marc. 12, 10. Luc. 20, 17 {goth. stains Jsammei usvaur-
pun |)ai timrjans, sah var|) du haubida vaihstins) ;
wa der höchst nicht das haus aufbawet,
so ist der bawleut müh umbsunst. Weckherlin 283 ;
bauleute, die weder über den risz des gebäudes noch über
die materialien dazu einig werden können. Klinger 11, 59; die
bauleute noch in voller arbeit. Göthe 39, 370.
B.\ULICH, sartus tectus, wol erhalten: das haus ist in bau-
lichem zustande; wenn nur die fürslen sein könnten wie bür-
ger, wo doch einer des vaters gartenhäuser, wenn er eini-
germaszen kann, in baulichem wesen erhalt. Göthe an frau
von Stein 1, 216; wie viel es mich gekostet hat, nur ihren
reifenrock in baulichem wesen zu erhalten. Raheneh sat. 1, 113.
BAULICHKEIT, f. in einem geräumigen zimmer waren
tische, gesteile, pyrumiden und baulichkeilen errichtet, wo
jeder einzelne solche gaben fand. Göthe 13, 43; als bei so
mancherlei baulirhkeiten der Zimmermann oft von uns in an-
spruch genommen ward. 21, 21 ; ist die gemeinde anderes Sin-
nes, so steht es ihr frei verschiedene baulichkeitcn den ver-
schiedenen zwecken zu widmen. 21,123; zu aller art von bau-
lirhkeiten ist gelegenheit, ja notiiwcndigkeil vorhanden. 23,
159; ich bin der schafner, der über die baulichkeitcn gesetzt
ist. 26, 83; obschon diese baulichkeitcn aus neueren zciten
sind. 28, 199 ; ein alter thurin, nebenan wolerhaltenc neuere
baulicbkeiten. 39, 264 ;
groszer höfe raumgeiasse, rings
mit baulichkeit umgeben aller art und zweck. 41, 203.
BAULIEBHABER, m. Kunger U, 118. 149.
BAULOHN, m. merces fabrorum.
BAULUST, f. aedißcandi Studium: und so ward auch an
uns die alte bemerkung wahr, dasz gegenwart eines baumei-
stcrs baulust errege. Göthe 31, 79.
BAULUSTIG, aedificandi studio.sus.
BAUiM, m. arbor, ahd. poum, mhd. boum, alts. bom, bdm,
nnl. boom, ags. beäni, engl, beam, fries. bäm, goth. bagms,
altn. badmr, schwed. und ddn. mangelnd, der pl. lautet goth.
bagmös, alts. bömös, ags. beämas, fnes. bämar, alln. also\
badmar, ahd. poumä, mhd. boume, nhd. bäume, und schon
Luther hat bewme, Abb. von S. Clara bäumer, nnl. boomen
und auch H. Sachs setzt tadelhaft pawmen :
wäld und all pawmen werden kal. I, 376'.
Auf das etymon zeigt am natürlichsten die goth. gestalt
bagms, die zu dem vermuteten bagvan für bauan stimmt, wo-
bei in betracht kommen musz, dasz auch das lat. facere un-
mittelbar zu faber und fabricari leitet, und das ags. beam ge-
radezu trabs bedeutet, noch mehr, ein andrer ausdruck für
materies, das goth. timbr, ahd. zimpar, nhd. zimmer, altn.
timbr, schw. timmer, ddn. tömmer scheint sich zum sl. dub,
poln. dab quereres, wie zum gr. SevSqov zu fügen und man
empfienge die dem bauan parallelen Wörter zimmern und Se-
fieiv, ja das böhm.^ ström arbor, lignum musz sich mit
strogiti, russ. stroit' siruere, parare , facere genau berüh-
ren, erst aus ström entspringt dann strmeti ragen, strmy or-
duus, ragend, wie unser bäumen, sich bäumen aus bäum,
nicht darf ström aus strmeti, noch bäum aus bäumen gelei-
tet werden.
Dieser deutung, welche in bäum vorzugsweise den begrif des
hohes, lignum erblickt, kommt nun zu statten, dasz wiederum goth.
triu, altn. triu, ags. treo, sl. drjevo auszer arbor zugleich ^vXov,
holz und Zimmerholz bezeichnet und in den Zusammensetzungen
hebebaum, weberbaum, leiterbaum, mastbaum, schlagbaum, gai-
genbaum «. o. m. unter bäum ein gespaltnes, gezimmertes und
bearbeitetes holz verstanden werden musz, wie denn auch merk-
würdig der aus bohlen und bretern zusammengeschlagene sarg
todtenbaum oder blosz bäum hiesz. noch heute in Schwaben
und in der Schweiz todabaum (Stalder 1, 286. Tobler 68*. 142'),
ein kindersarg, den man unterm arm oder auf der Schulter
zum kirchhof trägt, bömmli, bei den Friesen dothholt (Ehren-
TRAüT 363'), lodtenholz. schimpf und ernst cap. 260 sagt eine
frau: gehe in den gerner (ossuarium), da stehet mein nach-
bawr in einem todtenbaum und ist gestorben, schütte in aus
dem bäum und lege dich darein, und hernach: der in dem
bäum gedachte, es were umb seine sele zu thun, und wischt
auf in dem bäum und stiesz den deckel ab und zu dem bäum
hinaus, auch hat man in allen gräbern völlige, ausgehölte
baumstämme für leichen gebraucht gefunden, die Russen nen-
nen koloda einen aus dem bäum gehaunen sarg und koloda,
altsl. klada ist buchstäblich das altn. hladi strues, unser lade,
wie man auch todtenlade für sarg sagt, was uns nochmals
zu hlada siruere, fabricari, folglich zu bauen führt.
Hiermit soll jedoch eine andere auslegung nicht abgeschnit-
ten sein, die in bäum das der erde entsprieszende und wach-
sende holz, die lebendige pflanze erkennen möchte, da wir in
bauen selbst neben der Vorstellung des wohnens und bauens
zugleich die des seins und lebcns enthalten finden, wie bauen
dem tpiieiv und tpvead'ai, so liegt auch bäum dem fvkov
und fvTOv nahverwandt utid das altn. badmr [genauer badmr,
dessen D sich zum goth. G in bagms wie schünden zu schlin-
gen, i'^Seiv zu i'pyov verhall) drückt nicht nur arbor, son-
dern auch Silva, frons arbontm und }los campi, den ganzen
vegetabilischen wachsthum der nalur aus. das eddische d
badmi vidar Sceni. 195* entspricht dem umgestellten ags. vudu-
beam, bäum des waldes und viidu, der einzelne bäum, ahd.
witu, altn. vidr geht über in den begrif des hohes und des
waldes. Seltsam, dasz das ags. und engl, beam auch noch
einen strahl des lichts {ähnlich dem halm und zweig der sprie-
szenden pflanze oder dem strahl des kamms) und eine posaune
bedeutet, aus der sich schalle gleich strahlen ergieszen. es war
ein unhaltbarer eiufall oben sp. 533 poiiumi aus oponnun ab-
zuleiten, und man deutet es sonst aus posmum ; eher liesze
sich, wenn man pario und fero = baira anschlägt, eine wirk-
liche berührung zwischen bäum und pomus annehmen, die
schon dadurch bestärkt würde, dasz pomus, poniuin aus dem
1189
BAUM— BAÜMAM
BAüMAMSCHAFT — BÄUMEN
1190
engem sinn ton malus, malum in den allgemeinen ton arbor,
. fructus übertreten, gleich dem altn. apaldr.
Diese noch mancher ausbildung fähige wie bedürftige an-
stchten werden kaum iweiftl an dem innigen zusamf^ienhang
der Kurier bäum und bauen übrig lassen, in der bibel steht
bäum zahllose mal ßr den Kachsenden und lebendigen des
feldes oder aaldes: und gott sprach, es lasse die erde auf-
gehen gras und kraut, das sich besame, und fruchtbare bewme.
1 Mos. 1, 11 ; und allerlei fruchtbare bewroe und bewme, die
sich besamen. 1, 29 ; den bawm des lebens mitten im garten.
2, 9; und der hagel schlug alles kraut auf dem felde und
zubrach alle bewine aiiT dem felde. 2Mos.9,2ä; und solam
ersten tage fruchte nemen von schonen bevnnen, palmen-
zweige und meien von dichten bewmen und bachweiden.
3 Mos. 23,40; es sei auf hohen bergen, auf bügeln oder un-
ter grünen bewmen. 5 Mos. 12, 2 ; und hat ausgerissen meine
hofhung wie einen bawm. Hiob 19, 10; es ist schon die axt
den bewmen an die wurzel gelegt, darumb welcher bawm
nicht gute fruchte bringet, wird abgehawen und ins feuer ge-
worfen. Matth. 3, 10; ich sehe menschen gehen, als sehe ich
bewme. Marc. 8, 24. sie steigern uf die böm bisz in den
tolden und fressen die bletter ab, was sie dan finden. Kei-
SEBSB. Sünden des munds 62"; das irdisch paradeis mit vil
beumen und fruchten. 12'; man spricht, den bawm sei man
beugen, weil er jung ist, wird er alt, so wil er ungebogen
sein oder brichL Lctber 6, 165' ; dann je die kerle, die dazu
tüchtig seind, nicht auf den bäumen wachsen. Kibchhof mit.
dise. 214; erklettert die bäum wie ein katz. Garg. 179*; wie
der bäum, so die frucht; der bäum genieszt seiner äpfel
nicht; krumme bdume tragen so viel obsl als die geraden;
grosze bäume geben mehr schalten als fruchte; unter altem
bäum ist gut schauern; hoher bäum fangt viel wind; es ist
dafür gesorgt, dasz die bäume nicht in den hirarael wachsen ;
es ist kein bäum, der nicht zuvor ein sträuchlein gewesen;
je höher bäum, je schwerer fall; liegt der bäum, so klaubt
jedermann holz; es fällt kein bäum auf einen hieb; es ist
nicht allen bäumen eine rinde gewachsen ; von einem groszen
walde sagt man, dasz das eichhörnchen sieben meilen über
die spitzen der bäume laufen kann. RA. 497 ;
denn ihnen erhöht war die seele
allen, sie pOanzien mit tust die munteren bäume der freiheit.
GöTue 40, 290;
wo im blauen unbegrenzet
bliihi der sonne goldner bäum. Rcceebt 40S,
tcas an die beämas, strahlen mahnt; der kühlende, rauschende
bäum des himmels, dessen bluten sonnen, dessen fruchte
weiten sind. J. Paul uns. löge 3, 103. die edda kennt einen
weltbaum.
j\ic/i/ selten, ko es der Zusammenhang verstattet, steht das
blosze bäum ßr mastbaum, sahlagbaum. Stammbaum, tod-
tenbaum u. a. m., auf dem meer ragen die hohen bäume der
schiffe,
bäum und breiter. Weckherli:« 149;
er bemühte sich, seinen bäum aufzustellen, sein geschlecht zu
verzeichnen; diese zwei und dreiszig edele anen und Ost auf
einen artigen stammen und bäum zu bringen. Fiscuart bie-
nenk. 222'. durch den bäum gelin heiszt unter dem schlag-
baum vorbei, passieren: es konnte wol als tischrede durch
den bäum gehen. Hippel 10, 125, wie mau franz. von mittel-
maszigen dingen sagt: ce vin, ce mcts, cet homme passera.
den bäum auf beiden achseln tragen gilt von einem trage-
holz, woßr schon sp. 163 belege gegeben sind.
heulend kommt der stürm geflogen,
der die flamme brausend sucht,
prasselnd In die dürre frucht •
rillt sie, in des Speichers räume,
in der Sparren dürre b.iurac. ScniLtF.R7SV
«a$ bedeutet in den weisthümem masz auf dem bäum gestri-
chen, abgestrichen, abgeschlagen; über dem liaum abgestrichen,
abgeschlagen? 2, 18». l»3. 196. tgl. baumsimmer.
BALMAGD, f die groszmagd. s. bauknechl.
BAUMA.NGEH, m. campus arboribut consilus.
BAL.MA.YN, m. coloni«.- das evangelium sagt, dieweil der
bauHTuann schleft, seet er (der teufet) den ratten (lolium)
unter den weizen. 6« Lctheb 5, 107' ; der selben staU erster
bauwmann was Canaan. Fbamü weltb. 17»'; es sei daon, dasz
der arzt die ernd der krankheil erfahren hab, als wol als
der rebman sein Weingarten oder der bawman sein acker.
Pasacelsüs 1, 598*;" oder ein bawman, der das getreid seen
solle. Brac5schweig chir. 8 j land und banmann. SiinoppiDS
559; baumann, der in der gemeinde vollberechtigte bauer:
hausleute, bauleule, erbleute, meier, anspänner. Stüve verf
der landgem. 9. für bauender, aedificans steht der sg. bau-
mann selten, doch schreibt Lohesstew himelschl. 32 :
solln wir ibm s'baumanns lob, des vaters rühm nicht gönnen ?
s. bauleute.
BALMäN.NSCHAFT, f. agrieultura: gewitters abwechselun-
gen, die in der baumannschafl schaden und nutzen geben
mögen. Hobberg 1, 102'.
BAÜMANNSHÖLE, f. am Harz. Simpl. 3, 326. Göei^ge 3,.135.
BAU.MANPFLANZLNG, f.
BAUM ARM, arboris expers: eine baumarme gegend.
BAUMART, f. genus arboris.
BAUMARTIG, arboreus: wie die heisze zone sich im gan-
zen dadurch auszeichnet, dasz alles vegetative baumartig zu
werden strebt. Hcmboldt ans. der nat. 1, 8
BAU'MAST, m. ramus arboris.
BAUMATER1.\L, n. maleria, baugerdthe.
BAUMBACH, m. rivus arbore consitus, häufiger ortsname,
BACMBART, ni. moos, das die fichte in feuchten, schaiti-
gen lagen überzieht.
BÄUMBAST, m. cortex arboris.
BAUMBEGRE.NZT : an einem kleinen bäum- und busch-
tegrenzten flusse. Göthe 31, 144.
BAUMBICKER, m. picus, weil er an die baumrinden biekend
Würmer sucht.
BACMBLATT. «. folium arboris.
BAU.MBLÜTE. /". flores arborum, tempus quo arbores florent
BAUMBRAND, m. morbus arborum.
BAUMBRUCH, m. clades, strages arborum.
BAUMBRÜCHIG.
B.ÄUMCHE.N, n. arbuscula. Göthe 12, 24.
B.AUMECHT, arboreus, ahd. poumoht : das dritte geschlecht
{des eibisches) ist ein baumechtes stäudlein. TABEB.iAEJio.Tr.
1153.
BALTIEISTER, m. gewühidieh arehileclus, dann aber auch,
wie bauherr, aedilis: da liesz ein weiser rat fürfodern die
bawmeister und obersten derselbigen pfarre. Lutheb 3, 39'.
BAUMEISTER AMT, n. aeditilas.
BAUMEISTERIN, /. archiucla. Klinge» 10, 224.
BAUMEISTERLICH: Aristoteles steht zu der weit wie ein
mann, ein baumeisterlicher. Göthe 53, 84.
BAUMEL, f. machina pendula, schaukel, von einem ter-
wachsenen wird gesagt : ich muste mich an einer in der decke
befestigten baumel mit beiden bänden anhaltend ausdehnen.
Leipz. arant. 1, 44. s. ohrenbaumel, bommel.
BAUMELN, suspensum pendere, herabhängend sieh bewegen,
gleich baumdsten: zur kappe baumelten wol sechs trodel-
chen vom schnuptuche heraus. Weise erzn. 53; wie zierlich
die güldenen spitzen auf seinem silberstück, das nun lauter
stücke war, herum gebaumelt. 232; mic4i vor und rückwärts
baumeln lassen. Leipz. avant. i, 44 ; es baumelten ihnen goldne
bänder um die achseln. C. F. Weisze; und wollüstig hinab
baumeln ihre füsze ins weinfasz. Fr. MOlleb 1, 117; lampen
mit figuren behängt, welche die absieht zu gefallen und zu
ergeUen, sobald sie schaukeln und baumeln, sogar übertref-
fen. Göthe 28, 62.
der musz baumeln I — zum prorosx, zum profosz !
das mandat ist noch kürzlich ausgegangen —
in einer stunde seh ich ihn hangen. Schillbb 326* ;
es baumeh daran ein verdorrter bandii. PrErrsL 5, 103;
seht selbst, wie stülp ich nur den hut mir auf?
soll er mir oben auf den stangen baumeln*
Tiece3, 37Ij
sie sahn am wagen baumeln
die band, die schlapp genug. Rücebrt206;
du sprichst ein wort, und baumeln musz der mohr.
Platbn 220.
5. bammeln, bummeln.
B.\CME.N, tollere se arrectum, wovon schon sp. 619. 619 un-
ter aun)äumen. gewöhnlich sich bäumen, doch steht auch in-
transitiv ohne sich: der lux bäumt, d. i. steiget auf die ho-
hen hölzer. Sebiz 569 ; der lux bäumet, so er vom hund auf
einen bäum gejaget wird, ©übel 1, 34'; das haselhuhn föJlt
zu bäum, bäumet, i, so' ; der marder bäumt von einem bäume
zum andern; das pferd bäumt oder bäumt, hebt die vorder-
füsze; beumete und legte er sich auch wider den kOni; auf.
75*
1191 BÄUMEN— BAUMFELDWIRTSGHAFT
BAUMFEST — BAUMKÄFER
1192
LüTHEBS lisckr. 418'; sie beumen und blasen sich uf als die
ötler. Luther vom bäum 114 ;
wie hoch sich der teufel aufgepaumt. Schhelzl Sau{ 3';
sie krügibten, paumpten aber sich
80 frei, 'als werens lebendig. lobspr.'9;
noch wilde kriegsgefahr,
wie grosz sie immer auch zu jener zeit schon war,
die taglich höher bäumt, der burgersmann erzehlet,
wie auf der strasze dich der landsknecht auszgeschelet.
TSCHERNING 210;
es {der bär) bäumt den schweren leib, es setzt die vordertatzen
an rind und ästen ein, so schnell als scheue katzen.
Lessing 1, 124 ;
die schönsten der rosse springen und bäumen und wiehern
bei den ziehenden her. Klopstock 10, 249;
sie bäumt mit hundertklauigen armen
dem Sturm entgegen und steht!;
hoch bäumte sich, wild schnob der rapp. Bürger;
fängt es (daspferd) an
sich brav zu bäumen. Gökingk 1, 104;
der meister jeder kunst fühlt tief, begehret heisz,
fragt nichts nach lauf der weit, sieht nur auf sich, und weisz,
dasz, wenn beim schatten selbst des jochs er sich nicht bäumte,
pedanterei und neid ihn bald zum Jastthier zäumte.
Gotter 1, 197;
den wilden kenn ich, weisz, dasz huld ihn nur erbittert,
dasz er vom joche wund, noch ungestüm sich bäumt
dem ungeheuer gleich, das an der kette schäumt. 2,324;
seine silberhaare bäumen sich. Schiller 1';
stolz, wie die rosse sich sträuben und schäumen,
werfen im stürme die mahnen umher,
königlich wider den zügel sich bäumen, ebenda;
spring an mir auf, wurm! krame vor mir deine gräszlichen
knoten aus, bäume deine wirbel zum himmel. 21l'; die
schlänge war es, die sich jeden mittag über den flusz hin-
über bäumte und in gestalt einer kühnen brücke da stand.
GöTHE 15, 229; entsprang eine starke sich viele fusz in die
höhe bäumende springwelle. 30, 297; der wurm kriecht wol,
ich auch, aber wir bäumen uns, wenn man uns auf den
schwänz tritt. 36, 64 ;
da erhub der esel den schwänz und bäumte sich springend
über den herrn, und schrie und sang und plärrte gewaltig.
40,174:
er bäumet den speer. Fr. Möller 2, 382;
der bäumet sich wild und erhitzt. 2, 379;
das meer daneben bäumet
als ein unbändig ros
zum kämpfe sich und schäumet
auf erd und himmel los. RiIckert 53;
die ganze sich hier bäumende, dort sich bückende, hier leuch-
tende, dort schattende landschaft. J. Paul Hesp. 3, 206.
Man sagt auch ein fuder heu, slroh bäumen, mit ehicm
aufgelegten heubaum fest laden:
ein wagen heu, den Veltens band
zu hoch gebäumt und schlecht bespannt,
könnt endlich von den matten pferden
nicht weiter fortgezogen werden. GellertI, 85;
die weber bäumen, wenn sie die webekelte auf den bäum zie-
hen, s. aufbäumen.
BÄUMEN, arboreus, ligneus, ahd. poumin, mhd. boumin,
alls. bömin, heule nicht mehr einfach gebraucht, nur in den
Zusammensetzungen apfelbüuineit, birnbäumcn, kirsciibäumen,
nuszbäumen, Ölbäumen, pflaumbäumcn : reichte dem könige
seine öibäumene keule. Loiienst. Arm. 2, 861; in einem von
ölbäumenem bolze gemacliten käsllein. 2, 882. dies adj. ist
in einzelnen Ortsnamen enthalten, z. b. dem bekannten Bome-
neburg, entslelU Boineburg.
BAUMENTE, f. anas arborea.
BAUMEBDE, f. erde, die sich in holen bäumen ansetzt.
BAUMEULE, f. strix aluco, cinerea, nachteule:
habiclite, samt bniimeulen. Voss Orf. 5, 66.
BAUMFALK, m. faico subbuleo, sonst auch Icrchenfalk.
BAUM FALL, m. was baumbruch.
BAUMFALLE, f. eine im wald an die bäume den mardern
und katzen gelegte falle.
BAUMFÄLLIG, was baiimbrüciiig.
BAUMFALTER, m. papilio, s. baufalter: lief gern nach den
Schrötern, maikefern und fürncmlicb den farfallischen baum-
fallern imd papilonischen butlerflirgen und pfeifholdern. Garg.
128'. mehr unter feifalter. »
BAUMFAHN, m. polypodium vulgare, s. farn.
BAUMFELDWIHTSCHAfT, f. die Vereinigung von forstbe-
trieb und ackerbau in den baumleeren Zwischenräumen des
Vttldes.
BÄUMFEST, der steht baumfest.
BAUMFLECHTE, f. liehen pulmonartus, baumlunge.
BAUMFLOH, m. podura arborea.
BAUMFÖRMIG, baumartig.
BAUMFRÄSZ, m. s. baumkrebs.
BAUM FREI, baumleer: thal welches baumfirei mitten in
öder Wildnis lag. Platen 331.
BAUMFREVEL, m. waidfrevel, gartenfrevel.
BAUMFREVLER, violator arboris, baumschdnder.
BAUMFRUCHT, f. poma, im gegensatz zur halmfrucht.
BAUMFUTTER, n. womit die Sattler den bäum des wagens
füttern.
BAUMGANG, m. allee.
BAUMGANS, /". anas bernicla.
BAUMGARTE, m. pomarium, pometum, ahd. poumgarto
(Graff 4, 25t), mhd. boumgarte (Ben. 1, 483'), nnl. boomgaard,
ein sehr häufiges, in vielen Ortsnamen wiederkehrendes wort,
dessen nom., wie bei dem einfachen garte, gewöhnlich schon
das N zuldszt {garlea = franz. jardin) baumgarten z. b. Galmy
25. GöTHE 24, 246; Saadis persianischer baumgarten, daher
nicht nur der unorganische gen. baumgartens, sondern auch
der umlautende pl. baumgärten: strasze, die sanft auf hügel
mit ofnen baumgärten und in gelbblühende gründe stieg.
J. Paul Tit. 2, 49. vgl. bangart.
BAUMGÄRTNER, m. custos pomarii.
BAUMGÄRTNEREI, f cuHura hortorum. Göthe 17, 305.
BAUMGATTUNG, f Göthe 31, 229.
BAUMGEIST, m. dryas Henisch 1445, faunus, silvanus. älter
und besser ist waldmann, hoizmann.
BAUMGELÄNDER, n. spalier an niedrigen Obstbäumen.
BAUMGERICHT, n. Judicium sub arbore habitum. am Rhein
heiszen aber die an bäumen aufgestellte dohnen oder Sprenkel
baumgericbte, von richten stellen.
BAUMGESCHMÜCKT, arboribus consitus.
BAUMGESTALT, f. figura arboris.
BAUMGIPFEL, m. cacumen arboris, baumwipfel.
BAUMGRIND, m. festanliegendes baummoos.
BAUMGRILLE, /". y.s'^d'ios, certhia familiaris, baumkletterer.
BAUMGRINDEL, m. temo aratri, s. grindel.
BAUMGRUBE, f baumloch.
BAUMHACKE, f. securis.
BAUMHÄCKEL, n. asciola: gott verordnet den unfrucht-
baren baumb umbzuhawen und zu feilen das baumhäckel
und holzhacker, dazu ist der Türk, der hat seine breite axt
und hacken schon gewetzet und angesetzet. Geo. Scherers
wundsegen J 3.
BAUMHÄCKEL, m. picus arborarius, weil der specht in
den bäum hackt, baumbicker, östr. baumhäckel. Höfer 1, 66 :
der baumheckel, der baumheckel
kaum auch hernach gelaufen. Uhland36;
griinspccht und baumhäckel, den bienenstöcken böse gaste.
HoHBERG 2, 376*. vgl. bienenwolf und specht.
BAUMHARZ, n. resina.
BAUMHEBER, m. Werkzeug, um schwere bäume aus der
erde und auf den wagen zu heben: er hob mit dem baum-
heber d. i. mit einem cisenkolbcn das hret samt den wur-
zeln, d. h. nageln auf. J. Paul Siebenk. 2, 86; der frost ist
ein baumheber für unsere wurzeln, s. baumwinde.
BAUMIIECKE, /"., bäume mit verwachsnen ästen.
BAUMHEIMCHEN, n. cicada.
BAUMHOCH, altitudine arboris insignis: baumhoher riese,
baumhohe Soldaten.
BAUMHOLDER, m. sambucus nigra.
BAUMHÖLE, f. antrum arboribus tectum:
in dumj)r(>r hnumhöl oder klufl. Voss 6, 243.
BAUMHOLZ, n. gehOlz, das zu bäumen angewachsen ist:
in diesem wnide steht viel baumholz.
BAUMHÜPFER, n«. aranea trtmcorum, eine kleine spinne an
sonnigen bäumen.
BAUMIETE, /■. bumede, burmede. S«p. 3, 73. »3/. baulebung
und RA. 384.
BÄUMIG, robustus, baumstark: ein bäumiger mann. Stal-
DER 1,148.
BAUMICHT, was baumrcht: trifolium fruticans, deutsch
bauniifhler wiesenkice. Tafiernaem. 915.
RAUMINSEL, f insula arboribus abundans: grüne liauiu-
ini>eln. Ardhinghcllo 2, 237.
BAUMKÄFER, m. scarabaeus hortieola.
1193
BAUilKAHN — BAÜMMEISZEL
BAÜMKAHN, m. eymba e eava arbore facta.
BAUMKA.NNE, f. canlharus ligneus.
BAUMKAMIG, von einem Zimmerholz, dessen ecken noch
spuren der rinde haben, nicht scharf zugehauen sind.
BAUMKELTER, /". kelter mit hölzerner spindel, die durch
einen hebebaum auf und nieder bewegt wird.
BAUMKIEN, m. taeda pinea trunci, gegenüber dem aus den
ästen der kiefer gewonnenen vogelkien.
BAUMKIRCHE, /". einzelne dörfer heiszen Baumkirchefl, weil
ihre kirchen unter hohen bäumen stehn.
BAUMKIRCHHOF, m. er kam durch das alte schlosz in
einen abgesägten baumgarten, gleichsam einen baumkirchhof.
J. Paul Tit. 2, 107.
BAUMKLETTE, f certhia familiaris, baumläufer, baumgrille
und mit vielen ähnlichen namen, franz. grimpereau, ein rasch
an den bäumen auflaufendes vüglein.
BAUMKLETTERLE, BAUMKLETTERLEIN, n. dasselbe.
Schwenkfeld theriotropheum Silesiae p. 347. Hohberg 2, 68S'.
BAUMKLIMMER, m. qui sursum in arborem nititur, von
vierfüszigen thieren, welche aufklettern können, z. b. der katze und
auch dem baren, mhd. welj sint nü die rehte boumklimmer?
e; gieng ze einem male ein katze und ein fuhs mittenander
über ein velt. du sprach der fuhs : ver katze, waj konnent
ir? diu katze sprach: ich kap boume klimmen, myst. 293;
ich spring hinan die beum und mauren. froschmeuseter i8'.
s. baumreiter.
BAUMKLÜMPE, m. glomeratio arborum, besser als baum-
gruppe, nach dem franz. groupe d"arbres: ein verstrickter
wald von baumklumpen. J. Pacl Tit. 2, lOS ; worin baumklum-
pen die schiffe vorstellten, flegelj. 1, 53.
BAUM KOHL, f?i. brassica arborea.
BAUMKRÄTZE, f liehen, was baumgrind.
BAUMKREBS, m. morbus arborum, auch baumfrasz, ge-
schuür ähnlich, eiternd, nur durch eisen oder feuer heilbar.
BAUMKRIECHER, m. certhia.
BAUMKRONE, f die zerstörte Symmetrie maDcher baam-
krone. Göthe 17, 304.
BAUMKRÜPPEL, m. arbor debilis, mutila.
BAUMKUBEL, m. ein starkes, reifbeschlagnes gefäsz zum
einsetzen der bäume.
BAUMKUCHEN, m. ein feines gebäek, Stangenkuchen.
BAUMLAND, n. arboretum: niemand darf vom gemeinland an
bau- und baumland mehr als 500 jugera besitzen. Niebdhr 3, 15.
BAUMLANG, valde procerus: ein baumlanger kerl;
du erosz, grader baumlanger mann,
wo hast du das klein näslein gnommen ? H. Sachs V, 365V
BAUM LAUB, n. folia arboris.
RAU.MLAUBE, f umbraculum, was schon das einfache hxxhe.
BAUMLÄUFER, m. certhia, bei Stalder baumläuferli, bei
Küfer baumlauferl.
BAUMLAUS, f aphis.
BAUMLEER, baumlos, baumfrei: eine baumleere grasQur.
Humboldt ans. dernat. 1, 259.
BAUMLEIBIG, von pferden. Hermes Soph. reise 6, 233.
BAUMLEIN, n. arbuscula: dann so hast da das beomlin
gezweigt {gereiscrt). Keisersb. Sünden des mundes 63'.
BAUMLEI.N, n. linum arboreum.
BAUMLEITER, f leiter mit einer stütze an der rückseite,
so dasz sie auch unangelehnl steht.
BAUMLERCHE, /". alauda arborea, heidlerche.
BAUMLOCH, n. zum anpflanzen eines baums.
RAUMLOS, baumleer: von baumlosen ufern begrenzt. Hc»-
BOLDT ans. der nat. l, 259.
BAUMLUNGE, /". liehen pulmonarius, baumflechte, lungen-
kraul.
BAUMMARDER, m. mustela martes.
BAU.MMARK, n. medulla arboris: liebe ist das baummark
des lebens, das alle jungen herzen haben. J. Pacl komet 1, 70.
BAUM.MAST, f. eichein und bucheckem zur mast der Schweine.
BAUM.MEISE, f panu, ein munteres vöglcin, das vormals
in bcsonierem ansehen stand {rechtsalterth. 647), doch ist es,
bei den schwankenden benennungen, schwer die bestimmte art
herauszufinden, weislh. I, 465 heiizt es baummeise, 1, 499 ber-
raeise, 1, 535 kolmeise, 2, 153 sterzmeise, anderwärts aber ban-
meise. Neulich gibt für den partis caudatus, die sterzmeise,
zagelmeise auch den namen backofendrescber, was zu bach-
ofentrescherlein Garg. 41" von einem xwerg stimmt.
BAÜMMEISZEL, m. zum abstosxen unnützer Utte.
BAÜ5IMESSER — BAU3ISCH0RER 1194
BAÜMMESSER, n. zum beschneiden der bäume, hippe der
obstgärtner.
BAUMMOOS, n. muscus arboreus. bei Maaler 51' baum-
miesz.
BAUMNACHTIGALL, f molacilla modularis.
BAUMNUSZ, /". juglans regia: als er ein welsche oder
baumnusz funden. Kirchhof wendunm. 129*.
BAUMOBST, n. gegenüber dem an Sträuchen wachsenden:
Weinreben werden auch bäum genant in irem geschlechte
{bei den mönchen), davon sie im herbst und durchs jar vil
guts weins samelen, nusz, mandeln, centnerfeigen, ist als
bauraops. dialogus von den vier grüsten beschwerdnüsz eins
ieglichen pfarrers. o. j. u. o. bl. 8.
BAUMOL, n. olivum, oleum, engl, olive oil, nnl. boomolle,
schw. bomolja: es ist kein besser ding darzu (für den scor-
pionsbisz), dan dasz man den scorpion daruf zereib mit
baumül. Keisersb. Sünden des munds 67'; darumb hat man
ampelen in den heusern, in denen ist baumöl. 68*; gesto-
szen lauter bawmöle zu Hechten. 3 Mos. 24, 2.
BAUMÖLEN, oleo inungere, verberare, streichen, schmieren,
abschmieren, ausschmieren : da ich nun nachgehends den gu-
ten ehrlichen pater so nannte, ward er ausgelacht, ich aber
vor einen bösen schalkhaftigen narren gehalten und seinet-
wegen gebaumölt. Simpl. 1, 1S7. vgl. ölen und baumspind.
BAUMPAPPEL, f malva arborea.
BAUMPFAHL, m. zum anbinden junger bäume.
BAÜMPFEIFE, /■. jttnjCT-ci/ronen- oder pomeranzenzweig zum
ableger.
BAÜMPFLANZER, m.
BAUMPFLÄNZLING, m.
BAUMPFLANZÜNG, f.
BAUMPFLASTER, n. zum schmieren der baumwunden.
BAUMPICKER, s. baumbicker.
BAUM PILZ. m. pilz auf faulenden bäumen wachsend.
BAUMRÄUDE, f baumgrind, krankheit der bäume
BAUMREBE, f pflanze, die sich an bäumen rankend auf-
schlingt und durch die zweige streckt.
BAüMREICH, gegensatz von baumarm.
BAUMREIHE, f ordo arborum continuus.
BAUMREITER, m. gilt vom specht und von der wilden katze,
s. baumhäckel, baumklimmer. Maaler 51' baumrüter, catus
silvestris.
BAUMRINDE, /". die härtere, äuszere rinde, unter welcher
sich noch der zartere hast befindet.
BAÜMROSE, f vibumum obulus.
BAUMRÜTHE, f ein dünner, in die fuge des weberbaums
passender slab, woran sich die kette festigt.
BAÜMRUTSCHER, m. certhia familiaris, baumreiter.
BAÜMSAFT, m. suceus arborum.
BAUMSÄGE, f. zum absägen unnützer äste.
BAUMSALBE, f. baumpflaster, baumwachs.
BAUMSAUGER. m. planta parasita, Schmarotzerpflanze.
BAUMSCHÄNDER, m. violalor arboris, baumfrexler, baum-
scheler ; erlitt in unserer vorzeit grausame strafe. RA. 519;
baumschänder kanonischer haine. J. Padl flegelj. 1, 30; ein
adelicher baumschänder vom hof, der den waidfrevel an der
kleinblätterigen verübte, bestach sie, dasz sie nur auf einen
durchpassierten literatus, namens anonymus, bekannte, kom.
anh. zu Tit. 1, 9.
BAÜMSCHÄNDEREI, /". welche moralische barbarismen und
baumschändereien der menschheit hat niclit schon das wis-
senschaftliche licht endlich fortgescheucht? i. Paul friedens-
pr. 46.
BAUMSCHATTE, m. so noch bei Stiele« 179S.
BAUMSCHEIBE, f am weberbaum zum aufwinden des zeugs.
B.\ÜMSCHELKR, m. decorticator arboris, baumschänder.
BAUMSCHERE, f forfex arboraria.
BAUMSCHIMMEL, m. byssus lactea, die rinde weiszlich
überziehend.
BAUMSCHLAG, m. frondes arborum diversarum pietae : die
wechselnde gestalt und eigenthumlichkeit des baumschlags.
BAUMSCHLIESZER, m., der den hafeneingang mit einem
schlaijbaum schlieszt.
BAUMSCHMALZ, n. was baumspind.
BAUMSCHNECKE, f helix nemoralis.
BAUMSCHNEPFE, f. upupa epops.
BAUMSCHNITT, m. putatio arborum.
BAUMSCHORER, m. arhorator, gdrtner, MaaleböI*.
1195 BAUMSCHRÖTER— BAUMSTÜCKER
BAUMSTUMPF — BAUNZEN
1196
BAUMSCHRÖTER, m. lucanus cervus, der grosze Schröter,
Hirschkäfer.
BAUMSCHULE , f. seminarium, plantarium, franz. pepi-
riere, ein hübsches wort, aber noch nicht bei Dasypodius,
Maaler, Henisch, zuerst bei Stieler 1721. Frisch 13'; nnl.
boomschool , dän. bomskole, träskole ; poln. szkilka (das
schülchen), bühm. skolka, stromovvä skola. Dasypodius 221'
sagt zweiggrube, setzlingrube, Stieler 2042 baumgesetze. die-
sen platz zu einer rechten baumscliule machen, weslph. Ro-
binson 220 ; die geliebte wiege und baumschule seiner schö-
nen ynd dreitägigen zukunft. J. Paul Hesp. 3, 185 ; die andere
weit ist keine gleichgestellte allee und Orangerie, sondern die
baumschule unserer hiesigen samenschule. 4, 125; Fichtens
Vorschlag in einer normalschule die baumschule eines neuen
Deutschlands zu pflanzen, dämmerungen 85 ; Eduard hatte in
seiner baumschule die schönste stunde eines aprilnachmittags
zugebracht. Göthe 17, 3. s. schule.
BAUMSCHWALBE, f. muscicapa, ßiegenschnepfer, üstr. baum-
schwalberl.
BAUMSCHWAMM, m. panus, baumpilz, bei Maaler 51' baum-
schwumm. s. baumstaubschwamm.
BAUMSCHWARTE, f. cortex, baumrinde.
BAUMSEIDE, f. ein gewebtes zeug.
BAUMSEULE, f. stipes arboris: Maientlral mit seinen zer-
streuten baumsäulen und grauen quadern. J. Paul Hesp. 1, 241.
BAUMSIMMER, n. da braucht man ein simmer, genant
das baumsimmer, das soll man uf den reienfusz stellen, da
forne soll es überlaufen und binden soll man den boden se-
hen, des tun sechs simmer ein malter. weisth. 2, 209. vgl.
auf dem bäum streichen unter bäum.
BAUMSPALTE, f. rima arboris: Milo mit beiden bänden
in einer baumspalte gefangen. Göthe 38, 50.
BAUMSPECHT, m. picus, spechl, baumhdckel.
BAUMSPERLING, m. fringilla monlana.
BAUMSPILLE, f. arboris cacumen. Stieler 2089.
BAUMSPIND, m. pinguedo arboris = verber : jedoch zalten
sie es ihnen nach gemeinem, gebräuchlichem anschlag mit trei
(drei) rückkürben baumspint und hundert schönen keisers-
pergischen ausgeschossenen rebstöcken aus dem Markirchen-
thal, sambt dem uberblibenen past. Garg. 198'.
BAUMSPINNE, f. was baumhüpfer.
BAUMSPRINGER, m. was baumklimmer.
BAUMSTAKE, m. truncus arboris: des reitens müde stieg
ich endlich ab und band mein pferd an eine art von spitzem
baumstaken, der über dem schnee hervor ragte. Münchhau-
sens reisen s. 19.
BAUMSTAMM, m. stipes arboris.
BAUMSTARK, robustus: ein groszer baumstarker munch.
Wickram roUw. 99' {ed^mulh. 182'); ein groszer baumstarker
mühlpursche. Felsenb. 2, 364 ; ein baumstarker kerl. colica 210 ;
baumstarke kerls. der arme mann im Tockenb. 303. von Sa-
chen: ein baumstarker glaube. Felsenb. i vorr. ; baumstarker
reif, der arme mann im Tockenb. 29.
BAUMSTÄRKE, f. unserer rüstigen und tüchtigen spräche
ihre alte baumstarke wiedergeben. Herder 1, 34.
BAUMSTEIGER, m. wie baumklimmer.
BAUMSTEIN, m. dendrites, stein mit pflanzenarliger Zeichnung.
BAUMSTILL, mäuschenstill, wie ein stein : aber jetzo schwie-
gen sie miteinander auf einmal baumstill. Happels academi-
tcher roman. Ulm 1690 s. 30.
BAUMSTÜCK, m. truncus arboris, dann aber auch ein bie-
nenstock im klotz, was man sonst beute nennt.
BAUMSTCCK, n. arboretum, nach den beiden folgenden Wör-
tern, sollte man meinen, ein ort, wo die bäume künstlich zu-
geschnitten sind, doch versieht man nichts als obstbaumgarten :
ich sitze oft auf den Obstbäumen in Lottens baumstück mit
dem obstbrccher, der langen stange, und hole die birnen aus
dem gipfeL Göthe 16, 79 ; eilig beschäftigten sich die kin-
der, den kleinen bausgarten und die wirlhlichc laube ver-
lassend, in dem angrenzenden baumstUck ein gcschäft zu
verrichten. 22, 193; nuszbäume zeigen sich wieder, schöne
wiesen und baumstücke. 43, 148 ; man übersiebt alle wiesen
und baumstücke. 43, 188 ; wo herumgestrichen diesen ganzen
langen nachmittag, herr bruder Liederlich? das baumslück
hat gewartet. — und ich im baumstück, bin fast drüber er-
froren. Fr. MtJi.LER 1, 289. mhd. sagte man schöner boumwist.
BAUMSTÜCKEN, frondare, pularc. Maalkh 51'.
BAUMSTÜCKER, n. frondator, pulator.
BAUMSTUMPF, m. truncus arboris:
und über fels und baumstumpf
gieng die fahrt durch ungebahnte wildnis. Platen323';
der könig stürzte auf einen spitzigen baumstumpf. Dablmann
dän. gesch. 1, 126.
BAUMSTURZ, BAUMSTÜRZEL, m. das vorige.
BAUMSTÜTZE^ f. statumen arboris.
BAUMTHAL, n. vallis arboribus consila.
BAUMTHIER, n. die katze beweist noch immer durch ihre lust
in die bäume zu laufen, dasz sie von einem baumthiere stammt,
BAUMTROCKNIS, /. loca in arboribus emortua, exarida:
abermals schöner Wasserfall, etwas baumtrocknis. Göthe 43,
192 ; dann las der «bersecretär Luigis Stammtafel ab und be-
leuchtete den holen Stammbaum samt seiner baumtrocknis
und dem letzten blaszgrünen ästchen. J. Paul Tit. 2, 98. die
försler nen7ien so den baumfrasz oder wurmfrasz, welchen der
fichtcnbohrer, piniperda, oder der schwarze wurm, dermestes, in
groszen baumstrecken verursacht.
BAUMTROPFLE, f. aegopodium podagraria, sonst geiszfiisz.
Stalder 1, 148.
RAUMTRUMM, n. stipes, truncus arboris : alte baumtrümme.
Immermanns Münchhausen 412.
BAUMUMSCHATTET.
BAUMWACHS, n. ceratum arborarium, baumpftaster, beim
propfen und für krankheiten der bäume.
BAUMWAND, f die fremde phantasie musz nicht erst müh-
sam, wie auf einer bühne, felsen- und baumwände an ein-
ander zu schieben brauchen. J. Paul aeslh. 2, 170.
BAUMWANZE, f. aphis, baumlaus, eine art blattläuse.
BAUMWART, «i. custos horti, s. bangart.
BAUMWÄRTER, m. dasselbe.
BAUMWEIDE, f. salix alba.
BAUMWEISZVOGEL, m. papilio crataegi.
BAUMWERK, n. ramalia arida : vögel, die nahrung für ihre
jungen oder baumwerk für das nest suchten. Tieck nov. kr.
4, 262. die mahler nennen in ihren bildern das baumwerk
die darslcllung der bäume und gesträuche. s. buschwerk.
BAUMWERMUT, m. eine art wermut, die hohe büsche treibt.
BÄUMWIESE, f. man sieht über die reichen baumwiesen
in eine heitere ferne. Göthe 17, 4.
BAUMWINDE, f. 1) hedera helix, schon in älteren vocabu-
larien boumwinde, bomwinde. 2) was baumheber, Werkzeug
zum aufwinden der bäume beim versetzen.
BAUMWIPFEL, m. cacumen arboris, baumgipfel.
BAUMWOLLE, f. lana arborea, erioxylon, gossipium, bei
Dasypodius 88'. 301' bauwol, wie noch heute alemannisch ba-
wele, bauwele, bei Stalder l, 146 bauele, bei Maaler 51' baum-
Vol ; und solche leute soll man dazu mit baumwollen an-
greifen (zart behandeln). Luthers br. 4, 241; also das junge
mägdlin Rusticho gar oft zu dem gottesdienst lüde und die
baumwoU aus der Joppen zohe (si la bambagia del farsetto
tratta gli avea). Bocc. 1, 197".
RAUMWOLLEN, gossipinus, 6et Dasypodius nocA bauvrüllin :
baumwollene strumpfe.
BAUMWOLLENGARN, n.
BAUMWOLLENSTAUDE, f.
BAUMWOLLENWAARE, f.
RAUMWOLLENWEBEREI, f.
BAUMWOLLENWEIDE, f. salix pentandra.
BAUMWOLLENZEUG, n.
BAUMWUCHS, m. die wundersame Üppigkeit ihres baiun-
wuchses. Humboldt ans. der nat. 1, 325 ; nun erschien erst die
herlichkeit des baumwuchses sowol an höhe als breite auf
dem gereinigten boden. Göthe 17, 153.
BAUMWUCHT, f. was baumheber, baumwinde.
RAUMWUHZ, /■. polypodium, engelsüsz.
BAUMZUCHT, f. arborum cultus.
BAUMZWEIG, m. ramus arboris.
BAUNAHR, m. aedißcalioni nimium deditus. Stieler 1329.
BAUNE, f. der name eines niedcrhessischen flusses und or-
tes, früher Bune, sei hier aufgeführt, weil er gleich dem da-
von verschiednen Hrtnaha in den trad. fuld. mit dem altn. buna
{vielleicht liftna) scaturigo, und dem ags. böne poculum zu-
sammen hängen könnte, ans lat. fons fontis darf kaum ge-
dacht werden.
BAUNZEN, pl. intestina: als sie (des Gargantua muller) zu
viel baunzen gegessen hct, baunzen sind feiszte mngendarm
von barrenrindern (krippenvieh, mastvieh). Garg. 79 , in der
1197
BAUORDNUNG— BAUS
BAUSACHE— BAUSCH
1198
Tvbrik des eapileU heiszt es: wie sie ein groszen wüst kut-
lela frasz; baunzendärm {so lies), würstbunzen. 81'; frische
notelpaunzen {mit nudeln gepillt). 197', vgl. notelpaunzner 193'.
dies baunzen musz gleichviel sein mit bantschen, banschen
sp. 1119. ScHMELLER 1, 289 hat panz, ponz, punz im sinne von
fast d. i. bauch.
BAUORDNUNG, f. formula aedifieandi, bauplan.
B.\UPLäTZ, m. area, besser bausteile, baugrund.
BAUPK.\CHT, f. luxus aedificationis.
BAUPKEDIGER, m. der baugefangnen predigt.
BAURACH, n. nitrum.
BAURATH, m. aedilis.
BAURECHNUNG, f.
BAURECHT. «. agricuUnra. ühlaüd 337.
BAUREDNER, m. orator aedificationis, der vom giebel des
fertigen gebdudes redende limmermann odermaurer: ein bau-
redner auf dem satteldache eines neuen hauses besprach dro-
ben die künftige feuersbrunst. J. Pacl Tit. 1, 170.
BAURE.N, in der Zusammensetzung die alle, untadelhafle
form statt des heutigen bauern, wovon oben schon genug bei-
spiele angegeben sind, hier noch einige nachgeholt werden sollen.
BAURENKÖSTE, f bauemschmaus :
mich dünkt, ich seh euch schon, ihr angenehmen gaste,
wie ihr gefahren kommt zu einer baurenköste.
CiMiz 120.
BACRENTROLL, m. ruslicus: wenn es eira fränkischen
reuter begegnete, so sprach man, er wer ein bawrentroll, und
ihr sind baretlinsleut, und sind noch dolpischer. Paracelscs
chir. sehr. 263'.
BAURENZAPFE, m. rusticus: solches recht zu erkennen
leret dich der gebrauch und geschicklichkeit, darumb ich wol
reden darf, dasz die baurenzapfen und ein jeglicher püffel
sich nicht soll solcher händel understehen. Paracelscs chir.
sehr. 344*.
BACRGALREDE, /". bauerndreck, von galrede, mhd. galreide,
galrei, gallert (Bes. 1, 460") : gleich als wenn das hochgelerte
und durcLIeufhtige, weise vieh, die sewe, auf irem reichslage
beschlössen, wir sewe gebieten, das nieman halten sol, das
musealen edle würz sei, was sie aber sei, das wissen wir
nicht, wir halten aber etliche, es seien trester, etliche es
seien kielen, etliche es seien kolbletter, etliche es seien die
köstlichen baurgalreden unter den zeunen. Luther 5, 297*.
BÄURISCH, was bäuerisch: die nechst beurische aufrur
{der neuliche bauemaufruhr). Frask wellb. 45*; ein fromb,
einfeltig. ungelehrt, beuwrisch volk. Kirchhof wendunm. 40l'.
BÄURISCHHEIT, f. ruslicitas: aber durch sein grobheit
und bewrischheit, denn er war ein bawr, ist er entschuldiget.
seh. und ernst cap. 123. *. bäuerischheit sp. 1179.
BAURISZ, m. species operis : die gethane zusage eines neuen
und ausgearbeiteten baurisses. Göthe 26, 32 ; die runzeln des
lebens sind nur kleine linien aus dem ungeheuren baunsz
den der weltgeist zieht, unbekümmert welche Stirnen seine
glückslinie schmerzhaft durchschneide? J. Pacl Tit. 4, 173; das
ist der baurisz meiner fabel. holzschn. 10, 92 ; die himm-
lische zeit der ersten baurisse der luftschlösser für die Zu-
kunft, herbstbl. 3, 1.
BAUS, f. abundantia, tumor, infialio, ein zu bausch ge-
höriges und wol daraus enlslellles wort, das fast nur in adver-
bialer redensarl vorkommt und fehlerhaß bausz (icie hausz,
grausz ßr haus, graus) geschrieben wird, vgl. bause und bau-
, sen. nach der baus bedeutet copiose, ubertim, in fülle: den
{mOnchen vom orden der willigen armut) trug man zu nach
der baus. Fra:(k c/iron. 479';
so woll wir beid schlemmen und demmen,
den wein nach der baus zu uns nemen.
H. Sachs III. 2, ISS*;
gell aurgenommen nach der baus. 111. 3, 72';
sie zechten redlich nach der baus
und läneo alle gläser aus. Spre.ig lt. 14S';
wer es darmit Berichtet aus,
wir konien beide nach der baus
einander wol den hoben buuen. 465';
die wirt tragen den bauren den wein und hier nach der pau«
auf, beiten und borgen ihnen. Albertiss Cujman 465; andere
haben den wein mit kübeln und anderm geschirr nach der
baus ausgetragen und verschlembt. Reinbards Werlheim gegen
Würzburg 161S *. 245 ;
er ging für eines wirtes haus,
da saszen spiler in der baus,
die ganze nacht hatten sies triben.
i, HitiwKAj fiuchtpigtl 1974 f. 31.
In folgender stelle begegnet noch die ursprUngliche bedeutung
tumor: heilet die dicken roten geschwerlin oder bansen des
haupts. Taberxaemostancs s. 677, doch läszt sieJi nicht mit
Sicherheit auf einen sg. baus schlieszen, er könnte auch bause
lauten, ganz etwas anders war das mhd. fds = patua.
üelbl. 1, 617.
BAUSACHE, f materies. mhd. büsache. Trist. 217, 16.
BJ^USAND, m. sabulum aedificando aptum, grober sand:
so hets auch kaikstein und bausand. Atrer 121*.
BÄÜSBACKE, m. bucco, eui genae tument, einige schreiben
pausback oder gar pfausback : ein pfauszback, der aufgeblaszne
backen hat. Dasypodics S/rasafr. 1537. 20'; ein pfauszback, der
aufgeblasne packen hat Joa. Serrancs diction. latinogerm. Sümb.
1539 cö'; pfausz, bauszbacken aufgeblasene backen, buccae
inßatae, tumidae. Hemsch 1616. bl. 167 ; der grosz bauszbacken
hat, pfeifersbacken oder groszmaul, bucco. ebenda; in Rol-
lenhagess froschmeuseler ist bausback {gen. hausbacken) da«
gr. fvaiyva&oi; geh fort triefäugige pausbackel Hermes
Soph. reise 3, 661, in der letzten stelle ist es weiblich gebraucht,
der mann redet seine frau so an. s. hausen.
BAUSBÄCKIG, gena tumidus, turgidus: bausl^ckige engel;
ein bausbäckiger knabe, mit derben, gesunden wangen;
doch mein ursobn hat zwölf pausbackige kinder.
Plate!« 252.
B.\USCH, pl. bausche, mhd. bftsch, pl. biusche (Bek. 1,
2S5') tumor, wulst, geschwulst.
1) schwellender schlag, beule, idus, mhd.
Bichart von Engelianden
sluoc im da starke biusche. tumei von N. 131 ;
da? ir dem kinde hat gegeben
als ungevüege biusche". Otto hart 137.
2) wulst des satteis, torus, sinus sellae:
da? ich im von dem satel dan
, reit büsch und ouch den siegereif, frauend. 270, 17.
noch heute nennen die sattler solche erhöhungen bSasche, vgl.
baner des salteis sp. 1117.
3) ausgestopfter wulst, den kinder beim gehenlernen tragen,
umbella, fallhut, hauptring von lach oder stroh, den frauen,
wenn sie körbe tragen, aufs haupt legen, cestieillus; überhaupt
ein weich und naehgibig gestopftes kissen: wann er auf den
ars ful, so schads im nichts an» köpf, das macht die kinder-
pauschen waren wol gestopft. Garg. 120'. heute in Schwaben
bausch und baust. Schmid 51. bausch machen, falten werfen.
4) zusammengelegte leinwand auf wunden oder geienke, com-
presse, penicillus: bausch oder beuschle, das die wundarzet
oben auf das zügli legend, wenn sie einen verbindend, sple-
nium. Maaler 51' ; langlechter bausch den man überlegt. He-
NiscH 224 ; lasse solche fasen auf der wunden ligen, lege einen
dicken leininen bausch darüber und binde die wunde wol zu*
Wlrtz practica 89. 117; durch erfahrung nicht so viel lernen,
wie man einen bausch binden oder ein gebund machen solle.
gespenst 116.
5) bausch, schöpf dolde des baums und der blume, um-
bella: bäum mit rundem bausch, arbor in orbem comala;
bausch, kröne des gewächses. He.msch 224; bausch biumen,
umbella florum. Stei.nbacb 1, 79. vgl. buscb, büschel.
6) gebund Stroh, Corona facta convoluio Stramine, drei bausche
Stroh, ein bausch stroh, auf dem Westerwald, in der WeUerau
eine schütte, ein gebund stroh.
7) bei grenzen heiszt bausch die auswärts, böge die ein-
wärts gehende fläche, bausch das scltwellende, böge das ein-
biegende, daher die redcnsart in bausch und bogen, eins ge-
gen das andere, im ganzen, in folle genommen; etwas in
bausch und bogen kaufen, arersione emere, so dasz was auf
der einen seile abgeht die andere wieder einbringt (»id. im
rämter, im ramp, im nimmel, im rumpslump, in der mse
kopen): diese unvollkommenheit besteht darin, dasz die
menschliche gerechtigkeit, wenq strafen und belohnungen col-
ludieren, nicht anders als durch die wenigere bestrafung be-
lohnen und durch die wenigere belohnung bestrafen kann,
mit einem worte, dasz sie in dergleichen fallen, wie der aus-
druck ist, in bausch und bogen bestrafen und belohnen
musz. Lessi^ic », 172 ; handelten darüber im bausch und bo-
geu. Moser l, 389;
nehmt nur mein leben hin, in bausch
und bogen wie ichs führe,
andre verschlafen ihren rausch,
meiner steht auf dem papiere. Götue 4, 330;
weil man alles nur zu gunsten der newtonischen lehre ia
bausch und bogen genommen hat. 54, 46 ;
1199
BAÜSCHADE — BAÜSELIG
BAUSEN—BAUSIMIG
1200
zusammen läszt sich mancher drängen,
ihn aber steckt man gern in bausch und bogen ein.
Platen 61f
8) bausch, gleich dem vorausgehenden baus, compolatio, cra-
pula: wohin denn nun mit so manchem vollsauf, welcher
also im dicksten rausch und bausch den geist aufgibet. Simpl.
1, 102. ;. bauschen.
BAÜSCHADE, m. viliutn in leclo: ausbesserung eines gro-
szen gefahrlichen bauschadens am dachstuhl des kölnischen
doms. GöTHE 39, 366.
BAUSCHE, m. was bausch, die schwache form statt der
starken: ein bauschen stroh. fama fratrum {der rosenkreuzer)
101, heute in Schwaben, am Rhein ein bösen ; panschen an
den ermelin. Garg. 136'; kinderpauschen (s. bausch 3). in
Baiern ist der bauschen ein reiserbündel. Schmeller 1, 213.
BAÜSCHCHEN, n. penicillus, auf wunden zu legen.
BAUSCHECHT, turgidus: auch must es (das kleid) pfau-
secht, bauschecht sein zwischen den schnitten, das der blau
damast und taffat heraus boschete. Garg. 114*, in merkwür-
diger häufung der formen pfausecht und bauschecht. s. bau-
schen und hausen.
BÄUSCHEL, «. exta, das gesamte obere eingeweide eines
geschlachteten thiers, herz, lunge, milz und lebet. Höfer 1, 67.
in Baiem bäuschlein. Schm. l, 213. bergmännisch aber ist
bausche! ein schwerer hammer, mit dem die wände der gruben
zerschlagen werden, s. bauschen 1. Garg. 83' scheint peuschel
ein bauschiges trinkgefäss.
BAÜSCHELN, ungeschickt zusammenlegen. Schmid schwäb.
wb. 51.
BAUSCHEN, in doppeltem sinne,
1) transitiv ferire, schlagen, schwellen machen, bair.. zu-
sammenschlagen, legen. Schmeller I, 213; ausbauschen, ab-
dreschen, prügeln. 1, 214. Schmid 51. Höfer 1, 67 ; mhd. biuschen
oder biuschen :
mit siegen er in biuste: viuste. Lanz. 1927;
von nitlichen sporslegen
begundens d'ors biuschen: riuschen. 2545,
in der ersten stelle steht biuste /". biuschte, böschte, in der
andern würde besser gelesen böschen : röschen, nhd. bauschen :
ein spilmann, der die speis und trank
nicht annimpt zu verniig und dank,
sondern wil gelt, schilt, kleider han,
dem gschicht auch kein unrecht daran,
ob man ihn schlägt und bauschet frei.
I'HILANDER 1, 381 (383).
hierzu stimmt bausch 1, iclus, zwischen bauschen und dem
oben unter bauke gemutmaszten piochan, püchan tundcrc blickt
aber deutliche verwandtschaß durch, büschen könnte aus hu-
chisün hervorgegangen sein, und sich weiter auch mit beule
berühren, östr. stroh oder heu bauschen, übereinander rol-
len ; der salat läszt sich bauschen, beim essen über die gabel
rollen; seinen gegner bauschen, im ringen überwinden, s. her-
nach bausen.
2) intransitiv tumere, turgere: das polster, der ermcl bauscht;
als sie vorüber schritt, bauschte ihr gewand ; das hemd stark
bauschend; ich arbeitete mich in meinem bauschenden nacht-
mantel den stamm hinan. J. Paul paling. 1, 66. s. aufbauschen.
BAUSCHIG, was bauschecht.
BAUSCHKAUF, m. emtio per aversionem.
BÄUSCHLEIN, n. penicillus: ein lager mit untergelegten
panschlein. Ett.ners hebamme 357; nachdem nehme ich das
kind, lege es auf die windeln, setze ihm das leinene hüub-
lein mit dem bäuschlein aufs köpflein. 814. in Baiern wulsl
und eompresse. Schmeller 1, 213.
BAUSCHREIBEH, m. rechnungsführer bei bauten.
BAUSCHUNG, f. lumor: die rocktaschen standen in son-
derbaren bauschungen weit vom leibe ab. Imhermanns Münch-
hausen 1, 275.
BAUSCHUTT, m. rudus.
BAUSE, /". aversio? bausch? safran gibt man nach dem
gewicht, gibt in nit nach der bause. VVitze.nb. 95. oder nach
der baus, ubertim?
BAUSE, f. adumbratio, den künstlem der enlwurf, das mo-
deil, franz. bosse und ebaucl>e, it. ahhozzo, wol auch durchzeich-
nung, und wieder ist bosse, bozza auch tumor, so dasz verwandt-
schaß mit unserm bausch nicht unwahrscheinlich wird.
BAUSECHTIG, turgidus: die haselmaus hat grosze bau-
sechtige äugen. Forer thierb. lio'. offenbar eins mit bauschechtig.
BAUSELIG, tn doppelter bedeutung,
1) im bau begriffen: alle bawsäligen wand mit ongeartem
mörtel verworfen. Frank parad. 11.
2) arando fessus : wann der bauselige ackersmann das feld
geackert. gespenstiO. vgl. arbeitselig, mühselig.
BAUSEN, in zwiefachem sinn,
1) tumere, turgere: hatte ein weit breit angesicht mit bau-
senden backen, ein scharf manlich gesiebt ... wann er zor-
nig war, so bauseten und floderten im seine backen und
stunden im herlich. Limburger chron. 81; pawsen turgere.
vocaö. 1482; der bauch bauset hervor. fcucA der nalur, Augsb.
1483; die träubeln fangen an mit glenz daher zu bausen und
zu zeitigen. Albertinus de conviviis 1598 bl. 98 ; und sind seine
äugen weit ausher bausend. Forer ßschb. 37"; hat weite bau-
sende äugen als stieraugen. 86';
für faisiem spek si bausen strutzig. MELissosp». F4';
baust dir nicht der neser, bas Eis?
und bauset dir der neser nicht,
so kauf ich dir der kirbe nicht
vier pfenwert da. sieben lächerliche geschwätz 16/17 /fc.;
die tobendbrausendlaute wind,
weil sie zu bausen sehr geschwind. Weckherlin 540;
wenn alles gar nach herzenswunsche geht,
so bleht sich auf, als ausgespannte segel,
sein geist, der paust und lebet ohne regel
bis endlich er sich selber überschlagt.
ScHÖNBORN bei Gryphius 2, 504.
2) largtler polare, schlemmen und demmen : mancher schlempt
als hab ers im krieg geraubt, er baust als hab er sein gut
gefunden. Agricola spr. 317'. Frank spr. l, 43";
grillen im köpf hat er sausen
von überschwenklichem bausen.
Freidank, Worms 1539 cap. 29 hl. 18 ;
halt du dein Martinsgans jeizund,
dis kompt lürwar nit allen stund,
und wann einmal hast nichts zu bausen
so faste mit sanct Niciausen.
FiscHARTs Eulensp. bl. 15 ;
wann er dann nun genug gespielet, gerasselt, gefesselt, ge-
kesselt und die zeit verrammelt hett, da wolt sich auch nun
in alle weg gebüren, ein weil zu bausen aus der krausen.
Garg. 170'. s. verbausen, verbutzen.
Zu dieser zweiten bedeutung stimmt die oben bei baus ent-
faltete von fülle und zeche, sowie ein zwar bei Weiland un-
verzeichnetes, aber in älteren Wörterbüchern stehendes nnl. buis
ebrius, buisken zechgesell, buisen zechen, boire ä grands traits,
und ein engl, bowzy ebrius, bowze oder bouse zechen, der
ersten bedeutung des schwellens hingegen entspricht unverkenn-
bar die von bauschen, und wie sonst viele nhd. SCH aus altem
S entspringen (wirsch, kirsche, birschen, herschen für wirs,
kirse, birsen, hersen); so scheint hier umgekehrt bausen auf
'bauschen zurü^kzuleiten, das sich daneben behauptete, wenn
man nicht bauschen selbst aus jenem büchison, wie herschen
aus herisön sich zu deuten getraut, in jedem fall müssen
bausen und bauschen zusammentreffen.
Auch die begriffe des schwellens und schlemmens scheinen
vereinbar, der säufer schwillt auf von wein, schwellt sich an
mit gctrdnk und die freilich scharf gcschiednen verba suellan sual,
suelhan suaih, unser schwellen und schwelgen können höher auf-
wärts nah verwandt sein, selbst tumere unmittelbar zu teraulen-
tus, temelum zu stellen hindert nicht die kürze des U, die länge
des E, wie denn tuber langen vocal, gr. tiXt] und tvXos =»
wulst, jenes langen, dieses kurzen vocal besitzen, man musz
auch bauz = bausch für den schwellenden most erwägen.
hl das angegebne Verhältnis zwischen bauschen und bausen
gegründet, so darf man bausen nicht mit pfausen blasen ver-
binden wollen, wie nahe auch dem tumere die Vorstellung in-
flare und dem bausbacke der pfeifersbacke liegt, Henisch
stellte darum pfausbacke nur neben bausbacke, Fischart pfau-
seclit neben bauschecht, es blieben ihnen, bei aller berührung,
verschiedne Wörter, hätte Rollenhagen, als er fvaiyvad'os
durch das längst in der spräche vorhandne bausback wieder-
gab, an (fvaav gedacht, so würde auch in seinem werke das
verbum bausen nicht mangeln; es kommt aber niemals vor,
so oß dazu anlasz gewesen wäre. s. pfauchen und pusten.
3) bausen, den künsllern entwerfen und übertragen, adum-
brarc, it. abbozzarc, franz. ebaucher. s. bausc und durch-
bausen, durchpausen, durchzeichnen.
BAUSINN, m. sensus aedificandi, geschieh, geschmack im bauen.
BAUSINNIG, von Albr. Dürer: anschlegig, bausinnig, der
alle gebew von grund wüsto anzugeben aus rechter kunsU
Frank chron. 243*.
1201
BAÜSORGE — BAUWESEN
BAmvCRDIG— BE
1202
BAUSORGE, f. aedißcationis cura:
ein zeisig, der sein nest Dur eben angelegt,
Tersan? an eioem heitern morgen
den schlaf, die bau- und nahrungssorgen. Hagedorn 2, 123.
BAUST, fTJ. schwäbisch ßr bausch, wulsl. Scumid 51.
BAUSTÄNDIG, sartus lecius, in gutem bau und stand: als
die weitschweifige last hiesigen groszen regimentes bawstündig
und bei seinen würden erhalten wird. Opitz Hugo Grol. vorr.
s. 2S2 ; hauständig bleiben. Lobexsteis Arm. 2, 963.
BAUSTATT, BAUSTÄTTE, f. area, bauplatz.
BAUSTEIN, m. lapis ad aedißcandum utilis.
B.\USTELLE, f. u-as baustätte: er blickte über die weite
baustelle seines künftigen lebens. J. Paul TU. 1, 78.
BAUSTEN, turgere gibt Stieler 110 als gleichbedeutend mit
bausen : das küssen ist so voll federn, dasz es haustet ; er
baustet daher als ein hopfensack: vor hoffarl, vor zorn bauslen.
dies bansten käme dem pfausten und pusten, ßare, inflari
am nächsten, könnte aber aucli ans altn. haust, bust fastigium
gemahnen, doch wieder nichts als bauschen sein. tgl. baust,
verbausten, verbausen.
BAUSTER, m. anhelator, asthmaticus. Sheler lll.
BAUSTERIN, f. anhela, aegre spirans.
BAUSTERLI , n. ein gespenst, verviummtes «esen. Stalder
1, 149. sonst auch pusterli.
BAUSTERN, turgere, bauschen, sich auftragen, von tuch.
Stalder 1, 148. transitiv aber was bastgen, baschgen meistern,
zähmen, use baustern, herausjagen. 1, 149.
BAUSTCCK, n. maleries: baustOcke liefern; ein baastück
in einem Systeme. Kant 6, 15.
BAüSUCHT, f. nimium aedificandi Studium. Lobesst. Arm.
1, 679.
BAUSCCHTIG: graf Bantzow ist nicht bausüchtig {es steht
bausichtig), sondern pflegt zu sagen, ein haus sei ein böses
capital. ScHLPPius 55.
BAUSZEN, adv. wie binnen, = beauszen, alts. biAtan,
mhd. in thüringisch hessischer gegend bäjen z. b. myst. 17, 1. 2.
von bü^en, ahd. büjan.
BAUT, f. fundamcnlum? oder ist es beute, nnl. buit?
bab ir vertraut auf guter baut
der herzallerliebsten mein,
ich wil sie noch wol Gnden. Uhlasi» 122.
BAüTAG, m. dies operum, tag an dem gefröhnt, gebaut
«erden musz.
BAUTE, f. aedißcium, der pl. bauten stellt sich gern zum
sg. bau: es sind manche neue bauten im werk;
der lindenraum, die braune baute,
das morsche kirchlein ist nicht mein. Göthk 41,302;
das aller der kirche entschied neben dem alter des fiirsten-
paars die baute einer neuen dachung und kapse! für die
gruft. J. I'acl ri/. 1, 151; das beste wäre die baute eines ähn-
lichen Winterkastens gewesen, biogr. bei. 1, 9. diese jetzt übliche,
ton Adelung noch nicht aufgenommene Wortbildung verslöszt
gegen das gesetz unserer spräche, das baude fordert, welches
auch vorhanden ist (vgl. gebäude). es scheint aber nach dem
folgenden, ganz andern wort unrichtig eingeßhrl.
BAUTE, /■. alvearium, schon ahd. piuta (Graft 3, 13. 327)
und auch jetzt noch ist beute die gewöhnliche form, in Schle-
sien hört man baute, klotzbaule, weil solche bienenstüc-ke aus
holen baumkliitzen gefertigt werden, das sl. wort lautet böhm.
brt, russ. bort ', poln. bare, mehr unter beute.
BAUÜNG, f aedificalio : mhd. böunge pass. K. 268, 20. 275, 90 ;
ir {der tugend) bawunc bringet ewig freiid.
SCHWARIEJIBKHC 150, 2;
ich sollte die bauung anstellen aufs beste ich möchte. Schweim-
CHEJ« 3, 125 ; bauung und Vertröstung. Melissls ps. 5' ; von bauung
der Stadt Rom. Ayrer 1*. heute unüblich, so häufig erbauung ist.
BAU! NTERNEHMEH. m.
BAUl NTERNEHMING, f
RAI'VERSTANDIG, aedificandi peritut : einen jungen, bau-
verständigen. GöTHE 26, 32.
BAUVERWALTER, m.
BAUVERWCSTUNG, f. HmiL an Joh. Müller 126.
BAL VOGT. m.
BAUWEISE, f GöTOE 39, 358.
BAUWERK, n. aedificium. Brocies 3, 325. das bauwerk der
sprachen.
BAUWESEN, n. opus aedificandi: vielleicht komme ich
nächste woche auf einen tag und sehe dann vielleicht auch
das theatralische bauwe.<sen. Schiller an Göthc 4S8.
BAUWÜRDIG, aedificatime dignus. bauwürdige grübe, fo-
dina benigna.
BAUWUST, m. squalor aedißcationis : ward sie durch den
bauwust des hauptgebäudes nach dem Seitenflügel geführt,
Arnim kronenw. I, 83.
BAUWUT, /". insanum aedificandi Studium.
BAUZ, ausnifdes knallens und fallens: bauz ! er stürzt. Götbk
8,98 (die früheren ausg. baul 42, 126. 350); bauz, baradauz!
der götze liegt am boden. 36,112; bauz, da lag er! s. bardauz.
B.\UZ, m. im schwäbischen Seeland heiszt so der süsze weinmost.
auch bei Stalder 1. 149 bauz, beiz, von bauschen schwellen.
B.\LZEN. ßav^etv, bauburi, latrare, ein, wie ganzen, den
schall bau bau, gau gau wiedergebendes wort, auch mit Über-
gang des U in V, F dem baß"en und büfzen (sp. 1075) nahe
liegend, baubare, bautzen, bellen wie ein hund. Dasypoü. 18";
befzen, bautzen, bellen wie ein hund. Jon. Serrancs c 3' ;
er bulstert, bautzt den kirchhof an,
wird bald auln rück zur kirchen gan. Etrixg 1,566;
und tbut in wie ein hund anbauizcn. 2, 40;
gauizcn und bautzen wie die hund. 2, 147.
Stalder 1, 149 hat daßir bautschen, trie man auch gautschen
schreibt, bautschi ist eine benennung des hundes. bautzen be-
zeichnet in Graubünden das gesehrei des «aldhahns, was an
balzen (sp. 1094) erinnert.
BAUZEUG, m. und n. materies, bausache, baugerälh:
von blümlein ist erwöhlet der bawzeug. Spee tntlzn. 135;
der bauzeug. Kant 2, 535 ; das bauzeug der mefaphysik. 3, 186.
BAXEN, pu^nJs certare, engl, box, schw. baxas, boxas, dän. baie :
man batet sich, man lärmet,
ach, wo will das hinaus. Bürger IS*;
die drüben baxen sich um ein herzogthum. Scbiller 175*.
BE, eine partikel, deren buchstäblicher verhalt zu dem ganz
nahen bei vor allem erwogen werden musz. dieselbe doppel-
form erscheint auch im nnl. be tind bij, mhd. be und bi, pa-
rallel dem nnl. te und toe, mhd. ze und zuo, während heute
das ze dem zu ganz gewichen ist. ahd. entsprechen pi und
pi, zi und zuo, doch bieten sich für pi auch pa und pe, ßr
zi auch za und ze dar, welche pa pi pe, za zi ze wiederum
dem ka ki ke oder ga gi ge statt des heutigen ge gleichen,
selbst nhd. läszt sich in älteren Urkunden zuweilen noch bo
für be blicken, alts. laufen be und bi, te und tö neben ein-
ander, ags. be und bi oder big, docli te ist dem tö ganz ge-
wichen, altn. mangeln, was einen hauptgegensatz nordischer
zunge zur deutschen bildet, diese partikeln sämtlich, es gibt
kein altn. be ze ge noch bei zu, und wo neunordisch be
und ge auftreten, sind sie uns abgeborgt, nicht minder er-
heblich ist, dasz die golh. spräche nur die kurzen formen bi
du ga kennt, und weder ihr bi in bei, noch ihr du in dö rer-
längert. dies pi und zuo, dies big und to hat die ahd. und
ags. spräche vor der gothischen voraus.
Es scheint nun ein ßr die geschichle der partikeln, folglich
der spradie überhaupt wichtiger grundsatz, dasz die volleren
und schwereren formen hier an alterthum den stumpferen und
gekürzten vorangehn und in höherem grad als diese liclil auf
den ursprting des Worts fallen lassen können, da wir aber an
dem pi und zuo rorzu^sireise praepositionskraft haften sehn
und es der partikelbcdeutung an pi und zi genügt, so begegnet
auch hierin eine hestdrkung der öfter ausgesprochnen ansieht,
dasz die praeposition der partikel vorausgegangen sein müsse,
mit andern warten, die partikel erst aus der praeposition ab-
gesclilißfen sei.
Solches alles näher auszußhren und in fruchtbaren anwen-
duugen zu erläutern gehört nicht an diese nur der partikel und
dem praeßx be gewidmete stelle, soll aber eine Vermutung über
den Ursprung der wörler be und bei wagen helfen, nehmen
wir ßr die praeposition in den begrif inn, inni domus. ßr
altn. hiä, nn. hos die begriffe heiv, hin familia, hüs domus
in anspruch, warum sollte nicht auch bei geradezu auf die
Vorstellung bau und bauen leiten, dem in bin, beon, fio, üeri,
-ficio der vocal I angeeignet wurde? wie, hallt im ags. big
nicht das G ton hagms und bagvan nach ? (nicht anders als
in igland = eäland der kehllaut von aha, ahva, aqua), will
also bei nicht ursprünglich sagen im bau, im hause, wie frans.
chez in casa?
In dergleichen lassen uns doch die urverwandten sprachen
nicht so hell und tief auf den grund schauen als die eigne,
wir gewahren, dasz golh. bi, ahd. pi eins sei mit skr. abhi
und büi (Bopp gloss. 16*), lat. ob, sl. ob, aber auch mit gr.
76
1203
BE
BE
1204
nficpl, lat. amb-, alid. umpi, wo der lippenlaut das M heran-
zog, und zur besldtigung gereicht, dasz goth. bi zugleich die
bedeutung von umpi, circum erfüllt, weil das beiseiendc auch
umgibt, was um mich ist auch bei mir ist. in abhi, aiifi,
im casussuffix -blii und -fi erscheint wiederum die consonanz
von bhu und fico. unterschieden von abhi ist api super, gr.
inl, goth. uf iifar, sl. po, so wie apa, anö, lat. ab, goth. af,
ahd. aba, doch zeigt das lat. apud gehallen zum skr. abhitas
gleichfalls die bedeutung bei, und auch api und eTti könnten
fortschiebungen von abhi sein.
Nhd. kommt be, auf welches sich jetzt die Untersuchung
zurückzieht, nicht mehr als praeposition, nur als untrennbare
Partikel vor, durch welche die Wörter, denen sie vortritt, mehr-
fach bestimmt werden, praeposilionskrafl steht nur dem bei zu.
I. vor dem v erb um hat be
1) die bedeutung von circum, was die verwandtschaß zwi-
schen bi und iimbi bestärkt, sehen ist das blosze schauen,
ansehen das auf einen gegenständ gerichtete schatten, besehen
das schauen nach allen seilen, der einen bäum beschneidende
gärtner, einen marmor behauende künstler schneidet, haut nicht
nur an, sondern ringsum, überall, bewachsen, berasen ist mit
laub, mit gras umzogen werden, herba, graminc vestiri; bear-
beiten umarbeiten; bearmen umarmen; bebinden umbinden;
befangen umfangen.
2) es drückt aber auch die vollendete eimcirkung auf einen
gegenständ aus und bildet lauter transitiva mit dem acc. der
person oder sachc: treten betreten, greifen begreifen, rühren
berühren, gieszen begieszen, scheinen bescheinen, leuciiten
beleuchten, sciiauen beschauen, sehen besehen, traciiten be-
trachten, achten beachten, sitzen besitzen, setzen besetzen,
riechen beriechen, säen besäen, graben begraben, sprechen
besprechen, reden bereden, denken bedenken, schreiben be-"
schreiben, weinen beweinen, hüten behüten, niesen beniesen
u. s. w. häufig läszl sich das Werkzeug hinzudenken, mit dem
die handlung vollbracht wird: mit den füszen betreten, mit
den bänden begreifen, mit den fingern berüiiren, mit den
äugen betrachten, mit dem körn besäen «. s. w. Dasz auch
ahleitungen auf in, rn des be fähig sind versieht sich, z. b. be-
spöttein, befördern, bewundern, selbst undeutsche Wörter kön-
nen durch annähme des praefixes noch transitiver, als sie ge-
wöhnlich schon an sich sind, gemacht werden, z. b. wir sagen
einen becompiimentieren, begratulieren, bequartieren und nnl.
bestudeercn, wie nhd. einstudieren.
3) der mehrzahl solcher Zusammensetzungen liegt schon ein ein-
faches, oß gleichbedeutiges verbiim unter, indessen bildet man sie
auch von Substantiven unmittelbar und sagt z. b. bemäntein, bene-
bein, beseelen, bemitleiden, bewillkommen, beurlauben, ohne
dasz ein verbum mäntcln, nebeln, seelen, mitleiden, willkom-
men, Urlauben üblich oder zulässig wäre, in bebändern, bebil-
dern, begeistern {und entgcistern), bevölkern (entvölkern) ist das
paragogische R mit eingelassen, beglückwünschen hat glück-
wünschen zur grundlage, den Franzosen genügt aber für beide
feliciter. nnl. kommt vor bebolwerken und bewierooken, wo-
für wir verbollwerken und beräuchern sagen, unsere geschäßs-
leute können weder reden noch schreiben, ohne sich der steifen
Wortbildungen beanspruchen, beantragen, beanstanden, befür-
worten {oder bevorworten), begutachten, bemängeln, bewahr-
iieit«n, beachselzucken, beaugenscheinigen und ähnlicher zu
liedienen. sie möchten überall die accusativconslruclion heran-
fiUiren. Einigemal bleibt auch zweifelhaß, ob schon ein ver-
bum vorhanden war oder erst atts dem subst. gebildet wurde,
2. b. beldumen, beschuhen, befingern aus blumcn, schuhen,
fingern oder gleich aus blume, schuh und Finger, doch sind
andere, wie bevormunden, bepantolTeln, bemuscheln, bekoral-
len, beschienbeinen sichtbar aus dem subst. hervorgegangen.
4) kühn erzeugt die heutige spräche aus Substantiven mit
dem praefix be spöttische verba zur rüge falscher anmaszung
oder im Wortspiel: ich will dich bevatern, bemuttern, bege-
vattern, gegen einen, der sich unbefugt als vater, mutler, ge-
valter angestellt hatte, du sollst bcthaierl, begoldstiickt wer-
den, d. h. prügel statt der thaler und gnldslückc erhalten, von
denen du gelogen hast. Adei.dnc führt beispiele aus comödien
von Chr. Fei.. Weisze an:
c» ist der horr von Liebreich, ilti weist nirhi, was dti Ihusl.
Johst. ich will dich und ihn Ijelielireichcn ;
sie behauptet sie sei die frau Junkern, aber ich will sie bc-
junkern, dasz sie an mich denken soll, man sehe bebeslien,
bedeinen, bcexcellenzen, JK'dachsen, beflegeln « a. m. Es
ist kein grund da, dergleichen scherz nur in ^die niedrigen
sprecharlen' zu verweisen.
5) aus dem adj. scheint die bildung beschränkter, man sagt
nicht einen beschwärzen, beweiszen, begrünen für schwarz,
weisz, grün machen, sonrfern ?iHr schwärzen, weiszen, grünen:
er ist von der sonne geschwärzt, gebräunt, die zimmer sind
geweiszt worden, auf beedeln, beröten bei Stieleh ist nichts
zu halten, es heiszt adeln und röten, erröten machen, aber
bereichern, mit dem R des comparativs wird gebildet, wie ver-
gröszern, verkleinern, verringern, vermehren, vermindern, be-
freien, beschweren, bestärken, beschönen, bezähmen scheinen
auf freien, schweren, stärken, schönen, zähmen zurückzulei-
ten. Unverkennbar ist der adjectivische Ursprung an beäng-
stigen befähigen befestigen befleiszigen begewaltigen begün-
stigen begütigen behelligen bekräftigen belästigen beleidigen
belustigen bemächtigen benöligen berichtigen beruhigen be-
schleunigen beschuldigen beseligen bestätigen bethätigen be-
theiligen bewältigen bewerkstelligen bewilligen, von welchen
mhd. nur benötigen ttnd bestategen aufzuweisen, beleidigen,
beseligen durch das einfache mhd. leidegen, sa-legen zu sichern
sind; bewältigen steht für begewaltigen, begwaltigen. auch
die subslantivbildungen fuhigkeit güligkeit lustigkeit richtigkeit
schuldigkeil Seligkeit thätigkeit Willigkeit zeigen das adjectiv.
wie soll man aber folgende fassen: beabsichtigen beeidigen
beendigen beerdigen befehligen befriedigen beglaubigen be-
gnadigen behändigen beherzigen beköstigen berechtigen be-
sänftigen beschädigen beschäftigen bescheinigen beseitigen?
hier liegen keine adj. unter, beglaubigen gehört seiner bedeu-
tung und form nach nicht zu gläubig, begnadigen nicht zu
gnädig, beeinträchtigen 7iicht zu einträchtig, beherzigen nicht
zu herzig, behändigen nicht zu dem alten handcg; die mhd.
spräche rechtfertigt nur beschädigen durch schadgen bei Bo-
NERius und für beköstigen leistet der Ssp. gewähr, in be-
fehligen mag das ig gar nicht der ablcitung gehören, vielmehr
aus befelch für befehl selbst stammen, doch bei den meisten
scheint -igen unorganische erweitcrung des einfachen -cn und
beabsichtigen beeidigen beendigen beerdigen u. s. w. gesetzt
für das einfachere beabsicliten beeiden beenden beerden, weil
der Sprachgebrauch durch jene adjectivischen bildungen gestimmt
sich zu dem -igen neigte, denn aus einem alten -ien diese
neuen bildungen herzuleiten wäre unverstattel, wie allerdings
ein ahd. bimunigon neben bimuniun und selbst einem mhd
gemunien steht {mythol. s. 1178). Auch nnl. ist kein mangel
an solchen Wörtern: beängstigen beeedigen begiftigen begün-
stigen behartigcn bekrachtigen bemächtigen benoodigen be-
schuldigen bespoedigen bevestigen bevochligen bevlijtigen be-
vredigen bewerkstelligen beweltigen bewilligen bezadigcn be-
zoldigen bezondigen bezuinigcn, deren manche uns fremd sind
G) einige mit be gebildete rerba sind hauptsächlich nur im
pari, praet. ijangbar und sonst unüblich, so z. b. benachbart,
bepurpurt, bethränt, besegeil, bewandert, beleibt, belagt, be-
jahrt; schrißslellei' wie Fischart oder unter neueren i. Paul
würden sie gern auch in andern lagen verwenden, ich will
mich ihm benachbarn klänge steif für ihm näher wohnen,
könnte aber sagen sollen : ihm als nachbar auf den hals rücken
das schif besegeln ßr mit segeln ausstatten wate zulässig,
doch bedeutet besegeln sonst was beschiffcn.
7) intransitivbedcutung ist viel seltner, sie tvallel in blei
ben {s. III), beilegen, bestehen, beruhen, beharren, beginnen,
bekommen, ]»ehagen, bekleben {wachsen), behangen, berasen,
bewachsen ; die ältere spräche hatte noch andere, sie sagte
auch besitzen für still sitzen, jene part. pract. betagt und
bejahrt wären zu beziehen auf ein intransitives belagen, be
jähren, zu seinen tagen, jähren kommen, wie mhd. belagen,
benähten auch diescere, noctescere ausdrückte.
II. be vor dem nomen.
t\ alle mit be zusammengesetzten subslanliva haben schon
verba gleicher bildung zur unterläge, sind aber weit beschränk-
teren umfnngs, d. h. stehen lange nicht allen mit be zusam-
mengesetzten Verben zur seile, es sind fast nur männliche
Wörter: bedaclil, bedarf, befang, befehl, l)erun(l, begang, beginn,
begrif, beheJf, behuf, belang, belauf, beleg, lienchl, beruf,
besalz, beschlag, beschlusz, besitz, bestand, besuch, betrag,
belracht, betref, ))elrieb, betrug, bezug. die ältere spräche
kannte noch andere, jetzt veraltete, z. b. bebol, bejag. weib-
liche kommen blnsz vor beschwer, begicr oder beschwerde,
bcgierde und das verdunkelte lieichte; mhd. a«ch begrebede
bchügedc, bcvilde «. a.
1205
BE — BEACHTENSWERTH
2) adjeaita mit be lassen sich ßnf nennen, bereit, behend,
besonder, bequem und bieder, in icelchem letzten die eomposUion
unkennbaT geworden, daher auch das alle bi haßend isl. da-
gegen gibt es eine menge pari, prael. mit be, die zum theil
adjectivische geltung angenommen haben.
3) be trat ahd. und mhd. noch als praeposition vor einzelne
nomina um adverbialbegriffe zu erzeugen: bediute, begarwe,
benamen, benule, besiten, bevoUen, beziten. davon werden
noch unter beseite und bezeiten einige nhd. spuren aufgewie-
sen Verden, gewöhnlich heiszt es beiseite, beizeiten, zweifel-
haft ist besage, jenachdem man es von besagen leiten oder
aus be sage deutet, bevor ist ahd. bifora, bifuri. von bene-
ben, benebst gleich unter III.
HI. be durch anlehnung verdunkelt, in bleiben vird, wie
in glauben, gleich, glück, begleiten, glied der tocal der Par-
tikel überall getilgt und schein eines mirzelhaften bl, gl her-
vorgebracht; mhd. hiesz es noch beliben, ahd. pilipan, doch
ward schon blangen ßr belangen mhd. geläufig, schwerer zu
fassen ist unser aus mhd. begibt, ahd. pigiht entsprungnes
beichte, und bieder aus biderhe. mhd. erban, ahd. arpan =
arpian, erbean mangelt uns gänzlich, obschon wir gönnen und
gunst behalten haben, bange wurde gedeutet aus beange, doch
erbarmen, barmherzig aus erbearmen, bearmherzig wieder in
zweifei gezogen, beneben, benebst deuten sich aus beeneben,
ahd. inepan; binnen aus beinnen, wie das seltne und verach-
tete bauszen aus beauszen.
IV. Verhältnis des be zu bei m Zusammensetzungen.
1) zahllose verba sind mit untrennbarem be, nur wenige mit
trennbarem bei gebildet, welches immer eine stärkere bedeutung,
mit noch nachwirkender praeposition, an sieh trägt, beiderlei
eomposita liegen daher im sinn von einander ab, obgleich sie
sieh aus der ferne her berühren können, bestellen z. b. heiszt
etwas umstellen, besorgen: die wand ist ganz mit stülen be-
stellt, der acker ist gut bestellt; beistellen aber etwas hinzu
stellen: der topf ist beigestellt, bei das feuer gesetzt, der
stuhl beigestellt, an den tisch, beschlafen, allgemein betrach-
tet, scheint freilich eins mit beischlafen, allein jenes ist com-
primere, dieses adjacere, der ehmann schläft seiner frau bei,
beschläft sie nicht, ich kann die sache nicht bekommen, mir
verschaffen, ich kann der sache nicht beikommen, sie vollstän-
dig fassen, hier nähern sich die bedeulungen. ich betrete
den boden, ich will dir beitreten, mich zu dir, auf deine
Seite stellen, der betagte, bejahrte ist bei seinen tagen, jähren,
die Zusammensetzungen mit be sind meistentheils transitiv, die
mit bei vorwiegend intransitiv, alle mit be zusammengesetzte
parlicipia praet. nehmen kein ge an, denen mit bei ist es noth-
wendig: bestellt beigestellt, beschlafen beigeschlafen, bestan-
den beigestanden.
2) nicht anders bei der nominaleomposition bestand ist
ganz verschieden von beistand und Fiscbart setzt beide neben-
einander: secht, ist da der ehestand ein wehstand? o nein,
sonder ein bestand und beistand, dann da ist er eben sie
selbs und sie er selbs, ist ein gehackt mos. Garg. 72". be-
schlaf wird nicht gesagt, aber beischlaf gleichviel mit beilager,
und dies von belagerung deutlich unterschieden, vgl. bei.
BEABSICHTEN, proposilum habere: die zwecke, welche die
natur mit den menschen beabsichtet. Schiller 1110; die ron
dem künstler auf das herz beabsichtete Wirkung. 1137.
BEABSICHTIGEN, dasselbe und gewöhnlicher : ich beabsich-
tige mein haus zu verkaufen, auch im sinne von spectare:
der weise thut als sähe er blosz sich, allein er beobaditct
und beabsichtigt andere. Hippel ehe 5, 60.
BEABZIELEN, intendere: dasz ein schein ... in andenvei-
tigcn beabzielten hinsichten uns zerstreue und unsicher mache.
Fichte nachg. werke 2, 124. s. bezielen.
BEABZVN ECKEN, intendere: ich darf gar nicht blosze lega-
litäl beabzwecken. Fichte sittent. 381 ; der künstler kennt die
notbnendigcn und unwandelbaren gesetze des nicchanisinus,
auf die er zur herrorbringung des beabzweckten resultats
rechnet. Fichte sonnenkl. ber. 80. 5. bezwecken.
BE.VCHSELZUCKEN, in dubium vocare: sie hatten das
büchlein nach herzenslust begaffet, bekopfiKhüttelt, beacbsel-
zuckl. Sieqfr. ron Lind. 1784. 1, 23.
BEACHTRAR, attentione dignus.
BEACHTBARKEIT, f.
BEACHTEN, attendere, nicht beachten, negligere, er beach-
tete alle Warnungen nicht, schlug sie in den wind.
BEACHTE.NS\VERTH.
BEACHTUNG — BEA.NTWORTEN 1 206
BEACHTUNG, f. consideratio : alles was er sagte, erhielt
keine beachtung.
BEACKERN, arare .- alle bürger, welche das gemeinland
beackern oder beweiden. Niebchr 3, 573; dieselbe erde, müh-
selig zu beackern. Dahlma>x ddn. gesch. 1, 36 ;
eher verwandt ist hier dem gewalligen schaumelemenie
als der beackerten schölle der measch und dem üppigen Saatfeld.
Plate.'* 119».
BEÄDERN, 6c» den Sattlern, mtt pferdesehnen überziehen:
die sattelbäume beädem.
BEAHNDEN, punire, was ahnden: und ist er in diesem
betrefife nicht strafTällig, so bleibt dennoch die Verheimlichung
nicht unbeahndet. Klopstock 12, 270; sie wollten die härte
beahnden, die ihnen ihre aufseher zufügten. Hippel 11, 24.
BEAHNDüNG, f. er trug es ihr als eine groszmul an, dasz
er sich aller beahndung in bester rechtsfurm begeben wollte.
Hippel lebensl. 3, 90.
BEALBEN, veste alba induere: schön bestolet, bealbet, be-
kaselt. Garg. 162'.
BEAMTE, ffl. munere fungens, in dieser substanlitisehen an-
wendung hat sich die alle, gekürzte form des part. praet. be-
amt für beamtet erhalten. Fraxr setzte auch noch : also wol-
len vil, die beampt werden, mit schinden und schaben wol-
dienen. paradoxa 92". mhd. war es ganz die regel verschart
gemast entniht erlüht zu sagen für verschertet gemestet ent-
nihtet erliuhtet, und wenn ein verbum beambeten üblich ge-
wesen wäre, würde dessen part. gelautet haben beampt; unser
nhd. subst. erlaucht durchlaucht entspringt aus die erlauchte
== erleuchtete, durchleuchtete person, persona illustris. der
pl. von beamte sollte aber lauten bcamten, nicht beamte, wie
der sg. schwach behandelt wird, gen. des beamten; doch fin-
det sich : alle beampte. Schcppics 30 ; gebietende hohe beamte,
ofTiciales. K.axt 6, 346.
BEAMTEN, muneri praepcere, isl ungebräuchlich, wird aber
in dem part. praet. beamtet vorausgesetzt : ein beamteter der
kröne. Opitz Arg. 2, 26; als unterschiedene hohe beamptete
ins schif traten. Lohexst. Arm. 1, 510 ; Verminderung des ge-
halts der beamteten. Klinger 9, 217; wolbemittelte und reich
beamtete Jünglinge. Fb. Müller 2, 52; das Vorrecht der ho-
hen beamteten. Niebchr 2, 439 ; der zunftstolz beamteter ge-
lehrten. Beckers wellg. 7, 15.
BEAMTENHERSCHAFT, /. bureattkralie.
BEAMTENMASSE, f. eine zahllose, kostbare, >-iel treibende,
wenig leistende beamtenmasse drückt auf unsre schultern.
denkschr. des fr. vom Stein 93.
BEAMTENSTAND, m.
BEAMTENWELT, f
BE.ÄNGSTEN, angere, was das einfache ängsten :
der geist von goiL, gott selbst, kummt wie ein starker wind,
stürzt die, die trotzig, labt die, die beängstet sind.
LoGAU 1,9, 38;
der beängste geist. WignE«AHxyii/»28;
die beüngstete Unschuld. Oprrz Arg. 2, 154 ;
l'eirus war zu beänesiei sich wieder zu nahen.
Messia* 1, Ml ;
keiner beklagt wehmütiger diese beäogsteien. 9, 195 ;
eine beängstete braut unter lebhaften Zudringlichkeiten mut-
williger gaste. GöTHE 33, 150 ; man sieht ihn bewegt, beäng-
stet, verworren. 37, 10.
BEÄNGSTIGEN, dasselbe, nni. beängstigen : die beängstigten
reisenden fiengcn, sobald die sorge für ihr leben vorüber
war, ihren vcriust zu bejammern an. Göthe 19, 40.
BEÄNGSTIGUNG, f. sie leidet an beängstigungen.
BE.ÄNGSTUNG, f. die jammervolle beängstuDg. Göthe 40, 348.
BEANKERN, anehoris insiruere: beankert schif. Garg. 79*.
BEANSPRUCHEN, petere.
BEANSTANDEN, rem differre, anstehen lassen: ergalt da-
bei in Rom so viel, dasz man pabstwahlen bis tu seiner
riickkehr beanstandete. Dahlnann dän. gcsch. 1, 1S2.
BEANSTANDUNG, f. dilatio, aufschub.
BEANTHEILIGEN, participem facere, auch betheiligen.
BEANTLITZEN, aspicere, von angesicht schauen: er zwei-
felt ob er der sei, obgleich er ihn beantlitzet. Hippel 10, 62.
BEANTRAGEN, proponere, einen antrag auf etwas stellen.
BEANTWtHtTEN, responsum dare, nnl. beantwoorden, ßnl-
wort, beseheid ertheilen, früher auch auf personen bezogen : ein
hochweiser ralh wolle mich eher besser beantworten lassen.
ScHWEi?iicHE?c 1, 390 ; wäre aber vertröstet eher darauf beant-
wortet zu werden. 2, 14; sie spricht also zu mir, lieber fründ,
76*
1207 BEARBEITBAR — BEARBEITUNG
mein gspilen von dir beantwort sind. Thurneisser archid. 5;
ewr kön. raaj. wöll mich beantworten mit gnad. 25 ; Künratli
thate das wort, erzehlte mir die Ursachen dieser beschickung
und beantwortete sich gleich selbst an meine statt. Philand. 2,
819; einen beantworten. Opitz iir^. 1, 399. LoHENST.i4rm. 2,1464.
heute zieht man es nur aufsacken: einen brief, antrag beant-
worten ; bald merkte ich, dasz nur ich die liebe, die in ih-
rem busen keimte, beantworten {sie erwiedern) könnte. Klin-
ger 1, 220 ; die sanften töne des klagenden zerflossen in der
luft, kein wiederhall beantwortete sie. 10, 241; die unbeant-
wortete liebe ist die eifersüchtigste. J. Paul TU. 2, 205.
BEARBEITBAR, Iraclabilis.
BEARBEITEN, operam dare, elaborare, nnl. baarbeiden,
1) früher nur sich bearbeiten, sich mühen, befleisziijen, id
agere: dasz i. maj. geruhte mit allem tleisz sich zu bear-
beiten, damit ein gemeiner fried erlangt werden möge, reichs-
absch. von 1527 §. 10 ; und sich zum höchsten bearbeiten und
bcfleiszen wurden, irem auferlegten ainpt gnueg zu thun.
Lanz Karl 5 s. 470 (a. 1550); ich hab mich bcarbeit, euch mit
dem keiser zu verrichten und versönen. Aimon m ; des allein
bcarbeit er sich, das die götlich bannherzigkeit durch ire sa-
crament, die sie bat wollen sein kreftige arzneicn der sündc,
die verwundeten in iren kirchen nicht bellet und gesund
machet. Luther 2, 286'; dieweil wir uns aber gleichwol, wie
oben erzählt, täglichs eine liberei alhie einzurichten bearbei-
ten. Albreciito» Melanchlh. ep. 1 ed. Faber; weil fürst Gott-
schalk in fortpflanzung der christlichen religion eifrig sich
bearbeitete. MicuXliüs 2, 202; und hat sich allewege dahin
bearbeitet, das guter friede gepflogen würde. 3, 599 ; deren
Ursachen wegen sich die päpsl jederzeit sich so heftig bear-
beitet haben, das sie das röm. reich wie ein betlersmantcl
möchten zertrennen und zerspettelen. Fisciiart bienenk. 126';
welche sich under uns friede zu machen heftig bearbeiteten.
Philand. I, 272 ; dasz ich ia allen meinen Schriften mich da-
hin bearbeitet habe. 2, 194 ; schleunig aus der Sachen zu
kommen mit allem fleisz sich bearbeite. Ayrer proc. 1, 9;
sonst aber so viel thunlich alles dcrmaszen rein und deut-
lich zu geben mich bearbeitet. Opitz ps. vorr. s. 11; seine
zunge bearbeitete sich auf das höchste ein ungebundenes
herze in ein schlüpferiges garn zu versetzen. Hoffmanns wal-
bau heldenbr. 49 ; diese aber die wunden zu curieren und zu
verbinden sich bearbeiteten. Simpl. 2, 473; hätte er nicht zu
verhindern vermocht, dasz die Römer in Deutschland den
fusz gesetzt, so wolle er docb sich bearbeiten, dasz ihr glück
darinnen nicht berascte. Louenst. ;lrni. 1, 1314 ; seit den Je-
suiten ein paar possen begegnet sind, haben sie nic^it be-
trachtet, dasz Frankreich einen catholischen könig habe, son-
dern mit aller macht sich dahin bearbeitet, dasz die franz.
lilien auf ilalianischem boden nicht recht wachsen oder ge-
deien wollen. Sciiuppius 369; dasz sie nicht allein ihnen alle-
zeit das praedicat durchleuchtig beilegen, sondern auch da-
hin sich bearbeiten, dasz es von andern geschehn möge.
Leibnitz 2, 298 ; haben also durch alle Jahrhunderte in allen
künsten und Wissenschaften die menschen sich fleiszig bear-
beitet und geübt. Göthe 53, 155. stärker sind sich abarbei-
ten, zerarbeiten.
2) heule transitiv in bezug auf sacheit : den acker, das feld
bearbeiten ; ein stück holz, metall bearbeiten ; ein Werkzeug
bearbeiten, manier; in die kirche, die er, das herliche in-
strument {die orgel) bearbeitend, bis in den letzten winkel
mit leisestem hauch sowol als gewaltsamsten tönen durch-
säuselte und durchschmetterte. Göthe 28, 193; er bearbeitet
einen der trockensten gegenstünde geschickt und anziehend;
der stof zu einem werke wird bearbeitet, das werk selbst
nicht; das stück ist nach dem französischen bearbeitet.
3) auf personen gehend: er wurde von allen parteien ver-
gebens bearbeitet, steht auch, wie durcharbeiten, zerarbeiten,
gerben, in die mache nehmen, für prügeln: um von den mil-
lionen karbalschen bearbeitet zu werden. Tieck ge«. nov. 4, 23.
BEARBEITER, m. cultor, artifei: bearbeiter des üeldes,
eines lehens, eines Schriftstellers; es fielen auftritte vor, wel-
che ergrilTen, und bearbeiter verdienten. J. Paul.
BEARBEITUNG, f. cultura, elaboralio: der kirchenglaube
gch^ in der bearbeitung der menschen zu einem ethischen
gemeinen wescn vor dem reinen religioiisglauben vorher. Kant
6, 277 ; ein afterdienst, der alle bearbeitung zur wahren re-
ligion rückgängig macht. 6, 363; neue bearbcitungen alter
stücke gehn über die bühne.
BEARGWÖHNEN— BEBALSAMEN 1208
BEARGWÖHNEN, suspicari, mit argwöhn ansehen.
BEARMEN, amplecti, heute umarmen :
es erquickt sich, und erwärmt
durch die kraft der giildnen sonne,
was die reiche see bearrnt. Opitz 2, 60;
streckt händ und füsze weg, der doch in seiner macht
was auf- und niedergang, was millertag und nacht
in sich bearmet, häh. Fleiing 10;
ich hab euch leid gethan, ihr deutschen kasialinnen,
0 ihr mein ander rühm, als ich mir bildet ein,
man elir euch weiter niclit, als was der weise Rhein,
der Elb und Donaustrohm in sich bearraen können. 569.
BEARTEN, arare, laborare: ein feld bearten, den acker zu
wiese bearten.
BEASCHEN, cinere legere, conspergere :
friede beascht jetzt schlummernde glut. Klopstock 2, 75;
ist volk um mich,
das hör und heul den uümmern klagen,
beasch und bücke sich. Herder 3, 90.
BEASTEN, sieh, ramos emillere: ein stark beästeter pap-
pelbaum. ehe eines weibes 390.
BEATHMEN, halilu afflare, nnl. beademen: ir öl und bai-
sam wird beschworen ... mit viel blasen beothmet. Fischabt
bienenk. 21'.
BEAUFSICHTEN, BEAUFSICHTIGEN, regere, curare.
BEAUFTRAGEN, mandare, außrag erlheilen:
von wem auf lebens und Wissensbahnen
wardst du penntirt und hefestet?
zu fragen sind wir beauftragt. Göthe 47, 77.
BEÄÜGELN, oculis percurrere: er nahm ein stück in die
band, hielt es eine volle minute, so weit er den arm stre-
cken konnte, von sich, dann bracht ers allmälicb dem antlitz
näher, um gleichsam die schönbeilen einzeln zu beäugeln.
Siegfr. v. Lind. 2, 8.
BEAUGEN, BEÄUGEN, oculis lustrare: die schweinhirlin,
als sie beides die zarte baut an des königs bänden und im
angesicht, als auch ein reines mit spitzen besetztes hemd
beäuget. Simpl. 3, 188 ;
auf einmal ihre pracht vollkommen zu beäugen.
Brockes 1, 110. 5,495;
dasz des beäugenden
blicke wir endlich entfliehen. Klopstock 2, 86 ;
gar viele derjenigen ausrufer, die neulich den bohnlacher in
der nähe haben beäugen müssen. 12, 307 ;
als sie mit vielem gepräng und nicht zu leichler band
den zustand der wunde beäugte. Wieland 5, 107;
er nimmt was er vorfindet, beäugt es. Claubiüs 1, 4 ; die nach
dieser Voraussetzung alles beäuget. Herder 17, 11 ; jeder hatte
Jesum beäuget nach der Verwandtschaft des inliegenden na-
turells seiner hauptgabe. Öttinger grundbegrif 1777. 1, 349;
durch diese brombeersträuche, dornen und distel und den
schmutz werde ich nun wol nicht durchkriechen, um herrn
Vossens gefundenen schätz zu beäugen. Lichtenberg 4, 332;
sie fleng als kennerin an mich zu beäugen. Hückbrt 170.
Das pari, prael. beäugt stellt auch intransitiv für mit äugen
ausgeslatlet, oculatus : von der poeterei borgen wir solche Sa-
chen, damit die höbe der Wissenschaft mit funkelndem ge-
steine, gleich wie ein andrer hiinmcl beäuget und beslernet
wird. LoGAU 3, 2.
beäugter pfauenschwanz. Brockes 1, 219. 164;
ihr, das augc beäugt durch zeigende Herschel, entdecktet
Weltbewegung. hiopstocK 7, 22 ;
er {Lavatcr) war aber beäugt genug, um sich nicht täuschen
zu lassen. Göthe 26, 280 ; lange farbig beäugte schweife, wie
von pfauen. 27, 171.
BEAUGENSCHEINIGEN, oculis aspicere , in augenschein
nehmen: um zu beaugenscheinigen, ob er auch so aussehe,
wie sie sich ihn vorgestellt hatten. Wieland 19, 298 ; und all
unser wesen selbst beaugenscheinigen. Wieland bei Mereki, 161.
BEAUGENSCHEINIGUNG, f als Danischmend mit seinen
reisegefährten zu Lahor ankam, trafen sie in dem karawansc-
rai, wo sie abstiegen, ein paar derwische an, in welchen sie
bei näherer beaugenscheiniguug, zu ihrer aller groszen freudc,
Sadik und Aruja erkannten. Wieland 8, 457.
BEAUGUNG, BEÄUGUNC, f contemplnlio: alles was auszer
der sehe und beüugung. Klopstoc» 12, 44 ; inensur, baltung und
beaugung des gegenständes. Herder 20, 309.
BERALSAMEN, was bslsamen :
1209
BEBÄNDERN — BEBEN
BEBEN — BEBESCHWANZ
1210
die salbe, die mein baupt bebalsamte Tor zeiten.
LoHENSTEi^ geistl. ged. 13S, 3;
die frische luft, mit den reinsten duften der blunien und blu-
ten bebaJsamt. Wiela^d 6, 89 ;
dür ölige dufl
TOD seinen bebalsamten locken. 4,14;
wie eine aufgemablte, bebalsamte papierblume. Herder bei
Merck 1, 14 ;
er war bebalsamt wie ein modenkrämer,
be was perfumed like a milliner.
kön. Heinr. IV. erster th. 1, 3.
BEBÄNDERN, faseiis exomare: einen jungen geck in be-
bänderten hosen. Lessing 6, 370 ; alten bäusem, wie mächtig,
wie bebändert und betitelt sie auch sein mögen. Klopstock
12, 7;
so behutsam sie sich umwickelt und bebändert.
WiEH>D 5, 130;
als er mir den bebänderten hut reichte. Guthe 25, 353 ;
sein bunt bebändert schwertclien. Göki.'^ck 1, 160;
und bebändert sind
die segelstangen. Plate.*« 222;
ein schöner mann, nicht mehr jung, bebändert und besternt.
Bettine briefe 1, 347 ; bebändert wie die lakaien hinten auf
der kutsche. J. Pacl Fibel 31 ; da die bebänderten und sieger
immer die kleine anzahl gegen die bandlosen ausmachen, so
blieben sie ausgezeichnet genug, nachddmm. 85.
BEB.\RTE!V, barba instruere, bebartet barbatus:
plunderweistieil hat ihr angesictit
Dicht also beruszt und lang bebartet. BckgkrSS*;
bis ungeborne kinne
bebartet sind, tili newborn cbins
be rough and razorable. tempest 2, 1 (Collier 1, 40)
BEBASTEN, libro tcstire. bebastet. Garg. 79*.
BEB.\L'CHEN, corpus sibi facere. wol bebaucht.
BEBAL'E.N, laborare, aedificare, bauen transitiv genommen :
das land ist schön und giitig wie der bimmel,
doch dies bebauen, sie genieszen nicht
den segen, den sie pflanzen. Schiller 535* ;
die ganze ebene, die brandsteile ist jetzt mit häusem bebaut.
BEB.VL'MEN, arboribus instruere. bebäumeL W. Scberffer
Hugo 69.
BEBECKELHAL'BEN, galea instruere. bebeckelhaubet. Garg.
231'.
BEBEISZEN, eircumrodere : die mause haben das brot be-
bissen.
BEBELAND, n. solum uliginosum, moorboden, der unter
den tritten bebt, tcankf, quakeland. Moser 1, 93.
BEBELLEN, allalrare: .Momus beer mag ihn bebellen.
K.MTTEi.s sinnenfr. 1677 s. 19.
BEBE.N, tremere, ahd. pipen, mkd. biben, alts. bifuD, nnl.
beven, ags. beofian, altn. bifa, sehw. bäfva, dän. bäve, ein golh.
biban bibaida wäre su erwarten, die urverwandten bhi, fißo-
uai, paveo, timeo, bijau trurden schon sp. 1050. 1051 angemerkt.
1) beben der natur: und sein (des Sinai) rauch gieng auf,
wie ein rauch vom ofen, dasz der ganze berg seer bebete.
2 Mos. 19, 18 ; die erde bebete und ward bewegt. 2 Sam. 22, S.
ps. 18, 8 ; da bebet die erde und die bimmel troffen für di-
sem gott in Sinai, ps. 68, 9 ; wie die bewme im walde beben
¥om winde. Es. 7, 2 ; ich sähe die berge an und sihe die be-
beten und alle böge! zitterten. Jer. 4, 24; die berge zittern
für im, das erdreich bebet für im. Sahum 1, 5. vgl. erdbeben
und bebeland; in der edda heiszt der regenbogen bifrüst, was
ahd. wäre piparasta, die bebestrecke.
selbst die festen felsen beben. Göthe 1, 72;
leise bewegung bebt in der luft. 1, 9t;
mit böbendera getösz. Wcckberli.i 305;
scbüchleme winde bebten heran. Vo«s id. 1, 90;
flog er den bebenden (lug. Klopst. Mets. 9,493;
mag der wind im segel beben. I'late!« 8;
über die schauernden fluren zu beben. RCcurt 409^;
im bebenden blau des himmels. J. Paul Hesp. 1, 149 ; so dasz
die ganze Oberfläche des berges unten ausgehölet scheinet
und im gehen bebet. WüHKEmAS.-« 1, 517.
2) beben des heriens und der glieder, woraus sich die Vor-
stellung der furcht, fößoi foße^öi foßico entfaltet, welche
der Grieche nicht mehr auf das äusiere litlern anwendet: der
gottlose bebet sein leben lang. Hiob 15, 20 ; de?: entsetzt sich
mein berz und bebet. 37, i; da bebet im das herz, wie die
bewme im walde beben vom winde. Es. 7, 2; meine gelenke
beben mir. Dan. 10,16;
er rang die bebenden h'mde. Klopstock Ifeu. 6, 114 ;
ein herz, das liebereif und warm
in einem weiszen buseu bebte. Götter 1,17;
mit bebenden bänden
gab mir den segen der greis. Platk."» 47 ;
lachend dasz der bauch ihm bebte. DErger;
'mit bebender band' im deutschen recht 'auf frischer thaf.
Haltacs112; es mit bebender stimme sagen; dann schwamm
sein herz bebend wie das sonnenbild im unendlichen ozean.
J. Pacl Hesp. 1, 167 ;
mein schwermulsvoller gedanke
bebt uoch gewaltig in mir. Klopstock 1, 27;
ihr erschrockener geist bebt vor harter knechtschafL Kuy-
GEB 2, 94 ;
ood bebt vor der räche der götter. Voss Od. 3, G6 ;
und sollt ich ängsilicher für meinen- thron
als für die gatiin meines berzens beben? Schiller SS?;
Germania, die du es siebest, bebe
du nicht, noch sorge, wie sichs soll entfalten.
RccKERT 135:
hdußg verbinden sich zittern und beben, i. 6. Soltad volksL
467; ich zittere und bebe. Götüe 14, 198; die Drau zitterte
und bebte.
er bebt die stufen scheu hinauf und sieht
sich unerkannt im lauten hochzciisaale.
Schiller 249*.
vgl. aufbeben, zubehen, zurückbeben.
3) beben ron andern sacken gebraudit: schlabe an den
knauf, das die pforten beben. Arnos 9, 1 ; seine wagen leuchten
wie fewr, wenn er treffen wil, ire spiesze beben. iVa/ium 2. 4 ;
wie auch die lieben fewerigen engelein ire strahl von sich
geben wie sternlein, oder bebete (d. i. bebende) Schwerter
blinken. Mathesics 55';
wenn die klingende lanze daher bebt. Messias 4, 181 ;
sie ergrimmten und ruHen und schwangen die bebenden fackeln.
6,63;
ein flittemd blumenwerk bebt um des fensters fach.
Hagedorm 1, 22;
entlockst du meinem bebenden saitenspiel
getön. Voss ;
bebend schweigt des hirten röhr. Götter 1, 102;
ach würden nicht, bei deiner tritte schall,
du pflichtvergessene, die laren scheu enifliehn?
nicht deines frommen vaters asche beben? 2,490;
der weisze kirschbaum vor dem fenster mahlte einen beben-
den baumschlag in die stube. J. Pacl unsichtb. löge 3. 171.
BEBEN, n. tremor: mit zittern und beben;
ja dasz auch gott cometen,
gewässer, donner, plitz und beben als propfaeten
und boten zu uns schickt. Opitz 1,49;
bis das letzte beben der orgen verhallt ist. Gottkr 3, 107 ;
deiner töne süszes beben
dringt durch mark und bein. 1, 180;
Lenorens herz mit beben
rang zwischen tod und leben. Bcrgrr.
BEBEN, m. pebo, ahd. pepano, bebeno (Graft 3, 321) : wir
gedenken der fisch, die wir aszent in Egyptcn vergebens, uns
kummen in das gemüt die kirbsen und bebencn, die lauch,
die zibelen. Keisersr. Sünden des munds 16', aus 4 Mos. 11, 5,
bei LcTHER so lautend: wir gedenken der fische, die wir in
Egvpten umbsonst aszen, und der körbis, pfeben, lauch, zni-
bel und knohlauch. *. pfebe.
BEBENELE, f. pimpinella, ahd. pibenella, bibinella (GR.\Fr
3,322), mhd. bibenelle (Bex. 1, 115'); im vocab. ex quo: pt-
penella est nomen herbe bebende, heule abwechselnd bibinell,
bihernelle, bimbcrnelle.
BEBENEN, timere, ahd. pipinün Irepidare (Graft 3, 21), mhd.
bibenen (Be?i. 1,115*): wer bebent nit den künig? Fra:«ii22.
BEBER, m. ein lug in der orgel, durch welchen den tönen
eine bebung gegeben wird.
BEBERESCHE, f. populus tremula, zitteresche, vgl. aspe.
BEBERLICH, Iremulus, bebarlich. Keisersb. bilgersch. 42.
s. das folgende.
BEBERN, in/remMcere, horrere, tterativ von beben, Staldeb
1, 150 schreibt bebbern, ror ^roj( die zahne aufeinander schla-
gen; erschrecken und fahen an zu zittern und zu pöpem.
ScHOCH stud. leben E 4 ; zitterte und heberte ;
sie beben) insgesamt
gleich hund«n um den löwen her. Bcrgrr 164*;
alle bebern vielmehr, wie hund in der nähe des löwea. 226'.
SriELEH 117 hat pfippem quasi bebem, anxium esse ut mulie-
res pavidae. vgl. puppern und sp. 557 ämielpopperle.
BEBESCHWANZ, m. molacilla. s. bachstelze.
1211
BEBESTIEN — BEBLUTEN
BEBESTIEN, aequare besliis: F. zu welcher gatlung von
bestien gehörst du? C. ich will dich bebestien. Gotter
3, 505. vgl. be I, 4.
BEBETEN, precibus celcbrare: dieser plan ward bebetet
und besungen. Hippel lebcnsl. 2, 237; nachdem er nun alle
heiligen orte betreten und bebetet. Göthe 6, 193.
BEBEVVAND, f. partes tremulus:
aus düstcrn klosterhallen schallen
verlialine seulzer und verhallen
an unsres berzens bebewand. Göthe 47, 184.
BEBILDEBN, imaginibus ornare.
BEBINDEN, ligare, timbinden, goth. bibindan, nnl. bebin-
den : sein haupt war mit einem tuch bcbunden.
BEBISAMEN, moscho imbuerc: die bebisamte luft. Brockes
1, 5; bebisamtes silber. 1, 171; ein süszes bebisamtes männ-
chen. Siegfr. von Lind. 1, 214. mhd. sagte man einfacher bismen.
(Ben. 1, 168').
BEBLASEN, libiis canere: man soll nicht alles besingen
und bcblasen.
BEBLATTEN, Iruncare olus foliis, abbiallen: ihre pflanzen
versetzen, begäten, beblatten. Lessi.ng 10, 276.
BEBLÄTTERN, ornare foliis, sich beblättern ornari: die
bäume beblättern sich schon; sie starreten fast unbewegli-
cher als diese unbeblätterte eiche. Lohenst. ylrm. 2, 265;
beblätien wie ein bäum. Uz 1, 106;
lieblich beblättert. Brockes 2, 64. 8, 195 ;
der dicht beblätterte weinbaum. RAMfcERl,22;
jeden bäum des lebens soll mein hauch beblättern.
RÜCKERT 12.
BEBLECHEN, laminis veslire: den kästen beblechen; be-
blechte gerichtsdiener ; es gibt am hofe viel beblechte herrn ;
sei lanff von wuchs, beblecht, und voll von wade,
das gibt verdienst! Gökingk 2, 207.
BEBLICKEN, conspicere: beblickt mich schönste äugen!
Piiobe, München 1C88 s. 6;
denn Hermionens leib, wie weit ihr ihn beblicket,
hals, bände, siirn und brüst sind perlen, milch und schnee.
LoHENSt. blum. 147 ;
ohne sehr vom dache gehindert zu werden, beblickte der
mond das innere des häuschens.
BEBLÜHEN, sich, flores induere:
wie sich der fels beblüht,
wie sich die weide zieht,
treibet gemach. -Göthe 40, 384.
BEBLÜMEN, flöte ornare:
und Flora heiszet es hier zweimal frühling sein,
behlümet zwier das feld. Opitz;
sind, Florinda, deine wangen ein beblümtes lustgehege,
gibt mein mund sich an zum gäriner, dasz er dieser blumen
pflege. LoGAu 3, 6, 11;
der neid, der insgemein den Stachel zu beblümen,
die tugend in dem sarg am liebsten pflegt zu rühmen.
Canitz 183;
bunt beblümt. Brockss 1, 106. 149;
die hügel und die weide
stehn autgehelltj
und fruchtbarkeu und freudc
beblümt das feld. Hagedor.'h 3, 109;
beblümt kein wahrer mai
0 Phyllis diese flur. Uz 1,73;
diese erd ist so schön, wann sie der lenz beblümt.
UöLTYin, 1;
drum, liebes paar, zagt nicht, eilt aut beblümter spur
zum altar, weil der lenz euch locket. Götter 1, 8t;
zwischen zwei boblümien Aussen. Gökühgk 1, 109;
aut schön beblümten auen. IlünGE>21, 6;
aut neu beblümten maucn. Göthk 3, 21 ;
die anmut iiires betragens schien mit der )M>bliimten erde
und die unverwüstliche heiterkeit ihres anliilzes mit dem
blauen himmei zu wetteifern. 26,15;
wenn mit jugüiidlichcn schaaren
wir lichlümte wegc gchn,
ist die weit doch gar zu schön. 56,71;
durch grüne blütcnvolle wiesen, reich
beblümt mit roscn. Scimi.ler 230'.
BEBLUTEN, cruenlare, nnl. bcblocdcn: den bodcn bc-
blutcn;
gez5nk und tod bringt Libitina
auf die beblutete scenc, Götz 2, 43,
BEBLÜTEN — BEBUSEMEN 1212
BEBLUTEN, was beblühen, florere:
ich seh des lenzes
grüne bäume froh dann, und froh des winters
dürre beblütei. Klopstock 2, 94;
wenn ich vorübergliit an hellbeblüteten ulraen,
schnee war die blume. 2, 244.
BEBRÄMEN, praelexcre, verbrämen: Brockes 1,257. 6,165;
wie ein cavalier in bebrämten kleidern. Fr. Mijller 1, 278 ; das
andre stück, die minne betitelt, scheint uns schon den feh-
ler zu haben, neuen geist mit alter spräche zu bebrämen.
Göthe 33, 61.
BEBRANDMALEN, stigmatis nola deformare: aber die räche
hörte darum nicht auf unmenschlich zu sein . . und die ge-
rechtesten siege zu bebrandraalen. Lohenst. Arnu 2, 1248.
BEBRÄUNEN, fuscare:
so musz ihr hild hebräunt von meinen schatten werden.
Lohenstein blum. 68;
hier im bebräunten pergamen. Göthe 41, 94.
BEBREITEN, late amplecli:
dasz er {der bäum) unser land bebreite
mit des scbatens grüner weite. Logau 2, 2, 3.
BEBRILLEN, perspicillo instruere: beprillet und schulsack-
behenkt esel auf stelzen. Garg. 18' f bebrillte gesiebter be-
gegnen einem allenthalben.
BEBRÜCKEN, amnem jüngere ponte:
die flut bebrückt. Brockes 1, 327.
BEBRÜTEN, incubarc: die eier sind schon bebrütet; wie
ein trüber nebel die erde bebrütet. Lohenst. Arm. 1, 378 ;
der geiz bebrütet gold zu sein und andrer plage.
Haller alp. 44 ;
ein köpf, in welchem fieberbitze die duokelheit bebrütet.
J. Paul grünl. proc. 35.
BEBUCKELN, umbone ornare:
hieng das schwert
mit gold bebuckelt um die schultern. Bcrcer 150*.
BEBÜCKEN? aber ehe man das pflaster auflegt, sol der
schaden mit einer flieden (phlebotomo) wol bebückt sein. Sed-
ier 302.
BEBÜNDELN, fasces imponere: jeder war bebündelt wie
ein esel. der arme mann im Tockenb. 138.
BEBUNG, f. vibratio Iremula: das was klinget hat eine
bebung oder hin und her gehende bewegung in sich. Leibnitz
421; es bleibt eine zitternde bebung oft noch lange zurück,
die wir ihrer eignen abschwächung überlassen müssen. Les-
sing 2,53; die bebung des seegrundes. Kant 9, 36; eine voa
dem boden des meeres geschehene bebung. ebenda;
die wallende bebung des schweigenden sees.
Stolbehg 1, 105;
zephyrs brachten mir alles bis auf die geheimste bebung zu.
Hippel lebcnsl. 2, 173; unter den bebungen der seelensaiten.
Claudius 109; jedes kühne gefühl, jede leise schüchterne be-
bung zu envidern. Schiller 201 ; die tödlichen bebungen einer
harmonika. J. Paul biogr. bei. 1, 67.
BEBÜRDEN, onerare: Annibal aber hielt nicht für thu-
lich die Deutschen und Gallier mit langer winlervcrpflegung
zu bebürden. Lohenst. Arm. 1,828; welch elende glückselig-
kcit, welche den leib zwar mästet, das gemüt aber bebürdet
und die secle besudelt.
BEBÜRSTEN, scopulis verrere.
BEBÜSCHELN: bunt bebüschelle bolzen.
BEBUSCHEN, BEBÜSCHEN, veslire virgultis: dick bebüschl.
Brockes 4, 3. 85. 6, 2t8 ; er erblickt mehr bebuschle als wal-
dige hügel. Göthe 22, 152 ; mein äuge schwelgte in lielrach-
tung der nähen und fernen, der bebuschten fi-lsen, der son-
nigen wipfel. 26, 177 ; wahrscheinlich bebuschic sich der wall
rings umher. 60, 188 ;
bebuschter wald verbreitet sich hinan. 41,138;
kühlen sclintten uns zu geben,
hat ihn wald umher bebüschl. GLBiasode67;
im bebuschten gartentcich. IIöltt 156.
BEBÜSCHUNG, f
ach nicht eitel wie sonst, grönsilberncr h.nnre bcbQschung.
Voss 2, 108.
BEBUSEMEN, cognalionem probare: auch so einer aus d»m
hof in fremden landen auswendig were und keine widerunib
in zwcin und sechzig jaren und konle sich beboesemen oder .
1213
BECH — BECHER
BECHERCHEN— BECHTEN
1214
belinien, dasz er ein rechter erbe were. weiath. 2, 240. vgl.
busen.
BECH, n. pix, pech, ahd. beb und peh ßr hülle (deutsche
mythol. 765, wogegen Graff 3, 323 unnOthige zxceifel erhebt),
mhd. bech (Bes. 1, 96'), altn. bik, schw. beck, ddn. beg :
Caron schenk im ein bech und schwebel. H. Sachs II. 2, 3'.
BECHBATZ, m. pue maculalus: bechpatz. Atreb /aWn. 84*.
s. batz.
BECHECHTIG, piceus, piceillUus: die Schuhmacher ... sn-
deln mit iren bechechtigen bänden darüber. Keisersb. nar-
reiisch. Hün. 203'. s. bechfisel.
BECHELN, fovere, mhd. Renn. 19972. 19981. s. bäclieln.
BECHER, m. poculum, calix, nach dem lat. bacar, baccar,
il. bicchiere, ahd. pechare (Graff 3, 46), mhd. becher (Bes. 1,
96'), nnl. beker, altn. bikar, schw. bägare, ddn. hager, (tuch
unser kelcb, ahd. chelih stammt aus calix. der goth. ausdnick
war stikis hörn, altn. stikill, woher litt, stiklas, sl. stklo ßr
glas, alle Völker scheinen ihre trinkgefäsze, wofür ihnen ge-
nug heimische namen zustanden, gern mit fremden benannt zu
haben , die sich auch durch geschenk und handel sehr leicht
weit verbreiteten, vgl. angster, das schon Helblinc 1, 661 hat.
Und ich hatte den becher Pharao in meiner band, und
nam die beer und zudruckt sie in den becher und gab den
becher Pharao in die band. 1 Mos. 40, H {vgl. fundgr. 2. 5S) ; es
asz von seinem bissen und trank von seinem becher. 2 Snm.
12. 3; denn der herr hat einen becher in der band und mit
starkem wein vol eingeschenkt und schenkt aus demselben.
ps. 75, 9 ; nim disen becher weins toI zorns aus meiner band
und schenke draus allen Tölkem. Jer. 25, 15; und ich satzte
den kindern becher vol weins und schalen für und sprach
zu inen, trinkt wein. 35, 5 ; und wer diser geringsten einen
nur mit einem becher kaltes wassers trenket. Matth. 10, 42;
ir heuchler, die ir die becher und schusseln auswendig hal-
tet. 23, 25. Luc. 11, 39 ; wer aber euch trenket mit einem be-
cher Wassers in meinem namen. Marc. 9, 41.
Becher scheint ursprünglich ein gefäss zum schöpfen des
Wassers oder weins und man kann einen becher wassers wie
ein glas oder schale wassers sagen, nicht einen kelch was-
sers, kelcb ist feierlicher als becher, becher feierlicher als
glas (doch sagt man blechbecher, holzbecher). es heiszl den
becher schöpfen, füllen, einschenken, zutrinken und ansetzen,
leeren, austrinken, ausgieszen; den becher heben, anstoszen,
bringen, stürzen, schnell in die kehle schulten, es gab ein
altes lied t'or» Störtebeker und Gödke Michel, auf das Fischabi
Garg. 97' anspielt:
hui Störz den becher, Gödeke Michel,
da hat der teufe! ein gleichs geworfen.
Br.\st narrensch. 291 gedenkt des pfeifens in den becher, wie
es auch heiszl den becher auspfeifen, einen pfif trinken, die
becher schäumen. Garg. S2*, palerae spumantes, rorantes:
tunc rorant scyphi desuper,
et canna pluii'musium,
et qui poiaverit nuper,
bibat plus quam sitjuslum. archipoela^X,
zur parodie von Es. ih, 9 rorate coeli desuper et nubes plnant
justum. da ich ihn mit einem becher wein tradieret habe
und er mir wol 20 zutrunk. Schcppfls S17 ;
dort stand der alle zecher,
trank leuie lebensglui,
und warf den heiigen becher
hinunter in die flui. Gothe t, 1S8;
lasz mir den besten becher weins
in purem golde reichen, t, 179;
.sioszt die becher heisz zusammen,
dasz es bis nach Deuuchland klingt! Mckkrt 2&4.
Anwendungen :
»erdcrbie weit, wie biure paben
schenkst du nicht unserm becher ein. kirclienlied;
des lebens becher zu (renieszen,
in welchen wol und wehe üieszen. Gotter 1,230;
was ist es anders als menschcnschicksal, sein masz auszu-
leiden, seinen becher auszutrinken? Göthe 16, 132; statt des
süszcn bechers der hebe den bitlern kelch der leiden. 19, 78 ;
lasz mich den becher des jamraers und der freuden, rief
Wilhelm aus, auf einmal trinken. 20, 89 ;
zu lief hat sie
den becher der liebe gekostet. Börckr 81*.
nach der gestalt hriszen auch andere ausgeholte gegenstände
becher: wie man in den ausgebrannten holen becher (cra<«r)
eines vuIkans hinunter blickL Gothe 18, 120. ein kleines masz
ßr flüssige und trockne dinge ßhrl den namen becher, auch
die hülse, worin die eichel steckt, s. gaukelbecher, giftbe-
cher, zauberbccher.
BECHERCHEN, n. poeillum :
ein verguidtes becherchen
voll freudenhist und heil. Hoffha.n.s ^eseUsch. lieders. 67
BECHERFUTTER, n. abax. Stieler 527. becherfutteral.
BECHERGLAS, n. unterschieden von kelchglas.
BECHERHELD, m. potator: wenn du ein so groszer be-
cherheld bist, als du rühmst. Fb. Müller 1, 163.
BECHERKLANG, m. clangor poculorum:
dein hochzeitschman.s
weiht dann das haus
mit becherklaiige ein. Gökinge 1, 273;
laszi lanienspiel und becherklang nicht rasten.
RÜCKERI 310.
BECHERLEERAUS, m. potator: ein ansehnlicher erbarer
mann und ein zimlicher becherlerausz. Garj. 19S'; fahrender
Schüler, becherlärausz, lilzelsalat. groszm. 62. in der zweiten
stelle mit anspielung auf baccalaureus und licentiaL
BECHERLEERER, m. dasselbe: den violverkerten, listwisen
maluistern, becherlärern und slubenstenkern. Friedr. Rieorers
Spiegel der waren rhetorik. Friburg im Brisgow 1493 fol. bl. 119.
BECHERLEIN, n. poeillum.
BECHERLEINSTELLER, m. joculator: becherleinsteller,
passiospieler, kflgleinschlucker. Fischart groszm. 88.
BECHERN, pocü/umstccari?, exhaurire, poculieren: da wir mit
des gouverneurs officieren noch etwa zwei stunden tüchtig ge-
bechert hatten. Felsenb.i, '2; mit denen sie noch discourier-
ten und becherten. 4, 86; auch wol eine gute stunde tüch-
tig gebechert. 4, 93; sie haben die ganze nacht gebechert;
er bechert gern, sie auch. Götz 2, 157 ;
an unsers himmlischen vaters tisch
greift wacker zu und bechert frisch. Göthk3, 282;
musz halt eins bechern. Fr. Mlller 1, 344.
BECHERRAND, m. margo poculi:
becherrand und lippen
zwei korailenklippen. REceert 342.
BECHERSCHWAMM, m. peziza, ein pils ohne stiel, u>ie
eine glocke oder ein becher gestaltet.
BECHERSTÜRZEN, haurire poculum, vgl. Stürzebecher.
BECHERTRAUBE, f. ein hölzernes Werkzeug der töpfer, wo-
mit sie tellem und schusseln gleiche tiefe geben, der grund
dieser bcnennung unbekannt.
BECHFISEL, m. ein Schimpfwort: von den bechfiseln in
des parzifants Guldimuth Mercurladen und gaukelsack, Über-
schrift eines capitels in Fischarts groszm. 87; o bechfisel I
Garg. 134'; bechfisel, grobe mistheinzen. 197'. .i. fisel und
bechbatz.
BECHNER, m. frangula, rhamnus frangula, noch viele an-
dere namen fülirend, z. b. faulbaum, sporkel, mausbaum: es
ist ein Strauch, davon die bienen viel nützung haben, bech-
ner, lateinisch frangula oder schiszbeerenholz. N. Jacob Un-
terricht von den bienen 1568.
BECHTEN oder BECHTELN hiesz im Elsasz und tu der
nördlichen Schweiz, also unter Alemannen, am schlusz oder
zu beginn des jahrs einen fröhlidien umzug durch das land,
und festgelage halten, die noch auf das heidenthum zurückge-
hen, da nun der feiertag selbst den namen Bechlclistag und
auch Berchtelistag, Berchtlistag ßhrl, so ist dabei natürlich
an die göttliche frau Berchta zu denken, die andern deutschen
frau Holda, und ein wolthdliges leuchtendes, gnädiges wesen
bezeichnet, das um diese zeit unter den menschen zu erschei-
nen pflegte, dazu stimmt das bairische perchtenlaufen, perch-
teflspringel zur ehre einer mehr schrecklich gedachten wilden
Berchta oder BerchteL der ausslosz des R in Bechte und hech-
ten, hechtein erfolgt wie sonst in focht ßr forcht, furcht, fo-
dern ßr fordern, weit für werlt und vielen andern Wörtern
und es hat weniger ßr sich, Bechte gleich der romanischen
Befana als eine volksmäszige personification aus epiphania her-
zuleiten, die sagen von frau Berchta sind deutsche mythol.
s. 250—260 gesammelt.
Der milden Bebte und des 'behtens after den gassen* ge-
denkt zuerst Conrad vom Daskrotsheiw in seinem 1435 abge-
faszten namensbuch. Brast im narrensch. s. 195 ron Bacchus
und seinem lustigen gefolgt redend, meint
von denen kumen ist sithar,
das man im land umb bächten far.
Keisersberc hal mehr denn eine anspielung: semliche ding
1215 BECHTEN— BECKELMANNSHAÜBE
vor weihenaclilen tluin, daj ist von beiden Iiie, wir haben vil
von beiden, etlicbe ding bat die cristenbeit abgthon. darauf
erzälilt er, wie man den Janus geehrt habe: eliich mit tanzen
und springen, ander mit stechen und mit danreis in die Stu-
ben legen, ander mit b echten, ander das sie einander ga-
ben schicken lebkuchen, wein &c. omciszil'; die ander schel
(an der narrenkappe) ist pulzenantlitter (larven) tragen, das
sein Ursprung bat von den beiden .... da must man hech-
ten (umgeiin und) »urst samlen, von Bacho kumpt das her.
pred. über das narrensch. 1520 bl. 153, «oc/i Brants auslegung.
in den stalulen der SIraszburger schiffcr (Okerlin 103) heiszl
es : als dann die bandwerksknecht oder knaiien nach alter
gewonheit in den winachtfirtagen gehechtet, und von einer
Stuben zu der andern, aucii frummen lüten in ir hüsere ge-
loufen sind gutzen und noisen, das so! ouch nit me sin.
auch Dasvpodius n' hat bäciiten, 302' hechten für bacchari,
wüten, hin und wider laufen und der Bächte tag bacchanalia.
merkwürdig ist die erwähnung des bechtens hei einem Schrift-
steller aus Hessen, wo man sonst nichts von frau Bechte, nur
von Holle weisz:
summa, jeder maclils auf sein best
und feirt also des Dachus fest,
sie rennen, siechen, ringen, fechten,
mit aller thorheit weidlich hechten.
B. Waldis päbstt. reich 4, 10 ;
und was meint Agricola spr. 238' in den Worten: fahe vil an,
bucht Kitzel? fahr nicht wild und müszig umher?
BECHTERMC.NZE, f. name eines buchdruckcrs zu Eltvil, aus
dessen presse 1469 und wiederholt 1477 der unter dem titcl ex
quo bekannte vocabularius latino teutonicus hervorgieng. Pan-
zer s. 57. 104. bedeutet bechtermünze bachmünze, metitha aqua-
tica oder ackermünze, mentha arvensis?
BECK, m. gen. beckes, rostrum, schnabel, kein hd. wort,
sondern nd., nnl. bek, franz. bec, doch mit bicken, picken,
rostro tundere genau verwandt: dann disz ist, wie die Sach-
sen sprechen, rechter speck für iren beck. Fischart bie-
nenk. 112'.
BECK, m. gen. becken, pislor, ahd. peccho d. i. peccbio
von pachan pinserc (Graff 3, 24), mhd. becke (Be\. 1, "(i*).
die flexion tritt deutlich vor in der novelle von Cisti fornajo in
Bocc. 2, 3 — 6, nom. beck, gen. dat. acc becken; den becken
dahin bringen. Wickram ro/Zw. 87'; liesz er den becken beru-
fen. Laürenberg acerra 231 ; helfen von hier, wie die becken
gebrauchen. SecterSO;
ach mutter liebe multer mein,
kein andrer soll mein eigen sein,
kein becken mag ich nehmen,
und hetl er gleich ein tonne gold ;
ich kauf mein brot beim becken. Fischart groszm. 32 ; die-
bische becken und müllcr. 88; gärtner, ackersleut, graber,
fischer, koch, becken, bierbrauer. Schuppids 715, oberdeutsche
schrißsteller, z. b. Hohberg verwenden das wart noch später,
namentlich in den ztisammen Setzungen brotbeck, semmelbeck,
zuckerbeck u. o. m., in der Schriftsprache ist es allmälich er-
loschen und durch becker verdrängt worden, schon Luther
schreibt nur becker. in dem häufigen eigennamen Beck, Bock,
Böckii haßel aber noch die hochdeutschere form.
BECK, n. pelvis, gekürzt aus becken, was man sehe:
peck, pursten, kamp, schwamm und pruch.
H. .Sachs 1,440";
auch so hat er weder sib noch die seck,
gieszvasz, angster, seichter, trachier noch kein beck.
Uhland 710;
HonnERC 1, 219' und oft. Schmem.er 1, 149. Maaler 52' schreibt
das becke, auch Kirchhof disc. mit. ein becke mit wasser,
und schon mhd. becke. Jw. 587. 593.
BECKE, f pislrix, ahd. pecchA, könnte sich vorfinden, ob-
schon kein beleg zur hand ist. s. beckin.
BECKELHAI;BE, /■. galea militum, bei Stiei.er 206. 792 hö-
ckeiiiaube, pickelhauhc : es wird das leben kosten dcnseibi-
gen die da sterben und alsdann werden sie kein beckelhauh
melir bedürfen. Fischart groszm. 141 ; braunschweigische glatt-
wollige gebichte bcckelhauben, darinit man die liüner auf dem
garten tod wirft. Garj. 119*; ja diese federfranken könnenden
ganzen leib mit der bcckelhauben im stürm decken. 127'.
BECKELMANNSHAÜBE, f. dasselbe:
ich hnb cm gut berkolmnnnshaubcn,
und auch gut blodeim.'inns hand.schucli,
hat) auch an ein hnnzere bruch,
zum hader bin gerüstet ich. IL Sachs IV. 3, 51'.
BECKEN — BECKER
1216
BECKEN, pungere, tundere, bicken, picken. Schm. 1, 150 •
gleichwie die englisch sackpfeif sprecken
und wie die reuszisch ruszpfeif becken.
Fischart grossm. 43 ;
unser beider abconlerfecl
in stein gehauen und gebeckt. Atbkr 325'.
BECKEN, n. pelvis, labrum, mlat. bacinus, baccinus, baci-
nefiim (Ducange 1, 526. 527), schon bei Gregor von Tours 9, 28 :
Brunichildis quoque regina jussit fabricari ex auro ac gem-
mis mirae magnitudinis clypeum, ipsumque cum duabus pa-
teris Jigneis, quas vulgo bacchinon vocant, eisdemque si-
miiiter ex gemmis fabricatis auro, in Hispaniam regi mittit.
hier also hölzerne schalen, mit gold und edelsteinen verziert,
ahd. peccbin (Graff 3, 30) und pecchi, mhd. becke und becken
(Ben. 1, 97"). man versteht darunter
1) ein ßaches gefäsz, um darauf wasser zu gieszen oder atich
blut zu lassen, handbecken, fuszbecken, barbierbecken, bart-
becken, kammerbecken, Waschbecken : und nemet ein püschel
isopen und tunket in das blut in dem becken. 2A/os. 12, 22;
UjQd Moses nam die helfte des bluts und tbets in ein becken.
24, 6; schalen, schiissel, becken, leffel und pfannen von lau-
term golde. 1 kön. 7, 50 ; das sie trinken und vol werden als
das becken. Zach. 9, 15; darnach gosz er wasser in ein be-
cken, buh an den Jüngern die füsze zu waschen. Joh. 13, 5
(welche stelle gothisch nicht einzusehn ist), dasz ein solches
becken auch von holz sein konnte, lehrt Gregor.
2) flache metallscheiben zum aneinanderschlagen und erkliu'
gen, cymbalum: mit solchem klang, als wan man sonst den
immen auf eim becken schlägt (um sie zu locken), bienenk.
240' ; becken der spielleute ;
die hellen becken musz ich schlagen
und ward von vielem weinen blind. Cl. Brentano.
3) flache Vertiefung der erde oder felsen, worin wasser ent-
halten ist, it. bacino, franz. bassin : thaibecken in einer land-
schaß ;
wie durch holer felsen becken weint ein bach.
Schiller 8*.
4) pelvis muliebris. die Zusammensetzungen mengen sich mit
den alten von becke pistor.
BECKENBAND , n. Verbindung der das becken bildenden
Iheile.
BECKENBLUTADER, f vena pelvis.
BECKENBUOT, n. beckerbrot, d. i. feil, nicht zu haus ge-
backen, unter den spielen führt Fischart 173 an : Memminger
vokatzer beckenbrot.
BECKENBUB, ni. socius pistoris mercenarius, beckerknecht,
beckerbursch : beckenbuben zu Basel, fischerbuben zu Strasz-
burg. Fischart groszm. 71 ; hurnauszenstürmig und brämen-
schwirmig wie die beckenbuben auf -der tatizlauben und dem
fechtboden. Garg. 82'.
BECKENFÖRMIG, wie ein becken gestaltet.
BECKENHÖLE, f.
BECKENKNECHT, m. was beckenbub: Wicrram rollw. 87;
mein mann alsdann in der mül ist
und auch mit ihm sein heckenknecht. .\trer fastn. 85*.
BECKENMAGD, f speirische beckenmägde. Garg. 273'.
BECKENMOR, /. scrofa pistoris, i. e. pinguissima: und da
müssen sie erst fürs drittmal mit öl geschmieret werden und
damit sind sie ganz volkommen, wie ein andere beckenmor,
und dürfen nit weiters, dan das sie der oberst über das feg-
feur auf fasznacht zu hau und für schunken in rauch auf-
lienk. FiscHART bienenk. 245'. vgl. beckermor.
BECKENSAU, f dasselbe:
sich füllen als die beckenscw. H. Sachs IL 2, 10" ;
ich hab mich bei im ausgemest
eben gleich einer beckensaw. IL 2, 25".
BECKENSCHLAGADER, f. arteria pelvis.
BECKENSCHL.XGER, m.
BECKENSPREISZEL, n. ramenta ligni ad fomacem calefa-
ciendum: der knecht trcgt etliche beckenspreuszel und brin-
nendc sciileiszen. Avrer fastn. 87*.
BECKENWEIB, w. pislrix, beckerin:
Cliaritns das jung becken weih. Atrer /aj(n. 85*.
BECKENWERK, n. IL Sachs IV. 3, 96'.
RECKER. ni. pistor, ags. bileere, nnl. baltker, altn. bakari,
schw. bagare, ddn. liagerc; auch Fisciiart grossm. 49 setzt
nudlenbacher, coleticbenhacher. und es begab sich, das sich
der schenk des könipes und der becker versündigten an irein
berrn. 1 Mos. 40, 1 ; da der öherst becker sähe, das die deu-
tung gut war. 40, 16 ; gleichwie ein backofen, den der becker
1217
BECKERBROT — BEDACHT
heizet, wenn er hat ausgeknetet Hos. 7, 4; aber ir becker
schleft die ganze nacht und des morgens brennet er {der
Ofen) liechter lohe. 7, 6. vgl. brotbecker, hofbecker, kuchen-
becker, pastetenbecker, semmelbecker.
BECKERBROT, n. was beckenbrot.
BECKERBURSCHE, m.
BECKEREI, f. pistrina.
BECKERFÜRTUCH, n. Garg. m\ 115*.
BECKERGASSE, f. platea pistorum : und liesz im des tags
ein leblin brot geben aus der beckergassen. Jer. 37, 21.
BECKERGESELL, m.
BECKERHANDWERK, n.
BECKERHAUS, n.
BECKERIN, f. pistrix: ewre töchter aber wird er nemen,
das sie apotekerin, köchin und beckerin seien, l Sam. 8, 13.
vgl. sträubleinbacherin, küchieinbacherin, leckerlebacherin. Fi-
SCRABT groszm. S3.
BECKERINNUNG, f.
BECKERISCH, pislorius : schererische schwegler, beckerische
ohrenfidier. Fischabt grosim. 88.
BECKERJUNGE, m. Uro pislor.
BECKERKNABE, m. dasselbe. Göthe 45, 254.
BECKERKNECHT, m.
BECKERLADEN, m. pistrina. Gökisgi 3, 128. Dahlmans
franz. rev. 284.
BECKERMÄDCHEN, n.
BECKERMEISTER, m.
BECKERMOR, f was beckenmor: wa köndten die pome-
riscbe säw und beckermoren gedulden, das inen die mens
also spannentief binden aus dem ars speck nagen, ja gar
nester hinein tragen und hochzeit darin halten, wann sie
nicht stäts im trog lägen? Garg. 4l'; Ton schwartbehauenen
Schweinen, unabgelertem speck, von beckermoren, ackerschwei-
nen. 53'.
BECKERSKüNST, f. pisloris ars:
ich ess ein selig brot, mit schweisz zwar eiogeieiget,
doch das durch beckerskunst und hereo hoch nicht steiget.
LoGAC 1, 3, 4.
BECKI.N, f pistrix, beckerin. Aibeb fasln. 84". Hohberg
3, 69".
BED, f siehe bede.
BEDACHEN, lecto legere: mit dem emtekranz von welken
halmen bedachet. J. Facl Knmpan. 19.
BEDACHT, pari, praet. ton bedenken, consideralus, allen-
tus, gebildet wie goth. anda{)ahts, ahd. gidäht, anadähti, mhd.
bedäht (Be5. 1, 344'), heute bedacht {wie bedacht, tectus) : es
ist alles vorher gesehen und bedacht; aber wenn es nun
fertig ist und unwiderruflich, dann heiszt es, es ist bedacht.
TiECK tischler 2, 7 ;
bedachter war der mutter gang. Pfeffbl 5, 166.
aus bedachtem rat. apost. gesch. 2, 23 ; das war wol, übel be-
dacht ; mit bedachtem mut. Keisebsb. Sünden des munds 51' ;
mit wol bedachtem mut. 22*. 23' ; deshalben so appellier und
beruf ich mich dieser schrift auf ein zukünftig christlich frei
concilium von dem obgenanten alierheiligsten bapst Leo, die-
ser sach nicht wol bedacht- und verstendigem. Lutheb 1, 352'.
heute, enger angeschlossen, wolbedacbt: eine abgefeimte Iphi-
genia weisz durch die maske ihr eigenes zauberwerk wolbe-
dacbt wieder zu zerstören. Schilleb 699.
Zumal verbindet es sich in dieser activen bedeutung mit sein
und werden : pis doch auf ein beicht bedacht I Hacpt 8, 533 ;
ich bin noch nicht bedacht (entschieden), ob es gut sei. Lo-
THEBS br. 5, 529 ; derhalben bezeugen wir hie CCfentlichen, das
wir die warheit zu verlassen nicht bedacht {gemeint). Me-
LA!«CBTB05 im corp. doctr. ehr. 370; steigt Taubmannus, der
länger alleine zu liegen nicht bedacht {willens) war, wieder
aus dem bette. Brandts berichl von Taubm. $. 40;
denn wir seind hie ^ar nicht bedacht,
das ein neus slin wird auTgebrachl. AracKlS'';
•cbUr, groszer kaiser, schlari wir beide {pax et juttUia) sind
bedacht {aufmerksam). Gömthe« 965 ;
ich war schnell bedacht {entschlossen) und reiste ab; wurde
sie kurz bedacht und kebrete i%-ieder um. Puilandeb 1, 30.
ganz verschieden ist das heulige bedacht sein {passiv genom-
men), s. hernach bedenken 2.
Auf etwas bedacht sein, für etwas sorgen, auf, an etwas den-
ken: ich war stets auf deinen vortheil bedacht; er war auf
nichts so sehr bedacht als auf ihre Verheiratung; du must
auf die ruhe deines alters bedacht sein;
BEDACHT — BEDÄCHTLICHKEIT 1218
so lange wil ich sein bedacht auf neue treue,
und. nicht bedacht nur sein, audh weisen in der that,
dasr dis mein herze sei, wie sichs erkläret bat. Fli«i!<g;
sind derowegen die königlichen räthe auf mittel bedacht ge-
wesen, wie man diesem unheil möchte begegnen, pers. ro-
senth. 1, 5;
singet ein vogel die ganze nacht.
wanimb bin ich denn auch nicht bedacht,
dasz ich den gütigen Schöpfer droben
sollte nicht auch eine stunde loben? 2, 22.
BEDACHT, adv. franz. considere que, wie angesehen, er-
wogen dasz:
bedacht, das sie kein bhelf nicht bauen
von winden. Fiscuabt (;{. seht/ 1151;
welchs gleichwol nit bestehn kan, bedacht, dasz die esel und
hauen kein bücher schreiben, bienenk. 120'; bedacht, dasz
das fleisch aus der verfluchten erden kompt. 148'; bedacht,
weil er in unvernünftiger, viehischer weis gelebt bette. 21S'.
BEDACHT, m. consilium, consideratio, gebildet wie andacht,
ahd. anadäht, welche aber f. sind: mit wie vil gröszerm be-
dacht richtest du deine kinder. weish. Sal. 12, 21; nach ge-
nommenem bedacht. Meuischth. rorr. zur Augsb. conf. ; da <
der glaub mit der martrer blut und mirakel bestelliget, keins
bedachts mer bedorft, weil die zeugnus der schrift vorhan-
den ist. Frank cAron. 318'; Simonides begert von Hiero ge-
firagt über dise frag, was und wer got war? ein bedacht eins
tags lang, paradoxa 1"; jetzt begert des gefangen fürsprech
ein bedacht. Fbonspebg kriegsb. 1, lO'; trt den weisthümern
häufig die formet: darauf die Schöffen bedacht genommen,
z. b. 2, 188.189. 3,754;
noch heint in unseroi bedacht stehn,
als wolt wir morgen hinaus gehn. Schmelzl Saui 30* ;
doch mit gutem bedacht. Fischabt bienenk. 175' ; mit groszem
bedacht. Garg. 108'; ohne weiteren bedacht. 200'; uns zur
deliberation räum und bedacht lassen. Atreb proc. 3, 5 ;
kühnheit mit vermessenheit
bringt es öfters noch so weit
als bedacht und wiizigkeit. LogacI, 8, 27;
bedacht wich dem genusz. Halles 140;
am mute fehlt mirs nicht, doch an bedacht fehlts dir. LKSsi<fc ;
mehr oder weniger lebhaftigkeit oder bedacht Göthe 38, 85;
hab auf den vater bedacht ! Voss Od. 18, 267 ;
aber mit klugem bedacht verbarg er des vaiers gebeimnis. 23, 30.
spur des f. zeigt sich bei Littheb' ich schreibe auch heim-
liche brieve, aber allzeit mit der bedacht. 4, 534*. einigemal
scheint auch das bedacht vorzukommen, s. vorbedacht
BEDACHTE, praet. von bedenken: bedacht sich eines kur-
zen rafs. Eulensp. 25.
BEDÄCHTIG, consideralus, providus : ein bedächtiger mensch ;
ein ungedültiger thut nerrisch, aber ein bedechtiger hasset
es. spr. Salom. 14, 17;
mit wie leichtem herzensregen
horchet ihr der glocke nicht,
die mit zwölf bedächigen schlagen
ruh und Sicherheit verspricht. Göthe 19, 197 ;
ein bedächtiger, langsamer gang. vgl. unbedechtig, inconside-
ratus. Mich. Neandeb menschensp. 102; gottsbedächtig. Simpl.
2, 296.
BEDÄCHTIGKEIT, f. die mutter der klugheit.
BEDÄCHTIGLICH, adv. considerate: ein kluges herz han-
delt bedechtiglich, aber die künen narren reden nerrisch. Jpr.
Salom. 15, 14 ;
und spricht zu sich bed.ichtiglich .
der arme mensch, er dauert mich.
Göthe auf Nicolais Werther.
BEDÄCHTLICH, «ras bedächtig: Sancho, auf seinem be-
dächtlichem pferde. Lessinc 7, 348 ; Tür solche empfindungen
gibt uns der heutige geschichtschreiber kalte, aber wenn gott
will, sehr zuverlässige belöge aus dem bedächtiichen kabi-
nete. 9, 83; den bedächtiichen gang republicanisrher Verhand-
lungen. Schiller 970;
was bedächtlich natur sonst unter viele vertheilet,
gab sie mit reichlicher band alles der einzigen ihr.
Göthe 2, 130.
BEDÄCHTLICHEN, adv. recht schweren ist, da ein mensch
war Schwert, bedechtlichen, bescheidenlichen, nit on not un-
zimlich. Keisebsb. Jönden d« munrfi 21'; wen einer schreibet,
so gat es gar bedachtlichen zu mit wol bedachtem mut. 22*.
BEDÄCHTLICHKEIT, f eircumspeäio, gravitas: ihrem wil-
den wunderlichen wesen selbst bei der bedächtlichkeit gunsl
zu erwerben. GOthk 17, 230; des fremden weiteres gcspräcb,
77
1219
BEDACHTSAM— BEDANKEN
BEDARBEN — BEDAUERN
1220
das er mit heiterer eigenheit und bedäclitlichkeit fortsetzte.
17, 319 ; diese bedäclitlichkeit nur das nächste ans nächste zu
reihen, haben wir von den mathematikern zu lernen, denn
eigentlich ist es die mathematische methode, welche wegen
ihrer bedächtlicbkeit und reinheit gleich jeden sprung in der
assertion offenbart. 50, 21.
BEDACHTSAM, was bedächtig: secht, darum ist M. Gen-
tian sehr bedachtsam gewest, das er von disen dingen nicht
viel hat wollen schreiben. Fischart bicnenk. 231' ; das tedeum
noch niemals bedachtsamer (anddchligei) und aufmerksamer
gesungen. Felsenb. 2, 169.
BEDACHTSAMKEIT, f. consideranlia, caiUio.
BEDACHUNG, f. tedum. Lohenstein vlrwi. 2, 1080; das haus
ist bis auf die bedachung fertig.
BEDACHT, BEDACKTE, s. bedecken.
BEDAGEN, tacere:
schweigen und beiagen. fastn. sp. 664, 4.
BEDÄMMEBN, tenebras obducere:
als die gnste des mahls von dannen geschieden, weil Luna
halb die Ledämmerte bahn der sonn erschritien.
BÜRGER 245*.
BEDÄMPFEN, 1) vapore mollire: diese stücke in einen topf
gethan, darauf geusz wegewarten wasser, lasz kochen und
bedempfe die äugen unter einem tuche. Bartisch 55.
2) comprimere:
da bednmpn ihm der buntgestickte riemen die kehle,
welcher ihm unter dem kinne den heim hielt. Biirger 211*.
BEDÄMPFUNG, f. eine gute bedempfung zu obgemeltem
schmerzen der augcn, recipe eibischwurzel &c. lasz sieden
und empfahe den dampf an die äugen. Bartisch 226.
BEDANK, w. consilium, bedacht: der bedank ist in einem
menschen behender weder in dem andern. Keisersd. irriif
schaflb; die gewonheit ist gleich dem bedank, wan volkuinne
kunst bedenkt sich nit, das sieht man in den Schreibern und
lautenschlahern. ebenda; traten sie sampllich mit einandern
ab, einen ratschlag zu fassen, nach gehabtem bedank und ge-
fasztem ratschlag. Würtz pract. 52. s. bedenk.
BEDANKEN, kommt ahd. mhd. nicht vor, so nahe beden-
ken, golh. bi|)agkjan, ahd. pidenchan, mhd. bedenken liegt,
worüber mehr unter dank und danken.
1) mit acc. der person, remunerari, belohnen:
die Schönheit wird allein' mit dieser frucht bedanket.
Weckherlin 721 ;
lud wird schlecht von uns bedankt, mehrentheils mit fluch
und spot. LoGAU 2, 8, 52;
Mali wil mehr nichts gutes thun, weil er nie nicht wird bedankt.
3, 5, 58.
2) mit düL der person, aec. oder gen. der sache:
so Wirt es im bedanket wol. Mörin 15 ;
wir bedanken euch alles guts. Ayrer 360* ,
er hat ihr seine wolfahrt zu bedanken {danken, verdanken).
Opitz Arg. 2, 297. mit ausbleibendem dat. :
erlauchte fiirsten, eurer gegenwart
^ei unserm heulgcn feste seid bedankt!
UuLAMD Ernst von Schwaben s. 29;
er präsentiert seine geschenk, aber sie wurden wol bedanket)
doch als zu unmäszig nit angenommen. Garg. 268*.
3) sich bedanken, gratias agere.
a) mit gen. der sache: ich bedank mich aufs demütigst ich
kan gegen euern gnaden des gnedigsten und gütigsten wil-
lens, aus welchem diese vermanung und erinnerung her-
fleuszt. Luther 1,446'; und bedank mich gegen e. gn. beide
der gunsl und freundschaft von mir unverdient. 2, 207'. br.
2, 305; in zwo schachteln, der ich mich fleiszig gegen euch
bedanke. 4, 178 ; das er sich schon gegen im widerum er-
langter gesundhait bedanket. Meussi;s ps. R7'; und bedankt
sich des beschcids. Ayrer proc. 1, 6 ; ich bedankte mich sei-
ner guten neigung. Simpl. 1, 18t; sich ehrenschuldigst bedan-
ken, unw. doct. 389 ; sich der gunst bedanken. Musaeus 3, 137.
b) mit der praep. für: bedanke mich von herzen für ihre
gute affection gegen mich. Schupi'ius 272 ; wir bedanken uns
Tür alle cmpfangnen wdllhaten.
c) dieses sich bedanken drückt hdttfig ein höfliches ablehnen
mit ironie aus: ich bedanke mich schönstens dafür, mag
nichts damit zu schaffen haben; er wird sich dafür bedanken,
wird es ausschlagen ; sie wollte einen mann haben, aber für
einen krüppel bedankte sie sich; du sollst dafür bedankt
sein ! prosit die mahlxeit l
BEDARBEN, egeri, darben, ein seltnes worl: lasse inen
die zinse, so lange sie leben und bedarben. Luthers br. 2,
659. s. bederben.
BEDARF, praet. mit praesensbedeutung von bedürfen.
BEDARF, m. indigentia, res necessariae, weder ahd. noch
mhd., das nnl. bederf n. bedeutet interitus, Verderb; nahver-
wandt ist unser bieder = ahd. piderpi, mhd. biderbe, bederbe
utilis. zuerst hat bedarf Hexisch 230 für nccessilas, egestas.
StiEler 280 gibt die Zusammensetzungen gcldbedarf, kunstbe-
darf, freundebedarf. Adelung hielt es schon für veraltet und
nur canzleimäszig, die spätere zeit hat ihm besser aufgeholfen :
nimmt auch wol den bedarf von roher baumwolle allenfalls
an zahlungsstatt. aber nicht allein den bedarf an rohen
Stoffen holen die marktleute in der Stadt. Göthe 23, 172 ; nach
örtlichem bedarf, denkschr. des fr. von Stein 66 ; mein Vorrat
übersteigt den bedarf, i. baubedarf, brotbedarf, bolzbedarf 7t. s.».
nichts unbändiger doch, denn die wut des leidigen mngens,
der an seinen bedarf mit gewait jedweden erinnert. Voss, nacÄ
r] r ixelsvae So fivriaaad'ai avayxT]. Orf. 7, 217;
nie auch möge des Schwertes bedarf dir entstehen in Zukunft,
/iTjSe ri rot ^i^sös ye Tto&fj fisxoniad'B ys'votxo. 8, 414 ;
sein {des menschen) bedarf ist viel. Platen 196.
BEDARFSWISSENSCHAFT, f. disciplina ad viclum quae-
rendum culla, brotwissenschaft : sobald etwa die eine oder
andere ilzige bedarfswissenschaft sich mehr, als bereits ge-
schehen, von dem ansehen alter Schriften und deren ausie-
gung losmachte. Wolfs mus. der allerlh. 1, S9.
BEDAUBEN, laminis instruere. Garg. 57'.
BEDAUCHEN, s. betaueben.
BEDAUCHTE, praet. von bedünken.
BEDAUERLICH, miserandus: hielten den armen bauers-
mann zur bedauerlichen sclaverei. Grvphius 1, 344; der Vorfall
ist bedauerlich.
BEDAUERN, früher BEDAUREN, dolere, misercri. in dieiem
wort, wie in dem einfachen dauern, wenn es ähnlichen sinn hat,
wird ganz falsch D für T geschrieben, und dadurch nicht nur
Vermischung mit dauern durare herbeigeführt, sondern auch der
Zusammenhang mit theuef d. i. teuer verdunkelt (Stiele« 283
will umgekehrt dauren dolere von tauren durare unterschieden
haben), die mhd. form lautet betören = tiure wesen, viel ko-
sten, mich betöret, mich kostet. Parz. 230, 7 ; sine bete niht
betöret, es war ihnen nicht zu schwer geworden. 351, 25 ; dag
töret mich allej kleine, das dauert mich wenig. Flore 4096;
in lülzel töret. 4439 ; in verdörle nie dehein kleit, ihn dauerte
kein Meid. Herb. 3081 ; er lieg sich es nieuht fertören, er lies:
es sich nicht dauern. Diemer 208, 10; lieje si der zähere niht
betören, fundgr. 2, 23, 33. aber dö tiuret in daj cjjen, da
ward ihnen die speise theuer, selten. Lanz. 144 ; Walweinen
niht betiurte, dauerte, verdrosz es nicht. 2400. t« Albbechts
Tit. wird geschrieben betouren : die niht betouret, nicht dauert.
4472, und merkwürdig
Avers im gewesen teure, es het in liht betouret,
der edel kunic geheure schuof daj dirre garte wart umbmourct,
d. h. hätte ihm dran gelegen, es hätte ihn gedauert. 4817.
dieser unterschied zwischen tören und tiuren d, i. tauern und
teucrn ist ßr den Ursprung des wortes tiure nicht zu über-
sehen.
Die Schreibung D zeigte also nur Herbort einmal, der ins
nd. neigt, wie sich auch nnl. duren durare, duur perpetuilas
und duur = dicr carus schädlich mengen; dem hd. aber wäre
dauern durare, betauern dolere und teuer caru« angemessen,
das ridilige tauern schrieben noch Weckiierlin, Fleming, Les-
sing {nur dasz er 12, 348 es falsch aus trauern leitet) und andere.
Bedeutung und gebrauch.
1) früher sagte man unpersönlich mich bedauert eine» dings,
ich lasse mich etwas bedauern, mir etwas leid sein:
so in seit! schenk so vast bedcurt. Rrant narrensch.;
stelst oft eim nach, bcdmirt dich nicht
der huhd und vogcl, di« rnsz abriebt.
trngödie »on Hell. Sürnberg 154t. B ;
dnrumb sol sich kein herr bedauern lassen, was im auf die
schanzbauwern geht. Fronsperc kriegsb. 1,85'; er laszl sich
nichts bedauern. Hkdion com. vorrede; mnsz derowegen einer
sich nicht heduuren lassen, den erfahrnen wundarelen nach-
tuziehen. WllRTZ praet. 4 ;
laszi euch mein elerids gschrcl bedntim.
Avre» f«sln. .ip. 9';
1221
BEDAUERN — BEDECKEiN
BEDECRGELD — BEDENKEN
J222
CbaroD, der die reichiumb achtet
ais einer spinadlen spitz,
lasset sich die arme bawren
wie die herren seibs beiawreo. Wkcuirlin 413.
2) transitiv bedauera, dolere:
als dein volk ganz trawrig dich betawret. 1S5 ;
und (l. uns) selbte zu betauren
gebührt uns ewig zwar. Fleming 2;
0 ich belaufe ihn, mein lieber vogt. Lessixg 1, 324; ich be-
lauere um so viel mehr. 1, 565; betauern sie mich. 2, 125;
der dichter betauret in dieser ode den verlusl oder die ent-
fernung einer geliebten. 3, 25; sie bedaurel (hier wird der
Setzer die Schreibung geändert haben). 4, 229. 3, 310. zumal
hO/lichkeitsicort : ich bedaure unendlich, bedaure damit nicht
dienen zu können u. s. w.
BEDAUERN, n. miseratio: jedermann hatte bedauern mit
ihm. Schiller 1100 ; ich erfuhr es mit bedauern.
BEDALERNIS, f. desiderium, franz. regret: unter abwech-
selnden ausrufungen des hohns, der Schadenfreude und einer
noch weit kränkendem bedauernis. Schiller 715 ; die bedauer-
niSj welche sich in unsere empfindung mischt. 1191 ; entschul-
digiingen, anklage, bedauernisse. Göthe 32, 35 ; den geist der
räche milderte milleid und bedauernis. Mcsaecs 4, 42.
BEDALEKNSWERTH.
BEDALEHSAM, was bedauerlich.
BEDALERL'NG, f. ich brauchte bedaurung. Schiller 707;
hohrath Jagemaan stirbt zur bedaurung tod Weimar. Götoe
32, 184.
BEDE, f. petitio, rogatio, precaria, eine niederdeutsche, auch
von tat. schrißsteilern gebrauchte form, stall der ahd. peta
(Graff3, 57), ni/id. bete (Ben. 1, 171). doch stehet Fierabr. a^:
geweret mich einer bed, und Alberus setzt an : vectigal, bed.
H. Sachs I, 155 hat sogar ein m.
durch der burgerschafl groszen bnt(:rät).
in der gerirhtssprache herscht bede vor (Haltaüs 156. 157, der
doch selbst bete aufstellt), Adelung schreibt tadelhaß bethe.
man unterscheidet alte und neue bede, landbede, herbslbede,
haferbede, kubbede «. s. w. s. bedhaftig, bedpflichtig.
BEDE, s. beede, beide.
BEDECKEN, legere, contegere, ohtegere, ahd. pidecchan,
mhd. bedecken, nnl. bedekken. gleich dem ahd. mhd. prael.
pidacta, bedacle hegen auch noch einzelne der früheren nhd.
Schriftsteller den rückumlatit : bedackten damit ire schäm.
Keisersb. Sünden des munds i-2* ; es begab sich, da^ der bra-
der an das totbelh kam, der heller erschin im und ward vor
seinen äugen so grosz, das er den bimel bedackt. 65';
in dem das pferd so stund, das er gelassen hatte,
und solches wol bedackt des minenbauines schatte.
Werders Ariost 6, 46.
Luther aber schreibt bedeckte und im part, bedeckt.
1) sinnliches zudecken, überdecken, einhüllen: der himmel
bedeckt die erde, wölken bedecken den himmel; schnee be-
deckt die erde, dichter wald das gebirge, gras den boden,
erde den leichnam ; bäume bedecken das land, blumen den
rasen ; der mantel bedeckt die schulter, der hut das haupl,
der schuh den fusz, das tuch den tisch, der leppich das
zimmer, das dach das haus, die ziegel das dach, der deckel
den krag: in der allen ee musten die Juden alle krüg be-
decken. Keisersb. iünrfen (ics niunrfs 75'; sihe, so wil idi mor-
gen heuschrecken komen lassen an allen orten, das si das
land bedecken. 2 Mos. W, 5 ; da fiesrestu deinen wind blasen
und das meer bedecket sie. 15,10; das der nebel vom rcuch-
werg den gnadenstui bedecke. 3 Mos. 16, 13 ; mein gehein han-
get an meiner haut und ficiscb und kan meine zeiie mit der
haut nicht bedecken. Hiob 19,20; das gepüsch bedeckt in mit
seinem schatten und die bachweiden bedecken in. 40, 17;
denn sihe finsternis bedeckt das erdreich und tunkel die vrti- I
ker. £«.60,2; eins jeglichen leib bedeckten zween flügel. |
£2.1,23; Schilf bedeckte mein heubl. Jon. 2, 6; also das j
auch das schiflein mit wellen bedeckt ward. Matlb. 8, 24,
goüi. svasvc jwla skip gahuli|i vair|)an frain vegim, ahd. so
tba; tha; skef ward bithekit mit tben undon. hüllen und de- !
cken verhalten sich wie celare und tegere. bedeckte günge,
wege sind schattengänge, wo laub und äste die sonuentlraklen
nicht durchdringen lassen, engl, covered ways ; der himmel ist
bedeckt, es wird euem äugen nichts schaden. Gütuc 14, 86.
2) bedecken, von grOszern vierfüszigen thieren wie rossen,
hirschen u. s. w., salire {vgl. belegen, beschlagen, bespringen),
(ranz, couvrir, eugL cover: die bindin, stute ist bcdcckL
3) wetdmännisdi, die hunde bedecken die sau, packen sie.
4) bildlich, wir waren zu schänden worden, da wir die
Schmach hören musten und die schände unser angesicht be-
deckt. Jer. 61, 51; selig sind die, welchen ire sünde bedeckt
sind. Rom. 4, 7; wird bedecken die menge der Sünden. Jac.
5, 20 ; sie {die geistlichen) können mit ihren laugen mäWeln
viel dings bedecken. Schüppils37; unter welcher seiner larve
viel laster bedecket werden. 775 ; Rom, Frankreich und Parma
bedecken mich. Schiller 161 ; jetzt kam alles darauf aa, durch
eine feste, zuversichtliche spräche die unmacht des reich» zu
bedecken. 970; Beata bedeckte einen seufzer mit ihrer stei-
genden brüst. J. Paul uns. löge 3, 27 ; in der osterwoche trügt
sie ihr herz voll bedeckter sorgen nach Maienthal. Hesp. 3,
24 ; da er an alle ihre bedeckten lugenden auf einmal dachte.
3, 83.
5) sich bedecken :
den (nur) einer kund sich nit bedecken (lerbergen).
fastn. sp. 548, 18 ;
bedecken sie sich, setzen sie auf, couvrez vous!; der wald
bedeckt sich mit laub, der himmel mit wölken; sich mit
rühm, ehre, schmach, schände bedecken:
schwarz bedecket sich die erde. Schiller 79';
das ungeheuer an bosheit
hat sich selbst mit schände bedeckt. Voss Od. 11, 433.
BEDECKGELD, n. zu entrichten an den eigner des ieng-
stes, der eine stute bespringt. ' Hannüv. gesetzsamml. 1844. s. 93.
BEDECKUNG, f. operimentum, velamentum, nach allen be-
deutungen des bedeckens: bedeckung seines hauptcs. Wick-
ram rollw. 93' ; und so er ein schwarzes kleid von gutem der-
bem landtuche und einen prieslerrock hatte, glaubte er, er
sei nun seiner bedeckung mehr nichts benülhigt. Leipz. aven-
tur. 18 ; man mage aber wol curam pallialivam brachen, das
ist als vil gesprochep als ein bedeckung. Gebsdorf feldb. 91;
zu bedeckung der briicke wurden an beiden enden starke
basteien aufgeführt. Schiller 866; die reisenden durchzogen
den wald in bedeckung von sechs Soldaten; die gefangnen
kamen unter starker bedeckung an ; der oberst gab uns zehn
mann bedeckung mit.
BEDEICHEN, aggere circumdare.
BEDEINEN.
Veitel. is«h Lotte mein, isch alles meia.
WcUler. dein ? ja ich will dich bedeiaeo.
F». MCLLER 1, 269.
s. be l.
BEDEMERUNG, /■. crepusculum, ddmmerung, nach der al-
ten, guten schreibwäse findet sich noch in handschriplichen
glossaren.
BEDEMMERN, vesperascere. Stieler 290. s. bedämmern.
BEDE.MUND, niederdeutsch, s. bettmund.
BEDENK, m. was bedacht, consilium: darauf haben die
hubscheffen nach wolbedachlem bedenk uf ire gethan eide . . .
gewisen und geofifent. weisth. 3, 741 ; denn wie künd man sich
für den falschen propheten hie hüten, wenn man ir lere nicht
soll in bedenk nemen, richteo und urteilen ? Luther 2, 254' ;
und mügen doch nicht leiden, das man ein wenig an irer
himelischen stim und gottes werk zweivel oder bedenk neme.
2, 457*. br. 2, 540. i. bedank.
BEDENKEN, considerare, cogitare, ahd. pidenchan, mhd.
bedenken, praet. bedachte, nnl. bedenken.
l) etwas bedenken, erwägen, überlegen, etwas wol, übel,
ernstlich bedenken: wie denn einem menschen ein schwur
enlfaren mag, ehe ers bedecht. 3 Mos. 5, 4 ; bedenkt, was der
herr dein gott thet mit Mirjam. 5 Mos. 24, 9 ; lere uns beden-
ken, das wir sterben müssen, ps. 90, 12 ; was du thust, so
bedetxke das ende. Sir. 7, 39; so würdest du auch beden-
ken, was zu deinem fride dienet. Luc. t'J, 42 ; ir wisset nichts,
bedenket auch nichts. Joh. II, 50; was deine band und rath
zuvor bedacht hat, das geschehen soll, apost. gesch. 4, 28 ;
sollicher verstand, meinung und will soll in allen nachgeen-
den inins ratschlags reden und allen minen Schriften be-
dacht, uszgenominen und hindangesetzt sein. Becchli.x verst. 3' ;
der get hinan, als sei er blind,
bedenkt trauriges endes Bit. H. Sacbs Hl. 3, 5* ;
derhalbcn habens die h. välter sejir weislich bedacht. Fi-
schart bienenk. 4l'; man wolt im gl«ich zur stund ein solch
loch und kätig weisen, darin er anders het dicitiea und sin-
gen lehrnea und des bapsts macht bedenken. 42'; bedenket,
ob nit die bewegung der wägen oder last können durch be-
wcglicl»e segeltiicher fortgebracht werden. Scncppius 706;
1223
BEDENKEN
BEDENKFRIST— BEDEÜT
1224
was von menschen nicht gemist
oder nicht bedacht,
durch das labyrinth der brüst
wandelt in der nacht. Göthe 1, 112.
freut sich, dasz er das eeld nicht wie der Römer bedenkt.
1, 261.
2) einen bedenken, consvlere, prospicere alicui, leas über-
geht in begaben, beschenken:
wir wollen alle mild
für angewendten fleisz mit ehr und gut bedenken.
Gryphius 1, 410;
der uns bedacht mit gesunden gliedern. Paul Gerhahd n* 82;
wiltu der weit guter wol genieszen, so bedenke auch andere
damit, pers. rosenth. 8, 2 ; ich wil dich viel mit einem besse-
ren (dienst) bedenken. Schuppiüs 412; die nächsten freunde
im testament ordentlich zu bedenken. Weise erzn. 2; ein
mädchen von vierzehn, das gott mit fünf bis sechs sinnen
bedacht. Wieland 4, 54 ;
hier sind, so scheint es, wandrer wol bedacht,
denn jeder fände pfad um mitternacht. Göthe 3,140;
der alte wollte die gaben, womit er auch sie bedacht, vor-
weisen. 18,4; die Justiz bedenkt zuvörderst sich. 7, 63;
ist wol der ein würdiger mann, der im glück und im unglück
sich nur allein bedenkt. 40, 249;
ich habe in den nächsten zehn bis zwölf tagen manches in
allerlei geschäften nachzuholen,, alsdann hoffe ich die boren
und den almanach am besten zu bedenken, an Schiller 173 ;
sie singen:
der gute geist hat uns bedacht. Voss 5, 198;
der in seinem letzten willen ihn väterlich bedacht hatte.
Stolberc 10, 135.
3) man sagte ehmals auch einem etwas bedenken ßr das
heutige zudenken, bestimmen:
dem, der da kompt ohn groszen pracht,
des kaisers tochier ward bedacht. Alberus 142.
4) sich bedenken, sich besinnen, oft ohne casus, aber auch
mit dem gen. oder praeposilionen: mir starb ouch min vatter
so zittlich, das ich mich nit mag bedenken, das ich in ie
gesüchen hab. Tno. Plater 5; do mag ich mich worlich be-
denken, das ich bi einer (base) was, die hiesz Margret, da-
selbst; sprichst du, eh ich mich bedenk, so bin ich heraus,
ursach ist der Schlüssel zu dem mund, der ist dir zu nahe.
Keisersb. Sünden des munds 52"; nu bedenkt euch über dem,
und gebt rat und sagt an. rieht. 19, 30 ; so sorget nicht was
ir reden soll und bedenket euch nicht zuvor. Jtforc. 13, 11;
und als ein red die ander bracht,
zu fragen ich mich des bedacht. Schwarzenberg 150, 2 ;
ich habe mich zweier wege bedacht, diesen wünsch desto
eher zu erreichen. Lessing 9, 4; so bedachte er sich zugleich
eines grundes von dieser undeutlichkeit. 8, 324 ;
und zuletzt musz ich mir sagen,
wenn ich mich bedenk und fasse. Göthe 1,64;
still bedenk ich mich und frage,
wer mag der abgeschiedne sein? 9, 123;
wir wollen des uns bedenken. Stolberg 12, 51. dies sich be-
denken oder besinnen kann natürlich auch einen zweifei und
anstand oder geänderten entschlusz ausdrücken: ich bedenke
mich das zu thun, stehe noch an, zaudere; ich habe mich
jetzt bedacht, bin jetzt anders entschlossen ; ihr bedenkt euch?
ihr nehmt anstand? man sagt gleichwol ausdrücklich: ich habe
mich eines andern, eines bessern bedacht.
BEDENKEN, n. deliberatio, dubitatio, nahe ■ dem bedacht
und bedenk: darauf s. kui-f. gn. inen hat lassen anzeigung
geben, sie wollen ein bedenken in der suchen nemen. Lu-
ther 1,317*; denn Paulus straft die Corinther nicht umb des
unwirdigcn bedenkens willen am leiden Christi. 3, 503; die-
ses büchlin habe ich gerne gesehen und habe es aus einem
bedenken wider in druck geben. 5, 258' ; darum ziinct es sich
seuberlich in der Sachen zu faren und in bedenken zu ne-
men, br. 4, 477 ; es hat bapst Pius dis wort aus groszem be-
denken geredt. Melanchth. augsb. conf. im corp. d. ehr. 21 ;
die groszen Hansen, welche das allerheiligste evangelium wol-
len in ein bedenken nemen, disputieren und vermeinen, ob
es auch gewis war sei. Casp. Güettel von evangelischer war-
heil. Zwickau 1523. 4. A'; in ein bedenken nemen und in
einen zweifei setzen. A2'; ist er gnadigen bedenkens (hat er
sich gn. bedacht) euch alsdann bei allen alten gerechtigkeiten
zu lassen. Kirchhof mt/. di5c. 87; aber die h. kirch hat noch
ein ander bedenken hierin gehabt. Fiscbaht bienenk, W ; aber
nicht umb der zehenden willen, sondern aus eim andera
bedenken. 148"; graf Rudolf von Habspurg bedenken in Ita-
lien zu ziehen. 216';
ich solle zwar die zeit so nichtig zu vertreiben,
die feder seit ich auch vergeblich abzuschreiben
noch in bedenken stehn. Logau 3 2U(/. 5. 214;
Vagus liebet weiber, witwen, Jungfern, mägde, was ihm körnt,
christenlieb ist so geartet, dasz sie kein bedenken nimt. 3,221;
es ist unser treuer rat, väterliches bedenken und Verord-
nung, dasz sich unsere söhn in alle wege für krieg wollen
hüten. ScHüPPius 391 Otts Philipp des groszm. von Hessen te-
stament. bedenkens {wie aufhebens, aufsehens «. s. w.) ha-
ben. Simpl. 2, 369 ; bedenkens tragen. 2, 379. 437. das kann
man ohne bedenken thun ; ich habe kein bedenken dabei ;
ich würde mir bedenken machen, bedenken tragen, o/l auch
im pl., rechtliche bedenken; es sind manche bedenken da-
bei ; er hat immer neue bedenken.
BEDENKFRIST, f. aber sie gaben beiden theilen noch eine
bedenkfrist von einem monat. Lohenst. Arm. 2, 366.
BEDENKLICH, dubius, suspectus, suspiciosus: aus bedenk-
lichen Ursachen. Schweinichen 2, 213 ;
war eine Schönheit zart und schwach.
auch wunderreich und hochbedenkllch,
doch auch, wie alles fleisch, zergänglich.
WECKHERLiNps. tiorrede;
doch, dein äuge blickt bedenklich. Bürger 74';
dieses gedieht zu bedenklicher zeit und stunde aufgeregt. Göthe
4, 186 ; selbst diejenigen handwerker, welche zu bedenklicher
zeit an der Ordnung gehalten, waren (in Frankfurt) rathsfähig.
48, 78 ; bedenklichstes. 49, 15 ; er führte sich so vornehm auf,
seine reden waren oft so geblümt und bedenklich. Tieck 3, 71.
BEDENKLICHKEIT, f. dubitatio, scrupulus : du hast immer
bedenklichkeiten ; deine bedenklichkeit soll gleich schwinden.
BEDENKLICHKEITSKRÄMER, m.: in ihrem theatralischen
bauwesen werden sie sich durch die bedenklichkeitskrämer
nicht irre machen lassen. Schiller an Göthe 479.
BEDENKÜNG, f. consideratio, erwägung : in bedenkung, das
falsche Zeitungen in das land zu bringen soll verhüt werden.
Fisciiart groszm. 13; in bedenkung, das den achzigsten tag
nach der empfängnus dem embrion, so es ein weiblin ist,
die seel eingegossen wird. 74 (vgl. Philipps Maria 329 — 335) ;
in bedenkung dessen, bienenk. 111* ; in bedenkung (erwägung).
Garg. 23l'; das gesicht ist in deinem haupte, die bedenkung
(denkkrap) im herzen, pers. baumg. 7, 3.
BEDENKWÜRDIG, altenlione dignus : dieser so grosze.hauf
bedenkwürdiger und wichtiger Ursachen. Kirchhof mil. disc. 264.
BEDENKZEIT, f. spalium deliberandi: bedenkzeit nemen.
Kirchhof mil. disc. 213 ;
merkt, ihr zeugen, dasz der erbe
um bedenkzeit gar nicht werUe,
wil das erbe treten an,
wann er soll und wann er kann. Logau 1, 8, 20;
bedenkzeit ausbitten. Pierot 2, 100; nach drei tagen, die er
mir zur bedenkzeit gebe. Wieland 12, 118.
BEDEPFLICHTIG, was bedhaft.
BEDERBEN, perdere, consumere, verderben: damit ir die
bröcklein aufliebet und den durchlasz nicht alle wochen zwir
oder dreimal bederbet. Mathesius 24*; das feber bederbete
mich nicht so (nahm mich nicht so mit). Mich. Neander be-
denken 9 ; Stieler 321 hat bederben usu conlerere. vgl. be-
derben, verbrauchen, verwenden, in Köpkes gloss. zunt pass
s. 697'.
BEDEUCHTEN, vidcri, eine aus dem organischen bedauchte,
prael. von bedünken, neu gebildete, fehlerhafte praesensform,
deren praet. dann bedeuchtete heiszt, folglich das kennzeichen
T doppelt setzt: es bedeuchtet mich, mihi videtur, für be-
dankt mich; es hat mich bedeuchtet, visum est mihi;
ob eine red uns schön und künstlich gleich bedeucht,
so ist sie doch ein wind, der hin zum winde zeucht.
Logau 1,2,76;
ich habe die ehre gehabt, den fürstlichen hof zu Wolfenbüt-
lel zu sehen, und hat mich bedeucht, dasz ich kommen sei
an den hof des löblichen kaisers Theodosii. Schuppius 464.
auch Lohenst. Arm. 1, 195.
BEDEUT, significatus, ßr bedeutet, auf mhd. weise, zumal
wenn flcxion hinzutritt: wer nun dise figur und bedeulung
für das bedeul ding nimpt u. haben wil. Frank wellb. 124* ;
sonder wie die lilg hat kein dorn,
die bei der krönen ist bedeul. Atrer 129*;
als ich mehr bedeules instrumcnt gebrauchte. Simpl l, 219;
1225
BEDEUTEN
den rubin, der auch des bedeuten Juden gewesen. 1, 401;
umb bedeute zeit. Schdppics 557. auf ein mhd. adj. bediute,
nach analogie ton gediule (Bes. 1, 327'), läszt sich nicht zu-
rückgehen, man sehe unter den belegen des folgenden Kortt
bedeut = bedeutet.
BEDEUTEN, significare, mhd. bediuten (Be.t. 1, 32S*), nnl.
bediuden, schw. betyda, ddn. betyde, ein vort der häufigsten
anttendung, ton dessen Ursprung unter dem einfachen deuten
zu handeln ist.
1) etwas bedeuten, bezeichnen, ausdrücken in untrer
spräche, von fremden oder auch dunkeln, mehrdeutigen Wör-
tern: diser Jacob bedütet uns ein frummen glatten men-
schen. Keisersb. Sünden des munds 16"; in latin transiliens,
aber in teutscbem so bedeut er Jhesum Christum. 86*; Eze-
chiel bedeut einen menschen, der noch nil doben {droben)
ist. 86'; wa da stot ve (vae!) in der geschrifl, bedütet ewige
verdamnis. 34'; ich antwort kürzlich, das das wörtlin rat be-
deut nit einerlei, . . . wan das wörtlin kressen bedeut lisch
{cyprinus gobio) und bedeut auch kraut, das man iszt zu
dem salat [lepidium], also ist es auch mit dem wörtlin rat.
57'; rat bedeut ersuchen und einer sach nach gedenken, ob
es gut sei, aber zu dem andern so bedeutet das wort rat
das das ietz funden ist durch den ersten rat, da man lang
ersucht -und funden hat, zu dem driten bedeut das wörtlin
rat 'ich rat dir, das du das thüsl', nun wiltu gern, so nim
das rierd auch, so bedeut das wörtlin rat die menschen alle
samen, die zu einem rat gehören. 58' ; die retterschen gibt
man etwan uf mit züchtigen worten und bedeuten scham-
pers, etwan gibt man sie uf mit scharaperen worten und
bedeuten nichts unzüchtiges. 6l'; aber scandalum ist auch
scband und bedeut ein strauchstein, den einer einem dar-
legt, das er darüber fall. 62'; das ist aber die schrift alda
terzeichent mene mene tekel upharsin, und sie bedeutet dis.
Dan. 5, 25; das griechische wort hieroglyphe bedeutet einge-
hauene heilige schrift. Diesem bedeuten entspricht nun das
einfache deuten, ausdeuten, auslegen, inierpretari : ich will dir
das fremde, dunkle worl deuten, sagen was es bedeute, «n-
gevOhnlicher, doch auch statthaß ist: ich will dir das fremde
wort bedeuten, dolmetschen ;
wolt ihr die weissapun? verstau,
so müst ir sie also bedeuten. ArmEt 243\
2) bedeuten, von Sachen, ohne bezug auf «orte: der herr
hat nit wellen lassen seinen geliszmeten (gestrickten) rock
(tunicam inconsulilem) zerteilen, der da bedeutet die Chri-
stenheit. Keisersb. Sünden des fnunrfi 48'; . wo der reif des
rilgeschwetz ist auszgesteckt, das bedeut, das man da narr-
heit und thorheit schenkt. 75'; das aber dem Pharao zum
andemmal getreumet hat, bedeut, das solchs gott gewislich
und eilend thun wird. 1 Jlfos. 41, 32; redet ir doch davon wie
der gemeine pöbel, und merkt nicht was jener wesen bedeu-
tet. Hiob 21, 29 ; und ich befalh, das alle weisen zu Babel für
mich her aufbracht würden, das sie mir sagten, was der
träum bedeutet. Dan. 4, 3 ; die warheit, die dadurch bedeutet
isL LcTHER 3, 13'; das innerliche, das darin bedeutet ist.
3, 14 ; mit sollichen verborgen worten zu bedeutten, das die
nit iedennan kundt verston. Reuchlix augensp. 10' ; wird die
radix cubica in disem algorithmo bedeut durch sollichen cha-
racter. Mich. Stifels coss. 97 ;
durch dise gleicbnus wirt bedeut
gerioge lal recht guter ieut. Schwakknbug 129, 1 ;
dadurch figürlich wirt bedeut
wie geistlich streiten rrumme Ieut. 153';
meine »eele, die bedeutet wirt bei dem vierten önger, und
mein leib, der bedeutet wirt bei dem fünften finger {des
schvOrenden). Revtie» kriegsordn. 22; auch wirft man gleich
darauf oblaten herab, das himelbrot zu bedeuten. Fiscuart
bienenk. 150' ;
und solch unser freud zu bedeuten,
so lassen wir all glocken leuten. Atrek 291*;
die herschaft war durch ein diadema bedeutet in einem allen
gemälde. Wimielma^ü 2, 541 ; durch den einflusz des himmels
bedeuten wir die Wirkung der verschiedenen läge der Under
in die bildung der einwohner. 3, 46; und am ende hat nie-
mand die wahre form der toga gezeiget, welche allerdings
schwer zu bedeuten ist 5, 72 ;
versteh noch weniger, was «ie damit
bedeuten: Semele vermag bei Zeus so viel. Scbiilik14;
BEDEUTEN
sehn wir doch das grosie aller reiten
auf den bretem, die die well bedeuten-,
sinnvoll still an uns vorüber gehn. 52* ;
freude dieser Stadt bedeute,
friede sei ihr erst geläute. 80;
das wird bedeutet durch den runden hnt.
1226
353;
es ist eine allgemeine quelle unsers Unglücks, dasz wir glau-
ben, die dinge wären das wirklich, was sie doch nur bedeu-
ten. Lichtenberg 2, 154. Häufig rorbedeulen, voraus sagen :
donnerts in diesem monaf, so bedeuts viel regen und wind;
so diese fisch auszer dem wasser fliegen, so sollen sie un-
gewitter bedeuten. Forer fisclib. 17*.
3) was, etwas, viel, wenig, nichts bedeuten =
auf sich haben {sp. 616), zu sagen haben : was hat das zu
bedeuten? was heiszt das? was soll diese rede bedeuten?
quid sibi tult haec oratio? was bedeutet das rennen in den
straszen? was ist damit gemeint?; so ist sein mund die por-
ten des himels, die sol nit ufgon, es bedeut dan etwas red-
lichs oder etwas hochs. Keisersb. Sünden des munds 50* ;
die basen hatten ja voneiten
weit mehr, als iuo, zu bedeuten. Hagidoks 2, 34;
0 dies hat nichts zu bedeuten {nihil raief).
WiEiAXD 1, 185;
das hat nichts zu bedeuten {nullius est momenti). 1, 223;
das biszchen gärtnerei, womit ich mich zuweilen abgebe, hat
nichts zu bedeuten. 8, 271; ob ein paar jähre fniher oder
später, hat wenig zu bedeuten. 8, 2S0;
es bildet
nur das leben den mann und wenig bedeuten die werte.
GöTHE 1,337;
das kann nun weiter nichts bedeuten,
gnug, so nehm ich euch nicht zu leuten. 13, HO;
und bringen wir die brücke nicht zusammen,
so will der ganze park nichts bedeuten. 14, 39;
wenn sie sprach, war sie angenehm und natürlich, hingegen
wenn sie schwieg, schien sie etwas bedeuten zu wollen.
27,14; dieser Staatsmann, unter allen andern, hat das meiste
zu bedeuten, vgl. bedeutend.
4) einen bedeuten, anweisen, zurechtweisen, belehren, war-
nen: sie schickte sogleich ihre vertraute an Aruja ab, um
ihr den anschlag, der gegen sie im werke sei, zu entdecken
und sie zu bedeuten, dasz sie noch in dieser nacht aus Dehly
entfliehen müsse. Wielasd 8, 451 ; sie machten einen Spazier-
gang durch äcker, wiesen und einige baumgärten. Therese
bedeutete den Verwalter in allem, sie konnte ihm von jeder
kleinigkeit rechenschaft geben. Göthe 20, 42 ; auf diese erklä-
rung entwarf der abbe sogleich seinen plan, so bedeutete er
auch den markese. 20, 285; als dieser bedeutete, sie möch-
ten nun zu fusze sich dem thore nähern. 21, 174; fragte,
was es gebe? sie bedeutete ihn, ich stand auf. 25, 355; die
sogenannte entenmuschel erinnert uns gleich an eine bivalve.
allein schnell werden wir bedeutet, hier sei von einer mehr-
heit die rede. 55, 327; wenn sie doch gelegentlich Herdem
bedeuten wollten, dasz er noch keine horenstücke haben
kann. Schiller an Göthe 220; seine Wächter bedeuteten ihn,
er sollte sich auf die nahen quälen rüsten. Klinger 4, 274;
berzlieber gmahl, lasz dich bedeuten. ArRER3'>9*;
so laszt euch bedeuten, herr richter. Göthe 14, 300 ; er läszt
sich nicht bedeuten, versteht die Weisung nicht.
6) einem etwas bedeuten, andeu/en, anzeigen, reribinden;
neue mer ich euch bedeut. fasln, sp. 595, 4 ;
also bedeut ich dir dieses, beliebts, unruhige, dir noch
heute des Kronos reich, da unten waltend zu tbeilen.
Göthe 2<i, 354;
Faulet überliefert der amme ein Schmuckkästchen nebst einem
papier und bedeutet ihr durch zeichen, dasz es ein Verzeich-
nis der gebrachten dinge enthalte. Schiller 439'; zugleich
liesz sie der bürgerschaft bedeuten, dasz dem ersten, der es
wagen würde, einer öffentlichen predigt beizuwohnen, der gal-
gen gewis sei. 835*; und nun eröfnete sie mir den ganzen
Vorgang, bedeutete mir was sie um meinetwillen fürchtete.
Klinger 4, 28; der hole bedeutete ihm, ohne geräusch und
begleitung nachzufolgen. 5, 188 ; Leviathan winkte einem kam-
merherrn, einen sessel herbeizubringen und bedeutete ihm
zugleich, ihn zur seile zu stellen. 10, 268 ; herr secretär, be-
deuten sie doch einmal den leuten. Tieck 3, 4.
BEDEUTEN, n. signifiealio, monitio : der {quorum) bedeu-
ten und figur si gewon waren zu versteen. FiU5K «eltb. 6' ;
da ergreift ihn der werte bedeuten. Scbillki70;
1227
BEDEUTEN
BEDEUTEN
1228
die aldermänner schickten dem de la Popepiere einen Weg-
weiser mit dem bedeuten, dasz er sich diesem zuverlässigen
und mit den kürzesten wegen wol bekannten manne sogleich
nach dessen ankunft anvertrauen möchte. Klopstock 12, 301.
BEDEUTEND, sigiiificans, insignis, magnus. dies partici-
pium brauchte gar nicht eigens aufgeführt zu werden, v;enn es
nur die erste bedeutung behalten hätte, in solchem sinn sagt
Luther: das brot, so wir brechen, ist die gemeinschaft des
bedeutenden leibs Christi. S^öOe'; hat er selbs einen bedeu-
tenden leib, so musz er sie auch einen bedeutenden leib las-
sen sein, daselbst, auf diese weise noch schrißsleller des vo-
rigen jh. : sie {muscheln als Verzierung) können also an vie-
len orten schön, ja bedeutend sein. Winkelmann 1, 204 ; an
allen orten, wo dieses bild nicht entweder auf menschenliebe
oder auf hülfe und schütz, welchen kiinstler wie Arion fin-
den, zielen kann, würde es nicht bedeutend sein {d. i. un-
bedeutend, insignificant). 1, 207 ; eines bildes, welches mit so
wenig zeichen als möglich ist, die zu bedeutende sache {rem
significandam) ausdrücke. 2, 484 ; so wurde die Zeichnung re-
gelmäszig, aber eckig, bedeutend, aber hart, und vielmals
übertrieJjen. 3, 20; ihre miene ist im ausdrucke der freund-
lichkeit, des Scherzes bedeutender und einnehmender. Kant
7, 405 (1764) ; ein bloszes hülfsmittel der religion, die bei
den sinnlichen Vorstellungen, die sie ihr {der Icunsl) aufgab,
mehr auf das bedeutende als auf das schöne sähe. Lessing
6,436; man könnte einwenden, dasz dergleichen bedeutende
{einen sinn habende) namen wol nur eine erfindung der neue-
ren griechischen komödie sein dürften, deren dichtem es
ernstlich verboten war, sich wahrer namen zu bedienen.
7, 404. Schiller setzt es mit andern Wörtern zusammen:
euer zeugois
des vielbedeuienden, gewaltgen lords. 421;
die nichtsbedeutendsten kleinigkeiten werden dadurch wich-
tig. 862.
GöTHE aber ßhrt das wort zu aß im munde, als dasz es
nicht aus der lebhafteren Vorstellung des andeutenden, ahnen
lassenden {s. ahnungsvoll) unvermerkt, obwol unverschwendel
in die abgezogenere des wichtigen, entscheidenden, ausgezeich-
neten, groszen übergegangen wäre, und so herscht es seitdem
in der spräche (während ihr früher unbedeutend, wie noch
jetzt der französischen insignifiant, geläufiger war als bedeu-
tend, signiflant), was wiederum zahlreiche stellen darthun sollen:
fürsten prägen so oft auf kaum versilbertes kupfer
ihr bedeuteodes bild, lange betrügt sich das volk. 1, 364 ;
der augenblick, da ich zuerst ihn sah,
war viel bedeutend. 9,177;
wenn dir die menge, gutes, edles kind,
bedeutend scbeinen mag, so tadl ichs nicht,
sie ist bedeutend, melir noch aber sinds *
die wenigen, geschalFcn dieser menge
durch wirken, bilden, herscheu vorzustehn. 9, 264;
bedeutender gebärde dringend streben. 9,265;
SO neu, so bedeutend ist mir alles. 10, 137; bin ichs? die
zerschlagene, die zerrissene, die in der bedeutenden stunde
so ruhig, so muthig ist? 10, 164;
bedeutend ists zu gleicher zeit und wirklich auch. 11,305;
weil aber das besondre, wnnn es nur zugleich
bedeutend ist, auch als ein allgemeines wirkt. 11,323;
sie (die schiide) schienen hier nicht ahnenstolz zu prangen,
ein jedes schien bedeutend und gewählt. 13, Ihü;
wir fiengen an, und es wurden gleich einige bedeutende paare
gezogen. 16, 207; felsen, welche senkrecht den letzten Was-
serspiegel entscliicden bekränzten und ihre bedeutenden for-
men auf der oberlliiche desselben abbildeten. 17, 31; so folgte
der haupimann mit Charlotten in bedeutender Unterhaltung
der spur jener rasdieren vorgiinge. 17, 81; diese wunderba-
ren ereignisse schienen ihr eine bedeutende zukunft, aber
keine unglückliche zu weissagen. 17, 102; wir spielen mit
voraussagungen, ahnungcn und träumen und machen dadurch
das alltägliche leben bedeutend, aber wenn das leben nun
seihst bedeutend wird, wenn alles um uns sich bewegt und
braust, dann wird das gewitter durch jene gespenster nur
noch fürchterlicher. 17, 191 ; ihr regelmäsziges und doch be-
deutendes gesiebt. 17,252; eine bedeutende musik spannte
die erwartung. 17, 253 ; nahm er an allem theil, was dem le-
ben zur Zierde gereichen und es bedeutend machen kann.
17,315; kleinigkeiten, die er in bedeutenden atigenblicken von
Marianen erhalten. 18, 124; so wechselte die gräfin mit Wil-
helm bedeutende bhcke über die klufl der gehurt hinüber.
18, 285 ; er vermied eine eigentliche erzählung und liesz nur
in bedeutenden und mystischen ausdrücken dasjenige, was
ihm begegnet sein könnte, erraten. 19, 8 ; er {Hamlet) sdilieszt
mit dem bedeutenden seufzer, die zeit ist aus dem gelenke.
19, 75; den fremden, der in jener bedeutenden nacht sich
mit ihm unterhalten. 20,122; mit einem fremden, dessen ge-
stalt und wesen bedeutend, ernsthaft und auffallend war.
20, 280 ; was ihn eigentlich ganz unkenntlich machte, war,
dasz an seinem bedeutenden gesiebte die züge des allers
nicht mehr erschienen. 20, 286 ; im schatten eines mächtigen
felsen sasz Wilhelm an grauser, bedeutender stelle, wo sich
der steile gebirgsweg um eine ecke herum schnell nach der
tiefe wendete. 21, 3 ; was nützt, ist nur ein theil des bedeu-
tenden, um einen gegenständ ganz zu besitzen, musz man
ihn um sein selbst willen studieren. 21, 49; das bedeutende
kästchen steht vor mir. 23, 233 ; bedeutender ort. 24, 28 ; zu
dem biückenthore kamen die bedeutendsten züge herein.
24, 32; bedeutende handelsstädte. 24, 33; mit manchem, für
einen knaben bedeutenden geldgcschenke. 24,46; so war mein
junges gehirn schnell genug mit einer menge von bedeuten-
den und wunderbaren gestalten und ereignissen angefüllt.
24, 50 ; nicht weniger war uns ein maulbeeibaum bedeutend.
24, 55; bedeutende träume. 24, 57; so dasz es recht heiter
und zugleich bedeutend genug aussah. 24, 64; bedeutende
zustände des menschlichen lebens. 24, 108 ; so grosze Schick-
sale, so bedeutende Veränderungen. 24, 111 ; der einen ver-
zierten bluinentopf mit den bedeutendsten blumen nach der
natur darstellen sollte. 24, 243 ; die züge ihres gesichts, we-
der bedeutend noch schön, sprachen von einem wesen, das
weder mit sich einig war noch werden konnte. 25, 23 ; die
bedeutende puppenspielfabel des andern {Faust). 25, 314; ich
war wegen eines glücklichen freien bedeutenden vorlesens be-
rühmt. 30, 248; lieszen wir uns an eine bekannte bedeu-
tende stelle führen, wo mit einiger vorsieht gar vieles zu
übersehen war. 30, 204; unter allen diesen erscheinungen
that sich eine zwar nur auf kürzere zeit, aber bedeutend
und auffallend hervor. 31, 17G ; grosz und bedeutend, manig-
faltig. 33, 29 ; dasz er als ein vorzüglicher mensch sie ins
gefolge seines bedeutenden daseins mit aufnahm. 33, 134 ; die
ableitung führt ihn auf das bedeutende des wortes. 33, 161;
man findet mehrere sinnlich bedeutende und wolklingende
worte. 33, 173; bedeutende mordgeschichte. 33, 193; bedeu-
tendes motiv kurz abgefertigt. 33, 193 ; ein sonderbarer, aber
für den gesang ein bedeutender Vortrag. 33, 193; er ersetze
das gleichgültige allgemeine durch bedeutendes besonderes.
33, 220 ; zu eigener herstellung dieses bedeutenden lebens
und Charakters aufeefordert wird. 37, 15 ; das andenken merk-
würdiger menschen, sowie die gegenwart bedeutender kunst-
werke. 37, 17; der graf Bünau, der als particulier nur ein
bedeutendes buch weniger hätte kaufen dürfen. 37, 28;
aber du sagtest drauf mit freundlich bedeutenden Worten.
40, 250 ;
sein zorn ist nach tische,
wo er heftiger spricht und anderer gründe bezweifelt,
nie bedeutend. 40,275;
durch dein wort verführt und deine bedeutenden reden.
40, 269 ;
mit bedeutenden blicken und mit besondcrn sredanken.
40, 314;
er findet sein grab in der nähe eines andern, freilich mehr
bedeutenden, aber mit ihm eigens verwandten pilgermannes.
45, 259; während der arbeit an dieser höchst bedeutenden
trilogic. 46, 265 ; die vorrede ist höchst bedeutend. 4C, 266 ;
ein bedeutend ernst gescbick
waltet übers leben. 47, 133 ;
nachdem sie verschiedene bedeutende antrage, aber von un-
bedeutenden männern, von solchen, die sie verabscheute,
ausgeschlagen hatte. 48, 101 und hier sätr oft.
Diese aufmerksamkeit forderte Göthes 5/i7. die ausgehob-
nen beispiele lassen gewahren, dasz der gebrauch eines zum
nahe liegenden lieblingsworte gediehenen ausdrucks mit der ge-
mächlichkcit der göthischen späteren Schreibart stieg, früher
erscheint es sparsam, und in den wahlverwandtschaßen, in der
lebensbeschreibnng und den recensionen weit öfter als im Meister,
des Wortes ursprünglicher sinn war dem dichter stets zur haud,
wie er z. b. an Schiller 165 schreUU: das gedieht ist gar
schön gerathen, die gegenwart und die »llcgorie, die einUii-
dungskraft und die rniplindung, das bedeutende und die deu-
tung schlingen sich in einander.
1229
BEDEUTEND — BEDECTmS
BEDEUTSAM —BEDIENEN
1230
BEDEUTEND, adt. signifieanter, insigniter, valde:
nenne, wenn du es darfst vor einem slerblichen, deinen
fröulichen namen, wo nicht, rege bedeutend mich auf,
dasz ich fühle, welche du seist von den ewigen töcbtera
Zeus. GöTHE 1,315;
0 meine liebe, was bedeutend schmückt,
es ist durchaus gefährlich. 9,302;
und SO antwortete sie bedeutend auf jede unschuldige, leichte
frage. 20, 15S ; auch der vater unsers herrn hatte sich dort
bedeutend angesiedelt. 21, 121 ; was von ihm ausgieng wirkte,
wenn auch nicht erfreulich, doch bedeutend. 25, 314; ein so
bedeutend durchlebter, vöüig fremder zustand. 29, 90;
da versetzte bedeutend die gute verständige mutter. 40, 269;
da verseute der vater und that bedeutend den mund auf.
40, 2S2 ;
nur hie und da bedeutend funkelt
ein rother, ahnungsvoller schein. 41,275;
zuletzt sah ihn der polizeiinspector Herprecht sehr bedeu-
tend an. J. Paul flegelj. 1, 8 ; das kind blickt ihm immer be-
deutender ins gesicht. Tit. 2, 55. doch Idszt sich in einzelnen
stellen bedeutend auch ßr den nom. des particips nehmen.
BEDEUTENHEIT, f. aucloritas, ßr heäeulenäheit, nach fal-
scher analogie von anwesenheit, befangenheit, beklommenheit,
die mit dem pari, praet. gebildet sind: um uns ähnliche per-
sönlichkeiten und Charaktere mit leichter bedeutenheit vorzu-
spiegeln. GüTHE 46, 10.
BEDEUTLICH, significans, sagte man früher ßr bedeutend
und deutlich: merk bedeutlich mit deinem erstockten herzen.
Ketsebsb. anheb. mensch 6 ; nicht wesentlich und gegenwärtig-
lich, sonder allein Cguflich und bedeutlich, reichsabsch. vm
1530 §. 12 ; der bapst macht dreierlei unterscheid der kirchen,
erstlich eine wesentliche, d. i. der kirchencörper und leib,
zum andern eine bedeutliche, das sind die cardinäl. Lcthebs
tischr. 191'; jetzt schreiben sie, es sei ein mysteriale, d. i.
ein bedeutlich opfer. 255'; ob sie das sacram'ent des altars
allein für ein bedeutlich sacrament und nicht für den waren
leib und blut Christi halten. .Melaxchthox im corp. d. ehr.
874; welcher das brot ein figürlichen oder bedeutlichen leib
nennet. Melanchth. vom streit des h. nachtmals. Regensb. 1560 ;
die Ziffern 1 — 9 sind bedeutlich und die zehende 0 ist unbe-
deutlich. Mich. Stifel coss. l ; das ist in der geraein also be-
deutlicher zu verstehn. Paracelscs 1, 51'; und nachforschen
den natürlichen dingen, so der äugen gesicht nicht begreift,
und doch so bedeutUch vor ihnen stehet. 1, S6'; als ein harn
von einem menschen im glas, so da offenbar ist diesclbig
krankheit so bedeutlich, als einer sich selbst im spiegel sieht.
2, 3S6'; Sülchs aber mit bedeutlicher auslegung zu erkennen,
folgend hernach eins jeglichen species sonderliche generation.
Chirurg, sehr. 82'; ob etwann ein kind krank würd einer an-
dern krankheit, dann bedeutlich seine eitern gehabt betten.
196"; bedeutliche wunderzeichen. Bibel tir. 20. stirbt allmä-
lieh aus, doch ron Sheleb 310 noch angeführt.
BEDEUTLICHKEIT, f. eine bedeutlichkeit der Wahrheit in
den handlungen. Hacedob.v.
BEDEUTMS, n. f. significatio : gesicht, träum und bedeut-
nus. Keisebsb. ansg. der Juden H 3; Judas ist ein verjcher
gotes in siner bedeulnus. Js; sihe umb der ehre willen, das
vennischung maus und weibs ein so grosz ding bedeutnis
genieszen. Lctheb 1, 17o'; das sölicher namen bedäutnus aus
Unwissenheit der sprach gar wenig oder so vil als nichts ver-
standen. Stumpf i, 172*; die null mehret der andern figuren
(Ziffern) bedeutnis igeltung), wa sie inen förgesetzt wirt. .Mich.
Stifel coss. 1 ; durch solliche practiken kompl an den tag der
werd und die bedeutnis der erstgesetzten radix. 140; die ßgur,
schatten und bedeulnus für das bedeut ding rOmend. Fbaxk
»e/fft. 124"; da?z die somnia und visiones recht verstanden
werden, dann ohne bedeulnus seind sie nicht. Pabacelscs 2,
422'; in gleicher bedeulnus hat Pharao den Joseph über alles
erhöcht. Keisz^er hrut. 1, 28"; das bild der Vetius stund zu
sondrer sinnreicher bedeulnus auf einer schildkrolschalen.
Fischart ehz. 40 ; was ist .Melchisedech anders gewesen dann
ein figur und bedeulnus des papstes. bienenk. 74*; glaubt ir
auch, das der blind Homer auf die lälzc bedculnussen,
gekrfimte allcgorien, verwante gleichnussen gesehen habe?
Garg. 22';
und wenn die (riilcn — *...■ berührt —
die uns der weit bcdeuiii
vorüber sind, so »ei tu Im r,
was sie vennocht vor diesen lag geführt. Görni 4, 27.
BEDEUTSAM, vas bedeutend, etwas nachdrücklicher: in
der band bedeutsam ein blaublühendes eryngium, im deut-
schen mannstreue genannt. GOthe 26. 219.
BEDEUTSAMKEIT, f. signißcantia : die bedeutsamkeit der
nnscbuldigsten reden wächst mit den jähren. Göthe 22,246;
sie verband ihn still und mit einer nachdenklichen bedeut-
samkeit in sich gekehrt. 19, 134 ; ich werde die gehörige ruhe
nnd Sicherheit, leerheit und bedeutsamkeit recht zierlich (als
Polonius) aufstellen. 19, 177 ; denn ich hatte allzuängstlich die
zarte bedeutsamkeit des Originals in unserer spräche nach-
zubilden getrachtet. 26, 158.
BEDEUTUNG, f l) interpretatio : und es treümet inen bei-
den in einer nacht, einem iglichen ein eigen träum und eines
iglichen träum hatte seine bedeutung. 1 Mos. 40, 5 ; nach der
bedeutung der wort ... so tbiit es dem menschen weh.
Keisebsb. Sünden des munds 36*. daßtr heute deutung.
2) significatio, vis, atutoritas, sinn, geholt, gewicht, nach-
drvek: zu bedeutung der herlichkeit des päpstlichen stuls.
Fischart bienenk. 211* ; den kalegorien beziehung auf objecte,
mithin bedeutung zu verschaffen. Käst 2, 163;
ihr seht mich mit bedeutung an? Schiller 271';
wie machen wirs, dasz alles frisch und neu
und mit bedeutung auch gefällig sei? Göthk 12,9;
sie nennt den pamen Albert zweimal mit bedeutung. 16, 33;
die Sache ist nicht von der bedeutung, versetzte Charlotte,
dasz man sich deshalb durch einen rechtshandel beunruhigen
sollte. 17, 203; er dringt in die bedeutung des gehaltes ein.
46, 233; es ist schon längst mit grund und bedeutung aus-
gesprochen. 48, 63. die eigentliche und uneigentliche bedeu-
tung eines worts; die verschiednen bedeutungen aus der
grundbedeutung entwickeln.
3) admonitio, conditio adjecta: das Instrument dem Sänger
zu überlassen, mit der bedeutung solches vor der abreise
treulich wieder zu geben. 22, 129.
BEDEUTUiSGSLOS, insignificans, levis: das gedieht ward
mir zuletzt ganz trivial .und bedeutungslos. Göthe 46, 266;
ein bedeutungsloses gesicht.
BEDEUTUNGSVOLL, significans, gravis: er sah das wich-
tige und bedeutungsvolle leben der vornehmen und groszen
in der nähe. Göthe 18,291; ein bedeutungsvolles Vorzeichen.
Dahl«ax.\ ddn. gesch. 1, 419 ; ein paar bedeutungsvoller äugen.
BEDEUTZEICHEN, n. signifn:
min teuf allein ist ein bdützeichen. trag. Joh. D5.
BEDHAFTIG, der bede, der abgäbe unterworfen: wir wei-
sen auch alle guter in der Zozenheimer gemaiten bedhaftig,
ausgescheiden pfarrerwittumb. veisth. 2, 160.
BEDIADEME.X, diademate Omare:
das haubt, das nun der schere sich bequemt,
mit mancher kröne wards bediademl. Plate."« 32».
BEDIELEN, conlabulare: das zimmer ist neu bedielt worden.
BEDIENE.N, servire, ministrare, ahd. mhd. unüblicJi, auch
bei Keisersberg, Lctheb, Dasypodils, Mjuler noch nicht er-
scheinend, erst in der zweiten hdlße des H jh. aufkommend.
Hessisch 232' gibt es an. man verwandelte das dienen, ser-
vire, mit dem dat. der person in ein bedienen, ministrare,
mit dem acc. der person oder sache, bedienen wird auf be-
stimmte, unmittelbare und leibliche dienstleistungen, oß mit
der Vorstellung gegen lohn, bezogen.
1) Personen bedienen, lAnen aufwarten, wir dienen
gott, dem könig, unserm landesherrn ; hier würde nicht gesagt
werden können bedienen, so wenig als ministrare. nur VVecj-
HERLix setzt einmal:
wie selig ist doch der (o gott), der dir gehorsam sich erweiset,
wer aber ist der, so dich nach gebühr
mit forcht und lieb bedienet, biiiei, preiset. HO,
gleichsam dir mit ßrcht und liebe aufwartet, ßrcht und liebe
dir darbringt. Hieran reiht sich zunächst bedienen, wenn et
im Verhältnis der beiden gesthlechler gebraucht wird:
Jungfern haben herzlich gern, dasz man sie bedien und ehre.
. . Loc*f 3, 4, 80 ;
oder aber ist es ihre gunst,
die du so lange zeit bedienet hast umsonst?
IIOFiAxxswtLDAf gelr. schdfer 93;
dessen ganz besonderer henensfreund Joseph van Zulplien
meine Schwester Philippinam ebenfalls aufs Snszerste zu be-
dienen suchte. Felsenb. 1, 30S ;
schwarz und ohne licht und schatten
kommen Köseln aufzuwarten
graiien und amorinen,
docb er wird sie schon bedienen. G6nt 47, 111;
1231
BEDIENEN
BEDIENLICH — BEDING
1232
manche Jungfer {oben sp. 163) . . . über achsel sieht, und ein
buntbändrichten monsieur ihm zu trotze mit vortrefiichen
liebkosungen bedienet. Weise erzn. 325. auch gilt bedienen,
von männern gesagt, für die leistung der ehlichen pßicht so-
wol, als für unehliches beiwohnen: der mann kann seine
frau nicht mehr bedienen ; die frau schweifte aus und liesz
sich auch von andern bedienen.
Vorzugsweise geht aber bedienen auf Verrichtung alles lohn-
dienstes, der kammerdiener bedient seinen herrn beim käm-
men, ankleiden, an tafel und zum schlafengehn, der kellner
bedient die gaste, der barbier bedient scherend, schröpfend,
verbindend, jeder handwerker bedient mit der bei ihm bestell-
ten arbeit, der kaufmann bedient mit den besten waaren sei-
nes lagers. In übler meinung heiszt einen bedienen was trac-
tieren, regalieren, zurichten: halts maul, Soldaten dürfen gar
nicht reden, sonst wolt ich dich anders bedienen. Arnim
schaub. 2, 182, wie man auch sagt, dir anders dienen.
2) die Sache bedienen, der geistliche bedient {mini-
itrierl) die messe, die firmung: dasz die firmung vii würdiger
ist, dieweil sie von keim schlechten gemeinen pfaffen mag
bedient werden. Fischart bienenk. 7l'; dasz alle diener des
Worts gleiche macht haben, in was orten sie bedienen, es
sei zu Rom oder zu Neaples. 38';
kein chorgehiilfe war erscliienen. «
die messe kundig zu bedienen. Schiller 68^
ebenso heiszt es ein weltliches amt bedienen, versehen, beklei-
den : ich hab disen ort fünf jähr bedient, administravi hujus
loci officium. Henisch 232; der die höhiste ämpter bedient
hat. MicRÄLius a. P. 4, 78 ; landvogteien bedienen, pers. rosenth.
3,27. die tafel bedienen, schusseln, speisen auftragen : hat die
wilden eselsbraten hochgehalten und seine tafel oft darmit
bedienen lassen, pers. reiseb. 4^43; diese zu jagen und seine
tafel damit bedienen zu lassen, hat er grosze lust gehabt.
2, 20 ;
mit grobem zinn, die schlechtste edeirrau
würd es verschmähn, bedient ma'n ihre tafel. Schiller 405';
bewafnete, die sich hinter die stüle der fürsten pflanzten und
das frühstück bedienten. 1079. durchs thor eintretende hand-
werksgesellen rief man an: was bedient ihr? was für ein ge-
schäß treibt ihr?
der wache war, sie wüst nicht wie.
fragt keiner: was bedienen sie? Göthe 56, 28.
das geschütz bedienen bedeutet es richten, laden, losfeuern :
die kanonen waren gut, übel bedient, im spiel, die färbe
bedienen, bekennen, karte derselben färbe zuwerfen.
3) sich eines bedienen, s'en servir eine person oder
Sache zu seinem vortheil verwenden:
klag nicht, es kömmt gewis ein günslgcr augenblick,
allein bitt um verstand, dich seiner zu bedienen.
Gellert 1, 233;
wo die gewalt unbrauchbar ist,
bedient ein weiser sich der list. Hagedorn 2, 106;
Agnese trinkt und leert mit Widerwillen
zwöir Haschen aus, bedient sich auch der piilen,
allein umsonst, nichts kann die krankheit stillen. 2,107;
mir könnt es wenig helfen, meines glucks
mich über einen Arnheim zu bedienen. Schiller 342';
da mir die sonne gerade ins gesiebt schien, so bediente ich
mich abermals des vortheils, den mir der hut gewährte.
GöTiiE 25, 355 ; er bedient sich, wenn er spricht, allzu häufig
fremder Wörter; ich bediene mich der ersten gelegenheit, dir
zu schreiben; sie bedienen sich da sehr ungebührlicher re-
densarten. absolut, bedienen sie sich [der speise), langen sie zu !
4) bedient sein, mit dem particip in activer bedeutung,
heiszt einem dienlich, wie beholfen sein einem behülflich sein :
80 ich dir bedient sein kann, wil ich keinen (leisz sparen.
Henisch 232 ; so ich nun willens wäre selbiges auch zu se-
hen, sie mir vor anderen darin bedient sein köntcn. Puiland.
1,14;
Largus zeucht sich an den richter, wann die andren recht
nnzichn,
parten, denen er bedienet (ist), haben dessen viel gewin.
LooAU 3, 4, 29 ;
die hünde und füsze helfen und sind bedienet und bchülf-
licli darzu. Simpl. 1, 172; kan ich aber dem herrn in etwas
bedient sein. 1,314; dahingegen obligiertcn sie sich ihme auf
alle begebende gelegenheit mit darsetzung guts und bluts be-
dient zu sein. 2, 258 ; jedermann bedient sein (dienen). 2, 300.
schon der beigesetzte dat. der person verbietet dies bedient etwa
für eine zusammenziehung von bedienend zu nehmen ; mit dem
part. praet. in beinahe adjectivischem sinn konnte sich leich-
ter der daliv, d. h. ein andrer casus, als den das verbum
sonst regiert, verbinden, man sagt : dieser mann ist mir treu
bedient, mein treuer diener; Melak {der hofhund) wollte mit,
und Alban wollte einen dem schloszhofe so bedienten schirm-
vogt wieder heimhaben. J. Paul Tit. 1, 112. s. bediente.
BEDIENLICH, commodus, utilis, beholfen: etliche grosze
herren, so uns in unsern sachen bedienlich gewesen, pers.
reiseb. 1, 14; sie sind arbeitsam und bedienlich den Franzo-
sen und Spaniern. 3, 4 ; damit sie euch mehr in gutem als
Übeln zustande bedienlichen sein. Schoch stud. leben F. heule
unüblich und durch' diensam vertreten.
BEDIENSTEN, officium alicui tribuere, bedienstet ofßcialis.
Henisch 232.
BEDIENTE, m. famulus, minister, pedisequus, gebildet wie
aufwartete {sp. 772), und in der activbedeutnng des part. praet.
bedient {s. bedienen 4), wie sehr viele andere participia praet.
so gebraucht werden, z. b. gemeint, gewillt, bedacht, beholfen,
beredt, verliebt sein, vgl. gramm. 4, 69 — 71. Wolfram sagt:
ungedient ich "daj trage. Parz. 248, 29, d. i. ohne es verdient
zu haben. Gewöhnlich in schwacher form der bediente, des
bedienten, pl. die bedienten, und so auch nnl. de bediende,
des bedienden; doch ist in starker zulässig ein bedienter, pl.
drei bediente: sein general oder feldmarschalk, seine hofpre-
diger und andere vornehme bediente. Schüppius 37; die für-
nehmsten bedienten desselben hofes. pers. rosenth. 1, 20 ; seine
bediente und Sklavinnen waren die ausgesuchtesten gestalten.
Wieland 1, 69; die menge und gute miene der bedienten.
1, 71; unter ihnen befanden sich viele lehensleute des vor-
nehmen adels, wie auch verschiedene bediente des königs
selbst und der herzogin. Schiller 822 ; das meiste, was man
von seinen kleinen Sonderbarkeiten weisz, hat man einem
weiblichen bedienten des grafen von Oxford zu danken, die
ihn vielleicht im mittlem alter gekannt hat. Lichtenberg 5, 66.
s. lohnbediente, postbediente.
BEDIENTE, f. famula: bei der frau Orgon ist eine be-
diente nicht allein eine maschine, die von früh bis in die
nacht, ohne zu ruhen, sich bewegen musz, nein sie hat noch
mehr zu ertragen. Gellert 3, 234.
BEDIENTENHAFTIGKEIT, f. UknEJts neueste wellkunde iSU
S. 212.
BEDIENTENROCK, m. livree.
BEDIENTENSCHWARM, m.
und ein bedientenschwarm die marmorsäle füllet. Uz.
BEDIENTENSEELE, f.
BEDIENTENSTUBE, f.
BEDIENTENVOLK, n.
BEDIENUNG, f. 1) wie dienst, dienstleistung : die bedienung
ist hier {im gasthaus) gut, schlecht ; du verstehst dich nicht auf
deine bedienung. 2) wie dienst, amt, stelle: Carolus Crassus
nahm seinem canzler seine bedienung. Hahn 1, 269 ; haben den
Schutzgott ihres glückes auf erden in ihrem fürsten zu su-
chen, in dessen band die bedienungen stehen. J. E. Schlegel
3, 326; ein gleiches recht zu allen öffentlichen bedienungen.
Schiller 1068 ; nicht wieder auf das theater zurückzukehren,
vielmehr eine bürgerliche bedienung, sie sei auch welche sie
wolle, anzunehmen. Göthe 18, 78 ; noch ehe er eine bedie-
nung erhielt. 19, 303; es kostet ihm nur ein wort, so macht
ihm don Alvarez eine bedienung aus. Lenz l, 218. wird heule
ungern verwandt, wenn unter dem dienst ein öffentliches amt
gemeint ist. i) dienerschaß : männliche, weibliche bedienung;
ein knabe, der sich bei Wilhelmen als seine bedienung an-
kündigte. Göthe 20, 8.
BEDING, früher BEDINGE, »i. pactum, conditio, woßr mhd.
nur gedinge vorkommt; das nhd. wort erscheint meistcntheils
in der formet 'mit dein bedinge':
mit solchem beding, und dem bescbeid,
das du nach weis der chrisienh^t
dieselbig zu der ehe solt han. VValdis4, 67;
doch mit disem beding und besprechen. Fischart 6»>nenA. 117";
doch mit disem beding, dasz er sich mit eid verpOichten solt.
215';
on dem beding wir nichts verliern. Atr««S99';
mit dem beding, dasz. Zinkgr. 29, 30; wie und mit was be-
ding. Philander, Leiden 1646. 5, 318 ; worüber bald hernacU
ein unparteiisches bedmg gesetzt; got wil euch eure sünde
vergeben, mit dem beding, dasz ihr auch eurem nccbsteu ver-
1233
BEDINGEN
BEDINGEN — BEDINGLIGH
1234
gebet. ScHOPPiDS 279 ; ein euszerliche Öffentliche protestation
oder beding. Spee güldn. lugendb. 679;
und wann ihr alle mich gedenkt euch zu rerbinden,
so werdet dieses ihr mit mir gut alle finden,
dasz ihr es auf das losz mit dem bedinge stellt,
dasz wer Ton euch zuerst sol treten auf das feld,
dem soit beid ewre sacb ihr in die bände leeen.
Werders Ariost 29, 3l ;
er fragte, was ihr thun und ihr bedinge wer?
und sie erklärte ihm all ihr vorhaben her. 27,35;
mit dem bedinge, pers. baumg. 7, 3; dasz zwar einem jegli-
chen sein theil bescheret ist, aber mit dem bedinge, dasz
ers suchen und danach streben soll. pers. rosenth. 3, 27 ; mit
dem bedinge, dasz sie. Weise A/. ieu/c 66 ; gab ihm die gefor-
derte zehen thaler mit dem beding, dasz er. ehe eines weibes
309; die ehe mit dem beding zusagte, dasz. 314; mit dem
beding dasz. ehe eines tnannes 269 ; doch mit dem beding dasz.
Felsenb. 2, 253 ; mit dem bedinge, dasz er dahin besorgt sein
solle. 3, 3S9; nur mit dem beding, dasz sie davon aufhören,
sobald Mellefont zurück kömmt. Lessing 2, 66; aber nicht
anders als mit dem bedinge, dasz er sich verkleidet. J. E.
Schlegel 3, 593; die dieser held in mehr als einem jähr nicht
bezwingen konnte, und zuletzt mit dem bedinge gewann.
Hebder20, 183; mit dem bedinge, dieser geselzgebung unter-
worfen zu sein. Kant 4, 66; unter dem beding, dasz. 10, 21;
mit dem bedinge. Götz 1, 153 ;
so ists auch, das ist sein beding und pact. Schiller 32S;
wol zu kaufen ist es, meine schöne,
vom besiizer hört ich die bedinge. Göthe 1,220;
das ist beding bei jeder cur. 11, 373;
ich schwör euch zu, mit dem beding
wechselt ich selbst mit euch den ring. 12, 155;
H. übernahm diese arbeit mit dem beding, dasz. 37, 126;
wenn ich wiederkomme, sollen sie was sie wollen von der
Sache wissen mit dem beding, dasz sie mich gegen niemand
vertheidigen. an fr. von Stein 1, 310. beding ist im vers oß
bequemer als das dreisilbige bedingung.
BEDINGEN, pacisci, condilionibus circumscribere, tcas ahd.
bloszes dingön oder gidingun ausdrückte, auch mhd. erscheint
bedingen nur sparsam (Ben. 1, 339"). ding aber hatte ur-
tprünglich die bedeutung von causa, handel, tcoraus sich erst
später die von res, wie aus causa die des franz. chose ent-
faltete, wenn daher Schellisg (philos. sehr. 1, 7) unser bedin-
gen ein rortrepiches wort nennend es erklärt als die handlung,
wodurch etwas zum ding werde, bedingt, das was zum ding
gemacht sei, unbedingt, das was gar nicht zum ding gemacht
sei, gar nicht zum ding gemacht werden könne; so scheint
dieser Sprachgebrauch nicht aus der geschichte des wortes selbst
zu folgen, bedingt sein hiesz auf einen gepflogenen handel
zurückgehn, dadurch bestimmt werden; nachher verband man
auch damit die Vorstellung des seinen grund in etwas Iragens,
des hypothetischen, mit unbedingt des absoluten.
1) bedingen, aushalten, bestimmen, ausnehmen: ich bedinge
aber allhie, das ich diesen artikel nicht darumb halte, das
ich den bapst wolle verwerfen. Luther 1, 422' ; darnach bedin-
get er mit treflichen worten, wie es doch so gar nichts sei
mein rede. 2, 156*; denn das wil ich hiemit gar frei öffent-
lich haben bedinget und bekennet. 3, 109 ; wie ich gar öffent-
lichen daselbst bedinget. 3, 454 ; ich hab ewer schrift verno-
men meines buchiins halben von der winkelmessen, wie et-
liche gute leute daraus besorgen, es möcht verstanden wer-
den, als hielte ichs mit den scbwermern, und ob ichs wol
bette im genandten büchlin bedingt und bezeugt, das ichs
gar nicht mit den scbwermern halle, so were doch das büch-
lin zu grosz. 6,116'; denn wie ich in jenem büchlin bedingt,
ist mein meinung nicht wider die jüden zu schreiben. 8, 108' ;
bedinge und bezeuge. Spee güldn. tugendb. 231 ; bedinge und
protestiere. 512 ; bedingen bringt das landrecht. Lehmann 73 ;
wenn das bedingen ist gebrochen, so kann man nicht gewin-
nen, das. ;
wol bedingt und gebalten
stehet wol bei jungen und bei alten, dat.,
der jud kam und bracht einen ring, welchen er sehr hoch
hielt, ich half den ring bedingen (behandeln). Schuppics226;
sie bedinget ihn umb ein grosz geld. Rollenragen «underb,
reis. 44;
bedingte nur das eine
für sie und mich noch aui,
im kleinsten friichtbaiimhaine
das kleinste gärtoerhaus. böacta 56' (*. aasbedingen) ;
dasz nicht des lebens bedingender drang mich, den menseben,
verändert. Göthe 1, 330;
die gemäszigten, bedingten {beschränkten) regierungen. 6,207;
denn er weisz
so glatt und so bedingt zu sprechen, dasz
sein lob erst recht zu tadel wird. 9, 198;
entschiedner wenh ist leicht zu kennen, leicht
was du bedingen möchtest zu erfüllen. 9,367;
er kommt, er nabt! wie fühlt bei diesem schalle
die seele gleich sich ahnungsvoll bedingt!
doch schon befreien sich die herzen alle
durch leberuf, davon der fels erklingt. 13,254;
der Waffen Dug wird selbst bedingt. 13, 275;
es darf sich einer nur für frei erklären, so fühlt er sich den
augenblick als bedingt, wagt er es sich für bedingt zu er-
klären, so fühlt er sich frei. 17, 262; nur musz der künstJer
niemals einen unbedingten beifall für das was er hervorbringt
verlangen, denn eben der unbedingte ist am wenigsten werth
und den bedingten wollen die herren nicht gerne. 20, 106;
Luthers bibeiübersetzung hat die gröszten Wirkungen henor-
gebracht, wenn schon die kritik immerfort daran bedingt und
mäkelt. 46, 264; als man noch nicht durch polizeiliche Un-
tersuchung der passe, durch Zollabgaben jeden augenblick er-
innert wurde, es sei drauszen noch bedingter und schlimmer
als zu hause. 48, 136; der hauptfehler, den Miiton begangen
hat, nachdem er den stof einmal gewählt hatte, ist, dasz er
seine personen, götter, engel, teufel, menschen, sämtlich ge-
wissermaszen unbedingt einführt und sie nachher, um sie
handeln zu lassen, von zeit zu zeit in einzelnen fallen be-
dingen musz. an Schiller 618 ;
stets bleibt, wie wenig mir bei dir gelingt,
mein äuge durch deiu angesicht bedingt. Plate!<46;
bedingtes (eingeschränktes) lob ; bedingtes (t7on bedingungen
abhängendes) versprechen.
2) sich (se) bedingen : ich soll mich der kircben demütiglich
untergeben, wie ich mich denn des zuvor für menniglich zu
thun bedingt hatte. Ldther 1, 119'; denn ich mich imer be-
dinge, das ich denen predige, die gern recht für gott thun
wollen. 3, 326; ich habe mich bedingt, das ich nicht wider
fleisch und .blut schreibe, sondern wider den leufel und seine
. giieder. 3, 476 ; will mich auch erstlich und vor allen dingen
hiemit bedingt haben. Luthers br. 2, 147 ;
sta, sta, mein mann, lasz dich bedingen,
hör was wir dir vor zeitung bringen.
Hatneccics Hansoframea 4, 3;
dieweil dan ihr, her schultheisz, mir sein wort zu thun er-
laubt haben, will ich mich anstatt der allerbesten gewöhnli-
chen form und maszen, so beschehen soll und mag, an das
löbliche malefilzrecht bedingt haben. Kirchhof mtl. disc. 242 ;
Jedem werte klingt
der Ursprung nach wo es sich her bedingt. Göthe 41, 116:
die Schüler lernen eine wie die andre (knnst, musik, poesie)
in ihrer bedingtheit kennen, sodann wird gelehrt, wie sie sich
wechselsweise bedingen und sich sodann wieder wechselsei-
tig befreien. 22, 158.
3) sich (sibi) bedingen, verbinden, aushallen:
sie zur braut sich zärtlich zu bedingen
reicht den ring der brautigam ihr dar. Borger 99*;
doch merkt ich mir vor andern dingen,
wie unbedingt uns zu bedingen
die absolute liebe sei. Göthe 3, 158.
4) alle vorstehenden belege zeigen nach schwacher form be-
dingen bedingte bedingt, dem ahd. ding6n ding(!ita, mhd. din-
gen dingele entsprechend, wie aber nnl. ein starkes bedingen
bedong bedongen stattfindet, scheint aus Niederdeutschland ein
praet. bedung bedungen, oder bedang bedangen [wie sang
sangen) eingeführt, jenes verwendet z. b. Ettner im medic.
maulaffen bb6 und GökiNCK (s. ausbedingen), dieses Niebühr:
ein bündnis, welches wenigstens jetzt sicher die anerkennung
der römischen hoheit bedang. 3, 313; habt ihr aber einmal
euch selbst aufgegeben, so bedingen jene Hir sich. 3, 576;
wie die Römer für sich mit den Aetolern bedangen. 3, 593.
das klingt unhochdeutsch und üblicher ist bedungen, zumal im
part. praet. und nie in jenem philosophischen sinn des beding-
ten: bedungen, ausbedungen, a<ubeAa/<en, z. 6. Wieland 18, 138.
BEDINGLICH, conditionalis : da er inen bedinglich, cum
conditione implendae legis, das land Canaan zusaget. Ha-
thesids 129'; bedingliche abrede, pactum. Riiiel Lir. 27; mut-
maszlich oder bedinglich. Simpl. 1, 203; weilen aber diese
meine meinung bedinglich, und dem fürtreflichen minister am
besten bewust, wie es mit der bedingung bewandt. LsiBurrz
78
1235
BEDINGNIS — BEDRANG
BEDRÄNGE — BEDRÄUUNG
1236
2 110; er verdient das gesdicnk, wozu sie ihm bedinglicbe
hofnung gehen. Hippel lebensl. 2, 234. man gebrauchl dafür
heule bedingt.
BEDINGNIS, f. und n. conditio: zum richtigen emphnden
ist richtig denken eine unentbehrliche bedingnis. VVieland 6,
87 ; die freiheit ist das unentbehrlichste bedingnis der glück-
seligkeit, 25, 126;
doch mit bedingnis, dir die zeit
durch meine iiünste würdig zu vertreiben. Goihe U, 74,
er hielt dieses bedingnis für sehr vortheilhaft. 30, 72; jeden
einzelnen fall recht als einen einzelnen aus seinen fernen
und nächsten bedingnissen herausgestalteten zu erwägen. Tieck
ges. not). 2, 85. . .
BEDINGTHEIT, f.: die schüler lernen eine wie die andre
{hunsl) in ihrer bedingtheit kennen. Göthe 22, 158 ; zwar gab
die Ungleichheit des terrains die schönste gelegenheit aus der
nothwendigen bedingtheit des locals die forderungen des Zwe-
ckes zu erfüllen. 31, 162. .
BEDINGTLEUTE, liomines sub condttione receplt: er woll
dann vilelcht alles zu der hofwarter, bedingtleuten und gült-
bawren genad setzen. Sebitz feldb. 26.
BEDINGUNG, f. conditio, das bedingende und bedingte, erst
in den letzten Jahrhunderten üblich geworden, auch nnl. unbe-
kannt : bedingungen machen, stellen, feststellen, vorschreiben,
halten, brechen, annehmen, ausschlagen, verwerfen, sich gefal-
len lassen; es soll nur unter der, unter keiner andern be-
dingung geschehen; es erfolgt unter den ehrenvollsten be-
dingungen; bedingung eiagehea (capitulieren). Opitz Arg. 2, 431;
den flug
de« denken s hemme ferner keine schranke,
als die bedingung eodlicber naturen. i5CHaLER2/9 ;
so müsse man in seinem eignen Wien
dem kaiser die bedingung machen. 3ol ;
sie sind auf jegliclie bedingung mein. 363';
ich kann hiezu einen mir bekannten feldchirurgus vorschlagen,
der jetzt um leidliche bedingung (lohn) zu haben ist. Göthe
17 44- es gehört zu den traurigsten bedingungen, unter de-
nen wir leiden, uns nicht allein durch den tod, sondern auch
durch das leben von denen getrennt zu sehen, die wir am
meisten schätzen, an Zelter 70 ; ich habe späterhin der weit
und ihren bedingungen gelebt, aber in jenen tagen lebte ich
dir und mir. Tieck ges. nov. 3, 239.
BEDINGUNGSLOS, sine conditione.
BEDINGUNGSWEISE, cum conditione.
BEDONNERN, wie andonnern und verdonnern: er stand
da ganz bedonnert, ahd. pidonaröt. Graff 5, 150.
BEDORNEN, spinis conserere, zumal im part. praet. be-
dornt. BaocKES 8, 108 ; keine mit lebensgefahr und straszen-
raub bedornte reise. Herder 6, 299 ;
den hohen bedorneten thron (der rose). Kleist 2, 17;
bedornte rosen. ür 1, 17 ;
die bedornte bahn des lebens. Gotter 1,7;
da pflückt ich am bedornten see
zum strausz ihr unter spätem schnee
blau roth und weiszen güldenklee. Voss 4, 87 ;
die bienen bedornten die rosenkelche mit neuen stacheln.
J. Paul Kamp. 35; wie emsig er aus jedem bedornten oder
gestachelten tadel den honig der besserung saugt, uns. löge
XXXVII. mhd. bedürnen.
BEDÖRNERN, dasselbe: er legt sich auf eine bedörnerte
bank. Wiedeman.n junt 108.
BEDÖSEN, deludere, circumvenire, ein seltnes, zum ahd.
dösen, ferdiisen, disperdere, corrumpere (Graff 5, 229) stim-
mendes wort, dem mhd. diusen (Ben. 1,372') verwandt:
nun war dem fürsten wol bewüst,
das doch der abt
solch hohe frag nicht würd auflösen,
drumb wolt er in also bedösen. Waldis 3, 92.
vgl. bedusseln.
' BEDR.\NG, m. vexatio. Haltaus 113: süllichen bedräng ist
uns nit möglich länger zu leiden. Hütten 5, 432 ; ich hoff
zu gott, wir werden aus bisiier deines kcisers geübten be-
dräng uns scliierst zu solclier besserung unverdrieszlich schi-
cken, unterrede und anschlcge zur kriegsordnung Widder die
Türken. Wittemb. 1527. E3';
bedräng der vögl die Icui nrschrcrkt.
und ward der Schweincr biiiid «M-wiTkt.
.ScuwARzrMiiKKii 116. 1 ;
auf dasz er aicht am trinkcD, auch sonsten der hilz halber
betrang leiden muste. Kirchhof toendunm. 138*; ist dem feind
schädlich, thut auch herter bedräng und anstösz. Fronsp.
kriegsb. 1, 163". bei Fischart erscheint das wart weiblidi:
einige betrang und überlast zufügen. Garg. 26l'. heute un-
üblich, und durch das einfache drang oder drangsal vertreten.
BEDRÄNGE, n. pressus, angustiae, gedränge:
die weit hat groszen mängel (so), die weit hat grosze menge
an frölichem vergnügen, an kläglichem bedränge.
LoGAü 3, ziigabe 82.
BEDRÄNGEN, BEDRANGEN, angere, vexare: darumb ge-
biete ich dir und sage, das du deine band aufthust deinem
bruder, der bedrenget und arm ist in deinem lande. 5 Mos.
15, 11; trit zu mir und tödte mich, denn ich bin bedrenget
umbher und mein leben ist noch ganz in mir. 2 Sam. 1, 9 ;
damit sie ire feinde und die so nach irem leben stehen, be-
drengen werden. Jer. 19, 9; wen gefahr des leibs bedrangt
(: anlangt). Kirchhof wendunm. 105' ;
der, den das theure blut des lammes hat besprenget,
wird von den wollen zwar geängstet und bedränget.
LoGAU 1, 6, 13;
der kleine häufe, von allen seilen bedrängt, muste sich er-
geben; wo ehemänner einen begrif von dem bedrängten zu-
stande eines unverheirateten wolgesinnten Jünglings hätten.
Göthe 14, 89 ; er ist in sehr bedrängten umständen.
BEDRÄNGLICH, urgens, afßigens: es ist auch ein ding
in der nähen allwegen würklicher und anrürlicher. dann
was ferrn hindan ist, das ist nicht bedrenglich. Paracel-
SüS 1, 927';
und was bedrängliches guten Städten grimmig droht.
Göthe 41, 203.
BEDRÄNGNIS, f. und n. sollichs alles m5st der herzog
dem keiser durch bedrangknus versprechen, Aimon D ; die
von Montabon litten solche bedranknus. X; in diesem be-
drängnisse verfiel Civitella auf das spiel. Schiller 744; wie
sie sich aus gegenwärtigem bedrängnisse ziehen sollte. 837;
damit das bedrängnis vollkommen würde. 900; in diesem
phvsischen bedrängnisse. 1130.
BEDRÄNGUNG, BEDRÄNGUNG, f keine not, bedrangung,
geschütz treibet eine festung so hart zur ergebung als eben
mangel an wasser. Kirchhof mit. disc. 166 ; denselben (gott)
in allen bedrangungen anrufen. 172'; ein feind aller unge-
rechten bedrängungen. Rabener 3, 72. , , ■ i, •
BEDRÄUEN, comminari, bedrohen, über das verhäUnis bei-
der formen wird beim einfachen dräuen und drohen gespro-
chen LüiHER schreibt drewen und bedrewen, was freilich
neuere ausgaben der bibel in drohen, bedrohen tüO«de/H ; und
stund auf und bedrewete den wind und das meer, da ward
es ganz stille. Matlh. 8, 26 ; und Jesus bedrewete sie und
sprach, sehet zu, das es niemand erfare. 9, 30; und be-
drewete sie, das sie in nicht meldeten. 12, 16; und Jesus
bedrewet in und der teufel fuhr aus von im. 17, 18 «. s. w. ;
Unglück zu vermeiden bedräuwet ward. Kirchhof wendunm.
215'- was für eine polizei das sein soll, wodurch allen den
Übeln vorgebeugt werden könnte, womit uns die schwarzgel-
ben sittenlehrer so fürchterlich bedräut haben. Wielano 6, 74 ;
um den Staat mit gefährlichen unruhen zu bedräuen. 6,280;
starrt mit erschrocknem blicke
den riuer an, und findet, da er ihn
für den erkennt, mit dem ihn sein geschick
voriängst bcdräut, für rathsam abzuziehn. 17, iJ;
lüszt fürwahr die trauten kiiidelein
gefahr und leid nicht eben leicht bedraun. Bo»«eb 28 ,
bei gefahr und noth, . . - .
die meinen liebling, die mich selbst badraut
Göthe 9, 285.
tadelhaß liiürn cmige zu bedrohen, wie zu drohen, den dat.
statt des acc. der pcrson: bald bcdräuten erdbeben dernatur
den Untergang. Gökinck 2, 73.
BEDRÄUER, m. schreck euch kein bedräuer! Rüceert 40.
BEDRÄUUNG, f comminatio: als nu die prediger bei uns
davon gepredigt und die priester erinnert sind der schrock-
liehen bedrawung, das, wer das sacramcnt unwird.g luh, n
brauchet, der sei schuldig am leib und blut Christi. Augsb^
conf. bei Luther 6, 370- ; durch bedrauwung de» •«•»''• '"j"
mr mit. disc. 187; Gclanor schalt ihn noch hart.-r nut der
bedrauung, er wolle gleich nach hause reisen. Weise erzn^
27 ; von zorn aber und bedrftuung kann man nichts dann
1 sehen. Gütue 39, 12".
1237
BEDRECKEN— BEDÜMiEN
BE DÜNKEN
1238
BEDRECKEN, htto eotispergere, inquinare:
wer sein finger in all löcber steckt,
dem Werdens auch zu zelten bdrecku Walbis 4, 39 ;
was nit beschissen ist, das bedreckent ihr. Paracelsds ehir.
sehr. 535 .
BEDRECRERN, dasselbe. Simpl. 2, 390.
BEDROHEN, was bedräuen: einen hart bedrohen, fehler-
haß mit dem dat. : Ludoricus bedrohete dem französischen
könig mit offenbarem kriege. Hahx 1, 236.
BEDROHENTLICH, minariter: ernsthaft und betrohentlich.
Simpl. 2, 16 ; Gregorius VII schreibt von Henrico bedrohent-
licb. Hahx 3, 38.
BEDROHLICH, mtnax und minaciter : dieweil sie ihme und
seinen schwedischen reichen noch gröszem abbruch zu thun
sich betrohlich verlauten lassen hatten. Chr. Andreae busz-
posaune L 3 ; Titius hat halb voll in einem wirtshaus betroh-
lich ausgegossen. Abele 4, 232.
BEDROHSAM, dasselbe. Stieler 332.
BEDROHUNG, f. minae: im scherz und ernst, mit rer-
mahnung und bedrohung gesagt habe, was dir zu sagen ist.
ScHLPPics 520 ; wie denn wegen bedrohung der groszen Son-
nenfinsternis 1654 das ganze landvolk erschreckt, 695.
BEDROSSEN, s. betrossen.
BEDRUCK, m. oppressio, afßictio: unsere gesellschaft aus
ihrem bedruck zu reiszen. Liscov422; mein Tater war, zum
bedruck meiner mutter, unerschöpflich über die ehre des
adels. Hippel lebensl. 1, 146; die Schöpfungsgeschichte Moses
aus allem bedruck der tausend und tausend ehrenschändun-
gen und eiirenrettungen heimholen. Clacdics 1, 37.
BEDRUCKEN und BEDRÜCKEN unterscheidet man wie ab-
drucken und abdrücken, ausdrucken und ausdrücken : ein
zeug, ein blatt, ein papier bedrucken, hingegen die Icute,
das voik bedrücken, doch schreibt Göthe in beiden fällen,
ohne Umlaut, bedrucken:
eines kenn ich und Test bedmckt es zofrieden die lippe. 1, 3Sfi ;
der fürst ist unterrichtet, wie sehr das volk bedruckt sei
15, 27.
BEDRÜCKTHEIT, f. oppressio: sie sahen reichere gegen-
den und ihre bedrflcktheit. Dyanasore 3, 351.
BEDRÜCKUNG, f dasselbe, und üblicher.
BEDÜFTEN, vapore, odore aspergere:
tu (rücknen an dem kalten luft,
weil es mit feuchte war beilufl. H. Sagrs I, 4SI' ;
von reir, schnee, eis und kaltem luft
mit weiszen fasen als beduft. II. 1,54';
ob es auszen der rrühling
gleich mit der blume bedufiet. Klopstock Hess. 9, 445.
BEDUMPFEN, offüscare, obtundere, machen dasi etwas dumpf,
geddmpß schalle: dem alten mann ist seine stimme bedumpft;
wie die orgel so bedumpfel laute? Schüppics 48.
BEDUNGEN, s. bedingen.
BEDÜNGEN, stereorare agrftm, begeilen: das ein acker ein-
mal bedankt drei jar seibs frueht bringt. Fra5i iref<&. 5f ;
einen acker wo! durchpflügen, einen acker wol betüngea
macht, dasz unkraut musz verwelken und da<« Innd musz
fruchte bringen. Logau 2, 1, 40 ;
der das land selbst bedüagel und fruchtbar machet. Schcp^
ptvs 408; damit ich den teufel aufs narrenseil füre, das er
■ich selbst in seiner klugheit bctüngen musz. Luther 4, 535*.
BEDUNK, m. oder n. ? opinio, bedünken :
da hab ich einen esel jung,
der ist fürwar, nach meimbedunk,
Tiel zu versiendig. . Waldis 4, 97.
BEDL'NKELN, obscurare: ee die nacht die erd bedunkelt.
Aimon Yl; wie die sonn den mon bedunklet, also bedunklet
das reich Licuri dein reich mit seinem schein. SteinhOwels
Esop 23' ;
eb sie das laub beduokelt mit seiner kühlen umwölbung.
HüRoea 15, 134.
BEDÜNKELN, verkleinettes bedanken, au dem dunkel ttr-
kilen :
euch mdg es nicht bedönkeln,
es sei gemein.'s funkeln. Goth« 5, 93.
BEDÜNKEN, BEDUNKEN, tideri, ahd. pidunchan, pidfthta
(Gbaff 5, 176), mhd, bedunken, bedöhte (Ben. J, 3«0'): mich
bedQnkt, mich bedaucbte, mich hat bedauclit. der tprtehge-
braucli irrt nach drei teilen ab, indem er soicol bedaucht oder
bedäuchlet ins praes. al$ bedünkte, bat bedünkt ins praet.
seist, und statt des acc. einen dat. der pern/n beifügt, man
sehe das einfache dflnken, dauchte und halle sidt an die ana-
logie von bedenken, bedachte. Lütheb seheint sich des Wor-
tes überhaupt nicht zu bedienen.
1) auch mich stets bedunkt, wie mir alle mein haar auf-
steigen. Boec. 1, 5'; in eins zwei bedaucht {er schöpfte ver-
dacht). 1, 25'; nun fragstu, als mich bedünkt, so wer das
klappern und eerabschneiden ein ding. Keisersberc Sünden
des munds 46*; bedaucht dich die Versorgung deiner einigen
seele nit schwer genug. Petr.9i'; denn er, wil mich die sach
bedunken, der rechte thäter ist. Galmy 264 ; als mich die
sach bedünken wil. 309; und derwegen mag der papst, in-
maszen Antoninm de Rosellis bedunket, einem sein hab und
gut nemmen. Fischart bienenk. 134* ;
als mich bedaucht, ich liebte. Gbtphics 1,249;
ihr irrt, so euch bedünkt, ihr wäret angenemer.
LoGAC 2, 3, 59. ». 70;
du brennst für lieb und bist doch blasz, Pyrinna, mich beduokt,
der brand leucht sich von auszen ein auf 'seinen mittelpnnct.
3, 10, 69 ;
als ich s'o zusähe, bedauchte mich. Simpl. 1, 66 ; da bedauchte
{es steht verdruckt bedachte) michs zeit. 2, 435; so viel uns
bedunket. Schlppius 522; mich bedünkt, der seie der erste
politicus, der n. s. w. S59;
so wird die vorsieht uns weise,
der himmel uns gnädig bedünken. Kliist 3, 134;
es hätte sie bedünkt, dasz er mehr damit habe sagen wol-
len, als seine worte an sich selbst gesagt hätten. Wiela:«d
I, 291;
dasz ihn bedünkt, ihr kaltes herz erwarme. 17, 291 ;
mich wollte fort und fort bedünken, als hält ich ihm und
unserm Zusammensein das erfreulichste stiften können. Göthe
31, 195 ;
wenn du dich so bedOnktest, wäre mehr gefahr. 10, 14 ;
was unerreichbar scheint, bedünkt so schwer. Plate.'<28;
dasz es die zwei auch mochte so bedunken (: versunken).
RCckert 141.
2) sich bedünken lassen, sibi tideri:
da liesz sich Esopiis bedünken. Albekcs 106;
nun lasse ich mich bedunken. Susanna com. liibeldeha 4, 4;
was bistu für ein bengel, was laszt dich bedunken, ich hab
mein hütlin für dir abgezogen? Fischart 6i>n«i*. 142" ; was
läsztu dich umb diese beide bedünken? AtRERprof. 1,10;
wie man Christi leib kan essen, wie man Christi blut kau
trinken,
leszt sich jener disz rernehmen, leszt sich dieser das bedünhck.
LoGAU 3, 4, S ;
0 ich liesz michs wol bedünken. 3,8,56;
kaiser August liesz sich bedünken, dasz seine gewalt die
siege aller Römer übertreffe. Lohexst. Arm. 1, 1055: weswe-
gen ich mich ein vollkommen geschickter kerl zu sein be-
dunken liesz. Felsenb. 2, 370. heute ungebräuchlich.
3) die ältere spräche fügte, nach lateinischer weise, zu be-
danken den acc. mit dem infinitiv: lasz ich mich bedünken
not sein unter uns ein haupt zu machen. Boec. 1, 8*; doch
bedunkt dises Schreibens ursach gewest sein. Melaxchthox
annot. Büm. 1; bedunkt michs ein unnütze und torechte forcbt
sein. Wickram bilger A4; der ander leib bedunkt sich ohne
schuppen sein. Forer ^JcAft. 39"; bedünkt uns zeit sein. Ur-
FENBACH loszbuch 1, 192. bald aber muste zu beigesetzt wer-
den: der fromme mann bedünkte ihn als eine aufbrechende
rose zu sehn (auszusehen) und gleich eine süsze singende
nachtigal zu sprechen, pers. baumg. 4, 27; bedeuchte mich
schöner zu sein. Simpl. 2, 454 ; diejenige, welche lieber ge-
woll spitzfindig disputieren, als fromb und verständig leben,
bedunken mich den Seiltänzern und gauklern gleich zu sein.
ScBLPPiL's 707; ich habe aus beiden eine dntte lesart zu-
sammengesetzt, die mich die nichste zu sein bedünkte. Les-
SI.NC 9, 130.
4) belege des fehlerhaften datits: besonders wenn es wahr
wäre, was dem Erasmus bedünkte. Lessi.ig 8, 517 ; auch mir
bedunkt es selbst. Wielasd 18, 145 ;
zehnmal räumlicher wird dann
unser siübchcn dir bedanken. GöiixeK 1, 47;
was nun bedüoket den erlauchten sUndeo! Sciilliii 063:
sie klagt uns alle an vor jenem rächer,
dem UDsre thai nicht wird so leicht bedunkan.
TiiCK 1, 162.
78*
1239
BEDÜNKEN— BEDÜRFEN
gewohnt, bei bedünken an videri und scheinen zu denken, con-
struierte man, wie zu diesen, den daliv.
BEDÜNKEN, n. opinio, senlenlia:
merk, durch mein kiinst ist mir bekant
aller menschen auf erden stand,
auch wie als welter wirt gethan,
das zeig ich nach bedunben an. Schwarzenbeug 120, 1 ;
meines bedünkens, ex mea sententia. Wickram rollw. 50 ; die-
weil es, irs bedünkens, ein grosze narrheit gewesen wer.
Fischart bienenk. llü'; unsenn bedünken nach. Wieland 3, 87;
unsers bedünkens hat es mit einer geschichte wie diese die
nemliche bewandtnis. 12, 320; weil er die spräche nehmen
musz, wie sie ist, und nicht, wie sie, nach seinem gegrün-
deten oder ungegründeten bedünken, sein sollte. Klopstock
12, 208.
BEDÜNKLICH, opinabilis: seltzamlich und so bedünklich
bös. Simpl. 1, 27.
BEDÜRFEN, egere, indigere, ahd. pidurfan, pidarf (Graff
5, 207), mhd. bedürfen, bedarf, bedorfte, nhd. bedürfen, be-
darf, bedurfte; über die würzet vgl. das einfache dürfen.
1) mit partilivem gen. der person oder sache: wenn du eins
bedarfst, so sclimeichlest du im, und wenn du sein nicht be-
darfst, so beiszest du in. Keisersb. sünden des munds 34" ; so
wil ich in nu mit dem spiesz stechen in die erden, das ers
nicht mer bedarf. 1 Sam. 26, 8 ; nach eines ieglichen willen,
wie ers bedurft, weish. Sal. 16, 25 ; nim zu dir von des fisciies
geilen, denn du wirst ir bedürfen. Tob. 11, 4; so bedarf er
keiner fahr überall. Agricola 112'; item, wan der römische
glaub der apostolische wer, bedürft er nit neuer Wunderwerk.
Fischart bienenk. 26*.
2) mit acc. der person oder sache: noch so bedarfslu da-
nocbt freund. Keisersb. sünden des munds 47'; ewer vater
weisz, was ir bedürfet, eh denn ir in bittet. Matlh. 6, 8 ; die
aber der chirurgicus nit achten bedarf. Gersdorf 15 ; ausge-
nommen der Westwind, welchen er zu seiner heimfart bedorfte.
Fischart fcJeHcnÄ;. 4l'; ergo darumb bedürfen die leien keinen
wein. 9l'; dieser theil des menschengeschlechts war in der
ausübung seiner Vernunft so weit gekommen, dasz er zu sei-
nen moralischen handlungen edlere, würdigere bewegungs-
gründe bedurfte und brauchen konnte. Lessing 10, 321;
wofern sie nichts dazu
als eine Jungfer bedürfen. Wieland 4, 207;
denn mag er noch so viel sich stellen,
als wenn er keines menschen kind
bedürfte. Gökinck 2, 110;
er bedurfte jetzt mehr als jemals den guten willen der Staa-
ten. Schiller 797. der unterschied des parlitiven gen. und
des acc. ist wie sonst, ich bedarf des weines, etwas von dem
wein, ich bedarf den wein, habe ihn überhaupt nöthig. oft
aber tauschen beide casus gleichgültig.
3) bloszes bedürfen, ohne casus, arm, bedürßig sein: ja,
fuhr er fort, ich fühle, dasz ihr bedürft, und was ich ver-
mag, will ich euch leisten. Göthe 19, 54 ;
für mein bedürfend unerfahren herz
zufällig einen gegenständ zu haschen. 9, 180.
4) mit folgendem infiniliv: mir bedürft ir nichts geben
braucht ihr nichts zu geben). 'Agricola spr. 97'; dise species zu
probieren bedarf ich nicht wort brauchen. Mich. Stifel 94 ;
dasz kein mensch auf erden so heilig gewest noch seie on
Christus alleine, der nit selbst mit sünden beschmeiszt were
gewesen und bedürft hab für eigene missethaten zu bitten.
Fischart bienenk. 46'; er bedarf schlechts des jahrs einmal
beichten und hochzeit halten. 232'; die Vernunft, welche dem
zusammengesetzten das einfache zu gründe zu legen bedarf.
Kant 3, 338; was den beweisgrund seiner Wirklichkeit von der
crfahrung herzuholen bedarf. 4,152; stürke, erhabenheit, würde
bedürfen weit weniger von dem ausdruck unterstützt zu wer-
den. Schiller 28 ; zu trinken bedurfte ich nicht, denn ich
hatte mich an den fruchten hinreichend gelabt. Göthe 24, 91;
dasz ich die folgenden erlüuterungen gar nicht zu geben 1)C-
darf. J. Padl teufelsp. 2, 120.
5) mit folgendem dasz: ich bedarf wol, das ich von dir
getaufet werde, und du kommest zu mir? 3fo«/i.3, 14.
6) unpersönlich, es bedörfl allein (brauchte nur) zwo oder dri
predig. Keisersb. sünd. d. munds 82' ; dennoch bedarf es, ge-
dachten (modo dictum), ja alle prediger treulich zu vcrmalinen
und warnen. Lothers br. 4,425; aber was bedarfs vil wort?
die kinder auf der gassen wissen genugsam. Fischart bie-
BEDÜRFLICH — BEDÜRFTIGKEIT 1240
nenk. 56'; darüber bedarfs keiner gloss nicht. 90'; nun be-
durfte es keines kampfes, keiner gewaltsamen anstrengung
mehr. Wieland 2, 213;
für den zufriednen poeten
bedarfs nur euren wiiz und wein. Gökingk3, 40;
zum behuf der Schönheit bedarf es nicht so nothwendig reich
und original an ideen zu sein. Kant 7, 182; ebenso wenig be-
darf es von dem werthe dieser dinge etwas hinzuzusetzen.
Göthe an Friedländer.
7) sich bedürfen: es bedarf sich groszer bescheidenheit,
so du wenst, dich treib brüderliche liebe, so treibet dich räch
darzu. Keisersb. sünden des munds 36'; doch also, dasz je-
derzeit das eine theil davon zimlich lang für die wunden
heraus lange, damit, wann es sich bedarf, du es leichtlich
könnest widerumb heraus ziehen. Würtz 346; zwar es be-
darf sich auch gar nicht deintwegen zu pindarisieren. Weck-
HERLIN 370.
BEDÜRFLICH, egens.
BEDÜRFLICHKEIT, f. egestas: wenn man sie wieder setzte
in die einfaltige bedörflichkeit, in das unschuldig armut. Hüt-
ten 5, 264.
BEDÜRFNIS, f. und n. indigentia, egestas, res cujus egemus.
1) weiblich: aus äuszerster bedürfnis. Rabener 4,71; seine
gattin, die er liebt und von der er geliebt wird, schmachtet
in der äuszersten bedürfnis. Lessinc 7, 63; konnte nun wol
dieser bewegungsgrund durch die bedürfnis des Staats aufge-
wogen werden? Garve zu Cic. de off. s. 212; weil verschie-
dene mitglieder dieser zünfte bei bereicherung der spräche
eben nicht ekler wähl sein und auch wol die bedürfnis nicht
genau mochten untersucht haben. Klopstock 12, 199; die un-
umgängliche bedürfnis. Kant 2, 120; ungeachtet dieser drin-
genden bedürfnis der Vernunft, etwas vorauszusetzen. 2,451;
die bedürfnis der Vernunft, etwas anzunehmen. 2, 464 ; dieser
dringenden bedürfnis abhelfen. 3, 297 ; zur ersten bedürfnis.
Moser 1, 284; und warum befinden wir uns in dieser bedürf-
nisse? patr. ph. 1, 16.
2) neutral, heute vorhersehend: die Wechsel sind ausgeblie-
ben, jetzt in diesem dringenden bedürfnisse zum erstenmale
ausgeblieben. Schiller 739 ; den kaiser so lange in seinen
bedürfnissen zu verlassen, bis er diese Verfügung bestätigt
hätte. 888; weshalb denn auch aus benachbarten und ent-
fernteren Provinzen lebensmittel und bedürfnisse unversieg-
bar zuflieszen. Göthe 6, 199 ; wo man in einem privathause
unterkommen und das nächste bedürfnis fand. 29, 101; die
bedürfnisse der baulichkeiten und einiges wünschenswerthe
der Umgebung anzuordnen. 31, 149 ;
all dieser prunk, all dieser tand,
bedürfnisse des Überflusses. Götter 1,20;
uns auf die leichten, die schwankenden halme
hat er des lebens bedürfnis gestellt. Rückert 215.
3) bedürfnis, na^urae necessilas: ein bedürfnis befriedigen,
necessilati parere, operam dare, seine nolhdurfl verrichten, nd.
sin behof don.
BEDÜRFNISVOLL, Göthe 24, 207.
BEDURFT, /". indigentia, ein gutes, jetzt wie das einfache
dürft veraltetes wort, obschon notdurft fortdauert: nach seiner
notturft und bedurft. Paracelsus 2, 12*. auch Logau sagt
noch lebensbedurft, das adj. bedürftig, dem hernach wiederum
bedürftigkeit enlsprieszt, setzt es voraus.
REDÜRFTEN, egere, ein nochmals aus bedurft gezeugtes
verbum : auf bedürfleten fall (nüthigen falls). Ettner unw.
doct. 551.
REDÜRFTIG, egenus, dürftig, neccssarius, nöthig: bäten
mich loszulassen, weil sie mich in ihrem dienste bedürftig
wären. Schweinichen 1, 349, mit bemerkenswerlhcm acc, wie
er bei bedürfen stattfindet, gewöhnlich steht der gen. geldes,
trosles bedürftig, der hülfe bedürftig; so oft der gemeine
nutzen eines gelds bedürftig. Schuppius 748. häufig auch
ohne casus: ein bedürftiger mann. pers. baumg. 4, 12; so wird
an der helfte des bedürftigen samens noch ein drittel erspart.
Hohberc 2, 26'; lassen sie in dieser ungewisheit des lehons
zwischen diesem hoffen und bangen dem bedürftigen lierzen
doch nur eine art von leitstern. Göthe 17, 192; seltene, schöne,
liebenswürdige lugenden, deren friedliche einwirkiing die be-
dürftige weit zu jeder zeit mit wonnevollem genügen umfängt
und mit sehnsüchtiger trniier vermist. 17, 410.
BEDÜRFTIGKEIT, f. rgeslns: sein fränle tochler Berlram,
1241
BEDÜSSELN— BEEIFERÜNG
BEEILEN — BEERBEN
1242
welche zwar schön, doch aber mit ihrem herm vater in gleich-
mäsziger bedürftigkeit schwebte. Abele 4, 411 ;
ausgesioszen hat er jeden zeugen
menscliiiclier bedürftigkeit. Schiller.
BEDUSSELN, vertigine eotripi, animo deßcere, tninken,
schlaflrvnken, berauscht sein, bei Stieler 352 bedüsein und
bedeuseln, für bedeuszein, denn tcurzel scheint das ahd. diojan
strepere, rauschen, trozu balgdiesze und wasserdiesze gehüren.
man könnte es aber auch herleiten aus dusen, dusein stille
sein, schwindeln, schlummern (Scbm. 1, 401. Stald. 1. 331) und
das ahd. dujan {einschläfern, bei Fleming einem das sause
singen) 0. 1. 11, 41, engl, doze vergleichen, s. bedösen, nd.
dösig, düsig, mhd. diusen, und das fulgetide wort.
BEDCTZEN, circumrenire, constemare, von demselben diojan,
diesen {wie aus niesen nutze, aus schiejen schütze)? doch
steht entgegen die mhd. Schreibung betützen:
er aj vil inaejiichen
und lei den geliehen,
als er fleisch geniizte,
siiien gemaj^en er beluzte. Uolrich 451,
erat ei etiam moderata ciborum parcitas ac quidam singu-
laris abstinentiae modus, quo solebat religiosa arte secum
connTantes circumvenire ;
nu vernement ein niuwen rät,
swel frowe ein bcesen man bat,
der zuo minnende ist unnütze,
wie si den beiütze. fragm. 31*.
nhd. so sol gar niemands, mit meinem ratb, gott zu vil ver-
trauwen, ich wils auch seibs nit Ihun, dann er hat deshaiben
mauchen bedützt {fefellit). Frey garteng. cap. 29. hierzu stimmt
das Schweiz, tuszen, duszen lauem, nachstellen, tüsseln, düs-
seln leise schleichen (Stald. 1, 331); nur ist die bedeutung des
heute allein üblichen pari, praet. bedutzt und verdutzt, alloni-
tus, constematus stärker als circumventus : wenn er spürt, dasz
es ernst ist, kriecht sein theatralischer eifer gewis zum kreuz,
er kehrt bedutzt nach Frankreich zurück. Göthe 10, 108 ; end-
lich kamen wir abends ganz bedutzt von allen den herlich-
keiten in unser dörfchen zurück, fräulein Göchhaüsex i» Böl-
tigers lit. zust. 2, 240. das wort bedarf also noch weiterer auf-
klärung.
BEECKEN, in der wapenkunst, mit ecken versehen, ein
beecktes kreuz, aus dessen ecken längliche figuren ragen.
BEEDE, s. beide.
BEEHKEN, honorare: einen mit lobsprüchen, geschenken
beehren (s. verehren) ; beehren sie mich mit einem briefe,
besuche, mit ihrer gegenwart; es wurden, dieses fest zu be-
ehren, zwölf stückschüsse gethan. Felsenb. 2. 'l ;
lasz deiner tocbter tod den todten Teind beehren.
J. E. Schlegel 5, 162;
von welchen beiden sieht sich unser haus beehrt?
WlELA»0.
BEEHRLTSG, f. eultus.
BEEICHELN, glande instruere: die bäume beeicheln sich;
aber wer sitzet dir denn in dem beeichelten
kränze, zechend mit wildem schrei? Klopstocc 2, 190.
beeichelte bäume kommen in den wapen vor.
BEEIDEN, jurejurando astringere: da man dann Ire trew
spüret, soll man sie {die obristen) beeiden. Kirchhof tnt7. disc.
8 ; alle von tapfem, versuchten, bekamen und beeideten man-
nen auserlesen. 125.
BEEIDIGE.N, dasselbe: onparteiische und beeidigte lente.
HoBBEBG 3,25*; auf etwas beeidigt, in pflieht genommen wer-
den ; die Verschwörer beeidigten ihr vorhaben. Kläger 7, 249,
verbanden sieh eidlich.
BEEIFERN, ttudere, operam dare: der alles will und nichts
erträgt, alles wünscht und nichts beeifert. Dyanasore 5, 351.
gewöhnlich sich beeifem: wie sollte er nicht geliebt werden,
er, der immer bereit ist sich für die vorlheile andrer zu hc-
eifern. Wieland 1, 159; sich in die wette beeifem. 6,159; für
welche {religion) ihr liebhaber sich ungemein beeiferte. 6, 277 ;
ein mann, der mit so viel enthusiasmus wie du, sich für
andrer menschen bestes beeifert. 8, 234. vgl. ereifern.
BEEIFEKUNG, /". ttudium: so kann es nicht fehlen, dasz
ihre nachahmungen nicht in vielen stücken übereinstimmen
sollten, ohne dasz zwischen ihnen selbst die geringste nacli-
ahmung oder beeiferung gewesen. Lessing 6, 421 ; und alle
beeiferung der nachfolgenden dichter. 7, 364 ; der beeiferung
eines ehrlichen mannes nicht sehr würdig. S, 479; die beeife-
rong sogar in den gleichgültigsten dingen sich von einander
zo unterscheiden. Wielano 6, 289 ; positive erkenntnisse, welche
das ziel der beeiferung der vemunft aasmachen. Kaitf 2, 595 ;
denn beeiferung zur that gieng damals durch das christen-
thum. Dahlmann dän. gesch. 1, 41.
BEEILEN, celerare, festinare, beschleunigen: den feldzug
beeilen; man beeilte die hinrichtung des verurtheilten ; sich
beeilen etwas zu thun.
BEELNIGEN, conjungere, vereinigen:
so sebaf, dasz wir beeinigt werden
dort in der frewdenkirchen dein.
tob und dank abc. Frankf. 1664 t. 51.
BEEINTRÄCHTIGEN, nocere, injuriam facere alicui, «n-
trag thun {s. eintrag und eintrachl) : ob thierische begierde
den geist in edleren geschäften und reinem Vergnügungen
beeinträchtigt. Wieland 3, 395.
BEEINTRÄCHTIGUNG, f. damnum, injuna.
BEEISEN, glacie obducere, mit eis überziehen, in eis hüllen :
der wind beeist das land. Opitz 2, 71;
durch beeisten frost.' Hugo Grot. 294;
jetzt, da die beeisten gebirge
und der einsame wald
stumm und menschenlos ruhn. Klopstock 1, 76;
auch von des höchsten gebirgs beeisten zackigen gipfeln.
Göthe 1,314;
ein alpenheer, beeist zu häuf. 4, 119;
am blumenleeren rande deines beeisten bordes. Fr. MCller
t, 130 ; überall, selbst nahe an den beeisten polen. Humboldt
ans. der nat. 2, 3.
BEEKELN, fastidire, reprehendere :
sein kunstlicher geschraack beekelt seinen stand.
Haller:
ein männlein, das mit dunkeln und klügeln über allerlei ge-
lehrte arbeit und schrift, auch wol meisterwerk seine lebens-
tage hat zubracbt, geblinzt, und gethan, als obs sehn könnt,
beekelt und gethan, als hälts ne zunge. Klopstock 12, 127.
BEEKLER, m. reprehensor: kühne erneuerer und beekler
des alten. Klinger 3, 22. 11, 42.
BEELENDEN, commiserari, bemitleiden, bedauern : der aber
lang zübelen {zwiebeln) schelet, dem laufen die äugen binden
nach über, also der andechtig, fleiszig mensch, der on uf-
hören an dem zwibelen der üppigen eer schelet und alwegen
an der schelet der anfechtung schneidet, beellendet billich sich
selber, das er so unvolkomen ist und so vol gebresten, das
im auch dick die äugen davon überlaufen. Keisersb. bäum der
Seligkeit 22*. 23'; das er sein jam^r und not beeilende, post.
2, 7'. 94'; wenn der bilger sieht, das die deller feiszt nnd
wüst sint, die drinkgeschirr unsufer, suppen und musz erra-
lich, so beellendt ijammert) es in, und gedenkt, werestu do-
heim. christl. bilger 206; er beeilend sich selbs {ßhlt sieh
fremd). 207. so noch in der Schweiz : es beiendet mich, macht
mich mitleidig; er beiendet mich, ich erbarme mich sein. Stald.
1, 342. ich weisz nichts, das mir fält, weder {als) dasz ich
mich beeilende, dasz ich meine junge tag so übel angelegt
habe. Frey garteng. cap. 75. vgl. barmen, gedeutet bearmen.
BEEMSIGE.N, studere, befleiszigen. ungebräuchlich.
BEENDEN, ad finem adducere, vollenden, zu ende bringen
BEENDIGEN, dasselbe.
BEENDIGUNG, f. vor, nach beendigung des kriegs.
BEENGEN, coercere, eoarctare, in die enge treiben, ein-
schränken, nie aber, auch bei den dichtem nicht, bengen,
analog dem bange und bangen, in der bmst, im herzen sich
beengt fühlen.
BEERBANK, f. so heiszt den ziegelbrennem die holtbank,
auf der sie den lehm kneten und zubereiten, von dem mhd.
bera, das sieh noch in beerpflaster und abbeeren {sp. 12)
erhalten hat, aber auch als einfaches wort bis ins Yt jh. dauerte,
s. beeren.
BEERBEN, nnl. beerven.
1) heredem alieui esse, einen beerben: der söhn beerbt den
vater, der vater den söhn ; den reichsten omras und Statt-
haltern, die er gern beerbt hätte. Wieland 8, 145; er heira-
tete eine bejahrte reiche witwe, in der hofnung sie bald zu
beerben ; du sollst mich allein beerben.
2) rem hereditale obtinere: wiltu es {das stück felds) beer-
ben, so keuf es für den burgern und für den ehesten mei-
nes Volks. Ruth 4, 4; beerbe du was ich beerben sol, denn
ich mags nicht beerben. 4,6; wenn einer ein gut nicht beer-
ben noch erkeufen wolt, so zoch er seinen schuch aus und gab
in dem andern. 4, 7; und wisset, das ir dazu berafen seid,
das ir den segen beerbeL 1 Pelr. 3, • ; wisset, das ir dazu be.
m^
BEERBEN— BEERE
BEERE— BEEST
1244
rufen seid, das ir die benedeiung beerbet. Luther 2, 360" ; das
hündchen (neben dem lodt auf dem felde liegenden beltler) hatte
den ganzen bettelsack schon beerbt und ausgekernt. J. Paul
biogr. bei. 1, 168. gewöhnlich sagt man heute das land, die
sache erben, nicht beerben.
3) heredilate in alium transferre, auf einen erben: auf das
ir besitzt das gute land und beerbet auf ewre kinder nach
euch ewiglich. 1 chron. 29, 8 ; auf das ir mechtig werdet und
esset das gut im lande und beerbet es auf ewre kinder
ewiglich. Esra 9, 12.
4) beerbt sein heiszt leibliche erben haben, unbeerbt ster-
ben, keine solche erben hinterlassen.
5) beerbte sind erbliche grundeigenthümer, die auf erbgut
sitzen: der landrath* wurde vom adel der provinz, der Steuer-
einnehmer von den beerbten gewählt, der bauerschaftsvor-
steher von den bauern. denkschr. des freih. vom Stein.
BEERBFOLGUNG, f die volikommensie allegorie von dem
Ursprünge, dem fortgange, der befestigung und endlichen
beerbfolgung der königlichen gewalt unter den menschen.
Lessing 6, 468.
BEERBLAÜ, blau wie Heidelbeeren.
BEERCHEN, ft. baccula.
BEERDIGE.Ni, humare, terra condere, H. sotterrare, franz.
enterret, ffnl. beaarden, schw. jorda, dän. jorde, kommt bei
uns erst im 17 jh. auf und wird von Stieler 386 angeführt,
bei Henisch und den alleren mangelnd, es klingt, wie be-
stalten, vornehmei- als begraben und geht nur auf menschen,
nicht auf eingegrabne, verscharrte thiere.
BEERDIGUNG, f. humatio, enterrement, begräbnis, bestattung.
BEERDORN, m. berberis vulgaris.
BEERE , f. bacca, ahd. aber peri n. (Graff 3, 203), mhd.
ber n. (Bbic. 1,104"), doch steht auch einmal schon:
sie schuofen niht gein einer ber. urslende 114, 16;
da man häufig den pl. n. diu ber gebrauchte, entfaltete sich
leicht daraus dei- sg. f diu ber. Dasypodiüs, Ldther, Henisch
schreiben für sg. und pl. beer, Maaler 52' beere, auch altn.
ber ti., schw. dän. bär n., ags. aber berie, berige f und
schwach flectiert, gen. berian, pl. berian, engl, berry, pl. ber-
ries. das weibliche geschlechl scheint also im sächsischen stamm
althergebracht.
Man würde sich kaum bedenken und peri von pSran, ber
von b6rn, als die getragene frucht, herleiten, wenn dies nicht
einr umstand verböte : die goth. worlgestalt lautet basi, n., das
sich keineswegs auf bairan beziehen läszt, noch mehr, dasselbe
S hat sich bis auf heute im nd. besing und nnl. bes f., pl.
bessen, verkleinert besje oder bezie n. bewahrt, ja, ein ags.,
neben berie geltendes wort, basu purpureus, coccineus, gen.
basves, gemahnt an xoxxos und xoxxivos, folglich an beere,
wenn auch die Vorstellungen purpur und Scharlachbeere ver-
mischt worden sein sollten, den Polen und Böhmen ist iagodka,
gahodka beerlein gerade so coccus und die beeren haben vor-
zugsweise rothe färbe.
Wie also unser baar nudus ein goth. basis, basus vermuten
liesz {sp. 1055), ist auch beere sicher das goth. basi, nl. bes,
und wahrscheinlich in jenem ags. basu enthalten, hie schützte
der fremde begrif das alte S, wahrend es im geläufigen berie
zu R geworden war. Verwandtschaft zwischen baar und beere
wäre nicht unmöglich, die kleine, runde beere sieht gleich-
sam nackt vor äugen, kann unmittelbar gepßückt und genossen
werden, ein dichter dürße die beere nackt oder baar, die bacca
nuda nennen. Indessen hat Bopp gl. skr. 241 eine andere, die
Wörter beere und bacca vereinende herleilung vom skr. bhaks
edere vorgetragen, so dasj goth. basi == bhaksja cibus, esz-
bare frucht, bacca aber assimiliertes bacsa wäre, wie auch faha
aus fagba entspränge (s. bobne). man würde dann unser backe
gena heranziehen können, zumal des sl. iaguda wegen {oben
sp. 1064).
Beere erscheint in zahlreichen Zusammensetzungen : erdbeere,
himbeere f. hindbcere, heidelbeere, brombeere, mehibeere,
Stachelbeere, preiscibeere, Vogelbeere, iilbeere, lorbeere, maul-
beere, Weinbeere, und die kirsche selbst heiszt schw. kßrsbür,
dän. kirseb.'ir, wie auch Göthb tor» kirschcn redend sagt :
das beerlnin schmeckic seinem Kaum. 13, 121 :
in einem kirschgarten herumnascheii, wo ihnen die beeren
ins maul hängen, an Jacobi 238. Die jugend gelüstet nach
beeren, dem alter sagen sie minder zu: auch enthielt ich mich
von dieser zeit an alles ncuerert, genn«z und beurtheilung
jüngeren gemütern und geistern überlassend, denen solche
beeren, die mir nicht mehr munden wollten, noch schmack-
haft sein konnten. 32,177. die weiche beere des Vergnügens.
J. Paul uns. löge 3, 97.
Mir hat getreumet, das ein weinstock für mir were, der
hatte drei reben und er grünete, wuchs und blüete und seine
drauben wurden reif, und ich hatte den becher Pharao in
meiner band und nam die beer und zudruckt sie in den be-
cher und gab den becher Pharao in die band. 1 Mos. 40, U ;
also auch soltu deinen weinberg nicht genaw lesen, noch die
abgefallen beer auflesen, sondern den armen und freiftbdlin-
gen soltu es lassen. 3 Mos. 19,10; ire drauben sind gall, sie
haben bittere beere. 5 Mos. 32, 32; als wenn man einen Ölbaum
schüttelt, das zwo oder drei beer blieben oben in dem wipfe.
Es. 17, 6 ; schlag an mit deiner hippen und schneide die drau-
ben auf der erden, denn ire beer sind reif, offenb. Joh. 14, 18.
Beeren lesen, pflücken, brechen ; in die beeret gehn {sie
im wald suchen); beeren austheilen, spitze reden geben, wol
von Stachelbeeren: da hast du eine beere.
BEERE, m. nassa, s. bare sp. 1127, wo durch versehen n.
angesetzt ist: zwei lachs sind in den beeren gefallen. Houberg
2, 485". vgl. fischbeere.
BEEREN, lal. ferire, lerere, ahd. perian, mhd. bern, altn.
berja und genau zu scheiden von ahd. peran, mhd. bem, ferre;
heute ist gleich dem einfachen hären ferre auch das einfache
beeren ferire unüblich geworden, nur die Zusammensetzung ab-
beeren geblieben, im 16 jh. tauchen noch einzelne beispiele auf:
bei dem saframent, narr, du thust vil treiben,
und werest witzig, ich wölt dich leeren (lehren),
bei glauben, ich wölt dir dienden b<;eien.
spiel wie man die narren beschweren sol. 1554. E2';
BEEREN, das vorige worl in der bedeutung depsere, ahd. perian,
mhd. bern, hat noch Henisch 237 : hin und wieder in bänden
umbkeren, volvere, ut fit in massis pillularum. s. beerpflaster.
BEERENBAUM, m. melasloma acinodendron.
BEERENDOLDE, f aralia.
BEERENFRUCHT, bacca.
BEERENKORB, «i. aus weiden geflochten, durch welchen der
most aus der kellcr flieszt, und in dem die beeren hängen bleiben.
BEERENSAFT, w. eingekochter saft aus beeren.
BEERENSEIM, m. dasselbe: mancherlei klarer beerenseim.
Voss id. 13, 195.
BEERENWANZE, f. cimex baccarum.
BEERENWOLF, m. walze zum quetschen der trauben vor
dem keltern.
BEERENZEIT, f. die beeren- und kirschenzeit gieng zu
ende, deren Spätlinge jedoch Nanni sich besonders schmecken
liesz. Göthe 17, 180.
BEERESCHE, f. sorbus aucuparia.
BEERGELB, n. rhamnus infeclorius, gelbe färbe, die aus
kreuzdombeeren bereitet wird.
BEERGRÜN, n. vinca major, aus deren soft man grüne färbe
bereitet.
BEERHACKE, f. die letzte behackung der reben, wenn di4
beeren schon anfangen hell zu werden.
BEERHÜTER, m. feldwärter im weinberg.
BEERKRAUT, n. agrimonia eupalorium.
BEERKRAUTE, f was beerhacke.
BEERLEIN, n. baccula.
BEERMELDE, f blitum.
BEERMOST, m. ungeprester, von selbst aus den beeren lau-
fender most.
BEERPFLASTER, n. malagma, stretchpflasler : ein köstlich
gut beerpflaster, nimm u. s. w. bohre (= beere) das alles
wol untereinander. Tabernaemont. 221. s. beerbank.
BEERHEIS, n. reis mit Vogelbeeren, das die vogler auslegen.
BEERSTRAUCH, m. sambucus.
BEERWEIN, t?i. wein aus dem beermosl, der von selbst aus-
tinnt, im Elsasz vorlasz genannt.
BEERWINDE, f convolvulus.
BEERWOLF, m. was bänvolf, werwolf: der satan nur scha-
den thut, beide der kirchen und policei, wie ein beerwolf.
Luther 8, 213'; gott gehe dem hluthundc und beerwolf sei-
nen lohn. Luthers br. 6, 345.
BEERWURZ, f alhamanla meum, nnl. beerworfcl.
BEESSIGEN, acelo maccrare: beessigle hflnnge. Garg. 65*.
BEEST, f. und n. ftanz. bÄte, früher beste, im 17 jA. nach dem
engl, beas«, nnl. beest f auch in hochdeutscher spräche versvthl :
1245
BEET — BEFÄHIGEN
BEFÄHICmC — BEFAHREN
1246
die erst erfuodeD hat ein solcbs abschewHch beest,
cb'immagioö si abbomioosi ordigni.
Webdeks Ariost 11, 27,
von erfindung des geschützts redend;
wann mich geTressen hat die «vunderböse beest,
se la fera
nel brutto ventre avesse ayuto a porme. 11, 57.
auch nnl. vurde das uorl anfangs weiblich, bald aber, wie
heute allgemein, neutral gesetzt, könig Belsazer muste wie ein
ander beest beim wild im feld laufen. A.ndreae buszposauue E'.
Stieler 210 nimmt an das beest, pl. die beester, und so
schreibt man in Siedersachsen : 2 kühe, 2 fette beester (Schlacht-
vieh), 2 stück junges hornvieh. in gebildetem hochdeutsch klingt
aber das beest, du beest! gemein, und man sagt daßr die
bestie, du bestiel
BEET, n. areola, nichts anders als bett (gramm. 1 ausg. 3.
s. 216), und nur für die bedeutung des im feld und garten er-
höht bearbeiteten bodens durch abweichende Schreibung unter-
schieden; ahd. schrieb man petti areola, wui^petti, pettili
(Graff 3, 5t), wie petti überhaupt, und noch Dasvpodics über-
trägt area gartenbett oder krautstück, Maaler ist' gartenbett,
gartenbettle, selbst Stieler 136 gartenbette, krautbette, so dasz
beet erst eine erfindung des 17. ISjA. ist, von der wurzel wird
also unter bett gehandelt.
Wenn bei Scbweimche\ beet einigemal als maszbestimmung
verwendet wird: drei bete breit vom klepper wegfallen. 1.135;
überrück den jäfalingexi berg hinter (/. hinunter) vier beete
breit kaulen (ro//en). 1, 348 ; so weisz man, wie bei diesem
schrißsleller insgemein, nicht, was dessen herausgeber an der
Schreibung ohne verstand geändert hat. Getphim aber 2, 8
verwendet beet zum reim auf seet:
wo find ich mich? hier sind die beet,
die in den schwangern schosz verstecken,
was dessen milde faust ausseet,
der todt und leichen auf kan wecken.
Wiedejia!« octob. 26 aber
der acker ist die werf, wir alle sind die bäte,
was auf gedehnte ausspräche schlieszen läszt. dort bat die
kunst blumen in schön geordneten beeten gesamlet. Geszner ;
im winier ztehn die städte
»ich bunte blumenbeete. C. F. Weis«;
das beet. schon lockerts
sich in die höh. Götuk 3, 43,
wie man gerade auch sagt, das bett lockejn, auflockern, cnif-
schütteln; er wil! sie auf irgend ein beet des hofgartens ver-
pflanzen. J. Fall uns. löge 1, 170 ; ist diese blume mit dem
melonenheber des todes oder Schicksals aus meinen biogra-
phischen beeten ausgestochen oder versetzt, so werf ich die
federn weg. Hesp. 3, 24; das vermengte tuipenbeet der drei
Sonnenschirme (der drei vorüberfahrenden frauen) schimmerte
lange zurück. 7"«/. 2, 216 ; kann es ein feld des Wissens geben,
worin nichts als beete voll unkraut blühten? 6üc/ierjc/ia« 1, 17.
BEETCHEN, n. areola, pulvinulus.
BEETE, f. beta vulgaris, franz. bette, it. bieta, ags. bete,
engl, beet, nnl. beet, ein fremdes worl, dessen hochdeutsche
gestalt beesz, biesze erforderte, ahd. picja, pieja (Graff 3, 233),
bair. biesze, bieszen (Schm. 1,211) oder auch beesze, bösze:
nimm mier oder meier und beeten oder böze, betant nennen
es die gelehrten, ist auch zweierlei, rothe und weisze. Hohberc
3, 242'. gewöhnlich aber heiszt es auf hochdeutsch mit schö-
nerem namen mangold.
iwiebel, retiig, gurken, beet. Bbocies 9, 154.
BEETOCHSE, m. der zur linken hand (gegen das beet ge-
richtet) pflügende ochse, vgl. gesch. der d. spr. 996.
BEETWEISE, adv. liratim.
BEEWIGEN, immortalem reddere, gewöhnlich yerewigen:
und ohne »cblusz beewigt werden musz. Abele 3, 290.
man sagte auch ewigen ßr legitimieren. Sciim. 1, I31.
BEE.XCELLE.NZEN: dafür aber wurde ich so viel becxcel-
lenzl, als ob ich der erste ordensgeneral wäre. Seihe.
BEFÄCHEL.N, aesluanli tenue frigus venlilare:
itin selto «rstaunt, mit halb verächtlichem läcbelo,
die karamermndclien im äuszern gezelt
•ein jungferiiches gesiebt mit rielem anstand beßchelo.
WIKLAXD4, 24;
damit gescbmlnkie coTen ihn bef.icheln,
schamio.s und geil wie er. Schibart 2, 68.
BEFÄCHSERN, viviradiäbus inalnere, den Weinberg mit
fiUhsem belegen. Stieler 524 schreibt befechsern.
.fi(^AUIG£j(, afttim reddere, ausrftsien : die natur beCihigte
ihn zu allen imternehmungen ; die natur, die nieder erkaltet,
etnras anders geworden, zu etwas anderm befähigt ist Bet-
TisE brie/e 1, 287; ein befähigter, fähiger, begabter köpf.
BEF.\HIGU.\G , /. aptiludo: wo denn die mitempfindende
weit neugeschaffen eine höhere befähigung in sich gewahrt.
Bettine br. 2, 102 ; göttliche eingebung, die den menschlichen
befiihigungen ein ziel steckt. 2, 19S.
BEIFAHL, abtaut von befehlen, s. befalcb.
BEFAHNEN, vexillo omare: schif befanet. Gorj. 79' ;
ein befahntes sommerschlosz. Pfeffel6, 61.
BEFAHR, f. melus, cura, sollieitudo, besorgnis, dem ahd.
einfachen fara, mhd. vär entsprechend, die meistens insidiae,
dolus, periculum ausdrücken, und in die Vorstellung der sorge
und furcht übergehn. mhd.
sie hat ir magetuomes vär. Frsib. Trist. 70S,
steht in sorge um ihre jungferschaß, und ößer äne vir ßr
ohne sorge, furcht, während es gewöhnlich ohne gefahr, ohne
hintertist, absque dolo bedeutet, nhd. befahr haben, tragen =
sorge haben, traqen, besorgen, befürchten : ward auf gemeldter
reise so müde, dasz ich aucii befahr trug, ich werde gar zu
bette liegen bleiben. Schweimcbe.n 1, 165; trug befahr, dasz ich
ihre tochter nur vexieret. 2, 11 ; i. f. gn. aber nunmehr stünd-
liche befahr haben musten. 1,205. einmal heiszt es beifahr:
so trug ich doch beifahr, die beeren möchten mir in der kehle
stecken bleiben. 1,108.
BEFAHRB.^R, besser fahrbar, nögtuos, meabilis, nariga-
bilis, nnl. bevaarbaar: der weg, die strecke ist schon befahr-
bar, das meer ist jetzt nicht befahrbar, vom folgenden.
BEFAHREN, praet. befuhr, auf etwas fahren, nnl. bevarcn .
einen weg, eine strasze befahren ; ein befahrener weg ; schon
andere haben angemerkt, dasz die strasze von Prag nach Wien
vielleicht die befahrenste in ganz Europa ist; heute wurde
die eisenbahn von Nürnberg nach Fürth zum erstenmal be-
fahren; das meer befahren; die küste von Stettin bis Danzig
befahren ;
wir haben
des schönen lebeos öde küste nur
wie ein umirrend räubervolk befahren. Schiller;
während dieser reise befuhr Cook das südliche grosze Welt-
meer zwischen dem 60 grad südlicher breite und dem polar-
zirkel. Lichtenberg 4, 160; es war das erstemal, dasz der
hauptmaan die teiche befuhr. Goibe 17, 138; Stollen und
schachte zu befahren. 32, 7 ; der bergmeister hefährt die
grübe. Auch mit etwas befahren, auf etwas fahren: der weg
musz mit sand befahren werden, der acker mit dünger.
BEFAHRE.N, praet. befahrte, metuere, ümere, ganz unver-
wandt mii dem vorigen, und zum mhd. vären, ahd. faren in-
sidiari geiiörend, der besorgende fürchtet gefahr und hinterlist.
Beide Wörter £aran ire und far^n insidiari sind uns heule fah-
ren, erst das praet. fuhr uud fahrte hilft sie unterscheiden, in
der ausspräche müssen sie doch lange von einander abgestan-
den haben, zumal pflegt Opitz, und die ihm naclifolgen, das
zweite befahren noch zu schreiben befohren, wozu die betige
unter diesem wort gegeben, auc^ noch einige zweifei über den
Ursprung des worles sich befahren vßrgelrageii werden sollen.
1) früher gewöhnlich sich befahren, wie sich befürcblea
und besorgen, mit dem gen. der sache, oder einem folgenden,
abhängigen salz: wer auf der erden ligt, darf sich keines falls
befahren. Henisch 237 ; denn der Türk schon heraufgeruckt
über Presburg, und befahret sich jedermann, er würde Pres-
burg und Wien belagern. Mela.nchthon 7,1172; und befahret
sich, ich möchte so viel verlieren, dasz ihm darnach nicht
übrig bliebe, so er verthun könne. Lalrenberg acerra 545;
du darfst dich nicht befahren^ noch deswegen bekümmern.
ScowEiNiCBE.x 1, 90 ; weil es ins herzogs von Lothringen haus
war, so war sich allerhand zu befahren. 1, 174; befahren sie
sich eines Überfalls. 1, 222; befalu-len sich herzog Friedrich,
i. f. gn. mein herr werden wieder fische holen, l, 354 ; dürfte
sich nichts befahren. 1, 373 ; befahrten sich also i. k. inaj.
ungenade. 1, 374 ; ein schriftlich geleid, damit die gesandten
sich nichts zu befahren haben. Kirchbof mil. disc. 96 ; ur-
sach dcrhalben man sich Schadens leihs und guts bcfalu-et.
133; wenn solches geschieht, bat man sich auch des fiebors
nichts mehr zu befahren, denn es leszt also bald von ihme
selbst nach. Uffemiacu roszbuch 2, 15; wenn die krankheit
so heftig ist, dasz man sich des schnellen Sterbens des pferds
zu befahren bat. i, tl5; nicht schrecken, noch ^ich befahren
1247
BEFAHREN
BEFAHREN — BEFALLEN
1248
für der plag. Ringwald geisll. lieder E 4' ; musz sich befahren,
dasz er umkom. deutsche warh. ed. Brodtkorb 28 ; und muste
die Stadt nunmehr sich einer harten belagerung befahren.
MicRÄLiDS 5, 199 ;
vor dem ich mich befahren musz,
er zieh mir ein reis übern weg. Atrer 180*;
als sich der hellische groszfürst gewalts vor ime befahrt.
Ayrer proc. 1, 3 ; welcher sich keines bösen urtheils befahrt.
1, 16 ; verderblicheres ist sich nit zu befahren. 3, 1 ; weil wir
uns nun mehrer Verfolgung befahren musten. Philand. 2, 740 ;
für einem menschen musz der mensch sich selbst befahren,
der doch für Wolfen sich erwehrend lian bewahren. 1,605;
der alte landsknecht sich befahrt für neuen kriegen.
Opitz 1, 227;
Almonio, der sich dergleichen nicht befahrte,
war willig, und sich stracks hin nach der Stadt zu karte.
Werders ylrioÄMa, 22;
es waren ihrer viel, die sich gar sehr befahrten,
sie müsten vom Grifon des lodes driew (drohung) erwarten.
18, 7;
und weil der bawer nicht den weg wol wüst zu weisen,
befahrt sie sich, dasz sie würd irgend irre reisen. 23, 19;
so musz ich über das auch dieses mich befahren.
Fleiing 229 ;
befahr dich nichts für mir. 561 ;
niemand, mein freund, hasset dich,
nur der tod führt viel beschwerden,
weil er musz befahren sich,
dasz du wirst sein meister werden. Logaü 1, 1, 38;
0 wie befahrt sich Rom auf grosze» Unfallswetter. 2, 3 s. 67 ;
damit der ganze Taubmannus abgebildet würde und nicht
jemand eines betrieglichen übertünchens oder schminkens sich
bei uns zu befahren hätte, gleich als machte man aus ihm
einen purlaulern heiligen. Brandts berichl von Taubm. 50;
was {l. wes) befahrte sich die keusche Penelope nicht in ab-
wesenheit ihres Ulyssis? Schoch siud. leben C; und gesetzt,
man hätte sich nicht des geringsten zu befahren, das.; so
bette ich mich ganz keiner wankelmütigkeit zu befahren, das.
H; der spott, dessen du dich befahrest. Zinkgref 100, 7;
man musz sich bei keiner krankheit befahren, wann der arzt
etile bittere arznei schicket, pers. baumg. 3, 20; baue kein
haus hoch, das keinen festen grund hat, wenn du dich der-
maleins herunter zu fallen befahrest. 2, 24; wann aber du
dich der gefangnus oder dergleichen ungemachs zu befahren
bettest. Spee <;. lugendb. 63; so ists, wann man in gerechter
Sache sich nichts böses zu befahren hat. Simpl. 1,217; doch
habe er sich zu befahren, es möchte ein gütlicher vertrag
zwischen beiden im kammergerichte fürgelaufen sein. Weise
kl. leute 164; wo man sich alle augenblicke eines neuen Zu-
falls befahren muste. 171 ; verfaulen viele discurse in der kehle,
dasz man sich eines stinkenden athems befahren müste. 314 ;
ich mache es ja so unhöflich und unchrisllich nicht, dasz ich
mich befahren müsse, als würden sich mehr daran ärgern
als bessern, vorr. zu den erzn. ; einander umarmten, auch sich
keines bösen befahreten. Felsenb. 4, 219; dasz wie die Eng-
länder in Frankreich, so die Franzosen in Deutschland sich
einiger Opposition zu befahreo hatten. Göthe 46, 155.
2) befahren ohne sich: sachen, aus welcher verzug ein
groszer schad und nachtheil zu befahren. Frankf. reform.
1. 1, 21 ; ist i. f. gn. in einer beiden übel auf geworden, dasz
also kein anderes zu befahren gewesen, denn dasz i. gn. wer-
den eines kindes genesen. Schweinichen 1, 37; da sonst zu
befahren, dasz. Kirchhof mi/. dtsc. 9; Mich. Neander «y//. 19';
dasz auch müssen befahren wir,
was jetzt Lucio ihut zustehn. Ayrer 75*;
als Belial daraus befabret. Ayrer proc. 1, 4 ;
kein nebel zeucht sich auf, kein regen und kein wind
bei dieser Stetigkeit itzt zu befahren sind. Fleming 151;
ich befahrle, es möchte gott umb meiner sünden willen die
gnadenthür zugeschlossen haben, pers. baumg. 4, 26; es ist
gewislich zu befahren, dasz. Spee luyendb. 452; ich befahre
wir haben uns zu lange gesüumet. Scnocn slud. leb. C; wann
cmpörung zu befahren (ist). Sciidppids 557; mein frei bekcnnt-
nis will nichts widriges befahren, irrgarlen 394; dasz man
nicht eine unvcrsehcne Veränderung zu befahren hätte, che
eines weibes 6 ; hingegen aber ein iibeles Iraclament bcfahrcte.
colica 5 ;
zu dem was hast du zu befahren? Hallkr90;
doch glaubt man auch für sich nichts Qbels zu befuhrcu.
J. E. SCHLBCBI. 4, 100 ;
jetzt war ihrs leicht, sein nichts befabrendes (ed. 1. besorgendes)
herz
durch stille grazien und durch blicke voll seele zu fangen.
WlBLAND 4, 111 ;
doch war es nur ein träum,
was hast du zu befahren? 17, 159;
denn ich befahrc, dasz ein mann
ergrimmen wird. Bürger 142';
doch itzt befahr ich fast
in mir, dasz Tlietis dich berückt. 148';
denn, harr, was habt ihr zu befahren? Schiller 68;
dasz 8. maj. von seestürmen nicht viel zu befahren haben wür-
den. 853; die Türken hatte der kaiser dergestalt überwunden,
dasz er von dort her nichts mehr zu befahren hatte. Göthe
6, 198 ; weil er befährt (fehlerhaß für befahrt), der dampf fress
ihn an. J. Paul llesp. 1, 13 ; weil ich befahre, der buchhandel
schreie über nachdruck. 2, 125; es gab glückliche zeiten, wo
man von seinem nebenwilden und nächsten nichts zu be-
fahren hatte, als todt geschlagen zu werden. 3, 92 ; der mann '
mit dem kammerherrlichen dielrich liesz befahren, er werde
sie (die beleidigung) vergeben. 4, 90.
3) befahren in der allen Iransilivbedeulung von insidiari,
persequi taucht im 16. 17 jh. noch einigemal auf:
zu stand hat man wunder gesehen,
wie viel da Reinkens freund waren,
die ihn vor oft iheten befareji.
Beuthbrs lleinke fuchs. Frankf. 1556. 99*;
mein gott, wie sehr vermehren sich
die welche mich
verfolgen und befahren. WECKHERLm7;
0 nit wollest mich befahren,
ich bin ohne schulden ganz. Spee trutzn. 262,
4) die gegebnen belege zeigen, dasz anfangs sich befahren
vorherschte, dann das bloszß befahren, und heule ist auch die-
ses wenig gebraucht, einige hauptschriflsleller, wie Keisers-
BERG, Luther, H. Sachs, Fischart scheinen das wort gar nicht
zu brauchen, bemerkenswerih ^st noch die Schreibung befehrn
bei Waldis 2, 57 :
der adler sprach, das thet ich gern,
ich heu mich aber zu befehrn,
was lieimlich geredt wirt in dem haus,
das brächtst bei allen nachbauwrn aus.
BEFÄHRUNG, /". veclio, visilalio : die befahrung des weges,
der eisenbahn, des flusses, meers, des Schachts.
BEFAHUUNG, /".»me«!/«, besorgnis, befürchtung, gefahr: ohne
befahrung ihrer leib und guter. Melanchthon 3, 137.
BEFALCH, die organische gestalt des ablauts zu befelchen,
heule befehlen, ahd. pifelahan, pifalah, mhd. bevelhen, bevalch,
z. b. David befalch seinem son Salomo das haus dem herrn
zu bauwen. Reiszxer Jer. 1, 36'. s. befehlen und befelch.
BEFALLEN, ahd. pifallan (Graff 3, 461), alls. bifallan, ags.
befeallan, engl, befall, mhd. mnl. unüblich, aber möglich, nnl.
bevallen.
1) intransitiv, collabi, corruere, niederfallen: das haus be-
fiel, domus corruil, wie man ahd. sagte sunnd pifial, die sonne
sank, gieng unter, ist nieder gegangen; er befiel am fieber,
lag nieder, correptus est febre;
er kam nit weiter denn gen Menz,
bellel bald an der pestilenz. Waldis 4, 65;
nnl. de vrouw beviel, ist nieder gekommen, kindes entbunden;
zij is van eenen zon bevallen, mit einem söhn nieder gekom-
men, sehr ausdrucksvoll, weil die gebärende zu boden fällt und
des kindes entledigt wird:
ik bcrghde zclf haar vrucht, tocn zij in duin beviel.
VONDRL.
das ursprüngliche die frau ist mit einem kinde befallen wandte
man aber uneigcntlich auf den mann oder auf beide eitern zu-
sammen an und fügte werden statt sein hinzu: gutedel und
liiutarm war ein frommer alter edelmann, dazu mit vielen
kindern befallen (gleichsam gesegnet). Kirchhof wendunm. 75";
aus heidnischem mislraueu, "weil sie sorg haben, sie möchten
mit vielen kindern befallen werden. Creidiüs hochz. serm.
2, 252. denn angefallen werden, corripi, irrui läszt sich dies
mit kindern befallen doch nicht deuten, wie freilich das be-
fallen mit einer krankheit: da ich denn auf der rückreise
mit einer heftigen kranklieil befallen wurde, pers. reiseb. 2, 1 ;
ist sie endlich darüber mit einem verzehrenden fieber befal-
len. Plesse A, r>0 ; als wenn ich über und über mit einer nes-
selsucbt befallen wäre. Göthe 16, 271. heiUe heiszt es auch
von statt mit, was der bedeutung des anfallens lu ttaUea
1249
BEFALLEN — BEFANGEN
BEFANGEN — BEFECHTEN
1250
kommt, uährend mit dem fieber befallen leichler ausdrückt
am fieber niederliegend, er ist vom heftigsten fieber befallen,
ergriffen, angefallen {vgl. anfallen sp. 332), Ttvoerös oder nvo
e).aße bei Hippokrates. in andern beispielen ist aber das in-
transilivum noch vollkommen deutlich : vier tage vor der lind-
nerischen auction befiel ich krank (= tombai malade). Ha-
■A»- 5, 199; nun konnte es (das rieh) nicht einmal vor die
mauern getrieben werden, und befiel mit tödtlichen seuchen.
NiEBCHR 2, 284. zulässig wäre darum auch: sie befiel ohn-
mächtig, sank, fiel hin, nieder, tomba evanouie, obschon es
ungebräuchlich ist. figürlich : ihr Schicksal hat sie, furcht ich,
mit poeterei befallen lassen. Herzogin Amalie bei Merck 1, 349.
2) transitiv, invadere, anfallen: ein fieberschauer befallt
mich jeden abend; ich bin stark vom schnupfen befallen;
was befallt dich, dasz du so redest?;
und ein stilles liitern befiel den staunenden seraph. Jfcs». 5, 757;
die pest befiel ihn und er muste sterben; die Stadt ist von
der cholera befallen worden ; gestern hat den kranken grosze
Schwachheit befallen ; das alter befällt uns unvermerkt ; furcht
befiel alle thiere, die des löwen gebrüll vernahmen; schlaf
befallt ihn, wenn er reden will; regen, schnee befiel uns,
als wir über das gebirge zogen ; mehlthau befiel das getraide.
die participialfügungen : befallene keller mit asche, collapsi
cineres in cellis. Stieler 421 ; mit schnee befallene dächer,
teeta nivibus obrtita, mit steinen befallene felder, lassen sich
auch nach 1 fassen: die keller befielen mit asche, die dächer
mit schnee, d. i. asche, schnee fiel nieder auf sie. das den
grafen befallene unglück. Göthe 38, 289, enticeder das ihn be-
troffen hat oder von dem er überfallen wurde.
einer ist doch wie der andre,
dasz er zu gafTeo sieb freut, wenn den nächsten ein unglück
beßUet. 40, 237.
An sieh scheint fallen überhaupt ein intransitiver begrif (und erst
fällen wird transitiv), transitivem anfallen {invadere) lag zum
gründe intransitives fallen an einen {vadere in aliquem); auf
solche weise wird auch bei befallen die inlransilion vorhersehen.
3) nnl. bevallen auch gefallen, behagen: bei bevalt mij niet.
das ist nicht hochdeutsch, ebensowenig das engl, it befell, es
trug sich zu, fiel vor.
BEFÄLLEN, obruere, slemere, ahd. pifellan, pifalta (Graff
3, 467) : will es vonnüthen sein, aufs förderlichst von e. k. f.
gn., als die gott in solchem fall dazu gefedert und mit der
that befället, von vier personen lassen das land zu visitiern.
Luthers br. 3, 136. icenn die lesart richtig und befallet, wie
gefüdert, das part. praet. ist, so musz es den sinn von obru-
ius, tectus, Ihalsdchlich bestimmt gewähren, könnte es aber die
III. praes. sg. sein, so gehört es zum vorausgehenden befallen,
befiel, kaum zu befehlen, befahl, da Lctber belilhet schreibt.
BEF.\NG, m. locus septus, ambitus, umfang. Stieler 397.
ahd. pifanc, bifang (Graft 3,413) vgl. RA. 533. nnl. bevang.
BEFANGEN, ahd. pifdhan amplecti, comprehendere, capere,
implicare, circumdare (Graff 3, 403), mhd. bevän, nnl. bevangen.
1) sinnlich, befangen, umfangen, umwinden, umwickeln :
man meint, dasz auf den dörfern nur sind naiiern, kröten,
schlangen,
mit diesen wurmen ist man mehr in Städten noch befangen.
LooAU 2, 6, 46;
der wüste fels, die waldumwachsne bucht
befangen mich, sie bindern meine flucht. Göths 2,40;
mir wird so eng,
die mauernpfeiler
befangen mich. 12, 201 ;
von wölken strcifenhaft befangen
versank zu nacht des himmels reinstes blau. 5, 184;
der hohlweg, worin wir befangen waren. 30, 6; ein düstrer
kerker befangt ihn ; die wiese, von grünen hecken befangen.
2) abstraet, einnehmen, gefangennehmen, bewältigen:
fnuntliih bevangen
hat mich ein röier munt
und zwei liehtiu wangen
di bi ein kele nint. US. 1, 7';
0 bruder, der da in deinem gemüte mit liebe befangen bist,
perl, baumg. 7,16; die vemunfl sieht sich in einem gedränge
von gründen und gegengründen befangen. Käst 2, 371; wir
würden von scliwicrigkeiten befangen werden, aus denen wir
uns nicht heraus wickeln könnten. 7,275; reden sie jetzt frei,
ich will ihr urtheil damit nicht befangen haben. Schiller 821;
ungerechtes gtit
belangt die seele, zehrt auf das bluL Göiui 12, 145;
dieser biisen ist von liebe rein gewesen,
was ihn wieder hat befangen ist ein becher wein gewesen.
PLATin 84 ;
kummer befangt meine seele ; deine äugen sind mit schlaf be-
fangen; angst befängt ihm das herz; unselige irrthümer haben
ihn befangen.
3) befangen sein, eingenommen, schonender als verwirrt,
blöde, verlegen, unbeholfen: im gemüt befangen, mente captus;
schwachsinnig,
klagt der befangene mensch umsonst der vorsiebt launen an.
PLA■tt^ 134 ;
er war befangen und konnte nicht antworten ; unbefangen,
uneingenommen, aber auch, ohne Übeln nebensinn, wie be-
griffen, beschäftigt: denn ich üeng sogleich an auf den sinn
der Sache loszugehen, und ob wir gleich noch in dem ersten
buche Mosis befangen waren, mancherlei dinge zur spräche
zu bringen, welche mir aus den spätem büchern im sinne
lagen. Göthe 24, 203 ; leider aber war ich seit geraumer zeit
schon in einem unternehmen befangen, das nach und nach
immer bedenklicher und weniger ausführbar schien. 29, 148.
das ist schon darunter befangen, enthalten, begriffen, man
merke an, dasz auch ein bestochener richter befangen heiszt,
ein bestricktes gut und ein bebrületes ei ein befangenes.
4) sich befangen, sich abgeben, befassen mit etwas:
denn mit den lodien
bab ich mich niemals gern befangen. Göthk 12,24;
slraszenbeltler, die sich überhaupt noch wenig mit der Ver-
breitung unserer poetischen schätze befangen. J. Pacl biogr.
bei. 1, 153 ; damen, die sich mit einer gelehrtern nachspürung
dieser kämpfe auf keine art befangen können, teuf. pap. 1, 40 ;
der autor, wenn er sich mit dem wohle ganzer länder be-
ßngt. 2,140.
BEFANGENHEIT, f., nach befangen 3, er trat mit groszer
befangenheit auf; konnte seine befangenheit in der rede nicht
ablegen; es war geistige befangenheit so zu urtheilen.
BEFÄNGNIS, n. career.
BEFÄNGNISSEN, incarcerare. Stieler 397 ; dann sie kün-
ten weder von uns noch von andern befängnüst werden.
Simpl. 1, 503; des herrn unschuldig gesind, welches befäng-
nüst war. 2, 96. ganz ungebräuchlich und steif.
BEFÄRBEN, inficere, tingere: darumb wirslu deinen fusz
beferben im blut. Lcther l, 47l'. ps. 68, 24 heiszt es : darumb
wird dein fusz in der feinde blut geferbet werden;
ich spür, das sich beferbend mer
die gilgen und die rosen gut. Wirsc^g Cal. f2*.
BEFASEN, fibras, radices agere, fasern treiben:
so ist meine lust befaset,
dasz sie stets mehr saft gewinnt.
Dav. Schirhers singende rosen, lied 33.
BEFASSEN, amplecti, complecti, hegreifen, befangen, nnl.
bevatten : und war der ort des tempels zu klein, die menge
der leute zu befassen, pers. baumg. 8, 13; ein regelmäsziges
gebäude mit seinem erkenntnisvermögen, es sei in deutlicher
oder verworrener Vorstellung befassen. Kant 7, 44 ; wie nach
Buffon und Kant die sonne die verschiednen materien der
verschiednen planeten, die um sie fliegen, in sich vereinigt
befasset, i. Paul hiogr. bei. 1, 119. sich mit einem befassen,
wie befangen 4:
und obgleich Amor öfters mich begütet,
mocbt ich zuletzt mich nicht mit ihm befassen.
GöTHi 2, 13;
man soll sich nicht mit spöttern befassen. 2, 252;
wer will sich mit dem narrn befassen? 12, 130;
sie sollten sich mit solchen bändeln nicht befassen. 24, 269.
BEFASSUNG, /. Status mentis, heute nur fassiing: ich fühle
mich sofort in der befassung, in welcher sich jeder mensch,
der dieses namens noch würdig ist, bei erblickung eines aus-
gesetzten kindes befindet. Lessoc 10, 199.
BEFÄUSTE.N, in die fausl geben, nehmen, s. befingern.
BEFCHE.N, n. eollare sacerdotum, parochorum, hälschen,
runder kragen oder weiszes Idppchen unter dem kinn, nnl.
belje und auch de bef, pl. beffen ; gemanteld en gebeft zijn ;
bef überhaupt kragen, halskragen, bäfchen. Soph. reise 4, 94.
vielleicht verwandt mit befze, trie läppe mit lippe.
BEFECHTEN, impugnare, devineere:
herr, wer den leufel sol befechien,
der musz sein gar bei guten mechten. FIal'PT 8, 534;
dem .'«amson fürgebild, da als er ward besprungen,
befochten und gedruckt. Opitz 3, 243 u
also tapfre su'eiterin hast du nun den sieg befocbtcn.
GC.fTUKR 872;
79
1251
BEFEDERN — BEFEHL
BEFEHL
1252
befochte einen treflichen sieg gegen den könig. Mascou2, 175;
die Austrasier befochten einen vollkommnen sieg. 2,258; die
bei Detmold erbaute capeiie wurde goltes oder sancthülfe ge-
nant, weil Carolas diese victorie durch hülfe der heiligen be-
fochten zu haben vermeinete. Hahn 1, 32 ; die von Ludovico
befochtenen vortheile sind öfters von keiner Wichtigkeit ge-
wesen. 1,226; die böhmische nation befochte über den könig
eine complete victorie. 1, 227; vortheile, die er (0//o) anfangs
befochten, und nachmalige entsetzliche niederlage. 2,103.115;
einen vortheil über die Bairen befechten. 2, 182; einen sieg
befechten. 1, 276. 3, 38. 77; befochtener vortheil. 3, 7; der sieg,
den ich in dieser sache über sie befochten habe. Liscov 570.
heute auszer gebrauch, und durch bekämpfen, erfechten ver-
treten.
BEFEDEUN, plumis inslruere, ornare: die federn kleiben
sie auf den leib mit materien, die kompt ausz den beumen,
das streichen sie auf die örter, da sie sich befedderu wollen.
H. Staden r 1 ;
gülden pfeil mit fiämlein zart befedert. Spek trutzn. 185.
s. befiedern.
BEFEGEN, purgare, repurgare: derhalben ist unvonnöten,
dasz wir den köpf über der gezeugnus ausz dem buch der
Macbabeer zerprechen, die ketzer darmit zu befegen. Fischart
bienenk. Hl';
wen Clirisius rother schweisz und kostbar blut besprenget,
darf sonsten keine glul, die ihn befegt und senget.
LoGAU 1, 9, 42.
BEFEHDEN, belhmi inferre, bekriegen, feindlich überziehen :
die vier sun Aimonts befedet oder bekriegt. Aimon z2; er
soll erfahren was das heiszt, einen Spanier mitten in der
bürgerlichen ruhe zu befehden. Gütue 10, 107 ;
wo alte freiheit noch den angeetbien hiit
frisch in die äugen drückt und unbefehdet ruht.
Hagedorn ;
keine kluft ist irgendwo so öde,
dasz nicht liebe mich auch da befehde. Bürger 68'.
s. fehde.
BEFEHDUNG, f. piigna, cerlamcn:
und aus dämmernder luft annahn zu böser befehdung.
Voss II. 3, 7 ;
immer hast du den zank nur geliebt und kämpf und befehdung.
5, 891 ;
damals nach der befehdung
in siegestrunknem sinn
begehrt er Unterredung
mit unsrer königin. Küceert 190;
SO entstand eine gewisse sittliche befehdung, eimnischung der
einzelnen ins regiment. Göthe 26, 140.
BEFEHL, m. mandalum, praeceptum, imperititn, in diesem
ivorte scheint das h kein dehnendes, sondern organisch, nur
dasz es seine .stelle verrückt hat und vor das 1 getreten ist,
hinter welches es gehört, befehl ist befelh, befelch, wie noch
im 16. 17 jh. geschrieben und gesprochen wurde. Vor allem
überrascht aber, dasz die ahd. und mhd. spräche, so geläufig
ihnen das vcrbum pifelahan und bevelhen auch ist, kein subst.
pifelah tmd bevelch erzeugen; gleich crgestalt steht dem alts.
bifcllian kein bifeih, dem mnl. hevelen kein bevel, detn fries.
bifella kein bifel, dem alln. fela kein fei zur seile, obschon
der Gothe aus ßlhan, gafilhan, ananihan, usfilhan die nomina
gafilii, analilh, usfilh bildete, hätte er bifilhan gesagt, so wäre
ihm auch ein neutrum bifilh entsprungen, jene frühere abwe-
senheit der substantiva musz in der ursprünglichen bedeutung
des vcrbums befehlen begründet sein, wovon näher unter die-
sem wort zu handeln.
IV/irf. und nnl. treten die substantiva mit einemmal in menge
auf. ÜASYPODuis 127*. 302", Maai.er 52' setzen i>efelch vian-
datum an, KEisRnsuERr, Sünden des munds 5S' schreibt: von
den junkfrawen hah ich kein gebott oder befell, aber ich gib
ein rath; bcfcll für befelch, K'i'e daselbst 56' auch im praet.
befall für befalch steht, bei Luther findet es sich noch häu-
fif/cr : und .Foscph tiiet befelh. litfos. 42, 25; nach dem befelh
Pharao. 45,21; thet inen befelh. 2 Mos. 6,13; nach dorn be-
felh des herrn. 4 Mos. 33, 2. 38 ; das ich im befelh thue.
h Mos. 31, 14; nach dem befelh des herrn. Jos. 17, 4. 19, 50.
21, 3'; aus befelli des herrn. 22, 9; flcugel der adcler aus
deinem liefelh so hoch? Iliob 39, 27; die befelh des iicrrn
sind riciitig und erfrewen das herz, die gebot des herrn sind
lauter und erleuchten die äugen, ps. 19, 9, wo die vulg. hat
justitiae domini rectne, praecopluin domini lucidum, in Lu-
thers werken steht gedruckt bcfchl, befelch, zuletzt schrieb er
befelh: denn das kan ja niemand leugnen, das gott Jona einen
befehl thut und gebeut. 3, 201; es sei denn gewis, das ers
von gott oder von seiner dienerin der oberkeit befehl habe.
3,322'; aber nu wollen sie (die winkelprediger und Schleicher)
den pfarrherr helmlich ausbeiszen mit allem seinem befelü
und doch nicht anzeigen iren heimlichen befehl, das sind
rechte diehe und mörder der Seelen. 5, 491"; ernstliche gott-
liche befelch. br. 5, 652.
Hier folgen noch andere beispiele der alten form aus dem
16. 17j7». : alles zumal unter solchem befelch, Verordnung und
vorbehält, publicationspatcnt zttr Frank f reform, vom j. 1611 ;
doch mit dem geding und befelch. reform. 46, 4. 11 ; da ver-
barreten die ritter alle auf den königlichen befelch. buch der
liebe 36, 4 ; das er dem keiser anleg, dieselbige in seinem
gnedigen bevelch zu haben. Aimon B 1 ; wenn jeder sein be-
felch ausricht. Kirchhof wendunm. 46'; in Fischarts bienenk.
schwanken befehl und befelch : aus befehl des königs zu An-
torf getruckt. 17'; dasz die kirche volle macht über den be-
felch Christi habe. 19'; auf gots ausgetruckten befehl. 19*;
on das ansehen, bewilligung und befehl des papstes . . . on
bewilligung und befelch des papstes . . . der papst allein hat
allen befelch und gewalt. 44'; nach dem befehl Christi, 49";
durch befelch seines vatters in aller gebürlicher lehr erzogen.
Garg. 128*; demnach hatte ich auch im befehlich [war mir
anbefohlen, aufzuheben vertraut) i. f. gn. rappir. Schweinichen
i, 29 ; befehlich. 2, 44. 57. 98 ; obwol ihre durchl. befohlen . , .
dasz dennoch die ausführer dieses befehlichs. Gryphius 1, 905 ;
domine Valeri, kompt zu uns, wir wollen euch etwas zu ver-
richten in befehlich geben. Vinc. Ladislaus comed. Hidbele-
pihal 2, 1 ; verriebt, was wir euch in befehlich gethan haben.
das. ; herr wirt, wir haben befehlich wegen unsers gn. h. mit
ewrem gast zu reden. 5, 1 ; wir wollen befelich lassen machen
an alle fürsten, Ayrer355'; empfieng von der wirtin befelch,
er solle ihr ein andermal das gut genau zusammen halten,
Simpl. 2, 305 ; nachgehends aber, als sie (die cabala) Esdras
aus göttlichem befehlich schriftlich verfaszt. 309 ; aus gött-
lichem befelch. 2, 436 ; kam aus befehl des allerhöchsten der
engel Gabriel, pers. bamng. 4, 4 ; die praecepta und befelch
Hippocratis. Schuppius 696 ; bin ich aus befelch der oberen
in Stadt und markten herumb gereist. 746. im 18 jh. ver-
schwindet die aspiration hinter dem 1 ganz und nur befehl
gilt, wie nnl. immer bevel galt.
Wie unterscheiden sich gebot, geheisz, befehl und auftrag?
das gebot, gleich dem gesetz, stellt allgemeingültig auf und
ihm entgegen steht das verbot, wir sagen gottes gebot, die
zehn geböte und würden hier weder geheisz noch befehl ver-
wenden (Melanchthon im corp. doclr. ehr. 884 hat freilich be-
fehlich oder gebot), geheisz ist jussum, einzeln erfolgender
befehl, ich thue es auf geheisz meines herrn, was auch auf
befehl lauten könnte, befehl aber ist
1) mandatum, außrag, wie jenes in befehl geben, in befehl
thun zeigt; etwas aus, auf befehl thun == im außrag, an-
befohlnermaszen verrichten;
dasz jederman sol lleiszig gehn
in seim befelch (aml),
darzu in gott
mit seinem wort berufen hol. Albbrus 103';
er hats (hat dessen) keinen befehl. Agricola spr. 255, keinen
außrag dazu; einen befehl vollziehen, ausrichten; er kam aus
Samaria, seins vatters befelch auszurichten. Reiszner 1, 87".
2) commendatio, empfehlung : zu einem befelch gehöret ein
lob. Agricoi-a s/)r. 194, wen man empfiehlt, den musz man loben
können, oberdeutsch : machen sie dem herrn meinen befehl,
befehlen, empfehlen sie mich ihm.
3) pmeccplum, gebot, franz. ordre : denken sie nicht an Christus
befelch, dasz sie vom reich der himmel predigen. Hütten 6,
477; es war wider den befelch gottes. Reiszner 2, 46";
ist unser niciit das recht befelch zu geben? Wrckherl.44;
befehl geben, erlheilen, bekommen, empfangen ; es geschieht
auf meinen j)ef(>hl ; ich habe den befehl dazu, es ist mir ge-
boten; bis auf wi'itern befehl, bis auf weitere ordre ; auf hö-
heren befehl ; heute auf befehl (sagt der comödienzctlel).
4) imjierium, gewalt, hcrschaß: fines römischen keisers be-
felch und majestill. Zi.nkcref 12, 15; unter eines befehl stehn ;
er hat zwei landschaften unter seinem befehle ; die llotte
segeile unter des hcrzogs befehl ab; einem zu befehl (wie zu
geliote, dienste) stehn ; zu befehl (:i< geböte, zur Verfügung)
. hüben: sehr wichtig war mir die bemerkung, dasz er die
1253
BEFEHLEN
BEFEHLEN
1254
reinste nnd gehörigste Stimmung beinahe durchaus voilkom-
men zu befehl hat. Götue an Schiller 456 = darfiber su ge-
bieten, verfügen, daher höflich: was ist zu ihrem befehle?
vas beliebt ihnen?; es steht ihnen zu befehl, sie haben freie
geuaU darüber; zu befehl, d votre service;
und was sie nur wönschle
war zu ilirem befetil (ward ihr gewährt). ZachiriI.
BEFEHLEN, ahd. pifelahan pifalafa pifolahan, mandare,
eommendare, commj7/ere (Graff 3, 501), m/irf. boelhen, bevalch,
bevolhen. das einfache goth. filhan, ahd. felahan, alln. fela
hiesz condere, legere, ebenso das goth. galilban und usfilhan.
erst goth. anafilhan geht in die abstraclion tradere und man-
dare über, gerade uie sie auch im altn. fela, ahd. pifelahan
vorbrach, es ist anziehend, die begriffe mandare und prae-
cipere aus diesem condere zu entwickeln, man könnte sagen,
der mandant birgt bei dem mandatar das befohlene, aber fil-
han, felahan condere, legere wird damit noch nicht erklärt.
Hier zeigt sich eine bisher unvollkommen erkannte, alter-
Ihümliche Verbindung des einfachen filhan, sowie der Zusam-
mensetzungen gafilban, usfilhan, pifelahan mit detn bestallen
der leichen. nicht bloss die hingäbe des menschen in den
schosz der mütterlichen erde war ein befehlen, ein condere,
recondere terra, terrae mandare;
den lip bevalch er dem grabe, fi'rone 13333;
auch früher im heidenlhum hatte pifelahan bezug auf den lei-
chenbrand, der sich denken läszt als ein mandare flammis, Togo,
stTui, als ein bergen in der flamme, dem feuer übergeben, an-
befehlen, denn die glut deckt zu was in sie geworfen wird, ags.
beägas bebohte \>a sceal brond fretan,
äled j)eccean. Beov. 6U"25.
(die ringe soll brand fressen, feuer decken), bedeutsam klingen
die ahd., bei Graff 3, 500. 501. 504 unverstanden angeführten
Wörter: falah, composuit ligna, d. i. schichtete den Scheiter-
haufen; «itufelah strues, wörtlich holzschichte, rogus; pifelhan
imniolare, d. i. im feuer opfern, verbrennen; unbifolhan illi-
batus; pifelhari pollinctor. nemlich pollinctor est, qui cada-
rer curat, et rogo parat.
Aus dem alltäglichen bergen, befehlen der todten in feuer
und erde muste sich von selbst, die vielleicht an sich gar nicht
in filhan, usfilhan, pifelahan gelegene bedeutung mandare,
eommendare ergeben; die leichen werden dem sie auflösenden
element anvertraut, anbefohlen, empfohlen, entweder verbrannt
oder begraben, und da der brauch der cremation dem der hu-
mation vorangicng, so könnte in dem worte filhan selbst ein
ursprünglicher bezug auf brennen gesucht werden, allmdlich
wandelte es sich in die Vorstellungen hnmare, mandare und
praecipere, und so bereits im goth. anafilhan und ahd. pifelahan.
Merkwürdig scheint diesem filhan und felahan das tat. sepe-
lire zu entsprechen und zwar, da seine erste silbe gekürzt ist,
ein sepelire (irie solvere sölutum ein soluere, seluere) vor-
auszusetzen, also amburere, comburere auszudrücken, einfacites
pelire, palire gliche dem sl. palili, gr. f).^yeiv und berührte
sich mit falawisga (sp. 579). nachdem das brennen der leichen
aupiörte, gieng der alte name auf den neuen brauch über nnd
sepelire galt auch für humare, wie filhan ßr begraben, sepe-
lire, filhan, usfilhan, pifelahan = beerdigen haben den ace.
der person, keinen dat. bei sich, wie ihn befehlen = man-
dare gewöhnlich fordert, und diese abweichung der constrnetion
unterscheidet schon den früheren und späteren gebrauch.
Manches bleibt dabei noch unsicher, wer sich an die sichere
Vorstellung von condere, legere halten und daraus die ton man-
dare herleiten will, behält hinreichenden, freien Spielraum.
In unserm längst abgezogenen nhd. befehlen, zu dem die
belrachtung einlenkt, wallet der sinn von übergeben, anver-
trauen, welclier auch den weiter gebildeten Wörtern anbefehlen,
empfehlen und anempfehlen betwohnt; alle diese verba pflegen
den befohlnen gegenständ in den acc, neben einem dat. der
person zu setzen, wenn aber der begrif in den des g.ebietens
und anordnens übergeht, können die casus unterbleiben und
abhängige salze folgen. Läszt sich nun der abgang, wie vor-
hin angemerkt wurde, einer ahd. und mhd. subslantivbildung
pifelah, bevelch nach der geschickte des rerbums deuten ? eines
aiid. witufelah rogus gewahrten wir eben, pifelah immotalio,
libatio würde gar nichts wider sich haben, und dem mhd. be-
vilhde, bevilde funus nahe stehen, zulanig der sinn von com-
mendalio, anbefflilung, kaum der von mandatum, juisut sein,
trsl als in befehlen die bedeutung jubcrc, praecipere stark vor-
trat, wie es nhd. der fall ist, konnte befehl für gebot, prae-
eeptum in gang kommen, dies Substantiv gereicht also xu einer
guten probe auf die gegebne erkiärung des verbums. Keisers-
BERG ßhlt noch deutlich den abstand zwischen befehlen und
gebieten, er sagt: nit ein gebot, aber ein befelhung, wenn
ein ding, das man einem befilht, ist vil früntlicher, und be-
giriger einem zu thun, denn do man einem ein ding gehütet,
wenn einer eim ein ding befilht, so gebruchl er sich keiner
stolzheit noch öberkeit. ehr. bilger 154. dies geßhl schwand
später und befehlen ward so hart wie gebieten.
Das nhd. verbum schreiben Keisersbebg, Lcther und andere
Zeitgenossen noch befelhen befalh (befalch) befolhen, was aber
die ausgaben oft in befehlen befahl befohlen umsetzen, auch
z. b. des Albercs verschiedne schrißen schwanken zwischen
beiden formen, bei Keisersbebg sieht mitunter befeilen be-
fall und befollen, vgl. befollenschaft = befohIenschaft.
1) befehlen, mandare, mit acc. der tacke, dat. der
person.
a) im kirchenstil, in der predigt könnte noch gesagt wer-
den den leib der erde befehlen, nicht aber, wie ahd. und mhd.,
bloszes befehlen fiir begraben, auch, dem biblischen: vater,
ich befehle meinen geist in deine bände. Lue. 23, 46 ; in deine
bände befehl ich meinen gei^l. ps. 31, 6 heiszt es aber häufig
in die bände gottes orfer des herrn sich befehlen, gott oder
dem herrn sich befehlen, in getreue band befehlen;
in deine band berehl ich dir.
berr meinen geist von herzen. Weckherli:* 136;
got ich lu gnaden mich befahl. 296 ;
Tater, in deine bände befehl ich meine seele.'
deine seele sei auch in gottes bände berohlen !
Klopstock Mess. 12, 536;
befehlt eure seele gott zn gnaden! Götbk 12, 198;
und dies befehlen der seele bei sterbenden gemahnt an jenes
befehlen des leibs in die erde, auch, wie der eintretende in
gottes namen bcwillkommt wird (sei gott und mir willkommea
mythol. 14), entliesz man den scheidenden, ihn gott befehlend,
woraus sich allmälich eine leere höflichkeitsformel beim ab-
schied und weggehn, das ade {sp. 176) = ä dieu {eommand^,
commandant) bildete:
sonst haben wir manchen bissen erschranzt,
nun aber gott befohlen! Göthe 12,230.
nicht anders artete das befehlen in die huld und gnade des
herrn, wenn man sich entfernte oder botschaß zu melden hatte,
in bloszes empfehlen aus: er befiehlt sich zu gnaden; der
herr graf läszt sich ihre gnaden höflichst befehlen ; heute em-
pfehlen.
h) anderes befehlen von personen: das er im unter seine
band befalh alle gefangenen im gefengnis. l Mos. 39, 22 ; ich
bitte euch umb gottes willen, wollet die leutlein in Diedmar
euch lassen befolhen sein. Luther 3, 30* ; wolan, so wil ich
den Carlätad mit seiner griecherei den griechisch Terstendi-
gen befelhen, das sie im den kützei yertreiben. 3, 69 ; vne
ein kind seinen eitern und der pöbel seinem fürsten befol-
hen ist, so sind wir in der engel schütz und inen befolhen.
5, 33S" ; Gabriel befalh mich einem andern engel. 8, 29' ; dem
ritter ihr leib und secl in sein gebet befelhen thet. Galmy
320; dem bevalch er seine brüder, fraw und kind. Aimon
B 1 ; disem treuen gott befehl ich meine groszg. herren in
seinen starken schütz. Schlppics 134; ich befehle disen ver-
fluchten der räch des gerechten gottes. 564; du wärest zwar
niirdig, der du dich mit einer guten anzahl kinder dich der
nachkummenschaft befehlen thatest. 731;
der tag, d.iran ein dich dem henker wird befohlen,
bau ihn tvoi nicht gehenkt, bätt er nur nicht gestolen.
LoGAC 1, 4,29;
dann will ich euch des herren schütz befehlen.
Tibck2, 17;
sie alle schenk ich und befebl ich euch.
Ubia.-<os Ernst 126.
c) befehlen ro?» .<iachen: der könig hat mir eine sache be-
folhen. 1 Sam. 21, 2 ; liesz der könig eherne Schilde machen
und befalh sie den obersten der drabanten. 2 citron. 12. 10 ;
befeih (für befilh) dem herrn deine wege. ps. 37, 5, wonach
Gerhards bekanntes lied; das regiment hat mir got befolhen,
das ich sol herr sein. Lither 6, 37' ; wir haben bei im hin-
derlegt, haben im befolhen unser Seligkeit. Albercs;
ein gott . . . der hiesz Pan,
demselben war das vieh befohln. Albrrcs79;
achte, was dir der herre des gestims befolhen und gesetzet
habe. Petr. 99*; nachdem er Fridrichen seinem gesellen das
gold, so er in seiner schosi hctt, befalch. buch der liebe 58, S ;
79*
1255
BEFEHLEN
BEFEHLER— BEFEINDEN
1256
ich hab dir mein ganzes land befolhen. 328; und da Magis
den {erbeuteten goldnen) adier in getrewe hand bevolhen het.
Aimon S4; befohlen und gethan ein ding war. Bocc. 2,174";
das wil ich dem urtheil der magister noster zu Löven befeh-
len. Fischart bienenk. 52*; hat derowegen dem engel S. Mi-
chel die wage befohlen. 104' ; kaufe dir einen häufen immen,
und befehle diesem die obsicht. Schuppiüs 736 ;
befohlen bleibt jetzt die empörte schlacht
der Troer und Achäer sich allein. Bürger 169*;
er befahl seine pferde {dem diener). Göthe 17, 169 ; als s.
Christoph mir sein ref befahl und zur thüre hinaus gieng.
23, 57;
Hermann zog sie hinweg, noch viele grüsze befahl sie.
40, 314,
bestellte sie, trug sie auf.
2) befehlen, praeeipere, gebieten, meist ohne acc,
mit folgendem abhängigem satz, der persönliche dativ kann
ausgedrückt sein oder nicht: befalh inen und sprach, also
sagt meinem herrn Esau {d. i. befahl ihnen dem E. zu sa-
gen). 1 Mos. 32, 4 ; und Joseph befalh seinem haushalter und
sprach, fülle den mennern ire secke mit speise {befahl sei-
nem h. den männern die s. zu füllen). 44, 1 ; und Joseph be-
falh seinen knechten, das sie seinen vater salbeten. 50, 2;
wie inen der herr befalh. 2 Mos. 17, 1 {vgl. theten wie inen der
herr geboten hatte. 7, 10) ; nachdem der herr Josua befalh
(sicut praeceperat ei dominus). Jos. 15, 13 ; und befalh, man
solt die kinder Juda den bogen leren (praecepit ut docerent
filios Judae arcum). 2 Sani. 1, 18 ; obgleich die, den es befol-
hen und daran gelegen ist, wider sie eitel banne regneten
oder hagelten. Luther 1, 18'; derhalben bitt ich und befehl
euch, in disem fall den neunten psalmen zu singen und zu
lesen. 3,28. br. 3, 67; Augustinus befilcht das in seiner re-
gel von den closterleuten. Keisersii. Sünden des munds A*; es
was ein pfaf, der het fisch kauft und befalch dem knaben
die fisch ze sieden. 7'; und befalhe darnach, das man in
mit riemen oder rfiten solt houwen. 22'; wollen hinweg rei-
ten und ausrichten was inen befollen was von des closters
wegen. 73'; Seneca spricht also, ich bephilch dir und wil,
das du seiest langsamer red. 82'; und befall und hiesz, seine
brüder allesamen für das kind sollen bitten. 56'; das mir
und eim iglichen prediger ze thon befollen ist von gott dem
allmechtigen. 79'; denn er befilcht Sicherheit und gerechlig-
keit zu hallen in seinem land. buch der liebe 40, i; also be-
fihlt Christus demselben menschen. Alberus wider Witzel. D3';
befahl also dem armen weih, ehzuchtb. C3'; unangesehn was
Christus das Oberhaupt mit ausgetruckten worlen anders be-
folen bette. Yischakt bienenk. 14'; derowegen befilhe ich euch,
ihr sollet u. s. w. Schuppiüs 750 ; so befilh ich euch, dasz
ihr bedenket. 706;
Harpaz kan nicht müszig sein, wil ihm niemand was befehlen,
so erbricht er ihür und thor, lad und kiste was zu stehlen.
LoGAU 3, 1, 26;
was spricht er nun als gast, wo er als herr befahl?
J. E. Schlegel ;
sinne nur, beschliesze, befehle I Göthe 42, 386. Mit dem acc,
er befahl die hinrichtung, die Untersuchung; ihro exe. haben
die gnade mir den beweis zu befehlen. Schiller 185' ; vater,
ehrfurcht befiehlt {gebietet) die lügend auch im beltlerkleid.
103'; im Wirtshaus, befelilen sie wein? braten? Freilich las-
sen einzelne beispiclc die bedcutung mandare, insofern das ge-
botene aufgciragcn war, zu. Auch dies befehlen artet im höf-
lichen Umgang zu leerer formet aus : sie haben zu befehlen ;
was befehlen, wie befehlen sie? als frage, und was, wie sie
befehlen als antwort.
3) erst seit dem 17. 18 jh. eischeint ein dem franz. Com-
mander nachgebildetes befehlen, imperare, mit acc. statt
dat. der person = commandicren, beordern :
wann ihn {den wind) der Bolus ausz seiner weiten holen
herfür Ifiszt, dasz er kan das ganze mcer bcTchlen.
Opitz 1,38,
wo man das mecr sich persönlich denke; ich hab meine kin-
der befohlen {her beordert), dasz sie beten. Schuppiüs 731 ;
noch ehe die silberne drommete die bcfohlne mannschaft
weckte. Lessinc2, 92; cw. gnaden haben die holjuweliere be-
fohlen, sie sind vor der tbür. Göthe 14, 170;
beilehl den kricRer in die schlacht,
das mädchen riilirc du zum reihen,
80 ist f^lcicli alles abgemacht. 41, 109;
und im hoftlil: die rätiie wurden vorgestellt und zur tafcl
befohlen; s. maj. geruhte sämtliche anwesende officiere zum
ball zu befehlen.
BEFEHLER, m. unüblich, aber im folgenden vorausgesetzt.
s. befehli^er.
BEFEHLERISCH, imperiosus, stolz, übermütig, s. befehl-
haberisch.
BEFEHLGEMÄSZ, adv. entgegengesetzt dem befehlwidrig:
doch pQichtgemäsz, befehlgemäsz zu handeln. Göthe 4, 22.
BEFEHLHABER, m. der zu befehlen hat, der befehlhabende
general, officier: von den obersten und andern befehlhabern.
Kirchhof disc. mil. 43; eher ein siegsherr, als befehlbaber.
Schuppiüs 404; der obrisle befehlbaber. 522. früher befelch-
haber, heutt gewöhnlich befehlshaber. s. befehlichhaber, be-
felchhaber, befehlshaber.
BEFEHLICH, m. mandatum, nicht aus befehl mil der en-
dung -ich -lieh abgeleitet, sondern nichts als befelch, mil
eingeschobnem i. belege oben unter befehl angeführt.
BEFEHLICHEN, imperare: mehr zum beispiele als zum
befehlichen. Lohenst. Arm. 1, 31. s. befehligen.
BEFEHLICHHABER, m. was befehlbaber: amtleute oder
befehlichhaber. Luthers br. 5, 790. pers. reiseb. 1, 3.
BEFEHLICHSHABER, m. dasselbe:
als er geordent nun und fürgestellet allen
befehlichshaber hab, nach seinem wolfrefallen.
BEFEHLICHSLEUTE, pl. ofßciere : ' schkU ier herzog zu
den angenommenen rittmeistern und befehlichsleuten. Schwei-
NicHEN 1, 190. s. befelchsleute.
BEFEHLIG, m. weichere, mehr niederd. form für befeblich,
befelch, z. b. bei Micrälids 3, 418.
BEFEHLIGEN, eingeschränkt auf die bedeutungen
1) praeesse exercitui, agmini: der könig befehligt das beer
selbst; der general M. hat nur ein kleines corps zu befeh-
ligen.
2) mittere cum imperio, einen mit dem befehl versehen, be-
auftragen: er wurde befehligt, dies auszurichten; Saleh ver-
kündiget dem Volke, wie er von gott ihnen zu predigen be-
fehliget sei. pers. rosenth. 7, 20; sagten, dasz sie befehligt
wären, diese nacht bei uns {zur krankenpßege) zuzubringen.
Felsenb. 4, 86;
ein herold ward dazu befehliget. Kleist 2, 67.
dies befehligen leidet eine doppelte erklärung. es kann, wie
viel andere verba -igen aus -en entsprungen sein, aber auch
erweicht aus befehlichen, welches = befelchen. in beiden fäl-
len geht es also auf befehlen zurück, s. befehlichen.
BEFEHLIGER, m. praefectus, imperans: durch ziifall und
Verhältnisse zu befehligern erhoben. Dyanasore 1, 404. läszt
sich sowol aus dem vorhergehenden leiten, als auf ein älteres
befelcher, mhd. bevelchaere, ahd. pifelhari = befehler zurück-
führen.
BEFEHLIGSHABER, m. Micräliüs 5, 278. pers. baumg. 1, 33.
BEFEHLSAUSRICHTER, m. werden aus den kirchenoberen
servile befehlsausrichter. ScnuDEROFF;)ro/fs/a«//smus 36.
BEFEHLSHABER, m. 1) der bevollmächtigte, beauftragte:
und bitten e. g. sie {die gesandten) in dem allen als die
diener und befehlshaber nicht zu verdenken und sie wider
ihren habenden befehl nicht zu verdenken. MELA^•cHTH. 3, 1223.
2) der vorgesetzte, befehlende. Bünau 1, 113. 124. die ältere
form befehlbaber, gebildet wie machtbaber, gewaltbaber, theil-
haber scheint vorzüglicher.
BEFEHLSHABERISCH, imperiosus, befehlerisch, gebieterisch:
das klingt sehr befeblsbaberisch. Chr. Fel. Weisze.
BEFEHLSHABERSTAB, m. commandostab.
BEFEHLSHABERSTELLE, f.
BEFEHLSHABERTON, m. in seinem gewohnten befehlsha-
berton, denkw. des ritters von Lang 1, 166.
BEFEHLSW'EISE, adv. imperiose, pro imperio.
BEFEHLSVVIDRIG, adv. wie befeblswidrig er sich bei die-
ser gelegcnheit gezeigt. Göthe 18, 260.
BEFEHLSWORT, n. wort des hefehls.
BEFEIERN, celebrare: die welche sich einander lieben, eh-
ren, befeiern. Garvk zu Cic. de off. s. 210.
BEFEILEN, climare, mit der feile bearbeiten, nnl. bevijlen,
nif/ir a/s anfeilen : das thürschlosz war ringsum befeiit; einen
Schlüssel befeilen ; wie der h. Hieronymus seine zahne willig
befeilen liesz. J. Paul teufelsp. 1, 112.
BEFEINDEN, infestare, oppugnarc, anfeinden: Curius was
widenvertig und het befeindet die Samniles. Albr. v. Evben 17";
1257
BEFELCH — BEFESTIGEN
BEFESTIGEN — BEFEUERN
1258
doch müst ihr mir die hand drauf geben,
dasz weil doch eine nur die schönste heiszen kann,
der andern keine noich deshalb befeinden wolle.
WlELA."«D 10, 164.
BEFELCH, m. die veraltete, organische gestalt des heutigen
vorles befehl. belege oben.
BEFELCHEN, mandare, praecipere, s. befehlen, ich befilch
mich unserem lieben vatter zu Rom. Fiscbart groszm. 69 ; ob-
senationen, darauf unmaszgebig ein pfleger möchte befelcht
und instruiert werden. Hühbebg 1, 145*.
BEFELCHGEBER, m. der befehl gibt, ertheilt.
BEFELCHH.\BER, m. der mandatar sowol als der mandant:
keller, ambtman und befelchhaber. veislh. 2, 253 ; unsers
hern meier oder befelchaber. 2, 256 ; befelhhaber des königes
zu allen gescheften an das volk. Sehern. 11, 24 ; der königlich
französisch befelchhaber. Fischart bienenk. 13".
BEFELCHLEIN, n. kleiner befehl: diejenige grosze docto-
res, die mit ihren befelchlein (recepten) verheiszen den gipfel
der Sachen. Scbcppius T43.
BEFELCH.MS, f mandatum: den weg diner befelnüs bin
ich geloufen. Keisersb. ehr. bilgr. 154; die befelchnüssen der
alten, poslill. 2, 64.
BEFELCHSH.\BER, m. und sie über die teatsche poesi
Oberhäupter, befelchshaber und richter Tcrordnet. Weckherus
rorr. zu den tceltl. ged.
BEFELCHSLELTE, pl. praefecti tnilHum, officiere: man
liest von Alexandro magno, dasz er die land, so er gewunnen,
seinen befelchsleuten verschenkt hab. Fischart bienenk. 130';
auch hauptmänner und befelchsleut. Atrer 117*;
die hauptlewt und befelchsleut gut
ir leben hielten in guter but. Soltac 417.
*. befehlichsleute.
BEFELCHSTRÄGER, m. obrister bevelchstrager der schul.
Bebels geschwenk 7.
BEFELCHL'N'G, f mandatum, befehlung, anbefehlung: das
were ein harte sprach zu Rom, darumb musz man es nen-
nen ein commende oder befelhung das closter zu behalten.
Luther 1, 296*.
BEFES'CHIELN, oleo foenieuli illinere: gesalzene und be-
fencheite rindlein und kröstlein zum unterlrunk. Garg. 56'.
BEFENSTERN, feneslris omare. Stieler 410 ; ein haus be-
fenstern. Hippel 6, 263.
BEFESSELN, catenas injicere: jetzt sollen die bilder, die
über dir aufgeben, völlig deine sinne befesseln. Fr. Mülleb
2, 163.
BEFESTEN, firmare, confirmare, befestigen, goth. gaj)vastjan,
ahd. bifestan: er thet das schlosz mit starken mauren be-
feslen. Aimon J 2 ;
unsern glauben zu befesien. II. Sachs Vf. 1, 98';
manch fuszbauf thut darbei das pest,
mit prennen, nemen {rauben) wol bevest.
Schwarzemberg 153*;
hat befest. Melisscs^s. Vs'; wa der standmut die lieb nicht
befestet. Fischart ehz. 9 ; seiner gibel befestet anstösz. Garg. 63' ;
sie die klag durchaus nit bekent,
befest derfaalb mit neu den krig. An» /in«!». 46*;
wiewol sich leicht errathen läszt,
dasz fehden dieser art, wie hitzig sie auch schienen,
ihr regiment nur zu befesten dienen. Wiela.no 18, 187;
von wem auf lebens und Wissens bahnen
wardst du genährt und befestet? Göthk 47, 77.
BEFESTIGEN, dasselbe, nnl. bevestigen: ein bret, eine
thür, einen teppich auf dem boden, ein bild an der wand be-
festigen ; und Vsia bawet thürne zu Jerusalem am cckthor und
befestiget sie. 2 chron. 26, 9 ; ir werdet die heuser abbrechen,
die mauren zu befestigen. Es. 22, 10; das lager befestigen;
du hast den umbkreisz diser erden
bevöstiget, dasz er nicht kan bewöget werden.
Weckuerlim 201 ;
wie er ein weiszes scimupftuch an die trompete befestigt.
GOthe 30, 27; auf dem linken ufer liegt hoch und flach die
alte Stadt, sie ist andern befestigten Städten ähnlich. 30, 148 ;
ihr {der Keidenbdume) same spielte in seiner wolkenflocke, eh
ihn die erde befestigte {fest hielt). J. Paul Tit. 2, 219. Häufig
abstract: den band, die freundschaft, die Wahrheit der sache
befestigen, bekräßigen; golt ists aber der uns befestiget. 2 Cor.
1,21; sie sind ailsampt nicht gnug mit iren opinien, das sie
eine predigt befestigen sollen. Luther 1, 47'; mit päpstlichen
ballen befestigt. Fischart bienenLu'; wiewol man es noch
fesler aus Daniele kan befestigen. 78*; wann sie ir fegfeur
mit den zeugnussen Vergilii befestigen, lu'; bewiesen undun-
widersprechlich befestigt haben. 116*; aus der schrift befe-
stigen. 156"; wiewol die kirch aus der propheten Schriften
auch noch wol was erfischen kan, damit sie irer heiligen
dienst befestigt. 1S7'; was haben dann die, so mit Sünden
befleckt sind, in dem platze, der vor die heiligen und auf
gott hoflfende befestiget ist, zu thun ? pers. baumg. 9, 15 ; ich
soll den krieg rechtens befestigen. J. E. Schlegel 2, 73 ; ein öl,
dessen Zähigkeit seine flOchtigkeit befestigt (fest hält). Käst 9, 22 ;
auf den ruin eben dieser kirche befestigte die britannische
Elisabeth ihren noch wankenden thron. Schiller 1044 ; zwi-
schen idee und erfahrung scheint eine gewisse kluft befestigt,
die zu überschreiten unsre ganze kfah sich vergeblich be-
müht. GöTHE 50, 57; du süsze, las'z dich nicht irre machen,
denn ich bin doch dein, alles befestigt mich nur mehr an
dich, an fr. ron Stein 3, 176; seine gepreszten und eben
darum dunkelrötheren übervollen lippen waren in die men-
schenfreundliche erhebung zum küsse befestigt. J. Pacl Hesp.
3, 154 ; das befestigte eiserne angesichle. Tit. 1, 37.
Sich befestigen, festsetzen, wurzeln: seine gesundheit befe-
stigt sich nunmehr; die Franzosen, nachdem sie einmal Strasz-
burg einbekamen, befestigten sich am Rhein ; er befestigte sich
nunmehr in dem enlschlusse, Tarent zu seinem beständigen
sitze zu erwählen. Wiela:<d 3, 424 ;
schiebt man es auf, so wird der twing vollendet
in Altdorf, und der vogt befestigt sich. ScaitiKR 531*.
BEFESTIGUNG, f munitio, confirmatio, nnl. bevestiging:
die befestigung einer Stadt, befestigung des glaubens ; die be-
festigung des fegfeurs, beides aus texten der schrift und auch
erfarung. Fischart bienenA;. 109*; befestigung der anrufung der
heiligen. 187'; befestigung des kriegs (litis conlestatio). reichs-
cammerger. ordn. 1507. 8, 2.
BEFESTIGUNGSKUNST, /. art de forti/ier.
BEFESTIGUNGSWERK, n. munimenlum.
BEFESTIGUNGSZEICHEN, n. mit mir verfahrt gott wie
mit seinen alten heiligen und ich weisz nicht, woher mirs
kommt, wenn ich zum befestigungszeichen bitte, dasz möge
das feil trocken sein und die tenne nasz, so ists so, und
umgekehrt auch. Göthe an fr. ron Stein 1, 139.
BEFEST.NEN, munire, ahd. pifestinon (Graff 3, 723) : der
hieruf bevestnet ist. Fierabras A 6 ; befestnet und umbgeben
mit groszen thürnen. G4.
BEFESTNUNG, f. munitio, befeslenung.
BEFESTUNG, f dasselbe: mechtig vor gott, zu verstßren
die befestungen. 2 Cor. 10, 4; wie er zu einer ewigen befe-
stung und sonderlichem trost von gott mit dem eid zu einem
priester und mittler gesetzet ist. LdtherI, 95'; schanzen und
kleine befestung. Kirchhof mit. dise. 198.
BEFETSCHEN, involvere fasciis, einfetschen, einwindeln.
Stieler 438.
BEFEUCHTEN, humeüare: der regen befeuclitel das land;
das getraide, das mehl, das papier befeuchten, anfeuchten;
als er sich wol mit wein befeuchtet (stark getrunken hatte).
Kirchhof wendunm. 2lh* ; die erde seines feindes mit thränen
befeuchten, pers. baumg. 9, 9 ;
hier fand ich auch den Amor,
der seine Dügel sonnie,
die ihm von iliau befeuchtet
und so betröpfelt waren. ÜACROOR^r 3, 6S ;
dasz Fichte die erziehung auserwählt, gleichsam zum ablei-
ter einer niederschlagenden Vergangenheit und zum zuleiten
einer befeuchtenden Zukunft, ist nicht nur recht. J. Pacl
bücherschau 1, 106.
BEFEUCHTIGEN, madefacere, nnl. bevochtigen : mit zehem
befeuchtigen. Keisersb. patcrnoster D 5 ; in einem waldigen ort
mit lustigen brunnen befeuchtigeL Frahh weltb. s'; der regen
die erde befeuchtiget. Paracelscs 1, 885*; welchem zu nutz
würde der mon und thaw den boden erkülen, der regen be-
feuchtigen? Garg. 65*; sommenveizen mit frischem wasser be-
feuchtiget. Taber.naehont. 613; die gemelte häutlein zu be-
feuchtigen und frisch zu halten. Uffeübach roszb. 15; dienet
fürnemblich zu dem ende damit es die. äugen befeucbtige.
18; wodurch der erdboden befeuchliget wird. Simpl. 1, 500;
gott befeuchtiget mit seinem regen gerechte wie ungerechte.
SCHCPPIUS 7.S5.
BEFEUERN, accendere, stärker als anfeuern:
die niichtemheii, die einfalt blöder liebe
verlnnperien der schSfer müh,
wir trinken wein, befeuren unsre triebe
und küssen mutiger als sie. HACEnoR<i 3, 100;
1259
BEFEUERN — BEFINDEN
BEFINDEN
1260
der alle wein befeurte mich,
als mir bei Hochstiidt alles wich. 3, 123;
in ihren ädern flieszt ein unverfälscht geblüle,
darin kein erblich gift von siechen vätern schleicht,
das kummer nicht vergällt, kein fremder wein befeuert,
Ualler ;
wem dieses nichts mehr gesagt heiszt, als dasz die phanta-
sie des künstlers durch das eihabene bild des dichters be-
feuert, und ebenso erhabener Vorstellungen fähig gemacht
worden. Lessinc 6, 506; die leidenschaft mäszigen oder be-
feuern. 7, . . . ;
wie befeuert er {der wein) den muth! GotikrS, 484;
kleine siege musten s^ine Zuversicht befeuern. Scnn,i.ER 777;
dennoch befeuerte ihn diese leidenschaft nicht, fiü* seinen
zweck auch alle mittel zu vereinen. 1077;
der tag ist mir zum überdriisz,
langweilig isls, wenn nachte sich befeuern. Göihe 3, 32;
gewaltge kraft die menschen aufzurufen,
sie zu befeuern kühnster that. 4, 59;
befeuert durch den aufrichtigen antheil, den die frauenzim-
mer an der sache nahmen. 18,275; Serie lobte an ihm, dasz
er nicht so schneidermäszig gejammert, und sogar am ende
eine stelle, die einem so groszcn beiden besser zieme, sei-
nen söhn zu befeuern, angebracht habe {der geist itn Hamlet).
19, 210 ; aber Trancoeur hatte etwas furchtbares in seinem
wesen, sein dunkles äuge befeuerte sich. Arnim 2, 375; der
befeuerte held des tages. J. Paul komel 2, 102.
BEFEUERUNG, f. man kann nicht frühe genug mit der-
gleichen Sachen herausrücken zur befeuerung der aufmerk-
samkeit aller naturforschcr. Merck 1, 398 ; die befeuerung der
glasöfen mit torfgas.
BEFFEL, /. s. befze und waffel.
BEFIDELOCHEN, clunibus instrudus : (hosen) . . auf schwei-
zerisch, das geschirr warm bei einander zu halten, und glatt
anliegig, zu zeigen, dasz man wol befidelochen ist. Gary. 157'.
lochen, pari, pract. von luchen, claudere? doch liest ein
andrer druck befidelochet. geschrieben sein sollte aber be-
füdelochen, befüdelochet, vgl. gfüdlochet Tobler 197 unrf füdlein.
BEFIEDERN, pltimis legere, plumare, dann, wie beflügeln,
anregen, zum flug ausstatten: die befiederten thiere, die vü-
gel; befiedertes geschöpf. Brockes 4, 52. 7, 61 ;
in Cuba war ein papagei,
den neckt ein jeder um die wette,
kein einziger gestund, dasr er gelehrig sei,
noch dasz ihn die natur recht schön befiedert hätte.
Hagedorn 2, 47 ;
sein lächelnder kaltsinn befiedert
des fräuleins ncugier noch mehr. Wieland 4, 30;
und etwas das ich seit kurzem von einem fremden erfuhr,
hat meinen eroberungsgeist von neuem ein wenig befiedert.
5,62;
daher in allen schulen
befiedert täglich sich (wird fliiche)
ein beer von jungen buhlen,
und insgesamt für dich. Bürger IS* ;
unter tausendfachem jubel aller befiederten kehlen. Bettine
tageb. 44 ; das befiedernde und erhebende bewustsein. J. Paul
grünl. proc. 84 ;
wenn du sprichst, befiederst du den pfeil der liebe.
RSCKKRT 380.
s. befedern.
BEFILLEN, corium dclrahere, schinden, ahd. pilillan. lex
sal. p. 104 ; mhd. bevillen. Rother 4307 ; ein nhd. beleg wird
sich auch finden, da kafiller, filier Schinder fortdauert.
BEFINDEN, invcnire, deprehendcre, nachdrücklicher, doch ab-
stracter als finden, zuweilen empfinden, fiihlcn.
1) mit dem gen. :
und ehe der mensch des recht beflndt,
stund, lag und jar vergangen sind.
ScHWARZENBenc 152, 2 ;
ich hab befunden des schweren lastes der Sünden. Keisersb.
irr. seh. 16 ; so grosz bauptwe, das ich vor schmerzen mein
seibs gar nit befunden {meiner nicht bewust war, die besin-
nung verlor). Wickram irr. bilger vorrede.
2) mit aec. : mhd. bevant {fühlte) gotes gewalt. pass. K. 75, 25 ;
VI, ist mir niht geseit,
ich hall cj bevundcn. Krone 13800;
und in dem da erwachet diser, und bef;ind die schnatten
{Striemen) da binden an dem rücken. Keisersherc Sünden des
munds 22'; denn wir schreiben euch niclits anders, denn das
ir leset und auch befindet, ich hoffe aber, ir werdet uns
auch bis ans ende also befinden, gleicii wie ir uns zum teil
befunden habt. 2 Cor. 1, 13. 14 ; das haus ward durchsucht in
zu befinden. Plut. 31; wo der mensch nicht in sich selb be-
findet und fület ein solch gewissen und frölich herz zu got-
tes gnaden. Luther 1, 63" ; da ich das stücke befand, ward
ich gelinder gegen irem thun. 6, 113*; wir befinden allzeit
gebrechen an unsern werken. 6, 366' ; nachdem ich ewr grosz
trew zu Augsburg an mich befunden, br. 1,381;
was freud wir jetzt befinden hie. Schwarzenberg 115, 2;
und so er trost befindet. Rebhuhn klag des armen manns s. i;
denn da sie (die schüler) in den büchern die alten terminos
befänden (/. befunden), vom praeceptore neue hörten, so
würden sie ja irre. Melchiors von Osse pol. testamcnt, ed.
Thomasius; solches ist aus deinen boshaftigen handlungen
klärlich zu befinden. Kirchhof mil. disc. 90 ; als Herodes wi-
der heim kam, befand er an seinem hofe groszen Unwillen.
Reiszner /er. 2,89'; wenn sie mehr geld im beutel befinden,
dann ihnen vonnöthen ist. Fischart prossm. 90;
wenn eur lieb befind das im raih {räihlich findet),
so folg ich eur lieb allezeit. Atrer423";
0 du gott der süszen schmerzen,
warumb, dasz man dich so bliud
überall gemahlet flndt?
ich befind es nicht im herzen. Opitz 2, 199;
damit sie also etwas pein befünde. Spee tugendb, 741 ;
ich befinde nur fünferlei art leute, welche zum reisen tüch-
tig und bequem sind. pers. rosenth. 3, 27 ; habe sich dem-
nach auch einmal voll gesoffen, allein des andern tags habe
er befunden ein solches hauptwehe, dasz. Schuppius 280 ; be-
richtet mich, wie ihr einen oder den andern befunden habt.
448; wie ich dich befinde, also richte ich dich. 515; wann
wir die vorige und alte zeiten beleuchten, befinden und se-
hen wir eben das alte spiel. 522 ; wann man die sache
recht betrachten will, wird man leichtlich das widerspiel be-
finden. HOHBERG 3, 260';
ich befind auch mir im herzen einen zunder. Günther 244;
in das verderben gestürzet, in welchem er sie jetzo befindet.
LISCOV592; ich habe die sache ganz anders befunden, als
ich geglaubt habe. Man zieht heute vor, einfaches finden oder
gewahren, empfinden stall befinden zu setzen, seine zwei hör-
ner, die ich auflas und als ein paar gute pulverhörner be-
fand. J. Paul teufelsp. 1, 82.
3) mit adjectiven: wo er aber falsch befunden wird, wird
sie in verlassen. S/r. 4, 22; und seinen vorgenommenen bauw
unratsam befünde. Kirchhof disc. mil. 12 ; befand nicht keiser
Maximilian zu Cöln je mehr brot uberig, je mehr leut dahin
zum reichstag kamen? Garg. 05'; liesz das magnificat zur
metten singen und befand es mächtig gut. 130';
sie meinte, das man nicht solt abziehn von dem lande,
weil sie so fruchtbar es und gar gesund befände.
Weh DE RS .1 nos« 20, 26;
alles was oft in einem schlechten wort verborgen steckt zu
erklären, dazu befinde ich mich nicht sufficient. Schuppius 9;
ein Sprichwort sagts, das ich nicht falsch belinde,
nichts schmeckt so schön als dos gestohlne brot.
Hagedorn 2, 150;
man braucht ihm nur zu gefallen, um zu allem tüchtig be-
funden zu werden. Wieland 1, 140 ; die Untersuchungen hat-
ten die folge, dasz vieles, was man für wahr gehalten hatte,
falsch befunden wurde. 6,251; allein wir müssen zur Steuer
der Wahrheit, die uns über alles geht, sagen, dasz wir, nach
langer und sorgföltigcr nachforschung, das gerücht falsch be-
funden haben. Klopstock 12, 438 ; die Wirkung wird der kraft
proportional befunden. Kant 8, 57; dasz das, was ich vor-
setze, nicht unschmackhafl befunden werde. Göthe15, 113; der
erste schritt, den wir zur besonnenheil und tugend thiiten,
wäre schon der, dasz wir unsern gang, anzup, dialect nicht
besser, sondern gerade so befänden, als alle fremde. J. Paul
Tit. 2, 2 ; ich habe ihn in allem treu und redlich befunden ;
man befand ihn im latein stark genug, im griechischen schwä-
cher, einigemal wird dem praedieat für heigesetzt: ratschlag-
ten von nur schwebenden sachen, und befanden {statt befun-
den) ftir gut, dasz man um initternacht ausfallen solle. Garg.
248'; für gut belindcn. Wiei and 1. 175. 227 ; für nöthig befun-
den. 1, 313. mit ausgelasznem adj. : er befand es {ßr gut,
raihsam) das zu tiiun. Opitz Arg. 1,552. wie SohsXv, videri.
4) bei diesem belinden hielt sich lange der aer. mit inf. :
er befand sich sein in den henden seiner fcind. Firrabras f. ;
er befand ihn »o vortheilhaftig stehen. Lohbnst. Arm. a, 240.
1261
BEFIM)EN
BEFINDEN — BJEFINDLIGHKEIT
1262
meist schon mit eingeschaltetem zu: dasz ich solche hohe
Sachen zu befördern mich zu wenig befinde. Schweimchejj
3, 27 ; du wirst noch den Adams dorn in dir befinden umbzu-
schleicben. Ri.vgwald laut. varh. 415; nachdem denn ich wi-
der den fürsten der weit zu fechten befunden. A4'; er be-
fand sich zu sterben (glaubte zu st.), eh er starb. Opitz Arg.
2,404; da ich nun mich also allein zu sein befände. Schup-
pics 551; dieser zeit werden die bettler oft befunden am
meisten geld zu haben. 697 ; ich habe wahrscheinlich zu sein
befunden. Kant 8, 234.
5) doch gewöhnlich folgt der abhängige salz mit semer eon-
junction : ir werdent es wol befinden, wie er ein mensch ist.
Keisersb. Sünden des munds 46'; da wird alsbald die keis.
maj. befinden, das unser widerwerligen in diser hochwich-
tigen Sachen oft gar nichts merken noch verstehen. Josas bei
Luther 6, 3S0'; aber von diser zal der sieben sacrament be-
findet man, das die veter selbs nicht gleich gezelet haben.
6, 436'; so hab ich dasselbig ganz emsig überlesen und mit
der that gleich befunden, dasz darinnen kurzlich verfaszt stat
der ganze grund der h. röm. religion. bienenk. ^' ; sehet, disz
haben sie in der that erfaren und befunden, dasz. 67*; und
da er wider zu haus kam, befand er dasz sein weib. 14l';
nun laszt unsem herren frei kommen, rechnung zu hören,
wan er wil, er soll befinden, dasz. 14S'; ja wir befinden
in täglicher erfahrung, dasz. 153*; doch hat man daTon mit
erfarenheit befunden, dasz es. 243';
ach so befind ich, dasz ich musz was ich begangen,
recht lu beklagen erst anfangen. Wecsherl. vorr. tu den ps. ;
ich befinde,
dasz alles nur umsonst, nach dem ein kranker iracht.
Gbyphils 2, 421;
als er vergebens nun in dem beschimpflen stände
hart hin und her gedacht, und endlich dis befände,
dasz ihn ein jungfräwlein geworfen hett herab.
Werders Ariosl 1, 71 ;
denn er befünde und merkte schon wo!. Avrer proc. 1, 11;
so sei aus den processen zu befinden. 1, 10; er wird befin-
den, dasz ein jedes alter seine eigenthüralichen thorhciten
hau J. E. Schlegel 3, 459; ja man hat durch vieiraltige er-
fahrung befunden, dasz ein etwas stumpfer verstand, oder
die art leute, von denen man zu sagen pflegt, sie hätten das
pulver nicht erfunden, zur bekehrung und geistlichen behand-
lung die fähigsten sind. LicHTE>iBERG 3, 106.
6) sich befinden, franz. se trouver,
a) an einem orte gegenwärtig sein, leben, in etwas sein,
stecken: ich befand mich damals zu Cassel; als er sich ge-
rade im bade befand; ich befinde mich wol in dieser Infi;
die kraft befindet sich in dem körper. Kam 8, 55 ; eine kugel
befindet sich in ruhe. 8, 56; sie befand sich erst im acht-
zehnten jähr, als sie der tod hinwegnahm ; er befindet sich
noch mitten in der gefahr; ich befinde mich in der unange-
nehmen läge, in der Unmöglichkeit dir zu antworten.
6) aus, ohne etwas: jetzt befinde ich mich frei und aus
aller noth; dieses wol (weisz ich), dasz ich aus dem holen
bäume mich befinde. Simp/. 1,27;
ob er wol ohne heim sich jetzund da kefund.
VVEkOERs .4rto«( 1, 16.
c) unter, ti» gesellschaft : ich befinde mich wieder unter
den menschen, unter meinen landsleuten; er befindet sich
unter räubern, in gesellschaft von Verbrechern ; deswegen befand
er sich am besten mit solchen woigcsinnten menschen, die in
einem beschränkten berufskreise beschäftigt sind. Götbe 48, 28.
d) vor, bei, neben : er soll sich vor der sladt befinden ;
ich schriebe an ihn, dasz er sich für Marsilien befinden (cor
Marseille einfinden) solle. Optrz Arg. 2, 366.
e) sich wol, übel l>efinden, talere, se habere, it. trovarsi :
wie befinden sie sich? befinden sie sich unwol? ich befinde
mich wol dabei ; befinde mich wol auf; er befindet sich wol
bei leibe ;
eiost Kieo^ der menschen trübsal mir zu heneo,
als ich mich auszerordenilich wol befand.
ScaLcciLS musehalm. «. 261 ;
die fraii befindet sich schwanger, gesegnetes leibes, in andern
umständen ; ich befinde mich seit gestern krank ; darumb ich
mich beschweret« und beleidigt befinde. Luther 1, 352* ;
sie selbs befanden sich betrogen. Wkckuerli!« 64;
fürsten, die euch die gescheoke, nicht die trew pflegt zu
verbinden,
diese habt ihr nur so lange, weil sie sich beschenkt benD^en.
LocAU 3, 10, 91 ;
als etwas kühler es ward umb die abendstunde,
und sie sich auch genug nun ausgeruht befunde.
Werders Ar. 11, 11;
Zerbino sich also auch drob bewegt befand,
dasi er für liebe ganz und für mitleiden brandt. 19, 12;
eine unter den mägden war, welche sich über alle maszen
beschwert befunde. Schcppils 356; wird er nicht sich ver-
pflichtet befinden, wol einsehen zu lernen? Gcnther vorr. 6;
hierüber befand sich der kranke zum höchsten beleidiget.
pers. baumg. 4, 11 ;
jedoch als Doris nur, der mutier nachzuahmen,
und küsse zu verstehn, sich alt genug befand.
IIagedor?« 2, 04 ;
ihr beute! befand sich leer. LicaTwea fabeln 1,1;
Agathon befand sich also über alle seine hofnung glücklich.
Wieland 3, 199; himmel, wie glücklich war ich, wenn ihre
mutmaszung sich wahr befände. 12, 152; diese unerträgliche
Unbequemlichkeit hatte mich auch in Sesenheim verlassen,
so dasz ich mich dort doppelt vergnügt befand. Göthe 26, 8.
/) sich befinden, ohne beisalz, gewahr werden, merken: da
befand sich Florindo, dasz er sein Journal schändlicher weise
vergessen hatte. Weise kl. leute 20. {vgl. befinden ohne adj.
unter 3). dies befinden kommt unserm heuligea empfinden,
merken nahe.
g) sich befinden, bewähren {wieder befinden 3);
die frewd, die wir eurh machen könn,
die wird sich wol belinden. Uuland 259 ;
und belindt sich die an^'ag dein {wahr),
so solst du frei und ledig sein. Atrer 72*.
h) unpersönlich, es befindet sich, ist der fall, verhält, be-
währt, ergibt sich, weist sich aus : das man aber den unsem
die schuld gibt, als verbieten sie casteiung und zucbL, wird
sich viel anders aus ireh Schriften befinden. Augsb. conf. bei
LcTHER 6, 372* und corp. doctr. ehr. 29 ; wie sichs leider teg-
lich in der erfarung befindet. S, 172*; es betint sich oft, das
ein frommer gotsfOrchtiger mensch gewisser und eigentlicher
studiert und erkennet. Val. Ickelsamer a5; es befindet sich
aber, das die philosophia auch eine anweisung von ehelicher
Unterrichtung einhelt. Fischart eis. 2; gleichwie... also befind
sich. 67 ; und so sich befind, dasz er durch einige goBst darzu
kommen ist. bienenk. 45*; also befindt sicbs auch mit den
schifleuten. Fronsp. kriegsb. 3, 14S* ;
aber am end belindt sichs wn|,
was man hiervon urtheilen soll.
Ui^gwald geisll. Ucd. C 6* ;
alldieweil sich erstlich befindet, ob wol u. s. w. Atrer j»ror.
1, 11; als man die thür des pefängnis aufthat, befand sichs,
dasz. pers. rosenth. 3, 9 ; da befand sich endlich, dasz. Schcp-
piüs 368 ; was er beklagt, das befindet sich leider im werk
Selbsten. 614; da es sich doch oft helindet. Simpl.lA; wenn
man ihn lange genug in der nähe belracbtct hatte, so befand
sichs, dasz seine venneinten lugenden in der that nichts an-
ders als seine lasier waren. Wieland 3, 56 ; und es befand
sich, dasz seine anspräche nidit zu recht bestehen konnten.
3, 388; allein wenn man der sache auf den grund sieht, so
befindet sichs, dasz der unterschied des geschlechts hier in
keine betrachtung kommen kann. 8, 235.
7) tadelhaß bildeten einige die schwache ßexion befindete
f. befand, 3. b. (^pitz Arg. 2, 319. I.ohenst. Arm. 1. 22.
BEFINDEN, »i. conditio, .Ualus: wie ist dein befinden?
mein befinden ist gut, schlecht ; nach befinden der sache, der
umstände; nach meinem befinden, dafürhallen; denn hand-
haben musten an den Schilden notliwendig auch damals
schon sein, um sie von dorn leibe abzuhalten und nach
befinden zu lenken. Lessinc 8, 124; je nach befinden; an
das geriebt kommt essich und gewürz, nadi befinden salz.
BEFINDLICH, qui incenilur. deprdienditur,
1) aufweisbar: denn so nn den heubtartikeln kein hefind-
licher ungrund oder mangel ist, sollen sich billich die bi-
schoffen gelinder erzeigen. Augsb. conf. bei Luther 6, 368 ,
im corp. doct. ehr. 18. heute erfindlich, crlindbar.
2) vorhanden: das bucJi ist in der Sammlung befindlich;
alle im hause belindlichen menschen; eine in Untersu-
chung benndlicbe pcrson; die sleUe ist im buche ». 68 be-
findlich.
3) man sagte auch sich befindlich: sie zeigte ihm alle da-
selbst sich befindliche Sachen. Hoffman-iswalbau htldenbr. 28.
BEFCSDLICHKEIT, f. seusus. MaalerW.
1263
BEFINDUNG— BEFLECKEN
BEFLECKEN— BEFLEISZEN
1264
BEFINDüNG, f. nach befindung der Sachen. Kirchhof diso,
mil.l; bei befindung der nolhwendigkeit. Weise kl. leiitelbS;
bei leibes, lebens und andern strafen, nach befindung der
Sachen. Schüppiüs 675 ; dasz seine ausdrückung weiter geht
als seine befindung. Leibnitz 376.
BEFINGERN, digitis längere,
t) angreifen, anrühren: einem den puls befingern;
es ist doch nur benaset (berochen) zwar,
ir seit auch wie die Jungfraw dort,
die nichts asz, was befingert worcl,
da iiiust mans erst beTausten ir,
alsdann wards erst wol verbitschiert.
FiscHARis Eulenspicgel 224.
2) ergreifen und vorwegnehmen : bei jener langen gährung
des jurisdictionswesens, wo zuletzt immer ein richter vor dem
andern nur zuerst zu befingern (so nennete man die praeven-
tionem fori) suchte. MöSERpa/r. jjA. 2, 4SI (345).
BEFINSTERN, caliginem offundere, verfinstern: dieweil und
gott das Hecht der natur ohn einen befinsterten geist wirken
hat lassen. Paracelscs 1, 252'; ein sondere art ist der Ster-
nen, die dunkel macht und befinstert so viel, wo der mond
nicht ist, dasz gar nichts gesehen mag werden. 2, 76'.
BEFIRNISSEN, mit firnisz bestreichen.
BEFISCHEN, expiscari: den teich befischen. Lohenst. Arm.
i, 1089.
BEFITTIGEN, alis instrucre, legere, beflügeln, beschallen,
1) beflügeln:
dein leib, vom groszen geist
belittigt, weiter fliegt. Birken G. 221 ;
der wein, der uns beft-eit, belittigt unsre herzen.
Platsn 77.
2) mit dem flügel decken:
siehet man den blinden schatten ausgestrecket durch das feld,
er belittigt, was da stehet, mit dem schwarz verhüllten zeit.
Harsdörfeh gesprächspiele G, 10. 90.
BEFLACHSEN, gebildet nach sp. 1203 1,4:
in ganz Sachsen,
ja in ganz Deutschland wol,
musz solcher flachs, wie der, nicht wachsen!
wcrs anders redt (hier schwoll
sein kinn ihm), den will ich beflachsen,
dasz er dran denken soll. Gökingk 3, S4.
BEFLAMMEN, accendere:
beflammt die liebeskerzen,
geht, geht zu eurer rast! Fleming 157;
beflammte pracht Brockes 1, 185; beflammte sterne. 1, 419.
454;
Satans beflammter rollender wagen. Klopstock Mess. 2, 638;
also beflammte sie mehr noch den glühenden busen mit liebe.
BÜRGER 244';
als wäre die heilige Jungfrau aus dem beflammten altarblatte,
worauf sie gen himmel stieg, herabgezogen auf die stufen.
J. Padl flegelj. 3, 23.
BEFLAUMEN, molli lanugine signare:
der wänglein paar, wie die pflrsiche roth,
und eben auch so weichwollig beflaumt. GöiaK 41, 209.
BEFLECHTEN, vimine contegere: sessel mit stroh beflech-
ten ; der keine Scheidewand zu setzen weisz zwischen dem
zimmer der rechten und reinen kunst und der beflechten oder
geflickten stümpelei. Brandts Taubmann 31. kaum soll es be-
fleckten ausdrücken, obwol auch beflecht = beflechtet vielmehr
beflüchten erwarten liesze.
BEFLECKEN, maculare, polluere, conlaminare, besprengen,
so dasz die spur haßet, nnl. bevlekken.
1) sinnlich, das gewand mit staub, die bände mit blut, das
buch mit dinte beflecken ; und alles kleid und alles feil, das
mit solchem samen befleckt ist, sol er waschen mit wasser.
3 Mos. 15, 17 ; und vergossen unschuldig blut, das das land
mit blutschulden befleckt ward. ps. 106, 38 ; denn cwcr hende
sind mit blut befleckt. Es. 59, 3; halt dich von im, das du
nicht in einen schweisz gefüret und von seinem unflat be-
flecket werdest. Sir. 22,15;
mich hat zwar mannes blut bespritzt, doch nicht befleckt.
ilOriANNSWALDAU ;
als ein fchflsselchcn zur erde
nillt, und sich mit blut befleckt. Gottir 1, 52.
2) bildlich, der seines nehcsten weib nicht befleckt. Ez. 19, 6.
11.15; damit wird ir gewissen beflecket. 1 Cor. 8,7; also ist
auch die zunge unter unscrn gliedern und beflecket den gan-
zen leib. Jac. 3, 6 ; hasset den befleckten rock des fleisches.
Judi 23; diese sinds, die mit weibern nicht beflecket sind.
offenb. 14, 4; und asz allein, das er sich nicht befleckte mit
füllerei. Keisersb. Sünden des munds 13'; auf das si ir leben
nicht beflecken. 30' ; also sag ich, das neuwe mer sagen das
ganz gemüt beflecken und verwüsten. 30';
süsz singen, das die sünd sei gut,
beflecket oft der jungen mut. Schwarzexbero 124, 2;
was meint der himmel doch mit so gehäuftem regen«
wil von des krieges schmutz befleckte weit er fegen!
LoGAU 2, 1, 13;
die, so mit Sünden befleckt und beschmitzt sind. pers. baumg.
9,15;
er könnte durch verrath sein graues haupt beflecken ?
Gotter 2, 126;
habt ihr darum eure gemahlin verlassen, um euch mit dieser
heidin zu beflecken? Kunger 4, 177; die geschichte erzählt,
dasz die menschen leichter und länger in ganzen scharen
und schwärmen sich beflecken. J. Paul dämm, lo; seinen
character beflecken. Heyne an Joh. Müller 146 ; er hat seinen
guten namen, seine ehre befleckt, macula aspersit.
BEFLECKEN, calceamenta sarcire taleis, flicken, Uelzen:
schuhe, absätze beflecken, s. fleck.
BEFLECKUNG, f. contaminalio, pollutio: das der ehliche
stand anders nicht seie, dan ein beschmeiszung und befleckung
aus fleischlicher Vermischung. Fischart 6»enenA. 18";
dasz ich unschuldig und rein aller befleckung sei. Voss.
BEFLEGELN, flegel nennen:
Sandel, er flegel, er esel!
Knellius. der alte kracber, mich so zu beflegeln!
Fr. Müller 2,46.
BEFLEHEN, commiserari, plangere, delinire, vgl. flehen und
golh. flekan plangere:
ich bin todkrank, ich warte mit begier,
ob einer mich aus jammer wil befleben.
da ist kein mensch, ich harre bis man mir
bringt etwann trost, es ist niemand zu sehen.
Opitz ps.p. 130;
ich müste nur das lose volk beflehen. ps. 119, 27.
BEFLEISCHEN, carne vestire (vgl. einfleischen, zerfleischen) :
ein matter wolf voll nahrungssorgen
betrat an einem frühlingsmorgea
der fetten anger feuchtes grün.
da sah er mit erwünschten freuden
ein wolbefleischtes füllen weiden. Hagidorn 2, 21.
wolbefleischt = wol bei fleisch.
BEFLEISCHÜNG, f incarnalion: nehmen wir noch dazu,
dasz nicht nur das angesicht, sondern das ganze knochen-
system sammt seiner befleischung verschlimmert oder ver-
schönt werden kann. Lavater fragm. 1, 75.
BEFLEISZEN, sludere, satagere, praet. beflisz, pari, be-
flissen, statt des einfachen ahd. flijan fleij, mhd. vlljen vleij.
1) intransitives befleiszen, ohne sich, müste ebenso
zulässig sein, wie mhd. vlijen, ahd. flijan :
herre, ich hän gevliwen
an iegelichem seitspil. Trist. 93, 26;
dö wart vil michel flizen von schcenen frouwen eetin.
iV«6. 261, 4;
dages inti nahtes fleij si thar thes rehteg. 0. Ol. 16, 32;
sie flijjun sär thes sinthes. I. 16,22;
obwol schon mhd. sich vll;en vorwaltet, nhd. findet sich nur
der substantivische inf und das pari, praet. im gebrauch, die
construction, wie bei sich befleiszen:
die damen wolln von nichts als Chevaliers jetzt wissen,
das macht sie sind zum krieg auf reuterei beflissen.
LoGAU 1, 1,66;
ich bin auf die beflissen,
die mir viel gutes thun, und doch von mir nichts wissen.
1,5,2;
fnlschheit streicht sich zierlich an,
ist auf mnntcl gar beflissen. 2, zugäbe s. 231;
er zweifelte nicht, dasz er eine mächtige feindin habe, die
darauf beflissen sei, ihn in der liebe unglücklich zu machen.
VVlELANDll, 37;
solches löbliche befleiszen
musz der dichter höchlich preisen. Götue47, 210;
natürlich mit verstand
sei du beflissen. 4, 384;
sei du im leben wie im wissen •
durchaus der reinen fahrt beflissen. 4,390;
wie sind die vielen doch beflissen
und es verwirrt sie nur der fleisz. 47,246;
und noch viel anders mehr, davon ich beflissen [absichtlich)
nichts melde. Schuppiu» 55«. man setzt beflissen für stu-
1265
BEFLEISZEN
BFLEISZIGEN— BEFLÜGELN
1266
diosus: der tugend, des anstandes beQissen; der kunst, der
Weltweisheit beflissen ; eio bandiungsbeflissener.
2) häußg sich befleiszen, mhd. sich viijen:
a) mit genitiv:
befliszend sieb der bscheidenbeit. trag. Joh. hl;
des besten weins ich mich befleisz. Atrkr /'asfn. «p. 3S';
wer sich dessen wil befleiszen. Logau 1, 9, 71;
der fflusz bedacbtsamkeit sich wol befleiszen. 1,4,79;
gleichwie Achilles sich
beflisse aller tugend. Weckherii-N 359 ;
dasz er sich der frömmigiieit beflissen hab. Schdppids 141;
die seltnen lursten götter heiszen,
die sich der menschenhuld befleiszen.
Hageoorm 3, 61 ;
zu meiner zeit
beflisz man sich der hei'mlichkeit. 3, 72;
befleiszen sie sich jetzt
der schlau erdachten zucbt. Gottes 2, 41S;
doch euch des Schreibens ja befleiszt,
als dieliert euch der heilig geist. Göthe 12,97;
Melina, der sich eben nicht der gröszten feinbeit beflisz. 18,
209 ; sie wüste sich in Serlos launen zu scbiciien und be-
flisz sich des singens ihm zu gefallen. 19,237; der sich einer
vollkommenen reinigkeit der sitlen beflisz. 25,83;
mancher Tabriken beflisz man sich da und manches gewerbes.
40, 236 ;
ich habe mich der äuszersten treue beflissen. Bürger 141';
wenn man sich jederzeit dieser methode beflissen hätte, Kant
8, 107.
b) mit an: warumb befleiszen wir uns nit an die art der
Schrift? »Mel.\»chth. hauptartikel bl. 2. vgl. jenes mhd. ge-
vlij^en an seitspil.
c» mit auf: hat sich one zweifei Cain hernach auf eisen-
werk weiter beflissen. Mathesics 78';
disz wird kein gut nicht heiszen.
worauf ein böser mensch sich pfleget zu befleiszen.
Opitz 1, 56;
mein bund sol mit dir sein, so lange man wird wissen,
dasz sich ein Fleming hab auf solch ein thiin beflissen.
Fleming 108;
sie wird mir nutzer sein,
als dasz ich mich befliss' aufhundsphilosophei.
LoGAü 1, 5, 3 p. 97;
kan ich, wil ich mich befleiszen
mehr auf glimpflich als auf spitzig. 1, 7, 28 ;
der sich auf glauben nur und auf geduld befleiszt 1, 9, 22 ;
wil «ich sonst auf nichts befleiszen. 2, 5, 55 ;
der sich mebr auf eitellceit wil, als auf die witz befleiszen
2, 6, 49 ;
dasz ich frömmer sei als er, drauf befleisz ich mich. 2, 7, 24-
weibeiTolk pflegt auf die titlel sich nicht wenig zu befleiszen
Jungfern wollen jungefrauen, Jungefrauen mutier heiszen '
2,10,58;
es haben nicht allein die alten Lateiner und Griechen, son-
dern auch die ältesten Juden sich auf diese fabelweisheit be-
flissen. ScHDPPics 829 ; war ich ein groszer herr worden, ich
hätte mich treflich auf rare hunde beflissen. Weise erzn. '337;
wenn man bei diesen sich Torzüglich auf urtheile beflisse.'
Herder 1, 17.
d) mit um : also sein wir beschaffen, dasz ein jeder umb
etwas sich befleiszt. Schuppios 717; wenn er nicht noch freunde
hatte, die sich um ihn beflissen, so war es längst gethan um
ihn. Lenz 1, 224.
e) mit folgendem dasz: befleisze dich, dasz du lauter und
rein predigest. Luthers /i«Ar. 194"; und da befleiszt sich das
weih, dasz sie dise himlische sackpfeif oder pfeisen mit eim
jungen discantbläserlein, vogelgeschrei und pfeifrörlin stüts
erseU, damit das Orgelwerk ganz bleib. Carj. 68";
die bosheit. die für sich in keinem wesen steht,
befleiszt »ich, dasz sie stets auf etwas gutes geht.
LocAU 2, 2, 84.
/) oder einem inßnüiv: tummelt und befleiszt sich man-
niglich etwas ins ISger zu holen. Kirchhof m»7. düc. 130;
wie meine band und füsi die arbeit und den weg,
die goi befohlen bat, zu halten sich befleiszen.
Wrceukhli.i 65;
wann man weislich sich beflpiszt,
seinem feind, eh ers wird innen,
Echand und schaden anzuspinnen. Logau 1,4,63;
diejenige, so sich beflissen, nur das bOse aus andrer leut
Schriften zusammen zu klauben. Schdppils 569; damit wir
aber reine reden mögen, sollen wir uns befleiszen, deme,
welches wir hochdeutsch nennen, bestens Termögens nachzu-
kommen. Opitz poet. 29.
BEFLEISZIGEN, was befleiszen, 06er nur mit sich, nnl.
bevlijtigen: so wil ich auch hinfort mich befleiszigen, dasz
ich euer bestes schafl'e. 2 Maec. 11, 19 ; befleiszige dich gott
zu erzeigen einen rechtschaffenen arbeiten 2 Tim. 2, 15; er
bleibe nicht, wo sich iemand unreiner werk befleisziget. äyrer
proc. 2, 10 ; befleisziget und bemühet er sich, wie er solches
reich ausmergele. Scbdppics 415; wenn du dich mit ganzem
fleisz auf ein gewisses befleiszigen und deme dich ganz er-
geben wirst. 553; dasz man sich also immer einer andern
melbode zu befleiszigen habe. Kaxt 8, 107.
BEFLIEGEN, volare aliquo, volando atlingere:
der nie beflogne gipfei. Halibr;
voll neun tage beflogen das beer die pfeile des gottes.
ßöacER 186* nach IL 1, 53.
teeidmännisch wird ein vogel beflogen genannt, tcenn er flück
ist: die jungen sind beflogen, haben ihre vollkommnen federn.
Döbel 1, 73'.
BEFLIESZEN, circumfluere: ein felsen umb und umb mit
dem meer beflussen. Fierabr. C 6 ; das best befestigte ort der
Stadt, darzu mit dem meer an dem end beflossen und be-
schlossen. Kirchhof disc. mil. 14 ; sein ganzes gesiebt war mit
Wut beflossen ;
auf blumen, welche, leicht wie geist
und hell wie luft, ein sanfter quell befleuszt.
WlKLAID 9, 203;
eine deutsche Stadt möcht ich erbauen
unter himmel einem ewig blauen,
rings von einem friihlingshain umschlossen
und von einem stillen ström beflossen.
Rück^KRT 426.
BEFLIMMERN, collustrare fulgore micante:
sieh er trug ein schwert, beflimmert mit sternen von Jaspis.
BÜRGER 248' ;
wann die nacht mit triefendem schalten
still die erde bedeckt und die Sterne den himmel beflimmern.
249»
BEFLISSEN, s. befleiszen:
hebt, ihr beflissenen, hebt ihn {den anker)l Piatsn 164.
BEFLISSENHEIT, f. Studium : alles ihr thun war ohne be-
flissenheit. Lohe.nst. Arm. 2, 397; ihre beflissenheit, mir ein
glück vorzuspiegeln, das sie durch mich verloren hat Lessinc
1, 586. vgl. geflissenheit, dienstbeflissenheit.
BEFLITTERN, bracleolis micantibus circumdare : die schuhe,
den but beflittern, mit flittergold besetzen.
BEFLOREN, bysso tenuissima circumdare, velare, tmfloren,
schtcarx behängen, nnl. bevioeren:
beflort den himmel, weiche tag der nacht!
(hung be the heavens with black. yield dav lo niebt.')
Henry Vi. part'l. acl'l. sc. 1 ;
der gram um sie beflort dein augenlicht. Borger 68";
auf diese art betrübte und tröstete er sich unter dem beflor-
ten mond. J. Pacl uns. löge 2, 135; jedem beflorten gliede
der schwarzen kette {des leichenzugs). Tit. 2, 81.
BEFLÜGELN, alas addere, die schultern, füsze, schuhe
schritte, den gang, die worte, gedanken beflügeln, beschleu-
nigen, erheben:
und brach frölich bestürzt in diese beflügelten worte.
Zachariä 1, 17;
(rief) beflügelnd jedes wort dem freunde lu. fiötcim 161*;
die todessiunde beflügelt
ihren kommenden schritt. Klopstoce Mess. 6, 305;
schwarze, blutende stunde, du lodesstunde beflügle
deiner schritte letzten. 13, 971 ;
komm, beflügle den schwung, den harfenklang, den du
schwebest. u^ imi ;
sein zweifelnder wink schon soll den fusz dir beflügeln.
16,469;
er rufts,
säumt nicht, betritt den see,
und beflügelt sich mil stähle den fusz. teerke 1, 258;
deiner gotiheit gegenwart
entflamm und beflüele
jede meiner emplindungen. 1, 130;
ach, dasz ich dich zu beflügeln,
tag der hülfe, nicht vermag; Uz 1, 174;
kaum werden von ihren beflügelten sohlen
die spitzen des grases im laufen berührt. WiitAüD 4, 15;
die furcht beflügelt ihre flucht. 6, 293;
die reizungen ihm vorzuspiegeln,
die nur zu sehr die seel in ihm beflügeln,
die unterm Zwerchfell thront. 9, 6«;
beflügle meinen geist .' Gottir 1, 467 ;
80
1267 BEFLÜGELUNG — BEFÖRDERER
auch nicht kund ist ihnen der rotbgescbnäbelten schifTe,
noch der geglätteten rüder, mit welchem sich schilTe beflügeln.
Voss Od. 11, 125;
hätte ein günstger wind nach Troja sie {die schiffe) beQügelL
Schiller 230;
die das verderben
beflügelte auf ihr so sichres haupt. 401 ;
und die angst beflügelt den eilenden fusz. 62^;
Jammer und elend haben seinen kleinen lebenslauf schnell
beflügelt. GERSTENBEnc Ugol. 9 ; heilig sei mein name dem
enkel und beflügle sein herz mit liebe zum Vaterland. Klinger
2,147; dieser gedanke, der nun mein herz beflügelt. 5,44;
ihm beflügelte rasch der pefühle chaos
seines herzens lauten schlag. I'laten 325;
blosz Worte, von tugend und empfindung beflügelt, sind die
bienen, die den samenstaub der liebe von einer seele in die
andere tragen. J. Paul Hwp. 1, 63 ; denken beflügelt dengeist,
der beflügelte geist stirbt nicht. Bettine br. 2, 4 ; dem gelieb-
ten entgegengehen beflügelt den schritt. 2, lü7. Die schlesi-
xchen dichter gebrauchen lieber das einfache Hügeln, w. m. s.
Den Jägern heiszt den wald beflügeln ihn mit Stellwegen
oder flügeln versehen.
BEFLÜGELUNG, f. beflüglung des Stahls, schrittschuhc :
an dem Hebrus, wie der Grieche das träumt,
über der woge von krystall, erfand
diese beflügliingen des Stahls, so den stürm ereilt,
Thrazens Orpheus nicht. Klopstock 1, 198;
jetzt legt auch die beflüglung des Stahles
der Städter sich an. 1, 258;
in erhabener öden beflüglung. Platen 303.
BEFLÜSCHEN, bei den kühlem üblich: einen melier be-
flüschen, mit grünen tannenreisern belegen.
BEFODERN ßr befordern, befürdern : ich habe seinen tod
befodern wollen, pers. rosentli. 1, 25.
BEFODERN für befördern, wie fodern aus fordern, köder
aus kerder entspringt, und nd. möser für mörser, masch für
marsch gesagt wird, befodern, beföderer schreibt z. b: Loiien-
STEIN, BoDMER, Und bcföderung Logau.
BEFOHLENSCHAFT,/-, commendatio: befoUenschaft = be-
fülhenschaft. weisth. 2, 246.
BEFOHREN, sich, metuere, vereri, und schon das diction.
vratislav. 1620 führt auf ich befoiire mich, vereor. befohren
steht also für befahren, wie in schtes. mundart jor, wor =
jähr, wahr und uns allgemein argwöhn für argwahn :
du mörder, hntieslu ja müssen dich befohren
vor deines vaters zorn, ein mensch {virginem) wie ich gebohren
durch königlichen stamm, bei allen wol bekandt,
bei allen hochgeschätzt, zu führen in das Innd.
Opitz 1,436;
alsdann kömpt ihre seel, eh als ich mich befobre,
und fleugt in meine seel, alsdann macht sie die tbore
der sinnen bei mir auf. 2, 145;
und als er sich befohrte,
er werd an diesem orte
vom koche leicht ertappet. Elias Major. 1656;
das befohren sich alle andre könig von ihnen. Zinkgref 56, 30.
freilich schreibt Opitz anderwärts gefahr, wie jähr, und 1, 227
sich befahrt, nach gemeinhochdeulscher weise; in jenen stellen
scheint er seiner mundart nachgegeben zu haben, und wenn er
gar zohlen ßr zahlen auf holen reimt, entsprang uns ja dies
holen aus halen. Steinhachs wb. setzt befahren, befahrte an.
Mehr bedenken macht ein ahd. biforata, biforahta (Graff 3,
621), das aber nicht befürchtete, sondern bereitete ausdrückt,
und das heutige furchen für fürchten tu alemannischer mund-
art (Herel 81), was verleiten könnte befohren aus befürchten,
befürchten zu deuten, ohne dasz sich der sinn änderte.
BEFOLGEN, sequi, folge leisten, ein erst im 18 jh. auf-
kommendes, bei Frisch und Stieler noch fehlendes wart, etwas
befolgen für einem folgen : ich werde den crlialtnen bcfelil,
ratli befolgen, dein beispiel befolgen; er befolgt alle Vor-
schriften des arztes aufs pünctlichste; befehlen ist ein un-
sicheres mittel befolgt zu werden. Lkssing 2, 104; despoten
sind nicht immer gut befolgt, wenn sie abscheulichkeiten ge-
bieten. Schiller 1014. in anderni sinn sagte Götz 1, Hl
von scherzen befolget == iji'fntijct,
BEFOLGER, «i. der befolger einer lehre. Kmncer 8, 129.
BEFOLGUNG, f
BEFORCIIT, ierribilis, furclilbar, gefürchtet: und ich sage
euch in warheit, das ir darvon bcfoichler werdcnt. Aimonv\*.
das ahd. foraiit, forht bedeutete limens, timoratus (Graff 3, 685).
BEFÖRIlERER, m. adjutor, fautor: reisele zu meinem ein-
gebildeten groszen befiirderer. Felscnb. 2, 42 ;
befordrer vieler luslbiirkeiien,
du angenehmer .\lsierllu«Zi IIagedoh.'« 3, 115;
BEFÖRDERIN — BEFRACHTER
1268
Ruszland bedarf jetzt keines eroberers mehr, es bedarf eines
weisen beschützers, erhalters und beforderers. Klinger 11, 28.
BEFORDERIN, f adjutrix, sagt man lieber als befördrerin,
wie plauderin neben plaudrerin.
BEFORDERLICH, ulilis, commodus: ihr könnet mir über-
maszen beförderlich sein in einer Sachen. Gryphius 1, 770;
welcher anfang auch sehr wol beförderlich und verfänglich
von statten gienge. Stnjp/. l, 35; ob es dem gemeinen nutzen
befürderlich seie. Schuppiüs 720; wiewol seine grundsätze,
ohne das laster eigentlich zu begünstigen, von einer seile
der tugend nicht sehr beförderlich sind. Wieland 1, 22 ; manche
vorurtheile sind der moralität beförderlich. 29, 266 ; einem Zu-
satz, der dem poetischen eindruck vielmehr nachtheilig. als
beförderlich ist. Schiller 1132; eine Widerlegung jener an-
maszungen ist der sache selbst sehr beförderlich. Kant 6, 132;
der Untersuchung der Wahrheit beförderlich. 8, 10. heute zieht
man das einfache förderlich vor.
BEFORDERN, exigere, fordern: darumb rausz ich hinge-
hen und befordern, das mit dem gerichtstage bald verfahren
werde. Susanna com. Hibeldeha 3, 5 ; ob bei solchen gelegen-
heiten nicht ein gewisses von denen begnadigten vor der
expedilion zu befordern. Leibnitz 2, 271.
BEFORDERN, juvare, promovere, provehere, nnl. bevorderen.
früher auch befordern und befürdern {s. fördern) : dasz man
mit einem bösen menschen nichts soll zu schaffen haben, noch
ihn befordern helfen. Lokman'12; sein herr sollt nur landkin-
der zu dienst und ämpter befürdern. Lehmann 19; wie lange
wolt ihr diejenigen reich machen, welche nur suchen euer
ruin zu befürdern. Schuppiüs 303; ich preise diese stunde
für glückselig, darin durch gottes beistand arme knechte und
mägde können befürdert werden zu ihrer zeitlichen und ewigen
wolfahrt. 337 ; die vermöglichkeiten des gemüts und leibs zu
beförderen. 728 ; der sieg bei Dreux, weit entfernt ihre wünsche
zu befördern, halte ihr einen herrn gegeben. Scuiller 1060;
die wolle reizt die haut und befördert die ausdünstung. Hü-
FELANDS macrob. 345; das wasser befördert die Verdauung.
357 ; die erkältung befördert das fieber ; einen ins grab be-
fördern ; einen mit wagen, mit dampf befördern.
BEFÖBDERSAM, ulilis: was euch zum guten folgends be-
fördersam erscheint. Kirchhof mil. disc. 87.
BEFÖRDERUNG, f. utilitas, promotio : hatte also von gu-
ten freunden beforderung. Schweinichen 1, 169; zu befürde-
rung von gemeiner statt nutzen. Kirchhof wendunm. 159';
dessen ehre durch meine beforderung geringert worden, pers.
baumg. 1, 6 ; wann ich durch deine beforderung etwa zu einem
kleinen ampte gelangen möchte, rosenth. 1, 18 ; die Jesuiten
haben leute, welche ihnen mit aller beforderung an die band
gehen. Schdppius51; haben ihm wege und siege gezeiget und
andere beforderung erwiesen. 315; einzelne denken wenig
daran, dasz indem sie ein jedes seine eigne absichUverfoI-
gen, sie unbemerkt an der naturabsicht, die ihnen selnst un-
bekannt ist, als an einem leitfaden fortgehen und an dersel-
ben beforderung arbeiten, an welcher ihnen, wenn sie ihnen
bekannt würde, wenig gelegen sein würde. Kant 4, 293; be-
forderung im amt, avancemenl.
BEFÖRDERUNGSMITTEL, n. ist nicht die armut ein gut
beförderungsmittel zu allen solchen lugenden? Dan. Dykes
weltl. selbstbelrieger durch D. P. H. fünße aufl. Frankf. 1652.
8. s. 192.
BEFORSCHEN, scrutari, erforschen: wir vorgenante dechant
und theologi haben dis alles ein lange zeit beforscht und
fleiszig angezeichnet, was die heiligen lerer hierin hielten.
Luther 1, 547".
BEFRACHTEN, onerare, enger als beladen und fast auf
kaufmannsgut eingeschränkt {s. fracht), nnl. bevrachten:
lange lag und'nnchte stand mein schif befrachtet,
günsiger winde harrend sasz mit treuen freunden
ich im hafcn. Göthe;
dasz cinfalt oder eitelkeit
genies, maniesein gleich, befrachtet. Cökinck l, 14;
den tisch mit einer guten mahlreit befrachten. Siegfr. von
Lindenb. 1, 350; so wie wir mit unserin geheimnisse ganz
lüglich ein frisches kapitel befrachten können. 2, 35; einem
den köpf mit grillen befrachten. 2, 109 ; den befrachteten ge-
krümmten dikastciiantcn. J. Paul jubeis. 189; ihr {der für-
slin) mit verwandten befrachtetes courgefolge. TU. 3, 94 ; land-
slrasze .. die einen kuabenkopf anleuchtet und befrachtet.
Fibel 30.
BEFRACHTER, m. wenn ein fuLrmanD, der in einem gruiMl.
1269
BEFMGEN — BEFREIEN
BEFREIEN — BEFREMDEN
1270
losen wege mit einem schwerbeladenen wagen festgefahren,
nach mancherlei vergeblichen versuchen sich los zu arbeiten,
endlich sagt, wenn alle stränge reiszen so musz ich abladen;
wäre es billig aus dieser seiner rede zu schlieszen, dasz er
gern abladen wollen, dasz er mit fleisz die schwächsten mür-
besten vorgebunden, um mit guter art abladen zu dürfen?
wäre der befrachter nicht ungerecht, der aus diesem gründe
die Vergütung alles Schadens, selbst alles innern von auszen
unmerklichen Schadens, an welchem ebensowol der einpacker
schuld könnte gehabt haben, von dem fuhrmanne verlangen
wollte? dieser fuhrmann bin ich, dieser befrachter sind sie,
ehrwürdiger mann. Lessing 10, 127.
BEFR.\GE.N, nn/. bevragen.
1) interrogare, consulere: den arzt, das orakel befragen,
zum schein befragen; darüber hat er mich noch nicht be-
fragt; peinlich befragen;
und l'ilatus berragt ibn, du bist der könig Judaeas ?
Klopstock Hess. 7, 247 ;
und a)le kundigen, die ich befragte,
bestätigten mir eures anspruchs recht. Schiller;
was ich nun sprach, was die holdselge mir
erwiedert, möge niemand mich befragen ;
Harke und schwache flexion schwankend, wie beim einfachen
fragen : die er oft befrug. Kant 5, 433.
2) sich befragen, rathes erholen, untereinander fragen, sich
erkundigen : und sie entsatzten sich alle, also dasz sie unter
einander sich befragten und sprachen. Marc. 1, 27. Luc. 24, 15
{vgl. einander ansehen, sp. 453) ; und fiengen an sich mit ihm
zu befragen. 8, 11; und er fragte die schriftgelehrten, was
befraget ir euch mit inen? 9, 16; wie sie sich miteinander
befragten. 12, 28 ; da stunden etliche auf von der schule und
befragten sich mit Stephano. apost. gesch. 6, 9 ; er redet auch
und befragte sich mit den Griechen. 9, 29; befragt sich der
gewonheiten. Magelone A3;
er sprach, n-ürd mir der dienst nicht behagen,
will ich mich nicht mit euch befragen,
ob ich laufen oder bieibea soll. Waldis /e&en£«opi6';
lagen i. f. gn. fünf tage stille und befragten sich um rittmei-
ster und landknechte. Schweinichen 1, 1S4 ; i. f. gn. kamen und
befragen sich, wie es im regiment und rentkammern stehet.
3, 221 ; ein junger mensch sich bei einem studioso theologiae
befragte, was er sprechen solle. Weise kl. leute 210 ;
bald, als er essen ^ah und roch,
befragt er sich, wie leb ich noch? Hagedor:« 3, 33;
dasz du zuvörderst dich nach dem sinne der ehern befragest.
GöTHE 40, 317.
BEFRAGUNG, f consultatio : eine befragung hatte statt;
peinliche befragung, torlur.
BEFRANSEN, BEFRANZEN, fimbriare. mit fransen schmücken :
ir habt doch jetzund feine glale behaftete und befransete
mutzen mit runden schösziin oder dreien zipfelen. Garg. 116* ;
wenn sie sich mit pferdeschwünzen befranzten. J. Pacl teuf,
pap. 1, 86.
BEFRASZT, eibis oppletus: ir seit wol besoffen und wol
befraszt. Garg. 10t'. ». befressen.
BEFREIEN, liberare, lösen, entbinden.
1) persönliches befreien, iÄev&eoovf drückte die alte spräche
durch frei lassen, frei geben, frei machen, goth. frijana briggan
aus, und auch heute noch ist fitr die manumission der kneclite
frei lassen, für die absolution der angeklagten frei sprechen her-
gebracht, so bestehet nun in der freiheit, damit uns Christus
befreiet hat {rfj ilev&tqiq r^ftäs Xqiozo^ r^hvS't'gcoasy) und
lasset euch nicht widerumb in das knechtische joch fangen.
Gal. 5, 1. befreien gilt auch vom lösen des zaubcTS: Rusa
und Zamora, durch die gewallige band des Zauberers ver-
wandelt sind sie befreit (erlöst), so wird des sultans tochter
auch entzaubert. Ki.incers th. 3, 143.
2) die bände, den rücken befreien; die worte, gedankcn,
den willen:
männer sollen luibrisch rlauben, weiber wollen bSpstisch'sein,
mäoner »olln den willen Itmdea, weiber wollen ihn befrein.
LotiAU 3, 6, 98.
3) gen. der sacht:
du giildne freiheit du, mein wünschen und begehren,
wie wol doch w.ire mir, im fall ich jeder zeit
mein selber mochte sein, und w.ire ganz befreit
der liebe, die noch nie sich wollen ton mir kehren.
Opitz port. 12;
ich war der wankelmui des glürkes ganz befreit. 2, 196;
es bat mich gott befreit der feinde scharen, ps. 37;
vom Wirbel an bis auf den fusz
ist nichts befreit der plage. 3, 15S;
hat darauf den cämmerling seiner gefangnis befreieu pers.
roseng. 1, 27 ; deiner fessel kanstu dich mit Vorsichtigkeit be-
freien, pers. baumg. 1, 33 ; möchte sie dieses schandmahls be-
freien. Lobenst. irm. 2, 993; sie wären aller frohnen befreiet.
1, 560; mich aller gefahr, darein ich anderwärts gerathen
möchte, befreien. Simpl. ty 643; wollte doch seinen Jüngern
söhne des heerzugs befreien. Schcppics 405 ;
um diese dame hier des zaubcrs zu befrein.
WiKLAno 17, 172.
4) heute zieht man die praep. vor, von, wenn entledigen,
vor, trenn sichern, schütsen gemeint ist: die bände von den
fesseln, den rücken von der last befreien ; ein sanfter tod
befreit ihn von allen schmerzen; du bleibest von so gefähr-
lichen ämptern befreiet, rosenih. 1, IS ; werde gleich einem
kinde, das eben aus mutterleibe kommet und von allen be-
gierden befreiet ist. pers. baumg. 6, 11; ein bettler, dessen
herz und gemüt von sorgen befreiet ist. das.; so sprach der
arme mann und befreiete sich also von demjenigen, was auf
seinem herzen lag. 4, 5; wer seine freunde vor feinde hält,
der wird seine seele vor gefahr nicht befreien können. 1, 33 ;
wollet ihr vor dem Stachel der misgunst befreiet sein. Schup-
pius 411;
vom eise befreit sind ström und bäche. Götbe 12, 52.
5) begab er sich an einen befreiten ort zu Daphne. 2 Macc.
3, 33; befreiter gerichtsstand.
6) befreien hiesz ehmals auch zu elvas emüchligen, privi-
legieren, kühn machen, die freiheit gewähren (s. befreiUeiten) :
zwar ofle werd ich seufzen müssen,
wenn ich crwege jene zeii,
da ich den schönen mund zu küssen
mit gutem fuge war befreit,
da ich des lebens süszes wesen
von ihren lippen durfte lesen. Fle>i:«g49$;
schmähen, schweren, leugnen, lügen,
liebekosen, schmeicheln, schmügen,
ist der scbild. der Schelmereien
Air der warheit soll befreien. Logau 1, 8, 26 ;
der Vorsitz ist den lausen für Döheii wol erlaubt,
die wie die flöh im busen nicht wuhnen, nur im haupt.
Schmarotzer, die bei hofe credenzen fürstlich gut,
sind für gemeinen beuchlern befreit zu gröszrem muL
1, 9, 79.
BEFREIEN, sich, uxorcm ducere, s. freien : das er nicht
ein weih von seinem geblüt nimpt, sondern befreiet sich mit
den beiden. Lcther 4, 209'; also das er gesagt, warumb ich
mich nicht wider befreihe? darauf ich ihme geantwort, das
ich fortbin schwach seie, solt ich dann ein junge nehmen?
Thurseisser nothgedr. ausschr. 3, 2 ;
wenn sich die göttcr auch befreien gleich als wir.
Flehi.ng 617 ;
er hat sich reich befreit. Rachel 8.
BEFREIER, m. liberator: Arminias, Deutschlands befreier;
du befreier von Pisa. Gebstenb. Ugol. 9.
BEFREIHEITEN, beneficium tribuere, privilegieren : auch so
bin ich widerumb befreiheit oder zum wenigsten befristet.
Lither 4. 536*.
BEFREIUNG, f liberalio, exemlio.
BEFREIUNGSGRUND, m.
BEFREIUNGSKAMPF, m.
BEFREIUNGSKRIEG, m.
BEFREIU.NGSTAG, m. die bisher getragene last war so
grosz, dasz ich den 16 mai als glücklichen befreiungslag an-
sah, an welchem ich mich in den wagen setzte, um nach
Böhmen zu fahren. Götbe 32, 55.
BEFREll NGSURKUNDE, f Wieuind 8, 329.
BEFREMDEN, mirum rideri. nnl. bevreemdcn.
1) diese sachc befremdet ; sein unzartes auftreten muste be-
fremden: die erkllirungen des Apollo befremdeten mich end-
hch und seine handlungen noch mehr. Wieland 2, 22.
2) gewöhnlich unpersönlich: es befremdet mich sehr, nimmt
mich fremd; hat mich im geringsten nicht befremdet; lasz
dich nicht befremden; mich befrembd, dasz du sainpt deim
gesellen in solcher armut so frölich lebest. Bqcc. H, Üb' ; denn
warlich, doctor Held sich etwas scharpf uf den tag zu Schmalkald
hörn lassen, das sich die fürsten befrembdt (verwundert). Lanz
Carl 5 s. 262; darinn sich niemandts soll befrembden, dasz nicht
recht zugange. Paracelsls 2, 190"; lasz dich nicht wunder
nehmen, was du gesehen hast, noch dich es befrembden. pers.
baumg. 1, 1; lasz dich nicht befrembden dessen, was der alte
mann vorgebracht hat. I, 6 ; wein {ßr wen) sollte hier nicht
der sonderbare gegensatz befremden. Lessing 7, 347; inson-
derheit ermahnte er mich, mein urthcil über alles zuräck zu
80*
1271
BEFREMDLICH — BEFREUNDEN
BEFREUNDIN— BEFRIEDEN
1272
Laken, mich durch nichts hefremden zu lassen. Wieland 2,
21; man wird sich nicht befremden dürfen. Kant 8, 359.
3) dieses liesz sich hemelter legat sehr befrembd fürkom-
men. MicRÄLiüs 5, 219 ; welchem befremdet fürkam. Lohenst.
Arm. 1, 85.
BEFREMDEN, n. zu meinem groszen befremden.
BEFREMDLICH, mirabilis:
dasz eine Fyllis sicli erkläret,
sie wolle niclit, dasz sie mit leiser stimtne schreit,
und wenn nichts helfen will, euch lächelnd dräut,
und sich so lang es hilft mit stumpfen nageln wehret,
ist nichts befremdliches. Wieland 9, 86;
ich denke nicht, dasz es befremdlich vorkommen werde. 28, 225.
BEFREMDLICHKEIT, f. wir (Deulschen) am wenigsten tre-
ten zurück vor den befremdlichkeiten, womit jene heroen an-
dern den zutritt erschweren. Wolfs mus. 1, ti.
BEFREMDUNG, f. ich merke noch eine befremdung des
Spence an, welche deutlich zeiget, wie wenig er über die
grenzen der poesie und mahlerei musz nachgedacht haben.
Lessi>(g 6, 441; zu seiner nicht geringen befremdung wollte
weder frosch noch nymfe zum Vorschein kommen. Wieland
11, 40.
BEFRESSEN, 1) adedere, arrodere: mause befressen den
käse ;
bücher, die keine zeit |befriszt. Fleming 24.
2) sich befressen, cibo se implere (wie besaufen, potu):
denn wer sein ampt wil recht bestellen,
musz nicht die gosch mit hier verquellen,
noch sich befressen alle satt,
wie jetzt wol die thun in der Stadt.
RiNcwALD plagium 2, 6 ;
wer viel zu lesen pflegt und weisz nicht nachzusinnen,
vergleichet sich mit dem der gar zu geizig iszt,
und dessen magen sich an speisen so befriszi,
dasz sie mehr schaden thun als sie ihn nähren können.
Opitz 1, 348.
vgl. befraszt.
BEFREUDEN, gaudio afficere, erfreuen: befridet und be-
freudet das herz. Pelr. 96';
wann er seine Schäfchen weidet
auf der grasbegrünten au,
wird er schon genug befieudet.
(]hr. Kmtiels sinnfrüchlc 1677 s. 24.
BEFREUEN, sich, erfreuen?: so hat der spirilus salis sein
zeug, in dem er sich befrewen mag {doch nicht befreien, auf-
lösen ?). Paracelsus 1, 291" ; froh blickt unser kranke auf und
sein haupthaar war das erste, mit dem er sich befreuen wollte.
Hippel lebcnsl. 3, 15 ; ich befreue mich sie so wol zu sehen.
BEFREUNDE, m. cognatus, propinquus, für befreundete,
befreunde: wegen des übrigen könnte mit der zeit schon ein
vergleich zwischen den bocbadlichen eigensinnigen befreunden
getroffen werden. Felsenb. 2, 147 ; nach Mülliausen zu einem
weitläuftigen befreunden reisete. 2, 222; ich aber gieng mit
einem alten befreunden auf dieser seile. 3, 150 ; wenn ein
chemann ein gut verkauft, das sein wäre, so haben darum
seines eheweibs befreunde den einstand nicht zu begehren.
Hohberg 3, 37*; die stimm des hinweckgehenden ist von den
befreunden eben mit diesen Worten vermerkt worden. Sciiup-
pius 770. s. befreundin.
BEFREUNDEN, conciliare, zum freunde machen.
1) einen dem andern: ich will dich ihm oder mit ihm be-
freunden; diese alle, reiche handclsstadt(iVümfcejv/) eilte, sich
den bcschützer der evangelischen zu befreunden. Beckers
weltg. 9, 92.
2) meistens sich befreunden, se eonjungere, ursprünglich
nuptiis: befreundet euch mit uns, gebt uns ewre töchler und
nemet ir unsere töchter. 1 Mos. 34, 9 ; und soll dich mit inen
nicht befreunden, ewr tfichter soltu nicht geben ircn süncn
und ire töchter soll ir nicht neinen ewren sönen. bMos.1,Z;
und Saloino befreundte sich mit Pharao dem könig in Egyp-
len, und nam Pharao töchter. l Icön. 3, l ; und Josaphat halte
prosze reichlhuip und ehre und befreundet sich mit Ahab.
2 chron. 18, 1 ; wir aber haben dein gebot lassen faren, das
wir lins mit den Völkern discr grewel befreundet haben. Esr.
9, H; und einer halle sich befreundet mit Saneballal. iVcÄ.
13,28; nach etlichen jaren aber werden sie sich mit einan-
der befreunden. Dan. II, 0 ; denn naciidcm er mit im be-
freundet ist, wird er listiglich gegen im handeln. 11,23; denn
Milca wird sich auch befreunden und eine inuller werden.
Luther 4, 7l'; man kan sich zu weil nicht befreunden. Agri-
COLA spr. 2 n* 316 ; mit der zeit lieszen sich auch die kindcr
gotles verfüren, befreundeten sich mit den gottlosen. Mathe-
sius 82"; verzeiht (es steht verzeucht) mir, wann ich diesel-
bige freiheit brauche, welche in der insel Atlantide mir pflegt
befreundt zu sein. Schüppius 767; ist es ein mann, wie Jean
Paul, so befreundet sich der leser sogleich. Göthe 6, 116;
doch wusle er mit meiner wolwollenden Zudringlichkeit, mit
meiner heftigen, durch keine lehre zu beschwichtigenden lern-
begierde sich so wenig als andere zu befreunden. 45, 286;
im wettflug schwang ein befreundender reigen dir bis an den
felsen sich zu. Stolberg 15, 20 ; Liane, die gern die befreun-
dete stimme hörte. J. Paul Tit. 2, 42. ein befreundler hiesz
ein befreundeter, mit schwacher ßexion der befreunde (s. oben) ;
sein befreundler. Felsenb. 1, lt3; ein befreundler. 3,139; die
befreundeten mächte, ein befreundetes haus.
BEFREUNDIN, f propinqua : eines tages, da ich von einer
befreundin in ihren garten eingeladen war. Felsenb. 3, 149;
meine befreundin den van Steen an der band zu mir geführt
brachte. 3, 150 ; indem wir nun meine befreundin von ferne
auf uns zukommen sahn. 3, 151 ; mit einer ihrer befreundin-
nen auf ein landgut gereiset. 3, 199 ; dasz ich eine von ihren
befreundinnen aus Deutschland sei. Irrgarten 582 ; eure ge-
mahlin ist meine weilläuflige befreundtin. 585; die armuth
war seine nächste befreundin und folgte ihme, als ein selbst-
berufener gast, auf dem fusz nach. Simpl. l, 382; Lorchen,
ihre weilläuflige befreundinn. Gellert 3, 134. heute veraltet.
BEFREUNDUNG, f hierüber schweigt man denn wie bil-
lig, und fühlt sich beglückt, mit dir in befreundung zu ste-
hen. Bettine br. 2, 87.
BEFRIEDEN, protegere, tueri, pacare, ahd. fridön, ags. fri-
dian, mhd. bevriden, wurde zumal auf das hegen und schir-
men des landes und feldes gegen feinde und Schädiger ange-
wandt :
ob min lant mit mir bevridet waere. Iw. 1905;
sit ich an einen vrumen man
min lant nicht bevriden kan. 1910;
60 heiszl es in einer niederd. Urkunde von 1255 : de velde mit
lanlwere bevreden. Lisch 17, 97 ; in diesem sinne steht 2 Macc.
1, 34 da versuchts der könig auch und liesz den ort aus-
sondern und befrieden; ich lerne auch, dasz gott durch
solche gebot mir mein gut befriedet und verheget. Luther 6,
313*; friedhof ist ein gehegter ort, ein asyl und einfriedigen
einhegen, einzäunen, mehr unter friede und frieden, aus der
sinnlichen Vorstellung entfaltete sich leicht die abgezogene des
Schützens, schirmens, beruhigens, befriedigens, wofür hier be-
lege folgen {vgl. mhd. bevriden Bari. 324, 21. pass. K. 69, 22.
205, 28. 332, 46. 385, 90. 389, 93. 682, 32). .
davon das herz getröstet wird und befriedet. Luther 1,63';
es ist nicht gnug sagt, das concilium habs gelban, man musz
grund anzeigen, die Widersacher zu schweigen, und uns selbst
zu befrieden. 1, 344'; da sie wollen mit iren klügsten an-
schlegen und reihen ire königreiche befrieden und erhallen.
1,444*; mein gewissen zu befrieden. 3, 415; darnach unter
dem keiser Constanlius wafd die kirche befriedet und das
evangelium on Verfolgung gepredigt. 6,478';
das schwer! ist mit solcher kiinst geschmitt,
das sich ein man da mit benilt
vor hundert mannen, wenn ers auszeuht. fastn. sp. 763, 21 ;
in dem, dasz wir in hond geklagt
die Sünden, die uns hond genagt,
und drunib gklagt, das unser gwissen
befridet würd. Uran is Freidan* 5;
Hestcr das jüdisch volk bcnied. H. Sachs I, 362';
di» bürg war nach der Römer art
gewölbt, vor fcwer zu befrieden. I, 399*;
die weil wir nun befridet sinn. III. 2, 158*;
auch unser gschrci und sehnlich bit
erhört, und uns gncdig befridt
vor vil Unglücks und hrcchlichkeit. V, 24';
wo ir jelzund nhgicngt mit lod,
darvor euch wöll bcfiiden gott. V, 229*;
dem leibe, der mich getragen, zu eren sollen die Römer von
mir erledigt und befridet sein. Arnn. von Evbe lo'; ob ir k.
maj. nicht befridcn oder fridliclien anstand annenien. Ciuiels
Maximil. s. 212; es musz ihn doch nicht sättigen, befriden.
AcHicüLA spr. 148*; die sach zwischen uns sei in guttem uf-
gehapt und mit gebot befridet und zu enllichem rechtspruch
gegen ainander vertragen. Reuchlin verst. 13'; dadurch gott
die gekreuzigten müseligen Christen befridet. Frank cfnon. 1 ;
Ecius schicket botscliafl zu dem künig Theoderico, sich mit
einander zu befriden. 156*; zuletzt zobe er aus Rom, liesz
J273
BEFRIEDEN— BEFRIEREN
BEFRISTEN — BEFÜHLEN
1274
Welschland befridet und wendet den spisz wider die Win-
den. 178'; der bapst sagt im davon, dasz er sich also übt
und beinüt zu befriden die kirchen. chron. Germ. 245'; da-
mit die kirche einmal befriedet und alle Völker einerlei glau-
bens sein möchten. Kircbhof tcendunm. 377'; Christus ist
erschienen uns mit gott zu befrieden. Reiszner /er. 1, 5";
Alexander der grosz hat alles Griechenland befriedet. 2, 46' ;
Julius Cesar hat alle land befriedet. 2, 76' ;
so hat uns auch der herren augustiner,
der karmeliien irost, die gunst der kapuziner,
der EnglischeD gespräch und der Franzosen sehen
(Batavien war feindj befriedet oft das herz. Fleming 209;
plötzlich mildert sich die glut,
wie du uns befriedest. GöTaB41,339;
beschlossen wir, mit unserm Stiefsohn Ernst,
der nach des reiches sprach gefaDgen lag,
uns wieder zu betrieden. ihn durchaus
in würden und in ehren herzustellen. Uhla;*ds Ernst 30 ;
0 komm genius, befriede dich mit mir. Betti^e tageb. 143.
BEFRIEDER, m. pacificator: befrider, schidman. Maaler53';
er (Johann von Böhmen) schreib sich selbs ein befrieder Italic.
Stumpf 1, 756.
BEFRIEDERIN, f. conäliatrix, die uf friden stellt. Maaler 53'.
BEFRlEDIGEiN, satisfacere, placare, nnl. bevredigen.
1) sepire, einhegen, einfriedigen, im sinn von befrieden : den
wald, garten, die ßur, das feld befriedigen;
Ton der stachlichten hecke befriedigt. Voss 3, 217;
alle zugleich nun
sammelten dorngesu^ucb, dasz befriediget würde ein frucbtbain.
Od. 24, 224.
2) das land befriedigen, euern rath, eure meinung wünscht
der künig, wie diese Staaten wieder zu befriedigen. Göthe 8, 257;
den hunger oder durst befriedigen, stillen; seine lüste, triebe,
begierden, wünsche befriedigen ; er konnte seinen geiz nicht
befriedigen ; die darstellung dieses Stücks befriedigte allge-
mein, stellte zufrieden, befriedigende antwort, zusage.
3) seinen gläubiger befriedigen, bezahlen; zudem sei auch
billich, dasz er mich umb den schreiberlohn befriedige. Simpl.
2, 41. er ist schwer zu befriedigen.
4) sich befriedigen, begnügen: Algerthe, so dennoch zu
zweien malen mutter worden, muste sich mit einem scheide-
briefe befridigen. Hofmax.nswaldaü heldenbr. 15; er befriedigte
sich nicht allein damit, auf dem theater Ober die masze zu
wüten. J. E. Schlegel 3, 150.
5) befriedigt sein : von der geruhsamkeit und herlichkeit
eines befriedigten gemütes. pers. rosenth. 3 ; so dasz ich nach
dem erklärten frieden hoffen kann, sie auch auf einem be-
friedigten, obgleich sehr zerrütteten boden wieder zu sehen.
Göthe 43, 8 ;
nichts trennt uns mehr, das Schicksal ist befriedigt.
ScBrLLER.
BEFRIEDIGUNG, f. 1) sepimentum, munitio : auf dem kirch-
hofe, von dessen ehemaliger frommen befriedigung keine spur
mehr zu sehen ist. Göthe 39, 268 ; planken und hecken,
welche auf befriedigung verschiedener besitzthümer deuten.
40, 374.
2) satisfactio : die einzige der vielen befriedigungen der
mächtigen und reichen, der sie nicht auf kosten der kleinen
genüge leisten. Kli.<(ger 11, 157; o käme dies schif zu meiner be-
friedigung. Tieci 11, 300 ; er sprach seine volle befriedigung aus ;
aber ach! schon fühl ich, bei dem besten willen,
befriedigung nicht mehr aus dem busen qiilllen.
Göiflc 12, 65.
BEFRIEDIGUNGSMITTEL, n.
BEFRIEDUNG, f pacatio: auf »ölichs sind etliche taglei-
stungen in Ungarn gebalten worden, von befriedung des rcichs
Ungarn. Stumpf 1, 15" ; nach der befriedung und aufrichtung
des römischea reichs hat Vespasianus fürgenommen, den tem-
pel des friedes zu hauwen. Reiszner Jer. 2, 156' ; nach befrie-
dung. Melissus ps. Fe*.
BEFRIEREN, frigore covßci, ahd. pifriosan, mhd. bevriesen,
nnl. bevriezen. die chlinga sint wnnleres pefroren. .N. ps. 125, 4 ;
da lag ein schlang gar ungestalt
im Schnee und eis befroren hart. Waldis 1,7;
sein haar ist im (dem I6wen) bereif), es hangen an den obren
die zapfen von crrslall, die klauen sind befrohren. Opitz 1,3;
deren (meerbuten) es daselbst mehr gibt und wegen umgrif
de» landes gleich als stehende seen leicht haben befrieren
können, pcrs. reiteb. Z, i ; wasser, welches wegen kalte so
dick als ein stein befroren war. baumg. 3, 21 ;
blieb sie fest im eise befroren. Göthe 40, 193
(ök dat S8 berrds in deme ise. Reinke 5718) ;
da sie im eise befror. 40, 194
(do se alsus bevroren stöl. Reinke 5730) ;
nnl. bet waler is bevroren.
BEFRISTEN, di/ferre, prorogare, frist geben, ertheilen : auch
so bin ich wiederumb befreiheit oder zum wenigsten befri-
stet. Luther 4, 536'; damit ich also befristet war. Schweisi-
cHEx 1, 318; ich bitte mich mit einer dilation zu befristen.
Hippel br. 13, 28.
BEFRISTUNG, f er nahm eines tages befristung. Lohenst.
Arm. 2, 601. 983 ; sie erbat sich drei tage befristung. Hippel 8, 31.
BEFROHNEN, 1) mit frohnen belegen: die unterihanen be-
frohnen.
2) mit arresl bestricken, guter befrohnen. Sheler 571 schreibt
heiröütn.
BEFRÖSTEN, glaeie obducere, mit frost belegen:
ein kaltes eis
befröstet adem, herz und lungen. GarPHius 2, 10.
BEFRUCHTEN, foecundare, fruchtbar machen: das ei, die
blute befruchten; warmer regen befruchtet das land; feigen
künstlich befruchten ; befruchte, schwangere frau. Hemsch 241 ;
jene befruchtet gebar den Pelias samt dem Nelcus
Voss Od. 11,254;
und befruchtet gebar ihm zwillingssöhne die nvmfe
«.6,26;
beklagt des grüblers trocknen tleisz,
der in der alten besten werken
nur eine lesart zu bemerken,
nur Wörter auszusichten weisz.
ihr geist, geschmack und Unterricht
befruchtet seine seele nicht. Uagedor.<i 1, 93.
den geist mit neuen ideen befruchten.
BEFBUCHTHUT, m. den gallenschwamm stellt die blume
blosz durch den befruchthut vor. J. Paul herbslblum. 3, 5.
BEFRÜCHTIGEN, was befruchten: die Ungeduld von des
teufeis samen geschwängert, von der bosbeit befrüchtiget.
Hedio, Tertullian 12.
BEFRUCHTUNG, f. foecundaiio, fructificatio : künstliche be-
fruchtung, caprificatio ; geheime befruchtung, cryptogamia.
BEFRUCHTUNGSBODEN, m. receptaculum.
BEFRUCHTUNGSTHEIL, m.
BEFRUCHTUNGSWERKZEUG, n.
BEFUG, m. jus, potestas: nach befug der berürten Ord-
nung, beschl. des reichsreg. von 1501 §. 1; so gar wenig fehlet,
dasz man eine schlimme sache nicht mit einem ansehnlichen
mäntelchen des rechtmäszigen befugs bedecken kan. in einer
schriß von 1675. man sehe das einfache fug.
BEFUGEN, BEFÜGEN, copiam, potestalem alieujus rei dare,
ermächtigen, nnl. bevoegen. fast nur im part. praet. übrig,
doch sagt man : ich befuge dich dazu ; wer, was befugte dich
dazu?; dasz er umb des gemeinen friedens willen von sei-
nen befugten rechten obgetretten. Laoterhecks Verdeutschung
der melanchth. declam. von keiser Friedlich. Ff. 1563 f 12;
und dis ist die ursach, warum der ehr cardinal Polus und
die drei Statthalter des papstes sehr befugter weis geschri-
ben haben, bienenk 42*; durch wen und wie er sich zu di-
sem blützlicben Überfall befugt, verreizt oder verursacht sein
vermeine und halte. Garg. 210'; werden, als ob sie es wol
befugt weren, recht zornig, ehz. 15; damit vrir den frommen,
bei dem er befugt ist, schützen. Ayrer proc 1, 16 ; ein be-
fugter meister, der sein handtcerk rechtmäszig ausübt;
gebt ihm befugten platz ! FLEMi.-<e 66S ;
nur frost und falscbbeit nicht, den gnind befugter klagen.
Hageoork ;
die einzige belohnung, welche er sich befugt halte fOr seine
dienste zu verlangen. Wieland 3,40;
bin ich, nach eurer siuenlehre,
nicht auch befugt, dasz ich beweis begehre? 9, 87;
sie sind gar nicht befugt mir das zu sagen; befugter weise.
BEFUGNIS, f. potestas: die freiheit, die durch keinen ent-
gegengesetzten imperativ eingeschränkt ist, beiszt die befug-
nis, facultas nioralis. KA^T 5, 22 ; die Zustimmung der land-
stände zu provincialgesetzen ist eine wesentlich ihnen beizu-
legende befugnis. denkschr. des fr. vom Stein 43. Göthe braucht
das Wort neutral: mein befugnis mitzureden. 38, 99. ebenso
ScHELLiNC wellseele torr. xiii. das befugnis. pl. die stände
überschreiten ihre befugnisse.
BEFÜHLEN, contredare, palpare, tentare, betasten, greifen,
ahd. pifuülün iGraft 3, 477), nnl. bevoelen: der arzt befählt
den puls, die magd befühlt die bühner; befühlen sie mich,
1275
BEFUND — BEFÜRCHTEN
BEFÜRCHTUNG — BEGABEN
1276
visitieren sie mich. Lessing 1, 330; der henker befühlte die
schärfe des Schwerts. Klinger 3, 190 ;
und ich sah die Wöchnerin froh die verschiedene leinwand,
aber besonders den weichen flaneil des Schlafrocks befühlen.
GöTHE 40, 246 ;
alles mit äugen befühlen. J. Paul Kalzenb. 3, 49.
BEFUND, m. exploralus Status, ein visum repertum, der
ärztliche oder richterliche befund; nach befund der sache,
nach ermessen, befinden; unsere strafen bestehen vorerst in
absonderung von der bürgerlichen gesellschaft, gelinder, ent-
schiedener, kürzer und länger nach befund. Göthe 23, 153 ;
den befund einholen lassen.
BEFUNDBERICHT, n».
BEFUNDSCHEIN, m. sie hätte sonst nicht an den befund-
schein geglaubt. Hippel 9, 314.
BEFUNDZETTEL, m. empfindungen, die nicht in den ac-
ten oder in einem ärztlichen befundzettel können beschrieben
werden. J. Paul Hesp. 2, 190 ; es hat sich nach dem neuesten
befundzettel, sagte Heinrich, ausbefunden, er ist selig einge-
schlafen. Siehenk. 4, 93.
BEFURCHEN, sulco signare: der landmann befurcht den
acker; die sorge befurcht seine wangen; das schif befurcht
das meer;
der schwan befurcht mit stolzem hals den see. PtATEN73;
ein see befurcht mit leichten silberwellen. Pfeffel 6, 32.
BEFÜRCHTEN, timere, pertimescere.
1) unsere alte spräche pflegt die verba des fürchtens, zur
erhöhung des begrifs der Innerlichkeit, reflexiv zu setzen, d. h.
ihnen den dat. {nicht acc.) des persönlichen pronomens beizu-
ßgen. es hciszt also goth. 6gan sis, faurhtjan sis timere, ög
mis limeo; ahd. ih forhtu mir, mhd. ich vürhte mir {gramm.
4, 29. 33. 35). da aber ahd. und mhd. für die drille person
der unterschied zwischen dat. und acc. außört, vielmehr der
acc. sich zugleich für den verlornen dal. sir gilt; so muste
auch im nhd. sich fürchten der dativ ungefühlt werden, und
man begreift, wie nicht nur sich fürchten, er fürchtet sich,
sie fürchten sich gesagt wurde, sondern auch ich fürchte mich,
du fürchtest dich statt ich fürchte mir, du fürchtest dir. man
erwäge vereri, (poßsXad'ai. Wie sich fürchten construiert nun
auch sich befürchten und sich befahren.
denn man sich befürchten musz. Luthers br. 5, "08 ; wir
sollen nicht denken, dasz diese letzte fehrliche zeit weniger
gefahr sich zu befürchten habe. Melanchth. im corp. doctr.
ehr. 974 ; er beforcht sich ergers. Aimon 0 4; so musz ich
mich befürchten, ich möchte ertichtete Sachen herausgeben.
MicRÄMüs I, 48 ; da sie sich befürchteten, der kaiser möchte
sich mit dem könige von Dennemark verbinden. 2, 262 ; da-
rumb befürchte ich mich, dasz nicht etwa mir selbst lebcns-
gefahr zuwachsen möchte, pers. rosenth. 1, 10; dann ich be-
fürchte mich, dasz ein starker feind mich überfallen wird.
1, 12 ; ich befürchte mich, dasz sie dann Ursache nehmen
möchten, mich etwas zu fragen. 4, 3 ; als nun der dieb sich
seines lebens befürchtete, baumg, 4, 17; weil er sich des an-
dern befürchtet. Lokman fab. 26 ; denn ich bin ein so freund-
lich schelmchen und befürchte mich, sie möchten einander
wel gar umbringen. Schoch stud. H 2 ; vor einem vielschreien-
den bahn hastu dich nicht zu befürchten, der wird dir kein
leid thun. Schdppiüs 292 ; der neidhart hasset und verachtet
jedermann, die geringen, weil sie nicht seines gleichen sind,
die höhern, weil er sich befürchtet, sie möchten ihn de-
mütigen. Harsdöbfer gespr. sp. n' 288; hätten wir uns des
übelsten zu befürchten genügsame ursach gehabt. Felsenb.
1, 90 ; der pabst befurchte sich, dasz auch die churfürsten
wieder ihn aufstehen möchten. Hahn 5, 2S7 ; niemand hat sich
zu befürchten, dasz ich. Bünau 1,6; was befürchtet er sich
denn von uns? Lessing 3, 38; welcher sich ganz und gar kei-
nes Unglücks befürchtet. 7, 353.
Die beispiele zeigen, dasz wie bei sich befahren und besor-
gen die Sache im gen. steht, aß aber auch ein abhängiger satz
folgt; dasz nicht für dasz ist dem lat. vereri ne nachgealtmt.
Allmälich erlosch der gebrauch dieses sich befürchten {obschon
das einfache sich fürchten fortdauert), und man selxl
2) blosies befürchten, ohne sich, und zwar mit dem acc.
der sache, oder folgendem Aasz : man bcfürclitct den ausbruch
eines kriegs; ich befürchte strenge kälte diesen wii;ter; es
wird kalt werden, befürchte ich ; das haben wir alle befürch-
tet; es ist nur zu befürchten, dasz das geld nicht ausreicht ;
das schlimmste steht zu befürcbtca; befürchte nichts.
BEFÜRCHTUNG, f es waren leere befürchtungen ; mit reu
und befürchtung und demut. Klopstocs Mess. 16, 477.
BEFÜRDERN schrieben einige für befördern :
dasz sein heil befürdert würd. Weckherlin 216;
zu fürsten befördert er sie. 258;
seine verwandten hat er nicht gern zu beneficien befürdert
Zinrgr. 2, 8.
BEFÜRZEN, crepilibus opplere: aus mit solchem schleck
(hett schier anders gesagt), wann er schon befürat ist, es
solt einer den magen nicht mit bescheiszen. Garg. 42'; item
von allerlei geräuciitem, gedörrtem, eingesalzenem und grü-
nem fleisch, auch vil thunnen voll waidelendens, hundsbe-
fürzlens wildschweincns. 53'; item elenzucker, meszschürzer,
da uns das messen theurer als bei den pfaffen ankommet,
also heiszts aus dem befürzen kommen ins bescheiszen. 190'.
BEFZE, f. labium: wer wol bemault ist, und ein gut pan-
toffelgosch hat, der beiszt ein gröszer und breiter stück ab.
was sollen dünne lefzen, obschon ihre küs besser angeben,
so seinds doch böse befzen. Garg. 250'. Stalder 1, 151 hat
befze lippe und Sch.h. 1, 156 beffel, bififel, gedrückte, hervor-
stehende lippe. s. auch befchen.
BEFZEN, atrare, frequenlativ von baffen. Serranüs C 3*. He-
NiscH 241. Stieler 80; den dieb anbefzen, allatrare furem.
ScHM. 1, 156 beffen, belTeln, beffern, befzgen, bellen wie ein
fuchs, ein hündchen, wiederbellen, keifen.
BEGABELN, furca excipere, aggredi, schwächer als aufga-
beln, mit der gabel anstechen: mitten in der raschen arbeit,
eine junge hühnerbrust zu begabein. Kl. Schmidt.
BEGABELN, fascinare, ein merkwürdiges, seltnes wort:
mit küssen nectargleich begabein. Weckherlin 769.
die angegebne bedeutung auszer zweifei, da Stalder 1, 409 ga-
beln gaukeln, gabiig gaukelhafl anführt; er fügt hinzu, dasz
es auch possenhafte bewegung, hin und her laufen ausdrücke,
so wie bei Tobler 209' gabia sich viel bewegen, pfuschen, gab-
ier einen pfuscher, Springinsfeld bedeutet, gabiig flatlerhaß, be-
weglich, ob nun dies begabein mit dem vorausgehenden tind mit
gabel furca (=fusca) fuscina gemeinschaß hat, wäre die frage,
zu gaukel und zauber kann gabel und tridens wol gedient haben,
und wie wenn fascinum, das man durch ßaaxaivco nicht ge-
nügend aufhellt, sich mit fuscina gleichfalls berührte?
BEGABEN, donare, beschenken, nnl. begaven :
der künig, der hat im für^enumen,
der wil ein grosze hochzeit haben
und wil all sein fremd gest begaben
mit kosperr reicher reverenz. fastn. sp. 761, 14 ;
ich hab sie auch wollen begaben. H. Sachs III. 3, 21';
wöl wir auch mit einer reis begaben. III. 3, 47';
die begaben sie dan mit gelt und cleinaten. Albr. v. Etbe 16';
hatte bei sich zehen pfund silbers, damit in der könig be-
gäbet hatte. Tob. 1, 16 ; sie wird in mit ewigem nainen bega-
ben. Sir. 15, 6; so wirst du und deine söhne einen gnädi-
gen könig haben und begäbet werden mit gold und silber
und groszen gaben. 1 Macc. 2, 18; were dann sach, dasz du
dich auf solche kurzweil zu rüsten willen bettest, ich dich
reichlich darzu begaben soll. Galmy 107 ; man wolt da einen
jeden nach seinem verdienst begaben. 150 ; will ich dich
mit einem erlichen ampt begaben. 154 ; dieweil sie {Pasi-
phae) mit einem reichen künig ehelich begabt wäre. Fischart
ehz. 10;
lag dazu begäbet {besudelt) im bett,
als wenn ich leim getreuen hett. froschmcuseler i,6;
hett ich was böses in den sinnen
und unter meiner brüst gehabt,
der herre bette mein beginnen
und biuen nicht so hoch begabt. Opitz p«. 122;
der wundsch ist ungewünscht und unbegabt die gaben,
darbei kein eifer ist. 2, 53;
ein ballen fleugt ungeschlagen nimmer, ob er gleich voll wind,
manche sind zu faul zu ehren, ob sie gleich begäbet »ind.
LocAuJ, 8, 9;
hat der könig den bauten mit einem schönen kleide und an-
dern geschenken begäbet, perj. rosenth. 3, 1 ; wäre er mit
einer schale voll wein begäbet worden. 3, 27 ; mit schlechten
Sitten begäbet. 6, 2; welche bäume gott mit so schönen
fruchten begäbet. 8, 151 ; Mclissus begal)te Taubmannuin mit
einem kränz. Brandts bericht. 22; Adam und Eva, als sie
noch im stand der Unschuld und mit dem ebenbild goltes
begabt waren. Scmuppius 87 ; wie manchen pricsler hastu be-
gabt? wie mancher witbe unter die arme gegriffen? 173; dar-
gegen liesz sie die armen niemals unbegabt von sich gehen.
1277
BEGABEN — BEGÄ>'GISCH
BEGÄNGNIS — BEGAUKELN
1278
ehe eines mannes 279 ; ein begabter köpf; hoch begabter mann;
der begabteste unter den brüdem;
meio berz stell! sieb hier selber eia,
mit diesem «rill ich euch begaben. (lii<iTz206;
wenn micb ihr purpurmund begabt,
acb welcb eia wolgeausz ! BiJacERlS*; .
die muiier mit dem Jesusknabea,
den die drei könige begaben. Schillek66;
die dienerschafl
Tom böcbstea bis zum niedrigsten berab
kebrt reich begabt von seiner herberg wieder. Tieck 3, 2S"2 ;
er übersetzte die wukische gram'matik und begabte sie mit einer
vorrede. GOthe 46, 321 ; die vögel, die begabt (befähigt) sind, an
dem gewölke des himmels zu fliegen. Kliägeb 7, 112 ; sie kam
ihm als eine feenkünigin vor, die sich über seine wiege lä-
chelnd und begabend herein gebückt. J. Paul TU. 4, 136;
er hat sich begäbet (icie betrunken, wie man auch sagt be-
schenkt, tgl. vorhin die stelle aus frosehm. 1, 6). Licbte.nbebg
3, 76. sich begaben, ironisch, übel zurichten.
BEG.VBER, m. donator, largitor:
erböre die gerecbtigkeit.
0 der gereehtigkeit begaber. Weckhbbli^i M.
BEGABERLN, f. domlrix:
du bist der witz begaberin. 763.
BEGABMS, f. dotatio, begabung, gäbe, latent : wie wol wür-
den die fürsten bedient sein, wann sie ihren abgeschickten
ebenso leicht die erforderlichen begabnussen, als den glänz
und das ansehen ertheilen konnten. Widmass an Geliert 5, 402 ;
ein kavalier von so vorzüglichen eigenschaften und begab-
nissen. Götter 3, 273.
BEGABTHEIT, f. ausstattung: eine grosze und schöne na-
tur in dem überflusz ihrer begabtheit. Bettise tr. 2, 201; gibt
es einen solchen überflusz an begabtheiten. Dabl]ia>.n fr.
m. 301.
BEGABLTsG, donatio, largilio, munus: dankt wegen der
reichen begabung. Wiciiua rollw. 64 ;
die götter eifern in die weite,
wer zur begabung der natur
am meisten beizutragen batte. Wiela.<«d.
aber auch gleichnel mit begabtheiL ein mensch von groszer
begabung.
BEGACHO, festinare, beeilen, ahd. gigahon:
man musz die leut nit so begacben.
Taua-tEissER archidoxa 15.
BEGÄFFELN, atriose, stupide inlueri, angäfTeln, Verkleine-
rung des folgenden begaffen:
thäten mit äu^leins sich begälTeln,
einander in die obren raffeln. Göthe 13, 62.
BEGAFFEN, cum slupore intueri, angaffen, nnl. begapen,
mit ofnem, ga/fendem maul anschauen: die zogen auf alle
kirchweihen, messen und markte, nicht dasz sie kauften, son-
dern alles wie es zugieng begaften, waren gafleut für kauf-
leut. Garg. 5; da lief die ganze weit izu, ihn mit groszer
wunderung zu begaffen. Uä'.
BEGAFFUNG, f. oliosa spectatio.
BEGAHN, im 16 jh. noch zuweilen ßr begehen, mhd. be-
gän und hegen.
BEGAHNE.N, oseüanler audire, spectare, angähnen:
er ward, wie mancher demagoge, '
zuerst beklatscht, zuleut begähnt. PrErriL 4, 1S6.
BEGANGEN, pari, praet. von begehen, tu dessen verschied-
ii«n bedeutungen.
BEGANGENSCHAFT,/', modus se gerendi, art md weise sick
zu begehe», Ubensarl, unterhalt, kundschaß, gewerb, conditio : die
begangenscbaft der statt Fuld stehet auf wullen und leinen und
die einwohner füren solche wahr zu verkaufen. Minster cosmogr.
s. 1143; woian lieber herr, es sind mancherhand begangen-
schaften aof erdrich, es musz sich mancher auch wunder-
barlich emeren. Füey garteng. cap. 32 ; sie machten auch Ver-
ordnungen wider die begangenscbaft s^Wcher frauen, welche
sich gern bei grosien opfern einfanden, um vorübergehende
Jünglinge lieblich zu gniszen. Joh. .MClle« Schweizerg. 2, 304
(361); da er ihnen die begangenscbaft erzählte. Zixkcr. 13, IS.
Maalcr 53' hol begangenscbaft, gewerb, weg wid weis :u ge-
winnen, quaestus, und so noch heute in der Sdiweii, bei Hä-
HiscH und SriEiER fehlt es schon. vgL begehen.
BEGÄNGISCII, facinornsus, reu\, der etwas begeht oder be-
gangen h4U: deinem blutscband begeogisciMm efaebrecher.
laoRNiissu nolgedr. ausschr. 3, 102.
BEGÄNGNIS, /■. und n. was feierlich begangen wird, fest,
feier, namentlich hochzeil, leiche, seelmesse, procession : heu-
len und schreien vor iren gOlzen, wie man pfleget in der
todten begengnissen. Bar. 6, 31 ; warumb bleiben die begengnis
und jarzeit der verstorbenen stehen? Lctber 1, U'; die seel-
messen und jerlicbe begengnisse sind kein nütz. 3, 512; da
die pfaffen auf den begengnissen und kirchweihnng oder
patronfesten so leichtfertig mit dem sacrament handelten.
5, 2S5*; da hat man mit seelmessen, vigilien, dem siebenden,
dem dreiszigsten und jerlichen begengnissen, zuletzt mit der
gemeindwochen und allerseelentag und seelbad ins fegfewer
gebandelt. 6,512'; demnach haben wir seelmessen. begengnis
und alles andere gaukelwerk für die todten getrieben abge-
than. 8,372';
mit was geprenk und überflusz
die keiserlicben begenknusz
haidoischer weis wurden volend. H. Sachs 1, 200*;
und auf den tag meiner begengknusz
lasz richten sie^bei meinem grab. IH. 1, 179*;
die begängnis der verstorbenen ward herlich gehalten. Rtoel
Lic. 565 ; nach der hegengnus. Plut. 30 ; dasz man den jar-
begängnussen und dem anderen plunder des besser zu steur
komme, bienenk. 103'; von ihren ausfabrten und begSngnus-
sen. 240'; und soll euch solche flaschenbegengaus nicht
frembd sein, dann vor zeilen hat man gepflegt die abgestor-
bene beiden in steinene vässer einzuschlagen. Garg. 32*; da
halt man ordenlich etlich tag dem s. Schweinhardo griben-
fressige, maulschmntzige begängnus mit lederkrachen, fett-
schwimmenden wein, friszt wie ein klosterkatz zu beiden
backen. 48'; die kjeidung gehört in ihrer maj. schätz und
wird nur bei solchen begängnissen herausgegeben und wie-
der eingeliefert, pers. reiseb. 1, 7; liesz ihn der gesandte mit
einer slatlichen begängnis und procession zur erden bestat-
ten. 4, 42 ; warum hilft er die begängnisse der abgestorbenen
mit mehrem wein als Weihwasser begehen? Simpl. 2, 331;
sonst sollt ihr gar mit der begängnis nichts
zu schaffen haben. A. W. Schlegel im M. (ktet. 3, L
vgl. begehen 3. 4.
BEGANN, praet. ron beginnen.
BEGASTEN, convivio recipere, bewirten. Stielek 614: in
welchem (hause) sie von einer ihrer guten frenndinnen be-
gastel wurden, gespensl 16S ; der graf, welchen sie künftigen
abend zu begasten hätte, mautaffe S5.
BEGÄSTIGEN, dasselbe: die unterschiedliche mal ihn an
solchem ort hegüstigten. Micbälics a. P. 3,573; insonderheit
begästigte landgraf Moritz in Hessen in diesem jähre herzog
Bogislaffen in Stetin. 4, 146.
BEGATEN, BEGÄTEN, sarrire, runcare, reuten: acker be-
gaten, bäume pflanzen, wein beschneiden, das ist nur ein
lust. Lacre5bebg acerra 2S4; dasz sie nicht lange an einem
orte sich gebalten, noch denselben zum kome gepflüget oder
begatet haben. Micräliis l, 11; welchen die fürsten wüste
feldmarken eingelhan, das sie solche mit sächsischen bawren
begateten. 3, 30S ; ihre pflanzen versetzen, begfiten, beblatten.
Lessi!<c 10, 276. s. beJäten, vgl. ausgüten, aasreuten.
BEG.ATTEN, jüngere par pari,
1) transitiv, vermählen, verheiraten : glaubt ihr etwa, gott
werde sogleich vier männer und fünf weiber vom himmel
herab fallen lassen, um unsere kinder mit selbigen zu be-
gatten? Felsenb. 1, 2S7; demnach waren alle die meinigen
wol begattet und beratben. l, 417 ; wolf und hündin begatten.
ahd. des der argo furhtet, da; pegalüt in, veniet super eum
(das erreicht ihn). .N. ps. 62, 10.
2) gewöhnlich sich begatten, jungi, coire, von menschen
und thieren: die tauben wollen sich nicht begatten; un-
gleiche thiere begatten sich nicht untereinander, figürlich,
ist es denn zuviel gesagt, dasz zu jeder zeit sich immer ein
local finden wird, wo das problematisch wahre, vor dem wir
in der tbeorie allein respect haben, sich in der ausübung mit
der lüge auf das allerbequemste begalten kann. GOnie 31, 232.
BEGATTUNG, f coitus.
BEGATTU.NGSTRIEB , m. naturale desiderium: den begat-
tung^trieb haben, (üblen, reizen.
IIEG.KTTUNGSZEIT, f
BEGAUKELN, fascinare, nnl. begoochelen, mhd. begoukelo
pass^ K. 6S6, 37. myst. 43, 19.
ich mein, die feind wölleo uns frei
begaukeln mit ir Zauberei. II. Sachs III. 1, 26;
mich bat begaukeli wol der teufel. IV. 3, 20* ;
1279
BEGAUZEN — BEGEBEN
BEGEBEN
1280
in Lotharingen nennet man es engigner, das ist durch eine
geschwinde kunst betriegen, wir Teutschen aber sagen, wenn
solches geschieht, wir seien begaukelt worden, daemonolalrie
übers, von Privatüs s. 454: es ist gar als wenn sie ihn be-
gaukelt hätte. Weise comöd. 121. vgl. begucken.
BEGAUZEN, inspicere, für begutzen, begucken (s. angutzen) :
ihre abgeschmutzte wasch und hemder begauzen und durch-
sehen, mägdelob 29.
BEGEBEN, tradere, dimiltere, deserere, hingeben, aufgeben,
ahd. pikepan, bigeban (Graff 4, 117), mhd. begeben (Ben. 1,
503), nnl. begeven. weder golh. ags. noch alts., sondern goth.
gilt dafür usgiban {ahd. arkepan, mhd. nhd. ergeben), ags.
ägifan, alls. ägeban. schon im einfachen geben liegt ein aus
der hand geben, von sich geben, hingeben, welchen begrif die
vorangestellten partikeln leise bestimmen, die bedeutung von
begeben schwankt zwischen einem positiven hingeben, ergeben,
und einem negativen hingeben, weggeben, fahren lassen; auf
ähnliche weise war aufgeben zweideutig, im ganzen scheint
ergeben etwas stärker als begeben, ergeben ein aus sich ge-
ben, begeben ein bei, neben, zur seile geben.
l) transitiv, mit acc. der person oder sacke.
a) hingeben, übergeben, ergeben, widmen: ich prediger war
könig über Israel und begab mein herz {gab mein herz hin,
vulg. proposui in animo) zu suchen und zu forschen weis-
lich alles was man unter dem himel thut. pred. Sal. 1, 13;
auch begebet nicht der sünde ewre glieder zu waffen der Un-
gerechtigkeit, sondern begebet euch selbst gotte. Rom. 6, 13;
begebet auch nu ewre glieder zu dienste der gerechtigkeit.
6, 19 ; ich ermane euch, das ir ewre leibe begebet zum opfer
{goth. bidja izvis usgiban leika izvara saud). 12, 1 ;
welche ir berze nur auf reichtume begeben {hinwenden).
Mkiissüs ps. X2*.
dies begeben erlischt später, denn wenn Claudius 4, 95 sagt:
ein mann, der sein herz begab zu suchen, so ist das bibli-
scher Stil, nach dem prediger. Noch gilt begeben im sinne
von hingeben, verkaufen, z. b. von welcher anleibe am 7 sept.
zu Harrisburg etwa 3 Vi miH- dollars zu 102 begeben wurden.
Bremer handelsbl. 1852 n* 54. kaufmännisch, einen Wechsel
begeben, verkaufen, absetzen, was in die folgende bedeutung
übergeht: Berliner ist immer gut zu begeben, Pariser war
heute nicht zu begeben.
6) hingeben, aufgeben, fahren lassen, verlassen: so merket
selber was ir begeben habet. Luther 3, 192; man solle kein
vortheil begeben, es sei wie klein es sei. 3, 325* ; das sie be-
dinget, sie wollen nichts Yon der confession begeben haben.
br. 6, 354; an denen orten, da es die materi begeben hett
davon zu schreiben. Redchlin oujensp. 3';
kein mensch mag mich erfrewen,
denn ich bin trawriglich,
die ich eins pflag zu freien,
die hat begeben mich. Ambr. Ib. s. 204;
ire Schwerter an den seilen, die sie nit begeben {ablegen,
abgeben) wollen. Aimon m; ich schelz euch vor doren und
unweis, das ir den felsen, welcher ein behaltnus ewers lebens
gewesen ist, begebenl. o;
lasz noch begib mich nicht. Mblt^susp5. LI' 2*;
begebt das saufen und das fluchen.
RiNcwAiD tr. Eckh. G4';
begebet ewren bösen brauch mit dem gesäuf!
laut. warh. CO;
besser gut und blut begeben. 390;
das ich beschlossen hab,
euch leiblich zu begeben, wil morgen von euch scheiden ab.
evang. S4';
der papst neme kein kOnigsbaupt, das er sein hauptman-
schaft umb das geringst begebe. bienenk.l2f;
RO reuen mich meine bulfrauen,
die ich warlich nicht kan begeben. Atrer fastn. sp. 81' ;
und euch gar nichts versäumet oder begeben {vergeben) habe.
Ayrer proc.i, 9; denn was einer einmal begibt, ist demnach
nicht mehr sein. 3,4;
wann das glOck uns plötzlich hat begeben,
BO leszt uns doch die kunst nicht eher als aas leben.
Opitz 1, 317;
in dem der wilde Mars mich hat des Neckers rebon
und meine Sylvien vcnirsarlit zu hegeben. 2, 41 ;
gib aus als sollest du die weit bald bald begehen,
sei karg als wurdest du noch lange lange leben. 2, 451 ;
ao wollen wir dich nicht begeben,
erhalt uns, dasz wir dich erneben, ps. 157 ;
was hilft es ferner dann, ob ich disz todte leben
soll langsam oder bald, alt oder jung begeben,
die weil es endticli doch will überlassen sein ?
Opitz in funebria irium Davidis Mulleii liberorum.
Bregae 1632. E 4 ;
wenn wir denken recht zu leben,
müssen wir den geisl begeben (reddere spiritum),
wie der bleiche tod es heiszt. Tscherning 328;
0 ruh, wo dich der geist auf kurze zeit begeben.
Gryphius 1, 457 ;
necbst als ich durch die nacht
voll wehmut, schmerz und angst in überhäuften sorgen
gleich dem gellieilten licht Öer Delien gewacht,
begab mich kraft und sinn bei nunmehr nahem morgen. 2,79;
so liegt ohn unterscheid, wenn uns der geist begiebt. 2,508;
(büclier) sind meine besten freund, und solt ich die begeben,
eh geh ich alle weit, eh geb ich auch das leben.
LocAU 1, 5, 2;
dasz ihn und mich ich nicht mehr lieben kann,
und was ich vor gesucht, itzund nun wil begeben.
HoFMANNSw. getr. seh. 19.
mhd. euch begap in keine stunde
der ritter, der in schünde, kröne 16251;
sSle, nu begip mich! 17291.
im 18 jh. erlosch diese anwendung des Wortes begeben, und
wir gebrauchen an seiner statt aufgeben, hingeben, dahingehen,
c) die bedeutung des part. praet. begeben kann zweifelhaß
sein, entweder drückt es aus blosz gegeben, oder hingegeben,
verlassen, oder kann auch zu dem folgenden sich begeben ge-
hören: und ich bitte auch unterlheniglich, nicht allein die
Christen zu Bamberg sondern allenthalben wollten solch be-
geben {gegeben) urteil annehmen und zwischen mir und dem
bapst richten. Luther 2,186'; als veimesz ich mich zu hoch,
das ich verachler, begebner {verlassener, aufgegebner) mensch
solche hohe und grosze slende Ihar anreden. 1,288'; dir als
einem begebenen und verurlheilten, erklerten man. 3, 189';
wenn sind mehr privilegia geschehen begebener person, denn
seit deinem herfür gebrachten evangelio? 3,191. ein begebner
mensch bezeichnete einen, der sich der weit begeben hat und ins
kloster gegangen ist. mhd. Ben. 1, 503'. bemerkenswerth, mit zit-
tern begeben = befallen, umgeben. Kirchhof wendunm. 234.
2) re/'/ ea;iw, sich begeben, >
a) cedere, concedere = abire, venire, begeben ist hinge-
ben, sich begeben wohin, dahin begehen, wie aus dem franz.
rendre ein se rendre ä wird, aus dem verlassen des einen orts
das gelangen an einen andern folgt, und das lat. cedere nicht
blosz de loco, sondern auch ad locum bezeichnet, d. h. cedere
bald decedere, recedere, abire, bald accedere, concedere, venire
ist. der die weit begebende, räumende begibt sich ins kloster,
in den himmel, erreicht einen neuen aufenthall, und oft ver-
binden sich mit diesem begeben die praep. in oder auf, zu
oder nach, beispiele solches räumlichen sich begebens : ob auch
gleich iemand ohn schif ins meer sich begäbe, weish. Sal.
14, 4; und Bacchides volk war nicht so kühne, das sie sich
ins wasser begeben hätten. 1 Macc. 9, 48 ; da er aber sähe,
das das volk eine scheu hatte sich ins wasser zu begeben.
16, 6 ; begab er sich an einen befreiten ort. 2 Macc. 4, 33 ; sich
bewafnen und zu ros begeben. Gar^. 250'; sich aus dem bett
begeben. Simpl. 3, 357 ;
als ein träum entweicht,
wenn sich die nacht begeben (fortbegeben lial)
und nun der mond erbleicht. Griphius 2, 178;
hernach haben sich viel gelehrte Griechen in Italien begeben.
Opitz 1, 7'; der Tigris begibt sich unter Babilon in den Eu-
phrat. pers. rosenth. 7,6; am selben orte, da sich der ström
in die weisze see begibt. 3, 1; sich, um zu baden, ins was-
ser, in den ström begeben. Lokman fab. 25 ; begaben sich auf
die streue {aufs strohbelt). unw. doct.'iSO;
Lucinde kömmt, begieb dich gleich von hierl^GiiiiRT 3, 108;
begib dich zurück! concede retro! ich begebe mich aufs
land, in den wald, in die Stadt; der könig begab sich von
Beriin nach Potsdam; die fürstin begab sich in die hintern
Zimmer. Göthe 15,301; sich zu schiffe, zur see, zur ruhe, in
den ehstand, auf die Wanderschaft begeben, heule sehr ge-
bräuchlich und weniger steif als sich vek-fügen, aber vornehmer
als das einfache gehen.
b) das vorige begeben abslract genommen: denn was Ists,
das ir euch begebt {damit abgebt), die halstarrigen sopliisten j
zu schweigen oder überwinden? Luther 2, 118"; achte ich, die ■
fürsten weren nicht schuldig, eini iglichen zu .sagen, was «
sie bewegt, noch sich in recht nnt iiiin zu begeben (ei'niu-
lassen). 3, 49'; das unsere bawern zum friede und freund-
1281
BEGEBEN
BEGEBEN— BEGEBUNG
1282
liehen vertrag sich begeben wollen. 3, lOs'; ich weisz auch
nicht, ob der einen rechten lebendigen glauben habe, der
nicht so viel leiden oder sich zu leiden begeben wil, das er für
einem menschen zu schänden werde. 1, 517' ; wie weit e. g. sich
begeben und reumen solle (wie u-eit gehen, sich einlassen, zu-
Tiickgehn?). 3,90. fcr. 3, 72; das die unsern zu Augsburg sich
sollen etwas zu weit begaben haben {zu weit gegangen sein).
5, 139' ; ja auch niemand auf sich selbs begeben soll {auf sich
selbst zurückgehn, sich verlassen), br. 1, 597 ; wie das man die
Schwestern nöthigen wil, sich nach des pfarrherrs und pre-
digers meinunge zu begeben (auf des ff. meinung tinzu-
gehn). 4, 333; so ist der könig noch nicht dahin gekommen,
das er sich auf Christum den herra begebe (verlasse, rece-
dal). Melanchth. 3, 777 ;
wer sich zu weit darein begeit (einldsU). Schwarzexb. 152, 2 ;
wil mich aufs lesen ganz begeben (zurückziehen). Wickhax
bilger D2; und Ulenspiegels muter, die was fro, das ir sun
so Stil was, und straft in, das er kein hantwerk wolt lernen,
da schweig Uleospiegel stil. da liesz die müter nit nach in
zu strafen, da sprach Ulenspiegel, liebe muter, warzu sich
einer begibt, des wirt im sein lebtag genug. Eulensp. cap. 5
{in den späteren ausgaben: wozu sich einer begibt, das gibt
im sein lebtag genug; wie man seine sach anfängt, so gehts
einem hinaus); man musz nit zu vil schlafen, sich nicht be-
geben auf die unkeuscheit, nit auf fresserei, wein und faul-
heit. Petr. 194'; und nirapt mich wunder, das man sich bei
uns nit darauf begibt (damit abgibt, dieses kraut zu ßllen).
Secter 94 ; er hett sich auf der Alexandriner sitten und leben
ganz begiben (ad mores AI. vitamque deficere). Fro.xsp. 3,
229'; und sich begeben zu erkennen gottes gesetze. Melisscs
f)5. Al'; das wir uns ganz und gar dahin begeben, dich höch-
lich zu preisen. M2'; die sich auf alkestisch für ihren mann
darf inn tod begeben. Garg. 69'; derhalben begaben sie sich
ohn alle Ordnung in die flucht. 265'; dasz du dich gegen
einem kaiser darfst in die wehr begeben. Philand. 1, 565 ;
unliedachlsam ich mich begab
wol mit der keiserin breutigani. Atrer 235* ;
eb er sich ans liebt begab. Logac 2 s. 47 ;
wer sich zum krieg begibt, spielt umb sein eigen blut.
pers. rosenth. 1,4;
aber bald begab er sich wieder in neue lasier. 3, 7; in der
ersten blute meiner Jugend habe ich mich auf das lieben be-
geben. 5, 10 ; sich mit einegi in zank und streit begeben.
7, 20 ; sich aufs betteln begeben. 7, 2 ; der heischer (betller)
begab sich aufs verleumbden. pers. baumg. 4, 12; allen den
papisten, welche sich zu unserer religion begeben würden.
ScHUPPics 579 ; begebt euch mit allem fleisz auf die arith-
metic. 29 ; da sie sich aber auf den luxum begaben und mar-
morsteinerne hauser baueten. 126; er sich in alles Unglück
gedultig begab {ergab). Weise kl. leute 31. heule nur noch
üblich in den redensarten sich auf die flucht, in den streit,
in den krieg, in die gefahr begeben == gehn. rgl. unter a.
c) sich begeben, mit gen. der sache, bedeutet bei älteren
«as sich auf oder in etwas begeben : da sollen sie nicht sich
des begeben, seiner tyrannei executores zu sein. Luther 4,
314*; sich des beide vereinigten und begaben. 'Bocc. 1, 110*;
da hat es sich nun begäben, dasz denen von Glaris ir pfarrer
mit tod abgieng und sie um Ulrichen Zwingli warbent, das
er sich dessen begäbe {darauf eingienge) ir pfarrer zu wer-
den. BuLi.iKCER 1, 7. meistentheils aber sagt es aus auf etwas
verzichten, einem entsagen, es aufgeben, also was 1, b, doch
LcTHER setzt nur begeben mit acc, nicht sicli begeben mit
gen., wofür hier andere belege folgen: gnediger hcrr, wes be-
gebent ir euch? Aimon i;
das leichte federvieh verläszl die warmen nestcr
begib! sich ihrer bürg, der halbbegriinten äsier,
spaizien durch freie Infi. Flkiii.'*!; 149;
schaut wie in eil das traurspiel <;icli verkehr,
der feldherr selbs» begibt sich der verrnhrien beer.
Grtpiiics 1, 275;
wenn ich mich der weh begebe (= die weit begebe).
GÖNTIIER 70;
hast du dich der Dylama begeben? Piernt 2, 2«; gegen die
freiheit, deren sie sich in diesem angenhlicke selbst begaben.
Wieland 2, 121 ; dasz er sich aller andern besrhäfligungen he-
geben iiabe. 2, 240 ; Dionysius hatte wenig tust, sich einer ge-
walt zn begeben. 2, 2S8 ;
Trel)i«ond selbst fienp wi.'dcr nn zu prüncn,
der kurz zuvor sich aller hofnung begab. 4, 121 ;
man müste der weit sich begeben,
um nicht mit männern wie er, und mit ooch scblimniera zu leben.
5, SS;
ihr erster anblick wird dir allen mut benehmen, dem mann, der
schon sieben jähre im besitz eines solchen kleinods ist, länger
zuzumuten, dasz er sich dessen freiwillig begeben solle. 8, 398;
wenn die guten forsten geniu-;se sind,
die der tafel, wo der nektar rinnt,
sich begaben. 9, 149;
hierdurch aber vergibt er jenen hohen vorzögen sehr und am
ende begibt er sich ihrer gänzlich. Guthe 26, 297; dasz man
gern der eifersüchtigen grillen sich begibt. Betti.ne br. 1, 168 ;
mein recht begibt sich jedes grundes. I'latb?i 99.
d) sich einem begeben, ergeben: wisset ir nicht, welchem
ir euch begebet zu knechten in gehorsam, des knechte seid
ir. Rom. 6, 16; das sie sich dem einigen teil so ganz und
gar begeben und verbinden sollen. Litber 5, 315*.
e) die Sache begibt, meist unpersönlich, es begibt sich, ergibt
sich, geht vor, geschieht, trägt sich zu, franz. il arrive, ganz im
sinne von a: esz hat sich begeben, das ein knccht ... bei
vierhundert gülden gestolen hatte. Magdeb. ueislh. {a. 1469)
s. 105; es begab sicli aber nach etlichen tagen, l Mos. 4, 3;
und es begab sich, da sie auf den» felde waren. 4, 8 und io
fort, in Luthers bibel überaus oß ; zuletzt sich begäbe. Boee.
2, ISO'; begeh sich dann, schon, das mir an zehrung abgehen
würde. Galmyl9'; was begibt sich aber weiter? bienenk. 26* ;
disz gestech begibt sich das mehrertheil bei liccht und nebel.
Garg. 259" ; es begab sich. pers. rosenth. 2, 2S ; wenn das wider-
spiel sich begeben hätte. 3, 9 ; es kann sich ein wundenverk
begeben. 7, 20 ; es begab sich selten, dasz er jemanden ins
kabinet führte. Klopstock 12, 13S ;
welches wunder begibt sich? ScaiitEK 83*;
was sich nie und nirgends hat begeben,
das allein veraltet nie. 52".
/) für sich begebend, sich begeben steht hergebrachierweiie
blosz begebend und begeben: dahingegen obligierten sie sich,
iiime auf alle begebende gelegenheit mit darsetzung guts und
bluls bedient zu sein. Simpl. 2, 258 ; auf begebende neue
emergentia und zweifelhafte bände!. Schlppils 44; da sie von
ihrer mutter auf begebenden slerbefall noch eine ziemliche
erbschaft zu hofl'en hatte. Fclsenb. 2, 10. ein begeben mensch
hiesz einer der ins kloster gegangen ist; eine begebene Jung-
frau, eine nonne.
BEGEBEN , n. casus, eventus : angesehen, das derselben
dinge begeben, fahr und verlust zu der Seligkeit unschedlich
sei. LcTHERS br. 1, 59 S ;
glücke hat neider in allen begeben,
sonderlich in dem soldatischen leben. Simpl. 2, S".
heute ungewöhnlich.
BEGEBENHEIT, f. eventus, Vorfall, ereignis, geschickte: eine
traurige begebenheit ; ich entsinne mich der begebenheit nicht
mehr deutlich ; die prüfung der begebenheiten ist ein reiches
feld für einen denkenden geist. Lichtenberg 1, 47 ; auf dieser
reise halte icli seltsame begebenheiten {fata). eine menge
von romanen des 17. 18 jh. sind betitelt begebenheiten, ge-
schichte aber bezog vian mehr auf die darstcllung des wirklieh
geschehenen, doch beide Wörter vertreten einander oft, das volk
meint unter begebenheit gern ein wichtiges ereignis. das fürwahr-
halten ist eine begebenheit in unserm verslande. Ka.\t2, 611;
stürzen wir uns in das rauschen der zeit,
ins rollen der begebenheit. Götbc 12,88;
im roman sollen vorzüglich "gesinnungen und begebenheiten
vorgestellt werden, im drama Charaktere und thatcn. 19, 181;
eigentlich aber steht er gegen die natur doch nur als. ein un-
gebildeter mensch, denn nicht sie interessiert ihn, sondern
ihre begebenheiten. wir nennen aber begebenheiten diejeni-
gen zusammengesetzten auffallenden ereignisse, die auch den
rohesten menschen erschüttern, seine aufmcrksamkeit erregen
und wenn sie vorüber sind, den wtinsch in ihm beleben, zu
erfahren, woher so etwas doch wol kommen möchte. 53, 68.
BEGEBNIS, f. und n. eventus: nach dieser begebnis bin
ich auf Hindiistan gezogen, pers. baumg. 8, 13; zu dem er-
schüttrrnden begebnis gesellte sich nun die ahnungsvolle gc-
genwart. Götme 22, 00; es sind andere begebnisse, auf die
man mit bcReisterung harrt. Bettine lageh. 135.
BKtiERUNG, f. 1) ergebung: dasz er das statlvolk zur bc-
gebung treiben möclite. Fronsp. 3, 279*. 2) eventus, begegnis :
weil dessen buch nicht besonders bekannt und die begebun-
gen nie von denen angezogen oder berühret, welche sich die
81
1283
BEGECKNN — BEGEGNEN
BEGEGNEN— BEGEHEN
1284
eigenschaften der geister zu erforschen bemühet. Gryphius 1,
185 ; dafern anders dieser begebung völliger glaube beizumes-
sen ist. LoHENST. Ann. 1, 413. 3) verzieht, enlsagung: frei-
willige begebung aller freuden und bequemlichkeiten dieses
lebens. Millers Siegwarl 1, 30.
BEGECKEN, infatunre, zum narrn, zurri besten haben, nnl.
begekken, Stielee 621 ; einen filz begeckte einer mit diesen
Worten. Zinkgr. 2, 71;
des habichts {Ostreichs) Qag sich strecket,
d' andre churfürsien krätlenlos
er offenbar begecket. Utricularitis 1,20.
BEGEGENSCHAFT, f. begegnung: das was ein wunderlich
begegenschaft, do die zwo parthen einander begegneten. Kei-
sersberg post. 3, 84.
BEGEGNEN, obviam venire, occurrere, widerfahren, ahd.
pikaganan, bigagcnan (Graff 4, 140), mhd. begagenen, bege-
genen, begeinen (Ben. 1, 493'), nnl. bejegenen, bei Kilian be-
legenen d. i. betejegenen. da man die zweite und dritte per-
son begegenst, begegent bildete, so lag es nahe, auch den inf.
begegen für begegenen, wie segen für segenen zu schreiben,
beispiele liefert Luther, auch Folz reimt begegen : gelegen.
Haupt 8, 513. hetite gilt begegnest, begegnet, also auch nur
begegnen. Die bedeutung gestattet beides, sowol einer oder
etwas begegnet mir, als ich begegne einem oder einer sache.
1) leibliches begegnen meist mit dem dat., der aber auch
unterbleiben kann: herr du gott meines herrn Abrahams be-
gegen mir heute (occurre mihi hodie). 1 Mos. 24, 12 ; Jacob
aber zoch seinen weg und es begegneten im die engel got-
tes. 32, 1 ; wenn dir mein bruder Esau begegnet. 32, 17 ; was
wiltu mit alle dem beere, dem ich begegnet bin? 33,8; und
er gieng hin und begegenet im am berge gottes und küsset
in. 2 Mos. 4, 27 ; und da er von dannen zoch, fand er Jona-
dab, der im begegent und grüszet in. 2 kön. 10, 15; es ist
besser eim beren begegen, dem die jungen geraubt sind, denn
eim narren in seiner narrheit. spr. Sal. 17, 12; wisse, dasz
dir gott begegnet hat. Agricola spr. 9' ;
Amea ist so wunderhübsch, die schwangern meiden sie,
es gehet ab ohn misgeburt, wo sie begegnet, nie.
LoGAU 2, zuy. 120;
Mutius ist eine biene, fleucht herum auf allem süszen,
ist nicht stolz, was nur begegnet, zu beherzen zu beküssen.
124;
und weite fast jeglichen bäum, der uns begegnete (auf den
wir slieszen) ausreiszen. pcrs. rosenth. 1, 18 ; hat mir ein
mensch begegnet. 3, 14 ; es hatten ihnen etliche Soldaten be-
gegnet, pers. reiseb. 1, 4 ; denen {angelangten fremden) der wirt
mit einem trunk warmen sekt begegnete {entgegen kam). Weise
erzH. 388 ; indem kam der priester selbst, und wolle seinen
gasten mit einem guten morgen begegnen, hl. leule 368 ;
fiel edle rilter lind ich hier versammelt,
und alle äugen glänzen Treudenhell,
nur äinem traurigen hab ich begegnet,
der sich verbergen musz, wo alles jauchzt. Schiller 469' ;
seit wann begegnet der tod dir fürchterlich? Göthe 8, 275;
begegnest mir auf neu beblümten matten. 3, 21 ;
jeder begegnende priese dich selig. Voss Oa. 15, 537.
einen wol tadelhaflen acc. der person, wie ei- bei antreffen oder
finden steht, scheint der eindruck des franz. rencontrer zu ver-
anlassen :
ein gärtner hatte
den prinzen dort begegnet. Schiller 273';
wenn man auch nicht weisz, was man unterwegs antreffen,
unterwegs begegnen werde. Göthe 21, 219 ; ich werde die herrn
grüszen, wenn ich sie begegne. Hippel br. 13, 116.
2) abstracl: denn er sprach, es möchte im ein unfal be-
gegnen. 1 Mos. 42, 4 ; lasset euch die liitze, so euch begegnet,
nicht befremden, l Petr. 4, 12; unlrew, so ihm von Wernhart
und andern seinen Widersachern begegnet war. Galmy 354 ;
mit dankbarkeit ... begögnen. Wrckhrrm.n 241 ;
niemand hat mir das geringste böses gethan oder mir mit
Widerwillen begegnet, pcrs. baumg. 4, 27 ; wird mir mit manier
und höflichkeit begegnen. Scmuppius 606; und seiner fraucn
sagt, was für grosze gnaden ihrem iierzliebslen (rf. t. ihm)
begegnet sei. 26; und mir von guten Iculen viel eine begegnete
{wideifuhr). 317; beide hatten einander auf der bahn desriihms
und um throne liegegnct. Schiller 804 ; Heinrich war ihnen auf
dem italienischen feldzug sehr gebieterisch begegnet. 1043;
dem fesilichco tage
begegnet mit kränzen. Göthk2, 32;
ihm begegnet neckisch genug ein unglück nacU dem andern.
25, 37 ; SO will ich ihnen noch eine andere sehr seltsame be-
gebenheit erzählen, die mir wenige monate vor meiner letz-
ten rückreise nach Europa begegnete. Münchhausens reisen 81 ;
in Albano sprach ein anderer geist als in Schoppe, aber beide
begegneten sich bald {trafen in ihren ansichten zusammen).
J. Paul Tit. 2, 82 ; ihm wird wol oder übel, mild oder hart,
anständig oder unanständig, unverzeihlich begegnet. Auch hier
erscheint zuweilen die accusativconstruclion mit dem sinne von
behandeln: darüber ward er von seinem bittersten feinde' übel
begegnet, pers. baumg. 4, 19; indem er ihn mit gründlicher
Widerlegung nicht begegnen kunte. pers. rosenth. 7, 20 ;
doch wenn die luft nachher sie widriger begegnet.
Brockes 6, 170;
unter den klagen und vorwürfen, die er denjenigen machte,
welche ihn mit so vieler grausamkeit begegneten, sagte er.
Lessing 6, 215.
3) hervorzuheben ist die bedeutung von geschehen, sich zu-
tragen, ereignen, engl, occur, meist ohne dativ:
ich bitt um gnad, es soll nicht mehr begegnen.
Schiller 536;
wer ist der weiseste? der nichts anders weisz noch will, als
das was begegnet. Göthe 14, 180 ; nur ein wunderliches Un-
glück begegnete bei dieser gelegenheit. 17, 250 ; wie vieles war
begegnet, seitdem sie die stimme dieses treuen lehrers nicht
vernommen. 17, 274; ich weisz es schon, sagte die gräfin,
was mag wol begegnet sein? 18, 307. man sagt aber auch,
das soll mir nicht wieder begegnen, das kann jedem begegnen.
4) die bedeutung von gegenwehr, widerstand leisten, entge-
gentreten, zuvorkommen : dis ervvehne ich allhier, damit dem
teufel und seinen propheten begegne. Mathesius 48";
dasz sicher sie dem feind begögnen. Weckheblin 364;
meine obrigkeit werde den Verkäufern und spargenten diser
pasquill begegnen, wie es die reichsabschied und die gesetze
dieser löblichen Stadt Hamburg erfordern. Schuppiüs 566; dasz
ich mit heimlichem gelächter den politischen begegne. 710;
wie ich neinlich schon angemerkt, wollte Berengarius seinem
gegner in dessen eigener methode begegnen. Lessing 8, 334;
und auch auf diesen fall versiebet mich unser manuscript
mit gründen ihm zu begegnen. 8, 352 ; alle Zerstreuungen und
crgelzlichkeiten, womit man diesem übel zu begegnen gesucht
hatte, wollten nichts mehr verfangen. Wieland 6, 27; damit
dem übel mit den gehörigen mittein in zeiten begegnet wer-
den könne. 7, 221; einem dritten fall hatte Lykurgus nicht
begegnet, wenn nemlich der senat selbst seine macht mis-
brauchte. Schiller 1020 ;
wer begegnet ihrer wuth ? Göthe 2, 27 ;
doch ein wort zu den verwegnen.
ja ein wort soll euch begegnen
kräftig wie ein donnerscnlag. 2, .28;
begegnet so, im würdigsten beschäftigt,
der dämmerung, der nacht, die uns enikräftigt. 13,170;
sie war zufrieden, der kleinen Überraschung und beschämung,
die man ihnen zugedacht hatte, auf diese weise zu begegnen.
20,188.
Die angeführten stellen zeigen, dasz das praet. sowol mit
haben als sei« gebildet wird, heute herscht letztere weise vor.
BEGEGNEN, n. das veränderte begegnen von woldeokcnden
Schwiegereltern. Göthe 48, 34.
BEGEGNIS, f und n. fürstellung des groszen creuzträgers
Hiob und der manchfalligen, schmerzhaften und jammervollen
begegnissen. Schuppiüs 129 ; diese erhchung des Instinkts zur
Vernunft, wenn ich ihm glauben soll, macht es ja eben, dasz
eine begegnis aus dem reiche der thiere zu einer fabel wird.
Lessing 5, 383; auch diesem wunderbaren, unerwarteten be-
gegnis sahen der hauptiuann und Charlotte stillschweigend
zu. Göthe 17, 92 ; da ihm diese {region) durch das was man
erfahrung nennt, durch liegegnisse an weit und weibern ver-
leidet wurde. 25, 90 ; von der begegnis, wie sie die wand an-
gesehen. Hegel bei Göthe CO, 76.
BEGEGNUNG, f ich bin solcher begcgnungcn nicht ge-
wohnt. Gotter 3, 166; seine begegnung ist zu scharf und rauh.
Klincers th. 3, 320.
BEGEHEN, ohirc, ambire, circumire, inirc, adire, aggredi,
celcbrare, colere, patrare, ahd. pikiln, bigangan (Grakk 4, 91.
92), mhd. begAn, hegen (Ben. 1,408.469), nnl. hegaan.
1) ini're, avreTrni, m'rovoini^eip, beiwohnen, blosz t^on
thiercn, ursprünglich, wie inire, auch von menschen, vgl. sich
begehen 10, a. und die ähnlichen transitiva belaufen, besprin-
1285
BEGEHEN
BEGEHEN
1286
gen, betreten, beschlafen, belegen, (o^svetv): der hengst hat
die Stute begangen, die slute ist begangen ; es ist nicht zu
leugnen, dasz im königreich Neapel und in Engeland die da-
sigen Stuten, von spanischen hengsten begangen, eine edlere
art durch diese begattung geworfen haben. Wlxkelmass 4, 238 ;
ihn schauD als sumpr für ekler kröten
begebn und brüten,
or keep it as a cistern, for foul toads
to knol and gender in. Othello 4, 2.
2) begebn, curare, besorgen, pflegen, wurde mhd. Ktederum
ton Pferden gesagt:
dö si da; ors begieng'cn. Pars, 4SS, I ;
genc und bewar
disse herren phärl, tohter min,
und begenc et so ze vlije
daj ichdirs im verwije. Er. 319;
daj pliärt begiengn ze vlije
ir bende »il wije. 353;
dö da; phärt was begangen. 441 :
da man diu ors begienc. Krone 6M;
begie sinen mül. 12S23;
und wser ein gemeiter vol,
der (wenn man) in wol begienge. Eracl. 1333.
3) begebn, curare, ducere funus, einen todten begebn, be-
statten, begraben, die leiche, die seele feierlidt besorgen : mhd.
dö der kuninc sinen sun
also bete begangen. En. S296;
auch SO höret mans aus des priesters munde, wenn er für
dem aJtar zum volk spricht, lieben freunde helft mir bitten
für die seele NN, die man itzt begehet mit vigilien und seel-
messen, das gott wolt ansehen die guten werk, die im nach
geschehen. Lcther 5, 164'; und ist gewis, das die alten kei-
ser in iren thumstiften mit keinen anniversarüs oder seelmes-
sen, die sie gestift haben, begangen wurden. 2,''; begerende,
das man die gestorbne fürstin mit vigilien und seelampten
begehen und besingen wolt. Val. Ickelsamer a 3 ; bisz der
mann begraben und in gebürlicher zeit nach christlicher Ord-
nung begangen, iceisth. 3,745; die reichen holt man mit der
procession und begehet si mit vil priestcrn. Fraxk ueltb. 134' ;
SO sol man seinen leichnara begraben uf das geweicht erd-
reich und sein seel begon mit vigiligen und seelmessen nach
christlicher ordenung und gewonheit. Eulensp. cap. 93 ; wie er
den verstorbenen ritter begebn liesz. Fontus 49 ;
wir müssen schön
keiser Ollen den groszen begebn,
der ist in goti selig verscbiedn. Atrer 125*.
vgl. begängnis, leicbbegängnis, seelbegängnis, beleiten.
4) begebn, celebrare, die feier begebn, ein fest, einen jahrs-
lag, namenstag, tag begebn, eine weise begebn, mitmachen:
disen sant Johanns hegend wir dort zu winachten nach sant
Steffans tag. Keisersrebg post. 4, 33 ; da beging Pharao seinen
jartag. l Mos. 40, 20; da aber Herodes seinen jartag beging,
da tanzte die tochter der Herodias vor inen. Matlh. 14, 6 ;
nein es ist keiner nicht, der uns mehr Treude macht,
als dieser (tag), der uns itzt so süsz bat angeiachi,
drüm ist es billich auch, dasz wir ihn recht begehen
und mit glückwönschungen vor unserm vaier stehen,
kommt, kommt, ihr Schwestern kommt, laszt uns die werthe leit
begebn mit süszer tust und schöner Trölicfakeit.
FtEMiÄc38; •
wann spöltlicb sie (die ßrslen) belehn fremeiner leuie brauch.
Log AU 2,2, 60;
wenn sie das gedüchtnis der Opferung Abrahams begeben,
perj. rojenfA. 7, 20 ; hättet ihr beide so zusammen gesagt, ehe
ihr eur verdammlicbe gnukelfuhr begangen, so wäre es mit
einem guten gewissen geschehen. Simpl. 2, 317; diesen alten
löblichen gebrauch wollen wir auf dieses mal auch begehen.
ScHtpi>iis 84t ; mir ist nicht erlaubt auch nur den geringsten
gölzendienst zu begehen. Felsenb. 4, 465 ; er lud den prinzen,
den ganzen hof und die vornehmsten der Stadt ein, auf sei-
nem landhause die Wiederkunft des frühlings zu begehen.
Wieland 2, 309 ;
wo hirtenreihn ein maienfest begehen. Gotter 1,23
des frühlings Wiederkehr, der ernte fest begehn. 1, 41";
begehe die erflehte wi<><lerkehr
mit hekatomben, schmausen, heldenspielen. 2, 211 ;
i'- lasz uns beide das fest im stillen freudig; begehen.
>" ^ GoTHE 1,125;
begeht den alten, heiigen brauch,
allvater dort zu loben. 1,232;
dorh lasz die fesilichkelt
mich hier bepelin im schauen alter buchen. 2,34;
so feiern die Armenier das fest der kreuzeslaufe, die sie in
ihrer präcbtigea vorstadt feierlichst begehen. 6, 202 ;
welch eine weihung mag sie da begebn?
diesen tag, so schön, so schön
laszt im garten uns begehn. 10, 293 ;
10, 31 ;
einer mit hundert, ja tausend gläubigen auf den Ottilienberg
begangenen wallfahrt denk ich noch immer gem. 26, 79 ; um
am folgenden tage ein lustiges fest im waide zu begehn.
TiECK Stemb. 2, 145; man beschenkte und versöhnte sich,
und begieng den vertrag nach dänischer sitte durch eine
achttägige, wechselseitige beschmausung. Dahlma;«!« dän. gesch.
1, 1S9. Auch schw. und dän. ist begä und begaae in diesem
sinn üblich : begä den heliga nattvarden, das heilige abendmal
feiern, nehmen; begaae en fest.
5) den wald, das feld, die grenze begehn, circumire, «as
auch feierlich geschah: die grenze soll alle zehn jähre be-
gangen werden, tgl. grenzbegang ; ich begieng alles selbst mit
einem geschickten forstmann. GOthe 20, 5S ; die Jäger habea
diese gegend nicht fleiszig begangen, nnl. ik heb dat päd
dikwijls begaan, ich habe diesen pfad oft begangen, betre-
ten, es heiszt auch die wacht begehn, durch umgang besich-
tigen : soll eine staiise w acht stets begangen und besichtigt
werden. Kirchhof disc. mit. 34 ; besichtigung der wacht, oder
die wacht begehen. 145. ein wol begangner (vielbesuchter)
laden.
6) begehen, treffen, erreichen, bestreichen, berühren : es wäre
besser, wann der brunn mit einem verschlag und oberdacfae
bedeckt würde, damit kein regen einfallen, noch ein rauhes
neblichtes weiter und luft ihn begehen [bestreichen, an ihn
gehen) können. Eckarts medic. maulaffe 789; wann nun das
rohe (fleisch) von den zuflieszenden feuchtigkeiten begangen
wild, entstehen heftige schmerzen, welches ein jeglicher leicht
mutmaszen kan, wann das rohe fleisch eine scharfe materie
begehet, hebamme 693 ; so musz die hebamme die sechswöcb-
nerin auf einen nachtstul setzen, dasz von unten der dampf
von warmen wasser, welches man in einem asche einsetzen
soll, den hindern begehe. 697.
7) in schlesischer mundart, es begehen, aegre ferre, dolere: er
hat es sehr begangen, ralde doluil; er begehet es (empfindH
es) um des vaters tod nicht wenig, non parum morte patris
afßcitur. Steinbach 1, 546 ; ihm folgten Martin und Ulrich, den
jungen Engelmann mit seinem reisebündel an der band, der
es gar sehr begieng, dasz er aus seinem lieben Schweidnitz
scheiden sollte, van der Velde.
S) abstract, zuweilen in gutem sinn: eine edle, tugendhafte
handlang begehn; einen herlichen sieg am tod und helle be-
gangen. Ll'tber 6, 79*; das ir die wolthat an im begangen
vollführen wolltet, br. 5, 10 ; in streiten und kriegen grosze red-
lichkeit begienge. Boce. 2, 166' ; für darauf begangene und ge-
habte mühe, brandaib. kammerger. ordn. von 1516; damit er
lob und kein schand begehe. Rectter kriegsordn. i. Bei wei-
tem häufiger aber in übler bedeutung und schon das blosze
begehen meint wie committere etwas verbrechen : was hast du
begangen? du wirst wieder etwas begehen, anstellen; guter
mann, wes hastu umb diser falschen lugen willen mit deiner
erbaren und frommen frauwen begangen? Bocc. 1, 124*; und
wurden ser zornig, das er ein narrheit an Israel begangen
und Jacobs tochter beschlafen hatte. iMos. 34, 7; denn sie
haben eine schände begangen. 3 Mos. 20, 12 ; darumb das sie
eine torheit in Israel begangen hat. 5 Mos. 22, 21. Jos. 7, 15.
Hiob 42, 8 ; und zogen an den frevel an den siebenzig sönen
Jerubbaal begangen, ridtt. 9, 24 ; der frevel an mir begangen.
Jer. 51,35. Habac. 3,17; umb aller ewer sunde willen, die ir
in allen ewTcn grenzen begangen habt. Jer. 15, 13; damit er
einen grewel begehet. Ez. 18, 12 ; racheten den mord an irem
bnider begangen, l Marc. 9, 42; die im aufrur einen mord
begangen hatten. Marc. 15, 7 (goth. maur(ir gatavidedun) ; die
edle lugend (ironisch), so die predigermünch zu Bern began-
gen haben mit dem sacrament. Luther 3, 514; sihe, das ist
der lügenmünch einer, die zu Bern solch laster mit dem sa-
crament begangen, das.; dasz man einen solchen grewel nit
begehen soll. Fischart bienenk. 37*;
an keinen schweren fall, den sie begangen baue,
denkt Crpria, sie fällt, oft, aber nur ms belle.
l.OGAU 1, 5, 45 ;
Schnitzer darwider begehen. GCkther corr. 5; ich begehe einen
fehler. Weise */. leute 18; er begieng den fehler, die Wahr-
heit laut zu sagen; eine der gröszten ungereimiheilen, die
man begehen kann. Kant 8, 84; einen streich, ein schelm-
stück, eine dummlicit begehen.
81*
1287
BEGEHEN
BEGEHR — BEGEHREN
1288
9) intransitives begehen kommt kaum vor, während abgelin,
angehn, aufgchn, beistebn hdußg intransitiv stehen, weil ihre
Partikeln trennbar sind, das untrennbare be hingegen transition
nach sich zu ziehen pflegt, doch findet auch intransitives ver-
geben statt und bei Abele 3, 288 liest man : seines hievor be-
gangenen Jebens = vergangnen, verstrichnen.
10) desto häufiger ist das reflexive sich begehen, und zwar
a) sich vertragen, sich begatten {s. begehen 1) :
der plumpe bär ... begehet sich mit seiner bärin.
Brockes 7, 46 ;
der stand solcher wilden,
die ohne zu pflanzen, zu ackern, zu säen,
mit müsziggang sich auf kosten der götler begehen.
Wie LAND 10, 12;
seh sie die rittcr und damen,
wie sie zusammen kamen,
sich begeh, sich begatte. Göthe 13,38;
das quillt all von erzeugungskraft,
wie sichs hat aus dem schlaf geraft,
Vögel und frösch und thier und miicken
begehn sich zu allen augenblicken,
hinten und vorn, auf bauch und rücken,
dasz man auf jeder biüt und blatt
ein eh- und wochenbeitlein hat. 13, 78.
b) zusammen leben, mit einander umgehn:
mit einander lieplich sie
sich bcgiuugen, als ich las. rRin. Trist. 2671 ;
vrenn brüder eins sind, und die nacbbarn sich lieb haben und
mann und frau sich mit einander wol begehen. Sir. 25, 2;
drumb wenn def tod man und weib, die sich wol begangen
und lieb einander gehabt haben, oder sonst gute und liebe
freunde von einander scheidet, so ist des traurens und kla-
gens unter inen kein masz noch ende. Luther 2, 520"; es ist
ein sonderliche, grosze gnad, wenn die eheleut sich wol be-
gehen und solcher einigkeit ist der teufel feind. tischreden
314'; wenn zwei fromme eheleute, die sich wol mit einander
begangen, lieb und wertb gehalten haben. 353';
sich nicht fein brüderlich begehen. Ringwald evang. Gg4';
begeht euch wie die brüder fein. Tl*;
wenn nu die brüder sollen allsampt diesen weib erstehen,
wie könten sie sich allzumal umb dies person begehen?
Ff 7';
gleichwie die wilden thiere, so da einerlei art sein, sich freund-
lich mit einander begehen. J. Val. Andbeae reform, der weit 125;
dasz sich der grimme wolf mit lämmern soll begehn.
Opitz;
wie nasz und trucken sich, wie warm und kalt begehn.
3, 231 ;
wann sich mann und weibe wol mit einander begehen. Puilaih-
DER (ed. lugd.) 5, 27 ;
so lang sich Moses wird mit Aaron wol begehen,
so lang wird Israel in guter wolfarl stehen.
Neumarks htsiioäWc/ien 219 ;
aber da sehn sie doch, was es ist, wenn riian sich mit den
leuten zu begehn weisz. Wieland 11, 211 ; sie würden sich ge-
wis vertragen — gut begelien, hälfe ich bald gesagt. Hippel
4, 276 ; wollen wir in einen himmel, so müssen wir auch auf
erden uns mit einander begelien lernen. 5, 103; ein hund,
der sich mit dem lämmlein brüderlich begeht. 7, 190.
c) sich eines oder mit einem begehn, auch ohne casus, ab-
geben, behelfen, betragen: wcs bcgiengen sie sich? (was thaten
sie) Keisersb. ausg. der jüd. J 5 ; er begieng sich mit allen
lästern. Münster 301 ; lieber hauswirt, ich habe zwclf kind,
und ist keins dein, denn das erst, des du sicher bist, denn
das erst jar bin ich fronib gewesen, und hast mein wenig
gedacht, ob ich zu beiszen oder zu brccnen, zu essen oder
zu trinken hell, darumb so hab ich mich begangen wie ich
mochte, seh. und ernst cap. 246 ;
wer sich jetzt kaufens wil bcgon,
der musz oft sein warsagen Ion. Acricola spr. 698;
SO gibt man einem jeden ein ehrliche underhaltung, damit er
sich hinfürter wol ernehren und begaliii mag. Fronsp. 3, 15l' ;
o wehe dem vatler, des kindcr sich mit dieser schnöden kunsl
begon müssen. Wickrah bilger H 3 ;
wil lieber mich mit kriug bcgon. trag. Juh. C8;
man sol sich weidelich mit lebendiger bewcgung begehn und
auf die tugcnt wacker sein. I'elr. lö*; denn auch die münner
sich ehbruchs an solclien orten begangen. 28*;
wie die kindcr sich begohii, also brilt den l)r;Mich
Curtius mit seiner frnw. kindcr knilzcn auch.
LoOAU 3, tug, 81 i
wie er alle zeit, wo es ernst gegolten, sich ehrsam und ernst-
lich begangen. Brandts Taubmann 51.
d) während heutzutage die bedcutung b fast, und c ganz
erloschen ist, gebrauchen wir sich begehen für begangen wer-
den, committi, z. b. der ganze frohe frühling ist voll mord
in drei dementen, nur dasz sich der mord noch stiller im
lauten meere begeht, in welciiem kein leben anders lebt als
von einem andern leben. J. Paul ddmmerungen 4.
BEGEHR, m. tmd n. petitum, volunlas {vgl. begier). das
tnhd. einfache ger ist f. (Ben. 1, 531") und wahrscheinlich auch
beger f. pass. H. 112, 23. K. 103, 13. 398, 13, welche stellen ül)er
das genus nicht entscheiden, das n. scheint erst durch das
substantivisch gesetzte verbum begehren, dem jenes begehr vor-
zuziehen ist, herbeigeführt, was ist dein begehr? auf sein be-
gehr geschah es;
er macht den buntschu so vol schmor,
als ob er luter zucker wer,
das jeder hat darzu beger. Murners lulh. narr 3178;
da Alard Reinharts beger vernara. AimonX2; mit beger, dasz
es hinfürter durch ein verbot möchte abgeschaft werden.
Kirchhof wendunm. 42" ;
was hilf dem Tzafer gold und geldl
es kan doch sein begehr nicht fiillen,
und weder durst noch hunger stillen, pers. rosenth. 3, 18;
wenn eines sein begehr man willig wird erfüllen,
so pllegt er auch noch wol zu thun nach unserm willen.
7,19;
dasz sie auf den begehr gehöret deine klagen.
HoFBANNSW. getr. seh. 13;
denn dein herz hat viel und grosz begehr,
was wol in der weit für freude war,
in dein herz zu sammeln. Göthe 2, 198;
frau nachbarin! was ist ihr begehr? 13,60.
BEGEHREN, cupere, pelere, stärker als bitten, schwächer als
verlangen und fordern, ahd. nicht vorhanden, mhd. noch sel-
ten und der späteren zeit eigen (Ben. 1, 534"), nnl. begeeren.
1) mit gen. der Sache: wenn ich die beiden für dir aus-
stoszen und deine grenze weitern werde, sol niemand deines
landes begeren. 2 Mos. 34, 24 ; die bilde irer götler sollu mit
fewr verbrennen und soll nicht begeren des Silbers oder gol-
des das dran ist. 5 Mos. 7, 25 ; ich begere keines lebens mehr.
Hiob 9, 21 ; gleichwie ein lewe, der des raubs begerl. ps. 17, 12 ;
sihe ich begere deiner befelhe. 119, 40 ; der engel des bunds,
des ir begeret. Mal. 3, 1 ; du weist herr, das ich keines man-
nes begert habe. Tob. 3, 17 ; wer ein weib ansihel ir zu be-
geren. Matth. 5, 28 ; sihe der satanas hat ewer begeret. Luc.
22,31; ich begere deines lebens. Luther 3, 18'; wer des todes
begerl. 3, 20' ; wer aber golt fürchtet, der begert seiner gna-
den. 3, 2l'; ich habe ewer scbrift empfangen mit den zwo
questen oder fragen, darin ir meines berichls begert. 5, 140" ;
Elsli, ich beger din zu der ee. fastn. sp. 889, 12;
ob du min bcgerst. 889,16;
rechts, des ich umb mein sun beger. Schwabzknb. 117,2;
der witwe sun, die rechts begert. das. ;
gewalts und richtens ich beger. 135,3;
und als er wider zu der sclilacht kam, so begegnet ihm ein
könig, derselbige begeret des Florenzen, aber zu seinem scha-
den, buch der /('e&c 2C'; Marcellus zog aus seinem lager und
begerte des Streites. Rihel Liv. 312 ; des Iranks begehren.
Spee g. tugendb. 222 ;
ein soiidres loh ist disz, dasz einer lobenswerth,
auf bluszes lob nicht siht, und lobens nicht begehrt.
LoGAU 3, 3, 33 ;
eines mannes herz darf sich auf sie verlassen, wann gleich
etwan ein nüscher bei nacht ihr begehren solle. Schuppius
531 ; der teufel musz ein fauler bernhäuter sein, dann ir be-
gehrt sein des tages so oft, dasz er euch holen soll. 163;
die Sitte dieser well, einfältig hoiniu, begehrt des auszen-
scheines nicht. Gotter 2, 430 ;
und du begchricsi mein. UCbgirOI';
darub das mädchcn dein begehrt,
wie gold und edel gcschmeidc ( : kleide). Göthe 1, 100,
mit Übergang aus dem gen. in den acc
2) mit. acc. der suche: und niiu darnach was dein herz
begert. 1 Sam. 2, 16 ; alles was er begerl. 1 kün. '.>, 1 ; wiewul
die cardinal des misfalien trugen, so kam er doch zu begehr-
tem ende. Kirchhof «'t;i(/H«»i. 369';
ein kriinzlein ward genommen,
dn.s ander ward vcrclirl,
nur eins das hat cfwonncn
und dio Jungfrau begehrt. Ilorrx. geMlUcfuifisl. H;
1289
BEGEHREN
BEGEHBEN — BEGEIN
1290
waferr sie sich nicht bald bekehren,
gnad und barmherzigkeil begehren. Weckheblis 23;
jetzunder ist die natur des königs änderst und begehrt
schärpfere rüth. Scbcppids 753; dort naht sie. vielleicht be-
gehrt sie mich {d. t. zu sprechen). Gotter 2, 117; er begehrt
die volle erbschaft ; er begehrt {verlangt) sie zur ehe, hält um
sie an. von tüieren gebraucht ist begehren coeundi ardore
ftagrare: der stier begehrt die kuh, der hirscli die hindin,
die hündin den hund; der luchs begehrt, ranzt. Döbel 1, 34*.
3) selten slehn, statt des geji. oder acc. der Sache, praepo-
süionen. nach etwas begehren {uie verlangen, streben) : alles
abzuweisen wonach die menschen begehren. Gotter 6, 70. auf
etwas :
wie kümts, dasz ein gemeiner mann um trankgeld pflegt zu bitten?
auf essegeld begehrt er nichts, es sind noch deutsche Sitten.
LoGAU 3, zug. 231,
doch ist auf essegeld = tum essegeld.
4) der dem abbegehrt wird, hat die praep. an oder Ton vor
sich.
a) an mit dat. selten : es hat Philippus an mir begert. Lu-
thers br. 2, ISS ; darum wollen e. 1. gnädiglichen von unsert-
wegen an ime begeren, dasz er ja weiter in keinem artikel
wolle gehen, ehurf. Jon. Friedrich bei Melanchth. 4, 2S5.
b) an mit acc. : begerte das ros an Cima. Bocc. 1, 156' ;
fragt, was das alt weib an sie begeren wer ? 1, 162' ; wie thue
ich? schick oder gehe ich selbst den falken an in zu bege-
ren ? 1, 300* :
und sein anzuhören bereit,
was sie an uns all begert.
Joe. Sanders trfl3.~'ron Johannes. 1&8S Q6";
wann sie an ihn begehren ihät
was ihr gehört, er sich ausredt. Hoff«, gesellsch. 153 ;
unt wils hinfort billich an in begern. Melisscs ps. Ks'; er
begerte an ihn. Ziskcr. 22, 7; du würdest es nicht an mich
begeren. 2, 95; er begerte an die musicanten, dasz sie sich
mit etzlichen italienischen stücken sollen hören lassen. Schcp-
P1CS178; was ich im namen dieser redlichen Christen an ihn
begehren werde. 256.
c) von: wie ers von dir begert, so machs mit im. Jer.
39, 12 ; und begerten von inen, bienenk. 41* ; begehrte des-
wegen von Taubmanno. Brandts 6er. 39; die Venediger be-
gehren die aschen von den Lithuanern. Schcppics 767'.
5) der abhängige satz folgt entweder
a) im in f. : ich begere nicht mehr zu leben. Hiob 7, 16 ;
und alles volk begerte in anzurüren. Luc. 6, 19; sie begeren
gesctiigt werden von den brösemlin. Keaseksb. schif der penit.
60; beger ich von dir gerechtfertigt zu werden. .MELANCirru.
annol. zum Römerbr. verdeutscht 9. 12 ;
wo ich reime schreiben soll, die gelallij<r allen bleiben,
leg ich meine feder weg, und begere nichts zu schreiben.
I.OCAÜ 2, 9, -29 :
dieses begehr ich niclit zu sagen oder zu wünschen. Schcp-
pius 230; jetzo ist kein mensch, der mir für ein dutzet lause
begehrt einen doppelschilling zu geben. Schuppius 241.
b) oder mit dasz: wir begeren aber, das ewer ieglicher
denselben fleisz beweise. Ebr. 6, 11; als Paulus die epistel
an Timotheum geschlichen und begehret, dasz man solle thun
bitte, gehet. Scbuppiüs 385.
6) begehren, ganz allein, ohne casus und folgenden satz,
stehend hat (wie heischen) den sinn von betteln: dasz zwei
ding vcrdriesziich sein. L der arbeit machet denen, die nicht
mehr uiüszig sein, als wann sie müszig sein. 2. der vor einer
thür stäls begehrt. Schlppics 762. vgl. nihd. gerndiu diel.
7) sich (sibi) begehren, irie sich wünschen:
ihr taplren cavaliers, die ihr in lieb und walTea
tu leben euch begehrt. Logau 2, 1, 37 s. 12.
8) wohin begehren, an einen ort begehren (zu gehen, kom-
men) : er begehrt (verlangt, will) fort ;
der cl>risilich glaub ist wol gecründl,
von vil propheien lang verkünOt,
mit wiiiiderzeiclien wol bewert,
manch weiser hat darein begert.
SCIIWARZKNBI^IG 154, 1 ;
die insul, wo ihr hin begehrt. Sciilppils 717; Vicilleville ver-
sicherte ihm, dasz er nicht in die Stadt begehre. Scuii.ler
10S2; indem es ihm unmöglich schien bleiben zu können,
sah er sich erst um, wuiiin er rieiin eigentlich begehre. Götiie
10, RS ; die lieilipkeit dieses trielis (des ehrlriebs), der, wie die
Sittlichkeit, über leben und tod hinaus begehrt iui nachrühme.
J. Paul naehddmm. IT.
9) auf ähnliehe weise verbindet sich begehren mit einem
adj. des praedicats, wobei man wiederum verba in gedanken
haben kann: er begehrt das tuch fein, den wein stark, den
becher voll (zu haben, zu trinken);
die Jugend ist ja werth,
dasz man an ihr den zäum nicht allzu kurz begehrt.
LoGAC 3,218;
dann begehrt aus seinem scbosz
die gefangne selbst nicht los (zu kommen). Götz 1, 49.
ebenso bei wünschen, wollen, verlangen, fordern.
BEGEHREN, n. petitum, begehr, verlangen, wünsch. Fi-
scHART, unter den spielen, nennt eins n' 100: was wer dein
gröst begern?;
ach, soll ich nur, o mein besehren,
nach meiner wahren lieb und klag,
nach solcher zweifelfreien plag
allzeit nur meinen zweifei hören? Weckhkriix 39S;
mit begehren, sub pelito. pers. rosenth. 7, 1 ; gott erfülle dein
begehren. Schcppics 731; auf dein begehren; in sein begeh-
ren willigen, es abschlagen :
bedenke was du thustl du kannst des kaisers
begehren nicht erfüllen. Schiller 340*.
BEGEHRENSWERTH , appetibilis: kein begehrenswerther
zustand.
BEGEHRER, m. petilor: von sundrer gnaden oder lieb
wegen, die der geber zu des begerers person hat. Riedrers
rhetorik. Friburg 1493 fol. bl. 103'.
BEGEHRERIN, f. petilrix.
BEGEHRIG, cupidus, begierig:
denn, wie mich dunkt, ist kaum halbjerig.
sie sprach, ich war euwr sehr begerig. B. Waldis 4, 71 ;
(hett) ir viel gelehrt, welch waren lehrig,
und derselbigen kunst begerig. 4, 72;
warumb er nicht seinen Schwiegersohn unter die cur dieses
arztes zu geben begehrig. pers. rosenth. 2, 37.
BEGEHRLICH, cupidus, expetendus, mhd. begerüch, vgl. be-
gierlich :
nach allem köstlichen
sU°eckt er begehrlich seine bände aus. Schiller 590;
ach ist der wein denn nicht die sflszeste und begehrlichste
unter allen himmlischen gaben. Betti.ne br. l, 117 ; die be-
gehrlichsten menschen sind die schlimmsten ; ein begehrliches
(wollüstiges) weib.
BEGEHRNIS, f. n. appetitus, desiderium: sie lieszen ihre
forderiingen und begehrnisse sich zusichern. Beckers wellg.
13, 391.
BEGEHRUNGSKRAFT, f. unsere begehrungs- und vcrab-
scheuungskräfte. Lessixg 7, 154.
BEGEHRLNGSLOS, frei von begierden.
BEGEHRÜNGSVERMÖGEN, n. das vermögen, durch seine
Vorstellungen Ursache von der Wirklichkeit der gegenstände
dieser Vorstellungen zu sein. Kast 4, 104.
BEGEHUNG, f celebratio, feier: Hippias, nachdem er den
olympischen spielen (deren begehung in dieses jähr fiel) sei-
ner gewohnheit nach beigewohnt hatte. Wieland 3, 139; es
kam endlich dazu, dasz Proteus bei begehung ihrer myste-
rien ergriffen wurde. 27, 10 ; ich wurde mitten in der bege-
hung unsrer heiligen mysterien ergriffen. 28, 36 ; bei uns, wo
alle feieilichkeiten kurzröckig sind und wo die gröszte — mit
dem gewehr auf der Schulter begangen wird, möchte so et-
was nicht am orte sein, aber hieher gehören diese schlepp-
rockc, diese friedlichen begehungen. Göthe 27, 130. man sagt
auch begehung von der wirklichen that: die begehung des Ver-
brechens.
BEGEHl'NGSSÜNDE, /■. im ^e^msafzsur Unterlassungssünde.
BEGEIFERN, saliva foedare, mit geifer besprütxen:
begeifert »chleier, hemd und rock, fastn. sp. 1212;
begeifert kränz und braute. GCmther 482 ;
blutbegeifert. UrockesI, 4';
das kind hat sich begeifert; lasz du dir das heilige wort
Walhalla doch nie auf die lippe kommen, du konntest dich
ja nicht einmal enthalten, dasz du es nicht mit hämischea
begeifertest. Klopstock 10, 290 ;
wie? du begeiferst den meister? I'laten 145.
BEGEILEN, stercore taliare, laetificare, gilt von pflanzen,
zumal Weinreben, s. geil, geilung. "
BEGEIN, f jetzt begine, was man sehe: so besolden sie
klapleut, all begeinen, die vorher gehen. F)tA>K welfb. 131*;
nonnen oder begeinenzälier. ein begein neine gelt und weinet
eim einn ganzen lag. sprichw. 1,47*; dolle begeinen. bienenk. 222';
1291
BEGEISTEN — BEGELLE
BEGELTUNG — BEGIERDE
1292
pfaiTen, inönclie und begeinea
sind nicht so lieilig als sie scheinen. Sihrock 7776.
BEGEISTEN, inspirare, divino spirilu afßare: durch eigne,
lebhafte kraft begeistct werden. Lohenst. Arm. l, nie ;
laszt euch einen gott begeisien. Göihe 2, 293;
wenn liebe je den liebenden begeistet. 3,26;
also bleibt beim tafelfest
zuletzt des salzes krume, die man prüfend streut,
ein ireflith Sinnbild dessen was begeistend wirkt,
geselligkeit belebet, freund und freund bewährt. 11,372;
ein paar begcistetc goldstiicke (bei der Danae). 44, 220;
alldort empfangen uns begeistet
geschniacksgerüche. 47, 184 ;
lebet in einander, o ihr beiden,
geist beseelt, begeistet seele du. Rückeri 192.
BEGEISTERER, m. inspirator: aber dasz er sich fast in
einen mystischen begeisterer darüber verwandelt, würden sie
kaum glauben. Herder bei Merck 1, 35.
BEGEISTERN, spirilus indere, inspirare: die feurigen lie-
besseufzer, mit welchen sie, wenn es möglich, seine erstarrte
gebeine begeistern würde. Gryphius ; indem sie allzeit den
tod zur ruhe gejagt und die zunge mit neuer lebenskraft
wieder begeistert hat. Weise kl. leute 9 ; dasz unter so vielen
mehrenthcils sinnreichen und begeisterten cörpern allerhand
streiche passieren. Felsenb. 2, 37 ; weil er sich eben damals
in etwas begeistert {betrunken) hatte, tveslf. Robinson 258 ;
stellt des künstlers band
die körper fast begeistert für. Brockes 6, 223;
o wie begeistertest du mich,
wein, der entzückung quell und zunder. Hagedorn 3, 132;
es scheinet, dasz sich damals auch über andere gesittete Völ-
ker ein allgemeiner geist ergossen, welcher sonderlich in die
kunst gewirket, dieselbe begeistert und belebet habe. Win-
kelmann 3, 219; auch die liebe begeistert zu gesängen mehr
als das helle morgenroth. Sal. Geszner;
begeistert reiszt euch durch die nächsten zonen
ins all und füllt es aus. GötheS, 85;
als man hörte vom rechte des menschen, das allen gemein sei,
von der begeisternden freiheit und von der löblichen gleichheiu
40, 289 ;
das alte testament sah er {Christus) als hieroglyphen an, als
Schattenbilder, die er begeisterte. Hippel 8, 209 ; zwei nach-
tigallen, wovon die eine unsere insel, die andere die nächste
insel besang und begeisterte. J. Paul uns. /oge 3, 104; die flü-
gelthüren eines begeisterten concertsales. Tit. 3, 46 ; er ist be-
geistert (betrunken). Lichtenberg 3, 73.
BEGEISTERUNG, f. inflammalio, impetus divinus: himm-
lische begeisterung ; begeisterung für Vaterland und freiheit;
glühende begeisterung für alles schöne und gute;
begeistrung ist keine heringswaare,
die man einpökelt auf einige jähre. Götde 2, 301.
dann auch rausch, taumel: er trank als dichter gern starke
begeisterung. Siegfr. von Lindenb. 1, 126; abends erzählte er
in der begeisterung des Rheinweins einem jungen novizen
seinen träum. Klinger 3, 8.
BEGEITIGEN, invidcrc, von geitig, mhd. gitic. Oberlin 106.
die ältere gestall des folgenden.
BEGEIZEN, invidere, aus geiz nicht gönnen, gebildet wie
beneiden :
wenn man den'armen zwengt und seinen schweisz begeizt.
Wiedemann dec. 88;
hiDg^ euer herz nicht mehr an den begeizten kästen.
GÖnther 594:
ohne Ursache zu haben, bei jetzo ohnedies nahrungs- und
geldlosen zelten andern weniger bemittelten die gelegenheit
etwas zu verdienen durch ihre begeizende amtsverwesungen
zu enlrciszen. Leipz. avanl. 2, 102 ;
weil man den unerschöpften meistern
die lorbeern nur umsonst begeizt. Lessing 1, 57.
BEGELLE, adv. profeclo, oninino, eine verdunkelte bellicue-
rung: bei gOle, medius ßdius. Dasypodiüs 302';
begelle, berr, dem ist also. Dirck ehespienel 151 ;
unsers nachbars Michelein,
der musz bei gollc werden mein.
llofFK. rjescltgch. liedcr 232.
be ist offenbar die praep. bei, doch bleibt das subst., dem sie
vortritt, schwer zu deuten, man kmnle an bei gott denken,
wie gott in andern fallen mehr absichtlich geändert wird, aber
auch ans Schweiz, gelle, laute stimme (Stai.u. 1, 139), an gol,
göli hahn (Stald. 1, 463), kaum an gelle und den bekannten
zuruf gell für gell (Schmeller 2, 31. Scumiu 227). eine zutam'
menziehung aus 'bei gotts beule' (vgl. götz byl in Mürners
luth. narren 1806) wäre stark.
BEGELTUNG, f. remuneratio, Vergeltung: sollen sich dann
alle catholische mit iren viln centnern gute werk und Ver-
diensten ohn begeltung verrechenen? bienenk. 96*.
BEGENIEN, das gcnie einreiben, eintränken:
laszt ja den gricsgram gehn!
er weisz euch (schutbuben) zu kuranzen,
wird euch mal begenien,
dasz euch die steisze glühen. Borger 21*.
BEGEVATTERN, evocare aliquem propatrem, einen zum ge-
vatter machen: sant Peters oder sant Marx oder eins andern
heiligen begevatterter maurbrecher. Garg. 1S2'.
BEGEWÄLTIGEN, captivare, in gewall bringen, unterjochen:
und sie begweltig samb mit trutz. H. Sachs IIL 1, 106':
die ie wolten begwelting (d. i. begweltigen) mich.
III. 2, 155";
die freund und armen tag und nacht mehr denn die feinde
begewältigen. Fronsp. 1, 98'; es sol auch keiner alte leut,
priester, prediger, frauwen begwältigen noch erwürgen. 3, 16' ;
in welchen die natur begweltiget und gleichsam als underge-
trucket wird. Würtz wundarzn. 3.
BEGEWALTIGUNG, /". coactio: den gewaltthätigen mutwill
und gelüstige begewaltigung. Garg. 216*.
BEGHART, »n. laienbruder, frater conversus, dem weiblichen
begine entsprechend, w. m. s. Frisch 1, 76*.
BEGIER, f. cupidilas, cupido, dcsiderium. in der bibel
schreibt Luther begirde, nicht begir, in seinen Schriften 3, 21
steht: geschrei ist nicht anders, denn ein seer starkes, ernst-
liches begir der gnaden gottes, wo vielleicht beger zu schrei-
ben ist. denn begir, begier scheint, wie das einfache gir, gier,
stets weiblich.
0 herr der küng, euch ralhen wir,
erhöret diser leut begir. Scuwarzenberg 108, 1;
nach pusz des gelts siät mein begir. 135,2;
den menschen scheidet von dem thier,
das er bezwing sein pös begier. 144, 2;
geiz und hoffart ist mein begir. 146, 1 ;
und brennen zumahl von begihr,
bei diesem einzug sich zu Üuden. Wbckheiu.in 348;
zu dir, herr, zu dir,
der du mein trost und mein begihr. 155;
des himinels freude dort, der erde segen hier,
ein mehres weiter nicht, ist täglich mein begier.
LOGAU 1, 3, 35;
dein tod, dein tod am kreuze
bring, herr, mich ganz zu dir!
wie mächtig mich auch reize
die sündlicbe begier. Klopstoce 7, 234;
0 lebensreiz, o glühende begier,
0 lebensreiz, welch rätsei bist du mir." Gotter 1,319;
der geist, der in euch wohnt, der nach Unsterblichkeit
voll unstillbaren durstes schmachtet,
mit zitternder begier die dunkelheit,
die euch umhüllet, zu durchbrechen trachtet. 1,402;
folgte begierde dem blick, folgte genusz der begier.
GöTHE 1, 262;
bring die begier zu ihrem süszen leib
nicht wieder vor die halbverrücktco sinnen. 12, 174;
0 der reizenden begier,
wie nach mir du sehnest. Röckert3.52;
wo wir die mcnschheit ganz, und menschliche begier in allen
ädern fühlen. GötheS, 275; mit unnatürlicher begie» trinken
hier einzelne Völkerstämme das ausgesogene blut ihrer feinde.
Humboldt ans. der nat. 1, 37.
BEGIERDE, f. dasselbe, in prosa aber gewöhnlicher, von
Luther auch neutral gebraucht: schlemmen ist niil änderst, dan
ein unordenliche begird zu essen und zu trinken. Keisersb.
Sünden des nninds 4* ; das heiszl unordenliche begird, die da
nit ist nach ordenung der Vernunft. 4'; die begierden tödten
den faulen menschen. U* (nach spr. Sal. 21, 25); Eva gewann
ein begird darnach, das sie ein apfel versucht, u'; du soll
fliehen und dich entziehen der bösen begirden. 12"; solch
gelust und begird sol man ausztreiben. 43*; hab ich den
dürftigen ir begirde versaget? Hiub 31, 16; wer gibt mir einen
verhörer, das meine begirde der allmechtige erhöre ? 31, 35 ;
berr für dir ist alle mein begird und mein seufzen ist dir
nicht verborgen, ps. 3s, 10 ; mer aus begirde der furcht, dan
aus böser lust. Tob. 6, 23; nicht sihet er an die schönen
Wort und groszc werk der reichen, weisen, heiligen, sondern
allein das begirde und gebet der die nichts haben. Luther
1, 38*; eurm begird nach. br. 2, 060;
des feinds begird und werk vernichten
mit weisem rat und schneller thai. Wkckhkrlin 365 ;
1 293 BEGIERDENFREI — BEGIERLICUKEIT
worfür du einen ekel hast, dazu hab ich eine begierde. f>ers.
Tosenth. 1, 9; dasz wir im geiste lebendig und in begierden
todt sind. 2, 3S ; begierde zu vernünftigen Sachen, jters. baumg.
3, 21; du wollest meinen feinden ihre begierd nicht lassen.
ScHCPPrus 6S3; die höchste begierde {der wille gottcs). die
möglichkeiten der dinge, die durch die göttliche natur gege-
ben sind, werden mit seiner groszen begierde zusammen-
stimmen. Ka>-t 6, 44 ;
und die beOeckende begierde
von deinem zarten busen abgewehrt. Schillkr 22";
herzliche liebe verbindet uns stets und treues verlangen,
und den Wechsel behielt nur die begierde sich vor.
GöTHK 1, 279;
weil dein vater, aus nie zu sättigender begierde des besitzes,
dich mit einer reichen frau verband. 17, 9 ; das unglück ist
geschehn, das herz des volks in den koth getreten und kei-
ner edeln begierde mehr fähig. (Usong). 42, l; er brennt vor
begierde dich zu sehen; er läszt seinen begierden den züg«l
«chieszen.
BEGIERDENFREI:
in ibrem heitern still vergnügten
begierdenfreien aug. Wielamd 18, 83.
BEGIERDENSPEISERIN, f.: er kan alle nacht die begier-
denspeiserin und sein vergnügen im arm küssen, pcrs. ro-
senth. 7, 20.
BEGIERDE.NZÄHMER, m.: und ist dis nit ein genugsam
wunderlich mirakel, die kraft und tugend diser gewaltigen
fleischdemmer und begirdenzämer zu erweisen? biencnh. 27'.
BEGIERHORIG, avide audiens, audiendi cupidus: demnach
frommen Christen der loblichen statt Lucern ich als ein un-
aciitbarer, üch, als den begirhörigen, Christum zu verkünden
beruft und beschriben bin. antwort bruder Conrad Scbmids
uf etlich uiderred. 1522 4' Ab.
BEGIERIG, cupidus, meist mil dem gen., doch auch mit
praeposilionen : sie sind beging nach iren Sünden. Hos. 4, 8;
ir seid begirig und erlangets damit nicht. Jac. 4, 2 ; des evan-
gelii begirig. Luther 3, 2S'; da die keiserin wider das schif
begierig war, wollen sie die nicht darein lassen, buch d. liebe
6'; der mönch mit begierigem herzen dem marschalk unter
äugen ritt. Galmy 322; die hecknater ist begierig der milch.
FoKEK ßschb. 202'; die Römer waren des Streits begirig. Rihel
Liv. 311 ; ist des lobes so begierig gewesen. Opitz 1, 5' ; ein
begierig herz etwas zu lernen, pers. rosenih. 2, 32 ; des gewin-
stcs begierig. 3, 27 ; seine be^erige netze ausbreiten, pers.
haumg. 2, 18 : die begierige etwas zu erlangen. 6, 8 ; dasz ein
schaf und ein esel seien der dienstbarkeit überdrüssig und
der freiheit begierig worden. Schcppils 352; sein begieriges
gemütc. unw. doct. 455 ; ich bin begierig, was noch daraus wird ;
du begieriger mann, in Unverschämtheit gehüllei.
Stolbkrc 11, 11;
als alle weif, begierig nach dem neuen,
der ernsteu Teier sich entgegendrängte. Schiller 503;
und zuletzt, des lichts begierig
bist du Schmetterling verbrannt. Göthrö, 26;
ki'ihue phönikische m:inner, begierig mancherlei reichlhums.
40, 361 ;
mancher entschlossene mann, auf abenteucr begierig.
40, 362.
BEGIERLICH, cupidus, expelibilis: die drit predig sagt von
lu vil essen und trinken und von begirlichem nachlaufen und
anhangen dem geschleck und der füllerei. Keisersb. sünden
des munds 89'; und ist nicht lieblicher, begiHichcr ding zu
hören, denn sünde, tod, helle zu vertilgen. Luther 1, 182";
aus begiriichem willen, dich zu erkentnis dein selbs zu brin-
gen. 3, 189;
und machen dich begierlich wandern
von einem laster zu dem andern.
II. Sachs I, 343' unrfo/lt;
denn, wie du weist, ist veründerung und was neuwes aihveg
lieh und begierlich. Kirchhof trent/unm. 63; welches denn bis-
her bei etlichen was begier- und annemlicbcn gcwesL Fro^sp.
1, sueign.;
so solt man begihriglirh und billich
schätz einsamlen in die küsten. Wickokblik 418;
der begieriiche bauch, pers. baumg. 6, 6; ihme von diesem
allem zu antworten begierlichen {cupide). Schlppics 762; ein
kleiner drache begieriich nach der anlockenden beute schauend.
Göthe 39, ISO.
BEGIERLICHKEIT, f. eupiditas, libido: dadurch wollen die
poelen bedeuten, das zu denselbigen zeiten die menschen
viel berler denn die stein, unsteter deno die flieszenden was-
BEGIERLOS — BEGIESZUNG
1294
ser, und allein den begirlichkeiten unterworfen gewest sein.
Gregor. Waoer comedi, die da leret, das untrew seinen eigen
herrn schlecht. 1547 rorr. ; so sie (die planeten) harschen im
lauf microcosmi, und kommen in die begirligkeit des euszem
firmaments, und ziehen an sich wie die erden den regen.
Paracelscs 1, 243*; mit begierligkeit etwas newes zu erfahren.
Kirchhof wendunm. 164; in summa Borgia ward papst, und
begab sich frei auf alle wollust und begierlichkeit des flei-
sches. bienenk. 220";
jetzt, nun ich sonst entgangen, *
und die begierligkeit mich wenig meistern kan,
steckt Flavia mich dort als neues feuer an. Opitz 2, 178;
begierlichkeit den fisch und vogel treibt ins garen, pers. ro-
senih. 3, 21 ; so lange dein mund aus begierlichkeit sich öf-
nel, wird das geheimnüs der verborgenen erkänntpis dir kei-
nes weges kund werden, pers. baumg. 3, 16 ; bei dieser groszen
begieriigkeit zu dem r£giment. Schlppics 415; es würde we-
niger gefahr sein, einen schlafenden löwen, als die begier-
lichkeit dieser leute aufzuwecken. Wi£i_vxo 7. 46 ; verschiedene
beispiele eines schleunigen und blendenden glückes, welches
auf diesem wege war gefunden worden, reizten die allge-
meine begierlichkeit. 7, Sl ; er hat sich angewöhnt, so wenig
zu bedürfen, dasz die begierlichkeit ihn selten zu thorheiten
verleitet. 8, 75. die Schreibung begierligkeit ist falsch.
BEGIERLOS, cupiditalis expers:
ihr, die ein rascher schwur verpflichtet,
die schönste Sünderin begierlos anzusehn,
seht, welchen zoll Kombab der tueend hier entrichtet.
Wielind 10. 264.
REGIERSAM, avidus : eine begiersame katze. pers. baumg. 6, 2.
BEGIESZE.N, perfundere, ahd. pikio^an, bigiajan (Graff 4,
284), mhd. begießen (Bes. 1, 541), nnl. hegicten, mit icasser
netzen, beschi'Uten: so man das ausz grebt und mit hast ver-
bindet und mit Wasser unden begüszet. Keisersb. süuden des
munds 63'; Jacob aber richtet ein steinern mal auf an dem
ort, da er mit im geredt hatte, und gosz trankopfer drauf,
und begosz in mit öle. l Mos. 35, 14 ; wenn der staub begos-
sen wird, das er zu häuf leuft. Hiob 3S, 38 ; ich habe ge-
pflanzet, Apollo hat begossen, aber golt hat das gedeihen
gegeben. ,1 Cor. 3,6; so ist nun weder der da pflanzet, noch
der da begeuszet etwas, sondern gott, der das gedeihen gibt.
3, 7; der aber pflanzet und der da begeuszet ist einer wie
der ander. 3, 8 ; also sind die feinde Christi auch so rach-
girig und heisz begossen. Lcther 5, 55'; aber so heisz ist
der hasz und grim über mich begossen (ausgegossen). 6, 6*;
das wo die soon und nacht ent>ieht,
das was die soe pflegt zu begie-zen,
die für sich oder rückwärts geht.
wird als ein wasserstrom verOieszen. Opitz 1, 222;
welche ver.indening.' sehet ich baue,
pflanze, begiesze, versetze, behaue. Grtphiis 1,622;
begcusz mit einer flut von thräoen diesen hügel.
Cajcitz 178;
ich wollt vorhin mein klares gain begieszen.
Cellert 3, 38t ;
gott thut nicht alle ebner weis mit dem regen der reich-
Ihumb bcgieszen. Schippils 755; begossener hund. ScHii.tER an
Güthc 194 ; er stand da wie ein begossener hund, ganz aus der
fassnng gebracht; pflegte meistens die rolle zu iibemehmen,
wenn jemand schlage kriegen oder begossen werden sollte.
Göthe 18, 240; das heisze ich doch fürwahr sich bcgieszen,
um seine kunsl im fleckauswaschen zu zeigen. Licmtenherc
5, 14! ; sie hatte in Maienihal noch gepäck abzuholen, freund-
schaften zu begieszen. J. Paii. Hesp. 1, 126 ; und als der mond
mit seinem erdenlicht die wangen der unbekannten erschei-
nung begosz. 1, 248; ein graues land, das die sonnensichel
mit einem eklen, erdfahlen licht begosz. Tit. 4, 52. die nase
begieszen heiszt sie zu tief ins glas stecJcen, sich mit wein be-
gieszen, betrinken: der cavalier weisz nicht, wie er mit die-
sem närrischen weihe dran ist, denket bisweilen, sie habe
sich etwa die nase begossen, ehe eines mannes 340 ; stänker
und saumägen, die ungezankt und ungeschlagen nicht leben
können, sonderlich wann sie die nase begossen. Mdhberc I,
144'; er hat sich die nase begossen. Lichtexberg 3, 76. nnl.
een werk begieten, lustig auf den fortgang eines geschdfls
trinken.
BEGIESZKRL'G, m. guUurnium, Hemscr 247, besser giesz-
krug, gieszbecken.
BEGIESZLNG, f. die mehr sprachen reden kann als die
apostel vor ihrer begieszung. J. Paul teuf pap. 2, 2t7 ; der arzl
verordnet ihm kalte begieszungen.
1295
BEGIETEN— BEGINE
BEGINENBUSZE — BEGINNEN
1296
BEGIETEN, falsche Schreibung für begüeten, begüten, gut
machen: „ , , „,.
mii falschem mund ein sach begieien. Mlrnebs schelmem. ib .
BEGIFTEN, dotare, donare, begaben, nnl. begiftigen:
drumb liai goit ... ilisz herlich neuw edict
reichlich bcgifiei und gespickt, v . 4
mit bricf und siegel stark muniert. B. Waldis tsop i, 1,
unzehlich vil der messen stiften, • . „ „
ir pfaffen gar herlich bepinen. papstisch reich 3,6;
eine tochter begiflen, ausslatlen.
> BEGIFTUNG, f.: auf das aber auf der churfürsten erlan-
gete kaiserliche begiftunge an dem entfang der lande kein
abbruch geschehe. Micrälius 3, 484.
BEGINE, f. laienschtvesler, nnl. begijn, bagijn. seil dem
eilßen jh. bildeten sich in den Niederlanden frauengesellschaf-
len der beghinen, seit dem dreizehnten männervereine der beg-
harde, im vierzehnten, zunächst von Antwerpen aus gesellschaf-
ten der loliharden, die sich allesamt rasch ausbreiteten und an
manchen orten, wie z. b. die beginen in Köln auszerordenthch
zahlreich wurden, es waren freie, geistliche genossenschaften
ohne gelübde, die in abgeschiedenheit von der weit leben und
nur durch das band der liebe und wollhäligkcit mit den ilbrt-
nen menschen verbunden bleiben wollten, diese barmherzigen
Schwestern und krankenpßegerinncn kamen aber im verlauf der
zeit gleich den begharden oft in den Übeln ruf der ausschwei-
fung, kupplerei, gleisznerei und trunkenheit, sie sanken m der
öffentlichen meimtng so tief, als sie sich anfangs gehoben hat-
ten, wie allenthalben eine menge stellen in den chroniken be-
zeiiqen {vgl. oben begein). man sehe Mosheim de beghardis et
beohinabus, ed. G. H. Martini Ups. 1790. Ducange 1, 637.
638. Frisch 1, 76. 77. C. Ullmanns Joh. Wesscl s. 391. 392.
RAYNOtARD s. v. bechina, beguina (mit einem beleg aus Petre
Cardinal, um 1230), t(. beghina, franz. beguine. Das offen-
bar unhochdeutsche wort erfährt vielfache ableilung, von einer
angeblichen stifterin Begga oder einem Stifter Begue, von dem
engl, beg betteln, beggar bettler, von beguin kappe oder schleier,
welche solche leutc tragen; ja Huydekoper op St. 3, 449 führt
begyne auf die Albigenser zurück, welche ketzer auch diesen
nameh empfangen. Wie aber, wenn das gar noch nicht ags.
und altengl. beg ttnd beggar selbst erst aus dem betteln der
beginen und begharte entsprungen wären? die behauptung
scheint kühn, es käme darauf an zu ermitteln, welche englische
schrißsteller sich des verbums beg zuerst bedienten; das Or-
mulum, Chaücer und Plowman haben es noch nicht, was den
Schleier, die haubc beguin, nd. begienken, ein kinderhäubchen
angeht, so könnten diese auch erst nach der tracht dieser leute
so heiszen, wiewol der timgedrehte fall möglich ist.
Und gebot ouch (bapst Johannes a. 1332), das men alle be-
ginen und zuilebruder oder begeharde solle abetun, die do
anders kleider drugent denne andere wellliche liitc. Königsho-
FEx s. 200 ; es ist ein misbrauch, das die jungen beginen zu den
siechen gond. ja der siech tut inen nüt. es ist war. ist die
frau siech, der man ist aber nüt siech, ist der man siech, der
knecht in dem bus ist nüt siech, oder der veller, der zu
siechen gat und kumpl lugen, wie er lebe, sie gond ouch
elwan usz essen, es were besser, du schiklesl inen heim,
es Süll den stab nieman an sich nemen under den frawen,
sie wer denn vierzig jar alt, wiewol etlich sprechen sechzig
jar. Keisersberc bei Schiltcr gloss. 95'; item die do habend
die drei hohen glübden gethon als etliche beginen und gei-
slerin, dieselben seind pflichlig, die siben zilen zu betten.
pust. 2, 32; das mag nit beston, es niinpl ab, es sei in
phaEfen, münclien oder in beginen oder ciosterfrawen, .so ist
dise Icichlfeiligkeil falsch. Sünden des munds 5l'; da kamen
die beginen und legten den todtcnbaum widder uf die bar.
Eulensp. cap. 94 ;
jetz kompl min Schwester Irmelirut,
die ouch Ireit ein schelmcnhut,
im rficken hal da» schelmeiibein.
»i wil ouch leben in der gemein
und die dri gelubd volliriiigcn,
wann sie vol ist, metien .singen,
facht «i das scheimcnbein an jucken,
so laszl si sich herumbher hucken,
noch blibl sie dannocht ein begin,
und laszi sich schellen jiinkfrow drin.
Murnkr narrcnbescliw. cnp. 24, (8;
nuch al beginen lad jch her,
dan ir regel ist in zu srliww. Ittlhcr. narre iOif>\
ich kan mich weder 4icben, legen,
und nit ein glid am leib nie legcn,
ach hestcl mir doch ein slarke begein,
doch das sie müsi ein jiinkfraw sein. 463«;
si müst nun stets daheimen sin
und gar inihan (eingezogen) wie ein begin.
trag. Job. Q 1 ;
bei aller beginnen geduld! H. Sachs III. 3, 44';
alle die winkel der frawcnklöster, unter denen etliche begi-
nen sein, etliche nonnen, die dritten frawen, die vierten ca-
nonicessin oder domfrawcn. biencnk. 28"; luttersche beginen.
Dan. von Soest s. 68. 79. 84.
BEGINENBUSZE, /". escae molliculae, leckerbiszlein. bte-
nenk. 27*.
BEGINENHAUS, n. domus in qua degunt begmae, mlat.
beguinagium.
BEGINENPFLASTER, n. concubina: so sähe er ihm umb
ein bezopftes beginenpflaster umb. Garg. OO'.
BEGINN, «i. initium, principium, anfang, vgl. anbeginn,
ähd. pikin (Graff 4, 215), mhd. begin (Ben. 1, 529"), nnl. be-
gin: im beginn aller dinge; im beginn des jahrs; der be-
ginn, ausbrach des kriegs; das ist ein guter, übler beginn;
für gutes böses geben ist schändlicher beginn.
^ LoGAU 1,10, 27;
der vater gab dem söhn als vater den beginn. Opitz;
ihn seines beginnes (forxaJses) zu überzeugen. Opitz Arg. 2, 32.
BEGINNEN, incipere, ahd. pikinnan (Graff 4, 209. 210), mhd.
beginnen (Ben. 1, 528), nnl. beginnen, goth. aber duginnan. in
die form und bedeutung dieses Wortes zu dringen wurde bei
Haupt 8, 14 — 20 gesucht, worauf hier verwiesen weiden musz.
es ist nemlich eine auffallende eigenheit des hochd. dialecls,'
dem praet. sowol schwache als starke ßexion zu verleihen, ahd.
pikan und pikonda, mhd. began und begonde, begunde, nhd.
begann und begonnle. began und begonde scheinen sich aber zu
verhallen wie kan und konde, kann und konnte, d. h. begonde und
begonnle, konde und konnte et» abstractes praet. zu dem sinn-
lichen praet. began, begann, kan, kann zu gewähren, welchem be-
gan und kan allmälich auch abslractc praesensbedentung verliehen
wurde, ginnan schlosz ursprünglich den sinn von schneiden,
spalten, gann den von ich habe geschnitten, gespalten in sich;
wer sich brot, fleisch geschnitten, den apfel geschält hal, der
hebt an zu essen.
Anfangen und anheben haben ein sinnliches fassen und he-
ben an etwas zur unterläge, beginnen und enlginncn ein be-
schneiden und anschneiden, so hiesz das span. empezar, em-
piczo anfangen eigentlich zerstücken, vgl. pieza stück, pezuelo
stück; nicht anders das franz. entamer = commcncer, eigent-
lich faire wnc petite incision, entamer un pain, entamer la
chair anschneiden, vgl. prov. entamenar, meltre en pieces.
Baynouard 2, 130. hierzu aber halte man das mnl. die scortse
ontginnen, entamer l'escorce. Rose 14159 ; castel ontgonnen, bürg
zerbrochen. 7340 ; tpaleis ontginnen, casser le palais. 14092.
slavische verba des anschneidcns und beginnens werden a. a. o.
seile 19 verglichen, der dort gewagten Zusammenstellung von
coepi mit capio und incipio scheint ein dreisilbiges coöpi ent-
gegen, das Lachmann zu Lucr. 4, 619, doch blosz in dieser
'stelle, nicht sonst aufweist, halten wir uns für beginnen an
die ausreichenden andern analogien.
Ahd. hcrscht die schwache form des praet. merklich vor,
mhd. halten sich schwache und starke mehr im gleichgewtcht,
doch scheint began vorzüglich der reim herbeizuführen, nhd. be-
gann erscheint wiederum erst bei den dichtem des 18j7i. Lu-
ther verwendet beginnen überhaupt nur selten, öfter anheben,
noch öfter anfangen: da sich aber die menschen bcgunden
zu mehren auf erden, l Mos. 6,1; morgen sol euch hilfc ge-
schehen, wenn die sonne beginnet heisz zu scheinen, i Sam.
11, 9; so sol euch solche unlugent sein wie ein risz an einer
hohen maurcn, wenn es beginnet zu rieseln. Es. 30, 13 ; dar-
umb ich sie auch weg gelhan habe, da ich begonsl drein
zu sehen. Ez. 16, 50; beginnet ir dem ketzer zu schreiben.
Luther 3, 33'; was aber dennoch begunst {angefaiuien) und
vorgenommen. Melanciitii. 1, 550. Folz, H. Sachs und Wal-
DI9 setzen häufig bloszcs gund oder gundt für begunde, em
solches mhd. gundc ist nicht aus Eracl. 1938. 3994 zu bewei-
sen, wo die hss. beidemal begunde lesen; die decrelen he-
cunde (es steht begönnet) man hinder die bank zu werfen.
bienenk. 4.' ; dardurch die brüder begunten sehr reich zu wer-
den. 181'; begunnte steht in Brandts Taubmanns, tl, begünte
vn l'ini.AND. ed. Lugd. 3, 236, begunsle bei Ai.bkrus ;
fürstin, euren rühm zu preisen isl ein werk nicht meiner
sinnen, . , , , • , .
weil ich nichts tlni, was die leute durch und durch nicht
auch beginnen. Looau 3, 3, 32 ;
1297
BEGLN'Js'EN
BEG1^■^'ER — BEGLAUBT
1298
bleibt dabei, dasz menschen nur thorheit bei Vernunft beginnen.
3. 4, 80;
eine rose, die zu blühen beginnet, pers. rosenth. 5, 16; wenn
das körn zu reifen beginnet. 6,1; da beginnen die leute auch
auf den propheten selbst zuzuschlagen. 7, 20; als der knabe
sich ins wasser begab, kunte er nicht schwimmen, beginnet
zu sinken. Lokman fab. 25 ; etwa eine stunde drauf begunte
sich das weiter zu ändern, fol. maulaffe 6 ;
ein geck, der alles, was sein siolz begonate (unternahm),
recht unverschämt bewundern konnte. Gallert 1, HS;
du wogst, eh ich zu sein begonnte,
eh ich'zu dir noch rufen konnte,
mir mein bescheiden theil schon vor. 2, 117 ;
im anfang jener zeit, die goit allein beginnet. HallekIST;
entfernt vom land, wo ich begann zu leben;
eb meine knorpelhand so stark zu sein begonnte,
dasz sie mit jauchzen ihr das haar zerzausen konnte.
Lessikc 1, 1S9;
zwei musen begonnen ihren streit. Wiela-nd 9, 144;
bis endlich der älteste also begonnte {aiAub). 16, 11;
beginnt er seine geschichte dem wirth erzählen. 22, 19;
den felsen stieg ich jetzt hinan,
eh ich den schweren slrausz begann,
hinkniet ich vor dem Thristuskinde,
und reinigte mein herz von sQnde. Schiller 66^;
dies alles ist mir untertbänig,
begann er zu Aegypiens könig. 57';
gesteh ichs doch! ich wüste nicht was sich
za eurem vortheil hier zu regen gleich begonnte,
allein gewis, ich war recht bös auf mich,"^
dasz ich- auf euch nicht böser werden konnte.
GöTHE 12, 165;
Isegrim aber, der woif begann die klage. 40,6;
domino placebo begann die gemeine, sie sangen
alle verse davon. 40, 15;
endlich aber begann die würdige hausfrau und sagte.
40, 236 ;
freundlich begann sogleich die ungeduldige hausfrau.
40, 23S;
in der ersten hälße seines lebens wird dem dichter begonnte,
in der andern begann rjelduftger gewesen sein.
Es braucht kaum erinnert zu werden, dasz beginnen, wie
anfangen nnd anheben, soutol transitiv als intransitiv stehen
kann, in ihrer abgezognen bedeulung sind sich diese drei
aerba vollkommen gleich, so verschieden die ihnen unterliegende
sinnliche gewesen war: es beginnt zu regnen, es hebt an zu
regnen, es fangt an zu regnen, nur dasz uns beginnen etwas
vornehmer klingt als anfangen, ßr ein verweisendes was hast
du wieder angefangen im sinne von übles angestellt? würde
nicht leicht begonnen gesagt, und umgekehrt läszl sich von
gott sagen, dasz er die weit begonnen habe, nicht angefangen.
so schon Opitz in seiner Verdeutschung der catonischen disli-
chen buch 2, 2 :
lasz sein was bimmel sei und gou daselbst beginnt,
schaw an was sterblich ist, dieweil wir sterblich sind
(mute arcana dei coelumque inquirere quid sit,
quum sis mortalis, quae sunt mortalia eures).
Die ahd. und mhd. spräche ßigte zu beginnen häußg den
gen. der sacke (Bes. 1, 52*'), wofür heute blosz der acc. üblich !
ist. ganz eigen aber ist, dasz der meisznische dialect den i
reflexiven gen. hinzußgt, im sinne von sich gebärden, anslel- |
len: er beginnet seiner sehr albern, er stellt sich albern an;
sie sehen, wie sie ihrer beginnt, wenn ich nur ein wort er-
wähne. Chr. Fel. Weisze, trie sie sich gehabt, böse thui, gleich-
sam es mit sich anhebt, anderwärts findet sich auch bline den
gen. ein sich beginnen ähnlich gebraucht:
seht an den hünermann, wie er !<ich doch beginnt,
wann er sich sonder weib nur kurze zeit befind.
zeittertreiber J668 «. 442.
BEGINNEN, n. inceptio, eonalus, mehr thätigkeil ausdrückend
ah beginn :
zumal mich sonst noch ehrt ein anderes beginnen.
I.OGAU 3, Zug. 131 ;
eine perle von der tugend
ein christall von recht beginnen. I, 10,3;
redeten vertraulich von solchem Übeln beginnen, ptrt. rosenth.
i, 45;
der nicht ein neues unheil uad gewall-
beginnen von den vögien uns verkündet. ScRiLitR 519*;
habt ihr doch böses genug erlitten vom wüsten beginnen.
GöTH« 40, 293 ;
so gewannen sie bald mit feuriirem municm beginnen
dann die herzen der weiber. 40,290;
dies wunderliche beginnen. 40, 391 ;
und was ist dein beginnen? ScbillikSOS*;
dasz wir ahnen, wie zu enden
das beginnen dieser zeit. Ab:(ix kronenw. 1, 316.
BEGIXNER, m. auctor, Urheber, Stieler 631: dat hei is ge-
west ein beginner der kunst des gesanks. cron. van der hil-
liger stat van Collen. 1499. bl. lo';
denn solches gebührt dem beginner. Voss.
BEGINNERIN, f. auclrix.
BEGINNLOS, mhd. äne urhap. Spee trutzn. 169.
BEGINNSEL, n. eleinentum. Stieler 631.
BEGIPSEN, mit gips bewerfen, dealbare. Hemsch 1S02.
BEGITTERN, cancellare, clathrare: begitterte fensler.
BEGLÄNZEN, lumine perfundere, beleuchten, bescheineu :
sie (die blume) steht dort und vertrauet
des hiramels gunst allein,
der freundlich" auf sie schauet,
und selbst ihr trosi wil sein,
wil den verlust ergänzen
und frölich sie beglänzen
durch eines sterncs schein. Opitz 2, 5S;
die blaue ferne schlieszt ein kränz beglänzter höhen.
Hiller alp. 37 ;
die beglänzten altäre, von denen
mir anbetungen schollen. Klopstock Ji«?««. 18, 687;
den sauren kelcL des ehstands zu versüszen
beglänzien funfzehntausend thaler schon
des allen pult. Göeixge 3, 216;
die sonn ist zwar die königin der erden,
ich wäre ja von ihr beglänzt zu werden,
verneint ich dies, nicht eine stunde werth. Borger 55';
des abendsterns ersehnter schein
beglänzt den säum der flut. I'iaten6*;
die kinder liefen beglänzt durch den lärm und im hellgrünea
laub. J. P.\ci. Tit. 3, 107.
BEGLÄNZIGEN, polire, purgare, glänzend machen : die per-
len beglänzigen mit warmer semmelschmollen. Hohbebg 1, 203*.
BEGLÄNZUNG, f. corusealio, bescheinung:
heller o iraum sind deine beglänzungen. Herder 17, 113.
BEGLASEN, vitro tegere, inducere: hoch beglasete zimmer.
BEGLASTEN, splendore perfundere, was beglänzen:
du hast den thron viel mehr als dich der thron beglast.
vo.N Birke.'« OL. 330.
BEGL.AL'BEN, firmare, fidem facere:
er trau ins prcdigumpt. beglaubte mit viel zeichen
das evangelium. er heilte manche seuchen. Flkri.xcö;
meine erzehlung begiaubte ihn. Lohexst. Arm. 855; nachdem
die wesentliche Verwandlung im sacrament auf dem concilio
beglaubt worden. Wiedejiax febr. 65; wo er mich nicht für
den lebendigen teufel selbst gar gehalten und beglaubet hätte.
Simpl. 1, 241 ; der uns gutes erwiesen und seine freundschaft
mit so mancher begunstigung beglaubet. Bctschey Patmos 75.
wol bin ich mit köstlichen siegeln beglaubt (: geraubt).
Gothe 3, 6.
BEGLAUBIGEN, dasselbe: eine Urkunde, eine abschrift be-
glaubigen; einen geschäflsträger am fremden hofe beglau-
bigen ;
wodurch beglaubigt ihr, dasz ihr der seid ! Scrill» 662.
Ein beglaubigter «5/, wie beglaubter, ein agent, bevollmächtig-
ter, franz. afTide. accredite.
BEGLAUBIGI'^'G, f. firmatio:
die ewige
beglaubigung der mcnscliheit sind ja thrätien. Schiller 255* ;
musz ein neues element hinzutreten, welches das ganze all-
seitig durchdringt und im niitlelpuncte des gedichies seine
beglaubigung findet. Tieck 4, 360; die beglaubigung eines ge-
sandten ; zu dessen beglaubigung habe ich gegenwärtiges eigen-
händig unterzeichnet.
BEGLAUBIGUNGSRRIEF, m. creditiv.
BEGLAUBIGüNGSSCHEI.N, m. die geometrie geht einen si-
chern schritt, ohne dasz sie sich von der philosophie einen
beglaubigungsschein erbitten darf. Käst 2, 120.
BEGLAUBIGUNGSSCHREIBEN, n. ßdes literarvm auetorir
täte probnla.
BEGLAUBNIS, f. n. beglaubigung: ich sendete ihr diesen
Schlüssel zur bessern beglaubnis. Salinde 272.
BEGLAUBT, certus, firmus, fUe dignus:
da steht der geir, der weih und rab.
ich wei5z sie seins all wol beclaubi,
ein jeder mirs in bsouder rengt.
1). Waidis 4, 94 :
82
1299
BEGLAUBT — BEGLEITEN
BEGLEITER— BEGNADEN
1300
eine beglaubte und bekante frauw, die des feldheirn leiriwat
im feld bräuchlicli waschet. KincnnoF nn7. disc. 126;
so hat der lange weg beglaulit geniing gemacht,
was list und was gelahr uns hallen zii^'cdacht.
Fleming S3;
seine werke sollen seine jetzige erklärung beglaubt und ih-
nen wahr machen. Lohenst. Arm. 1, 28 ; mit beglaubten an-
merkungcn. Schuppiüs 635; bei beglaubten scribenten ist
eine spur davon zu finden. Hahn 1, 275; eine noch seltsa-
mere, doch beglauhtc begebenheit. Hageüohn 2, 17 ;
das herz liebt ein bcgluubtcs nichts. IlAM.En56;
durch schmeichelnde versprechen
seh ich schon deines raths licgiauhic zeichen brechen.
J. E. Sciii.EGEr. 1, 130;
zu gutem glücke finden sich in den beglaubtesten gcschicht-
schreibern beispicle genug. VViEt.ANo 1, xv; aus beglaubten
Urkunden gezogen. 6, 29 ; aus mangel beglaubter Zeugnisse.
14, 7. beglaubt sem bedeutet auch sicher sein, etwas fest glau-
ben, im glauben sein, gebildet wie gemeint sein:
. herr Idris fest beglaubt, Zenidcn selbst zu sehen ;
sie {die Hindus) tragen das amuiet am halse oder arm, und
sind stark bcglaubt, vermittelst desselben unfehlbar in den
kailassara (das paradies) einzugehen. 8, 159.
Ein beglaubter, was ein beglaubigter, ein beamter, dem
man vertrauen schenken darf, so kommt bei der judenschafl
in Berlin ein beglaubter vor.
BEGLAUMEN, prehendere, arripere, erreichen, ergreifen, er-
wischen, ein seltnes, nur bei Ringwai.d (also einem Märker)
vorkommendes worl:
und wenn er zu derselben kreucht,
was er beglaiimei, an sich zcuclit. laut. warh. 165;
zu schawen, ob ich ihn {den Kum) im grunil
des Uöhmerwalds ereilen kiiiid
und ihn bcgiaumen Tein mit list. plaifium acl 4 sc. 1.
Stiei.er 669 hat gleimcn dissimulare, sub vulpe lalere, glei-
mer Simulator, man könnte beglaumen, begläumcn auch neh-
men für erlauern, überraschen.
BEGLEICHEN, sich, se aequare, sich vergleichen: wiewol
sie {die gnomen) nicht in der sonnen schein wohnen, auch
nicht sich brauchen des licchts vom firmament, sondern das
hassen was wir lieben, und wir lieben das sie hassen, des-
gleichen mit unserm form und wesen nicht begleichen. Pa-
racelsus 2, 12'.
BEGLEISZEN, was beglänzen. Henisch 247 führt das part. be-
glissen splendens an. auswendig beglisscn, inwendig beschissen.
BEGLEISZNEHN, fallere: David von Ziba (2 Sani. 9,2) be-
gleisznert. Butschky /'«/m. 70.
BEGLEIT, n. comilalus, geleit, begleitung, entsprungen aus
begeleit: unter dem begleit der leibwacht. Servius Tullius,
München 1685 s. 121. 123; kommen mehrbenannte ausrufer
und ankündiger stracks, so darfs ohne begleit der nachtwäch-
ter geschehn. Klopstock 12, 276 ; ich sähe eine schöne gestalt
im begleite junger knaben über das feld herab kommen.
Wieland 34, 22.
BEGLEITDUNSTKREIS, m. als so spät in der nacht ... die
Prinzessin sammt ihrem begleitdunstkreis anfuhr. J. Paul
Hesp. 1, 187.
BEGLEITEN, comitari, für begeleiten, nnl. begeleiden, ahd.
nur pileitan, nihd. beleiten, wie auch Dasypodils, M aaler und
Henisch noch stets beleiten schreiben, Luther setzt aber ge-
leilen {weder beleiten, noch begleiten), erst seit den schlesi-
schen didUern scheint begleiten einzureiszen :
nun braut, glück auf den wes. das beit ist schon bereitet,
ihr frnwen, die ilir sie nach llernsiait hin begleitet,
sagt Ihr (Ins hochzellrecht zu wagen {in velnculo) lieuie für,
dann übermorgen wird sie doch schon sein wie ihr.
OPITZ1645. 2, 71;
die schwarze 'färbe steht zu schwarzen traurigkeiten,
dieselbe brauchen wir, wenn wir den sarg bergluilcn.
Flüming 177;
lüt Schuldrich gleich blutarm, ob niemand ihn gleich acht,
vird er mit mahneru doch bedient, beglcii, bewacht.
I.OGAU 3, 1, '.>'.);
laufen zusammen die bürger gleich, damit sie die unterge-
hende secl mit glücklicher Urlaub begleiten. Scnuppius 698;
(die nachiigall) um die harfe zu begleiten {accompaqner),
ihr nest mit unserm bäum veriaiisclii. GfiKiNGK 1,73;
und wer gebot dem mond, die erde zu begleiten ?
GoTTXR 1, 401 ;
wenn triue reden nie begleiten,
dann tlieszt die arbeit niiinicr fort. .Sciiili.f.r 77' ;
ernst begleiten ihre trauerschl.'ige
einen wandrer auf dem letzten wege. 79";
da ihre reden und gebärden mit einer gewissen schamhaftig-
kcit, ja man dürfte sagen Verlegenheit begleitet waren. Göthe
18,242; Jungs umschränktheit war von so viel gutem willen,
sein vordringen von so viel Sanftheit und ernst begleitet, dasz
ein verständiger gewis nicht hart gegen ihn sein konnte. 25,
315; das ganze alterthum hat dieses verfahren mit lobsprü-
chen begleitet. Kant 8, 8. bei begleitet sein kann von und
mit, bei begleiten nur mit stehn.
Einen rang, ein amt begleiten schreiben sogar gute Schrift-
steller ladelhaß für bekleiden {was man sehe) : aus keiner an-
dern Ursache, sagt Pope, muste ein solcher rang, ein solcher
grad der Vollkommenheit, als der mensch begleitet, wirklich
werden. Lessing .5, 10; ein amt begleiten findet sich z. b. in
Wilhelm von Humboldts briefen an eine freundin.
REGLEITER, m. comes, doch immer in bezug auf leibliche
mitfolge im gang: du sollst auf der reise mein begleiter sein,
der hund ist ein begleiter des menschen, der mond der erde.
also gleichviel mit gefährte, oder ahd. gasindo, golh. gasin})ja,
wie uns noch das n. gesinde, comitalus, gefolg übrig ist. ge-
nosz und gesell, sodalis gehen aber weiter und gelten auch
von der Verbindung auszerhalb der reise, obwol sich reisege-
nosz, reisegesell sagen Idszt.
^- BEGLEITERIN, f. comes f. schände würde sonst die ewige
begleiterin meiner tage gewesen sein.
BEGLEITSCHREIBEN, n.
BEGLEITSLEÜTE, pl. comites: begleitesleute. Opitz Arg.
2, 71. s. geleitsleute.
BEGLEITUNG, f, sowol sinnlich: meine begleitung wech-
selte oft; begleitung zur hochzeit, leiche; ü/5 abslract: furcht,
die schreckliche begleitung der tyrannei. in der musik, ac-
compagnement.
BEGLIEDERN, mcnibris inslruere: wol begliedert, wol ge-
staltet.
BEGLIEDERUNG, /". bei den mahlern emmanchement : gute,
schlechte begliedcrung.
BEGLIMPFEN, commode tractare, glimpflich behandeln, be-
schönigen, nnl. beglimpen: wenn sie gleich keinen liebhaber
erhören, so ist es schon unrecht (damit ich diese sache so
sehr als möglich beglimpfe), dasz sie ihn hören. Hippel ehe
5, 125. gegensatz verunglimpfen.
BEGLOTZEN, rigidis oculis contueri, anglotzen, anstieren :
er beglotzte alle ihm vorgelegten sachen, ohne ein wort zu
reden.
BEGLÜCKEN, fortunare, beare: meine frau beglückte mich
mit einem jungen söhne; dieser könig beglückt sein volk;
wenn der himmel meinen wninsch beglückte. Hippel 13, 88 ;
beglückte thoren. GökingkI, 27;
um, wenn man nicht beglückt gewesen,
doch wenigstens bemerkt zu sein. 1, 19;
beglückt, wer treue rein im busen trägt,
kein opfcr wird ihn je gereuen. Göthk 12, 87.
früher war das folgende beglückseligen mehr in gebrauclt.
BEGLÜCKER, m. felicilatis auctor.
BEGLÜCKSELIGEN, nnl. begelukzaligen : er sorgte euch
zu beglückseligen. Lohenst. Arm. 2, 965; beglückseligt mein
herz mit eurer gegenwart. Pierot 2, 102; eines von denen
Werkzeugen, deren sich der himmel sehr oft bedienet, wann
er ein ganzes land bcglückseligen will. Canitz 187 ; die Woh-
nungen der seligen würden durch die ankunft der königin
beglückseliget. Liscov 177; ewig müsse der himmel alle die-
jenigen bcglückseligen, die ihnen ähnlich sind. Lucius an
Geliert 6, 146; der tag ihrer gehurt sei mit den auserlesen-
sten Segnungen des himmels beglückseligt. 6, 157 ; vielleicht
hat sie der anblick der sonne, der uns neulich auf ein paar
tage beglückseligte, zu dem ailhaudischcn pulver verführt.
Leisewitz hr. 278 ; das bcdürfnis einer glückseligkeit und eines
beglücksciigcndi'n gottes. Fichte anw. zum sei. leben 236.
BEGI.iCKWINSCHEN, gralulari alicui, franz: fc'liciter.
BEtil.LCKWUNSCIIlJNG, f congralulatio.
BEGNADEN, gralia ornare, ignoscere, «lAd. begniden. pass.
K. 26, 62.
1) gnädig begaben: das wir wissen können, wie reichlich
wir von gott begnadet sind. 1 Cor. 2, 12; der hofnung, das
e. eh. gn. in wol mit einer andern (stelle) begnaden würden.
Luther 3, 391; mich unwirdigcn hat der liebe gott niil vielen
schönen gaben begnadet. 3, 402 ; er were denn von gott be-
gnad. 3, 412; das gott den so begnadet mit keuschheil. 4, 162';
mit tioflichen segen liegnadet. 4, 403*; wie kündle uns nu
1301 BEGNADET— BEGNADIGUNGSSPEISE
BEGNADÜNG — BEGNÜGEN
1302
gott reichlicher begnaden? 5, 404'; es sol euch ja vil fröli-
cher machen, das ir von solchem man berufen seid, dazu
begnadet mit erkentais, lusl und liebe zu seinem wort. 6,
205"; dieweil aber gott der allmechtige ewer majestat mit
sonderlicher angeborner gute und zucht begnadet. Jo.nas bei
Luther 6,452'; dennoch wil gott, das der gehorsam auch da-
mit begnadet werde. Melanchth. »»» corp. doclr. ehr. 598 ; nach-
dem ir das evangelium und der heil, boten leer so durstig
gehört, die der allmächtig gott durch mich kleinfügen sich
begnadet hat üch zu öfnen. Zwi.ngli 1, 2 ; und darum hat es
Christus geben, dasz wir daran unseren bresten erlernetind
und demnach allein zu im fluhind, der unsren bresten barm-
herziglich begnadete. 1, 11 ; die leute werden mit kindem be-
gnadet. Hedio Terlull. 2; auch begnaden und befreihen wir
unser Stadt Arnstadt. Statut von 1543. §. 70 ;
glück begnad mich eilenden. Ambr. Ib. s. 236, 24;
ingleichen haben sie etliche förnehme geschlechter mit etli-
chen erbämptern begnadet. Micrälics 3, 343 ;
ich wil ewer dürrtigkeit
mit o^einem heil begnaden. Rixgwald evang. JS* ;
den besten kämpfen mir (= wir) begnaden
mit einer ketten und einem kränz. AvaER409';
wol begnadet, guts kopfs, schon rein abgestäubet. Garg. 144*;
ein begnadeter dienen Locao 2, 1,71; mit was für einer in-
nerlichen herzensfreude ich mich begnadet und überschüt-
tet befunden. Simpl. 2, 379 ; begnadete ihn gott mit der gäbe
träume auszulegen. Schuppiüs 516;
ein jeder der zu bauen sich erkeckte
auf beiszem boden, an der scbiünde säum,
und ferue her nun die erkrankten ladet,
sieht sich mit wald und feld und trift begnadet.
GöTUE 13, 255.
2) capitis absolvere. früher auch mit gen. der sacke, aber
dat. der person : o gnedigster herr und fürst, ich hoflF ir wol-
len mir des leibes begnaden. Eulensp. cap. 25. meist blosz
begnaden, ohne beifügung der sache, mit acc. der person: die
sie aus forchten anbetten, wie die in Caiicul den teufe!, das
er ihnen nicht wöU schaden, wann er sie doch nicht könn
begnaden. Garg. 25S';
um deiner menschlichkeit willen,
welche sie alle begnadeL Klopstocc Hess. 4, 917 ;
wie diese begnadeten, Selith, es fühlen,
dasz sie es sind. 9,343;
selbst die seraphim standen um sie in trüberem glänze,
mitleidsvoll, und sabns, wie Christus begnadete litten.
12, S15;
wenn du ihn selber nicht siebest,
wird er dir doch von denen, die er begnadete, senden.
15, 533 ;
ich beschwör euch bei gott, der auch mich begnadete, bleibt
noch ! 15, S35,
doch kann auch in einzelnen dieser stellen ein begnaden erster
bedeulung stattfinden;
und da verlauten wolle,
dusz euch cur darum Saladin begnadet.
Lessi.-kg 2, in.
BEGN.\DIGEN, was begnaden, im 16. 17 jh. öfter begnä-
digen: weil ich dem man die frau begnädig (gnädig mache).
Fischart flüluitz torr. ; der zaar iäszt euch durch uns empfan-
gen, begnadigt eucli auf seinen pferden einzureiten, pers.
reiscb. 1, 6 ; liesz den gesandten sagen, dasz er sie begna-
digte seine band zu küssen. 1,7; mit was vor hämischen
blicken mein weib ihren ring an des doctors band begnadigt.
6impl. 2,389. später nur ohne umlaul:
doch noch ein blick von dir begnadige dies beeri
J. E. SCULEI.EL 1, 266;
mit einem adelsbrief musz nie der echte söhn
Minertens und Apolls begnadigt heiszen sollen. BeiiCKR;
von den Terurtheilten räubern sollte der zehnte begnadigt
werden.
BEn.NADIGER, m. begnadiger, komm trOsler, geist. Klop-
8T0CKS qei.ill. tieder.
BEGNADIGUNG, /. delicti venia, früher auch begnädigung:
ward uns wiedemmb die begnädigung der speisen von ihro
zaar. maj. tafei zugesagt, pers. reiseb. 1, 14 ; dem Verbrecher
begnädigung ertheilen.
BEGNAÜIGUNGSGESUCH, n.
BEGNADIGl NGSilECHT, n. jus aggratiandi.
BEGNADIGLNGSSPEiSE, f mit der man aus der ßrstli-
cheti küche begnadet wird: sonst ist »s wol gehräucblicli,
dasz man von gedachten begnadigungsspcisen, wenn man sie
selbigen tag nicht alle essen kan, an gute freunde verschickt.
pers. reiseb. 1, 11.
BEGNADüNG, f. gralia, dementia : freiheit und begnadung.
privil. Carl des 5. ron 1541, Frankf.ref. 1,44; weil e. hochw.
durch göttliche begnadung mit herlichen, schönen, groszen
gaben, sonderlich mit hohem verstand begabt ist. Luther 1,
US';
durch einflusz der sieben pianeien,
die mir solche begnadung iheten. H. Sachs HI. 2, 52*;
dennoch ist es begnadung, wenn du sie früher hinaufführst.
Mess. 16, 103.
ßEGN-\UEN, circumrodere, derodere, benagen: ein adler
wird darumb der edelste unter den vögeln geachtet, dasz er
die gebeine begnauet und andere thiere nicht zerreiszeL pers.
Tosenlh. 1, 19. auch Stieler /'ü/ira323 neben nagen gnagen gnauen
und 1324 beknauen auf mhd. begnagen steht im pass. K. 430,
27 ; ahd. pikinagan, bignagan bei Graff 2, 1014. dem begnauen
nahe kommt aber das mnl. becnause (benage sie). Rein. 225,
und nn/. beknaauwen, benagen, ags. begnagan, engl, begnaw.
BEG.NCGEN, contenlum esse, contentum reddere. Dasypo-
Dius hat nur vernügen, Maai.er öS* benügen. Hexisch 1499 ge-
nügen, benügen, vernügen, auch Luther nur benügen. mhd.
begnüegen erscheint Bo.\. 25, 53. SS, 9, ico aber Pfeiffer mit
recht icieder benüegen herstellt, nhd. begnügen kommt im 17
jh. durch die scblesischen dichter auf, doch das adj. begnflgig
galt schon im 16 jh. s. benügen und genug.
1) unpersönlich, sufficit (vgl. golh. binah und ganah): daian
begnüget mir, täglich etwas aus meinen lästern abthun und
meine fehler strafen. Opitz 1, 150 nach Seneca : hoc mihi sa-
us est, quotidie aliquid ei vitiis meis demere et errores meos
objurgare ; sein schlechtester bescheid darauf soll mir begnü-
gen. Lessi.^g S, 392. heute in diesem fall genügen, nichl mehr
begnügen.
2) transitiv, zufrieden stellen, befriedigen, franz. contenter:
so dasz euch die nalur.fast mehr als uns vertrauet,
die tausendkünstlerin, die euch noch nicht begnügt,
^il ihr in eine weit des Epicurus fliegt. Opitz 2^ 3S,
falls euch der acc. ist, nahm ers für den dat., so fällt die
construction zu 1;
ich begnüge meine sinnen,
dasz ich gleichwol schreiben kan,
was von andern wird gethan. 2,63;
dasz sie dort die gestalt mit milde mehr begnügt.
als dieses faerzens sinn das dir im busen liegt. 2, 149 ;
sein verlangen begnügen. Opitz Arg. 1, 551 ; eure kunst und
Wissenschaft, eure redlichkeit und aufHchtigkeit hat mich also
contentieret und begnüget. Schuppiüs 473 ; ich werde sogleich
mit dem in zwei tagen abgehenden postwagen diesem gnä-
digsten willen folge leisten, um. ew. hf. durchl. zu begnü-
gen. Merck 2, 221; begnügt euer einPalliges gemüt, ihn von
herzen hoch zu halten. Tieck 2, 26; gutsein begnügt die
seele, wie das Wiegenlied die kinderseele zum schlaf befrie-
digt. Betti.ne tageb. 90. auch dieser gebrauch von begnügen
ist heute fast veraltet, man sagt vergnügen orfer befriedigen.
3) reflexiv, sich begnügen : ich begnüge mich damit, daran,
bin zufrieden gestellt, habe genug, es genügt mir: nachdem
der Verfasser diesen wichtigen unterschied an einigen beispie-
len gezeigt, Iäszt er sich auf die psychologische Ursache ein,
warum sich das exeicpel der practischcn Sittenlehre, wie man
die fabel nennen kann, nicht mit der bloszen möglichkeit be-
gnüge, an welcher sich die cxempel anderer Wissenschaften
begnügen. Lessi.nc 6, 186 ; es wäre denn, dasz sie sich gefal-
len lassen wollten, sich an ihren angestammten gutem zu
begnügen. Wiela.nü S, 460. statt mit oder an auch genitiv:
das volk begnügte sich nicht inüszigen zuschauens. Beckers
weltg. 12, 137.
4) häufig sich begnügen lassen, wo aber die fügung zwi-
schen acc. und dal. schwankt, wie doch an sich, uns, euch
Mif/i< zu unterscheiden ist, nur bei mich, dich, mir, dir her-
vortritt, richtiger scheint der ace. im kirchenlied 'was gott
thut, das ist wol gethan' hciszt es vers 2:
80 lasz ich mich begnügen
an seiner huld,
wo aber manche abdrücke setzen mir begnügen ;
bleib ich dir unversöhnt, so lasz ich mich begnügen,
dasz ich in hofuung auch dort gleichwol sterben kan.
Opitz 2, 156;
vermögend halt ich mehr den, der sich Icszt begnügen,
er achtet niemand nicht, trotzt alles was da lebt;
82*
1303
BEGNÜGEN — BEGNÜGUNG
BEGOLDEN — BEGRABEN
1304
ich traue meinem goit und lasse mich begnügen,
der wird es alles wol nach seinem willen fügen. Fleming ;
laszt euch begnügen mit eurem sold. Schuppiüs 8; ob ihr
nun zwar mit eurem verbrechen viel eine gröszere strafe ver-
dienet hättet, so will ich mich doch mit derjenigen begnü-
gen lassen, die ich euch anitzo auferlegen will. 568 ;
ach, schenkte mir mein lieber gott
nur einst mein liebes biszchen brod,
ich wollte mich begnügen lassen,
und keinen reichen neidisch hassen. Lessing 1, 83 ;
der geringe w erlh der lateinischen (Übersetzung), an der man sich
bisher hat müssen begnügen lassen. 3, 259 ; wenn er nemlich
den ganzen ersten theil in den titel des Sinngedichts bringt,
und sich den bloszen aufschlusz zu versificieren oder zu rei-
men begnügen lüszt. 8, 447; seiner meinung nach sollte ein
Kaliias sich an einer einzigen eroberung, wie glänzend sie
auch immer sein möchte, nicht begnügen lassen. Wieland
2, 174; menschen, welche etliche Jahrhunderte sich an dem
unentbehrlichen begnügen lassen konnten. 6, 100 ; sich an den
angestammten gülern begnügen lassen. 8,460; wir werden uns
mit dem begnügen lassen. 13, 189. heute genügen lassen, und
dies nothwendig mit dativ: ich lasse mir daran genügen.
5) begnügt, contentus, sufficiens, zufrieden, vergnügt, sich
begnügend: er saget, das sie wilde arme, doch in ihrer armut
wol begnügete menschen sein. Micräliüs 1, 23 ;
auf diese weis erzörnt und gar nicht wol begnüget,
sie nach dem aufgang sich auf ihren weg verfüget.
Werders 4r. 12,65;
ob in dem groszen schif ich wol gelassen leider
viel schöner sachen halt, auch edle stein und kleider,
so war ich doch begnügt, dasz es im meere flosz,
weil ich der hofiiung noch Zerbins indes genosz. 13, 18;
man lasse den beamten begnügten sold auszahlen,
so müssen sie sein redlich, so dürfen sie nicht stehlen.
L0GAU3, 9, 92;
und sind deren etliche in ihrem stand so begnüget. Philand.
1,37;
er strengte seine kräfte männlich an •
und fühlte sich von schritt zu schritt begnügt.
GÖTIIE9, 225;
begnügte sollten unter niedrem dach,
begnügte sollten im pallaste wohnen. 9,268;
dann wird man bescheiden und begnügt, Dyanasore 2, 219;
Selbstsucht, die nicht begnügt mit dem was andre thun, nicht
begnügt mit dem was sie selbst thut, die wahnsinnigsten
opfer bringt. 3,438.
BEGNÜGEN, n. iranquiUilas, deleäatio:
wie das kind im sanften wiegen,
so beruh ich im begnügen. Logau 1, 7, 87,
wozu man die unter begnügen 2 aus Bettine tageb. angeführte
stelle halle; sie liengen alle an zu lachen und hatten gut be-
gnügen an solchem scherz, pers. rosenth. 2, 29.
BEGNÜGIG, contentus: und villeicht nicht begnugig, sonder
nuch andere und weitere Versicherung begerten. Lanz Karl 5
s. 430; und do ihre k. maj. an solchen cautionen und Ver-
sicherungen nit begnugig. s. 491 ; an den soll begnügig sein.
brandenb. cammerger. ordn. 1516 ; des begnügig zu sein und
es dabei bleiben zu lassen. Frankf. ref. 1, 5, 38 ; nicht mit
ihren legalen begnügig sein. 6, 6, 20 ; ihr solt begnügig sein
an ewrcm soll. Melanchth. wider die bauerschaß s. l. et a.
hlalt 3 ; Augustus herwiderumb hat nur seinem weib, tochler,
Schwester und enkel zu schaffen gemacht und darmit content
und begnügig gewest. Petr. 17'; die nimmer mit gollcs ver-
heiszungen begnügig. Kirchhof wendunm. 293'. s. benügig,
das Schreiber und selzcr ohne zweifei oß mit begnügig ver-
tauschten.
BEGNiJGLICH, dasselbe.
BEGNÜGSAM, contentus, genügsam, zufrieden:
trinkt nur vertraglich begnügsam des borns. Kückert 218.
BEGNCGSAMKEIT, f. bcgnügsamkeit mit dem, was die Ver-
nunft sagt. Lessing 10, 11.
BEGNCGLNG, f genuglhuung, iufiiedcnstellung : ihnen, wie
in andern begnügungen, so auch mit dieser nicht zu entfallen.
ÜRYPUius 1, 183;
Grifon, der eben nicht dis waffen sehr hoch arhte
und auf des Nuraiidins begniiguiig nur gednchie,
sagt ihm: hiermit wird mir vcrgcliiing gniig girihan,
wenn ich nur etwas ihu, das euch gefalien k;in.
WuRDKiis Ar. 18, ll'J.
BEGOLDEN, auro pingere, distinguere, gebildet wie vergol-
den, übergolden : begoldele kleider, überschriß eines distichs
bei LoGAU 2, 6, 31, goldbestickte, von gold flimmernde.
BEGORDET, ein unhochdeutscher Schifferausdruck, von Fi-
schart Gor^. 79' unter vielen andern aufgeführt: schif geladen,
gebodemet, vergurbet, begordet, verdennet, beschnarret, auf-
gebuselt u. s. w. hochdeutsch wäre begordet begürtet, gord
aber ist nnl. eine rippe des schifs, gording das barkhout, berg-
holz, franz. ceinte, sp. cinta, also gürtel. hätte sich unter
Hochdeutschen die schiffarl ausgebildet, so würde man gurt
und begürten sagen.
BEGüSCHEN, bemaulschellen, ducere alicui alapam: hielt
es für eine ehr, wenn jemand von adlichen bänden begoscht
wurde. Abr. a s. Clara 2, 365. bair. goschen, abgoschen,
maulschellieren. Schm. 2, 77.
BEGRABEN, humare, terra condere, ahd. pikrapan, mhd. be-
graben, nnl. begraven. das goth. bigraban ist umgraben.
1) den leib, leichnam begraben, in der bibel unzählige mal:
und du solt farcn zu deinen vetern und in gutem alter be-
graben werden. 1 Mos. 15, 15 ; das ich meinen todten begrabe,
der für mir ligt. 23, 4 ; niin von mir das geld für den acker,
so wil ich meinen todten daselbs begraben. 23, 11 ; darnach
begrub Abraham Sara sein weih. 23, 19 ; folge du mir, und
lasz die todten ire todten begraben (goth. laistei afar mis
jah let {)ans dauj)ans filhan seinans dauj)ans). Matth. 8, 22;
(seinans navins). Luc. 9, 60 ; hei Keisersb. sünd. des munds
33' lasz die todten die todten begraben und folg du mir rfach ;
das wir miteinander begraben und besungen werden. Wirsung
Cal. g4'; haben in solchem habit sterben und begraben sein
wollen, bienenk. 23'; weil er in weisze tücher begraben wor-
den. 149';
erde, mein mütterlich land, die du mich im kühlenden schosze
einst zu den schlafenden gottes begräbst. Kiopstock Mess. 3, 2.
die leiber der ermordeten Jasoniden will ich in den tempel
der Pallas begraben. Klinger 2, 242 ; in einen flusz begraben.
5, 380; einen lebendig begraben;
er war ein narr, die weit zu fliehn,
und sich lebendig zu begraben. Gökingk 2, 112.
man kann auf die praepositioiien den acc. oder dat. folgen
lassen, Luther zieht letztern vor: ward begraben an dem
wege. 1 Mos. 35, 19; begrabe mich in meinem grabe. 50, 5;
begrub in im tal im lande. 5 Mos. 50, 5 ; begruben in in sei-
nem hause, l Sam. 25, 1. doch steht auch der acc, namen
ire gebeine und begruben sie unter den bawm. 1 Sam. 31, 13 ;
bis sie in die erde begraben werden. Sir. 40, 1 ; begruben sie
bei iren man. apostelg. 5, 10. die fügung des acc. ist lebhaf-
ter, dem passivum ziemt mehr der dativ.
2) anderes sinnliches begraben, bedecken, einhüllen :
begrabend häuser, stät und kirchen in die aschcn,
die lufl in ach und weh. Weckherlin 320;
heiT, ob jetzt begraben liegt lust und Zierde der natur,
weil der graue flockenmann drüber führt die rauhe spur.
LoGAU 2, 2, 42 ;
Klepax, der so manches thier in den magcn hat begraben,
hat nun auch ein warmes grab inner einem fromen rabcn.
2, 9, 14;
die weit im chaos begraben. Kant 8, 330 ; gegenden die unter
der tiefe des meeres begraben waren. 9, 8;
dann, wenn wir an ein mauseloch,
um zahne zu begraben, hinken. Gökingk 1, 204;
das Wiesenthal begrub ein see. Bürger 36*;
und lag er nur noch immer in dem grase!
in jeden quark begräbt er seine nase. Göthe 12,23;
wie die sonne sinkt am abend
sich im goldncn glänz begrabend. Röckbrt368;
unter dem garten murmelte der begrabne bach. J. Padl Tit.
2, 109.
3) abslractionen : was aber in diesen Worten tiefer begraben.
WiMPiNA bei l.Hther 5,17'; wird gott an irein irithum zufrie-
den sein und alles ins vater unser begraben, da wir sagen
vergib uns unser schulde. 5,246*;
was kan ein solcher herr für kliigo sinnen haben,
dem allzeit die Vernunft im becher liegt begraben
und auf dem glase schwimmt* Opitz 1,7;
wann ich denke mehr zurücke
auf die nun verrauchte zeit, auf mein mir bograbnes glücke.
LocAU 2 s. 46;
dieser titel {auferweckle gedirhte) ist ein beweis, dasz diese
Sinngedichte damals schon begraben gewesen sind. IUmi.erä
und Lessincs vorr. zu Logau xiii; als die aufgehende simnc
1305
BEGRÄBNIS— BEGRASEN
BEGRASEN — BEGREB
1306
das jonische meer mit ihren ersten strahlen vergoldete, fand
sie alle diejenigen (mit Virgil zu reden) von wein und schlaf
begraben (vino soninoque sepultos), welche die nacht durch
dem Bacchus und seiner giillin schwesler geopfert hatten. Wie-
LA.vD 1,36; in tiefem schlafe begraben liegen. Klinger 10, 76;
wenn sich mein geisi, von trauri^kcit iliirclibebi.
mit seinen sclilummernden begrabt. Gotier 1,434;
nicht v*ahr es ist ein tiefer schlaf, in dem er begraben liegt?
GüTUE 11, 68 ; aller weit anmut liegt begraben für mich. Kli.n-
GERS Ih. 2, 368 ; über das angesicht des landes strich der kalte
schatten eines begrabnen Schmerzes. J. Pacl Uesp. 1, 39 ; das
pfarrhaus, das die bühnen der begrabnen freundschaft be-
deckte. 4, 22; zerfallene gestalten, die eure seele begrub (in
Vergessenheit senkte). Tit. 2, 72 ; da liegt der hund begraben.
4) man hat ihn begraben (er i«/ /ru/iAen). Licbtenbebg 3, 76,
vgl. die vorhin aus Opitz 1, 7 und Wieulnd 1, 36 angezognen
stellen.
5) begraben, umgraben, mit graben umziehen: die begrabe-
nen kämpe, felder. in Niederdeulschland.
BEGRÄBNIS , f. und n. sepultura, sotcol die bestattung als
das grab : gebt mir ein erbbegrebnis bei euch. 1 Mos. 23, 4. 9 ;
du solt mich in irem begrebnis begraben. 47, 30 ; zum erb-
begrebnis. 49, 30; da wil ich Gog einen ort geben zum be-
grebnis. Ez. 39, II; sie kauften einen töpfersacker zum be-
grebnis der pilger. goth. du uslilham |)aim gastim. Mallh. 27, 7 ;
sie ist zuvor kommen meinen leichnam zu salben zu meinem
begrebnis (salbin mein Icik du usfilha). Marc. 14, 8; lasset
sie mit frieden, solches hat sie behalten zum tage meiner be-
grebnis (in dag gafilhis meinis fastaida J)ala). Joh. 12, 7 ; ein
gemein begrebnis auszen für der slad zu machen, denn ein
begrebnis solt ja billich ein feiner stiller ort sein. Luther 3,
398; in der begrebnis verbrenten si mit der leicht alles.
Fra:?k weltb. 66'; zeigent mir meiner hausfrawen begrebnus
, . . also ffiret er in zu der begrebnus. Aimon D 2 ; zu der-
selben fürstlichen begräbnis erfordert. Schweimchen 1, 64 ; die
begräbnisse. Rihel Lir. 25; warum singt man zur begräbnus
der toden? bienenk. 38'; dasz man kein gelt für die begräb-
nussen nemmen solle. 4,5'; weil nicht allein kostbare pallüste,
herliche begräbnusse endlich verfallen und untergehen. Opitz
1,8'; bei seiner begräbnus. Schcppiüs 427; ein stilles, ehrli-
ches begrübnis. figürlich, seit dem begräbnis der ersten liebe.
i. Paul Tu. 3, 143.
BEGRÄBNISBITTER, m. qui invitat ad exsequias, besser
leichenbitter.
BEGRÄBNISFEIER, f. leiclienfcier.
BEGRÄBNISFEIERLICHKEIT, f.
BEGRÄBNISFEST. n. leichenfest.
BEGRÄBNISGEBLHR, f. sumtus funeris.
BEGRÄBNISKOSTEN, /)/. der geizhals wünschte sich wol
ein seliges ende, wenn er sich nur nicht vor den begräbnis-
kosten so sehr fürchtete. Rare.ner 4, 139.
BEGRÄBNISLIED, n. canlio funebris.
BEGHÄRNISI'LATZ, m. locus sepulturae.
BEGRÄBNISSCHMALS, m. leichenschmaus :
noch beszrer wein flosz beim besrabnissrhmaus.
tlAGEOOR'l 3, 43.
BEGRÄBNISSTÄTTE, f. bildlich, begrübnisstätten einer
schönem zeit. J. Faul Hesp. 3, 160.
BEGRÄBNISTAG, m. dies feralis.
BEGRÄBNLSTUCH, n. leichenluch, bahrtuch, lodix feralis:
tier winler bat . . .. in wald und feld
ein weist begrübnistuch der blumen vorgestellt. Gcntheb.
BEGRABUNG, f. sepultura: die auferstehung aus der le-
bendigen begrabung. J. Paul Fixl. 136.
BEGRADEN, die münze gradieren. Smsch 1,364*: dise alte
ducaten, rosenobel, auch die unbegradete leberfisch werden
»ider in brauch kommen. Fischart yroszm. 130. s. leberlisch.
BEGRADIGEN, applanare, gerad, eben machen.
BEGRAFT, f. sepultura, ahd. pikraft (Graff 4, 309), mhd.
begraft (Ben. I, 562'), ein edles wort, gebildet von graben irie
gifl von geben, wift »o» weben, trifl von treiben: zur begraft
bekleidet. .Mich. Nbajider vom seligen absterben s. 4. vgl. be-
greb, begrebde. "
BEGRÄNZEN, s. begrenzen.
BEGRASEN, nnl. begrazen, in verschiednem sinn,
1) sich begrasen, herbascere, gramine resliri, sich beraten :
die hügel der gefallenen begrasen sich; das ackerfeld sieht
jähre lang ungepfiOgt, und begrast sich; die bank begrast
sich; die frisch eingesäten wiesensteilen begrasen sich wieder;
wie auf begrasten bügeln
die anmut gränt. Hageoor.'«;
sein wotlenrieh springt auf begrasten hügeln. v. Kleist;
die auf begrastem feld um ihre schafe wacht.
Grypuii's 2, 453;
dick begrast. Brockes 1, 192. 2, 76 ;
die bürg liegt auf runder, kurz begraster kuppe. Betti.se tageb.
169.
2) weidmännisch, die fährte begrasen, mit den fingern durch
das gras vorsichtig nach der fährte suchen, nach ihr grasen,
vgl. umgrasen.
3) begrasen, depascere herbas: die hirsche begrasen den
waldgrund; das vieh begrast die tangelhölzer ; die schafe be-
grasen den hügel ; den garten begrasen, abgrasen ; einen rain
begrasen, absicheln;
der meier geht über den perlenen rasen
und siebt ihn die brüllenden rinder begrasen.
Scbirhrrs singende rosen, lied 67 ;
bildlich, ich hatte mich zwar denselben tag ziemlich abgear-
beitet, aber dannoch waren noch soviel kräfte vorhanden,
dasz ich meinen garten begrasen konnte. Simpl. 2, 382.
4) sich begrasen, ursprünglich vom vieh, sich satt grasen,
gedeihen, zunehmen, sehr oß bildlich ßr mästen, an wolstand
zunehmen: waren reich worden und hatten sich begraset und
fett gemestet. Luthers /iscAr. 183*; weil sie sich nun begraset
haben und reich sind worden. 405';
so einer nun bringt vil gut und hab,
zeucht man gen im das hülli ab.
und welcher jsicb nit wol kan begrasen,
denselben ihut man darumb hassen.
spiet wie man die narren von einem beschweren soll. 1554. F2* ;
so ist^kein zweifei, ich an disem ort alhie
ein guten mark wurd hallen als ie und ie
und das ich mich vil besser werd begrassen auch,
als wenn ich mich wolt einer freien tunst gebrauch,
sagt ein marktschreier in Mart. Hay.neccii drei comüdien J';
ungeschickte grobe bawren, welche mit groszem unserm Un-
kosten reich werden und sich begrasen. Sebiz feldbau 36;
dasz viel frembde nationen werden hilf bei im suchen, sich
dahin begeben, begrasen, einschlagen, durchreisen und das
teutsch gelt hinaus tragen. Fischart groszm. 129; die röm.
bienen solln im land, welchs von milch und honig flieszet,
sich nach lust begrasen und bereichen und in roren und rosen
sitzen, dasz sie pfeifen schneiden, bienenk. 138* ;
weil die zwen kramer sind wek gloffen,
wil ich mich dieweil basz begra«sen.
Atrer fasln, sp. 18*;
ob wir gäns oder hünr linden,
dann wollen wir uns selbst begrassn. 122';
solches alles bewegte seinen {des dragoners) hanptmann, ihn
ins paradeis, ein sogenanntes frauenklostcr, auf salvaguardi
zu legen, damit er sich begrasen (ausfressen) und wieder mon-
dieren solle. Simpl. l, 226 ; nachdem ihn die medici und ärzle
verlassen, als sie sich zuvor genugsam an ihm begraset hat-
ten. 1, 480 ; der wirt, entweder dasz er sich bei ihm wol be-
graset, oder ihn übernommen. 2, 52. man sagt noch heute
von einem, der zu gaste gewesen ist, er wird sich da wol be-
grast haben.
5) was meint begraset in folgender stelle: ein haselant sei-
ner grosze kann zwar ein paar eckige, begrasete landfräulein
zu einem verliebten erstaunen zwingen. J. Paul uns. löge 1,
180? denen gras im haar hängt? oder fett gemästet?
BEGRASUNG, f. berasung, bekleidung mit gras: wie steigt
die natur auf und ab an den düstern mauern und bekleidet
die verödeten räume mit schmeichelnder begrasung. Betti.ne
br. 1, 235. auch in der dritten und vierten bedeutung des be-
grascns.
BEGRAUEN, canere, inveterari, grau werden, ehjrauen : er
begraut in den walfen ; er ist in den lästern begraut ; ni. it
is darin begriset, it schal dar ok wol in begrauen;
der lorbeer trotzt begrauter zeit,
stets blühend immer grün. Uz 1, 133;
begrauie dämmerung. Brockks 1, 21. 3, 7.
BEGREB, n. sepulcrum: auf das wir seinen namen auf
sein begrel) lassent stellen. Aimon Fs', kaum ein druck fehler
ßr begrebnis, das zwar in demselben buch, doch weiblich vor-
kommt, eher für das folgende begrebde. begreb mahnt ans
böhm. pohreb, poln. pogrzcb, die dasselbe ausdrücken, wie
schon der altsl. spräche grob" sepulcrum und grepsti sepelire
1307
BEGREBDE — BEGREIFEN
BEGREIFEN
1308
mit uns gemein ist. jenes begreb würde ein ahd. pikrepi, bi-
grebi voraussetzen, das nirgends begegnet.
BEGREBDE, f. sepuUura. Keisersd. post. 2, 115. mhd. be-
grebcde.
BEGREBTiNIS, f. sepultura: bei Ulenspiegels begrebtnis
gieng CS wunderlich zu. Eulensp. cap. 95 ; meinen seclizig
jaren were vii basz die begrebdtnus angestanden. Wirsüng
Cal. hi'.
BEGREIFEN, ahd. pikrifan, bigrifan, mhd. begrifen, nnl. be-
grijpen, geht, wie das einfache greifen, urspninglich blosz auf
die berührung mit händen und füszen, fingern (s. befingern)
und zehen, da man mit dem mund und den zahnen nicht
greiß. greifen ist demnach bestimmter als fangen, fassen, rüh-
ren, fühlen, tasten scheint zwar auch auf hand und fusz ein-
geschränkt, ist aber nur ein angreifen, begreifen, nicht ein er-
greifen.
1) sinnliches berühren, palpare, nttrectare.
a) leibliches begreifen, berühren, betasten, beßihlen: mhd.
daj er ir hülTe solle
bar begrifen iinde rüeren. fcrone 11680;
als er nü die liüffe begreif. 11719;
begrif sie mit den armen niiit,
swa; dir ze reden mit ir gcsciiiiit.
Cato ed. Zakncke 132, 147.
nhd. sihe mein bmder Esau ist rauch und ich glat, so möchte
vielleicht mein vater mich begreifen. iMos. 27,12; da sprach
Isaac zu Jacob, trit erzu mein son, das ich dich begreife.
27, 21; und da er in begriffen hatte, sprach er, die stim ist
Jacobs Stirn, aber die hende sind Esaus hende. 27, 22; da-
selbst lieszen sie ire brüste begreifen und die zitzen irer
jungfrawschaft betasten. Ez. 23, 3. 21. heute sagt man berüh-
ren, befühlen, und nur vom schlächter, dasz er das fleisch der
thicre, von der küchin, dasz sie die hühner begreife.
Die wunde, den pulsschlag befühlen,, mhd.
dö begreif im diu gehiure
sine qiiaschiure
mit ir linden henden wij. Parz. 88, 13;
ej wart nie man in Janeer frist
so krank, dem si die ädern wolle begrifen,
des dörfie niemer arzät me gebüßten. MS. 2, 23';
rüid. sein buls er fleiszig auch begreif, fastn. sp. 1250;
darumb pfleg hie des arztes rat,
der dir dein puls begreifen sei. H. Sachs III. 1, 91';
als die Stiefmutter wider eingieng, begreif er den puls der
kranken. Albr. v. Evbe 10'; seine leibmedici spareten zwar
keinen fleisz noch mühe, begriffen den puls, besahen den
harn. Piuland., Leiden 1646. 3, 88. heute den puls fühlen,
täter le pouls.
b) zeug, gerät berühren: das sammlkleid nicht begreifen,
durch antasten nicht beschädigen; der wird zu oft begriffen,
endlich abgegriffen; die saite mit den fingern begreifen, in
die sailen greifen:
sage du begrifnc {oft gerührte, abqcgrifne?) leier,
wem ich dich vermachen darf? Güntukr;
verklungne Instrumente, die weder begriffen noch gebraucht
werden. Fr. Müller 2, 35.
2) sinnliches ergreifen, erfassen, fassen, apprehendere, com-
prehendere, altingere,
a) leute: den fliehenden, sinkenden am, beim haar, an
seinen locken, an dem mantcl begreifen ; mhd.
Gawdn in bime hdre dö begreif. Parz. 521,9;
erne bete n)ir 6 genomon
den zoiim und den stegereif.
und aiser mich also begreif, /w. 294;
begreif den gauch beim grind. Teuerdanh 60, 41 ;
lind sein Schwester Themar begrief,
sie oberweltigt und bcsclilicf. I!. Sachs III. 1, 90';
sie sfichtent in zu begrifen und tüdten. Keisersb. poi(. 2, 105;
und ob er begriffen wird, gibt ers sibenfeltig wider, spr. Sal.
6, 31 ; wie ein dieb zu schänden wird, wenn er begriffen wird.
Jer. 2, 26 ; und würde verdeckt, dasz sie unrein ist, und kan
sie nicht überzeugen, denn sie ist nicht diinne (auf der that)
begriffen. 4M()S. .5, 13; dies weih ist begriffen auf frisciier that
im chebnich. Joh. 8, 4; wie aber, wenn einer begriffen wird
mit einer mngd, das man sie im mit der axt gibt, ob der
zwang auch gelte? {wol ntit der axt, die das zimmer aufge-
hauen hat, ihn bedrohend?) Luther 2, 167'; diese alle sind
weit über die heimlichen diebe, für den man schlosz und
riegel legen kan, oder wo man sie begreifet, also niilferet,
das sie es nicht mehr Ihun. 4,402'; d<;r künig serr darumb
erzürnt ward, und Hugen liesz begreifen und in schwere ge-
fenknüs legen. Hugoschapler 11 ; aber Alart begreif in mit sei-
nes pferds zäum. Aimon q ; wird einer verweist, und hell
das landgebot nicht, sondern wird wieder begriffen. Reltter
kriegsordn. 68 ; er ist aber darüber begriffen und auf ein rad
geleget. Micräliüs 3, 408 ; dann er forchte, wann er begriffen,
würd ihm nicht wol gewartet werden, wegkürzer 17 ; ein armer
derwisch, als er im laster der unzucht Ijegriffen, und vermu-
tet, es würde ihm nicht wol bekommen, pers. rosenth. 7, 20.
an sich erfolgte das begreifen mit der hand, das betreten mit
dem fusz; es lag aber nahe beide ausdrücke sowol für einan-
der wechsclsweise, als auch für den fall gelten zu lassen, wo
der Verbrecher durch bloszen augenschein überrascht wird.
b) Sachen begreifen, fassen : sie schlagen einander bisz ihm
der jung fürst das schwert begreift {festhält). H. Sachs IV.
2,25';
swenn du be^rifst ein edeln ast,
so lä dich niht ein bcesen dorn
ziehen dervon. welscher gast iillO;
wan daj under wilen selten
ime der vuo; abe sieif {vom sten abglitt)
und küme halber begreif (ijrund fasite). kröne 12939 ;
wer misset die wasser mit der faust und fasset den himmel
mit der spannen und begreift die erden mit einem dieiling?
{vulg. quis appendit tribus digilis molem terrae? ahd. huer
wac dhrim fingrum allan aerdhwasun?) Es. 40, 12 {vgl. unter
dieiling). in folgender stelle wird mit dem knie ergriffen, er-
hascht: zu gleicher zeit wollte er mit dem rechten fusze hin-
ten auskratzen und dachte nicht an den hut. dieser entglitt
ihm über all der höflichkeit, und als er ihn mit den knicen
begreifen wollte, verlor er selbst auf dem gehöhnten fuszbo-
den das gleichgewicht. Siegfr. von Lindenb. 1, 77.
3) ausdehnungen des sinnlichen bcgreifens auf fälle, wo hand
und fusz fehlen, lassen sich auf personificationen zurückführen,
da man sich das feuer, oder eine seuche, oder die nalurer-
scheinungen als lebendige wesen dachte, dürfen ihnen auch jene
glieder, folglich das vermögen zu greifen beigelegt werden, das
feuer friszt, leckt, greift um sich, ergreift die häuser, also
konnte Conrad sagen Staude, die Moses
mit fluro sach bcgrifTen. gotdne schm. 451.
das fieber begreift, greiß an {sp. 357), befällt (sp. 1249), fällt
an {sp. 323), packt an : Alexander kam in die statt Tarsum,
da ruwet er mit kranklieit begriffen. Frank chron. 64*; so si
mit schwerer krankheit begriffen und in gefar stunden, wcllb.
66'; welcher in ein krankheit feit und mit einer sucht be-
griffen wirt. 194'; Heinrich, als er schon mit der peste be-
griffen war. MiCRÄLiüS 4, 106. Treffend heiszt es von der nacht,
welche einbricht, mit gewalt einfällt, uns anfällt, uns auf den
hals kommt, anstöszt, irruit, dasz sie begreife (surprenne). mnl.
die nacht hevct mi hier begrepen. Maerlakt 3, 157;
nhd. er gieng über feld, do begrif in die nacht. Keisersberg
has im pf. Aa5''; wa sie die nacht begrif, da übernachteten
und ruweten si. Frank wellb. 5' ; den keiser begrif die nacht.
deutsche chron. 106; dasz euch die finsternus nicht begreife.
Agricola spr. 353'; wie ags. dichter der nacht einen heim ge-
ben, und sie mit ihrem schaltenhelm feindlieh heranschreiten
lassen ;
bis dasz der abend in begrif. H. Sachs V, 358';
seltner vom tag: und darmit sie der Hechle tag nicht auf dem
thurn begriffe (c perchü il giorno quivi non la cogliesse). Bocc.
2, 104'. Freilich muslen Wörter wie angreifen, begreifen, er-
greifen bald den allgemeinen sinn von angehn, ankommen, an-
fallen empfangen, und wenn H. Sachs III. 1, 74' sagt:
mich bat begriircn angst und not,
so schwebte ihm nichts persönliches mehr vor ; davon sie trunken
und mit tiefem schlaf begriffen worden. Kirchhof wrndunm.
6*; als Hercules mit hiinger begriffen ward. Frank «t//&. 21";
ein in angst und gcfahr begriffener mann. pers. rosenth. 1, 1.
4) begreifen, amplerti. complecli, umfassen, einschlieszen :
der bauin ist erst so dick, dasz ich ihn noch mit den fingern
begreifen kann, in diesem sinne nahm man es aber frühe
schon für umfassen, befassen überhaupt, ohne dasz ein greifen
statt findet: die schale begreift den kern in sich, cnthäll den
kern. VVii.leram sagt in seiner bunten spräche 70, 2 : alse
muita grana begriffen sint mit uno cortice mali piiniri; und
häufig heiszt es: der Sus/.ere kreis hegreift die andern in sich;
der liinimel begreift in seinem räum zahllose pesiirne; der
1309
BEGREIFEN
binunel kann dich nit begreifen, vid weniger dieses haus.
Reiszser Jer. 1, 42'; du seiest in der Stadt ringmaiier be-
griffen oder anderswohin ausgezogen. Schlppics 67S ; die weit
begreift alle dinge in sich; und wenn raans alles seit schrei-
ben, acht ich die weit könde die bücher nicht begreifen, die
zu schreiben weren. Luther 1, 425'; die Stadt begreift tau-
sende Ton bäu^n ; das buch begreift viele blätter ; dasz ein
einziges blällein mehr in sich hält und begreift, als der alten
grosze bücher. Schlppics 779. Soch häufiger aber icird dies
begreifen, wie enthalten, umfassen und einschlieszen, abslract
verwendet: aber nützlich begreifet vil in im selbs. Keisersb.
Sünden des miinds 23'; das der glaube ist das rechte heubt-
stücke und boheste gebot, das alle andere in sich begreifet.
LtmER 6, 39"; diese zwo künste begreifen ein regul und
richtschnur alle Sachen zu erleuchten. Schcppius 729; die
sach hat mein Jesus Christus mit wenigem begriffen. 748;
mit einem worte viel zu begreifen. Weise erzn. 76 ; es müsten
deren aber sechs und neunzig sein, wenn der abschreiber alle
mitgenommen hätte, die er nach dem salmasischen manuscripte
in dem buche des Luxorius begriffen fand. Lessi5G 9, 1S6;
das mittel begreift eine weitläuftigkeit der anstalten, die für
die grösze des Zweckes überflüssig ist. Kam 6, 105. begreifen
(affirmare) mit seinem eide. Haltacs 118. begriffen sein heizsl
enthalten, gefaszt, ausgedrückt sein : das ist hier mit {oder in,
unter) wenigen worten begriffen;
wies hier ist begriffen zwar
im ICH und noten im lenor. Hoffma^.'« qesellsch. 175.
5) begreifen, concipere, fassen, aufnehmen : gewachsen kin-
der, die ir sterke begriffen {erreicht) haben. Keisersb. anh.
mensch A2; die pflanze hat ihr wachsthum begriffen, steht in
toller kraß; hastu forcht begriffen, melum concepisli. Kei-
SERSBERG anh. mensch A3; sie begreifen grosze liebe (fassen
liebe). B 2. zumal steht in dieser bedculung begriffen sein:
die pflanze ist im wachsthum begriffen, steht in vollem wachs-
thum; sein reichthum ist in zunähme begriffen; Tacitus ist
in der meinung begriffen {hat die m. gefaszt). Micrälics 1, 35 ;
da Alcibiades noch mit der kintbeit begriffen was. .\lbr. to:»
EybeU*; wenn zwene in streit oder in einer arbeit begriffen
sind. Lokman fab. 21; wer in dieser tugend sich nicht be-
griffen findet, pers. rosenth.',l2; obrigkeitliche, in vornehmen
diensten begriffene personen. Scncppics 677; in etwas be-
griffen sein, in eo esse, im begrif sein etwas zu thun;
hier ward der hohe schvrung, den Fanias zu nehmen
begriffen war, gehemmt. Wielamd 9. 29;
Über der arbeit begriffen sein ; er ist im ausziehen begriffen :
die feinde sind auf dem rückzug begriffen ; es ist alles noch
im werden begriffen ; Lavater, auf seinem rückwege von Ber-
lin nach hause begriffen. Göthe 24, 294.
6) hieran grenzt unmittelbar das begreifen, in worte fassen,
abfassen, verba concipere: nicht das ich das gebet venverfe,
sondern man sei ein nehers begreifen {genauer fassen), das
sind die wort, da Christus die mess mit einsetzet. Lcther
1, 436'; wollen i. gn. in der grafschaft eine christliche Ord-
nung begreifen. Lcthers &r. 5, 79!»; das bürhiin kurz begrifen
{kurz fassen). Seitz 12; und wiewol söilich gedicbt ehemals
mit weniger inballung begriffen {verfaszt, abgefaszt) gewest
Schwarzenberc 150 ; begreifen mir {faszt mir ab, enlwerß)
ein brief an den künig. Ainton m2;
zum (Tirblld hab ich zu der Trist
begreifen lassen disz nianüal. üitcK doppetspiler HO ;
darinnen wesentliche stücke einer vollkommenen rede verfas-
set und begriffen sind. Schuppils 410. heule veraltet, desto
mehr im gebrauch ist
7) begreifen, eomprehendere, franz. comprendre, fassen, ver->
stehen: eintweders der materi halb, die so schwer ist, oder
der börer halb, die also unverstendig seind und künden es
nit begreifen. Keisersb. Sünden des munds 74*; unsere ma-
gistri können solches nit begrifm. Fisciiart bicnenk. 9S'; ich
gedacht im nach, das ichs Ijegreifen mOcIite, aber es war mir
zu scliwer. ps. 73, 16; wer kan seine grosze wunder begrei-
fen? Sir. 18, 2; aber das wort vernahmen sie nicht, und es
war vor inen verborgen, das sie es nicht begriffen. Lue. 9,45;
auf das ir begreifen möget, welches da sei die breite und die
lenge und die tiefe. Eph.3,m; etwas begreifen, d. h. in dem
grade durch die vemunfl und a priori erkennen, als zu unse-
rer absieht hinreichend ist. nichts kann mehr begriffen wer-
den als was der inathematiker demonstriert und docli begreift
er nicht, wie es zugebe, dasz eine so einfache figur dies«
BEGREIFEN — BEGREIFLICHKEIT 1310
eigenschaften habe. Ka5t 1, 393; vemunflbegriffe dienen zum
begreifen, wie verstandesbegriffe zum verstehen (der Wahr-
nehmungen). 2, 2%S; der widerstand, den etwas im räume sei-
ner gegenwart leistet, ist auf solche weise wol erkannt, allein
darum nicht begriffen. 3, 53; begreifen, d. i. die möglichkeit
des gegenständes einsehen. 6, 322 ; begreifen heiszt ein den-
ken an ein anderes anknüpfen, das erstere vermittelst des
letzteren denken. Fichte «i7/eni. 23S; ich kann das auf keine
weise begreifen ; der eindruck einer solcben scene auf ein
junges herz läszt sich leicht begreifen. Gotfer 3, 34; du kennst
meine leidenscbaft für Ottilien und hast längst begriffen, dasz
sie es ist, die mich in diesen feldzug gestürzt hat. Göthe 17, 344 ;
nein es ist nicht zu begreifen.'; du begreifst?; begriffen?
8) sich begreifen, mehrdeutig.
a) sich befassen, beschäftigen : dasz er sich mit anderm thnn
oder schnlendienst derweil begreifen mag. Lcthers br. 5, 358.
b) sieh anhalten, festhalten : der strauchelnde begreift sich
an einem bäum, an einem ast.
c) sich fassen, recolligere, zu sich kommen: der zornige
begreift sich bald wieder: ich war überrascht, aber begrif
mich schnell ; jedoch begrif sie sich geschwind." ehe eines man-
nes 271 ; der alte herr wird ziemlichermaszen in hämisch ge-
jagt, begreift sich aber in der bosbeit. irrgarten der liebe 488 ;
hierauf begreift er sich in etwas, gehet in ein anderes zim-
mer. 492;
doch wie! begrif ich mich hierauf nach einem kurxen trauern!
Brockrs 2, 20 ;
erstarrter sinn, begreife dich. 4, 224.
d) sich verslehn, erkennen: ich begreife mich endlich; nach
langen irrthümern begrif ich mich wieder; das begreift sich leicht,
cela sc comprend.
9) intransitives begreifen begegnet kaum, doch sagt Par.\-
CELSLS 1, 307': dasz spiritus coagulationis und massa tartari
gescheiden würden von einander, dasz sie an einander nicht
begriffen, d. i. rührten, griffen, auch läszt sich begreifen in-
telligere 7, trenn kein acc. dabei steht, intransitiv fassen: der
mensch begreift, intelligü, ist ein vernünftiges wesen.
BEGREIFIG, capax: sie haben gemacht durch dieselbe pre-
digt, das sie deiner barmherzigkeit begreifig sind. Luther
1, 38". Stieler 699.
BEGREIFLICH, mhd. begrinich (Ben. 1, 57l'),
1) aeliv genommen, capax, habilis, fähig, leicht fassend:
dasz die sach nit so schwer noch so scharf ist an ir selber,
sunder die hörer seint so einfaltig und so unbegreiflich (wn-
auffassend, schwer von begriffen), so musz man sie begroifen-
lich machen, man schaft sunst nichts, sie würden sprechen
'was bat er gesagt?' Keisersb. Sünden des munds 74*; werdet
nicht wie die pferd und meuler, die da keins Verstands be-
greiflich sind. Luther 1, 22*; junge knaben, welche zu der
schule wolgeschickt und begreiflich der freien künste und
Schrift sein würden. 2,265'; er bat auch recht der erden die
läre und wüste zugelegt, der tüfe die ünstemus, dan die erd
ist, die da gebürt (/. gebirt), der himel ein cörper, der da
begreiflich ist des Hechts. Melaschtbon anzeigung in ttlielie
schwersten cap. Moses. 1523, verdeutscht.
i) passiv genommen, contrectabilis, comprehensibilis : die
seel wird vergleicht dem fewT, denn sie ist subtil und unbe-
greiflich, der leichnam der erden, denn er ist grob und be-
greiflich. Greg. Wacher com. das untreu; seinen eigen herrn
schlecht. 1547 rorr. ; mit etwas weniger, und dem gesiebte
kaum begreiflicher grüene vennischt. Thurneisser infl. Wir-
kungen s. 3 ; der begreiDiche beweis von der vorzüglichsten
form der Griechen ist, dasz sich gar keine geplelschte nasen
unter ihnen finden. Winkel». 3, 56; eben so sinnlich und be-
greiflich der einflusz des himmels in die bildung ist, ist zum
zweiten der einflusz desselben in die art zu denken. 3, 59;
kann nicht allein keine Vernunft sich ohne beispiel begreiflich,
sondern niciit einmal ohne anschauung verständlich machen.
Kant 2, 231; welches anzunehmen, so viel man abseben kann,
ganz ohne begieiflichen nutzen sein würde. 8,565; Pagliasso
theilte mit sehr begreiflichen späszen, indem er bald ein mäd-
chen küste, bald einen knaben pritschte, seine zettel aus.
GiiTHE 18, 144; mir den hang und gang dieses auszerordenl-
lichen geistes begreiflich zu machen. 25, So" ; das ist mir wol
begreiflich.
HE(;KEIFLICHKEIT, r wiederum,
1) capacitas: die nalur schicket sich nicht nach nnsenn
köpf oder begrcinichkeit. Laurenberg acerra 499.
1311
BEGREIFUNG— BEGRIF
BEGRIF
1312
2) perspicuilas: die begreiflichkeit einer sacbc.
BEGREIFUNG, f. 1) conceplio, nach begreifen 6: dieselben
Ordnungen nach iren inhallungen und begreifungen, bescitl.
des reichsrcg. von 1501 §. 1 ; begreifung des Spruchs, magdeb.
weislh. 157. 2) pcrceptio, comprelicnsio : hingegen sollen wir
unsern verstand in den deutlichen begreifungen üben. Leiiimtz
2, 38 ; zum behuf der speculation und zur begreifung dessen,
was unbegreiflich ist. Kant 5, 377 ; etwas zur leichteren be-
greifung anführen. 6, 116. 3) sinnlich allactus : die begreifung
des huts.
BEGREINEN, deplorare, beweinen. Stieler 700.
BEGUEINERLICH, lamenlabilis, lamentarius. Stieler 701.
BEGRENZBAR, limilibus circumscribendus.
BEGRENZBARKEIT, f. die freiheit und ihre begrenzbarkeit.
FiCHTES nachg. werke 2, 4C1.
BEGRENZEN, deßnire, terminare: das meer begrenzt die
erde ; gebirge begrenzen den horizont ; der begrenzte, einge-
schränkte verstand ; ein phänomen zu erklären, das ihren be-
grenzten herzen zu göttlich war. Schiller 755; wenn meine
natur die Wirkung hat, die ihrige ins begrenzte zu ziehn. Gothe
an Schiller Z2l' ; begrififb und befugnisse gehörig begrenzen.
BEGRENZTHEIT, f. womit der dürftigere geist seine be-
grenztheit und dürfligkeit zu verbergen sucht. Zachariä hin-
lerl. sehr. s. V.
BEGBENZUNG, f. deßnitio, circumscriptio :
den körper, den zu bilden
nalur hat aufgewendet all ihr lieben,
den ihre band mit milden
begrenzungen umschrieben. Platen 26^
BEGRIF, m., mhd. begrif, nnl. begrip.
1) complexus, umfang, nach begreifen 4, was räumlich be-
griffen, umfangen ist : der begrif und der zirk des riches.
weisth. 1, 774 ; nun hat der begrif tarraconensis, sunst in
gmein Hispania genant, fünf künigrich in sich. Frank wellb.
23'; dise vier brunnen sein nit weiter vom groszen mör,
dann als einer mit eim armbrost möchte schieszen und in
dem kleinen begrif treiben dieselben brunnen mit irem was-
ser sechs mülreder gnug grosz. 164*; das schlosz Altenburg
ist eines zimlichen weiten begrifs gewesen, an der Aaren ge-
legen bei Brück. Stumpf 2, 299'; der begrif und cirk der statt
hett drei und dreiszig stadia. Reizner Je»'. 1,2'; sie verlieszen
den euszern begrif und bezirk der statfmawien und wichen in
das innerlheil der Stadt, das mit einem kurzen begrif (orbis)
der welir umbgcben war. Rihel Lib. 528 ; dann grosze circum-
ferenz und begrif einer festung erfordert auch viel leut. Kirch-
hof disc. mil. 12; und das theil der Stadt (Vinela), das man
unter dem wasser sehen kann, ist gröszer als der begrif der
Stadt Lübeck anzusehen Micräliüs 2,143; ich kam fürlcr in
einen groszen saal, so im begrif 9999mal gröszer war als die
metzgeraue. Philand. 1, 484;
auf Cyiherons begrief, wo Bacbus weiber lachen,
wann ihr berülimier golt die nasse lafel deckt,
da hört kein olire nicht viel kluge Wörter machen,
indem ein voller galm uns das geiiörc schreckt.
HOFMANNSWALDAU st. Socr. 80;
der ganze sehr vicile begrif des halben theils America bis
auf den islhmum zur Stadt Panoma. pers. reiseb. 3, 4 ; weilen
aber die sach von einem groszen begrif. Leib.nitz 459.
2) compendium, summa, inbegrif, auszug: die äuglein oder
bollen sind ein begiif des ganzen gewächses. Muralt cid^. 10;
ade, begrif der welll stadl der nichts gleich gewesen.
Grtpiiius 2, 347 ;
die Jungfern sind ein volk, sind unter uns gestellt
als enget in der zeit, als wunder in der well,
sie sind ein kurz begrief von allen zicriigkeiten.
LocAU 2, 3, 58 ;
SO wird man auch einen und den andern misselhätcr in die-
sem kurzen IjegrilTe verliebter geschichle und briefe leicht ver-
tragen. lloFMANNSwALiiAii heldmbr. 132; indem dieses, was in
hiesigem kurzen begiilb; zu linden, alleine zu meiner eigenen
belustigiing von mir aufgeselzet worden ist. rorr. ; diese kunst,
welche ein begrif ist aller andern künsten. ScHteeiüs 700;
also macht der erste pflanzer des buhen ingcnii das stu-
dieren süsz oder bitler. ich weisz wol, dasz zwar dieser zeit
viel kurze begrif gefunden werden, aber ein verständiger
Schulmeister thue das, damit er witzige iiigenia nicht keck
mache. 72S ; die freie sprachen als in ciiK-n kurzen begrif
eingefasset, können ohne sondere iniilu; erlernet werden. 778.
3) conceplio, nach begreifen (> : haben unserem slatlhalter
befohlen mit zeitigem rath einen begrif darüber zu stellen.
reichsabsch. voti 1524 §. 24 ; dasz ein jeglicher stand desselben
begrifs abschrift nehme, von 1529 §. 32;
herzog Leud-cgast mich her gschickt hat
im zorn mit diesem absag brief,
was der Inhalt, gibt sein begrief. Ayrer 433*.
4) procinctus, conatus, nach begreifen und begriffen sein 5.
er ist im begrif zu sterben; steht im begrif zu verreisen;
der feind war eben im begrif die mauer zu libersteigen ; der
Soldat war auf den göttlichen Ursprung seines Stifters stolz,
das zeigten die wölfin und die kinder genugsam, muste er
auch noch den Mars im begriffe einer handlung zeigen, in
der er nichts weniger als der fürchterliche Mars war? Les-
sing 6, 424 ; der schöne sommervogel gaukelte in kleinen krei-
sen um ihn herum, dann setzte er sich wieder, aber ent-
wischte allemal, wenn er im begrif war gefangen zu werden.
Wieland 11, 46.
5) noiio, nach begreifen 7, Vorstellung: dasz die thüren der
alten in keinen haspen hiengen, sondern sich unten in der
schwelle und oben in den balken bewegten, und dieses ver-
mittelst dessen, was wir thürangeln (cardines), aber ohne be-
griffe, nennen, es findet sich auch in keiner neuen spräche
ein bequemes und bedeutendes wort dazu. Winkelmann 2, 79;
die form der buchstaben ist verschieden von dem begriffe der
Schrift in diesen zelten. 2, 121 ; der unvollkommene begrif der
Schönheit des gesichts. 3, 214 ; der Stil der Zeichnung ist dem
begriffe, den wir von der höchsten zeit der kunst haben, ge-
mäsz. 3, 244 ; wenn sie noch nicht gelernt haben, wie sehr und
worin der poet von dem versificateur unterschieden ist, so
mögen sie es doch nur erst lernen, che sie einen ehrlichen
mann, der es zu begreifen gesucht hat, und sich diesem be-
griffe gemäsz ausdrückt, darüber chicanieren. Lessing 6, 227 ;
man kann sagen, der gegenständ einer transcendcntalen idee
sei etwas, wovon man keinen begrif hat, obgleich diese idee
nothwetidig in der Vernunft erzeugt worden. Kant 2, 307 ; bes-
ser würde man sagen, dasz wir vom object, welches einer
idee correspondiert, keine kenntnis, obzwar einen problema-
tischen begrif haben, daselbst; diese nolhwendigkeit ist in ge-
wissen fällen ein ganz leerer cusdruck, mit welchem wir nicht
den mindesten begrif verbinden können. 2, 297 ; ein schurke,
der von einem edlen gefühle keinen begrif hat. 7, 387; be-
grif, in dem sinne von annähme, hypothese, ansieht, der sich
auch in dem compositum Ichrbegrif, wo es von besondern
lehrmeinungen gebraucht wird, verräth. die gründe der Wahr-
scheinlichkeit erfordern durchaus diesen begrif. 8, 205; mein
onkel hat einen so hohen begrif von ihrem eifer. Gotter
3, 27 ; die verworrenen begriffe über den unbegreiflichen. Kli.n-
GER 6, 318 ;
seh ich den pilgrira, so kann ich mich nie der thronen enthalten.
0, wie beseliget uns menschen ein falscher begrif!
GöTHE 1, 350;
denn eben wo begriffe fehlen,
da stellt ein wort zur rechten zeit sich ein. 12, 98 ;
die kinder haben keinen andern begrif, als dasz ich immer
morgen wieder kommen würde. 16, 72 ; man traute säninU-
lichen schauspielern fürtrefliche anlagen und einen hohen und
klaren begrif von ihrer kunst zu. 10, 84; o ich war auch
einmal in diesem glücklichen zustande, als ich mit dem
höchsten begrif von mir selbst und meiner nation die büiinc
betrat. 19, 96; der grosze begrif, dasz hier ein ganzes könig-
liches haus durch innere verbrechen und Unschicklichkeiten
zu gründe geht, wird nicht in seiner würde dargestellt. 19,
166; sie hatte keinen begrif, dasz man kaufen könne, ohne
zu bezahlen. 20, 95 ; in den neuern zcilen, wo so viele be-
griffe schwankend werden. 20, 146; die freudc des Wiederse-
hens nach einer kurzen und doch so seltsamen trennung
übersteigt alle begriffe. 23,98; berge geben uns wol den be-
grif von naturgewalt, nicht aber von wolthätigkeit der Vor-
sehung. 23, 21)6; wenigstens wetteiferten beide geschleciilcr,
dem aufiiorchendcn knaben einen höchst vortheilhaften be-
grif von jenen beiden personcn beizubringen. 24,29; nun bin
ich sieben tage hier und nach und nach tritt in meiner seelc
der allgemeine begrif dieser Stadt hervor. 27, 209; wer den
entsihlusz des Regulus anerkennen soll, musz den hohen
begrif von Rom mit zum slücke bringen. 33, 20«; unter die
damaligen Verrücktheiten, die aus dem begrif entstanden,
man müsse sich in einen naturzustand zu versetzen suchen,
gehörte denn aucli das baden im freien wasser unter ninem
himniel. 4S, 96; wir haben bei uns einen bildhauer, einen
mann von leichtem begrif und schneller band, an Lavaler t>1 ;
1313
BEGRIFLICH — BEGRÜNEN
Wer sind kegelschnitte zum leichteren begrif des unbegreif-
lichen (zur veranschaulichung der Sternenbahn), an fr. von
Stein 2, 14; sie gesteht, dasz ihr begrif von ihnen sich durch
dieses product noch meiir gestärkt habe. Schiller an Göthe 246.
BEGRIFLICH, 1) expedilus, untemehmbar. als Eulenspie-
gel auf der hohen schule zu Prag angeben sollte, wie viel
masz Wasser im meer seien? antwortete er: wirdiger herr
rector, heiszen die andern wasser stil ston, die an allen en-
den in das meer laufen; so wil ich euch messen, beweisen
und die warheit sagen davon, und es ist begriflich zu thun.
cap. 28. vgl. begreiflich 2. im Eulensp. wird aber i nicht für
ei geschrieben.
2) notioni rei conveniens, ad notionem accommodatus : bei
allem, was hauptgedanke ist, kommt es auf bestimmtheit des
ausdrucks an, daher hierin Torbereitung auch auf den aus-
druck nothwendig ist. je mehr hingegen ein gedanke ne-
bengedanke, oder bloszes darstellungsmittel ist, desto mehr
löst er sich vom streng begriflichen, geht ins bildliche über,
das als solches groszere fireiheit haben will. Schleiersacher.
BEGRIFLICHKEIT, f complexus : die grüsze des hafens
des hirnschedels ist gröszerer begriflichkeit an dem men-
schen, dann an eim anderen thier. Gersdorf 3.
BEGRIFSMÄSZIG, was begriflich 2: das was im begriffe
liegt. Fichte nachgel. werke 2, 76.
BEGRIFSVERWECHSELUNG, f.
BEGRILLEN, inanibus replere speciebus:
wann auch zur heiszen Sommerzeit,
begrillt mit hirnenmücken,
die bock in stolzem Stirnenstreit
mit köpfen sammen rücken.
Spee trutzn. s. 191 (193. 209).
BEGRIMMEN, atrociter corripere, reprehendere, nnl. begrim-
men:
mit widerlegen, bedingen, begrimmen,
bemüht und brüstet mancher sich. Göthe 4, 382.
BEGRINSEN, torro rii//u ti/Mperare:
die kröne, der mein fürst mich würdig achtete,
' die meiner fürstin band Tur mich gewunden,
soll keiner mir bezweifeln noch begrioseo.
Göthe 9, 156.
BEGROLLEN, odium occultum habere in aliquem.
BEGRCBELN, anxie rimari.
BEGRÜNDEN, s/afti/ire, fundare, ßrmare : ein reich, ein haus
begründen :
ich hab ein haus gebauet
und es begründet dauerhaft. CaAiisso44;
im Unterricht begründen: entwuchs ich sehr bald dem nn-
terricht, ohne dasz ich doch in irgend etwas begründet ge-
wesen wäre. Göthe 24. 45; dasz ich ihn nicht nur für unter-
richtet, sondern auch für begründet halten muste. 24, 169;
einen salz, eine behauplung aufstellen und begründen; mich
und mein glück in einem neuen vaterlande zu begründen.
48, 191 ; man suchte sich in dem Studium geschnittener steine
zu begründen. 30, 265; ansprüche, zweifei, verdacht begrün-
den; wol oder schlecht begründen.
BEGRÜNDER, m. fundator, auclor: der begründer dieser
meinung.
BEGRÜNDÜNG, f. constilutio, confirmatio : begründnng einer
anstalt.
BEGRÜNEN, virere: so lang die schulden wehren, mag
man nimmermehr begrünen oder auf einen grünen zweig
kommen. Kösic narrcnsch. 1, 88 ;
well kann einem bäume gleichen,
ihre blätier sind begrünt. OriTX 1,376;
viermal hat die Winterszeit
von den w.ildern abirenommcn
ihr begnintes Sommerkleid. 2, 196;
wenn der wilde frosl erlegen,
und der sanfte vorjahrswind
in den wäldero sich beginnt
mit begrünter lust zu regen. Si«. Dach M. ;
die süszen vö^el singen,
voraus die naclitigall
sitzt auf begninten zweigen,
liebt ihre stimm empor. N2;
das leichte fcdervieh verläszt die warmen ncster,
begibt »ich ihrer bürg, der halbbecrünien äster.
FLcai:«c 149;
das erst aus drei gebürgen.
die mit begrünter krön sich durch die wölken würgea«
üRTrHlus 1,599;
du schmelz der bunien wiegen,
du neu begrünte Our. Hackvork 3, S8 ;
begrünten lockherd. Götz 3, 117;
BEGRÜSZEN — BEGÜNSTIGUNG 1 3 U
eine capelle, die auf grüner matte ihre mit epheu begrünten
mauern erhebt. Göthe 43, 248. man darf das part. begrünt
sowol vom intransitiven begrünen virere, als vom transitiven
begrünen viridare ableiten, welches letztere im reflexiven sich
begrünen vorausgesetzt wird:
zei? mir die frucbt die fault, eh man sie bricht,
und bäume, die sich täglich neu begrünen.
Göthe 12, Sä.
BEGRÜSZEN, mbd. begrüe^en (Ben. 1, 584*), nnl. begroeten-
1) salutare, einen ankommenden freundschaftlich begrü-
szen ; sich gegenseitig begrüszen ; das handwerfc begrüszen ;
freudenthrünen begrüszton das morgenroth. Geszxer;
so feiert im Schauspiel das jauchzen der menge,
bewillkommen tanze, begrüszen gesnnge
ein glückliches paar im entscheidenden acl.
Götter 1, 339 ;
der morgen erleuchtete die fläche des meers, die unglückli-
chen begrüäzten die sonne mit klaggeschrei. Klincer 4, 183;
schon gestern hatte ich einen sehr sauber gekleideten wirts-
sohn bemerkt, der auch heute früh mich aus seinem hofe
begrüszte. Göthe 25, 351 ; der feind wurde, sobald er anrückte,
mit einem lebhaften gewehrfeuer begrüszt ; schiffe begrüszen sich.
2) adire et rogare, einen, dessen genehmigung nüthig scheint,
darum ansprechen, ehe man die sacke thut: du bist, unbe-
grüszt seiner, durch den garten gegangen; es will den kin-
dem gebühren, dasz sie nicht für sich selber zufahren und
unbegrüszt der eitern sich hie und da anhängen oder kupp-
lerinnen bestellen, welche die buhlbrief hin und wieder tra-
gen. Creidics 2, 186; zu welicher disputation ein ersamer,
wiser rat alle irer landschaften lütpriester und Seelsorger hat
tun berufen, ouch den hochwürdigen herren und biscbof von
Costenz darum begrüszt. Zwisgli 1, 116 ; sie haben aber nie-
mals derwegen die obrigkeit als greven und hauplleute be-
grüszet. Schlichthorst beitrage 2, 99 ;
so hat uns Collatinus bfohin
euch umb ein antwort zu begrüszn. .4tRER56';
und weil ihr es nicht an seinem gehörigen ort gesucht und
uns deswegen begrüszet, so seind wir auch nicht schuldig
euch in diesem zu willfahren. Schoch slud. leben 1 ; von dem
augenblick an, da die kaiser sich der gemeinen hülfe wegen
nicht mehr an den reichsboden halten, sondern die haupt-
herrn darum begrüszen musten. Moser 2, 1T4 ;
das hiesz er allenfalls noch gut,
besoudei's wenn ihr ihn darum begrüszen solltet.
GöTHR 12, 216 ;
nachdem er den wirt um ein couvert begrüszt hatte. 30, 211.
BEGRÜSZEB, m. salutator.
BEGRÜSZüNG, f. salutatio: nach gegenseitiger begrüszung ;
die Pfauenfeder trägst du stolz zur schau
und schlägst den purpiirmantel um die .schultern,
den landniann blickst du mit Verachtung nn
und schämst dich seiner traulichen begiiiszung.
Schiller 5J5'.
BEGUCKEN, oculis obire, traulicher als besehn, beschauen,
betrachten, unschuldiger als begaffen. Kirchhof wendunm. 102*.
MELissusps. C5'; dasz die erfüllung neuer Offenbarungen zwar
nicht begucket und betastet werden kann. Hamanx 7, 10»;
und beguckte des tags wol zwanzigmal meine vor anderthalb
Jahren gesetzte junge bäume. Wieland hei Merck 2, 127; ich
begucke meine fingen Göthe 24, 80 ; sie beguckt sich schon
wieder im spiegel; beguckt es von vom und hinten, anders
das mhd. begucken, beschreien. Ben. 1, 559*.
BEGUNSTEN, amplecti, juvare. Logad in seinem gedieht an
die kunstgöttinnen {musen) 3, 5, 57 :
wolt am ehsten die begunsien.
BEGÜNSTEN, dasselbe:
beute bringet ans licht die begünstende Eileitbvia
einen knaben. Stolberg 12, 2»8.
BEGÜNSTIGEN, favere, propitium esse, juvare, nnl. be-
günstigen: wann der himmelslauf jemanden mit reichthum
und vermögen begünstiget, pers. baumg. 5, 1 ; das mädchen
begünstigte sichtbar keinen seiner liebhaber;
denn lachen schützt vor spieen, begünstigt das verdaun.
GurrcR 1, 41S;
die umstände begünstigen seine Unternehmung; das glück hat
ihn von anfang an begünstigt; er ist ein begünstigter sooh
des glucks; in diesem groszen werke von dem papst und
von Spanien selbst begünstigt. Scriller 1046 ; das weiter be-
günstigte unsere reise.
BEGÜNSTIGUNG, . favor, bevorzugimg, gunsl: die begUn-
83
1315
BEGÜRTEN — BEGÜTIGEN
BEGÜTIGER — BEIIAFT
1316
stigung eines liebhabers ; die begünstigung des handels ; er
floh unter begünstigung der nacht.
BEGÜRTEiN, cingere, umgürten, angürten, ahd. picurtan
(Graff 4, 254), mhd. begürten (Bex. 1, 593'): ward begürtel
mit einem leinen leibrock. 2 Sam. 6, 14 ; so begürte nu deine
lenden und mache dich auf. Jer. 1, 17; begürtet euch und
klaget ir priester. Joel 1, 13; darumb so begürtet die lenden
ewres gemüts. 1 Petr. 1, 13; begürtet umb die brüst mit einem
güldenen gürtel. offenb. 1, 13 ;
begürten ober i-utnb mit fleisx
ir leib in schlechte Iciiiwat weisz. H. Sachs IV. 2, 74*;
die führenden sind zu der weilen wallfahrt
durch die weiten umher mit hellen gürtein, als hätte
sie die morgenröte gewebt, begüriet.
Klopstock MesH. 17, 109;
in ein lichtes gewand mit golde begünei (gekleidet).
20, 731 ;
mit Schwertern begürtet. Kmnger 3, 263.
BEGUSZ, m. perfusio aquae: dein begusz hat die schmach-
tende blume erquickt; das kind fühlt seine nelkenknospen
mit dem federmesser aufgeschnitten, nicht nach lauem be-
gusse weich von eignem treiben aufgethan. J. Paul.
BEGÜTEN, ditare, augere bonis, placare,
1) gut machen, mhd. güeten (BEit. 1, 59l'), begülen bene fa-
cere Henisch 1786, heute begütigen :
mit falschem mundein sach begüten [beschönigen).
MuH.NER schelmenz. 48, 15;
2) besänftigen, stillen :
stets neu geboren wird, den gott will stets begüten.
Grtphiüs 2, 367 ;
ach wenn des höchsten herz von menschen zu erbitten,
dasz er, der einig nur die eintrachismittel kennt,
durch seines geistes glut, die nur bei frieden brennt,
wolt aller menschen sinn, weil du noch lebst, begüten.
2, 370 ;
und obgleich Amor öfters mich begütel,
mocht ich zuletzt mich nicht mit ihm befassen.
GÖTHE2, 13;
wir haben den dreizack Neplunen geschmiedet,
womit er die regesten wellen begütet. 41, 169;
nun hat schon mancher wilde stürm gewütet,
doch kehrt das herz aus ungewissem streben
zu dir zurück, von dir, nalur, begütet. Piatin 46'.
3) ditare, fundis dotare: fürter liegen zwei dinggueter, wer
damit beguetet ist, der sol zu ding und zu ring gehen, weisth.
i, 165 ; wer in dieser gemarken begut ist, so wit und vil das er
ein dreibeinig stul mag druf stellen. 2, 166. heute begütert.
4) tueri, in gutem stand erhallen: also das wir und unser
erben das berurl slosz Waldeck nu furan inne haben, nutzen
und nieszen, und uf unser selbs darlegen {auf eigne ko-
sten und auslage) begueten, bewaren und versorgen. Cbmels
Maximil. s. 212.
BEGÜTERN, was begüten 3, fast nur im part. praet. be-
gütert, fundos habens:
jener so mächtige mann und begüterte, wie du erzählest.
Voss Od. 14, 116;
der begüterte nachbar . . . der erste kaufmann des ortes.
GöTHE 40,236;
denn ein wackerer mann verdient ein begütertes mädchen.
40, 252 ;
das gesetz gibt allen gemeindegliedern gleiche rechte und Ver-
bindlichkeiten ohne rücksicht, ob sie begütert oder nicht be-
gütert sind, denkschr. des fr. vo» Stein 52.
BEGÜTERUNG, f geld ist eine sache, die den preis aller
andern dinge bestimmt, dessen menge also in einem volke
die begüterung desselben ausmacht. Kants rechtslehre s. 126.
BEGÜTIGEN, placare, wie begüten 1. 2. er gieng über ein
weil wider hinin und wolt darnach schmeichlen und die sach
begütigen, dasz er im geneigt würd. Keisersb. Sünden des
munds 34'; ihr alle, die von im begütiget seit. Mehssus Ms';
mit fröstlichem gespnlch begütigen und stillen. Fisciiart ehz.
65; ich will ihm den herrn wieder begütigen. Simpl. 2, 319;
verhofte er werde sich wol begütigen lassen. Weise erzn. 71 ;
darnach wurde ich begütigt. Felsenb. 3, 158 ; dadurch wird er
nun nicht nur begütiget, sondern auch noch dazu ganz lu-
stig. 4, 563;
folgt ihm, Lahire. o sucht ihn zu begütgen. Schillir 456';
Emilie, die ihre Schwester zu begütigen suchte, gab mir hin-
terwärts ein zeichen, dasz ich mich entfernen sollte. GOthk
25, 285; denn ein zorniger ist wol zu begütigen, wenn es
uns glückt ihn zum lilcheln zu bringen. 26, 30; dies alles
wtiblte 80 in dem leidenschaftlichen buseo, dasz ich alle
schmeichelnde aufmerksamkeit auf sie zu wenden hatte, um
sie zu begütigen. 26, 38.
BEGÜTIGER, m. placator.
BEGÜTIGERIN, f placatrix: die ehebegütigerin Venus. Fi-
schart ehz. 40.
BEGÜTIGUNG, f. placatio: zu glimpflicher begütigung sei-
nes gefaszten zornkoders und grollens. Garg. 210'.
BEHAAREN, criniri, crines induere. in dem spruch bei Simrocr
11809 'wie der wolf behäutet ist, wird er wol behaaren' schei-
nen beide verba intransitiv, und verschieden von den mhd.
transitiven behiuten und behären (Ben. 1, 635*), haut und haar
abschneiden, auch ein ahd. gihäret crinitus (Graff 4, 9S2)
weist aufs neutrum. heute heiszt es sich behaaren, haare trei-
ben, bekommen, und im part. behaart crinitus, pilosus: ein
behaarter mann, eine behaarte brüst; das thier ist fein be-
haart; ein wolbehaarter hund; der stiel der pflanze ist be-
haart; ein behaarter stern, komet.
BEHÄB, s. beheb.
BEHABEN, ahd. pihapen teneie, obtinere (Graff 4, 733), mhd.
behaben (Ben. 1, 599).
1) diese alte bedeutung von behalten, behaupten dauert noch
im 16 Jh., doch verwechselte man behaben und beheben (Ben.
1, 645'):
kein zan bett sie behan. Brant narrensc/t. 290;
hie wirt das leben erhalten, behabt oder verloren. Frank
chron. 499"; Maaler 54* behaben, behalten, retinere; 55' be-
han, behalten, compescere; behaben mit dem eide. Haltaüs
119. Henisch und Stieler führen das wort nicht mehr auf
2) GöTHE verwendet sich behaben im sinne von sich geha-
ben, sich benehmen, sich halten, segerere: sie war himmlisch
gut, wenn sie sich nach ihrer weise behaben konnte. 26, 38 ;
wie könnt ihr euch so wunderlich behaben,
als wolltet ihr des nachbarn Weinberg graben? 47, 125;
indessen er sich an meinem eigenthum gar wol behaben
mochte. 48, 16.
BEHABEN, n. habitus, gestus: nicht ohne bewunderung
hatte der major das äuszere behaben seines alten freundes
im ganzen und einzelnen betrachtet. Göthe 22, 39; ich fand
den vater allein, der an meinen tritten und schritten, an
meinem gehen und kommen, an meinem tragen und beha-
ben noch manches ausbesserte. 25,281; den gesichtsausdruck
und das behaben eines blühenden in liebe befangenen mUd-
rhens, dem ort und stelle einer Zusammenkunft ins ohr ge-
raunt wird. 44, 262.
BEHÄBIG, bene se habens, bealus, locuples, franz. k son
aise, wolhäbig: die behäbigen, fruchtbar sich fortpflanzenden
bürger. Göthe 39, 152.
BEHÄBIGKEIT, f. engl, comfort, behagen: dem reichen
übergibt der baumeister mit dem Schlüssel des palastes alle
bequemlichkeit und behäbigkeit, ohne irgend etwas davon mit
zu genieszen. Göthe 17, 224.
BEHACKEN, putare, sarrire: bäume behacken, die erde
unter ihnen mit der hacke auflockern; den kohl, den wein
behacken.
BEHADERN, jurgio adoriri, mit zank anfechten: auf ein
zeit gedacht er, wie er davor möcht sein, das er nit allweg
(von seiner frau) behadert würd. seh. und ernst cap. 155.
BEHAFT, devinctus, obligatus, connexus, captus, altes rück-
umlautendes part. praet. von belicften, statt der neuen form
beheftet, man darf es also nicht von dem folgenden intransi-
tiv behaftcn haerere leiten, so verwandt diese Wörter sind {vgl.
haften und heften), diese Vermischung ist aber schuld, dasz
man das zu behaften gehörige part. behaftet auch für behaft
= beheftet setzte und in stellen der lutherschen bibel ein-
schwärzte.
Behaft hiesz mhd. lumal der vom teufel eingenommene oder
besessene, ahd. lirnoman:
der ist mit dem übelcm geiste behaft. Haupt 1, 448;
ein beharien under diu man fiiorto
in d.'ij münsler gebunden. Scrvot. 2284 ;
er löste mengen bchallen man,
den tievel hie; er danc varn. Uiimkr 324, 25;
beheftet steht MS. 2, 5', myst. 147, 11 ; tadclhafl aber behaftet
mit deme bösen geiste. myst. 135, 27 [man lese behaft oder
beheftet) und ebenso wenig taugt bchcft Renn. 6906. 15664.
15685. besessen und behaft. theol. deutsch s. 39.
Hier folgen nun belege des richtigen nhd. behaft: und sie
brachten ru im allerlei kranken mit mancherlei scuchen und
1317
BEHAFT — BEHAG
BEHAGEL — BEILAGEN
1318
quäl behaft Matth. 4, 24; und Simonis schwieger wax mit
einem harten fieber behaft Lue. 4, 3S ; welcher nun der erste,
nachdem das wasser beweget war, hinein steig, der ward ge-
sund, mit welcherlei seuche er behaft war. Joh. 5, 4 ; und
hat über die annaten und monat ein solch fund erdacht, das
die leben und pfründ nach dreierlei weise zu Rom behaft
werden. Lctheb 1, 295'; lasz los, welche dir mit unrecht be-
haft sind. 5, 37"' ;
keller und köcb, megde, eebalt, knecbt
die mit der kuchea sint beharu Baaut narrensch. 223;
80 dir die ehlicb wird behaft,
dieselbig ist erst recht dein eigen. H. Sachs I, 320*;
hie wandeln wir ja pilgerschaft,
die släts mit unruiv ist behaft. ScHWi.Rzt.TBeaG ISl ;
als oft der tag
mir koropi ja zu betrachieo,
daran dein schön mich bat bebafl
mit solcher krall. Ambr. Ib. s. 239 ;
daher ist auch die zung der Römer an etlichen orten ietz
angenummen und gelert, behaft, das sie auch noch römisch
reden. Frank ice//6. 4l'; ein mönch was behaft mit lieb eines
jungen meidlins, schimpf und ernst cap. 349; so war die an-
der gesellschaft dermaszen mit lachen behaft. Wickraji ro//«r.
■ 65'; so werent wir ietzund nit mit sölicher armul behaft.
Aimon X; denn der so mit der artollerei behaft, sich nit
leicbtlich der gereisigen underfecbt. Fronsp. kriegsb. 1, 50*;
von der liebe oder buischaft behaft. BIaaler 54* und daneben
mit krankheit behaftet;
▼ergessen hab unser sipschafi,
damit wir seind gen im behaft. Atsbk114';
und nimpt sie mich an zur buischaft,
bin ich in lieb gen ir behaft. 243';
weil ihr mit dieiistbarkeit der menschen seid behaft.
Opitz 2, 221 ;
nur hab ich mich vorhero zu beklagen, ,
dasz meine vers nach art und eigenscbaft
der steine sind mit rauhigkeit behaft.
Grtpuics epiyr. 1663. s. 69.
Späterhin reiszl behaftet mehr ein, das niciil besser ist, als
ßr gesandt, gewandt ein gesandet, gewandet vdre. ihr hir-
ten, wir wissen was der himmel und die musen euch ver-
liehen und mit was für begier der Wissenschaft ihr behaftet
seid, heiszl es bei Opitz 2, 266 und behaftete guter, bona affecla
stellt Stieler S17 auf. was aber sind feine glate behaftete und
befransete mutzen. Garg. 116'? wahrscheinlich gestickte oder
mit band besetzte? geheßelle? Schuppius scliwankl noch: mit
allerlei Schwachheit behaft. 441; die mit diesem groszen la-
sier behaftet wird. 520. im IS jh. atigemein so : jede schwach-
heil, jedes lasier, womit er behaftet gewesen wäre. Wielasd
7, 199 ; noch immer bin ich mit amtsgescbäften behaftet und
musz mich kurz fassen. Leisewitz br. 267; zärtliche mütter
brachten heimlich ihre kinder, die von irgend einem übel be-
haftet waren. Göthe 17, 411. s. beheften.
BEHAFTEN, haerere, fixum esse, beUeiben, ahd. haften, ana-
haften, tgl. anhaften sp. 364 : denn es darauf nicht behaften noch
bleiben mag. Kresz bei Melanchth. 2, 294 ; der reif hängt sich
darnach an die blätter und gniser, ausz Ursachen, die feuchte
der gräser und der biälter haften in ihtn, dasz er behaft,
sonst fiel er auf die erden. Paracelscs 2, 124* ;
ist grün, bedeul die stoiigkeil,
dann bebafl unser n-eunu$chaft.
W. Spakge!«berc fangbriefe K';
uf im ir hofnung fest behaft {haßet fest). Melissds Ps*.';
lief im busen und fest behafteten wort und gebärde.
BÜRCKR 244*.
vom parL behaftet, fest gewachsen ist jenes behaftet ßr be-
heftet detiüich verschieden, wie sclion die dort hinzutretenden
praepositionen mit und von, welche der intransitivbedeulung wi-
derstreben würden, lehren.
BEHAG, m. voluntas, gefallen, schw. dän. behag n., das m.
ist schon mhd.:
Dich sioes wuosches behage. Rudolfs »ellchr. cod. ca*s. 64*
und cod. urgent, bei Obirlik 109,
aus welcher stelle Bes. 1, 608* ein f. folgert, dem allerdings
das einfache hage Trist. 3, 8 Vorschub thul, gleichwol steht MSH.
3, 408':
ir bluomen wolbehac.
ein nhd. p». behag icirrf gebraucht in Knittels poet. sinnfrüch-
ten 1677 s. 55 ; häufiger gewähren es niederdeutsche mundarten :
na godes behage. Marima bei Brlms «. 145;
in Wollust unde mins herien behack
bebbe ik gelevet up düü^en dirch.
Waldis vurlorn son 1838 ;
ja, mester Johan, des is de rechte anscblag
und altomal na miaem behag. Haverla^ds Daniel von Soest
s. 105. im allen druck ron 1539. 4. mS.
BEHAGEL, gralus, vegetus, mhd. wol behageL Diut. 1, 472 ;
mnl. behaghel. nhd. nicht mehr aufzuweisen.
BEHAGELN, grandine obruere: felder und wiesen sind be-
hagelt.
BEHAGEN, placere, contenire. dies schöne, wollaulige wart
scheint in umrer spräche nie allgemein durchgedrungen, und
wie es die heutige schwäbische, schweizerische, bairische Volks-
sprache gar nicht kennt, LtrrHER, obwol er beheglich setzt, be-
hagen nirgends anwendet, Dastpodics, Maaler und He.msch es
gar nicht einmal aufführen; enthalten sich seiner auch schon
mhd. diditer wie Wolfram, Fbeidase, Conrad und der ordner
der yib., während es Habtmanx, Walther, Gotfried, Rei.nbot,
W^iNSBEKE und andere gebrauchen, auch goth. und ahd. keine
spur davon, fesler haßet es im alts. bihagon, nd. behagen,
mnl. behaghen, nnl. behagen, fries. bihagia, ags. onhagian,
altn. haga, schw. behaga, dän. behage, die beiden lelileren
sprachen haben das praeßx nach nd. einßusz zugeßgt.
Eine muimaszung über den Ursprung des worts, da uns das
einfache starke rerbum abgestorben ist, mag gleich hier stehn.
es scheint ein hagan huoc sepire gewesen zu sein, dessen pari.
praet. gihagan septus auch ahd. vorhanden ist (Graft 1, 761)
und im mhd. behagen vegetus, validus (Ben. 1, 608") fortdauerte.
hac 14/ der gehegte wald, hagen, ahd. hagan der hcycnde dorn,
hegen weitere ab leitung jenes hagan. das gehegte geht über in den
begrifdes gefriedigten, gemächlichen, behagen ist bequem, zufrie-
den, gemächlich sein, das ags. onhagian opportunum esse, das altn.
hagr commoditas, utilitas, hagr und hoegr dexter, facilis, mo-
deratus, hoegja moderare, sedare. skr. ist kaks porta, hegende
thür, kaksa septum und ks sehen wir anderwärts einem blo-
szen kehllaut anderer zungen entsprechen, vgl, aksa äuge, bhaks
^ayeif.
Behagen hat wie gefallen den dat. der person bei sich : wem
da mit hinderreden vsol behaget, da man den lüten ir eer
abnaget, sol des tisches nit würdig sein. Keisebsb. sünd, des
munds 27*;
kan mir dan numehr nichts dan du, mein gott, behagen.
Weckuerlin 91 ;
durch deine lieb und gnad behaget. 321 ;
wan mir schon
das kalt nicht wie das warm beliebet und behaget. 7S3;
da sprich ich nein dazu, dasz mir dein thun bebagt.
Opitz 1,190;
kein trinken und kein essen,
ja nichts bat mir behagt;
glaubt, berr, dem so viel müh für unser heil behagt.
Grtphics 1, 136;
als ich Ihr nur behaget. 1, 19S;
es hat mir nie behaget. 1, 217 ;
allen leuten wol behagen,
allen was gefällig sagen. Logau 1, 7, 52;
wem das lieben wil behagen,
musz dem leben abesagen. 1,7,73;
alles loben, alles tragen,
allen heucheln, stets behagen. 1,9,71;
und da den osten schon ein kram von rosen schmückt,
wird jeut die morgenruh uns beiden wol behagen.
WlCLA-tD
Ton allen schönen waaren
wird keine mehr behagen,
als die wir euch getragen
aus fremden ländern bringen. Göthb 1,43;
und es behaget so wol, wenn mit dem gewünscheten weibchen
auch in körben und kästen die nützliche gäbe herein kommt.
40,152.
•Ich behagen, wie sich gefallen, frans, se plaire:
sie mögen sich nicht mit mir behagen. 11,339;
und ob sie, wie in der stadt man sagt,
sich mit dem teutelspfalTen behagt. 13,63;
mit groszer Schadenfreude (er) sich an meinem absehen be-
hagte. 26, 278.
BEHAGEN, n. deleclatio, suavitas, moderatio, sufriedmheit,
freude, frohes gefühl, stille, innige kraß:
ich bin der götier spiel und kunweil, ihr behagen
und lustiger pallon, den immer himmel an
bald die, bald jene faust, bald hin und her tbut schlagen,
bisz er wird aihemlos und nicht mehr steigen kan.
FLBiine 117;
da drängte sich frohes behagen
henror aus verödeter ruh. böiRC 1, 104;
mich ergreift, ich weisi nicht wie,
hiramiiscbes behagen. 1, 134 ;
63"
1319
BEHAGEN — BEHAGLICH
BEHAGLICH — BEHALBEN
1320
mit des briiiitiganis behagen
schwingt sich riitor Curt aufs ros. 1, 193;
der graf im behagen des trauraes. 1, 196;
und mit urkränigem behagen
die herzen aller hörer zwingt. 12,36;
mit wenig witz und viel behagen
dreht jeder sich im engen zirkeltanz. 12,107;
der setzt sich nieder auf das grab,
und legt sein reinlich hnuflein ab,
schaut mit behagen seinen dreck,
geht wol erathmend wieder weg. Spottgedicht auf Nicolai ;
aber auch dem behagen glich nichts, wenn er sich mit ihr
zusammen fand .... dann waren es nicht zwei menschen,
es war nur ein mensch im bewustlosen voiikommnen beha-
gen, n, 394. 395; er sollte ohne festlichkeit in stillem freund-
liciiem behagen diesmal gefeiert werden. 17, 397 ; indem sie
statt eines ängstlichen und niedrigen zustandes auf einmal
ehre und behagen vor sich sah. 18, 246 ; in der gewohnheit
ruht das einzige behagen des menschen. 21, 53; dies alles
gab ihm ein inniges behagen zur nächtlichen ruhe. 23, 9;
mein vater zweifelte auch an dem behagen des praesidenten.
24, 116; das unterbrochene treppen- und winkelhafte local
ward mit schaurigem behagen durchstrichen. 24, 199; ich
fühlte immer ein heimliches behagen. 24, 199 ; ich war im
behagen der Jugend zu einer art von Optimismus geneigt.
24, 255; das liebe mädchen äuszerte gar anmutig ihr beha-
gen, dasz sie für eine bürgerin gegolten habe. 24, 311; so
war ich gar bald gegen sie in dem freundlichsten behagen.
29, 135 ; der unpoetische, in seinem bürgerlichen behagen be-
queme Kunstfreund. 29, 183; die einrichtung der Wohnungen
zeugte Ton einem stillen, hiiuslichen behagen. 30, 49 ; er mel-
dete mir sein behagen an den dortigen zustünden aufs rei-
zendste. 31, 48 ; wie die gesunde natur des menschen als ein
ganzes wirkt, wenn er sich in der weit als in einem groszen
ganzen fühlt, wenn das harmonische behagen ihm ein reines,
freies entzücken gewährt. 37, 20 ; er wird, auf dasz ja sein
behagen vollkommener werde, für einen künstler gehalten.
37, 34; personen, die sich zwar in beschränkten, aber doch
wolhäbigen, auch ein sittliches behagen fördernden Verhält-
nissen befinden. 45, 142; ein geistlicher auf einer nördlichen
landzunge der insel Usedom, auf einer düne geboren, diese
düne mit ihrem geringen vegetabilischen behagen und sonsti-
gen zuständen liebend. 46,376; es waren schöne männer dar-
unter mit dem behagen eines gründlichen wolstandes. 48, 161.
BEHAGLICH, BEHAGLICH, commodus, suavis, gralus. mhd.
behegelich (Ben. 1, 608'), nnl. behagelijk, schw. behaglig. der
Umlaut ist, wie in kläglich, unsäglich, täglich, erträglich her-
gebracht und begründet, in fraglich, waglich, glaublich hemmte
ihn eher die ursprüngliche länge des vocals, obschon man auch
gräflich u. s. w. sagt, indessen hat das schönere behaglich sich
allmälich den Vorzug errungen, selbst bei Göthe, dessen schwan-
ken die belege darstellen: denn sie üben den menschen und
machen in im die demut und gedult volkomen und gott be-
heglich, als die allerliebsten kinder. Luther 1,87*; denn weil
sie ein opfer aus der messe machen, werden wir nicht un-
gewis, ob unser opfer gott beheglich sei oder nicht? 2, 27';
daraus wir gelernet, welches da sei der wolgefellige und be-
hcgliche gottes willen, was er von uns seinen lieben ktndern
haben wil. Joach. Grefk Lazarus vorr. A2':
dasselb ward dem blinden beheglich,
und in allen beiden treglicb. Waldis4, 61;
ew. gn. bcheglichc dienstwilligkeit zu erzeigen. Kibchhof mil.
diso, vorr.; wenn man im {gott) angeneme oder bchegliche
opfer thut. Matuesius 45"; in allen billigen sachen, was der-
gestalt zum rechten gereichet und behaglich seie. Beütter
krieg sordn. 36 ;
das keine hilf in disem jamcr mir crwärtlich noch behaglich.
Weckherlim 112;
der wein ist alter leute milch, Humandus sauget lAglicb,
ist wie ein scugling um die brüst der mutier car behaglich.
LoGAU 2, ziigube 47 ;
wer redlich ist im herzen und mit dem munde frei,
der wisse, dasz bei hofe behaglich er nicht sei. 3, 1, 33;
lichäghche mittel und befOrderung. Simpl. l, 32; als ich dort
liebte, war ich itutner so leicht, so irulilich, so ausgelassen,
nun bin ich von allem das gegentheil. doch nein, nein, nein!
behaglicher oder nicht behaglicher, ich bin so besser. Les-
siNc 2, 117; was ihm, da er noch in der weit lebte, höch-
stens und nur in gewissen augcnblickcn eine ganz behagliche
Sache schien, ward in seiner jetzigen läge zum bedürfnis.
Wieland 8, 20 ; der sultan wurde durch diese Versicherung in
eine so behagliche laune gesetzt. 8, 452; ein rauher, aber
biederer und guter mann ist behaglicher, als. Hippel lebensL
4, 309;
wiewol füf jeden andern kläglich,
doch seiner neigung nach behaglich. Stolberc 9, 343;
behaglich lächelte Paris. 11,380;
schläft meine MoUy Adonide
nuri ihr behaglich schläfchen schon. Bürger 26';
sag nur wie trägst du so behaglich
der tollen jagend anmasziichcs wesen?
fürwahr sie wären unerträglich,
war ich nicht auch unerträglich gewesen. Göthe 3, 248;
auch dem weisen fügt behaglich
sich die ihorheit wol zur band,
und so ist es gar verträglich,
wenn er sich mit euch verband. 3, 173;
sie fühlten sich beide in einem festlich behaglichen zustande.
22, 103 ; sanfte ufer zu beiden seilen gewährten einen zwar
einfachen, doch behaglichen anblick. 23, 235 ; du glaubst nicht,
was das ein behagliches volk. 29, 279 ; ein behaglicher Jüng-
ling. 39, 128 ;
froh ists unsäglich sitzendem hier
athmend behaglich an geiszhirtens thür. 47, 82;
wir sind behaglich, können thätig ruhn. 47,243;
das doch auch ein behaglich auskommen wäre, an Knebel 31 ;
er scheint mir von einer sanguinischen, behaglichen complexioa
zu sein. 40.
Dagegen ohne umlaut, wo oß beim druck geändert sein kann :
unglückssohn, noch nie sprachst du ein behagliches wort mir!
BÜRGER 186';
wolllest du aber denn auch behaglicher liebe dich weigern»
244';
also schmauseten Jen', in behaglicher ruhe vereinigt.
Luise 3, 520. 590 ;
und das mütterchen lachte behaglich. 3,879;
und so zu des lagers vergnüglicher feier
bereiten den dunkeln behaglichen Schleier
die nächtlichen stunden das schöne gcspinst. Götbk 1, 253;
bald wie jeder sein antlilz,
das er im Spiegel gesehen, vergiszt, die behaglichen züge.
1, 336 ;
wenn der künstler bemerkt, dasz die weit sehr leicht zu be-
friedigen ist und selbst nur einen leichten, gefälligen, behag-
lichen schein begehrt. 20, 248; ward die überfahrt {über den
Main) gar behaglich genossen. 24, 22; wir fühlten uns be-
haglich. 24, 37 ; ein schöner, behaglicher, sanguinischer mann.
24, 248 ; diese unerwartete, seit vielen jähren unerhörte last
drückte die behaglichen bürger gewaltig. 24, 131; fand sich
glücklicherweise ein behaglicher dolmetscher. 24, 133; er machte
überhaupt einen sehr behaglichen eindruck. 24, 289; in be-
haglichen Vermögensumständen. 26, 34; und so giengen tage
und stunden einen ruhigen, behaglichen gang. 29, 135; wo
der pulcinell uns in die so höchst behagliche nullität des da-
seins zu versetzen wüste. 29, 135; alles soll, so will es der
behagliche leser, im gewöhnlichen gange fortgehen. 29, 184;
indem die alten sich selbst und die weit behaglich eniptin-
den. 37, 24;
er hatte die munteren worte
mit behaglicher art, im guten sinne gesprochen. 40, 325;
die eitern waren anständig beliagliche personen. 48, tSft; e>
ist ein guter behaglicher mann, oti Knebel 76;
baue nach tust dein feld,
nach deinem bedarf dein haus,
und sieh auf die tolle weit
behaglich zum fcnster hinaus. Rückert 318.
BEHAGLICHKEIT, BEHAGLICHKEIT, f. mhd. behegellcheit:
und der, o vieh, o schraacb! höhn über alles leid,
schöpft aus den ochsen, nicht aus gott behäglichkcit.
Grtphius 2, 411 (nach Luc. 14, 19);
sie fanden eine grosze behäglichkcit, sich einander verstand-
lieh machen zu können. Göthe 20, 247 ; man sprach mit be-
häglichkcit von den vorühcrgegangnen kriegszügen. 24, 29 ; ich
stand bald und recht schmuck da, warf mich in die brüst und
mein freund schien sein ehenbild mil behäglichkcit zu be-
trachten. 25,352; persönlich war mein vater in ziemlicher
behäglichkcit. 25, 105; die grosze heilerkcil und behäglichkcit
womit der verehrte lehrer uns von bell zu bett führte. 20, y.
BEHALBEN, adv. au.<igenommen, beiseite gelassen, fries. bi-
halva, nnl. behalve, mhd. Iiehalben (Ben. 1, 615'), nur in mund-
arlcn gebräuchlich, die sich zum niederdeutschen neigen.
1321
BEHALFTERN — BEHALTEN
BEHALTEN
1322
BEHALFTERN, capistrare, besser blosz halfteriL
BEHALMEN, sich, culmis vestiri, begrasen: der grund wird
sicli bald behalmen, sagt Salis.
BEHALSEN, amplecti, umhalsen, v^i. halsen, auch bebälsea:
was hilft das händedrücken und viel bebälsen doch?
Kmtikls poet. sinnenfr. s. 165.
BEHALT, m. nnl. behoud n., gebildet wie halt, verhalt,
vorbehält, gebalt, Inhalt, anhält, aufhält, aufenthalt, rückhalt,
in mehrfacher bedeulung,
1) custodia, gewahrsam: mhd. bebalt (Be\. 1, 623"); das wi-
sen wir in behalt gen Waldeck, so wie der bebalt komen si
an unsern gn. h. von Spanheim, das si im kündig und uns
unkundig, ueisth. 2, 208 ; und wo er euch in seinem behalt
het, thet er euch das haupt abschlahen. Aimon kl; ir wis-
sent, das Magis ein groszer zauberer ist, das ich keinen be-
halt {schul:, bewahrung) darvor machen kündt. R ; sie hat in
irem behalt das heilthumb. Fierabras G4. nnl. dat was zijn
behoud, seine reitung, was ihn rettete, erhielt, bewahrte; het
behoud des vaderiands, salus patriae.
2) subsidium, reserre, rückhalt: man hat alsdanu noch ge-
nug im behalt, um 4000 rth. auf die angeführte weise zur
Unterhaltung der acteurs auszusetzen. J. E. Schlegel 3, 257.
3) memoria {vgl. behalten 7): nachdem aber bisheran et-
wan vil untergerichlen kein Schreiber oder gerichtsbueh ge-
wesen, sonder alles was gehandelt auf bloszen behalt und
gedechtnus der schöffen gestelt worden, welcher behalt zu
vilmalen bei den personen ungleich erfunden und durch ab-
sterben der schüiTen zuletzt in entlichen vergesz gefallen.
undergerichlsordnung des erzstißs Trier. Meinz 1537 bl. 3.
4) hieraus entfaltet sich die heule veraltete, im 11 jh. geläu-
fige formet meines behalts, d. i. so viel ich es behalten habe,
mich besinne, erinnere, meines Wissens: meines behalts den
zweiten tag nach dieser glücklichen conjunction. Simpl. 2, 153 ;
des Spanferkels vater ist, meines behahs, ein hackisch oder
grobes schwein. colica 173; er hiesz Johann Tobias Fasert,
meines behalts, von Minden an der Weser gebürtig. Felsenb.
2, 523; meines behalts hielten wir uns nicht gai- zu lange
in diesem gasthofe auf. 4, 420; wie vielmal seid ihr unter
unserer cur gewesen? sie antwortete, das ist, meines behalts,
das drittemal. Ettners unw. doct. 903 ; {von einem ßschzug re-
dend, den er selbst mit angesehn) so ungefehr, meines be-
halts, in dem majo gewesen. Hohbebg 2, 46ti'.
5) die ältere spräche scheint auch behalt n. für behälter, ge-
fach zu nehmen: der bauer liesz sich eine grosze tasche ma-
chen, die hatte zwei behalt, seh. und ernst.
BEHALTBAR, quod memoria teneri polest: noch sind die
Perioden des schlafs genauer zu erwägen, in weiche die leb-
haftesten, die deutlichsten und behallbarsten träume fallen.
Cabls Psychologie 2, ISl.
BEHALTßARKElT, f.
BEHALTE.N, tueri, servare, tenere, reUnere, reservare, ahd.
pibaltan (Graff 4, 904), mhd. bebalten (Ben. l, 620), aUs. bi-
haldan, nnl. behouden, ags. behealdan, engl, behold, von der
Wurzel beim einfachen halten.
1) wie die Wörter des sehens übergehn in den begrif des
hütens, tueri schützen, unser warten, garder, beschirmen aus-
irnckt, der sehende sein äuge auf die gegenstände richtet, sie
m äuge behält, sie in aufsieht nimmt; so erklärt sieh, dasz
unser behalten im ags. behealdan, engl, behold anschauen,
anblicken, aspicere bedeutet.
2) wie nun der sehende, schauende den blick nicht abwen-
det von der sache, läszt der haltende sie nicht los und behal-
ten heitit festhalten, nicht weggeben, den stock in der band
behalten, ihn nicht hinlegen, den mantel um die Schulter be-
halten, ihn nicht abnehmen, was noch durch die praepositionen
an, auf, bei, um verstärkt wird {s. anbehalten, aufbehalten,
beibehalten, umbehalten), der gläubiger behält das pfand,
gibt es nuht wieder heraus; der reiter behält das ros im zäum,
Usit ihn nicht fahren; zwei äpfel gebe ich dir, den dritten
behalte ich ; ich behalte den ring am finger, streife ihn niehl
ab; der iiund behalt das stück fleisch im uiund;
so hau er keine zaa im maul,
den hdsen kundt er nit behahen. ALBHi!a48;
das fasz behält den wein, enthält ihn in sich, eapil vinum;
das gefäsze ist schwach, das nicht so volkomen behalten kan.
LUTUER 0,202".
3) bebalten auf lebende wesen bezogen heiszl oß sie nicht
tödten. der vater halle die wähl, das neugeborne kmd aus-
zusetzen oder zu behalten {aufzukd)en) ; wer es aber ein
töcherlin, so sollen sie (die hebammen) das behalten {nach
2 Mos. 1, 16). Keisersb. sünd. des munds 45*; der sieger durfte
die gefangnen tödten oder behalten, am leben lassen, servare,
woher vielleicht servus; da errettet gott Isaac und behielt in
beim leben. Lltheb 3, 128 ; (der bauer schlachtet die kälber),
aber die er behalten {aufziehen) wil, die müssen ingewettet
werden in pflüg und müssen arbeiten. Keisebsb. o. a. o. 18';
wenn dich nu die Egjpter sehen werden, so werden sie sa-
gen, das ist sein weib, und werden mich erwürgen, und dich
behalten. 1 Mos. 12, 12. in biblischer anwendung : der sünder
soll behalten, errettet, nicht zu gründe gerichtet werden;
seine seele bleibt behalten; gott behielt den könig Jechonias,
da er sich auf gottes wort ergab. Lgtber 6, 3'.
4) einen behalten, da behalten, im hause, zu tische, im
dienste, amte : die kinder im hause, in der stube behalten,
nicht ausgehen lassen; wir behielten den freund zu tische,
behielten ihn da, bei uns; die ganze geselischaft wurde zu
gaste, zum abendessen behalten ; wir kehrten ein, der wirt
konnte uns nicht behalten ; den knecht im dienste, den Ver-
walter im amte behalten.
5) behalten auf Sachen bezogen, retinere, servare, erhalten,
außehalten, zurückbehalten, aufheben: du hast den guten wein
bisher behalten. Joh. 2, 10 ; und ein jeglicher unter euch wisse
sein fasz zu behalten in heiligung und ehre {golh. gastaldan
sein kas in veihijiai jah sveri{)ai). 1 Thess. 4, 4 ; du darfst die
geliehene sache nur drei tage behalten; nachdem ich das
büchlein schnelles laufs, wie man spricht, hab überlesen,
sintemal mir so grosz glück nit widerfahren kont, das ichs
länger behalten möchte, bienenk. 6'; wiewol euch gott bisher
einen festen, harten leib gegeben und behalten. Lcther 5, 12' ;
der regen gosz, dasz ich keinen trocknen faden auf dem gan-
zen leib behielt; die räuber hatten ihn ausgezogen, er be-
hielt nichts als das hemd; mein herr hätte ihm nachten eine
kette und das kleinod gegeben zu behalten. Schweimche.-* 1,
130 ; ein wörlich schlosz, da ietz der soldan seine schätz be-
haltet. Fra-nk weltb. 172"; dann disz war eine allzu köstliche
speis für seinen mund und muste zur letzten gericht behal-
ten werden. Fischart bienenk. 23'; alles was von ihnen ge-
schrieben worden, das beutelt sie vor und behält darvon die
schönsten kleien. 40'; ist dir lieb, dasz eine ganze Stadt ver-
brenne, woferne deine hütte behalten bleibet? pers. baumg.
1, 16 ; das schif ist behalten, im sichern hafen geborgen ; alles
ist wolbehallen angelangt; das wasser behalten {retinere, co-
hibere), dasz es nicht auslaufe. BIaalek 55* ; behalt ihnen diese
Sünde nicht, apost. 7, 60;
hilf iiott hilf, geh nicht ins geriebt
mit deinem armen kinde!
sie weisz nicht was die zunge spricht,
behalt ihr nicht die sünde. Bcrgbr 14*.
ich meiner briefe keiner abschrift behalte. Lcthebs br. 5, 4ii-
6) behalten, bewahren in etwas: der wein wird in schlau-
chen, in fässern behalten; das fleisch salzen und in bütten
behalten; die zung musz man in dem keller behalten und
salzen mit dem salz der bescheidenheit des Schweigens. Kei-
sebsb. sünd. des munds 79*; und wie das evangelium selbs
zeigt, die sprachen sind die körbe, darinnen man diese brot
und fische und brocken hebelt. Llh-heb 2, 475"; mit einem
heftigen gifl, das man. in eines pferdes hüf behalten muste.
Mathesics 85*; mischends durcheinandem und behaltens wol
in ein (eim?) glas. Pabacelsus 1, 690'; im äuge behalten
{sieh 1). abstract, und wie kündte man ein volk feiner im
irrthum behalten, denn mit solcher rede? Lcther 6, 107*;
laszt uns das volk nur in der blindheit behalten, so sehen
sie nit unsere werk, bienenk. Zb* ; dasz er sein volk in unter-
thänigkeit bebalte. 147* ; die bürger in zucht, den son in mei-
steischafl behalten. Maaler 54*.
7) behalten {wie sparen) auf. sihe das ist über blieben,
lege für dich und isz, denn es ist auf dich behalten. 1 Sam.
9, 24; denn das böse wird behalten auf den tag des Ver-
derbens. lUab 21, 30; auf den stich behalten, vgl. 10;
dan ichs auf dich bcbaliea hab. Scuielzl Saut 17';
das manna verdarb, wenn man es auf den andern tag be-
hielt. SCHI'PPIUS 748.
8) behalten, memoria retinere, alts.
ihai Tri al biheld an ira hugri^keftiiin. Het. 13, 4:
.Maria al biheld, gibarg an ira bruusiun. 25, 6 (Luc. 2, 19. 51);
nhd. im köpf, sinn, gedächtuis, herzen bebalten, vgl. ausweo-
1323
BEHALTEN
BEHALTER — BEHÄLTNISSE
1324
dig behalten sp. 1015 ; ich kanns nicht behalten ; ich wills be-
halten ; und seine brüder neideten in, aber sein vater behielt
dise wort. 1 Mos. 37, 11 ; ich behalte dein wort in meinem
herzen, ps. 119, 11;. die das wort hören und behalten in
einem feinen guten herzen. Luc. 8, 15 ; eiserne köpfe, welche
dasjenige, was sie gefasset haben, behalten können. Schup-
piüs 597; leider hat Wilhelm davon (von dem Hede) nur die
letzte Strophe behalten. Göthe 19, 227 ; behalten sie ihre rede
(vergessen sie nicht, was sie sagen wollen), wenn ich bit-
ten darf. Götter 3, 219, wenn man einem Tedenden ins worl
fällt, ihn unterbricht.
9) behalten, bei sich behalten, tacere, relicere: er behält
alles bei sich, will nicht damit heraus rücken; er kann nichts
bei sich behalten, schwätzt, plaudert alles aus; er hat sunst
verheiszen soliche ding zu verschweigen und bei ihm zu be-
halten. Keisersb. Sünden des munds 72'; er wüst auch, das
in Judas hingeben (verraten) wurd, er hat es aber niemants
gesagt, er hat es bei im behalten. 73"; mein kind, behalt
meine rede und verbirg mein gebot bei dir. spr. Sal. 7, 1;
und sie behielten das wort bei sich. Marc. 9,10; wolt ihr es
bei euch behalten, so will ich euch sagen, was heute vor-
gangen sei ; könnt ihr es selbst nicht bei euch behalten, wie
soll ich es bei mir behalten? leiblich, die speise bei sich
behalten, verdauen; sein mage kann nichts mehr behalten;
es gehet ihm wie einem cacaturienti, er kann nichts bei sich
behalten. Schüppiüs 22.
10) redensarlen. die Oberhand behalten, bienenk. 36'; den
sieg behalten; das feld behalten (behaupten):
es streit für uns der reclite man,
das feld musz er behalten. Luther 8, 36';
dise sind die eichelnsaw, welche der teufel lang auf den stich
behalten hat (um damit zuletzt im spiel zu stechen), bienenk.
25'; redlichkeit behält den stich (siegt zuletzt ob), unw. doct.
173; recht behalten, sein recht behaupten; wenn gott sein
recht wider uns behalten hätte, so würden wir alle beide
längst zum teufel gefahren sein. Schuppiüs 316; ich behalte
allemal unrecht; seine alte weise und gewohnheit behalten;
' seine ehre, seinen guten namen behalten ; etwas für sich be-
halten; behalt das für dich! (entweder verschweig es, oder
niemand anders mag es) ; behalt dir das, habe dir das :
herr Hans wirft sein hengst rumb.
behalt dirs, lieber gesell, ich reut darvcinl
gespräch von der flucht des groszen scharrhansen,
h. Heinrich, von Braunschweig. 1542. b 3".
U) behalten und adjecliva: einen lebendig (beim leben) be-
halten: so wolt ich dich auch itzt erwürget und die eselin
lebendig behalten haben. 4 Mos. 22, 33 ; etwas übrig behalten ;
fest behalten; gefänglich bis in den tod behalten. Schüppiüs
387 ; sich von der weit unbefleckt behalten. Jac. 1, 27 ; rein zu
behalten mein gewissen. Weckherlin .56 ; einen lieb behalten ;
behalten sie mich liebl; gut behalten (haben); ich will das
gut bebalten (mir vorbehalten, künßig empfangen), daher die
hößichkeilsformel, um begleitung abzuwehren : bleiben sie, blei-
ben sie beide, ich bebalte das geleite auf gelegenere zeit gut.
Götter 3, 76. man sagt auch zu gut behalten : ich behalte
einen thaler zu gut (er soll bei nächster rechnung mir zu gut
kommen).
12) behalten mit dem aide, mit den heiligen, hiesz was be-
greifen, behaben mit dem eide, und Haltaus gibt sp. 121 belege
dafür, ihren grujid haben diese redensarlen darin, dasz die
reliquien mit dem ßnger berührt, gehalten wurden, man ge-
brauchte es allmälich blosz für feierlich beiheuern, versichern,
z. b. ich- will solches auf mein letzte hinfart behalten (bei
meiner ausfahrenden seele beiheuern), dasz ich den buhen mit
wissen nie gesehen habe. Galmy 319 ; sofern er bei dem eid
mag behalten, dasz er ewer in Unehren nie begehrt hat.
Pontus 33.
13) das absolut gesetzte participium wol zu behalten scheint
gleichbedeutend mit dem adv. behällnis : ich möchte sie wol
um mich haben, um sie als ein lebendiges register zu nutzen,
an Seitenzahlen würden sie mich nicht mangel leiden lassen,
nur für die gedankcn mUste ich selbst sorgen, wol zu be-
halten (mit dem vorbehält), dasz ich ihnen auch die Seiten-
zahlen nachzuberichtigen nicht versäumte. Lessinc 8, 196.
14) sich behalten = steh außallen, morari: aber alle die
stedte, herschaften &c., dahin sich bcnanter Martinus oder
jcmands von den gedachten begehen wird, solang er daselbs
sich behelt, und drei tag nach seinem abschied, untenverfen
wir dem geistlichen interdict. Luther 1, 26l' ; ratten und mens,
die sich hinter dem hausrat behalten. König narrensch. 94;
war darneben ein so unflätiger gestank umb ihn, dasz sich
niemand neben dem bett behalten kunte. Philand. Leiden 1646.
3, 89 ; wolt sehen, was in dem see vor fische sich behielten.
3, 245.
15) intransitives behalten = halten, stehn bleiben, anhalten,
von reitenden oder fahrenden: queme unser herre von Fulda
dazu, dasz einer mit wagen oder anderm dem seinen behal-
ten wer. weisth. 3, 368, wo behalten der inf scheint, doch
auch für das pari, praet. mit der bedeutung festgehalten, auf-
gehalten könnte genommen werden; er blieb behalten (stehen,
hallen). Opitz Arg. 2, 319. 354. s. bestehn.
BEHÄLTER, m. servator, custos, ahd. pihaltäri, rhhd. be-
haltaere, behalter (Ben. 1, 623'), Maaler 55'; Jesus unser be-
halter (heiland). Keisersb. ausg. derjüden K ;
wann der künig heilig und behalter dein
kumpt dir ganz arm auf einer eselein. fastn. sp. 803, 11 ;
damit er ein behalter und volbringer wurd geacht beder te-
stament. Frank welifc. 118' ; als ein balsam ist ein auszwendi-,
ger behalter aller cörper vor aller feulung. Paracelsus 1, 818'.
die Vorstellung gieng aber bald über auf das gerät, den schrank
(receptactilum), in welchem saclien außewahrt und verschlos-
sen werden: zu der stiegen lief, darunter ein behalter war
von bretern gemacht. Bocc. 1, 307"; die dürre hagre gestalt
ist der behalter eines feuervollen, kühnen geistes. Klingers
th. 3, 323.
BEHÄLTER, m. oder n., franz. reservoir, die heulige, um-
gelautete gestalt des vorigen worts, dessen sächliche Vorstellung
auch leicht ins n. schwankt:
sie wollen liebe? hier in diesem busen
springt eine quelle frischer, feuriger,
als in den trüben sumi)ligen behnitern,
die Philipps gold erst öfnen musz. Schiller 255';
lastende traube
stürzt ins behälter
drängender kelter. Göthe 12,76;
wie nun (das mineralische wasser) sich selbst überbauen, er-
höhungen, hügel, klüfte, canäle und gewölbe aus sich selbst
hervorbringen, nach und nach ^b- und aufsetzen könne und
sich selbst ein behälter zu bilden im stände sei. 51, 19.
s. fischbehälter, fischhälter, fischkalter, Wasserbehälter.
BEHÄLTIG, capax, tenax: wie er denn sonst behältig und
guter gedechtnus war. Melanchth. leben Luthers übers, von
Ritter 1561 s. l. bl. 12.
BEHALTLICH, was behaltbar und behaltsam.
BEHÄLTNIS, f. receptaculum : wenn das sacrament des al-
tars in seiner behaltnis oder am hin und wiedertragen ange-
betet wird. Melanchtb. corp. doclr. ehr. p. 874 ; disz land ist
der wilden thier ein behaltnis. Frank weltb. 59'; ich schetz
euch vor doren und unweis, das ir den felsen, der ein be-
haltnus ewers lebens gewesen ist, begebent. Aimon 0 ; hal-
tent mir ewer zusagung, das ist behaltnus unsers leibes, le-
bens und glieder. T;
ich hab in in der bheltnus gfischt
und die hundert gülden erwischt.
ÄYREA fasln. 99*.
auch abstract für retentio: verkündige dir die unaufgelöste
behaltnus deiner Sünden (dasz sie dir behalten, nicht erlas-
sen sind). Schüppiüs 679.
BEHÄLTNIS, BEHÄLTNIS, n. dasselbe: behaltnis fürwaaren,
kohlen, kleider, thiere, fische; behaltnis für menschen, gefängnis,
und abstract vorbehält, bedingnng. ein behellnis aller unrei-
ner geister und ein behellnis aller unreiner und feindseliger
Vögel, offcnb. 18, 2 ;
reichihum soll man zwar nicht lieben, mag es, wenn es kümt,
doch fassen ....
mag CS ein in sein behaltnus, sich nur nicht in seines tragen.
LoGAU 3, tug. 21 ;
80 hätte dieser unbeschreibliche schätz noch länger ohne
nutzen in seinem behaltnis liegen bleiben müssen, ehe eines
manues 374 ; schon in der mitte des vorigen Jahrhunderts
hatte man in unserm büchersale ein abgesondertes behaltnis,
über welches geschrieben war 'unsterbliche werke*. Klopstock
12,92; jede spräche ist gleichsam ein behaltnis der eigenslea
begriffe eines volks. 12, 209.
BEHÄLTNIS, BEHÄLTNISSE, adv. cum exeeptione. haelege,
mit vorbehält, unter vorbehält (vgl. wol zu behalten in behal-
ten 12), häufig in der rcchtssprache der weislhümcr des uest-
lichcn Deutschlands: behcllnisse, der die hüben seind, ires
1325
BEH\LTNISSE — BEHANDELN
BEILLNDELN — BEH.^NG
1326
rechtes. I, 578 ; dise recht wisen wir, doch beheltenisse den
drien herren iglichem seiner gerechtigkeit. 2, 208; beheldnus
unserm lieven herren der boeszen. 2, 246; beheltnus u. h.
sein zehnten und gerechtigkeit. 2, 316; beheltenisse iglichem
herren sins rechts. 2, 357 ; behaltnus, dasz alle empfängliche
guter in dem hof verthädingt sollen werden. 2, 3S7; behalt-
nus dem herren, dem hof, dem scholteisen seine gerechtig-
keit. 2, 388; behaltnus dem gerichtsherm seiner lehenguter.
2, 392; an des abts widerspräche, bebeltnisse seins rechts.
2, 521 ; bebeltnisse doch unsem gn. h. van Colne . . alsulcher
breve. 2, 646; beheltnis des markgreven recht van Guilch. 2,
773; beheltenis dem vaeght sinre bruchen. 2, 781; behelte-
nisse andern irs rechten. 2, 799 ; bebeltnisse doch dem vaigt
alsulchs rechts. 3, 4; beheltenisse doch der drier gotsheuser
rechten. 3, 824 ; beheltnus der insaszenden hern ire gerech-
tigkeit, 3, 829; doch beheltnus ime dem vogt seiner gerech-
tigkeit. 3, 834. mehrmals auch in dem Aimon, Simmem 1535 :
ir herren, dieweil ir mir solche ere zumessen, das ich ewer
buldung aufhemen soll, so thu ichs, doch behaltnus ewers
rechten herren. B; verschaf, das wir gute söne (sühne), be-
heltnus unseres lebens, erlangen. X3. Statt dieses adverbial
gesetzten dativs steht hin und wieder auch die praep. mit oder
bei : doch mit bebeltnisse unsers Stifts und unser manne recht.
tceisth. 3, 507 ; doch mit behaltnus unser ofnung. Haltaüs 121 ;
bi bebeltnisse uwep leben, daselbst, der blosze casus ist aber
gefüger. in nl. Urkunden sollte man ein ähnliches behoudenis,
behoudenisse erwarten, die belege zeigen, dasz ein dat. der
person, gen. der sache dabei steht.
BEHALTREüSE, f. seclusorium, gurgustium. Stieles 1593.
t. reuse.
BEHALTSÄM, behaltbar: jemehr Sinnlichkeit der künstler
seiner darstellung zu geben gewust hat, desto behaltsamer
werden sie für das gedächtnis. Eschenbchc theorie^ der seh.
wiss. 1789. s. 11.
BEH.\LTUNG, f. conservatio, erhallung: zu der Christenheit
behaltung und rettung. absch. des reichsreg. von 1501 §. 20;
das nit allain der anfang, sonder auch die behaltung und
werung der cörper gottes werk sei. Verdeutschung von Me-
LASCHTHOSs ctl. Schwersten cap. 1 b. Mos. 1523 bl. 4.
BEHAMMELN, cohibere, impedire, capere, ein altes wert,
altn. hamla, vgl. ahd. hamalün mutilare, ags. hamelan popli-
tes scindere, von ham poples, suffrago, man bändigte ein wil-
des thier durch lähmung ; wahrscheinlich ist auch bammen,
hammein verschneiden daraus zu erklären : welche beide thier
unbendig und sonst nicht zu fahen noch zu behameln sind.
Reisz^ier Jer. 2, 78"; die geister bannen, beschweren, beham-
len. Thcrmeisser archidoxa 50; Panzer klammerte sich mit
beiden bänden nur noch fester an ihn und behammelte Herz
zugleich mit [hielt ihn fest?). Fr. Müller 2, 62. iras Hemsch
250 unter behammeln sich dachte, ist nicht zu ersehen, da
uns sein artikel hammel abgeht. Die heutige Volkssprache ver-
wendet behammeln für besudeln und von der magd wird das
kind ermahnt sich nicht zu behammeln oder behampeln, das
läszt sich kaum von behammeln und hemmen ableiten.
BEHA.M.VIEN, BEH.\MMEN, capere, cohibere, was das vo-
rige: er musz sich zorn nit lassen behamen (einnehmen), sun-
der für und für verzihen. Zwingli 1, 209; so ziehet ewem
feinden vil frisch volk und hilf zu, wann wir einmal hierin-
nen behämmet (andere drucke behämbt) und umblegert wür-
den, wüst ich warlich nit, wie wir bestünden. Garg. 264'.
s. hemmen, behemmen.
BEHAHMERiN, BEHÄMMER.N, malleare, mit dem hammer
bearbeiten. Bhockes 9, 28 ; indem er das blech von einer oder
der andern seile behämmerte. Güthe 35, 326.
BEHANDEL.N, tractare, manu tractare, franz. manier, an-
greifen, begreifen, nnl. behandelen, ahd. blosz hantalön, mhd.
handeln.
1) von tacken: den teig bebandeln, bearbeiten, verarbeiten;
ein gescbäft behandeln ; die frachl ist auf 45 rthl. behandelt.
Wielamo 6« Aferolt2, 67; e» ist um zehn rth. behandelt; die-
ser slof läszt sich nicht leicht behandeln; das bild ist mit
meisterschafl behandelt ; die Studien wollen nicht allein ernst
und neiszig, sie wollen auch heiter und mit geistesfreiheit
behandelt werden. GOthe 26, 10.
2) von leuten: er kann die leule, die menschen nicht be-
handeln; der arzt behandelt einen kranken; der herr beban-
delt seine unterthanen hart; man kann uns niedrig behan-
deln, nicht erniedrigen; man hatte ihn einem landgeistlicbeo
anvertraut, der sich ein besonders geschäft daraus machte,
dergleichen leute (geisteskranke) zu behandeln. Götbe 19, 229 ;
wir hatten ihn lange, nach unsrer Überzeugung, moralisch und
physisch behandelt, es gieng auch bis auf einen gewissen grad
ganz gut. 20, 287; gibt er sich alle mühe dessen creditores
dahin zu behandeln, dasz sie mit der helfte der zu fordern
habenden capitalien zufrieden sein wollen. Felsenb. 2, 589 ;
die behandelten (eingetauschten) kinder. Lohe^ist. Arm. 2, 1143.
3) sich mit einem behandeln, mit einem unterhandeln: als
der freund (der kutscher, schwager) eintrat, gieng Eckart mit
ihm auf die seile, behandelte sich mit ihm, was er bis Mei-
szen, ihn mit denen seinigen dahin zu fuhren, geben sglte.
als sie nun einig wurden, gab ihm Eckart einen halben gül-
den drauf und brachte ihm ein glas bier zu, so er auch be-
scheid that, und sich vor geschehene ehre bedankend ab-
schied nahm. unw. doct. 7.
4) sich behandeln lassen, mit sich handeln lassen: sie
schlagen es ganzlich ab (zu bleiben), doch auf Pickelherings
groszes nöthigen lassen sie sich behandeln. Schoch stud. le-
ben G; liesz mich in den polnischen krieg mit behandeln.
Weise erzn. 72 ; dasz er sich behandeln liesz und wieder um-
kehrte. Mascoc 2, 206 ; suchte die feinde mit geld abzukau-
fen, die sich denn auch behandeln lieszen. 2, 279 ; was den
preis anbelangt, so wird sich vielleicht die frau postmeisterin
Adami in Heilbronn noch etwas behandeln (abhandeln) las-
sen. Merck 1, 397.
BEH.\>DEN, BEHÄNDEN, einhändigen, zur hand stellen:
euer lieb schreiben, des datum stehet zu Augsburg am 25
tag oct., und uns am 19 nov. durch ein zufällige botschaft
behendet. Lcther t, 136'; haben diese brief behandet dem
könig Yon. Aimon M2; da im keiser Carles brief behandet
wurden. M 3 ; Reinhard behandet ime widerumb sein pferd.
L4; behandent inen (ihn) dem keiser in gestalt als obs ein
anderer gefangner were. R 2 ; er hat uns unser Schwester wi-
der behandet. T; ihre maj. hätte die übergebenen artikel
vergangener zeit gehört und als dieselben i. maj. behandet
und zugestellt, hätte i. maj. dieselben selbs mit fleisz gehört
und verlesen lassen. Kresz bei Melanchlh. 2, 250. später be-
händigen, s. behenden.
BEH.\NDF.\HNEN, mappa, mantili instruere: schön besto-
let, bealbet, bekaselt, verschapplieret, versubtilet, behandfa-
net und behumeralet, wie ein eul im Schornstein. Garg. 162*.
vom ahd. hantfano, mhd. hantvan mappa.
BEHANDGABEiV, donare, von handgabe, handgiß, donum:
mit einem stück gelts behandgaben, der kunkel evangelia 1557.
BEHÄ.NDIGEN, in die hand geben, einhändigen, nnl. be-
handigen : das er im mein büchlin behändiget. Luthers br. l,
320. «n der vorrede zum ersten theil des A. T. von 1524 spot-
tet Lcther über behendigen und beherzigen als neue Wörter,
die auch in seiner bibel nirgends erscheinen, wenn jene stelle
(1, 320) wirklich von ihm und nicht von Carlstad ist, hätte er
behendiget im j. 1519 selbst geschrieben, ist solcher begrif et-
lichen insonderheit zu überlesen behändigt worden. MELA.tcH-
THon 1, 503 ; das sie die bürgen uns sollen behendigen. He-
moy com. 32 ; er solle die brief in nit behendigen. 80 ; so-
bald den männern das schreiben behendiget worden. Wizenb. 15.
BEHÄNDIGL'NG, f einhändigung.
BEH.\.NDIGUN'GSSCHELN, m. empfangsckein.
BEHANDLUNG, f. tractatio, Unterhandlung ; von einem er-
zürnten feinde, welcher sogar von keiner behandelung hören
wolle. LoHENST. Arm. 1, 58 ; eine gute behandlung erfahren ;
ich sehe weniger auf groszen lohn, als auf gute behandlung;
gegenstände rechtlicher behandlung. Göthe 26, 192; behand-
lung der färben, maniement.
BEHANDLUNGSART, f behandlungsart des vorkömailichen.
Göthe 26, 258.
BEHANDLLNGSWEISE, f. es würde sogar diese behand-
lungswcise, zu der ja schon so vieles vorgearbeitet ist, den
verwandten Wissenschaften von groszem vortheil sein. 50, 178.
BEHANDLNG, f. was behändigung. Moser pa/r. pA. 4, 332.
BEHANDZEICHNEN, mit dem handzeichen versehen, franx.
parafer : ein behandzeichnetes rescript.
BEIL\NG, m. pl. behänge, res pendula, gebildet wie hang,
anhang, Vorhang, unihang: behäng an den wänden, perislroma.
He-^isch 250 ; behäng der pferde, phalerae; eine pferdedecke
mit silbernem behäng; nun von einem andern ast disz baums,
den si nit lassen nusz tragen, sunder halb abschneiden, ge-
ben im dann besunder bebeng (umhänge). Frame weltb. 302*;
1327
BEHÄNGEN
BEHÄNGEN — BEHARREN
1328
weidmännisch, ein hund mit gutem behäng, mit lang nie-
dcrhdngendem ohr; der hund hat glatte haare, langen be-
häng;
da was gemalt manch schöner hund,
$0 in dem wasser schwamm ganz rund,
mit lappendigen langen bhenken
Tom köpf zun füszen allen glenken.
WicERAMS irr reitend bilger bl. 17.
BEHANGEN, pendere, haerere, praet. behieng, pari, behan-
gen: und da das maul unter eine grosze dicke eiche kam,
behieng sein {Absaloms) haubt an der eichen und schwebt zwi-
schen himel und erden, aber sein maul lief unter im weg.
2 Sam. 18, 9 ; als aber im der wider nacheilet, stund ein do-
renheck an dem weg, in der behieng der wider. Steinhöwels
Esop 61* ; der bann was worden wie ein spinnenwepp, dar-
durch die groszen bansen füren und die kleinen behiengen.
Frank chron. 522"; haben grosze acht, dasz kein brösemlein
darvon auf die erd fall oder im hart bebang, weltb. 147' ; das
ist eben die zurissene spinnwebe, darin die flieglein behan-
gen. Mei.anchthon7, 25; die kleinen mücklin behangen in der
spinnen wepp. Agricola 18* ;
dann er hoft, mit den sporen sein
wurd er in slauden behangen. Teuerdank 30, 25;
da behieng im an einem paum
sein pferd mit dem zügel am zäum. 35, 51 ;
gleich wie der strigk den vogel fängt,
und mancher visch im netz behängt.
SCHWARZENBERC 151, 2;
darmit sie die einfelting fangen,
die darnach in irm netz behangen. II. Sachs II. 4, 44';
der Sünden netz,
darin all menschen werden gfangen,
und ihun auch in dem fluch behangen. IV. 1, 3S*;
der jung vom wagen that ein fall,'
behieng, von rossen ward geschleift. IV. 2, 3';
der fackin (faquin) dem edehnann mit vorgemeltem eisen in
einem ermel behieng. Wickram rollw. 46 {MiM. 78) ; darumb
beschnide die binden, wie auch die pflaster und schindlen
und was irgend mehr fasen und spreiszen hat ganz wol, auf
das du nicht darinnen behangest. WCrtz practica 213 ; gleich-
wie einer im winter ein schneeballen lenger umbwalzet, jhe
mehr schnee daran behanget. Kirchhof wendunm. 361'; dasz
er nit behänge. Fronsp. irfc^ifc. 1, 176'; wann die feind se-
hen, dasz das fewr aus dem röhr fehret und also brinnet
an inen behangt. 2, 191' ; misgewächse, die man an eim rost
erhieng und hopfen im bachofen treschen könten, deren neun
in einer spinnwepp behangen möchten. Garg. 41'; derhalben
musz es ein ander häcklin haben, daran der fisch behäng.
194'; rant er unter ein nuszbaum, und behieng gleich mit
des heims visier an eim verwirrten kraspeligem ast. 251';
denn Absalon behieng an haaren, so behenkt diser besche-
ren mönch bei den oren. 252*;
denn er hat viel vogelleim aus mtisquelen ausge?chossen,
der an federn seinem leind ist behängen und zerflossen.
LocAu3, 3, 30;
Hippolitus von wagen gefallen
und behangen an eim leitseil. ATREn258";
weil aber andere noch in ihrer alten gewohnheit behiengen
oder wieder darein fielen. Hartmann ßuchspieg. Nürnb. 1672. 203.
Man sagte für behängen auch behängen bleiben, welches be-
hangen der inf., nicht das pari, ist, wie die analogen stecken,
leben bleiben darthuh : wenn die kleinen fliegen drein komen,
bleiben sie darin behangen. Luther 4, 529'; blieb doch der
mehrer theil bei Stanges meinung behängen. Schweimchen 3,
321 ; was nun am ofenloch behängen bleibet, das wird pom-
phylox geheiszen. Tuurneisser magna alch. 2, 69 ;
herr, meine seelc bleibt behängen
an tlir. Ormps. 63;
wer ist so stark wie polt? der, der an ihn sich reibet
durch Zuversicht, und stets an ihm behangen bleibet.
LoGAU 1,9,22;
wer schalkheit fibt und boslieit treibt,
am galgen er behangen bleibt. llEr(iscH250;
Absalon blieb mit den haaren an der eichen behängen. Sciiii'-
PIU8 489; meiner einrichtung nach niithig sein wollte, nicht
an einem orte allein behängen zu blcilicn. Lripz. avant. 2, 82 ;
letztlich aber die rechte band dergestalt streifte, dasz sie nur
noch an einer einzigen flcchse behangen blieb. Felsenb. 2, 216.
dnsz .leine nase
all augcnblick in ihres halstuchs gase
behängen bleibt. Wir.tAfiD 18, 148;
Bio war nur als ein schwankender und blasser schatten Im
gedächtnisse und in der einbildungskraft behangen geblieben.
Fichte reden an die d. nat. 182; täuschung eines flüchtigen
und auf der Oberfläche behangen bleibenden Zuschauers. 229.
heute heiszt es lieber hängen bleiben, und das intransitiv be-
hangen ist uns auszer gebrauch gekommen, selbst in der form
behängen.
Den Jägern ist der hund wol behangen, trenn er brave lange
ohren hat und die lefzen an den Seiten fein herunter hangen.
Döbel 1, 84*, vgl. behäng, ganz etwas anders bedeutet den hund
behängen, ein behangen pferd dagegen heiszt ein krankes, das
die mauke hat. Rosenzweig s. 123. in diesen beiden fällen scheint
behangen den transitiven sinn von behängt zu haben, und so
in folgenden: das er mit allem ungeluke behangen ist. theol
deutsch, s. 107;
ir spracht, ir het nach mir verlangen,
und seid vorhin mit lieb behangen. H. Sachs III. 3, 5' ;
musz doch mit dir behangen sein. III. 3, 45';
ein gespenst von mönchs- und weibertugenden, mit engelrein
heit und keuschheit behangen. Klinger 3, 175. s. behängen.
Sich behangen, wie sich befassen : es geschieht bisweilen,
dasz böse buben weih und kinder sitzen lassen und in krieg
ziehen, oder sonst in der frembde mit andern sich behangen.
Creidiüs 1, 242.
BEHÄNGEN, legere, veslire, obducere, praet. behängte, pari.
behängt: das man sie zu breiten blech schlahe und den altar
damit behenge. 4 Mos. 16, 38 ; mit solchem viehischen laster
behengt. Kirchhof wendunm. 222"; auch trägt darfür niemand
scheuwen sich mit dergleichen volk (dem trosz) zu behengen.
mil. disc. 114 ; meinten der Luther wer vileicht mit kolen be-
hengt ins schlosz gewischt, bienenk. 26'; umb und umb be-
hengt. 145*; es kompt bisweilen, dasz einer vom könige mit
gold und köstlichem geschenke begäbet und behenget wird.
pers. rosenth. 1, 16; behängte, vernestelte, verbändelte hosen.
Simpl. 3, 754; ihre speise bestand mehr in fruchten, als in
fleisch, daher die körper sich nicht mit vielem fleische be-
hängen konnten. Winkelmann 3, 51 ;
zu seiner bedeckung folgt auf einem elefanten
mit eisenblechen behängt der riese Moulineau.
Wieland 4, 14 ;
er hatte sich mit drei tüchern behängt und konnte kaum ge-
hen; man behängte die wafl'en mit kränzen; sich mit allerlei
schlechten leuten behängen.
weidmännisch, die hunde behängen das wild, wenn sie es
anfallen und sich daran hängen, der Jäger behängt den hund,
legt dem leilhunde das hängeseil an und fülirt ihn auf das
fehl
Auszer diesen transitiven bcdeutungen darf aber behängen,
wie das einfache hängen und dessen übrige composila, auch
intransitive empfangen, z. b. derhalben ist es ein grosze ein-
falt, allein an disem behengen und kleben wollen, was die
aposteln gelehrt und geschrieben haben, bienenk. 30'; der
junge prediger hatte sich nunmehr darein ergeben die can-
zel zu betreten, er möchte nun in der predigt behengen blei-
ben oder nicht, maulaffe 125 ;
als die märkische frösch erfahrn,
wenn sie behengen im fischgam. froschm. III. '1, 15.
s. behenken.
BEHÄNGEN, n. weidmännisch, das ausziehen mil dem leil-
hunde auf den besuch, da die kunst den leilhund zu arbei-
ten, d. i. abzurichten, das wichtigste stück in der Jägerei ist,
so werden von dem ausführen des leithundes die drei lehrjahre
der Jägerbursche die drei behängen genannt, s. hängeseil.
BEHANGZEIT, f soll die zeit sein, wann die kirsche sich
hären.
BEHÄPELN, putare, beschneiden: die fruchtbare bäum be-
hüpeln und umbgraben. Seriz 52. nhd. ist heppa falca^lrum,
bair. heben, heppen ein gartenmesser (Schmkller 2, 141. 221),
nhd. hippe dasselbe, richtiger würde also behepeln oder be-
bippeln geschrieben.
BEIIAIINEN, commingere, bepissen.
HEHAUNiSCHEN, lorica induere: von fusz auf bis zum
Scheitel beharnischt. Garg. 170'; eisbcharnischte stirne. Bho-
CKEs 1,270; jetzt rauschet ein würmchen schwarz beharnischt
auf glänzend rotlien Hügeln vorbei. Geszner. .
BEHAlUiEN, permanere, perseverare, verbleiben, verharren,
ausdauem.
1) «M/ransi/iv :
vil dunt in dorheit hie beharren
und ziehen vasl ein schweren karren.
Drant narrensch. 158;
1329
BEHARREN — BEHARSCHEN
BEHARZEN — BEHAUPTEN
1330
was ist meine kraft, das ich möge beharren? Biob ß,il; weh
denen, so nicht beharren. Sir. 5, 16; beharre in deinem be-
ruf. 11, 21 ; wer aber bis an das ende beharret, der wird se-
lig. Malth. 10, 22 ; es jamert mich des voIks, denn sie nun
wol drei tage bei mir beharren und haben nichts zu essen.
15, 32 ; ir aber seids die ir beharret habt bei mir in meinen
anfechtungen. Jmc. 22, 2S ; sollen wir denn in der sünde be-
harren ? Rom. 6, 1 ; beharre in disen stücken. 1 Tim. 4, 16 ; wer
aber durchschauet in das Tolkommene gesetz der freiheit und
darinnen beharret. Jacobi 1, 23 ; da ein feldläger über winder
beharren soll. Kirchhof mtl. disc. 201; zu beklagen ist es,
das mit ihnen nicht auch ihre thorheiten untergegangen, son-
dern noch bis auf diesen tag in der weit beharren {fort-
dauern). TOS BcTSCHKT Patmos 779 ; ein mann wie Berengarius
hätte die Wahrheit gesucht, . . . wäre bei der bekannten und
gelehrten Wahrheit, trotz allen gefahren dreiszig, vierzig jähre
beharret. Lessixg 8, 335 ;
kurz, man erstauete bericht,
weil alle steif auf ihrem sinn beharrten. Gellert 1, 205;
wenn sie schlechterdings darauf beharret wäre. Wielasd 2,
191; bei allem Wechsel der erscheinungen beharret die Sub-
stanz. Ka5t 2, 190 ; die person, die sich in dem ewig behar-
renden ich und nur in diesem offenbart. ScnaLER 1161' ; der
menschliche fleisz hat den widerstrebenden boden durch Sein
beharren und seine geschicklichkeit überwunden. 1004;
ich habe mich nicht freventlich vermessen,
wie ich beharre bin ich knecht. Göthe 12, 86;
dieses auf sich selbst beharren
spröd nur ists und dünkt dir weise. Plaib5 26 ;
die strenge kälte beharrte drei tage; ein steifer beharrender
schmerz. Maaler 55'; ich beharre in gröszler hochachtung,
höflicher briefschlusz. die beigefügten praepositionen sind in,
auf und bei. vgl. ausharren und verharren.
2) transitiv, mit dem acc. (icie noch heute erharren), be-
haupten, fortsetzen, fortfuhren: er hat mir aber angezeigt,
dasz er von wegen Schwachheit des haupts das Studium nicht
beharren könne. Mela-nchthos 3, 413 ; denn man nach einem
streit die walstatt beharren soll. Tschcdi 1, 360; netz ein
baumwollen darin und legs über die äugen, das erfrisch so
oft es trucken wirt und beharrs ein tag oder drei, es hilft.
Tabersaemo.nt. 8; trink darvon alle morgen und abend und
beharre diesen trank bis du besserung befindest 318; ein
grosz gewagte sach musz man frech beharren und nit davon
aussetzen. Lehmann 875.
BEHARRHAFT, perscreronj: welcher sehr geheimnüsreicher
nam {^ehleute') nicht schlechtachtsam ist auf und anzunem-
men, in betrachtung, dasz er auch nach beider ehgalten töd-
lichem abstand noch nit verschwindet, sonder auch im ewigen
paradisz beharrhaft bestehet. Garg. 64*.
BEH.^RRIG, dasselbe: gäh im ersten antritt, aber nit be-
harrig. MCnsteb 3S6 ; beharrig in seiner bosheit. Maai.eb 55*.
BEHARRLICH, constans, assiduus, durabilis : auf dasz gleich-
wol ihre greuliche irrthuraen wahrhaftig und beharrlich blei-
ben sollen. Melaschth. 4, 3S2; bis die strafe herbei kömmt
und durch einen schweren tod die beharrliche furcht endiget
BcTSCBKT Patmos 65;
hoch hat er sein allberschenden thron
beharrlich aufgesöuet. Weckherlix 257 ;
etwas was jederzeit ist, d. i. etwas bleibendes und beharr-
liches. Käst 2, 191 ; beharrliche treue, beharrlich leugnen.
BEHARRLICHKEIT, f. constantia, stabilitas, dauer: ein gu-
ter nam hab seine beharrlichkeiL Zi.nkgr. 38, 20; grundsatz
der beharrlichkeit der Substanz. Käst 2, 190 ; die kräfte, durch
welche die gliedmaszen gcstalt, thäligkeit und beharrlichkeit
haben. 3, 101 ; ohne den glauben hat die moralische den-
kungsart keine feste beharrlichkeit, sondern schwankt zwi-
schen praktischem geboten und theoretischen zweifeln. 7, 361 ;
die beharrlichkeit auf dem besitz gibt uns in manchen fällen
die gröszte energie. Göthe 21, 223.
BEHARRUNG, f dasselbe: ire (des canandischen weibes)
gedult, beharrung und standhaftigkeit. Keisersberg tiiukH
des munds 36* ; er wolt damit zeugen ircn groszen glauben,
ire beharrung und beslandhaftigkeit. 37'; heldenmütige be
harrung. Schiller 775; su viel mut sein entscfalusz verricth,
so viel standhaftigkeit reigte seine beharrung. 905; bei aller
beharrung der person wechselt der zustand. 1161.
BEHARSCHEN, indurescere, rigeseere, verharschen : die wunde
behartcht, btkomml ein« rinde; der fliuz bebarscht
BEHÄRZEN, 1) oblinere resina: beharzte bände, finger;
befaante hauer gehn um diesen aufenthali. ZachajuI.
2) resinam abradere, die bäume beharzen.
BEHASCHEN, capere, surripere, haschen:
wer so mit katzenlust behascbt,
und alle dinge nur benascht. Simpl. 1, 99.
BEHÄSZLICHEN, defigurare, entstellen: welche, indem sie
die spräche zieren wollen, vielmehr beheszlichen. Olearics
vorr. zur pers. reisebeschr.
BEHAüBEN , mitra operire caput, ein« haube aufsetzen :
einen missethäter behauben {mitrer un criminel). Grtphics 1,
956; die falkonirer, ehe sie ihre vögel speisen und behau-
ben. Garg. 249';
bald uns geraubet
wird sie behaubet
unsere braut. Voss 5, 127.
BEHAUCHEN, afflare, anhauchen : das fenster, den Spiegel
behauchen; von bösem atbem behaucht;
von athmender küblung
aller winde behaucht. Stolberg 12, 164.
BEHALTN, dolare, concidere,
1) holz, steine behauen, zurichten: altar von ganzen stei-
nen, die mit keinem eisen behawen waren. Jos. 8, 31; be-
hewet das holz und cirkelts abe. Es. 44, 13 ;
knabe, du siebest nun steine bebaun,
ordnend sich fügen, zu bäusern sich baun. Göthe 4, 140.
2) interlucare, bäume behauen, aushauen, lichten: hawet
den bavsin umb und behawet im die este. Dan. 4, 11; von
der eiche:
je mehr man sie behaut, je mehr sie äste trägt.
Opitz 3, 295.
3) bergmännisch, den gang, das gestein bebauen, anhauen.
4) unbehauen, ungehobelt: ein unbehauenes, loses maul.
Stalder 2, 26.
BEHÄUFELN, accumulare: bäume, erdfrüchte behäufeln.
BEHAUPTEN, obtinere, consequi, evincere, asserere. das
mhd. behoubeten hiesz decollare, enthaupten (Bes. 1, 720') und
den feind behaupten icdre allerdings auch obsiegen, das feld
behaupten, tcie aber sollten aus so herbem sinn unsere mil-
den abstractionen hergeflossen sein ? das uns so geläufige vorl
geht den verwandten sprachen, namentlich der nnl. völlig ab,
scheint auch den meisten volksmundarten fremd, Keisersberg
und Lcther enthalten sich seiner, Dastpodics führt es nicht
auf, Hesisch vürde es im zweiten theil gehabt haben, im l~jh.
wird es allgemein. Aber schon früher mag es aus der Schweiz
her corgedruttgen sein, denn ^[aaler 55' bietet dar: behaup-
ten, seiner sach zum end kommen, pervincere, potiri; be-
haupten an einem was wir begärend, obtinere; ein sach be-
haupten und vollenden, conficere; sein fümemmen behaup-
ten und eriangen ; sein rächtshandel behaupten und gwün-
nen. hier kennt es auch das volk, Stalder 2, 26 gibt aus
Saanenland an: behaupten, obsiegen, meister «erden, voll-
bringen, zum zwecke gelangen; Tobler 50* aus Appenzell : ne-
bes bhauta, der saehe gewachsen sein; magsts bhauta? kannst
dus (das muiige pferd) bemeistem, bewältigen ? das letzte bei-
spiel ist treffend, kannst du es am haupt fassen, ihm den
laum um den hals werfen, es bezwingen? es wäre nichts ent-
gegen, dasz schon ein mhd. dichter aus der Schweiz ein sol-
ches behoubeten verwendete, ist doch auch capistmm ein ca-
pitis vinculum, von capere. manu teuere, maintenir drückt
denselben begrif von andrer seite aus. behaupten ron behaben
herzuleiten ist den buchstaben nach rein unmöglich.
Bald aber dachte man bei behaupten nicht mehr an haupt
und hals des rosses oder mannes, nicht mehr an fassen oder
packen und sagte den sieg, ein recht, den thron, ja ein wort,
eine meinung behaupten, mit gewalt und macht aufstellen,
durchführen.
vcrwundcnintr fruTcift mich, ich gestehs,
dasz dif^' konigio
von Seil ■n eignen kleinea thron
nicht zu i , miste, . . .
dein schrctken' wird auf einmal im gefängnis.
Schiller 418';
und was die liebe gab, werd ich, bei gott,
mit meinem leben zu behaupten wissen. 434';
wer wird den platz behaupten (als sieger erscheinen) f ; die f«-
stung gegen den feind behaupten ; seine stelle behaupten ;
ich sehe es wol Cathrine, es sind wenig leute, die werth
84
1331
BEHAUPTER— BEHEBEN
BEHEBIG— BEHELF
1332
sind, dasz man sie mehr als einmal sieht, die wenigsten
behaupten nur einige tage die hochachtung, die man geneigt
ist, gegen sie zu fassen. J. E. Schlegel 2, 266. sich be-
haupten, in dem reich, auf dem thron, in der stelle, in ansehen.
nun erst wagst du ihn treulos zu behaupten,
weil du noch treulos ihn verehren darfst. Scbiller 300.
Eine meinung, etwas behaupten, aufstellen und vertheidi-
gen; man musz nicht behaupten, wenn man nicht beweisen
kann; er behauptet immer drauf los; ich kann nichts be-
haupten, d. i. als ein für jedermann nothwendig gültiges ur-
theil aussprechen, «ils was Überzeugung wirkt. Kant 2, 612 ; ich
behaupte das gegentheil; ich behaupte, das ist erlogen.
BEHAUPTER, m. vindex, assertor.
BEHAUPTLICH, quod obtineri, asseri potest. die festung,
die meinung ist unbehauptiich.
BEHAUPTUNG, f. obtentio, assertio, sentenlia: die behaup-
lung der freiheit, des reiches, des friedens; eine kühne, un-
überlegte behauptung; er soll seine behauptungen beweisen.
BEHAUSEN, 1) transitiv, recipcre in domum : darin die kran-
ken behauset und versorget werden. Luthers br. 5, 692 ; das
auf solchen hof anschleg gemacht werden, etlich prandtler
{abgebrannte leule) der ort behaust zu machen. Chkel Maxim.
5. 359;
Til leut beTTäret und behaust. Scbwirzinbiro 1&3, 1 ;
und fortan ir nachtläger schlugen
bei den eidgnossen zu Mülhausen,
die sie mit freuden da behausten. Fiscdart gl. schifiOZi;
2) sich behausen, niederlassen: wolle sich einer der enden
behausen, da im das wort gottes klar lauter gepredigt wird.
Luther 3, 421.
3) behausen, domum occupare, das haus einnehmen: als si
schon lengst Hierusalem behaust und erobert betten. Frank
weltb. 99'.
4) intransitiv, habitare, häuslich wohnen: es ist ein man,
in dem weder lieb noch barmherzigkeit behauset. Aimon A;
und sonderlich zu Syracusen
thet er etlich monat'behausen. Waldis JEsop 2, 30 ;
ein behauster, angesessener unterthan, der haus und hof hat.
BEHAUSUNG, /". habitatio, wohnung: und wirst erfahren,
das deine hütte friede hat und wirst deine behausung ver-
sorgen. Hiob 5, 24 ; und wird eine behausunge sein der dra-
chen. Es. 34, 13 ; ire behausung müsse wüste werden und
sei niemand, der drinnen wohne, apost. gesch. I, 20 ; sehnen
wir uns nach unser behausung, die vom himel ist. 2 Cor.
6, 2 ; zu einer behausung gottes im geist. Eph. 2, 22 ; sie ist
gefallen und eine behausung der teufel worden, offenb. 18, 2 ;
behielt ihn bei sich in seiner behausung. Kirchhof locndunm.
170'; solle eine deposition in des vortreflichen icti doctoris
Lindemanni behausung fürgehen. Schüppiüs 799 ;
denn er hat ihn geprüft, als in des pfafTen behausung
er sich nach mausen hinab liesz. Göthe 40, 64.
BEHÄUTEN, cute legere: wie der wolf behäutet ist, so
wird er wol behaaren; einen kästen, kofifer behauten, mit
haut überziehen.
BEHEB, continens, retinens, enthaltsam, fest schlieszend:
continentes, behebe menschen, incontinentes, unbehebe men-
schen, behebe menschen, als die die anfechtung des leibs
haben, aber sie gond ir nit nach, sie bleiben also und lei-
den sich, bis die anfechtung vergat. Keisersb. brosamlin 69' ;
die ausz Chartres sint arbeitsam, still, sittsam, beheb, und
die für sich selber leben. Sebitz 40 ; so wissend, dasz die-
selhige massa nichts änderst ist, sondern als eine büxe wol
verfnacht und behäb, und je näher der gehurt zu, je fester
die haut. Paracelsus 2, 91' ; nimb zehen aier, thu sie in einen
glasierten hafen, geusz einen scharfen essig daran, dasz er
über die aier gang, decks warm zu mit einem tuech und
einer beheben decken. Sedter 12; oben beheb vermacht mit
sand, welchs ihm kein luft Icszt. Thijrneisser von wassern.
102; vermache das glas beheb zu, dasz nichts heraus rie-
chen mag. Tabernaemontanus 348 ; ein hafen wol bedeckt mit
einem beheben dcckel. 1290; ledern seck in zimlicher guter
grösze, die gar beheb, fleiszig und wol geneet seind. Fronsp.
1,134'; es sein aber diese büschel also beheb und dick, dasz
sie sich sicher dahinden behalten können. 3, 142'; verwars
auf das best und behebest. 1, 147'. t. faustbeheb, faustge-
recht. Garg. 183'.
BEHEBEN, capere, retinere, contincre, behaupten. Schkel-
LER 2, 139. mhd. beheben bchuop (Hin. 1, 644) :
ein brem nit in dem spinnwep klebt,
die kleinen mücklia es behebt.
Brant narrensch. 227 ;
Junker, mich wundert diser sach,
da_s gelt mügt (mochtet) ir wol als beheben,
thund mirs so früntlich wider geben.
WiCKRABs bitger R3;
do wurfmd iro etliche die ritlerschaft wider hin und wollend nit
ritter sin, etliche aber behubens. Tschüdi 1, 628; do si sa-
hend, dasz niemand mit inen teil noch gemein weit haben,
do behubend si das land allein, l, 631; wenn das zeug ge-
nug sei gestoszen, so nimb es und dörre es wo!, so werden
grosz knollen da, und behebt sich der zeug aneinander, die
knollen lasz bleiben. Fronsp. 2, 214'. s. heben und haben.
BEHEBIG, was beheb : solche eisene Stangen mit eisenen
drehten oder sonst mit starken schnüren auf das hertest und
behebigst umbwunden. Fronsp. 1, 146'. Stieler 806 hat behe-
big aplus, commodus.
BEHEBNUS, f haft, bestrickung, Verpfändung: ain entlich
behebnus auf all des Sweinshaubt und Sweinshaubtin hab
und gut, was si im land Kernten haben, durch recht er-
kant. Chmel Maximil. s. 400.
BEHEBT, aptus, commodus: dasz ihm gott einen viel be-
hebtern köpf mitgetheilet, als etwa nur zu einiger handarbeit
von nöthen. Brandts bericht von Taubmann 12.
BEHEFTEN, figere, retinere : das sie villeicht gedenken, ihn
mit der zeit also bei sich beheften und behalten. Luthers
br. 3, 376 ; forcht, sie werd mich beheften. H. Sachs I, 290' ;
sich mit einem beheften = befassen, abgeben, beheften heiszt
auch mit heflslichen annähen, s. behaft.
BEHEGE, bereit ? gerüstet ? s. behegen :
Bajardo machte sich stracks gegen ihm behege,
Rinaldo springt auf ihn und rennt weg seiner wegc.
(e, dove aspeita il suo Bajardo, passa
e sopra vi si lancia, e via galoppa.)
Werders Ariost 2, 19.
BEHEGEN, arcere, sepire, hegen : wie man das gericht be-
hegen soll? weisth. 7,, 190 ;
und nur der busch, der auch das wild behegt,
und nur die schluft, die auch das raubthier birgt,
war uns herberge. Uhlakds Ernst 104.
BEHEILIGEN, consecrare, heiligen: der römischen kirchen,
welche du durch gottes gebot mit deinem blut beheihget hast.
Luther 1, 256'.
BEHEILIGUNG, f. darumb das die heiligraachung oder be-
heiligung in uns noch nit vollkommen sei. Melanchthons an-
weisung verdeutscht durch Spalatin s. 132.
BEHEIM, Bohemus, ein Böhme, man verstand sonst darun-
ter einen groschen oder plaphart, ferner einen groben nagel:
grosze beheim oder schindelnägel. Hohberg 1, 178'.
BEHEIMLEIN, n. turdus cristatus, das behami, böhemle,
bömerle. Schmeller 1, 140.
BEHEIRATEN , conjungi matrimonio : ob sich in denselben
sipzalen zimet zu beheiraten? Luther 3, 413'; derwegen be-
heuratet, freiet und trauet er im in Seinem nicht allein bart-
fehigem, sondern auch mannskräftigem und hausverständigem
alter das fräulein Gargalmelle. Garg. 76'; ein mann der übel
beheiratet (verheiratet) ist. Philand. 1, 367.
BEHEIRATUNG, /". heute Verheiratung : all zur beheiratung
eurer kinder vonnöthen. Fekenb. 1, 300.
BEHEIZEN, calefaccre.
BEHEIZUNG, /". die beheizung der zimmer fordert jeden
winter fünf klaftern holz.
BEHELF, m. adminiculum, praetextus, excusatio, aushülfe,
ausrede, aitsßucht, vorwand, womit man sich behilft: das du
doch nicht verzagst, hab dir meinen treuen ralh, und gedenk,
das du noch mehr behelf habsl, dazu dieweil du so gar kein
gehirn hast, wil ich dirs anzeigen. Luther 1, 219'; das wir
keinen andern beheif sollen haben, denn das wir sagen. 3, 70';
denn die wider uns sind, haben kein sterkern behelf, den sie
aufwerfen. 3, 261; so hellen die Schweriner allzumal keinen
behelf noch ausOucht mehr wider unsern verstand. 3, 478 ;
rechtsprecher, so das recht lenken und dehnen, wie es zur
Sache helfen wil, die wort zwacken und zu behelf nemen,
4, 406'; sie nemen zu behelf, das wir falsch und heucheige-
bcte verwerfen. 4,414'; ach lieber golt, wie mancherlei behelf
müssen die bösen sarhcn haben, und gehören immerdar sieben
lügen zu einer lügen. 6, 89'; wir manen alle chnstgleubigc,
unangesehen alle römische widergebot, tück, list, behelf, aus-
flucht, zu obang^zeigtem generalsynodo und freiem concilio
1333
BEHELF— BEHELFEN
BEHELFEN
1334
sich gehorsamlich zu verfügen. 6, 330* ; höret aber lieber höret,
wie die meister der consultation hie gern behelf suchen wol-
len. JosAS 6« Luther 6, 468*; ohn alles rechtens streng und
behelf. Lcthers br. 1, 3S2 ; und hat der son disen behelf, das
er in rechten mag verrichten das ganze gescheft. Albr. tos
Etbe 11"; wa es sich begibt, das die Juden wider uns sind,
arguiert er mit inen uns zu behelf usz irem thalmud, Relch-
LOi au^ensp. 9* ; (die wurzel), von vselcher sie iren behelf ha-
ben (mit der sie sich beheifen), heiszet mandioka. H. Stadex
q 2 ; wann ich doch nit mehr dann ein wenig ein behelf hette.
Götz vo?i Bebl. lebensb. 81; wann das meer ungestüm und
wütend ist, solle ir gröszter behelf der anker sein. Pe/r. 96';
ich habe nie den fortheil brauchen wollen, so dem mehrer
theil derjenen, die reimen machen, sehr gemein und ir bester
behelf ist. Eb. älbercs fab. s. X ; heimiichkeit und behelf, so
er von den parteien vermerkt, niemand offenbaren. Frankf.
reform. I. 5,3s; mag ein jeder (ror dem gerichU nach seinem
besten allerlei behelf, entschuldigung oder gnad begehren.
KiBCHHOF mil. disc, 246; aber er kann auch alle behelf aut
seine seilen biegen, dergleichen auf erden kein Jurist erden-
ken kan. Ayber proc. 2, 11; dieweil die heilige scbrift das einige
mittel und der höchste gröste behelf ist. daraus wir einen
gründlichen und satten bericht schöpfen, fassen und erlehrnen
mögen. Fischarts geistl. practica löiS fol. vorr.;
bedacht, das sie kein bbelf nicbl baten
von winden, die sie treiben tbaien. glückh. tdüf 1151 ;
was haben die menschen nur für groszen behelf von den bäu-
men, Wohnung, heuser und stalle zu bawen, dieselben damit
in dach und fach zu erhalten. Lycostb. Psellio:«oros lustgarten
1621 s. 103; dieser meinung dient nicht wenig zum behelf.
Lohenst. Arm. 1, 122 ; das ist auch nur ein bischen zum be-
helfe. J. E. Scblegel l, 100 ; wer wird so unbillig sein, ihnen
einen solchen behelf übel zu nehmen? Wieland 3,11;
allein auch diesen behelf entbehren die göttinnen. 5, 201 ;
kümmerlicher behelf mit nur eben so vielem aus den Wissen-
schaften, als zur Verwaltung eines amtes alsdann zureicht,
wann man allein broterwerbs halben sein wartet. Klopstock
12,79; elender behelf! 12, 140; so wünschenswerth es wäre,
dasz keine böse sache einen behelf Tande, so ists doch ein-
mal nicht anders. Hippel U, 190; aber die höchste wonne der
gewalt ist doch nur ein elender behelf. Schiller ISS'; zwei
Worte hätten ihm diesen widrigen behelf erspart. '70 ; bekeh-
rung durch gründe ist ein so schlechter behelf als einer.
J. Pacl leuf. pap. 2, 8. Die belege zeigen, dasz das vorl zwar
meistens den Übeln sinn einer nichtigen, spärlichen und leeren
aushülfe annimmt, sonst aber auch für eine gute und nützliche
hülfe oder beihülfe galt. s. behilf und nothbehelH
BEHELFEN, jutare, mhd. beheifen, nnl. behelpen,
1) mit dem acc, oder im passiven ausdruck nom., consulere
alicui : mhd. da; man sie behulfe. pass. K. 150, 6 ; nhd. denn
war ist es, das der mensch mit gnaden beholfen mer ist denn
ein mensch. Llther 1, 176* ; denn was ist mir damit beholfen?
3,134'; so were uns damit nichts beholfen. 3, ISl; denn uns
nichts beholfen ist mit irem verdamnis. 3, 390* ; wer diesen
artikel im nicht leszt zu herzen gehen, dem ist auch nichts
beholfen. 8,184'; Wörter im dienst der kräfte und thaten be-
heifen das menschliche leben. Pestalozzi Lienh. und G. 4, 16L
2) sich beheifen, consulere sibi, uti aliqua re, sich bedienen,
a) mil gen. der sache: sich des eides beheifen. erkl. des
landfriedens von 1522. 11; er bat sich des Schwerts beholfen.
Keisebsb. sieben 'schw.; des behelf uns got. ausg. der Juden
k 4 ; dieweil aber unser meinung ist, den einfeltigen gewissen
zu dienen, wollen wir nicht, das sich unsers beschlusz sol-
len beheifen, die das wort gottes pflegen für zu wenden zu
scbedhcher freiheit ires fleischlichen mutwillens. Luther 2,1";
Datid behalf sich seines ledersacks, seiner Schleuder und
steine. 3, 1S9 ; also wird mein unflat und unreinigkeil durch
in rein gemacht und musz mich also beheifen einer frembden
empfengnis und geburt, und meine damit schmücken. 6, 73';
gerechtigkeit, die sich dergleichen betlflwerks behilft. Lcthers
br. 2, 82 ; die arme frau rausz »ich bei iren freunJcfl fast des
bettelbrots beheifen. 5, 642 ; des sich ain doctor in reden wi-
der den andern tut beheifen. Reocbli*« augensp. 4"; er hat
sich des talmuds wol und gescbicklich beholfen. 9'; so dann
ire bflcher verbrennt wären, wes küiidten wir uns wider sie
liehelfen, es were dann des teils der bibel. IS'; beheifen si
sich der gret, so sie ^n fischen auf dise not haben aufbe-
halten. Frakk tceltb. 14*; er behilfet sich allein des trinkens.
Agbicola 679; wie ihr bisher euch eins entis beholfen habt
Paracelscs 1, 4'; sich des stelens und streiferei beholfen.
Reihter kriegsordn. 71; damit nieman hinfüro sich der Un-
wissenheit mer hab zu beheifen noch damit zu beschünen.
publicalionspatent der Frankf reform, ton 157S; des senatus
consulti macedoniani gegen dem leiherm sich beheifen. reform.
II. 11, 12 ; damit dieselben ihres auszenbleibens halben sich
der Unwissenheit nicht haben zu beheifen. I. 7, 10 ; sondern
mich allein der hauptpflastern behelfe. Würtz pract. 106; so
beheifen sie sich aufs wenigst allein des lateinischen, Shnpi
1, 700.
b) mit praepositionen.
a) mit: und wilcher sich mit uns adir undir uns behelfin
wil. Landau ritterges. s. 109 a. 1371; sich mit keinem andern
hern beheifen. weislh. l, 461; weil alle ketzer sich mit der
Schrift beheifen. Lcther 3, 336'; so ir Junkern aber nit an-
heimisch seit und den frauwen die zeit zu lang wil werden,
so müssen si sich mit den Stallknechten, küchen und kellern
beheifen. Frey garteng. cap. 41; da" nun der marschalk ver-
nam wo die sach hinaus wolt, könnt er sich nit mehr mit
seinem falschen geschwätz beheifen. Galmy 276 ; sich mit der
Unwissenheit nicht beheifen (entschuldigen). Frankf. reform.
U. 7,13;
ich werd es (da* spinnen) aber wol bleiben lassen,
und mich vielmehr anf allen gassen
beheifen mit den schreibem.
geschiebt mir wie andern weibern.
UoFFK. gesellsdi. lieder 68;
dieweil sich e. e. leichtlich mit eim gezeitenbuch für ir an-
dacbt kan beheifen. bienenk. 4* ; es ist wol war, dasz sie sich
zu Zeiten mit der scbrift behilft. 30*; und springen also wie
meerkälber und imruhige vögel von eim zweig auf den andern,
und beheifen sich mit bänden, mit zänen und mit allen gli-
dern. 5S*; dasz er forthin mit Pauli Schwert sich wolle be-
heifen. 216*; sich mit betteln beheifen. pers. rosenth. 3, 13;
sie beheifen sich mil geringer speise, beschr. orient. insuln
Ws; ihre götzenpriester, welche mit beschweren sich wol be-
heifen können, das.; dasz er sich mit der übrigen geselischaft
in dem alten schlösse schlecht beheifen müsse. Götbe 18, 264 ;
sie kann sich wol mit ihrer zunge beheifen; behiift sich mit
lügen; man behilft sich auch mit wenigem (kommt damit aus);
damit kann ich mich lange zeit beheifen; er weisz sich mit
vielem zu beheifen, hat zu tiel dingen geschick.
ß) aus: wil ich aufs nebest ich kan hinzu schieszen und
auch aus den historien mich beheifen. Lcther 6, 136*; also
gieng es der biblia tmter dem bapst auch, die man öffentlich
ein ketzerbuch hiesz und ir schuld gab, die ketzer beholfen
sich aus der biblia. 6, 316'; er hat sich mer dan an fünfzig
orten wider die Juden beholfen aus dem talmad. Reccbliii
augensp. 9*.
y) Ton: sintemal sie sich nicht künden Ton der sonnen
licht beheifen. Lcther 4, 47*.
^) in: müssen in nassen kleidem und schuhen sich be-
heifen. Kirchhof mil. disc. 116; ein eigen zimmer vor die
Esther und ihr kind, darinnen sich auch Josanna beheifen
muste. Simpl. 2, 454; hierbei gelingt es denn auch, ein viele
jähre gewünschtes gartenhaus an die stelle des alten zu setzen,
worin du dich auch einmal beholfen hast Götbb an Zelter 482.
c) auf:
will keinem weib kein ursach geben,
dasx sie sich auf mich behelf nur. Aiui 66*.
c) sich beheifen, ohne beigefügten casus: wer sich beheifen
musz, der hat nit vil ubrigs, als da sich ainer im winter mit
hosen deckt. Recchlin augensp. 14* ; behalf sirb wie er mochte.
Bocc. 1,41'; behalf sich wie er mocht Eulensp. cap. 32; die
weil sich denn je mein sach also zutregt, dasz ich mich nicht
änderst beheifen mag. Galmy 276; wir können sich nit be-
heifen. Helviccs jüd. gesch. 1, 5 ; zwei tausend thaler mehr
würden alles gut machen, aber diese will man ersparen, man
musz sich beheifen, heiszt es. Wiela-xd 7, 300 ; wenn ich zu
dir kam und so viel leer stehen sah, und ich musz mich so
ängstlich beheifen. Göthe 7, 135 ; hätten sie, anstatt der groszen
und kühnen aufopferungen, sich zwischen ihrer familie, einem
bräutigam, vielleicht einem gemahl nur so hin beholfen. 19,
339; ilir mOszt euch dermalen nun sehen ohne alle dies«
leichten und anmutigen Zerstreuungen beheifen lernen. Tieck
ges. nov. 4,248; er weisz sich nicht za beheifen, kam nidU
lurechl kommen.
84*
1335
BEHELFEN — BEHEMMEN
BEBEN— BEHENDE
1336
3) einem beholfen sein = helfen, in der activbedeutung des
part. praeL, wie bedient sein (sp. 1231), die sacke wiederum
im gen. oder mit praeposilion, wie bei 2.
mhd. des wolt ich gern bebolfen sin. Ls. 2, 263;
auch sollen und wollen wir, unser ein deme andern beholfen
unde beständig sin zu allen unsers iecliches Sachen. Landau
ritterg. s. 98 o. 1362 ; die sullin in behulfin sin uf ire flende.
5. 125 0. 1373; wi willet en ok behulpen sin, ane uppe dat
heilige romesche rike. 133 a. 1373; ouch sol unser oheim Ul-
rich der geselschaft mit dem sterne nit beholfen sin wider
die lantgrefen von Hessen. 136 a. 1373; wir emphelhen dir,
dasz du den armen leuten in der Reifnitz mit körn und traid
beholfen seiest. Chmel Maxim, s. 13 (a. 1493) ; sind sich auch
beholfen (es steht behülfen) in der gefahr. Forer fischb. 60';
saget frölich nach euwerem begeren was euch geliebet, kann
ich euch beholfen sein, wil ich mich nicht sparen, buch der
liebe 53, 2 ; so wollen wir dem keiser mit aller unser macht
beholfen sein. Aimon B ; ich schwer und glob euch, inen wider
allermännigklich (one den keiser) beholfen zu sein. Bl; ich
gee dahin, wo mir gott bebolfen sein will. Fl; itzund erkenne
ich, das ir mir beholfen seid gewest. 0 ; so will ich inen mei-
nes Vermögens beholfen sein. P3; hat euch keiser Carl lange
zeit beschedigt, villeicht wird euch got kürzlich wider behol-
fen sein. X; ir versprachent mir, das ir mir gegen dem kei-
ser beholfen sein wollen. Zi; war den mit rat und that be-
holfen. Kirchhof wendunm. 372"; man musz aber mit rechten
mittein der natur zu solchem beholfen sein. Fel. WtJRTZ
practica s. 194 ; mein neuer herr erbot sich mir mit rath und
that beholfen zu sein. Simpl, 1, 359. heute nicht mehr im
gebrauch, s. helfen, anhelfen, aushelfen.
BEHELFLEIN, n. ein kleiner behelf: ob jemand ein behelf-
lein wolt suchen und fürgeben. Luther 3, 496*.
BEHELFLICH, utilis, opportunus, was behülflich.
BEHELFLICHKEIT, f.: davon sie kleidung, speise, trank
und andere behelflichkeit kaufen und vertauschen. Thdrneisser
von wassern s. 58.
BEHELFÜNG, f. dasselbe, öfter bei Keisersberg. behelfunge.
theol. deutsch s. 42.
BEHELLEN, was das folgende behelligen:
mein urthel, das mir feilt,
das kostet nimmer geld,
weil solches unbehellt
mein richter mir bestellt. Logau 2, 10, 61.
BEHELLIGEN, molestiam exhibere, einen bemühen, belästigen,
ermüden, von hellig müde, matt (Schm. 2, 172), mhd. hellec (Ben.
1, 660*). das einfache helligen, ermüden, stören ist ungebräuch-
lich, vgl. abheiligen, ausheiligen, erhelligen, erfuhren aber bald,
dasz mein herr, der soldatenwache ins haus bekommen hatte,
nicht allein von der beschimpften dame, sondern auch noch
von einer höheren person behelligt werde. Felsenb. 3, 385 ; es
verlohnte sich wol der mühe nicht uns damit zu behelligen.
Wieland 8, 66; falls ihr euch auch mit solchen dingen be-
helligen wolltet. Wieland bei Merck 1, 105; alle die sich seit
angezeigter zeit damit behelligten in solchen Schriften und
blättern aufzutreten. Klopstock 12, 269; was den magniflcus
betrift, so werden sie nicht unterlassen haben, ihre ehrfurcht
für seine ruhe vorzuschützen, dasz sie ihn nicht behelligen
wollen. Hamann 3, 325; da in der that keine unart verächt-
licher ist, als die obren seiner freunde mit Unwahrheiten zu
behelligen. Münchhausens reisen 9 ; die landescollegien werden
mit keinen bändeln und processen von dorther behelligt. Güthe
17, 23; dasz ihr mich nicht mit irgend etwas behelligt, was
ich nicht höchst nothig erfahren musz. Tieck 4, 403 ; ich musz
sie freilich mit meinen übersichtigen grillen behelligen, wem
sollt ich sie sonst mittheilen? BerriNE &r. 1, 50 ; lasz mit dei-
nen Sachen mich künftig unbehelligt, es ist ein vornehmer
ausdruck, mit dem höhere von sich ablehnen, zurückweisen, sie
wollen unbehelligt sein.
BEHELLIGUNG, f molestia, onus.
BEIIELMEN, galeare, galca legere, mhd. helmen:
behelmt und bepanzert. l'rimL 5, 101 ;
denn aus der tieTc des gehölze.s plötzlich
trat eine Jungfrau mit behelmtem haupt. Schillkr457';
meine behelmte ktinsi. I'latkn 132".
BEHEMDEN, indusio, tunica vestin:
fast alles nackt, nur hier und da behemdet. Götuk 41, 116.
BEHEMMEN, impedire, reltnere, captre (Ben. 1, 625'): also
ward der herr fürchten, das im der birt Malchus entgicng und
hinweg lief, und gedocht, er wolt im ein weih geben, wann
er dann weih und kind überkem, so würd er behempt und
blib im bei dem vih. Keisersb. omeis 7'; bald entpfieng er
des ein rew und wolt ubel mit übel zudecken und den kei-
ser zu Cili mit wenig volks wesende behemmen, liesz 800 rei-
ter bei nacht ein, die sollen den keiser fahen. Frank weltb.
92"; von stund an, als si das schlosz behemmet hatten.
TscHUDi 1, 240. s. behammen, behammeln.
BEHEN, fovere = bähen, z. b. darnach das pferd wol ge-
wischet und gebehet mit kimmichkraut. Seoter 9.
BEHEN, n. der arabische name einiger pflanzen, centaurea
beben, beben album, cucubalus beben, auf deutsch widerstosz
Junggesellenkraut, gliedweich «. s. w.
BEHENDE, BEHEND, celer, citus, promtus, agilis, dexter.
ein augenscheinlich mit band nahverwandtes wort. ahd. hiesz
aj henti pim praesto adsum, später zi henti, heute zur band ;
nicht anders ahd. pi henti, mhd. be hende, nhd. bei der band,
an der band, bezieht man diese Vorstellungen auf die rechte,
vornehme, schöne hand, so entfallet sich von selbst die der
dexterilät, wie dexter, Seiwg, skr. daksa und dextera, Ssitd,
daksinä zusammengehören, wer zur band, bei der band ist,
der wird auch fertig, bereit, gewandt und schnell sein.
Doch aus dem praepositionalen bei der band, be hende ein
flectier- und steigerbares adj. behend auf dem unorganischen
we'ge unseres zufrieden, vorhanden und bang entspringen zu
lassen, hat schwierigkeil, diese nhd. drei adjecHva müssen aller-
dings von den adv. zu frieden, vor banden und be ange oft-
geleitet werden; aber bebende war schon ein mhd. berechtigtes
adj. (Ben. 1, 632") und ein ahd. pihenti, wenn gleich unauf-
gefunden, könnte wol bestanden haben, man hätte es auf ein
verbum bantön {vgl. drittehantun. Graff 4, 971) oder hentan,
manibus Iraclare, prehendere = alln. henda zurückzuführen,
welchem auch behanden, behenden, einhändigen angehört, be-
hende ist was bandlich, tractabilis, franz. traitable, maniable,
engl, handsome, auf suchen bezogen bequem, gefüg:
vi] schoenej isengewant
beidiu behende unde guot. £r. 591;
xe enge noch ze swaere,
dö was ej behende unde guot. 617;
auf Personen gehend agilis, habilis, promtus :
e% lief kreiierende hie
behender garzüne gnuoc. /i». 7107;
fiinfzehn knaben er gewan,
so behende daj kein man
deheine tiuwerre vant. Er. 2344 ;
diu unbehende böse schar, pass. H. 217, 8.
diese lebendigen adj. wird man nicht aus be hende erklären
wollen, höchstens kann es im einzelnen fall zweifelhaß sein,
ob die praepositionale fügung oder das adj. gemeint ist, z. b.
der herre ire gegen gie,
vii wole er si enphie,
er vie sie behende,
er gie mit ire spilende
über das scöne velt. fundgr. 2, 35, 29,
hier scheint doch behende eher bei (mit) der hand als schnell.
Dasvpodius 302 stellt auf nhd. behend dexter, agilis, Maalei
55' gar schnall, ring und fertig, praeceler, celer, impiger, in-
dustrius. Stieler 758 behend manu promplus, agilis, facilis,
celer, Schmeller 2, 204 phent, pfent, hurtig, schnell, hervor-
zuheben sind,
1) leibliche gefügigkeit, leichtigkeit, schnelle: und ist kein
geringer, behender ding nit weder die zung. Keisersb. Sünden
des munds 49' ; also geschieht mit den vechtern, Springern und
andern behenden leuten. Albr. von Eybe 37"; füsze die be-
hende sind schaden zu thun. spr. Sal. 6, 18; behender gang;
er ist behend auf den fiiszen ; behende band, manus expedHa,
würde, wenn man aus bei der band ableitet, auffallender pleo-
nasmus sein; ein behendes reh; der behendeste fkig.
2) geistige begabung, witz, lisl, schlauheil: donn es ist in
ihr der geist, der verständig ist ... scharf, behend, beredt,
rein, klar, weish. Sal. 7, 22 ; wir lichten so behende fündlein
und schwinde griffe. Luther 4, 406*: und sonderlich wcisz der
piiliel von solcher behender grainmalica nichts, dasz accipio
und accipiam zweierlei sei. 5, 211"; ein kurze, behende und
rechte antwoit. Kirciihok wendunm. 34*; behender geist, rat,
zorn; Hippias bcsasz ciueo behenden uud geschmeidigen witz.
WiELAND 1,66; seine geisleskraft war behende und sehr durch-
dringend. Claudius 5, 18; der verstand kann begriffe von
gioszem uinfan({0 haben, ja auch von •bebenden begriffen sein.
1337
BEHEM)E
BEHENDE — BEHENKEN
1338
Kant 10, 20S ; der köpf von bebenden begriffen ist nicht immer
auch ein gründlicher. 10, 217 ;
denn was ich berühre ,
wird mir unter der band gleich ein behendes gedieht.
Gö iHE 1, 375;
eines lebhaften, geistreich um sich blickenden, behenden mdn-
nes. 24,152; ein thätiger und behender freund. 31,265; auch
ist der graf nicht so gar behende und sinnreich, dasz es son-
derlich schwer werde ihn zu hintergehn. TiEct 2, 161; und
dann war ich so zutraulich und behende mit den Franzosen
wie mit meines gleichen. 6, 356.
3) die ältere spräche verband mit hebende, gnarus, kundig
den gen. der sacke:
der marschalk sprach, ich bins behend {ich iceisz es usol),
sie kan gespengeh theding wol. Mörin 40;
der messenkunst was er behend,
kund doch uszecken nit sin end. Bram narrensch. 192;
bei MCssTEB heiszt es 1226: sie seind behend mit bogen zu
schieszen.
4) behend von der spräche: auf behend (geläufig) eigentlich
deudsch. Luther 3, 467'; indes die fremden in einer unbe-
kannten sehr behenden spräche gegen einander zischten. Göthe
15, 210.
5) behend von strenger, rascher kälte: ir treid wirt selten
reif oder zeitig von der behenden anfallenden kelte wegen.
Fbaxk weltb. 56' ; die behende, zunehmende kälte. Ra.\t 1, 42.
ebenso von anfallender krankheit : ob mich gott mit einer be-
henden krankheit angriffe. Reutter kriegsordn. 42. -
BEHENDE, BEHEiNü, adv. aple, dextere, agiliter, subito, eito.
mhd. »per unbebeade {ungeschickt) grö j. £r. 747 ;
nhd. hiemit do tet er fassen
ein armvoll spiesz behend {geschickt, gewandt).
Ualbscter im Sempacher lied;
gar kürzlich sagt er mir behend,
ich bin gewest an manchem end. Schwakzenb. 150, 2;
sölcber^^ersier anTang zeigt bebend
grosz pusz im mittel und dem end. 157, 2;
das gQügel, so im lufl bebend
rumfliegen, jeder nach seiner art. Wicuuks bilger D3;
und urteil nit behend,
bisi er vor erforsch die umbstend. H. Sachs I, S7' ;
niemants mag so bebend schreiben, als die zung redet. Kei-
SEBSBERG sünden des munds 49'; aber etlich lerer sprechent,
ein schlang hab nit me dan ein zung und zitier so behend
mit, das man meint, es seint zwo zungen und ist numen ein
zung. 67'; behend, flux, in einem zuck oder juck, raptim,
adutum. Maalek 55'; behend absitzen, schnell ab dem ros
springen, das.; verwunderten sich, dasz aus einem groben
bauren so behend ein witziger und fürbeträchtiger schultheisze
worden was. Frey garteng. 53; der rilter behend von seinem
pferd sprang. Galmy 323; da der andern waffen im zeughaus
zerrinnen würde, diese behend zu finden weren. Kirchhof disc
mit. 30; behend oder ehe es jemand meinet wird eine bien-
dung und zugleich damit eine schanz gemacht. 174;
und sollen ein eilendes end
durch deiner sennen pfeil behend
in ihren sünden finden. WecKHERLt.i S5 ;
aber der Schwed wird ihn behend
fein aus dem lande jagen. Soltau 4S3 ;
und je zärier ist der faden,
je bebender nimmt er schaden. Flk>inc323;
war ich ihm so behend durch seinen arm geschlüpft.
G(:!fTHEit 1038;
schön liebchen schürzte, sprang und schwang
sich auf das ros behende. Rcrgers Lenore;
dringen die andern ins mark, zünden behende das blut.
GöTBB 1,262;
der knabe der eilt so bebende,
war bald an des scblosses ende. 1, 22t ;
und behende
stürzte der liebende sich heisz in die nächtliche ftut. 1, 262;
weckt aus der asche behend flammen aufs neue hervor. 1,272 ;
schneller hielt ich mich dran und fuhr behende dem dorf zu.
40, 245 ;
sachte nach, und erreicht« sie bald und sagte behende.
40, 247 ;
aber es fiel sogleich die gute mutter behend ein. 40, 240;
ich faszte das italienische sehr behende. 24, 46; gern macht
ich ihnen nun auch von ihm das portnit, so weit ichs habe,
und führte den rattentext weiter aus, wenn mich bei diesem
gegenstände nicht der natürliche Widerwille gegen das schrei-
ben behende ergriff, an fr. von St. 2, 43; ein bebend wirken-
des gift Kamt 5, 253. wie Frei garteng. eap. 4 : bebend und
bald so erwüscht der schuster ein kneipen; sagt auch Göthk
17, 349: das was ich will, was mir unentbehrlich ist, halte
ich fest im äuge, ich werde es ergreifen und gewis bald und
behende, so treten natürliche wortverknüpfungen ganz unbe-
vust in der spräche hervor, so behende kann wie so schnell
und so bald im sinne von simulac primum gesetzt werden.
BEHE.NDE, /". celeritas, agilitas. Maaler 55*; sein bebend!
durchgehet in ictu ein hund. Paracelsus 1, Sil'.
BEHENDEN, tradere in manus, einhändigen, bebanden, be-
bänden, vgl. mhd. bebenden (Be.^. 1, 632'), altn. henda und
vorhin unter behende.
BEHENDIG, gleichviel mit behende. Graff führt 4, 974 be-
handech industrius auf vihd. behendec (Ben. 1, 632*). nhd.
man sagt, der betrug sei ein sehr behendig ding und könne
allein aus allerhand gegeneinander gehaltenen umständen ver-
merkt werden. Melaxchthos 4, 343 ;
gleich dem fertigen Schmetterling,
der aus starrem puppenzwang
flügel entfaltend behendig schlöpit. Göthk 41, 231.
mhd. bildete sich auch ein subst. bebendigsre, ein geschickter
mann.
BEHENDIGEN, behandigen, einhändigen : welchs ich getban,
und durch einen unsers klosters diener, dem ich denn auch
ein zeddel geschrieben, im zu behendigen bestellt. LtrraER
2, 384*. in folgender stelle scheint es aptare, idoneos reddere :
Völker behendigt bat und gebendigt. MsLisscsps. V5*.
BEHENDIGKEIT, f. habilitas, agilitas, calliditas, mhd. be-
hendekeit (Ben. 1, 632'): da sie nu durch dis mittel nichts
ausgericht, haben sie sich auf ein behendigkeit dieser tück
gebraucht. Lcthee 1, 144' ; nu aber haben sie der groben be-
hendigkeit braucht, das sie allein ein geschrei mechten. 1,155*;
stracks oder krumbs, waserlei behendigkeit und färbe das ge-
schehe. 2, 55* ; es were denn in solchem fall, das einer dem
andern ein reiche braut mit behendigkeit entrückte. 4, 407*;
das bracht Esopus mit seiner behendigkeit zu wegen, Al-
BERDS s';
keiner wölken lauf, noch winds behendigkeit. Wkcehzrl. ISl ;
dasz ich mich von diesem gnadentbron durch keine list und
behendigkeit des satans zurückführen lasse. Schcppids 445;
auszer einer behendigkeit zum zorn weisz ich keinen fehler
an ihr. Hippel 12, 74 ; der knabe zeigte alle bequemlichkeiten,
kleine vortbeile und bebendigkeiten des ganzen leichten baues
(eines reisewagens). Gütbe 21, 164; behendigkeit des taschen-
spielers.
BEHENDIGLICH, aptus, eommodus und adv. apte, eommode,
eito. mhd. behendeclich, behendecücbe (Be.n. 1, 632") : will du
behendigklich die summa wissen. Mich. Stifel 17 ; er sprang
behendigklichen auf Aimon B 4 ; bestreich die kuchlein mit der
goltfarb behendigclich umm und umm. küchenmeisterei ci ; ain
ander weis behendigiichen. d2;
was so! man sagen von dem schallt,
den er kundt unter seinem balk
verbergen so behendiglich. Albercs 74»;
si trollten sich behendigklich. Soltal- 372;
endlich wagte er es mit den fersen die rippen ihm beheo-
diglich zu klopfen. Herves Soph. reise 3, 219.
BEHENDS, adv. statim, cito, diese bildung kann zwar aus
dem adj. behende, wie bereits, rechts, links, längs aus bereit,
recht, link, lang genügend erklärt werden, mahnt aber doch an
den adverbial gesetzten gen. des subst. band im nd. tohantes,
altohantes, mnl. te hanls, nnl. hands, onders hands, könnte
also der deulung von bebend aus be hende Vorschub thun. sie
erseheint mhd. durchaus nicht, schlug Petrum an die seilen
und wecket in auf und sprach, stehe behends auf; das er
(der zinskauf) ein neues behendes erfunden ding ist. Llther
1, 194' (in welcher stelle es aber auch neutrum des adj. sein
könnte); sie liefen behendts widerumb zu haus. Wicerai
rollw. 73;
das uns gott werd mit seiner ruten
scharf heimsuchen und gar hehenti
mit krieg, theurung und pestilentz. H. .Sachs 1,348*;
Man aber der stund auf behends (:pestilenu). I, 455»;
ir soll behentz
inen thun ehr und reverenti. .\trer 12'.
BEHENKEN, was behängen.
1) transitiv, ich fOrchte, überkäme ich eine, so mäste ich
mein lebelang mit ihr und sie mit mir bebenket sein. Fret
garteng. 90 ; sein haus auf fronleichnamstag mit tapeten auszeo
1339 BEHERBERGEN— BEHERSCHUNG
behenken. Kirchhof wendunm. 477*; und disz behenken sie
ferner mit vielen andern freien zeugnussen. Fischart bienenk.
142';
die mit sacken voller gcldes sind behenket überall,
kommen schwerlich in den hiinmel, dann der steig ist gar zu
schmal. Logad 3, 2, G7 ;
ich hätte lieber nach Londen in Sodom und Gomorra oder
Prag hinter die mauren gehen wollen, und hätte ich über vier
Wochen ins spital gemust, als mich mit diesem fantasten be-
henken, ped. schulfuchs ^116.
2) intransiliv, dasz er mit dem köpf in den Speichen, so
eng waren, behenkte. Kirchhof wendunm. 352' ; kolmeisen und
rotkehlichen bleiben (am kloben) behenken. Mathesids 154';
schmähe weidlich, wann es schon nit war ist, so behenkt
doch allzeit etwas. Fischart groszm. 75; Absalon behieng an
haaren, so behenkt dieser beschoren mönch bei den oren.
Garg. 252*; wenn die stalljungen hebritzen machen und ihr
maschen und schlingen ins stroh binden, da bleibt auch man-
cher (Sperling) behenken. Schuppiüs 837 ; einen ekel . . . der
auch an ihnen bei zuwachsenden jähren und verstand behen-
ken blieben. Leibnitz 458.
BEHERBERGEN, hospitio recipere, franz. loger: ich bin ein
gast gewesen, und ir habt mich beherberget {ahd. ih was gast,
inti ir halotut mih, goth. gasts vas, jah galal)udeduj) mik).
Matth. 25, 35; ich was ein gast, und ir habent mich beher-
berget. Keisersb. sünd. des munds 42' ; gastfrei zu sein verges-
set nicht, denn durch dasselbige haben etliche, on ir wissen,
engel beherberget. Ebr. 13, 2 ; und beklagt sich, sie möcht nie- ■
neu mer hinkunien, sie wer verirret, wer nacht und müst ver-
derben, er soll als wol thun und solt sie beherbergen. Keisersb.
Sünden des munds 57*; und hat man den lieben got zu dem
halben mon gelosiert und beherbergt, bienenk. 174'; und in
der mitte einer unzähligen menge kleiner lustwälder beher-
bergte ein künstlicher ocean alle arten von wassergeschöpfen.
Wieland 6, 202 ; sie bedauerte, dasz sie ihn wegen der vie-
len fremden die nacht nicht beherbergen könne. Göthe 18, 137 ;
er beherbergt viel Ungeziefer, s. herbergen.
BEHERBERGER, m. receptor peregrinorum : beherberger,
aufenthalter der ketzer; so dasz ihn der beherberger selbst
nur wie ein dunkles rälhsel versteht. Tieck 4, 295.
BEHERLICHEN, summam terrae potestatem tribuere : wie
hochgedachter leib- und landherr beherlichet sei. weislh. 3, 746.
BEHERREN, domino subdere, beherret, domino subdiius:
wo du mich, wie ich dich in meinem gewissen, da ich allein
im himmel beherret bin {nur im himmel einen herrn aner-
kenne), frei lassest. Frank verbülschiert buch 406' ; als die an
dem ort gen himmel beherret seind und ein gott im himmel
haben, kriegsb. des friedens 167; weit beherret ist, dasz man
selten zum herren komme. Acricola spr. 22'; weit beherret
und nahend gefreundt. Frank spr. 1, 89'; weit beherret und
nah befreundet. Simrock n* 11529.
BEHERSCHBÄR, quod regipotest: Ludwig XIV verstieg sich
übermütig in das gebiet der nicht mehr beherschbaren dinge.
Dahlmann franz. rev. 4.
BEHERSCHEN, imperio regere, in der gewalt haben, nnl. be-
herschen: ein volk, ein land, eine Stadt beherschen; sich
selbst beherschen ; der geist beherscht den leib ; die furcht
beherscht, überwältigt ihn; das historisch wahre in einem be-
schränkten gedieht laszt sich nur durch grosze kraft des ge-
nies beherschen. Göthe 33, 209. man sagt, dasz höher ge-
legene örler die gegend, die landschaft beherschen; die bürg,
das schlosz beherscht die Stadt; die anhöbe einen thcil der
festungswerke ; der thurm die anhöhe ; ein blick aus diesem
fenster beherscht den osten des gefildes ; behersche deinen är-
ger, werde seiner herr. s. herschen, mhd. hinsehen, ahd. hirisun.
BEHERSCHER, m. dominator:
man list von Xcrie, dem behcrscher
des aufgangs und der edlen Perser. Fiscbart 9I. sc/i(/'l>
WO die organische form beherser den reim rein machen würde;
ein unumschränkter beherscher beider sprachen, drückte er
sich gleich gut in der französischen und italienischen aus.
herscher und beherscher unterscheiden sich wie herschen und
beherschen, das transitive beherschen hat immer einen acc,
beherscher einen gen. neben sich; das intransitive herschen
steht für sich, herscher ohne gen., aber im land herschen, der
herscher im donnergewölk.
BEHERSCHERIN, f. domino.
BEHERSCHÜNG, f. imperium. vgl. selbsthcherschnng.
BEHERZEN — BEHERZIGEN
1340
BEHERZEN, in mehrfachem sinn,
1) animum erigere, addere, ein herz machen, mut machen,
beherzt machen : die weiber sudlen und kochen den männern,
beheizen sie zum streit, verbinden der verwundten wunden.
Frank teutscher nal. chron. 7*; einer beherzte den andern.
V. Birken 170 ;
Leherzen jenen der herzlos. Weckhkriin 365 ;
wan die Trülingszeit
die weit zu der lieb streit und beut
beherzet. 581.
heute nur noch im part. beherzt übrig, was man nachsehe.
2) animo volvere, considerare, sich zu herzen nehmen : solchs
beherzt und bedacht, hab ich mich auch eigener bescheiden-
heit selbst wol wissen zu erinnern. Waldis psalter, vorr. aa 3* ;
Philipp US die sache recht beherzend. Laurenberg acerra 252 ;
man kan ih tiefen schmerzen
ja freilich sag ich wol ein ding nicht recht beherzen.
Opitz 1, 227 ;
wer hier nicht wird bewegt, wer sonder weh und schmerzen
dis ungerechte recht des krieges kan beherzen,
der ist aus hartem stahl und kieselstein erzeugt. 3,269;
beherzet doch die zeichen,
doch ihr seid eisenart, euch kan doch nichts erweichen
Fleming 12;
wenn man im gegentheil den groszen muth beherzt,
den unverzagten sinn. Gryphius 1, 30;
die noth ist
der lügend sporn, wer es recht beherzt. GiJuiHER 5S4.
heute sagt man beherzigen.
3) blandiri, osculari, ans herz drücken, herzen:
Muiius ist eine biene, fleucht herum auf allem süszen,
ist nicht stolz, was nur begegnet, zu beherzen, zu beküssen.
LoGAU 2, zugäbe, 124.
BEHERZEND, ein herz fassend, mulig: als ein redliche
beheizende fraw (come non curante e valorosa). ßocc. 1,203';
lieben herrn, freunde und günner, seit ihr so beherzend, als
ich meine und hoffe (signori, se voi cosi valorosi siete, come
io vi tegno). 1, 223'; die kröt war so unmäszig grosz, dasz
niemand so beherzend war, sich ihr zu nähen (non avendo
alcuno ardire d'appressarsi). 1, 236'; ir keiner bei leib und
leben so beherzend wäre (che niun fosse tanto ardito). 1, 242';
ein dapfer, fürnem und beherzend mann (espertissimo e feroce).
1, 255'.
BEHERZET, animosus, cordatus : wer das weibsbild sein
möcht, die so beherzet wer in sein kloster zu kommen. Bocc. 1,
25' ; und nach etlicher vergangener zeit so beherzet war, dasz er
selbst mit der frauwen redt. 2, 85*; und da der bub so vil leut
kommen sähe, da ward er dester beherzter. Aimon k3; von
dieser rede ward Ripus behei-zter und sicherer, r; es leszt
sich aber dergleichen viel beherzter reden, als in das werk
richten. Opitz 2, 255 ;
lasz deine hülfe mich zu. aller zeit erquicken,
und dein beherzter geist lasz in mir nicht ersticken
des glaubens 'schwache frucht. herr, tröste, tröste mich.
Fleming 21;
vorzeiten haben beherzte leut sich auf die philosophie ge-
legt. ScHüppiüs 707; bestelle ein rector der schul, der ein
beherzter mann seie, mehr fromm und verstündig, als gar hoch-
gelehrt. 728 ; der beherzte entschlusz. Gellert 1, 199 ; eine
beherzte that;
wie beherzt in reim und prosa
redner, dichter sich ergchn. Göths.
BEHERZIGEN, wie beherzen, nnl. beharligen,
1) animum firmare: damit aber menigklich ain trost hab,
thut not, dasz e. k. maj. disem land in nehcnt zieche, als-
dann wurde iederman den vcinden widerstand zu thun beher-
zigt. CuMELS Maximilian s. 298; da sprengte Cajus Fabius
mit dem reisigen zeug hinzu, das beherzigte die Römer. Bibel
Liv. 199 ; die druides gaben für, die seel sturb nicht mit dem
leib, damit die furcht des tods bei in wurd aufgebebt und sie
all gefar anzütretten dardurch beherzigt wurden. Frank weltb.
66'; darzS war er (Maxilian) auch von natur so groszmülig
und beherzigt, dasz er in wör und waffen niemand wiche.
chronica 215*.
2) animum commovere, «i herzen gehn: so er allain ist,
gedenkt er soiicher ergetzlichail nach und würt in manicherlai
weg beherziget und ungerüwig. Keisersb. seh. der pen. 18;
diser kelch beherzigt unser andacht heftiger, chrisll. bilger 50 ;
so solle uns auch diser jammer billig zum Imch'ilcn ln-hcr-
zigcn. Bi;cER bei Mclanchih. 3, 778; also sollen ir euch be-
1
1341
BEHERZIGUNG — BEUOHNEN
herzigen lassen den groszen schmerzen, mit allem gemüt dem
nacbgedenken. Paracelsüs l, 595*; welchs er dennaszen redt,
das im die äugen ubergiengen und iren vil fast beherzigt.
Fbank chron. 36'.
3) animo voltere, considerare, zu herzen nehmen, ziehen:
wir haben zum tiefsten beherziget und angesehen. Witzesb.
3, 102 ; bäte demnach, i. t gn. wollten solches beherzigen und
mich erretten. Schweimchex 1, 273; unser gehorsame bitten
beherzigen. 2, 171 ; als ich die misbräuch zu mut fuhrete und
beherzigte. Fischart groszm. 3 ;
beherzigt seine glücklichkeit. FLEin<G319;
ist Ton den Troern was und den Griechen, so du beherzigst?
ficacEB 230* ;
beherzigt die gefahr des Vaterlands.
BEHERZIGUNG, f. die sache ist aller beherzigung werth;
wir empfehlen den ganzen schlusz unsem lesem zur beher-
zigung. GöTHE 33, 13 ; wissen und beherzigung ist nicht einer-
lei. LiCHTEXBERG 5, 297.
BEHETZEN, agitare feram: ein wildbret beheizen; einen
hirschen beheizen. Opitz Arg. 2, 400 ;
so hat mich auch beheizet
des argen feindes list. Opitz 3, 39.
die Jäger sagen auch den hund beheizen, einhetzen, zur helz-
jagd abrichten; einen ferst beheizen, saltum pervagari venatu.
SnELER 7S3.
BEHEüLEN, ululatu prosequi, deflere: der wolf beheult
den mond ; ein sehr beheuleler todesfall, funera ululata. Stie-
LEB 63;
die (kinder) werden unsrer zeit beginnen
beheulen, nicht besingen können. Logau 1, 1, 71.
BEHEXEN, fascinare: er ist behejf, er steht da wie be-
hext ; geh du hast mich beheit. Fr. Müller 2, 119. vgl. verhexen.
BEHILF, n. remedium, adminiculum : darwider ist ein ge-
meine behilf. Keisersb. höll. lewe 35 ; ich het hinnen mer be-
hilf dann uszen. Eulensp. cap. 69 ; und wie sie im herzen
warend, solche ihres gleichen gefunden und zu behilf ge-
nommen die Undankbarkeit und die bezwungene bezah-
lung, so mir wider alles zusagen und verdienen geben ward.
Paracelsos 1, 132* ; der künig für sein behilf. Melisscs H 4'.
s. behelf und behülf.
BEHILFLICH, utilis: ein bruder, der dem andern behilf-
lich ist, die seint wie ein starke mauer. Keisersb. Sünden des
mundes 80* ; da ein bruder oder burger dem andern behilf-
lichen und beraten ist, die seint als ein starke und ein feste
statt, si".
BEHILFUNG, f. adminiculum: ob man müsse den baw
solcher befestigung zugleich allenthalben herumb führen oder
ob solches werk etwan auf einer seilen ein behilfung habe.
Fboxsp. 2, 23*.
BEHIHMELN, legere, eine decke über etwas aülben, ein be-
himmeltes schif, ein mit bedachung versehenes, behimmelt
sein, benebelt, betrunken, gleichsam vom wein bedeckt, zuge-
deckt.
BEHINDERN, impedire, verhindern: ward ich daran behin-
dert Bbocees 1, 19. 5, 127. 6, 2S4. 496. 507. 574 ; um ans das
vorrücken zu behindern. Hippel 4, 236.
BEHINDERL'NG, f. impedimentum : häusliche behindemng.
BEHIRNE.N, cerebro instruere, mit gehim, mit verstand aus-
ttatlen :
0 was nützt ein tapfrer mann!
mehr als tausend reuierknecbte,
die kein wiiz beliirnen kan,
wenn es kommet zum gefechte.
Kmittsls sinnenfr. 117.
BEHNER, m, I. benner.
BEHOBELN, runcinare, laevigare:
der nit ganz wol behoblet ist. Mtnuxi« sdielment. 35, 10;
mann und frawen, vrann sie zusamen spaciren wollen, Tor
zurüsten, aufräumen und behobeln. Garg. 2*>l*; wie er {der
balke\ solle behobelt und beschnilzt werden. Weise erzn. 3.
BEHOBELUNG, f. 0 du hockst wol zu tisch, das macht
ich hab auch auf der rebleut slub zu Bennfcld promoviert
ja mit bestoszung und behobelung der siegen. Garg, 97*.
BEHOCKEN, tuccollare, aufhocken.
BEHODET, tesliculis instruelus: ein behodeter escL Garg.
1Ö6 .
BEHOHNEN, ludibrio habere, verspotten, bti Hexiscb 15S
bebOnen, höhn anthun:
BEHOLFEMIEIT — BEHÖRLICH 1342
wenn er ir trewe sol belohnen,
tbut er sie schmehen und behohnen. Waldis Esop 1, 57.
BEHOLFENHEIT, f. habilitas, moderatio. s. behelfen.
BEHOLZEN, l) lignari, silvam caedere, den wald behol-
zen; sie hätten das land lange beholzet, befischet, bejaget
Lohexst. Arm. 1, 10S9.
2) silvam augere, den holzwuchs fördern, der wald beholzt
sich, der anwuchs des hohes nimmt zu; die bäume beholzen
sich, wachsen stark in die äste.
BEHOLZL^'G, /. lignatio: zum fünften sind wir auch be-
schwert der behoizung halben. Luther 3, 112' ; beholzung der
vier Stämme. Garg. 271*.
BEHOLZUNGSRECHT, n. jus caedendi ligna. Hippel 1, 54.
BEHOPFEN, humulo lupulo instruere: das bier behopfen;
das hier ist wol behopft figürlich,
ist er doch aller geschossen,
in seinem köpf aller behopft,
dann es ihm oben durchs dach tropft.
Castexhof pentalogus conjugalis 10.
BEHÖR, f. quo opus est, quod decet, quod pertinet ad rem,
mhd. wol diu behoere (icie überhoere, widerhoere. Bex. 1, 714).
dem kern kan auch einer helfen mit den arzneien, so darzu
taugendlich, darvon wird hernach die behür folgen. Secteb
349 ; und so der fuesz nach der behör ist ausgewürkt. 359 ;
liesz ich ihn der behör nach procedirn. Simpl. 1, 600. s. Zu-
behör, angehör, verhör.
BEHORCHEN, subauseullare, belauschen: wir werden be-
horcht, es gibt jemand heimlich acht auf uns; aus einem Win-
kel, in dem er versteckt lag, behorchte er adles;
sie eilt zu den blumen und will da
nicht von zeugen behorcht, will gesehen nicht sein.
Klopstock 1, 23;
don Sylvio, der bereits zu viel gehört hatte, konnte nicht so
viel gelassenheit behalten, sie länger zu behorchen. Wielaxd
11, 348 ; heimlich Walls notariatsexamen zu behorchen. J. Pacl
fiegelj. 1, 52; das an die erde gebückte behorchen des kom-
menden feindes war Lianen fremd;
doch drängt auch nur von ferne
dein ton zu mir sich her,
behorch ich ihn so gerne. I'late.i 13.
BEHORCHER, m. auscullalor.
BEHORCHERIN, f. auscuUalrix: mache dich an die behor-
cherin Pvthia. Herder 18, 149.
BEHÖRDE, /. 1) locus ad quem aliquid deferendum est:
die zuständige, rechtmäszige behörde; vor die rechte behürde
gehen ; sich bei der behörde melden, s. ortsbehörde, gerichls-
behörde, Polizeibehörde u. s. «. den brief an die behörde
{adresse) besorgen. 2) res, quae convenit: wir werden die
behörde verfügen, das gehörige.
BEHÖRDLICH, von der behörde ausgehend: behördliche
maszregeln, anordnungen.
BEHÖREN, 1) coni-enire, pertinere: wie sichs beh5rt (ge-
hört). Michael Shfel 114. 2) causam cognoscere, verhören :
so ein unlersasz wider die hcrschafl anspruch zu haben ver-
meinet, musz solches von rülhen aus der landschaft gütlich
behöret werden. Micbälics 4, 128. 3) recitantem audire, über-
hören: ich will dich einmal behören. Maaler 56* Aot behören
examinare. er wird auf ostem behört, confirmiert. in der Schweiz.
BEHÖRIG, rectus, conteniens, gehörig: verhindere meine
zunge doch nicht, das behürige letzte wort, du bist ein golt
und nebenst dir sind keine andere gölter, auszusprechen.
pers. baumg. 10, 1 ; da wir in behöriger weile vor dem felsen
die anker sinken lieszen. Felsenb. 1, 9t ; slellete ihnen das
behörige nochmals vor. 1, 94 ; da es nun wegen der erbeule-
teri guter zur behürigen theilung kommen sollte. 1, 55S ; einen
Schneider kommen lieszen, welcher alles behörige mitbringen
und mir ein neues kleid verfertigen rousle. 2, 359; das be-
hörige trinkgeld. ehe eines mannes 248 ; in behöriger form
(engl, in dne form), ehe eines weibes 44; an behürigem orte.
171 ; stellte sich in die behörige positur. 305 ; wenn jemand
sein vieh nicht behöriger maszen verwahret Hohberc 3, 24*;
dasz du in deiner bilanz an behürigem orte envähnung Ihä-
lest. Wielaxd bei Merck 1, 157.
BFIHÖRIG, adv. conrenienter, gebührend: alle diejenigen,
so sich um mein wesen bekümmerten, bchörig abzuführen.
Felsenb. 1, 447; dasz ihr in Zukunft wisset, wie mit denen
Lutheranern und andern nebenchrislen behörig umzugehen.
2, 32 ; die sache ist behörig angebracht.
BEHÖRLICH, was bebörig: nach behürlicheo umbsländeo.
Olearics rorr. zur pers. reisebesckr.
1343
BEHÖRUNG— BEHUFEN
BEHUFEN— BEHÜTEN
1344
BEHÖRUNG, f. examen, verhör. Maaler56'.
BEHOSEN, hraccis induere: die knaben böslich behost und
beschuhet (mal vestiti e peggio calzati). Bocc. 1, 74' ; nachdem
er den knahen behoset hatte. Müsaeüs 4, 139; die bienen
erscheinen mit wachs behost ; sie sind von den männern ge-
wohnt, dasz sie behoste Wasserhosen sind. J. Paul Fixl. 79.
BEHUB wäre von beheben, wie abhub, aushub rot» abhe-
ben, ausheben gebildet, wir sagen aber behuf. s. die fol-
genden.
BEHÜBEN, egere, opus habere, bedürfen: so sich auch die
engel der himeln mer frewen über einen Sünder, so busz
thut, dan über neun und neunzig gerechtfertigen, so der
busz nicht behüben. Gerh. Lorichs auslegung zu Wickrams
Ovid. Mainz 1545 6/. 12'; das Pallas ein göttin wirt geticht
der Weisheit und auch des kriegs, ist ein anzeigung, das
man auch zum krieg gelerter leut behübet. 28'. die ausg.
Frankf. 1631 setzt dafür s. 42 und 95 bedürfen und bedarf,
s. behufen.
BEHUF, m. ßr behub von beheben erklärt sich leicht aus
dem schwanken des B und F in haben und heben, worüber
diese Wörter selbst nachzusehn sind, namentlich geht huf un-
gula durch alle hochdeutsche mundarten. beheben ist conti-
nere, das goth. gahöbains conlinentia, das ahd. pihabannissi
detentio, aus enthaltsamkcit bildet sich die Vorstellung des man-
gels und bedarfs, behuf ist indigenlia und necessitas. mnl.
nnl. behoef, ags. behefenisse, engl, behoof.
1) behuf drückt, wie bedürfnis und notdurft, leibliche natur'
nothwendigkeit aus: sie gehn auch nit gern die nacht aus
iren hutten ires behufes zu thun. Hans Staden p. 4.
2) behuf im abstracten sinn von usus, commodum, finis er-
scheint fast nie anders als nach der praep. zu.
mnl. tonsen behoef. lekensp. II. 41, 50;
tes fondaments behoef. II. 45, 156;
teens anders behoef. III. 21, 26 ;
tsmenschen behoef. III. 23, 12;
nnl. ten behoeve : ten behoeve der armen ; t'zijnen behoeve ;
tot zijn behoef. nhd. zum behuf: nahm ich mir vor, niemals
mehr einige freude in mein herz zu lassen, zu dessen be-
huef {in quem finem) ich allen Zusammenkünften absagete.
pers. rosenth. 5, 17 ; die moral bedarf zum behuf ihrer selbst
nicht der religion. Kant 6, 161 ; zum behuf dieses ihres Zwe-
ckes. 6, 348 ; der zweck, dem zum behuf ich den begrif der
Ursache zu bestimmen gedenke. 10,68; zu diesem behuf ist
mir dein unerwarteter besuch wolthätiger gewesen, als du
vermutlich wolltest. Wieland 3, 163 ; beides bestätigte ein ge-
schenk von einigen diamanten von werth und einem beutel
voll gold, welche die sultanin ihr zum behuf ihrer schleuni-
gen abreise zustellen liesz. 8, 451 ; wenn ich die Innern Ver-
handlungen zum behuf meines vaters abschreiben muste.
GöTHE 24, 291 ;
so kommt ein junher angesandl zu dem behuf,
mir mjorgen früh den schönen park zu zeigen.
Burger 108»;
es breitete der Schöpfer, damit vor dir wir knien,
die weiten aus als teppich zum heiligen behuf.
I'tATEN 88;
und dieser mann zu meines rcichs behuf
nennt mir den dieb. 218.
doch finden sich einige beispiele, in welchen behuf auch auf
andere praeposilionen folgt: so habt ihr doch solche mittel
bei banden, durch welcher behuf ihr leicht das feld erhalten
roöget. Aug. Büchners zwei troslschripen. Wiltenb. 1644. s. 73;
aus demjenigen wein und fruchten, so sie über den behuf
{über den bedarf hinaus) ihrer nahrung erzogen. Simpl. 3,
24 (19).
3) es wurde auch wmblich gebraucht: hatte auch zu der
behuf wolgedachtem grafen von Arnberg geschrieben. Lanz
Carl 5 s. 530 (o. 1554).
BEHUFEN, indigere. nnl. behoeven, ags. behofian, engl, be-
hoeve :
trcwlose buhen,
wenn sie eins frommen mans behufen {f. behüben),
reden» freundlich, er unverdrossen
hilft in, wenn sie »ein han e«nossen u. s. w.
Waldis lCso])us 1, 39;
aber im ward zur antwort, man behüfle keines mehr, und
wer die zahl und rcgistcr nun beschlossen. Kircuiiok wendunm.
98*; wo er oder die seinen ir weiter behuflen, es zu bes-
sern. Faoitip. 1, 184';
ich behufe nicht zu borgen,
darf auch noch zur zeit nicht sorgen,
dasz mich jemand mahnen soll.
Gabr. Voigtländers öden u. lieder. Lübeck 1650 n* 59.
jetzt ganz auszer gebrauch und durch bedürfen vertreten.
BEHUFEN, ungulis instruere: behufte, gehuße thiere; die
natur hat das pferd behuft; ein wol, schlecht behuftes.
BEHUFIG, necessarius, quo opus est, erforderlich, geeignet,
dienlich, ags. behefe. welche bischofe er mit behufigen ho-
hen commissionen versähe. Gryphius 1, 345; sende mir den
fraglichen brief, damit ich sehe, ob nicht noch etwas behu-
figes hinzuzufügen ist. Götbr an Knebel 669. ein in der canz-
leisprache beliebtes wort.
BEHUFLICH, dasselbe, ags. behöflic : in der angelegenheit,
worüber du mir schreibst, kann ich nichts behufliches thun.
Wielands Übersetzung von Ciceros briefen 1, 209.
BEHUFS, adv. zum behuf: behufs der Verpachtung, behufs
der auseinandersetzung. in der gerichtssprache.
BEHÜGELN, collibus, limitibus circumscribere : wir wollen
gottes gerechtigkeit behügeln und begrenzen. Hippel lebensl.
3, 134.
BEHÜLF, n. was behilf: etliche {halten das aderlassen) für
ein milterung und behülf etlichs theils der krankheiten. Pa-
racelsds 1, 712'; ihnen zum behülf. Witzenb. 3, 55; der er-
venwürger wächst auf erven, klee, wicken, dann er ohne an-
dere behülf niemalen wachset. Tabernaem. 1062, s. erbsen-
würger, erbsenstrang, orobanchc, ein unkraut, das sich um
erbsen, wicken windet und darauf stützt; die schrift allein, on
behülf der andern auszulegen, bienenk. 70' ; beistand und be-
hülfe. Melissus ps. N 6".
BEHÜLFBRIEFE, pl. litcrac commendaticiae, empfehlungs- '
briefe: so wil ich dir hülf schaffen vor allen sachen mit des
königs briefen der ritter in zu seinem procurator ma-
chet und behülfbrief von dem könig gab (ricevuta la procura
e le lettere favorevoli del r6). Bocc. 1, 12'. 13'.
BEHÜLFLICH, utilis, secundus: gerne geben, behülflich
sein. 1 Tim. 6, 18 ; solches groblicht gepulvert, in einen bi-
samapfel gethan und ofte daran gerochen, ist sehr behülflich
wider die feile der äugen. Bartisch s. 138; ein kaiser soll
jedem seines rechten behülflich sein. Zinkcref 91, 25; so
wolle ich darzu Jjehülflich sein. Weise kl. leuie 207;
so mancher freund ist in der nähe,
und jeder wird behülflich sein. Hackdorn 2, 35.
die frühere spräche conslruicrtc, ihrer weise nach, mit dem ad-
verb: nemmet war, wie es sich glücket zu unserem anfang,
dasz in unserem trübsal uns behülllichen zu sein gott zu-
schicket drei züchtige Jüngling. Bocc. 1, 7*. s. behilflich.
BEHÜLLEN, velare, obtegere:.
vom Zobtenberg,
ob ihm sein haupt behüllt mit einer feuchten nauben
und ob jßr mir voran zu saeen woll erlauben,
ein regen zeucht herauf! Locau 1, 8, 99 s. 193.
BEHUNDEN, invadere, incurrere canibus:
zerrciszen
von einem wilden stier, der da ist stark behundt,
und durch den ganzen tag gezogen und verwundt.
Werders Arwst 18, 15.
BEHUNGERN, fame domare, aushungern: lag der könig
von Siria vor der statt Samaria, behüngcrt sie so hart, dasz
ein eselskopf achtzig silberling galt. Frank chronica 52*.
BEHÜPFEN, saltibus adire: der floh behüpft den ganzen
leib; die Sperlinge behüpfen das dach.
BEHUREN, viliare feminam, beschlafen, mhd. diu wip be-
buoren. Ben. 1, 730*.
BEHUSTEN, gleichsam circumtussire :
will der pusterich nun gar
pl'ulTcnkuchen pusten,
teufelsjungenkUchenschar
wird den teig behuslen. Göthk 66, 92»
BEHUT, f custodia, hiä xind beicahrung: dem ist also, das
ir ieder drei neincn und erwellcn, dieselben sechs sollen herr
Heinrichs gepew und behut {magazinc) . . . besichten. Chiiels
Maxim, s. 200 (a. 1498); was ist denn wunder, dasz emer
aller weit gut zu sich bringe, der da bereitschaft der wahr
und teglich Sicherheit, weniger fahr mit^hehut der heubtsum-
raen zuvor hat uinbsonst? Luther 1, 195'. , , ..
REHUTEN, pilco operire: der ein lebenDachs {wem) war
claretrot bekleidet, der ander licchlrot behütet, der drilt schwarz-
rot verkappet, der vierd goldgelb gekrünet. Garg. 68*.
1345
BEHÜTEN — BEHUTSAMKEIT
BEHÜTSA>DLICHEN — BEI
1346
BEHÜTEN, ahd. pihuotan (Graff 4, 802), mhd. behuelen
(Bex. 1, 73l'), nnl. behoeden.
1) depaseere, abiceiden: eine wiese behüten; dieser platz
ist schon behütet, hier ist gehütet, geweidet icordfn. •
i) custodire, bewahren, beichützen, wehren: darumb hab ich
dich auch behut, das du nicht wider mich sundigetest. 1 Mos. 20,
6 ; und sihe ich bin mit dir und wil dich behüten. 2S, 15 ; sihe,
ich sende einen engel für dir her, der dich behüte auf dem wege.
2 Mos. 23, 20 ; er behütet in wie sein augapfel. 5 Mos. 32, 10 ;
darumb so behütet aufs fleiszigst ewr seien. Jos. 23, 11; er
wird behüten die füsze seiner heiligen, i Sam. 2, 9; du be-
hütest mich zum heubt unter den beiden. 2 Sam. 22, 44 ; wer-
den deine kinder ire wege behüten. 1 tun. 2, 4; behüte mich
wie einen augapfel im äuge. ps. 17, S; die gleubigen behüt
der herr. ps. 31, 24 ; behüte deine zunge für bOsem. 34, 14 ;
der dich behütet, schleft nicht. 121, 3; ich der herr behüte
in (den weinberg) und feuchte ia balde. Es. 27, 3 ; der uns
die ernte trevvüch und jerlich behüt. Jer. 5, 24; wer aber
überbleibt und dafür {vor dem schwert) behüt ist. Ez. 6, 12;
und was fett und stark ist, wil ich behüten. 34, 16 ; und stalt
den engel darfür, der die thier behüten {abhallen) solt, das sie
nicht mer hinin mochten. Keisersb. sünd. d. m. 16'; so weist
du nicht, ob du fallen würdest, wann dich gott nit behüte.
30'; darumb solt du gott oft anrufen, das er dir genad geh
und dir dein zung behüte. S2'; und also sich behüten un-
Tennosget von diser well (Luther Jac. 1, 27 sich Ton der weit
unbefleckt behalten). &9' ; dise nacht nennen si (die Juden) ein
behut nacht, lelschemorim. Frank wellb. 147"; dasz sie den
acker behüten vor dem gefügel. Paracelsus 1, 1017';
bunde, die das vieh behüten. Logau 1, 7, 65;
Tor krankheit, vor frost, vor ekel behüten.
Sehr oft in der dritten person des conjunetivs: gott behüte
uns ; davor behüten uns gott und seine heiligen ; Apollonia
behüt uns für zanwehe. bienenk. 47"; mittel gegen die liebe?
dafür behüte uns der himmel ! Wieland 2, 206. Hieraus ent-
sprangen aber, in mancherlei sinn, anfangs bedeutsame, dann
leere formein der rede, beim abschiednehmen wird nachgeru-
fen gott behüte dich (auf deinen wegen) I uenn tcidriges,
unheilvolles droht oder erscheint, gott behüte davor! gott
behüte! dcus avertat omen! uias dann auch bloszen abseheu,
schrecken, veigerung, Verneinung ausdrückt : ja wol in Luci-
fers stul, gott behüt uns! bienenk. 33*;
behüte gott, wer mag da reden?
JoL. vox Braumscrw. Susanna 2, 2 ;
behüte gott, wie gebstu rein,
koth solt wol nicht dein vetter sein.
RiNCWALD Eckh. N 2' ;
behüt! mein Schwiegervater? Göthe7, 64;
Weisungen, d i e Zeiten sind vorbei. Götz, behüte gott ! Göthe
8, 2S. 42, 269 ; Olearius. der pöbel hatte mich fast gesteinigt,
wie erhörte, ich sei ein Jurist, abt. behüte gott I S, 36. 42, 45;
Hoffegut. gibt er euch denn so gute nahrung, dasz ihrs wo
anders nicht besser haben könnt? papagei. behüte gott! ich
musz mir mein biszchen selbst suchen. 14, S5. A'. treuloser,
undankbarer! M. behüte! ich, wodurch, warum? Klincer 1,
461 ; 10, S4 ; ich will heut abend reisen, ei so behüte und
bewahr ! Lenz 1, 103 ; ei behüte, minivie gentium, ebenso steht
gott bewahre, oder bewahre! ei bewahre! dieu m'en preservel
in B'iiern bhiegod, piiegod, pfietigod (Schneller 2, 25S). in
Ostreich bfüat ! und bfüaten, begrüszen. in Franken sind bebütes
(herr Itehüt uns) eine art mehlklOse. Stieler 098. Haupt 2, 191.
BEHLTEH, m. custos, tulor:
gute, des webs abwehrer, der sterblichen menschen behflier.
Voss.
BEHL"TSA!H, cautus, vorsichtig : gesunt und behutsam bleib
seines munds halb. Keisersb. Sünden des munds 62'; bebütr
<am, ingezogen leben, omm 2l';
bt^liulüam. doch forchllos. WKCKHtRiüf 423;
eib lieht in> hen, dasz ich die ungeheuren klippen
behutsam meid. Grtphius I, 261 ;
behutsam und vernünftig reden. Schoch stud. A; ich wenig-
stens, Malwend, so all ich auch geworden bin. habe es noch
nie erlebt, dasz ein Marse einen zu behutsamen entscjilusz
gefaszt hatte. Klopstock 9, 20S ; um zur warheit zu gelangen,
musz man nicht kühn, sondern behutsam sein. Käst 7, 417 ;
mit feuer musz man behutsam umgehen; behutsam veifahren,
aaftreten; hübsch behutsam!
BEHUTSAMKEIT, f cautio, circumtpectio : aus bebutsaro-
keit folgt Sicherheit. Lehxaii:t 73 ; behutsamkeit, sagte Crom-
well, ist eine bürgermeistertugend. Kant 7, 384.
BEHLTSAMLICHEN. caute: ein ieglicher mensch sol umb-
sichtiglichen und behutsamlichen urteilen. Keisersb. Sünden
des munds 7'.
BEI, apud, ad, von dieser partikel war schon sp. 1202 un-
ter be die rede, sie wurde mit bin und bauen zusammenge-
stellt, und bei scheint sich zu bi, wie beo, beon, bium zu
bin zu verhalten, dem be ßr bi liesze sich bo ßr ein älte-
res hu vergleichen, doch bu und bau treten nirgend als lose deut-
sche Partikeln auf gilt es einen sinnlichen begrif von bei auf-
zusuchen, so bietet sich die vurstellung des wohnens und seins
höchst angemessen dar, bei bedeutet ndJie und anwesenheit im
bereich und umkreis von personen oder sacken, was dann auf
andere zustände anwendung findet; hurin beruht der Zusam-
menhang des räumlichen bei »Mit den abstractionen Tteoi und
um, die sich in den urverwandten partikeln abhi und auipl
entfalten, das goth. bi erscheint nur selten als ein sinnliches
wort, -meist als ein abgezognes in der meinung unseres um,
d. h. des ahd. umpi, folglich gr. atufi, skr. abhi ; umpi aber,
ags. ymbe würden in ihrem ersten' anlautenden theil ohne goth.
analogie sein, ergäbe sich nicht die Vermutung, dasz sie aus
rerschmolznem undbi hervorgegangen sind {wie andbahts zu
ampaht, lindburg zu limburg, hindbere zu himbere icird),
welchemnach auch skr. bhi sich als einfache form, abhi als
zusammengesetzte darstellt, in umpi ist pi = goth. bi der
wesentliche bestandtheil, und bi nicht durch aphaeresis aus
undbi, vielmehr um durch apocope aus umpi entsprungen, alle
bedeutungen des, bei und um müssen aber zurückgeleitet wer-
den auf die Vorstellung des seins und wohnens, des beiwoh-
nens und umwohnens, des niufi, Tteoi und circa, chez aus
casa, hos aus hüs, hia aus heiv und hiu sichern den Ursprung
des bei aus bau und beon vollends.
Diese chez, hos und hia sind jedoch weit sinnlicher und
beschränkter geblieben als bei. hos hat nur den persönlichen
bezug auf haus und schütz und geht nicht auf sacken, ob-
sckon man allmälich ein dän. hosbunden beigebunden, hos-
folgende beifolgend wagte, vielmehr den deutschen ausdrücken
nachahmte. Das franz. chez, «nsinn/ic/ier als das it. in casa,
sp. en casa ist gleickwol sinnlicher als bei, das uns längst
nicht mehr den gedanken an bau und haus rege macht, wir
sagen noch gekauft bei Gerson, verlegt bei Beimer, chez Bei-
mer, nicht aber ich bin bei mir, trie je suis chez moi, im
sinne von zu hause, sondern er ist nicht bei sich bedeutet uns
apud se non est, il est hors de lui, was sich freilich verstekn
liesze, er ist abwesend, seine seele nickt in ihrer woknung.
du warst lange nicht bei mir, käst mich nickt besuckt; er
iszt heute bei mir zu mittag {in meinem kause), aber ich
freue mich, dasz ich wieder bei mir bin, wieder daheim} bei
mir, bei mir zu hause verfahrt man anders ; verschieden von
jenem bei mir. Wol aber heiszt es bei uns {in unserm kause)
kam feuer aus; bei uns (in unsenn lande) thut man so; ich
wohne bei Blumes {gramm. 4, 261), in BI. hause, vgl. auch
beiführen = keimßhren.
Bei und an, bei und zu berükren und vertreten sich ofl,
wer l>ei dem berge, stekt auch an dem berge; die Stadt liegt
am Bhein, beim Bhein; setze dich bei mich ist was setze
dich zu mir; ich führe das kind bei der band, an der band;
dem ab, von der band sind entgegengesetzt bei der band, an
der band, zu der band; die reihe ist nun an mir, bei mir;
man spannt die pferde an einander, bei einander, zu einan-
der. Nur ist, wer genauer zusieht, die nähe von an und zu
stärker und gerader, als die von bei, in bei liegt ein neben,
zur seile, im umkreis, circa: der an das feuer gehende be-
rithrt es mit seinen füszen, der zu dem feuer gehende geht
unmittelbar darauf los, ohne es schon erreicltt zu kaben, der
bei das feuer gehende nakt sich von der seile; ich stecke
den ring an den linger, bei wäre daneben; sie hat das band
an sich gesteckt, bei sich, wäre in die lasche; wir sitzen am
tische, zu tische, auch wol bei tische, doch von dem neben
hin gesetzten hiesze es, dasz er bei tiscJie, nicht daran sitze.
l. Bei, die praeposition.
an ist gerecht ßr den ace. wie den dat., nachdem es na-
hen oder bleiben {bewegung oder rulie) ausdrückt, auch b e i
regiert beide casus, zu hingegen ßr nahen oder bleiben allein
den dal. statt des bei der ruhe hatte die alte spräche oß den
instnukentalis.
A. bei des nahens. Frisch 1,91' und Adelonc haben
85
1347
BEI
BEI
1348
die ansieht, dasz bei nicht mit dem acc construiert werden
solle, nur mit dem dat., dasz es zwar heisze ich bin bei dir,
ich stehe, liege bei dir, aber ich komme zu dir, stelle, lege
mich zu dir und nicht bei dich.
1) wahr ist, die strengen mhd. dichter scheinen keinen acc.
auf bei, nach verben der sinnlichen bewegung folgen zu las-
sen, hin und wieder, schon im IS jh., dringt er aber doch ein.
Lacbman.n schreibt mit recht:
ir sweher zuo zir saj dernidr. Wh. 251, 5,
ohne einmal anzuführen, dasz die cass. hs. 113' liest:
ir sweher bi si saj darnider;
m Glichesers Reinhart heiszl es 641:
eines tages dö gie Isingria
Wider daj selbe hüs in den walt,
was der umarbeiter ändert in:
er gienc bi daj hüs in den walt;
' si vrägcte, ob her gen'ichte
nider bi sie sitzen? gr. Hud. 21, 12;
dö huob sich min heriscrafl
üf bi daj wajjer. Alex. 4809. Weism. ;
si legiie sich bi im vater. AthisD,AS;
daj er dehein ander wip
legete mer bi sinen lip. Herb. 8507;
üf slahen daj gezelt
bi die liude üf daj velt. Heinr. Trist. 4704;
dö man diu wäpen bi in truoc. Bit. 8942;
er schicte sich bi in. pass. H. 83, 54;
disen melden unde dinen knehten
hilf bi dich hin zuo goie. 391, 71,
wo ZUO und bi zusammen gebraucht sind mit dem unterschiede,
dasz bi mehr den sinn von neben und zur seile, zu den von
hin zu hat;
bi die ist gesalzt aldä
Maria Magdalena, pass. K. 5, 25;
sA hat man alierleige merterere bi in gesatzit. myst. 1, 35;
das sind lauter denkmälcr aus dem mittleren Deutschland, des-
sen spuren in der nhd. spräche überhaupt haßen.
2) derselbe acc. steht bei Luther ganz fest: als sie in nu
sahen von ferne, ehe denn er nahe bei sie kam. 1 Mos. 37,
18 ; begrabt mich bei meinen vater. 49, 29 ; die kinder Israel
sollen sich lagern ein iglicher in sein lagcr und bei das pa-
nier seiner schar. 4 Mos. 1, 52 ; tritt bei dein brandopfer. 23, 3 ;
setze dich bei den stein Asel. 1 Sam. 20, 19 ; Joas aber ward
begraben bei die könige zu Samaria. 2 kön. 13, 13 ; ward be-
graben zu Jerusalem bei seine veter. 14, 20; man begrub in
bei seine veter. 15, 7; und ward begraben bei seine veter.
15, 38 ; gieng hin und trat bei das rad. Ez. 10, 6 ; und er kam
hart bei mich. Dan. 8, 17; die Weisheit des geringen bringt
in zu ehren und setzet in bei die fiirsten. Sir. 11, 1; gieng
hinqin und satzte sich bei die knechte. Matth. 26, 58; und
da sie nicht konlcn bei in komen für dem volk (goth. ni
magandans nehva qiman imma faura managein). Marc. 2, 4;
da er kam bei die statte. Luc. 10, 32 ; funden sie tod, trugen
sie hinaus und begruben sie bei iren man. apost. gesch. 5, 10 ;
denn wo die heiligen und gelerten mit den gewaltigen und
herrn, dazu mit den reichen, nicht wider, sondern bei das recht
und die warheit tretten, wer wolt unrecht bleiben? Luther
1, 495" ; die philister lagerten sich bei den Hclfenstein. 4, 17'.
3) ebenso brauchen ihn andere Schriftsteller, zumal dichter:
er hiesz in bei die andere sitzen. Fierabras D 5 ; es ist schon
die axt den bewmen bei die wurzel gelegt. Casp. Güettel von
evangcl. warheit. Zwickau 1523. A3;
er liel umbiier bei alle tbier,
und sprach, kompt doch zu liciren mir. Waldis £sop 1, 6;
ich wil gelin bei den wcidcnprad. Alberus 4t ;
welchen (Christum) sie in gleichen grad bei die schaf und
lämmer stellen. Fischart bienenk. 74'; ich wil mich bei das bad,
darin sie pfleget zu baden, niedersetzen. Jul. v. Bh. Sus. 1,4;
kommet ihr aber hie bei mich. 4,1;
es hat die himmelskunst disz Terner auch bedacht,
und bei die wage bin den scorpion gesetzet. Opitz 1,92;
erkiest er ihm ein ort, nn dem er frei kan sitzen,
liegt elwan bei ein quell, sucht schatten an der bach. 1,63;
disz schiflein, das man mag bei deine muschel stellen. 2,52;
hii-r kan er wie er will, so lang er ist, »ich strecken
bei eine kühle bach. 2, 1.M;
er wil ihn bei die fürstcn bin
aus dem geringen staube zichn. pt. s. 217 ;
sie kamen nahe bei die inscl Malta. Arg. 2, 117; bei die
phncessin hingehen. 2, 199 ;
drum wer anhängt allen zechen,
ist auch kühnlich einzurechen
in die tolle, wilde zunit
bei das volk der unrernunrt. Logau 1, 2, 13;
die gans kom bei das fewr. ganskönig E5;
nimpl er ihn bei den ermel {faszt ihn an den ermel). pers-
rosenth. 4, 3; der medicorum, so bei sie gehen. Philand. 1, 187;
kamen bei eine vorneme statt. 2,166; nahm er mich bei der
band, führte mich bei ein fenster. Schuppius 22; Richardi herz
wurde bei die minoriten nach Oxford gebracht. Hahn 5, 42 ;
trat dann dicht bei den enget, heran zu dem blutigen leichnam.
KiOPSTOCK jWcw. 12, 173;
näher bei die Schulter warf er, ich stiesz in das herz, werke
8, 230; bäume bei das grab zu setzen. 11, 95; Filangieris
kommen diese tage bei mich zu tische. Göthe 28, 38 ; trat
dieser mann zu mir und stellte mich bei fünf stücke auf
den höchsten ort des Schlosses. 34, 102 ; ich bitte mich bei
Sie zu gast, an fr. von Stein 1, 294 ; setze den topf bei das
feuer; stelle den stul an die wand; lege die gabel bei das
messer; den apfel bei die kleider; du must nicht ausgehen,
ohne geld bei dich zu nehmen; ich nehme die arme waise
bei mich {ins haus).
Die deutschheit dieser accusativfügungen wird sich nicht be-
streiten lassen, sagt man doch auch mit zusammengesetztem
verbum, ohne Substantiv, das sich leicht ergänzt und nach-
fühlt, ich habe den topf beigesetzt, die gabel beigelegt.
Göthe wüste ohne zweifei, dasz es sonst heiszt, bei einem zu
tische sein, sich bei einem zu gast bitten ; er wollte also et-
was anderes durch den acc. ausdrücken, im brief an fr. von
Stein könnle man vermuten: bei sie, neben sie, an ihre seile
gesetzt, ein stellen auf den höchsten ort, bei, neben die fünf
stück*e ist lebhaßer gesagt als bei den fünf stücken wäre.
Wenn auch die herschende schrißsprache lieber gehn und kom-
men mit zu als mit bei verbindet, wird die trauliche rede das
bei vorziehen : komm bei mich ! setze dich her bei die an-
dern! geh bei das feuer und wärme dichl es ist ein vur-
thell, kein nachtheil, dasz wir auf dreierlei weise sagen kön-
nen: setze dich an das feuer, bei das feuer, zu dem feuer,
und tni/ der Vorstellung des bleibens auch noch auszcrdem:
setze dich an dem feuer nieder, bei dem feuer nieder, bei
ist neben, an die seile, engl. by. Unangefochten heiszt es, bei
seile gehn, einen bei seile nehmen, ziehen, rufen, etwas bei
seile, wie zur seile legen : in seinem maul bei seit hat er an
jedem ort ein langen zan. Forer ßschbuch 200', vgl. engl.
beside, by the side. nnl. bezijden.
4) nnl. hat dieser acc. weit gröszere ausdehnung. man sagt
nicht nur iets bij iemand Icggen, zelten, stellen, sondern auch
liggen, zitten, staan bij iemand ; bij de band oder bij der
band zijn; iets bij de band hebben; bij de baren Irckken ;
bij de band vatten ; bij het licht bezien (bei dem licht be-
sehn) ; bij de kerk wonen ; het scliip is bij de kaap gestrand
«. s. w.
5) das golh. bi verbindet sich häufig mit dem acc. in der
bedeutung des gr. TtBQi, lal. de (gramm. 4, 779), also auf die
Vorstellung von a^cpi, circa zurückgehend. Doch heiszt es
Luc. 6, 29 auch stautan bi kinnu, bei, an das kinn stoszen,
zur bestdligung der nahen verwandtschaß zwischen an und bei,
ihrem sinne wie der conslruclion nach, während aber goth.
qiman die praep. at, gaggan du neben sich hat, beidemal mit
dem dat., findet sich loh. 11, 19 gaqiman nii^ bi und dem acc,
unserm nhd. kommen bei einen entsprechend, in solchen Wör-
tern beobachtet jede spräche ihre eigenheit, keine aber ohne
sich auch mit andern zu berühren.
6)-o/i(i. pi mit acc. in der bedeutung von wegen, um, für er-
läutern hinreichende beispiele bei Grakf 3, 11. 12 uurf procp. 106.
B. bei des bleibens.
1) das verbum .<!ubstantivum mit bei. des Unterschieds zwi-
schen bei sich sein und bei sich sein wurde vorhin gedacht:
du bist nicht bei dir heiszt, tui compos non es; du bist
nicht bei dir, domi non es. wie ist dir? du bist nicht bei
dir? GtiTHE 14, 220. er war heute frühe hei mir; du bist
lange nicht bei ihm gewesen ; allerlei tbier das bei dir {in
der arche) ist. 1 Mos. 8, 17 ; es ist auch viel stioh und fultcr
bei uns. 2», 25; der jüngste ist noch bei urtserm vater. 42,13;
wie ein lagelöbner und gast sol er bei dir sein. 3 Mos. 25,
40 ; dasz sie bei dir seien und dir dienen. 4 Mos. IS, 4 ; ich
lis, das einmal brü.ier kamen zu einem allvaltcr, die schwelz-
ten vil, sancl Antonius kam auch zu dem allvaller und fragt
in und sprach: wie guvallcn dir die brüder, die bei dir »ein
1349
BEI
BEI
1350
gewesen? da antwurt der altvatter, wol. allein das ir stal
hat kein thür, wer da wil der got aus und ein, und entle-
digt den esei. Keisebsb. Sünden des munds 75'. Bei den leu-
ten sein hiess ehmals ivas heute unter den leuten, unter den
menschen sein, in der «eil leben, im gegensatz su von den
leuten sein, in der abgeschiedenheit leben; schon Waltheb
sang 35, 17 :
li mich bi den liuten;
Eeisebsberg: ich hab darnach gelesen von Piatone, der was
einist bei den leuten (in der Kell, auf reisen), und iederman
sagt von seltzamen dingen, die er in den anderen landen hett
gesehen. Sünden des munds s'; aber bist du geladen und
bist bei den lüten. 2S'; und alle die das hören, werden
auch dadurch geschedigt, wenn, so sie also bei inen selber
{zu haus allein) seind, und an denselben menschen geden-
ken, so fallen sie in hoffertige gedenk. 27'; bei sinnen, bei
Terstande sein, bei sich, .«einer sinne, seines Verstandes mäch-
lig; bei jähren sein, bejahrt, alt:
ich bin bei jaren und ungestalt. fastn. sp. 1400 ;
er ist schon stark bei jähren, bei hohen jähren ; ist noch bei
guten jähren; da man bei jähren, zugleich bei starkem leibe
war. Kunger 9, 103 ; bei guter laune sein ; er ist heute nicht bei
laune; bei kräften. guter gesundheit sein; er ist noch bei
voller krdft; ich bin nicht bei athem; er war nicht bei witz ;
er war nicht recht bei tröste ; beim leben, am leben sein,
in lila esse; da er beim leben war. 2 c/iron. 10, 6 ; dasz das
kind noch beim leben wäre. pers. rosenth. 7, 20. die Irrlichter
schienen wieder gut genährt und wol bei flammen. Göthe
15, 251. der Sänger ist heute abend nicht bei stimme, bei
gelde sein, bei vermögen ; ich bin nicht bei gelde. Scbcppics
582 ; wir sind nicht bei gelde. Göthe 14, 280 ;
uad war ich bei geld,
so war icii bei sinnen. 12, 122.
bei tische, beim essen, trinken sein ; ich bin noch beim le-
sen, noch darin begriffen; wir sind beim ankleiden, auszie-
hen, baden; wenn herr Eberhard einmal beim erheben über
die Sphäre der Sinnlichkeit ist. Kaxt 3, 355.
tiicht anders verhalten sicli bleiben und wohnen : bleib bei
mir, verlasz mich nicht;
Max, bleibe bei mir, geh nicht von mir, Max! Schillbb 3S4' ;
er blieb bei sich, aber sasz todtenbleich da. Göthe 19, 2S0;
sie bleibt nicht lange mehr bei kräften, bei vollen sinnen;
ob Christus mit den thieren frölich sei gewesen, die bei im
wonten in der wüste. Keisebsb. Sünden des mu^ds 42'; man
sieht gar bald bei was lüten er gewont hat. wonest du bei
einem füller, du »iirst auch also, wonest du bei wüsten lüten,
du würst auch wüst. 30'; ich wohne schon zehn jähre bei
dem selben mann.
2) jenem gehen, kommen, stellen, legen, setzen mit bei und
dem acc. gegenüber gilt ein anlangen, stehen, liegen, sitzen,
schlafen, ruhen mit bei und dem dativ, fühlbar hat bei etwas
persönlicheres als an oder zu ; stehen, liegen, sitzen bei mir
kann nicht überall mit an mir und nirgends mit zu mir tau-
schen, du sitzest zu mir würde aussagen du näherst dich
mir ; du stehst, sitzest an mir müsle durch hinzugefügtes nahe
oder dicht deutlidier werden und käme dann auf eins heraus
mit bei mir. ror Sachen mögen bei und an wechseln : der
arzt sitzt an oder bei dem krankenbette, aber nicht an, hnr
bei dem kranken ; der vogel ruhte am gestade orfer beim ge-
stade; das haus steht am oder beim berge; dagegen wolan,
lasz in diese nacht bei dir schlafen, und er schlief die nacht
bei ir. 1 Mos. 30, 15. IG ; und sie erwischt in bei seinem kleid
und sprach, schlafe bei mir. 39, 7 ; er sah das ein bauer bei
den andern bauem sasz in der urten und bort inen zu, was
sie redten. Keisebsb. Sünden des munds 76'; wo ein clapper-
man ist, wan der ob tisch bei den leuten sitzt, so redt er
on underlasz und es mag niemant vor seinem tadern zu ku-
men. 75'.
Diese sinnliehen stehn, liegen, schlafen, wohnen bei einem
und alle ähnlichen Wörter können nun übertreten in die ab-
stractere form beistebn, beiliegen, beischlafen, beiwohnen, ha-
ben dann meistentheils dative der person neben sich und em-
pfangen eine bestimmtere bedeutung. aus dem bei einem stehn
entfaltet sich die Vorstellung des helfens, atu dem bei einem
gehn ein unpersönliches mir geht bei u. s. w. da die Par-
tikel bei dieser Zusammensetzungen in gewissen lagen trennbar
wird, so könnte zweifel entspringen, «tu im einzelnen fall ge-
meint sei, stehn bei oder beistehn? hier entscheidet aber die
stelle der praeposition, die ihrem casus vorausgeht, und der
Partikel, die dem dat. nachfolgt, der praepositionale ausdruek
ich stehe bei dir, ich will bei dir stehn hat grössere sinn-
liche kraß als der blosz adverbiale ich stehe dir bei, ich will
dir beistehn. dieser findet sich z. b. in folgender stelle:
ain clausen stund mir nahen bei. Schwabzb5bekg 150, 2;
jener aber in:
und hörn, ob sie wölln bei uns stehn. Albbkcs 54';
die werden freilich bei uns stehn. 56';
wann ihr wolt, dasz euch wol sei gehn,
so müszt ihr beieinander stehn. 148'.
3) bei sich haben, im hause, in der lasche, am leibe, im
köpfe, zur hand haben: sie hat nur ihre tochter bei sich;
zur zeit seines todes hatte er niemand bei sich als einen alten
bedienten ; nam die kleider die sie bei sich im bause hatte.
1 Afos. 27, 15 ;
also ist jeu Georg Friderich,
der bat allein die lugenden bei sich. Wkckberli.i 42S,
herbergt alle fugenden, reiste ab und hatte alles bei sich
was ihm von geld übrig war; ich habe keinen heller bei mir
{sur moi); ich kann nicht mahlen, weil ich die färben nicht
bei mir habe ; das ich bei meinen banden habe, ävbeb proe.
1, 4 ; der abbe, der schon viel wein bei sich hatte, forderte das
pnze geisterreich in die schranken heraus. Schiller 719;
meine nase blutet und ich habe kein schnupftuch bei mir.
4) halten, fassen, greifen, zupfen, nehmen, erwischen:
die führ mir her bei ir sneweiszen bant. fastn. sp. 585, 1 ;
bei den obren, armen, beinen halten ; beim köpfe, halse, beim
rockzipfel fassen, nehmen, kriegen ; wann der wolf das schaf bei
der gurgel erwüschet, so hat er gewunnen. also der teufel,
wan er uns bei dem frasz erwüschet, so hat er genug. Keisebsb.
sünd. d. m. 3' ; wer da ringt mit eim und in erwischet bei der
gurgel, der hat die suche wol gewunnen. also wann der tüfel
einen bei dem hals envischt des fraszes oder bei der macht
der unküscheit. 9'; sich in die lefzen beiszen und bei dem
hart ropfen, oder sich bei dem or pfetzen, da man dem kna-
ben die meisen ausnimmt. 23'; als wan man ein hündlein
imermeder bei den oren zupft. 42'; strecke deine hand aus
und •erhasche sie {die schlänge) beim schwänz. 2 Mos. 4, 4 ;
zupfe dich bei (an) deiner eignen nase; bei der uasen füren.
McasEES 5f/ie/menz. 7*; und sie erwischt in bei seinem kleid.
1 Afos. $9, 12 ; einen beim mantel niederziehen, beim kragen
reiszen, bei den armen, obren emporheben; etwan ein schrift
oder zwo bei dem hals herbeizuziehen. Fischart bienenk. 91';
und liesze ine darzwischen bei dem hals greifen. 106'. bei
sich behalten, verschweigen: du kannst nichts bei dir behal-
ten ; er wüst auch, das in Judas hingeben wurd, er hat es
aber niemants gesagt, er hat es bei ihm behalten. Keisebsb.
Sünden des munds 73'; er hat sunst verheiszen soliche ding
ze verschweigen und bei im ze behalten. 72*. erhalten: das
erhielt mich beim leben, anfangen, anheben: fang nur bei
dir selbst an {zu tadeln) ; ich fange beim letzten capilel, hin-
ten an, früher sagte man an (gramm. 4, 860).
5) kennen, merken, wissen, nennen : man kennt ihn leicht
bei (an) seiner langen nase, bei seinem rotben haar; alle
weit verachtet sie {die zweizüngigen menschen), dan man er-
kennt sie bei der grinthauben, die kümpt einem gar kum ab
dem köpf. Keisebsb. a. a. o. 68' ; aber ich kenn dich bei den
langen oren, dasz du ein esel bist. 9'; bei den dreien stucken
wirst du wol innen, wie er ein mensch ist. 54'; das wissen
die frauwen wol bei Iren mannen, wenn sie zu nacht heim
kummen und foll seind, so sein sie frölich und giiter ding,
und sunst nimmer. 9'; man erkennt den mann bei (an) sei-
nen bandlungen. einen bei (Luther sagt mit) seinem namen nen-
nen ; der nachtwandler erwacht, wenn man ihn bei namen nennt ;
denn sie Teirten des freundlichen jüngferchen hochzeit,
ach der schönen Luise, denn nur beim namen genannt sein
wollte sie, schlecht und recht. 3, 526.
6) schwüren, betheuem. goth. svaran bi himina, bi haubida ;
ahd. suerian pl himile; mhd. swuor bt slnes vater sele {gramm.
4, 847); bi dem eide sagen, eidlich versiekem, MS, 1, 77'; bi
dem eide jche. 2, 47';
vriunt, ich sage dir bi got. IIklbl. 7, 338.
nhd. schwören bei gott, bei dem schwert, bei dem himrael,
bei den Sternen, bei allen himmlischen mScblen : und Jacob
schwur im bei der furcht seines vaters Isaac. 1 Mos. 31, 54;
ich habe bei mir selbs geschworen spricht der herr. 22, 16 ;
55*
1351
BEI
BEI
1352
also auch soll im ein mensch ein straf uflegen, wenn er
Schwert bei gott, das er so dick ein heibiing wol geen umb
gotles willen. Keisersb. Sünden des munds 23'; als so du
etwas verkaufest und schweres! bei got es ist gut. 2*;
dann schwören wir herzlich bei ja und bei nein,
im leben und tode getreu uns zu sein. iJiiRGER;
er schwur sich bei allem, was heilig und hehr,
auf ewig zu ihrem getreuen.
häufig aber mit ausgelassenem verbum: bei gotl, beim himmel,
bei allen heiligen ; bei göle, medius fdius {sp. 1291) ; bei gott,
ich kann nicht. Gotter 3,90; bei meiner treue, par ma foi;
bei meinem hart, par ma barbe; oho raupennest, das wer bei
dem versteinigten sleininen Stephan ein gar zu vil herbes und
bitters pillulein auf einmal, bienenk.io;
hei diesem licht, das uns zuerst begrQszt
vor allen Völkern. Schiller 531*;
0 gott, bei deinem Sonnenschein,
fast möcht ich nie geboren sein. Borger 38';
ich will einst bei ja und nein vor dem zapfen sterben,
(mihi est propositum in taberna mori).
Auch, ich denke bei mir, ich sagte bei mir, ich überlegte bei
mir im stillen, ich hatte bei mir beschlossen.
7) gebieten, befehlen, verbieten, warnen, sich hüten sollen,
es ist verboten bei dem sträng, es wird bei wasser und brot
verboten, geboten; bei leib und leben;
mhd. unz ij diu kunegin virböt
bi dem halse und bi der wide. kaiserchr. 10085.
daher das häufige bei leibe, unter androhung von lebens und lei-
besstrafe, bei leibe nicht, ja nicht: hüte dich bei leibe, das du
nicht mit deinem dunkel drein feilest. Luther 3,432'; ein kind
sol bei leib nicht sein gehorsam gegen vater und mutter verach-
ten. 4,414'; bei leib, laszt euch nit bereden. 6,349'; man sol
die beicht oder absolutio bei leib nicht lassen abkomen. 6,
520'; das kein einwoner berüren darf und alles bei leib auf
der erden ligen bleibt. Frank weltb. 77'; bei leib seh zu!
Alberüs 12; thut solchs bei leibe nit! Waldis 141'; bei leib
nit! Kirchhof wendunm. 324'; o nein, die decreten und de-
cretalen müssen wir bei leib in ehren halten, bienenk. 30';
bei leib dasz (ne). Garg. 7l'; nein bei leib. 204"; /V/r.. 216';
Simpl. 2, 380; das beileibe nicht! a. m. im Tockenb. 278;
kommen mir vor wie die hecken, die meine bauern gar schlau
um ihre felder herum führen, dasz ja kein hase drüber setzt,
ja beileibe kein hase! SchillEr 106'. auch bei dem eide, bei
der strafe verbieten: das im bei seinem eid verholten ist.
Keisersb. a. a. o. 9'; und solchs bei strafe des bannes oder
harter gefengnus. iiencnA'. 42"; bei strafe ewiger verdamnus. 50'.
8) schwanger werden, zeugen, gebären, ein kind haben con-
slruierle die alte spräche mit bei {gramm. 4, 783. 853) :
alsus wart si derselben naht
swanger bi ir bruoder. Gre^. 229;
bi der Gahmurct ein kint
gewan, des disiu ni;ere sint. Pari. 455, 21 ;
ein mcerinne üj Jetakranc
Josweij bi im gebar. Wh. 386, 19 ;
0 Fritz, lasz von dem hochmuet dein,
ich trag bei dir ein kindelein. altd. hl. 2, 139;
bleib si ein witwen, das si die leisten kind bi dem man uber-
kummen destcr basz mechte erziechen. Tho. Plater 34. man
kann treffend auslegen an der seile (des mannes oder der frau),
und die nl. spräche bediente sich der praep. an:
dit kint an u wan. Lanc. 24307 ;
an hare wan hi enen sone. Marrl. 3, 268;
aber auch ein abslraclcs von annehmen, wie das engl, by häufig
für von sieht und die gr. spräche zu rixrsiv vnö fügt.
9) jenes kennen, erkennen unter 5 liesz bei und au zu, er-
langt aber leicht die bedeutung durch : bei des menschen lieb-
licher gestalt und schönen geberden merkt man, dasz ein ver-
stand und tugend dahinden ist. Alberos l'. auch die verba
senden, entbieten, schicken haben dieses bei == durch neben sich :
ouch Kante si bi ir dan. Iw. 3453;
ir enhutct mirj bi ir. 7751 ;
ohn das ich bitte, mir solchs bei diesem boten zu verstän-
digen. Luthers br. 3, 2; und schickcns euch nun wieder bei
eurem boten. 3,123; und uns zukomen lassen bei diesem bo-
ten, der darauf ist ausgesandt. 3, 529; mir ist von meinem
gnedigsten herrn von Menz ein kaiserlich inandat bi einem ge-
scbwornen hotten zugeschickt. ItEUCHi.n au^ensp. 2*; und also
hab ich meinen ratschlag meinem gnedigsten herrn verschlossen
und versorgt bi ainem geschwornen holten zugeschickt. 3'; den
mörsel bei seinem Schüler dcrfraweu heimschicket, fiocc. 2, 77';
ich hab euch gschickt ein flaschn mit wein,
und ein hal'en mit pfelfer zu dum.
der gardian sprach: mein hcrr, bei wem?
der burger sprach : bei meinem son. H. Sachs IV. 3, 73« j
Alba hab mirs zu spot gelhan,
dasz sie den hrief bei im gschickt han. Atrer 22*;
den soll er auf dem raere lief
bei eim bouen euch zusenden. 369';
er ist zu Münster mein beichtvater gewesen und bei dieser
post will ich an ihn schreiben. Schuppius 255; relation aus
dem parnasso, welche bei jüngster post Mercurius anbracht
hat. 564; dasz Paulus bei (unter) dem buchstaben anders
nichts verstanden dann das gesatz. bienenk. 70*.
10) zuweilen nimmt bei die bedeutung von um und für an:
er läszt sein leben bei ihm, um ihn; der wein brachte Alexan-
drum dahin, das er Clitum seinen besten freund umbracht,
bei dem er sonst sein leben bei gelassen. Frank trunkenh.
C a ; er würde das leben bei dieser Wahrheit lassen ; dasz sie
wollen leib, hab, gut und blut bei einander aufsetzen und
für einander in den tod gehen. Schuppius 545. den sinn von
an hat bei in folgenden stellen : da beginnet der hund zu re-
den, warumb sie also bei ihm handelten? pers. rosenth. 1,6;
wie unchristlich ßutyrolambius und sein anhang bei Antenorn
(an Anlenor) handeln, indem sie ihn bei dem gemeinen mann
wollen stinkend machen. Schuppius 839.
11) se/(r oft dient bei (neben) zu örtlichen, räumlichen bestim-
mungcn und kann dann auf jedes verbum folgen: sihe so stehe
ich hie bei dem wasserbrunn. 1 Mos. 24, 43 ; er wonete bei dem
brunn des lebendigen und sehenden. 25, 11; mir treumete,
ich stunde am ufer bei dem wasser. 41, 17; da wir bei den
fleischtöpfen saszen. 2 Mos. 16, 3 ; da trat der engel des herrn
in den pfad bei den Weinbergen. 4 Mos. 22, 24 ; da kam er
in ein dorf und wolt sich wermen, wann es was kalt, da
sasz der priester bei dem feuer. Keisersb. sünden des munds
62'; und ha ha ha mach, das man das bei derpfalzen möchte
hören. 49'; allerlei bilder bei allen wegen, auf allen straszen,
in allen ecken aufrichten, bienenk. 20* ; die feinde zogen sich
schritt vor schritt kämpfend zurück und man focht noch bei
den wagen ; der Rhein ist bei Mainz breit ; dicht bei dem
zäun flog ein trupp vögel auf. Das verbum braucht gar nicht
ausgedrückt, und kann entweder in einem Substantiv enthalten,
d. h. nachgefühlt sein oder hinzu gedacht werden: ein ange-
nehmer aufenthalt bei den bäumen, eine wohnung bei dem
meer, an der küste, golh. faur marein; die klage bei der
tennen Atad. iMos. 50, 11; der weisze berg hei Prag; die
sclilacht bei Hanau, ein pfalzgraf bei Rhein ; Elisabeth pfalz-
grävin bei Rhein. Weckherlin 337. Auch zur messung des
raums: welche jagd bei einer halben meile vom dorfe ange-
stellt war. pers. reiseb. 4, 43; indes wäre es doch möglich,
dasz einmal auch ein alter künstler, nach ihrer art zu reden,
der liebe und den grazien weniger geopfert und hier bei hun-
dert meilen an die liebe nicht gedacht hätte. Lessing 8, 237;
diese beiden städte liegen bei zehn meilen von einander fern.
12) noch öfter erscheint es bei Zeitangaben, wozu man sich
leicht ein participium denkt : ich arbeite nur bei tag (bei wäh-
rendem tag, so lang es tag ist); bei anbruch des tags reiste
er ab; alle züge des schlafenden erkannte ich bei anhrechen-
dem tag; du wolltest enitliehen und bist noch da bei hellem
tag?; welches noch heut bei tag (heutzutage) in allen mes-
büchern geschriben stehet, bienenk. 2Ö3'; ein lämpchen gibt
bei nacht seinem tische sparsames licht; seine augenschwäche
verbietet ihm abends oder nachts bei licht zu lesen ; beere
von gedanken und sorgen quälen den schlaflosen bei stiller
nacht; bei nacht sind alle kühe schwarz; wir harrten lange,
er kam noch hei später nacht; als ein katz bei nacht. Kei-
SERSBERG sündcn des munds ü'; da kam der teufe! in gestalt
einer frawen bei nacht einist an sein zell und klopfet an.
57'; den Juden ordentlich gefolgt, wie ein fromme nonn hei
finster nacht irer priorin. bienenk. 54' ;
wenn bei geheimer nacht
ümm sein geliebtes haus ein muntrer buhler wacht.
FLiiinc 649 ;
euch selber werdet ihr bei nach»
ganz oITunherzig eingestehn,
dasz ihr den Sonderling nur macht. Gökingc 1, 20;
uns spricht der schcinfreund, so wie du,
allein bei guten tagen zu. IJasksohn 3, 90;
0 wo ist bei unsern lagen
kaiser Probus zu eiTragcn? Logau 1, 1, 92;
dasz deine mutler dich neun monat hat getragen
ist viel, jetzt duldet dich niemand nur bei neun tagen.
1,4,30;
1353
BEI
BEI
1354
der buoger vird bei uDsern tagen
hinein, ilas reichthum ausgeschlagen. 1, 6, 6;
meine mutier war der hunger. seit sie mich aus sich geboren,
bat sie sich bei keinem tage noch zur zeit aus mir verloren.
2, 1, 91 ;
wann den siab bei letztem tage Christus wird gerichtlich
brechen. 3, 4, 74;
alt Ton jaren, frisch toü lästern ist die weit bei unsem tagen.
3, 3, 10 ;
sanct Magnus, der heilig würmsturmefr wöll den lieben ca-
tboliscben imenstock für imenfraszen, bummeln und kraut-
würmeD {raupen) bei disen heiszen hundstagen ritterlich be-
schirmen, bienenk. 51*; mein liebes kind, das ich bei dreien
jaren gesäuget. 2 Mace. 7, 27 ; bei meinen jungen jähren krän-
kej^e ich viel; do ich bei meinem vierzehnten jar zu Magde-
burg in die schule gieng. Lctiier 6, 9'; darnach villicbt bei
eim halben jar. Tho. Plater 8 ;
die was zwar wol bei sechzeben jaren. fastn. sp. 515, 16;
(Mars) itzt aus dem himmel ist bei zweimal sieben jähren,
und was noch drüber lauft. Flbiikg 65;
indessen dasz der Mars bei zweimal sieben jähren
annoch nicht grausam satt berennt und angeTabren
mein werthes Vaterland. 70;
bei sechsmal hundert jähren
bat Rom sich frisch und stark bei kohle können sparen. 73;
dem kriege zieh ich nach nun bei so vielen jähren. HO;
es denkt mich noch ein spiel bei meinen jungen jähren,
drin ich ein könig war, da andre knechte waren.
LOGAU 1, 1, 84;
fürs Vaterland sein blut vergieszen
bat weiland man zu rühmen wiesen,
das blut dem Vaterland zu sparen
ist jetzt ein rühm bei unsren jähren. 1, 4, 58;
Pulla hat in schwarzem tuche bei drei jähren zugebracht
um den mann, verstebts nur eigen, dieses tuch das war die
nacht. 3,9,50;
frische las
von neuem rebenbaum, den Pböbus erst erfunden
bei wenig jaren her. J. Roiplers vo:i Löwimbelt gebüsch seiner
reimgedickte, dedic. s. 1 ;
dasi sich bei etlichen jaren her ril schöner gaister berfürge-
than. s. 9 der rorrede; der bettler freute sich lächelnd seiner
list, denn bei (seit) jähren war er nicht so reich gewesen.
Heg^'ER motkenkur 3, 9 ;
manna fiel am sabbath nicht, sonst bei allen morgen immer.
LoGAD 2, zug. 67 ;
da liesz er sie bei vielen wochen
als brot und wasser nicbta versuchen. 1, 7, 11;
wie sehr er dich gesucht bei einer halben wocben.
Flemimg t)49;
mhd. bl der zit, b1 der stunt, bi der vriste, tum; nhd. bei
zeit, frühe; aber dank hab unser liebe frau von Antorf, dasz
solchem bei zeiten mit allem flcisz und müh ist begegnet
und vorkommen, bienenk. 5'; bei der zeit, tum; bei der hoch-
zeit unseres töchterchens. Luije 3, 610; erinnere dich bei rech-
ter zeit deines Versprechens ; sich bei zeit, bei früher zeit auf-
machen ; komm fein bei zeit, bei zeiten ; hübsch bei zeiten ;
bei zeit gewent si {die kinder) guter ler.
ScHWARZE.tBKRG 127, 1;
also gut übunir bei der zeit
macht angebomer laster qoeit. 143, 2;
bei dieser tummen zeit. Locau 1, 5, 38;
Deutschland, bei der allen zeit,
war ein stand der redlicbkeit. 1,6, 18;
die gelehrten sind nicht gerne von den alten und den rothen,
dann sie sind bei allen Zeiten untermischet mit den todten.
2, zug. 65 ;
und so entdeck ich selbst, was, auch bei wachen stunden,
ein Deutscher, ja sogar ein domherr aasgefunden.
Hagki>or*( 1, 17 ;
ich Stelle mir oft bei müszigen stunden vor. Cuiüdids 1, 21 ;
heute srJion bei frühen stunden war das Schicksal der schlachl
entschieden ; bei weilen, interdum. Wickram ro//ir. 49 ; dasz
auch bei weilen grusze schif undergehen. /'e<r. lOS'; bei wei-
len zwei beieinander, bei weilen drei zugleich, bienenk. 177'.
Wie bei zeit auch bei früher, guter tagszeil, bei Sommers-
zeit, bei Winterszeit, oder mit ausfallendem zeit, nur bei tags;
bei anbrechenden tags. pers. baumg. 8, 6; bei sommers, bei
winters, bei wind und weiter ausgehen, bei schönem weiter
ausfahren ; bei nacht und nebel ausziehen ;
bei eisigem regen und winden. Bcrgrr.
ßr einzelne dieser Zeitbestimmungen gibt aber unsere heutige
spräche dem an, in, zu den torzug und sagt : am letzten tage,
in meinem vierzehnten jähr, Qi oder zu dieser zeit zu be-
merken ist tuch der acc.: in dem hause, worin dieses ge-
schlecbt bei die dreihundert jähren (jähre) ihre wobnuog ge-
habt. Bra:<dts Tüubmann s. 60, vie vir sagen: an die drei-
hundert jähre.
13) ausdrucksvoll bezeichnet bei vor pluraldaliven, icas wir
sonst durch angehängtes weise wiedergeben, die sich folgende
reihe: das gieng alles zu Noab in den kästen bei paren
{männchen und weibchen paarweise) von allem fleisch. 1 Mos.
7, 15;
der schwarzen mäntel lange zahl
begleitet ihn bei paaren. HAGeDOR.f 3, 115;
alles lief bei häufen {turmatim) herzu, bei scharen {eaterva-
tim) ; da liegen sie bei hänfen {haufenweise), rieht. 15, 16 ; die
feinde fliehen bei häufen ; Lcther setzt auch mit häufen : las-
set sie sich setzen bei schichten (per convina), ie fünfzig
und fünfzig. Luc. 9, 14, woßr Marc. 6, 40 nach schichten;
eine waare bei fässern, bei ballen, bei pfunden kaufen; was
man bei groseben einnahm, bei thalern ausgeben; das körn
liegt niedergemäht bei Schwaden ; etwas bei tropfen {guttatim)
kosten ;
im beisein der allen verstellt sich die Jugend,
sie trinkt nur bei tropfen, sie durstet vor lugend.
Hageoor.'« 3, 74;
du bist ein liefer. bitterer kelch,
ach tränk ich dich nicht bei U'opfen,
leert ich mit einem zuge dich aus.' Klopstock 2, 40.
zwar rinnt in ihren kelch auch
bittres wie in unsern, doch leicht zerflöszbar
rinnis und bei tropfen. 2, 77.
bei stufen {gradatim) aufsteigen.
Besonders auch vor Zahlwörtern : bei zweien, dreien, zehnen
traten sie auf; bei dutzenden, bunderten. lausenden: die
austern bei dutzenden verschlucken; die beiden wurden bei
bunderten getauft; fieber, welche die fremden bei lausenden
wegraften. Niebchr 2. 612 ;
wer sie bei lausenden will auf die probe nehmen,
wie du gethan, hochweiser mann,
musz sich bei taufenden der probe freilich schämen,
wird drüber wild und lasiert dann. Lessixg 1,9;
ei was, es war nicht geckerei,
bei hunderttausenden die menschen drücken,
ausmärgeln, plündern, martern, würgen, und
ein menscbenfreund an einzeln scheinen wollen! 2,211;
ein schlag mit seinem zaubersiab
heiszt weiten um uns her bei lausenden entstehen.
WiELAKD 9, 96;
seiner edlen Völker söhne kamen
bei lausenden zur huldigung. BüaGKR7S*;
die schranken der Vernunft sind durchbrochen und der waha
drängt sich bei lausenden (in taitsend gestalten ? oder bei tau-
send menschen ?) durch dieselbe lücke ein. Ka.m 10, 54. vgl.
auch : er wiederholte es bei drein malen ; er ächzt und heult
bei tausend malen. Göthe 56, 13.
Gleiche Wirkung mit diesem dat. pl. hat ein «iederholter daL
sg. mit der praep. in der mitte: schar bei schar; mann bei
mann {virilim); par bei par: sie näherten sich paar bei paar.
Geszmer Daphnis 10; stufe bei stufe; tropfe bei tropfen;
stets pfeiler bei pfeiler zerborst und brach. Bürger 37', tro«
doch niciit meint pfeilerweise, statt bei darf aber auch an
stehen: paar an paar, tropfe an tropfen (sp. 287), pfeiler an
pfeiler, mann an mann.
14) verschieden ist die hdufung zweier verschiedner Substan-
tive neben bei : er versichert bei treu und glauben ; bei ehre
und Seligkeit; er wird bei baut und haar gestraft; es wird
alles bei beller und pfenning bezahlt; es trift zu bei beller
und pfenning, convenit ad numum. in beiden letzten stellen
hat bei die bedeutung von bis auf, bis zu, usque ad, wie es
auch vor einfachem subst. der fall ist: es trift bei einem
haar zu; ich verspendierte alles bei einem beller. Simpl. 1,
178; und ist dieser häufen fast gar bei einem (bis auf einen)
jnmerlichen umbkomen. Fro:«sp. 3, 137'; tgl. auch bei Pfen-
nigen genau sein. Leisewitz br. s. 219.
15) bei vor persönltchen Wörtern, wie lat. apud : bei gott ist
ruhe und friede; bei gott gnade zu er^« erben, bienenk. 3S';
bei gott ist erbarmen;
bei gou ist kein erbarmen,
0 weh, oh weh mir armen. Bcrgirs Lenore;
bei dem adel herscht stolz und Übermut ; bei rath {dem Frank-
furter Senat) wurden Überlegungen gepflogen. Gürue 24, 28;
mein glück steht bei dir; es steht jetzt bei ihm zu entschei-
den; bei den lutherischen war es mein ebeweib, bei euch
ist es mein kebsweib. bienenk. 39'; den Schlüssel müsi man
bei gott holen. Keisebsb. Sünden des munds 82* ; wir lesen
bei den dichtem ; ich habs bei Göthe gelesen ; es kommt bei
1355
BEI
BEI
1356
Lessing vor; er hat bei Niebuhr gehört; er steht gut ange-
schrieben beim alten herrn; aber der knabe Samuel gieng
und nam zu und war angeneme bei dem herrn und bei den
menschen. 1 Sam. 2, 26 ; er ist verhaszt bei allen leuten.
16) vermischte fälle des bei vor siibstantiven. wir brachten
den abend bei spiel und tanz zu (inter ludum et choream);
als Carlos mit der königin und mir
Leim spielen sasz. Schiller...
vor dem spiegel geht der morgen
und beim spiet der abend hin. Götter 1,49;
beim trunk {inier bibendum) gehört ein könig,
so wars vor aller zeit,
der, trinkt ein gast zu wenig,
ihm dreimal drei gebeut. Voss 4, 135.
bei holz, bei kohlen kochen: dasz die Sabaei bei den weih-
rauchbäumen kochen, wie wir bei dem eichen und buchen
holze. ScHüPPius 151. das wort gottes sei ein liecht, bei dem
{quo lucente) der dieb ergriffen werd. bienenk. 35*; was ist
es denn wunder, wann auch der röm. kirchen bei dem ge-
ruch des worts gottes onniächtig wird? 35*. sehr oft hilft
bei in der rede Übergänge und Zwischensätze bilden: bei die-
sem handel kam manches bisher verborgen gehaltne an den
tag ; bei solcher läge der sache ist es rathsamer abzustehn ;
bei solchem anlasz müssen wir bedacht sein unser altes recht
zu behaupten ; bei diesem streit hattest du doppeltes un-
recht; ich rathe, bei der groszen theuerung, die jetzt herscht,
mit dem kauf noch zu warten ; jener (Laertes) war, bei allen
seinen fehlem, mit seinen Sonderbarkeiten wirklich ein inter-
essanter mensch. Göthe 19, Hl ; bei {trotz) allem nachforschen
konnte man den körper nicht finden. 20, 273 ;
aber ach, schon luhl ich bei dem besten willen
befriedigung nicht mehr aus dem busen quillen. 12, 65;
wenn sein gegner ihm bei gelegenheit (data occasione) densel-
ben streich spielt. Kant 5, 119. Nah genug liegt auch ein über-
tritt des bei in die bedculung von nach : ich werde dir gleich
bei (nach) meiner ankunft schreiben; bei gethoner arbeit ist
gut feiren. Frank spr. 1, 6l', wenn, nachdem die arbeit gethan
ist, wie goth. die praep. at dem absoluten particip in sol-
chem sinn vorsieht {gramm. 4, 898). einen Wechsel bei sieht,
nach stc/it bezahlen.
17) bei vor adjectiven, nur in einzelnen, bestimmten fällen.
fl) bei weitem, lange, utique; bei weitem nicht, minime;
0 bei weitem nit. Fisciiart bienenk. 14'; dies ist bei weitem
besser, er ist bei weitem der schönste, longe pulcherrimus ;
das ist bei weitem noch nicht alles. Adelung wollte bei wei-
ten, wozu die mhd. bl langen, be langen (tandem). Er. 8406.
Fdojesbr. 86, 76. Diut. 1, 403. 412. 428. 429 stimmen würden,
wo sie nicht auf ein dunkles ahd. pi langanemo (Graff 2,
129) zurückgehen, das nicht vom adj. lanc herrühren kann,
doch heiszl es schimpf und ernst 247 gleichfalls bei langem,
endlich, in die länge hin. das mhd. adv. wUen, ohne praep.,
ist aber ahd. witeno. man sagt ferner, ich kann bei nahem,
das buch nahe gehalten, nicht lesen, vgl. beinahe, es ist
alles beim alten, es soll beim alten bleiben, bei vielem, was
er weisz, ist zu tadeln, dasz ers nicht versteht anzuwenden;
man kommt auch bei wenigem Jus. bei allem, was du mir
sagst, beruhige ich mich, bei allem dem, bei dem allem, bei
alle dem (ahd. pi alliu, allü, pi diu alliu), trotz dem: bei alle
dem ist er ein ausgezeichneter mann ; bei alle dem bliebe
noch viel zu wünschen übrig; die armen fakirn, bei allem
dem, ihr Schicksal war hart. Wieland 8, 191; bei allem dem
war ihm doch, als ob ihm eine leise stimme in seinem busen
sage, Danischmend könnte sich demungeachtet über ihn zu
beklagen haben. 8, 417 ; jene fragen würden wir bei allem dem
doch nicht beantworten können. Kant 2, 266; bei allem die-
sem ist ihr urtheil nur negativ. 8, 513.
6) vor Superlativen : sie kampelten mir haar und hart beim
zierlichsten. Simpl. l, 634 ; das ist beim allerbesten. 2, 90 ;
Ludwig sähe nicht beim liebsten, dasz Sigismundus sich an
das ostgüthische haus verheuralet. 3, 361. heute sagt man: aufs
zierlichste, am besten, sah es nicht allzu gern.
11. Bei als adv erb.
1) sind verba zusammengesetzt mit bei, so kann es sich in
den bekannten lagen der fügung lostrennen und ihnen nach-
treten. den unterschied der frei tu dem einfachen verbum ge-
setzten praeposition bei von dem advnb der composita lehrte
die erste anmerkung zu I, B. kaum aber darf man zweifeln,
dasz die composita eben aus jener ursprünglich losen Stellung
der praeposition erwachsen sind, die gehemmtere bewegung xw
gleich mit einem Wechsel der bedeutung zusammen hieng. zu-
erst hiesz es ich stehe bei dir, ich will bei dir stehen, Aer-
nach ich stehe dir bei, ich will dir beistehn. die praeposition
geht im alter der adverbialpartikel voran, der hund springt
bei mir drückt ganz die sinnliche Vorstellung aus er geht in
Sprüngen jieben mir; der hund springt mir bei aber schon
die abgezogne des helfens, er springt heran, um mich zu
schützen, in jenem springen bei mir war noch kein gedanke
der hülfe, von den bei dem tisch sitzenden männern unter-
scheiden sich die beisitzenden dadurch, dasz sie dem amte,
dem rechte nach diese stelle, um ihnen obliegende geschäfte
zu verrichten, einnehmen, dem zusammengesetzten wort tritt
ein begrif hinzu, der zwar durch den sinnlichen bedingt, noch
nicht entfaltet darin enthalten war. meiste ähnlichkeil hwen
die Zusammensetzungen mit a n, doch so, dasz sich feinere Un-
terscheidungen für jede dieser partikeln entfalten.
2) vor dem nomen nimmt schon die partikel feste stelle ein,
d. h. das bei in beistand, beisitz kann sich gar nicht mehr
abtrennen, wie in beistehen, beisitzen zuweilen noch; mit an-
dern Worten, bei haftet am nomen, wie an der indirecten ver-
baläuszerung, während die directe es noch los liesz. der in-
directe inßnitiv kann alsbald rwminal werden und das bei-
stehen, beisitzen drückt aus was beistand, beisitz, häußg führt
dies bei die Vorstellung des nebenher bestehenden, geringeren,
unechten mit sich: beischmack, beiweib (concubine), beischlag
(falsche münze), beiname, ungünstiger nebenname.
3) die Zusammensetzungen mit b e, welches ein geschwächtes
bei ist, sind weit zahlreicher, stehn aber doch in merkbarem, wie-
ivol fernerem Verhältnis zu jenen auf bei. bestehen, bespringen,
besitzen rühren an beistehen, beispringen, beisitzen und be-
stand, besitz an beistand, beisifz. allein mit dem geschwäch-
ten laut scheint auch die Sinnlichkeit der Vorstellung bei in
diesem be gemindert, und jene oben am goth. bi hervorgeho-
bene abstraction entsprungen, meistens sind die verba mit be
transitiva und den acc. verlangend, die mit bei intransitiva,
von einem dal. begleitet; als composita müssen dagegen die
mit be an aller denen mit bei vorausgehen, weil dies erst all-
mälich und später am einfachen verbum haßete, das untrenn-
bare be von allers her. darum entfernen sich auch die bedeu-
tungen. bestehen heiszt den feind umstehen, angreifen, der
besitzende behauptet das durch leiblichen sitz in seine gewalt
genommene feld. Hin und wieder bricht dennoch die ver-
wandtschaß zwischen beiderlei Zusammensetzungen durch, so
reicht das intransitive bestehen schon nahe an stehen bei et-
was ; beschaffen an beiscbaffen ; bewohnen nahe an bei einem
wohnen, beiwohnen; behelf an beihülfe; beseit an beiseit;
behündigen, behende an bei der band; befleischt an bei
fleische ; bejahrt, betagt an bei jähren, tagen sein, in dem
wort beibehalten finden sich beide partikeln zusammen, nicht
anders, doch unmerklicher, in beibleiben, neben befahren
vereri gilt beifahr metus, timor.
4) los wird also das adverbium nach dem gesetz dieser
composition überhaupt in der directen verbaläuszerung : ich
stehe dir bei, stehe du mir bei ; in der indirecten durch xwi-
schentretendes zu: dir bei zu stehen, was wir schreiben dir
beizustehen, kühnere rede wagt auch noch einschiebung an-
derer Wörter, wie wenn Locad, an die fichte, singt:
ich pflege mich dir bei in freies blaw zu paaren.
1, 8, 99 s. 192,
was sich nehmen läszt dir beizupaaren oder bei dir zu paaren.
5) gern treten der partikel auch noch andere, zur Verstär-
kung, vor, gar bei, ganz bei, dicht bei, nahe bei: nun zu
dem ersten so ist hinderred ein gemeine sünd, wann von di-
sem laster gar bei (beinahe) die ganz weit verdirbet. Keisersb.
sfuidcn des munds 28'; aber es verderben darumb nit alle
menschen, sunder gar bei, das ist vil menschen verderben
damit. 28'; aber also genouw wil ich ietz nicht davon reden,
sunder durcheinander, wann hadern und zanken seind gar bei
zwo hosen eins thiichs. 4l'; die gar bei unzaliche lest und
bürdin. hell, lewe 27 ; die gar bei der mann kellcrin sein.
post. 3, 6. nächstdem häufen sich anbei, vorbei, nebenbei,
wofür auch beian, nebenher und beiher gelten: das beiher!
(das sei nebenbei gesagt). Lessinc 2, 173; beiab, beizu für
nelienab, nebenzu, nebenhin sind selten.
6) nicht ganz unaußüsbar sind die pronominalanlehnungen
dabei, wobei, herbei, hierbei : man kann ja den tcufel nir-
gend so wol bei kennen, als bei der lügen und zwiespeltig-
keit im glauben. Lutdeii 3, 286, d. i. nirgendwobci; wo der
1357
BEI — BEIA>'
BEIARBEITER— BEIBRINGEN
1358
lügengeist regiert, da ist der mordgeist aucli bei. 4, 43s' ==
dabei ist auch d. m., wir sagen heule, da ist der mordg. auch
dabei ; dann da ist kein vortheil bei. bienenk. 6ü' ;
nicht was ich hörte, wo ich selbst bei war,
erzähl ich, Perser. Stolbebc 15, 143,
wobei ich selbst tcar. denn zusammengesetztes bei ist, bei war
Idsit sich hier nicJit annehmen. Die trauliehe Volkssprache ge-
stattet sich dergleichen sonderungen leichter: da bin ich gern
bei, da will ich auch bei sein; wo die schrißsprache meint
wiederholen zu müssen: da bin ich gern dabei, da will ich
auch dabei sein, oder sich mit bloszem dabei begnügt.
7) in einem fall ist es nicht leicht über praeposilion oder
adrerb zu entscheiden, seinem begriffe nach war bei das lai.
circa, circiter, welche partikeln ebenso zwischen beiden redethei-
len schwanken ; der form nach wäre circa praeposilion, circiter
adrerb, allein jenes wird auch adrerbial, dieses praepositional
verwandt, die bedeutungen schwimmen in einander über, auf
die blosze adterbialparlikel kann, unbehelligt von ihr, der casus
folgen, den die salzßgung fordert, bald ein nom., bald ein
au. und so heiszl es: da sie daselbs gewonet hatten bei zehen
jar. flu/Al, 4; die erste schlacht war bei zwenzig man. iSam.
14, 14; und irer waren bei viertausend, tw= reroay.iaxi/.iot, ,
vuig. quasi quatuor milia. Marc. 8, 9; denn es waren bei j
fünftausend mann. Luc. 9. 14 ; bei vierzig jar lang, cos xeaaa- \
Qaxovra ixr^. apost. gesch. 13, IS ; und schrieen bei zwo stun-
den. 19, 34; und hieb im bei ein viertel des schilts ab.
Aimon q4;
da harrt er bei ein halbe stund. Albercs41';
dasz er bei hundert stamm hieb ab. 144;
ich weisz, dasz bei 400 geistliche in der Stadt sind. pers.
rosenlh. 2, 30 ; dasz das feuer bei vierhundert famiiien an den
bettelstab gebracht habe. Schiller 1S9 ; dann traten bei drei-
szig Seminaristen nach und nach auf. Gothe 27, 25S ; die
Zeichnung ist bei sieben fusz lang. 29, 91; dasz ein solcher
zustand bei drei wochen dauerte. 30, 305. Allein zuweilen
geht dieses bei aus der Vorstellung beinahe in die praeposilion
über und hat dann den dat. neben sich: und es war bei eim
opha gersten. Ruth 2,17; und es begab sich nach diesen re-
den bei acht tagen. Luc. 9, 28, tro im original tooei rjiuoai
oxrcj, rulg. fere dies octo, auch steht bei Ulfilas sve dagüs
ahtau, und so würde apost. gesch. 13, 18 bei vierzig jaren lang,
wie neuere ausgaben gewähren, zuldssigsein (ryl. sp. 1353). Die
Partikeln auszer (sp. 1031), ausgenommen (sp. 874), das mhd. wan
und äne zeigen ähnliche Schwankung ^wischen adcerb und prae-
posilion. wenn es aber im expertus in trufis eap. 12 heiszt:
sitzen vor die kirche bei nackend und zittern jämmerlichen
vor den leuten, so kann über die bedeutung beinahe, fere
kein zweifei obwalten, dies bei = beinahe gewähren noch an-
dere bücher des 15. 16 jh. : do Hannibal bette bi die stat ge-
wunnen. Kömgshofe^ s. 56 ; er gab im ein lurtcn stosz, dasz
er bei kraftlos worden were. Ponlus 53. {vgl. gar bei unter 5).
BEI, adj. und steigerbar. den partikeln der nähe und ferne
stehn häufig adjective zur seile, die sieh steigern lassen,^ wie
das qr. äyxt äy/jov aaaov, iyyis i'fyiov f/ytaros, nödoco
TTodöorrt^cü Tto^oanaxw, das laL prupe propius propior
proximus {ganz wte longe longius longior) zeigen, auch un-
ser nach und das golh. nehv nehva reicht unmittelbar an das
adj. nah, näher, nächst, es befremdet also nicht, dasz die
so reiche und allerthümliche Schweizermundart den comp, beier,
hier, den superl. der beiste biste bildet = näher nächste
(Stalo. 1,152); am beisten, bislen == am nächsten, man er-
wäge die gleichfalls parallel laufenden rerba beien, bien und
nahen, diese Zusammenstellungen gewinnen an gewicht da-
durch, dasz wie bei auf bau und haus, auch nach auf raöi
haus, rav: schif = wasserhaus, nache, navis und raUix-'zu-
rückführen, mit skr. nivisa domus hat vaö» nichts zu schaffen,
mehr unter nach.
BElAß , adv. juxta, propter, nebenab : weil sich mir denn
dieser wege nicht einer, sondern alle zugleich und eben hie
zutragen und keiner mich heiab oder irre kan füren. Fabia?ii
Fra>ks canzlei und titelbüchlin. M'i//fn6. 153S. 4. A2'.
BEIABSCHIED, m. decretum adjunclum, nebenabschied: wir
aber haben bald hernach den erOfneten beiabschied darüber
anhören müssen.
BEIAN, adv. juxta, nebenan: er wohnt hier gleich beian;
wpnn wir air
though wi\ >..
took stand lu
I. .^..r A.,
: ' hri an
A'jllien,
- b»
-./ y V. act 4. tc. 2.
ßEIARBEITER,. m. cooperaior: die beiarbeiter desselbigen
handwerks. apost. gesch. 19, 25.
BEIBAIER, m. nebenbauer, der nicht das volle recht der
übrigen bauern hat.
BEIBEHALTEN, serrare, retinere: den ranzigen geruch be-
hält der topf bei ; gute sitte beibehalten ; befleiszige dich die
herzen der gemeine beizubehalten, pers. baumg. 1, 2 ; übrigens
unterliesze man nicht, den wolverdienten rühm dieses unver-
gleichlichen regenten durch grabschriften sowol als durch an-
dere ehrenmahle beizubehalten und auszubreiten. Hahx 3,
193; einen liebhaber beibehalten; ein wort im text beibe-
halten.
BEIBEHALTUNG, f. conserratio.
BEIBELEN, ein dunkles wort, dessen sich die weinrisierer
bedienten: dann sein reimen war, wer etwas im glas über
laszt, dem teufel ein opfer laszt, darumb must er teglich
nach der weinvisierer tabulatur viermal weiselen, treubelen
und beibelen. Garg. 43*. so alle verglichenen ausgaben, man
möchte aber beigelen lesen, s. beigeln und beigler.
BEIBECTEL, m. folliculus secrelus, nebentasche.
BEIBIEGEN, affigere, adjungere, anbiegen: beigebogene,
angebogene Schrift.
BEIBINDEN, alligare, adjungere, nn/. bijbinden: die koh
beibinden, an die krippe;
bau ich längst den kettenhunden
meinen momus beigebunden. Logic 1,1, 73;
e"m kleines buch dem gröszeren beibinden.
BEIBLATT, n. nebenblatt, beilage der Zeitungen.
BEIBLEIBEN, permanere, nn/. bijblijven. Hemsch 255. jetzt
auszer gebrauch.
BEIBOTE, m. nebenbole, hülfsbote.
BEIBRIEF, m. literae adjunctae : ir beibrief gesandt haben.
besehl. des reichsreg. von 1501 §. 2.
BEIBRING, m. n.? produciio: das ich doch nit main, be-
dßrfl auch wol ains guten bibringes. Reccblin augensp. 15*.
doch könnte ein n ror dem s ausgefallen sein, denn verst. 10*
heiszt es: bedürft auch wol ains guten bibringens.
BEIBRINGE.N, proferre, inferre, praebere, nnl. bijbrengen.
1) mit bloszem acc. der sache: zeugen beibringen, cor gt-
richt fuhren; Zeugnisse, erlaubnisschein beibringen;
grein frisch den remcn an, brinirt alle segel bei!
FLFMIXC59«;
das sie zur bewärung irer meinung beipringen. bienenk. 16';
unsere zeit hat dergleichen exempla nicht beizubringen auszer
der jämmerlichen Zerstörung der stat Magdeburg. Schcppids
7S2; man musz gestehen, dasz die anekdoten, die er davon
beibringt, nicht sehr geschickt sind, die republikanische Ver-
fassung anzupreisen. Wieland 11, 207 ; und indem er niemals
direct auf eine frage antwortete, wüste er durch eine ge-
schichte oder einen schwank die artigste und vergnüglichste
i eriäuterung beizubringen. Göthe 19, 122; wer sich vor dem
I tode wirklich nicht furchtet, vrird schwerlich davon mit so
j vielen kleinlichen trostgründen gegen ihn zu reden wissen
j als hier Montaigne beibringt. Lichtenberg 1, 286. die üble
I bedeutung des anbringens, rerleumdens hat beibringen nicht.
I 2) mit dat. der person, meistens narhlheilig und fetnd-
! lieh genommen: einem einen stosz, schlag, hieb, eine wunde
■ beibringen, versetzen; dem feind eine niederlage beibringen.
• dann auch hauptsächlich : es einem beibringen, erweisen, wahr-
! machen, erbringen : wer mit dem allmechtigen haddem wil,
I sols im der nicht beibringen? Hiob 39, 32; sie können mir
j auch nicht beibringen, des sie mich verklagen, apost. gesch.
; 24, 13 ; er sol es mir auch nicht beibringen, des biete ich im
j ^tz und recht, sondern ich wil diese lügen im beibringen
mit alle meinen bücfaern und lesem in der weit. Llther 2,
148*; das sie mir aber auflegt, das ich einigerlei enltragen
' oder abhendig gemacht, wird sie mir nicht beibringen mit
warheit. 2, 384'.
3) meist in gutem sinn, einem etwas leiblieh oder geistig
beibringen: dem kranken die arznei, ein kiistier beibringen;
die suppe konnte ihm nicht mehr beigebracht werden; aber
auch, es ist ihm gifl beigebracht, in wein beigebracht wor-
den, ihre werke werden einander alsdenn am äbnlichsteo,
wenn die Wirkung derselben gleich lebhaft ist, nicht aber,
wenn das eine der scele durch das ohr nicht mehr oder we^
nigcr beibringet, als das andere dem äuge darstellen kann.
Lessi.nc 6, 485; es ist in der thal verkehrt, wenn man un-
1359 BEICHER — BEIGHTBEKENNTNIS
Sern kindern alles mit liebe beibringen will. Lichtenberc 1,
218; kindern geschmack an der arbeit beibringen. HoGOSna-
turrechl, 1819 s. 125; ich kann ihm die sache nicht beibrin-
gen, so ungelehrig ist er;
seit mir des königs rühm den ehrgeiz beigebracht.
J. E. Schlegel 1,222;
um ihm mistrauen gegen sich beizubringen {cinzußöszen).
Klinger 5, 156 ; es ist ihm beigebracht (insinuirl) worden, dasz
ich sein feind sei; man hatte ihm eine üble meinung davon
beigebracht.
BEICHER, n. corbis, slrohgeßochtner bienenhorb, ahd. pi-
char, mhd. bikar, binekar. Stalder 1, 152. s. beie.
BEICHT, f. confessio, confessio peccatorum. da das sün-
denbekmntnis, als bestimmte kirchliche form und vorschriß,
unter den Christen anfangs nicht vorhanden war, erst später
eingeführt wurde, so darf man nach dem worl im neuen te-
stament selbst noch nicht suchen, wenn schon das bekennen der
Sünden mehrmals erwähnt ist, im griech. text immer mit dem
ausdruck i^ofioXoyeXv (Matlh. 3, 6. Marc. I, 5. Jac. 5, 16), was
Ui-FiLAS verdeutscht andhaitan fravaurhtim. andahait ist ihm
Ofiokoyia, bekenntnis, nicht i^ofioloyrjais im sinne der grie-
chischen kirche. auch ags. begegnet andetnisse confessio, das
ahd. antheij sagt aus votum. für confiteri peccata bediente
sich die ahd. kirche des Wortes pijehan (Graff 1, 585) von je-
han dicere, fateri = goth. aikan, lat. ajere, für confessio sagte
sie pijiht, pigiht (Graff 1, 587), woraus mhd. begibt und biht,
bihte (Ben. 1, 516), nhd. beicht, beichte ward, nnl. biecht,
schw. bikt, da», bigt, lett. bikts, estn. piht. die ags. geist-
lichkeit führte aber das wort scrift ein, so wie scrifan d. i.
scribere, notare, was nur auf den beicht hörenden, busze ord-
nenden priesler gieng, nicht auf den beichtenden; engl, shrift
und shrive. durch die ags. bekehrer verbreitete sich der Sprach-
gebrauch nach Scandinavien, altn. skriftir pl. censura eccle-
siastica, skrifta absolvere, schw. ddn. skrift und skrifta, skrifte,
was nun nicht blosz absolvere, sondern auch conßleri bedeu-
ten musz. aus schw. skrift entsprang endlich mit aphaeresis
des SK finn. rippi beichte und ripitän absolvo, conßteor. die
Slaven sagen in ihrer kirchensprache für beichte ispovjedd,
russ. ispovjed', poln. spowiedz, böhm. zpowed, woher das litt.
spawede beichte, neben griekauti, sünden beichten.
Wie sich Luther über unser deutsches wort ausdrückt ver-
dient hier milgelheilt zu werden: und solchs gibt auch das
alte deudsche wort bejicht. daher man die heiligen bischove
nennet confessores bejichter, das ist bekenner, denn bejich-
ten heiszt bekennen, wie auch im gericht das wort noch in
ubung ist, urjicht, und man sagt das jicht er, das hat er
bejicht. und sind zwei underschidlich i in dem wort bejicht,
welchs mit der zeit ist in ein i verwandelt, und durch mis-
brauch beicht, als mit einem i geschrieben und geredt, wie
vil andere deudsche Wörter also verderbt sind. 6, 109' (aus
einem brief an die zu Frankfurt a. M. Willemb. 1533 C, 4). die
Verdichtung des bejicht in beicht hat nichts wider sich und war
im mhd. blht, mnl. hiebt (Parlonop. 15, 19) längst entschieden.
Als wan man schweigt aus schäm, das ist, so einer in
der beicht solt reden was not wer, aber er schweigt. Kei-
SERSB. Sünden des munds 78*; so wird er der frucht beraubt,
die von der beicht kümpt. 78'; David spricht, confessio et
pulchritudo in conspcctu ejus, beicht und hübsche in seinem
angesicht . . . wiltu hübsch werden vor got, so hab die beicht
lieb. 84';
zu beicht und busz dich wol berait. Schwarzenb. 139,2;
durch beicht und busz dein sünd leg wegk. 141, 1;
und sprechen ein lange ofne beicht. Frank weltb. 149'; der
Juden beicht ist allein golt, wiewol si auch undercinander
beichten. 154'; man wolt nicht mehr zu beicht gehn, dann
zu gotl allein oder allezeit in gegenwertigkeit der ganzen ge-
mein, bienenk. 5' ; aber dises {das aufliören der Wunderwerke)
sind die neuen ketzerausdncbtcn, dieweil sie Nas (der fran-
ciscancr Joh. Nasus) schreibt, keim hinkenden hund helfen
können, wie er den meidlen in der beicht. 26';
dein ohr zu meiner beicht und hit war nipmal taub.
WgCKHIHLlN 262.
I. beichte.
BEICHTABEND, m. Albano war abend« voriier so heilig
froh, als feiere er den beichtabend vor dem ersten abend-
male. J. Paul T/7. 2, 46.
BEICHTBEKENNTNIS, f. ein übel gebildttei wort, da in
BEICHTBRIEF — BEICHTIGERIN 1360
beicht schon die Vorstellung bekenntnis liegt: aber sind es
wirklich lebensbeschreibungen? ach nein, es sind beichtbe-
kenntnisse, dasz sie arme Sünder sind, die sich für grosze
bedeutende männer halten. Klinger 11, 260.
BEICHTBRIEF, m. lilerae absolutoriae : die leren unchrist-
lich, die fürgeben, das die, so da seelen aus dem fegfeuer
oder beichtbrieve wollen lösen, keiner reu noch leides be-
dürfen. Luther l, 9'.
BElCHTßUCH, n. mhd. bihtebuoch.
BEICHTBÜCHLEIN, n. das sind die zehen gebot, vierfellig
gehandelt, nemlich als ein lerebüchlin, als ein sangbüchlin,
als ein beichtbüchlin, als ein belbüchlin. Lcther 6, 314'.
BEICHTE, f confessio, ahd. pigihti? was sich doch aus dem
dat. bigihti 0. V. 6, 38 nicht erweisen läszt ; mhd. bihte, wofür
Ben. 1,516' stellen anführt; gleichviel mit beicht = pigiht, unrf
gebildet wie macht, kraft, die form beichte ist aber heute
üblicher geworden, man sagt beichte thun, beichte ablegen;
zu beichte knien; du sollst mir beichte thun; die beichte
hören, annehmen ; hört ihn selbs beicht. Garg. 72' ; zu beichte
sitzen, aber auch kühner, mit ausgelassener praeposition :
dem priester nur geziemt, dasz. er euch beichte sitzt.
Hagedorn 2, 147 ;
wie, sagt er, ihr wollt beicliie sitzen? 2, 146;
ihr männer, stündet ihr nur all einmal so beichte.
GÖTUE 7, 67 ;
beichtsitzende (aushorchende) judenschaft. J. Paul Fibel 57.
beichte knien, man soll nicht aus der beichte schwätzen.
BEICHTEN, confileri, mhd. b'ihten (Ben. 1, 516'), nachdem
das alte bejeben erloschen war: das wir beichten sollen un-
sere sünd. Keisersb. sünden des munds 14' ; im trüwlich beich-
ten und nüt verschweigen was du in deinen jungen tagen
gethon hast, daselbst; und schämest dich das zu beichten,
da sag ich dir, das du nimmer selig magst werden, es isei
dann, das du es beichtest, daselbst; ie mee er daraus beich-
tet, ie minder er sein abkummet. 19'; die beichteten zu Col-
len einem priester. 27' ; ich glaub nimmer anders, weder das
in beichten und in predigen hat man euch entschlafet. 32';
es hilft weder beichten noch reuwen, dan es musz widerkert
sein. 60' ; für den kam ein frauw und meint er wer ein
priester und fieng an ze beichten. 7l'; dan was man beich-
tet, das ist verrigelt und vermacht. 72'; es was ein bruder
sancti Francisci, er denn derselb wolt schweigen halten, wan
er beicht, so beichtet er mit deuten und nit mit worten. 78';
klag und beicht dem priester demütiglichen deine sünd, so
wirstu hübsch und schön vor gott dem herren. 84';
du alter narr, bald peicht und püsi. Schwarzenb. 141,2;
bab ich meine that
und Sünden dir gebeuclitet (: befeuchtet). Weckherlin 147;
als oft ich sagen kan, dasz ich, du edle fichte,
des sommers meinen gang zu deinem schalen richte,
so ofle musz ich mir auch beichten meine schuld,
dasz ich dich nicht geehrt, wie billich ich gesolt.
LoGAul, 8, 99;
niemand beichtet gern in prosa,
doch veriraun wir oft sub rosa
in der musen stillem hain. Göthk 1, 12;
Dragones hats mir schon zur hälfte gebeichtet Fr. MIJller
3, 107.
BEICHTER, m. sowol der beichtende als der beichtvater,
mhd. bihtsere (Ben. 1, 516'): got hat gesetzt ein beicbter als
ein milier zwischen im und dem sünder. Keisersb. a. a. o.
14*; das thun auch etwann die beichter, tbunt nicht anders,
weder das sie küss^lia machen under die elienbogen. 32'.
BEICHTERMAHNUNG, f
BEICHTFORMEL, f. formula confilendi.
BEICHTGELD, n. was beichtpfennig, beichtopfer.
BEICHTIGER, m. confessor, mhd. blhliga;re, Haupt 8,573;
aber ich halt, das die beichliger die dich absolvieren ketzer
seint. 79*; heiliger herr s. Francisce, wo will du sitzen? bei
den beichtigern? nein. Kirchhof u'CfiJunm. 399'; an Makarien,
die schweigsamste aller hauen, deshalb aber doch die ver-
traute, der beichliger aller bedrängten seelen. Göthe22, 118;
mein beichliger sagt: bruder,
für di'ine sünden laste mir
den vollen langen lag!
Miirguiia sagt, mein schlltichen,
komm ahemls, zum essen komm,
der teufe! hole den beichliger. 47, 90.
REICHTIGERIN, /. wie du alles erfahren sollst, liebe beicli-
tigcrin. Guthe an fr. von Stein 2, 136.
1361
BEICHTKIND — BEIDE
BEIDE
1362
BEICHTKIND, n. eonßlent: zu dem andern so sol auch
die beicht verschwigen sein des beichtkindes halb, das da
beicbt. Keisersb. Sünden des munds 7l'.
BEICHTKLNDLICH, adv. beichtkindlich bekennen. Hippel
10, 14.
BEICHTMÖ.NCH, m. vgl. beichtwoif Garg. 245',
das ist eine sünd und Trevel,
daron kein beicbtmönch absolvieren kann. Schrlir 397.
BEICHTMÜTTER, f. in einem töchteneicben hause müs-
sen, wie in der Pelerskirche beicbtslülc für alle Völker, für
alle Charaktere, für alle fehler stehen, damit die töchter als
beichtmütter darin sitzen, und von allem absolvieren, blosz
die ehelosigkeit ausgenommen. J. Fall Hesp. 2, 140.
BEICHTOI'FER, n. beichtgeld.
BEICHTPFENNIG, m. anstatt eines beichtpfennigs muslen
sie ihn samt der frauen, kinder und mich, tradieren. Ju-
cundissimus 129 ; sie beichtete zwier in jedem Vierteljahr und
geizte nicht mit dem beichtpfennig. Siegfr. von Lindcnb. 3, 102.
BEICHTREDE, f.
BEICHTSCHEIN, m. zeugnis des priesters, dasz man zur
beichte und zum abendmal gegangen ist.
BEICHTSOHN, m. beichtkind. beichtsun. Keisersb. trrij
schaf 60 ; du denkst vielleicht, vsas für ein glückliches mad-
chen du bist, dasz du einen so treuherzigen beichtsohn zum
freier hast. Rabener 3, 296. 6, 49.
BEICHTSONNABEND, m. was beichtabend.
BEICHTSTUL, m. sella audiendis eonfessionibus.
BEICHTTAG, m.
BEICHTVÄTER, m. ob eeleut, die sich ungeschicklichen
mit einander hielten, anders weder sie sollen, auch beide
einein beichlvatter mügen beichten, wife es zwischen inen
stand. Keisersb. Sünden des munds 72';
der Schelmen beichlvatter bin ich.
Mürber schelmem. 40':
wann ich einmal respondieren solle, verliesz ich mich auf
meine logische beichlvatter N. und Hoppium. Scnoppios 816.
BEICHTVÄTERISCH. Garg. 28".
BEICHTWEH, n. prurilus conßtendi: die das beichlwe ha-
ben und nit gnug künden beichten, und ie mer sie beich-
ten, ie minder die rüw haben. Keisersb. eschengr. 68.
BEICHTWEISE, adv. per moditm confessionis. Stieler 2483 ;
ob sie wol der landgraf ohne unser wissen auf seiner lieb
beichtweise berichten hätt ansuchen lassen, churf. Jon. Friedr.
bei }lelanchlli. 3, 1043. Keisersberg schreibt in beichts weis:
zu dem ersten so sol der beichlvatter, der da beicht höret
und dem man sagt heimlichkeit in beichts weis, dasselbig nit
offenbaren. Sünden des munds 11* ; und in dem ist es ein gro-
szer underscheid, das man einem sagt in beichts weis und
das man einem sagt in trauwen und nit in beichts weis. 72*.
BEICHTZETTEL, m. vas beichtschein: ein gassenlied wi-
der die beichtzeddel vorheulen. Rabener 5, 23.
BEIDE, pl. ambo. dies heute alles geschlechlsunlcrschieds
verlustige, manche anomalie erleidende zahlwort zeigt schon in
der goih. spräche, so weit wir sie übersehen können, unvoll-
ständige, gemischte formen, nach analogie von tvai tvus Iva
{vgl. jiai |)ös |)ü) sollte bai bös ba entfaltet sein, von welchen
doch nur bai, dat. baiin, acc. bans und das n. ba vorkom-
men, nach tvaddje rure ein gen. baddje zu vermuten; neben
bai gilt die erweiterte gestalt baj6|)S, flectiert wie mcnü|)s.
parallel laufen sich auch die ags. tvegen tvd tvl, gen. tvega
und tvegra, dat. tväm und hegen bä bd, gen. bega und begra,
dat. bim. dem goth. tvai Ivos tva zur seite steht ahd. zuenß
zuö zuei, doch kein pene pö pei läszt sich irgends blicken,
wol aber ein dem goth. bajö|)s nah rückendes, adjectivisch
fiecUertes yede pedü p^diu, ahnlich dem arlikel die diu diu.
hieraus ward mhd. bedc bede bediu oder beide beide beidiu,
endlich nhd. einförmiges beide (zuweilen beede) für alle ge-
schleehter. nur unsere volksdialecte lassen uns einen blick
Ihun in die höhere vorzeit, man unterscheidet bairisch: bed
iiod beid (Schm. I, 154. mundart. §. 774); seliwdbisch : beand
iiiiod boid (ScHMio s. 52); wellerauisch : bed bud bad; was
ganz zu dem vocalwechsel (kr formen zwen zwo zwei, der sieh
lange in der schrtflsprache, länger in der Volkssprache be-
hnuplele,' stimmt, zusammengefallen sind mnl. bede, nnl. beide
in allen geschlechlern. altn badir bdJar ba-di steht zunächst
dem ahd. pede pedu pediu, doch der gen. beggja gleicht je-
nem goth. baddje, ags. bega, begra, wie tteggja dem tvaddj^,
tvega, tvegra und einem ahd zueio zueiero. die t(h«. bdde,
ddn. baade sind wiederum einförmig, wahren aber den gen.
bägge und begge. engl, bleibt nur ein unveränderliches both
übrig, doch die altengl. spräche bildete einen gen. bother oder
botheres = ahd. peidero, nhd. beider.
Licht auf diese deutschen formen werden die urverwandten fal-
len lassen, jenes goth. bai bös ba ist das iat. ambo ambae
ambo (wie duo duae duo), gr. aufca {wie 8vo für Svco), M
ist eingedrungen, gerade wie in amb, au^i gegenüber unserm
bei, goth. bi, vgl. umbi. keinen nasallaut hat das skr. uhha,
dl. ubhau (Bopp 52'), wie er in abhi und bhi = äufi fehlt;
auch nicht das litt, abbu m. abbi f., noch das sl. oba. auf
die frage aber, ob vor dem goth. bai, folglich unserm beide
insgemein, A weggefallen, oder in den urverwandten sprachen
dem lippenlaut zugetreten sei? läszt sich kaum antworten, je-
nes anzunehmen wäre man nach analogie von bi, bei und
bauen geneigt; damit soll beide nicht der würzet bauen ö6er-
wiesen sein, a/uforeooi aber gemahnt an bajö})S, wie exeooi
an anj)ar, tcÖteqos, jon. xcneQOi, uter an hva[)ar, ahd. hue-
dar, wiewol dem bajöj)s und pede das R abgeht; dafür darf
ihnen das skr. ubhaja utrumque und litt, abbeji unmittelbar
verglichen werden. Mit bei aber scheint sich beide, wie mit
ufifi äufo) in der Ihat zu berühren, wenn man die Vor-
stellung der nähe und folge erwägt, die zweizahl steht der ein-
zalil zunächst und folgt unmittelbar darauf {vgl. beidlebig).
Die Untersuchung inwiefern hier überhaupt dualßexionen im
spiel sind und sich mit pluralflexionen gemengt haben, würde
hier zu weit abführen.
?lach dieser erörterung der form legen wir die begriffe dar.
1) zweiheit und beidheit scheiden sich im begriffe so, dasz
zwei die folge eines zweiten dings auf das erste, oder das
spalten in zwei theile ausdrückt, beide aber eins und zwei zu-
sammenfaszt. eins und zwei sind da, sind aufgestellt, aber
in beide treten sie zusammen, einigen sich, werden wieder als
eins gedacht, zwei kinder sind geboren, beide sind schön;
hier hast du zwei thaler, mit den beiden must da ausrei-
chen, niemand kann zwein herrn dienen {wenn noch keiner
genannt ist), niemand kann beiden herrn dienen [wenn sie sclion
genannt waren), beide bezieht sich immer auf ein in der rede
vorausgegangenes oder vorauszusetzendes bekanntes zwei, duae
sunt mihi manus, ambabus {nicht duabus) plaudam, d. h. mit
beiden zusammen, verschieden von utraque, mit jeder von ih-
nen. Allein die sprachen als ihnen gestalt oder bedeutung von
beide erlosch oder getrübt ward, bedienten sich auch des zwei
an dessen statt, häufig mit vorgesetztem {umfassendem) alle.
wir sagen heule auch mit zwein bänden schlagen für mit bei-
den, zwei kinder sind geboren, alle zwei schön, wie es franz.
heiszt tous les deux, altfranz. ambe deux, it. ambedui, poln.
obadwaj. unser alle beide ßr beide ist pleonasmus, und alle
zwei {wie alle drei, vier) besser gesagt, aber schon Keisers-
berg sagte oß alle beide, z. b. Sünden des munds 12*. 46*. 48*.
2) beigefügtes beide pßegt die untergegangne dualform zu
umschreiben, wir beide, unser beider ist, was goUi. vit und
ugkara einfacher und schöner ausdrückt, so stellt es sich vor
substantiva, die von natur in zweiheit gedacht werden: beide
äugen, bände, füsze; das er auf beiden achseln zusamen
gefügt werde. 2 Mos. 28, 7 ; das Aaron ire nameo auf seinen
beiden schultern trage. 28, 12; da fasset ich beide tafeln
und warf sie aus beiden henden. 5 Mos. 9, 17 ; wer das hürea
wird, dem werden seine beiden obren gellen. 1 Sam. 3, 11 ;
von begirigkeit zu essen, da ein mensch zQ beiden orten
(mundwinkeln) inwirft und ein mundfol dem andern nit ent-
weichen mag. Keisersb. Sünden des munds "'; und schlug mit
beiden fetichen in die pfefferbrile {der gebratene, wieder le-
bendig gemachte hahn). 12' ; künden zu beiden henden. has im pf.
Aas*; frisztzu beiden backen. Garg. 48'; steht zu beiden selten;
und Taszt sein schwer! zu beiden henden.
H. Sachs II. 3, 132*.
3) beide folgt {wie alle) dem persönlichen pronomen nach:
wir beide, ihr beide, sie beide; unser beider, uns beiden.
nach den demonstrativen empfängt es heute schwache ftexion:
die beiden, diese beiden, jene beiden ; ehmals war auch die
beide, diese beide unbedenklich, dem Substantiv aber geht es
voraus: beide männer, beide äugen, in beiden bänden, dem
possessiv mag es folgen oder vorausgehn: seine beiden bände
oder beide seine hdnde; mit seinen beiden äugen, mit beiden
seinen äugen, obwol jenes mehr der prosa zusagt, dieses in
der poesic gestaltet ist. so kann man auch die demontlrativa
Ainier beide stellen: in beiden den banden, beiden diesen
86
1363
BEIDE
BEIDE
13G4
leuten, beide jene mSnner. oft bei Lessing: geben sie acht,
wie viel wichtiges und neues uns herr Klotz von beiden die-
sen puncten sagen wird. 8, 103; sie zeigte sich ohnstreitig
an den bildsäulen, welche beide diese wesen zu Lacedämon
hatten. 8, 216. Dem subst. ohne flexion nachgesetzt werden
kann beide gleich andern adjectiren :
diewcil sich gleiche spur auf diesen wegen beld
erzeigte frisch und new. Werders Ariost 1, 23,
wiewol es hart klingt und sehr seilen vorkommt, beide sub-
stantivisch: 0 ihr zartfühlenden beide! GERsrENnERC l/i/o?. 23.
4) obschon die Wörter beide und zwei {wie ambo und duo)
ihrer natur nach den sg. auszuschlieszen scheinen und recht
eigentlich dualform an sich tragen mästen, so gilt das doch
nur von ihrem colleclivbegrif. denn wie ein z. b. im altn. einir
oder sp. unos des plurals fähig, in der Ordinalzahl der zwei-
heit der einzelne in der reihe gedacht wird, als ein anjiar,
alter, ^e^os, ebenso kann sich auch in der beidhcit das ein-
zelne darstellen, folglich des sg. bedürfen, wir erblicken ne-
ben afi^öreooi ein afiforsQos = exctXEQOS und im skr. ein
ncutrum ubhaja utrumque; wahrscheinlich würde, wenn vor
unsem äugen die goth. spräche vollständiger ausgebreitet läge,
auch ein sg. bajo{)s uterque erscheinen, der mit dem pl. zu-
sammenfiele, ganz wie men6|)S sg. und pl. ist. ahd. sprach-
quellen lassen keinen sg. von pede aus sich schöpfen, alts.
scheint aber ein neutrum bedi utrumque zu bestehen, dessen
gen. bedies zweimal sich darbietet:
huand hi habad bedies giwald
liudio libes endi öc iro iichamon. //cl. 5S, 5;
was im bddies we, empfand über beides schmerz. 164, 30,
welchem bedies weder ags. noch nl. denkmäler ähnliches an
die seile stellen. Dagegen läszt sich ein mhd. neutrum im
sg., sowol ßectiert beide; als unflectierthelde nicht bezweifeln:
fröide unde trüren wont in beider bi.
WS. 1,46' = MSH. 1,112';
wan e; ist beides ein besIo;;en brunne und ein offen brunne.
Ben. wb. 1, 97';
nu ist aber der lieben beide unrnrnre,
ist min kumber ringe oder ist er swiere. MS. 1, 171'.
Auch nhd. erscheint dieses neutrum: bedes mit unterschied.
yürnb. reformation von 1479 tit. 35 ; man solle auch nicht wech-
seln, wirds aber jemand wechseln, so sols beides heilig sein
und nicht gelöset werden. 3 Mos. 27, 33 ; denn das ist dem
herrn deinem gott beides ein grewel. 5 Mos. 23, 18; man-
cherlei gewicht und masz ist beides grewel dem herrn. spr.
Sal. 20, 10; ein hörend ohr und sehend äuge die macht bei-
des der herr. 20, 12 ; es war beides erbermlich. 2 Macc. 3, 21 ;
lasset beides mit einander wachsen bis zu der ernte {ahd.
läjet iogiwedar wahsan unzan zi arni). Maltli. 13, 30; beides
zu wenig und zu vil ist des teufeis zil. Henisch 255 ;
man sagt, als Romulus und Remus deine söhne
hinan den Tiberslrom geworfen worden sind,
dasr von der groszen treu des spechtes beides kind
hernach gespeiset sei. Opitz!, 94;
(Spanten) das nunmehr beides haus der sonnen eingenommen.
2, 272 ;
die schätz hat er an sich, er lasset andre reisen
in beides Indien und bringen gold für eisen. Fleming 62;
die Wolge schreit,
dasz anfall, mord und raub ihr beides ufer räume. 582;
da beides ufer ist in blnmen eingehüllt. 632;
für einen guten mann sind alle zeiten gut,
er führt durch beides glück nur immer einen mut.
LocAU 1, 10, 76,
per utramque forlunam; um so viel besser, obscbon neuer,
als beides ist. Scaliger unsem anonymus macht, um so viel
schlechter, vielleicht auch um so viel älter, macht ihn Darth.
Lessinc 10, 366. Im 16 und 17 jli. bildete man den sg. für
m. und f.
ein weiser hält sich baider seit,
halb holz, halb hoi-n, das schieszl weil.
SCIIWARZP.MBERG 128, 2;
Eniellus so mit beider hcnd
Dareten har und wider send.
Mt'R>iERs Acneis Straszb. 1515 bl. 69';
schosz Tago durch beiden «chlaf (per tempus <urumque.
Virij. 9, 41S.) 12n';
das haubt das hieng Im hin und har
von seim leib zu beider seit (humcro ex utroniie. Viv/j. 0,
755). 13.»';
wanimb der bnbst entzucket dir
des leibs Christi bcid gestall,
Deisch und blut auch beider fall, der {u(A. narr 633;
zu einem zeichen, das beide priesterschaft von im geordnet
wer. schatzbehalter. Nürnb. 1491 bl. 199'; beider bäum hat
weisze blumen. MathesiüsSO; der teufel ist verschlagen und
zu beider band abgericht. Hemsch 255 (s. beidenhänder);
auf beidem ort, utrinque. daselbst; das nachtnial unter bei-
der gestalt, brots und weins halten, bienenk. 51". 21' {welches
beider sich allenfalls verstehn liesze als gen. pl., wie er z. b.
offenbar steht, wenn Keisersb. Sünden des munds 67' sagt: von
beider partei wurden vil erschlagen == ab amborum parte);
Schwerter zu beider faust. s. beidfäustig;
wir werden nicht geboren
mit dutten als ein weih, darmit die brüst uns frei
zum Schild und beide hand im fechten leichter sei.
Opitz 1,100;
du seuche beiden volks {utriusqiie). 1, 239;
mit beidem arm, Lohenst. Ibrahim 21.
Doch diesem hat der Sprachgebrauch des 18 jh. wieder entsagt,
und heute verwenden wir beides für utrumque nur abstract:
beides ist mir willkommen, beides hat grund, in beidem ist
er wolerfahren, mit beidem macht er glück, nicht aber sagt
man : beides kind lebt, beides haus gehört mir, sondern beide
kinder, beide häuser. noch weniger heiszt es beider mann,
beide frau, sondern beide männer, beide frauen oder jeder
von beiden männern, jede von beiden frauen. beides ist in
prosa auf ein abstractes neutrum und den adverbialgebrauch
beschränkt, s. unter 8. dichtem aber miisz immer noch gestat-
tet sein beides haus, beides volk zu setzen, und selbst Kant
schreibt: dasz man sich in beider angeblichen erfahrung ge-
irrt hätte. 6, 178.
5) alteruter ist einer von beiden, von den beiden; alter-
utrum eins von beiden, von den beiden; neuter keiner von
beiden :
eins von den beiden haben wir verschuldet.
Schiller 483.
6) Lessing verbindet gewagt den pl. beide als pracdicat mit
dem sg. des verb. subst. {kaum war ihm beide jenes unfiec-
tierte neutrum):
Rom steht, wenn Brutus Brutus ist.
schon war ein Brutus Roms erretter,
komm, zeige, dasz du beide bist. 1, 66,
jeder von beiden, uterque Brutus, richtiger schiene beider oder
beides, man sagt: du bist ein engel und ein teufel zusam-
men, beides.
7) ahd. drückte der pl. n. peidiu mit folgendem job orfer
enti {engl, both — and) tam und quam aus: da; peidiu ist
joh michel joh luzzel, woßr wir heute beides setzen: das
beides grosz und klein, sowol grosz als klein ist (Graff 3,
84. 85). in gleichem sinn wird noch mhd. beidiu, aber auch
beide gesetzt (Ben. 1, 98. 99) und es könnte zweifei erwachsen,
ob dieses aus beidiu geschwächt, oder ein unflectiertes beide
= beidi sei ? da aber beidi nur vermutet wird und nicht vor-
kommt, beidiu häufig erscheint, so hat die unmittelbare ablei-
tung aus ihm weit mehr für sich. Bemerkenswerth ist, dasz
nach solchem beide nicht nur zwei, sondern auch drei sachen
aufgeführt werden können, z. b. beide man, kint und wip ;
beide velt, berge und tal; beide toup, lam und blint, was
vollkommen zu der oben aufgestellten ansieht stimmt, die in
beide ursprünglich eine folge erblickt, also nicht mit der zwei-
zahl einzuhalten braucht, sondern sich noch weiter erstrecken
kann, vgl. Ben. 1, 98'. nicht anders verhält es sich mit dem
mnl. beide, z. b. beide wijn, sout ende coren;
bcfle van selvere ende van goude
ende van siencn mcDichfoudc.
vgl. nuvDEc. op Stoke 1, 65. /V/irf. beispiele des beide — und
sind im 16j7i. noch allenthalben anzutreffen: beide klein und
grosz. 1 J)/os. 19, 11; beide wir und unsere vetor. 46,34; beide
in hülzern und steinern gcfäszen. 2 Mos. 7, 19 ; beide an men-
schen und an vieh. 8, 18; beide unter menschen und vieh.
11, 7 ; beide oben im himel und unten auf erden. Jos. 2, 11 ;
und verlacht beide ros und man. Ilioh 39, 18 ; und spreche
lieide zu gol und den mensclien, vergib uns unsre schuld.
I.utiikr 4, 38'; dafür beide ir und wir billich im von herzen
danken sollen. 6, 11*; denn das müssen euch beide feinde
und freunde bekennen und Zeugnis geben. It'; sie haben aus
unser lere gelernt beide sprnihe und predigt. 6. 1S'; nacht
und lag ir lisch bedeckt und bede mit speis und trank be-
laden. Krank wcllb. 3»'; von Iredichen beiden, so heid am
leih und geinüt srlidn waren. Ai.bkrus t'; und belle mich
an heid lag und nacht. 21; Esupus berühmt, lieide seiner
guten schwenk und höQicbkeit halben. 14'; beide Cananiter
I
1365
BEIDE — BEIDERSEITER
BEIDERSEITIG — BEIDHÄNDIG
1366
und Sareptaner. Matuesios l'; hie hören wir abermals, das
die goidbergwerk in Indien beide vun beiden und Juden sind
belegt gewesen. 22'; disz rede ich zu erkleren (erkldrung)
beide des worts und schönen Spruchs im Zacharia. 9S*; beide
dies und jenes, beide klein und grosz. Hemsch 255; mit
solch einem e.xempel beide der gestrengigkeit und der gute.
MicRÄLius 2, 222 ; zu gesundbeit beide der seel und des leibs.
bienenk. 21'; für alle glaubige Christen beide lebendige und
tote. &l'.
S) ailmälich beginnt an die stelle dieses beide — und jenes
unter 4 geschilderte beides — und, mit derselben bedeutung,
zu treten und im 17. IS jh. den pl. beide, in solcher anwen-
dung, ganz zu verdrängen. Schriftsteller der zweiten hälße des
16 jh. schuanken zwischen beide und beides : der sich beides
(= mhd. beidej) seines ackerbaws und berg^verks aus der
erden nehren solle. Matuesils s' ; beides schriftlich und auch
mündlich. Fischart bienenk. lO'; welchs auch bei allen con-
cilien und rechten, beides der Juristen und canonisten öffent-
lich und schriftlich ist verbotlen. 19';
beides mit tapfrer laut vertrawung
und seines talgeländs erbawung. gl. schif i'b;
die freiheit beides zu reden und zu urtheilen. Schcppics TT6;
Oric besasz so viel macht und stärke, dasz er beides Teut-
schen und Franzosen überflüssig zu schaffen machen konnte.
Hahx 1, 172; wir erkennen aus dem zu Mersen geschlosse-
nen vergleich, dasz beides er und seine brüder die befugnis
nicht gehabt, jemand von ihren unterthanen ohne erhebliche Ur-
sache zu verdammen oder an ehre und leben zu strafen, l, ISO ;
beides höheren mut und freudiekeit fühlt und erquickung.
Voss Od. 15, 77 ;
beides zu locken die edeln und fern zu verscheuchen den
pöbet. fiÜHGEK92*;
beides ein löblicher könig und mächtiger scbwineer der laoze.
20S':
ja sie konnten sich zu einer zwischenmacht erheben, beides
dem Oberhaupt und den gliedern ehrv^ürdig. Göthe 26, 131;
beides in weiterem und näherem kreise. 26, 255.
BEIDENH.\LBEN , BEIDE.MHALBEN, adv. ab utroque la-
tere, mhd. bedenthalp, beidenthalp : du hast baidenthalb ver-
loren, die weit und auch got. Keisersd. ausg. der Juden H 6.
s. beiderhalben, beiderlhalb.
BEIDE.NH.\NDER, m. homo ancipilis fidei, einer der auf
beiden händcn, achseln trägt: gleiszner, beidenhender, zungen-
drescher, so umb geld ihren nächsten verraten, auf der Zun-
gen tragen und verschwetzen. Thlrneisser magna alch. 2, 26.
ursprünglich aber war es ein Schwert für beide bände, eine
«äffe beiden händen gerecht: summa, es wirt nichts so un-
gereimpts fürgenommen, dem man mit der schrift nit baide
ein ansehen und anhang hab gemacht, so gar musz gottes
wort iederman gerecht, ein gemainer baidenhänder sein, wer
es erwischt, damit darein schlaget und damit sich selbs ver-
schneidet. Frank paradoxa 125' ; ein bedenhender, wie ein bund-
schuch, unstetter dann der wetterhan. sprichw. 2, 99'. rich-
tiger schiene die form beidhänder, vgl. beidhändig und bei-
denlhalbncr.
BEIDE.NTHALB.NER, m. der auf beiden achseln trägt, utrique
partium addictus. Haltads 164.
BE1DERH.\LBEN, ab utroque latere. Boee. 1, 200'.
BEIDERLEI, utriusqut generis, utrumque: beiderlei ge-
schlecht;
mit diesen beiderlei bedanken. SruRG/i. 7';
taback und littelbrauch
sind beiderlei nur rauch. Locau 3, 8, 35;
wer f^erüchte vom jgenicb nennen wil, wird wenig fehlen,
beiderlei, wanns nicht recht gut, pflegt die sinnen fast zu quälen.
3,9,2;
lüchtigen, oder in (Keden die beiderlei Völker versöhnen.
Voss //. 4, 16 ;
das abendmal unter beiderlei gestalt austbeilen. t. beide 4.
BEIDEKSA.NDER, 5. beidesander.
BEIItERSEIT, adv. utrinque:
doch das räum sei zwischen uns weit
zwei tausent den beiderscit. tl. Sachs III. 1,25.
BEIDERSEITE.N, adv. utrinque: sie trafen beiderseiten. Pon-
lus 22;
§oU der mag uns beiderseiten
ich mit segen sehen an, mich mit hulden aarh begleiten.
FLxaiüc 391.
BEIDERSEITER, m. ensis utrinque rulnerans, von Fiscbart
Garg. 118* unter den waffetibenennungen angeführt, t. beidea-
bander.
BEIDERSEITIG, muluus : beiderseitige hülfe. Rabene» 1, 199 ;
ihre beiderseitige freude über dieses unverhofte wiederfinden
war unbeschreiblich. Wieland 9, 420.
BEIDERSEITS, adr. ab utroque latere, utrinque: es ist eben
drein gefallen der tag umb Simonis und Judae bestimpt, dar-
auf man sol bandeln umb einen vertrag und friede zwischen
beiderseits fürsten. Luther 6, 19'; wie nun ihro f. gn. bei-
derseits ihre reise nach Brieg zu nehmen. Schwelmches 1, 87 ;
und ihr . . seid beederseits
noch mehrer straf wol werth. Weckhiilin 623;
nach Zusammenkunft beiderseits herren gesandten, pers. reiset.
1, 4; so würde es beiderseits an nachdrucklichen discursen
nicht ermangelt haben. Weise kl. leute 350 ; einander öftere
schriftliche nacbricht von beiderseits zustande geben. Fetsenb.
1,127;
flugs sieht man beiderseits zur kleinen Doris eilen,
ein jeder nennet sie sein wahres ebenbild. HAGEDOait 2, 94;
entsagten beiderseits dem ernsten vaieruamen. daselbst;
es gehört beiderseits, beim dichter und seinem leser schon
ein gewisser gebalt von geisteskraft dazu. ScaiLLEa 102 ; man
war beiderseits zufrieden.
BEIDERTHALB, adr. was beidenhalb, gebildet wie nidert-
balb, oberthalb aus ahd. nidarort, obarort, vgl. niderwärts,
beiderwärts: üppige wort seint beiderthalb {sind beides) nüw
und alt durcheinander. Kehersb. Sünden des munds 69' ; schon
in der Urkunde ffir Kaufbeuern ton 1240 : und swa; nit en
bftwe lit, da suln sie getreten sin beiderthalp von der burc
an die stat und von der stat unz an die burc.
BEIDERWAND , n. oder f., vestis e lana linoque contexta,
gleichsam ulriusque fili, nach Frisch 1, 77' eine art rasch, t/.
rascia, bei Albercs bederwen, in der Wetterau beiderwell m.
BEIDERWÄRTS, adv. utrinque, beiderseits {vgl. beiderthalb) :
und diese lieh macht beederwerts
aus vilen herzen nur ein herz. Weccherlim 437.
BEIDESÄM, ambo simul, verstärkte form ßr beide, beidezu-
sammen, entsprungen ai<s beidesamt (nnl. beidegader, beidegaar):
mir ist auf dieser erd nicht bas,
denn wenn wir beidesara
spacieren gan im grünen gras
in gottes herren nam. .4m6r. Ib. s. 116;
die sie hernach doch jämmerlich
beidesam da ermordet haben. H. Sachs IV. 2, 62*;
Juno hat mich geschickt verborgen,
für euch beidsam stellt sie in sorgen. Spre.xg //. 8' ;
waren beidsam entschlafen. Wickra« rollw. 73; Crates warf
vil golds von im, dann er achtet, er möchte nit heilsamen
(ambabus) den künsten, tugenten und den reichthumen dienen.
Frank chron. 404'. in der letzten stelle wieder, wie beide, auf
drei dimie bezogen, vgl. allesam, allesammt.
BEIDESAMMEN. H. Sachs IIL 1, 19'.
BEIDESAND ßr beidesamt, icie allesand /, allesamt:
was ratschlaget ir beide sand ?
und was ist das geschrei im landl H. Sachs 1, 122*.
BEIDESANDER, in gleichem sinn, wie allesander ßr alle-
sand, von H. Sachs oß zu klingendem reim verwandt:
die heuen beidesander
lieb, trew und werde an einander. I, 150*;
theten ein feldsclilacht mit einander,
darin die brüder beidesander
belieben todt auf der waldstet. II. 3, 124*;
diese zwen Jüngling beidesander
gewunnen recht lieb aneinander. 11. 3, 145*;
darinn ilie zwen kriegsherrn beidsander
allein haben kcmpft mit einander. 11.3,143';
wir iwen die kriegen mit einander
und sind zwispellig beidesander,
wie dieses luch ein färbe hab.
V, •232'; oMcMIL 1,86*. 3,63«.
der gen. lautet beidersander, folglich der dat. beidcnsander :
zum zeichen ir irew beidersander. V, 270*.
BEIDFÄUSTIG, utrique pugno aptus, zu beiden fausten gerecht:
sie zertrennten so der feinde schar
mit ihrn beidTnustign Schwertern.
Jacob Vogels uwjrische schlackt. Jena 1626 s. 83,
j. 84 keisil es : sie führten schlacbtschwerter zu beider faust.
MilDHÄNDIG, ulriusque manu delineatus, scriptus: wir zeich-
neten zusammen (Golhe und Schiller), auch der einllusz des
diiettantismus ward tabellarisch weiter ausgearbeitet, wovon
die hlälter beidhändig noch vorliegen. Gütue 31, S5. vgl. eigen-
bändig und beihändig.
86*
1367
BEIDING— BEIEINANDER
BEIEL— BEIFALL
1368
BEIDING, n. Judicium exlraordinarium.
BEIDLEBIG, a/iflßios, zu land und wasscr lebend: was
wir Holländer waren, gerad hinten drein, uns, die wir beid-
lebig sind, ward erst wol im wasser, wie den fröschen. Göthe
8, 174. ein tvort recht geeignet, den Zusammenhang zwischen
afifi und afi<f(o anschaulich zu machen, denn ufifi, circa,
rundherum ist auch von beiden seilen, und afifiarofioe,
afifiyXcooaos was Sioro/uoe. kein deutscher nalurforscher
redet aber von beidlebigen statt amphibien, noch von beliebi-
gen, beidhändig unterscheiden wir freilich von beiliändig.
BEIDRÄNGEN, undique urgere, imminere:
und linsiernis drängt ringsum bei. Götue 12, 19^.
BEIDREHEN, den Schiffern was beilegen, die segel auf den
wind brassen; ein schif beidrehen, beilegen, beistechen, es ge-
gen den wind drehen.
BEIDRUCREN, was andrucken: die abhandlung steht einem
andern buche beigedrackt.
BEIDRÜCKEN, appotiere, hinzudrücken: sein Siegel bei-
driicken.
BEIDSCHATTIG, afi^iay.ios, nach beiden seilen schalten
werfend.
BEIE, /". feneslra. Maaler 67. s. bai, baie, es wird auch ge-
schrieben baige (s. beige) : die Soldaten warfen zwen der
ufrürischen huren in Bolingen zu den bälgen des kilchturns
usz; man sach den kelch und das brot durch die baien
des stuels. urk. über den schwdb. bauernkrieg von 1525;
drumb loufend hin all schnell und bhcnd
durch dmuren heicn und durch dweml.
RuEFs Eiter Heini 2773.
BEIE, f. apis, ahd. pia (Graff 3, 12), mhd. hie (Ben. 1,
116'), nhd. beie : beien (sonst binen oder immen). Sebast. Helber
sylbenbüechlein 1593 s. 36, wcislh. 2, 25S, tind heule noch in Baiern
die bei, die beij, die bein (Sciim. 1, 140. 165) ; ags. beo /"., engl.
bee; nnl.lA] und bije/'. pl. bijcn; alln. by, gewöhnlich byfluga,
schw. dän. bi neutrum. auf den merkwürdigen unterschied
zwischen bairischem beie und schwäbischem bin, ahd. plä und
pini n., mhd. bie und bin oder bin f wurde yesch. d. d. spr.
$. 1033 gewiesen, doch hat auch Stai.der 1, 153 beien m. bie-
nenschwarm und beii biene. Pia, Bia war ein schöner ahd.
frauenname wie gr. MeXioaa. leider entgeht der goth. aus-
druck, dem ahd. gemäsz wäre bijö, aber auch bcivö möglich,
nach heiv, ahd. hiu. In.
Urverwandt sind litt, le.tt. bitte, lat. apis, apicula, it. ape
und pecchia, sp. abeja, franz. abeille, russ. ptsche, ptschela,
serb. tschela, böhm. wcela, po/«. pszczola, deren würzet man
im skr. p4 bibere sucht, weil die biene den treffenden namen
madhupa m., mel bibens, honig aus blumen saugend führt,
wie sie auch madhukara mel faciens und gr. fieliaoa, von
fiiXi, in östr. mundart methsiederl heiszt. man hat bei apis
auch an apex, bei pecchia an unser bicken picken siechen
gedacht, als hätte des thierchens stächet, den auch wespen und
hornisse tragen, Ursache zu seiner benennung gegeben, das L
in apicula, abeille und ptschela, das tte in bitte {vgl. bro-
lutlis brüderchen, tßtuttis Väterchen «. s. to.) sind kennbare
diminutivform.
Wie aber, liegt unserm deutschen wort die abkunß nicht
näher in bauen, bau und bei? die biene baut und webt künst-
liche zelten, um süszen honig zu wirken, sie ist das bauende
thierlein in eigenstem sinn und da man auch sagt honig bauen
{sp. 1174) und bauen facere ist, so reicht beie, biene gerade an
madhukara; der Übergänge aus bau in bei und bi licuzen an-
dere Wörter zu genüge wahrnehmen, ags. beo apis .slöszt un-
mittelbar zusammen mit beo, ich bin, ich wohne, hier bedür-
fen wir keiner aphaeresis des a, und apis verhält sich zu bia,
lile, beie, zu liille gleich den parlikeln ahhi, api, ini zu h\
und bei. das V in apis und ptschela ist eine forlschiebung.
s. beichcr und l)iene.
BEIEINANDER, adv. simul, conjunclim, beisamvien, nebenein-
ander, nnl. blosi bijeen : ich und Johannes seind bei einander, ab
eadem stamus parle. Henisch 2.")7 ; wie lang seid ir beieinander
gewesen?; und gieng in ein haus, da warcnt zwo junkfrawen
in beieinander, die hcttent zwen brüder, die waren ire mann
wa brüder und Schwestern beieinander sein, da geschieht es
selten, das sie mit frieden leben, sie seien dann gar vernünf-
tig, wir zwo seind fünfzehen jar beieinander gewesen und
hat keine die ander nie betrübt mit einem wort. Keisersiieiic
Sünden des munds 42'; als dan gemeinlich geschieht in den
samlungcn, wo vil beieinander seind, da ist mancher wilder
köpf, dan so nummen drei in einem haus beieinander seind
und künden nümmer mit einander gesteilen, wie vil me denn
so vil beieinander wonen. 43' ; den jungen frawen ist ctwann
wol mit solchen dingen, so sie beieinander seint, treiben
solich schampere wort. 62' ; denn ire habe war zu grosz, das
sie nicht kundten bei einander wonen. 1 Mos. 36, 7 ; kühe und
beeren werden an der weide gehen, das ire jungen beiein-
ander ligen. Es, 11, 7 ;
wilde bern
seind beieinander gern. Hsnisch258;
die ehe ist gut lieblich fein,
wenn zwei selbst gern beinander sein. Lrbhann 170.
BEiEL, n. ascia. Alb. und Henisch 257* s. beihel und beil.
BEIEN, appropinquare, propius ire, accedere, sich nahen,
herbei kommen, von bei gebildet, wie aufen von auf, nahen
von nach und nahe : es beiet sich, nähert sich. Stajld. 1, 152. '
mhd. bien:
ze hant sach man bien
den falkener Schoiere;
dir git gelinge noch die stiur,
daj dir wirt freude bien.
weitere bruchstücke von Athis. Berlin 1852 s. 16. der gegen-
salz ist vonen, sich entfernen.
BEIER, m. aper, so oder baier, lautet in einigen gegenden
richtig, was anderwärts bär, beer, behr gesprochen und ge-
schrieben wird, jenes dem mhd. ber, ags. bdr, engl, boar
näher, s. bär.
BEIERBE, m. coheres, nebenerbe.
BEIERLEICHE, f funus minus solemne, eine leiche, zu der
nur gcbeiert, nicht geläutet wird.
BEIERN, nnl. beijeren, mit dem klöpfel (beijart) an die
glocke schlagen, statt sie im schwunge zu läuten.
gern wol hört ich vordem, wenn zum morgenden feste der
küsier
beierte. doch nun schallts mir wie todtengeläut von dem
kirchthurm. Voss 2, 22,
der in einer anmerkung sagt: 'man läutet, indem man die
glocke in vollem schwunge bewegt, man beiert, indem man
den rand der ruhenden glocken mit den klöpfeln durch be-
festigte seile tactmäszig anschlägt.' Mit meinem fusz wars noch
lange nicht recht und ich muste bei jähren dran beiern. o. m.
im Tock. 179, wie hinken ein clocher, cloper, clopiner ist, an
glocke (cloche) und klöpfel mahnend.
BEIESSEN, n. cibus interpositus : der fürst, durch seine
männliche beamten schon an bürgerliche gasteinschiebscl oder
beiessen gewöhnt. J. Paul koinet 2, xxxvr.
BEIFAHR, n. limor, metus: darum ich auch beifahr hatte,
es möchte mir also angehen, so trug ich doch beifahr, die
beeren möchten mir in der kehle stecken bleiben. Schwei-
NicuEN 1, 108 ; hatte aber auch beifahr, ich werde so viel geld
nicht haben. 1, 246 ; beifahr tragen, vereri. Vechner, ergieszung
der Katzbach 1608. s. befahren.
BEIFAHREN, propinquare, heranfahren. Henisch 258.
BEIFALL, fjj. pl. beifalle, ein heute häufiges, ahd. mhd.
abgehendes wort, dem von natur, wie dem einfachen fall, die
intransitive bedeutung ruina, casus zugestanden haben musz.
Dasypodius und Maaler stellen es nicht auf, erst bei Heniscu
258 wird es angetroffen. Luther braucht es in der bibel gar
nicht und sonst selten.
1) es bedeutet ihm allapsus, accessio, transitus, das fallen
von einem zum andern: das ir aber gedenkt, ir werdet durch
solchen bcifall zum römischen stuel verkomen {hindern) mügen,
das Behmen hinl'urt nicht weiter in secten mügen zutrennet
werden, das wird durch dis mittel fürwar nicht geschehen.
2, 144'; sich solchs bei- oder zufalls zum römischen stuel
enthalten, br. 2, 226. >
2) hieraus flieszl der sinn von comprobatio, adslipulatio,
assensio, wer einem beifällt, zu seiner partei tritt, der billigt
und lobt ihn, nnl. bijval. wir sagen: sein beifall ermutigt
uns, der beifall der menge, ein allgemeiner, öffentlicher, lau-
ter, rauschender, schmeichelhafter beifall. diese worle erreg-
ten lärmenden, stürmischen beifall, der sich in händeschlag
{applausHs) und ziiruf {acclamalio) üuszerle; dieser wein hat
meinen beifall {mundet mir); der redner, der prcdiger, der
priifcssor hat, findet beifall, hat keinen beifall, verdient ihn,
verliert ihn, weisz ihn sith zu erhallen; liest mit vielem bei-
fall, ohne beifall; sticht n;icli beifall; alles lächelte beifall.
Ungenau scheint aber das schon bei Henisch aufgeführte, jetzt
allgemein Derbrcitcte einem beifall thun, geben, Zustimmung,
lub geben, weil, was zufallen, sich ereignen musz, nicht ge-
1369
BEIFALLEN
BEIFÄLLIG — BEIFUSZ
1370
geben werden kann, dieselben, meinet ich, sollen uns desto
bessern beifall thun. Avber proc. 1, 11 ; Plautus war also ge-
nöthiget, seinen stücken beifall zu verschaffen, einen theil
von diesen scherzen beizubehalten. Lessing 3, 15 ;
dem Wachtmeister musz ich beifali geben. Schiller 327';
wenn er sich auch von der heftigkeit seines temperaments
hinreiszen liesz, dem völlig reifen complot seinen beifall zu
geben. 1071; ich las ein Stückchen davon in meiner gestrigen
gesellschaft vor. man gab ihm vielen beifall. Göthe an Schiller
53; auszerdem ist ja den kindern bekannt, dasz ohne etwas
wein und etwas beifall keine poetische ader offen gehalten
werden kann. LicHTENBEnc 3, 71 ; der verstand ist zum beifalle
sehr geneigt. Kam 8, 34 ; beifall in die bände schlagen.
Klixger 3, 33. ehmals auch beifall in einer klage, subscriptio.
Hexisch 2öS. beistimmung, weniger als lauler beifall, ist ein
ruhiges, auf gründe gestütztes billigen.
3) das nnl. bijval bezeichnet noch, dem Ursprünge des Korts
gemäsz, einen sinnliclien zutritt und Zuschlag beim gewicht,
I. b. vn'] hadden maar op honderd pond gerekend, doch er
was nog een bijval van tien pond.
BEIFALLEN, nnl. bijvallen.
1) dabei, daneben fallen, hinfallen: und alle threne in got-
tes sack gefasset, das nicht einer sol beifallen oder verges-
sen sein. Ll'theb 8, 344*. br. 4, 434 ; das ir nicht von mir wei-
chen wollet, sondern alle vor einen mann meinetwegen stehen
und beifallen (fallen). Reutter kriegsordn. 30.
2) einem beifallen, assentiri, beistimmen, beipflichten: der
pastor mag die kirche vermahnen und bereden, das sie im
beifalle und bewillige fastage aufzusetzen. Lutber 5, lo'; wird
mir ein jeder verstendiger beifallen. Kirchhof disc. mit. 10;
wie dan ein jeglicher, so dessen ein verstand hat, mir hierin
wird beifallen, bienenk. 205"; und wie er ungern sonsten der
worheit beifeit. Ayrer proc. 1, 14 ;
fallt gott mit diesem lobe bei.
dasz er aliein nur mächtig sei. Opitz p*. t. 128;
fallen wir der meinung bei, dasz. Grvphics 1, 56; derohalben
fallen wir mit ganzem herzen bei und glauben. Spee g. tugendb.
3* ; und nur im herzen fiele bei. IS ; dasz er einer sache
weiter beifalle, als er von der Wahrheit derselben vergewis-
sert ist. Leibmtz 2, 321; die weit fällt dem gezeugnis bei.
Werxicre 26;
ein betrübter esel heult —
und der alTe Gel ihm bei. Hagsdorn 2, 31 ;
dasz man den Plautus nicht allzu unbehutsam, auf Unkosten
des Horazes erhebt, noch auch dem Horaz auf Unkosten des
Plautus völlig beifallt. Lessixg 3, 15 ; ich finde den deutlich-
sten beweis darinne, dasz sie mir nicht aus höllichkeit, son-
dern aus Überzeugung beigefallen sind. 3,331; ihrem urtheile
über die Wilhelroine falle ich völlig bei. 12, 167 ;
also sprach Adramelech. nun fiel die ganze Versammlung
Satan auf einmal mit ungestüm bei.
Klopstock Mcss. 2, 731 ;
weil nun der hofnarr das herz des kOnigs hatte und in der
that für den besten köpf des ganzen hofs gehalten wurde,
so fiel ihm jedermann bei. Wielaxd 12, 166 ;
dem bruder fall ich bei, ich musz ihn loben. Schiller 502;
fallen sie mir bei, so hab ich weiter nichts zu sagen. J. Pacl
IJesp. 2, 38; als ein Gascogner einer ihm unglaublichen er-
zählung höflich beigefallen war. aesth. 2, 20; derselben meinung
fallen auch angesehene peinliche rechtslehror bei. jubeis. 60;
mit der Zauberkraft herschender Überlegenheit, der innerhalb
der mauern eines rathszimmers, vor beifallenden theilnehmern
nur höchst gesunde gemülber widerstehen können. Niehuhr
2, 379.
3) einem beifallen, einfallen, subire: mir fielen alle diese
umstände wieder aufs lebhafteste bei. Karexer 2, 216 ; wenn
dem Schauspieler seine rede nicht auf das schleunigste bei-
fallt, so kann er fast nicht den geringsten gebrauch von sei-
nen talenten machen. Lessixg 4, 199 ; da indes dem Quadra-
lus sein Vorgänger so völlig unbekannt geblieben war, so
konnte ihm so leicht kein argwöhn darüber beifjllen. 8, 348 ;
beantwortung einer frage, die dem [es steht den) Icser bei-
gefallen sein könnte. Wielaxd 8, 217; sie kennen die lieder
dieses liebenswürdigen Schwärmers zu gut, schöne Danae,
dasz ihnen nicht zwanzig andere stellen beifallen sollten.
10, 89 ; da ihm zugleich beifiel, dasz ihm sein herr eine solche
nachlüssigkeit nicht vergeben würde. 11, 242 ; dies wird jedem
beifallen. Heroer 1, 222 ; wenn es mir bei der Wahrheit seines
Spiels beifallt, dasz ihm dieser Charakter nicht natürlich ist.
Schiller 1114; ich hatte auch einen fürchterlichen träum,
wenn er mir doch beifiele. Tieck 12, 60.
DEIF.^LLIG, 1) assentiens, zustimmend, günstig: beifällige
äuszerungen ; er sprach sich beifällig aus ; so bin ich diesem
vorgeben nicht beifällig worden, med. mau/a/fc 768; der him-
mel hat sich ihr selbst beifällig gemacht. Opitz Arg. 2, 163.
gegensalz ist abfällig.
2) erinnerlich: es ist mir nicht beifällig (wo man nicht ta-
gen könnte einfällig).
3) zufällig, beiläufig : ein beifälliges recht, ein nebenreeht,
dem ordentlichen gegenüber; beifälliger weise, von ungefäJir ;
nach Hexisch 258 obiter, quasi praeteriens, wie der han über
die kolen lauft; beifällige einkünfte. Lohexst. Arm. 2, 766;
es ist beifällig, gelegentlich, beiläufig gesagt worden, heute
auszer gebrauch.
BEIFALLSBEDCRFTIG.
BEIFALLSBEZEIGUNG, f.
BEIFALLSBEZEUGUNG, f. Göthe 31, 96.
BEIFALLSDONNER, m.
BEIFALLSRUF, m. Dahläan» /i^an*. re». 218.
BEIFALLSSTURM, m.
BEIFALLSWERTH.
BEIFANG ßr bevang {sp. 1249) ist tadelhaß. richtiger aber
heiszt den fischem beifang ein zufälliger, nicht beabsichtigter.
BEIF.\RBE, f. mischfarbe: so man schNvarz mit weisz ver-
mischt, wird darausz graw. also ist es auch mit andern beifar-
ben und vermischten färben zu verstehen. Paracelscs 2, 304*.
BEIFASSEN, nebenbei anfassen: sie würde nur beitreten
und beifassen, so dasz immer eine andere dame das kind
vor der sichtbaren weit halten könnte. Hippel 8, 33.
BEIFLECHTEN, implicare, einflechten: noch eine bliune
beiflechten; beigeflochtene lilie.
BEIFLICKEN, assuere, anflicken: ich trieb den satz weit
und flickte noch bei. J. Pacl teufelsp. 2, 23.
BEIFLIEGEN, advolare, herbeifliegen. Henisco 258.
BEIFLIESZEN, affluere.
BEIFOLGEN, comitari, adjungi:
niemand ist, dem nicht was von thorheit folgte bei,
der, dem der sinn ist klar, der merkt wie grosz sie sei.
l.OGAü 2, 2, 37 ;
beifolgender brief, beifolgendes geld. im adv. beifolgend sende
ich.
BEIFRAU, f. concubina, auch serva adjutrix: denn als Ja-
sons junge beifrau diesen schleier angezogen und die kröne
aufs haupt gesetzt, ist sie lebendig darin verbrannt. Lacrex-
BERG acerra 106. eine der hebamme beispringende helferin
heiszt beifrau.
BEIFREUDE, f. sodctas laetiliae, gegensalx des beileids,
auch mitfreude:
und wir sollten unsre beifreud nicht in liedem lassen aus ?
vox Birken G. 3S7 ;
sich aufrichtig bemühen, das natürliche gesetz der liebe durch
mitleiden und beifreude zu erfüllen. Gellert 4. 81 ; dem feste
zu ehren eine beifreude bezeugen. Hippel 3, 236.
BEIFUGE, f adjunctio, beilage, anläge: beifuge von Ur-
kunden, nur in der canzleisprache. s. anfüge.
BEIFÜGEN, nnl. bijvoegen,
1) adjungere, addere, anßgen: dasz sie für arge ketzer
dit^enige straft, welche ire zusatz, verkleisterung, anschmie-
rung, beifügen und ändrungen nit wollen für das unßübar
wort gottes annemnicn. bienenk. 17';
ein hoher sinn ist wol vergnüget,
im fall ihm solch ein liebes kind,
da <ichönheit sich bei lugend lindt,
wird von dem himmel beigcfüget. Neumark /iu<w. 84;
den rosen auch die lilie beifügen, hinzufügen, mit dem bei-
fügen, mit dem bemerken, addendo: und setzte es dem notarius
mit dem beifügen auf den köpf. J. Paul flegelj. 1, 65.
2) afferre, inferre, zufügen : es solle der pfalzgraf der Stadt
keinen schaden beifügen lassen. Scuweixichex 1, 175 ; so wäre
seines beigefügten Schimpfes vil eher vergessen worden, pol.
maulaffe 209.
BEIFÜHREN, domum dedtuere, die braut, die frau heim-
führen: endlich als man sie wolt beiführen, must man sie
erst über ein gasz führen. Helvicus jüd. historien. Giesien
1611. 1. 166.
BEIFUSZ, m. arlemisia vulgaris, ahd. plpÄJ, vielleicht auch
pipu; (Graff 3, 22), mhd. blbd; : grü;. Ls. 3, 526. GA. 1, 55 ;
später iterderbt in beifusz, nnl. bijvoet (für bijvöt). ein alter
1371
BEIFUSZ — BEIGEHEN .
BEIGEHüRDE — BEIGESELLUNG 1372
mannsname war von dem kraut entnommen: Beböj. Dronke
Ir. fuld. 420. ScHANNAT n* 348, mhd. Bibuj, in Urkunden von
1330. 1346. 1357 (berichte des Bamberger Vereins 10, 107. 129.
136. 138. 145); ein Nürnberger buchdrucker um 1514. 1517 hiesz
Peypus. die echte form wahrt ein heilmittelbuch von 1400
{cod. gissens. 992 bl. 12S') : bibes ist ain crut, wer fer welle
gaun, der sol es tragen, so wirt er nit mued sere uf dem
weg, der tüfel mag im ocb nit gescliaden und wa es in dem
hus lit, es vertribt den zober, vgl. mythol. 1162. vocab. teul.
JVürnft. 1482 d7' schreibt noch beiposz, vocab. ex quo Ellvil
1469 aber byfuysz, «'Je er für incus setzt anfusze statt anbosz ;
vocab. ine. teilt, byfus. Dasvpoüius und Serranus haben bei-
fusz, Maaler 67' beifusz, Hemsch 258 beifus. Schnurr 249
beifusz; eiternesseln und beifusz. maulaffe 310. die ober-
sächs. bauern 7toch richtig bcips. Die benennung hat ohne
zweifei nichts zu schaffen mit fusz, scheint aber uralt und ge-
bildet wie anapo; incus, welchem der sinn von pipuj ganz
nahe stehn könnte, abergläubische meinungen und gebrauche
müsten ihn erklären, klopfte man an das kraut oder schlug
man damit auf menschen?
BEIFÜSZSAFT, m. syrupus artemisiae. Stieler 1663. schon
das mhd.
trinkent ir ouch biböj? L«. 2, 526
geht auf einen heilkräftigen kräuterwein.
BEIGABE, f additamentum:
als beigäbe des lebens, als äuszerer zierrat errreut sie {die kunst).
Röckert 276.
BEIGANG, m. via aversa, seitengang, nebenwcg, ganz ver-
schieden von begang ritus, ahd. pikanc, biganc.
BEIGÄNGER, m. comes, commililo: da ich mit den besten
meiner beigänger oder beiläufer collationierte. Hippel 3, 179.
BEIGAST, m. convivator, nebengast.
BEIGE, /■. strues, ahd. p!ga f. und pigo m., mhd. b!ge. Lanz.
1540. 2337. heute nur in der Schweiz (Stald. 1, 153. Tobi.er
52), in Schwaben (Schmid 57), Baiern (Schm. 1, 158) und Ost-
reich forllebend, auch in die form beuge, beug, mhd. biuge
übergehend, es wird darunter vorzugsweise ein geschichteter
holzhaufe, scheiterhaufe verstanden, vgl. über das verbrennen
der leichcn s. 32. Henisch 258 hat beig, holzbeig, meta, strues
Ugnorum, Maaler 68* die big, ze samen getragner bauf; in
einer schwäbischen urk. von 1501 heiszt es : die nachburen sol-
len die baigen in dem hof zu gemeinsamen kosten buwen
und unterhalten {worunter doch auch baien, fenster gemeint
sein können); do ich nun custos was, halt ich oft nit holz
inzuheizen, nam ich war, welche leien in die schul giengen
und si schitterbigen {Scheiterhaufen) vor den hüsren iiatten,
das ich umb mitte nacht vor und nach bin gangen und holz
zutragen. Tiio. Plater 37 ; etwa ain Jail des raubs und beig
(häufen) der übelgewunnenen guter. Frank 54. J. beigen.
BEIGEBEN, adjungcre, addere, nnl. bijgeven : ich musz ihm
einen gehülfen beigeben; er ward ihm zur begleitung beige-
geben, klein beigeben heiszt gelinde außrelen, die saiten her-
abspannen: ihr seid desperate leute hier, aber ihr werdet
klein beigeben, wenn ihr die erste stückkugel sausen hört.
Armm schaub. 2, 264. scheint vom spiel entnommen, wenn man
eine geringe karte zuwirß.
BEIGEDANKE, m. sententia, cogitalio secundaria, nebenge-
danke: ich habe wegen dieses handeis meine beigedanken;
wo er denn allerlei neckische beigedanken schelmisch hervor-
blicken liesz. GöTiiE 25, 154; wie alle tonkunst so sehr das
junge ohr ergreift, das noch keine nebensinne und beigedan-
ken verschlieszen oder verwirren. J. Paul aesth. 2, 222.
BEIGEFÄHRTE, m. socius, comes:
so gellt in gleichem amt der kleine beigerchrte
der gruszen herdc her, eh ihm der kopr noch harte
von iiörnern worden ist, trägt stirn und hals empor,
als wie sein vatcr pflegt, und tritt dem viehe vor.
Opitz 1,227.
BEIGEHEN, nnl. bijgaan.
1) neben her gehen, beifolgen: beigehendes schreiben; ist
es nicht die grüsztc Ungereimtheit, dasz ich ihnen beigehen-
des buch schicke? Lessinc 12, 266.
2) animum subire, beifallen: wenn mir nur nicht, bei alle
dem, immer der gedankc l»eigienge, durch die gegenwart des
hauptmanns würde nichts gestürl. Gothe17, 11; in erwartung,
dasz nach einiger zeit mir manches beigehn würde, das noch
zu seinem vorlheil gereichen könnte. 20, 207 ; diesem gedan-
ken will ich keinen gröszeren werth geben, indem er mir nur
gelegentlich beigegangen. 60, 212 ; was euch sonst beigebt, be-
denkt, beredet und richtet aus. an Knebel 358; es konnte
mir nicht beigehn, ihn zu beleidigen; kein zweifei ist mir
darüber beigegangen {beigekommen).
3) sich beigehen lassen, in animum inducere : der oder die-
jenige, welche sich beigehen liesze, einem zärtlichen paar in
eine grotte nachzuschleichen. Wieland 13, 207; liesz sich aber
beigehn, zu grüszerer Vertraulichkeit seine pfeife anzuzünden.
TiECK 4,35; so liesz ich mir beigehn, auch selbst einmal zu
componieren. nov. kr. 4, 40.
BEIGEHORDE, f. parergon, nebenwerk: wenn sie nicht
etwa einem höhern werk als beigehörde dienen. Herder 19, 43.
BEIGELEIT, n. comilalus, nebengeleit.
BEIGELN, explorare, probare, baigeln prüfen, vocab. 1482.
vgl. beigler und beibclen. Stalder 1, 153 hat für beigeln die
sinnliche bedeutung rupfen, 1, 154 aber die form heilen, s. die-
ses wort und beil.
BEIGEMACH, n. cubiculum adjunctum, nebenzimmer:
weicht ihr ins beigemach; Lohe.nsteim Ihrah. 73, 61.
BEIGEN, struere, holz aufsetzen, Stalder 1, 153 beigen, auf-
beigen, aufstapeln, Tobler 52 biga, Maaler bigen; ein star-
kes vcrbum, das mhd. bigen, beic, bigen lauten würde.
Thypliocus understund in iiimmul ze siigcn
und fieng an die bcrg ut'einanderu Iti^un.
IIaxs voff HÜTK fastn. sp. E2;
im alemannischen Schwaben sagt man erbisz bigen, inania
tentare, puerilia tractare, damals balg ich noch erbisz, tum
valde puer fui, was auch ausgelegt wird, tum nondum natus
fui. Wegen der nebcnform beug und beuge liesze sich an
biegen bog denken, und Alberus schreibt ich beig die knie,
flecto genua, für ich beug, Hemsch 258 beigen krümmen;
richtiger wird man aber biegen ßectcre und bigen struere sorg-
sam auseinander halten, möglicherweise berührt sich bigen mit
bt und bauen, aufbauen (sp. 1170 und sl. streit' struere sp.
1188). das für bauan vermutete hagvan = facere könnte in
bigan balg ein neues ablautendes verbum gebildet haben, viel-
leicht gehört auch beie, beige fensler mit nicht geringerem
recht dazu, als beie apis. Schmeller 1, 158 führt an baiggen,
steigern, höher bieten, Schmid 58 beugen, im aufstreich ver-
kaufen, wäre das wiederum struere, cumulare? oder lieber
goth. baugjan, engl, buy?
BEIGENÜSZ, m. nebengenusz: ein guter humor, wodurch
für geistreiche leser ein geschmackvoller beigenusz bereitet
wird. Göthe 39, 223.
BEIGERICHT, n. beiessen, nebengericht : under disen orde-
nungen oder gesalzten was das eine, das sie haltend leges
cibarias, wie man essen soll morgens und obens, und wie
vil man trachten und beigerichten haben soll. Keisersb. post.
3, 88 ; er erzählt, was für braten und beigerichte aufgesetzt
worden sind. Rabener t, 123 ; bigeriht. von guter spise 54.
BEIGERTE, f virga secundaria, nebengerte, nebenzweig:
die weingartranken oder beigärten von den reben zu seiner
(des Winzers) wärmung sammelen. Sebiz 52.
BEIGERUCH, m. s. beigeschmack.
BEIGESCIIIRRIG, von pferden, die einander beigeschirrt,
beigespannt werden und dann anstellig. Schm. 1, 164.
BEIGESCHMACK, m. sapor secundarius, alienus, beischmack,
nebeng eschmack: die speise, die sache hat einen widrigen bei-
geschmack.
BEIGESCHMUCK, m. ornamenta secundaria, nebenschmuck :
und über das so liesz auch zu den schönen walTen
den andern beigescbmuck der könig noch verschaffen,
er hefte perlen drauf, viel gold und edle stein.
Werders .Ariost 17, 69.
BEIGESELLEN, adjungere, consociare, zugesellen, gesellen:
du wirst mir nimmer buigcscilt. Lichtwer 1, 10;
wo ist das arme weih auf dieser weiten weit,
das nicht an einem solchen tage
gern ihrem wünsch ein scherfclicn beigesellt? Gottkr 1,289;
wie grausam, hätte nicht dem Wechsel, ihn zu mildern,
ein guter gott erinnrung beigesellt! 1,328;
und so erwuchs ich still am stillen orte
in lebensglut den schalten beigesellt,
da stand er jilotzlich an des klostcrs pforte,
schön wie eui gott, und männlich wie ein held.
Schiller 498';
sie wurden ohne schonen
den bleichen »chatten beigesellt. I'feffrl 6, 63 ;
wisse, dasz der ewige uns einen geist beigesellt hat, der ftihig
ist zu wählen und thälig zu sein. Klinger 5, 340; weil sie
nicht zum wesentlichen (principale), sundern auch zum bei-
gesellten (accessorium) gehören. Kant 1,265. beigesellter Ate«
im 17 jh. ein adjuncl,
BEIGESELLLNG, f. assoeiatio: den begrif der Ursache,
1373
BEIGETHAN— BEIHÄ>'DIG
BEIHAXG— BEIHER
1374
wie Hume that, von einer öfteren beigesellung dessen, was
gescliieht, mit dem, was vorhergeht, und einer daraus ent-
springenden gewohnheit ableiten. Käst 2, 38.
BEIGETHAN, favens, addklus, zugeihan, ergeben: dasz sie,
auch mir entweder mit blutfreundscbaft oder verwandnis bei-
gethan sind. Opitz poelerei 3*; die hohe gunst, mit welcher
e. f. gn. unserer alten, reinen und ansehnlichen spräche bei-
gethan ist. Opitz ged. S* ;
0 Juli, der du mir für allen beigcthan. 2,415;
bleiben euch in gnaden beigethan. stil fürstlicher erlasse.
BEIGEWÄCHS, n. excrescentia, nnl. bijgewas, gewöhnlich
blosz gewächs.
BEIGEWICHT, n. addilamenlum ponderis: alles was man
von ihm zu wissen begehret, ist dieses, ob er seinerseits in
die wagschale des einen oder des andern etwas zu legen
habe, welches in gegenwärtigem falle den ausschlag zwischen
ihnen ändere oder vermehre, nur ein solches beigewichf, auf-
richtig crtheilet, macht ihn dazu, was er sein will. Lessisg
8, 212. vgl. übergewicht, pondus majus.
BEIGIESZEN, 1) jtixla fundere, nebenbei, torbei gieszen : die
vürdertheile des rockes sahen aus, wie sie mit bleche be-
schlagen wären, vom desle {squalore) des beigegossenen bieres.
maulaffe 163. 2) ajfundere, hinzu gieszen.
BEIGLAUBE, m. superstitio, aberglaube, nnl. bijgeloof: ja
nit gnug wer, all ir sect und beigiauben anzuzeigen. Fräs»
«eltb. 44'.
BEIGLER , m. explorator, winpaigler, dimensor doliorvm ;
paiglerstab, dimetiendi virgula. Coslenzer Satzungen. Stalder
1, 154 hat beiler. s. bei! und heilen.
BEIGLIED, m. membrum secundarium, nebengliedin der seu-
lenordnung.
BEIGÖLLE, 5. begelle (sp. 1291).
BEIGOTT, m. deus falsus, nebengotl: got wil allein got
sein, und kan kein beigot leiden. Fraxk paradoxa 123*.
BEIGRUFT, f. sepultura, begräbnis, vgl. begreb: bin ich zu
derselben fürstlichen begnibnis erfordert worden, auf welcher
beigruft ich habe helfen lichter tragen. Schweimches 1, 64.
vgl. mhd. bigraft. Ben. 1, 562'.
BEIGÜRTEL, m. crumena, Hemsch 258, mhd. blgürtel (Ben.
1, 593'), ein atiszer dem hauptgürlel anhangender nebengürtel,
meist um geld darein zu tliun. Scu». 1, 164.
BEIGUf, n. nebengut.
BEIHABEN, simul habere, adhibere, daneben haben: sampt
einem trommeter und beihabender schönen reuterei. Spee g. tu-
gendb. 23S ; beihabende Soldaten, hehamme 3. uie unterhabende.
BEIHANDEN, adv. ad manus, vorhanden, zuhanden, vgl.
abhanden : auch derselben antwort gleichlautend Schriften bei-
handen. reichsabsch. von 1518 §. 1; ob unsere bezalung auch
für voll von gott angenommen wird, demnach wol geschehen
mag, dasz der einnemmer und rentmeister dieselbige bei ban-
den behalten möcht. bienenk. 108*; wenn sie dispensieren
wollen, gleichwol aber nicht alle im recept benennete und
terordnete species beihanden haben. .Schlppics 644 ; auf dasz
recht fromme und wolgcsinnte geistlichen, die unter churf.
durchl. Schutz gefunden, dero beihenden sein möchten. Leib-
NiTZ 2. 278.
BEIH.\NDIG, ad manus, praeslo, tgl. abbändig, adjectirfor-
men aus dem adv. entsprungen.
1) beihändig haben, zur band haben: mit vil mererm In-
halt seines schreiben, welchs ich noch beihendig hab. Chmel
Maxim. ».336 (0.1512); sampt den manungsbriefen, dern ab-
schrifl berurter unser gesandter beihendig bat. La>z Karl 5
i. 436 (a. 1550); damit er disz in jhener weit braucht und
beihendig hell. Fraxk iceltb. 66'; das si die mappa und sil-
berin blech beihendig haben. 160';
und wer schon hat der eins beihendig. II. Sachs II. 2, 72*;
wer reichlhumb hat bei ihm beihendig
und sich des r.-ist berhümen nril,
der hat der neider mehr denn vil. 11.4,51';
die brier h.-ibt ir beihendig. IV. 1, 95'.
2) beihiindig sein, praesto esse, vorhanden, zur band sein :
ein kanten mit öl erwüscht, die ongefahr beihändig und ent-
gegen {obviam) war. Fra!«! 69 ; und wie durch die «onn, mon,
»teni, lufl die frücbt der erden sichtbar erfunden werden,
dasz sie die machen wachsen, also mag auch nichts wachsen
in der mutter, es sei denn, das solche dement auch beibün-
dig sind. Paracelsl's 1, 70*; wie wol ein philusophus mag
erkennen, das alles das so hilflich ist und beihendig dem zer-
genglicben, auch zergenglicU ist. 2, G'; darumb su ist diesel-
bige kunst noch nicht vergangen, sondern noch beihendig.
2, 270'; sein ampt ist, das er den obersten vertritt, so er nit
beihendig ist. Froxsperc kriegsb. 1, loo'.
3) beihändig, auch ohne haben und sein, vie vorhanden
adjeäivisch verwandt: Paulus hat alda gepredigt und zu in
{den Corinthem) zwo beihendig epistel geschriben. Frask cÄron.
IS"; also namen si das beihendig (vorhandene, vorrätige) gelt
zfi iren banden. 219'; also namen sie in mit rat willig auf
und das beihendig gelt zu ihren bänden. Kirchhof wendunm. 402* ;
ohn innerlichen, beihendigen und heuslichen rat. Garg. 210*.
BEIHÄNG, »». appendix. Hexisch 25S, heute anhang.
BEIHANGEN, juxta pendere, appendere, nebenbei hängen:
ihre rocke ziehen sie, wenns sehr kalt ist, über den köpf und
lassen die ermel auf den seilen beihangen, pers. reiseb. 3, 3.
das pferd beihängen, unw. doct. 698.
BEIHÄNGIG, appendens, praeslo : sie hatten schon bei einer
stunde vor ihrem schlafgemacb gewartet, wenn sie rufen würde,
derowegen waren sie alsobald beihängig. Amöne und Amandus IS.
BEIHASPEL, m. proles illegilima. s. beischlag.
BEIHEIT, f. praesenlia: das erste, was ein solcher mensch
merkt, ist die nahe beiheit der gegenwart gottes in der seele,
welches Salomo furcht gottes heiszt. Öttingeb vom Zusammen-
hang der glaubenslehre mit den letzten dingen. 1779 t. 121.
absichtlich wurden hier wol überflieszende worte gewählt, denn
die beiheil ist was nähe und gegenwart.
BEIHEL, n. securis, ascia, ahd. pihal, pihal, pigil, ptal
(Graff 3, 43), mhd. bil. bile (Bex. 1, 124*), nhd. bell, die alle
Schreibung dauerte aber in Süddeutschland fort: beihel. Kei-
sebsb. lebkuch. 82 ; wenn du eim ein fliegen oder ein mucken
von dem antlit wilt treiben, so soll da die nicht dannen trei-
ben mit eim beihel oder hechel, sunder mit eim fliegenwadel.
Sünden des munds 36'; sie haben mir viel ext und beihel ver-
derbet, das icbs inen nicht verzeihen kan. schimpf und ernst
eap. 439 ; welcher Vulcanum bat, das das er im das bim mit
einem beihel aufliie. Frank 50; dasz man mit beiheln die
thür zu im hat müssen aufhauen, bienenk. 194'; beihel. Rihel
Uv. 61; in erbawung des teinpels kein hammer noch beihel
gehört. Reiszner Jer. 1, 41"; äxt, beihel, messen Creidics
1,256. Dasvpodics schreibt bihel, biel 14'. beiel 220'. 311*;
M.AALER biel 6S'; Henisch beihel, beiel 257. Dies H in pihal
könnte nun unwesentlich scheinen, wie in fihila für fila, feile,
in der Schreibung stebic, slihef, seher ßr steic, slief, sSr
{gramm. 1, 1S8. 189), wesentlich, wenn f/ia» das mlat. bicellus
hastula amentata (Dlcance 1, 674'), mhd. bickel Spitzhacke
(Ben. 1, 116') erwägen will, sollte rciXtxvi verwandt sein, so
müste eine Umstellung von pilah in pihal stattfinden, TtiAexvs
ist aber skr. parasu (Bopp 210"), was wenig mehr anklingt an
beil. Da nun auch alts. bil gen. biiles schwert bedeutete. Hei.
148, 22. 149, 4. 20, im Hildebrandslied suerlil bauwan, billiü
bretön parallel stehn, in ags. gcdichten bil gen. biiles oß wie-
derkehren, so ist die gleichstellung von pihal, pihil und bil
gar nicht zu bezweifeln, mehr unter beil und bickel.
BEIHELFEN, adjuvare: sich einander nicht zu verwirren,
sondern zu unterstützen, beizuhelfen. Herder 7, 28; die ab-
tbeilung der wirkenden mitglieder, der ehrenmitglieder und
einer besondem classe beihelfender mitglieder. Guthe45,385;
dazu beigeholfen haben. J. Pall Fibel 9. s. beihüife.
BEIHELSCHRACKEN, securi findere: lief in alle macht her-
nach, traf in mit eim groszen hebel, den er uf der achsel
trug, so gewis, als hett er das beihelschracken von den buh-
mischen bolzbauren gelernet. Garg. 198*. schracken ist spal-
ten, sprengen und gehörig zu schricken springen.
BEIHELSCHRACKER, ni. beilspalter: beihelschracker und
bolzbacker in Bühem. Fischart groszm. 71.
BEIHER, adv. juxta, obiter, nebenher, nebenbei, ganz verschie-
den von herbei, huc. Stieler 827 ; der kammcrdiener sollte beiher
reiten, irri;. der liebe 367 ; die kinder hüpfen und rufen beiher,
fallen, stcbn auf und klatschen in die bände. Klopstock 10, 250 ;
geweint! beiher mit gou auch wol gerechtet. Lbssinc 2, 324;
Alling, seit aus Aegypten wir das grld erwarten.
hat sie. Siltuh. wotii ihn liorcn* Mhafi. nicht nur nichts
bi-kommrn. Saladin. gutes mädcheu! auch beiher
mit vorgeschossen, nicht? 2,336;
beiher her nie den ganzen tag,
beiher im Sonnenstrahl. Bürger 86*;
dasz eins und anderes noch beiher sich zeige. Gütre 54,80;
ich bin als auditor angestellt und mache beiher meiner frau
amtshuuptmännin die cour. Götter 3, 183; Augustis flOteD-
blascn, dcrs nur so beiher mittrieb. J. Pall Tit. 2, 21.
1375 BEIHERSTELLEN— BEIKOMMEN
BEIHERSTELLEN, weidmännisch, nelze und läppen neben
dem treibzeuge aufstellen, vgl. belappen.
BEIHERZIEHEN, ein junges thier nebenher groszziehen.
BEIHOLEN, vela subducere, die segel einziehen.
BEIHÜLFE, f. adjumentum, subsidium:
sie bahneie das meer zur beihülf unsres reisens.
Hai.ler 134;
eine auszerordentliche beihülfe. Moser 1,322; dasz durch ihre
beihülfe ihre frau die zweihundert und erste besitzerin seines
herzens werden möchte. J. E. Schlegel 2, 363 ; hatte man sie
in ein bündnis wider die Calvinisten verflochten und letztere
durch ihre beihüife unterdrückt. Schiller 850; der ihm alle
mögliche beihülfe leistete. GötheIS, 192; alles was lebt findet
nahrung und beihülfe. 17, 346; als wir uns ihre beihülfe zu
erbitten haben. 43, 234 ; mir gereicht es {das werk von Leon-
hardt) zur groszen beihülfe, da ich endlich gern das ausspre-
chen möchte, was mir im kragen sitzt, an Knebel 519.
BEIHÜLFLICH, subsidiarius, aushülflich.
BEHAGEN, n. venatio secundaria, weidmännisch, ein heck-
jagen, im gegensatz des hauptjagens.
BEIKARTE, f. die niedrige färbe im spiel.
BEIKÄSTCHEN, n. cista juxla posita: welches (ßrslliche
archiv) in einem beikästchen ganz heilig aufgehoben war.
Weise erzn. 231.
BEIKIND, n. spurius, bastart. s. beihaspel, beischlag.
BEIKIRCHE, f secla, haeresis: welchs nachmals ein bei-
kirch, sect, nebenweg, beileer heiszt. Frank chron. 453*.
BEIKLAGE, f. wie beifreude, beileid, socieias trisliliae,
mitklage, er ergrif ihn durch rath, durch beiklage, durch
zusagende Weichheit. Dyanasore 4, 181.
BEIKNECHT, m. servus servo assislens, der dem ordentli-
chen knecht zur hand geht, wie z. b. in marställen geschieht,
die Winzer nennen beiknecht eine junge, neben die abster-
bende alle gepßanzte rebe, welche demnächst an deren stelle
treten soll. i
BEIKNETEN, addepsere : dem roggenmehl auch gerstenmehl
beikneten, figürlich, er hat der übersetzten abhandlung noch
seine eignen gedanken beigeknetet.
BEIKNOSPE, f gemma secundaria, die kleinere aus der
blattachsel sprieszende knospe.
BEIKOCH, m. hülfskoch, aide-ctUsinier.
BEIKOMMEN, accedere,
1) adjunctum esse, mit eintreffen, fast nur im pari, praes.:
beikommendes schreiben ; wie solches in beikommender rech-
nung verzeichnet ist; beikommende zwei erklärungen werden
ihnen tiefen der erkenntnis und empfindung üfnen. Güthe 56,
234; dasz ich mich immer träumend an den erscheinungen der
natur und an der liebe zu ihnen weide, sehen sie an bei-
kommendem, an fr. von Stein 1, 109. sonst heiszt es, der
brief kommt hierbei, anbei, nicht bei.
2) accedere, subire, beifallen, einfallen : es kommt mir nicht
bei dies zu behaupten; wie könnte mir ein zwcifel beikom-
men?; lasz dir das nicht beikommen (u'ic beifallen, beigehn);
der argwöhn kann auf hundert mannsschrilte nicht beikom-
men. Schiller 164.
3) aequare, parem esse, nahe kommen, gleichen : sie kommt
ihr an Schönheit bei; der söhn kam seinem vater nicht bei,
erreichte ihn nicht; zwar dasz viele durch hunger verdorben
und umbkommen, ist niemand in abrede, aber dieses alles
kombt doch nicht bei dem was jetzt erzchlet worden. Schup-
PIÜ8 782 ; ihm sind nur wenige in der kunst die leidenschaf-
ten der menschen lebhaft und natürlich vorzustellen, beige-
kommen. Rabener 2, 215 ; unsere gottesgelehrten haben diese
unbillige strenge nie geänszert. selbst das was sie von den
lügenden der beiden sagen, kömmt ihr noch lange nicht bei.
Lessincö, 129; ein stein dem an alter kein einziger von den
beschriebenen beikömmt. 9, . . . ; der körper kommt umso-
weniger dieser proportion bei. Kant 8, 185; er faszt mit dem
sinn unaussprechliche werke und doch fühlt er den unwi-
derstehlichen drang mit Worten und buchstaben ihnen beizu-
kommen. GOtue 37, 54 ;
auf einmal kommt in eile
sein ganz (gestellt der eulo
verzerrtem ernste bei. 47, 4.
4) capere, vjncere, einem mit gewalt beikommen: wir wol-
len in verklagen, ob wir in uberforteilen und im beikomcn
mügen, und uns an im rechen. Jcr. 20, 10; bisz er (Christus)
dem stolzen und übersichtigen sathan wider mit göttlicher
Linderlist beikommel und seinen köpf zustichet. Mathesius
BEIKÖNNEN— BEIL
1376
72'; er fand desto leichter gelegenheit ihnen beizukommen.
Wieland 7, 91;
so viel als ich schon unternommen,
ich wüste niclit ihr beizukommen. Göthe 12,71;
unsre theaterfreunde suchten auf alle weise diese Verwir-
rung zu lösen, diesem eigensinne beizukommen. 19, 189 ;
wie man diejenigen durch kleinigkeiten gewinnt, denen man
durch bedeutendes anerbieten nicht beikommen kann. 22,
204 ; es ist gar zu schwer unserm sogenannten vaterlande
beizukommen. Tieck 15, 294; einem rechten Juristen komme
der teufel selber nicht bei. J. Paul flegelj. 1, 45 ; es hängt mir
zu hoch, ich kann nicht beikommen ; es war ihm von keiner
seile beizukommen.
5) seinem schaden, verlust beikommen, Schadenersatz er-
langen, wie man auch sagt, wieder zu seinem schaden, sei-
nem gelde kommen: wäre der stürm, der die hütte des
fischers niederrisz, nicht gewesen, so hätte itzt auch kein rei-
ches schif an den Strand können geworfen werden, durch
dessen plünderung der fischer seinem schaden so wol bei-
kam. Lessing 6, 110. kann zu 3 oder 4 gerechnet werden.
BEIKÖNNEN, vincere, in der bedeutung von beikoinraen 4,
und aus der ellipse von kommen zu erklären:
wer sonst bei hofe treulich dient und dem man nicht kan bei.
LoGAU 3, 9, 97 ;
d6m volk kann weder wasser bei noch feuer. Schiller 545'.
BEIKRAUT, n. zulhat von kraul bei speisen.
BEIKRIECHEN, adrep/re, vom gezüchtigten hund, der sich
beschämt versteckt; jetzt kriecht er klein bei, jetzt ist er kurz
und klein, gibt er nach.
BEIKÜPPELN, gleichsam adcopulare:
er ist ein hurenwirl, und kuppelt jedem bei
von schänden, was er wii, von Sünden mancherlei.
LoGAU 3 s. 217.
BEIL, m. mhd. bil, ein früher sehr gangbares jägerworl,
wofür Ben. 1, 123 belegstellen gewährt, heute fast nur in hei-
len, verbeilen und den Ortsnamen Beilstein, Bilstein fibrig,
wodurch jagdplätze bezeichnet sind, auf welchen das wild zu
stand gebracht und erlegt wurde, der hirsch steht 'ze bile",
engl, at bay, franz. aux abois, er wird, von bellenden hunden
umringt, gefällt und erlegt, zu verwundern, dasz ein solcher,
mit der unermüdlichen jagdlusl eng zusammenhängender aus-
druck bei dem Weidmann erlöschen konnte, seine würzet musz
in bilen beil latrare, das sich neben bellen, bal entfaltete,
liegen.
BEIL, n. securis, wurde schon vorhin unter der älteren ge-
stall beihel abgehandelt, hier sind noch beispiele der neueren,
seit sie sich festgesetzt hatte, anzuführen, man versieht dar-
unter ein hauendes, schneidiges Werkzeug mit einem stiel, und
zu verschiednem gebrauch verschieden gebildet, im alterthum
scheint es oft gleichbedeutig mit schwert, gewöhnlich ist es klei-
ner und faustgerechter als axt und barte, aber gröszer als das
messer, wurde früher auch geworfen, s. handheil, wurfbeil,
henkerbeil, richtbeil. zimmerleute führen axt, kein beil.
Und muste ganz Israel hin ab ziehen zu den Philistern,
wenn jemand hatte ein pflugschar, hawen, beil oder sensen
zu scherfen, und die schneiten an den sensen und hawen
und gabbcln und heilen waren abgeerbeitet und die Stachel
stumpf worden, l Sam. 13, 20. 21; und da das haus gesetzt
ward, waren die stein zuvor ganz zugericht, das man kein
hamer noch beil noch irgend ein eisen gezeug im hawen hö-
rete. 1 kön. 6, 7 ; man sihct die e.xte oben her blicken, wie
man in einen wald hawet, und zuhawen alle seine tafelweik
mit beil und harten, ps. 74, C; denn der beiden götter sind
lauter nichts, sie hawen im walde einen bawm und der
Werkmeister macht sie mit dem beil. Jer. 10, 3 ; was gewälti-
get holz? das messer. was stein? der {so) beil. Paracelsus
1, 567*;
ein iungfraw toll
der innerlichen boshcii voll,
mit einem scharfen beil (zuii^e) gerüsl,
waschhaflig und voll hiindeslist.
HiNGWALD laut. warn. 309;
ach gebt der boshoit keinen räum,
steck! in der zeit ein beil zum bäum.
to liest die zu Rroda gedruckte Umarbeitung, hei Ringwald
selbst 280 steht ein stock zum hauin ; dasz Deutschland auch
beil und stecken {fasces) gleichsam zum täglichen sclirecken
fürlragen sehen musz. Lohenst. iirm. 1, 19;
sie treibt dem beil des henkers mich entgegen. Scaiiii«.
1377
BEIL — BEILÄÜFTIG
Sprüche und redensarten: wirf das bell nicht so weit hinweg,
dasz dus nicht wieder holen könntest. Simbock S91; aber
mich dünkt, sie werfen das beil viel zu weit. Lcther 8, 82" ;
das beil zu weit weHen = lügen. Kikchbof wendunm. 246* ; er
warf auch bisweilen das beil so weit {schnitt auf), dasz ich
selbst vor ihn sorgte, wo ers wieder finden würde. SimpL
2, 323 ; wann er nur sonst das heil nicht zu weil werfe. poL
colica 262.
BEIL, n. incisura dolii? leg ihn {den eingepökelten fisch)
in ein sauber neues eichem faszlein . . . lasz es hernach
einen binder wol verschlagen und giesz durch das beil gu-
ten scharfen Weinessig darauf, lasz ihn also verbeilen, durch
das beil musz man öfters zusehen, ob der essig nicht mangle
und gleich wieder nachfüllen. Hohberg 1, 209*. dies beil scheint
mit beile talea {vgl. franz. taille) und beilele nah verwandt,
mahnt aber auch an beigein und beigler, beide müssen aiis
dem geschäß der faszbinder und iceinprüfer erläutert werden,
an beil, beihel axl darf man denken, insofern die kerbe da-
mit eingehauen wurde, s. bellen.
BEILADE, f. kleiner nebenkasten in einer gröszeren lade.
BEILAGE, f addilamentum, appendix, zutage: beilage zu
einer schrift, zeilung, zu einem gewicht, zu einer speise : das
buch hat drei beilagen; die metzger dürfen ein schlechteres stück
fleisch zu dem bessern legen und gleich theuer verkaufen;
der ist doch die wahre ausgefütterte gediegene pracht, selber
nach Oeischergewicht und ohne alle beilage. Tieck 3, 453 ; ge-
müse mit beilage.
Früher auch bald für beilager (z. h. Garg. 64'), bald für de-
posilum, hinlage, niederlage: und bin gewis, das er kan mir
meine beilage {naoa&i/xr^v) bewahren bis an jenen tag.
2 Jim. 1,12; diesen guten beilag {so) bewahre durch den hei-
ligen geist, der in uns wonet. 1, 14; riefen gott im birnnrel
an, der selbst geboten hat, das man die beilage nicht sol
Teruntreuen, das er den leuten das ire, so sie an den ort
zu treuen henden beigelegt hatten, wolt erhalten. 2 Macc. 3, 15 ;
vor allen scheu dich dein gewissen zu beflecken,
wenn gott an jenem tag uns frolich auf wird wecken,
soll diese beilag uns ein kennezeichen sein,
im anblick aller weit, wer goites und wer mein.
Grtphil's 1, 2S3.
auch Hippel sagt noch biblisch : ich weisz an welchen ich
glaube und bin gewis dasz er mir meine beilage erhalten
werde bis an jenen tag, dasz der so meinen nelkensamen
gestreuet auch die nelken ablegen, dasz der so in mir an-
gefangen das gute werk es auch vollführen werde, lebensl. 3,
25$. $. beilegen B, 2.
BEILAGEB, n. eigentlich concuHtus, dann nuptiae, von vor-
nehmen leuten : das fürstliche beilager halten ; als Krates (aus
eifer die cynische lehre, dasz nichts natürliches schandlich sei,
durch eine auffallende that zu bekräftigen) sich die freiheit
nahm, sein beilager mit der schönen Hipparchia in der stoa
öffentlich zu vollziehen. Wielisd 9, 37; sobald das beilager
vollzogen ist. Gotter 3, 213; die rede geht im ganzen lande,
der herzog hab sich eure gn. zur gemahlin erkieset, und
nach dem feldzuge solle das beilager in Trier gehalten wer-
den. Fr. Müller 3, 68.
BEILASSEN, admittere, zulassen: ob es dem gemeinen
nutzen befürderlich seie, dasz rabbi Benisrael solle zugelas-
sen werden? letztlich wurde er beigelassen. Scbi'ppils 721.
BEILAUF, m. occursus: ich habe zwar von meinem vater
nur wenig und das im beilauf {obiter) gesagt. Hippel /e-
bfnsl. 1, 40.
BEILÄUFEB, m. pedisequus, salelles: Philaxd. 1, 28; ne-
bensl mir reisete nur noch ein gutscher und beiläufer mit.
Jueundist. 59; das beilSufer- und niäklerhandwerk. GOthe 24,
275; noch sind viele menschen der niederen classe bei han-
delsleulen und handwerkem als beiläufer und handlanger
beschäftigt 1%, 263. i. beiganger.
BFJLAUFEHIN, f. pedisequa, eoneubtna: aber einem seine
beilaufrrin, die einen buben von ihm halte. Hebels hausfr.MO.
BEILÄLFIG, tubsecivut: beiläufige arbeit, nachricht, bemer-
kunp.
BEILÄLFIG, adv. obiter: man richtete inmitten des Schau-
platzes ein schönes creuz auf, woraus ich schon das facit
machen konte, was es hinfüro beiläufig gehen werde. Spkk
tugendh. 101 ; zumalen ich deines lebcns künftige begebnössen
beiläufig sehe und wol weisz. SimpL 1,43; beiläufig gesagt,
en passant.
BEIL.VUFTIG, in gleichem it»n: ond sclireibl beileuIUf gv
BEILÄUFTIGKEIT— BEILEGEN 1378
nichts anders, das nicht zu aufrhur, zerlrennung, krieg, tod-
schlege, rauberei, brand und zu ganzem abfall des christli-
chen glaubens reiche und diene. Lcther 2, 427*; beiläuf-
lig um mittemacht lassen die befehlhaber die spiel hören,
KiBCBiioF mil. disc. 145.
BEILÄUFTIGKEIT, f. casus, zufall, gdrildH wie weitläuflig-
keit: zufällige beiläuftigkeiten bei dem weine sind die färbe,
der geruch. Wiedemaxs jan. 21.
BEILAUT, m. btaucht Logaü ßr aecent : ich gedenke, dasz
die einsilbigen worte ich bald lang bald kurz gesetzet, nicht
so wol aus übersehen, als dasz der beilaut im lesen und
reden alsdann so fallet, rorr. 2 ;
deutscher reimkunst meistes werk steht im beilaut oder schalle,
ob der silben ausspruch kur2, lang, und wo er liin verfalle.
2, 6, 26.
BEILBRIEF, m. Urkunde, wodurch dem Zimmermann der
bau eines schifs übertragen wird, er soll sein beil an das
schif setzen? doch in der Schweiz heiszt beilbrief ein auf
grundstücke ausgestellter Schuldschein, worin die jährlichen
Zahlungen samt den zinsen wie auf einem kerbholze verzeich-
net sind. Stalder 1, 154. s. beile und beilfertig.
BEILCHE.N, n. securieula.
BEILE, f talea, kerbholz. Dastpod. 239*. 303*. Stald. 1, 153.
heilen f. Maaler 56* {bei ihm unterschieden von biel, biele 68*
securis); er hat viel auf der beile, rechnung. s. oben das
drille beil und hernach heilen.
BE1LEGE.\, nnl. bijleggen, in mehrfacher bedeutung des zu
und neben.
A. sinnlich genommen,
1) zu einem legen, an eines seile legen, namentlich zum
beischlaf: er legte ihm seine tochter bei, gab sie ihm zur
ehe; da sprach Sarai zu Abrara, ich hab meine magd dir
beigelegt, nu sie aber sihet, das sie schwanger geworden ist,
musz ich geringe geachtet sein gegen ir. 1 Mos. 16, 5 ; dasz
Oda einem könige aus Rugia sei beigeleget worden, mit dem
sie einen söhn gezeuget habe. Micrälids o. P. 2, 205 ;
wil der herr, dasz seine fraw ibre magd ihm lege bei?
LoGAU 2, iug. 23.
s. beilager.
2) sacken zulegen, addere: du must noch drei golden bei-
legen, d. h. den gebotnen noch drei beißgen; dem brief einen
andern beilegen, einlegen; dem brief einen groschen für die
bestellung beilegen; meine frau will auch noch etwas beile-
gen. Schiller an Güthe 429;
was hilfts mir armen doch! legt deine scbwestertreu
zu meinen tagen gleich noch lange jabre bei ?
J. E. SCBLE6EL 1, 51.
3) hei Seite legen, seponere, deponere, ablegen : gewand bei»
legen, von sich, zur seite; die waffen beilegen, niederlegen;
alsbald diser held, sein irdiscbes gewand
beilögend in den sal des bimmels eingetretten.
WeciHERit^ frSS;
leget doch ein weil die rock und kleider bei. 741;
wer dich im kriege sieht, der leirt die waffen bei.
OPITZ f,5;
das segel beilegen, niederlassen: ein armer teufel, welcher
gerade oben das bauptsegel beilegte, flog wenigstens drei
meilen weit vom schiffe weg, ehe er zu wasser fiel. Münch-
hausens reise 67 ; das schif beilegen, die meisten segel einzie-
hen und langsam fahren, das buch beilefgen, hinlegen, lie-
gen lassen: ich habe den Hesekiel beigelegt, doch verdeud-
sche ich dieweil die kleinen propheten. Llther 5, 121*; nach-
dem er das buch beigeleget. Simpl. 1,36. engl, lay by.
B. absiract genommen,
1) beilegen, asstgnare, attribuere, imponere: einem gute
oder böse eigenschaften, litel, namen beilegen ; ein Terbrecben,
eine schuld beilegen;
wer bei bof am minsten wiget,
steigt am meisten in die por,
dem wird gnade beigelegei,
der sonst leichte wie ein robr. LOGAti 3 s. 209t
wann es junge lenle anfiengen, muste man es ihrer nner-
fahrenheit beilegen. Schuppil's 390; klüglich einem jeden .sein
recht thäl und beilegte was ihm gebührete. ehe eines man-
mes 214; das lob, das ich seinem leser beilegte. Wieland 2,
73; die herkunfl, die ihm dein gesländnis beilegt. Gotter 2,
28S; legen wir nun der erde eine bewcgung in entgegenge-
setzter richtung bei. LicirrE?»BE«c 5, 198.
2) beilegen, reponere, deponere, zurncktegen, hinterlegen,
aufheben: das er den leuten das ire, so sie an den ort zu
87
1379
BEILEGEN— BEILEN
BEILELE — BEIMESSER
1380
treuen banden beigelegt hatten, wolt erhallen. 2 Macc. 3, 15 ;
gott anriefen, das er das gut deren, so es dahin beigelegt
hatten, erhalten wolle. 3, 22; umb der bofnung willen, die
euch beigelegt ist im himmel (propler spem quae reposita est
vobis in caelis). Col. 1, 5 ; hinfort ist mir beigelegt die krön
der gerechtigkeit (in reliquo reposita est mihi corona jusli-
tiae). 2 Tim. 4, 8 ; es ist ein zeddel ausgangen gebietend mei-
nen sermon von dem heiligen sacrament aufzuheben und
beizulegen. Luther 1, 218"; oder aber das aufs wenigst das
einkomen der nechst verlediglen prebenden als verfallen und
steligs ledig sollen beigelegt werden. 2, 176' ; so dasz er, was
ihm vor einigen {für einige) schriflen zugekommen, ihr (set-
ner Stiefmutter) zum besten beigelegt und damit ihr unver-
mögliches allerlhum unlergestützet. Brandts Taubmann II ; lege
itzo, da du was hast, bei (zurück) vor den nothdürftigen lag.
pers. baumg. 2, 4;
was jener alte narr in zweimal dreiszig jähren
hat sorglich beigelegt. Kachel 48;
sucht freuden beizulegen auf jene böse zeit,
wann brüst und ödem keicht. Uz 2, 31.
3) seponere, componere, nach A, 3 :
bei dir verhofT ich nun den rest von meinem leben,
das reisen beigelegt, in frieden aufzugeben. Opitz 2, 47;
wer ämpter hat, der lege sie nicht bei. 3, 126;
Teutschland hatte den dreiszigjährigen krieg beigeleget. Weise
erzn. 1 ; diesen verwegenen handel im stillen beizulegen. Göthe
14, 243 ; ein langer streit der sich nur schwer beilegen liesze.
TiECK 4, 121 ; die sache, der zwist ist glückhch wieder beigelegt.
C. intransitive bedeulungen {die ausfallenden casus leicht zu
ergdnzeti).
1) das schif legt bei, hält gegen den wind, in der schiffer-
sprache auch sticht, dreht bei.
wenn ihr frisch beilegt, holt ihr ihn noch ein.
SCMILLBR 518.
2) einem beilegen, einem beistimmen, zustimmen, beifallen,
nd. bislaan. gegensalz ablegen.
BEILEHNEN, an/eftnen; beigelehntes pförtchen. Rückert23.
BEILEHRE, f. nebenlehre, falsche lehre, irrthum : hie sehen
wir aber, das nicht umb leugnen des evangelii dem aposlel
zu thun ist, sondern umb andere beilere und nebenpredig-
ten, die das volk vom evangelio heimlich abwenden. Luther
1, 505'; und mag nicht verfüret werden durch menschenge-
setz und beileren. 3, 294*. br. 2, 78 ; was ist alle abgöllerei,
aberglaub, nebenweg, beileere, mcnschensatzung? Frank fcaum
des Wissens 140; welchs nachmals ein beikirch, sect, neben-
weg, beileer heiszt. chron. 453*.
BEILEIBE, s. bei sp. 1351.
BEILEID, n. dolor ex alterius dolore, misericordia, mitleid:
beileid haben, empfinden, beweisen, zu erkennen geben:
es kunte niemand nicht ein beileid mit ihm haben.
Fleming 11;
da ist kein klägcr nicht, der beileid mit mir trügt. 19;
da bedanktest du dich bei den herren für das herzliche bei-
leid. Schiller 107'. mitleid kann beleidigen, beileid nie.
BEILEIDSBESUCH, m. condolenzvisite.
BEILEIDSBRIEF, m. condolenzschreiben.
BEILEIDSBEZEUGUNG, f.
BEILEN, lairare, s. anheilen und bellen.
BEILEN, securi caedere, incidere, abscidere: ruften sie
nach hause und heilten ihm den köpf ab (abheilen). Wiede-
MANN decemb. 45. Zumal aber galt heilen, anheilen, abheilen
für das untersuchen der fdsser, prüfen, wie viel wein oder
hier ein fasz in sich halte, wie viel der wirt in heller gelegt
habe, zur bcslimmung des umgelds, der tranksteuer, da nun
neben heilen auch beigeln, heiglen geschrieben und gesprochen
wird, scheint die doppelform von heil «nd beihel, beigel se-
curis in betracht zu kommen, der einschnitt, die kerbe ge-
meint, die in den stab der wcinprüfer gehauen war, um das
gesetzliche masz für die höhe des getränks im fasz zu geben,
nnl. heiszt dies messen oder eichen (ijken) der fdsser peilen
und rfa» zeichen im mcszstab für die höhe der flüssigkeit das
peil oder der pegel, pegel ist der allgemeine niederdeutsche
ausdruck ßr das wasscrmasz an flüsscn. peil und pegel, de-
nen man sonst keine würzet ermitteln könnte, sind aus der
hochdeutschen in die niederdeutsche spräche aufgenommen wor-
den und bezeichnen die mit dem beil gehauene kerbe, nach
welcher das wasser oder das gelrdnk gemessen wird ; der name
blieb auch nacJidem andere zeichm an die »teile der kerbe ge-
treten waren.
BEILELE, n. taleola, kleine kerbe. Maaler 56*, verkürzt
heile.
BEILER, m. explorator dolii, sonst beigler, nnl. pegeler,
peiler. s. das vorhergehende heilen.
BEILER, pl. gingivae, ahd. pilarnä, bllarnä (Graff 3, 102),
das Zahnfleisch: wer der weit lust braucht, dem ist gleich
wie einem hunde, der einen harten knochen naget umb eines
kleinen safts willen, die beiler seiner zene werden im blutig
und je mehr er naget, je wirser er seinen zenen thut. Agri-
COLA spr. n* 239, wo die nd. Übersetzung setzt de balle siner
tenen werden em blodich. das wort scheint also mit arspelli,
eersbilie {sp. 566) verwandt, mehr unter biller, bilder.
BEILFERTIG, vom schif, wie es der Zimmermann liefert.
BEILICH, propinquus, vicinus, nahe, einfacher war das
adjcctivisch gesetzte he\ sp. 1357; beim beilichen, nahezu, ohn-
gefähr. Schmid schw. wb. 53.
BEILICHE, f. vicinilas, nähe: bei einer beiliche, ohnge-
fähr, beinahe. Schmid a. a. o.
BEILIEGEN, accumberc, concumbere, mhd. b! ligen. liib.
295,3. AfS. 1, 81"; nnl. bijliggen: und Jacob sprach zu Laban,
gib mir nu mein weib, das ich beilige. 1 Mos. 29, 21 ; also lag
er auch bei mit Rahel und hatte Rahel lieber denn Lea.
29, 30 ; so erwürget nu alles was menlich ist unter den kin-
dern und alle weiber, die menner erkand und beigelegen
haben. 4 Mos. 31, 17 ; Und ein böser geist, Asmodi genannt,
hatte sie alle getödlet, alsbald wenn sie heiligen sollen. Tob.
3, 8 ; so hab ich auch nu mich verehelicht und beigelegen.
Luther 3, 150 ; darum ich beilag in freuden und ehren und bin
gleich wie die braut ein reine Jungfrau gewesen. Schweinichen
2, 91 ; si bewilligt sich vertrauen {trauen) zu lassen, jedoch mit
vorbehält, dasz sie diesen abend in keinen weg beiliegen
wolt. 2, 305. wird heute in dieser bedeutung, gleich dem
transitiven beilegen, gemieden, obschon beilager noch gesagt
wird, beiliegen heiszt auch adjunctumesse: die Urkunde liegt
bei; beiliegendes schreiben; die beiliegenden örler.
BEILIEGER, m. accumbens, concumbens, beischläfer, wird
auch für concubina f. gesetzt: die scblafmegd und concubinen
oder beiliger. Keisersr. lebkuch. 88.
BEILKETAFEL, f. balllafel, kugeltafel. niederdeutsch. Fle-
ming 425 (421) schreibt peilke.
BEILKRAUT, n. coronilla securidaca, nnl. bijlkruid, eine
wickenart mit beilförmigen hülsen.
BEILSCHLAG, m. ictus securis:
denn es fiel ihr vater voreinst in dem kämpf
durch den bcilschlag dessen, an den in des ehbunds schnöde
gewalt
nun das losz sie geknüpft. Platkn 129'.
BEILSTEIN, m. ortsname für alte jagdplätze, auch Bilstein.
BEIM = hei dem, mhd. bime. gramm. 4, 368.
BEIMAGD, f. wie beiknecht.
BEIMANN, m. gehülfe, kann auch einen bezeichnen, mit
dem die frau, neben ihrem ehmann, zuhält.
BEIMELDUNG, f. additio: unw. doc/. 790.
BEIMENGEN, admiscere, beimischen, untermischen.
BEIMESSEN, attribuere, adjudicare, imputare, beilegen, zu-
schreiben :
so vielen Zeugnissen nicht glauben beizumessen.
Opitz Grolius s. 314;
ihr geistlichen, ei messet mir kein böses sonsten bei,
drum dasz von euch, die ich sonst ehr, ich sondrer mcinung
sei. l.OGKv 2, 6, 93;
Witzel wird mir schuld beimessen, dasz ich schreib auf lumpen
possen,
besser das pnppier verschrieben als beim pferdefang verschos-
sen. 3, 8, 91 ;
drittens wenn du siebest das würtchcn mang, so misz mir
nicht bei, wie es von etlichen geschehen, als wenn iclis ver-
sehen und ein niederdeutsches wort unter das hocbleutsch
gemenget. Neümarks lustwaldchen, vorrede; mit einer vorzüg-
lichen gütigkeit, welche ich einer mütterlichen gesinnung bei-
inasz. WiBLAND 2, 28 ; nicht wenige beklagten seine entfer-
nung und verwünschten die kalender und die tünzerin, denen
sie die schuld davon heimaszen. 8, 322 ; der alte niiszt sich
den tod seines sohnes hei. Schiller 114; schon fieng er an,
den worlen seiner Schwester glauben beizumessen. Göthk 22,
36 ; die scbntzhistoric, der er vorhin seine Ungnade bcimasz.
Münchhausens reisen 107.
BEIMESSER, n. euller appendcns: ein beimesser, das wol
schneidet, auf das du könnest die schindlen schnetzlen nach
deinem begerea. Würtz practica 214.
1381
BEIMISCHEN — BELN
BEIN
1382
BEIMISCHEN, admiscere: dem weine wasser, der speise
salz, öl beimischen; er mischte dem gespräch fremdartiges,
ungehöriges bei; du hast zu viel unglaubliches beigemischt,
als dasz man dir glauben könnte.
BEIMITTEL, n. subsidium.
BEIN = bei den: bein leuten, bein büchern, bein tha-
lern. SiiELER 142. 143 ;
0 kind, ich bitte dich bein göttern unsrer flur.
tiKLLEST 3, 395;
dasz nicht einer der Ächäer . .
gewaltsam seine bände gegen dich
empor bein bolilen schiffen heben soll. Bcrcer 143*.
BEIN, n. OS ossis. eins der merkwürdigen u-örter, mit wel-
chen unsere spräche ganz für sich steht und von ihren urver-
vandlen gesondert scheint, zugleich aber zeigen es alle deut-
schen Zungen roll einstimmig, zwar das goth. bain konnte
sich in keiner einzigen stelle der bruchslücke darbieten, im A.
T. würde es oft begegnet sein; nun ist aber Luc. 17, 6 oixa-
fiivos, morus verdeutscht bainabagins, worin man beinbaum
erblicken darf, der Gothe dachte sich cornus, hartriegel dar-
unter, einen bäum, der rothe beeren trägt und noch heute bein-
holz, rolhbeinholz heiszt, homkirsche, cornus ossea. auch dies
vort würde im A. T. wiederkehren. Luc. 19, 4 steht ßr av~
xouooe'a smakkabagms, feigenbaum, Luther gibt an beiden
stellen maulbeerbauin. da die steine der beeren und des obsts
in vielen sprachen ossa genannt werden, so verbürgt uns bai-
nahagms, dasz auch die Gothen das wvrt bain ßr os besa-
szen. ahd. pein, mhd. bein, altn. bein, alts. ben, niU. been,
schw. dän. ben, ags. bdn, engl. hone.
Zum gr. oaxeov fügt sich lat. os ossis ßr ost ostis, skr.
asthi und in allen sl. sprachen mit vortretendem K kost',
bOhm. kost, poln. kos<5, wie sich im lat. costa rippe der kehl-
laut erhielt, dem litt, kaulas, lett. kauls mag vielleicht das
lat. caulis, der harte theil der pflanze verglichen werden.
Unserm bein tritt aber schon frühe die jenem asthi, ocrriov,
os fremde bedeutung crits, tibia hinzu, da unter allen kno-
cken des leibs die des Schenkels und fuszes an grüsze vorra-
gen; läszt sie sich gleich im ags. ban, engl, bone, altn. bein
selbst nicht aufweisen, so erscheint sie dennoch in den altn.
Zusammensetzungen berbeinn nudipes , miobeinn gracilipes,
rdngbeinn laripes, ja man ist versucht, das verbum beina ex-
pedire, promere, das ndj. beinn eipeditus, rectus auf bein crus
zuriickzuführen. Die frage entspringt nun, wie sich beide be-
griffe, die des knochens und fuszes vereinbaren, für knoehen
bieten sich kaum andere Vorstellungen dar, als der härte und
weisze. beinhart ist auch steinhart, nach der eddischen kos-
mogonie wurde stein aus bein, »ach der friesischen bein aus
stein erschaffen, und wie die Griechen den harten obstkern
ocrriov, die Slaven kost , nennen wir ihn stein, man sagt,
es hat stein und bein gefroren, das heiszt hart, noch mehr,
die beiden Wörter bein und stein sind, ihren anlaut abgerech-
net, auffallend gleicher bildung. für wurzelhaß mag in bein
nur das B, in stein nur das ST gelten, da nun Bopp dem
skr. asthi mit vollem fug die würzet sthä stare beilegt, könnte
sie ebenwol in stains enthalten sein, folglich dem asthi,
oareop das deutsche stein entsprechen, und übrig bliebe, auch
ßr bein eine taugende ableitung zu entdecken. Xevxä oaräa
ist bei Homer ein ständiges episches epitheton, die nackten,
gebleichten, weiszen todtenbeine leuchten auf dem gefilde, die
weisien lähne glänzen in dem mund:
Ton sn4wi;em boine
nihe bi einander kleine
sus stuonden ir die liebten lene. Parz. 130, It ;
altn. sagt man hvitheinn, albipcs; bein aber gemahnt an fa-
voi weisz, licht und an yaiyio, ans ir. gal. ban und fion
weisz, welsche gwen, die laulvcrschiebung wäre in Ordnung (vgl.
frjvt] unter beinbrccher). Dennoch würde man, wenn die be-
deutung des schreitenden beines als von anfang an berechtigt
zu erweisen stände, den parallelismus von stehen, arrjvcu und
gehen, ßaiveiv für stein und bein *if/i gefallen lassen, die
Vorstellung des Stehens und gehcns ist lebendiger, als die der
härte und weisze. dann aber müste zuerst nicht nur bein den
gehenden fusz, sondern auch asthi den stehenden ausgedrückt
haben, obsehon bei diesem und bei unserm stein gar nicht
mehr an fusz gedacht wird, in unsrer Sprachgeschichte er-
scheint für bein die bedeutung des knochens älter.
A. bein, os, knociten, die härtesten, festesten theile des
menschlichen und thierisehen leibs, im gegcnsatz zu fleisch
und blut.
1) in den beschwörungsformeln lautet es: bein zu beine,
blut zu blute, fleisch zu fleische, sehne zu sehne.
2) fleisch und bein drückt aus den ganzen leib: da sprach
der mensch, das ist duch bein von meinen beinen und fleisch
von meinem fleisch. iMos. 2, 23; wolun du bist mein bein
und fleisch. 29, 14; ir solt nichts von seinem fleisch hinaus
für das haus tragen und solt kein bein an im (dem osler-
lamm) zubrechen. 2 Mos. 12, 46; ir seid meine brüder, mein
bein und mein fleisch. 2 Sam. 19, 12 ; bistu nicht mein bein
und mein fleisch? 19, 13; sihe, wir sind dein bein und dein
fleisch. 1 chron. 12, 1 ; ir schindet inen die haut abe und das
fleisch von iren beinen. Micha 3, 2 ; sein fleisch verschwindet
und seine beine werden zuschlagen, llioh 33, 21; denn ein
geist hat nicht fleisch und bein, wie ir sehet, das ich habe
Luc. 24, 39; wenn sie den ganzen leib mit fleisch und bei-
nen essen, bienenk. 93' ; erbarmet euch über das fleisch von
eurem fleisch, über die beine von euren beinen. Schcppics
324. s. die Zusammensetzungen achselbein, armbein, brüst
bein, halsbein, hüftbein, kinnbein, kniebein, nasenbein, rück-
bein, steiszbein, Schlüsselbein, sdilundbein; das beilige, das
ungenannte bein.
3) von einem abgemagerten sagt man, er ist nichts als haut
und bein, die beine hängen, schlottern ihm in der haut ; man
kann an ihm alle beine zählen;
mein schwacher leib, so nichts dan baut und bein.
WECKBERLI^t 269 ;
ir haut henget an den beinen und sind so dürr als ein
scheit. klaget. Jer. 4, 8 ; ich möcbt alle meine beine zelen
ps. 22, 18 ; ein faul bein ausnemen. Bocc. 1, 245*.
3) mark und bein bezeichnet das innerste, die innerste kraß:
das ist mir durch mark und bein gegangen; das dringt durch
mark und bein ; denn das wort gottes ist lebendig und kräf-
tig, und durchdringet auch mark und bein. Ebr. 4, 12 ;
geschosz, die bein und mark durchdringen.
Wkckherli.n 23;
es ist als ein mord in meinen beinen, das mich meine feinde
schmehen. ps. 42, tl ; ein gütigs herz ist des leibs leben, aber
neid ist eiter in beinen. spr. Sal. 14, 30.
5) der feind soll bis aufs letzte bein vertilgt werden;
der {mörder) will ich kein bein leben lassen. Atres 250* ;
dem gemeinen volk die bein zu nagen (es bis auf die kno-
ehen auszusaugen), bienenk. 222*; die geisel macht Striemen,
aber ein böses maul zerschmettert bein und alles; seine
beine werden seine heimliche Sünde wol bezalen und wer-
den sich mit im in die erden legen. Hiob 20, 11.
6) denn zumal sind beine die aufgehobnen und begrabnen
oder auf dem feld liegen gebliebnen todtenbeine : wann ihr
nicht mehr lebet und die Schwaben mit ewern beinen nusz
abwerfen. Garg. 52*; du wirst noch mit meinen beinen äpfel
abwerfen ;
mein schwcsterlein klein
hub aut die bein
an einem kühlen ort. Götur 12, 237 ;
min swester de Marleniken
sökt alle ralne beniken
un biiidse in en siden dok;
wer anrOret auf dem felde einen erschlagenen oder einen
todten, eins menschen bein oder grab, der ist unreine sie-
ben tage. 4 ifos. 19, 16; also auch der eins todten bein ange-
rürt bat. 19, 18 ; ire alten bein (die knoehen der verbrannten
ketier). bienenk. 172*. ßr diese bedeutung ist auch der pL
beiner zulässig, mhd.
der sarc gienc von einander hie,
der was toI löier bcinfr
gröger unde kleiner. Cco. 5076;
nhd. die birnschalen und beiner da lagen. Reiszker Jer. l,
103*; ir verdorrte beiner hörend das wort gottes. 2,98*; seie
nicht werth, dasz seine beiner weder der luft, noch die erd,
noch das wasser behalte. Abr. a s. Cl. 1, 124.
6) beine, Ihierische knoehen: es steckt dem woIf ein bein
im hals;
wie man denn spricht, zwen hund allein
bleiben nicht eins an einem bein. If. Sicbs IV. 3, 5';
ja er must im auch an einer ketten unter seim tisch ligen,
bei den hunden die bein zu nagen, bienenk. i2h*; ein hund,
der an einem bein nagt, kennt keinen freund. Lehman.'« 122;
der hund ist ängstlich, weil er die verscharrten beine nicht
noch vor seinem ende fressen soll. Kabener 2, 26. in die-
67*
1383
BEIN
BEIN— BEINACH
1384
Sern sinn zieht die heutige spräche knochen vor, während das
edlere bein von dem menschlichen gesagt wird, todlenbeine,
todtengebeine, nicht todtenknochen. doch bleibt bein für das
verarbeitete Ihierische: paternoster von holz, augslein, coral-
len und beinen mit messing beschlagen. bienenk.2\^;
bei der sonnen thüre (in Indien) stein, bein, glas und federn
handeln. Logau 3 ?«(/. 138;
den Schild von starkem bein und hartem festen stahl.
VVerdeiis Ariost2, 10;
dieses beins {beinernen kammes) kann ich wol entbehren.
pers. baumg. 6, 7. s. elfenbein, falzbein, fischbein, nadelbeia
{fingerhut oder nadelbüchse aus knochen), würfelbein.
7) stein und bein schwören, einen hohen cid leisten, ent-
weder von den heiligenknochen, reliquien, auf die schwörende
den finger legten, oder fest, wie stein und bein: stein und
bein hat geschworen. Frey garteng. 72;
die frau schwört stein und bein,
ihr lebelang nicht mehr zu frein. Geilert 1, 184.
B. bein, crus, tibia, schenket und fusz bis zur ferse,
sowol Schenkel von der liüfte (ahd. dioh) zum knie, das dicke
bein, als vom knie zum platten fusz, Schienbein, also das
glied, auf welchem der leib steht und geht, wie die benennung
asthi und öarsov vom stehen, die benennung bein vielleicht
vom gehen herrührt, in diesem sinn ist bein der gegensalz
des arms, wie fusz der band, das ahd. pein gilt fast nur
für OS, doch in peinperga, peinpfifa, peingarawi, peinziarida
ist schon crus, pes anzunehmen, ebenso in peinseggo, pein-
segga, pedisequus, pedisequa (Graff 6, 129. 143). mhd. (Ben.
1, lOO') und nhd. wird diese bedeutung weit häufiger, .un-
ser 'von kindes beinen an', was doch heiszen musz, vo7i der
zeit an, da ich zuerst auf den füszen stand, und kaum von
der zeit an, da sich meine knochen in mutierleibe bildeten,
reicht weit hinauf, es hiesz schon ahd. fona chindes peine,
a tenero, a puero (Graff 3, 128), mhd. von kinden. Gudr. 1128, 3.
von kinden ie. Ben. beitr. 1, 60.
1) wir sagen die beine rühren, regen, bewegen, strecken,
krümmen, biegen, falten, übereinander schlagen, spreizen, ver-
renken, stauchen, lähmen, heben, erheben, auflieben : darumb
sol ein mensch Ihun, wie die vögel. dann sobald sie mor-
gens aufslond, so strecken sie ein bein und den flügel darü-
ber und fahen an ze singen und loben got, und künden nit
reden. Keisersb. Sünden des munds 82", und fast ebenso post.
3, Sl'. einen an den beinen fassen, fortziehen, aufliängen.
2) auf das bein, die beine springen, mit den beinen sprin-
gen, hüpfen, tanzen: doch das soll ir essen von vögeln, das
sich reget und gehet auf vier füszen und nicht mit zweien
beinen auf erden hüpfet. 3 Mos. 11, 21. vgl. beinst«lze, bein-
sterze und ahd. sperzipeinön ; du gretest mit deinen beinen
(vgl. beingrattel) gegen allen so für über giengen. Ez. 16, 25 ;
gebt acht, wie liurtig er auf die beine springt. Schiller 140'.
auf die beine treten, fest außreten: er kann nicht auf die
beine treten; er thut, als könne er nicht auf seine beine
treten ; denn hernach konnten die orientischen keiser nicht
mehr recht auf ihre beine treten. Mathesiüs 87".
3) auf die beine kommen, aufstehn, sich erheben, aufrich-
ten : bitte, das ir weiter wollet helfen fordern, damit er auch
möcht auf die bein komen. Luther 4, 373'; der kranke wird
bald wieder auf die beine kommen (aufstehn). zu halbem
bein hinab hängen. Bocc. 2, 89\
4) auf den beinen sein: er ist schon auf den beinen (aus
dem bette); er hat es sauer, musz den ganzen tag auf den
beinen sein (kommt nicht zum sitzen); wieder auf den beinen
(gesund). Göthe an Zelter, am schlusz von brief 419 ; am ge-
leilstag war das ganze voik auf den beinen. Göthe 24, 31;
jungen leuten, die gut auf den beinen wären. 24, 275; nun
kam die Stadt durch neue förmlichkeiten in bewegung und
die ccremonielhesuche der gesandten hielten uns immer auf
den beinen. 24, 288; auch weil wir einmal auf den beinen
waren, uns nach andern gebunden umzusehen. 28, 148.
5) auf dem bein stehn : zwölf kränche bei dem wasser,
die da ruheten und ein jeglicher auf t^inem bein stunden,
ßocc. 2, 9'; geschwind noch eins, auf «iinem bein ist nicht
gut stehen. Lessing 1, 511; er kann auf keinem bein mehr
stehn {ist betrunken). Lichtenherg 3, 74.
0) einem beine machen, ihn sich eilends entfernen lassen:
gehe vor den hcnker hinein, oder ich will dir beine machen.
Grypuios 1, 745 ; nimm die beine mit! mach schnell,'
was steht ihr horchen t will euch hcine machen.
SCUILLRR 352';
ihr hund, soll ich euch bein machen ! wie sie zaudern. GöTne
8, 137. sich auf die beine machen. Simpl. 2, 418 ;
besagter Seladon, sobald er den unfall erfuhr,
macht, wie natürlich, sich auf die beine, die spur
der dame, die er liebt, in diesem gebirge zu suchen.
WtRLAND 5, 09.
7) auf die beine bringen, excitare, erigere, colligere: wir
brachten unversehns zwölftausend auf die beine. Grvphius 1,
138; mit venetianischem gelde eine armee auf die beine brin-
gen. Schuppiüs 253; die neuigkeit hatte alles was athmete
auf die beine gebracht. Klinger 10, 84; Nürnberg brachte im
fall eines kriegs 1200 mann auf die beine; sie brachten ihn
wieder etwas auf die beine. J. Paul uns. löge 2, 147. man vgl.
oben die bemerkung über das altn. beina expedire.
8) auf die beine helfen, aufrichten, forthelfen : aber . dar-
nach müssen wir uns selbs auf die bein helfen, bienenk. 202' ;
hält ich ihm nicht auf die beine geholfen. Lenz 1, 230. in
gleichem sinn: einem ein bein halten, subsidio esse. Stie-
ler 124. einem den köpf zwischen die bein legen. Uhland 345.
9) einem ein bein unterschlagen, vorsetzen, stellen, sup-
plantare aliquem: daraus urtheilete ich und glaubte, dasz er
calender machte, wie er ihm ein bein vorsetzen und (ihn) zu
fall bringen möchte. Simpl. l, 189 ; alsdann, meinte er, würde
es nicht schwer halten dem herrn Fix ein bein unterzuschla-
gen und ihm einen kräftigen schupps zu geben. Siegfr. von
Lind. 4, 274; einem armen schlucker ein bein unterschlagen.
Schiller 627 ; einem ein bein stellen. Gotter l, 167 ;
der teufel stellt dir nächstens doch ein bein
Göthe 41, 102;
immer besorgt, der möge mich prellen,
der habe lust mir ein bein zu stellen. 51, 258.
10) etwas ans bein kriegen: er kriegt die rose ans bein;
hat einen schlag ans bein gekriegt; wenn nicht einer von
uns was ans bein kriegt, wobei ich nur wünsche, dasz es
mein hölzernes treffe. Göthe 42, 295.
11) ans bein binden, streichen, wischen, parvi facere, nihili
aeslimare im gegensatz zu dem ans herz legen, auf der brüst
tragen; mhd. ze beine binden (Ben. 1, lOO'); ich musz das
schon ans bein streichen, den schaden ertragen, verschnicrzcn.
Stieler 124. noch stärker ist, dem teufel ans bein lügen,
unverschämt lügen. Rother 3131.
12) das bein brechen : er ist aus dem fenster gesprungen
und hat beide beine gebrochen; er hat arm und bein ge-
brochen; wan man dem wünschet, das im ein rad über ein
bein gang, uf das er ander menschen ungeirt lasz, das ist
kein sünd. Keisersd. Sünden des munds ^S*; ich breche ihnen
arm und bein entzwei. Lenz 1, 305; die jungen freiesleute,
welche ire vertrauwele nicht allein lieben als ir eigen fleisch,
sondern auch noch mehrer und heftiger als sich selber, dasz
auch einer seinen eignen leib für die seine in gcfahr und
wol gar in tod setzet, daher denn das Sprichwort erwachsen :
irenthalben ein bein entzwei. A. Musculus eheteufel 1568. D 8'.
13) adjecliva: es müssen starke beine sein, die gute tage
ertragen; was leichte beine hatte, war ausgeflogen. Schiller
121'; wer rasche beine halte, begab sich auf die flucht;
hat schöne tauben eugelein,
ir brüst sein süszer dan gut wein,
ist wie ein reh rischer bein.
Jou. Sanders trag. Joliannes der tauf er. 1588. N4*;
du hast flinke beine und wirst ihn noch einholen ; meine al-
ten beine schleppen mich nicht mehr fort; ach die (alten)
bein wollen nicht meh tragen. Garg. 99*; was mir mein
knan zuvor gesaget hatte, dasz ich von dieser wallfaiirt nichts
als müde beine und den bergang vor den hingang haben
würde. Simpl. 1, 529.
14) anwendung auf leblose gegenstände : ein stul mit drei, ein
tisch mit- vier beinen; es ist ein bein von der bank abgebro-
chen, abstract: dus ander bein am stul (die ehfran). Carj. 69*.
erlithrung und vcrnunfl die beine der arznoi. Fi-kiinc 83.
BEINACH, adv. fcre, prope, Maai.er 6"' schreibt beinoch,
Dasypodius 196' setzt zu prope 'bei oder nach', und jede die-
ser Partikeln, nach für nahe genommen, drückt es auch heute
in gewissen fällen aus: es sind bei tausend mann gewesen,
es sind nahe tausend mann gewesen, einige, wie Fischart,
verbinden beinach : die frau Fasznacht und der gravc von
Halhfuslen und Froiifasten halten beinach den hals gebro-
chen, bienenk. 4*; so beinach auf einen ton sich enden. 12U*;
das sie ein solch» beinach vollbrächten, gl, schif blQ.
vgl. bei 1, 17 a und das folgende.
1385
BEINAHE — BEINEBEN
BEINEBENS —BEINHAÜS
J386
BEINAHE, KOS beinacb, propemodum, circiter: bei nahe in
halber hufen ackers, die ein joch treibet. 1 Sam. 14, 14 ; ein
stat in Galilea, bei nahe ein eiteler fels. Kirchhof diso. mil.
14. früher selten, heute sehr gebräuchlich und beinahe ge-
schrieben: er wäre beinahe gestorben; beinahe hätte ihr die
stimme versagt; ich glaube es beinahe; du verlierst beinahe
hundert thaler.
BEl.NAHEIXSEL, f. peninsula, halbinsel: könnte also viel-
leicht diese provinz der Winulorum die beinaheinsel sein,
so man heutzutage Wensissel nennt. Leibx. 2, 446.
BELN'AHEN, auedere, imminere: der beinahende schifbruch.
Opitz Arg. 2, 337.
BEINAHEND, adv. prope: zu Mecba ist ein tempel bei na-
hend dem coliseo zu Rom vergleicht. Frank weltb. 185' ; Petr. 112".
BEINAHEWUNDER, n. ein halbes wunder : ich hüpfte nicht
selten in meiner waarenkammcr vor freuden hoch auf und
betrachtete meine errettung als ein beinahewunder, der arme
mann im Tockenb. 213. gebildet wie beinaheinsel.
BEINÄHIG, prope stans, Paracelsls sc/irei6/ beineiig: dann
wo solche viehpropheten auferstehn, da ist der teufel bei-
neiig, er wart darauf, fürdert, treibt hinzu. 2, 172*.
BEINÄHNLICH, ossi vcl cruri similis.
BEINAME, m. agnomen, cognomen: ein ehrenvoller oder
schimpflicher beiname. vgl. zuname, ekelname, Spitzname.
BEINAMEN, cognominare : Karl beigenamt der grosze.
BEINARBEIT, f. opus ossibus factum.
BEINARBEITER, m. drechslet in knocken.
BEINARTIG, wie bein beschaffen, nach beiden bedeulungen.
BEINASCHE, f. knochenasche.
BEINBLUME, f. caltha palustris, vgl. beinholz.
BEINBOHRER, m. terebra ossaria.
BEINBRECH, m. osteocolla, lapis ossifragus, ein mürber,
poröser mergel mit wurzelähnlichen fasern, dessen man sich zur
heilung gebrochner beine bediente : nimb bainbrech, das find man
im sand, sihet einem stain gleich, ist es doch nit. Seüter 333.
BEINBRECHER, m. falco ossifragus: ein vogel beinbrecher
genant, Aristoteles nennt diesen phine tyi^vr;), etliche halten
den für ein adlersgeschlecht, ist aber mehr den geiern, dann
den adlern zugeartet. Thur.neisser magna alch. 2, 69. die be-
nennung daher, dasz man diesen vogel das gebein der ge-
raubten thiere zerbrechen sah, Plinius nennt ihn ossifraga.
läge auch in <privr} der sinn von knochen, so wäre das ein
merkwürdiger anklang an unser bein.
BEINBRECHGRAS, n. anlhericum ossifragum, franz. brise
os, it. ossifrago. man wähnte, das vieh erlahme, werde bein-
brüchig vom fressen dieses grases. s. beingras.
BEINBRUCH, m. os fractum: der stürz vom pferde hatte
einen beinbruch zur folge.
BEINBRCCHIG, cui os fractum est, claudus: beinbrüchiges
vieh taugt nicht zum schlachten ; dasz ich erstlich die schlech-
ten wunden, nach diesen die beinbrüchigen und folgends die
so noch weiter verletzt, solte eine nach der andern einfuh-
ren. Fel. Würtz pracl. 84.
BEINCHEN, n. ossiculum oder auch pediculus, parvus pes:
niedliche pulcinellbeinchen. Göthe 29, 247 ;
und setzt ihm fix ein beinchen,
da lag das arme Heinchen.
BEINDIECH, n. femur: zwo äderen an den beindiecheren
und zwo an den knieschiben an beiden schenkein geschla-
gen. Gersdorf 18 ; gessa (?) beindiech. 97. s. diech.
BEINDRECHSLER, m. tornarius.
BEI.NDÜRRE, valde macer, abgemagert, so dasz die kno-
chen durchscheinen, knochendürre.
BEINEBEN, praep. und adv. juxta, praeter, praeterea, ne-
benbei, daneben, aus drei Wörtern zusammengesetzt, aus bei,
en (in) und eben: und befestigt das mit klarem tcxt aus der
Schrift, beinebeh den herrlichen zeugnussen, die sie hiczu
entlehnet, bienenk. tu* ; beineben vielen frauenschändungon,
die er begangen. 221* ; beinehcn dem, was er noch von den
Juden krigt. 224'; und ist beineben zu wissen. Schweimcue.n
1, 21 ; habe beineben meinen gnädigsten fürsten und herrn
gehabt. 1, 32; beineben eine handbüchse. 1, 56; und waren
beineben den kriegsleuten zu geisein gegeben. 1, 179; boine-
ben fielen alle anschlage dahin, i, 264; dann ir auch disz
beinehen wissen soll. Garg. 8 ; unic. docl. 68. 100 ;
wir wollen erlanpen RUie beut,
beineben haben grosz ehr und Trend. Soltau 46t;
du heilst und schlagest mich, ach schone dorh beineben.
Flf.«i:ig 193.
BEINEBENS, adv. praeterea: auch beinebens in der täg-
lichen erfahrenheit verspüret. Abele unordn. 5, 99 ; zu merken
ist beinebens. Hohberc 3, 344*. heute veraltet.
BEINECHT, osseus : sein ganzer leib wird mit rauchen bei-
nechten schuppen bedeckt. Forer IS', s. beinicht.
BEINECHTIG, osseus: sonsten der Substanz nach beinech-
tig, so subtiel als etwan eine schal eines kleinen merkrebs-
lins sein mag. Uffenbach roszbuch 21.
BEINEN, osseus : das ist die schraub, damit sie der schrift
ihres gefallens kan ein nase traben, wann sie schon beinen
wer, geschweigen wachsen, bienenk. 69'; an hülzinen, beine-
nen, steinenen oder corallinen knöpfen oder kugeln. 197*.
s. beinern.
BEINERHAUS, ossuarium, beinhaus: zu Sempachs ernstem
beinerhause. Pfeffel 3, 113.
BEINERN, osseus, wie wir heute sagen, nach der pluralform
beiner: Isaschar wird ein beinern esel sein und sich lagern
zwischen die grenzen. 1 Mos. 49, 14, altn. beinasni onager, die
vulg. hat asinus fortis. auch ahd. wäre peinirin zulässig ne-
ben peinin, mhd. beinerin neben beinin. vgl. steinern.
BEINFÄULE, f. knocbenfdule, was beinfrasz.
BEINFEILE, f. knochenfeile, lima tornatorum et chirurgorum.
BEINFELN, infula donare: beinfeite bischof. bienenk. 222'.
BEINFISCH, m. ostracion, nnl. beenvisch, engl, boneüsh.
BEINFOLTER, f. tormentum crurum.
BEINFRASZ, m. caries ossium.
BEINFRESSER, m. caries, gangraena. Paracelsüs chir.
sehr. 361*.
BEINFRUCHT, f. pflanzenfrucht mit knochenharter schale.
BEINGEHEGE, n. sepimentum osseum, ioxos oSövxoiv :
die Zunge wohnt mit fleisz im weiszen beingehäge.
LoGAü 1, 7, 86.
BEINGERIPPE, n. compages ossium, skelet:
dieses beingerippe
ohne wang und lippe
hatte gold und rang. Höltt im todlengräberlied.
BEINGERÜSTE, n. dasselbe.
BEINGESTALT, f. species ossea: keine beschreibung des
Schattenreichs, das an dieser beingestalt antheil habe. Her-
der 19, 241.
BEINGESTELL, n. was beingerüst.
BEINGEWÄCHS , n. geschwulstiger auswuchs der knochen-
masse: wann ein ros ein baingewächs hat, so brenn die haut
ob dem bain auf. Seüter 284; Überbein, beingewächs. PiMER42t.
BEINGEWAND, n. vestis crurum. mhd. beinberge.
BEINGITTER, n. clathrum osseum: beingitter stehen zwi-
schen den menschenseelen, und doch kann der mensch wäh-
nen es gebeaiuf der erde eine umarmung. J. Pacl uns. löge
2, 185.
BEINGLAS, n. eine mil weiszgebrannten knochen versetzte
milchweisze glasmasse: auch trübt man das glas dadurch, dasz
man gepulverte und calcinierte knochen mit ihm zusammen-
schmelzt, deswegen man es auch beinglas nennt. Göthe 52,
79 ; die magische hängelampe aus beinglas. J. Padl Tit. 4, 47.
BEINGRAS, n. was beinbrechgras.
BEINGRATTEL, varus oder valgus: mit den rotznasglitzen-
den, dürrbackenschmulzigen, beingrattelen elenbogenhinkern.
Garg. 61".
BEINHALTER, m. supplantator, der andern ein bein vor-
hält, stellt.
BEINHARNISCH, m. was beingewand, tegumenta tibiarum,
ocreae, Tte^txvrjfäs : und hatte ehern beinhamisch an seinen
Schenkeln. 1 Sam. 17, 6 ; der gegenwärtige hasenfusz ist nicht
blosz der beinhamisch der bocksfüsze meines satirs. J. Paul
lit. nacht. 4, 57.
BEINHART, praedurus, osseus, knochenhart, steinhart, altn.
beinbardr: ist aber das uberbein alt und beinhart worden.
Uffenbach rosjfc. 2, 266 ; beinhart gefroren.
BEINHARTE, f. ossilago.
BEINHASE, m. pfuscher. Felsenb. 2, 190. s. bönhase.
BEINHAUS, n. ossuarium, ossium conditorium, haus auf
dem kirchhof für die ausgegrabnen lodtenbeine, sonst auch ger-
ner, carnarium {sp. 1188) : doch wird er nicht die band aus-
strecken ins beiniiaus; in einer bar in das beinhaus gestellt.
Wickram rollw. 5l'; liecht oder ampel in dem beinhaus. 52;
gehe ins beinhaus
und such ein adelichen köpf heraus. Lchiank 156;
wann Ins weinhaus Linus geht, soll er in das beinhaus gehn,
drauf so weite «eine fraw nie durchs tanzhaus stille stetia.
L0GAU3, 9, 53;
1387
BEINHÄUSEL — BEINRÖHRE
das beinhaus auf dem gottesacker. Weise Ä/. /«««e 91;
im ernsten beinliaus wars wo ich bescijauie,
wie Schädel Schädeln augeordnet pasten. Göthk 23, 285.
Den ags. dichtem hiesz aber bdnhös der menschliche leib selbst,
das aus knochen erbaute haus, und in diesem sinn sagt auch
J. Paul : unter mir lag eine sclilafende gasse erloschener hein-
häuser. jubeJsen. 198.
BEINHÄUSEL, n. diminutiv des vorigen : ich sperrt sie ins
beinhäusel nahe hierbei. Göthe 42, 185.
BEINHAUT, f. periostcum, dünne, die knochen umgebende haut.
BEINHEIL, n. 1) osteocolla, was beinbrech. 2) symphylum,
it. consolida, franz. consoude, mit hlebrichlcm, heilendem saft.
BEINHÖLE, f. cotyla.
BEINHOLZ, n. benennung mehrerer kräuter, namentlich lo-
nicera xylosteum, comus und ligustrum vulgare.
BEINHÖLZLE, n. wiederxm ligustrtm vulgare.
BEINHÜFTE, f. was sonst hüflhein, os coxae: ein weiszcr
habich sol haben einen groszen weilen hals . . . hohe breite
brüst, hart fleisch, lange wolgesetzte und weitgerichte bein-
hüfte. weidwerkbuch 2, 12"; einen bösen unartigen habich sol
man erkennen an seinem groszen köpf, an seinen dicken buschi-
gen weichen halsfedern und kurzen feisten bcinhüften. 2, 12'.
BEINHCLSE, f. was beinholz und beinhölzle.
BEINHLTLEIN, n. da es (das nayclgcschwür, der wurm)
mit allem gewalt hindurch brechen möge durch Verbrennung
des flammes(?) und beinhütleins. W'vrtz pvact. 2ßQ.
BEINICHT, osseus, beinhart, s. beinecht.
BEINIG, 1) osseus, was das vorige: beiniges fleisch, mit
vielen knochen. 2) fäsze habend, s. zweibeinig, dreibeinig,
vierbeinig, langbeinig," kurzbeinig, dickbeinig, dünnbeinig,
krummbeinig, hochbeinig.
BEIMSCH, osseus : was nur fäsisch oder geäderisch ist oder
auf beinische art. PiniCELSus 1, 1025'.
BEINKLEID, n. femorale, bracca, hose, beingewand, nieder-
wat, gewöhnlich im pl. beinkleider, da beide beine bekleidet
werden.
BEINKLEIDMACHER, m.: dasz ich in solchem fall weder
schlichter noch beinkleidmacher für meine biösze nölhig zu
haben mich erkühnen würde. Herder bei Merck l, 38.
BEINKNOPF, m. 1) das verstärkte ende der knochen als
gliedmaszen. 2) knöcherner knöpf
BEINKRAMPF, m.
BEINKREBS, m. canccr ossis, knochenkrebs.
BEINKRÜCK, /■. was beingeripp, skelett. Eyhing 2, 195 von
einem gebratnen, berupften capaun :
und bleibt allein die bcinckruck.
BEINKRÜMME, f rhachitis. %
BEINLADE, f ein Werkzeug zur heilung der beinbrüche.
BEINLAGE, f was beinling.
BEINLAHM, knochenlahm oder fuszlahm.
BEINLEDER, n. lederschaft an stiefeln.
BEINLEIN, n. pediculus, ossiculum : ein beinlein von einer
fliegen. Keisersb. Sünden des munds 51"; was soll denn das
todte und vergengiiche silber und gold und die schwache
kraft aller steinlein und beinlein uns eines glaubigen men-
schen ewige, unvergengliche herlichkeit fürbilden können?
Mathesius 115'; that so einen harten fall, dasz ihm die bein-
lein in dem hals umbgedrehel wurden und er seinen hals we-
der auf diese noch jene seile beugen konte. pers. baumg. 8,4.
iruck wol das beinlin! Scueit grob. A4';
bcinleins spielen hiesz sonst was jetzt knöcheln: sogar So-
crates und Heraclitus hätten zu Ephesus unter den kin-
dern des beinleins und der sauersehende Cato mit den wür-
feln gespielt. LüHENSTEiN Arm. 1, 80.
BEINLING, m. 1) der obere theil des strumpfes. 2) bei den
kürschnern, die haut, welche unmittelbar über den beinen der
Ihiere sitzt, und starker ist, als die übrige.
BEINLOS, exos, ohne knochen oder ohne füsze.
BEINMARK, n. mcdulla ossitim.
BEINMEHL, n. knochenmehl.
BEINMUSKEL, m.
BEINNARBE, f. callus ossium fractonm.
BEINÖL, n. oleum osscum.
BEINÖTHIG, necessarius : wie beinöthig es ilzl allenthal-
ben wird umb personen. Luthers br. 5, 380. musz auf das
ahd. adv. pi n6li, necessario zurückgeführt werden.
BEINRÜHRE, /. fistula ossis, cruris, knochenröhre: so falle
meine schuiter von meiner achsel und mein arm zerbreche
mit seinen beinröhren. Georg Scherers twjndiegcn. F 3'.
BEINRÜSTUNG — BEINWAGHS 1388
BEINRÜSTUNG, f. was beinharnisch.
BEINSAFT, m. materia liquida ossibus generandis.
BEINSÄGE, f serra ossium, knochensäge: er fluchte und
donnerte auf alle seine leidenschaften, die bisher die bein-
säge an ihre verbundenen freundschaftshände angelegt hatten.
J. Paul Hesp. 1, 11 ; wenn ihr noch jähre lang mit euern haar-
und beinsägen auf dem ehelichen lande hin und herkratzet.
Siebenk. 3, 123.
BEINSAUGER, m. hypcrsarcosis.
BEINSCHADE, m. knochenschade.
BEINSCH.\UER, m.: von wegen der weiszen bein und
posterioren desselbigen orts frawen. dann als Paris zwischen
den drein frawen den apfel austheilt, sah er mehrtheils nach
denselben zweien stücken, wie noch der beinschauer mehr.
Garg. 149*.
BEINSCHELLE, /". compes tibialis : der balgtreter besah
die silbernen gatterthore und beinschellen auf den füszen sei-
nes verwandten. J. Paul Hesp. 3, 8 ; die beinschellen des me-
trums. biogr. bei. 1, 143. s. handschelle.
BEINSCHIENE, f ferula, 1) dünne höher zum verband ge-
brochner knochen, wie beinlade. 2) beinbedeckung, wie bein-
harnisch.
BEINSCHMALZ, n. was beinöl: nimb bainschmalz und
schmirb ein streichtuech damit. Seüter205.
BEINSCHNALLE, f periscelis.
BEINSCHRAUBE, f ein stück der beinfolter.
BEINSCHRÖTE, f. laesio, incisio ossis: schlage, lähme,
beinschröten. Privilegium Maximilians von 1512 und Carl V von
1541 in der Frankf reform. 1,44; beschädigungen als Verwun-
dungen, beinschröten, lähme. 1, 43, 9.
BEINSCHRÖTIG, os laedens, secans: beinschrötige wunden.
Frankf ref 10, 4, 3; ist dan ein wunt beinschrötig oder ist
in dem gleich, so treuf das öle warm dorin, so legt es den
schmerzen. Gersdorf 31; würt ainer wund durch die öbern
tail der achseln, und ist die wund nit fast bainschrötig, das
ist ein klaine wund. Braunscuweig 7; wann ein pferd das
ander schlegt vornen an bolz, dasz- zu besorgen, es möcht
bainschrötig sein.- Seuter 282; heilet die wunden, so nicht
beinschrötig sind. Tabernaejj. 588; ein guter trank, wann
einer gestochen, gehauen oder geschlagen wird, wanns nur
nicht beinschröttig ist. Hohberg 1, 307'.
REINSCHRÖTLEIN , n. fragmentum ossis: lulchsamenmel
zeucht beinschrötlein aus den wunden. Tabernaem. 677.
BEINSCHWARZ, n. atramentum, color adustorum ossium,
schwärze aus gebrannten, zerriebenen knochen :
aus den linocben gleicherweise, woraus man noch überdem
das beliebte beinscbwarz bringet, das den mahlern so bequem.
Brockks 9, 260;
in einem solchen sieden des bluts wurden ihm moralische
leberflecke zu beinschwarz. J. Paul Hesp. 4, 94.
BEINSPALT, m. fissura ossis. ,
BEINSPAT, f». eine pferdekrankheit. s. spat
BEINSTAB, m. den böltichern das in fässem unten vor-
stehende, zum fusz dienende holz.
BEINSTEIN, m. was beinbrech, osteocolla.
BEINSTELLEND, supplantans :
doch dem Eios siegt er ob
in bcinstellcndem ringerspiel. Göthb41,232.
BEINSTERZ, /. bachstelze.
BEINSTIEFEL, m. ein folterwerkzcug.
BEINTARTSCHE, f scutum crura tegens:
die Schilder sein entzwei, die panzer sein zerschmissen,
die beiniarlsch ist zergänzt, die urnischien ist zersplissen.
VVkrdkhs Ariost 23, 113 ;
der heim verbleibet hier, dort die beinlarlschen liegen,
dorthin musz ihm der schürz, die armschien hiernaus lliegen,
(qui riman l'elmo. e la riman lo scudo,
lontan gli arnesi, e piü lonlan 1 usbergo). 23, IJJ.
BEINTASCHE, f : rüstung mit sturmhüten, langen achseln
und heintaschcn. Kirciimof mil. disc. 29.
BEINVOLL, plenus, rcfertus ossibus:
die lodiengräber , . „
enihuben dem boden beinvollc klumpen. Schübari.
BEINWAARE, f. drechselarbeil aus knochen.
BEINVVACHS, ni. was beingewächs : wider alle dunkle der
äugen, wider alle siechtuiub und mängel der beinwachs. Sku-
lER 59 ; so ein ros ein gcwüchs hat, dasz es daran hinkt, so
nimb schelmcnltain, und merke das ort wo es ligt und wie
es ligt, reibs dem ros wol über den beinwachs. 285. mhd.
beinwabs. kröne 19848.
1389
BEINWAND — BEINREITER
BEIRENNEN— BEISASZ
1390
BEINWAND, f. paries osseus: zwischen den beinwänden
seines kopfes. J. Paul Hesp. 1, 215.
BEINWELL, m. symphytum coniolida major, vgl. beinheil,
walhvurz. ahd. beinwelle, sumerl. 55, 38. 54.
BEINWEBK, n. icas beinharnisch, beinrüstung:
das beinwerk allerdings verbran. SpRE:tG //. 33*.
BEIOBDNEN, adjungere, zuordnen, als gehülfen und mitar-
beiier an die seile stellen, beigeordnete Satzglieder.
BEIPACKEN, alligare: die bücher sind beigepackt, mit ein-
gepackt.
BEIPFANNE, f. im sahwerk, eine vom (euer der groszen
Pfanne mit erwärmte nebenpfanne.
BEIPFERD , n. equus funalis, ein nebenpferd, riemenpferd,
handpferd. Arndts leben 19.
BEIPFLICHTEN, accedere, assentiri, astipulari. pflibt hiesz
in der alten spräche eine obliegende, übernommne sorge, ein
dimstj pflihten sich einem zu dienst verbinden:
nü lät in zuo iu pflihten. Walther 12, 15;
si pflihten alle wider mich. 58,32;
bin ze wiben nach hohem muoie
sult ir die sinne rihten
und an ir helfe phlihten. Wh. 6, 8.
beipflichten ist demnach zu einem in pflicht treten, sich einem
pflichllich verbinden, folglich stärker als bloszes beistimmen,
ein wirkliches treten auf seine seite, sich hingeben. Luther
musz das wort kennen, da er beipQichter davon ableitet.
hier ist kein unterschied zu merken,
sie sind nur sünder allzumahl,
sind böser art in ihren werken,
ihr arges thun ist ohne zahl,
nicht einer kan vor gott bestehen,
nur Christus pflichtet ihnen bei (hilft ihnen):
ihr thun ist nichts und musz vergelien,
denn er macht sie aus gnaden frei. Üprrz 3, 98.
IU Babel wurden schöne töchter auf freiem markte feil gestellt,
die ungestalten aber nahmen zur mitgift so gelöstes geld.
ich aber, wann ich diesem brauche nach willen sollte pflichten
bei,
80 meint ich, dasz allhier das geben viel seliger als nehmen sei.
LOGAU 3, 6,92;
ich musz ihrer vorsieht beipflichten. Gotter 3, 190 ; grund-
sätzen bepiflichten, die ich verabscheue. Klincer 1, 384.
BEIPFLICHTER, m. assecla, assentator: auch zu mehrer
schand des genanten Martinus und seiner beipflichter, gün-
stigen, anhengigen und halter gebieten wir allen und jeden
christgleubigen . . . das sie gedachten Martinum, sein beipflich-
ter ... personlich fahen. Luther 1, 261*.
BEIPFLICHTEBIN, /". assenlatrix: ich höre wol diese schöne
fürstin sei eine beipflichterin des Plato. Lohenst. Arm. 1, 325.
BEIRATH, m. consilium, Irost und hülfe der nahestehenden
und berechtigten : beirath der freunde ; etwas mit oder ohne
beirath der genossen thun; sonder ausdrückliche einwilligung
und beirath seines groszen gutthäters. ehe eines weibes lüi;
und jeder freund kam angerannt,
ihm trost und beirath mitzulheilen. Hagedorn;
sogleich wird band an eine neue oper gelegt und Claudine
mit Erwin, in seiner gegenwart, mit seinem beirath verbessert.
Göthe 29, 119. du warst mein beirath.
BEIRATHEN, consilium dare, suadere: ob ich nun gleich
zu solchen possen sehr gern beirielh. Göthe 26, 138.
BEIRÄTHIG, qui consilio suo juvat: eine alte frau, welche
ihr heimlich an die band gieng und sowol im essen als in
anderer nolhdurft ihr beiräthig war. Weise /./. leute 225 ; bäte
nur, auch -seiner gegenwärtigen noth beiräthig zu erscheinen.
erin. 235 ; indem ihn ein ereignis vor dem andern anzog, hatte
ich beiräthig und millhätig eingewirkt. Göthe 31, 193 ; die an-
wesenden preuszischen architekten waren beiräthig. 32, 48 ;
die Philologen waren mit geralligkeit beiräthig. 32, 84 ; indes-
sen kann er ihm im ganzen und einzelnen beiräthig sein.
an Zeller 512.
BEIKÄTHIGKEIT, f. facilitas. unw. doct. 717.
BEIRECHNEN, annumerare, hinzurechnen: hiezu kommen
noch die binnen zwanzig jähren beizurechnenden fünf Schalt-
tage. WiEI.AND 15, 375.
BEIKEDE, f. deverticulum, praetcxtus, ausrede: der salan
sucht immerdar winkclhölzrr und beirede, holzwege wider
gottes Ordnung. Luther tischr. 312*.
BEIREIHEN, cnlligere, anreihen.
BEIRFIS. n. stolo, nebensprosz.
BEIREITKR, m. eques adjunclus: Ober etliche tage hat man
ihn mit einem beireuler als wider heim zu ziehen abgefertigt.
Luther 3, 385.
BEIRENNTN, accurrere : der die Seelen aus dem meer den
exorcisten fürstellt und denselben bis so lang er alles sein
begeren erfüllet hat, beirennet Atrer proc. 3,6.
BEIRIEME, m. lorum adjectum, nebenriemc, zaumrieme, der
die kopßaltung des pferds bestimmt.
BEIRREN, impedire, verwirren: er beirrt alles; das Ver-
ständnis beirren; ich lasse mich nicht beirren, irren.
BEIRÜCKEN, addere, hinzurücken: eine stelle, die ich hier
beirücke, einrücke; man könnte beirücken, zusetzen. Kosgehl
s. 10;
denn wo sein name nur sich in die verse schickt,
so wird er alsofort dem maier beigerückt. Ca.iiitz 94.
intransitiv, beirücken, näher rücken, anrücken : rücken sie ein
wenig bei.
BEIRTJFEN, citare, herzurufen : so seltsam und weitschweifig,
als der verspottete Grillo seinen Pindar nicht beirufen kann.
Herder 14, 195.
BEISACHE, /". causa secundaria, nebensache, beiwerk: darum
ist unser unterthänig bedenken, dasz die unsern solche beisa-
chen nicht streiten. .Meuincbth. 6, 55 ; und nicht dem evangelio
feind werden, abfallen von wegen ander beisachen. corp. doclr.
ehr. 87.
BEISAM, adv. simul, una : CK und TZ, wiewol kein wort
also angefangen wird, doch ist der buchsetzem brauch, diese
beisam zubehalten, gleichsam einen halbgedopleten consonan-
ten. See. Helbers sylbenbüechlein 1593 5. 20; also auch mit
dem Wörtlein firmamentum kompt die eigenschaft, dasz über
alle begreiflichen verstand der himmel die andern sichtbare
Corpora eleraentorum tragen und beisam vest unverruckt hal-
ten musz. Paracelsus 2, 672'. heute gilt nur das folgende.
BEISAMMEN, conjunctim, ahd. p! samana, wie zusammen
ahd. zi samana, einen unterschied zwischen beisammen und
zusammen festzuhalten ist schwer, wollte man jenes ßir ruhige
nähe, dieses fiir näherung nehmen, so kann ja auch bei be-
wegung, zu ruhe ausdrücken, wir stehn beisammen heiszt
zwar nebeneinander, wir sind einander zur seite; wir kommen
zusammen, nähern uns und der Sprachgebrauch meidet bei-
sammen kommen, wenn aber zu sagen verstattet ist bei mich
kommen, scheint beisammen kommen noch nicht gerechtfer-
tigt, insofern sammen jenen ursprünglichen dat. samana ent-
hält. Die belege zeigen, dasz neuere schrißsteller beide partikeln
von einander zu scheiden gesucht haben, und liesz sie bei
saraen verwaren drei tage lang. 1 Mos. 42, 17 ; es ist besser
wonen im winkel auf dem dach, denn bei eim zenkischen
weihe in einem hause beisamen. spr. Sal. 21, 9. 25, 24; und
da er und die ältesten bei samen waren, beratschlaget er mit
inen. 2 Macc. 13, 13 ; und drei sind, die da zeugen auf erden,
der geist und das wasser und das blut, und die drei sind
beisamen. 1 Joh. 5, 8 ;
dreierlei macht dich vergöttert, dasi du bist so wunderschön
und so wunderkeusch, dasz beide letzlich auch beisammen stehn.
Logac 1, 10, 55 ;
die menschen sind nicht nur zusammen, wenn sie beisammen
sind, auch der entfernte, der abgeschiedene lebt uns. Göthe
8, 295 ; doch ist oft nichts natürlicher, als dasz man nicht
zusammen kommt, wenn man so nahe beisammen ist. 28, 35 ;
beisammen sind wir, fanget an I 12, 75 ;
lasset, freudig überein,
als wenn wir beisammen wären,
kräftig uns zusammen sein. 47, 135;
treuherzigkeit, welche mit genie und witz sehr wol beisam-
men sein kann. Wielaxds Horaz l, 12!. offenbar darf zusam-
men überall auch an die stelle von beisammen treten: wir
sitzen hier zusammen ist gleichviel mit beisammen. Göthe
28, 35 liegt der nachdruck mehr auf kommen und sein, als
auf zusammen und beisamtnen, 8, 295 und 47, 135 wird sinn-
liches, örtliches beisammen dem geistigen zusammen gegen-
übergestellt. Man sagt: er hat viel geld beisammen (zusam-
men gebracht); hier finde ich alles beisammen, was sonst
zerstreut ist; der feind hatte bald wieder ein beer beisam-
men ; du hast deine gedanken nicht beisammen, bist unauf-
merksam; ich lasse alles beisammen, vgl. beieinander, zu-
einander.
BEISASZ, m. accola peregrinus, gebildet mie iandsasz, hin-
tersasz: landflüchtige, die sonst nur als beisaszen in der
fremde duldung erlangen konnten. Niebuhr 1, 252 ; ein sol-
ches Schirmverhältnis bestand unter den Griechen für den
beisaszen, welcher sich einen bürger zum mundherrn wählen
musle. 1, 369 ; wäre dies nicht, so würde man in ihnen {den
plebejem) beisaszen erkennen, die, wie in Griechenland, aller
1391
BEISATZ — BEISCHLAG
BEISCHLAGEN— BEISEITE
1392
politischen rechte blosz, selbst die bürgerlichen nur unter der
person ihres palrons und Vertreters übten. 1, 659.
BEISATZ, m. 1) propago, lalea, ablegcr: wann die erde zu
gut ist, taugt sie mehr den würzen und zwibeln beisätze,
als blumen zu geben. Hohberg 1, 585". 2) additamenlum, an-
hang: so geschah es mit dem ausdrücklichen beisätze, dasz
beide parteien sich über diesen punct nicht verglichen hätten.
Schiller 882.
BEISCHAF, im Wortspiel für bischof : sonst wirds ursprüng-
lich nit unbequeme verdolmetschet bischof beischaf, der bei
den Schafen sein so!, stets auf sie sehen. Luthers tischr. 269*.
BEISCHAFFEN, parare, affcrre, anschaffen, herbeischaffen:
meine grüszte freude war, hinter den büchern zu sitzen, de-
ren ich mir dann viel beischafte. Simpl. 1, 530 (525) ; zuerst
giengen mehrere tage hin, bis ein clavier beigeschaft war.
GöTHE 29, 14C; und so besah man denn auch seine altern
Sammlungen, zu deren glücklichem beischafifen historische
kenntnis genügt, ohne geschmack zu verlangen. 31, 223 ; dasz
den meistern alles, was sie selbst nicht beischaffen können,
an modeilen genugsam gereicht werde. 43, 352.
In anderm sinn beischaffen für auf die seile, bei seile schaffen :
kaum war der alte beigeschafl. Borger 17".
BEISCHARREN, defodere: ein todtes thier beischarren.
BEISCHATZ, m. Iributum secundarium, nebenauflage : auf-
schlag oder beischatz. 1503 als erhühung des landschatzes
erhoben, acten der hannov. sldndevers. 1849 s. 231.
BEISCHIESZEN, conferre, zuschieszen: ich musz noch geld
beischieszen ; wie viel für das notaiüuswerden beizuschieszen
ist. J. Paul flegelj. 1, 17.
BEISCHIF, n. navis secundaria, nebenschif.
BEISCHLAF, m. concubilus, beilager, ahd. mitisl&f (Ghaff
6, 802), sowol der ehliche als unehliche : so hat mich die Zen-
gerin mermaln ersucht, nachdem si den peischlaf gethan hab
(verheiratet sei), ir den stand als andern fraun zu geben.
Chmels Maximilian s. 189 (a. 1497); kinder so aus unehlichem
beischlaf geboren werden, weish. Salom. 4, 6 ; gewaltsamen
beischlaf verüben.
BEISCHLAF, m. concumbens, schlafgesell, beischläfer, auf
mdnner und frauen gehend: zeuget er {Lamech) von seinem
andern beischlaf oder kebsvveib auch ein son und tochter.
Mathesius 8*; so ein verstorbener knecht einen beischlaf bei
ihm hätte und von ihr kinder erzeugete oder sie wissentlich
schwanger gelassen bette, so soll das kind oder schwanger
beischlaf die besoldung ererben. Reuiteb kriegsordn. 18 ; dasz
ein beischlaf oder hur erhalten ein heiliger werk sei, dann
in solcher ehe leben, bienenk. 39'.
BEISCHLAFEN , concumbere, nnl. bijslapen : ich bin auch
ein sterblicher mensch, gleich wie die andern, und bin ein
fleisch gebildet zehen monden lang im blut zusammen ge-
runnen aus manns samen durch lust im beischlafen, weish.
Sal. 7, 2 ; wenn ein fraw beischlaft, sol sie {um zu empfahen)
nit zu vil essen noch trinken. Albertus Magnus weibergeheimn.
Frankf 1569 s. 4; so wirt sie rein, das si beischiafen mag.
Frank weltb. 153";
sollen forthin nicht mehr beischiafen
und weiber nemen zu der eh. H. Sachs IV. 1, 113*,
BEISCHLÄFER, m. concubinus.
BEISCHLÄFERIN, f. concubina, ahd. sldfwip : schöne bei-
echläferin zum heirat. Simpl. 2, 29; die beischläferin eines
Alcibiades. Wieland 2, 186 ; die gewalt, welche seine bei-
gchläferinnen über sein herz erhielten. 3,59; ich nannte die
namen aller frauen und beischläferinnen des profeten Salomo,
6, 187. «. beisorge.
BEISCHLAG, m. in mehrfachem sinn,
1) numus adulterinus, falsche, neben der echten, geschlagene
münze, und dann angewandt auf ein von fürslen unehlich er-
zeugtes, unechtes kind, bastart. eine stelle Lockvs oben sp. 1112.
Beischlag wie Bastart begegnen aber nicht seilen als eigen-
namen, weil man auszerehliche abkunß von vornehmen nicht für
schimpflich hielt.
2) was einem aufgeschlagnen gebäude neben beigcschlagcn
wird, ein besonderes fachwerk (verschlag), eine stufcnmdszige
erhöhung vor dem haus u. s. w.
3) eine von den hauptschldgen gesondert bewirtete feldab"
Iheilung in der koppelwirtschaft.
4) ist sie (die zunge) aber golles, so redt sie nicht dann
goltes Wort, leben, fried, liecht, und ist ein anfang und bei-
»cblag (anhang) aller ding. Frank tpr. 1, 115*.
BEISCHLAGEN, etwas nebenbei schlagen, niederdeutsch
bislan auch beistimmen, beipflichten, es eben so arg machen:
er schlägt nicht übel bei; der getragene ist so voll (betrun-
ken), dasz er den köpf nicht in die höhe halten kan, und
der ihn trägt, schlägt auch nicht schlimm bei. pers. baumg. 7, 9.
BEISCHLIESZEN, 1) includere, servare, einschlieszen. 2) ad-
jungere, beifügen: der beigeschlossene brief.
BEISCHLuSZ, m. 1) inclusio. 2) adjunctio, beilage.
BEISCHLÜSSEL, nachscklüssel, clavis adulterina.
BEISCHMACK, m. was beigeschmack.
BEISCHMELZEN, hinzuschmelzen.
BEISCHOSZ, m. slolo, ramus inutilis, kleiner nebenschosx
am weinstock, den man ausbricht, beireis.
BEISCHREIBEN, adscribere, hinzuschreiben.
BEISCHREIBER, m. gehülfe des Schreibers.
BEISCHRIFT, f inscriplio, heule inschrift, nnl. bijschrift:
Heineccius meldet, dasz zu Goslar Conradi bildnis mit fol-
gender beischrift anzutreffen. Hahn 2,13; in welchen Sinnbil-
dern die füchse unter allerhand gestalten und trachten mit
einer beischrift aus der bibel vorgestellet werden, welche die
erklärung des bildes sein soll. Gellert 1, 25; die allegorie
soll durch sich selbst verständlich sein und keiner beischrift
vonnöthen haben. Winkelmann 2, 441. Gryphius nennt seine
epigramme beischriften.
BEISCHUB, m. auxilium, Vorschub:
Ptochus rufte seinen freund in der noili um beiscbub an,
dieser schickt ihm hülfe zu, spannet aber Itrebse dran.
LOGAU 2, 9, 37;
Noihus ist mit ralh gezeugt, ist gezeugt nicht olingefehr,
ihrer neune waren da, gaben rath und beischub her. 2, 10, 56;
wenn er ihr eine schlammichte lasche zum behältnis alles
vorraths anhienge und einen knörrichten stab zum ganzen
beischube ihrer reisen mitgäbe. Lohenst. Arm. 1, 1204; inen
mit speise und kleidern nicht beischub thete und versorgete.
Dreyding B2.
BEISCHUSZ, m. additamenlum, zuschusz: denn sie ihm
doch einen beischusz würden gethan haben. Salinde 328 ; die
beischüsse eintreiben.
BEISCHÜSSEL, /". additamenlum cibi.
BEISCHÜTTEN, affundere: allzeit dem wein wasser beizu-
schütten. J. Paul leufelsp. 1, 30.
BEISCHWIMMEN, adnatare.
BEISEGEL, n. velum secundarium.
BEISEGELN, was beistechen.
BEISEIN, 1) adesse praesentem, bei, um jemand sein. mhd.
daj kumt von einer frowen schoene,
der ich gerne waere bi. MS. 1, 39*;
darzuo wmre ich dir vil gerne bi. 1, 41* ;
wir sagen heute mit der praeposition : ich wäre gerne bei dir.
2) conmmbere, beiwohnen:
aus ehüchera beisein sproszte dann Hermione. Götue 41, 194.
BEISEIN, n. praesentia, beiwesen, gegenwart: im beisein
des königs, rege praesenle; im beisein vieler edlen personen,
Jucundiss. 212;
er war mir schon hinweg gegangen,
und ich war seines beiseins los. Opitz;
warum denn wolt auch ich
mich von der noih entziehn
und gottes beisein fliehn? Logau1,5, 21;
mein beisein das entrückt ihn zwar des todes pTeilcn.
IIOFMANNsw. getr. schäfer 43.
BEISEIT, adv. seorsum, meist vor vocalen:
tretet ein wenig beiseil, ihr Jungfraun, dasz ich mir selber
von den schultern das salz abspiil. Voss ü</. 6, 218;
jener sprachs, und sie giengen bciscit. 6,223;
das beiseit sah vater Asan Aga. Göthk 2, 54;
sie giengen scheu heiseit, was er befohlen
ward ausgeführt. Tieck 2, 139;
sie nahmen den Vorleser beiseit und beschworen ihn. ges.
nov. 1, 111; er ist der ärmste, gröszte narr, das beiseit (dpart).
Klingers th. 2, 128. s. beseit.
BEISEITE, seorsum, die volle form des vorigen: beiseite
stehn, sitzen, setzen, führen, legen, stellen, thun ; aber den
er herzog Friedrich nennt, den sollte er beiseite tliun (be-
seitigen, auslassen), Schweiniciien 1, 87 ; nach diesem gieng
ich etwas beiseite. 1,125; ich würde glauben, dasz er dadurch
den ernst und die cbrwürdigkeit seines amts beiseite setzte.
J. E. Schlegel 3, 444; sagte Jarno, indem er ihn beiseite
nahm. Göthe 18,289; dieses beiseite gesetzt. Klincer 7, 240;
doch das beiseile, Kalb, sie sprachen also mit dem herzog?
I
1393 BEISEITGEDANKE — BEISITZEN
BEISITZER — BEISPIEL
1394
Schiller 186; übennäsziger gebrauch des beiseite (redem),
welcher oft ins lächerliche fallt. Schlegel dram. kunst 2, 44.
bei seile gehn. zu rerrichlung leiblicher nothdurfl.
BEISEITGEDANKE, »?i. senlentia secundaria, nebeng edanke:
seinen comnientar über Horaz und dann noch manche liebe
beiseitgedanken. Herder 11, 104.
BEISEITLEGLXG, f. sepositio.
BEISEITS, adv. an, von der seile: und als die Franzosen,
der beit unlidig, di italischen bi sits und kurz anrannten,
brachents wenig spiesz. Anshelm Berner chron. 3, 231; dero-
wegen muste ich mit herzog Friedrichen beiseits wegziehen.
Scuwei:<icben 1,87; hat keine fischohren beiseits. Forer 43';
mich jammert nur der arme Fani.-)$,
bald lauter glut, bald leiclienmäszig blasz
steht er beiseite. WfCLx.10 9, 48.
s. beseits.
BEISEITSCHAFFUNG, f. remolio, beseitigung.
BEISEITSQLER, qner ton der seile {vielleicht gclrennt zu
schreiben): er gehet beiseitsquer aus dem bolzweg in das
lerchenfeld. Lcthebs lischr. 51*.
BEISESZ, m. assessor, judex, beisitzer: soll er von ersten
der gerichtsleut einen, hernach den beisesz fragen. Kirchhof
mil. disc. 246; dieses wird mit einhelliger umbfrag des an-
dern beisesz bekräftiget. 247; wird ihnen doch auf des schult-
heiszen umbfrag - durch den beisesz aufschub erkennet. 248 ;
soll der schultheisz den beisesz fleiszig ermahnen. 249. s. das
folgende.
BEISETZ, ffl. dasselbe:
durchleachtiger herr könig mein,
und auch ihr beisetz allgemein, ilörin 17.
BEISETZEN, apponere, nnl. bijzetten, an die seile setzen,
legen, anlegen.
1) zur ehe beilegen: herzog Wartislaf aber liesz sich fräw-
lein Magdalenam in seinem hohen alter ehelich beisetzen.
MiCRÄLics 3, 450;
der kaiser Ouo wird ihn selber würdig schätzen
die tocbter allda ihm zur ehe beizusetzen.
Weraebs Ariost 3, 27.
vgl. beisitz 2.
2) bestallen, in der erde, in der grüß: eine leicbe beisetzen;
der verstorbne fürst soll nächste woche feierlich beigesetzt
werden ; wir zogen aus des nachts durch die Stadt mit glocken-
spiel und geklimper, bis der hund beigesetzt war. Schiller 107*.
3) die speise, das fleisch, den topf beisetzen, zum [euer:
sie setzte rindfleisch bei, um kräftige brühe zu haben; sie
wurde schon als ein groszes stück beigesetzt und ist nun am
feuer noch mehr aufgequollen. Tiecs5. 416; indessen wir an-
dern am ernsten kamine uns zur noth erwärmen und von
zeit zu zeit nachsehen, ob die sclbstgezogenen kartoffeln, die
wir beigesetzt, gar geworden. Göthe an Zelter 697.
4) geräth, stüle, bänke beisetzen, sowol an den tisch als
zur icand. alle se^el beisetzen, ansetzen, anspannen, nnl.
alle Zeilen bijzetten, alles anstrengen.
b) beisetzen, hinzusetzen : noch mehr geld beisetzen ; worte
beisetzen; und sie selbst hätten sonst nichts beizusetzen?
Schiller 1S9\
6) beisetzen, an die seile setzen, vergleichen:
der heulige gehrauch trägt gleichsam ein ergclicn,
die bauren dieser zeit deu lürsicn beizusetzen.
l.OGAi; 1, l, &4.
7) beisetzen, seponere, bei seile setzen, beseiligen : und wann
ich auch die absonderliche ursach, dasz einem inwobner sei-
ner gescbäften und seines müszigganges wegen rechenschaft
zu geben nicht übel anstehen will, beisetzte. Opitz //. Grolius
vorr. s. 28t ; dasz gotl sie den ihrigen lange zeit einen trost
und freude wolle sein lassen, als wie ew. gn. bisher löblich
gewesen ist und die hcldin Judith (oben ausgestellte müngcl
beigesetzt) vor Zeiten soll gewesen sein. 3, 70.
BEISICHTIG, tnyops, kurzsichtig, der nur in die ndhe sieht.
BEISIN.MG, amen*, dclirus, wahnsinnig: er wirt von der
krankhrit beisinnig, deliral ex morbo. Hexiscb 264. vol. absinnig.
BEISITZ, m.
1) ususfruclus. Frischlih nomencl. 435. Frankf. rtform, 3, 6, l. 2.
2) concHbtlus: sie {die Friesen) Rlrafcn die hiirerci hart und
gestalten niemand ein uneeliclx n beisilz. Frask velltt. 60*;
laszt man ihm ein beisilz und hiim, doch nit zur ee, «ud-
der für ein kepswcib. 128*.
3) beisitz am gerichl,
BEISITZE.N, asudere: der adler, als er dis anbringen sei-
ner undcrthunen mit den beisitzenden nitcii angchörU kiacü-
HOF itendunm^ 63; mil fiölichem gelächter der beisitzenden
benen. 214'; der ehrlichen beisitzenden {assistenlium) obren
mit widerdriesz erfüllet. 221'.
BEISITZER, m. 1) usufructuarius. Frankf. reform. a. 0. 0.
2) judex assidens: unser gerechtigkeit findt beisitzer in
gottes gericht. bienenk. 9S' ; nach solchem thut der schult-
heisz an alle beisitzer eine gemeine rechtliche nmbfrage.
Kirchhof mil. disc. 240. rgl. beisesz.
3) assidens concubina? ich kenne einen gewissen mann,
der durch liebe eingenommen, von seinem beisitzer gefraget
wurde: was wünschest oder verlangest du? pers. baumg. Z, ti.
rgl. beischlaf, schlafgesell.
BEISOHN, m. filius spurius : in dem ward er (Friedrich 2)
von Manfredo seinem beisun aus einem kebsweib geboren
ersteckt. Frank chron. Germ. 195. s. beitochter.
BEISORGE, f. cura, solliciludo, suspieio, besorgnis, ver-
dacht: hatte vielleicht auch ein beisorge, es wäre nu an dem
u. s. w. LcTHEB 3,402'; er setzet aber dazu eine warnung,
als zur beisorge. 6, 212' ; die beisorge noch gar stark ist, dasz
irer etliche unserm namen und glauben fast feind sein. Lu-
thers br. 4, 5S9 ; wo aber einer zum andern mal wiederkom-
met, so hat es beisorge, als sei es mutwilligklich und aus
bosheit geschehen, .\gricola spr. 185*; das ich aus dem be-
richt erstlich diese Vermutung und beisorge schöpfete. Rixc-
WAU> tr. Eckh. A3';
dann er die Torcht und beisorg bett. Spbrxg /<. 414*;
aus beisorge, es möchte das heilige blut an dem harte hangen
bleiben. Wiedemaxs febr. 65; sein vorhin allzukübner geist
mit übriger beisorge sich abzukühlen genötigt gewest wäre.
Lohenst. Arm. 1, S56; aus beisorge einer verräterei. 2, 245;
der unnöthig gesetzten beisorg, er mochte sich vor dem com-
mandanten verreden. Abele 3, 41 ; allein nachhero that er es
aus der beisorge, Manlius werde die feinde dennoch angrei-
fen und überwinden. BCxac 1, 72 ; nach Caroli absterben ver-
fugte sich Ludovicus nach Achen, aus beisorge, dasz ihm
Walo gefahrliche händel machen möchte. Hahn 1, 100 ; der
pabst wolle von Friderico nichts wissen, theils wegen seines
geringen alters, theils aus beisorge, dasz er nach erlangter
kaiserlicher hoheit wegen Neapolis kein vasall des röm. stuls
sein wolle. 4, 52 ; indem er ohne allen zweifei die beisorge
haben müsse. Weise erzn. 23 ; aus beisorge, der vater möchte
ihm sonsten eine unangenehme Visitation anstellen. 110; aus
beisorge, es möchte zu viel wasser darneben weg flieszen. 119 ;
Florindo brach seinen worten ab, aus beisorge er möchte zu
weinen angereizet werden, kl. leule\9 ; sie hat sich absentiert aus
beisorge, die bauern möchten nichts guts erzehlen. opfer Isaaks
15t ; Hioh hatte zwar seine freude daran, dasz seine kinder
einig unter einander lebten, gleichwol halle er die beisorg, sie
möchten im essen und trinken zu viel ihun. Schcppils 154;
vielleicht aus beisorge, ich möchte daselbst etwa wieder auf
meine alte schliche und abwege kommen. Plesse 1, 99 ; inzwi-
schen gibt mir meines hochgeehrten hcrm stillschweigen we-
gen dieses puncts keine geringe beisorge. Leibmtz 2, 113 ; nicht
aus beisorge, dasz sie, mein herr, es mir übel nehmen möch-
ten. Liscov 51 ; weil ein solches verbot nothwcndig aus einer
beisorge herrühren müste, dasz die vollkommene crcatur das
böse dem guten vorziehen möchte. 643 ; wir enthalten uns, alle
die solennitäten umständlich zu beschreiben, aus beisorge, es
möchten schon viele unsrer leser des sinnes sein, als hätten
wir bereits bei der feierlichen procession zu lange verweilet.
Siegfr. von Lindenb. 1, 231. Die späteren meiden oder vergessen
das wort, welches doch oft bequemer ist als besorgnis.
Frisch 2, 288* merkt aus einer chronik an, dasz beisorge
auch eine coneubinc bedeutete, durch sie wachsen dem mann,
der als vormund schon ßr frau und kinder zu sorgen hat,
nebensnrqen zu.
BEISOUGEB, m. tutor, vormund.
BKISPANN, w. subsidium jumenlorum, vonpann.
BEISPANNEN, jumenla adjungerc, hinzuspannen: es müs-
sen noch zwei pferde beigespannt werden, bildlich, nun mes-
sen die wirlhc keinen tropfen wein mehr weg, dem nicht ein
ebenso groszer tropfen reines wasser beigespannt w-äre. J. Paul
teufrlsp. t, 30.
BEISPIEL, n. fnbula, exemplum, ßr beispell, denn mit
spiel ludus hat das wort nichts iu schaffen, es stammt aus
sprll seniiv, narratio, ahd. spcl gen. spellcs (Graft 6, 333),
ags. spell, altn. spiall, golh. spill, deren aller doppeltes L sich
von dem einfachen in spil ludui weseHllifh scheidet, wie fa-
J395
BEISPIEL — BEISPIELIG
BEISPIELLOS — BEISTAND
1396
bula von fari, narratio von narrare, sage von sagen, isl spill
von spillun abzuleiten, die partikel tritt vor wie im ags.
bigcvide fabula, proverbium von cvedan dicere, parallel dem
ags. bigspell, erzählung des gerade am wege liegenden, wie
naooiuia, des neben hin geworfnen, naaußolrj, was im rem.
paraula, parola, parole wieder zum einfachen spei, sermo, vcr-
bum geworden ist. ahd. pispel hat sich noch nicht dargeboten,
wol aber mhd. bispel gen. bispelles, mnl. bispel gen. bispeles
(Clignetts Esop 106. 107) und Kilian hat noch byspel, heule
ist es nnl. erloschen und durch voorbeeld vertreten, nhd. hat
die falsche Schreibung beispiel bereits Luther; Dasypodiüs,
Maaleh, Heniscu setzen gleich unrichtig beispil.
Das mhd. spei und bispel drücken aus was das /af. Tabula,
in der kaiserchronik heiszl es 6870 :
hores ilüj lieber hörre,
ich grttleuiie alder dinge verre,
wiU du i^, herre, virnemen,
ich sage dir ein scöne spei.
6959 dö der herzöge daj spei virnam.
bei UiFiLAS 1 Tim. 4, 7 sind usaljjanaizö spilla aniles fabulae,
yQacöSsi; fivd'ot {vgl. fiv&os y^aös bei Plalo Gorg. 527.
republ. 350) ; mhd.
der sol von einem tursen hceren spei. Albr. Tit. 3251;
dem Stricker aber ist die fabel vom wolf und lamm
aller bispelle anvanc ;
spell und beispeil setzen also ursprünglich eine erzählung vor-
aus und die ins heutige beispiel gelegte bedeutung von exem-
plum, Vorbild, das durch die that gegeben wird, war ihnen
ganz fremd, den allen sinn des worts hält VVeckuerlin fest:
die olin allen gniiid
ein beispihi, ein sprichwori und bossen von uns machen. 163,
d. h. die uns austragen unter die leute, dasz wir zur fabel
und zum spotte werden, in dem niederrheinischen vespelchen
für märchen klingt noch heute spellchen, beispellcben nach.
anspielen, alluderc war in beispiel niemals enthalten. Triftig
genug unterscheidet Kant: beispiel ist mit exempel nicbt von
einerlei bedeutung. woran ein exempel nebmen und zur
verständlicbkeit eines ausdrucks ein beispiel anführen sind
ganz verschiedne begriffe, das exempel ist ein besonderer
fall von einer praktischen regel, sofern diese die thunlichkeit
oder unthunlichkeit einer Landlung vorstellt, hingegen ein
beispiei ist nur das besondere, als unter dem allgemeinen
nach begriffen enthalten vorgestellt und blosz theoretische
darstellung des begriffes. 5, 322. Der jetzige Sprachgebrauch
mengt aber beide und zieht auch beispiel auf wirkliche prac-
tische fälle, wir sagen : er bat ein groiszes beispiel gegeben ;
du hast andern ein schönes beispiel gegeben; daran sollst
du dir ein beispiel nehmen, hier würde mhd. nicht bispel
gesetzt sein, sondern bilde geben, bilde nemen, vorbild geben ;
umgekehrt bilde niemals erzählung ausdrücken, das ist ohne
beispiel, beispiellos heiszt uns was das franz. sans exemple, das
ist noch nicht vorgekommen, noch nicht wirklich gewesen; dem
ursinn des worles nach wäre es : davon, dazu gibt es keine fabel.
Du machst uns zum beispiel unter den beiden, und das
die Völker das heubt über uns schütteln, ps. 44, 15; das er
verneme die sprüche und ire deutung, die lere der weisen
und ir beispiel (LXX aUCy/naxa). spr. Sal. 1, 6 ; das ist der wel-
chen wir etwa für einen spott hatten und für ein hönisch
beispiel. weish. Sal. 5, 3; ein beispiel (vTtöSety/ia) hab ich
euch gegeben, das ir thut wie ich euch gelhan habe. Joh.
13,15; zum beispiel meiner erklärung kann ich den mehrmal
envähnten ägyptischen Antinous anführen. Winkelm. 3, 117;
erfreue unsern vatcr, nimm ein beispiel: Schiller 448;
nie zank und streit, das ist erbaulich, das ist doch ein bei-
spiel. 654 ; die gesciiichte hat dieses merkwürdige beispiel nur
ein einziges mal in dem cardinal Mazarin wiederholt. 806;
alle schritte verralhen einen mann, den weder beispiel noch
mcnschenfurcht versuchen. 808 ; er habe geschworen ein bei-
spiel an ihnen zu geben, worüber die ganze christenheil sich
entsetzen solle. 839; im begrif, ein nie erlebtes beispiel des
Undanks gegen den schöpfer seines glucks aufzustellen. 975;
seine eitern lebten dem ganzen adel von Anjou und Maine
zum beispiel. 1080; von jenen (lieberkühntschcn pravparaten)
wurden einige wirklich bewundernswürdige iieispiele (excm-
plarc) vorgewiesen. Götiie 31, 215. böse beispiele verderben
gute Sitten. Häufig einleitend und einschaltend zum beispiel,
par exemple.
BEISPlELCHf^IS, n. kleines beispiel: noch ein beispicicben.
liEISl'UüLIG, exempli gratia dictuts so nun beides die alte
und auch heutige weit solche beispilige spigelweis und spigel-
weisliches beispil . . . gebillichet und nutzlich befunden. Garg. i.
BEISPIELLOS, unicus, inauditus: beispiellose gute, grau-
samkeit. im adv. beispiellos wolfeil, unverschämt.
BEISPIELWEISE, adv. um beispielweise zu erklären. Göthe
39, 74. gebildet wie paarweise, scherzweise, zugweise u. a. m.,
es heiszt doch gewöhnlich beispielsweise, wie wechselsweise,
ausnahmsweise u. s. w.
BEISPRACHE, f. ahd. pisprächa, obtrectatio (Graff 6, 383),
mhd. bispräche {kröne 1743). Heniscu 264 hat es aber im
sinne von parabola.
BEISPRINGEN, accurrere, succurrere, hinzulaufen, beistehen:
doch Reuszen springt uns bei. Grtpuius 1, 116;
dasz wir solches von unsern eitern, die sehr genaw und uns
in diesen schweren zeilcn gar wenig beispringen können, er-
warten müssen. Schoch stud. leben H5; bat um gottes wil-
len, sie sollen ihm mit einem guten rath beispringen. Weise
kl. leute 226 ; dinge, so unserer natur mit ihrer nebenwürkung
beispringen. Bltschky Pa//jmos 8; sage mir, was hat dich
bewogen mir beizuspringen? J. E. Schlegel 2, 401; die Ver-
pflichtung bei deich- und hausbau und allerlei unglück den
geschlechtsv^ttern nach vermögen beizuspringen. Niebuhr 1,
353; Plautus kam nach Rom und zu allem unglück war theu-
rung in Rom, so dasz ihm seine freunde, die er ohne zweifei
wird gehabt haben, nicht beispringen konnten. Lessing 3, 5;
doch fremdling oder nicht, wer leidenden
beispringen kann, wird auch mit ihnen trauern.
ScuiLLEK 227";
der harfner «war mit nach dem orte geeilt, einen wundarzt
aufzusuchen und seinem für todt zurückgelassenen wolthäter
nach möglichkeit beizuspringen. Göthe 19,41; ein Uhrmacher
aus London war ihm in dieser mäszigkeit am meisten da-
durch beigesprungen, dasz er ihm eine bedientenglocke und
ein federwerk verfertigte. J. Paul Hesp. 2, 39; den mahlern,
welche geköpfte leute oder aufgesprengte schiffe mahlen wollten,
ward mit den Urbildern dazu beigesprungen, uns. löge 2, 145.
BEISPRUNG, m. auxilium: und ist unvergessen, was den
erzketzerischen aufrührischen Niederländern etliche teutsche
fürsten für assistenz und beisprung geleistet, postreutcr an
bäpstliche heiligkeil 1620 4 s. 13; mit deren hülf und bei-
sprung. s. 37.
BEISTAND, m. l) auxilium: auch seint wir schuldig vor
got einander ze helfen und in allen dingen beistand ze thun.
Keisersb. sünd. des mundslH*; du soll falscher anklage nicht
gleuben, das du einem gottlosen beistand thust. 2 ^/os. 23, 1;
schaff uns beistand in der noth, denn menschen beistand ist
kein nutz. ps. 60, 13; thut ir beistand in allem geschefte,
darinnen sie ewer bedarf, denn sie hat auch vielen beistand
gethan, auch mir selbst. Rom. 16, 2 ; irer nechsten nachpaur-
schaft nicht peistant thun. fasln, sp. 1302; indem so ir der
huren und schälkin beistand thut. buch der liebe 3'; sonst
magstu auch wol die spalten mit brantenwein dörren, hat
aber keinen beistand (? bestand), das fewer ist die beste kunst
darzu. Seuter 299 ; gebürt eim jeden nach seiner gab hierin
eueren h. fürnemmen hülf und beistand zu thun. bienenk.b*;
um die Hugenotten zum beistand ihrer niederländischen brü-
der gegen Philipp von Spanien in bewegung zu setzen. Schil-
ler 1009 ; der prinz hat die furchtsamkeit der regentin zu
seinem beistände gerufen, die ihr jede wähl untersagt. 815 ;
der mensch löst sich freilich gar zu geschwind von denen
los, denen er noch manchen rath und beistand verdanken
könnte, doch diese unart dient zu seinem glück, wenn er
sich dereinst selbst helfen musz und jeden rath und beistand
entbehrt. Göthe an Zc//er 10; für beistand thun AeiWc beistand
leisten; den beistand der gcsetze anrufen. Gotter 3, 89;
lasz im ziililcn uns zusammen
unverdrossen beistand leiliii I 3, 'ild.
2) aus dem sächliclien begrif ergab sich leicht ein persön'
licher, beistand tsl auch adjulor: ihr seid mein geistlicher
vatcr und sonsten mein Vormund und treuer beistand gewe-
sen. ScHui'Pius 490; da beide mit erwählten beiständen vor
der Stadt einen Zweikampf unter sich vornahmen. Felsenb.
1, 310; Lothariu kommt mit seinen beistünden. Götiie 20,
209; denn einen begleiler luusz ich haben, einen sittlichen
beistand, wie man sich rechtlii:he beistände nimmt, wenn mau
dem gerichtshandel nicht ganz gewachsen zu sein glaubU 21, 200;
liebling, freundin, beistand ihrer muitcr. 33,43,
1397
BEISTÄNDER— BEISTEHEN
BEISTELLEN— BEISZE
139S
3) beistand = ums/onef, «wona, qui eireumstant, die um-
stehenden : kehrte sich zu dem beistand umb. Zi?«kgr. 2, 62.
4) beistand im sinn von beimischung, lulhat oder bestand-
theil: ein wasser, welches einen schönen goldschlich mit
schmirgelgrawem beistand oder sand auswirft Thcbneissek
von vassern 194.
BEISTÄNDER, m. adjutor: sagte zu seinen beiständen!,
geistlichen und weltlichen fürsten. Ziskgh. 1, 26 (28, 13) ; ein
getreuer beiständer. Simpl. 2,415.
BEIST.ÄNDIG, adjutorius, favens, secundus, hülfreieh, be-
hülftich: mhd. die im bistendic sint. AfStf. 3, 309*;
herr kaiser, ich wil euch peisiendi? sein.
fasln, sp. 637, 27. 638, 17 ;
wiri euch der herr beistendig- sein. H. Sachs III. 1, 164';
ein alter darf allerbast (maxime) freund, die im beistendig
seind und ze hilf kummen. Keisersb. sünden des munds 47';
daneben gebieten wir, das ir in den obgemelten stenden und
oberkeiten gleich uns selbs in solchem hülflich, beistendig,
gehorsam und wilfertig seiet. Luther 2, 431' ; auch ein haupt-
raan dem andern, so ferr ihr einer das an dem andern be-
gehren würde, in solchem allem beistendig sein. erkl. des
landfriedens von 1522 §. 7 ; bald musten die Christen zu ver-
folgen die Christen dem Türken beistendig sein. Frank trellb.
100"; darin waren im beistendig und hilflich seine diener
und rath. chron. 144*; glück den kecken beistendig. Wirscnc
Cai F2*; bittet gott, dasz er euch wolle beistendig sein.
buch der liebe 6*; ach du edler Florens bis mir beistendig
und komm mir zu hülfe. 26*; wo mir heut dein hülf nit
beistendig ist. Aimon B ; wo inen das glück nit beistendig
gewesen. C2; ich furwar mein bestes auch auf diesem ste-
chen wolt unterstehen und versuchen, ob mir das glück bei-
stendig sein wolt. Calmy 64 ; welcher (quorum) burgerschaft
den unsern allwegen getreu und beistendig gewesen ist. Mi-
CYLLS Tacitus 450"; sie würden ihm in der Schlacht beiständig
sein. Fronsp. 3, 240'; ward ich von meinem alten vatter, im
in seinen amptsgeschäften beiständig zu sein erfordert. Kirch-
hof disc. mil. vorr. ; wird er igolt) denen, die auf ihn hoffen,
beistündig zu sein auch nicht vergessen. 148 ; nachdem und
mir gott beistendig ist. Päracelsls 1, 146'; alsdann der kai-
ser guten frieden mit Pommern halten, sie nicht angreifen,
sondern vielmehr ihnen beistündig sein wollen. MicrXlius 3,
350 ; 0 gott, wollest unser bitt beistendig sein, bienenk. 165' ;
in deinen nöten nicht beistendig gewesen. Garg. 215'; be-
kümmert sich heftig, das er inen nicht beistendig soll sein.
255';
wir seind verpwisi,
das Alba uns beistendig ist. Atrer32';
dasz er (goll) dem herrn beistendig wer. 364*.
tpiler geräth das gute worl auszir gebrauch, obwol es Stiei er
2132 noch auffährt. In abweichendem sinn scheint es Frasi
SU verwenden: der ein künstlichen maier auf sein kosten bei
sich beistendig gehabt, weltb. 163', was doch wol meint, bei
sich angestellt?
BEISTANDPFAHL, m. fulcrum, pedamentum, ein unbeholf-
nes wort für stütze: soll zubereiten die rebstecken, beistand-
pfal, tragstangen, die reben daran aufzufören und zu binden.
Sebiz 50.
BEISTÄNGELN, ad stipites ligare. Stieler 2133.
BEISTECHEN, vela demittere, beisegeln, gegenüber dem ab-
stechen, absegeln.
BEISTECKEN, condere, einstecken: die baronesse hatte das
portefeuille ihm heimlich beizustecken gewusU GütheIS, 207;
ach, muntres paar, möchte nur Chigi dich modellieren zu
einer tragbaren taschcnausgabe für damen, ich steckte dich
bei und zöge dich erst in Deutschland aus der lasche. J. Paul
Tit. 1, 22 ; die verdächtigen Spitzbuben sind beigestcckU
BEISTEHEN, assislere, opem ferre, auxilio esse, nnl. bijstaan :
wem stehest du bei? //io6 26, 1; und der herr wird inen beiste-
hen und sie erretten, ps. 31,40; sihe gott stehet mir bei, der
herr erhelt meine seele. 54, 6; lasz mir deine band beistehen.
119. 173; ein trewer freund liebet mehr und stehet fester bei,
denn ein bruder. spr. Sal. 19, 24; so spricht der herr, der
dich gemacht und zubereitet hat und der dir beistehet von
muttericihe an. Es. 44, 2 ; ja ich bitte auch dich, mein treuer
geselle, stehe ihnen bei (golh. jai jah {luk valis6 bidja gajukA
ni|)ais \)bs). Philipp. 4, 3; er steht im bei in allen dingen.
Keisersb. sünden des munds 82'; samt allen, die inen bei-
stunden oder sie beschirmten, bienenk. 12'; stehen sie ibm
bei in der schrecklichen nacht, wenn der ehrwürdige geist
selbst vor ihm auftritt. Göthe 19, 75; der himmel steh euch
bei! Klinger 11, 111.
BEISTELLEN, 1) apponere, von Sachen, was beisetzen:
die topfe beistellen; leg holz an, stell wasser bei. Götbk
13, 148.
2) adjungere, von leuten:
ich bin zwar auch ein theil und denen beigestellet,
die ihres geistes hoch zusammen bat gesellet
zu treffen einen bund, zu vrürken tapfre fruchL
LoGAD 2, 3, 13.
3) seponere, bei seile stellen.
BEISTERN, ferox, turpis, ein seltnes wort, nd. bister, nnl.
bijster: du bist beistern satt, extra perieulum hostis es ferox.
Mich. Neaxder syll. loc. 187. vielleicht von beiszen? bissig?
Stalder 1, 155 hat ein adj. beistrig munter, flink, was ver-
wandt scheint, vgl. engl, boisterous.
BEISTEUER, /. collecta, beitrag : eine beisteuer geben, ver-
anstalten ; um milde beisteuer bitten.
BEISTEUERN, conferre: ich kann auch noch etwas bei-
steuern.
BEISTIEL, m. scapus secundarius, nebenstiel: der Stengel,
welcher sich eilends in die höhe und dicke mit sambt den
beistilen und iren blettem aufgibt. Thcrseisser infl. Wirkun-
gen 25.
BEISTIMMEN, assentiri, astipulari, zustimmen, beifallen,
beipflichten, beitreten, unter diesen würtem scheinen beipOicb-
ten und beistimmen starker und mehr auf innere Überzeugung
gegründet als beifallen und beitreten, der grosze häufe fällt
bei, tritt bei, der prüfende, erwägende stimmt, pQichtet bei,
der um seine meinung befragte stimmt bei, ein unbefragter
fallt bei. doch stehen alle oft gleichbedeutig :
doch stimme meinem Vorzug bei. Hacedor:« 2, 32.
BEISTIMMER, m. assensor. Stieler 2168. Bdtschst Palm. 573.
BEISTI.MMUNG. f. assensus : ihr beifall oder vielmehr ihre
beistimmung. Herder in Bütligers lit. zust. 2, 191.
BEISTOCK, m. nebenstock: ohne seinen kirchhof, wie ers
{das krankenzimmer) nannte, mit allen anhängen und beistö-
cken zu besuchen. Hippel lebensl. 2, 438.
BEISTOSZ, m. den tischlern eine schmale, übergreifende,
angcstoszene leiste.
BEISTOSZEN, nebenan stoszen, ßgen.
BEISTRECKEN, pon-igere, mil vorstrecken: er hat zehn gül-
den beigestreckt.
BEISTRICH, m. nebenstrich: ein beistrich mit rothstift.
BEISTROM, m. nebenstrom, nebenarm eines flusses.
BEISTÜCK, T). nebenslück.
BEISWIND, m. boreas, ahd. pisa (Graft 3, 216), mhd. bise,
franz. bise, Schweiz, bis, bise (Stald. 1, 173). nhd. denkmäler
schreiben falsch beiszwind für beiswind, Dasyp. 303' ; nort oder
beiszwind. Garg. 242'. Forer im fischbuch 134' schreibt: den
beiszen Ostwind und dergleichen starke bläst hassen sie.
dies beiszen scheint ein gen. sg.
BEISZ, mhd. bei?, abtaut von btjen, nhd. bisz; doch haf-
tete jenes noch hin und wieder im 16 ;A. i. b.
es beisz ein maus des ocbsen fusz. Albsrus 115V
BEISZBÄR, m. ursus mordax, ein bissiger bdr: eine halb-
alte frau, welche im gesichte einem beiszbär gar ähnlich
sähe, maulaffc 133. richtiger wol ein den bdr beisiender hund.
vgl. beiszhund und bärenheiszer.
BEISZDKEIN, m. ofjfa, buceella: ein garstiger beiszdrein.
fliegenwadel 108.
BEISZE, m. vom starken beiszen abgeleitet,
1) ein wildes, beisziges thier, ein eher: auch die Jährling
kan man zu den halbjährigen beiszen oder ebem laufen las-
sen, wann sie rumsen. Hohberc 3, 65*. ahd. ist wolfpljo /y-
eiscus, ein von wolf und hündin erzeugter hund.
2) beisze, bolus, frustum: duos bolos, das ist zwen beiszen.
bienenk. 229'. gewöhnlicher bisse, ahd. pi??o.
BEISZE, f. das zum schwachen beiszen gehörige Substantiv,
1) renatio: er {der hund) het zu tags uf sein herrn gewart,
mit auf die beisz gelaufen, wachtel gefangen. Fraji« spr. 2, 29*.
gewöhnlicher beize {vgl. reiherbeize, falkenbeize). mhd. aber
beije f. und beij n. (Ben. 193').
2) infectto, maeeralio, das bereiten in einer scharfen, fres-
senden feuehtigkeit, ahd. pcija alumen (Graft 8, 231) :
d.i« ist ein zimenl {cimentum) und ein peisz,
doriDDen sein selc wirt gepleichl. fastn. tp. 1153;
88*
1399
BEISZE— BEISZEN
ich wil mich mit inen in die beisze und zu recht einlegen
und mit gottes wort ausführen. Lujhers tischr. 400' ; da muste
in die beisz was nur har hatte (ex wurde alles verpraszl).
Kirchhof «rendunm. 230; die nassen feil usz der beiszen tra-
gen. Eulensp. cap. 53 ; kürszner, die die beisz nicht salzen
(li'trd unler den dingen, die nicht vorkommen, angeführt). ¥i-
scHkhT groszm. 53; alle füchs kommen endlich beim kürschner
in der beisze zusammen. Schuppius 839. heute auch beize.
3) das alln. beit /. hiesz auch pascuum, in welchem sinn
es hochdeutsch nicht erscheint.
BEISZE, f. zuweilen für beete, beta das kraut, richtiger
biesze.
BEISZECHTIG, mordax: die Schafwollen zu äschen ge-
brannt, hat ein räsze, beiszechtige, hitzige kraft. Forek thier-
buch 140'.
BEISZEL, m. oder f. cuneus, nnl. beitel, spaltendes werk-
leug:
keine beiszel, keine meiszel,
keine stahl noch eisenspitz. Spek trutzn. 293.
BEISZEN, mordere, einstimmig in allen deutschen zungea,
goth. beitan, ags. alls. bitan, ahd. pi;an, mhd. bijen, nnl.
bijten, engl, bite, alln. bita, schw. bita, dän. bide. den ab-
laut, welcher goth. bait bilun, ahd. peij pijun, mhd. beij
bijjen lautete, verderben wir in bisz bissen, urverwandt das
skr. bhid findere, rumpere, perforare, lat. findcre fidi, vielleicht
gr. yeiSofiai sparen, wenn ihm die bcdcutung von abbrechen,
abzwacken zum grund liegt, vgl. tpifiös beiszkorb. zwar haben
bhid und findere nicht die bcsonderheit von mordere und
Sdxveiv, skr. das, dans; doch ist beiszen ein morsu divi-
dere, dentibus findere, wird aber nicht auf zahne eingeschränkt,
da auch z. b. das schwert beiszt, schneidet, spaltet, oder der
keil beiszel genannt wird. vgl. bellen.
1) intransitiv, morsu pelcre, morsum imprimere: das kind
kann schon beiszen, der alte mann kann nicht mehr beiszen ;
Flaccilla liesz ihr nächst den letzten zahn ausreiszen,
und gleichwol kan sie noch so unaussprechlich beiszen.
Griphius 2, 466;
er beiszt wie ein wolf; das thier beiszt mörderlich; sie bei-
szen wie der teufel. Simpl. 1, 220 ; aber darnach beiszt er
wie eine schlänge und sticht wie eine otlern. spr. Sal. 23, 32 ;
fein leise beiszen (beim küssen). Philand. ed. Leiden 5, 313;
er bisz um sich nach allen seilen ; mhd. diu frouwe beij
umbe als ein grusch (anserculus). Heldl. 1, 1216; wer schläft,
beiszt nicht. Oß mit folgendem in : in den apfel, in den
sauren apfel beiszen [sp. 533) ; obgleich e. k. gn. ein wenig hat
müssen in einen sauren apfel beiszen. Luthers br. 4, 347; sich
in (auf) die lippe beiszen, labra mordere, lachen unterdrücken,
verbeiszen (vgl. 5); das er so dick ein helbling wöll geben
umb goltcs willen, oder sich in die lefzen beiszen und bei
dem hart ropfen. Keisehsb. sünden des munds 23' ; Bente küste
der früulein band und bisz ihr ein wenig an den ftnger, dasz
sie schrie und die band wegzog, sagende, dis war ein ver-
sichcrungswort. das fraulein aber zwickte ihn bei den haa-
ren. Ettsers unw. doct. 479 ; sie aber antwortete : wo er nicht
beiszen, und er : und sie nicht schlagen will. 480 ; er bisz
ihr (oder sie) in die wange, in den arm ;
man hat mir nicht den rock zerrissen,
es war auch schade für das kleid,
noch in die wange mich gebissen
vor ühergTOSzem herzeleid. Uulands (;ed. 82;
das beiszt mir (oder micii) in die äugen ; die hutnesseln bewe-
gen (erregen) das brennen und beiszen in den hcnden und
äugen. Forer /isc/ib. Itö"; ein ros, das nicht auch in den zügel
beiszt. Schiller ISS'; darumb soll du nit in die ruten bei-
szen, als ein her, der fall in ein spiesz, beiszet darin und ver-
gisset des, der darhinder stot, und im das me tbut, weder der
spiesz. Keisersb. sünd. d. m. 18*; und soll nit darin beiszen und
murmlen. 20'; die sciiafe bissen gierig in das gras; mhd. der
wolf bei; in diu gcij. Bon. 11, 6; in den kaese er vaste bcij.
Ulr. Trist. 1975; er beiszt tapfer in das fleisch; beim kauen
auf ein steinchen beiszen; in das gras, in die erde beiszen,
mordre la poussiere, von menschen gesagt, sterben müssen,
wie kraut, erde und staub oß einaiider vertreten;
soit ich, 0 Marspiter, ins gru gebissen haben (todl sein).
Opitz 1, 101;
viel haben müssen in der frcmbdc hungcrs halben ins gras
beiszen (fame pcrire). pers. roscnth. I, IS; wovon viele ver-
wundet und etliche ins gras beiszen musten. I'lessc 3, 350 ;
BEISZEN 1400
die beiszen alle mit verdrsuz
auTs musz als eine harte nusz. Göthi56. 44;
der fisch hat schon in die angel gebissen. Abstract, die weit
gibt den predigern schuld, sie können nichts denn schelten
und beiszen. Luther 5, 366' ; es beiszt, faszt, greift an : denn
ich mag nit sein ein cardinal allein vom titel oder vom
buchstaben, es musz besser beiszen mit mir. Luther 2, 51' ;
aber gott hat angefangen, ir widerumb zu lachen, das wird
basz beiszen, denn ir lachen. Luther 6, 86'.
2) transitiv, morsu, dente laedere: dan wird ein schlänge
werden auf dem wege und das pferd in die fersen beiszen
(cerastes in semita mordens ungulas equi). 1 Mos. 49, 17 ; da
sandte der herr fewrige schlangen under das volk, die bis-
sen das volk. 4 Mos. 21, 6 ; was sol ich mein fleisch mit mei-
nen zenen beiszen? fliot 13, 14; das brot mit dem maul vom
tisch fassen oder aus dem backofen beiszen. Luthers, 448';
da schreien sie denn und beiszen in in die fersen. 6, 541';
ich hab ein grosz loch in der papisten laschen gebissen. Lu-
thers br. 2, 55; ein bunt wann der alle weit beiszet, so bei-
szet er doch seinen herrcn nicht. Keisersb. Sünden des munds
20'; ein wütender hund, der beiszet den der im brot gibt,
und mit gotslesterung beiszest du den der dir geben hat
alles das du hast. 20'; dan es warent fast hüse schlangen
in der insel, welchen die beiszen, der must sterben. 68';
wie die hund immermeder in einander fallen und einander
beiszen, kein weiser man thut das nit. als wan man ein
hündlcin imermedcr bi den oren zupft, was thüt man än-
derst, weder das man in bewegt zu zorn, das er eins bei-
szen sol. 42'; es beiszt mich am köpf (die lause beiszen
mich); es beiszt mich, wann ich ein andern jucken sihe.
Garg. 47*; die flöhe beiszen den hund, dasz er sich nicht hel-
fen kann ; nur sie hingericht, ... die toden beiszen niemands
mehr. 13'; alte leute, die das brot nicht mehr beiszen kön-
nen; arme leute, die kein brot zu beiszen haben; wenn man
ins feld soll und nichts zu beiszen und zu brechen hat,
Lenz 1, 92; vgl. mhd. bei; und brach. Iw. 6761; weder zu
beiszen noch zu brocken. Felsenb. 1, 336. unw. doct. 359 ; es
wollten manche feine leute gerochen haben, der landesvater
thäte die sache, damit seine landeskinder etwas zu brocken
und zu beiszen hätten. J. Paul uns. löge 2, 12. Statt mit den
Zähnen beiszen, heiszt es auch die zahne beiszen, die zahne
zusammen, aufeinander beiszen: was beiszt er die zahne?
was zieht er die faust zusammen? was wölkt sich seine
slirne? Klinger 1, 22; und mit den werten bisz er die ren
aufeinander von groszem zorn. Aimon V 4' ; das wan sie sie
nur ansehen, die zön über inen zusammen beiszen. bie-
ncnk. 192';
sinken nieder in staub und sterbend beiszen die erde.
SroLBERa 11, 63.
mit 'alle beisz!' beisz zu! hetzt man hunde.
3) beiszen von andern sinnlichen gegenständen, ahd. bi-
janti suert ; wola pi;anta; scarasabs (Graff 3, 228. 229) ; mhd.
wanti si woldin wijjin,
daj nigeini (suert) baj ni bijjin. Anne 304.
nhd. der rauch beiszt die äugen ; der essich den gaumen ;
drum beiszt uns auch der böse rauch. Soltau 497.
4) abstractionen. die sünde, die noth, die reue, die angst,
das gewissen beiszt (quält, plagt): so ist gewis, das den
freien, sichern geisten, die ire sünde nicht beiszet, die messe
kein nütz ist. Luther l, 339'; aber wenn du das will anse-
hen, wie from und rein du seiest, und darnach erbeiten, das
dich nichts beisze. 4, 429'; die Sünden, so das herz beiszen
und unrügig machen. 5,15'; dein herz wird dich beiszen und
also sagen. 5, 234'; ich habe auch zur rechten braut einge-
stellet. aber es beiszet mich etwas und habe sorge für euch.
6, 357'; die conscicnz beiszet in. Keisersh. sünden des munds
32' ; das die selben wort den nicht ze fast beiszen, dem er
es thut. 36'; neuwe mer [neuigkeiten) ist nichts änderst,
dann da ein mensch hat oren, die in beiszen, und hat ein
zung, die in beiszet oder jucket, es {der niensch) musz neuwe
mer sagen und musz sie hören. 69' ; die angst beiszt ihn
(vgl. angstläuse sp. 362) ; einen immerwärcnden und beiszen-
den zank erregen. Kirchhok fCPHrfHum. 312';
dasz ihn tag und nacht
iniih, tiübsal, arbeil, sorg lerrHiszend stet« gebissen.
Wkckhkrli.n 193;
der listige betrug bisz mich zwar immer noch am herzen.
Felsenb. 2, 358 ;
1401
BEISZEN
BEISZER — BEISZKER
1402
und doch belebt auf seine tücke
kein beiszend lied den Widerhall. Lkssixg 1, 93;
beiszende Spöttereien. Wielai^d 1, "6 ; beiszende Strafpredigt
WiELA-NDS Horaz 2, 20" ; beiszender witz ; beiszende bemerkun-
gen; ein sehr angenehmer gesellschafler für die, denen er
sich durch beiszende züge nicht furchtbar gemacht. Göthk
26, 95;
wenn wie nichts puts dich schilt ein wicht,
und soll es dich nicht beiszen.
so darf es dich auch kitzeln nicht,
wenn sie was rechts dich heiszen. Rcckert 2*4.
der narr beiszt ihn, hat ihn gebissen, er ist närrisch, eitel:
mancher, der ein doctor ist, wil nicht mehr ein doctor heiszen.
wie mich dünkt, so wll der narr einen solchen doctor beiszen,
der sich mehr auf eitelkeil wil als auf die witz befleiszen.
LoGAC 2, Ü, 49.
man sagt auch : mich beiszt was nichts gutes; ich weisz nicht
was mich beiszt; ich dachte, was mich bisse. J. PkVkJtomet
2, 60. Schon das golh. andbeitan schellen, tadeln, drohen be-
ruht auf einer solchen anwendung des sinnlichen beitan.
6) Kte etwas in sich fressen, hiesz es auch in sich beiszen :
"wenn ein prophet oder prediger so heftig von oder wider
falsche lerer und böse regierer schriebe, solt er wol aufrü-
risch gescholten und verdampt werden, nu aber ist er {Da-
vid) ein konig und thut solchs selber, er möcht doch der
eren verschonet und zum wenigsten etliche stücke in sich
gefressen und gebissen haben, wie on zweivel sonst manch
könig und fürst gethan, vieleicht auch noch thun. Lcther
6,165*; Julia, ihre wuth in sich beiszend. Schiller 171';
der arm ziehochs sagt zwar nicht vil
tu solchem prangen "und schweig still,
er must die schmachwort in sich beiszen.
Albrrus S9' (126) ;
es könnens wol jungfrawen am besten, wann sie das kittern
in sich beiszen und vertrucken. Garg. 14; denn sie (die frau)
weisz, das sie ihrs leibs nicht mächtig {schwach) ist, beiszt
derhalben alles in sich. 'l'. vgl. verbeiszen.
6) sich beiszen, morsibus invicem se lac^rare: die hunde,
die rosse beiszen sich; auf dasz sie einander nit bissen,
noch binden ausschlügen, bienenk. 27"; es möchte zwischen
pfarrherr, prediger und caplan ein teufel sich einmengen, das
einer über dem andern sein wolt und also sich für dem volk
zanken und beiszen und ein iglicher der beste sein wolt. Lu-
ther 5, 494' ;
in die well wer vor soll gehn, mnsz der höchste heiszen,
in der weit, wer vor soll gehn, pflegt man sich zu beiszen,
aus der weit, wer vor soll gebn, will sich niemand reiszen.
LocAü 2, 9. 86.
sich mit einem beiszen, herum beiszen: mit diesem nüszlin
lasz sich die jüden beiszen. Lcther 8,49'; denn das du viel
heulen und weinen wiit und dich lange mit dem trübsal wilt
beiszen und fressen. 3, 211 ; du must in not nicht den köpf
beugen und schütteln, und mit deinen gedanken dich beiszen
und fressen. 5, 50*; wenn es an ein treffen gehet, das ich
mit dem teufel, Sünden, tod, not und weit mich sol beiszen.
5, 67*; da nu Jona nicht anruft seinen gotl, sondern sitzt
und zittert für gottes zorn und beiszet sich mit dem tod.
3, 208; der director bisz sich mit Schoppe herum. J. Paul
Tit. 2, 97 ; wir würden uns täglich mit herum zu beiszen ha-
ben, uns. löge 1, 73. auch fin etwas : er aber beiszt sich an
jenen zu tode. Lcther 3, 433*. er hat sich gut heraus ge-
bissen ; der hund hat sich los gebissen, verschieden ist : er
beiszt sich an der harten nusz einen zahn aus, vo sich der
dat. vgl. abbeiszen, anbeiszen, aufbeiszen, ausbeiszen, be-
beiszen, durchbeiszen, einbeiszen, erbeiszen, nachbeiszen, ver-
beiszen, wegbeiszen, zerbeiszen, zubeiszen.
BEISZEN, dies schwache verlium tritt iwar noch in der ßexion
von dem vorausgehenden starken ab, da es sein praet. beiszte,
part. gebeiszl, jenes aber bisz und gebissen bildet; durch die
schädliche Vermischung des mhd. \ und ei in nhd. ei laufen
aber die praesens formen beider verba zusammen, was zur folge
hatte, dasz das schwache verbum entweder ganz aufgegeben
oder in beizen geschärß wurde, alle übrigen sprachen stehn
hier gegen uns im vortheil.
1) heiszen, venari, aucupari, mhd. beisea (Ben. 1, 192^), altn.
beita, schw. beta, dan. bede, engl, bait die goth. gestalt
würde sein baitjan. dies beiszen, beiden bedeutet nun eigent-
lich beiszen, bijen lassen, machen, den hund oder habieht auf
das wild loslassen, es von ihm bi^en lassen, man sagt darum
altn. beita bundum, haukum, mit hunden, hubichien jagen,
im Sprichwort: aber so eins falken nit hat, nu'isz es mit eu-
IcQ beiszen. Bkbel 20' ; l>«isze mit eulen, hast keioeo kau-
zen. Frank 1,43'; baize mit eulen, wenn du keinen schuhu
hast. Simrocr 2224; ein edelman het ein sperber, mit dem
er beiszet. seh. und ernst e. 207 ; lasset uns mit unsern fal-
ken beiszen reiten. Aimon C 3 ; der bapst mit diesen falken
beiszt. Hütte-x 5, 67 ; vögel beiszen. Seb. Helbeh sylbenbüech-
lein 1593 s. 34 ; weder reitet noch jaget, weder hetzet noch
baiszet. Philasd. 2, 73 ; der nicht weisz was hetzen oder bai-
szen ist. 2, 147. altn. sagte man auch beita öngul, escam
hämo imponere.
21 inficere, macerare: item wie man bleiweisz und blei-
asche daraus beisze und brenne. Mathesics 106'; die leber
sampt der galle {des fisches) wirt gebraucht zu dem beiszen
und räude. Forer fischb. 74'; so man diese schalen in essig
beiszt, so wirt sie der öbern schalen beraubet. 140*;
wie die falkner mit falken beiszen. .\tre» 179';
in wein gebaisztes lavendelblühe wasser. Hohberg 1, 265*.
3) beiszen, pcistum agere pecus, gleich dem altn. beita, schw.
betaj das vieh auf der weide beiszen lassen, vermögen wir
nicht zu sagen, ein so gutes wort es wäre, doch s. erbeiszen,
vom Pferde niedersteigen, es fressen lassen.
BEISZER, m. von beiszen mordere (vgl. erzbeiszer, kern-
beiszer, nuszbeiszer, steinbeiszer),
1) ein bissiges pferd, ein bissiger hund: hatte also ein
braun ros, welches sonst nichts konnte, als springen und
sonsten nichts guts, allein ein Schlager und beiszer, dasz
auch, wenn einer allein ritt, sein leben nicht darauf sicher
war. Schweimche.n 2, 89.
2) ein bissiger, zänkischer mensch: wer sind aber die ei^
sten beiszer und schelter? Lctuer 3, 37S*. 382 ; bleib also ein
beiszer und granser bis in sein end. Kirchhof wendunm. 225*.
3) beiszer nennt man scharfschmeckende weine, die zu viel
apfelsauem kalk enthalten.
4) beiszer heiszen auch die beiszenden, essenden xähne, wie
sonst die müller, und schon nach Varro 8, 56 die dentes eden-
tes sind, folglich das skr. danta, dens ßr adanta steht (Bopp
163*). doch dürße, nach beiszen und beiszer, immer nocA die
Wurzel das und dans = Säx^eiv anspräche erheben, s. beisz-
zahn.
BEISZER, m. venator, auceps, mhd. beijaere : Jäger, beiszer,
falkner, sperwerhändler. Fischart groszm. 94. 5. beizer.
BEISZERCHEN, n. was beiszerlein.
BEISZERIN, f. oblatralrix, widerbellerin, zänkerin. Stie-
ler 126.
BEISZERLEIN, n. ausbrechender kinderzahn, beisxerchen,
sonst audi häckerlein, häckerchen. Stieler 126.
BEISZGER, «». siehe beiszker.
BEISZIG, mordax, mhd. bijic (Bes. 1, 193'), bissig: ire rosse
sind beisziger, denn die wolfe des abends. Habaeuc 1, 8 ; da ward
der gemein pöfel beiszig, dieweil es geglückt hette. Lcther
3, VIS ; das in irer abergöttlichen kirchen so viel rotten, sec-
ten und beiszigen parteien sind. 528; sol man salzen, so
musz es beiszen, und ob sie uns gleich beiszig schelten, so
wissen wir, das so sein sol. 5, 366'; ich bia auf meine Wi-
dersacher beiszig gewesen. Lcthers br. 1, 507 ; das meerkalb
ist ganz beiszig. Fober fischb. 102'; dise (wurste) hielt er für
beisziger (besser anzubeiszen) und anatomieriger als der En-
gellender und Spanier erzknappige künigklein, katz- und
motzenQeiscb. Garg. m'; nicht zu viel beiscbig noch beiszig
sein. 70* ;
destomehr, weil nun die well, wie ein kindischalter greis
beiszig, garstig satsam wird, blosz auch nur zu nuseln weisz.
LOGAU 2, 2, 70. «. 47 ;
hund, die an ketten gebunden, seind beisziger als andere.
Lehmann 17; wer wilt ein beiszigen hund zu tisch und bett
haben, der nehme ein weih. 159; eine beiszige und böse
frau. pers. baumg. 7,22; einen beiszigen kettenbund. ehe eines
mannes 242 ; solle er (der bdr) sich beiszig machen, so ist es
zeit genug ihm die haare zu zausen, hebamme 24 ;
des beiszigen Lupans belinden wollt ihr wissen*
der beiszige I.upan hat jungst ins gras gebissen.
Lessi.ic 1, 18.
BEISZIGKEIT, f. mordaeilas: erdichte ursach der beiszig-
keit. Luthers 6r. 1, 507; weil dies oleum ein art hat allen
corrosivischen beiszigkeiten ire scherpfe und macht aufzulösen.
Tiiurneisser inß. wirkuttgen 60.
BEISZIGT, für beiszicbt, beiszig: beiszigte haderkatzen.
Weise kl. leute 277. s. beiszechlig.
BEISZKER, m. cobitis fossilis, ein kleiner, schlechter fisck,
sonst auch schlammbeiszer, steinbeiszer, peisker, pitzker gc-
1403
BEISZKOHL — BEITEN
BEITEN
1404
nannt, poln. piskorz, böhm. piskof, russ. piskar' ; da ein ähn-
liches fischlein, cobitis taenia steinbeiszker, steinbeiszel und
schon mhd. steinbije (Ben. 1, 193'), ahd. steinbtja (Graff 3, 231)
hiesz, beide aber zivischen steinen, itn schlämm und grtind le-
ben, so ist wol der name aus beiszen, fressen abzuleiten und
die slavische form von uns entlehnt, nachher wieder zurück
aufgenommen {doch vgl. bartbeiszker sp. 1143). Hohberg 2, 512'
sagt: die beiszgern oder fnszgurren sind schlechte und ver-
ächtliche fische oder vielmehr würme, die allein von dem ar-
men mann zur speis gehraucht werden, sehen fast aus wie
die blindschleich, auszer dasz sie kleiner, schwärzlichter und
gescheckichter sind.
BEISZKOHL, m., was beisze, beta.
BEISZKORB, m. fiscella, maulkorb, gr. tpi/iös für tpiS[i6s
und derselben würzet.
BEISZRIEME, m. fiscella e corio:
beiszrlcinen hiengen da von leder.
beiszriemen niclit sclimaclitrietncn sind
die ihn zum werwolf machen, Hinz. Voss 6, 112.
BEISZSCHAF, mordens ovcs, bischof, die rechte beisz-
schaf. bienenk. 120*. ein andres Wortspiel als das unter bei-
schal mitgetheilte, Reichard im versuch einer hisl. der d. sprachk.
s. 307 Ihut, als erfände crs neu. hiesze beiszen noch, gleich
dem nord. beita, pascerc, so wäre beiszschaf sogar die kirch-
liche bezeichnung.
BEISZZAHN, m. dens incisor, Schneidezahn, s. beiszer 4.
BEISZZANGE, f. forceps, kneipzange: abneraen mit einer
sägen oder beiszzangen. Gersdorf 49.
BEISZZÄNGLEIN, n. volsella.
BEIT, n. niora, mhd. bit (Ben. 1, 174*) ; nhd.
wir wend nit dörfen beit noch borg. Rüefs Adam 5050 ;
da ist kein gnad, noch borg noch beit. trag. Joh. B8;
dasselb uf beit widerumb verkoufet
vil thürer dann es sust erloufet. C2.
vgl. bit.
BEITAG, ni. dies praeter ordinem slatutus, nebenversammlung.
BEITEINWEIL, exspecta parumper : Wehen landsknecht, seit
still und schweiget, ich wil euch ein eigen dorf eingeben,
ligt allernächst hiebei, das heiszt Beiteinweil. Frey garteng.
cap. 44; kom ich nicht hinüber, so bleib ich im dörflein
Beiteinweil unterwegen. Garg. 233'. auf ähnliche weise bildet
man heute warteinweil, warteinweilchen.
BEITEN, exspectare, goth. beidan, ahd. pitan (Graff 3, 62),
mhd. biten (Ben. I, 173), alts. ags. bidan, nnl. beiden, altn.
bida für bida, schw. bida, dän. bie. dieses urallen, starken
Worts gehn wir seil dem 17. 18 jh. verlustig und ersetzen es
überall durch das ungefügere, oft' doppelsinnige warten oder
durch harren «nd verziehen; die oberdeutsche Volkssprache be-
wahrt es noch heute, Luther kannte und gebrauchte es, doch
nicht in der bibel. beiten ist bleiben, mauere, warten ist ex-
spectare, altendere.
Urverwandt zeigt sich hier das ir. und gal. feith {wait, al-
tend), unverkennbar ist auch der anklang an die reiche Wur-
zel bauen, der so vieles entsprieszt. denn die Vorstellung bauen
geht über in wohnen, bleiben und warten, wie das lat. ma-
nere warten und erwarten bestätigt, nicht anders morari llei-
ben, wohnen, verweilen, franz. demeurer, und demeure ist
hau, Wohnung, noch mehr, das ags. äbidan = goth. usbcidan,
ahd. arpUan ist ausdrücklich exspectare, mauere, das engl.
abide habitare, abode habilavit {ahd. arpeit), abode habilatio.
wie nah grenzen die begriffe des seins, blcibens, werdens,
wohnens aneinander, und beidan bald, obleich die ableitun-
gcn anders sind, rührt an beide, bajojjs, die zusammen seien-
den, man erwäge das sl. budu ero, ags. beo. unverwandt
aber scheint mit beiten unser arbeiten, goth. arbaidjan {sp. 541),
wie auch jenes äbtdan absieht von carfod labor; doch licsze sich
umstürzen, was sp. 539 vorgetragen wurde, so gemahnte frei-
lich arbeiten laborare wieder an bauen terram colcre. allein
das goth. ar in arbaijjs neben dem usbeidan gebietet diesen
gedanken fern zu hallen.
Dasypodius hat beiten nicht, wol aber Maaler 50', Henisch
268, selbst noch Stiei.er; Frisch 1, 79' gedenkt seiner aus dem
kirchcnliedc da Jesus an dem kreuze stund, und dessen achter
vcrs lautet:
zum siebenten loh meine «ccl
0 vater in dein hflnd befehl
in meinen letzten zelten.
weil sie jetzt von mir scbeidon will
und mag nicht langer beiten,
was sogar Forsts gcsangbuch verdirbt in «trcilen.
In den weisthümem ist eine stehende formel su gunsten des
holzfällenden märkers, der, wenn er haue rufe, wenn er lade
beite, d. h. dessen laut durch den wald schallende axl, dessen
ruhiges aufladen allen verdacht eines diebstals fern halte:
wenn er ledt, so beit er, so er bindet und ledt, so beitet
er (1,329. 422. 459. 579. 753. 761. 2,174. 3, 357. 542. 591.858).
erst jüngere fassungen wandeln beitet in wartet (1, 575), eine
selbst in peitscht (1, 777), mit nicht völlig unpassendem ne-
bensinn, da, wenn der ladende mit seiner peitsche knallt, er
sich auch ankündigt, allein richtig isf'aber beitet.
Hier folgen nun andere beispiele des meist schon in schwa-
cher form erscheinenden worts : man sol gütiglich beiten, bis
sie es wol bezalen mögent. Keisersb. pa/ernos<er L 6 ; ich hab
gottes geharret und mein seel hat gewartet und auf sein
wort hab ich gebeitet. Luther 1, 40* ; sondern er beit auf ein
concilium. 6, lo'; da hiesz in der bapst bereiten zu der erst
messe und sprach, man soll nicht lenger beiten. 6, 501';
mein lieber herr, was beitestu? ich wil von dir getauft wer-
den. 6, 502' ; sie beiten nit ein jar. Hütten 5, 212 ; so darfstu
nicht lenger mein beiten. de fide meretr. 85 ;
sagt im, sein herr peitet sein. Teuerd. 23, 21 ;
dann ich seiner kunfl mit verdriesz bit. 87, 86;
ich kan nicht langer beiten. ühlano 112;
tu keiner des andern heilen. 523;
weit ir mein beiten siben jar? 773;
ich beit und wart. Ambr. Ib. s. 72;
ich harr und beit. 244;
der kaufman wolt nit beiten. s. 168;
stets wil ich auf dich beiten. s. 205;
thet er nit lenger beiten. Aimon e; wer lob erlangen wil,
der sol nit als lang beiten. üi; oft auch im Forlunat {Augsb.
1599) und Fierabras, z. b. wiltu meiner beiten? A7;
indem stund auf der edelman,
kam zu den dreien, sprach sie an,
sie solten doch de^s imbisz beiten,
dann es wer nit gut nüchtern reiten. WicrKAM hilger bl, 70;
da künd der wei nicht lenger beiten,
er must die bösen krieger scheiden. Alberds 18;
sich da folgt ir von ferne nach
die Podagra zu beiden selten
und sprach, gesellschaft wollest beiten. Waldis Esop 2, 31 ;
derhalb nit lenger ist zu beiten,
eh die zwei beer zusamen kommen. H. Sachs III. 1, 29;
wiltu mich denn lassen allein, fraw,
wornach soll ich lenger beiden? Strickers «cft/emmer J 4';
darumb magstu ein Zeitlang beiten,
bisz er kora widrumb heim zu haus.
Spancenbergs fangbriefe G5* ;
in krankheitsnüten soll einer beiten bisz er lustig wurde.
Paracelsüs 1, 720'; es ist zu lang gebeitet. Sebiz 107; lieber,
möget ir nit ein wenig beiten? Kirchhof wendunm. 260'; und
wo er nicht möchte bis an den morgen beiten. 427'; er-
scheint der regenbogen zu klaren zeiten, so wird die helle
nit lang beiten, sondern mit winterlichem luft und regen
scheiden. Fischart groszm. 23; ist bös auf niderländisch zu
wagen und schif reiten, wann sie eines nicht beiten. 56;
hörst nit, wie die landsknecht vor des Peters himinel bei-
ten? (s. beiteinweil). 76; ich deiner baite. Melissos ps. Kj':
es- ist nu allzulang gebeit, ^ .^ ,
die zeit zur busz ist uberhin. Ringwald tr. Eckh. J8';
drumb steht auf und thut nicht beiten,
wir haben zeit auf djagt zu reiten. Atbe» 134';
und ich ohn trost, heil, hofnung und ausfluchi
kann kaum, herr, länger beiten
auf deiner hilf und deiner cnadenfrucht.
Weckhbrlin 112;
nach einer stunde, dann so lang musten wir beiten. Philand.
2, 828 ;
es kommt die liebe zeit,
darauf ich harr und beit
gar mit fröhlichem mui (a. 1589. 1609).
IIoFFH. gesetl. lieder ». 116 ;
ade, ich mag nit lenger peitn. ScnMEtZKL mg 3' ;
ntin will ich doch noch heilen
bestendig alle zeit. Spee g. tugendb. 255;
wann sie {die gcele) nach vielen langen beiten,
80 Arger drückt als gbit und band,
der iiöllen beiszes folfcrland
mit vielen klagen musz beschreiten.
HoFiANNsw. sterb. Socr. 125,
in welcher stelle, vorausgesetzt dasz jenes kirchenlied dller ist,
wol zuletzt ein nhd. dichter sich des worts bediente.
I
1405
BEITEN— BEITRÄGER
BEITRAGSPFLICHT — BEIWEG
1406
Vorzugsweise oft wurde sein imp. verwendet:
beita beila min durch got! pass. K. 9, 14;
aber Esopus gieng im binden nacb und sprach beit ein weil !
Esop 3* {vgl. den orlsnamen beiteinweiij ; Ulenspiegel stund
und lacbt und sprach, ja beiten, die beiz sejnJ noch nit recht.
Eulensp. cap. 30, wo die späteren ausgaben setzen ja harret,
oder ja wartet; beiten, bis im gebraten enten in das maul
fliegen. Fbask bäum des wissens 3, 143 ; gefar erstlich der zeit,
darnach nimmer beit. Frans spr. 2, 173*. Agricola 232' ;
do soU zu deinen Teltein gehn,
und nicht länger beit. AlbbrcsöT;
beit, stolzer gsell, und stand hie still.
KoLROsz betrachtnus B2;
verzeuch, und nicht lang harr und beit,
sonder greif an zu rechter zeit. Fbo.isp. 2, 100';
nicht zlang beit, das rat ich dir mit guten trewen. WeBTZ
practica 233;
peit, lasz uns fragn die diener drumb. Schiblzl hocJit. 27'.
Man sagte sowol eines dings als auf etwas beiten, aber
auch ein dat. der person konnte beigefügt werden, wie dem
forster beiten. weisth. 2, 174 ; nein ich wariich ich heil dir nit.
wegkürier 18 ; du hast mir auch nicht beiten wollen. IS'.
Ein verbum, das so guten grund und so lange in der spräche
gewaltet hat, auch unter einem groszen theil des volks fortlebt
(ScHM. 1, 218. Stald. 1, 155. Höfer 1, 72), könnte von den dich-
tem an rechter stelle leicht wieder eingeführt werden.
BEITER, m. eunclator, zauderer. Stieler 132.
BEITHUN, reponere, componere, seponere, apponere.
1) beilegen, abschaffen, entfernen: auf das Zwietracht der
Prediger beigethan würde. Liither 3, 437*; denn solch ereig-
nis wäre nötiger beizuthun, denn die bilder stürmen. 440'.
die Sache ist beigethan, abgelhan.
2) beilegen, begraben:
was uns von dir verbleibet,
mit dem du warst ümmleibet,
sei ehrlich bei geihan. FLKatNG332;
aber was geneuszts der mann,
der schon längst ist beigethan. 416.
3) beilegen, aufheben, beischlieszen : die kleider sind beigethan.
4) hinzuthun, addere:
wenn nun Bassora noch das letzte,
gewürz und Weihrauch beigethan. Göthk 5, 156.
sich beithun, zuthun, einschmeicheln.
5) beigethan, zugethan, addictus : nur bitt ich mit aller
freund- und bruderliebe wol beigethan zu verbleiben eurem
unverändert ergebenen treuen freund. Wielasd bei Merck 2,
218; und ist also auch dem herrn bruder mit aller huld und
groszschatzung wol beigethan. 2, 231. s. beigethan.
BEITISCH, m. mensa secundaria, nebentisch.
BEITMÜMPFEL, n. frustulum praegustalum, ein biszlein,
das vorläufig {en altendant) gekostet wird. Stieler 1305.
BEITNARRE, m. cunctator, slultus. Oberlin 114 aus Keisersb.
BEITOCHTER, f. filia illegitima: welches er beweist mit
klarem text, den er von seiner kammerpostiil und beitochter
wird gelehrnt haben, bienenk. 194". kaum ist lu lesen beicht-
tochter. s. beisohn.
BEITRAG, m. rata pars, collatio, nnl. bijdrag: ein beitrag
an geld, an fruchten; ein beitrag für die armen, zu einem
denkmal ; ein ansehnlicher, bedeutender, geringer, kleiner bei-
trag; seinen beitrag geben, thun, leisten, erlegen, erstatten,
entricbteo, zahlen, weigern, abschlagen, versagen; einen bei-
trag zu etwas thun. Kaxt 8, 141; wie grosz der beitrag sei,
welchen die schOnen künste zu bildung des sittlichen men-
schen thun können. Wiela>(d 2, 6. beitrag ist schonender
als beisteuer, die blosz bedürftigen geleistet wird, während auch
beitrage zu einem gemeinschaftlichen werk, zur Wissenschaft, zu
zeitschrißen erfolgen, manche werke führen den tilel beitrage.
BEITRAGEN, conferre, contribuere : seinen theil, das sei-
nige zu etwas beitragen ; sie hat gar nichts dazu beigetragen ;
die milde, warme luft wird viel zu seiner genesung beilragen ;
dies kann nichts Tür meine zwecke beitragen ;
Venus soll mnn nicht mehr sprechen, nur lustinne soll man
sagen,
als wann name zu der tacbe künt ein ander art beitragen.
LocAU 2, S, 47.
auch ohne casus: das trSgt nur bei ihn zu verbittern; das
tragt viel hei, hilft, erträgt etwas.
REITR.XGER, m. l) der etwas bei sich, an sich trägt: Sam-
nius, ein stein von der inse! Samnia (50 für Samos). er
befestiget das gemüte seines beilragers weibergcheimnis AI'
^trtus m. Frankf. iü69 i. 91. in diesem sinn gani unge-
bräuchlich. 2) der etwas hinzulrägt, eonferl: ich bin so glück-
lich, dasz mir nichts fehlt, als sie und meine andern freund-
schaftlichen beiträger. Rabeneb 6, ISS; die compagnieschaft
mit den freiwilligen beiträgern kann er doch nicht ableugnen.
Lessinc 10, 183; alle beiträger und herausgeber versj)rechen
ihren lesern die Wahrheit. Clacdics 6, 1.
BEITRAGSPFLICHT, f. BEITRAGSPFLICHTIG.
BEITREIBEN, eogere, exigere: das vieh, die rinder, schafe
beitreiben, eintreiben; schulden, steuern beitreiben; alles
wurde von den armen leuten unbarmherzig beigetrieben.
BEITREIB LICH, exigibilis.
BEITRETEN, accedere: den meisten, den meisten stimmen
beitreten ; einer Sache, meinung beitreten ; er ist endlich auch
beigetreten ; einer gesellschaft, einem verein beitreten ;
wie man ihm vorgesaget, so sagt der papagei,
drum wer daselbs (am liofe) wil gelten, der trete diesem bei.
LocAi; 3, 1, 33;
ich trete bei mit meinen freuden deinen freuden. 3, 5, 48.
2) beitreten, nebenhin treten, fehltreten, labt, ped« errare:
der Hirsch tritt bei; sie hat beigetreten, fehlgetreten, s. bei-
tritt 2.
BEITRITT, m. 1) accessus : der beitritt der Engländer zu
dem bund der Deutschen verbürgt ihm den sieg; ich eile
ihnen eine andere entdeckung mitziitheilen, die viel zu wich-
tig ist, als dasz ich nicht zu völliger benutzung derselben,
ihren oder eines andern würdigen gelehrten unserer kirche
beitritt auffordern dürfte. Lessing 8, 317; der begrif eines
göttlichen beitritts oder mitwirkung. Kant 5, 436 ; er kann von
der natur zwar einen zufälligen beitritt, aber keine gesetz-
mäszige zusammenstimmung zu seinem zwecke erwarten. 7,
337; die gesetze der materie als solche kennen und sie »on
dem beitritte aller andern Ursachen läutern. 8,542;
er wandte sich zu allen freunden,
um ihren beiiriit zu ernehn,
den hunden, seinen ärgsten feinden
ZU steuren oder zu entgebn. Hagedok;« 2, 34.
2) weidmännisch heiszt beitritt, wenn der hirsch fingerbreit
mit dem hintern lauft neben den vordem tritt; wenn du den
hintern fusz bei dem fördern {in der erde als spur einge-
drückt) siebest, dasz sie gleich bei einander stehen, und jed-
weder für dem andern gehe, so ists gar ein gewis zeichen
von einem hirsch, denn es eine hindin nicht thun mag, und
solches nennet man den beitritt. Bechers. 37;
weidemaiin, lieber weidemann sag mir an.
wo hat der edle hirsch seinen ersten beitritt getban*
aus muiterleib, umb die liebe muiter sein
thäi er den ersten beitritt sein, weidtprüctu 166.
vgl. abtritt.
BEITRÖPFELN, hinzu tröpfeln.
BEITUNG, f. mora, cunctatio: kein lengere beitiing wird
hie sein. Aimon r.
BEIURTHEIL, n. sententia inlerlocutoria. reichskammerger.
ordn. von 1507 art. 6 §. 3. nolar. ordn. von 1512 von appell.
§. 1. Frankf. reform. 1, 39, 5 ; hat der herr von Passaw ein
beiurteil geben. Luther 3, 417'; das vorgehend aber, ob es
gleich in der proba das erste, wird hie zum anderen judicio
und beiurteil erkleret. TncRNEissERprot. rferAarnen. 60;
klag eingeben und zeugen fUlirn,
bei- und endurtbeil zu beschlieszn. Atrcr fastn. sp. 42';
wenn das beiurtheil des Parlaments zu Rennes erst durch
ein endurtbeil bestätiget sein wird. Moser rerm. jcAr. 1, 81 ;
nach mancherlei beiurtheilen die deflnitivsentenz abwarten.
Hippel 4, 337.
BEIVERWAHREN, adjungere: beiverwahrten unsem brief.
Melanchthon 3,1010; wir übersenden euch beivorwart etliche
exemplaria. ball. stud. 15, 11.
BEIVERWANDT, adjunclus: als ist er heule gegen mittag
zu mir kommen und hat mir beiverwandt Verzeichnis gebrarbt.
Melanchthon 5, 740.
BEIVORMUND, m. milcormund, nebenvormund.
REIWACHE oder BEIWACHT, f. excubiae nimmt man zur
deutung des franz. bivouac, bihouac, biouac an, obwol aus
unserer älteren spräche kein solches wort aufzuweisen ist.
BEIWACHTEN, bivouaquer: auszer dem lager sollen sie bei-
wachten ohne Wetterschutz, auch sich nicht verschanzen dür-
fen. NlEbCHR 3, GOO.
BEIWAGEN, m. vehieulum subsidtarium.
BEIWEG, m. via secundaria, nebenweg:
vil irriger beiweg und pfat. 11. Sachs I, 314'.
BEIWEG, adv. juxta viam: die kugel gieng dicht beiw^j^
1407
BEIWEIB — BEIWESEN
BEIWESEND — BEIWOHNEN
1408
BEIWEIB, «. pellex, concubina, mhd. biwtp : trugen sie (die
päbste) nit auch aus dem alten in das new testament die
eliweiber der alten heiligen väter? nein, aber ire beiweiber,
dann sie sagten, es wäre unzimlich den blattenden {plaltge-
schomen) ehweiber zu haben, so halten sie anstat der eli-
weiber ire hurenweiber? da ist kein zweifei. der verzuckel
Pasquinus. 1543. 8. F6*.
BEIWEILEN, adv. interdum, zuweilen, unterweilen, mhd. so-
wolhi wile als bi wilen, unverbunden, wie auch noch im 16;7r. ver-
schiedenlUch bei der weil geschrieben wird, z. b. Petr. 13*. 29*. 45*,
doch mit Übergewicht von beiweilen: denn der begirden sind
so viel, so mancherlei, dazu beiweilen durch eingeben des
bösen so behend, subtil und guter gestalt, das nicht müglich
ist einem menschen sich selbs zu regieren. Luther 1, 243';
also sehen wir in vetern, das sie auch beiweilen stro und
hew auf den grund gebawet haben. 6, 415', vgl. corp. doctr.
ehr. 97 ; das solche statuta beiweilen zu lindern, br. 5, 255 ;
ist er nit beiweilen karg? Hütten 5, 172; das er auch bei
weilen ganz ein streitig fürnenien hett. Wirsüng Ca/. F3';
feit beiweilen selbs ein man. Petr. 32"; überwindet beiweilen
kleine schände mit groszem lob. 130'; nehmen auch beiwei-
len die gemeine hofer mit in ihren rath. weisth. l, 619 ; die
h. mesz ist auch vol kreuz von eim ort zum anderen, bei-
weilen zwei beieinander, beiweilen drei zugleich, bienenk. 177' ;
beiweilen zwen, beiweilen drei, ja vier päpst miteinander. 223';
für Newburg man das leger schlug,
nam ein die päsz bciweilen,
die vor der feind heu all besetzt. Soltau 372,
in dieser letzten stelle bedeutet es aber paulatim, wie das ahd.
huilum (Gbaff 4, 1226).
BEIWERFEN, adjicere, hinzuwerfen: warf noch zwei gro-
schen bei.
BEIWERK, n. parergon, nebenwerk: wir sind mit dem druck
des almanachs jetzt bald im reinen, und wenn die beiwerke,
decke, titelkupfer und musik keinen aufenthalt machen, kann
das werk noch vor Michaelis versendet Vicrden. Schiller an
Gvthe 359 ; gleich gelehrten liegt sie neben dem brotstudium
noch einem beiwerk ob, und thut in jeder sache die benach-
barten mit. J. Paul uns. löge 1, 69 ; Schönheit ist bei uns,
hoff ich, nie etwas anders als anschrot und beiwerk des vor-
theils. Tit. 1,42; wie doch das alles noch kaum das beiwerk
ihres bildes sei. 2, 142 ; kein Stundendatum und andere bei-
werke der contracte zu vergessen, flegclj. 2, 13.
BEIWEBTH, m. prelium quod accedit, nebenwerth: es ist
möglich, dasz der stein alt und der name neu eingeschnitten
sei, um dem vortreflichen noch einen beiwcrlh zu verleihen.
GöTHE 30, 260.
BEIWESEN, n. in zwei verschiednen hedeutungen,
1) früher war es praesentia, anwesenheit, gegenwarl, beisein,
gegensatz von abwescn: was solt der fleischliche mensch thun
im abwescn des geistes oder der gnaden wider die sünde,
so er im beiwesen des geistes streitet wider gott für die
Sünde? Lcther 1,411'; in meim beiwesen. 3, 405*; wenn du
wilt aufs beiwonen sehen und die äugen auf das euszerliche
beiwesen kerest, so ist unter dem ehelichen leben und hurn-
leben gar kein unterscheid. 5, 339'; im concilio niceno ist
beschlossen worden, das ein igliche kirche einen bischof für
sich selbst, in beiwesen eines oder mehr bischoven, so in
der nehe woneten, welen solle, bei Luther 6, 524"; ohn der
nachbare beiwesen und bewilligen. Frankf. rcf. 9, 3, 3 ; in bei-
wesen des Volks. Frank weltb. 10" ; in ihrem beiwesen. Wickram
rollw. 44; der ritler ihr auch in beiwesen des herzogen ver-
sprach bald wider zu kommen. Galmy 2ü7; das ire weiber
frei in ihrem (der mdnner) beiwesen essen und trinken mögen.
Fisciiart e/iz. 19; in beiwesen und zusehen etlicher frommer
glaubwürdiger leut. bienenk. 36'; ausz disen reden, die ich
mit meim son itzund in ewerem .beiwesen getribcn. Garg.
140*; in beiwesen aller seiner fürsten und haublleut. 207';
in seinem und der Ortavien beiwesen. Oi'nzl,3'.
2) neueren schrißstellern ist aber lieiwesen parergon, neben-
sachc oder zulhal: das beiwesen, das man Horaz aus kunst-
büchcrn zuführte. Heroer 11, 76; das pfeifciien (mit welchem
der krfippcl stets sich zeigte) ist so ein beiwesen, das man
ihm auch nicht nehmen mag, was hat er sonst für frcude?
Hecner molkenkur 3, 135; wem ererbte reicbtliümcr eine
vollkommene leichtigkcit des dasein« verschaft lialien, wer
sich, wenn ich mich so ausdrücken darf, von allem lieiwesen
der menscliheit von Jugend auf reichlich umgeben lindct.
Göthe 19, 17 ; einen blumenstrausz anbrachte, auch die leben-
digen kleinen beiwesen zierlich und erfreulich sowol zu wäh-
len als zu vertheilen wüste. 24, 244; dieser zug mit seiner
pracht und allem beiwesen. 24, 294 ; bei einem werke, wo
seine arbeit nur beiwesen bleiben, wo er manigfaltig gegebene
räume verzieren sollte. 32, 50 ; so ist auch Laokoon ein blo-
szer name, von allem poetischen und mythologischen beiwe-
sen haben ihn die künstler entkleidet. 38, 40; im beiwesen
und in Verzierungen dacht ich manches anzubringen, was eine
Schweizerreise, deren bester theil zu fusz gemacht worden,
bezeichnete, an Lavater 61; es mag ein gut bild sein, aber
es sagt nichts, davon haben die modernen künstler keinen
begrif, und müssen sich am ende deine auslegung des bei-
wesens gefallen lassen, an Zeller 747.
BEIWESEND, praesens, qui praesto est, vorhanden : die bei-
wesenden dünste würken ihren absonderlichen geruch aus.
Müralt eidgeh. 34 ; und weil er dem regiment nicht allezeit
beivvesend sein könte. MicR.'inus 3, 627; weilen derselbige in
diser Schlacht beiwesend gewesen, unw. docl. 549; waren die
gestrigen herren auch beiwesend. 645; dieweil ich aber nicht
immer beiwesend sein kann, hebamme 815. Absolut gesetzt,
wie das lat. praesente, mit folgendem gen.,
ilzt woit wir anriclilen gern
unserer Schwester ihr hochzeit,
beiwesend eurer heiligkeit
und anderer fursteti und herrn. Atrer 141";
dasz gott mit seinem söhn, beiwesend des heiligen geistes,
himmel und erden erschaflen habe, äyrer proc. 1, 6.
BEIWESENHEIT, /". praesentia: in seiner liebsten beiwe-
senheit. ped. schulfuchs 226.
BEIWESER, m. comes: teurung, hunger, Sterbseuchen und
andre übel, als gewöhnliche beiweser des kriegs. J. Rompler
VON Löwenhalts gebüsch seiner reimgetichte s. 2.
BEIWILLIG, conscntiens, willfährig :
meint sie, dasz Stuard selbst bei willig ihrer bhlel
Grtphiüs 1, 264.
BEIWIND, m. ventus a latere flans, Seitenwind: so er geet,
hat er zu jeder seilen ein beiwind. Frank weltb. 3".
BEIWOHNEN, l) concumbere, mlat. cohabitare, woßr auch
oft wohnen bei einer, habitare cum aliqua steht:
des weinmons zwainzig siben tag
verlor ich die, darümb ich klag,
der ich recht ehelich wonel bei. Scuwarzkne. 151 j
seiner frauen beiwohnen, pers. rosenth. 7, 20 ;
wie bitter, Dido, war die frucht
der beeden manuer lieb, denen du beigewohnec.
Wkckberlin 799;
schaw ich bin die fraw Phantasei,
die ich dir oftmals wone bei. ganskönig D ;
Heinricus wolle seiner ersten gemahlin nicht länger beiwoh-
nen, weil sie schon eine vidua velata gewesen. Hahn 2, 39.
2) beiwohnen, adesse, intercsse, oft schon mhd.,
Sit mir wont diu fröide bi. MS. 1, 22';
mir wont vil ungemaches bi. I, 42*;
ob mir ir genäde wonet bl. I, 77';
in welchem sinn noch öfter bt wesen gesetzt wurde, nhd.
und wonet im noch sovil bei
schicklichait mit gelückes val. Teticrd. 17,66;
Juno, die uns thut beisvohnen (unter uns w.) AtrkrSO*;
wer mir in gunst will woncn bei. Scuwarzenb. 134, 1;
nempt war, manch pöse procurei
gar vil gewillten wonet bei. 157, 1 ;
sein trutziger mfit, der ime als uberschwenklich beiwonet.
Aimon A; docter Frobels und Waldis sache in der verhör
beizuwonen. Schweimchen 3, 246 ; ich danke dir, getrewer
gott, dasz du mir gnediglich in Verrichtung meiner Sachen bei-
gewonet. Susanna com. Hibcldeha 3,1;
ja wan ich mit dank nicht belohnet,
der mit undnnk mir bcigewuhnet. Wbckherlin 20;
dergleichen wohnet nichts des beiden söhnen bei. Opitz;
wann nicht bei kampfer hicrsc liegt, so wird er sich verzehren,
wann Jungfern zucht nicht wuiiet bei, wird lang ihr stund nicht
wehren. Locau 2, lug. 50;
die liebe, filrst und herr, di« wir vom himmel haben,
die wohn euch reichlich hei mit ihren edlen gaben. 3,8, 40|
und dieser sein bolehl wer auch geschehen frei,
werstti nicht kommen mir mit linlle beizuwohnen.
Wf.nnKRS Arioft 5, 74;
festlagen und fröhlichkeilen beiwohnen, pers. baumg. 4, 7;
dasz er ihm in dem beer beiwohnen und beistehen wolle.
1409
BEIWOHNEN — BEIWOHNXJNG
BEIVVOLLEN— BEIZEN
1410
ZiNKGR. 2, 24 ; wer ihm (dem Taubmann) beiwohnete nnd mit
ihm umgienge, könte nicht leichtlich seiner überdrüssig wer-
den. Brajcdts berichl 19; und ertheille diesem Babo und an-
dern herren befchl mit wenigen bedienten solcher jagtlust bei-
zuwohnen. KosGEHLS lorbeerhain 6; wann grosze herrn ihre
rechnungen lassen abhören, so wohnen sie gemeiniglich den-
selben nicht bei. Schüppics 29; eine dunkle erinnerung, die
dem Meursius vielleicht beiwohnte. Lessinc 6, 291; wer viel
rechnet, wird es bald merken, ob ihm ein richtiges einmal-
eins beiwohnet oder nicht, lü, 25 ; obschon mir nur ein sehr
dunkles bild davon beiwohnet. 12, 174 ; begriffe, die unsrer
Vernunft a priori beiwohnen. Kant 2, 52; die kenntnisse, die
dem verstand vor aller erfahrung beiwohnen. 3, 237 ; eine
einem körper beiwohnende geschwindigkeit. 8,114; weil euch
vielleicht die lycurgische gescbichte nicht beiwohnen {gegen-
wärtig sein) dürfte. Hippel 3, 167 ; sie versichert, nichts, was
ihr von diesem vorfalle beiwohnet, aus liebe zu verschweigen.
9, 276 ;
wo ein greis beiwohnt {zugegen ist). Voss IL 3, 109;
welcher mano, o Kirke, dem recht und billi^eit beiwohnt.
Od. 10, 3S3 ;
ich wohnte jedoch manchem gespräch darüber bei. Göthe 50,
50; um in jeder läge tugendhaft zu sein, dazu gehört mehr
mulh als schlachten beizuwohnen. Klingeb 12, 17; welche
heraufstiegen, um dem bochamte beizuwohnen. Tieck 4, 393 ;
v»as ihnen ernstes und feierliches beiwohnt. Humboldt kosm. 1, 7.
BEIWOHNEN, n. consueludo, familiaritas, Umgang, nähe:
ire {der ehfrau) süsze rede und freundlich beiwohnen macht
im all sein sorge und angst leichter. Albercs ehbüchlin D 2' ;
Apulejus schreibt also, das die flamme der lieb des ersten
klein sei und gelüstig, darnach durch peiwonen und gewon-
heit werde sie mehr enzündet. Albr. vo.n Eybe 4'; denn er
in sorgen stunde, das vil beiwohnen der beiden liebhabenden
menschen sie vielleicht gegen manniglichen argwöhnig machen
würd. Galmy 156.
BEIWOHNEND, quod praesto est, kos einem beiwohnt : meine
hochgeehrte obrigkeit zu Hamburg werde nach ihrer beiwoh-
nenden Weisheit den verkaufern dieser pasquill Jaegegnen.
ScHcppiüs 566; ihrer beiwohnenden geschicklichkeit nach.
Weise erzn. 454; seiner beiwohnenden Vernunft nach. kl.
leute 75.
BEIWOHNTR, m. accola, ricinus: und wie mit den aller-
Seziertesten dolden der paum sam mit einer krön nicht allein
en prunnen, sunder auch die peiwoner umbschaltet. fasln,
tp. 1302 ; das weisz ich ie wol, wie ich teglich nicht allein
von meinen beiwonern, sondern auch aus vielen landen schrift-
fich verwarnet werde. Llther 1,363"; Rihel Liv. 461.
BEIWOHNLICH, umgänglich, nachbarlich : zu vernünftigem
und beiwohnlicliem leben. Philanoer 1, 15*.
BEIWOHNUNG, f. l) concubilus, fleischliche, ehliche bei-
v»obnung: der wüst nit, das wir noch nie biwonung zamen
ghan hatten, schämpten uns bede mit einandren nider zu gan,
doch must das einmal sin. Tho. Plater 60 ; die eheliche bei-
wohnung. Kant 5, 85.
2) commercium, gesellschaß, Umgang, verkehr: die sitten
werden angenommen durch beiwonung (mores trahuntur ex
convictu), man sieht gar bald bei was lüten er gewonl hat.
Keisersberg Sünden des munds 30'; und als Joannes Andree
spricht in add. spec. tit. de judeis, so mögen wir sie on ir
gemain bywonung got dem almechtigen nit herzu bringen.
Hecchliü augensp. 36*; so hon ich kein biwonung mit inen
{den Juden), dan es halt sich kein jud in allen mins fursten
landen, terst. 2'; kein priester soll einich weih bei ihm haben,
das er nit ausz ihrer teglicben beiwonung mit ihr zu fall komme.
Fra!«» vellb. 54"; wie neidisch und abgünstig die menschen
«ein, on welcher hilf und beiwonung grosze ding nit können
ausgericht werden. Melaxchthoss rede ron herz. Friderich,
deutsch von Lacterbeck s. 27; begcren sie in irer {der hof-
letUe) beiwohnung zu sein und leben. KiRcnHor tccnrfunm.''60';
sie wollen erstlichen gen Trient, daselbst viel treflicher men-
ner seien, welchen seine beiwohnung ganz angenem sein
werde. 382';
hab mich alzpit vor im geschmofren,
von »einer beiwonung mich abzogen. H. Sachs in. 1, M';
gotl wöll ewise beiwohnung gebn
dort in seim thron und himeircich. Atrkr145*;
Weiber und Jungfrauen sollen
frembder mnnncr beiwohnung meiden. 397';
lieb wuchst aus beiwonung, ein lebend kohl zundt die todte
kohlen neben sich an. Lehxax?« 171; ein jeder, dem seine
Vernunft noch gute beiwohnung leistet. Bctschst Poimo* 115;
das wir der beiwohnung eines angenehmen kindes so lange
zeit theilhaftig gewesen. Weise kl. leute 274; man liätte ihm
ein hübsches müdchen verschaff, um eine ewige langweilige
beiwohnung bei seiner ehefrau zu unterbrechen. Gotbe 36,16;
der den ehemann von dem abgeschmack einer einförmigen
beiwohnung zu retten sucht. 36, n ;
worauf sie in ein siebenjährig elend
gewandert, ich erwünschter beiwohnung
beranbi, dem hause meiner väier erben
entzogen. Tieck 2,256;
jeder von den 40 akademikem in Paris hat von der beiwoh-
nung einer session einen silberpfennig. J. Pacl teufelsp. l, io.
BEIWOLLEN, damnum intendere, einem schaden wollen, an
einen wollen, einem beikommen wollen:
sie wollen ihm mit glatten reden bei,
und trugen sich mit blinder heuchelei. Opitz ps. t. 151;
wil sie mit diesem grimm der fürsienrauiter bei?
Grtphils 1, 382.
hetile auszer gebrauch, s. beikönnen.
BEIWORT. 7». proverbium, parabola, ahd. ptwort (Graff 1,
1022), ags. bi^ord, engl, byword, gebildet wie beispiel und
ähnliche, man hat es aber auch, nach Vorgang des nnl. bij-
woord, in der grammatik für das lat. adjectivum verwandt und
von nebenwort adverbium unterschieden, an sich drücken
beiwort und nebenwort ganz dasselbe aus und das lat. ad-
verbium (quod verbis adjicitur) kann durch keins derselben
erreicht werden, da wir wort nicht auf verbum einschränken
und auch vom nomen gebrauchen, darum sind diese Verdeut-
schungen untreffend, und wie sollten wir beiwort und neben-
wort sondern, während beiweg und nebenweg, beiwerk und
nebenwerk einerlei sind? ßr epitheton mag sich beiwort wol
schicken, wie bei Gijnther rorr. 10: beiwörter dahin setzen,
wo sie nicht hingehören, ein fümehiner mann führete zum
bei Worte (pflegte zu sagen). Bctschky Palm. 753.
BEIW'UKZEL, /". slolo : die wurzel disz gewechs ist an ge-
stalt uneben mit vilen angehenkten beiwurzeln oder zeserleio
begabt. Thcrneisser m/7, «rir*. 3. s. beizaser.
BEIZÄHLEN, annumerare, hinzuzählen :
des landes vätern zähl ich mich jetzt bei. ScvulerMS;
dasz die, welche damit beauftragt waren, den tribunen bei-
gezählt werden, ohne, streng genommen, zu ihnen zu gehö-
ren. Nieblhr 2, 441.
BEIZ.\SER, /■. nebenfaser, s. beizeserlein.
BEIZBRCHE, f. liquor mordens, beizwasser.
BEIZE, f. was beisze, 1) venatio, meistens auf die jagd mit
vögeln eingeschränkt, falkenbeize, reiherbeize, basenbeize.
2) maceratio, infectio, liquor erodens:
es thut nit not ein man zu raiizen,
er friszt sich selbst in diser baiuen.
MuRiigRs schetmenzunfl 38»;
man legte also den hasen in eine scharfe essigbeize. Leipx.
avanl. 1, 54. beize zum taback.
BEIZEICHEN, n. Signum, nota, kennzeichen, attribul: hier
steht Hercules, heldenhaft geschmückt, ihm fehlt keines jener
bekannten beizeichen. Göthe 39, 67.
BEIZEICH.NEN, annotare, anmerken, hinzuschreiben.
BEIZEIT, adv. was das folgende, beizeit auf die zäun, so
trocknen die windeln. Göthe 26, 203.
BEIZEITE.N, adv. mature, in tempore:
hilf uns, 0 got, ach herr, hilf uns beizeiten. Wkckhrrl. 43;
ich brauchte beizeiten die vorsieht. Rabener 2, 19; ich will
formulare für alle stände und arten der liebhaber liefern, wie
sie einander von ihren fehlem beizeiten nachricht geben sollen.
3, 280; er ist diesen morgen beizeiten wieder da. Göthe 38, 98.
BEIZELSCHIF, n. .' beitzelschif. weisth. 2, 223, was bedeu-
tet das? nnl. ist beitel ein keil, s. beiszeL
BEIZEN = beiszen (das schwache verbum) und verhält sich
dazu wie reizen zu reiszen, heizen zu heisz und das heu-
tige weizen trilicum zu dem älteren weisze, mhd. weije.
1) venari avibus:
vermeinet mich darmit lu fancn,
zu beitzen auf die leimeslangri.
Is. GiLui'sius grammalica. 1597 *. 82;
wenn ihn dpr arge feind will beiizen,
zu den Sünden locken und reiizen. H. Sachs IV. 1,98*;
wer drawet der beitzt mit eim todlen falken. Leb>a!«x ß3;
einige grosze herren springen doch wol mit hohen damea
89
1411
BEIZEN— BEIZÜNG
BEIZVOGEL— BEJICHT
1412
voll stolzer reiherfedern, wie mit hochschwebenden reihern
selber um, und baizen beide. J. Paul komet 3, 208 ; der Sper-
ber geübt das kleine gefieder zu beizen. Müsaeüs 2, 137; er
hatte das federspiel nicht zur band um zu beizen. 2, 159 ;
mit dem beizenden stürm
trägst du ihn lioch empor. Göthe 2, 67 ;
es wässert mir das maul, wie ein gebeizter hase. 7, 90.
2) inßcere, macerare, condire sacharo, würzen, überzuckern
{vgl. einbeizen), die gerber beizen feile, die scbreiner bolz,
die köcbe fleisch, die sonne beizt das gesiebt braun und die
träuben rotb, reif: mit essig beitzen. Helber sylbenb. 1593 s. 34 ;
vil ochsen auf das best gemästet und mit blut gebaitzet sprin-
gen her mich grewlich umbzubringen. Weckiierlin 89 ;
damit nu ihrer siiszigkeit
und baitzenden hoidseligkeit
du und sie möget gar genieszen. 458;
des hofs glänz, davon du lang gebaitzet. 516;
meines munds rubin kan baitzen und besehlen. 738;
der Simplicissimum verreitzet
und ihn zu schelraenstücken beitzet. Stmpl. 1, 98;
Wermut in hier oder wein baitzen lassen. Hohberc 1, 290";
so währts doch kurze frist, bis dasz in dem gemach,
das man zur Sommerszeit, so wie im winter heitzet,
ihm ein verschwiegner arzt den allen Adam beitzet.
Canitz 90 ;
bei mädchen, die durch liebesunglück gebeizt sind, wird ein
heiratsvorschlag bald gar. Göthe 8, 85 ;
ein starkes hier, ein beizender toback
und eine magd im putz, das ist nun mein geschmack. 12,49;
die brennende sonne, der beizende scbnee. 14, 195; würzte
er alles was er sagte und schrieb mit beizenden Ingredienzien.
24, 199 ; und lasse den garstigen Waitburger feuerstank ver-
dunsten, den ganz Deutschland übel emplindet, indes er bei
uns schon verraucht wäre, wenn er nicht bei nordostwind
wieder zurückschlüge und uns zum zweiten mal beizte, an
Zeller 300; früher machte ich weite Spaziergänge, aber das
ist bei dieser hitze nicht mehr möglich, die sonne beizt die
Weinberge. Bettine br. l, 323; die ausgenommen, die ihm
ähnlich war, beizten die andern alle, die es nicht waren, sein
inneres mit ihren tischreden so sehr, dasz er nie in grösze-
rer beklemmung war. J. Paul «n«. %e 2, 121. vielleichl meint
auch der beizende stürm bei Göthe 2, 67 keinen jagenden,
heizenden, sondern einen älzenden, angreifenden.
BEIZER, m. 1) venator, s. beiszer:
er nam sie bei irer schneweiszen band
nach aller beizer weise. Uhland 245.
2) beizer, viacerator, der arbeiler, der die Werkstücke beizt.
BEIZERIN, f. lolrix, z. b. handschuchbeizerin. Garg. 281*.
BEIZESERLEIN, n. fibra secundaria : dis gewächs hat eine
zimliche lange und mit vil beizeserlein bewachsene wurzel.
Thurneisseb inß. wirk. 10. s. beizaser.
BEIZHUND, m. canis venalorius, Spürhund.
BEIZIMMER, n. nebenzimmer.
BEIZKRAFT, f. vis rodendi.
BEIZKUFE, f. bei den kürschnirn.
BEIZLUDER, n. esca: aber ein jeder verseh sich jetzund
zum besten wie er wil, ich musz mich zu meim beitzluder
fügen, was für beitzluder? fragt Gargantoa. mein brevier-
büchlein, antwort der mönch, dann zu gleicher weis wie die
falkonierer, eh sie ire vögel speisen und behauben, sie vor
etwan mit eim hünerfüszlein erbeitzen, lock machen und
ätzen, inen das hirn vom pflegma zu reinigen ; also wann ich
dies klein breviarium morgens frü übernag und ein kleins
tiertheilstündlin zersaug, so erpfluttere und erpolstere ich
meine hing so {ustig, dasz sie gleich bereit ist zu trinken.
Garg. 249*.
BEIZMITTEL, n.
BEIZSTUBE, f.
BEIZTOPF, m.
BEIZU, adv. nebenhin, nebenbei, nd. bi to : heiin gieszen
aus einer flasche in die andre ist etwas beizu gekommen;
nun so werde denn der ungelheilte fluch über mich ausge-
gossen, und dasz kein blitz beizu sprützel Leisewitz Jul.
V. Tar. 4, 6.
BEIZUG, m. nebeniug.
BEIZUNG, f. maceraliot
0 schöne kunst, o reiche zier,
des Icbens seltsame cnrricr
durch so vil bflitzungen xu wenden. Wp.ckiirri.. 540.-
BEIZVOGEL, m. jagdvogel, falke, habicht, sperher.
BEIZWACKEN, forcipe allrahere: du verstehest dich wol,
geld und gut beizuzwacken. Henisch 268.
BEIZWASSER, n.
BEIZWEIGUNG, f. insitio rami: das solt aber wissen, das
solche beizweigung (dpfel und birnen auf einem stamm) gar
schwerlich obs trage. Sebiz 336. s. zweigen.
BEIZWOLLE, f gerberwolle.
BEJAGEN, venando assequi, erjagen, nnl. bejagen, mhd.
sagte man auch bebirsen:
si bebirsent swa; si mugen bejagen. todes gehugde 267 ;
dann überhaupt erlangen:
in welre bände wise
bejagestu kleider unde spise?
in eines stolzen knappen wise
bejage ich kleider unde spise. Tragemundes lied;
nhd. wirt, gebt in weder speis noch trinken,
ir bejagt an in vil lüizel eren. fastn. sp. 566, 18.
man sagt aber auch einen wald, ein revier bejagen, $ilvam
venando peragrare. Lohenst. Arm. 1, 1089.
BEJAHEN, annuere, afßrmare, ja sagen, richtiger zu schrei-
ben bejaen, wie nnl. bejaen, ddn. bejae, auch schrieb Lessing
bejaen, ahd. galt ein frequentatives gijäzan, gijäezan, ent-
sprechend dem altn. jäta (Graff 1, 570), mhd. jäzen und be-
jäzen (Ben. 1, 764"). Henisch 255 setzt bejahen und bejach-
zen, danach Stieler 873. verschieden, obgleich im begrif ver-
wandt, ist das ahd. bijehan, mhd. bejöhen (Ben. 1, 515") faleri,
dessen praet. bejach pl. bejähen die Vermischung heran ge-
führt haben könnte, vgl. beicht. wirklich hat Grypbiüs 2, 314
dem must ihr seine sprach und jedes wort bejähen,
im reim auf schmähen und geschehen.
man wollte wissen, ob es mit dieser vermuthung des herrn
Burmann seine richtigkeit hätte, und wollte in dem bejaenden
falle das manuscript näher kennen. Lessing 9, 184 ;
per diol das bejah ich,
mein blaues wunder sah ich. Bürger 23';
ein bejahendes (positives) recht. Kant 5, 352 ; bejahender satz,
gegenüber dem verneinenden, negativen; ich für mich bejahe
die Sache. J. Paul Fibel 15; konnte Karoline eine liebe be-
jahen, der ich untreu sein müsle? ri<. 3, 73.
BEJAHREN, aetate proveclum esse, ist ungebräuchlich, aber
durch bejahrt und bejahrung bedingt.
BEJÄHREN sich, ein jähr werden: heute ist Michaelis und
heute bejährt sich seine abreise. J. Padl uns. löge 2, 1. vgl.
verjähren und betagen.
BEJAHRT, annosus, velustus, nnl. bejaard: ein bejahrter
mann, eine bejahrte eiche ; eine etwas bejahrte perücke. Hä-
rener 4, 58 ; ein hochbejahrter greis ;
steht meines Vaterlands bejahrte lehre fest,
dasz kein unsterblicher sich sehn noch bilden läszt?
J. E. ScHLEGKt 1, 327;
ihr verstummet Deutsche! was zeiget
euer schweigen? bejahrter geduld
müden kummerl Klopstock 2, 111;
auch die kraft bejahrter triebe
müsse morgen sich erneun! Borger 123';
bejahrte, verfallene warten. Gökingk 1, 174.
BEJAHRUNG, f.
das meiste ist doch die bejahrurig,
(las allermeiste die erfahrung. Tieck 13, 293.
BEJAHTSEIN, n. afßrmatio : der ausdruck des bejahtseins,
des für sich bestehens im einzelnen ist die ruhe. Schellings
weltseele vorr. \\x.
BEJAHUNG,/", afßrmatio: ein begrif, der lauter bejahungen
enthält. Kant 2, 269. im bejahungsfall = im bejahenden fall.
BEJAMMERN, deplorare, miserari, stärker als heklaf^eu: die
beängstigten reisenden flcngen, sobald die sorge für ihr leben
vorüber war, ihren verlust zu bejammern an. Göthe 19, 40.
BEJAMMERNSWÜRDIG, dejdorandus, piloyable: sie würden
mit dem kleinen bejammernswürdigen zeugen ihrer Schwachheit
für sich wül ihr kümmeriiches biot linden. Rabener 6, 100.
RKJAMMERUNG, f. lamentalio.
BEJATEN, sarrirc. s. bcgäten.
BEJAUCHZEN, laeta acclamalionc exeipere:
mehr als ein groszes land bejauchzet dein erhöhen.
Canitz 61.
BEJICHT, schreibt Lutmkr für beicht {oben sp. t35!>) z. b.
sihe solches edles slück der bcjicht lialien die pnpisten ganz
gedempfet. 6,109'; wenn tauscnt und aber tausent weit nieia
1413
BE JICHTER — BEKANNT
BEKANNTE — BEKEHREN
1414
were, so wolt ich alles lieber Tcrlieren, denn ich wolt dieser
bejicht das geringste stucklin eines aas der kirchen komen
lassen, daselbst.
BEJICHTER, m. confessor. Lütheb a. a. o.
BEJICHTUNG, f. confessio. ebendaselbst.
BEJICHTVATER, m. daselbst 6, UO'.
BEJOCHEN, jugo subdere:
ob dort ein schlauer Gustar Oetarius "
ein Tolk bejoche, welchem noch freiheit galt.
Stolbebg 1, 2;
ders Taterland
bejocht, und unsern stamm befleckt. 5, 13.
BEJOCHER, m. subjugator:
hirtenvolk der alpen, das ringend mit den bejocbern
fiel, unvergeszlicn bist du, wie das thermopylische häufleio.
Klopstock 7, 32.
BEJOCHÜNG, f.
die bejochung dorrt
den lorber. Klopstock 7, 26;
drauf hat sie dieser täuscher bejochungskrieg
gemordet. 7, 29.
BEJUBELN, jubilo excipcre.
BEKACKEN, concacare, inquinare, nnl. bekakken. Sti£LEB
907 : die Ordnung gottes bekacket er. Luthers tischr. 253*.
BEKÄLBERN sich, vomere, s. kälbern.
BEKALKEN, trullisare, mit kalk bewerfen: bekalkte wand.
s. bekelken.
BEKÄMPEN, sepire, beiäunen. niederdeutsch.
BEKÄMPFEN, impugnare, zuerif 6« Stieler 923: den feind,
die leidenschaften, begierden, den schmerz bekämpfen ;
ich seh es, deine brüst bekämpft vergebens
das unerwartet ungeheure wort. Gothb9, 40;
das bekämpfte herz. J. Paul Hesp. 1, 276. sich bekämpfen:
beide gegner bekämpften sich lange, ohne etwas auszurich-
ten; Parteien, die sich unter schwachen herschern um ein-
flusz bekämpfen. Kli>ger 11, 26.
BEKANNT, part. praet. von bekennen, das
1) in der bedeutung von confessus, iceil wir noch bekennen,
confileri sagen, seine verbalkraß behauptet: er hat bekannt,
eingestanden ; er hat anfangs geleugnet, zuletzt aber alles be-
kannt ; er wil der red niemand bekand (geständig) sein. Aghi-
coLA spr. 110"; ich lobe noch die tjTannen, so durch öffent-
lich gericht frei am tag unsere brüder abthun, und der thal
bekand sind. Luther 3, 3S4' ; ob sie es (ejus) denn auch be-
kand wollen sein öffentlich für irer oberkeit. 6, 18*; weil er
ungewis oder des nicht bekand wil sein, daselbst, vgl. be-
kanntlicli, bekentlich und bekennig.
2) in dem sinn von notus (kund) aber, weil uns bekennen
= novisse unüblich geworden ist, hat es nur die adjeclivi-
sche bedeutung von certus, nicht mehr die partictpiale, wie ge-
kannt und erkannt, verkannt, da kennen, erkennen, verken-
nen fortdauern.
a) bekannt sein : es ist allgemein bekannt ; es ist den spatzen
auf dem dach bekannt; dem land und den leuten bekannt;
ich bin hier nicht bekannt; das war aller weit bekannt; das
ist die bekannteste sache ; bekannte gescbichte ; du bist dafür
bekannt; bin ich denn bei euch nicht besser bekannt?; gott
ist in iren pallasten bekand, das er der schütz sei. ps. 4S, 4 ;
und wird ein tag sein, der dem herm bekand ist. Zach. 14, 7 ;
denn sein name war nu bekand {goth. svikunj) allis var{i
namo is). Marc. 6, 14 ; ich bin ein guter hirt und erkenne die
meinen und bin bekand den meinen (jah kann meina, jah kun-
nun mik }>A meina). Joh. 10, 14 ; doch ich bin bei euch allent-
halben wol bekand (in allamma gabairhtida du jzns). 2 Cor.
11, 6 ; ich bin mit, in diesen dingen wenig bekannt (bewandert) ;
wer in der bibel ist bekandt (tersalus).
SCBWABZENBERG 158, 2.
b) bekannt werden, innotescere: er wurde bald bekannt;
es soll schon bekannt werden; denn der herr wird den
Egj-ptem bekannt werden. Es. lo, 21; und wil bei inen be-
kand werden. Ei. 35, ii; er ward mit einem mädchen be-
kannt, das ihn immer stärker anzog; man Hill die sache
nicht bekannt werden lassen.
c) bekannt machen, divulgare, östr. bekannt geben, kund
geben, Ihun : ich will diese lieder bekannt machen (drucken
lasten, herausgeben) ; ich habe es wol gedacht, dasz ich nicht
nüthig haben würde, ihnen dieses letzte werk bekannt zu ma-
chen. Lesshg 6, 87 ; sein freund Shakespear hatte ihm einen
prinzen bekannt gemacht, der sich unter geringer gesellschuft
eine zeillang aufhält. Güthe 19, 2; dem ich zugleich soviel
fntes von dem jungen manne, den er mir bekannt gemacht,
zu sagen wüste. 30, 231; man musz sich mit dem frischen
Spielkätzchen nun anch wieder bekannt machen.
d) für bekannt annehmen: die sache darf für bekannt an-
genommen werden ; dis erbieten nam Moyses für bekannt an,
übergaben also beide theil ihre Schriften. Avreb proc. 1, 14.
vielleicht zu 1, pro confesso.
e) bekannt thun: er thut so bekannt, vertraut;
und thuu nach ritierart beim ersten blick bekannt. Wikla^o;
so zärtlich und bekannt,
ais wären sie verwandt.
». allbekannt, unbekannt, wolbekannt.
BEKANNTE, m. f. familiaris, substantivisch gebraucht, der
bekannte, der freund, die bekannte, die freundin; wer sein
kind in der zucht hält, der wird sich sein frewen und darf
sich sein bei den bekanden nicht schämen. Sir. 30, 2 ; such-
ten in unter den gefreunden und bekanden. Luc. 2, 44 ; ein
bekannter, eine bekannte von mir; meine allen und neuen
bekannten ; Klopstock meint 11, 240 : ein freund ist weder ein
bekannter noch ein guter bekannter, er ist auch kein guter
freund, ein bekannter ist nun so einer, den man sehen und
nicht sehen kann, ohne weiter an ihn zu denken, aus einem
guten bekannten wird zwar bisweilen ein freund u. s. w. Man
sagt auch, ich habe hier niemand bekanntes.
BEKANNTENKREIS, m.
BEKANNTERMASZEN, adv.
BEKANNTHEIT, /. fama : weil es nur personen oder hand-
lungen von einer ohnedem schon genügsamen bekanntheit
und berühmtheit sind. Lessixg 8, 448.
BEKANNTIN, f. sagte man sonst, wie befjreundin: Aegle
war eine bekanntin und feldnachbarin des Silenus. Hage-
dors 3, 130; ich weisz gar nicht, sagte eine von meinen be-
kanntinnen, was das für ein paar zusammen ist. Lessing 7, 98.
BEKANNTLICH, wie bekannt,
1) conßtens: er ist bekantlich gewesen (hat eingestanden).
Reücblin augensp. X4'.
2) notus: also und nicht mehr dann bekanntlich zu sein
müglich ist. Paracelsus 1, 561'; einem arzt desto bekandli-
cher. 2, 73' ; zwelf bekantlicher tieren. Thurseisser in/?, wirk.
26. Heute braucht man nur das adv. bekanntlich = bekann-
termaszen, ut inier omnes constat : er ist bekanntlich arm ;
dies war bekanntlich sein verbrechen.
BEKANNTMACHUNG, f declaratio, edictum. nnl. bekend-
making. östr. bekanntgebung, kundgebung.
BEKANNTNIS, f. oder n. confessio, von bekannt confessus
gebildet : die bekantnus des glaubens. bienenk. 6' ; im buch
der bekantnus. 22'; in bekantnus irer groszen Schwachheit
107*; sein bekantnus mit seinem blut versigelt, lio';
ich wil dir dessen nur ein klar bekäninOs geben. Fleming 20;
theurer und herlicher bekantnus ist nicht geschehen als diese
zu Augspurg. ScHUPpics 842 ; der wahre dichter weisz, dasz
er alles nach seiner art verschönern musz, und also auch
sich selbst, welches er oft so fein zu thun weisz, dasz blöde
äugen eine bekünnlnis seiner fehler sehen, wo der kenner
einen zug seines schmeichelnden pinseis wahrnimmt. Lessiz^g
4, 32. man schreibt heute bekenntnis.
BEKANNTSCHAFT, f 1) notitia: er hat einige bekannt-
schaft mit der sache ; er hat mit dem mädchen bekanntschafl
(Umgang); bekanntschafl mit etwas machen; gedankt seis dem
leiden meiner gemahlin, das mir eine so werlhe bekannt-
schafl macht. Schiller 148; ich machte seine bekanntschafl
zu Paris; unsere bekanntschafl ist schon alt.
2) noti, familiäres: er hat eine ausgebreitete bekanntschafl;
er macht gern neue bekanntschaften, hat schon viele be-
kanntschaften (liebeshdndel) gehabt.
BEKANTEN, angulos demere, weis beecken.
BEKAPPEN, 1) putare, was abkappen, die äste bekappen,
die weiden bekappen.
2) tegumenlo instruere, eine kappe aufsetzen:
aber ich kenne denn auch die bekappien. Götbi 40, 136,
de bekappeden. Reinke 4047, die mönehe, cueuUati.
BEKEHRBAR, emendabilis, eonverlibilis.
BEKEHREN, avertere, converlere. kehren ist wenden, be-
kehren im sinne von abkehren, abducere, reducere, umkehren,
umwenden, - auf die rechte seile wenden, vom unrechten weg
auf den rechten wenden, geistlich verstanden, zu dem rechten
glauben, zur busze, zur tugend wenden. Ulfilas tagt stets
89*
1415
BEKEHREN — BEKENNEN
BEKENNEN
1416
gavandjan, wenden, iniar^e^eiv, ahd. galt gihuerpan (Graff
4, 1234), bald aber vorwiegend picheran (4, 475), mhd. bekfi-
ren, nnl. bekeeren ; ahn. snüa, schw. omvända, dän. omvende,
engl, convert, nach dem franz. convertir. sinnlich für um-
kehren, umwenden, umdrehen, verkehren wird bekehren fast
nicht mehr gebraucht, es bleibt ganz auf den kirchlichen sinn
eingeschränkt ; wenn man Bocc. 1, 142' liest: darmit im sein
grosze empTangene freude nicht in trübsal und traurigkeit
verkeret würde; so haben hier zwar andere ausgaben bekeret,
doch der alte Ulmer druck gekeret.
1) einen bekehren, das volk, die beiden, die Juden, die
Sünder bekehren : er halte grosze gnade das volk zu be-
kehren. Sir. 49, 3; und er wird der kinder vil zu gott irem
hern bekehren (golh. gavandeij) du fraujin). Luc. 1,16;
bekehre was verkehret. GarPHius 2, 293;
htim, sagte der kaiser, der grund läs«l sich hören
und mag den durchlauclitigen stolz wol bekehren. Borges;
ich wüste nicht wie ich bekehrt war, konnte mich in die
Sache nicht finden, aus oder von etwas bekehren: die aus
dem heidentlium bekehrte Christen. Schuppius 517; einen
vom afterdienst bekehren. Klikger 6, 242 ; er ist von seinem
Unglauben bekehrt worden.
2) sich bekehren : so wirst du dich bekeren zu dem herrn
deinem gott. 5 Mos. 4, 30 ; so ir euch mit ganzem herzen be-
keret zu dem hern. 1 Sani. 7,3; werden sich von iren Sün-
den bekeren, weil du sie drengest. 1 kön. 8, 35 ; wirstu dich
bekeren zu dem allmechtigen. Hiob 22, 23 ; auf das sie sich
bekeren (gavandjaina. sik). Marc. 4, 12; und wenn du der-
maleins dich bekerest. Luc. 22, 32; und sich bekeren (gavan-
didedeina). Joh. 12, 40; da er sich bekert zu gott dem her-
ren. Keisersb. Sünden des munds 30'; und sich bekert hat
und burger worden ist. 37*.
BEKEHRER, m. BEKEHRERIN /.
BEKEHRSUCHT, f.
BEKEHRSÜCHTIG:
des frommen und bekehrsüchtigen bischofs.
Wieland 15, 240.
BEKEHRUNG, f. conversio.
BEKEHRUNGSEIFER, m.
BEKEHRUNGSVERSUCH, m. alle bekebrungsversuche, wenn
sie nicht gelingen, machen denjenigen, den man zum prose-
lyten ausersah, starr und verstockt. Göthe 26, 261.
BEKEHRUNGSWERK. n.
BEKEHRUNGSWUT, f.
ihr priester voll bekehrungswut. Voss 6, 213.
BEKEIFEN, conviciis prosequi, bescheiten.
BEKEILEN, cuncis inslruere. bekeilt heiszt auch betrunken.
BEKEIMEN, germinare, keime treiben.
BEKELKEN, was bekalken, calce oblinere:
der Sperber thet die wend bekelken (weiszen),
ein junges kalb die kuh must melken.
Waldis Es. 2, 27.
BEKENNE, f. oder n. confessio, bekcnntnis:
es ist ein offen bekenne. VI.^DLER bei Haupt 9, 94.
BEKENNEN, faleri, confiteri, praet. bekannte und bekennte,
1) und alle zungen sollen gott bekennen (golh. andhaiti[) alla
razdft gujia). i?ym. 14, 11; gott anbeten und bekennen (invaitij)
gu|)). 1 Cor. 14, 25 ; Jesum Christum bekennen. 2 Juh. 1, 7 ;
das ist die frucht der lippen, die seinen namen bekennen.
Ebr. 13, 15 ; ich will seinen namen bekennen, offcnb. Joh. 3, 5 ;
sie bekennen allein got (für) iren hern. MtJNSTER 1339 ; zu
Jerusalem bekamen und bezeugten zwölf apostel den namen
Jesu Christi. Schüppius 842; in Newyork sind neunzig ver-
schiedene christliche confessionen, von welchen jede auf ihre
art gott und den herrn bekennt, ohne weiter an einander
irre zu werden. Götiie 50, 123.
^ 2) da werden sie denn bekennen ire missethat und irer
veter missethat. i Mos. 26,40; und sie sollen ire sünde be-
kennen, die sie gothan haben. 4 Mos. 5, 7; und die priester
bekandten ire schände und heiligelen sich. 2 r/iro». 30, 15 ;
und bekenne die sünde der kinder Israel. Neh. 1, fi ; und
traten hin und bekamen ire sünde und irer veter missethat.
9, 2; darumb bekenne ich dir meine sünde und verhele meine
missethat nicht, ps. 32, 5.
3) der dieb hat schon bekannt (gestanden) ; er will immer
noch nicht bekennen; der mund soll nicht bek(?tinen, was
das herz leugnet ; alles was herz, mund, feddcr und hand
bekennet. Luther 3, 56*;
ein kläger kam und sprach, herr richter ich bekenne,
beklagter soll mir thun, soviel als ich benenne.
LoGAU 1, 6, 50;
die flsche lieben auch, mag wasserliebe brennen?
kein lisch bin ich, und sie sind stumm, wer wils bekennen 1
1, 10,41;
verlangst, dasz ich den edeln stolz verleugne,
den dieses freie herz von je bekannt? Schiller 610;
es ist gar löblich von dem alten patriarchen, dasz er sein
volk auch vor der weit und ihren groszen bekennet. Göthb
60, 240. die ältere spräche setzt auch noch die sache in den
genitiv : der warheit bekennen ; er hat aller sach bekennt ; dar-
auf sie sich des bekandt und verjach. Hut. 5 ;
der küng des selbert hat bekent. Schwarze.nb. 117, 1;
weislu nil, das junkfrewiich bild
in lieb ist alzeit rauch und wild,
und seiner lieb nit leicht bekent. H. Sachs I, 436'.
4) seinen namen bekennen (nomen suum profiteri. l. unica
C. de fam. libell.), angeben: wann einer dem gemeinen be-
sten zu schütz und gutem etwas anzubringen, sol er seinen
namen bekennen. Schuppius 673. im kartenspicl, färbe be-
kennen, bldtter derselben färbe hinzuwerfen.
5) von Sachen, sie bekennen, geben kund, zeigen an, be-
zeugen, profiteri:
im gras,
das seiner grünen färb entkleidt die zeit bekennet.
Wehnike 273;
lagern wir uns im schauen der alten familienbuche,
die vorlangst uns bekennt mit sclion aiiswachsenden namen.
Luise 1 , 250.
6) auf einen bekennen : da sol denn Aaron seine beide
hende auf sein (des bockes) heubt legen und bekennen auf
in alle missethat der kinder Israel. 3 Mos. 16, 21; wiliu aber
nicht, so wollen wir auf dich bekennen, das wir einen jun-
gen gesellen allein bei dir funden haben. Susanna 21 ;
bekenne selbst auf dich mein kranker sinn,
hast du nicht schuld, dasz ich so elend bin? Fleming 527;
die schwangere magd hat auf ihn bekannt, ihn als vater ih-
res kindes angegeben.
7) bekennen für: sobald jemand in für Christum bekende
(ei jabai hvas ina andhaihaiti Christu). Joh. 9, 22;
der oheim eines königes bekennt
mich für sein kind. Göthe 9, 262.
vgl. erkennen für, und 9, b sich bekennen für.
8) bekennen, mit folgesatz: ich bekenn wol, wenn dir
einer schuldig ist und er dirs nit mit lieb geben wil, so
machlu zanken rechtlich. Keisersb. Sünden des munds 41'; ich
bekenn es wol, es ist wor (dasz es wahr ist). 49';
und alsobald bekandt er frei,
es müsi sein eitel trügerei. Alberus 108;
da Gentianus öffentlich bekent, das es wol war sei. bienenk.
10'; und Gwido bekennt rund, dasz er der backen kein stil
weisz zu finden. 88". mit inf, ich bekenn billig sein. Lu-
thers br. 1,411; ich bekenne — erhalten zu haben.
9) sich bekennen,
a) ich bekenne mich ein Sünder. Mei.a:<chthon im corp.
doctr. ehr. 130 ; der czar, des söhn ich mich bekenne. Schil-
ler 662 ; die vornehmen personen, welche sich heute als die-
ner des reichsoberhaupts bekannten. Göthe 24, 326.
b) das stot uns zu, und ist gewonheit der gSten gemüt,
sich schuldig bekennen, da kein schuld ist. Keisersb. sünden
des munds 15*; sie bat um Verzeihung einer groszen ubelthat,
deren sie sich gegen diese dame schuldig bekannte. Wie-
land 12, 360; denn dieser bekannte sich selbst als mitschul-
digen ihrer vergehungen. Göthe 18, 181 ; er bekennt sich über-
wunden, für überwunden;
alles was heilsam, was löblich sich nennet, <
was sich selbst herlich und witzig bekennet. Logau 3, 212.
e) sich zu einem glauben, einer lehre bekennen; sie be-
kannte sich zu dem verbrechen ; er bekennt sich zu dem kinde,
gesteht, dasz er dessen valer sei; er wollte sich nicht zu der
Schrift, zu der Urkunde bekennen.
d) sich gegen einen bekennen : bekenne dich gegen im,
gesteh ihm deine schuld. Keisehsb. sieben scheiden 3.
e) sich (sibi) bekennen, eingestehn: er muste sich selbst
bekennen ; du must dir $clb.<'t bekennen.
10) im \i jh. öfter, im \<S selten, im n fast garnicht mehr hat
bekennen noch die alte bedeutung von erkennen : wer ein weih
1417
BEKENNER — BEKLAGEN
BEKLAGEN — BEKLAMMERN
141S
bekenoet (leiblich erkennt), kunkelevang. f.; Tor dem er dann
nie kein frauw bekandt. Plut. 146; der da sich se!bs beken-
net Keisersb. sieben scheiden 3; im wart der dieb zu se-
hen, das er in bekant. ehr. bilger 43 ; gleichwie wir in der
taufe eitel wasser bekennen. Lcther 3, 86'; allwo ich mich
dem geländer (der landschaß) nach wieder ein wenig beken-
nen {zurecht finden) konte. Simpl. 1, 523.
BEKENNER, m. confessor: die bekenner eines glaubens;
der bekenner dieser meinung; bisher nannte man die strenge
kunst handwerk, ganz angemessen und richtig, die bekenner
{sich zu ihr bekennenden) sollten mit der band wirken. Göthe
23, 162 ; menschenverachtung fangt immer mit dem bekenner
derselben selbst an. Klinger 12, 95.
BEKENNERLN, f. die warme bekennerin eines glaubens,
der auf liebe gebaut ist. Gotter 3, 123.
BERENNGELD, n. grundzins, der dem gulsherrn zu aner-
kennung seines obereigenthums entrichtet vird.
BEKENNIG, confitens, geständig: und der furste derselbten
münze fulsteit und bekennich ist. Magdeb. veislh. s. 107 (o. 1469).
vgl. Haltacs 126.
BEKENMLICH, 1) geständig, eingeständig, s. bekanntlich:
bor, mein geselle, du bist bekenntlicb,
du babst irs gelobt, fasln, sp. S54, 2;
nach welcher copeien abschrift diese aus unserm befelh treu-
lich gedruckt wir bekendlich sind. Lctheb 1, 547'; lieben brü-
der, das ist arrabo, ein zeichen das ich macht hab, wider
doctor Luther zu schreiben, und bitte euch alle, ir wölt
mirs bekentlich und zeugen sein. 2, 465'.
2) erkennbar, bekannt: davon sagt auch ps. 44, das alle
heiligen werden nicht mehr thun, denn gott loben im himel,
das er sie in irer tiefe angesehen und sich alda inen be-
kentlich, lieblich und löblich gemacht hat. Lcther 1, 478*;
umb und von euwer eitern willen, lieber herr Jobannes, seid
ihr uns bekentlicL Kirchhof viendunm. 448' ;
ia solchem bekeatlichen schmerzen. H. Sachs V, 26*.
BEKENNTNIS, f. und n. confessio: wer got bekennet
und nicht liebet, der wirt nimer selik von dem bekentnis.
tkeol. deutsch s. $5 ; sich in disem sinne da ist die bekent-
nis ane liebe des, das bekent ist oder wirt 86; |die ganze
bekentnis verdamnen sie, als sei nichts guts drinnen. Lcther
5, 291"; da sie doch selbs zu Augsburg bekennet haben, es
sei nichts wider den glauben in unser bekentnis. das.; er
bat euch gedrungen zu der heriichen öffentlichen bekentnis
Christi. 6, 17' ; und diese stille bekentnis des einigen mannes
{Iaz. Spengler) sol alleine mehr schreien für gott, denn alle
ire schreien 6, 307'; darauf bittet der wirt der abrechnung |
ein bekenntnis unter i. f. gn. handschrift, welches ihm auch j
erfolget Schwei:»ichex 1, 210; einem ein bekenntnis thun,
ablegen, machen ; wovon ich dir das bekenntnis machen musz.
Göthe an Knebel 202; die bekenntnisse einer schönen seele.
BEKERBEN, striare, kerben einschneiden.
BEKERKER.N, in earcerem includere, einkerkern: unsere
frau ist mit einem kerl in guter arbeit erwischet worden und
nun bekerkert. ped. schulf. 227.
BEKERZEN, illuminare, mit kerzen erleuchten. Stieler 954.
BEKETTEN, catenis constringere. Stieler 955.
BEKICHERN, clanculum ridere, irridere, in Schlesien be-
gickem: die müdchen konnten sich nicht enthalten, diesen
Vorgang zu bekichern.
BEKIEFELN, mandere, rodere: das liebe biszgen brot be-
kiefeln {benagen). WzisE Isaaks op f. IZ2.
BEKIELEN, pennis instruere, befiedern:
doch diesen hohen Ilug
noch dreifzig tage auszubauen
fühlt kein oinnpier sich stark genug bekieU.
WiKLAÄD 5, 199;
womit der Amor die flügel der Psyche bekielt J.Pkvi jubeis.
114; die rufenden raben haben sich verwandelt in bekielcnde
rabenfedem. Kampan. 36; Spieler und Schreiber verkörpern
und beseelen sich wechselseitig und bekielen sich mit la-
nierschw-lnzen. flegelj. 2, 133.
BEKIESEN, glarea stemere: die wege sind irisch zu be-
kiesen
BEKINDEN sich, prolem gignere, kinder zeugen: dasz sich
mann und weih mit einander bekindet hätten. Brandenb.po-
lizeiordn. ron 1540 cap. 12. Galpp schles. recht 48.
BEKLAGEN, mMerart, deplorare, ahd. pichlagün (Graft 4, iii),
mhd. nnl. beklagen.
1) anklagen, verklagen, beschuldigen vor gericht: wann dann
der kläger den beschuldigten seines beklagens nicht beweisen
kundt reichsabsch. ton 1512 4, 6 ; dein eigen gebet straft dich
und ist wider dich, bezeugt dich, beklagt dich. Lcther 1, 72' ;
nachdem die herrn des capitels uns beklagt haben. Me-
LAJfCHTHON 1, 552 ; ist das des Statthalters Christi amt und ge-
bühr, nit beklagen, nit verhören, sonder zu stund und erst-
lich zu der marler ein christlichen menschen ziehen? Hct-
TE>- 5, 10 ; ob ihn aber gleich sein gewssen naget und bekla-
get. Mathesics 82'; dasz niemer schier ein rechtstag, daran
er nit beklagt and busz geben must, verliefe. Kirchhof
vendunm. 225';
ich bin der that, der ich beklagt bin, unschuldig.
U. JcL. TO.H Bkau.nschw. Susonrui 3, 4;
dann dem kein srhwein stirbt, was darf der s. Anthonius be-
klagen? bienenk. 172*;
Jupiter auch selbst an dem end
beklagt gar sehr viel regiment. Atrer /ostn. 40* ;
gedenkea magst du alles, nicht alles darfstu sagen,
das $agen pfleget busze. das denken nicht zu tragen,
wii nur nicht dein gewissen dich für dir selbst beklagen.
LoGAi; 3, 4, 87 :
man beklagte sie wegen der hurerei. Opitz Arg. 2, 147. in
diesem sinn später veraltend, doch s. sich beklagen und der
beklagte.
2) dolere, deplorare, deflere: das beide grosz und klein
«ollen in diesem lande sterben und nicht begraben noch be-
klagt (1545 geklagt) werden. Jer. 16, 6; und ist besser ver-
wahret denn beklaget Lcthers br. 5, 781 ;
dein schmach das evaagcli sagt,
und lohnt den, der sein sünd beklagt.
SCHWARZE.NBERClll, 2;
schon da gewesen also? das beklag ich.
Schiller 268*:
er regte sich nicht, ich schrie und beklagt ihn,
rief 0 weh mir und ach! und wiederholte die klage.
GÖTBB40, 115;
und beklagen mit mir unser gemeines geschick. 1,320;
indem ich Winkelmanns abscheiden grenzenlos beklagte. 25, 182.
3) sich beklagen, ^ueri, conqueri, mit gen. der sache, oder
den praep. ab, über: da kam der teufel in gestalt einer
frawen bei nacht einist an sein zell und klopfet an, und be-
klagt sich, sie möcht nienen mer hin kumen. Keisersb. Sün-
den d. m. 57"; wann man etwan einen rat und falsch urteil
gibt, und der sich beclagt kumpt zu iren einem, und spricht,
wie kündent ir so seellos leut sein, das ir ein solich urteil
geben? 61*; und es v«erden sie beweinen und sich über sie
beklagen die könige auf erden, offenb. Joh. 19, 9 ; nun beger
ich von euch zu wissen, ob sich der erste herr ab dem an-
dern beklagen mög. ßocc 2,180"; darum haben sich die leien
der sacramentsslümmelung nit zu beklagen, bienenk. 93";
dasz Belial sich wider euch auf einen raub und verübten
gewalt beklagt. Avrer proc. 2, 2 ;
des (es steht das) beklaget sich ah und Jungk.
froschmeus. C6';
er beklagte sich darüber auf das lebhafteste;
so höre meinen rat. du wei>t, wie hier
in SchwTtz sich alle redliche beklagen
ob dieses landvogts geiz und wüierei. Schiller 519'.
BEKLAGENSWERTH, dolendus, deplorandus:
mir scheint der höchste stand so oft beklagenswerth.
Hagcdorx 1, 36;
fewis, der ist beklagenswerth,
en seine göuin nicht erhört. 3.33;
der frauen zustand ist beklagenswerth. Göiat 9,4;
BEKLAGTE, m. reus, ein beklagter, angeklagter: der be-
klagte in rechtfertigung stünde, re^ckikammerger. ordn. 1507.
9, 4 ; so der beklagte sich zu antworten widert, ordn. der
lermine beim reichsk. ger. 1508. 1, 7 ; beklagter spricht, gibt an;
beklagter soll mir thun so viel als ich benenne.
LocAU 1, 6, 50.
BEKLAGTIN, f. reo. Hippel lebensl. 3, 90.
BEKLAGÜNG, f. 1) actio: ewige, zeitliche beklagung, per-
petua, temporanea actio. Frischlin nomencl. 413. 2) dolor,
bedauern: der wein mit unserer bekiagung an die erde ge-
schüttet wurde, maulaße 297.
BEKLAGUNGSWCRDIG, deplorandus: ein unglücklicher, be-
klagungswürdiger mann. Klincer 2, $6.
BEKLAM.MERN, eompage tincire. dann auch apprekendere,
fest umfassen, umklammem:
1419
BEKLÄREN — BEKLEIBEN
der arzt, dem dieses wort durch mark und beine dringet,
fällt auf den kranken zu, beklammert puls und band.
Caniiz 86.
BEKLÄREN, declarare, erklären, ungewöhnlich.
BEKLÄRUNG, f. erklärung. beklerung der fabel. H. Sachs
IV. 3, 114*.
BEKLATSCHEN, applauderc: die Schauspieler wurden stark
beklatscht; jede anspielung beklatschen, s. begähnen. er be-
klatscht alles, klatscht über alles.
BEKLAUBEN, circum rodere: knochen und beine beklau-
ben; brot und käse beklauben; eine sache in den bänden
beklauben ;
die tauben theten sich die sach fleiszig beklauben.
Wald IS 3, 22.
BEKLAUEN, ungulis instruere: andre binden splitter an
die nackten finger, auf rechnung ihres kopfs beklaut zu sein.
Fr. Müller 2, 20 ; ein beklauter teufeL
BEKLEBEN, beklebte,
1) intransitiv, adhaerere, fest kleben: ist etwas in meinen
henden beklebt. Hiob 31, 7; mein gebein sind beklebet an
meiner haut. Lother 3, 17* ;
ein unzüchtig leben,
darin er thut endlich bekleben. H. Sachs IV. 2, 107* ;
in einem lesterlichen leben
je lenger je mehr darin bekleben. IL 2, 84';
die schosz und zweige bekleben zum allerbesten im zune-
men des Hechts. Sebiz 323; denn subtile und grosze raben
bekleben selten am kloben und reiszen sich vom leime. Ma-
THESiüs 154'; so wird er als eine fliege mit den füszen im
honig bekleben und stecken bleiben, pcrs, rosenth. 2, 28 ;
vivat könig Wilhelm lebe
und sein dreifach königreich,
es bestehe und beklebe,
bis es wird den Sternen gleich.
SoLiAU 522 (a. 1692) ;
reisete etliche 30 raeilen weiter in die weit, blieb endlich in
einer Stadt bekleben, wo sich viel dergleichen leute zeigten.
Felsenb. 2, 371 ;
des Wandrers nasser fusz beklebte. Brockes 2, 431;
wie quecksilber im flor beklebt und durch leder rinnt. J. Paul
Hesp. 1, 116. s. bekleiben.
2) transitiv, illinere: die wand, das fenster mit papier be-
kleben.
BEKLECKEN, aspergere, cohspergere, maculare, besprengen,
besprützen, beschmeiszen. die grundbedeutung von klecken
kleckte {mhd. klacte) scheint schmeiszen, sprengen, und wie
diesem ein smijen springen, musz auch dem klecken ein star-
kes klicken unterliegen, abklecken ist absprengen, anklecken
ansprengen, aufklecken aufsprengen, zerklecken zersprengen,
zerschmeiszen, mhd.
in dem bluote lag er beclocken. pf. Chünr. 160, 1 nach A,
wie sonst berunnen, besprengt, mehr unter klecken.
mhd. beklecten in mit hör. pass. K. 357, 8;
nhd. wenn eine kuh in kath gefallen,
dieselb bekleckt die andern alle. Waldis 3, 41 ;
obschon die alten ceremonien mit groszem misbrauch be-
kleckt und beschmeiszet gewesen sein. Mathesius 69*;
hier steh ich armer mensch, und schäme mich vor mir,
mit so viel häsziichkeit der Sünden ganz beklecket,
mein erstes schönes kleid, wie ist es doch beflecket.
Fleming 554;
das papier beklecken. GISnthkr 492 ;
wenn auch das kind die wiege bekleckt hätte, so könten sie
dem feinde die windeln in das gesiebte werfen. Weise kl.
leute 80; und hekleckte mit solchem (leim) das ganze heim-
liche gemach. Jucundiss. 41; sonderlich sehe ich, dasz sie
ihre kleidung nicht mit so vielfarbigten bUndgcn bekleckt hat.
gcspenst 277; bald steckte er alle haare in einen mit glän-
zendem schmelz bekleckten sammetbeutel. Felsenb. 2, 122;
denn das herze wolle mir zum voraus sagen, dasz dergleichen
aufführung endlich ein beklecktes ende nehmen würde. 2,380.
s. beklicken und beklickem.
BEKLECKSEN, frequentativ des vorigen: narrenhände be-
klecksen alle wunde, s. klecks und beklcxen.
BEKLEIBEN beklieb, eoalescere, radices agerc, wurzeln,
nahverwandl mit bekleben (a/iii. chll'pAn == chlipen). alts. ki-
nan eftha bikltban, keimen und anwachsen. Ucl. 76, 0. mhd.
bekltben bekleip bekliben, nnl. beklijven:
BEKLEIBEN 1420
guoter bände würzen sint in einem garten bekliben.
Walther 103, 15;
der triwe ein reht beklibeniu frubt. Parz. 26, 13 ;
da diu galle in der triuwe
an iu bekleip so niuwe. 255,16;
da; des Heimriches gesiebtes
immer iht mege bekliben. Wh. 43, G;
wie sin gesiebte waere bekliben. gute frau 4 ;
ob sim ze herzen bekiibe. TrUt. 479, 19 ;
giteeheit hat triuwe und schimpf vertriben
und ist über die werlt bekliben. iJennei' 5168 ;
daj in dem weppe ein mücke bekiibe. . . . ;
davon euch ime der fluoch bekleip. Haupt 5,516;
dem muo; der fluoch bekliben. 5,550;
woraus sich unmittelbar die identität mit kleben ergibt, da man
auch sagte:
sohen alle flüeche kleben. Freidank 130, 12;
der fluoch klebet niemer an. Haupt 8, 187;
wurzeln ist zugleich haften, festhängen und der fluch kleibt wie
der wünsch, nhd. beispiele:
pisz an acht menschen, die do pliben,
von den der sam noch ist becliben. fastn. tp. 1207 ;
wenn mans wil alzuhoch treiben,
so kau weder leib noch seel bekleiben.
Agricola spr. 236;
ein stein solt man eh scbmeidig machen,
denn ein bös herz zu guten sachen,
worin der teufel ist beklieben,
da wird er schwerlich ausgetrieben. Waldis 3, 4;
mein gebeine ist beklieben an meinem fleisch für dem ge-
schrei meins seufzen. Luther 1,35*; sind selbs daran beklie-
ben. 3,277*; obwol der same nicht allzeit bekleibet und auf-
gehet. 6, 200*; das der name Mahmet allein dran beklieben
ist. 8,36'; der hofnung, es solt des orts ir coUegium beklei-
ben und bestand haben. Alberus wider Witzel H2'; nahm
weiden, band das {entzwei gehackte) pferd wider zusammen,
die weiden bekleibeten dem pfeide und wuchsen so sehr,
dasz ein ganzer wald auf dem bäume ward. H. Clawerts
historien 35 ; der meerrettig bekleibt gern von ihm selbst,
wenn man kleine stücklein davon ins land setzet. Tabernae-
MONTANüs 799; wann ein knäblein gebrochen war, dem soll
man ein stock dieses baums zwischen die bein in den gar-
ten setzen, so das kraut anfange zu bekleiben, soll der bruch
des kinds heilen. 1229; wachse also leichtlich, dasz so man
ein blatt halb in die erde steckt, so bekleibe es bald, ge-
winne auch seine wurzel. 1371; das reislein beklieb. lust-
garte 480 ;
auf das du fein in ihm bekleibst
und an dem weinstock ewig bleibst.
Ringwald tr. Echh. N3' ;
drinnen wonhaft bekleiben. MEHssusp«. P7';
viel suchen groszen rühm, und meinen zu bekleiben
durch lob, das nimmer stirbt, mit lesen und mit schreiben.
Opitz 1,58;
du aber wirst bekleiben
mit unverleschter zier, so lange man nur schreiben
und thaten merken kan. 2, 21 ;
drum wird auch euer rühm stets grünen und bekleiben,
so lang ein mensch allhier den herren loben kan. 2,41;
mein wundsch doch bringt im schreiben
den mangel wieder ein,
mein wundsch, dem zu bekleiben
der himmel hold wird sein. 2, 79 ;
die berümbtcn lieder bleiben,
wann wir längst gestorben sind,
was durch sie nicht kan bekleiben,
fährt dahin wie rauch und wind. 2, 130;
die tage sind beklieben
und aller ewigkeit zum deiikmal aufgeschrieben.
Scultetus bei Lessing 8, 376;
mich dünkt, es werd an mir die schände mit bekleiben,
und eine stete last mir auf dem herzen bleiben.
Werders Ariost 17, Ut ;
nicht vor diesem nur allein,
da du pflagest selbst zu schreiben
was Thalien könie sein
und nicht unwerih zu bekleiben. Sil. Dach X2;
schreibt schon ein hucli, das künftig wird bekifliben,
so lange sonn und mond am himmel bleiben.
TSCHBHNING 127;
die hofnung ist beklieben.
ein stamm von guter zucht
bringt seines gleichen frucht. 343;
so recht, durch ehiich sein da baut man pflanzen an,
davoB noch eine zeit hernach bekleiben kann. . .
1421 BEKLEIBEN— BEKLEIDEN
gesetzt, es möcht auch dir der schöne Slam bekleiben,
wie lange wird er wol bei nahem winter bleiben?
Grtphils 2, 55;
eh kaum das neue reich im sand
beklieb und rechte wurzel fand. I, 5Sl ;
gib gott, dasz körn im Feld, in uns dein wort bekleibe,
dasz wir theils haben brot der seele, iheils dem leibe.
LocAü 1, 9, 19;
wenn die pfropfreiser beklieben sind. Lodenst. Arm. 2, 772 ;
wird der wünsch bekleiben. Gi;."<iHER 164 ;
wie schlecht ist unserm lieben
der abscbiedswunsch beklieben,
der gott so zärtlich bat? 209;
der in seiner brüst bekliebne bochmutssameD. 517;
dein früh bekliebnes wissen. 751;
und die wünsche sind beklieben,
die des himmels ohr ersucht. 104';
wo er (der segen) bekleiben soll,
so geht auf goites wegen. 10S2;
ein pQanz, die man oft fort setzt, bekleibet nicht. Eyring
2, 612 ; ja es geschieht, dasz der name bei etlichen bekleibt.
Weise erzn. 370;
mein schöpfer gib, dasz was jetzund
gesungen nat mein schwacher mund,
in meinem herzen mag bekleiben. CxMii s. ih;
allein bekleibt mein wünsch, ists nimmer sein gewinn.
OvERBECKs Tirgil 1750 s. 150;
die gelehrten sind uneinig, wer die Mase Thonas unter ihnen
waren, allem ansehen nach die edlen der masonei, welche
so tiefe wurzel in diesem neuen boden schlug, dasz sie un-
ter allen nachfolgenden Staatsveränderungen beklieb, und sich
von zeit zu zeit in der herlichsten blute zeigte. Lessing 10, 305;
hier, wo disteln kaum bekleiben. Wieland 23, 43 ;
urtheilte, es müsse ein blumenstock beklieben sein, an des-
sen fortkommen sie gezweifelt hatte. Mcsaeüs 4, 88 ;
so mögt ihr denn im dreck bekleiben. Göihe 13, 105;
ob sie alle {stämmchen) frisch bekleiben,
wird sich linden, wenn sie dorren,
werd ich neue stücke schreiben. 47,264;
auf den (icilden stamm der jiiden) pflanzte der ewige gärtner
das edle reis Jesum Christum, dasz es darauf bekleibend des
Stammes natur veredelte. 56, 234;
mich {rose), die der wind umneckt mit leiser klage,
die ich in tbau und regen darf bekleiben. Plate.'<29;
in den boden eingewurzelt bin ich strauch der rose,
und vom morgenihau begossen bin ich fest beklieben.
RCCKBRT 330.
die dichter haben das wort fort erhallen, in prosa ist es heute
unüblich, von der icurzel unter kleben und kleiben.
BEKLEIBEN bekleibte, illinere, inlegere, tcäre mhd. beklei-
ben bekleipte, und ist darum von bekleiben beklieb, mhd. be-
kliben ganz verschieden: die wand bekleiben, mit lehm be-
streichen; in Schlaurafifenland, da die heuser mit bratwursten
gezeunet, mit hönig bekleibt und mit fladen gedeckt seind.
de generibus ebriosorum p. 12. entspricht dem transitiven be-
kleben.
BEKLEIBL'NG, f. conceptio, mhd. bekllbunge. daher Maria
bekleibung, annuntiatio Mariae, weil nach Gabriels vollbrach-
ter Verkündigung Maria empßeng, der Heiland in ihr zu wur-
teln begann, in Cokrad von Dankr. nambuch 112 unser frowen
clibeltag, bei Philander 2, 24 fraw klüwel, in Urkunden cliber-
tag, becliber. Scheffers Haltaus s. 96. 97. Schm. 2, 351. be-
kleibung kann also überhaupt den beginn der schtc angerschaß
ausgedrückt haben.
BEKLEIDEN, vestire, mhd. bekleiden {aber nur im pas-
tional), nnl. bekleeden, gnth. gavasjan, ahd. pidecchan, giwd-
tan : ich bin nacket gewesen und ir habt mich bekleidet.
Malth. 25, 36 ; ich was nacken und ir bekleideten mich. Kei-
8ERSBEHC Sünden des munds 42'; wie der oberst priester be-
kleidet soll sein, so er in den tempel wolt gon. 78'; das sie
essen und satt werden und wol bekleidet sein. Es. 33, IS ;
ich sage euch, das auch Salomon in aller seiner herlichkeit
nicht bekleidet gewesen ist, aU derselhigen eine {goth. nih
Sanlaumün gavasida »ik svö ains {)ize). Malth. 6, 29 ; wer cm
fromme frau will behalten, der bekleide sie wol, gebe ir wol
tu essen und nehme sie zeitlich in arm. Lehmann 162 ; end-
lich kam ein junger mann, der war wol bekleidet. Schippics
251; ein balken {an dem palasl), wie er solle bekleidet oder
gemahlet werden. Weise erzn. 3 ; das herz, das man mit wei-
chen bekleideten bänden und nicht mit.rohen griOen abpflückt.
i. Pacl Uesp. 3, 227.
BEKLEIDEN — BEKLEMMEN
1422
Den stof drückte ein instrumental der alten sprücke aus
(gramm. 4, 712), die spätere ersetzte diesen durch die praep.
mit oder in.
1) mit. es kompt ein alter man erauf und ist bekleidet
mit einem seidenrock. 1 Sam. 28, 14 ; meine Widersacher müs-
sen mit Schmach angezogen und mit irer schand bekleidet
werden, wie mit einem rock. ps. 109, 29; und war bekleidet
mit einem sack und fastet teglich. Jud. 8, 6; Johannes aber
war bekleidet mit kamelharen {goth. gavasijjs taglam ulban-
daus). Marc. 1, 6; ein Jüngling, der war mit linwand beklei-
det auf der bloszen haut (bivaibi{)s leina ana naqadana). 14,
51; ein engel, der war mit einer wölken bekleidet, offenb.
10, 1 ; der lenz bekleidet die bäume mit laub und bluten, die
auen mit gras und blumen, ein bild das die mhd. dichter
gern lieblich ausmahlen, sie lassen den Mai kleider geben, schnei-
den und anmessen (mythol. 720. 721) ;
hat er nimmer gehört, herr bräuiigam, dasz man die männer,
welche dem herde sich nahn, mit der küchenschurze bekleidet I
Luise 3, 493.
2) in. wie Reinhart sich in ein sergentuch becleidet. Aimon
Bl; wie die fraw sich in ein serg becleidet. ebenda; in gäl
bekleidt sein. Maaler 56'; sind in ganze güldene stück be-
kleidet. Fronsp. 3, 294'; und disz ist vUleicht die ursach,
warumb unser muter in allen büchern, da dise histori ge-
malt steht, den teufel in ein mönchskapp bekleidet hat. bie-
TienÄ. 90'; in einen wollenen rock bekleidet, pers. baumg. b,Z;
die mädchen erschienen in roth bekleidet ;
zuckeräpfel sind zum schälen in gefärbtes wachs bekleidet.
LocAü 3, 9, 64.
heute sagen tcir nur kleiden in und bekleiden mit, obschon
andere Zusammensetzungen mit be sonst noch in mit dem acc.
auf sich folgen lassen, z. b. beschlieszen in das herz, in die
band, bewinden in ein tuch, beschuhen in rothes leder. be-
kleiden in icar also unladelhaß.
Figürlich heiszt es nicht nur die wände mit tünche beklei-
den, Keil tünche tunica selbst ein rock, mit breten, gemähl-
den, schränken bekleiden, sondern auch seine gedanken mit
Worten bekleiden, in icorle kleiden; gott hat deinen gedanken
gehört, bevor du ihn mit Worten bekleidetest. Klinger 7, 90 ;
jedoch lasse ich gerne geschehen, dasz der schlusz der göt-
ter mit meinem versehen bekleidet und der zufall zu meinem
verbrechen gemacht werde. Lohenst. Arm. 1, 49 ; es kann nicht
leicht etwas thörichteres geben, als das bestreben von rechts-
gelehrlen und ärzten, ihre scienz mit einem philosophischen
ansehen zu bekleiden, während sie über die ersten grund-
sätze der philosophie in Unwissenheit sind. Scbellixg melh.
des akad. st. 42.
Einen posten, rang, ein amt, eine stelle bekleiden vill sa-
gen sie mit seiner person, mit sich ausfüllen, damit bekleidet,
investiert sein, man darf nicht schreiben begleiten.
Sich bekleiden, vestire se, vestiri:
wie ich essen soll und trinken, wie ich mich bekleiden soll.
Log AH 2, 1,35;
deutsch zu reden, deutsch zu schreiben sind die Deutschen jetzt
beflissen,
wie sie sich recht deutsch bekleiden, können sie zur zeit nicht
wissen. 3, 1, 20;
seine wange bekleidet sich mit Qaum, lanugine tegitur; ein
theil der wangen fanget an sich zu bekleiden bis an das ohr
hinunter {avyxariovoa rj youi; r^ iovXqf jta^a xb ovi).
Winkelmann 4, 192.
BEKLEIDUNG, f. vestitus: eine leichte, schwere beklei-
dung; für bekicidung der bände und füsze war gesorgt; die
bekleidung der landrücken durch wald und andere gewächse.
Kant 9, 110 ; die bekleidung der wände und thüren.
BEKLEINODEN, gemmis ornare: ob ich jeder Wissenschaft
ihren glänz gleich lasse, so ist es doch die poelerei alleine,
womit der andren ihre Stirnen gleichsam bekleinodet werden.
LOCAU 3, 2.
BEKLEISTERN, glutine nbducere: so ist der boden auch
mit Speichel di-nnaszen bekleistert, dasz es scheinet, als weite
man ein neu ästrich dahin machen. Simpl. 3, 100; allein an
einem thore wurde diese glorie ziemlich beglcistert (so), ge-
spenst 259; seine phantasie bekleistert ihm nicht die äugen.
Fr. Müller 3, US ; er weisz seine fehler zu bekleistern.
BEKLEMM, angustus, klemm, schwer zuhaben: gesind and
tagli'ihner sind beklemm. Henisch 271.
BEKLEMMEN, angere, premere, nnl. beklemmen, verhält
sich zu beklimnien, wie schwemmen <u ecbwimmen:
1423
BEKLEMMEN — BEKLIMMEN
BEKLINGEN — BEKNÜPFEN
1424
viel hundert tausent kleine Schwein,
so unlerin ihor beklemmet sein, froschmeiis. 1. 2, 13;
ach was beklammt vor grauen
die abgekränkte brusi. Grtphius 1, 146;
besser beklemmt von baucL als beklemmt von herzen, pers.
baumg. 6, 9 ; ein ängstliches und beklemmtes seufzen. Win-
kelmann 1,32; von unaussprechlichen empfindungen beklemmt.
Wieland l, 304 ; ihr herz schien beklemmt, sie gab keine acht
auf meine fragen. 35, 78 ;
0 war es dies, was ihr das herz beklemmte.' Schiller 376^;
eins nur isis,
Melvil, was der beklemmten seele noch
verwehrt, sich frei und freudig zu erheben. 442*;
mein herz beklemmt und kalt. Göthe 7, 167;
mich soll die kleine frist
von allem heilen was mich jetzt beklemmt. 9, 227;
da war beklemmt mein herz. 40,250;
euch immer bänger
um die beklemmten herzen wird. Götter 1,177;
ein beklemmter abschied. Klincer 2, 391; das das meine
8eele so gefangen hat, meine spräche so beklemmt. Klingers
th. 4, 143; wenn mich das flüstern und duften der seulen-
reihe von Obstbäumen nicht beklemmen sollte. J. Paul biogr.
bei. 1, 21 ; mein geheimnis fieng an mich zu beklemmen. Bet-
tine tageb. 133 ;
der herzogf hörts, zwar mit beklemmtem herzen.
Platen 318.
s. beklimmen, klemmen, kUmmen.
BEKLEMMTHEIT, f. angustia: beklemmtheit des athems.
BEKLEMMUNG, f. dasselbe: ein buch, aus welchem er
eine novelle nicht ohne beklemmung vorlas. Göthe 18, 308 ;
und die königin sprach, mich jammert seine beklemmung.
40, 71.
BEKLENEN, illinere, besudeln, ahd. pichlenan, praet. pi-
chlan. Graff 4, 558. 559.
mit treck beklent. fastn. sp. 1204;
und beklent sie gar allzumal. H. Sachs II. 4, 80'.
vgl. klänen, schmieren bei Schmeller 2, 357.
BEKLEFPEN, decipere. Henisch 271.
BEKLETTELN: beklettelt das ist auf teutsch beschissen.
Katziporus 9, 2.
BEKLETTERN, conscendere, nnl. beklauteren: die ziegen
beklettern die standen und hecken. Schirmers singende rosen,
lied 67; weil daselbst die felsen weit steiler und an vielen
stellen gar nicht zu beklettern waren. Felsenb. 1, 205 ; dasz
wir den berg an der nordwestecke bekleltern wollen. 3, 303 ;
da nun ferner seit so viel jähren berg um berg bestiegen,
fels um fels beklettert und beklopft wurde.' Göthe 32, 7.
BEKLEXEN, was beklecksen : sie haben auch, wie ich höre,
dem deutschen museum mehr aufnähme verschaft, als alles
womit herr Voss diese schrift seit jeher beklext hat. Lichten-
berg 4, 307; dasz sie {die weit- und hofmdnner) mit allen
eisen- und roslöecken ihrer praxis nachher ihre maske der
irreligiösen theorie beklexen konnten. J. Paul ;u6e/s. 125.
BEKLICKEN, maculare: und stellen ire Sachen nur auf
viel bücher schreiben und papir beklicken. Luther 3, 338';
du beklickesl das papir mit unnötigen worten. 5, 308'; über
das so ist die liebe Christenheit mit so viel grewÜchen er-
gernissen beklickt und geschmeiszl. 6, 336'.
BEKLICKEKN, frequentaliv des vorigen: du hast dich unter-
wegs beklickert.
BEKLIMMEN, conscendere, bekleltern, nnl. beklimmen, den
berg beklimincn, der fels ist beklommen, erstiegen, es scheint
aber, da der steigende seinen athem einbüszt und beengt fühlt,
die inlransitivbedeutung aiigi, premi sich gebildet zu haben,
von welcher uns jedoch nur das pari, beklommen und das
transilivuni beklemmen üblich ist:
mein herz ist dermaszen beklummcn.
il. J. VON Br. Susauna 3, 4 ;
mit aufgerecktem hals schnauft der beklomrane stier.
Hagedorn 2, 122;
da ich eilte zn meiner muttcr zu gchn, da wurde ich so bang,
so beklommen über das was mir Seih von dir gesagt hatte,
dasz es mir auf einmal dunkel vor meinen äugen ward. Klopst.
8,20; mit beklommenem tone fragen. Klinger 7,55;
war dieses arme herz nicht hofnungslos beklommen.
Göthe 7,71;
beklommne» herz, das allzuviel verloren. 3,30;
und eine frische gäbe, die auf langer fahrt
beklommnen reisenden erfritchung nthmet. 9,381;
er fühlte sich in seiner läge äuszerst gedrückt und beklom-
men. 20, 9 ; nur trost für mein beklommnes herz. Stolberg 1, 64 ;
und mehr und mehr ward mir das herz beklommen.
Screlling in Schlegels musenalm. s. 121 ;
anklänge tiefer gemütlichkeit, die aus dem schmerzlich be-
klommenen busen aufsteigen. Humboldt kosm. 2, 19.
BEKLINGEN, campanae sono celebrare, beläuten:
(dein leib) bleibt nnbeleut und unbeklungen,
ohn alle seelrecht unbesungen. Waldis4, 46;
alle diese von dir angeführte und besungene und beklungene
herrlichkeiten. Riemers reime dich. s. 49.
BEKLINKEN, coaptare, bei zimmerleuten und tischlern, holz
in einander fügen.
BEKLOMMENHEIT, f. angor animi:
wie aus langer dumpfer nacht,
mit beklommenheit durchwacht,
fühlt er froh sich auferstanden. Bürger 130".
BEKLOPFEN, pulsare: der bergmann beklopft das gestein ;
in der münze werden die schröllinge beklopft; decken be-
klopfen.
BEKLOTZEN, mit einem klotz beschweren.
BEKLÜGELN, argutius examinare, spitzfindig und anmaszend
untersuchen :
dasz ich was bei gott geschehen
nicht zu viel beklügeln soll. Grtphius;
dasz ich was du gut gefunden
zu beklügeln micii erwunden. Canitz33:
ihn tadein oder ihn beklügeln. Platen 93.
BEKLUNKERN, oram veslis maculare, von klunker, globu-
lus, sordes de lana pendens: das kleid beklunkern, sich be-
klunkern. nnl. beklonteren.
BEKNAPPEN, defringere dentibus, derodere: und bekommen
dazwischen ein andacht, ein meszlein zu beknappen, oder ein
salve zu hören, bienenk. 146'. s. abknappen.
BEKNAPPERN, iterativ des vorigen, nnl. beknabbelen : das
eichhörnchen beknappert tisch und stüle; ich muste ihm
meine Übersetzung vorlesen, er las das griechische nach, hielt
bei jedem commate inne, beknabberte bald dieses, bald je-
nes und befahl mir bald dies bald das wegzustreichen. Rki-
srens lebensbeschr. 38. vgl. abknappern.
BEKNAUPELN, derodere, benagen: die knochen beknau-
peln, s. abknaupeln.
BEKNAUSERN, fast dasselbe, da knauser wiederum ein
nager.
BEKNECHTEN, in servilutem redigere: den menschlichen
geist beknechten. man sagt lieber blosz knechten, sich be-
knehten hiesz mhd. sich mit knechten versehen. MS. 2, 138'.
BEKNECHTUNG, f. was knechtung: der kämpf für geistes-
freiheit gegen beknechtung.
BEKNEIPEN, veUicare, carpere, nnl. beknijpen, benijpen:
er solle ein andermal die scharwenzel bekneipen, dasz er wüste
wo sie lügen. Weise erzn. 59.
BEKNIEEN, genibus contingere: steine durch langes be-
knieen ausgehölt;
ist dem teppich vorzuziehen,
dessen goldgewirkte blumen
Mahmuds günstlinge bcknieen. Göthe 5, 24.
BEKNIXEN, fiexis poplitibus salutare: die damen waren des
steifen ceremoniels überhoben, sich gegen unbekannte zu be-
knixen. Musaeus 2, 94.
BEKNODELN, sordibus inquinare, besudeln: ein jeder bat
sein Grclel lieb, ob sie schon beknodelt ist (quivis amat ami-
cam, licet sordidam). Lehmann 502. s. beknudeln.
BEKNÖFFEN, nodare, neclere, scheint eins ntit beknüpfen:
so mit mancherlei färben von nesteln, hcndeln, zweifelslricken,
schlüpfen sind sie (die verliebten) an haut und haaren, an
hosen und wambs . . . beiienket, beschlenket, beknölTet und
beladen. Phii.ander 1, 27.
BEKNOSPEN, gemmis instruere: reich beknospet. Brocus
2, 37.
BEKNUDELN, was beknodeln, besudeln: er dorft kein
schonbart, wann er sich unter den augon mit rotz bcschmi-
ret, lierusziget, besudlet und beknudclel. Garg. 128*. den buch"
Stäben nach entspräche das ahd. pichnuodilan innotescere
(Graff 4, 572), doch die bedeutungen scheinen unvereinbar.
t. boknuseln.
BEKNÜPFEN, inneclere, subnectere, ahd. pichnupfan (Giurr
4, B83) :
dieser bolt, der als mit einem bände
sein regiment beknüpn. Opitz i, 10 ;
1425
BERNUPPER^I — BEKOMMEN
BEKOMMEN
1426
bald hieng sie ihm ihre halskette um, bald beknüpfte sie ihn
mit bändem. Weise kl. leule IS. s. bekniiffen.
BEKM'PPERN, arrodere: kinder beknuppern das zucker-
werk, den kuchen. 5. abknuppern.
BEKNURREN, mussitare, tgl. anknurren:
will es der bund wie sie beknurrea? Göths 12,65.
BERNUSELN, maculare, vas beknudeln :
schau zu was grober, feisier truseln,
die sich mit sawermilch beknuselD. Scbeids i^robtanu« a2.
bemerkenswerih auch hier die analogie zwischen ahd. chnuot
und chnuosli (GRArr 4, 5^2). s. bekoseln.
BEKNLTTELN, fuslem appendere, den hund beknüfteln.
BEKOBERN, recuperare, erkobem : und euch wird solcher
Verlust zusteen, das irs niemer bekohern werdt. Aimon zl;
Regulus hett sich seines Schadens an den gütcrn wol mögen
bekohern und zwifach erholen. Kirchhof wendunm. 25'.
BEKOHLEN, in steinkohlwerken, einen platz, eine bank be-
kohlen.
BEKOLBEN, data instruere, mit einem kolben ausrüsten:
trommel, o trommele du den bekolbeten hünen tum leicbnam!
Voss -2, IM.
BEKOMMEN, goth. biqiman, ags. becuman, ahd. piqueman,
mhd. bekomen, nnl. bekomen, engl, become. tcie das ein-
fache kommen in allen deutschen zungen nur intransitiv ist,
transitiver sinn erst durch zutritt einer parlikel erwachsen kann,
sind auch von bekommen zuerst die intransitivbedeutunyen vor-
zutragen.
1) bekommen, wachsen, gedeihen, hervorkommen, fortkom-
men, provenire (ahd. beispiele gewährt Gbatf 4, 66S) : der im-
ber bekumpt auch fast schon alda. Frank wellb. 201*: disz
Volk pflanzet und handlet nicht, geneuszt was im selbs be-
kumpt {von selbst, wild wächst). 222'; wir säeten mancherlei
samen als rüttich, lattich, salat. kürbs, die bekamen all in
XVI tagen und wurden in xxsvi tagen abgenumen. 222'; weil
er (golt) ein theurung kan machen, so es alles bekompt und
all berg mel werden, chron. 250'; deshalb an der hut anzu-
faben ist, wann die bekumet an dem ersten und von uszen
als ein rind des baums. Gersdorf 1 ;
dank Tür wolthat ist ein same,
der nicht überall bekäme. Logad 3, 2, 26.
später erlöschend und durch fortkommen, herauskommen ersetzt.
2) aus sinnlichem wachsen verständigt sich die abstraction
des engl, become, das geradezu werden ausdrückt, wie sich
werden und wachsen [engl, wax und grow) oß berühren, doch
sind auch evenire und franz. devenir zu vergleichen. Uns aber
ist bekommen mit dal. der person ein gedeihen, anschlagen,
welche beiden Wörter wieder auf den wachsthum zurückgehn.
die luft hier bekommt mir nidit, schlägt mir nicht an;
ich bin TOD.seucben frei,
dir ist die römsche luft in warheil nicht bekommeo.
Grtphids 2, Zil ;
die speise, das fulter, die arznei bekommt nicht: solche ver-
mabnung bekam mir wie dem hund das gras. Simpl. l, 472;
die macaronen werden deiner Jungfer bekommen, wie dem
hunde das gras, sie soll gewis änderst pfeifen, wann sie eine
darvon einbekommen, ped. schulf. 67; wer weisz vrie ihm das
mitlügsmahl bekommen wird. Weise erzn. 14 ;
wie wird die zeche dir leider
nach der mahlzeit bekommen? Göths 1, 338.
wol bekomms! prosit (prost)! benecedat! ist die formet beim
zubringen von speise und trank:
den becher nimm ich jetz zu mir,
du siehst er ist schon voll,
den will i;ewis ich bringen dir,
soll dir bekommen wol. Garg. 93* ;
nach der mahlzeit bringt er ein schinckchen, es mag euch
bekommen! Gotiie40, ^;
(wil ju up de maliit schenken. Reinke 662.
haddi gheien, so souddi drinken. ndnaert 706);
nehmet nicht gierig zu viel, es möcht euch übel bekomiben.
40, 25.
wol oder übel bekommen gehl aber audi auf andere dinge:
es soll ihm übel bekommen, es soll euch übel bekommen!
fort mit ihnen! Göthe 14,299; ich habe von dir einen Iraum
gehabt, gntl lasse dirs wol bekommen! pers. rosenth. 4, 12;
die luchse sind eines sehr schnellen laufs, so ihnen zum ein-
holen ihrer beule wol bekommt. Hohberc 2, 65o*; jetzund be-
kumpt mir nichts bessers, als gut wein, gut bctt, den rucken
am ofen, den bauch beim tisch, den schemel under den
füszen und ein tiefe scbOssel. Garg. 154'; weichen das stu-
dieren nicht allein zu spott, sondern zum elend bekommen.
Scacppiüs 707.
3) nahe liegt die bedeulung von convenire, geziemen, beha-
gen, zukommen, zustehn, anslehn: das bekompt nu sonderlich
der heiligen mutter der kirchen, die ist ein rechte hausmut-
ter und die braut Christi. Luther 1,467'; dis spital bekom-
met allein den rechten armen, als widwen, waisen, gesten
und andern verlassen leuten. 5, 152'. s. bekömmlich.
4) bekommen, obviam venire, ire, oecurrere, begegnen,
ze Sempach vor dem walde.
do inen der lc\v bekam. Uulako 405;
bekumpt mir ein meitlin mit minen geiszen. Tho. Plater U;
wie weri den das war, das Christus s. Peter vvere vor Rom
bekumen. 40; einer bekam uns ouch, dem hangeten kuttlen
usz. 78 ; und wenn es sich begab, das sie einander bekamen,
so gieng ie einer ein andere straszen. seh. u. ernst cap. 191;
da bekam im der herzog. Eulensp. cap. 25 ; wem er bekam.
Bocc. 2, 115*; im ein edelmann bekam. 2, 209*; (ich hoffei,
so werd mir der Pfefferkorn uf ainem rechten platz und zu
rechter zeit bekommen, das ich mit im an offen schranken
peinlich fürfaren werde. Recchlix aujenip. 4';
wie ein beer wil ich dir bekommen,
dem seine junge sind genommen. U. Sachs IV. 1, 56*;
fraw heut frü mir am mark bekam,
Alexander vor dem wüiikram,
ein selign lag entbeul euch der. V, 225*;
bekommet im von ungeßr
biscboT von Trier stark daher. Fischarts Eulensp. 177*;
da im (dem Hercules) auf dem wegscheid frau tugend und
frau wollust bekamen. Garg. 172'; und eben an dem er also
weg uf die hellen zuzog, so bekäme im der egvptisch nun-
cius. ÄYRER proc. 2, 1 ; wir waren nicht viel für sich gangen,
da bekamen uns etliche bettler. Schcppics 694; in diesem
zustande bekam uns ein jeger. Jucundi.^s. 154 ; drei meil wegs
über diesem schlösse bekäme uns ein alter bettler. 187. tn
allen diesen stellen steht bekommen ron personen, es kann
aber auch auf andre Vorstellungen bezogen sein, die man sich
personificiert dachte, z. b. auf den lag. mhd.
6 uns bekume der mitte tac. kröne lSi9i;
nhd. davon unsfreud bekomen möge. Bocc. 1,8'; also grosz
schäm und erschrecken mir davon bekommen sind, l, 16*;
nicht das leiden, das du erdenkest, sondern das dir wider
dein erwelen, denken, begirden bekommet. Lcther 1, 24*. auch
diese bedeulung von bekommen ist im 18 jh. ausgestorben,
man sagte ehmals etwas auf einen bekommen (= ankommen)
lassen : das es also sei, so getarr ichs bekummen uf einen
frummen biderman. Keisersb. posl. 2, 83.
5) das seltne bekommen mit dem gen. der sache und der
bedeulung zu einer sache kommen nähert sich der folgenden
transitiven, in der deutschen theologie {ed. Pfeiffer) s. 106
steht es mit sich verbunden: da bekäme sich got alles des
sinen. sonst aber ohne sich: denn dis gebot foddert eine
geistarme seele, die da ires für gott opfert, das er ir gott sei
und in ir seins werks und namc (/. namen) bekome. Lcthei
1, 322; darmit ein jeder tagloner seines taglons bekomme.
Frank wellb. 45'; weil er {golH aber keins rechtens bei uns
bekomen mag und er -uns folgen musz, so würdt er in uns
und will in uns, das wir sind und wollen, parad. 20'; got
wart mit groszer langmütigkeit auf des menschen willen, ob
er seines werks in im bekommen möcht. 166';
0 Winter, du tfist dich vil berfiemen,
du wirst dcins kriegs noch wol bekomen. Uhla!«d 26,
du wirst kriegs satt haben.
6) Iransilires bekommen, mit acc. der sache, etwas erlan-
gen, erreichen, etwas kriegen, vergleicht sich unserm überkom-
men, dem tat. supervenire {ascendere, superare), dem golh.
anaqiman {an, auf einen kommen) und usqiman (interficere,
meist mit dem dat., doch auch dem aec). man darf es also
deuten bei etwas, zu etwas kommen, einem beikommen, ri«
das zweite, dritte und vierte bekommen {prodesse, convenire,
oecurrere) ebenfalls persönlichen dal. neben sich hatten; das
verhum drehte sich hier ganz dem acc. zu. entsprang aber
l)ekommen aus bei einen, bei etwas kommen, so zeugt es
laut für die nothwendigkeit, den aec neben bei zuzulassen
(sp. 1343).
Zumal auffallend ist nun der völlige abgang dieses transiti-
ven bekommen im mhd., und während es uns heute vorherseht,
die intransitiven bedeutungen, mit ausnähme der zweiten, er-
loschen sind, gellen mhd. nur diese und auch keine spur zeigt
90
1427
BEKOMMEN
BEKOMMENLIGH— BEKÖTHEN 1428
sich der transilion. ahd. aber eine sehr merkwürdige bei
Notker: bechumet tih daj ieht? sentisne haec? bechumet tih
eigeslichi des charchares? movel te fades carceris? (Graff
4,668) = ergreiß dich das nicht? ergreiß dich der schauder
des kerkers? es bleibt der forschung noch außehalten, dies
transitive bekommen ahd. und mhd. näher zu ermitteln und
die scheinbare Muß zwischen mhd. und nhd. Sprachgebrauch
auszufüllen.
o) bekommen das was wächst {analog dem bekommen unter
1): die frau bekommt alle jabre ein kind; der mann hat einen
söhn bekommen; welcher Johannem den elften im ehepruch
bekommen, bienenk. 210'; die kuli bekam ein kälbchen; der
bäum bekommt viel äpfel, der Strauch eine schöne rose ; das
kind bekommt einen zahn; der jüngling einen hart; der vogel
bekommt federn, das kalb hörner, der Schmetterling seine
flügel. so nun auch, ich bekam groszen hunger, ich bekomme
lust, Unlust, Widerwillen ; es begab sich, das noch ein ander
alt weih zu Venedig lust bekam zu disem krieg, bienenk. 21' ;
angst, furcht bekommen; frischen mut, neue kraft bekom-
men; er bekam seinen verstand erst spät; wol dem men-
schen, der verstand bekompt. spr. Sal. 3, 13 (der zu verstände
kommt); das mädchen bekommt eine schöne stimme.
b) eine krankheit, ein übel bekommen : sie bekam zahn-
weh, kopfweh, den husten, schnupfen, das fieber, die gicht;
mit dem anfange des achten jahres bekam ich einen blut-
sturz. GöTHE 19, 265; er bekam schlimme äugen; bekam
schon früh graues haar; dasz sie von der bank fallen und
eine rote nas bekommen, bienenk. 88'; von dem hieb be-
kommt er krumme finger; seine gesundheit wiederbekommen.
c) schlage, prügel, ohrfeige, die ruthe, sein theil bekom-
men ; einen verweis, eine rüge, nase, harte strafe ; er bekommt
schon einmal seinen lohn dafür ; man sagt, er bekomme geld
dafür; zank, streit, krieg mit einem bekommen; erlasz, nach-
lasz bekommen ; vollkommenen ablasz bekommen, bienenk. 43' ;
und kanst nit mee söliche freuntschaft mit im bekomen. Kei-
SERSB. Sünden des munds 37'; sind frölich das sie das grab
bekomen {ins grab k.) Hiob 3,22; grosze mühe bekommen;
ruhe bekommen {gewinnen), auch blosz es : er hats gehörig
bekommen, bekommts schon noch.
d) speise, wein, trank, es heiszl aber lieber zu essen, zu
trinken bekommen, wie da kann man etwas zu sehen, zu
hören bekommen, räum, luft bekommen, endlich habe ich
einmal luft bekommen ; der afifect, der im tiefsten gründe des
herzens ruhte, war auf einmal losgebrochen, wie eine flamme,
welche luft bekömmt. Gothe 19, 282 ;
was einmal luTt bekompt, das gibt auf keinen rat,
und kehrt nicht wieder umb. Opitz 1, 54;
der schuh, der strumpf hat ein loch bekommen; die mauer
bekommt einen risz. die frau bekommt morgen eine neue
magd. ich bekomme noch zehn thaler; er kann nichts von
ihm bekommen.
e) wir werden heute schönes weiter, regen, schnee, ein
gewitter bekommen = es wird geben; bei diesem wirt ist
guter wein zu bekommen = gibt es guten wein ; bei dir be-
komme ich rechten trost; wer from ist, der bekompt trost
vom herrn. spr. Sal. 12, 2. einen brief bekommen, ich be-
kam keine antwort er bekommt einen titel, einen namen,
groszen namen ; das kind bekam zu namen Johann.
f) einen bekommen, fangen, erwischen, emen gefangen be-
kommen; zu greifen, zu packen bekommen, in die bände,
in die gewalt bekommen ; würde einer auf einem Scharmützel
oder sonst von feinden bekommen. Kirchhof mil. disc. 180 ;
wenn ein missethäter entlaufen ist, darnach wieder bekom-
men wird. Reütter 68 ; ein wolf gehet einsmals auf den raub
aus und bekompt ein jung färken. Lokman 23; wann ich
diese kerle auf meinem mist bekäme (erwischte). Simpl. 1, 15,
vgl. bekommen 4, begegnen; zuletzt haben ine {den Schlüssel
der auslegung) die lutherische in die händ bekommen, bie-
nenk. 69' ; liesz mir einen ziegclofen machen und bekam {über-
kam) einen kerl, der mir brennetc. Schuppius 119; ich wil
ein paar gute freunde bekommen, die sollen ihn zwischen
die sporn nehmen. 196;
hört junf^frau, was gebt ihr mir lu lohn,
dasz ich euch bekam disen mann? Ayrkr 160'.
g) bekommen mit adjecliven als pracdicat : einen lieb, satt,
los, frei bekommen: er bekam (gewann) das mädchen lieb;
der vater beginnet ihn je länger je lieber zu bekommen.
pers. rosenth. 1, 4; ich hatte das reisen salt bekommen; er
kann nicht satt bekommen; einem brar aufs ieder saufen,
damit er satt bekäme, trr^. der liebe 350, was wieder an be-
kommen = werden mahnt ; ich kann den nagel nicht los be-
kommen, das holz nicht klein, mit partic. ausgezahlt, er-
setzt, vergütet bekommen.
h) bekommen mit partikeln: etwas weg bekommen {eines
inne werden), heraus, wieder, zurück bekommen ; ich kann
die Stiefel nicht an oder ab, den hut nicht auf bekommen;
um den grad der salzigkeit des meerwassers heraus zu be-
kommen. Kant 9, 13.
In allen fällen von a — h darf dies bekommen auch durch
kriegen vertreten werden, was nur gemeiner klingt, in den
fällen c, d durch das vornehmere erhalten, empfangen, in den
fällen a, c, d und g einigemal durch gewinnen, wenn etwas
gutes gemeint wird.
BEKOMMENLIGH , commodus, aptus, nach der dritten be-
deutung von bekommen, dem heutigen bequem entsprechend,
was man sehe: dahin entbot uns priester Johan alle bekum-
menliche hülf, streitbare kriegsleut ... zu leihen. Frank wellb.
236'. ahd. piquemanlih.
BEKÖMMLICH, BEKÖMMLICH, dasseZK bequemlich: gleich-
wie die päpst vorzeiten die zween markstein auf inen be-
kömliche weis geruckt haben, bienenk. ue^ ; solches bekömm-
licher auszuführen. Garg. 172' ; allerlei nötige bekömmliche
waren. 245'; es ist kein bekömlicher weg die weit zu tribu-
lieren, als oft gerührte himmelslärmen. groszm. 11 ; safran,
weid, röte, hanf, wo anders solche stück nicht bekömmlicher
in freiem feld gebawet werden. Sebiz 2. von der nhd. transitiv-
bedeutung des bekommens scheint kein adj. bekömmlich im
sinne von erhallbar, erlangbar gebräuchlich, doch gerade gibt
Maaler 56* 'bekömmlich parabilis, das man wol haben und
überkommen mag.'
BEKÖMMLICHKEIT, f. aptitudo, commoditas: seins rauch-
loches, lichtes und luftes bekömlichkeit. Garg. 64' ; vom willig-
mutigen stiflhaus, seiner bekömlichkeit. 280'. s. bequemlichkeit.
BEKÖMMERN, was bekümmern, nnl. bekommeren: aber
wer mit den Sachen sich bekömert und denket nach einem
andern leben, der wird sie {Paulus worte) wol fassen und
verstehen. Luther 6, 268'; darumb wollet euch hierin nicht
bekomren. br. 5, 10.
BEKOPFSCHÜTTELN , Caput quassando inspicere. s. oben
beachselzucken.
BEKORALLEN, coralliis exornare : das kind becorallen, be-
muschelen. Garg. 67'.
BEKORBEN, repudiare : ein bekorbter freier. Hippels br. 14,
130 ; klag eines bekörbten freiers. zeitvertreiber 1698 s. 559.
BEKOREN, tentarc, ahd. pichorön (Graff 4, 522), mhd. be-
kom, nnl. bekoren: o vater, das ist gewis ein anfechtung
über mich verbeugt, hilf, das sie mich nicht verfüre und be-
köre. Luther 1, 86'. heule auszer .gebrauch, so gut es neben
versuchen bestehen könnte.
REKORKEN, obturare lagenam, zustopfen.
BEKÖRPERT, corpulentus, beleibt: selten bleibt man ohne
hauptflüsse, wenn man bekörpert ist. Hippel 8, 179.
BEKORUNG, f tentatio, mhd. bekorunge: wenn das wört-
lin Versuchung oder bekörung nicht so gemein were, stund
es viel basz und were klerlicher zu sagen also 'und nicht
füre uns in anfechtungen.' Luther 1, 86' ; die Versuchung aber,
oder, wie es unsere Sachsen von altersher nennen, bekorunge
ist dreieriei. 4, 420'; bedeut tentatio ein bekörung, ein Ver-
suchung. Thurneisser magna alch. 2, 41 ; herr vogt, ihr sollet
das gericht behegen, allen uberbracht, Scheltwort, bekörung
des gerichts und alles was das schwachen mag verbieten,
weisth. 1, 619.
BEKOSELN, maculare. Heiiisch27L s. beknuseln.
BEKOSTEN, alere, nutrire: sollen euch köng, fdrsten und
herrn bckostcn. H. Sachs I, 349* ;
da sie so wol beköstet
die Teutschcn, meine zucht,
und sich so fett gemästet, friedent wehklage.
BEKÖSTIGEN, dasselbe und üblicher, nnl. beköstigen: er
wird vom Staate beköstiget; läszt sich beköstigen. Felsenb.
2, 482; aber weil du dich auszerhalb beköstigest, so gehört
uns Wiedererstattung zu thun. Acricolac«;). 78.
BEKÖSTIGUNG, f alinwnia : die Schwärmerei, die sich im
schatten einer unbeschäftigten einsamkeit mit sinnlichgeisti-
gen fantomen und gefühlen nährt, läszt sich freilich an einer
80 frugalen beköstigung nicht genügen. Wibland 3, 411.
BEKÖTHEN, luto oblinere, kothig machen: dasi nach dem-
1429
BEKOTHIGEN — BEKRÄKKEN
BEKRÄNKÜNG — BEKBIEGEN
143«
selbigen dooner nasa ist worden und die weg beköttet. Pa.-
BACELSES 1, 597*.
BEKOTHIGEN, macxlare: ein verrücktes gemät ist mit
allein sündenwost bekothiget Abb. to.i s. Cl. 2, 3.
BEKOTZEN, conromere, betpeien: die sich bekoUen, am
morgen wollen inen die äugen nit ui, sie seind inen zage-
bachen. Keisebsb. geisll. lewe 54*.
6EKRAB6ELN, digilii fricare, permuleere:
leugts, scbwe^tern, saofl bekrabbelt
um büft und brusL,
wie bold ibr zuckt und rabbelt
vor seelenlust. Voss 4, 122.
BEKRÄFTIGEN, ßmiare, confirviare, nnl. bekrachtigen : bekref-
tiget er alle seine gelübd und verbundnis. 4 Mos. 30, 15 ; so be-
kreftige nu herr gott das wort in ewigkeit. 2 Sam. 7, 25 ; auf das
er sein wort bekreftiget. l kön. 12. 15 ; und bekräftiget im das
königreich. 2 kün. 15, 19 ; und Salomo ward in seinem reich
bekreftiget. 2 chron. l, l ; bestetiget und bekreftiget 12, 1 ; die be-
bende knie hastu bekreftiget Hiob 4,4; bekreftiget das wort
durch mitfolgende zeichen. Marc. 16, 20 ; und über eine weile be-
kreftigets eine andere. Luc. 22, 59 ; dieses breilein stärket und be-
kräftiget {kräftigt) die kranken. Tabeb:<aeiio.nt. s. 430 ; das der
iL vatter der bapst macht hat, seins gefallens newe religionen
und regeln der Vollkommenheit zu stellen und zu bekräftigen.
bienenk. 2s"; die arianisch ketzerei durch ihre decreten be-
kreftiget haben. 41'; für warhaft bekreftigen. Garg. "&'; weil
auch alsdan das alt ermüedet geblüet erfrischt, gemert und
bekreftiget wird. Thcb^eisseb f rob. >/ er Aam. 45; dises wird die
Tasa chorii Sterken and bekreftigen. infl. wirk. 60 ; hätte er {gott)
euch durch beständige glückseligkeit in diesem hochmütigen
wesen bekräftiget. Weise kl. leute 162 ; die Jungfer bekräftigte
sich nochmals (m der kircht), beschlosz mit einem stoszge-
betchen und stund auf nacher hause zu gehn. maulaffe 173;
anno 805 Heszen sich einige Hunnen durch Caroiam neue
sitze anweisen, auch ihre chane oder fürsten von ihm bekräf-
tigen. Hahx 1, 4S ; allein diese anmerkung bekräftigte ihn nur
in seinen gedanken. WiEUkXD 1,106; eine deutsche akademie
mit ihrem ansehen und ihrer Unterstützung zu bekräftigen.
Heboeb IS, 211 ; meine botanischen grillen bekräftigen sich an
allem diesen. Göthe 27, 283 ;
dein treues beer, bis jetzt ira inoeren beschäni^,
weons an der grenze dich und deinen thron bekräftigt.
41,2SÖ;
es scheint sich unser beruf zu abenteuern mehr zu bekräf-
tigen, an fr. ton Stein 1, 75 ; mit einem eide bekräftigen.
BEKRÄFTIGUNG, f. firmatio: umb mehrer bekrefligung der-
selben ifreundschafl). Kibcuhof «esduiun. SS*;
ihr hast du
bekräftigung, so wähn ich, zugewinkt. Bcbger 14S'.
BEKRAGEN, limbo eoUari insiruere: ein purpurbekragter
mantel. Siegfr. von Lindenk.
BEKRÄHEN, cantando nuntiare: der kahB fieng an stolz
seinen sieg zu bekräheo. Lokmau fab. Zi.
BEKR.\LLEN, ungulis laedere: ein land, das kein unthier
bekrallet Piicolais leben von Göukgi 5. 164.
BEKRAMPEN, retinaculis ßrtnare: wenn ihr ein schif bauet,
so baut ihr der eiche die äste ab, sägt und zimmert und
hobelt an ihr, biegt die bohlen mit kraft, bekrampt und be-
nagelt sie von allen selten. LicBTENsEBe 6, 100. im vasser-
hau heisit bekrampen lockeres ufer durch Strauchwerk festigen^
BEKRÄNKEN, infirmare, debilitare, tiolare, krdnkni, schwä-
chen, ärgern, mhd. bekrenken : also das wir den maier, der uf
demselben hove sitzet und in buwet niemer geirren noch be-
krenken sun an kainen rehten, die in den selben hof von alter
horent. monum. zoiL n* 259 a, 1313; das ir gesiebt von dem
glast der sunnen eit bekrenkt werde. Keisebsb. anheb. mensch C ;
wanimb sind ir nun söllicbs denken
und twer berz damit bekrenkeo. trag. Mi. D4:
nan fürt in aus, naa wolt in henkn,
aas was sein muuer sehr bekrenken.
trag, ton Heli. Nümb. 1549. E4;
der lieb thel er sich hart bekrenken. H. Sachs 1, 16S*;
darmii du nur dein leib bekrenkesi,
der uberOusz ist allmal srhad. U. 2, &0*;
desselben ich mich hart bekrenk. III. 1,87*;
aod die jungfraw so hart bekrenket III. 2, 80*;
schaut, wie thut sie euch jetzt bekrenken. III. 3, 6';
was leszt du dich den f(eix bekrenken. III. 3, 10;
mich ibut laein unfal sieu bekrenken. IV. 3, tS';
kein sorg bekrenkt ir herz noch nie. Grobianut H3;
ir schöne mein junges herz bekrenkt. Amkr. Ut. s. 62-,
das mich so hoch, alle stund und noch
mit schmerzen tbut bekrenken. s. 72 ;
so sind sie doch als krank als vor und werden noch viel fe-
ster bekränket und verderbet Pabacelsüs cAir. scAr. 170';
ich mich oftmals darumb bekrenk. Atker 323*;
was wöll wir uns lang bekrenken? Atber fastu. sp. 122*;
fot, der ein geringe zeit
ie armen ma^ bekränken. Weckhebli.i 33;
wie lang-, o höchster herr, wie lang
soll sich mein herz bekränken? 46;
lasz sich dein herz nicht mehr bekränken. 352;
diesemnach möchte könig Teutoboch lieber in Italien seine
blutsfreunde aus der dienstbarkeit erlösen, als sie mit un-
gerechtem einfaü bekränken. Lohesst. Arm. l, 902. später
veraltend und durch einfaches kränken vertreten.
BEKRÄNKUNG, f. laesio, violatio, kränkuny: er entsetzte
sich vor Violantens bekränkong, wie vor seinem gröszten Un-
glück pol. cul. 2ä2.
BEKRÄNZEN, sertis redimere, unl. bekransen, luuft Bdch-
.NEBS anweisung zur poeterei. WiUenb. 1665 s. 47 luertt «onOprrz
eingeführt;
bekränzt mit laub den lieben, vollen becher
und trinkt ihn fröhlich leer! Clacdics;
haus vom glücke bekränzt. RcCK£iiT27S;
(geüirne) fuhren das bekränzte jabr. Schiller SO*;
das portal der hole ist oben mit herabhangenden bäumen
und gesträuchen bekränzt Gukikge 3, 134 ; sich innerlidi prei-
sen und bekränzen. J. Pacl Tit. l, 122.
BEKRATZEN, rädere, circumradere, reprehendere : die wand
bekratzen; nachdem als der herr dise ding hat geredt, sie
gestraft und bekratzet hat von irem Unglauben. Keisebsb.
posl. 3, 23.
BEKRAUTEN, secare olera, das feld bekranten, gebildet
wie begrasen 3, depaseere.
BEKRÄUTERN, herbis vestiri:
dann bergkrümmen durcbspäbt und grünbekräuterte tbäler.
Voss Od. 4, 337.
BEKREIDEN, 1) creta ohducere: bekreidete kolen und ver-
zuckerte wurmsamen. Garg. 263'. 2) fucare vultum, schmin-
ken: eschermitwocbisch berämen, verkleiden, beniszen und
bekreiden. Garg. 51*;
die Jungfern,
die mit schminke sich verpurpem und bekreiden,
die wollen ihre bnisi mit männern gerne kleiden.
LoGAi; 1, 5, 32 ;
auf die bekreidete Lucidam. 3, 1, 21.
BEKREISE.N, circumire, umkreisen: fette ochsen haben
mich umbkreiset He.msch 271; die Jäger bekreisen das ge-
hölz.
BEKREISTEN, defiere, deptorare, beweinen :
die weil die füll und uberflusz
der reich gar oft bekreisten musz. H. Sachs I, 387' ;
nur ist sebediich der uberflusz,
den man bemacb bekreisten musz. IV. 3, 95*.
s. kreisten, stöhnen, zumal ton frauen in kindesnoth.
BEKREULEN, ungulis instruere, beklauen, krenl ist das
ahd. chrouwil fuscina, fuscinula, ungula (Gbaff 4, 5S5) : be-
kreuhe und wo! verzänte teufel. Atbeb proc 2, 2. das heu-
lige bekrelen, kratsen kann darauf kingeleitet werden, wo es
nicht bekrallen, bekrellen ist.
BEKREUZEN, crtiee si^utre: das gesicht, die stime, brüst
bekreuzen; sich bekreuz«, «ewi gefahr oder schreckhaftes
naht, sich abergläubis<A mit dem seichen des kreuses schütsen ;
davor musz man sich bekreuzen und segnen, dem ausweichen.
BEKKEIZIGE.N, dasselbe, ein haus bekreuzigen, das kreus
auf ihtn ausstecken, rechtsalt. 132. 133.
BEKRIECUEN, irrepere, cireumrepere, gilt von inseden:
so wird die gelbe fracbt von kefem schon bekrochen.
I.0HK1ST. Hyac. 66:
Steh auf, und lasi uns gehen, denn sie werden dich bekrie-
chen die ameisen. Lessisg 10, 263 ; schmerzen bekrochen nnd
umvrickelten ihn bis ans herz. Kampan. 9; sie sliesz den
zurückkriechenden , mit krehsscheren umhergreifenden arg-
wöhn weit von sich, um sich zu entsündigen und das von
ihm bekrochene herz zu reinigen u. s. w. heinl. Uagelied
27. vgl. nnl. bekruipen.
BEKRIEGEN, tu doppeltem sinn,
90*
1431
BEKRIEGEN — BEKRÜTEN
1) artna movere contra aliquem, debellare, nnl. bekrijgen :
du soll die Moabiter nicht beleidigen noch bekriegen. 5 Mos.
2,9;
ein solch wild fewr hett sie durchgangen,
bekrigt, gewonnen und gefangen, froschm, 1, 1, 8;
an welchem Strand
bekriegt dein früher muth des waldes ungeheuer?
Gotter 2, 14;
irrthümer und misbräuche bekriegen. 3, 66; wie die meisten
schullehrer glaubt er solange die feinste lebensart zu haben,
als er sie docierte und die gröbste bekriegte. J. Padl Tit. 1,
106; seine bescheidenheit bekriegte vergeblich ihre demuth.
3, 13.
2) impetrare, obtinere, bekommen:
so suochend nit den schnöden gwinn,
das ir beliriegend groszen sold. trag. Joh. D 1 ;
das {geld) ist der art, das [dasz es) alls bekriegt,
so schwer, das alles überwiegt. Waldisj). f. K3*j
Thersiies bog sich hin und her
bekriegt ein grosze stramen blutig. Spreng JI. 28* ;
das meerkalb friszt alles so es bekriegen mag. Forer fischb.
102'. dafür wird aber heute kriegen gesagt.
BEKRITTELN, carpere, vellicare: das vortrefliche sollte
durchaus nicht bekrittelt noch besprochen, sondern genossen
und andäciitig im stillen bedacht werden. Göthe an Zelter
533. s. kritteln.
BEKRITTLER, m. iniquus censor.
BEKRITZELN, male scribendo paginam, parietem implere:
doch seit ich euch mit meinen meisterpinseln
bekritzelt habe, seid ir umgeschafTen. Pjlaten 212*.
BEKRÖNEN, coronare, ornare, nnl. bekroonen,
1) coronam, sertum capiti imponere: dieweil es eine zu
vil schlechte, geringfügige sach war, eure bemitrierte, be-
krönte, geweihete und gesalbte bäupter darüber zu zerbre-
chen, bienenk. 7*;
grünet doch, die schlafe zu bekrönen
uns der rebe muntres iaub. Schiller 62*;
lang lebe meine königliche frau,
und glück und rühm bekröne ihre stirn. 419*;
ein Stern — welch liebes haupt bekrönt, beleuchtet er?
Göthe 40, 388.
2) zieren, schmücken, weihen: seine gottesfurcht war wie
das feineste gold, damit seine andre qualitäten herlich be-
krönet worden. Brandts Taubmann 66 ;
zwart ist auch hier geschehen,
dasz dein bekrönter kiel von lauter todten schreibt,
doch hast du ihren sarg so angenehm gezieret,
dasz anmut, freud und lust dem leser übrig bleibt.
Friedr. von Derschau ;
wird mit lauter glück bekrönt. Canitz31;
kein uubiegsamer stolz bekrönt mich in gedanken.
J. E. SCHLEGKL 1,229;
dort schwebt leise bewegt und bekrönt mit flüssigem Schimmer
eine sanftere sonne. Klopstock Mess. 1, 624;
die heilige Jugend mit frommer Unschuld bekrönen. 3,311;
den er mit so viel gnade der himmel bekrönt. 11, 930 ;
wo noch in so mancher weide
dein bekrönter name steht. GökingeI, 49;
80 viel jähre mit ruh und reinen freuden bekrönet. Göz;
mit sieg bekrönt giengs nun zur rückreise. Göthe 10, 189; nach
einem Wäldchen, das ganz nah eine erderhöhung bekrönte.
25, 356 ; ein mit einem thatenreichen immer noch blühenden
alter bekrönter mann. Kant 3, 401.
BEKRÖPFEN, sich, was sich aufkröpfen, einen kröpf fres-
sen, essen: sich ingeheim zu füllen und zu bekröpfen {Plut.
ifinlnhtad'ai,). Fischart ehz. 19 ; welche veriobt haben zu fa-
sten, mögen durch meine dispensierung sich bekröpfen (peu-
vent bien repaistre par mon oltroy et dispense). groszm. 34 ;
Ponocrates zeigt im ctwan an, dasz er nicht sobald vom bett
sich bekröpfen soll, eh er zuvor eine uhung vorgehabt heU
Garg. 160' ; demnach ich mich zimlich bekröpft hatte. Simpl.
1, 177.
BEKRÖSEN, crwpare; dickbekröJte fransen, dicht gekrauste.
Garg. 282'. von kraus scheint krause co//ore sinuosum und
gekröse krauses, gewundncs cingeweide hergeleitet, und bekrö-
sen wird auf gewundne fransen oder spitzen wie auf locken
angewandt, nnl. kroezen, gekroest haar, gelocktes haar.
BEKRÜTEN, curare, vexare, soUicilum esse, nnl. bekroe-
den: ich bekrütte mich der haushaltung nicht vil, de
oeconomia non muUum sum sollicilus, Heniscu 271 ; so nun
BEKÜMMERLICH— BEKÜMMERN 1432
die von Bibrach mir in solchem nicht helfen noch sich da-
mit beladen wollen, und geben die antwort, si bekruden
sich nichts, was ich mit den testamentariis zu handien hah.
Chmels Maximil. s. 431 ; ich wolle uch anders nit als vele
darumbe bekrot han. Haltads 128.
BEKÜMMERLICH, sollicitudinem afferens: bekümmerliche,
betrübte zeitung. Schwei.nichen 1, 280.
BEKÜMMERN, aegriludine, sollicitudine afficere, gravare, ein
verbreitetes, aber undeutsches, dem franz. encombrer, prov.
encombrar, it. ingombrare nachgebildetes, also auf lat. cumu-
lare zurückgehendes wort; mnl. becommeren, nnl. bekomme-
ren; mhd. bekumiern:
ejn betwanc min gemüete
und bekumhert minen lip
nie s6 s6re magt noch wip. Iw. 345;
unde zwäre äne den tot
bekumberten si in säre. 5367.
nhd. l) einen bekümmern, quälen, plagen, belästigen : warumb
bekümmerstu deinen knecht? 4 Mos. 11, ll; denn ich wil die
müden seien erquicken und die bekümerten seien settigen. Jer.
31,25; was bekümert ir das weih? Matth. 26,10; langes pre-
digen bekümmert und beleidiget den prediger und das zulo-
send volk. Keisersb. paternoster N 3 ; bürgen wird ich üch
keinen gen (geben), dan ich wil niemantz drum bekümern.
Tho. Plater 96; diese fabel weiset, umh Üppigkeit die obern
nit zu bekümmern. Steinhöwels Esop (1487) 59; die Nort-
manni, die Galliam hart bekümmert haben. Frank weltb. 28';
und haben sie mit krieg hart bekümmert. 116'; heut beküm-
mert er mit neidischen wortea einen bruder. Kirchhof tuend-
uam. 224';
denn ewigkeit bekümmert die geschöpfe
nicht halb so sehr als ein verlegerscnmans.
GöKiNGK 2, 127 ;
bekümmert mich des Moskowiters sache?
du bist es, deine grösz und herlichkeit. Schiller 667.
2) sich bekümmern, sich quälen, sorgen, mühen, früher noch
mit gen. der sache, dann mit den. praep. um, oh, mit; und umh
die eselinnen bekümmere dich itzt nicht, sie sind gefunden.
1 Sam. 9, 20; als aber Petrus sich in im selbst bekümrete. apost.
gesch. 10, 17 ; und sonderlich haben sie sich bekümmert mit
der veter gehurt, welche im buch der chronica verzelet wer-
den. Luther 2, 492'; die werk, damit er sich bekümmert.
3, 25; doch lasz ich solchs denen, die lust haben, sich da-
mit zu bekümmern. 3, 492; da bekümmert sie sich nit vor.
4,33'; da musz sich Mose mit bekümmern. 4,112*; mit sol-
chen Worten und gedanken, liebe mutter, lasset sich ewer
herz bekümmern und sonst mit nichte. 5, 329'; so sol es
sich nit damit bekümmern und sich ander ding annemen.
Keisersd. Sünden d. m. 19'; ich wolt, das ich weisz wa wer
(irgendwo wäre), solt ich mich erst mit dem gaukelwerk be-
kümmern. 36'; ieglichen menschen, der sich mit meersagen
(neuigkeiten) bekümert. 70'; dann er bekümert sich on un-
derlasz mit bimelischen, ewigen dingen. 86';
oft von dem rechten wege straucht,
wiewol sich stets der kunst bekümmert.
Waldis Esop 4, 76;
mit Ulenspiegel han ich mich nit bekümern wollen. Eulensp.
cap. 27, in den späteren drucken: und haben wir uns um E.
nicht so viel zu bekümmern; und bekümmert sich nit fast
mit groszen regimenten. Agricola spr. 176'; Augustus hat sich
ob diser niderlag hoch bekümmert. Reiszner Jer. 2, 79'; und
wollen uns mit dem unnützen geschwütz der götterischen
knechten uns nicht bekümmern lassen. Paracelsus 1, 803';
wir wollen uns nit des bekümmern, das ingeworfen wird,
und sich selbst wider hinaus treibt. 1, 17'; dann solt maus
inen nit vergeben, sie würden sich zu tod drum bekümmern.
bienenk. 113';
ich will mich um ein kleid
bekümmern. Grvpuius 1, 68;
sich von etwas bekümmern, pers. reiseb. 97; mit schulpos-
sen sich nicht viel zu bekümmern pflegen. Simpl. 1, 3; Lu-
there, du hast keine vocation solche dinge zu tradieren (Aesop
zu übersetzen), warumb bekümmerstu dich nit viel mehr, wie
CS jetzt zu Augspurg hergehe? Schüppius 843; so viel ist wol
gewis, dasz nie leicht ein schlechter mensch sich viel um
religion bekümmern wird. Lichtenberg 1, 92.
3) bekümmert sein, in kummer, sorgen sein: denn er war be-
kümmert um David. iSom. 20, 34; und obgleich derpfafdarzu
1433 BEKÜJIMERN— BEKÜMMERNIS
BEKUNDEN— BELADEN
1434
schlief und träumte, und mit seiner mesz nicht vil beküm-
mert were, dannoch wissen sie rat darzu. bienenk. 89'; und
also in anderen ständen und handwerken seind andere hei-
ligen bekümmert. 183'; da einmal die doctores versamiet
und mit disem handel heftig bekümmert waren. 203'; als
nun die zeit herbei kam, dasz Äsars fraue gebären solle,
ist sie sehr bekümmert worden, pers. rosentk. 7, 20 ; musz
der arme bekümmert sein, wo er sein frühkost hernehmen
wU. ebenda;
des bin ich nicht bekümmert. Lohsnst. Ibrah.bassa 2, 40;
dannenher etziiche fürgeben, wann schon ein gott wäre,
liesze er sich doch umb uns menschen unbekümmert. Opitz
Hugo Grot. s. 2'7; weil Mercurius mit allerhand Staatsge-
schäften bekümmert war. Simpl. 2, 462;
so würd er nur für sich allein,
und nicht für mich bekümmert sein.
Gellert 1, 67 ;
die weit gefällt mir täglich besser,
seit um den lug und trug darin,
bewohn er hüuen oder schlösser,
ich nicht wie sonst bekümmert bin.
GÖKINGK 1, 215.
4) ttnpersünlich, es bekümmert mich, macht mir sorge: da
rewet es in, das er die menschen gemacht hatte, und es be-
kümmert in in seinem herzen, l Mos. 6, 6 ; liesz sich es aber
ie lenger ie weniger bekümmern. Wicrram rollw. 90 ; weisz
nicht, wie sie sich gehaben werden, bekümmert mich auch
wenig darum. Fischart groszm. 132 ;
was bekümmerts den,
wenn Philipps graue haare weisz sich färben?
Schiller255';
was bekümmerts dich,
wenn du das spiel gewinnest, wer es zahlt? 340*.
5) bekümmern hatte ehtnals auch bezug auf sachen, und bedeu-
tete occupare, detinere, impedire, mit arrest belegen, zumal im ge-
richtsgebrauch, icot-on Haltaüs 128. 129 beispiele gibt ; als die Rö-
mer den ganzen erdboden bekümmerten und under iren gewalt
würfen. Frank von heillosigkeit. 76 ; als zu Neapolis einsmals
ein brunnwasser mit tödlichen egeln bekümmert (besetzt, ein-
genommen) was. chronica 112' ; begegneten ihn zween statt-
knecht, welche sprachen, dasz der bürgermeister in und sein
pferd in der statt arrestieren und bekümmern liesze. Kircd-
HOF icendunm. 75'; das haus wird von winden bekümmert.
Sebiz 30; der winter mit regen bekümmert. 40. Bocc. 1, 7'
keiszt es: dasz in unserm trübsal uns behülflichen zu sein
gott zuschicket drei züchtige Jüngling, die uns williglichen
mit ilu-en diensten, auch unser führen und diener werden
sein, darumb wollen wir sie nicht verschmehen. Nephile, die
eine frauw, in irem angesichte ein wenig roth ward, 'schauwe,
wie schön bist du nun', sprach Pampinea, 'bette ich ein hot-
ten, ich wolle die färb bekümmern'. Stei.nhöwel übersetzt
hier sehr frei, und von der redensart die färbe bekümmern ist
nichts im original, soll es sagen: das rothwerden steht dir
so schön, dasz ich nach dem richter schicken und deine färbe
verhaften, in beschlag nehmen lassen möchte, dasz sie dir bliebe?
so musz man sich wol öfter ausgedrückt haben: Heute sind alle
diese anwendungen des worts bekümmern auf sachen auszer
gebrauch, und es geht nur auf personen : das ganze haus, land
ist bekümmert, d. h. die leute im haus und land.
Schweden und Dänen haben aus unserm bekümmern ihr be-
kymra, bekymre entlehnt.
BEKCMMERMS, /■. und n. sollicitudo, anxietas: ich hatte
Tiel bekümmemisse in meinem herzen, aber deine trüstung
ergelzelen meine seele. ps. 94, 19 ; da es aber tag ward, ward
nicht ein kleine bekümmernis unter den kriegsknechten.
apostelg. 12, 18 ; uns von mancherlei fragen und bekümmernis
wenden, die der Martha viel zu schaffen gaben ohne nolh.
LcTHERs br. 2, 221; da kam der edclman in solche re wen und
misfallcn, dasz er sein lebenlang ein bekOminernus umb den
gelrewcn hund hat. schimpf und ernst cap. 288 ; mit was be-
kümmemus ist cwer mannlichs herz beladen. Galmy 31; sol-
cher Inngwcrenden bekummemus halben. KiRcniior »«irfunm.
74': und bitt mich fernrcr bekummemus zu überheben. 76';
reich an sorgen und bekümmernis. LehmasjcSö; also das der
gute Leo aus bekummemus stürbe und den leffel fallen
liesze. bienenk. 2U'; allein sie traf Belise in herzfressendem
bekümmernis. Weise kl. leute 142 ;
aber es Oossen in ihrer bekümraernis ihrSnen.
Klopstock Uff». 10, 299;
ach ich bofte, du solltest auch ihr in heiligen träumen
meiner seele bekümmernis zeigeii. Klopstock loer^ 1, 35;
dennoch empfand sie nicht die bekümmernis Penelopeias.
Voss Od. 18, 234.
BEKÜNDEN, testari, testatum facere : er hat seine neigung
oft bekundet; nicht viel {von der seele) bekunden können.
Hippel 12, 14 ; das bekundet starken ehrgeiz.
BERÜNDIGEN, dasselbe: darumb wil ich mit dieser mei-
ner Schrift jederman meine Unschuld bekündiget haben. Lu-
ther 1, 175*; das doctor Eck von Rom sei komen, wird mir
durch viel tapfer anzeigung bekündigt. 1, 341"; wie ich acht,
euer gnad bekündigt sei. br. 1, 602; der den geist hat, der
uns bekündiget. 2, 162.
BEKÜNSTELN, facticium reddere: wir werden in einem
künstlichen zustande geboren und es ist durchaus leichter,
diesen immer mehr zu bekünsteln, als zu dem einfachen zu-
rück zu kehren. Göthe an Zelter 533.
BEKÜRISSEN, lorica induere: beharnischt und beküriszt.
Garg. 176'.
BEKÜRZEN, breviare, breviter dicere: Sprichwörter, zasa-
men tragen in etlich tausent, in lustig höflich teutsch bekürzt,
beschriben und auszgeleget. Franks spr. titel 1541 ; und damit
das ichs bekürz, schimpf und ernst cap. 369 ; damit ichs aber
bekürz. Galmy 74 ; und damit ichs bekürz. 238 ; wie leicht-
fertig trachtet mancher herr nach seiner underthanen gütern
und gerechtigkeit, nimpt ihnen und bekürzet mit gewalt ihre
gemeinheiten, brüche, weiden, hölzungen. Chr. Andreae busz-
posaune Ei. man sagt dafür heute abkürzen und verkürzen.
BEKÜSSEN, exosculari: pers. baumg. l, 1; Scbirue&s sing,
rasen lied 24 ;
Mutias ist eine biene {oben sp. 1340) ;
in dasselbe bret verwandeln, welches die liebste täglich mit
dem schneeweiszen hintertheil ihres leibes zu beküssen pfle-
get. Weise erzn. HO.
BELACHBÄR, ridendus.
BEIiÄCHELN, /enj7er ridere, arridere:
dich hat Homers und Maros geist belächelt,
und selbst der geist des stürmenden Pindar.
Schubart 2, 308;
herabgebückt auf flüssige krystallen
belächelt sich die schöne Dämalis. Wieia:»d 10, 127 ;
neid, furcht, Verwünschung sind die traurigen spiegel, worin
sich die hoheit eines herschers belächelt Schiller 187.
BELACHEN, ridere, arridere, nnl. belagchen: der da im
himel ist, wird sie belachen und gott wird ir spotten. Lu-
ther 1, 98* ;
als auch die leut zu Sodoma
Loih belachten, kam bald darnach
und fiel auf sie ein schrecklich fewr,
da ward in bald das lachen thewr.
Strickers schlemmer 1584. 03*;
wie Luna, wann die flammen
in ihr sind rund beisammen,
das tirmament belacht {anlacht). Opitz 2, 58.
BELADEN, belud, ahd. pihlatan, mhd. beladen, onerare,
onus imponere.
1) sinnlich, beladet e\vr thiere, ziehet hin. 1 Mos. 45, 17 ;
zehen esel mit gut aus Egypten beladen. 45, 23; esel bela-
den mit wein, drauben, feigen und allerlei last. iVcA. 13, 15;
wenn der mandelbawm blühet und die hewschrecken beladen
wird {vulg. impinguabitur locusta). pred. Sal. 12, 5; niemand
wirt mit wein beladen. Frank weltb. 98'; ein trüchlein mit
ducaten beladen. Schuppics 762; knarrende wagen schwer mit
holz beladen; mit fruchten beladne bäume. Klinger 4, 156;
aber Iseprim hatte sie alle verschlungen, er haue
über noth sich beladen, er wollte bersten. Gotub 40, 10.
vgl. kornbeladen, pulverbeladen, steinbeladen.
2) abstract. in den weisthümem tcerdcn die schöffen bela-
den {mit dem urtheil). 1,471.3,748.750.751; auf das sie sich
nicht mit misselhat und schuld beladen. 3 Mos. 22, 16; die
krankheiten, damit sie der herr beladen hat. 5 Mos. 29, 22 ;
komt her zu mir alle, die ir müheselig und beladen seid.
Matth. 11, 28 ; und er half vielen kranken, die mit mancherlei
Seuchen beladen waren. Marc. 1, 34 ; ir beladet die menschen
mit unerträglichen lasten und ir rüret sie nicht mit einem
finger an. Luc. 11, 46; und füren die weiblein gefangen, die
mit Sünden beladen sind {goth. qineina anila|)ana rrnvaurhtim).
2 Tim. 3, 6; ir entlediget euch frembder sünde, ir beladet
euch eigner gerechtigkeit und Weisheit. Luther 1, 92*; also
der sich beladet mit vil teglichen Sünden, wirt hindennach
davon getruökt in ewige verdamnis. Keisersb. Sünden d. m.
1435
BELADEN — BELAMPERN
BELANG — BELANGEN
1436
61'; aber die ingeweitet seind under das joch Christi, das
seind die menschen, die er beladet mit krankheiten, armSt
und widerwertikeit. 18'; also die menschen, in denen die
weit wület, und beladen seint mit weltlichen dingen, die
schwattichen (schwanken) alwegen und seint unstet und De-
ment der ding nit war. 70" ; so wil ich darmit (mit dem process)
kainen fürsten oder herren beschweren und beladen, sunder
es gehört für ain schrannengericht. Reüculin aiigensp. 4* ; so
wollet euch der mühe beladen, churf. Joh. Friedr. bei Melan-
chlhon 5, 533 ; vernam wol, das er mit einer schalkheit beladen
was. Eulensp. cap. 52; mein weih mit groszer krankheit be-
laden. ScHWEiNicHEN 2, 243. 249 ; dieweii ich dich mit solchen
schmerzen beladen sehe. Galmy 43 ; vernam, dasz er sich der
herzogin nichts beladen wolt. 289 ;
das wir mit Traiden oder pein
nach diser zeit beladen sein. Schwarzknb. 159, 2;
mein herr könig hat sich beladen
mit manchem gefarlichen krieg. H. Sachs III. 1, 97';
ich wil micbs handeis gar nit beladen.
spil wie man narren beschweren sol. 1554. B 1* ;
nun aber, auf dasz es nicht scheine, als ob sie sich nit be-
ladet (nicht auf sich nimmt), etwan ein schrift oder zwo bei
dem hals herbei zu ziehen, bienenk. 91*;
unser herz ist in lieb beladen. Atrer 346" ;
sie folgten Agramant dem könig, der beladen
von zorn noch rächen wolt aus jungem stolzen mut
an kaiser Karlen jetzt Trojani tod und blut.
Werders Ariost 1, 1 ;
mit falschen zungen sein beladen. Schdppius 311 ; mit geschenk
und gaben beladen. 699; mit abenteurlichen geferten bela-
den. 835; mit gicht und stein beladen sein. Wieland;
nur der erweisungslast will niemand sich beladen. 10, 158;
hast du die schmerzen gelindert
je des beladenen? Göthe2, 80;
der herlich beladene längste tag. J. Paul ftegelj. 1, 27 ; weil
die beladene Vergangenheit alle seine getödteten hofnungen
und seine entfärbten wünsche vor ihr trägt. Hesp. 2, !42.
BELAG, m. pl. beläge schreiben einige, namentlich Les-
sing, Herder statt des besseren beleg, was m. s. für den
häufigen pl. beläge = belege wurde der falsche $g. belag an-
genommen.
BELAGERN, obsidere, circumvallare. auch hier ist, wie in
lager castra, die organische form leger, belegern, oder auch
geschrieben läger, belägern, seil dem 18 jh. aber lager und be-
lagern allgemein durchgedrungen, beispiele der alten Schrei-
bung sollen unter belägern und belegern angezogen weiden,
alle früheren Wörterbücher, Dasypodius, Maaler, Henisch 272,
auch noch Stieler 1112 geben diesen Wörtern e orfer ä, auch
nnl. häszt es leger und belegeren, erst Frisch setzte lager
und belageren.
Im sinn von drängen und umgeben sagt man nicht nur die
Stadt, bürg, festung belagern, sondern auch ein beer von
Schmeichlern belagert ihn ; der alte wird von seinen verwand-
ten belagert; neid und misgunst belagern alle meine schritte;
die thür ist von bettlern belagert.
BELÄGERN, dasselbe:
als Holofernes mit der that
Betuliam belagert hat. Schwarzenbkrc 109, 2;
sein (des todten Reinharts) bare was steligs mit siechen be-
lagert. Aimon F 4 ; die fürsten und stände im anzug Liegnitz
zu belagern. Schweinichen 2, 101; als er diese statt belagerte.
ZiNkCR. 7, 13. 8, 27 ;
alsbald mich wütcrei
belagert umb und umb. Weckukrlin 70;
wie sie nun hierauf Issa und Dyrrachium aufs neue bela-
gerte. LoHENST. Arm. 1, 537 ; belagerten und bestritten sie.
ScHüPPics 364. s. belegern.
BELAGERUNG, f. obsidio: die belagerung Wiens ; eine be-
lagerung anfangen, unternehmen, aushalten, auflieben. man
bildet nun weiter: belagerungsbedarf, geschütz, beer, krieg,
kunst, stand u. a. m.
BELAGERUNG, f. dasselbe: wenn die tage der belegerung
umb sind. Ez. 5, 2; liesz nicht abe von der belegerung.
iMacc. 11, 23;
weil zu gewarten er nun hat belftgcrungen
und schlachten von dem feind. Wkrkkrs i4riost 2, 25;
der Otlen und den papst erreU au» ihrer hnnd
und die belagerung durch ihn wird abgewandt. 3,27;
bei der belagerung der schönen Stadt Troja. Schuppiüs 406.
BELAMPERN, inquinare: aus oben besagtem unflätigem
bad begab ich mich in ein anders, nemlich in ein flieszend
wasser, weil ich aus dem ersten so belarapert stiege, dasz
mich wol kein mensch vor einen menschen hätte halten und
ansehn mögen. Simpl. 2, 336. vgl. behammeln, behampeln,
belemmern.
BELANG, m. momentum, bedeutung, nnl. belang : die sache ist
von belang, von keinem, von geringem belang ; bei dem volke
anfragen, ob die republik die urtheile fällen sollte? die ant-
wort war, des belangs wäre die sache nicht. Klopstock 12,
276; da die aldermänner dabei blieben, nichts vorzunehmen,
das von belange wäre. 12, 330 ; eine moralische betrachtung
von wichtigem belang. Wieland 8, 199; wir können uns kei-
nen moralischen werth von belange denken. Kant 6, 228 ;
sein ganzes wesen war allem, was man belang nennen kann,
geradezu entgegen. Hippel lebensl. 1, 55 ; wol zwanzig bis
dreiszig gute bücher unter drei bis viermal so vielen, die
entweder schlecht oder von keinem belang waren. Siegfr.
von Lindenb. 4, 302 ; ein ausdruck von sehr wichtigem Inhalt
und belang. Münchhausens reisen 46 ; dieses weiter auszufüh-
ren würde von wichtigem belang sein. Güthe 23, 248 ; auch
ist das mein erstes thierstück von belang, das ich in die
gänge dieses werkes aufhänge und fest mache, J. Paul fie-
gelj. 1, 86.
BELANGEN, attingere, pertingeie, attinere, pertinere, nnl.
belangen,
1) mich belangt, verlangt, desidero, ich sehne mich, die
zeit wird mir lang, dasz es geschehe, ahd. mih langet, mih
kelanget, mih pelanget (gramm. 4, 233. Graff 2, 223. 224). sia
belanget des tages, sie verlangt nach dem tag; mhd. mich
gelanget, belanget, blanget; nhd. mich belanget, blanget:
welchen belanget nach der krön, fastn. s;?. 655, 35;
das ist gut höw, des ich mich firöw,
und blanget wann es reifen tut. Uuland 604. Garg. 87';
gefragt, ob er umb sein vatterland nit sorgt und in heim be-
langet? Frank chron. 92"; in belangt nach den himlischen
fröuden. Keisersb. anheb. mensch, kl;
jetzt wil er mit seim sön fürbas
reiten und bsehen alles das,
da sein sün nach belangen was. Wickraäs bilger 73 ;
es hat mich blanget schier nach dir,
nun komm, spatzier ein weil mit mir.
Geo. Gotthard zerst. Trojas. Soloth. 1598. act 1;
so einer gleich lang ligen thut, und jedermann darnach be-
langet, wann du in widerum aufstellen sollest. Fel. Würtz
247. die günstige zweisilbige form blangen haben wir aufge-
geben und verwenden auch belangen in dieser bedeutung nicht
mehr, nur verlangen, in der Schweiz lebt noch blangen fort :
dachte es werde ihn blangen zu vernehmen wie es gegangen.
Jer. Gotthelf erzähl. 3, 215.
2) an einen langen, reichen, an ihn gehn, ihn anlangen : und ob
es sach were, dasz die fuhrleute durch die bender und Schrö-
ter verhindert wurden, so ist der brauch, wo sie die ave Maria
klock belangt (wo das läuten der glocke an ihr ohr dringt),
dasz sie daselbsten den wein uf die erd abzuladen haben.
weisth. 2, 211; er ist nicht mehr zu belangen, auf dem wege
einzuholen; dies wort belanget den pracht der geistlichen.
Agricola spr. n' 218 ; so viel die schuld derselben belanget.
Luther 1,10'; das es geschehe, den unsern zu schütz, welche
die not belanget. 4, 85'; so uns allzumal belanget. 4, 404';
das man je mit dem selbs handle, den es belanget 4, 405';
nachdem es ein ganze gemein belangt. KiRCHUOF wendunm.
163'; sorg vor den bauch und was sonst uieh dein seel be-
lang, dich nichts angeh. 23"'; und dasselhig belanget ihr
fürnemen gar nichts. Fronsp. 3, 241*; was die reim be-
langet. Rebhuhn klag des a. mannest; nur so viel, als es
die müterlich aninal belangt und nit weiter, bienenk. 98';
dann was die königreich, fürslenthum und landschaften eiui
jeden seins gefallens auszutheilen belangt, kan er dieselbe
kunst. 124'; was das reginicnt sei, so vil iren konig belangt.
239'; was aber der beiden recht belangt. Ayrer proc. 2, 5;
was die praclicam astrologicani belanget, halten unsere evan-
gelische thcologi nichts d;uvon. Schuppius 613; was aber
disz belanget, dasz nntt-rweilen schlechte ingenia befordert
werden. Weise kl. Icute 198. heute sagen wir nidU mehr be-
langen, nur anbelangen, während in gleichem sinn betreffen
«nd anbetreffen beide zulässig sind; wol, weil belangen die
folgende bedeutung angenommen hat.
3) einen belangen, angehen, petere ab aliquo, von einem
verlangen: welcher den könig um crledigung der Catharine
1437
BELANGEN — BELÄSTIGEN
BELÄSTIGUNG— BELAÜRER
1438
belanget. Gbtpbics 1, 93 ; einen Tor gericht belangen, fordern,
terklagen; deswegen will ich ihn jetzt belangen, da sein herr
todt ist. TiEC» 12, 134; er wenigstens hätte lieber selber] gebet-
telt, als einen dieb beim gerichte belangt junger lischler i, i2.
BELANGEN, n. desiderium, verlangen:
die gelüstet mein da also hart,
das 'sie vor belangen amechtig wart, fastn. tp. 726, 2S;
meiden und belangen
ist erger dann erhangen. 1405;
jedermann seinen weg gehen mag, wo sein belangen hin ist.
foccl, 213*; wahin sol änderst mein belangen sein? Keisebs-
BEBG.
BELANGEND, adv. tri« anlangend, respectu, /ranz, qnant ä :
die Juden belangend hat die rOm. kirche nit vergessen. bienenL
53'; darnach belangend die kleidung und das messgewand. 80' ;
belangend die wesentliche Veränderung des brots. 80* ; und
belangend, dasz die ketzer sagen. 110' ; uns belangend, es sei
erlogen oder war, so beschere uns gott ein gut kornjar. 138*.
BELANGREICH, magni vwmenti, nni belangrijk: belang-
reiche geschäfte, kaufe.
BELANGL'NG, f. 1) propinquilas, angehörigkeit : das schlech-
teste und das beste, das gröszte und das kleinste, haben
ohne ausnähme das merkmal, woran ihre Verwandtschaft und
belangung zu der nemlichen klasse auch ein leser empfindet,
der nichts weniger als kunstrichter ist. Lessücg 8, 469. 2) im-
piignatio, gerichtliche belangung.
BELAPPEN, cenlonibus, laciniis reficere. weidmännisch aber
laeinias panni feras lerrendi causa plagis annedere, das wild,
das geholz belappen, lappenbehängte sclmüre festigen, um das
riW zurückzutreiben, vgl. beiherstellen.
BELASSEN, 1) acqttiescere in aliqua re, es dabei bewenden
lassen: lächelnd beliesz es auch der papst dabei. Göthe 29,
201 ; der freund möge es bei dieser allgemeinen Schilderung
belassen, solche allenfalls in gedanken ausmahlen, dagegen
aber aller weitem nachforschung entsagen. 22, 122.
2) sinere aliquem manere: die weiber bei menschenseelen
rechtskräftig belassen. Hippel 6, 34 ; der könig beliesz in der
rerwaltung der finanzen den staatsrath Joly. DAHLXAini franz.
ret. 91.
BELASTEN, onerare, beladen, nnl. belasten, ags. behlästan.
1) sinnlich, den wagen mit steinen, das schif mit waaren
belasten; bäume mit fruchten belastet;
edle reben belastet
mit gi-osztraubigem wein. Voss Od. 9, 111;
arme und füsze des gefangnen mit schweren ketten belasten.
2) figürlich, ein hohes alter belastet; willkommne auftrage
belasten nicht; er ist mit verbrechen belastet; das haus mit
schulden belasten ; das land mit schweren steuern ;
ach schon lang bat mir der kummer mein leben belastet.
Klopstoc» Jtf«M. ', 484 ;
ach mit jedem verbrecben der kinder Adams belastet 10, 677 ;
einsam von gottes berebl belastet
stand er auf Sinai. 10, 997 ;
doch eh er hineintrat,
weilet er der belastenden tage viel an der pforte. 13, 897;
Jesus verschwand, und sie gieng mit der botscbaft der wonne
belastet. 14,1385;
nie bat mich schwerer die blindbeit belastet. 15, 1169;
belastet vom gericfit
lagt ihr, rernahmt mich nicht,
todte Seelen ! Klopstocc Kcrke 7, 90 ;
nun will ich gehn, und was der göttin wol
gefällt und mir so wenig segen brmget,
und allen Griechen so belastend ist,
vom seher Kalchas näher auskundscbatten. Scbillek223;
er verschmähte das belastete leben. J. Padl Hesp. 4, 94 ; um
der belasteten mutter nicht zu neuer last zu sein. Tit. 3, 79.
BEL.XSTEN, onerare, gratare: denn wa ein sollicber die
•cfaeltwort für übel ufnem, dadurch helestet und betrübt
würd oder beschwert. Keisersb. Sünden des munds 36*.
BELÄSTERN, conviciari, lästern: wo ein filz ist, der we-
der got noch die weit förcht, iederman lielestert. Keisebsb.
Sünden des munds 3S' ; sprich nicht, die Zärtlichkeit wird sich
nicht so belaslem. Wiedemam^ april 1, 28.
BEL.\STIG, moleslus, ld.%tig : ir wissent, das er euch ZQ
beleslig ist. Aimon S2; ihre (der bahnen) windige (blähende)
belästige eigenschaft kan mit zwibeln verbessert werden. Hoh-
bebc 1, 510*.
BELÄSTIGEN, grarare: das man goll gehorsam sei, wel-
cher mit wolbedacbtem ratb dermaszen eine ganze kircben be-
iestiget hatte. Melascbth. tnstsehr. /Br alle betrübten herzen,
übers, von y. Dietrich 1545. 6/. 5 ; wie er wiederumb mit der
kornbettlerei die bauwern belästiget. Kibchhof irendunm. 437' ;
der gröszte wallfisch hat 300 karren belästiget (die last von
300 it. erßllt). Forer fischb. 8"'; gleichwie der palmenbaum,
je mehr er belästiget wird, je mehr derselbe sich empor und
in die höhe schwinget. Schcppics 524; der belästigte vertrag
(pactum onerosnm), d. i. der, welcher wechselseitigen oder
gar deinen erwerb zur folge hat. Kant 5, 92, belästigenden
vertrag nennt i'Ä» Hugo, naturrecht (1819) s. 464; von mucken
belästigt; ich will ihn nicht weiter belästigen.
BELÄSTIGUNG, f. molestia, onus.
BELASTUNG, f. aggracalio, nnl. belasting: die erleichte-
rung der unterthanen von mancher aus dem kriegssystem
flieszenden belastung. Dahl«a\5 ddn. gesch. 1, 396.
BELASTUNGSZEUGE , «i., dessen aussage den angeklagten
beschwert, gcgensatz von schutzzeuge, entlastungszeuge.
BELATTEN, asseribus legere, ein dach wird belattet, «m
es mit Ziegeln oder stroh belegen zu können.
BELAUBEN, 1) fronde restire: der mai, der lenz belaubt
den wald. 2) sich belauben, frondem agere: der major, der
so viele alte bäume sich wieder belauben sah, konnte auch
an die Wiederkehr seines eignen frühlings glauben. Göthe
22, 36 ;
und wenn ihr seinem Spottgedichte glaubt,
so hat Tür andre nur miss Daphne sich belaubt.
Gotter 1, 335.
das particip kann auf 1 oder 2 bezogen Verden, häufig steht
dicht belaubt, grün belaubt u. s. tc.; reif, der einen belaub-
ten frühling aufdeckte. J. Paul mumten 3, 16. 3) belauben
heiszt bei den kohlenbrennem, die meiler mit laub, reisem,
erde bedecken. 4) belauben, fronde spoliare, entlauben, gebil-
det vie beblalten, begrasen: maulbeerbäume belauben, zur
fütterung der seidenwürmer.
BELAUBL'NG, /. foliatio: die zeit der belanbang.
BELAUERN, speculari, aucupari, heimlich beobachten:
allein gesetzt auch, dasz um sie
der liebesgott die dickste wölke zieh,
ihr glück so lang als ihre flamme daure,
und Argus selbst vergebens sie belaure. Wibland 10, 263;
und bat er die siadt sich als wandrer betrachtet,
die groszen belauert, auf kleine geachtet. Göthe 1, 251 ;
die gröszeren reiche belauerten einander neidisch. Tieck 14, 338.
BELAUF, m. summa, betrag, engl, amount: belauf einer
rechnung; die oben erwähnte Unterstützung, von welcher ich
den eigentlichen belauf nie erfahren habe. Arndts leben 56.
BELAUFEN, currere ascendere, nnl. beloopen,
1) belaufen lassen, sincre currere, alluere, allui: lasz das
glas voll belaufen mit wasser; lasse in (den Stockfisch) wol
belaufen mit butern. ron guter spise 20; jeder nimmt nach
gefallen fremde und arme auf seine gründe und läszt sie das
land belaufen (durchziehen). Möseb patr. ph. 1, 83.
2) belaufen, inire, bespringen, belegen, von Ihieren, sich
belaufen, eoire;
ir Unzucht wird zwar nimer gstilt,
gleich wie der stadtnchs umbber brült,
all tag durchs iar die kuh beleuft,
dem gleich ir zucht weit umbher schweift.
Walois p. reich T ;
die hunde belaufen sich; eine hfindin belaufen lassen; ist
dann dein gelt hasen art, welche zugleich geberen, andere
jünger aufziehen und sich wider belaufen. Garg. 19l'. j. laufen.
3) belaufen, begehen: die grenzen belaufen, besiduigen;
die Wolfsjagd belaufen müssen.
4) belaufen, durchdringen, durchziehen:
dein leib ist dir mit ungeraach
ganz durch und durch oelaufen. Pixsi Gkbhabb il*17:
der theure mohrenrauch
belief den ganzen saal. RaCSBL 71.
5) belaufen, sich, aufsteigen, franz. monier r das geld kann
sich auf hundert tbaler belaufen; es wird sich nicht hoch
belaufen ; die zahl der erschlagenen belief sich auf tausend.
BELÄUFTIG, catuliens, Idufisch, gebildet vie weitläufig:
wer solche thiorchen fängt,
der fängt belauflge hetzen. WiioBaA.t!« april 1, 2S.
BELAUNT, stomachosus, trislis, laune habend:
dnim geh ich gern
belaunlen, wie betninknen aus dem wege. GSitncK 1, 160.
BELACRER, m. speculator, spdher: aasspäher und belaorer
des weiblichen beraens. WtEu<ni 8, 368.
1439
BELAUSCHEN— BELGHE
BELEBEN— BELEG
1440
BELAUSCHEN, speculari, aucupari, behorchen, belauern:
ich habe ihn belauscht; ich will ihn doch belauschen; einen
gelegnen augenblick belauschen, um sich über alle ihre zwei-
fei ins klare zu setzen. Wieland 1, 313;
wer sollte wol so scharfklug, so vermessen,
so müszig sein, den Carlos zu belausclien,
wenn Carlos unhelauschi sich pluubi? Schiller 262";
der feind belauscht uns, greift
mit überlegner macht uns an. Götter 2, 356;
wer belauscht dort {in den kloslcrzcllen) die armen, zu spät
von ihrem betrüge erwachten seelen? 3,11.
BELAUSTEIIN, dasselbe, s. auflaustern : wie sie (die spin-
nen) ihr netz ausspannen, ihrwildpret belaustern. Simpl.i, 153.
BELAÜTEN, campanae sonilu celebrare, convocare:
dein leib nitanfden kirchhof graben,
bleibt unbeleut und unbeklungcn. Waldis Esop 4, 46.
belötet an die hant, rechtlos und beultet mit der gloggen.
Schreibers Freib. urk. 2, 145. 147; das gericht beläuten. Hip-
pel 5, 306. beleuten. Stieler 1094.
BELÄüTüiNG, f. celebralio (uneris campanarum sonilu: die
beläiitung der capltularien, wenn einer von ihnen starb. Haun
2, 223.
BELCHE, f. fulica, das Wasserhuhn, ahd. pelichA (Graff
3, 332, wo das wort falsche stelle empfangen hat, denn es war
3, 97 aufzustellen), mhd. belebe, ihre füsze heilen den Wider-
willen vor speise:
mit der beleben füejen
wirt dem man majieide buo;. Ls. 3, 564;
bair. beleben (Schm. 1, 170), Nemnich unter fulica atra hat die
namen beleb, belchine, bölcher, belllienne und dann blesse,
blesz, bleszbuhn; der franz. ist foulque, it. folaga, fulca.
fulica und pelicha, belebe entsprechen sich lautverschoben, viel-
leicht ist auch das gr. faXa^is verwandt, oder selbst nsXsxäv,
specht und wasservngel, das sich zu ntlsxvg fügt.
Hier sei nun nachgeholt, was sp. 203 versäumt wurde, dasz
ein andrer wasservogel, der larus cinereus, sonst auch mewe,
gavia genannt, auf dem Bodensee ALENBOCK bei Maaler 13*,
daneben holbrot, holbiuder heiszt, bei Henisch 41* alenbock,
bolbret, bolbruder; Nemnich im index gibt alenbock, albuck,
tringa vancllus. Stalder 1, 95 hat alenbock, larus, ein groszer
Schwimmvogel auf den Schweizerseen, Tobler 20' alabock, mewe.
s. das folgende wort.
BELCHE, BALCHE, m. oder n. ? salmo lavarctus, im Thu-
nersee alhock, im Bielersee pferret, im Vierwaldstdttersee balle,
in Gtarus blüblig, im Budeusee adelfelch und blaufelchen.
Stalder l, 94. 95. ein sanct Galler reghter von 1360 in Zell-
WEGERS Urkunden vo'H Appenzell n 99 zählt hintereinander als
(Ische venchicdner art auf s. 207 duo velchones und pisces
qui dicuntur albocce. Nemnich «n/er dem wort salmo sp. 1212
sagt: das blaufelchen heiszt im ersten jähr am Bodensee
beuerling, bei den fischern maidel. im zweiten jähr Stuben,
Rteulien, und zwar entweder ordentliche oder blaue, wenn
sie in der liefe mit dem seil am klausgarn gefangen werden,
oder grüningstubcn, griiningstuhen, wenn sie an erhabenen
orlen, gegen dem Strand und ufer zu gefangen werden, im
dritten jähr gangfisch, zu ende des august Springer, im vier-
ten ranken, im fünften balbfelch, im sechsten dreier, im sie-
benten blnufelcli. das weiszfel eben, albele (sp. 20t albc,
albel), adelflsch heiszt am ßodensee im ersten jähr harling,
bfirling, beuerling, weisze maidel; im zweiten stüve, steube,
agaune; im dritten gangflsch; im vierten r.'inke, renke; im
fünften halbfelchen, halblisch; im sechsten dreier; im siebten
weiszfelchen, gunzfelchen. der aalbock im Thuncrsee sei einer-
lei mit den felchen.
In dieser angäbe, auf welche im verfolg öfter zurilckgekom-
men werden musz, mag einzelnes noch ungenau sein, Para-
CEl.süS 1, 632" hat folgende stelle: kan aus eim renken ein
beleb wer<ien, aus eim lachs ein salin, so kan auch ans eines
menschen krankheit ein andere werden, renke wurde schon
oben sp. 378 aus rinanke, ancliorago Hlieni gedeutet, das selt-
samste aber scheint, dasz felche oder belebe, welches wir hier
auf den salm/isch angewandt sehen, mit belebe oder fulica,
dem namen des wasservogels zusammenfällt, gerade wie alen-
bock sowol die mewe als auch an einigen orten den sahn,
wenigstens in einer seiner nach dem alter verschiednen cr-
schcinungen bezeichnet, dasz sich fulica und larus begegnen,
versieht man leicht; das volle musz aber auch die namen der
mterlauchendcn vOgel mH dm fi$chen vtrmischl oder in bezug
gesetzt haben, was kann alenbock, albock ausdrücken ? einen
auf ale stoszenden, aalfangenden bock? die forschung hat
über alles das noch viel nachzuholen.
BELEBEN, in verschiednem sinn,
1) früher bedeutete es was das heutige erleben : es ist nicht
mehr um die zeit, die wir zu Soest belebten. Simpl. 2, 18.
eben so das nnl. beleven: ik hoop niet, dat ik dien tijd be-
leven zal; ik heb al wat beleefd; bij beleeft niet veel goeds
van zijne kinderen.
2) dagegen war die heutige bedeutung animare sonst unbe-
kannt, wie sie es auch der nnl. spräche geblieben ist. Frisch
zuerst stellt sie 1, 591* auf, weder Henisch noch Stieler.
Stieler hat nur das pari, belebt für lebhaft, lebendig, doch
sagte schon Weckuerlin:
fliigel, deren glänz belebet (rascli)
uiider beeden himmeln schwebet. 378;
wil mioli bald in dein haus begeben
und mit der hcilij^en gemein
dein lob beleben. 15,
was doch wol meint eifrig anstimmen, im 18 jh. drang es
für animare, erwecken, zumal im sinn des franz. animer durch.
gott kann die todtengebeine wieder beleben; die sonne be-
lebt alle kräuter; ich war wie neu belebt;
belebt die bnhicrei nicht jeden sperling mehr,
als alle lüsternbeil den traurigen Tiber? Hagedorn 1,16;
er belebt an dem sabbatb verdorrende bände.
Klopstock Mess. 6, 404 ;
die beiden slinxe belebten sich. Wieland 30, 287;
belebt nicht, nein begeistert. Bürger 98';
das nesseltuch, durch die färbe der halbaufgerollfen bander
belebt. Güthe 18, 4; wenn sie erst erfuhren was mich dazu
belebt hat, so werden sie sich über das sonderbar scheinende
talent nicht mehr verwundern. 20,43;
alle leider besorg ich, der vater waltet im hause
fleiszig, die thaiige mutier belebt im ganzen die Wirtschaft.
40,308;
wie wunderlich es denn auch damit gewesen sei, trat erst
hervor, als mein Verhältnis zu Schillern sich belebte. 50,54;
das gemöth erheben und bis zur begeisterung beleben. Kant
5, 380 ; die Ursache des lebens muste also der Idee nach
früher da sein, als die materie, die nicht lebt, sondern be-
lebt ist. ScHELLiNG weltseelc 191.
ßELEl?ENf), antmans.
BELEHENDIGEN, animare: dieses alles erquicket meine
seel und belchendiget sie wiederum. Abele 4, 288.
BELEBTHEIT, f.
BELEBUNG, f. die belebung dieser aufkeimenden ideen.
Fr. MiJLLER 2,.34.
BELEBUNGSMITTEL, n.
BELEBUNGSVERSUCH, m.
BELECKEN, lambere, circumlambere, goth. bilaigön, Jtzi-
Xsixsiv: die finger belecken; der bär beleckt seine jungen;
beuchter und hunde belecken die teller,
jene sind Schmeichler und diese sind beller. Logau 1, 10, 45;
wenn er ein volk aiif/illt, so durchströmt crdie funkelnden äugen
erst mit blut, und beleckt sich voll gier die dürstenden lefzen
mit der gezuckten zunge. Klopstock 7, 25;
da verrammeln sie sich die gesunde natur mit abgeschmack-
ten conventionen, belecken den Schuhputzer, dasz er sie ver-
trete bei ihro gnaden. Schiller lOO';
auch die cullur, die alle weit beleckt,
hat auf den teufet sich erstreckt. Göthe 12, 127;
der ochs jeden, der ihm nahe kommt, mit der zunge zu er-
reichen sucht, um ihn zu belecken. Bettine lagcb. 168. s. be-
schlerkcn.
BELEDERN, vestire corio. Stikler 1107.
BELEG, m. lestimonium, documentum. belege hciszen die
zeichen, welche von markmeistern und feldgeschwornen unter
die grenzsteine gelegt werden, um, da sie von unzerstörbaren
Stoffen genommen sind, auch der nachwell ein zeugnis abzu-
geben, wie solche merkmale den ort und die stelle belegen,
können auch sonst andere gegenstände einen ausgezeichneten
platz bedecken und hervorheben; figürlich sind es die einer
■lache beigefügten beweise und Urkunden: die unverkeunliaron
belege dieses geständnisses in der vorliegenden Sammlung
selbst aufzusuchen, überlasse ich der belesenheit eines jeden.
GorrEH 1, vm; die gegebnen belege sind verTalscbl und be-
weisen nicht»; das buch liefert belege in groszer fülle.
1441
BELEGE — BELEGEN
BELEGEN — BELEHNEN
1442
BELEGE, n. assumenlum, streifen, die Schneider auf den
rand eines kleides setzen oder legen, um ihn steifer zu ma-
chen, nach Maaler 57' lacinia, leiste eines kleids.
BELEGEN, operire, contegere, ahd. pileccan, bilegan, praet.
pilekita, bilegita, mhd. belegen, praet. beleite, nnl. beieggen,
beleide,
1) von thieren, inire: der hengst hat die Stute belegt, der
ochs die kuh, der hund die hündin; auch ist zu wissen,
dasz wo ein hündin von einem hund anfangs belegt wird,
nachmals auch, so oft sie widerumb weift, unter denselbigen
{d. i. den weifen) allzeit einen hat, so dem ersten gleichet,
mit welchem sie anfänglich belegt worden, tceidwerkbuch 1, 9".
vgl. begehen, belaufen, bespringen, aber auch beiliegen und
beilager.
2) mit gewand, kleid, metall u. s. tr. belegen : die tische sind
mit kostbaren teppichen belegt; die schultern belegt ihm ein
seidner mantel; sich mit tüchem belegen, tücher anlegen;
ain spannen oder zwo belegt {besetzt).
MüRKEBfi schelmenz. 96, 11 ;
Ubarto liesz nicht lang allda herumbher laufen,
so fanden trachten sie in groszer meng und häufen,
damit belest sie sich «ebders Ariost 11, 70 i74)
non fa mollo cercar, che ritrovonne
di varie fogge t)berto copia grande,
e fe restir Ollmpia ;
ahd. tragabetti mit golde bilegit, mit isarna pilegita wagana
(Gbaff 2, 92. 931; ein seidenwammes mit sammat und schnü-
ren beleget [besetzt). Kirchhof wendunm. 285'; den hals mit
einem band von edelsteinen belegt.
3) mit gras, blumen, fruchten: die felder, die auen sind
mit blumen belegt; teller mit edeln trauben belegt; tische
mit speisen ; speisen mit petersilie ; ein belegtes butterbrot.
4) gebirge mit nebel, anhOhen mit duft, felsengipfel mit
Schnee belegt, dächer mit reif.
5) die zunge ist mit schleim belegt, eine belegte zunge ;
das äuge belegt sich mit einem feil, die wunde mit einer
haut; die brüst, stimme belegt, nicht frei.
61 den gang mit bretern, das dach mit ziegeln, die flur mit
steinen belegen ; ein reicher bauer kam auf den einfall, den
boden seiner stube mit harten thalern belegen zu lassen;
das glas mit zinn ; ein gartenbeet, ein grab mit rasen belegen.
7) die hufe der rosse mit «isen belegen, beschlagen, auch
blosz die hufe belegen ; die pflugschar belegen, neues eisen
daran schmieden; die wunde mit pflasler, das gesiebt mit
schönpflästerchen belegen.
'S) das kind wird mit einem namen belegt, es wird ihm
ein name beigelegt, zugelegt; das volk belegte diesen forsten
mit dem namen des gerechten ; ist nicht, sagte der geist-
liche, von jeher alles mit dem namen ketzerei belegt wor-
den, was — TiECK ges. nov. 9, 13. auch einen mit schimpf-
worten, unnamen belegen.
9) mit dem eide belegen, einen zur ablegung des eides nö-
thigen, tele mit dem eide beladen, belasten:
wenn ich mit dem heiligsten eide
alle Troer belegte, das kleinste nicht zu verhehlen.
HC««EH 235';
Sachen mit arrest, mit beschlag belegen; ich bin wirklich
mit hausarrest belegt. Gütue an Schilter 276. es heisit aucli
schlechtweg belegen, z. b. das zeugnis des studierenden ist
belegt
10) mit strafe, Züchtigung, drangsal, krankheil belegen: er
wurde mit schwerer strafe belegt;
die strafe, mit der du uns belegen musU FLtai.'«G2S;
also hat euch gott mit einer solchen Züchtigung belegt Weise
ii./euJe 162; die drangsale, womit der krieg das menschliche
gescblecht belegt. Kant 7, 315; da ein goldschmid mit etlicher
stattlicher und vielfaltiger arbeit überfallen und belegt gewe-
sen. Thcb^ekser nolgedr. ausschreibin 1^9; mit oder v(m
einer krankheit belegt ; das volk mit abgaben, steuern be-
legen.
11) geld belegen, anlegen, bergwerke belegen, betreiben:
ich bin ein oairioi. mich wird man leirhi bewegen,
das erste scoöne geld in hauser zu belegen.
H*cKDoa.<« t, 44;
will er die eisen- und kupferbergwerk nicht haben und be-
legen, weil viel unkost daraufgehet Mathesrs2'; Cain oder
seine erben sollen auf der andern seilen den berg Lybanon
beleget, und ihr erstes eisen und kupfer in Syrien gemacht
haben. 2'.
12) einen platz beim gastmal, im Schauspiel, in torlestmgen
{mit gezahltem geld) belegen; Vorlesungen, collegia belegen;
das stete schwänzen beunruhigt doch, sagte ein Student, ich
studiere weit sorgloser, seit ich nun gar nicht mehr belege,
tn der droschke, auf der bank im wagen belegt man durch
hinlegen eines kleidungsstücks.
13) ein dorf mit Soldaten, mit einquartierung belegen ; dasz
ein grosz theil des ortes mit teutschem volk belegt gewesen.
MicRÄLics 1, 13 ; die strasze belegen, obsidere, verlegen, s. ahd.
laga insidiae ; belegten mit vleisz die straszen zu Meldorf. Lc-
THER 3, 34 ;
überzog uns der könig mit seinem beere, belegt er
auch die strasze mit macht. Götue 40, IU2:
wenn der rauher die strasze belegt und alle besch.-iijigt ?
40. 1 15 :
daher belegen auch belagern, belegern : Abimelech aber zog
gen Thebez und belegt sie und gewan sie. rieht. 9, 50 ; be-
legten Gibeon. Jo.s. 10,5; darnach zoch Josua von Libna gen
Lachis und belegten und bestritten sie. 10, 31 ; das ein kleine
stad war und wenig leut drinnen und kam ein groszer künig
und belegt sie und bawet grosze bollwerg drumb. pred. Sal.
9, 14; zeuch erauf Elam, belege sie Madai, ich wil alle sei-
nes seufzen» ein ende machen. Es. 21, 2 ;
als Troja ward belegt, o Mars, von allen selten.
Opitz 1, 97;
weil kaiser Karrel ihn nunmehr so hart beleget,
und eine Wagenburg her umb sein lager scblegeU
Webokbs Ar. 24, 99;
als unsre hauptstadt von fünf königen belegt
den prinz um bulf anschrie, der alle zwang zu weichen.
Grtphics t, 5*!> :
Malepartus, die bürg, belegen wir, was er im haus bat
wollen wir sehen. Göthe 40, 119.
14) die grenze mit zeichen, eine geschichte mit Urkunden,
eine rerhnung mit scheinen belegen; ich kann alles, jeden
posten belegen; diese behauptung bleibt unbelegt;
Androm. des Hectors söhn ist todt. Ulyss. ist was das du belegest,
dasz diesem also sei ? Opitz 1, 229 (240) ;
weder soldat noch geognost fragt, wem flusz, land und ge-
birg gehöre, sondern jener, in wie fern es ihm zu seinen
Operationen vortheilhaft, und dieser, wie es für seine erfuh-
rungen ergänzend und nochmals belegend sein möchte. Göthe
32, 99; alle diese begriffe lassen sich durch nichts belegen.
Kastt 2, 242.
15) abstract. einen untüchtigen mit tugend wollen belegen,
ist eben so viel als auf eine kugel nüsse legen, pers. ro-
senth. 1, 5.
BELEGE.\, Situs, pari, praet. des starken beilegen, jacere,
situm esse, ganz anders auszusprechen, als das vorhergehende
schwache belegen, dessen vocal lautet wie in bewegen, anre-
gen, während das part. praet. dem mhd. belegen entspricht
und lautet wie regen pluvia, wegen viis. ein an der gasse
belegenes wohnhaus; A. dein name? K. Laurenz Rohrdom-
mel. A. gebürtig? K. aus dem freireichsdorfe Urlau, belegen
auf der Lautkircber beide in Schwaben. Klopstoce 12, 377 ;
obgleich sie auf einen auszer und über die natur belegenen
grund hinausweiset. Kant 7, 295; verschiedene, doch in ver-
schiedener breite belegene länder. 9, 127; die varietät ist in
dem ursprünglichen stamme belegen gewesen. 10, 76. man
zieht heute gelegen ror.
BELEGEISHEFT, f situs : wahrend dagegen der bischof von
Lübeck es für rathsam erachtete, der belegenheit seiner stifts-
lande eingedenk, die alten Verhältnisse zu ehren. Dablma!«5
dän. gesrh. 1, 444. '
BELEGEHN, obsidere, mit dem E von belegen situs, nicht
mit dem von belegen obsidere 13, auszusprechen, bei .Maaler
und Stieler belagern geschrieben, heute sagt man belagern:
wil sie aber nicht friedlich mit dir handeln, und wil mit
dir kriegen, so belegere sie. 5 Mos. 20, 12 ; und richte dein
angesicht und deinen bloszen ann wider das belegert Jeru-
salem. Ei. 4, 7 ; deine feinde werden umb dich und deine
kinder mit dir eine Wagenburg schlagen , dich belegern und
an allen orten engsten. Luc 19, 43 ; wenn ir sehen werdet Je-
rusalem belegert mit einem beer. Mich. Stifels worlrecJmung K.
BELEGSTELLE, f.
BELEflMEN, luto oblinere, mit lehm bestreichen.
BELEHNEN, jure beneficiario tribuere, mhd. belehenen, be-
lehent schilt MS. 2, 132': mit einem grundstück, amt, einer
würde belehnen ;
damit du, Ernst, der zweite deine« namen<
beleboei werdest mit dem berzogtbum. L'blapios £nu(32.
91
1443
BELEHNUNG — BELEIDEN
BELEIDIGEN — BELEIHEN
1444
BELEHNUNG, f. schloszhauptmann, samt allen belehnun-
gen. Fn. Müller 3, 227 ; die belebnung empfangen.
BELEHNUNGSGNADE, f. Butschky Palm. 183.
BELEHREN, docere, instruere. Stieleh 1129, vgl. belernen.
1) gewöhnlich mit dem gen. der sache: ein fänomen, des-
sen uns die erfahrung täglich belehret. Wieland 8, 246;
nicht dasz ein fremdes lob sie dessen erst belehrt. 9,50;
ihrer {der musik) Zauberkraft
sieh recht vollkommen zu belehren,
musz man, wie Scipio, die sfaren
zum wenigsten im träume singen hören. 9,62; *
glaubst du nicht,
dasz träume dann und wann der zukunft uns belehren?
22, 130;
du bist noch jung genug, dasz gute zucht
dich eines bessern wcgs belehren kann. Göthe 9, 157;
ist nicht alles, wie ich sage, versetzte Friedrich, so belehrt
uns eines bessern. 20, 307 ;
des seid belehret! 41,29.
ohne gen. : er laszt sich nicht belehren ; ich will mich gern
belehren lassen.
2) oder audi mit der praep. von {de aliqua re) :
ich würde eilen sie
von eingen dingen zu belehren. Schillfr 282*;
um einen argwöhnischen und wachsamen feind nicht- zu früh-
zeitig von seiner gefahr zu belehren. 1062.
3) ladelhaß scheint der acc, wie er sich zum einfachen leh-
ren schickt, nicht zu belehren : denn ich möchte nicht darauf
wetten, dasz er richtig gelesen, worüber der augenschein das
nähere belehret. Lessixg 10, 345 statt des näheren.
4) verschieden ist an : die weimarischen kunstfreunde be-
wunderten ihn (den kleinen cenlaur von silber) und belehr-
ten sich daran. Göthe 32, 77.
BELEHRUNG, f. instructio: ich danke ihm diese belehrung.
BELEHRUNGSSUCHT, f. er halte diese rede, wie im dis-
curs, eins auf das andere, folgen lassen, mehr in dem In-
nern behaglichen gefübl, dasz er sich uns von einer vortheil-
haflen seile zeige, als mit dem ton einer bigotten belehrungs-
sucht. Göthe IG, 296. so liest auch der erste druck in den
Hören.
BELEIBEN, zuweilen noch in der vollen form des mhd.
beliben, ahd. pilipan, statt des gewöhnlichen bleiben. Maa-
ler 57';
wer murren will musz aus dem spiel,
beleiben musz er drauszen.
HoFFM. (jcsettscil. lieder s. 155. 166;
beliben (geblieben). Murners schelmenz. 109, 6;
BELEIBEN, pract. beleibte,
1) corpore induere, lebendig machen:
und Lazarus sein freund wird wieder neu beleibet.
FLE«if(G 5;
disz kann eine schöne seele,
die den himmel valer heiszt,
die aus der beleibten hole
über sich und zu ihm reiszt. 413;
das tropische beseelen und beleiben fiel noch in eins zu-
sammen. J. Paul acsth. 2, 24; ein nichts, auf dem sich ein
nichts beleiht. Kamp. 47.
2) corpus facere, implere, pinyuefacere : die bessere nah-
rung wird den ausgehungerten bald wieder beleiben ; ein wol
beleibter mann;
der träge schwärm von schwer beleibten kühen. Uallbr;
als uns des herrn Eiot stark beleibte physik zu gesiebt kam,
besonders aber der vierte theil der allerbeleibteste erschien.
Göthe «0,113; Fieber, nervonschwäciie, gclrlinke können die
bilder der einbildungskrafl so verdicken und beleiben, dasz
sie aus der inncrn weit in die äuszere treten und darin zu
leibern erstarken. J. Paul aeslh. 1, 55; das ideale zum wirk-
lichen verdunkeln und beleiben. 38, 24.
RELEIBZÜCHTIGEN, nii( einer leibsucht versehen, s. leib-
zucht.
BELEirilTEHN, exonerare, suhlevare, erleichtern: beladen
und nicht heleichlerl. Piim.am». 2, «25.
BELEIDEN, laedere, injuria afficerc, aversari, ahd. Icidun
(Grakf 2,176):
die ain scheint ihut gar bclalden.
Mt'nNRii schvtmrnt. 87, 10;
verfluocht sl der, der dich h.-it bleidt.
(ni</. Jitli. J4 ;
das Irosllos trösten, das feindsalig liehen, dem bclaidetcn wol
thun. Frank parad. 144; die sollen weiters nicht mehr be-
schädiget noch beleidet werden. Fronsp. 3, 18';
dasz aber sich durch das bolaiden
mein herz woll und körnl von euch schaiden
hat keinen schein. Wkckiierlin 394;
dasz dich ja nimmermehr der sonnen heiszer schein,
noch deine klare bach was trübes tliu beieiden.
Opitz 2,216;
und weil du denn must scheiden,
so müsse dich kein fall
und keine not beleiden,
fahr glücklich überall. S. Dach N';
auch furcht ich die gefahr und list,
dasz die ihn nicht beleide. V2;
wer mag haben ihn beleldcti Spee Irutzn. 230;
dasz sie sind veracht und beleidt worden. Schuppids 309.
später beleidigen.
BELEIDIGEN, dasselbe, ahd. leidagon (Graff 2, 175) : wo
du meine töcliler beleidigest oder andere weiber dazu nimpst
über meine tüchler. l.Mos. 31, 50 ; ir soll kein widwen und
Waisen beleidigen. 2 Mos. 22, 22 ; wenn ir in einen streit zie-
het in ewrem lande wider ewre feinde, die euch beleidigen,
so soll ir dromelen mit den dromelen. 4 Mos. 10, 9 ; gedenke
nicht, das dein knecht dich beleidiget. 2 Sam. 19, 19 ; er bat
beleidiget die einsame, die nicht gebirl. Hiob 24, 21 ; ists euch
zu wenig, das ir die leule beleidiget, ir müsl auch meinen
gott beleidigen? £s. 7, 13; bittet für die, die euch beleidigen
und verfolgen {ahd. belot furi thie ahtenlon inti harmenton
iu; jo/A. bidjaij) bi Jians usjjriutandans izvis). 3/a/</i. 5, 44; so
isls doch nicht geschehen umb des willen, der beleidiget hat,
auch nicht umb des willen, der beleidiget ist (goth. ni in J)is
anamahljandins, ni in })is anamahlidins). 2 Cor. 7, 12; sollend
ihr ungezweifelt sein, dasz das podagia euch beleidigen möge.
Paracelsus 1, 694'; welche mit dem gicht beleidigt sind, die
sollen sich dieses weins släligs gebrauchen. Tabernaemont.
703; dies kraut ist dem magen sehr schädlich, von wegen
seiner schärfe, damit es denselben beleidiget. 1265; dardurch
auch etliche gute gesellen mit franzosen beleidiget und umb
ihre gesundheit bracht. Reutter kriegsordn. 70 ; eines jeglichen
reichs, so ich durch golles schickling über kommen, unter-
thanen habe ich mit nicht beleidiget, pers. rosenth. 1, 43 ; ich
möchte wissen, womit ich dich beleidigt habe; ich war von
uns beiden der beleidigte Iheil; du hast ihn gar nicht belei-
digen wollen; der anblick so vieler gegenstände, die seinen
moralischen sinn beleidigten. Wieland 1, 79 ; ich finde es so
natürlich, dasz ich mich dadurch nicht beleidigt hallen kann.
25, 100; der beleidigte stolz. Göthe 38, 178; aber die letzten
scenen von einem frauenziminer dargcslellt werden immer
beleidigen, daselbst; das licht beleidigt die kranken äugen.
Klinger 10, 62; die {durch eine ohrfeige) beleidigte wange.
9,43; das {von dissonanz) beleidigte olir. .1. Paul dämm. 12;
ein heftiger gerucb, der alle nasen beleidigt. Die beispiele
zeigen, dasz beleidigen nicht nur auf personen, sondern auch
auf suchen geht, wenn sie unmittelbar mit der person in be-
zug stehn, zumal wird der leib durch anfallende krankheiten
beleidigt, oder der sinn, das gefüllt, das äuge, olir. das fith-
lende herz kann beleidigt werden, weder die verletzte haiid,
noch das verletzte Ihier; offenb. 11, 5 sind die Ölbäume tmd
fackeln persönlich gedacht, beleidigende worle, reden, aus-
drücke, scherze, anspieinngen verletzen die innere empßndung,
in diesem sinn entspricht rfas /"rn/is. bicsser uiirf «nsrr verschren.
BELEIDIGER, m. iiijuriae illalac auetor, der lieleidigende
theil: denn sie werden zum herrn schreien für den belcidi-
gern. Es. 19, 20.
BELEIDIGUNG, /". injuria, offcnsio: viel beleidigung und
Übermut erlitten. KiRciinoK wendunm. 77'; ich sehe, das die
schiffarl wil mit beleidigung und groszem schaden ergehen
(i'm/./. cum injuria^l multo daiuno, gr. iisrn vßoaoi nni
noil^ji ir;fitne). aposl. gesch. 27, 10; beleidignngen des wel-
ters und der unfreundlichen j;diieszeil. Wieland 13, 44; bc-
leidigungen der wilteriing. 14, 20.-), in welchem sinu auch in-
juria und vfl(>ii stehen, hauphächlich aber leibliche und die
seele kränkende bel^idigung: diese beleidigung ist unerlnig-
lich, unausstehlich, nicht zu dulden; eine schwere, einplind-
liche beleidigung; welche beleidigung!
BELEIHEN, H'ti.s belehnen:
mit wiesen und mit fehlem belieb ihn r«irh dos Rlifl.
.SinHocK siuirn 234;
Ich neble des nlnltlichsten rittciVt dich wcrtli,
beliehen mit leulen und landen. Uümobh 61 i
1445
BELEIMEN — BELEfLNEN
BELER.NÜNG — BELEUCHTUNG
1446
ein blick aus ihrer obem gartenstube, mit der sie, wie ich
höre, einen philosopheo beliehen haben, würde jetzt sehr er-
quicklich sein. GöTHE an Schiller S24; der beliehene. Kaxt
5, tio.
BELEIMEN, glutine prmare. Stieler 1056.
BELEIT, n. comilalus, gi-leit: wiewol er sich zum belait
nit erbriiten noch verbunden wolt haben. Lasz Karl 5. s. 257.
BELEITEN, ducere, deducere, comitari, ahd. pileitan (Graft
2. 1S5I, mhil. beleiten, der ältere ausdruck ßr das heulige be-
gleiten = begeleiten : des folgenden tags kam er wieder, mit
dem Täter vicario, general irs ordens, und vielen andern
beleitet. Lcther 1, 124'; nu hatte sie M. Franc. Burkardus
von Weinmar beleitet, lischt. 437"; do bleitet ich in wider
gen Zürich. Tbo. Plater 84; ich wolt aber in der wildin nit
von im, sunder in wider herusz beleiten. 87; wie wir zum
lanlgraven reiten und ihne gegen Halle beleiten wollen. Lasz
ifflr/5s. 4S7; zu haus beleiten. Bocc. 2, 1S6*; ein leich belei-
ten, fumis deducere. .Maaleh 57' ; eine braut beleiten ;
dasz dich sott beleiie,
mein sctiiropf. mein scherz! Ubla:<s 13S;
iez IUI man strick bereiten,
daran man wirt beleiten
die buben io gemein
mit freud zum rabensteia. 375;
die berrn von Lübik leten in beleiten. 551 ;
$ic sprach, fnhr hin in Treuden,
das dich di.'r liebe po!t heleit
io liehe und auch in lei<le. .\mhr. J6. «. 331;
und bald es nioricea anheilt I-igeti,
vril ich dich lüs.«eii sunder kia.::i-u
beleiten zu der herbei a; dein. Wickra« ;)iijcr G-t:
'der fürst kumbt bcicitet mit so vil rcutcrn'. ist lieblicher dan
'er knmbt und so vil rcuter beleiten in'. Icselsaver leutsrhe
gr. a 3 ; und beleiteten ihn in seine heibcrg. buch der liebe
32, 4 ; wil ich dir ein ehrliche gesellschaft zugeben, die dich
bis gen Lunden beleiten müssen. 62, 4. Galmy 196 ; ich nil
sie mit acht der besten grafen meines königrelchs licleiten
thun. Aimon m 1 ; weil du ja wilt beleitct sein und nicht al-
lein über die gasscn gehen. Kircbhof vendumu. 330'; zum
wenigsten beleiten sie ieos) ein pfeifcr und trommclschhtgcr
vorher zur tauf und wider durvon. mit. disc. HS ; reit mit
vielen andern herm, edelleuten und dienern bcicitet. 219;
wie er auch die Israeliten durchs rote meer bcleilet hat. Ma-
TUEsiLs so'; ich wil auch mit dir sein, dich beleiten und be-
hüten. 140';
denn weicht sein falsche sicherheil,
welche iu hat bisher beleit. II. Sagos IL 2, SS* ;
fahr hin, und das dich goii beleit. IIL 3, 10';
ich wil euch zwen beleiten nausz. IV. 1, IS*;
derhalben er auch dieselbe göllin mit groszer chrcntbielung,
wo sie hinaus ferl, beicitet (is dcam multa cum veneratione
prosequilur). Micvlls Tac. 450"; er hat auch den keiscr in
Egypten bcleilet. Beiszner Jerus. 2. 89'; so sie noch jung,
werden sie von den allen beleitut. Fober fischb. 94"; prufiind
oder anders zu beleiten. Fro.xsp. kricgsb. 1, 53*; pfad, der mich
belait. Melissüs p$. F 1* ;
l'acoüei bleil ihn iu die statt niio. Atkek2S7';
»0 habe er die heiligen drei kOnig beieilet, dasz sie nicht
wider gen Jerusalem fcoiitinen. AvRERproc. 2, 10; er habe das
kindlein beschiilzen und beleiten helfen, das.;
tl.-inimh ich durch Apollons elanz
und durch der niusen !;n.id iielailet
liir dich mit Ihnen h.-ih her.iilet
den wiiidi^I grünen Jim borkrau/. Wcckueiili.i 3li9;
dcintin gane belaiicn. 3S1 ;
der eine klagt, wie er \iel jähr
«eine« junkcni reulerknechl war,
ihn beleit, bewacht, bewprl. froschmrii^. 1 2. j".
tpäler begleiten, geleiten, obschon bei Stiei.er 1141 noch be-
leiten ahgefklirt. das gekürzte pari, beleit fiel zusammen mit
lieleit = helriil.
BELEITEBN, s. belitlern.
HELEITlNr.. f. cnniitalus. wir erkennen auch au» »uicher
Ijclfiliing der fKclie gut weiter. Forer 60'.
IIELEMMKBN, inipedire, scheint das nnl. belemmeren, doch
rgl. man auch lielanipern, da.t sich mit lemmem, irie beham-
inelii mit beiiimen berühren kviinte. Oberi.in 117 belemmeln,
bclatnniein mrdidare. sich beleinmem, beschmutzen.
BELEHNEN galt frülier ßr belehren, zumal sich bclcmen
ßr doceri, sich unterrichten:
weil er von der weisen schar
belernet war. Ri!«gwald erang. E4":
damit die heubtsumma, so sich eine gemeine eingepfarrte
versamlunge in irem bedenken und ratschlage aus der jar-
rechnung als für notdürftig und genugsam belernen und er-
kunden würde, für vol auszubringen und zu erlangen sc;n
möge. Luther 2, 266'; dasz er sich wider belernen lassen
wil. .\vrer proc. 1, 9; so mag man sich dessen anderer or-
ten belernen und ihn zufrieden lassen. 2, 10 ; der hätte sich
in allen traumbüchern belernen lassen, was die bände! be-
deuten sollen. Weise erin. 364. s. lernen.
BELEHNING, f. instrvctio: on all belernung frei. RI^c-
w ALD tr. Eckh. D 7' ; das gedächtnis ist die Schatzkammer un-
serer Wissenschaft, der Werkzeug aller beiemung. von BcTäCHKV
Palm. 302.
BELESEN, 1) depurgare, emundare, rein lesen: das ge-
müse, den salat belesen ; die linsen sind nicht ordentlich be-
lesen, in diesem sinn ahd. arlesan (Graff 2, 24S).
21 librum legere, perlegere: so thu ich das in aller gehor-
sam zu. wissen, das ich Cyprianum an zwei enden dazumal
allegiert hab, und vermeinet, doctor Ludder gieng des ersten
irr, darumb legt ich im ein zeichen dazu in sein buch, denn
er hatte in warlich nicht wol belesen. Eck bei Lutker l, 16l' ;
und so wir die alten geschieht warhaftiger hislorien belesen,
betinden wir. Frossp. kriegsh. 2, 30'; die teufel betten auch
alle brillen auf und sahen in die schrift zu belesen. Ayrek
proc. 1, 11.
3) Carmen, librum legendo consecrare, conjurare, formein
über einen, über etwas herlesen: so jemands schwach ist, so
sollen die pfaffien kommen und ine mit besonderen zauber-
wwrien belesen, hienenk. 166'; wie vil man sie [die heiligen
bildcr) auch weihe und belese. too'. das nnl. belezen sttht
oß ßr bezaubern: luat u beirzen, lasz dtch bezaubern, über-
reden.
A) das pari, praet. belesen in aclivem sinn einer der viel
gelesen httl, in den bücher(i bewandert ist: ein belesener
mann ; gelehrte, belesene leut, Garg. 1S4" ; ein belesener kautz.
239'; und ist so ein belesener mann, wan er im panrenka-
lendcr ein narrenkapp sieht, so weisz er gleich das f.isznacht
ist. bienenk. 203' ; er ist in den alten nicht belesen ; das werk
eines nicht sehr belesenen schönen geistes. LiCHTEXBERc 2,
22 ; der belesenste mann von der weit.
BELESENHEIT, f. leetio, multa lilerarum leciio:
was nfiizt belesenheit, was die gedächtnisbürde,
die schreib- und ruhmbegier aus tausend büchern rafl?
lIiesDOKN 1, 2S;
ihre erstaunliche bclesenheit in chroniken und ritterbüchern.
Wieland II, 9; das musz ich gestehen, sagte don Sjlvio,
nachdem Pedrillo mit seiner erzählung zu ende war, dasz
du eine erstaunliche belesenheil hast, Pedrillo. 11, 167.
BELESEB, m. exore'rsta. ein beschtrürer. Henisch 273.
BELESL'NG, f. iitcanlatio, Hemsch 273: es ist je so viel,
dasz man alle beschwörungen und belesungen mit kreuzen
machen musz. bienenk. 177'. gebildet rie ablesung, Verle-
sung, Vorlesung, übericsung.
BELEL'CIITE.N, colluslrare, ahd. piliuhtan: die sonne be-
leuchtet alles; alle gebüudc, wenn sie der mond sanft be-
ieuclitPt, nehmen sich gut aus; nur ein tlieil des hauses
wurde von den strahlen der sonne winters beleuchtet; eine
beleuchtete landschnft ; seinem beleuchtenden adlerblick enl-
gieng keine heldentbat. Schmier 922; die Scheiterhaufen dien-
ten zu nichls, als den heldenglauben und den rühm seiner
opfer zu beleuchten. 1015; mit der ungeheuren Volksmenge
war eine Verwirrung der religionen und meinungen enlslan-
den, die vim so wenigen äugen unmöglich mehr beleuchtet
werden konnte. 8(i0; hier wurde das beiragen des adels von
spanischen äugen beleuchlct. 830 ; der lischmarkl — ich gehe
oft datiiber und beleuihle die unglücklichen, aufgehaschten
meeresbewnhner. Götiie 27, HO; eine sokralische gleich bc-
leuthlete seele. J. Paul //es/i. 3, 155; die saclie konnte nicht
besser, als von dieser seile lieiciichlet ti'ws licht gesetzt» wer-
den ; ein gescliiclilschreiber ist oft mehr der mann, die Ver-
gangenheit zu IH-Icucbteti, als die gegenwart zu begreifen.
HELEL'CUTEIL m. cuinmeutalur. Tut vMtis reisen S, 2M.
BELElCIITLNi;, /. die beleucblung der erde von der
sonne; die stadl strahlte von beleuchlungcn ; es erfolgte eine
ungünstige beleucblung dieser angelegeuheit ; die beleucblung
in dem bilde ist g||l; es wird für heizung und beleucblung
des saals gesorgt werden.
91*
1447
BELEUMDEN — BELIEBEN
BELIEBEN
1448
BELEUMDEN, BELEUMUNDEN, diffamare, calumniari, ver-
leumden, würde ahd. pihliurauntün yelautct haben: das lasz
dich bewegen, das du deinen nächsten nicht beliimbden soll.
Keisersb. Sünden des munds 30* ; wol oder übel belümbdet, in
gutem oder bösem leumund stehend, irr. schaf 62.
BELEUTEN, s. beläuten.
BELFEN, gannire, latrare:
mich freuen die vielen guten und tüchtgcn,
obgleich so viele dazwischen lielfen.
die Deutschen wissen zu berichlgen,
aber sie verstehen nicht nachzuhelfen, Göthe 2, 251;
so hört doch auf zu helfen. 3, 115;
0 hört, wie die hündlein helfen. Röckert 210.
die Wörterbücher geben nur das frequenlativ belfern, was m. s.
BELFERER, m. obloculor, ein Zänker, widerbeller.
BELFERMAUL, n. os ganniens.
BELFERMUND, m. dasselbe:
der hund ist wache mit dem peifermund.
Kncttels kurzgedicIUe 1674 s. 53.
BELFERN, gannire: so laszt uns nicht hören ir schreien,
bellen, belvern, klagen und lestern. Luthers, 7'; das belfern
der fücbse. Henisch 273 ; ungeacbt was bruder Neidhart dar-
wider grunzen und belvern mag. Oberlin 117;
fern nun blafls und belfert mit nahendem laut.
Voss 2, 38 ;
zwar belferte sie jämmerlich,
doch muste sie sich geben. Bürger 48";
wie ein spitz an der keite gebelfert. Plaien282;
zu obren belfern, obgannire. Henisch 273.
BELGEN, tumere, irasci, ahd. pelgan (Graff 3, 103), die
Wurzel von balg follis, heute erloschen und nur in balgen
Tixari (sp. 1086) übrig.
BELIEBÄUGELN, oculis blandiri.
BELIEBEN, nnl. believen, ahd. und mhd. nur das einfache
wort, oder giliuban, gelieben.
1) mit acc. der peison, früher so viel als lieben:
{ir soll) dem feind vergeben seine schuld,
und ihn wie einen freund belieben. Waldis Esop 1,1 ;
als Venus wolte Mars in ihre liebe bringen,
hat sie ihn blank und blosz am besten können zwingen,
denn so sie, wie sie pflegt, in theurem schmucke blieben,
bätt er sie dürfen mehr berauben als belieben.
LoGAül, 2, 9:
wie mancher mensch ist doch von dir betrübt,
der dich beliebt. Nkümarks tustwäldchen 5.
vgl. beliebt.
2) häufiger mit acc. der Sache, probare, comprobare, gut
heiszen, billigen :
er beliebet den vertrag,
suchet was zetsireut zusammen. Sm. DaciiX2;
so wird dann auch die braut, was du ihr möchtest machen,
so gut es Immer ist, belieben und belachen. Logau 1, 8, 14;
gewislich, es hätten so viele grosze und weltberühmte leute
seine freundschaft nicht gesuchet oder beliebet. Brandts Tanb-
mann s. 67 ; weil der stand der geistlichen für fromm gehal-
ten und beliebet wird. pers. rosenf/i. 2, 5 ; es schreibet Aldro-
vandus, dasz die cameele die iiiusik oder einen lieblichen ton
sehr belieben sollen. 2, 24 ; der dein gesiebte ansähe und be-
liebete. 5, 10; dieser rath wird beliehet. 7, 20; der weisen
Sprüche werden nicht von jedermann mit gleicher neigung
angehöret, einer beliebet sie, der ander verwirft sie. pers.
banmg. 7, 29 ;
hier isis, hochüdles paar, was Ich in eil gescbrlcbcn
auf schlechte schnferart. Ich bin es zu beliehen,
Obs gleich gering und schlecht. Nkumarks /h.s<ui. IüO;
wird es belieiit, so möchte sich der polilische näscher auch
zu gelegener zeit einstellen. Weise kl. leute, vorrede; der be-
lichte allgemeine zug ins gelohte land. Moser 2, 80 ; dieser an-
zeige zufolge wurde belieht [placuil), dasz sich don Sylvio auf eine
kleine weile beurlauben sollte. Wieland 7, 2; dasz man die
Zeichensprache in frage und aulworl beliebte. IIkrdeii 1, 156;
die neigung des wcrilicn ui;mnes, überall inschrii'ten zu be-
liehen. GöTiiE 21, 99; man sollte aber doch, versetzte Wil-
helm, in diesen tagen eine aus^tellting beliehen. 22,163; wes-
halb der vorsichtigere freund den schönen mondscbein zum
vorwnnd naiun und auf einen Spaziergang antrug, welcher
denn auch sogleich beliebt wurde. 2.'>, 317; man müsse nach
der grammatik verfahn-n, wie sie einmal beliehi und verfaszt
worden. 24, 201 ; bis die gebrüder von Humboldt . . . einen
längeren aufentbalt in Jena beliebten. 55, 175 ;
mit Zuziehung der stand etwas belieben,
ist sonst wol nicht der herrn monarchen art.
GÖK1NCK3, 225;
doch konnten die cuinen ganz und gar nichts belieben ohne
vorhergegangenen senatsbeschlusz. Niebubr i, 574.
3) dies belieben, wenn ohne allen casus dem inßnitiv vor-
ausgeschickt, oder auch nur für sich gesetzt, wobei man einen
solchen inf. leicht ergänzen kann, bildet dann höfliche anrede
und frage: belieben sie einzutreten, sich niederzulassen,
mich anzuhören statt des natürlichen tritt ein, lasz dich nie-
der, höre mich an; schwächer als geruhen sie einzutreten,
daignez entrer, was man nur an vornehme richtet, was be-
lieben sie {zu verlangen}^ quid imperas?; was belieben sie
(zu sagen) ? quid dicis ? wie sie belieben, ut lubet. ihr, die
ihr heute oder morgen mein grab vorbeigebet, ich bitte euch,
beliebet an mich zu gedenken, pers. baumg. 4, 26; das er
(gott) meine sünde zu vergeben belieben wolle (hier noch
dignclur). 10, 5 ; mein herr, sie belieben allzu vortheilbaftig
von ihrem diener zu sprechen. Fclsenb. 1, 17 ; meine hochge-
neigte herren belieben wasser zu nehmen und nehmen den
ihnen selbst anstehenden platz ein! unw. doct. 506;
beliebet morgen einzusprechen,
die Wechsel laufen später ein. Lessinc 1, 82;
Ijierher mamsell! und sie belieben hierher (sich zu selzen)\
Göthe 10, 140; wie war es, wenn deine Weisheit uns diese
Sache ins klare zu setzen belieben wollte? Wieland 6, 74;
ich wisse mehr von ihrer geschichte, als sie mir selbst da-
von zu entdecken beliebt hatte. 27, 235; das ist ein kain-
merdiener, den herr Champagne beliebt hat ihm an die seile
zu geben. Schiller 660. in beiden letzten stellen wird nie-
mand angeredet, nur höflich von einer dritten person gespro-
chen, dies beliebt ist nichts als gewollt, es heiszl auch un-
artig oder ironisch: belieben sie nur zu warten, sie wollen,
mögen nur warten! belieben sie jetzt zu schweigen! sie be-
lieben wol zu scherzen?; du beliebst das anzunehmen.
4) mit dem dat. der person, gefallen, behagen, placere: diese
Sache beliebt mir nun einmal; es beliebt mir so; wenn es
gott beliebt; den feinden bat der krieg vor dem frieden be-
liebt; zu unterschiedlichen mir sonderlich beliebenden melo-
deien. Weckherlin i'orr. zu den geistl. ged.; die narren be-
lieben sich in ihrer narrheit selbsten. Philander 2, 155 ;
wem redlichkeit beliebt, ist bösen stücken feind.
Fleming 57 ;
was uns an Ihr beliebet,
liegt vor uns kalt und todt,
sei, junge weit, betrübet,
dich rührt die meiste noih. 308;
ein weib, dem lob so sehr beliebt. Logau 1, 8, 37 ;
immer betteln, wo mir belieben (wo ich befehlen) darf! Fr. Möller
3, 253. Auch hier erzeugen sich höflichkeitsreden : was beliebt
dir? = was beliebst du? wenn es dir beliebt, gefällt, gefäl-
lig ist, s'il vous platt; wie es ihnen beliebt == wie sie be-
lieben;
zur Sache, wenns beliebt.' Schiller 342";
meine herren, wenns beliebt! {auffordernd); was beliebt?
wie beliebt ? (wenn man einen nicht verstanden hat) ; zumal
in der Verbindung mit lassen : du wirst es dir beliehen las-
sen; so lasse ihr nun e. churf. durchl. gnädiglich beliehen.
Weckherlin zueign. der weltl. gfd.; ich solle die einsamkeit
und stille mir belieben lassen, pers. rosenth. 2,\i; nun läszt
sich Esau belieben eine heidnische gemahlin zu suchen. Weise
comüd. ; möchte sich beliehen lassen, die kluge naricnhistorie
umbständlicb zu erzehlen. kl. leute Vi ; zwei l'reundinnen, wel-
che sich belieben lassen mit uns nach Felsenhurg zu reisen.
Felsenb. 2, 616; meine werlheste herren, ich bille sie lassen
sich beliehen zu silzen. unw. doct. 386; mit bitte, die her-
ren wollten sich belieben lassen wasser zu nelmien. 395;
liesz auftragen und bat, die herren wollten sich beliehen
lassen zu sitzen, so auch geschach. 756 ; die mächtigsten
lieszen sich diesen Vorschlag beliehen. Wieland 6, 39 ; kater
Doria lasse sich nun die mause beliehen! Schiller 1.S4; las-
sen sie sichs brav beliehen! Millers Siejtt'orM, 53; nun kin-
der, laszts euch beliehen! 1, 108.
BELIEHEN, n. lihido, arbilrium, gefallen, verlangen:
1) seines beliebens, ut libcl: ihn seines beliebens zu be-
zwingen. ZiNKcn. 414, ir. ; nach liclieben, nach bloszem belie-
ben, nach deinem belieben, nach eines jeden helieheu ; mit
beiderseits gutem belieben. Sciuieeius 641 ; je nacb belieben.
2) belieben tragen, haben, linden zu, an etwas:
Ich trag am rauben ein belieben. Logau 1, 7, 65 ;
1449
BELIEBERN — BEHEBUNG
BELIEGEN — BELL
1450
trägestu lust und belieben zu dem hofleben, kanstu an das
bret zu kommen hoffen, wann du zu allem willig bist. Schcp-
P11S553; in was für concave gemmen haben sie denn sonst
zu schneiden belieben getragen? Lessi>g S, 144; spasz zu ma-
chen belieben trug. Wielasd 21, 324; und man nicht eben
zur beiz oder jagt belieben hat. Bltschrt Palm. 37; fand er
doch viel belieben an der Unterhaltung. Wiela.nd 7, 141 ; er
findet belieben, lust und belieben an pferden und bunden.
31 belieben machen, geben, bringen, stellen : sein stand
machte ihm ein belieben zu glauben. Simpl. 1, 2 ;
weil als der tag die nacht
ihr mehr belieben bracht. Logac 2, 2, 46 ;
nehmet hin den schlechten willen, gebet nur ein klein belieben,
ei so wird ein jeder glauben, dasz ich köstlich ding geschrieben.
3,zug. 129;
ich stellte alles in sein belieben.
BELIEßERN, concrescere, coagttlari, geliebem, ahd. gelibe-
run, altn. lifraz, dän. levres, zu leber gehörig : wusch er
Reicharts wund umm und umm, und reinigt in von dem ge-
blut, so umm die wund beliebert was. Aimon p 3.
BELIEBIG, gratus, commodus, voluntarius, gefällig: beschen-
ket zu werden ist beliebig und nützlich, von Bltschkt Palm.
434; den bienen ihre neue herberge angenehm und beliebig
machen. Hohberc 2, 3G5'; alle selbst beliebige freiheit las-
sen. Felsenb. 1, 330 ; daferne es anders ihnen allerseits belie-
big ist. 2, 36 ; wenn es beliebig, so wollen wir von diesem
gespräche abbrechen; so dasz alle beziehung, von welcher
uns Newton so gern überreden möchte, als ein leerer wahn,
als ein beliebiges märchen anzusehen ist. Göthe 59, 125;
sollte es ihrem herrn Schwager und den beiden damen gleich-
falls beliebig sein {mich zu besuchen), so würde es an einiger
Unterhaltung nicht fehlen, an Schiller 855. beliebiger, frei
stehender gebrauch.
BELIEßLICH, gratus: beliebliche Sachen. LogadS, 5, 5;
vertreuliche schwanke,
belieblich getränke. 1,10,69;
höchst belieblich. Scboch stud. A2; lauter süsze blicke, lau-
ter beliebliche scherze. Weise kl. leute 262 ;
sie ist belieblich, zart und schön,
was soll ich dann zu andern gehn?
iiber/l. ged. th. 1, dutzenJ 3, lied 8 ;
ich hntt es nicht vermeint, dieweil betrübt und schön,
belieblich und erzürnt nicht wol beisammen siehn.
dutzend 2, lied 4 ;
ihre maj. hatte sie mit allerlei ihnen belieblichen und gefäl-
ligen Sachen begäbet, pers. reiseb. 3, 4. heute veraltet, man
sagt lieblich oder angenehm. ^
BELIEBT, gratus: ein beliebter, der beliebteste mann im
land; ein beliebter Schauspieler; eine beliebte redensart;
so kehrt er wiederumb gar freundlich und beliebt
zum frawlein, das sehr war erschrocken und beirübt.
Werders Ariost iS, 8;
bei den Egyptern war der schäferorden verhaszt, bei dem
Volk gottes aber war er sehr beliebt. Kongebls lorberhain 7; {
und wie mancher war ein beliebter und gesegneter mann |
blieben, wann er im trunke nicht alle heimlichkeit geoffen-
baret. Weise erzn. 305 ;
mein Dorindgcn, nimm die blumen •
mit beliebten banden an.
iiberfl. ged. th. 1, dutzend 2, liedZ;
nichts ist so beredt, so da allen alles und zu jeden zeiten I
beliebet machen und überreden könle. Schuppius 403; wie ha-
ben sie sich denn so beliebt bei ihr gemacht? Gellert;
beliebter wald, beliebter kränz von büschen! IIallcr;
beliebte lufl auf väterlichen bügeln! derselbe;
das beliebte rettungsmittel. Klincer 10, 2SS;
im fernen land, hoch berp und wald
ist mein beliebter aufenthall. Goriie 13, 86.
DELIEBLNG, /. vas belieben, lust, gefallen:
dann ich denselben tag mich für glückselig hielt,
da zur beliebung ihm ich halte was gespielt.
Wkroers Ar. 5, 15;
der wirl beut beim trinken seinen gasten an, selbige weiber
ihrer belichung nach zu ferner lust zu gehrauchen, pers.
reiseb. i,*-)-, er liesz sich plagen wie ein ball, der nach be-
liebung der kolbe hin und wieder getrieben wird. fers, baumg.
4,19; wenns nicht wahr ist, iiiagstu mir nach deiner belie-
bung die gröszte marter machen, pers. rosrnlh.i,3b; sie hat-
ten keine beliebung, mich mit zu nehmen. 2, 5; es halte ein-
mal ein könig grosze beliebung zum bogenschieszen. pers.
rosenth. 3, 27 ; wenn wir alt werden, vergehet uns alle lust,
davon die Jugend so grosze beliebung hat. pers. baumg. 9, 2 ; be-
liebung an reisen tragen, pers. reiseb. 1, 1 : begierd und beliebung
trug. Harnisch 13; lust und beliebung zur weide. 147; lust und
beliebung zu neuerungen haben. Scbcppics 522; es mit belie-
bung lesen. 625; so trag ich im geringsten keine beliebung
zu solchen schulpossen. Schoch slud. A; und weil sie so
ganz keine beliebung zu einem hofmeister tragen. B ; es ma-
chet lust und beliebung zu den studiis. Simpl. 305; so darin
beliebung gehabt. Leibmtz 469; in einem gasthofe zu blei-
ben, dazu hätte keine beliebung. Plesse 1, 58 ; er schien zwar
hierzu beliebung zu haben, später erlischt das vort und gilt
nur noch in dem sinn von Vereinbarung (/ranz, agrement)' unrf
freiwillig gemachter einrichtung ; so hatten die handwerke eine
todtenbeliebung, leichenanstalt ; dasz das allgemeine latinische
landrecht in kraft war und einzelne orte daran durch belie-
bungen nichts ändern konnten. Niebuhr 2, 37 ; der eigenthüm-
liche Charakter dieser volksbeliehung. Dahlxass dän. geseh. 1, 194 ;
es gelang ihm die beliebung durchzusetzen, dasz in den Städ-
ten die Waffen künftig abgelegt werden sollten. 2, 146.
BELIEGE.N, jacere, kommt heute fast nur im pari, belegen
(ip. 14421 und im inf. neben bleiben vor (wie hängen, behangen,
haften bleiben), das ahd. pilac, vihd. belac drückte aber ßr
sich aus er blieb liegen; er belac tut, blieb todt aiff dem feld
liegen, beiiget üf der verte, bleibt unterwegs liegen:
ach nu ich bin geschwinde krank,
ich bleib beilegen auf der bank.
Stricker» schtemmer C4';
die spende ist beiigen blieben, urk. von 1657 in Grotes gesch.
von Sordheim s. 61; wer den gefallenen zu hülfe kompt, der
bleibet, wann er fället, nicht beilegen, pers. baumg. 2, 9; das
holz aloe gibt keinen lieblichen geruch, wenns nur in der
büchsen beilegen bleibt, pers. rosenth. 1, 2t;
und was ihm aus der feder fällt,
ist, wie es fällt, beilegen blieben. Wernicke 112;
man sagt aber gewöhnlicher liegen bleiben, liegen geblieben.
Das ahd. pilikan stand, vie pisizan und unser besitzen,
auch transitiv im sinn von comprimere, opprimere (Graff 2,
S7. 89). so sagen icir heute noch: du beliegst mir das eben
geraachte bett; die rinder beliegen und vertreten das gras;
gewinnen die schäfer nicht jarlich ein groszes, dasz sie an-
dern leuten mit irer herde die ecker beiigen und tüngen.
Kirchhof iceniiunm. 240". im 15 ;A. hel^ ßr belagerte. Haupt
8, 331.
BELIEGEN, richtige alte Schreibung statt des heutigen be-
lügen, mendaciis fallere, nnl. beliegen : damit er je mein un-
williger, ungünstiger und soviel desto sterker gezeug ist, das
ich ein recht from Christen, und on ursach von im ein ketzer
belogen bin. Luther 1,385'; wer uns in disem artikel abgöt-
tisch beleuget und lestert, der beleuget und lestert Christum,
das ist gott selbs als ein abgott. 8, lOO'; das ist nicht das
erste mal, das ich von e. f. u. {Ungnaden) belogen und bös-
lich dargeben bin. br. 2, 285. irie beilegen Und belügen ver-
hält sich belriegen und betrügen.
BELIEGER, m. viendaciis fallens:
weil Polinesso war ein lüsner und belieger.
stolz, grawsam, ungerecht und geiziger betrieger.
Werders .4r. 5, 87.
BELINIEN, lineam cognationis probare, s. bebusemen. heute
auch ßr linien ziehen, das papier belinien, liniieren.
BELISTEN, fallere, decipere, überlisten:
komm doch glück mir zu wünschen, Amalia! schämst du dich
jeizo,
das/ du mich also belisiet! geduld, wir sprechen uns weiter.
Luise 3, 376 ;
die (polilik) damit sich klüglich fristet,
niemand als sich selb belistet. Rückekt 1S3;
es wür eine fi-eude, deo altea fuchs zu belisten. Kli.xcer
1, 121;
der will den feind belisten wird bestrickt. Tieck 5, 530.
BELITTERN, bergmännisch ßr beieitern : einen Schacht be-
littem, die fahrten in ihn einhängen, ihn mit leitern versehen.
BELL oder BELLE, f, ein bestandlheil des schifs. worüber
die Wörterbücher auskunft versagen: weiter auf die bellen vom
schif, zwischen dein inast und dem haus voran. Fromsperc
kriegib. 1, 16l'. man denkt an bell in arschbell, elunis. bel-
len könnte aber auch ein pl. sein und zu balle fascis, globtis
gehören, wie in folgenden stellen: do nameo sie ein güldene
1451
BELLE — BELLEN
BELLEN
1452
schalen usz dem tempel und verbargen die heimlichen in die
beliin Esopi. Steiniiöwel (1555) 25; bunden die Deiphici sine
bellia (sein gepäck, seine ballen) uf und funden die gülden
schalen. 25'.
BELLE, f. pojmlns alba, poln. topola biaia, it. pioppo
bianco, sonst auch albele, alber, abele und daraus gekürzt.
BELLE, f. lalratus: der hund hat eine starke belle; du hast
eine gute belle, starken htisten; die gottesackerbelle, ein schwind-
süchtiger husten, mhd. sagte man bei oder bil m. (Ben. 1, 125').
BELLEN, lairare, pcrsonare, prael. boll für ball, pl. bul-
len, pari, gebollen, auch bellte, gebellt, mhd. bellen bal bul-
len bollen (Ben. 1, 125'), ahd. pellan pal pullun poilan (Graff
3, 91), ein uraltes wort, dem skr. bhil findere entsprechend, da
nun zugleich skr. bhid findere besieht, welchem wir unser bei-
szen an die seile setzen durften tmd das aus bhid, nach dem
Wechsel zwischen D und L, bhil hervorgegangen scheint, so ge-
währt unsere spräche in beiszen und bellen dieselbe doppel-
gestalt einer würzet, die im skr. bhid und bhil vorliegt; das
latein hat nur lindere = fidere für bhid. wer bhid und bhil
von einander hallen will, musz ihre einstimmende bedeulung
zugeben; wer beiszen und bellen zu einigen trachtet, kann
anschlagen, dasz die begriffe des spaltens, brechens und schal-
lens in einander übertreten, z. b. aus frangere ergibt sich fra-
gor, aus brikan altn. brak Stridor, crcpilus, braka crepare;
unser krachen crepare wird zu transitivem krachen frangere
(niisse krachen, ein ei zerkrachen) tind crepare kann scindi
bedeuten; altn. skella ist sowol tinnire als amputare, secare;
bersten sowol brechen als krachen; klaffen hiscere, findi und
latrare. alles schallende bricht die luß, schneidet in die laß,
reiszt ins ohr, umgekehrt jedes rciszen, bersten, schmettern
bringt einen laut und geräusch hervor.
Das Sanskrit verbindet, soviel wir wissen, mit bhil, das la-
tein mil findere nur die Vorstellung des spaltetis, tmser bellen
hat umgedreht mir die des schallens, man müste denn in ars-
pelli dunes noch die bedeulung von spalte, kerbe suchen, aber
auch auf anderm wege ist der begrif des spaltens erreichbar.
bellen stellt sich als secundäre form dar, welcher ein heilen,
mhd. bilen praet. bell vorausgieng {wie ein subst. bell latra-
tus sp. 1376 neben ball sp. 1091 besteht), das zwar wiederum
latrare ausdrückt, doch daneben an heil securis, folglich an
heilen, spalten, kerben reicht, wir empfangen dadurch einen
oben noch entbehrten näheren aufschlusz über den verhalt der
beiden verba heilen latrare und heilen incidere, findere zu ein-
ander.
Während unser bellen hauptsächlich auf den hellen laut
geht, den der hund, hirsch und fuchs von sich geben, das ags.
bellan vom geschrei des ebers gilt: bearg hellende on boc-
vuda. cod. exon. 428, 10, das engl, belling noch von dem des
hirsches ; wird das ags. engl, und nl. subst. bell, bei für die
schallende glocke oder schelle verwandt, den Schweden ist
skälla latrare, und Fischart Garg. 149' nennt die glocken
kirchschellen, aber 152' auch bellende, billende, bollende
kirchposaunen, man könnte sagen, in früher vorzeit ersetzte
dem nahenden wunderer das gebell der haus und hof bewa-
chenden hunde den aus der ferne ihm entgcgenschallenden glo-
ckenklang. der hundename hello ni. und bclla f. ist alt, vgl.
ahd. mistpellä. Natürlich aber war es, dasz man mit bellen
von früh an auch das laute geschrei der menschlichen stimme
bezeichnete.
1) thierisches bellen: sie sind glich den bösen haushünd-
lein, die tag und nacht bellen, was aber der starken rüden
seind, die keren sich nit daran. Keisersb. Sünden des mundes
42"; die schwachen hund hellen aller meist, als die mistbel-
lerlin. aber die groszen starken hund hellen selten, die klei-
nen belzlin bellen tag und nacht. 70'; wan als ich vormals
auch gesagt iiab, was der Ihörigen hund sein, als betzlin und
die misthellerlin, die bellen tag und nacht, aber was der
groszen starken rüden sein, die licllen selten. 81"; gleich als
wenn einer einen hund, der feindlich pillet, verachtet und
für über gehet, so beiszt er nicht allein nicht, sondern hö-
ret auch auf zu bellen. Luthers /i«c/ir. Tl'.t' (2,14'); da bul-
len die bauren, da liefen die hund mit spieszen. de generib.
cbriosor. 20; disz geschach zu der zeit, da die häuser (lo-
gen, die Ihicr redten, die bech branlen und man mil slro
leschtc, die bauren bollen, die hund mit spieszen lierausz
lolTen. bienenk. 182'; ein hund der immer schrelil und billt,
beiszt selten. Kirciimof nenciunni. 222' (2auj; leise bellen dem
gespür nach. Heniscu275;
drumb pall er {der hund) weidlich in den häufen, ganskönig D5;
ich wcisz nicht, ob ein hund viel gilt,
der allen schmeicheil, keinem billt? Logau 1,8, 29;
die hunde, die am meisten bellen, greifen am wenigsten zu.
Jucundiss. 209 ; (der hund) ohne unterlasz gebollen hätte.
ehe eines mannes 253;
mich lobt das ganze haus, warum?
ich kann die treue klüglich üben,
ich bleibe dem geliebten stumm,
und belle betilern oder dieben. HAGSDonn 2, 28 ;
Hylai billt. 2, 131 ;
billt unser Hylax nicht? Overb. VirgilHl;
ha, da liegt er mit gesenkten obren,
der mir oft noch muih ins herz gebellt. GöeingcS, 27;
drinnen im fels wohnt Skylla, das fürchterlich bellende
Scheusal. " Voss Orf. 12, 85;
doch immer klaft es hinterher
und billt aus allen kräften. Götuk 2, 219;
der Jagdhund boll. 26, 77;
es boll ein hund. J. Paul Hesp. 4,172; so kann in der dach-
kaminer zwar ein träumender hund, aber ebenso gut ein
träumender versemacher gebollen haben, paling. 1,30; eben
haben die beiden hunde wieder gebollen; billet ein hund, so
klaffen sie alle ; bellende hunde beiszen nicht ; verzagter
hund billt am meisten; wenn ein aller hund billt, soll man
hinaus schauen; alte hunde ist schwer bellen lehren; wer
kann dem hund das bellen wehren?; wenn der hund scheiszt,
so kann er nicht bellen ; auf ihrem niist bellen die hunde
tapfer. Auszer bellen gilt vom hund baffen, befzen, bauzcn,
gauzen, blaffen, klaffen, helfen, belfern, gelfern, greinen, heu-
len, schrellen {schrillen) und zumal lauten, hochlauten, d. i.
hellen laut erschallen lassen. Den wolf läszt man heulen,
doch steht schon im Annolied 691 von bellindin, grawin walt-
hundin. weidmännisch billt der fuchs (Döbel 1, 39'. Becher 66),
die jungen fuchse bellen, wenn ihre nahrung zu lang aws-
bleibt. ein titelloses, im j. 1486 gedrucktes gedieht miszt dem
hirsclie bellen bei.
da hon ich hinsehen stolz
vast pöllen lut und grimm
mit brünstiglicher stimm.
2) bellen von menschen gebraucht, laut schreien, lermen,
eifern :
er sei ein weidenlicher gesell
und bull was er wöll. fastn. sp. 1425;
und ich Johannes Geiler von Keisersperg wird bald LXIV jar
alt und stand noch hie zu schrien und zfi bellen, aber ich
gedenk, das es gar ein behutsamer stiller leben was we-
der es ietz ist. omeis 19* ; Hellas bal wider die falschen pro-
pheten. ehr. bilger 139; er hat grusamlich gebollea. ebenda;
hie billet einer von der messe, hie kreischet der ander von
guten werken. Luther 4, 382'; es geben wol etliche für,
s. Paulus habe 1 Cor. 14 eim iglichcn freiheit gegeben, in
der gemeine zu predigen, auch wider den ordentlichen pre-
diger zu hellen. 5, 492'; obgleich die, so da wider bellen,
irren. 1, 15';
die tochter wider dmuter bilt. Wickraüs bilger 6^;
Tit. 2, 9 steht widerbellen : das sie (die knechte) iren herren
nicht widerbellen {firj avriliyoiTas, v\ilg. non contra di-
centes) ; ich rede oder helle aus keinem hundskopf. He-
MscH 275;
man wiegen den discant, man brüllet den lenor,
man billt den contrapunct, man heult den olt hervor.
Logau 2, 5, 39 ;
kennt mich der gute maim? er kennt mich nicht, ich wette,
doch was? als ob nicht auch sein bruder an der kette
auf die am heftigsten, die er nicht kennet, billt.
Lkssimg 1, 10;
krittler bellen sich zu tollen hunden. 1)ürgku57*;
wir begrüszten ihn mit wenigen, höfliciien worlcn, die er mit
bellenden, stotternden tönen erwiederle. Götme 28, 43; nun
hellt ihr gegen den pahst. Kkinger 1, 277; das ganze land
hustet, es hilft nichts zum arzte zu gehen, der bellt selber
ärger als seine künden. J. Paul uns. löge 1, 8'J.
3) bellen auf Sachen angewandt:
sprich auch, dasz Eol stracks >ein leichtes volk verbanne,
darniil es nicht auf uns mit .stiirm und wetier billt.
FtKaiNi; 474;
wenn die mlügimst billl. Gümtiikh 20. 212;
imsro zeit, in der der hundssiern billl. 470;
und mein gewi.sscn billt. 1041;
1453
BELLER — BELOCHEN
BELOHNExN — BELORBERN
1454
wie wenn die winde bellen,
wenn see und weiter lobt. Neumark 185;
sein bellendes gewissen, irrgarlen der liebeil;
er hört den zank nicht vor gerichten bellen.
Hagedob."« 1, 72;
und das here im innersten bellt ihm. Voss Od. 20, 13;
ein reiszendes Ihier biilt in meinem eingeweide. Gebstenberg
Ogol. 60; und ich sollte mit diesen bellenden begierden mich
zu tode schleppen? Fr. MLller 2, 144; der hunger bellte
{stomachus lalrat). Klinger 6, 128; ist der bellende innere
thierkreis abgefüttert. J. Paul Kamp. 61 ; aber davon Tveisz die
bellende Undankbarkeit nichts, aestli. 3, 40 ; schmerzen, die
den menschen anbellen, mumien 3, 35; ein hassender geist
spürt lieber die plagen der armen aus, seltner um sie zu
heben, als um über die reichen zu bellen, flcgelj. 3, 50.
BELLER, m. v/.a^wiefi).n^ und axi/.a^, der bellende, wach-
same hund, der Wächter, hello, auch in der gaunersprachc beller:
plötzlich nunmehr den Odrsseus ersahn die wachsamen beller,
i^aTiifr^s S' OSvoija iSov m^ve? v'/.ay.oufoooi.
Voss Od. 14, -29 ;
bei dem spiegelnden borgquoil
gien? um gelagerte ziegen und seidene sch.nrcben em beller.
Voss 2, 21".
die Jäger nennen den zur auerhahmbalz abgerichteten hund
vorzugsweise beller. Döbel 1, 112;
heucbler und hunde belecken die teller,
jene sind Schmeichler und diese sind beller.
LoGAU 1, 10, 45.
mhd. er kaller, er beller, er vederspil,
da; krimmt und doch niht väuen wil. Jüngling 921.
BELLERIN, ^. s. widerbellerin.
BELLERLEIN, n. oy.v).äy.ior, ein bellendes hündchen, s.
mistbellerlein, und die unter bellen 1. aus Keisersberc an^e-
zognen stellen.
BELLET, m. fueus, schminke, it. belletto : one zweifei aber
hat das lateinische wort fucus, welches ein anstrich oder bel-
let heiszl, vom bebreischen fuch den namcn. Mathesiis 106*.
BELLETSCHIER, it. bella ciera, franz. belle chierc, gttte
miene, dann aber blendwerk: mancher einfeltiger, der nicht !
wol mit gottes wort unterrichtet ist oder im die äugen von
gottes wort abwenden und den verstand mit disem nebel und
bellitschir bezaubern, verblenden und bethoren leszt. Stets«.
Cephalls tf arer qrund und beweisung. 1551. 4. C 1 ; der fucbs
kan gut belletschier machen und sich oft von den banden
losreiszen. .MATHESiusconc. 9 Sarep/ae; vil bellischier. spengel-
werks und grammaschi. Frank spr. 2, 90* und danach Henisch
275; granschier e bellischier. BRAMnarrOTJcA. 206; er vermocht
sich nicht des bellischierens und kappenruckens. Garg. 45'.
BELLHA.MMEL, m. rerrex sectarius. Henisch 274, nnl. bel-
hami'i, der widder, dem eine glucke um den hals hängt, auf
deren geläut die übrigen schafe folgen, franz. clocheman,
sonnenr.
BELORBRIEF, m. literae in aliquem honorifieae: da er
bei seiner eignen ehre die i)elobbriefe seines gewissens den
schandgemählden der weit ruhig und stumm entgegensetzt.
J. Paci. Uesp. 3, 22.
BELOBEN, collaudare, laudare, bei den dichtern sonst ofl
in anreden : belobter held I belobter musensohn ! ; es ist
noch immer von den belobleslen goltesgclehrten geschehen.
Käst 1, 239; der belobte Verfasser; tugendbelobte frau;
belobte meisicr ira gesang. Schiller 452';
und sollen wir sie nicht darum beloben?
WtRLA.ID 3, 101;
so wil Ich dein erbarmen
beloben, w.-il ich bin. FLrst.to 29 (31);
da macht ich mich beloht bei vielerlei provinzen. 99;
der belobte (a-r o/l nachgespruchene) gnindsafz des .\ristole-
les ist falsch. Kant 5, 230; von der läge der Stadt und ih-
ren berlirhkeilen, die so ofl beschrieben und liclobt sind,
kein wort. Gothe2S, 23; ein belobendes wort inusz ich dir
hier sagen. Bettine briffel,HB. sich eines beloben, rühmen:
er hat sich dessen li«loht, damit geprahlt ; darzil wil ich euch
des meinen als vil geben, das ir euch des von mir beloben
Sölient. Aimon S ; des .sidlu dich billich belolten. Fierabr. B 6.
BELOIU'NC.SSCMREIRE.N, «. ifo5 belobhrief.
BELORI NGSZELGMS, n. Götter 3, 204.
BELCMMEN, furstmännisch, die harzhölzer belochen, be-
harzen, das harz durch gemachte einschnitte abzapfen, t. locb-
baum. mhd. ist belochen pari, von beliechcn, tloHdert.
BELOH.NEN, praemio affieere, remunerari, nnl. beloonen,
1) mit dat. der person, gen. der sache, wie man mhd.
lunen einem eines sagte: er gelrawet gott, das er im seiner
guten werk belonen wil mit ewiger selikait. Keisersb. hos
im pf. ; des belonet dir got dester me. cAr. bilger 13 ; und
ist so fruchtbar, dasz si dem säer hundertfeltig seiner arbeit
belont. Frank wellb. 5*;
auch man dem redlichen und Trummen
seiner tugend nimmer betonet. 11. Sachs I, 1S7*.
statt des gen. auch die praep. mit : dir mit undank und allen
bösen tücken belohnen. Lokman fab. 22.
2) mit dat. der person, acc. der sache: sie belohnele den
heiligen ire arbeit, weish. Sal. 10, Is ; und ist doch weder im
noch seinem beer seine erbeit für Tyro belohnet worden. Ez.
29, IS ; so wird ers euch wol belonen. Sir. 51, 38 ; seid frö-
lich und getrost, es wird euch im himmel wol belonet wer-
den. Matth. 5, 12 ; o du ehrlicher Hans, das belohn dir gotu
ScHUPPics 171; dasz ihm seine untreu wird belohnet wer-
den. 355.
a) mit acc. der person: du belohnest die wol, die deinen
namen fürchten, ps. 6t, 6; gott wird dich belohnen; alle
wurden reich belohnet, dies kann auch bedeuten bestrafen,
wie lohn verdiente strafe ausdrückt: die Verbrecher sind end-
lich belohnt worden, haben ihren lohn empfangen;
straf unsern feind. auf dasz er, recht belohnet.
nicht langer ärgerlich stolzier. Weckuerli.'« 182;
es liebet nicht sein kind,
der keine rute bind :
das herzeleid belohnet
den, der der kinder schonet. Logac 3, 10, 25.
die Sache wird durch die praep. für ausgedrückt: ich belohne
dich für deine that, für deine mühe.
4) mit acc. der sache statt der person: ich belohne deine
mühe = dich ßr deine mühe; belohnt er ihre mühe? Schil-
ler 339"; das belohnt {vergilt) alle meine sorgen; gott be-
lohnt die tugend, die tugendhaften ; gott belohnt, d. i. be-
straß das lasier, die lasterhaften; denn deine arbeil wird wol
belonet werden =du für deine arbeit. 1er. 31, IG; denn sie
haben der hofnung nicht, das ein heilig leben belonet werde,
treisn. Sal. 2, 22. ohne casus: o das belohnt! eine beloh-
nende aussieht.
5) unpersönlich, a) es belohnt die mühe:
obs nicht die müh belohnt
die band voll jähre miiziinehnien? Göki?(ck 1, 120.
b) es belohnt der mühe: es wird des Versuchs belohnen,
die gegenstände näher in Verbindung zu bringen. Hippel 11, 18.
c) es belohnt sich die mühe, belohnt sich die mühe nicht;
um den sichs kaum die müh belohnt. Gökinck 1, 23.
d) es belohnt sich der mühe, der mühe nicht.
fücht alle diese hergebrachten ßgungen sdteinen richtig,
nach maszgabe von einem geben und einen begaben, einem
schenken und einen beschenken sollte auch nur gesagt wer-
den einem lohnen und einen belohnen, hiernach sind 3 und 4
vorzügluiier als 1 und 2. ßir i b, d würde besser stehn es
lohnt orfer verlohnt, es lohnt, verlohnt sich, freilich aber fü-
gen wir zu benehmen gleichfalls den dat. der person und ace.
der Sache, vgl. ablohnen.
BELOHNER, m. remuncrator, praemii auclor.
BELOHNUNG, f. praemium, remuneratio, merces: werfet
ewer vertrawen nicht weg, welches eine groszc belonung
hat. Ehr. 10, 35; denn er sähe an die belonung. II, 26;
dann alsdann, wann der herr zu gericht kommt, ist kein
zeit der arbeit, sonder der belonung. alsdann ist kein zeit
zu betteln. 6(CHe»iA-. 3S' ; wo nicht ist der tugend belohnunge,
da ist auch darzu kein lust noch liebe. Schlppils 412 ; eine
ehrende belohnung; ich finde meine belohnung darin, dasz
sie mir recht geben ; ich verlange keine andre belolmung.
BELORRERN, lanrea ornare, viit dem ton auf o:
hat der unverhofte bli.i dein belorbert haupt getiolTen !
Gntphics 1, 396 ;
und mein beldrbert haupt zu dicken.
LoHK^isT. Cleop. 126, 784;
die beiurberte furie, krieg der orobning.
Klopstock 2^ 127;
0 diese kunst Tcrsicht
nicht jeder kaiserlich belörberte poet. Wisland 5, ICO.
seit man aber ßr lürber iörbeere vorzog, heitzl es auch be-
lorbdcrt :
die Stirn, wie ein priester, belörbeert. Platin 2$]
1455
BELT — BELUSTIGEN
BELUSTIGUNG — BELZPLETZIG
1456
BELT, m. wir verslehn darunter meist die 7neerengen an
den dänischen inseln, welche oslsee und nordmeer verbinden,
zuweilen aber das ballische meer selbst, in welchem sinn z. b.
Ramler 1, 43. 63 bell gebraucht. . jenes entspricht dem ddn.
bell n., neben belle cingulum, schw. biilte, altu. belli, und
man vergleicht das meer, wo es schmal wird und sich ver-
engt, einem durch das feste land gezognen gürtet, belli aber
ist das ahd. palz (Graff 3, 114) und tat. balleus. Bell == fcü/-
tisches meer hingegen mahnt an Baltia bei Plinius 4, 13 und das
litt, bailas weisz {oben sp. 1081). in keinem der beiden falle
ist die Schreibung bell hochdeutscher ausspräche gemdsz. auch
Fleming, der belth schreibt, meint die oslsee und ihre küsle:
am meisten tiasz sich hier die weisen najadinnen
ümm dich, du grüner Belth, mit feuchter lusl verdrehn. 657;
du zäum des frechen Belths. 631;
auch wil ich mich beüeiszen,
den ungelobieti üeltli, dein griines Vaterland
zu rühmen überhoch. 623.
BELTERN, sich, trahere se cum aliquo? mit uns steifen
bauerkerln sich bellern zu müssen. Hermes in Soph. reisen
2, 335. sonst ohne anhält.
BELÜFTEN, aere, aura instruere, mit luft ausstatten, luftig
machen: der lungen halben wissen, das sie die ist, die den
ganzen leib belüftet, der sonst erstickele. Paracelsus chir.
sehr. 342'. in solchem sinn könnte gesagt werden ein zimmer
belüften. . .
BELUGEN, aspicere, anlugen, beschauen: einen neugierig
belugen.
BELÜGEN, mendacio dccipere : gott kann man nicht belügen ;
unterzeichnet er
das fürchterliche urtheil schon? er ist belogen. Schiller.
s. beliegen.
BELUGSEN, BELUXEN, belauern, bctriegen, von belugen
abgeleitet, wie ablugsen von ablugen.
BELULLEN, Fischart führt Garg. 79" unter den epilheten
der schiffe auch an berollet, becouipasset, beraseilet, besa-
net, befanet, getopfseilel, bezugcabeiet, belullet, die lul f.
pl. lullen heiszt nnl. ein dreieckiges segel, das man in klei-
nen schiffen vornen aufzieht und sonst auch kluiffok nennt;
auszerdem bedeutet lul eine röhre an der pumpe, belullen aber
hat Weiland nur unter der abslracten bedeutung von bepralcn
d. i. beschwätzen, bereden.
BELUSTEN, BELÜSTEN, der umlaut wie in gelüsten.
1) delectare, vergnügen, reizen, belustigen: dasz ihr kein
speis soll geben werden, die den leib ersucht oder belüstel,
als mit gewürz, guten biszlein. Paracelsus 1, 70l';
ich weisz den weg, ich hab auch andre sachen mehr,
dasz meine milkunft dich noch wird belüsten sehr.
Werders Ar. 4, 9;
was euch belusten mag. Sper 116;
die belustende singekunst. Schüppius 779.
2) sich belusten, belüsten, deleetari: alsbald ich mich mit
einer crleublen creatur gelüste, so ist die seel verbildet, wie
viel mehr wird die scel bedeckt und verwickelt, wenn sie
sich mit verboten bilder belüslet. Luther 2, 468'; mein herz
in deinem geböte sich immerdar belusten thul. Ulenberc
fsalt. 542.
3) unpersönlich, mir belüstet, tadelhaß für gelüstet: als
eine von den weibespersonen gerne ein paar messer von
einem botsman erhandlen wollen, ihm seehunde feile dafür
geboten, er aber solche zu geringe geschülzel, hat sie zu
verstehen gegeben, ob ihm etwa belastete ihr lebendiges feil
zu gebrauchen, pers. reiseb. 3, 4.
BELUSTEN, n. voluplas, behagen, lusl:
das ganze reich auf dich schaut mit belusten.
v. ßlRKK.NG. 223;
Aijguslus mond, man raubt uns dein belusten. 373;
der verstand, ein kunstgründigcr wagemeister, hatte auf der
schncllwage gewogen den nutz und das belusten. von Butschky
Patmos 101.
BELUSTIGEN, BELUSTIGEN,
1) delectare, vergnügen, ergetzen:
zu alle dem was neisch und blut
bclüsiigcl und recht sanft ihut. II. Sachs IV. 1, (7 ;
so nicht ein impressio da wcrc, die ihn zun frawen belusti-
get (ihm last macht} und treibet. Paracelsus 2, 413".
ihr seid mein liebe sonne,
des tagcs freud und wonae,
die mich belüsiign thut und fein erquickeri
mit ihren strahlen, wenn sie auf mich blicken.
HoFFM. gesellschaftsl. s. 58;
sonsten belustiget mich die schöne Ordnung im hofiialten.
ScHUPPius 30. das pari, belustiget drückte sonst aus zufrie-
den, froh, aufgelegt zu: denn worin ich uwer k. maj., deren
ich mich allzit in gnaden tun bevelhen, underlenig dienslbar-
keit bewisen kond, bin ich alzil bereits geinüts, ungesparter
müg belustiget. Chmels Maxim, n* 47 (a. 1494).
2) sich belustigen, erlustigen, delectare: diese fisch belusti-
gen sich ..der süszen wasseren. Forer 60*; eine süsze sünde,
in welcher der, so sie begehet, sich sehr belustiget. Lukman
fab. 26 ; er belustigte sich mit den künstlichen schonen brun-
nen. Schuppius 136; sie werden sich mit meinem unglück
belustigen. 260. stall dieses in und mit heute an.
BELUSTIGUNG, f. voluplas: und wird die hineilende be-
lustigung eines gelachs mit langweiliger unlust mehrmals be-
leget. VON Butschky PatmosSbO; das diente zu seiner belu-
stigung; viele haben und tragen grosze belustigung an ihren
büchern. Schuppius 408 ; zu allgemeiner belustigung.
BELUSTIGUNGSORT, m. vergnügungsort.
BELUSTUNG, f. voluplas: wir sollen darinnen belustung
suchen. Hans Jacob Veler, Regensb. 1525. C.
BELZ, m. pellis, vestis pellicea, franz. pelisse, die früher
herschende Schreibung statt des heuligen pelz, schon ahd.
schwanken pelli; und belli; (Graff 3, 336), mhd. steht fast im-
mer bellij, bellej (Ben. l, 102. 103), das j gieng allmalich über
in z. es sind hier vorläufig einige althergebrachte redensarten
anzumerken, auf welche unter pelz zurückgekommen werden
soll: er schenkt im ein kleines beigelein und wartet eines
beiz dargegen. Keisersb. iüurfen des wjunrfs 38*; beiz weschen,
ausweschen, buchen {bauchen). Eulensp. cap. 30 ; wasch mir
den pelz und mach ihn nicht nasz; do nun der herr inen
den beiz wol und weidlich geweschen hatte und sie wol er-
butzt. Keisersb. post. 2, 21 ; die fraw hat den beiz der braut.
Garg. 93"; sein selbs leus an beiz setzen. Pelr. 2'; man darf
keine laus in den beiz setzen, sie wachsen wol von sich sel-
ber. Creidius 2, 287; darumb das mier der narr nicht er-
frier, sauf ich mir mit disem pocal ein beiz. Garg. 85*; trink
nüchtern ein beiz von wein und hier, die schellen ins bad
für. groszm. 98 ; hierauf schütteile Vulpia den beiz und sprung
zur thüre aus. unw. doct. 379 ; du hast noch den allen beiz
an. Hemsch 275. s. goltelbelz.
BELZEN, inserere gemmam arboris, impfen, pfropfen, hängt
mit dem vorhergehenden worte und dem begriffe haut nicht zu-
sammen, sondern musz aus einem starken beizen balz bulzen,
ahd. pülzan palz pulzun gemmas protrudere herstammen, von
welchem sich dann das schwache beizen beizte, ahd. palzian
pelzan gemmas inserere, praet. palzta oder auch pelzön pcl-
zola ableitet, öjarpulzan hies: ahd. ebullire, ein ort in Baiern
führte den namen Pirapalzinga, Palzinga, nach den gepfropften
birnen. Meichelbeck n 149. 1077. damit ist vielleicht eine
bessere herkunß des wortes balz und balzen für coitus und
coire gegeben, als sp. 1094 gew(innen werden konnte, glcich-
bedeutig mit heizen sind impfen, ahd. impilön, pfropfen und
zweigen, mhd. zwigen, welches sonst auch gignere bedeuten kann.
swcr linden zwigel üf den dorn,
der hat ir beider reht verlorn. Freid. 118, 11,
■wozu s. 274 die Varianten bleset, beizet, bicket, was wol sein
soll bletzet, beizet, bickel. Fischart Garg. 184' hat nebenein-
ander pflanzen, beizen, versetzen, schripfcn, jelten, schneu-
zen, beschneiden, pfrupfen, schroten, pelzt pauinb. Kalten-
BACK pantaid. 1, 265'.
RELZEK, m. insitor. Frischlin nomencl. 272, aber auch das
impfreis und der geimpfte, junge stamm: die frawc nam die
hacken und slug ein jungen pelzer ab. gesta Rom. s. 116;
und slumpfele (die gcisi) die baumber {bäume) oder pelzer.
weislh. 3, 714;. schaden Ihiilen an bauuibern (bäumen) und an
pelzern. 3, 719.
BELZER, m. qui pclles vcndit, pchhdndler.
BELZERN, pelliceus. Abraham von s. Cl. 1, 250 nennt dte
katic eine belzcrne mausfall.
BELZLEIN, n. pellicula: disz belzlin oder kürslin, oder
was es ist, gehört nunneiu kind zii, es ist waich, mein kind
ist zart, es mag kein hörles erieiden. Keisersd. has im pf.
Bi) 3'. ^ ,
BELZPLETZIG, entweder den peh flickend oder am pelz
geflickt: schneckkriechigc, belzplelzige alte kupplern. Garg.i,.
1457
BELZREIS — BEMÄNTELN
BE3IÄNTELX — BEMAUSEN
1458
BELZREIS, n. pfropfreis, surculus. mhd. belzeris. Tit. 2514.
BELZUNG, /. insilio: beizung mil einer empten {einem
impfling). Frischun nomcncl. 272.
BEMACHEN, s. bethun.
BEMÄCHTIGEN, sich, potiri aliqua re, nnl. bemagtigen:
sich eines Jandes, reichs, der oberherschaft, einer Stadt, bürg,
schanze, eines schiffes bemächtigen, sie gewaltsam besetzen,
einnehmen; einer person, eines mannes, kindes, flüchtlings,
ihn gefangen nehmen, häufig auch ton andern dingen: und
solche stumme spräche wil nunmehr fast in flor kommen,
dasz sich auch kluges frauenzimmer derselben bemächtiget.
BüTSCHKT Patmos 34; die zeit ist kostbar, liebe Psyche, sagte
er, wir müssen uns der augenblicke bemächtigen. Wieland
I, 38; bemächtige dich der Schlüssel. Göthe 12, 235; man
weisi was man hat, noch eh man sich des Inhalts (der
briefe) bemächtigen kann. Bettise frr. 1,277; verzweiQung be-
mächtigte sich seiner, die participia entrathen des sich : von
bemächtigten Niederlanden. Leibsitz 177 ; dadurch wurde die
griechische poesie so bemächtigend (eimuhmend) für das herz.
Schiller 1132.
BEMXCHTIGUXG, f. occupatio, gewall: durch bemächti-
gung eines Stromes. Lohenst. Ann. l, 371 ; die frage ist nicht
von bemächtigung, sondern von recht. Klopstock.
BEMäHLEN, depingere, illinere coloribus: das papier, die
leinwand, die wände bemahlen; der dieb, um nicht erkannt
zu werden, hatte sich das gesiebt schwarz bemahlt; diese
wilden bemahlen sich am ganzen leib roth und weisz. eine
grenze bemahlen, mahlsteine setzen.
BEMAHNEN, monere: wenn man alte, oft bemahnte schul-
den endlich abstöszt. Tieck gcs. nov. 2, 128.
BEMÄHNTN, jubis omarc: die natur hat den löwen und
das pferd bemähnt; bemähnte rosse, jubati equi. Bürger 224*.
BEMAKELN, macutare, eontaminare : drei ausgescheiter und
doch mit bloszer band nicht vil bemakelter oder berufter
knoblochzchen. Thcrseisser »n/7, einw. aller erdg.US;
das er sein königlicben stand
bemackln wolt mit solcher schäm). Atrbr .')!^3':
das sie ihrn edlen rittersnam
nicht so bemackien thun ohn schäm. Ethisg1,38;
dasz ihre zarte haut durch das haarpulver so schlimm be-
mackelt wird. Simpl. 1, 130 ; weisz nicht mit was unsauber-
keit meine band beinackelt hab. ScnüPPics 753 ; unbemakelte,
makellose äugen ; ein unbemakeltes, unbeflecktes, makelloses
gewissen, die ältere spräche sagte bemeilen, und meil ist
macula, s. bemeiligcn.
BEMÄKELN, minutius scnUari, bekritteln.
BEMÄNGELN, rituperare, tadeln, fehler in etwas finden,
ßr mangelhaß, schadhaß erklären, Scdxeller 2, 599 hat be-
mengeln : die neu erschienene Verordnung wurde bemängelt.
BEMANNEN, nni. bemannen. 1) armare, eomplere armatis :
schifife bemannen, mil mannschaß ausrüsten, besetzen; ein
bemanntes schif soll untergegangen sein ; das leben beman-
mcn. H<ACS 130. 2) sich bemannen, viro nubere, wie sich
beweiben, uxorem dueere: da sich aber die matter wiederum
bemannte. Brandenb. pol. ordn. von 1540 c. 12 ;
wann .sanct Andreas abend kümpt, pflegt jeder der sich wil
beweiben,
auch die, die sich bemannen wil, ein hitziges gebet lu treiben.
LoGAU 3, zu^. 205;
ich werde wol nun unbcmannet bleiben. Wiedem.15 od. 36;
ich weisz, dasz Juliette und ich aus Karlsbad bemannt rei-
sen. Klikcer t, 135.
BEMAN.NUNG, f. 1) ausrvstung, mannschaß des schifs.
i) Verheiratung der frau. 3) J. Padl 38, 3 gebraucht es für
zum manne werden : dennoch fürchtet die erziehung nichts
mehr als die bemannung der knaben, die sie entmannt, wo
sie nur kann, richtiger schiene ermannung.
BEMÄNTELN, pallio tegere, dann aber rem turpem tegere,
relare, der schlimmen sache einen mantel umhängen, ihr gu-
ten sehein geben, nnl. bemantelen, t(. ammantellare:
da«z sie sie zum eiempel hettn,
mit ir ir schaod bemendeln thctn. Anin&l';
und seineo hasz, betruir, meinaid
bemäntlet er siet« mit hethewren. Wecehehlih 36;
weil unter dieser decke dasjenige, was der zustand des ge-
meinen Wesens vermeintlich erfordert, leichtlicher verdeckt
und bemäntelt wird. Opitz Hugo Grol. vorr. s. 280 ; die Un-
schuld ist eine schöne tugend, wird aber oft mit der fialsch-
heit bemäntelt Leiima.nk 202 ;
man musz in fürsten was zuweilen übersehen,
nicht stets entgegen gebn, bemänteln was geschehen,
verdecken manchen feil. Grtphids 1, 445;
doch musz mit neuer sanflmuih schein
die grausamkeit bemäntelt sein. 2, 219 ;
bemäntelt eure schände. Gij.-^tber 491 ;
wir menschen sein Evä kinder, haben von ihr anererbet, tin-
sere fehler zu entschuldigen oder zu bemänteln, vo:« Bctscbkt
Palm. 44; die falschen und heuchler sein gott ein greuel, sie
bemänteln gleich ihre missethat, wie sie wollen, so sein es
doch nur subtile Spinneweben, dardurch man endlich augen-
scheinlich sihet. 62; der geiz bemäntelt sich mit beisorge
der dürftigkeit. 335 ; diese mit so groszer kunst bemäntelte
dürftigkcit. gespenst 272 ; ich will aber auf diese art die wirk-
lichen vergehungen nicht bemänteln. Winkelmaxx 4, 172 ; so
scheinbar auch die liebe ihre vergehungen zu bemänteln
weisz. \Viela5d 1, 263; den ranken der roshändler nicht
trauen, die immer frech genug sind, die gröszten mängel
der pferde zu entschuldigen und zu bemänteln. Roseszweigs
Eisenberg s. S2; mängel mil der gebrecblichkeit der mensch-
lichen natur bemänteln. Kast 7. 115 ; mit dem goldbleche der
Sprache kleine Staatsstreiche bemänteln. Hamass 2, 228 ;
der trauben, die zu hoch ibm hangen,
um sein vergeblich«s verlangen
schlau zu bemänteln, sauer schilt. Gotter 1,460;
seinen schnöden verrath für bedungenen lohn scheinheilig be-
mäntelnd. Dahlmass dän. gesch. 1, 267. /n dem natürlichen,
guten sinn blosz ßr mit dem marilel behangen, steht bemän-
telt bei Fischart Garg. is' oder bei Göthe 43, 411 : diese in
gemählden aufgeführten, reich aber frei. bemäntelten beiligea
männer.
BEMÄNTELUNG, f. oceultatio, praelextus : dieser erinne-
rung will ich mich aber nicht bedienen bis zur bemäntelung
desjenigen, was wirklich in den werken der alten mittelmä-
szig oder schlecht ist. Wlnkelxans 4, 234 ; bemäntelungen der
leidenschaft. Lessisg 7, 129 ; jede andere glückseligkeit des
Staats, bei welcher auch noch so wenig einzelne glieder lei-
den und leiden müssen, ist bemäntelung der tyrannei, anders
nichts. 10, 264; wenn sie auch hundert ausfluchte und be-
mäntelungen ersinnen sollten. Katt 5, 453 ; rechtfertigung oder
bemäntelung begangener übelthaten. W'ielasd 3, 128. sinnlich
gebraucht: indem er die dem ringe zustehenden Überzüge und
bemäntelungen abzog. Hippel 4, 359.
BEMASEN, maculare, vom ahd. mdsä ticatrix, naevus, mhd.
m4se cieatrix, macula, es wird aber fehlerhaß geschrieben be-
maszen : dasz du alles von dir abzenest, das dir dein keuscb-
heit und ledigkeit deines herzens in einigerlci weg mücht be-
maszen. Keisersb. sieben scheiden bk;
die Trowen gont dann gern zu stroszen,
das man sie dest basz künn bemosien.
Urant narrensch. 295,
d. h. tie beflecken, verführen, heute veraltet.
BEMASIGEN, BEMASGEN, dasfe/fte; wasser ist gut, welch*
so es ein weil in eiin säubern, kupferen, messinen oder sil-
bern geschirr gestanden, es gleichwol nicht bemaszget oder ein
färb hinter im lasset Sebiz 16 ; bemaszget von bliit Keisersb.
b. Oberlin 118.
BEMASTEN, navem instruere malis. bemastet, hoch bema-
stet schif, ößer bei Brockes; bemastet, betonnet Garg. 79*.
BEMAÜERN, muro cingere, firmare, nnl. bemuren : das ist
alles im recht verfasset, bemauret und wol gehegt. Lltheb
5, 18o'; das lustwäldlin war mit einer schlechten wand be-
mauret. Rollenrage5 wunderb, reisen 22. vgl. ummauern.
BEMAULEN, ore, bucca instruere, nur im part. bemault:
gewis wer wol bemault ist und ein gut pantoSelgosch hat,
der beiszt ein gröszer und breiter stück ab. Garg. 250'.
BEMAULKORBEN, (iscella eapistrare, thieren einen maul-
korb vorhängen: geschweige, dasz die blendwerke, gaukeleiea
und Zauberformeln länger bei ihm {dem volke) ansclilagen
sollten, womit es sich ehmals in seiner durapfbeit bcinaul-
korben und nach der pfeife seines führers tanzen machen
liesz. WiELA-SD 7, 343; kirre machen, zäumen und bemaulkor-
ben. 8, 76 ; thierc müssen sich bemaulkorben und bezäumea
lassen. 20, 32.
BEMAUSEN, expilare, suppilare, bestehlen, doch milder als
dieses: die kinder bemausen das aufgestellte zuckerwerk: im
vorübergehen musz ihnen {den spitxbuben) denn wol mein
armes bauschen werth geschienen haben, es zu bemausea
der arme mann im Tockenb. 304. s. mausen.
92
1459
BEMEILEN — BEMENGEN
BEMERKBAR — BEMERKUNGSGEIST 1460
BEMEILEN, maculare, conspurcare, vom goth. muil macula,
ahd. mild, meil {vgl. gramm. 1, 170): wasser, das mehr ab-
waschet und säubert, als bemailet und verunreinigt. Hoiiberg
1, 59l\ häufiger ist das folgende, gleichbcdeulige
BEMEILIGEN: des seel aber mit einer todsünd bemeiliget
wer, der het in im die hell. Fbank chron. 343' ; rein von her-
zen, mit keinem wahn und kunst bemeiliget. von heilosig-
keit 81 ; es war kein bubenstück und schand so grosz, da-
mit sie sich nicht bemeiliglen. Mathesius lo'. noch heute in
Baiein bemeiligen, vermeiligen. Schmeller 2, 565.
BEMEILIGUNG : f. es sind viel ringschätzige und unedle
gemüther, die vermeinen mit unzeitiger bemailigung fremder
arbeit ihren rühm zu vergröszern. Hohberg 2, 725".
BEMEINEN, novis opinionibtis rimari, exagitare: von die-
sem bedeutenden, so oft besprochenen, beschriebenen, be-
messenen und bemeinten naturkürper (dem doppelspath). Götiie
53, 35.
BEMEISTEBN, franz. maitriser, engl, mastcr, domare, be-
zwingen, bewältigen, eines meisler werden,
1) mit dem acc. der suche: ein wildes pferd bemeistern,
meistern, bändigen; auf der dritten höhe bemeisterte ritter
Schwarzenberg zwei feste thürme und trieb den Lysander
mit seinen Beotiern daraus. Lohenst. Arm. 1, 780 ; noch ehe
und bevor {der feind) den berg bemeisterte {einnähme) unw.
docL 928 ;
doch ward sein herz von keinem reiz bemeistert,
es ward allein von Silvien begeistert. Haghborn 2, 172;
mit ehren, wein, von dir bemeistert
und deinem nüszgen feur begeistert. Lessing 1, 50;
sie (die einsamkeil] stärkt das haupt, sie gibt den äugen glut
und muuterkeit den lebensgeistern,
den schwächsten armen kraft heldinnen zu bemeistern.
WlELAND 10, 172;
Ungeduld bemeistert {ergreiß) ihn; die seele wird alsdann
von einer ganz unangenehmen empfindung, dem schrecken
bemeistert. Herder 2, 292; und kann doch meine wünsche
nicht bemeistern. Götter 2, 217 ; die stürme der begierden
bemeistern. 2, 259; es war ein glück für ihn, dasz ihn die
gewohnbeit so bemeistert hatte. Klinger 5, 10 ;
so ist es denn nicht möglich, dusz du dich
bemeistern kannst. Göthe 10, 306;
ich habe mehr als einmal mich bemeistert. Tieck 2, 65; so
dasz ihn der eindruck davon bemeisterte. Slernb. 2, 102 ;
kraft des scherzes, welchen ich bemeistere. Platen300;
der schmerz liesz sich nicht vom denken bemeistern. Bet-
tine br. 1, 87.
2) sich eines bemeistern, bemächtigen, einen überwältigen:
der chor ist weiblich, um so viel natürlicher musz sich
furcht und entsetzen seiner bemeistern. Lessing 6, 403 ;
er müste nicht Agathon gewesen sein, wenn diese erscbei-
nung sich nicht seiner ganzen seele so sehr bemeistert hätte,
wie wir gesehen haben. Wieland 1, 211 ; es ist also wol kein
wunder, dasz sie sich seines ganzen wesens schon bemeistert
hatte. 1,220; wie leicht- wird es ihm, sich einer noch un-
mündigen seele zu bemeistern. 2, 7; gefühllosigkcit hatte sich
aller stände bemeistert. 7,75; der schlaf wollte sogleich sich
seiner bemeistern, allein ein geräusch machte ihn aufmerk-
sam. Göthe 19, 213.
BEMEISTERÜNG, f. Überwältigung:
mit göttlicher bemeistrung
den spröden leib verzehrt. Hückert 116.
- BEMELUEN, dicere, altestari, besagen, erwähnen: eine
liebste aus der bemeldclen klassc. Wieland 2, 234; die be-
meldete Wirkung ihrer Schönheit. 3, 83; lasz du dich kein
regulbuch irren, wie dick es auch sei und was die vorred
auch davon bemeide, dasz ohne solchen Wegweiser keiner
der da diciitet, könne auch nur einen sichern schritt thun.
Klopstock 12, 145; bemeidetermaszcn.
BEMELDLNG, f. angäbe: mit beineldunge der pene und
busze. Magdeb. weislh. s. 12G.
BE.ME.NGEN, sich, se immiscere, sich mit etwas abgeben, befas-
sen, darauf einlassen, sich einmengen: sicii mit einem bemongen,
negoliis implicari cum aliquo. Stieier1267; Anton wollte sich
mit nichts, was die rcgierung angciict, beinengen. Pierol 4,
328 ; aber es wäre sonderbar, wenn nur der reich heiszen
sollte, der das meiste frisch gemünzte geld liesitzet. die vor-
sieht erfodcrte vielmehr, sich mit diesem überhaupt nicht
elicr viel zu beinengen, bis der wahre pehall auszer zweifei
gesetzt worden. Lessing 8, 212; der Icinsaathandel würde
auch längst gefallen sein, wenn nicht die kaufleute, welche
schifstheile haben, und diese auf eine oder andere art nutzen
müssen, sich oft aus noth und in ermanglung andrer specu-
lationcn damit bemengten. Moser patr. ph. 1, 55; ich bemenge
mich hiebei gar nicht damit zu erörtern, wie unrecht die
kritiker haben, dasz sie sich dünken lassen richter zu sein.
Klopstock 12, 133; warum er sich anfangs mit diesem abge-
schmackten handel bemengt hatte. Wieland 20, 49 ; wenn er
sich mit solchen kleinigkeiten bemengen wollte. Kant 1, 102 ;
bemengt sich der biblische theolog mit der Vernunft. 1, 219;
da ich mein kritisches vorhaben nicht mit Zergliederungen
bemengen will. 2,207; was bemengt ihr euch mit der poesie
und den künsten? Tieck nov. kr. 1, 144.
BEMEUKBAH, conspicuus, notabilis : seine neigimg ist sehr,
ist kaum bemerkbar; er weisz sich auf alle weise bemerkbar
zu machen ; ich machte ihm bemerkbar.
BEMERKEN, notare, observare, intelligere, nnl. bemerken.
1) bezeichnen, hervorheben: von derselben sowol als von
den andern mit griechischer schrift bemerkten stücken werde
ich im folgenden kapitcl von neuem meidung thun. Winkel-
mann 3, 238 ; ich will diese stellen bemerken, indem ich die
Sätze selbst nach der strenge der Vernunft prüfe. Lessing 5,
22 ; zwar vielleicht hat der dichter mit diesem zuge das ver-
brannte gehirn des mohren bemerken wollen. 6, 75 ; eine
kraft mit dem zeichen minus bemerken. Kant 8, 75 ;
über ihr graues Laupt sind ihr in langer erfahrung
jähre, nicht immer mit freuden bemerkt, vorüber geflossen.
ZACHARIÄ2, 132;
eine folge von ausbildung, in welcher der sittliche mensch
sich täglich zu bemerken, zu warnen und zu strafen pflegt.
Göthe 19, 117; du bemerkst treffend; ich will mirs bemerken.
2) wahrnehmen: es läszt sich bemerken, dasz ein jeder
den weg, auf welchem er zu irgend einer kenntnis und ein-
sieht gelangt, allen übrigen vorauziehen und seine nachfolger
gern auf denselben einleiten und einweihen möchte. Göthe
6, 213; es läszt sich bemerken, dasz knaben, denen ja doch
alles zum scherze dienen musz, sich am schall der worle,
am fall der silben ergetzen. 26, 73 ;
ich stand, als ich zum erstenmal bemerkte
die füsze stelin,
und reichte, da ich
diese bände reichen fühlte. 33,243;
wirke, nur in seinen werken
kann der mensch sich selbst bemerken. Rückert 317.
über den ttnterschicd zwischen bemerken «nrf anmerken sp. 407.
man sagt, ich bemerke (gewahre) meinen irrthum ; ich be-
merkte bald, dasz sie sich liebten; hier würde es nicht hei-
szen ich merke an, merkte an, allenfalls ich merke mir an,
merkte ihnen an. bemerke wöl, nimm das in acht!
BEMERKENS WERTH.
BEMERKEB, m. notator, observator:
(loiikcn wir recht, so lieben wir auch der bemerker
Wissenschaft, sie, die den grundhau des geschafnen
gern ergrübe. Klopstock 1, 266;
unserni genannten bemerker gilt alles gleich. Claudius 8, 152.
BEMERKLICH, bemerkbar: ein zweiter sich annähernder
stand muste schon strebsamer sein und auf allen vermögen-
den familicnfundamenlen beruhend, suchte er sich durch
rechtliche und staatsgelehrsamkeit bemerklich zu machen.
Göthe 48, 79.
BEMERKUNG, f. 1) nota, notatio: icli will dein buch lesen
und beinerkungen dazu schreiben; du hast eine kühne be-
merkung dabei gemacht; der satz enthält eine bemerkung,
die ich wahrscheinlich nicht zuerst gemacht habe. Lessing 8,
16. hierfür setzt er sonst anmerkung. 2) observatio, Wahr-
nehmung, beobachtung : es ist eine bemerkung an sterbenden,
dasz sie mit den tingern an iliren kicideru oder betten zu
rupfen anfangen. Lessing 7, 02 ; dasz herr Klotz dem lippert-
schcn nutzen, den er etwa für falsch erkannte, einen andern
von seiner eignen bemerkung sollte substituiert haben, das
müssen sie sicii auch gar nicht einfallen lassen. 8, 134; der
wahre einzige aufschiusz dieses epigraniins ist aus einer be-
merkung an den alten bildseulen herzuleiten. 8, 521 ; anfrich-
tigkeit in bemerkung des Unvermögens unserer vernnnfl. Kant
(1, 154 ; die deutliche bemerkung der bewegung. s, T-Vl ; die
genaue beschreibung und kennerhafte bemerkung der kunst-
gcgenstilnde aller und neuer zeit. Gotiie 31, 76.
BEMERKUNGSGEIST, «i. beobadUungsgeisl. (Shakspeare),
1461
BEMESSEN— BEMOSEN
BEMS — BEMÜHEN
1462
der überdas mehr bemerkungsgeist und gäbe besitzt, von kla-
ren dingen mit deutiicbkeit zu reden, aJs vielleicht noch ein
schriftsteiler besessen hat. Lichtenberg 4, 44.
BEMESSEN, emeliri, ermessen, geicähUer als abmessen:
stolz auf die kühne, stolzer auf sich, bemasz
die hohe Britin, aber mit edlem blick
dich Tbuiskone. Klopstock 1, 101 ;
wenn sie das wesen der wesen nach ihrer Weisheit enthüllten,
und in das furchtbare dunkel hinauf, von träumen geflügelt,
drangen, und tlen der ewig ist. ganz wie er gott war entdeckten,
seine Vollkommenheit ibeilton, mit meoscheoraasz sie bemaszen.
Hess. IS, 64S;
von diesem so oft besprochenen, beschriebenen, bemessenen,
berechneten und bemeinten naturkörpcr. Götbe 55, 35; in
dieser gegend bemasz ein Römer mit den äugen die höhe der
mauer. Stolbebc 9, 176 ;
bemisz. ich biue dich, nur nicht nach ihm
des Volks cultur, des landes Staatsverfassung.
I'LAi£.> 201';
den grad der schuld der theilnehmer an einem verbrechen
bemessen; sein benehmen war sorgsam und bemessen.
BEMESSENHEIT, f. diligentia, moderatio, gemessenheit.
BEMINNEN, diligere, nnl. beminnen. Stieleb 1263.
BEMISCHEN, commiscere, bemengen, vermischen: ein ieg-
liche geelsucht. die nicht hin will gehn von ihrer rechten
arznei. die ist mit dem tartaro bemischt. Paracelsls l, 62".
BEMISTEN, skrcore replere, stercorare, nnl. bemesten : er-
wehlt sie {die sau) nicht im stall ein besonderes plätzlein,
welches sie nicht bemistet. KiRcenor rendunm. 264*; so musz
man das feld die ersten zwei jar tünchen und bemisten.
Sebiz 20 ; die mit der düng bemistete felder. Hohbebg 2, 17* ;
die wurzeln der rcben bemisten.
BEMITERN, milra insignire: euere bemiterte {es sieht be-
mitierte), bekrönte, geweihete und gesalbete hänpter. bienenk.
7*. rgl. beinfein.
BEMITLEIDEN, misereri, bedauern, beklagen: der bemit-
leidete gegenständ.
BEMITLEIDENSWERTH.
BEMITTELMÄSZIGEN, temperari, mitigari: dieses (düngen)
musz aliein im herbst geschehen, sonderlich wann man tau-
ben- oder hünermist gebrauchet, damit ihre übrige scharfe
hitz von des winters kühler fenchtigkeit bemittelmäsziget {sich
ermäszigt). Hobbebg 1, 461*.
BEMITTELN, nnl. bemiddelcn, in versehiednem sinn,
II locuplelare, einem die mittel rerseJia/fen, einen ausstalten,
daher bemittelt, locuples: der mann ist bemittelt, hat gute
mittel, besitzt rcrmögen.
2) incitare, anregen, mittel an die hand geben: ihrer tiel
weren zur höchsten unseligkeit nie gelanget, wenn die vor-
hergehende glückseligkeit ihren begierden keine güldene brücke
dazu gebauet hätte, dasz sie dadurch unersütlich und zu
vermessenen anschlagen bemittelt und gestachelt werden.
BcTSCBST Palm. 25.
3) componere, vermitteln, beilegen: die sacbe wurde auch
anf vielfdiltiges bitten also bemittelt, dasz ich mich wieder
mit ihm vertragen muste. Schelmufsky 1, 41.
BEMME, f. tcas bamme, bSmme :
herr wirt, eine butterbemme, bitte sehr,
dort gab es keine beromen mehr. Schekiübebc ged. 111.
BEMODERN, situm redolere, putreseere, nach moder riechen.
BEMOHGENG.\BEN.]
BEMÖHTELN, mortarium muro iUinere. Stieler 1:
BE.MOSEN, museo obducere, nnl. bemossen : bemostc thiirinc,
dacher, brunnen, bäume, felsen; das grab bemost sich;
hier liegt der sand und wiist, auch fast nicht halb bemösl
{gereimt: erlöst). Flkbixu 5S3 (579) ;
Ich wil zu deiner hiii ein eigne dryas stellen,
dasi kein gehörnter hinch, kein Beer, kein wilde« sehwein
zu stoszen sich erkühn an dein bemostes bein. 651; '
rosen die bemo«t sind. Klopstock 2, 61. 166. IM;
im schwarzen sch.Tner
bemoster eichen. Zach««!! 1, 64:
ich weisz es wol, bejahrt und noch Student,
bemoster herr! Göthe 41, 95,
gewöhnlich bemostes baupt;
bemoster bursche zieh ich aus. Gon. ScBWii.;
bemosete Vergangenheit. J. Fall 7"»/. 1,31; zwei Stangen, die
statt einer brücke über diese bemoste wüste bringen, tiiu.
löge ton. xxit.
BEMS, m. aggesta terra in area. SrtELEa 90. *. bambs
sp. 1095.
BE.MÜOEN, faligarej nah terteandt dem folgenden beraübea,
da müde ahd. muodi fessus unmittelbar zu mühen, ahd. mao-
jan agitare, fatigare gehört: da nicht der feind sie dergestalt
bemüdet und erschrockener denn zuvur belinde. kiRcBBor
dise. mil. 133; wo einer hart bemüdet worden von schwerer
arbeit oder hartem gehen. Tabebxaem. 927 ; was bemüdet und
bemühet dann ihr ungeweihete reuterkeries und hoppenbrüder
lang euwer gäul? Garg. 207*. man sagt heule ermüden.
BEMÜDIGEN, faligare: lasz mir in geen und rüre in nit
an, nit beschwere, nit bemüdige in mit dem schweren umb-
fahen, lasz mir was mein ist und hindere mich nicht an mei-
nem WOlluSt. WiRSCSG C^l. f 3*.
BESIÜDUNG, faligatio: gleichwol one einige müh, schweisz
und bemüdung. Sebiz 2*.
BEMLFFELN, ore naribusre admotis längere: die hunde
bemuffeln alle»; und obwol sie der alte beküst und mit sei-
nem munde bemu£felt. Wiedeman.n juli 76. muffeln scheint
vericandl mit mumpfeln, mummeln, doch rgl. beschnüffeln.
BEMÜHEN, faligare, molestare, molesliam afferre, bei Maa-
LEB 57* bemfijen, nnl. bemoeijen.
1) tnit dem acc, und oft im passiven ausdnuk: wir haben
aber euch und andere unsere freunde nicht bemühen wollen
in diesen unsem kriegen. 1 ilacc. 12, 14 ; bemühe den meister
' nicht (golh. ni draibei {)ana laisari). Luc. S, 49 ; dieweil ich
schon wol beladen bin, und du müsziger und lediger helt
' mich erbeitenden und bemüheten menschen treiben {rgl. jenes
golh. draibjan) will. Luther 1, 390*; ich hab etlich mal e. eh.
go. bisher mit Schriften bemühet ander leute halben. 3, 13S ;
viel brief an den bapst zu schreiben gehabt, war auch damit
bemühet gewesen bisz in die nacht. KiRCBBOFirentfunm. 3S7';
sein sinn oder verstand bemüjen, secum agitare. Maaler 57';
mit vil geschwütz nit bemüjen und überlägen sein, parcere
auribus. daselbst;
ob nun wol auch Johannes zwar
ein sehr bemühter fischer war. Spixge.ibkbg fiwi^br. N2*;
und wenn dich dasselb wolt bemühen,
soll man dich wie ein esel schlagen. Atbik 154';
ich bin nunmehr bemüht, mich selber zu bezwingen.
H0FHA.t.'«SWAtDAC ;
viele gedenken und sind bemühet grosze und ferne reisen zu
thun. ScHLPPius 560; deren gedankea in Verrichtung der grösz-
ten Sachen tag und nacht bemühet werden. 697; dasz ein
paar ochseu über zwo stund nicht bemühet werde. 735; dasz
durch den fleisz seines bemühten lebens er nicht so viel er-
fahren, dasz er diese krankheit curieren könnte, colica 26S ;
da er den kaiser durch alle nur erdenklichen mittel zu ge-
winnen bemühet leben muste. Hab.> 3, 1S6 ; ich habe dich oft
und vergebens bemühen müssen ;
an einem hügel voller linden :
sasz Amaril und war bemüht, i
aus blumen einen kränz zu winden. Qacedomi 2, M.
2) sich bemühen, die beigefügten praeposilionen sind mit,
um, in, auf, für, die ältere spräche setzte auch den gen. der
Sache: das nicht das ganz volk sich daselbs bemühe. Jos.
7, 3 ; bemühe dich nicht reich zu werden, spr. Sal. 23, 4 ; so
trit nu auf mit der menge deiner zanberer, unter welchen du
dich von deiner jugent auf bemühet hast. Es. 47, 12; ach
herr, bemühe dich nicht (frauja, ni draibei |uik). Luc. 7, 6;
sonst sind noch viel andere sacheo, so man disfalls brauchet,
von wurzeln, samen, gummi, ich aber bemühe mich der ge-
meldten stücken. WCktz practica 439; so hab ich mich be-
mühet kürzlich zu beweisen, bienenk.6'; nit werd, dasz man
sich vil mit ir bemühe. 35*; sie bemühen sich umsonst. 46*;
wie die ketzer tluin, die derhalben sich mit disen spitzfin-
digen fragen nichts bemühen. 87*;
das kommet danron her, dasz du dich so bemühst,
mir durch die treflichkcit zu schalTen höchste freude.
FLEai.HG 604;
wenn dieser eigensinn recht wüste, was ein freund wSre, er
solle sich mit feinden nicht bemühen, pers. baumg. 4, 19;
was einem die natur eingepflanzet, wird schwerlich könnea
geändert werden, ob er sich schon dargegeo bemuhet. Lok~
mans fab.l";
du hast um fremde menschen dich so lang
bemuht und dich nach ihrem sinn gerichtet. Götbb 9, 1S4;
dasz andre für mich bauen, pflanzen und «sich häuslich be«
mühen. 17, 318; es war das erstemal, dasz sich ein freiud,
92*
1463
BEMÜHEN — BENACHBAREN
BENACHMALS —BENÄHEN
1464
ein liebhaber, ein diener um sie bemütite. 17, 325; der ärzt-
liche freund gelit ab und zu, er sciieint sich um das kind zu
bemühen und bemüht sich um die frauen. 17, 364 ; er stürzte
auf eine rasenbank, und blieb eine Zeitlang liegen. Mignon
bemühte sich um ihn. 20, 88 ; blieb mir auch noch zu geden-
ken, wie ich mich in Wissenschaften und andern künsten be-
müht. 24, 6 ; er bemüht sich schon lange um das mädchen.
Nach dem franz. se donner la peine zur leeren Höflichkeit
geworden: bemühen sie sich herauf zu kommen, oder auch
nur, bemühen sie sich herauf!; wenn sie sich bemühen {so
gut sein) wollen; bemühen sie sich gefällig in den garten!;
sie werden sich schon wieder einmal bemühen müssen ; o be-
mühen sie sich nicht damit, auch abweisend: du brauchst
dich weiter nicht um mich zu bemühen.
BEMÜHEN, w. labor, Studium: mein bemühen ist, dir zu
dienen ; mit eifrigstem bemühen ; in willen und meinung, dem
jüngst ergangenen bescheid ein unterthenigs bemühen zu thun
(nachzukommen), Avrer proc. 2, 4; was bin ich unglücklich,
dasz mein ganzes bestreben nur immer eine nacbahmung, ein
falsches bemühen bleibt. Göthe 17, 413 ; all unser redlichstes
bemühn. 3, 291.
BEMÜHSAM, adj. und adv. mühsam, eifrig: wie bemüh-
samlich der teufel denenselben nachstellet. Sirnpl. 2, 186.
BEMÜHUNG, /■. labor, moleslia: also soltu auch wissen
von der bemühung (sorgfältigen behandlung ?) desselbigen glids,
das auch vielerlei zufäll zu erwarten seind. Paracelsüs chir.
sehr. 9"; disz leben ist die zeit der reue, Jens die zeit des
gerichts, dises der bemühung, Jens der erquickung. bienenk.
38' ; suchen und laufen solchen (zergänglichen gülern) tag und
nacht mit höchster bemühung nach. Schüppiüs 560; hatte viel
bemühung. pol. maulaffe 58; eine bemühung (bestrebung) ha-
ben sich zu bewegen. Kant 8, 19. 20 ; sich bemühung um die
freiheit des menschlichen Verstandes geben. 8, 8 ; das sind
eitle, vergebliche, löbliche, edle bemühungen ; alle bemühungen
waren vergeblich; honorar für ärztliche bemühung.
BEMÜNDELN, beaufsichten, in vormundschaß halten:
wir Deutschen sind dreihundert jähr in Vormundschaft geblieben,
bemündelt von der ganzen weit. Scherenberg ged. 100.
BEMURMELN, murmure accipere, ahd. pimurmilön. Graff
2, 860 ; mhd. bemunneln. fundgr. 165, 13 ; den kranken be-
murmeln, leise Zaubersprüche über ihn ergehn lassen.
BEMURREN, mussitare, morose accipere:
alles beschtneiszten und bemurrten,
und denn mit undank davon schnurrten.
froschmeuseler III. 3, 12.
auch fascinare, wie bemurmeln:
sein vicb bemurt Ich auch. Kingwald tr. Eckh. J7'.
BEMUSCHELN, conchis omare appensis : bcmuschelens (das
kind) wie die Jacobsbrüder. Garg. 67'; ein bemuschelter pil-
ger, der über meer gefahren kommt.
BEMÜSELN, illinere, infuscare, maculare. mhd.
und lant iu bemüseln
mit räme und euch mit üscin
antliiz unde varwe. G/i. 1,215;
nkd, und ist schon, das si bede lauter und weisz sind, und
nit in todsünd fallend, so wirt doch eins vom andern be-
müslet durch bloszen anmut, den eins zum andern gewinnt.
Keisehsberc par. der sei. 222; also will du im die cer und
seinen guten lümden mindern und bemüslen. Sünden d. m.
27*. scheint verwandt mit bemascn = bemüsen, und mäsen,
müseln weism auf ein verschollenes verbum. Stalder 2, 222
hat müselen, vermüselen für zersägen.
BEMÜSZIGEN, einen mit zeit und musze ausstatten, etwas
zu verrichten, ihn dazu in stand setzen, veranlassen, enndch-
tigcn, was übergehl in zwingen, nOthigen, in der kanzleir
spräche: ich sehe, finde mich bemüszigt, ich bin bemüszigt
worden, das zu thun, operam do, incumbo, vaco negotio : dasz
auch ein rechtgesctzler prinz zu solchen mittein zuweilen
bemüsziget werde. Butsciiky I'atvi. 892.
BEMUTIGEN, animum accendere, ermutigen. Stieler 1301.
BEMUTTERN, sp. 1203. auch, die älteste Schwester bemut-
tert die andern geschwister; der bruder will sich von der
Schwester nicht bemuttern lassen.
BEiNACHBABEN, vicinum, confinem reddere : sich mit einem
benachbarcn, sein nachbar werden (oben sp. 1204, 6). haupt-
sächlich steht das part. praet. : die benachbarte Stadt, gegcnd,
das benachbarte haus, land;
so nechst benachbart ist mit den unsteten Scyth«n. Opitz 1, 210;
einer von den benachbarten fürsten. pers. rosenth. l, 27; be-
nachbarte berren. 1, 30 ; ich vermein, du wissest es nit, dasz
meinen benachbarten dasselbe kläperlein ist angehängt wor-
den. Schüppiüs 741 ; im krieg, welchen er was wenigs mit den
benachbarten bette. 771;
zu oft ist manche lust benachbart mit dem leide.
IlAGBOonn 2, 134;
wie dem, der vom Olymp benachbart mit dem himmel,
auf eine halbe weit den freien blick erstreckt. Wieland;
und nun rief der kyklop der brüllende, welche benachbart
wohnten im felsgeklül'i. Voss Od. 9, 400.
BENACHMALS, adv. postea, hemachmals : benachmals eine
erschröckliche Vollziehung. Abele 3, 290.
BENACHRICHTIGEN, certiorem facere, nachricht ertheilen:
ich benachrichtige dich, dasz ich morgen mittag eintreffen
werde; ich benachrichtige dich von meiner ankunft.
BENACHRICHTIGUNG, f. significatio.
BENACHTEN, in verschiednem sinn,
1) pernoclare, die nacht zubringen, die nacht bleiben, über
nacht bleiben, übernachten:
mhd. da enwil si äne zwivel niht
benahten inne noch beiagen. Winsbekin 39;
tumber gouch, der dran betaget oder benahtet.
Walther 10, 7,
d. h. der tag und nacht damit hinbringt, nhd. er hat auch
selber zu zeiten darauf benachtet im gebet. Frank weltb. 167' ;
etwan umb betens willen da benachtet. 178' ; darumb bedunkt
mich gut sein, dasz wir noch heinacht zu Paris benachtend.
Aimon k2; voc.Jheut. 1482. d2';
ob der mensch sei junk oder alt,
bei dem benacht der ungeheur gast, faslri. sp. 214, 32 ;
er bnachtet in sins bruders Iius. trag. Joh. K6;
begibt sich, dasz er auf einem dörflein benachtet (entweder
übernachtet, oder von der nacht überfallen ward). Kirchhof
wendunm. 136'; es begab sich, das ein Sprecher, ein gut ge-
sell, benachtet (von der nacht überfallen wurde) und kam an
das kloster in dem winter und begeret herberg. schimpf und
ernst cap. . . .
derhalb so wir benachten sollen,
wir halt daselbsten bleiben wollen. Ayrkr 358".
2) benachten, noctescere, nacht werden : falls es auf frischer
that, ehe es benachtete, nicht mehr geschehen könnte. Moser
3, 195.
3) caligare, obscurare, mit nacht überziehen, beschatten:
erd und himmel schwarz benachtet. Spek trutzn. 253 (275) ;
ich sehe gottes
gegenwart auf dem benachteten furchtbaren Schauplatz.
Messias 10, 578 ;
so schweigt der benächtete himmel
ehe der donnersturm sich erhebt. 16, 412;
aber mitten im fels ist eine benachtete hole. Voss Od. 12, 80;"
es ertönen
laut von der orgien lärm die benachteten wipfel Cithärons.
Bürger 249*.
BENACHTHEILIGEN, damnum afferre, von nacbtheilig ge-
bildet, anders als bevortheilen, von vortheil. nnl. aber be
nadeelen.
BENACHTIGEN, pernoclare: beiibnen zu benachtigen. Rol-
lenhacen wund, reisen 60.
BENAGELN, clavismunire: eine kiste benageln ; die schuhe
benageln.
BENAGEN, derodere: und auch darumb, das du gar essen
möchtest, das sie (die mause) benagen wurden. Stei.nhüwels
Esop (1555) 4l'; sie thun wie die maus, benagen alles, daran
sie kommen. Lehmann 150 ; ein löwenfeil benagen. Lokmans
fab. 29 ; die geisze benagen das gesträuch ; ein verlegener be-
nagt seine finger, nägel. oß bildlich, der cerabschneidcr be-
naget und isset sein nebenmenschen. Keiseasberg Sünden des
munds 29' ;
was mich innerlich benaget,
was für schwarzer üherdrusz
mein aufrichtigs herze plaget.
weist nur du mein Tityrus. Neuüarks luslw. 101;
mein herze wird benaget
von mancher sorg und furcht. 143;
den freund und feind benagen. Hagedorn i, 109.
BENAGUNG, /■. rosio: on benagung des brols. biennik. »l*.
BENÄHEN, assuere, nnl. benaaijen : die decke ringsum mit
Icdcr, das tuch mit seide benähen, in andcrm sinn: er be-
nähete das freiherrlicbc haus (nihle für es). Hippel 8, 199.
1465
BENAMEN — BENANNTLICH
BENANNTLICUEN — BENE
1466
BENAMEN, nomen dare, ponere, edicere (vgl. ahd. namftn.
Graff 2, 1086) :
Nullus ist ein iwerg von leibe, noch dazu ein narr von sinnen,
also wird man Nichts den NuJlum, NulJum Nichts benamen
künnen. Logau 3. zug. 23 ;
bitte den ort zu benamen {mir den namen des orts zu sagen),
wo sie sich beständig aufhalten. Fehenb. 2, 621 ;
dds scIflTCOvicb«
wie Flaccus jene zunft benamt (imitaiorum serrum pecus).
GöKiNGK 2, 158 ;
beide nahen sprechend schon,
sie Feliciias benarnet,
die er liebend sich erkor. TieckI, 39;
Schmidt, wenn sinnig du reim' erfindest,
wird das haussrerät schön benamt,
wenn du etwas nur griechsch verstündest!
da gebrichts, dasz dein vers so lahmt. Ä. W. Schlsgel.
BENAMENTLICH, adv. expresso nomine. Stieler 1326. heute
namentlich, ahd. pi nemin, mhd. benamen.
BENÄMLICH, noius: was es aber für ein bild sei und
wovon es gemacht, solches wird benamlich durch das beige-
fügte wort zucker. Hassans anm. zu Opitz 134.
BENAMSEN, frequentaliv von benamen und gleicher bedeu-
tung, bair. benamsen, benamsten (Schm. 2, 695), Schweiz, nam-
sen, ernamsen (Stald. 2, 230) ; doch ist kein ahd. namisön,
mhd. namsen aufzuzeigen:
die kurz histori wil ich benamsen,
wölch luien ist von sant Johansea. trag. Jon. A3;
welche von Norwegen dahin kummende und sich besitzende
das ort also haben benamset. Frask weltb. 59*; also werden auch
diese fisch mit unterscheid benamset. Fober fischb. 4'; und
kan sich selbst eigentlich und erkantlich nit benamsen, noch
ihr wesen und eigenschaft klärlich an tag bringen, ganskönig
vorr. 4'; als ich zu wissen begehret, ob es {das «ort cava-
lier) einen edeimann, einen Soldaten, einen junkem oder knecht
benamsete? Philasd. 1, 22 ; benamsen. Spzz guld. tugendb. 123;
eine Jungfer Pamatia benamset. Hohberc 3, 80' ;
weil jede krankheit zuförderst, wie doctor Sassafras meint,
um glücklich sie kurieren zu können,
benamset werden musz, so scheint,
wir können die ihrige wol nicht anders als — liebe nennen.
WlELAHD 5, 122 ;
da du nun Suleika heiszest,
sollt ich auch benamset sein.
wenn du deinen geliebten preisest,
Hatem! das soll der name sein. Göihe 5, 143;
führt zu scharf benamsten schätzen. 5, 275;
betrachtet man obige rubriken, so findet man, dasz sie bald
nach äuszern kennzeichen, bald nach dem Inhalt benamst
sind. 6, 119 ; unser blick irrt auf wunderlich benamste inseln.
6, 188 ; wir benamsen sie nicht. 39, 69 ; Schiller, der im Teil
die bäuerinnen benamsete und ihnen einige worte zu spre-
chen gab. 45, 59; die blaue reihe der höhern gebirgsrücken,
deren gipfel zu benamsen man sich getraute. 48, 111 ; ob man
gleich nicht immer den garten benamset, der die pfropfreiser
hergegeben. 58, 18; das was noch immer bewiesen werden
soll, wird schon als ausgemacht, bestimmt, benamset ausge-
sprochen. 59, 151 ; mancher phänomene, die ich hcnorgehoben,
gesondert, benamset und abgeleitet. 60, 66; Thoms wird er
im tauf benamset. Tieck 5, 5S9; man soll sie künftig die
samm- oder zugleichliebe benamsen. J. Paul Hesp. 1, 212;
wobei er ihn immer den hofmedicus benamsete. 4, 139 ; welche
die leute sehr gemein einen schlagflusz benamsen, uns. löge
3, 56; wenn er die endigung des rückenmarks den pferde-
schweif benamse, teuf. pap. 1, 83.
BENAMSER, m. nominator. Frischlin nomenel. 433.
beSamsung, f. er muste deshalb Ton ihnen allerlei spott-
reden und benamsungen erdulden. Göihe 48, 94; so haben
wir in der ältesten zeit betrachtung, philosophie, benamsung
und poesie der natur alles in einem. 49, 3.
BENAMüNG, f. benamung der naturcrscheinungen. Göihe
32, 174.
BENANNT, part. praet. von benennen.
BENANNTLICH, adv. nominatim: ich zeiget im weg an,
das er dein haus hei nacht mit leitem, benantlich dein gar-
ten bestige. Wibsosg Cal. g3*; Georgius brach auch mit et-
lichen anfwartcm auf, benantlich doctore Wintern, Antonio
Bonin, Peter Glascnappen. Micrälics 4, 32 ; so er doch ihnc
und seine anreizer, benantlich oder unbenantlicb, als ehrlose
Schelmen bette berechtigen sollen. Trurmeisser notgedr. au$-
tchr. 1, 44 ; pers, reiseb. 1, 4. t. benamentlich, benenntlich.
BENANNTLICHEN , adv. dasselbe: bcTorab weil der all-
mechtige eben uinb selbige zeit, nemblich im j. 1440 die aller-
fcdleste kunst der buchtruckerei auch in Teutschlanden und
beuantlichen in Straszburg durch Hans Mäntelin hat offenba-
ren wollen. Phiuind. 2, S04.
BENARBEN, cicatriccm inducere, schwächer als vernarben,
cicatrice obduci: die wunde will noch nicht benarben; die
geschwüre benarben. zumal benarbt, cicalricosiis : ein be-
narbtes gesicht; benarbt aus dem kriege heimkehren; ich
kenne unsre benarbten alten, sie lieben die schlacht. Klopstock
8, 121; ist hier kein hauptmann, durch den ich seine alten
Cherusker bei den wunden ihrer söhne anflehen kann, dasz
sie den benarbtesten unter ihnen zum führer machen, und
sich in die legionen stürzen? 8,125;
und dasz du, wenn ein held auf der benarbten brüst
ruhmvolle wunden zeigt, die deinen bergen must.
A. W. Schlegel . . .
BENARREN, ludibrio habere, decipere, bethOren, zum narren
haben, heute einfach narren :
kam mit einr stelzen einher krochen,
als ob er hett ein bein zerbrochen,
damit er oft die leut benarn,
bisz mans zuletzt auch innen wart.
Waldis Esop 1, 62.
BENASCHEN, degustare, praelambere : lüsterne müssen alles
benaschen ;
solcher köchin fint man noch mehr,
die alles das benaschen, beide speis und trank. •
ungear. meistergesang ;
und wer sein schmer für katzen setzt,
Wirt oft benaschet und verletzt. Schwarzenberc 123, 2;
oder bebalts in deinen henden,
benags, benaschs an allen enden,
hast du sein gnue und bist sein satt,
so schmeiters wider in die platt. Scatn grobianus C4»;
damit die frischen abdrücke einer neuen gegenwart mich nicht
überherschen, benasche ich hinterher des alten Nicolai Wie-
ner reise. Zelier an Göihe 350. wurde, gleich dem einfachen
naschen, auf sinnlichen Uebesgenusz angewandt:
nach alten hadern ist mein fragen,
wan sie die meid hant abgetragen,
wan so die puben sie benaschen, /instn. «p. 792, 25 ;
wir fiengen hierauf an das confect der liebe zu benaschen.
Felsenb. 3, 393. s. ausnaschen.
BENASEN, naso inslruere:
ob ewr einr wol benaset wer,
der mag wol zu uns treten her. U. Sachs III. 3, 16'.
mit der nase anrühren, s. befingern 1.
BENÄSSEN, madefacere, gewöhnlich benetzen:
es würde steter tbau der thränen es bennssen.
LoHE.ssTEis Ilyac. 3.
BENAL^EN, angere, premere, beklemmen. Siieler 1336. nnl.
benaauwen: sie helfen benauhen und verkürzen die armen,
redlichen bürger und handwerksleute mit allerhand newerun-
gen, contributionen, Schätzungen. Chr. Asdreä buszposaune M 3 ;
er, von wafTen unbenauei {unbeengt)
schrecket seine wachter blöd. Speb truUn. 300;
mir wurde ganz benauet Sieg fr. von Lindenb. 2, 2Sl.
BENAUPEN, wie das vorige. Siieler 1336.
BENDEL , m. fasciola, vitla, ahd. pentil (Gurr 3, 138),
mhd. bendel (Bes. 1, 134'). s. brustbendel, haarbendel, hosen-
bendel, sackbendel, schuhbendel, wurstbendel ; die frauw aber,
als sie den mann im melsack sähe, den bendel schnell zu-
stricket, wegkürzer (i ; einer macht bendel, der andere schnei-
det sie ab. Simrock 909.
BENDELFASZ, n. in einem \iede bei ühland 717 unter dem
hausqerdth aufgezählt.
BENDELHOLZ, n. prunus padus, faulbeere.
BENDER, m. vielor, der faszbinder, küfer. bender hat Al-
berus, und das volk in Hessen, in der Wetterau u. s. w. spricht
nicht anders.
BENDIG, 5. bennig und bändig.
BENDLEIN, n. was bendel:
mein werkstal öd liesz ich zuspcrn,
weib unde kind vom bendlein zem. II. Sachs Ii. 2, 8 ,
was sonst heiszl von der schnür zehren, leben, unter welchem
wort mehr davon zu sagen ist.
BENE, «ol. statt sich wol thun, gut thun, ein gütchen
thun, wol leben, sehmausen heiszt es mit besondcrm nach-
druck: er thal sich bene, tliat sich heute ein rechtes bene;
hier that mit seiner schöne _
der herr »ich uxflicb bene. Bobgi» 2S*.
1467
BENEBELN — BENEBENST
BENEBST— BENEHMEN
1468
BENEBELN, nebula tegcre, nebulam inducere, nnl. bene-
vclen.
1) im eigentlichen sinn: das gebirge, der grund ist bene-
belt;
jetzt seh ich Drachenfels stol« in die lüfte gehen,
jetzt seh ich Wolkenhurg allzeit benebelt stehen.
Ha."(iiann anm. zu Opitz 198 ;
benebelt haupt. Brockes 1, 133;
dasz die truppen auf den benebelten {im nebel stehenden) hof-
kaplan feuer zu geben anfiengen. J. Paul Hcsp. 1, 14; die
blumen der poesie gleichen andern blumen, die im gedämpf-
ten, benebelten Sonnenlicht am besten wachsen. 2, 28; das
Zimmer benebelte gleichsam ein lichterdampf. 4, 86.
2) figürlich, trüben, es soll auch diese seine notdurft kein
betierplunder sein, um den glänz seiner lügenden zu bcne-
blen oder dunkel zu machen. Brandts bericht von Taubmann 16 ;
Cardenio, wofern disz ein benebelt scherz,
so spielt er nur zu viel mit leuten von gewissen.
Grtphius 1, 241 ;
Cardenio, so ists, schwermüiige gedanken
benebeln die Vernunft, 1,242;
einen klaren Spiegel mit dem athcm benebeln. Bütschky Pa/m.
897; ein mit irrthümern benebelter glaube. 20"; allerhand
Unglücksdämpfe benebeln ihnen herz und äugen. 719 ; meine
begicrden können meine Vernunft dergestalt benebeln, dasz
ich zu der zeit, wann sie am unbändigsten sind, nichts er-
kennen kann. Liscov 728 ; die äugen benebelt von der süszen
trunkenheit der glücklichen liebe. Wieland 2, 81;
er wähnt, ihn täusche sein halb benebelter blick, i, 196;
Über mir schwebt nacht und fmsternis und benebelt alle meine
sinne. Fr. Müller 2, 139; wie die gelehrte weit durch das
newtonische spectrum benebelt gewesen. Göthe 54, 171; um
sein herz als dampfkugel in ihres zu schieszen und damit
diese stille sinnende heiterkeit zu benebeln? J. Paul Hesp.
1, 114. zumal heiszl benebelt betrunken, sich benebeln sich
betrinken: anderer leute wein auf bouteillen ziehen und sich
dabei ein biszchen benebeln, dasz man glaubt, er gehöre
ihnen, so etwas thun die meisten deutschen Schriftsteller.
Lichtenberg 1, 309.
BENEBELUNG, f. die unenlhaltsamkeit im trinken, die bis
zur benebelung der sinne geht. Kant 10, 176.
BENEBEN, nnl. beneven, wie beineben {sp. 1385). vgl. an-
beneben.
1) praep. mit dem dat. : darvor sie ihm auch, beneben
sciienkung etlicher äckcr, zu ehren eine seul aufrichten iieszen.
Kirchhof wendunm. 17"; beneben den edlen und grafen. 45*;
ein forster oder waldknecht hat, beneben andern gewälden
in seinem bezirk, auch eins die eck genannt. 146'; vergruben
das gelt beneben cim groszen bäum. 177";
liebestu mich, als wie ich dich,
auch niemand benehen mich,
nichtcs beger ich mehr. Strickers sc/j/emmer g 2*;
und dünket mich in meinem sinne also, das cwer stad Balle,
ein jederman in seinem hause, bencben elzlichen andern umb-
ligendcn stedten, das obgemeldte vergangne xlhi jar, den
jüngsten tag abermal zimlich cntpfundcn. Greff Lazarus vorr.
A8*;
alle menschen nn beneben
mit dem leufel goti widerstreben. A2';
beneben so vilcr heiligen tagen, bienenk. 181'.
2) conjunction, praeter, praeterquam : heneben dasz er auch
brandschatzungen angericht. bienenk. 211';
beneben dnsz disz schlosz von sial ist hoch eihöhet
und diisz der felscn selbst umiberwindlicli stehet.
VVerukrs Ar. 3, 67.
BENEBEND, in gleichem sinn: undank bcnebend neid,
hasz und zorn. Thurneisser nolgedr. ausschr. 5.
BENEBENS, adv. nebenbei, daneben, praeterea, nnl. bcnc-
Tcns, beneffens:
geh hin und lerne mich bencbcns auch zu meiden.
IIOF)IA.M.NSWAl.ÜAII (jclr. sc/i. 80;
und ward ihm benebens anbefohlen. Simpl. i, 190; Itenebens
auch die auslcgung der träume hölmi.sch genug verlacht. 2, 504.
BENEBENST, praep. und adv., s. beinebens: benehenst
rath von ihm begehrend. Simpl. 1, 4S ; das/, er benehenst
mehrers studieren ausgeiiolet werden solle, ob er sich nicht
in den geistlichen stund schickte. 2, 302 ; wo benehenst dein
dienst ein angehender prcdigcr aucii eine person chlithen
masz, welcher er auszcr demselben sonstcn uiQszig gehen
würde. Schcppiüs 644; benehenst andern vier dienern. Har-
nisch 54; benehenst auch bcdankele. SalindelSl.
BENEBST, gleicher bedeulung mit den vorausgehenden Par-
tikeln, und wie das einfache nebst heute allein gültig geblie-
ben, gerade die entstelltesten und erdrücktesten formen dauern
fort, während in beneben und benehenst das ihnen allen zum
grund liegende adj. eben noch gefühlt wird, von der Steige-
rung dieser Wörter ist unter neben und nebst näher zu han-
deln, benebst steht als nachdrücklicheres nebst, kann aber
in den meisten fällen mit ihm wechseln:
der alten redner schar benebst den neuen weisen.
Götz 3, 37 ;
zwölf Städte, sieben maurumgebne flecken,
benebst fünfhundert achtbaren gefangnen.
A. W, Schlegel in Heinr. VI theil 1, act 3, sc. 4;
und doch halt ich diese lippen nur ihm heilig, benebst dem
busen und dem schosz. Klingers th. 3, 394.
BENEDEIEN, benedicere, segnen, wie maledeien, vermale-
deien maledicere, verfluchen, doch nicht unmittelbar aus dem
latein, sondern schon mhd. benedien, maledien, nach dem ro-
manischen it. benedire, prov. benezir, franz. benir: sol er
benedeien und segenen, so musz er warhch über den fluch
sein. Luther 3, 426; dazu helfe mir mein herr und heiland
Jhesus Christus, gebenedeiet in ewigkeit. 3, 513;
goit ewig loben und benedeien. Avrer351";
des höchsten nam und will werd stets gebenedeiet.
Weckherlin 73;
mein herz auch dankbar gegen dir,
dir billich benedeiet. 93;
er benedeite sein geschick. Licht wer;
glücklich war, glückselig das volk, von erhebender freuden
neuem gefühl
trunken, war benedeit, war selig, zu dem des gesetzes
mutter von den unsterblichen kam. Klopstock 2, 147;
Hymen, den ich benedeie,
se'i willkommen, himmelsgast. Bürger 75';
ich gab ihr vor dem traualtar
der weiber ehrenstand,
kaum war der fehl gebenedeit,
so schwanden angst und pein. 103';
gebenedeit sind mir die stunden,
da ich dich, liebes paar, gefunden. Göthe 13,86;
dasz mein ausgang und eingang gebenedeit sei!" 40,95;
euch dem Helios geweihten
heileren tags gebenedeiien. 41,170;
ihr heiligen mit reinen zungen
ach benedeiet unser herz. Fr. Müller 3, 121 ;
das haus benedei ich und preis es laut,
das empfangen hat eine liebliche braut. Uhland ged. 29;
beate oder, wie sie herr Nicolai nennt, gebenedeiete gesieb-
ter. Kant 1, 257. das pari, praet. kann des ge entrathcn.
BENEDEIUNG, '/", benedictio, segen, mhd. benediunge : denn
die benedeiung ist, das sie werden gnug haben, hie und dort.
Luther 3, 293'; sol (Christus) den segen und die benedeiung
über alle Völker auf erden bringen, so musz er ie alle zeit
und ewig leben, 426; er wollt nicht benedeiung. br. 2, 167;
desglichen hus und ^f, ein gut ouch usz der benedeiung
goltes erlangt. Tuo. Plater 112 ; er kust in und gab im sein
benedeiung. Aimon E 2 ; von päbstlicher benedeiung predigcr.
Kirchhof wendunm. 429"; kirchenampt, pfrund, benelici, wei-
hung, benedeiung, bienenk. 45' ;
sein gnad und bcncdeiung geit. Schkelzl btindg. söhn 9*;
was ich mit meiner mühe durch göttliche benedeiung werde
können erhalten. Schuppius 732.
BENEDICITE, n. der segen, mit welchem der priester die
messe schlieszt: meinstu nicht, pott werde deinem geiz und
bauchsorge ein benedicite sprechen ein mal, das du beide
mit kind und mit allem hie und dort verderbest? Luther
5, ist', s. benditz.
BENEDICTE, f. geim montanum und urbanum, mhd. brnc-
dicte MS. 2, 195", it. erba benedetta, franz. benoite, engt, herb
bennet, auch benedictenkraut, henedictenwurz genannt, vgl.
kardenbenedict, karbcndict Carduus benedictus, centaurea be-
nedida.
BENEDIGEN, benedeien. Keisersr. post. 1, 13. lebkuch. 8.
BE.NEDITZ, BENKDITZTE. n. was benedicite, mhd. m.
tinz dii; der brnodiz gescliacli. Parz. lUC, 19;
drt den bonediz der biscliof tet kriuzen. iMlicngr. b2.
ntid. Jesus das benediiztc sprach. Hingwald pponj;. I'O'.
BENEHMEN, adimere, eripcre, goth. biniinan, aiid. pineman,
mhd. nnl. benemen, heute meist von abstractcn, nicht gern wie
nehmen von sinnlichen dingen gebraucfU, et heisil einem das
1469
BENEHMEN — BENEIDEN
BENEIDEN — BENENNEN
1470
kleid, das pferd, die waffen nehmen, nicht benehmen, «ol
aber den mut, den verstand, den zweifei, verdacht, das be-
denken, die freiheit, gelegenheit, hofnung, freude, lust, furcht
benehmen, tcofür freilich auch nehmen gesagt werden kann.
nehmen drückt dann mehr ein gänzliches entziehen und rau-
ben aus, benehmen ein hemmen, außalten, hindern, und in
diesem sinn steht auch das licht, die aussieht, die spräche,
schmerzen, den athem benehmen, iciewol sich gleichfalls sagen
läszl das licht, den athem nehmen, wegnehmen, im Bacha-
racher blutrecht {weisth. 2, 213) lautet die alte formet : auf des
Schaches fusze folgen, als lange bis in die swarze nacht be-
nam (den äugen entrückte).
1) gewöhnlich mit dat. der person, acc. der sache: das be-
nimmt mir Tiel, wenig, nichts;
vom leib die seel uosichtlicb fleugt,
verlorens flaisch der nichts beninipt,
ain wenig stat {kleiner räum) ir dort geziait.
SCUWARZE.'HBERG 152, 1 ;
gott benem dir alles leid und schmerzen.
Wie KRAM bilger D 1 ;
man hört, dasz der Dicht Tiel verthat,
dem man benimmt, was er nur bat. Logau 1, 3, 23;
die freiheit und das brot benehmend. Weckherli!« 301 ;
dadurch ihnen die harte aussprach unserer sprach anzukla-
gen die ursach benommen, rorr. zu denweltl. ged.; gleichwie
man dem bienenkönige die flügel benimpt, wann er zu vil
ausschweifen wil. bienenk. 44' ;
so dasz nichts schönes euch Ton uns itzt kan herkommen,
weil aller Schönheit gut uns gänzlich ist benommen.
Fle»i."«g 40;
weil ihnen wurd der weg vom glücke stets benommen.
Werders Ar. 18, 50;
der meinung, ihnen {den Jünglingen) ihre erste haar beneh-
men und sie zu rittern schlagen zu lassen. Simpl. 3, 335;
denn welche zum ersten die kanne vom munde absetzt, die
benehme der andern die milch, braulsuppe 1679 ; das pdaster
auf dem fusz wird dem palienten das kopfweh nit benehmen.
ScHCPPius 65" ; folglich benimmt es der erden ihre paradisi-
schen eigenschaften nicht. Liscot 6S5 ;
das soll nur so
den letzten druck dem dinge pcbcn, soll
euch, Rechas wegen, alle skrupel nur
benehmen. Lessixc 2, 296 ;
dieser gedanke benahm seiner seele auf einmal alle die stärke
wieder, welche sie wieder in sich zu fühlen anfieng. Wieland
2, 156 ; ihm diesen irrthum zu benehmen, war der schlimmste
streich. 2, 16S ; damit ihm alle gelegenheit benommen würde.
2,315; wenn ich euern konigen die macht benehmen wollte,
die einem vater über seine kinder zusteht. 7, 1S5; das be-
nimmt ihrer Wahrheit nichts. 12, 151; die krankheit hat mir
den geruch benommen.
2) seilen mit acc. der person, gen. der sache:
strafe, derer ich jetzt benommen bin. Ri.ncwald geistl. lied. 78;
um ihn alles zweifeis zu benehmen. Lohe.nstei.n Arm. 1,621;
«ie ags. voldon bena^man nergendne Crist rodera rices. C<vdm.
2S6, 2; alts. aber mit dem instrumental: antdred, that sie
manno barn libu binämin. Hei. 9, 1$ ; that sie kinda su filo
bubdu binämin. 22,8; welche fügung auch ahd. erscheint: ther
er nan tude binam. 0. IV. 3, 16.
3) sich benehmen, se gerere, sich betragen: er hat sich
edel, klug, angemessen, verständig, würdig benommen, oder
albern, schändlich, ungeschickt, kleinlich, niedrig ; er weisz
sich in gesellschaft gar nicht zu benehmen, sich mit einem
benehmen drückt aus besprechen, verständigen, einigen.
BENEHMEN, n. 1) adcmtio, das benehmen des athems.
2) gerendi ratin, das betragen, verfahren : ich kenne dein
würdevolles benehmen mit groszen herren. Bettlne br. 1, 310 ;
würdie und voll anstand
war das benehmen. Schiller 33S*.
auch übereinkunß : nach vorhergegangnem benehmen mit A.
BENEHMU.NG, f. ereplio: abrisz {entreiszung) und beneh-
miing meines löcliterleins. ScnwEtNicHE:» 2, 223; diese bcneh-
niung aller mittel. Lessing 5, 40S.
BENEIDEN, inridere, nnl. benijdcn.
1) mit acc. der person oder sache: ich bcneiiic dich nicht;
er beneidet alle leute; du wirst darum beneidet; ich hatte
schon seine hübschen kleider, wie sie ober den stiil hiengen,
längst beneidet. GOtue 25, 350; man läszt die lüge gelten,
indem man die baarschaft beneidet. 31, 231 ;
wie der br.iuinacht süsze freuden,
die die göitfx selbst beneiden. Scbillkr SO*.
mhd. blosz einfaches, starkes niden: •
daj nident ander frouwen. MS. 1, 1";
ist ieman der da; nide. 1, 61';
UBtest düs, ich wolt ej niden. Walth. 70, 15;
er lie da balde schouwen,
daj er den schceaen künic noit. tr. kr. 12629 ;
doch wart er anderswd geniten. 10253;
die ej vil stark an ir niden. pass. K. 32, 53.
2) mit dat. der person und acc. der sache. diese, der la-
teinischen oder französisciien nachgeahmte fügung greift erst
im 18 }h. «m sich : da einer dem andern alle vortbeile gegen
den feind beneidete. Mascou 1, 9 ;
weil er das Vorrecht hat,
sich zu vergehn, das unser einer ihm
nicht sehr beneidet. Lessing 2, 29s ;
ich beneide ihm diese lobsprQche nicht. 6, 224 ;
nein, grosze königin, denn damals träumte
mir nicht, dasz Frankreich noch das eiuzige
an uns verlieren würde, was wir ihm
beneidet hatten. Schiller 24S';
dieses beneid ich ihm unter allem,
dasz er heimführt die blumc der frauen. 500';
ich sehe nicht ein, woher mirs beikommen dürfte ihnen ir-
gend ein vergnügen zu beneiden. Göthe an fr. von Stein l, 176.
BENEIDENSWERTH: beneidenswerthe stille. Gotter 1,166.
BENEIDENSWÜRDIG : eine beneidenswürdige glückseligkeit.
Rabener 1, 206; es wird bei ihnen stehen, ob sie mich zu
den beneidenswürdigsten sterblichen unter der sonne machen
wollen. 3, 235;
mit einer lust,
die engel selbst beneidenswürdig nannten. Wieland 23, 115.
BENEIDIGLNG, f. invidia: mein herz ist eine wohnung
der liebe zu meinem freunde und ist darinnen kein räum
mehr übrig zur beneidigung vor einem andern, pers. baumg. 4, 19.
BENELKEN setzt Lohenstein öfter für mit neli-en schmücken,
d. h. rothblühend erscheinen lassen:
will ihr benelkter mund im grabe blumen sämen?
Ctcop. 112,315;
des sommers Zierde pralt auf den benelkien wangcn.
Ibrah. 66, 461.
BENENNEN, nominare, denominare, mhd. benennen, benante.
1) einen namen beilegen: das kind nach dem vater, die
Stadt nach dem berg oder flusz benennen ; dinge mit neuen
namen benennen;
ihr schenken,
oslerieen, wie euch schicklich der Römer benennt.
Göthe 1, 281.
2) namentlich anßhren: dise benante bücher. bienenk. i2';
oft benant künigreich. 129*; bekannt und benannt genug.
J. PALLfJfcc/ 12.
3) bestimmen, deftnire: da ist der legal abermals mit sei-
ner extravagans komen, hat ein solch leben damit gehabt,
das etliche benante k. maj. rethe besorgt haben, doctor Mar-
tinus mücht dadurch erlegt werden. Lltbeb 1, lU';
das sie ein botschafl zu ir send
in maszen, wie du hast benent. 11. Sachs III. 1, 33';
den tempel cotles zu verbrennen
und ISacho dem weingoit benennen (widmen). III. 1, 109*;
dann mögen sie einen benennen und fordern, wer ihnen im
rechten oder im umstand geliebt. Kirchhof nu7. «f/jc. 241;
ein klägcr kam und sprach, herr richier, ich bekenne,
beklagter soll mir Ihun, so viel als ich benenne.
I.OCAU 1, 6, 50;
der pabst ersuchte ßudolphum in einem schreiben, dasz er
gesandte benennen möchte. Hahn 5, 100. zumal hiesj es
stunde, tag, ort und zeit benennen, an welcher ein Handel
oder eine zusammenkunß stattfinden sollte: das er im schul-
dig wcre auf einen benanten tag zu bezalen. Steinhöwels
Esop (1555) 38*; wie etliche geizige blasen fhun, die auf be-
nante tage zinse aullieben und frisch widerumb dasseih auch
auf zinse treiben. Lither 1, 195'; bis seiner sün benantcr
kampfstag käme, ilimon E 1 ;
ein zusammkiinft ist benennet worn
allhie nur zwo meil von .Angclor. Airer 316';
die Niniviler, welchen er zeit und stunde hatte benennen
lassen, wann und wie er sie verderben wollte. Schcppics 366 ;
Rudolph liesz den pabst um die krönung bitten, auch die
zeit des bimmelfartfestes dazu benennen. Hahn 5, 100. so
wnden auch andere sacken l>enannt : ein besonder und be-
nennt geschcnk verbeiszen. Kitcauor wcnduum. 163*; alda die
1471
BENENNTLICH — BENGEL
BENGEL— BENGEN
un
Vergebung der snnden auf benantes gelt gesetzt und taxirl
wird, bicnenk. 225' ; alle im recept bencnnele und verordnete
specics. ScHUPPius G44. benannte zahlen, numeri concreti.
BENENNTLICH, adv. nominatim, was benanntlich : seine
sechs zeugen, benentlich den ersten menschen Adam. Ayrer
proc. i, 13; benentlich, wie ein mensch wächst und zunim-
met. HoFFMANNSWALDAU sicrb. Socr. s. 92 ; ohne dasz man den
rechten eigentlichen trieb dazu, benäntlich den willen der
Athenienser anziehen sollte, s. 97.
BENENNUNG, f. nominalio, designatio. brüche unter einer-
lei benennung bringen.
BENEUVT, iiervosus, nervig : benervte Schenkel. Brockes
6, 217. 9, 249 ; den würde ich so benent, bruststark, als den
Hercules mahlen. Hippel 2, 34G.
BENETZEN, humectare, rigare, die ältere spräche kennt nur
das einfache netzen, golh. natjan, ahd. nezan, mhd. netzen,
auch nnl. netten, kein benetten, als elwan wir prediger thünd,
uf der kanzel machen wir die leut lachen, ei sprechen sie,
er hat also ein gijten schwank gesagt, eins möcht sich be-
netzen. Keisersberg Sünden des mundcs 53'; so sah er auch
das feld mit seines bruders blute benetzt. Aimon f 4 ; Spin-
nerinnen benetzen ihre finger;
darinneu uiaucher fairsch benetzt den dürren mund.
Fleming 152;
in einem thal, wo den verjüngten hain
der frübling schmückt, ein klarer bach benetzet.
IIagkoorn 2, 77 ;
iasz jetzt mich deine hand ergreifen, küssen,
mit heiszen freudcnthränen sie benetzen.
üiiLANDs ged. s. 217;
er benetzte ihn mit reichlichen thränen. Götiie 20, 149.
BENETZEN, circumrelire, tele implicarc, schon ahd. binaz-
ter, irretilus. Graff 2, 1116; «Ad. vögel benetzen, bestricken,
im netz fangen. Stieler 1350, ein ungewöhnliches, aber gutes wort.
BENETZUCKER, m. saccharum tortum. Ryff spiegel der ge-
sundheit bei Frisch I, 8l'; benidzucker saccharum penidium.
Henisch 279. Stieler 2243. vgl. mhd. zuckersüejej honec
benlt. AfS. 2, 130*; süejer wan benlt. bei den ärzten des mil-
telalters penidiae und diapenidion, saccharum clarificalum, in
bacillos redaclum.
BENEYENTIEREN , bewillkommen, willkommen (bcnvenulo)
heiszen: der vater habe den söhn beneventicret. Scnuppius 815.
BENGEL, m. fustis, mhd. bengcl (Be.n. 1, 85'), nnl. bcngel,
ein wie Schwengel, Stengel, sprengel, bendel, senkel, werbel
aus schwingen, stingen, springen, binden, sinken, werben ent-
sprossenes wort, also ein verlornes hingen bang bungen, tundere,
pulsare voraussetzend, von welchem sich bangen und bangein
(sp. 1104), engl, bang, alln. bdnga pulsare, bunge lympanum {wie
von biechen bauke, pauke) und bingeln {die glocke anschla-
gen, beiern), wahrscheinlich auch bunge knolle, bulbns ablei-
ten, den oben sp. 1104 als möglich gedachten Zusammenhang
mit ban (bahn sp. 1076) wird man der lebendigen würzet hin-
gen billig nachsetzen, wenn er auch auf fernerem standpunct
zu behaupten stünde, dagegen bleibt eine berithrung mit bange
anxie, bang anxius {geschlagen, gedrückt?} immer noch zu er-
wägen, altn. ist bengill varus, qui crura displosa habet, gleich-
sam zerstoszen an den beinen? .
1) bengcl, knütlel zum schlagen, werfen: so er sieht, das
sie uf die geiszel nicht wollen geben und er auch nicht gern
ein bcngel nimpt sie damit zeschlahen. Keisersr. sünden des
mundes 35'; spricht Salomon, wan einer mit einem bcngel
under die flöge! (? vögel, nach Sir. 22, 25) w irft, sie werden
von ein ander zerstreut. 35'; da licfent die knecht heraus,
sciimierlcn im die haut mit bcngeln. 52'; denn küinpt er zu
einem bag, der mit hecken und beumen verlcil ist, denn
musz er erst die hürst und die bengcl zerhouwcn. ehr. bilg.
120 ; er envüsrht ein bcngel und hielt mir in für die nase,
und bollert warlich secr greulich. Aluerus e/(/;«c/i/. Bl';
im land da lief er (der freiharl) hin und her,
ein bengcl trug er über zwurg. Ambr. Ib. s. 171 ;
bfit der horr meinen muf.
ain aichincr bcngl machte si {die frau) gut. UHLAfiD728;
mit benglen blcuwen. Wirsunc Cal. et*; mit einem bcngel
über die lenden wuscht. Frey garteng. 30 ; einen bengcl oder
stecken in seiner band habend. Aimon Oi; in der Unvernunft
lief er zu scim gott Mahom mit einem bengel und schlug ihm
auf seinen köpf vier starker «treirli. buch der liebe 2i'; mit
bengeln schlugen, dasz es zum erbarmen war. 28';
und .srlibgt den .ichclmen mit pcngeln tod. Atrer 112' ;
sie gicngen mit steinen und bengel auf mich. Scuuppius 740 ;
sturmwefter der bengel und prügel. Harnisch ISZ; komm, so
lang ich einen bengel hab, furcht ich ihre bratspiesze nicht.
GöTiiE 8, 8.
Man hört heute öfter prügel oder knüttel und stock sagen
als bengcl, doch bleibt dieses ßr das hunden oder weidethic-
ren angehängte holz, um sie am entlaufen zu hindern: alten
hunden ist böse bengel anzuhängen {alte Sünder ist es schwer
zu bekehren). Piei-ot 3, 51; den bauern befehlen, dasz sie
ihren hunden bengel anhenken. Hohberg 1,120'; achthaben,
dasz die bauern und die nahend am forst wohnen, ihren
hunden bengel anlegen. 2, 571. an den pressen heiszt das
holz mitten in der schraube zum anziehen, bengel : gleichwol
nam er gegen den lebensverwirkten gefangenen nichts stren-
gers für, als das er sie in seiner newen aufgerichten truckerei
an die pressen stellt, dapfer am bengel zu ziehen. Garg. 270'.
im Zillerthal heiszt der dreschßegel bengel. Scux. 1, 182.
2) bengel ist, wie das ähnliche flegel, zugleich Schimpfwort
mit der bedeutung von homo agreslis, ruslicus, zumal ein junger,
langer aufschüszling, und oft gutmütig genommen : man soll
die bengel in ein schewer getrieben und jedem einen flegel
in die hand gegeben haben oder ein knüttel auf den rücken.
Albe'rl's barf münche Eulensp. n' 104 ; der pengel der mar-
schall. ScnwEiNicHEN 3, 112; welches doch der pengel nicht
verrichten konnte. 2, 342; was solle man mit dir bengel
machen? Kirchhof ict'nrf«»»?). 95'; obgenanter fresziger bengel
aber vermochte sein eigen schand nicht verbergen. 110*; auf-
schneider, lügner, berenhäutcr, bengel, baurenschinder, erz-
narren, coujonen. Gryphils 1, 827; der bengel, der noch in
die schul gegangen und mit ruthcn gestrichen worden ist,
als ich in einem vornehmen ehrenstand gesessen habe, gehejl
mit mir umb, als ob ich mit ihme die schweine gehütet hätte.
ScHi'PPius 787; auszerdem aber verstund der ungelehrte ben-
gel nicht das allergeringste, ehe eines weibes 278 ; der junge
bcngel. Pierot 1, 347 ; ich will mich nicht beschweren, ob mir
gleich die verdammten bengel den rücken so weich geschla-
gen haben, als den bauch. Wielakd 12, 21 ;
ohne dasz jeder gleich, der wol ihm wollt,
ihn nen faulen bengel heiszen sollt. Göius 2, 201 ;
so such dir denn in deinem haus
einen recht tüchtigen bengcl aus,
dem gib die roll von meinem Götz. 56,60;
seilt, sie horcht! komm her, mein enget,
tanz einmal mit deinem bengel! Voss, derreigcn3;
es ist eigentlich ein prügel, an dem nur dünne spuren von
kunst und cultur zu sehen sind, gerade so wie gemeiniglich
auch an dem menschlichen bengel, der ihn trägt. Lichtem-
RERG 3, 229 ; du bist ein groszer fauler bengel, keine arbeit
geht dir von der hand als das essen. Arnim schaub. 1,5; der
burgermeister mit stillem vergnügen den derben lebenslu-
stigen bengel {knaben) beschaute. Arnim kronenw. 1, 172; die
kleinen genien in den nischcn, die aber mehr wie kleine un-
geschickte bengel gerathen sind. Bettine br. 2, 322 ; ein unge-
schliffener, stattlicher bengel. man sagt auch, der bengel von
einem menschen, der bengel von marschall.
BENGELCHEN, n. benglein.
RENGELE!, f. ruslicilas.
BENGELFOHS, wi. eine schelte, wahrscheinlich bengclprofosz :
der sich bcrümht der nrhuit grosz,
und ist doch ein recht bengelfohs.
IliNGWALD laut. warh. 312,
die Umarbeitung von Broda meidet den ausdruck. s. bengelhans.
BENGELIIAFT, Tudis, agrcstis, importunus.
BENGELHANS, m. famulus virgas suppeditans: fustuarii,
Steckenknecht, bengelhansen {alle unter dem profosz stehend).
Kirchhof disc. mil. 56.
BENGELN, fuste, virgis caedere, verberare, prügeln:
wurd ich gopengclt hart. H. Sacos I, 500*;
crzauscn und mit feustcn pengeln. IV. 3, 58';
wo sichs pengclt, da musz man mitmachen oder davon gehen.
Lehmann 90. vgl. bangein.
BENGELSUPPE, /■. verbera, prügehuppe: scheiterkraut, ger-
tensalat, brügelbrühe, steckenpfeffer, kolbengemüs, g.ibelgallrei,
tremmclbralen, plcweltladen, schlegelkuchen, fuszmilch, besen-
stielpastcte, fausltäflein, knickelwcrg, fuszpillcn, faustteig,
Steckenzucker, fünfllngerkraut. Ol. Variscus elhnogr. mundi
2, 85. 86. 3, 09.
BENGEN, vestire, tegere, beschlagen, ausschlagen?
form altar wirrt mit thnch grbcngt,
die ncchstcn wend mit leppich bhnngt.
Walois pdbstl. retob D^ 2*.
1473
BENGLEIN — BENNE
BENNE — BENÖTHIGEN
1474
BENGLEIN, n. fusticulus: nachdem wir nun ein hufen
gens funden und si uns band ersächen, sind si ufgeflogen, do
han ich ein klein bengelin ghan, under si gworfen in luft,
han eini troffen, das si herab gefallen. Tho. Plater 24; wurf
bengelein nach dem kappaunen. Garg. 5l'; wann ihnen ein
nagel zu hoch steckt, warfen sie mit den faustbüclislin oder
nuszbengelin darnach. 202'; doch 40' bezeichnet nuszbengelein
kleine zwerge.
BENGLER, m. qui fustem fert, fusle ferit. im vierzehnten
jh. gab es eine gesellschaß der bengeler, socielas fustigerorum,
die ein silbernes auf der brusl befestigtes stdbdien (bengel,
klQppel) zum zeichen hallen, s. Limburger chron. und Landau
rittergesellschaflen s. 87.
BENICKEN, annuere:
Venus benickte den hstigen plan mit lächelndem beirall.
BcaGsa 246*.
BENID, s. benetzucker.
BENIEDEN, adv. deorsum, infra, ags. beneodan, engl, be-
neath, nnl. beneden, gegensalz von hoben, nnl. boven : das al-
les benieden solchen graben lieget, denen von Sjetin eigen-
thümlich sein, was aber über den graben befunden wird, dem
herzogen gelassen werde. Micrälids 3, 5S0. vgl. beneden im Ssp.
BEMEMEN, nominare, denominare, disponere, statuere,
gleicht sokoI dem ahd. beneiman (Graff 2, lOSS), als dem
nnl. benoemen, da sich oe = mhd. üe und ie öfter begeg-
nen, der Ssp. hat benomen I. 51, 4. IL 36, 5, in hodideul-
schen hss. benumen. Oberlin 120 gewährt aus der elsäss.
mundarl benuimen. beniemen erscheint im l'jh.:
wachet, wie Soldaten ziemet,
zeit und ort wird itzt beoiemet. Fleming 479;
weiber, die man wacker nennt, sind gemeinlich schnöde,
weiber, die man from beniemt, sind gemeialicb blöde.
L06At;3, 6, 70;
sie beniemte einen tag. Hofman.-iswaldac /ield£n6r. 133;
in der obbeiliemten lehre von der seele. GCNTHERi'orr. 8;
es ward der tag beniemt, woran man losen wolle. Me:«antes
1, 241 ; oben beniemte species. hebamme 1S2 ; aus erst be-
niemten Ursachen. 354 ; zu beniemter zeit. 638 ; wenn ihr
nicht mit in der rolle der erstbeniemblen begriffen seid, so
gehet euch dieses nicht an. 6S5. das vort gilt noch heute
in Schlesien und z. b. Scheller bedient sich seiner im gro-
szen wb. (1804) s. 11238.
BENIESEN, stemutando firmare {d. mythol. s. 1070. 1071) :
siehst du nicht, wie der söhn die werte mir alle beniest hat!
ovx öoäas o fioi vlos iTtemaos näaiv k'neoaiv;
Od. 17, 545.
ich benies es jetzo selber, dasz die weit für einen kurzen
beriebt von der sache mir am ende danken wird. J. Paul
Siebenk. 4, 100.
BENIPPEN, degustare, bei Stiklkk 1328 benipfen : den be-
cher nur benippen ; sich benippen, berauschen.
BENKM.VUSERLEIN, qui sub scamno lotet, pumilio, nanus.
Carg. 40', eine maus unter der bank, wie es {oben sp. 1107)
hiesz hinder die bank nach den mausen werfen, oder in der
vorrede zu Eulensp. so sich die müs under den henken beiszen.
BENNE, f. lat. benna, ein korbicagen auf zwei rädern, ein
gallisches wort, das die alten Römer aufnahmen, wie sie ba-
sterna vielleicht von den Gelen borgten {gesch. der d. spr. A6l);
beide ausdrücke bezeichnen «n bäurisches, geßochtnes fuhrwerk,
vuin vgl. auch banse {sp. 1119) im sinn von krippe, raufe,
fischreuse, wie ihn benne gleichfalls kundgibt, näheres bei
DccAMCE 5. V. benna und venna, bei Graff 3, 126 ; Dastp. IS'
henna, ein benn oder karch; Alberls hal benn sirpea und
auch sirpea wird erklärt corbis ampla ex viminibus, quae
plauitro imponitur. des Wortes bedient sieh Sebiz ößer, z. b.
wagen, kärch, hacken, hennen, schleifen. 31. Scbheller 1,
179 schreibt die bcnnen und das bennl, bcndl, pendl ; Stal-
nER 1, 131 banne, henne; Höfer 2, 315 pen, penl; in Nieder-
deutschland ist benne auch ein aus Weidenruten geflochtner
pferch, nnl. ben oder benne, een van tecnen gevlochten korf,
brodben brotkorb, fruitl>en fruchtkorb, über die romanischen
und keltischen formen s. Diez 1, 80 und Diefe^bach cell. 1,
204 — 207. Erwä>jt man nun was oben sp. 1115 über die be-
Tiüirung von bannen und binden gesagt wurde und den Wech-
sel zwischen bennl, bendl ; so wird es fast wahrscheinlich, dasz
schon das keltische benna sich an binden, flechten sehlieszl,
folglich mit basterna derselben würzet sein kann, das wort
vnd sein gebrauch reicht, wie der von banse, in hohes alter-
thum zurück, und die Kelten mögen es von den Deutschen, die
Römer von den Kelten empfangen haben.
BENNE, m. kärcher, kärmer? oder blosz gesell, in eadem
benna sedens, was das alte combenno? dafitr bietet sich nur
eine stelle im deutscJien Michel dar: damit jeder banne wisse,
was sie vor gelehrte, erfahrne und vieler sprachen kündige
leute seien. Simpl. 1, 699. doch setzt aucii schon Dastpodil'S
iS' an : bennones, hennen, gesellen.
BENNEL, n. was benne, korb, gefleckt, auch geschrieben
bendel, pendel.
BENNENBETTE, n. craleres, conceptabula aquae salientis
in fontibus, sonst rührkaslen, wahrscheinlich von dem reiser-
geflecht, wodurch der gang des wassers geleilet wurde. SnE-
ler 136.
BENNER, f?i. corbis, schlecht geschrieben behner, behnert,
in Meiszen behnerich. s. Adelung.
BENNIG, was hendig, bändig {sp. 1100), ßr den Übergang
der formen NN, ND zeugend: aber es kompt ein alten hund
hart an, soll er bennig werden. Paracelscs 1, 5S7*; so hat
euch aber der Galenus verderbt, das ihr eben zu ziehen
sind, wie ein alter benniger hund. chir. sclir. 265*'
BENNISCH, was bannisch {sp. 1118) : hie wolt ich gerne ein
canonisten doctor hören, der mir wolt anzeigen, wie vielmal
der bapst, cardinel, bischoue ... in bann verdampt und ver-
flucht sind, wer hell sie aber bennisch? Lcther 5, 85*; die
gemeine, so solchen sol bennisch halten, sol wissen und ge-
wis sein, wie der den bann verdienet und drein komen ist.
5, 234*; Horife die vierdt sect verderbt bei in für bennisch
gscholten wird, ergriffen werdens brent. TecRNEissERarc/iirf. 61.
BENOTHDRÄiS'GEN, cogere, vi compellere: dardurch der
könig benotträngt ward, unter Sarra Columna auf 2 oder 300
pferd heimlich auszuschicken, bienenk. 129'.
BENÖTHEN, dasselbe: hab ich Montabon als hart belagert
und benotet, das Reinhart und seine brüder nit meher pro-
viant dorin habent. Aimon X. benotet sein, egere: dann wir
ewer hülf fast benotet seind. Aimon 0 2. auch bei Stieler
1338, nnl. benooden. s. das folgende.
BENÖTHIGEN, dasselbe, nnl. benoodigen : so man ein schlosz
benötigen {zur übergäbe zwingen) wil. Keisersb. trr. seh. 18 ; e.
hochwirdige veterliche liebe wolle gnediglich mit mir handeln
und mich nicht dringen noch benötigen, diesen artikel zu wi-
derrufen. Lcther 1, US'; das ist war, in andern büchern hab
ich durch ir treiben und jagen benötiget geschrieben, der
bapst sei nicht aus gotles Ordnung, l, 376*; Maientius un-
derstund sich, disen Marcellum zu benöttigen, das er gefan-
gen des bistumbs und christenlichen namens abstAnd. Fraxk
chron, 275* ; die zu irer ketzerei allzeit die hilf des keisers
anruften und die leut zu irem glauben benöttigten. 404';
ach ich ward beur benötigt hart,
das ich versetzen must mein gut. Atrkr 445*.
benöthigt sein, egere, und später nur in dieser bedeutung:
b Mos. 24, 12. 14. 15 schrieb Luther anfangs benöttiget, änderte
es aber nachher in dürftig; ich wer ewer hülf fast benötigt.
Aimon c; und gab es {das pferd) seinem jüngsten bruder
Iteicharten, der sein fast benötigt was. d;
gott wird auch heil den seelen bringea
die hoch benötigt sind. Opitz p«. 72 f
mein leib ist mein pallast, ein krieger ist vergnüget,
dasz er von einem mahl als andre so viel krieget,
als er benöthigt ist. Flcilig 110(113);
was mag er wol gethan haben, dasz er meiner hülf so hoch
benüthiget? Grypbius 1, 869; dasjenige zu reden, dessen wir
dermaleins in dem regiment oder auf der canzel werden be-
nötigt sein. ScRUPPics 850 ; mein vermögen stand jedem zu
diensten, der dessen benöthigt war. Wiblasd 2, 98 ; was würd
ich also sein, wenn ich sie in solchen umständen verlassen
wollte, wo sie meiner mehr als jemals benöthigt sind?
3. 117; wenn haben die menschen -die tngend jemals hochge-
schätzt, als wenn sie ihrer dienste benöthigt waren? 3, 132;
sie muste doch seiner hülfe ebenso sehr benöthigt gewesen
sein. 13,86; nie war er meiner hülfe mehr benöthigt. 26,39;
K. ist mein Ethelwold nicht tapfer? S. in seiner läge ist
mans nicht benöthigt. Klincer 1, 202 ; die wir nirgends unsn
namen auszusprechen benöthigt sind. 10, 253; ich bin eines
neuen niantels benöthigt. Tadel verdient der acc. statt des
gen. : das alles werden wir benöthigt sein. Göthe 15, 103, und
auch Klixcer 1, 202 noAm wol das es in mans ßr den acc.
Einige haben benöthigen intransitiv ßr egere, wie es z. b. bei
Gryphics 1, 969 IM nehmen wJrc.
93
1475
BENSEL — BEWOGEN
BENÜGEN
1476
Das pari, benöthigt gehl ganz in ein adj. necessarius über :
und weil er binnen der zeit auch nicht müszig gewesen,
gondern alles beuöthigte vollends angeschaft, segelten v,\r
frölich von danncn. Felsenb. 1, 64; welche auf eigene kosten
ein schif mit allen benöthigten sachen zu ihrer reise ausrü-
steten. WiNEELM. 1, 337; eine Sammlung benöthigter bücher
für den aufseher. 2, 143; endlich erbarmte sich ihrer eine
alte frau, welche binnen einem lialben Jahrhundert einen
kleinen sdiatz von häuslichen erfahrungen und bemerkungen
gesammelt hatte, woraus sie ihren jungen nachbarinnen ge-
legentlich das benothigte willig zukommen liesz. Wieland 8,
196; ein zu unserm zwecke benöthigtes vermögen. Kant 4,
271 ; ura das benothigte zu verrichten. 6, 398 ; benöthigten
falls. Lessing 12, 261; benöthigten falls. Wieland 12, 43;
im benöthigten falle. Kant 8, 312. man setzt heute lieber nö-
thig, nöthigen falls.
BENSEL, m. penicillus, heute pinsel. ahd. pensil (Graff
3, 344) : es war kein ding, das er nit besser denn kein an-
der meister mit dem bensel, feder oder stilo machet und
das natürlich entwürfe. Bocc. 2, U' ; was nutzet es, dasz ir
bensei und färben angaffet, wie ein küw ein newes thor?
Petr. 38'.
BENSELEIN, n. dasselbe : nimb schweinsblut 1 S. bestreich
etliche lange benselein darmit und stosz ihme {dem pfetd)
des tags einmal fein wol und tief in die naslöcher hinein.
UfFENBACB 2, 72; oder mache im ein benselein von gescha-
benem süszholz, und lasz den kranken stätig daran saugen.
Tabernaemont. 719.
BENSERICH, s. bansch sp. 1119.
BENÜCKEN, [allere, decipere, vgl. nd. nuk, nukke tücke
{brem. wb. 3, 251), nnl. nuk fraus, callidilas:
und wie der fuchs den wolf gefalzt,
mit schmeichelworten oA benückt
und vicimal ubers seil gerückt.
Waldis Esop 4, 94 ;
es ist der brauch auf dieser erden,
allzeit die einfeltigen werden
benückt von schwetzern und betrogen
und oft gar feischlich uberlogen. 2, 37.
BENüDELN, lagano farcire, in nudeln einmachen:
es wartet schon auf dich . . . Sauerkraut
und ein benudelt huhn. GSnthkr 1102.
.sich benudeln, mit wein anfüllen, betrinken.
BENÜGEN, 1) sufpcere, genügen, mhd. benüegen. Flore
1510. 5998, zuweilen begnüegen, meist genüegen. die ältere
spräche pflegt mit genügen wie mit benügen den acc, die
spätere den dat. zu verbinden, namentlich hat diesen Luther,
wie aber nur an mir, dir, inen, nicht an dem gewöhnlich vor-
kommenden uns, euch zu gewahren ist.
o) "unpersönlich, mhd. mich genüeget des, ich bin damit
zufrieden {gramm. 4, 234. 236). statt des gen. der sache wird
nhd. die praep. an oder mit vorgezogen, wiewol noch beispiele
jenes vorkommen:
an solchen gaben mich benügt,
die mir natürlich sen gefugt.
Schwarzenbbrg 117, 1 ;
tin« benügt wol an euwer arbeit. Eulensp. 27; mich benügt
an meinem einkommep. Wickram rollw. 85 ; uns (dat.) benü-
get, das sie zulassen. Llther 3, 447. Häufig neben lassen:
mhd. ich län mich des genüegen; nhd. wer sich mit disem
teil nit benügen lot. Keisersb. chrisll. bilger cap. 2 ; du soit
keins andern frauw ansehen, solt dich beniegon lassen mit
deiner frauwen. sünden des nmndes ll' ; das wir uns darmit
sollen lassen benügen. ib* ; darnach iieszen sie sich nicht
dran benügen. weish. Sal. 14, 22 ; aber nu lassen sie inen
nicht daran benügen. üücke in. Esther 3, 7 ; lasset euch be-
nügen an «wenn lolde. Luc. 3, 14; wenn wir .aber nahrung
und kleider haben, so lasset uns benügen. 1 Tim. 6, 8; und
plaudert mit bösen worten wider uns, und lasset im an dem
nit benügen. 8 /o/i. 10; dise alle sind gestorben im glauben
und haben die vcrheiszung nicht empfangen, sondern sie von
fernen gesehen und sich der vertröstet und wol benügen
lassen. Ebr. 11, 13 ; nnd lasset euch bcnfigen an dem das du
ist. 13, 5; die bawren lassen inen nit benügen, das sie des
teufeis sind. Luther 3,125'; wer sich daran nicht wil benü-
gen lassen, der fare immer hin. 3, 149 ; ich lasz mir benügen.
3, 322'; laszt euch benügen, das wir euch segencn. 5, 69';
wer im daran nicht wil lassen benügen. u, rj*; hab icli mir
daran benügen lassen, tr. 2, 240 ; ce erlangst an ir, das sie
sich an einem äuge, dünn an einem manne benügen liesz.
Albr. von Eibe 4' ; wer sich laszt benügen an dem, das er
hat, damit er müg geleben, der ist reich. 17'; und lassen
sie sich benügen an dem, das sie haben. 18'; wann die oa-
tur laszt sich an einem kleinen benügen. is';
wie er nit Alexander hiesz,
des Stands {des Diogenes) er sich benügen li^z.
SCflWARZENBKRG 117, 1 ;
der esel
lass sich an wenigem benügen. Alberijs 68';
er läszt im an geringer ehr
benügen allzeit, das ist war. 70;
daran wir uns wol haben benügen lassen. Götz ton Berl. 62 ;
lasz dichs benügen. Petr. lll' ; die Römer Iieszen sich benü-
gen, denn sie waren müd. Rihel Liv. 175 ;
wenn ich kleider und maulfüli hab.
so lasz ich mich benügen dran. H. Sachs IL 1, 29*;
das er sich lasz an dem benügea,
was im gott täglich zu Uiut fügen. IT. 1, 84*;
ivann er sich liesz an dem benügen,
was ihm gott und das glück thet lügen. III. 3, 37';
hab mich derhalben liiermit benügen lassen, das ich schlechts
meine arbeit könle lassen ausfliegen. Fischart bienenk. T;
dieweil sie sich damals mit der unverfälschten aufrechten
milch des göttlichen worts, wie neugeborne kindlin, Iieszen
benügen. 23*; dasz sie sich mit dem einen benügen Iieszen.
93'; ich lasse mich an deinem verrichten wol benügen.
Ayäer proc. 1, 5.
b) selten persönlich, für ausreichen^ hinreichen:
als ich nun kund schreiben und lesen,
das mich benügt zu meinem wesen.
WrcKR A« pilger 40 ;
sechs ein lündisch gewande
wird eim benügen kaum Ubland 529.
2) benügen, zufrieden sein, acquxescere: «nd ist herzog
George so gar zornig, das er nicht henüget, mich durch
seine gesandten zu Aldenburg zu verklagen. Lutuer 6, 19*.
Fischart setzt sich benügen : benügt sich mit einer (frau\,
wie der himmel mit der einigen erd, die sonn mit dem
einigen mon. Garg. 69'.
3) benügen, zufrieden stellen, conientum reddere : also wer-
den all unser schuld bezahlt, entledigt und gewonnen und
benügt {befriedigt) alle die, so zu uns Zuspruchs haben. Pa-
RACELSUS 2,237'; sie müssen es also fügen, dasz sie den le-
ser durch greifliche Ursachen benügen. Garg. I2l';
doch will das nicht benügen mich,
ich furcht die streng göttliche räch. Airrr421'.
zumal steht das pari, benügt für contentus: gehen sie hin
sicher in solchen der menschen lob, ehre, gunst oder ge-
niesz benügt. Luther 1, 190'; das ich von not ein andere
kappe muste mir versciialTen und also benügt bis hieher e.
f. gn. zusage gespart, br. 1, 283;
und auch ir secl nit wurd benügt,
bisz er si wider zu im lügt.
SCIIWARZGXBERC 98, 2;
das vögiin, aa seinem kleinen nästlin benügt, ist vii seiiger.
Agricola spr. 209'; damit soll e. e. auf dismal eines bcnüg-
ten willens sein. Paracelsus 1, 2S2'; daruihh sei jedes be-
nügt an seinem. Fischart chz. 57. auch das part. praes.:
das sie kecklich dürfen leren, unbcruft von gott, daran allein
benügcnde, das sie allein die schrift und evangeli predigen.
Luther 1, 92".
Heute ist dies benügen in allen seinen bedculungen erlo-
schen, und wird für die erste durch genügen, für die zweite
durch begnügen, für die dritte dttrdi vergnügen, befriedigen
vertreten, man sehe begnügen, genügen und vergnügen, und
über die würzet unter genug.
BENÜGEN, «. justa capia, deiectatio, Iranquillitas, Zufrie-
denheit, in der Verbindung mit haben und thun.
1) benügen haben, ruhe haben, genüge, vergnügen em-
pfinden :
di« ee die ihiion ich krümmRn biegen,
mit miiiem wiü hab ich kain bniigcn,
allein ich sie zun eron sj)nr. fasln, sp. 1038, 11 ;
und fieng an und schwur und Icslert gut . . und helt dar-
mit kein beniegen. Kkisersr. Sünden des munds 20'; dan
mit den meren sagen oder hören merlin «o vertreibest du
und verleiirst du zeit, in welcher zeit du verdienen soltost
das ewig leben und dich darzii schicken, damit bat dann der
1477
BENÜGIG— BENZ
BENZEN— BEPACKEN
1478
tenfel ein benügen. 7»*; die bereits willens gottes allein war-
nemen in seinem willen und daran benügen haben. Lcthee
1, 93' ; und er hat daran nit benügen. Aimon i ; ich aber
hett ein gut benügen daran, das er andere ding so getrew-
lich hett dar gegeben. Micn. Stifei Coss. ITl; von den men-
schen, die kein benügen hau wollen. Cyrills fabeln 53";
all woefa bat ich ein gülden ei,
da hett ich kein benügen bei. Walbis Esop 2, 15.
2) benügen thun: und sie, als die dem frembden herren
seiner gewonheit ein benügen {bescheid} thun wolt, den köpf
darans zu trinken zu iren benden nam, an iren mnnd
setzte. Bocc. 2, 219'; item er musz auch cavirn, demienigen
so in anderer instanz geurtheilt würd, ein benfigen (genüge)
zu thun. AvHEitproe. 2, 2.
BEN'CGIG, contentus, modestus, vergnügt, genügsam: die fa-
bel ist allen geizigen menschen gesagt, die nicht benOgig
sind. Steinuöwel Esop (1555) 52; das ein jeder in seinem
stat benügig seie. (14S7) 56; so du nit benügig bist an dem,
das dir das gelück gegeben hat. (1555) 83 ; das sie allein
daran gesettiget und benügig sind, das gottes wille also sei.
Llther I, 93"; das die partei nachfolgend endlichs rechtlichs
austrags benügig sein wollen. 3, 106 ; solchem mandat gehor-
samlich beweisen welle, auch vor unser rechtes und der
guetlichait benügig sein. Cüheis Maximilian s. 32; darub ir
kais. maj. ain sonder benugigs guets gefallen tregt. Lanz
Karl 5 5. 475; benügig an der speis, die inen das gluck zu-
füget. Frank treltb. 14'; es seind mäszig leut, mit wenig be-
nügig. 96"; darausz darf er dann nit gehn, bisz das er in
benügig macht. 200'; oder bis mit disem auszug benügig.
234"; so du gut, gest und freunde hast geladen mit dir zu
essen, was du in gibst, dieselben sein benügig. Albb. von
Eybe 40'; er was daran nit benügig. Aimon T2;
ir sönd benügig sin an bestirnten seid. trag. Joh. 104;
du wirst vor einen andern, der mit dieser entschuldigung
nit benügig ist, kommen. Kirchhof wenrfuHm. 236'; mit diesem
aussprach musten sie auf beiden theilen benügig und zu-
frieden sein. 261'; dasz er sich seiner beslimpten besoldung
benügig und zufrieden sein wolle. Fhoxsperg 1, 101'; ehe das
kriegsvolk noth gelitten und unwillig geworden, sind sie vil
benügiger. 1, 126*; so ich am selben nit benügig bin. 2, vor-
rede; aber dasz wir euch mehrers verstand machen, so Ter-
standen etliche exempel, dardurch wir euch benügig machen
wollen, und dis ens spirituale beschlieszen. Paracelsls 1, 19'.
die praepositionen sind an und mit, wie bei benügen. vgl. be-
gnügig sp. 1303.
BENÜGT, contentus, s. benügen 3.
BENÜGUNG, f. tranquillitas, scUisfactio: und darin komet
es nimer zu ruwe und benugung. theolog. deutsch s. 86; nun
aber die gnad wie ist sie? allein dasz ich zur Zahlung und
))enügung komen bin : ich kan nicht zahlen. Pabacelsus 2,
236'.
BENUM.MERN, namerare, mit zahlen bezeichnen : alle re-
gimenter sind benummert.
BENUTZEN, in rem suam converlere : er versteht sein glück
zu benutzen ; du benutzest die gelegenheit nicht ; eine casse
haben, capitale machen, diese capitale belegen, sie auf den
besten pfenning zu benutzen suchen. Lessixc 10, 295.
BENÜTZUNG, f. usus, gebrauch: die rechte benutzung
eines buchs, eines Schriftstellers.
BENUTZUNGSWEISE, f.
BENZ, ein allgemein genommner eigenname, wie Heinz und
Kunz, nach der bekannten kürzung, Benno ist Bernhart und
ebenso Benzo, wie es i. b. bei Scha.nnat n' 471, bei Lacumblet
n* 221 (o. 1075) erscheint, Albb. vom Eybe in seiner Verdeut-
schung der Bacchis hat I'enz neben Enz, Lenz und ähnlichen,
für Benno und Benzo begegnen auch Berno, Bernzo :
da stach sie bald der faule Ipqz,
und kam manch unpelener benz,
vom adel (in die domstifte).
Wai.dis päbttl. reidi 2, 3.
in dieser stelle ist doch lenz nicht sowol Lenz, Lenze, Lanzo
=3Lantfrid, als der warme, stechende lenz, frühling, sommer,
wie es auch sonst heiszt : da das glenz herein stach. Kej-
SEBSB. omeisx 32' ; stach mich der lenz. H. Sachs 1. 3, 330' ;
ein fauler Ilcnz,
der sich stets stechen iesit den glenz, Waldis 172*,
wovon mehr unter lenz, man nannte auch ein kopfloset naeht-
getpenst den Penzen. Scbm. 1, 183.
BENZEN, infimis precibus petere, betteln und jammern :
an dieser Unordnung ist allein dein greinen und benzen
schuldig. Abele 2, 190. Schneller 1, 1S2 führt die redens-
arten an : den letzten krenzer hat er ihm noch raus benzt ;
wie magst denn aber gar so benzen?; an dir musz man
alleweil benzen. das ags. bensjan suppliciter petere scheint
doch zu weit abgelegen.
BEOBACHTEN, observare, tueri, animadvertere, in acht, in
obacht nehmen, wahrnehmen, ein heule geläufiges, doch erst im
l~ jh. außommendes wort {s. obacht), die frühsten beispicle liegen
vor aus Olearils und Schlppils: zudem soltu wissen, dasz
die könige wegen der untcrthanen sind, dieselben zu beobach-
ten und zu beschützen, pers. rosenth. 1, 31; ein solcher, der
die würde der wolthaten seines alten herm nicht beobach-
tet hat, wie wird er dir rechtschaffen dienen können? pers.
baumg. 1, 33; welches umb so viel desto melir zu beobach-
ten stünde. ScHuppics 571; es sind oft ingenia im geistlichen
und weltlichen stände, welche mehr das publicum beobach-
ten, als ihr privatwesen. 588 ; befehle ich den gelehrten, dasz
sie wol beobachten u. s. w. 730; etliche strenge alte, welche
mehr die sachen als wort beobachten. 760; es ist gefärlich,
einen jungen anwartenden des reichs zn beleidigen, dessen
künftige macht ein fürsichtiger mensch billich beobachten
und scheuen soll. Bctschry Patm. 732 ; Andreas Duchesne
beobachtet {bemerkt) in der histoire de Bourgogne, dasz die
könige von Burgundien sich auch zu Zeiten von Alemannien
oder Schwaben geschrieben. Hahn 2, 34; dasz Grvph mit
wissen und willen seine Charaktere so genau beobachtet hat.
J. E. Schlegel 3, 54 ; crfahrung methodisch anstellen heiszt
allein beobachten. Kant 10, 69 ; die geschöpfe sondern, be-
obachten und meiden sich. HcMBOLnT ans. der nat. 1, 332.
Der Sprachgebrauch hat sich zumal nach dem lat. obser-
vare und franz. observer gerichtet, es heiszt den lauf der
Sterne, den aufgang eines gestirns, die Veränderungen der
Witterung beobachten; den gang der Zeitereignisse beobach-
ten ; eine beobachtende Stellung einnehmen ; den feind be-
obachten ; die rechte zeit beobachten ; beobachte dein eigen
herz; regeln, den anstand, sein amt, seine pfliebt, Schuldig-
keit beobachten, wahrnehmen, erfüllen, stillschweigen beobach-
ten, bewahren; wirklich beobachtete man in Stockholm das
geheimnis so gut, dasz die dänischen minister nicht das ge-
ringste davon argwöhnten. Scbiller 996. seltner für sinnli-
ches gewahren, merken: ich habe es nicht beobachtet, dasz
er zur thür herein kam. in beobachten liegt mehr ein fort-
gesetztes, regelmäsziges wahrnehmen.
BEOBACHTER, m. observator: ein treuer beobachter der
natur; ein scharfer, feiner beobachter.
BEOBACHTUNG, f. observalio, animadversio :_ beobachtung
heiszt erfahrung, welche methodisch angestellt wird. Kant 7,
248; die beobachtung des hinunels, der Sonnenfinsternisse,
der pflanzengeschlechter. Wahrnehmung ist mehr als bemer-
kung, beobachtung mehr als Wahrnehmung.
BEOBACHTUNGSGABE, f
BEOBACHTUNGSGEIST, m.
BEOBACHTUNGSHEER, n. corps d'obserration.
BEOBACHTUNGSWÜRDIG: die beobachtungswürdigsten ge-
selze. Kant 8, 174.
BEOBACHTCNGSZEIT, f
BEOHRFEIGEN, einen, colaphos ducere alieui.
BEÖLEN, oleo imbuere, mit öl bestreichen, nnl. bedien,
sich beölen, betrinken:
im capowein beölt sich mancher. Ela*. Sciiidt;
auch für sich bepissen.
BEORDERN, was befehlen 3 : zehn dragoner wurden in
das dorf beordert ;
weswegen glaubst du, dasz man uns nach Pilsen
beorderte? Scuillrb372;
legte sich der fürst eine grosze stadt an und bevölkerte sie
mit beorderten bürgern. Göthe 6, 196.
BEPAARE.N, sich, se jüngere, heute sich paaren:
lieb und hasz bepaart sich, die sich sonst gezweii,
liebe zur geselUcliafl, hasz der einsamkeit. Logac 3, 7, 28.
es mag das glücke wüten nach seiner tollen an,
es mag wol drachen brüten, da einer sich bepaan
mehr als zu hundert malen. Kwittbls sinnenfrüchtc t. 54.
BEPACKEN, sarcinis onerare, mit gepdck beladen : den wa-
gen, das pferd bepacken;
mit verscn schwer bepackt steht schon der irratulaDi
und wartet an der thur auf seine milde band. Zacuakiä;
93*
1479
BEPALMEN — BEPFLANZEN
BEPFLASTERN— BEPREDIGEN 1480
BEPALMEN, palmis veslire:
Jordans bepalmlcr slrom. Opitx 4, 299;
klättert und besteigt die bepalmten ehrenästc.
LoHEiisT. Hyac. 65.
BEPANTOFFELN, calceos soleis instruere; bepantoffelt so-
leatus :
kein bepantoffelt schnudler. Garg. 279*.
BEPANZERN, lorica amiare, den panzer anlegen:
dem kaiser wards sauer in hitz tind in kälte,
oft schlief er bepanzert im kriegesgezelte. BiJRGKR66';
möchten die bepanzert gegen mich anziehen im zug von all
ihren wehren. Fr. Müller 3, 310 ; da auf den höchsten bergen
ursprünglich reiche quellen und überhaupt eine menge was-
ser vorhanden war, so nruste der erste winter schon sie mit
einer ansehnlichen eismasse ringsum bepanzern. Schellinc
itJcUseele 37.
BEPAPPEN, glutine vincire, überkleistem.
BEPATSCHEN, manu obUqua casligare: wie oft hab ich
den cngel als kind auf meinen armen getragen und ihr leib-
chen bepatscht und gestreichelt. Ardinghello 1, 190.
BEPELZEN, pelle inducre: die bepelzten thiere am ufer
des eismeers. Kant 5, 437 ; bepelzte, bereifte freunde kommen
an. GöTHE 33, 147.
BEPERLEN, unionibus distinguere, gemmare, nnl. bepaarlen :
die thauc sinken nieder,
beperlen laub und gras. FtEniKC 151;
beperlt mit frischem thau. Grtphips 104;
Cupido leidet dursl, die liebe musz verwelken,
samt dir, wenn nicht mein ihau beperlei deine nelken.
LoHSNST. blum. 79;
ihr nymphen macht die muscheln leer,
beperlt den hals. Cleop. 31, lOCO;
das Wasser ist die amme aller erdgewächse, es beheftet die
Wurzel, tränket das mark, beperlet das gras. Bütschkv Pat-
mos 362 ;
wie nun der schönere lenz, den zephyrs littige kühlen,
siegprangend unsre gefilde behcrschtl
sie nlülin vom thaue beperlt, und anmut lachet in allen.
Uz 1, 6.
BEPFÄHLEN, palare, adjtingere palis, deßnire, nnl. bepa-
len : den wein, die reben bepfählen ; den weg, die grenze
bepfählen ; noch finden sich also tölpiscbe ungeschickte leut,
welche meinen, dasz man ire {der kirche) macht mit den con-
cilien umbzaunen und bcpfelen möge. Fischart bienenk. 40';
der goit [deo) den eld, uns- treu und alles recht gebrochen,
das Völker je bcpfahlt. Grtphius 1, 99;
in unbepfählter lufl (wandelt der nachlwandercr).
Fleming ;
Miralene, deine pracht
und der äugen helle strahlen
rausten meinen geisi bepfalen,
der nur erst ward frei gemacht, unw. doct. 303 ;
weil zum didaktischen vertrag gewisheit verlangt wird, indem
der Schüler nichts unsicheres überliefert haben will, so darf
der lehrer kein problem stehen lassen und sich etwa in eini-
ger entfernung da lierum bewegen, gleich musz etwas be-
stimmt sein (bepaalt sagt der Holländer) und nun glaubt
man eine weile den unbekannten räum zu besitzen, bis ein
anderer die pfähle wieder ausreiszt und sogleich enger oder
weiter abermals bepRihlt. Güthe 22, 253. 50, 154 ; es wird
eigentlich durch das wort nichts bestimmt, bepfählt und fest-
gesetzt. 53, 124.
BEPFEFFERN, pipere condire : eine speise bepfeffern. man
sagt lieber blosz pfeffern, pipcrare.
BEPFEIFEN, sibilis consedari:
Duil umbsonst, so oft er essen gieng, bepfilTen.
AszüAM.i V0.1 Abschatz ehrenycdichte vor Lohcnsl. Arm,
BEPFERCHEN, seplo oviario agrum occupare, nnl. beperken.
BEPFINNEN, clavulis ferrare. Stieler 1426: einen kästen
wol bepfinncn.
BEPFLANZEN, conserere, nnl. beplanten : den acker mit
bäumen, den garten mit blumen bepllanzen ; Hugo Grolius
hat sehr geirret, wenn er schreibt, dasz Grünland von den
Norwegern solle bepflanzet (angebaut) sein, da doch dero
cinwohner weder an gestalt, färbe nocii spraciie den Norwe-
gern gleichen, pers. reiseb. 3, 4 ; denn dasz man, wie sich
Uiesbeck ausdrückte, in Baiern die heersfraszen mit galgen
bepflanzte, wie an andern orten mit wallnuszbäumen, hatte
nicht geholfen. Licmtenbeug 0, 129;
bepflanzend mit kortoffelknollen
wOhlit du, 0 Voss, den Pindus um. A. W. Sculkokl.
figürlich, den wall mit kanonen bepflanzen, kanonen auf-
pflanzen; den tisch mit Weinflaschen bepflanzen;
auf rossen wir eilen
gleich stürmen dahin,
bepflanzen mit pl'eilen
den eher im fliehn. Fr. MijllBr 2, 393.
BEPFLASTERN, l) viam stemere silice, die slrasze pflastern.
2) emplastrum imponere:
der schöne ritter wird in einem andern gemache
entwafnet, besichtigt, bepflastert, verbunden. Wiklano 4, 36i
BEPFLAUMEN, was beflaumen : ein riedisch gänslio wol
bepflaumet. Garg. 138'.
BEPFLICHTEN, obstringere muneri, in pflicht nehmen, ver-
pflichten: das sie im lande behalten und bepflichtet werden.
Luthers br. 5, 1.
BEPFLÖCKEN, paxillis, eultellis firtnare: pflanzen bepflö-
cken, mit pflöcken versehen.
BEPFLÜCKEN, avellere, decerpere:
Schnee,
der drücket denn der langen äste höh
der erde zu, dasz jeder sie bepflücket.
Schönborn bei Grifphiiis 2, 502.
BEPFLÜGEN, arare, nnl. beploegen : das land bepflügen ;
ich höre, liebster freund, du hast mit eignen zügen
dein väterliches gut nun willens zu beflüsen.
LoHE.NST. Hyac. 70;
der nach der alten brauch mit seinen eignen zügen
das väterliche feld bemüht ist zu bepflügen. Ca.niiz 102
(patcrna rura bobus exercet suis);
mädchen, die mit dem geiste buhlen müssen, weil ihre leiber
nicht bepflügt werden. Klinger 3,174.
BEPFOMPFEN, bepumpen, von schiffen. Garg. 79'.
BEPFOSTEN, postibus firmare, mit pfosten stützen.
BEPFROPFEN, farcire: eine flasche bepfropfen, zustöp-
seln; bepfropft mit mancherlei fremdartigen. ilidJH3/ie//o 1, 51.
BEPFRÜNDEN, beneficio ecclesiastico (praebenda) augere,
mit einer pfründe begaben :
er ist bepfründet, hat er mehr zu boITen? Götbe 47, 243.
BEPICHEN, pice oblinere, verpichen.
BEPICKEN, Tostro lundere, anpicken.
BEPINKELN, bepissen, beseichen.
BEPINKEN, vom schlage der finkcn :
die finken bepinken die grünen gemacher.
Dav. Schirhers singende roscn. Dresden 1654, 67.
1657, 452.
erfüllen mit ihrem pink (schlag) den grünen wald. s. anpin-
ken und pinken.
BEPINSELN, pigmenta inducere peniciUo : inst seine augen-
braunen bepinselt und seine lippen betupft wurden. Güthk
22, 48.
BEPISSEN, commingere, Stieler schreibt bepischen, besei-
chen, beharnen, bepinkeln:
der gröszte könig schlieszt die äugen zu,
und jeder hund bepist gleich seine grübe. GörnE 57, 279 ;
ihr Schurken, komm ich nein, so wiszt,
soll hangen, was die wand bepist. üürcer 25'.
BEPLANKEN, plancis, labnlis munire, nnl. beplanken.
BEPLAPPERN, multis loqui, garrire:
soll nun euch immer und immer beplappern?
GöTHE 4, 324.
BEPLÄTSCHERN, leni slrepitu attingere:
rasen
beplätschert von gebürgcntflosznen wellen. Platin 46.
BEPLATTEN, saxo quadrato slernere, mit steinernen plat-
ten belegen.
BEPLAÜDERN, colloqui, traulich besprechen.
BEPOLSTERN, substerncre, farcire: die keuic vom löwen-
fell liehangen und bepolstert. Göthe 39, 67.
BEPPE , f. was happe : gebt ihnen (den neugebornen hin-
dern) gute beppe mit der besten milch gekocht zu essen.
Fret garteng. cap. 117.
BEPPERN, was bappern.
BEPRÄGEN, signare, exprimere: '
ein pergament, beschrieben und bcpr.lgt. Göthe 12, 87.
REPREDIGEN, concione hortari, docere: man musz zuvor
das Volk wol bepredigen und die schwachen gewissen davon
ziehen, bis sie des ovangeliums völlig unlcrrirht, von inen
1481
BEPREISEN — BEQUEM
BEQUEM
14S2
seihs dematigiich komen. Lctheb 2, 99*; wie viel tage Jona
habe zubracht, bis er den ort und strich bepredigt habe, ist
unbewust. 3, 216'; Paulus hat ja last das gröszte teil der
weit aJJeine bepredigt. 4, 230*; darumh mag er auch wol
rhQmen, das er habe mehr geerbeitet, denn sie alle, das ist
durch sein aposteiamt weiter gefaren oder mehr land und
leute berürt und bepredigt. 6, 222*.
BE PREISEN, celebrare, was das einfache preisen:
beprie^ener poet, du mnster kluger sinnen! Melchiob Lühck.
BEPBESSEN, eomprimere. Stieler 1478.
BEPRÜFO, tcas prüfen, nnl. beproeven:
wo der fromme kreis
«ras heilsam jedem bürger sei beprüfl. SroLBitc 4, 223.
BEPSTISCH, s. bäpstisch.
BEPUDER.V, pulrere farinaceo spargere, nnl. bepoederen.
BEPURPERN, BEPLRPURN, purpurare, rölhe7i : bepurpurte
trauben ;
denn als der rosen baupt. das anfangs veisz geschienen,
durch Aphroditens fusz bepurpurt ward und schön.
LoBE^tsT. blum. 69;
mein glänz bepurpert selbst der sonnen augenbran. 79;.
die sich bepurpum. Brockis 6, 103;
dn dringst Auroren nach
in ihr bepurpert scblafgemacb. üz 1, 69 :
indem sie {die morgenröte) rings um sich her die wölken
bepurpert. " Zacbariä2,6;
Diemals müsse das licht den wollicbten osten bepurpem.
dasz mein feuriges herz nicht dir zu ehren entbrenne. 2, 14;
bald werden volle rosen seine {des garlens) gänge bepurpum.
Lccius bei Geliert 6, 277;
das mit welchem rosenfinger
wer bepurpurt hat. Herdkr 3, 120;
ich bepnrpre
der kämmerer gesiebt mit seinem blut. ScaiLLSR564;
wie die untergehende sonne, den berg bepurpumd. GQthe
38, 305;
hier stehen deine Jäger mit den zeichen
des mordes, und ron deinem blut bepurpurt
(signd in thr spoil, and crimsond in ihr lethe).
A. W. ScuLEGEL im Jul. Caesar 3, 1.
vgl. purpurlippe.
BEPUTZEN, exomare, eomere, anputzen : die wand bepatzen ;
die zarten
leicht beschuht, beputzten knaben. Göthi 5, 272.
BEQUAKEN, coaxando persequi, insuUare:
heisere frösche bequaken den fernhintreffer Apollo.
Plate?» 145.
BEQUALMEN, nidore fumt implere: mit tabacksraoch die
Stube bequalmen.
BEQU.ÄRTIEREN, eolloeare apud aliquem, einlogieren: ist
die leber noch frisch, und seid ihr diesen winter gut bequar-
tiert? Moser 9,127. s. einquartieren.
BEQUASTEN, eirris omare: handschuhe mit seide besteppt
und beqnastet. Göthe 24. 35.
BEQUEM, eommodus, aptus, faeilis, conreniens, vie dies von
roHTcnire, ron bekommen herzuleiten, ahd. piquämi picblmi
(GRArF4, 672), ein mkd. beqnseme oder beksme, bekceme er-
schein/ selten (Hartx. glaube 162. 3646), desto ößer das mnl.
bequame, bequacm, nnl. bekwaam. aus Niederdeutsehland
seheint nhd. bequem wieder eingedrungen, wodurch sieh auch
das im verbutn kommen längst aufgegebne QU (goth. qiman,
ahd. qn^man, chu?man) erklärt, während neben bequem-
lich noch bekömmlich, bekömmlich (sp. 1428) fortgalt, das
E gleicht dem in genehm {mhd. gcnaeme). der hoehd. Volks-
sprache bleibt das adj. fremd, oder nur durch die sehriß-
spraehe zugef^rt. D^STPODtrs 39" gibt bequemlich, 302* aufA
bequem an, He^iscr 2S0 bequem, belege aus Baiem ton 1516.
1520 hat ScRMEiLEi 2, 403. Bedeutungen :
1) apluf, idoneus. conreniens, geschickt, passend, gelegen :
zum dritten beger ich zu wissen, wo s. Augustinus sage, das
gott bequeme genugthuung foddere. Lither 1,49*; aber mir
wird gemacht ein appellatioo, so viel es müglich ist, wol
zugericht, gegründet und der Sachen bequem und gemesz.
1, 120* ; das land ist bequeme zum tieh. 4 .Mos. 32, 4 ; nam
ein die bequemsten ort. 2 Macc. 8, 6 ; und da sie einen be-
quemen tag bestimmt hatten. Susann. 15 ; denn die erde, die
den regen trinket, der oft über sie komt und bequeme kraut
tregt Ebr. 6, 7; dise insel ist zu dem wein also bequem.
FiAüi weltb. 211* ; damrab haben die aposteln oder zwOlf-
botea das CTangelium mit dem aller bequemsten namen ge-
nennt ein fröliche botschaft. MEUUfcHTBON hauplartikel bl. 56 ;
darumh er {Adam) einem jeden tbier sein eigen und beque-
men namen gäbe. Mathesics S' ;
er weisz was we» ein jeder gehet,
darumb mit seiner süraf er dem,
der ihm zuwider, wi. (erstehet.
miuheilend jedem was bequem. Weckhtrl. 130;
ein bequemer psalme für die angefochtenen. MELissusfj. K4';
abwender ungefels und mein retter bequeme. G7'; und wann
ein han solle ein ei legen, so wäre er dazu bequämer in
der Jugend als im alter. Ladresberg aeerra 225 ; bequem zum
säugen. Oprra Arg. 1, 562 ;
fürst, dem auch was zu geben kaiun bequeme,
nicht ungenehme. Grtphics 2, 24>t;
o schöne, wer ich dir von herzen angenähm,
ich weisz du würdest nicht nach fremden mehren fragen,
die wie sie mich bei dir, so dich bei mir verklagen,
ich aber halte mich auf allen fall beofähm.
Fle«i.'«g 627;
und suche, wie er soll, zwei recht bequeme herzen.
HoniA.i?rsw. hochz. ged. 44;
die götter, welche doch nach deiner meinung gut und zu
menschlicher regierung bequem genung sind, sterb. Soer. 13;
man musz kein verhärtetes und argwohnvolles, sondern be-
quemes und lehrhaftes gemüthe in ihre predigten bringen.
pers. rosenth. 2, 32; leute, welche zum reisen tüchtig und
bequem sind. 3, 27 ; ein leib ohne herz und gemüthe ist nicht
bequem etwas zu thun. 8, 55; wenn bequehme ingenia und
herliche naturen müssen guter Unterweisung beraubet sein,
ist zu beklagen. 8, 75 ; ein geschickter und bequemer mensch.
pers. reiseb. 3, 4; wie soll ein verständiger mann glauben,
dasz ein hoffirtiger mensch bequem sei, eine grosze stelle
zu bekleiden, pers. baumg. 4,3; bequäme namen aufbringen.
BospLER voü L5wE"«H. gcbüsch, torr. 2t ; das feuer, wodurch
eisen erweicht und zur schmiede bekwehm gemacht wird.
BcTscHsT Patm. 763; eine bekwehmere zeit dazu ersehen.
765; man musz auch im scherzen gute acht haben, dasz es
zu rechter zeit und bekwehmen orte geschehe. S24; fiu-bil-
det und mit bekwehmen färben pinselt. 917 ; dann ist es mir
beqnem mich inniglich zu kränken. Schcppils 138 ; sie gehen
in ihren sachen hitziger oder kaltsinniger zu werke, nach-
dem sie es für bequem finden, von ihrem gegner diese oder
jene gerechtigkeit, die sie suchen zu erhalten. J. E. Schlegel
4, 290 ; ich will zu einer bequemern zeit davon mit dir reden.
Leisewftz Jul. von Tar. 3, 2 ;
jetzt la;zt
ein schwarzes schif uns in das Weltmeer ziehn,
bequeme {tüchtige) rüderer versammeln.
BcRöE« 143* ifir tl. 1, 142) ;
so war ich heiter, aller menschen freund,
behüinicb, wach, zu rath und ibat bequem. Görac 9, 324.
2) commodus, gratus, faeilis: das beqvemeste lüftlein an-
inwehen wüste. Bra50TS Taubmann 39 ;
wie du, war sie bequemen tagen,
der freundschaft und der freude hold. Gottxr 1, 122:
ansehn gebt mir im volk, verschafl bei mächtigen einflusz,
oder was sonst noch bequem unter den meuschen erscheint.
GÖTBK 1.357;
auch dieses paar zeigte sich höchst bequem in der gegen-
wart. 17, 109; ein gefälliges, bequemes, nur einigennaszen
menschliches betragen [eines groszen) thut wunder. 10, IS ;
das kind scheint so verständig, so vernünftig, und zugleich
so bequem, heiter und gevrandt. 24, UO. man sagt: ein be-
quemer sitz, eine bequeme läge ; dieser mensch ist bequem,
mir bequem ; mache dirs hier ganz bequem ; ich will es mir
schon bequem {commode) machen;
du machst es dir bequemer, wenn du mir zehn noch schenkst.
Cbarisso Abdallah 2t>.
3) tu übelm sinn, nachlässig, sieh gdtn lassend, oder nach-
giebig, zu leicht bereit: er ist bequem, zu bequem (träge);
er ist so bequem, dasz ihn das aufstehen verdrieszt ; ein be-
quemes, leichtes, gefälliges mädchen; ein bequemer beicht-
vater; eine bequeme moral:
wie, ist die Unschuld nichts als kun^t und schlauer fand,
weil Itifall vielleicht bequeme nTmph<>a fand?
WitL.4910 17, 50;
BEQUEM, adv. apie, eomntode : du kommst mir heote nicbt
bequem, gelegen; der rock sitzt bequem;
sie wehrt sich ganz bequem, bequem (/diwi^) wie eine braut.
GlLLtRT;
Charlotte spielte sehr gut klavier, Eduard nicht eben so be-
1483
BEQUEME — BEQUEMEN
BEQUEMEN— BEQÜEMLICH
USA
qntm Ste flöte. Göthe 17, 27; Weltmann, von einer ansehn-
lichen gcstalt nnd rfabei von beqnem geralligem betragen.
74, 182 ; ich war nicht sonderlich geschickt mich den leuten
bequem darzustellen. 24, 314 ; wenn er sich, durch seine frühere
Icbensart wenig vorbereitet, in der gesellschaft anfangs nicht
ganz bequem befand. 37, 59 ; dasz die dorfigen groszen, so
ceremoniös sie nach auszen erscheinen, doch nach innen
gegen ihre bausgenossen bequem und vertraulich leben. 37,
59 ; man kann den weg sehr bequem in einem tag zurücklegen.
BEQUEME, f. apla occasio :
die muuer aber bald nach dem
lucht heimlich ursach und bequem (geleijenhcit).
H. Sachs I, 167%
wiewol man es hier auch ßr$ adj. nehmen und mit heimlich
verbinden könnte, das subsl. wäre ahd. piquAmi.
BEQUEMEN , aptare, accommodare, bequem machen, ein-
richten, fügen:
1) selten transitiv, ohne sich: bequemen aptare. uoc. 14S2;
du spornest dich umbsunst, wir kommen her zu dir,
antwortet Hermes ihm, dich (wie daii dein gebühr)
des höchsten gots hefelch geliorchend zu bequemen.
Wrckuerli.n 728;
Ism. so will du gänzlich dann sie (Anligonc) deinem söhne
nehmen ?
Creon. der Pluto selber wird die hochzeit schon bequemen.
Opitz 1, 181;
0 geisf, den nichts bequemet! GRrpinus 1, 491;
Juden hatten harte herzen, mochten drum viel weiber nemen,
was für hartes haben Christen, die viel huren sich bequemen
(zulegen). Locau 2, 1, 4(i;
dasz alle menschen lü^ner sein, ist mit bescheid zu nemen,
die Schrift die sieht auf unsre zeit, da lügen lieiszt bequemen,
bequemen heiszt politisch sein, wer wil sich dessen schämen?
2, 2, 13 ;
und besser zu bequemen
da* fräwlein, so wil er, dasz sie das creuz verlasz
und sich in saltel setz. Werdkrs Ariost 1, 76;
so heimlich aber must du diesen zug bequemen,
dasz im geringsten ihn die feinde nicht vernehmen. 14,72;
als alles lassen hat die Tata nur bequemen,
80 liesz sie drauf von ihr den herzog abschied nehmen.
15, 11;
welche (cyclopen) hernach «nen seltzamen riesentanz anflen-
gen, darinnen sie das schwirren ihrer fessel nach dem klänge
der Saiten notlich bequemten. Lohenst. Arm. 1, 1355; den wein
zum gift bekwehmen. Botschkt Palm. 328 ; die so mit dem
rcgimentswesen umgehen, müssen das gemüte bekwehmen zu
solchen Sachen, womit sie der republic sich können recom-
mendieren. 490 ; ich mag der erfahrung einen gegenständ be-
quemen, wie ich will. Kant 2, 386 ; diese ZAviste hätten beide
theile zu freundschaftlichen Verabredungen bequemen sollen.
Hippel 6, 59; und suchen die übrige weit nach sich zu be-
quemen. TiECK 9, 80 ; dies zimmer kann zur wobnnng bequemt
werden, vgl. anbequemen.
2) gewöhnlich reflexiv, wie franz. s'accornmoder: so wollten
f. gn. sich bequemen. Sciiweinichen 2, 120;
bequemet ihr auch euch, herr bräinigam, der zeit,
indem ihr Schlesien ein edle rose bringe). Opitz 2, 87;
sie pflegt sich hier zu schmuck und schmünke zu bequemen,
was wird sie dorte thun? sie wird »ich ewig schämen.
LoGAU 2, 5, 15;
wenn beamte, wie sie sollen,
nicht gesclienke solten nemen,
Würde selten jemand wollen
sich zu amt und dienst bequemen. 2, 8, 40;
der sich nicht zu sterben rürcblei, der sich nicht tu leben
schämet,
dieser sorgt nicht, wie und wanne sich sein sterben ihm
bequämet. 8, 5, 17;
sich herlich nur bequemen,
in vollem sause leben. 3, tug. '228;
wer sich überall siht gerne, wer sich nirgend nimmer schümt,
han dem glücke sich bequämcn, wann glück ihm sich nicht
bequämt. 3, 8, 81;
die tchiffer stelletcn sich, als würe es ihnen leid, dasz sie
Bich gegen ihm nicht besser bequemet, pers. rbsenth. 3, 27;
weil aber die Hihre allbereit vom lande gestoszen, muste er
sich bequemen, daselbst; sie hicsz mich an den ofen sitzen,
weil es daselbst gute gelegcnhcit hotte, sich mit der laute
zu bequemen. Jucundiss. 172; kniiin hatte ich mich zum schlaf
bequemt. Simpl. l, 24;
so würde mancher mann
des bessern sich bequemen. >'KuiAni /tt«(t«. 46;
krummholzöl und mithridat
muslo sich der hund bequemen
«rider Willen einzunehmen. G(LtlRTl,67;
sie verdienten wol, dasz ich mich nach ihren wünschen be-
quemte. Lessii^c 1, 301 ; Bcrcngarius liesz wiederum die furcht
über sich meister werden und bequemte sich seinen feinden.
8, 322 ; die masse der erde hat die fähigkeit, sich zu der
figur, die das gleichgewicht fordert, von selber zn bequemen.
Kant 9, 7 ;
CS war ein kind, das wollte nie
zur kirehe sich bequemen. Götbe 1, 224 ;
er bequemt sich hier zu wohnen. 1, 251 ;
und was war das gcheimnis! als dasz Demeter, die grosze,
sich gefällig einmal auch einem beiden bequemt. 1,276;
das köpfchen
ruht und drucket den arm, der sich dem hatse bequemt.
1,279;
reichet den rocken der Faust, die sich dem scherze bMuemt.
1,288;
of^, wenn dir jeder trost entflieht,
must du im stillen dich bequemen. 2, 265;
bequeme dich dem heiszen wie dem kalten. 2, 265;
zur rechtsgelehrsamkeit kann ich mich nicht bequemen.
12, 97 ;
ein thcil der müden wandrer bequemte sich auf dem fusz-
boden. 18, 256 ; gebot den ankommenden platz zu nehmen,
man fieng an sich zu bequemen {accomodarsi}. 19, 49 ; da sich
denn doch der längste tag endlich zum abend bequemt, so
muste man auf rückkehr denken. 21, 142; das fohlen kniet
nieder, um sich dem euter zu bequemen. 39, 288 ;
will der fcder zartes wallen,
will des pinseis mutig schalten
sich dem reinsten sinn bequemen,
kannst getrost den lorber nehmen. 47, 153;
beide dichtungsweisen {die naive und sentimentale) sollten sich
bequemen einander gegenüberstehend sich wechselsweise glei-
chen rang zu vergönnen. 50, 54 ; hätte ich nicht an meinem
Hermann und Dorothea ein beispiel, dasz die modernen ge-
genstände, in einem gewissen sinne genommen, sich zum
epischen bequemten, so möchte ich von aller dieser empiri-
schen breite nichts mehr wissen, an Schiller 347. man kann
dies sich bequemen o/T auch ausdriicken durch sich fügen, her-
geben, herablassen.
BEQUEMEN, n. accommodatio :
weil sie (die mädchen) aber meistens doch lieber jung als
alte nemen,
fehlt es nicht, sie haben wind, was dabei sei für bequemen.
I.OGAU 2,6,39;
die geseize von dem schenken,
woln Juristen nur gedenken,
dasz sie gehn auf ihr bequemen,
nicht zu geben, nur zu nemen. 3, 2, 13.
BEQüEMHEIT, f. opportunitas, commoditas : hab ich aihveg
bei diesen kriegs und ehrenleuten kundschaft und gutwilliger
beiwohnung bequemheit gesucht. Kirciiiiof disc. mit. vorrede ;
nimm der bequemheit wahr, eh sie sieh dir enireiszct.
Fleming 71 ;
das wort hat schon Meltssus ps. Ce' und neuerdings wieder
Bettines tageh. 126.
BEQUEMIGKEJT, /". die zugehörige notdurft mit bequeinig-
keit in vorrat verschaffen. Luther 2, 266*; zu diesem fur-
nemen gab gut ursach und bequemigkeil das gottlos wescn
der hohen priester. MELANcnriiONs Daniel, deutsch von Jonas.
Witeb. 1546. bl. 62 ; und da es die hequemigkeit der zeit nach
gibet, so lasz es (das ros) auf die weide laufen. Zeuendor-
FER 2, 59; eine der angenehmsten bckvemigkeiten. Butschkt
Palm. 71 ; bequemigkeit. Opitz Arg. i, 630. 702.
BEQÜEMLICH, commodus, opportunus (vgl. bekömmlich
sp. 1428) : eine bequemliche arzcnei, damit du den groszen
schmerzen stillen mögest, buch der liebe 109, 1 ; zur sach be-
quemliche wolgcgründete sprüch. Fisciiart ehx. 37; ist eine
bequemliche speis denen, so rfisze feuchtigkeil haben. Furü«
fischb. 62';
Sachen die bequemlich sein, wolln die herren selbst befehUn,
Sachen die gefährlich sein, solln die dicner selbst erwehlcn.
I.OGAU 2, 3, 48;
an einem bequemlichcn orte. Felscnh. 1, 29 ; aus und eingang
solcher bequeinlicher wege. 1, 41S; kurz er muste sich nach
meiner raoral bequemen. Dorimene. ich sollte auch meinen,
dasz sie bequemlich genug wäre. Lessi.nc 4, 402; ein neuer
weg, der kürzer und bequeinlicher ist. Kant8, C9; den aufent-
lialt bequemlich machen. 8, 355 ; von den naturgeselzen lau-
ter bequemliche folgen envarten. », 27; ein bequemliche«
lager. Gon 2,111;
1485 BEQÜEMLICH — BERAFFELN
stieg man die stufen hinab, so zeigten sich steinerne bäukc,
rings um die quelle gesetrt, die immer lebendig hervorquolj,
reinlich, mit niedriger mauer gefaszt, zu schöpfen bequemlich.
GöTHK 40, 2S4.
BEQUEMLICH, adv. commode, apte, äson aise: so ist es den-
noch nicht so viel, das sie and ihre kindlein leibsnotturft be-
quemlich haben. Mei^schtho:« im corp. doctr. ehr. 543; mehr
denn oft habe ich meinen vatter seligen bequemlich zur Sachen
exempel dieser schäfer hören anziehen. Kibcbhof vendunm.
240'; sie {die festung) bequemlicher, nützlicher und bestän-
diger wider gewalt und zur gegenwehr erbauwen. diso. mil.
11; damit wir desto bequemlicher von des herm dßctorn
Esopo reden können. Scbcppiüs S27; wol denen, die es {das
ferlein der veltweisheii) recht bequemlich zn gelegener zeit
geschicklich zu branchen \rissen. 829 ; damit wir diese fasz-
nacht bequemlich verrichten, will ich diese Jothams predig
mit zweien fabeln beschlieszen. 834 ; wird vielleicht ein an-
dermal bequemlicher zu erzehlen sein. Fehenb. 1, 336 ;
so liegest du bequemlich. Lichtwer 4, 22;
eine einsiedelei, bequemlich eingerichtet. Klinge« 9, 281 ; um
sonntags früh sich zur kirche bequemlich anziehen zu kön-
nen. GöTHE 24, 125 ; dessen haus mich freundlich und bequem-
lich aufnahm. 30, 8 ;
sehr gut nimmt das küischchen sich aus, das neue, bequemlich
säszea viere darin. 40, 234.
BEQUEMLICHKEIT, f. opportunitas, commodilas: etwas nach
bequemlichkeit thun; brauchen sie ihre bequemlichkeit ; das
haus hat manche bequemlichkeiten ; riel gute occasioncs und
bequemligkeiten aus bänden lassen und versäumen. Schlppics
105 ; schnallt mir den hämisch ab und gebt mir mein
wamms. die bequemlichkeit wird mir wol thun. Götiie 8, 24 ;
wenn sie durch freiheit des betragens, anmut im tanze, schick-
liche bequemlichkeit des gesprächs sich vor allen auszeich-
net, n, 1" ; er machte seine betrachtungen über den grafen,
die gräfin, den baron, über die Sicherheit, bequemlichkeit
und anmut ihres betragens. 1S,24T; drittens fehlt eine höchst
nöthige bequemlichkeit, so dasz man dem naturzustande hier
ziemlich nahe kömmt. 27, 42, «le an einigen orten auch ge-
legenheit oder bequemlichkeit (commodite, aisance) für ahlritt
gesagt wird.
BEQUEMLICHKEITSHALBEB, Göthe 6, 72.
BEQUEMNIS, f. durch seine kunst, durch seine ewigen
bequemnisse. Herder 16, 2S1.
BEQUEMUNG, f. accommodatio : durch diese bequemung
macht er sich der gemeind lieb und angenehm. Leuma!«;« 89.
BEB, m. aper, sonst geschrieben bSr {sp. 1124), beier {sp. 18«8),
auch hehr.
BEB, m. nassa, sonst bare (sp. 1127), beere {sp. 1244), ein
sacknelz zun fischfang: au9z dem £aden ein netz za maclten,
das netz zu gwn, zum bchm zu formieren. Pakaceuus 2, 22&^
Schi. 1, 189.
BEB, n. gesius, habitus, ahd. gipAri (Graff 3, 150), vihd.
gebäre MS. 2,181', statt des iä/lieheren berd, gebärde:
schaw, schaw, dort knapt gleich eine her,
die dünkt mich, aller weis und ber,
an leib und gestall, an ^chön und Jugend,
sie sei mir ganz ehnlich fürwar. H. Sachs V, 342'.
gerade so werden wir, tm/frberde, weis und berd verbtmden sthen,
BEBÄDEBN, rotis viam lerere:
er führet dich viel tausend raeil
auf su-aszen stark beradert. Spki truttn. 1S5 (169).
BEBAFFELN , corripere, increparc, schellen, durchhecheln :
das du in berafifelest und strafest. k£i$ER.«B. hell. Icwe 67';
du strafst dich selber, du beraflest und ubcrbolderst dich
selber, brüsaml. 24"; dise fraw gab vil umb gotzwillen, dasz
der keiser einist sie beraflet und hartiglich sie anschnauwet.
47' ; sie berafleo sich darumb und erbutzen sich selbs darum.
Sünden des munis is'; mit hertcn Worten beraflen. parad.
der Seelen 60; de die Juden und pharisäer den hcrren be-
rafleten und straften. Zwiücli 1, 145; man musz etwan fünf
gerad lassen sein, nit alle ding beraflen, sonder mit der haus-
scher beschneiden. AcRicoui spr. 228*; das erst schulrecht
sol man nit beraffeln. Fräse *pr. 2,58'; urteilt, beraflet und
tadelt ein iedes. 2,108'; diese aber oft tadeln, beraffeln und
über den zäun ihrer narrischen Vernunft springen lassen, was
sie nieraalen gewust oder verstanden. Simpl. 1,272; alle der
weit thorheiten und missetbaten zu berafTeln und abzustrafen.
2, 319. »pdier stirbt das wort in der schriftspracht, dauert
aber noch ttnter den* tolk, vgl. Scuhio schwäb. wb. 422. Schm.
S, 5*. «1 ; das hindurckschtebcn musz aber unbraffelt, ohne
BERAHMEN — BERATH
148$
das2 man dabei angerufen wird, gescheiiea, sonst lülit es
nichts. Ernst MeieijS deutsdie tagen 300. a» einige» orten
hört «lau berappelu. man sehe das ahd. rekan (Graff 2, 501),
mhd. refsen, und die einfachen raffeln, riffeln, wo von der
Wurzel gehandelt werden soll.
BERAHME.N, picturawi iucludere, ein bild einrahmen, vgl.
Schm. 3, 82.
BERAHMEN, s. bexaraen, beraumen.
BERAINO', limiiibus fixis in ordinem redigere, Umitare,
begrenzen. Oberun 12L bereinen und besteinen. *. rain.
BERAMEN, consliluere, nnl. beramen, sonst beraumen, s. an-
beraumen :
der himmel wolle dir giftck, sieg und keil berameo,
du nrerthcs keusches hild, krön aller edlen damea.
Wkhokrs ^r. 3, 16;
wol tage, mond und jähr habt ihr darzu beramt,
eh einen sünder ihr zum tode habt verdampt. 18,2;
die kurz beramte zeit eilt und trieb ihn so sehr,
das er nicht denken kunt erst, welchs das teste wehr. 21,60;
dieses erfbrderte keinen beraiunten plan. Hippel 5, 8.
BER.\MEN, maculare, inquinare sordibus, fuligine, beruszen,
beschmutzen, schwärzen, mhd. beraemeo, von ria sordes, fuligo,
bair. bramen, brarasen (Schm. 3, 81) : wenn man einen be-
rämet oder schlecht, das im ein blowes wirt. Keisesss. potl.
3, 71 ; es kam fernt (nuper) einer in den cbor laufen, der
was berömt und beschissen, omeis 9*; an alten kesseln be-
romet man sich gern (wer sich an a. L reibt, empfahet gerne
ram). Fra.m spr. 2, 117*;
mancher kumbt melbig zu der bicht,
der ganz wisz werden meint und licht,
und gat berämt doch wider hein
und dreit am hals ein raüleostcüi. Bka-it «arr«nsc/i.;
eschcrmitwochisch berämen, verkleiden, beruszen und bekri-
den. Garg. 51'; so mach dich von der wand, dasz du be-
rämst kein band. 94'; die Gothen auf wetszen pferden rait
kohlenberähmten gesiebtem und arme«. Lohenst. 1, 524 ; ich
bin berähmt, nicht aber schwarz gebohren. l, 1129; meinten
andere, dasz der rauch nur eine andern verbotene kaufmanns-
waare der fürsten wäre, so wolle er sich doch darmit nicht
berämen lassen. 2, 373.
BEBÄNDELN, diminutiv des folgenden.
BERANDEN, mar^irjore; münzen beranden; kleider ver-
brämet, gesaumet, berandet, beleistet. Garg. 122* ; Luther hat
das new testament mit ketzerischen glosen berandet. h. Georc
lor Emsers A'. T.
BEBÄNDERN, dasselbe.
BERANGEN, ordine conspicuum reddere, rang ertheilen:
wir dürfen keinen narren schmeicMo,
und keinen louerbuben beucltejs,
berangt, betitelt, wie sie sind. Göuxgx 1, 116.
BERANKEN, pampinis vestire, eiae latibe, wand mii ranken
überziehen.
BEB.APPELN, was beraffeln : ich musz dich darum berappeln.
BEBAPPEN, parietem loricare, incnulare, mit mörlel be-
werfen. Stieler 1497. franz. crepir.
BERAPPUNG, f. d*e jkiuzere berappung {des gebäuäes).
GüTHE 32, 142.
BEBASEILEN, mit einem raasegel {engl, lo^sail) terstkem:
schiffe beraseilet, besanet, befanet. Garg. 79'.
BERASE.N, gramine vestire und vestiri, sich begratea, mit
rasen überziehen : denn es wäre mit erlegung des Yarvs nicht
ausgemacht, sondern die römiscfae niadit ia so langer zeit
so feste beraset, dasz sie ohne zerberslung ihrer Widersacher
nicht würde ausgerottet und ohne erdnickung ihrer bectür-
nier schwerlich zermalmet werden, so lange berasete reiche
würden vergebens bestürmet. LenEwsr. ilrwi. 1, W ; es ist
keine liebe in einem herzen so beraset, dasz selbte nicht
verwelken oder von einer andern äberwadisea werde« könnte.
1, 167; der Römer bcraseter rühm und nracht ihm gar zu
grosz gewest wäre. 1,855; so wolte er doch sich bearbeiten,
dasz ihr glück darinnen nicht berasete. 1, 1314; der kleine,
ländlich beraste kirchhof. Seumes werke s. 53 ;
mag sich umher der freie platz beraten. Götbx 9, 322;
der sec lag in kurzer zeit ausgebreitet vor iliren angen und
die neu entstandenen ufer zierlich und manigfaltig bepflanzt
und beraset. 17, 178 ; und so, damit der weg sich nicht be-
rase, wenigstens diese magre botschaft. an Zeller 441.
BERASI'ELN, circnmradcrc, mit der raspet bearbeiten.
BERATH, m. eonsilium, nnl. beraad n.
80 nemens nicht «inen langen berat, fasln, tp. 1130;
1487
BERATHEN
BERATHEN— BERAUBEN
1488
in den iceislhümern : die schefTen gehen aus, nemen einen
berat {rat, bedacht) ; daruf ist der heimburge uf berait gan-
gen. 2, 207; weil man im losz nicht stimmet, welchem ers
geben sol, sondern stellets frei daliin auf gottes berat, und
isls zufrieden. Luther 3, 207'; frei auf gottes berat und ent-
halt. 3, 209. 4, 341'; auf gottes berath. Harnisch idi;
da kam der selbig landsknecht hin
auf guten berat, beut und gewin. Waldis £jop 4, 12;
er gibt das bindertheil den wellen und dem meer,
und iährl auf goit (l. goits) berath ohne alle segel her.
Werders Ar. 18, 133.
BERATHEN, instruere, dotare, ausstatten, versehen, ahd.
pirätan, farcire {ausfüllen, völlig a'usstatten). Graff 2, 461.
1) begaben, versehen, versorgen einen eines, oder mit einem,
mhd.
got bat dich, sun, beraten fünf werder kinde. Tit. 9, 1 ;
der edel künec, der milte künec hat mich beraten,
da; ich den sumer luft und in dem winter hitze hän.
Walther 28, 34;
und hie; in dd beraten mit rilicher wate. Trist. 103, 24 ;
und sprach in weinende an,
da; er sie noch beriete
eines kempfen nach der miete, kröne 12874.
nhd. das ich wol berate, die mich lieben, und ire schätze
vol mache, spr. Sal. 8,21; gott berate euch! imayexe iv
eioTjvT], ite in pace! Jac. 2, 16; umb des gemeinen giaubens
und Worts willen, damit uns gott beraten hat durch seine
grosze barmherzigkeit. Luthers br. 2, 441 ; so uns gott eins
herrn beratet. Hedion com. 22 ; wann uns gleich gott einmal
einer warheit beradt. Frank wcltb. vorr. ; so im (/. in) gott
einmal einer warheit berath, dasz mans im nicht glaubt.
Agricola spr. 143'; die lügner gewinnen nicht mit irem lie-
gen, dann wann sie gott einmal einer warheit beradt, dasz
mans in auch nicht glaubt. 324*; und theilt im miltiglich,
wes si got beraten het, irer speis mit. Aimon B 2 ; hat mich
unser herr gott dis guten maals beraten. Wickra« ro/to. 104 ;
wir hau kein brot, berath euch gott!
UiNGWALD laut. warh. 324 ;
mit welcher schon vorhin aus Jac. 2, 16 beigebrachten formet
vian einen betller abzuweisen, gleichsam an gott, der ihm hel-
fen, für ihn sorgen solle, zu verweisen pflegte; wer mit einer
solchen bösen haut {ehfrau) berathen ist. pers. baumg. 7, 22 ;
war bemühet, denselben vor seiner abreise mit einer tugend-
haften ehegattin zu berathen. Felscnb. 2, 607.
drum, werther herr, berathet euch in zeitcn {mit einem weibe).
GöiHE 12, 161.
2) zumal galt es von ausstatlung und Versorgung der töch-
ter und kinder: berate deine tochter! Sir. 7, 27; ich hab
zwar oft geraten, man solt die geistlichen guter brauchen,
arme Jungfrauen und kinder zu beraten. Luther 5, 301* ; ver-
heiratete kinder hciszen berathene. Hippel ehe 5, 16 ;
Atrina ist pechschwarz, damit sie wer berathe,
so sagt sie, schwarzes feid trägt gerne reiche saate.
LOGAU 2, zug., 1S4.
3) aus der sinnlichen Vorstellung von rat, vorrat, copia,
opes gieng die von rat consilium, aus dem sinnlichen raten,
beraten ein raten, beraten consulere hervor; mit dem erthcil-
ten ralh wird für den bedürftigen gesorgt, ihm geholfen,
man sagt
a) intransitiv berathen für rathschlagen : wir wollen erst
berathen, rathes pflegen; ihr habt zu lange berathen;
wol berathen, gut gerathen, macht den ralh geehrt und hold,
wol berathen, misgeratben, setzt den rath doch auszer schuld.
LocAU 2, 1, 10.
6) transitiv: eine sache, ein gesetz berathen; so wollen
wir das andere berathen. Klinger 6, 332 ;
und du beraihest immerdar in ruh
was dir bebagt. Uörorr 148';
wer jetzund berathen wil die vergangnen sacben,
der wird junge weiber auch aus den alten machen.
LocAU 1, 2, 40.
c) einen berathen, einem rathen:
sanct Stephan war ein gottcsmann,
von goues geist berathen. Bürger 45*;
du kannst, du wirst am besten mich berathen,.
so borge denn mir. 31';
bei vielen rathen ist man schlecht berathen. PtErrKL 5, 141;
fragst du viel, so bist du schlecht berathen. Göthr 13, 237.
d) sich berathen: ich merke wol, das gott sich beraten
{beschlossen) hat, dich zu verderben. 2 chron. 25, 16; meine
feinde reden wider mich, und die auf meine seele halten,
beraten sich miteinander, ps. 71, 10 ;
bald thet ich anders mich beraten {bedenken).
ü. Sachs 1,257;
als dieses paar die weit betrat,
beriethen beide sich, was bestens anzufangen.
Hagedor!« 2, 73;
frew dich nicht, es ist ihr wille,
ungehindert in der stille
sich mit rechte zu berathen
auf ein urtheil deiner ihaten. Logau 1, 1, 54.
4) berathen sein = rathen {wie beholfen sein = helfen,
sp. 1335): da ein brüder oder burger dem andern beraten
ist, die seint als ein starke und ein feste statt. Keisersb.
Sünden d. m. 81'; gott ist so beraten, das er die schreien-
den und klagenden gerne hört und nicht die sicheren und
freien. Luther 1, 22"; ob sie ihm darinnen könde beholfen und
berathen sein. Wilzenb. 66. s. rath und rathen.
BERATHEH, m. consultor, monitor, adjutor:
Domitian, Roms schändlicher berather,
heiszt, wie August, des Vaterlandes vater.
Hagedorn 1, 12;
es sind
noch andre, die mich rächen werden, da,
vor allen aber mein berather Zeus. Bürger 144* ;
es ziemet dem
berather, dem ein beer vertraut ist, der
oft sorgen soll, nicht nächielanger schlaf. 150*;
0 sei du mein berather,
weil man mich hier vergiszt. RCceert 247.
BERATHFRAGEN, consulere, ahd. ratfragön (Graff 6, 816) :
auf bcrathfragen unser obrigkeit. Mathesius 137'; es hat sich
aber fürst Georg von Anhalt mit doctor Luthern darob berat-
fraget, bericht wider das interim. Wittenb. 1559. bl. 63' ; als sie
mich darüber berathfraglen. pers. rosenth. 3, 16 ; sich mit den
namkundigen zu beralhfragen. pers. reiseb. 2, 3.
BERATHSCHLAGEN, consulere, deliberare, ahd. rdtslagon
(Graff 6, 775), nnl. beradslagen : und der könig beratschlaget
sich mit seinen knechten. 2 kön. 6, 8 ; denn ich wüste nicht,
das sie wider mich beratschlagt hatten. Jer. 11, 19 ; solchs ist
im rat der wechter beschlossen und im gesprech der heili-
gen beratschlagt. Dan. 4, 14 ; so beratschlaget euch unter ein-
ander. 2 Macc. 11, 36 ; beratschlaget er mit inen. 13, 13 ; sie
haben beradschlaget ein neuwerung zu machen. MCnster 1205;
wo habt ir ie änderst an mir gespürt, dann das ich {Witzel
spricht) alle mein sach klüglich, fursichtiglich, weislich und
witzelich, ja witzelisch und witzelissime beradschlagt hab?
Alberüs wider Jörg Witzeln L l' ;
die mit im beratschlaget haben. H. Sachs V, 287*;
die zunft der kundigen war heut früher als die andern zünftc
zusammen gekommen, sich zu berathschlagen. Klopstock 12,
261 ; sie fiengen nun auch an, sich über die mittel ihrer be-
freiung zu berathschlagen. Wieland 1, 49 ; wer sich beratii-
schlagt, was recht ist. Garves anm. zu Cic. de off. 3. Gegen
die spräche bildet Fischart das praet. stark: berathschlug
Grandgosier mit gedachtem vicekünig. Garg. 145'.
BERATHSCHLAGUNG, /. deliberatio, consilium: wenn Sig-
mund, herzog von Österreich mit den adlichen berathschla-
gung hielt, so liesz er oft die Schriften der weisen den aus-
spruch tliun. Klopstock 12, 242 (oben sp. 1131) ; allein, was
sie hierüber hätte trösten können, war, dasz alle ihre be-
rathschlagungen und erfmdungen vergeblich gewesen wären.
WiEi-AND 1, 49 ; diese zcitung veranlaszte eine geheime berath-
schlagung unter den häuplern der räuber. ebenda; in be-
rathschlagung mit jemand treten. Klinger 4, 67.
BERATHUNG, f deliberatio: berathung des entwurfs eines
Strafgesetzes; die berathung hat schon begonnen.
BERAUBEN, spoliare, privare, goth. biraub6n, ahd. pirou-
pon (Graff 2, 358), mhd. beroubcn, nnl. berooven, ags. be-
reifjan, engl, bereave, eigentlich ausziehen, entkleiden, wie
bei Ulfilas Lttc. 10, 30 biraubödidun ina gerade zu dxSvaav-
res avTov, vulg. despoliaverunt eum, verdeutscht, auch ent-
spricht ags. reäf veslis, tunica, ahd. roup, mlat. rauba, franz.
robc kleid ganz dem lat. spulium und exuviac {von exuere,
cxcubiae bei Graff 2, 367 für exuviae), abgezognes kleid (ne-
ben indusiuin, angeiognes). mehr unter raub und rauben.
1) der entzogne, sinnliche oder unsinnliche, gegenständ steht
im gen., die person im acc. {oder nom.) : warumb solt ich
cwr beider beraubt werden einen tag? 1 Mos. 27, 45 ; ir be-
raubt mich meiner kinder. 42, 36 ; auswendig wird sio das
Schwert berauben. hMos. 32, 45; und gab sie in die band
1489
BERAUBEN— BERACCHEX
BERÄüCHEN — BERAUSCHEN
1490
dere, die sie raubten, das sie sie beraubten, rieht. 2, 14 ; wie
dein schwert weiber irer kinder beraubt hat, also sol auch
deine muter kinder beraubt sein unter den weibern. 1 Sam.
15, 33; ich wil in senden wider ein heuchelvolk, und im be-
felh thun wider das volk meines zoms, das ers beraube und
austeile. Es. 10,6; sein haus beraube. 3/a(/A. 12, 29 ; sehet
zu, das euch niemand beraube. Col. 2, 8 ; also asz Esau
geitiglichen ein schüssel mit linsen aus, darumb ward er be-
raubt des Segens von gott. Keisersb. Sünden des munds 5";
weger wer dir gewesen, das du ein zeitlichs bettest verloren,
weder das du des ewigen must beraubt sein. 22* ; verschweigt
nun einer diug, die er beichten sol, so wirt er der frucht
beraubt, die von der beicht kürapt. 7S'; der ward mit be-
raubtem {abgehaunem) haupt und händ unbegraben hinweg
geworfen. Frask vellb. 189' ; sondern er wird auch aller sei-
ner ehren und glaubens beraubet nnd entsetzet. Fronsperg
kriegst. 3, löl'; sonder beraubt auch den menschen seines
Verstands, bienenk. 244';
sag wil sie ferner mir nicht tränen,
so soll sie dessen sein gewis,
äasi ich mich wil der weit berauben
mit mancher ooth und herzverdiiesz.
>'elmarks lustw. 77.
so noch heuie: er ist seiner äugen, seines gesichts beraubt;
der lange krieg beraubte das Vaterland seiner kräftigsten
söhne; du willst mich alles trostes, aller hofnung berauben;
das kind, seiner kleider beraubt, fror; die üpfel der schale
berauben, abschälen; den bäum des laubs;
geheimnisvoll am lichten lag
läszt sich naiur des Schleiers nicht berauben.
GöTHE 12, 42.
der gen. kann aber ausgelassen und hinzugedacht werden:
entlaubet ist der walde
feo diesem nintcr kalt,
eraubet wird ich balde (metner wonne, hofnung),
mein lieb das macht mich all.
Horra. gesellsch. n* 4;
als sie ihre nassen äugen mit dem schwarzen spitzenflor
verhüllte, der nachher immer über seinen {des lichts) beraub-
ten äugen herüber hieng. J. Pacl Hesp.2,Vil; ich will dich
nicht berauben, du beraubst dich (der dargebolnen sacke).
statt des gen. die praep. an:
der mensch beraubt den mensch an dem, das ihm gegeben
von leumut, ehre, gut, gesundheil, wolfart, lebeu.
LooAü 1, 3, 33.
2) dat. der person, acc. der sacke, icie bei beslehlen:
sie {die Juden) haben das tempclireld uns beraubt.
G. Mauricius iceisen aus morgenland. 1606 C4';
dem ackerman die ernd, dem kaufman all sein gut,
dem hofman seinen pracht, dem kriegsman seinen mut,
dem bürgern seine ruh, und jedem noch das leben
beraubend. WECKueaLi.t 5t6:
wir lassen uns berauben
das beste auf der weh durch gar zu leichten glauben.
Opitz 1, 435.
es sollte einfaches rauben gesetzt sein, vgl. die ßgung von
schenken und beschenken, richtig wäre der dat. und acc,
wenn sich ein ausgefallner gen. hinzudenken läszt, z. b. du
hast mir meinen garten [des obstes) beraubt, auch H. Sachs
schreibt III, 1, 163' falsch :
die kleinater dorausz beraubt seind,
ßr geraubt.
BERAIBER, m. spolialor. Maaler 58*.
BEH.\LBMS, f. privatio: die beraubnus der sinn. Para-
cei.scs 1, 492'.
BER.\L'BUNG, f. spoliatio, privatio: die beraubung der lei-
chen ; der erst schad ist beraubung groszer fruchten, die ein
mensch ablesen mag von seinem mund. darumb also un-
vcrnünftiglichen schweigen bringt beraubung groszer frücht,
ein mensch mag gol loben, das ist ein frucht. Keisersb.
Sünden des munds 78*; die Verneinung, msofcrn sie die folge
einer realen entgegensetzung {zweier beslimmungen, deren jede
für sich positiv) ist, will ich beraubung (privatio) nennen.
Kam 1, 33 {nach dem tprachgtbrauch der älteren wolfischen
schule).
BEB.VUCHEN, fumo fuscare, beschmauchni, fast nur im
pari, praet. üblich: herauchte wunde, Stuben, hülten; be-
rauchte bilder, gemühldc;
(Lmcax Kranach) der auf gemeiner bahre
ward nach der gnili gescliicki, dem zahlen hundert jähre
lur die berauchie kunsl viel lausend gülden am.
Grtpiiii's i,9i;
ein werk, das wenigstens Homers berauehte schrift
und alle kuast Virgils beschämend Übertrift. Uz 2, 94.
BERÄUCHE.N, fumigare: berauch im sein nasen mit wen-
teln. Forer fischb. 199' ; die ursach zu erklären folgendes be-
räuchens und fegfeurs des h. röm. bienenfcorbs. bienenk. 2";
wider solche kTankheiten sol man iren bincnkorb oft be-
räuchen. 242'; es ist oft ein sach also geschaEfen, dasz man
sich dabei mehr beräuchen als warmen kan. Leumans 96.
heule braucht man beräuchem. Maaler 59' schrieb beröuken.
BER.\UCHERER, m. fumigator.
BERÄLCHERI.N, f famigalrix:
du bist des lufts beräuchcrin. Wbcsherli?( 762.
BERÄUCHEILN, fumigare. Iuris honorem tribuere: sobald
er sähe, dasz man sie zu beräuchern anfieng. bienenk. 142';
und amber und aloeholz beräuchern die fürsili«hen nasen.
WiELA."CD 4, 7;
von euch beräuchert, ausgeschrien
und lebend apoiheosien. Gotter 1, 114;
wenn er nicht so viel mit den von ihm beräucherten räuche-
rern seiner selbst umgegangen wäre. LiciiTENBEnc 4, 315;
wollte der himmel, die nach- und secundarrecensenten näh-
men sich die privatrecensentcn zum muster und schlügen
ihnen in dem loben und beräuchern der werke von schlech-
tem geruch nach. J. Paul bückerschau 63.
BERÄLCHEHUNG, f. fumigatio.
BER.\L"CHU.NG, f. dasselbe: beräuchung mit guldenkraut.
bienenk. 240'.
BER.\L"FE.\, vellere: gänse bcraufen; ein haupt beraufen,
kahl machen, bei Llther bereufen : das alle heubter kal und
alle selten bereuft waren. Ez. 29, 18; man schabt die käse,
weil man sie nicht bereufen kann. Stieleb 1533; ein buch
beraufen, es beschneiden, ohne die bogen aufzuschneiden, s.
auftreffen.
BERAUHEN, bei den tuchbereitem, das tuch durch kratzen
mit karden rauh machen.
BERAUMEN, was berämen, anberaumen: gen Brieg tage-
fahrt beraumet. Sciiweinichen 3, 167.
BERAUME.N, amorere, wegräumen, abräumen, im hüttenbau,
das überflüssige wegschaffen, purgare rvdera: bereumpt, be-
reitet und behawet den gang. Mathesiüs 161'.
ßEKALPE.N, erucis purgare: die bäume beraupen. Stie-
ler 1526.
BERÄUSCHELN, leviter inebriari, sopiri:
wann friedlich unser herd und schaf
nach spätem wiederkäuen
beräuschlet mii ;;eliudum schlaf
die süszc weid verdau«n. Spee Irutzn. 192 (175).
BERAUSCHEN, ebrium facere, trunken machen, zuerst bei
Stieler 1537, doch setzt beräuscheln bei Spee schon berau-
schen rora««; der wein berauscht; ein berauschender becher;
die unerfahrnen nur berauscht der hoheit wahn.
Hagedorn 1, 38 ;
berauscht von siiszer raserci. Wieland 9, 5;
berauscht von junger nvmfen kus
und altem wein. 10,249;
edler Gatt! so glücklich dich
viele tausend Krennen preisen,
wenn du deinem Friederich
einschenkst aus dem quell der weisen,
bis die konigssorgen sich
aus dem labequell beransclicn. Gö«imck 1, 49;
den tag, an dem er (derlinabc), halb berauscht,
den kapprock mit dem kleide tauscht. 1, 12S;
wer hat gedankenlos, von sicherheil berauschet,
dies ängstlich süsze sein mit jener naclii vertauschet*
Götter 1, 140;
gold ist das zaubergift, das ihren geist berauscht 2, 374 ;
solche m.-idclien werden nicht ermüden,
solche weine werden nicht berauschen. Göth« 5, 254 :
berauscht, aber von freude, kam Victor auch hinein. J. Paul
Wcsp. 2, 88; alle Auren ein berauschender blütenkelch. 2,246;
jeder neue schritt trieb ein berauschendes blut hinauf zum
erwärmten ich. Kamp. 35; die freudenlieder berauschten ihn.
Tit.\,S; berausche dich immer, guter jungling. 2,52; er be-
rauschte mit dem blütenslrausze den schönsten träum sei-
ner Jugend, komet 1, 79.
Ob sich rausch temulenlia, berauschen inebriare xusammen-
slellen mit rauschen sireperc, mhd. riuschen (Walth. 65, J4)
und ri)schcn? alln. siekl röss temulenlia ab von nisk strepi-
tus, schm. ms crapula von ruska quassare, nnL roes temu-
lenlia von mischen strepere. unser rausch schiene demnach
94
1491 BERAUSCHUNG — BERECHENBAR
BERECHENZÄNELN— BEREDEN 1492
aus raus oder rus verderbt, doch sahen wir sp. 1200 auch
hausen und bauschen, gerade für schlemmen und zechen,
schwankend.
Die Jäger gehrauchen rauschen und berauschen von der
hrunfl der wilden schweine: der eher berauscht, bespringt die
sau. auch dies scheint ruere, itnpelum facere, slrepere.
BERAUSCIlülNG, f. temulentia: Emanuels poesie klang ihm
in dieser epischen berauschung wie prosa. J. Paul Hesp. 3, 190.
BERBELEN, nach Henisch 2S2 was babelen, bappeln, blaterare.
BEBBERIS, BEREIS, BERBERITZE, f., der fremde namc
einer eszbare beeren tragenden stände, auch entstellt in brei-
selbeere, peiselbeere, preiselbeere, reiselbeere, fersich, fer-
sichdorn, erbsichdorn, erbseldorn «. s. w.
BERCHT: Pan der gott, der die leut fürchtig macht, den
die kinder Bokelman oder Bercht nennen. Frank 11. Bercht,
Berchte wird' aber meist weiblich, nur selten als Berchtolt
männlich gedacht, s. mylhol. 250 — 258.
BERCHTRAM, BERTRAM, m. anthemis pyrethrum, nach dem
letzten wort für unsere spräche zugerichtet. TivQed'Qov besagt
eine brennende, hitzige würzet,
BERD, BERDE, f. habitus, modus! gestus, ahd. pArida, gi-
pärida (Graff 3, 150. 151), mhd. ba;rde, geba;rde, nhd. gebärde.
schon oben sp. 112G unter bürde, 1485 unter ber aufgestellt, die
Schreibung berde häufiger, das wort pflegt mit weise verbunden zu
werden, also auch alle andere euszeilicii weisen und berden,
die nicht anders wollen, denn das dergleichen innerlich golt
sprenge, wasche, wirke, rede. Luther 1, 32'; alle andere
euszerliche weisen und berden. 3, 14 ; darin durch falsche
berden die weit er gar betreuget. 8, 371';
du weist, icli dich drum schicket aus,
das du solst lernen beid und zucht. WiCKnx» pilger bt. 66;
ir weis und berd ist goldes wert. Ambr. tb. s. 30 j
mit allem thun, zucht, berd und weis. s. 70;
herzlich dein berd ist goldes werd. s. 358;
disz alles soll hüt gspilet werden
mit schönen Sprüchen, wis und berden. trag. Joh. A7;
jr dienent got mit uszeren berden. B5;
dein form, gstalt, dein weis und berd. Birk ehesp. 32;
das weis und berde der menschen vollkommen anzeigt. Pa-
BACEI.SUS 2, 365'; du bist ein narr an weis und berden.
Thürneisser archid. U;
ich Sachs an seinen berden wol,
was für ein vogel war. Ayaer fastn. sp, 164" ;
ihr lieb ich aller treu gesteh,
von berd und schein. Hof fk. gesellsch- s. 56,
später sagt man nur geberde, gebärde, was m. s.
BERDEiN, se gestire, habere, gebärden, wäre ahd. gipäri-
dön : wie eine braut in irem geschmeide berdet. Es. 61, 10 ;
gleichwie nicht zwifracht machen sol, das die priestcr an-
derweit sich kleiden und berden, denn die Icien. Luther 1,
309'; wer für schmerzen trunken ist, der klagt, schreiet und
berdet so übel, das auch nichts denn schände an im zu se-
hen ist. 3, 252; also haben die apostel, beide jüdisch und
heidnisch, geberdel. 3, 265'; und dürfen auch wol mit dem,
den sie wollen verderben, aufs allerfreundlichst reden und
berden. 3, 298'; gut weis und berd macht das weih werd.
Henisch 282;
in der kullcn geistlich berden
die gröszien buben hie auf erden.
MuRNKRS schclmcnz. 34*.
Maaler 58' gibt an : berden, kicider und Wörter eines Schau-
spielers, histrionicus gestus. s. gebärden.
BERÜLOS, adv. stulte, ungebcrdig: wie berdlos stellen sie
sich, wie meisterlich verkeren sie die red. Frank spr. 52.
dies ist das a/irf. kipärlös, baridus Graff 2, 269. r*;/. Dücaiice
unter barridus superbus.
BERDUNZ? RiNcwALD in der lauteren warh. QS schreibt:
man hraucbt Springer und bcrduntzn
und grosz gekrösc.
berdunzen klingt an die littauischcn barzdukai, bärtlingc,
iwerge (Nesselmann 322') und in die Mark konnte schon ein
litt, wort dringen, oder darf an bcrdutz, liardauz (sp. 1126)
gedacht werden? die ganze stelle bleibt noch dunkel.
BERECHRAR, quod convcrri potest.
BERECHEN, pecline converrere, mit dem rechen bearbeiten.
BERECHENBAR, computabilis : ich weisz, dasz die revo-
lutionen nicht berechenbar nach den gewöhnlichen regeln
sind. Dahlmann fr. rev. 46!i ; wodurch sich der werlii derselben
ins unberechenbare erhöht, Götiie 22, 148.
BERECHENZÄNELN, franz. creneler, ein architektonisches
wort: auf die weis der crenelierten, gewässerleten, berechen-
zänelten, gelaubwirkten und durchsichtigen seulen. Garg. 114*.
zum gründe Hegt rechenzahn, dens raslri.
BERECHNEN, computare, überrechnen, calculieren, ahd.
pirechanon (Graff 2, 382), nnl. berekenen :
1) ausgäbe und einnähme berechnen ; die kosten berech-
nen, anrechnen; verlust und gewinn; den lauf der Sterne
berechnen; ja wer die schnurren alle berechnen wollte!
Klingers th. 4, 122 ; es läszt sich nicht berechnen.
2) auf etwas, auf einen berechnen : das ist alles darauf
berechnet; alles ist auf den ersten eindruck berechnet; er
berechnet alles auf seinen nutzen ; die groszen zwecke aus-
führen, die ich auf dich berechnet habe. Klinger 5, 358.
3) anschlagen, überlegen, beurtheilen: ich sah wol, dasz er
meinen vater sehr unrichtig berechnete. Hippel lebensl. 2, 23 ;
barbarische Völker und zeiten, worin, weil beide ja nur den
mann, nie die frau berechnen, eine glückliche ehe nichts be-
deutet als einen glücklichen mann. J. Paul Tit. 2, 176.
4) sich mit einem berechnen: ich habe mich erst mir dir
zu berechnen, meine mit deiner rechnung zu vergleichen ; den
nächsten morgen mit heute berechnen. Thümmel.
5) ein kalter, berechneter mann; ein schlauer, berechnen-
der; sie war in allem berechnet und sicher; alle beampte,
alle rentmeisler und andere berechnete {rechnung ablegende)
diener. Schuppius 30.
BERECHNUNG, f. die berechnung war falsch; der kaiser
war barbar aus berechnung, sein söhn aus emptindnng.
Schiller; etwas ohne berechnung auf das geliebte selbst
wieder hergeben müssen. Klinger 12, 44; das steht auszer
berechnung ; gegenseitige berechnung {im geschäft).
BERECHNUNGSLOS, unberechenbar : der die ganze armee
aus einer berechnungslosen gefahr gerettet hatte. Beckers
wellg. 14, 298.
BERECHTEN, impetere aliquem jure, vor das recht, zur
rechenschaft ziehen: berächten, judicio perscqui. Maaler 58';
auch vermaint er {der herr von Berneck), und ob sein diener
ain burger in der statt ersteche, so soll wir in {den diener)
nit vachen noch berechten, sunder im {dem herrn) clagen.
Chmels Maxim, s. 395 (a. 1501) ; so mögen sie von christenli-
cher oberkait berechlet oder gestraft werden. Reüculin verst.
8'; er wirt berechtet, angeklagt. MiJNSTER615; soll er die
Parteien berechten. Frankf ref. 1, 30, 3 ; mancher will viel
berechten {vor gericht ausfechten ?), so musz ers verrechten.
Lehmann 649; ist gleich ein ding, als einer da will sein ein
hüpscher feiner gesell und für alle andere berechten {? auf-
treten). Paracelsus 1, 262'.
BERECHTIGEN, 1) früher, im sinn des vorausgehenden be-
rechten : so er doch ihne und seine anreitzer, benantlich oder
unbenantlich, als ehrlose schelmen hette berechtigen, und zu
ihrem leib und gut hette klagen sollen. Tuurneisser nolgedr.
ausschr. 1, 44; die jenige, so die pfaffen anklagen oder be-
rechtigen, seien die fuchse, da unser herr von sagt, bicncnk.ii;*.
2) heute, und schon bei Luther, jus, potestatemque dare:
die schon durch volkomene reu einer volkomenen Vergebung
und ablasz berechtigt sind. Luther 1, u'; ich fühle mich
dazu berechtigt; ich berechtigte ihn zu dieser handlung; ein
zu schönen hofnungen berechtigender junger mann; oime
dasz ein grund gegeben ist, welcher ein solches urtheil bo-
rechtigle. Kant 2, 166; tritt die gebrauche deines volks mit
füszen, was bleibt dir übrig, wenn sie einst die beleidigung
rächen, als der gedanke, ihre räche berechtigt zu haben?
Klincer 4, 143; ausschliesziich berechtigt, privilegiert.
BERECHTIGUNG, f. potestas, Privilegium.
BERECHTIGUNGSGRUND, m. es musz sonach ein höhe-
rer berechtigungsgrund angeführt werden. Fichte naturr. 20.
BERECHTSAME, f jus, gcrcchtsamc: auf der mark gren-
zen und herbrachte berechtsamc fleiszigc aufsieht haben.
Carbcr markordn. von 1657 art. 5.
BERECHTSAMKEIT, f. Lohenst. Arm. 1, 747. 860.
BEREDBAR, ad persuadendum facilis.
BEREDBARKEIT, f. leichtes einlassen: bcredbarkcjt auf die
gefahr. I'etr. 18'.
BEREDEN, sermone, verhis impellere, compellere, compel-
lare. ahd. kein piredön, blosz ein piredin(^n coni'iNrcrr (Graff
2, 456), was sich herleitet von rcdina, ratio, also gar nicht
durch warte bedingt ist. vielleicht gehört dahin auch mhd.
bereden für bcredcncn;
1493
BEREDEN
BEREDEN — BEREDT
1494
mit cbamplie berede ich in goieweij. Rol. 300, 10;
er welle io der untriuwe bereden {überführen). 301, 7 ;
da; ich üf minen lip
bewaeren und bereden sol. Trist. 13S, 9;
ich wil bereden an dirre vrist,
daj diu schirne Isöt min ist. 333, T;
da; sol er bereden (beweisen) mit dem brüte. Baseler dimstr.
15, 7 und so erscheint im Ssp. ein bereden mit kampe, im
kämpf darlhun, man sagte etwas zu den heiligen bereden,
sich bereden mit sinen zwein fingern, sich rein schuüren,
entschuldigen, vnscliuldig erweisen, hierzu müsle ein praet.
beredenle aufgewiesen werden, vgl. beredenunge. welsch, gast
11532. 11550.
Alle folgenden bedeulungen setzen aber wort und rede vor-
aus, und freilich ist persuadere auch ein convincere.
1) einen bereden, compellare, zur rede setzen, stellen:
swenne ich nu reden gelerne,
so so! ich in bereden ba;,
warumbe er siner zuht »ergaj. Wh. 163.5.
wie man mich zuscholten und beredt hat in vielen stücken.
Luther 3, 137. br. 2, 669; einer, der unmeszig in essen und
trinken, und darumb beredt war. alte weisen 16'.
2) persuadere, beschwätzen : mit guten worten bereden, deli-
nire. Maaler 5S'; wenn jemand eine jungfraw beredt, die noch
nicht verlrawet ist und beschleft sie. 2 Mos. 22, 16 ; und er bere-
det in, das er hinauf zöge. 2 chron. 18, 2 ; Hiskia beredet euch,
das er euch gebe in den tod. 32, 11 ; beredet in mit listen. 2 Macc.
4, 31 ; beredet den könig. 4, 46 ; den son dahin bereden. 7,
25; sie beredeten die jüdcn. 12, 3; beredet sie, das sie zu-
frieden weren. 13, 26; gehe hin, berede das ebreisch weih,
das sie sich nicht wegere. Jud. 12, 11 ; beredet {eTrei&e, sua-
debat) beide Juden und Griechen, apost. gesch. 18, 4 ; lehrete
und beredete sie (rteid'cov, suadens) von dem reiche gottes.
19, 8 ; und wenn ichs nicht selbst in des Carlstads büchern
lese, so hette michs alle weit nicht beredt. Lcther 3, 54;
des waren sie nu beredt {überzeugt} und warteten desselbi-
gen. 3, 240' ; lieber, welchs gewissen kan sich doch des be-
reden? 3,526; als wenn ich ein bös stück an meinem va-
ter begangen mit bösem gewissen aus dem haus lief, ganz
beredt in mir selbs, er werde mich nimmer für ein kind
achten. Fra>k parad. 65' ; widerumb seind sie durchaus be-
redt, das je jemand disen notheifer vergebens hab angerüft.
weltb. 111*; aber das fräulein war nicht dazu zu bereden.
Schweimches 2, 4S ; Friderich den ritter mit disen worten
bereden thet. Galmy 183 ; zur ehe bereden oder nölhigen. man
kann wol eins bereden oder zwingen, dasz es ein ding thut,
aber nicht, dasz ers gerne thut. Lehmann 170 ; und ob ich
wol glaube, dasz alle dise stücke nicht allen gefallen wer-
den, so berede ich mich doch, sie werden auch yilen nicht
misfallen. Weckuerlin rorr. zu den weltl. ged.;
weil brave beiden nach ihr stebn,
mit list sie zu bereden. Soltau rolksl. 509;
wer mich dieses bereden könnte, der hätte mich zugleich be-
redet, allen Untersuchungen der Wahrheit von nun an zu ent-
sagen. Lessing 8, 336; wer hätte auch die mächtigen Mont-
morency bereden können, dasz ihnen das Schicksal ihrer ver-
wandten weniger drohe? Schiller 1077; sie beredte ihn mit
herunter zu gehen. Göthe 18, 241. Die beispiele zeigen noch
oß den gen. der Sache, Lessing 8, 336 nahm wol dieses /«r
den acc. ?, sonst stehn auch die praep. von und zu.
3) sich bereden lassen, der vorhergehenden conslruclion ge-
mdsz: laszt euch solcbs nicht bereden. 2 chron. 32, 15; ich
acht, du lessest dich bereden. Es. 36, 5; laszt euch Hiskia
nicht bereden. 36, 18; bei sich mein herz heimlich bereden
lassen, das meine band meinen mund küsse. Hiob 31, 27 ; ich
habe aber sorg, dasz du dich deinen vater bereden werdest
lassen, ein weib zu nemen {heute, dich von deinem vater b.).
Galmy 203 ; die sich des dings und gaukelwerks bereden las-
sen. Frank weltb. 135'; darüber sich alle bereden lassen und
mich daheim behalten. Schweinichen 1, 35.
4) persönlicher dat., mit der sacke im acc. scheint dem tat.
dat. bei persuadere nachgebildet und undeutsch : hat es mir
beredet [weis gemacht). Rabeners br. 31; seine reichthümer
sind so unerschöpflich nicht, als er es ihnen anrdngiich zu
bereden suchte. Kabener 4, 214 ; die ammen, welche uns ge-
spenster bereden (weis machen). 5, IS; es [das herz) läszt
sich alles bereden, was ihrer einbildung ihm zu bereden ein-
fiSllL Lessinc 2,19; Lclio schlieszt hieraus, dasz er nicht so
sehr geliebt werde, als man es' ihm beroden wolle. 4, 371.
einreden würde in diesen stellen richtig sein.
5) reflexiv sich bereden, sich einbilden : welche sich selbst
einer gegenliebe bereden, wo sie nirgend ist. Opitz 2. 258;
man hätte sich gern beredet, man lebe in einer vei^nüglicben
Übereinstimmung. Göthe 20, 289 ;
berede dich, ich war ein Waisenkind,
das du am thron mitleidig aurgelesen. Schiller 245' ;
berede dich, wir beide hätten uns
auf einem ball mit masken eingefunden. 253'.
sich mit einem bereden, colloqui, deliberare cum aliquo, sich
verabreden : beredet euch (untereinander) und es bestehe nicht
Es. 8, 10 ; beredeten sich miteinander. Luc. 6, 11 ; ich habe
mich mit meinem lieben herrn und freunde d. Jonas allerlei,
sonderlich von kirchensachcn beredt. Llthers br. 5, 73S ;
wer hat dich je beschaut,
der ihm vor lieb hernach zu leben hat getraut,
und sich vor herzensangst mit dir bereden können?
Opitz 2, 160;
anstatt sich mit ihm über die nöthigen maszregeln zu bere-
den. Schiller 770.
6) bereden etwas, über etwas reden, sprechen.
a) in gutem sinn. vihd. mer und sftr beredete er. Trist.
302, 8 ; wir haben noch viel zu bereden ; wir wollen das erst
bereden; er beredet alles, und meinet es basz auszerichtcn
denn ein ander. Reisersd. has impf.; so war doch nicht zu
unterlassen, das hundertmal bcspiochne, die Vorzüge dieses
Wassers, nochmals zu bereden, ja sie ausschliesziich und
lyrisch anzuerkennen. Göthe 22, 143; bepredigte und bere-
dete leichen (über welchen gepredigt und geredet ist). Hippel
3, 110.
b) leicht aber entfaltete sich tadelnde, übelwollende rede,
Widerrede, oblocutio: aber wenn ein mensch etwas billichen
beredt, so man thun soll, das ist nicht murmur. das heiszt
gemurmlet, so du beredest das kalt weiter, das du arm bist,
das es dem bösen wol gat, und wider vatter und muttcr
kempfest. Keisersb. Sünden des munds 17'; wie etwas Un-
rechts bereden nit murmeln sei. 89'; die kennet man dabei,
das sie alles was ein ander thut bereden, richten, urteilen.
Luther 1,84'; und da sie zum dritten dorf kamen, sasz der
jung auf dem esel und der alt fürt in, die baurn beredten es
[liielten sich darüber auf) und sprachen, seht, der jung reit
und der alt musz gehen, seh. und ernst cap. 456 ; herr Kund-
lob Arbeitsam beredet {widerredet, tadelt) solchs Mischmcsche.
Garg. 170'; einen bereden, im munde füttren, in der leute mund
bringen, durchziehen ; die leute bereden alles.
BEREDENHEIT, f. eloquentia: ein buckellich nas in der
mitten bedeut beredenheit und kluge sitten. gute stimm be-
deutet witz, beredenheit und grimm. Fischart groszm. 68.
BEREDFERTIG, promptus ad loquendum, redefertig, red-
selig: dis alles ward mit so deutlicher red fürgebracht, (mit
so) beredfertiger zung ausgesprochen. Garg. 144'.
BEREDSAM, eloquens, Stieler «. a. m. schreiben beredtsam :
ein beredsamer redner. pers. rosenth. 2, 28 ; ein kluger und be-
redsamer mann. 5, 18 ; ein beredsames stillschweigen. Lo-
BENST. i4rm. 1,1308; sie war sehr heiter und beredsam. Bet-
tine br. 1, 140.
BEREDSAMKEIT, f. facundia, eloquentia:
der diamanten flehen,
des golds beredsamkeit wird sie nicht widerstehen.
Gellert 1, 113;
wenn ich in den Umarmungen
eines jimgliags sie seh, der die beredsamkeit
dieser augen,~ und euch fühlet, ihr Trühlinge
dieser lächelnden mlenen. Klopstock 1, 46;
sie stärken auch dadurch ihr gedäcbtnis, welches nothwendig
in der Jugend geschehen musz und üben sich in der körper-
lichen beredsamkeit, welche nach des Demosthenes eignem
ausspruche die vornehmste eigenschaft eines redners ist. Le.*-
siNG 3,123; die sflszeste beredsamkeit hieng an semen lippen.
BEREDT, eloquens, disertus, mit aetivbedeulung des pari,
praet. (wie bedient, beholfen, beraten u. a. m.), unterschieden
von der passirischen (beredt, compellatus, persuasus, delinitus).
wann aber erscheint jene zuerst? ein mhd. beredet, in solchem
sinn, kommt nictit vor, aber Luther und die Wörterbücher von Da-
STPooius, Maaler haben es schon als gangbaren ausdruck. nnt.
in gleichem sinne bespraakt, wel bespraakt. ich bin je und
je nicht wol beredt gewest, denn ich hab eine schwere spräche
und eine schwere zungen. 2 Mos. 4, 10 ; weisz ich denn nicht,
das dein bruder beredt ist? 4, 14; sciiarf, behend, beredt,
rein, klar, sanft, weish. Sal. 7, 22 ; denn die Weisheit öfnete
der stummen mund und machte der unmündigen zungen be-
94*
1495
BEREDT— BEREICH
BEREICHEN— BEREIFEN
1496
redL 10, 22; ein beredter mann und mächtig in der schrift.
apost. gesch. 18, 24; tapfere, wolberedte männer. Kirchhof
disc. mü. 7; Tacitus, der berümbte und beredete historien-
schreiber. Micräliüs 1, 16; daher die teutschen hebammen
noch recht thun, das sie den kindern die zung mit wein
lösen und hernach allzeit die billerlein mit wein steifen,
dann disz macht, das sie beim wein so beredt sein. Garg.
46'; er als ein verschmitzter weit- und eisvogel, flick auf
stück und tück, der etwan auf dem eis, wann der Rhein
übergefrorn, gemacht worden, etwas beredter als die zur
hochzeit laden. 211* ; nichts ist so beredt, so da allen alles
und zu jeden zeiten beliebet machen und überreden könte.
ScHUPPiL's 403; eine beredte dame, aber ohne gestalt und
anmuth. pol. stocicf. 09 ;
doch was nährst du dich
mit einem süsz beredten wahne? Götter 1, 387;
dann wird
das äuge nicht mehr sein beredt,
geheime wünsche zu entdecken. Gökingk 1, 205.;
der süsz und laut beredte Nestor. Borger 145";
strömt es mir gleich nicht so beredt vom munde.
Schiller 417';
mviord von Lester, ihr allein schweigt still?
was ihn beredt macht, bindeis euch die zunge» 418'.
BEREDTnEIT, f. facundia. seilen.
BEllEDTHEITGIERIG : ein ausbund aller beredtheitgirigen
Philologen. Garg. 23*.
BEREDUiNG, f. nach verschicdnen bedeutungen des beredens,
1) suasio, persuasio, zurede: gewöhnliches verfahren kleiner
Seelen, wodurch sie sich einander in der tröstlichen beredung
zu stärken suchen, dasz kein so groszer unterschied zwischen
ihnen und den Agathonen sei. Wieland 3, 11 ; da die wenigen
mitwissenden durch die einsamen gänge ihn unter drängen-
den beredungen begleitet hatten. Schiller 1074.
2) sermo, colloquium, gcsprdch: beredung, redung mitein-
ander halten. Schweiniche.n 1, 329 ; unter andern beredungen
auch des ewigen lehens gedacht. Ringwald Ir. Echh. A6';
durch freundliche beredung diesen zweck erreichen. Leibn.
2, 496.
3) pactio, vei-abredung : die mutfer forcht, die heirat würde
nicht für sich gehen, fuhr zu der jungfrawen eitern, begeret
den tag der beredung zu wissen mit ihrem söhn. Frey gar-
teng. 2*. daher eheberedung, pactum dotale. Creidius 2, 119.
GC-xther 1000.
4) oblocutio, reprehensio: munneln ist nit anders weder
ein beredunge, die unbillichen geschieht wider gott und einen
menschen oder aber ist ein clag mit Ungeduld. Keisersberg
Sünden des munds 16'.
BEREGELN, ad artem revocare, unter die regel bringen:
wer die last beregeln kann,
hat sie nie empfunden.
BEREGLICH, mobilis, regsam : disz beregliche haupt. Opitz
Arg. 4, 276. 310 ; ein beregliches beer. Lohenst. Arm. 2, 848.
BEREGLICHKEIT, mobililas, gewandlheit. Lohe.nst. Arm.
1, 202.
BEREGEN, concitare, memorare, anregen : die beregte, mehr
beregte sache. sich beregen, sich regen, rühren : die mit den
piken konnten sich kaum beregen. Opitz Arg. 1, 579.
BEREGNEN, compluere, ahd. pireganün (Graff 2, 442) ; du
menschenkind, bist ein land, das nicht beregent wird zur zeit
des zorns. Ez. 22, 24 ; ein acker ward beregent, und der an-
der acker, der nicht beregent ward, verdorrete. Arnos 4, 7 ;
eine Jungfer, welche ein brennendes herze in der band trug
und solches von dem hiiftmel herab beregnen liesz. Weise
kl. leute 379 ; war in warheit stark beregnet. Spee 279 ;
dasz sie gar hinten könt ein wolkenhrucrli beregnen.
VON llRAND bei Canitz 123 ;
lieszen sich pfUtzenasz beregnen. Felsenb. 4, 23. die bereg-
neten steine sind schon wieder trocken. in/ran6i7it; beregnen,
madeßeri :
hin über das gewölke steiget der rciger, dasz er nicht beregne.
LocAU 3, tug. 64.
BEREIBEN, fricare, confricarc, mhd. berlben pass. K. 440,
49 : nim ein tüchiin, mit demselbigen bereib die nugenliede.
BAnTiscH0U3enrfienjn94; die crlaiiinte giieder darmit berichen
stärket solcher wein über die masz wol. Tahhrnaem. 721 ; diesem
buch ist Tonnölhen, dasz maus ein wenig bereibe. Harnisch 70.
BEREICH, m. ambitus, wohin etwas rcicIU, nnl. bercik:
wo wir nützliches bnireihcn
ist der wertheste bereich. GüiBt 23, 182 ;
hier bin ich in meinem bereiche; das ist meines bereichs nicht ;
antworten, es sei die comödie seines bereichs nur.
Platen 282;
der feind suchte aus dem bereich unseres groben geschützes
zu kommen ; so musz mir jener bauer einfallen, den ich bei
der belagerung von Mainz, im bereich der kanonen, hinter
einem auf rädern vor sich hingeschobenen schanzkorbe seine
feldarbeit verrichten sah. Göthe 31, 52; sobald nur die Ver-
schuldung eine solche ist, die überhaupt unter den bereich
der lex Aquilia fallt. Göschens Vorlesungen 2, 65.
BEREICHEN, attingere, consequi, mhd. bereichen, nnl. be-
reiken : da schlugen sie alles darnider, was sie bereichen
konden und mochten. AimonNi; diejenigen, so von den gott-
losen menschen, als unhulden, werwölfen etwas durch Zauberei
beibracht, allein mit dem oppopanace im wachsenden mon be-
reichet, werden erlediget. Thurneisser infl. wirk. 13; da der
thäter entwiche, soll derselbe dem spur nachfolgen bisz in
den nächsten flecken, da er ihne bereichen mag. wcislh. 2, 187 ;
so viel man mit den äugen bereichen (übeisehen) kann; so
weit ihn das geschütz bereicbte.
BEREICHEN, locupletem facere, mhd. berichen: die rö-
mischen bienen sollen sich nach lust begrasen und bereichen.
bienenk. 138';
dasz er {der fruchtbaum) zu seiner zeit erquicket aug, nas, mund,
ja der den gärtner stets erfreuet und bereichet.
W'eckuerlin 1;
einen schätz der Wissenschaft und kunst.
damit dein herz und geist gesegnet und Lereichet. 691;
mit wie viel laub sich auch die wäld bereichen. 409;
dasz wir uns mit ihrem schweisz und blut bereichen sollen.
ZiNKGR. apophth. 17, 28. Lehmann 256; vortheil mit betrug
suchen bereichet nicht. Lehmann 869 ;
bereicbst den süszen herbst mit obs und traubenbären.
Rohpler von Löwenu. gebü.sch 5;
die weiche brüst der schwanen weisz
war nie so wol gebleichet,
die gülden pf'eil der sonnen heisz
nie so mit glänz bereichet. Spke trutzn. 5;
die bäum und näsl
auch thun das best,
bereichen sich mit schatten. 37;
und diese gesellschaft habe so zugenommen, habe mit krie-
gen und siegen sich so bereicht, dasz sie ganze fürstenthü-
mer unter sich bracht haben. Schdppids 77; für die anzahl
meiner kinder, mit welchen er (gott) mich bereicht hat. Scuup-
pius 730. heule durch bereichern verdrängt.
BEREICHERER, wi. locupletator : ein bereicherer der deut-
schen spräche.
BEREICHERN, locupletiorem facere:
herr, dieses thun die gaben,
darmit dicji die natur und gott bereichert haben. Opitz 1, 1 ;
alle jene bluten sind gefallen
von des nordes schauerlichem wehn,
einen zu bereichern unter allen
muste diese göiterwelt vergchn. Schiller 22';
die gespräche spielten und beschenkten mit allem, was uns
hebt und bereichert. J. Paul Tit. 2,129; mit was kann man
dir auch vergelten, als nur dasz man sich willig von allen
deinen guten gaben bereichern läszt. Bettine br. 1,177; sich
mit anderer leute schaden bereichern.
BEREICHERUNG, f.
BEREICHERüNGSMITTEL, n. Klincer 6, 163.
BEREIFEN, circulo vas cingere, wäre mhd. bereifen.
BEREIFEN, pruina legere und legi, mhd. berifen, mit reif
überziehen, bedecken, oft von greisendem haar und bart (sp.
1142, 11) :
wenn uns nun das alter wiri begreifen
und uns die pert (bärte) werden pereifen. fastn. sp. 739, 10;
er schwärzet sein bereiftes hau|>l. Hagedorn 2, 95;
dann von bäumen, ddchern, kleidern: der wald steht bereift;
ihr durch den weiszen thau bereiften schönen saaten
Opitz 2, 229;
weist bereift. Brockes 1, 144 ;
4je bereiften tannenwäldcr. Zachariä 1, 354;
und von bereiften kicfern hängt
kandiertes eis herab. 2, 302;
schimmernder bereifet war ihm
der beschattende glasorische kränz,
golden sein haar und wie der kränz bereift.
Klopstock 1, 196;
bepelzte, bereifte freunde kommen an. GflrnE 3.1, 147; die
blosze crscheinung eines solchen kalten bereiften widersa-
1497
BEREIMEN— BEREIT
BEREIT
1498
chers. J. Pacl bücherschau 1, 177 ; da breiteten die bereiften
bäume ihre silbernen zweige aus. Bettine tageb. 112 ;
der frost hat mir bereifet des hauses dach. Rcckert 369.
BEREIMEN, m reime bringen, versißcieren, besingen: den
gekreuzigten und auferstehenden Jesum unter der person
des hirten Daphnis poetisch bereimen. Spee Irutzn. 278 ;
nicht dasz dein schmeichelnd lob des reichen stolz bereime.
Kästner;
den alle reimer basz bereimen 1 Gökingk 3, 145;
diese beiden besangen und bereimten alles denkliche. Ar.ndts
leben 46. auch ein blatt bereimen, voll reime schreiben, mit
reimen füllen:
uod dies bereimie blatt straft meinen vorsatz lügen.
J. E. Schlegel 4, 65.
BERELNEN'i ins reine bringen: die sie ein syslem über die
grenze der weibertreue entworfen und diese sache bereinet
zu haben scheinen. Hippel ehe 5, 125.
BEREINIGEN, emaculare, reinigen.
BEREISEN, befallen, vom mhd. risen fallen:
blümlein, mit süszem tau bcrifescn. Spbe tntzn. 37 (39).
BEREISEN, peragrare, vom mhd. reisen: fremde länder,
die messen bereisen ; eine gegcnd zu fusz bereisen ; drei mi-
nister bereisten die yerschiednen theile der monarchie, um
die öffentliche meinung zu erforschen, denkschr. des fr. vo\
Stein 37 ; es ist die frage, nemlich keine, ob nicht seine
tahigkeit und neigung sich mit den unähnlichsten menschen
zu verflechten, blosze kälte gegen alle herzen ist, die er alle
nur bereiset, weil er keines bewohnt. J. Pacl Tit. 3, 135. das
part. prael. bereist steht, «ie bewandert, aetivisch ßr einen,
der bereist hat: so bereiset er gleich war, selten hatte er
eine so schöne gegend gefunden. Hippel lebensl. 2, 209 ; fräu-
lein von Sackenbach war nicht sonderlich in bilderkabinetten
bereiset. J. Pacl jubeis. 182.
BEREIStTNG, f. peragratio: die bereisung der salzwüsten.
Kant 5. 437.
BEREISZEN, scindere: die Türken sind beschnitten, aber
nicht berissen.
BEREIT, paratus, expedilus, disposilus, golh. nur garaids,
ahn. greidr, das schw. beredd ist nach dem deutschen, engl.
ready, ein ags. raedig voraussetzend, ahd. nur reiti, mhd. ge-
reit und bereit, bereite, bair. pfraet, pfrait (Schä. 3, 155), nnl.
ree für reed, rede, dies adj. gehört zu denen, icelche noch
deutlich ihren participialen Ursprung zur schau tragen, wie
schon das beigesetzte lat. paratus zeigt, dessen äuszere gestall
nur zufallig anklingt, zwar steht ein golh. garaids ab von
garaidi^s, mhd. aber kürzt sich das part. bereitet leicht in
bereit, und auch nhd. schwanken bereitet und bereit in ein-
ander über; spätere ausgaben der bibel gewähren bereitet an
mehrern stellen, wo LtrrHER bereit schrieb, in bereitet liegt
noch stärker die Vorstellung des bereitens und fertigens, als
in bereit, fertig, ich habe ein zimmer für dich bereit, heiszt
es steht mir zu gebot, zur hand, ich halte es bereit, nicht
ich habe es bereitet, selbst zu recht gemacht, wol aber liegt
darin, ich habe es so, wie es eingerichtet, fertig ist. das es-
sen steht bereit, auf dem lisch; es ist bereitet, in der küche
fertig gemacht, oß aber fallen beide bedeutungen zusammen
oder berühren sich ganz nah, ich bin bereit, im stand mit dir
zu gehn, dir zu folgen, ich bin dazu bereitet, vorbereitet, aus-
gerüstet, in stand gesetzt. ^
Das sie ire kleider waschen uiia bereit seien auf den drit-
ten tag. 2 Mos. 19, 11 ; seit bereit auf den dritten tag. 9, 15 ;
ich sende einen engel für dir her, der dich beliüte auf dem
wege und bringe dich an den ort, den ich bereit habe {LXX.
i}t> TjToiuaaä aot). 23, 20 ; und sei morgen bereit {yivov
S-roifioi). 34, 2 ; und seid alle sampl bereit. Jos. 8, 4 ; also
ward bereit alles geschefte Salomo. Ichron. 8, 16; bereite
brot auf den reinen lisch (noo&iatH ätrtav). 13, It ; bastu
aber nicht gehöret, das ich solchs lange zuvor gethan habe
und von anfang an habe ichs bereit. 2 Aün. 19, 25; und sen-
det denen auch teil, die nichts für sich bereit haben, t^eh.
8, 10; die da bereit sind zu erwecken den Leviathan. lliob
3, 8 ; mein herz ist berfit. ps. 57, 8 ; seine hende haben das
trocken bereit (hier wäre bereitet heute vorzuziehen). 95, 5;
da die tiefen noch nicht waren, da war ich schon bereit.
spr. Sal. 8, 24 ; saget den gasten, sihe meine mahlzeil hab ich
bereitet (rjroifiaxa), mein mastvieh ist geschlachtet und al-
les bereit {navra irotfia). Matlh. 22, 4 (ahd. seno, min ta-
gamuos garwita ih . . . inti allu garawu). zwischen garawit
und garo besteht derselbe unterschied, wie zwischen bereitet
und bereit, für golt ewig bereit. Lctheb 3, 21 ; da die müle
bereit war. 3, 476; knecht Heinz, sattel mir das pferd, das
es zu rechter zeit bereit sei! Keiseksb. Sünden des munds Si' ;
die sinlicbkeit, die alwegen bereit ist und hinach hottet, dem
frasz und dem geschleck genug zu sein. 6'; von den wirten
und von dem hausvatter, die bereit seint, am morgen zu es-
sen zu geben. 6'; ich sprich von bereiter (d. «'. bereiteter)
speis, zunl fleisz ankeren, die schleckerhaftig zu machen. 7* ;
so du in wol bereiter speis suchest verachteten lust. 7'; ir
eer seind sie bereit zu beschirmen, so man sie schmecht.
20'; das reich, das euch von anbegin der weit bereit ist.
42'; das ewig feur, das dem teufel und seinen gellen (con-
cubinis) bereit ist. 42'; bereites geld, pecunia parala, ready
monej ; bereites vermögen ; die thewTcr verborgen, dann umb
bereit geld geben. Garg. 190';
ich han nicht bereiter pfenning zu zercn. fastn. sp. 1109;
Naso, dir ist deine nase stat der sonnenuhr bereit,
wann der schatten weist gerade auf das maul, ists essenszeiu
LocAO 3, 7, 86;
nach diesem leben ist bereit
ein leben uns in ewigkeit. Clicdics 7, 166;
und statt der dienstbarkeit
war ilzt Polyienen ein beszres band bereit.
J. £. SCHLEGBL 1, 153;
piket za spielen war niemand bereiter als er. Siegfr. von
Lindenb. 1, 50; hatte die mutter sie abgeschickt, Friedriken
eiligst zu holen, weil das mittagsessen bereit sei. Göthe 25,
360 ; lebte den andern zum bereiten beispiel, dasz ungeheure
verbrechen straflos sind. 8, 258; er war der bereiteste rath-
geber. Man läszt zu und auf folgen {wie bti bereitet ^. 1499) :
sieh dort den adler sitzen.
sieb, weil du ihn noch siehst, er wiegt den körper schon,
bereit zum kühnen flug. Lesslng 1, 101;
rede nur, ich bin bereit auf alles. Gotter 2, 153.
ich bin bereit dazu, meint, es zu thun; ich bin, bereit dar-
auf, es zu hören, zu vernehmen, früher auch mit dem geni-
tiv: ich bin es (rf. ». (/essen) bereit, des todes bereit.
BEREIT, adv. eigentlich promte, expedite, übergehend in
illico und jam, mhd. gereite, bereite, man höret, das ire
rosse bereit schnauben zu Dan und ire geule schreien. Jer.
8, 16 ; ich sehe bereit, wie es so jemerlich verwüstet ist. 12,
11; ich habe gehöret, das sie bereit zuvor sieben männem
vertrauet ist. Tob. 6, 15 ; denn sie waren bejeit über das was-
ser. 1 Macc. 12, 30 ; wie er uns bereit aus groszem Unglück
errettet. 2 Macc. 2, 19 ; denn es reget sich schon bereit die
bosheit heimlich. 2 Thess. 2, 7 ; und habt bereit vergessen des
trosts. Ebr. 12, 5; derhalbcn nimpt meine furcht imer meh-
lich ab, ja ist bereit gewandelt in ein sonderliche liebe. Lg-
ther 1, 12t' ; ich bin bereit übergeben gelassen in deinen wil-
len. 3, 26 ; wir wissens schon bereit, wo ers leszt oder nicht
thut. 3, 54'; weil sich bereit solch teufelsgesinde allenthal-
ben geregt. 6, 45* ; da haben wir bereit dreierlei verkleren
{erklärung). 6, 179*; wie der teufel bereit bei so vil seclen
thut. Frank chron. a'; wer Vergebung hat, der ist bereit ge-
recht. Melancbth. im corp. doctr. ehr. 22; denn auch sanct
Paul klagt, dasz sich die geheimnis diser schalkheit zu sei-
ner zeit bereit hab geregt und erzeigt. M. Stifel wortrechn. H 3 ;
(dieweil) ihr lästern und mein laiden
berait erschallen gar zu ferr. Wbckbeblin 141 ;
ich schweige nun so sehr, dasz alle meine sinnen
bereit ermüdet sind. Opitz 2, 160;
der du, wenn dir es nicht bereit veriressen ist,
für deine freiheit viel und hocli verpflichtet bist.
Werders .4r. 7, 65;
innen ward, dasz sie bereit sieb fort
und weg begeben hat. 11, 13;
ich befinde, dasz eure edle gemüther bereit erwecket sind.
ScHUPPics 85t; das erzhaus Österreich hat bereit das fünfte
seculum zu zahlen angefangen. Bltsciikt Palm. 5; unangese-
hen sie bereit gestorben war. 333. im 16 und fast audi 17 ;*.
ff irrf nur bereit geschrieben, Henisch 283, bei Stieler 1502 be-
reit, greit; bereits führt zuerst ttM/^FRiscH2, 108', s. aucA allbe-
reit. Bemerkenswerth die hdufung schon bereit, noch mehr
die Verstärkung durch folgendes an: dieweil die geistlichen
berait an etwas hoch angesetzt sein, absch. des reiehsreg.
1301 §. 16; weil der teufel bereit an «cl drinnen zu meistern
1499
BEREITEN
BEREITEN— BEREITSAM
1500
hat. Luther 4, 33l'; auf das wir unser herz trösten, neren
und Sterken und bereit an mit solchen gedanken spielen und
unser freude haben des schönen herliclien wesens, das wir
dort empfahen sollen. G, 263'; und bereit an ein son Davids
geborn ist. 8, 73'; wie wir bereit an wol erfaren haben.
8, 88*; wie er denn bereit an mit der that vorgenommen
hat. br. 4, 352; wie es denn die unsern riechen und schier
bereitan bekennen. 5, 354 ; und wcre schon bereitan im him-
raelreich. tiscliredeti 91*. 118*; den handel weiter und rucht-
barer, denn wie er bereitan sein soll, zu maciien. churf.
Jon. Friedrich bei Melanchth. 3, 1041; als' in (Petrum) Christus
zu im beruft, war er bereitan wol bei jaren. schriß über
Petnis aus den lh20ger jähren E, und öfter, vgl. fort an, grad an.
BEREITEN, parare, praeparare, conficere, instruere, disponerc,
mhd. bereiten, 7ml. bereiden, bereit machen, zubereiten, vorberei-
ten, einrichten, auf sinnliche gegenstände, speise, flachs, tuch,
leder, salbe, geräth, wie auf abgezogene gehend: zu deinem
heiligthumb, herr, das deine band bereitet hat. 2Afos. 15, 17;
und setzet den tisch und bereitet brot darauf. 40,. 23; ists
nicht er allein, der dich gemacht und bereitet hat? S Mos.
32, 6; aber den chor bereitet er inwendig im haus. 1 kön.
6, 19 ; schawbrot, das sie alle sabbath bereiten. 1 chron. 10,
32 ; an die stete, die er dazu bereitet hatte. 16, 3 ; dahin ich
ir (eine stelle) bereitet habe. 16, 12. 2 chron. 1, 4 ; denn er
sähe, das im ein unglück vom könige schon bereitet war.
Esth. 7, 7 ; er hat seinen stuel bereitet zum gericht. ps. 9, 8 ;
ich sende meinen engel vor dir her, der da bereite deinen
weg. Marc. 1, 2; gehet hin und bereitet uns das osterlamb,
auf das wirs essen. Luc. 22, 8 ; das ist schlecklich, sie be-
reiten ze vii wol die speis. Keisersb. si'mden des m. 4* ; wie
möcht einer da meszig werden, da es also vor im stot und
die vile {die menge, in menge) bereitet ist. U' ; sie bereiteten
sie {die' Vögel) und aszen sie. 17'; und {der hahn) was fein
und meisterlich bereitet {zubereitet). 19'; nieszwurz, die ent-
haltet einen menschen vor groszem schaden, so ein arzet
einem die vor bereitet hat. 23'; hie {ist) angezögt, zu berei-
ten die salben. 80*; den has in den pfeffer bereiten, has im
pf. Bb 3* ; klöstcr oder Stift, das man darinnen feine, züch-
tige, gelerte weiber, so hernach christlich haushalten und
kinder aufziehen köndten, zurichtet und bereitet {vorbereitet).
Luther 3, 510';
wiltu erdienen gottes gleit,
dein herz zu kummer hie bereit.
SCUWARZENBERG 151, 1 ;
{opfer) die sünst der jiiden geistlichkeit
on frucht als metzger hat bereit. 154,2;
und wann ir zu Montabon seind, so lassent euch ewcren
braunen bereiten {satteln). Aimon 0 1 ; den wagen bereiten ;
die andern kiinsliichkeiicn,
die können so bereiten (vorbereiten)
gemülher zum verlieben. Logau 3, 13 s. 103;
als ob man platz im himmel bereiten müsse, dasz Holofer-
nes der näheste bei dem könig David sein möge. Schup-
piüs 493;
bereite dich nur drauf, so gut du kannst. Lessing 2, 360 ;
CS sind hier zwar noch feine Sinnlichkeiten, aber auch diese
bereiten uns zu etwas höherm. Klopstock II, 103 ; wer also
seine spräche zur weltweisheit zu bereiten sucht. Herder 1,32;
daher er aus gcwissensdrang
die männer seiner weiber zwang,
ihm eine kirchu zu bereiten. Göeinck 1, 71 ;
einem freude, kummer, verdrusz, sorge bereiten ; ohne zu
überlegen, dasz sie mir einen auftritt bereiten, der meiner
standhaftigkeit gefährlich werden kann. Gotter 3, 72;
neues, worauf sie nicht bereitet (»ort.) waren. Schiller 307;
wol ein erstaunlich neues werk hab ich
bereiten sehen, das mich nicht erfreute. 522';
bereitet {vorb.) oder nicht zu gehen,
er musz vor seinen richier stehen. 517";
wagt ihr also bereitet {vorb.), die letzte stufe zu steigen
dieses gipfels? GörusS, 97;
doch wie ihm sei,
zu diesem neuen kämpf bin ich bereitet. 7,300;
wie lang gcdaclitl wie wol bereitctl 8,256;
auf klipnen und wölken
sind siiinle bereitet
um goldene tische. 9,78;
in einem nupcnhlickc soll entsichn,
was jähre lang bereitet werden sollic. 9, 189;
daraufhin ich bereitet {vorb.), zw^itclt nicht. 9,303;
ein wunderbares lied ist euch bereitet. 13, 177 ;
I wenn unser wirth den tisch verläszt, den er so gefällig be-
reitet hat. 14, 121 ; wenn man empfänglich und bereitet ist.
29, 58; bereite eine lainpe und giesze sie voll öls. Hun-
ger 4, 17.
Reflexivisch: indem ich mich darzu bereitete. Schuppiüs 2;
ein knecht, der seines herrn willen weisz und hat sich nicht
bereitet, der wird viel streiche leiden müssen. 276; meine
kinder, habt ihr euch zu diesem groszen tage bereitet? Klop-
stock 11, 103 ; und, wie mhd. einen eines bereiten :
meldet den hcrschern der Schöpfungen gottes, dasz sie sich
der f'eirung
dieser erwählten geheimnisvollen tage bereiten.
Hess. 1, 443;
bereite dich, gröszter von Adam,
deiner auferstehungl 11,1559.
die stunden, da er einsam sich bereitet. Göthe 13, 182;
beliebt es dir, so magst du dich bereiten,
du scheinst mir werth ins innerste zu kommen. 13, 190;
indem sie sich auf eine öffentliche erscheinung bereiteten.
18, 141; bereitet euch auf thränen und Verzweiflung! Klin-
ger 2, 450 ; aber die krankheit musz mich nicht so angegrif-
fen haben als andere auf dem schiffe, die sich förmlich
zum tode bereiteten. Lichtenberg 3, 272. Die praep. zu und
auf, oder der gen. {bei Klopstock) verhalten sich wie bei be-
reit, woraus sich wieder eine unmittelbare verwandtschaß bei-
der ausdrücke ergibt, s. vorbereiten, zubereiten.
BEREITEN, rationes conferre, computare, hier {wie sp. 85. 89
abreiten, abraiten) gesondert aufgestellt, nach Schmellers Vor-
gang, welcher 3, 153 raiten beraiten rechnung stellen von be-
reiten parare trennt, doch beider ausdrücke Verwandtschaft nicht
verabredet, jenes beraiten, berechnen liefert schon der codex
Wangianus s. 445. 446 in der lateinischen form bareitare. man
kann es unmittelbar mit dem wort bereites, baares geld ver-
binden.
BEREITEN, mhd. beriten.
1) obequitare, die straszen bereiten;
die land wil ich bereiten drum,
ob ich etwas ersehen möcht,
so über nacht mir nutzung brecht.
WicKRAMs bilger 27 ;
da sie aber Hyram besähe und beritte die gcng (der berg-
städle) als ein bergverständiger herr. Mathesils 2*.
2) equum domare, zureiten, auch blosz für reiten:
er hat ein ros, das ist so genge beritten,
als das hirschlein vor dem grünen walde.
Ambr. Ib. s. 58;
das sind nun schöne, junge leute gewesen, so auch die al-
lerauserlesensten schönsten pferde in ihrer rüstung beritten.
ScHüPPius 108 ; man sagt, ein willig pferd soll man nicht zu
viel bereiten. 233. vgl. beritten, inwiefern sich mhd. beriten
und bereiten berühren s. unter reiten.
BEREITER, m. instructor, opifex: bereiter eines gastmals.
s. lederbereiler, tuchberciter, flachsbereiter.
BEREITER, «i. domitor, kunstrciter; und {ich) fragte Mat-
this, den bereiter von Darmstadt, einen ehrlichen, aufrichti-
gen, bei edlen und unedlen beliebten mann. Schuppius 608.
im sinne des bercitens equilare: landbereiter, forstbereiter,
salzbereiter, wegebereiter, zollbereiter.
BEREITERIN, f
BEREITFERTIG, ein pleonasmus, da ))ereit und fertig schon
dasselbe ausdrücken: bereitfertig mit dienslbezcugungen, wel-
che mit Worten verrichtet werden. Riemers reimdich s. 160;
bot ihm derowegcn zu allen ehrlichen geschäften meine be-
reilfcrtigste diensle an. SiJhpl. 1, 334; bereitfertige gulwillig-
keit. 2, 427.
BEREITFERTIGKEIT, f Studium, bereitwilligkeit : doch be-
dankte ich mich vor die seltene bereitfertigkeit. Simpl. 1, 395.
BEREITHAUS, n. in messingwerken ein räum für die kes-
selschmiede. s. bereitslube.
BEREITS, adv. jam, seit dem 17. ISj/i. statt des dUerenbe-
reit, vgl. nnl. reeds: sollte ich nicht bereits an den erzbi-
schof von Granada gedenken ? Hagedorn 1, .xxviii ;
geh nur und rüste den kahn zur abfahrt, denn wo mir recht ist,
l'cuclitct der rasen bereits. Voss Ltu.ie 1, 552.
s. allbereits. in der Schweizersprache ist bereits so viel ah
fast, so gut wie, und man liest in Zürcher Zeitungen: zu
verkaufen ein noch liereits neuer rock; ein bereits noch
neuer glaskasten, dienlich in einen laden.
BEREITSAM, paratus : iiat man sie in crhcischung der not
so viel desto bereitsamcr bei der band. Kirchhof nii/. di«. 27.
J
1501
BEREITSCHAFT — BEREN
BEREN— BEREMEN
1502
BEREITSCHAFT, f. instnietio, praeparatio, apparaltts, opes:
schiffe, wagen, waffen in bereitschaft setzen ; sich zum kämpfe
in bereitschaft setzen ; ich habe noch manches in bereitschaft ;
es steht noch vieles in bereitschaft. Lctder sagt apost. gesch.
27, 19 : und am dritten tage würfen wir mit unsern bänden
aus die bereitschaft im schiffe {rifv axevrjv rov tiIoCov, ar-
mamenta navis.) du bereitest im durch seine demütigung und
leiden deine gute, und er sein gute faren leszt und schaden
dran nimpt, das er nur viel bereitschaft und schätz in dei-
ner gute samle. Luther 1, 466'; man saget ein exempel von
einem vater, der übergab seinen kindern alle seine guter,
haus, hof, ecker und wiesen und alle bereitschaft. 4, 522' ;
sondern soll all solch bereitschaft und rüstunge lassen un-
sers herrgottes munimerei sein. br. 2, 606; und sieht den
himmel ufgethon und ein bereitschaft (gerälh) herabkummen,
glich als war es ein grosz linin tuch. Zwixgli l, 4 ; darumb
auch die künig von Siria mit vil kosten und groszer bereit-
schaft der krieg dise statt drei ganzer jar urablägerten. Frank
vellb. 179*; so soltu vor und ee allen deinen gezeug und
bereitschaft bei einander haben, als scher &c. Gebsdorf SO ;
so lug zu stund, das berait sei alle dein beraitschaft, die du
nottürflig bist. Bracnscbweig 99; derowegen haben Suenti-
polken söhne fünf schiffe mit proviant und anderer kriegesbe-
reitschaft dem orden weggenommen. Micrälus 2, 2S5 ; sie rei-
ten auf pferden, eseln, ohne süttel oder ander bereitschaft,
wie und sanft, ist gut zu ermessen. Kirchhof mil. disc. HS ;
ohne dasz hierin k'eine bereitschaft {anstatt) gemacht wurde,
wie dorten, zu speisen. Simpl. 2, 277; stellete sich zum stu-
benofen und machte bereitschaft (anstalt), den taig einzu-
mängen. 2, 305; nicht den geringsten anlasz wird er verra-
then. wenn er seinen vortheil verstehet, denn sehr oft ist
bereitschaft [das bereit sein) diesen anlasz ergriffen zu haben,
das ganze verdienst des erlinders. Lessing 6, 269 ; ich bin in be-
reitschaft; ein haus in bereitschaft setzen, tcohn fertig machen.
BEREITSCHLAG, vi. das übrig, was noch weiters zu sa-
gen, und welchem er disz buch zugeschrieben, werdet ihr im
folgenden bereitschlag des authors vernemmen. Garg. 16; ein
Torritl oder das parat und bereitschlag in die chronik Ton
Grandgoschier, Gurgellantua und Pantadurstlingern. 17*. was
meint dies nun? parat läszt an hereit = paratus, der vorritt
aber an bereiten = equilare denken.
BEREITSTURE, f. tcird von Fischart Garg. 157* unter lau-
ter bergmännischen tcürtem genannt: mit leilachfochtern, pro-
bieröfen, malmülen, bereitstuben. lautertrög, schlemmgräben,
baucligräben, sigcrtrög, goldschlichen u. s. w. stube bezeich-
net rerschiedentlich einen abgeschlossenen, bedeckten räum, tgl.
bninnenstube, radstube, wasserstube, und trie bereithaus wird
auch bereitstube der name eines besonderen raums im fcerjj-
werk sein.
BEREITUNG, f. praeparatio: gepredigt von der bereitung
zu dem heiigen sacrament. Keisersb. Sünden des munds 66";
zum ersten ist ein vorrede, anfang und bereitung. Luther
1, 6S'; so nach angefangner reise oder nach bereitung zu
«olciier reise. 3, 94; das man nicht durch eigen bereitung
zum sacrament laufe. 3, 161; s. Blasius zan im wasser, s.
Stephan pferdbereitung (pÄa/CT-flf, niAd. gcreite). bicncnJt. 152';
bereiiunp braucht es nicht voran,
beisammen sind wir, langet an.' Göths 12, 75.
BEREITUNG, f. obequüatio.
BEREITWILLIG, lubens, paratus, willig und bereit: er ist
der bereitwilligste mensch von der well; dero bereitwilliger
diener; aiir>< bereitwilligste.
BEREITWILLIGKEIT, f. facilitas.
BEREN, ferire, caedere, terere, schon 1244 unter beeren auf-
QCßhrt, verdient hier genauere rücksicht. dies bcren berte,
mhd. bem berte, ahd. perian perila, ags. berian berede, altn.
berja bardi würde auch wolgoth. barjan barida lauten, und ist von
baren bar, mhd. bem bar, ahd. pcran par, ags. heran bar,
altn. bera bar, golh. bairan bar, ganz wie das tat. ferire von
ferre zu leiten. Graff 3, 201 sträubt sich zwar dawider, weisz
sich aber sonst nicht zu helfen, Ben. erleichtert sich die sacke
allzusehr, indem er 1, 143* bem auslegt ich mache bera, wie
er schon 137* auch für bem selbst die transitivbedcutung ma-
chen bern angesetzt hatte, förmlich steht der nahe von bai-
ran und barjan nichts entgegen, sie ist wie zwischen lairan
und larjan (zi'rn und zerren), zwischen ligan und lagjan, ti-
man . und tamjan «. r. o. Die bedeutungen anlangend, so
flietzt aus ferre ein effetre, inferre, formarc, aus bem ein
hervorbringen, bilden und wie formare ein fingere, /«•«•«, sub-
igere, bezeichnet auch bem ein drücken, stampfen, treten,
schlagen, der bildner knetet seinen leim, um ihm die rechte
gestalt zu geben, man könnte sagen, dasz die gebärende das
kind, die pflanze ihre blüle und frucht hervordrücke, obschon
der Sprachgebrauch weder ferire noch bern in diesem sinn ver-
wendet, weil ihm schon parere, ferre und bern daßr ausrei-
chen. Zumal überzeugend für die vorgetragnen enlwicklungen
ist das ahd. mhd. den wec, die straje bern, viam terere, formare.
Die letzten äuszerungen dieses uns heule ausgeslorbnen Wor-
tes erstrecken sich ins 16, höchstens in den beginn des 17 jh.
Dasypodius hat noch 51' depso, ich beer; Maaler 52" beeren,
knäten, depsere; Hexisch 237 beeren, hin und wieder in den
händen umbkeren, volvere. den schrißstellem bedeutet es
1) caedere, ferire, schlagen:
und wolt euch iemant swechen an eurn ern.
dem woll wir selber sein haut vol pern. fasln, sp. 627, IS;
fraw, du must mirs renfllin geben,
oder ich wil dir diendin beren. L'hland726;
und lasseot mir die alte braut.
piit der kan ich mich wol verricblen,
ich wil ir selber bern die haut. 783;
nit anders so! man nerria bsch<verea,
dan mit eim eichen bengel beren,
und sol si ferben mit der band.
McRNEBs narrenbeselim. C6*;
spil, darob man spilt und schwert,
und auch dabei umb die mculer bert.
Kellir alte schw. s. 41 ;
dann kein voller hat in der warheit gott zu herra, ob er
schon allzeit von got das maul bert igott im munde führt).
Frank trunkenh. Gs'; diese verwegene haut mit einem guten
; prügel beren. Wickram ro//w. 86'; mit trucknea streichen sein
haupt berten. Docc. 2, 39' ;
sein hündisch leder im zu pehrn. H. Sachs I, 97*;
und im sein bärenhaut erpehrt. I, 416*;
die weit ir maul doch mit im pehrt.
und als in arges im verkehrt. I, 431';
wol her, den narrenkaiser schlagt,
bert im mit stecken seinen ient. KI. 2, ISO*;
kumb pfaf, lasz uns einander bern. III. 3, 45';
sie Wirt mich leichnam übel bern. III. 3, 45*;
ich wil dich das schätz holen lehrn.
und dich mit meiner gabel bern. V, 344*
sagt die hexe zum teufel;
ibut dir dein weib solch geist beschweren,
so ihu sie mit eim pengcl peren. ungedr. meislerg. ;
welchs mir auch ward gar sehr verkehrt,
mein haut mit einem knüttel bert. Waldis Esop 4, 1 ;
gern hett sie einen mann,
der ihr wer unterthan,
ich mein, sie würd ihn peren. Er. Wicdian^s neue musikal.
kurzweit. Xümb. 161S n* 21 ;
wie habt ihr luder gelegt, mich unter die weiszgerber zu
führen, sie werden euch noch ewera rücken behren. Para-
CELSUS 1, 202'.
2) depsere, kneten : gerüret bisz dasz es kalt wirl, dann zu
zapfen gebert mit öl, bisz es kalt wil werden, so geusz es
dan auf ain kalten stain und bere den safran darein, und
wan er ganz darein gebert wirt, so mache zapfen darausz.
Braunschweig 109; bereite das pflaster auf folgende weis,
thue zuletzt terpentins ein pfund darein und beer es zu za-
pfen. Tabernaejcont. 934 ; nim das best pulver und netz das
in gebrantem wein, so viel dasz es sich ballen und beren
lüszt under den händen. Fhonsperc kriegsb. 2, 195' ; nim gut
pulver, das vermisch mit nuszöl und her es. 2, 195*. *. bee-
ren, bohren, abberen, durchberen, erbcren, zerberen.
BERENNEN, incurrere, percurrere terram, urbem copiis ein-
gere, oppugnare, nnl. berenncn : bercnne die straszen wol, rüste
dich aufs beste. Au/mm 2,1; statte, festung berennen. Kirchhof
nn7. disc. 99; und dieneil ihnen alsdann, wie frembden an-
kommenden gasten zu ehren aus der festung herlich und
weidlich entgegengeblasen, wird es nicht unbillich berenncn
genennet, dann sie an einem ort nicht lang umb groszcn
schaden zu vermeiden, still halten dürfen. 99*; schickten sie
dreihundert leichte pferd, das land zu berennen, ob icrgends
ein verborgener hiuderhalt versteckt ligc. Garg. 20l'; und
war sein rat, dasz er etliche seins vulks aussende, die ge-
genc zu berenncn. 22S';
.Sachsenhausen ward berennt
wol an einem dienstage. Soltal'407;
berennt der Tnrk die siSiie
mil gcwali und groszer schar. 420;
1503
BERENNEN— BERG
BERG
1504
dieweil der berg nun brennet
und seine gegend stets vom wasser wird berennet.
Opitz 1,43;
des herren schwert das schmeiszt, der zorn des herren
brennet,
wir sind sciion um und um von seinem beer berennet.
LoGAü 1, 10,66;
es wurde vorgestellt die keusche festung
der schönheil, wie sie vom verlangen
berennl wird. Schiller 415';
niemand ist so furchtsam, dasz er nicht irgend eine bedeu-
tende gefahr wüste, die er leicht berennet. J. Padl dämm. 69 ;
beim frühstück mit Walt berennte ihn ein Uhrmacher, flegelj.
4, 32; nun wirst du nicht mehr die veste Friedrichs beren-
nen wollen. Tieck 8, 311; er selber übernahm den seeländi-
schen krieg, gewann Körsör, berannte Wordinborg. Dahlmann
dän. gesell. 1, 494.
BERENNEN, n. incursio : das berennen des Unglücks. Opitz
Arrj. 2, 137.
BEREQÜIEMEN: und mit allen den höllischen pfaffen und
münchen berequiemt würde. Fischart bienenk. 207'.
BEREUEN, poenitere, ahd. pihriuweo (Graff 4, 1144), mhd.
beriuwen, beklagen, betrauern.
1) transitiv, mit acc. der sacke : ich bereue es ; er wird es
noch bereuen ; er bereuet diese that ; wir sollen unsere Sün-
den bereuen ; russische weiber bereuen [beweinen) ihre todten.
pers. reiseb. 1, 4;
so hönisch mancher auch mein stilles lied bereut,
als ob nur slroph und reim von goiies gnaden fielen.
GÜNTHER 531.
2) reflexiv, wer sündiget und sich berewet, der ist der
straf schon entgangen. Lehmann 764; nit vom wort punire
strafen, sonder vom wort poenitere, das ist sich berewen,
oder leid sein lassen, bienenk. 108".
3) unpersönlich, mit acc. der person : es hat mich der glaube
bereuen {nach starker flexion, mhd. beriuwen), darumb das
ich erfaren, das kein bewerung oder bestetigung darüber ist.
Luther 1, 50* ; welchs mich so gar nichts bereuet, frr. 1,507;
drumb begeht er nicht, das in bereuen möge. Frank spr. 2,
88*; mich ist dreierlei berüwen und ist mir leid, das ich es
nit gethon hab. Eulcnsp. cap. 91; die ich zu ritter geschlagen
hab, das mich doch fast berewet. Aimon b ; das es unserem
bruder dem herzogen Beue {l. unsern . . den herzogen) fast
berewen thu. c ; das wird dich noch berewen. Fierabr. a 6 ;
ob nicht Yirgilium berewt hab seiner geschriebnen thorheit
Tor seim end. Pabacelsus 1, 608' ;
dasz euch Zwiespalt nie betrübe,
niemals auch der kauT berew. Logaü 1, s. 10.
heute sagt man nur mich reut, gereut.
4) das part. prael. bereuet steht activisch für bereut ha-
bend: 80 nu der mensch solt sagen, er sei warhaftig bereuet,
so würde er gedrungen zu eigener vermessenheit. Ldther 1,
416'; bistu berewet und from, und hast rechte Sachen, so
helfen dir die Schlüssel und sonst nicht. 5, 226*. s. reuen
und gereuen.
BEREUEN, n. und es mit grandherzlichen bereuen beklagt
hab. Fischart bienenk. 154'.
BEREUENSWERTH.
BERG, m. mons, ahd. perac, mhd. berc, alls. nnl. berg,
ag$. beorh, beorg, engl, atisgestorben, altn. biarg und berg
saxum, rupcs, schw. berg, dän. bjerg, in den nord. sprachen
ist aber das wort neutral, golh. fairguni n., neben bairgahei,
vas auf ein m. bairgs leiten würde, von dem merkwürdigen
verhall dieser formen untereinander und zu urverwandten wurde
$p. 1052 gehandelt, ganz nahe liegt bürg, goth. baurgs, ahd. puruc
und ags. byrig, das nicht nur urbs, oppidnm, sondern auch cot-
lis, tumulus ausdrückt, wie byrigean condere, recondere. wür-
zet von bairgs ist also bairgan condere, munirc, tucri und
nicht anders ist lat. arx cacumen montis, munimen, urbs und
oppidum von arcerc abgeleitet, zu arx aber stellt sich goth.
aihs, ahd, alah, ags. ealli templum, von ealgian tueri (sp. 109
und gesch. der d. spr. 319); unsre vorfahren sahen im hohen
berg, im gebirge die feste, den schütz der gegend, des lan-
des. fairguni war wie Ttvnyoe schützender berg und thurm.
ob fairguni zugleich den dnnnerberg bezeichnete und der litt,
donncrgolt Pcrkunas darauf bezogen wurde, hängt von mytho-
logischen erürlerungen ab, die jenen Zusammenhang zwischen
bairgs, baurgs und fairguni nur bestärken, nicht aufheben kön-
nen, ausdrücklich behauptet auch das alln. berg die bedeu-
tung von auxilium, bergung und hülfe.
Diese entwickelung des wortes berg empfängt volle bestäti-
gung durch das sl. brjeg ripa, serb. brjeg collis, ripa, poln.
hrzeg, böhm. bieh ripa, russ. bereg" ripa, da sich berg und
brjeg verhallen wie gard und grad, Karl und krol, arm und
ramo, dorn und tr'n' , das russ. bereg" ganz dem ahd. pe-
rac, pereg gleichkommt. Strand und ufer bezeichnen aber die
über die flut, an dem wasser sich hebende höhe, das hohe,
steile ufer, und an den Strand ziehen heiszl erhalten, bergen
{s. bergen 1), in den südslavischen dialecten herscht sogar die
bedeutung des hügcis vor. an brjeg scheinen sich gr. Qaxia
und QrjYfUv zu schlieszen (doch vgl. brechen), «'t'e an jjergcn
y>^dytn.<ui, tpä^ywfii, ff^äaau).
1) berg ist gegensatz vo7i Ihal und ansehnlicher als hügel,
das schw. berg mehr als kulle, weniger als fjäll, dän. Ijeld,
alln. fiall, welchem unser fels, ahd. felis begegnet, berg scheint
also die mitte zwischen groszcm sleingebirge, saxum, rupes
und bloszem hügel zu halten, oft stehn berg und hügel ne-
ben einander: so spricht der heiT zu den bergen und hügcln,
zu den bechen und talen. Es. 6, 3. 36, 6; sprachen zu den
bergen und felsen. offenb. Joh. 6, IC. man pflegt dem berg
unten wurzel, schwelle, fusz und rand, oben spitze und gipfel,
köpf, hals «nd rücken beizulegen: am ersten tag des zehen-
den monds sahen der berge spitzen erfür. l Mos. 8, 5 ; fod-
dert er Mose auf die spitze des bergs. 2 Mos. 19, 20 ; kompt
erauf auf die spitze des bergs. Jos. 15, 8.
2) bergmännisch heiszt berg jede taube erd- oder steinart,
die kein erz in sich enthält und losgcwonhen wird, oder von
selbst abfällt: ein stuf oder handstein, der schön ist, doch
one erz, hciszet ir bergieut eigentlich ein berg oder metal-
lische art. Mathesiüs 27'; also setzt sich das metall an einem
könig zu grund des tigels, der berg aber des ertzs bleibt
oben schweben und wird zur schlacken. Paracelsüs 1, 964'.
einige brauchen es neutral: er narii das berg herausz, wusch
es und fand vil bröcklein lauters silbers darin. Münster 1012,
wonach es vielleicht richtiger für ein stück zu nehmen ist, das
erz enthalten kann oder nicht, man sagt, berge hauen, die
berge fortschaffen, zu tage fördern, einem goldne berge ver-
sprechen; goldne berge regnen. Bürger 73"; mhd. guldin berge
nemen. Tit. 3244.
3) auch andere erhöhungen und anhäufungen nennt man berge :
drohende berge von wellen rauschton daher,
wie sonst thürme; im Süden hängen berge von wölken; ein
berg von leichen deckte das Schlachtfeld; berg der aufge-
walzten jähre {oben sp. 769) ; berge von arbeiten, sorgen,
hindernissen ; berge heiszen die erhabnen stellen unter den
fingern in der hand; die jäger nennen das erhabene in der
hirschfährte, das die liefen eindrücke der klauen von einan-
der scheidet, das berglein oder das birgel.
4) in diesem allgemeinen sinne verbindet sich auch berg mit
praeposilionen, um das höher liegende oder stehende, das hin-
auf und empor auszudrücken, das schif geht gen lierg, zu
berge, stromaufwärts, wie zu thal, stromabwärts ; der Jordan
gieng wider berg. Keisehsb. ausg. der Juden k; die gioszcn
lisch thcten sich under den {schwimmenden) leichnam und
erhüben in zu berg. Aimon ¥ 3 ;
fantasie das ungeheure riesenweib
sasz zu berg. ItöcKERtO;
höh seinen schild hoch zu berg. Fierabr. C; sein schwänz
was ein wenig zu berg gezogen, fo; und da der geist für
mir ubcrgieng, stunden mir die har zu berge an meinem
leibe, //ioft 4,15; wo man vil schweren hört, da gehen einem
die haar zu berge. Sirach 27, 15; wenn du hörst, das einer
got lestcrt, so gon dir die har ze berg. Keisersh. sünden des
ni. 19'; in groszen ängstcn war, dasz ihm alle seine haar gen
berg giengen. ßycc. 2, 130"; dann all mein har keren sich zu
berg. Aimon nl; disz sind ja harte und schreckliche wort,
drüber einem gewislich die har sollen gegen berg stehen.
Matiiesius 150'; welches so greulich wer, dasz eim wilden
Schwein die haar gen berg sollen stehen, bienenk. 174';
0 schul! ob welcher den die haar
in kaltem scliwejsz zu berge gehn. GhtpiiiusS, 9;
dem don Kichote aber standen alle haar auf seinem haupt
zu berge (los cabellos de la rabczu sc le erizaron). Harnisch
215; mir stunden alle haare zu berge. Fe/scnft. 4, 333; die
haare stunden mir zu berge. 2,497; der schrecken trieb ihm
die haare zu berge;
ich bitte tausendmal ah, dasz solche läslerungen,
wobei mir selbst die haare zu berge stehn,
auch nur in der dritten person aus meinem mundo genn.
WlBlAND 4, t'O;
1505
BERG
BERGAB — BERGAUF
1506
0 gott, ihm stehen
Tor dem gedanken schon die haar
zu berge. 9, 196 ;
die haare stehen mir zu berge, wenn ich euer gnaden so
reden höre. 11, 163; dasz mir die haare zu berge standen.
GöTHE 24, 168 ;
mir graust, der alhem stocltt, zu berge steigt mein haar.
Schiller.
das lat. comae steterunt; engt, my hairs stood on end.
5) oß Verden berg wid thal, berg und wald, berg und grund,
berg und aue neben einander genannl: berg und thal kommt
nicht zusammen. Simpl. 1, 40G ; berg und thal kommen nicht
zusammen, aber die menschen; je höher berg, je tiefer thal;
es war kein berg so hoch, das thal war so niedrig; wenns
auf dem berg gereift hat, so ist im thal alles erfroren;
dein überliähner mut, mit dem du dich
als wie ans pTerd gewachsen
durch thal und befg, durch flusz und graben schleuderst.
GöTHE 9, 276 ;
da sich die nacht von berg und ihälern hebt. 10, 277 ;
da schleppen nun titanen ohne zahl
gar manches schöne berg und thal zusammen. 14,36;
dasz es noch besser sein würde über berg und thäler so zu
wandeln. 20, 277 ; wie er sich durch berg und thäler durch-
gearbeitet haben mag. 20, 281. durch berg und wald. 21. 32.
das ags. llrgen bedeutet ein valdgebirg. auf bergen und in
gründen. 5 Mos. 1, 7 ; das land hat berge und awen, die d^^r
regen vom himel trenken musz. 11, 11. schatten und dun-
kel der berge : du sihest die schatten der berge für leute an.
rieht. 9, 36 ; berge sind mit seinem schalten bedeckt, ps. SO,
11; und als sie hinab zoch im tunkel des berges. 1 Sam.
15, 20 ; der berg steigt aus dem thal auf.
G) wir stehen hier am berge ; die ochsen slehn am berge ;
wenn man nach einem beweis des behaupteten fragt, so hal-
ten sie am berge und wissen nichts vorzubringen. Lichtenberg
3, 88 ; dem feigen wird das kleinste hindernis zum berg.
WiEUl.ND 21, 174.
7) hinterm berge wohnen auch leute; hinter den ber-
gen wohnen auch leute. Simpt. l, 129; sie thun das maul
nicht auf. sondern kriechen zu winkel, halten hinder dem
berge, und ziehen die pfeifen ein. Luther 5, 369'; er halt
mit seinen sachen hinter dem berge, hält sie geheim;
denn so viel brot. als wir bedürfen.
wächst hinter jedem berge ja. Gökimge 1, 117.
8) wir bleiben dennoch leider allzu faul und lasz und
sind noch nicht mit jenen neun und neunzig gerechten
so fem über den berg komen, als sie sich lassen dünken.
LiTHER 4, 435*; denn sie fürchteten sich, und weren lieber
über alle berge gewesen. 4, 492'; sprecht nicht hui, ihr seid
noch nicht über den berg. 5,90*; blieb a|so schlafend ligen,
bisz momdes die sunn über alle bei^ schein. Tho. Plater
11; bist noch nit über den berg und zäun. Pelr. 4*; war über
alle berge (plölzlich entflohen), irrg. der liebe 158. Felsenb. 2,
353; ich wünschte über alle berge zu sein. Göthe26, 23; der
winler ist schon über alle berge, fort entflohen.
9) die biblische spräche legt den bergen beben, zittern,
hüpfen und jauchzen, der erhabnen natur menschliche empßn-
dung bei: darumb ist der zom des herrn ergrimmet über
sein Volk, und recket seine band über sie, und schlegt sie,
das die berge beben. Ei. 5, 25; die berge zittern für im und
die hügel vergehen. Sahnm 1, 5; berge und thal zittern, wenn
er heimsucht, soll er denn in dein herz nicht sehen. Sir. 16,
19 ; und alle berge und insulcn wurden bewegt aus iren «ir-
tern. offenb. Joh. 6, 14 ; die wasserstrümc frolocken und alle
berge seien frölich. ps. 98, 8 ; jauchzet ir himel, ir berge
frolocket mit jauchzen, der wald und alle bewmc drinnen.
Es. 44, 23 ; die berge liüpfeten wie die lemraer, die hügel wie
die jungen schafe. pt. 114,4. 6.
10) die vOgel vohnen, das vieh «eidet auf dem geHirge,
und berg bedeutet soviel wie bergweide (Stai.der 1, 157): ich
traw auf den herrn, wie saget ir denn zu meiner seele, sie
sol fliegen wie ein vogel auf ewre brrge. ps. 11,1; ich kenne
alles geviigel auf den bergen. 50, II; dem gevögel auf dem
berge und den ihieren im lande. Es. IS, 6; denn alle thier
ini walde sind mein und vieh auf den bergen, da sie bei
tausent gelien. ps. 50, 10.
11) der pl. berge oß, tcte montes, = gehirge : auf den ber-
gen wohnt die freiheit ; sich in die berge (lachten ; die berge
warfen schon lange schatleo; die berge rauchen;
ein seltner vogel oder ammonshom,
wie es der wandrer lindet auf den bergen. ScHii.LKK&14';
der alte winter, in seiner schwäche,
zog sich in raube berge zurück. Göthe 12, 52;
der abend wiegle schon die erde
und an den bergen hieng die nacht. 1, 75.
Eine menge ton Zusammensetzungen mit berg drücken so-
Kol den natürlichen gegensatz zur ebene, als auch die auf
dem gebirg wohnenden Ihiere oder vachsenden krduler und die
Verhältnisse des bergbaus aus. einzelne derselben beruhen aber
auf ungenauer beobachtung oder ungefüger häufung und es scheint
weder möglich noch auch nüthig sie alle namhaß zu machen.
BERGAB, adv. deorsum, nieder, gegensatz von bergan, berg-
auf, wie nnl. bergaf gegensatz von bergop : bergab gehen ; es
geht mit ihm bergab, sein leben neigt sich zu ende;
bergab rauschende bäche. Opitz 2, 286;
der heisze gott des liecbts führt seine feuerpferde
nun wiederümm bergab. Flexi.'vg 64;
ein pferd soll man bergab leiten, bergauf schonen, in der
ebene brauchen.
BERG.\BHANG, m. declicilas.
BERGABSATZ, m. articulus montis.
BERGABWÄRTS, adv. gegensatz von berganwärts.
BERGACKER, m, ein am berge liegender aeker.
BERG ADER, f vena metalli, erzader; die übrigen gebii^e
im monde sind von geringerer höhe und zeigen sich als berg-
rücken (oder bergadern, wie Schröter sie nennt), als ringge-
birge und als einzelne berge. Brandes aslronomie 2, 22.
BERGADLER, m. vultur leucocephalus.
BERGAHORN, f?i. acer pseudoplatanus.
BERGALAUX, m. alaunstein, als tnasse gebrochen.
BERGALTAR, m. machtest dir bergaltar auf allen gassen.
Ez. 16, 24.
BERGÄLTESTE, m. der älteste unter den bergleuten.
BERG.\M.MER, f emberiza montana.
BERGAMPFER, m. rumex montana.
BERGAMSEL, f turdus torquatus, waldanuel.
BERGAMT. n. collegium melallicum.
BERGAMTSSCHREIBER, m.
BERGAN, adi: sursum, adverso monle, zu berg: bergan
gehen, steigen; das beer rückte bergan; nun giengs eine
stunde bergan ;
ihaler nennet man vom thal, und wo thal, da ist es niedrig,
weil nun Grossus denkt bergan, sind die thaler ihm gar wiedrig.
LOGAU 3, 3, 85.
die liebe steigt munter
im Sturm bergan. Gotter 3, Lnviii.
und fuhr bergan wie bergunler. Götrs40, 283;
nichts gelang, alles gieng bergan (con/raire). J. Facl ri7.4, 149.
BERGANDORN, m. stachys germanica.
BERGANWÄRTS, adv. was bergan:
allein, wenn ich berganwärts gehe,
so denk ich an das ihal, das folgt, und fasz ein herz.
Gellkrt 1, 164.
BERGARBEIT, f. opus metallicum, arbeit im bergwerk.
BERGARBEITER, m. was bergmann.
BERGART, f. ir bergleut, ob ir wol gold, silber, kupfor.
eisen und die dreierlei blei metall nennet, so habt ir zwei
eigne worl, bergart und erz, damit ir alles, was in gengen
und klüften lehr (leer), arm, reich und gedigen bricht, pfle-
get zu nennen. Mathesiüs 29'; denn bergart heiszt bei uns
ein handstein oder stufen, die im berge oder auf genge und
Octze bricht und soviel erez oder metall hell, als ein schütte
stro. das. ; erz aber heiszet ir was metall in sich hat. das.
BERGARTIG, monli similis: und so wärst du, fragte Wil-
helm, zwischen den gebirgen zur kenntnis der gebirge ge-
langt? — ohne mit menschen umzugehen? — wenigstens
nur mit menschen, die bergartig waren. Göthe 21, 49.
BERGARZT, m. er {Georg Agricola) lebte im gebirg als
bergarzt. Göthe 53, 160.
BERGAST, m. ramus montis:
nirhtlnsel dich, mit leichter hügelkette
Europens letztem bergast angeknüpft. GöTit 41, 224.
BERGASTMOOS, n. hypnum vitieulosum.
BERGAUF, sursum, nnl. bergop, verhält sich zu bergan,
irie auf zu an, und steht dem bergunter, wie bergan dem
bergab entgegen, der Wanderer steigt bergan, der bergknappe
aus der grübe bei^auf. doch werden bergan und bergauf oß
gleichbedeutig gebraucht, wer ein stein den berk nf wirfl,
95
1507
BERGAÜSSICHT — BERGEN
BERGEN
1508
der musz warten sein, dasz er herab wider auf ihn eile.
Keisersb. Sünden des munds 38";
da du lebtest, werther hold,
ward dein rühm bergauf gestellt. Logau 1, 1, 99;
in heiszer niiltagsslunde bergunter und bergauT.
UiiLAND ged. 416 ;
wies denn in der weit geht, das glück wälzt bergauf, bergab.
Lekz 1, 88.
BERGAUSSICHT, f. prospeclus de monte.
BERGAUSTER, f. ostrea edulis.
BERGAUSTHEILER, m., der das von der zeche einkom-
mende geld einnimmt und verlheilt.
BERGBALDRIAN, m. Valeriana montana.
BERGBALSAM, m. naphlha.
BERGBARTE, f. ein kleines heil, wie es die bergleute tra-
gen, s. harte und berghacke, berghaue.
BERGBAU, m. metalla, fodinae, hergwerk. vgl. ackerbau
und ackenverk.
BERGBAUBESCHREIBUNG, /.
BERGBAUKUNDE, f.
BERGBAUKUNDIG.
BERGBAUKUNST, f. ars fodinarum instiluendarum.
BERGBEAMTE, t?i. ret melallicae praepositus. ■
BERGBEDIENTE, m. in re metallica administer.
BERGBESTEIGUNG, f. ascensio montis.
BERGBETT, n. leclus montanus, jäher grasplatz zwischen
[eisen. Stai.der 1, 157.
BERGBEWOHNEND, oQtariäs: bergbewohnende nymphen.
Voss II. 6, 420.
BERGBEWOHNER, m. monticula. nnl. bergbewoner.
BERGBEWOHNERIN, f.
BERGBINGELKRAUT, n. mercurialis perennis.
BERGBINSE, f. juncus niveus.
BERGBLAU, was kupferblau, aus kupfervitriol bereitete färbe.
HoHBERG 3, 144'. Brockes 9, 80.
BERGBOCK, m. was Steinbock.
BERGBOHRER, m. fossorum terebra.
BERGBOTE, m. ein diener in bergwerksangelegenheiten.
BERGBRAUN, n. erdfarbe, umbra.
BERGBUCH, n. liber, quo res metalltcae consignantur.
BERGBUCHE, f. fagus silvaticu.
BERGBUCHS, m. vaccinium vilis idaca. Stalder 1, 157.
BERGBUTTER, f. steinbutter, ein fetter gelblicher thon. s.
bergzieger.
BERGDACHS, m. arclomys marmota, das murmellhier.
BERGDISTEL, f onopordon acanthium.
BERGDOHLE, f. corvus pyrrhocorax.
BERGDORF, n. vicus montanus, ein darf im gcbirge: wir
hatten auf unsern Wanderungen ein angenehmes bergdorf er-
reicht. GöTUE 23, 109; die unbedeufendheit der samnitisehen
bergdörfer. Niebuhr 3, 222.
BERGDROSSEL, f turdus iliacus.
BERGDUNST, m. böse luß im bcrgwerk.
BERGEBENE, f planilies in dorso montium : auf der höch-
sten bergebene. Arnim kronenw. 1, 113.
BERGECHTIG, montanus: die hohen berchechten überstür-
zen den weg. Keisersb. ehr. bilg. 132; dieses gewächs lindet
man in den bergechtigen und nassen wiesen. Tabernaemort.
krduterb. 120.
BERGEGELD , n. pecunia pro bonorum in oram ejeclorum
conservatione, für gestrandete guter.
BERGEGUT, n. bona ejecta: den 12 jan. sollen zu Blan-
kenesc mehrere theils als berg- theils als treibgut geborgene
waaren aus folgenden in der sce verunglückten schiffen meisl-
bietend verkauft werden. Hamburger corresp. 1824 n* 5.
BERGEI, n. schwefelkicskugel.
BERGEICHE, f quercus robur,
BERGEINÖDE, f locus deseitus in montibus.
BERtiEINSlEDLER, m. corvus eremita, alprabe, waldrabe.
BERGEISEN, n., arbeitsstück der bergleute, der schlcgel, ein
spilzhammer mit fäustel.
BERGELOHN, m. was bergegeld.
BERGELSTER, f corvus pica montana, der neuntödter.
BERGEN, scrvare, tueri, tegere, celare, prad. barg, part.
geborgen, goth. bairgan itjqüv, ahd. pcrkao, bergan (Graff
3, 1G9), mhd. bergen Ben. 1, 158. 159, ags. beor^gan, altn. biarga,
schw. bcrga, dän. bjerge. Adelung will bergen von berg ab-
leiten, da doch umgedreht berg von bergea slvmmt, d. h. in
berg die Vorstellung des schützenden, hegenden, wehrenden an-
zuerkennen ist, nicht in bergen nolhwendig die der höhe, des
gr. gyQaywfxi, fa^yw/it wurde oben {unter berg) gedacht,
man erwäge ^riyw^tt {unter brechen) und äywfn, bereu,
bairan tragen bleibt besser aus dem spiel; denn bergen liesze
sich zwar deuten in die höhe tragen, hervortragen, emportra-
gen, doch der gutturallaul scheint, wie sl. brjeg und gr. QTjyfiiv
zeigen, schon frühe wurzelhaft, nicht als ableitend nachzu-
weisen.
1) bergen, den mit der fiut ringenden an das ufer ziehen,
retten, das im meer schwimmende gut an den Strand bringen,
sichern und retten: es sind nur wenig leute aus dem schif-
bruch geborgen worden; gestrandete guter bergen, daher
bergegeld, bergegut, bergelohn. alles, die ganze ladung ist
geborgen, res in vado est, in tuto est, aufs trockne gebracht,
man sagt nun auch: das heu bergen, einthun, in die Scheune
führen, obst bergen, obst lesen, afterbergen, nachlesen.
2) bergen, condere, abscondere, tegere, verstecken, man kann
überall deuten bewahren, schützen: in der erde, in die erde
bergen, terra condere; den leichnam bergen, begraben, bestat-
ten; sich im dunkel des waldes bergen;
wol dem, den bisher barg
ein grab für so viel arg. Logau I, 2, 92;
tief barg ich mich nun in den hainen Achäas,
dasz mein ehr nicht vernahm jenen orl(an.
kLOPsiocK 2, 192;
ulmen, unter deren blätter
oft die nachtigall sich barg. .Saus;
noch köstlicheren samen bergen
vv-ir trauernd in der erde schosz,
tind hoffen, dasz er aus den sargen
erblühen soll zu schönerm losz. Schiller;
alle sturmerprobte schiffe
bergen sich in sichrer bucht. 60";
und sprächet ihr zu der nacht verhülle mich, und zu der
finsternis birg mich! 139'; dein äuge rollt fürchterlich, ich
will mich hinter dich verstecken. Guelfe birg mich vor dei-
nem Wick! Klinger 1, 67; der genius deckte seine mutigen
Streiter mit einem groszen Schilde, er konnte aber die un-
zählbare menge nicht bergen. 3, 263. mhd. sagte man die
klä in die füeje bergen, die klauen einziehen, kröne 9420.
3) aus der ersten hedeutung folgt die abstraction des hel-
fens, rettens, sicherns, geborgen sein heiszt in schütz und
Sicherheit sein, gut dran sein-
da ruh du, mein armes, da ruh nun in goit,
geborgen auf immer vor elend und spott. Bürger;
komm, komm, du bist geborgen,
lasz gott und mich nur sorgen. 53";
vor euern klauen und geiersgriffen,
vor euern prakiiken und bösen kniffen
ist das geld nicht geborgen in der truh,
das kalb nicht sicher in der kuh. Schiller 325';
er ist gerettet doch und wol geborgen? 522';
mein weih verzagt um mich, verkündet ihr,
dasz ich gerettet sei und wol geborgen. 541";
solch eine schwesicr! und ich war geborgen. Göthe2, 7;
wenn aus dem herrn ein bräutigam wird, so ist sie geborgen.
40, 314;
ist der director glücklich genug ihrer {schöner leute) habhaft
zu werden, so sind komödicn- und tragödienschreiber gebor-
gen. 23, 23; wer den begrif {des bildes) fassen kann, ist in
der kunst sein ganzes leben geborgen. 39, 13 ; so ist er {der
physiker) geborgen und der phiiosoph mit ihm. 52, 290. wir
bergen uns wol, aber das volk ist verloren.
4) aus der zweiten die des verhehlens, verbergens,
a) ohne casus, oder mit dem hloszen acc. der sache: ein
narr zeigt seinen zorn baldc, aber wer die schmach birget,
ist witzig, spr. Sal. 12, IG; fürstcn müssen viel dings bergen
und heimlich halten. Luther 3,49'; wie gar kannst du nicht
bergen, was du im sinn hast? das.;
alsbald die haubc deckt das haupt, cnidocken «ich die sinnen,
die nicht wie, wann sie Jungfern sind, die weiber bergen künncn.
Logau .\ 9, 19;
der nicht bergen kann, wie viel ihm daran gelegen ist, für
niciits gemeines angeschn zu werden. J. E. Schlegel 5,378;
bei allem dem können wir nicht bergen, dasz. Wieland 1,254;
eine lücke, und zwar wie wir nicht bergen, eine bctrüchtiicbe
iücke. 7, 105 ;
ihr herz, wir könnens nicht bergen, nahm anthollnn der sache.
5, 106 ;
wir können nicht bergen, Danischmcnd hatte u. s. w. 8, 241 ;
birg nicbl gefühle, die dich obren ! Götter 2, 304 ;
1509
BERGEN — BERGESHÖHE
BERGESHÖHLE — BERGFREUND 1510
geheime kräfte
den schlaTzu bannen,
birgt ein gescbäfle. 3, 524;
ich habe gründe, dieses strafbare geheimnis länger nicht zu
bergen. Schiller 267 ; ich darf nicht bergen, dasz ich um ein
geheimnis weisz. 273;
was ich dem himmel
vertraut, brauch ich vor menschen nicht zu bergen. 45$^
b) mit dat. der person: denn ich wil e. a. nicht bergen,
das nicht allein die conventual von N., sondern fast jeder-
man ergerlich und übel davon reden. Lcther 6, 506'; gn.
herr, ich kann euch nichts bergen. Aimon 1 ;
versprich mir, wenn dein herz vernehmlicher
sich einst erUärt, mir seiner wünsche keinen
zu bergen. Lessisg 2, 244 ;
dieses Unglücks scbmacb dem aug der weit zu bergen.
ScaiLLKR 236.
c) sich bergen:
kaum halt ich mich zurück, wo berg ich mich ?
GoTTEa 2, 492 ;
was aller mund errüllt,
das barg sich meinem berrn? Schiller 67;
sich nicht zu bergen wissen, nicht wissen, wohinaus, sich vor
etwas zu hehlen oder zu retten: er weisz sich vor freude gar
nicht zu bergen, weisz nicht was er thun soll, ist verwirrt vor
freude; hat er sich vor freuden kaum zu bergen gewust.
Felsenb. 1, 2 ; ich kann mich gar nicht vor ihm bergen, immer
neckt er mich ; sich vor frost, hitze, bunger, dursl nicht ber-
gen können ; seit die katze fort ist, können wir uns vor rat-
ten und mausen nicht bergen.
d) die ältere spräche stellte dazu die sacke in den geniliv:
ich hab mich meiner kunst nit geborgen. Reuchlin augensp.
3b*; ihr habt nunmehr wol von andern gehört, von wannen
mir das gelt und die kleider kommen, denn ich mich sein
noch nie geborgen habe. Galmy 238.
BEUGEN, praet. bergte, metalla exercere, colere: viel leute
bawen im silberwerk und hoffen viel guts erwerben und reich
werden, indem schlecht es um, und berget, das er im thal
nichts hebelt und musz mit schaden und schänden ablassen.
Agricola spr. 205' {n' 444).
BERGE.N, porcinus, suillus, von barg porcus sp. 1133 :
mit bergem scbmär ist es vermischt. Bbaht narrensch. 206,
für bergenem.
BERGE.NGE, f. angustiae, fauces monlis: dasz sie des nachts
diese bergengen unbesetzt heszen. Lohenst. Arm. 1, 825.
BERGENS SPIELEN, abdi et quaeri vicissim, Versteckens
spielen, s. gutzbergieins spielen. Schweiz, verbergis machen.
Staluer 2, 495.
BERGENTE, f. anas marila.
BERGENZEN, indolem metalUcorum prae se ferre, die art
und weise der bergletUe an sich tragen, bergenzend ist berg-
männisch.
BERGENZIAN, m. gentiana lutea.
B EKGEPPICH, m. athamanta oreoselinum, grundheil, vielgut.
BERGER, f». qui rem servat, condit: gesetzt ein geliehenes
oder gemiethetes pferd oder irgend eine andere sache kommt
in den bänden des miethers oder bergers um. Weber ver-
bindl. zur beweisfiArung s. 254.
BERGERDRALCH, n. fumaria capnoides.
BERGERLE, f. Crataegus alpina.
BERGESALTE, m. daemon monlanus, der alte vom berg:
plüizlich aus der Telsenspaite
triu der geist, der ber^esalie. ScaiLLsa 50'.
BERGESCHICHT, f. die bestimmte arbeitszeil des bergmanns.
BERGESGRUND, m. vallis montis.
BERGESHALÜE, f. clivus montis:
zwischen flut und bergeshalden. RCctiRT2$8;
ich stand auf berges halde
als heim die sonne gieng. 453.
BERGESHANG, m. proclivitas montis: wo üppig bewach-
sene bergeshängc niedersteigen. Göthe 22, 137 ; die ausgedehn-
ten weiden am bergesbang. 22, 139.
BERGESHAÜPT, n. caput, cacumen montis:
endlich erreicht er
gipl'el und bergeshaupt. Göthe 47, 62.
schon in Urkunden des neunten jh. der altsdchsische orttname
BeipashAvid. Moser 8, 4. 25. 33.
BEKGESHÜHE, /. cacumen montis: der reisende gelangt
auf die nächsten bergesbOben.
BERGESHÖHLE, f. antrum montis:
um bergeshöhle mit geistern schweben. Götbi 12, 30.
BERGESKUPPE, f. cacumen montis:
über höhn und bergeskuppen. Platk.'« 19S.
BERGESLAST, /. moles mmtis:
wie bergeslasten fällts von meinem herzen. Schiller 429*.
BERGESLUFT, f. aura monlana:
lasz bergeslüfte froh dein herz durcbscbauem. Ls.fAu. •
BERGESRÜCKE, m. dorsum, jugum montis:
schon winkt auf hohem bergesrücken
Akrokorinth des wandrers blicken. Schiller 57'.
BERGESWARTE, f. specula montana:
die sonne wärmt euch, blätterlose,
dos auch schneelose bergeswarten. Plaie."« 17.
BERGEULE, f. strix bubo, berguhu.
BERGFADENKRAUT, n. ßlago vwnlana.
BERGFAHRER, m. ein beamler, der den bergknappen auf
die zechen nachfahren musz. auch bergnachfahrer.
BERGFAHRT, f. itcr montanum, alpenfahrt, auf flüssen aber
die fahrt stromaufwärts, im gegensatz der thalfahrt.
BERGFALK, m. falco lühofalco.
BEBGFALL, m. ruina montis aut pulei melallici.
BERGFARBE, f.
BERGFASAN, m. tetrao urogallus, auerhahn.
BERGFEIN, vom silber, so fein es in der hatte erhalten
werden kann, man nennt so das gewachsene silbcr, welches
beinahe 16 löthig ist, und das nach dem treiben feingebrannte,
15 loth 16 qran enthaltende.
BERGFELD, n. bergacker.
BERGFENCHEL, m. wilder fenchel.
BERGFERTIG, von bergarbeitern : lungenkrank, s. bergkrank,
bergsiech.
BERGFEST, n. sollemnia in montis jugo celebranda: nach-
dem wir die bergpredigten auf diesem eurem bergfest ver-
richtet. ScQLPPiüs 827; Wilhelm wurde vom gehülfen und
aufseher zu einem bergfest eingeladen. Götiie 22, 175.
BERGFESTE, f. festes gestein oder erz, das in der mitte
mächtiger gänge als pfeiler stehen bleibt: wobei man denn,
da man die entstandnen räume nicht mit holz wieder aus-
bauen kann, bergfesten stehen läszt, um das ganze einiger-
maszen zu unterstützen. Göthe 51, 116. die bergletUe sagen
meist bergfestchen.
BERGFESTUNG, f. arx montana: der kürper sei siech,
weich, weichlich und weiblich, setzt z. b. ein mutterherz hin-
ein, so ist er eine bergfestung. J. Paul dämm. 61.
BERGFETT, n. sevum minerale, bergtalg.
BERGFETTWASSER, n. wasser, das solchen bergtalg mit
sich fülirt.
BEBGFEUER, n. ignes in montibus accensi. deutsche mythol.
ihlff. auch kleine flammen, die sich nachts auf den bergen
zeigen.
BERGFINK, m. firingiüa montifringilla.
BERGFLACHS, m. linum catharticum , amiant.
BERGFLECKEN, m. oppidum montanun^.
BERGFLEISCH, n. caro montana, asbeslus.
BERGFLOCKENBLUME, f. centaurea montana.
BERGFLOR, m. prosperitas metallorum.
BERGFLUR, f. area montana:
der vater verweilt auf der bergflur
dort und kommt niemals in die Stadt. Voss Od. II, tS7.
BERGFLUSZ, m. fluor spathosus. so heisit aber auch ein
bald flieszendes, bald versiegendes bergwasser.
BERGFLUT, f. fluclus montanus:
wie gezwangt bergnul im gcklüA weint. Voss.
BERGFÖRDERNIS, f. egestio metallorum, herausschaffen
der berge und erze.
BERGFORELLE, f. salmo alpinus.
BERGFRAU, f. nympha montana, oreas.
RERGFREI, fcld, das noch nicht gemutet oder auflässig ist.
BERGFREIHEIT, f immunitas metallicis concessa. auch
einzelne damit begabte örter heiszen so, z. b. die bergfreibeit
Thalitter in Hessen.
BERGFREUND, m. in Böhmen ward die geognosie um desto
ernster gefördert, als ein junger weitschreitender bergfreund
mit uns zusammentraf. Gütue 32, 140.
95*
1511 BERGFRIEDE — BERGGLIEDKRAUT
BERGGOLD — BERGHEXE
1512
BERGFRIEDE, m. bergfride, propugnaculum. voc. theul. 1482
d2', Frisch 1, 85', alt franz. berfroi, beffroi, mlal. berfredus,
belfrcdus. vgl. burgfriede und das umgcslelUe friedberg, bürg
Friedberg.
BERGFÜCHS, m. vulpes alpina.
BERGFÜNFFINGERKRAUT, n. potentilla alba et opaca.
BERGFÜLLE, f. überlas melallorum: auch der ernste Mon-
tan hat die dortige bergfüile blei, kupfer, eisen und Stein-
kohlen vor äugen. Göthe 23, 207.
BERGGALLE, f. locus in vinea slerilis. s. galle.
BERGGAMANDER, m. teucrium montanum.
BERGGANG, m. was bergader.
BERGGANS, f. anas montana.
BERGGÄNSEDISTEL, f. sonchus alpinus.
BERGGARTEN, tn. hortus monlanus: Linaonu, dessen berg-
gärten terrassenweise angelegt. Götue 27, 43.
BERGGASSE, f. in gebirgsstädlen.
BERGGEBÄU, n. aedißcium in monte:
solche künste,
die schöpferisch in einer nacht
(lies berggebäu zu stand gebracht. Göihe 41, 153.
BERGGEBÄUDE, n. grubengebäude, in welche man durch
Schacht und Stollen fährt.
BERG GEBET, n. gebet der bergknappen beim ein- und aus-
fahren.
BERGGEBOT, n. bergverordnung.
BERGGEBRAÜCH, m.
BERGGEGEND, f. regio montana.
BERGGEGENSCHREIBER, m.
BERGGEHÄNGE, «. was bergeshang:
wo in Wäldern, auf der flur,
wie im steilen berggehängc
sonnen auf- und Untergänge
preisen gott und die naiur. Göthe 3, 129.
BERGGEHÖLZ, n. silva montana:
im berggehölz auf ungebahnten wegen. Platen 192.
BERGGEIST, m. daemon montanus, elb oder zwerg, berg-
gcspenst.
BERGGEISZ, f. capra montana.
BERGGEISZWEDEL, m. spiraea aruncus.
BERGGELB, metallisch gelb, gelber ocker.
BERGGEMACH, n. collegium metallicum, bergkammer.
BERGGENÜSZ, wi. mitglied einer gewerkschaß von berg-
leutcn : worauf sich denn der berggenosz (der bergführer, böte)
gleichfalls eingerichtet hatte. Göthe 23, 186.
BERGGERICHT, n. Judicium metallicum.
BERGGERICHTSORDNUNG, f.
BERGGESCHLECHT, n. genus montanum:
das berggeschlecht der Silvane. Voss.
BERGGESCHVVOREN, m. im bergwerk beeidigt.
BERGGESELL, m. metallicus: regt an in dörfern und
Städten, und sonderlich die berggesellen mit anderer guter
bursen. Luthek 3, 153 ;
ir lieben berkgesellen, wer hat euch hergesant?
Uhla.no 412.
BERGGESETZ, n.
BEHGliESPENST, n. spcctrum montanum, der bergmönch.
BERGGESPRUDEL, m. scaturigo montana:
wo uns schattet der wald, wo berggesprudel uns tränket.
Voss.
BERGGESTIFT, n. Vermächtnis für arme kranke bergleute.
BERGGEWÄCHS, n. bergpflanze, alpenpflanze.
BERGGEWERK, n. societas metallicorum.
BERGGEWERKSCHAFT, f.
BERGGEWILD, n. fera montana:
nicht siegte mehr Amphion,
nicht Orpheus mehr durch Ilarmonia,
die berggewild
und Sturm in wog und waldung zwang. Voss 3, 39.
BERGGEZÄHE, n. utensile metallicorum, auch bcrgzühe, nach
dem ahd. gizawa (Grafk 5, 713), mhd. gezouwe suppellex, in
der form ganz verschieden von dem folgenden, dessen bedeu-
lung es begegnet.
BERGGEZ'EUG, n. dasselbe, ahd. giziuc (Graff 5, 612).
BERGGIFT, n, der metallische giflstof des arseniks.
BEIUJGIPFEL, VI. vcrtcx montis. s. bcrgwipfel.
BERG(iLAS, n. bergkrystall.
BERGGLASIG, wie bergglas aussehend.
BERGGLIEDKUAUT, n. sideritis montana.
BERGGOLD, n. aurum fossile, gegenüber dem fluszgold,
Waschgold.
BERGGOLDGEWINNUNG, f.
BERGGOLDRUTHE, f Solidago sempervirens.
BERGGOTT, m. deus montanus : ire götter sind bergegötter.
1 kün. 20, 23.
BERGGÖTTIN, f. oreas
BERGGRABEN, m. dasz ich auf dem berggraben mit ihnen
kleine rindenschifchen niederfahren Resz. Göthe 21, 53.
BERGGRAS, n. gramen montanum.
BERGGRASBLUME, f. statice armeria.
BERGGRASKLEE, m. Irifolium rubens.
BERGGRUBE, f. fodina: glaubt den berggruben nicht zu
viel, denn die berggruben sein betrüglich, kosten viel und
mit süszer hofnung machen sie die baurschaft trägig. Schup-
pius 720.
BERGGRÜN, «. kupfergrün, chrysocolla.
RERGGRUSZ, m. salutatio qua metallici mtttuo se salutant.
BERGGUHR, f. gediegnes, durchgedrungnes, gleichsam gäh-
rendes silber.
BERGGÜNSEL, m. ajuga pyramidalis.
BERGGUT, n, alles aus den bergen gewonnene gut.
RERGHABER, m. avena pratensis.
BERGHACKE, f. was berghaue, bergbarte. man sagt auch
berghäckel.
BERGHAHN, m. auerhahn, bergfasan: ein erzgebirgischer
berghahn. Voss.
BERGHÄHNCHEN, n. motacilla regulus.
BERGHAHNENFUSZ, m. ranunculus chaerophyllus.
BERGHALBKRAUT, n. campanula glomerata.
BERGHALDE, f. clivusmontanus, bergabhang : knaben hüten
an einer berghalde des waldes. s. bergeshaldc.
BERGHANDEL, m. wird nicht allein allerlei metall, son-
dern auch der bergleut gezaw, arbeit des schmelzcns, trei-
bens, waschens, münzens und gar vil bcrghandels in der
biblia gedacht. Mathesiüs 6*.
BERGHÄNFLING, m. fringilla montium.
BERGHANG, m. was bergabhang und bergeshang : und der
getreue Eckart sasz in seinem unmute auf dem berghang und
weinte laut. Tiecr 4, 176.
BERGHART, bergmännisch von schlacken, aus denen sich
nicht alles metall herausbringen läszt. es steht in diesem sinn
auch substantivisch: die metallischen reuch, als die von den
berkharten und witternussen, vom hiittrauch und andern mi-
nerischen dünsten. Thürneisser von den harnen. 10.
BERGHARZ, n. resina montana, erdharz.
BERGHASE, n». lepus alpinus et variabilis.
BERGHASPEL, m. zum auf- und niederwinden in den gruben.
BERGHAUE, /". ligo metallicorum.
BERGHAUER, HÄUER, »i. fossor: berghauwer, erzknap.
Frischlin nomencl. 243 ; die mineralia werden allezeit vor und
ehe, dann die metall gesehen, gefunden, wie dann den berg-
hauwern bekannt. Thürneisser von wassern. 44.
BERGHAUPT, n. caput, Vertex montis:
am hang des kyllenischen berghaupts. Voss II. 2, 003.
BERGHAUPTMANN, m. praefectus fodinarum.
BERGHAUPTMANNSCHAFT, f.
. BERGHAUS, n. aedes montana, castrum, ein cdelmann sagt
zum gefangnen abt:
kehrt um, ir müszt mit mir alldo
heimfahren jetzt auf mein berghaus. IL Sachs V, 310';
berghäuser und festungen, welche trockene grüben haben,
seind mit pulver zu sprengen. Kirchhof mit. disc. 178 ; das
feste schlosz oder berghaus Kinast. Opitz 2, 266; dieses rulh-
mahlen einiger Vertiefungen, wodurch ein hölzernes bergliaus
den so lustigen anblick gewährt. Göthe 21, 24.
BFIRGHAUSLAUB, n. sempcrvivum montanum.
BERGHAUT, f. hautdünnes bergleder.
BHRGHENNE, f. sedum reflexum, pain d'oiseau, kleine haus-
wurz. die bergleute nennen bildlich so eine schmale kosl von
käse, brot und ungefettetcr Wassersuppe.
BERGHERR, n». dominus melallorum, reichsstand, der eigne
gold- oder silberbergwerkc besitzt: das wir des Hjrams tind
ander heidnischen bergkherren geschweigen. Mathesiüs 6";
kauft ein bcrgherr freinbde gewerken aus und wolle den ge-
nicsz allein haben. Scuuppius 832.
BERGHEXE, f.
1513 BERGHEXENKRAUT— BERGKLIPPE
BERGKLUFT — BERGLEDER
1514
BERGHEXEN'KRAUT, n. circaea alpina.
BERGHIMBEERE, f. mbus chamaemorus.
BERGHI.NAB, adv. deorsum, bergab:
bricht gleich eioer quelle
felsen durch, wos ihr gefallt,
und versendet ihre welle
berghiaab in alle well. Göthe 4, 71.
BERGHIXAN, adv. sursum:
siürmen sie nach allen seilen,
von der nähe zu den weilen,
bergbinan und thulhernieder,
und das echo schickt sie wieder. Göthk 4,200;
ach, sie zieht in avigcnblicken
langsam scheidend berghinan. 13, 24S.
BERGHÖHE, f. altiludo, Vertex tnonlis: die berghöhen des
untern landes mit ihren fruchtbaren abhängen und waldigen
rücken. Gothe 21, IS ; so bildet sich der adler durch die luft
zur luft, durch die berghöhe zur berghohe. 55, 210 ; der feind
besetzte die berghohen; berghöhen erklettern.
BERGHOHEIT, f. landeshoheil über den berghau, m den
treiithümern ausyedrückt durch die formel über grund und
über grat.
BERGHOHEITSRECHT, n.
BERGHÖHLE, f. antrum moniis: als sah ich in einer berg-
höhle wolgemute geister sich eriustigen. Göthe 30, 221.
BERGHOLDER, m. sambucus racemosa, waldholder.
BERGHOLZ, n. holzasbesl.
BERGHOPFE, m. matrubium vulgare.
BERGHORN, n. coniu, culmen montis: es schmerzte ihn,
dasz diese weisze schwingen der Unschuld sich an seinen
kuppen und berghörnern voll blut geschlagen. J. Fall Tit. 3, 50.
BERGHUFL.\TTICH, m. tussilago alpina.
BERGHUHN, n. tetrao rufus.
BERGHÜHNLELN, n. anemone narcissiflora.
BERGHUNÜ. ffi. vehiculum fossorum. s. bund.
BERGHLTTE, f. casa montana.
BERGICHT, monluosus:
dem im bergichten acker die saai der kiesel erdrücket.
Klopsi. Uess. 15, 595.
BERGIG, dasselbe : drauszen auf dem bergigen wege. Göthe
12, 64;
auf des bochlaods bergigen beiden. Schilur 425'.
BERGJAGD, f. venatio alpina.
BERGJÄGER, m. die kraft des pflanzenlebens, die in den
ritzen derbes geslräuch wurzeln und erwachsen läszt, hebt
die unzugiinglichkcit für behende bergjäger. Niebühii 3, 2S0.
BERGJOCH, n. jugum montis: die Andeskette und die bra-
silianische berggruppe senden einzelne ber^oche sich entge-
gen. Humboldt ans. der nat. 1, 13.
BERGJCNGE, vi.
BERGKAISERLEIN, n. primula auricula.
BERGKAMILLE, f. anthemis montana.
BERGKAPFE, /. cucullus metallicorum, weisze dreieckige
haube. s. bergknappisch.
/ BERGKARRE, m. carrus ambulatorius fossorum.
BERGKATZE, f. felis manul, sleppenkatze.
BERGKELLER, m. felsenkeller, bicrlager.
BERGKESSEL, m. die Schlünde, in denen früher das ge-
wässer des bergkessels ablief. Nieruhr 2, 569.
BERGKETTE, f. continua munlium juga: diö grosze bei^-
ketle, die von Basel bis Genf Schweiz und Frankreich schei-
det, wird der Jura genannt. Göthe 16, 225. ßgürlich, eine
unersteigliche bcrgkettc von arbeiten. J. Paul J'i/. t, 102; wirf
lieber eine schwarze bergkettc von schmerzen ins platte le-
ben, damit nur eine aussieht dasteht und etwas groszes.
2,122; die papieme bergketle. Jubels. !>0.
BERtiKICIlER, f. astragalus montanus.
BERGKIESEL, m. pelrosilex.
BERGKIRCHE, f. ecclesia montana. steht aber Et. 16, 25.
39 für 'jiOQVtiov.
BERGKIRSCHE, f. pninus frulicosa.
RERGKLEE, ni. irifolium alpinum.
RERGKLEIDCNG, /. veslitus metallicorum.
BERGKLKTTE, f ardium tomentosum.
BERKLETTEREI, f reptalio in montihus: wenn reisende
ein sehr groszes ergetzin auf ihren bcrgklcttereien empfin-
den, 80 ist für mich etwas barbarisches ja gottloses in die-
ser leidenschafl. Göthe 23, 2C6.
BERGKLIPPE, f clivus moniis.
BERGKLUFT, f fissura monlium:
flieht sie mit ängstlichem fusi in die bergkluft.
Voss
BERGKNAPPE, m. metallicus, bergmann: und ein arm volk
umb die berkknappen ist, die sonn und mon verlassen, in
die linsternus faren. Petr, 50'.
BERGKNAPPISCH : bergknappisch nebelkapp. Garg. 244*.
BERGKNAPPSCHAFT, f societas metallicorum.
BERGKNECHT, m. operarius fodinarum, arbeiter, der erz
und berge aus der grübe zieht.
BERGKOBOLD, m. daemon metallicus.
BERGKOHLE, m. was Steinkohle.
BERGKORB, f corbis metallica.
BERGKORK, m. amianlus suber m(mtanum.
BERGKORNBLUME, f. centaurea montana.
BERGKORT? quecksilber, schifer, oger, tripel, bergkort.
TflUBSEissER von uassern 42. koI zu lesen bergkork.
BERGKOSTEN, pl. sumtus impendendi struendis fodinis.
BERGKRÄHE, f. corvus graculus, alpenkrähe.
BERGKRAMPF, m. spasmus. den freilag vor palmsonntag
feierte die katholische kirche unter dem namen Maria berg-
krampf, Maria Ohnmacht, zum gedächtnis ihres leidens am
Golgatha, vgl. Mitternacht de spasmo Mariae 1722.
BERGKRANK, was bergfertig, bergsiech.
BERGKRANKHEIT, f. lungsucht und schweinung des leibs.
Paracelscs 1, 632.
BERGKRATZE, f. radula fossorum.
BERGKRÄUTER, pl. herbae montanae.
BERGKRESSE, f. iberis nudicaulis.
BERGKRIEG, m. expeditio bellica in montium jugis.
BERGKRÜMME, f. sinuosilas montium, xti^fws:
aber wie wenn im gebüscb des mäcbtigea löwen die hiodia
ihre jungen gelegt, die saugenden neugebornen,
dann bergkrümmen durchspäht und gninbekräuierle thäler
weidend umher. Voss Od. 4, 337.
BERGKRYSTALL, m. crystallus montana:
die Wollust darf ihn nicht aus bergkrystallen tränken,
die Schmeichler kriechen nicht um seinen speisesal.
Hagedorn 1, 29.
BERGKRYSTALLEN, crystallinus :
eine bergkrystallne schale. Röcibri 17S.
BERGKCBEL, m. silula metallicorum.
BERGKÜCHE, f., wie man dem teufel in hohem gebirg ein
laboratorium zuschreibt.
BERGKUPPE, f montis cacumen. J. Paul Tit. 1, 131. s. ber-
geskuppe.
BERGLABKRAUT, n. galium montanum.
BERGLACHS, m. coryphaena rupestris.
BERGLACHTER, n. orgyia montana.
BERGLA.MPE, f. lampas metallicorum: wer kann nun an
die kröne noch anders die berglampe befestigen zur kenat-
nis von gruben und gold als wir? {wer anders als wir schriß-
steller den fürsten Wahrheiten sagen"*). J. Paul dämm. 99.
BERGLAND, n. terra montana: hier wird durch einen mäch-
tigen Stromsturz merklich die erste stufe bezeichnet, die eia
bergland andeutet. Göthe 4$, 105.
BERGLAST, f onus instar moniis incumbens: die berglast
des lebens. vgl. bergeslast.
BERGLATTICH, m. cacalia alpina.
BERGLAUCH, nt. allium victoriale.
BERGLAUFEN heiszl bergmännisch das gewonnene gestein
oder die berge mit dem hund zu tage fördern.
BERGL.\UI''ER, m. cquus ferus, alpinus, auf den bergen
streifendes wildes pferd: wilde rosse, bergläufer zu zähmen,
das ist mehr als ich hoffen konnte. Stolberg 3, 164.
BERGLÄUFTIG, inter metallicos usitatus: da ich mit berg-
leuftigen Worten predige. MathesiusI'; wir haben hie auch
vil bergleuftigc Vermutung, das in diser rclier mctall gebro-
chen. 2'; und gott auf bergleuftige weise oft in der Schrift
redet. 6*.
BERGLEBEN, n. vita montana: die ziege hat noch manche
spuren ihres berg- und waldlebcns.
BERGLEDER, n. subligaculum e corio nates tegens, arsch-
leder; figürlich, da Luigi sich gegen die bilder kehrte, und
die vorhänge oder bergleder von einigen der indecentesten
v^egzog. J. Paul TU. 1, 183 ; die nationalkleidung aller werke
soll natürlich und wie die der Zeitungen und vernünftigen
monatsschriflen sein, nemlicb entweder ein Schmutztitel vor-
1515
BERGLEHNE — BERGMILCH
BERGMINZE— BERGRINDS AUGE 1516
nen oder das ende und bergleder hinten, kom. anhang
2, 86.
BERGLEHNE, f. clivus, berghalde: frohgemut und singend
wandelte er über die frischen berglehnen hin. Tiecr ges. nov.
7, 140. s. lehne.
BERGLEIN, n. monliculus, eolliculus: bergleia oder puhel,
collis alliludo. vocab. Iheul. 1482. d 2^;
die berglein ihrer brüst. Weckhbrlin 749.
BERGLEIN, n. linum calharticum.
BERGLEINKRAUT, n. chrysocoma linosyris.
BERGLER, m. monticola. Scümeller 1, 196.
BERGLERCHE, f. alauda alpeslris.
BERGLETTE, m. argilla montana.
BERGLEÜ, m. leo montanus, silvestris:
jetzo ergrif ihn dreimal eniflamraierer mut, wie den bergleun.
Voss II. 5, 136.
BERGLEUTE, pl. zu bergmann: viel bergleute, heiszl es,
viel arschleder; es waren bergleute, die zu cither und trian-
gel, mit lebhaften und grellen stimmen, verschiedene artige
lieder vortrugen. Götue 18, 146. aber auch für bergvolk, berg-
geister: von den wasserlcuten, bergleuten, fewrleuten und
windleuten. Paracelsus 2, 18l'.
BERGLIED, n. Schiller 50". s. bergreie.
BERGLILIE, f. lilium martagon. Schweiz, berggilge.
BERGLINDE, f. tilia folio minore.
BERGLOCH, n. foramen in rupe lerebralum.
BERGLOSUNG, f. räum in der grübe, wohin die berge ge-
bracht und aus dem wege geräumt werden.
BERGLUFT, f. aer montanus, alpinus : frische bergluft ein-
ziehen; glaubst du nicht an menschen, um welche die berg-
luft einer höheren Stellung geht? L- Paul ffesp. 1, 121 ; so rückt
die bergluft der eignen dichtung alle wesen näher an das
herz des dichters. flegelj. 1,137; was in dem gefühle umrisz-
jos und luftig wie bergluft verschmilzt. Humboldt kosm. 1, 12.
BERGLUNGENKRAUT, n. pulmonaria angustifolia.
BERGLUST, f. ich erhielt zu anfrischung der berg- und
gesfeinlust bedeutende pflanzenabdrücke. Göthe 32, 217.
BERGLUSTIG: vor hundert jähren noch war der 1400 fusz
höhere nachbar der Pilatus der gegenständ bergelustiger Wan-
derer. Ulb. Hegner 4, 196.
• BERGMÄNDEL, n. anemone fulsalilla, alpina. auch berg-
männlein.
BERGMANN, n». metallicus : nach einer pause trat ein berg"-
mann mit einer hacke hervor und stellte die bandlung des
schürfens vor. Göthe 18, 148.
BERGMÄNNCHEN, n, was bergmännlein.
BERGMÄNNISCH, nach art der bergleute: bergmännische
anweisung, guter, reiche ausbeute versprechender ausbruch.
bergmännisch bauen, vorsichtig, man sagt, sich auf gut berg-
männisch die bände geben, auf treu und glauben, nach art
der bergleute, indem sie die daumen an einander selten, die
hände verschränken und die arme schütteln, s. bergenzend.
BERGMÄNNLEIN, n. daemon montanus: die Macedonianer
haben den heiligen geist für ein creatur und kleins berg-
raändlin, wichtelin oder schrätlin gehalten. Frank c/iron. 417*;
der kranch, der sich mit zwerglins oder der bergmänlin bißt
neren thüt. Pelr. 15'; wie die bergmännlin streiten mit den
kranchen. 107'. so heiszt auch die alpenanemone, deren Ur-
sprung der Volksglaube von den berggeistern abgeleitet haben
musz.
BERGMANNSARBEIT, f. opus melallicum.
BERGMANNSART, f. indoles fossorum:
geschickt nach bergmannsart. Bürger 5*.
BERG.MANNSSPRACHE, f.
BERGMANNSTRACHT, f.
BERGMANNSTREU, /". eryngium amethistinum. vgl. die bil-
dungen ähnlicher pflanzennamcn mannstreu und meermannstrcu.
BERGMAURER, m. struclor murorum mctallicürum.
REHGMAUS, f aretomys marmota.
BERGMEHL, n. creta farinacea.
BERGMEIER, m. galium montanum.
BERGMEISE, f. parus caudatus.
BERGMEISTER, m. rci metallicae pracfectus: ein bergmei-
ster soll von schlegel und eisen herkonnnen.
BERGMFRLE, f. turdus lorquatus.
BERGMKRZWURZ, f. gcum montanum.
BERGMESSER, m. inslrumentuni mensorum.
BERGMILCH, f. creta farinacea.
BERGMINZE, f. melissa calamintha.
BERGMÖNCH, m. daemon montanus, um so natürlicher, da
die bergleute mönchische kutten tragen.
BERGMOS, n. muscus montanus.
BERGMUTTER, f. was fluszspat.
BERGNÄCHFAHRER, was bergfahrer
BERGNACHTIGALL, f. fringilla montifringilla.
BERGNACHTVIOLE, f. hesperis tristis.
BERGNÄGELEIN, n. primula auricula.
BERGNELKE, f dianthus glaucus.
BERGNIERE, f. nierenförmiger kies, markasit.
BERGNIESWURZEL, f. serapias longis foliis.
BERGNÜSSE, pl. kalkspalkugeln.
BERGOBERGESCHWORNER, m.
BERGOCHS, m. auerochs, s. bergrind.
BERGÖDE, f. solitudo montana. Götue 21, 16, wie waldöde.
BERGÖFNUNG, f. ob man die grundobrigkeit oder berg-
üfnung (über den wein) habe. Hohberg 1, 11.
BERGÖL, n. bitumen, sleinöl.
BERGORDNUNG, f. edictum metallicis propositum.
BERGPAPA, n. Solanum montanum.
BERGPAPIER, n. dünnes bergleder.
BERGPECH, n. asphallum, erdpech, judenpech.
BERGPECHERDE, f.
BERGPETERLEIN, n. oreoselinum.
BERGPFAD, m. callis: den engen, um felsen sich winden-
den bergpfad. Göthe 22, 138.
BERGPFEFFER, m. daphne mezereum, Seidelbast.
BERGPFLANZE, f. herba montana.
BERGPFLEGER, wi. was Schichtmeister.
BERGPILZ, m. boletus.
BERGPLATTE, f. bergebene, plateau de montagne.
BERGPLATZ, m. sie wollten auf einem waldigen bergplalze
mittagsruhe halten. Göthe 19, 34.
BERGPOLEI, m. leucrium montanum.
BERGPREDIGER, m. concionalor in monte: Eliasund Pau-
lus sind bergprediger gewesen. Matuesids 6".
BERGPREDIGT, f. mit dieser bergpredigte. Mathesius 27';
nachdem wir die bergpredigten auf diesem eurem bergfest
verrichtet. Schuppius 827; dieser bergmeister war nicht zu
hause, sondern in der bergpredigt, indem heute gerad das
guartal cnicis eintrat. Ööthe 51, 112.
BERGPUMPE, f. antlia metallica, um das wasser aus dem
gesenke zu heben.
BERGQUELL, m. fons montanus:
von des bergquells dunkelem sprudel. Voss II. 21, 257;
wie ein schwarzer bergquell
über die kiippen schieszt. Fr. Mölibr 1, 371.
BERGQUELLE, f dasselbe.
BERGQUENDEL, m. serpyllum montanum.
BERGQUITTE, f. mespilus cotoneaster.
BERGRATH, m. consiliarius in re metallica.
BERGRATZE, f. aretomys marmota, was bergmaus.
BERGRAUTE, f. rata montana.
BERGRECHT, n. 1) jus metalla instituendi. 2) kges metal-
licae. 3) eine vom weinberg zu entrichtende abgäbe.
ßERGRECHTLICH.
BERGRECHTSHERR, m.
BERGREDE, f was bergpredigt.
BERGREIE, BERGREIGE, m. chorus, cantus montanus: da
hilft sie nichts ir sackpfeifen und bergreien {ihr pfeifen und
singen). Mathesius ll'.
BERGREIHE, f. was bergkette: aus der ferne lockende
blaue bergreihen.
BERCiHKlIlEU, ni. ardea pnrpurea.
BERGREINFARN, Chrysanthemum corymbosum.
BERGREISE, f iter alpinum, montanum. Göthe an Schil-
ler 3, 279.
BERGRICHTER, ni. judex montanus:
ein bergkrichicr im Jochimsthal. II. Sachs II. 4, 109*.
BERGRIEDGRAS, n. carex montana.
BERGRIND, n. gigas {d. mythol. 500), ein merkwürdiges ur-
altes Wort, denn ochsen sind söhne der Gefjon und eines iütunn.
Snohri 1. im Erek 8031 lese man 'berc oder berges mii^, denn
aus unserm berggenosz ist berges gnöj nicht zu deuten, vielleicht
auch klingt das altn. herkir gigas ans ftnn. hiirkil bos, taurus.
BERGIUNDSAUGE, n. Chrysanthemum leucanthemum, sonst
auch rindsauge, kalbsauge.
1517
BERGRISZ — BERGSCHüSSIG
BERGSCmVADEN— BERGTIEF
1518
BERGRISZ, m. vas bei^spalt:
0 selige jupend, wie sie, tag und nacht
den ort zu ändern innigst angelacht,
darch wilden bergrisz höchst behaglich steigt,
und auf dem gipfel nebeldunst erreicht. Götak 3, 140.
BERGROHRGR.\S, n. melica caerulea.
BERGROSE, f. alpenrose.
BERGRÖSLEIN, n. azalea nodiflora.
BERGROTH, n. rölhel, rubriea.
BERGRÖTHE, f. sandaraca, färberrölhe, Waldmeister.
BERGROTHGELB, n. wenn man mit Schwefel operment
und bergrothgeel oder rothschwefel einen rauch macht, üf-
FENBACH 2, 68.
BERGRGCKE, m. aas bergesrücke.
BERGRÜFE, f. torrens de monte labens: die warbeit wirt
mit kämpfen nit erlernet, sunder kämpfen thut wie ein wald-
wasser oder bergrüfe. das nimmt gäch alles das hin, das es
erlangt und mert sin kraft darmit. Zwincli 2, 237. s. rufe 6«
Stalder 2, 2S9.
BERGRUHRKRAUT, n. gnaphalium montanufn.
BERGRÜSTER, m. ulmus campeslris.
BERGRUTHE. f. was wünschelruthe.
BERGRUTSCH, m. lapsus montis: im sommer wird ein
bergrutseh sein haus begraben oder fortschieben. Göthe
23, 266.
BERGSACHE, f. causa melallica.
BERGSAFT, m. sueeus mineralis.
BERGSALZ, n. sal fossilis.
BERGSAND, m. arena fossilis.
BERGS.^NGER, m. cantor montanus.
BERGSANIREL, f. primula auricula, sanicula alpina.
BERGSASSE, m. monlicola. Moser 1, 139.
BERGSAUM, m. margo monlis : unwillkürlich streckten sich
meine arme dem wunderballe {der sonne) entgegen, der an
den bergsaum heraufrollte. ThCmsels reisen 8, 341.
BERGSCHANDER', m. bergmännisch, ein Verleumder des
bergbaues.
BERGSCHARTE, f. serratula tincloria.
BERGSCHEIDE, f. limcs montanus.
BERGSCHICHT, f. arbeit der bergleule in ihren feier-
stunden.
BERGSCHICHTMEISTER, m.
BERGSCHIERLING, m. chaerophyllum hirsutum.
BERGSCHIESZT, n. stachys annua, montana. s. schieszt.
BERGSCHILF, n. arundo arenaria.
BERGSCHLAG, m. was bergacker, acker am gebirge.
BERGSCHLANGE, f. boa ophrias.
BERGSCHLITTE, m.
BERGSCHLOSZ, n. castellum monlanum: man sollte uns
auf der strasze wegnehmen und auf ein bergschlosz sperren.
Güthe an Schiller 4, HS ; alte bergschlösser und verstörte klö-
ster. Fr. Mcller 1, 298.
BERGSCHLUCHT, f. fauees montium.
BERGSCHLUFT, f. dasselbe: wenn der stürm von unten
herauf ans den bergschluften kam. Tiec» 4, 190.
BERGSCHLUND, m. dasselbe:
dornen umblühen jei« jenen bergschlund. Plaie.«« 134.
BERGSCHLÜSSELBLüME, f. primula auricula. nach dem
Volksglauben, weit sie den eingang zum berg und bergschatx
ttufschlieszl.
BERGSCHMID, m, faber montanus.
BERGSCHMIEDE, f.
BERGSCHMIELE, f. aira montana.
BERGSCHNECKE, f. erdsdmecke, ammonshom.
BERGSCHNEE, m. nix montana: ach was war unerträglich
als die eiserne un»eranderlichkeil dieser Verhältnisse, die fe-
fctipkoit eines solchen einigen bergschnees? J. Pali, TJ/. 3, 83.
RERGSCHNEPFE, f scolopax rusticola.
BERGSCHOFFE, m. scabinus montanus. weitth. 1, 472. 485.
BEHGSCHÖFFENSTUL, m.
BEKGSCHREHIEH, m. schreiber im bergamt.
BERGSCHRUNDE, f. fissura montis, bcrgspalte: von andern
gletschcrn sahen wir nur die platze, indem uns die eismas-
»en durch die bergschrunden verdeckt wurden. Göthe 16, 251.
BERGSCIULE, f
BERGSCHÜLER, m. Uro in re metallica.
BERGSCHÜSSIG, ita* noch mit bergen, d. i. taubem gt-
stein vermischt ist; bergschüssiges erz, unter das gestein ein-
gesprengt ist, das in gangen zerstreut liegt, viel berg zwischen
sicli hat.
BERGSCHVVADEN, m. arscnicum in vapores resolutum, ge-
fährliche gasart, die sich im bergwerk entwickelt,
BERGSCHWALRE, f. hirundo daurica.
BERGSCHWEFEL, m.
BERGSEE, m. lacus montanus: sie {die drei teiehe) bilde-
ten schon vor zeiten einen bergsee. Gothe 17, 102.
BERGSEGEN, m. überlas metalli, reicher ertrag des berg-
werks.
BERGSEIFE, f. argilla sapo, fettiger thonstein.
BERGSEIL, n. seil am berghaspel.
BERGSESEL, n. seseli monlanum.
BERGSHALB, adv., auf der seile nach dem gebirg: gleich
nebend Stigen auf die rechte band bergshalb, in einem gar
Heblichen weingelend, erscheint das dorf und die probstei
Öningen. Stumpf 2, 69*.
BERGSIECH, bergkrank, bergsüchtig.
BERGSINAU, m. alchemilla montana.
BERGSITZ, m. sedes montana: sogleich in der nähe er-
baut er sich manchen bergsitz auf den höhen. Göthe 6, 196.
BERGSOHLE, f solea, pes montis, grundfläche des bergs.
BERGSONNENGOLDBLUME, f gnaphaUum dioides.
BERGSPAT, m. sal fossilis, salzerde.
BERGSPERLLNG, m. fringilla montana.
BERGSPIEGEL, m. zauberspiegel, durch den man ins ein-
geweide der erde schauen und schätze finden kann.
BERGSPITZE, f Vertex, culmen montis.
RERGSTADT, f urbs montana.
BERGSTEIGER, m. fodinae praeses.
BERGSTERNKRAUT, n. inula montana.
BERGSTORCH, m.
BERGSTORCHSCHNABEL, m. geranium silvalieum.
BERGSTRASZE, f. via montana, strasze auf oder neben
dem gebirge.
BERGSTRASZER, m. incola viae montanae. ein Franken-
wein, der an der bergstrasze, tn der grafschaß Erbaeh wächst,
heiszl so.
BERGSTRECKE, f tractus montanus.
BERGSTRICH, m. dasselbe, gebirgsstrich.
BERGSTROM, m. torrens:
mit bergstroms eile fliehet die stund hinweg.
Chr. Stolberg 1, 341.
BERGSTUFE, f. erzstufe mit eingesprengtem taubem gestein.
BERGSTURZ, m. ruina montis:
graunroll zerstört der gewalt bergslun rings die lulle des thals.
PLATK.t 129.
BERGSUCHT, f. morbus metallicorum, inprimis pulmonum :
von der bergsucht und andern bei^krankheiten. Paracelsus
1, 632 ; damit wir aber wissen, was die bergsucht sei. 1, 643 ;
wider die lerne und verschleimble lunge und erkälte mägen
und verlemete glieder, und was der bergsücht und beschwe-
rung mehr sein. Mathesics 3"; verkaufte unterschiedene arz-
neien vor die bergsucht, ped. maulaffe 506. 507.
BERGSÜCHTIG: erztleut, Schmelzer, knappen, welche in
solchem erz bawen, fallen in die lungsucht, in schweinung
des leibs, in magengeschwer, dieselbigen heiszen bergsüchlig.
Paracelsds 1, 643.
BERGSUPPE, f wenn ich mit einer bergsnppe erschiene,
sie musz dir erinnerlich sein durch den kegel von «chwarzem
brot, mit zimmt und zucker beschneiet, wovon sie den na-
men führt. J. Pacls briefe 84.
BERGSÜSZHOLZ, n. trifolium alpinum, »
BERGTALG, m. bitumen mumia.
BERGTASCHE, f thlaspi monlanum.
BERGTAUBE, /". cotumba oenas.
BERGTHAL, n. vallis montana, montium intervallum: ein
besonderer bezirk, in das anmutigste bergthal eingeschlos-
sen. Göthe 22, 8 ; vallee de joux, welcher name deutsch das
bergthal hiesze. 16, 225; die bergthäler von Caracas. Ht;«-
BOLUT ans. der nat. 1, 3.
BERGTHEER, m. bitumen mallha, petroleum.
BERGTHEIL, m. anihcil des einzelnen an der zeche, mei-
stens ein kux, oder '/im der zeche.
BERGTIEF, profundus instar montis : bergtiefer abgrund.
BERGTIEF, adv.
denn unter mir lags noch bergetief
in purpurner (instemit da. Scbillm 61*;
1519
BERGTORF — BERGWALL
BERGWAND — BERGZEICHEN
1520
ja bis tief, bergtief in der Schlucht gedeihst du,
schöne citrone. Plaikn 110.
BERGTORF, m. terra biluminosa.
BERGTRACHT, f. veslilus metallicorum.
BERGTRESPE, f. bromus tectorum.
BERGTRIFT, f. pascuum montanum :
mir war der bergtrift aufsieht anvertraut.
Stolberg 13, 166.
BERGTROPFE, m. zackiger bergsinter.
BERGTRUHE, f. was berghund.
BERGTRUMM, n. pars abscisa, abrupta montis:
ein regenstrotn aus felsenrissen,
er kommt mit donncrs unges(üm,
bergtrümmer folgen seinen güssen
und eichen stürzen unter ihra. Schiller 80'.
BERGÜBER, adv. Irans montcs: und immer wieder durch
Wälder und slädte bergüber an strömen vorbei weiter reisen.
TiECK Slernbald 1, 147.
BERGÜBLICH, moribus et arti metallicorum conveniens,
bergmännisch, bergenzend.
BERGUHÜ, m. strix monlana, strix otus.
BERGULME, f. iilmus campestris, bergrüster.
BERGUNG, f. 1) servatio bonorum naufragorum. 2) abscon-
sio: niciit also ihre subsessio intra scuta nicht ihre ber-
gung hinter dem Schilde. Lessinc 8, 121.
BERGUNHOLD, m. dacmon monlanus.
BERGUNHOLDE, f. nympha montis.
BERGUNHOLDENKRAUT, n. epilobitm monfamm.
BERGÜNTER, adv. clivo devexo, deorsum: so glücklich ab-
gegangen wie ein geladener wagen bergunter. Jiicundiss. 40;
weil es nun mit mir stark bergunter geht, so will ich, so
gut ich kann und darf, die weit genieszen. Rabener 6, 187 ;
piano klimmts {Silens eselein) den berg hinan,
piano tritts bergunter. Bürger 28';
nicht dasz in der ehe
ein ewiger zephyr nur wehe,
und immer bergunter
die wallfahrt der liebenden gehe.
doch liebe steigt munter
im Sturme bergan. Gotter 3, 78;
berguntcr gerollt bis in die hölle. Lenz 1, 88. in der Volks-
sprache heiszt auch das quellwasser bergunler : ein glas berg-
unter trinken, auf Burgunder anspielend.
BERGURTHEIL, n. urlheil der bergschöffen.
BERGVEILCHEN, n. viola montana, bißora.
BERGVERSTÄNDIG, rei metallicae gnarus: das ist nun bei
den bergleuten eine gewisse erfahrenheit, und die bergver-
stendigen haben grosze achtung auf solche ding. Paracelsus
2, 290*.
BERGVOGT, m. bergmeisler.
BERGVOLK, n. 1) populus in monte degens: die Tiroler
sind ein bergvolk;
was seh ich dort was waffen tnigt
hast du das bergvolk aufgeregt?
lufgeregt? Göthk4I,263.
2) lurba daemonum monlicolarum, das wilde, geisterhafte berg-
volk. 3) socielas melalticorum, die bergleule: darauf schrieb
er dem bergvolk zu Mansfeld ein seer teufelischen brief.
Luther 3, 128.
BERGVORWERK, n. praedium montanum: hätte nicht Fi-
cinus sein villam montis oder bergforwerk so oft besucht.
Opitz 1, 153.
BERGWACHS, n. bitumen, zähes erdharz.
BERGWÄCHSISCH, bituminosus: so reinigt man den mor-
curium auch von seiner feisten bergwachsischen art. Thurneis-
ser vtagn. alch. 1, 88; der faisten, bergwachsischen, succini-
schen und üiischcn schmutzigkeiten, von wassern 48; in der
bei'gwächsisch zachen maleri haltet sich auf ein zinobcrro-
Ihes Würmlein. SciiEuciizEn 1, 101. 162.
RERGWALD, m. salltis, was das alte fairguni, ags. firgen
an sich schon ausdrückt:
des unermeszlichcn ber^walds
oberste gipfel. 15ürükr200»;
in der nacht des alternden bergwalds. Voss.
BERGWALDIIIRSE, m. melampyrum silveslre.
BERGWALDÜNG, f.
BERGWALL, m. vallum montanum :
purnurbraun umstand das gewoge sin rings wie ein bcrgwall.
Voss Od. 11,213.
BERGWAND, f. latus monlis: zwischen bergwänden in Ver-
schlungenen wegen ereile ich ^ich. Bettine br. 1, 160.
BERGWANDERER, m. viator per montes : dem bergwande-
rer ein anmutiger wundervoller anblick. HujiBOLDTÄ:oÄm. 2, 28.
BERGWANDERUNG, f. Her montanum: und nun brachte
einer nach dem andern geschichten von beschwerlichen oder
verunglückten bergwanderungen hervor. Göthe IG, 292.
BERGWÄRTS, adv. sursum, versus montem, tcoos ooos:
fort nun trieb der kvklop mit gellendem pfeifen sein mastvieh
bergwärts. ' Voss Od. 9, 316 ;
ich suchte sie auf und ab, bergwärts, thalwärts. Tieck Sternb.
1, 152.
BERGWASSER, n. aqua montana, iHvus, torrens: bald ka-
men wir wieder auf einen leichten steg über ein kleines
bergwasser, das in einem muldenförmigen unfruchtbaren thal
nach der Rhone zudosz. Götue 16, 287 ; nachdem wir vorher
grosze Verwüstungen der bergwasser unterwegs angetroffen
hatten. 16, 264.
BERGWEGf m. via montana.
BERGWEGERREIT, n. planlago montana.
BERGWEIDE, f. pascuum montanum. NiEßunR 2, 229. 3,' 220.
BERGWEIDE, f. saiix montana, alpweide.
BEHGWEIDERICH, m. epilobium montanum.
BERGWEIN, m. vinum in vineis cultum, gegenüber dem
gartenwein.
BERGWELT, f. vila montana: die erinnerung an jene ro-
mantische bergweit. Hirzel Eug. br. 2, 161 ; die morgenglocke,
der früheste böte des erwachens der bergweit. 1, 281.
BERGWERK, n. fodina: ein bergweik fündig machen,
bauen, entdecken, treiben, zu sumpfe treiben, verderben,
auflassen, liegen lassen, vgl. die Zusammensetzungen goldberg-
werk, Silberbergwerk, kupferbergwerk u. s. w. man braucht
auch bergwerk für werkstdlte, fabrica, z. b. das bergwerk der
reliquien. Fiscuart bienenk. 29'.
BERGWERKBETRIEB, m.
BERGWERKREICH, reich an bergwerkcn, erzen.
BERGWERKSGETRIEBE, n.
BERGWERKSKUNDE, f
BERGWERKSKUNDIG.
BERGWERKSSPRACHE, f lingua metallicorum.
BERGWERKSWISSENSCHAFT, f
BERGWERKSZEICHEN, n. s. bergzeichen.
BERGWESEN, n.
BERGWETTER, n. aer fodinarum, auch blosz weiter: gu-
tes, böses weiter, gute, böse luß.
BERGWICHT, m. daemon metallicus, montanus.
BERGWICHTEL, BERGWICHTLEIN, n. dasselbe.
BERGWIESE, f pralum montanum: auf trocknen bergwie-
sen. Götbe 15, 213.
BERGWIESEL, f. mustela montana.
BERGWILD, n. ferae montanae.
BERGWILDNIS, f solitudo montana, bergeinüde: in ent-
legensten bergwildnissen. Güthe 31, 152.
BERGWINI), m. venlus de monte ßans.
BERGWINKEL, m. vallis angusta inter montes.
RERGWISSENSCHAFT, f
BERGWOLF, m. lupus montanus:
rings auch waren umher bergwölf und mähnigo Iowcn.
Voss Od. 10, 212.
BERGWOLLE, f bergßachs.
BERGWOLVERLEI, n. arnica monlana.
BERGWORT, n. verbttm inier metallicos suetum.
BEIIGWUCHERBLUME, f. Chrysanthemum montanum.
BERGWÜRFEL, ni. arsenicum cubicum,
BERGWURZ, f pimpinclla saxifraga.
RERGWURZEL, f bergmännisch, ein aller, baulistiger ge-
werker. nach Hertwigs bergbuch s. 7t ci'ii groszer ticbhaber des
bergbaus, der davon nicht abzubringen ist.
BERGWÜSTE, /". solitudo montana: doch musz man sich
keine bergwüstc, sondern ein meist bebautes, oiigicich gebir-
giges land denken. Göthe 27, 178.
BERGZAHN, m. glossopctra, nalrtim. Schmei.ler 1, 196.
BKRGZEHNTE, m.
RERGZEHNTNEH, «i. beamler, der den bergxchnlcn ein-
nimmt.
IIERGZEICHEN, «. insigne, signum nietallicorum, zeichen
des bergmanmslandcs, als trog, lampe, eisen, haue, schicket.
1521
BERGZEISIG — BERICHTEN
BERICHTEN
1522
BERGZEISIG, m. fringilla Unaria.
BEKGZEITLOSE, f. colchium aulumnale.
BEUGZIEGE, f. capra aegagrus.
BEUGZIEGEU, m. lac lunae, bergbuUer.
BERGZI.NN, n. stannum purum.
BERGZINNOBER, r?i. was bergröthe.
BERGZÖGLI.NG, m. bergschüler, bergeleve.
BERGZUBER, m. cupa metallicorum.
BERGZUCKER, m. spatsand.
BERGZUG. m. tiadus tnontium.
BERGZUNDER, m. minera argenti foliacea.
BERGZWIEBEL, f. allium mutlibulboaum.
BERHAFT, ferlilis, fruchtbar, schwanger, tnhd. berhaft:
nun rieten ihr die ärzet, das si zimlich wein genüsse, wolt
si berhaft und fruchtbar bleiben. Frask chron. 207'. ander-
wärts bärhaft geschrieben, häufiger im gebrauch ist das ne-
gative unberhaft. s. baren sp. 1127.
BERICHEN, sich, manum conserere? ^
wenn dein gesell verrückt ins feld,
mit seinem feind nach freien strictiD
sich im scbermütiel zu berichn.
RiXGWALD taut, tearh. ISO.
kann dies sonst nicht erscheinende wort, dessen bedeutung nur
geralhen ist, noch dem goth. birikan und bireks verwandt sein ?
BERICHT, m. relatio, expositio, nuntialio, künde, nachricht,
Unterricht, dazu fügen sich mäirere rerba:
1) geben: bat in, das er mir von dem allen gewissen be-
richt gebe. Dan. 7, IG; ich werde davon ausführlich bericht
geben ; ich aber wil euch des ein guten bericht geben. Wikrajis
irr. bilger A2;
wns hilft es, dasz ich geh bericht
von allem, was jemabis gewesen. Wecibkrli.i 415.
ein dichter soll bericht von wahrer Weisheit geben/' Opitz.
2) nehmen: des nemen ein bericht 'von dem wein. Seitz
lustseuche s. 14; wer mehr zu wissen begeret, der wirt da-
selbst nicht weniger bericht nemen. .M. Stifel coss. 135 ;
hierusz das volk nam den bericht,
er bette gsehn ein englisch gsicht. trag. Joh. ki.
3) thun:
auT dasz viel leichter könt errolgen die geschieht,
davon ich euch jetzund wil kürzlich thun bericht.
Werders Ariostll, 30;
davon wir unten absonderlich bericht thun wolkn. Acc. Blch-
»ERS anl. zur poeterei 122.
4) haben: weil sie doch den guten gewissen, so rechten
bericht und verstand haben, nichts schaden können. Luther
5, 256' ; allein derhalben, das sie nicht bericht gehabt haben.
6,374'; wil derowegen mit denen, welche jede wunden über-
eins wollen geheftet haben, doch des heftens kleinen oder
keinen bericht haben, etwas sprach halten. Fel. Wübtz 9.
5) fragen, fordern, erfordern :
ausz fürwitz fragt ich mer bericht
umb ursacti seiner Zuversicht.
ScilWARZe<IBERGl54, 1.
6) empfangen : solicher Ordnung bericht empfaben. beschlusz
des reiclisreg. von 1501 §. 2 ; der ich sonst keinen mündlichen
bericht von der coss mein lebeolang empfangen hab. .M. Sti-
fel coss 179.
7) wissen: darnach bette ich gerne gewnst gewissen be-
richt von dem vierden thier. Daniel 7, 19 ; leute, die im hause
bericht und gelegenheit wüsten. Hebels schalzk. 167.
S) sagen : sage mir doch einer einen kurzen bericht, wie
ichs dann machen sol, dasz ich den sontag und andere fcier-
tage löblich zubringe? Sciilppils 192.
9) erstatten : kurz man erstattete bericht. Gellert 1, 205.
10) erlangen: ich kann davon keinen bericht erlangen.
11) ohne rerbum: nach deinem bericht; laut bericht; zu-
folge berichts; der bericht vom wahren gottesdienste. pers.
rosenth. 7, 20; ein schlechter und leichter bericht Stifel
coss S2 ; ein guter, genügender, Ireflicher bericht.
BERICHTEN, mhd. I>erihten, eigentlich richtig madien, in
terschiedner bedeutung,
1) ohne casus, melden, erzählen : Moses berichtet; Herodot
berichtet; ein narr kan wol mehr plaudern, weder zchen
weisen lierichten mögen. LcTnER 6, 19*.
2) mit dem acc.
a) der saclie, etwas melden, erzählen : dies hat Herodot be-
richtet; der amtmann hat den hrmdel schon berichtet, aber
auch einrichten, richten, in die rechte Ordnung bringen: da
würde man keiner rcchlbüdier noch gericht, noch klage dür-
fen, ja alle sacben würden schnell bericht und schlecht. Lu-
ther 1, 193' ; solchs sage ich für die gewissen, dieselbigen zu
berichten. 5, 256'; wo ich allein die gewissen berichten und
trösten kan. das. ; denn wer mit gutem, wol berichtem ge-
wissen streit, der kan auch wol streiten. 3, 315; dieselbigen
sollen ir gewissen also berichten. 3, 327 ; sie können nichts
gewisses leren noch irgend ein armes gewissen bestendiglich
berichten. 5, 490'.
b) der person, einen unterrichten, in kenntnis setzen, franz.
informer: und er berichtet mich und redet mit mir. Dan.
9, 22 ; nu aber kome ich, das ich dich berichte, wie es dei-
nem volk gehen wird. 10,14; aber wie sie uns berichtet ha-
ben. 2 Macc. 1, 20; setze dich her zu uns und berichte uns.
Susanna 50 ; wo der Carlstad für fünf jaren mich bette möcht
berichten, das im sacrament nichts denn brot und wein were.
Luther 3, 104; die prediger sollen gleich wol hie das junge
volk vleiszig berichten und das gewissen zu kindlichem ge-
horsam halten. 5, 254'; sie zu berichten. Mich. Neander be-
denken 14'; dann der mönch kont ihne klarlich berichten,
dasz. bienenk. 131' ;
wie nun ein mutter ihr kind bericht,
also auch du dein ehefraw schlicht, Fischart ehz. 75;
wie möniglich berichtet mich. Wecchrrl. 620;
golt beruht auf seinen pflichten,
er ist gut und bleibt bestchn,
drumb wil er auch die berichten {auf rechten weg leiten),
die auf falschen we<ren gehn. Opitz ps. 48;
kan es wol geschehen sein,
wie du mich berichtest gestern. Fleki.ic 431 ;
welches recht mir 30 jähr lang offenstehet, wie mich ein vor-
nehmer rechtsgelehrler berichtet hat. Scbuppius 594;
jedoch vor allem gebührt es mir
sie zu berichten, wie ich, nachdem wir abschied genommen,
mit Blömuranten, dem seufzer, in dieses schlosz gekommen.
Wieland 5, 14;
so grosz ist die begicr, aus pflichtgemäszer treu
den alten könig zu berichten,
wie nah Kombab mit ihm verschwägert sei. 10, 2S1 ;
don Sylvio, der nicht zu berichten (auf den rechten weg zu
bringen) war, wenn er sich einmal etwas in den köpf gesetzt
hatte. 11, 375. einen mit der Unwahrheit, mit lügen berich-
ten, ihm falschen, lügenhaßen bericht erstatten. Bemerkens-
werth Keisersberg : er nimt war fremder Sünden, das er sei-
nen nechslen berichte und verlümbde. hell, lüwe 2S, entweder
falschen bericht von ihm verbreite oder ihn berichtige, corrigat.
c) einen berichten heiszt, in kirchliäiem sinn, bei Luther
mit dem sacrament versehen: man hat auch auf die ersten
und alten weise, das man die umbstehenden mit beider ge-
stalt bericht hat, bis auf die zeit Cypriani iness gehalten.
2, 7'; dieweil keiner überall Christo und seiner einsatzung
nachfolget, on die, welche den kranken das sacrament brin-
gen, oder die leute öffentlich berichten, und selbs nicht ne-
men. 2, 25'; so bekenne ich nu abermal hiemit, das ich
gleube, das, wo man nach Christus Ordnung messe hell, es
sei bei uns lutherischen, oder im bapstum, oder in Grecia,
oder in India, wenn sie die leute berichten, so sei daselbs
unter der gestalt des brots der warhaftige leib Christi. 6.117';
sondern empfahung des sacraments heiszen sie, und müsscns
on iren dank heiszen, synaiis griechisch, communio latinisch,
und berichten auf deudsch. 6, lis'; und doch daneben so
nahe in einander genochten {abendmal und messe), wenn sie
die Christen zur österlichen zeit berichtet, das der gemein
man nichts hat unterscheiden können unter messe und sa-
crament. 6, 119*. noch spdler sagte man : einen kranken be-
richten, ihm das abendmal reichen, ihn zum sterben bereiten.
3) mit acc. der person, gen, der tache: und ich Daniel
ward schwach und verwunderte mich des gesichts, und nie-
mand war der michs berichtet. Dan. 8, 27 ; das wir sie nicht
zeitlich der disputation berichtet. Luthers br. 1, 30S ; so aber
iemand usz nüwen und alten testament künde eins andren
berichten, so wellen si darvon abstan. Tho. Plater 42 ; so
wil ich mich wie ein bergman weisen und bessers berichtea
lassen. Mathesius HO*;
der gründlichen Wahrheit mich beriebt! H. Sachs HI. 1, 27;
das sie ihre vätter des handeis bwnchten. Kirchhof uciiJunm.
21'; soll man schuldig sein, dessen den fcldmarschalk zu be-
richten. F^'ssPEnc kriegsb. 1, 9l';
meins guu wil ich dich berichten (tibicopiam facere). Carg. 90*;
ir junkfrawen bericht uns des. Schielzl Saul IG' ;
Ü6
1523
BERICHTEN— BERICHTIGEN
BERICHTIGUNG —BERINGEN
1524
einen eines andern, bessern berichten, später statt des gen.
die praep. mit (wie 2, c), um oder von: der mich um seine
beschaffenheit berichtete. Simpl. 2, 183. hetUe, davon, darüber
unterrichtete.
4) sich berichten, sich unterrichten, franz. s'informer:
ich weisz nit zu berichten (besinnen) mich,
dasz ich ihn mein tag hett gesehen. AtrerSIG';
aber ich bin ein mann, der sich berichten läszt. lassen sie
hören ! Wieland 15, 89 ; liesz sich berichten. 20, 228. bei
Luther kirchlich, sich das abendmal ertheilen: ficht dich hie
an Christus einsetzunge von beider gestalt, als sich nicht
zieme eine gestalt zu nemen, soltu dich also berichten. 2,
loo'; das {kurßrst Fridrich) sich berichten liesz für seinem
ende nach Christus Ordnung und befelch. 3, 530'; so ists
dennoch nicht recht, das sich einer selbst wolt berichten,
%veil es ein sacrament ist. 6r. 4, 282.
5) berichtet sein, werden, unterrichtet, kundig, auch oft mit
gen. der Sache: die berichten (erfahrnen, kundigen) schifleut
künden den segel gar wunderbarlich wenden und henken.
Keisersd. schif der penit. 36 ; sie sind aber berichtet worden
wider dich, das du lehrest von Mose abfallen alle jüden.
aposlelg. 21, 21; und alle vernemen, das nicht sei, wes sie
wider dich berichtet sind. 21, 24 ; das sie des lateins wol be-
richt sei. Spalatin bei Luther 5, 34' ; warumb lessest du deine
kirche, da du getauft, gelert, bericht bist und dahin du ge-
hörst? 5,492'; wer des berichtet ist und in seinem gewissen
für gottes wort und Ordnung hält. 6, 4'; das sie so uber-
flüssiglich der warheit bericht sind. 4,357'; darin er irer bar-
barischen red SO gewont ist gewesen und ircs glaubens so
bericht, das er mer davon wiste zu sagen. Frank weltb. 99';
sobald nun einer der namen und figur der buchstaben be-
richtet ist. IcKELSAMER s. 3; SO musz der arzt betrachten, wie
die natur, wie die arznei, wie die zeichen sich anlassen, dasz
er bericht sei, denselbigen nachhang zu gehen. Paracelsus
1, 697'; die falkcn werden bericht (abgerichtet) und heiszt
nicht zam gemacht noch heimlich. Sebiz 570 ;
ob bei hof ein Jedes schmeichelt, schmeicheln doch die pferde
nicht,
die den harren selbst abheben, wann er reitens nicht bericht.
LoGAD 3, zug. 114;
du solt beisian dem rechten
aus ritterlicher pflicht,
solt ritterlichen fechten,
dan du bist wol bericht. SoiTAt258;
ich werde von glaubwürdigen leuten berichtet, dasz. Schüp-
PIDS152; weil der sultan voraus berichtet worden war, dasz.
Wieland 6, 128 ; nachdem er wol dreimal war berichtet wor-
den. 7, 57 ; wenn ich recht berichtet bin. Wieland 9, 109 ;
die Steuerleute aber wissen sich
vor groszer furcht nicht rath und sind des fahrens
nicht wol berichtet. Schiller 540';
in seinem privatlebcn liebenswürdig, in seinem regentenamt
achtungswerth, nur in seiner politik schlimm berichtet (mal
informe). 991 ; er ist berichtet, dasz ich wieder Weisungen bin.
Göthe 8, 74.
6) berichten, mit dem acc. der sache, wenn es melden,
nachricht geben ausdrückt, leidet auch den dat. der person:
ich habe dir berichtet ; es ist uns berichtet worden ;
noch grenlichers hat mir derselbe mann
berichtet, was zu Samen ist geschehn. Schiller 522'.
dies einem berichten fällt zusammen mit einen berichten, unter-
richten und wo ein sich, uns, euch daneben steht, entspringt
über den casus Unsicherheit, z. b. sich wechsclsweise berich-
ten bei Göthe 25, 343 kann sowol heiszen sich unterrichten
als bericht erstatten.
BEHICHTERSTATTER, m. auctor, narralor. berichterstalter
einer zeitung.
BEUICUTERSTATTUNG, f. Vortrag.
BEHICHT(JEl{EK, m. was berichterstalter: ein berichtgeber
aller verborgner dingen. Avrer proc. 3, 6.
BERICHTIGEN, corrigere, emcndare, richtig machen, ordnen,
ein erst im 18 ja., es scheint nach dem franz. rectiücr, corriger
gebildetes, bei Stieler und Frisch noch fehlendes wort, statt
dessen früher auch das einfachere berichten gebraucht werden
konnte, eine sachc, schuld, rechnung berichtigen, ordnen,
bezahlen; einen fehler, eine arbeil berichtigen, bessern; einen
zweifei berichtigen, entfernen;
sin hftspicKClt sich, berictiiigct ein band
an ihrem latz. Wulano 5, 188 ;
i«h hoho alles (eilliuhs bericbtigi. Scuillbr442'|
sie müssen noch herkommen, ihre rolle mit mir zu berich-
tigen. Schiller 197 ; die mahlzeit, die Melina regeimäszig so-
gleich berichtigte (bezahlte). Göthe 18, 168; der vogt der
wöchentlich alle rechnungen berichtigt. 23, 4; als wir über
den Dnieper gesetzt waren, hatten die andern etwas an dem
wagen zu berichtigen. Arndts leben 132.
BERICHTIGUNG, f correctio, soiutio.
BERICHTLICH, adv. ex relatione, narratione: indem ich,
was in der gesellschaft vorgieng, von freunden berichtlicb ver-
nahm. Göthe 31, 170.
BERICHTMÄSZIG, adv. in gestalt eines berichls.
BERICHTSAM, docilis, belehrbar: ein ungeschickter, unbe-
richtsamer mensch.
BERICHTSCHREIBEN, n. literae narratoriae.
BERICHTSENTWURF, m.
BERICHTUNG, f. relalio: berichtung des jhenigen, so N.
bei ... Philippsen landgraven zu Hessen verstanden. Lanz
Äor/5 5.255; der groszfürst fragte, wie gehets churfürst Jo-
hann Georg? nach berichtung s. eh. durchl. wolergehen sagte
er ferner, pers. reiseb. 1, 11.
BERICHTZETTEL, m. verhaltungszettel.
BERIECHEN, in doppeltem sinn,
1) fumo, odore implcre: stube ganz berochen, von rauch
erfüllt; und nach dem empfangnen nachtmal miteinander in
die kammer giengen, die von köstlichem geschmack aller be-
rochen war. Boce. 2, 127'. beides heute veraltet.
2) odorem explorare, vgl. anriechen: er beroch alles, was
er in die band nahm; gierig beroch er die flasche; das wild
beriechen ;
er (der äffe) kroch hinauf, man sah ihn kaum,
drauf setzt er sich, beroch das weiter. Lichtwbr 1, 9.
sich beriechen, sich erforschen, kennen lernen: wir müssen
uns erst miteinander beriechen. Stieler 1531; hat man sich
ein paar tage wol miteinander berochen und weisz was man
aneinander findet. welzabendA.i*.
BERIECHUNG, f. odoris exploratio.
BERIEFELN, striare, riefen machen, auch beriffeln.
BERIEFEN, dasselbe.
BERIEMEN, loris instruere.
BERIESELN, die wiesen künstlich wässern, wozu ein hang
oder gefalle erforderlich ist.
BERIESELUNG, f.
BERINDEN, cortice legere, incrustare: berindete bäume,
ungeschälte, sich berinden, cortice legi: so trägt bauholz von
abgeschälten bäumen weit mehr als von berindeten. J. Paul
Levana 1, 277.
BERING, levis, facilis, bei Maaler 59' agilis, expedilus,
ahd. ring, ringi (Graff 2, 530), vgl. gering:
die wiber anfahend schnöde ding,
zuo rouben, stelen sind bering, trag. Joh. üß;
die drit aigenschaft, die das häslin an im hat, die ist das es
heringer und schneller und sicherer ist den berg auf zu lau-
fen, dan den berg ab. Keisersb. has im pf. Aa4'; schnell
und bering, ehr. bilger 132; beringer band, der schnell von
hand ist, bering mit springen, sallatu velox. Maaler 59'.
BERING, adv. leviter, faciliter, subito:
ja gnädiger herr, das thuon ich bering, trag. Joli.illS;
wer do verachtet kleine ding,
dem begegnet schaden bering. *
s. urbering, urplötzlich.
BERLNG, m. circulus, circuilus: im bering, umkreis der
Stadt.
BERINGEN, 1) annulo ornare, mit einem ring ausstatten:
ist der finger beringt,
so ist die jiingfcr bedingt;
ein solches zauhcrblatt ringelt sich immer mehr zusammen,
je mehr die band, worein man es breitel, sich bald vcrloheu
und beringen wird. J. Paul ;«ic/«. 139; obren beringt.
2) cingere, circumscdere, umringen, mhd. starkformig:
ein mündel röt hat mich betwungen,
daj min herze ist gar berungcn. MS. 1, 26\
nhd. schwach:
zur seilen aber die schwergerftsten,
so die meus zu beringen wüsten, froschm. III. 2, 6 t
auch der söhn, der eher starb, eh er anficng hier xu leben,
der mit llnsircr nnrhi beringt sich zum grabe vor gegeben,
eh er sich ans licht begab. Logau2j. 47;
wie ein fürst sich mit den bunten, durch die knopflöcher
1525
BERINNEN— BERLICKE
BERLIMOST — BEROPFEN
1526
seiner Vorzimmer gezognen Ordensbrüder einfasset und be-
ringt. J. Pacl Hesp. 1, 102.
BERLNNE.N, circumfluere: gesiebt, köpf, leib mit blut ge-
Tärbt und beronnen. Tiecü Cev. I, 334. oft mhd. z. b. Er. 4499.
5325. Ls. 1, 280.
BERITT, m. eireuitus, bezirk, den ein forstbereiter, «ege-
bereiler zu bereiten hat.
BERITTE.N, 1) vom pferd, condocef actus, part. von domare
bereiten, also zugeritten:
der hat ein ros, das ist so genge beritten,
als das birschleio vor dem gruiieo walde.
Ubla.no 1, 377.
2) vom reiter, equo inslructus, vectus: er ist wol, scblecht
beritten, reitet ein gutes, schlechtes pferd; einen beritten ma-
cben, einen aufs pferd setzen, ihm ein pferd geben; machet
eucb beritten I unw. doct. 659. besser stünde in diesem sinne
geritten, d. i. reifend, geritten habend {nicht bereitend, berit-
ten habend), auch heiszt es mhd.
die Tügele wären baj geriten. Parz. 119, 5,
besser zu pferd, schneller;
dö stnjchte der baj geriten man. 537, 11,
und keine lesart hat benten.
DERITZEN, leviler vulnerare, scindere: gartenländer von
der hitze beritzt, aufgerissen. Stielep 1594.
BERKAN, m. ein von kämet- oder Ziegenhaaren gemachtes
zeug, spdler nur aus u-olle, eine art kamelot, it. barracano,
franz. baracan, s. Dlcange unter barracanus und barchat
sp. 1125. rock von grünem berkan. Göthe 24, 78.
BERK.NOPF, m. gemma, germen: davon wil Birkeimerus
(Pirkheimer) beiszen die Teutschen Germani von germino,
dasz sie also wie die berknöpf an bäumen mit häufen her-
für sprossen. Frank chron. 5*. noch heute in Schwaben bär-
knopf, tragknospe, fruchtaug (Schmid 431, von beren, baren
tragen, nicht von beere bacca. vgl. wolfentiegel.
BERLE, f unio, margarita, ahd. perala, berala (Graft 3,
247), mhd. berle (Be.v. 1, 106'), 6c« Dasypodics 130'. 300' bärle,
bei Luther berie, Hiob 2S, 18 ; perie spr. Sal. 3, 15. 8, 11. 20, 15 ;
noch bei Stieler 119 berl, berie, und viele spätere behalten
diese Schreibung, z. b.
ihr sclilaf und nachtesrock er war fast wie beseel
mit berlen und mit goid. Neliabks lustw. 156,
heute ist perle durchgedrungen, wie pelz für beiz u. o. m. In
der that befriedigen die ableitungen des romanischen perla von
perula parva pera, von pirula, pilula (vgl. allfranz. pelle /".
perie), von perula für spberula venig; die glossen des Iso
magister geben: bacas gemmas rotundas, qui uniones vocan-
tur ... quos et perulos vocant (Dcca>ge 5, 207. 222(, natür-
licher schiene also ahd. perala, perula auf peri bacca zurück-
zuführen, und Dasvpod. 17' setzt bärie unter bacca beer, bac-
catum monile ist ihm ein bärlin halsband, mit bärlen geziert;
ebenso nach ihm Serraxcs C2'. man erwäge auch das fol-
gende berlein, baccula. volle beslätigung hätte ein golh. basla
geliefert, von basi, doch Ulhlas verdeutscht 1 Tm. 2, 9 /lao-
^a(>^Ta<sfni(markreitum, und dies wort würde bei ihm wol auch
Matth. 7, 6. 13, 45. 46 gestanden haben, in welchen stellen seihst
die ahd. Übersetzung merigrioj und nicht perala verwendet,
man wäre versucht, selbst des Ausonius suevische Bissula
durch perie (= Margareta) zu deuten, merkwürdig, wenn der
frühe perlenhandel beide ausdrücke, meergriesz und perle,
aus unsrer spräche entnommen hätte, die Zusammensetzungen
werden unter perle angeführt.
BERLEIN, n. kleine perle, wenn die abkunfl von perie aus
beere richtig, einerlei mit beerlein, baccula: Cleopatra nain
ein beriin von dem or herab, das was fast küstlich und grosz.
Keisersb. Sünden des munds 6'; wenn ich mein lob setz in
deinen mund, da leil denn das berli an der edelsten stat.
56" ; die königin Cenobia ... so weisze, hübsche zene ge-
habt, dasz wann sie geredt oder gelachet, es nit änderst ge-
standen sei, als hct sie den mund vul weiszcr beriin. Petr.m';
edle berlein seind die porten,
auf^etban an allen orten. Riismkr Jer. 2. 177'.
Maaler 59* setzt: ein traub voll beriinen, uva acinosa.
BEHLICH, aperlut, evidens, offenbar: ich lind namentlich
siben groszer beriicher schaden. Keisersb. Sünden des munds
8'. es*.
BERLICKE BERLOCKE, ein ausruf der gaukler und be-
tchwOrer, womit sie erscheinungen oder Umgestaltungen gebie-
ten: er befindet «ich im fall der bösen geistcr im Puppen-
spiel, die auf das schnell wechselnde berlicke berlocke! des
mutwilligen hanswursts nicht wissen wie sie gehen und kom-
men sollen. Götbe 27, 118 ; in Simrocks Faust s. 39 aber per-
lippe perlappe, wozu einem das hexenpulver bärlappe {sp. 1129
1134) bei fällt.
BERLIMOST, m. mustum cuini: berlimost im Türgöw. Fi-
schart groszm. 136; turgeuischer berlimost. Garg. 58'. vgl.
börwein, beerwein. Garg. 58". s. beermost
BERLI.NMUTTER, f mater unionum. Hemscb 293. s. per-
lenmutter.
BERLINTHURM, m. zu Augsburg. Garg. 274', sonst beriach.
He.msch 293.
BER.ME, f s. härme.
BERME, /■. 1) ein schmaler gang am graben unten im wall,
franz. berme. 2) ein streife lands, der vor oder hinter dem
deich stehen bleibt.
BERNBRAND, m. nimb ein kraut, heiszt berendatzen oder
bernbrand. Secter 216. nach dem bär genannt, s. bärentatze.
BERNEN, die niederd. form für brennen, schon im pass. K.
35, 14 bemende flammen : ich gehe schwarz einher und hör-
net mich doch keine sonne nicht. Hiob 30, 28 ;
der man hat sich aufii knecht erzörnl,
as es wie ein backofen börnt.
Gregor VVag.ner, comedi das untrew sein eigen Herrn
schlecla. 1547. 5, 2.
BERNHART, junker Bernhart raufen = lügen. Kirchhof
wendunm. 246". ein guten Pernhart trinken, fastn. sp. 432, 10.
BERNHASE, m. hat Stieler 262 /ör das sonst übliche bön-
hase, Pfuscher.
BERNHELTER, m. was bärenhäuter (sp. 1128), woßr hier
noch einige stellen milzulheilen sind: ihr seid die katz und
die ratz und der bernheuter. Harnisch 294 {bei Cervantes:
vos sois el gato y el rato y el bellaco) ; der teufel müste viel za
thun haben, wann er einen jeden bernheiter holen soll.
Schmelzl s. 57 ; man sagt, dasz da der alte graf Johann von
Nassau habe beilager gehalten, habe er immer gerufen : sehet
dasz ihr mir die bernheuter wol tractiert. dann die werden
mich entweder loben oder schelten, wann ihre herm still
schweigen. ScHi-ppit;s 31; der teufel musz ein fauler bern-
heuter sein, dann ihr begehrt sein des tagcs so oft, dasz
er euch holen solle und er kompt doch nicht. 163; nun sehe
ich, dasz ihr mein freund und alle meine saufbrüder bern-
heuter seien. 232; ist Bernhard Schmid besser als ein erz-
bernheuter, so wird er die warheit nicht verschweigen. 787.
BERNHEUTERDEGE.N, m. gladius ignobilis, puerilis. Stie-
ler 270.
BERNSTEIN, m. succinum, eleelrum, s. agstein s. 190. die
hochd. form wäre brennstein {s. brennenstein), wie altn. bren-
nisteinn für sulphur gesagt wird, da, er aber am nordslrand
ausgeworfen wird, setzte sich jene benennung fest, auch die
Polen haben nach bernstein bursztyn gebildet, wie die Böhmen
agsteyn, aksten beibehalten, den Littauem heiszt er aber gen-
taras, den Russen jantar', den Isländern rafr, den Dänen rav.
man saql bernstein fischen, lesen, sammeln, schupfen.
BERNSTEINARBEITER, m.
BERNSTEINEN, succineus.
BERNSTEINFANG, m. auftischen.
BERNSTEINFÄNGER, m. auffischer.
BERNSTEINSALZ, n.
BERNSTEINSPITZE, f ßr cigarrenraucher.
BERNSTEINVERWALTER, m.
BERNSTEINWIND, m. der ihn an den Strand treibL
BEROCKEN, vestire lunica. Henisch 294.
BEROCKEN, Uno vestire, die kunkel, den rocken anlegen,
BKRODEN, behacken: kohl, kartoffeln beroden.
REROIfREN, arundine restire, mit röhr bekleiden.
RKHOI.LEN, ein schifhauwort. Garg. 79*.
BEROME.N, s. bcramen.
BEROPFEN, plumas, crines, pilos detrahere, sehr oft ßr
berupfen : wie listig will die alt schälkin nicht allain unsern
herren, sondern auch uns beropfcn. W'iriü.nc Cal. M3'; ich
möcht wol leiden, dasz sie begert und bempfet. M4*; etlich
beropfen die augbrawen mit zenglen. Ol*. 4'; wer ein vogel
essen wil, der musz in vor beropfen. f 3' ; die vögel, ehe dasr
sie reif werden, beropfen. Petr. so"; alle kinder sollen unbe-
ropft, fadenblosz und mutternackend auf erden kommen. Fi-
schart groszm. 24; wie ein antvogel beropfen. Garg. 251*;
unier den spielen führt Fcschart an: gänslin beropfen n* 23;
gauch beropfen n* 567. *. berupfen.
96*
1527
BEROSEN — BERSTEN
BERSTEN — BERÜCHTIGEN
1528
BEROSEN, rosis inslruerc. Venus sprichl:
noch soll mein schmerz die ganze well heroscn.
UÜCKKRT 258.
BEROSTEIV, rubigine corripi.
BERÖTHELN, rubrica signare.
BERÜTHEN, rubore afficere, suff andere: es seie dann ir-
gend einer, der verborgene liündel im herzen sitzen habe, die
er niclit sagen mag, sie aber ihne gleichwol herülhen. Puil-
ANDEn2, 877;
den blanken rebensaft niii girie zu beröihen.
LoiiENST. Cleop. 57, 64 ;
weil des mondes stralen die macht nicht haben, so eine hol
zu berüthen. Praetorius Sa/uni. 11;
nein dieser versehe kraft wird ihn mil schäm heröthen.
Neitmarks luslw. 70.
BERÖTHIGUNG, f. zu beröthigung deiner innerlichen schalk-
heit. PlIILANDER 1, 9*.
BEROTZEN, muco polluere:
wie sonderlich der schneiderknecht
mit seiner nascn umh sich schlecht,
berotzet manchen Ironien man,
dcrs alTenreich nicht lohen kan.
NiGiuNus ujfenspiel E2'.
BERPEL, rubeola, berpel oder die rotin oder die urslacht,
Variola, vocab. theut. 1482. d2', sonst purpeln, purpuln, ru-
beola';. Stieler 118. engl, purplcs.
BERRE, wi. nassa, s. bare imd beere, mhd. bere:
fiengen die vischlein grosz und klein,
dis hat ein berrcn, Jens ein zcin.
WicKRAMs irr. hilger 20.
BERSCH, m. perca fluvialilis, kommt unter schwankenden
foi-men vor, s. bars, liarsch, bärsich, bersich, borsig, bersige,
bcrsing, perscbiug, perscb, börsch.
BERSCH, «1. an einigen orten für wirsching, wirschkohl.
BERSICH, m. perca:
grundein, bersich, gioppen nach der reien.
WiCKRAMS irr. bilg. 10 ;
darzu solt du nemen einen bersich. von guter speise 19 ; wel-
cherlei sie sind, hcchede oder bersige. 20. 21 ; fohren, hechte,
bersige. Bartisch äugend. 254 ; du magst im auch geben von
gebraten öpfelen und von fischen ein bersige oder von eim
kleinen hechtlin. Gersdorf 24.
BEBST, m. crepitus, fragor, ruplitra. Henisch 294. Stieler
167 : der berst des himniels, einer wölke, eines brets. s. das
folgende.
BERSTEN, crepare, findi, rumpi, praet. barst {schlechter
hörst), part. geborsten, eine nd. form, die erst seit dem 16 jA.
ins hd. vordringt, ahd. galt nur brestan, prestan, prast, gi-
prostan (Grafp 3, 271) und mhd. bresten brast gebrosten (Ben.
1, 256), selbst alls. brestan, altn. bresta, scliw. brisla, ddn.
brösle; ags. aber berstan, engl, burst, nnl. bersten. Dasv-
i'ODius und Maaler haben noch kein bersten, dagegen gebre-
sten deßcere, gebreste defectus; bei Heniscu 294 und Stieler
167 ist bersten eingetragen.
Die umslelhing in bersten verdunkelt den Ursprung des worts,
denn sichtbar schlieszt sich bresten sowol an brechen fran-
gere (vgl. oben sp. 1451), als an altn. briota, schw. brjta, ddn.
bi-yde rumpere, wofür auch ein ahd. priojan aus proj gcmma
erumpens gefolgert werden darf; das ST in bresten verhält
sich wie im lat. frustra und IVustum, die abstraction fraus
fraudis, fallacia (abbruch) gleicht buchstäblich dem altn. braut
via fracta, strata, vgl. auch brüst, pcclus, die schwellende,
vorbrechende, was sich wieder umstellt in nd. borst, von dem
merkwürdigen verhalt zwischen goth. brikan und einem mul-
maszlichcn briutan = altn. briota soll anderswo näher ge-
handelt werden.
Redensarten. 1) bersten vor gift, zorn, ärger, bosheit, geheimnis,
schreien, lachen: wiltu für bosheit bersten? Iliob 18, 4; haslu
etwas gehöret, so lasz es mit dir sterben, so hasiii ein ruiiig
gewissen, denn du wirst ja nicht darvon bersten. Sir. 19, 10 ;
da nam Daniel pech, fettes und haar und kochet es unter-
einander und maciile kiichiein daraus und warfs dem drachen
ins maul und der dracl» barst davon mitten cnzwei. vom Bei
26; dieser hat erworben den aeker umb ungerechten lohn und
sich ciiienket und ist mitttm enzwci geborsten, apost. gesch.
1, 18; das er leichtlich darvon möcht börsten, bienenk. 232;
also das sie zuletzt darfür wol möchten börsten. 244"; der
schwenke vor lachen bersten, unw. doct. 706; ich gedachte
vor bosheit zu börsten. Plesse 1, 81 ; noch möcht ich vor zorne
bersten, wenn ich daran gedenke. Klopstock 12, 379 ; ich hätte
über sein kaltsinniges compliment bersten mögen. Lessing
1, 263;
schrei, bis du berstest, schurkel Schiller 536* ;
da er entweder bersten oder reden muste.. Wieland 19, 323;
ich müste sonst an meiner zwcifelei bersten. Gükingk 2,121;
ich will ihnen zu lachen geben, dasz sie bersten sollen. Klin-
gers ///. 2, 2ri9 ; aber hier barst Worble in ein lachen aus-
einander, das er so lange zusammengehalten. J. Paul komet
3, 55.
2) und solt dem geist der bauch bersten. Luther 3, 466';
ach das herze im leibe wil mir vor angst und schmerzen
bersten. Heinr. Jul. von. Br. Sus. 3,4; ein ström von thrä-
nen, in welchen sein berstendes herz ausbrach. Klopstock
1, 304; sie krümmte sich in thiänen berstend zu meinen
füszen. 2, 05 ; auch öfnete sie mir ihr herz nicht, bis es von
selbst borst. Leisewitz Jul. von Tar. 2, 5 ; des Staunens ber-
stende thräne. Schurart ged. 1, 14 ;
des Schmerzes höllen(]ual durchdringt
der wölken scliosz mit berstendem gehcule.
ScriiLLP.R 3t ;
am lautesten Armins berstender seufzer. Göthe 16, 172 ; sein
herz wollte bersten. 16, 176.
3) der geruch eines berstenden aases. Schiller Hl', man
sagt die füsze, Jiände bersten, brechen auf; die lippen sind
ihm geborsten, aufgebrochen; die brüste bersten.
4) nicht anders als börste die erde. Schiller 873; in {von
der sonunerhitze) geborstnen feldern. Lessing 1, 126;
berstend reiszt
der boden unter meinen füszen auf. Göthe 9, 245;
mit dem düstern gestrauch, das sich aus geborstener wand
hervordrängt. Bettine br. 1, 275 ; eine geborstene mauer, glocke ;
das eis, die decke des eises barst.
auf seen und strömen das grandeis borst. Bürger.
5) die kraft des windes und der berstenden wölken. Fel-
senb. 1, 62 ;
ihr wölken berstet, gieszt herunter ströme.' Schiller 539'.
6) eine noch nicht geborstene rose. ped. schul f. IIQ;
bäum, der borst. Brockes 7, 500;
durch der eichenwälder bogen
bist du brausend hingezogen,
bis der letzte wipfel barst. Hückert 46.
man vgl. brechen, platzen, reiszen, springen, deren jedes in
bcslimnilen fällen gilt.
BERSTGRÄS, n. carex acuta, weil von dessen gcnusz das
vieh zum zerplatzen aufschwillt.
BERSTKR.\UT, n. dasselbe, platzkraut, s. auch barzen-
kraut.
BERSTIG, was einen sprung hat, leicht springt oder birslct :
berstige breter.
BERTLING, m. was bärtling.
BERTRAM, m. anthemis pyrethrum, aus dem letzten wort
sichtbar unserer spräche angeeignet, s. berchtram.
BERICHTEN, famare, diffamare, ins gerücht, in den ruf
bringen, verleumden:
ein müller,
der war berüchlet in dem alter,
das er het gmessen böse inalter. Waldis Esoj) 4, 86 ;
diese musz man mir mit nichten
als ein alte magd berüchtcn. Logau 1,3,49;
Xantippe war zwar schlimm berüchtct. Wernikf: 173.
BERÜCHTIGEN, dasselbe, und heute allein Üblich: Niklus
Bruckener clagit zu Hans Skasse, da; her in berucbtigit bette
mit Worten, die im sein cre und glimphen anlangende wercii.
Magdeb. weisth. s. 37 (a. 1453); ist denn Niklus Bruckener
umb etzliche untad beruchtiget. 3!» ; darumb das er ein jung-
fraw in Israel beruchtiget hat. 5 Mos. 22, 19 ; es war ein rei-
cher man, der hatte einen haushalter, der ward vor ihm be-
rüciitigel, als bette er im seine guter uinbbrachl (goth. fravrö-
hi|is var|) du imma ei distabidiMi aigin is). Luc. 16, 1; nicht
beruchtiget, das sie schwelgen und ungehorsam sind. Tit. 1,6;
ja ich sol nicht gestatten, so viel an mir ist, das evange-
lische warheit unter dem namen gottloser bei so eiin gro-
szen fürsten mit so groszem schaden vieler hoher leutc std
beruchtiget und gelestert werden. Lltiier 1,215"; es ist hin-
fort zeit, nach s. Paulus lere, die ön'enilicheii übellheter für
aller weit üireutlich berüchtigen, verlachen und strafen. 1, 357*.
br. 2, 114; die mich austragen und berüchtigen. 3, 15o'; af-
1529 BERÜCHTIGUXG — BERÜCKEN
terredet, berüchtiget, beleuget felscblich seinen nechsten.
tischr. 197'; aber die eerlosen, gesciunechten oder berüchtig-
ten (ignavos et imbelles et corpore infames) warfen sie in
ein wasser oder mosz mit kat zugedeckt. Fbami weltb. 43';
ticng an sich zu entschuldigen deren ding, so ihn seine feind
bei uns möchten berüchtigt haben. 230'; das ich mit dieser
that gezigen und berüchtiget werde. Reltter kriegsordn. 23;
auf das du uns einiger unhöflichkeit nicht berüchtigen mö-
gest. Philander 1, 40S ; dasz du vor diesem deinen namen hät-
test damit berüchtiget. Praetorics Kalzenveil s. 1 ; der mensch
ist dessenwegcn (der Undankbarkeit) so berüchtigt, dasz man
es nicht für unwahrscheinlich hält, man könne sich durch
erzeigte wolthaten wol gar einen feind machen. Käst 5, 297 ;
einer Ton den berüchtigsten Widersachern. 8, 121;
bettelte haus bei haus, ein weit berüchtigter vielfrasz.
VossOd. 18, 2;
ein berüchtigter gauner. s. übeiberüchtigt.
BERICHTIGUNG, f. diffamalio: wie dis ergernis hingelegt
möcht werden on Verletzung und abbruch des apostolischen
stuels, auch on alle verleumbdung und berücbligung bruders
Martini. Luther 1, 125*; nun verstünden sie solche berüchti-
gung. Melanchthon 2, 107.
BERÜCKEN, deeifere, (allere, bestricken, in die falle locken,
gleichsam hintertcärts {mhd. berücke, ade. kröne 27241) fangen.
1) ursprünglich, ein wildes thier, einen vugel berücken,
bestricken, fangen, überfallen, strick, schlinge, netz über ihn
rücken, icie die LXX TiayiSsvetv gebrauchen; die Jäger be-
dienen sich beim lerchen- und schnepfenfang sogenannter rurk-
leinen, d. i. game, schlingen, die geruckt, gerückt werden,
auch decipere erklärt sich aus capere. wie die fisch gefan-
gen werden mit eim schedlichen hamen, und wie die vogel
mit eim strick gefangen werden, so werden auch die men-
schen berückt zur bösen zeit {LXX TtaytSeiovrai oi vloi
Tov av&QcoTiov eis xatoöv Ttot^r^oäi; vulg. capiuntur homi-
nes in tempore malo). jpred. Sal. 9, 12 ; es halten sich unzeh-
lich viel seehunde umb die inseln auf, welche wir, indem
sie sich auf die herumliegende steine in die sonne gestre-
cket, aus den büschen gar leicht berücken kunten. pcrs. reiseb.
1, 4 ; verliebte hasen berücken. Pierot 2, 6.
2) überlisten, überfallen, betriegen: und ob er zu schwach
ist, dir schaden zu thun, so wird er dich doch, wenn er
seine zeit siebet, berücken. Sir. 19, 25; gute freund, mein
eigen gesind, dazu ich mich guts versehe, die mich am al-
lerersten berücken. Lcther 4, 402' ;
Ulvsses seinen sinn
berücken ist x'u hoch. Opitz 1, 228;
dasz mich der neid berücke,
da bin ich sorgenlos. Logau 1,8, 19;
bürger sind fuchse zum schleichen und scbmügen,
voriheln, berüciten, linanzen uad lügen. 2,5,14;
weiln aber die religion und deren vorschützung der sicherste
weg ist, den pöbel zu berücken. Gryphics l, 345; da ein
schlechter und einfeltiger gümpel durch gute worte berücket
worden. Weise erzn. 41 ; der ihn gedenket zu berücken, soll
unser auch nicht schonen, unw. doct. 652 ; ich habe solche
frürnmigkeit mit einer angenommenen scheinheiligkeit berü-
cken wollen, ped. schul f 53 ; manch ehrlich mädchen zu be-
rücken, pol. stockf. vorr.;
ein mensch wird leicht berückt,
gott läszt sich nicht betriegen. Gö.ither 1036;
durch keinen zwang gekrümmt, durch keinen neid berückt.
Hagkoor.i 1, 28;
sie oicbt so sträflich zu benicken,
verspricht und hält ihr Polrdor. 3, 103;
ein schalkhaftes lächeln schien die herzen zu warnen, sich
von der tändelnden Unschuld dieses schönen götterknaben
nicht berücken zu lassen. Wieumd 1, 288 ;
mit einem won, nichts zeigt sich ihren blicken,
das nicht verdient selbst götier zu berücken. 10, 127;
allein bei kälterm bliit und hellem Sonnenschein
soll Venu» .selbst nicht (nhig sein
noch einmal mich so straQicb zu berücken. 10,212;
mit dem geiste, den kein wahn berücket. Gottu 1, S4;
»ie halten nicht wort, es sind Iti^engeister
die dich berückend in den abgriind ziehn. Schillu968';
0 glücklich der, den keine furcht berückt! Göthc 11, 171;
ihr Tarben macht venvorrenen schein,
dasz wir die zagende seele bemoken. Tiece 2, 175;
herz, lasz dich* nicht berücken {iniachen),
dasz nach verdienst wird nicht celohni auf erdeo.
nücKCRi 320;
BERÜCKSICHTIGEN — BERUF
1530
sonst wird der verstand berückt, aber nicht überführt. Katt
7, 348; dann muste das berückte herz verlassen ausrufen,
ach wo find ich u. s. w. J. Padl Tit. 1, 142. s. aufrücken,
vorrückeiL und zumal rücken selbst.
BERÜCKSICHTIGEN, rationem habere, respicere: dieser
mensch niusz berücksichtigt werden, fordert, verdient rück-
sichl; eine sache berücksichtigen; man soll alles berück-
sichtigen.
BERÜCKSICHTIGUNG, f.
BERÜCKUNG, f. captio, deeeptio, fraus: lasz iren tisch zu
einem strick werden und zu einer berückung iyevrj&rizca i]
roÜTte^a avräyy eis nayiSa xai et» ■9'r^oaf, fiat mensa
eorum in laqueum et in captionem). Rom. 11, 9.
BERUDERN, rem« instruere: berudert. Garg. 79';
Ajas sank in der Qut mit den lansbcruderten scbilfen.
Vos's Od. 4, 499 ;
das wolberuderte schif. Bürger 139*.
BERUF, m. fama, voeatio, impulsio, munus.
1) fama, ruf: solchs aberglaubiges wesen ist zu unsem
Zeiten aufgehaben und abgeschaft worden, aber die capell
ist nichts destoweniger in ihrem beruf blieben. Anx. Priva-
TDS daemonolalria p. 147 ; es sein diese beer in groszcn be-
ruf kommen. Tabernaem. 1362; und bringen diesen newen
abgott in solchen beruf, dasz die ganze wendische natioa
ihme jährlichen trihut zusandte. Micr.\lius 2, 167 ;
vor jähren der beruf allhie war,
dasz man hielt auf der ganzen erd
allein für gut unsere pferd. Atrer fastn. sp. 1*;
Protesilaus musz mit seinem tode fliehen,
des Peleus brudern söhn, der könig in ilynnt,
und der vor beiden ihm den gröszten ruhui errant,
verdorren an beruf. Sccltbtus bei Lessiwj 8, 27S;
weil ich nunmehr allbereit im beruf, dasz ich wacker spen-
diere, pers. rosenth. 7, 6 ; eine Jungfer musz mühe haben ihre
ehre und keuschheit in gutem beruf zu erhalten. Weise
überfl. ged. 2, 127; einer rühmte sich, als war er wegen
seines losen mauls allenthalben in beruf, erzn. 421; nun
war zwar der gasthof vor diesem in gar gutem beruf gewe-
sen, maulaffe 84. heute gilt in diesen^ sinn nur ruf, nicht
beruf, der gegensatz ist aber verruf.
2) vocatio, officium, Studium, impulsio, aml, bestimmung:
bleibe in gottes wort und übe dich drinnen und beharre in
deinem beruf. Sir. 11, 21; vertraue du gott und bleibe in
deinem beruf. 11, 23; sehet an, lieben brüder, euren beruf.
1 Cor. 1, 26 ; das ir erkennen müget welches da sei die hof-
nung eures berufs {goth. vens laJ)onais). Eph. l, 18; so er-
mahne nun euch, das ir wandelt, wie sichs gebürt, eurem
beruf, darinnen ir berufen seid (gaggan ))izös lat>6nais, )ii-
zaiei la{>udai siju{)). 4, 1; ein leib und ein geist, wie ir auch
berufen seid auf einerlei hofnung eures berufs (in aina ven
lat)ünais izvaraizos). 4, 4 ; das unser gott euch würdig mache
des berufs (vairj)ans briggai |)iz6s la{)ünais). 2 Thess. l, 11 ;
tbut desto mer fleisz euren beruf und erwehlung fest zu ma-
chen. 2 Petr. 1, 10 ; die ir berufen seid durch den himlischeu
beruf. Ebr. 3, 1; sie wollen seinen beruf, welchem er nicht
mderstehen konde, anzeigen. Luther 3, 32; ist der wille
und beruf Christi deines heilands. 3, 422; ich bah ewer
Schrift empfangen, darinnen ir mich fraget, ob ir sollet den
beruf (ruf\ zum predigamt gen N. annemen. 5, 485'; und
den beruf oder rechte weihe und ordiniem zum pfarramt vvi-
derumb der kirchen zusprechen und einreumen. 6, 103';
auszerm beruT nach narung trachten
ist anders nichts denn goit verachten.
KiBCuaor vendunm. 177';
der ist reich und von gott geehrt,
welchen sein band und beruf ernehrt. daselbst;
hab ich mit steter trew
für dir . . . meinen beruf verwaltet. Weckhirlin 290;
also ist einer in seinem beruf ein guter bäum. Lehna;«.-« 68 ;
beide wider ihren beruf in die liebe verwickelt wurden, maul-
affe 1 ; sie war nicht blöde, auf beruf der gaste sich vor den
tisch zu stellen. 73;
als man dir den beruf zur neuen würde bringt. CA.niiz 60 ;
die liebe zur kunst ist von Jugend auf meine gröszte nei-
gung gewesen, und ohnerachtct mich erziehung und um-
stünde in ein ganz entferntes gleis geführet hatten, so mel-
dete sich dennoch allezeit mein innerster beruf. Wi.xkelma:«»
3, Uli;
1531
BERUF— BERUFEN
BERUFEN
1532
als Phryne mit der kleinen band
noch um der mutier busen spielte,
nichts als den keimenden verstand
und den beruf der sinnen fühlte. IUgedoiin 3, 91 ;
wie kurz war
Gberwinder, dein lauf von deinem beruf zu dem himmel
bis in den himmel. Klopstock Hess. 13, 782
{ausg. 1760; 1780: deiner berufung zum himmel);
und dies sei fortan ihr beruf,
wozu der meisier sie erschuf! Schiller 80";
das königreich ist dein beruf. 300';
unser siiszester beruf
ist das glück der liebe. Gotter 1,72;
der vaier Noahn den beruf,
der sorgen gegengift zu brauen,
und mir den trieb verlieb, mein nestchen auch zu bauen.
1,416;
sich ejnen beruf {ein amt) wählen. 3, 15;
an jenem lag, da mich der fttrstenbote
zur konigswatil beschied, und ich erbangend
abwehrte den erhabenen beruf. Uhlands Ludwi«; 145;
im namen dessen, der sich selbst erschuf
von ewigkeit in schalTendem beruf. Götuk 3, 81 ;
er hatte keinen beruf {trieb) ihr zu folgen, vielmehr halte
ihr betragen einen neuen Widerwillen in ihm erregt. 18, 213;
hierauf gründet sich die befugnis und der beruf alle ereig-
nisse der nalur mechanisch zu erklären, Kant 7, 294; seine
frau prügelte er niemals, als wenn er in sich einen beruf
von allen seilen, wie er es nannte, dazu spürte. Lichten-
berg 3, 43 ; das ist gar nicht meines berufs, amts.
BERUFEN, vpcare, convocare, schwankt, wie abrufen, an-
rufen, aufrufen, ausrufen, zwischen starker und schwacher
flexion, worüber bei dem einfachen rufen mehr gesagt werden
soll. Keisersberg, Steinhüwel, Plater, Fischart, von neue-
ren Lessing ziehen das praet. berufte vor, Luther aber, dem
die mehrzahl folgt, berief.
1) berufen, ztisammen berufen: Jacob berief seine söne.
1 Mos. 49, 1 ; mache dir zwo drometen, das du ir brauchest
die gemeine zu berufen. 4 Mos. 10, 2 ; berief er das ganz
Israel. Jos. 23, 2 ; beriefen sie alle, die zur rüslung alt gnug
und drüber waren. 2 kön. 3, 21 ; da berief Herodes die wei-
sen heimlich. Matth. 2, 7; und er berief die zwölfe {goth.
alhaihait). Marc. 6, 7; mit trummeten, hörbauken und hör-
nern berufen sie die iren zur kirchen. Frank weltb. 226" ; do
beruft ich alle mine lantzlüt zamen. Tho. Plater 41; beruf-
ten sie wider die fliegend herd der scharpschröler. Garg.Ul*;
schon durchwallt die frohen baine
die berufne menschenschar. Bürger 114';
die stände sollen jährlich berufen werden.
2) einzelne berufen, advoeare, cilare, arcessere, herzurufen,
holen lassen, einladen, besenden : sihe, ich hab mit namen beru-
fen Bezaleel. 2 Mos. 31, 2. 35, 30 ; denn viel sind berufen, aber
wenig sind auserwehlet. Matlh. 20, 16 ; ein ieglicher bleibe in
dem beruf, darinnen er berufen ist. 1 Cor. 7, 20 ; bist du ein
knecht berufen, sorge dir nicht. 7, 21; ir aber, lieben brü-
der, seid zur freiheit berufen. Gal. 5, 13 ; sonderlich aber,
80 sie mich mit namen in dem andern zeddel nennen und
berufen. Luther 3, 113'; Ireneus spricht, das brot sei nicht
schlecht gemein brot, nach dem es von gott genennet oder
berufen ist, sondern eucharistia. 3, 371 ; sie beruften Moysen
darzu. Keisersb. Sünden des munds 30* ; und ward bald ein
rat besamlet und beruften Xanthum. Steinhöwel Esop 18 ;
zwar brüft sie mich wider zu haus,
dasz ich sol wider zu ihr gan. H. Sacus V, 213';
dich beides zu berufen und zu erforderen. Garg. 210';
und wie ihn ganz barmherzig du
berufest in dein reich und ruh. Wickherlin 316;
ist er ohngeladen hingegangen und zu dem panquet berufen
worden. Schuppius 770; den hanen, der mich so oft aus dem
schlaf erweckt und zu den bücberen berufen hat. 773;
sein abl, dem, sonder ihn, auch nicht sein mundwein
schmockie,
berief den besten arzt, dem er die noth entdeckte.
ilAGBDORN 2, 97;
liebevoll von ihr berufen
buldigt alles seiner pllicht. Rürgir 2';
was für ein glücklicher grdanke,
mein rater, mich nach Aulis zu berufen: Schiller 221';
(das sanftere geschlechi) das nicht
berufen ist zum billigen werk der wafTcn. 470';
geisicr berufen und am stein der weisen arbeiten. 31, 232 ;
vorauszuiehn war es, dasz man mich, wenn madauie de
Stael nach Weimar käme, dahin berufen würde, an Schil-
ler 900.
3) im gerichlsgebrauch hiesz berufen nicht nur vorladen,
citare, z. b. den geladenen mit neuer ladung berufen.
kammerger. ordn. von 1523 6, 2, sondern auch appellare: so
sage ich Martinus Luther genant, für euch, herr notarie,
als für einer öffentlichen glaubwürdigen personen, neben di-
sen gegenwertigen zeugen, willens und fürnemens zu appel-
lieren und berufen. LutherI, 35l'; und dasz von dieser aus-
■ legung kein appellation noch weiters hin berufen gelten sol-
len, bienenk. 13'; auf ein höheres gericht berufen, s. sich
berufen.
4) berufen, beschreien, incantare, unzeilig, voreilig nennen,
besprechen [vgl. unberufen), oft aber nur im milden sinne des
zur rede stellens, tadelns: einem sein glück berufen oder be-
schreien. Agricola spr. n' 535 ;
und dasz kein böses maul uns nicht berufen müsse,
im fall es überschlägt die grosze zahl der küsse.
Opitz 2,460;
hingegen waren theils bauren so gar gottlos, dasz sie sich auch
darum bekümmerten andere leute, oder auch wol ihre her-
ren selbst unterm schein der einfalt zu berufen. Simpl. l,
89 ; solche Säuglinge {die man erst entwöhnt und hernach wie-
der an die brüst anlegt) sollen bei ihrer erwachsung . . an
ihnen haben, dasz sie andere menschen, ihnen unwissend,
berufen oder beschreien. med. maulaffe 446. 447 ; dasz ich
mir ein vor meinem nächsten geburtslag zu erreichendes ziel
vorgesteckt habe, das ich nicht voreilig berufen will. Göthe
an Zelter 801; wir wollen den grafen nicht berufen, sonst
müst ich sagen, er führt sich recht gut auf. an fr. von
Stein 2, 38. ößer bei ihm für zur rede setzen, darauf anre-
den, tadeln: als er zu den frauen ins Versammlungszimmer
kam, beriefen sie ihn «instimmig, dasz nichts recht sitze,
der schöne federbusch sei verschoben. 19, 202; so fiel dem
zartempfindenden mienenkenner eine so geringe Zustimmung
bei der sache, die ihm höchst wichtig schien, dergestalt auf,
dasz er nicht unterlassen konnte, seine freunde deshalb zu
berufen. 23, 35; ich ward oft freundlich, oft auch spöttisch
über eine gewisse würde berufen, die ich mir herausnahm.
24, 101; Kleist hatte gegen diejenigen, welche ihn wegen sei-
ner öfteren einsamen Spaziergänge beriefen, scherzhaft, geist-
reich und wahrhaft geantwortet, er sei dabei nicht müszig,
er gehe auf die bilderjagd. 25, 101; nach einiger zeit bracht
ich eine flasche hervor, wegen der mich meine nachbarn be-
riefen. 30, 66;
bald wegen geist und witz beruft dich weit
Europens mund, bald wegen albernheit. 13,136;
du verachtest den armen, er lehne sich überall nieder,
schöne königiii, wol lieg ich bald hier und bald dort,
aber fändest du ihn erwachend einst in dem arme,
du beriefst ihn mit recht: lehnt er doch über.ill an.
Göthe bei Sclidll 233.
5) sich berufen, provocare, nach der dritten bcdeutung : wir
müssen appellieren und uns berufen von dem richtstul
zu dem gnadenstul. Luthers theoL; auf deren zeugnis auch
wil ich mich berufen. Kirchhof mit. disc. vorr.; also dasz
man frei von allen königen der weit an seine herlichkeit sich
mag berufen und ziehen, bienenk. 126"; sich auf ihr alt her-
kommen beruften. Zinkgr. apophlh. 27, 24; Gesncr brachte
bei und berufte sich desfalls auf den Henr. Conr. Agrippa.
Lessinc 9, 448; der angeklagte berief sich auf seinen guten
leumund.
BERUFEN, part. praet. des vorigen,
1) vocatus, celeber, clarus, famosus, notus, wie xlr^rös von
xaXiia, weil der gerufene ruf hat, berühmt ist: allen die zu
Rom sind, den liebsten gottes und berufenen heiligen (xAi?-
TOts ayioie). Rum. 1, 7. 1 Cor. 1, 2 ; so ist ein erbar rath zu
Nürmberg so berufen von gottes gnaden mit wcishoit und
gerechtigkeit, dasz herzog George ir meister nicht sein sol.
Luther 4, 337"; eine tugend solcher berühmten stad und weit
berufen weisen rath ehnlich und ehrlich. 5,171';
ich bin der mann, der dich so rühmlich sang
in meine harf und die berufnen seilen. Opitz 1,68;
du wärest sonst der markt und schaiiplaiz aller Sachen,
dardurch ein schöner ort sich kan berufen muchen. 3,268;
doch glaubten sie nicht, dasz dieses der einzige rühm sei,
dadurch die liochlubliche Stadt fast in der ganzen weit be-
kannt und berufen wäre. Wkise erzn. 437; und alle solcher
groszrr hericn guter, ihr Weisheit, ihr berufener nain in der
weit, darumb sie sich so hoch bemühen. Schuppius 137 ; da-
1533
BERUFEN— BERUFT
BERUFUNG— BERUHEN
1534
selbst {zu Verdun) erfolgte die so berufene Zergliederung und
allgemeine theilung der fränkischen monarchie. Hahs 1, 163;
Egbertus theilte den so berufenen stab des heil. Pelri mit
erzbischof Werino von Cüln. 2, 129; der könig kam mit sei-
nem lager bei dem so berufenen weiszen berg zu stehen.
3, 8; die berufene Wiboradam zur canonisation vorschlagen.
3, 33 ; die glaubwürdig^ reisebeschreibung des berufenen K.
Rabexer 1. 205 ;
bedeutender als selbst Achills beruftaer schiid.
Zachariä 1, 20;
die berufene samlung im 'pallast Barberini zu Rom ist ein
schätz, Ton welchem ich nur habe reden hören. Wiseelxans
1, 278;
er schien fast glücklicher ru preisen,
als die berufnen sieben weisen. IIagedor."« 2, 67;
wird diese lehre einem andern als Spinösen zugehören? wer
hat sonst die ausdehnung der natur für eine eigenschaft got-
tes gehalten, als dieser berufene irrgläubige? Lessisg 5, 27;
dieses theater des herrn Diderot, eines von den vornehmsten
Verfassern der berufenen encyclopädie. 6, 368 ;
sie liebens land, sind sonst auch wol berufen.
ScurLLER 52S*;
jene berühmte, berufene und verrufene literarepoche. Göthe
26,117; die unartigkeiten und Unschicklichkeiten jenes beru-
fenen mannes. 31,235; die frage was ist recht? möchte \^o\
den rechtsgelehrten ebenso in Verlegenheit setzen, als die
berufene aufforderung was ist Wahrheit? den logiker. Kants
rechtslehre s. 32; das berufenste gesetz der mechanik aufde-
cken und in der wahren gestalt zeigen. Kant 8, 40 ; von dem
berufenen bergsee bei Gondar. Humboldt ans. dernat. 1,259.
2) die bedeulung famosus, gehl, schon^ in einzelnen unter 1
gelieferten beispieien, über in die von nefariics, übelberüch-
tigt, verrufen :
du durch die laster selbst so weit berufner hügel!
FlemimcSSö;
der kaufmann war geizes halber sehr berufen, pers. rosenlh.
3, 12;
einen berufnen gefangnen, von dem viel sa?ens im lande,
eh die kett ihn bändigte, gieog. Hess. 7, b€U.
BERUFER, m. vocator, incantator.
BERUFKRAUT, n. herba magica, zauberkraut, icird auf
viele einzelne kräuter angewandt, :. b. auf achillea, erigeron
acre, antbyllis vulneraria, lamium, seneeio vulgaris u. a. m.
man sagt auch beschreikraut.
BERUFLICH, muneri conveniens: die berufliche thätigkeit,
Wirksamkeit des arztes. besser, thätigkeit im beruf.
BERUFSARBEIT, f. officii partes: seine schweren berufs-
arbeiten haben ihm immer noch zeit gelassen fett zu wer-
den. Rarener 3, 133; meine frau schlief so lange, bis sie ihre
berufsarbeit zum caffeetische nöthigte. 1, 214.
BERUFSART, f. munerit ratio: eine andere berufsart
wählen.
BERÜFSBESCHWERDE, f. onus muneris:
wie sehnt Servil sich nach berufsbeschwerden,
beirächtlicher und bochbestallt zu werden!
IIagkdorm 1, 71.
BERUFSBESTIMMUNG, f. die massen, die in der weit sich
einander gegenüber stellen, die stände, die berufsbestimmun-
gen. Göthe 17, 50.
BERUFSFREUDIGKEIT, f.
BERUFSGENOSZ, m. amlsgenosz.
BERUFSKREIS, m. ein beschränkter, ruhiger berufskreis.
Göthe 48, 28.
BERUFS.MASZIG, berufsartig: aus Verstellung und falsch-
heit, welche in den männlichen jähren in eine berufsmäszige
belrügerei ausbricht. Rabe<<eh 4, 72.
BERUFSPFLICHT, f.
BERUFSREISE, f. iter muneris.
BKRUFSTHATIGKEIT, f.
BERl FSTREUE, f.
BERUFSWEG, m. genug, wäre man auf gleichen berufs-
wegen, man würde sich einen solchen cameraden wünschen.
Göthe 45, 26t.
BERUFT, pari, pratl. gleicher bedeulung mit berufen:
denn als er ward beruft hinein. Alberus US';
die stat, welche vieler siege beruft war gewesen. FtOKSP. 3,
161* ; das ist jetz für die grOszte kunst des arzcts geacht
und die auch den medicum am meisten beruft machen wird.
TucR.^EIssER von harnen 65.
BERUFUNG, /". 1) vocatio: er ist auch uf gefaren durch
berüfung der stimm gott des vatters. Keisersb. sünd. d. m. 86*.
2) provocatio, appellatio: Rihel Liv. 25. 3) proclamalio :
die kräftige bcrufung auch, die ihr,
erlauchter herr, ins reich ergehen lieszet,
hat manchen zweifei siegreich weggeräumt.
l'uLA.Nos Ludteig 100.
BERUFUNGSRECHT, n.
BERUGEN, reprehendere. Öttincer sittenl. 433.
BERUHEN, quiescere, aequiescere, mhd. beruowen (aber
wenig im gebrauch), Luther schrieb, mindestens anfangs, be-
rugen.
1) die sinnliche Vorstellung drückt lieber das einfache ruhen
aus; beruhen ist ruhen, liegen bleiben, wie intr. beilegen, be-
sitzen, auf eingereiclites gesuch wird in canzleien oft der be-
scheid erlheilt 'beruht', d. h. die sacht hat ihr bewenden, es
soll jetzt nichts darin geschehn, zumal in der Verbindung mit
lassen : das wollen wir jetzt auf sich beruhen [bewenden) las-
sen ; im maien soll man solche gewächs beruhen lassen {nicht
versetzen), pfianzb. 48 ; hier wollen wir die ritter von Frank-
reich beruhen lassen. Fierabr. g; gnedigster herr, laszt den
zorn beruen. Aimon k; er liesz die sache eine weile auf
sich beruhen. Göthe 19, 124; was einmal gut gedacht und ge-
sagt ist, soll man beruhen lassen und nichts daran mäkeln
und ändern, an Knebel 671. es bei, auf etwas beruhen las-
sen; der hat auch erkent, das sie nicht sollen dabei sein,
dabei berugets {bleibls, verbleibts). Lcther 1, 163'; und dabei
müste es nunmehr auch beruhen. Brandts Taubmann s. 40.
seine (Lodmanns) raonumenta osnabrugensia erschienen noch
vor seinem ende, und seine geschichte, so weit sie fertig ge-
worden ist, beruhet iliegl) bei seinen erben. Moser 1, torr.
beruhen in etwas bezeichnet innerlichkeil der ruhe, der Ver-
gnügens, beruhigtseins : in welcher verheiszung der schecher
beruhet und davon in seinem herzen friede und freudc em-
pfehet. Melanchthon im corp. doctr. ehr. 303 ;
wie das kind im sanften wiegen,
so beruh ich im begnügen. Logac 1, 7, 87;
jeder ruhe wie er wil, ich beruh in die«er ruh. 2, 3, 44;
der wolstand des gemütes beruhet in gottesfurcht und tn-
gendliebe. Bctschkt Palm. 115 ; wie menschen, die fühlen,
dasz ihr glück ganz in ihnen selbst beruht. Göthe 10, 94 ; je-
nes beruhen in sich selbst und auf sich selbst. Fichte phil.
joum. 9, 298. beruhen auf etwas meint äuszerlichen grund
und stütze, haften der ruhe darauf: wo ihr in ein haus
kommt, da sprecht zuerst, friede sei in diesem hausei und
so daselbst wird ein kind des friedens sein, so wird euer
friede auf im beruhen, goth. gahveilaij) sik ana imma ga-
vair|)i izvar, der qr. und tat. text setzen den acc iTiava-
Ttavaerai in avxöv rj eigj^i'in viu5v, requiescet super il-
lum (illam, jenachdem man auf filius oder domus bezieht)
pax vestra. Luc. 10, 6 ; wenn wir aber auf diesem arlikel be-
rugen (in hoc articulo acquiescimus). Luthers br. 4, 459 ; wir
sind aber dai^uf beruhet, dasz wir uns unserer landschaft
nicht mächtigen, noch unsre gethane zusage überschreiten
können, chcrf. Moritz fcei AfWanc/i/A. 6, 7; ein wolhabcnder,
behaglicher, auf seinem dasein beruhender mann. Göthe
29, 170.
2) dies beruhen auf etwas gehl leicht über in die Vorstellung
des beharrens, bestehens, sieh stülzens, gründens, wie schon
einige der eben angeführten beispiele genommen werden dür-
fen: er will die sache nicht auf sich beruhen lassen (will sie
weiter treiben] ; die knechte hatte man alle examiniert, aber
sie sein fast auf meiner meinung beruhet. Schwei!<iche<i 1,
287 ; die braut beruhet {bleibt) auf ihrem gemüt {vorsalz,
entschlusz) sich diesen abend nicht trauen zu lassen. 2, 305;
verhiesz der fürst ein grosz geschenk dem, so da bei dem
der diebstal beruht {auf dem er sitzen bleibt), warhaftig an-
zeigen und ihm denselbigen wieder zu banden stellen wurde.
Kirchhof wendunm. 131'; ihr groszcr wesentlicher unterschied
beruht darin, dasz der epiker die bcgebenheit als vollkom-
men vergangen vorträgt, und der dramatiker sie als vollkom-
men gegenwärtig darstellt. Göthe 49, 146; diese ansieht he-
ruht auf einer irrigen Vorstellung; es beruht auf mir, stai
per me; das reich beruht auf vier äugen ; der schlusz beruht
auf dem Vordersatz; es beruht alles auf Vermutungen.
Undeutsch scheint es aber, dies beruhen mit auf und dem
acc. XU verbinden, wie er richtig sieht bei sich gründen, sich
stützen: dasz gelehrter leute zu- und abnehmen auf höhen-
bflupter und potentsten gnade, raildigkeil und willen sonder-
1535
BERUHIG — BERÜHMEN
BERÜHMEN — BERÜHREN
1536
licli beruhet. Opitz 1, 2'; da das schöne in der lainst mehr
auf feine sinne und auf einen geläuterten geschinack, als auf
ein tiefes nachdenken beruiiet. Winkelmann 1, 130; dasz die
hedeutung von vielen allegorischen bildern der alten auf
blosze mutmaszungen beruhet. 1, 177; Corneille aber ^^ill
das vornehmste Interesse auf sie l>eruhcn lassen. Lessing 7,
371; denn die beruht im gründe nicht auf äuszerliche Ver-
bindungen, die so leicht in bürgerliche anordnungen ausar-
ten, sondern auf das gefühl gemeinschaftlich sympathisieren-
der geister. 10, 299. heute setzt man nur den daliv.
3) selten ist sich beruhen :
was könnt ein seufzen wol, ja der pescliickiste lliun,
wenn nicht auf übergab ein lierz sich wil beruhn (sich dazu
vnrsteltn). Gbyphius 1, 0(j7.
BERUHIG, quietus, bei Luther berügig: nemlich ist dis
die sach, ob das bapsthum zu Rom, wie es in heriigiger be-
sitzung der gewalt ist, über die ganz christeniieit horkomen
sei von göttlicher oder menschlicher Ordnung. Luther 1, 2G3'.
BERUHIGEN, tranquillare, placare, zur ruhe bringen :
1) das wogende meer beruhigen; ein schreiendes kind be-
ruhigen ; es unterwindet sicii mancher andere zu unterrich-
ten, wie man den aufrührischen pöbel stillen und tuschen
solle, der doch zu haus seine Margreta nicht weisz zu be-
ruhigen. SCHUPPIÜS 536.
2) die aufgeregten gemüter, die heftigen begierden, den
zorn der männer beruhigen ; beruhige dein herz ; ich wünsche
ihre scheue einbildungskraft zu beruhigen, ihren nagenden
kummer zu lindern. Gotter 3, 29; weil der daraus in der
deutschen lileratur entstandene conflict noch keineswegs be-
ruhigt und ausgeglichen ist. Gothe 32,263; werden aber die
gemüter beruhigt, wenn man gerechte, auf bundesacte, edicte
und manigfaltige zusagen gegründete erwartungen teuscht
oder mit ihrer erfüllung zögert? rfeH/iSc/ir. des /'r. vom Stein 40 ;
das ist mir ein beruhigender gedanke.
3) sich beruhigen, ruhig werden; beruhigt, ruhig; wozu
er wol nimmermehr kommen und gelanget wäre, wann er
auf seiner einöde beruhiget (ruhig) als ein grober hirtenbube
geblieben und also mit den Schweinen aufgewachsen wäre.
Simpl. 1, 18 ; ich gieng beruhigter von dannen.
4) unpersönlich, es beruhigt mich, dasz du bei mir bleibest.
BERÜHIGLICH, quietus, gratus :
bekäme gesellen,
beriihgliche stellen. Logau 1, 10, 69.
BERÜHIGLICHEN, adv. quiete: berühiglichen und ohne
intrag bleiben und. gcnieszen lassen. -Ayrer proc. 2, 5.
BERUHIGUNG, f. miligatio: ich musz erst beruhigung
fassen.
BERUHIGUNGSMITTEL, n. levamen.
BERUHIGUNGSTROPFEN, pl. Götter 3, 305.
BERÜHMEN, celebrare, laudare, ahd. pihruoman (Graff 4,
1142), nnl. beroemen.
1) für das blosze transitiv setzt man heute nur rühmen und
auch schon früher ist berühmen selten : so wird er hie vom
vater selbs berhümbt und ausgerufen (Christus als golles sahn).
Luther 6, 289";
dasz sie beweiset mit der thal,
was sie mit worien berühmct hat. Alberus 27;
für keiserilcher majestat
wil ich berühmen solche that. 97';
Taubmannus, wann er die laster verdammt, die tugend cr-
lioben, die beiden gepriesen, die lielden berühmt, liat wol
mit rechte den preis eines andäihtigen und dabei liebhchen
tichters ohne widersprechen können erhallen. Brandts bericht
33; das dein name berühmt werde von den menschen über
das gefrorne meer. Scuuppius 706. s. berühmt.
2) hdußg sich berühmen, sc jactare: denn (Liechlenberger)
berhümbt, noch beruft sich nicht auf den heiligen geist. Lu-
ther 3, 406 ; darumb darf sich keiner beriiümen, das er from
sei für gutt. 4,532'; denn ich mich nicht berhünien kan. br.
2, 63S;
was darfst dich dann bnrhiimcn lang? li. Sachs II. 2, 21';
also seind viel menschen, die sich irs adcis berhümcn. seh. u.
ernst cap. 222 ; Iierhümpt sich, wie er so ein gute speis liet
gefangen, cap. 223; aber das wir das ergründen mögen, das
berühmen wir uns nicht. Pahacei.sus 1, 14'; will also ein jeg-
lichen ermahnt haben, ilie sich meine discipel berühmen.
1, 63 1'; sich zu viel berüiimen und darauf bochen. Kirchhof
wcndunm. 13'; Petrus berümpt sich alles gewalts. Reiszner
Jer, 1, 2ü'; dasz der redliche Simphcissimus nicht sich von
hohem herkommen berühmet. Simpl. 1, 4 ; was wollet ihr
euch einer solchen vexiererei berühmen ? Weise erzn. 41 ;
sich vor dem frauenzimnier solcher sachen zu berühmen.
kl. leute 156; geizige narren, welche sich schier berühmen,
dasz sie keine kinder haben. Schuppius 730 ; dasz er sich
selbst nicht undeutlich als den erfinder solcher meinung be-
rühmt habe. Lessing 9, 406; sich der Wahrheit ihrer behaup-
tungen berühmen. Kant l, 182; dasz er es in die materie
hinein demonstriert zu haben sich berühmt. 3, 350; wie aber
die dichter in ihren dichterischen anwandlungen eingebungen
zu haben sich berühmen konnten. 10, 197; aber sie können
versichert sein, dasz ich in diesem stücke nicht weniger Ur-
sache habe, mich der freigebigkeit der natm' zu berühmen.
Wieland 12, 273 ;
und ihr
berühmt euch, eine wundergrosze that
ins werk gericlilet, eure Königin
gerettet, die verräiherei
entlarvt zu haben. Schiller 435';
schon die ersten Christen berühmten sich, dasz der sarae ih-
rer kirche märtyrerblut gewesen. 821;
so berühmte sie einst sich übermütig. Götbb 1, 287 ;
wer seid denn ihr, die ihr mit leerem stolz
durchs recht gewalt zu bandgen euch berühmt? 9, 340;
wenn ich so sasz bei einem gelag,
wo mancher sich berühmen mag. 12, 191;
der raubt sich herden,
berühmt sich dessen manche jähre
mit heiler haut, mit unverletztem leib. 41, 11.
BERÜHMER, m. jaclalor: wie der berümer oft zu schän-
den kümpt. Keisersb. Sünden des munds 89'.
BERÜH.MT, clarus, illustris: wurden daraus gewaltige in
der weit und berhümbte leute. 1 Mos. 6, 4 ; sihe es ist ein
berümpter man gottes in diser stad. iSam. 9, 6; und es war
daselbs ein berümbter heilloser man. 2 Sam. 20, 1 ; berümbte
apostel. Rom. 16, 7 ; meide das gezänk der falsch berflmbten
kunst. 1 Tim. 6, 20 ; sie sind im liecht und den leuten be-
kant und berhümet. Luther 1,43'; er Leonhart Keiser ist von
redlicher berhümter freundschaft. 3, 4tÖ ; Moyses ein cinsidel
was ein altvatter, ein berümbter einsidei. Keisersb. Sünden
des munds 30'; der grosz berümpt redner Tullius. 6l'; der
was ein berümpter frummer mensch. 73*; hie hat ein end
die materi von den blatern, die der berümbt doctor Kei-
sersperg anfieng zu predigen am eschermitwoch a. 1505. 89* ;
sid er ist so ein brümpter man,
das im als volk so seur anhanget, trag. Joh. F6;
nun sind vil inseln und lender in Europa von reichen gold-
bergwerken berhümet. Mathesius 42";
ein arzt ist gar ein glücklich mann,
was er beriinmtes hat geihan,
das kan die zeit selbst sagen an. Logau 1, 4, 40;
die hauptstatt Jerusalem, die schöneste und berühmsfe in
ganz Orient. Sciiüppiüs 279 ; die herüche und hochberühmete
insul. 556; sowol von den geringsten als berühmsten. 571;
sich berühmt machen.
BERÜHMTHEIT, f. celebrilas, franz. notabilite : GötUe, Her-
der, Wieland und andere berühmtheiten.
BERÜHRBAR, tangibilis: berührbare saiten.
BERÜHRRARKElf, f bei leichter berührbarkeit entwickelte
sich alles von innen an ihm heraus. (Jüthe 23, 280. 49, 125.
BERÜHRDE, f. tactus, ahd. pihruorida, bei Keisersb. be-
rierde. gleichbedeutend, doch anders gebildet ist die berüh-
rende.
BERÜHREN, längere, attingere, atlreclare, ahd. pihruoran,
mhd. berüeren, nnl. beroeren, anrühren, angreifen.
1) sinnlich, mit den fingern, den lippen berühren, mit der
band, mit dem fusz; die band, den mund, den leib, das
klcid, gewand berühren ; den boden, die oberlläche, den säum,
die saite ; und neniet ein püschel isopen, und tunket in das
blut in dem binken und berüret damit die überschwelle.
2iWos. 12, 22; berürtes aas. Ilaggai 2, 14; wer kolh berührt,
wird unsauber; die wunde, den schaden berüliren.
2) ein inüdchen, eine frau berühren, er hat noch nie ein
mädchen berührt ; denn sie ist eines mannes eheweib. Ahi-
meiecii aber hatte sie nicht berüret. \ Mos. 20, 4; und hab
dirs nicht zugegeben, das du sie i)erürtest. 20, 6 ; also ge-
heis wer zu seines iieheslen weih gehet, es bleibt keiner
unbestraft, der sie berüret. spr. Sal. 0,29; es ist dem men-
schen gut, das er kein weih bcrüre. 1 Cor. 7,1;
1537
BERÜHREN — BERÜHRT
Quintus wil ihm keine nehmen, die zavor berühret sei.
0 wo ist sie? und bemhien, obn erkennen, ist wol frei.
LoGAC 2, 9, 77.
3) sonne und mond berührten ihn in seinem kerk er nicht;
im thal war es dunkel, aber die strahlen der sonne berühr-
ten noch den gipfel des bergs; das feuer berührt schon des
nachbars haus; als der erste luflztig die modernde leiche
berührte, fiel sie zusammen ;
wo mein pinsel dich berührt, bist du mein. Göthe 13, MS.
4) figürlich, wenn damit anders nicht beschwert wirl, den
es berüret. Keisebsb. Sünden des munds 35';
die srhand, die ihr pelhan,
berürt auch ganz Frankreich, die krön. Atber270*;
weil ich in euch die Schönheit so grosi
i:nd wunderrcich befind, das7 sie mich so berühret,
dasz ich gestehen musz, dasz euch d.ns pfand gebühret.
WecKHERLi.s 739;
er hörte seinen söhn flöte spielen, wodurch er bis aufs in-
nerste seines herzens berührt {gerüJiri) wurde, pers. baumg. 3, 22 ;
die lieblichen gestalten, die unsere phantasie berührt haben.
Klinger 10, 37; wie rasch ihr doch urtheiü, sobald eine sache
nur im mindesten euch selbst berührt. 9, 132 ; ein junger
recht«gelehrter, der von einem benachbarten edelmann gesen-
det eine sache zur spräche brachte, die, zwar von keiner son-
derlichen bedeutung, Charlotten dennoch innig berührte. Göthe
17, 200 ; näher berührte mich die zwischen Voss und Stoiberg
ausbrechende misheiligkeit. 32, 178; vor allen dingen berührt
uns, wie in dieser Zeitschrift die sitllichästhetischen bemü-
hungen der Deutschen aufgenommen und angesehen sind.
40, 270 ; die sache berührt uns nur fern, wenig oder gar
nicht, angenehm, empfindlich, schmerzlicli ; durch den fall
dieses allen hauses ist die hiesige handelswelt sehr unange-
nehm berührt worden.
5) etwas berühren, rerbis altingere: denn, als auch der
heilig bischof und ntarterer s. Cyprianus berüret, sind es
sieben anzeigung unsers elends und dürftigkeit. Ldtber 1, 69' ;
weil andre uigenden noch mehr
dich mit rersiaml und wolsiand zieren,
die billich mich mit höchster ehr
auf meinen saiicn zu berühren. WECKUERti.t 371 ;
in welchem letzten buch ihr söhn mit solchen worten berüh-
ret wird. Opitz 1, 3"; es sei unrecht, dasz ein predigen auf
der canzel groszer hciTen lasier berühre. Schlppils 13; die
abweichende lesart ist nur kurz berührt ; mit deinen worten
berührst du eine wunde stelle, einen alten schaden ; ich be-
rühre nur streifend.
0) sich berühren, se allingcre: die verliältnisse trafen nicht
zusammen, aber sie berührten sich. Göthe 24, 334. in andrer,
sinnlicher bedeutung:
icli bin nie ein gefangner mann,
der sich nicht musz bcrüren {sich nicht rühren kann).
Rl-^gw^ld geistl. lied. 72.
BERÜHREND , ade. vie angehend, anlangend, quod allinel
ad: berürend die heirat. Teuerdank 2,47; Panlum berürend,
mag der vergessen haben, da'Z. biencnk. 119"; femer nun
die naiur diser binen lierurcnd, da ist wol ein unterscheid. 239*.
BERLURE.VDE, f. altaclus: die zeichen der verruckung
eines gliedes seind offenbar der gesicht und der berürende
{visui alque taclui). BitACNScnwEiG 104. eine seltne, längst
veraltete trortbildung, vergleichbar dein mhd. diu wig^endc.
Wai.tii. 22, 19; diu bebende, tremor. Her». Damen 135; diu
neijende afflictio; dem ahd. diu chlinganit clangor, diu gc-
panii gratia u. a. m. {gramm. 2, 342). s. berührdc.
BEHI lIRKi, alaeris, rührig: so hallen die meisten men-
schen die langsame einfalt für verstündiger, als die bcrüljrige
Unachtsamkeit. Tieck 5, 43.
BERÜHRIGKEIT, f. alacrilas, rührigkeit: will sie berflhrig-
keil, so zeigt euch oft auf eurem barber ($p. 1124) oder springt
Aber slühle weg. Tieck 12, 259.
BERÜHRMEI.NMCHT, »i. der hofmann kennt den herm,
der ein noii me längere, ein berilhrmeinnicht ist, eine sinn-
pflanze, welche durch starkes berühren eine unsinnpDanze
wird. J. 1'aci. dämm. 9S. falsch gebildet nach vergiszmein-
nichl, da berühren keinen gen. neben sich hat «ie vergessen.
unsere fvrnchc hat aber schon das bessere nicht ilthran {sp. 4311.
BERÜHRT, diclus, gedacht, nach berühren 5: macht mit
berflrien knechten kundschan. Götz von Rerl. leben 47; da»
bertirle land sampt seinen anhangenden reichen, bienenk. 127*;
mehr berührte hüben, ehe eines mannes 2 IS; an der vorher
berührten stalue. Winkelmann 3, 101; das letzt berührte.
BERÜIffiTERMASZEN— BERÜSZIGEN 1 538
Klinger 12, 112. in der canzleisprache : oftberührter, vielbe-
rührter, mehrberührler.
BERLHRTERMASZEN, adv. Götz von Berl. 4.
BERÜHRUNG, f. contactus: eben so wichtig ist es, dasz
sie unterwegs mit den sämmtlichen firauen in berührung kommt.
Göthe 6, 194; dadurch kam ich mit jenen in einige berüh-
rung, die sich jung und talentvoll zusammenhielten. 26, 139 ;
mit der rechten hält er ein buch, woraus er so eben eine
göttliche berührung empfangen zu haben scheint. 27, 206;
auch brachte des werthen mannes aufenthalt in Deutschland
denselben in berührung mit vorzüglichen roännern. 46, 321.
es hciszt berührung haben, in berührung bringen {zumal von
chemischen Stoffen), sich in berührung setzen, auszer berüh-
rung sein ; eine unzarte berührung.
BERÜHRU.NGSPLNCT, m.
BERÜHRLNGSWiNKEL, m., der durch berührung zweier
linien entsteht.
BERUHS.\M, quietus, heute geruhig, geruhsam:
und will hinftir ganz brhusam leben. Schielzl Saut 32*.
BERÜMPFEN, suspendere naso: alles berümpfen; beriimpft
soll und musz werden jeglicher knechf, kleines oder groszes
rufs und namens, vom haubt bis zun fuszen, ders waghalset
auch nur zwei bis drei neue worte in unsre liebe deutsche
spräche einschalten zu wollen. Klopstock 12, 37.
BERUNDEN, rotundare. Stieler 1047, abrunden.
BERUNZELN, in rugas contrahere: eine berunzelte stime.
BERUPFEN, iras bcropfen, natürlich und figürlich verwandt :
so wil in iedermaa berupren. fasln, sp. 754, 16;
sie hat gefangen auf dem klobeo
den jungen cinrcitigen gauch,
und hat in wol berupfet auch. H. S.tCHs III. 3, 22';
des berupften vogels {beraubten eigenthümers). weidwerk 1, l';
dem falken ein lebendiges vöglein darreichen, und in solches
nach seinem gefallen berupfen, zerreiszen und fressen lassen,
bisz dasz er sich sat gnugsam gekröpfet habe. 2, IS'.'; ob
nun schon das keiserthumb biszweilen eben schwadi oder
federlos gestanden (denn es habens die römischen fischer zu
iren federangeln eben hart berupfet und wer es vermocht
hat darvon gezwackt), dennoch ist noch der adler bliben bisz
auf dise stunde. Mathesils SS'; alte vögel lassen sich nicht
gern berupfen, je älter der vogel ist, desto schwerer läszt er
sich (/« der küche) berupfen. Lehmann 14 ; der wirl wol ge-
dachte, er einen guten vogel haben würde, den er tapfer be-
rupfen wolt. wegkürzer 84'; den Hessen (Hassum) berupflen
wir gleichsam, wie wir wollen. Simpl. 2, 62; darnach that
es mir leid, dasz ich sie nicht noch besser berupft. FelseiU).
2, 376 ;
wer meinen rühm berupfl, stiehlt zwar sich selbst nicht reich,
mich aber siiehli er arm. IIacedorn 1, 54;
sie {die bekannten) sind wie die Verleumder Shakespears, die,
nach seinem ausdrucke, den rühm anderer berupfen,
wer meine zeit berupfl, der stiehlt sich selbst nicht reich,
mich stiehlt er arm. Klopstock II, 240,
(he that lilchcs from mc my good name,
robs mc oT lliat whicli not enriches him
and roakes me poor indeed. OOtetlo);
sind die federn der Verehrer,
die ihr jeden lag berupft. Göthe 47, 100;
wo den breiten flügel des Schmetterlings kein lüftchen er-
greift oder um eiu gefiedertes sl2ubchea berupft. J. Pacl uns.
löge 3, 95.
BERÜSSELN, oculis devorare, den rüssel, das maul über
etwas hängen. Stieler 1595.
BERISTE.N, instruere, ausrüsten, ausstatten, mkd. ebenso:
diu (slat) was berüstet wol mit wer. WigaL 10739;
mit zwein sollien hnisleo,
dh niit man wol berüsien
zwiWi blnspelge möhie. kröne 93S6.
BERUSZEN, wäre mhd. beruo;en, fuliginc obducere, conia-
tuinare, mit ms: sdiwdrzcn, besudein:
soliesiii dich halt mit schänden beruszen. fasln, sp. 1147;
die bemszlco hcndschuch. Wickra« ro//r. 83';
der mfisrpc pnnzcr hieng an der beniszien wand. Zachariä;
pliindorwL'i«h<'ii hat ihr nnge<icht
nicht also htriiszt und lang liebartel. Dcrger 8S*.
Stieier ir,24 schreibt falsch bcntsen.
BERISZIGL.N, dasselbe: das antlütz b«ruszigeD. KeisERS-
rebc gunkrl ~i ; damit sie nil sagen, das der hafen dem kes-
m! vcrweisz, dasz er bcruszigct sei. biencnk. 173'; er dorfl
97
1539
BERWERMANTEL — BESAGE
BESAGEN— BESAMEN
1540
kein schonbart, wann er sicli under den äugen mit rotz be-
schmiret, berusziget, besudlet und beknudelet. Garg. 128'.
BERWERMANTEL, i». .- und sol das als wol gewannet sin,
der in {den haber) schütti uf ein berweitsmanlel, als meng
agen daruf blib, als meng 3 seh. sol er den hubern bessern.
weisth. 1, 28 ; und sol der meier nemen so vil höwes von der
Hillmalten, als uf einem achtelligen berwermantel geligen
mag. 1, 369. vielleichl verderbt aus barclientmantel? docli 1, 254
liest man : so mag den der herr den haber schüten auf einen
berlinmantel, und als vil der heim am mantel klebt und
bleibt, als vil fünf Schilling pfening sol der arm man bes-
seren, vgl. ebendaselbst 1, 12 hübtuch.
RERZ, ßlRZ, m. myrica, tatnaris. Stieler 166. gewöhnlich
bors, pors, porsch.
BERZEL, m. uropygium, bürzel, pürzel, doch scheint jene
Schreibung der abkunß des worles von harzen, rigei-e, ragen
angemessen, bei Fischart Garg. 48* sieht hennenpörzel ; o wie
wird die sauw den berzel in die höhe recken. Luthers tischr.
19. s. bürzel.
BESABBERN, saliva conspergere, das kind hat sich besabbert,
nasz gemacht, nnl. bezabberen. s. auch besappeln, besebeln.
BESÄBELN, s. besebeln.
BESACHEN, suslentare, versorgen, beralhen:
helft mir neur knöpfel machen,
so vvil ich euch wol besachen. fastn. sp. 618, 9;
seht also kan ich mich besachen,
ich kan wol laschen und görtel machen. 1135;
also kan icii mich besachen,
ich kan leder aus der heut machen. 1137;
und wil euch gar wo! besachen
mit einm gut veiszten bachen. 575,24;
wer sein haus wöil wol besachen,
der henk zu vasznachi drein ein bachen. 1338. 1369;
darumb das sich desier pas besachen
gut flauen und man an irm mut. 1409;
wie möcbt ich pas mein seel besachen?
FoLz lied in Drennenbergers ton;
von manigerleie gerichten, wie sie sich vereinen und wie sie
sich besachen, dag sie klein getrabte zu hoher spise machen.
von guter spise 1.
BESACKEN , saccis onerare, quaeslum facere, beladen, be-
packen: sein bendel darvon bringen. Maaleb 59*; mit vollen
henden oder wol besackt hinkommen, das.;
ein jeder dieb spricht auch allboit,
wenn er einbricht, das walle goit!
und wann man ihn nicht hat erdapt,
sagt er, gottlob, ich hab mich bsackt..
ßiRCK doppelspicler 13 :
aber sie hat sich nun einmal mit ihm besackt. Schock slud.
leben D4; wie hastu dich nur mit so viel alten plündern
besacken können? E4; ich hätte mich mit silbernen bechern
besäcken können. Simpl. 2, 259 ; und darum ward ich auch
desto gcflissener mich bei zelten zu besacken. 2,407. s. an-
sacken, aufsacken.
BESÄEN, conserere, Maaler 59* besäien, bei Luther beseen,
nnl. bezaaijen : das feld, den acker. 1 Mos. 47, 23 «. s. w.
Iiagclweiler bricht die ähren
und die blumen friszt der brand,
kräuter wil das eis verheeren
und der wurm besät das land.
HoFMANNswAiDAU gclr. sch. 28;
den leib besät mit jenen wunden allen,
die 'l'rojas mauer ihn empfangen sah. Schii.lkr 31';
wem noch der flaum besät das weiche, blonde kinn.
Pl.ATEft 11 ;
bald werden diese felder mit leichen besät sein. Klincer
3, 213 ; der himmcl war mit Sternen, sein gesiclit war mit
narhen besät ; puder, womit er sich sonntäglich besäte. J. Paul
ßegelj. 1, 142 ; wiesen mit blumen besät.
BESAPTEN, humectarc, ansaßen. Stieler 1664.
BESAGE,/", aussage, nur als praep. secundum, laut, zufolge:
nach besag und Inhalt der rechte, canzlci und litelbiichlein, sampt
der Orthographien Fariam Franks. Frankf. a.m. 1531.4.17*. Wit-
Icnb. 1538.8.18'; nach besag der rechten. Rincwai.d laul.warh.
240; dadurch er besage der recht verbunden wäre die kirche
zu schützen. Melanciitiion 3, 151; nach besag irerverwandtnüs"
postreutcr 1620. 4. 73 ; derselbe auch, besage der bekamen rechte,
von ihm selbslen bcschmilzt und liesudelt. Schupimus 620;
nach besag der iicil. kirciienväler. blutiges selcnbad. München
1710. 4. vorrede; münzen der mehrcsten slädte Cainpaniens,
die besage ihres namens mit hetrurischcr schrift zu der zeit
gepräget worden, da sie annoch von Hctruskcrn bewohnt
waren. Winkelmann 3, 226; dasz Koxkox, besage seiner ganzer
geschichte, da war. Wieland 14, 12.
BESAGEN, 1) in der älteren spräche accusare, anschuldigen,
anklagen: welcher diebstals besagt wird. Frank uiellb. 122';
einen getrewen freund habe, der ihn, wenn er hinderrück von
seinen misgönnern fälschlich besagt und angegeben wird, ver-
antwort. Beuther i?t'i?i/a' 10';
wie wol sie sind mein liebsten magcn,
die ich billich nicht solt besagen, daselbst 41* (1, 23, wo
das original 2096 bedragen) ;
da ward Esoptis hart verklagt,
der feigen halb von in besagt. Waldis £sop 4';
er wollt sich aber die frau nicht besagen lassen. ScnwEi-
NicHEN 2, 261; will sich keines andern besagen lassen, das.
2) ansagen, verkünden: des duit er fragen, wer die dage-
zit besagen suUe? des wiset der scheffen, daj zwene scheffcn
sullent zu dem glokener geen, und suUent in darumb fragin,
und sullent die dagezit besagen, weisth. 2, 214. mhd. besingen
und besagen. Trist. 12t, 17.
3) heute blosz aussagen, sagen, melden: wir haben in un-
serm archiv noch die originalrissc, welche dasselbe besagen.
GöTHE 26, 83 ; den ich schon oben besagt. J. Paul Hcsp. 3, 35.
BESÄGEN, serra secare.
BESAGT, dictus, berührt, gemeldet, in rede stehend, be-
fragt :
riichtig (kundbar) ist es und besagt, was dein kühner arm
gethan. Fleming 303;
um besagter ursach willen. Spee güld. lugendb. 24; die be-
rühmte Leda und ein Cupido waren die vornehmsten von be-
sagten stücken. Winkelmann 1, 71 und oft; wenn man einige
aus alten Schriftstellern gezogene nachrichten vorausschickte,
vermittelst welcher besagte leser sich desto leichter in diese
geschichte hinein denken könnten. Wieland 1, 6; alle ach-
tung, die wir den besagten ernsthaften lesern schuldig sind.
1, 231; unsern besagten leserinnen? 2, 232; die besagte seelcn-
mischung. 1, 272 ;
nun auf besagtes damals noch einmal
zurückzukommen. Göthe 11,328;
als besagter hämisch. J. Paul jlegelj. 1, 14 ; ich bin noch ein
ärgerer narr neben der besagten hofdame. Hcsp. 1, 68.
BESAGTERMASZEN, arfr. berührtermaszen. Wieland 14,115.
BESAITEN, fidibus, cordis inslruere:
und dein geig doheim ist wol heseit. fastn. sp. 161, 10;
doch will ich euch nun frisch besaiten,
dich meine leier, dich mein herz. Lknau;
ein landgut, dessen nachbarschaft durch das echo zu einer
aeolsharfe besaitet ist. J. Paul biogr. bei. 1, 86.
BESALBEN, perungere, mit salbe einreiben, nnl. bezalvcn:
1) beflecken:
wie würde dieser fleck nicht unsern rühm besalben ?
LoHENST. Cleop. 26,904;
doch schmerzt nichts minder nicht, dasz Osmann unserlhalbcn
mit diesem Schandfleck ihm wird seinen rühm besalben.
Ibrali. bassa 34, 202 ;
ich bin vom köpf zu den füszen so besalbt (von morasl),
dasz ich einen ganzen langen lag brauchen werde, bis ich
wieder trocken bin. Wieland 11, 178.
2) betricgen, anführen, belästigen : so ein mann ist wie ein
dornpusch und kann nichts als ritzen und stechen, und mag
demnach ein solch tugendsames weih, das mit einem sol-
chen dornpusch besalbet wird, wol klagen. Creidius 2, 270 ;
mit einem besalbt. Hermes Soph, reise 6, 514.
3) prügeln, wie ölen,- schmieren.
BESALZEN, largum salcm infarcire. Stielkk 1675.
BESAMEN, BESAMEN, conserere, obserere, scmine pro-
pagare,
1) befruchten, schwängern: wenn ein weib besamet wird
und gcbirt ein kneblin. 3 3/os. 12,2; du solt auch nicht bei
deines nehesten weih ligen, sie zu besamen. 18, 20; sihe es
kompt die zeit, das ich das haus Lsrael und das haus Jude
besamen wil, beide mit menschen und vich. Jer. 31, 27; so
si etwan zusammen kommen und er die frawcn bcsampt.
Frank weltb. lOS'.
2) und golt sprach, es lasse die erde aufgehen gras und
kraul, das sich l)esau>c. 1 Mos. 1, 11. 12; ich hab euch gegeben
allerlei kraul, das sich besamet auf der ganzen erden. 1,29;
die wollen unser ficker nemcn,
dio wir vermeinten uns besänion.
trag, von llcli. N&rnb. 1548 D3|
1541
BESAMMELN— BESATZ
BESATZUNG — BESCHÄDIGEN
1542
auf solchem zug wird nichts, keines besameten felds ter-
scbonet. Kikchbof mtl. disc. lll;
weun die naiur die well mit liebe wil besamen,
musi sie das pfropfungsreis von meinen ästen nemen.
Loai;.NST«i."c;
jet« will ich wieder tüchtig sein tind wacker,
ein gutes feld und tragen gute saaien, _
denn du, o herr, sollst selber mich besamen. Ruckkrt 1«
3) figürlich,
mit fewr und flamm besamet. Spee trutzn. 158;
mit perlen und rubin besamt. Bröckes 2, 158.
BESAMMELN, congregare, congerere, convocare, heule ver-
sammeln, sammeln: und ward bald ein rat besamlel. Stei:«-
HöwEL Esop 18; ich besammei alle mein macht. Aimon a;
wie sich der keiser wider von newem besamlet. k;
laszt bsamlen ein ersamen rat. trag. Joh. E4;
gedachte wagen (/ür müde knechle) werden auch aus einer
ganzen landsart besammelt. Kibciihof mil. disc. 119; ist uns
hie vil zu hoch zu ergründen, wollen es schriflmeistern be-
folen haben, die mögen ein collegi drüber besamlen. bie-
nenk. 116'.
BESAMMEN, dasselbe, mhd. besamen f. besamenen. kröne
13760: so besammen sich die junkfravren in dem tempel.
Albr. von Eybe 16".
BESAMMLUNG, f. congregatio: besammlung des h. reichs.
abschied von 1501 §. 11.
BESAMUNG, f. consilio, besäung: besamung des feldes,
gartens. Pierot 2, 252. 263.
BESAN, f. das unteisle segel im schif, nnl. bezaan, engl.
mizen, mizensail. davon bildet schon Fischabt besanet. Garg.
'9, mit der besan ausgestattet.
BESANDEN, arena conspcrgere, nn/. bezanden : die schmiede
besanden das eisen.
BESÄNFTEN, placare, sedare : die aufs euszerste beküm-
merte fürslin Thusnelde und Ismene gewehrten alle ihre Ver-
nunft, höflichkeit und thränen ohne fruchl an, sie zu be-
sänften. Lobenst. Arm. 2, 476; bei welcher ereignung sich
denn herzog Arpus und Ganasch euszerst bemühten, den feld-
herrn zu besänften. 2, 607;
man musz das ungelücke
besännen mit gedult. Cleop. 7, 217 ;
besänfle dein gemüte. Ibrah. 74. '
BES.\NFTIGEN, das heute übliche icort:
wenn nach wolthätigcn wettern
über besänftigten wölken der bimraelsbogen hervorgeht.
Klopstock-,
quälende zweifei auf augenblicke besänftigen. Kli.'ccer 3, 59;
eine sonne, zum menschenantlitz besänftigt, ergreift weniger
als ein geliebtes zum sonnenbild verklärt. J. Pall Tit. 2, 222.
BESÄNFTIGEH, vi. placalor, delinitor.
BES.LNFTIGERLN, /■. placatrix: des himmels kind, die frohe
rathgeberin, die besänftigerin, die bofnung. Herd er.
BESÄNFTIGUNG, f. mitigatio: da gieng die besänftigung
ein (trat ein ruhiger zustand bei der kranken ein), unw. doct. 35.
BESÄNGNIS, f. cantio: sie müssen sie doch alle mit be-
sängnus begraben lassen, wan sie schon nit hören, oder man
cnigräbt sie aus dem geweichten (getceihter erde), biencnk.
108*. s. besingnis.
BESAPPELN, lucrum facere? dann bisz dem landsherren
sein Wollust wirt auszgericht und die räth sich bcsappeln,
diewcil bleibt kein gelt im land bei den underthonen. Fra.nk
trunkenheil. 153t D 3*. es ist Kol ein figürliches besabbeln,
sich mit geld benetzen gemetnt.
BESAPPE.N, liest eine andere ausgäbe an dieser stelle.
BESAHGEN, condere, einsargen. Stieler 1682, mhd.
so helfet mir beserfcen minen lieben man. Nib. 976, 3,
vo BC besarchcn.
BESATTELN, insternere equum, satteln.
BESÄTTIGEN, saturare, nnl. bczadigen : sein heiiigkeit wolle
dis schcflin gütlich und gnediglich annemen und sich an be-
rürtea erbietungen lassen beseligen. Luther 1, 123'; sie wol-
len an dcme besätligel sein, dasz ihnen ihr bischöflich ge-
wnlt und auctorität hinfurt folgen wurden, chlrf. Moritz 6d
Mel'inchlh. 7, 116.
BESATZ, m. limhus: bcsatz ihres kleidcs. Mcsaecs 2, 18;
er wollte auf keine weise in die schleppe des fürsten einge-
stickt sein, nicht einmal als besatz. J. Paul Ttl. 2, 91; sie
war nichts als die lautere liebe und demut und ihr talenten-
glanz war nur ein fremder bcsatz. S, 13.
BESATZUNG, f. gebildet wie Satzung,
1) praesidium: eine starke, ständige besatzung; besatzung
einlegen, zurücklassen ; die festung hat zureichende besatzung ;
die besatzung muste sich ergeben; und führten den häufen
etliche, die auf der bürg in besatzung gelegen waren. 1 Macc.
4, 2 ; und legt kriegsvolk darein in die besatzung. 9, 51 ;
die besatzung in dem haupie, die besatzung in dem bauche,
die Vernunft und die begierden, haben immer krieg im brauche.
LocAU 2, zuy. 11.
2) die besatzung der weiher, teiche, flschbehälter. Hobberc
3, 52'. 299".
3) was besatz : hänge nur über den e'men einen gelebrlen-
rock mit einer besatzung. Tieck 12, 315.
4} Schlosser nennen so das in die einschniUe des tdilüuel-
barts passende eisen, s. besetzung.
BESATZUNGSDIENST, m.
BESATZUNGSRECHT, n.
BESATZZEUG, «. zeug zum besatz.
BESAUE.N, inquinare, conspureare:
bespaszt sein urtbeil und besauts. Voss 6, 121.
BESAUERN, aegre ferre, sauer aufnehmen, nnl. bezuren:
frisch und frölich sonder trawren,
wens verdreuszt, der mags besawren. Ambr. Ib. s. 211, 45.
BESAUFEN, eigentlich demergcre, ahd. pisoufan (Graff 6,
171), mhd. besoufen, ersäufen: mit einer neuen see besäufen.
Lohe.nst. Arm. 1, 5S9. heute aber nur ebrium facere, ine-
briare: derselbe lud ihre vomembste hcrren zu gaste, und
I da er sie wol besoffen hette, liesz er bei xxx derselben er-
schlagen. MiCRÄLics 2, 179 ; sie besäuften ihn derm«szen. Opitz
Arg. 2,362; ein oder ein paar spitzgläscr davon besaufen ihn
dermaszen. J. Paul teufelsp. 2, 132. sich besaufen, inebriari,
dessen praet. eigentlich lautet besaufte sich, man sagt aber
besof sich, u-ie betrank sich, das part. besoffen bezeichnet
einen, der sich betrunken, berauscht hat, doch s. dieses icort und
saufen, saufen. Stieler 16S5 scheidet besaufen und beseufen.
BESAUGEN, ju^ere; die biene besaugt den blumenkelcb.
BESÄUMEN, praetexere: ein bcrg mit bäumen besäumt;
grau und braun besäumte wölken. Fa. MCller 1, 34.
BESÄUNG, f. consilio, aussaat. Pierot 2, 253.
BESCHABEN, dcradere, ahd. piscapan, mhd. beschaben, nnl.
beschaven : denn es (das mal) ist tief eingefressen, und hats be-
schaben gemacht. 3 Mos. 13, 55 ; ein armer dorfpfaffe in einer
beschaben {abgeschabten) kaseln. Lcther 4, 254'; beschabene
kleider. 4, 255'; warvon bist du also umb deinen hals beschaben
und gefrettet {wund gerieben). Steinhöwel Esop 4S'; da sähe der
wolf dem hund seinen hals an und sprach zu ihm, wie kompt
es, das dein hals also beschaben und kein bar daist? schimpf
und ernst cap. 409 ; und von dem bauren zwen alte mäntel
entlehnten und zwen alte beschaben hüt. Bocc. 2, ll'. heule
ist für schaben, beschaben, abschaben die starke form er-
loschen, und das part. praet. lautet nur beschabt, das starke
goth. biskaban bedeutete tondere, bescheren, mhd.
dar üj ein bopser tropfe irouf.
dtT e; natzie und beschuof (f. bescbuop). kröne 19634,
BESCHABERNACKEN, rexare. Stieler 1701. s. schabernacL
BESCHADEN, laedere, tiolare: und iedcrer sich zu be-
schaden understehe. Lanz Karl 5 s. 261.
BESCHÄDIGEN, dasselbe und die gewöhnliche form, nnl.
beschädigen: oder du herüber ferest zu mir über disen häu-
fen und mal zu beschedigen {es steht bescheidigcn). 1 Mos.
31, 52; wenn iemand einen acker und weinbcrg beschedigL
2 Mos. 22, 5 ; und stirbt im {das vieh) oder wird bcschedigt.
22, 10. 14 ; sie haben meine steige zubrochen, es war inen so
leicht mich zu beschedigen. //io6 30, 13 ; hab ich die, so mir
on ursach fcind waren, beschedigt? ps. 7,5; die albern gehen
durch bin und werden beschedigt. 5pr. Sal. 22, 3; der nie-
mand beschedigt. Ez. 18, 7; beschedigt die armen und elen-
den. 18,12; und was nutz hette der mensch, ob er die ganze
well gcwünnc und beschedigt sich selbst? Luc. 9,25; und
nichts wird euch beschedigen. 10, 19 ; zu den vier engein,
welchen gegeben ist zu beschedigen die erden und das ineer.
offenb. Joh. 7, 2. 3; und Judas inust auch keinen geringen,
sondern den apostelstand beschedigen. Lither 1, 358'; hat
euch keiser Carl lange zeit beschedigt? Aimon x; enigecl er
uns zu disem mal, so wird er uns gröszlichen beschedigen.
xl; kan uns keine creatur wider deinen willen beschädigen.
ScHUpPics 439 ;
ist sie sehr beschädigt 1 Götbi 9, 2M;
97*
1543 BESCHÄDIGUNG — BESCHAFFEN
BESCHAFFENHEIT — BESCHÄLER 1544
durch die Vorsteher seiner auswärtigen handelsverhältnisse
bevortheilt und beschädigt. 35, 346. wir lassen den regen,
hagcl die feider, den stürm die schiffe, dächer, das wetter die
wege, die kleider beschädigen, es wird aber unter schade
und sciiaden gezeigt werden, dasz diese Wörter ursprünglich
auf wunde und leibliche Verletzung gicngen, und ebenso sind
beschädigen und versehren zu nehmen, es hciszl die ädern be-
schädigen, sich am arm, an der hüfte beschädigen und so bei
GiiiHE 9, 256, ist sie, nach dem stürz vom felsen, sehr be-
schädigt? das glas ist beschädigt, hat einen risz, gleichsam
einen schnitt, eine wunde.
BESCHÄDIGUNG, /". laesio: beschedigung seines leiblichen
geberers {erzeugers, vaters). Aimonvorr.; keiner war von den
steinwürfen getroflfen, Überraschung und verdrusz war die gei-
stige beschädigung, die sie erlitten hatten. Götiie 48, 138.
BESCHADUNG, f. dasselbe, aber seilen, wie beschaden:
nicht wie die verachtete mucken, so uns tägiicii vor den äugen
umbfliegcn, geboren werden, im winter sterben und im som-
mer wiederumb von sich selbst, ohne einige beschadung ihres
vorigen todes lebendig werden. Pmilander ed. lugd. 3, 238.
BESCHAFFEN, 1) creare, schaffen, erschaffen:
wann er himel und erd beschaffen hat. fasln, sp. 595, 15;
dich und dein nfaffen
hab ich darzu beschallen,
das ir die werlt soll leren. 603, 30;
als er bschuof himel, erd, sunn, mon. 1027,3;
ach golt, der jemerlichen stunden,
sind das mich gott beschuf. Ambr. Ib. s. 49, 22. 365, 74;
was gott durch sein Weisheit beschuf, s. 364, 11 ;
der dich beschaffen hat on dein zuthun, der wird dich nicht
gerecht machen oder beseligen on dein zuthun. Luther 2,
439*; der du mit deinem wort die himmel und all ihr beer
beschaffen hast. Frank weltb. 146'; das ein gott sei, der be-
schaffen hab himmel und erden. 198"; es ist auf diser weite
nichts überflüssiges beschaffen. Wirsung Cai. PS";
als gott beschuf all crealur. Schwarzemberg 98, 1;
wie golt all crealur beschuf. H. Sacus IV. 1, 69';
die selbig lieb die ist mit ehrn,
die gott "beschuf, die well zu mehrn. V, 372*;
wann es beschuf got nie keinen als frommen menschen.
Aimon p ; und {die haut) ist ein deckel des leibs, beschaffen
die anderen glid zu beschirmen. Gersdorf 1. im n jh. scheint
diese, auch noch bei Paracelsus häufige bedeutung aufzuhören.
2) schon vihd. drückte beschaffen und schaffen eine höhere
Ordnung und Vorausbestimmung des Schicksals aus, der sich die
sterblichen fügen müssen:
ej muose sin und ej was mir beschaffen. MS. 2, 134';
mir gcschiht niht, wan mir geschaffen ist. MS//. 3, 80";
diu maget was iu beschaffen. Wigul. 1002;
ist ej dir beschaffen. Uelmbr. 1297 ;
sonst auch verhängt, verliehen, bestimmt, geschickt, zugetheilt,
beschert u. s. w. {vgl. myliwl. 821). So nun auch: beschaf-
fen glück ist unversaumpt. Agricola 2ü'. Frank 1, 65' ;
beschaffens glück ist unversaumpt,
beschaffens glück kompt über nacht. Ambr. Ib. s. 247.
DocEMS misc. 2, 250 ;
kompt oft und dick beschaffens glück
von fcrrem land. -4m6r. Ib. s. 225 ;
^ wer weisz, wo mir das blind gelück
gibt, das eim andern ist beschaffen. II. Sachs IV. 3, 3';
das euszer zu sehen, ist dem pawren beschaffen {gegeben),
das inner zu sehen, ist dem arzt beschaffen. Paracelsus 1, 27';
wenn er mir soll beschaffen sein,
so widersetz ich michs gar nil. ArRER54';
er werds gern llion,
und vernünftig merken dabei,
das ihm das glück beschaffen sei. 333';
zu wein bin ich beschaffen. IIoffm. gcsellsch. 108.
3) in schwächerem sinn heiszl beschaffen heule .<so viel wie
schaffen, anschaffen, herbeischaffen, rüsten : ich will das geld
beschaffen; eine caution beschaffen; seine geschäfte beschaf-
fen. Hevne an Joh. Müller 224 ; vielleicht noch nicht gewust,
dasz einem in bescbafnen gelegenheitcn {data occasione) pflegt
geantwortet zu werden, wie er gefragt. Simpl. 2, 490.
4) mit etwas beschaffen, zurüsten, hewerhsleltigrn: welche
mit verbotncn teufcJsgriflein, zauhcrsegen und dergleichen be-
schaffen und zugelien. Simpl. 1, 602, und in solchem sinn
pflegt wie {quo modo) bei dem pari, praet. beschaffen {compara-
tus) zu stehn: wenn ich wissen würde, wie es mit ihr, mit
ihrem vaterlande und adel beschaffen. Gryphiüs 1, 857; wi«
es mit dieser brücken beschaffen sei? Scnuppius 034; es ist
mit uns menschen also beschaffen, dasz wir leicht sehen den
Splitter in eines andern äuge. 659 ; wie wäre es alsdann mit
der kraft beschaffen? Kant 8, 167; wie ist es mit deiner ge-
sundheit beschaffen? vgl. rechtschaffen, rede comparatus.
BESCHAFFENHEIT, /. conditio, qualitas: wer hat wol einen
mann mit solchen und dergleichen beschaffenheiten gesehen?
pers. baumg. 4, 5 ; die Wichtigkeit ist ein relativer begrif und
was in einem betracht sehr unwichtig ist, kann in einem an-
dern sehr wichtig werden, als beschaffenheit (qualification)
unserer erkentnis ist dazu eine Wahrheit so wichtig als die
andere. Lessing 8, 211; schade, dasz ich diese ernsthaftere
antwort nicht so einleuchtend zu machen im stände bin.
denn dieses zu können, müste schon das ganze werk des
ungenannten der weit vor äugen liegen, indem sich alle meine
lobsprüclie blosz und allein auf eine beschaffenheit {eigen-
thümlichlceil) desselben beziehen, aus einer beschaffenheit des-
selben entsprungen sind. 10,216; als ob räum und zeit wirk-
liche beschaffenheiten wären, die den dingen an sich selbst
anhiengen. Kant 3, 200; die gemäszigte und kaltsinnige be-
schaffenheit unserer zeiten. 9, 23.
BESCIIAFFER, m. crealor, schöpfer, nach beschaffen 1:
der bschaffer schaffe dich in ein guts jar. Frank wellb. 148";
und jiichf tvidersetz dich dem, der dein beschaffer ist. Bocc.
1, 297'.
BESCHÄI'TEN, scapa inunire, mit einem schaft versehen:
Stiefel bescliäften, ein gewehr Leschiiften. man sagt lieber
blosz Schäften.
BESCHÄFTIGEN, occupare, einem zu thun, zu schaffen ge-
ben. Stieler 1714: wir müssen suchen, ihn zu beschäftigen;
er ist heute sehr beschäftigt; sie ist nur mit sich selbst be-
schäftigt; ich kann nicht berechnen, wie lange mich das be-
schäftigen wird; die fabrik beschäftigt hundert arbeiter. sich
beschäftigen, occupari, sich abgeben, zu thun machen: er be-
schäftigt sieji gern mit kindern ; Zachariä beschäftigt sich viel
mit landedelleuten, stellt ihre liebhabereien und eigenheitea
komisch dar. Gothe 20, 198.
BESCHÄFTIGUNG, f. occupatio : eine edle, grosze bescUüf-
tigung; beschäftigung, die nie ermattet. Schiller 49*. ironisch,
eine schöne, saubere beschäftigung; was für ein mundwerk,
und was musz es für ein geist sein, der diesen mund in be-
schäftigung erhält! Lessing 1, 434.
BESCHÄFTIGUNGSAHT, f. ich kenne keine beschäftigungs-
art, welche mehr geeignet wäre, im frühern alter dem er-
wachenden witz, Scharfsinn, erfindungskraft die erste Übung
zu geben, als vornemlich mit den alten sprachen. Schblling
melh. des akad. stud. 75.
BESCHÄFTIGUNGSTRIEB, m. das nagen {der thierc) kann
auch wol als unruhiger beschäftigungstrieb, der zuletzt in
Zerstörungskampf ausartet, angesehn werden. Göthe 55, 322.
BESCHAFFUNG, f 1) crealio: nach bescliaffung der weit.
fasln, sp. 1312 ; die grosze weit sampt allen andern creaturen
durch beschaffung durch die band gottes. Paracelsus 1,326';
der leo ist ein naturlich thier aus der ersten beschaffung.
2, 284'; durch die hütten, die nicht mit hcnden gemacht ist,
das ist so vil, die nicht von diser beschaflüng herkumpt. Me-
lanchthon 2 Cor. 5. 2) conditio, Status, beschaffenheit : als
aber die meisten es nicht für raihsamb erachteten, bei kegen-
wärtiger beschaffung der Sachen, eine Weiterung und trennung
einzuführen. MicrXlius 3, 593. 3) herbeischaffung: beschaffung
der mittel, des gcldes.
BESCHALEN, legere, mit einer schale versehen: eine wand
beschälen ; messerklingen beschälen.
BESCHÄLEN, delibrare, der rinde berauben: einen bäum,
apfel beschälen.
BESCHÄLEN, besser wäre beschelen, f(/i<am inire: die slute
beschälen, belegen, bedecken, bespringen lassen; wird aber
nur vom hengst, nicht vom stier u. s. w. gebraucht.
BESCHÄLEH, wj. eqiius admissarius, ahd. scelo (Graff 6,
471), was aber zugleich bnrdo. onnqer und tragelaphus aus-
drückt, gerade wie ein andrer vnme des hengsis warannio,
reineo an rlicno, das mitnntirlie rmnlhier reicht {vorr. zur
lex. sal. XXVIII. xxix). auf jeden fall ist scelo ein uraltes wort,
dunkler abkunfl, vgl. das nihd. schelcii. Zur auftiahme der
Pferdezucht werden an vielen stellen im lande tüchtige ix'schä-
1er unterhalten und ihnen gegen geringe abgäbe die sluten 2u-
I geführt, im Rheinland hörte vion katholische bauern, die für
1545 BESGHÄLGELD — BESCHÄMEN
BESCHÄMUNG — BESCIIARREN 1546
ihre slulen ron fremden beschälen! ßrclUeten, laut sagen:
wir wollen die verflucbten lulherischen hengste nicht.
BESCHÄLGELD, «.
BESCHÄLKEN, ursprünglich in servitutem rediyere, uie bei
Bertuold 192 : owe leider, dö wurden wir beschaiket und mit
relitem urteil wurden wir dem tiuvel ze frünerehte geantwor-
tet, bei Maaler 60' ist beschelken iiicrefare, mit rauchen
Worten anfaren ; Christus selbs sine jünger beschalkt, dasz
sie kleingläubig warend. Zwingli 1, 7. später aber bedeutet
es betriegen, aslu (allere. Stieler 1717:
also bescliälkt er dis und die (diese und Jene), ilörin 18.
BESCHÄLKNECHT, m., der den beschdler ßtlert und wartet.
BESCHALKLNG, f. ncqtiilia, schalklieit: verbieten all un-
zimlich schwur und beschalkungen. iceislh. 1, 223.
BESCHÄL.STELLE, f. auch beschälstation
BESCHÄLUNG, f. bespritigung.
BESCHÄLZEIT, f. sprungzeil, (empus admissurae.
BESCHÄMEN, pudore confundere, einen schamroth, einen
crrvthen machen, den Kangen rülhe einjagen : und da sie sich
aufmacht zu lesen, gebot Boas seinen knaben und sprach,
laszt sie auch zwischen den garben lesen und beschemet sie
nicht (lulg. ut absque rubore colligat, et colligentem nemo
corripiat). /?«//» 2, 15; nu bitte ich eine bitte von dir, du wol-
lest mein angesicht nicht b«schemen. 1 Aö/i. 2, IC. 17. 20; müs-
sen die Icute deinem groszen schwetzen schweigen, das du
spottest und niemand dich bescheme? Hiob 11, 3; nicht
schreibe ich solches, das ich euch bescheme (ovy. c^toitkov
ruäi, non ut confundam vos). l Cor. 4, 14 ; oder verachtet
ihr die gemeine gottes und beschemet die, so da nichts haben?
{goth. jah gaaivisku|) {)an3 unhabandans, xaTaia/vvexe roi's
UT] exovras, confunditis eos qui non habent?) 1 Cor. 11,22;
also sol mau ein solchen bcscliemen. /Vf«rn. <p. 3U9, 9 ;
beschembt nur ewren golt. Ri.nuvvald laut, tparh. 61 {
sie beschämt uns alle beide an einsieht. Gellebt;
der wilde bescliämt nn racnsclilichkcii
uns chrisieu. Gottkh 2, 327 ;
wouu icli den ernst will schcrzboft nehmen,
so soll mich niemand drum beschämen. Göthe 2, 235.
ttird oß zur leeren redcnsart : o sie beschämen mich; be-
schämen sie mich nicht ; ich werde mich nicht so beschämen
lassen ; ihre gute beschiimt mich.
2) figürlich, auf Sachen übertragen, die gleichsam vor dem
höheren und besseren, oder auch dem schlechteren, neben sie
gestellten er rollten:
die liolie pinchl hat die naiur veiworrcn,
und ihren zier beschiimt. Opitz 3, 2S3 ;
es soll diT pnrpur sich mit purpur nur vermählen,
den besten riog bcsclinrat ein Calscher diamani.
HoFMAMxsw. hcldenbr. 97 ;
die rcizan<r freier Felder
beschämt der garten pracht. Hagf.oorm 3, 70 ;
pracht, die alles was er je gesehn, beschämt.
WiEtAÄD23, 234;
mit ihres buscns scbnee die lilien beschämt. 23, 264.
3) die ältere spräche setzt sich beschämen oder sich be-
schämen auch für sich schämen, l)eschämt sein, mit dem gen.
der Sache: wir beschämen uns desses. Keisersd. pos/. 1, 22;
der sich des gebens nit bescbompi. Mcrüer sc/ie/menc. 28, 5;
auf einmal war ein bulerin, die het ein rot, aufzügig ange-
sicht, des beschämet {spätere ausg. schemct) sie sich, schimpf
vnd ernst cap. 177; ir beschämen euch über dem tisch zu
beten. 237; dann dem glaubigen sind alle ding mügiich, das
er sich der sterk, das er alles vcrmüg in dem, der in im
ist, billich sni rliüinen und sich der schvvacheit in scim golt
beschenien. fK\nk paradoxa 90' ;
das wer für war «in Trenihdc saeb,
das ich mich nit zu stucken lach,
das du dich snarren wölist bi-sehemincn,
und dir nit wollest lassen nemiiivn
den dorlorsifirzcl wie ander lent.
tpicl wie man die uancn bcfchwcrcn soll. 1554. A6';
• so wird ich mich nit beschemen, hierin auch der erste zu
sein. Paracelsus 1, 9ü'; da einer von dem andern underrich-
tet zu werden sich nicht soll beschweren oder beschämen.
KiRcHiior mit. disc. 231 ; dann gewarnelcr sach sich nicmands
beschämen soll. Fro.\sperc kriegsb. 1, 53*; die ihr euch der
lugenden beschämet. Piiilander 1,402; ihr wolt ja oft ewrer
eignen teu Ischen haar euch beschämen. 2. 75. schon mhd.
Walther, ms. 1, 110':
der endarf sieb iuwer niht beschämen ione
beide ze hove noch euch an der sträje;
bei Lacbm. 46, 35:
der endarf sich iuwer nicnder inne
weder ze hove schämen noch an der sträge.
fiflcA beiden lesarten musz man nur inne ze hove verbinden.
4) beschämt sein, beschämt stehn : deine brüste waren ge-
wachsen, und hattest schon lange har gekriegt, aber du wä-
rest noch blosz und beschämet (vulg. et eras nuda et con-
fusione plena). Ez. 16, 7 ; dein cörper unbescherabt behaltst.
Bingwald laut. warb. 123; er stand da ganz beschämt und
wusle kein wort zu sagen, einen beschämt machen: mache
niemand beschämbt. pers. baumg. 1, 33; dasz dem, wer un-
verschämt ist, nicht viel daran gelegen sei, ob er einen an-
dern beschämt mache. 4, 12. s. schäm und schämen.
BESCHÄMU.NG, f pudor, rubor: er fühlte tiefe beschämung;
icli komme mit bescbämung, Ja mit schmerz. Scuiller 399' ;
zu meiner groszen beschämung sehe ich, dasz ich dir das
begehrte noch nicht geschickt habe.
BESCH.ÄMUNGSYOLL:
so zosr sie diesen blick so hastig schnell zurücke,
so schnell und so beschämungsvoli,
als hätte sie gesebn, was man nicht sehen soll.
* WlELA.>D 21, I7S.
BESCHÄNDEN, macula sceleris imbuere. Stieler 1730. auf-
fallend mit dem dat. der person: sonst wird ihme sein adel
mehr beschänden aJs ehre bringen. Simpl. l, 64. mit acc,
tcie heule schänden : brave männcr beschänden und belästern.
Hippel 10, 46 ; sie wird weniger beschändet als verachtet.
13,64;
und knn ich nit treschen mit dem flcgel.
so sol man mich besehenden vor allen fraucn.
fasln, sp. 327, 21.
BESCHANDFLECKEN : wo bleibet unterdessen bei solchen
ungöttlichen bändeln, die gerechtigkeif, die liebe, das gewis-
sen? wirds nicht alles dardurch von ihnen selbst beschand-
flecket und prophanieret? Cur. .\.\dreae ft«s-/)osau«cE4'.
BESCHANKT, s. beschenken.
BESCHANZEN, circumvallare, verschanzen :
beschanzt grosz stedt mit graben, wellen,
viel büchsen an die mawr zu stellen.
Wald IS päpsl. reich 1,4;
zwischen diesen beiden lagern aber ein platz, der nicht be-
schanzt war. Kirchhof mit. disc. 191 ; so man etwa für städt,
Schlösser und festi rücket und die beschanzen otlcr beschie-
szcn müste. Fronsp. 1, 47"; an welchem ort mans beschan-
zen, beschieszen und das geschütz hin stellen solle und wolle.
3, 113';
das sie den menschen, vieh und pflanzen
für den geringsten feind beschanzen. froschmcuscier 1.1,6;
was ein sinnreicher geisl mit seiner feder pllanzl,
ist vor der zeit gewalt versichert und beschanzt.
Opitz 3, 306.
BESCHAB, ablaut von bescheren, heule bescher.
BESCHAKBEN, suffricare. s. Scharben.
BESCHABBEN, defodere, einscharren, verscharren: und da
er sähe, das kein mensch da war, erschlug er den Egvpter
und bescharret in in den sand. 2 Mos. 2, 12 ; gewislich ist
das unvcrgengliche, unbefleckt und unvenvelklich erbe unser,
es ist aber ilzt ein kleine zeit verborgen, bis wir die äugen
zuthun und uns bescharren lassen. Llther 2, 323' ; indes
aber warten wir, das unser fleisch hingerichtet und mit allein
Unflat bescharret werde, aber herrlich crfür kome und aufer-
stehe. 4,413'; das uns golt lessei also in die erden beschar-
ren und verfaulen auf den winter. 6, so'; und ist warlich ein
schwerer arlikel ins herz zu bringen, wenn ich sähe einen
menschen lud hintragen und bescharren, das ich doch mit
solchem herzen und gedanken sol davon gehen, das wir wer-
den miteinander wider auferstehen. 6, 232'; sondern müssen
alles, was sie je gehabt haben, hcrauszen lassen, und sich
so ganz blosz ins grab lassen bescharren. 6, 239'; ob er
schon noch lief in der erden bescharret ist. S, 260"; ich will
ire legenden mit der sindflut bescharren. tischr. 40'; da ich
keine hofnuug hatte, viel von im zu scheren, dacht ich mei-
nen kuchen zuvor zu bescharren, ehe dann er sich von mir
schiede. Areti.m hurensp. 232 ;
er soll ganz iinhcklngt, ganz unbescharrt mit erden,
der vogcl suszer schätz und tust des rauhes werden.
Opitz 1, 166.
Lotiier verwendet, ausier Itescharret, auch das pari, beschor-
ren : denn wir alle müssen unter die erde beschorren ver-
faulen und verwesen. 6,75'; das nur der leib unter die erde
beschorren werde. 6, 79'; darum ist» am besten,' nur bald
1547
BESCHATTEN — BESCHAUEN
BESCHAUEN — BESCHÄUMEN
1548
gestorben und beschorren. tisc.hr. 49' ; drum isfs am besten,
nur bald gestorben und zugeschorren. 132'. vgl. verschorren
Jos. 7, 21. 22.
BESCHATTEN, obumbrare, obscurare, ahd. piscatawan (Guaff
G, 424), mild, beschalcwen, nnl. beschaduwen : da war die
wölke und bescbattet das lager. weish. Sal. 19, 7 ; das fleisch
wird durch der bende auflegung beschattet, das die seele im
geist erleuchtet werde. Lutuer 3, 370* ; vom h. geiste beschattet ;
ihm grünt der erile bescliaileter schosr. Uz 1,5;
unter des segentriefenden l'riedens
beschallendem tiltiche. Klopstock 1, 159-,
schweigendes grabgcwölbe, das ihm die gebeine beschattet.
1,203;
mit jenes lebens ruh
erquickst, beschallest du
mich schon iu diesem leben. 7,67;
sonst mit frieden von gott, mit jeder ruhe beschattet.
Mcss. 9, 389 ;
eine mit lorberbäumen beschattete anhöbe. Wieland 1, 243;
zu dieser mitten im getümmcl der weit sich immer erhal-
tenden, nur selten durch vorübergehende wölken leicht lie-
schaHeten beitcrkeit der seele. 3, 383; das vergnügen, das
ich dabei empfinde, wird durch keine unlust übertroffen zu
sein beschattet. 10, 73 ;
ein leicht beschaltendes gewand
erlaubt den ungewohnten blicken
nur allzuviel, sie zu berücken. 10, 140;
beschallet von der pappelweide,
am grünbescliilfteu sumjif.
sasz liedewig im rolhen kleide
und strickt am kleinen strumpf. Voss id. 14;
im gelilde des weinbeschaitelen gartens.
Voss Orf. 11, 193;
hinter einem lichtschirm, der sie beschattete, sasz ein frauen-
zimmer. ihre durch den lichtschirm bescliatteten züge. Göthe
20, 155; Äladdins character wird vom anfange mehr beschat-
tet, als dem zwecke günstig ist. J. Paul büclierschau 1, 170.
BESCHATTER, m. arbor umbrifera:
klimmen wir nie hinauf zu der höh, wo nur wenig
wahres, hier sprosz, da beschälter, dem oikan steht!
Klopstock 2, 72.
BESCHATTIGEN, eine frühere form statt des heutigen be-
schatten, beschattigen, inumbrare. voc. theut. 1482. d3'; be-
schettigen obumbrare. d4'; ich beschattige, bedecke. Dasypo-
Diüs 262*. Maaler 60"; dasz es beschattigt ist, finster und
tunkel. Garg. 242'.
BESCHAtTLNG, f. umbra:
blume, du siehst verpflanzet, wo du blühest,
werth, in dieser beschattung nicht zu wachsen.
Klopstock 1, 78;
kehret denn wieder zu uns, und bringt der seligen zeugen
mehr in der palme beschattung. Hess. 17, 222.
BESCHATZEN, BESCHÄTZEN, aeslimare, imperare tri-
bulum.
1) mit abgäbe belegen, vgl. brandschatzen: Stadt und land
beschatzen ;
den lebendigen gelt abkratzt,
die todten auch dazu beschaizt. Vf aldis päpst. reich i,l;
beschetzi ward umb viel lausent thaler. £sop 3, 92;
als das die Wiener innen wurden, da fielen sie über die
burger, und beschetzten sie umb vil gelts, ire soldner zu
bezalen. Frank c/iron. 209'; nahm ihn gefangen und bescha-
tzete ihn hoch. Micrälils 3, 444; der handel beschränkt, und
jede nothwendigkeit des lebens schwer beschatzet. Göthe 37,
217; die Karthaginicnser, welche vorzüglich ihre unterthanen
beschatzlen. Nieruhr 3, 673; die privateigenthümcr des bo-
dcns beschatzen. Kant 5, 159.
2) censere, acstimare :
nu wil ich euch melden die in der kirchen swnlzen,
und die leut hinien und vorn beschatzen. fasln, sp. 1160;
er soll aller Juden rcichthum beschreiben und beschützen,
laxieren. Reiszner Jer. 2, 9S'.
BESCHATZL'NG, f
BESCHAU, f inspectio, spectatio, vgl. schau, anschau,
beerschau, leichenschau, tucbschau, weinschau: das wir b«-
gcrt haben sullen, uns der beschaw in den kellern zu vcr-
iragen. Ch.iiels Maxim, s. 371; es ist ein ganz löbliche Ord-
nung, dasz ein jeglich ding, so dem gemeinen nutz dienen
soll, vorhin der beschaw (bcsichligung) überantwurl werde.
Pabacelsus chir. sehr. 149'. vgl. Schmeller 3, 303.
BESCHAUBAR, aspcctabilis, beschaulich.
BESCHAUEN, inspicere, viserc, besehen, besiehligen, ahd.
piscawün, biscouwön, mhd. beschouwen, nnl. besciiouwcn.
anschauen ist innerlicher: ich schaue an, ich schaue die
sonne an; beschauen transitiver: ich beschaue die blunie,
habe die absieht, sie zu betrachten.
1) weidmännisch,
wolauf wolauf wolauf herrn und frauen,
laszt uns heut ein edlen hirsch beschauen, üecuen 10(J.
2) besuchen, invisere {vgl. besichtigen) :
drumb so sag deiner frawen,
ich wöl si nicht bescbawen,
ich hab dann u. s. w. Teuerdank 8, 50.
3) vor äugen kommen, zu sehen kriegen:
so soll er uns nicht mehr beschauen. ArRER372*;
da man einander das weisze ia den äugen beschauet. Simpl.
3, 145.
4) ein mann, der sein leiblich angesicht im spiegel be-
schauet. Jac. 1, 23;
so lang sie noch ihr ciiles bild beschauet,
hört sie nicht auf zu hoffen und zu wagen. Scuiller 406".
5) das wir gesehen iiaben mit unsern äugen, das wir be-
schauet habeii (o doj^äxaiisv roXs otpd'a'/.uoTs rjficjv, o
i&saaä/ie&a). 1 Joh. 1, 1; etwas mit scharpfcn äugen be-
scbawen. Hemsch 300 ; beschauet und besehet doch. Schüp-
pius 415 ; den todten leicbnam gar eben beschawet. Bocc. 1, 232'.
6) es folgeten aber die weiber nach und beschaueten das
grab und wie sein leib geleget ward. jL«c. 23, 55; das weiter
beschauen, nach ihm sehen;
wie Völker jetzt geblüht, jetzt wieder durch das schwert
den Untergang beschaut (vor augcn Itatten). Opitz t, 12.
7) sich beschauen: hoffertige leut bescbawen sich, alte
leut klawen sich. Hesiscii 300.
BESCHAUEN, n. contemplatio, inspectio: sein zeit fast mit
beschauen der gülden goltstück volbracht. bienenk. 2ll'; das
betrachten und beschauen dieser angenehmen gegenstände.
Göthe 27, 43 ; ein solches beschauen und betrachten. 31, 222.
beide Wörter erscheinen oft verbunden, und so dasz beschauen
meistens vorausgeht, das nachfolgende betrachten also ein an-
haltenderes inneres nachdenken ausdrückt.
BESCHAUENSWERTH.
BESCHAUER, f?i. contemplator, ahd. piscouwari. Gbaff
6, 557. s. leichenbeschauer.
BESCHAUERIN, f contemplatrix, nnl. bcscbouwster.
BESCHAUERN, tueri, legere, vgl. schauer obdach, schüren
und schirmen. Gemeiner regensb. ehr. 3, 176;
und wer {wäre) mit ewigem frid beschauert.
fastn. sp. 1144 ;
nicht forcht dich, sprach er zum paurn,
vor im getraw ich dich wol beschaurn. 1170;
so die fürsien gand herfür,
die lant und leut beschauren. Uiiland427;
sie denken nicht, wie land und leut gebessert, beschauwert,
in guter rhuw erhalten werden. Beutiiers Rcineke s. 30.
BESCHAUFELN, pala congerere, tegere: mit der schaufei
bewerfen.
BESCHAULICH, contemplativus : ein beschawlich leben fü-
ren, wie sie {die mönche) es genennet, und viel büchcr da-
von geschrieben haben. Luther 5, 359' ; gieng mit sechs ed-
len männern in ein wildnus und bescbeuwlich wesen. Kirch-
hof wendunm. 370"; dafern er von dem beschaulichen leben
ins wirksame übergeht. Wieland 2, 226; der Schwärmer re-
det von unmittelbarer eingebung und beschaulichem leben.
Kant 7, 433 ; fahre fort mit diesem lieblichen irrlichlertanz
mein beschauliches leben zu ergötzen. Bettine br. 1, 229.
Notker ps. 32, 2 sagte fifscowolip.
BESCHAULICHKEIT, f ein mOnch im kloster, wenn er in
seiner höhestcn beschawlichkeit sitzet. Luther 5, 357'.
BESCHAUMASZIG, probehaltig, was bei der schau gut be-
funden wurde. Schmeller 3, 303.
BESCHAUMEN, spuma conspcrgere.
1) inselstadt, vom mcer besch.-iumci. Platkn65;
die wellen
wälzen mcilcnlang bescliäumic kämme. 33t;
gräbt der schneidende kiol bcschäumic furchen. 337.
schön die ags. dichter vom schif fämigiicals, fo//o spnmosn.
2) wcisz bcschäumic pfcrde. Drockks 1, 108;
fort gelben! bis der trab euch das pcbisz boschnuint:
Ca.iitz 128.
3) das schwert mit bhil beschäumt Schiilf.r 45V
1549
BESCHAÜL'NG— BESCHEHEN
BESCHEUEN— BESCUEIBE
1550
4) sich beschäumen: das maul als ein ros sich beschäu-
mend. Philander 1, 15.
BESCHALLNG, f. i) aspectus: und von dannen wurden
sie über eine kleine weil vieler mit weiszen hembden ange-
thaner leute gewahr und ansichtig, welche erschröckliche be-
schawung dem Sancho Pansa den muth ganz und gar wi-
derumb danider schlug. Harnisch 216. 2) inspectio, besich-
tigung. 3) conlemplatio :
die kleine trübe neige leben
ist er in seinem goit gemeint
der geistlichen beschauung zu ergeben.
Lessing 1, S ;
der ich durch mein übel an höherer beschauung und be-
trachtung nicht gehindert war. Göthe 31, 207 ; das bild, wel-
ches den mann (Bodmer) darstellt, wie er auch uns erschie-
nen, und zwar mit seinem blick der beschauung und be-
trachtung. 48, 112. s. seibstbeschauung.
BESCHAULNGSWÜRDIG. Wolf mus. der allerth. 66.
BESCH.\ÜWäLZE, f. über welche bei den tuchbereitern das
fertige Uich gerollt wird, um es gegen das lageslicht zu be-
sichtigen, vgl. ausbund, tuchbeschau.
BESCHECKEN, variare, scheckig, buntscheckig machen, aus-
sehecken. Stieler 1703.
BESCHEEREN, s. bescheren.
BESCHEREN, ßeri, contingere, ahd. nur bei N. (Graff 6,
412), auch mhd. nicht bei allen dichtem, doch bei Hartm., Rc-
DOLF, Flecke, Böser u. o. m., nhd. setzt Lutber in der bi-
bel immer geschehen, sonst einigemal auch beschehen, das
andere Schriftsteller genug verwenden.
i) beschehen, fieri, ohne persönliche beißgung : es ist nicht
in böser meinung beschehen, als ir fürwenden. Keisersb.
Sünden des munds 13' ; wo das nit beschee, so mag der meier
das on zorn tun. weisth. 3, 740 ; das beschach. Tbo. Plater
103; warumb aber es beschicht, ist mir ganz verborgen.
buch der liebe bl, 2; ir solt wissen, mein allerliebeste fraw,
dasz alles das, so ich gehandelt hab, in euwerem gefallen,
beschehen ist. h2, 3; auch die zufel, die do seind zugegen
oder beschehen mögen. Bracnschweig U ; so musz es also
beschehen. Agricola spr. 38'; ob das in der schlafkammer
oder es uf dem söllcr beschehen sei. Steinhöwels Esop 6;
es beschicht aus einer besunder gottes Ordnung. 8'; wie denn
auch folgends beschehen. Götz von Berl. leben 6; beschicht
das nit, so werdent ir zu zorn bewegt werden. Aimon r2;
es beschicht villeicht nit. r4; wo ein solches mehr beschehe.
Galmy lOS ; als diesmal beschahe. Schwei.mchen 1, 84 ; wel-
ches bei Juden und beiden nicht beschihet. 1, 314 ; das gotl
der ketzer bekerung und reu nicht abnemme, diewcil sie
nicht beschicht, wie es gehört, bienenk. 202';
dann es dir unverborgen ist
was künAig bschehcn soll zur frist.
Geo. Gotthard zerst. Trojas 1598 acl 1 ;
wiewol eine vil stärkere nachfrage nach meinen weltlichen,
dan geistlichen gedichten oftmahlen beschehen. Weckberlin
rorr. zu den geistl. ged.; indem alhie eine Vereinigung zweier
götlichcn herzen beschehen. 857; dasz man von ihrer schön-
heil nicht so viel gcschreis und groszes werks würde ge-
macht haben, als wol jelzo noch beschiehet. Harnisch 261;
dasz ich nichts ausführliches erwähne, beschiehet umb ge-
liebter kürze willen. Simpl. 1, 3; in was schein das besche-
hen möchte. ScBLPPius 674; disz könne eben jetzo gar si-
cher beschehen. 715; dessen in dem evangelio meidung be-
schicht. 748 ; wie kann die niedermachung aller gottlosen
ohne sonderbaren groszen gewalt und starken arm besche-
hen und zu wegen gebracht werden ? Tieck 15, 342 aus Simpl,
1, 262.
2) von einem geschehen, d. h. gelhan, zugefügt werden,
fieri, agi ab aliquo: aits dem allen sol erfunden werden,
das mir mit billigkeit von niemands einige auflegung besche-
hen ist. Llther 1,210'; das sollich von im beschehen müsse.
HCTTE.'« 5, 210 ;
von hanihaften .Schwizern
ist inen gar we beschehen. Uuland 405 ;
»0 vil es Ton mir beschehen mögen. Schweimcue.'« 1, 10; so
solches von ihnen nicht beschehe. 1, 13; welches auch Ton
mir beschahe. 1, 90 ; so ists offenbar, dasz es so vil basz
von einem alten beschicht und ausgericht wQrd, dann von
einem jungen. Pelr. 181*.
3) um einen beschehen, fieri, agi de aliquo: war es nicht
umb mein ros, ja auch mich selbst beschehen. Kirchhof
wendunm. 189*. so heute, es ist um mich geschehen, actum
est de me.
4) an einen beschehen, dirigi ad aliquem : e. k. f. g. schrift,
an mich beschehen, hab ich empfangen. Luthers br. l, 444.
5) einem beschehen, ergehn, widerfahren, zu theil werden :
den bschicht in sein landen nit allein kein uneet, sunder
grosz eer und freundschaft. Fraxk wellb. 198"; wie mag ich
vergelten der gnaden, so mir heut von euch beschiht. buch
der liebe 46, 3 ; lieber, was guts ist dir beschehen ? Cvrilll'S
73' ; darumb beschicht in {eis) recht. Kirchhof wendunm. 173' ;
ich mein aber, mein leser, dir soll gleich mir beschehen. Aimon
vorr. ; es ist ihm recht beschehen. Scbweimches 1, 90 ;
ich han nit gwust, wie mir ist bscbehen,
das musz ich bei der warheit jehen.
spil wie man die narren besclnveren soll 1554. D 2':
durch seine wunden ist uns arzenei beschehen. Reiszxer
Jer. 1, 30'.
6) im part. praet. hat sich das wort, zumal hinter den
praepos. nach und auf, am längsten erhalten : es ist nit gut
beschehne ding herfür zu rucken. Aimon x; danken für den
ihnen beschehenen und geleisteten gehorsam. Kircbbof mil.
disc. 209 ; nach beschehener malzeit. wendunoi. 211' ; nach be-
schehener gnädigen audienz. Scbweimchen 3, 169 ; die nach
beschehener abrede die thore offen gefunden. Micrälics 3,
445; nach erkenntem und beschehenen rufen. Frankf reform.
1. 15, 1; ein junger graf befände sich in einer hochadclichen,
ungefehr beschehenen Zusammenkunft, ßiegcnwadel 144 ; die
von den canzlen vielfaltig beschehene ernstliche erinnerun-
gen. ScHCPPius 679 ; dergleichen caressen gehörten sich nicht
ehe anzustellen als nach beschehener copulation. Felsenb. 2,
351; der beschehenen Verordnung genüge leisten, ehe eines
weibes 11; auf beschehenes nachfragen. Hohberg 3, 32'; das
geschrei (gerüchl) der beschehenen entleibung. pol. stockf 289.
BESCHEIBE, BESCHEIB, agilis, promtus, alacer, callidus,
scitus, gewandt, gescheid:
das ist ein bur, dank hab sin lib,
der ist wol als witzig und bschib,
als dise gleerteo, groszen berren. fastn. sp.SS'fii;
schwig nun still und Insz mich machen,
ich bin bschib gnuog solichcn Sachen. 825, 14;
ich will thun, was du begerest {erbot sich versteckter weise
eine frau einem herrn), das er dann nicht wol hinder sich
möclit gon, er müst sie denn gewern des, was sie an in
begert. der herr was beschib und merkte die kreid wol,
was sie meint. Keisersd. pos(. 2,41. vgl. 74;
als Mars gibt etwas gemischte kind
von rot, weisz, s hat ein gschickten leib,
warm, feucht, complex, listig und bscheib.
THCR:«ErssER arcliid. 81 ;
noch heute in Graubünden beschib, bschib gescheid. Staldei
2, 315 ; offenbar von dem folgenden bescheiben, also was leicht
rollt, beweglich, behend, klug, in der jüngsten Umarbeitung
des Hugdietcrich und Wolfdieterich, welcJie der Strophe acht
reime zu schaffen sucht, wurde dies adj. mehrmals eingefügt:
er was hübsch an dem leibe,
sein^antlüiz rosenfar,
darzu so was bescbcibe
der edel fürste klar. 7;
on einer, der was bescheibe,
der hiesz Wolfdletcrich,
der hielt an seinem leibe
sein gcschmeide rittet lieb. 395;
so entgilt ich sicherlciclie
meines argen vaitern zom,
der sie recht licscheibe (listig)
hat gesendet in das lant,
da von mir armen weibe
wirt Jamcrs ril bekant. 923;
der beiden was bescheibe,
sprach, wiliu bei mir sein,
so gib ich dir lu weibe
die schönen tochter mein. 1188;
Ilachcn, den held bescheibe,
den satzi er uf den Rein,
er gab im auch zu weibe
ein edle herzogein. 21S7 ;
und vielleicht noch einigemal, es wird verschiedentlich dafür
bescheide gedruckt, weil das worl schon unverständlich war
(vgl. bescheid 6). in den älteren texten bei Hacpt 4, 401 und
Öchsle darf man danach nicht suchen, es zeigt uns aber, in
welcher gegend die neuste gcslalt des liedes {offenbar im Ihjb,)
entsprang, anderwärts wäre ein mhd. adj. bescbibe wol iu
9rwarlen,
1551
BESCIIEIBEN — BESCHEID
BESCHEID
1552
BESCHEIBEN, rata advchcre, schnell auf der scheibc zu-
führen, läszl sich aus dem vorigen folgein, und mhd. beschi-
ben kommt vor:
ob si fröide mir bescliibe. Ben. beitr. 254. MSH. 1, 170",
vgl. Scheiben bei Schm. 3, 307 — 310. nhd. sind uns verbiim
und adj. veraltet.
BESCHEID, m. perilia, responsum, decisio, ausweis, Wei-
sung, ein heule gangbares, ahd. und mhd. nicht vorkommen-
des worl, nnl. bescheed, bescheid, schtv. dän. besked; richtig
gebildet von bescheiden, während uns aus abscheiden und un-
terscheiden ein unorganisches abschied, unterschied für ab-
scheid, unlersciieid entspringt. Luther, obschon bescheiden
vertvendend, brawcht in der bibel nicht bescheid. mit unrecht
aber erklärt Adelung die meisten bedeulungen von bescheid für
gemein und niedrig.
1) gerichtliche entscheidung, besclieid, vor)>escheid, cndbc-
sclieid, wodurch die partcicn beschieden werden : es ist be-
scheid erfolgt, recht gewiesen, gesprochen worden; es liegen
schon (hei bescheide vor; fiel endlich der bescheid. Lessing
1, Kio ; bescheid geben, crtheilen, erhalten, erlangen ; auf die
angebrachte klage wird hiermit zum bescheide gegeben; der
bescheid lautet günstig, ungünstig;
wo im sleifen sonntagskicide
uns die etiquctlc zelin bescheide
über eines tages wciier macht. Gökinok 1, 47.
2) überhaupt beslimmung, Unterweisung, auskunft, antwort:
bis auf weiteren bescheid, bis auf weiteres;
lom daudo bcreid,
up widern besclieid,
lom lilien^trul:
waker mäken bistul?;
wenn er die vierlausend reichsthalcr auszahle, so solle er
doch dasjenige, was er haben müsse, bei sich behalten, bis
auf weitern iiescheid. Sciiuppiüs 257 ; die platten wurden bis
auf Weilern bescheid wieder an ihren ort und stelle gelegt.
Felsenb. 3, 329 ; soll das kriegsvolk in ein ander lüger, ferners
bescheids daselbst zu warten, geschickt werden. Kirchhof
mil. disc. 106; ist das nicht ein feiner bescheid, kompt auf
den abend zu haus ? bienenk. 76*.
3) bescheid geben: guten, rechten bescheid geben; kurzen
bescheid geben, kurz abfertigen :
pib nur guien bsclieid,
doch sag im nil dein heimlichkcit. Ringwald fti/jcr 26;
morgen so soll man euch ewer Werbung bescheit geben.
AimouTi; ob si schon ains oder zweimal ihren liebha-
bern absclilcgigen beschaid gegeben. Wirsung Cal. H 3" ;
der obcrst gab in kurzen bescheid,
er spracii, das wor mir ewig leid,
soll ich die siatt aufgcdjen. Soltau 384;
icli gcb eim jedem fein bescheid.
Ringwald laut. warh. 10;
was gibst mir für ein bscbeid? Garg. 93'; von diesem punc-
tcn viel bescheids zu geben, bienenk. 10' ;
ihr Ochsen, die ihr alle seid,
euch llcgein gcb ich den bescheid. Gbllert 1, 205;
sie gab mir mit der verdachtloscslen, freimütigsten, reinsten
cngelsmiene besclieid, als ob ich ihr vatcr wäre, der arme
mann im Tockenb. 295 ;
gebt uns besclieid, wos daiiiil werden soll. Schiller 548" ;
irrend gicng ich umher, und fragte nach drincr bcliaiisiing,
keiner der ciiclsica selbst konnte mir geben bescheid.
GoTiiR I, 3t'2.
ebenso, den bescheid erhalten, bekommen, kriegen, zum bc-
scbcid kriegen, linden : ein ungelrautcr krigt zum bescheid.
pers. baumg. 7, 29 ; verrichtete die sache aufs beste, so mir
möglich war, bekam aber ' geringen bescheid. Schweimciikn
1, 173;
ir herrn wolt ir dan hören besclieid? fastn. fp. 338, 5;
erwartet keinen andern bescheid. Schiller 450';
darnncli ist im kein land zu weil,
darein lauft er mit ercn,
bis er auch (indt bescheid. Uulakd 517;
auf Gabes zu, do (Indt ir bescheid. Schnf.lzl Saul 23';
ich finde darüber keinen besclieid.
4) besclieid haben, mit vrrschiednem sinn,
a) antworl, auskunfl: er hat seinen bescheid, hat die ge-
wünschte Weisung erhalten; wer sein bescheid hat, der mag
reiten wann er will {der böte mit der ihm crtheilten antwort).
Lehmann 195 ;
drauf hält ich gern heimlich erwünschten bescheid. Bürger.
b) kennlnis, wissenschaß:
weil du dann nun zu dieser zeit
meins zustaiuls hast genug bescl)cid.
W. Spangknberg anbind oder fawjbriefe C3*.
c) zugewiesenes theil, was ihm beschieden ist:
ein jeder stand hat sein bescheid. Alberus 155;
jedoch hat kurzvveil sein bescheid,
wenn es geschieht zu seiner zeit. Ringwald /. warh. 87.
d) entscheidung, Ordnung, bcschaß'enhcit, bewandlnis: das hat
seinen bescheid, das ist schon beschieden, gesagt, abgethan, actum,
transacium est: wie man dieselben etvvan an leib und gut
strafet, das hat alles sein bescheid und ist nit not das selb
hie ze sagen, ir hond sein eben genug. Keisersb. Sünden
des viunds 73'; aber das hat seinen bescheid, das nichts
draus wird auf diesmal. Luthers br. 3,76;
ein ieglich ding liat sein bescheid,
wenn es gcschicbt zu rechter zeit.
Waldis Esop 3, 71 ;
so bin ich dann gar schnell bereit
zö volsiieckcn iiieiiien bescheit.
WicKUAM bilgcr 2 ;
wo wir sie (die wolle) bekommen können, so ist es gut, wo
nicht, so hat es auch seinen bescheid. Schweinichen 1, 362;
ich sollte die ketten {von der junyfrau) neinen, warum ich
CS aber nicht thun wollte, hat seinen bescheid, und danke
golt, dasz er mich vor allem übel behütet hat. 1, 218 ;
zu diesem hals auch den bescheid,
das solches gut nicht lang gcdcit.
RiNGWALu l. wjrli. 23;
aber das bat nun seinen bescheid, es pleibt doch einen weg
wie den andern disz allezeit fest, bie.nenk. \['j* ; aber das hat
seinen bescheid, wie des mönchs band unter der priorin ta-
fel. 90'; nun disz bat seinen bescheid wie glockcn weihen
und narren gicszen in der fasznacht, es geht doch beids auf
schellen und klingeln aus. 156*; es hat mit dir einen andern
bescheid als mit mir. Henisch 300. vgl. das hat seine guten wege.
5) bescheid, der ort wohin man beschieden wird (vgl. be-
scheiden 5), das rcndezvous, die abrede: in gottes namen lüs-
set sich der mönch zu der nunneu aus dem closter. das
wall gott, und glück zu, spricht jede, so sie auf den bschaid
will gehen. Frank paradoxa 124' (133);
so spiln der plinlen meus die meid,
die liaben darbei auch iren bescheid
in sundern stuben mit den knaben.
fastn. sp. 385, 28 ;
dein gelt vor nicmnnt spiegle nicht,
damits nit eiwan einer sjclil,
und mach mit andern buhen bscbeil,
wart auf dich dauszen auf der heid.
WiCKRAM bilger 26.
6) bescheid wissen, bekannt sein, umzngehn wissen, wis-
senschaß haben, vgl. 4* : ich weisz von allem bescheid. Clau-
dius 1, 10 ; ein Zauberer, der mit übernatürlichen dingen be-
scheid wcisz. Kant 1, 220; ebenso wusle sie im bauni- und
biumengarten bescheid. Göthe17, 78; das kind wüste in der
geographie schon guten bescheid; ich wcisz keinen bescheid
in der Stadt; er weisz hier rechten bescheid: wissen sie
auch im himmel bescheid? Graishe scherz 2,121; Ulenspiegcl
was in allen zu bescheid und musten im alle recht geben.
Ettlensp. cap. 28, tvo die späteren ausgaben .lelzhi : E. war ih-
nen allen zu listig, man könnte auch vermuten: zu bescheib.
7) bescheid, intelligcntia, prudenlia, fug, verstand: doch
bat disz seinen liesclieid, wan es in guter andüchtiger mei-
nuhg geschieht, bienenk. 175* ;
der mit verständigem beschaid
nichts dan was billicli wil versprechen. VVkckhkrliih 50;
und weil uns kein mensch mehr mit irösilicliom besciiniil
kan oder darf des laids und eilends end fürbringcn. 184;
doch mag er auch .. mit gut besclieid
der weit gebrauchen als zur not. Rinowald /. warh. It;
dasz alle menschen liigner sein, ist mit bescheid zu nemen,
die Schrift, die silit auf iiiisre zeit, ila lügen heiszi bctjuemeik
I.OGAU 2, 2, 13.
8) liesciieid thun, n<ic/t der analogie zwischen thun und ge-
ben, kann gerade aussagen was bescheid gi'hen, und bei Al-
berus ist auch ich thn bescheit respondeo, wie wir sagen ich
gebe oder tline dir bescheid auf deine frage:
der wirt . . tbat
licscheid auf alle meine fragen. Gökingk 3, 150;
mit spccr und schwert thun wir luäniiern bescheid. Fn. Mül-
le« 1, 35», Bald aber wurde dieses bcscbeitl thun vorzugS'
1553
BESCHEID — BESCHEIDEN
BESCHEIDEN
1554
«reise gebrauchl i'v» dem tnink aufzulrunk, zubringen, respondcre
salutem propinanli, wo man nie sagt bescheid geben, franz.
faire raison, it. far ragione nel bere, engl, pledge, nn/. be-
scheid doen, schw. güra besked für en skäl, bühm. splniti
{erfidlen, leisten), poln. odpijac. Schon Maaler 60' hat: das
freundli(i und hoidsülig nöten ze trinken oder bescheid ze-
tbön, eertamen mite vini; bescbeid thiin, gleichlhun, par fa-
cere. Hemsch 300; du bringst mir mehr, denn ich bescheid
tbun kann;
Ibut recblen bscheid, ich dien euch allen,
keim nit zu leid noch wolgefallen,
eim will ich wie dem andren schenken. Scheits jroft. Hl';
so trinkt er dann und thut dir bscheid,
es sei ihm frleich lieb oder leid. das. ;
wanns gschirr dann ler ist, steht gar wol,
laszi du es wider schenken vol
uud thust dem bringer dopplen bscheid. P2';
bat niemand dem ers bring, der ihm bescheid thut. Garp. 68';
tliust du nit bescheid, es ist mir leid. 87'; schenk ein das
glas, tbu bescheid, bei meinem eid ich hab dirs bracht olin
allen pracht. 9S';
Marin der trank dir zu, du hast bescheid gethan.
Grtphics 2,48«;
gott segn es, lieher bruder,
tbu mir fein bald bescheid. Simpl. 3, 916;
der tisch, die bänk und boden wurden genetzt mit wein,
aus kacheln und aus schuhen rauste gesoffen sein,
kes, butter, fleisch und suppen warfen wir in den trank,
jeder must thun bescheide, mit oder ohne dank.
Philand. tuijd. 3, 11 ;
das ist kein fiberflusz, wenn man Tornehmen leuten einen
erleidiichen ehrenbecher bescheid thut. Weise erzn. 18 ; wenn
der salbeiwein kümt, so wolle er auch eins bescheid thun.
ScHLppius 109 ; ein glas wein auf geruhige nacht bescheid
thun. irrgarten der liebe 143 ; hiermit nahm Eckhart ein glas
wein und brachte es dem arabtmann in gcsundheit mons.
Talanders zu, welcher es bescheid that, wie auch die andern,
untr. docl. 143 ;
sein abt, dem sonder ihn, auch nicht sein mundwein
schmeckte,
weil keiner so im Irunk bescheid und wunder that.
Hagedorn 2, 97 ;
der junge mann, fällt hier die göttin wieder ein,
hat wahrlich aus der purpurflasche
bescheid gethan. VViklajid 10, 211 ;
nachdem er einigemal auf die gesundheit der kämpfer be-
scheid gethan. Götue IS, 226; wie roth waren ihre lippen,
als sie euch damals bescheid that. 20, 93; trunk, womit der
kaiser den fürsten bescheid that. Bettine br. 2, 274. man
sagte vordem auch bescheiden thun (s. bescheiden partic. 3).
9) Maaler 60* hat bescheid auch in der persönlichen be-
deutung von amasius, amasia, gleichsam mein beschiedener
Iheil; wenn die ringellaub ihren bescheid (galten) verleuret,
sitzt sie nicht mehr auf grünes, und bleibet keusch bisz in
ihr end. Cosr. Gesxer vögel 527.
10) in der Verbindung mit geld scheint bescheid den aus-
gevorfnen, überwiesnen sold auszudrücken :
ein herren wöl wir suchen,
der uns gelt und bscheid sol gehen. Ublafid 519;
such dir ein herren in der well,
der dir geit bescheid und gelt. 524;
wer sein gut fast auf nistung leit,
vil geul auch hat am harren,
keiii dienstgelt hat und wenig hscheit, •
tut selten gut in dharren (in die tdmje). 617.
BESCHEIDFJRIEF, m. commentarius : darin aller bescheid
eines dings kurz begriffen ist. Maaler 60' und danach He-
KISCH 301.
BESCHEIDEN ist uns, gleich dem einfachen scheiden, in
eine unrechte conjugation au.igewichen. das golh. skaidnn hat
skaiskaid, part. skaidnn, das ahd. sceidan sciad gisceidan,
das mhd. scheiden schiel gescheiden; fcir aber «ojrn schei-
den schied geschieden, behandeln es also auf den fusz von
meiden mied gemieden, da es wie heiszen hiesz gebeiszen
gehen sollte, doch begegnen lange noch die richtigen participia
gescheiden und bescheiden (rgl. ausbescheiden), ja ßr das adj.
bescheiden hat bis auf heute die echte qestalt sich behauptet,
von dem part. bescbieden abstehend, während uns Terscbicden
adj. und part. ist. wenige, i. b. Loiienstei>, bedienen sich
der schwachen form beschcidete f. beschied, das nnl. be-
scheiden bildet sein praet. bcsclieidde, sein part. bescheiden.
l) bescheiden, conttiluere, ordinäre, praecipere, mit dem acc.
der Sache: wan hettet ir ein solchs bescheiden, so wer es
ubermütiglich. i4imon A4; da sollten die sachen notdürftig
gehöret und verglichen oder beschieden {es steht gewis in der
hs. bescheiden) werden. Schweixiches 1, 147;
kummen aber bienen dran {an mein buch),
wird das faule sein vermieden,
und gesundes recht bescbieden. Logad 1, 6, 30;
ein reichstag ist nicht weit,
da aller glaubenssireit
wird ganz beschieden (geschlichtet) werden. 2, 3, 63;
so karg auch das geschick
mein losz beschied. Gotter 1, 268.
ohne casus, antworten, bescheid geben : habt ihr ihn, fragt der
alt herr weiter, geranzont? nein, bescheidet der mönch, ich
bekümmr mich umb solche .ding nicht. Gary. 26l'.
2) bescheiden, überweisen, ertheilen, disponere, mit acc. der
Sache, dat. der person, zumal im sinn von legare: und ich wil
euch das reich bescheiden, wie mirs mein vater bescheiden hat.
Luc. 22, 29 ; sprachen, wie das en (ihnen) ir frunt Johannes
Lichtenberg vor seime ende, sitzende of eime stule, of seine
guter bescheiden hette . . . ieziichen X mark. Magdeb. weisth.
s. 3 (a. 1414); ich weisz nicht oder gleubs nicht, das war sei,
das mir meiner Sünden Vergebung hie bescheiden und gege-
ben ist. Luther 1, 237"; unter disen dreien graden sind nu
andere grad und weise, die zeitliche guter zu handein, als
keufcn, erben, bescheiden und dergleichen. 1, 194"; lieber,
was ist newe testament anders, denn Vergebung der Sünden
und cwigs leben von Christo uns erworben und im sacra-
ment bescheiden? 3, 87'; das testament, so Luther seinem
gemahl und sönlin ordnete und beschiede, war dergestalt
3, 402'; wie du sie (weib und sönlin) mir geben hast, so
bescheide ich dir sie wieder, du reicher trewer gott. das.;
muste er sein testament machen und soviel zu kirchen be-
scheiden, damit gott gedienet und sein gedacht würde. 4,
456*; ah wolt er inen ein testament und einen schätz be-
scheiden. 4, 522'; mein vater hat alle sein geld meiner Schwe-
ster bescheiden, pater omne peculium sorori meae legavit.
Mich. Neander syll. loc. 105';
ich wäre gerne reich ! wer arm mich nicht kan leiden,
der mag mir tausend pfund, und noch soviel bescheiden.
Logad 1, 3, 37 ;
was euch sonsten ist bescheiden
von dem himmel. 2, 3 s. 29;
dir hescheidet meine bahre
jenen rest der Jehensjahre, »
der mir noch zum alter fehlt. GC.ither 119;
geniesze was dir .gott beschieden,
entbehre gern was du nicht hast. GEitKRT 2,135;
ach mir ist nicht beschieden,
der erde mich zu freun. Götbe 11, 75;
er (friihling) ist dir noch bescbieden
am ziele deiner bahn. Uhlamd ged. 51.
und das, o gott, bescheide uns. J. Paul Tit. 4, 19.
3) bescheiden, mit acc. der person, einen bestimmen, ver-
ordnen, unterricltten, ihm bescheid geben : doch wider solchen
wahn hat mich mein grosze Zuversicht bescheiden, das e. k.
f. g. mein herz wo! besser erkennet. Luther 2, 78'; beschied
Beinhart, die brücke aufzuziehen. Aimon E ; sintemal du mich
fragst, wil ich dich bescheiden. Kirchhof trendunm. 396';
nu hör was ich bescheide dich, nambuchs. 112;
nun, wie ich dich bescheiden,
hab anfangs. NVerders Ar. 3, 59;
sie haben mich dazu beschieden (ein frölich jähr iu wün-
schen). Clacoius 3, 28; der mensch ist nicht für diese weit
beschieden. 8, 234. einen abschliigig bescheiden (man sagt
auch, das gesuch abschlagig bescheiden).
4) einen eines bescheiden:
der h.itt dich des bescheiden pasz. Scbwarzinberg 152, 2 ;
furaus bescheid mich dieser ding. 154, 2 ;
wenn ihr mich dessen ebenso bescheiden könnt. Tieck ges.
nov. 4, 334.
5) einen hin oder her bescheiden, beordern, bestellen, con-
stiluere alicui locum, ihm ein rendezvous bestimmen {vgl. be-
scheid 5) : denn ich hab auch meinen knaben etwa hie oder
daher bescheiden (pneris meis rondixi in illum et illum lo-
cum). \ Sam. 2t, 2; aber die eilf junger giengen auf einen
berg, dahin Jesus inen bescheiden h.itte. W<if//i. 28, 11; kanstu
sie (die rechte gotles) warlich nirgend ergreifen, sie binde
dich denn dir zu gut und bescheide dich an einen ort. Lo-
98
1555
BESCHEIDEN
BESCHEIDEN
1556
THER 3, 355 ; beschieden sich derhaib zusammen auf den an-
dern tag. 3, 34 ; einsmals hett er {der erzbischoß ein nun-
nen bescheiden lassen, die lag an des bischofs bett. Frey
gartcng. c. 86; und ritten die holten gar schnell, da sie hin
bescheiden waren, buch der liebe bl. 10'; der landsknecht
hett dort ins dorf etliche seiner rottgesellen hin beschieden.
KiRciinoF tt'cn<i»nm. 103'; zu rechter friier tagzeit auf beschei-
denen platz oder ort zu erscheinen. Reutter kriegsordn. 69;
ir lieiTO, ich bin bescliiden her ein. fastn. sp. 379, 5 ;
daiiin mit höchsten frewdcn
von seiner Cloris er zu Itommen war beschaiden.
Weckiierlin 766;
SO stehet etwa eine alte kuplerin, und bescheidet eine magd,
dasz sie auf den abend an den und den ort kommen wolle.
SciiüPPiüs 208 ; ihr habt diesen oder jenen nach der predigt
zu euch bescheiden, der werde mit ungedult warten. 214;
dann sollst du mein antlitz,
dort bescheid ich dich hin, in dem tha! Benliimon erblicken.
Klopstock Mess. 6, 314 ;
und ein wink des Versöhners beschied der seraphim einen.
8, 351 ;
lind vor den richier, der nicht moloch heiszt,
bescheiden dich mein söhn und icli : werket, 93;
ich beschied ihn hicher. Tieck12, 213; der könig liesz ihn zu
sich bescheiden, nur die beiden ersten stellen fügen den dat.,
alle übrigen den acc. hinzu, jener ist auch recht.
6) sich bescheiden, cedere, concedere, parere,
a) ohne casus: er weisz sich zu bescheiden, Idszt sich be-
scheiden; er weisz sich nicht zu bescheiden, will sich nicht
bescheiden lassen; sintemal ehrenliebende verständige kriegs-
leut sich wissen zu bescheiden, und thun was der ehrbarkeit
anständig und gemüsi ist. Kirchuüf nn7. di.'ic. 60;
man sagte, du betrieger. das wollte Franz nicht leiden,
man sagte, deiner selbsten. da must er sicli bescheiden.
LoGAU 3, 9, 4 ;
erst war alles du und du. da er aber hörte, ich wäre major
gewesen, beschied er sich den augenblick, und ich iiatte viel
mühe, ihn wieder an ort und stelle zu bringen. Hippel lebensl.
4, 263;
wollt ihr nicht den wünsch erfüllen,
ich bescbeide mich ja wol. Götue . . .
wir erdreisten uns und wagen auch ideen, wir bescheiden
uns und bilden begrilfe, die analog jenen Uranfängen sein
möchten. 50, 59. Anders aber bei Opitz Irostged. 278 :
wir können uns bescheiden von Adams zciten her,
d. h. aus der schriß unterrichten, nach 3.
b) viit gen. der sache:
wer weisz sich zu bescheiden
nur einer grimmen ihat? Opitz l, 7;
heldin, soll ich euch beschreiben, und der kürze mich
bescheiden ? Logau 3, 8, 7 ;
dasz ein kluger mensch sich eines andern bescheiden muste.
Weise kl. leule 287 ; ich bescbeide mich gern der armut mei-
ner elnsichten. Gotter 3, 72.
c) mit der praep. auf:
geusz deinen grimm viel lieber auf die heidcn,
die sich auf dich im minüten nicht bescheiden.
Opitz ps. 155;
komm du, o richter aller heidcn,
aurdessea macht wir uns bescheiden. 161.
d) mit der praep. mit : keiner bescheidet sich gern mit dem
theile, der ihm gebühret. Göthe 1,404;
wer kann mit dem geringen sich bescheiden,
wenn ihm da» höchste überm liaupie schwebt? Schiller 668'.
e) mit der praep. in :
kann sich dein schwacher geisl in diesem nicht bescheiden?
HotMANNSw. getr. schäf. 58;
ich bescbeide mich in allem. Gü.'^ther 851 ;
er kannte die mittel, die uns zu geböte standen, und be-
schicd sich in billigen dingen. Götke 31, 55.
0 mit abhängigem salz: also konnte nichts so grausames
ihm fürgebildct werden, w<'lches er nicht verdient zu haben
»ich bescheidete, also billig fürchtete. Louenst. Arm. 2, IMS;
scribenten, die ihre werke so schönfarbig und nach so mo-
dischem schnitte kleiden, bescheidet euch immer leiite zu
sein, denn männer seid ihr nun einmal nicht. Kiopstock
12,114; jeder vernünftige wird sich bescheiden, dasz hier die
menschliche einsiciit zu ende sei. Kant 3, 63; ich bescbeide
mich, dasz es verborgene zwecke geben könnte. 6, 104.
BESCHEIDEN, part. und adj.
1) im sinn von angewiesen, zugewiesen, zugelheill : lasz mich
aber mein bescheiden teil speise dahin nemen, spr. Sal. 30, 8 ;
gott der herr liebet so einen diener nicht, der sich mit dem
von ihm bescheidenen theil nicht begnügen lasset, pers. baumg.
6, 2 ; gott hat jedem sein bescheiden theil abgemessen. Leh-
mann 22 ;
drum hat er itzt von uns schon sein bescheiden theil.
Grtphius 1, 410;
gib ihnen (den dienstbolen) ihren bescheidenen theil und nicht
drüber, dann zuviel ist ungesund. Sciiuppius 350. neuere
setzen hier beschieden :
der sasz am beschiedenen antheil. Voss Od. 14, 448;
escl und hornvieh nehmen gleichfalls an diesem segen ihr
beschieden theil. Güthe 27, 263; die Jugend sehnt sich nach
thcilnahme, der mann fordert beifali, der greis erwartet Zu-
stimmung, und wenn jene meist ihr beschieden theil em-
pfangen, so sieht sich dieser gar oft um seinen lohn ver-
kürzt. 58, 147.
2) bescheiden, experlus, discrelus, der bescheid weisz: be-
scheidene jähre, anni- discretionis, wo das kind gut und bös
unterscheiden lernt; in dergleichen Sachen bescheidene kriegs-
leut. KiRCHUOF mit. disc. 59; in allen iren stucken geschieht
(geschickt), bequem und bescheiden, bicnenk. 68" ; wiewol unser
muter, die h. kirch dannoch so bescheiden und verständig
ist. 147'; dann fürwar ein kalb solt disz merken, dasz unser
1. muter die h. kirch wol so bescheiden als abgöttische Juden
und beiden ist. 175';
wie sehr bescheiden er im schif regieren sei. Opitz 3, 298 ;
die damen, die von lieb und lierev (deren) heiszem leiden,
zu wissen sind gelehrt, zu sagen sind bescheiden.
Logau 1, 4, 21;
räthe, die weise, verständig, geübt, erfahren und besciieiden
sind. ScHUPPius 97. dies bescheiden bleibt auch heule:
Baumgarten sagt ihr? ein bescheidner mann! Schiller 522;
den bescheidnen männern (discretis viris)
von Uri, Schwitz und Unterwaiden. 549.
3) bescheiden thun, gleichsam das zugewiesene, gebotne =■
bescheid thun, nachtrinken: du must bescheiden thun. facet.
facet. 151 ;
bruder, kumm auf einen trunk, doch das süsze Bacchusnasz
mustu mir bescheiden thun, sag ich dir, mit sam dem fasz.
Logau 2, 4, 81.
4) bescheiden als adj., ohne gefilhl des parlicips:
a) von leiden, modestus, temperans, der sich bescheidet,
iurückziehl: ein bescheidner mann, Jüngling;
der, bescheiden im genusz,
der, gelassen im verdrusz,
freud an kuuimer knüpfet. Götter 1, 109.
nur die lumpe sind bescheiden. Götue 1, 157;
wer bescheiden ist musz dulden,
und wer frech ist, der musz leiden. 2, 300.
man verbindet auch dieses bescheiden mit andern adjecliven,
z. b. bescheidensinnreich, wie Virgil. Hagedorn 1,129;
Amor trat herein und fand mich sitzen,
und er lächelte bescheidenweisc,
als den unverständigen bedauernd. Göthe 2, 110.
b) von Sachen, die bei innerem weiih, sich unscheinbar dar-
slelien, auf thiere, blumen, häuser, kleider, färben bezogen:
selbst färben werden unschuldig, bescheiden, zärtlich genannt
(wegen der analogie der durch sie bewirkten eniplindungen
jnit diesen gemütszuständen). Kant 7, 223 ;
wenn manche Jungfrau hoffarl vol
zur hochzeit etwa reisen sol,
so liurgt sie ein bescheiden kleid,
darneben kellen und gesclimeid. Bincwald /. warb. 97.
man nennt sonst die matte graue, braune färbe bescheiden
und erlaubt geistlichen bescheiden angelaufene stahlknöpfe; du
blaue viole, du bild des weisen, du stehest bescheiden im nie-
drigen grase! Gesznkr, daher
ein Veilchen auf der wiese sinnd
gebückt in sich und unhokaiiiit. Götue 1, ISO;
das gute veilcheu schiilz ich sehr,
es ist so gar bescheiden. 1, 192;
das liescheidne Veilchen. Gotter 1, 442. ebenso erscheint die
nachtigall, mit ihrem sitszen gelang, in grauem yeßcder:
und die nachlipall umkreiset
mich mit dem bescheidnen Hügel. Göthe 2, 23;
bosrheidon rieseil so durch bliimenpfade
der kleine bach, von stol/en llüsscn lern. Götter 1, 4;
wenn der Iline Itach bescheiden
schlilngelnd still itn thale üicszt. Göth 4, 09;
1557 BESCHEIDENHEIT— BESCHEIDENLICH
ein wolerhaltenes vorwerk mit einem reinlichen bescbeidenen
wohnhause von gürten umgeben fiel ihm endlich in die äugen.
GöTHE 17, 184 ;
schon führet klug des gartenmeislers band
durch busch und fels bescheidne wege her. 9, 321.
c) ron empfindungen, gedanken, geberden: bescheidnes hof-
fen, wünschen, sinnen, trachten; bescheidne ansprüche, er-
wartungen ;
macht eur klag und weinen bescheiden! Atrer SSI';
nimm es mit einer bescheidnen höflicbkeit an. Weise kl.
leute 2&2;
wo deine seel im eignen schhnmer
bescheidner lugenden sich zeigt. Götter 1, IIS.
BESCHEIDENHEIT, f., nach der vcrschiednen bedeuiung von
bescheiden.
1) perilia, scienlia, discrelio, erfahrenheit, einsieht, verstand,
leie tnhd. zu eingang des Freidanr: in der tugend beschei-
dcnbeit und in der bescheidenheit mäszigkeit {vulg. in rir-
tute scientiam, in scientia abstinenliam). i Petr. 1,5.6; war-
heit gehört dazu {zum schurüren) und hört darzu bescheiden-
heit, das ein mensch bescheidenlich schwer, das ist, das er
nit on nut schwer, so dich der richter darzu haltet. Kei-
SERSBERG Sünden des munds 2t'; also schelten oder lestern
in strafsweis, aber mit bescheidenheit, ist nit sünd. darumb
so gehört das salz der bescheidenheit darzu. 35'; darumb
gehört grosze bescheidenheit {unterscheidungsgabe) dazu. 36";
zum ersten geschieht es in strafsweis, da du eins strafest,
aber es bedarf sich groszer bescheidenheit, so du wenst,
dich treibt brüderliche liebe, so treibet dich räch darzu.
ebenda; also die zung musz man in dem keller behalten und
salzen mit dem salz der bescheidenheit des Schweigens. 79*;
das soll der bescheidenheit des richters befohlen werden.
reichsabsch. ron 1512. 4, 6 ; das musz man den vetern in ire
Vernunft und bescheidenheit befelhen. Lcther 5, 254'; gute
geistliche lehrer not sind, die sich hierinne mit bescheiden-
heit zu hallen und das volk zu weisen wissen. 6r. 3, 4; doch
mit der bescheidenheit [beschränkung) wie obgemcldet. Ftankf.
ref. 1.19,16. 31,20; die bescheidenheit in dem veriaufen ge-
brauchen, dasz. YH. 4, 14 ;
braucht bescheidenheit
nach der köpt gelegenheit. Rimgwalo /. warh. 224;
ich weisz den keiser der bescheidenheit.
dasz er mir nichts bösz thut zutrauen. Atrer %';
wann er sein eignes lob
wie wider willen zehlt, so machlers nicht zu grob,
er braucht bescheidenheil. Logau 3, s. 217 ;
sie brächten einen gelehrten Studenten mit, der sich darauf
gelegt hätte, wie er den Griechen in .Moscovia mit guter be-
scheidenheit begegnen könne. Schcppius 94 ; also kan man
allerlei gewiidise mit gebührender bescheidenheit {Unterschei-
dung) ausbrennen. Hoiiberg 1, 237'; doch soll alles dieses
{die arbeit im veingarten) mit geziemender bescheidenheit
geschehen, l, 360*. dieser älteren bedeutung des icortes liegt
2) die heutige von modestia, moderatio nahe, nur dasz jene
mehr eine eigenschaß des Verstandes, diese der gesinnung be-
zeichnet, der kluge, vorsichtige ist zugleich zurückhaltend, und
bescheidenheit brauchen, in den stellen von RtNCWALO und
LocAU. heiszt auch discrct, modest sein, wir sagen, beschei-
denheit ziemt der Jugend; dieser mann trügt das lob der be-
st heidenheit davon ; er forderte alles mit bescheidenheil ; frei-
willige einschrünkung der Selbstliebe eines menschen durch
die selbstlirlic anderer heiszt bescheidenheit. Kant 5, 300,
also ein masz, das dem mcnsciten sein verkehr mit andern
auflegt, bescheidenheit das scliönste kleid.
3) man verwandle {»escht-idcnlieit aucJi im sinne von be-
scheid, hestimmung oder bedinyung: mit der condition und
bescbeidenbeil. FRortspERo krirgsb. t, 39*; so mochte ich Stelen,
aber luil ausdrücklicher bescheidenheit, dasz er nichts, davon
in würde. 6'impi. 1, 226; doch mit dieser bescheidenheit, dasz
die reformierte ihren Lohwasser, die erangeliscbe ihren Ha-
bennann darüber nicht vergessen. 2, 346. *
BESrHEIDEiNLICH , adv. prudenter, dittincte, ditcrete, ae-
curate, mhd. bescheidenlicbea:
unde sult onch mit dem vergen besrheidenllchen »am.
Nih. 14S6, 4;
Etzel unde Kriemhilt e; bescheidenlirhen sach. 1S27, 4;
zn eirtgang der Magdeburtfer weislhümcr heüxl es immer von
den vor gericht auftretenden leiden: sprach gar beschciden-
lichen, spricht gar bcscheidcnlichvn durch seinen »orrcder;
BESCHEIDENTUCH— BESCHEIDLICH 1558
recht schweren ist, da ein mensch war Schwert, bedecht-
lichen, bescheidenlichen. Kehersb. sün den des munds 11'.*; und
disz ist nit ein kleine tuget, da ein mensch redmeszig ist,
das er weisz bescheidenlich zu allen dingen red ze geben.
Sl'; doch sollen die leute Unterricht werden, bescheidenlich
von solcher kircbenordnung zu reden. Lcther 4, 343' ; so sol-
len die pfarrherr in den ehesachen bescheidet>lich und ver-
nünfliglich leren und handeln. 7, 15*; und mag nimmer basz
gesehen werden, ob einem pferd uberbain gewachsen oder
wachsen wollen, als wann man die fiiesz wäscht, so sieht
man bescheidenlich {genau) dise höchin {gesctiwulst). Selter
293; baten sie bescheidenlich. Garg. 197'; heiszt das nit be-
scheidenlich geantwortet? bienenk. i^* ; darnach erzelt er auch
sehr bescheidenlich und unterschiedlich alle die meinungen
und Ursache. 15S'; also das man bescheidenlich sehen kann.
199' ; dicweil nun dann unsere geistlichkeit . . . aUe die Wap-
pen und panir von iren vorfaren also artiich und beschei-
denlich weisen kan. 222'.
BESCHEIDENTLICH, ade. dasselbe, bald aber mit dem sinn
von modeste, moderate, vie ihn schon Maaler 60' angibt: ich
will die pasquill bescheidentlich beantworten. Schcppics 594 ;
bescheidendlich ansuchen. Stieleb 2234 ;
die ich bescheidentlich mit schweigen übergeh. Caiiitz93;
ein andres ist, seifl glück bescheidenilich zu bauen. 151 ;
man mag ihm bescheidentlich sagen. Claudils 6, 36 ;
er sprach darauf bescheidentlich. GöTHe2, 200;
dasz sie sich in groszen tagen
sollten bescheidentlich erweisen. 5, 120;
um sich für einen die fähigkeilen des vaters steigernden
Jüngling bescheidenilich geben zu können. 22, 67 ; dergestalt,
dasz die gröszten talente des IS jh. sich nur besdieidentlich
mit einer nachlese begnügen müssen. 26, 58; sie erlauben,
dasz ich gelegentlich mich ihrer worte bescheidentlich bediene.
an Schiller 4S2 ;
da jammerte mich sein, ich trat zu ihm
bescheidentlich und sprach. Schiller 533';
und zeige dich
und deine pQicht bescheidentlich! 573*;
und er des glucks bescheidenilich geneuszt. Tieck2, 70;
wir müssen ihm bescheidenilich entgegen treten.
Armi 1,42.
BESCHEIDER, m. testator: vier stück gehören zu einem
rechten volkomenen testament, der bescheider, die verheiszung
mündlich oder schriftlich, das erbgut und die erben. Lltheb
2, 29'. in den mülen, der oberste mülenbnrsche.
BESCHEIDESSEN, »i. was man den nachbarn von einem
schmause, namentlich von einem ins haus geschlachteten schweine
zuschickt, dann auch was gaste bei seile legen und in eineni
korb, auf einem teuer den ihrigen nach haus senden oder
bringen, damit sie gleichsam bescheid thun, nachessen: be-
schaidessen, euxenia. vocab. theut. 14S2 d4'; herzog Ludwig
ehret seine ambleut und priester oft mit beschaidessen und
willpret. dironik in Kreibercs saml. 1, 149. 1 Mos. 43, 34 ver-
deutschte Llther anfangs: und man trug inen bescheidessen
für von seinem liscli, 1545 aber setzte er blosz essen; be-
scheidessen, so der fürst oder ein andrer mechtiger pfaf oder
lei zuschickt den riehen, virteil von wilden Schweinen auch
hasen oder derglichcn. Keisersr. ehr. bilgcr 114; der land.s-
hcrr schickt den schclkcn im ihurn ein besdieidessen, das
ist ein zeichen, das man sie bald wil abthun. brdsam. 19
{vgl. hcnkersmalil); der ruthe low oder reicbc hergknapp ist
weit bekannt, als welcher die hohe schul zu Prag soll er-
baut haben und seinem könig ein ganze tonnen geld gelihcn
und nachmals den Schuldbrief in einer verdeckten güldenen
Schüssel dem könig Tür ein bescheidessen aufgesetzt und ihn
damit verehret. Abraham v. s. Cl. 6e» Sf/imf//cr 3, 323; so leszt
die fraw bescheidessen aus lauterm gold zurichten. Mathe-
sics 14';
uns kommet da« bscheidessen wol. H. Sack IV. 3,73';
das ist bscheidessen, wie ich mein. Schmelzl SaiiM7';
bescheidessen, kuchenpack, schnupfluch mit speisen. Sheler
894.
BESCHEIDIGEN, r« bescheiden 5: ich bescheidigte ihn
unter dem schein einer gegenaffeclion und zwar in tiefer
nacht, allwo ich unsere knecht bestellet, die ihn aufs hemde
auszogen und j.lmmerlich zerblauct haben. Jucundiss. 211.
BESC'HEIDLICH, adv. distincte, was bcscheidenhch : wicwol
in etlichen voigangnen hüchem auch von ihnen giredt ist wor-
den, aber nicht bescheidÜch, die zu verstchn. Paracelsus 4,272".
9S*
1559 BESCHEIDUNG— BESCHEISZEN
BESCHEIDUNG,/', definitio, tnoderalio, eircumscriptio : dasz
^ie Wissenschaftslehre in dieser bescheidung auf den halben
theil Kant nicht folgt. Fichte nachgel. werke 1, 130 ; darum
wird die moralität und religiosiiät anderer nicht unbedingt
gewollt, sondern mit der bescheidung in die freiheit anderer.
anweisung zum sei. leb. 296. Garg. 112' ist aber die rubrili: von
des G. lustiger kleidung und deren bescheidung =s= erklärung.
BESCHEINEN, splendere, fulgere, praet. beschien, pari, be-
schienen, ahd. piscinan, piscein, piscinan (Grafk 6, 505); mhd.
beschinen, beschein, beschinen; nni. beschijnen, bescheen.
1) transitiv, beleuchten: die sonne bescheint mich noch;
morgens da die Hechte des tags die erd beschein. Aimon A 3 ;
hat mich glück und ehr in Frankreich beschienen, hoflf ich
in Brittanien zu behalten. Galmy 124 ; er ist nicht werth, dasz
ihn die sonne bescheine; weil ihr angesicht voll mütterlicher
wärme all meine satyrischen eisspitzen bescheint. J. Paul
Hesp. 2, 54 ; die dächer waren grell vom mond beschienen.
2) intransitiv, scheinen, erscheinen, erhellen: ein solche ehr
ist mir all mein lebtag nie beschienen. Frey cap. 36 ; ich hab
auch keine böse practik gebraucht und meine sachen mit list
nit bescheinen lassen. Mathesius 19'; und bescheinet gleich-
wol aus oberzehltem, wie ein seltzam gekocht pludcrmus hie
unten sei unter gevatter und vattcr. Garg. 30' ; dieweil daraus
die künstlichkeit der teutschen sprach bescheinet. 38'; und
dasz die concilien manchmal geirrt haben und auch leicht-
lich irren können, das bescheinet genugsam aus dem zeug-
nus Gregorii Nazianzeni. bienenk. 41'; und dasz dannoch die
andere priester vom orden Levi herkommen, bescheint genug
aus vorgemeltem. 76';
der mond bescheinel auch gar kaum mit halbem liecbt.
Opitz 2, 167.
BESCHEINEN, monstrare, sehen lassen, zeigen, bewähren,
ahd. pisceinan, pisceinta (GnAFF 6, 509), mnd. besehenen. Ssp.
2,42; mhd, bescheinen, bescheinte:
bewxre ir; und bescheine, da; ich gerne diene dir.
Walih. 99, 4;
als si im sit bescheinde. Iw. 1760;
wander im bescheinet
an etelicher swaere. 2GS6.
nhd. wiewol er das understet zu bescheinen und furgibf.
Beuchlin augensp. 5'; welches er mit registern und hand-
schriften bescheinen und dnrthun könne. Mathesius 153'; so
ist dieselbig klag und beweisung durchaus mit dem wenigsten
rechtens bescheinet oder dargethan. Ayrer proc. 1, 14 ; die con-
siliarii sind lieb und werth, die des fürsten schinderei mit
rcchtmeszigen tituln wissen zu bescheinen. Lehmann 623;
als ir liabt in der klag beschaint. fastn. sp. 382, 16;
disz eben ists, wormit ich ihm zuvor besclieinet,
dasz er nicht dieses sei, was er zu sein vermeinet.
Grypuius 1, 706;
wann böse wolber ihre tücke wolln bescheinen,
so wissen sie kein beszres mittel als das weinen.
LoGAU 3, zug. 72;
und euch die wilde fäibelein
mit werten klar bescheine. Spee trutzn. 309;
und diese seine fromkeit desto mehr zu bescheinen, gieng er
sehr oft zur beicht. Philand. (lugd.) 5, 305. heute veraltet
und durch bescheinigen ersetzt, doch quittiert man noch : be-
scheine erhalten zu haben.
Verschieden hiervon ist, wenn zuweilen das vorausgehende
bescheinen (= beschinen) schwache ffexion empfängt : sie (rfic
glocken) vertreiben das weiter, das die kirclien weder be-
scheint (beschienen oder vom blitz getroffen?) noch beregnet
werden. Gar^. 155';
sieh, wie dein Pan am ufer sitzt
und wacht, vom mond hescheint,
und seufzt und weint. Wikland 26, 216.
BESCHEINIGEN, probare, firmare: damit ich meine Sache
desto besser besciieinigen möchte. Jucundiss. 204 ; die wahr-
iieit eines Vorfalls bescheinigen; ich bescheinige, zehn thalcr
empfangen zu haben, mnd. bescenigen {mit der var. bescu-
ncgcn). Ssp. 2, 7.
BESCHEINIGUNG, f
BESCHEINLICH, manifestus: mit bescheinlicher unwarbeit.
Melanciithon im corp. doctr. dir. vorr. A4; also das klar bc-
ücheinlich nichts anders daraus zu lesen und abzunemmen.
Garg. 210'.
BESCHEINUNG, f probatio, firmalio: mit bescheinung und
beweislichem zeugnis. ScnwEiMCHEN 1, 24.
BESCHEISZEN, concacarc, prov. concogar (Rayw. 3,284*),
BESCHEISZEN
1560
franz. conchier. ahd. piscijan (Graff 6, 560), mhd. bescljen,
ags. bescitan, bekacken. das einfache scijan seeig, altn. skita
skeit, ist das skr. had, gr. x^^^^v ifü^ x^'Seiv) xs^oSa, woher
XÖSos stercus, litt, szudas, übrig in fivoxoSos, litt, pelszudis,
mäuseschisz, mäusedreck. das vorgetrelne S (wie in sceran
xeCQBiv, schleim limus und a. m.) hat die Verschiebung des
K »71 G gehenunt.
1) leiblich, von menschen und thieren. sich bescheiszcn :
vae me, puto, concacavi me. S&tiKC\ apocol. 4;
tum vero vulium magni ut viderunt Jovis,
totam timentes concacarunt regiam.
1'UAF.DRus 4, 17 von den hunden;
concacatus, von feiglingen, altfranz. conchiez, ahd. piscijan,
war ehrenrührigste schelte: si quis alterum concacatum cla-
maverit. lex sal. 30, 2, wie heute ein scheiszkerl (slud. schis-
ser) = memme. Nun, unser hänlin {der kleine Gargan-
tua) liesz sich wol an, schrei nicht, als nur ein wenig,
aber beschisz sich schier alle stund (bei Rabelais : ne crioit
que bien peu, mais il se conchioit i toutes hcures). Garg.
lll'; ja oft wann sie^ denken ein fürzlein zu lassen, so be-
scheiszcn sie sich gar. daher heiszen sie die herbstdunken
und herbstbescheiszer. 197'; heiszt sich das nicht fein in der
klughcit beschissen ? Luther 3, 7S' ; beschissene kinder soll man
nicht wegwerfen ; vogelhund, der sehr beschissen was. Wickram
rollw. 6; wenn die laus in grind komet, so macht sie sich
beschissen. Luther 5, 272'; die mauern bescheiszen (schic-
cherare) als die Schnecken thun. Bocc. 2, 80' ;
nun wöll wir dich in kerker weisen,
darin die fliegen dich nicht bescheiszen. H. Sicas IV. 2, 29*.
Im mitlclalter giengen unsaubere sagen vom leufel (z. b. bei
Vintler, Haupt 9, 90 und Frey garteng. cap. 77), nach wel-
chen man oß wiederkehrende redensarten buchstäblich auslegen
darf: der teufel sollt sie bescheiszen allesanipt. Luthers
br. 3, 506 ; wann mich nun der teufel beschisz. Bocc. 2, 136' ;
dein red lautet gleich, als möcht uns auch der teufel mit
disem handel bescheiszen. Wirsung Cal.Gi^; wer der Witzel
da gewest, der teufel hett den schecher beschissen. Alberus
wider Witzel. C5';
ich wolle doch gerne wijjen,
wel tiuvel uns mit den beiden allen heie be$chi;jen*
Af oro« 3014;
der teufel uns beschissen hat. Alberus £soy) 72';
müst dich der leufel erst mit im bescheiszen.
U. Sachs 111.3,40«;
hat mich der teufel mit dir bschissen. IM. 3,45';
wie ihr zur selben zeit, da ihrs übel ausgericht hattet, für
Gota kämet, und wan Miconius gethan bette, so hett euch
der teufel beschissen. Albervs wider Jörg Witzel L3';
so solt mich wol der teufl bscheiszn. Ayrer fastn. sp. 42" ;
sonst wird euch der teufel zuletzte bescheiszen.
l.OGAU 1,8,46;
da bat ein teufel den andern beschissen, wer wil sie nun
beide wischen? Ghyphius 1, 820. merkwürdig aucJi vom ritt
(fieber) :
ja wenn irs wollend niemand sagen,
ritt bschisz mich, sölt nians innen werden.
trag. Joh. L3.
2) conspurcare, inquinare, beschmutzen, beflecken, beschmie-
ren (vgl. DucANGE 2, 507') überhaupt, wie tat. concacatus
catillus, sagt man arglos in Schlesien ein beschissener teller;
beschissene, unsaubere wüsche;
was du aufircgsi, seizs piintlich {voll, überflicszend) nider,
dasz du das ifu'li und dich bescheiszl,
darzu die gest ringsweis begeuszi. Scheit (/rob. G 1* ;
ein grosz par alter bschiszner schu. D2*;
und bescheisz die hend aller ding. Fulensp. cap. fil ; andere
bescheiszen die hend mit dickem leim, als die mit groszen
Sünden umbgon. Keisersh. 15 staffeln 2^*; mit todsünden be-
schissen, brösaml. 77*; da wil keiner herzu, bescheiszen die-
weil viel guts papirs mit unnützen vergeblichen worten. Lu-
ther 3, 451;
dein halben leib mit rusz bescheisz. 11. Sachs IV. 3, 77*;
jn mer man wäscht ein pelz fiirwar,
jo mer und mer bscheiszt man das har.
Mun.XER scliclmcm. 88, 2;
aus mit solchem «chleck, es solt einer den magen nicht mit
bescheiszen. Garg. 42'; beschisz oft die (inger daran. 130*;
da» Wasser (hat) die weide beschissen und verllöszet. l'ctr. lOO';
er must die schmnchworl in sich belszcn,
und mochl sieh nicht an Ihm bescheiszen. Alberus 126.
1561
BESCHEISZEN— BESCHELLEX
BESCHELTExN —BESCHEREN
1562
3) impudenter decipere, allfvanz. conchier. es wäre übel ge-
than, die belege zurückhallen und die dcrbheit der vorigen
Jahrhunderte verbergen zu trollen, auch, noch heule hält das volk
seine krdßigsten ausdrücke fest und die dichter greifen danach :
er bat den duochman und den buren,
einen ums duocb, den andren ums gelt
beschissen. /a«fn. sp. S42, 5 ;
wie iez die weit so gar ist geflissen,
geliert, listen vol und beschissen. 820, 7 ;
unil hat mut dich zu bescheiszen. Keisersb. sünd. des munds
32'; wer aber ein schalk ist, kan liegen und die leut red-
lich bescheiszen. 44'; uf das du mich auch nit besclieiszest,
als dan du beschissen hast die zwei menschen. 47'; du thust
das darumb, das du die leut wiit bescheiszen, so sie dir
glauben. 56*; schampere wort geberent schand, der da einen
laszt über den fSsz fallen, bescheiszt in und betrügt in mit
Worten. 62"; du sprichst, bin ich ein beschissen man, wer
hat mich dan beschissen? leeltl. leice 54*; die nichts mehr
thun, dan das sie sich im herzen und mund mit frembden
Sünden tragen und bescheiszen. Luther 1, 71*; ich bin selbs
diese jar her so beschissen und versucht von solchen land-
streichern. 4, 3Sl'; gleichwol hals (das abiasz) grosz unseg-
lich gcld getragen und ist alle weit damit beschissen. 6, 491* ;
dann sie mich all beschissen hant
in teutschem und in welschem lant. Mürner sche/menz. 2';
wir bschiszend unsre oberkeit. trag. Joh. BS;
dich nichts desto weniger umb dein gelt hast bescheiszen und
betliegen lassen. Frey garteng. cap. 5; so mag ein mensch
solich' krankheit von dem andern auswendig ererben und be-
schissen werden. Seitz luslseuche 15; auswendig beschissen.
22; ob ich ein münch oder pfafifen bescheisz. Bocc. 1, 13';
mit dem bösen weib beschissen. 2, 83'; da gedacht er v\ol,
das er beschissen was. Eulensp. cap. 66 ; du begerest ein
jede zu bescheiszen, darumb gefeit dir am ersten anreiten
ein jetliche. Wirsüng Ca/. S l' ; spricht er sie ganz freundlich
an umb einen zehrpfenning, damit er mit ehren möcht die
leut bescheiszen. Wickram ro//ir. 85 ;
dann heit ich ims heimlich verholen,
aus seiner t.-ischen seclsel gsiolen.
dieweil ich ihn darumb hab bschissen. bilgerTS;
grosz spilen toplens und bescheiszen
thund sieb die kirbigsellen fleiszen. 54;
{der esel beichtet) ich hab ein bös gewissen,
ich hab einmal mein berrn beschissen! Alberus38';
man seh sich für mit allem fleisz,
dasz sich niemand an dem bescheisz,
der nichts dann hon und spotten kan. 7S';
man spricht, welcher den letzten bscheiszt,
werd billich Tür ein meister gepreisi. Kirchhof wendunm. 399*;
ir wolt uns umb ein gricht bescheiszen. Scheit grob. K3';
Ir besrheiszet doch leut und land. H. Sachs III. 3, 74*;
hett einen lieber umb hundert gülden beschissen, als im
trunk. Garg. 43'; bescheiszen und vergiften die seel mit fal-
schem wohn und glauben. 259';
und wenn die goldtinclur ein ganzes land beschissen.
Gömther 485;
ihr klugen hütet euch, den hat ein narr beschissen. 1035;
besteblea und bescheiszen mich, wie die raben.
GöTUE 13, 77.
vgl. ausscheiszen.
BESCFIEISZER, m. nebulo, fraudator. Maaler 60*.
ein lächer (leicher) und ein bescheiszer,
dise seiod auch alle geschwisteni kind. KtiitK alte schw. 49;
bescheiszer und beseicher. fastn. sp. 25», 14;
hob, es ist der gröszte maschgeh, bescheiszer und betrüger
in der weit. Gryphius l, 802. s. herbstbescheiszer, leutbe-
schciszer.
RESCHEISZEREI, f. fallaeia, ftaus, grober trug: darnach
fraus in facto, beschiszcri, das du die lüt beschiszest. Kei-
sersberg welll. lewe 54'; alles gcld und gut, das ir mii be-
scLeiszerei geraubt habt, Lcther 5, 75*. br. 4, 78 ; das ist doch
ja die^ allergröszte bescheiszerei, die auf erden komcn ist.
6, 504'; das abiasz {netnlich, vie ihn Tezel austheilt) ein
lauter bescheiszerei sei. S, 2ll' ;
ich hab zwen »pitzbuben dort gefunnen,
habn tiiir all mein geldlich abgewunnen,
knndt ich noch »o vil b^tcheiszerei
und abgcribne renk darbei. H. Sachs V, 358'.
BESCHEI.EN, s. beschälen.
BESCHELLEN, für beschelen, beschälen : in welchem alter
eine stutte zu beschcllcn sei. Hohberg 2, 146'. 147'.*.
BESCHELTEN, increpare, objurgare, infamare, ahd. pi-
sceitan, mhd. bescheiten, nnl. bescheiden, nihd.
wes lät ir iuch beschelien? Reinh. 143;
ouch hänt mich bescholten
mine suue, da^ ist mir zorn. 541.
nhd. Agathius beschilt disen iren aberglauben. Stumpf 1, 1S4*;
er beschalt des rathesmeisters beer. Bibel 132; wenn er je-
mand bescheiten muste. Wiela.nd 13, 276 ; sich selber be-
scheltend. 21,305; beschalt sich selbst. Idris 5,29;
bescbilt euch die geliebte dcssenthalb. Gotas 3, bl nach einem
Stammbuch ton 1604 ;
die von den philosophen beschollne sache. Klisger 12, 121 ;
er sagte, kein- bescholtenes weib könne seinen thron bestei-
gen. 2, 44 ; ein bescholtner mann, häufiger unbescholten, in-
leger; ein unbescholtner ruf, unbescholtne sitten.
BESCHENKE.N, 1) in der eigentlichen bedeuiung von schen-
ken = fundere ist beschenken perfundere, irrigare, und Spee
sagt beschenkte wangen ßr benetzte, mit thränen begossene:
tbränen ihm heraber wälzen
von beschenkten wangen beid. trutzn. 21S (238) ;
roth betrenket, wo! beschenket (blulbenetzl)
seind auch deine znhnlein weisz. 273 (294).
zumal aber hiesz beschenken vino perfundere, inebriare, und
beschenkt, beschankt, betrunken: wann er (mein mann} wol
beschenkt heim kumpt, so empfange ich ihn ufs allerfreund-
lichst und bring ihn mit guten worten zu bett. Albercs
ehbüchlein B 4*. C l' ;
das kein beschankier mann
vernünfliglich geberen (gebärden) kan. Rixgwald l. warh. 59
und aufgenommen bei Puilanoer 2,752;
beschenkt sein, bezecht sein, Völlerei und trunkenheit, ist
eines wie das ander. ERBE}ii[:s fastnachtsgespräch. £r/urtl582;
der mit wein beschenkt ist, der ist seiner nit mächtig. Leh-
mann 632. nnl. hij heeft ons dappcr beschonken; hij was
zeer beschonken ; zij zaten hem te beschenken.
2) donare, begaben [wie geben ursprünglich auch gieszcn) ;
einen mit blumen, kleidern, geld beschenken; ansehnlich,
reich beschenken; ich bin heute mit einem sühnchen von
meiner frau beschenkt worden, das pari, beschenkt auch wie
begabt, auclus : dankbar tragen alle kinder der natur der zu-
friedenen mutler die gereiften fruchte entgegen, du allein,
ihr liebster, ihr beschenktester söhn, bleibst aus. Schiller 314*.
BESCHENKUNG, f. donatio, begabung, geschenk: er habe
ihr nun zwar mit vielen beschenkungen ein stillschweigen
auferleget. Lcip;. avant. 1, 81; dasz ihre gnädige frau ihre
gerne zuschlagende bände bald zu einer angenehmen Verrich-
tung anwenden, und die mitgetheilten schlage durch einige
unmäszige beschenkung absüszen würde, ehe eines mannes 283 ;
dergleichen angebinde und andere beschenkungen. ehe eines
weibes 22.
BESCHEB, «. donufn, bescherung, nnl. bescheer: zu be-
scher erhalten.
BESCHEBE.N, tondere, circumtondere (den vocal auszuspre-
chen, wie in begehren, gewähren), prael. beschor für beschar,
pari, beschoren; ahd. pisceran, piscar, piscoran (Graff 6, 526),
mhd. beschern, beschar, beschorn; nnL bescheren, beschoor,
beschoren.
1) einen bescheren (an haar oder barl): und er liesz sich
bescheren, l Mos. 41, 14 ; wenn du mich beschörest, so wiche
meine kraft von mir. rieht. 16, 17 ; da nam Hanon die knechte
David und beschore sie. Ichron. 20, 4; ein weib aber, das
da betet oder weissaget mit unbedecktem heubt, die schän-
det ir heubt, denn es ist eben so viel, als wäre sie bescho-
ren (goth. biskaban). 1 Cor. 1!, 5; so sind sie gestanden als
die beschornen mcnlin. Luther 4, 331'; er sie alle ob dem
einen ohr beschare. Bocc. 1, 143'; so beschire mich als ein
narren! Wirsong Cal. c3*;
den sol man schwerzen als ein inorn.
und sol in bcschcm als ein lorn. fastn. tp. 310, 16 ;
von stund an si in schlafend bschar,
do was er nit mee stark als vor. trag. Joh. M7;
ich möcht ie der beschornen knabcn
so viel au meinem bof nit haben. II. Sachs II. 1, 25*;
mein hcrr, ich glaub ir seit ein narr,
ir seit ie selb kolbet beschorn. III. 3, 79*;
wer hat dann nit von vertcrbtcn jungen und beschornen meid-
hn zu München (München) und Dillingen gehört? bienenk. 26*;
etliche halb, etliche ganz beschoren. 29*; ich glaub inn (an den)
papst, Schöpfer des beschorenen geschmirten geschöpfs. 42';
vor dem sich nicht ein low kunt erwehren,
der iaszt sich durch ein weib kahl bescheren.
LocAU 2, 9, 99 ;
1563
BESCHEREN
BESCHEREN
1564
sondern wird heiszen, actum est
um uns bescliorne pfaffen. Soltaü 466.
2) das haar oder haupt, einem das haar oder haupt be-
scheren: darumb sol er sein heubt bescheren. 4 Mos. 6, 9;
und sol dem verlobten das heubt seines gelübds bescheren
für der thür der hüllen. 4, 6, 18 ; aber das har seines heubts
lieng an wider zu wachsen, wo es bescheren war. rieht. 16,
22 ; da nam Hanon die knechte David und beschur inen den
hart halb. 2 Sam. 10, 4 {mhd. mit wol geschornem harte.
Gre(/. 3226); und wenn man sein heubt beschur. 14,26; aller
heubt ist beschoren. Es. 15, 2; ir heubt sollen .sie nicht be-
scheren. Ez. 44, 20 ; und er beschor sein heul)t zu Cenchrea.
apost. gesell. 18, 18 ; und wage die kost an sie, das sie ir
heubt bescheren. 21, 24 ; darf mir niemand eine kappen kau-
fen, noch den kamp bescheren. Luthers br. 1, 457; bescho-
ren, in einen kittel geklcid und dem stadrichter uberantworl.
Luther 3, 418 ; ich musz also beschoren gehen und ein hen-
fen strick umb mich legen. 6, 303' ; besciior ihnen die schwärt.
Garg. 205' ;
wann ihm nur ist der köpf beschorn,
so ist er schon ein mönch geborn. Ai.berus 126;
sie beschirt ihm etliche haar. AyRER211';
auch dich voll kummers, mit besciiornem haupte.
Schiller 239;
wenn durch dich, mein valerland, der beschornen despotcn
joch nicht zerbrach, so zerbracii das der gel%rönlen jetzt
nicht. Klopstock 2, 122;
wo Apoll
das laub der Dapiine piliicid,
die nie beschorne scheiiel zu bekrönen. Plate.n 175.
3) sich bescheren: so sol er sich bescheren. 3 3/os. 13, 33;
das man weine und klage, und sich beschere und secke an-
ziehe. Es. 22, 12 ; sie werden sich kal bescheren «her dir und
secke umb sich gurten. Ez. 27, 31; die bescheren sich wie
die münch. Frank weltb. 12'.
4) thiere bescheren : du solt nicht bescheren die erstling
deiner schaf. b Mos. 15, 19; und es begab sich eben, das er
seine schafe beschur. 1 Sam. 25, 2. 4 ; dein har ist, wie die
ziegenherd, die beschoren sind auf dem berge Gilead. hohe-
lied 4, 1. 6, 4 ; ein guter hirt sol sein schaf beschern, aber
nit gar s.chinden. Reiszner Jer. 2, SO* ;
einen esel nackt bescheren. Logaü 1, 7, 52;
anstatt dasz den beschornen wasserpudeln der hart zum
schwimmen stehn bleibt. J. Paul biogr. bei. 1, 118.
5) pflanzen : die gemähet wise ist ihr beschoren. Garg. 71",
vgl. franz. pre tondu ;
ein kleiner labvrinth von neu beschornen hecken,
Wieland 4, ^30.
er isset gern beschorn rüebe. fasln, sp. 403, 20.
6) figürlich, vexare, fraudare, vgl. ausscheren:
wirst auch bekommen rechten lohn,
dasz du Teuischlanil so bschoren. Soltau 475.
BESCHEREN, Iribuere, largiri {auszuspr. wie wehren, näh-
ren), prael. bescherte, pari, beschert; ahd. piscerian, pisce-
rila; mhd. beschern, bescherte; nnl. tadelhaß auch besche-
ren, beschoor, beschoren, mit dem vorausgehenden vermengt,
unter den einfachen Wörtern scheren = ahd. sceran und scheren
= ahd. scerian wird freilich die verwandtschaß beider näher
dargelegt werden, scöran ist schneiden, scerian austheilen durch
schneiden, aber sceran und pisceran hat fast immer seine
sinnliche bedeutung behauptet, scerian, piscerian fahren lassen.
Geben und schenken können sich gleiche oder ungleiche
untereinander, ja der arme mag dctn reichen etwas gel)en ;
besclicren aber und verleihen geht aus von einer höheren oder
der höchsten hand. scheren, schar und bescheren gemalmen
an fii^oe, fieQii, fie^it,(o und fiolQa, heidnische Vorstel-
lungen liegen ihnen allen im hintergrund. vgl. engl, share,
alt«, scerian Hel. 5, 14. 72, 4.
1) gott beschert den menschen alle guter : was er besche-
ret, das gedeihet immerdar. Sir. 11,16; was gott beschert ist
unverwchrt; gott beschert über nacht;
(rmt grUsz den wirt in hohen cren,
und was im got ic tei bescheren, fasln, sp. 277, 2;
zumal die leibliche speise, wie es im lischgebet heiszt:
komm herr Jesu, sei unser gast,
si^gne, was du uns bescheret hasll;
Isaac aber spracli, mein son, wie hastu so bald {das wildbret)
Tundcn? er antworlei, der hcrr, dein gott besclieret miis.
1 Mos. 27, 20 ; nim doch den segcn von mir an, den icl» dir
zubracht habe, denn gott hat niirs beschert und ich iiahe
alles gnug. 33, 11; und gott beschere mir das tägliche brot.
ScHWEiMCHEN 3, 152; gott leibliche notdurlt überflüssig be-
scheret denen, so ihn lieben. 1, 12; kommt und esset, was
uns gott beschert {aufgetischt) hat!
2) geburt und sterbtag, leben und tod, weib und länd sind
dem menschen beschert, mhd.
trot mac mir noch vi! wol beschern
ein man, des ich mich tili ze wern. Ls. 2, 509;
deme si beschert was,
e si wurde gehorn. En. 3993 ;
nhd. wenn nu eine dirne kompt, zu der ich spreche, neige
deinen krug und lasz mich trinken und sie sprechen wird,
trinke, ich wil deine kamel auch trenken, das sie die sei,
die du deinem diener Isaac bescheret hast. 1 Mos. 24, 14 ; das
sie sei das weib, das der herr meines herrn son bescheret
hat. 24', 44 ; es sind kinder, die gott deinem knecht besche-
ret hat. 33, 5 ; wem ein tugendsam weib bescheret ist, die
ist vil edler denn die köstlichsten perlen, spr. Sal. 31, lo;
deine tochter ist im bescheret zum weihe. Tob. 7, 12 ; gott
hat es also verordnet, wann ein meidlin geboren wird, so
beschirt (l. beschert) er dem das kneblin, wa ein kneb-
lin, so verschaQ"et er im das mediin. Wirsung Cal. P3'; bis
mich gott erhöret und diesen söhn bescheret hat. pers. ro-
senth. 6, 3 ; in dieser ehe wurden ihm drei kinder, ein söhn
und zwei töchter beschert; wer weisz, tochter, was für ein
mann dir beschert ist;
noch vor abend ist euch die ireflichsle tochter bescheret.
GöTHE 40,282;
zum liebsten sei ein kobold ihr beschert. 12, 105;
Rosettchen, dir ist wol was bessers beschert,
ich achte des stattlichsten ritters dich werth. Bürger 2, 30.
gott wolle mir ein seliges ende bescheren !
mild, dem wirt vil lihte da beschert
ein hüs von siben vüejeu. Freidank 163, 14;
im was ouch dirre tot beschert. Iw. 1396;
uns was der tot vil nach beschert. Greg. 819 ;
weil mir mein tod also bescheret ist, warumh wollet ihr
dann dem willen gottes widerstreben? Heinr. Jul. v. Br, Su-
sanna 3, 4 ; wofern einem menschen nicht bescheret ist, dasz
er an einer krankheit sterben soll. pers. haumg. 8, 11.
3) weiter, wind und fruchtbarkeit werden als unmittelbare
gaben gottes gedacht und beschert: wenn uns gott ein gutes
jähr beschert; die dürre hält an und wenn nicht bald regen
beschert wird, geht die ernte verloren; wir wollen reisen,
sobald uns besseres weiter beschert ist; heuer sind viel
stürme und gewitter und doch ein gutes jähr beschert;
es sei erlogen oder wahr,
so beschere uns gott ein gut kornjahr! bicnenk. 138',
d. h. was fragen wir danach, haben wir nur reiche ernte;
nun schien mir nach einem stürmischen merz und april das
schönste maiweiter beschert zu sein, Göthe19, 303; mhd.
muget ir schowen,
waj dem meien wunders ist beschert. Walth. 51, 13;
guot weier und guoien wint
sin schepfer im bescherte
üf dirre wajjerverie. Frib. Trist. 1571 ;
deine lieben briefe bescheren mir eine reihe von festlagen.
Bettine br. 2, 117.
4) glück, heil, alle guter des leibs und der secle werden
beschert: es ist alles beschert ding;
dem sa>lde und 6re wirt beschert,
der ist da hciine, swar er vert. Freid. 97, 14";
waj ist uns beiden beschert und bescheiden. Ukrb. 14054;
aber auch ungliick und unhcil:
dem galgen was er dö beschert, Henn. 16815;
das euch nit pöses wert beschert. SciiWAnzErtBSRO 138,2;
es ist die ausUieilende, verhängende hand des srhicksals. des
fatums, wie im roc. Iheut. 1482 5" ausdrücklich sieht: liosrhern
oder glucken falari, besrbeni praedeslinare, vorsenden, was
dir nicht beschert ist wird dein band nicht ergreifen; und
was dir auch bescheret und zugedacht ist, musz dir zur
hand koniinen. pers. rosenlh. 8, 99. hier noch eine reihe von
beispielen: was lieschert ist, entläuft niciit;
und im bis heut grosz lub beschert. Scmwarzunb. UO, 1;
mich daiidit, dem wer kein eer beschert. 111, 1;
von gott demsellicn (dem Mosns) ward bcscliort,
da« er da« jüdisch vulk eriiort, 150, 1 ;
und der in dieser wildnus ein schön rcgimcnt bestellet, fried
1565
BESCHERExN— BESCHICKEN
BESCHICKEN
1566
and wolfart hierher bescheret und viel reiche geng hat aus-
schürfen lassen. Matbesics 1"; darzu wöll uns s. Lienhart
ein ^ut postpferd beschern und s. Alo es wol beschlagen,
so komen wir bald auf den berg Sinai, bienenk. 160"; be-
scherte uns gott junge aus den nestem. Sintpl. i, 39 ;
gott will aliein pbeten sein,
so will er rath bescheren. Soitaü497;
got bat mir das volk, das ich regier, bescböret.
WECKHEaLiJC 53;
seine hand
ist förtig in gefahr erröiiung zu beschören. 240;
dich zum dienst des Sonnengotts zu krönen
hielt ich uicbt den eignen kränz zu werth.
doch dir ist ein besserer beschert. Bi;RG>RS4*;
allen die sich drin genährt,
ward ein guter muih beschert. Göthb 3, 141 ;
Tollkommen friedlich und vemunftgemäsz ward uns dagegen
ein längerer aufenlhalt in Halberstadt beschert. 31, 240; die
Minena hat ibra ja nicht blosz die Qöte, sondern auch Mi-
nenens schönes gesiebt beschert. J. Fall Hesp. 2, 23S ; die
erste reise beschert dem Jüngling das, was oft die letzte dem
mann entführt. Tit. l, S ; das eine oder das andere könnte
deinem köpfe den rühm eines witzigen bescheren, teufelsp.
1, 15.
5) ganz technisch verwenden icir bescheren ßr die weih-
nachlsgaben, «obei die Vorstellung ist, dasz sie vom Christkind
gebracht werden, Christus beschert den kindern, und wenn es
heiszl, ich beschere dir, so meint das, die von ihm oder dem
persönlich gedachten winter dargereichten geschenke: den kin-
dern wird beschert, sie bekommen oder kriegen beschert:
der winier
mit sulz und marzipan das newjahr uns beschert.
Wkckherlm 789;
sie sollen auch beschert kriegen, wenn sie recht geschickt
sind, ein wachsstöckchen und noch was. Göthe 16, 157.
BESCHERUNG, f. lonsura, mit anderm e auszusprechen als
das folgende, clerisäuisch bescherung, lonsura cleriealis. bie-
nenk. 239".
BESCHERUNG, f. donatio, donum, besonders weihnacbts-
bescherung: es ist ein besonder glück und bescherung got-
tes. Fbey garteng. S"'; wenn bescherung ist, thu den sack
auf und vergisz das zuknüpfen nicht;
drum erhebe sich nimmer ein mann zu frevelem unfug,
slill von dem ewigen nehm er in demut jede bescherung.
Voss Od. IS, 142.
man pflegt es aber auch von geteuschter hofnung zu gebrau-
chen, wenn das gesdienk zu gering, das erwartete widrig aus-
gefallen ist: da veriieszen wir uns auf des kaisers geheime
gunst — nun haben wir die bescherung. GöriiE 42, 332 ; das
war mir eine saubere bescherung; da liegt nun die ganze
bescherung [wenn etwas zerbrochen geht) ; bei meiner zurück-
kunft flnde ich die bescherung!
BESCHERZEN, joco exeipere, joeari, weniger als bespotten :
sollte man das nicht bescherzen,
was uns Tcrdrieszt? GöibkS, 291;
jede ait ton beschranktheit und dünke! bescberzt er mehr
als dasz er sie Terspottete. 25,75; weil man nicht bedachte,
dasz er alles was in einer geistreichen gesellschaft seit ge-
raumer zeit bescherzt und verhandelt worden anzufassen
vermochte. 26, 334; und da der mann einmal im zuge war,
bescherzte er noch mehrere polizcimisbräuche. 28, 102. vgl.
verscherzen.
BESCinCK, n. curalio, besicllung, gebildet wie gcscbick,
nnl. beschik. Heniscu 304. *. beschicksleutc.
BESCHICKEN, arcessere, curare, bestellen, nnl. beschikken.
1) auf leute und thicre bezogen, einen beschicken, arcessere,
hesenden, berufen, holen lassen : ab der frömbde beschicken,
aceire peregre, aus der fremde heimrufen, abberufen. Maaler
80'; ab der vogtei beschicken, devoeare de prorincia; seinem
ffun einen leenneister anderswohär besdiicken, filio doelorem
aceire; und ward dem houptman Simon in Alben bcfolen,
mir zu schreiben und mich zu beschicken. Tho. Plateb s5 ;
ir Herren, ich hab euch darumb beschickt, euch zu erzelen.
^imoni; man musz si nit von Rom beschicken {her lassen
holen), dannen sie uns kein gOllliche lere bringend, sunder
wie gut der wincurs sie, und wie hübsch putanen uf campo
floro. Zwisci.i 1, 46 ; liesz sie den edelmann beschicken. Erey
garteng. il^ ; der koch ward beschickt. Eulensp. cap. 10; da er
DU den ant beschickt des wassers halben. Bocc. 1, JM*;
ich bit dich, beschick die alten
auii aüeo iteiien. H. Üacu« HI. 1, 179* ;
der herzog alle seine landsherren jetzt beschicket hatte. Galmi/
313; ich bitte euch, wollet mir mein beichtvatter und'kampfer
beschicken. 331 ; die zween wurden für in beschickt und wur-
den gefragt. Fbonsp. Är/e3S&. l, 204' ; so hat man sie alle drei
beschicket. Avrer proc. 2, 10 ; Titium durch zween ehriiche
manner beschicken {zw. vi. zu ihm schicken) und in der gute
befragen. Abele 4, 232 ; mich durch nutarien zu beschicken
und sogar zu verklagen. Ltscov 5S1;
unabgeschrecki, gcschäflig, unermüdlich
beschickt ich sie den einen um den andern,
bis ich erhielt durch mimerllcht-s llehn,
dasz sies zuTrieden sind. Schiller 490*;
das is's, warum dein herscher mich beschickte. 671* ;
Friedrich, der Österreicher d.'iucht uns gut,
der fürsten scbwager, ihn beschickten wir.
Ubla:<ds Ludwig s. 8.
^ur bei Maaler 60' hat beschicken a«c/j die bedeutung von
hinschicken: man beschickt sie ins bad, accersitur lavatum
interea virgo, wo heule stünde: man schickt sie baden, Idszt
sie ins bad holen, zum baden kommen. Lcther aber setzt
einen beschiclcen nie ßr holen lassen, sondern, wie sonst
bei Sachen sieht, für curare, pflegen, besorgen : es beschick-
ten aber {den gesteinigten) Siephanum gottfürchtige männer,
und hielten eine git»sze klage über in. apost. gesch. 8, 2, wo
der gr. teil avvsy.öuiaav, die vulgata curaverunt und porla-
verunt gibt, nickt anders sagt er: wirf alle deine aniigen
auf gott und er wird dich wol beschicken oder besorgen
und nicht lassen ewiglich bewegen. 3, 294 ; weil es im grosze
beschwerung ist, sein weih und kindlein so plötzlich zu be-
schicken, br. 4, 552. die hebamme hat das kind zu beschicken ;
das vieh beschicken; und nachdem Sancho, ufs beste er
konte, sowol den Rosübrall (Rocinante) als auch sein Ihier-
lein beschickt hatte. Harnisdi 122.
2) auf Sachen bezogen,
a) das haus beschicken, bestellen, vor dem tod seine su-
chen ordnen, sein testament machen: Ahilophel zog heim in
seine stad und beschickt sein haus, und hieng sich und
starb. 2 Sam. 17, 23; zu der zeit ward Hiskia todkrank und
der prophct kam zu im und sprach zu im, so spricht der
herr, beschicke dein haus, denn du wirst sterben. 2 kön. 20, 1.
b) verschieden davon ist die wohnung beschicken, einrich-
ten : das er beschicke die ganze wonung und alles was drin-
nen ist. 4 Mos. 4, 16 ; den acker, garten beschicken, bestel-
len: dasz ich meine zwölf stunden des tags seinen garten
beschicke. Schiller 310*.
c) den gottesdienst beschicken, einrichten. 2 chron. 35, 10. 1«.
d) alle dinge: sechs tage soltu erbeiten und alle dein
ding beschicken. 2 Mos. 20, 9 und danach Schlpfius 210 ; die
Weisheit, die alle ding gütig beschickt, bat die bosbeit schau
getragen. Luther 2, 1S6'; ich aber denke anders, weil ich
auch nicht viel mehr in der weit beschicke {ausrichte). Mo-
ser patr. ph. 1, 285 ; die thorheit, zu schnell und zu viel be-
schicken zu wollen. Nieblhr leb. S'ieb. 1, 119 ;
dem manne gleicht ihr, der sein fnih geschäfl
beschickt, indcsz in seinem nicken
die sonue grosz und herlich steigt herauf.
UuLA.>DS Ludwig s. IS;
wer marmor hier und en und eircnbeio erblickt,
und was noch sonst von stol die edle kunst beschickt.
GÖTUK 4, 95.
e) doch heiszl es auch Sachen beschicken = holen lassen;
ich habe das gcld noch nicht beschickt ; waaren beschicken,
tcrschreibcn, kommen lassen; wenn wir denn beim kamen«
beschickt er erst win {schickte er erst nach wein), denn er
hat kein im keller. Tuo. Plater 72. ßtjlich liesze sielt in an-
dern fällen das beschicken der Sachen deuten durch ein schi-
cken nach ihnen oder schicken von leuten, vm sie einzurich-
ten, w sagt man, die messe, den reichstag, landtag beschicken.
3) KeidmdHnisch, der birsch beschickt, bespringt dte hindin.
4) bergmännisch, immiscere liquefacto metallo. Frisch 2, 177';
woher kommen die silberblick,
damit das kupfer wird beschickt I Scheible fl. bl. 48.
5) sich beschicken, sich einrichten, rüsten, anschicken: das
ein rechtlich und öfTentlicii scheiden geschehe, damit d«-
arine geselle aus der fahr seines gewissens komen und sich
beschicken mügc {zu neuer heirat). Lltuer 4, 471'. br. 3,384;
wann ich mich bemühete, mich gleich dem fraucnzimmer zu
beschicken (jm putzen, bequem pflegen), wie würde ich wol
mit mannhaftigkeit die feinde vertreiben können? pers.baumg.
1, 8 : als aber der hof sich wieder zur reise beschickt. Götqk
«, ISl.
1567 BESCHICKSLEUTE— BESCHIESZEN
BESCHICKSLEUTE, pl: und so man solcher beschicks-
leuth eins worden ist, welche diese compromisssachen bei
Moisi oder Jesu selbst anbringen und sie darzu bereden
wollen. Ayrer proc. 3, 1 ; die beschicksleute fragten. Adele
4, 233.
BESCHICKUNG, f. bestellung, nnl. beschikking:
zu meinen nun, dasz die beschickung könne bleiben
bei achten oder ja bei neunen hinimelssclieiben,
und sehen nicht auf disz, was sich hier unien regt,
kan nicht für dem bestehn, was schon ist beigelegt.
Opitz Hugo Gr. 29« ;
herr Peter Fix hatte für den tag mit beschickung seines hau-
ses und emballage seines reisebündleins beide bände voll zu
schaffen. Siegfr. von Lindenb. 2, 3 ; die beschickung des ofens,
des erzes, um ihm den zusatz beizumischen;
so viel Silber tragen,
als man braucht zu der beschickung
dieses kupl'ers. Scheible a. a. o.
BESCHICKUNGSREGEL, f. die berechnung der melallmi-
schungsverhdltnisse.
BESCHIED, m. für bescheid:
das sie mir geben des beschied,
welches das allerergsie glied
an einem ieden menschen wer? H. Sachs I, 301';
so sieh, ich beuge herr, die knie des gemüts,
mein heize neigt sich dir. erilieil mich des beschieds,
dasz ich gnad haben soll. Fleming 29.
mehr davon unter dem einfachen schied, vgl. abschied, unter-
schied.
BESCHIELEN, limis aspicere oculis:
nun mag der kronentragende obermönch
mit allen seinen purpurbemäniellen
mönchlein das kanonsrecht, wie weit es
walte, beschielen, du hast gesehen!
KLOPSTOCK an den kaiier 2, 46 ;
die schöne Kolilischon, die auch sich beruren Tühlt,
den ritler durch ihre künste der keuschen Schwester zu
stehlen,
die ihn nach ihrem brauch nur durch die Wimpern beschielt.
WlELAND h, 9 ;
der gedanke, welch ein sündlich wesen es doch sei, diese
herliche pracht gottes so, über wäll und graben hin, nur zu
bescliielen. Göthe an Jacobi 32.
BESCHIENBEINEN, tibia instruere: mächtig adelich war
er beschinbeint, alle stumpf {d. i. slrimpfe) lagen im glat
an, fein wie es die jungfrawen gern sehen. Garg. 114'.
BESCHIENEN, laminis, canlhis instruere: ein Wagenrad,
die eisenbahn beschienen; den gebrochenen fusz beschienen.
BESCHIESZEN, nnl. beschielen, in mehrfachem sinn,
1) telis, tormcntis petere: den feind mit pfeilen beschie-
szen; von etlichem anderm geschülz beschossen werden.
FnoNSPEBG 1, 72"; damit sie nicht können durchstochen oder
mit pfeilen beschossen werden. 3, 145'; die Stadt, maucr,
bürg mit kanonen, mit schwerem geschütz beschieszen; von
den bergen aus kann die festung beschossen werden; die
Jäger beschieszen das wildbret, schieszen in die häufen, um
es scheu zu machen, auch mit blicken beschieszen, blicke
auf ihn schieszen:
längst schon, als er noch sprach, bescliosz sie mit blicken ihn
seitwärts. Uürger 230".
2) einen beschieszen, das gewehr zu seiner ehre abfeuern,
ihn mit Schüssen begrüszen, salutieren.
3) die gewehrc, die feuerröhrc beschieszen, probieren; auch
rinen hämisch l)eschieszen, durch auf ihn gerichtete schüssh
seine stärke versuchen: so du ein stück ladest und beschie-
szen will, so nimb einen pfriemen u. s. w. Fronsperc 2, 215';
eine merkliche anzahl guter, gewisser, beschossener, langer
handrohr, jedes mit einem feuwer- und schwammschlosz.
Kirchhof disc. mil. 29; wenn du dich vor also beschossen
(eingeschossen) hast, dasz du dich mit der ladung des put
\ers und auch der kugol darnach weist zu riclilen, also
magst du dich auch wol mit einem armbrostschützen be-
schieszen. Fronsp. 2, 192*.
4) beschossen sein, mit pulver und blei versehen, geladen
haben: sie denken wir iiaben uns verschossen, und diesmal
haben sies getroffen, sie dachten nur nicht, dasz wir wieder
l»eschossen sein könnten, er soll die kugel versuchen. Gütue
42, 140. figürlich, er ist bcsciiossen, schnell in einfallen, auf
alles gefaszt, weisz zu erwidern.
5) beschieszen, coassare, contabulare, ein zimmcr mit brc-
tern beschieszen, ausdiclen.
6) vnpeisOnlichf es beschieszt, proficil, sufficU: es wird vil
BESCHIESZEN— BESCHIRM
1568
oder wol beschieszen, multum proficiet. Maaler 60*; was hat
es beschossen? quid retulit? 6l'; nnl. dat werk beschiel
nicht, fördert nicht, mhd. ej beschiujet mich, hilß mir:
vil kleinen in ein ci beschöj. Bon. SO, 14;
er vant, daz in niht vil beschöt,
ein stein edel unde grösz. 1,7;
ähnlich das häufigere ahd. mir arsciujit, mir ersciujet (Graff
6, 560), mhd. mir erschiujet {gramm. 4, 237);
ir spise erschöj {reichte aus) in also wol,
da^ ir vaj ie wären vol,
swie vil si drüj genämen. Greg. 3579,
was sich fassen liesze, wie erspriejen, ersprieszlich sein, das
nhd. beschieszen hat in folgenden beispielen keinen daliv
neben sich: das übrig nam mein valter zur zalung des un-
kostens, so vil das beschieszen (hinreichen) mocht. Fel. Pla-
TER 178 ; dann wie lind du immer die büsch machest, so be-
schüszt es kaum, wann du ihn hart zuknüpfest, sonder es
lähmet das fleisch. Fel. Würtz 219 ; so mag dann dein arz-
nei nichts beschieszen. 482; als ob sie (zäum und gebisz)
bei dem menschen, wenn er einmal in der tiefe des wollusls
versunken, nichts mehr fruchten, beschieszen oder erklecklich
seien. Simpl. 3, 19. auch bei Hebel ist bschiesze zureichen.
7) beschieszen, ti'ic anschieszcn, ansetzen: die wand be-
schieszt mit Salpeter, überzieht sich. ,
BESCHIESZMEISTER, m. in gewehrfabriken, der das pro-
bieren der rühren besorgt.
BESCHIESZUNG, f die beschieszung der sladt dauerte
drei tage; die beschieszung, probierung der gewehre.
BESCHIESZZEICHEN, n. zeichen auf dem beschossenen ge-
wehr.
BESCHIFBAR, navigabilis, schißar.
BESCHIFFEN, navigare: einen flusz, see, das meer be-
schiffen.
BESCHILDEN, scuto munire, beschildet scutatus : o wie würd
der flegelbeschiltete Marcolfus so stolz werden? Garg. 20*;
0 tochter des schrecklich beschildelen gottes. liDacKRlSS*;
der Troer beschildete schlachtreihn. 215*;
fürst der edelgesinnten beschildelen Paphlagonen. 228';
die Dänen beschildet, gestützt auf ihre lanzen. DAHLMAN.t 1,
75; beschildete postboten.
BESCHILDERN, depingere, describere, nnl. beschilderen:
die flücha zu beschildern. Brockes 2, 54.
BESCHILFEN, arundine legere, beschilft arundinosus:
selbst im palast, wie in beschilften häusern.
ijAGEDOR.'V 1, 81 ;
gondeln, die
von dem beschilften rand auf Goliz freudig eilen.
Zaciiariä t, 07;
das volk der kalten Auf, die schuppenreichen beere
bezogen ihr beschilftes haus. Uz 1, 203.
BESCHIMMELN, mucescere, nnl. beschiromelcn : das brot
beschimmelt leicht an so feuchter stelle; bcschimnieltcr käse;
ein beschimmelles gesiebt;
so mit zartem geschwirr entschwebten sie. aber voran gieng
Hermes der rciter aus not, durch diimfifhcschimraeltu pfade.
Voss Od. 24, 10.
BESCHIMMERN, affulgere:
bist du bläue der lufl, wenn sie der abendslern
sanft mit golde beschimmert > Klopstock 1,45;
milder wurde sein blick und von werdenden thronen be-
schimmert. Mcss. 15, 1014.
BESCHIMPFEN, contumelia, ignominia afficere, nnl. be-
schimpen, einen schimpf anthun, mehr als beleidigen, krän-
ken, bespotten, weniger als entehren, erniedrigen, beleidigen,
injuria afficere braucht keinen schimpf zu enthalten und kann
blosz wehe thun; beschimpfen rührt die ehre an, ohne sie zu
nehmen, einen mann öffentlich höhnen und beschimpfen;
das mädchen ist beschimpft und ziciit sich aus der gcsell-
schaft zurück ; es gesciiah auf beschimpfende weise, tgl.
schimpfen, ausschimpfen, verschimpfen.
BESCHIMPFUNG, /". ignominia, probrum.
BESCIUNDELN, scindulis contegere: beschindeltes dach.
BESCHINDEN, cutem datringere: den bauin, die band be-
schindcn; dasz er dreiszig stufen herabfallet und weiter kei-
nen i^cliuden nimmt, als dasz er sich die ganze nasc bcscliin-
dct. Leii'z. avant. 1, 90 ; er ist an der seile ganz bcscüunden.
BESCHIPPE.N, batillo implere, inil sand bescbippcu. s. ali-
sciiii|ifen.
BESCHIRM, «1. munimenlum, tutela, schirm: denn die na-
tur wcisz wie sie die krankheilcn heilen soll, der ant mag«
1569
BESCHIRMEN— BESCHISZ
nicht wissen, darumb so ist er allein (nur) einer, der der
natur den beschirm gibt. Paracelscs 1, 42' ; dann der namm
(name) hat kein gröszern beschirm, dann sein eigen neid und
hasz. 1, 370'. bescherm steht Haupt 8, 329. s. beschirmherr.
BESCHIRMEN, tueri, defendere, beschützen, ahd. piscirman
(Gbaff 6, 547), nüid. beschirmen, beschermen, nnl. bescher-
men, ursprünglich mit dem Schilde decken, mit den «äffen
vertheidigen, wie schinn selbst ein schild heiszt, vgl. it. scher-
mire, scrimiare, franz. escrimer, worüber mehr noch unter den
einfachen icürtern.
1) wann eins an dem unrechten erwüscht wirt, stracks
leugnet es das und beschirmpt es mit warheit und mit lü-
gin, wie es mag. Keisersb. Sünden des munds 13'; dankt dich
nicht, das einer ein narr sei, der da seinen feind beschir-
men wil?...die sünd, das ist der feind, den beschirmest du,
den vertriebest du under den mantel, das in niemands sehen
sol. 13'; darumb ist das ein grosze verkerlichkeit von eim
menschen, der seine Sünden immermeder imderstot zu be-
schirmen und vertrechen. 14*; solche fule rotten {säufer, hu-
rer) henken sich aneinander und verantwurtcn und beschir-
ment einander. 15'; ir eer seind sie bereit zu beschirmen,
so man sie schmecht, aber die eer gottes zu bescliirmen, da
machen wir ein ee (?) darausz und ein gespött, und spre-
chen, es ist also harkummen, was wil man darusz machen?
es ist vor mee geschehen. 21"; ir aller mein liebsten brü-
der, spricht er (Rom. 12, 18. 19), nit wölient euch selbs be-
schirmen, nit wollen ein zäun umb euch machen. 15'; wir
prediger und vorab die geistlichen sollen! uns also halten,
das wir frei reden die warheit, und beschirmen die selbigen,
und sollen! niemants den kautzen streichen noch niemants
klQnselen. 69'; und ich wil dise stad beschirmen, das ich
ir helfe. 2A(}n. 19, 34; und beschirme in für boffart. Hiob
33, 17 ; beschirme mich unter dem schatten deiner flügel. ps.
17, 8 ; du beschirmest mein heubt zur reit des Streits. 140, 8 ;
der name des herrn ist ein festes schlosz, der gerechte leuft
dahin und wird beschirmet, spr. Sa/. 18, 10 ; und der herr
Zebaoth wird Jerusalem beschirmen, wie die vögel thun mit
flügeln. Es. 31, 5; Mahomet beschirmet (deckt) sein gift mit
dem honig der warheit. Frank tce//fc. 118'; anzuzeigen, woraus
die arznei und wie sie soll erkennt werden von den betrie-
gern, die sie mit werten bisher beschirmbt haben. Paracel-
sus 1, 218';
das soltu beschirmen mit dem schwert.
Scheit grob. PI';
weil freiheit und Philosophie
vor grausen wettern, wilden stürmen
im kalten norden nicht beschirmen.
CoTTF.R 1, 45S;
dem heiligen, das uns unsichtbar umgebend allein gegen die
ungeheuren zndringenden mächte beschirmen kann. GOthe
17, 378 ; ein herz, das uns gleichsam mit den ersten herz-
Mättern gegen kalte näcbte und heisze tage beschirmte. J. Pacl
Tit. 1, 6.
2) sich beschirmen, beim abschied segnen, gleichsam dem
schütze gottes befehlen: da nun solches geschehen, beschirm-
ten wir einander, als leute die einander nimmermehr wieder
zu sehen bekommen. Simpl. 1, 518 (524).
BESCHIRME.N, n. protectio:
nimm mich, du heilgcr goil, in dein beschirmen!
TiKCK 2, 50.
BESCHIRMER, m. proteelor, defensor, patronus. RtHEL Uv.
133; dann die warheit mit ihrer klarheit plcnd all beschir-
mer (verdecker) und unwarheit. biene'tk. 246*.
BESCHHt.MERIN, f.
aber mich schreckt die enmenide,
die beschirmerin dieses ort.s. Schillh 490*.
BESCHIRMHERR, m. patronus, Ae«/e Schirmherr: als einem
besi hirmherrn sein volk zu bewahren befohlen ist. Paracel-
SLS 1, 53»'.
BESCHIRMUNG, f. defensio: du sprichst, was ist beschtr-
mung der sünde? niemans wil unrecht gelben haben, alle
weit entschuldiget sich, ja wol basz. Keisersb. Sünden des
munds t2'; der Magis da ist unser hut und beschirmung.
Aimon V.
BESCHISZ, m. fraus : wan wer ietzund nicht kan vil list
und beschisz, und den andern nicht über das seil werfen,
den hallet man für ein Ihoren ielz. wer aber vil beschisz
kan und leckcrei, den halt man für ein weisen. Keisersb.
vmeis ll'; und war das nicht ein sonderlich meisterlicher be-
BESCHLABBERN — BESCHLAFEX 1570
schisz mit unsers herrn rock zu Trier? Llther 5, S2'; mit
beschisz, dolose. Maaler Co';
on bintergang, on allen beschisr.
McKMER geheimem. 28, 8 ;
Reiakea sprach bald, aus eim beschisz.
BeuTUER 1, 23 $. 40';
da kommen sie dann, das der herr irer finanz, büberei,
Wucher, lug, trug und beschisz zusehe. Frask spr. 2, 129';
beschisz tregt nit für. 2, 149";
auf karten trcibens auch grosz beschisz.
VficKKAM bilger 28;
dann sprich, wilt du den wein vermanchen,
und wilt ein bschisz hie mit uns brauchen?
SciiEiT grob. II 1* ;
sprechen, Paris hab unrecht thon,
mit bschisz und trug das unser gnon {genommen).
GoTTiiARTS zerst. Trojas. 2 tag 3 act;
groszer trug und beschisz. Petr. 98"; es wird untrew, be-
schisz und Schelmerei seinen alten namen und lob verlieren.
FiscHAßT groszm. C5; und welches das ärgst ist, groszen be-
schisz und trug under erbare matronen eingeführt. Garg. ii2';
mit was betrug und beschisz dise eleraentsbetheurer . . . umb-
gehen. 189' ; dieweil die weit so arg geworden ist, dasz sie
von keinem beschisz oder betrug ihr einiges gewissen machet.
Tarernaemont. 710; ein betrügnis und ein beschisz. experlus in
trufis cap. 11; da sasz noch einer dergleichen erbarer vogel,
welchem der beschisz zun äugen aussähe. Phiuind. lugd. 3, 321.
BESCHLABBERN, imjuinare, besudeln, zumal beim essen :
im faulen heue gebettet
fand ich die garstige brui, und über und über beschlabbert
bis nn die obren mit koth. Göthi 40, 199,
unhochdeulsch, nach
beslabbert wente lon orcn mit drek. Rcinke 5917;
■nl. ic Sit beslabbert loten orcn. hör. belg. ü, 118;
het kind heeft zieh ellendig beslahberd. auch bcschlabbem
besclitcatzcn. die hochd. mundart fordert beschlappern, «•. m. s.
BESCHLÄCHT, t«. was beschlag oder beschläge, gebildet
von schlagen wie schlacht, geschlächt, ingeschlächt bei Schm.
3, 427: ir habt den schniid nit bezalt umb das bescblächt,
umb die eisen meiner ros. Keisersb. seh. der pcnit. 105; die
pferde mit dem beschlächtc recht und wol versehen. Hohberg
2, 137'. ScHMELLER hat es im sinne von beschlag, einfas-
sung eines weihers, brunnens.
BESCHLAFEN, somno occupare, caperc, durch den schlaf,
im schlaf bewältigen, gebildet wie ausschlafen, verschlafen, ein
unsrer spräche eigenthümliches wort.
l) eine frau, ein niädchen beschlafen, eoncumbere, aber
transitiv genommen, und su bcischlafen sic/» stellend, wie be-
legen (ddn. bcligge) :« beiliegen, nur dasz beschlafen starke
flexion festhält, ursprünglich ein verhüllender, züchtiger aus-
druck, den man doch heute meidet, und durch das intransitive
beiwohnen, da auch beiliegen ßr unedel gilt, ersetzen musz,
denn transitives schwächen, violare, viliare, schw. kränka,
ddn. kränke sind härter, schw. besofva, dän. bcsove germa-
nismen. kein goth. bislepan, ahd. pisläfan begegnet, in den
friesischen gesetzen erscheint bislepa (Richth. 254, 32), nnl.
beslapen, verschiedentlich aber mhd. besldfen :
da; er sines selbes tobter beslief. Liap*. .^lex. 1256;
der kuninc des wirtes toiiter sacb
wolgestalt, die er beslief. pass. H. 81, S5;
eines kindcs bürde
des Wirtes tobter da gewan,
die beslief ein riuersman. pau. K. 306, 12 ;
ein wiie kamer was in bereit,
dar in wolt er beslifeii die meit. MSH. 3, 301* ;
und bei sie vor besläfen. Albr. Til. 4607.
Llther setzt es in der bibel oft, wo im griech. und tat. in-
transitive Wörter stehen: da die kinder gottes die töchler der
menschen beschliefen, l Mos. 6, 4; unser vater ist alt, und
ist kein man mehr auf erden, der uns bescblafen möge nach
aller weit weise (LY.V. oi elaeleiaerni noöi rjfiäi, vulg.
qui possit ingredi ad nos). 19, 31 ; da die sähe Sichern, der
des landes herre war, nam er sie und beschlief sie und
schwecht sie {iMOiur^&rj /utr avrfji • xai irantivcaaey
niTT/y. donnivit cum illa, vi opprimens virginem). 34,2; und
da er sic beschlief (ingressus is ad eam), ward sie schwan-
I ger. 38, 1 ; wenn jemand eine jungfraw beredt, die noch nicht
vertrawet ist, und beschleft sie. 2 Mos. 22, 16; so müsse
I mein weib von einem andern geschendet werden und andere
99
1571
BESCIILAFEN — BESCHLAG
BESCHLAG — BESCHLAGEN
1572
müssen sie besclilafcn. Hiob 31, 10 «. s. u: Eben so wenig an-
stosz gibt der ausilriick bei andern Schriftstellern des 15. 16 jh.,
tw Galtny 283 schreibt die Herzogin ihrem liebhaber selbst :
hat er durch arge list einen schnöden küchenbuben mit geld
und zusagung dahin bracht, dasz er fürgewandt hat, wie er
mich beschlafen hab. Steinböwel im hocc. bl. 65 sagt un-
bedenklich: die fraw hat in besehlafen, d. i. bei ihm gele-
gen, ihm bcigelegen. Lucretia ward mit gewalte beschlafen.
WiRSuxG Ca/. f3'; ich bah nit so vil herzens, ein sollichs
weib zu besclilaufen {schwäbisch, für beschlafen). F2\ aus
Fischart wird es kaum der stellen bedürfen: gleichermaszen
war nicht dem crclischen Jupiter die lengst winternacht zu
kurz, als er die Argmännin {Alkmeue) beschlief. Garg. 78*.
später aber verletzt das wort deit anstand, und nur dichter
streben es zu heben:
doch stets umschlang sie mir flehend die kniec,
jene zuvor zu bcsclilal'en, dasz jjram sie würde dem greise,
TtttklaxiSi 7ioouty7;vai. Voss //. 9, 452. beschlafen für ge-
schwächt, geschwängert klingt heutigem Sprachgebrauch unedel
vnd gemein, so gangbar es einmal war: ach, ich bitte sie
um der brüste willen, die sie gesogen hal)en. ja das ist was
rechts I die gehören einem beschlafenen mensche, das mama
seliger als amme hielt. Siegfr. von Lindenb. 3, 144; een be-
slapen niinsk. Urem. wh. 4, S15.
2) auf sacken bezüglich: das wollen wir erst besehlafen,
gleichsam darüber schlafen, die nacht vergehn lassen, denn
nacht bringt ralh, oder eingebung eines traums abwarten; man
soll ein ding beschlafen, eh man sich dazu entschlieszt; ich
will es beschlafen ; ud. ik will nii darup bcslapen, nnl. zieh
op iets beslapen ; unsern zorn sollen wir nicht besehlafen,
nicht über nacht hegen; sorgen beschlafen, animi anxielalibus
indormire. Stieler 1804; heunte wollen wir es beschlafen.
hebamme 41 ; ich versprach dem Lepressoir, die sache zu be-
schlafen. Felsenb. 2, 386 ; und nun geben sie acht, der fischer
des herrn Dusch ist nicht blosz ein narr, der es erst be-
schlafen musz, ob er sich ersäufen soll oder nicht. Lessing
0, 109 ; beschlafen sie die sache, ein guter träum ist im hei-
raten oft die beste entschcidung. Moser 9, 115; nun habe
ich aber, nach nochmaligem besehlafen der sache, die na-
türlichste auskunft von der weit gefunden. Schiller an Gölhe
200 ; es gibt leute, die zu keinem entschlusz kommen, sie
müssen sich denn erst über die sache beschlafen haben.
Lichtenberg 1,177; hierüber musz ich mich beschlafen. 5,449.
Man sagt auch, das bell besehlafen, in einem belt 'zuerst
schlafen, oder auch das gemachte beU besteigen, nnl. ik heb
dat bed noch niet beslapen. die zusammengescharten sacke
Jicschlafen. Hemsch 305, nach Horaz: congestis undique sac-
cis indormis.
der schlaf bcschläfl die glieder. Günther 1013,
ist nach somnus occupat artus. In eignem sinn aber Rollek-
HAGEN :
das nnm die mngd zum glück in nebt,
die vorn sasz und beschlief die wacht.
froschm. 1, 10. G5',
d. h. wachte, wachen sollte.
BESCHLÄFEN, beschläfte: lasz mir meine kleider an sei-
nem ort {sagt Melibia abwehrend zu Calistus), wann du aber
ie wissen will, warmit ich beschläft bin, so vvisz, das es ist
von seidin. Wirslng Cal. f3'. was heiszt das? worin ich
schlafe? was ich für ein schlapiemd trage? nach Schmid
Schwab, wb. 403 ist schlafen einschläfern, in schlaf bringen, ein
kind besehlafen wäre also ihm das schlaßlcid anziehen, was
Melibia hier auf ihr hemd anwendet, doch richtiger wird man
besehlafen nehmen für beschicufen, mhd. besloufen, ahd. pi-
sloufan, in ein gcwand schliefen lassen, und warmit ich b^-
S(!lil;ifl bin heiszt nichts als bekleidet.
IJESCHLÄFEK, UESCHLÄFEHIN, was beischläfer, beischla-
ferin: sie weren wol werd, beide beschiefer und beschlefe-
rin, das sie zum wenigsten eine Zeitlang das land müsten
reumen. Luther 5, 247*.
BESCHLAt;, m. munimentum, ßrmamenlum, nnl. bcslag n.
ebenso schw. dän.
1) beschlag von gold, lilber, eisen, das womit ein beeher,
ein kästchen zur Zierde oder fesligkeit beschlagen ist; haupt-
sächlich der beschlag eines pferdrhufs, eines Wagenrads, einer
thür mit band und eisen : beschlag der wagen und pfenle.
Moser j). f/i. 1, 166; beschlag der Stiefel mit eisen und naget.
. 3) besciiiag eines bmnnens, teiches mit geländcr, einfassvng.
3) beschlag einer glasröhre, Überkleidung mit thon, dasz sie
erhitzt nicht springe.
4) beschlag der binde, hirschkuh, des Ihiers; der hirsch
bringt es zum beschlag. Dübel 1, 2'. s. beschlagen 2.
5) ansalz, anfing von staub, von erzslaub : an den basalt-
seulen bemerkte ich einen weiszen, vermutlich kalkigen be-
schlag oder anflug. Forsters ansichten 1,43; ich wischte den
staub und eine art von kaum merklichem beschlag mit einem
reinen tuche ab. Lichtenuerg 6, 51. auch was sich an ein
glas, an das brot oben ansetzt, schimmcl, salzige feuchtigkeit.
6) abslract, bei Verschiedenheit des beschlags unter 1, für
art (facon) überhaupt, wie man auch das einfache schlag ver-
wendet: prinzen, grafen, iierrn von, oftlciere, räthe von al-
lerlei beschlag, kaufleute, künstler. Lessing 10, 295. es könnte
heiszen : von jedem schlag, jeder art.
7) Zubehör, inventarium : häuser, ländliche grundstücke, die
rechte welche ihnen anhängen, und ihr beschlag, sklaven,
last, und Zugvieh und pferdc. Nieduhr 1, 503.
S) beschlag, relenlio, arrest : gerichtlicher besciilag; in be-
schlag nehmen, waaren, bücher; beschlag legen auf guter,
schiffe; mit beschlag belegen, r. b. Zeitungen, einzelne flug-
blälter. auch sonst: er nabin bei tische gleich eine ganze
Hasche wein in beschlag ; er nahm mich für acht tage in be-
schlag; die sache nimmt meine ganze zeit in beschlag.
BESCHLÄGE, n. was beschlag 1 : das beschläge eines pfer-
des; schicken sie mir das silberne beschlag zu dem essig-
kännchen. Göthe an fr. von Stein 2, 9t ; beschlag eines pfei-
fenkopfs ; das beschläge eines fensters.
BESCHLAGEN, bei Maaler 60* noch beschlahen, ahd. pi-
slahan, mhd. beslän, nnl. beslaan, ags. bcslean, schw. beslä,
dän. beslaae, nach dem deutschen.
1) beschlagen, behauen, verberare, percutere. so ahd. pi-
slaban (Graff 6, 769), ags. beslean, occidere, heäfde beslagen
decollalus ; mit der ruthe beschlagen, hauen; als wenn ein
Zimmermann einen bäum abhauet und beschlehet {behaut),
weish. Sal. 13, 11 ; der forstmann nennt beschlagen das vier-
eckig hauen eines baumstamms.
2) weidmännisch, der hirsch beschlägt die binde, das thier,
der rebbock die rieke. Döbel 1, 2*. IS*. 25*. 26', Unit seinen
beschlag; das thier ist beschlagen, trächtig, hat empfangen,
geht bochbeschlagen. auch die wilde sau wird beschlagen.
3) der wind bescblägt {schhhjt an) die fenster {verberat fenc-
slras) ; die luft beschlägt das gesiebt {streicht an das gesicht) ;
mhd. swaj die lüflc hänt beslagen (bestrichen). Parz. 252, 5;
der regen beschlägt das haus ; die wellen beschlagen das
ufer, das gestade, schlagen an; nun seind zweierlei Scythia,
eins im aufgang, an der ein selten mit dem mör beschlagen.
Frank wellb. 92'; der anker beschlägt den gruud des meers,
schlägt ein:
mhd. sin laut min nnkcr bat beslagen. Parz. 99, 14.
4) das pferd beschlagen, equo soleas induere:
do koufc den hengsl, dort bcslach das pfcrt. nam&uc/i 126(
mer sciialTe zu geschehen,
das dir dein pferd wol werd verseilen,
das dich ein ganzen tag musz Irasen,
und das nach' forteil sei hoschlagen. Wickraüs tiiger 27 ;
da es aber so vil reilcns hat wollen haben,
das man im das röslin dazu bat müssen beschlagen.
lustig gcsprcch der teufet vom herz, von Braunschw.
ir)12bl';
und sillier sei das sclilecblosie mctall,
um seiner pferde hole zu beschlagen. Sciiii.LtB 601*.
Fischart unter den spielen n* 21 nennt: eselin beschlagen.
5) das hörn, den bccher, den schild, heim, Stab, die Stange
beschlagen :
mitd. vil Schilde sl besluogen und nianigon beim guot.
r,Mdr. 752,2 r
kiulo wol besingen. Fr. 2349;
Stange, mit Isirnc beslagen. Mhis \*, 160;
nhd. Saturn (läszl ihm) das siegclhcfl mit golde ganz beschlagen.
OpiTi 1, 55;
mcssenbeschlagcn (mcssingbeschlagner) bilgerstock. Garg. 237* ;
die bücherdccke, den pfeifenkopf mit silber, die kiste mit
nageln.
0) die thür mit eisen, das fasz mit reifen beschlugen:
mhd. diu vaj wol hednhl luid wol beslagen. Bart. 47, 5.
7) gcwand und kleider mit gold beschlagen, belegen, tc-
setzen :
fU>M iuid<> samlt
besingen mit rlclicm gnlde. pnss, K. 193, 81.
1573
BESCHLAGEN'
BESCHLAGEN— BESCHLECKEN 1574
&j beschlagen, hemmen, außallen, mit einem slrick, eineni
haft festbinden, strick darum schlagen : wagen beschlagen, an-
halten, beschlag darauflegen, milbeschlag belegen; verbotene
waare, die, sobald sie entdeckt wird, beschlugen werden musz.
Käst 2, 7 ; er beschlug die contrebande. Hippel 1, 219 ; Schütz,
damals ganz von der literaturzeitung beschlagen, betrieb seine
Vorlesungen wie ein nebengeschüft. Abndts leben 73; beschla-
gene guter, in beschlag genommene, vgl. mhd.
mil des tödes läge bcslagen. klage 421.
9) wand, gerüste mit tuch beschlagen, ausschlagen : zur
hocbzeit oder trauer mit rothem, schwarzem tuch beschlagen ;
ein solches exempel {Kenn der thronerbe trauer anlegti be-
schlagt auf einmal den ganzen hofstaat, sogar vieli, pauken,
kanzeln schwarz. J. P.\ll Tit. 2, SO; die wand mit lapcten,
breiern beschlagen ; den koffer mil leder.
10) die decke, das bett beschlagen, beschreiten, mettre son
pied au lit. bei feierlichen hochzeiten tcurden braut und bräU'
tigam in das schlafgemach gebracht, entkleidet und musten das
bell besteigeti, tcorauf das zimmer verschlossen und andern
tags wieder aufgeschlossen wurde, das hiesz das brautbelt
beschlagen, das braulpaar mit der decke beschlagen, in die
decke schlagen: es ist ein feiner brauch, dasz man junge
Icut nicht allein in der kirchen copulieret, sondern auch auf
den abend zusaminenlept und mit der brautdecken bcschlegt,
darlici dann eine christliche sermon gehalten und das gebet
gesprochen wird. CnEiDius 1, 190.
11) beschlagen, bewerfen, beschütten: Schatzkammer wol
vemiauert, auswendig mit leimen beschlagen. Felsenb. 1, 191 ;
lege; idas gericht) zu dem viure und beslahej eins mit eiern
und eins mit «malze {schlag daran eier und schmalz) mit
zwein swammen, also lange bi; daj e; singe und rot werde.
von guter spise 27 ; stecke sie an einen spij, brät sie wol,
und beslahe sie mit eiern und mit krule. 45;
da^ sie so pewärc (vorsichtig)
üj dem köpfe gciruiiken liäl,
da; sie diu ougen nocli die «vnt
mit dem clarcie besluoc. kröne 1475.
12) beschlagen, umgeben, umfangen, umziehen von jägem,
die das wild mit netzen, von feinden, die mit dem lager «m-
schliesicn: l»eschlug die statt mit einem gewaltigen hörleger
(schlug ein heerlager um die stadl). Fbask chron. 21l', vgl. be-
fangen, mhd.
ich wil iu von dem hüse sagen,
da er inne was beslagen. Iw. 1136,
wo er zwischen zwei thüren eingeschlossen, gefangen lag;
mit dem neize er sie besluoc
da ze liant beide. En. 5611,
schlug das nelz über sie, um sie herum, schlug es zu.
der wildenacre sich des undcrwani,
ein neize er iruoc,
und swa; er vani,
den raben und ander vogel er da besluoc. MSII. 3, 170 ;
er stell ein garn, und fieng der krnncben,
von den anivögeln auch gar manchen,
mit den ward auch ein sioich bfschlagen.
Waldis Es. 1, 60.
man sagte auch, fische mit dem nelz beschlagen, fangen:
sie lisch beschlugen ohne masz. KiKoir ald etang. ÜV.
ähnlich ist das mit klauen beschlagen, packen, die klauen
einsehlagen :
ein groszer alior adelar
schosz bald liin.ib, in einf>m flog
mit klawcn hart das fDclislin bschhig.
Waldis Etop 1, 59.
es heiszt auch den dielr beschlagen, fangen, ertappen.
n) besciilagen, stopfen, füllen, schon ahd. pinlahan, oppi-
lare os, das maul stopfen; die heller bringen in gnCig uberigs
auf, das sie das maul beschlagen und gelts ubrigs samlen.
Fbaik sprichw. 2, 76*; dasz der mensch nicht leben kiinne
ohne essen und trinken, aber dasz sich die nafur mit einem
schiecbleren beschlagen {sättigen, befriedigen) lasse. AtoEi-
TiNus de convitiis 1508 f. 1.
u» beschlagen, inficere, beflecken, anstecken, an etwas sdila-
gen:
so daj ors ie blcnker ist,
so ej i« lihler sich besieht, trone 2055;
ein« ritJers lochler, die mit unsauberkeit des aussali was
beschlagen. Air.it. von Kvbe 52"; ahd. pislahan mil unhreini,
coUutic; das mus isl beschlagen, situ corruptum est. Stieler
1S20; der phrdeprudel, der nunmehr, schlimmer als der spei-
sedampf von mönchischer anrichte anhaltend die wände be-
schlug. GöTUE 39, lOS; aus den sehr bekannten drüsen die
begehrten tropfen zu erpressen und sich diebisch mit diesem
fensterschweisz zu beschlagen. J. Fall flegelj. 1, 9 ; die wiinde,
die fensterscheiben beschlagen sich, nahe rührend an 3 und 11.
15) abstract, beschlagen, überschlagen, berechnen : nu bitt
ich e. f. gn. wollt mein bedenken beslahen. Luthers br. l, 207 .
Phiiippus sprach, wenn ichs beschlag
und aufs gewiäic rechen. Rincwald evanj. M 4*;
mein geisl isl nicht weit von inen gewesen, da sie den klu-
gen rat beschlugen, warumb sie nicht grund zeigen wollen.
Luther 1, 547'.
16) beschlagen, decipere, überlisten, bestricken, bezahlen,
nach 8 oder 12: es isl nicht noch aller lag abend, es wird
sich noch in kurzem schicken, das ihr auch mit uns werd
zu thun bekommen, so wollen wir euch mit gleicher münz
beschlagen, und da gedenkt dran. Garg. 198'; und sie hiel-
ten dafür, dasz Belial Jesum gewaltig wol beschlagen hell.
ÄvnER proc. 1, 14 ; dann sie war streflich klug und konte mich
auf meine erlindungen gar höflich beschlagen. Simpl. l, 335;
beschlug ich ihn auf den schlag, wie mich P.aldanders be-
schlagen. 1, 600 ; dasz man von seiner eigenen klugheit etwas
hinzu thue und so die fremde wcisheit mit eigener vernunft
beschlage. Tieck 9, 124, was auch heiszen könnte, verbräme,
besetze, einfasse,
17) beschlagen, occupare, einnehmen, vielleicht wie bei sinn-
licher besitzergreifung durch bekleiden oder einschlagen : darum
ists wol billich, dasz er das dritte glid unter den achten
dises ersten stammens beschlage. bienenk. 207'; war er dan
nil heilig genug, den fünften sprossen in disem edeln stani'
men zu beschlagen? 219'. man kann auch erklären, in be-
schlag nehmen, nach 8.
18) beschlagen sein, in oder mit etwas {nach 4 oder 5),
eifahren, ausgerüstet, ausgestattet: er ist in den rechten wol
beschlagen ;
und sind darinnen so beschlagen. GC.<(ther 170;
männer mit geübten fausten und hier (auf die brüst deutend)
wol beschlagen. Götue 8, 118. 42, 153. 191. Iriplex aes circa
pectus ; der kerl isl hinten und vorn beschlagen, schlau, dasz
man ihm nicht beikommt;
doch euer meister, das ist ein beschlagner,
wer kennt ihn nicht den edlen doctor Wagner? 41, 95;
da müszt ihr in eurem berufe gut beschlagen sein. Tieck
5, 73. mhd. herze da? mil Untugenden ist beslagen. Wins-
bekin 39, 5, kann auch sein beworfen, befleckt, nach 11 oder 14;
wer mit der ihorenwolt beschlagen,
mag wol auch mit ihr schellen tragen. Simpl. 1,212;
thoren, die mit einbilderei beschlagen. 1, 273.
19) intransitivbedeulungen sind selten, ahd. hiesz es sunni
pisluoc, wie sonst pifial, die sonne gieng unter {mythol. 700),
gleichsam sie schlug nieder, fiel nieder, sank, vgl. mhd.
des äbcndes dö sich undcrsluoc
diu sunne mit ir glaste, pass. H. 267, 5t.
»locA heute aber sagen wir, entsprechend der transitirbedeu-
tung 14, beschlagen vom ansetzen des staubes, duftes, frostes :
die wand bcschlagf, bei Ihauwelter; der llusz, bach beschlägt
schon, setzt dünnes eis an; das l)rot beschlägf, setzt Schim-
mel an; darumb beschlegt es auch beides (kupfer und eiseit)
gern, wenn es zumal feucht ligt oder begossen wird. Ma-
tmesil's 75"; nur schade, dasz alles bald wieder beschlagen
und vennodern musz. Götme 43, 96. vgl. intransitives al)-
schlagen, anschlagen, aufschlagen, ausschlagen, durchschla-
gen, umschlagen.
BKSCHLAGE.NHEIT, f. exiguilas, beschränktheit: ich wil
vielmehr eines andern naturkündigers uilheil hierüber hören,
als aus beschlagenheit meines davon fallen. Praetorius Katzen-
veit 69. konnte auch aussagen versdilagenheit, calliditas.
BESCHLAG.\AH.ME, f retentio: beschlagnahme der bücher,
Zeitungen.
BESCIILAGTASCHE, f lederlasche der hufschmiede.
BESCHLAGZANGE, f.
BESCHLA.M.MEN, coeno oblimare. pers. baumg. 9, 15. s. an-
schlemmen.
BESCH LAPPERN, besprülzen, beschwätzen, beplappem, s. be-
schlabbern: sie beschlappert alles, vgl. aufschlappem und
schlappern.
BESCHLECKEN , was belecken : das allerschnftdesl be-
schleckent sie. und wen ein liund zu dem andern kumpl, so
schmackl {riecht) er im nil furnen an das ra-iul, tunder hin-
99*
1575 BESCHLEICHEN— BESCHLEICHER
BESCHLEIERN — BESCHLIESZ
1576
den under den schwänz, da schleckt er und hat ein lust
darin {vgl. Phaedrus 4, 17, und vor dessen erster ausg. 1596
schon in Mart. Montanus wegkürzcr 1557 und einem gedieht
des H. Sachs 1558. II. 4, 90). also auch der Schmeichler, der
schleckt das allerschnödest das an dem menschen ist, das
seint die Sünden. Keisersb. Sünden des munds 34'; so musz
der eschengrüdol den katzen wcren, wann die katzen be-
schlecken was sie finden, laszl man fisch ston in einem
zuber, sie erwischen einen, hrösamlin 80'; und stellet sich
(der esel) mit seinen forderen fiiszen uf die achselcn des
herren und beschlecket im seinen mund. Steinhöwel Esop
33; ire geborne junge bringen die basen für mit beschlecken,
wie vil von der zal der wilden thieren. Forer //»Jcrb. ft9';
dann lasz dich in dem anfsichi lecken,
die fciszie finger auch beschlccken. GrobianusLi\
in welcher stelle lecken neben beschlecken auffällt, s. schlecken.
BESCHLEICHEiN, obrepere alicui, gilt von allem was heim-
lich, plötzlich, unvermerkt naht, vgl. anschleichen.
1) der tcufcl, der tod beschleichen: so bistu doch teglich
unter des teufeis reich, der weder tag noch nacht rüget dich
zu beschleichen. Luther 4, 394';
indem des lodes pefühl ihm
jede nerve bescbleicht. Klopstock Mess. 6, 2.
2) alter, krankheit, gcfahr, angsf, schlaf, Vergessenheit,
ahnung beschleichen den menschen:
nachdem ihn beschlichen das aller. Voss Orf. 24, 390;
CS lacht die ganze smaragdene flur,
in deren arme so oft, bei frischer bäche gcschwälze,
der schlaf mein williges augc besclileicbl. Uz 1, 6;
sie wird zuletzt an Amors bnist
vom Schlummer unvermerkt beschlichen. Wiela.nd 9, 297;
bis in die liefe der nacht sich beschleichcnden Schlummers
erwehrend. Rdckeht278;
ein fieber bescblich ihn, als er noch völlig gesund schien;
war sie gut, warum
beschleicbt mich die entsetzliche Versuchung? Schiller 559";
dem ungemeszncn beugt sich die gefahr,
beschlichen wird das mäszige von ihr. Göthe 9,276,
demütigung beschleicht die stolzen oft. 9,299;
denn es besclileicliet die furcht gar bald die herzen der menschen,
und die sorge, die mehr als selbst mir das iiliel verhaszt ist.
40, 241 ;
Vergessenheit beschleicht mich, mihi obrepsit oblivio; seiner
auflilühendcn kinderschar vertrauend, bescblich ihn keine
ahnung, dasz er mit dieser einfädehing den lebensfaden vom
alten mannsstamme des Svcnd Estrichson durchschneide.
Dahlmann ddn. gesch. 1, 495; der hnngcr bescblich ihn um
mitternacht; der wein beschleicbt, nimmt ein: er war vom
wein gar beschlichen und gebürcnder wilz beraubt. Kincnnor
wendunm. 315 ;
des himmeis kind bepeisterung
besclileicliet uns in leichten morgenträumen. Gotter 1,258;
wenn sie noiitz beschlcichl. Uürger 108';
indessen Chapelains trophäen
die motte schon ein snciilum beschleicbt. Gökingk 3, ISl.
3) einen, etwas beschleichen : den feind, die wache be-
schleichen, heimlich überfallen, überrumpeln; Robert war un-
ermüdet, die geheimen giinge seines feindes zu beschleichen.
Schiller 707 ; welcher mich am mcerufer, da ich meine du-
caten gezehlet, beschlichen hatte. Fclscnb. 1, 56 ;
kann uns oft mit list beschleichen. Günther IS;
sie that (so sagt ein faun, der sie beschlichen hal)
was Piatons I'enia im götiergaiten Ihat. Wieland 10, löO;
cutzückungsvoll besclileichct er die dunkeln hecken.
I'KEFFEL 3, 93;
beid itzt eilten zur Kammer, geheim ihn beschlcichend.
Voss Od. 22, 179;
wir dem gebahnten pfad folgend bcschleiclicn das glück.
GöTHK 2, 131 ;
weil ich das feucr im geheimen quell
bescblich. Stolberc 8, 471 ;
herr kaiser, bescbleicht ihr ein andermal Schlösser,
ihuts noth ihr verstehet aufs tanzen euch besser.
Umland ged. 397;
um den maricnllialischon kirciiengesang mit einem von der
natur geöfneten herzen zu beschleichen. J. Paul llesp. 3, 186.
4) thicre beschleichen : dasz ich die vögel bescblich und
«ie mit den banden von den zweigen hinweg lieng. Simpl.
2,395; die kalze lieschleicht den vogcl im külich.
IJESCHLEICHER, m. cu$tos clandeslinus, auceps vcrlorum.
Stibler 1834.
BESCHLEIERN, velare, verschleiern, bemänteln: hals und
busen sittsam beschleiert;
büsche und Wälder waren mit flocken beschleiert.
Kleist 2, 142;
dein blalt von Deutschlands spräche!
die, die räche ist selbst dem widerrufe
nicht vcriilgbar; beschleiern,
thust du ihn, kann er es nur. Klopstock 2, 65.
BESCHLEIFEN, cote acuere, das messer bescbleifen.
BESCHLEIMEN, limo obducere: die Schnecke beschleimt
das gras; der schneckenmäszig jedes passierte Städtchen mit
seiner reisehistorischen dinte beschleimt. J. Paul kam. anhang
2, 88.
BESCHLEMMEN, maculare,
allein die magd schlugs in ihr hembf,
scliad nit, wars schon ein wenig bschlembt.
VValdis Esop 4, 90.
s. bescblammen und anschlemmen, aufschlemmen.
BESCHLENKEN, obruere, beschleudern, bewerfen: bebenket,
beschlcnket. Philand. 1, 23 (27). i. das folgende und einfaches
schlenken.
BESCHLENKERN, pulvere, coeno obruere: sich mit koth
beschlenkern, vgl. anscblenkern, abschlenkern.
BESCHLEPPEN, scheint wie schleppen für schleifen nieder-
deutsch, also für bescbleifen, im koth herumschleifcn geseilt,
s. anschleppen und anschleifen, abschleppen und abschleifen ;
beschleppen ist besudeln, beschleifen: et in nocte pascbali,
wen sucht ir hie, ir bescblepten frauwen? de fide concub.
121 ; ein narr ist es, der sich einicher gerechtigkeit bei disem
Schandfleck und bescbleptem sack versibet. Frank weltb. 155'
(s. schleppsack); ein sauw, scheutzlicb beschlept und besu-
delt. Kirchhof wendu7im. 1S6* ;
besudelt und beschlept. Ued vom reichen bauer ;
so wist, ich kan on Inugn und aschen
die alten beiz so sauber waschen,
welche sind schwarz und gar besudelt,
geschmutzt, .bestrept, bschlept und zerhudelt.
H. Sachs V, 3CS* ;
(eines mannes leib), den er beschleppt het mit schlappsäcken.
Fischart chz. 72. s. beschleupen.
BESCHLERFEN, lapsare, ausgleiten. Stieler 1851 schreibt
beschlürfen, s. abscblerfcn.
BESCHLEUNEN, celerare, expedire, mhd. sliunen:
sollt er den zulrilt mir verneinen?
ich bin der mann das glück ihm zu bcschleunen.
Götue 41,97.
BESCHLEUNIGEN, dasselbe, fördern, befördern: schwere
Schicksale haben mein leben beschleunigt. Schiller 315;
zutrauen, schnell gegeben, schnell gefunden,
beschleunigte das glück gezählter stunden. Göthe 4, 106.
oß in dem sinne des wegschaffcns, hinschaffcns, otqvveiv:
laszt uns Hermes sofort, den bestellenden Argoswürger,
zu der ogygischen insel beschleunigen. Voss Od. 1, 85;
alle gesamt auch die niägde beschleunige mir aus der wohnung.
22, 484 ;
gram über seines sohnes und enkcis grausamkeit soll den
pabst im jabr 1549 ins grab beschleunigt haben. Stolberc
7, 22 ; die abreise, rückkcbr beschleunigen, ein werk, beeilen,
schnell fertigen, expedire:
wachst du noch oben, mein kind, bei der lamp im traulichen
stüblein,
dir ein bräutliches bemd zu beschleunigen? Voss iäyll. 8, 10;
früheres maiongobüsch,
welches im bähenden topf sie beschleunigte (schnell tu treiben
suchte). 3, 123.
BESCHLEUNIGUNG, f festinalio : die beschleunigung eines
rechtshandels, eines geschäfts, briefcs.
BESCHLEUMGUNGSGESUCH, n.
BESCHLEUPEN, maculare, der bedeutung nach was be-
schleppen, der form nach ein mhd. besloufcn, ahd. sloufan?
mir ist lieber ich bescbleupe die schlich und klaider mit
kott, dann das ich den köpf umb die eck zerstieszc. Wir-
suNC Cal. X 3*.
BESCHLICHTEN, coniplanare, delinire, schlichten. Stieler
1849.
BESCHLIESZ, m. »in/, bcsluit, gebildet wie geniesz, ver-
dricsz, bei Stieler 1845 custodia: es ist unter meinem be-
scliliesz, sub clavibus meis est; bei Luther aber conclnsum,
was sonst beschlusz : dem gemeinen unserin berufen envel-
tcn Seelsorger oder pfarrberr, zusainpl einem auch unserin
berufenen prcdiger sollen die zehen vorsieher, aus einlrcch-
1577
BESCHLIESZEN
BESCHLIESZEN
1578
tigern beschliesz der ganzen versamlunge. mit einer namhaf-
tigen summa geldes und etlicbem geniesziichera vorrat zu irer
zimlichen notdurft und aufentballunge verseUen. 2, 264*.
BESCHLIESZEN, ahd. pisliojan, mhd. besliejen, nnl. be-
sluiten.
1) circuviciudere, be für um genommen, umschlieszen : er
beschlosz sie mit seinen armen, besciilosz ihre band mit sei-
ner; den garten mit einem zäun beschlieszen ; er Oel auch
in eine stad, die mit einer mauer beschlossen war. 2 Macc.
12, 13; snaj der himel besliujet. £r. 75S9;
den aller n-elt kreis nie beschlosz,
der ligei in Diarien scbosz. Luther S, 357'. Claddics 5, 143;
dasz der könig aus Frankreich unter den beiden gar beschlos-
sen und umbgeben ward, buch der liebe 22'; von mittag >rird
es mit dem mür oceano und von mitlemacht mit dem Niio
beschlossen. Fba.nk ice//fc. 6"; diese drei berg waren mit einer
mauwr beschlossen. Beiszner Jer. 1,7"; seitenwärts trägt er
ein haarecht gewächs oder putzen mit rielen häutlein be-
schlossen. TAitER.NAEMONT. 1373; umzäunen und beschlieszen.
biencfik. 4S*;
o reiche haar,
wie ihr, als der lieb strick, mich pfleget zu beschlieszen.
WeCEUERLI.f 711 ;
wann er sein geliebtes lieb Test umarmt beschlossen hälL
LoGAU 3, 7, 37 ;
bis er siht eine wies, und da ein sirom herOeuszr.
der diese wiese schier ganz umb und umb beschleuszt.
Werders Ar. 14, 17 ;
glückselig ist der mensch, den ein begrüntes Teld
vom hochmut und vom geiz entremt beschlossen hälu
Ca."<itz 106;
die ganze breite des passes, der auf beiden selten von felsen
beschlossen ist. Göthe 16, 221.
2) includcre, einschlieszen : und gelobet sei gott der höhest,
der deine feinde in deine band beschlossen haL 1 Jlfoj. 14, 20 ;
das mich der herr hatte in deine bende beschlossen und du
mich doch nicht erwürget hast. 1 Sam. 20, 19 ; denn gott hat
alles beschlossen unter den Unglauben {avräx/.eiaev «» aTxei-
&etay, conclusit in incredulitate, galauk in ungalaubeinai).
ROm. 11, 32 ; die weit ist ein haus, darinne sie alle schlafen
und beschlossen ligen. Luther 1, 36'; das sei auf dismal von
disem artikel gepredigt von unserm herm Jesu Christo, das
man sehe, wie darin beschlossen und begriffen ist alle unser
Weisheit und kunst. 6, Sl*; eins sei im andern beschlossen
{begriffen, enthalten). Meuinchth. im corp. doctr. ehr. 465; der
erst teil beschleuszt acht algorithmos {begreiß, schlieszt ein,
renferme). Mich. Stifel Coss l ; und der jung kaufmann mit
Inst und freuden sich in ire schneeweisze arm beschlosz.
Bocc. 2, 126*; der denn den fürsten und herm ire rock und
mäntel in ein kammer beschlossen hatte, buch der liebe 20';
weil ihr beschlossen in mein herz
in rechter warer lieb und trew. Macritics com. vom grafen
»Vaüer D7»;
ich bin beschlossen in meim haus,
gleich wie ein nunn, darf nit heraus. H. Sachs FV. 3, 8" ;
dasz er alle göttliche und menschliche recht in seinem her-
zen beschlossen habe, bienenk. 211*;
hat er (der Rhein) beklagend solche heb
sich bald in sein gewölb beschlossen. Weckherli.i 345;
euch wird ein enges haus, ein schmaler sarg beschlieszen.
Grtpuil's 1, 97 ;
der wein ist imser noch, wann ihn das fasz beschleuszt,
sein aber sind dann wir, wann ihn der mund geaeuszi.
LocAU 3, tug. 89;
dieselbe wiese soll im zäun beschlossen stehen,
darinnen du dein vieh will grasen lassen gehen.
arab. tprictt«. 43 ;
wenn ich meines daseins ganzen kreis im schmalen nume
der gegenwart beschlossen sehe. Schiller 740;
doch im Innern befindet die kraft der edlem gcschöpfe
sich im heiligen kreise lebcndiser bildiinc beschlossen.
GdTHK 3. ÖS;
dasz die tagebücher, eingegangene und abgesendete briefe in
einem archiv beschlossen sind. 00, 301 ; die vemunft nicht
innerhalb der sinnenweit beschlossen. Kam 3, 2S8.
3) eoneludere, rersclilieszen. wie die beiden vorausgehenden
bedeulungen oß zutammenflieszen und fast nur durch die bei-
geßtglen praep. mit und in kenniar «erden ; so nähert sich ihnen
auch die des verscJilieszens, trelche dann vorzuwalten scheint, venn
keine solche praep., oder eltca unter, danchen rerwendet ist. es
heiszt, den gefangnen mit der kette beschlieszen, in die kelle
beschlieszen und blosz beschlieszen = verschlicsxen. sie sind
verirret im lande, die wüste bat sie beschlossen. 2 Mos. 14, 3 ;
und da sie das theten, beschlossen sie eine grosze menge
fische und ir netz zureisz {golh. galukun managein fiske).
Luc. 5, 6; denn ich schreibe nicht gerne wider die, so ich
weisz durch ir eigen gewissen beschlossen sind. Llther 1,
362'; die Schrift beschleuszet alle menschen unter die sünde,
das aller weit das maul gestopft werde. 1, 380*; und Adam
war nu beschlossen und stund in der tiefen helle. 4,24'; so
es not ist ze reden, so sol die thür uf gon, wan es aber
nit not ist, so sol der mund beschlossen bleiben. Keisersb.
Sünden des munds '0* ; den mund zu beschlieszen. 82"; dabei
sie ein altar haben und einen aus ihnen darbei beschlossen
den ort zu bewaren. Fraxk icellb. 137'; darnach ziehen si
ihre hend wider zu in beschlossen und allzeit den deumling
hoch aufgerecht über sich. 199"; in die band genummen, ein
kleine weil beschlossen, darnach aufthon. 207*; nachfolgendes
pQaster heilet und beschleuszt gar bald die wunden. Zecheji-
DOBFEB 2, 79 ; dasz er das löcblein beschlösse und verstopfte.
WiRTZ 186 ; er schlegt in ein trog, der beschlossen ist. Pa-
BACELSt;s 1,527'; so die bank (gerichlsbank) gemacht und be-
schlossen ist. Rectter 52 ; der ritter mit betrübten und traw-
rigen herzen den brief beschlieszen thet, sein pitschier dar-
auf drucket. Galmy 186 ; als nun der brief versiegelt und be-
schlossen war. 291 ; darin all ir heiligtum beschlossen, bie-
nenk. 159';
sein ohr ist zu der armen klag
und seufzen nicht beschlossen. WscEHitLni 3i ;
hie beschlosz der Rhein den mund,
und sank frölicb in den grund. 353;
was wollt ihr euch beschlieszen,
verrigeln umb und umb, und fürchtet das gewissen,
das mitten in euch wohnt. Opitz 1,60;
der praler Schwollius wil gar nicht wohnen enge,
sein haus musz sein geräumt, gewaschen alle gänge,
nicht wunder, ihn rerdrosz, da er erst ward ein kind,
beschlossen sein dabin, wo lauter nachte sind.
LoGAC 1, 5, 27;
wenn alle leut fromb weren, so bedürfte man kein thür noch
thor beschlieszen. Lehma.n.n 243; und befahl, das thor zu be-
schlieszen. Simpl. 2, 234 ; porta claudaris honesto. die porten
soll beschlossen sein ehrlicher band. Scblppics 752. heute
sagt man in diesem sinn nur schlieszcn oder verschlieszen.
Die jäijcr sagen, dasz der hirsch seinen fusz beschliesze,
das heiszt die klauen fest zusammendrücke : der hirsch gehet
allwegen mit einem beschlossenen und gezwungenen fusz,
dasz er nicht mit dem spalt zwischen ausläszt. das thut
keine hindin. Becher s. 38.
4) beschlieszen, abschlieszen, definire, finire, absolvere: eine
kühle felsgrotte, die ein breiler, abstürzender ström beschlosz.
Fr. Müller 1, 29 ; eine beschlossene zeit. .Moser 2. 126 ; diese
Venus steigt schon ganz vollendet aus dem schäume des
meers empor, vollendet, denn sie ist ein beschlossenes,
streng abgewogenes werk der nothwendigkeit Schiller 1110;
zu erfinden, zu beschlieszen
bleibe künstler oft allein,
deines wirkens zu gcnieszen
eile freudig zum verein .' Götoi 3, 121 ;
eine beschlossene (andere aussdilieszende, geschlossene) ge-
sellschaft; wenn eine beschlossene gesellschaft edler men-
schen sie als etwas frommes und heiliges bewahrt. Tieci
ges. nov. 6, 27 ;
wie sie sich recht deuucb bekleiden, können sie zur teil
nicht wissen,
bis zum kleiden, wie zum reden, eine gnoszschaA sie
beschlieszen. LogauS, 1,20.
Dies abschlieszen gehl nun oß über in den begrif des en-
digens, vollendens, aufhörins : hie beschleuszt der gottesleste-
rer und teufelskopf. Lcther 3, 97; und beschleuszt mit die-
sen Worten. 6,54*; wie s. Paulus bemach beschlieszen wird.
6,259*; das spinnet er immer einhin (hinein), das er zu dem
schönen text koinpt, damit er beschlieszen wird. 6, 267 ; und
darumb beschliesz ichs hiemit. Aimon p 1 ; beschlossener (völ-
lig abgeschlossener) frieden. KiRcimoF mit. disc. 205 ; darmit
disz buch beschlossen wird, bienenk. 2Z2' ; wol anfangen und
wol beschlieszen ; damit ich mit der theologie beschlieszen
kann. GCmher rorr. 14; sein leben, seine laufbahn, seine
tage beschlieszen; die rede, die predigt, den brief, Vortrag,
das jähr, den tag, die feier beschlieszen ; den träum beschlosz
eine schaudervollc crschcinung. Kli^ger 3, 260; die kritiker
aus dieser schule setzen voraus, dasz die kunst schon langst
beschlossen sei. Tieck 1, xii.
5) beschlieszen, statuere, festsetzen, ausmachen, kann auch
1579
BESCHLIESZEN
BESCHLIESZER— BESCHLUSZ
1580
für ein zu stände bringen des überlegten, ßr das sehhiszergeb-
nis der Verhandlung genommen werden, und es ist bemerkens-
werlh, dasz sich entschlusz und besc.hlusz, im worl wie in
der Vorstellung begegnen, etwas l)esclilieszen ist auch sich
zu etwas entschlieszen, obgleich in cntscLlieszen eigentlich
der beginn, in beschlieszcn der schlusz des Vorsatzes gelegen
ist. so drückt das tat. recludere sowol verschlieszen als auf-
schlieszen aus.
wird er aber ergrimmen, so wirst du merken, das böses
bei im beschlossen ist. 1 Sam. 20, 7 ; denn wenn gott einmal
etwas beschleuszet, so bedenkt ers nicht erst hernach. Iliob
33, 14 ; sie haben ein bubenstück über mich beschlossen, ps.
41, 9; beschlieszet einen rat und werde nichts draus. Es.
8, 10; denn der herr Zebaoth hats beschlossen, wer wils
weren? 14, 27; solchs ist im rat der wechter beschlossen.
Dan. 4, 14; und zwar des menschen son gehet hin, wie es
beschlossen ist. Luc. 22, 22 ; wenn einer seinen freien willen
hat und bescbleuszt solches in seinem herzen. 1 Cor. 7, 37 ;
Carlstad wolle solche seine lere nicht als für eine gewisse
und beschlossene warheit gehalten haben. Luther 3, 155; wenn
mans nu abniisset nach dem wie es hie beschlossen ist, und
fassets in häufen, so ists sechsmal lenger denn breit. 4, 47' ;
wenn sie aber ungewis sind, so ists schon beschlossen, das
sie unrecht thun. 4,325'; ich bins auch noch nicht beschlos-
sen {entschlossen) zu behalten, br. 3, 104 ; wo sie aber des
vorhin beschlossen gewest sind. 4, 223; wie euer ganzer
groszer ernst sei, die concordia anzunehmen und zu fördern
beschlossen seid. 5,84; bin ich derhalb bei mir genzlich be-
schlossen gewesen. Thurneisser notgedr. sehr. 1,45; und er-
zehlet dem gemeinen mann den rath, so sie beschlossen und
erfunden haben. Reutter 65; eine beschlossene reichsverfas-
sung. Moser 1,139; das ist nun einmal beschlossen und kann
nicht abgeändert werden; das ist durch mehrheit der stim-
men beschlossen;
ich will ihm den gefallen ihun. das war
bescliloszne sache, herr, noch eh sie kamen. Schiller 344' j
was habt ihr denn in eurem furcliibarn rath
beschlossen über sie? Göthe 9, 284.
6) beschlieszen, concludere, coUigere, argumentari, folgern,
schlusz ziehen, war im 16 jh. sehr gewöhnlich, heute gilt dafür
nur das einfache schlieszen : du beschlüst übel, mendose col-
ligis. Maaler Ol" ; daraus wil er beschlossen haben , das
Christus mit dem wort 'das thut' aufs brotessen deute. Lu-
ther 3, 447'; da ich das stucke befand, ward ich gelinder
gegen irem thun, und beschlosz, weil sie so nahe bei der
Schrift geblieben, das man sie gar unbillig kelzer gescholten
bette. 6, 113* ; daraus mag aber nit gezogen und beschlossen
werden, dasz anfang der busz in unser gewalt stee. Me-
LA.vciiTHONS anwctsung, deutsch von Spalatin. 1523 bl.32;
aus dem der weis (sapiens) beschlieszcn thut,
auf gwalt, glück, gelt sol niemant liolfen.
H. SachsII. 2, 90';
und derwegen müssen wir von notswegen beschlieszcn, dasz
die concilien die h. kirch nit können meistern, bienenk. 45' ;
denn es ist nicht sehr lang, das etliche namhafte doctores be-
schlossen haben aus demjenigen, so zu ende der brief Pauli
allzeit stat, dasz u. s. w. 78*; daraus sie unwiderleglich be-
schlossen hat, dasz das brot verändert werde in den waren
leib Christi. 90'; so haben sie sehr meisterlich gedeterini-
niert, beschlossen und erwisen, dasz alle Sünden nicht töd-
lich seien. 103'; so hat sie schlcchts und rechts daraus be-
schlossen. HO"; hieraus beschleuszt unser liebe muter sehr
gewaltig, dasz. 137'; daraus hat die h. kirch beschlossen,
dasz. 146'; und daruinb hat sie beschlossen und bewisen.
153*; darum müssen wir hierauf beschlieszen, dasz. 166'; und
hieraus beschlieszen sie mit Paulo, dasz wir in Christo alle
volkomcnheit haben. 201*.
7) sich beschlieszen, in mehrfachem sinn,
a) sich umschlieszen, einschlicszen : der babst zu Avlon
beschlosz sich in ein kanicr. Frank weltb. 157'. andere bei-
spiele schon unter 2 angezogen.
b) sich endigen : die erzülilung beschlieszt sich mit einer
beschrcibung. .1. E. Sciilecei, 3, 24, wofür noch besser gesagt
wird I)eschlicszt. ebenso fängt sich an = fängt an.
c) sich beschlieszcn, sich für etwas cntsctteiüen, bestimmen,
cnl.ichlieszcn: und kürzlich, mich liab ich l)C.Mchlossrn, es sei
ein fcgfeiirr, kan aber kcineti andern also beschlieszcn. Ll-
TU£H 1, 431'; das diu pröbstc und kirchendicncr zusamcn
kämen und sich diser sach einer gemeinen freien weise be-
schlössen, br. 3, 366; aber hernach weiter, wenn ich mich
beschlossen habe. 5, 5'29 ; item wann sich die wachmeistcr
der wachen halben beschlossen haben, sollen sie es ihrem
obersten anzuzeigen schuldig sein. Fronsp. kricgsb. 3, 113*.
BESCHLIESZEH, f?i. dispensalor, cellarius, der keller, haus-
hälter, ausgeber.
BESCHLIESZEREI, f. inclusio, obseralio.
BESCHLIESZERIiN' , f. cellaria, kellerin, ausgeberin : be-
schlieszerin (pförtnerin) als in eim kloster. Maaler 61'; er
fragte nach unserer beschlieszerin, welche wir Gret nannten,
die aber sonst Margretha hiesze. Simpl. 2, 17 ; die beschliesze-
rin, so gemeiniglich alle vier und zwanzig stund bis um eilf
uhr in die nacht zu schaffen hatte, bis sie alle ihre Schul-
digkeit verrichtet, die letzte im bell und die erste am mor-
gen frühe wieder daraus und derohalben das wachende aug
der haushaltung. 2, 366. 367 ; eine solche haushälterin und
beschlieszerin. Göthe 51,191; meine bisherige treue beschlie-
szerin und haushälterin. 17, 57 ; ein frauenzimmer, das man
für die beschlieszerin und thätige haushälterin zu erkennen
hatte. 21, 175;
und beschlieszerin im hnuslein
ist das mäuslcin. Rückeri 51.
BESCHLIESZLICII, definitivus, schlieszlich : so würden wir
in der Christenheit nichts gewisses oder beschlieszlichs ha-
ben. Luther 1, 445' ; tretten sie demnach alle drei räthe zu-
sammen, fordern auch andere mehr zu sich, die rechte be-
schlieszliche endschaft und ausspruch zu finden. Kirchhof
mil. disc. 225;
zu lang reden ist verdrieszlich,
sondern fein kurz red und beschliesziich.
H. Sachs V, 330'.
BESCHLIESZLICH, adv. definitive, zum schlusz : zum fünf-
ten und beschliesziich ist zu merken. Jo. Cocleüs von der
ftiesz und priestcrweihe Lp. 1534. B 2' ;
ausz dem allem lehr wir beschliesziich.
H. Sachs II. 2,39';
wa irs glaubt, kompt ir weder mit henden noch füszen, bei
vilen baurenschritten, nit zu meiner meinung, welche schon
beschliesziich das urteil gefeit. Garg. 22'; aber beschliesziich,
so sag ich. 138'; beschliesziich bat er dienstlich. 144'.
BESCHLIESZREDE, f. epilogus, schluszrede: und zu einem
beschlusz, so wirt auf das lest die poetrei geent mit einer
überkösllichen beschlieszred. fastn. sp. 1302. s. beschluszrede.
BESCHLIESZUNG, f. 1) conclusio, bei beschlieszung des
thors, bei thorschlusz. Simpl. 1, 448 ; dasz der autor in be-
schlieszung der dritten tafel gern artig erdichte. Leibmtz 2,
407. 2) dccretum, statutum: V. bei dem nektar und bei Li-
via beschlieszt er, dasz er diese deutschen empörer vertilgen
Avill! H. wird er die beschlieszung selbst ausführen? Klop-
stock 8, 193.
BESCHLLNGEN, constringere, irretire, schlingen über einen
werfen. Stieler 1S54.
BESCHLIRPEN, oblimare, interlinere, besudeln, mitunralh,
viit dinte beschmieren, beschleifen. Maaler 61*. s. schlirpen.
BESCHLOSSENHEIT, f. geschlossenheit? abschlieszung?
wenn ich mich zur grundlage des Staates, zum baucrnstande
wende, finde ich dieselbe beschlossenheit. Tieck tiscIU. 1, 122.
BESCHLOSZEN, grandine ferire, pcrcutere: der weinbcrg
ist stellenweise bcschloszt worden.
BESCHLOSZT, arccm possidens, beschloszier herr, Junker,
burgsdszigcr cdelmann, dem man auch ein beschlosztes, von
der bürg abhängii/es gericht beilegt; besthloszle geschlechlcr.
RESCHLOSZZEIT, f.? im ineien auffaiizeit, plingstinon, be-
schloszzeit, blumenmonat. Fischart groszm. 10(1. aulTarl ist
himmclfarl, und beschlusz musz eine andere epochc des früh-
lings und niais bedeuten.
BESCHLCCHZEN, singultiendo deflere.
BESCHLUMI'ERN, macutare, den rock, den inantel.
BESCHLÜRFEN, sorbillare, sorbillando atlingere: ein be-
clier voll weins war von ihren lippen beschlürft. Wikland
27, 224.
BESCHLCSSHI, sehlieszend. beu-ahrend, schützend: auch
weisen wir den liof zu Palzel besclilüssig zu sein, als eine
freihcil. wcislh. 4, 2.')(i.
RESCnHJSZ, wi. Ulli, bcsluit, was doch mehr unserm be-
schliesz entspricht, in mehrfachem sinn.
1581
BESCHLUSZ — BESCHMALZEN
BESCHMAROTZEN — BESCHMEISZEN 1582
1) elaustrum, custodia, verschlusz:
ich hab eio uagriscb gold nicht unfern im bcschlusz.
LoGAi' 1, 3, 3* ;
ein bibliothekar, der eine so einzige merkivürdigkeit nnter
seinem beschlusse hat. Lessing 9, 9, tgl. 41 ; ich werde nicht
anders als von aller weit abgesondert und gänzlich unter
seinem beschlusse leben müssen. J. E. Scolegel 2, 352 ;
denn so hat sie aus des waldes nacht
eiuen baren, unseieckl und un$rezogen,
unter ihren beschlusx herein betrogen. GöTni 2, 9t ;
die casse ist unter meinem beschlusz, ich zahle die zettel
und die recbnung führe ich selbst. 17, 76; er habe alles was
sich auf den henn beziehe selbst im beschlusz. 17,174; über-
haupt hält Deutschland noch ungeheuer in seinem beschlusse,
die ungemein sind. J. Fall teufelsp. 1, 48.
2) conclusio, finis:
sprach betlich, hört mich on TCrdrusi.
wann Tragens mach ich schier beschlusz.
SCHWIRZE.NBEBC 156, 1;
rerkundiget er dem volk, am beschlusz seiner predigten, das
er der christlichen gemein zu Breitzbach bei Fach desselben
tags nach mittag . . einen christlichen bischof und seelhirten
ordnen und weihen wolt. Alberls tcider Jürg Witzeln G4*;
H. Sachsens gedickte haben häufig als letzten theil die rubrik
'beschlusz'. auf theaterzetleln : 'zum beschlusz'.
3) conclusio, Syllogismus, fotgerung, nach beschlieszen 6 :
das ist nu der beschlusz s. Pauli gewest, habt ir — so — .
Llther 5, 564'.
4) slatutum, decretum: der beschlusz, das man das wil an-
nemen, das erkant ist, das heiszet scntentia, und wirt auch
genant ein rath. Keisersb. Sünden des munds 5S*; dasz die >
mönch einen schweren streit darumb gefürt haben, . . als nun
lang herumm gangen, ists endlich zu disem beschlusz kom-
men, dasz. bienenk. 22'; sintemal disz die endliche determi-
nation und beschlusz unsers meisters von Hohensinnen isL
99';'secht, disz ist von wort zu wort der beschlusz und die
determination unser lieben muter der h. kirchen. 155';
bezeugend zweier lieb beschlusz (rerirag).
Weckherlin 5S9;
die Sache hängt ab vom beschlusz des königs; endlich ist der
beschlusz gefaszt, der antrag zum beschlusz erhoben worden.
BESCfILUSZFÄHIG : die abgeordneten waren nicht mehr
in beschluszfähiger anzahl beisammen.
BESCHLLSZFASSING, f.
BESCHLUSZNAH.ME, f. Dahlmaxx engl. rev. 2-22.
BESCHLUSZREDE, /". epilogus. Maaler 6i', beschlieszrede.
BESCHLUSZHEIF, maturus eoncludendo.
BESCHLUSZRING, m. geschlossener kreis: darnach ziehen
sie zu häuf und machen einen beschluszring. Reütter i}7.
BESCHLLSZWEI.N, m. sieben mann, deren jedem ich alle
lag für speis und lolin sieben batzen, dem meister aber neun
balzen bezahlte, und darüber noch täglich eine halbe masz
brenz, seil-, beschlusz- und firstwein, der arme mann im
Tockenb. 17C. seilwein fürs zimmern der schwelle {schtceiz.
seile), firstwein ßr dot giebel, beschluszwein für den schlusz-
balken ?
BESCFILLTZEN, coneludere, gebildet von schlieszen, u-ie
nützen ron nieszen, urdrütze von drioszen, schütze von schie-
fzen; zu folgern sowol aus dem folgenden subst., als aus
der mhd. form:
sü gar in siricke
hänt ir ougen blicke
sinne herz und da bi muot beslüiaet. MS. i, 92*.
BESCFILL'TZTE, /. conclusio, einschlieszung, beschlossen-
keit, s. das torige worl : sant Jacub spricht, dos not ist be-
scblützte. Keisersr. has im pf. Bb 3'.
BESCHMADEII.N, macM/ore, sordibut tng Kinare. Stielkr 1$92.
i. schmadem, schmaddern.
BESCHMÄHEN, carpere, probris afficere: bescbmähet und
gelestert. Ai.iir. vo?« Eybe 25'; schendlich beschmecht er si
täglich vor allen gotteskinden. Frank c/iron. 459';
die wie harpyen ihm
seine speise beschmähn (b'esmtctn). IIchdkr 12, 140.
BESCHMALGERN, maculare. Frisch 2, 205' ; und weil er
denselben (sammet\ mit Verachtung goltes wort und der ar-
men bescbmalgert. MATHEsfcs 50'; denn da Christus in sei-
nem tcinpel auftrat, war die liebe biblia sehr beschmalgert.
121*.
BESCHMALZEN, adipeungere, maculare, s. besckmelzeD. mhj.
i da] ir triiiki, so wisclil den uiunt,
daj du bcsnialzfsi niht den iraiic. Haupt 6, 491.
BESCHMAROTZEN, einen, parasitari alicui.
BESCHMATZEN, uie beküssen: sich beküssen und be-
schmatzen.
BESCH.M.\UCHEN, imbuere fumo: die wand, ein gemälde
beschmauchen ; die pedanten in der maierei pflegen diese
schwarze kunsl zu schätzen, wie die in der gelehrsamkeit
einige beschmauchte scribenlen. Winkelhanx 2, 42t. s. be-
rauchen.
BESCHMAL SEN, eonrirari, alicujus epulas sectari: aber
deswegen habt ihr keine macht, sie blosz für euch zu cor-
rigieren, viel weniger zu bescbmausen. ScnocH stud. leben J ;
ein andermal komm mehr und beschmaus uns. ebenda; ich
wünschte deswegen, dasz wir öfters an diesen ort kommen
und den herrn von E., denn so hiesz der hauswirt, be-
schmausen möchten. Felsenb. 3, 3S3; so will ich mir einen
tag ausbitten, euch zu beschmausen. 4, 112; unterdessen er
bei dem ersten, der ihm im weg liegt, einkehrt, ihn zu be-
schmausen. Hamann 2,91;
da wo ihr den enkcl des seligen herrn,
den heule Termnhlten beschmausef. Götre 1, 195;
oiine sich anders als durch die ehre, die man ihrem söhne
anihat ihn zu beschmausen, entschädigt zu sehen. 26, 352;
während Bogislav auf seine Übermacht vertrauend, den sieg
mit seiner flottenmannschaft beschmauste (durch einen schmaus
feierte), bevor er erfochten war. Dahlmann dJn. gesch. 1, 323.
sich beschmausen (in'e betrinken), beim schmause sich über-
nehmen, des guten zu viel thun.
BESCHMAUSUNG, f man begieng den vertrag nach däni-
scher sitte durch eine achttägige wechselseitige beschmau-
sung. Dahlmann 1, tS9.
BESCHMECKEN, olfacere, beriecken, belecken:
was schads. dasz Lazanis von hunden kaum beschmeckt,
obschon sein armer leib voll elends hier gesteckt.
Simpt. 1, 53».
BESCHMEICHELN, demulcere, blandiri: alles, womit er
hohe und geringe leser und Sänger ei^etzt und bescbmei-
chelt. GöTBE 6, 65.
BESCH.MEICHEN ßr beschmäuchen, bescbmaucben, s. an-
schmeichen :
und wenn sie {die ratten) gleich müssen vor weichen,
können sie den feiod so beschmeichen,
das alles verfault, was sie rüren. froschmeus. III, 1, 4.
BESCHMEISZE.N, illinere, polluere, foedare, beschmieren,
beieerfcn, besudeln, golh. bismeitan iTiixQisii; ungere, ags.
besmitan, ahd. pismijan (Graft 6, 836), mhd. besmijen, ein
uraltes Kort, von dessen abstammung unter dem einfachen
gehandelt werden soll. nhd. kann sich aber die abgeleitete
schwache form beschmeiszen, beschmeiszte = goth. bismaitjan
bismaitida, ahd. pismeijan pismei^ta ron der starken um so
weniger sondern, da die bedeutungen beider zusammen flie-
szen; in bairisclier, schwdb. Volkssprache stehen noch schmei-
szen und schmaiszen ro« einander ab. im part. pract. er-
scheinen nhd. beschmissen und beschmciszt, aber mit demsel-
ben sinn, das prael. ind. würde beschmisz {bei Llther steht
noch bcschmeisz) oder beschmeiszte lauten können, dem praes.
beschmeiszen läszt sicJt nicht anschn, ob es ahd. pisiu'i^an
oder pisincijan 5ei» soll, hiernach wird man die folgenden
anführungen beurtheilen. die bedeutung ist sowol besclimieren,
besudeln {s. abschmeiszen) als bewerfen {s. anschmeiszen, auf-
schmeiszen, ausschmeiszen) und immer klingen uns heule diese
Wörter gemein, der edle sinn von smeitan ungere ist verloren
gegangen, woraus sich die abnähme des worts im gebrauch er-
klärt, auch salben und schmieren wenden sich auf schlage
an, schmeiszen ward zu schlagen und werfen.
solche unreine, falsche geisler bcschmciszeo alle gottes-
gahen, und hindern in, das er inen nicht viel gibt. Llther
1, 48t'; da isis auch nicht wunder, das er zuletzt vergift
werde und beschmeiszt, das er hinnach fare und auch sterbe.
3, 395 ; möchte damit auch vil andere beschmeiszen und ver-
giften. 3, 306; wo sie ander Icute künden damit beschmei-
szen und vergiften. 3, 397. 398 ; das er allenthalben Ursache
sucht, die einfeltigen zu beschmeiszen. 3, 456*; zu erbarmen
ist, das man den namen |pn>.«(er) so beschtneiszet hat. 4,87*;
also haben die jflden seine {Christa gnade beschmeiszct. 4,
197*; und was nur mit disein gift beschmeiszt ist. 5, 37*;
das der teufcl iu seiner klugheit sieb selbs so schendlich
1583
BESCHMEISZEN
BESCHiVIEISZEN— BESCHMISSEN 1584
musz bescbmeiszen und beihören. 5, 262'; auch wolt ich dem
bapst selhs nicht rathen, das man die evangelia soll leren,
der teufe! solt in bescbmeiszen, und würde nicht lange bapst
sein. 5, 299'; der hat mich geteuscht, so musz ich inen (eum)
wider bescbmeiszen. 5, 440"; wie fast alle ketzer solchs ha-
ben wollen gar rein machen, und, mit Urlaub, gar beschmis-
sen. 5, 450' ; goltes gaben sind so treflich edel, wir aber so
beschmissen. 5, 452'; und wil imer der unflat (das vertrauen
auf eignes verdienst) mit im herzen sitzen, da Christus sitzen
sol, und seinen stuel bescbmeiszen. 6, 68'; das ist die lei-
dige erb&ünde, angeborne plage, ein gewachsne gift vom erb-
stam und veterlichem geblüt Adam, da in der teufel be-
schmeiszt und durchgiftet hat mit dem wort, da er sprach,
ir werdet wie gott sein. 6, 155'; denn ob bawr und bürger
einander betriegen, beliegen, teiischen und bescbmeiszen, das
ist noch nicht der ergest teufel. 6, 164' ; ich wil aber darumb
nicht dein igoUes) bild verkeren noch bescbmeiszen. 6, 304*;
und wird der lange beschmissene brauch das recht heiszen.
6, 324'; und möchte sich noch eben sowol in seiner klug-
heit bescbmeiszen, als er sich im paradis beschmeisz, do er
meinet er bette nu gewonnen. 6, 332'; über das, so ist die
liebe Christenheit mit so vil grcwlichen ergernissen beklickt
und beschmeiszt. 6, 336'; wir werden dennoch müssen ster-
ben und im den bimmel lassen, wenn wir uns gleich auf
erden seer Terdrieszlich und beschmissen machen. 6, 352";
daraus sie besorgen, das sie vil volks werden des orts be-
scbmeiszen und groszen schaden thun. 6»-. 3, 528 ; wenn man
kelber und schaf geopfert hat (sagt zum kranken weih seine
mutier) und an die sonnen gelegt, hat dir sonst nichts dar-
von mögen werden, so hastu sie doch beschmeiszt und dar-
rauf gschissen. schimpf u. ernst cap. 390 ; das die Sophisten
die beilige schrift mit falschen glosen beschmeiszt und ver-
giftiget. Alberüs wider Witzel k'i,*; aber zur selben zeit war
schon das evangelium mit menschenleren beschmeiszt. A3';
ich armer Tiab die schanz versehn,
er sagt selbs, ihm wer recht geschehn,
und sprach ich hab niicii wol beschmissen,
warumb blieb ich nicht beim gewissen? Albercs £sop 19;
denn unsers herzogen anschleg sind zerrissen,
er hat sich in seiner Itlugheit beschmissen.
ein lustig gesprech der teufel, 1542, b 4 * ;
dein halben leib mit rusz bcscheisz,
den andern theii mit blut beschmeisz. H. Sachs IV. 3, 77';
dasz im ausginge der angstschweisz,
und beschmaist sich mit eignem kot. IV. 3, 105';
doch alles mit menschengaifer beschmaiszt. Frank parad. 92;
schmeichlen verunreinigt und beschmeiszet mit weicheit. Pelr.
193";
fliegen zu heiszer zeit gemein
bescbmeiszen alle ding in summ. Spreng i/. 34';
also dasz wenig von ihm unbeschmeiszt oder unangefochten
bleiben mochten. Kirchhof wendunm. 224' ;
die thut ihr selbs in fingcr beiszcn,
ihr herz nagen und ehr besclimeiszen.
FiscuART ehz. 69 ;
dasz kein mensch auf erden so heilig gewest noch seie, on
Christus alleine, der nit selbs mit Sünden beschmeiszt were
gewesen, biencnk. 46' ; wiewol die losen fliegen manchmal
das sacramcnt dörfen bescbmeiszen. 180';
und sollten sie ihr werk und olTenbare Schriften
mit lügen selber noch bescbmeiszen und vergiTten. Opitz;
schösscr, die in ämtern dienen, sind der herren kunst zu heiszen
(auf lateinisch), weil sie manchen, auch die herren selbst
besclimeiszen. Locau 2, zug. 194;
manciier ist die lateinische kunst, dadurch der hcrr andere
beschmeiszt. Lehmann 139; wenn die katze einen reinlichen
ort beschmeiszet, so bedecket sie den platz mit erde. pers.
baumg. 9, 19 ;
brecht die bbiraenkörbe voll,
damit der flora schmuck den edlen leib bcschmcisze (Jesfieuc),
der viel zu kostbar ist, als dasz er modern soll.
GCntukr 622;
80 floh auch ein schwärm junger wtspen aus dem beschmeisz-
ten aase hervor. Lessing 1, 136;
die liühncr haben lange
darauf gesessen, solch ge.siiidcl nchiut
nicht sehr, obs eine l.-inze isi, oh siork,
das denkt nur drauf, die Sachen zu beschmeisxen.
TlF-CK 1,264;
PS musz ein garstiger voge! sein, der sein eigen ncst be-
schmeiszt. bei Gi)NTHER erscheint zum letztenmal das worl in
reinem sinn angewandt, heute beziehen wir es nicht n\ehr gern
auf leule {und ziehen dann bcschmitzen vor), sondern nur auf
thicre, zumeist auf hühner, schwalben, fliegen, wespen, spin-
nen, Schnecken, raupen, Schmetterlinge, die davon geschmcisz
heiszen, und selbst Schmetterling mahnt an die nl. form be-
smetten = beschmitzen. in manchen der angeführten stellen
mag an besudelnde und vergiftende thiere gedacht sein, auch
setzt man euphemistisch bescbmeiszen statt des ihm klangver-
wandten Wortes, so verschieden beide, der berührung im be-
grif ungeachtet, ursprünglich sind. vgl. sp. 1560 bescheiszen
von der fliege und dem teufel, der als fliege erscheint.
BESCHMEISZÜNG, f. das der ehliche stand anders nicht
seie, dan ein beschmeiszung und befleckung aus fleischlicher
Vermischung, bienenk. IS"; dasz man in dem ehelichen stand
gott nit könne gefallen noch heilig sein, dieweil es ein eitele
unreinigkeit und fleischliche beschmeiszung ist. 153'.
BESCHMELZEN, adipe ungere: wer sich mit seinem eige-
nen schmalz will beschmelzen, der hat dazu gclegenheit, so
er einem geizigen oder armen berrn dient. Lehmann 145.
BESCHMERZEN, dolere: deshalbcn wird der gefallen son-
derlich gerechtfertigt, wenn er warbaftig sich bescbmerzt und
glaubt und vertrawt dem cvangelio. Melanchth. 2 6'or. 2; disz
ist zu beschmerzen, das die Christen under den anlichristen
sollen steen. Frank guldin arch 1538. 190';
so laszt uns denn von ganzem herzen
der Ambrc raub und fall beschmerzen.
LouENST. llir. 68, 532;
und sie hat oft bescbmerzt, dasz sie ihm schlimm gerathen.
105, 547 ;
jedoch, warum beschmerz ich meines Jesu wunden?
Christi, ged. 131, 25;
und wir . . . haben nicht zeit gehabt andere üble zufalle zu
beschmerzen. Schuppius 714; bald darauf beschmerzte ich das
grosze Unglück. Jucundiss. 174; o wie beschiucrzte ich dazumal,
dasz ich euch so liederlich verlassen. 211. heute ungewöhnlich,
man sagt bedauern, beklagen, bejammern, s. beschmürzen.
BESCHMIEDEN, includere aere, ferro, ahd. pismidön (ühaff
6, 828), mhd. besmiden:
er hiej vil sere besmiden mich
in einen bojen, daj müet mich, fraucndienst hU, 21 ;
daj er Petrum liej besmiden. pass. H. 156, 71 ;
mit zwcin kcieoen besmiden. 15S, 19;
der si wol besmiden lie;. 160, 46 ;
mit isene liej er in besmiden. pass. K. 163, 21 ;
die heiligen wurden beide
mit gröjen keien dö besmidet. 304, 23.
nhd. fest mit eisen beschmieden lassen;
er liesz den kästen wol beschmiden. Waldis 4, 62.
vgl. abschmieden, anschmieden, einschmieden.
BESCHMIEREN, ungere, linere, foedare, wie bescbmeiszen
(vgl. schmieren und schmeiszen), andei-e schrieben beschmir-
ben, Maaler 61* beschmirwen exungere, ahd. bismeron (Graff
6, 834), nnl. besmeren: brot mit butter, das tuch mit fett,
die wand mit kalk beschmieren, bestreichen; ein buch mit
dinte, das gesiebt mit färbe, die äugen mit salbe beschmieren;
narrenbände beschmieren tisch und wände;
lasz erfrischend uns purgieren
alle dampf, so unser hirn
mit geiz und ehrgciz beschmieren. Weckherlin 412;
man helt dich für ein bild mit golde stark beschmieret.
LoGAU 3, 1, 76-
er sollte sich nicht lassen verführen
und nun auch bänk und tische beschmieren.
l^öTiiB 2, 200;
papier, thcils reines, tbeils beschmiertes, das in deutscher
spräche beschmierte papier. J. Paui. teuf. pap. 1, u. sich be-
schmieren, sich das maul, die bände Itescbniieron ; der sich
an einer solchen dreckpatsche beschmiert hätte! dera.m.im
Tockenb. 72. vgl. die Zusammensetzungen des part. praet. fetl-
beschmiert, honigbescbmiert, kothbeschmiert.
BESCHMINKEN, fucare, schminken: die wangcn beschmin-
kcn, ein bcschminktcs gesiebt; beschminkte andacht, Heu-
chelei :
mit den groszgeniachien dünsten
der bcschminkten uilelkeiien, locket mich die falsche hin
dort auT jenen breiten weg. Nkumarks lu^tw. 135.
BESCHMIRGELN, faece foedare, mit schmergel besudeln,
s. schmergel.
BESCÜMIRMELN, rancerc, adipem olere. Stiblbr 1883. t.
schmirmeln und anschmirmoln.
BESCHMISSEN, maculare, eine seltne, aber zulässige ne-
benform von beschmilzen, mhd. besmijjen, pari, besmijjet:
1585 BESCHMITZEN— BESCHMÜCKEN
noch sind, faiK groszer gott, bei so betrübten Sachen,
die den verstockten geist besciirnisscn mit dorn blut
und binden über sich ein ungeheure rut.
GuTPaius 3°2(>.
BESCHMITZEN, polluere, foedare, nnl. besmetten, befle-
cken, besudeln, gilt für feiner und anständiger als beschmei-
szen, und hat den nebensinn von leicht (levis noUe inacula)
besprützen, bewerfen, vgl. glitzen und gleiszen, ritzen und rei-
szen, schwitzen und schweiszen. frühere schrißstcller geben
ihm aber ganz die bedeutung von beschmeiszen : die reinigkeil
der kirchen, welche sie in sitten und personcn so heszlich
beschmilzt haben. Lltuer 5, 116'; s. Bernhard sagl, so oft
er J)ei leuten sei gewest, so ofl er sich beschinitzl. 5, 35S';
üb wir itzl beschinitzl und ins finster gelegl werden von der
weh. 5, 409'; unib solcher willen musz er solchs von im
selbs anziehen, als soll er sagen, ich weisz wo!, das sie
mich mit solchem rhom beschmitzen. 6, 220"; gleichwie die
liebe sonne nicht davon beschmilzcl noch unrein wird, das
sie so schier scheinet auf einen kol und unflat als aufgold.
6, 295'; wie schendlich beschmitzen sie keiser Carols namcn.
8, 3S3*; aber nicht alle sind mit öffentlichen ergernissen so grob
beschmitzt. tischr. 176'. 18"'; Adams fall hat die menschliche
natur also gar sehr beschmitzt, verderbt und vergift (iti'e oben
sp. 1582 beschraeiszt und vergift). 309';
das die (liegen nit auf euch sitzen {es steht ziizcn),
ewr zarte angesicht beschmitzen. H. Sachs III. 3, 12*;
glaubt es der kaiser wol, wie hoch er auch erhitzt,
dasz sich i'apinian mit solcher schraach beschmitzt?
üRTPUics 1, 447;
ein wciszes körbelein,
ist neu, noch unbcschmilzet. Spke trutzn. 201 ;
von hunden beschmitzet werden, pers. rosenlh. 7, 15 ; es
gibls die Vernunft, dasz ein armer, der auch seine pemüts-
bewegungen und Iflste hat. wenn er selbige mit billigkeit
nicht steuicn kan. beschmitzet und sie mit lästern sättiget.
7, 20; als die brüder Josephs sich mit lügen beschniitzeten.
8, 126 ; mit Sünden beOeckt und beschmilzt sein. pers. baumg.
9, 15;
die Ohren mächtig scharf hier der einsiedler spitzte,
damit der bcidsche nicht den heiigen sinn bcschmilzie.
Werders .4r. 27, 87;
dies must du doch noch wissen, dasz die menschen nicht
allein in ihrem leben die kirchen mit lästern beschmitzen.
Simpl. 1, 420 ; von ihm Selbsten beschmitzet und besudelt und
sich zu einem unehrlichen mann gemachet. Schlppius 620;
die mängel, so die form des reichs beschmitzen. Leibnitz 188 ;
so manch papier befleckt, so manch papier beschmitzt.
G0.1ITHER 1098;
der Zeiten öftre bnii, der frcTcl und die schände
bescbraitzten anfangs bald die eben, haus und stamm.
Hagedor.-» 3, 26;
anch tugenden nnd laster wird die nachweit nicht ewig ver-
kennen, ich begreife es sehr wol, dasz jene eine Zeitlang be-
schmitzt und diese aufgeputzt sein können. Lessinc4. 6; kann
Hnmöglich seinen ehrlichen namen beschmitzen. Liscot437;
nnd ach, zu späte reu im unnihvollcn herzen,
die gleich liarpycn ihn heim pastmal überfällt,
den onola« beschmitzt und Cvperns wein vnrgöllt.
Lz 2, 29 ;
ob er gleich keinen theil meines Privatlebens unbeschmitzt
liesz. Wieland 2, 119 ; die beschuldigung, womit er die lugend
der schönen Danae zu beschmitzen sich erfrechte. 2, 179;
jemandes namen mit einem Schandflecken beschmitzen. 20,
247(259); kein kleinliches angchänge beschmitzte ihre wunde.
Herder 19, 141 ;
der Stümper, der zu meinen ffi^zen kreucht,
beschmitzet zwar mit seines neides gcifer
oll meinen rühm. ßünccR31*;
Klopstock schlägt ein allgemeines, die augrn am wenigsten
beleidigendes dehnungszeiclien vor. ich kann mir keines den-
ken, das nicht die reine einfache Schönheit im schreiben und
drucken beschmitzen sollte. 326'; da» ungereimte, womit man
ihn {den alheismus) so gern bescimiilzte. J. 1'ai;i. Til. 2, 103.
BESCHJUTZllNf;, ^. macula. befleckung : ohne beschmilznng
ihrer ehren. KinciinoF mit. disc. 2.M ; dieweil die hciligkeit
seiner person alle unsauberkeil und beschmilzunp fein kan
abwaschen und silubern. bienenk. 226'; ehrliche leute vor
dergleichen verdampten beschraitzungen hinfüro sicher stellen.
Schlppius C7«.
BESCIIMLCKEN, omare, exomare, schmücken. Stiele« IS85.
was hnst eetvonnon. nun bepnck»,
Bit ncssclkrjiizluiu fuiu beschmucks. Fiscbart grosim. 43.
BESCHMUNZELN— BESCHNABFELN 1586
auch colorem causae inducere, ausschmücken, der sacke einen
sdiein geben.
BESCHML'NZELN', leni risu excipere, beläclteln, s. das beim
folgenden wort getnutmaszte ahd. smunzun.
BESCHMÜRZEN, was beschmerzen, aus dem folgenden zu
vermuten und von dem starken ahd. smerzan smarz smurzun
gismorzan (Graff 0, 8351 leicht herzuleiten, auch Schweiz, für
schmerzen schmiraen und schmürzen. Stalder 2, 336. 337. bei
Hattemer 3, 598 erscheint ein smurzöt, praenidet, «ras wol sein
soll renidet. lächelt, so dasz man vermuten darf smunzöl.
BESCHMLRZCNG, f. dolor: nicht ohne beschmürzung siehe
ich, wie viel reiche seind gar zu viel unmiJd. Sculppics "49.
BESCHML'TZE.\, maculare, contaminare. wie aus ags.
smitta macula engl, smut wurde, folglich engl, besraul zurück-
geht auf ags. besmittan {neben besmitan, wie unser beschmitzen
rieten beschmeiszen); so scheint auch unser beschmutzen gleich-
viel mit beschmitzen, um so mehr, da man im V, jh. noch be-
schmutzen schrieb:
euch hat es allezeit geehret und genützt,
ihn aber hat es jetzt am leimiit sehr beschmutzt.
Werders Ar. 18, 3.
Stieler setzt schon beschmuzen. wir brauchen beschmutzen
meist sinnlich: die bände, schuhe, kleider beschmutzen; be-
schmutzte Wäsche, sclimtUzige, sdiwarze; beschmutzte schus-
seln, teller {s. beschissen), doch heiszt auch sich beschmutzen
sich mit einer schlechten handlung beflecken;
aber vergisz niemals, dasz stets die geschwätzige trägheit
wertlos, ohne verdienst, grosze Verdienste bescbmuüt.'
PtATE.'H 144*.
BESCHMUTZUNG, f.
BESCH.NABBERN, ore contingere : wenn das wasser von
einem faulen, stinkenden munde beschnabbert und halb ge-
trunken ist. pers. rosenth. 1, 42. die ausg. von 1775 setzt dafür
beschlabberl. beide formen sind unhochdeutsch, s. beschnapern.
BESCHNABELN, rostro ingerere, gustare, sich beschnabeln,
mit speise erfüllen; Stieler 1895 beschnabelieren.
wenn du dich satt bcschnabclt hast.
RiSGWALD laut. warb. 112.
BESCHNABELN, rostro längere, sich beschnabeln, rosira
conferre. man zieht heute vor: sich schnäbeln, ahd. snapalon.
BESCHNALLEN , fibulis muntre. Stieler 1S9I. das pari.
beschnalil zu unterscheiden von bcschnallt = beschnellt.
BESCHNAPERN, was beschnabbern : er behalte doch seine
beschnapcrle liebste, anlw. was heiszt beschnapert? wir
schweren bei unsrer Sicherheit, dasz wir sie noch mit keinem
küsse berühret haben. Weise fr. redner 429. vgl. auclt be-
schnopern.
BESCHNAPPEN, deguslare, aufschnappen: doch wenn du ja
historien beschnappen wilsl, so lies den Marcolfs, den Eu-
lenspiegel. BiEMERs reime dich. 14.
BESCHNAPSEN, sich, rino se obruere cidusto.
BESCHNARCHEN, intcrcipere, heimlich auffangen, belau-
schen, ahd. pisnerchan illaquearc, snaracha rete, tendicula
(Graff 6, 849. 850).
.4. dort for der thür da steht ein man.
hat brief, die er euch selbs «ril geben,
ich wolt des p.ings euch überheben,
und wolt die briet von im habn snon.
B. geh hin und heisz in einher gon,
lasz hören was er newes bring,
knecht sollen nicht bschnarcheo alle ding,
das si darnach das haus mit fegen.
TiicR^CEtssFR arcnidoxa II.
nJc//( unverwandt ist unser schnarchen, wenn wir sagen: im
liause herum schnarchen, schnüffeln, wovon mehr unter dem
einfachen wart, tgl. auch anschnarchen, anfahren, anbrummen.
BESCHNARCHER, m. morosus censor, krätler : wäre meinem
besrhnarcher wissend gewesen, dasz ein überseUer die kraft
der worle fühlbar machen müsse. Reiske.
RESCHNARCHUNG, f. objurgatio gravior, msehnarchung.
Stielkr 1888.
BESCHNARFELN, conlreclarc, angreifen, anrühren?
als (n//e.v) was man nur ufiragcn thet,
er als beschnarfclt ninl beredt,
disz war im zu jung, disz zu alt.
WiCKRAM irr. biltjer 30.
ahd. ist pisni'rfan oder firsnürfan, in unklaren texten, con-
Irahere und obcoec^ire (Graff 6, 850. 851), goth. atsnarpjan
aber Col. 2,21 O'tyyäveir, contreclare, alln. snerpa asperare,
snarpr asper, acer, nnl. snerpen versehren, verletzen, Otto-
CAR c. 247 verknüpß smiegen und snerfcn, in der Schweiz
heiszt ein schlitlcnhol: schnärf, bei Keisersberg soll schnarf
100
1587 BESCHNARREN— BESCHNEIDEN
prora ausdrücken, es hält schwer, aus so verschicdnen Wör-
tern den sinn des ursprünglichen snairpan snarp zu (jewinnen.
für besclinarfeln scheint die passendste bedcutung contrcclare,
welches sich selbst mit contraliere berührt, sncrpen verletzen
ist auch angreifen, «nrf snerfen, krümmen, biegen ein zusam-
menziehen, die subst. sclinürf und schnarf bezeichnen gebog-
nes holz, obcoccare mag, wie sonst, obrucre sein.
BESCHNARREN? Fischart, in der bekannten stelle, Garg.
79' gibt beschnarret als ein epithelon des schifs. liegt darin
das nnl. snar, schnür?
BESCHNATTERN, gingritu, clangore excipere, wie storche,
gänsc, enten thun, und auf menschen angewandt beplaudern,
beschwätzen :
wer alle ding beschnattert ie
und gar kein ding verschweigen kan. H. Sacus II. 4, 126';
er bschnatiert alles, was er sieht. V, 365';
die's fenster nicht hat stets am hals,
nicht zenkisch ist und bschnatiert als;
kleine nestlinge, die immer über das gespräch binausschrein
und liüclist grausamlich dafür beklatscht werden, diese sind
jetzt mode und beschnatlern die gemeinen fheater. A. W.
Schlegel im Hamlet 2, 2. der text hat berattle. Stieler
1886 schreibt beschnadern.
BESCHNATZEN, beschneiden, s. aufschnatzen.
BESCHNAUBEN, naribus explorare, beriechen:
Iduna {eine slute!) geführt von mir,
bestraft, gestreichelt, heftiger angeredi,
dann leiser, sanfter, steht dem schlisse
zwar nicht mit ruh, doch den dampf heschnaubt sie.
Klopstock 2, 35.
vgl. das wctter berieclien sp. 1524.
BESCHNAUBERN, dasselbe: so wie ein spieihund, der an
dem langen leithande das wild ausspicrt, und mit gebückter
schnauze die wege beschnaubert. Lessing 4, 269. s. beschno-
pern, l)esclinuppein.
BESCFINÄUFELN, dasselbe, s. beschnüffeln.
BESCHNAÜFEN, dasselbe: welchen der bär bescbnaufte.
Zinrcref apophth. 76, 16.
BESCHNAÜFÜNG, f. admolio ad nares, beriechung. Stie-
ler 1896.
BESCHNAUZEN, was anschnauzen, anfahren:
vornemlich wenn sie sich besolTen,
darf man auf keinen abschied liolfcn,
denn sie alsdenn die leut beschnauzen,
und manchen auch wol abekauzen (prügeln).
Ringwald plagium 4, 2.
BESCHNEIDEBRET, n. bei den buchbindern.
BESCHNEn)EEISEN, n. bei den gerbern.
BESCHNEIDEHOBEL, m.
BESCHNEIDEMESSER, n.
BESCHNEIDEN, circumcidere, amputare, mit der bedcutung
von be == um, umbi, wie die angegebnen lat. Wörter circum
«nrf am, amb o.fifi enthalten; beschneiden ist also rund herum
stutzen, weniger als abschneiden, verschneiden, zerschneiden,
vgl. bereiszen.
1) die Vorhaut beschneiden, neQirifivsiv, goth. bimaitan,
ahd. pismdan, mhd. besnlden, nnl. besnijden, ags. ymbsnidan,
engl, circumcise, altn. umskera, schw. omskära, ddn. omskare.
alles was menlich ist unter euch, sol beschnitten werden.
1 Mos. 17, 10 ; ein iglichs kneblin, was acht lag alt ist, solt
ir beschneiten. 17, 12 und oß im a. lest.; ein beschnittener
Jude ; er hat sicii lassen beschneiden. Keisersb. Sünden des
munds 16';
er (Türke), der beschnitten ist an leib und an gcraüthe.
Opitz 1, 4.
2) die niigel, die haare beschneiden, den schafen die wolle :
deine zene sind wie die herde mit beschnitten (beschnillener)
wolle (sicut greges tonsaium). hohelied 4, 2; den vögeln die
federn, flügel, filtiche. figürlich, einem die lUigcI Iieschneidcn,
seiner Wildheit einhält thun; die filliche sind ihm schon be-
schnitten worden ; er musz seiner einbildungskraft die flügel
mehr beschneiden ; wenn dem dogmatismus durcii eine strenge
kritik die flügel beschnitten werden. Kant 6, 132.
3) einen beschneiden hiesz aber auch gewand an ihn schnei-
den und es zierlich ausschneiden:
ir wcibcr sind mit vech (buntem pelt) bcschnlllon,
gezieret wol nach edelm siiten. üuland428;
beschnaid im sein gefider. 873;
.^0 sing, so sing, fr.iw nachtigal,
die ander wnidvogelvin schweigen,
.<!0 wil ich dir dein geliderc
mit rotem gold beschneiden. 52,
BESCHNEIDEN — BESCHNELLEN 1588
d. h. ich will es mit gold schmücken, gold darein flechten,
worüber noch andere stellen beizubringen sind:
ich zflch mir einen valken möre danne ein jär,
dö ich in gezamete, als ich in wolle liän,
und ich im sin gevidere mit golde wol hewant,
er huob sich üf vil höhe und flouc in anderiii lant.
MS. 1,38';
heij mir (.fpricht der rabe) beslahen daj gevidere min
allej mit guotem rotem golt. Oswalt 4il . 4'M ;
vergiilde im sein gefidere,
versilbere im die clawcn sein,
vergolde im sein snabel fein. Haupt 2, 95.
so wurde auch gold in hart und haar gewunden^ was wie-
derum heiszen könnte, das haar mit golde beschneiden, gold-
faden daran schneiden, vgl. ausschneiden.
4) die bäume, hecken, reben beschneiden (was auch gern
heiszt besclineiteln) ; den apfel beschneiden, schälen; biern
besniden, schälen, von guter spise 12. der buchbinder be-
schneidet (vgl. beraufen).
5) beschnittener käse; beschnittener mond, abnehmender,
altn. inn skardi mäni. Scem. 134'; im türkischen wapen;
Stern schieszt nach stern, beschniltner mond scheint helle.
G'ÖTHE 41, 118.
6) geld beschneiden, beschnittene ducaten, goldstücke.
7) figürlich, einem sein recht, seine einkünfte, seinen sold,
seine hofnung beschneiden ; eim den wein beschneiden. Maa-
ler 6l'; eine erzählung beschneiden, abkürzen; ein Schau-
spiel zum aufführen beschneiden, zuschneiden, stutzen; be-
schnittne, concise, genaue rede ; er redet beschnitten, weder
zu vil noch zu wenig. Keisersberg. ich wils noch pas be-
schneiden, fastn. sp. 387, 15. vgl. beschroten.
BESCHNEIDEPRESSE, f. der buchbinder.
BESCH.NEIDER, m. putalor.
BESCHNEIDESPINDEL, f. der buchbinder.
BESCHNEIDESTÜL, m. in eignem sinn bei Fischart: nar-
ren, hirnlose esel, beschneidstul, gebichte (gepichte) toren, ge-
furnist fantasten, groszm. 94.
BESCHNEIDUNG, f. circumcisio, amputatio, nach allen be-
deutungen. den jüdischen sinn der TisoiTOftrj geu'ährt oft das
iV. T. figürlich, kritische beschneidung des herzens, der
obren und lippen dieses werkleins. .1. Vavl jubeis. 177.
BESCHNEIEN, nivibus obruere und obrui: mhd. besnien.
Bon. 43,97; heute beschneiet alles, wird von schnce bedeckt;
seit mir das alter hat mein schwarzes haar beschneit.
Opitz 1, 194.
zumal im pari, nivalus, nivalis: beschneite berge, berggipfel,
wege, fuszsteige, rücke, hüte, dächer: wo man in den klü-
stern schweigen hält, da stot es wol, wo man aber das nit
hält, da ist kein geistlicheif, sunder ein beschnitcr mist, oben
sauber, unten kot und laster. Keisersb. sünd. d. m. 50' ;
auf weichem mos, beschneit mit rosenbläuern.
Wieland 9, 288;
im august ist das gefilde oft vom haft (der eintagsfliege) weisz
beschneit; zwischen ihren von schaumwürmern beschneiten
weiden. J. Paul Hesp. 3,206; mit bluten wie beschneit; ge-
birge vom monde beschneiet. Tit. 5,195; der Moriz aber, der
die glaszcrbrecher wol kannte, gieng wie ein beschneiter hund
von dannen. Arndts leben 22.
BESCHNEIKEN, es ist schwer die eigentliche form dieses
Worts zu ermitteln, das ungefähr was benaschen bedeutet, den
besten anhält gibt das altn. snikja, von dem der vocal unse-
res schnucken abweicht, bei Keisersrerg iVri^ schaf 51 steht
beschnachen, in andern predigten aber beschneuchen, beschnö-
ken. Schweiz, schnaikcn, schneiken, schneuggen schnüffeln,
beschneikcn beschnüffeln (Stald. 2, 342), bei Hedion kirchenh.
252 durchschneiken, durchschnüffeln, durchnaschen ; sonst auch
schnöchzen, naschen (Stald. 2, 343). schwäb. schnaiken, fränk.
schnechen, heimlich suchen, um zu naschen (Scmmellkr 3, 482).
das CH scheint in diesen Wörtern hochdeutscher als K. s. be-
schnurken.
BESCIINEITELN, diminutiv von besciinciden : bcschneillen
als die l)iium. MaalerOI'; Weinreben beschncileln: den lionig
beschnciteln, schneiden. Stieler 1902; die kirchc wird mit
blut begossen, beschneitelt, fortgcpRanzet und beraubet. Lu-
thers tischr. 251*. das T wie in schneiden schnitt, schnilte
(ahd. snhlan, sneit, snilun, snila) oder wie in schcilcl, schei-
teln ton scheiden, s. aiisscluiciteln.
BESCHNEI-LKN, fraudare, decipere, etgentlich vibrarc, das
pract. früher noch rüchumlautend bcschnalltc, pari, besclinalll:
1589 BESCHNEUZEN —BESCHOCKEN
der bat im selbst ein netz ßestalt,
tlarJQ spouvögel in beschnalt. Kirchhof »endunm. 390';
eine frau, so mit viclualien bandelte, und die armen gewal-
lig beschnellet hatte, westf. Robinson 91 ;
beschnelle, wen du kaust, mit einer frommen art.
Gü.MUER 49»;
wie sie dort den mann von treu und glauben
in der heuchlerlarve fein beschnellt. Ucrger57';
all sein (Amors) schmeichelndes bübeln,
all sein kosen und liebeln
4iat noch nimmer mein herz beschnellt. Voss 4, 73;
ein braver dieb, der so gescheit
deu andern dieb beschnellet. 6, 146.
das einfache schnellen oft mit gleicher bedeutung.
BESCHN'EUZE.N , emungere, decipere: dasz ich unter vier
Spitzbuben gerathen, welche bis itzo ihr wort nicht gehalten
und allem ansehen nach mich beschneuzet hätten. Felscnb.
1, 119. vgl. besclinauzen.
BESCHNICKSCHNAChEN, irridere, vcrspöUeln, bespötteln:
hervor musz er, der matte streich,
dasz er bescbuickschnuckt Korde. Bürger 65".
BESCHNIPFELN, die hochdeutschere form des folgenden.
BESCH.MPPELN, minulis partibus circumcidcre.
BESCHMPPE.N, digitis crepando irridere, verhöhnen und ein
Schnippchen dazu schlagen.
BESCH.MPPEHX, was beschnippeln.
BESCHMTZELN, was beschneitein: man^musz die jungen
bäum beschnitzeln. Lehmann 14" ; sein nieister, der sich denn
doch auch gleichwol bis zu dem dritten emporgeschwungen
hatte, tritt darauf hin, beschnitzelt, verlängt oder verkürzt
jenen zwanzigsten gedanken. Klopstock 12, 114.
BESCHMTZEN, dasselbe: mhd. E/ige/A. 2977 ;
götter sind sie, nicht zum schijizen,
aber kräftig zum beschniizen. Logau 1, 9, 96,
d. h. um die leule lu schneiden, hart mitzunehmen; wie er
{der balke) sollte behobelt und beschnitzel werden. Weise
erzn. 3.
BESCHiVOPERN, odorari, was sonst beschnuppern und be-
schnaubern : haben sie sich einen feuermauerkehrer beschno-
pern lassen, so mögen sie auch dabei bleiben. Weise comöd.
343 ; ein vernaschter kerl, der alsobald meinte er müste ster-
ben, wann er nicht alles beschnopern solle, erzn. 240 ;
der bär bescbnopert ihn, flndt keines lebens spur.
Lessing 1, 126.
BESCHN'ÖRKELN, ineptc omare, mit Schnörkeln verunzieren.
BESCHNüCKEN, was beschneiken, sowol benaschen als be-
riechen, beschnüffeln. Stieler 1897 hat schnucken suspirare.
BESCH.NUDELN, inquinare. Henisch 308.
BESCHNÜFFELN, ore, naribus alttngere, berieehen, auch
beschnüffeln und bei Stieler 1896 beschniffeln : diesen be-
schnüffelten, beleckten brei wieder in den mund schmieren.
Lessixc 10, 176 ; denn die dinge wollen schlechterdings ge-
sehen und selbst gefühlt und beschnüffelt sein. Wieund bei
Merck 2, 151. j. beschnäufeln.
BESCHNUPPEBN, was beschnaubern, beschnopern: und
solle, was er einmal beschnuppert, behalten. Wiedeman oc/o6.
13 ; nachdem der ochse seinen zerfleischten mitbruder etliche
mal beschnuppert hatte. Felsenb. 4, 107 ; wir kirschkcrne auf-
knackten, ananas beschnupperten. Götbe 14, 102 ; der nichts,
selbst die feinsten, flüchtigsten gefühle unbeschnuppert und
ungestört läszt. Tieck ges. nov. S, 260; hier lagerten gleich-
wol fette kühe, ruhiger und weniger neugierig als ihre Schwe-
stern im Appenzeller lande, die einen längs der schmalen
fuszsteige über alle zäune beschnupperu. Ulr. Hegner 4, 194.
BESCH.NÜKEN, /S/o, fune constringere, omare, umschnüren :
einen sack beschnüren ; eine harfe beschnüren, besaiten; einen
mantel hcschnüren, mit schnür besetzen; feuerwerker beschnü-
ren die brandkugeln ;
hör Anna, hastu auch bestalt
houpiküssen und sonst ninnigfalt
von Sachen, die man musz beschnüren
und auf der reisen mit sich fuhren ?
Ringwald ptagium 2, 1 ;
stimmt ein zur besten harfen mein,
zur harfen frisch beschnürei.
SriH truttn. 153 (1841 gescbnüret);
der mantel ist mit gülduen bosementen dicht bescbnüret.
Stieler 1908.
BESCHOCKEN, irrogarc Iributum, besteuern, in sehockan-
schlag setzen. Frisch 2,218*; beschocktes, unbescbocktes gut,
terra tributaria, non Iributaria; ich eilte zu dem versuch den
BESCHONEN— BESCHÖNEN
1590
kaiser zu vermögen, die etwanigen Steuerrückstände von witz,
Phantasie und gelehrsamkeit so vieler Schriftsteller gnädigst
zu erlassen und sogar Tschocken nicht zu beschocken. J. Paul
herbstblumine 3, 262.
BESCHONEN, sinere esse immunem, intactum, verschonen:
demnach ist mein ehrendiensthches bitten, dasz mein haus
mit den bürden und Zulagen und allen andern unplichtea
beschonet und übersehen werden muge. a. 1627. ballische
Stud. i5, 118.
BESCHÖNEN, speciosum reddere, omare, colorare. das goth.
skaunjan wäre eine sache schön, wie hauujan hön machen, ahd.
scönan und himan, mhd. schccnen und hoenen, wir sagen heule
verschönen und verhöhnen, erheben und erniedrigen, ahd.
piscönan ist unverzeichnet, mhd. beschoencn häufig:
nicman mac bescbcenen. Fkeid. 162,22;
gefüeges mannes doenen,
daj sol man beschoenen. Walth. 104, 4;
wa; sol diu rede beschoenet? 106, 6;
seht, von ir schoene waeren wol drizec laut bcscbcenet.
ÄS. 1,184';
mit sseldea was beschoenet. Lanz. 8761 ;
ir lob ist wol beschcenet. Silv. 1435;
durch des willen er in dö
vil gar beschoenet haete. 1S66;
swer aber sich in der bihie beschoenet,
den tiufel er kroenet, sich selben er hoeneu flenn. 20480;
SU beschoene dich niht (in der beichte). Grieshaber 2, 72. der
sinn ist immer bald verschönern, bald etwas rein oder weisz
brennen, schön darzustellen suchen, rechtfertigen, d. h. seine
häszlichkeit verdecken. Ebenso nhd., beschonen oder verben,
colorare; beschonter oder geverbter coloralus. voc. theut.
1482 d3';
doch darf sich keiner mit dem andern beschönen.
fastn. sp. 649, 12 ;
und wolt solchs mit dem evangelio beschönen. Luther 3, 120 ;
ir werdet das ergcmis nicht so können vertunkeln noch be-
schönen. 3, 52S'; Adam wil sich beschönen. 4, 24"; was der
gröszte grewel ist, musz allezeit gottes name beschönen. 4,
45* ; und sich also beschönen, ich bin ein gebrechlich mensch.
6, 297*; das sie ir iiTthum beschönen, tischr. S". 66*. 67*;
wiewol sie es jetzt beschönen und bementelen wölln. 230*.
250*. 2S6'; ich hab die Juden von der ketzerei ganz und gar
beschönet und verantwurt. Becculin atrjcnsp. 35';
und hilft nit mer die wort beschönen.
Murnrrs schclmenz. 109, 14;
auch magstu dann beschönen dich. Scheit (;ro6. Q2*;
das erfindet und beschönet sich an allen weltweisen, frum-
men und gelerten. Frank parad. 36*; deshalb si unsere con-
cilia mit disen apostolischen nicht mügcn beschönen, chron.
318*; ir thun mit etwas erbarem ansehen beschönen. Hed.
com. 63 ; durch eine ausrede beschönen. Witzenb. 3, 177 ; hastu
etwas, darmit du mein zoren beschuldigen und deine fräfle
durstigkait und boshaftig fürnemen beschönen mügest? Wir-
SL'NG Ca/. Li'; und dich seines furgebens beschönest. Pelr.
12'; welcher (fisch) mit nachbeschriebenen färben beschönet
(ausgezeichnet) ist. Forer lO'; welcher ^chet ein hurenkind,
das da wöll ein hurenkind ohn widened sein, das sich selbst
nicht beschöne? Paracelsls 2, 323'; ob du schon auf meine
wort dich ausreden und beschönen kanst. Kirchhof tpendunm.
51'; dasz man sich beschüncn und geübten frevel klein ma-
chen wolle. »n7. dise. 60; und alle die ihr mord und lügen
vertheidingen, beschönen oder fortbringen helfen. Mathesius
93*; gemeldte crcuzherren wollen aber dise thätlichkeit mit
einem schein des rechten belegen und beschönen. Micrälius
2,292; mit falschheit und arglist beschönet, bicnenk. 231*;
ihre sünd . . . beschönen. Ringwald eran;;. lih 5' ;
du hast
mit eines andern volks, mir unbekanicn. cron
gleichfalls mein haupt beschöoet. Wkcku. 72 ;
die najaden gleicher weis,
welche mit kunstreichem lleisz
ihre krause haar beschouet. 346;
die liebe . . . beschunt was greulich ist. Opitz 1, 59 ;
hier war der tugend feld,
das ort, Ton dem sich liesz der erdenkreisz bescbönen.
2, 271 :
wird dies mit wolihun noch beschönei,
heiszt das nicht recht und gou verhöhnet? Grtphios 1, 270;
die ausgeschmückten wort und falschliches beschönen
das hatte hier nicht statt. Logau 3, tug. 56;
100*
1591 BESCHÖNEN — BESCHRÄNKEN
BESCHRÄNKEN— BESCHREIBEN 1592
als er einen bcsirafte und derselbe sich damit beschönen
wolle. ZiNKcn. apophlli. 1, 203 ; in zweifelhaften begebnüssen
wäre es freilich eine klugheit seinen schlechten zustand so
viel möglich zu beschönen. Lohenst. Arm. 1, 764; so hätte
sich eine solche grausame that bei den barbarischen beiden
noch etlichermaszen beschöncn lassen. Simpl. 3, 3C9 ; der
eifer bescliünt sich mit gründen des lichts, absonderlich wenn
man die fehler anderer berügt und sich daran fromm macht.
ÖrriNGEB Sittenlehre Salomo 175S s. 4S3;
beschönen und verstecken. Brockes 1, 10;
und da du für ihn flehst, bescliönst du den verrath ?
J. £. Schlegel 1, tlii;
wenn der znubur der färb auch
hier und da Verzeichnung bcschönt. Klopstock 2, 126;
Sal. was hau ein weiberkopf erdacht, das er
nicht zu beschönen wüste \ Sittah. zu bnscliönen I
l.KSSiNG 2, 270 ;
verdient die kunst, die euern stolz bescliönt,
dasz jlu- die thiere höhnt? \Vibland31,17();
lasz ab, beschöne nicht die gewalt, womit du ein wehrloses
weih zu zwingen denkst. Göthe 57, 87 (s. beschönigen);
ich soll die that beschöneu, sie bedecken. 9, 307;
dies beschönt or nun.
A. W. ScuLEGEL im Heinr. IV th. 1, act 5, sc. 2.
heute wird in prosa für exornare verschönen, verschönern,
für excusare beschönigen vorgezo(jen.
BESCHÖNIGEN, excusare, practendcre, nicht mehr ador-
nare, was uns verschönen, verschönern heiszt {der sprach-
eigcnsinn vermied beschönern wie vorschönigen). beschönigen
gibt Stieler noch nicht an, doch Fiusc» 2, 219'. anslaunung,
maulaufsperre, frühnung und räucherci, als welche den geist
nur kleinlaut machen, und ihn dergestalt austrocknen und
ausdörren, dasz er zuletzt gänzlich einschrumpfet, dieses alles
... möge beschöniget werden. Klopstock 12, 85;
so oft ich dies und das, und Jenes noch beschönige,
bleib ich bei guter laune. 12, 191;
die gründe, womit er sein verfahren beschönigt hat. Wie-
iAND 6, 232 ;
lasz ab, beschönige nicht die gewalt,
die sich der schwachheil eines welbcs freut. Göthe 9, 84.
BESCHÖNIGUNG, f. excusatio, praetexlus: einrede und he-
schönigung des verübten unrcchts. Abele 3, 291 ; revolutio-
nen zur bcschönigung einer noch gröszeren Unterdrückung
benutzen. Kant 5, 450 ; welche beschönigungsnamen dem dinge
auch gegeben werden. Klopstock 12, 104 ; bcschönigungsgrund.
Kli.nger 10, 147.
BESCHÖNLICH, expiirgatu facilis; närrisches versehen ist
unbeschönlich. Stieler 175C.
BESCHÖNUNG, f. was bcschönigung, vorwand : mit sol-
chem schein und besohönung. Luther 4, 452'; mit vorwen-
dung ires eifers und ander beschönungen. Mela.nchthon im
corp. doctr. ehr. a5; beschönung der fiirsten, herren und rei-
chen. KiRcuuor wendunm. 50'; hei ir ein geschwinder pre-
text und beschönung für. 33C'; suchet auf des profusen an-
klag ausducht und beschönung. inil. diso. 224; ausred und
beschönung. 260; unter eurer beschönung. Opitz ylrj. l, 279;
beschönung, Versteifung. 2,393.414. j«//d. beschoenunge : nie-
men ist so gar verschämt, er gere, daj sin untugcnde eine
hülle haben etelicher beschcenunge, daij er iht gar fugende
bI6; schlne. mysl. 3U9, 21 ;
swer durch bcschoenunpe underbrichoi
ein zwivelma^rc. lienn. 1S21S.
BESCHOPPEN, offcreire, anfüllen, s. anschoppen.
BESCHOKREN, *. bescharrcn.
BESCHOSSEN, mit schössen, spitzen versehen: ein bc-
schoszter Schild, welcher in dreieckspitien getheill ist, deren
enden in der mitte zusammenstoszen.
BESCHRAM.ME.N, incidere, lacerare: die aufrührischen baw-
rcn beschrarnmeten todtenköpf auf dem Srherweilcr oderZa-
berfeld. Fischaht gruszm. 80; die band, den fusz beschraiu-
men, ritzen, anfreiszen.
BESCHIUMMUNG, f incisura. Stieler 186G.
BESCHRÄNKBAH, quod circumscribi potcst : durch einander
gegenseitig besdiiilnkbar. Fichte grundl. der wissensch. 49.
BESCintANKEN, includere, circutnscribcre, in schranken
schliesien, umscliränken. Stieler hat das wart zweimal 1733.
1914.
1) das ahd. piscrencban, piicrankta (Graff 6, 683) bedeutel
suhplantare, pede supposito everlerc, einem das bein unter-
schlagen, das mhd. beschrenken, beschrancte fallcre, deciperc.
MS. 2, 165'. Lanz. 6936. 8010. lieinh. s. 348. altd. wäld. 3, 186.
gereimte vorr. zum Ssp. 40. das nhd. wort hat mehr den mil-
den sinn von cocrcere, cohibere, rcstringere.
2) sinnlich, einzäunen, einfriedigen, mit schranke umgeben :
niüglich ists, dasz gott einen garten gemacht oder ein land
beschrenkt habe. Luther 4, 17'; mit langen eselsohren be-
schrenket (umgeben, eingefaszl). Riemer im reime dich, vorr. a4'.
3) einen beschränken, in die schranke weisen, zuräckhal-
ten, beengen:
dasz kein name mich teuscht, dasz mich kein dogma beschränkt.
Göthe 1, 330;
alle streben und eilen und fliehen und suchen einander,
aber alle beschränkt freundlich die glättere bahn. 1, 406.
das pari, beschränkt «► circumscriplus, angustus, hebes : ein
beschränkter mensch, geist, köpf;
wie wir beschränkten armen kindern thun 9, 145;
der mensch ist ein beschränktes wesen, unsere beschränkung
zu überdenken ist der sonntag gewidmet. 21, 124; dieser
brave mann hatte schon angefangen alles niederzuhalten und
zu beseitigen, was nicht zu seiner Sinnesart paszte, die er
geistig sehr beschränkt, für die echte und einzige hielt.
26, 231.
4) etwas beschränken, begrenzen, einengen (ähnlich dem 1) .•
wenn wir ein einzig nah heschrünktcs gut
auf dieser erde nur besitzeu möchlcn. 9, 143 ;
die naturforschung ist in räum und zeit beschränkt. 50, 60;
Jupiter und Saturn sind in der systematischen Verfassung
eines noch gröszeren weltbaues beschränkt. Kant 8, 316; die
durch ihre beschränkte weise höchstens langcweile erzeugen
konnten. Tieck ges. nov. 1, 142; einen antrag, eine foiderung
auf etwas beschränken ; einer Versammlung, die sich auf das
rathgeben beschränkt, fehlt es an Selbständigkeit und an
würde, denkschr. des fr. vom Stein ISO ; eine beschränkende
ansieht.
5) sich beschränken, in der sehranke hallen, sich einschrän-
ken: der ganze Unterricht beschränkt sich auf lesen und
schreiben ; nicht dasz es ihm an irgend einem bedürfnis fehle,
denn er weisz sich durchaus zu beschränken. Göthe 17, 6 ;
auf dich selbst beschränkt kannst du da ruhig leben.
BESCHRÄNKTHEIT, f angustiae: die beschränktbeit des
geistes, wisscns, Vermögens; die beschränktbeit empirischer
urtheile. (/»» gcycnsatz zur allgemeinheit nolbwcndiger ur-
theile). Kant 2, 37 ;
beschränkllicit suchi sich der genicszende. Göthe 9, 299;
verbrachte ich die mir gewonnene zeit in der tiefsten cin-
samkcit der möglichsten beschränktbeit. Klincer 12, 168.
BESCHRÄNKL'NG, f sowol die beschränkende that als die
eingetretne schranke: einförmigkeit ist ein nothwendiges hülfs-
mittel der menschlichen armulh und beschränkung. Schil-
ler 789;
in der beschränkung zeigt .sich erst der nicislcr.
GüTHE 11, 316;
erst nach und nach, so hofl ich, würdest du
dich aus beschränkung an die weit gewöhnen. 9, 271 ;
wenn er fragte, wo der wind herkomme und wo die flamme
hinkomme, war dem vater seine eigne beschränkung erst recht
lebendig. 20, 138; wir fiengen an, nur die fehler der andern
und ihre beschränkung zu sehen und uns selbst für trelliche
wesen zu halten. 20,212; nur die cinbildung, beschränkung
und albernheit erhält solche menschen gesund und behag-
lich, an Lavaler 97.
BKSCHRAPPEN, adradcre, bei Stibler 1917 licschrapfcn :
er hat sich in kurzer zeit wo! beschrappt, sieh 'geld er-
worben.
BESCHRECKEN, invadere, terrere, von schrecken, das eigent-
lich springen, sprengen heiszt: wie soll er im anders thun,
denn mit fluchen, inaledeien, dienen, lestern, liegen, schel-
ten die einfeltigen, froinen herzen beschrecken? Luther 2,
6t'; churfürst Johan von Sachsen, von einem seiner rälhe be-
schrocken [angegangen), dasz er seine söhne nit zur studenle-
rei und Schreiberei, sondern zur jagd und leutcrei abrichten
liesze, antwortete, diese dinge lernen sich von sich selber «ol
u. s. ». PiiiLAMJKR 2. vnrr. 4'. CS steht bescbrochcn, und
schwerlich für besprochen.
BESCHREIHEN, conscnbere, describcre. mhd. beschrJbM.
pass. K. 39, 44. 60, 14. 267, 8 ; nnl. beschrijven.
1593
BESCHREIBEN
BESCHREIBER — BESCHREIEN
1594
1) ßr schreiben, abfassen, aufseiehnen : und Mose beschrieb
ircn auszug. 4.Vos. 33, 2; \o\k, das niemand zelen noch be-
schreiben kan vor der menge. 1 kün. 3, S ; und die itzl mit
namen besclirieben sind. Ichron. h. U; und der Schreiber be-
schreib sie für dem künige. 25, 6; die sind beschrieben in
der historia. 2 chron. 21, 27; und haben die namen beschrie-
ben der menner. Em: 5, 10 ; damit sie liewcisen, des geselzes
werk sei beschrieben in irem herzen. ROm. 2, 15;
aiisr liiit seiner jünprer hat beschrieben
guiiz kurz das evanguliuiii. II. :>acus IV. 1, CS';
ungeacht, das die heilige schrill erstlich in disen sprachen
ist beschriben worden, bienenk. 17*; sondern ist der 'alten
tradilioneu, die sie one beschriben {iiiibeschrifben, umjcsclirie-
ben) von vatter zu kind mündlich empfangen. 226* ; ein
werk, welches in persianischer spräche beschrieben. Olea-
Riüs rosenlh. auf dtiii tiletblatt ; andere sagen, dasz er habe
busze gelhan und habe nach seiner bekehrung beschrieben
den prediger Saiomon. Schüppiüs 126; ob ich diese geschichte
nach allen umbsländen mit beweglichen worten also be-
schreiben könne. 127; die kaiserliche beschriebene rechten
des heil. rüm. reichs. 673;
dein lüb bezeugen und beschreiben. WüCKnERLi.*« 14$;
die barden haben berühmter männer ritterliche thaten mit
heroischen vei-sen beschrieben. Opitz ;*oe/pri'i 14.
21 rollschreiben, implere paginam: ein blatt papier be-
schreiben ; das papier ist schon beschrieben ; den ti^ch, die
wand beschreiben; llioren bände beschreiben alle wände.
3) danlellen, schildern, was nah an die erste bedeutung
grenzt: schafl euch aus iglichem stamm drei menner, das
ich sie sende, und sie sich aufmachen und durchs land ge-
hen und beschreibens nach iren erbteilen. Jos. IS, 4; ir aber
beschreibt das land der sieben teil. 18, (5; also giengen die
menner hin und durchzogen das land und bescbriebens auf
einem brieve. IS, 9; eine Schlacht beschreiben. Maaler 61';
das erste buch der könige, darin des weisen königs Salo-
mons regiment beschrieben wird. Schcppius 11; das elend,
die nulh ist gar nicht zu beschreiben ; beschreib mir ihn un-
gefähr ;
wo empßengst du das? page. wie mich
die dame merken lassen, will sie lieber
errathen als beschrieben sein. Scuiller 257*.
ich will dir dib gräber beschreiben {angeben),
rar die must du sorgen. Götbe 12, 242.
beschreibende poesie, poesie descriplive.
4) geometrische figuren zeichnen: ein gleichseitiges »iereck,
eine krumme linie beschreiben ; beschreibende geometrie ;
er blieb
am Ufer ganz gelassen stehen,
sah vor >ich hin, schwang seinen siab, beschrieb
liguren in den sand. Wiela.nd 9, 12;
eine sphäre, die man mit einem radins beschreiben kann.
Käst 8, 2S0 ; der räum, der beschrieben wird, die geschwin-
digkeit, womit ein punct einen räum beschreibt. 8,467; wem
haben wirs zuzuschreiben, dasz um unsere gesiebter und
taillen nicht so viele Schönheitslinien als um die griechischen
beschrieben sind? J. Paul uns. löge 3, S3. Leblose körper,
die sich in bestimmter richtung bewegen, plancten, kometen,
ein abgeschossener pfeil beschreiben ihre bahnen.
5) beschreiben, eonscribere, durch ausschreiben etnberiifen,
bescheiden: die churfürstcn und geistlichen und weltlichen
fürsten ... zu beschreiben, reichsreg. von 1501 §. 1 ; diesel-
ben beschreiben und für sich vertagen, landfr. ronl52l§. 0;
der {kOnig von Frankreich) deshalben (des geleils halben) be-
schrieben {hier blosz, schriftlich angegangen) worden, reichs-
absch. ron 1527 §. 16 ; zu der Vormundschaft beschrieben und
erfordert. Frankf. ref.\'l\. 2,15; ein concilium beschreiben
und berufen. Luthers tischr. 241'; werdet ihr solche theolo-
gen auf gelegnen platz wol zu beschreiben und euch alle
auf die zeit auch dahin zu verfügen wissen. Mei.axchthon 3,
S70; im anfang des jahres ward ein rcichstag angestellet zu
Hcgensburg, darauf beschrieb könig Ferdinand die deutschen
fürsten. 8, 042; auch als vil er sie verbotschaflen und be-
schreiben liesz zu kommen. Aimon c ; er hat sein ganz reich
und underthanen beschreiben lassen, k ;
zum tod und acht sind b<iclirieben wir.
JoH. CNnrsÄCs Uaman. Wiiicnb. 1546 act 2;
beschreibt sie, dnsr herkumm ein jeder. Atrkr 8*;
der konip ward beschrieben
mit unserm ehgcraahl. Gdtphiüs 1, 137;
dasz sein herr ihn nach hofe beschrieben habe. Scbuppius
lOS; dasz der vormann von jeder decurie zur tagsatzung ab-
gieng, mochte es eine gewöhnliche oder beschriebene sein.
NiEuüHR 2, 32. in diesetn sinn könnten auch die einberufe-
nen, eingeforderten krieger, wie conscripti, conscrits, heiszen
beschriebene, vgl. verschreiben, durch briefe verlangen, kom-
men lassen.
BESCHREIBER, m,, nadi den bedeulungen des beschreibens :
1) scriptor, auclor: ich hab erlernt allein denen büchern,
die die heilige schrift heiszen, die ehre zu thun, das ich
festiglich gleube, keiner derselben beschreiber habe ie geir-
ret. Llther 1, 402"; und derselben {gesetze) ein beschreiber
(/a/orl. AvRER proc. 1, 5; jene geschichtbeschreiber {heule ge-
schichtschreiber), welche zur zeit des Äugustus gelebL Scbuf-
pics SöO.
2) descriptor, schilderer, darsteller: die beschreiber ihres
lebens melden. Schuppics 224; keine leule sind eingebildeter
als die beschreiber ihrer emplindungen. Licbtenberg 1, 164.
vgl. lebensbeschreiber, reisebeschreiber.
BESCHREIßLICH, quod verbis exprimi polest: das ist leicht
beschreiblich. viel häufiger kommt vor unbeschreiblich.
BESCHREIBUNG, f descriptio, conscriptio : die licbhaberei an
der nalur, das malerische in der beschreibung derselben ist bei
Gesznern auf der höchsten spitze. Gervincs 4, 163 ; beschreibung
des erdbodens, geographia. .Maaler 61' {vgl. erdbeschrcibung) ;
artlicbe beschreibung der ungewonten und doch glückfertigen
schifl'art etlicher burger von Zürich gen Straszburg ; eine war-
hafte beschreibung der reisen thun. Olearius pers. rciseb. 1,1;
in der phoronomie kann die bcwegung nur als eine beschrei-
bung eines raumes betrachtet werden. Ka.xt S, 467; Signale-
ment beim Steckbrief, s. lebensbeschreibung, reisebcschreibung.
BESCHREIE.N, cnnclamare, inclamure, acclamare, mhd. be-
schricn, die form schwankend, nach ausweis der belege, zui-
schen starker und schwacher, doch jene vorhersehend {tcic bei
einfachem schreien, bei abschreien, anschreien, aufschreien,
ausschreien) ; die bedeutung hol ursprünglich auch guten, all-
miilich fast nur Übeln sinn.
1) beschreien, proclamare, öffentlich ausrvfen, verkünden:
mhd. des hcilgen kriuzes ere
hie; er beschrien in der diet. pass. K. 271, 77;
iuwer hcrvart ir beschrien lät. Ernst 3s56;
diu hervari wart beschril. 3S61 ;
die vart beschrien (vom laut bellenden kund). Ls. 2, 293.
nhd. so viel er seiner gesellschafl mocht beschreien {concla-
mare), hiesz er die schif zu häuf samlen. Fürer fischb. lüO'.
2) beschreien , praedicare , celebrare, berufen, berühmen :
und weil das arabisch gold, wie das ophirisch und india-
nisch und heut das buugerisch bescbrieren und bekandl ge-
wesen. Mathesius 164"; der ist edel, welches thaten weit und
breit bekant und beschrien scind. Agricola spr. 264 ;
* deutsch gnsifreihcit und rreuntlirhkeil,
darvuu die Schweizer sind beschreit.
Fl schart ijl. seh. 794 :
die beschreite {famosa) schöne Helena, chz. 27; des beschrei-
ten unter den 7 weisen Cleobuli lochten 78 ;
von dem beiden selbs allein,
von dessen ruhms beschreiiem schein
das land, ja das ganz erdreicb zeuget.
Wkckhirlin 432;
vil andre kOasien gleicher weis,
die recht den adel edel machen,
vereiniget mit deinem Qeisz,
beschreien dich in allen sachen. 3'6;
den köpf der beschrienen h. Susanna von Fiammingo. Win-
KELMA.t.N 4, 100; so fuhr sie fürt, den vater auf Unkosten des
Sohnes zu beschreien und zu loben. Göthe 22, 59.
3) dies gehl leicJil über in beschreien, diffamare, ver-
schreien : die Juden mustcn auch in aller weit nicht anders
beschrien sein, denn das sie ir gott verlassen bette. Lltuer
4, 248* ; so würden doch sie und andere confcssionsver-
wandte stände bei münniglick beschrien und ausgetragen. Me-
lanchtiion 9, 491 ;
die uneinigkeil,
die also weit nun ist beschreit,
das man ganz liuder durvon diiht. Fiscuart ehz.d'l;
wiewol er der Zauberei und nigromanzi halben sehr he-
schrclet was, jedoch konts ine nil ballen, bienenk. 2ll'; hoch
beschreit von wegen leufelswerk, vergiften«. 209*;
ich heis nicht gwi<t, dasi sein weib wer
eine solche, wie er sie beschreit. Alisa fastn. sp. 6S';
1595
BESCHREIEN
BESCHREIEN — BESCimOTEN
1596
der so die siadt beschreit, nachdem sio eingenommen
von der Chaldeer macht. Opitz 4, 381;
dasz man dich eines scbändliclien lasters bcscin'eiet mache.
Spee guld. tugendb. 366 ; mit den Zöllnern und andern be-
schreiten Sündern. Sciiuppius 30S ; dem wegen unzüchtigen
lebens beschreicten hofmeister. ped. scitulfuchs 87; was sich
aber von münnern in liaumwolle kleidete, war wegen Weich-
lichkeit beschrien. Winkelmann 5, 7; die so beschriene dun-
kelheit (einer uiilersuchiing) hat auch ihren nutzen. Kant
3, 175 ; kniffe, die den beschrienen namcn künste nicht ein-
mal verdienen. Hippel 6, 190 ;
niemand wird uns dann beschreicn,
dasz wirs uns alleiae gönnen. Götue 5, 19;
so beschrie er die grausamkeit, welche der künig ausübe.
30, 49 ;
doch was ziemt es sich zu trauern,
weil Ulan dich von dort bescliriel Platen63;
ein nebenbuhler hatte schon entzogen mir dies schöne bild,
doch bracht ich wieder es zu mir, wiewol er mich beschrie,
herum. S3 ;
doch bis hiclier zu weit entferntem strande
kann lieb und hasz den dichter nicht beschrcien. 321.
4) beschreien, anschreien, inclamare. das neugcborne kind
musz die vier wände beschreien (BA. 75. 76), die weit be-
schreien; fries. biwepa thä wagar. der lieher beschreit die
menschen im wald, er ist, gleich andern vüijeln, ein spoll-
vogel ;
iwer iegesliclien hat diu heher
an geschiiet iine waide. Wh. 407, 11;
die zwön sunder 6re het beschn't vi) selten ie der heher.
Tit. 2031, 4.
Dagegen beschreien, wenn es gehn oder stehn soll, die men-
schen das zahme vieh:
daj ej an beschriren stdt,
swenne ej unrehte gel. warnung 1259.
sie beschreien und verfolgen raublhiere und vögel:
TÜ da wirt manger umbe beschoiten
und an geschriet als die arn,
so man die geuse wil bewarn. ßtngcUng 1237 ;
blieb der wolf im wald, so würd er nit beschrien. Frank
spr. 1, 89*; bleibt der wolf im wald, so wird er nicht be-
schrien. Leumann 132 ;
wie ist dirs doch so baide
zur elir und schmach gediehn?
blieb der wolf im walde,
so würd er nicht beschrien. Göthe 3, 253.
der dieb, der rdtibcr, der mörder sind wOlfc und werden be-
schrien, zeler wird über sie gerufen (R. A. 878. 879. Ssp. 1, 62) ;
als einen dieb man in bcschrii. pass. //. 217, 71 ;
sus wurden diso bede
vur bösheil da beschriet. 178, 75;
er wart bispotet und bispirn (bcspicn),
mit chrademe bischrirn,
als man immer den tuot,
der dem anderm stilt sin guot. anegcngeiS, 22;
swelch pfafTe in siner pfarre selben siie hat,
Auröne solt ir den selben schalk beschricn. MSIl. 3, 175";
were, das dohin kemc ein mistedig person, man oder fraw,
und doselbs beschrien wurd. weislh. 2,106; wanne ein mort
geschiet in uns herren gerichte, so ensal den ihort nieman
anegiifen, er enhabe eime schulteisze geklaget ... so sollen
in die herren beschrien. 2, 211 ; wie einem dieb, der auf
einem diebstal beschreien wird, der selbige bestehet auch
nicht lang, sondern gibt bald die (lucht. Paracelsus 2, 314';
in solchem schimpfen der fürst erwacht, hört und vcrnam
alles, das die tochter und Guiscardus mit einander bcgicn-
gen, in willen war sich zu offen und sie zu beschreien. Bocc.
1, 202";
beschreit mich, wirft mir kictten an,
und hab im nie kein luit getan, fasln, sp. 269, 13;
denn ein teufel jagt den andern nicht aus, sUnd verklagt
auch ire gleichen nicht, und ein wolf beschielet den andern
nicht. Luther 1, 27' ; hab seine person nie angerürel, noch
irgend eines prelatcn noch untern, auch nieniands in Son-
derheit heimlich lasier, sundern öncntlichc gebrechen be-
schrciel. 1, 399'; golt unser valer gebe, das dise zwo ser-
mon die fiomen sol trösten und sterkcii, und die papislen
recht wol beschreien, und in alle schände für gull uinl der
weit bringen. 5, 323'. es laszt sich aber manchmal nicht be-
stimmen, ob dies anschreien oder das ausschreien unter 3
gemeint wird.
5) beschreien, incantarc, bezaubern: das beschreien ist so-
viel als fascinum, zu deutsch eine hexerische bindung, wann
nemlich die leute die kinder loben und sagen nicht 'gott be-
hüte es' oder 'helfe ihm', als 'das ist ein schön oder liebes
kind', ohne zugesetzten gedeihungswunsch. Ettners hebamme
937. vgl. mylhol. 987. zuerst also ist mir mein zuhauseblei-
ben für diesmal ganz wol geralhen, wir wollen es aber nicht
beschreien (berufen, sp. 1532), sondern in stiller bescheiden-
heit thätig hinleben. Götiie an Zeller 433 ;
eJ sich beschreien, sicli bcrühmen: dann die arzt haben
der kunst kein end noch nit. des mag sich Hippocrales wol
beschreien (ars vero longa), dann auch sein naclifolgern hangt
solchs an. Paracelsus l, 695*.
BESCHREIKRAUT, n. was berufkraut.
BESCHREITEN, conscendere, ingredi, die füsze oder beiiie
um, auf etwas setzen, mhd. beschiUen, nnl. beschrijden, vgl.
nd. bestriden, engl, bestride.
1) ein pferd beschreiten, mhd. Haupt 5, 425. nhd. Kirch-
hof wendunm. 76'; mancher, der nie kein pferd beschritt,
singet doch ein reuterlied. Garg. 21';
sein pferd, das er oft beschritten. VVeckherlin 624;
wie, dasz der herre Christ den esel wil beschreiten,
und grosze dieser weit wolln schöne licngste reiten?
LoGAU 1, 9, 26;
auf dem blauen salze reiten
und ein holznes pfeid (schiß beschreiten,
läszt sich thiin, doch hats bedenken,
dasz maus nicht zu tief darf tränken. 2, 1, 11;
man solt uns hülfe thun. da nam man ein gebisz,
das man in unser maul uns zu beschreiten sliesz. 3,9,94;
nicht wolle das gott, rief mit demuihsinn
der graf, dasz zum streiten und jagen
das ros ich beschritte fürderhin,
das meinen Schöpfer getragen. Scuiller 69'.
2) das land, den boden, den wald beschreiten, betreten;
als ich zum erstenmal die wiese beschritt, freute- ich mich
ihres sanften grüns ; der riese konnte schnell eine weite
strecke beschreiten ;
um etwas, liebe, bitt ich dich,
lasz ihn nicht diesen husch bei^chreiten.
Hagedorn 3, 39.
3) das bell, die decke, das brautbett, ehebett beschreiten :
ich war so ermüdet, dasz ich mich sehnte mein bett zu be-
schreiten; der herzog läszt sich mit dein mädchen trauen,
wird aber durch hunderttausend dinge gehindert, die decke
zu beschreiten. Götiie 33, 4S ;
ist das bett heschritien,
so ist das recht ersiritten. EisENiiART^jir. s. 132.
vgl. beschlagen sp. 1573.
4) den rechtsweg beschreiten, betreten, einschreiten, sehr
uneigenllich aber sagen die Juristen : nach beschrittener rechts-
kraft, nachdem das urtheil rechtshräßig geworden.
BESCHREME!V, ordinäre, disponcrc, fügen:
ich hoff er (gott) beschrem unsern will fasln, sp. 1400,
füge unsern willen, ordne es nach unserm wünsch, mhd. vom
gewand :
(diu wät] stuont wol umb in gebromet,
bestellet und beschremet
mit scJiinät was da; kleit. troj. kr. 29S0 ;
stuont diz gewant gebremot
und was nach ir geschreniet
mit hovelicher fuoge. '20138.
BESCHRIEBENERMASZEN, adv. indem das ich oben be-
schriebenermaszen fühlt, handelt es auch. Fichte yrumi/ugc 293.
BESCHROTEN, concidere, circumcidcre, was beschneiden,
ahd. piscrotan Graff 6, 578), mhd. beschrüleii, beschriet, ags.
bescreadan ; zumal von federn, haar und Ucidcrn : das har
beschrotcn und abhauweu. Maaler 61' ;
den arn beschröien sine wiicii vluge. kröne 18424;
wann meiner freuden gelider
beschrotcn ist. fasln, sp. 1385*,
vgl. beschneiden sp. 1587;
kurz, schiuitlich und beschroten rock,
das einer kuin den nabel bdöck. Urant narrcnsch. 96 ;
kerklich und beschroten (s. /.). fnstn. sp. 787, 19; wie ein-
mal ein slalionierer gepredigel, zu Rom hat man deni h.
geist die federn beschröien, dasz er im taubhaus pleihen
musz (am rande: dem h. geist sind zu Rom die fellidi ite-
schiülcn). bienenk.U*; dieweil es aber auch nicht allwcg gut
1597 BESCHROTER— BESCHULDEN
ist, das man die hanen und die capaunen bescbrote oder
inen die federn ausrupfe. Sebiz 101. etwas im groben, aus
dem ganzen stück, beschroten, die münze besclirotcn, be-
schneiden, die mause beschroten brot und käse, einem
seine pfründe beschroten {schmälern), dasz die erbschaft nicht
zu viel bescluottet und erschöpft werde. Frankf. ref. IV. 6, 4.
BESCHROTER, m. zahnbrecher, münzbeschroter, falschwäg-
1er, mönzraischer. Fischart groszm. 72 ; geiszhüter, hünerbe-
schroter. capauneoschneider. 94.
BESCHUL. MPFELN, bei Stieleb 1936 beschrnmpeln, was das
folgende.
BESCHRLMPFEN, conugari, schwächer ah einschrumpfen
und verschrumpfen : beschrumpfte haut, beschrumpfte pflau-
men, organisch väre ein starkes beschrimpfen pari, beschrum-
pfen.
BESCHBUNDEN, dissilirc, rimas contrahere, spalten, spränge,
risse bekommen. Stieler 1916.
BESCHUHEN, calceare, mhd. bcscliuon;
als rieh ich werden mficje,
da; ich heschuo ir fiicje. US. 2, 109*;
das kind tum erstenmal beschuhen, neu beschuhen ; sich
lieschuhen : darnach beschüet er sich mit einem groszen par
scbuch. Aimon B i ;
die (usze beschuhet mit stalil. Rasler 1, 13;
das pferd beschuhen, ihm den huf beschlagen; ein paar Stie-
fel beschuhen, anschuhen, vorschuhen ; einen pfähl beschuhen,
die spitze mit eisen beschlagen, so sagte man sonst auch das
Schwert beschuhen, ihm die scheide beschlagen.
BESCHUHUNG, f. ebensowenig ward uns in beschubung und
bekleidung Weichlichkeit gestattet. Arndts leben 13.
BESCHULDEN , mereri, sotcol verdienen, verscliulden, ver-
dient, verschuldet haben, als auch zu vergelten, abzuterdienen
schuldig sein. mhd.
daj beschiilile ich, die wile ich leben,
iimb iur gesiebte zalier slunt. Reinh. 1908;
da^ hesriiiililich iemcr wider dich. 1955;
Sil ich ie was unpeflijjen
ze beschulden dinen zorn. Flore 1153; •
dar hat din gfiete wider mich
scliön und par wol bescliuldet. Engelh. 6411.
niid. und hasz aus ;;rund meins herzen diub,
denn du hasis wol umb mich bcscliult. Wickbai hilg. B3;
das frommt mich wol und gibt mir miiot,
wils bschulden, wo ich bin so guot. trag. Joh. Q4;
daran erzeigt uns dein liebe sonder danknemb gevallen, das
wir mit allen genaden und frewntschaften gegen derselben
erkennen und beschulden wellen. Chmel Maxim, s. 9 (a. 1493)
*. 9 (1493) s. 20 (1494) ; solches gegen inen sampt und son-
derlich in allem, darin sich die gelegenheit immer begeben
wirdet, freundlich, gnediglich und dankbarlich zu erkennen
und zu beschulden. La.'<z Karl V s. 477 (1551); das will ich hin-
gegen wideruin umb ein jeden freundlichen fleiszes beschul-
den und verdienen. Götz von B. leben 5; das wird der all»
mächtige euch vergelten, so seind auch wirs hinwieder um
euch gnädiglich zu beschgjden geneigt, landgr. Phii.ipp bei
Mdanchth. 5, 5(>2; allergnädigster herr, mir istnit müglich
solche gulthat, so mir von ewern gn. bewiesen wirt, zu be-
schulden. 6uc/i der liebe 5S, 4 ; allergn. fraw, mir wirt war-
licli viel mehr ehr und guls erwiesen, denn ich nimmer be-
schulden kan. 59,4 {Galmy 154); marschalk, sprach der her-
zog, solrhs wil ich mit geneigtem willen allzeit umb euch
beschulden. 65, 1 ; solches in allem möglichen gebühr zu ver-
dienen und zu beschulden begierig. Schweiüichen 1, 206;
dann mein allergn. herr solches umb mich nie bescbuldl hat.
Galmy 29; sollen sie ilin {den Oberstleutnant) hinwidcr wie
ein landsknecht, und der es umb einen jeden, seinem stand
und gebühr nach, beschulden und ihn gern befördern helfen
wil, nimmermehr wegcrsam {sich Kcigernd) spüren. KinciinoF
Hij/. rfisc. 65 ; gegen alle ganz willig zu verdienen und freund-
lich zu beschulden. 211; das man manigem nachredt, das er
beschuldet nicht. Tmurneisser von icassern. 272; das wil ich,
ungesparts leib» und guts, willig und gern beschulden {a. 1606).
Beimharo irfr//i. gegenb. 2, 197 ;
mein tag ichs nicht he<ichiihlon kan
das gut, das mir liie ist gsrlielien. Atrer 46*;
so danken wir euch nci^ziir dnimh
und wolls wiilcr b<->.rliuldcii gern. 56*;
WO solches mein herr Jesu? umb einen jeden besonders ge-
l»örlichcn la^cliiildtn und verdienen kann. proc. 3, 8; ich
BESCHULDIGEN — BESCHÜTTEN 1 598
hatte biszher alles mit gedult gelitten und gedacht ich hätte
es hiebevor beschuldet. Simpl. 2, 157 ; dasz meine Schuldig-
keit seie, solchen ehrlichen und lobwürdigen rath wieder ge-
gen ihn mit höchster dankbarkcit zu beschulden. 2, 160.
Sunmehr schvindet diese, im canzleistil des 15. 16j7i. so häu-
fige bedeutung und irird durch verschulden vertreten, beschul-
den aber heiszt schon bei Stieler 1940 arguere, aecusare;
gleich früh, wann zarter niorgenschein
all gipfel hoch vcrgfrldet.
mich zeitlich das gewissen mein
der Sünden viel beschüldct. Speb trutzn. 83 (90) ;
woßr heule beschuldigen gilt, beschulden nehmen uir im
sinne von mit scliuld belasten: welcher zwar etwas beschul-
dete, doch ansehnliche grundstücke besasz. Leipz. aranl. 2,121 ;
seine guter sind bescliuldet, weniger als verschuldet; ring und
Stab durfte die unkeusche, blulbeschuldete laienband nicht
mehr berühren. Schiiler 103G.
BESCHULDIGEN, arguere, rügen, zeihen, meist mit acc. der
person und gen. der sache, einen des mordcs, diebstals, der
untreue beschuldigen, neuere setzen tadelhaft auch die sache
in den acc; und die bobenpricster bescliuldiptjpn in hart
igolh. vröhidcdun). Marc. 15.3; und linde an dem menschen
der Sachen keine, deren ir in beschuldiget. Luc. 23, 14; da
ich aber mich wolt erkundigen der ursach, darumb sie in be-
schuldigten, apost. gcsch. 23, 28. 29; mich verantworten sol
alles, des ich von den jüden beschuldiget werde. 26, 2; wer
wil die auserwcllen goltes beschuldigen? Rom. 8, 33; obwol
die Sünde durch Chrislum vergeben und also überwunden ist,
das sie uns nicht verdammen, noch das gewissen beschul-
digen kan. Luther 5; 199'; darum kan uns niemand hierin
beschuldigen, es sei dan, das er die h. r. kirch der gotts-
lästerung wolt beschuldigen, bienenk. 235' ; du mich nicht be-
schuldigen wollest. Nel'marks /i/s(tr. rorr. ;
hier steh ich, götter, und bekenne,
bekenne was man mich beschuldigt. Wielasd 5, 194.
BESCHULDIGER, m. criminator, ankldger, rüger.
BESCHULDIGUNG, f. incvsalio, criminatio, rüge: einer be-
schuldigung verdacht sein, landfr. von 1521 §. '; wahre oder
falsche bcschuldigung.
BESCHUMMELN, decipere, leicht, in kleinen dingen belrie-
gen. s. schummel und Schjieller 3, 363.
BESCHUNDEN, inquinare, concacare. s. schund.
BESCHUPPEN, 1) squamare, squamis obducere, wovon nur
das pari, squamalus, beschuppt üblich : das beschuppte beer,
squamifera piscium lurba, squamosus grex;
die rauhe sec
lehrt das beschüpte volk das heiszejiehcstrch.
HoF»*jrsswALDAC geir. seh. S;
bcscliupptes licer. Crockes 1, 367; glatt beschuppt. 2, 121. 7,46.
2) desquamare, abschuppen, die schuppen abziehen: der fisch
musz beschuppt werden, figürlich, einen hetriegen; der Jude
beschuppt ihn bei jeder Zahlung um einige groschen; er
wurde hei diesem handel arg bescliuppt.
BESCHÜRFEN, bergmännisch, defodcre, einen gang abschür-
fen, bloss legen.
BESCHÜRZEN, praecinctorio munire, die schürze vorbinden.
BESCHÜSSELN, calinis ornare: eine beschüsselte lafel.
BESCHUSZ, ni. hat He.mscii für paries medianus, nnl. bc-
schot.
BESCHÜTT, f. agger, congeries, gebildet wie anscbütt, doch
vgl. gesciiütt n. wie seiner Wagenburg beschult von feinden
angezündt worden. Facil-s bei Fronsp. 3, 275".
BESCHÜTTELN, concutere, s. schütteln upd ahd. irscntilÖD,
discutere.
1) conculiendo implere : den boden mit laub, eichein, bir-
nen, vom bäum herunter, beschütteln.
2) capitis motu renuere: schweigend wurden alle seine an-
trage beschültelt, remein/; eine frage beschülteln, den köpf
dazu schütteln.
BESCHÜTTE.N, ahd. piscutan pi.scutila, mhd. beschulen be-
schütte, alls. biscuddian, zu folgern aus scuddian quatere,
mnl. nnl. bescbudden, obruere tum ftuiJis tum aridis.
1) perfundere, begieszen, nur rst beschütten stärker als be-
gieszcn : einen von oben mit wasser beschütten ; ein gewal-
liger regen bescbültete das land; des morgens Bszl er sich
den köpf mit kaltem wasser beschütten ; aus den fenstem
wurden die feinde mit heiszem wasser beschüttet; man er-
blickte den mörder, wie er mit blut beschüttet war; er be-
1599
BESCHÜTTEN
BESCHÜTTER — BESCHWÄNGERN 1600
schüttet sich beim trinken mit wein ; hat sich sein kleiJ mit
brühe, mit fett beschüttet, die suppe beschütten hciszt et-
was davon verschütten.
2) conlegcre, operire, mhd.
diu süegen kriit geslaht
mit bluoriien stein bcscliültel. Mai 207, 7.
nlid. der bäum, unter dem sie sasz, beschüttele ihren schosz
mit lauter bluten; die schuhe, die füsze sind ganz mit staub
beschüttet; mit sand und grund beschütten; die böum mit
gritcm grund unden bi der würzen beschütten. Maaler 61';
beschütten, in der Sclitreiz, düngen ; den sarg hinablassen
und mit erde beschütten ; die wege mit kies ;
und unbegraliner Indien sind viel mehr,
als derer, welche wir mit wenig erde
beschüilen konnten. Klopstock 10, 104;
beschütte die kuchen mit zucker; er scimupft so stark, dasz
er sich den rock mit taback beschüttet; die dächer waren
mit asche beschüttet; die funken stoben und beschütteten
alle umstehenden, eine ahd. glosse piscultir adustus (Grakf
6, 427) vielleicht zu fassen von funken beschüttet.
3) wie es mhd. lebendig hiesz daj harnasch, die brünne,
die ringe an schulen, abc schulen, da sie gewunden waren,
gleichsam anrollten, abrollten, und einen ög der halsberge,
ftj dem isengewant schulen, die rüstung von ihm schütteln
(harnasch ftf schilt schulen, kröne 14873 ; dö schulte er sin
gewicfen in den Schildes rant. Gudr. 1530, 2) galt auch sich
beschulen, concuti:
du sluoc der herrc Irnvrit den küenen spilman,
daj im muosen breslen diu ringes gespan,
tmd da? sich beschulte diu brünne viwerröt.
doch viel der luntcräve vor dem videlscre tot. Nib. 2009.
das 'doch' nöthigt 'im' auf Volker zu ziehen, es darf aber
auf Irnvrit gehen, wenn man der lesart 'do den vorzug läszt
und dann empßenge 'beschulte sich' den siim: der todwunde
landgraf, auf den spielmann noch einmal schlagend, strengte
sich dergestalt an, dasz seine brünne sich löste, zusammen
rasselte und er selbst mit ihr niedersank, denn Volker blieb
unversehrt, sein gespänge barst nicht; wäre es gleichwol von
ihm gemeint, so müste man beschulen auslegen nach 2 : seine
brilnuc bedeckte sich feuerroth von den funken des schlagen-
den Irnvrit, was auch sehr schön gesagt ist.
4) häußg aber steht mhd. beschulen im sinne von beschir-
men, und ebenso mnl. bescudden, wie sich aus contegere die
bedeulung protegerc entfaltet:
waj dö taeten die sin ?
die beschütten in mit swcrion. Parz. 74, 3;
in beschulten die ob im da siriten. 74, 19;
doch beschütten in die sine. Wj. 307, 30;
waz mugen die sarrajin nn tuon*
si beschulten Faborsen. 373, 15;
sus beschulter sincn sun. 428, 24;
er beschulte manegen sarrajin,
der da beliben müesle sin. 436,29;
si beschulte in änc vellen
und n.'im sine Sicherheit. Wigal. 280,23;
Iiescuttc mit gewall
den kuiiinc Dionise. Mtiis ß. 126;
iederman die sine wolt beschütten. Lohengr. 108;
beschütte mcnlich die cristcnhcil. 115;
swer aber gcvellet wart, ÜT den grö?e menige wartet,
der wart bcschut ein miclicl teil. 123;
den von Präbant sin panier beschulte. 137.
nicht nur die freunde wurden im kämpf beschirmt, sondern
auch die besiegten feinde, d. h. sie blieben erhalten, am leben,
wie hat man sich aber dies beschütten, dies decken sinnlich
zu denken ? als ein hallen des schwerts über einem ? abschla-
gen, abwehren eindringender schwertschldge? so dasz das
sehwert über j/im geschwungen, geschüttet, geschüttelt wurde ?
vom vorhalten des Schildes (protegerc scuto) wird hier nie ge-
sprochen, der be«cliüllete wurde gleichsam aus dem kämpf,
aus dem gedrJngc gerissen, was an lat. e.xfulere, it. scuotere,
sp. sanidir, prov. socmlre, franz. secouer gemahnt (mehr
unter dem einfachen stiiülten) und durch die besondre bedeu-
tung von besdiütten = retrahere bestätigt wird. s. 6. dies
hescliütlen findet sich noch in einem weisthum von 1403 (1, 612),
li'O es heiszt: des dorfes not besciuilten ==: 6c4c//irmf/i. s. bc-
schfltzen.
5) bescIiüUen, reichlich begaben (ubertim), dasz es übcr-
flieszl, wie auch gieszen ein geben wird:
mit dem und mchrerm wirds voihüngnis dich besrhOlten.
Louk:«st, Ucop. 1201 ;
er bat, er hat vergeben
mit enadevolloin rath,
beschüttet dicii mit heile,
vom elend dich befreit. Klopstock 7, 213;
einen mit segen, mit wollhafen beschütten ; als wurde ich
vom guten allen valer, wie am weiiinachlsfeste, reichlich be-
schenkt und beschüttet. J. l*\vi jubeis. iS\.
6) im deutschen recht heiszt beschütten retrahere, die ver-
äuszerte sache zurückziehen, den käufer davon abtreiben, wie
man nach 4 einen aus dem kämpf zog: die nächsten ver-
wandten sollen ein slammgul binnen jähr und lag beschütten.
BESCHÜTTEK, m. canis venaticus, grajus, einer von zwcin
oder drein Jagdhunden, der den andern zu hülfe kommt, sie
beschirmt, herauszieht, rettet: Spürhunde, Wachtelhunde, hüner-
liunde, stäubere, wasserhunde, rüden, rökel (rekel), beschüt-
tere. PiiiLANDER 1, 623. auch in diesem wort dauert das alte
beschütten = beschirmen, dän. skydehund. s. beschülzer.
BESCHÜTTUNG, /". im deutschen recht retractus, abtrieb.
BESCHÜTZ, m. tutela, praesidium, schütz, schw. beskydd,
würde mhd. beschul lauten: die engel tragen sorg des nien
sehen beschulzs. Frank chron. 5"; dasz der mensch in ein
solche grewliche gcfiingnus geführt soll werden und keinen
beschütz soll haben. Paracelsus 1, 87".
BESCHÜTZEN , tueri, defendere. wir betrachten heule be-
schütten und beschützen als ganz verschiedne Wörter, und doch
scheint beschützen, wie sich nach beschütten 4 ergibt, aus be-
schütten entsprungen, sei es zufolge der neigung unserer mund-
art das T zu aspirieren, oder weil man auf einen falschen
Zusammenhang 7nit schieszen und schlitze gerieth. ebenso un-
organisch schreibt man nnl. beschütten tueri für bescliudden.
tvann die form beschützen und schützen zuerst auficam, ist
unermittelt, hat in Heinrichs Trist. 6273 die lesart
schützte in mit dem swerle
volle beglaubigung, so läge ein altes beispiel vor, denn jeder
sieht, dasz reinmhd. stehn sollte schulte, wie l)eschutte mit
dem swerle. oberdeutsche dialcctc kennen noch jetzt kein
schützen oder beschützen tueri, aber seil Luther verwendet
sie die schriftspracJie : wer sich auf den herrn verleszet, wird
beschützt, spr. Sal. 29, 25 ; die das jüdcnlhum redlich be-
schützet haben. 2 Macc. 2, 22 ; und zwen hielten neben dem
Maccabeo und beschützten in mit iier were, das in niemand
verwunden konle. 10, 30 ; das bnd, das Vaterland, das volk
beschützen;
ich beschütze dich. Schiller 430";
die armen kindlein, die unschuldigen,
das treue weib musz ich vor deiner wut
beschützen, landvogl. 544";
die frau begegnet ihrer eignen beschützten ((/("<; Sara der Hagar)
übel genug. Gothe 24, 210. mehr unter schützen.
BESCHÜTZER, m. tutor, palronus, defensor: beschülzer des
glaubens, des ackerbaus. weidmännisch, einer von den Wind-
hunden, was /^ni/»er beschulter hiesz: ein strick liuiide iieiszen
zwei oder drei windliunde, welche der Jäger am helzrieineii
zusammenfaszl. zuweilen gewöhnt man einen aus dein strick,
andern Windhunden den hasen abzunehmen, zu bewahren
oder auch herbeizutragen, dieser iieiszt der relter, besciuitzer
oder schirmer. Nemnicii sp. 816.
BESCHÜTZUNG, f tutela, defensio: was etliche gaile stücke
betrilTet, darf ich alhie für solcher antworlung und beschülzung
nicht so khün sein. Weckheri.in tiorr. zu d. welll. ged.f er-
lösung und beschülzung. 352.
BESCHWABACHERN, in Schwnbacher schrift setzen und
hervorheben: bezifferung und boschwabacheruiig. Wolks /<r. o«
Heyne 1797 s. lOS.
BESCH WACHEN, debilitare, beschwächt, languidus; eine
Jungfrau bescliwüchen, virginem comprimere, heute blosi
schwäciien, schw. kränka sp. 1570.
BESCHWÄGERN, sich, affinitate sese jüngere: indem des
caltischen kiinigs söhn . . . sich mit denen Mciiapiern be-
sctiwägerlc. Eoiienst. Arm. 1, S95; welcher ihnen melir be-
schwägert oder befreundet ist. Weise kl. leule ins ; wir sind
weilläiiflig beschwägert. über/t. ged. i, ^'i ; wenn sich die ker-
len mit den vornelimsten lainilien beschwägerii. comöd. 254;
der bürgermeisler eines schneiilers söhn, und mit vielen an-
dern schneidern bescliwägerl. Fclscnb. 2, 417 ; Rnrellus war
mit den ange.'»ehensten familien beschwägert. Hahn 4, 240.
s. versdiwägern.
BESCHWANGERN, nnl. bezwangeren. 1) qravidare, im-
pkre, beschweren : ausdünslungen, welche die Infi mit wölken
1601 BESCHWÄNGERCNG— BESCHWEBEN
BESCHWEFELN— BESCHWERDE 1602
beschwängern. Ka:<t 7, 123; die einbildungskraft, durch er-
fahrung beschwängert, bringt gewisse Vorstellungen unter das
gesetz der associalion. 3, 16S; taubes gestein mit Schwaden
beschwängem. Mcsaeüs 2,1;
bricht sein erhitzter muih,
beschwängert von der kunst, durch flammen, blitz und glut.
Rabe.ner 2, S5,
lohensteinische schwulst nacliahmend.
2) comprimere virtjinem. man sagt heute meistens schwüngern.
BESCHWÄNGEKL.NG, f. dasz der hund (xidt^) neben dem
Plutus die beschwängerung (}nt;otr) der fruchte bedeute.
Wixrelman:< 2, 625.
BESCHWÄNZEN, eauda instruere: die abergläubische Vor-
stellung beschwänzt den teufel; lang beschwänzte äffen; no-
ten beschwänzen. s. beschweifen.
BESCHWAPPELN, sich, Jieluari, tuburcinari, sich befressen,
besaufen. Stiei.er 1962.
BESCHW.\REN, onerare, sehrieb man im 16 jft. noch oft
und richtig ßr beschweren, d. i. ahd. pisuäran, mhd. be-
swaeren. Maaler 61* unterscheidet beschwären gravare ron
beschweeren oLleslari, vie vir beschweren ron beschwüren.
BESCHWÄRLICHEN, adt. moleste: dann diser fürst sich
oftmals beschwürlichen beklagt. .MELAxcniH. herzog Friderich,
verd. von Lacterbeck. 1563 bl. 10. s. beschwerlich.
BESCmVÄRMS, f. molestia. s. beschwernis.
BESCHWARUNG, f. molestia, was beschwerung :
und habt grosz bescbwarung und klein frid. fastn. sp. 296,21.
BESCHWÄRZEN, denigrare: bei dem feuwer und rauch
beschwärzet. Kirchhof mil. disc. 119 ;
secht, wie sie uns (die hände) beschwerzet han. ArBsaSiO*;
bat sie bcschwerzt heim gschickt wie die moren. 3S0';
alsbaM der tag erblichen,
kommt die beschwärzte schaar, das beer der angst geschlichen.
Grtphics 1, 18;
deswegen ich durchaus hiermit auch nicht beschwärz
je ein und andrer lob, rühm, ehr und reines herz.
Werders Ar. 22, 2;
rorfahren, deren geschlechte er mit so schlimmen thaten be-
schwärzte. LoHEXST. Arm. 1, 75. in der absiracten bedeuiung
sagt man heute lieber anschwärzen.
BESCHWATZEN, BESCHWÄTZEN, multa loquendo indu-
cere, decipcre, bereden: die wahre ui^ach, warum man sich
an die deutscLcn gelehrten wendete wäre, weil diese sich,
so wie überhaupt die ganze nation, von ausländem leicht zu
etwas beschwatzen lieszen. Klopstock 12, 352; ich lasse mich
beschwatzen und tbue alles was sie haben will ; du bist ein
kleiner schmeicbler, versetzte das mädchen, aber du sollst
ans nicht beschwatzen. Wiela.nd 10, 34 ;
wer fühlend spricht, beschwätzt nur sich allein.
GöTBK 56, 31 ;
kann er nicht jeden schritt beschwätzen. 12, 216;
er will uns beschwätzen, fort, fort! 13, 103;
der Liebetraut ist ein pfiffiger kerl, von dem hat er sich be-
schwätzen lassen. 8, 60 ; bei meinem zaudern und beschwätzen
so manches vorgesetzten und eingebildeten. 26, 254; gib du
acht, gib du acht, und wenn du aus jedem astloch ein äuge
strecktest, er wird sie, dir auf der nase, beschwatzen. Schil-
LEB ISl';
E. ihr hoft umsonst mich listig zu beschwatzen.
L. beschwatzen konnte dich der plauderer,
ich aber will zu deinem herzen reden. 434'. 435' :
ApoUonia, die von ihrer magd Sabina beschwatzt gar viel
böses von ihrer tochter sagte. Armm kronenw. 1, 420
BESCHWATZEH, m. hämo garrulus callidusque.
BESCHWÄTZT, disertus, loquax, garrulus, wie beredt: des
königs legalen sollend wol bsrbwätzt sin, gschwind, glisz-
ner, practicierer. spiel ron Lucretia. Strasib. 1550 E 6* ; ewer
maj. wollen sich durch meinen subtilen, spitzfindigen, scharf-
«innicen und zn gar beschwätzten gegenthei! nicht bedörcn
1 --fi. AvRER proc. 1, 6; der so gar wol beschwätzt ist. 1, 7;
^M•'v^ol er als eine atzel beschwätzt ist. Phii.akd. 1, 60; ein
stattlicher redner, ein beschwätzter, herzhafter mann, l, 317;
heul ein b.nchlein wol beschwätzet
nahm die flucht aus pruoem wald. Srii tm/zn. 287 (315).
heule sagt man nur geschwätzig.
BESCHWEBEN, pcndere: in deren (wölken) auch die ganze
well mitten bcschwebct. Atber proc. 3, 4. transitiv, pendendo
legere:
jugendlich milde
lieschwebt die gefilde
«wiger mai. Scbillir 8*.
fc
BESCHWEFELN, sulphure imbuere, sekieefeln:
und müstest du ewig da flackern, o hund,
vom zeh bis zum prirbel bescbwefell. Bcrckr 81*.
BESCHWEIFEN, cauda instrUere:
so zieht die last der bomben durch die luf),
mit ftiuer beschweift. Kleist 1, 134 ;
als sie der wallenden monde
rauschen nicht mehr vernahmen, nicht mehr der bescbweiften
komelen
fliegendes donnergetös. Klopstock Hess. 16, 334.
BESCHWEIMELN, animo Unqui, ohnmdehtig werden, sehwin-
deln. Stieler 1966.
BESCHWEIME.N, dasselbe, mhd. beswimen, nni. bezwijmen :
drauf fieng er wieder an allmälich zu beschweimeiK
Nechares luslto. 194.
er ist vor schrecken beschweimeU Stueleb 1966. ein edles,
nunmehr abgekommues wort.
BESCHWEINEN, in^tnare, besudeln, besauen. Sheler 1967.
BESCHWEISZEN, sudore oceupare, rigare, nni. beiweeteo,
mhd. besweijen :
da sin vel was besweizel,
und der sloup was druf gevallen. Wh. 270, 12;
viel sehen vor sich hin und wundern sich im ge^t,
viel hoffen, weisz nicht wA, viel seind aus furchrbeschweiszt.
RiciERs reime dich 183.
weidmännisch, das beschweiszte, mit blut besprengte gras ; die
band beschweiszen, mit blut benetzen, s. beschwitzen.
BESCHWEMME.N, inundare, überschwemmen, nni. bezwem-
men:
der felsen baupt, das sieb so hoch jetzt strecket,
stand ganz beschwemmt, war mit der flut bedecket.
Opitz ps. 104.
BESCHWER, f. und n. molestia, onus, das genus lassen
die meisten stellen unsidier, zum f. u-ürde das ahd. sudri,
mhd. swsere, und unser nhd. schwere stimmen; deutlich steht
ein beschwere Petr. 187'; mein herr vater hatte grosze be-
schwer davon. Schwei.niches 1, 67 ; welches i. f. gn. mit gro-
szer beschwer (gravate) thun wohen. l, 169; mit groszer be-
schwer thaten. 2, 47 ;
verzeiht, mein edler riiter, die beschwer,
die mein besuch euch macht. Tieck 3, 90.
das n. gewährt Olearics: und machen ihnen selbst unnütz-
liches beschwer, pers. reiseb. 1, 12 ; hat der bäum keine fruchte,
so hat er auch kein beschwer, pers. rosenth. 8, 15t ; ein wil-
liger diener solcher fürnehmen gesellschaft und nicht ein be-
schwer zu sein. 2, 5; n. ist auch nni. bezwaar. unentschie-
den sind folgende: allerhand beschwer und ungelegenheit lei-
den. ScHWEisiCHEX 2, 14; welches mir bald beschwer und
mühe gegeben. 3, 105 ;
des küngs gepot macht solch beschwer.
SCBWARZENBBBG 156, 1,
(gute mer) die hört man billicb on beschwer. 133, 3;
damit ich ewer bschwär ergetz. Schielzl Saut 14';
wie wir des eidschwurs nnd beschwer
los werden mit gutem titel. Soltac464;
0 führe, herr, auch aus beschwer,
die noch bestrickt sind, wieder her. Opitz ps. 136;
nun ist hier, was beiden Trommel,
nun ist hin, was war besdiwer. Fleäixg 352;
hier liegt die gerne lag,
nur disz ist ihr beschwer,
die armen (nrnic) sind ihr leer. Logac2, 2, 46;
wie mich pflesrie krig zu krrinken,
was er brachte Tür beschwer. 2, 2, 50;
klinget sie (des Sängers stimme) übel, so hat man beschwer
nnd venlrnsz darvon. pers. rosenth. 2, 14; erwehle den theil,
welcher ohne beschwer und am leichtesten zu tban ist 8,18;
alle ehr ist beschwer. Schcppius 41t ;
zwischen erd und htmmel schwebt die arme,
sonder ziel für ihres flugs beschwer. Bürger 76';
der Noah war ein braver mann,
stach ein fasz nach dem andern an,
und trank es aus. zu ROltes ehr,
das macht ihm eben kein beschwer. Kopiscb.
BESCHWERDE, f. ahd. suärida (Grait 6, 892), mhd. be-
swa?rde.
I) onus, moles, molestia, last, mühe, schmerz, hdußg im pl.
gebraucht: die beschwerden des lebens, ich fühle wenig be-
schwerden, die beschwerden des kriegs drücken ihn hart;
armer leut äcker mit zehenden und ncwen beschwerden satt-
len, das sie davon ir kriegsvolk erlialten. kriegsb. des fried. 206 ;
das sie geschlacht und folgig werden,
and die leut fertigen on bscnwerden. Fischabt gl. scIi. 25;
101
1603 BESCHWERDEBUCH — BESCHWEREN
BESCHWEREN — BESCHWERLICH 1604
dasz aus menschen werden wölfe bringt ru glauben nicht
beschwerden,
siebt man nicht, dasz aus den Deutschen dieser zeit Franzosen
werden? Looab 3, zug. 200.
2) querela: beschwerde führen, über oder gegen einen; es
lief eine beschwerde nach der andern über ihn ein ; es kommt
weiter keine beschwerde gegen ihn vor. s. beschweren 4, d.
BESCHWERDEBUCH, n. auf postcn und eisenbahnstationen.
BESCHWERDNIS , f. moleslia: das die kais. maj. unser
nächst gegeben antwort etwas mit beschwerdnis vernommen.
Baumgartner bei Melanchthon 2, 365.
BESCHWEREN, b,eschwor, jurare, obsecrare, mhd. beswern.
s. .beschwören.
BESCHWEREN, beschwerte, gravare, belasten, mhd. be-
swaeren, nnl. bezwaren.
1) mit etwas beschweren : ir sollent fleisziglichen lugen,
das ir euwere herzen nit beschwerent mit dem frasz, oder
mit fressen und saufen. Keisersb. sunden des munds 4"; item
er sol warnemen, das dieselben wort an in selber nicht schwer
seind, das sie damit nicht beschweren den, mit dem sie
schimpfen wollen. 36'; hütet euch, das ewer herzen nicht be-
schweret werden mit fressen und saufen. Luc. 21, 34 ; auch
hab ich gehöret die wehklage der kinder Israel, welche die
Egypter mit Irönen beschweren. 2 Mos. 6, 5; so du niemand
bei dir beschweren wirst noch mit finger zeigen noch übel
reden. Es. 58, 9 ;
mit zu früher nacht
der tod sparend was bös, das best allzeit beschweret.
W'ECKHERI.I.xi 699;
ein acker mit weizen und anderm körn beschwert. Schüp-
piüs 761;
was für ein opfer, herr, willst du der göttin bringen ?
der fremdling ist beschwert mit unerhörten dingen.
J. E. Schlegel 1, 54;
fort vom tische mit dem gast,
dem du ihn mit einer last
von gerichten sollst beschweren. Gökingk 2, 51 ;
dasz du dein gewissen nicht beschwerest mit mord. Klinger
1, 80 ; den wagen mit lasten, das reich mit züllen, die waare
mit abgaben, das dach mit steinen, den magen mit wein, den
brief mit geld, die leute mit besuchen, das gewissen mit
einem eide, das herz mit kummer und sorgen beschweren ;
darf ich sie damit beschweren?; ich will sie damit nicht
noch mehr beschweren.
2) die ältere spräche setzt die sache auch in den geniliv :
das also e. k. f. gn. und die Universität seinethalben der
hundert gülden nicht beschweret werden. Luthers br. 5,387;
sie die arme frauwen nicht mehr bemühen noch beschweren
wolt solches dienstes. Bocc. 1, 193"; das si das volk keins
gebens oder zins beschwert. Franä lueltb. 10'; wir sein des-
sen nicht beschwert. Ayrer proc. 1, 12. die spätere kann (ür
mit auch von oder durch verwenden:
geduld ist zwar die kost, davon sich arme nähren,
doch wird kein fetter wanst sich sehr davon beschweren.
I-OGAU 1,9, 92;
wie durch das münzwesen so mancher mann, sonderlich in
kirchen und schulen beschweret und betrogen werde. Schdp-
pius 120 ; ich fühle mein gewissen dadurch, mein herz davon
beschwert.
3) häufig bleibt aber die beschwerende sache unausgedrückl,
einen beschweren heiszt einen belasten, bekümmern, quälen,
beleidigen: darumb haben die groszen hcrren ire spilleut, die
man brauchen sol allein zu zeiten, als wan dem menschen
die Vernunft beschwert ist. Keisersb. Sünden des munds 53*;
der hcngt sich mit der scheren an einen stein, das er be-
schwert werd, 80 es ungestüm ist. 34*; lasz uns nicht alle
gehen, das wir dich nicht beschweren. 2 Sam. 13, 25 ; warurnb
solt dein knecht meinen herrn könig förder beschweren?
19, 35 ; denn die vorigen landpfleger, die vor mir gewesen
sind, hatten das volk beschweret. Neh. 6,15; denn der sterb-
liche leichnam beschweret die seele. weish. Sal. 0, 15 ; da wir
über die maszc beschweret waren. 2 Cor. 1, 8 ; auf das ich nicht
euch alle beschwere. 2, 5 ; denn dieweil wir in der hütten
sind, sehnen wir uns und sind beschweret. 5, 4 ; und lasse
die gemeine nicht beschweret werden. iTim. 5, 16; lieben
hcrren, beweisen! das uns des keisers suns tod höchlich be-
schwere. Aimon c;
ach alter, das mich fast beschwert. Scowarzekb. 141,2;
denn es beschwert mein edelleuf,
das ein bewrin nach unsr tod^zeii
ihr fraw und fiirstln werden solt.
ü. Ma(;ritii;5 com. vom grafvn Waller DT;
es wird dich gleich wie mich
nicht wenig beschweren und verdrieszen. AtrerSIO';
es wolle gestern sich der geizhals Alme henken,
sechs heller, Aule, doch die machten ihm bedenken,
so iheuer kam der sträng, der preis v/ar ihm beschwert.
nein, fieng er an, der tod ist nicht des geldes werth.
Opitz 2, 455;
schaut diesen schlechten stein,
ein demant solt es sein,
denn das, was er beschwert
ist mehr als dieses wert. Logau 3, 1,60;
ein harter fluch beschwert das land,
wo dieser weinstock aufgeschossen. Hagedorn 3, 46;
einer will die sonn," die den andern beschwert,
dieser wills trocken, was jener feucht begehrt.
SCUILLER 329" ;
viel wissen möchte sie beschweren. 244';
der patronus kann die pfarre besetzen, aber nicht beschwe-
ren. Moser 2, 6. oß steht heule das pari, praet. : das ist ein
beschwerter (geplagter) mann ; ein beschwertes bret ; ein be-
schwerter brief. Göthe 7, 119 ; er rief seinem beschwerten her-
zen seine bisherige hofkühnheit zu hülfe. J. Paul Ilesp. 2, 208 ;
aber sie konnte nichts aus der froh beschwerten brüst auf
die lippen heben. 1,110; vgl. er macht sich nur beschwerte zeit
(schwere tage). Weise Id. Icute3(j3; ein beschwertes (schweres),
widerwertiges jähr. Sciiweimciien 3, 216; in den beschwerten
Sachen guten rath finden. 3, 217; die betrübt und beschwert
gemüt haben. Luther 5, 213*.
4) sich beschweren, in mehrfachem sinn,
a) sich belästigen, bemühen: beschwere dich nicht damit.
b) sich bekümmern, das herz schwer machen:
ihr jungfräulein, wollt fröhlich sein
und euch beschweren nicht! Hoff«, jesc/fsch. s. 218.
c) sich beschwert fühlen (gravari) und weigern: beschwere
dich nicht die kranken zu besuchen, denn umb des willen
wirst du geliebet werden. Sir. 7, 38 ; der sich doch on mein
bewilligung beschweret zu euch zu begeben. Luther 5, 508";
nu beschweret sich der mensch solchs zu nehmen aus der
Ursache, denn weil er nicht vermag so steif und täglich in
der Schrift zu lesen, mocht ers nicht mit gutem gewissen
nemen. Luthers br. 3, 91 ; des er sich beschweret für groszer
demut. 5, 511 ; werden aber hiezu sich die kirchendiener be-
schwert (widerspenstig, sich weigernd) machen, als die unge-
zwungen zu sein fürgeben. 3, 368 ; denn der jungling liebet
also seine narung und guter, das er sich beschwert, darumb
das predigampt anzuneinen. Meuanchth. wider die widerteufcr
übers, von Jonas. Witten-b. 1528. 6/. 17; du wollest dich nicht
beschweren (ne graveris), mir ein sach zu willen zu werden,
Kirchhof wendunm. 331;
halt nit, dasz sichs ihr einer beschwer. Albkrüs56;
darumb ich mich hernach noch mehr
davon zu schreiben nit beschwer. 59';
darumb soitu dich nicht beschwern,
ein gute 1er von mir zu lern. 95';
auf dasz sich aber keiner beschwer
zu kommen, sagt er zu daneben,
dem besten renner wolt er geben
sein eigen lochter. 141'.
auch in der unter b angezognen stelle liesxe sich euch be-
schweren deuten: euch weigern.
d) nahe liegt die heute vorwaltende bedeutung von queri,
exposlulare, sich beschweren = sich beklagen, klage, beschwerde
führen: wiewol nun mag. Eisleben sich dieses artikels hoch
beschwert. Melanchth. 3, 1036; er beschwert sich des hoch.
Hedion com. 173 ; da einer von dem andern underricht zu
werden sich nicht soll beschweren oder beschämen. Kirch-
hof mil. disc. 231;
der ding ich gar nicht leiden kan,
will mich das (für des) gegen im beschwern. AtrerIS';
das Volk beschwert sich über die neue Steuer; ich habe mich
über dich zu beschweren; die landleute beschweren sich über
den vielen regen ; er kann sich niciit beschweren.
BESCHWERLICH, molestus, gravis, lästig, mühsam, schwie-
rig : ein beschwerlicher mensch ; eine beschwerliche sache.
Susanna Ilibeldcha 4, 2; ein beschwerlich schrift. Luther 1,
141 ; dabei ist angezeigt mit vielen beschwerlichen worlen.
Melanchtii. an Albrecht ep. 6; beschwerliche pflichten. Got-
ter 3, 31 ; beschwerliche wege.
beschwerlich sein, werden, fallen, »ich erzeigen : und da
ich bei euch war gegenwcrlig und inangel hatte, war ich nie-
mand beschwerlich. 2Cyr. 11, 9; denn tag und nacht arheitcn
wir, das wir niemand unter euch beschwerlich wären, l Thcss,
1 605 BESCmMlRLICHKEIT— BESCHWERUNG
2, 9 ; wenn dein freund in unglück geräth, so soltu ihm nicht
dessentwegen beschwerlich sein (ihn mit vorwürfen beschwe-
ren). Lokman fab. 25; da sichs vielleicht zutrüge, das diese
und andere unsere sachen und hendel bei dem heiligsten
vater dem bapst beschwerlich würden fürfallen. Luther t, 222' ;
der heiT wollte den rufer gern los sein, aber doch ihm nicht
gerne beschwerlich fallen, pers. rosenlh. 4, 13.; die new ehe-
gelraute, ob sie wol erstlich sich etwas unholdselig, frembd
und beschwerlich (sich tceigernd, tciderspenstig, Ptutarch hat
XaXenoi) erzeiget. Fischart ehz. 5; du der du der reichen
lob erhoben und den annen beschwerlich dich erzeigest, pers.
rosenlh. 7, 20 ;
forsten mügen leben herlicb,
dann sie leben auch beschwerlich. Logau 3, zug. SC ;
inait und beschwerlich,
wandernd ermüdigl. Göthe 4", 82.
BESCHWERLICHKEIT, f. molestia : und können sie nit so
gar eben, wie sie gern wollen, auf ire brotwandlung Ter-
trähen, sonder feit allzeit ein grosze beschwärlichkeit oder
Ungeschicklichkeit darein, bienenk. 84'; also das gar kein be-
schwerlichkeit mehr zu spüren. S9' ; aber hierunter steckt ein
grosze beschwärlichkeit. 190' ; jedoch möcht nicht desweniger
grosze beschwerlichkeit darausz folgen, wan der fuchsbalk in
noch unwilliger machen solt, dann im zuvor was. 203'; ände-
rung in regimenten bringen beschwerlichkeiten. Lehmann 200 ;
da wurds in meinem herzen so still wie in der gegcnd, und
die ganze beschwerlichkeit des tags war vergessen wie ein
träum. Göthe bei Scholl 5S.
BESCHWERNIS, f. und n. molestia : tragen si ein beschwer-
nis ab disem leben, als ab einem last in von natur aufge-
legt. Frank veltb. 195'; je mehr werden bürden und be-
schwernussen ob dir ligen. Petr. 94'; in angst, beschwernis
und viel leid. Kirchhof wendunm. 62'; mit beschwernus der
unterthanen. 3S9'; derwegen so sollen sie des weichenden
sands beschwernus, den staub und der sonnen hitz erdulden.
Fronsp. 3, 134'; ach was für ein Jammer, wie grosz überlast
und beschwärnus were dises unserer herzlieben muter ge-
west. bienenk. 5'; noch sein vil mehr andere dergleichen be-
schwernussen, welche den andächtigen catholischen menschen
schier sollen ein zweifei gebären. 8S'; und weiter, wann sie
fasten, so wollen sie uberal nichts essen und machen eben
so vil beschwärnus ab fisch essen, als ab fleisch und eiern.
19S'; wan vileicht einiger zwispalt oder beschwernus einfiele.
223'; obn andrer leut schaden und beschwernus. Leuman.'j
69 ; der hat davon groszer beschwernus als vom zahnwehe.
144; warum verursachestu denn deine unterthanen durch aller-
hand plagen und beschwernissen. pers. rosenth. 1, 8 ; o herr,
zeuch mich einmal aus disen beschwernüssen. Scuuppies 441;
dergleichen unglückliche beschwernisse. ehe eines mannes 82;
zwar zieht man mit undenkbarer beschwernis durchs gebirge.
Göthe 6, 200 ; der simple mensch sieht immer zehn auswege
einem beschwernis zu entkommen. Fr. MClleb 3, 147; die
beschwernisse des gewissens. Klinger U, 225.
BESCHWERUNG, f. onus, molestia, dolor: und das wir
das siebende jar allejhand beschwerung frei lassen wollen.
JVfA. 10, 31 ; und es gefeilt dem h. geiste und uns, euch keine
beschwerung mer aufzulegen, denn nur dise nötige stück.
apost. gesch. 15, 28 ; was plagen sie denn mich armen elen-
den menschen mit soviel beschwerungen ? Luther 1, I3ü';
einem iglichen fromen Christen sei bekand, das ich doctor
Martinus Luther, vorhin durch redlich beschwerung bewegt,
ein appellation rechtlich und ordenlich gelhan. 1, 35t'; zum
sechsten, ist unser hart beschwerung der dienst halben. 3,
112'; drücken uns allzu hart in zeitlicher guter beschwerung.
3, 116; bette es kein beschwerung, die ordinatio ein sacra-
ment zu nennen. Helanchth. im corp. doctr. ehr. 149 ; in tie-
fen sorgen und heimlichen beschwerung. Kibcübof vend-
unm. 6o';
und wollen in all bschwerung wenden Athk* 142*;
Schinderei, beschwerungen, auflagen. WECKHitLtK 612 ;
Ton allen bürgerlichen beschwerungen frei. pers. rosenth. 1,
35; dasz ich ihm die geringste beschwerung angethan hülle.
pers. baumg. 6, 11; ein jeder wil seine beschwerung auf den
hundswngen laden. Schcppics 46; bei eröfnung des tesla-
menls fand sichs, dasz demjenigen, der des hauses besitzer
«ein würde, die beschwerung, doch ohne seinen schaden aul-
erieget war, den angefangenen bau zu vollenden. Weise
enn. 2; wie lange hat er nicht gastung getrieben und die
BESCHWERUNG— BESCHWCHTIGEN 1 606
bürgerlichen beschwerungen richtig abgetragen? causenmacher
43 ; starb sie unversehens, ohne dasz ich ihre eigentliche be-
schwerung [krankheit) iemals erfahren mögen, ehe eines man-
nes 379 ; mit der mühsamsten beschwerung der wahren Weis-
heit und lugend ferner nachstreben. 383; dasz man ohne
innerliche oder äuszerliche beschwerungen in der weit nicht
leben konnte, ehe eines veibes 287; nachdem er aber die
eigentliche Ursache seiner zugestoszenen beschwerung von
selbigem heraus gelocket hatte. 287. man jagt beschwerung
haben, tragen, auf sich nehmen, machen: da er ihrenthalben
grosze last und beschwerung gehabt hatte. Schcppics 296;
wo will ich denn sonst die lange weile hinthun? seit ich die
beschwerung (den schmerz) im Schenkel habe, kann ich sel-
ten aufs feld gehen. Weise kl. teute 190 ; die beschwerung
habe ich nicht, dasz die leule im trinken ungehorsam sein.
freim. redner 720 ; sintemal diese, wie es mit Julianchen
endlich zum lager kam, tag und nacht bei deren bett geses-
sen und unsägliche mühe und beschwerung über sich genom-
men hat. ehe eines mannes 156; meiner wirlhin habe ich
tausendfache sorge und beschwerung gemacht. Gellert 5, 243.
man sagt heute beschwerde.
BESCHWERU.NGSFREI, immunis. Stieler 55S.
BESCHWESTEFLN, wie bemuttern. Luther aber, in einem
briefe 3, 139 braucht es anders : es ist auch frei sich zu be-
schwestern, oder ohn dieselben zu leben, aber wer will es
thun ohn noth mit gutem gewissen? das musz bedeuten, mit
einer als Schwester leben, sich den haushält von ihr führen
lassen.
BESCHWESTEBUNG, f. eonjunctio sororia. Stieler 1975.
BESCHWICHTIGEN, mitigare, sedare, pacare, erst in der
zweiten hdlfle des vorigen jh. eingeführt, bei Stieleb und Fbisch
fehlend, von Adelung in beiden ausgaben noch nicht zugelassen,
nur Steinbacb 2, 545 hat das einfadie schwichten cessare.
auch ist die form unhochdeutsch (wie sacht für sanft, nichle
ßr niflel, anker lichten ßr lüften) und aus dem nd. swich-
ten oder nnl. zwichlen cogere, sedare entnommen, bezwich-
ten, bezwichtigen gibt Weiland nicht an, es mag aber doch
vorhanden sein; das Bremer wb. 4, 1121 nennt nur swigten,
Richey aber (a. 1755) s. 13 setzt schon beswichten und be-
swichtigen, schweigen machen, zufrieden stellen an.
Diese ableitung von swigen, schweigen ist so irrig, als die
aufnähme der fremden wortgestalt unnöthig war, da wir eine
eigne hochdeutsche besitzen, yib. 1874 und 1945, 3 heiszt es
'der schal was geswiftel', gestillt, und Wizlacs nd.
winder du mik swichtest (: suchtest) bei EttmüUer s. 45,
wurde richtig umgestellt in mhd.
Winter du mich swiflest (: stiftest). MSH. 3, 83\
wahrscheinlich gab es auch ein ahd. suiftan, und nicht snif-
tan, wie Gbaff (6, 851) und Hatteser in Notkers Boethius
lesen: itt suifta nider da; sus erstoula gezuMite, bis ille cho-
rus increpitus dejecit humi maestior vultum. denn noch die
bairische mundart gewährt: da schleichen sie fein geschweift
(ganz still und zahm) in das Wirtshaus; dan ziehen sie fein
geschweift dahin, wo sie seind herkommen; die ander jung-
fraw mit geschweiftem angesicht (Schsi. 3, 530), welches letzte
ganz dem dejecit humi vultum begegnet, würzet von suiftan
«nd schwiften ist also keineswegs schweigen, sondern entwe-
der goth. sveiban cessare, oder goth. sveipan, ags. sveopan,
engl, sweep verrere, wegwischen, vgl. altn. svefja placare,
svifaz cedere, deliquium pati.
^ach dieser einbusze des heimischen schwiften, beschv*iften
und beschwifligen bleibt uns beschwichtigen ein willkommner
ersatz. Wieland könnte ihn zuerst geltend gemacht haben,
doch entgeht die stelle, unter dem niederdeutschen rolk sagt
man längst: das kind beschwichtigen; ein schreiendes kind
durch die mutterbrust beschwichtigen. Hermes Soph. reise
6, 636 (tpa5 freilich dem schweigen gleichkommt) ; die unruhe
beschwichtigen, den plagegeist beschwichtigen. ScniLLER hat
irgendwo sein gewissen beschwichtigen.
uoifass ich sie, die schmerzen zu beschwichtgen?
GöTHB 2,7;
die leidenschaft bringt leiden, wer beschwichtigt
beklommncs herz, das allzuviel verloren? 3,30;
rechnung für rechniing ist berichtigt,
die wucherklauen sind beschwichtigt. 41,64;
eb es (sein Haupt) sich durfte senken
beschwichtigt in den tod. RCck(rt166;
lasz dich die möglichkeit beschwichtigen. Platbn 213 ;
101*
1607 BESCHWICHTIGER — BESCHWÖREN
durch dein sanftes beschwichtigen wird die heftige leiden-
schaft zum gcnie. Bettine tageb. 116 ; ich lehnte mich an das
gemäuer bis der athem beschwichtigt war. 117; sie versi-
cherte Berlhold, dasz sie ihre ziinge nur beschwichtigen
könne, insofern. Arnim hroncnw. 1, 383 ; aller art feindschaf-
len und Streitigkeiten stillen und beschwichtigen. Dahlmann
dän. gcsch. 1,452. aufregung, schreier, mahner beschwichtigen.
BESCHVVICHTIGER, m. placator, der beruhiger, besänfti-
ger: gott weisz, wie lange ich noch unter meiner reisemütze
so über die schnür gehauen hätte, wäre mir nicht der be-
schwichtiger aller heillosen grillen {der schlaß zu hülfe ge-
kommen. TnüMMELS reisen 10, 149.
BESCHWICHTIGUNG, f. Stillung:
sieh, jungling, nicht von gestern ist der groll,
und wenig trau ich der beschwiciiiigung.
Uhlands Ernst 27.
BESCHWIMMEN, tranare, nando superare:
am Rhein, dein viel beschwommnen. Götiie 3, 173.
Stieler 1979 hat beschwimmen ßr aqua circumdare, was
beschwemmen.
BESCHWINDELN, inducere, decipere, bclriegen: er liesz
sich nicht so leicht beschwindeln, s. schwindeln.
BESCHWINDEN, tabescere, schwinden: der kranke ist be-
schwunden, dahin geschwunden. Stieler 1980. vgl. mhd. ge-
s winden.
BESCHWINGEN, in mehrfachem sinn,
1) coercere, domare: .
ein weiser seinen mund beschwingt,
dasz er was leszt furüher palin,
druoib bleibt die schand beim wescher stahn.
Kirchhof wendunm. 225*.
2) versare, involvere, decipere. Stieler 1984;
nichts das mehr unweith sei, als Jungfern, die die zungen
des unbedachten volks begeifert und beschwungen.
Gryphius 1, 198.
3) heute für beflügeln, alis instruere, mit schwingen aHS-
siatten :
wenn sie winken, sogleich sich tausend füsze beschwingen.
Wieland 4, 77;
und dann so schnell, als lieh und Sehnsucht euch beschwingt,
geraden wegs den lauf nach Rom genommen. O&eron 6,8;
nun wend ich meines liedes pfeil.
von Unmut rasch beschwingt. Bürger 102*;
hofnung beschwingt gedankcn, liebe hofnung. G5the3, 51;
und hub zu ihr mit schnell beschwingten werten an. 144' ;
dieser sonnenblicke grusz
will die seele mir beschwingen. Röckert 408;
während oft schaffender trieb dichterisch
meines gemüts saiie beschwingt. Platen 112;
an meinem beschwingten gesange. 134.
BESCHWITZEN, sudore humere, von schweisz triefen, fast
nur im part. praet. :
der beschwitzt von seinem jagdgaul steiget. IIagedorji;
beschwitzte faust. Brockes 1, 107, 6, 92 ;
mit beschwitzter slirne. Wieland 7, 110-
s. beschweiszcn.
BESCHWÜREN, praet. beschwor und beschwur, adjurare,
obsecrare, golh. bisvaran, ahd. pisuerian, pisuerran (Graff 6,
894), mhd. beswern, und auch nhd. früher noch geschrieben
beschweren, gegenüber dem beschwüren, gravarc. der eigent-
liche sinn ist verbis tcslari, obteslari.
1) feierlich, eidlich versichern, mit worlen betheuern,
a) dasz etwas so sei, sich so verhalle: icli beschwöre es,
kann es beschwüren, dasz er am leben ist; ich beschwöre
es, dasz ich ihn hier gesehen luibc; die zeugen haben ihre
aussage beschworen ; der graf tiel auf einen gedanken, den
er sogleich zu beschwüren bereit war. CötmeIS, 296; am ho-
rizont wollte man uns sogar Basel zeigen, dasz wir es ge-
sehen, will ich nicht beschwüren. 26, 80 ; er beschwurs ihm,
Erholung und ferien wiircn ihm lincrläszlich. J. Paul Hesp. 2,119.
b) dasz etwas gelhan, geleistet werden solle: das bündnis
wurde beschworen ; der frieile ist beschworen, in beiden
fällen bediente man sich früher, und besser, nur des einfachen
schwören oder darauf schwören, wie auch noch heute gesagt
werden kann.
ich war dabei
und hab den cid des bundes mit beschworen. ScwllkrMI*.
2) obsecrare, verbis compellerc, meist unter anrufung eines
heiligen oder geliebten gegenständes: mhd.
BESCHWÖREN— BESCHWÖRER 1608
si bcswuorcn in bi gote
und bi sinein geböte,
daj er si wigjen lieje,
oh er Gregoi'jus hieje? Greg. 3313;
nu beswuoren in die zwene man
also verre bi goie
und bi sinein vorhtlichen geböte. 3416;
nhd. und der priester sol das weih beschweren und zu ir sa-
gen. 4 Mos. 5, 19. 21; "und da die menner mat waren, be-
schwur Saul das volk. 1 Sam. 14, 24. 27. 29 ; ich beschwere
dich, das du mir nicht anders sagest. 1 kiin. 22, 16 ; ich be-
schwere dich noch einmal, das du mir nichts sagest denn
die warheit. 2 chron. 18, 15 ; ich beschwere euch, ir töchter
Jerusalem, bei den rehen oder bei den binden auf dem felde.
hohelied 2, 7. 3, 5; ich beschwere euch, findet ir meinen
freund, so saget im, das ich für liebe krank lige. 5, 8 ; was
ist dein freund für andern freunden, das du uns so be-
schworen hast? 5, 9; ich beschwere dich bei dem lebendi-
gen gott, das du uns sagest (ahd. ih bisueru thih bi themo
lebenten gote, daj thu uns quedes). Malth. 26, 63; ich be-
schwere dich bei gott, das du mich nicht quälest {goth. bi-
svaia J)uk bi gu})a, ni balvjais mis). Marc. 5, 7 ; «ir beschwe-
ren euch hei Jesu, apost. gcsch. 19, 13; ich heschwcre euch
bei dem herrn {golh. bisvara izvis in fraujin). 1 Thess. 5, 27;
da beschwur er das kint, es solt sagen, ob er der vatter
wer oder nicht? Keisersb. Sünden des munds 73'; ich be-
schwer dich beim lebendigen gott. Reiszner Jerus. 2, 110";
wir beschworen ihn, umsonst! Wieland 26, 7;
Montg. 0 bei der milde deines zärtlichen geschicchts
fluh ich dich an, erbarme meiner Jugend dich'.
Joh. nicht mein geschlecht beschwöre, nenne mich nicht weib.
Montg. 0 bei der liebe heilig waltendem geseiz,
dem alle heizen huldigen, beschwör ich dich.
Joh. du rufest lauter irdisch fremde götter an,
die mir nicht heilig, noch verehrlich sind, ich weisz
nichts von der liebe bündnis, das du mir beschwörst.
Schiller 464';
das einzge, Carl, warum ich sie mit ihränen
beschwöre, fliehen siel 250*;
sie bat, sie beschwur ihn mit zähren.-
• 0 mach es nun gut, was du übel gemacht! Bürger.
dies beschwören, gleidi dem franz. conjurer, wird zur bloszen
phrase : ich beschwöre dich, mir zu sagen, er beschwor sie, ihm
zu entdecken, das ist nichts als, er bat dringend, inständig.
3) incantare, adjurare, bezaubern, bannen: und die egyptischen
zeuberer Iheten auch also mit irem beschweren, ein iglicher warf
seinen stab von sich, da wurden schlangen draus. 2 Mos. 7,
11. 8, 7. 18 ; das sie nicht höre die stimme des zeuberers,
der vvol beschweren kan. ps. 58, 6 ; denn sihe, ich wil schlan-
gen unter euch senden, die nicht beschworen {durch zauber
gebändigt) sind, die sollen euch stechen. Jer. 8, 17; ein
liüpst new und kurzweilig spil, wie man die narren von einem
beschweren soll. 1554 ;
vor forcht hab ich vil necht durchwacht,
pis ich doch let ein segen leren,
wolauf mit mir, ich wils (das gespenst) beschweren.
wngedr. meistcrlied ;
tut dir dein weib solch geist beschweren,
so thuc si mit cim pengel peren. das.;
wasser beschwüren, bienenk. 10^ ; auf eim viereckechten stein
mit kreuzen wol verwart und mit h. worten beschworen. 79*;
trinkt man den Jolianssegen, einen wein ob altar beschwo-
ren. 150*; den teufel, die gcistcr, das feuer, das gewitter,
den Sturm beschwören, es heiszt aber oß bildlich: icli will
das nngewitter beschwören, zu stillen suchen; dann würde
ich mich, wenn ich diesen stürm beschworen hätte, mit
donna Seraphine aussöhnen. Klinger 4, 235; mit ein paar
Wortformeln den geist der philosophie beschwüren (bannen).
Schelling akad. stud. 122. ebenso im entgegengesetzten sinn
iieraufbeschwörcn für erregen. Hin beschwören, her beschwö-
ren: ich komme mir vor, wie der böse geist, den der capu-
ziner in einen sack beschwor. GOthe 8, 116 ;
wohin beschworst' du dichter den folgenden?
Klopstock 1, 14 ;
und dann blosz herbeinifen :
als licrzop Kriedland die zcrstreuien feindesheere
herbei auf öiucu saiumelplaiz beschwor. Schiller 342*.
BESCHWÖRER, m. magus, praestigiator, exorcista, nnl. be-
zweerder, nach !)esrliwören 3: die stimme des beschwerers
hören, ps. 58, 6; weiter ward er exorcista. bienenk. 15«';
ratlengifter, ratteiiheschwercr, die kein maus beschweren.
groszvi.lO; ihr habt eure obren verstopfet, wie eine schlänge
für dem beschweier. ScHumus 320;
1609
BESCHWÖRERIN— BESEELEN
BESEELEN— BESEHEN
1610
den tauben ouern gleich, wann ihr beschwörer spricht,
hört er die süszea worte nicht. Hagedor-X 2, 105.
BESCHWÖRERIN, f. maga, nul. bezweersler.
BESCHWÖRUNG, f. obsecratio, vorzüglich ineantalio, nnl.
bezwering: kräftige besthwörungen, bcsegnnngen. bienenk.
100*. lOl'; der götzenpriester habe seine beschwerung gethan.
Oleabius bescbr. Orient, insuln s. 160;
die beschwörung war vollbracht. Göihe 1, 198.
BESCHWÖRUNGSBäNN, m.
den leufel zwingt gar mancher niana
mit Worten und beschwörungsbaiin.
Freidank 1539 hl. 26.
BESCHWÖRUNGSBUCH, u.
BESCHWÖRUNGSFORMEL, f.
BESCHWUR, m. obsecratio: meine feierlichste bitte, mein
beschwur. Hippel lebensl. i, 335. nach schwur gebildet und
ungebraucht.
BESEBELN, BESEFELN, inquinare, decipere, i» der rot-
welschen gaunersprache {nach allen Verzeichnissen) bcsebeln
und besefeln concacare, wie sefeln cacare, sefel merda, bei
welchen Wörtern, die keinen hebr. Ursprung haben, sich an be-
sabbern, besebbern und nnl. bezabberen, bezevcren, nd. be-
seeTcm, nhd. beseifern besudeln denken liesze. Lichtenb. 3, 76
führt an: er hat sich besäbelt ßr betrunken, und säbel heiszt
nach ScHM. 3, 184 ein rausch, was doch kein Säbelhieb, sondern be-
sudelt SU sein scheint, im 16 jA. kommen beide formen, hesebe]a
und besefeln op für betriegen, ganz wie bescLeiszen ror, und
mit deutlichem bezug auf die gauner und landfahrer: die zi-
fcuner besefeln den hautzen und die bautzin iden bauer und
die bäuerin). Acricoia spr. 204': die blitzen beseflen und ka-
mesieren. Fiscnini groszm. 50; wie abgeführt (abgefeimt) sie
idie Undfarer) die leut übertülpelen, besefelen (u. s. ip. vgl.
oben sp. 866 unter ausgaukeln). Garg. 192"; wenn mancher
nntrewiicli handelt, bcsebelt jcdcnnan. Matbesius 49' ; rau-
ben und srhinden, bcsebeln und uberfortheilen alle weit. Hl';
imd weod in schon besebeln kanst,
es schad im nichts bei mciuem aid.
K\t.tK foiln. sp. 17";
heutig« tages will der brauch aufkommen, dasz die Jung-
frauen und witwen freier ausschicken und sich hie und da
anbieten lassen, allein es liegt hie nicht an jemandes laufen
und wollen Rom. 9, 16, sonder diejenige, die am meisten lau-
fen, die werden oft also besebelt, dasz sie ihr lebenlang drü-
ber zu klagen haben. Creidics 2, ls7. Kaum ist es zulässig,
mit diesem unreinen wort, wenn die analogie ton bezereren
fehlschlagen sollte, das edle nnl. besef iatellectus, inlelligentia,
beseffen intelligere, alts. afsebbian, mhd. besehen (Herbort
6422. wyst. 1, 2ö2, 14) und entseben zu vergleüheu, die so
venig als bcgrijpen, begreifen in den sinn von polluere um-
schlagen, auch wird aus besefifen nie mit L ein beseflielen
fortgebildet.
BESEBLER, m. homo fallax, nequam, betrieger: obwol et-
lidie besebler den fürwitzigen fürsten und herrn ein blawen
dunst machen und dem kupfer ein farh einbrennen können,
die gold und silber gleich sibet. Natresics 155*.
BESECKELN, sich, was sich besacken, deti beulet füllen,
rebus suis consulere. Stieler leeo.
BESEELEN, animare, mente ac ratione instruere, nnl. be-
zielen, Dastpooics setzt cntseelen, krin be.seelen an, bei Stie-
les 1992 fehlt es nithl, bei Wecuerli^ scheint es zuerst vor-
zukommen :
weil hasz und neid den feind bcseUct,
mit seiner sehl den Teind rerlasz. 9;
will ich auch hiemit meine sehl,
o vauer. dir berehien,
und billich ich sie dir befehl.
du kanst allein be.schlen. 136.
es wird meistens figürlich gebraudü:
schon eilte junker Fritz mit der begebenheit,
sie dem magister zu erzählen,
und diesem könnt es gar nicht fehlen,
mit einer nützlichen moral
(er war gelehrt) sie ru beseelen. GiLLimT 1,263;
mit jmiem sönnchen {den rDtukitidxls) welchem der bien* knnst
den doclit bc'-eelet. KLorsrocc 21, 231 ;
QUO beseelt er die karte. Ueu. 13, St;
bald löuien ihm lauter,
viel entzückender noch beseelte Itarfen. 12, S56;
tind wie das mcer, wie des donners stimme tönen die harfcn
in der beteelenden band der feirenden scharen um Sion.
1), 91 :
ich will dich mit dem ödem des lebens
wieder beseelen. 14,955;
ach der mein herz mir erschüttert,
meine scele beseelt, du wünsch voll süszer entzückung.
15, 527 ;
da begann er mit leiser
stimme der zeugen licd, und der seeligen harfen beseelten«.
. 17,330;
Karl hielt noch seinen groll, kann dieser neue inord
mir, rief er, meinen söhn beseelen (icieder lebendig machen) ?
WiELA.>DS Oberon 1»63;
frisch hinein {in den nachen) und ohne wanken!
seine segel sind beseelt. Schiller 4S*;
und Ton dem meiszel beseelt redet der fühlende stein.
ders., Spaziergang ;
für alles, was sie sonst beseelte,
ist sie nun kalt. Gottes 1, 15S;
der leiseste west verkörpert sich {bei der ersten liebe), wenn
er unsere wangen berührt, die blumen beseelen sich, die
ganze natnr redet uns an. Klixgeb 10, 37 ; der sinn für an-
mut und Schönheit, welcher die werke der Griechen beseeit ;
das beseelte {begeisterte) ihn zur räche, flOszte ihm räche ein;
zuweilen trug er den schlafenden engel in die beseelenden
sonnenstralen hinauf. J. Paul «n«. /o^e l, 34 ; wenn der mensch
sein eigner freund nicht mehr ist, so geht er zu seinem bru-
der, der es noch ist, damit ihn dieser sanft anrede und wie-
der beseele. Tit. 4, 5. geschwächt, von dem wünsche, ver-
langen beseelt, anime du desir.
BESEELER, «i. animae auctor.
BESEELERIN, f ihr sollt meine nachtigall hören, die
sanftzaubernde huldin, die beseelerin der nachte. Güthe 14, 92 ;
entseelende beseelerin, nie fehle
die freiide dir an meiner lust und pein. Rcckkri 309.
BESEELT, animatus, excilatus: ein von bosbeit beseelter
witz. WIEL.\^D 2, 120;
von welchem trieb beseelt
nimmst du dich ihrer an? Gottes 2, 147;
drängte ihr beseeltes angesicht in die pomeranzcnblüten.
J. Paul Hesp. 1, 106; die leidensgeschichte jener weiblichen
opfer, die als beseelte blumen, gesteckt an ein mit hermelin
umgebnes todtenherz ungenossen zerfallen auf dem parade-
bett. 1, 200; hier stand der edle jüngUng, das beseelte an-
gesicht voll abendroth. Tit. 1, 6.
BESEELTHEIT, f. die besedtheit der pQanzen.
BESEELUNG, f schlechte menschen erniedrigen sich un-
ter die thiere, weil diese aus instinct manches fürs künftige
thun, und also die natur gewisserraaszen ihre beseelung über
sich nimmt. LicnrE?tBERG 1, 143.
BESEFELN, s. besebeln.
BESEGELN, 1) narem velis instruere, nnl. bezeilen: weil
dieselben schiffe sehr wol besegelt waren = schnell segetten.
Pierot 1, 200. 2, 15S ; wolbesegeltes scbif. Brockes 7, 23fi, nnl.
wel bezeild schip = wol segelnd.
2) circumnaviyare :
am besegelten busen der ostsee. Voss 3, 99.
BESEGELUNG, f. sowol die besetzung des sebifs mit se-
geln als die umschiffung.
BESEG.NEN, 1) rruce signare, bekreuzen, ahd. bisegan6a
0. V. 3, 15; beschwören und besegnen, bienenk. 20'; pater-
Qoster zu Vergebung der Sünden besegnen, paternoster be-
segoen und heilig machen. 2l'; ine {den kranken) mit kreuz-
iein wol besegenen. 166'; die Russen bekreuzen imd beseg-
nen sich alle augenblicke ; sich behüten und besegnen. Stal-
DER 2, 67.
2) fortunare, beare, heute blosz segnen :
der herr wird euch besegnen immerdar. Opitz ps. $. 219;
er wird euch euren stand
besegnen umJ> und iimh mit allzeit freier band. 2, Sl.
BESEGNUNG, f. inmxszen solcher besegnungen und be-
schwerungeu vil im widerruf des bischofs Vergerii zu finden.
bienenk. 20'; in allen beschwOrungcn und besegnungen. lOl'.
BESEHAMME, f. kindswdrterin. Schm. 3, 217. s. beseherin.
BESEHBLECH, n. bei den schrißgiesiem, ein blech, das
man auf eine reihe der gegossenen schriß hält, tim deren
gleiche dicke zu prüfen.
BESEHEN, conspicere, aspieere, circumspicere, goth. bi-
saihvan, ahd. pisehan (Graff 6, 119), mlid. besehen, nnl. bo-
zien, ags. beseon, engl, erloschen, schw. bese, dän. besee,
nach dem deutsehen, tgl. besiohligen.
1) besehen verhält sich zu sehen, wie beschauen zu schauen,
durch die vortretende partikel wird die Vorstellung des bei, «m
1611
BESEHEN
BESEHEN — BESEICHEN
1612
und nahe zugefügt, der besehende sieht die sacke naher und
bei nahem, gleichsam bei licht (ad lumen contemplatur, pro-
pius accedil) : sie stand, gieng hin und wieder, sah und be-
sah. GöTHE 17, 221; wenn man sichs einbilden wollte, klan-
gen sie (Lotharios französische briefc an Aurelie) warm und
selbst leidenschaftlich, doch genau besehen, waren es phra-
sen, vermaledeite phrasen. 19, 240 ; alles genau besehen
spielt denn doch der körperliche mensch da (auf dem Ihea-
ter) die hauptrolle, ein schöner mann, eine schöne frau !
23, 23 ; besieht man es genauer, so findet sich, dasz. 23, 230 ;
genau besehen haben wir uns noch alle tage zu reformieren.
23, 256 ; die mutter begrüszte mich als einen alten bekann-
ten, wie mich aber die ältere bei licht besah, brach sie in
ein- lautes gelächter aus: denn sie konnte wenig an sich hal-
ten. 26,11; ja wer die sache beim licht besieht, wird zuge-
ben, dasz auch jene früheren angeblichen zwei feldzüge in
der that der nemliche sind. Niebuiir 2, 101 ; das haus gefällt
ihm und er hat eins nöthig, aber beim licht, bei tage besehen,
wäre er ein rechter narr dieses hier zu kaufen, in ähnli-
chem sinn auch: genauer zugesehen, beim licht zugesehen.
2) wer selbst nicht sehen kann, sendet andere zu besehen:
nü het diu frowo Melde
fruo gesant ze velde
einen garzi'in bcselicn,
waj Erecke Wi-cre geschehen. Er. 2517;
Saul aber sandte boten David zu besehen. 1 Sa/. 19, 15; dar-
umb sende jemand dahin, dem du vertrauest, und lasz be-
sehen, wie sie uns und des königs land verderbet haben.
J Macc. 7, 7 ; der könig sendet 4000 pferd fürhin, die beiden
zu besehen (recognoscieren), wie viel ir weren. Pontus 13.
3) es heiszt häufig gehen (jenes propius accedere), kommen,
reisen, sich aufmachen um zu besehen : also zog Joseph aus,
das land Egypten zu besehen. 1 Mos. 41, 45; ir seid komen
zu besehen, wo das land offen ist. 42, 12 ; zoch aus von
Tyro, die stedte zu besehen. 1 kön. 9, 12; lege dich auf dein
bette und macli dich krank, wenn denn dein vater kompt
dich zu besehen, so sprich. 2 Sal. 13, 5 ; da gieng der könig
hinein, die gaste zu besehen. Mallh. 22, 11 ; kam Maria Mag-
dalena und die andere Maria, das grab zu besehen. 28, 1 ;
und der herr gieng ein zu .Jerusalem und er besähe alles
(goth. bisaihvands alla). Marc. 11, 11 ; derhalben ziehe ich nu
in gottes namen davon, wil besehen, wo ich in ein ander
ort kome, da ich bleiben möge. Lutiier 1, 122' ; ich gang ein
halb stund den tanz zu besehen. Eulcnsp. cap. 47 ; das macht,
das wir uns nit auf den weg rüsten, umb öl besehen (nach
öl umschauen), wann der herr klopft. Frank lasier ii; dem
jungen mäuslein, das auch reisen und die weit besehen
wolte. ScHUPPiüs 222.
4) leute besehen, betrachten, anschauen:
si bcsähn in als ein wunder. Iw. 2379;
si besach in dicke und dicke. 3796;
dö sach diu juncfrowe her abe
von dem venster, da si lach,
den herren si wol besach. En. 9S59.
demnach beseh einer den klebrigen, schmotzigen, klotzigen
sudelkoch und kuchenlumpen. Garg. 47"; sich im Spiegel
besehen, besehen drückte auch aus besuchen, itivisere, aller
voir: so war Ahasja hinab gezogen Joram zu besehen. 2 kön.
9, 16 ; da er aber vierzig jar alt ward, gedacht er zu bese-
hen seine brüder. aposl. gesch. 7, 23 ; lasz uns wieder umb-
ziehen und unsere brüder besehen. 15, 36 ; die siechen be-
sehen. Keisersr. hell, lewe 27 ; und kamen viel guter leut,
die mich kennten und besahen, wie mirs gieng. Götz von
Bkrl. leben 76; der würd zu mir kommen und würd mich
besehen. 77. der priesler, der arzt besehen den kranken, se-
hen nach seinem befinden: darumb sol in der j)riester bese-
hen. 3 Mos. 13, 3, 13. so auch in verwünschtingcn : dasz dich
denn die plage besehe (heimsuche)', meincstu dasz ich liege?
com. Hibcldeha von der Susanna 2, 4. wie sonst angehen
(sp. 340) und bestehen.
5) Sachen besehen: da hub Lot seine äugen auf und be-
sähe die ganze gegend am .Fordan. 1 Mos. 13, 10 ; wenn der
priester das mal besihct. 3 Mos. 13, 30 ; darnach sol der prie-
ster hinein gehen, das haus zu besehen. 14, 36; gehet auf
das gcbirge und besehet das land, wie es ist. 4 Mos. 13,19;
und trat aus dem wegc, das er das asz des Icwens besehe,
sihe da war ein bienschvvarm. rieht. 14, 8 ; besahen die bie-
nenkörb. Garg. 193"; das wasser besehen, de»» urin des kran-
ken beschauen. Sjieler 2024; die fruchte auf dem fclde be-
sehen ; die bilder an der wand besehen ; das besehen hat
man umsonst;
lasz uns ja wol beselien
des herren wunderliche werk
zu uiisrer zeit geschclieii. Weckuerlin 109.
gern mit beigesetztem daliv: ich will mir das land besehen!
du must dir die Stadt genauer besehen.
0) besehen, umsehen, circumspicere : und hoffe in wenig
tagen dir dein gelt wider zu schaffen und umb das uberig
mir anders wohin zu besehen. Bocc. 2, 129' ; wir sollen be-
sehen umb einen geschickten mann, der dem reich möcht
nützlich sein. Aghicola spr. n' 264 bl. 139' ; wir sollten be-
sehen um einen geschickten mann. Zinkgr. 139, 9. oß re-
flexivisch: gehet und besehet euch umb andere fuhr. Wick-
ram rollw. 51 ; Sicilien, woselbst ich mich gerne besehen (um-
gesehen) hätte, wenn anders unsere fart dahin gegangen wäre.
Plesse 3, 324;
besieh dich doch nur um und an .' Günther 93 ;
er sei hier frei, könn überall sich liier besehn.
Lessi.'vg 2, . . .
mhd. auch sich vorsehen:
e; ist guot, swer sich enzit besihl. Reinharl s. 316, 1512.
7) besehen, bücher nachsehen, aufschlagen: von diesem be-
sehe man den catechismum. bienenk. 17'; besihe darunden
am 157 blat die messgeberdcn änderst beschriben. 20'; be-
treffend das uberige, das möcht ihr bei Plinio oder Colu-
mella besehen. 245'; besiehe Happels denkwürdigkeit der
weit. KoNGEHLS lorbeerhain s. 3; Aarons rut ist ein schönes
bild eines guten hirten. besiehe davon ßeyerlinks theatr. vi-
tae hum. ebenda.
8) besehen, zusehen, attendere: du heuchler, zeuch am er-
sten den balken aus deinem äuge, darnach besiehe, wie du
den Splitter aus deines bruders äuge ziehest. Mallh. 7, 5;
wolte ich besehen, ob ich ihm ein geleit erwerben mocht.
Luthers br. 2, 629 ; er bette dort ins dorf etliche seiner rott-
gesellen hin beschieden, darumb müste er besehen, ob sie
da weren. Kirchhof wendunm. 103'. mhd. war besehen ein
beaufsichtigen, pflegen, verwahren:
wie daj kint wa;re besehen. Greg. 982.
9) wenn ausgetheilt wird, hier ist nichts zu besehen d. h.
zu kriegen; du kannst nichts besehn, = bekommen, in der
Volkssprache: willst du was besehn? willst du prügel ha-
ben? warte, ich werde dich was besehen lassen; er hat ek-
üche keile besehn, bekommen, gekriegt.
BESEHENSWERTH.
BESEHEUIN, f in Österreich die Wärterin einer kindbelte-
rin, weil sie auf das kind zu sehen, es zu warten hat. bei
Maaler 59'' besäherin, conlemplatrix.
BESEHREN, laedere, versehren, nur bei Henisch 311.
BESEHUNG, f inspectio, besichtigung : besehung fremder
länder und Völker. Felsenb. 1, 367 ; mein principal, nach be-
sehung der besten Städte in Holland seine retour antreten
wollte. 2, 137.
BESEICHEN, commingere, bepissen.
1) mhd. der knabe gund beseichen
ouch fiumer liuio gewant,
und lief danneu widur ze hant. Ls. 2, 591.
nhd. beseicht viel die schuh, das macht, er war gern im nas-
sen (6et Rabelais nur: il pissoit sur ses souliers). Garg. 128';
nun tanz du polnischer ochse
mit der französischen kiih,
zu Krakaw auf dem schlösse
und macht die fenster zu,
das euch der könig nit entweich,
und die französische kuh nit bseich.
Ambr. Ib. 199, 48 ;
Simpl. 2, 255. 256.
2) sich beseichen: sie sprechen, es seind gut schwenk,
eins mecht sich beseichen. Keisersr. Sünden des munds 49' ;
welchs (pferd) also ungezämet was, das es alle seine bereu-
ter auf den quetschsack nidersetzt und warf, das sie sich
wie die krotten beseichten. Garg. 139'; lieng demnach an zu
lachen, den barchat zu reiszen, seinen latz zu cnibreisen
und sie so krotten- und katzenseichisch zu beseichen und zu
beschmeiszen, dasz er zweihundert sechzigtausent vierhundert
achzehcn erseuft, ohn weiber und kinder, die gehen drein
(lors en souriant destacha sa belle braguctte et lirant sa
mantule en l'air les conipissa si aigrenicnt, qu'il en noya
deux cens soixanle mille quatre cens dix et Luit, sans
oya S
les H
1
1613
BESEICHER— BESELIGEN
BESELIGEN— BESEM
1614
femmes et pelits enfans). Garg. 14S'; schneutzt inen den ro-
ten saft aus der nasen, das sie sicli beseichten wie ein dieb
am galgen. Garg. 205* {vgl. deutsch, mylh. 1154).
3) die kuh beseicht sich, hat sich besichen, sagt man in
Österreich, Slcier und Salzburg, wenn sie ungewöhnlich an der
milch abnimmt; die milch beseicht sich, uenn sie keinen rahm
absondert (Höfeb 1, '8. 791. in Sachsen: der waizen beseicht
sich, ifirrf lehne, schnimpß ein, tcenn man ihn vor völliger
reife in die banse legt. Adelcxg «. lehne.
BESEICHER, m. comminctor. fastn. sp. 2öi, U. Stieler 1998.
BESEICHEIUN, f. bettpisserin.
BESEICHKRAUT, n. osmunda lunaria, mondraute, ankehr-
kraul, weil die milch der davon fressenden kühe mager wird.
BESEIFEN, sapone inungere, einseifen, bei Stie«» 1999
beseifnen.
BESEIFERN, saliva eonspergere, begeifern, nnl. bezeveren:
er war nur an eim bein gebissen,
gedruckt, beseifrl, nicht durchgerissen.
froschmeus. I. 2, 19. P 3'.
vgl. seifer und besebeln.
BESEILEN', funibus inslruere: ein schif beseiten.
BESEIT, adv. seorsum, beiseite: denn die rinder traten be-
seit aus, secedehant. 2 Sam. 6, 6 ; nam ers von iren henden
und legts beseit im hause. 2 kön. 5, 24 ; denn die rinder
schritten beseit aus. 1 chron. 14, 9 ; ir weg gehet beseit aus.
Hiob 6, 18; setz die erste zeichen dieweü beseit. 51. Stifel
Coss 131;
Sisnnias aber zuo der zit
regiert .4bi4eDam besit
das riert land. trag. Joh. A6.
s. beiseit sp. 1392, und beseits.
BESEITE, dasselbe: beseite legen. Rincwald laut. warh.
27. 108. 279. 372. mhd. besiten, z. b. Greg. 120. Er. 9646.
BESEITEN, ßanquer, in der wapenkunst, auf der seile mit
xierralen versehen.
BESEITIGE.N, e medio tollere, auf die seile bringen, bei
säte schaffen, ein neugebildetes, bei Adelung noch nicht ste-
hendes wort, woßr auch Stieler beseittragen setzt, heute aber
sehr gangbar und nur ßgürlich: hindemisse, Schwierigkeiten
beseitigen; die sache ist schon beseitigt; dein zweifcl soll
auf der stelle beseitigt werden, im eigentlichen sinn sagt
man nicht: die tische, stüle beseitigen, auf die seile stellen,
wol aber einen menschen beseitigen, zurücksetzen.
BESEITS, adv. was beseit:
er trat beseits hinumbe. hürnen Seifried 140, 3;
der abt musz weichen sunst beseits. Mub.ikr ickelm. 94, 4 ;
da wir nun beseits traten an ein sonderlichen ort. Luther
3, 403 ; er füret mich auf rechter straszen, das ich nicht be-
seits abgehe. 6, 343"; gegen mitternacht ubers meer ligt Gal-
lia und Hispania näher gegen uns beseits. Frank weltb. 67' ;
weiter hinderhin beseits zu morgenwerts. 166'; das der kei-
scr den herzog Naimas beseitz mit Terwanten äugen ansach.
Aimon X 2 ;
sunst halten haufe^ vil beseitz. ScHWARZF.NBKRa 152, 2;
er gienc beseits, klagt diese noth
mit schmerzen l'hoebo seinem gotl. Sprerg /{. 3*;
lassen die schützen in Ordnung all auf ein ort und beseits
abziehen. KiRcnnor mi/. disc. 153; die sollten von beiden orten
beseits (in latera) wider die schif, die aus dem port fahren
würden, fechten. Hidel Liv. 569 ;
je mehr ich versink in das kreuz,
je mehr begeben sie sich beseitz. Wickhirl. 152;
leg nunmehr deinen zorn und meine schuld beseitz. 333;
den herren sag, die sich beseits
in ihren hoben ämptero spreiszen. 488.
vgl. beiseits.
BESELIGEN, beare, beglücken, selig machen, also von selig,
mhd. saelic abzuleiten, nicht von seele, und nicht zu schrei-
ben besecligen; in der älteren spräche selten und weder bei
Dastpodius, .Maaler angeführt, noch von Luther gebraucht, er ist
mit zeitlichen gutem beseligt, gesegnet; er füjilt sich von liebe
beseligt ; die er (Jesus) selbst mit ihm (aus der hellen) ge-
fübret und ihm gleich zu fahren beseligt hat. Avrer proc.
3,5; alle augcnblicke will ich zehlen, bis ich denselben aus-
gerechnet habe, welcher mich widerumb mit den süszen blicken
beseligen wird, derer ich gern auch morgen thcilbaftig wäre.
Weise kl. leule IS ;
auch du beseligst ihren stand. Hagedorn;
mein sobn, wie bat uns der mittler
mit barmherzigkeiten, mit huld, mit gnade beseligt!
Klopstock Hess. 11, 261 ;
der genusz alles dessen, womit die freundscJiaft ein gefühl-
volles herz beseligen kann. Wieland 3, 202 ;
vergessen von der weit, beseligt seine tage
gesundheit, Unschuld, ruh und reines Selbstgefühl;
beseligend war ihre nähe,
und alle herzen wurden weit. Schiiier71';
doch sie (mxUterliebe) steigt vom throne nieder
und beseligt niedere hüite. Göthc 4, 52.
sei hoch beseligt oder leide,
das herz bedarf ein zweites herz.
TiEDGE, von RccKSRT glossiert.
Die gemeine spräche pflegt aber dies wort ironisch, als ein
begaben mit bösen dingen zu nehmen, und so thul schon Mür-
ner in einer stelle, die das älteste Zeugnis ßr den ausdruck
überhaupt gewährt:
wölt ihr mich nit fürber (herßr) lohn,
so will ich euch beselgen schon,
mitteiln vil seltzam grosze leus. schelmenz. 26';
das Volk sagt: damit hab ich mich recht beseligt, da bin ich
schön angekommen; ich bin mit ihm beseligt, negotium mihi
facessit. Stieler 1993; der mann hat sich beseligt, ist so alt
und nimmt so ein junges weih (Schmeller 3, 223) ; er hat sich
beseligt, ist selig, ist betrunken, vgl. das selig (die apoplexie).
BESELIGER, m. einer der uns glücklich macht:
wie erbebt in glänz die weinlaub, o beseliger du erscheinst!
Voss ;
aber auch ironisch, der uns lästig wird.
BESELIGERIN, f.
BESELIGÜNG, f
Chöre feiernder, welche mit junger blute gekränzet,
gottes pfad in dem labyrinth der beseligung sangen.
Kloi>stock Hess. 16, 3^;
zur zeit
der nur verheisznen, neuen beseligung
der nationeo. werke 7, 45 ;
wenn für die himmlischen bürger, auf irdischer reise, die
Seelen,
höchste beseligung ihn, selige sorge beseelt. Rijckert 273,
ihn, den geistlichen (mit schöner, auf die falsche etymologie
gestützter anspielung); die liebe, ihre beseligung, wie ihre
schmerzen. Bettine tageb. 56.
BESEM, BESEN, m. scopae, virgae, verriculum, ahd. pesamo
gen. pesamin, mhd. beseme, bcsme gen. bßsmen, ags. besma
gen. besman, engl, besom, nnl. bezem gen. bezems. des ge-
nauen vocals versichert uns nicht allein die ahd. Wortbildung,
welche vor dem a der folgenden silbe nur e, kein e gestattet,
sondern auch der mhd. reim und selbst die heulige, dem e
in lesen, wesen, nicht dem in esel, gläser gleiche ausspräche,
auf gothisch müste also das worl, wenn es vorhanden war,
gelautet haben bisma, was unmittelbaren anklang an basi bacca
abschneidet, und man hätte erst ein verlornes bisan bas auf-
zustellen, um beide zu verbinden, aus dem nd. bese ßr binse,
nnl. bies, ahd. pinuj, mhd. binej läszt sich pesamo nicht her-
leiten, festuca, die bei der römischen freilnssung des knechls
symbolisch im sinne von virga gebraucht wurde, könnte ver-
wandt sein, müste aber von ferula und ferire, wie bcsen von
bem, bercn (sp. 150)) geschieden bleiben. Was die nhd. ge-
stall des Wortes angeht, so hat sich, wie die folgenden stellen
weisen, das alte M hin und wieder auch im auslaut, noch
leichter inlautend (besemen, besemer) bewahrt, doch herscht
N heute vor. der ursprünglich schwachen form haben wir ent-
sagt, aber schon mhd. zeigt sich einigemal bescn für besemen.
1) mhd. ist die gewöhnliehe bedeutttng virga, zuchtrute, gerte:
der (Salomon) sprichet, swer den besmen spar,
daj der den sun verstime gar. Walth. 23, 59;
du bist dem besmen leider alze gröj,
den swerten alze kleine. 101, 25;
got sprach (:u Eva): du solt wesen
under dines mannes besen ;
wird ich mit disem besemen btnt bie freslageo.
Guar. 1284, 2.
rOid. was ihm das urtheil bringen werd,
ein besen oder scharfes schwerd. Rincw. laut. »arh. 166;
wenn du ihr ungerechtes wesen
wirst strafen mit des amptes bescn. 370;
David gehet ein und Icszt sich berücken oder bestricken,
spricht ein harten scnlenz, damit er ein besem bindet über
seinen einen leib. .Mathesius 132'; ein besen für die beiszi-
gen bremen. Garg. 148*. in der Zusammensetzung Staupbesen
dauert auch noch diese bedeutung fort.
16t5
BESEM — BESEMER
2) kehrbesen, sowol von reisern als borsten, scopae vir-
geae et setosae:
mdh. der niuwe hesemc köret wol,
e daj er stoubes werde vol. Freibank 50, 12.
nhd. si namen ainen be.sm
und kertens damit herdan. Uhland 459;
und wil sie mit einem besem des Verderbens keren. Es. 14, 23 ;
und wenn er kommt, so findet ers mit besemen gekeret und
geschmücket. Luc. 11, 25; den besen binden, knüpfen, unge-
bundene, ungeknüpfte besen. Stieler 997 ;
wie das alt Sprichwort sagen sol,
die newen besen keren wol. H. Sachs V, 358*;
nem hin den besem. Is. Giincsius grammatica {eine comoedia)
1597 s. 39 ;
ob ihr dem besem seid zu schwach, das.;
damit man ihr nit mit dem bäsen über das grab fahr, bie-
nenk. 47'; wann einer flob, firmt er ihm zur letz so ein
tröstlichen streich über der lambdoidischen und ypsiloidischen
commissur oder näd der hirnschalen her, dasz ihm der köpf
zu stucken dort hinaus stiebet, man hctt ihn mit bäsen nit
zusammen gefegt. Garg. 20.')' ;
fall den hals über ein besen ab,
du lecker, wend nicht alt will wem. Ayrer fastn. lOG* ;
und ist nicht mehr zu thun von nöthen gewesen, als dasz
der Zauberer sich auf einen besem gesetzt, da er denn dahin
geführt, wo die Zusammenkunft gehalten. Gryphiüs l, 957 ; die
leute hatten sich erst angezogen und anstatt des lichts eine
schweflichte blaue flamme auf der bank stehen, bei welcher
sie stecken, besem, gabeln, stüle und bänke schmierten und
nacheinander damit zum fenster hinaus flogen. Simpl. 1,167;
mit stumpfen besemen kehren. Hohberg 3, 44* ; des dechants
haus allhier ist nun mit besemen gekehrt. Wieland bei Merck
1, 96;
und nun komm, du alter besen. Göthe 1,237;
in die ecke besen, besen!
seids gewesen. 1, 241 ;
was lassen sie denn übrij? zuletzt
jene unbescheidnen besen?
behauptet doch heule steif und fest,
gestern sei nicht gewesen. 3,296;
die band, die samstags ihren besen führt,
wird sonntags dich am besten caressieren. 12, 50;
die schönste hab ich mir erlesen . . .
oh weh mirl welch ein dürrer besen! 41, 146;
ich seh, ihr kommt alle
auf besmen geritten. 57, 272 ;
besen werden immer stumpf gekehrt.
und jungens immer geboren, bei Eckermann 1, 297 ;
manchmal aber scheint der himmel wie mit besemen gekehrt.
51, 206 ; bei ihnen ist alles gesäubert und mit besemen ge-
kehrt, an fr. von Stein 1, 188 ; da links unten liegt das graue
Frankfurt mit dem ungeschickten thurn, das jetzt für mich
so leer ist als mit besemen gekehrt, an Aug. Slolberg 7. Dem
Sprichwort: neue besen kehren gut, wird oft hinzugefiigt :
aber die alten fegen die iiütlc rein, andere: aus einem reis
wird kein besen ; wenn der besen verbraucht ist, kommt er
in den ofen; wenn der besen verbraucht ist, sieht man erst,
wozu er gedient hat; je nachdem man einem will, steckt
man ihm maien oder besen ; franz. rötir le balai, zurüclc-
kommen, arm leben, des besems spielen. Fisciiart n* 334.
s. handbesen, kammerbesen, kehrbesen, stallbesen, Staubbe-
sen ; die Zusammensetzungen, in welchen das wort die erste
stelle einnimmt, slebn unter besen, nicht unter besem.
3) besen heiszl auch die magd im haus, weil sie den besen
führt, wie die Angelsachsen die hausfrau vebbc, die webende
nannten, studentisch, jedes mädchen: ein flotter, famoser, pa-
tenter besen, knallbesen u. s. w. jenes Sprichwort neue be-
sen kehren gut pßegl man zumal auf neueintretende dienst-
boten anzuwenden.
BESEMCHEN, BESENCHKN, n. scopula: ein besenchen,
aus der blute eines roiirs gebiiiKlcn. wo er sich hinwendet,
fühlt er die bescnchrn unter der nnse. Göthe 29, 242; keh-
ren sie mit diesem besemchen noch alles weg. an frau von
Stein I, 326. Maaler 40' hat bäsemle, Stieler 113 bcsemlcin,
Dasypodius 218* bSsenlin.
BESEMEN, scopare, verrere, fegen. Stieler 113. franz. ba-
layer, mlat. balagare.
BESEMEK. m. 1) scoparius, liesmer, hesenbinder. 2) l)ese-
nter oder desem, eine art wage in den holsteinischen haus-
haltungen, die durch eine mit blci aufgegossene kolbe, auf
BESENBALACH— BESENMARKT 1616
einem seile schwebend, die last gegenüber bestimmt. Voss briefe
2, 25. ebenso dän. bismer, doch schw. besman, litt, bezmenas
(Nesselmann 328'), russ. bezmen', poln. bezmian, przezmian,
böhm. prezmen. ein undeutsches wort, das mit unserm besen
nichts zu schaffen hat.
BESENBALACH, f. carbunculus: am prangfinger der rech-
ten band hett er ein ring . , . und darein versetzt ein aus-
bündige besenbalach, sambt eim ausgespitzten dianiant. Garg.
120'.', bei IUbelais : au doit medical de la dextre eut un aneau
fait en forme spirale, auquel estoient enchassez un balay en
perfection, un dianiant en pointe. ein rubin oder karfunkel
heiszl noch heute franz. balais (unterschieden von balai besen),
wofür Ddcange die schwankenden formen balaya, baleia, bales,
baieis, balesius, balascus angibt, Albertus magnds hat baia-
gius, it. balascio, sp. balax, prov. balach. durch balai kam
Fischart auf die seltsame Wortbildung besenbalach. vgl. de La-
borde notice des imaux. Paris 1853. 2, 456. 457 unter balay
und ballesseau.
BESENBINDEB, m. scoparius, beseranacher : besenbinders
jungen, kinderm. n' 60.
BESENÜEN, was beschicken, holen lassen, zu einem schicken,
mhd. besenden, besante :
vil dräte besanter dö
beidiu mäge unde man. £r. 2893;
zehant er besande
die besten von dem lande. Greg. 25;
besendet iuwer liute
morne unde hiute. /w. 2149;
sine harphen er besande. Trist, 186, 5.
nhd. besendt ewer underthanen. Aimon e ; der richter in be-
sandt. Bocc. 1,231;
die braune Dorilis besendet dich mit gaben.
Fleming 597 (593).
das wort ist aber, gleich dem nnl. bezenden, wenig in gebrauch.
BESENFLACHS, wi. linaria scoparia, nnl. bezemkruid.
BESENFBAU, f. die mit besen handelt.
BESENGELD , n. geld um besen zu kaufen : wann du be-
semgeld begehrest, so lasz uns zu einem mann gehen, der
ein Vorrat an besen hat. Schuppius 746.
BESENGEN, amburere; besengen, ustulare, prot peen (bähen)
oder prennen. vocab. 1482 d4'; vom feuwer, von der brunst
besengt, ambustus incendio. Maaler 62' ;
die paurn, die weilen uns fressen
den edel wolbekant,
das well gott nit Verheugen,
wir wellens fürbasz sprengen,
recht wie die sew besengen. Uhla>d367;
wenn einer ein hübsche katz hat ... und er ir das bar auf
einer seilen besengt und macht sie masecht, da bleibt si da-
heim, schimpf und ernst cap. 373; da die magd die frauw
noch lebendig sähe, doch sie nicht einem menschen, sondern
einem besengten stock (un cepperello inarsicciato) gleich fand.
Bocc. 2,109'; reif, der alles besengt, fctr. 109'; auf glüenden
kolen besenget, geröstet oder gebraten fleisch. Thurneisser
magn. alch. 2,3; do begrabt man lebend, besengts und brents.
archid. 10; darzu auch, das die sonn den Martern nicht be-
senge. inßuent. wirk. 5 ; so pflegt man den stecken oder Stab,
den der bott tregt, ob dem feuwer zu besengen, das er
schwarz sei (hasta praeusta). Fronsp. Äncjfsf». 3, 14l';
gott sei dank, dasz friedensthaw
fi'uchtet wieder unser aw,
die des krieges brunst bescngeJ. Locau 2, s. 245;
sich die kleider, die haare besengen, versengen; den hart be-
sengen; das körn ist durch die hitze besengel. Stieler 2011.
auch intransitiv : dasz die bettzicchen verbrennen und besen-
gen gar hinweg, und den federn geschieht nichts. Paracelsus
Fisciiart 2, 9l'.
BESENGEB, m. incantator. maulwerffenger, rattenbesenger
groszm. 49.
BESENHEIDE, f erica scoparia, franz. briiyt'TC h balais.
BESENKHAUT, n. benennung verschirdner pflanzen, die zu
besen taugen, z. b. sisymbrium sophia, chenopodium, arlc-
misia campestris, spartium scopariuni «. a. m. vgl. bcsen-
flachs.
BESENMANN, wi. der mit besen handelt.
BESENMABKT, m. gerichlsplatz, auf dem die Verbrecher ge ■
stäupt werden: sihc auf, dasz du nicht nach wollen gehest
und bcsclioren wider kompst. Scel. was sagst du von beschor-
nen, mein siin? Sempr. es werc das minst bcschorn oder
bcropft darvon zu cnllaufen, wann du nit über den bäscn^
markt gejagt wurdest. Wirsunc Ca/. H 3';
1617
BESENPFRIEME — BESESSEN
BESESSENHEIT— BESETZEN
1618
0 wie bin ich der gröszie ihor,
dasz ich steh, warumh Ueuch ich nicht,
eh mich ercreifl das stateerichl
und mich werf in die glengnus argk,
jag mich morgn uhera besenmark. H. Sacbs \, 22S*.
BESENPFRIEME, f. sparlium scoparium.
BESENREIN, reiu, mit dem lesen gekehrt, so rein als ob
es mit dem Lesen gefegt tcdre: die wohnung besenrein beim
auszug überliefern.
BESENREIS, n. rirga scoparia, mhd. besemris: haare, die
ungelockt stebn, wie besenreiser; o münzringerer, münzscbwe-
cher, inünzabgieszer . . . wie wird man euch im hüUcbimi-
schen scbmelzdigel granuliem, als wann man euch über
bäserareis scbüsz. Garg. 190'.
BESENREISIG, n. virgultum ad scopas aptum: süllige dein
äuge an unserem besenreisig, an dem gelbblühenden genisle. •
Thiümels reise 7, ITS.
BESENSOLE, f. in dem sahtcerk zu Halle, eine gewisse
menge sole, welche dem bornmeisler zum besten gesotten wird,
der dafür besen und handlücher halten musz.
BESENSTIEL, m. scoparum manubrium; dürr wie ein be-
sensliei; er hal einen besenstiel im rücken, ist eingebildet,
als wenn er sich nicht bücken dürfe; ich will dir den weg
mit dem besenstiel hinaus weisen. Pierot 1, 347, franz. je te
donnerai du manche du balai. hexenfahrl auf besenstielen :
Terlangst du nicht nach einem besenstiele? Götoe 12, 202.
BESENSTIELER, m. verfertiger oder Verkäufer von besen-
stielen. Fkchart groszm. 49. 51.
BESENSTUMPF, m. truncus scoparum, ein abgestumpßer
besen : ebenso den weiblichen diensiboten der bürgerlichen
häuser als den studierenden wilirahrig, wüsten sie (die kna-
ben) jene durch munche geralligkeil zu verpflichten, derge-
stalt dasz ihnen die besenstumpfen das jähr über aufbewahrt
und zu dieser fcstlichkeit [dem anzünden des bergfeuers) ab-
geliefert wurden. Göthe 31, 17S.
BESENTRESP, m. bromus scoparius.
BESE.NWURF, m. den maurern, bewurf mit kalk und mürtel
durch einen birkenbesen, die berappung, Schweiz, besaworf.
TOBLER 44'.
BESENZEPTER, m. kein Schornsteinfeger thronte mehr
mit dem besenzepter auszerhalb des Schornsteins (weil die
Stadt belagert und beschossen wurde), i. Pall Sepomukkirche 127.
BESE.NZI.NK, ni. ramus scoparius: da einer gnist oder
broctholz in den vier gemeindewüldern zu holen betreten
würde, der soll 3 seh. zu straf erlegen, von den besemzinken
aber, da einer (darüber) gefunden, soll ein halber gülden ge-
geben werden, weislh. 2, 1S6.
BESESSEN, pari, von besitzen,
1) in acticbedeutung
a) soviel als angesessen, begütert: und ist meines hem
des kunigs besessen man. Magdeb. weisth. j. 15 (a. 1424); ein
taglühner, der nirgend besessen ist. Sir. 37, 14 ; personen,
welche nicht heuslich besessen, und doch unsere pfarrecbte
sich mit freuen und gebraueben. Lctiier 2, 266\
b) niedergesessen, niedersitzend: die ehrenvesten herren
grafen sein doch besessen, considant. Weise ccmüd. 327.
2) häufiger passivisch, capitis, occupatus, in der spräche des
.V. T. vom bösen {aber auch guten) geist, vom teufel, Batuoiit,ö-
fieios, wofür Li.hlas daimönareis beibehält, ahd. steht Urnoman
(eingenommen), mhd. behaft und besej^en : und die brachten zu
im die besessenen. Matth. 4, 24 ; am abend aber brachten sie vil
besessene zu iiu. 8, 16; da liefen im entgegen zween beses-
sene. 8, 39 ; und es war in irer schule ein mensch besessen
mit einem unsaubem geist, der schrei. Marc. 1, 23; lief im
alsbald entgegen aus den grübern ein besessen mensch mit
einem unsaubem geist. 5, 2 ; sahen den, so von den teufein
besessen war. 5, 15; das sind nicht wort eines besessenen.
Joh. 10, 21 ; denn die unsaubem geister fuhren aus vielen be-
sessenen, apost. gesch. 8, 7; wann wenn man den vers rau-
net einem besesznen in das er, so wirt der bös geist bewegt
zfl antwurten. Keisersb. Sünden des munds 24"; was in Pro-
bant (BrabanI) ein frauw, die was besessen mit dem bösen
geist. 24*: sie hetten ein kneblin, das was besessen, kunt
niemants kein riig vor im haben. 56*; bin ich doch gottlob
nicht besessen. Kirchhof wendunm. 142*; seine reitcr hüben
ihn auf= pferd und fort, wie besessen! Göthe 8, 94; deine
Seele ist bis in ihre innersten liefen von feindseligen mäch-
ten besessen. 8.156; die leute schreien wie besessen. 13, i:i;
CS schien als wenn das alte schlosz vom wütenden beere be-
sessen sei. 18,263; damit dein ganzes Institut, wie besessen,
aufführe. J. Paul uns. löge 3, 151 ; er hat uns nicht gesehen,
er lief wie besessen vorbei. Armm schaub. 2, 94; es heiszt
aber auch von liebe, wut, krankheilen besessen:
mit lieb bin ich besessen. Uoffm. geselticliaflsl. s. 12 ;
ich müste mit einer groszen liebe zum leben besessen sein.
Clacdils 5, 99; ein von liebe besessenes müdchen. Gotteb
3, 75 ; da man sagt, dasz unser Zeitalter von der wut beses-
sen sei, auf diese art seltsam und geheimnisvoll zu wirken.
TiECK 7, 15 ; der fürst hielt sich im siechen frühjahr aus zwei
gründen wieder vom zipperlein besessen. J. Pai:l Hesp. 3, 112.
BESESSENHEIT, f
BESESZ, m. ahd. pise; (Graff 6, 303), mhd. bese;.
1) possessio: ahd. diu erda ist fol dinis pisegis, impleta
est terra possessione tua. N. ps. 103, 24 ; mhd. so het hornig
(homung) in sinem besej. nambuch s. HO; nhd. ein besesz
haben, possidere. Hemsch 313; umb sein vermeinten besesz.
Geszler rethorik 66'; lenger denn menschen gedechtnis in
besesz hab. 60*; wahr ist, dasz kein bapsl nie zu besesz des
vierten theils der land, die sie sprechen ihn von Constantino
gegeben sein, kumen ist. Hütten 5, 242 ; ain ieglicher sol bi
sinem alten herkommen, brauch und besesz behalten wer-
den. Recchlik augensp. 1, 6 ; hielte es dafür, dasz der besesz
der insel Zacynthus den Achaiera nütz were. RiBELLtr. 542;
die gesandten haben an der gerechtigkeit des besesz (am jus
possessionis) nichts geändert. 698. vgl. seszhaft. heute besitz.
2) obsessio, obsidio, sonst ahd. auch umpise;. mhd.
dö huop sich in der zit
michil urloüge unde siril,
hungir unde bise;. kaiserchr. 15365;
sollit ir wissin, daj he einen besesz ted vor dem hus Hirz-
berg. Landau ritterg. 112 (a. 1371). heute auszer gebrauch.
BESESZLICH inhaben, possidere. Oberli.n 134. 135.
BESETZE, n. limbus, das besetzen, der besalz, namentlich
das Pflaster auf der strasze. Adelcsg nimmt das wort weiblich.
BESETZEN, goth. bisaljan, ahd. pisezan pisazta (Grjiff 6,
2991, mhd. besetzen, nnl. bezetten, ags. beseltan, engl, beset,
schw. besütta, dän. besaite (tieften besidde = besitzen), sitzen
machen, gewöhnlich mit etwas besetzen, von einem besetzt
werden, iraj jedoch, wenn die Vorstellung geläufig ist, unaus-
gedrückl bleiben kann.
1) land, Stadt, bürg, haus mit leuten besetzen, occupare:
das sind die drei söne Noah, von denen ist alles land be-
setzt. 1 Mos. 9, 19 ;
ej wart nie stat besetzet
mit Trumen liuten also wol. troj. kr. 17680 und 17S31 ;
diu (houbelslat) was ouch also besät
mit tegelicher huote. Greg. 746;
vil guote crisiene wären,
von den diu beilige stat
woi crliche was besät, pass. K. 42, 40 ;
der könig aber besetzt die siedle in Samaria. 2 kön. 17, 24 ;
so wil ich die siedle wider besetzen. Ez. 36, 33; besetzen
die siedle hin und her mit eltesten. Tit. 5 ; besatzten die
vestungen auf den bergen. Judith 4, 3 ; besetzt sie (die bürg)
mit einem gottlosen häufen, l Macc. 1, 36 ; ohn das er einen
flecken stark besetzt halte. 2 Macc. 12, IS ; feslung die nicht
besetzt war. 13, 19 ; die Stadt wurde mit (von) tausend mann
besetzt; alle höfe sind mit bauern, alle häuser mit fremden
besetzt, es steht kein zimmer leer, die strasze, der markt ist
mit menschen, das theater mit Zuschauern besetzt; alle Zu-
gänge, alle engen passe sind besetzt; die thore, thünne,
wachen, wälle sind besetzt; die wache besetzen, auf die
wache ziehen : es solle auch kein sudler nach besetzter wache
wein, hier verkaufen. Fro.nsp. 3, 23* ;
in wol geordenler schar
wart ein iogelich stat
von den geslen bcsat. pass. 11. 246, 13;
und si mit vli;e heten
ir buoie hie und da besät, pass. K. 10, 9;
wir b.in diu tor besetzet, troj. kr. 11782.
2) die tische sind mit gasten besetzt ; alle platze, stöle,
bSnke, sitze sind besetzt; die stelle ist wieder, ist noch nicht
besetzt; die drei kinder besetzten den untern räum des tisches.
G.iTHE 21, 18;
wart senle Peters stat
nach im mit im ouch wol besät, pass. II. 170, 66;
da; si ir State und ir siat
wislichen h.Tten besät. Trw/. 316, 28 ;
alle ämicr in diesem lande sind mit würdigen männern be-
102
1619
BESETZEN
BESETZER — BESICHTIGEN
1620
selzt; die gerichtc, geistliche und weltliche sind wol besetzt ;
man sagte mhd. auch ein fest, eine hoclizeit mit geladenen
gasten besetzen, zur hochzeü entbieten:
die hühzit lieie Marke
besetzet also starke
$6 mit geboie so mit bete. Tnst. 15,6.
ähnlich heule, ein stück mit scliauspielcrn besetzen, ein gut
besetztes stuck; die hauptrolle ist schlecht besetzt; sie sehen
daraus wie schwer es sein würde, Zimmermanns rolle zu be-
setzen. Schiller an GOthe 296; die musik, das Orchester ist
stark besetzt; der lehrer hat alle stunden besetzt.
3) den garten mit bäumen, die felder mit reben, die wege
mit linden, das ufer mit ulmen besetzen ; .
der earte ist besetzet
mit boumen edel von art. F/ore 4430;
liesz ganze felder mit reben von muscateller art besetzen.
ScHüPPius 98 ; alle beete waren mit duftenden gewachsen be-
setzt, den teich mit fischen, die käfiche mit vögeln, den
marstall mit pferden besetzen.
4) das kleid mit schnüren, borten, gold besetzen; ein be-
setztes kleid;
und mache mit geschmack mir ein besetztes kleid.
Zacii.«riä 1, 15ti :
die ermel mit spitzen, die schuhe mit band besetzen ; ein
becher mit edelgestein besetzt ; die halskette . . rings herumh
mit diamantischen spitzen als flammen funkelend und zwitze-
rend besetzt. Garg. 119*;
von purpur sei die decke, und gescliirr
und Zügel reich besetzt mit edeln steinen. Schiller 497'.
vgl. belegen 2.
5) den tisch mit speisen besetzen ; die tafel ist treflich
besetzt; betroffen war sie bei ihrer zurückkunft den tisch
nur mit zwei gedecken besetzt zu finden. GötheI", 173. den
wall mit geschütz besetzen, der eingang zur bürg war mit
zwölf kanonen besetzt, die straszen sind mit zierlichen lüden
besetzt; die strasze mit steinen besetzen, pßastem, einen
brunnen besetzen, einfassen, im spiel, eine karte mit geld,
eine zahl mit einem glas besetzen, bergmännisch, das bohr-
loch besetzen, mit ptilver füllen, zum sprengen.
6) abstract wendet unter den mhd. dichtem das worl beson-
ders GoTFRiED an:
hie mite besalzte er sinen sin. Trist. 184, 33,
hierauf setzte, damit beschäftigte er seinen ganzen sinn;
nu di'siu rede besetzet ist. 185, 18,
dieser enlschlusz fest stand;
er hegunde in schoenem sinne
sine rede besetzen an der stete. 206, 7,
seinen enlschlusz ausßhrcn, auseinandersetzen;
ir reht was an in beiden
besetzet und bescheiden. 277,22;
dicke bcsatzt er sinen muot. 296, 23,
überlegte er, stellte er seine gedanken;
wir sin mit pröjer väre
besetzet und gevangen. 379, 13,
von gefahr umgeben und umfangen;
er bcsatzie sine trabte. 478, 22,
stellte, beschäftigte seine gedanken. nhd. beispiele gehen ein-
förmiger von der Vorstellung einnehmen, occupare aus:
der sierker hanf treibt grosz geprüll,
besoizi mit unkeusch und mit fiill. Sghwarzenb. 152,2;
die Vorstellungen äuszcrer sinne machen den stof aus, womit
wir unser gebiet besetzen. Kam 2, 83 ; ich würde dich inzwi-
schen ohne grund mit lügen besetzen. .1. Paul flegelj. 1,112;
wenn krieg, seeriluberei, knechtschaft, parteiwut tausend her-
zen auf einmal und lange besetzen, indesz die tugenden wie
cngcl nur einzelne begleiten, ddmmerungen 10.
Genau genommen ist zwischen besitzen obsiderc und be-
setzen occupare zu unterscheiden, der fcind hat die Stadt be-
sessen (belagert) und er iint sie besetzt {eingenommen); angst
hat dein iici'Z besessen {umlagert, umfangen), sie hat es be-
setzt {überwältigt), bei der nähe der begriffe ist aber nicht zu
verwundern, dasx besetzen auch fiir obsidere steht, gerade wie
beliegeu (sp. 1450) und belegen {sp. 1442), Weckuerlin sagt :
wirl erröitun niuinc schl
von der gollosen wut, die mich ringsumb besetzen. 179.
*o ist auch das ältere besej possessio dem späteren besitz ge-
wichen.
7) besetzen hatte im 15. lOjA. auch noch die bedeulung von
legare, vermachen, einem etwas aussetzen, worüber belege bei
Oberlin 135 nachzusehen sind. KKiSEnsiiEtic sagt: da man
armen leulen etwas besetzt und vermacht an dem fotbett.
Sünden des munds 78'. vgl. schon mhd. Trist. 316, 18.
BESETZEN, m. ein straszenpßasterer. Schweiz, gassenbesetzer.
FiscHART groszm. 94 verbindet besetzer und spiszrutenkreiner.
BESETZLEUTE, pl. coloni, die ein land besetzen. Riiiel
Liv. 476.
BESETZSCHLÄGEL, m. zum feslstoszen, einrammeln des
Pflasters.
BESETZSTADT, f. colonia, Rihel Liv. 205. 476. Colin,
eine römische beselzstatt. Zinkgr. 394, 10.
BESETZSTEIN, m. hat Stieler 2139 für kiesel, silex, Pflaster-
stein.
BESETZT, 1) incolis frequens, bevölkert: an vil orten mechr
tig und volkreich und wol besetzt. Frank leeltb. 5' und ößer.
2) corpulentus, plenus, beleibt : er war ein ziemlich besetz-
ter cavalier, als er sich nun mit einiger gewalt auf das gc-
ländere legte, die zapfen der balken aber sehr vermodert
sein mochten, brechen diese aus. Irrgarten 163. vgl. gesetzt,
gravis und untersetzt.
3) besetztes haus, besetztes kleid, besetzter tisch, pol.
stockf 321. s. besetzen.
4) besetzt halten, locum tenere: der feind hielt die Stadt
drei jähre besetzt; zugleich sollten alle kirchen und kirch-
höfe jedem, der dahin flüchtete, eine sichere freistatl sein,
und diejenigen, weiche ihn dort besetzt hielten, erwarten,
dasz der hunger ihnen ihren feind liefere. Moser 2, 127.
BESETZTEICH , m. einen geistlichen hecht aus dem can-
didatenbesetzteiche in den streckteich der pfarre werfen. J. Paul
Fixl. 148.
BESETZTUCH, n. tuch zum besetzen.
BESETZUNG, f. in rerschiednem sinn: die besetzung der
Stadt, der tafel, des kleides, der stelle, der rolle : anbei über-
sende die rollen vom Teil mit meiner besetzung. Schiller
an Gölhe 929. auch cardiogmus, herzweh. s. besatzung.
BESETZWEIDE, f. womit der korbmacher den rand des
bodens besetzt, beflicht.
BESEUFZEN, gemere, lugere aliquid, beklagen: die thor-
hciten der menschen, die Vergänglichkeit des lebens beseufzen ;
wenn andre stehn und zittern,
beseufzen ihren tod und bitten ümm quartier.
FLEHi.-yc 109 (111);
es wird euch auf allen seilen
manch beseufzter wunscb begleiten. 481;
dich beseufzen alle wind,
dich auch alle bäum besausen. Sper222:
einige beseufzen nur das unrecht, welches andere neben ihnen
zugleich leiden müssen. Babener 1, 88 ; der pöbel bewundert
die fürstliche pracht dieses mannes, die sein gläubiger be-
seufzt. 5, 183; die sultanin beseufzte die jugendlichen reize
{eines zum tode verurlheillen pagen). Klixger 10, 193.
BESEULEN, columnis ornare. Stieler 1694.
BESICHTEN, invisere, cognoscere de re praesenli, recognos-
cieren, in augenschein nehmen, feierlicher und ofßciellei- als
das einfache besehen : dem ist also, das ir ieder drei nemen
und erwellen, dieselben sechs sollen lierr Hninrichs gepew
und behut zu Ewcrsdorf, Sermingslain und Weilenegck not-
lurftiglichen besichten. Chmels Maxiinilian s. 200 \a. 1498);
derhalben auch mir itzt viel zu besichten und zu überlesen
von nöten sein wolle. Luther 3,415; ein liecht alles zu be-
sichten mit sich tragende. Kirchhof «'ciK/ioim. Ol' (60);
der hat die sach besiclilct
und aigenilich beiracht. L'hlamd 601 ;
bar, lasz dein nachtpawrn (deine naxe) auch besichten.
11. Sachs III. 3, 15;
vleiszig crfarn und als bcsicliin. Schmklzl David 18*.
heule ungebräuchlich.
BESICHTIGEN, was das vorige, nnl. bezigligen: der vom
könige gesandt war die schalzkammcr zu besichtigen. 2 Macc.
5, 18; seid bedacht, das mir in den sachen geholfen werde,
mein bekenlnis besichtigt werde. Luther 3, 415; sölhcn han-
del zu besichtigen. Geszler rt'//(. 66* ; darnach ziehen wir mit
gutem frieden und müssen in Frankreich unser frawen und
kinder besichtigen (wiedersehen, aller voir). Aimon f; da die
beiden besichtiget (recofl/io.wcr/l wurden. /'««/(« 13; die uml»-
ligenden länder besichtigen (heimsuchen) und berauben. Mün-
ster 1334; kunim, wann es im gi-legcn, mich zu besichtigen
(besuchen). Wirsung Cal. al'; dann ich hab ein sonders ge-
fallen dich zu besiclili^eu. 4';
0 Tliales, ich hab in doini haii.i
besithiigl ollo gmach durchaus. H. Sachs V, VI ;
1621
BESICHTIGUNG — BESINGEN
BESINGEN — BESINNEN
1622
er Wirt etwan reiten herab
bcsichlin;; dich und du in auch. 10.3,46';
und alle ding wul besichtiget werden. Kibchiiof Jisc.mil. 23;
dasz ein feldherr des feindes gelegenheit g;inz wol besichtige
und erkündige. 149 ; als sie nun auf ein guten büchsenschusz
davon waren und die gelegenheit der Stadt besichtigten. Garg.
264',- besichtige {bcsuchv] Polen, Preuszen und andere län-
der. SciiLPPiLS 741; die straszen besichtigen; eine brandstätte,
eine streitige grenze, einen entblöszten gang, einen erschla-
genen besichtigen, ein risum rrpcrtum darüber aufnehmen.
BESICHTIGUNG, f. inspeclio ocularis: auf der besichtigung
des wasserlaufes halber gewesen. Scbweihicbex 3, 14S ; in
besichtigung {augenschein) nehmen.
BESIEBE.N, cribro cernere, conspergere: die kegeibahn mit
feinem sande.
BESIERNEN, conrincere septem teslilnis, mit sieben {oder
sechs) eidtshelfern dailhun, dann insgemein itberßSiren, abfer-
ligen : ob, wie, wo, wann man das annemen oder besibnen
wöll. Fbaxk citron. 316'; der heilig geist laszt sich nil also
besibnen und in die schul füren. 519*. Stieleb 2015 hat be-
siebnen, übersiebnen. einem das siebente buch weisen.
BESIEBNLNG, f. Haltacs 146.
BESIEDELN, coloniam in agro constituere.
BESIEDELUNG, f. eolonisierung.
BESIEGBAR, vincibilis : ein schwer besiegbarer feind. häu-
figer gebraucht ist unbesiegbar.
BESIEGBARKEIT, /.
BESIEGELN, signare, sigillo nunire, ahd. pisigilan (Gbaff
6, 145), mhd. besigelen (versiegeln) Wigal. 10375) nnl. beze-
gelen: einen brief, einen vertrag besiegeln, dann feierlich
bekräpigen: mit einem {gleichsam als siegcl aufgedrückten)
küsse den neuen bund besiegeln ; seine treue mit blut ;
lasz diesen lausch uns am altur besiegeln! Gotteb 2, 271 ;
die strengste rechtslbrni sollte meine Unschuld
Tor aller weit bewähren und besiedeln. Schilikr 435';
so besiegelten wir durch den gröszten vielleicht nie zu schlich-
tenden wetlkampf zwischen o!)ject und subject einen bund,
der ununterbrochen gedauert hat. Göthe 60, 258.
BESIEGEN, tincere, superare, überwinden, ahd. uparsigiron,
mhd. übersigen, besiegen stellt zuerst Stiei.er 2017 auf, Da-
sYPODiLS und MAAt.ER /labe« es noch nicht: seinen feind besie-
gen; ein besiegter feind;
ihn hat ein höherer be^iegi, nicht wir! Schillfr 472* :
viel bunde besiegen den wolf; den gegner im schach besiegen.
oß bildlich, die Schwermut, furcht, angst besiegen ; ef hat end-
licii ihr herz besiegt, erobert; den weindurst besiegen, lOschett.
\Viela:«d 9, 64 ; ihre Vorstellungen können mich quälen, aber
meinen beschlusz nicht besiegen. Leisewitz im Jul. v. T. 4, 2 ;
Egmont, scheint es, liesz sich von den Vorstellungen der regen
tin besiegen. Schiller S26 ; Wallenstein wollte nun auch die
natur ü))envinden und das unmögliche besiegen. 916; ich
konnte die wenigen zweifei, die meine Ireundin noch hegte,
glücklich besiegen. Göthe 20, 1S2 ;
die linrhsleD hohen sind erstiegen,
und würden sie den pasz besiegen,
wir hätten einen schweren stand. 41,279;
gerechter räche durst kann keine zeit besiegen.
Gotter 2, 37t ;
eine Umwälzung (revolution) besiegen. Kli:<ger 10, 205.
BESIEGER, m. vicior.
BESIEGERIN, f. victrix.
BESIEGLEB, m. obsignalor: bullenbesiegler. bienenk. 41*.
BESIEGL'NG, f. superatio, expugnalio.
BESILBERN, arqento omare: vergüldet, besilbert, besam-
met und betaffet. Kircuhof «endunm. 290'; besilbern, rertil-
bem. Stieler 1720.
BESINGEN, mhd. besingen, nnl. bezingen.
1) cantu implere, tele man sagt, die wflnde heschreien, mit
geschrei erfüllen, mhd.
wahren pewiliet dise helde halt
si besunfren wol ein wiiez niiinsier,
ir stimme ist so manecvali. Morolt 1665;
dem walde ist wol geluneen,
er »lit also b«»ungen. ilS. 1, 194';
hiure wol besuniren
in süejer wise » irt der ivalt. 2, 244* ;
du hast TOfcl vil beiwungen,
da der wall was aller von besungen. \lt^. beitr. 429.
nhd. Sprichwort: er denkt nur in seinen sack, wie er sein
capeile besing (wie er fiii< dem gttang m seiner kapetle geld
verdiene). Fra>k spr. 2, 36 ; den altar bcwedemen mit fünfzig
guldin geldes, die ein piirister haben sal, der den altar be-
singet (zuerst ror dem a. singt?), urk. von 1373 bei Landau
rilterges. s. 135; dieser küster besingt seine kirche gut, füllt
sie mit starker stimme aus; die kirche ist noch unbesungen,
es ist noch nicht in ihr gesungen worden.
2) einen todten besingen, exsequias celebrare:
des morgens fruo die töten
Tristan und Isdien
man gar heile dich besanc. Hsixa. Trist. 67.i7 ;
nhd. mit sechs seimessen besingen, halten und began. Gesz-
LER reih. 43'; des freunde werden genüt den todten besingen
zu lassen. Frank eceZ/b. 136';
stirbt eins, ums geld sie es besingen. H. Sachs I, S6';
dein leib nit auf den kirchhoT graben,
bleibt unbeleut und unbeklungen,
on alle seelrechi, unbesungen. VValdis Esop 4, 46 ;
lasse dich besingen und beläuten, oder pleibst nit bei den
leuten. bienenk. 16S'. vgl. pfründ besingen und gehaben
(durch seelmcssen). Geszlers re//i. 44'. s, besingnis.
3) carmine celebrare, exprimere, mhd.
DU sprechet urab die nahiegaln,
die sint ir dinges wol bereif
und kunnen alle ir senede Icit
so wol besingen und besagen. Trist. 121, 17.
nhd. einen held, könig, eine frau, die freiheit, lugend be-
singen ;
besungen ihren rühm. Hacedorn 1, 5t,
die alte, gute form für das heutige besangen, nnl. gilt umge-
kehrt bezong im sg. ßr bezang;
so wird nicht der zum thron der ehre dringen,
den weise scheun, und dichter nie besingen. 1, 82;
Kleist hat den frühling, Zachariä den Student besungen ; diese
thaten sind noch unl^esungen.
BESINGNIS, f exsequiae, nach besingen 2: das sie vil
mess, pfründ, capein, jartag, besingnus stiften. Fraxk weltb.
I2'.t'; das haben sie auf des mans besingnus wenden müssen.
134'; Gregorius der grosz hat die mess für die todten dienst-
lich geordnet, besenknus, sibend und dreiszigst aufbracht.
chron. 2S4'; das die vigili und besingnis zu nichten nutz
seien. 400*. andere belege bei Scomeller 3, 2^3. das worl
hat noch Stieler 2030.
BESINGUNGSWCBDIG, dignus qui canatur: man hat mir
einen rcichgestickten rock gezeigt, welcher der besingungswür-
dige gegenständ vieler hungrigen musen gewesen. Rabener 4, 61.
BESINNBAR, recordabilis.
BESINNBARKEIT, f das sich erscheinen ist reflexibilität,
besinnbarkeit der erscheinung. Fichte nachg. werke 2, 3S7.
BESINNEN, zwischen starker und schwacher flexion schwcm-
kend, wie ansinnen, aussinnen und gesinnen, doch jene über-
wiegend.
i) intratisitiv, sapere, resipere, resipiscfre. mhd.
lieb im in sinem muot besinnet. MS. 2, 23',
sich bewusi wird, su sich kommt;
ich enbin niht so besunnen.
daj ich gesprechen kunn darzuo. gute frau 2294.
nhd. in solchem sinn nur das part. besonnen, eautus, ctrcum-
spectus, wofiir Boner aucJi die schwache form:
der gebüre stunt vil wol besint. 62, 53,
und so auch bei Maaler 62' besinnt, bei sinnen, cordatus;
wol besinnt, circumspectus ; er ist wul besinnt und bedacht;
besinnter mensch, eonsideralus homo. diese partidpia lassen
sich aber auch ton der folgenden bedeutung, als eonsideralus
und überlegt herleiten.
2) (ran<i7iF, besinnen überlegen, eonsiderare: mhd.
daj ich mit flije hab besint. Do.'«. 99, 52,
ältere dichter nehmen es aber für in den sinn geben, zu ge-
müt führen:
nu hit uns loigen haj besinnet,
der aller wunder hit gewall. MS. 2, 9*;
Daniel uns da; besinnet hat. 2, 24's'.
nhd. eonsiderare, excogilare, aussinnen, betrachten: doch ha-
bens etliche besonnen und aus eigner erfarung inne worden.
Lutheb 2, 172'; und wenn mans gründlich besinnet, so sind
aus den historien und geschichten fast alle rechte, kunst,
guter rat, wamung, drewen ... als aas einem lebendigen
brunnen gequollen. 6,531';
herr der richier, wir wollen euch imer danken,
und auch den schöpfen in den schr.nnken,
das irs so recht hüLschlich habt pesunnen.
fastn. $p. 707, 31 :
102*
1623
BESINNEN
BESINNEN — BESITZ
1624
lob hab der erenkünig im trän (himmel),
der ie zu schöpfen (schaffen) d;is besan (erdachle). 1305;
darnach helt man ein rat besunnen,
umb ein Scharlach do zii rennen. 1353;
die verpangne und zukünftig zeit
er auf der reis wo! bsini und bdacht. Thornkisser archid. 2;
so weisz ich und kan wo! besinnen
des menschen gesialt, gleicli aus und innen. 6;
wie ein mensch, der etwas bei sicli tief besinnet oder lich-
tet. Fronsp. 3,289';
so sind wir von nalur, du wirst ja disz besinnen,
nur weiber, die wir nicht mit männern streiten können.
Opitz 1, 1(56;
laszt uns ihren glänz besinnen
und das himmlische beginnen. Fleming 320;
Dämon, was besinnest du? 398;
Sachen, die nur ihr besinnet
und doch keinem sagen könnet. 354 ;
wenn ich Volinie, wie ich dann sleiig pflege,
besinne deine gunst und reiche freumllichkeit. 043 (639) ;
Mopsus kan von eignen künsten {suo Harte) nichts verrichten,
nichts besinnen,
wie sein weib, die ohne mutter niemals hat pebehren künncn.
LOGAU 3,3,83;
0 lieber, wie viel ists, das ich pflag zu besinnen?
geh, zahle mir die stern und menschliches beginnen.
3 zug. 261,
was Lessing 5, 308 auf die Sinngedichte auslegt ;
besinn es, dann beginn es. Lehmann 72;
soll ich die zeit besinnen,
die nun verflossen ist? Weise überfl. ged. 1. bdutzend,
9 gedieht ;
hieraus nun kante ich leicht so viel bei mir schlieszen und
besinnen. Simpl. 1, 25. später fast ganz im gebrauch er-
löschend: etwas tief bei sich besinnen und dichten. Hippel
8, 21", wie oben Fronsperg.
3) besinnen für ansinnen, anmuten erscheint nur in folgen-
der stelle: es haben bei mir etlich meiner guten freund be-
sonnen, etwas geistlichs und christlichs e. f. gn. zuzuschrei-
ben. Luthers br. 1, 386.
4) reflexives sich besinnen erreicht wieder jenen intransitiv-
sinn, die Sache steht sowol im gen. als mit der praep. auf,
sich eines dinges, eines andern, eines bessern besinnen ; sich
auf etwas besinnen, es im gedächtnis auffinden.
mhd. eins dinges hab ich mich besint. Bon. 49, 24;
heuest du dich besinnet reht. 70, 39;
nhd. ich kan mich nicht daraus besinnen (finden),
ich weisz gar nicht unib die rainne. fastn. sp. 405,36;
die zween sich hatten bald besunnen. Alberus36';
indem aber Petrus sich besinnet über dem gesiebte, apost.
gesch. 10, 19 ; und als er sich besinnet (avviSdtv, vulg. con-
siderans), kam er vor das haus Mariae. 12, 12;
wie oftmals kann ich mich vor schmerzen kaum besinnen.
Grypuius 2, 435;
besinne dich doch lieb, wo du was kanst besinnen.
Fleming 610;
der vater schlug die äugen nieder, besonne (für besann) sich
ein wenig, pers. rosenlh. 6, 7 ; der richter besonne sich eine
weile. 7, 20 ; besinnet euch besser. Weise erzn. 125 ;
seil menschen sich h'csinnen (gedenken)
starb keine Jungfer drinnen. I^essing 1, 4;
die Tertraute entfernte sich also, in hofnung dasz ihre ge-
bieterin sich wol eines besseren besinnen würde. Wieland
3, 224 ; sie hoftc, er werde sich indesz eines bessern beson-
nen haben. 11, 139 ;
itzt besinn ich mich
des liedes das ihnen gefiel. 5, 113;
und kurz es war nicht weit vom schlagen,
als vaier Zevs, dem hier nicht wol zu muthe war,
weil alle stürmend in ihn dringen,
ihm seinen ausspruch abzuzwingen,
sich glücklich einer list besann. 10, 156;
sie besann sich also glücklicherweise eines andern (mittels),
welches ihr nicht so viel kostete. 11, 4; endlich besann sie
sich eines alten reitersübels, der unter andern alterlhüinern
nicht weit von seinem ziinincr in einer plunderkaminer lag.
11, 157; endlich besann sich der ehrliche Anthrax eines mit-
tels. 20,23;
er kam zuerst zu meinem belle,
besinnt er sich? Güttkb t, 160;
und als sich neuer list
der höfling noch besann. 1, 195;
ihre majcst.it
besinnen sich vielleicht noch Jenes Vorfalls. Schiller 272> ;
wo möglich, eh sie von dem schlage sich
in Wien besinnen und zuvor dir kommen. 361';
ich bin nicht krank, ich habe kraft zu stehn,
was weint die mutter? hab ich sie erschreckt?
es ist vorüber, ich besinne mich wieder. 393';
lasz mir das dumpfe glück, damit ich nicht
mich erst besinne, dann von sinnen komme. Göthk 9, 242;
besinne dich dein ! Claudius 7, 79 ; besinne dich ! sagt der
lehrer zum schaler; während dessen dieser geist {Lessing),
ohne literarische richtung nach auszen, .sich auf sich selbst
besann und in sich selbst wurzel schlug. Fichte Nicolais
leben 98 ; darauf sich besonnen wird. Fichte die wisscnschaflsl.
in allg. umr. 38 ; jetzo wird sich besonnen (besinnt man sich).
i. Paul aesth. 3, 107 ; man besinnt sich heiszt, man steht noch
an, überlegt noch;
der übersilberte lakai
besinnt sich, ob er einen teller
mir reichen will. Gökingk 2, 17 ;
man besinnt sich ihm beizupflichten, mag nicht seiner mei-
nung sein, hat sich anders besonnen, einige der beigebrach-
ten stellen haben deutlich die bedeulung von rcsipiscere, zu be-
sinnung kommen, sich wieder fassen, wie unter 1.
BESINiNEN, n. consideralio : nach einem kurzen besinnen.
Schiller 292' ; auch ist hier in Neapel kein besinnens. Gothe
28, 241.
BESINNLICH, sensualis, sinnlich: so es {das kind) denn
ergreift die tag der mänlicben Jugend, denn feit es erst in
besinnliche anfechtung. der allen weisen exempel 20*.
BESLNNT, cautus, prudens, adjectivbedeutung des schwachen
part. prael. von besinnen, wo schon belege aus Boner und
Maaler gegeben wurden: also macht der mensch sein Ord-
nung wie er will, also machts auch der himmel, der mensch
ist besinnt in seiner Vernunft. Paracelsus 1, 546' ;
ich was mein lag nie drauf besint. Folz bei Haupt 8, 533;
dann dieser gsell
ist so erfahrn, listig, hsint. Thurneisskr arc/u'd. 38;
nüchtern, bescheiden, keusch, besinnt und feind sein allen
falschen kläfifern. Fronsp. kriegsb. 1, 174' ; du mein gesind, sei
besint, und folg dem was ich euch verkünd. Fischart groszm.
55. Das worl Icbl noch in der heuligen oberdeutschen Volks-
sprache: besinnt, der wol überlegt und ein gutes gedächtnis
hat. Stai.der 2, 375; besinter mensch, cordatus, unbesinnt,
wahnsinnig. Schmeller 3, 256 ; auch bei einigen schrißslellern :
nun, denkt er, soll mirs doch in ihren lippen glücken.
ja, wäre nicht sein gegner schnell besinnt,
den kleinen goU mit küssen zu ersticken. Wieland 9, 303 ;
die natur schaft den ganzen herlichen bäum, und bildet jedes
blau aufs fleiszigste, besinnteste aus. Lavaters phys. IV. 1,10.
BESLNISTLICH, adv. cogitale, consulle:
besinilich ej ze im selber sprach, liox. 78, 12;
besintlich reden, schreiben. Ma-\ler 62'.
BESINNUNG, f. recordatio: er hat seine volle besinnung,
sui compos est; er verlor alle besinnung, kam wieder zu be-
sinnung, blieb bei besinnung; es dauerte mehrere minulen,
bis man wieder zur besinnung erwachte. Schiller 873 ;
schau ich der wellen gewühl, dumpfer besinnungen voll.
Voss 3, 152 ;
das ihier hört er im rücken schnauben,
das must ihm die besinnung rauben. Hückert;
besinnung rauhend, herz bethörend
schallt der eriiinyen gesang. Schiller 58'.
BESINNUNGSKBAFT, f was besinnung: der wirt that das
seinige, die besinnungskrafl seiner gaste durch starke ge-
tränke abzustumpfen. Schiller 979.
BESINNUNGSLOS, sui non compos.
BESINNUNGSLOSIGKEIT, f
BESINNZEIT, f hier ist nicht lange besinnzeit. Schiller;
nicht lange zeit sich zu besinnen.
BESIPPE, cognalus. ahd. sippi und gisippi, substantivisch
sippio, sippo, gisippo. Ssp. 1, 27 schwankt die lesart zwischen
beswis, besippe, gesippc, besippel, gcsippet. mhd.
sin richcit uns vil armen nä besippe stdt. 3iS//. 3, 67';
dem tiuvel ist er besippe. 3, 101'.
BESIPPEN, cognatione jüngere.
BESIPPT, cognatus, heute durch verwandt ausgedriiekl.
BESITZ, m. possessio, gebildet wie silz, ansitz, aufsilz. bci-
silz, Vorsitz, allein die ahd. mhd. spräche kennen nur pisej,
besej {vgl. auch mhd. sä;e), die älteren nhd. denkmaler nur
1625
BESITZ — BESITZEN
BESITZEN
1626
besesz {sp. 1618), bei Litheb scheint es einzig 5 Mos. 33, 23
einijesrhlichen /«r besilzung ; 6e« Dasypodils, Ma.\leb, He.msch,
selbst bei Stieler ist noch kein besitz, erst Frisch 2, 2St und
Stei.nbacb 2, 584 führen es auf, die Juristen bedienen sich sei-
ner kaum vor dem IS jh., im 17 behalten sie fast immer das
lat. possession oder possess bei. auch entspricht dem lat. aus-
druck das alle besesz genauer, da es vom pari, praet. beses-
sen, ifie possessio von possessus gebildet ist, hingegen be-
sitz von besitzen, Kelchem besitz ein lal. possidio, nacli ana-
logie von obsidio, gliche, was aber nicht vorkommt, besesz
bezeichnet also eigentlich das inne haben, besitz das einneh-
men, und der rechtstorsletlung wie dem sinn von sesziiaft
schlieszt sich jenes genauer an; nachdem das worl besesz er-
losch, trat besitz völlig in dessen bedeutung. der unter be-
sitzgerecbtigkeit gegebne beleg nölhigt gleichwol besitz, als
rechtsicort, schon in die mitte des 17 jh. (164S) zu verlegen,
auch nnl. heiszl es bezit, nicht bezet {welchem nicht anzusehn
wäre, ob es vom pari, bezeten oder vom inf. bezetten stammte) ;
man weisz nicht, ob der nhd. Sprachgebrauch dabei auf den
nnl. wirkte, oder umgekehrt.
Wir sagen heule im besitz sein, im langjährigen, unvor-
denkliclien, ruhigen, ungestörten besitz sein und bleiben;
sich im besitz beOnden ; den besitz erwerben, übertragen ; in
den besitz, aus dem besitz setzen ; in den besitz, zum besitz ge-
langen ; in den besitz treten, den besitz antreten ; den besitz,
oder blosz besitz ergreifen, auflassen ; den besitz verlieren, diese
ausdrücke gehn auf leibliche und unleibliche gegenstände : er
ist im besitz vieler kenntnisse und erfahrungen. im besitz
sein, mit nachfolgendem, abhängigem Infinitiv, drückt aus be-
rediligl sein, sich das recht, die freiheil nehmen: ich bin in
dem besitze einige geselze darzulegen. Kant 8, 173; der Sän-
gerin .. die zwar schon im besitz zu gefallen war. Wielasd
19, 267; so setzte er sich stillschweigend in den besitz, den
übrigen ihre rollen zuzutheilen und seinen willen zu dem
ihrigen zu machen. Schiller 1012;
die jugendliche glut,
die selbstischen besitz verzebrend hascht. Götbe 9,310;
dasz ich dieser brüst,
die sehasuchisvoil sich in das leere drängt,
den schmerzlichsten besitz entgegen drücke. 9, 321.
denn oft steht besitz für besitzthum: das ist ein schöner,
herlicher, geistiger besitz.
BESITZBAR, quod possideri polest: handgreifliche und für
uns besitzbare gaben. Göthe 24, 36.
BESITZE.N. possidere, besasz, besessen ; golh. bisitan {nicht
bisitjan, wie auch sitan, neben bisatjan und satjan), ahd. pi-
sizan {d. i. pisizian), mhd. besitzen, besaz, besejjen; alts.
bisittian, nnl. bczitten, bezat, bezeten; ags. besittan, engl,
mangelnd; schw. besitta, dän. besidde.
Das golh. bisitan hat geringen umfang und sieht nur in-
transitiv; in den übrigen dialeclen herscht transitivbedeutung
vor und geht aus von leiblichem aufsitzen, wie beilegen ist
auf einem liegen, betreten auf einen treten, besetzen ist
einnehmen, besitzen eingenommen haben, gilt aber auch ßr
einnehmen.
1) menschen, thiere besitzen, auf ihnen sitzen (reiten): ein
pferd besitzen, die schenket um seinen leib schlieszen; der
bahn besitzt (betritt) die benne;
wie viel haben die leiis besessen,
könig gemartert und gefressen, froschm. I, 1, 6 (ES*).
zumal gilt es von daemonen, die sich auf menschen nieder-
lassen, sie einnehmen, woßr schon unter dem «ort besessen
beispiele gegeben sind, hier folgen andere stellen: mit dem
tiuvele wart er besehen, kaiserchr. 13169; er fragt den br»-
sen geist, warumb hast du besessen dise frauwen ? Keisersb.
Sünden des munds 24*; das der teufel lust hat einen amien
menschen zu besitzen ... das er einen menschen mit sechs
tausenl teufein und mehr so jemerlich besitzet. Lltiier .■>,
335"; wie der teufel deiner ausgeschickten kundschafter herz
besessen habe. Sciicppics 63S; welch böser geist besitzt und
treibt dich? Göthe 20,93; aber auch:
wen ein guter geist besessen,
h.ili «ich das gedächinis rein. 4, 112;
du bist beute von keinem guten geist besessen;
donn, wen ein gaiyr erst besiiii,
wird auch im trau'm das lasier strafen.
GoKiNcK 1, 2>2.
nahe lag nun die anwendung auf absiraete gegenstände, vor-
aus solclie, die oß persOnlicIi gedacht «erden: meine läge
sind vergangen, meine anscblege sind zutrennt, die mein
herz besessen haben. Hiob 17, 11 ; die armiit hat mich gar
besessen, hab weder binden noch vomen nichts. Petr. 116* ;
die furcht hat mich besessen, eingenommen; die angst be-
sasz ihn ganz;
wann eineo der hunger bat besessen.
iiELLKits alte schwanke s. 31,
icie der hunger sonst herseht, umgeht, durch das land fährt
(mylhol. S42); so lang die räche meinen geist besasz. Götbe
9, 13;
auf einmal lieb und basz besitzen meinen mut.
WECKHCRLl.t 273 ;
lieb macht grosz gunst
aus herzensbrunsl,
bat mir mein herz besessen, llorra. gescilsch. s. 2S.
in ähnlichem sinn sagt man reiten: der teufel hat ihn ge-
ritten; welcher teufel muste dich reiten?; die neugierde ritt
ihn; mhd.
diu bösheit häl ip lange geriien. Uolricb 1569;
iwer bant er dannen reii. Parz. 277, 29,
auf eurer hand sasz der sperber, eure hand besasz er.
2) Sachen besitzen, in eigentlichem sinn: die fliege besitzt
die hand; das huhn besitzt die eier, sitzt darauf; eier aus-
hecken und besitzen, pers. rosenlh. 7, 10; besessene eier,
bebrütele; am allerhäufigslen den stul, die bank besitzen;
legte das blüttchen hinler dem ofen auf denjenigen sessel
welchen unsere faule magd gemeinlich des tages sehr ofte
zu besitzen pflegte. Felsenb. 2, 179 ;
redlich wil ich lieber schwitzen,
als die heuchlerbank besitzen. Logac 1, 7, 47;
und findet dann von einem müszisr?änger
den schalten breit besessen. Göthe 9, 1S5;
der stul ist noch neu, von niemand besessen, was ungefähr
dasselbe sagt als: von niemand besetzt, eingenommen, die
braut besitzt den brautstul (Helmbr. 1469), die witwe den
witwenstui, nimmt den ihr bestimmten wilwensitz ein und be-
hauptet ihn, wenn sie nichl wieder heiraten, ihn verändern
will: so lang sie witwenstui besitzen wil. Geszler reih. 39';
als lang sie den witwenstui zu besitzen nit veriaszt. 41".
Aus dem besitzen der bank erklärt sich die redensart das ge-
richt, das recht besitzen, nemlich die gerichtsbank, die rechts-
bank: das der fürst den rath besitze, reichsabsch. von 1521
§. 15; also soitu vor dir selber ein gericht besitzen, und ein
anscblag thun mit Vernunft (vernünftig überlegen). Keisersb.
Sünden des munds Sl'; ein malefitzrecht ankündigen lassen
und auf gelegene zeit dasselbe besitzen. Reltter kricgsordn.
51 ; item in dem sibenden jare . . sal solich huntdink ein
probst besitzen, weisth. 2, 175; dornacb wilzit ein probst das
huntdink besitzen oder begehen wil . . da sollen ligen bal-
ken und holzer, da man uf spulget zu sitzen, das.; und so
wir durch unser selbs person unser cammergericht als des
landes fürst und richter nicht besitzen werden, brandenb.
kammerger. ordn. von 1516;
hie Wirt man ein laolgericht besitzen.
fastn. tp. 70*.», 5 ;
ein recht das wird man hie besitzen. 956, 7 ;
heut besitz wir das streng gerichi.
II. Sachs III. 2. 214';
ir wölt besitzen ein bluigericbt. III. 2, OC;
es ist nun zeit, auch noch einraol,
das ich mich der weit erzeigen sol,
eh ich besitz das letzt gericht.
so hab ich mich der weit verpflicht.
der new deutsch Biteamscsel s. a. a 3' ;
der hirsch was schultheisz, bsasz das recht.
Waidis j^sop 2, 27.
auch hier nähert sicli der ausdruck das gericht besetzen, was
doch genau ervogen meint, das gericht mit den sclwffen be-
setzen, hingegen das gericht besitzen, zu gericht sitzen: er
pflegt sein gericht wol zu besetzen, aber: er pflegt wöchent-
lich dreimal das gericht zu besitzen.
3) ein land, reich, gut. haus, grundstück besitzen, einnehmen:
mhd. min erbe woll ich gerne besitzen. Rol. 290, 3; nhd. ich bin
der herr, der dich von Ur aus Chaldea gefurt hat, das ich
dir dis land zu besitzen gebe. 1 Mos. 15, 7 ; das du besitzest
das land, da du frembdiing innen bist. 28, 7; bis das du
wechsest und das land besitzest. 2 Mos. 23, 30 ; ir soll jener
land besitzen. 3 Mus. 20, 24 ; darumb hab ich zu inen gesagt,
das sie unter den kindern Israel kein erbgut besitzen sol-
len. 4 Mos. 18, 24 ; wir wollen geriist ziehen ins land Canaan
und unser erbgut besitzen disseit des Jordans. 32, 32; und
alle töchler, die erbteil besitzen. 36, 8 ; hebt an einzunemen
1627
BESITZEN
BESITZEN — BESITZFÄIHG
1628
und zu besitzen das land. 5 Mos. 2, 31 ; auf das ir besitzt
das gute land. 1 chron. 29, 8 ; das sie alleine das land be-
sitzen. Es. 5, 8; und wil sie widerbringen in das land, das
sie es besitzen sollen. Jei: 30, 3; ein land, da milch und
honig innen ileuszt, und da sie hinein kamen und es besa-
szen. 32, 23; und ir meinet, ir wollet das land besitzen?
Ez. 33, 25; und dein same besitze die thor seiner feinde.
l Mos. 24, 60; denn gott wird die stedte Juda bawen, das
man daselbs wone und sie besitze. f)s. 69, 30; williget, das
er die vier stedte besitzen und behalten soll. 1 Macc. 11, 5" ;
CS sei haus oder stad, das er besessen hat. Z Mos. 25, 33;
aber wer auf mich trawet, wird das land erben, und meinen
heiligen berg besitzen. £«.57,13; sondern wil aus Jacob Sa-
men wachsen lassen, der meinen berg besitze. 65, 9 ; und
jeder besasz seinen weinberg und seinen garten mit friden.
l Macc. 14, 12; wer zeitUche guter besitzt und die lieb hat.
Keisersb. Sünden des munds 25';
weiland ward geschnizt der glaube nach vergosznem blute,
nunmehr wird geschaut der glaube nach besesznem gute.
LOGAU 2, 10, 18.
Wie die bedeulungen possiderc und obsidere sich einander nä-
hern und wer nach dem besitz strebt, besitz nehmen will,
auch gedacht werden kann als zwar vorgedrungen, aber noch
nicht eingedrungen; so hat schon das ahd. pisizan zuweilen
ausdrücklich den sinn von obsidere (Graff 6, 289. 290), um-
silzen, ttnd mhd. heiszt es:
diu burc was besezjen, von gwapfen lühie al Jnj gevilde.
Gudr. 1356,4;
wachet, niaget edele, aliej dit^e lant
und (lisiu burc vesle mit viiiden ist besej^en. 1357, 3;'
die minnent dirre weite guot,
die lebent als ein tübe tuut,
so si ein ar bcse^^en bat,
da si i'if einem boiiine stät. Bari. 132, 5;
da in die würme äjen
und kreCtic in besäjen. pass. K. 358, 15,
wo besäjen kaum sinnlicher nach 1 zu verstehen ist.
4) vorzugsweise an liegender habe, deren besitz feierlich zu
beginnen pflegte, scheint sich die rechtliche Vorstellung des be-
sitzes zu entfalten, wer grund und boden erwarb, unterliesz
nicht ihn leiblich zu besitzen, d. h. einen darauf gestellten
stul symbolisch einzunehmen, und solchergestalt gieng das
fremde gut auf ihn über, aus diesem besitz leitet sich sein
neues recht her; an eigner sache wirkt der besitz nichts, her-
nach wandte man den begrif auch auf fahrende habe an, die,
von jenem besteigen des rosses abgesehn, eigentlich nicht be-
sessen wurde, da aber das eigenthum an fahrender habe dem
an liegender vorausgeht, wie das hirlenleben dem ackcrbau,
hatte es für den erwerb der fahrenden habe auch andere ar-
ten und benennungen gegeben; unsere spräche, wie die latei-
nische entnehmen ihr besitzen und possidere erst von der lie-
genden, und das gefühl für die besonderheit des erwerbs der
fahrenden hat sich ihnen grösztenthcils verdunkelt, es ist
schwer zu sagen, ob die juristische bcdeutung des wortes be-
sitzen in unserer spräche sich ganz von selbst ergeben hätte
oder durch den lateinischen stil der Urkunden und der kirche
gefördert wurde, dem lat. habere, tenere, possidere glich
schon frühe ein besitzen, nützen und nieszen {RA. 18. 24);
püen, pesizen und niejen. Diemer 352, 22, bei Geszler lau-
tet die formet innemen, inhaben, besitzen, nutzen, nieszen,
besetzen. 3"'. 42*. 43". Abstrnctionen finden sich heute leicht:
er besitzt die spraciic, hat sie erlernt;
der allein besitzt die muscn,
der sie trägt im ivarmen buscn, Schiller 84';
dich bcsäszc doch mein Kummer. 46^
5) auch der volksmäszige Sprachgebrauch schritt allmälich
weiter und mischte die Vorstellungen des bcsitzens und habens
überhaupt, wie im romanischen das lat. tenere zu habere
herabgezogen wurde, nicht selten dürfen wir darum die aus-
drücke haben und besitzen wechseln : er hat oJcr besitzt ein
schönes pferd, ein herliches landgut, ein ansehnliches ver-
mögen; er hat oder besitzt alle diese eigenschaften, ver-
stand, witz, gcist, Schönheit, einsichlen, lebensart : der ich
zwar gesittet war, aber «loch eigentlich was man lebensart
nennt, nicht besasz. Gütiie 25, 62;
(Irnii was man schwarz auf weisz besitzt,
kann man getrost nach limisft tragen. 12,97;
du hast, du besitzest mein ganzes vertrauen; ich habe, ich
besitze eine gute gesundheit; er iiat, besitzt ein gutes iierz;
ein mädcbcn, rief ich aus, an das die weh kaum dachte,
besitzt das beste herz? icti rief es und erwachte.
Gellert 1, 216,
weil nach der besitzerin dieses herzens hier eifrig gesucht wird,
vorher hiesz es:
, der den dein glänz so rührt, dasz er dich dreimal kfiszl,
der hat das frommste herz, das liier zu finden ist. 214.
besitzen klingt in diesen beispielen unmerklich steifer und
nachdrücklicher, für ich habe eine frau, drei kindcr wird
man nicht sagen ich besitze, wol aber der tod raubte mir
die frau, die kinder, die ich besasz; besitzen hebt den ei-
werb, die aneignung hervor, was einem von selbst, von na-
tur eigen ist drückt haben besser als besitzen aus: sie hat
schwarze äugen, rothe wangen, nicht besitzt ; wieivol Siegfr.
von Lindenb. 3, 34 zu lesen ist: was nur hünde und füsze
besasz, für hatte, du hast die gäbe dich leicht und ange-
messen auszudrücken, du besitzest erfahrung genug, überall
den rechten weg einzuschlagen, in haben ist mehr das baare
innehaben, die delention, in besitzen der erwerb, der rcclüs-
grund enthalten:
und er besitzt dich nicht, er bat dich nur. Götiie 13, 148,
wie der dieb die etüwandte sache hat, noch nicht besitzt, also
nicht erweiben kann, ebenso Tscherninc vom geizhats, der
sein gcld iiicht zu brauchen weisz:
0 evan cvoe, lasz jenen nüchtern bleiben,
dem geld und gut den durst und liunger musz vertreiben,
der dich ein ganzes jähr auf seinen tisch nicht kauft
und wie das tliumme vieh das liebe wasser sauft,
besitzt nicht was er hat. ausg. von 1642 s. 98,
die kunst, die ich als arzt besitze. Uagedorm 2, 97,
meint die ich mir erworben habe, tadelhaß sagt Hahn 3, 155 :
mit seiner gemahlin besasz Henricus V eine zwar vergnügte,
doch unfruchtbare ehe, statt hatte oder führte, vollkommen
zulässig Hagedorn 3, 46, vom schlechten wein dichtend:
auf auf, entzündet euch, ihr blitze,
doch treft nur dieses weinbergs spitze,
und macht, dasz dieser theil der weit,
den diese pdaiize recht verstellt,
nicht ferner herlinge so schlimmer art besitze,
d. i. aufzuweisen habe, erzeuge, sich aneigne.
6) sich besitzen für sich beherschen, sich in der gewalt
haben, wie franz. se posseder und wol diesem nachgeahmt:
ich besasz mich nicht länger, ich war auszer mir; die frauen-
zimtner haben sehr früh ein sittsames wesen, wissen sich
einen feinen anstand zu geben und besitzen sich selbst. Kant
7, 406; denn niemand besasz sich mehr als diese frau, und
diese selbstbeherschung in auszerordentlichen fällen gewöhnt
uns sogar einen gemeinen fall mit Verstellung zu behandeln.
GöTUE 17, 121; man sieht jetzo mehr als je auf manner, die
sich besitzen, und etwas rechts gelernt haben. Kunger 1, 431.
7) intransitiv, goth. bisitan, neQioixslv. Luc. 1, 65 mit der
bedeutung von bi = umbi, bei, in der nähe, daher bisitands
nachbar. mhd. besitzen, sitzen bleiben, also jenem bisitan
verwandt, weil bleiben = wohnen:
daj et ich besaeje üf dem voln. Parz. 75, 22;
er stach in, da; er küme besaj. Herb. 7506;
und in Galliam da; Innt
mit grözen ercn gesnnt,
da er nitit lange doch besag (blieb), pass. K. 157, 29;
manigen krummen sprunc e; (das pfert) spranc,
so da; der päbest küme beso;. 209, 68;
mnd. he sal darmede besitten, ruhig bleiben. Ssp. 2, 14. nhd.
es hett ein bauwr ein karrn geladen,
da blieb er in dem kath besitzen.
Waldis l-'.sop 2, 14;
und blieb besitzen in dem schrecken
unversehens auf der canzel decken.
frosclimriis. II. 2,7 (Aa 8");
seine gescllschaft und er blieben der guten schweizerei zu
lieb bei einander sitzen. Kirchhok «'CHd«H»i. 213'. /leu/c sitzen
bleiben, wie für bcligen liegen iileiben. Stieler 2036 schreibt
noch licsitzen bleiben.
BESITZEK, wi. possessor, nnl. bcsiller: der besilzer des
grundstücks, des pferdes. früher auch der schaffe, der die
bank mit besitzt: von inincn besilzern und Urteilsprechern
des gerichls. Geszler reih. 5u'. vgl. bcisitzer,
HKSlTZEItlN, f.
HESITZKHGItEIKER, m.
HESITZEIIGIIEIFIJ.NG, f. prehensio posscssionit. oecupatio,
besitznahme.
BESITZFÄHIG, idoneus ad potsidcndum.
1629
BESITZGENOSZ — BESOLD
BESOLDEN — BESONDER
1630
BESITZGENOSZ, m. consors possessionis, milbesitser: der
juiiiie besitzcenosse trat so eben herein. Guthe 21, 226.
BESITZGEHECltriGKEIT, f. : dasz er eine newe besitz-
gerechtigkeit erlangte. Harnisch s. 12L
BESITZLEHEN, n. ein lehnbares, vüt dem besilze eines
hausfs unzertrennlich verbundnes bauergut, zum unterschied
von dem Telillehen, das überall hingezogen werden kann.
BESITZLICH, besilzbar:
lasz hier vor allen dingen
mich nach deriugend ringen,
dem schätze, der "allein
mir nimmer mag verderben,
ja der auch nach dem sterben
mir kann besitzlich sein.
Jou. Grob spazieriedUlein l'OO j. 5.
BESITZLOS, eqenus.
BESITZLOSIGKEIT, f. egestas, paupertas.
BESITZLUST, f. das ansehn dieses herrenlosen aufgegeb-
nen gutes lockte die besitziust der vorbeiwandernden. Göthe
30, 144.
BESITZNAHME, f. tcas besltzergreifung: in Verbesserung,
geschwinder besitznahme. Güthe 23, 261; bei der ersten be-
sitznabine der gebäude. Arnim kronenw. 1, 278.
BESITZNEHMER, m. der erste besitznehmer. Fichte na-
lurr. 2. 92.
BESITZNEHMUNG, f. kos besitznahme: die bewegung der
pieusziscben armee und deren besitznehmung von F. verdarb
diesen plan. Rabener 6, 260; von dem ersten tage der be-
sitmehmung unserer stadl. Güthe 24, 151 ; anschauung des
schönen, des. wahren, des vortreflichen ist augenblickliche
besitznehmung dieser eigenschaften. Schiller 754; die bür-
ger von der besitznehmung ausschJieszen. Fichte no^urr. 2, 43.
BESITZRECHT, n. recht des besitzes.
BESITZSTAND, m. Status possessionis.
BESITZSTÜCK, n. rermügenstheil, res possessa.
BESITZTHUM, n. dasselbe. K\sii reehtslehre (1798) s. 179;
das leben, dieses liebste und kostbarste aller besitzthümer.
Engels sehr. 3, 4; Verfügungen, die er wegen seiner besitz-
thümer getroffen hatte. Wiel.*nd 8, 321; wenn der mann sich
mit üuszern verhültnlssen quält, wenn er die besitzthümer
herbei schaffen und erhalten musz. Göthe 19, 55 ; dasz die
besitzthümer beinah nirgends mehr recht sicher sind. 20,235;
zuletzt sahen die kaiser in einer starken geistlichkeit das
mittel ihre groszen im zäum zu halten, und theilten ihr frei-
gebig besitzthümer, regierungsrechte zu. IUnke reform. 1, 42.
BESITZU.NG, f. possessio : besitzung, nutzung, nieszung.
Geszler re//i. 37'; besitzung, inhabung. nutzung, nieszung.
42'. 47*; langwirig besitzung. 7l'; besitzung der vischenzen.
72" ; inkeren usz disem jomertal in unsere ewige und hi-
melsche besitzung. Keisersb. ehr. bilger vorr. 1 ; was machet
liegen {mentiri)^ das thut besitzung. Sünden des munds 25';
und wil dir geben das land zu ewiger besitzung. l Mos. 17, 8 ;
das ich euch zur besitzung gebe. 3 Mos. 14, 34; gleich wie
Israel dem land seiner besitzung thet. & Mos. 2, 12 ; so soit
ir widerkeren zu ewT besitzung. 3, 20; so wissen, dasz ihre
invenlores mit den geistern besessen sein gewesen, und die
kunst also aus derselbigen besitzung erfunden und erdacht.
-Paracelsls 2,197"; leibeigene knecht oder sonst sachen, die
er in besitzung hat. Fischart ehz. 60; aus der besitzung
einer werthgebaltenen sache gesetzt. Weise kl. leute 274 ; dasz
er ihnen das land Canaan zu ewiger besitzung eingeben
wolle. Sciilppil's 294. heule fast nur von der besessenen
Sache, sumal einem grundslück: eine grosze, schöne be-
sitzung; besitzungen in andern welltheilen.
BESMER, s. besemer.
BESUCKEN, soccis veslire: ein paar strumpfe besocken;
das sechste alter
macht den besockten haircrn pantalon,
Ihe sjxth asre shiTn
inio the lean .-ind süpperd pantaloon.
A. \V. ScuLecEL in vie es euch gefiUlt. 2, 7.
BESOFFEN, bene potus, ebrius, part. praet. von besaufen,
unedler als berauscht oder betrunken: er ist ganz besoffen;
besoffen wie ein schwein. unic. doct. 841 ; ein besoffener kiit-
scher; viele kammerwagen von brauten mit besoffenen braul-
fülirern. J. Paul anh. zu Tit. 2, 45; besoffen von eiteikeit.
H,si>. 1, 202.
BESOFFENHEIT, f. er liats in der besoffenheil gethan.
BESOHLEN, toleit instruere: schuhe, Stiefel besohlen.
BESOLI), m. fjiercM, Stipendium: wie auch der eine mo-
nat besohl, als 2000 krönen, fdllig. Schweimchen 1, 217; ein
schlechter besold. Lohenst. Arm. 2, 9S9; wobei er mir mei-
nen besold zu verdoppeln versprach. Leipz. avant. 2, 153.
s. sold.
BESOLDEN, Stipendium, salarium dare, nnl. bezolden, be-
zoldigen : er besoldet drei diener ; einen häufen kriegsleute ;
on die arzt, so auf die vögel besoldet waren, so in etwas
zugieng (wenn die vögel erkrankten). Fra.ni «ellb. 232'; un-
besoldete factoren und Substituten kriegen, es besolde sie
dann die fraw. Garg. 62';
weil ich krlegsvolk besolden kan. H. Sachs V, 248*;
wan ich dich bericht,
dasz mich die goldsirick deiner haaren
besolden wol und wol verwahren {in dienst nehmen, fesseln),
so zweille daran nicht. Weckhehlin 795;
nun liegt er da. bat weder Treund noch geld
sich freunde zu besolden. Lkssimg 2, 204 :
geh, o besoldete bolin der liebe, verschwiegene luft.
RBcKERT 368;
wenn er eine ehrenvolle wohlbesoldete stelle erhielte. Göthe
19, 286; mit der miene der betitulten und besoldeten be-
dächtlichkeit. Lichtenberg; besoldete Zuträger, spione.
BESOLDERN, eontabulare, mit bretem belegen, pflastern:
thüren mit dielen besolderen. Henisch 315. s. solder, getä-
fel eines zimmers. Stald. 2, 377. bair. soler, solder. Sch».
3, 230. nhd. Söller, nnl. zolder. mehr unter soller, solarium.
BESOLDUNG, f. salarium, Stipendium: leib und leben von
wegen einer kleinen besoldung feil tragen. Wickr-^m bilyerk 3;
und soviel diesen krieg betnft, weisz keine besoldung, so
ich oder mein bruder Philipps sei. davon gehabt haben,
oder auch begehrt, denn was wir von gutem, freiem willen
gethan. Götz von Berl. leben 58; ja sie gibt den meistern
auf knöpf verknipfen und schrift verschlieszen grosze besol-
dung. bienenk. 70* {das auf wie bei besolden auf) ; denn ob-
schon etliche newe münche und falsche brüder keine besol-
dung wollen haben. .M.\thesils 102'; ich liesz mich wie ein
Soldat gebrauchen, der an den feind zu gehen geschworen
und darvon seine besoldung hat. Simpl. 2. 123; die rechts-
gelehrten ziehen den procesz so lange umb, als solle er
kein ende haben, verliert der dient, fordern sie dannoch die
besoldung. Schuppics 407.
BESOLDUNGSBRENNHOLZ, n. die kammer musz glück-
lich sein, weil sie dem kandidaten . . . das besoldungsbrenn-
holz einziehen kann. J. Paul teuf. pap. 1, 23.
BESOLDUNGSERHÖHUNG, f
BESOLDUNGSZULAGE, f
BESOLGEN, inquinare, goth. bisauljan, ahd. pisolagon, pi-
solön, pisulan, ags. besylan, mhd. besolgen, bcsüln :
und wirt di besolget
TOD mir in kurzer vrist,
da beidiu hör unde mist
ür der sträje aller tiefest ist. krön« 6298;
besulle mit unvlät. pass. K. 8, 89;
der licham nicht be^ult wirt
in des willen miieganc. 28, 82,
di solde si Ir kijsche wät
besulii mit rechter unriät. 29,33;
nu besuln der sele wät
mit harte gröjer unviät. 104, 39 ;
nhd. besolgen defoedarc. vocab. 1445. Schw. 3, 231 ; im voeab.
1482 d 3*. d4*. d5' besolen, besulvern, unreinigen, macuiare,
poUuere, defedare; bei Maaler 64' besülchen, bei Stieler
2053 besülen. mehr unter dem einfachen solgen, solen, sü-
len, das voraus vom eber und hirsch gilt, die sich in der
lache abkühlen und wälzen, s. auch besudeln.
BESOLGUNG, f. contaminatio : besulung, volutatio porco-
rttm. DiEFENBACH mlat. wb. s. 286.
BESOMMERN, ein feld mit sommerfrucht bestellen.
BESO.NDER, adv. singulalim, scparatim, specialiter, pccu-
liariler. der goth. partikel sundrö, der ahd. suntar tritt noch
kein bi orfer pi hinzu; da sich aber alts. an sundron, ays.
on sundran lr(;/. insonders und absonderlich) darbieten, scheint
auch besunder und besundern statthaft, und mhd. besunder
Idsit sich allenthalben auftceisen. aus einer menge von bele-
gen reichen hier folgende hin:
ir ieclich besunder. kaiserchr. 1175;
sine gröjen wunder
saget« man bisunder. ISOl ;
die konjnein ginc umbe.
und cusie besunder
olle Rotbere« man. Hoth. 4733 ;
1631
BESONDER
BESONDER
1632
soldich diu lant und die namcn .
uennen alle besunder. £n. 5106;
diu dort stdt besunder. Parz. 322, 4;
Gdwän maj besunder. 335, 10;
daj breche er üg besunder. Walth. 103, 22;
an stimme merket wunder,
sie hellem alle besunder. Freid. 12,4;
si ist des wert harte wol,
da; ich besunder sagen so]
von ir. welsch, gast 13936 ;
si sprächen alle besunder. /w. 2380;
diu burc siuont besunder. 6085 ;
dö belte man in
den gesellen allen drin
durch ir gemach besunder. 6571
sus manecTaltiu wunder
begienc der helt besunder. troj. kr. 6326 ;
die liute sprächen alle dö
gemeinlich und besunder. 6337;
daj man saget besunder. pass. K. 52, 2.
nhd. und verbint beide die innern und den grojen darm an
beiden enden besunder. von guter spise s. 9 ; die blätteren
wachsen und seint inen schediich, besunder die an dem
mund uf gond sein gar schediich. Keisersb. sünd. d. m. 3' ;
wenn aber ein mensch sicli übet und besunder sich gibt auf
die geschrift, dem wirt sein gemüt gefaszt. U'; besunder {in
specie) sollent sie auch warnemmen des exempels sancti
Pauli. 34'; in seinem leben und besunder in seiner kind-
heit. 42"; es ist ein uneerlich ding, da ein mensch also ein
hadermetz ist, besunder ein mannsnam, der also immerme-
der hadert. 42"; und das geschieht gar dick, besunder so
einer nit hat der sach nach ze komen. das.; im blust der
reben, so die reben bliiend, der seind vil in disen landen,
besunder in welschen landen. 45'; die Juden waren ein be-
sunder auserwelt volk gots. 45'; besunder wan du etwas
bös von eim sagst mit halben worten. 46*; das besunder
denen not ist, die da wellen ein abgescheiden leben füren.
70* ; in den clostern, besunder in den unreformierten clo-
stern. 71' ; in andern Keisersb. sehrißen kommt auch beson-
der vor, z. b. nit umb guts willen, besonder {sondern) umb
gots willen, g. gunkel 7 ;
darumb grüsz wir besunder den wirt. fastn, sp. 541, 8;
disz wart verkundschaft gar besunder. H. Sachs I, 211'';
sie steigen von dem spitz herunder,
und ziehen sie hinauT besunder. 1,236';
aber wie dem, tritt ab. jetzunder,
das Juno dich nit merk besunder. Spremg f/. 17';
ein ungeheurer drach besunder. 29';
lasz jede naiion jetzunder
der andern leisten hilf besunder. 31*;
{Gorgias sucht uns zu einigen) und er kan nicht besonder
daheim sich selbs, seine fraw und magd zu einigkeit bere-
den. FiscuART e/i3. 71; angesehen dasz, so man den wein be-
sonder austheilte, die leut denken möchten u. s. w. bienenk. .
71* ; aber was sag ich besonder von den königreichen Engel-
land und Neapolis? 133'; gleichwol wollen wir einmal be-
sonder von den färben handeln. Garg. 124*. dies besonder,
besunder lebt noch in der schwäb. bair. Volkssprache heule
fort, auch Hohberg 3,552' schreibt: die wurzel trocknet man
auf und venvahrct sie besonder; ja Güthe 17, 267 {und in
allen ausgaben) : Charlotten blieb nichts übrig als durch ein
besonder zartes benehmen gegen jene familie den von ihrer
tochter verursachten schmerz einigermaszen zu lindern, viel-
leicht noch ößer so. vorhersehend gilt heule besonders, w. m. s.
BESONDER, peculiaris, singularis, eigen, als einzelnes dem
allgemeinen entgegengesetzt, oß selten und hervorragend, aber
auch befremdend, seltsam, eigensinnig, auch dieses adj. ist,
$0 wenig als das adv., ahd., noch mhd. vorhanden, da aber
das einfache sunder mhd. adjectivisch gesetzt wird, wie fol-
gende stellen belegen:
dag ich dar an gewinne
sundern pris Tür alle. £r. 8449;
und hxte ein sunder; lanl. Trist. 10, II;
doch ist niht sunilers an den zwein. 75, 19;
ein sunder buk git sundern mnot. MSIl. 3, 421';
swä diu zwei junges mannes lip
mit sunderm gnioge anlachent. 3,430';
da; er ir .sundern dienst tct. pas». II, 390, 30;
SO steht das nhd. adj. gerechtfertigt:
den (brief) hat fraw Venus gosant
ir besuadern freunden in das lant. fastn. sp. 1409;
ein junger het besundern lust manigcrlei fabeln zu hören.
Steinhöwel Esop 97 ; und der herr wird ein besonders thun.
2 Mos. 9, 4 ; wenn jemand dem herin eilt besonder gelübdc
thut. 3 Mos. 27, 2 ; ein opfer zum besondern geliibd. 4 Mos.
15,3.8; darumb hat er ein besonder erbe erlanget. 1 Maee.
2,56; und verwareten die steine an einem besondern ort.
4, 46 ; das er im einen besondern häufen welen soll. 5, 17 ;
da sasz über tische D. Heinricus Kune, ein barfüszer, den
sie für einen besondern man hielten. Luther 6, 23'; besun-
der, peculiaris. Maaler Gl'; besundere person. das.; das
hat der hund von besunderer art. Keisersb. sündcn des mnuds
31'; die mann reuten auf den camelen auf besundere heu-
ser von holz, da schlafen und essen si. Frank wellb. 1S5';
es ist wol war, dasz jeglichs stuck besonder seinen beson-
deren papst hat, der es dran gelappt und geflickt hat. bie-
nenk. 80"; wir werden got loben, das ist das letst, und als
ein besundere tracht {peculiare ferculum). 83'; aber ich ge-
denk es euch besser auszulegen in eim besondern bilchlin.
Garg. 115'; du inust dran, es hilft nichts dafür, man wird
dir nichts besonders machen, immer her, weil du nüchtern
bist! ScHOcn slud. F; weJchs etwas besonders bedeuten
würde. Simpl. 1, 70; mein herz wollte mich fast im voraus
versichern, dasz mir ein besonderes unglück bevor stünde.
Felsenb. 1, 5 ; hatte das besondere vergnügen. 1, 28 ; ohne
besonderen hauptschaden. 1,62; denn paane heiszen im be-
sonderern verstände {eminentiori sensu) lieder, die einer gott-
heit zur abwendung irgend eines Übels gesungen werden.
Lessing 8, 217; das recht der waffen, welches das beson-
derste recht von allen ist. Hippel lebcnsl. 1, 64*;
gerne denk ich mir dich als ein besonderes kind.
GÖTHE 1, 270;
menschen hab ich gekannt und thiere, so vögel als fische,
manches besondre gewürm, wunder der groszen natur.
1,359;
mit bedeutenden blicken und mit besondern gedankcn.
40,314;
blut ist ein ganz besondrer saft. 12, 88;
dort neben leuchtet was mit ganz besondrem schein.
12,211;
hier ist ein liedl wenn ihrs zuweilen singt,
so werdet ihr besondre Wirkung spüren. 12, 132 ;
da musz ich sie noch ein kunstwort lehren . . . wenn sie
etwas erblicken, sehn sie es steif an und rufen, ach was das
für einen elTect auf mich macht! .. halten sie sich aber nur
aufs allgemeine: ach was das für einen besondern effect auf
mich macht. 14,23; eigentlich schien sie bei den hindern kein
besonderes Interesse zu haben, als ob sie kalt oder warm
seien. 19, 138 ; die knaben wendeten sich mit besonderen
aber verschiedenen geberden gegen die vorbeireitenden. 22, 4 ;
ohne dasz den tag über was besonderes vorgieng. 24, 31 ; der
graf, der nach der trennung von seinen geliebten gemiihiden
kein besonderes Interesse mehr am hause fand. 24, 177 ; durch
grosze aufmerksamkeit auf das besondere der zeiten und Sit-
ten. 24, 234; durchaus läszt der Verfasser die gründlichste
einsieht in die besondersten umstünde sehen. 26, 242; um
also nun vom allgemeinsten ins besonderste zurückzukehren.
46, 323 ; sie haben mir durch die nachrichl, dasz es mit ihrer
lieben frau, wo nicht besser doch hofnungsvoller stehe, eine
besondere beruhigung gegeben, an Schiller 618; es träumte
mir, wir reisten zusammen und hätten besondere Schicksale.
an fr. von Stein 2,63; können sie mir nach und nach noch
etwas weiteres verschaffen, so erzeigen sie mir eine beson-
dere gefälligkeit. an Zeller 113 ; so geschähe rtiir durch kurze
kräftige Schilderung des Königstädter theaters ein besonderer
gefalle. 433; gewis sind die kalten beschränkten regeln des
französischen theaters dem thätigern, rauhem und starkem
gcist der Deutschen nicht genug, aber ebenso gewis ist er
nicht mutwillig, launig und besonder genug, ums allgemein
mit dem englischen humor und seinen Sprüngen zu liallen.
Ki.iNGERs th. vorr. s. 6 ; nur das liesondrc kann gelernt wer-
den und in der qualilät des gelerniseins ist alles nur ein be-
sonderes. SCIIELLINC «/itll/. «/«</. 70;
richten zwei besondre blumen
auf sich. HQcKERT 19.
Das ironische: wart, dir wird man was besonders machen,
lautet in einem voc. von 1018: er hab dir ein bsunders
gmacht, te Uli tmum eximium fuisse (.Scim. 3, 268), vgl. die
aui 2 Mos, 9, 4 und aus Schüch gehobene stelle, in dcJt ßtrsl-
1633
BESONDEKBAR — BESONDRES
BESONDERS — BESORG
1634
Hellen tilulaluren «ird uHtersdiieden zwischen lieber besonde-
rer [qui juramenlo obttrietus non e$l) und lieber getreuer (qui
juramenlnm praestitil).
BESONDEHBAR, singularis, peculiaris, was sonderbar, des-
sen wir uns heule allein bedienen: besunderbar. Maaler 64';
und ist ulhie zu merken, dasz der ort des rückens zwischen
dem ersten rippen und den gleichen der lenden kein beson-
derbare mause hat. Uftesbach 1, 133; welche kranklieiten
dann kein causas naturales haben, welches alles besonder-
bare zuTell sind, und derhalben besondere arcana haben wol-
len. TuLBNEiäSER rofj ifaisern 77.
BESONDERHEIT, /. franz. particularite, singularite, spe-
ciaiite, bei Stieler und Frisch noch mangelnd, obgleich beide
Sonderheit und insonderheit haben: wegen einer auf anderen
gefäszen noch nicht bemerkten besonderheit. Winkeljcann 3,
24J; was der aufgefahrene heiland für ein geschäft im him-
mel habe, können wir aus der Offenbarung wissen, aber die
besonderheiten für jede seele können wir nicht wissen. Öttis-
££B grundbegyiffe des iV. T. 1777 5. 374 ; aus dem ocean ron
erfindungeo und besonderheiten, der euch umOieszt. Herde«
2, 237 ; dasz jeder mensch seine eignen pflichten habe, nach-
dem in seiner natur mehr oder weniger besonderheiten lie-
gen. Garve aum. lu Cie. de off. 17S3. 1, 190 ; nur das halb-
vermögen wünschte gern seine beschränkte besonderheit an
die stelle des unbedingten ganzen zu setzen. Güthe 22, 160;
mein sinniger ausleger, dem die wunderlichen besonderheiten
jenes winlerzugs keineswegs bekannt sein konnten. 40, 315.
t. besoDdernheit
BESO.NDEßLICH , adv. mlid. sunderlicbe, was besonder
oder besonders: under denen sie keiner geendet haben solt,
besonderlich diese, welche eins verdrüszigen geraüts weren.
Thurneisser von wassern. 217.
BESONDERLICH, adj. singularis: «nbesonderiichermensrh.
üblicher ist sonderlich, sonderbar und absendet lieh.
BESONDERN, separate, discernere, ahd. suntaron, mhd.
Sündern, nhd. sondern : indem eine besonderude kritik hun-
dert zweifei erregen musz. Göthe 26, 234.
BESONDERN, conj. und adv. sowol für sondern als beson-
ders, komvH bei Lcther, doch nicht in der biuel, wo nur diese
keuligen formen stehn, vor, auch bei andern schrifisleUem des
16. 17 jk. : dasz die leute zu keiner audicnz verstattet, beson-
dern mit prügein abgewiesen werden. Micrälius 5, 242; ihr
«amptlich und jeder besondern. Kirchhof mil. disc. 20S ;
nicht dasz er einig hülT ilim leist in diesem sir«i(e,
besoatlern silit nur zu. Werders .4r. li, IS.
BESO.NDERNHEIT, f. was besonderheit: sonst möchte ich
«s niemanden rathen, sich dieser besondemheit zu befleiszi-
gen. Lessinc 7, 44.
BESONDERS, adv. was besonder, gebildet wie feraers, wei-
ters, bereits neben ferner, weiter, bereiL dock fehlt es nickt
am Vorbild eines mhd. sunders:
den bu-j er «uutcrs (ieorsam) gäo. DieaKK 19, 24;
da; die selben zwene mao
erkennen niemen sunders kan. Bart. 193, 36 {Pf. sunder) ;
die alle »under sich rer<länt
^«fouben anders, den sie hänt. 232, 39 (»o es auch als gen.
zm selouben gezogen werden kann),
nhd. besunders seorsum, singulatim, sigillaltm. Dasvpodius 226*.
43s'; undAbruliam stellet dar sieben lemmer besonders. iMos.
21,28. 29; und man trug im besonders auf, und jenen auch
besonders, und den Eg>ptern, die mil im aszen, auch beson-
ders. 43, 32 ; sibe das volk wird besonders wonen. 4 Mos.
23, 9 ; welcher mit seiner zungen des wassers lecket, wie ein
hund lecket, den stelle besonders, rieht. 7, 5; die könige
aber, die komen waren, hielten im felde besonders. 1 chron.
20, 9; und das land wird klugen, ein iglich geschicchtc be-
sonders. Zach. 12, 12 ; da traten zu im seine jünger beson-
ders. Matlh. 17, 19; und nam zu sich die zwölf jünger be-
sonders auf dem wege. 20, 17; lasset uns besonders in eine
wüste geben. Marc. 6, Ji. 32; und er nam in »on dem ntlk
besonders. 7,33; und füret sie auf einen hohen berg beson-
ders alleine. 9, 2; entweich besonders in eine wüßten. Luc.
9, 10; und besprach midi mit inen über dem evangelio, das
ich predige unter den beiden, besonders aber mit denen, die
das ansehen hitlten. Gal. 2, 2 ; besunders und gemein. Schwar-
zE^BtRC 156, 2 ; erstlich sollen die angenommenen kriegsleute
sampl und besonders schweren. Rectter knegsordn. Vi. Heute
ganz gewöhnlich im stnne von praeserltm, praectpue: er hat
alle |;eichwister, besonders den jungaten bruder lieb; ich er-
suche dich um die verlangte nachricht, liesonders aber um
auskunft über das geld; das wird ganz besonders gewünscht;
das grüne tuch ist besonders schön ; die speise schmeckt be-
sonders ; der Sänger gefallt besonders ; etwas besonders (d pari)
stellen ; er hat jedes stück besonders gelegt ; jeden beson-
ders einladen;
dem könig, sagt er, liege ganz erstaunlicb,
gar mächüg viel daran, besonders viel
von diesem briefe kuadschafl zii erliultea. Scuilirr 260*.
in briefen pflegt niiHj die anrede durch besonders oder inson-
ders zu steigern: wolgebomer, besonders hochgeehrter herr!
besonders lieber freund, oheim und liruderl (vgl. vorhin
sp. 1633 lieber besonderer!) Sicht zu übersehen die Stellung
des adv. neben dem terb. subst. : es ist besonders, die sacbe
ist besonders, wie es auch heiszt: es ist umsonst, vergebens,
es ist wo), tat. bene est, franz. c'est bien (verschieden ton
bonum est, c'est hon), in welchen ßyungen ein parL wie be-
schaffen, gerathen oder gethan musz hinzugedacht werden:
es ist besonders, dasz bei den alten auch ovale seuieu im
gebrauche gewesen. Winkel». 1, 3S4; unterdessen ist es be-
sonders, dasz nirgends bei den allen scribenlen der gefäsze
gedacht wird. 3, 249 ; es ist besonders, dasz sich jemand
seine slalue machen lassen, ehe er den sieg erhielt, so ge-
wis war derselbe. 4, 17 ; es ist ganz besonders, dasz er kein
lied gemacht hat, das mit C anfangt. Hippel lebeasl. l, 25;
die frage war ihm in alle uege so besonders, dasz er die
antwort hervorzieiiea muste. 1, 10» ; feenhaft und besonders.
Güthe 33, 192 (hier ist feenhaft adj., besonders adv.); den
dykschen ausfall habe ich nicht besonders gefunden, an Schil-
lern'; der wein war heule nicht besonders, in diesen bei-
'spielen allen könnte auch das adj. besonder oder sonderlich
stehn, mit kaum abweichendem sinn.
BESONDERüNG, f. seerelio, disjunclio, was sonderung, ab-
sonderung.
BESO.NDERWEISIG , mirus, singularis, absonderlich: ein
besondei'fvisiger mensch, der etwas besunders hat, weder
andere gemeine menschen. Keisersberg posU 2, b\ die mhd.
Sprache würde einfacher setzen sunderwisec.
BESON.NE.N, iuce solis collustrare, sich besonnen lassen
= sicJi sonnen, in sole jacere, besonnt apricus:
ist der holde lenz erscbieuea?
hat die erde sich verjüngt?
die besoQntcD hügel gruben,
uod des eises rinde sprlagu Schiller 54';
ein päreben weiszer tauben
du siehst, es Ulegi donliin,
wo um besonnte laubeo
gelullte »eilehen biHhn. Göthk 1, 128;
um durch die ritzen und klüfle der wolkenballen einen klei-
nen zipfel besonnter erde zu gewinnen. 4S, 121 ; eine besonnte
mückencolonne. J. Fall uns. löge 9.
BESONNE.N, caulus, sui compos, parL von besinnen, und wie
dieses mit der pracp. a\ii verbunden: wiewol ich nu nicht fast
drauf besonnen gewest noch gedacht. Luthers br. 3, 346 ; denn
sie merken bald, dasz diese isilUicbe bildung) besonnen und
behutsam auf die mittel zu den zwecken maciit. Klinger 11,
204; Leicester steht still, plötzlich besonnen. Schiller lü;
der mann
will seinen hasz. und keine reit verändert
den raisclilusz, den er wol besonnen la^zt. 492*;
war ich b«soanen, hiesz ich nicht der Teil. 536';
besonnener fortschritt; besonnene heilerkeit. Göthe 26, 13;
der zustand war von der art, dasz er auch den besonnen-
sten zur veirflcklheit hinrisz. 32, 70.
BESON.NE.NHEIT, f caulio, circumspectio, Überlegung, geistes-
geqenmart : mil be^onnenheit handeln, verfahren, zu werke
gehen; die besnnnenheit behalten, vertieren ; die besonnenbeit
ter\ien ihn I^ .nblick, als die gefabr aufs liöcbste stieg;
mieli / jrh darf nicht länger säumen,
und Ji- — .. ^ luienheil,
da« altes knuu eiu jeder irauraea. Göthe ...
für die wisseoschaftsiehre ist die besonnenbeit auf das mis-
sen . . der eigentliche und bleibende zustand, die bcsinnuag
wird uns eine kunst nach regeln. Ficbtes nachg. werke 2, 3.
BESONNUiNG, f. aprtcaUo, das bcscheinen von der sonne:
wo sie nach der besonnung zu trocken sein würden. Stol-
BERC 9, 280.
BESORG, m. wii f. eura, toUiciludo, besorgung und be-
sorgnis : wir hellen uns auch warlich des bapstums ganz ge-
wegert, wo nicht die furcht gotles und ehrliche weise unserer
wähl, auch der besorg künftiger enipörung von den schisma-
103
1635
BESORGEN
BESORGEN
1636
ticis und zwilrccliligen uns dazu gezwungen betten. Luther
2, 183'; wo ire barmherzigkeit wurde feilen und meine be-
sorg allzu wahr werden, so were ich entschuldigt. Luthers
hr. 5, 72; darumb ist allzeit in besorg gewesen, solten sie
mich über sie komen lassen, es würd ein ander weis berei-
ten, das man die groszen geselschaft abthet. Sickingens ge-
sprech mit sanl Peter, o. j. u. o. (um 1522) as'; dann unter
allen kein besorg (geschäß) oder gefehrlicher ampt dann des
obersten quartiermeisters ist. Fronsperg kriegsb. 1, 64" ; ohne
alle besorg einiger thätlichkeit. Reinhards werlheimischer ge-
genbericht 1, 261. vgl. beisorge.
BESORGEN, ahd. pisorag^n, pisorg^n, mhd. besorgen, alts.
hisorgön, nnl. bezorgen, ags. besorgian, schw. besörja, dän.
besorge, die etymologie beim einfachen wort, hier nur, dasz
sich ans sorge, ahd. soraga, goth. saurga sowol die bedeulung
Sorgfalt, als die von kitmmer, angst, furcht und Iraner ergibt,
wie auch cura und fiiqifiva denselben doppelsinn zeigen, im
goth. und nord. mehr Xvtii], trauer, in den übrigen sprachen
mehr angst und furcht, sorge ist anhebende furcht, noch ge-
ringe furcht, Otfried sagt: mit forahtlichen sorgön. V. 23, 73.
1) besorgen, curare, prociirare, für etwas sorgen, sorge tra-
gen, bedacht sein: ich besorge es, besorge dirs, es wird alles
besorgt, es ist schon besorgt, gut, ordentlich besorgt, ahd.
fatar, muotar, chint pisorgen, pflegen, versorgen (Graff 6, 277.
278); mhd.
du mölitest einen beiden baj
besorgen und bedenken, frauend. 143,9;
ir Süll besorgen (sehen nach)
iwern tumben jungen kneht,
ob der noch bi den rossen si. 368, 9;
daj (lant) muoj ich besorgen (versorgen)
mit einem manne, der ej wer. Iw. 2314;
wie sere ich daj mit dienste iemcr m?, besorgen muoj.
Hartm. lieder s. 14;
ich muoj ein hüs besorgen. Den. beitr. 442.
nhd. einen auftrag, ein geschäft, die ansgabe eines buchs, das
nöthige besorgen ; sein amt, seinen dienst, den gottesdienst be-
sorgen, versehen; einem das essen, das bett, den garten, die
pferde besorgen; einen sack, pack (wohin) besorgen, bestellen;
besorge du heute das kochen, die küche ; du must noch fleisch
besorgen (herbeischaffen); besorge mir doch ein glas wasser;
sie erfuhren zu einiger beruhigung, dasz man ihn {den kranken)
auskleide, trockne, besorge. Gtjthe 22, 88 ;
wol zu verwahren das haus und stille das feld zu besorgen.
40, 270;
und die erde besorgt, so wie es die stunden gebieten. 40, 278;
der ist besorgt und aufgehoben. Schiller 69*;
sogleich besorgte man, dasz die wunde verbunden wurde. 722 ;
ich besorgte, verband und heilte deine wunden. Klincer 3,
201; der kardinal ward nach der Engelsburg gebracht und
ihm erlaubt, sich aus der küche seiner mutter besorgen zu
lassen. 3, 246 ; dasz die vornehmen sich nicht um uns küm-
mern, unsere gesuche nicht so besorgen, wie wir es wün-
schen. TiECK 12, 160. Es musz auffallen, dasz in dieser be-
deutung von den Schriftstellern des 16. 17 jh. das wort besor-
gen kaum verwandt wird, namentlich bei Luther nicht, und
Dasypodius, Maaler, Henisch, selbst Stieler führen es so nicht
auf, erst Frisch 2, 288' bringt ein besorgen, curam habere,
auch das schwcd. besörja, dän. besorge scheint erst im 18 jh.
von uns entliehen, wie schon daraus folgt, dasz es nie be-
trauern bedeutet, wie doch das einfache sörja, sürge trauern.
2) besorgen, vereri, metuere, sorge, angst um etwas haben.
a) ohne casus, also intransitiv, wie auch das einfache sor-
gen steht: wir danken dir herr, dasz es nicht geschehen ist,
wie wir besorgeten. Tob. 8, 17 ; })esorget er, er vermöchte den
groszen kosten länger nicht zu tragen. 1 Macc. 3, 20 ; dieweil
er aber besorget, Jonathan würde es wehren. 12, 40; auch
ein Schisma in der h. kirchen sich zu erheben zu besorgen
sein möclit. reichsabsch. von 1512 §. 4 ; wie es selbs die jesuiter
im truck haben lassen ausgelm, besorgend, andere möciiten
es mit ursachrürigen glossen thun. bienenk. 26'; oder sie
inüsten besorgen, dasz sie zum fewr zu danzen. 34'; wie der
cardinal, der niciit durch Genf reisen wolf, besorgend, der
luft macht in ketzerisch. 23l'; auch wir haben mahlehsche
dichter die menge, aber icii besorge sehr, dasz sie sich zu
den mahlcriscben dichtem der Italiener nicht viel anders ver-
halten, als die niederländische schule zu der römischen. Les-
sixc 6, 277; er besorgt bald zu sterben; ich besorge, dasz
es mir nicht gelinge das werk zu vollenden.
b) mit gen. der sache: das pferd, des Streichs besorgend,
lief hin. Fierabr. B4; der seins weibs von andern mannen
besorget. Bocc. 1, 128" ;
der Jüngling besorgt seines lebens,
und heimlich davon llielien wolt. H. Sachs I, 107';
besorgt er aber seines lands (für sein land). Fronsp. kriegsb.
1, 176'; ich besorg meiner nicht (sorge nicht um mein weib),
dann wer sie bei tag sieht, wirt bei nacht nicht den hals
drumb brechen. Garg. 259" ;
so würd der adler neben euch
besorgen müssen groszer fahr. Rikgwaid laut, warft. 348.
c) mit acc. der sache, mhd.
und het ich tüsent manne sin,
ich müest die vart besorgen wol. frauend. 48, 8;
daj muosen si besorgen,
daj er des lihte engulte. Iw. 7150,
nhd. man hat seinen tod schon lange zu besorgen ; man be-
sorgt den nahen ausbruch der feindseligkeiten ; sie besorgte
immer das schlimmste ; dieser fall war, seiner meinung nach,
so bald nicht zu besorgen, Wieland 7,40; ich besorgte ohne
noth etwas übles. Tieck 15, 364.
d) der reflexivausdruck liesze, organischerweise, das prono-
men im dat., nicht acc. erwarten (s. oben sp. 1275) und nach
dem mhd. niene vürhte dir, si vorhte ir sere auch ein mhd.
ich besorge mir, si besorgete ir, wofür doch kein beleg zur
hand ist. nhd. scheinen aber, neben dem gen. der sache, lau-
ter persönliche accusative eingerissen, zwar einmal, in Luthers
br. 4, 152 begegnet : und besorge mir übel, es werde im auch
also gelingen, allein in correclcren texten hat er überall den
acc, welcher auch in sich se anzuerkennen ist, da er, auf
mhd. weise, für den dat. sibi noch im, pl. inen gebraucht:
ich besorge mich, das ich den jüden möcht übergeben wer-
den. Jer. 18, 39 ; der hunger, des ir euch besorget, so! stets
hinder euch her sein. Jer. 42, 16 ; so darfst du dich nicht be-
sorgen, das er dich tödte. Sir. 9, 18 ; denn sie besorgten sich.
Judith 4, 2; besorgen sie sich keines Schadens, weish. Sal.
14, 29 ; ein jeder besasz seinen weinberg mit friden und dorft
sich nichts besorgen. 1 Macc. 14, 12 ; weil sich aber der hohe-
priester besorget. 2 Macc. 3, 32 ; und weil er sich für des
Antiochi son besorget. 9, 29 ; denn sie besorgen sich, man
würde inen nicht glauben. 13, 25 ; und er besorget sich. Lue.
9, 7; besorget sich der oberste hauptman, sie möchten Pau-
lum zureiszen. apost. gesch. 23, 10 ; wenn ich den bapst ver-
acht bette, bette ich mich besorget, die erde würde dieselbe
stunde sich aufgethan haben. Luther 1,5'; derhalben das man
wol weisz allenthalben, wie keuscheit seltzam sei, und jeder-
man seins weibs und tochter sich besorgen musz. 2, 212";
sich besorgen und argwöhn schepfen. 3, 91 ; besorget sich
nicht des Unfalls. 3, 403 ; ich besorge mich, das ir nicht (vereor
ne) mit blindheit geschlagen seiet. 4, 378'; das sie sich aber
besorgen, man möcht inen einen pfarherrn eindringen. 4, 318';
e. c. f. gn. um diser schwinde leufte willen sich des Stücks
zum überflusz besorget haben. 4, 470'; musz ich mich doch
für des listigen trachens und seiner schupen bosheit und
tucke besorgen, das ers möchte fürnemen. 6, 107'; wenn er
wolle und sich nicht besorgen müste. 6, 33l'; besorgen wir
uns aber, das sie uns möchten schaden thun. 's, 94'; nach-
dem er sich besorgt, es mocht im verdacht bringen, br. 2,
237; und das schnelle ungewitter des mers erschreckt mer
die schifleute, dann das weiter, davor sie sich haben besorgt
und versehen, Albr. von Evbe44';
des musz ich mich vor im besorgen, fastn. sp. 648, 4 ;
nun darf man sich besorgen wol,
wan man zum stürmen streiten sol. Scuwarzemi. 152' ;
dasz mir kein sclinfer nie wart holt,
er must sich stets für mir besorgen. Alberus 37';
die weil der häuf so forchlsam war,
und sich besorget groszer fahr. 50 ;
es stund ein wolf in groszer not
und sich besorget für dem tod. 60';
er dörft sich nii für im besorgen. 122;
und sich besorget keiner fahr. 144;
das wir uns mehr vor freunden, denn vor feinden zu besor-
gen haben. Mei.anchth. an Albrecht ed. Faber ep. 7 ; und so
er freund hat, die sich besorgen, si müssen hinnach. Frank
weltb. 153'; also das er sich zu sterben besorgt. 194*: bru-
der, besorget euch nit. Aimon I) ; ich weisz das sich Ma-
gis vor euch nit besorgt. S ; er l)esorgt sich seiner brüder.
S2; und so oft du ein ros beschlegst und dich besorgtest,
C8 möchte ein nagd zu nahe mit gangen sein. Seutkh 312;
1637
BESORGEN— BESORGT
BESORGTHEIT— BESPIEGELN
1638
vorhin hab ich deiner erschrecknus halber mich besorget,
Kirchhof wendunm. 113'; da man sich feindschaft oder ande-
rer über oder durcüzug besorget, disc. mil. 10 ; werden zu
sterben sich sehr besorgen. FiscpART groszm. 131 ; dieweil sie
sich so sehr vor der babilonischen meszmetzen grewelkelch
besorgen, bienenk. 91*;
musz sictk des Jiingsien tags besorgen.
Ki.-^GWALD geistl. lied. D3';
der mensch besorgt sich keines falles,
dieweil er frei, reich, gut und grosz, Weckherlis 3S6;
wenn deiner feinde naher ver^vandter dein freund wird, so
besorge dich immerdar seines betrugs. pers. baumg. 1, 33 ;
sich besorget, er möge todt gesoffen werden. Schcppics 26 ;
da man sich nicht zu besorgen hätte, dasz jemand dahin
käme. 4" ; Hiob besorgte sich, es möchten solche misbräuche
bei seiner kinder gastereien auch fürgehen. 154; wir be-
sorgen uns, es möchte ein heidnisches weibsbild in die familie
kommen. Weise comüd. 65; ich besorge mich keines Un-
glücks, freim. redn. 591; weil sie sich ganz und gar keiner
gefahr zu besorgen hätte. Felsenb. 4, 453; wann man sich
eines aiszes oder geschwers besorgt. Hoheerg 1, 25S'; ich
müste mich der gegenfrage besorgen. Lessing 9, 168. Die be-
lege zeigen, dasz das reflexivum sich besorgen, vereri häufig
gebraucht wurde, so lange die erste bedeutung von besorgen,
proeurare selten war, dagegen neuerdings, als diese wieder
vordrang, stufenweise erlosch, man verwendet es heutzutage
fast gar nicht mehr, die abgeleiteten nomina theilen sich, oß
schwankend in die bedeutungen von proeurare und vereri.
BESORGEN, n. cura:
und als du anliengst in die weit zu schauen,
war deine freude häusliches besorgen. Götbe 2, 7,
geschdßigkeil im haus.
BESORGER, m. curator: besorger der Wirtschaft.
BESORGERI.N, f procuratrix.
BESORGLICH, quod periculum minatur, was zu befürchten
ist: schrecklich und besorglich. Pelr. 107*; ein besörglich ort,
locus iniquus. Fbonsperg 3, 234* ; besorgliches unheil abwen-
den, colica 6 ; nachrichten zu Verhütung eines besorgiichen
m.isverstandes, Wiela.\d 1, 256; zur Verhütung eines besorg-
lichen misverstandes scheint uns hier eine kleine parenthese
vonnöthen zu sein. 7, 62; versichern sie indes nicht selbst,
dasz diese leidigen fiagmente schon ein paar werke hervor-
gebracht haben, deren nutzen den besorglichen schaden der-
selben unendlich überwiege? Lessing 10,167; besorgliche an-
griffe. Kant 6, 167 ; der besorgliche unfug im öffentlichen
wesen. 6, 252 ; ein von ihm besorglicher fall. 7, 112. auch für
argwöhnisch, furchtsam, besorgt:
die schlinge liegt
ja nur dem geizigen, besorglichen,
furclitsamen Juden. I.essini; 2, 270.
BESORGLICH, adv. wie zu besorgen ist: sondern dasz von
denjenigen, oder besorglich wenigen, welche daraus was gu-
tes, tröstliches und gefälliges schöpfen, got lob und dank
gegeben werden möge. Weckherlin forr. zu den geisll. ged.;
also würde ich mit meinen ungewaschenen worten ew. gn.
wolverdientein preise besorglich mehr entziehen als geben und
zusetzen. Opitz 3, 69; ich werde besorglich eben so wenig
ausriciiten. Zinkcr. 96, 12; in welchem stand er besorglich
das brot am bettelstab suchen müste. Simpl. 1,49; weil mir
besorglich dieselbige (Unglücksfälle) auch wie die vorige zu
banden gehen werden. 1,205. aber auch vorsorglich, dngstlidt:
fiirchiet ihr
der arglist schlingen, tückischen verralh,
dasz ihr den rücken euch besorglich deckt I Scbiller 492'.
BESOKGLICHKEIT, f solliciludo: er kommt, vor besorg-
lichkeit, gar nicht zum handeln; wer beugt allen besorglich-
keilen vor?
BESORGNIS , f. 1) administratio, cura : künftig werde ich
ihm die besorgnis meines ganzen Vermögens anvertrauen.
C. F. Weisze. dafür heute besorgung. 2) soUicitudo, metus :
was fällt euch ein? was für besorgnisse?; diese besorgnis
war öberflOssig.
HESORGSAM, sollicittu: tausend dank für ihre besorgsame
ficiindschaft. Lessing 12, 161. heute biotz sorgsam.
BESORGSA.MKEIT, f: das andenken an die hesorgsamkeit
eines mannes. Fichtes leben 2, 158,
BESORGT, sollicitus, anxius, sorgsam : mit besorgtem herzen ;
ein überflieszend masz
besorgter mutierliebc. Göthk 9, S55.
besorgt sein = besorgen 2: ich bin um ihn besorgt; sei
unbesorgt; das macht mich besorgt
BESORGTHEIT, f. besorgtheit um die Seligkeit. Fichtes
reden an die d. nat. 186.
BESORGUNG, /". 1) procuratio, administratio : die besorgung
des geschäfts ; philosophie, deren besorgung mehr im be-
schneiden als treiben üppiger scböszlinge besteht. Kant 4, 325.
2) besorgnis, angst: der Grieche martert uns mit der greu-
lichen besorgung, der arme Philoktet werde ohne seinen bogen
auf der wüsten insel bleiben und elendiglich umkommen
müssen. Lessing 6, 398. jetzt ungewöhnlich.
BESPÄHEN, oculis indagare, nnl. bespieden: der späber
bespäht, der lauscher belauscht;
ich seh den genius schon in der halle
stehn, und der tänzerinnen llug
mit dem blicke begleiten, den sinn des biickes bespähet
manche gewendete tänzerin. Klopstock 2, 229.
BESPANNEN, umspannen:
1) den wagen bespannen, rosse vor ihn spannen; ein mit
maulthieren bespannter wagen.
2) die leier, geige mit saiten bespannen :
Polyhymnia . .
die am Hämus einst des Orpheiis' beilige laute bespannte.
Platen 130.
3) amplecti: wie wir den mond nicht bespannen können.
Hippel lebensl. 3, 134; mit straffen fibern bespannt J. Pall
Hesp. 1, 164.
BESPAREN, reservare, aufsparen, ersparen, nnl. besparen:
die balsamkräfte zu besparen,
und sie am meisten für den morgen und für den abend zu
bewahren. Brockes6, SS;
seine galle für den ungetreuen liebhaber besparen. Hippel
6, 7; dadurch wird nicht der mindeste grad einer unmittel-
baren göttlichen handlung besparet Kant 6, 72; sie hätten
sich entschlossen auch das blut der landeskinder zu bespa-
ren und zu bewachen. J. Paul biogr. bei. 1, 12.
BESPASZEN : bespaszt sein urtheil und besauts. Voss 6, 12t
BESPEICHELN, saliva imbueie: bespeichelt und beeitert
Luther 8, 213'.
BESPEIEN, conspitere, convomere, goth. bispeivan, ahd. pispi-
wan, part. pispiwan und pispiran, nnl. bespugen und bespuwen.
wir ßectieren bespie, part. bespien, doch auch bespeite, bespeit :
(der trunkene) entslief, darzu sich aller bespeiet und kotzet.
Kirchhof renrfunm. 146*; geschlagen, gestoszen, getreten, ver-
achtet, bespeiet. Sculppius 459 ; die kleider bespeien ; sich
bespeien.
BESPEILERN, mit speilem besperreti. s. speiler.
BESPEISEN, cibare, mit speise versehen : darnach die fische
sein, darnach musz man auch die behälter bespeisen. Hob-
berg 3,298*. sich bespeisen, nähren:
auch deine bände sollen sich
davon bespeisen sättiglich. Opitz ps. 6S.
BESPEIZEN, tras bespeien, s. ausspeizen und bespeuzen.
BESPERREN, claudere, zusperren, versperren, ahd. pisper-
ran (Gbaff 6, 361), mhd. besperren :
si sluzzeu üf die kisten, die & stuondea wol bespart
mb. 1209, 4 :
daj münster wir besparten. Servat. 1885;
das jetzt seltne, von Stieler 2073 nocA aufgeführte worl, könnte
unbedenklich wieder in gang kommen.
BESPEUZEN, tras bespeizen, nnl. bespülten. Maaleb 62'
gibt bespeuwen und bespeutzen, Alberus conspuo, ich be-
speutz.
BESPICKEN, illardare, nnU bespekken: einen hasen, eine
kalbskeule bespicken, dann uneigentlich, den beute) be-
spicken; wol mit geschütz bespickte wälle; mit vorurtheilen
bespickt; sich bespicken, geld verdienen; edel für bestecken:
drauf bespickt er mil blumen des beiden sträubende liaarc.
ÜöTUR 1, 2S8.
BESPIEGELN, sich, se in speculo intueri: bespiegele dich
in meinem exempel und lerne von mir die weit kennen.
ScHuppiiis 239 ; vielleicht bespiegelt sich noch mancher darin-
nen. Plesse 1, 165 ; bespiegelte sich oft Gelleht 1, 211 ;
unachtsam gaft die andre hin und wieder,
spielt mit den fingerchen an ihrer schönen band,
bespiegelt sich, berichtiget ein band
an ihrem latz. Wielasd 5, 188;
was ihr den geist der zelten heiszl,
das ist im grund der Herren eigner geist,
in dem die Zeiten sich bespiegeln. Göthe 12,38;
wenn sie beide zusammen tanzten, aller äugen waren auf «i«
103*
1639 BESPIEGELÜNG — BESPRACHEN
gerichtet und wie umworben beide, indem sie sich nur in ein-
ander bespiegelten. Göthe 17, 115; der waid bespiegelt sich
im klaren see, spicgell darin ab. seltsam 4, 165 •
lu des Rheins gestreckten hügeln,
hochgesegneien gebreiien,
auen, die den flusz bespiegeln,
ein Spiegelbild im flusz hervorbringen, natürlicher klingt : der
flusz bespiegelt die auen. der pfauenschweif ist bespiegelt.
Fischart Garg. 223' nennt bespiegelte seichkacheln.
BESPKGELUNG, f.: nach tausendmal wiederholter be-
spiegelung. ehe eines mannes 351 ; es wird andern eine be-
spiegelung sein, disciplinae eril aliis. Stieler 2067.
BESPIEGELUNGSLUST, f. alles was in mir von selbst-
geräiligkeit, bespiegelungslust, eitelkeit, stolz und hochmut
ruhen oder wirken mochte. Göthe 25, 296.
BESPIELEN, nnl. bespelen.
: 1) bespielen, bespotten, belachen, alludere. vocab. theut. 1482.
d5', ist aber ganz ungebräuchlich, vgl. anspielen.
2) auf etwas spielen: die orgel bespielen; das clavier ist
noch unbespielt, ist viel bespielt.
3) bienenstöcke bespielen, mit spriesien oder spielen ver-
sehen, spielen in sie stecken, s. spiele.
BESPINNEN, tela involvere: die raupe, die spinne be-
spinnl das lauh; im herbst sind die wiesen mit fäden bc-
sponnen; saiten, knöpfe mit dünnen fäden bespinnen; be-
sponnene knöpfe; sich bespinnen, einspinnen, der seiden-
wurm bespinnt sich, in andermsinn: die Spinnerin bespinnt
den rocken, spinnt ihn ab. mhd.
und dar uffe her und dar
was ei (das bild) von in (den spinnen) bespunnen gar.
Marienleg. 244, 36 ;
waj hetie im daj gewunnen,
daj er ö was bespunnen
mit so richem kleide, pass. IL 235, 55,
schön, ßr in reichem, gesponnenem kleide sasz;
der wahter wolle sin bespunnen
mit miete. MS. 1, 3",
will mit ringen, d. i. gesponnenem golde umwunden, beschenkt
sein. s. bestechen 5.
BESPITZEN, aeuere, einen stock, pfal bespitzen;
jede faust
.Schwung einen arf, mit eisen scharf bespitzt. Bürgbr 151*.
figürlich, sich bespitzen, einen spitz, leichten rausch trinken: \
'überhaupt mag ich Göthe nicht, wenn er nicht eine bou-
teille Champagner getrunken hat', ich sagte darauf halb laut,
•da müssen wir uns denn doch schon manchmal zusammen
bespitzt haben'. Göthe 31, 175; der kleine wurzelmann, der
sich bespitzt hatte. Arnim 1, 89.
BESPITZLNG, /". modica crapula: sie zccbfen wacker und
nur der letzte zeigte bei nachhausegehen einige spuren von
bespitzung. Göthe 32, 70.
BESPLEISZEN, ärcumcidere. Stieler 2093.
BFSPOKNEN, calcaribus instruere: er kommt gestiefelt und
bespornt. Garg. 242' besport = bespornt.
BESPÖTTELN, eavillari, fein oder wenig bespotten : und so
floh von jedermann verlassen Erich hasenfusz, so bespöt-
telten ihn die Holsleiner. Dahl-mann dän. gesch. 1, 233.
BESPÖTTELL.NG, f
doch mir ward stillschweigen und kalte bespöltlung
blosz, zum lolin nie Iniher gewagten gesangs,
seit ein mund Teuts werte belebt. Platen 131".
BESPOTTEN, irridere, ahd, pispolön (Graff 6, 328), mAd.
bespotten, nnl. bespotten :
bespottet eines jeden fiirm,
treibt sie ins bad, sclineidt ihnen die wilrm.
(ioTUK 13, 129,
100 in bespotten wie in fürin die nachbildung des alten stils
tnislang; jede art ?on beschrünktlieit und dunkel bescherzt
er mehr, als dasz er sie bespottete. 25, 75.
BESPRACHEN, was besprechen, das ahd. pisprächön aber
bedeutele obtrectare, dclrahere, verleumden, und war vom subst,
pisprAcba gebildet (Graff 0, ;l^3. 390). so wir sie sehent, sie
hörenl und lieblich uns mit inen besproHient (=besprachen).
Keisersb. ehr. bilg. 221; dasz gemeldier ausschusz der vier-
zehn person zween tag ob ilem handel gesessen, davon ge-
ratschlagt, sich miteinander unterredt und nach notdurft be-
spracht. Kresz hei Metanchlh. 2, 290; weil man si oft be-
sprächet und umb frid anredet. Fha-nü wellb. 234'; er ward
BESPRACHEN — BESPRECHEN
1640
vom marschalk bespracht (zur rede gestellt). KiRcnHOF wend-
unm. 84; darumb spricht auch Paulus, er habe das euange-
lion eine lange zeit frei gepredigt, ehe er Pelruin darum
besprächet hab. Melanchthon von des bapstes yewalt, über-
setzt durch Vitum Dietherich (1541); mit den er sich besprä-
chet. Frank chron. 30'; gieng einer oder mehr an orten, da
ihm nicht hin gebühret, streichen, mag der als ein verdäch-
tiger bespraachet werden. Kirchhof mil. disc. 95 ; dasz er
die täglichen zukömmling aber examiniere und bespraache.
das.; und hat mit ihm geratschlaget und sich besprächet
Mathesil's 59*; alsdann fiengen sie an kurzweilig sich mit
einander zu besprachen. Garg. 174'; oder sie besprachten
leut, welche frembde länder gesehen halten. 1S4' ; von er-
meldtem Pilato mit ernstlichen, scharpfen worten bespracht
worden. Ayeer proc. vorr. ;
ein jede (krähe) sitzt bei ihrem mann,
den sie an der slira kennen kan,
und denn mit groszem gschrei und krachen
sich des abzugs halben besprachen {unterreden),
frosclimeus. III. 2, 7 ;
wan reden und stillschweigen
zumal verhindert unser glück,
so lasz uns unser herz bezeugen
durch sich besprachende anblick. VVeckubrl[n394;
das rathaus und der markt, ja fast ein jedes haus
besprachte sich von euch und sah erbärmlich aus.
Fleüing 81 (82), wo alle ausg. besprachte ;
sie bespracht sich mit den geistern der verstorbenen. Lo-
HENST. Arm. 2,52; weil aber der altvater sich selbst fast tag-
lich mit ihm besprachte. Felsenb. 2, 464. später ungewöhnlich.
BESPRECHEN, ahd. pisprechan (Graff 6, 376), mhd. be-
sprechen, nnl. bespreken, mehrfacher bedeutung.
1) einen besprechen, ansprechen, anreden, alloqui, eom-
pellare :
welcher mit klarem gesiebt
seinen freund also bespiicht. Weckhbrlim 347 ;
der llhein mit dem Neckar fro
besprach sie damals also. 350;
mein mund besprach ihn in den schmerzen,
bis dasz er noch geholfen hat. Opitz ;>s. 122;
die götter besprechen, angehen. Arg. 1, 672 ; wann ein rei-
cher kam, der mein weib zu besprechen hatte. Philander
1, 274; welche (geislliche) zu besprechen B. und ich verord-
net worden. 2, 710; folgendes tags ward er abermal darum
besprochen und gab endlich dieses zur antworL Brandts
Taubm. 82 ; sie liebt dich, und hat mir aufgetragen, dich zu
besprechen {mit dir zu reden). Hippel 10, 320 ;
den hohen schalten zu besprechen,
gebietet mir des hcrzens feurger drang. Schiller 31'.
2) einen besprechen, etwas besprechen, in anspruch neh-
men, ansprechen, zumal auf dem wege rechtens : mit welcher
antwort der Schleuszer zufrieden gewesen und mich ferner
um nichts besprechen lassen. Schweinicmen 2, 319; wenn
denn Hartwig sein gebühr 140 th. davon genommen, besprach
ich seine erben darum, das.; wie er den zehentcn, so das
bischofthumb Schwerin besprach, frei gemachet und alige-
schaffet. MicrXliüs 3, C34; und dasz sie nicht könnten von
jemand anders umb eine so grosze summe besprochen wer-
den. 5, 187; mit ordentlichen rechten zu besprechen. Avreh
proc. 1, 1; mit recht zu besprechen nicht überhaben sein.
1, 3; dasz du alsdann sie allererst umb den übrigen abgang
zu besprechen habest. 1, 12;
wollen sich dcrhalben rechen
und Podagra drumb besprechen. Atrer /osfii. .«p. 40" ;
da man aber nicht gar wolt zahlen,
was ihm war zugesagt vormahlen,
wie hart er auch den rath besprach,
der Stadt drawet sein zorn und räch, froscnmeus. III. 1, 13;
du bist ein groszer trosl, ein schirm und Zuversicht
für einen jeglichen, der dich umb schütz besprich«.
Opitz 1, 6;
es mag ein andrer kriegen,
dem Mars im herzen steckt, das aus Ihm selber bricht,
nach heim und walfen greift, den kühnen feind besiirtcbt.
dein sinn, herr, wolle nichts «wehren,
wann dich ein böser mensch bespricht, ps. t. 2G0;
l'icn nara ihr einen gürbcr, selten gArbt er oder nie.
trieb vielmehr als wie ein büiner »tab und priigei über sie.
sie besprach da» miiicl (rcchlamUiel) dium, dasz er hanU-
werksrecbt nicht hielte. Locai; 1. 6, 30 ;
Floridan liebt mit gewien (gewinn), eh gewien herfur mag
brechen, . . . .i •.
aa« man. dasz er seinen gaul woll um einen lauf besprechen.
* 5t, tug. lOS ;
1641
BESPRECHEN
BESPRECHEN — BESPRENGEN
1642
Polia hat manchen handel, wer sie nur nm was bospricht,
'du hast an mich keine sache", sagt sie diesem nimmer nicht.
3, 5, SO ;
Udus seuft den ganzen tag:, wann er drüBer wird besprochen,
spricht er u. s. w. 3, zug. Sti;
verlieren soll ein weib das leben mit der ehr,
als sie im ehbriich einst ergrilen worden wer,
jedoch also, der nicht ihr mann, von ihr besprochen
auch werden könt, dasz er die eh hett eh gebrochen.
Werders .4r. 27, 69;
und aber mein ehrenschänder sich wol nimmermehr anmel-
den wird, dasz ich ihn mit recht besprechen und meine ehre
durch rechtliche mittel wider ihn ahnden könne. Schcppics
623; zumal keinem menschen, ja wie rechtsgelehiie dar>on
schreiben, dem teufet selbsten, wann er für gericbte bespro-
chen würde, die defension abzuschneiden ist. das.; stüszt
die schimpfiichsten reden gegen mich aus, und da ich ihn
deswegen besprechen liesz, forderte er mich mit einem blan-
ken degen auf die grenze. Fetsenb. 3, 44S ; bischof Philipp.
als er von dem abte Wibold zu Corvei nachmals noch ein-
mal dieserhalben besprochen wurde. Moser 2, 107 ;
jedes schöne kind, das unsern schütz bespricht.
WiEiA.XD 17, 29 ;
wo nicht, sogleich zu thun, warum wir euch besprechen.
22, 97 ;
eiii eines Verbrechens halber besprochener. He"<?ce»a:<!» über
die bevorzugte hypoth. des fiseus s. 29. einige der hier auf-
geführten beispiele lassen sich ebenwol unter 1 bringen.
3) besprechen, bereden, bedingen^ bestellen, pacisci, man-
dare, engl, bespeak : denn obwol die alten leute über das
besprochene lohn nicht die minste liebe einem erweisen. Gry-
PHius 1, 845 :
euer söhn der gieng voran,
euch die bahnenurzu brechen
und die steile zu besprechen
da er stets bei euch sein kan. Fleming 343;
der gnädigen frau habe ich für das neue stück eine löge
besprochen {in beschlag genommen). Schiller 629 ; der herr
graf habe, weil unvermutete gaste angekonmien, sogleich das
ganze wirlshaus besprochen. GütheIS, 253; alle stuhle sind
bald besetzt oder besprochen. 29, 252; am 29 aug. sollte
ich zu einem schon besprochenen (verabredeten) gastmal auf
den posthof eingeladen werden. 32, 154 ; kommt nur, ich will
gleich ein zimmer für euch besprechen (bestellen). Lenz 1,
290; waaren besprechen, im voraus bedingen, bestellen, vgl.
sich versprechen lassen.
4) besprechen, bereden, disceptare: das wollen wir erst be-
sprechen ; die sache will näher besprochen sein ; wir haben
uns noch nicht mit ihm darüber besprochen ; der Vorschlag
soll sogleich besprochen werden^ es ist besser den handel
mSndlicb zu besprechen, als sich in ein langes schreiben
einzulassen ; die vielbesprochne frage ;
was man nicht bes|irichL, bedenkt man nicht recht. Götbb;
wir haben es oftmals
mit einander besprochen (durclioetprochen).
Klopstock Hess. 10, 352.
51 besprechen, mit feierliciien warten, incnnlare: der bau-
redner auf dem satteldache eines neuen hauses besprach
droben sehr die künftige feuersbrunst und dämpfte seine
eigne, und schleuderte den glüsernen feuereimer weit über
das gerüste. J. Paul TU. 1,170; wie einer der das feuer be-
spreclicn will, das ihm nachsclilnngelt. 2, 20 ; es machte
meine liebe zum erdkreis nicht fetter, dasz ich in einem
mir unbekannten stfidtchen am h)-lk>n luillage ein haus in
vollen llaminen sah und doch ilie Zuschauer blosz das feuer
besprechend, nicht bcgieszend da standen. Aoni. anh. 2. 71 ;
der landsknecht nährte sicli und die frau von vielen kunst-
reichen heilmitlelu fürs vich, anilerc illiel wüste er zu be-
sprechen. Armüi kronemr. 1,229; eine büchse besprechen, so
dasz sie versagt, nicht los gehl, s. versprechen.
6) sich besprechen, colhqui, sich unterreden, über etwas
verabreden, einigen: und besprich dich mit den verslündigen.
Sir. 9, 22; und uU er sich mit im besprochen hatte, gieng
er hmein. aposl.gesch. 10.2"; und liespriuh sich mit im. 2t,
26; dd besprach sich Fe<tns mit dem ralli. 25,12; also-
kiid fuhr ii-h zu, und besprach mich nicht daruiier mit flt-iMh
und bluL Gal. l, 16; ich ntp aber hinauf und Itespr.K'h mich
mit inen über dem evangeliu. 2, 2; will ich mich mit mci-
Bcn nithen besprechen. Ainwn c; uad gehen uoil. besprv-
cben sich mit einander. .Mathssius 7(t';
ich habe mich mit mir nun ganz besprochen,
der leichten weh ihr guispin oder pochen
sol mich forthin nicht weder krank noch froh
mehr machen so. Fle«i»(;2S3;
dort könnt ich mit mir selbst vcrtranlich mich besprechen.
Hagedorn 1, 28 ;
zu hören, wie in seinem kabineite
der arme mann sich mit sich selbst besprach.
WiEiAXD 10, 257 :
bei denen (scherzen)
frau Juno mit Minerven sich vom weiter
. . . bespricht. Gotter 1, 61;
vne über einen üusz hinüber iwci feindliche verpesten sich
ruhig und lustig zusammen besprechen. Götbe IS. 285 ; die
arzte besprechen sich unter einander über den kranken. In
ganz anderm, laugst veraltetem sinne hiesz es mhd. sich eines
dinges besprechen, dazu anheischig macJten:
des sol er sich besprechen, kröne 14529.
BESPRECHEN, n. pactio, coUocutio: hat derowegen dem
engel sanct Michel die wage befohlen mit discm besprechen,
verwaren und gedingen, dasz. bienenk. 104*; doch mit disem
beding und besprechen, dasz. 117'; das besprechen der ärzte
dauert schon eine halbe stunde.
BESPRECHER, m. ineantalor, der feuerbesprechjer «. s. v.
BESPRECHUNG, f. in allen bedeutungen des besprechen? :
ich verspare es auf diese besprechung. Wielaxd 2, fr2 ; be-
sprechung des feuers.
BESPRECHUNGSFORMEL, f
BESPREITEN, conspergere, über etwas ausspreilen :
ich hntie wollen wol des herren grab bespreiten
mit blauen veiligen. Fleming 15:
blumen müssen dich bespreiten. 435.
BESPRENGEN, conspergere, perfundere, nnl. besprengen, ma-
chen das: etwas auf etwas springe, aufschütten, meist benetzen,
beträufen, begieszen : besprenge die hechde ujjen mit salze, von
guter spise s. 7; besprenge die ele u^ene mit salze, das.;
mache ein gesoten honigwein und bespreng die opfele da-
mit, kuckenmeisterei cap. 6 ; das unschuldig lemlein und bliit
Christi, darmit man besprengen sol dise salb. Keisersb. Sün-
den des munds 15*; und soll das blul auf dem altar nemen
und salböle und Aaron und seine kleider, seine söne und
ire kleider besprengen. 2 Mos. 29, 21 ; und wer von seinem
blut ein kleid besprenget, der sol das besprengte stück wa-
schen an heiliger statt. 3 Mos. 6, 27 ; und in des geschlachten
Vogels blut tunken am flieszenden wasser, und besprengen
den der vom aussatz zu reinigen ist, siebenmal. 14, 7. 61;
man sol isopen nemen und ins wasser tunken und die hül-
len besprengen. 4 Mos. 19, 18 ; es ist mit sprengwasser nicht
besprenget, darumb ist er unreine. 19, 20 ; und sie storzten
sie erab, das die wand und die ros mit irem blut bespren-
get worden. 2 kön. 9, 33 ; ich habe mein lager mit myrren,
aloes und cinnamen besprenget, spr. Sal. 7, 17; und also
wird er viel beiden besprengen (vulg. iste aspergel gentes
multas). Es. 52, 15; und von desselben farren blut soitu ne-
men und seine vier hörner damit besprengen. Ez. 43, 20;
und der priesler sol vron dem blut des sündopfers nemen
und die pfosten am hause damit besprengen. 45. 19 ; und
als Moses ausgeredet halie, nam er kelber und bocks blut
mit wasser und purpurwolle und isopen und besprenget das
buch und alles volk [golh. hyssöpön jah vullai raudai ufar-
trusnjan. skeir. 3). Ebr. 9, 19 ; besprenget in unsern herzen.
10, 22 ; und war angethan mit > einPitt kleide, das mit blut
besprenget war. offenb. loh. 19* 18; die bürger aber gaben
dem Androclo geschenke, bespt'englen den löwen mit blu-
men (icie »■/). 1583 beschmeiszen). Kirchhof «.cndunm. 203';
der, den das theure blut des lamiaes hat besprenget.
LoGtu 1, 6, 13;
wen Christus roiber schweisz und kostbar blut bespreogei.
1.9,42;
die strasze, gegen den staub, mit wasser besprengen ; das
zimmer mit wolgerüchen ; sich mit kölnischem wasser be-
sprengen ; die hienensföcke werden mit sand besprengt ; er
bestieg die von limonien mit Sonnenschein besprengte gal-
lerie. J. Pail Tit. t, 56. besprengen ist, wie besprilzeu, eine
leichtere, dünnere netzung als begieszen und beschütten, man
besprengt die blätler, die wu>,clie, aber begieszt die blumen,
die Icinwand, beschüttet das mehl im trog mit wasser, die
tenne mit körn, der regen besprengt erst bevor er ganz be-
schüttet. a//cin dichterisch kann besprengen überall die stelle
rom beneltcn jeder arl gebrauclU uerdeu.
1643
BESPRENGUNG— BESPRITZEN
BESPRITZUNG— BESSER
1644
BESPllENGUNG, Y.
BESPRENGWEDELN, aspergillo huvieclare.
BESPRENGWEDELÜNG, f. lang her, für tausent teufel,
lang her, siehst nicht, wie ich mich worg? die kuttelfleck
verursachen ein unjärliche besprenzung und besprengwäde-
lung. Garg. 85*.
BESPRENKELN, maculis spargere, für hespTenge]a1 jeden-
falls mit besprengen nah verwandt: besprenkeile hennen,
blumen, gewöhnlich gesprenkelte, man s. das einfache spren-
keln, wo mehr zu sagen ist.
BESPRENZEN, leviter aspergere, eine gute, jetzt ungebräuch-
liche forlbildung von besprengen: gewächs, so sie besprenzet
oder begossen werden, luslg. 84 ; blumen musz man bespren-
zen, nicht überschütten. Lehmann 923 ; im rüschten (rösten)
besprenzen sie das körn ein wenig mit wein. Tabernaemont.
590; aller practik groszmutter, jetzund aufs newe ergcnzt
und besprenzt. Fischarts groszm. tilel; deshalben wann man
schon lang will entgegenwerfen die ordonanzen der päpst,
oder wollen uns mit dem concili zu Basel besprenzen. bie-
nenk.4''; in menniglich stecken scmina stultitiae, man mags
leicht säjen, so wechsts daher, das unzeitig loben aber be-
sprenzt es. Garg. 246'. man sehe das einfache sprenzen, und
aufsprenzen.
BESPRENZUNG, f siehe besprengwedelung.
BESPREL'EN, bestreuen, wie ausspreuen, sp. 979.
BESPRLNGEN, assilire, aufspringen, nnl. bespringen.
1) der hengst bespringt die stule, init equam, der ochs
die kuh, der hirsch die binde, nnl. de hengst bespringt de
merrie.
2) der Jäger bespringt den balzenden auerhahn, naht ihm
mit schnellem sprung. die unsern nachen besprungen (in ihn
sprangen). Opitz Arg. 2, 402.
3) anfallen, überfallen, iL assalire, assaltare, franz. as-
saillir: die räuber bespringen einen, nnl. ik werd van twee
rovers besprongen;
dem Samson füigebild, da als er ward besprungen,
befochten und gedruckt. Opitz 3, 243;
thu was der kaiser heiszt,
besetze saal und hof, wofern der freche geist
nicht in die schranken will, so lasz ihn stracks bespringen.
Grtpuius 1, 14;
wir müssen all auf einmal ihn bespringen. 1, 67 ;
wie heftig stürm und weiter ein schwaches reis bespringt.
derselbe ;
wer der stärkste im angreifen ist, den lasset die beute am
ersten bespringen. Perus 327.
4) eine Stadt belagern und stürmen (vgl. berennen):
ich arme (stadt) werde nun,
ich arme, die ich bin, zu land und see besprungen.
Opitz 2, 51 ;
gesetzt auch, dasz wir schon mit tausend beeren dringen
ins kaiserliche schlosz und hof und siadt bespringen.
Ghtphius 1, 16;
eh ich das schwert ergrif und durch die waffen drang,
eh ich mit flamm und spiesz der feinde wall besprang.
1,41;
sobald disz kind in seiner gewalt war, liesz er die Stadt
Bregentia bespringen. Lohenst. Arm. 1, 152,
5) auf die personißcierte furcht angewandt:
doch welche zeit die furcht mich wird bespringen,
solst du mein trost mir sein. Opitz ps. s. 106;
nnl. daar duizend vreezen mij bespringen.
6) mhd. auch von sjiringrndem wasser oder blut:
nii fliujet hin ze tal
daj bluot durch die halsberge, davon sint uns die müre
besprungen allenthalben. Cudr. 650, 4;
heim und brünne daj was gar
besprungen mit dem bluote. Bit. 4090.
vgl. herinnen, die bedeutungen 3 — 6 heute ungebraucht.
BESPRITZEN, aspergere, maculare: mit wasser, regen, blut,
koth bespritzen;
und alle gest bespritzen thu, ,
so lach dann erst wol fein darzu. Scubit grob. C 1' ;
und bitten dich die frnwiin sehr,
du wölst sie noch bespritzen mehr. 0 3';
mich hat zwar mannes blut bespritzt, doch nicht befleckt.
HOFIA.IKSWALDAU:
doch endlich als der «türm sein iluszcrsles gethan,
langt athemlos die ganze chorgemeine
durchnäszi und wol bespritzt im klostervorhof an.
Wieland Oheron 2, 34 ;
«chwerl traf auf »chwert, zum Schlachtfeld ward die sladi,
ja diese hallen selbst bespritzte blut. Scuillkr 489';
fasz mit dem maul ihre vollen zitzen,
thu mir mit macht die gurgel bespritzen. Güthb 13, 80;
die brennende wand wurde unablässig aus allen schlauchen
bespritzt.
BESPRITZUNG, f. wenn man so die gräszliche bespritzung
des einzigen himmlischen (der musik) erfährt, das noch über
die lebensspieszbürgerei oben vorüberfliegt. J. Paul fiegelj.
2, 86.
BESPROSSEN, germine imbuere, nur im pari, gebräuch-
lich :
die zart besproszte (grünende) au. Borger, an die hofnung.
BESPRUCH, m. condictio, conventio, besprechung. Stiele»
2104, gebildet wie spruch, anspruch, ausspruch, einspruch,
verspruch, Zuspruch: es fand kein bespruch statt.
BESPRUDELN, aspergine madefacere: die quelle bespru-
delt den rasen; wenn er redet, besprudelt er unangenehm
den gegenüberstehenden.
BESPRÜHEN, scintillis aspergere, nnl. besproeijen: die
flamme besprühte schon das nachbarhaus ; besprüht von fun-
ken ergriffen wir schnell die flucht.
BESPRUNG, m. admissura. Stieler 2106.
BESPRÜTZEN, s. bespritzen, und das einfache worl.
BESPUCKEN, conspuere, bespeien, nnl. bespugen.
BESPÜLEN, alluere, nnl. bespoelen: der flusz bespült die
mauern der Stadt; von den wellen sanft bespült; wo des
meeres wellen das ufer sanft bespülen. Humboldt kosm. 1, 6 ;
der regen hat das pflaster bespült, abgespült; mit flüssigkei-
ten die haut bespülen ; dasz die schönste reihe töne ab-
gleitet von bespülten, aber nicht erweichten herzen. J. Paul
Hesp. 3, 74. sich bespülen = sich betrinken. Lichtenberg 3, 76.
BESPÜTZEN, was bespucken, s. bespeien.
BESSER, melior, melius, goth. batiza batizö batizö, ahd.
pejiro pejirä pejirä, eigentlich, gleich allen comparativen, nur
schwacher ßexion, doch bricht die starke ausnahmsweise schon
ahd. vor, mhd. noch ößer. der schwache nom. lautet imnjh.
durch alle geschlechter einförmig bejjer, und gewinnt dadurch
starken schein, so dasz der nom. pl. sein n desto leichter
abslöszt: Hhte sint si bejjer. Walth. 51, 4; s6 swüere ich
wol, da; hie diu wip bejjer sint, danne ander frouwen.
57, 6 ; umgekehrt zeigt der fteclierte starke nom. sg. m. bej-
jen'e (Greg. 1472) vocalischen ausgang. im acc. sg. m. hat
Lacbh. Nib. 1996, 4 sogar in seinen texl aufgenommen einen
be;;er für bejjern. weitere ausführung gehört nicht hierher,
nhd. gilt regelmäszig starke und schwache flexion, ein besse-
rer mann, und mit abwurf, ein mann ist besser als der an-
dere; schwach der bessere, die bessere, das bessere, gen.
besseres mannes oder des besseren t4. s. w.
Wie sich adj. und adv. tmterscheiden, ist sp. 1153 vorge-
tragen und gewiesen worden, dasz das ältere und organische
basz allmälich einem aus dem adj. entnommnen adv. besser
weichen muste. an der gestalt dieses nhd. besser kann so
wenig als an der des lat. melius erkannt werden, ob es ad-
jectivisch oder adverbial zu nehmen sei; sobald flexion zu-
tritt, leidet das adj. keinen zweifei.
Die bedeutung beider Steigerungen, des adj. wie adv., ent-
spricht der des positiven gut und wol. es ist ein grnndzug
unserer spräche, das gute unverändert in allen lagen meist mit
diesem einfachen wort auszudrücken, während sein gegensatz eine
menge von begriffen und namen entfdtet, die nicht gleichgül-
tig wechseln können: das böse, üble, schlechte, schlimme,
arge, ganz auf dieselbe weise musz dem besseren das bö-
sere, üblere, schlechtere, schlimmere, ärgere, ehmals auch
das wirsere entgegen treten.
l. Steigerung des adjectivs.
1) persönliche Verhältnisse: unter zwein söhnen der bes-
sere; eines besseren vaters schlimmer söhn;
du würdest wol tliun diesen platz zu leeren,
'ich wills, wenn beszre maniier es begehren'.
Schiller 504";
die stelle ist dem besseren zu theil geworden ; es kann kei-
nen besseren menschen geben ; mhd.
e;n kom nie be{jerre in da; lant. Greg. 1472;
ein besserer wurde nicht geboren; jetzt spricht aus dir ein
besserer mensch, dein besserer mensch, ein oder dein bes-
serer geist («<;ie das spricht dein enge!) ; keinen besseren dich-
ter bradile das land hervor; kein hesser mnsicant da ist.
ScHuppius 4 ; wir fordern einen noch besseren.
1645
BESSER
BESSER
1646
2) sacken, das bessere ist nicht immer gut Pfeffel 6,
16S; das bessere ist ein feind des guten; er hat sich eines
besseren besonnen; besinnen sie sich aber eines bessern
und lenken wieder ins alte gleis ein. Klopstock 12, 355 ; ich
will dich des besseren belehren, berichten ; er kann noch
einmal besseres leisten ; du solltest etwas besseres thun ; du
hast das bessere theil erwählt; mhd.
Bertha, du hast das beszre theil erwählt. Schiller 442*;
daj be^jer spil, ob ich daj hän genomen. Walth. 46, 26.
ton den beiden bänden aber hiesz die rechte diu beger hant,
vgl. gesch. der deutsch, spr. s. 9S7; wir müssen besseres wei-
ter abwarten; die besseren tage, zeiten sind Torüber; auf
dem gebirg ist bessere luft; sie hat weniger verstand, aber
ein besseres herz ; die bessere waare oben hin legen ; als
wenn man dich fragt, seind die bering gut? und du schwe-
rest, sammer gott, es seind nit besser hering in der ganzen
statt. • Keisersberg sünd. d. m. 21' ; er ist nun in besserer
läge; wartet auf bessere gelegenheit; ich behaupte das mit
besserem recht als du; du hast eine bessere barmherzigkeit
hernach gethan denn vorhin {vulg. priorem misericordiam
posteriore superasti). Ruth 3, 10 ; dein gott mache Salomo
einen bessern namen. 1 kön. 1, 47 ; ich will inen in meinem
hause einen ort geben und einen bessern namen, denn den
sönen und töchtern. Es. 56, 5 ; ich wil dir einen bessern Wein-
berg dafür geben. 1 kön. 21, 2 ; ich kans nicht loben, das ir
nicht auf besser weise, sondern auf ärger weise zusamen
kommt. 1 Cor. 11, IT ; eine bessere hofnung, durch welche wir
zu gott nahen. £6r. ~, 19 ; welches auch auf bessern ver-
heiszungen stehet. S, 6; wir hatten dort besseren zeilver-
treib; sie bedürfen in vielen stücken besserer Unterweisung;
so wallt man froh, so wallt man leicht
ins beszre Vaterland. üsteri 1, 5.
3) für das praedicierende besser, weil es meistentheils un-
fleciierl stelJ, kann ztceifel zwischen adj. und adv. entsprin-
gen, in folgenden beispielen, und tielen andern, ist das adj.
offenbar: er ist gut, du bist besser; sei besser (sois meil-
leur), werde besser, und du wirst glücklich sein; du wirst
nit besser, du bleibst hür als vem (dies jähr wie das vorige).
Keisebsr. sünd. d. m. 50*; tugend ist besser als reichthum;
gehorsam ist besser denn ein lügner (melior est pauper
quam vir mendax). spr. Sal. 19, 22 ; diser (Aristoteles) schetzt,
das freundschaft besser sei weder golt. Keisersb. o. a. o. 4S' ;
dasz dasseibig buch besser dann das evangelium seie. bie-
nenk. 33'; er ist viel besser als sein ruf; die letzten waren
besser als die ersten, in allen diesen fällen würde die äl-
tere Sprache niemals basz, mhd. baj verwenden, aber auch
das adv. kann praedicaliv stehn. vgl. II, 1.
4) zu eingang zahlloser Sprichwörter in allen deutschen spra-
chen heiszt es immer mit dem neutralen adj., nie mit dem
adv., besser ist (He.visch 323) : besser ist schweigen als spre-
chen, mhd. beider ist (Fbeid. &2, ö. 90, 19. 97, 22. 155, 201, ahd.
pe^irä ist suigen denne gisprechao; besser ist spül als gar
nicht; altn. betra er seint enn aldrei. ehmals folgte der inf.
ohne zu: es ist besser eim beren begegen, dem die jungen
geraubt sind, denn eim narren in seiner narrheit. spr. Sal.
17, 12; es wäre besser mit ander leut schaden weis werden.
AcBicoLA spr. 20; heute sagen wir, zu schweigen, weise zu
werden. Statt des inf aber pflegt, wie nach andern adj.
{gramm.4, 129) schön auch das pari. praeL zu folgen: besser
ist geschwiegen als gesprochen ; besser ist spät als gar nicht
gekommen ; so ist besser fried genommen und tribut geben.
alte weisen lll'; besser ist es ehrlich gestorben dan schent-
lich gelebt. 113'; besser gestorben als verdorben; besser ist
davon geblieben = davon zu bleiben, pol. stotkf. ll>. mhd.
sun, be^er ist gemejjen zwir
danne verboiiwen äne sin. W'insbeke IS. tgl. Fuid. 13t, 23;
du hast mich \hip.n in der not.
daj mir bejjer waere begraben, klage 9S9;
vil be;;er wsere an Sünde grä
getragen denne mit Sünden bIS. Renn. 2533.
es heiszt auch: besser ist besser. Lessinc t, 533. Klopstock
12, 137. GüTHE 40, 252. GöKi.xcK 2, 9S ; altn. betra er betra ;
besser ist besser, sagte Hans, gieng hinter die scbcune zwi-
schen die blumen sitzen.
5) mir ist besser, expedit mihi: ist dirs besser, das du in
des einigen mans haus priester seiest, oder unter einem
ganzen stam und geschlecht in Israel? rieht. 18, 19; denn
deine schnür hat in geboren, welche dir besser ist, denn
sibeo söne. Au/A 4, 15 ; es were mir besser, das ich noch da
were. 2 Sam. 14, 32 ; isls nu nicht besser dem menschen, es-
sen und trinken und seine seele guter dinge sein in seiner
erbeit? pred. Sal. 2, 24; es ist dir besser, das eins deiner
glieder verderbe (goth. batizr» ist auk |)us, gr. aiuftoei yäq
aot). Matth. 5, 29 ; es ist dir "besser, das du zum leben lahm
eingehest. IS, S ; mir wäre besser, ich gienge. Götbe 16, 155.
statt des abhängigen satzcs oder des inf. kann auch hier das
praet. folgen: es were euch besser still geschwiegen, denn
thörlich geredt. Fierabr. C 6.
5) zuweilen steht, wie neben andern comparaliven, der gen.
neben besser: keiner ist eines haares (um ein haar) besser.
Witzenb. 3, 118.
6) die alte spräche, wie sie insgemein mit vaiht und nivaiht,
iht und niht, ieman und nieman den gen. verband, musle
auch den gen. der comparaiire beifügen und ein goth. nivaiht
batizins, ahd. niowihl pejjirin ist vorauszusetzen, mhd. galt
schon statt dieses niht bezjem ein niht bez^ers (irfe .\ift. 2, 2
niht schoeners, und das organische nihl anders), in kans niht
begers leren. MS. 2, 14S'. nhd. darf man dem Keisersbebg
noch gefühl des gen. zutrauen : da ist nicht verfanglichers
und bessers für weder Ursachen (anlasse^ fliehen, sünd. d. m.
ll'; was sollen die kinder brauchen? da ist nit bessers zfi
denn birkenlatnergen (ruthe). 16'; ist nit bessers weder das
er lasz hucken. 19"; es ist nicht bessers dafür uf ertreich
weder eben das. 26*. allmälich aber nahm man diesen gen.
bessers ßr die neutralflexion des nom. und acc, wir sagen
heute: nichts bessers ist in der weit als die liebe; ich wusle
nichts bessers zu thun als einzuwilligen, ebenso was bessers.
II. Steigerung des adverbs. daßr hat die heutige spräche,
nach aufgegebnem basz, nur die neutralform des adj., ganz
wie das lat. melius auch den adrerbialbegrif erßUt, während
it. meglio, franz. mieux sich wieder von migliore und meil-
leur sondert, an sich ist meglio und mieux nichts als das
im adr. haßende melius, und weil die vornan, zunge sonst
das neutr. fahren liesz, erstreckten sich migliore, meilleur aufs
ganze adj.
1) das adv. kann nun auch praedicativ vorkommen in re-
densarlen, die sich elliptisch fassen: der kranke ist heule bes-
ser, franz. le malade est aujourdhui mieux (nicht meilleur),
mhd. er gemac ba?, gerade wie im positiv gesagt wird er ist
wol [nicht gut), il est bien (nicht bon), il se porte bien;
er wird zusehends besser, va mieux; erst als er wieder bes-
ser wurde. Güthe 18,20; ist dir nun wieder besser? Kli5ger
1, 29 ; mir wird jetzt besser, nicht anders, es ist, wird, steht
besser mit ihm (um ihn): so erquickt sich S.tuI und ward
besser mit im (vulg. levius babebat) und der böse geist wich
von im. 1 Sam. 16, 23 ; schläft er, so wirds besser mit im.
Joh. 11, 12, vulg. si dormit salvus erit, goth. jabai slepi}) hails
vairt)it>, er wird wieder gesund, adjectivisch gefaszi. das adv.
ich bin besser läszt sich erklären, ich bin besser auf, wie ich
bin wol, ich bin wolauf, franz. je suis mieux portant; es
wird besser mit mir, gleichsam beschaffen, mir ist hier wol,
dort wäre mir besser; ich wil wiederum zu meinem vorigen
man gehen, da mir besser war, denn mir itzt ist. Hos. 2, 7,
ifo ich mich besser befand. M.\aler setzt noch: der krank-
heil halben ielz basz umb einen slon, commodiorcm esse;
uns ist etwas basz ; er ist basz zufusz u. s. w.
2) in seiner hauptbestimmung erscJieint das adv. tuben dem
verbum: etwas besser wissen, können, verstehen, bei Maaleb
basz wissen, singen; einem besser wollen, bene eupere: es
gibt personen, denen ich wol will, und wünschte ihnen bes-
ser wollen zu können. Göthe 49, 57 ; du erzählst es, trägst
es besser vor als ich; du liesest gedichte besser als prosa;
ein andermal will ich es besser machen ; meine zeit besser
wählen; es schickt sich, macht sich so besser; es geschieht
besser als nicht; es unterbleibt besser; besinnet euch bes-
ser! Weise er:;i. 125. oft vertritt das besser lebendigere ad-
terbia : besser (schneller) laufen, besser (lauter) schreien, bes-
ser (sMriter) widerlegen, ich gönne dirs besser [lieber) als
einem andern:
{der lad) gönnte sie in diesem leich
den wurmen besser daa den Schwaben {inollen). Weckhcrl. S29.
3) neben participien und adjeetiven, in denen noch verbale
abkuiiß fithlbar ist: besser kennend, verstehend, fühlend;
besser erfahren, unterrichtet, zugelernt, bekannt; besser kund,
kundig, man hält dieses besser, gleich dem mhd. hat., ßg-
lich vom part. getrennt (sp. 1135); erst nettere schriftsteiler
suchen et fester ansuschlieszen. t. bessergeboren.
1647
BESSER — BESSERN
BESSERN
1648
4) für das alte her baj, hin ba?, M ba;, nider bag, näher
baj, deste baj, ie baj (sp. 1156. 1157) setzen wir heute besser
her, besser hin und desto besser {früher auch des besser),
je länger je besser, schleppendere ausführungen sind: besser
hierher, hierherwärts, besser dorthin, besser herauf, hinauf, bes-
ser herunter, besser heraus, besser her^'or u. a. m., von welchen
allen an gehöriger stelle genauer zu reden ist. desto besser (tanto
melius, tant mieux), um so besser folgert nachdrücklich : der
wind schlügt um. 'desto besser, so reisen wir' ; der feind hat
sich links gewandt, 'desto besser, so geräth er zwischen zwei
feuer'; er wird wissen, was er von seinen geschäften ver-
schweigen darf, 'desto besser'. Lessing 1, 532. es kann aber
auch weiter hinten stehn, z. b. befinden sich bei ihrem guten
wein sehr gut, und speien nur des besser darvon. Garg. 14S" ;
dasz man den vorgedacbten jarbegängnussen und dem andern
plunder des besser zu steur komme, bienenk. 103".
BESSERER, m. emendator, verbesserer, bei Maaler 63' cor-
rector, castigator, mhd. bej^eraere. Bari. 156, 4.
BESSERGEBOREN, ein gesteigertes wolgeboren: dagegen
leben in der Stadt und besonders an dem hofe viele leute,
die sehr reich sind und gar nichts thun. einige nennen sich
die bessergebornen. Klinger 6, 89. früher basz geboren
(sp. 1156).
BESSERLICH, proßcuus, utilis, nützlich, erbaulich, von bes-
sern, wie ärgerlich von ärgern, förderlich, hinderlich von för-
dern, hindern : denn alle pein, ja alles was gott auflegt, ist
besserlich und zutreglich den Christen. Luther 1, 46' ; wolt
ich gerne vou seiner grundlosen Weisheit Unterricht empfahen,
warum seines concilii Ordnung besserlich, und meines con-
cilii Ordnung ergerlich sei. 1, 218'; denn zu der zeit waren
die Christen unter den ungleuhigen vermengt, darumb must
alle ir wesen allenthalben öffentlich, besserlich, löblich und
unstreflich sein. 2, 122' ; wie es dem armen volk leidlich und
besserlich sei. 3, 152'. br. 3, 6 ; o wie soll es so gar ein feine,
besserliche, unergerliche lere sein. 5, 144'; was im {Christo)
wolgefellig und euch heilsam und den leuten besserlich ist.
5, 266'. br. 3, 546 ; ob grosz und viel büclier machen kunst sei
und besserlich der Christenheit, lasz ich andere richten, br. 1,
436; ein frommer man ist aller weit besserlicli. Agricoi.a
spr. 32'; dem ists fehrlicher dann besserlicher. 123'; wo er
hett zu vil oder zu wenig gelhon, das besseren und meren,
und andere besserliche stück herzusetzen. Pauli im vorworl
zu seh. und ernst; der bischof wüste nichts mit ihm, das
besserlich were, anzufahen. Kircuiiof wendunm. 450'. später
abkommend, Maaler und Hemsch setzen das wort gar nicht,
wol aber noch Stieler 721.
BESSERN, emendare, reßcere, augere, aedißcare,- corrigere,
erbaiien, ausbessern, verbessern, ahd. pe^irun (Graff 3, 223),
mhd. bejjern (Ben. 1, 95'), nnl. beteren, ags. beterian, engl.
better, alln. betra, schw. bättra, dän. bedre, gebildet wie
ärgern, lindern, mildern u. s. w., vgl. aber auch büszen. man
übersehe nicht die mehrfache berührung mit der Vorstellung des
bauens {s. zumal besserung 1), woraus sich vielleicht eine
höhere Verwandtschaft zwischen bauen und bata {sp. 1153) Aer-
leiten liesze.
1) kleider bessern, ausbessern, flicken: den Schneider ein
kleid liessern lassen. Stielkk 720. wer werfen will, bessert
die hand mit einem stein, nimmt einen stein mit ihr auf: so
einer die liand mit einem stein bessert oder stärkt, und doch
nit wirft, weislh. 1,488.
. 2) den weg, die strasze bessern, ausbessern, bauen: der
die lücken verzeunet und die wege iiessert, das man da wo-
nen müge. Es. 58, 12; bessert also die gemeinen slraszen.
WiCKRAM rollw. 7'. ein schif bessern, nuvem reficere; das
feld, den acker mit düngcr bessern ; ein haus, ein dach bes-
sern ; davon sollen sie bessern was bawfeliig ist am liausc
des lierrn. 2 kön. 12, 5. 6. 8. 12. 14. 22, 5. 6. 1 cltron. 27, 27.
i chron. 34, 10; schepfe dir wnsser, denn du wirst belegert
werden, bessere deine festen, gehe in den thoii und tritt den
leimen, und mache starke zigel. iVu/ium 3, 14; und lieng Jona-
thas an zu Jerusalem zu wonen und die ülut wider zu iiawen
und zu besseren, l Macc. 10,10; kinder zeugen und stat bes-
sern {vulg. aedilicjitio civitatis) macht ein ewig gedechtnis.
Sir. 40, 19.
3) im gerichtlichen sinn ettiendare, ))es8ern und büszen.
heispiele liefert IIaltaua 147. 148 ; da lacht der bischof und
gab LIenspiegel die dreiszig gülden und soll im darzu einen
fciszteu ochsen besseren, kulensp. cap. 87.
4) augere, was man nicht bessern mag, das soll man hin-
faren lassen. Aimon X ;
das klostcr,
das hab icli bessert umb grosz gut. Ayrbr352';
darumb wird im auch sein besoldung etwas vor andern
steckenknechten gebessert. Fronsperg kriegsb. 1, 69'; der die
schulen in unserm vaterlande nicht aufrichtete, sondern die
schon aufgerichtete nur besserte und endcrte. Schuppius 538.
5) das soltu mit Vernunft ersetzen und bessern. Keisersb.
Sünden des munds 54'; der künig besserte sein leben. Kirch-
hof wendunm. 122*;
das creuze plagt den leib und bessert doch den mm.
LoGAU 1,2,82;
gehet das wol an, wofern er den verstand zu bessern unter-
läszt. Günther vorr. s. 6;
weil sie dadurch ihr glück gebessert wissen. 980;
was sollt ich eines fehls mich schämen? hab
ich nicht den festen vorsatz ihn zu bessern?
Lessing 2, 338;
wer spricht von Unglück? beszre deine rede!
Schiller 393';
Unheil beklagea, das nicht mehr zu bessern.
verdeutschter Othello 1, 3 ;
möge man doch die beiderseitigen beschwerden durch ge-
sandle vertragen und bessern. Dahlmann ddn. gesch, 1, 24.
0) gebessert werden, jmari, proßccre, mit dem gen. : was
sind wirs gebessert {welchen nutzen haben wir davon), so wir
in anrufen? Hiob 21, 15; das er davon gebessert werd und
das man im helfe. Keisersr. Sünden des munds 28'; solang
der nimmersatt noch lebt, ist kein mensch seiner gebessert
{hat keinen mUzen von ihm). Kirchhof wendunm. 180'; ein
dieb ist besser als ein verleumbder. die diebe üben noch
mannhaftigkeit und genieszen ihre speise durch kraft ihrer
fauste, und der ist ja mit keinem verleumbder zu verglei-
chen, als welcher eines andern namen nur schwarz macht
und dessen doch nichts gebessert ist (nichts davon hat), pers.
baumg. 7, 11.
7) einen bessern, außauen, leiblieh wie geistig: kinder
werden mit der ruthe gebessert; schlage bessern verstockte
kinder nicht; das wissen bleset auf, aber die liebe bessert.
1 Cor. 8, 1; fch hab es alles macht, aber es bessert nicht
alles (akei ni all timreij)). 10,23; trachtet danach das ir die
gemeine bessert. 1 Cor. 14, 42 ; du danksagest wol fein, eher
der ander wird nicht davon gebessert (vulg. sed alter non
aedificatur). 14, 17 ; ob er sei aus der predigt gebessert wor-
den oder nicht. Schüppius 193 ; Mariane war durch diese
Vorstellungen nur für kurze zeit gebessert (erbaut, beruhigt).
Göthe 18, 66 ; bald hinderte mich die dichtungsgabe, bald der
menschenverstand, und ich fühlte mich nirgend gebessert. 50,51.
8) sich bessern, früher mit dem gen., später mit der praep.
von : du weist, das ein person uni-eclit thut oder gethon hat,
sollest du im das sagen, er nem es von dir nit für gut auf,
sunder für übel, oder er bessert sich nit daiab. Keisersb.
Sünden des munds IQ* ; und bleiben hür als fern, und bessern
sich nimmer. 50'; mein bogen besserte sicli in meiner hand.
Hiob 29, 20; wer weise ist, der höret zu und bessert sich.
spr. Sal. 1, 5; du plagest sie, aber sie bessern sich nicht.
Jer. 5, 3 ; dis ist das volk, das den herrn ircn gott nicht
hören noch sich bessern wil. 7, 28 ; aber sie wollen nicht
hören, noch sich bessern. 32, 33; da fieng er an die stedte
zu schelten, in welchen am meisten seiner thaten geschehen
waren, und hatten sich doch nicht gebessert (golh. }tatei ni
idreigAdedun sik). Mallh. II, 20; so ir euch nicht bessert,
werdet ir alle auch also uinbkominen. Lnc. 13,3; und so er
sich bessert, vergib im (|)an jabai idreigö sik, fnihMais imma).
17,3; nu hatte ich bereit den catechismum geleret, des [wo-
durch) sich viel leute gebessert hatten. Lutueb 1,5';
auch der sich pcssert an der schmach. Schwarze.nb. 133,2;
der ander grad (der Icpra) ist, so sich die zeichen meren
und Sterken und beszren. GersdortSS;
die herrn hellen gebessert sich
und mir vil ein inehrers gesprochen.
, A\Ktn fasln. »}>. 'IV;
dcriialb wer ist aiiT eril«n reich,
der leg sein Ivhcii aUo .in,
dasz er sich dessi-n hesscrn knu. 3t";
der kranke bessert sich ; es bessert sich mit ihm ; er bessert
sich wie ein aller wolf; es wurde ihm schwtT sich von die-
sem hüszlicheu fehler zu bessern; er bessert »ich im sclir«i-
1649
BESSERMS — BEST
BEST — BESTALLUNG
1650
ben und rechnen, bleibt aber sonst lurück; ich kann mich
ja noch bessern, vgl. ausbessern, verbessern.
BESSERNIS, f. und n. emendatio, corredio, refecUo: da
der römische stuel doch noch in guter bofnung des besser-
niss regiert. Lctbebs 6r. l, 510.
BESSERUNG, f. dasselbe, ahd. peprnnga (Geaff 8, 224),
mhd. bezjerunge (Beic. 1, 95), nach versehwdaen bedeutungen
des besserns.
1) in der landtrirtsehaft die düngung des ackers, und wie
bau (sp. tl63) gleichfalls dünger ausdrücit, vereint die häufige
formel bau und besserung: ein feld in bau und besserang
erhalten; den baw und besserunge er acht uf 40 mark gl.
Magdeb. iceislL s. 64 {a. 1465) besserung heiszl auch das
erbliche, der» bauer oder hörigen zuslä*dige colonat, er ist
nicht eigner des grundstücks, erhält es aber in bau und bes-
serung; die etwaige besserung welche ein leiiieigner in dem
hofe hat Möseb palr. ph. 2, 161. venn bau und besserung
auf gebäude, nicht auf ackerland angewandt wird, drückt es
das lat. sartum teclum aus.
2) besserung des kleides, weges, schiffes, hauses : das die
besserung im werk zunam. 2 chron. 24, 13.
3) scUisfactio, mulcta, busze vor gericht: wie solche be-
schwerung zur besserung gestellt werden möge, reichsabsch.
vm 1512 §. 4.
4) besserung, tnelioration, Preiserhöhung, mehrwerth, «6er-
besserung: dasz das gut in aufschlag oder unversehene bes-
serung geriethe. Frankf. reform. II. 2, 7 ; der Schuldner umb
die besserung gekommen. L 47, 1 ; meUoration. I. 47, 9. II. 15, S.
6) besserung, torzug, vorlheil:
ists besser braten oder brennen ?
icti wolt die beszruog gern erkennen {utrum sit melius),
froschm. l. 1, 6. E3*.
6) besserung des kranken, refectio aegri: der sieche ist
auf der besserung; und so war der patient bald auf dem
wege der besserung. Göthe 19, 57; mit lebhaften schritten
nabele er sich der besserung. 19, 63; gestern iiesz es sich
zur besserung an, beute ist sie wieder geschwunden; heute
ist besserung eingetreten und hält an; ich wünsche gute,
baldige besserung.
7) sittliche besserung, förderung, hebung : es war damit
auf seine besserung abgesebn; er teuschte alle mit seiner
scheinbaren besserung; was zum frieden dienet und was zur
besserung unter einander dienet. Rom. 14, 19 ; zum guten, zur
besserung. 15, 2 ; aber das alles geschieht meine liebsten, euch
zur besserung (goth. in izvaraizus gatimreinais). 2 Cor. 12. 19 ;
dise hinderred geschieht usz guter meinung zu besserung der
personen, die bös ist und böses thut, und das ist auch kein
sünd. Keisersüerc s. d. m. 26'; {ob die magd ihrer frauen
ehbruch anzeigen solle?) da sol und mag sie es sagen irer
{der frauen) Schwester, mumen oder irem bUslin, und spre-
chen, also gat es zu, und sol es doch sagen mit vemunft,
dasz nit schaden bring, sunder nutz und besserung sol dar-
aus komen. 72*; habe geduld und hoffe auf besserung;
iböricbt auf beszrung der ihoren zu barreoi Göthb 1, 143.
8) besserung, tncremen/um, aufkommen: alsdenn wird dein
Hecht erfur .brechen wie die morgenröte und deine besse-
runge wird schnell wachsen. Es. 59, 8 ; ich vermeine, man
solle achtung geben, damit dieser ort vtider zu beständiger
besserung gelange. Schdppics 717; allein der erste schritt
nicht zu seiner {des tkeaters) besserung, sondern zu einer
sogenannten Verbesserung geschah im nördlichen Deutsch-
land von schalen und aller production unHibigen menschen.
GOtbb 49, 169.
BESSEfiUNGS.\NST.\LT, f für junge Verbrecher.
BESSERUNGSFÄHIG, eniendabilis, sanabilis. besscrungs-
unßkhig, intanabilis.
BESSERINGSHACS, «. malson de eorreclion.
BESSERLNGSMITTEL, n.
BESSERüNGSTRIEB, m.
ist besirunir^trieb uns zugesellt I
'war beszrung nicht die lust der w«||,
M wurdest da nicht fragen'. Götbk 3, 116.
BESSERWISSEN, n. um die hunderterlei bedenklichkeiten,
das Widerreden, zaudern, stocken, besser- oder anderswissen
zu beseitigen. GOtbb 17, 299.
BESSERWISSER, m. ein dünkelhafter besserwisser.
BESSERWISSEREI, f. Rlixcei 12, 124. •
BEST, optimus, opitme. von diesem wort mehr imUr beste.
Aier vorläufig scheint die stelle zu einer allgemeineren betrach-
tung, auf welche auch bei andern superlaliten darf zurückge-
gangen werden.
1) unser nhd. adj. überhaupt, ipenn es attributiv gesetzt ist,
hat nach dem unbestimmten arlikel volle, starke, nach dem be-
stimmten schwache flexion : ein langer faden, eine schöne frau,
ein armes kind. steht es aber als praedicat, so pflegt im
positiv und comparativ alle flexion zu schwinden, im Super-
lativ wiederum bestimmter artikel mit schwacher flexion ein-
zutreten: der faden ist lang, ist länger; die frau ist schön,
ist schöner; das kind ist arm, ist ärmer, hingegen, der faden
ist der längste, die b^u die schönste, das kind das ärmste,
und nicht mehr der faden ist längst, die firau schönst, das
kind ärmst; nicht mehr longissimus pulcherrima miserrimum,
sondern wie franz. le plus long, la plus belle, le plus pauvre.
dennoch lassen sich einzelne Wendungen aufzeigen, wo der
Superlativ noch auf gleichem fusse mit den andern graden
steht: der wein soll kühlst getrunken, der brei nicht heiszesl
gegessen werden, was deutliche adjectiva sind (vinum frigi-
dissimum bibendum est, puls ne fervidissima comedatur), und
ganz wie kühl getrunken, heisz gegessen, warum also nicht :
das tuch musz best ausgesucht werden (pannus eligatur opti-
mus)?, tcas gewöhnlich lauten würde: das beste tuch musz
a. w., «nd freilich mit dem ad«, best, oplime zusammen träfe.
2) länger haben sich manche adterbia erhallen und sie be-
weisen rückwärts auch ßr den Superlativ des adj., aus dessen
acc. sie entsprangen: meist, mindest, längst, wenigst, ärgst,
schlimmst, folglich auch best oplime, eigentlich Optimum, wie
wir sagen best bietend, best unterrichtet, meist bietend, min-
dest fordernd, längst lebend, eigentlich aber zusammenfügen
bestbietend, meistbietend, in welcher fuge das alle adv. ge-
hegt ist, während es kaum mehr heiszl: erbietet best, fordert
mindest, lebt längst die heulige spräche strebt auch hier das
adv. entweder durch die Umschreibung am besten, meisten,
längsten (d. «. an dem besten, meisten, längsten) oder durch
eine fortbildung wie bestens, meistens, mindestens, längstens
zu heben, und jeder dieser weisen eigenthümlichen sinn zu
rerlcihen. nicht zu überselien ist auch der schütz, den ein
vortretendes aller (d. i. der ursprüngliche gen. pl. allero) dem
adv. gewährt, so dasz es hinter dem verbum stehn kann: du
forderst allermeist, du redest allerbest, alte liebe dauert aller-
längsl; trenn trir sagen: das ist allerliebst, du warst heute
allerliebst, so scheinen dies adterbia mit ausgcfallnem par-
ticip, allerliebst beschaffen oder aussehend {vgl. sp. 1646. II, 1).
lieszen sie sich adjectivisch fassen, so bildeten sie eine weitere
ausnähme der unter 1 aufgestellten regel. Mehr als die nhd.
mundart liat die nnl. dem adv. diese unflectierte form gewahrt :
ik weet best, oplime scio; hij maakt het best, opttme facit;
wo wir sagen müssen : ich weisz es am besten, er macht
es am besten, auf das beste.
8) im 16 jh. wurde liäußg der stracken flexion ihr vocal
entzogen und der längst, der ältst, das schönst, das best
u. s. w. ßr der längste, das beste gesetzt, gerade im gegen-
salz zum erlöschen jener stumpfen starken flexion^ von die-
sem felller ist die spätere und heutige spräche wieder zurück-
gekommen.
BESTABEN, jusjurandum recitare? ahd. bistab^n arguere
(GsAFF 6, 612) ; verschieden davon
BEST.\BEN, bacillis ßlcire, mit Stäbchen stützen: bemän-
telt, besteht, dreifuszgekrOnte widhopfen, die man mit liech-
tern besteckt auf der mistbären daher traget. Garg. iA*, unter
dem fastnachtsgeräth aufgezählt.
BESTABUNG, f. bein^ eidschwur. Haltaüs 148.
BESTACHELN, l) spiculo mstruere, mit einem Stachel ver-
sehen. 2) spiculo pungere.
BESTÄHLEN, ferruminare. Stielei 2117, wofür man heute
stählen sagt, beslähien, ferrare, mit stahl beschlagen:
dir mit b«stählter «sehe. Railkr.
BESTALLEN, «nsfi7«ere, denominare, mit einer stelle bega-
ben, musz aus dem häufigen snbst. bestaliung gefolgert werden
und scheint durch ein ahd. neben gistellan auftauchendes gislal-
lan bestdligung zu erlangen, wenn nicht kistallit (Graff6, 665)
die alte unumlaulende form = kistellit ist. auch zeigt sich
nie ein mhd. gestailen nocli bestallen, und die nhd. pari, praet.
bestalt lassen sich auf bestellen zurückführen, wo auch belege
angeführt werden sollen.
BESTALLUNG, f. inslitulio, denomimatio, auctoramenium,
auf die anstellung eines dienen und beamten eingeschränkt,
104
1651
BESTALLUNG — BESTAND
BESTAND — BESTANDEN
1652
während bestellung weiter geht, und auch besorgung einer bot-
schafl, ausslellung des feldes bezeichnet, wofür bestallung nicht
kann gesagt werden, dagegen pflegt bestallung auch den aus-
geworfnen sold auszudrücken, wofür sich bestellung nicht brau-
chen läszl. die beiden hospital sollen mit aller nutzunge und
bestallung zusammen geschlagen werden. Lutfiers br. 5, 798 ;
ich reit zum marggrafen mit vier pferden one alle bestallung.
GüTz To\ Berl. leben 49 ; demnach i. f. gn. französische be-
stallung annehmen werden. Schwelnichen 1, 164; es war in
erfahrung kommen, i. f. gn. hätten hugenottische bestallung
angenommen, l, 165 ; darauf ward vom prinz Conti und sonst
einem französischen herren eine bestallung mit i. f. gn. auf-
gerichtet .... diese bestallung nahmen i. f. gn. mit freuden
an. 1, 176; eitel frembde und ausländische in seine bestal-
lung bringen. Kirchhof disc. mit. 9 ; bestallung ist und wird
von den kriegsleuten genennet die zusag, so der kriegsfürst
und herr ihnen den kriegsleuten, was sie hinwider von ihm
zu fordern und gewarten haben sollen, zurück überlifert. 67 ;
die Juden haben im reich heimliche bestallung, da secht zu
ir fürsten, dasz dise ketzer etwa ein heimlichen verstand mit
den Juden haben, ja in irer heimlichen bestallung und besol-
dung sein, freundlich gemeinschaft mit einander zu halten.
bienenk. 170'; die Hugenotten weren auch in der Juden be-
stallung. 17o'; mein bestallung lautet wider keinen teufel.
Garg. 231' ; es werde gut bestallung uf sie gemacht {gelauert),
man wolle sie bekommen, und wenn sie in einem mausloch
stecken. Werth. rferf. 2, 200;
sehn, ob man bekommen kan
in bstallung etlicti tausent man. Atreh69';
dann wir haben in bestalhing schon
über zehentausent werhafier man. 117';
mit alle demjenigen, was nach ausrechnung der zeit, die er
im gedienet und ufgewartet, seine bestallung und lohn aus-
tragen könte. Harnisch 245; bis in tausent reichsth. jähr-
licher bestallung. Schcppius 801; mit geringer bestallung be-
gnadigen. Weise erzn. 37; in bestallung nehmen. Felsenb.
1, 27 ; mein kanzler wird dir deine bestallung zu meinem
Statthalter in eben derselben zeit zuschicken. Wjeland 8, 441 ;
(die ungestüme presserin, die noih) die setzte dich
in dieses amt und schrieb dir die bestallung. Schiller 366".
BESTALNIS , f. spasmus, krampf? dieweil und sich jetzt
zumal ein einfallende pestilenz erzeigt, so wil ich mich doch
entschlagen haben etlicher ausgangener bücher von der be-
stalnus, welche ohn grund der arznei darlegend, menniglich
ohn nutz und trost (sind). Paracelsus 1, 356'. bestalnis
musz krankheit oder heilart, behandlung der krankheilen sein,
krampf wurde blosz gerathen, weil verstellen krampfhafl ver-
drehen, verstelle krampf bedeutet (Schm. 3, 629. 630).
BESTAND, wj. nnl. bestand n.
1) firmitas, bestehen, fortbestand, beständigkeit, dauer: das
hat bestand, ist von bestand ; das regenwetter hat keinen be-
stand; der friede ist nicht von bestand; sein glück wird be-
stand haben; es wird seiner speise nichts überbleiben, darum
wird sein leben keinen bestand haben. Hiob 20, 21; und
gleichwie ein Zimmermann, wenn er ein newes haus baut,
nicht weiter denkt, denn das ers also mache, das es einen
bestand habe. 2 Macc. 2, 30 ; es hat aber nicht bestand. Lu-
ther 3, 66'; sonst wirdest keinen bestand noch haftung an-
treffen. Garg. 215* ; man findet noch warheit, treu, bestand
bei den Deutschen mehr, denn bei allen nationen auf erden.
Agricola spr. n* 78 ; bestand finden = bestehen:
vor seinem alhem findet nicht
bestand was immer ihm zuwider. VVeckuerlin 36;
durch deiner feinden fall
und deines volks bestand. 179;
deines bunds ged.lchtnus und bestand. 265;
der von bestand nicht wcisz, der sich von allen Zeilen,
wohin man ihn begehrt, und ihm nur winkt, läszt leiten.
LocAu 1,8 s. 191;
da ist sonst nichts zu nnden
als lieblicher bestand. Scultrtus;
hier ist doch kein bestand, die menschen mflssen sterben.
Canitz 191 ;
die durch bestand nicht gegentrou erhült,
die wird vom glück zu grausam hinicrgangcn.
Hagedorn 2, 79;
durch mehr als j.lhrifren bestand
verehren was man artig fand. 3, 2S;
nur jnbriger bestand hiesz echter liebe zeichen. Vi 2, 211 ;
groszes glück hat nicht bestand. Gottkh 1, 51 ;
denn das beständige der irdschen tage
verbürgt uns ewigen bestand. Göihk 3, 76;
jene zeit war ohne allen bestand, und eine Umwandlung
drängt die andere. Niebuhr 3, 538 ; bestand der liebe, dauer,
beständigkeit.
2) bestand wird auch für das wirkliche dasein und zustande
kommen gesetzt, wie wir sagen, die sache besteht nunmehr,
hat bestand, exislenz erlangt; {alle thiere suchen ein obdach),
sogar hat alles gleich erkant,
wie nötig sei der häuser bestand (daKein).
FiscHART ehz. 48;
secht, ist da der ehestand ein wehstand? o nein, sonder ein
bestand und beistand. Garg. '2'; aller bestand und alle form
unsers wissens. Schelungs Schriften 1, 1; es wäre mir un-
möglich mich selbst zu rectiflcieren und diese rhapsodischen
grillen in einen Zusammenhang und bestand zu bringen.
GöTHE an Schiller 347 ; die Sicherung und Verbesserung ihres
häuslichen bestandes. 26, 113.
3) der häuser bestand, der häusliche bestand ist zugleich
räumliche Vorstellung und so meint bestand das woraus ein
grundstück besteht: der bestand des gutes ist von 100 mor-
gen ; der bestand des waldes erstreckt sich weit höher, an-
gewandt auf fahrende habe, der vorrat: geldbestand, Vermö-
gensbestand, bestand an barschaft und papier, an waaren;
ausstände und bestände, ausstehendes und baares geld;
der bestand von meiner kass ist nicht des zählens werth.
Lessinc.
4) bestand, conductio, pacht, miethe, wie bestehen pachten,
miethen: ein gut in bestand haben, in bestand nehmen, ge-
ben. HoHBERG 1, 18. 19. 20 ; bestand miethsverhältnis. Frankf.
ref II. 14, 8 ; seinen bestand aufsagen, das. ; übergeb ich ihm
die freie erbnutzung der meierei zu Gaggenpfil . . . ihm und
seinen nachkommenen ewiges bestands {zu ewigem bestand)
erbnutzlich. Garg. 218*. vgl. Haltaüs 148.
5) burgschaft und bestand, satisdatio. Prischlin 413; be-
stand thun, caution leisten. Frankf. reform. I. 6, 6 ; genügsa-
men bestand und Sicherheit thun. I. 6, 10. Haltaüs 148 er-
klärt: cautio et securitas fidei, tarn per fidejussores quam
per jusjurandum constituta. bestand geben hiesz aber auch
im rechtsstreit obsiegen, stehen lassen, während der veiiierende
theil unterliegt, fällt: wem das urtel bestand gibt, weisth.
2, 227.
6) bestand thun, stand halten, widerstand leisten, die spitze
bieten: ich thue ihm schon bestand.
7) mit bestand bedeutet mit grund, in Wahrheit, so dasz es
bestehn, zu recht beslehn mag, was sich an die Vorstellung der
dauer in 1 reiht: ungeacht, dasz ich mit gutem bestand und
genügsamer ausfuhrung 16 wappen andeuten könnte. Schwei-
MCHE!« 1, 24 ; dasz ich mit bestand kann sagen. 1, 66 ;
so gebt dem lieben vaiterland
zu dienst das leben mit bestand. Philandbr 2,765;
auch hat das glück selbs mit bestand
sich deiner tugent so ergeben. Weckherlir 364;
derowegen von dem gegenanwald mit bestand kein spolium
praetendiert werden kan. Ayrer proc. 1, 6 ; aber das mag ich
mit grund und bestand der warheit wol sagen. Harnisch 115 ;
darinnen seine unwarhafte, falsche und erdichtete auflagen
und ehrenrührige imputationes mit bestand und warheitsgrund
abgelehnet. Schuppius 623; dieweil unser kirchenconvent das
werk in reife deliberation gezogen und seine schriftmäszige
gedankcn mit solchem bestand eröfnet, dasz. 678 ; auf den
ersten brief konnte ich dem herrn Klotz verbindlich, aber
doch noch mit bestände der Wahrheit antworten. Lessinc 8,
194; mit bestand rechtens.
9) bestand hiesz auch ehedem ruhestand, Waffenstillstand,
induciae, worüber Haltaus 148 nachzulesen, so das nnl. be-
stand = wapenschorsing. vgl. bestehen I, 5.
BESTAND, adv. für im stände, en dtat, wie man sagte be-
haus, im hause:
dieser kiel ist nicht bestand,
seine ihnten aufzuweisen,
die in aller weit bekam. K.tiriELs poet. sinnenfr. s. 118.
BESTANDRÜCH, n. buch in welches der bestand oder Vor-
rat eingetragen wird.
BESTANDEN, pari, pract. von bestehen, adjeetivisch ge»
nommen :
1) was lang btstamlen hal, alt, von leuten : bestanden ieute,
alle, erwachsene, gesetzte Icute:
1653 BESTANDEN— BESTÄNDIG
bestanden Hute nert krefiic bröt,
von dem ein kint wol laege tot. Renner;
ein feiner, weidlicher, bestandener gesell. Götz tox Berl.
leben 137; in der Schweiz, ein mädchen von bestandenem
alter; eine etwas bestandene person; bestandenes alter, ge-
setztes, der a. m. im Tockenb. 72 ; en bstandna ma. Tobler
83' ; sonst gestanden : ein gestanden edel kneht. Helbling 8,
665; ein gestandener mann. Elisab. vos Orl. 346; gestan-
dene weiber, grandaevae. 282, ivoßr ahd. auch gitragan.
2) ebenso von sachen, die lang oder kurz bestanden haben :
zu einer offenen erzähiung der kurz vorher bestandenen hof-
verhältnisse. Göthe 25, 146 ; die sicher schon längst bestande-
nen tinanzcompagnien. Niebchr 3, 351; heute steht man fest
bei dem herkömmlichen, morgen reformiert man rasch das
langbestandene, denkschr. des fr. von Stei.'« 211.
3) forslmäsiig unterhalten, in ruhigevi bestand gelassen:
durch manchen wolbestandnen wald. Göthe 21,13; in weiter
würdiger Umgebung wolbestandene bäume. 21, 216; sehr schön
bestandene matten und baumstücke. 43, 207 ; in groszen mehr
oder weniger woibestandenen forsten. 58, 87 ; ein bestandenes
holz, ein wald dessen bäume ungehindert aufgewachsen sind.
4) was bestanden, abgewehrt worden ist: ein bestandener
feind; die bestandene, überstandne, besiegte krankheit.
5) gepachtet, gemiethet: ist die marke bestanden umb 27 unze
Pfenning, weislh. 2, 227 ; bestanden gut, umb zins bestanden.
Frankf. ref. X. 1, 7; bestanden arbeit, vertragsmäszig über-
nommne. iceisth. 1, 458.
6) bestanden, haesitans, stupens, gleichsam vor etwas still-
stehend, oder davon umstanden, umringt ? blosz bei Maaler 63' :
er ist gar bestanden, er weisz nit wo aus noch an, betrübt,
verwirrt; ganz bestanden, der nit weisz wo er aus so), weder
trumm noch end, der in seiner rede stockt, vgl. bestehen I, 5.
BESTÄ.NDER, m. conductor, pächter: kommt ein newer
beständer, so bricht er es (das haus) wider ab und machts
aber nach seinem kopt Lehman.x 1, 569; bestender. Frankf.
reform. II. 14, 2.
BESTANDERL.\SSER, m. Verpächter, vermiether.
BESTANDFEST, firmus, durabilis : dasz dem durchsichtigen
bilde eine bestandfeste Wirklichkeit als folie unterliegt. J. Paul
38, 80.
BESTANDFROH :
das unvergängliche siege! präget
auf jedes schöne die bestandTrobe diciitkunst. Platkn 133.
BESTÄNDGUT, das gemiethete gut. Frankf. ref. II. 14, 9.
BESTANDHAFT, firmus, constans, beständig, standhaß: wie
der ganze verlauf der natur klärlich ausführet und an tag
bringet, dasz nichts bestandhafls, sonder alles vergänglich
ist. geistl. grosze practica durch u. Adamcm Rachenmoser (d. i.
Fischart). Leiden (d. i. Straszburg) 1588 fol. bl. 3'.
BESTANDHAFTIGEN, slabilire : ist es mir leid, das es sich
eben in betrübung meins gnedigsten herrn königs, durch den
du eingesetzt und allzeit bestandbaftiget gewesen, schicken
{zutragen) soll. Garg. 215*.
BESTANDHAFTIGKEIT, f er wolt damit zeugen Iren glau-
ben, ire behaming und bestanthaftigkeit. Keisersbebg s. d.
m. 37*.
BESTANDHAUS, n. miethwohnung. Frankf. ref II. 14, 12.
BESTANDHEIT, f firmitas, stabilitas : ich komme sogleich
auf die wahre Ursache, warum der fabulist die thiere oft zu
seiner absieht bequemer lindet als die menschen, ich setze
sie in die allgemein bekannte bestandheit der Charaktere.
Lessing 5, 392; die seele ist ein cinfathes wesen, das ohne
den körper seine eigene bestandheit hat. .Mos. Mendelsohns
Phädon t. 169 ; nichts ist von dauer und bestandheit. 178 ;
das vermögen zu empfinden ist keine heschafTenheit des kör-
pers, sondern hat seine bestandheit für sich. 207 ; mit der
charakteristischen bestandheit, mit der bekannten anschau-
lichkeit. Herder 14, 81; weil das einfache wesen, die seele,
dauer und bestandheit in sich selber hat. Schiller 687\ man
sagt einfacher bestand, bestandheit klingt abstracter.
BESTANDINHABER, m. conductor, beständer, bestandmann.
BESTA.NDJAGD, f verpachtete, in packt gegebne jagd.
BESTANDIG, firmus, stabilis, durabilis, constans,
1) dem wil ich ein bestendig haus bawen, das er für mei-
nem gesalbten wandele imerdar. l Sam. 2,35; denn der herr
wird meinem herrn ein bestendig haus machen. 25, 28; das
schif ward wiederum beständig zugerichtet (dauerhaß gemacht).
Opm Arg. 1, 410 ; ihue es in ein verglasten bestandigen (festen)
BESTÄNDIG— BESTÄNDIGLICH 1654
hafen. Paracelscs l, Sil'; acht zu haben, damit er (der dämm)
beständig verfertigt werde. Hohbebg 2, 472".
2) die färbe ist beständig, dauerhaß, hält; das weiter ist
beständig, hält sich;
der himmel ist hell, es ist kein Wölkchen zu sehen,
und von morgen wehet der wind mit lieblicher kühlung.
das ist bestandiges weiter I und überreif ist das kern schon.
Göthe 40, 235.
3) und der stuel David wird bestendig sein für dem herrn.
ikön. 2, 45; suchet einen klugen meister, der ein bilde fer-
tige, das beslendig sei. Es. 40, 20.
4) abstrac4, rechte gericht seint steif und bestendig anschleg.
Keisersb. sünd. d. m. 81*; aber er wüste, das der artikel den
glauben belangend recht bestendig und gegründt were. Lu-
ther 1, 110* ; so mit einigem bestendigen' grund an uns ge-
langte, das Martinus lere nicht christlich und bestendiglich
soll sein. 1, 136*; als sei nichts bestendigers auf erden ge-
hört. 3, 64*; ja wenns noch heutes tages möcht geschehen,
das jemand mit bestendigem grund beweiset. 3, 104' ; wer mir
des ein bestendig exempel bringt, dem wil ich meinen hals
geben. 3, 171* ; wiewol wir verhoffen bestendigen grund und
ursach darzulhun. Melaxchthon im corp. doclr. ehr. 19; die
bestendige lugend uberwindt alles. Alberüs wider \Yitzeln.
Ke'; umb deren willen keiner vsider uns beständige kund-
schaft sagen könte. .\yrer proc. 1, 7; in der band eines
bettlers bleibt das geld so beständig als wasser im siebe.
pers. rosenth. 1, 15; aufrichtige und beständige freundschaft.
5, 17 ; nachdem er nichts beständiges (was stand hielte) er-
grübein konte. Lohesst. Aim. 1,1278; wenn sich das hiesige
theater auf einem beständigen fusze erhalten soll. J. E. Schle-
gel 3, 275; ein zu recht beständiger contract. Kant 5, 84;
dieser zweite Stil ist auch, wie man itzo redet, manieriert zu
nennen, welches nichts anders ist, als ein beständiger Cha-
rakter in allerlei ßguren. Winkelhann 3, 223 ; beständiges Zeug-
nis von seiner ehrlichen geburt. Niebchr 1, 341; in bestän-
diger sorge leben;
denn die gesinnung, die beständige,
sie macht allein den menschen dauerhaft. Göthe 3, 76;
denn das beständige der irdschen tage
verbürgt uns ewigen bestand, daselbst.
5) constans, von leulen: sei bestendig in deinem wort und
bleibe bei einerlei rede. Sir. 5, 12; da fielen viel vom volk
Israel zu inen, aber Mathathias und seine söne blieben be-
stendig, l Macc. 2, 16; sie blieben aber bestendig in der
aposteln lere und in der gemeinschaft, und im brotbrechen
und im gebet, apost. gesch. 2, 42 ;
man nenne keinen nicht beständig, bis er tod. Grtphics 1, 390 ;
ein beständiger freund.
6) hesi^xidig = geständig, zugestehend: ob ich meiner bücher
bestendig, oder widerrufen welle? Luthers 6r. 1, 602 ; nöthigen
unterhalt zu verschaffen erbietig und beständig wäre. Leibnitz
157. vgl. beständnis 2.
7) beständig = ständig, continuus, perpetuus : wo die rechts-
verwaltung nicht an gewisse beständige und eben daher auf-
geblasene personen gebunden ist. Hippel 12, 116.
BESTÄNDIG, adv. continuo, firmiter: einen todten aufer-
wecken und bestendig [auf die dauer) lebendig machen. Ayrer
proc. 2, 10 ; nach zweimal sieben monaten sitzen die kinder
beständig (fest, ohne nu wanken). Lohenst. Arm. 2, 205 ; an-
haltend und beständig arbeiten; es regnet beständig;
beständig schwebt wen gott erhebt,
wer Selbsten steigt wird bald geneigt. Logad2,6, 78;
er soll beständig euer sein. Gellebt.
begegnet oß bei Göthe.
BESTÄNDIGEN, stabilire: und als er (A'arl der gr.) den
nomen des keiserthumbs bestendiget im Niderland, stiesz in
ein Heber an. Frank chron. 169*.
BESTÄNDIGKEIT, f constantia: der Dismas ist einer sol-
chen bcständigkeit gewest. Ayrer proc. 2, 6 ; die beständigkeit
eines liebhabers.
BESTÄNDIGLICH, adj. firmus. s. beständig 4 aus LoiHEa
1, 136*.
BESTÄNDIGLICH, adv. firmiter : er überwand die jüden be-
stendiglich. apost. gesch. 18, 28; wie die schrifl bestendiglich
zeuget. LiTHER 5, 8*; auf derselbigen nieinung bestendiglich
zu beharren. Kirchhof irwdunm. 380"; die sonne behält ihren
lauf heständiglich. nn7. disc. 91 ;
lasz uns mit gotles worts genusz
I bestdodiglicb Ides herren harren. Wbckhkiilin 122 ;
104*
1655 BESTANDINMANN— BESTÄTEN
in einem guten willen und seligen stände beständiglich ver-
harre. SCHÜPPIUS 453.
BESTANDINMANN, m. bestdnder: den künftigen bestandin-
mann soll man in reife betrachtung ziehen, ob er genügsame
mittel habe, den bestand jährlich abzuzahlen. Hohbehg 1, 19.
BESTÄNDLICH, ßrrnus, fortis : da kant er in, wie bestent-
lich und wie stark er was. Keisersberg omeis.
BESTANDLOS, inslahilis, ohne bestand und halt:
BESTÄTEN — BESTÄTIGEN
1656
seines lebens flucht
bestandlos dahin lliegei.
WgCKHERLIN 194;
ein bestandloses traumbild. Schiller 757; oft schwebt die
weit mit ihren menschen wie ein bestandloses Schattenspiel
vor meinen äugen. Tieck 6, 230 ; ein überkräftiges, darum be-
standloses beginnen. Dahlmann ddn. gesch. l, 60 ; am meisten
ist unter den abieitungen der komischen lust aus dem gei-
stigen die von Hobbes aus dem stolze bestandlos. J. Paul
aesth. 1, 159.
BESTANDLOSIGKEIT, f. die bestandlosigkeit der so oft
versuchten coalitionen. Niebuhr 3, 499.
BESTANDMANN , m. was beständer, bestandinmann : der-
halben eim grundherrn zusteht, das er seim bestandman flei-
szig auf den socken nachgehe. Sebiz 26. Hohberg 3, 16. 17.
BESTÄNDNER, m. was beständer: noch den man das weib,
noch der hausherr den taglöner oder bestendner. Frank spr.
16. HonBERG 3, 17.
BESTÄNDNIS, f. n. 1) conduclio : bestandnus und hauszins.
Frankf. ref. \. 49, 8 ; Verleihung und bestendnus. IL 14,13. 16, 1 ;
feldgüter zum beständnns verleihen. Lehmann 2t; ein vernünf-
tiger mann, der ein haus in bestandnus hat, behilft sich in
alten gemachen. 569 ; bestandnus. Hohberg 3, 15".
2) confessio, geständnis (vgl. beständig 6):
dasz wir mit glaubiger bcstentiuis
Christum den herrn bekennen thund. H. Sachs IV. 1, 102*.
BESTANDROLLE, f. was bestandbuch.
BESTANDSTÜCK, n. pars: als ein bestandstück unserer
glückseligkeit. Schiller 1189.
BESTANDTHEIL, wi. elementum, pars: etwas in seine be-
standtheile auflösen ; kalkerde und vilriolsäure sind bcsland-
theile des gipses.
BESTANDVERTRAG, wi. pactum locationis.
BESTANDWESEN, n. was bestand: die der heilung ein
ende macht, und die multer in ihr rechtes bestandwesen wie-
der setzet, hebamme 690.
BESTANDZEIT, f., tcmpus conductionis.
BESTANDZLNS, m. haus- oder bestandzins. Frankf. reform.
IL 14, 5.
BESTÄNGELN, s. bestengeln.
BESTÄNKEN, foetore replere:
iwar niemand wird gekninket,
nur jämmerlich bestänkei. Logaü 3, 8, 61.
BESTÄRKEN, firmare, conßrmare:
itzt denk an ptlicht und dank, bestärke deinen geist.
i. E. Schlegel 1, 343;
lasz nur in blend- und zauberwerken
dich von dem lügengeisi bestärken,
so hab ich dich schon unbedingt. Göthe 12,92;
derjenige welcher, um seine meinung zu bestärken, einen
alten gewährsmann anführt, gewinnt unendlich, wenn. 49, 155 ;
alles was ich von ihm hijre, rnusz meine frühere ansieht be-
stärken; du bestärkst ihn nur in seiner hartnäckigkeiL
BESTÄTEN, conßrmare, assererc, mhd. bestatten.
1) weidmännisch, den hirsch, das Wildschwein bestäten,
einbestäten, in seinem lager aufspüren, franz. detourner,
d^couvrir le Heu de repos du cerf, en marqucr l'enceintc.
Schneller 3, 671 :
man zeucht an einem morgen frS "
mit den Iciihiinden in den wall
bestet darin ein hirschen. Teuer dank 33, ii ;
als es nun am morgen lag wart,
zoch hin in den wald der jeger
und hesicttcl in dem leger
den hirschen mit seiuem gchürn. 33,44;
wenn sie bei tag etwas bestätet oder ausgespchet, so musl
es die künftig nacht gejagt und darzQ gefangen werden. Wib-
8U.1C Ca/. 0 4"; eiletcn mit ihren langen schnapphanenrübren
auf mich zu, einer stellte sich hieher, der ander dorthin,
wie auf einem gejaid, da man dem be.siuien und aufgetrie-
benen wild aufpasset. Simpl. 2, 20. 5. bestätigen l.
2) einen söhn oder eine tochter in ehestand oder geistli-
chen stand bestäten: bestätter münich, caplan. Schmeller
3, 671;
zum babst ich euch bestellen Ihu. Atrer &7*.
3) bestätet sein Unschuld. Steinhöwel Esop 92'; bestäten
mit dem aid den frid. Aventin cliron, 392 ; mit dem aid auf
bar und prust bestatten als recht ist; das bundnus ward
mit brief und siegel bestettet. Frank chron. 223'.
4) ein eigen, gut, pfand bestäten; ich wil bestäten sein
reich. Reiszner Jerus. l, 14"; weiter wolt es {die einzufor-
dernde abgäbe) der keiser nit besteten. Frank chron. 252'.
5) mit im selben das bestattet (ausmacht), er mit äugen
schöner frauwe nie gesehen hett. Bocc. 1, 92'; den waren
glauben in uns bestetten. Luther 3,-lll'; und hab das be-
stetet durch das gemain gebet. Reucblin augensp. 34'; als
ich geschriben hab bestelet, bedeutet das wort bestetet als
vil als zugelassen und approbiert nach gemainern teutsch
der Instrumenten, so man schreibt bestetet und confirmiert.
verst. 8";
theten auch disen brief bestäten. H. Sachs 1, 189";
dasz endlich also treuw mit treuw nicht allein vergolten, son-
dern auch gehäufet und bestätet werde. Fronsp. kriegsb. 1,
175*; eine hofnung, meinung bestäten. Maaler 63*.
6) darumb musz ich auch hie besteten
mein bürstlein nach siben planeicn.
Fiscuart groszm. 44,
was heiszt das ? hinweisen, oder nach 1 auf die spur weisen ?
7) einige schreiben bestäten, und Stieler 2116, neben be-
stätigen, bestatten :
der groszen lugend rühm, der Römer strenge ihateo,
was war es als ihr ihun durch menscbenblut bestäten,
durch eines rechtens schein, durch unrecht auch zugleich.
Opitz Hugo Grot. s. 322.
bestäten fimiare leitet sich zunächst von stsete ßrmus, woge-
gen die erste, weidmännische bedeutung zwar an asserere,
aber auch an statte locus, die stelle des lagers aufspüren,
denken liesze. ohne zweifei ist statte stalio verwandt mit
staite, ahd. stäti stabilis (Graff 6, 644. 645), so dasz sich wie-
derum bestäten und bestalten berühren, bei Henisch 356 stehn
bestäten und bestettigen als gleichbedeulig. s. bestatten und
Bestätigen.
BESTÄTER, m. firmalor. Stieler 63'. in Zürich heiszt so
eiti Spediteur.
BESTÄTIGEN, ßrmare, asserere, was bestäten, und die
heute gangbare form, doch bietet sich im pass. K. 99, 33 be-
reits bestetegen dar.
1) jener weidmännische sinn erscheint auch hier, der jäger
bestetigt den hirsch. Becher s. 46. der herr läszt durch den
jäger und dessen leithund das wild vor der jagd bestätigen
und anzeigen, damit zu bestimmter stunde gejagt werden
könne. Döbel 2, 46, wie es im weidschrei 204 heiszt:
bis wir morgen früh aufstehn,
ziehen aus gen Feld und gen holz,
bestätigen edle hirsche stolz,
dasz wir iinsern herrn ergetzen,
uns in seine guade setzen.
2) seine ehre bestätigen, öffentlich etwas thun, was ihn vor
den leuten als einen ehrenmann, ihrer genossenschaß würdig
bekundet: hei, bestettig dir dein ehr, lieber son, das Wein-
schenken stet dir wol an ! Garg. 97', aufforderung zum trin-
ken; welche fraw kein gelt hett, die opfert ein guldin oder
silbrin ring, und ie ein hett acht uf die ander, ob sie auch
opfert, und welche geopfert, die meint sie hett ir eer be-
stettigt und ir bös geschrei damit genuinmen. Euleusp. eap.
31 ; nur dem Dacherius, der die gesammten werke des Lan-
francus 1648 herausgab, ist es zu verargen, dasz er dein
Quadratus die ehre der ersten ausgäbe bestätigte. Lessinc
8, 348. nicht unähnlich ist das mhd. sin ^re sprechen und einem
f-re tuon (gramm. 4, 609). im anderm sinn aber schreibt Wir-
suNC : 0 mein eeiciitreicher vatter, wol hab ich dein hoch-
berümet lob geschwecht, stadl (gelegcnltetl, slutl) und anzai-
guog geben, nit alluin dem (?dein) haus, sondern auch dein
eer z8 bestätigen. Cal. h 1'. hier scheint es begraben, bestat-
ten, wie auch sonst : desgleichen lesen wir von den lieben
erzvetem, das sie ire todtim beklaget und bitter beweinet
haben und sie ehrlich zur erden bestetiget. Luther 2, blu' ;
er soll auch mit seiner eignen band dreihundert marterer
begraben liaben und zii der crd bestetiget. Frank chron. 275';
nachdem wir unsere gesellen bestetiget (begraben) hatten.
1657
BESTÄTIGEN — BESTÄTIGUNG
BESTÄTIGÜNGSGELD — BESTÄUBEN 1 658
RoLLENHAGEü vunderb. reisen 65; mancherlei art die todten
zu bestättigen (bestatten). Laubembebg acerra phil. 13L
3) und den ersten son, den sie {des bruders wilwe) gebirt,
sol er bestetigen nach dem namen seines verstorbenen bru-
ders, das sein name nicht vertilget werde aus Israel. 5 Mos.
25, 6; das der mensch bestätiget werd von dem schaden.
Bbal.iscbweig 42 ; er hat Menelaon in das hohe priesterampt
bestätiget. Reiszser Jen«. 2,54'; einen im amt bestätigen.
4) also ward Ephrons acker Abraham zum eigengut be-
sletiget. 1 Mos. 23, 17 ; also ward bestetiget der acker und
die hole darinnen Abraham zum erbbegrebnis von den kia-
dem Hcth. 23, 20; denn er hatte dein reich bestetiget über
Israel für und für. 1 Sam. 13, 13 ; der sol mir ein haus bawen
und ich wil seinen stuel bestetigen ewiglich. 1 thron. 18, 12 ;
der herr wird das haus der hoffertigen zubrechen und die^
grenze der widwen bestetigen, spr. Sal. 15, 25; der himmel
war noch nicht recht volkomen zugericht und bestetiget. Lü-
xaER 4, 6'. bergmännisch, ein gemutetes revier, ein feld be-
stätigen, als lehen übergeben.
5) und wil meinen eid bestetigen, den ich deinan vater
Abraham geschworen habe. 1 Mos. 26, 3 ; bestetiget aber das
wort seines knechts. Es. 44, 26 ; der herr bestetige dein wort,
das du geweissagt hast. Jtr. 28, 6; zu bestetigen die verhei-
szung den vetern geschehen {goth. du gatulgjan gahaita at-
tane). Rom. 15,8; verachtet man doch eines menschen testa-
ment nicht, wenn es bestetigt ist. Gal. 3, 15; wie sie ire
wege und weise nach dem gesetz bestetigten. Lcthe» 1, 45'.
3, 26 ; der das evangelium so mechtigiich bestetiget hat. 3, 28 ;
das kein doctor noch scribent, kein theologus noch Jurist,
so herlich und klerUch die gewissen der weltlichen stende
bestetligt, Unterricht und getröstet hat, als ich. 6,9';
nun greift, in ewrn peutel bineio
UDd gebt eio gotzpfenDiDg drauf,
so bestetigt ir den kauf, fastn. sp. 1187 ;
und gott bat uns geben den eid, damit wir versigelen und be-
stetigen sollen die warheit und wir bestetigen damit falscheit.
Keiseüsb. s. d. m. 2l' ; dan obschon dis ein wundenverk was,
damit sein lehr (zu) bestätigen, bieneak. 148';
bestebtiget mit ruh sein land. Weckberli.-« 435 ;
versag uns nicht disz zu verleihen,
was deinen bund mit uns bestätiigu Grtphius 2, 2S4 ;
wenn auch alte und ansehnliche leute durch ihre gegenwarl
solche gute Ordnung bestätigten. Weise kl. leule 321; Riche-
lieu habe sein glücke durch hoher personen blutvergieszen
bestätiget. 376; wann ich diese holde traurigkeit mit einem
bestätigten herzen würde verbinden können. Göthe 14, 67 ;
wie denn alle diese Verhältnisse sich immerfort lebendig er-
hielten und durch meinen aufentbalt am letztern orte {Jena)
immer mehr bestätigt wurden. 31, 93 ; jeder condottiere, da-
mit er sich von einem wandelbaren kriegsfürsten zu einem
bestätigten friedens- und landesfürsten erheben möchte. 38,
258 ; wie oft hab ich schon dafür gedankt, wie ist mein und
meines bruders Lavater pbysiognomischer glaube wieder be-
stätigt, an Aug. Stolberg 3 ; die ernstliche freundlicbkeit be-
stätigte {bestärkte) mich in dem groszen begriffe, den ich von
jeher von diesem geschlechte gefaszt habe. TuCxmels reise
2, 60 ; kein mensch, ja kein endliches wesen wird im guten
bestätigt (fest). Fichte sitlenl. 254.
6) sich bestätigen : die erinnerungen seiner ersten liebe
wurden dadurch wieder so neu belebt, dasz er sich aufs
neue in dem entschlusz bestätigte, ihrem andenken getreu
zu bleiben. Wiela^d 3, 82; und welche eitern Gnden sich
nicht genöthigt, tüchter und söhne in so schwebenden zu-
ständen eine weile hinwalten zu lassen, bis sich etwas zu-
fällig fürs leben bestätigt, besser als es ein lange angeleg-
ter plan hätte henorbringen können. Göthe 26, 29; eine ge-
selischaft hochgebildeter männer, welche sich jeden freitag
bei mir versammelten, bestätigte sich mehr und mehr. 31, 69 ;
der Vorzug des Weinglases vor dem arzneiglase in krankhei-
tcD der schwäche bestätigt sich ancb an en^achseaeo. J. Padl ;
e% hat sich nicht bestätigt ; wenn es sich bestätigen sollte, dasz.
BESTÄTIGEIt, m. der bestäliger einer bekräfligung. Gasve
XU Cic de off. 3 «. 247.
BESTÄTIGUNG, f. in allen bedeulungen des bestätigens:
die beslntigung des gerüchts blieb aus; der vertrag erhielt
«iie bestatigung nicht; in wichtigen moinenten, eben da, wo
es scheinen sollte, der mensch bedürfe fremden beistandes,
fremder bestätigong am meisleo. Gfrnu 17, 372.
BESTÄTIGCiNGSGELD, n., vas im bergbau für ein gemute-
tes lehen entrichtet icird.
BEST.\T1GUNGSJAGD, f., eine Jagd für die düt wild vor-
her bestätigt, aufgespürt worden isL
BESTÄTIGLNGSRECHT, «.
BESTATTEN, ofl mit bestäten und bestätigen zusammen-
fallend,
1) sepelire, den todten, die leiche zur erde, zum grabe be-
statten, i'Ar eine statte, ruheställe bereiten: mein kind, wenn
einer stirbt, so beweine in und klage in, als sei dir grosz
leid geschehen und verhülle seinen leib gebürlicher weise,
und bestalte in erlich zum grabe. Sir. 3S, 16; und lieszen
sie erlich zur erden bestatten. 2 Macc. 4, 49 ; es ist keins an-
dern saitenspil von nöfen, dann des thonen der glocken da-
mit man mein todten leib zur erden bestatten soll. Wibsc.'sg
Ca/. g3*; als man sie zu grabe bestatten wollte. Göthe 20, 279 ;
beul früh bestaUeten wir ihn. Schiller 394' ;
man hat in fürstengrürteo
bestatten mich gewollt. Rcckert 198.
2) locare, verheiraten: sein kind zu der ec bestatten.
weislh. 2, 241 ; ehelich bestatten. Frankf. ref. III. 8, 6. V. 8, 14 ;
gehen sie (die brauüeutet im läger zum predicanten. sich
ehelichen zusammen bestatten zu lassen. Kirchhof mil. disc.
147; von einem alten, der sich ein jung meidlin bestattet.
ZiNKGR. 69, 6. locare ßhrl mederum auf statte, locus, doch
ausstatten auf parare.
3) confirmare, bestätigen: den glauben damit zu bekrefti-
gen und zPi bestatten. .Melanchth. 1 Cor. 1; solang gegen-
wartig, bisz die zeugen beeidet und bestattet weren. Kibch-
HOF mil. disc. 256 ;
der unser Ordnung bsteuen wil. Atrir 125^
4) figürliche anwendung der ersten hedeutung des begrabens:
sie solten blosz mil schlafen,
mit freier gasterei, mit spiel und frölicbkeil,
mit tanzen und mit tust bestatten ihre zeit. Opitz 3, 272,
d. i. obruere, delere, lerere tempus, icie es heiszt:
cuncta tuus sepelivit amor. Plactcs ifösJ. V. 2, 1 ;
Voss, von dem kyklopen, vino sepultus :
denn sobald er, vom schmause gefüllt und mit weine
bestattet,
seinen gebogenen hals biosenku
BESTATTUNG, f. sepullura:
schon bei vieler beiden bestattungen warst du zugegen.
Toss Od. 24, 87.
BESTAUBEN, BESTAUBEN, pulvere c^nspergere, nnl. be-
stoven, der umlaut schwankend wie in glauben glauben und
ähnlichen, tceshalb sich kein inlroiis. stauben dem trans. stäu-
ben entgegensetzen läszl.
1) die schuhe, die kleider bestäuben ; ein fuszbestäubter
Wanderer, piedpoudreux, pede pulrerosus; die bäume an der
heerstrasze stehen bestaubt ; alle tische und bänke waren
bestaubt ; bestaubte blumenkelche ; gelb bestäubt. Brockes
6, 18; die rothen augenwimpern bräunte, die nägel vergül-
dele, die haare bestäubte sie. Lohenst. ilmi. 2, 85;
der tbau wusch die bestäubten Auren. Licbtwer;
sei immer unfreundlich, winter, meine flöte soll doch nicht
bestäubt in der hüfle hangen. Geszneh; bestaubte büchcr.
2) wie man sagt, der staub fliegt die Sachen an und die
wange ist von zartem railchhaar angeflogen, heiszt sie schön auch
hestäobt, gleidisam befiedert, beflaumt; die Jünglinge, wann
ihnen anruhet das maul mil milchhaaren besleubt zu werden.
Simpl. 3, 87. vgl.
nunc primum opacat flore lanugo geoas. Piccvtus.
3) bestäubt ist auch ein lebendiger ausdruck für berauscht,
betrunken, benebelt, weil rausch und nebel sich unvermerkt
ansi'lzen: es was ein fürneni man Zunftmeister, ward auf
einmal t>esteubt mit weio. Keisersb. s. d. m. 9*; der sechst
schad ist hunger. wie ist, das der also besteubet wirt von
fressen und sufen, den durstet immenneder. 10*; ich wil
hie nit reden von schimpfweisen oder werken, als die betler
treiben, die da besteubl und trunken werden, die schirmen
mit einander. 52'*
4) sich bestäuben : du hast dich ganz bestaubt oder be-
stäubt ; die hübner wälzen und bestauben, ptUteln sich ; dann
die pferd, die sich im sand lunbwalsea und wie die geilen
1659
BESTAÜDEN— BESTE
BESTE
1660
hennen bestauben, die sind besser, als die sich im wasser
niderlegen.
5) bildlich, das er auch etwas damit bestäupt (besudelt,
beschmulzl) sei. bienenk. 229'; der durchaus mit römischer
heiiigkeit bestäupt ist. 231' ; bestäubte, veraltete grillen. Kant
3, 63;
richtelnde könnens {das werk) mit tadel bestäuben und lobe.
Klopstock2, 63.
s. bestieben.
BESTAUDEN, sich, fruUcescere, slaudig wachsen, standen
treiben: der türkische weizen bestandet sich herlich.
BESTÄUBUNG, f. fruticatio.
BESTAUFUNG, f. reichet und gebt in ewerm glauben die
macht oder werk, in der macht die kunst, in der kunst die
mäszigkeit. mit welcher bestaufung sant Peter (2 brief t, 5)
auf den glauben gleich als auf die wurzeln die allerschöneste
este setzt. Melanchthons hauptarlihel verdeutscht bl. 76. was
meint bestaufung? kaum bestufung, abstufung, vielleicht be-
steifung, munimentum? wie umgedreht besteibt ßr besteubt
geschrieben wird.
BESTAUNEN, admirari, anstaunen: jeder ort hat einen
kleingroszen mann, den der weise verlacht und der häufe
bestaunt. Dyanasore 1, 60; wer bestaunt nicht lieber den
wunderbaren kämpf zwischen frucbtbarkeit und Zerstörung
in Siciliens Auren ? Schiller 1223 ;
musz ich nicht aus deinetJ flammenaugen
meiner wollust widerstrahlen saugen?
nur in dir bestaun ich mich. 8*.
BESTBEMITTELT, locupletissimus.
BESTBIETEND, was meistbietend.
BESTE, oplimus, goth. batista batistu batistö, ahd. pejisto
pejistä pejistä, ags. betsta, verkürzt besta. über einen nur
mutmaszlichen positiv bat, ahd. paj sp. 1153, über den comp.
batiza, pejiro, besser sp. 1644, über die starke form best sp.
1650, in der folgenden Verhandlung müssen aber beispiele aus
beiden flexionen, der starken und schwachen, zugelassen wer-
den.
1) da schon die mhd. form bejjiste (Ben. 1, 95'), mit aus-
geworfnem Z, zu beste wird, nhd. aber dem comp, besser kein
superl. besseste zur seile steht, nur beste, so darf man nicht
schreiben beszte, so wenig als wuszte, muszte für wüste,
muste. ST hat hier überall seinen guten grund. gerade so
schwindet im ags. besta, altn. bestr, beztr das T.
2) der beste mann, der beste freund; einer der besten
menschen unter der sonne; auch beklagend, der beste mann !
ob er gefährlich verwundet ist, wissen wir nicht und wir wol-
len es nicht hoffen. Lessing 12, 134; wie soll man ihr nun
helfen, der besten frau auf der weit! in der anrede bester!
mein bester! meine beste! o beste! Göthe 12, 161; bester
mann! 12, 182; ironisch, sie irren sich, mein bester!
3) holet vom besten wein!;
lasz mir den besten becher weins
in purem golde reichen. Göthe 1, 179;
wir wollen uns mit dem besten wein und salben füllen.
weish. Sal. 2, 7 ; von dem besten gewächs ; und ich würde sie
mit dem besten weizen speisen, ps. 81, 17 ; das beste mehl,
flos farinae; das grosze haus aber spundet er mit tennen
holz und uberzogs mit dem besten golde. 2 chron. 3, 5;
machte zweihundert schilde vom besten golde. 9, 15.
4) hunger ist der beste koch; die luft ist die beste arz-
nei; die zeit ist der beste trost; der frühling die beste zeit
zum säen; beim besten ist der beste kauf.
5) der erste beste, primus quisque; rufet den ersten be-
sten von der strasze ! ; ehedem wo! gab es einen vater, der
seine tochter von der schände zu retten, ihr den ersten den
besten stahl in das herz senkte. Lessing 2, 188 ; da musz
sie sich dem ersten besten an den hals werfen. Göthe U, 14 ;
nun aber komme mir der erste beste hund aus der Stadt.
J. Paul ßegelj. 1, 81; es geschieht beim ersten besten an-
lasz, dasz man ihm die Wahrheit sagt; nnl. ik zal het den
eersten den besten gevcn. es heiszt auch, der zweite beste,
der beste darnach.
6) mhd. der beste und der boeste:
er miste gern ir beider,
der boBsteu und der besten. Part. 375, 6 ;
der boBste ist dir der beste
und der beste der boeste. Iw. 144;
die besten noch die boesten
künde nleman trcDsien. klage im ;
da; beste l&n und j hcesie tuon. Hetmbr. 518 ;
wofür roseng. 1100 niht der tiurste, nicht der boeste. bei-
spiele aus Urkunden gesammelt RA. 34. in den weisthümem
immer: es soll wein geliefert werden nicht vom besten und
nicht vom schlimmsten, ein guter trunk. der mensch gehört
nicht zu den schlimmsten noch zu dea besten; er ist kei-
ner von den hosten, keiner von den besten; das hoste wird
gedacht, das beste wird geredet; thund das best und das
böst, wie ir mögend, huc et illuc vos versate. Maaler 63'.
vorsieht gebietet aber die häufig ö für e setzende Schreibung
des 16 Jh., z. b. Schertlin schreibt br. s. 21: die Augsburger
habend das böst bei mir gethon, meinend das beste.
7) er steht in den besten jähren, in der mitte, der kraft
des lebens; ein mann in seinen besten jähren. Götbe
24,190;
eine fürstin sterbe, noch in bester Jugend,
war wie an dem stände fürstin auch an tugend.
LoGAU 3, 5, 76.
als ich im besten schlafe lag, mitten im schlafe; denn gleich
als wenn die dornen, so noch in einander wachsen, und im
besten saft sind, verbrennet werden, wie ganz dürr stro.
Valium 1, 10 ; als man im besten reden war, kam feuer aus ;
als er im besten zuge war, risz man ihm das glas vom
munde ; da sie im besten tanz war, muste sie fort ;
und als der danz am besten war,
da erhub sich ein groszes schlagen. H. Sachs], 530' j
und als der tan« am besten war,
da giengen die lichter aus;
und als der tanz zum besten war, tanzte er mit dem könig
zum haus hinaus und schlug ihm die thür vor der nasen zu.
Simpl. 3, 187; und als nun Ulenspiegel auf dem seil sasz
und sein duralen am besten was, so schleich sein multer
heimlich binden in das haus auf die bün und schneid das
seil enzwei. Eulensp. cap. 3. alle diese beispiele drücken
einen risz mitten in die freude, in die beste freude aus.
8) ich handelte nach meinem besten wissen; nach ihrem
besten ansehen zu des reiches nutz handeln, reichsabsch.
von 1521 §. 12; das ist im besten sinne zu verstehen; so
hab ichs auch in diesem buche zu machen mich besten Ver-
mögens bestrebt. Siegfr. von Lindenb. 4, 419.
9) bekannt aus dem deutschen recht ist das beste haupt,
Optimum caput, mhd. daj beste houbet, daj beste nöj, daj
beste vihes houbet (RA. 364), wofür auch vorkommt dag tiurste
houbet, valentius caput, wie vorhin der tiurste und der beste.
vorzugsweise wird aber unter dem besten vieh das pferd ver-
standen, wie bei Helblinc 1, 389 :
und läj dir enpfolhen sin
daj vihe aller beste,
daj dem iht gebreste,
swing im vuoier, mach ej rein,
streich im schöne siniu bein,
wint im üf den höhen schöpf.
WO aber armiU einzieht und schwelgerei in des mannes haus,
geschieht es,
das die katz wird sein bestes viecb.
H. Sachs 1,344';
hat bei ihm täglich volle giist,
derhalb sein kalz wird bald das best
viech werden durch sein schlemmcrei. IV. 3, 87';
wie vil gesind, so vil feind, da ist hund und katz das best
vihe. Garg. 69'.
10) im peinlichen recht begegnet die formet, man soll ihn
an seinen besten hals hängen, unter dem volk heiszt es, ich
will meinen besten hals daran setzen, wagen; das wird ihn
seinen besten hals kosten; welche wort schon manchen un-
bestellten Wildschützen seinen besten und einigen hals ge-
kostet. Simpl. 1, 40. Unter den gliedern des leibs hiesz die
rechte hand die bessere {sp. 1645), nicht die beste, die zunge
aber das hoste glied •
daj wirsto lit, daj ieman treil,
deist diu zuuge, so man seit. Friid. 164, 3.
gangbarer ist heule: die alle lacht über ihren besten zabn,
j. b. irrg. der liebe s. 22.
11) das beste: vergisz das beste nicht! {deutsche mylh. 9iZ)-,
mhd. des besten wart nie niht an ir vergcjjen. MS. i, in':
das beste ist was man in der hand hält; das beste ist, dasz
sie ihn lieb hat; das beste bei der sache ist noch, dasz c»
nicht lange währt; das wäre noch das beste, wenn er sich
fortschliche ; das beste spart man aufs letzte ; das beste kauft
man am wolfeilsten; man soll von todlen das beste reden;
1661
BESTE
BESTE— BESTECHEN
1662
das beste was du wissen kannst,
darrst du den buben doch nicht sagen.
GöTHK 12,92;
das beste vorweg nehmen, das best vorab ausnemen. iceisth.
2,263; laszt uns das beste davon denken, hoffen; ich halte,
sehe es an für das beste ; alles ist auf das beste, optime, maxime;
wir belustigten uns auf das beste; die Holländer verschanz-
ten und befestigten sich aufs beste sie konten. Olearics
Orient, insuln s. 150; ufs beste er konte. Harnisch 121; er
aber stund und schüttelte sich, so best er nwchte und als
viel er konte. eselkönig 139 ; so best ich mag, wie ich im-
mer kan. Hans Jacob Velr 1525 e 3 ; mhd. als er beste künde
z. b. Flore 5051 ; dienen als ich beste kan. frauendiensl 3, 31.
Zumal häufig ist die redensart das beste oder sein bestes
thun {wie das möglichste, sein möglichstes) : dan er hat ge-
lobt und geschworen, dem meister das best ze thun, in vor
schaden warnen, seinen nutz schaffen und fürdern. Keisebsb.
s. d. m. 72'; so kom nu mit uns, so wollen wir das beste
bei dir thun. 4 Mos. 10. 29 ; prüfest du was das beste zu thun
sei {optimum factu). Rom. 2, IS ; drumb will ich meins theils
mein best thun, wie einer der allein pfeift. Garg. 209* ; es
ist wol war, dasz sie hierzu auch ir bestes thun. bienenk.
S3'; wann wir zu bezalung unserer schulden unser äuszer-
stes und bestes gethan. 101* ;
du hast in dem garten din beste j wol getan, roseng. 14S8;
das werk sie treiben an, ein jeder tbut das best.
Wkckherli?( 253;
leute, halt den dieb, thut euer bestes, dasz ihr ihn be-
kommt ! pers. baumg. 4, 17 ; wir dragoner haben neben den
cürassieren das beste gethan. Simpl. 2, 77; weil man mit
jedem zufrieden war, der sein bestes that, wie sies nann-
ten, so that niemand sein bestes. Wieland 19, 265 ; und thut
ihr bestes. 19, 271; ich wette, dasz ich am ende das beste
bei der sache thun musz. Gotter 3, 25; wollte golt er ver-
dient es und thäte das beste. Göthe 8, 61. nnl. zijn best
doen, ik zal mijn beste doen. auch sein bestes (wie sein
längstes) leben, seine beste (längste) zeit verlebt haben :
denn kömpt es aus, so gnad ihm gott,
sein bestes hie gelebt er hat (d. i. musz er sterben).
HATJtECCifs Hansoframea 2, 1.
nnl. hij liep al zijn best {cueunil quam potuit maxime); een
ieder roeit zijn best, ein jeder bewegt sich, rudert so wol er
kann, das gemeine beste, bonum publicum; das hätte ich
ums besten willen gethan. Schweimchen 1, 124; das beste
des Staats, utilitas publica;
warum? weil an Europas groszem besten
ihm „mehr liegt als an ein paar huTeu landes
die Ostreich mehr bat oder weniger. Schiller 336".
das beste, der ausgesetzte erste preis (Sch«. l, 215), tÖ aQiarov
und aoiarelov, woher a^tarevetv, der erste, beste sein :
bab gmeint bei allen meinen sinnen,
ich weit alhie das best gewinnen. Uaüpt 3, 246;
aber heule wil ich
den meisterschusz thun und das beste mir
im ganzen umkreis des gebirgs gewinnen. Scbillh M6*.
12) hier ist nicht viel zum besten, sieht es arm und dürf-
tig aus, ist wenig ausgestellt, aufgestellt; nnl. daar is niet
veel ten beste; da war viel zum besten, da gieng es hoch
her; er gab alles, was er hatte, zum besten, bewirtete so
gut er konnte;
was wirst du auf der weit als creuz und ach erleben?
weil du bald anfangs must dein blut zum besten geben.
Grtphil's 2, 457 ;
es sei noch eine fiasche wein zum besten gegeben ! ; bei der
kaiserkrOnung wurde ein gebratner ochs zum besten gege-
ben ; er gab den leuten zehn thaler zum besten ; ich gebe
die bemerkung zum besten (stelle sie auf, gleichsam auf den
tisch). Göthe an Schiller 824;
0 ja, wers naschen liebt,
der merkt sich ohne wink, wos was zum besten gibt.
7,104;
sehr gerällig ist es, dasz der dichter mit dem besten bumor,
süwol in eigner als dritter person, sich öfters zum besten gibt
(preis gibt, her gibt). 33, ISO. Wie es heisit, sich etwas zu gute
thun, sich ein gütchen thun, tn essen und trinken, scheint auch
dies zum besten ursprünglich auf speise und trank :u beziehen
(vgl. nfi<nov prandium), hernach aber weiter ausdehnbar.
$eh». ist taga tili bästa essen, ge tili bästa zu essen geben,
den Dänen ist have noget til bedsle, lägge sig noget tii
bedste, etwas in übcrfiuss haben, sich zurück legen, wir sO'
gen, das dient, gereicht mir zum besten, zum vortheil, und
zum besten geben wäre eigentlich ad communem ulilitatem
conferre, und auf ähnliche weise meint Schiller 933 : zwar
möchte meine kröne, wenn sie meine armee und mich auch
selbst verlöre, noch eine schanze zum besten (en reserve)
haben, zum besten haben hiesz im 17 jh. entweder auftra-
gen oder davon tragen, nichts zum besten haben, omnium
inopem esse:
das arme land erschrak für diesen neuen gasten,
halb furchtsam und halb froh, es hatte nichts zum besten
an allem mangel reich, so nähmet ihr verlieb.
Flk«u«g 82 tS4),
es war dürftig, hatte nicht viel aufzutragen, ihr wart mit
schlechter bewirtung doch zufrieden, hingegen,
unsre magen sind wie gräber, drein wir manchen leib
begraben,
was ists wunder, dasz von todten wir den tod zum besten
haben. Logau 3, 9, 14,
davon tragen; ich war ganz nasz und hatte noch zum ba-
sten (den gewinn), dasz mich eine bauersfrau ins haus auf-
genommen und mich vor dem ofen von der nässe befreiet
Jucundiss. 211.
13) heute aber ist einen zum besten, ihn zum narren, zum
ausgesteckten spottziel haben, aufziehen, necken, diese bedeu-
tung findet sich noch nicht bei Stieler, Steinbach, Frisch, ange-
merkt ist sie aus Ettners hebamme 196 : ich sehe aus allen,
dasz mich monsieur Rente heute zum besten haben will, ich
will lieber schweigen, und wahrscheinlich begegnet sie in die-
sen büchem öfter noch, im 18 jh. kommt sie häufiger auf,
bei ÄOELCNC heiszt sie in der ersten ausg. niedrig, «eUke be-
zeichnung in der zweiten getilgt ist:
(erklär), du habsi der diener treue nur erproben,
den Schweden blosz zum besten haben wollen.
Schiller 365';
ich lobe mir den heitern mann
am meisten unter meinen gasten:
wer sich nicht selbst zum besten haben kann,
der ist gewis nicht von den besten. Göth(2, 298;
ihr habt mich doch nicht zum besten? 17, 22; ich habe sie
schön angeführt, ich habe sie zum besten gehabt, wie sie es
verdienen. 18, 156 ; junge otGciere hatten die acteure zum
besten. 18, 262 ; sie hat sie zum besten gehabt. Lenz 1, 224.
nachgeahmt im dän. have een til bedste. offenbar flieszt dies
zum besten haben, preis geben aus dem zum besten geben
unter 12.
14) die band gottes ist zum besten über allen die in su-
chen. Esra 8, 22; wir wissen aber, das denen die gott lie-
ben, alle ding zum besten dienen. ROm. 8, 28 ; dein rath
gereicht mir zum besten; wie es ihnen zum besten mundet.
bienenk. 8o'; wüste alles zum besten zu kehren und zu wen-
den. Göthe 19, 13 ; habe ich aber meine musze, auch so
schon, nicht zum besten angewandt, was thut das? Lessi5C
10, 118 ; ja und mit der und der Jungfer ists auch nicht zum
besten bestellt. Lenz 1, 264 ; der kranke befindet sich beute
nicht zum besten; das geheimnis der alten war nicht zum
besten bei ihm verwahrt. Göthe 20, 107.
15) wiewol du das nit in der meinung getb'on bettest,
sunder in guter meinung und in dem allerbesten, so wirt
es todsünd. Keisersr. £. d. m. 36'; liesz also die frage im
besten anstehen und beruhen, buch der liebe 5, 1; etwas im
besten aufhemmen, animo meliore ferre. Maaler 63'; offen-
bare einem könige nicht alsbald eines andern tücke und
nücke, du seist denn versichert, dasz es der könig im be-
sten aufnimpt. pers. roseiüh*. 8, 36 ;
die bhalt von mir zu einer schenk,
darbei im besten mein gedenk. H. SaCbs III. 2, 53';
ich bitte meiner nur
im besten bei ihm eingedenk zu sein. L<ssi!<e 2, 301;
wie lebhaft nahm sie sich vor seiner auch bei Marianen im
besten zu gedenken. Göthe 18, 4. vgl. bestens.
16) tfie auf besser (sp. 1645) kann auch auf am besten das
part. praet. folgen: am besten geschwiegen und langsam ge-
redt (zu schweigen und l. zu reden). Weise kl. leute 314.
BESTECH, s. besieg.
BESTECH BAH, rrnalis, bestechlich.
BESTECHDilAHT, m. bei den Schuhmachern, zum bestechen
ihrer arbeit.
BESTECHEN, circumfigere, umstechen,
1) die Schuster bestechen die schuhe um den rand mit
1663
BESTECHEN
BESTECHER— BESTECKEN
1664
draht und starken faden; die nähterinnen und Schneider be-
stechen den saura des gewandes, den knöpf «. s. w., bogen
fapier werden bestochen, uinstochen, zusammengeheßet.
2) die bergieute bestechen das gezimmer mit dem gruben-
tscherper, zu versuchen, ob es noch frisch oder faul sei.
Frisch 2, 324'.
3) ein beet bestechen, dm rand umstechen, den rein be-
stechen, marginem circumfodere : auch haben mich meine erste
lehrmeister dazu gewänet, und gesagt, das früstücken und
die morgenzechelin gute gedechtnus machen, darumb brachen
sie mir allzeit vor das eis und bestachen mir den rein (be-
stachen den rand des eises der nüchtcrnheit) und tranken am
ersten ein guts positzlin ein. Garg. 160*.
4) die mauer bestechen, 7iach Maaler 63* trullisare, mit
Pflaster verwerfen oder verstreichen. Stalder 2, 394 hat auch
die substantiva der stich, bestich und die bestechi, der Über-
zug mit mörtel.
5) aus dem bestechen unter 1 leitet sich ganz einfach die
Vorstellung des b^stechens mit miethe oder mit geld, corrum-
pere pecunia, und sie müste althergebracht atts der zeit sein,
wo es noch kein gemünztes geld gab. man gewann die letite
durch geschenke mit gewundnem, gedrehtem gold, und mit miete
bestechen hiesz was mit miete bespinnen, die ähnlichen Wör-
ter beschmieren und bestreichen sind von der salbe entnom-
men, ahd. mhd. bclegstellen mangeln, sind aber vorauszusetzen,
■weil sich sonst die nhd. wendung gar nicht verstehen liesze.
das wort ist auch noch im 16, ja 17 jh. seilen, und z. b. von
Luther ungebraucht. Dasypodius (1537) 211' hat corrumpere
muneribus, mit gaaben bestechen, verböseren ; Maaler 63* be-
stächen, mit galt gewännen, 64* mit miet und gaaben be-
stochen werden, muneribus capi, Henis:ch 331 bestechen,
schmieren, mit gelt gewinnen, corrumpere ; so finde ich dar-
gegen, das diser keiser sich auch durch gaben und miet gern
bestechen hab lassen. Aimon (Simmern 1535) vorr. a 2* ; als
wärens mit gaben bestochen. 3 Macc. 4, 18 ;
damit im fall der not
man den tod umb das leben möcht bestechen.
Weckherlin 418;
er ist dazu bestochen worden; man hatte ihn mit vielem
gelde bestochen ein solches Zeugnis abzulegen; der richter
hat sich bestechen lassen ; ein bestochener richter ; das mäd-
chen ist anziehend, ihre Jugend hat ihn bestochen. Götter
3, 68 ; das bild besticht durch seine färben ;
bestach ich dich mit Schmeicheleien 1
mit Zucker deiocn lieblingshund ? GüX[NGk1,80;
muih und Freude gosz sich in Hannchens bestochene seele.
Zacuariä 1, 254;
ich von Talscher Zärtlichkeit bestochen,
von stolzem wahn geblendet. Schillkb;
Aureliens bitterkeit und seines freundes Laertes kalte Ver-
achtung der menschen bestachen öfter als billig war sein ur-
theil. Götiie 19, 142 ; die durch die äugen die obren bestach.
.1. Paijl Hl. nachl. 4, 61. auch nnl. men heeft hem mit geld
bestoken, und dies nl. besteken liesze sich allerdings ton be-
stecken, einen mit geld bestecken, ihm geld in die lasche
stecken leiten, im grund liefen beide erklärungen fast zusam-
men, nur dasz die letzte prosaischer wäre und auf einem mis-
brauch der starken form beruhen müste. dasz aber bestechen
und bestecken sich mengen, wird unter dem letzten wort ge-
wiesen.
6) configere dictis, perstringere: und haben alle satyrische
gcribenten zum gebrauche, dasz sie ungeschewet sich vor
feinde aller laster angeben und ihrer Ijcsten freunde, ja ihrer
selbst auch nicht verschonen, damit sie nur andere bestechen
mögen. Opitz poet. 23; wie man denn dergleichen exempel
mehr findet, dasz die poeten Sicherheit halben durch eines
andern person die laster der tyrannen und bosheit ihrer zeit
bestochen haben. 1, 259; ich bin es den er mit seiner enl-
schuldigung besticht. Arg. 2,36 vgl. 1,444;
was ist üiu deutscher reim? deutsch kan hier jedermao,
drum ist mir lieh dasz ich knii auch wim juder knn.
doch l(»n mein reim noch was, das Zoilus nicht kan,
dasz meinen reim, wie ihr, besticht nicht jedcnnon.
Logau 1, 5, 69,
in milderem sinn einen anstechen, ausfragen, sondieren: ßaiern-
halb hab ich ine noch bestochen. Sciierti.ins br. 44. vgl.
ansteclien und bestichein. einen mit schönen werten beste-
chen, einrtekmen ist «her eine figvr des bestecbens unter i.
BESTECHER, «i. corruptor :
zuletzt ein wolgesinnter mann
neigt sich dem Schmeichler, dem bcstecber. Göthe 41, 11.
BESTECHGOLD , n. ursprünglich aurum, quo veslis inte-
gitur, distinguiiur, dann quo corrumpitur. in diesem letzten
sinn Fischart: schieszt gülden ketten hinein (in die belagerte
bürg) oder schickt bestecbgold in eim fast mit wein. G*rg.
182'.
BESTECHHOLZ, «. der schuster zum bestechen.
BESTECHLICH , ccrruptibilis, venalis, der beslechung zu-
gänglich.
BESTECHLICHKEIT, f animus venalis.
BESTECHISAHT, f. bei den schustern.
BESTECHUNG, /. nach dem verschiednen sinne des be-
stecbens, hauptsächlich aber corruplio: sich ein amt durch
bestechungen erkaufen.
BESTECHÜNGSKUNST, f. ars corrumpendi :
bestechungskunst schleicht einen andern pfad
als kriccherci, und jede kömmt zum ziele.
GÖKINGE 2, 175.
BESTECK, n. quod ßgitur, infigitur, sache, die gesteckt, wo-
mit besteckt wird, gebildet wie gesteck, versleck, und dem
vorausgehenden bestech verwandt, wie sich stechen und stecken,
bestechen imd bestecken anrühren, nnl. bestek.
1) besteck, septum, sepimentum. Henisch 334.
2) besteck, pedamentum vinearum : weinberg, da jeder stock
sein eigen besteck hat, weinrebe mit mehr als einem besteck.
3) theca, Capsula, futteral zum einstecken, namentlich von
messer, gabel und lö/fel, von scheren und geräCk, dessen der
barbier oder Chirurg bedarf; man versieht aber darunter nicht
blosz die scheide, das kästchen, sondern auch die eingesteck-
ten Werkzeuge selbst: ein besteck silberne messer und gabeln
geschenkt erhalten; es ist eine ganz bekannte sache, dasz
die instrumente nicht den künstlcr machen und mancher mit
der gabel und einem gänsekiel bessere risse macht als ein
anderer mit einem englischen besteck. Lichtenberc 4, 6 ;
hat nicht auch Rossinis elster ein besteck davon getragen.
I'LATEN 201 ;
er verfluchte sich und sein tabackfeuerbesteck , weil ers
vergessen hatte. J. Paul Nepomukkirche 145. ehmals in an-
dern anwendungen: er verordnete, dasz man ihn oben drauf
(über dem grab) aushiebe in einen köstlichen marmolstein in
seinem vollen kürisz, und das das helmlin ein besteck hette.
das besteck was ein hals von einem wilden schwan. gespreeh
von zweien sterbenden aus Erasmi von Roterdam colloquiis.
Dresden 1530. 4. B 3*. von verwachsnen oder sonst tadeluswerthen
leuten heute noch : das ist ein sclireckliches besteck.
4) besteck, enlwurf, plan, bei Heniscu 334 nwlimen, ma-
chinatio, dolus, was abgesteckt, abgekartet wird, zumal ist
besteck der entwarf eines neu zu erbauenden schi/fes, auch
heiszt so auf der seekarte die bezeichnung der aufeuthaltsorte,
wo sich das schif befindet, man sagt, ein besteck, die be-
stecke machen.
5) besteck, membrum virile.
BESTECKEN, fixum haerere, stecken bleiben, bc'kleiben, prael.
bestack, wie beilegen, belag: im schnee, im sumpf, koth,
im loch bestecken, im hals, Schlund, im mund bestecken;
(das schiß an das land in den griesz trug und da bestack.
Bocc. 1, 85, li'o aber die alte Ulmer ausg. 56* liest und do
pestecket; und beschicht oft, das si (die borsten) einem in
dem Schlund besteckend. Steinhöwels £so/) 60*;
der bauch war grosz, heslnck im loch. H. Sachs 1,499*;
da must ich ziehen perg und thal
in repn, sehne, durcli kot und lacken,
da wir ia schlcgcii {Schluchten) oft bestacken. 1,500';
die licren schlcg diu sind mir piuer,
wann ich daher fahr in dem dreck
oft sampt karren und ros besteck. I!. 4,3';
darob münnich Zwiefel erschrack,
das im geleich sein red bestärk. II. 4,99';
der mit dem ko|vf ir hart bestak
zwischen den bainon wie ein sak. Garg.^i'i
und war nicht unholdselig zu sehen, ohn wann er mit dem
wagen besteckt, da schrie er kelzerjammer. 111*; welcher mit
seim pf(>rd ... bis an die kniebiig in den bauch ful und der-
maszen bestack, das ers nit mehr heraus bringen kont. 285*;
nach dem also die bilger ausgehaben und dort hinaus für
besteckend (zwischen den zahnen stecken gebliebenes) gekrüut
geschlaudert gewesen. 238*; es sehe dann einer durch ein
Mnfefl fenster (einen strick) und besteck drinnen, grostm. 6« ;
1665
BESTECKEN
BESTECKER — BESTEHEN
1666
seht, dasz euch kein gauchkraut besteck (anhänge, anklebe),
yrosim. 108 ; die ßnger kominea oft zum üaupt, das thun die
fQsze nicht, die müssen in den schuhen bestecken ; wann
arme leut wollen thun bawen und wildpret einkaufen, so
bleiben ihnen die gret und beinlein im hals bestecken. He-
Nisca 334 ; do mag ich mich denken (etinnern), das ich etwen
im Schnee bestäket, das ich kum drusz mocht kummen, mir
oft die schüiin do binden bliben und ich barfusz zittrend
heim kam. Tho. Plater 7 ; ich werde etzvva vil an der sum
zalen und werde dan bstächen, das ich nit mer werd mögen
zalen. 96;
wann ich in schulden gar besteck,
Til porg ich auf und zeuch hinweck. Scbwarze5B. 137, 2;
da ein gesandter im anfang seiner rede erschrack und be-
stackt, also das er still schwieg. Lcthebs tischr. 340' ; wenn
sie in der sach bestecken und wissen weder aus noch ein.
WüBTz 51 ; doch ward der künig todt in einem mos gefunden,
als wer er in der flucht mit dem gaul besteckt. Frank chron.
241' ; besteckt einer in seiner wagenfart oder bricht ein rad.
Mathesics 154"; und wo es (das gescliütz) einsünk und be-
stecken blieb. Froxsperg 1, 155' ; in belrachtung, dasz sie her-
nacher in gleicher straf besteckten. Kirchhof tcendunm. 271";
doch dort in jener hecken,
da danuoch dünket mich,
da bieibets (das schäßein) gar bestecken,
dort hör ichs regen sich. Spee trutzn. 225 (205).
später gerälh dies intransitivvm auszer gebrauch, wie beilegen ;
die ausgehobnen stellen zeigen aber ein schwanken zwischen
starker und schwacher form, gerade wie es auch bei dem ein-
fachen stecken und den Zusammensetzungen anstecken, auf-
stecken slattßndct. der volksmäszige stil hängt dem richtige-
ren Stack und bestack, die schrißsprache mehr dem steckte
und besteckte an. schon der mhd. spräche gemäsz war be-
steckte und bestecket:
erstarret und bestecket (: bedecket). Wigal. 6756;
also taste daj wol ein schalt
darinne besteckt waere. 6S73;
eim woir ein bein bestecket was
in siner kein. Renner 1976.
ßr bestac grif man zu bestacte oder bestekte. vielmehr aber
ist aufzustellen, dasz die organische form gewesen wäre be-
stechen bestach (icte rechen räch), woraus das schwache be-
stecken bestacte (wie recken racte) erwuchs, mehr unter
stechen.
BESTECKEN, conftgere, praet. besteckte, mhd. bestacte,
transitiv, im gegensatz zu dem vorausgehendeti intransitiv:
1) ein grab mit blumen, den busen mit einem strausz, einen
hut mit federn, bändern, ein tuch mit nadeln, das haus mit
fabnen, den spiegel mit leimruthen bestecken, einen kuchen
mit mandeln bestecken ; der gärtner besteckt ein beet mit
bohnen, erbsen; mit liechtern bestecken. Garg. IS'; das ohr
mit einer feder bestecken, eine feder hinters ohr stecken;
der federn auf dem hüte trägt, der dünket sich was sein,
der federn hinterm olire trä^'t, der dünket sich kein schwein,
mit dem, der hut und ohr besteckt, kuinmt niemand überein.
I.OCAU 3, 4, 45.
mhd. in eime garten, da grüenez gras
der meige hat bestecket. Tukl. Wh. 115',
entweder mit blumen, oder da der mai das gras ausgesteckl hat;
diu weit ist ein garte, da got inne brechen sei
daz wunneclicbe loun, daz siner vröuden sal bestecket wol.
USn. 2, 358',
wie sich auch heute sagen Idszt die feder besteckt das ohr,
steckt hinter ihm.
2) bestecken hiesx auch aufstecken, einstecken, abstecken :
mhd. vier kerzen er da miie enbrant
die wären umb daj belle be.stact. kröne 14S44,
wie wir sagen lichter aufstecken, zuletzt aber, vermeinend die
malzeit wer all geschehen, sein messer besteckt KiRcuiiur
weudunm. 187*, d. i. in die lasche einsteckt, beisteckt, vgl. be-
steck, futleral. den plan bestecken, abstecken, entwerfen, wie
besteck entwurf: zwei ort abgezeichnet und besteckt, dahin
sonst kein ander tbier kommen dOrflen. eselkOnig 182.
3) bestecken, vollstecken, anfüllen :
m/td. herberge wären über al
mit lieliter diete (so Lacom.) bestaht. Er. 2375,
waren voll geputzter leute. nhd. die backen bestecken, an-
ßllen mit speise; das maul ist besteckt. Melisscs ps. Q5*;
nur dem Studenten wolle es nicht gefallen, dasz ich den pfaffen
bestolen, der ihm das munkelspiel (das maul) so grandig be-
steckt hatte. Simpl. l, 242.
4) bestecken, bei seile stecken, verstecken: indem besteckt
er beseits etliche häufen hinder wäld oder bühel. Fronsperg
kriegsb. 1, 123" ; darnach zu gesetzter zeit mit allen vortheilen
und listen besteckt (es steht besteckten) halten. 1, 176*. vgl.
beistecken.
5) die reben bestecken, vites palare : die an der Mosel be-
stecken ihre Weinreben mit aichen pfalen, die am Necker mit
thennen. Hemscb 334.
6) weidmännisch, die feldhüner bestecken, ein gam um sie
her aufstellen, bergmännisch, die bergeisen bestecken, mit
heim und stiel versehen.
BESTECKER, m. in mehrfachem sinn : bcstecker der reben,
palalor, pedator.
BESTECK-MäCHER, m. einer der futlerale macht.
BESTEG, m. ein leitiger slof, der sich zwischen den gangen
oder Stegen findet, oß auch gangweise bricht, sonst genannt
ausschramm: was nun in gengen und bestechen bricht oder
ligt. Mathesics 28"; in bestegen findt man oft weisz silber,
so klein als wer es von einem gülden groschen abgefeilet.
das.; wo zumaJ die erz nierig und im bestech und leiten
ligen. 28'; die gänge enthalten einen weichen thonartigen
Schmant, den die bergleute besieg nennen, und führen niemals
metall. Gothe 51, 110. Frisch 2, 326' stellt es unter steg, Ma-
thesics schreibt besieg und bestech.
BESTEHBÄR, was bestehn kann, haltbar.
BESTEHBÄKKEIT, f. bestehbarkeit oder nicht bestehbar-
keit mehrerer angenehmer empfindungcn nebeneinander. Fichte
kritik der o/fenb. s. 9.
BESTEHEN, goth. bistandan, ahd. pistantan (nicht pistan-
tan, ifte bei Graff 6, 602), mhd. besten und besten, ags. be-
standan, nnl. bestaan, schw. bestä, dän. bestaae. die flexion,
wie beim einfachen wort, wo nachzusehen ist. das pari, praet.
bestanden ist schon besonders aufgestellt.
Unser bestehen entfallet sowol die intransitive bedeutung
des tat. consistere und eonstare, als die transitive von circum-
sislere, circumstare. jene pflegt das praet. mit sein, diese mit
haben zu umschreiben.
I. intransitives bestehen, stehen, stehen bleiben, still-
stehen, ruhen, in der heutigen schrißsprache wenig gangbar
und nur unterm volk lebendig, aber zu neuer Verwendung
empfehlenswerlh. statt des bestehn gilt auch gestehn und beide
Partikeln offenbaren hier deutlich ihre gewalt vor dem verbum
das sie aber zu entbehren wi^d ßr sich selbst intransitiv zu
gellen vermag, stehn, rinnen = gestehn, gerinnen.
1) von flüssigen dingen gebraucht, stocken, gerinnen, zu rin-
nen aupiören: die milch besteht, gerinnt; ist bestanden, ge-
ronnen ; das Wasser besteht, gefriert, doch 2 Pelr. 3. 5 das die
erde aus wasser und im wasser bestanden [yfj i^ vSazos
xai Si vSaros ai'yeazäiaa) meint dasz sie aus dem wasser
fest zusammen geronnen sei; das blut besteht, stockt, steht
still: und alsobald bestund ir der blutgang {goth. gastuf) sa
runs blii)iis). Luc. 8, 44 ;
ich bin ohn herz und kraft, ach ich vertrche schier,
die glieder sinken bin, das blut bestehet mir. Opitz 1,230;
der Wangen zier {die rölhe)
erstirbt, der puls besteht, die äugen werden blind.
Grtpuius 2, 178;
der harn besteht, flieszl nicht mehr:
vielleicht wil euch der haiyi bestehen,
so wil ich gleich zum doctor gehen. Albkhls 150;
das fett besteht, stockt, gerinnt, erkaltet: speck klein zer-
schnitten und zerlassen in einer pfannen, und wann er zer-
lassen ist, so geusz ihn auf ein kaltes wasser, wann das
faist bestanden, so lasz das wasser danon. Seuter 269. das
übliche: bestund wie butter an der sonnen. Simpl. 2, 490
besagt, er schmolz alsogleich, zerflosz. konnte nicht aushalten.
2) rof» gliedern des leibs: das maul besteht ihm nicht, sein
mund steht ihm nicht still. ScuaEiLER 3, 596;
ich bin ganz lasz, so schrei ich in der noth,
die stimm ist raub, die keble bleibt bestehen.
ÜPiTiiM. t. 129;
also auch die zunge, die rede, das wort besteht, stockt, doch
für das natürlichste, der fusz besteht, hält ein zu gehen,
finden sich keine beispiele.
3) ton gerith und Werkzeug: die mQle besteht, steht ttitl;
105
1667
BESTEHEN
BESTEHEN
1668
der wagen besteht, hält an; die uhr besteht, bleibt slehn,
Schweiz, s zitt ist bstanda, die uhr ist gestanden. Tobler 83'.
mhd. dag swert bestät, hält ein:
daj swert daj er furle,
versuchte er alzu sSre ...
dö ej bestunt
da halte ez gcspalden
den satel beidenthalben,
in dem rosse bleip der slac. Hbrbort 6480.
nhd. vom fliegenden pfeil, der stecken bleibt:
Cupido zielte nechst und meint es würde glücken,
auf Polla herze zu. sie wandte sich, im rucken
bestund der heisze preil. Loqjlv 1, 10, 46.
4) von laufenden thieren. mhd.
ich wünsch, daj im sin ros bestS
üf wiier heid und werd ze rech (steif),
so er allergernöst sech,
daj e; in üj ncEten trüeg. Ls. 2, 425. Sch«. 3, 74;
da chomen die hund, da sie die frawen sachen, und bestuon-
den, und pullen sie an. erzählung hinter Bodmers Boner
s. 265; und kein thier kund für im bestehen (stand halten)
noch von seiner band errettet werden. Dan. 8, 4.
5) von menschen, stehen bleiben, still stehen, mhd. heime
bestin, daheim bleiben:
Benjamin bestuont heime,
sineme vaier ze goumele. fundgr. 2, 62 ;
eine bestdn, allein bleiben; tot bestän, todt bleiben, liegen:
die sint mit in bestanden
tot in hiunischen landen. Wage 1826;
des muosens alle da bcstän
unz an dise zwene man. 1962;
daj ir deheincr haele trösl,
ern molite töler da beslän. Bit. 11242;
SO vneigenllich es gesagt ist, todt stehn für todt liegen;
wan si eniät mich von ir scheiden,
noch bi ir besten. JUS. 1, 65',
noch bei ihr bleiben.
daj mine viende hie bi mir besten. Nib. 250, 2;
er bat in rainneclichen noch bi im bestän. 257,3;
euch wolden hinder im niht bestän
sine burgaere. Er. 8668.
nhd. beispiele dieses sinnlichen bestehen, still stehen sind selt-
ner, und pflegen es noch mit bleiben zu verbinden, welches
für sich dasselbe ausdrückt:
denke, wenn er sich im zorn erregte,
über dir heunt das gerichte hegte,
würdest du nicht kahl bestehn? Grtphiüs,
wie man sagt, er besteht kahl, hat alle haare, die ihn deck-
ten, verloren; er besteht, besteckt, bleibt stecken, s. bestan-
den 6;
sie blieben aus schrecken bestehen, froschmous. U. 2, 14;
anstatt dasz Solande uinb des mords willen fliehen soltc,
bliebe er bestehen, und erwartete den ausgang seiner gegen-
wehr. pol. stockf 288.
6) bestellen, stand halten, atishalten, ausdauem, constare,
fermanere, gegenüber dem niederfallen, stürzen, zuweilen noch
sinnlich, meistens schon abstract verwandt : wer kan wider
die kinder Enak bestehen? hMos. 9, 2; aber nu wird dein
reich nicht bestehen. 1 Sam, 13, 14 ; dein stuel sol ewiglich
bestehen. 2 Sam. 7, 16 ; der gottlosen hütle wird nicht be-
stehen. Hiob 8, 22 ; der gerechte bestehet ewiglich, spr. Sal.
10, 25; anschlege bestehen, wenn man sie mit rat füret.
20, 18; wer Irom ist, des weg wird bestehen. 21, 29; des
thron wird ewiglich bestehen. 24, 14 ; mein anschlag bestehet.
Es. 46,10; auf das sein bund gehalten würde und bestünde.
Ez. 17, 14; und die bogenschutzen sollen nicht bestehen. Arnos
2,15; und eine jegliche Stadt oder haus, so es mit im selbs
uneins wird, mag nicht bestehen. Mallh. 12, 25 ; ist denn der
satanas mit im selbs uneins, wie wil sein reich bestehen?
Luc. 11, 18 ; aber der feste grnnd gottes bestehet. 2 Tim. 2, 19 ;
o es bestehet nicht. LLtiiEn 3, 146'; wan also ketlerechl sein
und leichtfertig in geistlichen dingen, das mag nit beston, es
nimpt ab. Kf.isersr. s. d. m. 51'; man ist wol und redlich
J.'estanden, sustcnlalum est. Maai.er63'; disz bestund ein weil.
Kirchhof uendunm. 145*; das bestund nicht lange. Wickram
rollw. 63'; in summa es ist so klar, dasz der mess grnnd
innerhalb der schrift bestände, wie ein kind, das aus seiner
wiegen füll, bienenk. 77'; eine ansehnliche Stadt, die sich
auch wol hat künigen widersetzen, auch wider sie lange [«e-
standea ist. Micrälius 1, 106 ;
das dankbar ich besteh mit deinem volk für dir.
Weckheblin 19;
hingegen wir, des herren arme knecht,
bestehen nur durch gwites faust aufrecht. 81;
des höchsten höchste bäum, mit wisperendem lust,
mit erquickendem saft belebet, frisch bestehen. 225;
weh dem und ewig weh, der dort nicht wird bestehn,
den unser könig weit wird heiszen von sich gehn.
Grvphiüs 2,423;
zu meiner zeit
bestand noch recht und billigkeit,
da wurden auch aus kindern leute. Hagedorn 3, 72;
und wie der klang im ohr vergehet,
80 lehre sie {die ijlocke) dasz nichts bestehet. Schiller 80";
millionen beschäftigen sich, dasz die gauung bestehe,
aber durch wenige nur pflanzet die menschheit sich fort. 90";
da der frühling herbeikam und man ohne feuer besteben
konnte. Göthe 18, 26; die früher erwähnte gesellschaft war
noch immer bestanden. 26, 346; das vieh ist so stark und
hitzig, dasz kein ander ros dagegen bestehen kann. Tieck
3, 51; das bestehende, das dauernde in der natur; am be-
stehenden festhalten. Göthe 31, 46. Häufig geht solches be-
stehen auf einen kämpf oder streit, auf eine prüfung, aus der
man wol oder fibel, mit ehre oder mit schände und lüge her-
vorgeht: doch weil ir habt angehaben, sehet auf mich, ob
ich für euch auf lügen bestehen werde. Hiob 6, 28 ; es wer-
den mit schänden bestehen, die da gute garn wirken und
netze stricken. Es. 19, 9 ; und der mond wird sich Schemen
und die sonne mit schände bestehen, wenn der herr Zebaoth
könig sein wird auf dem berg Zion. 24, 23; darumb werden
sie mit schänden bestehen, das sie solche grewel treiben.
Jer. 6, 15; meine feindin wirds sehen müssen und mit aller
schände bestehen. Micha 7, 10 ; da wird ein löbliche rechnung
aus werden, und wirst ser wol bestehen, das du die liebe
fallen lessest umb eines pfennigs, ja umb eines worts willen
deinen zorn ausschüttest, und beide sack und seil aufbin-
dest. Luther 6,51'; mit schaam bestehen, pers. rosenth.4,3;
oder es findet sich, dasz der ungenannte schon sonst wo übel
bestanden. Lessing 10,220; alle jene unbestellten feierlichen
Sachwalter der menschheit sind schlecht genug gegen die ver-
fängliche beredsanikeit seines kummers bestanden. Schiller
311'; dieses mädchen ist sehr wol bestanden und hat ein
herliches zeugnis davon getragen. Göthe 25, 7. diese belege
zeigen im praet. ist, man sagt aber heute beides, er ist oder
hat mit ehren, mit schände bestanden, die ältere spräche
verband auch einen gen. der sache damit:
irs hoffens warn sie nicht mit spot besteen.
Melissüs ps. P6".
7) selten erscheint bestehen mit gen: der sache im sinne
von zugestehen, es gelten lassen, gleiclisam dabei stehen bleiben:
herr richler ich musz der klag besten, fastn. sp. 542, 29;
zart frewlein, der ding ich besteh,
das etwan in lieb auch sei leiden. H. Sachs IH. 3, 5';
von welchem (worüber) der muraal ergrimmet ime des kampfs
besteht. Forer fischb. 46'; und ich besteh, so dieser sach
nicht recht geholfen werde, werd es mir schaden thun. Margr.
Kufners bei Melanchth. 5, 287. vgl. 11, 10 und beständig 6,
beständnis 2.
8) gleich selten kommt vor bestehen mit dem dal. der per-
son im sinne von treu bleiben, alicui fidcni servare, einem
stand halten: den fieng an der bruder beim leiden Christi
bald zu beschwern, das er ihm bestund. Frank chron. 220" ;
der in der höchsten lust
dem schwur bestanden, deiner ehre
nie, nie eroberer zu sein. 60x1^6x1,82;
besteht mir dein wille,
will ich vermählen auf immer der liebenden ihren geliebten.
KÜRGEH 24G*.
vgl. beistehen.
9) desto häufiger erscheint liestehen auf etwas, und zwar
a) mit dem dat. der sache, wenn sie schon da ist, constare,
perstare, permancre in aliqua re: ich bestehe auf meiner an-
sieht; er bestehet auf seinem köpfe, behurrt eigensinnig bei
dem, was er sich in seinen köpf gesetzt hat; er bestand auf
dem einmal erlheilten befehl; aiier Heliodorus bestund auf
dem befehl des königs. 2 Mocc. 3, 13 ; auf das cwcr glaube
bestehe nicht auf menschen Weisheit, sondern auf gottes kraft
(vulij. ut ndes vestra non sit in sapienlia hominuin, sed in
virtute dei). iCor. 2, 5; auf dem ist der ganze liandel bestan-
den und beniget. Luther I, 450'; dasz man allein auf dem
wort gottes bestahn und beruhen solle, bienetik, lo'; und
1669
BESTEHEN
BESTEHEN
1670
dasz ir fundament auf den exempeln Christi bestehe. 156';
und was vortheils diejenigen, so auf diser {auslegung) be-
stehn, haben. 157*; all unser thun bestehet anf bloszer ein-
bildung. Philasder l, 164; weil sie (die hoffarl) auf einem
schlechten fundament bestünde. Simpl. l, 294; so wie die
Wissenschaft von gutem geschmack gänzlich entfernt sein kann,
ebenso kann die proportion, welche auf dem wissen be-
stehet, in einer figur ohne tadel sein. WiM,Et.MA>"N 4, 165;
der Stil war trocken und steif bis auf Michael Angelo und
Baphael, auf diesen beiden männern bestehet die höhe der
kunst in ihrer Wiederherstellung. 5, 279 ; herr Basedow glaube
ja nicht, dasz ich auf diesem einwürfe, den er sich selbst
macht, und auch selbst beantwortet, bestehen werde. Les-
M5G 6, 250.
b) mit dem ace., trenn sie erst eritrebt vird, insistere in
aliqnam rem:
einmahl mein herz nur auT lieb,
einmahl nur auf krieg bestehet. Weckherli» 468;
in ihren gebrauchen und dem gottesdienste bestanden die
Aegjpter auf eine strenge befolgung der uralten anordnung
desselben. Wixeelmasn 3, 71 ; anfangs wollte ich die fliigel
weglassen, doch bestanden die frauenzimmer, die sie anputz-
ten, anf ein paar groszer goldner schwingen. Güthe 20, 157.
c) doch schiene auch in den fällen unter b der dcU. zuläs-
sig, sofern man unter der sache sich den Vorsatz, die fordc-
rung denken will : sie bestunden auf einem paar goldner
schwingen, nemlick die sie anbringen wollten; und so sagt
Schiller : auf dieser probe ihrer folgsamkeit musz ich durch-
aus bestehen. 346 ; verhetzte die gemüter, auf eigenen kirchen
zu bestehen. 835. nicht selten läszt auch ein bloszes darauf,
hierauf oder die mangelhaßigkeit unserer flexion den dat. oder
acc. gar nicht erkennen : sie aber bestund drauf, es wäre also.
apost. gesch. 12, 15 ;
und wer auf frümkeit will bestan,
dem mags hie selten wol ergan. Schwarzeäb. 156, 1 ;
dasz nämlich aller Echönheit blum
nur auf Elisa noch bestehet. Weckherlix 341;
breit ist der weg zu des tods finsterm haus,
oho Ihür das thor, da man stets hioein gehet,
sich aber wehrt zu ziehen noch daraus
hierauf die müh, hierauf das werk bestehet. 388;
hast du der weit bezeigt, dasz deiner reisen zeit
auf nichts bestanden sei als blosz auf eitelkeit? Opitz 2, 19;
er wird von eitelkeit der dinge nicht verblendet,
die blosz auf wahn bestebn. 2, 104;
euer gnaden, derer gröszeste erquickung and trost auf lesung
geistlicher sachen bestehet. 3, 67;
ein regimeot besieht auf grund und nicht auf spitze,
betrug betreugt sich selbsl, die redlichkeit i«t nütze.
LOCAC 3, 10, 62 ;
darauf bestehet die hanptsache. Harnisch hh; der seine rede
auf ja ja oder nein nein besteben läszt. Weise kl. leute 316 ;
die gröszte Schwierigkeit in sachen, die auf gelehrsamkeit be-
stehen. VVi\keliia:^m 3, xxrii ; wie oft bin ich nicht darauf be-
standen? Lessisg 1, 387; wenn die weiber darauf bestanden
w-jren. Wielaxd 8, 197 ; sie bestand darauf, von ihm geschie-
den zu werden.
10) bestehen in etwas: in dem mnnd zweier oder dreier
zeugen sol die sache bestehen. 5 Mos. 19, 15; der gottlose
bestehet nicht in steinern unglück. spr. Sal. 14, 32; komme
ich zum dritten mal zu euch, so soll in zweier oder dreier
mund bestellen allerlei sache (goth. ana munt)a IvaddjS veit-
vude jah |)rije gastandai all vaurde). 2 Cor. 13, 1; so beste-
het nun in der freiheit (|)amtnei freihalsa standaifi nn). Gal.
5, 1; bestehet also in dem herrn (standi)) in fraujin). Phil.
4, 1; und er ist vor allen und es bestehet alles in im (alla
in imma ussatida sind). Coi 1, 17; in welchem won und aber-
glauben si dann bestanden sein bisz anno MCCCCLXX. Framr
weltb. 120'; und daraus schlieszt man, dasz (fie mcss in der
Schrift bestehet, bienenk. 74'; dasz ich nnd mein» gleichen
niemals in der warheit bestanden. Avrer fror. 1, 11 ;
ja wie mein gidek und l«ben bloiz in deiner fausi bestand.
H»mAN;<sWikLDAU getr. sckäf. 137 ;
das andere bestehet allein in der meinung. Schüppics 715;
die moralische Wissenschaft des menschen bestund darin.
I.iscoT s. 733 ; weil es mit den augenzeugen, in deren mund
die Wahrheit besteht, mehr Schwierigkeiten hat. Claodids 4,
111; christliche vüllkommeoiieit bestehet in der liebe.
11) bestehen aus etwas {eonstare, eonlineri) : der mensch
besteht aus leib und seele; die predigt hat aus vier Üieilen
bestanden; das werk von Moses besteht aus fünf büchern;
die ganze Sammlung bestund aus 247 nummern. Güthe 49, 161.
ahd. sagte Notser bestan föne (gramm. 4, 819).
12) bestehen bei etwas: wie kann dieses beides beieinan-
der (zusammen) bestehen? Lessing 7, 167; biblische erzäh-
lungen so auslegen, dasz die Vernunft dabei bestehen kann.
Ka>t 1, 239 ; bei dem hohen pachte, bei seiner Verschwendung
kann der mann nicht bestehen.
13) für einen bestehen, praestare se aliquem: da bin ich
für ein meister bestanden (habe mich als meister bewährt).
Garg. 102'; für einen philosophum bestehen können {prae-
stare se philosophum). Mich. Neasder bedenken s. 3 ;
drumb sie sich auch verstellt und solchen weg auch funde
mit dem, der für das bäupt der triegerei bestünde igati).
Werders Ar. 4, 3.
li. transitives bestehen, das iniransitite setzte ruhe
voraus, das transitive bewegung. bestehen ist umstehen, und
circumstare, circumsistere gehn leicht über in aggredi, adoriri,
anfallen und bekämpfen, zwar das goth. managei so bistan-
dandei, lurba circumstans, Joh. 11, 42, liesze sich, weil ein
acc. unausgedrückt ist, noch intransitiv fassen ; aber bigraband
fijands |)einai grabai }>uk jah bistandand {>uk jah bivaibjand
{)uk, Tteoißa/.ovatv fii i^d'Qoi aov xöiQcocä ooi xcu TtSQi-
otvy.i.iüaovoiu as y.al crvpe^avotv ae. Luc. 19, 43, bei Luther,
deine feinde werden umb dich eine Wagenburg schlagen, dich
belagern und ängsten, meint unter bistandan feindliches um-
ringen, nicht anders ahd.
tbie Judeon nan bistuantun. 0. 111. 22, 9,
gerade wie
stöd ine werod umbi. Hei. 115, 21,
so dasz bi in dieser Wortbildung offenbares umbi ist.
1) der Jäger und seine hunde umstehen das wild, bestehen es.
einen eher gröjen vant der spürhunt.
als er begunde vliehen, dö kern an der stunt
des gejeides meister, er bestuoni in Of der slä. Nib. 881.
so nhd. den hären, drachen bestehn, bekämpfen; da gedacht er
{der Jäger) im, nu bistu also grevslich gestalt, das ich dich nicht
daif beslan, du möchtest mich leicht zerreiszen . . . und nam
gott zu einem helfer und bestund das thier allein, legende
bei Luther 6, o02'; ich will die saw kecklich bestan. Teuer-
dank 19, 24.
2) feinde slehn sich gegenüber, bestehn, greifen einander an :
Jan dornen mich din zwelve mit sUite nimmer bestan.
Au. 117,4;
mit urliuge und mit drd
so bestuont er si zehant. Greg. 739 ;
daj er wolde bestan
den in dem boumgarten. £r. 8664;
daj in der lewe wolde bestan. /». 3867;
nhd. da kann ich meinen man bestan. Mcrker scftclmmx. 9* ;
ein böser tod hol mich, wann ich dich nil noch, als alt ich
bin, bsteen (es mit dir aufnehmen) wolt. Wirscxg Cai. E3';
auf das, wenn dich der feind bestund,
er dich nicht bald erwürgen künd. Ringwald laut. m. 54;
nann du den mut nicht hast, es mit mir anzugehen,
und merkest, dasz du mich wirst können nicht besteben.
Werders Ar. 30, 84 ;
ihren feind besteht. Opitz *rie«;«<;. 468 ;
gewohnt den feind zu bestehen. Stolbebc 11, 80;
die Danaer bestehen. Börser 170*;
ist einer, der meinet mich . . . hinüberstoszen zu können,
der komme, ich lebe noch und vrill ihn bestehen. Arndts
erfn»<Twii(^fn s. iv.
3) dies bestehen = ergreifen, treffen, war bei Verwünschun-
gen, wenn man unheil und plagen über einen senden wollte,
hergebrachter ausdruck (so wie angehen sp. 340, ankommen
sp. 385, anstoszen sp. 488, befallen sp. 1249): der bapst
spricht, wer mir einen heller nimet, der sei des teufeis mit
leib und seel, ein ketzer, ein abtrünniger, und alles nnglück
bestehe in. Luther 2, 57'; es möcht eim (ein? oder gehörig
XU !, 1?), mit nrlaub, die strangnria bestehen über den groben
narrenköpfen. 2, 152' ; ah, das den bnben die pestilenz, Veits
tanz und alle fluche bestehen! 3,298; und denken doch, das
dich alle plage bestehe. 3, 298*; ich wolt, das den salzbur-
gischen dopg, den Edomiter, alles nnglöck bestünde, das er
euch so geplaget hat. Vrrus Dietrich bei Luther h, XIT' ; o das
in dis und das bestehe! 8,123*. (ucAr. 132'. 401*;
ihr lutherische müszt uns noch har Ion,
und soll euch alles unglück besion.
getprech der teufet. 1542 63' ;
106*
1671
BESTEHEN
BESTEHEN — BESTEIGEN
1672
sie sol die drüse und peule bestehen!
JoH. RöMOLD, fein christlich spil. C3';
euch sol die drüs und peule beslan! CT;
im {für in) solin die rasen stürzen bstahn.
Strickers schlemmer 1584. E2';
pfaffe, wiltu nicht bald weg gchn
dir (für dich) solin itzt die rasen bestehn. E6';
dasz sie die feifei bestand! Garg. 204'; dasz in die franzo-
sen bestanden ! 251* ; ei dasz euch pfaffen alles Unglück be-
stehe! Mich. Neander menschensp. 17; es bestehe solche
leute s. Veitin, die da meinen, es gehe ihnen etwas abe,
wenn ein ehrlicher kerl nach ehren strebet. Schüppiüs 548.
4) leidenschaflen und begicrden {zumal persönlich gedachte)
bestehn den menschen, überfallen, nehmen ihn ein: mhd.
dö liebe kom und mich bestuont. MS. 1,65';
bestdt si {die minne) also mich. Iw. 1632;
als in der hunger bestuont. 3267 ;
michn beste groejer not. 6259;
nhd. so das dich dein rasender grim bestehen würde, das
du etwas wider mich wollest fürnemen. Luther 1, 62' ; sonst
soll dich wol ein lachen bestehen {ankommen). 5, 163' ; wenn
sie die silbersucht und das güldenfiber bestehet. 8, 88' ;
hoffart und ehrgeiz sind der kirchen schedlichste gift, wenn
sie einen prediger bestehen, lischr. 190*; wann der hunger
und durst ein menschen bestehet. Agricola 82';
new Jammer, not und kümmernis
bestünde mich wider da gewis.
Hatneccius Hansofr. 1, 4;
mich besteht leibsnot. Garg. 286'.
5) umgedreht besteht der mensch krankheil, noth und ge-
fahren, übersteht sie, steht sie aus, tritt ihr entgegen, was sich
mit 2 berührt, engl, stand: denke dran, was sie für gefahr
bestanden hat, da sie dich unter irem herzen trug. 2ofc. 4, 4 ;
dasz der noch mut mir gibt, ein leiden zu bestehn,
der uns durch leiden prüft. Gökingk 3, 209 ;
auf abenteucr zu gehn,
und wilde hünen zu bestehn. Wieiands ÄteJia 2, 249;
er hat euch bestanden, was keiner besteht. Schiller 64";
alle die das abenteuer mit bestanden hatten. Tieck ges. nov.
2, 239 ; der henker mag das bestehn ; er hat eine schwere
krankheit bestanden, hatte ein langwieriges krankenlager zu
bestehn, auszuhalten; einen krieg bestehn. mhd.
ir minne der liuvel beste, kröne 17453.
6) gerichtlich, die anklage bestehn, siegreich daraus her-
vorgehn {vgl. I, 6) :
bestehst du diese malantzanklag? H. Sachs III. 2, 214';
ich habe den process, die anschuldigung glücklich bestanden ;
ein gericht bestehen. Moser 1, 249: einen unib den andern,
bisz die gerichtsordnung bestanden sei. Rel'Tter kriegsordn. 69.
7) ein werk bestän, opus aggredi, wie angehn {sp. 341). Tit.
2588 ; eine priifung bestehn, gleichviel mit in der prüfung
bestehn I, 6; dasz ich mich, wo nicht in das gespräch mi-
schen, doch wenigstens einzelne fragen und antworten be-
stehen konnte. Göthe 24, 141 = auf einzelne fr. bestehen;
mich trift keiner dieser vorwürfe, ich kann frei des edlen
mannes blick bestehen, aushalten == vor seinem blick be-
stehn. Klinger 2, 335; er hat den letzten augenblick seines
lebens, so bitter er auch war, nicht übel bestanden. 3, 291.
8) sehr merkwürdig ist das mhd. einen bestän im sinne
von angehören, auf verwandte und hörige bezogen, ohne Zwei-
fel walten ursprünglich dabei sinnliche Vorstellungen ob. wie
nemlich anhören und angehören auf hörige d. i. gehorchende
leute gieng {vgl. sp. 671), die dem worte des Herrn und va-
ters hören, ihm clientes, cluenles sind; ebenso bestehen sie
ihn, stehen um ihn herum, sind seine leute und verwandte,
umgeben seine seile, seinen rücken {vgl. amt, golh. andbahts),
gehen ifm an {accedunt cum), man vergleiche Ssp. II. 16, 1 und
III. 73, 2: vor sinen herren, dem he bestat, und vor sine
swertmüge. auch mnl. galt diese bedeutung von bestaen, z. 6.
minnenloop 3, 335. mhd.
wesser wie si mich bestiU
und mir ir leii ze herzen gi't. Parz. 276, 29,
d. i. wie nah sie mir steht, sie ist meine Schwester;
si beslAt mich ze swester nilit. Ftore 4044,
sie ist nicht meine Schwester, geht mich nichts an;
er ist iuwer sun doch, als er gibt?
'nein herre, er besiäi mich nllii
wan alse vil ich bin sin man'. Trist, 105, 24;
da; klage ich dem den er bestät,
derst unser beider voget. Walih. 104, 9.
aus diesen persönlichen Verhältnissen wurden die Wörter all-
mälich gehoben und kälter auf sachen oder abstractionen an-
gewandt {vgl. e; bestät mich, gramm. 4, 238). alle diese be-
deutungen von bestehn, die sinnliche wie abstracte, sind der
nhd. spräche beinahe fremd, doch sagt man noch 'einen im
blute bestehen', mit ihm verwandt sein.
9) dagegen kennt sie ein bestehen ßr mielhen, pachten,
aus dem das schon abgehandelte bestand für miethe herrührt:
bestehen, vermieten. Frankf. ref. II. 14, 1 ; aber der wirt und
sein fraw seumpten sich nicht lang, sondern betten ein an-
der kammer bestanden und lärten ihm sein haus. Wickram
roUw. 36'; sie hatten einen boden umb geld bestanden.
Kirchhof wendunm. 296;
ich hab der zarten bestandn ein haus,
da niemand son»t geht ein noch aus.
H. Sachs III. 2, 167';
es waren ein specht, ein maus und ein bratwurst in gesell-
schaft gerathen und (hatten) ein haus bestanden. Philand.
2,927; vom verleihen und bestehen. Hohberg 3, 15; das be-
standene haus. 3, 16; wir bestanden das fahrzeug. J. Paul
paling. 2, 31; quartier für solchen bei einem freunde bestan-
den, ßegelj. 1, 31. ist dies bestehen ein belegen, in beschlag
nehmen? oder wie das lat. conducere domum ein congerere,
cogere? man scheint früher auch gesagt zu haben 'einen zum
mann, eine zur frau bestehn', gleichsam miethen oder kaufen,
nehmen :
und wil sie mich darüber bestän,
so wil ich sie gern zu einem weih han.
fastn. sp. 576, 34.
10) etwas bestehen = gestehen gleicht der intransitivbedeu-
tung I, 7 :
aus lieb er (Christus) setzet und bestet (oder bestetet?)
fünf Wörter, die der priester pett (betet),
und sich dadurch gewandelt hat
als (alles) in verwandelt scheinlich brot.
SCHWARZENBERG 154, 2 ;
aber gott, der kein halbiert herz wil haben, wirt es nit be-
steen, sonder sagen, sie sind von der weit. Frank trun-
kenh. B*;
nein herr, dasselb besteh ich nit. H. Sachs II. 2, 35* ;
dabei wir dan ganz sonnenklar
des herren urtheil sehen,
und müssen es ganz recht und wahr
und ihn gerecht bestehen. Wkckhkrlih 33.
dies besten ein ding, es einbcstehn kennt auth die heutige
Volkssprache in der Schweiz und Baiern. Schm. 3, 597. Tob-
LER 83'.
11) bestehen = verstehen: obgleich er weder latein noch
deutsch bestehet. Liscov 518.
BESTEHLEN, suppilare aliquem, ags. bestelan, schw. be-
stjäla, dän. bestiäle, nnl. bestelen : diebe, die den garten be-
stehlen; einem die kasse bestehlen; oder wollen sie, dasz
ich die unerzogene waise meines freundes bestehlen soll?
Lessing 1, 518; er bestiehlt land und leute; ich bin bübisch
um mein leben bestohlen. Schiller 213;
helszt das geladen? gleich das doppelte!
wie die tagdiebe ihre pQichl bestehlen! 520;
(lernt), wie jener geizhals sich
um sein eignes geld, auch mich
um mein eignes glück bestehlen. Gökinci 1, 53.
BESTEHÜNGSPLAN, m. der allgemeine bcstehungsplan der
bewegungen der planeten {die fläche, in welcher sich die pla-
ncten fortwährend bewegen). Kant 8, 272.
BESTEIFEN, firmare, bestärken, einen in seinem vorhaben,
in seiner bosheit besteifen ;
und dasz ihm so ist, scheint vom Ganges bis zum Po
consensus gentium zu besteifen. Wikland 5, 154.
BESTEIFUNG, f. firmatio: zu bestcifung seines verkehrten
Sinns. Simpl. 2, 464 ; es tragt sich mehrmalen zu, dasz die
natur selbs ohne wissen helfen musz zu bestcifung des
aberglaubens. Scheuchzer 3, 12.
BESTEIGEN, conscendere: das pferd, schif, dach, bett, die
bühne, kanzel, den thron, wagen, berg besteigen; ein mann,
der ungehabt und ungestabt gehen und ein hengslmäsziges
pferd besteigen kann; der bock besteigt die geiszen. pflanz-
buch 58; der schifsjunge den mastbaum; der dieb besteigt
den galgen;
1673
BESTEIGUNG— BESTELLEN
BESTELLEN
1674
die lerche besteiget die luft. vo.h Kleist 2, 9;
man weisz um welcher tueend willen
Anna von Boleyn das schaffet bestiegen. Schillkr 42S';
ich will ihr bett nicht besteigen, bis ich euch auszer gefahr
weisz. GüTHE 42, 135; Flamin bestieg den höhern stand als
eine anhöbe, um seine wolthaten und entwürfe weiter zu
werfen. J. Pacl Hesp. 4, 146.
BESTEIGUNG, f. des betts, bergs, der anhöbe.
BESTEINEN, lapidibus sternere: besteinte straszen, krönen ;
die das besteinte gold der schweren kröne blend.
Grtphics 1, 17;
besteinte goldes spangen. K."«iTTEispoe/. sinnen/"r. 39;
Ton da an, wo das feld, durch das der Po sich gieszt,
sich an den rauben fusz besteinier alpen schlieszt.
i. E. SCHLIGBL 4, 4S.
BESTERRüG, m. wird in einigen gegenden vom hier, wie
der ausbrach vom wein verkaufl. vgl. bestgut, besthaupt «. a.
BESTELLBRIEF, BESTALLBRIEF, m. Schertuns br. 106.
BESTELLE.N, curare, parare, instruere, disponere, ahd. pi-
stellan pistalta, mhd. bestellen bestalte, aber unhäufig und
bei vielen gar nicht vorkommend, nnl. bestellen, schw. beställa,
dän. bestille, da das einfache stellen ponerß, collocare, bei-
stellen apponere heiszt, scheint in bestellen ursprünglich die
bedeutung von umstellen gelegen.
1) ahd. mhd. bestellen = umwinden, bewinden, besetzen,
von Christus sagt Otfbied IV. 23, 13 mit thornon bistellit,
sein haupt war mit dornen umgeben, bekränzt;
einen roch er ime sciiof,
er gieng ime an den fuo^,
mit pbellole bestalt. funUgr. 2, 53;
bestellet und bescbremet
mit schinät was da? kleit. trty.V. 2980;
da; kleit was an den enden
bestellet w'ol in alle wis. 20119,
wie aus dem folgenden erhellt, wiederum am säum mit schinät ;
anger und walt
besialt sind wunneclicb. MS. 2, 194',
zu verstehn mit loube, gleichsam mit laub gesäumt, besetzt;
nimmt man dazu
mit riehen borten umbestalt. Er. 741,
50 irird die angegebene bedeutung unzweifelhaß, nhd. ist sie
erloschen.
2) nhd. land, feld, acker, garten bestellen, woßr man auch
hört ausstellen, bearbeiten, gegenüber dem einernten, also
wieder umstellen, umackern, umarbeiten, den boden mit pflüg
oder hacke umstellen, umwerfen, dasz er besät werden könne.
LcTHER aber hat es Jer. 37, 12 in anderm sinn: gieng aus
acker zu bestellen unter dem volk (LXX ayopdaai, vulg.
dividere possessionem), also kaufen oder verkaufen, in an-
dere hand stellen. Stieler 2144 einen acker über winter be-
stellen, sationem autumnalem facere; Maaler 63* einen gar-
ten bestellen, hortum conducere; warum wächst an einem
orte das körn höher als an dem andern? weil der boden
besser bestellt ist. Weise kl. leute 56 ; bestellt euem acker
wol. GöTHE 14, 306; grosze strecken mit heilkräutern bestellt
(besät, bepflanzt). 21, 69; das erntefest habe ihm zwar ganz
wol, das bestellen hinterdrein, pflügen, graben und abwarten
keineswegs gefallen. 22, 153;
ja, wol dem, der sein (eld bestellt in rub,
und ungekränkt dabeim sitzt bei den seinen.
ScBiLLB* 545*;
wie der himmel
in heitere bläue sich hellt,
und frohes gewiramel
dort dampfende schollen bestellt! Voss6, S5;
phantasiereiche dichter, die auf glühenden pQugscbaren sowol
die feuerprobe aushalten, als damit das feld bestellen. J. Paul
biogr. bei. 1, 143.
3) sein haus bestellen, gewöhnlich vor dem sterben, ex-
trema mandata dare, seine angelegenheilen auf den todesfall
ordnen: bestelle dein baas (LXX rä^nt Tteoi rov oixov aov,
vulg. dispone domui tuae), denn du wirst sterben. Es. 38, 1,
ro6ei sieh wieder ein umstellen des hausgerdths, ein vasa
colligere für die ausreite denken liesze. doch bei Maaler 63*
überhaupt conducere domum und Göthe setzt es vom ordnen,
einrichten des hauses': sobald er fort ist, eile ich mein haus
zu bestellen, um wieder bald bei ihnen zu sein, an Schiller
454. da gebot mir der Schöpfer aller dinge, bestellet mir
eine wonung. Sir. 21, 12, d. i. paravit mihi sedem, wie einem
herberge bestellen, parare hospitium: und er sandte boten
vor im hin, das sie im herberge bestelleten, aare erotfiäoai
avT^, goth. ayi mauTJan irama. Lac. 9, 52. hierbei ist zu
denken ans ahd. hereberga sin gestelleL N. ps. 26, 3 und an
heristal, heristelli. Graff 6, 666. 676. heiszt das nit wol ein-
kehrt? s. Julian bestell uns die herberg. bienenk. 78*. ein
grab, einen platz im himmel bestellen, anordnen, sich ein grab
bestellen, in das grab bestellen : auf dasz sie dir einmal ver-
storbenen ein ort unter den beiden bestellen. Schcppics727;
nach einer gewissen Ordnung sollten vom ende heran die
neuen grüber bestellt, doch der platz jederzeit wieder ver-
glichen werden. Göthe 17, 200;
er hat sein leben endlich hier gelassen,
worauf ich ihn hier in sein grab bestellt. Tiecs 13, 143.
in die schif, so von inen bestellet waren, treten. 2 Macc. 12, 3.
41 den tisch, die tafel bestellen, parare, instruere mensam,
vielleicht mit speisen besetzen, oder mit slülen, bänken, um-
stellen: eine wol geschmückte und bestellte tafel. Göthe 19,
20S. hingegen speise oder trank, essen und trinken, hier,
wein, brot «. s. w.,beim koch oder wirt bestellen, heiszt ihm
auftragen sie zu bereiten oder zu bringen {wie unter 8). einen
altar bestellen, errichten : und ist wol zu vermuten, dasz sie
kein altar on schöne bildlein bestellt und aufgericht haben.
bienenk. 140*.
5) den weg bestellen, mit bewafneten im hinterhalt bestel-
len drückte aus sowol ihn zum schütz bewachen lassen, als
auf ihm lagern und den reisenden nachstellen:
den wec bewarfen und bestellen. Walther 26, 14;
gebirg, darin sie (die künigin) zuvor alle weg und schlüpf
bestellet hatte. Kirchhof wendunm. 6'; läge stellen, wegela-
gem; aber bestelle einen binderhalt hinder der stad. Jos.
8, 2; und die kinder Israel bestelleten einen hinderhalt auf
Gibea umb her. ricA/. 20, 29; setzet wechter, bestellet die
hut. Jer. 51, 12;
mit läge si uns bistellent. pfaffenleheniö;
umbs hör {heer) bestellen sie die wart {»acht).
SCHWARZEXBERG 152, 2.
deutlich ist hier bestellen umstellen, und man kann hinzu-
nehmen die jagd bestellen, falls es bedeutete das wild mit
netzen oder schranken umstellen, doch läszl es sich nehmen
für anstellen:
hier lag er {Cupido) oft im ball (hinterhalt)
mit rosen wol verbägt, wann er die jagd bestalt.
LoGAO 2, 3, 57.
J. Pacl flegelj. I, S9 sagt: durch das mit äugen bestellte
(umstellte) dorf flog der notarius vorüber.
6) bestellen, anordnen, einrichten :
der mit gewalle sus bestalte bimel erde und die gescbafl.
MS//. l.Sö';
ihr habt hier weiter nichts mehr xu bestellen,
denn morgen liehn die Schweden in die festung.
Schiller' 391.
die geschmackvollsten einwohner des Städtchens behaupte-
ten, dasz das theater in der residenz keinesweges so gut als
das ihre bestellt sei. Göthe 18,250; dort mögen Spinnerinnen
und Weberinnen sich ansiedeln, maurer, zimmerleute und
schmiede sich und jenen roäszige Werkstätten bestellen.
22, 148. vgL das haus bestellen, unter 3.
7) etwas bestellen, ausrichten, besorgen, zur rechten stelle
liefern ist uns heute sehr geläufig: den brief, das paket be-
stellen; die botschaft, den grusz bestellen;
es gieng. was ernstes zu bestellen.
ein Wandrer seinen stillen gang. Bürger 32*
schmerzliche botschafl
früher oder später
bestellt es {dax Unglück) an jeder
schwelle, wo ein lebendiger wohnt. Scbilirr 510*
8) bei handwerkem, kaufleuten oder solchen, die für qeld
leisten, etwas bestellen : kleider, schuhe, einen schrank, sarg
n. 8. w. bestellen ; waaren, bücher bestellen ; ich habe auf
heut abend musik bestellt; der wagen ist schon bestellt, die
meinung ist, anfertigen, kommen lassen, schaffen, anschaffen
(sp. 434), imperare, mandare. das kam wie liestellt.
9) bestellt = beschaffen sein, wie bestellt, so bestellt, wol
oder übel bestellt:
kleider können offenbaren,
wie des menschen sinn bestellt,
und wie weit er färbe halt. Logac 2, 3, 12;
man merkt, wie gegen gott der glaube sei bestellt,
aus dem, wie glaub und trew man seinem necbsten hill.
2.7,30;
ha, ists 80 bestellet? (stehts so?) Felsenb. 3,372;
1675
BESTELLEN
BESTELLER — BESTERNEN
1676
also redete mancher, sie wüsten nicht, wie es bestellt war,
äs aoa Tt« £i%eaxs • ra 8' ovx i'aav cos extTvxro.
^ Voss Od. 13, 170 ;
nur wer sich selbst nicht kennt, wird leugnen, dasz es in
seinem herzen ebenso bestellt sei. Güthe 14, 181; in summa,
man gibt oft etlich batzen oder stiber, ein nieister Hemmer-
lins spil oder einen andern gaukelmarkt zu sehen, da das
nicht halb so wol bestellt ist, als disen äffen, disen pfaffcn wolt
ich sagen, bienenk. 150* ; ein übel bestellter und kalter ma-
gen allerlei speise isset, dauet aber nichts. Schuppius411; mit
seiner gesundheit ist es schlecht bestellt; es ist mit unserm
vermögen der speculation nicht so gut bestellt. Kant 4, 99;
die klare weit bleibt klare weit,
im äuge nur isls schlecht bestellt.
GöTiiE 4, 37" ;
es ist doch sonderbar bestellt,
sprach Häuschen Schlau zu vetter Fritzen,
dasz nur die reichen in der weit
das meiste geld besitzen. Lessinc 1, 13.
10) bestellen für stellen, zum iteficn bringen, stillen, im
laufe aufhallen : das blut bestellen. Stalder 2, 39".
11) sehr häufig geht nun bestellen auf leute, und bedeutet
conslituere, instituere, anstellen, an eine stelle verordnen, hin
oder her bestellen : x ich habe mir schon einen träger be-
stellt ; bestelle den Schneider auf den nachmittag ; wir hatten
uns auf den abend bestellt (zum rendczvous) ; du kommst
wie bestellt; so walzet grosze steine für das loch der hole,
und bestellet menner dafür , die ir hüten. Jos. 10, 18 ;
aber der könig bestellet den rilter, auf des band er sich
lehnet, unter das thor. 2 kön. 7, 17 ; erbeiter, die bestellt sind
am hause des herrn. 22, 9 ; und bestellet Steinmetzen stein
zu hawen. l chron. 23, 2 ; und er bestellet richter im lande.
2 chron. 19, 5 ; und wurden bestellet die thorhüter, senger
und leviten igoth. gaveisödai vaurjjun dauravardos jah liuj)a-
rjös jah laivveiteis). iVeft. 7, 1 ; und ich bestellet meiner kna-
ben etliche an die thor. 13, 19 ; und der könig bestellet
schawer in allen landen. Estli. 2, 3; schaffet und bestellet
klageweiber. Jer. 9, 17 ; der vatter bestellt im (dem sun) ein
Schulmeister in ze leren. Keisersb. s. d. m. 67'; ist das
meine meinung nicht, das alle pfarrhern sollen aus e. f. gn.
kamer bestellet werden. Luther 3, 170'; je unnützlichere und
schlechtere handthierung einer gelernet hat, je feisztere sup-
pen iszt er. welcher die handtücher falten, oder die hur
Thaidem abmahlen, oder in die pfeifen blasen erlernet hat,
der wird mit einer summa ducaten bestellet, aber welcher
ein legat gottes auf erden ist, der dem Vaterland dient, dem-
selbigen gibt die besoldung kaum das salz. Schuppius 712;
die natur, die zu unsrer allgemeinen mutter und pflegerin
bestellt ist. Wieland 6, 104 ;
der höchste blutbann war allein des kaisers,
und dazu war bestellt ein groszer gral'. Schiiler 529';
wann du getreu vollendet hast,
wozu dich gott bestellte. Voss 4, 271;
das galt doch alles auf der weit,
seitdem uns unser herr bestellt. Göthk 13, 110;
der von dem autor bestellte, mithin einzig rechtmäszige Ver-
leger. Kant 5, 98. Von diesem bestellen leitet sich das rück-
umlautige part. bestallt, dessen schon unter bestallen gedacht
wurde, welchen inf man erst in den letzten jhh. für die be-
slellnng von kriegern und beamten scheint gebildet zu haben.
ihrer gn. bestalter rath. Schweinicheiv 1, 25; als ein bestal-
ler hofjunker aufwarten, l, 109; Nathan, Davids bestallter
hofprediger. Schdppiüs 13; schwedischer wolbestallter gene-
ralmajeur. 659; ein dergleichen unbestalter censor. Felsenb.
2 vorr.; aller anderen allerhöchst bestallten secofficianten.
4, 163. in der allen rechtssprache, einen bestellen, als leib-
eignen erweisen. Scum. 3, 629.
12) einem etwas bestellen, anstellen :
da» sieb wunder alle weit,
gott solch gcburt im bestellt. Luther 8, 357" ;
unsrc rUrstin lieget krank, Venus hat ihr disz bestellt,
die, solange jene blasz, sich fiir xchön nun wieder hSiL
LOGAU 2, 6, 4.
13) praeposilionen. dasz ihr frembder, ausgedörrter Völker
gefräsz, darbei sie selbs nicht gcdeien können, auf ewern lisch
bestellen. Garg. 42'; und ward also mit etlichen (rillmeistern)
geschlossen, dasz sie sich auf den naclizug nach Frankreich
bestellen lieszen. Rchweikichen l, tSl;
ja weil ich bin auf dich bestell,
«0 thu ich alle« was du will. At*kr375';
gott hab auf euch bestall der guten geisler schar
Fleming 571 ;
ich zieh in ferne lande
zu nützen einem stände,
an den er (galt) mich bestellt. 288.
BESTELLER, m. 1) incola, bewohner, bebaucr: bestellcr
des feldes;
auch noch andre besieller der hundertburgigen Kreta.
Voss II. 2, 649.
2) curator, besieller eines briefs.
3) mandalor: besteiler einer arbeit.
BESTELLUNG, f 1) agri cultura:
lasz dein schönes gehöfd und die schönen bestellungen wildern.
Voss 2, 205.
2) cullura urbis: so ist doch dieses erst die rechte be-
stellung einer Stadt, wofern die Schönheit der gemütcr mit
der häuser zierrat übereinstimmt. Opitz vorr. zu Hugo Gro-
lius s. 282.
3) cura funeris: bestellung des fürstlichen begräbnisses.
ScnWEINICHEN 3, 133.
4) cura, administratio : bestellungen ordentlich ausrichten;
ich arbeite nur auf bestellung;
häuslicher dienste bestellung. Voss Od. 22, 423 ;
die tochter gab er, gab des reichs bestellung ihm.
GöTHE 41, 194.
5) denominatio, creatio: sollen mit den hauptleuten auf
ihr bestellung handeln, reichsabsch. von 1522 §. 13; in geist-
licher ämpter bestellung. Zinkgr. 2, 13; bestellung eitler red-
ner. Schuppius 724; bestellung der schailiirten und anderer
taglöhner. 743.
BESTELLUNGSßUCH, n.
BESTELLUNGSGEBÜHR, f. der briefträger, gerichtsdiener.
BESTELLZEIT, ti. lempus arandi, colendi agri, literarum
reddendarum.
BESTELN, leviter consuere, flicken, bei Hesisch 335 bestlen ;
erst wird ich dem altreisen zu theil,
der bestell an mir allenthalben. H. Sachs 1, 501".
ein kleid bestelen. Stieler 722. s. besten und oben basteln.
BESTEMPELN, signo impresso munire.
BESTEN, von hast, in doppeltem sinn,
1) binden und nähen, vgl. Haupt 8, 11. 12.
2) schälen, ghibere, delibrare, vgl. entbästen. Dasypodids 303'.
BESTENGELN, statuminare: erbsen, höhnen bestengeln.
BESTENOUG, pastinaca. Gersdorf (1528) s. 103. 6« Dasy-
poDJus (1537) 301*. 303' bastenei und bestnachen. Nemmch
unter pastinaca hat pastenei, pestnachen, palsternakel, pling-
sternakel ; nnl. pinstemakel, scliw. palslernacka, franz. panais.
BESTENS, optime. nuchdem das alle adv. beste auszer ge-
brauch geralhen war, suchte man eine andere form auf, die
(wie längstens, spätestens, frühestens, meistens) ganz unor-
ganisch gebildet ist. Stieler ßhrl es noch nicht an, aber
Steinbach 1, 92: einen bestens loben, etwas bestens aus-
richten; ich empfehle mich ihnen bestens;
was bestens anzufangen. Hagedorn 2, 73;
um dem zu weibischen bezeigen
in Zukunft bestens vorzubeugen. 2, 106.
BESTEPPEN, acu praetexerc: handschuhe mit seide be-
steppt und bequastet. Göthe 24, 35.
BESTEHBEN, emori, mori, absterben, dahinsterben, nnl.
beslerven. in einer niederrhein. urk. von 1392 bei Lacomblet
3, 846 : an dat slol to Sevenar ... of an anderen slolen,
dar unser broider inne bestarf, in deien besitz er starb, die
er sterbend noch besasz. ach mein herz ist mir ganz be-
storben, vor grosze angst und furcht. Heinb. Jul. v. Brausschw.
Susanna 3, 3;
das essen bestarb in dem mund. froschm. G6';
sie zittert, sie bcstirbl. princessin! Gryphios 1, 107;
princessin, sie bestirbl! schaut wung und lipp erbloichcn.
1,72; .
der fusz schläft zuweilen ein, man nennt dies beslerben.
Hippel lebensl. 4, 13. nnl. de verw is nog niet beslerven;
zij bestonen als dooden; de muur moet eersl wal besler-
ven, es musz erst eine todte mauer werden.
BESTEHMASZE-N, adv. optimo modo. utiw. docl. 502.
BESTEHNEN, stellis dislingucrc, omare: der beslernle
bimnicl ;
das schöne was der erden
allhicr ninhts schuldig ist, was alles schöne macht,
was Titan» haus besternt. Opitz 1, 57 ;
damit die hfihe d*r Wissenschaft mit funkelndem gesloine,
gleichwie ein anderer hinimel, beüuget und besternct wird.
I LOGAO 3, 2;
1677
BESTEUERN— BESTIE
BESTIEBEN — BESTIMMEN
1678
so musz ein neuer glänz ibr tunkJes grab besternen.
ABSCHATZ ehrengedicht vor Lohenst. Arm. ;
und ich will ihm noch schenken
ein starken birtensteck,
mit färben ihn will sprenkeo
febrennt mit feur und speck,
ie kunst ich neulich lernet,
wie recht mans machen soll,
dasz er ganz werd besternet
mit bunten flecklein toll. Speb trutzn. 20"2;
im laufe zum besternten landsee. Klopsioci 1, 25S;
heute auch mit ordensstemen behängen: ein schöner mann,
bebändert und besternt. Bettixe br. 1, 317. vgl. bestirnt.
BESTELER>', tributis onerare: das volk ist hart besteuert;
es ist die leichteste sache von der weit, die mildherzigkeit
dieses Tolks zu besteuera. Wielaxd 8, 62; das einkomraen,
die arbeit besteuern.
BESTEUERUNGSART, f. modus tributorum imperandorum :
das recht die besteurungsart zu bestimmen und abzuän-
dern. GüTHE 33. 114 aus Job. J.vcob Mosers kl. staatsschrißen.
BESTEUERUNGSRECHT, n.
BESTGEDACHT. Klisger 11, 250.
BESTGEFÜHLT, mit bestgefühllem dank, man liest auch
mit bestgefühltestem danke, aber das adj., dem best vorsteht,
nochmals zu steigern ist roh.
BESTGELEGE.N'.
BESTGEMEINT.
BESTGUT, n. im handel und wandet die beste waare.
BESTHAUPT, n. s. sp. 1660.
BESTHAUPTIG, dem morluarium unterworfen, besthaabtig
gut. veisth. 2, 171. 172.
BESTIA. das fremde «ort war der neueren spräche so unent-
behrlich, das: sie es entweder ganz beibehielt oder auf verschiedne
weise änderte. (s. beest jp. 1244, und hernach bestie). denn un-
ser thier nicht {wol aber vieh), oder nur gelinde \md mitlei-
dig, selbst kosend (du armes thierl sp. 555, du. dummes, al-
bernes thier! das liebe, gute thier); ursprünglich könnte es
doch verwandt sein mit thor (s. dieses wort), wann schon
die arme bestia widder ufkeme. Albercs wider Witzeln. C4';
hörstus nit {spricht Witzel zu seiner hausfrau Anna), pack
dich, trol dich, bestia, oder faust und maul wird ein ding
werden! H''; sag mir, bestia, warumb du mit streichen von
deinem schuljungen sein Schuldigkeit erforderst? Schcppiüs
743. in folgender stelle redet der ritler sein pferd an: ei
dasz dich gott plage, beslia, du bist dem gleich, der dich mir
gehen hat ! Bocc. 2, 167'.
BESTIALISCH, belluinus, immanis: bestialisch^ wut, bestia-
lischer gestank ; er möchte so bestialisch nicht saufen. Simpl.
1, 105.
BESTIALITÄT, f feritas, riehische roheit:
gib nur erst acht, die besiialität
wird sich gar herlich offenbaren. GöTHel2, 115;
eine bestialität, der nichts zu vergleichen. Fr. Miller 2, ISO.
BESTICH, m. schweizerisch ßr besteck: innert drei Wo-
chen fällt der ganze bestich vom thurm herunter. Pestalozzi
Lienh. u. Gerd. 1, 54.
BESTICHELN, perstringere, bespötteln:
lasz den witzling uns bestichein.'
glücklich, wenn ein deutscher mann
seinem freunde veiter .Michelo
guten abend bieten kann. Götue 1, 163.
BESTICKE.N, acu pingere: ein kleid mit gold besticken;
und sahen sie alle beide nicht anders aus, als ob sie mit
perlen bestickt weren gewesen. Harnisck 20S.
BESTIE, wie bestia: der mor, so die bestien regieret
1 itacc. 6, 37 ; die zahl der bestien, von deren Jobannes mel-
det bieneiik. 39' ; eine wollüstige bestie hatte ihn mit eilel-
keit eingenommen, pol. stockf 326; warum ist sie so eine
blutdürstige bestie? Lessi^c;
mit einem blick — götter zu entzücken,
geschweige die bestien. Göthk2, 90;
willst du mit mir hausen,
90 lasz die bestie drauszen. 2,249;
wollen die menschen bestien sein,
so bringt nur ihiere zur stube herein, ias.;
in der urzeit seien menschen gewesen,
seien mit bestien zusammen gewesen. 4, M7:
das haszt sich schwer das lumpenpack
und gib sich gern das restchen,
es eint sie hier der dudelsack,
wie Orpheus leier die bectjen. 12, 22S:
die verächtliche bestie ! Lehz 1, 124 ; bestie, schläfst dich noch
toll und taub. Fr. HClleb 3, 7C ; bestie, wart canailie! 3,199.
Hermes in Soph. reise 5, 410 setzt bebst,
das beest (der tolle kund) kam auf ihn zu. Pfeffel 1, 141 ;
der ältere Weise beist, pl. beister:
gleichwie ein löwe thut,
der ist niemals erzürnt, als bis er seinen mut
an starken beistern kühlt, nolhw. ged. s. 369 ;
die Türken wissen nun, dasz ihre janilzaren
auch schwache beister sind, curiös. ged. s. 130 und öfter.
BESTIEBEN, das starke verbum zu dem transiliwen be-
stäuben, ahd. pistiopan (Graff 6, 6161, von welchem auch nur
das pari, praet. pistopan, puherulentus begegnet, wie mhd.
nhd. bestoben; nnl. wird angegeben bestuiven, bestoof, be-
stoven. doch kennt Hexisch 335 nocÄ bestieben, squalere,
in staub wid schmiUz liegen.
n»kd. si kan debsen, swingen ia der mäje,
uode wU behüeten, daz niht besüeben läze
ir röten munt, der micli dicke machet faoh eemuot.
MSH. 1,41';
mit meile (sorrfe) bestoben. Serrar. 193;
mit vedem bestoben, gefiedert, pass. K. 525, 70;
mit aschen bestoben. 156, SS;
wie ist din hirni so bestoben. Box. 74, 80;
nhd. schvv-arz, rustrig und bestoben. Lcther 5, 357' ; die schöne
frauw ires kaufs bestoben blieb, dem mann den bösen uner-
bam gewinn irer unzucht gab (e la donna rimasa scoraata,
diede al marito il disonesto prezzo della sua cattivitä). Bocc.
2, 74', bestoben ist also beschämt, beschimpß, beschmutzt;
das hutband ist bestoben,
die krause schlimm geschoben. Weis« cur. ged. 275;
in der Schweiz ist bestoben, wie bestäubt, benebelt, berauscht.
BESTIEFELN, einen mit stiefeln versehen, ihm Stiefel an-
ziehen.
BESTIEFMUTTERN, noverca donare: der vater bestiefmut-
tert seine kinder, heiratet wieder; verschimmelte, verlegene,
korbrällige, bestiefmuterte, unfolgsame, unhäuslicbe, verschreite,
gereuterte töchter. Garg. 272'.
BESTIELEN, petiolo, scapo instruere: ein bestieltes blatt,
eine axt bestielen.
BESTIFTE.N, beneficiis donare: eine kirche bauen und be-
stiften; mhd.
heij dine cappeläne gän
da^ heilictuom gewinnen,
die sollu bestiften. kaiserckr. 11669;
dö er mit größer krefle
daj heilictuom bestifte. 11620;
besiiflet iwer eigen
mit riehen klöstern. Greg. 2559 ;
dö sprach diu juncfrouwe, wem 14; ich miniu lant?
diu sol i hie besiiflen min und iwerjiant. i\i^. 490, 2.
BESTILLEN, sedare, stillen:
drumb, ihr eitern, laszt bestillen
eures herzens angst und schmerz. Christoph Colsscs;
durst und hunger, die sind mabner, die man nimmer kan
besiillen. Log*u3, 2, 35;
eines andren ding erereifen wider seines herren willen
is4 ein diebstahl. wie wenn aber nur die fraw ist zu bestillen ?
3, ZU9. 243;
jedennan ward hierdurdi . . bestillet. Loheüst. Arm. 1, 298 ;
sie bestillte ihn. 1, 156 ; die in Macedonien einfallenden skor-
diskischen Deutschen wurden bestillet. 1, 895 ;
die wehmutb lasset sich durch keinen zwang bestillen.
GCNTHER 1005.
heute gilt nur einfaches stillen.
BEST1M.MB.\R, qui adduci, definiri polest: ein durchs mo-
ralische gesetz bestimmbarer wille. Kakt 4, 243.
BESTIMMBARKEIT, /. ein jeder begrif ist in ansehung
dessen, was nicht in ihm enthalten ist, unbestimmt und steht
unter dem grundsalze der bestinimbarkeit, dasz nur eines
von jeden zween contradiclorisch entgegengesetzten praedica-
ten ihm zukommen könne. Kaxt 2, 443; indem ich um ein-
zelner in mein geschäft einschlagender dissertationcn willen
ganze bände dergleichen Schriften vor mich legte, so fand
ich . . so viel anlockendes, dasz ich bei meiner ohnehin leicht
zu erregenden bestinimbarkeit hier und da hingezogen ward.
GOthe 31, 111; daher reifl die jugendliche freiheit und be-
stimmbarkeil . . . endlich durch langes geschäft zur einseitig-
keit im leben. J. Paul 34,75.
BESTIMME.N, constiluere, praestiluere, determinare, nnl. be-
stommen, ein niid. sehr gangbares wort, ahd. und mhd. noch
abgehend. Dastpooics 434', Maale» 64' führen es an und Lu-
ther bedient sich seiner oft.
1679 BESTIMMEN — BESTIMMUNGSGESETZ
BESTIMMUNGSGRÜND —BESTRAFEN 1 680
1) eigenlhümlich verwendet es Weckherlin :
so lang des herren hand
bestimmet meinen mund. 229,
vocalem reddil, ihm eine stimme gibt, ihn stimmt, was dem
alten stimman, concinnare (Graff 6, 684) begegnet. Fleming
für anstimmen:
wir wollen insgesamt bestimmen einen chor
durch Seiten und gesang. 5SS (584).
2) bestimmen, definire, ansetzen, festsetzen: einen tag be-
stimmen; zeit und ort des kampfs bestimmen, festsetzen; so
wil ich dir einen ort bestimmen, da hin er fliehen sol. 2 Mos.
21, 13 ; da harret er sieben tage auf die zeit von Samuel be-
stimpt. 1 Sam. 13, 8 ; des morgens gieng Jonathan hinaus aufs
feld, dahin er David bestimpt hatte. 20, 35; und da die zeit
umb wäre, die der könig bestimpt hatte. Dan. 1, 18 ; bestimp-
ter und gesetzter tag, dies Status. Maaler; ich werde mich
zur bestimmten minute einfinden.
3) die höchste vollendete determination würde einen durch-
gängig bestimmten begrif {conceptum omnimode determinatum)
geben. Kant 1,429; die Vernunfterkenntnis kann auf zweierlei
art auf ihren gegenständ bezogen werden, entweder um die-
sen aus seinem begrif zu bestimmen . . . das ist die theore-
tische erkenntnis. 2, 13 ; die kategorien sind blosze gedanken-
forraen, wodurch noch kein bestimmter gegenständ erkannt
wird. 2, 139 ; sich nicht etwa blosz ein wesen erdichten, son-
dern es bestimmen. 3,289; wie die materie die seele zu ge-
wissen Vorstellungen bestimmen könne. 8, 22; des menschen
grösztes verdienst bleibt wol, wenn er die umstände so viel
als möglich bestimmt und sich so wenig als möglich von
ihnen bestimmen läszt. Göthe 19, 338.
4) bestimmen, praestituere, vorausbestimmen: hast du mir
aber mein ende in dieser Schwachheit bestimbt, so komm
lieber herr. Scbuppils 437; da wars, wo er dich schuf, da
bestimmte er dich und deine kinder einer ewigen glückselig-
keit. Klopstock 11, 163; ihr vater hat uns für einander be-
stimmt. Leisewitz Jul. v. Tar. 2, 6 ; als kinder waren sie schon
für einander bestimmt; es war mir bestimmt, vom Schicksal,
trösten sich die leute.
5) sich bestimmen, sich entschlieszen, entscheiden: ich habe
mich noch nicht bestimmt, kann mich nicht dafür bestimmen ;
er hatte sich mit leib und seele für diese Studien bestimmt ;
nehmen sie ein gelübde von mir, das meinem herzen ganz
angemessen ist, das durch die rührung, die sie mir einflösz-
ten, sich bei mir zur spräche und form bestimmt, und durch
diesen augenblick geheiligt wird. Göthe 19, 133.
BESTIMMEND, delerminans : das bestimmende für ihn war,
dasz ; dies wurde der ihn bestimmende grund.
BESTIMMER, m. lo macht er jenen {den vorlheil) zum be-
stimmer seiner handlungen. Schiller 1176; gott ist unmittel-
bar und ohne dazwischenkunft der bestimmer desselben.
Fichte staatsl. 193.
BESTIMMT, 1) certus, finitus, statutus: eine bestimmte
stelle; die bestimmte stunde; ein bestimmtes geschaft; eine
bestimmte erklärung ; bestimmte und rein vortretende umrisse.
2) praestitutus, zugedacht:
ich bin dem tode bestimmter,
mehr von staub als Moses. Klopstock Hess. 5, 364.
BESTIMMT, adv. certo, plane, concise : ich will bestimmt schrei-
ben ; sich bestimmt ausdrücken ; die sache ist bestimmt wahr.
BESTIMMTHEIT, f certitudo: es wird mit aller bestimmt-
heit ausgesprochen, behauptet ; bestimmtheit ist in dieser sache
nothwendig.
BESTIMMUNG, f nnl. bestemming. 1) constilutio, deßnitio : die
bestimmung der begriffe ; in Kants älteren Schriften (1747 — 1770)
drückt es sehr häufig das lat. determinatio aus und bezeichnet
jedes bestimmende merkmal der suchen und begriffe; durch
bestimmung überhaupt wird blosz quantität festgesetzt. Fichte
(jrundlin. der wissensch. lehre 57 ; die bestimmung des gehalts,
gewichts u. s. w. einer sache; nähere bestimmungen sind er-
forderlicii aber schwierig.
2) lex, conditio, endzweck: handle deiner erkenntnis von
den ursprünglichen bestimmungen der dinge auszer dir ge-
mäsz. Fichte sitlenl. 80; die bestimmung der menschen ist
sich zum hiinmel vorzubereiten; er ist am orte seiner be-
stimmung angelangt; 'wozu hast du das geld bestimmt'? es
hat noch keine bestimmung
BESTIMMLNGSGESETZ, n. der unterschied des ich und
nichtich bleibt bei dieser gleichheit dos bcstimmungHgesetzes
immer. Fiqhjs grundtin, 313.
BESTIMMUNGSGRUND, m. ratio: mein bestimmungsgrund
war dieser.
BESTIMMUNGSORT, m. locus alicui assignatus.
BESTIMMUNGSTRIEB, m. Fichte grundl. 308.
BESTIRNT wäre eigentlich frontatus, und hochbestirnt, schön-
bestirnt iiesze sich sagen, man braucht es aber, wie gestirnt,
für stellatus und dieselben dichter, z. b. Klopstock schwanken
zwischen bestirnt und besternt:
{wir sangen) von der bahnvernichtenden flocke,
ah sie verscheucht den waller auf bestirntem kryslall. 1, 236,
weil das eis, gleich Sternen, flimmert; der bestirnte himmel.
Kant 8, 251 ; deine vornehmen freunde, die dir würd und an-
sehen beilegten und dein bestirntes silber bis zur augenblen-
dung emporhoben. Hippel 7, 180.
BESTMÖGLICH, quod fieri polest optime: das bestmögliche
thun. Klinger 9, 129 ; das bestmögliche wählen. Heyne an JoA.
Afü//er s. 102. nochmals gesteigert: ob ich nun wol aufs best-
möglichste i. f. gn. entschuldigte. Schweinichen 1, 165.
BESTMÖGLICHST, adv. quam optime ßeripotesl: bestmög-
lichst entschuldigen, ehe eines mannes 428; bestmöglichst zu
hilfe kommen. Felsenb. 4, 187 ; bestmöglichst bewahren. 4, 204 ;
wir sprachen ihn bestmöglichst zufrieden. Pierot 2,156. weit
natürlicher war doch die alte ausdrucksweise als ich beste kan
{sp. 1661), die sich auch, gleich einem adv., allenthalben in die
rede fügte.
BESTOBEN, s. beslieben. •
BESTÖBERN, pulvere conspeigere :
bringt auf bestöbertem gefieder
der Winter ball, konzert und Schlittenfahrten wieder.
Gottkr 1, 83.
s. ausstöbern.
BESTOCHERN, fodere: die zahne bestochern.
BESTOCKEN, maculas ex humore vel situ contrahere, stock-
fleckig werden.
BESTOCKEN, sich, fruticescere, bestockt, bestaudet, bekohl ;
die saat bestockt sich gut.
BESTÖHNEN, beseufzen.
BESTOLEN, slola induere. s. bealben.
BESTOPFEN, obstruere, obturare, farcire, nnl. bestoppen:
weil die balken allbereit in einander gefüget und nur auf
einander geleget und mit mos bestopfet werden dürfen, pers.
reiseb. 3,1; eine decke mit federn bestopfen, umstopfen; be-
nähen und bestopfen.
BESTOSZEN, obtundere, obstruere, ahd. pistöjan (Graff 6,
731), mhd. bestöjen.
1) obtundere, vollstoszen, vollstopfen, wie bestopfen. mhd.
von Silber und von golde
sint sie (die maihe) bestdjen. kröne 17704,
ringsum vollgepfropft, wie man sagt geräth in den sack, in die
kiste stoszen, schieben.
2) perlundere, mhd. mit Worten bestöjen, anfahren, schel-
ten, pass. K. 246, 98. 295, 32. vielleicht hobeln (s. 5). Henisch
535 gibt an bestopfen, teuschen, fallere.
3) retrudere, expellere, verstoszen: ahd. pestöjen unsih lan-
dis unde liuto, verstoszen uns von land und leuten. N. ps.
62, 10 ; den nieman sines rlches bestiege. Karajan denkm. 24, 5 ;
d6 er sie der wunnone bestieg, fundgr. 22, 32; aller slahte
nuzes hete er si bestojen. 45, 20.
4) alterere, nhd. den rand eines hutes, die ecke eines buchs
bestoszen, beschädigen; die ecke des hauses wird von den
fahrenden wagen bestoszen ; das kleid ist an den falten be-
stoszen, plicae vestis detritae sunt. Stieler 2180.
5) bei verschiednen handwerkern: metaliarbeitcr, kamm-
machcr, schriftgieszer bestoszen mit der feile, tischler be-
stoszen das bret mit dem hobel, pergamentmacher bestoszen
die löchcr an den feilen, daher die folgenden Zusammen-
setzungen.
BF.STOSZFEILE, f
BESTOSZHOBEL, m.
BESTOSZNAGEL, w«.
BESTOSZZEUG, n.
BESTRAFEN, punire, nnl. hestraffcn, schw. beslrafla, re-
prehendere, s. strafe, einen luissethäter, Verbrecher bestrafen;
einen schwer, hart, mit schlagen, mit geld, mit Worten be-
strafen ;
ein harter fluch beschwert das land,
wo dieser weinstock aurgescliussen;
es hat in dem beslrartun sand
eiii söhn des vatcrs blut vergossen. Hacbdorn 3, 46;
1681 BESTRAFENSWERTH — BESTREBUNG
wegen des eifers, mit welchem die Juden dieses geschäft be-
irieben, bestrafte sie schon Christus, verlachte sie schon Horaz.
Lessisc 10, 18 ; er wirft sich diesen ehrgeiz selbst vor, er be-
straft sich deswegen. 7, iS4.
BESTRäFENS\M:RTH, poma dignus:
der löwe brüllt erxürnt, ein solcher ralh entehrt
mich UDd mein heldenreich, und ist bestrafenswertb.
Hackdor.1 2, 127 1129).
BESTRÄFER, m. piinitor.
BESTRAFT.NG, f. punitio.
BESTR.\HLEN, inadiare, eoUtistrare, umstrahlen, beschei-
nen, nnl. bestralen, schw. besträla, ddti. bestraale:
wie kein moreen sie brachte, kein tag sie bestrahlte, kein abend
sie mit schatten oder umgab mit dem scbimroer des mondes.
Klopstock Hess. 19, 974;
und musz ich so dich wiederfinden
und hofle mit der Pichte Kraiiz
des Sängers schlafe zu umwinden.
bestrahlt mit seines rubmes glänz! Scbiller 58' ;
in diese elende zeit nun fiel es hinein, dasz sich der noch
heute regierende marggraf von Hohengeisz nach Rom begab
und erhohl «m diese landsudt mit seiner gegenwart zu be-
strahlen. J. Paul komet 3, 52.
BESTRAHLUNG, f. irradialio:
und der vater enthüllte $ich aller bestrablung. Voss.
BESTRAMMEN, striare. Stieler 21S6. s. stramm rigidus,
distentus. t. bestremmung.
BESTRANDEN, liUore aggredi, am Strand angreifen:
daselbst hast du den feind zu wasser angefaszt,
und kräfiig ihm gezeigt, dasz in Europen landen
ein volk, so teiitsch redt, sei, das ATrica bestranden
Ton welchem theil es wil, und mit ihm fechten kan.
Opitz 2, 19.
BESTRAUCHELN, cespilare, impingere, straucheln, ahd.
strAchün, mhd. besträchen und besnaben. MSH. 3, 329'.
BESTREBEN, sich, nili, eniti, ddn. besträbe, ton uns erborgt,
ahd. und mhd. nur das einfache strSpen, streben, nnl. streven,
mit derselben bedeulung, der aber eine sinnliche wie des trelens,
trampelns, strampelns unterliegt, rql. anstreben, aufstreben, em-
porstreben, erstreben, auch bestreppen. die älteren Wörter-
bücher geben blosz streben, kein bestreben, erst Stieler 2192
hat sich bestreben, omnem industriam adhibere, ich will mich
dahin bestreben, hoc enitar. ich bestrebe mich einer eben
80 reinen und edlen liebe als er. Lessi>g; dasz so viele sind,
die allein dahin sich bestreben, es in der kunst zu betrügen
zur Vollkommenheit zu bringen. Wiela.'^d 6, xiii; dasz der
körper sich nach allen gegenden zur bewegung bestrebe.
Katt 8, 28 ;
wenn sich der hals des sebwanes Terkürzt, und, mit men-
scbengesichte,
sieb der prophetische gast über den spiegel bestrebt.
Göthk 1, SSO;
der einzelne schadet sich selber,
der sich hingibt, wenn sich nicht alle zum ganzen bestreben.
40, 271 ;
nur des freundes sehnlich gedenkend,
der nun vor ihm hinab in des Ais dunkle behausung
stieg, und dem er sich nach selbst hin zu den schatten
bestrebet. 40, 348 ;
jede das nächste fassend und sich nach der mitte bestrebend.
40, 359.
auth bestrebt sein, tcie bemüht.
BESTREBEN , n. nisus, Studium : sein einziges bestreben
geht dahin;
als vom bestreben
um frauengunst und minnesold
die rede war. Götter 1,242;
der Patriotismus so wie ein persönlich tapferes bestreben bat
sich überlebt. GOthe an Schiller 444.
BESTREBSAM, dUigens, strenuus.
BESTREBSAMKEIT, f diligentia, strenuitas , contentio:
bringen neue beStrebsamkeiten einen frischeren Charakter.
Hkrdeb 18. 70.
BESTREBUNG, f. nitut, opera, anttrengung: rühmliche,
wissenschaftliche bestrebungen ; die bestrebung alles gate
auszer uns zu befördern. WiELA-tD 9, 252 ;
da kämpft sogleich verworrene bestrebung
bald mit uns selbst und bald mit der Umgebung.
GöTBt 3, 21 ;
gewisse falsche bestrebungen. 39, 104 ;
und setzt besu-ebung in beständgen gang.
A. W. ScHLiGKL in Heinr. V. 1,2.
BESTREICHEN
1682
BESTREICHEN, attingere, berühren, hereicken, ahd. pistri-
chan (Graft 6, 743), mhd. bestrichen, nnl. bestrijken, schw.
bestr^ka, dän. bestryge.
1) oblinere, circumlinere, hartes mit iceichem besdunieren:
mhd. so soiui mit diner spune
min ougen ot bestrichen, pas*. K. 93, &3.
nhd. das brot mit butter, den kuchen mit honig, die mauer
mit kalk, die wangen mit schminke, den grind mit salbe ;
und solt seins bluts nemen, und beide pfosten an der thür
und die oberste schwelle damit bestreichen. 2 Mos. 12, 7 ;
knchen von semelmel ungesewrt und ungesewrte fladen mit
öle bestrichen. 3 Mos. 2, 4. 4 Mos. 6, 15 ; sie bestrich sich mit
küstlichem wasser und flocht ire haar ein. Judith 16, 9 ; die
thür mit färbe, die wand mit koth bestreichen, figürliek,
einen mit geld bestreichen, schmieren, eorrumpere: nach lan-
gem bedenken wolte er den münch bestreichen mit einer
summ gelts, so vermocht die Salbung doch nit, dasz sich
das grosz dräuwen des ketzermeisters in ein penitenz bekehrt
Bocc. 1, 29', wo im original ugnere le mani.
2) attrectare, contingere:
als man si bestrichet mit dem palme, pass. H. 133, 26:
er bestrich mit den fingern des kindes wange, streichelte sie ;
kOnige haben kröpfe und scropheln bestrichen und geheilt.
Lichtenberg 5, 305; mit reliquien zur heilung bestreichen.
ScHM. 3, 679 ; er bestrich mit der band, wie mit einer kanone,
die nase seines gegners. J. Paul Hesp. 2. 56. mit dem gold
den Probierstein bestreichen, mit dem stahl den feuerstein ;
wenn der stahl den stein bestreichet,
so wird er erst rein und scharf. FLEai?(c4S6;
mit dem messer das leder bestreichen, mit dem besen die
Stube, die tenne bestreichen, rein kehren; sie was cuslerin,
sie was aber nicht custerin, als unser custerin sein, die in
die clöster und in der pfaffen hüser laufent und den jungen
münchen und jungen pfafl°en die bet machen und sie {die
hduser?) bestreichen und zellen fegen. Keisersb. omeij II*. 12*.
mit dem pflüg den acker, die erde bestreichen, ackern: was
er getrawt zu bestreichen in acht tagen, da sol im niemant
infaren. weisth. 1, 459.
3) bestreichen, aequare, eben und gleich streichen, einen
Scheffel körn mit dem holz bestreirien, dasz gleich gemessen
werde: da soll er im geben acht gehäufter oder zwölf be-
stricben(er) simmeren, welches der arm man will, veislh.
2, 163. die buchbinder bestreichen die bogen, die schuster
und Schneider bestreichen die naht, dasz sie eben und gleich
werde, was bildlich gesetzt wird für prügeln und sehlagen:
wie fast er ir die neei bestrich. HiCPT 8, 521.
gehört hierher eine stelle Luthers : ir leret und vennanet nicht
zum glauben, wie es Christus eingesetzt hat, lassets damit
bestrichen sein, das der beisteher habe die messe gesehen.
5, 84', beruhigt euch dabei ?
4) bestreichen, erreichen, bereichen, berühren, auf etwas
stoszen, sich erstrecken an etwas : die Don oder Tanais, we^
eher strohm die grenzen Asien bestreichet, pers. reiseb. 2, 3 ;
sie (die Stadt Moskau) hekompt den namen von dem bach
.Musca, welcher am südertheil durch die Stadt fleuszt und die
rothe maur bestreichet 3, 1 ; die sonne, so (in Ruszland) im
Untergang kaum den horizont bestreichet S, 2 ;
sie küsten sich, sobald er nur den rücken
ein wenig kehrt, so ra^cb, so diirsiijclich,
und wurden roth, sobald sein au^': sie bestrieb.
WiELA^D 22, 261 {Oberen 6, 32) :
gefühle, die nur die Oberfläche der seele leicht und flüchtig
bestreichen. Schiller 1126; ein lustgebäude .., dieses sollte
einen bezug aufs schlosz haben, aus den schloszfenslem
sollte man es übersehen, von dorther schlosz und gärten wie-
der bestreichen können. Güthe 17,75; weil dieser punct den
flusz und das ufer bestreicht Tiec« ges. not. 2, 96; daher
bestrich er ihn häufig mit jenen listigen, muntern cpoptcu
blicken. J. Paul heiml. klaget. 20 ; von dem gegenüberliegen-
den berge her bestreichen die kanonen die Stadt; diese hübe
bestreicht der wind ; der regen bestrich das zimmer von der
Westseite; raubvögel bestreichen das gefilde, streichen mit
ihrem flug darübtr hin; im walde bestrieb uns ein wolf,
strich auf uns xu;
Sit das ein bas den ein (einen) bestreich. If*i;PT 8, 523.
hier folgen mhd. beispiele :
ei wart alle; geschaot.
iwaj sin swen ie besireicb. Hena. 5467 :
106
1683
BESTREICHUNG— BESTREITEN
BESTREITEN — BESTREUEN
1684
swaj ir Olifiers swert bestreich,
daj mües allej enzwei. Äa/-J5&';
sus brengit hin zur helle
der sträm, swaj er bestrichet, pass. K. 4, 75;
swaj ich des (riches) bestriche,
daj muoj allej werden verlorn. HS. 1, 57*;
nu daj wir Ermrichen
vor der stat ze Raben bestrichen. liah. 209;
in bestreich (einholte) in einer siat. pass. if. 217, 37 ;
daj man der lute vil bestreich. 311, 43;
manegen si bestrichen. Lam. 3290.
BESTREICHUNG, f. permuhio, circumlitio : bestreichung
mit der salbe, färbe u. s. w.; würden nicht eines einzigen
reichen hausbeslreichungen hundert armer häuslein abgeben?
SCHÜPPIUS 749.
BESTREIFEN, slringere, streifen,
i) leicht berühren: er bestreifte mit seinen fingern ihre
band; das gewand bestreifte im gehen den erdboden; die
kugel hat den köpf bestreift;
trat auf die erd und bestreifte die sterne.
SciiußART (/ed. 2,420;
hinter sanfter hfigel schirme
hat kein fittich böser stürme
dies elysium bestreift. Bürger 74';
ich werde den tag nur leicht bestreifen (erwähnen). J. Paül
Fixl. 149 ; ihre Stammbäume bestreiften sich, rührten an ein-
ander, uns. löge 1, 21.
2) virgis dislinguere: ein gewand bestreifen, mit streifen
zieren; der himmel bestreift sich mit wölken.
BESTREIFEN, n. durch einiges bestreifen ihres siechenden
arms. J.?KVLbiogr. bei. 1,52; so gewis jedes spornrad, jeder
himmels- und ordensstern, käfer, fuszstosz, handschlag sich
in uns eingräbt, als in den granitgipfel ein leiser thaufall
und das bestreifen einer nebelwolke.
BESTREITBAR, quod impugnari polest, angreifbar.
BESTREITEN, impugnare, und wie besetzen, belegen occu-
pare; nnl. bestrijden, mhd- bestriten selten.
1) leute bekämpfen, angreifen:
e dan si uns überriien,
wir sullen si besiriten. livl. chron. 544;
da wir hinaufziehen zum volk, das uns bestreitet. Habac. 4, IG ;
gott hat mir geboten, spricht er, die beiden mit dem scliwert
zu bestreiten. Luther 8, 19'; er thet verräterlich seine kind
zu bestreiten. Aimon g ; ir habt ewer kind wider got und bil-
ligkeit bestritten. g4 ;
vertrib den tiifel gwahiglich,
der uns bestritten hat vil jar. trag. Joh. D7;
was hab ich nicht beklagt! wie bin ich nicht bestritten!
Grtphius 1, 104;
weil ich die noch stehende weder bestreiten helfen, noch den
flüchtigen nachjagen konte. Simpl. 2, 78; wenn du ein kind
nicht zu bestreiten vermagst, warumb schreistu dann als
leute, die eines löwen stärke haben ? pers. baumg. 1, 22 ;
wie die weiter, womit wir einst den geliebten goltes,
seinen glücklichen Job vor dem anilitz des himmels bestritten.
• Klopstock Mess. 2, 728 ;
sie hätte zauberisch mit thränen dich bestritten.
Götter 2,433;
gegen Friderichs beer musz Ludwig ziehen, zum Wächter
Baierns läszt er den feind, den er bestreitet, zurück.
Schiller 82'.
2) örter, Sachen bestreifen: darnach zoch Josua und das
ganz Israel mit im von Libna gen Lachis und belegten und
bestritten sie. Jos. 10, 31; und Josua zoch von Lachis gen
Eglon und belegt und bestreit sie. 10, 34 ; ein newcs hat gott
erwelet, er hat die thor bestritten, rieht. 5, 8 ; mancherlei
widerwertige wind gegen einander aufstunden und das schif,
darauf die schöne jungfraw war, schwerlichen mit sampt dem
mcer bestritten. Bocc. 1,84'; herr, ich hab wol hören sagen,
dasz kein schlosz so stark nie ward, wo das tcglich bestrit-
ten were, es würde gewunnen. 2, 86'; die ein lang zeit all
well hellen bestritten und aller weit guter zusamcn bracht.
Frank »c/(ft. 41'; Alexandria, so oft bestritten und mit so vil-
feltigen kriegen erlegt, ist si fast baufellig gemacht worden. 16';
land und Icut wirt mit (den hüchsen) bestritten. Haupt 3, 2C1;
zweimal hat der Griechen neid
die Üardaner stadi bestritten. Opirr 1,214;
das immergrüne kicid (der fichte),
das seinen schmuck bchiilt, das nimmer nie bestreit
noch Boreas sein eis, noch Sirius sein brennen. Louau 1, 191 ;
als nur ein fels, dem ward der konf bestritten sehr
von winden alle zeit, und dessen nisx vom meer.
Wihders itr. 13,18;
hiermit bestritte er die ganze Weltkugel. Simpl. 1, 3; dasz
ein mit holländischen flaggen bestecktes schif von zweien barba-
rischen schiffen angefochten und bestritten ward. Felsenb. 1, 378.
3) abstractionen, bald vom bestreitenden gemeinl, bald vom
bestrittenen :
bestreitest jung die laster wol,
alt würdst du darin freuden vol. Sciiwarzenbkrg 153, 2;
der flecken VVonsesz kan ohne zank einig das lob bestrei-
ten (ansprechen), Taubmanns Vaterstadt genennet zu werden.
Brandt s. 6; ■
es wil mich itzt die müdigkeit bestreiten (einnehmen).
HoFBANNswALDAU gctr. sck. 45;
so ja der höllen pein
der quäl kann ähnlich sein,
damit mich itzt dein grimm und meine noth bestreiten. 51;
er zittert in der band, die ganz von schäm bestritten (einge-
nommen). Canitz62;
wo findet man den hof, da tugend wird geacht?
sie wird, weil heuchelei der Fürsten ohr bestritten,
jetzt in des vorgemachs gedränge kaum gelitten. 106;
von der anmuth ihrer siiien
fand ich mich schon längst bestritten (eingenommen). 171;
viel haben tod und schmach zu einer zeit erlitten,
viel hat verzvveifeinng und raserei bestritten. 182;
könnten nicht zu Zeilen
treue Zärtlichkeiten
den verdrusz bestreiten
und das herz befrcin? Hagedorn 3, 90;
gehorcht mir sanfte saiien,
und helft mein leid bestreiten. 7,KCHKR\\poet. sehr. 2, 293;
oft will ich dann mit gewaltigem arm den kummer bestreiten.
Klopstock Mess. 4, 804 ;
um da durch predigt und gesang
so lieb als wem, die eiielkeiten,
ohn roth zu werden zu bestreiten. Gökihck 1,71.
etwas bestreiten, in abrede stellen, dagegen streiten im ge-
spräch : das will ich nicht bestreiten ; das zeigt die nothwen-
digkeit einer guten erziehung, und wer bestreitet sie? Götbb
36, 131.
4) etwas bestreiten heiszt auch parem esse, einer sache ge-
wachsen sein, sie aushalten, tragen: die haushaltung, die
kosten, den aufwand bestreiten:
das hausgesinde wird auch nimmer recht bestriten,
im fall zwei flauen schon, und mehr als zwei gebieten.
Opitz Hugo Grot. s. 325;
den Unterricht bestreiten. Heynes br. an Joh. Müller 68 ; nur
wenige und dieselben töne und höchste und unterbrochene
könnt er noch leise bestreiten (auf dem klavier) und endlich
sanken die bände unter. J. Paul Tit. 1, 204.
BESTREITER, m. impugnator: herr, haddere mit meinen
haddern, streite wider meine bestreiter. ps. 35,1, und danach:
bader du mit recht,
streit wider mein bestreiter.
lob und dankabc. Frankf. 1664 s. 67 ;
ich lis von Alexander das,
der ganzen well bestreiter was,
das er am hof ein köpsfrouw hatt,
die in ouch bracht uf die geuchmatt.
Murners geuchmati Basel 1519 L3.
BESTREITUNG, f. die bestreitung eines satzes ; die bestrei-
tung der kosten.
BESTREMMUNG, f. raucedo: das dienet wider alle müngel
der brüst und lungen, rauhe der kälen, des Schlunds und
bestremmung der brüst. Tabernaemont. kräuterb. 654. vgl.
bestrammen, stramm und Schm. 3, 685.
BESTREPPEN, maculare:
so gehst du her und bist beschlept,
geschmutzt, geflicket und bestrept. H. Sacds 1,471*;
ein schwarz zotender vogelhund,
derselh war auch durchaus bestrebt,
oben und unten an im klebt
gar unlustiger schleim und kot,
ein wasscrbad het im thun not. IV. 3, 85';
so wiszt, ich kan on laugn und aschen
die alten heiz so sauber waschen,
welche sind schwarz und ciir besudelt,
geschmutzt, bestrc|)i, bschlept und zerhudclt. V, 368".
scheint einerlei mit belreppen, wie auch sonst ST und T
schwanken, z. h. strampeln und trampeln.
BESTREUEN, conspergrre, circumspergere, conslernere, disper-
pere, umslrcucn und umher streuen, mhd.
ir turne und hiuscr wären ganz,
die sliit bcsiriuwet üf die crd. w. gast 2449;
swenn man der untugende schar
üf die erde bestriuwci nider. 7449 ;
ti (diu linde) was mit vogelen bestreut, tv, 612.
1685
BESTREUEN— BESTRICOIS
BESTRICKÜNG — BESTCMMELN 1 686
nhd. da schreib er alle ninkel voller briefe und episteln mit
griechischen werten hin und widder bestreut. Aleebcs gegen
Wilzel. G2';
mit rosen bestreu uns den sal. H. Sachs III. 3, 21';
mit etlichen krüutem bestreuen, bienenk. 243";
der dame witz, die freie munterkeit,
die was sie spricht und tbut mit grazie bestreut.
WiELA.^D 9, 51 ;
schon begann die nacht
den erdkreis zu beschatten und mit Sternen
den himmel zu bestreun. Wiela.nds Horaz 1, 163;
will tätlich, zur gerechten busze
für meine jugendreimerein,
mit actenstaube mich bestreun. Gotter 1, 459;
von den knochen zertrümmerter, zerfallner menschen bestreut.
J. Paul Kamp. 65 ; weintiinkea ist nichts als das athmen
einer mit wolgerüchen bestreuten luft. fix/ei» 195; das haupt
mit asche, das bad mit rosen, die stube mit sand, den kuchen
mit Zucker bestreuen.
BESTRICKEN, illaqueare, slringere, nedere, umstricken,
fesseln, alid. pistricchan (Gräff 6, 740), mhd. bestricken, nnl.
bestrikken.
1) mit stricken umwinden, fesseln, nicht blosz den leib, die
hände, sondern auch in beschlag genommene Sachen: den wa-
gen, die räder bestricken, hemmen, dasz sie nicht fort können;
die waaren, die ballen, fässer bestricken, einen ball be-
stricken, mit wolle umstricken.
2) bestricken aber auch blosz gefangen nehmen, gefangen
legen, in die stube einschlieszen, ohne dasz stricke dabei vor-
kommen, und mit dem acc. nach der praeposition : dasz er
für solchen treuen dienst und fleisz nu soll von ew. f. gn.
so bestrickt sein, das er sich nicht aus den landen wenden
solL Luthers br. 5, 62 ; er wäre in seine herberge bestrickt.
5, 94 ; berichtet mich, wie i. f. gn. so schellig auf mich sein,
hätten geschworen, sie wollen mich in die hofstube bestri-
cken. ScHWEi.MCHEN 1, 345 ; lasscH i. f. gn. den Heilung durch
Peter Schellendorf in die hofstuben sobald bestricken, l, 34S ;
so muste ich die Junkern darum in die hofstuben bestricken
lassen. 1, 353; bitten sie {die gläubiger) die gerichte mich
beim köpfe zu nehmen, zu bestricken oder ins gefangnis zu
legen. 1, 274 ; so sollte ich ihn bestrickea 2, 13 ; härter be-
stricket und behalten. Kirchhof wendunm. 76'; niedergewor-
fen, gen Lützelburg geführet und drei tag über einen monat
daselbst bestrickt gebalten, disc. mil. vorrede.
3) bestricken, häußg wie binden und fesseln, auf abgezo-
gene Vorstellungen angewandt: die gewissen zu bestricken
oder in stricken zu halten. Luther 3, 524'; bleibe nicht in
deiner eigenen Vergnügung bestrickeL pers. baumg. 1, 2 ; ich
bin mit unzehibar vielen Sünden beschweret und bestricket.
Scflcppius 459;
wie beiden untergehn und tänzerinnen siegen,
wie der besu-ickte graf das schneidermädcben liebt.
Zachariä 1, 21 ;
eine schlaue kokette, die durch eine grosze fertigkeit in der
kunst die herzen zu bestricken den vortheil über seine Un-
schuld erhalten hatte. Wieiji.\d 2,185; worüber bischof Udo
nachwärts von dem pabste mit dem banne bestrickt wurde.
Moser 2, 44 ; wenn die gemeinde sich nicht bestricken lasse.
NiEBUHR 2, 332 ; die freiheit der seele, die sie doch in die-
sem leben erstreben soll, wenn sie sie auch nicht erringen
kann, zu bestricken und zu fesseln. Tiecs ges. nov. 9, 14 ;
welch ein plötzliches ziel, Wanderer, bat dich bestrickt?
RCCKERT 267.
Dies bestricken kann, ganz wie berücken, die bedeulung ha-
ben in die schlinge locken, verlocken, einnehmen und betrie-
gen. andere beispiele lassen sich sinnlicher fassen:
der tod hat euch bestricket. Grtpbics 1, 43,
nach der annähme, dasz er strick und netz mit sich führt
{d. mylhol. t. 805) und die menschen fischt oder fängt; wie
eine andere Schönheit ihr ins liebesgehege gegangen und iiir
ein so liebreiches wildprel bestrickt hätte, irrg. der liebe 301.
ach die heilige selbst, sie widerstand nicht dem werben,
und der verwegene hielt fest sie im arme bestrickt.
GoTHE 2, 139,
»eil die arme umschlingen, umstricken;
bei der harfc bestrickendem laut. Plati.'« 167,
weil sie gleichsam mit ihren strängen riihrt.
BESTHICKMS, f. n. custodia, carcer, haft: und half mir
gott abermal, wenn die satten am höchsten dehnet aus, dasz
mir kein bcstricknis aiemalen zugemutbet war. Schwei.m-
CHE5 1, 332 ; baten letzlich i. k. mt. wollen i. f. gn. mit die-
ser bestricknis allergnädigst verschonen. 2, 130; demnach i.
f. gn. herzog Heinrich zu Breslau aus der bestricknis ent-
ronnen. 2, 250 ; damit die geleitsleute des bestricknisses los-
gezählt worden. 3, 54 ;
nun dich ein wüstes feld,
ein unbewohnter su-aud fest in bestricknis hälL
GaiPBius 1, 432,
in der Verbannung,
BESTRICKUNG, f. dasselbe: nimpt er die band von im
zur bestrickung aufs schlosz. Luthers br. 5, 94 ; und ist fast
nicht erhört, dasz ein unterthan seinen landesfürsten hätte
in bestrickung genommen. Scbweisichex l, S4 ; in bestrickung
legen. Opitz Arg. 2, 49 ; welcher denen gefangenen im namen
des feldherm erlaubte an dem hofe ohne geringste bestri-
ckung sich aufzuhalten. Lohenst. Arm. 1, S7; dise Gallier
kamen nun dem Stertinius gleich zu rechter zeit, und hät-
ten sie durch bestrickung des sicambrischen herzogs beinahe
mehr gewonnen. 2, 284.
BESTßlEMEN, vibicibtts, virgis distinguere, bestreifen: seine
arme waren bestriemt, mit Striemen unierlaufen. Siieler 2212.
BESTROHEN, Stramine legere:
sein bestrobetes dach. Höltt 107 ;
wir prunken nicht, wir lieben
ein dach nur leicht bestroht,
gifckfensterlein zum schieben,
und milch und roggenbrot.
ScuaiDT von Wemeuchen s. 37 ;
BESTRÖMEN, circumfluere, alluere, beflieszen:
beströme mich mit gütigem erbarmen. Ca.mtz2S;
beströmte inselu. Brocees 1, 213;
ängstliche, trübe schatten beströmten die erde.
Klopstock Hess. 8, 400;
des ewigen frühlings
süsze gerüche, nicht mehr mit des bimmels bläue beströmet
12,512;
du stehst an dem meere,
sieb, ein tropfen kann dich, du staub, mit fülle beströmen.
15, 954 ;
beströmt von dem duft der blütengerüche. 17, 23S;
als jeglicher das boot bestiegen, gieng
die fahrt durch die beströmten pfade fort. ücacEaMö';
und blut beströmte die erde. 21S';
die zephyre kosen
und schmeicheln um rosen,
und dufte beströmen die lachende flur. Schiller 9*;
o sprich, aus welchen bimmelszonen
beströmt der gaben füUhorn dich ? ßcccERT 15.
BESTRÜMPFEN, tibialibus induere, mit strumpfen beklei-
den: bestrümpft und beschuht.
BESTRUPPEN, intricare, struppig machen, sträuben: be-
strupptes haar, tricae, mhd. bestrübet hdr. Herbort 17926 ;
bestruppte rede, incondila oratio; bestrupptes huhn.
BESTUBEN, hypocaustis instruere : ein wol bestubet schlosz.
Stieler 2217.
BESTL'CKELN, dissecare, muo&ersTv, lerstückeln :
schnitten die hüflen aus, umhüllten sie doppelt mil fette
und hestückelten sie. üürger 191'.
BESTÜCKEN, l) was bestückeln. 2) ein schif mil stücken
{mit geschütz, kanonen) besetzen.
BESTUFEN, 1) mit stufen versehen, abstufen. 2) bergmän-
nisch, das gestein bestufen, stufen davon hauen.
BESTUHLGÄNGEL.N, concacare, inquinare, eine Wortbil-
dung aus der zweiten hälße des Ujh., durch welche man den
härteren ausdruck komisch mildern wollte: ein bestulgangei-
tes bctttuch. narrenspital 1682 s. 26 ; anfangs hatten die bild-
hauer über ihre statuen nur um des willen solche strahlen
gesetzt, dasz sie die vögel nicht bestuhlgüngelten. Te>zels
monatl. unterr. für 169t ; der sich in seiner überflüssigen klug-
heit so artig bestulgängelt hat. Weise markgr. von Ancre 106;
du wirst es machen wie jener Baier, der sagte, er begehrte
nicht in den bimmei, weil die kleinen kinder darin die bänke
besluhlg.lngellen. ped. schulf. 205.
BESTÜLPE.N, was aufstülpen, umstülpen: der (hut) war
wol bestuipet, berondelet, bewollzottet und überbängig wie
die tächer zu Ach, Cöin und Metz. Garg. 11%'.
BESTÜMMtLN, truncare, abscidere, ahd. pistumpilün Graff
6, t) 85. 686. mhd. bestümbcin. itfi'. 2, 174'; oß sliinmeln, be-
stimraeln geschrieben: die dürren, unsaftigen äste am bäum
soitu allweg bebauen und bestümmeien lassen. Sebiz 327 und
öfter; dasz die faochflattemde aste der eiteikeit bestümmelt
106*
1687
BESTÜPFEN — BESTUTZEN
werden. Philander 1, 8'; jeder beschneidet, bestimmelt die-
selbe {die spräche). 2, 154 und Simpl. 1, 704. von verstüm-
meln verschieden wie beschneiden von verschneiden.
BESTUPFE.X, configere. Maaler 64'. s. stupfen.
BESTÜRMEN, impelerc, impugnare, aggredi, nnl. beslor-
men: wind und wellen bestürmen das mastlose schif; der
feind bestürmte schon dreimal die Stadt; welcher die rijmi-
sche lehr von der transsubstantiation oder brotwandelung
manlich hat bestürmet, bienenk.n'; die todesnoth mit ihrem
pnzen beere begunte einen vornehmen oberherren zu be-
stürmen, pers. baumg. 1, 25 ;
das zornige geschick
treibt uns, seit Troja tiel, durch siets besiürmie seen.
i. E. SCHLKGEL 1, 15;
aber Aineien bestürmte der schlacliienbelobte Tvdeides.
BÜRGER 226";
sie hat nicht mehr als zwei tödliche seiten, durch welche
wir ihr gewissen bestürmen können. Schilleh 195'; ich will
nur das ungeheure vorurtheil bestürmen. Herder 2, 329;
des mensctien herz bestürmen. GötheS, 273;
und mit verhasztem plan
auf's neue mick bestürmen. 9,282;
warum gibt die musik dem bestürmten herzen statt der ruhe
nur gröszere wellen? .1. Pacl Hesp. 2, 109; du bestürmst
mich mit einer frage nach der andern, eh ich antworte.
BESTÜRMER, m. invasor, aggressor. Stieler 2229.
BESTÜRMERIN, f. femina irrumpens, invehcns.
BESTÜRMUNG, f.
BESTÜRZEN, evertere, obruere, ahd. pisturzan, mhd. bc-
stürzen, nnl. bestorten, stürzen heiszt ruere, praecipitare,
verlere, mergere, slernere, fallen machen, bestürzen also um-
kehren, umdrehen, umstürzen, s. auch verstürzen.
mhd. sin hoiibet, daj gezieret was,
fiel nider üf daj grücne gras,
besiürzet mit dem helme. sc/iwanrtHer 1092 ;
ahd. Di brennii man ouh tiiuruh thaj
giwisso sinaj liolitra;,
thaj er iz biwelze,
mit muttü bisturzß. 0. II. 17, 16;
nhd. den hafen bestürzen {mit dem decket, der stürze), von
guter speise. 5. 12;
ein ganz geschwader von bestürzten segeln
(a whole armado of coiivicied sail = conquered).
A. W. Schlegel im könig Joliann 3, 4.
2) abstractionen, bestürzen consternarc, conlurbare: ahd.
besturzet dia wärheit, immutat veritatem;
mhd. nu het mir den sin bestürzet. MS. 1,2S';
swinde getrehte freude bestürzet. Renn. 23336;
nhd. indem aber die wasserkind
also aufs spiel verslürzet {versessen) sind.
froschm. I. 1, 2 (C 7") ;
ich bin so bestürzet, das ich nicht weisz was ich reden sol.
H. JoL. VON Braünschw. Sus. .5, 2; alle fragen bestürzen, de-
ren wir nicht gewärtig sind. Lessinc 1, 388; verzeih o kö-
nigin, wenn mich dein anblick bestürzt. Gotter 2, 222 ;
wenn meine rede dich besiürzet. Schiller 225' ;
hat alles hier zusammen sich verstanden,
mich zu bestürzen ? 228' ;
«ein und der bedienten rufen bestürzt die mörder. 737;
doch den beiden bestürzt unmut die entschlossenen herzen.
Voss Od. 4, 658.
3) bestürzen, intransitiv, für bestürzt sein, wie auch stür-
zen corrui, labi ausdrückt : ich bestürzete unsäglich über die-
sem greulichen bekäntnis. Lohenst. Arm. 2, 1606; aber wie
bestürzten wir nicht, als derselbe ein danksagungsschreiben
an die socielät drucken liesz, Liscov s. 84 (81) ; er bestürzte
über diesen anblick. Musaeus 2, 107.
BESTÜRZUNG, f. consternatio : ich habe mit höchster be-
stürzung meines gemüths erfahren. Schüppius 201; scme be-
stürzung verwinden, irrg. der liebe 23; sich von der ersten
bcstürzung erholen. Münehhausens reise 24 ; von Alberts be-
stürzung, von Lettens Jammer laszt mich nichts sagen. Götiie
16, 191.
BESTUTZEN, stupere, stutzig werden, stutzen, doch er-
scheint fastnur das part. praet. bestutzt, stupore perculsus:
bestutzet iigen gar zu grund
ab seines lobs glänz, das so kund,
dasz sich ihr hetz darab entsetzet. Wickberlim 436;
doch sei gebeten, mir zugleiche zu entdecken, ob Socrates
sich über diesen einwürfen bestutzt befand. .Hofmannswaldau
BESTVERGOLDET — BESUCHEN 1 688
sterb. Socr. 69. Weckherli."» bietet aber auch ein transiti-
vum dar:
diser schar so schön als schnelle kunft
bestutzet, zwar mit lust, dem hirten die Vernunft. 729,
verwirrt, bestürzt ihm die sinne, man verfiele darauf, bestutzl
und bestürzt gleichzusetzen {wie sp. 694 mutzen geleitet wurde
aus murzen), hielte davon nicht stutzen und aufstutzen zurück.
BESTVERGOLDET, optime inauratus:
der mouen zahlreich beer zernagt mit frechem zahn
den bestveigüldlen schnitt, den bebten safflan.
Hagedorn 3, 107.
BESUCH, m. gebildet wie versuch (gesuch ist n.), nnl. be-
zoek n., das schw. besök, dän. besög sind uns entliehen.
1) weidmännisch, invesligalio, quae fit cane sagaci, das
sinnliche suchen, aufsuchen, aufspüren des wilds mit der nase
des leithunds, man sagt: der jüger geht, zieht auf besuch,
nimmt den besuch vor; wenn der besuch {die stelle des su-
chens) weit abgelegen, führt man den hund auf einem wa-
gen. Flemings teulscher jäger 163' ; den besuch haben. Döbel
1, 47'. daher besuchknecht.
2) besuch eines orts, wo viel leute beisammen sind: be-
such der schule, kirche, messe, des marktcs, lagers, wein-
hauses, Schauspiels, man sagt aber auch, ich will dem stall
einen besuch machen, die pferde besehen, er machte, bevor
er abreiste, dem garten, in welchem er so viel glückliche
stunden zugebracht hatte, noch einen besuch, nahm von ihm
abschied, er stattete, bevor er schlafen gieng, der Weinflasche
einen besucli ab, was auch zur folgenden bedeutung geschla-
gen oder nach besuchen 4 gefaszt werden kann.
3) besuch, visitatio, salutatio, franz. visite, besuch bei der
ankunfl und abreise, höflicher, aber auch traulicher, freund-
schaftlicher besuch. «11 diesem sinn kennt die frühere spräche
nur besuchung, heimsuchung, auch Stieler «nd Frisch geben
kein besuch an, es kommt erst im 18 jh. auf er ist zu be-
such, auf besuch hier; wir gehen in besuch, zu besuch ; be-
such machen, geben, faire, donner visite; besuch ablegen,
abstatten, erstatten, wiederholen; besuch empfangen, anneh-
men, abschlagen, abweisen; erzeigen, erweisen, gewähren,
einstellen, unterlassen ; gönnen sie mir die ehre eines besuchs ;
er musz den ersten besuch machen ; das soll mein letzter
besuch sein; dieser besuch galt nicht mir; der arzt macht
seinen üblichen besuch;
ein solcher schw.itzer trat herein,
dem dichter den besuch zu geben. Gellert 1, 104;
ich werde sonntags und etwa, wenn ich in besuche gehe,
schwarz gehen. 5, 219; ich gab um die gedachte zeit einen
besuch bei etlichen damen, die von dem lande zur messe
herein gekommen waren. 9, 135; weil ich um sechs uhr be-
suche, das ist nach meiner empfindung, neue arbeiten habe.
9, 153; ist es ihnen gefällig, ihren besuch abzukürzen? Les-
sing 2, 63 ; das war ein langer besuch I ; einmal hab ich be-
such gegeben bei meiner freundin. Millers Siegwart 2, 317 ;
einen besuch bei der schönen Filänion abzulegen. Wieland
13, 2G ; nach einem besuche, den er dem Verfasser gegeben
hatte. GüKiNGK 1, 262 ; ich habe jetzt einige besuche zu ge-
ben. Schiller 654; dies veranlaszte etliche mutwillige hüben
aus dem volke ihm dort einen besuch zu geben. 832*; fräu-
lein Caroline, die neulich mit der alten tante hier zum be-
suche war. GöTHEll, 256; an besuchen aus der nachbar-
schaft und in die nachbarschaft fehlt es uns nicht. 17, 11.
heute ist besuche machen üblicher als geben, der tägliche,
abendliche, nächtliche besuch.
4) besuch == die besuchenden: wir haben besuch; unser
besuch ist noch da; 'wer ist denn das mädchen?' das ist
unser besuch.
BESUCHAMEISE, f. formica migratoria, wer von besuch zu
besuche läuft: dieses gastwirtleben am hofe, dieses vorüberren-
nen der feinsten und geistreichsten fremden und besuchaineisen,
die in drei tagen vergessen sind. J. Paul Hesp. 2, 192.
BESUCHEN, ahd. pisuochan (Graff 6, 84), mlid. besuochen,
nnl. bezoeken, schw. besöka, ddn. besöge.
1) den Jägern, das wild besuchen, aufspüren.
2) einen ort besuchen, mhd. einen turnei besuochen. En-
gelh. 2359; nhd. die kirchen, spielhäuscr, theater besuchen,
franz. fri^quenter; das sie dein haus und deiner unterthanen
heuser besuchen {durchsuchen) und was dir lieblich ist, sol-
len sie in ire hcnde nemen und weg tragen. \ kün. 20, 6; zu
besuchen Juda und Jerusalem. Esra 7, 14; und dich wird
man heiszen die besuchte und uDverlassene stad. Es. 42, 12 ;
1689
BESUCHEN — BESUCHER
BESUCHJÄGER — BESUDELN
1690
die bundsladen des herrn besuchen. Jer. 3, 16 ; ir habt meine
herd zerstrewet und verstoszen und nicht besucht. 23, 2;
ein besuchtes, das besuchteste gasthaos;
komm, Doris, komm zu jenen buchen,
lasz uns den stillen grund besuchen,
wo nichts sich regt als ich und du. Haiieh s. 91 ;
kommt er nicht mehr, die palmen zu besuchen,
die unsers auferstandnen grab umschauen? Lkssi^g 2, 196 ;
der weg ist, wie zur hölle,
so breit und so besucht. Gottek 1, 167;
die gletscher, die von wölken nur besuchten,
sie spiegeln sich im wasser unzersplittert. LK5Aün««. ffcd. 149.
3) leute besuchen, heimsuchen: es begab sich aber, das
Simson sein weib besucht, mit einem ziegenböcklein. richl.
15,1; und besuche deine brüdcr, obs inen wolgehe. 1 Sam.
17, 18; beschwere dich nicht die kranken zu besuchen. Sir.
17, 3S ; ich bin krank gewesen und ir habt mich besucht.
Mallh. 25, 36; ich bin krank und gefangen gewesen und ir
habt mich nicht besucht (golh. siuks jah in karkarai, janni
gaveisodeduj) meina, ahd. unraahtic inti in carkere, inti ir
ni wisilut min). Mallh. 25,43; denn er hat besuchet und er-
löset seift Volk {goth. gaveisuda jah gavaurhta nslausein ma-
nagein seinai). Luc. 1, 6S ; die waisen und witwen in irem
trübsal besuchen. Jac. 1, 27; soll mein alter freund mich
also feindlich besuchen (heimsuchen)'} Garg. 20S'; wie soll
ich ihnen genug dafür danken, dasz sie eine familie zu
besuchen würdigen, die auf eine nähere Verbindung mit
ihnen schon zum voraus stolz ist. Lessi.ng 1, 377 ; ich wollte
eben gehen und sie in ihrem neuen quartiere besuchen.
1, 553; wollen sie denn besuchen gchn? Lenz 1, 203. man
sagt auch /igürlich: kein schlaf besucht den kranken, kehrt
beiihm ein; nie besucht sie der süsze schlaf. Klisger 2, 247.
4) besuchen, perquirere, durchsuchen, visilieren: mhd.
dö si gehaben wart enpor,
Porphirius besuochte ire kleit,
ob icht von goldes richeit
daran were gewanL
seht wä er nicbtes nicht envant,
des schemte er sich unde vlöch. pass. Ä. 393, 17 ;
0 herr, besucht den busen mein (greift mir in d. b.),
dieweii es musz gestorben sein, .\ther313*;
da zwungen In die landsknecht.
das er sich bsuchen (seine laschen leeren) must von stund,
vierhundert gülden man bei im fund. £T&[.^(i 2, 521;
aller verrat ist verzehrt,
alle kammem ausgelehrt,
alle kästen sind besucht. Fleiixg290;
mein leben mag es büszen,
wo er nicht den opal Anivtlen abgerissen.
besucht ihn. Lohe^st. 'Cleop. 121,594;
es hatten ihnen etliche Soldaten begegnet, ihren provianlkorb
besuchet, ein fasz hier aufgeschlagen und gesoffen, pers.
reiseb. 1, 4 ; dieser mann üesz mich überall besuchen, fand
aber nichts bei mir als ein büchlein von birkenrinden. Simpl.
I, 69 ; flel er denen bei, die mich vor einen verrüther und
kundschafter hielten, befahl darauf, man sollte mich besu-
chen. 1, 72; der provos muste mich in gegenwart ihrer al-
ler besuchen. 1, 213; ich besuchte keinen von ihnen, weil
jeder selbst sein geld heraus gab. 2, 154; denn nachdem er
seinen diener absteigen lassen, um mich zu besuchen. 2,221;
da biengen sich denn die kinder an mir an wie die kletten
und die kleineren besuchten mir die scbubsecke. unw. docl.
262; schmeiszet diesen mordbreoner in den stock und b«-
suchet seine kleider und felleisen. med. maulaffe 651 ; zuvor
besuchen lassen. Opitz Arg. 2, 477; kleider, schiebsücke be-
suchen, manicam exculere. dies besuchen ist wie befühlen,
aber heute auszer gebrauch und höchstens übrig in dem euph»-
mismus: du kannst mich im ermel besuchen.
51 besuchen, scrutari, explorare, lentare, prüfen, abstraction
des vorausgehenden, so ahd. pisuocban : dia gidult, den muot
pisuüchan (Giurr 6, 84), mhd.
der almahlige got des geniohte,
da{ er Abraoämen besuohte. fundgr. 2, 32, 45 ;
ich hän wole besuochet (expertut $um),
daj din got ruochet. 2, 44, 4 ;
du prüfest mein herz und hesucbesls des nachts, and leu-
terst mich und findest nichts, ps. 17, 3; mit den Türken
kriegen und streiten ist gott widerfechten, der unsere sünde
durch sie besuchet (heimsucht). Lgther t, 258'.
BESUCHER, m. 1) salulator: ein ungebelner, lästiger be-
sucbcr. 2) perquisilor: bald darauf kamen die besncher,
durchsuchten das schif, ob nicht kaufmannswaaren darinnen.
pert. reiub, 1, 2.
BESUCHJÄGER, m.. der mit dem leithunde auf besuA
zieht. Döbel 2. 4S'. 49'.
BESUCHKARTE, f. besuch- und abschiedskarten. Göthe
4, 191.
BESUCHKNECHT, m. vas besuchjäger.
BESUCHUNG, f. salutalio : der ehrlichen nachbarlichen be-
suchung der glückhaften schiffiartgesellschaft. Fischart gl. seh.
zu anfang; weistu nicht, dasz die besuchungen deines freun-
des in deinem hause sehr seltzam sein werden, wenn er sie-
bet, dasz der feind drinnen ist. pers. baumg. 9, 13 ; alle besuchung
fi-emder länder. Schuppics 547 ; besuchungsehre, dignalio prae-
sentiae. Stieler 360, heule die ehre der gegenwart, des besuchs ;
da er denn sich wolstandes halber gemüsziget gesehen seine
besuchungen einzustellen. Felsenb. 3, 405; bei meiner ersten
besuchung. 4.444; so würde ich wol thun, wenn ich alle be-
sucbungen bei der braut einstellete. Plesse 3, 87 ; in den be-
sucbungen der Euphrosine einhält zu thun. 3, 87; als ihr
eure besuchung abstattetet 3, 89 ; jemehr es einander nahe
küsten gibt, deren besuchung u. s. w. Käst anfangsgr. der
rechlsl. s. 260; ist einst das haus {auf dem Rigi) ganz fer-
tig, so wird es ihm wol nimmer an besachong fehlen. Hec-
XER 4, 207.
BESUCHZIMMER, n. cubiculum salulatorium.
BESUDELN, inquinare, eontaminare, beflecken, beschmieren,
beschmutzen, beschmeiszen, nnl. bezoedelen, schw. besudla. dän.
besudle; ron der vurzel und dem verhalt zu besolgen, besiv-
len, besülwen iriri unier dem einfachen sudeln näher zu han-
deln sein. ahd. und mhd. ist besudeln unverzeichnel, darum
aber ntchl in zweifei xu stellen, denn die oberdeutsche Volks-
sprache kennt es (Schm. 3, 203. Stald. 2, 418. Maaler 64'),
Albergs schreibt ich besuddel, wie auch Llther metstentheils.
du solst nicht der öberst sein, denn du bist auf deines va-
ters lager gestiegen, daselbs hastu mein bette besudelt mit
dem aufsteigen. 1 Mos. 49, 4; macht ewre seelen nicht zum
schewsal und verunreiniget euch nicht an inen, das ir euch
besuddelt. 3 Mos. 11, 43; ich habe meine füsze gewaschen,
wie sol ich sie wider besuddeln? hohelied 5, 3; daher ist ir
{der keller) vermügen auf meine kleider gesprützt und ich
hab alle mein gewand besuddelt. Es. 63, 3; sie waren mit
blut besuddelt. klagt. Jer. 4, 14 ; wer pech angreift, der be-
sudelt sich damit. Sir. 13, 1 ; die gottfürchtigen besudeln sich
nicht mit diser sünde. 23, 17; du hast auch wenig namen
zu Sarden, die nicht ire kleider besudelt haben, ofjfenb. 3, 4 ;
hab ich michs doch auch mit meinem namen und vorred zu
besudeln underw unden. Lcthers rorr. zu Justi Menü oecono-
mid ehr. ?iümb. 1529 al'; er {der fuehs) nam ein büchsen
mit arznei, besudelt sich damit, schimpf und ernst cap. 10t;
wie er über ein stäg wil gehn, so glitscht er und feilt ins
wasser und mur, betrept sich wie ein mor (schwein), er
kompt heim, was wol besudleL Frey garteng. cap. 1; als
nun Ulenspiegel ein amibrustschusz von des brotbeckers hus
kam, da liesz er ein weisz brot aus dem holen loch fallen
in das kat, da satzt Ulenspiegel den sack nider und sprach,
ach das besudelt brot darf ich für meinen herren oit brin-
gen. Eulensp. cap. 6 ; so einer einen lebendigen krebsz mit
brandtem wein besudelt und den wein anzündt, so wirt er
zu stund rot. Forer 193'; ihr besudelt ewere band und ge-
wissen. Kirchhof nu7. disc. 255; mit solchem wüst besudelt.
wendunm. 364*; daran besudelt man leib, sei, ehr und gut.
bienenk. 136';
wer sich reit groben filzen hudelt,
tu lohn wird er mit iindank besudelt. LEBmAi«!(22;
dasz sich einer mit rusz und koth besudelt, das kann man
an einem andern nit abwüschen. 201 ; sie {die liebe) besu-
delt die jungen und todtet die alten, gespenst ^93 ; ihr seid
gewislich «in undankbarer vogel, indem ihr euer nest zu be-
sudeln trachtet. 310; sich in mist besudeln. 332; derjenige
sündigt doppelt, welcher eines andern ehethron besudelt.
pol. slockf. 193; »as hat der römische Statthalter vor nene
religionen einzudringen «ich unterstanden, dardorch er die
kirche goltes dermaszen besudelt. Schuppius 778 ; ein fabel-
buch, welches nun mit ungeschickten und unzüchtigen reden
und mährlein vermenget und besudelt wäre. 828; wenn das
thier {pferd) ein Vorderbein voller grauen ganz hellen haa-
ren von dem knie bis an die kröne hat, anstatt dasz es
schwarz, wie die andern drei sein sollte, so hciszt das
brin besudelt oder stichelhärig. Eisk.-<bergs rosläuscherkünsle
s. 10«;
1691
BESUDELN— BESÜSZEN
BESÜSZIGEN— BETAGEN
1692
jener nun risz sich
schnell aus dem äuge den pfähl, von triefendem blute besudelt.
Voss Od. 9, 397 ; .
möcht ich, ein greis \vie ich bin, dir brüst und tippen besudeln
ganz mit blut. IS, 21;
stiesz er den tisch anschlagend und warf zur erde die speisen,
dasz sich brot und gebratnes besudelten. 22, 21;
aber er sah sie alle mit blut und staube besudelt,
hingestreckt in menge. 22, 3ä3;
die heilige scheu das wasser, die luft, die erde zu besudeln.
GöTHE 6, 22 ;
und so haben sie auch mit waschen und reinigen alle
tröge des dorfes beschmutzt und alle brunnen besudelt.
40, 306 ;
wie könnte sie {die liebe) sich zusammensetzen und hinauf-
läutern in einem besudelten herzen? J. Paul Hesp. 1, 63;
das männliche, von stürmen erzogne, von geschäften besu-
delte herz. 2, 86 ; vorsieht . . . aus der die schiffe den teu-
felsdreck, den sie aus Persien holen, stets oben an den
mastbaum hängen, damit sein gestank nicht die fracht des
schifsraums besudele. TU. l, 67 ; ein besudeltes thierauge
sieht nicht einmal den spiegel u. s. w. unsiclub. löge xxii.
besudeln und bellecken scheiden sich wie franz. souiller und
tacher, schon ein tropfe blutes, öles befleckt das gewand,
eine grüszere masse besudelt es, doch oft können beide lau-
schen, gemeiner als beide lauten dem dichter beschmutzen und
beschmieren, vgl. besülen, besulfern und die Zusammensetzun-
gen blutbesudelt, kothbesudelt, mordbesudelt.
BESUDLUiNG, /". inquinatio: ein leibeigner des beischlafs
und der fleischlichen hesudeiung. bienenk. 18';
die Wasserkrüge füllet, abzuwaschen gibts
des schwarzen blutes greuelvolle besudelung! Göthe 41, 199.
BESÜLEN, was besudeln, doch eine älter berechtigte, eigne
form, schon goth. bisauljan fiiaiveiv, bisaulnan fiiaCvead'ai,
und zwar als bisai'iljan, nicht als bisauljan zu fassen; ahd.
pisulan, pisulian (Graff 6, 186), mhd. besüln, ags. besylan,
das engl, soll scheint aber aus dem identischen franz. souiller
entnommen, schw. besöla, ddn. besöle.
mhd. unde reinlichen namen
nicht besulte mit unvlät. pass. K. 8, 89;
der licham nicht besult wirt
an des willen miteganc. 28,82;
ob ich hie besulet werde
wider mines herzen muot. 28,86;
da sohle si ir kusche wät
besuln mit rechter unvlät. 29, 33 m, s. to. ;
nhd. den möcht man wol on alls gelär
besülen in der plützen. Uhland638;
weil sie aber also besüIt,
so bitt ich, das du sie zuvor
mit lauierm wasser wasche. Etri.'hc 1, 237;
mit bsülten henden. 2, 334.
später durch besudeln verdrängt, bei Stieler' 2053 noch an-
geführt.
BESÜLCHEN, dasselbe. Maaler 64* ; mit kaat besülcht und
besudlet, coeno oblitus. s. besolgen.
BESULFERN, BESÜLVERN, BESULBERN, maculare, pol-
luere, unreinigen, vocab. theut. 1482 d3'. d4'.'. II 4', offenbar
aus besulwern verhärtet, dies aber fortbildung des mhd. be-
sülwen = besüln :
wan er mit sunden umme gie
darinne er bcsulwet lac. Marienleg. 64, 7 ;
und besulwet darinne wesen. 74, 124;
diz nuwe cicit mac nieman hän,
«rn habe da; aide üj gedän,
da; er vil dicke hie vore
hat besulwet in deme höre.
der sunden tviderslrit, vom j. 1278. £od. gi^ens. s. 282.
BESUNDER, s. besonder.
BESÜPFEN, BESÜRPFEN, caliem clanculum längere, li-
gurire. t. sürpfen.
BESÜSZEN, dulce reddere, versüszen, doch schwächer als
dieses. Stieler 2242, im 17 jh. den schlesischen dichtem ge-
läufig :
theures paar, seid so besüszct {süxt heglfickt)
mit der liebe lieblichkcit. Lob«u 1, 1, 47 ;
auf dasz der zeiien weh, darinnen wenig grnnd
zum from sein übrig ist, ich etwas mag besüszen. 1,5,3;
dein stamm pflegt zu besüszen
noch immer unser land mit gut und frcundlichkcit.
1, 10,25;
drum des todes bittres nemen kan diu-ch süszes widernemen
eine witfraw ihr besüszen und den lod also beschämen.
3, 3, 11;
herlich gottes vorsieht preisen kan vil trotz der weit besüszen.
3, zugäbe 59;
die von dir besuszten Sachen.
ScuiRHERs sing, rosen 1657 s. 413;
der andachtszucker soll die lippcn mir besüszen.
' LoHENST. gcisU. gedanken 137, 1 ;
die röthsten lippen musz mein honigseira besüszen.
blum. 83.
BESÜSZIGEN, dasselbe.
BESÜSZIGÜNG, f. zu besänftigung ufld besüszigung. Phil-
ander 1, 3*.
BET, n. oratio, gebet, ahd. pet (Graff 3, 57), gen. pStes,
za pete, ad orationem. Freisinger exhort. 42; mhd. bet ist
vorauszusetzen, vgl. anebet idolum, res adoranda, und engl.
bead. Luther schrieb: das bet wird erhöret, bereitung zum
tod. 91;
der jung Tobias gott verlrawt,
zum bet vermanet er sein prawt.
Schwarzenberg 105, 1 ;
sag mir durch got was ist das bett,
do keiner kein verstand nit heit?
MuRXERs sc/ie/menz. 18';
deut den gottesdienst, der jetzund gat
in vollem schwank auf ganzer erden
mit mönich, nennen, pfaffen werden,
mit kulten tragen, koiif bescheien,
tag und nacht in kirclien pleren,
metten, prim, terz, vesper, complet,
mit wachen, fasten, langen (/. langem) bet.
H. Sachs 1,85*;
vil newer fünd sie stet ertichten,
vil bet und bruderschaft aufrichten. I, 87";
durch der burgerschafi groszen bet {also m.). 1, 155';
derhalb lasz uns verzagen nit,
sonder anhaltn mit bet und bit. V, 217';
sein wort ist, bittent, so werden ihr gewehrt, das ist nun
einmal wahr, allein dasz wir seim wort vertrawen und glau-
ben, wo das nicht ist, so ist das bett ein maulklaffen. Pa-
EACELSüS 2, 264'. Reüchlin setzt sonst nur gebet, einmal aber:
das er das gemelt bette wolle tolmetschen. oujens/). 33' ; umb
mein, meiner swester, unser mitverwanten erben weiter un-
terthenigs anrufen und diemutigen betes willen. Chmel Maxim,
s. 211 (a. 1500). es hält schwer die formen von denen des f.
bete überall zu sondern, vgl. betbuch und gebet.
BETÄCKELN, sich, ineptire, insulse se gerere: der hat
sich wol betäckelt! fliegenwadel U6. i. betappeln.
BETACKEN, contrectare, betappen. Stieler 2245. es ist
auffallend, wie eine menge mit ta anlautender verba sich im
begriffe des anriihrens, greifens, tastens begegnen.
BETADELN, reprehendcre, tadeln: dieses belobte und be-
tadelte buch. Hippel 6, 12; wo sie sich von hofkammerdie-
nern bewundern und von damen, kammerjungfern betadeln
liesz. Millers Siegwart 1, 85.
BETÄFELN, coassare, austäfeln, vertäfeln, s. abtäfeln.
BETAFFELN, für betappeln, contrectare, wie man auch
tapfe für tappe sagte: was wird sie nun kriegen? einen al-
ten kalten ausgedorreten fantasten, der sie des tags nur mit
dem hart reiben und des nachts mit den fausten betaffeln
wird. ped. schulfuchs 115.
BETAFFETEN, panno serico legere: besammet und betaf-
fet, d. i. besammetet, betaffefet. Kirchhof wendimf?!. 290'.
BETAGEN, ein schönes, der mhd. spräche geläufiges wort,
von mehr/acher bedeutung.
1) diescere, lag werden, wie benahten noctescere, wofür
doch heute einfach tagen und nachten gesagt wird.
2) senesccre, alt werden, zu seinen tagen kommen:
dann müssen wir dies kicid,
ie länger wir betagoti,
mit noth und mühsal tragen. Tschernimg.
s. betagt.
3) illucesccre, erscheinen, zu tage, an den tag kommen:
den betaget ein saslic tac. MS. 1, 199';
wd, da; der lac ie betaget. Gco. 4200;
dar, uns ie soll der tac betagcn. Ls. 2,420;
wie moht der tot an dir betagn! Wh. 101, 30;
von der uns ist der sun bciaget. Walth. 4, 1 ;
daj an mir ist der pris betaget. Bari. 217, 24.
später noch von gefallen und zinsen, deren lag erscheint, die
fällig werden, i. b. Schätzung, die auf Michael betagt, zins
der auf Johlmnis betagt. Gryphius laszt Alecto sagen:
1693
BETAGEN
BETAGT— BETASTEN
1694
sterbliche, sollen wir schlummernde können
eure eehäufete frevel vertragen,
die uns zu richten und rechten betagen. 1, 439,
deren tag uns fällig icird.
4) betagen, über nacht bleiben, bis an den tag, den tag erwarten :
lät mich betagen I Helmbr. 1733,
behaltet mich diese nacht;
daj ich noch bi dir betagen müeje. MS. 1, 16';
der ritter sol niht hie betagen. 1, 18*;
diu saelde was bi im betaget. Dietr. 274;
wie dicke ich in sorgen doch
des morgens bin betagei,
so ej alle; slief da; bi mir lac. MS. 1, 65';
lumber gouch, der dran beiaget oder benahtet {tag und nacht
damit hinbringt) '. Waliher 10, 7 ;
s. die sp. 1464 unter benachten 1 angezognen stellen, nhd.
das selb haus ouch nit destminder zu allen nöten gar offen
sein und bliben sol beirn Albrechten, doch das die seinen,
so er mit im darin bringt im zu dienst, den burgfriden zu
halten schweren sollen, noch darin weder betagen noch be-
nachten {weder tag noch nacht bleiben), sie haben denn ge-
schworen. Geszlebs rethorik 39*. ebenso, in etwas betagen,
in etwas alt werden, nach 2 :
denn die weis, darin man belagt,
verleszt man nit. Waldis Esop 4, 6 (21S").
5) transitiv, betagen, erhellen, aufklären {wie benachttn 3
dunkel machen): gleichwie die sonne über die frommen und
bösen täglich aufgehet und die mit den helleuchtenden strah-
len betaget. Bctschkt kanzelei 155;
bai; dir die sach betagen {erklären). Cato 149, 150,-
wellte goit euch mehr betagen,
glänztet ihr wie ich so helle. Göthb 5, 224.
6) transitiv, alt machen, alt werden lassen:
weil niemand, den die jar betagen,
des alters unlust kan abtragen.
Waldis Esop2, 55 (116").
7) transitiv, vorladen, citare ad diem constitutum, einigemal
auch capere, bestricken, gefangen legen : so hätten wir und unsre
des glaubens mitverwandte uns, etlicher unsrer sachen hal-
ben, auf Nicolai schierst in die Stadt Schmalkalden zusam-
men betagt Melanchth. 2, 9S0; nuwlich hat e. k. mt. Ada-
men Cron und unsern burger Grunenfeld lassen betagen.
CuMEL Maxim, s. S9 (a. 1496); und nachdeme Schenk Fride-
rich von Limburg ein redlicher herr war, so war ich des
sinns, dasz ich ihne nicht wolt hinweg geführt, sondern wolt
ihn in seine eigene behausung betagt haben. Götz ton Ber-
LicH. leben s. 105; alle die so vom landgrafen gefangen und
gen Cassel bescliaiden und betagt, ligen noch alda, bis in
90 personen. Schertliss br. 44;
dahin ward auch der luchs belagt,
dem hasen wards auch angesagt. Waldis Es. 4, 56 (272');
wir ziehen auf den hochzeittag,
da uns der fuchs thet hin betagen. .
HcLDR.WoLGEHUT Esop HO;
Terwirf die Völker durch gerichte,
betage sie vor dein gesiebte, üpitz jis. s. 25;
wann die gemein einander wird betagen,
wil ich dein lob zu preisen mit behagen
geOisseii sein. s. 45;
beisz aber mich nicht auch darneben
dir vor gericble rechnung gehen,
betage ja nicht deinen kneclit. $. 263 ;
der götior groszer rath liesz dich hierumb betageo
und für gerichte ziehn. 1, 93 ;
euch aber hab icb auch durch boten Jetzt belagt
vor allen. 1,169;
(Moscbkaw), das damals zwar nicht nein zu unsern Sachen
sagte,
doch dan es sich mit uns hierüber mehr betagte,
ganz were mit uns eins, so wandten wir uns ümm,
und holten über dis des herzogs klare stimm.
FLKa!<ic202;
bald stillten unsern sinn die königliche jagten,
bald der Armener wein, die oftmals uns betagten. 20S;
traute scel, was wirst du sagen,
wenn der richter dich wird fragen,
der die erde wil betagen? Gripuils 2, 257;
man solle wider den herzog selbst durch urlhel und recht
verfaiiren und seinen geflüchteten söhn für den reicbsrath
betagen. Lohesst. Arm. 1, 1077;
dis ist der tag, auf den der (od mich hat betagt.
Agripp, 77, 95 ;
die fürstin betagte ihre stände zu einem landgerichte. Mc-
SAEus 2, 129. heule wenig im gebrauch, so häufig vertagen.
ein ganz anderes betagen itl das sp. 1219 angeführte ^= be-
dafen.
BETAGT, annosus, zu seinen tagen gekommen: Abraham
war alt und wol betaget. 1 Mos. 24, 1 ; da Josua nun alt und
wol betaget war. Jos. 23, 1 ; und war betaget unter den men-
nern. 1 Sam. 17, 12 ; und da Darid alt war und wol betaget.
1 kün. 1, 1 ; ich bin alt und mein weih ist betaget. Luc. 1. 18 ;
und es war eine prophetinne, die war wol betaget. 2, 36 ;
betagtes alter und unvermöglichkeit leibs. Lanz Karl 5. s. 414
(a. 1547); ein alter betagter mann. Pocr. 1, 202'. 2,172'; also
begert auch der knab jung, ' der jung betagt, der betagt alt
zu werden. Wirscng Cal. J4"; betagte und wol wegkundige
reuten Kirchhof mil. disc. 94 ; ein sehr betagte fraw. wend-
unm. 120"; betagte eiche. Logaü 1, 193; ein alter betagter
Christ. ScHCPPiLS 442; ein betagtes weih, ehe eines weibes
vorr.; die betagte mutier, ehe eines mannes 164;
wer wol zu sterben weisz, stirbt allzeit gnug betagt.
Hagedorn 1. 29:
man könnte sagen, es habe die betagte seherin in Cumä ge-
lebt Stolberg S, 29 ; diese betagte und bejahrte sladt. J. Paul
uns. löge xx. ein fälliger und betagter Wechsel. Hippel 5, 230
ist ein solcher, dessen tag erschienen ist. s. hochbetagl.
BETAGUNG, f. constilutio diei: diese rednerin ist mir mit
ihrer nachdrücklichen betagung der räche zuvorgekommen.
Lohenst. Arm. 1, 19.
BETAKELN, armare navem, wie abtakeln exarmare: die
zwanzig schiffe der Doria sind unbelakelt, unbemannt, leicht
überrumpelt. Schiller 165".
BETALGEN, sebo illinere, verschieden vom folgenden.
BETALKEN, contrectare, unsauber, grob anrühren:
wir teten uns beide im stall umbwalken,
und in dem kudreck uns betalken. fastn. sp. 274, 17;
das sie zu den wenden walgen
und sich in kuedrecken betaigen. 386, 22.
talken scheint eigentlich den teig kneten. Scrjiid schwäb. wb.
119. ScHM. 1, 368. 369.
BETALKERN, dasselbe: der sauen ihre mammas melken
und belalkern. Praetorics saturnalia 146.
BETALPEN, dasselbe.
BETAPPELN, dasselbe, anrüliren, fassen, begreifen : er kanns
noch nicht betappeln, vgl. betaffeln.
BETAPPEN, dasselbe, begreifen, angreifen, wie ertappen,
ergreifen :
wo sie ibrn feind icht ihun betappen,
in an eins baums ast auf lan schnappen. Etring 1, 141 ;
er belappt alles was er sieht
BETASCHEN, dasselbe: dein eerlich scherzen ist mir ein
wolgefallen, dein unverschampt betaschen gibt mir beküm-
mernus, dann du will allweg die rechten grenzen der erbar-
keit überschreiten. Wirscng Cal. f3'. s. betatschen.
BETASTEN, dasselbe, doch weit gebräuchlicher und edler
als die vorausgehenden rerba. schon mhd.
ach richer got, und wjpr daj war,
so wolt ich noch den süezeu bort betasten
dens so wirdeclichen hat behalten. JIS. 2,24*;
da; betasten, diz berüeren.
der Sunden widerstrii. cod. giss, s. 329.
nhd. dar zwischen wirt manch frau und roait
betast, gekust und ir lurpoten. fastn. sp, 380, 17 ;
da nam Rahel die götzen und legt sie unter die strew
der kamel und salzte sich drauf. Laban aber betastet die
ganze hülle und fand nichts. l3fo5. 31, 34; du hast alle mein
hausrat betastet, was hastu deines hausrats fundsn? 31, 37;
daselbst lieszen sie ire brüste begreifen und die zitzen irer
jungfrawschaft betasten. Ez. 23, 3. 8, 21 ; das wir gehöret ha-
ben, das wir gesehen haben mit unsern äugen, das wir be-
schauet haben und unser hende betastet haben. 1 Joh. 1, 1 ;
sagt, wie er den schönsten lebendigen hasen kouft heb, den
er in einem jar gesehen het, den sie all umbher nach ein-
ander betasten. Eulensp. cap. 55 ; ich schwere dir, das ich
mich wol dreimal erhepte ir umb den hals zu fallen, aber
die schäm, so ich hctte, das ich si, die so durchausz wol
gezieret was, in meinem zerrisznen rock und geflickten hesz
betasten soll, hindert mich. Wirscng Cal. fl'; betast und
schmiert den puls. Garg. 72" ;
oft glegenheit gewonnen hnn,
dasz ich sie wol betastet haji. Atrkk fntdi. tp. 85*;
nachdem er sich glücklich geschätzt, den bord (des sehifs)
mit seinen bänden belastet und überstiegen zu haben. Felsenb.
4, 62; hierauf ist er hinaus gegangen und sein betastes
wambsts und Schweizerhosen angezogen, hineingegangen und
mit aller verwtinderung sein consiliutn gegeben, unw. dott.
1695
BETASTEN — BETÄUBUNG
BETAUCHEN— BETEN
1696
521, wo belast, wie hernach das betastete band, vom vßeren
berühren schmutzig ausdrückt; sie {die fremden schafe) hielten
stille und lieszen sich von mir betasten und streichen. Pierol
2, 193;
und ich betastet ihm bauch und haupt. Götiie 40, 115;
sasz die rückeo der samtlichen widder betastend.
Voss Od. 9, 441 ;
weil diese schönen sich ganz sicher darauf verlieszen, dasz
sie auszer gefahr seien; von männlichen äugen betastet zu
werden. Wielands grazien s. 47; das gesicht ist der edelste
sinn, die andern vier belehren uns nur durch die organe des
tacts, wir iiören, wir fühlen, riechen und betasten alles durch
beriihrung. Göthe 23,274; die philosopliie betastet die Sterne
und das meer, um von ihnen zu erfahren, wer der ist, der
sie gemacht. Claudius 7, 37 ; so etwas an einem deutschen
hofe zu erreichen, setzet mehr winden, streben, geduld, tasten
voraus . . . genug ich kam, betastete, siegte. Klinger 9, 147 ;
ein schmales betastetes band wäre eine gute ableitkette des
elektrischen äthers. J. Paul Hesp. 1, 54 ; um die festen, west-
lichen Wälder mit sehnenden äugen zu betasten. 3, 173; den
fehler betasten {greifen) und ihn sitzen lassen, grönl. proc. 1, 80 ;
wie lan^ ich keine schöne hand
mit meiner hand betastete. Platen 83.
betasten, wie begreifen, ist härter als berühren und befühlen
{vgl. Haüpt 6, 8), daher auch nicht, wie berühren, abslractes
erwähnen {atlingere) ausdrückend. Göthes bemerkung scheint
aber untrcjfcnd, da auch das gesicht, gleich den andern sin-
nen, berühren musz und wir ganz gewöhnlich sagen einen ge-
genständ mit den äugen berühren, oculis atlingere.
BETASTER, m. palpator: der sehende sagt zum blinden
betaster. Fichte nachg. werke 1, 10.
BETASTUNG, /". der sinn der betastung liegt in den fingcr-
spitzen und den nervenwärzchen. Kant 10, 154.
BETÄTSCHELN, palpare.
BETATSCHEN, palpare, vgl, betaschen und bepatschen.
BETATTERN, turbare animo : ich bin betattcrt, erschrocken.
IIesisch 337, sonst ertattert.
BETÄUBEN, exsurdare, obstupefacere, bei Stieler beteu-
ben, mhd. betouben:
sit als un^elouhet
stet der walt, wä nement die vögele dach?
da sie sint betoubet,
da nam ich ouch e den ungemach. MS. 2, 109';
nu wil ein ander wölken dik
des kleinen liehtes kleinen blik
erloschen und betouben
unde mich des liehtes rouben. Bari. 346,3;
sie {die worte) ensal nicman betouben,
wand sie wahrlich sin alle war. pass. K. 105, 52;
la;5 ot dich nicht betouben
der widerwarten hertikeit. 162, 50.
nhd. bald ohne umlaut, bald wie heute mit ihm : sondern ich
beteube meinen leib und zcme in {goth. ak leik mein vlizja
jah anajiiva). 1 Cor. 9, 27 ; betouben und gmüter betrüben,
perlurbare mentes hominum. Maalek 64'; betten ein so un-
flätig schreien, davon nit zu sagen ist, lieszen zum dickern
mal die spiesz nider, das man an ihn zu beteuben het. Frank
chron. 246';
Snra, das lasz dich nit betauben. H. Sachs III. 1, 14;
mit sclimeichlerei in tliun betauben. II. 2,46*;
Agnes bat dich betäubet,
gotl hast sein kirchen beraubet. Soltao 447 (a. 1583) ;
des wachsenden Sturmwinds betäubendes gctösz.
Wf.ckherlin 249;
Verleumdung, deren mund die Wahrheit selbst betäubet («6cr-
schreit). Hagedorn 2, 44 ;
doch auf die weinenden sank der süszbctnubende Schlummer.
Voss 0(1. 12,311;
sucht bei miisik und paukenschall
erholung für betäubte sinnen. ■Gotteh 1, 448;
betäubt von der gefahr. 2,327;
die Verhältnisse betäuben den wink der natur. Götiie 33, 111 ;
er hat deinen verstand betäubt. Klinckii 2, 121 ; mit diesen
werten vcrliesz er den froh belaubten Mahal. 6, 7t; mit be-
täubten Sehnerven und mit voraus sciiwiinmenden farben-
flocken gieng er langsam in den wald. J. Paul llcsp. 1, 105;
ein betäubender donnerschlag; sein gewissen betäuben.
BETÄUBUNG, f Stupor, torpor, perturbatio:
doch ihm deckte die äugen der schlaT mit sanfter betäubung.
Voss Od. 13,79;
unter der betäubung der liebe. J. Paul Hesp. 3, 189; balsa-
mische betäubung. Fibel 110.
BETAUCHEN, mergi, untertauchen: nim ein gans, stecke
sie in einen irdinen hafen, der enge si, giuj daj wajjer öf,
daj sie betilche {darin untertauche, davon bedeckt werde), von
guter speise 16 ; weil sie {die ochsenhdute) aber im wasser be-
dauchet {untergetaucht, versunken) lagen, beschlossen die wülfe,
sie wollen das wasser aussaufen, damit sie die häute ergrei-
fen könten. Lokman fab. 24.
BETAUERN, s. bedauern.
BETAUMELN, tituhatitem, ebrium reddere, in taumel ver-
setzen : da der wein, die musik und das knallen des ge-
schützes meine gaste so betaumelt machten. Pierot 2, 105 ;
die zwei, so soll die nachweit sprechen,
betaumeite kein modewahn. LkssingI, 98;
sein glück hatte ihn betaumelt.
BETÄÜSCHEN, s. beteuschen.
BETBANK, f auf die man beim gebet niederkniet, it. in-
ginocchiatojo.
BETBRUDER, m. Simulator pietatis, frömmling : wenn eine
betschwester einen betbruder heiratet, so gibt das nicht im-
mer ein betendes ehepaar. Lichtenberg 2, 80 ; dich betbruder
wird man bald geschlagen haben! {angebliche, aus dem la-
tein übertragene worte Karls des groszen zu Ludwig dem from-
men), i. Paul dämmerungen 24.
BETBUCH, n. liber precationum, gebetbuch: ein thumbherr
kombt mit seim hetbuch. H.Sachs IV. 3,17'; dasz ihr unter-
weilen euer vergüldetes betbuch in der hand habt und lange
darin leset. Schuppius 276. s. gebetbuch.
BETBÜCHLEIN, n. und man findet meine meinunge im
betbüchlin. Luther 3, 283'; das sind die zehen gebot, vier-
feltig gehandelt, nemlich als ein lerebüchlin, als ein sanrg-
büchlin, als ein beichtbüchlin, als ein betbüchlin. 6, 314*.
BETCARTHAUNE, f durchdringendes, donnerndes gebet :
wann man nur beihcarthaunen
als himmelbrecher pflanzt vor seine hofestadt.
TSCHERNING 25.
Fischart bienenk. (1588) 15' carthaunenmäszige worte.
BETE, /". petitio, ahd. peta (Graff 3, 57), mhd. bete (Ben.
1, 171), mhd. nur selten: umb mein, auch meiner swestera
undertenigcn und vleiszigen bete willen. Chmels Maxim, s. 211
{a. 1500) ; auf ir demutig bete und aus sondern genaden. s. 228
(a. 1505) ; ander handarbeit nach hergebrachter gewonheit bei
den leuten in der stad und aufm lande, sonderlich zur brücken,
durch bete zu erlangen. Luther 2, 266*; geweret mich einer
bed. Fierabr. A 5. im rechtlidlien sinn wird die Schreibung
bede {sp. 1221) vorgezogen {vgl. bethe) und auszcrdem gilt bitte.
BETEIDINGEN, s. bethei'dingen.
BETEN, orare, precari, ahd. pgtun (Graff 3, 58), mhd.
bBten (Ben. 1, 172'); einige ältere, wie Keisersrerg, haben
betten, zur aufrechthaltung der vocalkürze, wie wir auch bet-
teln schreiben, in beten den vocal dehnen, wichtiger ist eine,
den kirchlichen gebrauch des Wortes beten angehende Wahr-
nehmung, es ist nemlich unsrer mundart eigen, die Vorstel-
lung des betens von der des biltens abzusondern, da doch das
goth. bidjan sowol TTQoael'xead'ai als alrsTv oder e^mtüv
ausdrückt, nicht anders das ags. biddian, nnl. bidden, altn.
bidja, schw. bedja, dän. bede sowol precari als petere. auch
das it. pregare, franz. prier, engl, pray meinen beides, unser
beten und bitten, doch sind, wenigstens im llel., gleichfalls
alts. bedon und biddian unterschieden, der hochdeutschen
kirche musz von anfang an zugesagt haben petota oravi und
pat rogavi zu trennen, wie noch heute betete und bat getrennt
sind, darum heiszt es auch ahd. anapetün adorare, praet.
anapetöta, nhd. anbeten, im gegensatz zum aps. biddian to
gode, praet. bäd tö him, zum nnl. aanbidden, praet. bad aan,
schw. tilbcdja, praet. tilbad. unser piHön aber leitet sich
offenbar ab von dem subst. peta preces, bedeutet also ursprüng.-
lich preces fundere, ein gebet thun, und führt, da peta aus
bitten entspringt, erst auf höherer stufe zu dieser würzet hin.
bemerkenswerlh ist 2 chron. 6, 19 die Verknüpfung beider Wör-
ter: wende dich aber, herr mein golt ..., das du erhörest
das l)ittcn und beten, das dein knecht für dir thut, /..VA'.
inaxovani rijs Se^aeioi xnl rijs Ttffoaei'xij*, wo auch die
alte nl. bibel, Luther folgend, aufstellt het bidden ende be-
den, während Weiland gar kein vcrbum bedeii hat. das subst.
gebet heiszt aber, mit besondcrm wort, ags. ben, altn. haan,
schw. ddn. bön, engl. boun.
Das verbum beten erscheint
1) in seiner intransitivbedeutung durdi die game bibel hin-
durch häufigst, 2. b. war ausgegangen zu beten auf dem felde.
1697
BETEN
BETENGELN — BETH
1698
1 Mos. 04, 63 ; und Hanna betet und sprach. 1 Satn. 2, 1 ; und
Elisa betet und sprach. 2 kön. 6, 17 ; er betet des tages drei-
mal. Dan. 6,13; wenn du betest, solt du nicht sein wie die
heuchler. Matlh. 6, 5; und Jesus gieng in eine wüste stette
und betet daselbst. Marc. 1,35; gieng er hin auf einen berg
zu beten. 6,46. so auch andencärts: mit ufgeschlagnen äugen
bettet er. Keisersb. s. d. m. 30'; er mag betten und beichten.
78'; es ist jetz nit zeit ze streiten und ze fechten, aber es ist
zeit ze bellen und ze büszen. 61*; das ist nit gebett, sunder
es ist gespott. 84'; das ist ja gottlos gebetet I Schiller 140';
so ainer peu, der ander schilt. Schwakze.'^b. 129, 2;
ein weib, das uichts als bei und singet
und bei der kinder Zeitvertreib
mit seufzen ihre bände ringet. LesslngI, S6;
und wenn sie weder beten noch singen will, so redet sie
doch vom beten und singen. Gellert 3, 135; sie will stun-
denweise und nicht anders, singen und beten. 3, 139; die
lippen beten und das herz denkt anderes; betest du denn
auch noch? ich kann nicht beten; kannst du schon beten
kind? bete einmall; kirchengehen und beten säumet nicht;
wer nicht beten kann, der werd ein Schümann ; wer recht
thut, der betet ohn unterlasz ; noth lehrt beten ; da hilft alles
beten nichts;
den rest der nacht durchwachte sie mit beten. Scbiller 440* ;
inenschengeschlechl, o schmücke dich schön mit betenden
thränen. KlopstOck Hess. 8, 217 ;
jede betende empGndung. J. Paul Tit. 2, 164.
2) praepusitioneii neben beten.
a) zu gott beten, altd. wanda ih ze dir beton, qtioniam
ad le orabo. N. ps. 5, 4 ; Abraham aber betet zu gott. 1 Mos.
20, 17 ; betet zum herrn und weinet. 1 Sam. 1, 10 ; schlosz
die thür zu und betet zu dem herrn. 2 kOn. 4, 33; betet
immer zu gott. apost. gesch. 10, 2 ; zu den göttern beten.
b) an gott beten, ahd. der au dih pelöt. N.ps.Sö,2. mhd.
sner an ein bilde beten gät. Bari. 98, 17 ;
woraus sich anapetön, anbeten ergab.
c) für einen beten: bete für uns, ora pro nobis, deutscher
als bitte für uns, tcas intercede pro nobis heiszt; für die seele
eines verstorbnen beten und Ijeten lassen;
betst du für deiner mutier seele? Götue 12, 199;
knabe, bete nicht,
^eif Dicht dem richter in den arm.
. 'ich bete lur den landvoirt nicht, ich bete
für den Teil, der auf dem schif sich mit befindet.'
Schiller 540*.
d) gegen einen beten : im anfang des sechzehnten jh. trug
der wulbekannte dominicaner Thomas von Gaeta kein beden-
ken, die kirche für eine gebome sclavin zu erklären, die
gegen einen schlechten pabst nichts weiter Ihun könne als
beharrlich gegen ihn zu beten. R\>-ke reform. 1, 234.
e) um etwas beten : das volk betet zu gott um fruchtbares
weiter, um regen, um frieden; um rettung aus der gefahr;
wenn sie zum himmel um muth zu leben
oder um mulh zu sterben beten. Gotter 3, 11.
f) aus dem buch beten : sie betet aus dem gesangbuch ;
deine tochler betet auch immer draus. Schiller 182'.
g) mit einem beten: die ganze familie betet morgens mit-
einander; die mutler betet mit dem kind Tor dem einschla-
fen ; gieng und wolt vor mit im bellen, ee sie eszen. Kei-
SERSiERG s. d. m. 11'.
/i) t» ein gewand oder kleid des heiligen beten, gleichsam
sein gebet dahin ausschütten, dasx er es weiter vermittle: du
sprichst, ich bei so vi! in unser frauwen mantei, ich bet so
til rusenkranz, und so vil in aller heiligen bantschrich. ich
verwirf es nit^ aber das ist recht gebet, wie ich ietz hab ge-
sagt landechliglicb). aber wir bellen row, kalt, eilend, ann
ding, da ist kein herzbewegung nit, noch hitz noch Inbrunst,
wann du an dem morgen anfahest zu betten valter unser,
so sprichst du zi'i der frauwen oder zu der kellerin : »wan
will du daline (heule\ die suppen anrichten?' der du bist in
den himcin. 'knecbt Heinz, sattel mir das pferd, das es zu
rechter zeit bereit sei.' geheilget werd dein nam, zu kum
uns dein reich, 'knecht, stich den bauem ze tod.' Keisers-
BERC a. a. 0. 84'.
3) einem beten, das gebet an eine» richten:
auch die, die dir jauchzend betet, die seele
war nicht bei mir. Klopstock Mes.i. 4, 431 ;
dir beten unsterbliche men'^chen
»on der heiligen erde, dir beten sterbliche men«chen,
die du todiesi im staube gebockt, der weisere seraph
betet dir gott. 5, 274.
4) transitiv, etwas beten, herbeten: ein altes, frommes ge-
bet beten; ein vaterunser beten; du bettest ein paternoster.
Keisersberg 13'; wann du bellest das paternoster, so bet es
andechliglich. 84'; die complet betten. 30* ; so ein priester
seine siben zeit bettet. 51' ; am morgen da er aufstfind und
sie beten die metin (matutinam) ausgeben und wollen hin-
reiten. 73'; den abendsegen beten;
fünf Wörter, die der priester pett. ScHWABZE.tBEac 154, 2.
man sagt, einen todt oder lebendig beten, durch ein gesproch-
nes gebet tödten oder erwecken: ihro hochwürden können doch
die lodten nicht wieder lebendig beten. Gotter 3, llt; die
nemlichen sülze, um deren willen er mich so gern zum teufel
beten möchte. Lesswg 10, 225; aus mangel des Unterhalts
beten die meisten dieser heuchlerischen betrüger die treuher-
zigen thoren um ihr vermögen. Rabeser 4, 239 ; sie betet uns
oft um das miltagessen. Gellebt 3, 136 ;
gott erbarmt sich der angst nicht,
die sie betet. Klopstock Hess. 5, 237,
die sie im gebet vor ihm ausschüttet, in der sie betet.
BETENGELN, contaminare: du hast dein kleid betengell;
sein gewissen mit laslern belengeln. Stieler 763. s. tengeln.
BETEPPICHEN, tapetis ornare: die tische, den fuszbodei\
beteppichen, viit teppich belegen.
BETER, VI. precans, ahd. petari, mhd. betxre : er ist ein
eifriger, firommer beter;
einen Oucher, einen beter,
aller lasier einen thäter
hat in dem man zu erkennen,
den man kan versoffea nennen. Locau 1, 10, 11;
wir sind, wie echte beter.
in demut wundenhäter. Voss 1, 16S;
viel kinder, viele beter,
sagt unser sittensprucb. 4, 105;
so mache ich es wie die erhörten beter, und wende mich
ohne weiteren dank von dem geber zu den gaben. Göthe an
Zelter 115; vor dem unendlichen ist eine bitte um eine weit
und die um ein Stückchen brot in nichts Terschieden als in
der eilelkeit der beter. J. Paul Fibel 24
BETERLN, f. precans femina: die fromme, schöne beterin
BETEUSCHE.N, (allere, decipere: wer mich einmal beteu-
schet, der sol mich nit basz beteuschen. Lehxan.n 473 ; diser
erden ist den Teutschen, der si beteuscht hat, wof bekant.
Frank chron. 468'.
BETEUTSCHEN, germanice reddere, declarare. Obebli.n 143.
s. ausdeutschen.
BETF.\HRT, f. supplicatio, vallfahtl:
denn wollen wir reden davon,
wenn wir die betefart han geiban. fastn. sp. 943, 27 ;
Rihel Lir. 437; wollen eine procession und betfart hallen,
also ward eine leichfart daraus. Luthers tischr. 262'; den
heiligen bracht man kein feiszt opfer mehr. . . man hielt
keine betfarten oder processionen mit inen, bienenk. 4'; mit
betfarten und andern dergleichen andachten. 20*;
so musz auf dieser fahrt, der betfahrt gott uns leiten.
Grtpui(;s 1, 549;
und beide {tdöster) hatten sich in diesen abendstnnden
zu einer betefahrt freundnachbarlich verbunden.
Wieland 22, 73.
BETFEST, n. supplicatio.
BETGEBÄU, fi. templum:
Straszburg, ob dein betgebäa
nicht ein Wunderwerk auch sei?
RoMPLER VON Löwenhalt gebisdi, 63.
BETGEMACH, n. cubiculum precibus destinatum, ahd. pe-
tapAr, betbauer:
die tust, wann wir die zeit ersehen,
d*"n ~''hlau zu hintergehen,
•<■! aller orten nach,
dc" I ihr betgemacb,
und iiiuscluuiiuera in moscheen. Uacidorn 2, 61.
BETGESANG, m.
dumplig und wie bienensummeo
klingt der glocken fesipel.iuie,
lieblich steigen betgesnnpe
aus den frommen gotiesbäusern. Ubink ged. 61.
BETGLOCKE, f. eampana ad preces vocans.
BETH, n. propolis, cera Sacra, sonst auch bethwachs, bie-
nenharz, bienenkütt, vorstosz, engl, beeglew, und mit rieten
andern namen genannt, die Newnich unter dem vort propolis
sammelt, zunächst gemahnt beth an die spanische benennung
betun de colmena, welches bclun aus bitumen entspringt.
107
1699
BETHALLE — BETHÄTIGEN
BETHÄTIGUNG — BETHE
1700
BETHALLE, f. saceUum.
BETHÄTIGEiN, re probare, praestare, durch die Ihat erwei-
sen, ein wort, dessen Ursprung hernach zu besprechen ist, das,
von GöTHE in vers und prosa oß gebraucht, unsrer spräche
unverwischbar eingeprägt wurde.
1) bethätigen, bewähren, darthun : nun bethätigt er, noch
mehrere jähre glanzreich, einen heftigkiibnen und mutigen
Charakter. 6, 212 ; der einzelne vermag seine Verwandtschaft
mit der gottheit nur dadurch zu bethätigen, dasz er sich un-
terwirft und anbetet. 24, 320; dasz wol zu wünschen wäre,
Poussin hätte sein herliches talent in solchen räumen be-
thätigt. 30, 149 ; mit seiner gewöhnlichen ruhigen haltung
zeigte er darauf einige zweideutige versuche, welche die eigen-
schaften eines diamanten bethätigen sollten. 31,233; ein reise-
tagebuch von Zelter, das mir aufs neue die Überzeugung be-
thätigte, dasz. 32, 178 ; war er sich selbst gleich, und er be-
thätigt hierdurch den vorzug zartgebildeter naturen. 32, 264;
bis eins dem andern übermacfit beihäli^te. 40,387;
und also sei zum schlusz, was wir bisher bclbätigt.
für alle folgezeit durch schrifl und zug bestätigt. 41, 293;
dabei entwickelt er nothwendig alle die lügenden, die er be-
reits in seinen frühern werken zu bethätigen wüste. 46, 233 ;
er werde sein talent in dieser angelegenheit fernerhin be-
thätigen. 46, 332 ;
betbntigt weiter glückliche bcreitung
an dieses tages günstger Vorbedeutung. 47, 127 ;
da er in die farbenweit von der chemischen seile herein tritt
und also mit freiem unbefangnen mut sein verdienst hier be-
thätigen kann. 54, 319 ; dasz eine jede echte, treu beobachtete
und redlich ausgesprochene naturmaxime sich in tausend und
aber tausend fällen bewahrheiten und insofern sie prägnant
ist, ihre Verwandtschaft mit ebenso fruchtbaren Sätzen be-
thätigen müsse. 55, 68 ; indem es mich zugleich schmerzt
nicht . . . auch ihnen gefällig sein und ein dauerndes, bedeu-
tendes Verhältnis bethätigen zu können. Göthe an Savigny in
dessen kl. sehr. 4, 253.
2) sich bethätigen, sich durch die thal erweisen:
nur rastlos bethätigt sich der mann. 12, 88;
in absieht eines liöhern blicks in die weltlichen dinge, der
sich mehr in ihren handlungen als in ihren werten bethätige.
17,289; auszer dem kreise dessen, was sich durch erfahrung
bethätigen läszt. 32, 265; damit der bcgrif einer lebendigen
kunst sich mehr und mehr bethätige. 39, 17; so musz die
identität sich alsobald bethätigen. 55,47; dieses bethätigt sich
dem aufmerksamen beobachter durch folgenden umstand.
55, 50 ; ferner müste in nördlichen ländern dieses allgemeine
naturgesetz wieder auf eine besondere weise sich bethätigen.
55, 66; alles wodurch sich jemand als mensch, als beobach-
ter, als denker bethätigt. 59, 175.
Diesen ausdruck, bei dessen anwendung er offenbar an that
und Ihätig, zuthätig dachte, fand GörnE längst vor, auch Wie-
i.AND bediente sich seiner und sagte z. b. irgendwo: seine ma-
nier Justiz zu handhaben durch gräsziiche auftritte bethätigen ;
der geschäftssprache des 17. 18 jÄ. wird er nicht unbekannt ge-
wesen sein, doch Lessing, Geli.ert u. a. brauchen ihn nie,
Adelung hat ihn in beiden ausgaben nicht und nur das Sup-
plement (1818) bringt ihn bei. einen beleg liefert aber schon
BüTSCHKYs hochd. kanzelei (ßr«/a« 1659), wo es s. 164 heiszt:
wann ich in erwägung fasse mit was angenehmer freundschaft
von meinem hochg. hn. ich betähtiget worden, den misver-
sland, der das wort herbeiführte, bekundet Stieier 2354, wel-
cher tätigen, betätigen, vertätigen, austätigen für die richtige
form statt leidigen, beleidigen, verteidigen, austeidigen erklärt,
tütigen solle sein res agere, praclicare, betätigen concordiam
traclare, arbitrum esse, in allem dem irrt er aber höchlich,
denn dieses tädigen, leidigen {wie man mit d, nicht mit l
schreiben musz), oder thädigen, theidigen gehl hervor aus dem
ahd. tagadingön placitare, mhd. tegedingcn, tcidingen, hat also
das subst. tagadinc, placilum, induciae, tagansetzung zur unter-
läge, die bedeutung von verhandeln, Iraüare, handeln nähert
sich nun der des Ihuns und Ihätig seins und so wird begreif-
lich, wie man nach Verdunklung und Verunstaltung des wertes
tagedingen auf die falsche Schreibung thätigen und auf einen
wirklichen Zusammenhang mit that und thutig gerielh. weder
die volksmundartcn noch benachbarte stamme kennen etwas dem
verbum thätigen analoges, unser Sprachgebrauch wird sich
aber jetzt nicht nehmen lassen, bethätigen und vertheidigen,
die auf gleichem wege entsprungen sind, nebeneinander zu ver-
wenden, belegsteilen für das ältere richtige bethedigen, be-
theidigen erfolgen unter diesen Wörtern.
BETHÄTIGUNG, /". alles was wir erfinden, entdecken im
höheren sinne nennen ist die bedeutende ausübung, bethä-
tigung eines originalen Wahrheitsgefühles. Göthe 22, 247.
BETHAUEN, irrorari, irrorare, humeclare, mhd. betouwen.
1) intransiiiv, mhd.
wie mac in den ouwen
iemer bluot betouwen. MSII. 2, 317»;
hie wurden ors verhouwen,
daj in da? verch betouwen
begunde von dem bluote rot. lurn. von Nant. 128, 2;
da muose daj vclt Alitsclians
mit bluote betouwen. R7i. 398, 17;
vruht ür al der erde
ist betouwet. Neidhirt bei Ben. 449 ;
in snclden ist betouwet
din nam und din geiriuwer lip. troj. kr. 6635;
die liebten bluomen lachten
üj dem betouwetem grase. Trist, 16, 2.
und hierher lassen sich auch die nhd. part. praet. bethaut
nehmen, wenn sie, wie betouwet in den beiden letzten mhd.
stellen, aussagen Ihauig, gelhaut habend:
ihm prangt die feue weide
und die bethaute flur. Hagedork 3, 71 ;
welch angenehmer west durchzieht
mit rauschendem bethauten flügel
dies holde thal. Uz 1, 116;
wenn der morgen in dem mai mit der bluten
erstem geruch erwacht,
so begrüszi ihn entzückt vom bethauten
zweige des waldes lied. Klopstock 1, 257;
das bethaute gras. Gotter 1, 142;
früh am bethaueten blauen morgen stand der nolar schon
reisefertig. J. Paol fiegelj. 1, 86.
2) transitiv, mhd.
sin geist hat dich betouwet
mit sinem touwe reine. Barf. 97, 20;
nhd. glück zu, du ödes feld, glück zu ihr wüsten auen,
die ich, wann ich euch seh, mit threnen musz betauen.
LoGAU 1, 3,4;
wie berlich alle künste blühn,
wenn ein monarch sie pflegt und gnade sie bethauet.
Uz 1,3;
dann wird mein grab ein weib mit thrnnen noch bethauen.
GöKiNGK 1, 93;
bethaut sie die durcheilten felder
mit ihrem bliit und Dikles finstre wälder. SchillrbSS';
die Scherben vor meinem fenster
bethaut ich mit tbränen ach ! Göthk 12, 190.
hierher auch die pari., denen mit oder von vorausgeht: die
äugen von dem dufte einer noch ganz geistigen Schwärmerei
bethaut. Klinger 10, 36; er hob das trunkne äuge in den mit
Sternen bethaueten himmel. J. Paul Ilesp. 4, 60.
BETHAUEN, liquefacere, auflhauen:
sonne, deren schönes liecht
nunmehr eis und schnee betawet. Opiti2, 56;
sein von der natur bethautes herz machte, dasz er zu wei-
nen anfieng. J. Paul Tit. 1, 88.
BETHAUS, n. sacellum, ahd. petahfts, mhd. betehös, pass.
K. 47, 48 ; nhd. : und wil sie erfrewcn in meinem bethause.
Es. 56,7; denn mein haus heiszet ein bethaus allen Völkern.
das.; es stehet geschrieben, mein haus sol ein belhaus heiszen,
ir aber habt eine mördergruben draus gemacht (goth. gards
meins gards bidü ist, i}) jus ina gatavid^duj) du filegrja |)iube;
ahd. min hös gibethfis ist ginennit, ir tälut i; thiobo crufl).
Matlh. 21, 13. Lue. 19, 46; führte ilin sogleich in das schöne
bethaus, sonst die natürliche theulogie genannt. J. Paul Tit.
1,158.
BETHE, f was bede (sp. 1221):
dann Steuer, zins und beth, lehn und geleii und zoll.
OoTHE 41,292;
gesammte landsgeHille, zehnten, Zinsen, beth. 41, 295.
in folgenden stellen ist aber Itetlie soviel als gebetbuch:
mein flnger rühret nirbis als nur den |isalter an,
die bcthe lieget itzt allein in meinen li.inden,
in diese hab ich noch kein weltlich buch gebracht.
IloFMANPiswAi.DAU hcldenbricfe t. 34;
er tadelt meinen gang und störet mi-lnen fusz.
er will die beihe mir aus meinen banden bringen,
er macht die klosterpllicht zu seinem possenspiel, daselbst.
1701 BETHEDLNGE>' — BETHEUERLICH
BETHEUERLICH — BETHÖREN
1702
BETHEDl.NGEN , BETHEDIGEN, pamn, tractare: zuletzt
ward doch, weiterem unglück vorzukommen, die sach dahin
bethedinget, dasz. Kirchhof uendunm. 14'; welches der poet
Quintus Serenus mit nachfolgenden versen bethediget und
confirmiert. Taberxaemoxt. 129 ; es were abermahl zu Prenzlow
ein vertrag bethedingt und vollenzogen. Micrälics 3, 505. aus
diesem «ort entuchs das heulige belhätigen. s. austhedigen
(sp. 996) und betheidigen, auch nd. bededingen bei Frisch
2, 360' und Bremer wb. 1, 213.
BETHEDIGLNG, f. on gunst oder neid, ohn blind, betrüg-
lich namen, on bethädigung der unwirdigung oder abwesen-
den person. Froxsp. l, 175*.
BETHEIDINGEN' , BETHEIDIGEN , paäsci, tractare, unter-
handeln, ursprünglich betegedingen :
mhd. »ich der sache annam,
diu liie beteidinget was. Marienleg. 19S, 103.
ward er {der jude) doch dahin betheidiget (beredet, gebracht),
dasz er getauft ward. Frey garteng. il' ; betheidigen, bedingen,
festsetzen. Bibel Liv. 22 ; solches im kauf austrücklich nicht
were betheidiget {verabredet) worden. Frank f. ref. II. 3, 19;
wider kaiser Ferdinand 1 hatten sich die Böhmen empöret, er
ritt selbst zu ihnen, beleidigt sie mit glimpf und freundlich-
keit. Lehmann S24; es ist kein dorfschullheisz, der es wolt
leiden, wenn man ihn betheidigt, warum thuslu das? 862;
bei He.xisch 344 ist betheidigen = vertheidigen f
der ort ghört für die kriegsleul,
die wiiwen, waisen nicht bedeiiigen (vertheidigen),
sonder die arme leui beleidigen. At»er fastn. sp. 127';
tgl. Oberlin 143.
BETHEILEN, participem facere:
der seine macht noch nie hat abgeleget,
der alles heil und schütz zu wirken pneget,
die ganze weh beibeilet er davon. Opitz ps. s. 142.
irir Jagen auch einen betheilen, mit einem theil begaben, aus-
statten: durch denselben frieden wurden Preuszen, Baiem mit
ländern betheilt, deren grösze und ertrag die erlittenen ein-
buszen weit überstieg. Beckers tceltg. 13, 393; er betheilete
einerlei rede zum öftern unter vil. Opitz Arg. l, 657; er be-
theilte sie reichlich mit den herlichsten arzeneien. Lohesst.
Arm. 1, 1126. mhd. beteilen kommt nicht vor, ahd. piteilan
hol aber, vie ags. bedaelan, die pritativbedeutunq privare, frau-
dare (Graff 5, 416. 417), ganz wie auch ahd. piscerian, unser
bescheren, zulheilen den sinn ton privare empfängt, vgl. be-
vortheilen. sich betheilen, was heute sich betheiligen : mit der
grausamkeit eines menschen betheilen sich kaum zehn baren.
Lohesst. Arm. l, 1094 ; ein mann kann sich mit mehrern wei-
bern betheilen. 1, 1403.
BETHEILIGEN, participare, theil nehmen lassen: der künig
betheiligte, noch bei seinen lebzeiten. den söhn an der regie-
rung; ich bin an der sache nicht betheiligt, sich betheiligen,
theil nehmen: ich mag mich nicht daran, dabei betheiligen,
will nichts damit zu thun haben; alle, die sich an dem auf-
stände betheiligl hatten, werden bestraft, die betbeiligten,
die interessenten.
BETHEILIGUNG, f. ein jetzt sehr gangbarer ausdruck der
handelswelt: zahlreiche betheiligung.
BETHEBEN, pice illinere, inquinare, mü ther beschmieren,
verunreinigen, nnl. beteren (verschieden von beteren, bessern):
ein fasz betheren;
und einer magd den schmuck bethert.
RisGWALO laul. warh. 171.
sich betheren, eoneaeare se: de das der wolf ersähe, beteret
er sich aber vor angsten. Steishöwel Esop (14S7) 6l'; er füret
in an das end, da er sich das erstmal vor furchten hell be-
teret. 6!*; füret in an die dritten stat, da er sich auch hett
beteret und sprach, ist aber das ichl ein scherz, so sich ein
wolf vor groszen angsten eins widers dreimal bescheiszet?
62"; wie das gebete, so ist auch das rauchwerk, sprach der
teufel selbs, da ein pfaffe im bette complel betet und sich
betheret. Luther 6, 332'.
BETHEUERER, m. asseverans:
pHegt ich
mein herz durch alltagsschware jedem neuen
beiheurer auszubieten (to every new protesier).
A. W. Schlegel im Jut. Caesar I, 2.
BETHEUERLICH, solemnis, feierlich : betheuerliche Verspre-
chungen. Lohesst. Arm. I, 804 ; alle gethane beteuerlichc eide.
BoTScaii kanzl. «48.
BETHEUEBLICH, adv. sancte, solemniter: nam ich doch be-
tewrlichen vor, mich von dieser gesellschaft abzuthun. Philasd.
2, 71S ; die verheiszene hülfe zu der deutschen feldherrschaft
wäre dem herzog Hermann so betheuerlich als Segesthen ver-
sprochen. Lohesst. Arm. 1, 1310; betheuerlich entschuldigen.
1, 1013. Stieler 2276 hat beteurlich jurato.
BETHEUERN, assererare, jurejurando affirmare, hoch, theuer
versichern : er betheuerle es aufs heiligste, nichts davon zu
wissen ; ich betheure es bei gott ; ich gedenk die warheit des
evangelii mit meinem blut zu bethenrn. Schertlis xlv ; sie
betheuerte ihm ihre liebe; der mund betheuerts, das herz
weisz wenig davon;
aber sultan, dank, •
besondern dank dir Tur mein leben zu
beibeuern, stimmt mit meinem stand und meinem
Charakter nicht. Lessisg 2, 307 ;
es klingt beinah wie ein gedieht,
betbeur ichs auch, am ende glaubt ibrs nicht.
GöTHE 4, 54 ;
den reichthum musz der neid bciheuem,
denn er kreucht nie in leere scheuern. 4, 326.
das mhd. betiuren halte einen ganz andern sinn, den unseres
bedauerns {oben sp. 1220).
BETHEUERUNG, f. asseveratio, obtestatio: bitten und be-
theuerungen ;
wenn die frau ihr bedeurung hell. Atrer fastn. sp. 133';
das glaubt nur meiner betheurung. Plates27S;
können sie sagen, dasz sie keiner mit leichtsinniger galan-
terie, mit frevelhafter betheurung, mit herzlockenden schwüren
ihre gunst abzuschmeicheln gesucht? Gotbe 19, 132.
BETHÖBEN, infatuare, inducere, (allere, mhd. betoeren,
teuschen, zum thoren machen :
mhd. ir lachen und ir schöne ansehen
und ir guot gebaerde bänt beteeret lange mich. MS. 1,51';
denn schöne weiber haben manchen bethöret. Sir. 9, 9 ; wein
und weiber betbören die weisen. 19, 2 ; dein herz hieng sich
an die weiber und lieszest dich sie bethören. 47, 21; die
schöne hat dich beihöret. Sus. 56 ;
ich mein, du seist beihört. Möriii 12;
was du nit will von andern hören,
da thu auch keinen mit bethören. H. Sachs I, 257';
wil uns denn heint der alt bethörn? II. 2, 50^;
völch reich mit tailung ist betbört,
das bleibt die leng nit uozerstört. Schwarzesb. 146, 1 ;
dardurcb so wird mein mann bedört. Atrer ^a.<<n. sp. SO*;
der freundschafl keuscher stand war weiland voller ehren,
jetzt iäszt sie sich durch geld zum hurenbrauch betbören.
LoGAU 1, 1,8S;
der liebsten threnen sind, die oft den kifigsten mann
bethören, dasz er schwarz von weisz nicht sondern kann.
1, 3, 91;
weit gibt ihren hochzeitgästen erstlich gerne guten wein,
und zuletzte sauren lauer, wann sie nun bethöret sein.
1, 10,88;
indem ein seltzaroes gctüramel
benlhrend plötzlich sein gehör,
den abgrund lullend und den himrael
bethöret seine sebl noch mehr. Weckbrrlis 346;
den hofnuDg und Torcht nicht bethöret. 385 ;
der Jude steht bethöret {betroffen),
spricht, landsmann fahre fort, wenn er ihn reden höret.
Fleii.sc lt>0;
wenn einer einen nicht will hören,
der ihm gibt einen guten raih,
hernach auch nichts zu klagen hat,
wenn er sich etwa wird bethören, pers. nsenth. 8, 63;
echo, der wilde Widerhall,
lehrt uns den schlal bethören. Simpt. 1, 28;
jemebr sie das glück anlachet und ihnen ihre fuchsschwän'
zer vorplaudern, jemehr sie sich bethören lassen. 3, 363:
was sehe ich? werde ich bethört? Collatin kömmt. J. E-
Schlegel 2, 38 ;
beibörte hadrer, laszt euch ratben. Hagedors 2, 39 ;
zuleut — mein schön geschlecht, gesagt zu deinen ehren —
liesz sie (Europa), von wem? vom bullen sich bethören.
Lessisg 1, 3;
du glaubst, dasz Hannchen mich beihört,
dasz sie auch fremdes Dehn erhört? Gottir 1, 187;
lasz Sicherheit dich nicht bethören. 1, 229;
das glück bethörte mich. 2,478;
abermal will die bethörte der Troer gescbichte vernehmen,
abermal haftet ihr blick an dem munde des schönen erzahlers.
Bcrgb* 245';
denn morgen wirst, in allen ehren,
du arme Gretchen nicht bethören. Götbi 12, 158 ;
107*
1703
BETHüRER— BETHUN
BETHUN— BETLICH
1704
die hat sich endhch aucii hetliört. 12, 186;
ich sing ihr ein moraliscii lied,
um sie gewisser zu belhören. 12, 193;
docli ein unstcrhlicher liat ihm die riciitigen sinne bethöret.
(vorher: doch der unsierblichen einer beihört ihm d. r. s.).
Voss Od. 14, 178;
sein schlaf war ein stetes entzücken und erwachen und in
jedem träume gieng ein belhürender sonntagsmorgen auf.
J. Paul Tit. 2, 46.
BETHÖRER, m. des voiiis verkehrer und belhörer. Weck-
BERLIN 614;
.söhn Laertes, des hccrs arger belhörer. Stolberg 14, 189.
BETHÖRLER, m. dasselbe, bctörlcr. Maalek 64'.
BETHÖRTHEIT, f. in berauschter bethortiieit. Platen 129.
BETHÖRÜNG, f. deceplio, illusio, faluUas. Hemsch 344;
glücklich in dieser süszen bclhörung. Wieland 1, 275; im
höchsten grade der verliebten bethörung. 2,144;
und unmerklielie beiliörung
maclit die liebe zur verelirung,
die begier zur schwannerei. Götiik 1, 50;
dieser keusche sclinee der au
nährt nicht schlangen der bclhörung. Hückert 408.
BETHRÄNEN, lacrimis perfundere, deftere, mhd. betrehcnen :
daj nu hisiufien um biirehenen
solilen alle die, die Christen sint. aUd. bl. 1, 217.
nhd. bei Henisch 344. Stieler 2333;
ich sehe dich
noch über meinen lodien leib bcihränend deine glieder
strecken. Louenst. Ihr. bassa 55, 156;
bethränet euer brot und die geringen speisen.
Cleop. 104, 19 ;
arme niuiier, die du jetzt
mein eniferntes grab beihräncst. Güntuer839;
sie bleibt nun todt, die ich bethräne.
Schirmers sing. ros. lied 63 ;
männer und weibespersonen hetrahnten den nahen tod. pol.
stockf. 33; Solande küste den biicf und belrähnte, jedoch
mit einer unweiblichen manier dessen Inschrift. 206; die ar-
men creaturen . . . ganz bethränt {in thräncn ßicszcnd) auf-
stunden, gespenst 190 ; so wie eine liebste an dem ufer des
meeres ihren abfahrenden licbhaber mit hethiänten äugen
verfolget. Winkelmann 6, 357 ;
ein jeder, den die band des schweren Schicksals krümmt,
hat ein betbräntes recht zum niiticid aller herzen.
Hagedorn 1, 97;
ein tvrann, der jeden tag beihränet (weinen macht).
Uz 1,79;
in der gebirge verödete klufl, zu den gräbern der todlen,
wo, mit betliränter blume, gebein der brüder begraben
Jag. Klopstock Hess. 18, 751 ;
glückseligkeit aller.' es führt
dahinatir auch von dem elend
ein bethränter pfad. 20, 61 ;
mit bethränten äugen. Wieland 1, 315 ; ich verbarg mein be-
tbräntes gesicht in meinen bänden. Güthe 19, 231 ;
reicht den laubumkränzten becher
der bethränten Ilecuhal Schiller 54";
den armen der gemahlin, welche fest
ihr knähcben mit bethräntem lächeln an
den busen schlosz. Bürger 174';
also sprach er bethränt, da böri ihn die Irelliche mutter.
Voss n. 1, 357 ;
ihr betbräntes angesicht. J. Paul Hcsp. 4, 86.
BETHUHN, M. Zinshuhn.
BETHULICH, 1) ron sachcn, facilis, thulich, Ihmlich: die
das lächerlichste nicht lächerlich und das niedrigste bclhu-
lich finden. Herder 17, 275.
2) von leuten, agilis, commodus, der sich belhun, leicht hel-
fen kann:
dieweil sie lieblich aussieht und bcthulich ist.
GüTliE 11, 241;
sobald die kerls wie wilde leben
und nicht bctliulich und freundlich sind. 13,69;
durch verwundernde, bcthuliche und wolwollende gönnen
49, 183.
BETHULICHKEIT, f. trenichc darstellung \»eiblicher be-
thulichkeit und täppischen männerwesens. 33, 200.
BETHUN, nnl. bedoen. 1) behandeln, besorgen, vornehmen:
CS gibt in der well so mancherlei zu bedenken und zu be-
lhun. GöTIIE 11, 272.
2) sich belhun, sich benehmen, abgeben, zu thun machen:
indem sie sich auf frauenweise mit den gattinnen zu belhun
und zu beschäftigen weisz. 6, 194; als er sich, wie ein ge-
selle, mit dem kleinen volke {den kindern) gar wol zu be-
lhun wusle. 23, 51.
3) sich bethun, von thieren, sich behoben, berühren, in der
folgenden stelle, sich bcstoszen: auch sieht man zunächst ver-
schiedenartige Schafe . . . sich mit den düstern küpfchen ge-
geneinander unschuldig bethun. 39, 201.
4) der alleren spräche war belhun, was wir jetzt durch bei-
Ihun ausdrücken, rcponere, recludcrc, bei seile thun: ahd.
pituon claudere, concludere (Graff 5, 320. 321) ; mhd.
dö hie; man,
da; selbe ros leiten dan
unde in einen niarstal betuon. Alex. 302.
5) es war ihr aber auch euphemismus für coiieacare, ganz
tiie heule noch thun und machen, besonders in der spräche
mit kindern, cacarc meint, mhd. vom withopf:
ein laster ist mir angeborn,
e; si mir leit odc zorn,
daj ich min eigen nest betuo
beidiu spät unde fruo. Haupt 7, 361 ;
der iu daj nest betän hat. daselbst, vgl. 8, 521 und
als das ich thu, das hab dir gar. 8, 512.
ebenso Ldtber: ja sihe, wie fein sich dieser geisl in seiner
klugheit bethul. 3,70; wie bethut sich doch der geisl in al-
len seinen worten. 3, 83; das heiszt, mit Urlaub, sich wol
bethan, und den leufel nackt an den pranger geschlagen.
3, 439*; sihe, so stehet denn der geisl und hat sich in die
hende bethan mit all seiner kunst. 3, 455 ; da sihe abermal,
wie gott die weisen in irer eigen klugheil erhaschet, das sie
sich in irer Weisheit bethun müssen. 8, 239"; ja freilich ein
köpf, der seine ehre sucht und sich in seiner weisheil be-
thut. br. 5, 154. ebenso nnl. zieh bedoen, bevuilen.
BETHUN, Ji. fascinatio, vgl. anthun: der Volksglaube an
zauberschwestern und magisches bethun. Göthe 38, 282.
BETHÜRMEN, lurribus munire: ein bethürmtes schlosz,
haus;
neun Schlösser bat mein vater
bethürmt und wol bedacht. Fr. Müller 2, 324.
BETINTEN, atramento maculare, bedinten: o wie sie das
weisze üngerchen betintel haben. Hermes Soph. reise l, 352.
BETIPPE.N, extremis digitis attingere: die nusz, beim spiel,
betippen ;
zwei scbneegewölb, an denen im betippen
kein finger bricht. Tbümmels reise 8, 17.
BETITELN, nominare, mit einem titel versehen : Taubroanno
waren die ehrenblätter seiner poetenkron, nach merilcn, zu-
gekommen, er rühmte sich aber dessen nicht, und wüste zu
Wittenberg niemand, dasz sie einen so betitelten gast em-
pfangen. Brandts bericht 24; an dem gott der pbilosophen
{Plato}, wie ihn Cicero betitelt. Wieland 2, 273;
und morgen sehn wir euch
zu einem gärtnerschurz betitelt. 23, 190,
d. h. berechtigt, mit einem rcchlstilel versehen, engl, entitled :
der gehijrig betitelte {unter gesetzlicher form geschlossene) kauf.
Kant 5,111; als das einzige wesen, das verstand hat, ist der
mensch betitelter herr der natur. 7,312; ein betitelter mann;
berangt, betitelt. Gökingk 1, 116;
leute, die man überspannte betitelt. Klinger 12, 69; buch-
stabenmenschen nennt man die gelehrten und schriftsteiler,
sie betiteln sich auch wol selbst so. 12,170; die so gar klu-
gen männer würden Christus selbst nicht viel feiner {als
einen thoren) belitell haben, wenn sie ihn an das kreuz
hätten schlagen sehen. 12, 174; ein buch betiteln.
BETITKI.UNG, /•. Kant 1, 204.
BETKAMMER, f. was betgemach.
BETKORALLE, f, am rosenkranz:
hell an jeder bclkoralle funkelt
eine thräne, hingeweint für dich. Rürgkr99';
meiner pikcrreiso schritte
zähl ich ab an bcikorallen. Rücikrt 310.
BETKORN, n. zinskorn.
BETLICH, biUlich, tu bitten ziemlich, mhd. betcltch (Ben.
1, 171'):
durch dtne güete gewer mich
einer bete, diu ist betelich. Flore 5740 ;
(lA von wil ich iuch biten
einer bctelichcn bete. 7131.
1705
nhd. seilen:
BETMAJiN — BETRACHTEN
sprach betlicb, hört mich od verdnisz,
wan Tragens mach ich schier bescblusz.
SCHWARZeXBERG 156, 1.
BETMANN, m. was beter, ahd. peloman (Graff 2, 741), mhd.
betman. Hartma.n.vsI büchl. 263. vgl. betweibunrfBethmannn.pr.
BETMATTE, f.: endlich knien sie dergestalt nieder, dasz
ihr angesicht, beide bände, knie und zehen der füsze die
betmatle anrühren, pers. baumg. 7, 15.
BETNARR, m. in meinem zwölften jähre machten mich die
beistunden zum narren, ich ward ein betnarr, ich konnte
zu ganzen stunden aus dem herzen (auswendig) beten. Reiske
Icbensh. S.
BETÖBERN,' sopire, opprimere, lässt sich zu betäuben,
ifie stöbern zu staub, aber auch zum ahd. piteppan, bedeban
(Graff 5, 347) hallen:
darumb magst du die raupen belöbern,
so kanst du noch wol frücht erobern. HomsRC 3, 97'.
BETÖBERUNG, f. oppressio : also liesze ich mich auch die
siisze betöberung des Schlafs stracks übenvinden. Simpl. 1,
557 ; in solcher betöberung und niederlag meiner rechten Ver-
nunft und siebenzehen sinnen lag mir nichts mehreres an
u. s. w. Simpl. 2, 391.
BETÖLPELN, stupidum, ineptum decipere: er hat sich be-
tölpeln, über den lölpel werfen lassen, s. tölpel, übertölpeln.
BETONEN, cum accentu efferre, mit dem Ion aussprechen:
diese silbe, dies wort ist zu betonen; der redner betonte
das wort; die gute gesinnung wird besonders betont;
siehst du das wie ich es sah,
wohnst du so wie ich gewohnt,
lieb und rreundscbaft sind dir nah,
und ein jeder tag betont. Götuk 4, 167.
in musik setzen : von Gluck betont, von dir gesungen. 47, 202.
BETONTE, f. betonica, gelbe betonie, siachys anensis. s.
batenie, batenikel.
BETONNEN, mit tonnen belasten, betonnet «chit, Garg. 79*.
BETONUNG, /. aurdllige betonung.
BETOPFER, n., das etwas erbittet, erfleht, im gegentatz zu
dem dank- und sühnopfer.
BETPLATZ, m., ort, ico die gebete verrichtet verden.
BETPLLT, m. knieend vor einem belpulte. Gotter 3, 2S.
BETRABEN, assequi, opprimere, einen im trab ereilen?
des heiligen geists gaben schon
teil uns mit und zu uns wend,
wan uns bedrabt das letzte end.
Ada» Schübarths sieman. Weistenfebs vm 1560. fS'.
oder stände dies bedrabt = bedrawt, bedräut, bedroht?
BETRACHT, m. respectus, was anbetracht: in betracht,
ä l'egard, en egard;
und in betrnchl der schönen seele fand
ein buseu, wie reizend er war, vor seinen äugen gnade.
WiELA>D 4, 10;
in welchem betracht ich gestehe, dasz. 13, 153; meine ehre
ist nichts, wenn sie in betracht des einen etwas anders ist
als in betracht des zweiten. Leisewitz iul. v. Tar. 3, 2; den
werth eines in jedem betracht vollständigen lebens schützen.
Göthe 32, 236 ; das wäre aber in jedem betracht ein ver- |
dammter streich. J. Paul teuf. pap. 1, 32 ; in betracht dasz er
eingestanden hat, tällt die strafe gelinder aus. man sagt et-
was in betracht ziehen, in betracht nehmen, es kommt in
betracht. Thlmmel hat es auch für betrachtung, anschauung:
und was sich reizendes je dem ungestümen betracht
der männeraugen ergab. reise h, ZOO.
BETRACHT für betrachtet, franz. considere, verwendet Fi-
schart stall des eben angeführten heutigen in betracht (re-
tpectu habito) bei folgenden* dasz : dannoch weil die pfaffe n was
vortheils haben müssen, betracht dasz{erwogen, angesehen dasz)
ir kremerei küstlicher dan einige andere ist, so bat die b.
kirch u. s. w. biencnk. 136' ; drum müssen jetzt die pfaffen der
weit gut besitzen, betracht dasz u. s. w. 139*; vi-ann gott
das buch annimpt, als er ohne zweifei thun soll, betracht,
dasz es die b. päpst, seine Statthalter gemacht haben, so
ist u. 8. w. 14!» : insonderheit betracht, dasz zur selben zeit
u. s. w. 21 s*.
BETRACHTEN, considerare, contemplari, inlueri, ahd. pitrah-
tön (Graff 5, 515. 516), mhd. betrabten, nnl. betrachten, tchw.
betrakta, dan. betragte.
1) beschauen ist tnniger als besehen, und betrachten nach-
denklicher als beschauen, vgl. oben *;>. t54S. der beschauende
tinitl nach, der belrachteode denkt nach, man kann keine be-
BETRACHTEN — BETRÄCHTLICH 1706
schauungen machen, sie erfolgen von selbst, betrachtungen abei
müssen gemacht werden. Keisersb. s. d. m. 86* sagt : es ist ein
groszer unterscheid zwischen gedenken (meminisse), betrachten,
und schauwen. iederman kan gedenken, es gat on arbeit zu
und on nutz, betrachten gat mit arbeit zu und mit nutz,
aber schauwen gat on arbeit zu und mit nutz, betrachten
== contemplari in folgenden stellen: da ich gesiebte betrachtet
in der nacht, wenn der schlaf auf die leute feilet. Hiob 4, 13 ;
betrachte ihn genau und präge dir alle seine züge ein; ich
betrachtete diese gegend lange und im einzelnen, um mir
das andenken daran voll zu bewahren ; jedes ansehen geht
über in ein betrachten, jedes betrachten in ein sinnen, jedes
sinnen in ein verknüpfen. GOthe 52, xii ;
betrachte wie in abendsonneglut
die grünumgebuen hüllen schimmern. 12, 59.
2) betrachten, erwägen, überlegen:
ich habs in meinem herzen petracht. fastn. sp. 451, 14;
ein mensch, der da geistliche ding betrachtet. Keisersberg
«. d. m. lo'; betracht, das ein solcher verklapperer ist ver-
worfen von gott. 4S'; das seind Sünden, die betracht und
ker dich an niemanns loben und schmeichlen. 34*; betracht
darnach, das alle ding zergenglich seind, wider die heuw-
schrecken, die der wind hinweg weiet. also wenn du be-
trachtest durch den tod, das dir die sonn wirt undergon und
dir die äugen werden brechen, daselbst; gedenk der vorigen
zeit bis daher, und betrachte was er gethan hat an den al-
tem vetern. 5 Mos. 32, 7; und lasz das buch dises gesetzs
nicht von deinem munde komen, sondern betracht es tag
und nacht. Jos. 1, 8 ; ich betrachte meine vrege und kere
meine füsze zu deinen Zeugnissen, ps. Ii9, 59 ; betrachte im-
merdar gottes gebot. Sir. 6, 37; und er betrachts vor bei
sich selbst. 39, 11; da der ritter wider in sein herberg war
kommen, betrachtet er die grosze freundlichkeit, die im wi-
derfahren war. buch der liebe 36, 1 ; der graf hatte dteses vor
betrachtet. 393, l ;
und was ich etwa schwer betracht,
hat mir gewonbeit leicht gemacht.
SCHWARZE.-<BE8G 150, 2 ;
verachtet oder nicht betrachtet. Weckherii» 302;
dieses ist, was ich über den älteren stil der ägyptischen bild-
hauer zu betrachten gefunden habe. Wixselsian.n 3, 102 ; denn
wenn es schon wahr ist, dasz moralische handlungen, sie mö-
gen zu noch so verschiednen zeiten, bei noch so verschied-
nen Völkern vorkommen, in sich betrachtet, immer die nem-
lichen bleiben. Lessisg 10, 194 ;
so laszt uns jetzt mit fleisz betrachten,
was durch die schwache kraft entspringt. Schiller 77*;
der mann rergiszt,
dia goldne regel zu betrachten,
nimm diese well, so wie sie ist. GöKi:tGK 1, 15.
man liesz ehmals auch die praep. um folgen, wie nach schauen,
sorgen und bedenken : wir wollen und süllen betrachten umb
fröinde gemüs. Haupt 9, 371.
3) sich betrachten, 5ic/i ansehen: ich betrachte mich als
meines Versprechens entbunden; betrachtet euch hier wie zu
hause ; er betrachtet sich als meinen freund.
BETRACHTENSWERTH :
ein junger edelknecht, in Gaagolfs scblosz eraogeo
und über seinen stall gesetzt,
wird itzt zum erstenmal beirachtenswerth geschäizl.
WiBLA."«Ds Oberen 6. 57 ;
das Verhältnis zu seiner frau wie zur weit isl betrachtens-
vrerth. GOthe 49, 126.
BETRACHTER, m. circumspector, gaffer:
tödte den unschuldigen betrachler
(and kill tbe inuocent gazerj.
\. \V. ScuLEGEL in Heinrich VI Ih. 2. 3, 2.
BETRACHTERIN, /. .Mos. Mendelsohns Phädon s. 135.
BETRACHTLICH, BETR.\CHTLICH, verschieden gebraucht:
t) spcclabilis, ansehnlich, was in betracht kommt: betracht-
liche notdurft. reichsabsch. von 1527 §. 7; die beträchtliche
ufsetz und anschlegc, so über in und seine brüder angeslalt
wurden. Aimon vorrede ; betrachtliche, erfarne leut. Petr. 93";
imaginativa ist die imaginierlich oder beträchtlich {belradUende)
kraft mitten in dem haubl. Gersdorf 97;
wie sehnt Senil sich nach berufsbeschwerden,
bcirtchtlicher und hochbestallt zu werden.
llo.KOOiin I, 71 ;
der Jude Oppenbeimer halte das Unglück in einem kafigt an
einen eisernen galgen aufgehangen zu werden, den vorzeiten
1 707 BETRACHTLICUKEIT — BETRACHTUNG
BETRACHTUNGS ART— BETRAGEN 1708
Hanauer, ein angeblicher adeptus vor andern hochgerichten
beträcbtlich gemacht halte. 1, 13 ; auszer der schönen ßacchi-
dion war Fiiistos durch die gnade, worin er bei Dionysen
stand , die beträchtlichste person unter allen denjenigen,
mit denen Agathon in seiner neuen stelle in Verhältnis war.
Wieland 3, 62; nun lassen sie uns auf der andern seile se-
hen, ob der schaden, welchen man von dieser freiheit zu
besorgen hat, so beträchtlich ist. 6, 262; in irgend einem
beträchtlichen falle. J. E. Schlegel 3,470; eine befrachtung,
welche einleuchtender und beträchtlicher ist. Kant 3,67; sie
haben recht beträchtliche männer geheiratet. Hippel 12, 181;
um da seinen recensenten beträchtlich auszuprügeln. J. Paul
Kalzenb. \, 'i ; er hinterläszt beträchtliche schulden; es musz
etwas beträchtliches angewendet werden.
2) ad conlemplandnvi aplus: in Alexandersbad besah ich
mir die titanischen felsenverstürzungen, die vielleicht ohne
gleichen sind, seit dreiszig jähren, dasz ich sie nicht gese-
hen habe, hat man sie durch gärtnerkünste spazierbar und
im einzelnen betrachtlich gemacht. Göthe an Zelter 340.
BETRACHTLICHKEIT, f.
spricht alles, weiszagl, macht betrachlliclikeit.
TiECK nov. kr. 3, 49.
BETRÄCHTLICHKEIT, f. gravilas, momenlum.
BETRACHTUNG, f. conlemplalio, consideratio.
1) beschauung: die betrachtung eines bildes; bei betrach-
tung des nächtlichen himmels; betrachtung diser bildermum-
merei. bienenk. 140*; {Bodmer) mit seinem blick der be-
schauung und betrachtung. Göthe 48, 112 ; der ich durch
mein übel an höherer beschauung und betrachtung nicht ge-
hindert war. 31, 207; liesz seine treflichen besitzungen be-
schauen, wobei doch gar manche befrachtung einer gründ-
lichem kenntnis den weg bahnte. 32, 98.
2) Wahrnehmung, erwdgung: betrachtung eigens gebresten
und blödigkeit und krankheit. Keisersb. s. d. m. 30 ; betrach-
tung der zukünftigen ewigen pein. 45'; betrachtung und war-
nemung des ejempels Christi. 62'; mit betrachtung des ge-
meinen nutzen. Kirchhof wendunm. 63 ; aus sonderbarer gu-
ter affection und betrachtung, dasz ich noch viel vorneme
liebe freunde unter ihnen hab. Schuppius 129; geistliche be-
trachtungen einflechten. Lichtenberg 2, 154 ; wie die Philoso-
phie der natur, ihrem alten dichterischen gewande entzogen,
den ernsten Charakter einer denkenden betrachtung des beob-
achteten annimmt. Humboldt kosm. 1, 5.
3) in betrachtung sein = betrachten : sonst sol ein weiser
verständiger oberster stets in betrachtung sein, womit er die
seinen beschützen möge. Fbossperg kriegsb. 1, 116*. in be-
trachtung ziehen = beachten, erwägen: als dieser junge mensch
sähe, dasz weder sein wort noch seine mannhaftigkeit in be-
trachtung gezogen wurde, pers. rosenlh. 3, 27 ; so auch von
gelehrten schulmännern noch etwas künftig erinnert würde,
soll es, wie diesesinal, in gehörige betrachtung gezogen wer-
den, vorr. zur märkischen lat. gramm. (1774) s. 8. in be-
trachtung bringen = in anschlag : bringen sie dabei in be-
trachtung, dasz er nicht genug eilen kann. Schiller 773. in
betrachtung kommen = berücksichtigt werden : weil alles nach
der Stimmenmehrheit entschieden wurde, so pflegten die evan-
gelischen gewöhnlich in keine betrachtung zu kommen. Schil-
ler 895; meine gründe dagegen wissen sie, und wenn da-
durch für die sache was kann gewonnen werden, so kommen
sie in keine betrachtung. an Göthe 471; bei allem diesem
kommt jedoch in betrachtung. Göthe 17, 37 ; dasz das fett,
womit gelehrte sich gürten, wirklich nichts sei als clendfette
hypochondrische materie oder infarctus, die gegen den fclt-
polster eines gesunden und weisen rathes in die allerschlech-
tesle betrachtung kommen. J. Paul teufelspap. 1, 22.
4) in betrachtung, ralione habila, ob eam causam, mit fol-
gendem gen. oder der praep. auf, oder der conj. dasz. in be-
trachtung, dasz Cardanus schreibet, die Teutschen seien da-
rumb solche ochsen und kälber, weil sie vil milch essen, so
wird er gewis treck gesogen haben, weil er so ein wüst maul
hat. Garg. 46'; in betrachtung der groszen quantitet milch,
80 zu seiner nahrung aufgicng. lio'; in betrachtung, dasz
die alten vättcr dickmals wider einander sind, bienenk. 40';
in betrachtung, dasz Christus seinen himmlischen vatter nit
anders gcnent het dann heiliger valter. 42'; ich entschuldige
sie nicht an sich selber, sondern in betrachtung auf das
ganze. Lessinc 3, 132; die obige fabel ist, in mehr als einer
betrachtung, ein sehr mislungencr versuch. 5, 378; was der
könig in betrachtung der kirche überhaupt ist, das ist er ja
wol um so viel mehr in ansehung einer jeden einzelnen
kirche insbesondere. 8, 38"; wie viel verliere ich auch in
dieser betrachtung an ihr. Klopstock U, 13 ; die gemahlin des
prinzen war unglücklicher weise in keinerlei betrachtung ge-
schickt u. s. w. Wieland 3, 59 ; blosz aus dieser betrachtung
habe ich mich für jene und gegen diese erklärt. 3, 112.
BETRACHTLNGSAUT, f. Garve zu Cic. de off. 2, 2.
BETRACHTUNGSWEISE, f.
BETRACHTUNGSWEISE, adv, was jedoch hier nur im allge-
meinen und betrachlungsweise vorgetragen worden, wird viel-
leicht durch ein beispiel anschaulicher werden. Göthe 24, 77.
BETRÄDLEIN, n. ein rädchen, das die Kalmücken beim hersa-
gen ihrer gebete umdrehen, vergleichbar den kugeln des rosen-
kranzes: nur gebete spielte er nicht auf seiner maschine,
sondern der russische resident must ihm das beträdchen der
Kalmücken verschreiben. J. Paul paling. 2, 117.
BETR.\FT, maculalus ? eine bracke mit betraften obren wird
im Lorscher weisthum (1, 465) namhajt gemacht; ists soviel
als belrebt, betrept, fleckig? bei KiRcmior wendunm. lo^ kommt
vor: zwischen den zeunen legt er Stiefel und sporn an, gieng
also betratst oder besteubt in die statt, ist das verdruckt
für betrafft, betraft? s. betreppen.
BETRAG, m. gebildet wie abtrag antrag auftrag ertrag ver-
trag Vortrag; nnl. bedrag.
1) conventio, vertrag. Chmels Maximil. s. 90.
2) summa : der betrag der schuld ist 100 th. ; den ganzen
betrag zahlen.
BETRAGEN, mhd. betragen, nnl. bedragen, hatte sonst, wie
abtragen antragen auftragen sinnliche bedeutung, die nur in
eiriigen fällen haßet.
1) betragen, bewerfen, an etwas tragen: die (liegen betra-
gen das fleisch, legen ihre eier darein, beschmeiszcn es. die
maurer betragen, bewerfen, betünchen, bekleiden die wand :
von der bekleidung der mauern ist zu merken, dasz diesel-
ben an öffentlichen prächtigen gebäuden mit gleicher Sauber-
keit geleget wurden, sie mochten betragen werden oder nicht,
das betragen der mauern geschähe mit mehr Sorgfalt als
itzo. Winkelmann 1, 363;
sie haben ein lager geschlagen,
mit pulver und blei wards betragen,
kanonen wurden drauf geführt, wunderh. 1, 238.
die goldschmiede betragen das silber, wenn sie vergolden, ver-
quicktes gold außragend.
2) weit häufiger ist sich betragen im sinne von behelfen,
auskommen, vertragen.
a) mit unterhalt, kost, Hausrat u. a. m. auslangen, mhd.
wir selbe sin wä unde wd
von lande ze lande,
koufeiide aller hande.
und gewinnen, daj wir uns betragen. Trist. 222, 15;
des (pfluogcs) pflac er unde was sin site,
wan er betruoc sieh da mite, bär und schreiet iOi.
in einer Urkunde von 1365 heiszt es : wa das were, das Agnesa
min tochter sich na minem tode erberlich nit betragen {aus-
kommen) möcht und gefristen mit den zinsen und nützen, so
ira vielin von minen ligenden gütern. Mohrs regesta H n*
235 s. 57. nhd.
und wil euch gar wol besachen
mit einem gut vaiszten pachen,
das wir uns dester pas miigcn petragcn,
so wir die hochzeit wollen liaben. fastn. sp. 575, 26;
also musz ich mit llickwerk mich betragen. 793,10;
weil man auch sieden kan aus mir
vil guter trank, als met und hier,
des sich beiragen land und leut. il. Sachs I, 418';
er sprach, wann man zwo Schüssel hat
und einen lölTel oder drei.
ein hafen oder vier darbei,
des kan man sich gar lang betragen. 1,440*;
er schall» die stat, er schaut die graben,
er meint, er weit sieh ir wol betragen. Unland 432;
ein pfrund, darvon er sich betragen mag. Münster 402; sich
betragen, begon {sp. 1287), ernffren, tolerare sc. Maaler 64*;
mit einem wenigen musz man sich auch betragen. Henisch
348 ; mit dem hausfuter betten wir uns wol betragen. Agri-
coLA spr. n' 78 ; ich geschweige, dasz die hochberümle doc-
toren kein vinum theologicum hellen trinken mögen, sonder
hellen sich mit dünnem covenlbier oder knoll müssen be-
tragen, bienenk. 4"; wir müssen uns wol mit schicchlerin ko-
sten {schlechterer kost) betragen. 14t'; und sich nicht allein
selbst mit ihrer handarbeit betragen, sondern fürsien und
1709
BETRAGEN — BETRAPPELN
BETRAPPEN — BETREFFEN
1710
herrn ihr tron und Wechsel mehren und so in erberkeit le-
ben. Thcbneisser magn. alch. vorr. s. 6 ; ein teutscher magen
könne sich wol mit solcher teutscher würz betragen. Zisk-
GBEF 1S2, 9 ; die unsrigen hatten ihm seinen vorräthigen vin
de palme ausgesoffen, derowcgen betrug er sich mit wasser.
Simpl. 1, 667; seine magere gestalt bezeugte, dasz er sich
mit dem schmalhansen betragen. 2, 12; der geidanlage für
die nachtselde solten sich unsre gn. herren betragen, und
ihre jäger und hunde selbst ausrichten. Krenner bair. land-
lagshandl. 5, 307 ; uns selbst fürsehen, verkosten, ausrichten
und betragen. 5, 32S ; man tragt in solcher menge auf, dasz
auch der Türke Scanderbeg, welcher alle tag einen ganzen
gebratenen hammel verzehrt, mit einer schüszl sich kont
betragen. Abb. a s. Cl. bei Sc/im. 1, 484; mein sinn könte
sich in den langweiligen einöden keinesweges betragen und
ich halte das landleben für so vcrdrüszlich, als es mein ge-
ehrter herr für vergnüglich rühmet. Bctschkt kanzl. 436; sie
erfreue und beirage sich ihrer Unschuld, welche schon künf-
tig in dem ehebctt für sie die stumme oration halten werde.
Abele 3, 127 ; sich mit einem wenigen betragen, paucis con-
tetüum esse. Stieleb 2311.
6) sich vertragen: man litte kein hurerei nicht, must sich
ein jeder eines weibs betragen. Aventin bei Schm. 1, 484 ; der
most ist die lere des evangelii, die alte schleuche sind diese
veralte schwache gewissen, darumb künnen sie ^ sich nicht
mit einander betragen. Llther 2,99'; das bette ist zu enge,
das sich zwei drinnen bei einander betragen möchten, tischr.
119'; und {hat er) mit dem vater, wie wol er sein einiges
kind, sich auch nit lang betragen künden, sonder in eins an-
dern haus ziehen müssen. Albebcs tcidder Jörg Witzeln. H 4* ;
weiber, die sich mit iren erbaren männern nicht wol betra-
gen, aber mit unflätigen viel lieber zuhalten. Fischabt ehz.
10 ; diejenige, so sich in stäter einsamkeit des lebens mitein-
ander zu betragen verglichen. 2;
er könd sieb wol mit mir betragen,
wenn ich schon ein wenig krumm bin. Atrek fasln, sp. 42* ;
du kanst dich mit niemand betragen, dialog von ztcein Schwe-
stern. A4; sich wol betragen mit jemanden. Stieler 2311.
c) nachdevi heute die bedeutung a erloschen ist, die von b
durch vertragen ersetzt wird, hat uns sich betragen nur die
von sich aufßjiren, se gerere: er beträgt sich anständig; du
hast dich stets zur Zufriedenheit deiner eitern betragen; er
beträgt sich in seinem amte schlecht;
halte du es, wie du willst, doch mir Tergönne,
dasz ich auf meine weise mich betrage. Scuillir 369'.
vgl. sich begehen sp. 1287. 10, c.
3) intransitiv, eine summe ausmachen, sich belaufen auf:
es wird nicht viel betragen ; die ganze summe beträgt ze-
hen thaler; wie viel betragen seine sämtlichen schulden?
RETHAGE.N, n. mores, vitae ratio, verhalten, aufßhrung :
gutes, löbliches, schlechtes, seltsames, rätselhaftes betragen;
ein nothwendiges betragen des vollkommenstea wesens {gottes).
Ka.it 6, 117 ;
ach, dacht ich, hat er in deinem betragen
was Treches unansiändiges gesehn! Göthe 12, 165;
Werner behauptete, sein freund sei in seinem wesen ge-
bildeter und in seinem betragen angenehmer geworden. 20,
132 ; diese leitete die stunden und tage des kindes zum
leben, lernen und zu allem guten betragen. 21, 128 ; verstän-
diges betragen bei huf und auf reisen. 48, 25; ein aufmerk-
sames, männliches betragen. 48, 28; so fahren güste mit er-
wachsenen töcbtem von betragen (conduite) an. J. Paul ßegelj.
1, 26.
BETRAMEN, tignis fdcirt. Stieler 2300.
DETHAMPELN, pedibus calcare: den boden belrarapeln.
BETKANG, m. angustiae, afßictatio, drangsal: damit er der-
gleichen vergwaltigung, betrangs, Schadens und Verderbens nit
iner von inen zu gewarten habe. Lanz Karl 5 s. 411.
BETHANGE.N irird im 16. 17 jh. häufig für bedrangen ge-
sehrieben, z. b. an ihren gottesdiensten und ceremonien nicht
irren oder betrangen, reichsabsch. von 1S30 §. 3 ;
dich hinterschleichl, facht und beirangt. II. Sachs II. 2, 4ö*;
betrangte Christen. Schuppics 375; das elend mit welchem
meine Schwestern betrangt sein. 745; so viel Schlösser, hau-
ser, dörfer mit beraubung, furi und brunsten beträngt. 723.
BETBAPPELN, drprehendere, ertappen, betreten: das wären
die dümmsten weiber, die sich mit einem liebhaber von ihren
mannem belrappeln lieszen. Felsenb. 3, 395; meiner frau zu
zeigen, dasz auch die klügsten weiber von ihren männern be-
trappelt werden können. 3, 400; er betrappelt beide in aller
stille, irrg. der liebe 488.
BETR.JlPPEN, dasselbe. He^isch 348. Oberli:» 143;
{man sagt), mein tochter wer liie auf der siraszen,
hett ich sie hie mügen betrappen,
ihr wolt gegeben han ein schlappen.
das netc morgensfell. 1585 E2'.
BETRAUBET für trauben tragend verzeichnet Stieler 2301.
BETR.\UE.N fTir bedrauen, bedräuen, bedrohen: nachdem
sich ein reich begibt, das leichtfertige underthanen . . . ihre
herschaft oder derselben underthanen betrawen. landfr. von
1521.8,3; und so der hund einer were, der solches vieh an-
laufen und anfallen wolle, sol man denselbigen zu einem
hamel oder widder ankupplen und so lang in beitschen, schel-
ten und betrauwen, bis dasz er verstehen lebrne solches ml
mehr zu thun. weidwerk 1, 14" ;
und zwitaliig machen ir joch
sie also mit betrowen hoch. H. Sachs lil. 1, 101'.
BETR.\UE.N, fidei alicujus committere, anvertrauen: betraue
einem ungeprüften neulinge grosze Sachen nicht, perj. baumg.
1, 33 ; wem besser als dem Publ. Valerius die freiheit betrauet
wird. Stolbebg 7, 265. man sagt heute auch, einen mit dem
amte, mit dem geschäft betrauen; ein damit betrauter; s.
kön. maj. hochbetrauter general der cavallerie; ein in den
wichtigsten geschäften betrauter mann. Dahlma.n.'« ddn. geseh.
1, 503; der könig in die Schlösser von Alsen betraute hof-
leute setzte. 2, 50 ;
die kammer nährt aus weiser buld
zehn hochbetraute bäreo. Hagedoo 3, 50.
BETRAUERLICH, lugendus, dolendus, kidglich: der be-
trauerliche Verlust. Bltschky kanzl. 202. adv., und ferner
fortfährt das oflatküchlin bctrauerlich zu beklagen und mit
fährlinslhränen zu beweinen, bienenk. 158*.
BETRAUERN, dolere, lugere, nnl. belreuren, beweinen, be-
klagen.
BETRAUERNSWERTH, lugendus.
BETRÄUFELN, guUulis aspergere: spitzbübische laboranten,
die mich mit meinem bratenfette ein wenig belreufelt, den
braten selbst aber entwendet hätten. Felsenb. 2, 284 ; da ich
die Vögel zuweilen mit butter betreufeite. Pierot 2, 203 ; Sar-
mentus, ungeachtet er an Cäsars tafel mit Falemer beträu-
felt wurde, muste sich doch gefallen lassen als scurra zu
ßgurieren. Wielands Horaz 1. 186. s. betröpfeln.
BETRÄUFLN, BETRAUFEN, gutlis aspergere, früher oß ge-
schrieben betreifen : betrauf in (den Stockfisch) veijt mit butem
und gib in hin. ton guter speise 8 ; mache sie hei; und be-
traufe sie mit butern und gib sie hin. 9; betreife sie mit
butern, oder mit smalze, ob e; fleischtae sl, und gib sie hin.
10; betraufe in mit butern vaste und gib in hin. 14; kumt
des pfaffen kellerin bei das feuer und wolt die hüner betrei-
fen. Eulensp. eap. 11 ;
wie ist der rock mit hier betraun ! ü. Sacbs IV. 3, 27';
wer binden wil, eh er gegreifl,
Wirt gern mit eignem schmalz beireift. Kirchhof wendunm. 99 ;
ein Christ, welcher mit dem h. taufwasser betreifet worden.
BuTscHKY kanzl. 220 ; ich denke, das heiszt, mit dem sprich-
worte zu reden, einen mit seinem eigenen fette betiisufen
wollen. Lessinc 8, 4 ;
schweisz beträuAe deine wangen. Platr.*« 159.
BETRÄüMEN, somnia videre: je mehr er körper als kör-
per nicht angafte und beträumte. Herder 19, 30. Stieler 2303
hat betreumen, somnia txspectare: der traumgott wird dich
schon betreumen lassen, MorpTieus somnia in somnis dabit.
BETREF, m. -respectus, bezug: der betref herr? (the con-
cernancy, sir?) A. W. Schlegel im Hamlet 5, 2; und ist er
in diesem betreffe nicht strafTällig, so bleibt dennoch die Ver-
heimlichung nicht unbeahndet. Klopstuck 12, 270; in betref
seines alters, quod attinet ejus aetatem. vgl. tref, schlag.
BETREFFE.N, deprehendere, nnl. betreffen, noch nicht ahd.
mhd.
1) einen betreffen, treffen, betreten, ergreifen, ertappen, auf
frischer that, auf dem fahlen pfrrde, auf einer lüge betreffen ;
denn er tchwäui sich nicht durch, ich hab ihn selber betrofTen
über der that. Göthc 40, 191 ;
meine mutter schKift nicht tief,
und würden wir von ihr beu-oITen,
ich war gleich auf der stelle lodt. 12, 181;
1711
BETREFFEN— BETREIBEN
BETREIBEN — BETRETEN
1712
du, Äster, kömmst ans kreuz, sobald man dich beirift.
li\CKDOiiN 2, (iO;
er läszt sich da betreffen, wo er nicht sein soll; wehe der,
die ich bei ihm betreffe. Lenz 119 ; der sich fast allenthalben
betreffen läszt, wo die übrigen interessanten gegenstände ein
ende nehmen. Tieck aes. nov. 2, 203 ; einen hirsch betreffen,
auf einen stoszen. Opitz /!?•(/. 2, 180; einen zu haus betreffen,
finden; fügten sich darauf zu ihm, den betrafen sie gutwillig
ihnen zu helfen. Gan/. 228"; ich betreffe mich selbst {ertappe
mich darüber), dasz ich meine Stellung verändere, ohne dasz
ich eine eigentliche Ursache davon anzugeben weisz. Gükingk
Nicolais leben 101.
2) einen betreffen, befallen, einem zustoszen, begegnen : ihn
betraf der unfall vom pferde zu stürzen ; eine schwere krank-
heit betraf ihn; uns hat das Unglück lang betroffen; wenige
jähr hernach betraf ihm {fehlerhaft für ihn, nach falscher ana-
logie von begegnen) das elend, welches ich lange zuvor ge-
sehn, pers. rosenth. 7, G ; eine straf der untreue, welche zu
seiner zeit betVift alle untreue knechte und mägde. Scuuppius
352 ; es ist gerade jetzt das einzige büse, das mich in mei-
nem Verhältnisse betrift. Gütiie an Schiller 424 ;
nicht einen jeden beirifl es
anzufangen von vorn sein ganzes leben und wesen,
nicht soll jeder sich quälen, wie wir und andere thaten.
40, 252 ;
das wunderbare des orts, der edle blick froher Jünglinge,
alles betraf mich so sichtlich {machte mich betroffen). Dyana-
sorc 2, 157.
3) einen oder etwas betreffen, attinere, angehen, berühren:
da Ireumet uns beiden in einer nacht einem iglichen sein
träum, des deutung in betraf, i Mos. Ai,\l; diese last betrift
den fürsten zu Jerusalem. Ez. 12, 10; gesetz, das den man
betrift. Rom. 7, 2 ; also lesen wir Mosen darumb nicht, das er
uns betreffe, das wir in müssen halten. Luther 3, 170; die
Sache betrift leib und leben ; was da betrift die päbst selbst.
bienenk. 20'; so vil dann den namen der mess betrift. 78";
und was das liebe junge volk bcirirt,
das ist noch nie so naseweis gewesen. Götiie 12, 213.
die betreffende behörde, der betreffende fall, die betreffenden
acten u. s. w. beliebte ausdrucksweisen der gcschäßsleute. s.
betroffen.
BETREFFEND, adv. quod atlinet, in betref: in Sachen den
ehestand und die speisen betreffend, bienenk. 47* ; betreffend
nun fortan den orden Aarons, der ist unzweifelig ein figur
unserer priester gewest. 75'; und fortan betreffent eine jede
ceremoni, .. darüber möcht ihr lesen. 79'; zu disem allem
sind sie noch mit vil andern schweren questionen, dise ma-
teri betreffend, under einander streitig. 87'; und weiter be-
treffend, dasz sie uns mit unserer eigenen rute wollen schla-
gen. 92'; so will ich ihre meinung, disen puncten betreffend,
etwas weiter und gründlicher erholen. 94" ; betreffend nun das
fegfeur, ist dasselbige auch auf die h. schrift gegründ. 109';
den Horatius betreffend, so haben wir noch etwas von dem
schreiben, darinnen ihn der leutselige herr zu seinem secre-
tar begehret. Opitz 1 i'orr. 3'.
BETHEFS, adv. schreiben neuere für in betref, wie falls
für im fall : betrefs ihrer forderung.
BETREIBEN, agcre, Iraclare, accelerarc, nn/. bedrijven, schw.
bedrifva, dän. bedrive.
1) agerc pastum, die weiden, wiesen, felder mit dem vieh
betreiben ; er betrieb das feld mit hundert schafen ; die tan-
gelhölzer mit dem rindvieh betreiben.
2) ein geschäft, eine sachc l)etrciben, treiben; viel unfug,
viel böses betreiben, pers. baumg. 9, 14 ; halt itzo, dieweil du
lebest, einmal rechnung von deinen betriebenen handlungen.
9, 19; den Unterricht, die stuhlen, den fuldzug, Landel, die
reise eifrig betreiben ;
steht nicht was er betrieben,
zusammt der todcsan an seine slirn geschrieben 1 Canitz;
der könip, dem ich weisz nicht was oft schwer
ums herze macht, betreiht den riickztig sehr.
WiRLAMi) 10,280;
auftrag, um bei den mahlcrn bestellte bildcr zu Itelreibcn.
Götiie 24, 242;
alles sah der gelassene mann, doch als ich es endlich
gar zu thöricht betrieb, ergril' er mich ruhii; beim arme.
40, 323 ;
auch sollen grosze summen auf den namen der künigin be-
Iricben worden sein, in Brüssel zu erliehcn. Sciiii.leh 305;
des landes wol betreiben. Gökinck 2, 1!Mi ; alles zu verwir-
ren, indem er alles zu betreiben schien. TitCK 4, Wi. man
scheint auch gesagt zu haben, einen über etwas betreiben =
betreffen, betreten : sollen sich innerhalb 24 stunden aus dem
läger machen, dann wo ferr dern einer hierüber betriben,
der soll olfentlich mit ruten ausgestrichen werden. Fkonspekg
kriegsb. 3, 2l'.
3) sich betreiben, beeilen : der graf wird selbst kommen.
— er kann sich betreiben, meine geduld reiszt den zäum ab.
Schiller 168'.
BETREIBEN, n. glücklicherweise stört es mich nicht in
meinem thun und betreiben. Güthe an Zelter 702.
BETREIBSAM, sedulus, acluosus: als ein belreibsamer rechts-
consulent. Lessing 1, 364. man sagt heute betriebsam.
BETREIBUNG, f wegen des langen weges und der betrei-
bung des geldes. Schiller 1081.
BETRENTELN, maculare: mai) musz das kind nicht mit
dem bad ausschütten, sondern die beträndelte winteln waschen.
Lehmann 533 ; den wüsten menschen, der nur seine alte be-
tendelte (verdr. für betrendelte?) hosen und schuhe hat. 567.
Schneller 1, 497 hat Iranischen verunreinigen, beklekseii,
träntsch unreinlichkeil, kleks, und trenzen tröpfeln.
BETREPPEN, maculare: du sihest wol, wie das fihe,
ochsen und ku, in dem kat ligen und uf alle ort belrebt
seind. Keisersberg post. 91 ;
sie wurden jämerlich betrept. lied vom reichen bauer ;
darnach der herbst kam ganz betrept,
sein bein mit inost gar wo) beklepi. Wickraks Ovtd 13*;
feilt ins wasser und kot, betrept sich wie ein mor {schwcin).
Frey garteng. cap. 2 ;
das ratienas musz euch beireppen. Garj. 37';
diesen vortheil haben {die zwerge), das sie weder stumpf noch
mäntel betrcppen, sonder den treck über den köpf ausschlau-
dern. 41'; fein bcträppt und bescblept nach allem last zu
dem bandel. 151'; hiha, sagt der mönch, habt euch wol be-
treppt. 24l'. dies betreppen von trappen, trappeln, Ireppcln
herzuleiten, insofern bei dern auftreten man sich zu besprützen
pßegt, hat noch bedenken, zumal betrappen und betrappeln
der bedeutung dieses betreppen fremd bleiben; offenbar be-
rührt es sich auch mit bestreppen und vielleicht beschleppen.
BETRETEN, calcare, pedibus attingere, nnl. betreden.
1) vom federvieh, was vom vierfüszigen bespringen, besteigen,
inire: der bahn betritt die henne ; der fasan hat sein Weib-
chen schon betreten, in anderm sinn steht betreten, wie be-
sitzen von fliegen und würmern, die auf dem menschen krie-
chen : die fliegen, die lause besitzen {sp. 1625. 1626) ; die inar-
gretenwürmerchen {pediculi) betreten und bezausen. Weise
kl. Icute 203. 204.
2) das land, den boden, die erde betreten ; nach zweimo-
natlicher Seefahrt betraten wir endlich das feste land; die
oberkeiten, unter denen die guter gelegen oder betreten wa-
ren, erkl. des landfr. von 1522 §. 15 ; kaum betrat sein fusz das
eis, so glitt er aus;
als dieses paar die weit betrat,
beiieilien beide sich, was bestens anzufangen.
Haükdorn 2,'73;
du standest an dem eingang in die weit,
die ich betrat mit klösierlichein zagen. .Schillfr 359';
das haus, die schwelle, die treppe, die kanzel betreten ; ich
flog die treppe hinunter mit dem festen vorsatze, das haus
nie wieder zu betreten. Güthe 25, 286; ich werde seine treppe
nicht wieder betreten, ihm nicht über die schwelle gehn;
die Stätte, die ein guter mensch betrat,
ist eingeweiht. 9, 104;
betrete dann das hochgcthürmte fürstenhaus,
und inustre mir die mägde. 41, 181;
ein sehr geschickter candidat,
der lange schon mit vielem lobe
die kanzeln in der stndt betrat,
that aur dem dorte seine probe. Gkllert 1, 204 ;
als er die letzte stufe der leiter betrat, brach sie zusammen:
den weg betreten, viam lerere, ein betretener weg, pfad. wian
sagte aber auch ein lasier betreten für auf die bahn des laslers
treten: sünde und laster sind uns vim den eitern angeerbt
lind nachmals durch selbsteigncn willen würklich beliebt und
betreten. BiiTscnKV l'alm. sr,2.
3) den fusz, die sohle belreten = auf den fuss, auf die
sohle treten, mit dem fusz, der sohle außrctcn:
doch erfreut sie uns gleich, wenn sie die sohlen botrilt.
GoruK 1, 360;
kann doch wol wieder den fusz betreten. 13, 82.
1713
BETRETEN
BETRETUXG — BETRIEGEN
1714
also auch, die schuhe betreten, in die schuhe Irelen. einem
den fusz, das gesicht betreten, auf den fusz, ins gesicht treten.
4) häufig, einen betreten, ihn entischen, ertappen, festhal-
ten: wa sie mich ankommen und betretten mögen. Geszlers
rethor. 69' ; wenn er {s. Petrus) noch lebete, der teufel würde
in betretten bei diesen heiligen mördem. I^uther 5, eV; bis
sie in das thal Soisson kamen, und den herzogen Bevc sampt
seinen leuten betraten. Aimonc; ich bitt euch meine kinder,
fliehent von hinnen, denn ob euch ewer vatter betritt, in
warheit er uberantwurt euch dem keiser. d; wo er sie be-
trett, solt er sie fahen. d; in dem waid Ardenien betrat er
sein eigene kind. f; es betraten mich reuber, und die namen
uns alles das unser, rl; mir ist leid euch dermaszen alhie
betretten zu haben, t; bei got, itzt seit ir betretten und ge-
fangen, t ; wfr wurdent als nahe betretten, das wir auf un-
sere pferd nit sitzen kundten. t; gieng der keiser durch das
sehlosz, sähe ob er Reinharten oder seiner bröder einen be-
tretten mochl. y3; also ward inen der roub zum teil abge-
jagt und etlich wurdent beträtten und erschlagen. Bcllixcer
3, 240; das er {gott) mir in so langer zeit verleihen wüllen,
dich an eim bequemen ort zu betretten (zu finden, treffen).
Wirsing Cal. B 3" ; mit diesen Worten Fridricfa von seinem
gesellen gieng, willens war, wo er die herzogin betretten
möcht, ir das^nliegen seines gesellen zu entdecken. Galiiiy
24 ; habe er sich flüchtig gemacht, doch wieder betretten und
geränglich angenommen worden. Kircuhof mil. diso. 243;
solche meutmacher, da sie betretten, auf frischer tat zu stra-
fen. 34 ; hält er aber die fräfler betretten, tcendunm. 5ü' ;
schlug ohn genad tod alles was er antraf, bisz er ein reuter
betrat, so der armen pilger einen gebunden hinder dem Sat-
tel führet, und wolt im da sein sächlin machen. Garg. 253* ;
dem kleinen zurail, worin der neger ihn neulicli beireien.
WiELASD 4, 22t ;
der dich läszt sich betreten. Bürgf.r 19';
dasr ich dich aller nimmermehr forlan
betrete bei den hoiilen schilTen hier. 142';
wenn ich nur irgend so rasend dich wieder betrete, wie jeizo.
197»;
sie schweiTen hin und fragen alle sierne.
wo ist sie? oder, habt ilir sie betreten? PlatemOö;
und läszt sich der dumme teufel betreten, dasz er da etwas
zu viel, dort etwas zu wenig gesagt bat. Göthe 8, 245; der
gouverneur sehlosz damit, es halte ihn zwar nichts ab den
betretenen einzustecken und in Verwahrung zappeln zu las-
sen. 2S, 213.
5) abstracle Vorstellungen, die personificierl zu werden pfle-
gen, betreten uns, treten uns an, treten an uns: du weist
alle die mühe, die uns betretlen hat. 4.Vos. 20, 14; hat mich
nicht dis übel alles betreiten, weil mein got nicht mit mir
ist? 5 Mos. 31,17; wenn sie denn vil unglück und angst be-
tretlen wird. 31, 21 ; hab ich mich gefrewct, wenns meinem
feinde übel gieng, und habe mich erhaben, das in unglück
betretten halle? Ihob 31, 29; es hat euch noch keine denn
menschliche Versuchung beiretten. 1 Cor. 10, 13-, es ist aber
eben die noth, die euch betretten hat. Luthers br. 2, 480 ;
was noth hat dich betreten? Opitz 1, 198;
mich, den neue furcht und p-öszer angst betrat.
Grtphius 1, 245;
wir sollen uns befragen
und !>ehn auT guien raih,
das leid einander klagen,
so uns betreten bat. Simon Dach ;
Diemands herz war mit der geringsten beschwerde betreuen.
pers. baumg. 1, 18.
6) einen betreten, au einen, zu einem bittend treten, ihn
angehen, aggredi:
(gott) gib acbtiing und erhöre mich,
•ich bringe mein geschrei vor dich,
mit heulen iiiiisz ich dich beirnen. Opitz ps. t. 104 :
Rnade. herr. du siebst mein beten
dich den ganzen lag betreten. 165.
7) ein geschäft, amt, einen dienst, eine stell« betreten =
antreten, adire:
eine srhiacht *o!l jetzt betreten {inire)
Fiigipus, da woli er beten. Loc*t; 1, 4, W;
nachdem hat er seinen vorigen dienst in Sletin widenimb
betreten. Micräliis 5, 323; weil er ebedessen in dem sehlosz
gedienet und die charge eines Schreibers in der canzclei be-
treten hatte. Jucundist. 203. j
8) betreten sein orfer werden, perturbari, haerere, betreten
-= verlegen, betroffen: da dise rede horten die hobeopriester, I
wurden sie über inen betretten, was doch werden solle, apost.
gesch. 5,24; da diese betrettene leut sorge betten sich selber
zu verrathen. Kirchhof wendunm. 143'; er sprach, ich wil
dirs sagen, warumb ich also betretten bin. Helviccs jüd.
histor. 1, 1S8;
so schlägt er nach und nach, den finger stets am mund,
bis auf das achte {blatt) um, beguckt es ernstlich rund
herum, und ist gar m.icbtiglich betreten,
zu sehen, dasz darauf niciil eine sylbe stund, Wieland 10, i49 ;
sie dürfen nicht darüber betreten sein, fuhr Aurelie fort.
Göthe 19,95; alle zugleich, mit betretnem erstaunen. Schil-
ler 297'; hätte ich ihm ins betretne gesicht geschaut. J. Paul
utis. löge 9. diese ausdrucksweise ist aus 4 oder 5 zu erläu-
tern, und betreten entweder befangen, ergriffen oder von angst
und sorge eingenommen, betroffen verhält sich nicht anders.
BETRETUNG, f die betrelung des flüchtigen Verbrechers;
die betrelung des rechten wegs; die betrelung, der antritt,
die annähme einer stelle: das sie mich zu betretung der ge-
vatlerstelle erwählet und ausersehen. Bltschky kanzl. 616 ; die
betrelung, perplexilas, Verlegenheit: man merkte ihm seine
betrelung schon an.
BETRETLNGSFALL, m. im betrelungsfall soll der dieb aus-
geliefert werden.
BETRELUNG, f im vierten buch ist beschrieben, wie der
Weinbau recht anzustellen, zu pflanzen, zu warten, neu an-
zulegen, mit gehöriger belrcuung und gebührenden arbeiten
zu versehen. Hohberg 2, 3. das soll doch heiszen pflege, «ar-
tunq? von betrauen, betreuen, mit etwas beauftragen.
BETRICHTERN, inquinare:
vor angst er sich betrüchtern thet
mit eignem kot. H. Sachs IV. 3, 109*.
BETRIEB, m. tractatio, eura, impulsus, trieb, antrieb, pflege.
1) dem menschlichen geschlecht ist aus neischwas (je ne
sais queh natürlichem betrieb angeboren. Thubxeisser ntajn.
alch. vorr. 1.
2) der betrieb, anbau, Verwaltung des forstes, hcrgwerks;
der betrieb der eisenbahn, des handeis, des geschäfts; der
wissenschaftliche betrieb; meinen ehemaligen Verbindungen,
entwürfen und betrieben abgestorben. \Viel.\nd 32, 33S; auf
betrieb, antrieb, aliquo impulsore; auf seinen beirieb geschah
alles was hernach so übel ausschlug; sie können gewis glau-
ben, dasz es mein betrieb gar nicht gewesen ist. Lessixg 2, 399 ;
wen {natur) dein Lnchcluder blick auskor zum vertrauteren
liebling,
meidet des markies betrieb (treiben) und das gerasscl der
Stadt. Voss ;
die liebe wird mit feurigem betriebe
sicli in sich selber zu verzehren schnauben. Plate^ 103.
MTRIEBSAM, sedulus, induslrius: ein betriebsamer mensch,
betriebsames volk; die amcise, ein betriebsames thier.
BETRIEBSAMKEIT, f. sedulitas, industria.
BETHIEBSAMKEITSRITTER, m. Chevalier d'induslrie. Fich-
TES naturrcchl 2, I.)5.
BETRIEBSGEBÄUnE, n. im gegensatx zum wohnbaos.
RETHILBSMERR, m.
BETRIEBSKOSTEN, pl. im gegensalz zur anläge.
BETRIEFEN, was beträufen: es gibt so viel schmalz, dasz
man einen braten dabei betriefen kann. LEHMA-tx 20;
und «yenn sie trinkt, fahr ich ihr an den mund,
dasz ihr das hier die platte brüst betriefet, matl fitr:
and when she drinks, against her lips I bob,
and on her withcrd dewlap pour the ale.
sommemacklstr. 2, 1.
BETRIEG, m. fraus, betrug, selten, aber gebildet wie ge-
niesz, verdnesz: in welchen unzählich mehr list und belrieg
geschieht. LcTHERS br. 1, 4.35.
BETBIEGEN, BETRUGEN, fallere, decipere, inducere, ahd.
pilriokan, mhd. betriegen, alts. bidriogan, nnt. bedriegen, teu-
schen, hintergehen, die form betriegen betrog, triegen trog,
wie biegen, fliegen, schmiegen hesser als belriigen, trügen,
nach analogie von lügen f liegen, betriegen ist ein härterer
ousdruck als teuschen «;irf hintergehen, zu betriegen galt für
unrecht, den belrieger zu hintergehen für erlaubt: Jul. und
also hast du Cbrjsandcrn betrogen? Lis. ei, sagen sie das
doch nicht; einen belrieger betncgt man nicht, sondern den
hintergeht man nur. hinlcrgangrn hab ich ihn. Lessimc 1, 285.
die urspriingliehe, sinnliche bedeulung solt unter triegen abge-
handelt werden; hier nur, dasz golh. driugan OToareifetr, ags.
dreogan agere, facere, tolerare, aitn. driuga exercere, putrate
ausdrücken, und golh. drauhts, ahd. truht turba, truhlin domi-
108
1715
BETRIEGEN
BETRIEGEN
1716
nus dazu fallen (vgl. betrogen 2). Schweden und Dänen ha-
ben ihr ähnlich klingendes bedraga, bedrage von draga gebil-
det, welches altn. für sich decipere aussagt, und nicht anders
verhält sich ein ags. bedragan, praet. bedrög, engl, betray.
1) betriegen steht, wie berücken, vom fangen, bestricken des
wilds, der vögel, der menschen, mhd. wer betriuget unde
vaebet den wilden vogel und wer geweitiget da; wilde tler,
wan des menschen underscbeit (list)!;
er leite ir aber mit vräge
sine stricke und sine läge
und betrouc si aber dar in. Trist. 352, 37
vhd. gleichwie der stricit den vogel fängt,
und mancher lisch im netz behangt,
wirt menschlich leben oft betrogen,
ir werk für gois gericht gezogen.
ScHWARZEiNBERG 151, 2;
sie lassen sich mit keinem aasz betriegen als andere fisch.
Forer 164' ; der (schlingen legende) teufel betreugct. Neandefs
menschensp, 6' ; der sathan betreugt die ganze weit. Reiszner
Jer. 1,91'; die schlang betrog mich, dasz ich asz. i Mos. 3,13;
der liigner betriegt:
du magst so oft, so fein als dir nur möglich lügen,
mich sollst du dennoch nicht betriegen.
ein einzigmal nur hast du mich betrogen,
das kam daher, du haltest nicht gelogen. Lessing 1, 10.
2) übersehe man nicht das betrouc darin der Tristan-
slelle, es heiszl gleichsam lockte, verlockte in die stricke, ge-
rade so noch nhd.
und wen sein herz nicht glücklich macht,
den kann man nicht ins glück hinein betrügen.
WiEiANo 18, 176;
falscher Pontiis, deine stille
war nur des verrathes hülle,
einem spiegel warst du gleich,
tückisch ruhten deine wogen,
bis du ihn heraus betrogen
in dein falsches lügenreich. Schillkr GO';
so hat sie aus des waldes nacht
einen baren ungeleckt und ungezogen
unter ihren heschlusz herein betrogen. Götiie 2, 91;
du weist, dasz der körper ein keiker ist,
die seele hat man hinein betrogen. 5, 208.
wahrscheinlich gilt bei Vogelstellern und Jägern noch dies hin-
ein, herein und heraus betriegen. Wieland sagt auch dazu be-
triegen :
als ich um meinen hals
zum letztenmale dir mit heiszen thrnnen ilehte,
wars menschlichkeit was mich dazu betrog. 10, 350.
3) und sollen (die propheten) nicht mehr ein rauchen man-
tel anziehen, damit sie betriegen. Zachar. 13, 4; sie bestrich
sich mit köstlichem wasser und Docht ire har ein, in zu be-
triegen. Judith 16, 9 ; die Wächter betriegen, heimlich ausbin
(hinaus) gon, dasz die hüter nit werdend innen. Maaler65*;
du kanst mich nit betriegen, ich kenn dich ze wol. das.;
gewislich du betreugest mich? die jungfraw sprach, gn. fraw,
ich betriebe euch für war nicht, buch der liebe 389, 1 ;
dasz uns nit mer sein falsche list betreugt. Alberus 108*;
als er, millreicher got, dir seine faust dargab,
und deinen feind betrogen. Weckiierlin 214 ;
hier betreugt dich keine list. GCntuer 873;
und was ein groszer mund als ein Orakel spricht,
zuweilen mehr betreugt als oft ein irwischlicht.
CanitzHO;
du bleibst ein blöder held, der in geheim betreugt. 137;
der war an Schelmerei,
das Weibsen zu betriegen,
von dem pnpa der lügen
das echte konterfei. UÜRGia20';
irarum mich denn betriegen,
treuloser unschiiMsdicb? 29*;
sist ein schelm, hat im spiel betrogen. Schiller 326';
durch schlaue nücbierDheit den lebensfeind betriegen.
GOTTKR 1, 283,
wie man sagt, den tod betriegen;
dies brüderliche du betrügt mein ohr,
mein herz mit süszen ahnungen von gleichheit.
SCIllLLEIt 254*.
4) aber der wein betreugt den stolzen man. Ilahar. 3, 5;
treume betriegen viel leut. Sir. 34, 7 ;
der träum betrügt. Gökinck 1,241;
mhd. der alp triuget, die elbe triegent. mythol. «.432; alts.
bcdrogan habhiad sie dernea wihii. Ild. 92,2;
der schein betriegt; ein schein, der noch immer tcuscht,
obwol nicht betrügt. Kant 2,341;
der sonnenblick beirüget
mit mildem, falschem schein. GötheS, 36;
dein trotz und deines herzen hochmut hat dich betrogen. Jer.
49, 16 ; der hochmut deines herzen hat dich betrogen. Obadja 1, 3 ;
die hochfart euch alsanl betreugt. Sciimelzl hoc/iz. 11';
und hast dich deine klugheit lassen betriegen in deinem pracht.
JSz. 28, 17 ; solcher dunkel hat viel mehr betrogen. Str. 3, 26;
denn die sünde betrog mich (goth. fravaurbts uslutöda mik).
Rom. 7, 11; die hofnung, ein falscher wahn hat mich betro-
gen, spes, opinio fefellil; es sei denn sach, dasz mich meine
sinn betriegind, nisi me fallit animus. Maaler 65'; wenn mich
nicht alles betriegt, nisi me fallunt omnia; und dann müste
mich alles betrügen, oder ihr werdet diese ehre euerm gelde
zu danken haben. Wieland 13, 8.
5) umgedreht:
lasz uns unsre sorg und müh betriegen,
die uns upsre frewd bekriegen. Weckherlin 412;
und können wir den schlaf durch schwatzen nicht betrügen ?
Wieland 9, 33;
wie die verliebten gut und blut, die Wachsamkeit der hüter
zu betriegen wagten. Götter 1, 43; um die wachsame eifer-
sucht des adels zu betrügen. Schiller 799 ; dasz sie sich
entschlosz, ihren schmerz und ihre liebe an irgend einem
stillen orte zu verbergen und durch irgend eine art von thü-
tigkeit zu betriegen (vei-gessen machen). Göthe 17, 321; be-
trogene, fehlgeschlagene hofnungen.
6) hervorzuheben ist das fallere tempus, zeit und weile be-
triegen, unvermerkt und sorglos hinbringen, verlieren, verthun,
franz. tromper le temps, l'ennui. mhd.
ich hän ouch in der wilde
dem Togele und dem wilde,
dem hirje und dem tiere
über manege walireviere
gevolget und nach gezogen
und aber die stunde also betrogen,
daj ich den basl noch nie gesach. Trist. 429, 33.
nhd. man lese dich {ein märchen), man suche nichts dabei,
als wie man angenehm sich um die zeit betrüge.
VVlELAND 17, 16;
mich weisz Apoll und freundschaft und vergnügen
um meine musze zu betrügen. Gotter 1, 428;
oder wollen wir uns zum pharao setzen und die zeit mit
spielen betrügen? Schiller 148'; solange das Schauspielhaus
mehr dazu gebraucht wird, unfreundliche winternächte zu be-
trügen. 698;
reizend betrügt sie die glücklichen jähre. 497*;
so, ihr lieben musen, betrogt ihr wieder die länge
dieser weile, die mich von der geliebten gelrennt.
Göthe 1, 283;
manche langeweile stockender tage betrog ich durch fortge-
setzte chromatische arbeiten. 31, 21; nun bin ich seit dem
7 in Tübingen, dessen Umgebungen ich die ersten tage, bei
schönem welter, mit vergnügen betrachtete, und nun eine
traurige regenzeit durch geselligen Umgang um ihren cinflusz
betrüge, an Schiller 358.
7) die Sache stand früher im gen. : so bin ich solcher mei-
ner meinung betrogen gewesen. Bocc. 1, 202'; also der gut
mann seines verhoften gewinnes betrogen war. Forer ßschb. 6',
später und heute steht die praep. um: er betriegt mich um
mein geld, bringt mich listig darum;
die ritter weren all betrogen
umb ihr bekante dapferkeit,
wa der poet mit süszen bogen
sie nicht der parken band entzogen. Weceherl. 355;
er will mich um den verdienten lohn, um die frucht aller
meiner arbeiten, um die crsparnis langer jähre betriegen ;
sich um die zeit betriegen = die zeit betriegen (s. C); du
betrogst mich um mein glück: das glück meines lebens bü-
bisch, bübisch hinweg betrogen. Schiller 131'.
8) sich betriegen, se tromper, sich teuschen: ein lauter fal-
scher träum vom glauben, damit du dich selbs betreugst.
Luther 0, 52';
der eine meint, er sei recht dran und sich betreugei,
ein falsche» gibt er für und weisz nicht was er lauget.
Wkhders ylr. 5, 83;
irli wünschte wol, dasz ein geistreicher dichter einen solchen
phanlasten vorstellte, der sich iininerfort an der weit betrügt,
und es ihr höciilicii übel nimmt, als wenn sie ihn betrogen
hätte. Göthe 46, 158; da betriegt ihr euch wieder. 36,147;
Sulpiiia, erst sollst du schwanger sein?
nun sollst du gar die blättern Kriegen ?
ihr iirzte schweigt, und gebt ihr gar nichts ein,
denn einer musi sich doch betriegen. Gsllkrt 1, 130;
1717 BETRIEGER — BETRIEGLICHKEIT
BETRIEGNER— BETROGEN
1718
Chevalier, ich müste
mich sehr betriegen, oder ihre ankunfl
hat einen frohen menschen mehr gemacht
an diesem hofe. Schiller 24&\
i. betrogen.
BETRIEGER, BETRÜGER, m. fraudalor, veterator: ein ab-
gefeimter betrieger ; es wäre thöricht, in rücksicht auf den
anmuthsvolien betrieger sorglos zu sein. Wieland 34, 196 ;
als der betrieger schnell sich selbst gefangen sab.
Lessi:4G 1, 33 ;
durch diesen stich ward Amor klüger,
der unerschöpfliche betrüger
sann einer neuen kriegslist nach. 1, 63.
BETRIEGEREI, BETRÜGEREI, f. frans, dolus: alle seine
betriegereien sind an den tag gekommen ; es kann nicht alles
ganz richtig sein in der weit, weil die menschen noch mit
belrügereien regiert werden müssen. Lichtexbebg 2, 151.
reicher leui beiriegerei. H. Sachs If. 2, 50'.
BETRIEGERISCH, BETRÜGERISCH, fallax: auf dem feuch-
ten, betriegrischen moos schwindl ich. Göthe 14, 79 ; ein be-
trügerischer begrif. Kam 1, 47.
BETRIEGERLEIN, n. nanus fallax: da fände ef das lei-
dige Zwerglein, als er das sähe, fraget er, Was es in diesem
walde thet ? das betrügerlein klaget, es hett u. s. w. buch der
liebe 89, 2.
BETRIEGLEIN, BETRÜGLELN, n. parva fraus. hier scheint,
da man das diminutiv ableiten musz von betrug, die schrei-
bitng mit ü gerechtfertigter, obschon vorhin auch ein subst. be-
theg angeführt wurde, und dasz es endlichen doch auch bes-
ser, mit einem kleinen betrüglein sich also durch die weld
hindurch fressen, als gar stehlen und einen groszen dieb,
filou oder raubanten abgeben. Simpl. 1, 3S7.
BETRIEGLICH, BETRÜGLICH, dolosus, fallax, fraudulen-
tus : belriegliche zunge. Zephan. 3, 13 ; der betriegtiche reich-
thumb. Marc. 4, 19 ; dasz die h. schrift seie ein betrügliche
ur. bienenk. 67' ;
du sprachst, es wer betrüglichs ding. .\TRBRn9";
ein diebischer betrug und ein beirieglich dieb.
LoGAü 1 s. 192;
weil sie sehr arglistig, lügenhaft, betrieglich und halsstarrig.
Oleaeics or. »n««/n s. 147 ; die menschliche gestalt und Schön-
heit ist betrieglich. Zinkcr. 4, 3; politici, die alles mit ihrer
betrieglichen weltweisheit versauren wollen, werden von der
opinion betrogen. Schuppiüs 552 ; nichts ist betrüglicher als
allgemeine gesetze für unsere empündungen. Lessi.ng 6,309;
und stellte sich mein bild nicht ganz betrüglich dar.
Otkbbecks Virgil s. 31 (si nunquam fallit imago);
Agathon hörte diese betrügliche schutzrednerin so gern. Wie-
land 1, 297; es ist die betrügliche natur des menschlichen
herzens. 2, 150; dfe erfahrung muste ihn belehren, wie be-
trüglich unsere ideen sind, wenn wir sie unvorsichtig reali-
sieren. 2, 220; nach einem gewöhnlichen, wiewol sehr be-
träglichen vorurtheil der hofleute. 3,66; der allgemeine men-
schensinn, dieses am wenigsten betrügliche gefühl des wah-
ren und guten. 3, 217; teuscht mich eine betrügliche hof-
Dung, Fyllis? 10, 67; höret auf mit betrüglicben lippen den
gotl zu ehren, den eure thaten verleugnen. 33, 245; dasz
dieser schein sehr betrüglich sei. Kant 8, 9 ; das ganze masz
ist betrüglich und unnütze. 8,85;
uns zu berücken, borgt der lügengcist
nachahmend oft die stimme von der Wahrheit
und streut betrügliche orakel aus. Schiller 376' ;
betrüglich sind die guter dieser erden. 442*.
BETRIEGLICH, BETRÜGLICH, adv. dolose: antworteten
betrieglich. 1 Mos. 34, 13 ; aber viel werden sich zu inen thun
betrieglich. Dan. 11,34; und ladet dich einmal oder drei be-
trieglich. Sir. 13,8; handel nicht betrieglich mit im. 29, 3;
schickte boten betrieglich. l Macc. 7, 27 ;
ja danket ihr«, dasz sie die tcuschung, die (ie schal),
aufrichtig selbst zerstört und ihren schein
der Wahrheit nicht betrüglich unterschiebt. Scuillkr 319'.
BETRIEGLICHEN, BETRÜGLICHE.N, adv. dolose: ist das
schlosz Doch genant, da Ptolomcus betrüglichcn fieng Simo-
nen. Frami «eltb. 171'; werden sich viel bctrügüchen zu ih-
nen thun. krieg des fridens 222.
BETRIEGLICHKEIT, BETRÜGLICHKEIT, f. fallaeia: zu al-
lerlei betrieglichkeiten. Kirchhof vetidunm. 453*; hielten es
vielmehr für betrieglicbkeit des bösen feinds. 141*;
dasz, weil die weit ist müde
der alten deutschen trew, nur mit betrieglichkeit
man habe steten fried, und krieg mit redlichkeit.
LoGAO 1, 3;
falschheit und betrieglichkeiten. 2, 3, 22;
die betrügüchkeit dieser vermeinten spräche des blutes. Wie-
land 2, 56.
BETRIEGNER, BETRÜGNER, m. homo fallax: die etliche
betrügner für demant verkaufen. Thcrneisser magna alch.
1, 127.
BETRIEGMS, BETRÜGNIS, f. fallaeia: darumb ist sie ein
betriegnis und subtiler list allen den, die in guten werken
sich üben. Lctheb l, 23'; disz thöret und narret die weit,
schaltet sich mit betrügnus aus einer weit in die ander.
Paracelscs 2, 14'; es ist kein betrügnus noch falscheit fan-
den worden in sinem mund. Keisersb. ehr. bilger 103.
BETRIEGUNG, BETRÜGUNG, f. dasselbe: die erste betrie-
gunge. Iheolog. deutsch 76 ; valscheit und betriegung. 92 ; die
kirche der betriegung. Llther l,3Sl'; und seint dises grads
zeichen heiszere der stimm, enge des otems, betrügung der
äugen. Gersdobf 86.
BETRINKE.N, 1) inebriare, einen betrinken, berauschen : er
verstund die kunst briefe zu eröfnen, andre unterzuschieben,
falsche nachrichten auszustreuen, leute zu betrinken, damit
ihre Wachsamkeit ihm nicht hinderlich fiele. J. E. Schlegel
5, 297.
2) sich betrinken, inebriari: er betrank sich immer.
3) betrunken, ebrius:
im köpfe war mirs wie betrunken. Göthe 1, 23 ;
vom dunst der ehre betrunken. E. ton Kleist 1, 13;
und pries den weisen mann, der schlau die sorgen schwächt,
und in betrunkncm gras sanft hingegossen zecht.
Uz 2, 76 :
wenn die blutbetrunknen Römer sich nach schlachten wu-
schen von innem blutflecken. J. Paul ddmm. 74.
BETROCK.NEN, siccescere: der boden betrocknet schnell
nach dem regen.
BETRODDELN, cirm omare, bequaslen:
ihren kriegesschild
rundum betroddelt und mit furcht verbrämt.
{aiyiSa d'vaaavöeaaav. 11. 5, 73S) ;
Bcrger 167*
alter freund, wie ist dein gesiebt betroddelt (thy face is va-
lanced), seit ich dich zuletzt sab. A. W. Schlegel im Hamlet
2, 2; ein pantherfeil seine Satteldecke, das mit schweren
goldenen betroddelten gitlerbänden um den leib des pferdes
angezogen war. Arnim kronenw. 1, 190. s. troddel, d'vaavos.
BETROFFE.N, l) commotus, perlurbcUus, betreten, verlegen,
vor furcht sowol als vor freude: ein gleichgültiger philosoph
würde darüber betroflfen gewesen sein, ohne ungehalten zu
werden. Wieland 2, 164;
vor freude ganz betroOTen. Ubcron 12, 7S;
standen die freunde betroffen und waren schmerzlich be-
kümmert. Göthe 40, 63 ;
um so mehr bin ich betroffen. Gotter 3, 273 ; Astarte stand
betroffen über die plötzliche gegenwart eines mannes. Klik-
cer 5, 83; also auch bei ihnen drauszen hat betroffene Im-
potenz diesen weg zur ausQucht schon gefunden. Lichten-
berg 3, 178.
2) angehend, betreffend: nicht allein das betroffene Indivi-
duum selbst, sondern auch seine freunde stehen auf und
nehmen antheil am streit. Göthe 50, 116. man liest auch:
das mich betroffene unglück.
BETROFFENHEIT, f perturbatio, verlegenheil.
BETROGE.\, auszer der getcöhnlichen passivbedeulung de-
ceptus hat das partieip noch zwei andere, aetivisch zu fas-
sende.
1) fallax, astutus, schlau, betriegeriseh, wie besoffen, be-
trunken, der betrogen, sich besoffen, betrunken hat, mkd.
ist der meistcr iht betrogen,
s<J Wirt der chneht ungezogen. Karajam deakm. 13, 5;
er sol vii unbeirogen sin, aufrichtig, offen. 13, 3 ;
von kinde h.1n ich her gezogen
einen kneht so betrogen. Helbl. 1, 16;
nhd. gieng um mit süszen und betrogenen worten. Limb.
chron. §. 108; also nam es ein betrogen (übles) ende. §.122;
was ein betrogner mensch, mit naraen Carle, ein tOfelbe-
schwerer, meint man. Tno. Plater 15; räum mir das haus,
ich wil dich nit lenger haben, du bist ein betrogner schalk,
wa du ja bar kumesL Eulcnsp. cap. M;
108*
1719
BETROGEN — BETRÜBEN
BETRÜBEN
1720
das man ihm auf dem markl
raus schneid sein falsch bcirogiics lierz. AYRen407';
gröbere, betrogenere und losere Icute hab ich nit gefunden.
neunter berichl des Bamberger Vereins s. 19S. 236 (a. 1641) ; die
rosteuschcr und betrogenen schmiede pQegen oft den alten
und ganz ausgeebneten pferden ein schwarzes zeichen an den
äuszerslen vordem zahnen zu brennen oder zu etzen. Hoh-
BERG 2, 120". H. Sacüs sagt in gleichem sinn vertrogen :
beiT will, der krämer isl verlrogen. II. 4,4';
wo sol ich nemen ein kelnerin,
weil sie al so veilrogeu sin ? II. 4, 8" ;
der ^röszt narr ich auf erden bin,
das ich traut disera schalk vertrogen. III. 3, 20',
wozu man das gangbare, gleichfalls activisch zu fassende ver-
logen und versoffen halte.
2) in zwei mhd. stellen Hartman.ns hat es andern sinn:
er tumber gouch vil bcirogcn. Greg. 11.^5,
er einfältiger, allenfalls doch, schlimmer mensch;
er mac goies riier geiner wesen
dann ein betrogener klöslerman. 1363,
hier scheint es was sonst begeben, ein münch, der sich aus
der weit ins klosler zurückgezogen hat, was aus einer älteren
bedeutung des woites triegen geleitet werden dürße.
BETUOGENHEIT, f fallacca:
doch füiliie ich ir beirogenheit. MS. 1, 72';
und machet mit siner betrogenheil. Haupt 7, 367;
das jclzundcr zu unser zeit
gsellschnft ist vol betrogeuheit. H. Sachs II. 4,42*.
BETROGE.NLICH, fallax. Keisersb. aufn. mensch ]) 2.
BETUOMPETEM, buccina nuntiare, salutare sagt Bürger ir-
gendwo.
BETUÖNEN, tremefacere gibt Stieleh 2303 als ein gangba-
res wort: der soldat ist heftig betrönl, trepidalur castris; er
stehet ganz betrönet da, ist über dieser zeitung sehr belrü-
nct, erschrocken; ein betrünter inenscii, pavorc exanimalus,
bedonnert, zunächst verwandt scheint das nnl. dreunen, be-
ben, zittern, schüttern, obschon kein bedreunen verzeichnet
wird, betrönt wäre bebend vor furcht, erschüttert, aus dreu-
nen, nd. drönen stammt unser nhd. drönen, knarren, kra-
chen, das erst spät aufgenommen wurde, mehr unter drönen,
dröhnen.
BETRÖPFELN, was beträufeln:
und sein hadern mit roiz bciröjtfeli.
fwstn. sp. 780, 17;
liier fand ich auch den Amor
der seine lliigel sonnte,
die ilim vom thau befeuchtet
und so beiropfeii waren. IIagedorjc 3, 68 ;
mit dem wachs das kleid betröpfeln; er sieht betröpfelt aus,
verlegen, betroffen, wie treffen mit tropfen verwandt scheint.
BETHOPFEN, BETHÖPFE.N, was belräufen: mit schwcisz
betröpft. Thümmels rme 10, 384; der gute reichsstädter bin-
det eine serviette vor, wenn er weinen will, damit er die at-
laswesle nicht betropfe. J. Paul Tit. 1, 45;
mein haar ist von der nacht beiropfot. Rijckert 286.
BETROSSELN, inquinare, maculare: wir haben uns wol
betrosselt. Puiland. 1, 600, scheint ganz das ahd. pitrohsilan
coinquinare, inceslare. Graff ö, 505 und Diut. 1, 244, eine fort-
bildung von triegen w. m. s. der eigennume Troxler mag hinzu
gehören, leicht mit anderer bedeutung.
BETROSSEN, dasselbe, also a/id. pitrohsan?: du hast dich
wol bedrosset [l. belrosscl)? bist du nicht gescheiter dan
also? Phiiand. 1, 662.
BETRi'BEN, mhd. betrüeben, nnl. bedroeven.
1) lurbare, tritli machen, trüben: und die weil der alt bawr
also fert, so ufcrstat ein Windsbraut, und betrübt den luft
mit staub, das er gar finster ward. Steimiöwei.s Esop (1555)
26'; ein gerechter, der für eiin gottlosen feilt, ist wie ein
betrübt brun und verderiielc quell, spr. Sal. 25, 26; die pre-
diger münche haben noch nie kein wnsser betrübt. Luther
3, 515; das hciszet denn den brun oder das wasser betrübt
und unrein grmnclit, das die liebe nicht rein bleibt. 6, 36';
wenn der wolf das schaf fressen wil, so hals im das wosser
betrübet. 6, 316'; als hellen sie nie kein wasser betrübet.
8,38'; diese betrübte {trübe) neige. 8, Sl"; als haben sie nie
kein wasser betrübt. Mbi.AncHTH. im corp. docir. ehr. li>2 ; und
musz das unschuldig lamp, das unden am bach trinket, all-
weg dem wolf, der oben ansteet, das wasser betrübt haben.
Frank;
du hast ein schalk hindcr den ohrn,
drumb hastu mir betrübt den born. Alberus 23;
hat der alt ein geparen,
samb hab er nie kein wasser betrübt. H. Sachs I, 233';
auch ist im das wisz in den augbrawen betrübet. Gers-
dorf 84 ; wenn ein frauw gat in ir stub, die zu fast warm
ist, so wirt sie im ersten just betrübt. Keisersb. trostsp. l2;
betrüben thuen die fische das wasser, di^mit sie nicht gesehen
werden. Forer 53';
das sich ein groszer wind anficng,
der das mer betrübet vom grund. Teuerdank 32, ^b ;
ein grausam ungestüm weiter und wind aufstund, das den
himmel mit wölken und das mcer bis an den grund betrü-
bet. Bocc. 1,257'; die sudwind von mittag erfaulen laub und
pleiter, betrüben die wasser, mehren den gestank. Sebiz 7
(FiscfiARTS Zusatz) ; rettich vor und nach der speis gessen,
betrübt das biru, die äugen und Vernunft. Tabernaem. 798;
dieser saft ist gut wider die geschwülst der äugen, so das
gesiebt betrüben. 1225; diejenigen, welche kein wasser be-
trüben. Simpl. 1, 487 ; welches alles der gute Taubmannus,
als hatte er kein wasser betrübet, ernstlich angenommen.
Brandt 41 ;
ihr pflegt in dem lieben
nie kein wasser zu beirüben. Günther 242 ;
dahero wir uns eiligst von einander trenneten und so be-
scheiden da saszen, als ob wir kein wasser betrübt hätten.
Fcisenb. 1, 38 ; und endlich, da der alte herr wieder herauf
gestapelt kam, stunden sie an dem erüfneten fenster und
schwatzten dergestalt ernsthaft mit einander, als ob keines
von beiden jemals ein wasser trübe gemacht hätte, irrg. der
liebe 85. für dieses sinnliche betrüben zieht man heule blo-
szes trüben vor. bei Gellert 1, 202 :
ein jüngrcr und ein älirer buhe,
die der noch frühe lenz aus der bcirübtcn stube
vom buche zu dem garten rief,
14/ doch wol die dunkle, düstere stube gemeint, oder auch die
leidige.
2) affligcre, maestitia afßccre. in der bibel sehr häufig,
z. b. weil du uns betrübt hast, so betrübe dich der herr an
diesetn tage. Jos. 7, 25 ; eh mein tochler, wie beugcstu mich
und betrübest mich. n'c/i<. 11, 35; denn sie betrübten im sein
herz. ps. 106, 33 ; ein barmherziger mann thut seinem leibe
guts, aber ein unbarmherziger betrübet auch sein fleisch und
blut. spr. Sal. 11,17; sie gehen trawrig und betrübt und ver-
hüllen ire heubter. Jer. 14, 3 ; weil ich solchs höre, ist mein
bauch betrübt. Uabac. 4, 16 ; liebes kind, pflege deines vaters
im alter und betrübe in ja nicht, so lange er lebet. Sir. 3,
14 ; und sie wurden sehr betrübt. Matth. 17, 23 ; meine seele
ist betrübt bis an den tod. Matlh. 20, 38; und war betrübt
über irem verstockten herzen. Marc. 3, 5; wer ist der mich
frölich mache, one der da von mir betrübt wird {golh. hvas
ist saei gailjai mik niba sa gaurida us mis)? 2Cor. 2, 2; und
hett an im, das er die lül nit gern betrübet. Keisersberc
s. d. Hl. 34"; ein leiden, so es noch fer ist und lang ist, be-
trübet es nit so vil den menschen, als wan es nah isl, und
je neher es ist, so vil mer es den menschen slupfet und
betrübt. 42' ; der was erschlagen (niedergeschlagen) und be-
trübt, dem hub er ein füsz für und liesz in darüber fallen.
4"' ; du meinst du wellest mit den nüwen meren sßcheu
underzug und trost, so wirstu nit me dan betrübt und trau-
rig, als wann du etwas hurest, das nit mit dir oder mit den
deinen daran isl, so nagt es dich. 70"; der könig ward die-
ser geschichte sehr betrübet, buch der liebe 90, 1 ; da ward
er gar sehr bekümmert und von allem seinem gemüt betrü-
bet. 273, 1 ;
on not den gmeinen frid betrüben. II. Sachs 1,326';
Tilvnis war der beirübslo
unter allen bauerknechien. Logau 1, 6, 33;
die kinder damit zu lachen und betrübte herzen frölich zu
machen. bienenk.lbC ; lange und betrübte nächle. per-s. Intumg.
8, 5 ; das könte ja gar leicht geschehen und was wären wir
dann für betrübte leule. Scuuppius 813; eine betrübte {trau-
rige) entschlieszung. Kant 8, 351 ; mit dem nulritionsgeschafto
der seele siebt es sehr betrübt (traurig) aus. Lichtbnbeiig 1,97;
das ist ja eine betrübte gcschicbte;
1721
BETRÜBEN — BETRÜMMERN
BETRUNKENHEIT— BETT
1722
kannst du, o grausamer, mich in solchen woncu betrüben?
GöTHE 1, 2ö7;
bimmelbocb jauchzend, zum tode beirübt. S, '232.
3) sich betrüben : das sie über den todten sich nicht sol-
len betrüben. Luther 8, 3'2'; um einen träum sich so be-
trüben I GöKixGK 1, 243. ohne beisalz :
meine frau betrübte sich auch, wir Jammerten beide.
GöTHS 40, 115.
BETRCBEN, n. affiictio, maestitia:
was den zu loben scheint, das macht ihm nur betrüben.
Fle«i.nc 100 ;
disz aber mache dir so gar ein scharf betrüben. 195 ;
lasset weinen, stillt betrüben,
mir ist wol, das günnet mir. Logac 1, 3, 45.
BETRÜBER, m. turbator, störer: die betrüber des friedens.
not. ordn. von 1512, eingangs; friedens betrüber und feinde
des vatterlands. Kirchhof disc. mit. rorr. ; der teufel ist ein
Schreckgeist und betrüber, der h. geist füret den namen,
dasz er ein tröster heiszel und nicht ein betrüber. Lcthers
tischr. 97".
BETRCBIG, turbidus, tristis. voe. theut. 1482 de'.
BETRÜ BISCH, turbulentus, maestus. ddselbst.
BETRÜBLICH, afßigens, conturbans: umb welcher aussatzung
und Ordnung willen sei auch die empfahung des hochwirdi-
gen sacranients unter beider gestalt frevelich, vermeszlich, er-
gerlich, zweitrechtig und betrüblich der christlichen kirclili-
chen Übung. Lt-inER 1, 214'; welche rede uns betrüblich ge-
west. Melanchth. lehr und troslr. sehr. 4S ; denn er weis-
sagt das mahometisch reich werde krieg füren wider die hei-
ligen, das ist gar ein klegliche, betrübliche predigt. Me-
LA-Ncein. Daniel, deutsch von Jonas 6/. 56;
der Winter
schon kälter und bedrüblicher. Weckherlin 786;
ich fürcbt, es laufe noch auf was betrüblich naus.
FLEai.NG 10(i;
Peter aber alles betrüblich geschehen läszt. äbmm sekaub.
2, 84.
BETRCBMS, n. dasselbe: in zeitlichem belrübnis. Me-
lanchth. im corp. doctr. ehr. 991; mit groszem betrübnus.
Melanchth. lehr u. trostr. sehr. 15S8 *. 69 ; ein linderung eu-
res beliübniss. ircrÄe 7, 1029 ; zu solchem meinem betrüb-
nis. ScHWEisicHEX 2, 269; ein groszes betrübnus läszt sich
von sanften worten nicht abweisen. Opitz 2, 294 ; mein eignes
dabei geschöpftes belrübnis. Felsenb. 1, 202 ; und musz ein
rechtes hetrütmis gewesen sein. Hebel schalzk. 151.
BETRÜBT.MS, f. dasselbe: das alle betrübtnis und trau-
rickeit hinweg gieng. Keisersb. s. d. m. 49*; die in kummer,
nol und betrübtnis seind. 4"'. gebildet gleich dem ags. ge-
dr^fednis.
BETRÜBUNG, f. dasselbe: in etwas betrflbung und be-
schwerung stehen, reichsabsch. ron 1512 §. 4; mit frölichera
anblick, ohn alle betrübung sprach. Boee. 1, 203'; davon
Thedaldus in grosz betrübung und trawrigkeit fiele, l, 167' ;
greifs kecklich an, hab kein betrübung.
II. Sachs II. 2.52*;
wann ein weih ohn hauptwee oder betriihung ihres hirns
den bisam nicht vertragen könte. Fischart ehz. 71; die be-
trübung, nibelung und feule des lufts. Garg. 1S5'.
BETRUG, m. fraus, fallacia: er geht mit betrug um; er
hat einen betrug begangen; es steckt ein betrug dahinter;
man musz ihm einen kleinen betrug spielen ; mein zunge
sei keinen betrug sagen. Hiob 27, 4; habe ich gewandelt in
eitelkeit, oder hat mein fusz geeilet zum betrug? 31,5; war-
lich es ist eitel betrug mit bügein und mit allen bergen.
Jer. 3, 23; aber es war eitel betrug. lAfacc.i, 31; und »erde
der letzte betrug erger denn der erste (jah ist s<i speidizci
airzi|>a vairsizci |)izai frumein, ahd. ist thanne ther jungisto
irrido wirsiro themo iriren). Mallh. 27, 64; welcher keine
siinde gcthan bat, ist auch kein betrug in seinem munde
erfunden, l Petr. 2, 22; damit kein betrug gepllc^en und ge-
braucht werde. Frünsperc 1, 85'; ein schiin weih ist ein stum-
mer betrug. LeHMAn.f 169 ; wie sie sogar keine gottseligen be-
trüge heiszen können. Leibmitz 2, 3*4; die armen zu spüt
von ihrem betrüge erwachten seelen. Gotter 3, II.
BETRLGE.N, u. s. r. siehe betriegen «. t. k.
BETBÜMMERN, naufragiis, ruinis imjilcre:
an des mceres betrüinmcrlem nfer. KtorsToc« Heu. 9, 37,
nach auitj. 5, in sp<iicren: bei geripp und scheiter am meere;
Oller sähe mit nih das betrümmerte geslade,
die wog und den stürm. werke 2, 43.
BETRUNKE.NHEIT, f. ebrielas, trunkenheit.
BETSCHIER, n. sigillum, heute petschaft:
seh, hab dir mein betschier I H. Sachs IV. 1, 24'.
BETSCHIERRING, m. annulus signatorius :
nam er sein beiscbierring zur stund,
truckt ihn dem fürsten auf den mund.
H. Sachs |V. 3, 57";
Pharao nam den beiscbierring von seiner band und gab in an
die band Joseph. Reiszxer Jerus. 2, 15l'. s. petschieren.
BETSCHWESTER, f. simulalrix pietalis. Gellert 1, 63.
3, 133. es gab dafür früher manche andere namen, z. b. tem-
peltrete, die immer die kirche betritt, vgl. kaffeeschwester
u. a. m.
BETSCHWESTEREI, f. sie ist schon etwas weit über das
erste stufenjahr der betschwesterei hinaus. Lichte.sbercs Ho-
garth 1, 144.
BETSTUHL, m. icie kirchenstuhl : als sie ir gebet in der
kirchen verbracht hell, filret sie die spitälerin zu einem bet-
stul. buch der liebe 41, 1 ;
in einem ofnen betstubl kniend. Wielaxos Klelia 1, 442.
BETSTUNDE, f. preees publieae: in die beistünde gehen,
beistünde halten.
BETSWEISE, ade. prccando: wie der mönch den jungen
forsten betswcis entschläft (einschläfert). Garg. 24S*, auf der
folgenden seile beiszt es : viel leut schlafen wol zu pferd und
im schif, das macht das wagen, einer legt sich einmal un-
ter einen biercnbaum und fieng an bieren zu zählen, und
ehe er, über etlich totzend kam, da lag er schon und schnarcht
und schnarchet schon und lag. ich aber schlaf nimmer bes-
ser als in der predig oder wann ich bei, derhalben laszt
uns die siben buszpsalmen für uns ncminen, zu sehen, ob
ihr nicht entschlafen werdet . . . fiengen dumit gleich den
ersten psalm an, und als sie bis auf das beati quorum ka-
men, entschliefen sie beide ungewagen.
BETT, BETTE, n. lectus, goth. badi, ahd. petti, mhd. bette,
alts. bed, gen. beddes, nnl. bed und bedde, ags. bedd, engl.
bed, alln. bed, schw. büdd, ddn. bed, das lager zur ruhe und
zum schlaf ein gramm. 2, 25 aufgestelltes etijmon für badi
icird zwingend sein, sobald sich bidjan bad in der sinnlichen
bedeutung von liegen beicährt [s. bitten), badi ist lager, goth.
ligrs, lectus, ron ligan, irie cubile von cubare, xkitTj von xj.i-
veii; Stratum ron stemere lectum. da nun weiter strages ron
sternere, streu und stroh von straujan abstammen; so darf
vielleicht auch goth. badv [zu folgern aus ahd. pato, ags. beado,
altn. böd) strages, pugua, niederlage, wahlstälte herangezogen
«erden, in fremden spracJteu gemahnt an badi das finn. vuo-
det, est. wodi lectus, cubile, samojed. wau {suomi 1S45 5. 1S3),
welsche bedd sepulcrum, amor: bez, vgl. mit ahd. betti grab,
0. 111. 24, 82, ails. breobeddi. Hei. 125, 12.
Um aus solcher ferne wieder zum heutigen bette zu kehren,
so bildet es den unorganischen pl. betten, nährend ahd. und
mhd. der pl. gleich dem sq. petti, bette lautete, die epenthe-
sis pettir und betler i5( ahd. und mhd. nicht zu belegen, aber
möglich; auch heute erscheint sie hin und wieder: die güns
werden federn geben better zu machen, dasz wir darob ru-
hen mögen. Sculppius 737; ich kenn better nur vom hören-
sagen. Göthe 42, 20 {auch in der ausg. des Götz von 1773 s.
19) ; Klincers th. 4, 224 ; die better frisch angezogen. Hebel ;
dies better ist untadelhaß. altn. begegnet autzer dem n. auek
ein m. bedr pulrinar, Stratum. Bedeutungen.
1) die dem heidenihum heilige von kotapetti, ags. veoiibed,
lectistemium, aUar [mythol. 59) dauert nur in unrenlandnen
Ortsnamen, wie Brunhildebett, Gumbette, Gumbette, </. i. Gunt-
bette, allar der Gundu. aber auch das ausziehende heer, das
kricgsrolk hat sein bette, schlägt sein lager auf, woher der
Ortsname heripetti, heribeddi heerlager.
2) dem Wasser, dem flusz. dem meer wird ein bette beige-
legt, vgl. DucAMGE unter bedum und bedale : das bette der
meere. Kamt 9, 29 ; das bette des meeres. 9, 19 ;
und ins kalte beit des meeres
aus dem scho^z der liebe schreckt. Schiller 59* ;
ins beit des oceans. lOl*.
bei mülen, teichen, brunnen ein Wasserbett, brunnenbett, flut-
bett, ein gerinne, die kraß des wassers ;
vom berj^e stürzt der uneeheure ström,
wühlt sich sein bette selbst und bricht sich bahn.
Schiller 502';
bezähmt, gebt acht, kehrt der eniuorte sinn
ins alte bette des gehorsams wieder. 385'.
1723
BETT
BETT
1724
das bette des lebens, die lebenskrafl : im ritter war das ver-
trocknete bette des lebens wieder reichlich angequollen.
J. Paul TU. 4, 108 ; ein morgenlied so schmerzenstillend, dasz
die thrünen, unter denen sein herz ertrank, den schmerzens-
damm umbrachen, und sanften empfindungen ein bette lie-
szen. uns. löge 2, 136.
3) in feld tind garten war ahd. petti areola, die Schrift-
sprache hat aber aus gartenbett, krautbett, wurzbett gemacht
beet {sp. 1245). auch die erhühungen für kanonen heiszen
stückbette, und die schichten des steinkohlcngebirges.
4) hauptsächlich ist bett, wie lectus, das lagcr, die statte
zum ruhen und schlafen, vgl. faulbett, feldbett, paradebett,
spanbett, ruhebett, schlafbett, siechbett, krankenbett, lodbett.
a) obschon auch auf stroh, heu, laub, moos und haaren
geschlafen wird (vgl. slrohbett, heubett, laubbett, blumenbett,
moosbett), ist die rolksmäszige Vorstellung eines bettes doch
die des federbelles : hab urlob strosack! ich hab ein bett
überkommen. Keisersb. brösaml. 32*, und zu bette gehn heiszt
in die federn gehn, kriechen, er schläft auf matratzen, nicht
unter betten; wer sein bett verkauft, musz auf stroh liegen.
b) das bett wird gemacht, gespreitet, gedeckt, gerichtet,
aufgerüstet (Sim/)/. 2, 302) und aufgeschlagen [vgl. betten): im
rmstcmis ist mein bette gemacht. Hiob 17, 13 ;
dö het er gemacliet also riche
von bliiomcn eine bettestat. Walth. 40, 1;
mache mir mein bett; das bett ist noch nicht gemacht, un-
gemacht, nicht gedeckt ; noch nicht gespreitet. Maaler 65' ;
ein gemachtes, aufgemachtes bette heiszt auch zuweilen ein
vollständiges: die eitern haben ihrer verheirateten tochler
vier gemachte, aufgemachte betten mitgegeben, das bett,
wie den tisch, richten, berihten, bereiten:
DU stuont ein beue da bt in,
daj was berihtet also wol,
als ein beue beste sol. Iio. 1213;
ein bette wol gehöret. Parz. 44, 21 ;
ein bette was da bereitet,
mit phellcle wol bebreitet, gr. Rud. 26, 11 ;
ouch was daj belle wol beriht
mit decken lielitgemälen. Ernst 2390;
ich gic d4 ich gerihtet vaiit min bette, /'raucnd. 257, 2 ;
ir bette was gerihtet,
als ich iuch bescheiden mac. Rab. lli;
richte das bettl Wirsung Cal. B 3'. die wcisthümer fordern
krachende, d. h. frische, lockere betten: krachendes bett.
3, 352 und oft. ein so gemachtes bett ist ganz und unzerbro-
chen. Simpl. 2, 393; unzerbrochen und unverlegen. 2, 327,
vgl. sin bett brechen. Ls. 3, 130 ; einschläfriges, einmännisches,
zweischläfriges, zweispänniges bett. hartes oder weiches, en-
ges oder weites bett: denn das bette ist so enge, das nichts
(kein räum) übrig ist. Es. 28, 20 ;
man lieget, wenn noch jetzt das Sprichwort gelten soll,
auf guten betten hart, auf harten betten wol.
IIacedohn 1, 24.
c) schlafen gehen, zu bette, ins bette gehen, XixtoovSe
gen bett (\\. Sachs HL 2, 96"). ze bette sagen die allen dichter
vorzugsweise von zweien, an daj bette vom einzelnen:
dö begonden si zu bette gdn. {jr. Rud. 26, 14;
der künec mit sime wibe ze bette wolde gän.
Nib. 580, 2 ;
ich g& mit ir ze beue. G.4. 3, 367 ;
nhd. ich thäte selbst, wenn Ich Cytheren hätte,
wa» Phöbus iluit: er geht mit ihr zu belle.
Kästner beim eintritt der Venus in die sonne, Zjun. 1769 ;
wenn wir zu bette steigen. IIürgeh15';
und von neuvermählten Logau 2 s. 247 :
bis die weit und ihr seid müde
und wollt selbst zu bette gehn.
dagegen :
in sabenwijcn hemde si an da; bcitc gie. Nib. 584, 1 ;
da hie; si in sitzen an. Iw. 1216;
in min bette ne sttgo ili. N. ps. 131, 5;
Kr he on bed stige. Beov. 1346;
er imouc sich an daj bette sAn. Parz. 194, 4;
er spranc an daj bette sAn. 131, 2;
vil Ilse er an slo bette seic. Trist. 342, 27 ;
uu hotte sich Thomas ins bette gelegt. Luther 3,131; legt
euch an die bett. H. Sachs III. 2, 99'. es heiszt aber auch :
5US vielens in daj bette hin,
der gräve mit der künegin. cod.kolocz. 236;
ins bett fallen. Schweinichen 1, 77; flugs zu bette schlafen
laufen, bienenk. 33' ; wenn ich mich zu bette lege. ps. 63, 7 ;
heute allgemein, ich gehe zu bette, ich will zu bette;
früh zu bett, früh wieder auf
macht. gesund und reich in kauf;
lege dich auf dein bette und mach dich krank. 2 Sam. 13,5;
und er leget sich auf sein bette und wand sein andlitz. 1 kün.
21, 4 ; legt in (den söhn) auf sein bette. 17, 19. 2 kün. 4, 21 ;
er warf sich aufs bette und schlief; er kroch unter die decke.
anders ist vor das bett, an das bett treten, um sich zu ent-
kleiden: wenn ein gotshusman ein fri wib genimpt und (sie)
zu im an das bett getrittet und sich entschuchet, so hat si
ir friheit verlorn und ist des gotshus eigen, weisth. 3, 740.
man sagt, einen ins bett schicken, weisen: die kinder wer-
den zu bette gebracht, ins bett geschickt; der wirt weist
die gaste zu bett, weist ihnen bette an. Eulensp. cap. 79;
läszt ihnen zu bette leuchten: da sie nu gesscn betten, der
ritter ir müde bedenken ward, inen befahl zu beth zu leuch-
ten. Bocc. 2,210'.
d) zu bette, im bette liegen: goth. ana ligra ügan. Malth.
9, 2 ; ana {)ammei lag. Luc. 5, 25 ;
an dem bette säjen. arm. Heinr. 877;
saj üf einem beue guot. frauend. 347, 23 ;
so findet er einen am bette ligen. Luther 3, 130' ; an seinem
bett warm und wol zugetüschlet liegen. Maaler 65'. heute
sagen wir nicht mehr an, sondern in dem bette liegen und
unterscheiden in dem bette von auf dem bette, wer im bett
liegt, ist ein braver mann.
e) aufstehen, wer an dem bette lag, steht ab oder von
dem bette, vom bett ufston. Maaler 65*; ab dem bette fal-
len; wer in dem bette, erhebt sich aus dem bette:
er stuont üf von dem bette. Trist. 381, 20;
von dem bette si sich lie. 317, 40;
vome spanbette trat. Parz. 242, 19 ;
si warf in dj dem bette. Nib. 616, 3.
heute, vom bette aufstehn; ich bin in acht tagen nicht aus
dem bette gekommen, man sagt auch aus dem bette sprin-
gen, wischen, schnell aufwütschen, aufjucken. Maaler 65';
der bür wischt üg dem bette hin. MSH. 3, 301';
da erschrack der apt, ... da wüst (wuschte) der apt ausz
dem bett uf und fiel im ze fusz. Keisersb. s. d. m. 73'. der
kranke und müde kann aber nicht auszer dem bette sein: er
wurde immer schwächer und konnte endlich nicht mehr aus
dem bette sein. Lichtenberg 4,162; allein mir gieng es (bei
der Seefahrt) am allerübelsten, weil ich nicht eher auszer dem
bette dauren konte, bis wir den canal passieret waren. Fel-
senb. 1, 28. sie müssen das bett (wie das zimmer, das haus)
hüten, garder le lit: nachdem ich über ein Vierteljahr das
bette gehütet. Pieroll, 285; er übergibt dem alten, der das
bette hüten musz, parlamentacten. Wieland 35, 170; der
kranke ist ans bett gefesselt.
f) das bett verunreinigen: thet ins bett. Garg. 129", vgl.
bethun 5 ; er hat von volle ins bett geseicht. Maaler 65*.
5) bett ist ferner das ehebett, lectus, torus jugalis, die eh-
leute theilen bett und tisch zusammen, sie sind bettgenossen,
ahd. gipetton; im bett ist alles wett (wird aller hader zwi-
schen ehleuten gesühnt). Simrock 1005; ein schönes, sittsa-
mes weih ist der schmuck des bettes und des hauses;
ein Weibchen musz man mit zu bette tragen. BGrcsr 19';
das brautbett, ehebett wird beschritten (sp. 1596); die ehli-
chen kinder wurden aus des vaters rcchtmäszigem bett gebo-
ren (vgl. kindbelt), wie die unehlichen auf der bank. die ehe
brechen heiszt das bett heftecken, entehren: du bist auf dei-
nes vaters lager gestiegen, daselbs hastn mein bette besu-
delt mit dem aufsteigen. lAfos. 49, 4; das er scins vaters
bette verunreiniget. 1 c/«ron. 6, 1 ; selig ist die unfruchtbare,
die unbefleckt ist, die da unschuldig ist des sündlichen bet-
tes. weish. Sal. 3, 13; aber die kinder der ehcbrccher gedei-
hen nicht, und der sanie aus unrechtem bette wird vertilget
werden. 3, 16; ein unküsch, wüst bett. Maalkr 65*;
bald entehrt Thyesi
des biuders bette. " (iöTHK 9, 18.
sollt ich die schände seines beiics
enthüllen ohne Schonung? Schiilbr 022*;
kinder, von demselben eiternpaar erzeugt, heiszen aus einem
bette geboren, halbgeschwtster aus einem andern bette:
neidisch sehen si«
des vaters liebo zu dem ersten söhn
aus einem andern belle wachsend an. Göiui 9, 17;
1725
BETT — BETTCHENPFLÜG
BETTDECKE — BETTEL
1726
denen noch ein bruder aus einem andern bette im wege
steht. 57, 38. ehleule können von tisch und bett geschieden
werden: theilet sich das bett, so trennen sich die herzen.
Mathesics 88'. stirbt von zuei ehleuten ein theil, so icird
das bett gebrochen, und ist kein ganzes mehr, veisth. 2, 248.
hier ist jener sinnliche ausdruck des gemachten und gebroch-
nen bettes angewandt auf den bestehenden und gelüsten bund
der ehe, so wie dem verlegenen, zerdrückten bette das ahd.
forligiri, alts. farlegarnessi, sluprum, gleichsam ein liegen an
unrechter, unerlaubter stelle verglichen werden mag.
6) sonnen aufgang und zumal Untergang pflegte das alter-
thum einem steigen aus dem bett, in das bett gleichzusetzen,
die scheidende, müde sonne sinkt zu bette, daher die aus-
drücke, sie gebt zu sedei, zu gaden, zu genaden, zu reste,
zu rüste, welche mylhol. s. 700—702 näher besprochen sind:
wo die morgensonn aus ihrem bett aufsteht. Rompler vos
LöwE.<(BALT gebüsch 102; vgl. Kästner sp. 1723;
ich vrollte, rieT Uindoneite,
die soone gieage sogleich in dieser minute zu beite.
WiELASD i, 207 ;
der auf seinem bette schlafende mond. J. Paul Kampan. 51.
7) dem wild kommt, wie ein bau {sp. 1161), ein lager, auch
ein bette zu: die sau wühlt sich ein bette, der bär liegt
winters im bette, ja, der hirsch hat kein lager, nur ein
bette, ein sitzbette, es wird auch auf feld und wiesen, wo er
sich niedergethan hat, das niederthun genannt. Döbel 1, 18';
lieber Weidmann, sag mir an,
was hat der edle hirsch in seinem bett gelan ({. getan)?
das will ich dir sagen jetzt,
ist mir anders recbt, so hat er den fusz ins bett gesetzt.
weidsprucli 52. vgl. 21.
8) wie der kirchhof das kühle bett, ein bett der todten, das
Schlachtfeld ein bett der gefallnen, strages, heiszen kann, sagen
wir auch statt auf dem Schlachtfeld, er ist auf dem bette der ehre
gestorben : Richard stirbt doch als ein mann auf dem bette der
ehre. Lessixc 7, 354, im gegensalz zum krankenbclt. an die
kirchthüren {ad valvas templi) wurden statt der helobungs-
nur befehlschreiben angenagelt, und wer sich darin ein bette
der ehrn betten wollte, in der kirche, muste sich hinlegen
und mit tode abgehen, nicht blosz der krieg soll betten der
ehre aufschlagen. J. Paul nachdämm. 87. 88. ich thats ge-
rade in der stunde, wo der entschlafene aus dem kleinen
Sterbebette ins grosze bette aller menschen getragen wurde.
uns. löge 2, 138 ;
in dem allgemeinen bette,
wo der leidenscbaften wuih,
wo der sklav auf seiner keitc,
wie der held auf siegen ruht. Schibaht 1, 203.
BETT.\FFE, m. zweizöpfiger bettaffe. Vabisccs ethnogr.
mundi 2, 61. vgl. bettschelm, bettzopf.
BETT.\G, BETETAG, m. dies suppUcationis :
wenn feiertap die junfren halten,
wollii halten betetag die alEen. Logao 1,2,46.
BETTARBEIT, f. opus noctu perficiendum:
beitarbeit nennt mans, siubcnkrieg und schrciber.
BETT.ALTHELFER, m. woran sich ein kranker im bett auf-
iilß, aufrichtet: warum halte Albano diese unbezwingliche
Sehnsucht nach höhen, nach dem weberschiffe des Schiefer-
deckers, nach bergspitzen, nach dem luftschiiTe, gleichsam als
wären diese bettaufhelfer vom liefen erdenlager? J. Paul Tit.
1,85; bessere baumheber sind jetzt die betlaufhelfer des lie-
genden freiheitsbaums (der freien kirchweihlust). biogr. bei. 1, 132.
BETTBANK, f sponda.
BETTBEHA.NG, m. torhang.
BETTBLUME, f. der fieberkranke nimmt die wankenden
bettblumen seines Vorhangs für beseelte gestalten. J. Paul
Siebenk. 3, 79 ; wir sehen am ende redeblumen, wie fieber-
kranke die bettblumen, für gestalten an, die sich drohend
regen, friedenspr. 39.
BETTBLLTTER, m. wer auf Silvestermorgen der letzte auf-
steht. Tobler39*.
BETTBRET, n. tabula lecti, sponda: mhd.
bi; er bl dem betiebret gellt. Karüa-I 33, 11;
einer gab ein bettebrei. L^. 3, 409.
nhd. uf das betbret legen. Eulensp. cap. 15 ;
da siiesz ich mich an mein beubrei. II. Sachs II. 2, 63'.
Maaler 65' schreibt bettbrät.
BETTCHEN, n. leclicula, xXtviSiov, bettlein, in der fol-
genden Zusammensetzung für beeichen.
BETTCHENPFLÜG, m. ein pflüg mit dem slreichbret an der
Ttchlen seile, dessen man steh zum außreiben der beete bedient.
BETTDECKE, f lodix. vgl. mhd. bettedach. Nib. 1763, 2.
BETTDRLCKER, m. engl, bedpresser. Heinr. IV th. i. 2, 4.
BETTEL, m. mendicitas, quisquiliae, plunder, das erbettelte,
so wie betteln und bettler mit andern e auszusprechen als
bette lectus, weshalb auch Maaler bättel 49* und bette 65'
richtig gesondert aufstellt, kein ahd. petal, mhd. betel auf-
zuweisen, doch aus petalun, betelen, betteln, wo die ableitung
besprochen werden soll, zu folgern, des battels gelähen, cibo
mendicato pasci. Maaler 49*; es ist nichts reichers dann der
bettel. Acricola53'; bettel hat langen zettel, man tiügt aller
weit garn hinein. Simrocr 1016; wer sich des betteis nicht
schämt, nährt sich reichlich. 1017; bettel und geiz kann
niemand erfüllen. 1025; das thet er darumb, das sie sollen
arbeiten und ir brot selbs gewinnen und nit den bettel {ge-
betteltes) essen. Keisehsb. s. d. m. 67'; also reden \rir die
warheit nit, sunder so wir also mit dem bettel {bettelsack)
umbher gond, so suchen wir me das uns der seckel vol werd,
dann blieb er leer. 68'; der arm erhebt sich nicht von sei-
ner armut und elenden bettel. patemoster i 6 ; durch den bet-
tel das brot gewinnen. K3; alda musten bellen die edlen
mann und frauwen, die voran reich und mechlig waren ge-
wesen, die musten jetzt den bettel fressen. Avestin275; dan
vi! weger ist den feinden nach dem tod das geld gelassen,
dan von den freunden im leben den bettel {das bettelbrot)
suchen. SiErsHuWEL Esop 22* ;
das ir müst an den bettel gan. Mchyti schelment. 97,6;
das er mög nach dem bette! gan. Bsaht narrensch. 197;
auch etlich der {derselben) mit schad und schand
den bettel nemea durch die land. Schwarziiib. 138, 1 ;
von einem mönch bab ich oft gehört,
der hab im bettel umbher gestört. Ambr. Ib. *. 164 ;
die Augustiner bleiben da binden nit,
sie samlen bettel auch darmit,
prcdigermunch wer wol ein rechter Orden.
der bettel zu einem erb ist worden. Soltau 3S4;
und nicht die Zahlung sparen thu,
bis aller beitel eingebrockt. Ri^ccwald taut. warh. 45;
als im Herodes seinen bettel aufhub, hat er gelt auf wucher
aufgebracht. Beiszner Jeruj. 2,96'; laufen sie auf dem belle!
umb, Stelen was sie ergreifen. Fronsperg iriejjft. l, in"; dann
was ist da {an herrenhüfen) wolfeilers, als spulwasserige
hofsuppen, und den plunder geschwind postweise mit stifel
gespickten taschenlöffeln einwerfen, ja das man eim den bet-
tel darzu bald vergontl Garj, 46'; sintemal seine eitern sich
auch seiner nicht zu erfreuen, als die er gleichsam im belle!
verhungern lasse. Simpl. l, 425 (431); den ich wegen seiner
guten gestall, in hofnung etwas rechtschaffenes an ihm zu
haben, aus dem bettel aufgenommen. 2, 367 ; dasz er kein
besser mittel wüste, diese schädliche kunst von dem erdbo-
den hinweg zu vertilgen, als dasz er den bette! {das Vogel-
nest) miteinander in Rhein werfe. 2, 491 ; was hilft und tröst
nu solchen armen angefochtenen personen, thuts nit der bet-
te!? 3, 133; jagte ihn sampt weih und kind selbsten in den
bettel. 3,189; doch als lauter solch zeug nach einander folgte,
schmisz er den bettel hin. Weise erin. 220 ; nur dasz sie
den alamodischen bettel schaffen können. 320 ; ich hab zwar
erzeblt, was für ein schöne sach sei, ein bettler zu sein, aber
weil der bettel unserm stand dieser zeiten so oft fürgewor-
fen wird als ein schmach u. s. w. Schuppics 709 ;
drauf Reng der bettel an zu sinken. Ccmtbir997;
du must nicht vergessen den belle! zu verrichten. LEssi.fC
1, 518 ; der alte verlegene bettel meiner vermischten Schriften.
12, 352; ruhig cameradcn, laszt euch den bettel nicht unter-
brechen. Schiller 133'; eh will ich mit meiner geig auf den
bettel herumziehen, und das concerl um was warmes geben. 182';
da schreiben sie uns in der Wiener kanzlei
den cjunrtier- und den ki'ichenzcitcl,
und es ist wieder der alte bettel. 327";
denn mit dem himmlischen küchenzetlel i$ts immer wieder
der alte belle!. Götiie an Zelter 616; Franziscus und Domi-
nicus haben nun den bette! selbst zur religion erhoben.
TiECR ges. nor. 4, 19 ; ei du dummer mann, den bettel ha<t
du gekauft? J. Paul uns. löge 1, 113; damit man wisse, was
am bettel isL Ilesp. 2, 64; das war der ganze belle!. 3, 43;
ach tagte der löpfer, von dem teuflischen geschiesze zittert
dem menschen arm und bein, und da verfunifeiet er freilich
jeden bettel. fiepomukkirche 125: anne, die im bettel herum-
laufen, von dem l)eltel leben, dem bettel nachhängen ; sich
im bette! betreten lassen ; den bettel auf der gasse abstel-
len; soll sich denn ein mann wie ich auf allen bette! be-
1727 BETTELARM — BETTELFÜRST
BETTELGAST — BETTELKRIEG
1728
sinnen?; was kann ich mit dem bettel, mit dem plundcr
machen ? ;
mehr als hier auf diesem zettel
lindst du grosz und kleinen bettel
hier in ecken überall. Rcckeiit 227.
Die ausgehobnen stellen zeigen, dasz die vorslellung des bet-
telns leicht übergieng in die der gebettelten, und dann über-
haupt einer werthlosen, geringen sache. es heiszt von ver-
schmähter gäbe, ohne dasz dabei an betteln gedacht wird, ver-
ächtlich: ich warf ihm den ganzen bettel vor die füsze; das
ist ja nur ein bettel !
BETTELARM, omnium inops, bis zum belleln gebracht, nnl.
bedelarm :
er sieht dich an und fühlt sogleich
sich bettelarm und fürstenreich. Göthe41,214;
bettelarm ist sie zu schildern
aller sprachen überllusz. BiJrger 2, 6;
dasz nur der unerfahrne, niegeieuschtc
in hcilger miene tilgend sieht und schätze
beim bettelarmen, und Vernunft beim thoren. Tieck1,76;
ein ausländer, der alle irländischen katholiken für bettelarm
ansähe. IS'iebuhr l, 650.
BETTELÄRMUT, f. summa egcslas: dasz der mittelstand
zwischen dem reichthum und der bettelarmut ganz erlischt.
INiEBUiiRS leben 3, 213.
BETTELBRIEF, m. lilerae mendicae: es hat auch bemelter
bisciiof in einem andern instniment erlaubt, dasz die nun-
nen mit biderber leuten stür und hilf müchtind das closter
baiiwen, und im selbigen bättelbrief verheiszt er ablasz der
Sünden denen, die daran steurend. Stumpf 2, lOö' ; rechte zu
panis- oder bettelbriefen. J. PAur, biog]^. belust. 1, 158; die
arraut ist so grosz, dasz man täglich bettelbriefe empfängt.
BETTELBROCKEN, fl. frustula mendicata: eines bettlers
knapsack voll allerlei beltelbrocken. pers. baumg. 4, 12.
BETTELBROT, m. panis mendicatiis, nnl. bedelbrood, das
betteln um brot und das brotgeben an bettler liegt hier so nahe,
dasz die ^'eugriechcn einen bettler ij^cofio^rjxris und betteln
ytWjMo^jjTcTf nennen, gebettcltes brot ßr kräftig und zau-
berkräftig gilt (mythol. 1091), und schwer redenden kindern
hilft; betteibrot Iheiier brot. Simrock 1034;
ich glaub, die hol! sei nit so scharpf,
und wer hie haisoh das petelproi,
der werd auch dorthin leiden not.
ScnwAnzENBERü 145, 1 ;
betteibrot mästet. Felsenb. 2, 478 ; wären meine freunde nicht,
du hättest längstens das betteibrot fressen müssen, med.
maulaffc 757; und sollte sie mit ihrem manne auch bettei-
brot essen müssen. Rabener 2, 24S ; das betteibrot essen.
TiiüMMEi. 8,278; mit welchem elenden betteibrot von frcude,
dachte Albano (auf dem maskenballe), kommen diese men-
schen aus. i. Paul Tit. 2, 103.
BETTELBRL'ÜER, m. fralcr mendicans, sowol bellclmann
als betlclmünch.
BETTELBL'BE, m. puer mendicans, betleljunge: es kommen
beltelbuben herunter, es fliegen bettelleut, sagt man, wenn
es schneit. Ernst Miher sc/ttcäfc. si7<cn s. 261. vgl. beitelmann,
es ist grad, als wenn man einen bettelbucben in die hell
wirft, CS reicht bei weitem nicht ans.
BETTELDIRNE, f was bettelmensch.
BETTELEI, f mendicalio: bellelei schmeckt wol dem un-
verschämten maul. Sir. 41, 32; allein gedacht ich (U'i7zc/), bei
ihrer {der lutherischen) lero, gunst, reichthumb, ere und ein
proszen namen zu nberkumiT)cn, so sehe ich, das es eitel
bettele! mit ihnen ist, und will nirgend mit mir fürt. Albe-
Kvs wider \VilzelK2'; es gehet mir wie jener Jungfer, welche
sagte, sie sei schön genug, allein ihre schiinheit sei nicht
recht versetzt, meine beltelei ist mir auch unrecht versetzt,
ich wollte, dasz ich ein paar platze, die ich anderswo habe,
allhie hätte. Sciiuppius 100; es mag leicht ein Sturmwind
kommen, so ligl die bettclei über ein häufen. 242 ; ich bin
seiner ewigen bettele! müde ; das ist die ganze bettele! ! wie
vorhin der bettel.
BETTELFRAü, /. mulier mendicans, beltelwcib,
BETTELFL'URE, f. vchiculum, vcctura mendicorum, frohn-
fuhr, mit welcher Urnppelhnßc bc.ltlcr und landslreicher von
dorf zu dorf gebracht werden: imterweg'^ begegnet ihm auf
drr bettclfuhr ein lahmer mensch. Hkbei s schutzk. 142 (27.'») ; die
bettel- oder krüpelfuhrc eines mehr verschlackten als vcrcrz-
ten lebcns ohne geld. J. Palm. Ti/. 1,110.
BETTELFÜBST, «i. verächtlich, ein kleiner, unvermögender
ßrsl. s. bettcigraf, bcUclprinz.
BETTELGAST, m. hospes mendicans : sollte uns nicht vier-
mal ein mahlzeit anzustellen erlaubt sein? ja öfter, spräche
Lazarus, wann ihr bekennet, dasz ihr bettelgäst seid. Schup-
pius 750.
BETTELGELD, n. pecunia mendicata.
BETTELGELEHRSAMKEIT, f nun komme ich auf einen
punct, der ihnen, hcrr pastor, gelegenheit gegeben hat, eine
wahrhafte bettelgelehrsamkeit zu verrathen. , Lessing 3, 421.
BETTELGESCHICK, n. conditio mendicorum: das sind gute
bettler, die sich mit dem bettelgeschicke in gedult vergnügen.
pers. baumg. 3, 1.
BETTELGESINDE, n. lurba mendicorum.
BETTELGEWERBE, n. quaestus mendicorum.
BETTELGRAF, m. 'wo ist dein bettelgraf?' sagte ein würz-
burgischer knecht zu einem werlheimischen unterlhan. Rein-
hard werlh. gegcnschriß 2, 304.
BETTELHAFT, 7niser, misellus : müszige bettler oder bet-
telhafte müsziggängcr. Wieland 6,212; ein halb duzend bet-
telhafte, barfusz und zerlumpt einher gehende kinder. Gütiie
29, 306; ein bettelhafter aufzug; bettelhafte ausstatlung; das
kommt sehr bettelhaft heraus.
BETTELHAFTIG, dasselbe: dasz er in solchen bettelhaf-
tigen kleidungen aufziehe. Scnuppius 249.
BETTELHAND, f. Swift legte einmal in eine weibliche bel-
telhand nichts, weil sie ungewaschen war. J. Paul ästh. 1, 184.
BETTELHANDWERK, n. was bettelgewerbe.
BETTELHERBERGE, f. hospitium mendicorum, vile diver-
sorium: ich habe aber keineswegs Ungeziefer und bettelher-
bergen dort getroffen. Güthe 30, 85. vgl. nd. pracherherbarge.
BETTELHOCIIZEIT, f armselige hochzeit.
BETTELHOFFART, f. mendicorum fastus, bcltelstolz, hof-
fart bei armut.
BETTELHÜLFE, f subsidium mendicaluni: wiewol auch
solche bettelhülfe in wenig hilft. Luther 5, 62'.
BETTELHUND, m. schelte: du bettelhund, wer wärest du,
als du in deinem lausigten hemdchen angestochen kämest?
Weise erzn. 11; der bettelhund soll am längsten geprahlt
haben, freim. redncr 121.
BETTELHÜTTE, f casa vilis: ich habe die noth des lan-
des in adelichen schlossern und bettelhülten kennen lernen.
Rabener 6, 197.
BETTELISCH, miser, vilis, bettelhaft: so beltlisch arm,
elend und vcracht. Luther 5, 477' ; ist gar ein leppischer,
schrciberischcr und bettlischer einzug gewest. lischreden 78';
unser elende beltelisch werk und verdienst. Jonas bei Luther
6, 390'; und würden unser bettelische werk an Christus stat
gesetzt. 6, 407'; wiewol dieser unser angefangener gehorsam
sehr schwach und bettelisch ist. Melanciithon im corp. doctr.
ehr. Abi; menschengebote, welche Paulus bettelische satzunge
nennt. 138 ; bcttelischer weis, bienenk. 40. s. bettelsch.
RETrELISCH, adv. more mendicorum: müssen sich mit sol-
chen angstlosen und notreden so lausicht und bettelisch be-
helfen. Luther 1, 609'; alle ire fragelappen, da sie sich so
beltelisch mit plctzen und flecken. 3, 366'.
BETTEL.IACKE, f tunica rilissima.
BETTELJUDE, m. ein alter, blinder betteljude. Göthe 48, 33.
BETTELJUNGE, m. puer mendicans, bcttellmbe: ich bin vor-
nehmer als ein betteljunge. Weise A7. leute 266.
BETTELKERL, m. mendicus: ja ja, bettelkerlen kriegen
wir genug daheim. Weise comöd. 310.
BETTELKIND, n.
BETTELKNARE, m. was bettelbube.
RETTELKLOSTER, «. die auniebung der bettelklöster.
RF-TTELKONIG, ni. rex misellus, armseliger künig:
es ist zu lliiin um rtlich kind,
den beiiclköng ich luicliillcli find,
wenn ich dieselben lödlen liesz.
JoH. Lko?( ojfcnb. des mcssias. 1553. E5*.
an einigen orten bcnennung eines polizeidieners, der die bettler
beaufsichtigt, bettelvoijt: wir gebieten auch, das niemand seine
gensc und enten auf der Gera schwimmen lasse .... wo aber
die hierüber auf der Gera befunden, die sollen unsere bet-
lelliönige ins spittal zu treiben macht haben. Erfurter sladt-
ordn. l\l'.
RETTELKBAM, m. iinisquiliae, ärmlicher vorralh:
dasz sirli kolni'r liirdcr irngo
mit so Iosimii helteikram. Tsciierning.
RETPELKRiEG, m. der beltelkrieg! schände das scbwert
zu ziehen. Klingers th. 3, 302.
I
1729
BETTEUEBEN — BETTELN
BETTELN
1730
BETTELLEBEN, n. vila misella, armseliges leben.
BETTELLEUTE, pl. lu betlelmann : es fliegen bettelleute!
s. bettelbub.
BETTELLIED LEIN, n. des lied ich sing, des brot ich esz.
und singt jedermann das bettelliedlin, dem loch unter der
nasen zu lieb. Fr.isk sprichw. 2, 5l'.
BETTELLUST, f. misera toluptas, elende lusL
BETTELMÄDCHEN, n. puella mendieans.
BETTELMANN, m. mendieut, heiller, lump, mhd. betelman.
Morolt 193L Mai 238, 38. nunmehro aber merkte, dasz sie
sich an keinen bettelmann verheirathet habe. Felsenb. 1, 76.
die Spinner nennen die abfälligen baumvolleßocken bettelleute,
«as sich dann auf die Schneeflocken überträgt: er ist aus
den bettelmännem, die von mir abfielen, zusammengedreht
und gezwimL J. Pacl Hesp. 3, 12. 2) bettelmann, bettelmus :
einen bettelmann ess ich gern. Scbh. 1, 217.
BETTELMÄNNISCH, auf bettlerarl : besser bettelmännisch
gefahren, als edelmännisch gegangen.
BETTELMANNSKOST, f.
BETTELMANNSPFEIFE, f. nach der bettelmannspfeife tanzen.
BETTELMA.N.NSSUPPE , /., eine aus schwanen brolrinden
mit rahm bereitete suppe.
BETTELMANTEL, m, pallium mendicorum, buni mit läppen
und fetzen geflickt (tgl. allerleirauh sp. 225) : wenn die leut
zu gottes ehren und gemeinen nutzen stenren sollen, so
sucht jeder den bettelmantel herfür und will sich damit decken.
LEHMA.N.t 56; die sich mit der armut entschuldigen, Ton de-
nen sagt man, sie decken sich mit einem bettelmantel. 203.
s. h^tlermantel, bettlersmantel.
BETTELMENT, m. laszt doch irgend vor 30 reichsthaler
erde, steine und andern bettelment nem werfen. Weise un-
vergn. seele 229. /ür bettel.
BETTELMENSCH, n. reräehllich wie betteldirne für bätlerin.
BETTEL.MÖ.NCH, m. nnl. beddelmoonik, Franciscaner, Do-
minicaner: dieweil sie vom bettlenden oder heischenden erden
sind, bienenk. 23S'.
BETTELN, mendicare, ahd. petalön (GbaffS, 61), mhd, be-
telen (ße^. 1, 172'), nnl. bedelen, schw. betla, dän. betle, diese
beiden von uns und sogar mit behaltnem t tntlehnt, petalön
gründet iich (trie wehsalün nagalön satalon mungal^n banla-
16n vogalun auf wehsal nagal satal mangal hantal Togal) auf
petal, das vorhin erst im nhd. bettel nachgewiesen werden
konnte, und petal supplicalio, mendicatio stammt wie pela ab
von pittan, goth. hidjan, welchem die grundbedeutung eines
unterwürfigen niederfallens und liegens zukommt, was sieh ganz
ßr die Vorstellung des bettelns schickt, bietet auch die goth.
spräche kein einstimmendes bidlun dar, so ist doch ein ihr
eignes bidagva Tt^oaairr^s loh. 9, 8 mit bida airrjfia und
bidjan tTiatreTv Luc. 16, 3 sicJitbar verwandt, keine andere
deutsche zunge gewährt es, die ahd. form würde sem petago.
doch betteln selbst, TiooaairtTv, aijeiod'at, Ti^oaeixsa&ai
pflegt der Golhe, auszer jenem bidjan, auszudrücken aihtrün,
7X^oaev/r] aihtruns, welche merkwürdig an Ixerevetv, txrrjj-
ö«os, ixexTiqia mahnen, aber auch dem vielbesprocltnen aibr
öäoov Matth. 5, 23 vervandl zu, sein scheinen, wovon anderswo,
denn die Vorstellungen erbetner und empfangner gäbe mischen
steh, wie das lal. petere und impetrare, das ags. ))icgan ca-
pere, alts. thiggian rogare und accipere, ahd. dikan, diccan
bitten und empfangen, altn. ])iggja gäbe empfangen, schw. tigga,
dän. tigge betteln auszer Zweifel setzen, ags. ist Tädla men-
dieus, Tädlian mendicare, was nur scheinbar anklingt an bett-
1er und betteln, in der that aber dem ahd. wadal vagabun-
dus, egenus, wadalun vagari (Graff 1, 776. 777) gleichsteht;
zuletzt begegnet wüdle noch im Ormulum, nicht mehr bei Plow-
MAN und Chaicer, und später tritt wieder das engl, beg und
beggar in die lücke. es hat doch grossem schein, dasx beg
durch abweichende ausspräche aus bede = bitten entsprungen
sei, nachdem hid = bieten vorgedrungen war, als dasx, wie
oben sp. 1295 vermutet wurde, begine und begbart einflusz
darauf gehabt haben sollten, umgekehrt könnten sie aus beg
erwadtsen sein. Es gibt ßr betteln noch manclie andere aus-
drücke, meistens mit 1 gebildet, z. b. bair. fergeln (anhaltend
fergen, bitten); nnl. troggelen, truggelen, dän. trjgle, fries.
tröggel beltler. Halft 8, 350; in Pommern und Meklenburg
gungelo (ambulare)^ mhd. gengeixre bettler. GA. 2, 426 ; nnl.
pragchen, anderwdits pracbcn, praken, prachera, heischen,
fordern; bair. gnenken, bei Kcjsbubcbc nünen; geilen, nnl.
^jlen u. s. w.
Nach diesen erörterungen gelangen vir zu betteln, welches
1) intransitiv steht, und oft noch mit bitten verbunden wird:
betteln und bitten ; es hilft kein bitten noch betteln ; schwä-
bisch, hont beattelt und beata. Ernst Meier s. 201 ; man sagt
im Sprichwort, betteln ist besser als stehlen; besser bettein
als borgen. Göthe 4, 331; betteln und brotheischen geht in
einen sack ; betteln viele in einen sack, so wird er bald voll ;
betteln heiszt armut verzetteln; es hat wol mehr denn ein
könig gebettelt;
dö betelete der guoie,
uaz ej die liuie muote. gute frau 1681.
es heiszt betteln gehn, im eigentlichsten sinn, «eil der bettler
von thür zu thüre geht und im Imtd herumzieht, 0. III. 20, 37:
ib bin ij, wizii tlia?, iher blint hiar betolönli saj,
ih io mit stabü DÖii giang weges greirönü
zi manniliches trenli, io bröies betoiönti;
er gie beteln umbe bröt. Trist. 96, 32;
(knappen) die da Letalen giengen. Amis 1293;
er fiel in solche armut, dasz er muste betteln gehn ; er kann
sich des bettelns nicht erwehren ; er legt sich aufs betteln ;
mein kind. gib dich nicht aufs betteln, es ist besser sterben
denn betteln. S/r. 40, 29; umb der kelte willen wil der faule
nicht pflügen, so musz er in der erntin betteln und nichts
kriegen, spr. Sal. 20, 4; ich schäme mich betteln zu geben;
seine kinder werden betteln gehen. Hiob 20, 10 ; seine kinder
müssen in der irre gehen und betteln, ps. 109, 10;. da sasz
ein blinder am v<^ge und bettelt. Afarc. 10, 46; beinah wäre
es eben so gtrt vor den thüren zu betteln. Göthe 18, 79 ;
es i«t $0 elend beiteln zu müssen,
und nocl^dazu mit bösem gewissen. 12, 244.
auf etwas betteln : er bettelt auf den brand, er ist abge-
brannt und fleht um beistand; die frau bettelt auf ein kleines,
krankes kind:
das ist deio eigenes kind nicht, worauf du bettelst und rührst
mich. GöTHg l, 3-S6.
abslracl, flehen, inständig, demütig bitten : ich bettle nicht um
deine freundscliaft, um seinen beifall; er hat uro die stelle
lange gebettelt; da?z die Vernunft hier nicht bettele, sondern
gebiete. Kavt 2, 498; figürlich, die kunst geht betteln, geht
nach brot; bei dem geht meine kunst, meine sonst so wol
versuchte kunst betteln (kann meine geschicklichkeit nichts aus-
richten, musz darben). Lessixg 1,228. auch von thieren, z. b.
von zahmen vögeln, die heran geflogen kommen, dasz man ihnen
körner hinwerfe, von hunden und kalzen heiszt es betteln:
da säuselt vom dach mein mohrenköprchen und bettelt. Voss,
der aussätzige bettelt mit seiner klapper, der taubstumme
mit der glocke: ein taubstummer machte mit seiner glocke
an den thüren ein bettelndes geiaute. J. Pacl TU. 2. 84.
2) transitiv, fordern und erbetteln, impetrare:
so gienc er beteln sin bröt,
des er wart von scbame röt. Marienteg. 223, 33t ;
und sie salzten in (den lahmen) vor des tempels thQr, das
er bettelte das almosen von denen, die in den tempel gien-
gen. apost. gesch. 3, 2 ; dasz man brot von einer thüren zur
andern bettlen gange, bienenk. 199"; das wasser betticn. Fi-
scHARTS spielrerz. 254;
man s.ili die, welche fern ausz frerobdem bliu entsprungen.
lu bettlen meine gunst, zu leisten ihre trew gezwungen unge-
zwungen. Weckhkrlix 72;
und hätte das brot für den thüren gebettelt, wie Lazarus.
ScBippics 132; das büblein und mSgdlein brot oder heller
bettlen zur täglichen Unterhaltung. 694;
hast du leidenschaDen,
die von dem throne betteln ? reizt dich gold ? Scbillb« 254* ;
der ewigen weberin meisterstück,
das hat sie nicht zusammen gebeuelt,
sie hats von ewigkeit angezenelu Gotbk 3, 100.
3) sich betteln, ron einem ort zum andern fortbetteln, fort-
bringen: er hatte den feldzug in Spanien mitgemacht, wurde
an der grenze entlassen und muste sich nach haus betteln ;
ich giong
als ein verwaistes armes mndchen
und bettelte mich bis ins nächste Städtchen. Ulrcer 106'.
vgl. sich anbetteln sp. 294, sich durchbetteln, sich einbetteln.
4) im breispiel ist betteln: stein um stein, ohnt vorlheil,
nehmen.
5) Schweiz, aber bettelen nach dem bett riechen.
BETTELN, n. mendicatio : das betteln ist hier streng ver-
boten ; die listige suchte einige einsame augenblicke mit Lia-
nen durch das kühne betteln um deren begleitung nach Bla-
menbühl zu erhaschen. J. Paul Tit. 3, 84.
109
1731
BETTELNACKT — BETTELSTAB
BETTELSTAB — BETTELTANZ
1732
BETTELNACKT, nackt und blosz vor armut
BETTELORDEN, m. ordo mendicanlium.
BETTELPACK, n. colluvium mendicorum: vor zehn jähren
liesz sich das bettelpack im dorfe nieder.
BETTELPATZIG, bellelslolz. s. patzig.
BETTELPFAFFE, m. oho, das war ohne zweifei der zer-
fetzte bettelpfaf, der sich für einen sclavenerlöser ausgab.
Fr. Müller 2, 65. früher sagte man auch bettlischer pfaffe:
drum leihe mir dein hülflich band,
und lasz mich werden nicht zu schand
an diesem betleschen pfaffen.
JoH. Sander trag, von Johann dem täufer 15S8 L4'.
BETTELPRACHT, f. wertloser putz, sptendida miseria.
BETTELPRINZ, m. was bettelfürst:
er (Phoebus) und ein prinz von Libanon,
was sind sie? bettelprinzen. Bürger 9"
BETTELRANZEN, wi. groszcr bettelsack:
ich und mein junges weib können schön tanzen,
sie mit dem bettelsacli, ich mit dem ranzen.
BETTELRICHTER, m. was betlelvogt, bettelkönig:
auch fahen uns die bettelrichter
und legen uns in bettelstock. II. Sachs III. 3,73';
jene zwei bettelrichter, die einem armen kerl das betteln ver-
wehren wollten, ßiegenwadel 20.
BETTELROCK, m. bunllappiges, geflicktes kleid:
dasz unsre deutsche spräche soll weder mit latein,
noch fremdem mischmasch sonst als arm lÄlläcket sein,
gleichwie ein batieliock. Rompler von Löwenhalt gebusch. 113.
BETTELROTTE, f. globus mendicorum.
BETTELS, hier soll eine stelle aus Bäockes 7, 495 mitge-
theilt werden, um auf sie in der folge bczug nehmen zu kön-
nen: ich liesz mir alle stücke des pflugs nennen und fand:
die zunge, das gestell, das betteis, pflugbaum, vordereisen,
den pflugnagel, gradsahl, grad, den sterz, die unterjahl, die
seitensahl, das rusterbret, das seiteneisen, die pflugbutt, pflug-
schar, weliestecher. erklärungen fehlen aber, betteis mahnt
an bedselmo, bedselma bei Haupt 7, 463.
BETTELSACK, m. mendici pera:
hoffart wont bi beielsecken. Renn. 495;
dann der bettelsack sich uns ser gesellet {wir gerathen in
armut). Aimon g 4 ; wenn sie gleich was haben von kleidern,
so werfen sie es dahin, wie die saw den bettelsack. Glaser
gesindeteufel E 6' ;
und fuhr in an ganz unverzagt,
wie ein saw einen bettelsack. Birce doppelspiler 138;
ir bettelsack wirt nimmer vol,
wie man in füllt, so bleibt er hol. Soltau 257;
man schlag es ab, oder Schlags zu, so ist doch alles gut,
was man in bettelsack thuL Lehmann 6 ; dasz mancher bei
seinem bettelsack besser fahre, als ein ander bei seinem
geldsack. Schüppiijs 670;
pfui, was ist das ein ä geschmack,
und magrer als ein beitelsack. Göihe 13, 80.
gutschmeckchen macht bettelsäckchen.
BETTELSAMMET, ffl. grober, baumwollner plüsch, wiebauer-
in Zusammensetzungen den schlechteren stof bezeichnet.
BETTELSCH, misellus, bettelisch: noch haben sie keinen
gott, sondern müssen einen hiettelschen, lausichten gott selbs
machen aus irem pfennige. Luther 5, 472". s. bettelisch.
BETTELSCHELLE, f., kleine schelle, mit der an einigen
orten der bettler seine gegenwart an der thür bemerklich macht,
daher mit der bcttelschelle kommen, mit einer bitte.
BETTELSCHENKE, f. caupona vilis, ärmliche schenke.
BETTELSCHMAUS, m. armseliger schmaus.
BETTELSCHVVARM, m. hunger schwärm, bicnen, die mit der
königin ihren stock verlassen und sich in andern einbelteln.
Nemmch 526.
BETTELSTAAT, m. armseliger putz.
BETTELSTAB, m. baculus mendici, denn ohne slab konnte
sich das alterthum den schwachen, elenden bettler gar nicht
denken, altn. und schw. bedeutet stafkarl geradezu entweder
einen greis oder einen bettler und schw. Stackare, dän. stakkel
einen armen; daher die einfachen schünen ausdrücke an den
bettelstab kommen, den bettelstab absclineiden, den bettelstab
ergreifen, an den bettelstab bringen, und ähnliche:
mhd. daj si kam an den bcllelslap. Ls. 2,062;
nlid, wen du vertetist all unser hali,
wir kemenl all an bcitcltiab. fasln, sp. 822,20;
das uns nit ein haller blibt,
wir kemind des an bätlelslab. 881,8;
und müssen in das spital gedeien
und unser kint an petelstab. 1158-;
bringst dich und sie an bettelstab. H. Sachs 1,228*;
sonst müst wir an den bettelstab. III. 2, 190*;
kert wider auf den bettelstab. seh. und errist cap. 242; die-
selbigen stabüler lassen nimmermehr von dem bellen, und
ihre kinder von Jugend auf bis in das alter, denn der bettel-
stab ist ihnen erwärmet in den griflingen [fingern), exp. in
truphis cap. 2 ; hett im {sibi) bald den bettelstab in die band
geben. Kirchhof wendunm. 167';
zu letzt kumen an den pettelstab. Scbiblzl verl. sahn 24*;
ihr slab ein bettelstab. Wkckhbrun 255 ;
den nicht der bürgerkrieg an bettelstab gebracht,
der noch nicht borgen geht, der denke gute nacht.
Grtpiuüs 1, 306;
zum bettelstab geraten. Philand. lugd. 5, 292 ; weil er dama-
len selbst in einen solchen stand gerathen wäre, in welchem
er besorglich das brot am bettelstab suchen müste. Simpl.
1, 49; ach Häuschen, sprach er, wie will das ablaufen? ach
bestellt den bettelstab, weil ihr gcld habt, sonst werdet ihr
einen knüttel von der ersten weide abschneiden müssen, ja
wol, ich habe ihn gar zu oft abschneiden müssen. Weise
erzn. 78 ; an dem bettelstab nacher hause kommen, pol. stockf.
20 ; des bettelstabes überhoben sein. 22 ; also wüsten ich und
mein bruder sonst kein ander mittel, als den bettelstab zu
ergreifen. Felsenb. 1, 111; musten wir uns, nachdem das we-
nige geräthe verkauft und aufgezehret war, bequemen, nebst
unserer matter den bettelstab zu ergreifen. 2, 468 ; dasz das
feuer bei vierhundert familien an den bettelstab gebracht habe.
Schiller 189; .^
warum weinst du, junge waise?
'gott, ich wünschte mir das grab,
denn mein vormund leise, leise
bringt mich an "den bettelstab.' Göthe 1, 155.
im bettlerstab, wie im bettelbrot, ruht heilkraß, abergl. 1068.
BETTELSTAND, m. mendicorum ordo: hie von schreibet
Erasmus, wie die vier bcttelorden den Augustinerorden nit
wollen in iren bettelstand annemmen, auf dasz der karcb
der kirch nit fünf räder gewinne, bienenk. 83'.
BETTELSTIL,, m. er rückte einem bettelnden judenjun-
gen seinen schlechten bettelstil vor. J. Paul flegelj. 1, 50.
BETTELSTOCK, m. caudex, stock zum anschlieszen der ge-
fangnen, gefängnis: und legen uns in bettelstock. H. Sachs
HL 3, 73'.
BETTELSTOLZ, in mcndicitate insolens: die frau D. ist
ein eitler, lächerlicher, betlelstoizer äffe. Rabener.5, 167.
BETTELSTOLZ, ni. mendicorum fastus: warum will man
der armut ihren rechtlichen beistand und einen Chevalier
d'honneur abspenstig machen, die philosophie und den bet-
telstolz? J. Paul Siebenk. 2,17.
BETTELSTÜCK, n. res emendicata vilis:
den korp den du tregst auf dem ruck,
dar ein tust du aier und petelstuck,
erpeitelst du dauszen auf dem geu. fastn. sp. 478, 24 ;
nu waren die kinder Eli selbs priester, die mit solchem bet-
telstück gestraft worden. Luther 6, 322' ; das land Canaan ist
kaum ein bettelstück oder tellerbrot gewest gegen der gan-
zen weit reich. 8, 84" ; also dasz sie auch meine ehre und
bettelstückc nicht gedenken meinen kindem zuzusprechen.
br. 5, 26.
BETTELSüCHT, f morbus mendicorum, i. e. lassiludo,
die müdigkeit, weil sie vom vielen umgehn ermüden:
die betielsucht in bald bestund,
das er ein weil schlafen begund.
Waldis Es. 4, 80 (308").
BETTELSUPPE, f.
Meph. so sagt mir doch, vcrnuchte puppen,
was quirlt ihr in dem brei herum I
Ihierc. wir kochen breite bettelsuppen.
Mrjih. da habt ihr ein grosz publicum. Göthe 12,122;
hier kommt der abermals ermordete, oder vielmehr in fhul-
nis übergegangene Gustav der dritte, es ist so recht eigent-
lich eine bettelsuppe, wie sie das deutsche publicum liebt.
an Schiller 342.
BETTELTANZ, m. pugna, jurgium, kämpf, streit, hader und
prügelei, womit ein tanz und gelag der bettler zu enden pflegt:
der giert, grechl musz au beltellanz,
frombkell hat bei der weit kein glani. seh. «. ernst cap. 309;
in summ der hetleltanz will sich machen {der kämpf wird be-
ginnen). Schertlins br. {a. 1546) s. 159 ; da hetzt sie {die for-
sten) doclor Stolz weidlich an ein ursach von eim zäum, den
1733
BETTELTAPEZEREI — BETTEN
BETTEN— BETTFEST
1734
betteltanz {den krieg) wiederum anzufaheo, zu reiszen. Kirch-
hof icendunm. 34'; wo aber eins dem andern sein elend für-
wirft, der mann will besser sein als das weib, das weib aber
trotzt auf ihren reicbtbumb, den sie ihm bat zugebracht, da
geht der betteltanz an und ist des haders kein ende. Crei-
Dics 2, 405 ; da wir nun an den ort kamen, wo der bettel-
tanz [der Zweikampf) angeben sollte. Simpl. l, 2S3 ; dasz die-
ser ewige frieden ein end gewinnen und der betteldanz im
römischen reich und anderswo wieder angeben werde. Schup-
pics 382; da war kein erbarmen, da half keine entschuldi-
gung, da folgte ein schlag auf den andern ... es bat mir
auch ein guter freund, der neben anwohnte, erzehlt, dasz der
betteltanz zu hause erst recht angangen. Weise erzn. 34»;
sobald aber die sonne aufgieng, rückten die reuter aus dem
Decken benror, flanquierten wol eine halbe stunde im blan-
ken felde herum, . . . kommen immer näher und näher, bis
endlich der betleltanz angieng. icestf. Robinson 144 ; nun wird
der betteltanz angehen, nunc incipient insanire;
da hebt sich an der betteltaoz
und bleibt kein glas noch krause ganz. Frisch 1, 89*.
s. bettlertanz.
BETTELTAPEZEREI, f. der teufel hole die ganze poesie,
die die menschen von andern abzieht, und sie inwendig mit
der belteltapezerei ihrer eignen würde und hoheit ausmeu-
bliert. Merck 2, 49.
BETTELTKOTZ, m. tcas bettelhochmut, bettelstolz.
BETTELTROTZIG, insolens, beltelstolz.
BETTELÜNG, f. mendicalio, ahd. petalunga. Graff 3, 61.
dasz er uns bei der bettelung und armut erhalte. Leibmz 255.
BETTELVISITE , f. seine excellenz hätten >iel zu thun,
wenn sie jede bettelvisitte annehmen wollten. Rabener 4, 56.
BETTELVOGT, m. mendicantium custos, bellelrichler : gieng
eine arme fraw in der Stadt herumb und bettelte, welcher
der bettehogt das betteln verbieten wollte. Schcppics '93.
BETTELVOLK, n. turba mendicorum, betlelpack, bettelroUe,
eine geringschätzige bezeichnung der armen leule.
BETTELWEIB, n. was bettelfrau, soluta paupercula.
BETTELWERK, n. res rilis, mendiccUio: gerechtigkeit, die
sich dergleichen bettelwerks behilft. Luthers br. 2, 82 ; ohn
in (golt) reich sein ist bettelwerk. Kirchhof trendunm. 180";
das bettelwerk und gartn darneben
ihut warlich gute beule geben,
besser, denn da man lermen scbleit
und da es an ein stürmen geit.
RoLLENHACEN tom reichen manne F5'.
BETTELWESEN, n. mendicalio.
BETTELWIRT, m. hospes mendieorum:
mit dem gelt zum bettelwirt kumb,
daselben wirst du linden mich,
da bezal ich das mal für dich. H. Sachs III. 3, 29*.
BETTEN, lectum slernere, das bell machen, ahd. pettun
(Graff 3, 51), mhd. betten, würde golh. gelautet haben badjön,
ein schönes, gefüges wort, das
1) den dat. der person, wie alle verba des kleid und gerälh
anlegeits (gramm. 4, 693) fordert: ahd. petto dir {golh. badjö
|)us), Sterne tibi, mache dir das bell. mhd.
den wunden {vulneratis) man gebeitei vi! güetlichen sach.
Sib. 251, 2 ;
Kudrnn ir gesinde fragen dö began,
ob ir gebettet wiere, si wolle slifen g^n. GMdr. 1S24, 2;
nü was ouch släTennes zit.
dö eiengen die knehte
spenen sä mit rehte,
welch siai in da töhte,
da man in bellen möhte. Er. T082;
den viljieben gesien
beuen sl darunder (unier den buchen). 7091 ;
dem Wirte bellen si
under die nächsten da bi. 7201 ;
dö beue man in allen drin. /». C571 ;
man bette dem beide sän. Pari. 35, 7 ;
ich w,Tn man iu gebend liäi.
.^h ir müedc, so ist min rit,
da; ir göt, leit iuch sJäTen. 242, 13;
dem blinden was gebettet sä. Lt. t, 275.
nhd. füre ich gen himel, so bistu da, bettet ich mir in die
helle, sihe so bistu auch da. ps. 139, 8 ; stehe auf, und bette
dir selber {<TTQiSaoy ofairrtö). apost.yesch.O,:H;
bcu im unter die stiegen. H. Sachs II!. 2, 48';
wenn die leii
dem haupie weicher bellet. Gümthik 104 ;
nah über jenem ort, wo in des geiszblatts schauen
die nTmfen dir, Endymion,
Tiellelcbt auch sich, 'so sanA gebettet hatten.
WiBiA.%D 10,139;
byacinihen, lotus, violetten,
trieb die erde, Amorn sanrt zu betten,
unter ihm hervor. 10, 30 ;
ward ihm sanft
gebettet unter den hufen seiner rosse? Schiller 3'J5';
ich bleibe, noch versuch ichs, sie zu retten,
wo nicht, auf ihrem sarge mir zu bellen. 431';
und auch der hat sich {sibi) wol gebettet,
der aus der stürmischen lebeaswelle
zeilig gewarnt, sich heraus gereuet
in des klosters Triedliche zelle. 513';
die Wölfin trug sie in ihre nahe hole, bettete ihnen, leckte
und säugte sie. .Nieblhr l, 245; hier auf dem laub und moos
will ich mir betten, ohne casus, betten = belter machen:
ich trag holz, pett, ker, spül und thu abhaspen, sagt ein
dienstbote; dasz die rüstige magisterin neben ihnen koche,
bette, keife, scheuere. J. Paul Tit. 1, 118.
2) neuere aber, betten auffassend als in das bell legen,
locare, setzen die person im accusativ hinzu:
ich beu es (Uebchen), kommt ein schlaf ihm an,
auf welches moos und thymian. BCrgek 48*;
nur weisz ich hier mich nicht bequem zu betten.
Göthe 2, 271 ;
so mancher, schon halb verloren,
da der feind eindrang, ergrimmt,
ward wieder froh und glucklieb gebettet. 3,135;
lasz im irrthum sie gebettet. 3, 2M ;
ins sichere willst du dich betten? 3,255;
glaube dich nicht allzu gut gebettet. 4,329;
und wird es ja entdeckt, bin ich doch wol gebettet. 7, 61 :
da haben wir uns schön gebettet! giebt es denn kein ande-
res mittel, über das wasser zu kommen ? 15, 216 ;
Unschuld nihi auf ihrem augenliede,
Amor bellet auf der wange sich. Gotter 1, 75;
in beiden letzten stellen ist der casus unsicher, kann aber aus
dem Sprachgebrauch der schrißsteller geschlossen werden, figür-
lich, er muste das innere steppenfeuer auf das kopfkissen
betten. J. Paul Tit. l, 150; unsem mikrokosmus weich bet-
ten auf Schlachtfelder, hohschnitle 10, 124. ohne casus:
sanft auch bettet das gras, hier wollen wir ruhn miteinander.
Voss.
3) man sagt auch sich zu einem, mit einem betten:
her könig, dises daurt mich hier,
das Philippus, dem ihr traut so wol,
ein solcher loser bub sein sol
und sich darf zu der königin beuen. .\trer 405';
signor Frontin wird sich mit miss Lisciien
und miss mit ihm nicht übel bellen. Gotter 1,80;
sich zusammen, sich von einander betten.
4) pleonastisch wird zu betten der acc. bette oder lager
selbst gcßgt : hatte ein geist oder ungeheuer alle zimmer rein
gewaschen und sonst im hause aufgeräumet, alle bette selbst
gebettet. Schweixichen 1, 260 ;
indes geschäftge amoreitea
für Amors braut ein sanftes lager beuen. Wiilaw 9, 396 ;
nachdem sie gebettet das tüchtige lager mit Sorgfalt.
Voss Od. ti, 291 :
nach dem gebcte liesz sie ihn {den söhn) in ihres luannes
bette steigen, blosz um es am morgen wieder zu betten, eine
freude um die sie der alte selber bettende Siegwart taglich
brachte. J. Paul Fibel 24. vgl. aulbetten.
5) betten für ausstrecken, hinstrecken, niederlegen:
fertig gewirkt
für den held Laertes ein leichengewand, wenn dereinst ihn
schrecklich ereilt die stunde de« lang hinbettenden lodes.
Voss Od. 19, 145 {ravriXeyioi S^avaTOio),
wo die frühere ausgäbe langhinstreckenden.
6) intransitiv, betten ßr sich niederlegen, hinlegen, von
Pferden: ros, das gern bettet und feit. Keisersberg XV staf-
feln 37'. von hirschen. s. bell 7.
BETTENSÜ.MMERFRAÜ, f., die das beltwerk sommert, d. i.
sonnt und ausklopft.
BETTFAHIG: nicht blosz der krieg soll betten der ehre
aufschlagen, auch der friede, und dieser um so mehr, da er
länger dauert und also mehr bettfähige finden und machen
kann. J. Paul nachdämm. 88.
BETTFEÜERN, pl. plumae, quibus lecli farciuntur: fein ge-
rissene bcltfedern.
BETTFEST, Iccto astrictus, ans bell gefesselt, bettlägerig:
alsfurt hat drauf der hofprediger, der sonst bettfest war, die
weit gesegnet. Micrälius ^ 370.
109*
1735
BETTFLASCHE —BETTLEIN
BETTLER — BETTLERLÄÜSE
1736
BETTFLASCHE, f. ein gefasz mit heiszer ßllung zu eneär-
mung des betls.
BETTFRAU, f. mulier leclis slernendis praefecta, in groszen
haushaltungen, deren dienst im bellmaehen besteht.
BETTFUSZ, m. fusz eines bettgeslells. bettfusi heiszt auch
der wilde dost, clinopodium vulgare.
BETTFüTTER, n. lecti pabulum:
die mann tragen ir bettfuoter aus. fastn. sp. 320, 11.
BETTGEHEIM, secreti tori particeps: welche (ehfrau) er
mit ihm als ein gemeinerin einlasset und zu einem tisch- uod
bettgeheimesten rat erwölet. Garg. 64'.
BETTGELD, n. was man als beltmielhe zahlt.
BETTGENOSSLN , f. ehfrau: ich muste aber auch dafür
manche bittere pille verschlucken, die meine bettgenossin we-
gen meinem vorigen verhalten mir auftischte, der arme mann
im T. 191. ßnn. wuoteinen.
BETTGENOSZ, m. consors tori, conjugalis, schlafgenosz in
demselben bell, von jedem mitschläfer, zumal von ehmann und
ehfrau gellend, vgl. alts. gibeddio, ags. gebedda m., altn.
bedja /. ; sie ist seins lebens labung, bettgenosz, lebensge-
span, sein kuchenkeiserin, sein besems fürstin. Garg. 7';
mein pusz hab icli so lang gespart,
bisz ich bin auf der letstcn fait.
jetz hindert mich mein liianljheit grosz,
mein kinder und mein petgcnosz. Scuwarzknberg 114, 1;
gott der herr hat so einen mann am besten versorget, des-
sen bettgenosz einen sinn mit ihm hat und die sich das ge-
wonnene zu sparen befleisziget. pers. baumg. 7, 22 ;
doch sage sie, weswegen denn ihr betigenosz
den schlauen dieb am stehlen nicht verhinderte? Platkn 248.
BETTGENOSZ, adj. eh- und bettgenosse weiber. Garg. 67*.
BETTGERÄTH, n. utensilia lecti.
BETfGESELL, m. consors lecti, tori, schlafgesell.
BETTGESELLIN, /. bettgenossin: gott sei lob, dasz diese
heirat sowol gelungen, dem ich den herrn dann, samt seiner
liebsten bettgesellin, bestens empfehle. Bütschkv /ia/iz/. 581.
BETTGESTELL, n. sponda, beltslelle. Wielands Ä/e/ia 4, 223.
BETTGEWAND, n. lintea, vestimenta lecti, mhd. bettewat /.
dar im der ougen regen flöj
nicfer üf die beuewät. Greg. 43;
er vant dar inne swachen rät,
weder strö noch bettewat. 2868;
also richiu beuewät,
so si diu werlt beste hat. Er. 369 ;
nu sage, waj was ir bettewat? 7105;
euch was da guot geraete
von richer beiiewaete. 7200.
nhd. die glaubiger mich oft verklagen,
betgwant und mein hausrat austragen.
li. Sachs IU. 2,74';
leilach, betgewand, tischtücher. Garg. 74". über den verhalt
von gewand zu wat s. gewand.
BETTGRAS, n. eriophorum polystachion, wollgras, womit
man betten stopft.
BETTGURT, m. bandartiges geflecht, das im bettgestell den
boden bildet.
BETTHAKEN, pl. eisenhaken an den enden der betlwände,
um sie zusammen zu hangen.
BETTHIMMEL, m. tegmen lecti. himmel bedeutet an sich decke,
ahd. laquear, lacunar (GnxFF 4, 938), zumal galt die weitere
bildinig himilezzi (4, 943), ags. heofenhfts. vgl. himmelbett.
BETTICH, m. s. bottich.
BETTKAMMER, f. dormitorium, eine kammer, worin man
Schluß oder bellen aufbewahrt.
BETTKASTEN, m. sponda, kastenförmiges bettgestell.
BETTKORB, m.
BETl'LADE, f. sponda, bettgestell: sie schob mit dem
borstwisch leise drei strohbhren und einige flaumfederspulen
untrr die bettlade. .F. Paul Siebenk. 2, 7. s. lade.
BETTLAGER, BETTLÄGER, «. cubile acgroti, krankenbett:
musz also der arme patient erst in seiner krankbeit und
bettliiger dasjenige nieszcn. Würtz practica 70.
BETTLÄGERIG, leclo cubans, aegrolus: sintemal sie darü-
ber bettlägerig wurd (perche se ne infermo). Gbyphius 1, 359;
ctzliche tage bettlägerig gewesen, colica 8 ; er ist schon einen
monat bettlägerig.
BETTLÄGERIGKEIT, f.
BETTLEIN, n. lectulus, beliehen, sehwäb. bettle, vgl. E. Meieh
kinderr. n" 89. ß
BETTLER, m. mendicus, ahd. petaldri, mhd. betelsere, nnt.
bedelaar, der goth. Wortbildung bidagva ist schon sp. 1729 ge-
dacht worden, sie könnte dem gr. Ttrcoxös äuszersl nahe tre-
ten, wenn man die gleichstellung von bidjan und petere zu-
gibt, den Wegfall des e aber wie in Ttero/iai und nread'at
faszt, wovon weiter untei- bitten zu reden, nxm^ flüchtig,
Ttrcöaaot fliehen, flüchten, wozu man Ttrcoxöe zu hallen pflegt,
scheinen derselben würzet, seltsam ist das it. pitocco bett-
ler, pitoccare betteln und pitocco bettlermantel, wobei vielleicht
das neugr. nrcoxos, frcoxds in betracht käme, zum v in
bidagva halte man bandvö, friga})va m. a. Die bedeutung von
bettler ist, wie von betteln, eine doppelte, und
1) die eines armen, dürßigen: es sol aller dinge kein bett-
ler unter euch sein, denn der herr wird dich segenen im
lande. 5 Mos. 15, 4; es ist besser, das einer seines thuns
warte, dabei er gedeiet, denn sich viel vermesse und dabei
ein bettler bleibe. Sir. 10, 30 ; wer gewalt und unrecht thut,
musz zuletzt ein bettler werden. 21, 5; mancher wil klüglich
rathen und bleibet ein bettler. 37, 23; die in zuvor gesehn
hatten, das er ein bettler war. Joh. 9, 8 ; ich wil hie nit re-
den von schimpfweisen oder werken, als die betler treiben,
die da besteibt und trunken werden, die schirmen mitein-
ander. Keisersb. s. d. m. 52' ; aber es ist nichts neues, das
ein beller den andern hasset, bienenk. 25*;
dem einen betlcr ist es leid,
das der ander für der thür steit.
Strickers schlemmer G 1';
es schickt sich nicht, dasz wir menschen hoflarlig sein, denn
wir ja nur bettler des groszen gottes sind. pers. baumg. 8, 12 ;
wie doch ein einziger reicher so viele bettler in nahrung
setzt I wenn die könige baun, haben die körner zu thun.
Schiller 96' ;
sein rasender entwurf schien zu sein, die ganze nation.zum
bettler zu machen. 859'; pracht und reichthum gehäuft, der
die bettler aller stände blenden rnusz. Göthe 27, 9.
2) dann ist bettler ein dringlicher bitter:
dreimal wiesest du
den forsten von dir, dreimal stand er wieder
als bettler da, um liebe dich zu llehn.
Schiller 245' (als bittender).
BETTLERBETT, n. so nennt Fischart Garg. 95' den wein, weil
der belller bei ihm weich schldß und seiner sorgen vergiszt.
BETTLEREI, f was bettelet:
schuld, armut und die beitlerei. H. Sachs IV. 3, 83'
BETTLERIN, f bettelfrau.
BETTLERISCH, mendicantis more, bettelhaß: saufts gar
aus, dann halb trinken ist betierisch. Garg. 25'; sonder dasz
wir solchs alles aus milter gab des geists bettlerischer weis
müssen empfangen, bienenk. 46* ;
der die flucht gab in deutsche land,
verstellt in bettlerischem gwand H. Sachs IV. 2, 6';
wann ich elwan eine henne abgefangen, die uns ihre all-
multer auf gut bettlerisch, das ist am allerbesten, zu säu-
bern, zu füllen, zu spicken, und entweder gesotten oder ge-
braten zuzurichten wüste. Simpl. 2, 90; nicht geizig und
bettlerisch, pers. rosenlh. 1,20; bettlerische reimenschmiede.
Brandts Taubmann s. 33 ; wieder der niedrigkeit entgegen krie-
chen, vorderen bettlerischem anhauch ich erst mich wegge-
wendet. Fr. Müller 2, 143; eine bettlerische {sehr kleine)
summe. Klinger 1, 57; dadurch bekommen sie ein bettler-
sches, undeutsches gemüt. Hermes Soph. reise 1, 660.
BETTLERJACKE, f : der seine bettlerjacke auf der erde nach-
schleift, um zu versichern, dasz er doch auch ungefähr so einen
königsmantel in der garderohe führe. Götiie an Scliiller 347.
BErrLERKRAUT, n. clematis flammula.
BETTLERLÄUSE, BETTLERSLÄUSE, pl. heiszt mehrfaches,
klellenartiges und an hecken wachsendes Unkraut, namentlich
galium aparine, tordylium anthriscus, xanthium strumarinm,
auch Colchicum aulumnale, dessen sich die bettler als eines mit-
tels gegen die lause bedienen sollen. Ulrich von Licmtenstein,
als er sein abenteuer unter den aussätzigen und bettlern zu be-
stehn hatte, klagt 340, 9 :
die ungennnten wfirme mich
bij^en so die iinlit, da; ich
an dem lip vil gar üj brasl.
mich bei; die naht vil inaiiic ga.tt
und oucli für war manc gestin.
es begreiß sich, dasz in der Volkssprache die laus hiufig mit
dem bettler zugleich genannt wird, man s. Ungeziefer und
bellelherberge, bettelisch und lausicht.
1737 BETTLERMAMEL — BETTMAGD
BETTMEISTER — BETTSCfflRM
1738
BETTLERMANTEL, BETTLERSMANTEL, m. cento, geflickter
manlel, was bettelmantel : unsere teutsche sprach ist reich und
überreich, wann wir nicht arm an verstand wären, uns mit
ausländischem, den bettlem gleich, zu bereichern, also hasse
ich ärger als arg, wann man den lumpichten bettlers-
mautel aus allerhand frembden läppen zusammengeflicket,
als eine rechte narrendecke unsern Teutschen überwirfet.
ped. schulfuchs 133 ; von der welllichen euszerlichen gerech-
tigkeit, die da ist ein lauter bettlersmanlel. Luther 3, 427;
als ein bettlersmantel mit vil Dickflecken und schuchplätzen
der menschlichen fantasien in einander genäiet. bienenk. 19';
also dasz es alles beisammen ein rechter bettlersmantel ist.
80*; unter den läppen eines schmutzigen bettlermantels. Fr.
Müller 3, 107 ; ich flicke an dem bettlermantel, der mir von
den schultern fallen will. Götbe an Knebel 61; wundersam ist
es, wie sich die herrlein einen gewissen sittigreligiöspoeti-
schen bettlermantel so geschickt umzuschlagen wissen, dasz
wenn auch der eilenbogen herausguckt, man diesen mantel
für eine poetische Intention halten musz. an Zelter 820. die
alchcnülla vulg., deren blätter sich wie ein mantel falten,
heisil nicht nur Marienmantel, unser lieben frauen mantel,
sondern auch bettlermantel. femer, die muschel spondylus
gctederopus (eselshuf) führt den namen bettlersmantel und La-
zarusklappe.
BETTLERMEITLEIN, fi. tilissima moneta, qualis mendicis
dari solet, ein scher flcin: disz unangesehen ward ihm zur
antwort, dasz er sich eines billichen vernüg, und nit ein
bettlermeitlin, noch disz von ihnen gewärtig sei. Garg. iss".
über meit sehe man gramm. 3, 733. sex mitae unum dena-
rium. Lacomblet nrh. urk. 1, 207. engl, little more than a mite.
BETTLERORDE.N, ff», was bettelorden. pers. roscnth. 2, 3S.
BETTLERPELZ, m. es bleibt wol dabei, wo ein ungesun-
der leib ist, das daselbs auch blättern, eiter und ander un-
flat auch sei, regimenl aber ist ein solcher betlerpelz u. s. w.
Luther 6, 159'.
BETTLERPLU.NDER, m. sp. 1467 benebeln 2.
BETTLERSCHAFT, f. mendicorum turba: die kirchliche
bettlerschaft [die in der kirche almosen sammelnden bettler).
i. Paul ^epomukk. 124.
BETTLERSDRECK, m. die stolz armut und der arm stolz,
sampt dem stinkenden betlersdreck. Garg. 20'.
BETTLERSPRACHE, f. die gaunersprache, das rothwelsch.
BETTLERSEIL, n. convolvolus sepium, die zaunwinde, he-
ekenwinde, vielleicht, weil die bettler damit ihre packe umwin-
den ? unter kräutem aus dem römischen unkrautgarten : erle-
sens allerhand Romgras und S. Peterskräuter, immenplat und
teufelsbisz, blutling, Herodisblumen, canisischen bundsdorn,
minbrüdermünz, bettlerseii. bienenk. 2'.
BETTLERSGESTäLT, f. er war nach mancherlei Schick-
salen in bettlersgestalt nach England gekommen. Beckers
«eltg. 7, 16.
BETTLERSKITTEL, m. mendici vestis : ein zerlumpter bett-
lerskittel.
BETTLERSLLMPEN, pl. so hatte nun Giafar in bettlers-
lumpen die hauptstadt verlassen. Klinger 5, 95.
BETTLERSTAND, m.
BETTLERSTLBE, f. welches Mumar in die bettlerstub ins
spital vermacht hat. bienenk. ISO*.
BETTLERTANZ, BETTLERSTANZ, Chorea mendicorvm fulcro
mcedenlium : das Zeppa an dem end, da er war, alles sähe,
nachdem beide von newem in die kammer giengen, da er-
bub sich erst der bettlertanz (a che il giuoco dovesse riu-
scire). Bocc. 2, 111*; der bellerlanz wil sich machen, got geh
sein gnad. Schertli^s br. 160; o mein lieben gast, ich sähe
den bettlerdanz auch wol grosze herren danzen, und den
Philippinendanz danzt auch wol ein bawer. Garg. 5; dasz
sein text mit vorgemelten lobgesangen aberein stimme, wie
der betlerdanz auf knicken zur gebrochen leiren. bienenk,n9^;
also ist der rausch eben ganz,
sich soll bald beben der betilersianz. Atrkk fattn. S6V
vgl. betteltanz.
BETTLIEGER, m. aegrotus lecto ineumbens: begunt er sie-
chen und ein betliger werden. Tschl'di 1, 133. s. bettlägerig.
BETTMACHERIN, f. femina lertum slemcns, nnl. hedden-
maakster : das sie gemeinlich mit einem beischlaf {concubina)
allein, oder einer besondem bettmacherin und bruchwäsche-
rJn Tergnüget sein, bienenk. 226*.
BETTMAGD, f. dasselbe: im übrigen lasz mich sorgen, ich
wills mit einem kopfstück oder zwei bei der bettmagd schon
richtig machen. Simpl. 2, 232.
BETTMEISTER, m. lectis praepositus, an ßrstliehen Höfen,
der aufseher über betten und bettgeräth.
BETTMEISTERLICH, die bettmeisterliche haussuchung. J.
Paul holzschn. 10, 171.
BETTMÜNCH, m. bettwärmer. Stalder 1, 158.
BETTML'ND, n. eine von leibeignen, die sich verheirateten
oder fleischlich vergiengen, dem herm zu entrichtende abgäbe,
auch unter den namen hemdschilling, vogthemd, schürzenzins
u. a. m. bekannt; bett erklärt sich aus bell = torus, und
mund Otts mundium, schütz, gewalt, die dem herm zustand:
si autem aliqua sine legitimo thoro cuiquam copulata fuerit,
forisfactum suum, quod frequens usus beddemundum vocat,
supradictae componat curiae. eh. a. 1120 bei Binteri« l, 87 ;
ceteris hbertatem habentibus manendi ubi voluerint, excepto
quod domino cum nupserint beddemundum persolvere de-
bent. a. 1220 in Wiga.vds arch. 3, 90.
BETTPFANNE, f. vas lecto calefaeiendo, nnl. bedpan : wann
ich dem Junker das bette wärmen solle, nahm er mir un-
terweilens die bettpfanne aus der band. Schcppics 472.
BETTPFORTE, /. porta lecti: hier aber (im schäferkarren)
gieng die anspannung seiner sinne, in welche die bettpforte
nur einen kleinen ausschnitt vom himmelblau einliesz, bald
in die erschlaffung des Schlummers zurück. J. Paul Hesp. l, 176.
BETTPFOSTE, m. postis lecti.
BETTPFCHL, m. culcita lecti.
BETTPINTE, f. theca culcitaria: bettpinten, die wir aufge-
schnitten, und die federn in den hof geschüttet. Phila^d.
2, 6S8.
BETTPISSER, m. mingens in leelum, bei Stieles 1454 bett-
pischer, nnl. pissebed, franz. pisse au liL
BETTPISSERIN, f. pisseuse au lit.
BETTPOLSTER, m. pulvinus lecti: was genüsse angeht,
so bekommen sie {die fürstenkinder) alles, von spiel- trink-
und eszwaaren an bis zum wagensitz und bettpolster. J. Pacl
Levana 1, 172.
BETTQUAST, m. cirrus lecti, bettzopf, woran man sich
aufrichtet.
BETTR.\ND, m. margo lecti.
BETTREDEN, pl. bettgespräch : sie hätten gerne seinen lu-
therischen tisch und bettreden aufgepaszt. J. Paul Fibel 194.
BETTRISE, lecto decumbens, corruens, caducus, paralyticus,
bettlägerig, ahd. pettiriso (Graff 2, 541), mhd. betterise, z. b.
Parz. 502, 1. 813, 16. Serval. 3180. Renn. 15148, von risan labi,
ruere, nhd. nur noch im 15. 16 jh. :
der Herr zu dem bettrisen sprach,
der lange jor was gweseo schwach.
DaitiT narrensch, 147 ;
ZUG iunk, zuo alt und beitris laut
das Lad mit seinem trank erfreut.
fasln, sp. 1260 ;
acb sie ist krank, schier ein bettries,
zu ir bab ich groszen verdriesz.
H.Sachs IV. 2, 25':
dann oft durch auswendigen schein
musz mancher lang ein bettris sein.
ScHtiT grob. C4*;
die armen kranken leut, die in winkeln bettris, jar und tag
krank ligen. Agricola 70*. Fra."is spr. 2, 77*; er hat zu dem
bettrisen gesprochen, dir werden nachgelassen din sünd.
ZwiNCLi 1, 64 ; so sterben sie leichtlich oder bleiben krank,
bettrisen und dergleichen. Paracelscs 1, 622*; schwechend
den leib so sehr, dasz sie manchmahl ganz bettriesen ma-
chen. 1, 687*. später hört dieser alte und geßge ausdruck auf.
BETTSACK, tn. theca culcitaria, strohsack.
BETTS CHE ISZER, m.: unnütze bettschciszer. Garg. 197*.
BETTSCHELM, m. eoncubinus? blinde, schilende bettschel-
men. Garj. 272*; mein runzelfelliger bettschelm. Ol. Varisccs
ethnogr. mundi 2, 9 ; ist der bettschelm jung, so ist sie wie
ein falk mit seinen flügeln {auf ihn stürzend). Jan Pems 258.
in schelm liegt, wie in aas, luder u. a. m. eine kosende
schelte, man sagt freundlicher schelm, loser schelm, angst-
schelm {wie angstbube), so doppelsinnig wird auch bettschelm
gewesen sein.
BETTSCHERE, f. drei oben zusammenhängende dünne Höl-
zer, die int bell gesteckt werden, um das Herausfallen der
decke zu verhindern.
BETTSCHIRM, m. munimentum lecti, spanische wand: er
fuhr hinter dem beltschirm der dunkelheit lauschend öfters
1739
BETTSCHRANK — BETTVVAND
BETTWANZE — BETÜDELN
1740
zusammen. J. Paul Hesp. 2, 72 ; sein doctorbut war der bett-
schirm ihrer absieht, uns. löge 2, 70.
BETTSCHRANK, m. oß in der stubenwand zur Schlafstelle
eingerichtet.
BETTSCHREIBER, m. in Hofhaltungen, der die rechnung
über das betlweik führt.
BETTSEICHER, m. betlpisser. an einigen orten auch Be-
nennung des kelleresels, oniscus ascllus, wegen seiner harn-
treibenden kraft.
BETTSEULE, f was bettpfoste.
BETTSPIEL, n. ludus amalorius, mhd. bettespil:
davon si muoste erlachen,
ir sigen diu ougen zuo,
so siieje künde er machen
in dem morgen fruo
mit ir dag betiespil. MS. 2, 107»;
und daj da licijet betiespil,
des kan er üjfr mäjen vil. cod. co/oc«. 137. GM. 2, 165;
er hat einer alten
wol drigec jär den rucke gekört,
und hat ir selten gemert
daj wir heijen bettespil. IIklbl. 1, 85;
dö künde dirre junge man
mit ir Kitzel noch vil
daj man da heijet bettespil. Haupt 8, 100.
nhd. ja, so es war ist, wie es war musz sein, dasz kein
gasterei und malzeit recht heriich . . rautig, rüstig und lu-
stig sei, wa nicht frawen sind darbei, so wird gewis eim sol-
chen hausmann nimmer an freuden ahgehn, angesehen, dasz
er solche tischmusik, brctt und bettspil augenblicklich umb
sich hat. Garg. 72'.
BETTSTANGE, f. stange zur befestigung der beUvorhänge.
BETTSTATT, f. Icclus, sponda, bettgeslell:
mhd. von biuomen eine beilestat. Walth. 40, 3 ;
und begund sie auch zu erzausen,
das die petstat mit uns einbrach, fastn.sp. 1205;
kindbetterin, die sie mit eim liecht ein und ausz der bet-
stal segnen. Frank wellb. 133'; den honig spart er und that
denselbigen in ein groszen irdinen cananeischen krug über
seiner bettstatt hangend, bisz er voll ward. Gari;. 225*;
sag mir, wer die pantolTel hat
ind cammer gesetzt für die bettstatt?
Ayrkr fastn. 79'.
BETTSTELLE, f. was beltgestell, sponda.
BETTSTOLLE, m. fulcrum, poslis lecti: wenn einer das
fleschün hat an dem bedtstoUen hangen, so trinkt er wenn
er wil, und dicker und vil mer, denn soll er erst ein masz
wein kaufen, es ist umb ein winken zu thfm, so ist die
sach schon richtig. Keisersb. brösamlin 13*; ein schwarze
henn an den bettstollen hangen, omcis 46"; du aber bist so
sorgfeltig, das du von zwaier wegen fürchtest die betstollen
werden dich verraten. VVirsung Cal. P4'; het darzu der gar
kurzen haken einen, die man ietzund betstollen nennt. Kirch-
hof wendunm. 96'. man sagt, es sind nicht gute prediget',
die nicht etlichmal sind beim galgen und bctlstollen (todbelt)
gewesen. Heniscb 342.
BETTSTROH, n. strömen Iceti. unser lieben frauen belt-
stroh heiszen duftende, blühende kräuler, namenlUch galium,
labkraut, waldstroh, schw. jungfru Mariae senghalm, engl, the
ycllow ladies bedstraw, und dann auch thymus serpillum, feld-
quendel, nnl. onzer vrouwcn bcdstroo, ddn. vor frues senge-
halm, engl, the mother of thyme, poln. macierza duszka, seele
der mutler. unser frauen bettstro, unser frauen handschuh.
bienenk. 2'. lauter liebliche und mythische bencnnungen.
BETTSTROHLäGERIG, Stramine decumbens: das bettstroh-
lägerige vierfürstenthum. J. Paui, 38, 154.
BETTISCH, m. (nicht barbarisch zu schreiben beltlisch, die
Zusammensetzung tilgt ein T auch in der ausspräche) : eine
bettstelle, die sich als tisch zusammenschlagen Idszt.
BETTRODDEL, f. bellquast: ein langer mufscbweif lag als
bettroddel oder bettzopf quer auf ihr. J. Paul.
BETTUCH, n. lodix, linnenes lucli, das über die Unterbet-
ten gebreitet wird.
BETTÜBERZUG, m. vestimentum, stragulum.
BETTUMHANG, m. vclum lecto praetentum, bettvorhang.
BETTU.NG, f. staluminatio, Stratum, im Wasserbau, kricgs-
bau, die feste unterläge, z. b. betlung einer schleuse, bcttung
der kanonen (stückbettung), des pulvers u. s. w.
BETTVORHANG, m. bettumhang: seine bettvorhange waren
in grosze falten aufgezogen. Götiie 18, 86.
BETTWAGEN, m. wagen zum mitführen der betten.
BETTWAND, /. was beltschirm.
BETTWANZE, f. cimex lectularius, bettlaus.
BETTWARM.
BETTWÄRME, f wärme, wie sie sich in bellen entwickelt.
BETTVV.4RMER, m. was bettpfanne : dasz frau Cyrilla her-
rea Sempronio, ihrem erkornen eheschatz jedweden abend
mit einem bettewermer von zinn aufwarte. Grvphius 1, 835.
man nennt auch so einen beltyenossen, der das bell wärmen hilft.
BETTWERK, n. linlea, bettzeug: jeder hat seine eiserne
bettstelle und sein reinliches bettwerk.
BETTWINKEL, m., der winkel des zimmers, in den das
bell gestellt wird.
BETTZEUG, n. was bettwerk.
BETTZIECHE, f indumenlum lodicis, ahd. pettiziecha (Graff
5, 625), mild, beltezieche. Helbl. 1, 665. nicht zu schreiben züge,
denn das wart ist vom pracs. ziehan gebildet, nicht vom pract.
zugun. Alberus /la/ culcitra, underbett, sanftbett, betlziechen;
ein strosack trat auch in die schewr,
es fuhr mit im ein bettziech, hat vier dutten.
Amtr. ib. «.178;
ir mann wer nicht ein guter ritter
auf der bettziech. Skb. Wild 12 comöd. 1566. Ggg4' ;
meine alte blaue bettzieche. gespenst 231; es schneit bett-
zieche (vgl. oben sp. 1729 bettelleute). Ernst Meier 262.
BETTZIPFEL, m. lacinia lodicis : nach dem bettzipfel schnap-
pen, gähnen; dem zu bell gehenden kinde einen bettzipfel, le-
ckerbissen geben.
BETTZOPF, m. was bettaffe, bettquast: er zog sich lang-
sam am bettzopf aus dem bette. J. Paül Hesp. 1, 125; ein
billiger schiebt alles auf den apotheker, der Viktors morali-
scher und mechanischer bettzopf oder bettauflielfer war.
3, 40 ; wie herlich fällt das aufgehende äuge in den erleuch-
teten hängenden garten über dir (auf Isola bella), anstatt
dasz du in deinem deutschen schwülen federpfuhle nichts
vor dir hast, wenn du aufblickst, als den bettzopf. Tit. 1, 46 ;
ein langer mufschweif lag als bettroddel oder bettzopf quer
auf ihr (der hand). paling. 1, 61 ; was hilft es aber, so lange
der bettzopf mangelt, an welchem die ideen sich gar auf-
richten müssen? lit. nachl. 4, 53.
BETUCHEN, panno vestire? Fischabt von einem trinket:
hen hen, er ist erzländisch, er tüchelet recht wol (bei Stal-
DER 1, 324 tüechlet berauscht), er ist an einem or wol betu-
chet und am andern guter woll. Garg. 102".
BETUCHEN, demergi, betauchen : nim ein gans, stecke sie
in einen irdinen hafen, der engl si, giuj daj wajjer ftf, da; sie
betüche (untertauche, mit wasser bedeckt sei), von guter speise
16. hierzu gehört ein mhd. starkes betüchen betouch betochen :
in dem bluote lag er betochen («. l), Rol. 160, 1;
der beiden werc vil spähe
pelac in der lachen
mit bluote betochen. 163,21;
die da heimc fürsten dühten,
die lagen da belochen {sanguine demersi). Servat. 2119;
beti'icli dich (immerge te) ze male. pass. H. 371, 20 ;
siät Ir von irme buche
ir houbt, daj si betüche (suffocetur)
albie von allome lebene. pass. K. 483, 24 ;
swan ein mensche in sunden val
sich al bctüchet (se mer^at) hin ze tal. 607,98;
so sIät ir abo
ir houbet von irem bilche,
üf daj also betüche (inlereat)
ir ere vor den lüten. 639, 94;
daran dia lob betüche (intereat). 687, 5,
inlereat, untergehe, versinke in Vergessenheit, vgl. ahd. in (eum)
unmäri fertochenen duot. N. Bth. 143, versenkt ihn, taucht
ihn unter in Vergessenheit, dieser lebendige ausdruck ist uns
selbst versunken und untergegangen, nur einige spuren haften
noch davon. Heiiel s. 274 m der erzählung vom schimmel
sagt: und gicng ganz still und betuches wieder in seinbett;
dies adverbiale betuches will sagen sachte, leise, niederge-
taucht, geduckt, in der gaunersprache heiszl scheft beducht!
sei still, geheim, beduchler massematlcn diebstal ohne Icrm.
Schweiz, ist luchen oder duchen, sich schmiegen, sich ducken,
fürchten, tuch, duch, duchig niedergeschlagen, scheu, furcht-
sam (Stai.ü. 1, 323) ; nnl. beducht furchtsam, ängstlich, ob
sich duchen, dauclien, drücken (Schm. l, 360) mit tauchen be-
riihrc, wird unter diesem worl erörtert werden.
BETÜDELN, sich, inebriari, sich berauschen : er hat sich
bctudelt, betrunken. Lichtenberg 3, 76. Schweiz, tüderlen,
düdcrien viel Irinken. Stalder 1, 324. ob dies worl zu tuten,
blasen, dudeln, nnl. tuilen, engl, toot gehört T
1741
BETÜLPEN — HETZEN
BETZIG — BEUGEN
1742
BETULPEN, tulipis omare:
die bäche mit beiulptem, buntem bord,
Tom wässrigen april Teriieret auf dein wort.
A. W. ScaLEGBL im stürm 4, 1,
nach der lesart von Steetens:
thr banks with pioned (peonied) and lilied brims,
voßr aber Collier herstellt with pioned and twilled brims,
was von den blumen ganz abführt.
BETCN'CHEN, dealbare, übertünchen:
kein krieg kann gerecht sein, so den tiefen
grund legt ewigen kriegs. betüncht ihn,
gleiszt ihn, er wird nicht gerecht. Klopstock 2, 75.
BETUNG, f. oratio, das beten: in die kirche betangs hal-
ber gegangen. Praetorics satum. 247.
BETÜPFELN, maculis aspergere.
BETUPFEN, BETUPFEN, leviter digitis, vel peniciUo attin-
gere, betippen:
' CS wird gar bald, wenn wirs nur leicht betupfen,
uns durch die tinger schlüpfen. W'iela>d 31, 13ä ;
und diese schwelle zu benagen,
sowie er sie mit öl betupft. Göthk 12, 77 ;
dasz seine augenbraunen bepinselt und seine lippen betupft
wurden. 22, 48.
BETWEIB, fi. beterin. s. betmann.
BETWOCHE, f. die kreuzwoche.
BETZ, m. iirsus, pelz, s. bätz sp. 1159 :
er heiszt sie seinen alten hetzen. H. Sachs I, 522 ;
du grober betz, und du brothemel,
kannst du denn keinen schimpf verstahn? 111,3,8',
ruß der knecht der magd zu; gleichermaszen war nicht dem
cretischen Jupiter die lengst wintemacht zu kurz, also das
er sie liesz noch auf XLVIII stunden erstrecken, als er die
Argmännin beschlief? denn wie könnt er in minderer zeit,
ein solchen hercuiischen groszen hetzen zimmeren? Garg. 78';
der wird uns den hetzen zu Bern im loch zeigen. 124'.
BETZE, f. canicula, ags. bicce, engl, bitch, altn. bikkja:
dasz manch unschuldiges blut durch solche hetzen in sein
zeitlich und ewig verderben geslürzet würde. Weise er:n.
247 ; er wolle die junge hetze schon festhalten, ehe eines
tceibes 281;
mir sind die meisten schönen hold,
mich lieben zwanzig junge hetzen,
«orte eines hundes bei Hagedorn 2, 28. s. bätze sp. 1161.
BETZE, f. in schweizerischen landstrichen das junge männ-
liche Schwein, bis es zum eber wird. Stald. 1, 159 ; in Schwa-
ben betze, betzele, bulzel, butscheie. Schmid 51; im Wester-
tcald betsche, bätsche. Schmidt 22. gehörig zu bache f. sp.
1061.
BETZE, f. tegmen muliebre, quod capiti innectitur, leinene
haube, unteihaube, calanlica, man könnte, da das allerlhum
thiergeilalten im putz nachzubilden pflegte, an betze canicula
und aper denken, doch einfacher ist betze, wie hast, von bin-
den zu leiten und dem sinn von gebende, bendel gleich, man
erwäge auch franz. bcguin, nnl. begienken kinderhäubchen
{sp. 1295). henneb. bätze, schlechte haube, pfälz. unlerhaube
der kinder. Beinwald 1, 6. s. betzel.
BETZEIT, f iempus orandi, beistünde, abendslunde: Tier-
telstunde nach betzeit. Hebel schatzk. 277.
BETZEL, f was betze, haube, in Hessen allgemein gang-
bar, nachtbetzel nachthaube, würzb. betzel. Sciim. 1, 229, schwäb.
betzel, ü5/r. batzl. schon mhd. bezel (nicht bejel, trie Ben.
1, 112-) : •
si want mit ir hende v
wider ab ir houbtgebende,
ej wser bezel oder snürrinc,
daj warf si von ir an den rinc. Parz. 7S0, 9.
BETZELER, m. mhd.
welr man gern züchtig wer,
sie sprechen er sei cm betzeler. Altscbwirt 55, 18,
hängt wahrscheinlich zusammen mit betzel, als schelle für
einen sittsam unter hut und mutze gehenden mann, wol gar
einen beghart?
BETZE.N, weidmännisch ton dem hirsch, aber dunkler be-
deulung :
sag »n, lieber Weidmann, wie viel endahn
hat. der edle hirsch auf seinem köpf stahn?
so bn sich der edle hirsch hat gebeizt und geneizi,
10 Tiel end bat der edle hirsch auf seinen köpf gesetil.
weUUpr. 14 ;
lieber Weidmann, sag mir an, wenn der edle hirsch liegt
rügen,
was tbut er vor ein zeichen, wenn er aus seinem raum-
beit springt mit fugen?
das will ich dir wol sagen, ist mir anders recht, so hat er
gehetzt
und den fusz unten an ins bett gesetzt, weid^. 2t.
ScBXELLER 1, 228 hat bätzen, batzen, quetschen, drücken.
BETZIG, BÄTZIG, B.\TZIG, pertinax. Stieler SO ; sich betzig
machen, obslinalum esse; je betziger und schlimmer hund,
je mehr flöhe. Lehma.nn 2, 157. vgl. patzig.
BETZLEIN, n. catulus: es ist gemeinlich, wo kleine betz-
lin seind, die gelieben sich (liebkosen) und streichen sich an
und wedeln mit dem schwänz und schmeicheln, aber dorfrii-
den, die der schaf hüten, die thund das niL Keisersb. s. d. m.
6S'; aber die groszen starken hund bellen selten, die klei-
nen betzlin billen (so) tag und nacht. 76"; wan, was der
thürigen hund sein, als betzlin und die mistbellerlin, die
bellen tag und nacht. 81*. s. sp. 1160 bätzlein. dies betz-
lein leitet sich ab von betze f. und hat mit betz m. nichts
zu schaffen, es stehe ihm denn ausdrücklich die bedeutung von
Ursulas zu.
BETZNER, m. in einigen gegenden eine art rauher mutzen,
grosz, rund und breit, wie sie die weiber winters tragen. . mit
betze und betzel verwandt.
BEU, ein mit bau (sp. 1163) sich berührender ausruf: beu
männeke beul Gary. 99'. nnl. beu oder bo, welches satt, ge-
nug ausdrückt, kommt auch als interj. vor : beu, is dat eten I
ik heb mij beu gegeten, gedronken, und Fischart braucht je-
nes beu männeke, das er aus nd. mundart vernommen haben
musz, in der trunkenen litanei. Ssellaert im belgischen mus.
8, 170 stellt beu zusammen mit boe in der redensart boe noch
ba kunnen, wofür der leekensp. i, 16 by no ba, und kinderen
van Limb. 3, 269 bu no ba, kein wort, weder kix noch Icax.
BEUCHE, f. was bauche sp. 1166 : eine volle beuche haben ;
werden doch bald von newen leben
in die kessel zur beuch gegeben, froschm. l. 2, 13 (L7').
BEUCHEL, n. weidmännisch, eine erhühung, die der hirsch
unter seinem fuszlritt zurückläszt und die den jägem zum zei-
chen dient, dasz er vorüber gelaufen ist. Dübel 1, 9' sagt:
wenn er an einem hang oder am berg lang hinfliehet, macht
er auf einer seile einen hügel, wie ein halbei, dieses heiszt
das beuchel. beuchel ist = bühel, ahd. puhil, collis. vgl.
burgstall.
BEUCHEN, lixivia macerare, haudten (sp. 1166) :
leinwand scharf gebeuchl und gebleicht. Voss 4, 140.
BEUCHF.\SZ, fi. zum baucketi der wasche.
BEUCHSCHÜRER, m. verwendet Paracelses 1, 128* in einer
undeutlichen stelle von leuten, die gleichsam das feuer unter
dem beuchkessel schüren.
BEUCHSTUNZE, f was beuchfasz.
BEUDERLING, m. H. Sachs IV. 3, 69', was bäuderling sp. 1170.
BEUFERN, ripis cingere: die meerenge, bei einer ausge-
dehnten, an beiden seilen schön beuferten breite. Gütbe
28, 226.
BEUGE, /. sinuositas, flexio, ßexus, mhd. biuge (Ben. 1,
177") : in den gleichen igelenken) und beugen der fessel (des
untersten pferdefuszes) und allermeist in den hindern schen-
kein. UfTENBAcn 2, 274. kniebeuge, die stelle hinter dem knie,
wo sich der Schenkel biegt, die bötticher haben eine reifheuge.
sprichwörtlich, etwas aus der krümme in die beuge bringen,
es in derselben schlimmen läge lassen, bessern wollen und
noch mehr verderben : heuer steigern sie den ingber, über ein
jar den safran, oder widerumb, das je allzeit die krümme
in die beuge kome und keine vcrlust, schaden noch fahr lei-
den dürfen. Luther 2, 489'; drumb gebühret mir die krümme
in die beuge zu schlagen, o berr vergib, ich wil auch ver-
geben. Scncppiis 683.
BEUGEL, ein backwerk, in schlesischer gegend: welcher
meister in der fasten will beugcl backen. Frankensteiner be-
ckerordnung, angeblich schon ton 1501, unweit Koblitz ; wol von
der gebognen, gewundnen, ringförmigen gestalt. Frisch 1, 117*
hat bogel, beugel hemieyclus, vgl. das ähnliche wort kringel
und boug, ring, ein ags. byllinc, collyra könnte gedeutet wer-
den bygling. vgl. thüring. weigel brotschnitte.
BEÜGEMUSKEL, m. flexor, des arms oder knies, armbeuge,
kniebeuge. 5. beuger.
BEUGEN, fieclere, lorquefi, curvare, deprimere, von derwurxel
tmd urverwandlschaß soll unter biegen gehandelt werden, hier von
1743
BEUGEN
BEUGEN
1744
dem unterschied zwischen biegen und beugen, die goth. spräche
entfallet aus biugan baug bugun xäfiTCXEiv ein baugjan bau-
gida verrere und ein bugjan bauhta emere; die ahd. aus pio-
kan oder piegan pouc ein pougan poucta curvare, wahrschein-
lich auch ein unaufweisbares pucchan pacta; die mhd. aus
biegen bouc ein bougen bougta und bücken bucte ; die nhd.
aus biegen bog ein beugen beugte und bücken bückte, alts.
fehlt uns beogan, war aber gewis vorhanden, ibuggean bohta
entspricht dem goth. bugjan; nnl. steht buigen boog neben
bukken bukte. ags. erscheinen nebeneinander bögan bedh und
bycgan bohte, engl, bow und buy. allen nordischen sprachen
gebricht das starke verbum, sie kennen nur das schwache, altn.
beygja, schw. böja, dän. böje.
Von dieser formfülle hängt auch eine vielfache abstufung
und entfaltung der bedeutungen ab, die auseinander zu setzen
nicht hierher gehört, wo es nur auf Unterscheidung des nhd.
beugen und biegen abgesehn ist, welche sich dadurch erschwert,
dasz biegen im imp. beug, in der zweiten und dritten person
des sg. praes. beugst und beugt annehmen kann, welcher vo-
callaut mit dem des schwachen beugen == bäugen, mhd. bou-
gen zusammenfällt, es läszt sich darum, ohne weitere gründe,
nicht entscheiden, ob die nhd. formen beugst und beugt das
mhd. biugest biuget oder beugest bouget sind, der starke
imp. hat beug, der schwache beuge zu lauten.
1) davon auszugehn ist, dasz die sinnliche Vorstellung, wie
billig, dem starken verbum biegen vorbehalten bleibt, beugen
mehr die abstracte ausdrückt, man sagt, ich kann den fingen,
das gelenk, den hals, den köpf, das holz, das eisen, das gold
biegen, und nicht beugen, hingegen heiszt es, sein starrer
sinn, sein stolz, hochmut soll gebeugt werden, nicht gebo-
gen. Luther setzt indessen das knie beugen, genu fleclere,
für das richtigere biegen: alle knie, die sich nicht gebeuget
haben für Baal, i kön. 19, 18 ; da der zu im hinauf kam, beu-
get er seine knie gegen Elia. 2 kön. 1, 13 ; beugeten die knie
und beteten Haman an. Eslh. 3, 5 ; und da Haman sähe, das
Mardachi im nicht die knie beuget noch anbetet, ward er
Tol grims. 3, 5 ; für im werden knie beugen alle die im staube
ligen. pj. 22, 30; mir sollen sich alle knie beugen. Es. 45, 23;
beugeten die knie für im. Malth. 27, 29, wo die ahd. version
hat giboganemo knewe; tausend mann, die nicht haben ire
knie gebeuget für dem Baal. Rom. il,i; mir sollen alle knie
gebeuget werden. 14, 11, wo goth. der intransitive ausdruck
mis all knive biugi|); derhalben beuge ich meine knie. Eph.
8, 14, goth. biuga kniva meina. fühlbar ist indessen biegen
innerlicher, wenn es auf das subject des salzes, nicht auf einen
andern geht und man könnte unterscheiden : ich will mein knie
biegen von ich will dein knie beugen, machen, dasz du es
biegst, nicht anders : ich biege meinen hals, ich beuge deinen
hals, nacken, deinen stolzen hals = deinen stolz; so Luther:
hast du kinder, so zeuch sie und beuge iren hals von Jugend
auf. Sir. 7, 25; beug im den hals, weil er noch jung ist.
30, 12 ; das joch und die seile beugen den hals. 33, 27. wenn
es heiszt: und lüstet in das heubt nicht aufheben, sehen,
hören oder reden, sondern sein äugen auf die erden beuget.
LcTHER 1,27'; so bleibt hier unsicher, ob biegen oder beugen
gemeint ist, j/ines aber wäre besser, unverkennbar steht: da
Laben sie eine liangende wand und gebeugeten zäun fanden.
Luther 3, 310* für gebogenen. Spätere schrißsteller tragen
noch weniger bedenken, beugen für sinnliches biegen zu ver-
wenden, i. b. habe nicht mehr kraft genug mich zu halten,
meine knie brechen, ach ich beuge sie nicht zum beten.
GöTUElS, 295;
heulend drang sich boreas in die dicht verzäunien fclder,
überra.schte bcrg und tlial, beugte, brach, zerrisz die wälder.
Hagedorn 2, 14;
sie beugie dem lyronnen nicht ihr knie. Gotthh 2, 38;
wir unsrc knie beugen einem hut! Schiller 621%
WO doch wenige zeilen vorausgieng:
man soll ihn mit gebognem knie und mit
entblösziem liaupt verehren,
folglich auch knie biegen, wir nehmen das geheimnis mit
gebeugter stirne an. Clalüius 7, 148, statt gebogner, die neu-
ntdrk. kammergerichtsordn. von 1646 cap. 30 schreibt: gebeuget
gold, so die frauen umb den hals zu hangen pflegen f ge-
bogen. Bemerkenswerth heiszt in Schwaben beugen noch heute
im aufslrich verkaufen (Schmid s. 5S) ; sie vcrl)euglen seclis
pferde; wie goth. bugjan, usbugjan, frabugjan.
2) für die abstracte bedcutung frangcre, opprimere ist aber
beugen an der stelle, und nicht biegen : da er sie sähe, zu-
reisz er seine kleider und sprach, ah mein tochter, wie beu-
gestu mich und betrübest mich, rieht. 11, 35; siehe zu, das
grosz geschenke dich nicht gebeuget habe. Hieb 36, 18 ; schaw
die hochmütigen wo sie sind und beuge sie. 40, 7 ; denn un-
ser sele ist gebeuget zur erden, ps. 44, 26 ; es ist nicht gut
zu beugen den gerechten im gericht. spr. Sal. 18,5; das sie
nicht unter die gefangene gebeuget werde. Es. 10, 4; und
wird die hohe festunge ewer mauren beugen. 25, 12 ; und er
beuget die, so in der höhe wonen. 26,5; der Bei ist gebeu-
get, der Nebo ist gefallen. 46, 1; zu der schrift laufen und
dieselbe beugen, reiszen und martern. Luther 3, 63 ; da etwa
ein ander sie mit etwas mehr geld auf seine seilen beugen
möchte. Kirchhof disc. mil. 8 ; ach ihr liebden, was beuget
ihr mich ! Weise comöd. 184 ;
so oft der Herr der wasser und der erden
die krämei' beugt, dasz sie nicht fürsten werden.
Hagedorn 1, 11 ;
und sorgen, die allein gesalbte Häupter beugen. 1, 37;
0 wie beugen mich diese zwistigkeiten ! Leisewitz JuJ. v. Tar. 1, 6 ;
es habe sie {die gölter)
gebeuget insgesamt der Juno flehn,
und drangsal häng auf Ilion herab. Borger 149';
ich will ihn brechen diesen starren sinn,
den kecken geist der freilieit will ich beugen. Schiller 546' ;
0 du, für dessen unschätzbare tage
die menschheit jüngst, gebeugt im staub,
zum himmel rief. Gotter 1,241;
der wird sie nicht verlassen, ihre gebeugte seele mit neuem
muthe beleben. 3, 40; zu gleicher zeit risz er (Herder) mich
fort auf den herlichen breiten weg . . . und schüttelte mich
kräftiger auf als er mich gebeugt hatte. Göthe 26, 8; recht
musz geschehen, dasz die kühnbeit der Verbrecher gebeugt
werde. Klinger 4, 114.
3) es heiszt das recht beugen, drehen : du solt das recht deines
armen nicht beugen in seiner Sache. 2 Mos. 23, 6 ; du solt
das recht nicht beugen. 5 Mos. 16, 19 ; verflucht sei, wer das
recht des frembdlingen beuget. 27, 19; namen geschenk und
beugeten das recht. 1 Sam. 8, 3 ; und der allmechtige beuget
das recht nicht. Hiob 34, 12 ; der gottlose nimpt heimlich gern
geschenke, zu beugen den weg des rechts, spr. Sal. 17, 23 ;
diesen rühm will ich einmal mit in die erde nehmen, dasz
ich niemanden sein recht gebeugt habe. Weise erzn. 308 ;
du beugtest das gesetz, du fesseltest das schwert.
Götter 2, 348;
lern in das joch der noth den stolz des herzens beugen.
2,340;
die Sachen der armen beugen. Es. 10, 2 ;
man spielt, man hurt, man leugt, man treugt,
mancher jetzund sein ehe auch beugt.
christenl. zug wider den Türken. C 1' ;
dasz er die ehe zwar nicht gebrochen, aber dieselbe gewallig
gebeuget habe. Schüppiüs 466. da hier sinnliches brechen
steht, dürfte auch biegen den vorzug verdienen;
dem kaiser selbst versagten wir gehorsam,
da er das recht zu gunst der pfaffen bog. Schiller 529'.
4) das reßexivum sich biegen und sich beugen sollten un-
terschieden werden wie einfaches biegen und beugen, man
sagt : der apfelbaum hängt so voll, dasz er sich biegen musz ;
sein rücken biegt sich, bog sich unter der last;
wie schwer ich im ie hab aufgelegt,
darunter er sich dennoch nit peucht. fasln, sp. 347, 11;
der gefangne muste sich biegen und schmiegen, um durch
das enge loch in der mauer zu entrinnen, hingegen, sein
stolz wird sich endlich beugen; unter im müssen sich beu-
gen die stolzen hcrrn. Iliob 9, 13 ; ich beuge mich unter die
eiserne nolhwendigkeit. Gotter 3, 99; welches beugen in die
abstraclion von demütigen übergeht. Luther verwendet aber
auch hier beugen für l)iegen, z. b. Hiob 39, 3 von den hin-
den: sie beugen (winden) sich, wenn sie geberen. inciinare
corpus drücken wir allgemein aus durch sich beugen, verbeu-
gen oder sich bücken, weil die feierliche, höfliche bewegung,
nicht das krümmen bezeichnet werden soll: da beuget sich Jo-
snphat mit seinem andlitz zur erden, ichron. 20,18; beuget
sich der künig und betete an. 29, 29 ;
weil sich grosze polentaten von Franzosen lassen zwinfren,
das so knechtisch sie sich beugen nachzufolgen ihren dingen.
LocAU 3, lug. 214;
weil sich nun jedermann beugen und bücken solle. eAe tiius
manncs 334;
1745
BEUGER— BEULE
BEULE — BEULEN
1746
beuge, Liakos. dem pascha,
beuge dem vezire dich. Göthe 3, 224;
am besten vor fürsten, gezeuget
aus eigenem stamm, sieh gebeuget. Rcckkrt 148;
beuget dem herrn euch mit stummem erzittern. 215.
gerade so brauchen wir sich verbeugen, ganz verscliieden von
sich verbiegen, sielt schief biegen.
5) einige haben biegen oder beugen in der giammatik tech-
nisch verwenden trollen, bald nur für declinieren, bald fiir
flectieren überhaupt.
6) ungewöhnlich setzt Göthe beugen intransitiv, oder viel-
mehr Idszt nach mhd. weise das sich vor dem inf weg : schwer
ists dem menschengeist, wenn seines bruders werk so hoch
erhaben ist, dasz er nur beugen und anbeten musz. 3», 345.
BEUGER, »71. flexor, beuger und Strecker unterscheiden die
anatomen bei den muskeln.
BEUGSAM, flexibilis. Iraclabilis, gleichviel mit biegsam, wie
auch in/, boogzam neben buigzam erscheint, ags. bühsuni,
bocsum, engl, buxom. ein unterschied zwischen beiden, nach
den vorhin gegebnen merkmalen, läszt sich nicht durchführen :
mit gelenken beugsam. Rollenhagex wunderb. reis. 15ü; eine
beugsame ruthe; ein beugsamer sinn; wie denn seine {des
pabstes Leo) poIitik gegen einen hartnäckigen widerstand eher
beugsam gewesen ist. Ranke reform. I, 3S3.
BEUGSA.MKEIT, f. ßexibilitas : die beugsamkeit der fasern.
Käst 8, 369; beugsamkeit der stimme.
BEUGUNG, f. curvatio, flexio, inclinatio, krümmung, neigung :
so durch des lebens
wirrende beugung
führe die neigung
uns in das jähr. Göthf. 1, 121 ;
der architekt entfernte sich mit einer beugung, sie war weder
bejahend, noch verneinend. 17, 235 ; die natürliche grazie der
Stellung entartete in eine beugung, als üb er sich ein kleid
wollte anmessen lassen. ScnriLEB 699; wo ich die geraden
wände wieder antreffe, wo keine unvermutete beugung mit
überrascht. Tiech 4, 78 ; das angemessene in der beugung des
wegs. Armü kronenw. 1. 4. vgl. biegung.
BEUHEL? das er in Behem iBöhmen) geworfen mit einem
beuhel oder wurfhacken. Thlrxeisser von wassern 2S6. wahr-
scheinlich für beihel (sp. 1374), kaum für bühel, bügel. bogel.
BEUL, n. was bei! (sp. 1377) : das fasz mit einer schweren
ketten, so zum beul hinein kan. von dem weinstein und
lager abputzen. Hohberg l, 34S'; hernach musz man das un-
reine, was zum bail (su) hinauf steigt, abräumen. 1,352"; der
untere Iheil des bculs oder spunts am fasse. 2, 95'.
BEULCHE.N, n. tuberculum, nnl. builtje.
BEULE, f. tuber, tumor, inflatio, qeschwulst, ein durch alle
deutsche zungen laufendes wort. Ulfilas bietet dar ufbauljan
rvtfovv sufflare 2 Tim. 2, 4, welches bauljan auf biulan zu-
rückweist, wie daupjan auf diupan. baugjan auf biugan. kau-
sjan auf kiusan, lausjan auf liusan. biulan aber w'äre flare,
blasen, und das goth. subst. bauljü, welchem ahd. pauld pa-
pula gl. ker. 226 zunächst stünde, so wie altn. beyla gibbiis,
da hüeker wie blase die Vorstellung geschwulst enthalten, neben
jenem paula besteht aber ahd. pCklä, piulä, piullä = piulia (Graff
3, 96. 97) und mhd. biule, nhd. beule ; vielleicht darf aus ahd.
pölislac (Graff 6, 773) auch ein pül geleitet werden, wie nnl.
buil f gilt. aqs. byle eurbuneulus, uicus, engl, bilc und boil,
fries. beil pl. beilar, also m. schw. bula tumor, dän. bule
und byld (/ür, bylle), merkwürdig aber haßet das schw. pari.
bulen tumidus, dau. bullen und davon gebildet schw. bulna.
däu. bulne, die man auf das verwandle altn. bulginn und
boigna (wovon gleich nachher) zurückbringt, die aber das or-
ganische pari, von biulan gewahren kOnnen. von uns entnom-
men scJieinl endlich das bCihm. baule und verkleinert bulka
tuber, da allen übrigen Slaven das wort abgelit.
Aus Li kann LG und LL werden, steiiit man höher, so
reihen sich an biulan baul, bauljan souol hilgan balg (um<rr,
balgs follis, der scJiwellende, geschuullne, altn. byigja, 5c/iir.
büija, dän. böige, mkd. bulge. die schwellende welle, als auch
altn. bulla ebullire, nhd. bullern hereorquellen, vielleicht ball
pUa, der scliwellende, ahd. polla, bulla folticulus. mit zutre-
tendem linguallaut belzan gemmas prolrudere (ip. 1456), aus-
polzen exsilire {sp. 925), ahd. O^arpulzan ebullire, holz der
torspringende, vordringende, im lalcin aber gleichen beides
das la'utverscliobne follis und ohne Verschiebung bulla, bullire,
bulga, uler und uterut. finn. pulla, Wasserblase, pullistan
Miflo, tumefacio. beule ist folglich aus biulan und bauljan,
wie blase aus blasen, ftarjun und pustula aus tpvoäy, tuber
und tuba aus ivepovv, tumor aus tumere.
Unter beule verstehen wir
1) die auf trocknen schlag und stosz oder fall erfolgende
geschwulst, im gegensalz zur einschneidenden, blut flieszen
machenden wunde: si ingenuus servum ictu percusserit, ut
sanguis non exeat, quod nos dicimus pulislegi. lex. Rip. 19. 1 ;
si quis aiium per iram percusserit, quod Alamanni pulislac
dicunt. lex Alam. 59, 1. mhd. ,
den n-art da gälünt ir brät
mit treten und mit kiulen,
ir vel truoc swarze biulea. Parz. 75, 8 ;
ü; dem palas sluoc er sie,
dar under maniger enphie
biule unde wunden. Krone 18878:
da wart von swaeren stüelen biulen harte vil geslagen.
Mb. 1868, 4 ;
nu var mit mir geio Kiuwental. da singet wol diu iule,
da ist diu rede ein wint, der slac ein biule. ilSU. 3, 261'.
nhd. ich hab einen man erschlagen mir zur wunden und einen
Jüngling mir zur beulen, i Mos. 4, 23; wund umb wunde,
beule umb beule. 2 Mos. 21, 25 ; der köpf ist mir geschwollen
oder voll bewein, so übel bin ich geschlagen. Alberus; was
thiit die am, deren ein kind verdingt ist? sie seuget das
kind, sie entschlafet es, und wenn es ein bül feit {eine beule
fällt), oder das im das rtiaul blaw wirt, so überredet sie es,
es hab gesprungen. Keisersb. s. d. m. 32' ;
itzt wirst du selbst voll schlag und beulen sein.
Grtphiüs 1,509;
. die wunden, seht mich an, die beulen, diese Striemen
sind lippea, darmit ich kan Jesus beistand rühmen, dat.;
die einem so guten spiritus auflegte, wenn man sich eine
beule gestoszen hatte. Göthe 14, 257 ; er konnte keine wunde,
kein blut, ja keine beule wahrnehmen. 19, 220 ; nach dem
schlag lief eine grosze beule auf; er hat sich eine beule ia
den köpf gefallen, gestoszen.
2) eine von innen her, aus bösartiger Stockung der säße
entstehende geschwulst, ahd. piullä papula, pustula. Graff 3,
96. 97 ; das ist das gesetz über allerlei mal des aussatzs und
grinds, über die beulen, gnetz und eitcr wcisz. 3 Mos. 14, 56 ;
meines leibs und gaisis beul aiier und gestank.
Wkckuerlim 151 ;
tn diesem sinn heiszt es eiterbeule, pestbeule, und in fluchen
pflegte man solche beulen anzuwünschen : got geh dir den rit-
ten, oder die beulen, oder die hünschl Keisers«.-*. d. m. 3S';
schweigt, das euch drus und peuleu augel fastn. xp. .^39, 40;
das müsz dich die beul und pestiienz ankommen ! Frey gar-
leng. cap. 65; das geb. dir und deim häufen s<>it die drüs,
beul und pestilcnz! cap. 105;
was gilis, er werd mich wider holen,
dir legen sanct Veliins beulen an! Atrer301':
andere belege stehen sp. 340 unter angehen, sjk 1671 unter be-
stehen. HuHBERG gebraucht beule mannlicJi und von pferden :
wann ein pferd unter der kehl oder drosz einen beulen ge-
winnet. 2, 203'.
3) früher bezeichnete beule auch das anschwellen des leibs
in der schwänget schaß :
das ir ein pctil aullief als ein salzscheib. fasln, sp.^b, 20;
bildträgerin. das sind frauen, die binden alle wammes oder
beiz oder küssen über den leib unter die kleider, um das
man wühnen soll, sie gehen mit kindein, und haben in zwan-
zig Jahren oder mehr nie keins gehabt, dusselbige htiszt 'mit
der beulen gangen.' experlus in Iruphis cap. 18.
41 gleich dem altn. beyla drücJile beule oder beul m. qib-
bus, die ijeschwulst des riukens aus: mit einem groszen beul
oder hufer auf dem rücken, buch der liebe 12'. den anato-
men heiszt eine art hervorragung oder forlsalz der knocken
btule oder höcker.
5) tn der baukunsl ist beule eine vorragende Verzierung am
gesims.
(i| becher, kannen, kessel bekommen beulen, irwin lAre glatte
Oberfläche durch fall oder stosz schadhaß wird, von einem
rersloszenen, bescliädigten hui läszt sich dasselbe sagen.
BEULEiN, tuberosum fieri, beulen bekommen, man kann
diet nur im part. praes. erscheinende verbum nicht dem qe-
mutmaszlvn allen biulan gleich setzen, es scheint erst aus dem
subst. gebildet: darumh ob wul der mensch ein göt gemächt
gottes ist, so i«t er doch also verderlit, beulend und unge-
stalt wurden. Fbank parad. 37* (3»l; bis dise all. beulend,
110
1747
BEULENKAPPE —BEUNDE
BEU^JDE — BEURB ARUNG
1748
rinnend kant {kannc) ganz zurlassen neu wirt. heillosigk.
eitelk. 105. vgl. ein- und ausbeulen sp. 830.
BEULENKAPPE, f. munimentum capitis, fallhul.
BEULER, m. ein lieuler und stumpfer. Kirchhof wendunni. 139.
BEUN'DE, f. ager septus, horliis, pratum, privatgrundstück, im
gegensalz zur gemeinweide, ahnende, ein alles, aber noch unaufge-
klärles wort, dessen formen erst umständlicher anzugeben sind.
1) ahd. biunda, piunta : infra fine, qui dicitur scalchin-
biunda. eh. a. 774 bei Zeusz Irad. wizcnb. n'133; Heibistes-
biunta. eh. finium wirzeburg. bei Massm. abscliw. form. s. 183 ;
Bubo ex duobus mansis et prato et de una biunda XXX
denarios soivere debet. descr. hubarum curiae Furde im cod.
lauresham. n* 140 ; curtilem iocum cum duobus pratis, quod
piunti dicimus. Kleinmayr cod. juvav. p. i96; Sigifrit de Pho-
lespiunt. MB. 9, 404; Eburespiunt, Tutilispiunt, Uochinpiunt
in andern bair. Urkunden mehr, so dasz alamannische und
fränkische biunda, bair. piunt, gen. piunti gewähren, der vocab.
s. Galli gibt clausura piunte.
2) mhd. Ilainrich in der bünde. mon. zoller. n° 249 p. 120
a. 1305 ; zwene morgen in den bünden. habsb. urbarbuch 8, 9 ;
Wernher Bor git von der bunten fünf Schilling. Neugart cod.
dipl. alem. 2, 461 a. 13G3 ;
da was versperret nilit diu biunt. Wh. 391, 7;
dö liefen durch des meiers piunt
hiujer peielinge dri
die stuonden da ze vröne maen und wolden riuten gras.
MSH. 3, 266- ;
wä im rücke unde biich
in der keverpeunle si. Heibl. 1, 177;
ich habe weder vclt noch biunt
durch ritterschall nihi überritten. .«^üochenw. 31,58;
llenslein ausz der peund. Diut. 2, 79. Hättl. s. 259 ;
Slucken üg der biund. Ls. 3, 399.
3) nhd. ouch söllent alle hofstetten und bunten der an-
dern frid geben, weisth. 1, 78 ; schargassen, widegassen sambt
den angebengten etlichen peunten. 3, 680. in der Schweiz
sagt man noch heute beunde, bünde, bunte. St.\ld. 1, 244 ; in
Baiern peunt, puint, paint. Schm. 1, 287 ; in Ostreich point,
peont. Höfer 2, 342. Dasypodids 82' hat bunt fundus, wein-
gart, acker oder malt, in JSürnberg hiesz der stadtbaiihof die
beund, und der ralhsherr, welcher zugleich aedilis war, der
herr in der beund.
4) da manche oberdeutsche Ortsnamen mit diesem wort ge-
bildet sind, wäre die frage nach niederdeutschen, im Braun-
schweigischen an dei- Oker ist ein dorf Biwende gelegen und
schon die Urkunden nennen Grotenbiwende, Westerbiwende,
Osterbiwende (Falke trad. corb. s. 20. 921. 924) ; anderwärts
erscheinen ortschapen des namens Bünde und bungarten. ganz
verschieden scheint das nnl. beemd weide, mnl. bampt.
5) in der Wetterau, auf dem Hundsrücken zeigt sich aber
die form beune : in die beune fahren, in die beune kommen
heiszen. weisth. 2, 151 ; in der herren wies, die beun genannt
gehen und mehen helfen. 2, 210 ; soll auch der gerichtsbot
mit den mahern in der beune, mit einem groszen kroge was-
ser zu tragen erscheinen, das.; ein garten stoszet uf der
hern bune. zinsbuch der pfarrkirche zu Grüningen bei Gieszen
vomj. 1471«' 40; zusehen dem jungen Hartman und der burg-
bunen. das. n' 95; ein garten stoszt unden uf der herren
beunen. das. n' 43. auch zu Unterßorstadt war die beune ein
umzäunter, an gärten stoszender acker. das volk spricht beune.
Hinzunehmen dürfte man das sp. 1196 angezogne baune ==
Biinaha, den an der baune, beune her ßieszenden bach, vgl.
Ecliardus de Bünahe in den Arnsberger Urkunden n 4\f> a. iil2.
6) Neügart a. a. o. erklärt: parva terrae arabilis portio,
plerumque prope domum seu villam sita, quae cannabi aut
olerum seminibus conseri solet, unde hanfbüntc. Stalder :
eingezäuntes stück land a) wo man hanf, flachs, rüben säet,
b) wo man bäume pflanzt, baumgarten. Schmeller: grund-
stück, das, ohne ein garten zu svtn, dem gemeindeviehtrieb
verschlossen werden kann, oder worauf das recht liegt, es ein-
gefriedigt und nicht eingefriedigt, ohne die auszerhalb zu be-
folgende zclgenabwechselung, zu jeder beliebigen art ackerfrüch-
ten, oder was sehr oß geschieht, blosz zu gras zu benutzen,
hie und da heiszen auch die im brachfcld zum anbau von
flachs, erddpfeln, rüben eingezäunten dcker pcimten, wbher
hortus, qui vulgo peunt dicilur, pratum quod dicitur nejjel-
peunt, nieiu eigen krautpeunt. die Wtndberger psalmen 380.
382. 383 verdeutschen Tinea mit winbiunte. Dasz die peunt
versperrt werden konnte, lehren die ausgehobnen stellen und
eben dadurch unterscheidet sie sich von dem offenen feld, mag
sie nun durch zäun oder Stangen gehegt worden sein; auch
scheint sie in der nähe des Wohnhauses gelegen zu haben, die
herrnpeunt, die burgpeunt bezeichnet einen besonders verschlos-
senen herschafllichen gras- oder baumgarten, imd der vorgesetzte
gen. Pholespiunt, Eburespiunt dessen eigner, das mähen in der
herren wies stimmt ganz zum mhd. ze vröne ma^n. von dem
gewöhnlichen mansus wird die biunda unterschieden, oft aber
auch von der wiese und dem garten, mit welchen sie anderemal
zusammenfallt, so kann beunde und beundehof einen gesonder-
ten feldraum, dem ein beundehofmann vorsteht, ausdrücken.
7) die unter 5 angeführte, freilich nicht die älteste gestalt
des Wortes läszt an das mlat. buna und bonna, terminus, Limes
denken, woraus engl, bound, prov. born, franz. borne ent-
sprangen, in den alten Urkunden des fränkischen reichs begeg-
net bunarium, bunnarium, bonnarium, engl, boundary allent-
halben als land- und ackermasz, obschon in allgemeinerem,
nicht in dem engeren sinn jenes beune. allein buna, bonna
selbst scheinen ungewisser abkunft und kaum aus dem lat. bodo
oder boto, terminus agrarius, durch die vermittelnde form bo-
dina herzuleiten; bodo als grundlage von borne und zugleich
von biunda anzusetzen wäre Verwegenheit, nirgend auch zei-
gen sich die jenem bunarium entsprechenden beuner oder mhd.
biuntaere. grOszern ansprach auf verwandtschaß mit piunta
hat in der that das ags. pund, engl, pound septum, clausura,
das für hürde tmd pfandstall gebraucht wird.
8) biunda, piunt sind in unsrer spräche so alt und klingen
so heimisch, dasz man hier kein mundgerecht gemachtes fremdes
wort, sondern ein echtdeutsches vor sich zu haben glauben darf,
weder aus binden, noch zunächst aus bauen erklären sie sich,
wie, wenn sie aus dem verschollnen part. biunti, piunti von
biun == ags. beon, engl, b^e, esse, manere übrig sind und
ganz einfach stalte, locus ausdrücken? aus wesan entsprang
ahd. wesandi, wesenti essentia (Graff 1, 1059), heimvvist do-
miciliitm, aus dän. väre esse, värelse substantia und domici-
lium, der ort wo man ist, und das part. beond ist noch im
engl, being erhalten, ja versucht wäre man auch das lat. fun-
dus = piunt auf fui und fuisse zurückzuführen, dasselbe
part. könnte ferner in der goth. partikel bijands zu suchen
sein, welche Philem. 22 a/ua wiedergibt; was zugleich und zu-
sammen, zur Stätte ist, das besteht und ist da. dies bijands
wäre im gothischen die merkwürdige, einzige spur des verb.
subst. bijan, mit dem wir bis auf heute unser bin und bist
bilden, mehr unter bin.
BEUiNDEN, includere, einfriedigen. Schm. 1, 288 führt peun-
ten aus der Salzachgegend an.
BEUNDNEM, bündnen, das land zum anbau der rüben, des
flachses, hanfs u. s. w. einfriedigen und bereiten. Staldep, 1,244.
BEUNEN, laevigare, polire, nnl. boenen. Maaler 65' hat
beünen, beizen, imbuere, und Sebast. Helber im sylbenbüch-
lein 1593 s. 45 beünen das ist beitzen. bei Stalder 1, 159 ist
beunen, bünen ein fasz mit heiszem wasser ausspülen, dann
aber auch düngen, imbuere, wobei sich nochmals an beunde,
gedüngtes feld, und an bau mist denken läszt. s. bohnen.
BEUNEHREN, dchonestare, heute verunehren : dasz das hei-
lige evangelium durch solche handlang beunehret und ver-
haszt wird. Luthers br. 4, 501.
BEUNFRUCHTBAREN, infertilem reddere.-
BEUNFRUCHTBARUNG, f Lohenst. ylrm. 2, 624.
BEUNRUHIGEN, inquietare, in unruhe vrj-setzen: diese
nacbricht hat die ganze Stadt beunruhigt; du beruhigst sie
nicht mit deinen reden, du beunruhigst sie ;
jetzt wer ich ewig' selig pwesen,
so hast du beunruhigt mich. Ayrer /isstn. sp. 95*;
der feind beunruhigte uns jeden tag mit einzelnen überfallen ;
geist des alten Moors, was hat dich beunruhigt in deinem
grabe? Schiller 135'.
BEUNBUHIGUNG, f. perturbatio.
BEUNSELIGEN, tnfelicem reddere: indem ich die blühende
Jünglinge mit alten abgelebten, unfruchtbaren, garstigen vel-
teln, die allcrholdseligstc Jungfern aber luit eisgrauen, eifer-
süchtigen hanreiern verkuppele und beunselige. Simpl. 1, 569
(1713, 575 nnbeselige).
BEUNTE, s. beunde.
BEURRAREN, feriilem efftcere, urbar machen: eine beide,
waldige gegend beurbaren.
BEURRARUNG, f. cultura: die beurbarung des laades
schreitet vor.
1749
BEURKUNDEN — BEUTE
BEUTE — BEUTEL
1750
BEURKUNDEN, teslimoniis firmare, Urkunden über ettcas bei-
bringen, bezeugen, dann überhaupt beweisen, darthun: die ge-
schichte musz beurkundet werden ; so wie die risse sein solides
" Studium der architectar beurkunden. Göthe 43, 103 ; die aka-
demie will durch die aufnähme in ihre mitte ihre Torzügliche
Schätzung der wahren literarischen Verdienste des aufzuneh-
menden beurkunden. Göei.ngr leben yicolais 56 ; eine niedere
kritik, besser eine beurkundende, und eine höhere, die man
lieber die divinatorische nennen sollle. Wolf mus. der alterth.
viss. 40. ahd. einfach urchundön (Graff 4, 425), mhd. Urkunden.
BEURKUNDUNG, f. nicht blosz die beurkundung sondern
auch die auslegung der heiligen schrift bedarf gelehrsamkeit.
Kant 6, 2S5.
BEURLAUBEN, l) commealum dare viililibus, congedier :
hundert mann vom regiment beurlauben ; dienstfreiheil für
einige zeit erlheilen; auch icol einen fortschicken, dessen man
sich entledigen will: sie hat ihren liebhaber beurlaubt, ver-
abschiedet, entlassen. 2) sich beurlauben, abire, abschied neh-
men : unser held verweilte sich nicht länger in Syrakus als
nöthig war, sich von seinen freunden zu beurlauben. Wielaxd
3, 179; bald darauf beurlaubten sich die neuangekommenen
wieder. 8, 284;
Kombab beurlaubt sieb. 10,265;
eben bat auch der mond sich beurlaubt. Voss Luise 3, 558;
eure Schwester will nächstens sich von Pfalzel beurlauben.
Fr. Müller 3, 321 ; beurlaubt sich {scheidet) die seele des
kranken vom einfallenden körper. J. Paul teuf. pap. 1, 108.
BEURLAUBUNG, f
BEURSACHEN, /(icere, creare, verursachen : ich hasse jeman-
den mit vielfaltigen begrüszungea überdrusz zu beursachen.
Bltschky kanzl. 52 ; ich wil nicht verhoffen, dasz ich solch
mistrauen wegen meines bisher geführten wandeis beursacht
haben werde. 270.
BEURTHEILEN, judicare, nnl. beoordeelen: ich beurtheile
dich nach deinen handlungen; andere mögen beurtheilen, ob
ich zu viel gesagt habe ; es ist nur schade, dasz wir das beste,
was in ihnen zerstreuet ist, nicht in einem vollständigem und
beurtheilcndern auszuge, als Farnabius und Schrevel davon
gemacht haben, besitzen sollten. Lessing 8,504; wir mahlen
mit äugen der liebe, und äugen der liebe müsten uns beur-
theilen. 2, 118.
BEURTHEILER, m. judex, aestimator. BEURTHEILERIN, f.
BEURTHEILUNG, /. Judicium.
BEURTHEILUNGSKRAFT, f Lessing 6, 416.
BEUSE, /■. pulex. Frisculins nomencl. 35, em ungewöhn-
liches, bei Nemmch untei- pulex fehlendes wort, vielleicht nach
dem franz. puce? bei Rollenhage.n scheint es vorzukommen:
und flucht Jnruiiib dem Prometheus
allerlei uniriiick, plag und beus.
froschm. U. 3, 1 (Ee 2'),
ICO man auch leus lesen könnte, es steht beusz, was schwer-
lich =•= beusch pl. von bausch, schlag, im munde des wil-
den manns nimmt sich das anwünsehen der plage des Unge-
ziefers leidlich aus.
BEUT, offer, praebe, tmp. von bieten.
BEUTE, /. praeda, spoliutn, Xeia, nnl. buit, altn. byti, schw.
byte, dän. bytte, engl, booty, franz. butin, span. botin, it. bot-
tino, tjleich dem verbum beulen unhochdeutsch klingend, was
die abgehende lautverschiebung erkennen luszt, da nnl. buit ein
nhd. bausz, wie huis haus, muis maus neben sich haben sollle,
und alle angeführten fremden Wörter hallen die tenuis fest,
auch erscheint weder ahd. noch mhd., in reinen denkmdlern,
keine spur des worts, wie hernach beim rerbum näher bespro-
chen werden soll. nhd. ist es allgemein durchgedrungen:
weil aber das volk heute nicht hat müssen essen von der
beute seiner feinde, die es funden hat. 1 Sam. 14, 30 ; ich
frewe mich über deinem wort. wie einer der eine grosze beute
kriegt, ps. 119, 162 ; wie man frülich ist, wenn man beute aus-
teilet. Es. 9, 3; das die widwen ir raub und die waisen ire
beule sein müssen. 10, 2; danimb wil ich im grosze menge
zur beute geben und er sol die starken zum raube haben.
53, 12; der sol lebend bleiben und wird sein leben wie eine
beule davon bringen. Jer. 38, 2 ; aber deine seelc wil ich dir
zur beute geben. 45, 5; und wil meine band über dich aus-
strecken und dich den beiden zur beute geben. Ei. 25, 7;
und da man nun dreiszig tage lang die beute ausgetbeilet
hatte. Jud. 15, 14 ; dem auch Abraham den zehenden gibt von
der eroberten beute. Ebr. 7, 4 ; beute ncmen. fasln, sp. 639, 6 ;
Reinhart thet das gewunnen gut an die beut tragen. Aimon
l4; die beut ist austeilt. Maaler 65'; es kam an die beut,
vntrde vertheilt; in die beule kommen, in parlitionem assujni;
trag einher külen wein
und schenk uns tapfer ein,
mir ist ein beut geraten,
die musz verscblemmet sein. Uhlaüd 584. Garj. 95';
er raubt und brent, auf beuten rent. 617;
der herzbg ist davon entronnen,
er bat scbendlicb verlassen land und laut,
will gern sehen, wo er sich erhole einer solchen beut.
lustig gesprech der teufet. 1542. 61';
Deutschland, das hohe welsch gebirg
bab ich durchlauten lang und zwerg.
ob ich ein beute mocht treten aus (vgl. austreten 5),
die ich meim herren brecht nach haus.
JoH. RöiOLT fein christl. spiel. 1563 C 5" ;
uf beut laufen, excurrere. Dasypod. 302' ; auf die beut laufen.
Reutter kriegsordn. 13 ; item es soll keiner aus dem läger nit
ziehen, noch auf die beule laufen (ausgehen). Frossp. 1, 34' ;
viel leul, viel beut. Garg. 254';
so grosz der Schönheit kraft, so süsz ist der lieb beut.
Weckherli.n 752;
so will ich, Myria, schreiben
die zeugnus ubsrer beut. 757 ;
gebet ihnen (den poeten) für das kränzen
was im beutel pQegt zu glänzen,
dieses bringt, ihr hohen leuie,
euch viel namen, ihnen beute. Logac 2, 5, 43 ;
Samson schlief bei Delila und verschlief sein haar und stärke,
solcher schlaf bringt auch noch heule solche beut und solch
gemerke. 3. 4, 52;
gieng sie (Venus), liesz zusammen raffen
aller' dieser küsse summen,
wo sie waren zu bekummen,
machte draus die honigleute (bienen),
dasz sie geben snsze beute. 3, 6, 10;
als wir Iglau bestürmt, Trebitz bezwungen, seind mir gute
beuten zugestanden. Simpl. 2, 124 ; brachten beuten. 2, 28 ; un-
terdessen aber hatte Solande dem armen Stolbio wieder zu dem
seinigen, sich aber zu einer feiten beute geholfen, pol. stockf 210 ;
ihm {dem schützen) gehört das weite,
was sein pfeil erreicht,
das ist seine beute,
was da kreucht und fleucht. Schiller 532';
alles was ich habe
dank ich spaten dir,-
reich und arme leute
werden meine beute,
kommen einst zu mir. llöiti todtengräberlied ;
sind alle deine siege, herrlichkeiten,
triumphe, beuten (spoils) eingesunken nun
in diesen kleinen räum ? A. Vv. Scblecel in Jul. Caesar 3, 1 ;
mit ningeheurer noth im kämpfe, schien
ich dem gemeinen blick des Wahnsinns beule. Göthb 9, 360.
so, eine beute des hungers, der pest, des todes. beute machen ;
etwas für gute beule (6onne prise) erklären, ohne weiteres an
sich nehmen, s. ausbeule, Jagdbeute, kriegsbeute.
BEUTE, /". alveus, 1) backlrog: der bccker soll auch das
backhaus im baw hallen mit müllen, Schüssel und mit der
beuten, weislh. 2, idO ; und so sie kommen vor das backhaus,
sali der becker fom hingeben und der arm man binden und
sali im helfen uf die beut. 2, 107. 2) der hölzerne bienen-
korb, ein holer klotz, in den die waldbienen bauen: wer ein
beuten niederfällt, ersteigt, aufliebt. weislh. 3, 898. hierfür
kommt schon ahd. piutla (Graff 3, 327), in Leibmtz coli, elijm.
p. 100 byda vor, und das lal. alveus bezeichnet ebenfalls mulde
wie bicncnkorb. glaublich gehört dies beute zu bütte, dolium,
beutel pera, ob zu bieten und beule, praeda ? s. beuten und
beutner. in piutla könnte gar pia apis stecken, s. binpculc.
BEUTEGIERIG, praedae avidus : ein beulegieriger löwe.
BEUTEL, ffi. pera, crumetia, ahd. pülil (Graff 3, 86), mhd.
biutcl (Bem. 1, 190'), nnl. buidel, meist eine tasche, die man
bei sich tragt oder anhängt, zumal geldbeutei, vielleicht abzu-
leiten von bieten offerre, praebere, insofern man gaben im
beutet darreichte und anhängte: •
diu frouwe in ir biutel vanl
einen brief, den schreib ir mannes bant. Parz. 55, 17;
in ir biutel si in (den gürtet) stie;. Wigal. 139, 11;
koaben, die voll schwer beutet haben, fastn. sp. 703, 7;
und künden mir mein peuiel schwanken. 757, 9;
als mancher güldein wird da gezalt,
die werden im von dem konig geschenkt
und in eim seiden peutel an sein hals gehenkt. 762, 13;
und wan si uns di peutel stellen,
so weren si dan gut gesellen. 997,2;
band zween cenlner Silbers in zween beuteL 2 kirn. 5, 33;
woge es mit uns, es sol unser aller ein beutel sein. spr. Sal
110*
I7bl
BEUTEL — BEUTELFÜLLER
BEUTELGANS— BEUTELREUTER 1752
1, 14 ; die mentel, die scbleier, die beutel. Es. 3, 22 ; sie
schütten das gold aus dem beutel. 46, 6; und welcher geld
Terdienet, der legts in einen löcherten beutel. Haggai 1, 6 ;
traget keinen beutel noch laschen (ni bairaij) pugg nih mati-
balg). Lue. 10, 4; so oft ich euch gesandt habe one beutel,
one laschen und one schuh. 22, 35 ; er hatte den beutel
(golh. arka habaida) und trug was gegeben ward. Joh. 12, 6.
13,29; alte beutel schlieszen übel; aus eignem beutel zehren ;
aus andrer leute beutel ist gut zehren; aus fremden beuteln
ist gut blechen ; thu den beutel nicht weiter auf als er ge-
schlitzt ist ; nach dem beutel richte den schnabel ; wo mein
beutel aufgeht, da raucht meine küche; voller kröpf macht
leeren beutel; so geht es in der weit, der eine hat den beu-
tel, der andre hat das geld ; durch den Strudel oder beutel
lassen laufen. Frank spr. 2,91'; wir müssen selbs fortan für
alle unsere sünd aus unserem eigenen beutel bezalen und
gnug thun. hienenk. 99"; den strengen durchlauf im beutel
bekommen, llü'; und sind insonderheit geplagt mit dem
durchlauf des beuteis und mit der geldsucht. 242*; meinen
eignen beutel spickte. Simpl. 2, 124 ; geld in beutel schieben.
ball. stud. 15, 130 ; ich habe noch Juckeln überm hals, der reiszt
mir miichtig im beutel. Scnocu sind, leben H ; der hat glück, der
aus eines reichen herrn beutel lernet bauen. Schuppius 55 ;
greife langsam nach dem beutel und oft nach dem hut. 263; auf
seinen eignen beutel reisen. 267; den knöpf auf dem beutel
haben (nichts heiausrücken) ; den beutel ziehen (bezahlen) ; den
beutel immer auf haben; er lügt in seinen beutel;
arm am bculel, krank nin herzen. Göthe 1, 19$;
■ das läglictie mahl
schmackhaft stets zu bereiten und ohne beschwerde des
beuteis. 1,342;
zu schwach Ist sein beutel,
das bcdürfnis zu grosz. 40,261;
da bracli es auf da lag es kund und olfen,
aus welchem beutel ich gewirtschaft hatte. Schiller 343';
dazu musz man einen ganz andern beutel haben als er. Lenz
1, 90. die Türken pflegen nach beuteln zu zählen. Das volk
versteht unter beutel auch das scrotum von Ihieren und men-
schen (ScH.M. 1, 219); beutel nannte man das vermögen einer ge-
meinde oder genossenschaß, daher armenbeutel, gemeiner stadt-
beutel, vgl. budget = beutel. in der müle ist beutel ein wollner
$ack, durch welchen der mchlstaub geschüttelt wird: das mehl
durch den beutel laufen lassen, franz. bluter, mlal. buletare,
und der beutel selbst buletelus, bultellus, franz. bluteau.
BEUTEL, m. für meiszel (in locbbeutel, Stechbeutel) ist
unhochdeutsch und aus beitel, wie man wenigstens schreiben
sollte, für beiszel {sp. 1399) entsprungen, oder gleich dem fol-
genden aus boszel.
BEUTEL, m. ein hölzerner schlegel zum. klopfen des flachses,
sollte hochdeutsch boszel, ahd. pöjil (Graff 3, 233) lauten,
wie man harapöjo stipula lini sagte.
BEUTEL ARM, m. in der müle, ein langer stab zur befesti-
guHij des mehlbeutels.
BEUTELARM, was beulelkrank, arm an geld, gcldarm.
BEUTELAÜSLEERER, m. expilator crumenae. Stieler 1107.
BEUTELAUSLEERUNG, f alle eintritte in grosze Verän-
derungen und neue reiche waren von jeher mit beutelaus-
leerungen verknüpft. J. Paul dämm. 130.
BEUTELCHEN, n. sacculus: in diesem licutelchen sind hun-
dert louisdor. Lessisc 1, 551.
BEUTELDRESCHER, m. excussor marsupii : da liesz er mit
dem ablas/ etliche beuteldresclier ausgehen. Luther 8, 245*;
kein beuteltrescher, kornkäfer, weinentweiher (komm ins ge-
stiftete klosler). Garg. 2S0'.
BEUTELECHZEND , praedam appetens: gefräszige thiere,
die beutelecbzende rächen aufsperren. Fb. Müller 1, 367.
BEUTELEIN, n. sacculus : des glaubens secklin habe zwei
bentlin. Luther 3, 279'.
BEITELFASZ, n. ein lederner sack, der oben zugexogen
werden kann, mhd. biulelvaj. '
BEUTELFAUL, lentus tn solvcndo.
BEUTELFEGER, m. purgator marsupii, crumeniseca, saccw-
larius, was beuteldrescher: man heiszt sie {die advocaten)
gemeinlich beutelfeger. catisenmacher vorrede. Stieleb 451.
BEUTELFEGEREL f.
BEUTELFÖRMIG, wie ein beutel geslallcl, saeculatus.
BEUTELFLLLER, f«. ei goll ist nit ein beutel- und kaslcn-
fü'iler. ein schöner dialogus von Marl. Luther und der ge-
schickten botschaß aus der helle. 1523 A 3'.
BEUTELGANS, f pelekan.
BEUTELGARN, n. fischernetz mit einem beuleL
BEUTELGELD, n. was die becker zur Unterhaltung des beu-
teis in den mülen entrichten.
BEUTELHAND , f tumida manus ? meiner (mein becher)
durchsucht alle anderen, beseh dis zipperlin, schaw dise beu-
lelhänd ! Garg. 87'.
BEUTELHARZ , n. das beim pechsieden aus dem sack flie-
szendc.
BEUTELHERR, m. aerarii curator, seckelmeister.
BEUTELHULFTER, m. marsupium: da er ihr (seiner frau)
das meiste geld in ihren beutelhulfter gosz. J. Paul Siebenk.
2, 137. s. holfter, hulfter, das besser weiblich ist.
BEUTELIG, se corrugans, perforatus, cavernosus : von klei-
dungsstücken, nicht anseht ieszend, beulet machend, ungeschickt
weit, im bergbau, löcherig: beuteliges spieszglanzerz.
BEUTELKASTEN, m. mehlkasten, in welchen aus dem beutel
das mehl fällt, peutelkast, farricaptio, farricapsia. vocab.
theut. Nürnb. 1482. y6'.
BEUTELKRANK, was beutelarm.
BEUTELLAUS, f. aphis bursaria.
BEUTELLEGELE, n. was beutelfasz, fäsziein? Fischart
führt Garg. 20' unter den bücherliteln an: die schiffart zum
beutellegele. legele ist laguncula, von lagel lagena.
BEUTELLEHN, n. ein erkaußes, mit geld verdientes lehn,
im gegensatz zum erblichen, s. seckellehn.
BEUTELMACHER, m. bursarius, seckler, bursner. vocab.
theut. 1482. y 6'.
BEUTELMEISE, f parus pendulinus, weil sie ihr nest, wie
einen beutet, an die bäume hangt; dem volk an vielen orten
ein heiliger vogel, dessen nest gegen den blitz schützt und
über die hausthür befestigt wird. vgl. Vogelnest, zeisignest
und mythol. 647.
BEUTELMÜLE, f
städie sind die bcutelmühlen, und das land ist müllergasl,
jedem wird daselbst zu staube, was sein beuiel in sich fasit.
LoGAU 2, zugäbe 192.
BEUTELN, cernere, cribrarc, sieben, sichten, mhd. biuteln
(Ben. 1, 190*), im vocab. theut. 1482 y 7' peuteln, pollitriduare,
tritonisarc, taratantarisare, das mehl durch den beutet, durch
das sieb laufen lassen, wie in der müle und bei den beckern
geschieht; gebeuteltes mehl, farina bultellala, gebeutelt oder
schönes mehl. etlich menschen seind gleich wie ein mehlbeutel,
wenn man mehl beutelt, so feilt nur das sauber mehl da-
durch und bleibt nit in dem beutel, denn nur der wüst.
seh. u. ernst cap. 330; Eulenspiegel beutelt das inel in den
monschein. cap. 20 ; ein weit gewissen, dardurch man junge
hund möcht beutlen. kriegsb. des friedens 129 ; nun müssen
wir die alten vätter auch reutern (sieben) und beuteln, bie-
nenk. 3ö'; und alles was von ihnen geschriben worden, das
beutelt sie (die kirche) vor, und behalt darvon die schönste
kleien. 40"; darumb hat sie disz ein wenig unter einander
gebeutelt. 99'; was auch von sprcuwcr, kleien, so von den
fruchten gegerbt und gebeutelt werden, vorhanden. Fronsp.
1, 128'; was kann aber daraus nicht gemacht werden, wenn
es (das hinterkorn) von geschickten meistern und meislerin-
nen geworfelt, gemalen, gebeutelt und verbacken wird? Moser
patr. ph. 4, 48. sich beuteln heiszt l) sich schütteln, wie man
thut, wenn einen der schauer überläuß ; den köpf bciteln (/. beu-
teln) schütteln, ßiegenw. 22. 2) falten bilden, von zu weit ge-
machten kleidern: das futter beutelt, sackt sich; die nath beu-
telt sich. s. beutelig.
BEUTELN, von beutel = boszen : den flachs mürbe beu-
teln, klopfen; oder kann man darunter verstehn, durch die
hechel laufen lassen, gleichsam sieben?
REUTEI.NEST, n. nidus saeculatus. s. beutelmeise.
BEUTELNETZ, «. was beutelgarn.
BEUTELNFSTLER. m. ein vogel, der sein nest beutel förmig baut.
BEUTELPERÜt^KE, f capillamentum saccnlarium. perücke,
deren hinterhnar in einen beutet gehängt ist: zopf- und lieu-
telperücke. J. Paul Fibel 33.
BEITELPOL, «J. liier hielt er ihm den einen mit einem
ringe zugeschraubten vollen beulelpol mit der erkliirung vor.
J. I'aui. fteqelj. 4, 35.
BEUTELRATTE, BEUTELRATZE, f didelphis martupialit
et Opossum, ein vierfüsjiges Ihier, das seine gebornen jungen
in einem beutel am bauch trägt.
BEUTELREÜTEH, f. was bcutelsieb : darilber (über dem
1753
ßEUTELRI>'G — BEUTEiN
BEUTEN
1754
ofenloeh des baekofens) soll es die beutelreuter haben and
unten die aschengrnb. Sebiz 29.
BELTELRI.NG, m. kauft er einer ein peulelring. fasin. sp.
M4, 5.
BEUTELSACK, m. cribrum: o wie ein gut werk thet der
poetisch kornwerfer derselbigen mül, wann er den römischen
beutelsack bald iiesze ausgehn. bienenk. 3ä' ; all schrift musz
durch den römischen sieb- und beutelsack. 40'.
BEUTE LS CHiNEIDER, m. crumeniseca , taschendieb: du
sollst morgen sein, wo man die schelmen, betrieger und
beutelschneider abstrafet. Gbyphics I, 930 ;
der beutelschneider bie bat bald den sträng erlitten.
Weckherlim 817 ;
die grimassenmacher, quak?a!ber, gaukler, taschenspieler, kupp-
1er, beutelschneider und klopffechter tbeilen sich in die weit.
Wieland 8, 122 ; unter eine gesellschaft von bentelschneidern
geralhen. Fr. Müller 1, 278.
BEUTELSCH.NEIDEREI, f. callidum furtum: beutelschnei-
derei ist die beste kunst.
BEUTELSCH.NEIDERIN, f.
ihr habt noch nicht sie mir verbrannt als hexen,
noch nicht gestäupt als beutelschneiderinnenl Piate.> 295".
BEUTELSCH.NEIDERISCH: gott hat an solcher beutel-
schneiderischen klugheit keinen gefallen. Scncppics t43.
BEUTELSIEß, n. feines sieb aus pferdehaareiij poUinarittm
cribrum. Sebrancs t2'.
BEUTELSTECKE , m. was beutelarm, slab am beutet der
müle. nach Fischart ist die hausfrau : ein lebendiger baspel
und bratspisz, des manns mül und unrüwiger beutelsteck.
Garg. 75".
BEUTELSTOLZ, geldstolz, auf sein vermögen pochend.
BEUTELTHIER, n. beutelratte.
BEUTELTUCH, n. pannus cribrarius, mhd. biuteltuoch : nur
an galgen, eh er umbfall. schick in gen Wien nach beutel-
tuch. Fr.4Nk spr. 2, 80'.
BEUTELUSTIG, praedae cupidus.
BEUTELWELLE, f. die «eile, welche den beulel in der
müle bewegt.
BEUTELWISCHER, m. Waldis vom official des hisehofs:
er ist ein rechter pfennigtiseher,
ein seckelspüler, beutelwischer. päbst. reich 2, 2.
BEUTELWURST, f., wofür man auch sagt wurstbeutel.
BEUTELZAUSER, m. was beutelschneider: beutelzauser
und geltmauser. Garg. 190*.
BEUTEMACHER, m. praedator.
BEUTEN, wie schon bei beute gesagt wurde, erscheint nicht
in reinmittelhochdeutschen denkmälern, zuerst im passional,
vnd stimmt in seinem lautrerhalt zu fremden wortformeit. das
altn. byta bedeutet sowol commulare als distribuere, das schw.
bjta mutare, permutare, partiri, im dän. bytte herscht die Vor-
stellung von tauschen, wechseln, mit recht leitet Ihre aus der
des vertheilens auch die der beute, praeda, es geht ans beu-
ten, an die beute, will sagen ans austheilen des gewonnenen,
genommenen, geraubten guts, welches nun in andere bände
kommt, seinen herrn wechselt {vgl. ausbeuten), nicht anders
ist das nd. hüten, nnl. buiten, beides tauscheti und erbeuten.
Die bedeutung von austheilen zeigt sich auch im passional:
diz geben undc diz büten. JT. 27, 22;
so wie von tauschen, verkehren, handeln:
ila^ si mit cristenh^ten
treib also manic böten,
ilai Paulus solde bitten
JT. 32, 4 ;
.laj
alda mit den läten. //. 19«, V>:
häufiger die von rauben, im krieg erbeuten, streiten und zanken:
lind lie^e bie ilit hüten
iinilc tiat, jemerliche leben,
ilenie ich si lange bin ergeben. //. 32, 27;
man begomle va«te bi'iten. K. 42, S;
ir iirlouge und ir bilien. K. 386. 2;
durch ir unrehtej böten. A'. 596, 30;
il.H {gut) wolile »in vil hö«er miit
alle; t» im büicn. A'. 639, 75;
sieb hüb da michel böten. A'. 668,86;
dock verdienen noch andere stellen dieses gedichls nähere er-
wiqung, als ihnen hier gewidmet werden kann.
Heiisch sp. 355. 358 vermischt heuten «nrf bieten, indem
er neben letzterem ein ganz falsches heulen offerre, largiri
{wie neben biegen ein beufen) ansetzt; man braucht nur das
nnl. biedea und buiten zu tergleichen, um die Verschiedenheit
beider Wörter zu gewahren. aucA Dasvpodics führt 303' beuten
ßr bieten tindicare, liceri) auf, und gar kein beuten prae-
dari; Maaler 65' hat das subsl. bent, nicht das verbum beu-
ten, so ungewohnt musz es damals noch hochdeutschem ohr
gewesen sein.
1) beuten = tausclien, wechseln erseheint nur bei Lcther
(doch nicht in der bibel) und Mathesics: diser psalm ist mir
lieber, denn des bapsts, Türken, keiser und aller weit ehre,
gut und gewalt, wolt auch gar ungerne umb disen psalmen
mit ihnen allesampt beuten. 5, 43'. br. 4, 66 ; aber dennoch
bin ich ein partekenhengst gewest und durch die schreibfed-
der so fern komen, das ich itzt nicht wolt mit dem türki-
schen keiser beuten, das ich sein gut solt haben und meiner
kunst eniperen. 5, 1S4'; könde ichs thun, so wolt ich mit
euch beuten, tischr. 350'; und da schon gewerbe gewesen,
hat man da gewechselt oder gebeutet, und wahr an wahr ge-
stochen oder partirt. Math. 16i'. spätere haben diese bedeu-
tung nicht mehr, auch Stieler nicht. Frisch 1, 90* kann sie
nur aus nd. büchcrn beibringen.
2) beuten = praedari, praedam agere, eapere :
Weisheit von tninken leuten
und tvidergeben nach peuten. fastn. sp. 1337 ;
sollen sie um ihr mishandlung gestraft und aufs wenigst ihr
hab und gut gebeutet (eingezogen) werden, landfr. von 152!.
15; dieselb sache nam er, gieng davon und liesz die andern
beuten, was sie wollen. Kirchhof wendunm. 101';
mag wol
Schwert, bunger, pestiienz dem niemals satten tod
ein tausend seelen beuten. WecKucRLi>( 198;
um Deutschland stund es noch so wol,
da Deutschland nur war gerne voll,
als da es triegen, buhlen, beuten
gelernet bat von fremden leuten. I.ocal' 1, 7, 16;
raubt und beu et, was jeder lind.
Jac. Vogels ungr. schluckt s. 39:
weil mir ein landsmann sagte, dasz man unter den Bran-
denburgiscben ehe als unter den kaiserlichen, indem sie der
Montecuculi gar zu scharf in ordre hielte, etwas beuten
könte. ped. schulf. 209 ; die kriegsleute stehlen nicht, son-
dern sie beuten; auf beuten ausfeilen ; ein pferd beuten,
equum pracmiari. Stieler 141 ;
beutet man doch im gefecht hornvieh und gern .stetes lleinvieli.
Voss ;
sandte die ganze reiterei gegen die zerstreuten beutenden
feinde. Stolberg 8, 364. man sagt heule lieber beute machen
und erbeuten.
Verkennen läszt sich nicht, dasz zwischen beute, beuten
und dem sp. 1157 — 59 verhandelten hatte, hatten eine gewisse
anahgie stattfindet, beidemal scheint ein unhochdeutsches T zu
uns vorgedrungen und sich geltung erworben zu haben ; beide-
mal wäre nach dem von der spräche sonst eingehahnen gang
ein hochdeutches Z 21« erwarten gewesen, dort aber wurde ge-
sucht, die Störung durch annähme eines organischen ahd. T,
detn alls. D entsprach, zu entfernen; wie wenn derselbe fall
auch hier schein gewönne? dann bliebe nichts anders übrig,
als die vorhin an Hemsch getadelte Vereinbarung von beulen
und bieten gutzuheiszen, und aus diesem auch jenes abzu-
leiten, lauschen beruht auf gegenseitigem bieten und anneh-
men, bieten ist praebere = praehibere, hinhalten, darreichen,
und praeda nicht aus prehendere. vielmehr \wie praes, pnie-
dis) aus prae dare 1« deuten, was aber in praedari rauben,
praedo rauber umschlug, gerade wie bieten praebere in Iteii-
ten, nehmen, rauben, der tausch und weehsel wurden zu streit
und raub. Kann solche Versetzung der begriffe sich rechtfer-
tigen, so wäre anzun^men, einmal dasz neben dem ahd. pio-
lan o/ferre auch ein schwaches piutan, pftlan prael. ptiHa
praedari, neben mhd. bieten ein hinten praet. hiittc bestehen
konnte, wiewol sie nicht vorkommen, auszer ziiletzl im passio-
nal; dann aber, dasz die nd. und nord. dialecte ihr hüten
und byta aus dem hd., mit beibehaltnem T, erborgt hiitlen.
In den umfang der würzet bieten scheinen nun aber auch die
folgenden gleichlautenden verba zu fallen, die wegen ihrer ab-
weichenden bedeutung bisher gesondert aufgestellt wurden.
REITEN, excitare fociim, feuer anlegen hat Frisch !, 91*
aus Apherdian, und Köpke im wb. zum pass. "08* vermutet es
auch in der vorhin angezognen stelle
man begondc vaste böieti \1. •-.
obgleich sie zu allgemein redet, und das it. bottarc 11 fuoco.
1755
BETEN — BEUZEL
BE VÄTERN — BE VOLKEN
1756
franz. bouter le feu vielmehr auf ahd. pügan, goth. bautan
wiese, auch sagt man nd. für büten {brem. wb. 1, 126) nicht
hüten, nnl. het viiur boeten, nicht buiten, schw. böla eld
(Ihre 254), nicht byta. nhd. ist weder beuten noch boszen
oder büszen gebräuchlich in solchem sinn, wol aber hat man
aus nd. böten zaubern ein falsches nhd. beuten gemacht, z. b.
im nolh- und hülfsbüchlein, ausg. 6 (1789) s. 271.
BEUTEN, alveo in silva examen indere. Frisch 1, 91". beute
alveus, bedeute es hacklrog oder bienenkorb, ahd. piutta (/ur
piutia?) leidet vielleicht Zusammenstellung mit piot, mensa,
lanx, ags. beod, goth. biuds, altn. biodr, mensa, discus, or-
bis, die sich von piotan, biudan, bieten praebere, darreichen
ableiten, es ist ein zum backen und für die bienen zum bau
bestimmtes gefäsz, und die honigbeule wird an den bäum ge-
henkt, wie der beulet an den hals.
BEUTEN == beiten, exspectare (oben sp. 1403) : beuten, ge-
dultigen verzug hallen. See. Helbers sylbenbüchlein 1593 s. 43.
BEUTENHACKE, f. eine axl zum aushauen der wilden bie-
nenstöcke oder beuten. Frisch 91' schreibt beuthacke ; peul-
hacke. weisth. 3, 897.
BECTENHEIDE, /. s»7fa in qua propter examina silveslrium
apum aluearia in arboribus suspensa sunt. Frisch ßhrt die
beutenheide bei Storkau und Patisin an.
BEUTENHONIG, m. preusz. kammcrordnung von 1648 §. 67. 68.
BEUTENLEIM, m. die masse, womit von den bienen alle
rilze der beute verklebt werden, sonst vorstosz, vorwachs, pro-
polis genannt, s. beth.
BEÜTENSALBE, f scheint dasselbe.
BEUTENSTEIGER, m., der die beulen im loalde besteigt,
beutner.
BEUTENZINS, m. reditus ex alvearibus silvestribus.
BEUTER, m. praedo, Xrjarrjs, räuber:
zerstören, verkehren und alles verzehren
und Städte und sclilösser und dörfer verheeren,
das machen die beuter
und tapferen Streiter. Hanmann zur poeferei s. 241.
BEUTERIN, f Irfvrii:
aber ein werk ist dieses der beuterin Pallas Athene
{jid'rivairi^ ayslsirjs). Voss Od. 16, 207.
BEUTESPENDERIN, f dasselbe:
noch vergaszen nicht dein, Menelaos, die seligen götter,
dein besonders nicht die beuiespenderin Pallas.
Udrger 214*.
BEUTESCCHTIG, praedae cupidus : die Dänen selber, beu-
tesüchtig, zerstreuten sich. Dablmann dän. gesch. 1, 176.
BEUTETHEIL, n. pars ex praeda competens, theil an der
beute :
wir trugen unsrc glieder feil
und holen unser bcuietheil. Göthe 41, 286.
BEUTETROSZ, m. er raft seine knechte zusammen, theilt
sie in häufen, fällt auf den beschwerlichen beutetrosz, ver-
wirrt die sieghaften. Göthe 24, 209.
BEUTEVIEH, n. es lindet sich alles unser beutevieh schreck-
lich zugerichtet. Lessing 0, 307.
BEUTEZUG, m. die Griechen musten sich die nahrungs-
raittel . . . durch beutezüge gewinnen. Beckers weltg. 1, 265.
BEUTFERTIG, promptus adpraedam: zorniger, beutfertiger
ist kein menscii. kriegsb. des fried. 41.
BEUTHAFTIG, aptus ad praedam: weil ich lang nichts
beuthaftiges erschnappt iiatte. Simpl. 3, 06.
BEUTLER, m. bezeichnet sowol den, der beutel macht, rie-
mer, lederarbeiter, als der durchbeutelt, durchsiebt.
BEUTLING, m. bus castratus. kommt in einigen landstri-
chen, z. b. an der Leine und Weser vor.
BEUTNER, m. apiarius, zeidler, bienenwdrter. man sehe
über die beulner in I'reuszen Jon. Voigt 6, 580 und J. C. C.
Ölrichs das büthenerrecht im lande Lauenburg und Bütow.
Berlin 1792.
BEUTPFENNING, m. was beutetheil: dies häupt soll nun
meines königs Dagobcrti beutpfenning sein, buch der liebe 15' ;
mit einem reichen beutpfenning erfreuwen. Kirchhoi' mil.
disc. 207 ; alda man auch des amirals haupt dem papst in
einer bulgen gen Rom zum bcutpfcnnig hat schicken müs-
sen, bienenk. 128*; fabeln von Judas strick, welchen der
Fronsperger für ein beulpfennig von Rom heim bracht. 190';
«in Turkn zum peiitpfenning brecht. Scuhklzl David 13'.
hemerkenswerth für den begrif der beule ist dies darbringen
von feindcshäuptern als beutetheil. gesch. d. d. spr. 141. 142.
BEUZEL, m. tuberculum: das ros hat underweilen über
den ganzen leib zwischen haut und fleisch kleine bcutzelen,
die man basser greifen als sehen mag. Sedter 59. bei Stie-
ler HD und 266 beizel, bützel, tuber jumentorum. beizel scheint
richtiger.
BEVATERN, zum vater geben, machen. Böttiger lil. zu-
stände 1, 165. s. bemuttern.
BEVERSEN, versibus celebrare, besingen: hier haben sie
auch wie mich die Karschin beverset hat. Göthe an fr. von
Stein 1, 170.
BEVETTERN, zum veiter machen:
der die lügend selbselbst bevettert. Riemers reime dich s. 93.
BEVIELEN, laedere, einem zu viel, lästig sein, einen ver-
drieszen. dies, den meisten mhd. dichtem geläufige wort \gramm.
4, 232) ist auch im 15 und 16 jh. noch unerloschen, wie fol-
gende stellen darthun:
und last euch trauren nit befiln. fasln, sp. 46, 11;
iedoch sol es mich nit befilen,
\f;h wil der siben frcud mit in spilen. 267, 18;
darumb mir nichts an ir befllt,
das sie mir sei mit ausgeben zu milt. 104,34;
weise frau, lat euch nit beulen
einer kleinen frag. 171, 5 ;
er ward nie recht genennei mill
den seiner milte je bevill. Brants Freidank 14',
wie schon im urtext:
ern wart nie rehte milte,
den milte bevilte. Frkid. 86, 23;
lug euch, das es in nit bevilt,
rae enden, dann man im entpfilt. Brants narrensch. 221 ;
lug, wann du gröszers heischen will,
das dich des kleinen nit bevilt. Branis Cato A 5';
der soldan sprach mit werten milt,
sollicher arbeit mich nit belilt. hist. von Thorelle BV;
mein fraw die schreit,
zu aller zeit
thust mir das mein verspilen,
dich thut ganz nichts befilen.
Volkslied des 16 jh. von frau Hiltgarl;
laszt euch deshalb keiner muhe und arbeit befilhen. Job.
VON Schwarzenberg der zutrinker und prasser instruction. Op-
penheim 1512. D3;
der alt sagt, junger mich befllt,
das du dich sagst vom adel sein.
WiCKRAMS bilger J 3 ;
wenns dann ein armen man bevilt,
so sagt er, gfelt dirs nicht, lasz lign.
Rebhuhn klag des armen mannes s. S ;
der keiner der ist nicht zu haus,
drumb laszt euch nach ihm nicht beviln.
Ayrbr fasln. 25' ;
es ist nit ohn, der hochmul des ritters mich nit weniger
dann euwer jeden befilcht. Galmy 130. später kommt das
wort ganz ab. die Schreibung befilhen, befilcht ist falsch,
denn dasz man von vil (multum) ableiten müsse, zeigt das
nnl. vervelen mulliplicare, cumnlare und cumulando taedium
afferre: dal gehabbel verveelt mij, das geschwätz verdrieszt
mich, des geschwdtzes ist mir zu viel, dies vervilen erscheint
auch einigemal nhd., wie mhd. neben beviln zuweilen erviln.
BEVO(iELN, aream aucupatoriam instruere: das weidwerk
mit dem federspil, das beiszen und das bevogeln der vogel-
herd. Sehiz 559.
BEVOGTEN, dare tulorem alicui: nit mer bevogtel, sunder
selbs herr und mcister über sein gut sein, venire in suam
tutelam. Maai.er 65*; gewaltige Völker bevogten, magnis gen-
tibus imperitare; die witwe bevogten. Geszlers re/Aon'ca 38' ;
ein kloster bevogten; exn^^n h. (in schütz nehmen). Haupt 6, 44;
als aber nach dem ein keiser ward,
wurden sie bevogtet streng und hart.
spiel von iVilh. Teil A5';
ein zweiter vaier werde, der zum schütz
dem knaben sei, und der das herzogthum
bevogte (verwalte) bis zu Ernstens mundigkeit.
Uhlands Ernst s. 92;
beide (die fürstin und der minister) hallen sich längst zu
reichsvicarien und zeplerjägern des Staats bevogtel. J. Pacls
Tit. 1, 151; so reutet ein sfant, der die sceien zu bevogten
hat, anfangs nur das unkircliiiche irrige denken aus, eh er
alles denken überhaupt wcgschafl. biogr. bei. 1, 160.
BEVOLKEN, frequentarp. bevölkern, franz. peupler: eine
Stadt, die mit allerhand gcsindlin bevolkt war. Zinkcr. 391.
15 ; nachdem aber die Römer der Deutschen eigenlhüiiiliche
guter antasteten, nemlich noch Placenz und Cremona mit
etlichen tausend römischen einwohnem bevolklen. Lohenst.
1757
BEVÖLKERN— BEVOR
BEVOR
1758
Arm. 1, Si: ; ihm zu gefallen hat er die erde mit unzehlbaren
thieren bevolket. 2, 736.
BEVÖLKERN, dasselbe: einen ort bevölkern ; die Stadt ist
schwach, stark bevölkert; Amerika wird von Europa aus be-
völkert; erhandelte die schönsten Sklavinnen, um das harem
zu bevölkern. Klinger 5, 113. figürlich, jedes neue buch, wo-
mit er die weit bevölkert. J. Päcl Hl. nachl. 4, 2.
BEVÖLKERUNG, f. frequentia, einwohnerschaft.
BEVÖLKERüNGSMlTTEL, n. Wieland 7, 223.
BEVOLKUNG, f. Lohenst. Arm. 2, 756.
BEVOLLKOMMNUNG, f. perfectio, Vervollkommnung: die
durch verschwindende geisterreihen laufende bevoUkommnung.
J. Padl Kamp. 72.
BEVOLLMÄCHTIGEN, potestatem tribuere, vollmacht geben.
BEVOLLMÄCHTIGER, m. mandator.
BEVOR, prius, antea, eine parlikel, die schon ahd. pifora
und pifuri lautete (Graff 3, 620), mhd. bevor, im gegensalz
zum alts. biforan, ags. beforan (engl, abgeschliffen in before),
mnd. bevoren, bevorn, nnl. bevoren, ebenso verhält sich un-
ser gleichbedeutendes zuvor, nnl. te voren. auch bei mhd.
dichtem, die ans nd. streifen, erscheint bevorn (Haupt 8, 418)
statt bevor, und überhaupt hat man biforan, bevorn ßr orga-
nischer zu halten, als unser hochd. bevor, vgl. vom, vornen.
bevor wird meislentheils als adverb, zuweilen als conjunction
verwandt.
l. bevor, adv.
1) man bemerke seine Verknüpfung mit hie und da (ehmals,
damals),
ahd. sie hiar bifora zelitun. 0. TV. 16, 46:
mhd. ein man hie bevor was. kaiserchr. C873 ;
8^ beten hie bevor die gröjen fürsien nihl gelogen
dur Hute noch dur lant. Walth. 107, 14;
als sie tet hie bevorn. MS. 1, 53';
hie bevorn dö wir kinder wären. MSII. 3, 30';
tihd. vor viln Jahren hiebevor. Haupt 3, 242;
auslegung der hie bevor angezogenen text. bienenk. 122' ; die
dabevor beliebte einschränkende erklärung. Hennemaji.n hy-
poth. des fiscus s. 8.
2) aber auch ohne hie und da hat bevor die bedeutung von
ehmals, vormals, vor dem, vor diesem, heute ist zayor üblich :
die menschen, welche bevor lebten; ich habe das schon be-
vor gesagt;
der hohe palmbaiim hebt empor
sein wipTeln bisz zun himmlen,
an dessen andern stamm bevor
viel queckend Trösche wimmlen.
Spakgenbf.rgs liislg. 357;
ich fühle in meinem innersten jetzt wie bevor, dasz ich. Klix-
GER 5, 133.
3) bevor, antea, zuvor, voraus, im voraus : du must bevor
mit deinem vater dariiber rechten. Klincer t, 16 ; er wird
aufgenommen, soll aber bevor erklären, dasz er nicht wie-
der austreten wolle, vgl. bevor als conjunction.
4) briefe des millelalters, bis in den spdleren canzleislil
hinab, pflegen im eingang grusz, heil und dienst zu entbieten,
vieislens mit der formet vor, bevor, zevor, voraus, d. i. prae-
miltatur, praemitlendo, praemisso, z. b. unsen friuntlichen
gruoj vor, lieber neve; unsen gruo; vor; unsern dienst, un-
ser gunst vor; unsem guten willen zevor; allergnedigister
herr, unser undertenig schuldig gehorsam dienst sind e. k.
m. alzeit bevor; zuvoran bereit. Chhels Maxim, s. 299. 300
(a. 1508); e. f. gn. seien meine unterthenige dienste und ar-
mes gebet allzeit bevor. Li^ther 1, 224*; mein arms unter-
thünigs gehet ist e. k. gn. allzeit bevor. Luthers br. 1, 237 ;
e. k. gn. sind zu gott unser gebet mit unterthänigen, gehor-
samen diensten allzeit mit flcisz zuvor.in l)ereit. 5, 301 und
so allenthalben, noch in Butschkvs hochd. kanzrllei s. «9. 265.
293 u. s. w. bochedler und gestrenger herr, demselben sein
meine unterwilligste, stets beflissenste dienste bevor, in
ScHERTLiMä briefen heiszl es zuvor, zuvoran, wie auch LtrraER
bald zuvor, zuvoran, bald bevor, bevoran schreibt, s. bevoran.
5) bevor, praeserlim, inprimis, /ieu(e zumal: dennoch ist es
noch nicht sunde oder ketzerei anderer meinung sein, bevor
in einem ding, das nicht von nötcn ist zu der Seligkeit. Lu-
ther 1, 258*; als moclit daraus etlichen andern, tind bevor
mir selbs, grosze fahr entstehen, br. 2, 147 ; die jngent, be-
vor ein meidlin, ist fast fürwitzig. Spalatins rorr. zur Ma-
gelona; bevor, wenn sie in voller weis schnarken und bal-
gen vrOllen. Kirchhof wendunm. 126'; feuwer einwerfen bringt
den belagerten unaussprechlichen schrecken, bevor, so es ih-
nen an mehr dann einem ort begegnet, mil. disc. 173 ; mich
veranlassen hierzu bevor meine eigene Ursachen. Oprrz 3, 3 ;
was bringet das verziehen,
als länger nur in pein, «
in noth und nngsten sein,
mit Sturm und wellen streiten.
bevor zu diesen Zeiten. Tschkrmng 308:
weil man sich ja billich wol gar, bevor ein einfältiger und
frommer, unerfahrner mensch, daran ärgern sollte. Simpl. l,
102. für bevor galten ehmals die wollautenden, jetzt aber
auszer gebrauch gekommenen Verstärkungen bevorab und be-
voraus.
6) mehrere verba haben ein solches bevor neben sich, tm
sinne von zuvor, voraus, prae, praecipue,
a) bleiben:
unter myrten, wo wir fallen,
bleib uns eine griift bevor!
unsre seelen aber wallen
in vereintem hauch empor. Bürger 38':
da mir dies aber unter andern auch die enge des raums
verbietet, so bleibt es mir auf ein anderes mal bevor, zu zei-
gen u. s. w. 324*.
b) geben: gib allen menschen bevor. Keisersb. fosf. 2, 117;
und wo uns seine gnad behülflich sein wolt und etwas be-
vor geben, wollten wir dann zusammenschieszen und aus
solchem zusammengelegten gelt etlich gaben austheilen.
Galmy 98 (wo euwer gnad uns ein kleinot zuvor geben wil.
100);
wann er war ein rechter tor,
der frawen gab ze vil bevor. Hätzl. 235* ;
sie soll ihrem mann bevor geben
mit holdseligem freundlichem leben. Fischart eh:. 36 :
und zulest der erlös papst (Alexander VI) eim cardinal in
eim panket, welches er sehr miltiglich bevor gäbe, wolt mit
gift vergeben, bienenk. 220'; dasz unser Vaterland Frankreich
und Italien wenig wird bevor dörfen geben. Opitz poe/erei 13 ;
die nacht fing sich an mit so groszer klarheit des monds,
dasz er dem planelen selbs nichts bevor gab, der ihm sol-
chen schein darliehe (acabo de cerrar la noche, pero con
tanta ciaridad de la luna, que podia competir con el que
se la prestava). Harnisch 40 ; maszen mein maul in diesem
urplötzlichen lermen auch rebellisch wurde und dem hindern
nichts bevor geben noch gestatten wolle, dasz er allein das
wort haben solle. Simpl. l, 103; dasz ich der schönen Damo
nichts bevor gehe, welche sich berühmet, dasz sie Antigo-
num aller seiner schätze beraubet. 3,205; dasz leicht die
kinder also zu erziehen, dasz sie dem rieh nichts bevor ge-
ben. Leibnitz 416. vom spiel entlehnt ? in manchen spielen
gibt man dem gegner vor, einen vortheil voraus.
c) gehen : ja ich geschweig der engel, sie gehn auch s.
Francisco bevor, bienenk. 24'; dann disz gebot gehet allen
andern remedien weit bevor. 113'; (Taubmann), der den Ho-
menim so weit übertroffen, als die christliche religion allen
heidnischen Wissenschaften bevor gehet. Brandts berichl 6 ;
mein inniges ersuchen, er wolle bevorgehenden abend be-
nanten tages alliier anlangen. Bittscrkt kanzl. 908.
d) haben :
ir ruckt auf das oberthor,
so habt ir vil vorteil bevor. Teuerd. 78, 44;
hat man dann noch etwas gutes bevor und zu gewarten.
Simpl. 1, 203; wir haben euch alweg lieb und bevor gehabt.
Fierabras G3;
was hat ein fürsi bevor, das einem scbSfer reblei! Hallkr.
e) halten : ist mein meinung, seiin söhn das reich unver-
ruckt bevor zu halten. Garg. 289'. Göthe verbindet aber be-
vor mil bebalten:
0, behaltet dem freund grdszere gunst noch bevor! 1.369;
sonst bloszes vor:
und den Wechsel behielt nur die begierde sich vor. 1, 279.
/) kommen : du bist, die guten sitten betreffend, den vo-
rigen fürsten weit bevor kommen, pers. baumg. vorr.
g) sehen: je länger man dise reise aufscheuhct und nicht
bevor sihet, wie man sich d.irzu bereiten möge. Butscmky
kanzl. S71 ; so grosz das unheil war, in welchem wir staken,
und nocii grösieres bevor sahen, konnten wir d«ch nicht un-
terlassen zu scherzen und zu spotten. Göthe 30, 9.i.
h) stehen: soll dem leiher seine actio bevor stehen (zu-
stehen). Frankf. ref. II. H, 13; soll dem schuldherm bevor
1759
BEVOR — BEVORAB
BEVORAB — BE VORAUS
1760
stehen u. s. w. II. 18, 6. VI. 6, 2 ; seine bevor stehende hei-
rath. Gotter 3, 7; der verdrusz, der meinem vater bevor
steht. 3, 22 ;
steht ihm ein streich bevor. 3, 318;
der Winter steht uns bevor; eine krankheit steht ihm bevor;
in bevorstehender woche.
i) thun: thä im es bevor. Wirsdng Cal. Cl'; also dasz
nun die jenige, so diser regel folgen, heiiigkeit halben es
allen engein weit bevor thun. bienenk. 24'; dasz ein schlech-
ter köpf es dem besten bevor thun könnte. Leibnitz 381.
man schreibt heute anfügend bevorbleiben, bevorsehen, bevor-
stehen, bevorthun, welche Zusammensetzungen zu unterschei-
den sind von den, übrigens gleichbetonlen, in welchen be aus
den subst. vormund, vorrede, vortheii, vorwort, Vorzug verba
bilden hilft.
II. bevor, conjunction.
Aus bevor, ante I, 3, entspringt, mit ausgelassenem als (vgl.
sp. 254, 7), die bedeutung von anteqiiam, ganz wie aus ehe
prius die von priusquam, und beide partikeln, ehe und bevor,
pflegen auch in diesem sinn nebeneinander gehäuft zu wer-
den : ehe und bevor ihr fahren werdet, unw. doct. 128 ; ehe
und bevor man den allergnauesten Unterricht der saclie ein-
gezogen habe. 172 ; ehe und bevor ich aber auf die zufalle
gerathe. Hebamme 113. pers. rosenth. 7, 3. bloszes bevor:
so bald wirst du dich nicht des retteiis unterfangen,
bevor du selbst der noth entgangen. Hagedorn 2, 21 ;
nichts störet uns. ich unterbreche dich
durch gar kein worl, bevor du selbst wirst schweigen.
2, 77 ;
gerahlt bevor erblickt. Wieland 17, 85;
du weckest ihre seelen, bevor die leiber entschlafen.
Klopstock Mess. 10, 941 ;
doch bevor wirs lassen rinnen,
betet einen frommen spruchl Scuilleb 78";
noch ein wort, bevor du den ausspruch thust. Lessing ; be-
vor wir unsere rechnung schlieszen. KlixgerI, 7; wie kommt
es, dasz ein einziger .... auf jähre lang über glück und Un-
glück vieler millionen entscheiden kann? dasz die geschichte
den letzten fall hundertmal erzählt, bevor sie den ersten
nur einmal in seiner ganzen Wahrheit aufstellt? Klinger 12,
157. vgl. ehe.
BEVORAB, praescrtim: seiner f. gn. bedenken sei, alle
dise Werbungen nit in luft zu schlagen, sonder etzwas be-
vorab auf die reuter wenden wollen. Sciiertlins br. 59 ; be-
vorab die e. f. und den ainigungsverwanten mit pflicht zu-
gelhon seind. 179 ; und. gesegnete die forsten und herrn alle
freundlich, bevorab könig Florenzen. buch der liebe 31, 2 ; zu
winters zeit mag man auch den jaghunden luder geben, be-
vorab den dürren und magern, weidwerkbuch 1, 12*; denn
dies dienet zu solcher krankheit treflich wol, bevorab wenn
sie aus einer kälte herkommen. Uffe.nbacii 2, 128; bevorab
wenn es reuter sein. Fronsperg 3, 143"; bevorab wann die
reuter ihrem obersten mit gewalt wollen nachsetzen, das.;
so sie ihm, bevorab für den leuten, gehorsam ist. Kirchhof
wendunm. 340* ; bevorab wann es regenwetter oder sehr kalt
ist. mil. disc. 187 ; welcher auf die schildwaclit gestelt, sol
nit von bestimbter platzen abtreten, bevorab wann die wacht
schon verordnet ist. REi;rTER 15; und bevorab theilt er di-
sen schätz denjenigen reichlich mit. bienenk. 11"'; das ander
aber trägt mehr nachdenkens ob sich, bevorab weil über an-
geregte noch mehr kaiserliche mandata hernach kommen.
Heinhard werth. gegenb. 1, 2(14 ; von den altärcn in den kir-
chen die rosenkränz, bevorab die daran silberne oder gul-
dine undennark. Isaac \ViNKEi.KEi.nER 203; mich wunderte
aber, dasz er nichts von den wcibern gesagt hatte, bevorab
weil sie rechte diehe. I'hii.anü. 1, 37 ; nun ist in Castiiicn,
lievorab zu Madrid der brauch, dasz das wasser uf cseln in
den gassen umbgelrielien wird. Harnisch '.) ; bevorab aber die
wort vosusted oder vuesa luerced. 10; und alsofort ihm ein-
bildete, dasz dieses der .Maritornes bubenstücklin sein mü-
sten, bevorab weiln sie seines rufens ohngeacht ihm iiidit
geantwortet hatte. 172; zur tugend, löblichen ritlerthaten,
bevorab zu erhaltung der ehren gottes. Ziskcr. apophth. 34, 1.
49, 9 ; wegen der kälte kunte ich nicht nach der weide ge-
hen und derhalbcn auch zu einem andern nicht cntschlie-
Kzen als das pferd zu schlachten, bevorab ich sonsten nichts
in Vorrat hatte, pers. baumg. 2, 13; und kan durch ireige-
bigkfil mir einen iiainen machen, hevonib weil ich nunmehr
allbereit im beruf, dasz ich wacker spendiere, pers, rosenUt. 7, G ;
beforab wan man spühret,
dasz von dem neuen (und vi) nutzbarkeil herrühret.
RoMPLER VON LöwKNU. gebusck 49;
beforab diser zeit, da alles in dem saus
und würbet umher lauft. 81 ;
er musz sich wol fürsehen, keinen bevorab höhern auf einem
unzimlichen dinge anzutreffen. Bütschkv I'atmos 606; es war
eine solche klemme zeit, bevorab den geflehnten leuten.
Simpl. 1, 81; dazu hätte ja wol David andere mittel finden
können, bevorab weil die schöne Bathseba noch lebte. Schüp-
piLS U;
seit Leipzig als ein stern im Meiszner lande lach),
bat mancher handelsmann die waren hingeführel,
und vor die kurze müh den schönsten nutz verspüret,
bevorab Schlesien und was darneben liegt.
Weise cw. ged. von versen 311 ;
bevorab ist er ein schrecken und peitschen der Türken ge-
wesen. Abele 4, 198 ; unter diesen (hauptfehlern) genosz die
Oberhand ein entsetzlicher zorn, welcher mir und dem gan-
zen haus ungemein beschwerlich war, bevorab da solcher
meistentheils eine sehr barbarische räche zur gemahlin mit
sich führte, ehe eines weibes 193; dasz er den schmerzlichen
Verlust seines sohns schier ganz darüber vergasz, bevorab da
er hörete, dasz er bald groszvater heiszen solle, ehe eines
mannes 273; bevorab da er glaubte, dasz wir den hochzeit-
kuchen gegen selbigen termin schon würden verdauet haben.
437 ; die herschaflen sind glückselig, die mit vielen getreuen
und vermöglichen unterthanen, bevorab wann sie wol hau-
sen, versehen sind. Hohberg 1, 100'.
BEVORAN, prae, was bevor I, 4, und in drei partikeln zer-
legbar, be, vor, an, nicht das alte bevorn: durchleuchtiger
fürst und lierr, e. f. gn. sein meine unterthänigste gebot und
vermögen allzeit bevoran. Llthers br. 1, 518; edler, ernve-
sler, günstiger, lieber Junker, euwer veste seien mein ganz
willig dienst allzeit ungesparts fleisz bevoran. Frey in zueign.
der gartengesellschaft.
BEVORAÜS, pracsertim, inprimis, gleichbedeutend mit be-
vor, bevorab und voraus : dasz daraus ein groszes gelächter
in dem königlichen saal ward, und bevoraus von den jung-
frawen. buch der liebe 20,1; die arbeiter, bevoraus die leib-
eigene knechte wie das vieh abmärgelte. Kirchhof wend-
unm. 53";
er steiget bevoraus dahin, woher er kommen.
Opitz 1, 23;
alles unser ist geborgt (1685 verborgt),
bevoraus die süszen erben
helszt der höchste zeitlich sterben,
dasz sie besser sein versorgt. Fleming 339 (337) ;
Juristen bevoraus das falschsein nicht gebühret.
BuTSCHKT Palm. 287 ;
bevoraus, weil dieses eine sache ist, so uns sowol als dich
angehet. Hofmannswaldaü sterb. Socr. 14; was. ihm in seinem
amt anvertrauet, hat er mit sonderbarer hurligkeit und klug-
heit verrichtet, bevoraus in der ihm aufgetragenen obrigkeit-
lichen würde. Brandts Taubmann 65; bevoraus da ihm nicht
selten mehrmals ein motiv anleitung dazu giebet. Günther
vorr. s. 8 ;
ihr werdeis tbeils ja selbst gestehn,
dasz ihr ihn mostet lieb gewinnen,
wenn ihr den Filidor gesehn,
bevoraus wenn er etwan sang
ein liedchen in der seilen klang.
Necmarks lustw. 116;
bevoraus in solchen dingen, unw. doct. 172 ; bevoraus wann
man sein vorhaben anderwerls hinwenden musz. 173; bevoi^
aus \\ann sie ainaranlhen suchen, hebamme 237; bevoraus
wann die wiege auf der erden stehet. 816; kommt noch oft
bei Hohberg vor. spdler veraltend.
BEVOHDKRST, pulissimum, maxime, zuvorderst: dessen
hoches kopfsinleresse l)ev(uderst dabei beruhet. Abele 4, 74.
RKV()RML'.M)EN, lutoreni dare, einen unmündigen bevor-
munden; die weiber bevormunden. Hippel 6, 166. auch einen
bevonnunilen wollen, sich der gewalt und aufsieht über ihn,
ah einen unmündigen anmaszen: ich lasse mich nicht bevor-
munden.
BEVORItEl'HTEN, jus eximium Iribuere, privilegieren : hrOchc
erheben, wenn sie dazu hevorreciitet sind. Dahlmann dun. ge-
sch.\,Ahl; bevorrechtete stände, gesrhlecliter; lärmen und Un-
fug, den die inodigcn slulzer auf diesem bevorrerliteleii platze
(der buhne) trieben. A. \V. Schlegel dram. kunst 2, 122.
1761
BE VORREDEN — BEWACHSEN
BEWACHSEN — BE WAHREN
1762
BEVORREDEN, praefari, praefalione instruere: eine sache,
ein bucli bevorreden.
BEVORTHEILE.N, fraudare, icie beeinträchtigen, milder als
betriegen. dies wort isl kein gegensatz ton benacLtheiligen
und drückt nicht aus einen in vortheil bringen, sondern das
umgedrehte, nun könnte darin das privative ahd. piteiian pri-
vare, alts. bidelian, ags. bedcclan merkwürdigerweise nachhal-
len, da aber das subst. vortheil selbst in den sinn von lucrum,
quaeslus, gewinnsucht, trug überschlägt, und schon das ein-
fädle vortheilen betriegen heiszt, z. b.
du fortheilst die laut wie du kanst. FI. Sachs I, 224';
50 liegt es näher, hiernach auch bevortheilen aufzufassen, die
privation beruht hier in der parlikel vor, in dem vorweg neh-
men, praecipere, wie bei jenem allen piteiian in der parlikel
be = beiseite, nebenhin, mehr soll noch unter vortheil ge-
sagt werden, vgl. auch übervortheilen.
Bevortheilen fehlt bei Maaler, Hexisch, auch gehl Frisch 2, 367'
darüber weg. Stieler 2271 führt es, neben vorteilen, richtig auf
als lucrum ex alterius damno capere. belege bieten sich eben-
falls erst seit der zweiten hälße des 17 jh. dar: allerhand practi-
ken erdenken, den nächsten zu bevortheilen. Bctschky Palm.
810; im gewichte bevortheilen. Lohe.nst. Arm. 1. 751; präsentier-
ten sich vor meinen äugen alle diejenigen personen, die ich im
zorn ums leben gebracht, verwundet, bevortheilet oder son-
sten beschädiget hatte. Felsenb. 2,395; sie haben mancherlei
masz und gewicht, welches dem herrn ein greuel ist. mit
einem andern bevortheilen sie mich, mit einem andern bedie-
nen sie den herrn Mascho. Lessi.ng 10, 170 ; bei redlichen gei-
stigen wünschen und absiebten fühlt er sich von der weit ver-
letzt und um seine grüszten schätze bevortheilt. Göthe 32, 243 ;
bemerkungen, die gerade das innerste mystische leben solcher
begünstigten, oder wenn man will bevortheilten naturkinder auf-
heben und zerstören. 60, 296 ; der kaufmann läuft, reiset zu
wasser und zu land, er gewinnt, bevortheilt. Tiecr ges. nov.
4, 18 ; die übrigen volksklassen zu bevortheilen. Fichte geschl.
handelsst. 35. etwas anders steht es 'bei Hohberg 3, 35" : ver-
kauft jemand sein haus und bevortheilte ihme {behielle sich
zu seinem vortheil vor) dann den wiederkauf oder lösung auf
eine gewisse zeit, so mag alsdann sein, des verkaufers, näch-
ster blutsfreund im selben fall an den kauf stehen, vgl. auch
vervortheilen.
BEVORTHEILU^'G, f defraudalio, injuria, beeinträchtigung.
BEVORVVORTEN, eigentlich praefari, praefando commendare,
dann überhaupt commendare, tueri, excusare, und man hat nicht
nOthig befürworten zu schreiben : ferner mag ein autor bevor-
worten, so viel er will. Göthe 26, 236 ; das problematische, ans
unwahrscheinliche gränzend, bevorwortet sich selbst und ist mit
groszer klugheit behandelt. 45, 224; unser feldjäger ist eine
Ton haus aus gute natur, . . . gutmütig und rechtlich, ein
biszchen plündern ausgenommen, welches er denn doch immer
durch dringende nothwendigkeit zu bevorworten weisz. 45, 261.
ßE\OHZUGEN, antefcrre, vorziehen, den vorzuq aeben.
BEVORZUGUNG, f
BEWACHEN, custodire, tueri, nnl. bewaken.
1) einen gefangnen, einen Verbrecher bewachen; der eifer-
süchtige bewacht seine frau, der gläubiger den Schuldner, dasz
er nicht entrinne;
ist .<:chuldrich gleich blutarm, ob niemand ihn gleich acht,
wird er mit mahnern doch bedient, beirleit. benrachU
LocAt 3^ 1, 99;
enget bewachen die menschen.
2) die Stadt, die bürg, das haus, den garten, die fruchte
bewachen :
würde die sich selbst bewacht. Schiller 100';
wo gott die Stadt nicht selbst bewacht,
so ist umsonst der wacbtcr macht.
3) beobachten, observare: drauszcn stehen siebenzehnbun-
dert, die jedes haar auf meinen schlafen bewachen. Schil-
leh 122';
hast du den Queslenberg bewachen lassen. 341'.
4) figürlich, ein einsamer, Ton einigen baumstämmen be-
wachter freier plaU. J. Paul TU. $, 103; ein unbewachter
augenblick.
BEWACHER, m. custos, Wächter: Argus, der hundertSugigc
bewacher der lo.
BEWACHSEN, nnl. bewassep.
1) intransitiv, obduci, vesliri: mit gras, mos, dornen, blu-
men bewachsen :
der bäum bewächst mit mos. Waldis Es. 2, 27 ;
dasz sein modernd gebein kein erabmal finde! kein ha»e!
über ihm mit blumen bewachsel Klopstock Mess. 6. 4SI;
der berg ist oben mit bäumen, der fels mit dichtem walde
bewachsen; das der platz umbher mit gras bewachsen war,
wie ein wald oder gebirge. 1 Macc. 4, 3S ; haut mit wolle, mit
haaien bewachsen, bewachsen sein, sagt man auch von kin-
dern, wenn sie eine Spannung zwischen den kleinen rippen em-
pfinden, sonst angewachsen sein, das herzgespann haben.
2) transitiv: gras bewachst das pflaster; dichter epheu be-
wächst die mauer.
BEWACHSEN, cera obducere: die bienen bewachsen ihren
stock, bekleben ihn mit vorwachs, propolis. s. be wichsen
BEWACHUNG, /. custodia.
BEWADET, suris instructus : dünn bewadet, ciraeilibus suris,
dick bewadet, crassis suris; wol bewadet, darüber keiner het't
abscheiszen mögen. Garg. 114', vgl. beschienbeint.
BEWAFNEN, armare, nnl. bewapenen, ausrüsten.
1) das Volk bewafnen, die bauern mit Hinten bewafnen ; die
leute bewafneten sich mit sensen und Stangen ; ganz Deutsch-
land bewafnete sich gegen den Unterdrücker; die knechte be-
wafneten sich wider ihre herrn; bis an die zahne bewafnet.
2) schiffe bewafnen, armare naves; mit fackeln bewafnen,
armare facilms, fackeln zu tragen geben; die band mit einem'
stein bewafnen, stärken, einen stein aufgreifen.
3) die äugen mit gläsern, fernröhren bewafnen, stärken;
ein unbewafnetes äuge, dessen sehkraß nicht künstlich gestärkt
ist; ein bewafneter magnetstein. Göthe 24, 187.
4) bildlich, mit diesem gegründeten mistrauen bewafnet.
Käst 8, 107 ;
mit des bannes fluch bewafnet kommt
der Ungarn königin, die strenge Agnes. Schiller 549' ;
sein heller verstand hatte ihn gegen alle Schwärmerei bewaf-
net; sie bewafnete sich mit allen mittein, die ihrer Schlau-
heit zu gebot standen.
BEWAFNUNGSART, f
BEWÄGEN, trutina examinare: die weisen bewägen ihre
wort mit der goldwage. Sir. 21, 27. richtiger bewegen.
BEWAHR, f custodia: mit freuden giengen die mitgiieder
auf den Vorschlag des kaisers ein, das land sampt den kin-
dern des herzogs ihm 'in bewahr zu stellen.' Rasre reform.
1, 390, mit ausgehobnen Worten einer Urkunde.
BEWAHRANSTALT, f ein heute gangbarer übler ausdruck:
kindeibewahranstalt, und gar kleinkinderbewahranstalt.
BEWÄHREN, ahd. piwarön (Gbaff 1, 912), mhd. bewarn, noch
bei Llther und Maaler Go' richtig bewaren, nnl. bewaren.
1) custodire, hüten, behüten: gott bewahrt die menschen;
mild, nu müej in got hewarn. Iw. 4305. 5530 ;
nhd. beware mich gott, denn ich traw auf dich. ps. 10, 1 ; be-
ware auch deinen knecht für den stolzen. 19, 14; der herr
wird in bewaren und beim leben erhalten. 41, 3; aber der
hauptmann und die bei im waren und bewareten Jesum (am
kreuz), .golh. vitandans Jesua, ahd. bihaitentd Ihen heilant.
Matth. 27, 54 ; da er in nun greif, leget er in ins geßngnis
und überantwortet in vier viertheilen knegsknechten, in zu
bewaren. apost. gesch. 12, 4 ; die du mir gegeben hast, die
habe ich bewaiet {golh. |)anzei algaft inis, gafastaida). Joh.
17, 12; und hat nicht verschonet der vorigen weit, sondern
bewaret Noe. lPetr.i,i;
hier steht Acgisih, . . den ich
.... fünfzehn bange jähre
mit vatertreu in dunkclheit bewahrt. Gottir}, 314-
greifen und im scblosz bewahren. Schiller 39f ;
der diener soll den knaben, die amme das kind bewahren,
tn aufsieht und pflege haben, verwahren, mhd. auch das pferd :
er sprach, genc und bewar
disse herren phän, tohter min. Er. 316;
daj (or») was die naht $6 wol bewart. /«•. 6«57.
2) einen für, vor und von etwas bewahren: beware iniili
herr für der band der gottlosen, ps. 140,5; beware mich für
dem stricke, den sie mir gelegt haben. I4l, 9; als einer der
für dem winde Iwwaret ist. £"*. 32, 2 ; wol dem, der für bösem
maul bewaret ist. Sir. 29, 23; das du sie bewarest für dem
übel. Joh. 17, 15; sich bewaren für dem götzenopfer. apost.
gesch. 21, 25; her kum mir zc hilf, ich bit dich, du wellest
mir geben, das ich meinen mund mög vor Sünden bewaren.
Keisersb. s. d. m. 82'; desgleichen warnest du ein tochter
oder ein knaben, das sie sich vor dem menschen sollent
111
1763
BEWAHREN — BEWÄHREN
BEWÄHREN — BE WAHRSAM
1764
hüten und bewaren. 26' ; das es uns von allem unglück wolle
bewaren. ftienenft. 179*. und^wie behüte sp. 1345 heiszt es in
gleichem sinn abwehrend «nri verneinend : bewahre I ei bewahre !
gott bewahre!
3) bewahren bei Sachen : er liesz aber zehen kebsweiber
das haus zu bewaren. 2 Sam. 15, 16 ; die er gelassen hat das
haus zu bewaren. 16, 21 ; liesz sein haus bewaren, das er in
tödtet. ps. 59, 1 ; leget kriegsvolk darein, die stad zu bewa-
ren. 1 Macc. 12, 34 ; gelobet sei der, der seine stad bewaret
hat. 2 Macc. 15, 34 ; wenn ein starker gewapneter seinen palast
bewaret, so bleibet das seine mit frieden. Lftc. 11, 21; und
gott der herr nam den menschen und setzt in in den garten
Eden, das er in bawet und bewaret. 1 Mos. 2, 15 ; wer seinen
feigenbawm bewaret, der isset fruchte davon, spr. Sal. 27, 18 ;
und lagert für den garten Eden den cherubim mit einem blo-
szen hawenden schwert, zu bewaren den weg zu dem bawm
des lebens. 1 Mos. 3, 24 ; das deine kinder iren weg bewaren.
1 kvn. 8, 25 ; der fromen weg meidet das arge, und wer sei-
nen weg bewaret, der behelt sein leben, spr. Sal. 16, 17 ; be-
ware deinen fusz, wenn du zum hause gottes gehest, pred.
Sal. 4, 17 ; er bewaret im alle seine gebeine, das der nicht
eins zubrochen wird. ps. 34, 21 ; und trette nicht von dem ge-
bot seiner lippen und beware die rede seines mundes. Hieb
23, 12 ; herr behüte meinen mund und beware meine lippen.
ps. 141, 3 ; wei" seinen mund bewaret, der bewaret sein leben.
spr. Sal. 13, 3 ; wer seinen mund und zungen bewaret, der
bewaret seine sele für angst. 21, 23 ; beware die thür deines
mundes für der, die in deinen armen schleft. Micha 7, 5. zu-
mal heiszt es feuer und licht bewahren, dasz sie nicht los
werden und schaden Ihun, man sehe Gellerts fabel von den
beiden nachtwächlern 1, 147, deren einer sang verwahrt, der
andere bewahrt das feuer und das licht ! in verwahren herscht
die Vorstellung von condcre, rccondcre, in bewahren die von
servare, asservarc, man sagt gleich gut, das kind verwahren
und bewaiu'en, richtiger die kleider, das geld verwahren, auf-
heben, beischlieszen als bewahren, aber das leben, die treue,
sein versprechen bewahren, nicht verwahren ;
die band gebt mir darauf, dasz ihr sein leben
bescliüizen, unverieizlich wollt bewahren. Schiller 387* ;
man soll den argwöhn dämpfen oder doch behutsam bewah-
ren. BcTSCHKY Palm. 347.
4) bewahren, firmare, munire, befestigen, versorgen, verwah-
ren: er schickt nacii dem priester zc beichten und nach dem
h. sacrament. da der kam und in beicht gebort und bewart
{mit dem sacr. versehen) hett, las er im vor die VII psalmen.
Keisersb. s. d. m. 61' ; sie dankt auch, das er sie mit dem
h. sacrament bewaret hett. sommertheil. Nürnb. 1475 fol. 4* ;
Alexandria ist allenthalb eintweders mit unwegsamer wüstnis
oder mit gstadlosem mör, oder mit waldigen pfitzen {sümpfen)
bewaret. Fra^sk weltb. 16'; deren schif mit leder bewaret seind.
187'; so hab ich mich bemühet kurzlich zu beweisen mit wel-
cherlei dccreten jedes stuck befestigt und bewaret seie. bie-
nenk. 6". mhd.
si sparten daj isen,
da mit ir lip was biswart. Iw. 7129.
6) bewahren, tenerc, retinere, halten, behalten:
weh uns! wo dann ein zweites beer gleich finden
um dieses zu liewabien {im zäum zu liallen)f Scüillei» 334';
sprich, was erwartest du? bewahren kannst du
nicht länger dein commando. 301';
und wird er schweigen ? wenn er sich mit deinem
geheimiiis reticii kann, wird ers bewahren? 361';
doch dem war kaum das wort entfahren.
möclit crs im busen gern bewahren. 50'.
BEWÄHKEN , probare, explorare, wahr machen, darthun,
prüfen, ahd. piwfiran, whd. bewaren, Luther schreibt bewe-
ren, Maaler bewären, mhd.
vil wol bewärte er ir daj. Er. 4431;
vil wol bewärte si daj ort. 6109;
und dag als ö bcwArien. Iw. 6948 ;
dag bcw.Trlc sc also wol. Trist. 133, 21 ;
diz wart euch an lasöne
bew.-cret und erzeiget. Iroj. kr. 11254 ;
cg bete mancc werkman
nii im bewieret sinen list. 17470,
nhd, wolan, wer wil mich lügen strafen, und beweren, das
meine rede nichts sei ? Uiob 24, 25 ; ein man wird durch den
mund des lobers beweret. spr. Sal. 27, 21 ; viel werden gerei-
niget, geleulcrt und bewert werden. Üan. 12, 10 ; das sie be-
weret würden, ob sie gott von herzen dieneten. Jud. 8, 18 ;
auf das du beweret würdest. Tob. 12, 13 ; denn gleichwie
das gold durchs fewer, also werden die so gott gefallen,
durchs fewer der trübsal beweret. Sir- 2, 5; und welcherlei
eines ieglichen werk sei, wird das fewer beweren. 1 Cor. 3, 13 ;
und ire freude war da überschwenglich, da sie durch viel
trübsal beweret wurden. 2 Cor. 8, 2 ; wie wir von gott bewe-
ret sind, i Thcss. 2, 4; das doch weder mit gnugsamer Ur-
sache noch mit gründlicher beweisung kan beweret werden.
Luther 1, 17'; der landgraf bewert im (Münzern) aus der
Schrift, das man die oberkeit eren soll. 3, 131 ; dieser artikel,
als untüchtig zum glauben, bedarf wol bewerens. 3,484'; die
christliche kirche ist durch die h. schrift beweret und beste-
tiget. 5, 10'; er wil euch beweren, wie fest ir haltet an der
lere. 5, 456' ; es ist an im selbs klar und lauter, es darf we-
nig bewerens, dan es ist offenbar. Keisersb. s. d. w. 81';
das ich mein handel auch musz beweren. fastn. sp. 793, 22;
als man probiert das silher fein,
bewert uns got durch angst und pein. Schwarzenb. 158, 1 ;
das als hab ich thun -deinelhalb,
dein wäre freundschaft zu bewern. H. Sacus II. 2, 43*;
so du meiner freundschaft ihust begern,
ist not dich vorhin zu bewern. II. 2, 43*;
aber was bemüh ich mich lang solchs zu bewären? bienenk.
22'; wann sie alle einträchliglich lehren und kräftiglich be-
wären. 39'; Thomas Affin Nasz bewäret gut rund. 88';
er meistert uns die worte,
er ist der zungen zwang und tliut die finstre pforte
der tiefen herzen auf, nichts wird hervor gebracht,
es wird zuvor durch ihn bewehrt und rein gemacht.
SiM. Dach R2;
die strengste rechtsform sollte meine Unschuld
vor aller weit bewähren und besiegeln. Schiller 435';
ei, deine Weisheit hat sich schlecht bewährt. 400';
bewährt den forscher der natur
ein frei und ruhig schauen. Göthe 2,209;
eine erklärungsart bewäJirt ihre rechtmäszigkeit. Kant 8, 292 ;
seine tapferkeit hat sich in der stunde der gefahr bewährt;
das empfohlne mittel wollte sich nicht bewähren, s. bewährt.
BEVVAHRER, m. custos, servator: etliche heiszen bewarer.
bienenk. 238";
lasz uns jetzt zu den göttern emporschaun, welche die stärksten
zeugen des eidschwurs sind und jegliches bundes bewahrer.
Voss ;
der bewahrer seiner gesetze wird sein tyrann. Schiller 775.
s. Siegelbewahrer, schatzbewahrer.
BEWÄHRER, m. probator, exploralor.
" BEWAHRHEITEN, was bewähren, nnl. bewaarheden, -veit-
ficr : von Wichtigkeit ist, wenn sie sich bewahrheitet, eine
nachricht aus London, zcilungsstil; hier bewahrheitete sich
mir abermals die erfalirung. Göthe 6, 234; vorstehende ge-
dichte bewahrheiten diese ansieht. 6,-253; andere Sprüchlein,
welche sich in der erfahrung eben so gut bewahrheiten. 26,
325 ; auch hier bewahrheitete sich die alte lehre. 32, 64 ; um
sie {die geburl) zu bewahrheiten, zu bekräftigen. 39,54; noch
hundert beispiele, das was wir aussprechen zu bewahrheiten.
39,80; hier bewahrheitet sich jedoch ein altes wort. 46,236;
doch dies bewahrheitet sich nur bis auf einen gewissen grad.
55, 21 ; dasz eine jede echte, treu beobachtete und redlich
ausgesprochene naturmaxime sich in tausend und aber tau-
send fällen bewahrheiten und ihre Verwandtschaft mit eben
so fruchtbaren Sätzen bethätigen müsse. 55, GS ; das bewahr-
heitet sich täglich an mir. an Aug. Stolberg IG ; kläger musz
den grund der klage bewahrheiten. Weber verbindl. zur be-
weisfiihrunq 1805 s. 174.
BEWAHRHEITUNG, f. als einzige bewahrheitung seines
Standes. Fichte staalsl. 321.
BEWÄHRLICH, probabilis: ob sich bewarlich oder unbe-
warlich ergebe, not. ordn. 1512 §. 22; es ist bewerlich, das
alle gelübd zu dieser zeit nichts lügen, denn zum rum der
werk und vermessenheit. Luther 1, 542';
was man oft schätzt das allerhschwärlichst,
das erweist sich das allerbewiirlichsU Fischart eht. 58 ;
dasz ihr glaubt die {eam) wahr und bcwchrlich sein. Ayrer
proc. 1, 6.
BEWÄHRNIS, f. probalin: derglichen bewernussen miJch-
tend wir wul ein grosze zal zusammen bringen. Zwingli1,45;
discs bedarf nit bewiTiuis vil. Birk Susanna C 4.
BEWAHRSAM, caulus, sorgsam, achtsam: ein Uund, der
sehr bewahrsain war. Jjtoppk.
1765
BEWAHRSAM — BEWALDUNG
BE WALLEN — BE WANDT
1766
BEWAHRSAM, m. custodia, getcahrsam: in bewabrsam neh-
men lassen. Mascoc 2, 107.
BE\V.\HRSAMKEIT, f. cautela. vocab. 14S2 d"'.
BEWÄHRT, probatus, exploratus, mhd. bewaeret:
er was ein degen bewaeret. Iic. 3249;
ein lange her bewaeret mau. Trist. 166, 23;
nhd. lauter wie durchleutert siiber im erdenen ligel beweret
sieben mal. ps. 12, 7 ; sihe ich lege in Zion einen grundstein,
einen bewerten stein, einen küstlichen eckstein, der wül ge-
gründet ist. Es. 18, 16; auf das sie bewert, rein und lauter
werden. Dan. 11, 35; grüszet Apellen, den bewerten in Christo.
Rom. 16, 10; man Gndt es aber in keiner bewerten geschrift
geschriben. Keisehsb. s. d. m. 54'; suchen einen bewärten
arzte. Albr. vo.n Evbe 44'; ratschlagt ein feldherr mit seinen
bestellten, verordneten und bewerten kriegsräten. Kirchhof
mil. disc. 99 ;
durch der Verfolgung fewr bewehret. WECKflERLi.t 275 ;
wie oft hat dein bewehrtes schwert
mit martialischen buchstaben,
die blutrot, deinen namen wert
in des feinds stolze haut eingegraben. 377 ;
mein architekt, madam, ist ein bewährter mann.
WiELA.ND 10, 252 ;
ein junger mann von oft bewährter tugend. 10,255;
schwere Prüfungen muste der griechische jüngiing bestehen,
eh das eleusiscbe haus nun den bewährten emptieng.
Schiller 99";
du machst die alten jung, die jungen alt,
die kalten warm, die warmen kalt,
bist ernst im scherz, der ernst macht dich zu lachen,
dir gab aufs menschliche geschlecbt
ein süszer gott sein längst bewährtes recht,
aus weh ihr wol, aus wol ihr weh zu machen.
GöTHE an fr. von Stein 1, 211 ;
mein gnädger herr, ich biet euch meinen dienst,
so wie er ist, da ich noch roh und jung,
bis ältre tage ihn zur reife bringen
und zu bewährterem verdienst erhöhn.
A. W. Schlegel in Ricliard II. act 2, sc. 3.
ein bewährter, viel bewährter grundsatz.
BEWÄHRTHAFT, probatus: und wäre die bewehrthafteste
panacea. unw. docl. 505.
BEWAHRTHE[T, f.
BEWAHRUNG, f. servatio, munitio : die sie für ein festung
und bewarung disz lands gebrauchen. Frank wellb. 177' ;
der das köstlichste, was er besitzet,
unsrer bewahrung vertraut. Schiller 500* ;
schwerer diensie tägliche bewahrung,
sonst bedarf es keiner Offenbarung. Göthe 5, 244-
BEWÄHRUNG, f. probatio: wider solche starke bewerung
dieses christlichen artikels haben meine widerpart doch nicht
ein tüttel der scbrift. Luther 1, 404" ; das ist mir bewerunge
gnug. 3, 66'; itzt sei diese bewerung gnug. 3, 66'; aber was
bedarfs vil besondere exempel zur bewarung zusammen zu
pringen? bienenk. 19"; bestendig pleiben in anfechtung und
bewarung. IIO';
alda mit meiner kunst ich wolt
im helfen seiner krankbeit ab,
ohn all belonung, schenk und gab
zu bewerung meiner arznei. H. SiiCHS III. 3, 9';
das heisz eisen ich tragen kan
zu bewehning meiner unschult. Atrer418';
gott weisz, wie mancher
sein blut zu des bewahrung noch ergieszt.
A. W. Schlegel lleinr. V. ad 1, $c. 2.
BEWALDEN, silva muntre, oder intransitiv in silvam abire,
sihescere, wofür doch üblich sich bewalden. Stieler 2418 : ein
reich bewaldetes land;
der Fteirer bewaldeten felsberg. Voss //. 2, 8«8;
gleich dem bewaldeten gipfel
hoher felsengebirge, der einsam ragt vor den andern.
Od. 9, 191 ;
wenn ich bewaldeter höhn ruhige gipfel erstieg. Platr!i45;
da gehls durcli bewaldete felswege. Bettime br. 1, 26.
BEWALD.MARKEN, den bäumen das forslcisen einbrennen,
das waläieichen in sie hauen.
BEWALÜRECHTEN , bei den zimmerleuten, bäume an ort
und stelle im «ald aus dem gröbsten beschlagen, gleichsam zu
bewahrung des waldrcchts. man hört auch ein entstelltes be-
waldrapen. trenn sich dies nicht anders detiten latzt.
BEWALDUNG, f. die bewaldung, dte rings vom meercs-
ufer bis zum fusze des gebirgs reiche. Dah!-«vv .i,,.,, gesch.
2, 108.
BEWALLEN, vallo munire, einen graben bewallen, mit einem
dämm versehen; den boden bewallen, wälle, schanzen aufwer-
fen, die hopfenbauer sagen bewallen vom aufhäufeln der erde
um den hopfen. da aber in einigen gegenden dafür bemollen
vorkommt, liesze sich an bemolten denken, vgl. ahd. multan
sarrire. Graff 2, 713. denn M und W tauschen zuweilen, wie
mir für wir, wan für man u. a. m. zeigt.
BEWÄLTIGEN, superare, opprimere, überwältigen, früher
auch bewältigen t<nrf begewaltigen, bcgeweltigen: frawen be-
wältigen und schwechen. Plul. 9; wie das der graf Savari
ein herre disz künigreichs {als) ein ehgemahel euwer tochter
sich eintringen und bewältigen wöU. Hugoschapler 16 ;
das bistumb Dilling auch darhei
begweliigt von den feinden. Soltac373;
Lohexsteis sagt sich bewältigen, wie sich bemächtigen: er
bewältigte sich der Menapier. Arm. 1, 119. Hexisch aber 359
bewältigen, vi superare, bei Maaler und Stieler fehlt das
wort, im 18 ;A. wird es häufiger: ein wolf hatte einst ein pferd
bewältiget. Stoppe in den fabeln; bei gelegenheit der mittel,
die steine zu bewältigen [künstlich zu schneiden). Lessisg 8, 89;
schwerlich wird ja ein gott vom sterblichen manne bewältigt.
Voss Od. 4, 397 ;
also schlummerte dort der faerliche dulder Odvsseus,
ganz von schlaf und arbeit bewältiget (ermattiing bewältigt).
6,2;
nachdem er mit wein mich bewältigt. 9,516;
lieber söhn, mein geist ist ganz von erstaunen bewältigt.
23, 105 ;
jeden, glaubs, bewältgen schmerzen. Platejc U ;
wer selbst sich gela4lt, bleibt stehn wo er steht; doch wer
in beständigem fortschritt
zu bewältigen sucht und zu steigern die kunst, nicht scheints,
dasz selbst er gefälft sich. 282'.
man sagt, ich kann die speise nicht bewältigen, bezwingen, auf-
essen ; die aufgäbe, arbeit bewältigen, ganz zu stände bringen.
BEWÄLTIGER, m. domitor, bezwinger.
BEWÄLTIGERIN, f. domitrix, bezwingerin.
BEW.ÄLTIGUNG, /. die bewältigung der masse, der glut, flut.
BEWALZE.N, cylindro aequare: den weg, die strasze, die
gänge im garten bewalzen.
BEWA.NÜEL.N, perambulare, betreten: bewandelte wege,
viae tritae. Hemsch 359; den pfad der dürftigkeit bewan-
deln. Perus 20;
hoch in wölken verbirgt, indem sie die erde bewandelt.
Herder 15, 106.
Hemsch hat auch ein bewandelter mana = bewanderter.
BEWANDERN,, was das vorige, hauptsächlich aber im pari,
praet. gebraucht: ein bewanderter mann, der viele länder
durchwandert, hat, os fidÄa 7io)J.ä TtXäyx^r^, wie erfahren
dasselbe hetszt, der viele länder erfahren hat, ahd. vilo ar-
varan, emensus; alt und bewandert, provectus aetate:
ir alten hoch betagt
bewandert weit in jähren. Spei trulzn. 143 (131),
er ist in dem buche bewandert, hat es oft und genau durch-
lesen; in kunsten und Wissenschaften, in der geschichte wol
bewandert ;
ihr nennt euch fremd in Englands reichsgesetzen,
in Englands Unglück seid ihr sehr bewandert. Schiller 412*.
man sagt auch ein bewandertes buch, das viele gelesen haben,
vielgelesen: ich würde eine Sünde begehen, wenn ich von die-
sem gewis bewanderten werke eine weiliäuftige crzühlung aus-
lieferte. Hippel 3, 4. ein viel bewanderter weg; es ist die
strasze von heiligen engein bewandert. Fr. MIller I, 37.
BEWANDT, part. praet. von bewenden, mit hupendem rück-
umlaut, wie in gesandt ron senden.
1) das mhd. bewant erscheint metsl im geleite der adv. wol,
übele und ba;:
ze niemen sint sie (diu riehen lani) bat bewaoi.
Kib. 114,4;
da; wurde iu übele bewant. 590,4;
so w«re wol «in riebe lani
ze siner frunikeii bewant. Greg. 1112;
ej wicre ein breit gpriute
zuo dirien armen wol bewant. 2631 ;
luo dem wjere für war
der stuol vil wol bewant. 3013;
ir menen wni-t dd wol bewant,
• wan &i gereichten beide. Er. 9090;
wan da; wurde alswä ba; bewant. Iw. 1584;
sone wcrej niender ba; bewant. 7875;
111*
1767
BEWANDT — BEWASCHEN
BEWASSAMEN— BEWEGEN
1768
daj was vil wol zuo im bewant. 2438;
ej ist et vil unbewant (übele bewant)
le dem tören des goldes vunt. 4253.
der sinn ist verwendet, hin gewendet, angewendet, eonversus,
applicatus, sich fügend, schickend, vortheilhaft. ohne das adv.:
bat vil verre,
daj in unser tierre
wiste in etteiich lant,
da sin vart waere bewant.
Greg. 1658,
wo seine fahrt angewandt wäre, nutzen brächte.
2) nhd. beispiele eines solchen wol bewandt, übel bewandt,
besser bewandt bieten sich nicht dar, so denkbar sie wären,
häufig aber sieht wie bewandt, so bewandt im sinne von wie
beschaffen, so beschaffen, was mhd. wie gewant, s6 gewant
heiszt: mit groszer und ernstlicher erforschung, wie es umb
alle wachen bewandt. Kirchhof mil. disc. 145 ;
ist es mit ewren sachen,
ihr fürsien, so bewandt? Sm. Dach N. ;
so ist CS auch bewandt ümm aller menschen Sachen.
Flkmi.ng 125 ;
hätt ich ein salamanderleben,
so war es wol ümm mich bewandt, 503;
in so hewandien sachen
musz uns die angst beherzt, gefahr verständig machen.
Gryphiüs 1, 55;
wozu soll doch sein kind ein vater auferziehen
bei so bewanter zeit? Logau 1, 8, 36;
nahmen einen jungen an, wie es gleich um ihn bewand.
3, 4, 86 ;
es ist nur so bewand. 3, 1, 78;
die wolfart, die es war, die war also bewand,
dasz eh man sie gefühlt, man uns zu lager rand. 3,9,94;
Linus siht aus Jungfern äugen, wie es sonst um sie bewand ?
3, zug. 4 ;
so war in den sinnen
fast eben auch bewant. Rompler v. L. gebüsch 111 ;
wan die band
des künstlers sie {die saiten) berührt, da ist es so bewand,
dasz sich der lieblich hall süsz in die obren tringei. 52;
sie {die advecalen) sein innen also bewand, das man sich
bald des ersten anblickes für ihnen billich entsetzet. Butschky
Palm. 286 ; es ist mit ihnen bewand, als mit Jerusalem, pers.
baumg. 3, 1; wie es eigentlich mit diesen gärten Salomonis
bewandt gewesen. Schdppiüs 98; bei so bewandtem zustand.
687; nun ist es so bewand. Weise kl. leute 255; doch weil
es mit der rechtschaffenen kliiglieit so bewand ist. 277 ; bei
so bewandten umständen. J. Paul Tit. 1, 128 ; bei so bewand-
ten umständen war von meiner seile eben nichts anderes zu
thun. TiECR 9, 252. vgl. bewandtnis.
3) bewandt steht im 16 jh. auch für das heutige verwandt,
propinquus, conjunclus: so musz man es doch mehr in den
hewandien des glaubens {glaubensverwandten) üben. Luthers
br. 1, 410 ; so hätten auch etliche fürsten ihre bewandten
deshalb von der Universität zu Wittenberg abgefordert. Me-
LANCHTHON 1, 560 ; das man den frembden und nit den be-
wanten auf wucher leihen soll. Melanchth. anweisung in der
heil. sehr, deutsch von Spalatin s. 70. hauptartikel fol. 48;
sunderlicb, so ir meine nechst bewandte freund seind. Ai-
mon e.
BEWANDTNIS, f ratio, conditio, beschaffenheil: die sache
hat, mit der sache hat es diese bewandtnis; es habe damit
gleiche bewandtnis ; was es elwan für eine bewandnüs mit
dem Studentenleben haben möchte. Schoch K ;
wafne mich
der neuen zeit bewandnis zu begrüszen.
A. W. ScHLKüEL in Ileinr. IV. lli. 2 act b, sc. 2.
BEWANDTSCHAFT, f dasselbe: als er die bewandlschaft
um die schiffe erfuhr. Opitz Arg. 2, 349.
BEWAPNEN, «'05 hewalncn. Maaler 66' bewaapnen.
BEWAKMEN, gebildet nach sp. 1203, 4: und du lachtest
mein und riefst 'lieg warml' wart, wart, ich will dich be-
warmen. Fn. Müm.er 1, 146.
BEWÄBMEN, sich, calcfaccre, sich wärmen, erwärmen: sich
wiederumh bei dem brennenden holz zu bewärmen. Spa«-
cenberg lustg. 103.
BEWAHNEN, munirc, instruere, franz. garnir, it. guarnire,
ahd. warnon (Gravf 1, 947), mhd. warnen : du siehst, das die
natur bewarnet die hübsch rose mil dornen. Cyrili-s fab. 17.
BEWASCHEN, circumluere: das meer bewäscht die ufer,
der regen das gestein. man nahm es auch für tadeln, stra-
fen, wie es heisit einen waschen, züchtigen:
sol man dich nicht bewaschen,
so lasz von deinem naschen.
Ringwald laut. warh. 142.
BEWASSAMEN, fecundare, vom ahd. wahsamo, fertilitas
(Graff 1, 689), sich bewassamen, fruchtbar werden: dasz der
grund sich bewassamen möchte. Frankf ref IX. 2, 2. begra-
sen, bcrasen, würde lauten bewasen. verschieden ein anklin-
gendes nnl. bewasemen, befeuchten, met wasem bezwalken.
BEWÄSSERN, irrigare, adaquare, wässern, tränken, bei
Henisch 359 ohne umlaut bewasseren, nnl. bewateren: wie-
sen bewässern ; in unsern anmutig bewässerten thälern. Göthk
32, 262. vgl. berieseln.
BEWÄSSERUNGSRECHT, n.
BEWEBEN, circumtexere, umweben: die spinne hat die
thür bewebet. Stieler 1450, sie ist eine Spinnerin und Webe-
rin, altn. köngulvofa;
wie bin ich so manigmal
hie das schlosz hinauf gegangen,
trawrig war es überall
und von spinnen ganz bewebt. Sm. Dach S4,
wo der reim auf behangen leitet, schöner als beweben be-
webte wäre beweben bewob, mhd. bewap.
BEWECKEN, excilare, oder für bewegen, commovere, schw.
beveka: jetzt so stehnd sie auch auf und fallen herein mit
ihrem paroxysmo, also auch der zorn disz beweckt. Para-
CELSüs 1, 525'; also sollen wir auch wissen mit den lebendi-
gen abergüttern, dasz in sie dermaszen ein seufzer vom ge-
meinen mann erheben mag, dasz der gemein mann sich da-
rin so grosz beweckt und sein glauben in die slerki bringt.
2, 251*. die zweite stelle unklar tmd verderbt.
BEWEDELN, ßabello frigus ventilarc.
BEWEGBAR, mobilis, beweglich.
BEWEGBARKEIT, f mobililas, beweglichkeit.
BEWEGEN, bewog, bewogen, ein schweres wort, bei dem
vorsieht nolh thut. von dem einfachen verbum wird unter wie-
gen gehandelt; da schon das goth. vigan und vagjan tu der
bedeutung zusammentreffen, ist kein wunder, dasz bewegen be-
wog und bewegen bewegte in einandei- greifen, ähnliche mi-
schungen zeigten sich bei abwägen und abwiegen, bei aufwä-
gen und aufwiegen, bei auswägen und auswiegen, wo doch
das ie in wiegen (analog dem in liegen) einen halt gab, be-
wiegen für bewegen wird aber heute gar nicht geschrieben,
früher kommt es mitunter vor (s. bewiegen). mhd. schied sich
bewi^gen pcndere, perpendere, bewiget pcrpendit, praet. bewac,
pari, bewegen rein ab von bewegen movere, beweget movet,
praet. bewegte, pari, beweget, bewegen reimt auf degen, pflö-
gen, rßgen pliivia, bewegen auf legen, regen, movere, nhd.
sollte das starke bewegen lauten wie regen pluvia, das schwache
wie regen movere, legen ponere, man pflegt aber auch dieses
mit e auszusprechen, wofür wir ä in erwägen schreiben, im
ablaut wurde die reinheil der vocale bald aufrecht erhalten
(bewag hewagen bewegen, wie lag lagen gelegen), bald ge-
trübt (bewog bewogen bewogen, wie wog wogen gewogen, wob
woben gewoben), endlich das i in bewigst bewigt allmälich
zu e geschwächt (bewegst bewegt, wie erwägst erwägt), solche
formstOrungen müssen auch die bedeutung beeinträchtigen, oder
umgekehrt aus der schwankenden bedeutung hervorgegangen sein.
1) der sinnlichen bedeutungen von vigan, wi?gan sind manche,
als ursprünglichste mag aufgestellt werden movere, vibrare,
unserm alterthum lag zumal die vom schwingen der wage und
wiege nah und bewegen war pendere, ponderare. sie er-
scheint aber nhd. nur selten:
darnach weil gold gold an sich zog,
ein Silber das ander bewög {aufwö(.)e).
froschm. I. 2, 18(0 8');
ein stimm, recht deutlich und bewogen.
Kingwald cvang. J 6*,
will doch wol sagen rein abgewogen, gleichgewichlig ? s. be-
wägen sp. 1762.
2) abgezogner ist bewogen benevolus, favens, wofür wir heute
gewogen sagen, doch schw. bevägen, ddn. bevaagen, die von
uns entlehnt wurden: das die brüder ir bewogen gezeugnis
halten. Luther 3, 133; mit genade bewogen sein. Schweini-
CHEN 2, 20; und sie mir sonstcn mil allen gnaden bewogen
war. 2, 305 ;
seit ihr ein junkher und habt gell,
möcht ich euch basz bewogen sein.
AvRKR fasln, sp. 115';
wem Mars bewogen ist, liegt oben durch den krieg.
Opitz 2, 12;
den göltern, die ihm wol
und gut bewogen sind, mit furcht entgegen laufen. 1,218;
1769
BEA\TGEN
BEWEGEN
1770
welchen sie mit mütterlicher treu bewogen war. Atq. J, 167 ;
nach dem groszen sündenflusse
salzte gou den goadenbogen,
wann auf strafe folget busze,
ist er uns wie vor bewogen. Logac 1, 7, 74.
kann es meinen die vragschale neigt sich günslig ? oder ist es,
ohne bezug auf die wage, zugeneigt? mehr noch unter ge-
wogen.
3) ahd. mir wigit moteor, molestum mihi est (Graff 1, 656),
luzil piwigit parvi pendit (1, 658), mhd. mich «iget höhe,
magni facio, mich wiget ringe, parvi pendo {gramm. 4, 23S).
ebenso noch bei Lcther: oh aber jemand der unsern Tie-
leicht bewegt, wie es möglich sei. S, 7l'; mit herzog Geor-
gen Sachen haben die unsern fast unvorsichtiglich gehandelt,
dasz michs hoch bewogen hat. br. 4, GS3, ila, ut moleste fe-
ram; das euch bewegt, ob geidschuld auch ein kreuz sei.
1, 427. für dies unpersönliche nhd. mich bewigt hoch, gering
musz es noch mehr belege geben.
4) häufiger zeigt sich die abstraclion bewegen, perpendere,
erwägen: Maria aber behielt alle diese wort und beweget sie
in ihrem herzen, ovfißcü.}.ovaa, vulg. conferen^, golh. |)agkjan-
dei. Luc. 2, 19, richtiger stände hier bewog, erwog, wie in der
hernach folgenden stelle Ayrers bewogen ; da sagt ich, e. hochw.
wolle das wort betrachten und fleiszig bewegen. Luther 1,
119*; s. Petrus zeucht es {das itrtheil gottes) auch an und
bewigt es hoch, magni pendit. 4, 51; das nu jemand möcht
bewegen (in betracht ziehen), wie Jacob so untrewlich mit
seinem bruder gebandlet habe. 4, 152'; das e. k. gn. gne-
diglich wollten bewegen sein armut und elende. 5, 265' ;
denn ich habe alle zeit meine wort also gesetzt und zuvor
bewogen. 6, 6'; so wir nu dieses stück nach vermögen, das
gott verliehen hat, bewogen und behandelt haben. 6, 394';
so doch für banden sind gelerte Juristen, die solchs wol zu-
vor könden hören und bewegen. 8, 41"; wie grosz solch gab
sei, kann niemand genugsam bewegen, br. 2, 162 ; e. f. gn.
wollen sie {die spräche) lesen und bewegen. 3, 508; und ist
das mein bewegen. 4, 201; wir haben ewre Schriften em-
pfangen und mit fleisz gelesen und bewogen. 4, 358. 480;
in der bibel verwendet Luther den ausdnick nicht, andere
schripsteller reichen folgende beispiele dar: so bevelhen wir
dir, "idu wollest die Sachen gruntlichen und nach notturft be-
wegen und ratschlagen, wie sollichs anzufahen sei. Reuchlis
augensp. 3"; sie hon es gelernt, nit das sie dem nachvolg-
ttn, sunder das si es kündten bewegen und widerfechten
(non ut sequantur sed ufjudicent atque convincant). 9*; In-
nocentius hat dise materi durch vil hochgelerter bischofen
lassen ermessen und bewegen. 12'; so bedenken wir auch,
dasz die sache noch nicht genugsam bewogen, wie die noth-
wendigkeit erheischt. Mei.anchthox 1, 512; achten wir uns
für unvennöglich oder können und wollen nichts thun, so
es vorfällt, der zeit halben oder von wegen andrer umstände,
das lassen wir die herren bewegen {überlegen). 3, 690; ist
auch dieselbige schrift durch viel praedicanten dieser land
besehen und bewogen, die sie als recht und christlich ap-
probieren. 7, 820; die alle artikel fleiszig bewogen haben.
vorr. zum corp. doctr. ehr. p. ii; disz soll hie zugleich wol
bedacht und fleiszig bewogen werden, p. 968 ; in dem spruch
ist kein dunkelheit, wenn man die sach recht bewigt. Me-
LA.'«cHTu. hauptart. verdeutscht bl. 75 ; das hatten sie nie be-
wogen oder bedacht. Rihel Lir. 489;
man weisz, das mancher schlafen ligt,
und träumend künftig ding bewigt.
ScuwARZCNBiae 152, 1 ;
der arzt schawt auf und wol bewag.
il. Sachs I, 157';
mit Vernunft ich bewag. 1,278';
das soll billich werden bewogen. AiKUi404*;
wer keines wil bewegen,
der wird sich leizlicli legen
ins bette, wo die Dämmen
gehn über ihn zusammen. Logai; 3, 10, 2t ;
die Sache etwas fleisziger bewegen als zuvor. Schweimiche-»
3,136; item es ist zu bewegen, dasz in den kriegsleuften
nit alle ding zu bedenken, wie ich sie jetzt beschreiben mag.
Frotisperg 1, 126*; und seine mnder hat alles, was sie ge-
hört, das von diesem kindlein gesagt wird, fleiszig in ihr herz
bewogen. Ayrer proc. 2, 10 ; so wollet ihr es mit aufmerksa-
men und wülbewegenden heraen lesen. Schcppius 469. heule
gilt dafür überall erwägen.
5) sich eines bewegen hatte mhd. den privativen sinn sieh
einer sache begeben, abthun, entschlagen, zur seile wenden:
Kriemhilt in ir muote sich minne gar bewac. Nib. 18, 1;
vil der vamden diete ruowe sich bewac. 39, 2;
sie beten sich der ruowe mit arbeite bewegen. 1304, 2;
nune welle got von himele, sprach Günther der degen,
da; ir iucb genäden sült an uns bewegen. 2114, 2;
des bewag er sich ze bant. a. Heinr. 1257-,
der antlitzes sich bewac
. nach menschen anilitze. Parz. 119, 20;
man soi und muoj sich sin bewegen. Trist. 44, 29;
so muget ir iiich (nicht ouch) min wol bewegen. 1S8, 31 ;
und welcher friunde ich sol phlegen
unde der ander mich bewegen. Bari. 120, 24;
dur die er vreuden sich bewac. 189, 38;
mac sich waj^er unde mer
ruowe nibt gein in bewegen. 235, 5;
und valscher löre sich bewegent. 271, 14.
wie diese bedeutung aus einer positiven entspringen konnte,
scheinen die stellen zu lehren, die keinen gen. enthalten, aber
einen abhängigen satz mit Verneinung folgen lassen:
do bewägen si sich schiere,
sine Vcehten niemer wider in,
ern tsete sinen lewen in. Jiv. 6710;
wan si bäte sich bewegen,
si enwolie niemer gepHegen
keiner fröuden über al. Flore 5791 ;
sie entschlossen sich nicht zu fechten, sie hatte sieh entschlos-
sen keiner freude zu pflegen, und ebenwol hätte mögen gesagt
sein: sie bewägen sich des strites, si bäte fröuden sich be-
wegen, wie umgedreht jenes: minne sich bewac aufzulösen
wäre in: si bewac sich, sine wolde minnen. solchergestalt
zu fassen ist auch privatives beteilen.
nhd. gieng auch dieses sich bewegen über in sich erwegen
oder verwegen: etliche aber fielen dahin, das sie sich des
lebens erwegeten {f erwogen), weish. Sal. 17, 15 ; haften sich
ires lebens erwegen (al. erwogen), stücke in Esther 7, 9 ; also
das wir uns auch des lebens erwegeten igoth. svasve skama-
dedeima uns jah liban). 2 Cor. 1, 8. sich verwegen sagt
H. Sachs:
des ich mich doch gar tet verwegen. III. 2, 39*;
ich musz mich sein gleich gar verwegen. IIl. 2, 116",
sich irs lebens verwagen eis. III. 2, 216' ;
erst musz ich mich dein ganz verwegen. III. 2, 253";
auch hier empfängt, wo der gen. abgeht, verwegen positive
kraft:
verwegen het ich mich zu sterben. III. 2, 221'.
heute sind erwegen und verwegen in solcher bedeutung auszer
gebrauch.
6) das starke und schwache verbum, seit bewigst und be-
wigt verwischt sind, vermögen wir heute am praesens gar nifht
mehr, nur am praet. zu unterscheiden, ich bewog heiszt im-
puli, adduxi, brachte dazu; ich bewegle agitavi, commovi ;
ich bin, werde bewogen, dahin gebracht, adducor, inducor;
ich bin, werde bewegt, agilor, commoreor. bewog drückt blo-
szen trieb, antrieb, bewegte stärkere einwirkung, ersehütterung
aus. ich bewog ihn zu handeln, du bewogst mich zu die-
sem schritt ; ich bin bewogen nachzugeben und das haus zu
verkaufen; deine worte bewogen mich zum nachdenken, zur
Überlegung; bin derhalb darauf bewogen, euch dies kleine
brieflein zu- schreiben. Luthers br. 4, 535 ; in a//en diesen bei-
spielen würde nicht gut bewegte und bewegt gesagt, dagegen
heiszt es, dieser anblick bewegte mich zu thriinen, zum wei-
nen, zum larhen ; ich fühle mich heftig bewegt ; die ganze
Stadt ist bewegt davon, wo bewog und bewogen unzulässig
wären, bewegt kann {wie erregt, erschüttert, aufgebracht) ab-
solut stehn, niemals he»vogen impulsus. man dürße zusam-
men stellen : dein hartes Schicksal bewegle mich, es bewog
mich dir die band zu bieten, doch laufen die grenzen in
einander ttber, und beide, bewogen und bewegt, scheinen in
der bedeutung von gerültrt, angereqt u. a. m. statthaß. so
schrieb schon Mich. Nea^der menschensp. 32 : die worte be-
wogen mich, d. i. rülirten, bewegten; als er disz sähe, ward
er gegen ihn mit so innerlicher erbarmung bewogen, pers.
baumg. 9, 9 ; mir träuinete, ich hiitte dich bflren predigen
mit einer so lieblichen stimme, dasz du aller deiner zuhö-
rer gcmüler bewogen und auf deine seile gezogen hättest
1771
BEWEGEN
BEWEGEN
1772
j>ers. rosenlh. 4, 12 ; wann ich zur ungedult bewogen {gelrie-
ben) würde. Schuppids 791;
war heniglich bewogen (erregt) wider die Christen.
Ringwald evang. G8';
Durus hört manch spitzig wort, wird dadurch doch nicht be-
wogen,
hat den obren, wie man meint, einen hämisch angezogen.
LoGAu 3, 5, S4;
hierdurch zum mitleid bewogen. E. von Kleist 2, 32 ;
da ich mit treuen seufzern
des besten mädchens herz bewog. Hippel 7, 310.
man würde heute immer bewegte vorziehen.
7) am meisten fällt uns auf, wenn frühere schrißsleller be-
wog ßr sinnliches bewegte setzen:
grosz äugen als die kesenepf,
aus weichen, wenn sie die bewogn,
viel hundert tausend funken flogn.
Ringwald tr. Eck, K (1590 J 5') ;
so wird das meer auch immer vom winde bewogen und
schwüllet dadurch auf. Praetorius storchs winterq. 304;
der hat im tanze nicht die beine recht bewogen {gerührt)
Rachel 128;
vergnüglichkeit und sanfte stille,
die weder mut noch leid bewog. IIaller 172 (164).
auch nnl. liest man: geen blad aan de boomen bewog zieh,
statt des üblicheren bewegde zieh, dies bewog schiene wol
geeignet sanftere bewegung auszudrücken: der wind bewog,
rührte, trieb die blätter, leo auch mhd. bewac oder wac denk-
bar wäre, und diu bleter, löuber sint bewegen statt beweget.
das praes. entscheidet nicht:
still ist luft und lüftchen stille,
was bewegt mir das gezweige? Göthe 3, 38,
früher würde bewigt keinen zweifei gelassen haben.
BEWEGEN, bewegte, bewegt, mhd. bewegen, bewegete und
beweite, beweget, nnl. bewegen, schw. beveka {mit tenuis, ne-
ben jenem bevägen), dän. bcvüge, beide von uns erborgt, die
bedeutung ist agitare, commovere, concutere, heßiger als das
vorausgehende bewegen bewog.
1) sinnliches bewegen.
o) die erde bebete und ward bewegt. 2 Sani. 22, 8 ; der
du die erde bewegt und zurissen hast. ps. 60, 4 ; darumb
wil ich den himel bewegen, das die erde beben sol von irer
stet. Es. 13, 13 ; den ich bin der herr dein gott, der das meer
bewegt, das seine wellen wüten. 51, 15; der das meer be-
wegt, das seine wellen brausen. Jer. 31, 35; da aber gewäs-
ser kam, da reisz der ström zu dem hause zu und mochts
nit bewegen {goth. ni mahta gavagjan ita). Luc. 6, 48 ; wollet
ir ein ror sehen, das vom winde beweget wird (raus fram
vinda vagid). Luc. 7, 14; denn ein engel fuhr herab und be-
weget das Wasser. Joh. 5, 4; gleichwie ein feigenbaum seine
feigen abwirft, wenn er von groszem winde beweget wird.
offenb. JoA. 6, 13; der wind bewegt die fahnen auf dem dach.
bemerkenswerth das goth. vagid von vagjan Luc. 7, 14, wie raus
fram vinda vagidata, aaXsvofievov Matth. 11, 7 ; ahd. rora fon
winte giwegita; after*mitads gavigana, von vigan, fiär^ov as-
aaXevfievov, mensura coagitata, bei Llther ein gerüttelt masz,
Luc. 6,38, was mhd. bewegen, gewogen mag ausdrücken würde.
der wind bewegt das röhr, der sehe ff el wird gerüttelt.
b) und wil den fusz Israel nicht mehr bewegen lassen
vom lande, das ich iren vetern gegeben habe. Ikön. 21, 8;
laszt in ligen, niemand bewege seine gebeine. 23, 18; er
kann seine band, seinen fusz nicht mehr bewegen ; das haupt
bewegen, schütteln; alsbald er den rücken kert, so rümpfest
du die nas, die bewegst du mit geberden und schlcchst im
also den muf nach. Keisersb. s. d. m. 43'; und bewegt die
zung so schnell. 48';
die eilenbogen freier zu bewegen. Göthb U, 327;
unhewegt und stolz will keiner dein andern sich nähern,
keiner zum guten werte, dem ersten, die zunge bewegen.
40, 275.
c) da ward alles hausgesind über den esel bewegt mit
Stangen, stecken und steinen. Steimiöwei.s Esop 33 ; der früh-
iing bewegte seine auen und seine blumen unter dem scbleier
von Schnee. J. Paul Hesp. 3, 89.
d) der pendel bewegt die rüder der uhr; das pferd, der
dampf bewegt den wagen.
e) einen wohin bewegen, amovere, semovere: man suchte
den Schreier in ein ncbenzimmer zu bewegen ; dasz durch
der singekuDst lieblicbkeit sie den himmei selbst mit seinem
gestirn aus seinem ort bewegeten. Schüppius 779; mit dro-
hen und schimpfen wollte er seinen gegner ins nächste gäsz-
chen bewegen, um die sache daselbst auszumachen. Göthe
30, 185.
2) abstractcs bewegen, commovere, concutere, dessen schwan-
kender unterschied von bewegen, bewog vorhin behandelt wurde.
a) einen bewegen, geneigt machen, ßeclere, mhd.
vrou Minne muoj si mir bewegen ( : legen). Iw. 1637 ;
nhd. und sie dadurch bewegt gegen im wirt, unkeuscheit
halb. Keisersb. s. d. m. 32'; nicht leicht durch Widerwärtig-
keit zu bewegen, pers. baumg. 7, 30 ; ich würfe mich vor ihm
nieder und flehte ihn an . . . aber nein, ich bewegte ihn
nicht. Klopstock 9, 330.
b) einen bewegen, excitare, concitare: aber die jüden be-
wegten (vulg. concitaverunt) die andächtigen und erbarn wei-
hen apost. gesch. 13, 50; wiewol den fürsten diese händel
übel bewegeten. Kirchhof wendunm. 283'; damit der zorn
gottes nicht bewegt oder gemehrt werde. Schuppiüs 752 ;
ich bin an meinem ganzen leibe beweget, dasz ich iiin nur
sehe. pers. baumg. 4, 4 ; der könig von Navarra ward am
hofe mit einer geringschätzung behandelt, die jedermann,
nur die Guisen nicht, bewegte. Schiller 1103;
auch die liebe beweget das leben,
dasz sieb die graulichen färben erheben. 497*.
c) einen bewegen, reizen, einnehmen:
was man frei Und täglich schauet, pfleget minder zu bewegen.
LoGAU 2, 6, 79 ;
jeden ohne unterschied reizt der nahe gewinn, aber nur
grosze Seelen wird das entfernte gute bewegen. Schiller 893 ;
und wen des rosses wiehern, das gebelle
der kuppelhunde nur bewegt. Gotter 1, 97.
d) einem herz und mut, einen im herzen bewegen, rüh-
ren, mhd,
daj beweget im den muot. Iw. 4859;
nhd. das bewegt mir das herz, bewegt mich im herzen;
doch im das buch sein herz und mut
also genzlich und gar beweget. H. Sachs II. 2, 88*;
das thut im herzen mich bewegen. III. 2, 187';
denn viel lassen sich mit golde stechen (== bestechen, oben
sp. 1663) und bewegt auch wol der könige herz. Str. 8, 3 ;
und tief bewegten gesänge
des berzens innigsten grund. Göthe 1, 104.
e) einen in zorn, mitleid bewegen : wer weis«, wie er in
zorn bewegt ist gewesen. Keisersb. s. d. m. 15'; wurden sie
in zorn bewegt. Aimon i ; durch solche klag wurden die män-
ner in erbarmung beweget, buch der liebe 87, 1; es beweget
mir mein herz in ein solches mitleiden. 88, l. auch auf
und an: wie können wir uns denn auf ewre meinung bewe-
gen lassen. Luther 4, 376' ; was beweget die zwei richter an
der thorheit, welche sie mit Susannen verüben wollten?
Schuppiüs 516.
/) einen zu etwas bewegen : wan der bauch von wein gir-
ret, so wirt er leichtlich zu unkeuscheit bewegt. Keisersb.
s. d. m. 5" ;
das selbig sie beweget
zu solchem groszen neid und hasz.
H. SachsIH. 2, 204";
es bewegt ihr ehestand
hagestolze selbst zum neide. Gotter 1,51;
was bewegte herrn Eberhard zu einer solchen seltsamen Ver-
wickelung? Kant 3, 339; das bewegt mich zu thränen, zum
lachen, häußg bewegt, wie sonst bewogen, impulsus, mit fol-
gendem infinitiv : sihe zu, das dich nicht vielleicht zorn be-
wegt habe jemand zu plagen. Hieb 36, 18; lasz deine seele
nicht bewegt werden in zu tödten. spr. Sal. 19, IS ; so wirt
der bös geist bewegt zu antwurten. Keisersb. s. d. m. 24";
denn es ist unecriich, da einer die leul ze lachen bewegt,
und acht nit, ob es im wol anstand oder übel. 53'; ich
bin bewegt worden aus christlicher liebe und sorge an euch
diese schrift zu thun. Luther 3, loo'; ich bin newlich gefal-
len on geferde (ungefähr) in die geschichte des concilii zu
Constenz, bin daraus bewegt, diese sprüche dawider zu se-
tzen. 6, 318'; künig Florcis hörte so viel lobs von der ge-
sellschaft der tafeirunde sagen, dasz er dardurch bewegt ward,
solches in eigener person zu erfahren, buth der liebe 382,1;
aber du wirst uns mit bewegen,
unser hend auch an dich zu legen.
11. Sachs HI. 2, 78»;
1773
BEWEGEN — BEWEGLICH
BEWEGLICH— BEWEGT
1774
diese (stanzen) zogen mich an und nöthigten mich vor- und
rückwärts zu gehen, wodurch ich denn gar bald bewegt ward
vom anfange anzufangen. Göthe 45, 223.
g) etwas bewegen, erschüttern : sihe auch noch nicht, das
meine gründe daselbs gelegt, recht sind angegriffen oder be-
wegt. Luther 3, 2S5.
/i) etwas bewegen, berühren : hier kommt gar vieles zur
spräche, das zwar schon mehrmals bewegt worden ist, aber
nie genug ausgesprochen werden kann. Göthe 45, 10.
3) sich bewegen, moveri, commoreri, sich rühren: da er
sähe Mardachai im thor des küniges, das er nicht aufstund,
noch sich für im beweget. Esth. 5, 9 ; und die krefte der him-
mel werden sich bewegen {goth. jah mahteis J)üs in himinam
gavagjanda). Marc. 13, 25; die warteten, wenn sich das was-
ser bewegete. Joh. 5, 3 ; und da sie gebetet hatten, beweget
sich die statte, da sie versammelt waren, npost. gesch. 4, 31;
schnell aber ward ein groszes erdbeben, also das sich be-
wegten die grundfeste des gefangnis. 16, 26 ; denn die natur
beweget sich in ihm, wie er auch sein natürlicher vatter
war. buch der liebe 19, 1 ;
all mein krefl ifaun sich bewcpren.
H. Sachs III. 2,42';
0 meine seele, du bist ja würdig verbrennet zu werden,
warumb solstu dich dann über ein wenig asche bewegen
(erxünien)^ pers. batmig. 4, 3; bewege dich nicht über die
reden dieses geplagten und ganz verfährten (erschrocknen)
mannes. 4, ll ;
ziehet, ziehet, hebt!
sie bewegt sich, schwebt! Schiller SO';
wer mit der ehrenbinde
bewegt sich stolz voraus? Göthe 1, 129; . ■
da erklingt es wie von flügeln,
da bewegt sicbs wie gesang. 23,6;
dem die ewigen melodieen
durch die glieder sich bewegen. 41,230;
SO bewegte sich auch in dem täglichen zusammenleben un-
serer freunde fast alles wieder in dem alten gleise. 17, 396 ;
man gestand sichs nicht ausdrücklich, aber man verleugnete
es nicht, dasz man sich unter geistes- und gefühlsverwand-
ten bewege. 26, 26 ; Schöpflin, der sich in der hohem Sphäre
des Staatsrechts zeitlebens bewegt halte. 26, 49 ; unsere ge-
schäftsmänner und diplomaten bewegten sich nun nach Dres-
den. 31, 52; ein weites hüglichtes thal bewegt (erstreckt)
sich zwischen zwei ansteigenden bügeln gegen den Hunds-
rück. 43, 252.
BEWEGEN, n. motus:
tausend fleiszge bände regen,
helfen sich in muntrem bund,
und in feurigem bewegen
werden alle krnrie kund. Schillkk 79*.
da wird
ein augenblicklich brausen und bewegen,
der markt belebt sich. Schiller 366*.
BEWEGER, m. motor: was sich reget, das platzen wir an,
den bewcger aber lassen v*ir hin. kriegsb. des friedens 15S;
die geheimen beweger der ganzen maschinerie, wodurch Julia
zu gründe gerichtet wurde. Wieland 24, 375; die drei groszen
beweger des menschlichen gemütes, glaube, liebe und hofnung.
27, 339;
aber, der krieg auch hat seine ehre,
der beweger des menschengeschicks. Schiller 497";
gestern noch der belebende geist, der groszc und einzige be-
weger seiner Schöpfung. 967; aber dazu sucht eben das er-
staunte Volk einen leiter, beweger. Klincer 12, 302.
BEWEGGRUND , m. causa, ratio, grund, antrieb. Klinger
11, 249. 257. j. bewegungsgrund.
BEWEGIG, mobilis, leicht su bewegen :
ob «olche herschafi wird unwillig
der unierihan. und nu-ht unbillig',
und wild bcwcgig zu aufruhr. II. Sachs IV. 2, 70".
BEWEGKRAFT, f. vis movens.
BEWEGLICH, l) mobilis, qui moteri, amoveri polest, regsum,
veränderlich: bewegliches gut; bewegliche feste; das beweg-
liche sol verändert werden, als das gemacht ist, auf das da
bleibe das unbewegliche. Ehr. 12, 27 ; siebet sich dann der
mensch selber an, und betrachtet diese seine edle gestalt,
disz bewegliche haupt. Opitz, rorr. :u Grotius s. 276; wenn
in seiner (Hamlets) zarten seele der liasz aufkeimen konnte,
so war es eben nur so viel als nöthig ist, «im lieweglichc
und falsche höflinge zu verachten. Göthe 19, 28 ; es schien
ftls wollte jeder sich nur von allem entblüszeo, was er nur
bewegliches (an fahrender habe) besasz. 24, 154; ich erinnere
mich seiner als eines angenehmen, beweglichen und dabei
zarten mannes. 24, 122; die älteren personen, mülter und tau-
ten, weniger beweglich. 26, 34; auf einem hintergrunde von
schwankenden baumzweigen, beweglichen bächen, nickenden
blumenwiesen. 26,35; gar viele menschen sind noch jetzt an
ihm (Wielaud) irre, weil sie sich vorstellen der vielseitige
müsse gleichgültig und der bewegliche wankelmütig sein. 32,
257 ; wenn der mond sein bewegliches bild auf der leise wo-
genden Wasserfläche einem jeden schlängelnd entgegen schickt.
33, 149 ; in dem alter war ich beweglicher und entzündbarer
als sie. Gotter 3, 251.
2) nioie«5, commorens, bewegend, bedenklich, rührend, vehe-
mens, gravis: ob aber solche furcht beweglich sei, das sol
man abnemmen. Luthers tischr. 32l' ; bewegliche Ursachen.
Phila.nd. J, 11, sonst auch bewegende Ursachen ; rede den räu-
bern mit beweglichen worten zu. peis. rosenlh.1,ib; mit be-
weglichen Worten beschreiben. Schcppius 127; manch beweg-
liches trauriges liedlein. 13S; des hochgelahrten Heinsii be-
wegliche und schöne elegia. Brandts Taubmann 84; eine stimme
sanfter melancholie, an deren bewegliche saiten die einbre-
chende dämmerung und der klang der abendglocke von dem
nahen kirchthunn noch bänger und düsterer ansprach. Hih-
ZEL E. br. 2,65; Klopstocks bewegliche seele. 2,224.
BEWEGLICH, adr. potenter, rührend: er besann sich also
keinen augenblick ihm die freiheit wieder zu schenken, um
die er ihn so beweglich zu bitten geschienen hatte.
BEWEGLICHKEIT, f. mobilitas, Veränderlichkeit, regsam-
keit: welchen gegenten mit der beweglichkeit der zeit und
glucks die namen drei oder viermal verkert worden sind.
Frank weltb. 74"; dahero findet man in so schwämmichten
menschen weder geschicke noch beweglichkeit. Lohenst. Arm.
1, 202; reizbarkeit und beweglichkeit, begleiterinnen dichte-
rischer und rednerischer talente, beherschten ihn (Wieland)
in einem hohen grade. Göthe 32, 241 ; wenn er sich der ma-
nigfaltigkeit seiner emplindungen, der beweglichkeit seiner ge-
danken überliesz. 32, 258.
BEWEGNIS, f. n. malus, bewegung.
1) bewegung: alle menschliche neigung, bewegnus und an-
mütigkeit. Mei^anchthons anweisung in der h. sehr, deutsch von
Spalatin f. 133; ich wil jetz andere bewegnus des gemüts
geschweigen. Petr. lU"; und nimpt unser affect, willen und
bewegnus an. Frank paradoia 59 ; der lauf und bewegnus
des himmels. Frank 27 ; sein krankheit gründlicher aus seiner
red, gestalt und bewegnis des leibs zu erfaren. chron. 101';
des Schadens halben der sinnen und bewegnus der glidcr.
Bracnschweig 53 ; (rfer ßsch) ist zu seiner grösze ganz schnel-
ler bewegnus. Forer 81* ;
ihr sinn steht klippenfest, an dem der Ihränen flul,
noch meiner seul'zer wind nicht ein bewegnus thut.
Nkcmaric lustw. 144.
2) beweggrund : bewegnus und ursach schöpfen, cammerger.
ordn. von 1521. 12, 2 ; in der fünften bewegnus. Relchlin verst.
4*; unter viel andern bewegnussen. Lehmann 160; andere Ur-
sachen und bewegnussen, die erdacht werden können. Schlp-
pius 19 ; dazu haben mich allerhand wichtige und erhebliche
bewegnussen veranlaszt. Spangenberc lustg. vorr. oft ßr motu
proprio: sonder zweifei nicht aus eigner bewegnus. Chmels
Maxim, s. 58 o. 1495; boten mir auch aus eigener bewegnus
gnade an. Schweimchen 3, 215; aus eigener bewegnus. bie-
nenk. 131" ; sie tut alles aus eignem bewegnus. Bctschkt kan:l.
471.600; aus eigener bewegnis. Liscov2l9.
3) riütrung: aus bewegnus und mitleiden. Philand. 1, 69.
BEWEGS.\M, beweglich : alles was uns bewegsam erquickte,
musik, tanz. Göthe 39, 206.
BEWEGSAMKEIT, f.- voll vorsieht, bcwegsamkeit, muth und
Schlauheit. Ardiughelln 2, 228.
BEWEGT, motus, commolus.
1) von zom bewegt, aufgebracht : und nil seind als bewegt
über uns. i4imon5; ein bewegter mann nichts gutes machen
kann. Lehmann 10.
2) erregt, gerührt, schwankend:
welches glück
dringt aus bewegtem biisen sich hervor! GöTnc9, 290;
»0 hast du lange nicht, bewegtes herz,
dich in gcmesznen worten autgesproclien. 9,292:
vor den bächern des Schicksals, in denen der Sturmwind des
bewegtesten iebens saust. 18, 309 ; wie freut mich die gemüts-
vcrfassung in der idi sie sehe, versetzte Jarno, und legte
1775
BEWEGTRIEB —BEWEGUNG
BEWEGUNGSFERTIGKEIT — BEWEHREN 1776
dem bewegten jüngling die band auf die schulten 18, 311;
er kommt über auen und wiesen, umgeht auf trockncm
anger manchen kleinen see, erblickt mehr bebuschte als
waldige hügel, überall freie umsieht über einen wenig be-
wegten (coupiciicn) boden. 22, 152 ; wir mögen den grundbe-
sitz als einen kleineren theil der uns verliehenen guter be-
trachten, die meisten und höchsten derselben bestehen aber
eigentlich im beweglichen, und in demjenigen was durchs be-
wegte leben gewonnen wird. 23, 119; man wies uns auf die
betrachtung eines bewegten lebens hin, das wir so gern führ-
ten. 25,222; ihn freut nun selbst dieses bewegte, arbeitsame
leben. 28,71; mir scheint die idee äuszerst zart, die compo-
sition bewegt, natürlich' und glücklich, höchst reizend ausge-
führt, das. ; die börse war iieute sehr bewegt.
BEWEGTRIEB, m. was beweggrimd, antrieb.
BEWEGUNG, f. motus, wie bewegnis.
1) äuszcrc bewegung, bewegung des leibs, der glieder; be-
wegung ist dem leibe gesund; bewegung von einem ort zum
andern ; die bewegung der gestirne ; leise bewegung bebt in
der luft. GöTiiE 1, 91. die gewöhnliche deßnilion ist: bewe-
gung = stetige Veränderung des orts. Kant sagt 8, 458, bewe-
gung eines dinges ist die Veränderung der äuszeren Verhält-
nisse desselben zu einem gegebenen räume.
2) öffentliche bewegung: es erhub sich aber umb diesclbige
zeit nicht eine kleine bewegung über diesem wege (tä^axos
oix oXiyos). apost. gesch. 19, 23 ; zur aufruhr und bürger-
lichen bewegungen getrieben. Schüppius 722; musz der mann
niclit unsinnig sein, dasz er über diese kleinigkeit solche be-
wegung (aufsehen) macht. Rabener 3, 97 ; Lavaters erschei-
nung in der gegend von Frankfurt hat grosze bewegung ge-
macht. GöTHE an Knebel 35 ; von dem augenblick an war die
Stadt in ununterbrochener bewegung. 24, 310 ;
des schnellsten lebens lärmende bewegung. 2, 113;
niclit dem Deutschen geziemt es, die rürchterliche bewegung
forizuleiten, und auch zu wanken hierhin und dorriiin.
40, 337.
3) innere bewegung, regung: das musz aber geschehen mit
herzlicher bewegung und ernst, das uns solch aller menschen
notdurft zu herzen gehe. Luther 1, 240'; sie haben ein einige
bewegung irer meinung, die ist also getlian. 1, 404" ; wie ich
von ewern geschickten höre, so ist die taufe auch recht bei
euch, on das mir das ein grosze bewegung («nru//e) gibt,
das ir die jungen kinder teufet auf zukünftigen glauben, den
sie lernen sollen, wenn sie zur Vernunft komen. 2, 229'; es
seind cilf bewcgningen, die den menschen treiben, einen zu
frölicheit, den andern zu traurikeit. Keisersb. s. d. m. 9" ;
gedenk, wer weisz, bettest du die bewegung zu zorn gehaben
als er, du bettest villeichtert gröszers gelhon. 30'; darumb
die wort, die also herausz gond ausz bewegung der hoffart,
seind todsünd. 56"; da ist kein herzbewegung nit, noch hitz
noch Inbrunst in uns. 84"; damit alsdann eure und der an-
dern unsrer mitverwandlen theologen bedenken und bewe-
gung möchten zusammengetragen werden. Melanchth. 3, 870;
dasz in so vielen unnachlässigen geists und leibs müh, arbeit
und bewegungen ich so viel poetisiert. Weckherlin vorr. zu
den weltl. ged. ;
dein herz hat gott trerührt,
gehorche dieser himmlischen bewegung. Schiller 419.
oß mit dem folgenden eins.
4) beweggrund, antrieb : aus der bewegung {auf antrieb) der
liebe, so du zu im hast. Keisersb. s. d.m.hb'; dazu sie gar
grosze Ursachen und bewegungc hatten. Lijther 3, 254; das
ist die ursach und bewegung. br. 1, 510 ; wie durch ratli eins
alten ritlers und eins priesters bewegung Beinharten künig
Yens Schwester versprochen ward. Aimon J2; wer weisz so-
gar, ob selbst Nicolaus der zweite sie aus eigner bewegung
wieder vorgenommen hätte? Lessing 8, 406.
5) in bewegung setzen, bringen, vieltre en mouvement : der
Zuschauer will unterhalten und in bewegung gesetzt sein. Schil-
ler 487; die stände brachten ihr groszes Privilegium wieder in
bewegung (anreijxn^). 815; diese ansprUche brachte Innocentius
jetzt in bewegung. 1038; sein gröszler stolz war, die menschen
stufenweise in bewegung zu setzen. Götiie 19, 120; um nun
aber einen falschen salz mit beweisen zu verdecken, ward
hier abermals die sämmtliche mathematische rüstkammer in
bewegung gesetzt. 32, 123; alles was die rädcr des Staats in
zweckmäszige bewegung setzt. KLiNCERt2, 172; der lange zug
setzte sich nur schwer wieder in bewegung.
BEWEGUNGSFERTIGKEIT, f jedes thier hat angeborne
bewegungsfertigkeiten. Fichte naturr. 91.
BEWEGUNGSGESETZ, n. unter bewegungsgeselzen ver-
steht man nicht blosz die regeln der beziehung, die die sto-
szenden körper einer in ansehung des andern bekommen,
sondern vornemlich auch die Veränderung ihres äuszeren zu-
standes in absieht auf den räum. Kant 8, 437.
BEWEGUNGSGRUNÜ, m. causa, ratio, motiv:
doch sie (die Selbstliebe) verknüpft sich auch mit den bewe-
gungsgründen,
in andern, wie in uns, das gute schön zu finden.
IUgkoor.n 1, 45;
solche bewegungsgründe sind wol nicht viel besser, als wahre
Zwangsmittel. Gellert; ein einziger bewegungsgrund, dem ich
lange und ernstlich, nachgedacbt habe. Lessing 6, 128 ; durch
viele in der sache liegende bewegungsgründe dazu aufgefo-
dert. Wieland 1, v; dich von der lauterkeit der bewegungs-
gründe tiberzeugen, welche mich so gegen dich zu handeln
angetrieben haben. 1, 228 ; aus verschiedenen bewegungsgrün-
den. Schiller 673 ; ein körperlicher stosz ist noch kein geisti-
scher bewegungsgrund. Lichtenberg 3, 116.
BEWEGUNGSLEUGNER, m. überhaupt aber sind alle oppo-
sitionsmänner, die sich aufs negieren legen, und gern dem
was ist etwas abrupfen möchten, wie jene bewegungsleugner
zu behandeln. Göthe an Schiller 225.
BEWEGUNGSLOS, motu carens, unbeweglich, slarr:
bewegungslos starr ich das wunder an. Scbiller 495'.
BEWEGUNGSQUELLE, f. die allgemeine bewegungsquelle
der natur, die anziehung. Kant 8, 292.
BEWEGÜNGSURSACHE, f. eine innere handlung aus be-
wegungsursachen. Kant 1, 38 ; der rang, zu welchem man mich
erheben will, ist vielleicht nicht eine von den geringsten be-
wegungsursachen. Rabener 3, 248. s. das folgende.
BEWEGURSACHE, /". im physikalischen sinn. Kant 1,39;
aber alles dies aus höheren antrieben und bewegursachen der
letzten dinge. Öttinger grunrft. des 7J. ^ 387; bei vielen unsrer
heutigen scribenten sind die bewegursachen eigennützig und
voller leidenschaffen. Rabener 2, 196; aus edlen oder eigen-
nützigen bewegursachen. Wieland 3, 123; die unedelsten be-
wegursachen. 7,204; von den bewegursachen ihrer handlungen
zu urtheilen. 13, 246 ; ich war mir dieser bewegursaclie nicht
bewust. 28, 216; den willen durch nichtswürdige bewegursa-
chen übenvinden lassen. Claudius 8, 67. häußg gleichviel mit
beweggrund, obgleich sich zwischen beiden unterscheiden Idszl
wie zwischen Ursache und grund.
BEWEHEN, afflare, anwehen, umwehen, nnl. bewaaijen :
der luft wird dich bewehen. Pelr. 222' ;
ruhig schlummert am bache der Mai ein,
liesz rasen den lauten donnersturm,
lauscht und schlier, beweht vofl der blute,
und wachte mit Hesperus auf. Klopstock 1, 190;
vom weste Leweht. 2, 64 ;
frohes gelüft die slaude heweht. 2, 76;
wenn die winde die stoppeln bewehen. Hölti;
stille weise
werden sanfter dir beweht. Schubart ged. 2, 118;
jedes Wortgepolter säuselt und gleitet weich bewehend an
läppchen von obren vorüber. J. Paul aeslh. 2, 221.
BEWEHREN, ahd. piwerian (Graff 1,926.927), 1) armore:
hierzu dann nötig ist einer bewehrten band, kriegsmacht und
rüstung. Kirchhof disc. mil. vorr. ; mit bewehrter hando. Rihel
Liv. 7 ; im fall aber einer ohne bewerte band jemand verge-
waltiget. Ayrer ;)roc. 1, 11 ;
seither dasz unser sladt verschanzet und bewehret,
seither ist unser land verwüstet und verlieret.
LoGAU 1, 1, 75;
den ort mit stürm dem feinde abgenommen und was bewehrt
darinnen angetroffen worden, nidergemacht. Butschky kanzl.
182 ; weil er auch nicht leiden konnte, das das volk und der
adel bewehrt waren. Vatm. 919; ehe wir aber vor den wald
kamen, sahen wir ohngcfehr einen bauren oder zehen, deren
ein theil mit feuerrohren liewelirt. Simpl. 1, 51. 52; schickte
seinen gerichtshalter mil zwanzig bewehrten mannen, pol.
stock f 305;
mit wüsten rings umher bewehret. Rablir 1, 4t ;
bewehrt durch deiner lehre macht. Voss 4, 5;
bewehre mit dein sjiiesz die rechte,
und nieder steig icli zum gefccbte. SchillirGC';
wie gern
der fromme mann hier seinen kleinen groll
mil meines zornes ricscnarin bewehrte. 274*;
1777
BEWEHKLAGEN — BEWEINEN
BEWEINEXS WERTH — BEWEISEN 1778
er ist bewehrt, eotreiszt ihm seiaen dolch. 433';
bald mit blitz bewehrt, durchleuchtet
als ein aar, die luft der glaube. Plate.n 63*.
2) armis defendere, beschirmen, so das ahd. piwerian;
dasz es in tag und nacht bewahret und bewehret.
Weckherlin 1 ;
der pfleget nu die rrommen zu bewehren. 42.
BEWEHKLAGEN, deplorare, beklagen: und wird die erfül-
ItiDg gnugsamb bewebklaget. Chr. A.ndreae &u$zposau7ie A2.
BEWEIBEN, uxorem dare, duceie,
1) maritare, franz. marier, nuplui Iradere: er beweibet seine
söhne auch. Aimon DS;
er ist so böslich beweibt. Waldis Es. 4, &4;
man find manchen Trommen mann,
der doch so böslich ist beweibl. Woigemct £«op 2, 455;
gott bleibt goit, nimmt weg rosinen, und rosinen gibt er her,
Witwer wieder zu beweiben ist ihm desto minder schwer.
l.OGAO 1, 7, 7 ;
da Bian noch zur zeit keinen beweibten {pfarrer) halten dorfte.
Matbesids 136*; beweibte küster und glückner. Möseb 3,193;
nach vollendeten Studien führte er einen Jüngling nach der
Schweiz, wo er eine Zeitlang blieb und beweibt zurück kam.
GöTHE 26, 95.
2) sich beweiben, se marier, uxorem ducere, freien, vgl.
sich bemannen : so thun ich einen eid zu gott, mich nicht
mer zu beweiben. Aimon D3; der vatter solt kein recht mer
gegen seinem son haben, so er aus seinem geheisz sich be-
weibet helt. Frans wellb. 75';
dasz sie {Vasti) der könig thut austreiben,
und thut mit Hester sich beweiben. H. Sacbs IT. 1, IS';
also wird gefragt ein mann, der sich neulich hat beweibt.
LoGiu I, <U, 63;
so soll ich mich, echo, dann noch nicht beweiben?
*ei lasz es bleiben.' 2,6,34;
wann s. Andreas abend kümt, pflegt jeder der sich wil beweiben,
auch die die sich bemannen wil, ein hitziges gebet zu treiben.
3, zug. 205 ;
bald willst du, Trili, nnd bald willst du dich nicht beweiben.
Lessi.ng 1, 19;
ein kericben wie du kann leicht sich besser beweiben.
WtELA.ND 4, 151.
BEWEICHEN, emollire, erweichen:
dö her si nicht beweicben künde, myst. 65, 35;
steht fest, und leszt sich nicht beweichen
ir federjesen und pflaumensireichen,
da schleicht der Schmeichler weg verholn. Waldis £s. 1,2.
BEWEIDEN, depascere, vgl. abweiden:
weil er so plötzlich sollte scheiden
und eine frembde trift beweiden.
Dav. SciiiBHBRs sing, rosen. 27 lied;
die alp,
die wir beweidet seit dermaler zeit. Schiller 529*;
alle bürger welche das gemeinland beackern oder beweiden.
NiEBCBB 3, 573. wie man die äugen weiden lästl (sp. 797. 814),
singt zur Venus Opitz 2, 229 :
dasz ich, so lang ein liirsch wird lieben püscb und beiden,
so lange sich dein söhn {Cupido) mit thr.nnen wird beweiden,
wil ohne wanken siehn und hallen über ihr.
der kafer beweidet sich in mist. Bitschky Palm. 896.
BEWEIFEN, harpedonem ßlis eonrohere, umweifen. Stieler
2451.
BEVVEIHRAUCHEN, ture suffire: eben sowol anbettet und
beweiraucht. bienenk. 142*. nnl. bewierooken.
BEWEI.NEN, deflere, deplorare, ahd. piweinön, mhd. beweinen :
tba; sioan friunt biweinö. 0. T. 23,246;
mit ougen und mit herzen
ir herzeliebes smerzen
beklagetc und ouch beweinde. Trist. 31, 11.
nhd. einen todten beweinen; sein elend beklagen und be-
weinen ;
lasz mich beweinen meine laster. Ctrill ^nb. 21*;
das äuge lacht die woUust an, den schmerz beweint es drauf.
Locau 3, 6, 100;
zu $p3t
beweint die fürstin eine ihat Schiller 373*;
schon sechzehn jähr bewein ich meinen söhn. 669*;
und beweint am andern morgen
ihre freiheit, ihre ruh. Götter 1, 86 ;
sie sitzt auf ihrer kammer,
beweinet ihren Jammer.
BEWEI.NEN, rino inslruere, mhd. so sol man die stat bc-
wlncn mit «ijem unde mit rüteme wlne. Baseler dienslm.
rfc/»/ §. 11. sich beweinen, sich betrinken: er ist hart bewei-
net, nmllo mero se graravit. il£.Mscii 3G0 ; die weil er sich
beweinet und das h. ampt darüber verschlafen bette. Zinkgb.
apophlh. 11,4*;
ein satyr, der sich froh beweint
wird ihm von panen nachgetragen. Hagedor:« 3, 129.
BEWELNENSWERTH, deplorandus:
beweinenswerther Philipp, wie dein söhn
beweinenswerth. Schiller 244*.
BEWELNENSWCRDIG, dasselbe:
wer sagte ihnen, dasz an Philipps seite
mein losz beweinenswürdig sei? 250*.
BEWEINER, m. deploralor:
ja freilich isis ein trost, wenn einer in dem weinen
beweiner ümm sich hat. Flemi.ig 118.
BEV\"EINKAUFEN, eniere coram testibus bibendo : ein erle-
digtes erbe mit voller band beweinkaufen. Moser p. ph. l, 105.
s. weinkauf.
BEWEINLICH, ßebilis, deplorandus: mhd. ein liebe gar be-
weinelich. lisio Philiberti 607. nhd. darausz ein beweinlicher
schade dem reich zugestanden ist. Petr.n'; fäbrlich, bewein-
lich und beschwerlich, los'.
BEWEIS, m. probatio, documentum, nnl. bewijs n., schw.
bevis, ddn. beviisn.; Lctber, Dasypodius, Maaler haben neben
dem verb. beweisen noch kein subst. beweis, das erst im lauf des
16 jh. zu entspringen sdieint, und bei Henisch 360, Fischabt
u. a. fehlerhaß beweisz geschrieben wird {wie abweisz ßr abweis).
man sagt den beweis geben, führen, liefern, bringen, erbringen,
antreten, nehmen, den beweis aufgeben, mit dem beweise be-
lasten, zum beweise schreiten, den beweis ablehnen : hier ist,
folgt der beweis ; hier hast du den beweis ; nimm dir davon
des beweis ; nemet des ein beweis. Hemsch 360 ; zum beweis
hört was {gehört sich etwas) ; ein augenscheinlicher, klarer,
sonnenklarer, einleuchtender, triftiger, unumstöszlicher be-
weis ; der beweis ist statthaft, unstatthaft ; ein ganzer, halber,
vollkommner beweis ; das ist nur ein stück, ein anfang des
bcweises; zu beweis einer waren busz. bienenk. 232"; ich habe
den beweis in der lasche;
an der seilen sol ihm stehen
Ilerbrnnd der gelobte mann,
der den Stallwein wird bestehen,
wie er schon beweis geilian. Fleming 437 (433) ;
dasz liebe brennt und kältet gibt Pictia beweis,
den brand macht das gesiebte, der leib der macht das eis.
LOGAD 3, 6, 20 ;
man bringe die beweise mir herbei. Schiller 413';
ein beweis, zum beweis pflegen den conjunctionen voraus xu
gehn: der vater züchtigt sein kind, zum beweis dasz er es
liebt; sie erröthete, ein beweis wie schuldig sie sich fühlte;
die feinde lassen ihr schweres geschütz abfahren, ein beweis
dasz sie die belagerung auflieben wollen, beweis, bethätigung,
dargebung : ein rechter beweis von liebe, treue, freundschaft.
BEWEISANTRETUNG, f.
BEWEISANTRITT, m.
BEWEISART, f. modus probandi.
BEWEISARTIKEL, m., srhrift, mit «eleher der klSger sei-
nen beweis darlegt.
BEWEISBAR, quod probari polest.
BEWEISEN, prohare, demonstrare, darlegen, herbeiführen,
heranweisen, wie das einfache weisen »lonstrare, zeigen, eigent-
lich den weg weisen, zeigen ausdiückt. ein ahd. piwisan pi-
wista kommt nicht vor {denn piwisan piweis evitare iil etwas
anderes), desto üßer mhd. bewisen, bewisle:
des bewise dich got. Greg. 1634;
als in bewiste der wec. Er. 528S;
als ichs bin bewiset. 8240.
nhd. gilt bei Lltiier, H. Sachs u. a. noch beweisen, beweisete,
part. beweiset, wie folgende stellen darthun : du hast mir guts
beweiset. 1 Stirn. 24, 18 ; das er seine macht beweisete. ps.
106, 8 ; er hat sich herlich beweiset. Es. 12, 5 ; wir haben dro-
ben beweiset. Rom. 3, 9 ; ir habt euch beweiset in allen
stücken. 2Cor. 7, ll; welches er beweiset hat. £p/<. 3, 11; die
ir beweiset babU Ebr. 6, 10 ; und so in Luthers eignen Schrif-
ten allentJialben. allein in der Schweiz, im Elsasz, musi um
dieselbe zeit sclion das starke beweisen praet. bewies hersclien,
wie unorganisch preisen pries für preiste, wodurch zugleich
das subst. beweis (vi« preis) veranlaszt wurde. Maaler 67*
schreibt ich hab im eer bewisen, dem man clwas eeren be-
wisen hat; nicht anders: von giiten gaben, die im got bewi-
sen hat. Keisersb. s. d. m. 55'; gültbat, die er uns hat be-
wisen. 83*. 84*; in der nicht von Lutuer selbst ausgegangnen,
nur durchgesehenen verdeutsdiung der ilacc. liest man 2, 12, 3
112
1779
BEWEISEN
BEWEISEN — BE WEISTHÜM
1780
bewiesen, 14, 22 beweiseten. eben so schwanken Alrerus und
FiscBART zwischen bewiesen und beweiset, zuletzt aber gewann
der misbrauch die oberhand und schon im 17 jh. herscht be-
weisen bewies überall, wie nnl. bewijzen bewees, doch dän.
bevise beviiste. dasselbe gilt vom einfachen weisen, von ab-
weisen, anweisen, aufweisen, ausweisen, enveisen, nachweisen,
unterweisen.
Dies vorausgeschickt über die form lassen sich nun die be-
deulungcn angeben.
1) beweisen, thätlich darlhun, kundlhun, gutes wie böses,
liebe, treue, gnade, macht, stärke, hülfe, fleisz, kunst, heil,
strafe, tücke, bosheit: seid ir nu die, so an meinem herrn
freundschaft und trcwe beweisen wolt, so sagt mirs. 1 Mos.
24, 49 ; und wil meine strafe beweisen an allen göttern. 2 Mos.
12, 12; der du beweisest gnade in tausent glied. 34, 7; du
hast mir guts beweiset. 1 Sam. 24, 18 ; der seinem könige
grosz heil beweiset. 2 Sam. 22, 51 ; darumb hab ich mich ge-
schewet und gefurcht, meine kunst an euch zu beweisen.
Hiob 32, 6 ; denn sie wollen mir einen tück beweisen, ps. 55, 4 ;
du hast deine macht beweiset unter den Völkern. 77, 15;
darumb ermahne ich euch, das ir liebe an im beweiset {goth.
bidja izvis tulgjan in imma friaj)va). 2 Cor. 2, 8 ; wir begeren
aber, das ewer ieglicher denselben fleisz beweise. Ebr. 6, 11 ;
und die frucht des glaubens durch frei bekenlnis und williges
leiden ewres creuzes beweiset habt. Luther 6, u'; da wird
denn der ledige hole glaube nichts gelten, denn es wird sich
flnden, das er nichts gethan, noch die liebe beweiset habe.
6, 53*; und also öffentlich seinen sieg und triumph an tod,
teufel, helle beweiset. 6,78'; nu hat er grosz ding ausgerich-
tet, herlich gepredigt und gewirket, seine kraft und macht
beweiset. 6,172"; so einer sagt von guten gaben, die im got
bewisen hat und geben. Keisersb. s. d. m. 55*; bei der geisz
soltu verston die weiber, die da gern hond, das man inen
den kauzen streicht, sie lobet und inen eer beweiset. 67';
und ist es das du gott nit dankbar bist deren gutthaten, die
er dir bewisen hat, so ist es alles verloren. 84*; sollen wir
erhebt werden und nachfaren dem herren, so müssen wir
barmherzigkeit beweisen mit den armen leuten. 89"; wirt auch
noch bewisen (gewiesen, gezeigt) ein stein, darauf Jesus sasz,
wenn er prediget. Frank wellb. 167';
dasz nie der esel hält beweist
ein dapfer that. Alberus £sop 72';
sie werden zeugen, das ir rechtschaffen Christen seit und
ewern glauben bewisen (habt) mit guten werken, wider Jörg
Witzeln E 5' ; die ihren ritterlichen orden an mir so freund-
lich beweiset haben, buch der liebe 269, 1 ; die freundschaft,
so sie ihm beweist betten. 269, 2 ; was sie beide einander
mit Worten und geberden aus liebe und freundschaft bevveisten,
bleibt von mir verschwiegen. 394, 2 ;
ja, doch förcht ich, mir werd beweist
von euch ein duci«. H. Sachs II. 2, 18' j
dieweil sie solche wunder hie auszen bei uns nicht auch be-
weisen {verrichten), bienenic. 24' ; ein guts hauptraans stücklein
bewisen. 132';
newe row verleih uns herr, und beweis uns alte huld.
I.OGAü 2,2,27;
der wird seinem herrn nichts stehlen, auch keine andere un-
treue ihm beweisen. Schuppiüs 356; den menschen gutes be-
weisen. 696 ; wo man ihm einen possen beweisen kan, musz
man es nicht durch die dritte band, sondern wol durch die
siebende und zehende verrichten, medic. maulaffe 363; in ge-
fahren bewies er groszc unerschrockenheit;
dir fleh ich, deine macht zum heil
des besten mannes zu beweisen. Gottkr 1, 221 ;
ich hnb euch stets als biedcrmaiin errunden,
beweist es Jeizo. .Schiller 414*.
in den meisten fallen sagt man heule lieber erweisen als be-
weisen.
2) beweisen, probare, mit gründen oder zeugen, Urkunden
darthun, in der wissenschnß wie im recht: einen satz als be-
wiesen annelimen ; es ist langst bewiesen worden ; steht noch
zu beweisen ; das beweist noch nichts ; nu ist vormals oft
beweiset. Luther 6, 24"; vieisz thun, das man solch ir ge-
setz falsch und nichtig beweise. 8, 15*; die da sagen von
andern leuten heimliche ding und künden das selhig nit be-
weisen und uf in bringen. Kkiskrsr. j. d.m. 73'; also hab
ich mit unsern allen liedern bewiesen, das allein der glaub
an Jesum Christum selig mach. Alrehi;« wider Witzcl CT;
darumm hab ich in disem meinem buch klärlich bewiset. bie-
nenk. 7*; Okam und Dantes sind verdammt worden, allein
darumm, weil sie bewisen, dasz die keiser ir reich von got
und nicht vom bapst her sein erkenten. 12'; o nein, das
widerspiel hat bewisen licentiat Eisengrein. 25" ; disz ist im-
mers klar und bedarf keins beweisens. 63"; beweisen d. i.
aus objectiven gründen hinreichend darthun. Kant 4, 270 ;
mit dem schwert beweist der Scythe. Schiller 81';
da alle zeichen gegen sie bewiesen. 482'.
in beweisender form eine Urkunde ausfertigen ; ich will dirs
beweisen ;
der Philosoph der tritt herein,
und beweist euch, es müst so sein. Götue 12, 95.
3) sich beweisen, sich erzeigen, zeigen, erscheinen: wie sich
ein ieglicher hofman sol beweisen mit wein gegen die herren.
weisth. 2, 178 ; und beweisen uns wol vor got. 2 Cor. i, 2 ;
es kömpt oft also, das, wo man am meisten erz hoffet, und
sich beweiset (anläszt), als wolts eitel gold werden, da findet
sich nichts. Luther 5, 426'; und sich gegen dem münch ein
wenig in schäm beweisete. Bocc. 1, 147*; beweis dich als ein
fröliches haupt des festes. Fischart /smenzus ll';
ein Newenhaner kann man finden,
der darf ein rheiuschen überwinden,
ein Söder darf sich auch beweisen. Alberus 140',
ein zu Soden gcwachsner wein darf sich auch sehen lassen;
des Schöpfers werk wirt hoch gepreist,
so sich aas gut und bös beweist. Schwarzenb. 129,2. 155,2;
wer weisz, wo sich glück thut beweisen,
ein blinder flndt oft ein hufeisen. H. Sachs V, 354';
umb Corinlb her überall
thursie sich kein mensch beweisen,
niemand kunte dazumal
sicheridurcb den Isthmus reisen. Si«. Dach Q3;
eine vernunftidee, die sich an einem gegenstände der erfah-
rung praktisch beweisen soll. Kant 1, 215; die qualitüt der
materie beweiset sich in der erfahrung nur allein durch die
quantität der bewegung bei gleicher gcschwindigkeit (= Idszt
sich nur daraus erkennen). 8, 537 ; dadurch allein zeigt der
mensch seine Selbständigkeit und beweist sich als ein mora-
lisches wesen. Schiller 1121.
BEWEISERKENNTiMS, n. Savignv system 6, 299.
BEWEISFÄLLIG, succnmbens in probando : der den eid zu-
schiebende kann die ahleistung desf zurückgeschobenen eides
nicht verweigern, ohne bewcisfallig zu werden.
BEWEISFRIST, f.
BEWEISFÜHRER, w.
BEWEISFÜHRUNG, f argumentatio.
BEWEISGRUND, m. argumentum: beweisgrund zu einer
demonstration des daseins gottes. Kant 6, 11.
BEWEISKRAFT, /". vis probandi, beweisende kraft.
BEWEISLAST, f. onus probandi.
BEWEISLICH, probabilis, erweislich: in ihren schulen
schreibt cardinalis cameracensis selbst, es sei beweislicher,
das brot nicht verwandelt werde. Luther 2, 154" ; mit beweis-
lichem Zeugnis. Schweinichen 1, 24 ; sdiwere anklage mit augen-
scheinlicher, beweislicher, verlesener kundschaft. Reütter
kriegsordn. 64 ; weil die sachen im grund der warheit beweis-
lich, also bewandt und geschaffen. Avrer proc. 1, 4 ; die deut-
sche spräche ist die wortreichste, die man unter der sonnen
haben kan, also das auch die Lateiner, wie solches Simon
Stcvius, Scrickius und Cluvcrus heweislich machen, aus der
uraltdeutschen oder zeltischen spräche vil Wörter angenom-
men. B UTscHKY rec/«<sc/*reift. 56.
BEWEISMITTEL, n.
BEWEISREDE, f. bienenk. 233*.
BEWEISSATZ, m.
BEWEISSCHRHT, f.
BEWEISSTELLE, f locus probans.
BEWEISSTÜCK, n. was heweismiltel.
BEWEISTHUM, n. und m. argumentum, beweisgrund: und
musz er wissen, dasz weisze lippen und blasse wangen die
kraft eines Wappens haben, welches von vornehmen ahnen
ein l)eweisthuni traget, pol. slockf. 62; ich habe bereits zwei
beweisthümer wider euch. I'ieroll,2'i; ein beweisthum mei
ner dankbarkeit. Kant 8, 5; unüberwindliche beweisthümer.
8, 54 ; je vollkommener die natur in ihren entwickelungen ist,
ein desto sicherer beweisthum der gollheit ist sie. 8, 346 ;
beweisthümer des Büffon aus der gestalt der gchirge. 9,101;
doch gieng er eilig über diese beweistliünier hinweg. Göthe
31, 234; aber für das unrecht braucht man schon ohrfeigen
und drohungen zum beweisthum. Herel schalik. 263. m
1781
BEWEISTHUM — BEWENDEN
BEWENDEN — BEWEBBER
1782
16. n jh. fast nur männlich: sofern der beweistumb, so jeder-
zeit in dieser materia gölten bat, auch aibie statt haben sol.
T. A.N.N. Privatcs Verdeutschung des Remigius s. 44; dieweil der
beweisthumb stärker sein musz, als dasjenige, welches man
damit bestättigen will. Zixkgr. 2, 146 ; bisz du mit deinen be-
weistbümern fertig bist, so bin ich vielleicht wo der pfeffer
wachset. Simpl. 1, 331 ; was dienet jenes exempel, da man
die Störche im meer angetroffen hat, wenn es keinen gewis-
sen beweisthum geben solle, wo die übrigen und sie allemal
blieben? Vriletorivs storchs- und schwalben winterq. ili; zwei-
felhaftige lehren, welche jedoch zur guten lehre, aber nicht
zum beweisthum dienen. 1, 460; dieser beweisthum deiner
wahren freundschaft verbindet mich mehr gegen dir, als ein
reicher herr, der mir viel tausend verehrete. 1, 464; und
ohngeachtet ihr dicker leib der sache selbst einen starken
beweisthum gab. Felsenb. 1, 52S ; und habe ich die zeichen
und beweisthümer hievon unter meinen kostbarsten raritäten
verwahrt liegen, irrg. d. liebe 305 ; von der carolingischen
Stiftung anderer bisthümer haben wir so klare beweisthümer
nicht Habn l, 86 ; neuer beweisthum von der auctorität der
groszen herzöge. 2, no. heule veraltet, man setzte es auch
für weisthum, demonstratio scabinorum, z. b. weislh. 3, 746.
BEWEISUNG, f. probatio, der frühere ausdruck ßr das
spätere beweis: und mein wort und meine predig war nicht
in vernünftigen reden menschlicher Weisheit, sondern in be-
weisung des geistes und der kraft. 1 Cor. 2, 4 ; erzeiget nun
die beweisung eurer liebe und unsers ruhms von euch an
diesen. 2 Cor. 8, 24 ; aber dieweil jederman wol weisz, das
sie zuweilen geirret haben als menschen, wil ich inen nicht
weiter glauben geben, denn sofern sie mir beweisung ires
Verstands aus der schrift thun. Luther l, 402' ; und Ecolam-
pad ligt ja der beweisunge halben so tief in der aschen als
Carlstad und Zwngel. 3, 345'; und keiner wil inen in sol-
chen widerwertigen beweisung und Ordnung des textes. 3, 346 ;
solcher glaube sol solche beweisung haben. 3, 357'; was ir
sagt das ist recht und darf keiner beweisung. 3, 466'; wir
aber foddem gewisse beweisunge solcher gleichnus. 3, 475;
eine grosze beweisung. 4, 18'; so ir die sache durch unwi-
dersprechliche beweisung erhaltet. 4, 376'; es scheinet aber
ein schwache dialectica oder beweisunge sein. 6, 223'; aber
unter den Christen und gleubigen, da gilt dis stück als ein
starke beweisung. 6, 245'; ein solche schöne reiche bewei-
sung dieses articuls. Alberus tcider Witzeln C 6'; mit beweisung
(enceisung) viler eren. Aimon Q 2 ; sehent an die freundliche be-
weisung, die euch Reinhart erzeigt hat. X 1 ; welche gnaden-
reiche beweisung die göttliche alimacht an mir erzeiget.
ScHWEiMCHEX 1, 17; bcschliesz demnach mit dieser mehr als
greifüchen beweisung und klärlichen darthuung diesen an-
dern punrt. eselkünig 102 ; nach der nalürkündiger bewei-
sung. Fischart ehz. 61; gar keine oder gar wenig beweisun-
gen ausz der schrift. bienenk. 6"; nicht des weniger haben
wir helle beweisung in der schrift davon. 80*; zur bewei-
sung {zum beweis). 106'; beweisungen, dasz das sacrament
müsse angebettet werden. 173'; welches denn auch eine tref-
liche gewaltige beweisung wider den teufel und sein ganzes
beer ist. .\vrer proc. 1, 14.
BEWEISUKTHEIL. n.
BEWEISVEUFAHHEN, n.
BEWEISZE.N, dealbare: die winde beweiszen, «eisz an-
streichen.
BEWEL, ganvlus, franz. babillard, vgl. babeln, engl, babble,
päppeln, wofür man bewein, wie bewen /ür beben la^/e.- man
iindt oft einen bewein schweizer. Alberüs 5l'.
BEWELKE.N, ßaccescere, marcescere. He;<iscb 361.
BEWE.N für beben oß in Fischarts Ismenius, z. b. 65' ein
aller bewenter man; zitternd und bewend.
BEWENDE.N, convertere, anwenden, verwenden, gnlh. bivan-
djan, ahd. piwentan (GRArr 1, 758. 759), mhd. bewenden.
1) wie neben dem pari, bewandt (jp. 1766) erseheinen auch
neben dem ganzen verbum die adv. wol, übel, besser, mhd.
swenner «ine stunde
nihi ba; bewenden künde, /ir. 24;
wand er muor sine iinmüejeclieit
übel oder wol bewenden. Trist. 4fK), 17;
da; hit si wol bewendet. Er. 10109;
die reise bet er wol bewaat. Wigal, 669 ;
wer sin dienet wil bewenden wol. Bo.<i. 11, 61 ;
trir siehen heute anwenden und verwenden vor.
2) in oder zu etwas bewenden: er seit es bewenden in
den nutz des herren. Keisersb. post. 2, 115 ; das bös zu stra-
fen und das gut so darunder gefunden wirt, in den gebrauch
der heiligen lere zu bewenden. Recchlix augensp. 9"; das er
den ganzen rabi Salomon nach allem vermögen zu der cri-
stenlichen kirchen groszem nutz verwandt hat. verst. 9'; lei-
hen und helfen sol man an denen es bewandt (angewandt)
ist. Mathesics 26*.
3) von wenden, enden kommt bewenden, es dabei bewen-
den lassen, acquiescere in aliqua re, dabei still slehn, auf-
hören, sich beruhigen : es bewendet dabei, soll bewenden ; in
den höchsten sorgen, es möchte bei diesem einfall nicht bewen-
den {verbleiben). Reinhard wer/A. jegenfr. 2, 1S6 ; wir wollen es
bei dem alten bewenden lassen; er liesz es nicht bei bio-
szen Worten bewenden; sie läszt es selten bei dem, was
ich sage, bewenden. Gellert; donna Maria liesz es nicht
bei der bloszen freundschaft bewenden. Wiela.nd 11, 6; ich
erzählte ihm im allgemeinen was zu sagen war und er liesz
es dabei bewenden. Gothe24, 281; man versuchte, was man
voraussehen konnte, und liesz bewenden, was man nicht
hätte beabsichtigen sollen. 32. 85; so wird die gerechtigkeit
eine liebende mutier sein und läszt es bei dem rade be-
wenden. ScniLLER 122'; man liesz es an der lafel bei drei
schusseln bewenden;
beim sarge laszt es nur bewenden,
legt mich nur in ein Rheinweinfasz!
4) einem bewandt, verwandt, nahe liegend, verpflichtet : solt
auch etwas beschwerlichs wider e. kön. w. oder jemands an-
ders, höheres oder wenigers Stands, und bevor wider die, den
wir mit Verpflichtung bewand, geschrieben oder sonst ichts
unchristlichs fürgenomen sein, das were uns nicht lieb. Lc-
THER 2, 218'; was die angeborne bosheit sei, die dem herzen
bewandt ist, die man die erbsünde nennet Mela-ncbthoss
hauptart. verdeutscht. 25.
BEWE.NDEN, n. 1) ratio, conditio, bewandtnis:
es hat damit sein eignes bewenden. Schiller 340'.
2) res integra, verbleiben, beruhen: es mag damit sein be-
wenden haben;
wiliu des prafTen müszig stahn,
so hat es sein bewendens wol. ÄTRSa /<»(n. sp. 63*;
der abgeordnete Altfranke brachte dawider so wenig erheb-
liches vor, dasz alles auf einmal vorbei war und es bei der
erklärung der aldermänner sein bewenden hatte. Klopstoce
12, 332 ; bei dem ausspruch behält es sein bewenden.
BEWERB, m. cura, negotium, geschäß: ihr wollet mir die
heutigen tag helfen ein bewerb machen, solch übel zu stra-
fen. Reutter kriegsordn. 63 ; sie machte sich einen bewerb
in das zimmer; er hat groszen bewerb, ein groszes geschäß,
viel verdienst, ein wenig gebrauchtes wort, das in Aufnahme
zu kommen verdient, s. gewerb.
BEWERBEN, conquirere, parare, «erben, enterben, gotk.
bihvairban, ahd. pihuerban (Graff 4, 1232), alls. bibuerbhan:
do Dionisius ein aus in wolt tödten, dem bcwarbe sein ge-
sell ein Zeitlang frisch auf widerslcllung heim zu ziehen.
Fraxk chron. 27'; es wer des habsles !er nit rein, sondern
betrug in frommen schein, wolt solchs aus der schrift be-
werben. W ALDIS päpstl. reich l. 3; kan man andere neuwe re-
gimenter auf den friihling wider bewerben {werben, anwer-
ben). Kirchhof mil. disc. 200; e. f. gn. hat nu lange jähr
nach heiligthuin in alle land bewerben lassen. LirrHERS br.
2, 136 ; hab ich gleichwol durch i. eh. gn. hofprediger meine
ganze hinwcgzichung bewerben lassen. Thlrxeisser notgedr.
sehr. 3, 64. man sagt heule einfach werben.
2) sich bewerben : dasz sich der Türk bewerbe, die krön
zu Hungarn gewaltiglich zu überziehen, reichsabsch. von 1529
§. 16; fürsten, die ganz fürsichtigklich sich bewerben, das sie
fast fromme rhät uberkomen. FIediox com. 46; der herzog
mil seinen rälhen der sach eins ward, dasz sich die herzo-
gin in zweien monalen und acht tagen mit einem kümpfer
bewerben soll. Galmy 277 ; wil mich deshalb dem glück be-
fehlen und mich auf das allerbeste so ich kan bewerben.
Thcrxeisser notgedr. sehr. 2, 4 ; ein sullan, um den sich die
feinste Sinnlichkeit, die mffinicrtesle Zärtlichkeit umsonst be-
wirbt, vergebens erschöpft. Lessixg 7, 146; er bewarb sich
eifrig um ihre band, gunst, freundschaft, am die stelle, den
dienst.
BEWERBER, m. petilor, competitor : bcwerber um das aml ;
freiinilllcli reicht
sie dem bewerber Kaiaf hen und band. Göthr 4, 66.
112*
1783
BEWERBSAM — BEWIEGEN
BEWIEHERN — BEWILLIGEN
1784
BEWERBSAM, industrius, geiverbsam: da England ein so
bewerbsamer bandelsslaat geworden war. Herder 16, 136.
BEWERBSLEüTE, pL werter der kriegsknechte : capitän
und bewerbsleut. Kirchhof disc. mil. 58.
BEVVERBUiNG, f. conquisilio, comparalio: lügend ist die
höchste bedingung unserer bewerbung um glückseligkeit. Kant
4, 229 ; die vernünflige bewerbung um glückseligkeit. 4, 230.
BEVVERBUNGSKÜNSTE, pl. kümle der werter.
BEWERFEN, otruere, contegere injiciendo, nnl. bewerpen.
1) mit staub, mit erde bewerfen: man erzählt, das roth-
kehichen, wo es einen nackten leichnam ersehe, bewerfe ihn
mit erde;
wenn welkt mit wenig erde beworfen
und verborgen zu werden auch meins! (mein leben).
K1.OPSTOCK Mess. 15, 104 ;
statt euch ihnen zu nahen, so wurdet ihr ihre Verfolger!
hasziet die besten der menschen, bewarft ihr thun mit dem
staube
eurer schleichenden, dunkeln Verleumdung und lästertet
engel. 18,539;
einen missethätcr mit steinen bewerfen, steinigen; das volk
bewarf den fliehenden mit koth ; die maurer bewerfen die
wand mit kalk oder leim ; das haus ist grau beworfen ; an-
dern leimen nemen und das haus bewerfen. 3 Mos. 14, 42 ;
nachdem das haus beworfen ist. 14, 48; den hopfen bewer-
fen, erde um ikn häufen, vgl. bewallen.
2) mil sand bewerfen, testreuen, bedecken; man bewarf
den weg mit blumen; legte einen ganz neuen himmelblauen,
mit goldnen sternlein beworfenen hämisch an. Felsenburg l,
497. Henisch 362 gibt an bewerfen, delineare, mit der kolen
bewerfen, zeichnen, entwerfen: in die schrift bewerfen, bre-
viler et succincte notare.
3) wie die schneidei- anwerfen und anstoszen für annähen
sagen {sp. 489. 520) heiszt es auch bewerfen : ich weisz aber
nit aus was Unvorsichtigkeit er die ermel zu kurz geschnit-
ten, derowegen der Schneider ein lappetuch angesCicket und
die nath mit seiden wol beworfen und verrigell halte. Scnui^
PIDS 535.
4) sich bewerfen, sich beziehen : wir bewerfen uns ledig-
lich auf unser schreiben; worauf sich unsre anmerkung be-
wirft, scheint gesetzt für sich bewerben.
BEWERKGELD, n. eine abgäbe, die der mcister an das
handwerk zu entrichten hat, bevor er seine arbeit feilhalten
darf, von bewerken, das bei Stieler 2560 mit bewirken gleich-
gesetzt wird und auch nnl. üblich ist.
BEWERKSTELLIGEN, efßcere, perßcere, anstellen, ausrich-
ten, ins werk setzen, erst im torigen jh. aus dem nnl, einge-
fülirt, denn Stieler verzeichnet es noch nicht : damit die hoch-
zeit sogleich bewerkstelligt werden könnte. Pierot l, 285;
wenn ich eine zufriedne ehe bewerkstelligen helfe. Geli.ert;
der feind bewerkstelligte seine flucht noch in derselben
nacht; was niemand bewerkstelligen konnte, ist ihm zuletzt
gelungen, vgl. werkslellig machen.
BEWERBEN, intricare wird, neben verwerren, im vocab.
1482, auch bei Henisch 362 angesetzt, üblicher ist aber be-
wirren und verwirren, das pari, pfaet. beworfen, verworren
wäre für beide formen gerecht, sich bewerfen, verwickeln steht
im passional mehrmals.
BEWETTEN, pignore postto firmare, über etwas tvcltcn, mit
einer wette betheuern: das getrauen wir uns kecklich zu he-
welten und zu beschwören, rorr. zu Siegfr. von Lindenb. 1787
s. 9 ; das kann ich beschwören und bewetten. 2, 29.
BEWICHSEN, cera obducere, mil wichse bestreichen: die
bienen bewichsen ihre stocke, s. bewachsen.
BEWICKELN, involvere, umwickeln, umwinden: mit wolle,
mit zwirn, mit faden bewickeln ; das haar mit papier bewi-
ckeln ; das kind bewickeln, einwickeln, einwindeln. •
BEWID.ME.N, dolare, bewedemen Orerlin 147: den altar
bewedemen. Landau rilterg. s. 135 ; wolan, wil sie mich mit
willen zu der ee nemmen, ich wil sie mit dem ganzen land
Schampanien bewidmen. Hugoschapler 1 3 ; bewiedmele auch
die Stadt Tribbesees mit deutschem recht. Micrälius 'i, 37o;
einzelne stiidte wurden mit cülnischem, lübischem rechte be-
widmet; Carl bewidmete die Stiftung mit dem zehnten. Mo-
ser 1, 275. s. widmen, witthum und hernach bewitthumen.
BEWIEGEN, was bewegen bewog, perpendere: so man
soll zuvor Christum in seine wunden sehen und aus den-
selben seine liebe gegen uns und alsdenn unser Undankbar-
keit bewiegen. Luther 1, 411 ; darum heiszts bewiegs ehe du es
wägst (? wagst). SchweinichenI, 147. dieser imp. Idszt sich aber
auch von bewegen ableiten, d. h. beweist kein praes. bewiegen.
BEWIEHERN, adhinnire, laut belachen und anwiehern :
von müszlggängern und von bubenläufein
must ich besehn mich lassen und bewiehern. Rückert 160.
BEWILLEN statt bewilligen ist aus dem subst. bewillung
zti folgern, aber kaum vorhanden.
BEWILLIGEN, annuere, concedere, consentire.
1) ohne acc, intransitiv, willigen, einwilligen, in etwas wil"
ligen: in ein vertrag bewilligen oder darein gon, adire ad
pactionem. Maaler 67*; und Mose bewilliget bei dem mann zu
bleiben. 2 Mos. 2, 21 ; so bewillige nicht und gehorche im
nicht. 5 Mos. 13, 8 ; du soll nicht gehorchen noch bewilligen.
1 kön. 20, 8 ; und die priester bewilligeten vom volk nicht
geld zu nemen. 2 kön. 12, 8 ; bewilligeten sie in den vertrag.
2 Macc. 14, 20 ; so bezeuget ir zwar und bewilliget in ewer
vater werk. Luc. 11, 48; der hatte nicht bewilliget in iren
rath und handel. 23, 51 ; behüte uns für des teufeis einge-
ben, das wir nicht in hoffart und unser eigen wolgefallen
und anderer Verachtung bewilligen. Luther 1, 329"; so lange
ich nicht bewillige der lust. 3, 10t'; denn wer mit bewilliget,
der fert auch mil inen zum teufel. 3, 125'; so werden sie
gcwislich in solchen mord bewilligen und in die faust lachen.
3,385; so ir drein bewilliget. 3, 390'; darumb sol niemand
drein bewilligen, noch inen folgen. 3, 523'; er (der lügen-
geist) bewilliget zum wenigsten drein. 4, 438'; mil schwei-
gen drein bewilligen, das.; damit sie nicht in ir lesterliche
greuwel etwa bewilligen. 5, 170' ; wil sichs in keinen weg
schicken, das ir dazu soll still schweigen oder drein bewilli-
gen. 5,327"; das ir in diesen iren thursl und frevel nie be-
williget habt, noch itzt drein bewilliget und nimmer mehr
drein bewilligen wolt. 5, 327'; auf das sie nicht drein be-
willigen. 6, 3'; böse bewilligete gedafiken. 6, 517"; diese
durften der busze nicht, denn was wollen sie berewen, weil
sie in böse gedanken nicht bewilligten. 6, 518"; das er darein
bewilligen würde. 8, 380"; sie wollen nicht bewilligen in ge-
horsam des concilii. br. 4, 457 ; dasz man in keine hülfe be-
willigen wolle. Melanchth. 2, 410; das wir in die decreta
nicht bewilligen noch wollen bewilligt haben, im corp. doclr.
ehr. 370; der könig befahl etlichen seines hofgesindes sich
zu befleiszen, zu erfahren wer er (der fremde riller) were,
das sie zu thun bewilligten (der acc. das gehört zu thun,
nicht zu bewilligen), buch d. l. 32, 2 ; diese widerv^'ertigkeit hat
uns geben der böse geist, dieweil wir nicht haben wollen be-
willigen in seine böse anfechlung. 39, 2; sie wolt gern etwas
heimlichs mit in reden, doch müsten sie in ir kammer kom-
men, darein sie denn gern bewilligten. 43, 2 ; ein biderfraw zu
seinem mulwillen nicht wolt bewilligen. Frank tt)e//6. 121' ;
kerr küng, ir sönd nit bwilligen drin, trag io/t. M2;
da fieng an zu bewilgen drein
der grosze häuf. Alberus82';
als wie sie selbst bewilligt hat. Atrer 404';
darneben bewilliget, unser kriegsvolk auf anschlege und beute
ZU bekommen zu führen. Reltter kriegsordn. li ; der soldat
resolviert sich und bewilliget in den Vortrag, unw. doct. 720,
Adelung menit irrig, rfass Luther nur einigemal den acc. aus-
lasse; er Ihut es immer, und alle älteren Schriftsteller mit
ihm, bis ins l' Jh., wie der letzte beleg zeigt, auch nnl. gilt:
in eene zaak bewilligen.
2) transitiv, mit einem davon abhängenden acc, und der
bedeutung von concedere, zusagen, sich entschlieszen wird das
verbum erst seit dem 18 jh. oft verwandt : einem eine gnade,
eine bitte bewilligen; ich bewillige dir alles, was du willst;
die stände bewilligen die Steuer;
was in Madrid der vater ihm vcrweigt'rt.
wird er in llrussel ihm bewilligen. Schillkr 282' ;
es sind ihm tausend thaler entschädigung bewilligt worden.
Maaler 67' setzt schon: eim etwas gern bewilligen, eim gü-
tigklich ze willen werden und thün was einer begart.
3) sich bewilligen hiesz früher gleichfalls einwilligen: an-
dere so sich in des reichs rath bewilligen und gehen wer-
den, reichsabsch. von 1521 §. 27 ; so will ich mich jetzt be-
willigt haben, die scherfe und strafe der rechten zu leiden.
eidformel bei Luther 6,5'; denn so fern hat er sich bewil-
liget und bewegen lassen. Luthers br. 3, 4SI; doch da sie
sähe, dasz ihr mann das wolt haben und sie anders nicht thun
mocht, sich bewilliget, wider ihren willen dos manncs willen
zu thun. Bocc. 2, 18&'; es ist keiner, der sich bewillig wider
1785 BEWLLIGUxNG — BEVVINDHABER
BE^MNSELN — BEWIRTUNG
1786
den beiden zu streiten. Fierabr. a 4 ; also das ich mich be-
willigt, so dem also seie, die sach in bedenken zu nehmen.
Thcrsejsser tiothg. sehr. 3,5;
sobald er sich bewilligt bet,
aUs Volk von herzn sich frewen ihet.
ScHSELZL zug. 2*.
heute Kürde sich bewilligen nur ausdrücken können sieh selbst
überliefern, in den willen eines andern geben.
BEWILLIGUNG, f. früher einwilligwtg, consensus : entziehe
sich nicht eins dem andern, es sei denn aus beider bewilli-
gung eine Zeitlang (goth. us gaqissai). 1 Cor. 7, 5 ; darumb
haben die lerer ein solchen unterscheid gesetzt, das ein
schlechter gedanken on bewiligung sei nicht eine todsünde.
LcTHER 5, 3S0' ; das sie {böse gedanken) nicht einwurzeln, da-
mit nicht ein fürsatz und bewiliigung draus werde, das.;
nichts one vorgehenden rat und bewiliigung. bienenk. 42";
das concili zu Pisa one bewiliigung des bapstes Tcrsamlel.
44". heule concessio, permissio : bewiliigung einer gnade, einer
geldsumme.
BEWILLIGUNGSRECHT, n. das bewilligungsrecht der ab-
gaben zu provinzialbedürfnissen kann denen landständen
nicht verweigert werden, denkscbr. des freih. von Stein 215.
BEWILLUNG, f. concessio : höchste bewillung. Pelr. lOS".
gleich darauf sieht aber bewiliigung.
BEWILLKOMMEN, salutare, excipere, Killkommen heiszen.
schon die Angelsachsen bildeten aus vilcuma, qui gratus ad-
tenit, ein schwaches verbum vilcumian salutare, also praet.
▼Ucum^de, was noch im engl, welcome, pari, welcomed fort-
dauert: J)ät ge eovre gebrödra vilcumiad. Matth. 5, 47, bei
Dlf. gölei^, ahd. heilazet. das ahd. wilichomo, wiliquemo
entfaltete kein rerbum, das auch mhd. und nhd. bis in 17 jh.
mangelt. Stieler weisz ton keinem terbum willkommen oder
bewillkommen, zuerst scheint es Kleist zu setzen
er bewillkommt seine gaste. 2, 143 ;
neuere hcAen es öfter:
bewillkommeD tanze, begrüszen besänge
ein glückliches paar im entscheidendea act. Gottkk 1,339;
der tag bewillkommt eine jede gute that, die im stillen ge-
schah. Götbe 14, 22S ; die königin bewillkommte ihre freun-
din. 15, 255 ; der bewillkommende müller. 17, 82 ; die gaste
waren bewillkommt. 17, 109 ; um sie im namen des königs
zu bewillkoramen. Schiller lOSC. spöllisch, er wird ihn schon
bewillkommen, für übel empfangen, wie den Sträflingen beim
eintritt ins Zuchthaus ein willkommen widerfährt, über die
form bewillkommnen s. unter venollkommnen.
BEW1MMER.\, deplorare. Stieler 2480.
BEWIMPELN, velare. He.msch 362, nnl. bewimpelen, gilt
zumal vom aufslecken des segeis und der flagge auf das sehif:
das waren mir selige tage!
bewimpeltes scbiQein, o trage
aocb einmal mein Lotteben und mich. OvvBBecK;
der bewimpelte nachen. RI'ckbrt 320.
dann auch verschleiern, verhüllen, verdecken : er will die sache
bewimpeln, verbergen.
BEWINDELN, fasciis intolvere, einwindeln, mhd. myst.
341, 29.
BEWINDEN,' into/c<rre, umwinden, bewickeln: da; die mi-
licb glite ftf ein biuteltuoch, dar in bewint sie. ton guter
speise 10 ; so wint da; blat zusamene. 11 ; es ist keiner eins
Unglücks frei, bisz er die äugen zugetban hat oder im das
haupt bewunden ist {mit der leichenbinde). Hemsch 363; be-
windts mit leder, zwilch oder warmit du wiit. Fronsp. 2,
192'; den arm nach dem aderlasz bewinden; den blumen-
strausz mit zwirn bewinden;
wie mit dem weiszen gewand ihn Herodes höhnte, Pilatus
ihm mit dornen die scnlcife bewand.
- Klopstock Me$*. 19, 783;
endlich erblicken
sie an einem der palmen bewundeoen preilor toII ernstes
einen Jüngling. 15,1009;
auf einen standpunct treten, wo eine allgemeine deutliche
Übersicht reinem, unbewundenem urtheil zu statten kommt
Göthe6, 112; als ich diese meine meinung ganz unbewunden
erOfnete. 26, 307; alles was der dichter unbewunden dar-
stellt. 48, 139.
BEWI.NDEN, affiare, drcumflare, bewehtu, mit wind durch-
dringen: weil es stiits durchs loch des nort oder beiswinds
luftig er\vahet und bewindet wird. Garg. 243'.
BEWLNDUABEH, m. nnl. bewindhebber, befehUhaber. et»
unhochdeutsches wort, das zuweilen für die holländische würde
beibehalten wird, z. b. Simpl. 2, 413 von einigen bewindha-
bern der ostindischen compagnie. J. Paul macht daraus be-
windheber. jubeis. 109. Fürlein 108.
BEWINSELN, was bewimmem. Stieler 2480; bewinselten
das elend des herren vaters. Bctschkt kanzl. 859.
BEWIRBELN, panduram perticillis instruere, die geige be-
wirbein. Stieler 2518.
BEWIRDEN, s. bewürden.
BEWIRKEN, BEWIRKEN, confietre, efficere, bearbeiten.
1) rem wirken des leiges: mache einen derben teic nach
der groBje der stücke, und wirf da; krut uf die stücke und
bewirke sie mit dem teige. ror» guter speise 19 ; lege; in ein
phannen, la; e; sieden mit dem stecken, die wiie da; siede,
so bewirke den andern stecken. 23.
2) vom wirken des gewebes, circumtexere. Stieler 2560 : die
mauern sind grün behangen und schon von der natur be-
wirkt {mit pflanzen umwoben). Hippel 4, 445.
3) mhd. mit nagelen beworcht, beschlagen, pass. K. 2C1, 67.
im Ssp. 2, 38. 49. 51. 62 ist bewerken einhegen.
4) abstracl, wie das gestirn unsere und andere elementa-
rische körper altererieret und bewürket, Bctschrt Palm. 427 ;
er bewirkte hierdurch eine grosze absieht, er erzog nicht
einen söhn, sondern einen menschen. Hippel 1, 44 ; im be-
grif mein testament zu machen und mein wort, das ich ge-
geben, zu bewirken. 12, 35 ; das hat seinen tod bewirkt ;
ein rosscbweif konnte leicht des prinzen fall bewirken.
WIELA.5D ;
gerade das gegentbeil von dem, was man wollte, ist dadurch
bewirkt worden, s. bewerkstelligen.
BEWIRKER, m. wenn der mensch bewirken seiner mora-
lischen Schöpfung sein sollte. Klinger 5, 41.
BEWIRKUNG, f. bete und arbeite, habe zu der göttlichen
bewirkung ein festes zutrauen, allein sei auch durch mit-
wirkung dieser göttlichen absieht beförderlich. Hippel it, 150.
BEWIRREN, intricare, perplicare, das praet. bewarr n«cA(
mehr, nur das part. beworren gebräuchlich : mit mühe und
noth entkam ich dieser strengen gerichtsbarkeit, die sich
herausnimmt die ganze weit zu bevormunden, denn mein
grundsatz ist von jeher gewesen: mit der polizei unbewor-
ren. Mcs.\ecs 245; eine solche blutige einmischung (rie das
duell) sei ein eingrif in die rechte des Schicksals, das den
in sein spiel beworrenen personen schon einige mittel zur
aushülfe bereiten müsse, so weit es nöthig sei. Hegexer
molkenkur. 2, 141. s. bewerren.
BEWIRTEN, hospitio , convivio excipere: gastfreundlich,
reichlich, spärlich, kärglich bewirten:
ein hüttchen nur im land der geszneriscben hirten,
just grosz genug, um uns und unsre scbirerin,
die g~razien und .\morn zu bewirten. Wislaro 9, 180 ;
den liebsten aller gaste
bewirtet nun die braut. Götbe 1, 129;
und es ist voriheilhafl den genius
bewirten, gibst du ihm ein gastgeschenk,
so laszt er dir ein schöneres zurück. 9, 104;
sei freundlich beflissen
in deinem hause den pilger zu laben,
weil, oho es tu wissen,
schon manche so enge) bewirtet haben. Rcckirt 31S,
vgl. Od. 17, 4S5. 486. wie es heiszl die tafel nimmt die gaste
auf, läszt man sie auch bewirten : an den tafeln, die noch
bei seinem rater edle gaste und wackere freunde bewirteten,
schwelgten jetzt schmeichelnde tellerlecker. Bexzel Sterxad.
alle bewirteten sich untereinander, von haus zu haus. Wo
man unter wirt den hauswirt, chmann versteht, wie in Baiem
und Schwaben, meint aber sich bewirten auc/i 5icA verheiraten.
BEWIRTER, m. hospes:
ob sie ein freund ihm geschenkt, da im hurtigen scbif er
hinwegfuhr,
oder wo sonst ein bewirter. Voss Od. 19, 239.
BEWIRTSCH.KFTEN, adminislrare, ein gut in haut und
feld bewirtschaften.
BEWIRTSrH.\FTER, m. adminisirator.
BEWIHTSCH.XFTUNG, f adminislratio.
BEWIRTUNG, f hospilium, convivium:
besorgt nun andere mähler,
eigene hab aufzehrend, und laszt die bewirtungen umgehn
Voss Orf. 1,378;
auch nicht an bewirtungen fehh es. 15,513;
1787
BEWISSEN — BEWOHNER
BEWOHNLICH — BEWUNDERN
1788
so gieng auch diesesmal nichts der bewirtung ab.
[Iagbdorn I, 25;
nehmen sie mit der schlechten bewirtung vorlieb.
BEWISCHEN, tergere, abslcrgere, bewüschen. Henisch 365.
illinere. Stieleu 2564.
BEWISSEiN, ein seltnes, wichtiges wort, das zu wissen no-
visse, goth. vitan, ahd. wijjan, mhd. wijjen gehört und des-
sen anomale flexion an sich tragen musz. goth. aber keine
spur von tivitan, ahd. das einzige unbiwijjante iguoranles,
woraus sich biweij und biwista folgern lAszl; mhd. wieder
nicht das geringste zeichen davon, ags. bevitan und beviste,
curam habere, mit der bedeutung also des goth. vitan vitaida;
kein praes. bevat. plötzlich, und nach jenem auffallenden
mangel im mhd., taucht nun nhd. der ansdruck wieder auf,
öfter im part. prael., bisher nur einmal im inf : freie und
tiefgelerte bergleut, die mit der ruten genge ausrichten und
durch die magneten sich im berge bewissen und umbsehen
können. Mathesius 141*. sich bewissen = bescheid wissen,
sich zurecht finden, was sich dem folgenden umsehen nähert
und wieder dem goth. vitan vitaida anzuschlieszen scheint, ein
praet. bewiste, geschweige ein praes. beweisz erscheinen nicht,
wol aber das sie voraussetzende part. bewist, im sinn von be-
kannt, notus: daher haben wir under den gefundnen bewi-
sten ländern und künigreichen nit alje erzölt und anzeigt.
Frank wellb. vorrede; welches die letst insel ist, welche die
Römer erkant, bewist und erobert haben. 69'; die kleidung
ist mir nit bewist. chron. 468' und in dieser bedeutung von
notus noch öfter, tadelhaß schreibt jedoch Wirsung Cal. D 2' :
du würdest von mir vernehmen, das dir vor nicht bewisset
ist, für bewist. auch Sebast. Helber im sylbenbüchlein 1593
s. 11 gibt bewist, das nichts anders sein kann als unser heu-
tiges bewust, wie das einfache wisle zu wusle, gewist zu ge-
wust wurde, mehr unter bewust.
BEWITTHÜM, m. vidualitium, heute witthum: wieder an-
dere hetten von einem heirat geredet zwischen dem fürstli-
chen fräwlein und dem jungen herzog, dergestalt dasz selbi-
ger dem fräwlein solche statt und pertinentien zum bewit-
tumb verschreiben solle. Philand. lugd. 3, 52.
BEWITTHUMEN : Ludovicus bewitthumet Angilbergara, als
seine verlobte braut, nach Franken art. Hahn 1, 206 ; Mathil-
dis wurde von Henrico ansehnlich bewitthumet. 2, 40.
BEWITZELN, perstringere, bespötteln:
hör auf, mich zu bewitzeln. Wieland 18,347;
mögt ihr stück für stück bewitzeln,
docn das ganze zieht euch an. Göthe 41, 24.
BEWOGEN, s. bewegen sp. 1768. 1769.
BEWOHNBAR, habitabilis: ein haus in bewohnbaren stand
setzen.
BEWOHNEN, habitare, nnl. bewonen : ein land, eine Stadt,
ein haus bewohnen; sie werden heuser bawen und bewo-
nen. Es. 65, 21 ; das es das land bawe und bewone. Jer. 27,
11 ; und die stedte, so wol bewonel sind, sollen verwüstet
werden. Ez. 12, 20 ; die thiere bewohnen den wald, die fische
das wasser.
die ihr felsen und bäume bewohnt, o heilsame nvmphen.
ÜÖTHE2, 130;
man gebraucht es auch von leblosen und abstraclen dingen,
im sinne von einnehmen, occupare : das bücherbret {im zimmer
des hauplmanns) bewohnte die degenkuppel (sie lag auf dem
bret). J.Paul Tit.2,120; ein durst nach allem groszen, was den
geist bewohnt (erfüllt) und hebt. 1, 30 ; herzen, die er alle nur
bereiset, weil er keines bewohnt. 3, 135 (oben sp. 1497);
bewohn er (lug und trug) hütten oder Schlösser (sp. 1433);
Mars selbs bewohnet dein gemüt. Weckuerlin 372;
euch bewohnet stets mein sinn,
und ich trag in gleichen schmerzen
euer herz in meinem herzen.- Fleming 462.
0 unglückselges schlosz, mit fluchen
erbaut, und fluche werden dich bewohnen. Schiller 521V
BEWOHNER, m. habitator, incola: die bewohner der erde,
der weit, des monds; die bewohner des walds, des hains,
die Vögel und thiere; die bewohner des grabs, die todten:
ruhe, süsze ruhe, schwebe
friedlich übnr dieser grufl,
bis der himmlische belohner
ihren ehrlichen bewohner
seine kröne zu empfangen ruft. flÜRcrn 1, 73;
ist doch die Stadt wie gekehrt, wie ausgestorben, nicht fünfzig,
dSuchl mir, blieben zurück von allen iinsern bowohnern.
GöTHi 40, 233.
BEWOHNLICH, bewohnbar. Otfr. Müller hell, stamme 1, in.
BEWOHNÜNG, /". habilatio : unser gemüte als eine be-
wohnunge göttlicher kraft und Weisheit. Schuppius 562 ; ich
sehe die ebene mit zahllosen bewohnungen bedeckt. Klin-
ger 6, 32 ; ihre landschaft mit fruchtbaren bewonungen verse-
hen. FiscHART Ismenius 2'.
BEWÖLBEN, superslruere camera, umwölben, überwölben,
wölben. Helbers sylbenb. 11 schreibt beweibet, gewölbt: da
wo die schattigen wipfel den einsamen gang bewölben.
BEWÖLKEN : nubilare, obnubilare, umwölken, bewölkt nu-
bilus hat schon Henisch 364, bewölken Stieler 2574, nnl. be-
wölken.
und bei schwarz bewölkten sinnen
scherz beginnen
ist ein schätz der klugen weit. Hofmannsvvaldau ;
Selma, Selma, nur wenig bewölkte, trübe minuten
bring ich, seh ich dich todt, neben dir seelenlos zu.
Klopstock 1, 110;
wie trümmern, auf denen bewölkender dampf schwimmt.
Mess. 9, 484 ;
da bewölkte den Schimmer der rölhliche leuchtende morgen.
12, 862 ;
diese stille, die dunkelheit wirft noch schwärzere schatten
auf die bilder der angst, die deine seele bewölken.
14, 1032;
ein heitrer,
freundlicher wirt, obwol viel schmerz die seel ihm bewölkte.
15, 1091;
die stunde, da Simeon mich sieht,
ich ihn reden höre, soll keine klage bewölken. 15, 1171;
die Wehmut
soll, wie vordem, mein leben nicht mehr mit trauren bewölken.
18, 275 ;
endlich waren vor mir die bewölkten erscheinungen alle
weggesunken. 18, 491 ;
was erschreckst du denn so, tod, des beladnen schlaf!
0 bewölke den genusz himmlischer freude nicht mehr.
werke 1, 168 ;
noch bewölkt mich
trauern um ihn. 1, 204;
hinab, wo die nacht ewig bewölkt. 1,200;
ein zitterndes, wollüstiges verlangen
bewölkt ihr schwimmend aug und brennt auf ihren wangen.
WiElAND 10, 141 ;
felsen stehen gegründet, es stürzt sich das ewige wasser
aus der bewölkten kluft schäumend und brausend hinab.
Göthe 1, 317;
die bewölkte stirn (frons nubila). Klinger 10, 30 ; wo man al-
les was mit bewölkter stirne vorgetragen wird, für tiefe Weis-
heit gehalten wissen wollte. Lichtenberg 3, 179. der gegen-
salz ist die heitere stirne (frons serena), wie der tag heiter
oder bewölkt, er, dem sich bei diesem namen die ganze be-
wölkte Vergangenheit wie ein himmel aufthat. J. Paul Hcsp.
2, 187. sich bewölken, mit wölken beziehen: der himmel be-
wölkt sich. Göthe 51, 212.
BEWOLLEN, lana, lanugine vestire, sich bewollen, lana
vestiri, wolle bekommen, wollig werden. Stieler 2576 : das
bewollte schaf, die dichtbewollte art wird vorgezogen;
gleich auch gezogen kamen
zween frommer hirten werth,
mein Ballon und der Damen (Dämon)
mit wolbewollter herd. Spek trutzn. 191 ;
ich gleich ihn recht
dem herdenmann von dicht bewolltem vlies. B6rgsr153*;
scheint es auch dürr den kahlen berg hinan,
so nährt es doch, das schaf bewollt sich dran.
Götue 4, 151.
das kinn ist ihm bewollt.
BEWOLLZOTTEN, dasselbe: (hut) bestulpet, berondelet,
bewollzottct. Garg. lis'. s. zotte, ahd. zata, villus und bezotten.
BEWOLTHATIGEN, beneficio remunerare: er wird sich ge-
treufleiszig envcisen und ich werde, in seiner person bewol-
tätiget, dem herrn verbunden sein. Butschky kanzl. 517.
BEWOHFELN, ventilare, worfeln.
BEWÜHLEN, suffodere, umwühlen. Stielkr2682: dermaul-
wurf bewühlt die erde.
BEWUNDERER, ni. admirator: er ist ein groszer bewun-
derer von ihr.
BEWUNDEEUN, f admiratrix: aber was für ein fürchtet^
liebes urtheil fällen sie über meine lipwunderin im Haag?
Merck 1, 31.
BEWUNDERN, admirari, nnl. bewondercn, schwächer, aber
geistiger und nachhaltiger als bestaunen, das blost den ersten,
überwältigenden sinnlichen eindruck anzeigt: ich wünschte,
Conti, ihre kunst in andern vorwürfen zu bewundern. Les-
1 789 BEWÜNDERNSWERTH— BEWUSCHPERT
BEWUST
1790
SI50 2, IIS; ich habe euch so oft über eure fassung bewun-
dert. GÖTHE24, 162;
bewundert viel und viel gescholten, Helena,
Tom strande komm ich, wo wir erst gelandet sind. 41, 179;
dich bewundr ich, wo ich dich versteh,
Malhisson. A.W.Schlegel;
das Volk staunt an und bewundert was es nicht versteht.
HcMBOLDT ans. der nat. 2, 300.
BEWLNDER-NSWTRTH, BEWUNDERNSWÜRDIG, admira-
bilis, admiratione dignus:
im purpur nicht zu grosz, durch kittel nicht entehrt,
stets edler als sein stand und stets bewundernswehrt.
Hagedorn 1, 24;
bewundernsweriher köpf, ach hättest du gehirne '. 2, 51 ;
eine bewundernswürdigere kunst gibt es, aber sicherlich kei-
nen bewundernswürdigem gegenständ als diesen. Lessixg 2, 118.
BEWL.NDERL.NG, f. admiralio : bewunderung, Verwunde-
rung, affect in der Vorstellung der neuigkeit, welche die er-
warlung übersteigt, aber beim verlusle der neuigkeit nicht
aufhört. Kaxt ", 126; man wird überrascht und in bewunde-
rung gesetzt. 6,48; zur bewunderung schön;
stille bewundrungen wandelten dir, du stimme der liebe,
durch die beere der schauenden nach.
Klopsiock Hess. S, 2S5;
zum ziele der bewundrung niclit allein,
zum ziel des neides und des hasses mehr. Göihk9, 299;
mehr Verwunderung und lust, als bewunderung und Vereh-
rung. 17, 272. auch der beicunderte gegenständ: ja, sie sind
die bewunderung der ganzen akademie. Götbe 8, 34 ;
er, die bewundrung seiner zeilgenossen,
und später nachweit stolz. Gottes 1, 372.
BEWLNDERUNGSFIEBER. n. Wielands Horaz 1, 118.
BEWUNDERUNGSPFLICHT, f.
und dich ermahnt sein süszes lobeedicht,
Germanien, zu der bewundrungs|iQicht. Hagedorn 1,&8.
BEWUNDERUNGSR.\USCH, m. Beckebs wellg. 14, 36.
BEWUNDERUNGSWÜRDIG, adj. und adv.: hierüber bat
ein kenner sich bewundrungswürdig (admirablemenl) erklärt.
GöTHE 6, 111.
BEWÜNSCHEN, oplimis prosequi ominibus, geßgt wie be-
schenken :
wir, die wir noch zur zeit des thuns entbehren müssen,
und nicht so viel wie ihr von lieb und lieben wissen,
bewünschen euch mit glück und himmelreicbcr gunst.
Fleming 567.
vgl. einem anwünschen, wünschen, wie schenken.
BEWÜRDE.N, augere, ornare dignilate, wird fast nur im
pari, prael. gesetzt: gott hat menschliche natur so hoch be-
wirdet, dasz er sie über englische gesetzt hat Petr. 190*;
hochbewürdele cavalliers. Bltschky Palm. 721 ; würden brin-
gen den bewürdeten in die nothwendigkeit u. s. w. Hippel
10, 64.
BEWÜRDIGEN, dignari, Honorare, beehren, würdigen: mit
fürstlich geneigter aufmerkung Taubmannum bewürdigen.
Bbandts bericbl 30; wil ich meinen herrn, mich eines klei-
nen briefleins zur bezeigung noch wehrender freundschaft
zu bewürdigen hiermit ersucht haben. BoTscnKV kanzl. 57;
vor Zeiten beehrte man nur diejenigen, welche sich der ehre
bewürdigten {würdig machten). 313.
BEWURF, m. Maaler 67*. Hemsch 362. 1) IruUisatio, be-
wurf der mauer mit vtörtel, kalk, pflaster.
2) adumbratio, lineamentum, enlwurf.
BEWURZELN, radices agere: das werden starke beume,
die der wind stets treffen kan, dann durch die vielen an-
stösze werden sie feste gemacht, und bewurzeln desto stär-
ker. BcTscnKY kanzl. 661 ; ein tiefbewurzeller, bejahrter eich-
baum. Brockes l, 151. sich bewurzeln, in gleichem sinn.
BEWURZEN, condire, würzen: alles was an Taubmanno
war, das lebte; an manchem lebt nur die zunge, die zwar
scherzet und spielet und wol bewürzet ist, aber das herze
lebt niclit. Brandts ber. 19.
BEWUSCHPERT, tedulus, alaeris, gttehäffig, r&krig, mun-
ter: du warst um alle drei, in deiner spräche zu reden, sehr
bewuschpert. Hermes Soph. reise 6, 283. setzt ein wuschpern,
dies ein adj. wuschper tnraus. zunächst liegt das Schweiz.
busper. munter, lebhaft, rührig, buspem munter hentmsprin-
gen, büspi Springinsfeld. Stai.d. I, 248. bosper, in Bänden
gusper. ToBLER 71*, tchwdb. bosper, besonders von vögeln.
ScHxiD 109, und Hebel fragt : etwa soviel als buschbar, wenn
die hecken buschig werden und die vögel nisten? offenbar
dasselbe ist wispeln, oder wie Scujudts weslerw. id. 330 schreibt
wisbeln, rührig hin und her fahren, nnl. wispelen und wis-
peren, schw. vispa cillere, visper agilis, mobilis, levis. He-
bels Vermutung hat geringen schein, doch hält es schwer die
wahre gestalt des hübschen worles herauszubringen, von wis-
peln, wispern susurrare musz es schon darum unterschieden
sein, weil dafür schw. hvisla, altn. hnsla, hnskra mit aspira-
tion gilt.
BEWCST, notus, nnl. bewust. ein wort, das mhd. ganz
verschollen scheint, hat nhd. wieder seine geltung. nachdem
das alte wiste, weste novi zu wüste geworden war, gieng aber
bewist, dessen letzte spuren sp. 1787 gesammelt sind, in be-
wust über, neben bewust erscheint jedoch nirgends beweisz
novi, noch bewuste noreram, nur sagt Hediox com. 48 : die-
weil ich disz in langer erfarung wol bewust hab =^ gewust.
bewust und alle diese Wörter haben nicht szt, sondern st, wo-
durch die reime auf brüst und lust rein werden, unserm be-
wust ist das ddn. bevidst {mit rücksicht auf vide, vidste) nach-
gebildet, ein schw. bevist kommt nicht vor.
1) bewust sein, notumesse: gott sind alle seine werke bewust
von der weit her. apost. gesch. 15, 18; das gotte nichts be-
wust sei umb seine sünde. Llther 3, 5; es ist aber gnug-
sam bewust, das. 4, 259'; nu ist allen rechten Christen das
wol bewust, wer kein wort gottes achtet, der achtet auch
keinen gott. 6, 505' ; antwort, das ist gott bewust, so sagts
niemand nach, bienenk. 87*; so ist bewust, dasz das poda-
gram viel menschen zu hiichster Wissenschaft der sprachen
gebracht habe. Philand. 2, 479 ;
uramher steliu alle frommen,
die du hast frei gemacht, und jauchzen vor der lust,
für lust, die keinem noch von menschen ist bewust.
Fleming 33;
des himmels runder lauf, der fortschreit der planeten, .
der elementen kraft, das war euch ganz bewust. 62;
allwissend bin ich nicht, doch viel ist mir bewust.
Götbe 12, 81 ;
das ist mir wol bewust; die sache ist schon allen leuten
bewust; das ist mir nicht bewust, unbewust.
2) sich bewust sein einer sache, sibi conscium esse ali-
cujus: du weist alle die bosheit, der dir dein herz bewust
ist. Ikön. 2, 44; ich bin wol nichts mir bewust {goth. nih
vaiht auk mis silbin mi))vait, ovSiv yä^ iuavxc^ avfoiSa,
vulg. nihil enim mihi conscius sum, vielleicht ahd. mir sel-
pin piwei;?). 1 Cor. 4, 4;
da ihm (tibi) Papinian der schnöden that bewust.
GRIfHIDS 1, 447;
legt, die ihr {sibi) keines manns bewust,
der fürsten könig an die brüst. 2, 244;
wie viel gewündschter Inst
ist, dünkt mich, euer hen, herr Abel, ihm (sibi) bewust.
2, 342;
diejenigen, welche ihnen (sibi) nichts gutes bewust. Lokman
fab. 20; und was wird man vollends sagen, wenn ich sogar
zeige, dasz er sich selber nichts besser bewust zu sein schei-
net? Lessinc 5, 35; er ist sich seiner bewust, fSAlt sich; über
das, was sie sich bewust sind. Wieland 3, 146 ;
Aspasien halte man, eh sie den Schleier nahm,
vorher in Lethe baden sollen.
liegts etwa nur an ihr, sich nicht bewust zu sein? 9, 108;
hier war es, wo ich mir bewust tu sein begann. 17, 128;
mich däucht, ich bin mir das nicht mehr bewust, was ich
mir kaum noch bewust war. 25, 280 ;
noch durchschauert kaltes grauen,
da ichs denke mir die brüst!
nimmer, nimmer kann ich schauen
io die aueen des geliebten,
dieser stillen schuld bewust! Scbillir 498';
wems herze schlägt in treuer brüst,
und ist sich rein, wie ich. bewusi (meisz, fühlt sich rein),
der hält mich wol am höchsten. Gothi 1, 190;
wüste sie sich tu entschnldgen,
schuldig, keiner schuld bewust? 3, 12;
ich bin mir dessen bewust, nicht Itewust, unbewust. die
belege zeigen, dost der gen. fehlen kann, tadelhaß scheint
Wielands ace. statt des gen. nicht wol darf der dat. der per-
son ausbleiben, wie Ki.inger 4, 26 sdireibt : deine multer, die
{sich) der gefahr für mich bewust war. aber statt des gen.
mag auch ein abhingiger salz folgen : ich bin mir bewast
nichts unrechtes gelhan zu haben
1791
BEWUST— BEWUSTS EIN
BEWUSTSEIN— BEZAHLEN
1792
3) bewust machen für bekannt machen, nur seilen:
(lisz disz ist deine liist,
dein unmuthwenderin, die jetzt dich mactit bewust,
so weit sich das gescbrei von unserm krieg erstrecket.
Opitz 2, 20;
herr, mache mir den rechten weg- bewust. ps. 119.
4) auch in folgenden fällen sieht bewust adjeclivisch für notus,
conscius : meine Schwester, nur ein jähr jünger als ich, hatte
mein ganzes bewusles leben mit mir herangelebt und sich
dadurch mit mir aufs innigste verbunden. Göthe25, 20; Wei-
land setzte mit den beiden galten das gesprüch fort, das
sich auf lauter bewuste pcrsonen und Verhältnisse bezog.
25, 343 ; wozu wir, bewust und unbewust, willig oder un-
willig, unaufliallsam mitwirkten. 26, 6S ;
in harren und krieg,
in Sturz und sieg
bewust und grosz. 47, 233.
nicht bewustsein, sondern bewustes (gegenständ des bewusl-
seins). Fichte thats. des bewusts. 83. man sagt auch von dem,
was man nicht nennen will oder nicht nölhig hat zu nennen:
der bewuste mann ; ich habe es von der bewusten frau ge-
hört; die bewuste sache wird ausgeführt.
BEWUST, m. und f. scientia, nolitia, wissen, vorwissen,
künde, in vielen belegen kann aber das genus nicht erkannt
werden, das f. scheint organischer und hat die analogie von
kunst, dürft und schuld, das m. höchstens die von bedacht.
Opitz und Logau brauchen auch das einfache wüst in der re-
densart mit wüst und willen, mit will und wüst. Frisch 2,
454 führt an: ohne meine bewust, me insciente; und ab her
(ob er) bekennen wurde, das her zu dem selben morde hülfe
und rad getan bette, adir (oder) mit siner bewust gesehen
were? Magdeb.weisth.sAI (a. 1440); das denn mit siner bewust
und sinem geheisze sulde gescheen sein. s. 40 (o. 1455), aus
welchen beiden stellen zu folgern ist, dasz auch bewust nolus
schon um die mitte des ii jh. gangbar gewesen sein müsse;
wiltu den armen dienen, so soitu bei deinen herrn und
frawen für sie bitten, und darnach mit derselbigen bewust
und willen inen etwas geben. Glaser gesindteufel E6'. aus
späterer zeit gibt Schmeller 4, 187 beispiele des m. : ohne
meinem (ßr meinen) bewust; ohne amtlichen vorbewust;
mit ihrem bewust. Opitz Arg. 1, 552;
der bewust, wes fähig ein rasendes weib sei. Voss Aen. 5, 6
(notumque, furens quid femina possit) ;
denn dort spielet das herz, wie bewustlos über den zäun her,
hier mit bewust schalkhaft lauert es hinter dem busch.
Voss poet. werke 1835 s. 283.
folgende ältere stellen setzen ein f. voraus: ohne bewust und
mit belieben ihrer landschaft. Micrälius 4, 116;
er {der söhn) freihet nicht aus eigner lust,
sondern thuts mit der eitern bwust.
Ringwald laut. warh. 303 (296) ;
eines fürsten bewust von den seinen. Überschrift zu Logau
2, 3, 8 ; der meier soll auch nicht befugt sein, jemand ohne
seines herrn bewust oder geheisz zu herbergen. Hohberg 3,
234*. heule veraltet, vgl. wüst und vorbewust.
BEWUSTLOS, inscius, ignarus, adv. inscienter.
1) ohne es zu wissen: weisz er schon davon? vermutet ers?
oder sagt er es zufällig, so dasz er mir bewustlos mein Schick-
sal vorausverkündigt? Göthe 17,138; ich muste ihn vor vielen
andern in die klasse derjenigen rechnen, welche practische
Philosophen, bewustlose weltwcisen genannt werden. 25, 168.
2) ohne besinnung : sie sank bewustlos nieder; dieser be-
wustlose zustand währte fünf minuten.
BEWUSTLOSIGKEIT, f. Stupor, animi deliquium.
BEWUSTSEIN,»». conscien<ia, animiis sui compos, selbstgeßhl,
erst im iSjh. gebildet und häufig gebraucht: alles dieses nimmt
ein jeder in dem unmittelbaren bewustsein der begierde bestän-
dig wahr. Kant 1,75; nur dadurch, dasz ich ein manigfaltiges
gegebener Vorstellungen in einem bewustsein verbinden kann,
ist es möglich, dasz ich mir die Identität des bewustscins in
diesen Vorstellungen selbst vorstelle. 2, 130 ; eine Sinnlichkeit,
in welcher viel empirisches bewustsein anzutreffen wäre, aber
getrennt und ohne dasz es zu einem bewustsein meiner selbst
gehörte. 2, 655; zwischen einem bewustsein und einem völ-
ligen unbewustsein können grude statt flndcn. 3,225; wie es
(das ich) auf dem gesichtspunctc des gemeinen bewustseins
von aller philosophischen abstraction unabhängig sich er-
scheint. Fichte sittenl. 112; auf dem gesichtspunctc des ge-
meinen bewustseins oder der Wissenschaft ; (dagegen) auf dem
transcendentalen gesichtspunctc oder dem der wissenschafts-
lehre. 151 ; da das bewustsein der Völker in beiden continen-
ten ungleichzeitig erwacht ist. Humboldt ans. der nat. 2, 330 ;
von kindheit an empfinden wir die gröszte freude über gegen-
stände insofern wir sie lebhaft gewahr werden, daher die neu-
gierigen fragen der kleinen geschöpfe, sobald sie nur irgend
zum bewustsein kommen. Güthe 50, 114; ein tiefes bewust-
sein ihrer Seligkeit. Klopstock Mess. 12, 697; es traten end-
lich Verhältnisse ein, welche auch in der deutschen nation
ein bewustsein ihrer natürlichen Stellung hervorriefen. Ranke
reform. 1, 44; sie kannten ihren freund (den jungen Luther),
mit schonungsvoller einsieht schlugen sie das saitenspiel an,
das sie mitgebracht: unter der wolbekannten weise stellte
die mit sich selber hadernde seele die harmonie ihrer Innern
triebe wieder her und erwachte zu gesundem bewustsein.
1, 293; sie liegt ohne bewustsein; lasz dir dein eigenes be-
wustsein (dein gewltsen) sagen, ob ich die Wahrheit rede ; das
bewustsein meiner Unschuld macht mich stark, die Dänen
sagen bevidsthed oder samvillighed, die Schweden einfacher
samvele.
BEWUSTSEINLOS : ein solcher beziehungsgrund nun ist
eine völlig bestimmte, aber bewustseinlose anschauung des
dinges. Fichte grundl. der ges. wissenschaflsl. 399.
BEWUSTVOLL: mit dem christenthum ist der rechte, be-
wustvolle Protestantismus zur weit gekommen.
BEWÜTEN, furore implere, wütend machen:
den sein siolzseliger
dämon bcwütet. Herder 6, 205.
BEXEN, pulsare, caedere: was ligt daran, wenn man die
kleinen band uf schneidet mit dem messer an einem fasz mit
wein, die kleinen band heben die reif, die reif heben das fasz.
wann man nun die band uflhut, so fallen die reif davon und
gon die taugen (dauben) voneinander und stoszet der wein
dem fasz den oben usz. darumb so schlechstu ein kind uf
die band, wann es an eim fasz also ligt zebexen. Keisersrerg
omeis 49*. Stalder 1, 159 hat bexgen hüsteln und ptäxen,
pfixen niesen, 1, 125 aber backen, bäggen nicht blosz trocken
husten, sondern auch mit stumpfem beil oder messer hacken;
einstimmig hiermit erthcilt Sciimid 38 dem schwäb. bücken und
bäcksen beide bedeulungen, die des hüstelns, trocken huslens
und des hackens, klopfens mit stumpfem Werkzeug, in Kei-
SERSB. stelle wird offenbar das letzte gemeint, wenn die kinder
auf die faszreife mutwillig klopfen oder hacken, bemerkens-
werth aber ist die analogie zwischen hacken, hüsteln und nie-
sen, wir sagen hacken hüsteln, es hackt dem kind auf der
brust, es hustet schwer, engl, ist hack stammeln, stJiwer reden,
anstoszen, schw. hacka, dän. hakke. becken, bicken stimmt
genau zu ßrjaaca husten, ßrj^, ßrjxös tussis und ßrixiov tus-
silago, huslenstillendes kraut.
BEZACKELN, armare navem. Garg. 79", die richtige, hoch-
deutsche form des sp. 1694 angegebnen heutigen betakeln.
BEZACKEN, incidere, dentare, auszacken.
BEZAHLBAR, parabilis, häufiger kommt vor unbezahlbar.
BEZAHLEN, solvere numerata pecunia, mit aufgezähltem
geld, mhd. bezaln, nnl. betalen, schw. betala, dän. betale,
goth. sagte man usgiban, ahd. argepan und geltan, wie auch
noch mhd. gelten oßer als bezaln vorkommt, nhd. aber ver-
gelten pendere, rependere ausdrückt.
i) den werth oder preis der gekauften, beschädigten, verun-
treuten Sache bezahlen: haar bezahlen, bei hellerund pfcnning,
auf dem bret, aus seinem beutel bezahlen ; theuer bezahlen ;
ich kanns bezahlen, es ist mir nicht zu theuer; die sache ist
nicht mit gelde, golde zu bezahlen; einen theil des preises
auf abschlag, das übrige in bestimmten fristen bezahlen; ich
habe das erkaufte pferd, haus, feld, körn sogleich bezahlt;
so wir deins wassers trinken, wir uml unser vieh, so wollen
wirs bezalen. 4 Mos. 20, 29 ; was die Ihier zurissen, bracht ich
dir nicht, ich mnst es bezalen. 1 Mos. 31, 39 ; stilets (das vieh)
im aber ein dieb, so sol ers seinem herrn bezalen. 2 Mos.
22, 12; wer aber ein vieh erschlegt, der sols bezalen leib umb
leib. 3 Afo«. 24, 18 ; dazu sol er das schaf vierfeltig bezaU'n.
2 Sam. 12, 6 ; unser eigen wasser müssen wir unib gelt trin-
ken, unser holz musz man bezalel bringen lassen, klaget. Jer.
5, 4 ; du wirst nicht von daniien heraus komen bis du auch
den letzten heller bezalest. il/<i///i. 5, 26 ; und so du was mer
wirst darthun, wil ich dirs bezalen, wenn ich wider kome.
Lmc. 10, 35; der her wolt ein nagel mit dem andern usuchU-
1793
BEZAHLEN — BEZAHLHERR
BEZAHLUNG — BEZÄHMERIN
1794
gen und in mit der münz bezalen, die er von im empfangen
het. Keisersb. s. d. m. 4l'.
2) vorzugsweise musz das geliehene geld, die schuld bezahlt
Verden: der mann konnte nicht bezahlen und muste ins ge-
fängnis wandern ; die schuld musz bis auf den letzten heller
bezahlt werden ; als wan man dir ist schuldig ein gülden und
du bist einem andern auch ein gülden schuldig, den hast du
verheiszen zu geben uf die zeit, da man dich zu bezalen auch
hat verheiszen. nun dein Schuldner falt dir hinder sich, leugt
dir, so kanstu dan auch nit bezalen und wirst zu einem lüg-
ner gegen dem, der dir geühen hat. Keisersb. s. d. m. 66*;
seine schuld pünctiich und auf den tag bezahlen, es beiszt
biblisch in den busen, eis löv xölrrov, bezahlen, dem gläu-
biger das geld in den schosz schüUen: ja ich wil sie in iren
bosam bezalen. Es. 65, 6 ; und vergilt unsern nachbam siben-
feltig in irem bösem, ps. 79, 12 ; der du vergütest die misse-
tat der veter in den bösem irer kinder nach inen. Jer. 32, 18.
3) geleisteten dienst bezahlen: den barbier, den kutscher
bezahlen; das er nit mocht selig werden, er hett dan dem
schifman den fiirlon bezall. Keisersb. s. d. tn. 65' ; dem knecht
seinen lohn, dem diener seinen sold bezahlen; sehet euch mit
heiraten wol für und laszt euch feder und dinten wol bezah-
len. ScHüPPiLs 115 ;
wir aber stelin in des Kaisers pfliclit.
und wer uns bezahlt, das ist der kaiser. Schiller 32S'.
4) «er bez<üilung in gute nicht erlangen kann, sucht sie
sich auf anderm wege zu verschaffen, das nennt man sich
selbst bezahlt machen ; es ist mir nicht bang, ich weisz mich
schon bezahlt zu machen ; sie geruhen mir entweder zu dem
meinen widerum fürderlich zu verhelfen oder mich nit zu
verdenken, dasz ich uf alle vorständige wege mich selbsten
bezalt mache. Reixbard werth. schrift gegen Würzburg 2, 183.
5) häufig wird bezahlen, wie vergelten und pendere, repen-
dere auf andern ersatz, als der in geld geleistet werden kann,
angewandt: er hat die schuld der natur mit dem leben, dem
Taterlande seine schuld mit dem blute bezahlt; da der edel-
mann mit seiner figur, mit seiner person, es sei bei hofe
oder bei der armee, bezahlen musz, so hat er Ursache et-
was auf sie zu halten. Göthe 19,151;
und keinen schönern tag erlebst du, mir
die schule zu bezahlen. Schiller 385* ;
herr Boreas, stört nicbt den klang
von unsern warmen pokalen,
und nicht den luuiern lobgesang,
den wir dem herbst, aus altem hang
tu reichen weinlesen, bezahlen. Göeisgb 3, 132.
mhd. mit Terramires kinde
wart lihte ein schimpheo da bezalt. H7«. 100, 15.
zumal aber in übelm sinn: er muste mit seiner haut, mit
seinem rücken bezahlen, schlage davon tragen;
dasz dus nicht müssest auf ein zeit
bezalen mit der groben heut. Scheit jrofc. S2';
ifh main wir haben sie bnr bezalt
zu Pavia im liergarten. Soltau 2D3;
also kamen die rüter und hoflüt zu Ulenspiegcl und legten
mit im an solich anschleg, ... das der doctor bezalt würd
seiner Weisheit. Eulensp. cap. 15 ; also wer do ein lestert oder
scbmecbt, der musz warten sin, das er mit der münz wider
bezalt werde, mit der er verkauft hat. Keisersb. s. (f. m. 3S*;
also bezalten sie einander beidenthalb mit werten und ge-
stifler liebe {mit heuchelei). Steixhöwel Esop 46'; warlich,
man hat uns bezalt, wann man uns disen tag soll braten,
würden wir bei dem fewr nicht bald brennen. Garg. 134';
aber die frau mutier hat sie bezahlet {abgeßhrt), sie wird
nicht wieder kommen. Weise comöd. 242; betrug mit betrug
bezahlen, pol. slockf. 346; er sollte mir theuer für alles di«
bezahlen. Wielaxd 4, 218 ; das gedieht auf den baron, wel-
ches der arme pedant so theuer hatte bezahlen müssen.
GfiTHE 19, 314 ;
was soll das sein! wart, ihr bezahlt es theuer! 12. US;
er ist schön dafür bezahlt worden; du wirst die zeche be-
zahlen I es ausbaden.
BEZ.\HLER, m. ein guter oder schlechter bezahlen
BEZAHLERIN, f. von der frühlingszeit Weckheblir 762 :
du bist der erden malileria
und der begird bezablerin.
BEZ.\HLHERR, m. ein fürst oder bezahlherr (in dessen sold
die geworbnen kriegsknechte stehn^. kiRCBUor disc. mil. hl.
BEZÄHLUNG, f. denn auch des menschen söhn ist nicht
kommen, das er im dienen lasse, sondern das er diene und
gebe sein leben zur bezalung für viele. Marc. 10, 45 ; kreuz
und leiden geben sie gott an bezalung [an zahlungsstatl).
bienenk. 106';
die bezalung ward in ganz recht gegeben,
das seind sie worden innen. Soltau 417 (a. 1554).
BEZ.\H.MB.\R, domabilis.
BEZ.ÄHME.N, domare, nnl. betemmen, tn der Wildheit bän-
digen.
1) domare belluas: sie besteigt auf maonsweise das pferd,
weisz es zu bezähmen und anzutreiben. Göthe 6, 194 ;
wolthätig ist des Teuers macht,
wenn sie der mensch bezähmt, bewacht. Schiller 7S',
denn das feuer gilt für ein lebendiges, wildes thier.
2) es kann aber auch als dement bewältigt werden, gleich
der flut:
und wer isis, der den ocean
bezähmet, dasz er nicht aus seinen ufern gleiten
und uns die sündllut wieder bringen kann? Gotter 1, 401.
31 wuchernde pflanzen zurückdrängen:
dort bezähm einengender ranken geile verdumpfung. Voss.
4) sich, die leidenschaften, die zunge bezähmen:
bezähme der zuoge verwegenes toben! Schiller 511" ;
o kaum bezwingen wir das eigne herz,
wie soll die rasche jagend sich bezähmen. 522*.
5) einen bezähmen lassen, gewähren lassen, gehn lassen :
laszt in bezemen, das er fluche, denn der herr hats in ge-
heiszen. 2 Sam. 16, 11, wo die LXX afere avrbv xaraoä-
ad'at, die vulg. dimittite eum ut maledicat; aber den löse-
schlüssel kennet er {der heil, geist) nicht, da leszt er den
bapst allein mit bezemeu {fertig werden). Litther 5, 222' ;
als ein alter mann lang hett gelebt,
dem tod, wie er kund, widerstrebt,
zuletst der tod rauscht her behend,
der alles dioges ist ein end,
und wolt denselben allen nemen,
er sprach, lasz mich ein weil bezemen,
das ich mein testament mög machen. Waldis Es. 3,25;
leg deine eier her
in memen schosz, in meinen gern,
wenn all vögel dein feinde wem,
so sotten sie dirs hie nit nemen,
bei mir lassens dir (/. dich) wol bezemen. 2,26;
tat mi beiemen, ik wilt wol maken. tert. söhn 528;
Stieler ßhrl an 2594: wir wollen ihn bezämen lassen, in-
dulgeat cupiditalibus suis, satisfaciat voluntati suae, offenbar,
wir wollen ihn in ruhe lassen, mache er was er will, man
sagt in Ostpreuszen etwas bezähmen lassen, gestatten, zulas-
sen, ich lasse es dabei bezähmen, bewenden; in niederdeut-
schen und thüringischen gegenden : er bezähmet sich nicht ein
glas wein zu trinken, getraut sich nicht, Idszt sich nicht die
ruhe, die zeit dazu; er bezähmet sich das nicht, wendet das
nicht an sich. nd. laat mi betämen, lasz mich zufrieden, in
ruhe, ik tame mi dat nig, ich scheue mich die kosten daran
zu wenden, he tämet sik een good glas wien, er erlaubt sich
ein gut glas wein, he het sik en nij kleed tarnet, sieh ein
neues kleid zugelegt, brem. wb. 5, 17. 18 ; lat mi betemen, last
mir freie band. Schütze holst, id. 1,96;
Buköken vun Bremen,
tat min Hanne betemen !
kobold, lasx meine Hanne ungestört. Kl&l's Groth quickbom
s. 238 ; bischof Schadebant zu Hildesheim, als er sah, dasz
er immer krieg führen muste: gaf he dat bischupdom up unde
loch weder na Rome, und leit se mit den roven unde krige
betemen {liesz sie rauben und kriegen, so viel sie wollten).
Script, rer. brunsv. 3, 382; da der markgraf sah, dasz Mag-
deburg wol versehen war: do brach he up unde leit den
bischop mit öne betemen {liesz den bisckof mil den bürgern
gewähren, selbst fertig werden). Es leudttet ein, dasz hier
überall nicht das transitive bezähmen, domare, sondern sein
stamm, das intransitive bezemen {mhd. zcmen) obwalte, wat
unserm ziemen, geziemen nahe kommt, betemen laten, bezie-
men lassen will sagen thun lassen, was einem ansteht {gefällt),
ziemt, wozu er selbst lust hat, und schade ist, dasz wir diese»
gefügen ausdrucks heule enlralhen.
BEZAHMER, m. domitor.
BEZÄHMERLN, f. domilrix: berähmerin der herzen;
die beiäbmerin wilder sitten. Schiller 55'.
113
1795
BEZÄHMUNG — BEZECHEN
BEZECHEN— BEZEIGEN
1796
BEZÄHMUNG, f. domitio, bändigung:
zwölf sind säugende Stuten und lasibare füllen der mäuler
ungczälimt. gern holt ich mir eines davon zur bezähraung.
Voss Od. 4, 637 ;
diese {die baslillc) zur bezähmung der hauptstadl benutzte
festung. Beckers weUg. 12, 132.
BEZÄHNEN, dentarc, mit zahnen ausslalten:
keine wölf, so stark bezähnct,
dir sie (die schäflein) werden reiszen weg.
Spbk trutzn. 331 (301).
BEZÄUBERER, m. fascinator, zauberer.
BEZAUBERN, fascinare, verblenden, ahd. pizouparön (Ghaff
5, 581), nilid. bezoubern, nnl. bctoveren : es war aber ein mann,
der bezauberte das samaritische volk. apost. gesell. 8,9; o ir
unverstendigen Galater, wer hat eucli bezaubert? {golh. ö un-
Irödans Gaiateis, hvas izvis afhugida?) Gal. 3, 1; lasse die
spitzigen und glaublosen Sophisten nach solchen ungründ-
lichen dingen trachten und die goltheit ins sacrament bezau-
bern [zaubern). Luther 2, 228'; es ist, gottlob und dank, des
banfpotzens zu Rom furcht und scheu einmal weniger worden
und will das capitel si quis suadentc nit mehr die leute be-
zobcrn. die weit kun itzt den segen auch sprechen, br. 2,15;
der (t'on seiner leidenschaß) bezauberte mensch. Kant 10, 9;
der den diese chimürc bezaubert. 10, 14. wird heule, wie das
franz. charmer, cnchanter für angenehm einnehmen, entzücken
gesetzt: die frauen betheuerten, diese tracht lasse ihm vor-
züglich gut. Philine stellte sich ganz bezaubert darüber. Göthe
19,15-, eine bezaubernde ühnlichkeit. J. Paul Uesp. 2,43; sie
bezaubert jedermann durch ihre anmut ; es ist zum bezau-
bern.
BEZAUBERUNG, f. fascinatio : bezauberung in einem sonst
gesunden gemütszustande ist ein blendwerk der sinne, von
dem man sagt, dasz es nicht mit rechten dingen zugehe. Kant
10,149; komm dann du süsze hofnung einer bessern Zukunft
und feszie meine seele mit deinen schmeichelnden bezaube-
rungen! WiEi-AND 1,59; wo Schatulliöse des ritters bezaube-
rung aufzulösen die ehre gehabt. 5, 15.
BEZÄUMEN, frenare, einen zäum anlegen, bezähmen, nnl.
betoomen : vvarumb solle sie {die liebe) nicht auch eine mis-
fällige unart bezäumen können, deren anzeigung rothe äugen
sein? pol. stockf 61; und gab sich in der antwort vor einen
solchen aus, welcher sein fleisch und blut nicht bezäumen
könne. 113; wer sich vor liebe hüten will, der bezäume seine
äugen, dasz sie sich nicht vergaffen und das blinde geblüte
rege machen. 120 ; wodurch er (der könig) ihre freiheit zu
bezäumen suchte. Moser 2,191;
der Sommer bezäumet
beim Purins itzt
den löwHu, der bäumet
sich wild und erhitzt. Fa. Müller 2, 379.
BEZÄUMUNG, f. erbauete er zu bezüumung sowol der Frie-
sen als der Bructerer eine festung. Bij.naü 1, 147.
BEZÄUNEN, sepire, mit einem zäun umziehen, umzäunen,
vihd. beziunen, nnl. beluinen :
der bawr sein acker het besäet,
den er rings umb bezeunen thet. Waldis Es. 1,60;
ich bin gleich so engbrüstig, so bezäunt. Hippel 14, 27.
BEZAUSEN, vettere, vellicare, berupfen, für bezeiscn (s. zei-
sen ujid zausen) : gleichwie wilde vögel sicii haufenweise setzen
umb ein nacbtcule, damit ein jeder mit seinem Schnabel sie
möge bezausen. Simpl. 3, 685; davon (von den würmerchen)
wird er so bezaust und betreten, dasz ihm am tage kein bis-
sen schmeckt, in der nacht kein schlaf in die äugen kömmt.
Weisen/, leute 204.
BEZEBEN? theilhaft werden?
gib das ich knins iions bezebe (: erhebe). MsLissusp«. J8'.
zu /afen bei Sciim. 4,227 gehörig?
BEZECHEN, madidum, ebrium reddcre, berauschen. Stieler
2604 : als sie nun wo! bezecht waren. Wickram rollw. 20 ; mit
sanipt seinen gasten, die auch wol bezecht Avaren. 29*; so
war icii auch l)ezecht, weil ich i. f. gn. vor den trunk ge-
standen. SciiwEi.MCMEN 1, 120; ob nun wol nach gehaltener
inahlzeil jedermann ouT den gruszen saal zum tanz ist gegan-
gen, so ist doch jcderinann so bezecht gewesen, dusz aus
dem tanz wenig worden. 3, 287 ; einer, der sehr wol bezecht
sasz. Kirchhof wendunm. Wl' ; dasz der bürger ganz wol be-
zecht heim gicng. 19 1'; der fiihnricli und er, wie sie bezecht
auf die wacht kommen, weren sie beide auf ein Stroh neben
ein;inder nider gelegen, mil, diic. 201;
denn ich stund bei der taufe laiin,
und liesz das kind ins wasser fallD,
behüte gott, das war nicht recht,
doch warn die paten auch bezecht. Ringwald tr. Eck. H4*;
ja alle bäum auch, klein und grosz
verschmachten trostlos und fruchtlos,
wan sie nicht oft bezechet werden. Wecxhbblin 520 ;
mahl und tanz sind gleich nun aus,
die bezechten gaste wandern
immer einer nach dem andern,
jedermann der sucht sein haus. Fleming 366 (363) ;
bezechte (benetzte) wangen. Spee trutzn. ... ;
glaub, Anacharsis hatte recht,
der, weil er sich zuerst bezecht,
begehrte, dasz man ihm des wetttrunks preis ertheiite.
Hagedorn 3, 46;
ich ehrlicher alter verstelle mich auch,
bezeche den jüngling und leere den schlauch. 3,74;
der schöne bacchus wird, seit Amor sich verbannt,
mit Satyrn stets bezecht gesehen. Wieland 5,213;
bezecht sich erst beim abendbrot
den kindcrn zum gelächter. Bürger 48'.
BEZEICHEN, significare schreibt Luther für bezeichnen, wie
es mhd. offen, vesten, wapen hiesz für offenen, vestenen, w4-
penen : denn das leiblich brot were gnug bezeicht mit dem
wort 'das teglich brot gib uns heute.' 1, 79'; sintemal alle
zeichen geringer sind, denn das ding, so sie bezeichen. 3, 442'.
BEZEICHNEN, notare, insignire, designare, ahd. pizeichanan,
nnl. betckenen.
1) sinnlich, das lamm mit einem rothen strich, den hut
mit einer nummer, den hügel mit einem kreuz bezeichnen:
am abgrund geht der weg, und viele kreuze
bezeichnen ihn, errichtet zum gedächtnis
der Wanderer, die die lawine begraben. Schiller 552*;
der untere theil von Italien erzeuget menschen von präch-
tigen und stark bezeichneten formen, welche gleichsam für
die bildhauerei erschaffen zu sein scheinen. Winkelmann 3, 52 ;
ihre streng geschlossenen und wenig bezeichneten lippen tha-
ten stumm einen ernst kund. J. Paul Tit. 2, 6.
2) abstract, derhalben die sacrament nit allein die heiligung
bezeichenen, sonder machen auch heilig für sich selber, bie-
nenk. 102'; ein neues hindernis ])ezciclinet jede stelle (auf jeder
findet man n. //.). Gotter 1, 167 ; zweckmäszigc schritte soll-
ten künftig seine bahn bezeichnen. Göthe 19, 63 ; man be-
zeichnet ihn allgemein als den mörder;
der graf von Luxemburg
ist von den mehrsten siimmen schon bezeichnet. Schiller 549'.
3) einem etwas bezeichnen : ich kann dirs nicht deutlicher
bezeichnen ;
den weg des siegs bezeichne du dem beer,
die fahne trag uns vor in reiner band. Schiller 463'.
BEZEICHNUNG, f notatio: eine sorgfältige, genaue be-
zeichnung;
sage mir, ob ich vielleicht ihn erkenn in solcher bezeichnung.
Voss Od. 14, 118.
BEZEIGEN, declarare, monstrare, indicare, anzeigen, erzei-
gen, mhd.
der rinc was bezeiget, da soldej spil geschehen. Nib. 412,1;
meige ist bezeiget in dein grüenen walde. MS. 1, 13',
taub und blumen zeigen ihn an, weisen ihn; nhd. bezeigen
(erweisen) sie mir diese erste gefälligkeit Lessing 2, 419 ; Hein-
rich bezeigte (erwies) sich ungemein willig ihm zu dienen.
6, 1C3 ; um dem oberhaupte des reiches die gehörige Verehrung
zu bezeigen. Göthe 24, 302; ich überreichte ihm den risz,
über den er grosze freudc bezeigte (zu erkennen gab) 26, 19 ;
er bezeigte wenig lust, die stelle anzunehmen ; er bezeigte
für die empfangne wolthat die gröszte dankbarkeit; bezeigte
mit allem seine Zufriedenheit, da declarare oß auch ein testi-
ficari sein kann, so rühren bezeigen und bezeugen aneinander,
wie schon die einfachen zeigen und zeugen, zeihen und ziehen,
dicere und ducere, wo mehr gesagt werden soll.
BEZEIGEN , n. agcndi, se gcrcndi ratio, benehmen, betra-
gen: Floramene empOeng das betrügliche trauergedicht, wel-
ches sie vor weinen und jämcrliclien bezeugen nicht ansehen
kunle. pol. stockf 313; es ist nicht zu beschreiben, was des
herrn mag. Sciimelzers religieusc anordnung und selbsteige-
nes andächtiges bezeigen beim allar und auf der canze! vor
ganz auszerordentlichen riudiuck in aller gegenwärtigen her-
zen Ihal. Felscnb. 2, 169; ihr freundliches und dienstfeiliges
bezeigen machte sie bei jedermann beliebL Hahener 1, 101 ;
mit was lieblichem bezeigen
gab sie sich mir gani zu eigen I Caniti 172;
1797
BEZEIGEN— BEZEUGEN
BEZEUGEN— BEZEUGONG
1798
am dem zu weibischen bezeigen,
in Zukunft bestens vorzubeugen. Hagedor."« 2, 106 ;
wie wenig jähr und stand mir dies bezeigen rathen.
i. E. Schlegel 1, 435;
es ist wahr, ich habe mich über ihr bezeigen einigennaszen
selbst gewundert. Lessing 2, 364; sollte ich einen liebhaber
oder einen Stutzer reden lassen, so ruft ich mir das bezeigen
des Barons oder des Beauburgs ins gedächtnis zurück. 3, 21 ;
er nennet sie mit namen, die der papst uneingedenk seines
reuigen bezeigens zu Vercelli, auf anliegen des Humbertus,
zu Rom wiederum reordinierte. 8, 37S ; der contrast seines
finstern bezeigens mit der allgemeinen fi-öhlichkeit. Wieland
2, 309 ; er war lang, von majestätscher gcstalt und von so
einnehmendem bezeigen, dasz er in kurzer zeit alle herzen
gewann. 6, 100; einnehmend in seinem bezeigen. 6,153; ist
es nicht, dasz sie etwas in meinem äuszerlichen bezeigen fan-
den, dasz sie zurückhielt? Sophie Laroche bei Merck 1, 33;
ich gieng nicht eher in mein heimliches artiges stübchen, als
bis ich hoffen durfte, den widrigen eindruck meines unfreund-
lichen bezeigens gut gemacht zu haben. ThCmmels reise 2, 55;
alle castilianische grosze . . . schienen ihren verjährten groll
gegen den flämischen adel ausgezogen zu haben und beeifer-
ten sich in die weite, ihn durch ein angenehmes bezeigen zu
gewinnen. Schilleb S12'; von dem gange, von der haltung
des körpers und der Stellung, von dem ganzen bezeigen eines
menschen, in sofern es in seiner gewalt ist. 1114*.
BEZEIGÜNG. /■. declaratio, erireisung: er hat seiner from-
men Stiefmutter exemplarische Sorgfalt und getreue bczei-
gungen in seinem gedächtnis wurzeln lassen. Brandts Taub-
mann 11; mich eines kleinen briefleins zur bezeigung noch
währender freundschaft zu bewürdigen. Bctschky katizl. 57.
BEZEIHE.N, eoarguere, beschuldigen, ahd. pizihan (Graff
5, 5S7), ags. beteon, mhd. bezihen (pass. K. 324, 551, mnd. betien :
dat en ander unschuldich, we he ok si,
unde nicht belegen werde umme mi. Reinke IQ'iO ;
dat ik jü betcch mit unrechten dingen. 2523;
nhd. Haltads 157 ; also wird auch s. Jacob bezigen, er hab
die mesz geordnet. Frank chron. 257'; viele, denen gott die
gesundheit nimpt, die will er also krank haben, und wil doch
nit, dasz sie ihn solchs bezeihen sollen. Paracelscs l, 230';
es war eben dazumal ein kriegsknecht gefangen, den bezieg
er der verräterei. Kirchhof tcendunm. 464'; der bzeicht ins
Wuchers. Thcrneisser archid. 130 ; der herr bezeihe mich kei-
nes betrugs. Simpl. 1, 602 ;
eh müss er seine bröder,
so gern er sonst von ihnen nur das beste
bereit zu glauben sei, des falschen spiels
bezeihen. Lessücc 2, 279.
BEZEIHUNG. f. criminalio, beschuldiqung : an der bezeihung.
Schmach und injuri dem klager unrecht beschech. Cbmel Max.
s. 389.
BEZEITE, adv. mature, mhd. bezite {pass. K. 6, 49. 241, 56),
engl, betimes: bezeite Junker und spate knecbt. Mich. Neas-
der e<Aice re/u5 5. 268 ; zu langsam oder zu bezeit. Acricola
«pr. 197'; beisorge schöpfete, als möchten sich villeicht e. gn.
was übel fülen und uns armen untersassen von gott dem
allmecbtigen allzu bezeiten weg genommen werden. Hingwald
tr. Eck. vorrede, s. beizeit. beizeiten tp. 1410.
BEZE.MEN, s. bezähmen 5.
BEZEPTERN, scrplro inslruere:
ein bezepterter könig, den Zeus mit rubme Terberlicbl.
Voss IL 1, 278 ;
Dimmer hinfort sei gütig und sanft und freundliches heraens
ein bezepterter könig, noch recht und billigkeit achtend.
Od. 2, 232.
dich in der bläte der jngead erschlug die bezepterte memme.
PlATKK 141.
BEZETTELN, aspergere, bestreuen : uf den abent kouft Llen-
spiegel ein hüpschen apfel, den hüllecht er inwendig nsz und
sliesz den vol fliegen oder mucken und briet den apfel
inüesziichen (langsam) und schelet den apfel und bezettelt
den mit imber. Eulensp. cap. S6, uo die neueren ausgaben:
bestecket ihn auswendig mit zucker und ingwer. dies bezet-
teln gehört zu zelten, ausstreuen, verzellen, verzetteln, ver-
streuen, so rie Zettel am geveb der ausgesprengte faden ist
und anzetteln anweben, gleichsam ansprengen, anwerfen.
BEZETTELN, schedula tnstruere, mit leitet versehen: die
waare, die flusche bezetteln, damit aufschriß erfolgen kOnnc.
BEZETTEN, aspergere : mit lilien bezettet. Oberlim 152.
BEZELGEiN, Itslan, letli/ican, mhd, beziugeo.
1) die Wahrheit einer sache durch seine aussage bekräftigen :
und der das gesehen hat, der hat es bezeuget. Joh. 19, 35;
die gerecht igkeit, die vor gott ist offenbaret und bezeuget
durch das gesetz und die propheten. ROm. 3, 21 ; diewcil sie
sich damals mit milch lieszen benügen, inmaszen Petrus be-
zeugt. Keisersb. s. d. m. 23* ; item wann eben derselb Augusti-
nus, desgleichen Leo klärlich bezeugen, dasz. 37';
als dise gleichnus hie bezeugt
aus Christi mund, der nit betreugt. Schwakzenberg 111, 1 ;
ich kann alle einzelnen umstände, wie sie erzählt werden,
beteugen; stark bezeugte anklage.
2) einen bezeugen, ßr oder wider einen zeugen : sintemal
ir gewissen sie bezeuget. Rom. 2, 15 ; dein eigen gebet straft
dich und ist wider dich, bezeugt dich, beklagt dich. Luther
1, 72'; und darf hie keiner furbitt, denn ir eigen gewissen
sie reichlich bezeugt, wie sie so gar nichts wissen und so
stockungelehrt sind. fcr. 2,55; es ist doch war, was ich von
im sag, ich wil es in bezügen. Keisersb. s. d. m. 29'; damit
schmehest dn in, wenn du schon in des bezogest vor eim
rechten, sol man auch darüber urteilen, das. ; darzu sag ich,
dasz du solches in deinen rächen erlogen hast, dann ich dich
solches (ejus rei) gcnugsamlich bezeugen wil, dasz du gar
nahe der erste mann an dem hofe gewesen bist, so solchs
geäffert hat. Ga/my 276.
3) einen bezeugen, überzeugen, überführen: welche alle
(golles werke) im anfang sehr gut gewesen, und von gottes
gute, reichthumb, Weisheit und allmechtigkeit die menschen
haben bezeugen sollen. Mathesius 42".
4) sich bezeugen, ron sich leugen : und ich auch noch heu-
tigs tags begere meine irrlhume mir zu beweisen, und ich
willig zu widersprechen (widerrufen) were, wo ich geirrel bette,
des ich mich hierinne bezeuge. Lctber 1, 352; das bezeug
ich mich hiemit gegen golt. br. 4, 473 ; so protestier ich zum
ersten und bezeug mich mit diser schrift, das ich das nit wil
thun zu räch. Recchlin augensp. 4' und oft.
5) bezeugen, manifeslare, declarare, mit bezeigen zusam-
menstoszend: denn du hast uns bezeuget und gesagt. 2 Mos.
19, 23; nemet zu herzen alle wort, die ich euch heute be-
zeuge. 5 Mos. 32, 46 ; doch bezeuge inen und verkündige inen
das recht des königs. 1 Sam. S, 9 ; so bezeuget ir zwar und
bewilliget in ewer väter werk. Lmc. 11, 48 ; auch mit viel an-
dern Worten bezeuget er und ermanet und sprach. aposL
gesch. 2, 40 ; und lereten frei im herrn, welcher bezeuget das
wort seiner gnade und liesz zeichen und wunder geschehen
durch ire hende. 14, 3 ; zu ermanen und zu bezeugen, l Pelr.
5, 12 ; mit den werken aber bezeugte er alsobalden, dasz er
der erste wäre, der meinem kränzlein nachstellete. Simpl.
2, 126; wann ich eine gleichsam unsinnige liebe gegen ihn
bezeugte. 2, 127 ; n-ann ihr euch für ein kind gottes ausgebet
und bezeuget doch mit eurem rachgierigen herzen, dasz ihr
seid ein kind des teufeis. Schdppics 278 ; welches der augen-
schein bezeugen wird. 777 ; aus der abneigung, welche die
Hetrurier gegen die könige anderer Völker bezeugeten. Wiic-
kelmann 3, 172; so bald er fertig war, las er es Serlo und
der übrigen gesellschaft vor, sie bezeugten sich alle sehr zu-
frieden damit. GötheIO, 195; er bezeugte viel freude, Wilhel-
men wieder zu sehen. 19, 246; freude bezeugen. Schiller 398*.
BEZEUGEN, w. fehlerhaß für bezeigen, benehmen: Caroli
M. gelindes bezeugen gegen die überwundenen Longobardi.
Habn 1, 1 ; Lotharii veränderliches bezeugen gegen die clerisei.
1, 166 ; Zwentipoldi grausames und unvemünfliges bezeugen
gegen seine minister, l, 291 ; bei der römischen geistlichkeit
sah es sehr wüste aus. Jedermann detestierte ihr lasterhaftes
bezeugen. 2, 160.
BEZEUGER, »i. teslis : ain bezeuger der hussischen irrung.
intimation der univ. Erfurt in Marlinum Luther, durch Wolfg.
RcosE.N rerteutseht. 1521. A 3'.
BEZEUGNIS, /■. Odern, leslimonium, declaratio: durch solche
erinnerung und bezeugnis. Melanchth. im «orp. doc<r. cAr. 325;
dann nach bezeugnus der geschrift sind die räter und die
thater mit gleicher pein zu strafen. SteinhOwel Esop 144 ;
] darumb ich billich bezeugnis gib Galieno. Bracnschweig 47;
man soll es auch für kein bezeugnus seiner Unschuld halten.
' Paracelscs 1, 885'; die bezeugnüsse, so mein brnder mir ab»
gelepet. Bctschky kamt. 6«. heute Zeugnis.
BEZEUGUNG, f declaratio: ihre bezengungen waren voll
ehrerbietung und ungefärbter liebe. Canitz 191 ; die bezeugung
peiner verbiadlicbkeiU Kaxt 5, 292. s. freudenbczeugung.
113*
1799
BEZICHT — BEZIEHEN
BEZIEHEN
1800
BEZICHT, f. insimulalio, bezeihung, bcschuldigung, ahd.
biziht (Graff 5,588): liab recht und schlecht gewandlet, un-
schuldig bezieht. Meussüs K 4' ; man wird uns der aufgelegten
bezieht wol entschuldigt haben, herzog Georg vor Emsers N. T.
BEZICHTIGEN, arguere, insimulare, ahd. inzihtigAn, falsch
geschrieben bezüchtigen: die verbrechen wormit man ihn be-
züchtiget. Opitz Arg. 2, 16; die ungebühr, mit welcher die
ganze weit unsern soldatenstand bezüchtiget. Butschkv kanzl.
190 ; so wird uns niemand einer untreu gegen unsere kirchen
bezüchtigen können. 83b; mein vater wurde bezichtigt, in
verrätherischem vernehmen mit Frankreich zu stehen. ScÄa-
LER 190';
so lief, als man die königin bezichligt,
herabzusinken kostet viel. 280'.
BEZICK, f. was bezieht:
weil du bist blieben unüberwunden
von meiner mutier irer bezick (: ich erschrick).
II. Sachs III. 2, 187',
vgl. verzicket, angeschuldigt (: verstricket). III. 2, 198* = arige-
slochen, wie anzick sp. 526 == anslich. wichtig ßr die sinnliche
bedeutung von zeihen, arguere. bezig, bezieg. Hemsch 365.
BEZIEHBAR, relativus, bezüglich.
BEZIEHBARKEIT, f. die müglichkeit überhaupt, dasz bezogen
und verglichen werden könne. Fichte philos.journ. 3, 272.
BEZIEHEN, circumducere, umziehen, überziehen, goth. bi-
tiuhan, ahd. piziohan (Graff 5, 609), mhd. beziehen bezöch.
1) ein Instrument beziehen, mit sailen beziehen, die geige,
harfe, laute, cither; darnach hezoch er ein laut an den zähen die
waden hinauf. Garj. 231'; der harfenspieler bezog es sogleich.
GöTDElS, 235; die geige war noch nicht vollständig bezogen;
wenns wahr ist, dasz die schaffende natur
.. unsrer seelen zailes saitenspiel
am morgen unsres leben« gleich bezog. Schtlier 245';
die grundsätze werden desto gefährlicher bei einem wie er,
der mit hochgespannten saiten der unähnlichsten kräfte be-
zogen leicht den ton eines jeden angab. J. Paul Hesp. 2, 191.
gchürl hierher ein »i/irf.- beziehen im sinne von umspannen?
diu (müre) was so schoene und so hoch,
daj ir hmhe wol bezöch
zwelf klaftern mitalle, hrone 14276,
sie befaszte den räum von zwölf klaftern.
2) das bett beziehen, mit frischem linnen (woher bettziechc) ;
den tisch beziehen, mit tuch; das buch, mit leder, papier ;
den knöpf, ball, mit seide, zwirn; das kleid, mit futter, mhd.
Wigal. 805. 10517; slaatswagen, mit sammt obenher und in-
wendig bezogen. Güthe 24, 304; in trauerfällcn wird die thür-
klinke mit flor bezogen ;
das blutRerüst, das, ob es schwarz bezogen,
noch nicht so schwarz als die, die prinz und goti gelogen.
Grtphius 1, 326.
einen beziehen heiszt im pass. K. 15, 7 ihm die äugen verbin-
den, Caput obnubere, bei hinrichtungen.
3) den alten thurm mit epheu, die laube mit weinlaub be-
ziehen lassen; ranken beziehen das geländer; fischer beziehen
die flut und die fische mit netzen;
drei fischer sich zusammen gesellten,
und ire garn an einander stellten,
und zohens durch ein grosze Hut,
wie man denselben netzen thut,
dest mehr {fische) gedachten zu beziehen,
das in auch keiner mocht enlflichcn. Walois 3, 52.
4) der himmel ist bezogen, mit walken ; das gras bezogen,
überzogen mit ihau; wegen des bezogenen himmels keine
sonne sehen. Kant 1,186;
ich bin kein pou, der gras laszt blühen,
und heiszt das land mit thau zu seiner zeit beziehen.
Ghtphius 1, 552;
das gewitter bezieht, überzieht uns, ereilt, holt uns ein;
lins hat bezogen ein donreslac. kröne 1823 ;
Staloer 2, 472 bezieben, im laufen einholen, weiter und regen
ticken hinter den fliehenden her und ereilen sie schnell, ge-
rade so im paus. K. 228, 80. 256, 79 vom heranrückenden drü-
cken und wurm, dasz er die leule beziehe, überziehe:
der tot wil uns bezien (einholen). 257, 40;
die steigende flut: sie vil noch bezieh. 665,35, hätte sie bald
ereilt, war ihr auf dem futz. im gegensatz verziehen: das
welter, das gewässer verzieht sich, zieht weg.
6) ebenso überzieht, bezieht der feiod, das beer:
ob &i (die feinde) dicii bezien. pau. K. 443,65;
die Phryger zu beziehn und ihre macht zu schlagen. Omz ;
mit krieg hab ich bezogen
die ganze schöne weit. Gleik;
(heereszug) so geht es kühn
zur weit hinein,
was wir beziehn (an uns ziehen, erbeuten)
wird unser sein. Götue 13,274;
Iros, der arme Iros wird bald beziehen (al. herziehen) sein
^ , ^ Unglück
17 raxa Iqos !Aiqos inianaarov xaxov k'^ei.
Voss Od. 18, 73,
was sich auch umdrehen liesze:
Iros, den armen Iros wird bald beziehen sein Unglück.
ahd. bizoh se, ereilte sie, holte sie ein. 0. III. 8, 21.
6) röthe bezog ihre wangen, 209 schnell über ihr gesichl;
ein schrecklich blasz beziehet
ihr jugendlich gesiebt. C. F. Weisze.
die röthe, die blässe verzieht sich wieder.
7) das beer bezieht ein lager, hat schon die Winterquartiere
bezogen ; Soldaten beziehen die wache ; wir haben jetzt in der
artnee ein weib, das bezieht schon die ganze compagnie zwei-
mal. Lessinc 2, 556; kaufleute beziehen die messe, spielleute
den markt, so goth. bitiuhan ; bitauh Jesus baurgs allös jah
haimös, naQirjyev 6 Irjaovs tcch nöXeis Tcäaas y.ai ras
xcofiae. Malth. 9,35; bitauh veihsa bisunjane. Marc. 6, 6.
8) die grenze beziehen, circumducere; die wohnung, das
haus, zimmer beziehen, darein ziehen.
9). waaren beziehen, kommen lassen; der Burgunder, von
Braunschweig bezogen, war ganz vortreflich. Göthe 31, 237 ;
seinen gehalt, seine pension beziehen, einziehen; Wechsel be-
ziehen; die einkünfte bezieht schon seit geraumen jähren ein
weltlicher fürst. Göthe 21, 19 ; er bezieht die gerichtsfälle ;
die sohl beziehn, um nichls zu Ihun. I'ff-ffel 2, 139;
lebensmittel aus dem nachbarlande beziehen; ein erb bezie-
hen, cernere heredilatem. Maaler 68'.
10) sie hat die ehe bezogen, adepta est connubium. Maaler
/. c, vielleicht, ist ins ehebelt geschritten.
11) abstract, swa? mich leides bezie. pass. K. 142, 12 ; diu
botschaft bezoch in (kam ihm plötzlich zu). 195, 76 ;
die zoubcrere ouch wol bezöch
aUla ein krcfiic ungemach. 209,80, kam über sie;
swaj mich bezie. 299, 60, ivas mir widerfalire, vgl. 4.
beziehen referre: du must nicht alles auf dich beziehen.
12) einen beziehen = beschmieren, anschmieren, belriegen :
du bist ein teufelskerl, so manchen armen tropf
prellt und beziehet schon dein canaljöser zopf.
Zacuariä 1, 11.
s. das folgende.
13) sich beziehen, der himmel bezieht sich, umwölkt sich;
er hat sich bezogen, besudelt; wo mans kan haben, soll er
(der Schauspieler bei der darstcltung) sich schendlich bezogen
(beschmiert) haben. Avrer fastn. 9'.
14) weidmännisch, die hündin bezieht sich, hat sich bezo-
gen, wird trächtig.
15) abslractes sich beziehen, pertinere, referri, referre se ad
aliquid, heute unter allen bedeutungen die geläufigste: ich be-
ziehe mich hiermit an einen andern lichter (appelliere, s. ziehen).
LoHENST. Arm. 2, 165; weil gott mehrers nicht begehret, als
ein zerknirschtes herze, so trage ich herzliche reu und be-
ziehe mich von seiner gercchtigkeit an seine grosze barmher-
zigkeit. Butschkv Palm. 81; er bezog sich dabei auf zeugen;
ich beziehe mich auf dich, auf meine vorige bemerkung ; wor-
auf beziehen sicli diese worte; beide sätze beziehen sich auf-
einander; mit einem worte, diese furcht ist das auf uns selbst
bezogene mitleid. Lessinc 7, 336 ; (beide kinder) gularlig durch-
aus und liebenswürdig, und nur hassend, ja bösartig, indem
sie sich aufeinander bezogen. GorHE 17, 232 ; die beiden ge-
mählde, auf die sich Hamlet in der scene mit seiner mutier
so heftig bezieht. 19, 190 ; Nalalie bezog sich auf den arzt,
der weiter mit ihm über die sache sprechen würde. 2(», 156 ;
dahin bezogen sich ihre gespräclie. 2s, 279 ; im anfange hieng
die liteialur blosz an den Universitäten, theologie war ihr
erster nmdiehiiRgs|)unct. alles bezog sich dahin. Gökincks
leben Nicolais 47. das pari, ohne sich: ein verstand, in wel-
ciiem aller dinge beschalfenheil beziehend entworfen wenle.
Kant 8, 228 ; das übrige hiiuinelsheer wird auf eben diesen
plan beziehend {hezi\glich\ gesehen werden. 8, 252; die Ur-
sache, welche die örler der (ixslerne auf eine ^emeinschafl-
lirhe Ililche beziehend gemacht bat. s, 252 ; die Schöpfung ist
allenlhalben syslemalisch und aufeinander beziehend. 8,259.
1801
BEZIEHLICH — BEZIRK
BEZIRKELN — BEZUG
1802
BEZIEHLFCH, relatitus, bezüglich : vielleicht wäre der aus-
druck deutsches chaos besser weggeblieben, es gibt aber über-
haupt nur ein beziehliches, ein geschaffenes wäre ein Wider-
spruch. J. Pacl nachddmm. 71. wjan hört auch beziehentlich.
BEZIEHUNG, f. in verschiednem sinne des beziehens, z. b.
die beziehung der harfe, des hauses, lagers, der grenze : ohr-
feigen, welche man der jagend bei beziehung der grenzen zu
geben pflegte. Moser rem», sehr. 1, 331. am hduftgstcn ßr
respectus, conditio: in dieser beziehung, mit beziehung dar-
auf; die beziehung und bestimmung der einzelnen theile.
GöTHE 55, 314; wer glaubt in dieser humanität und aufge-
kl3rtheit der zelten noch an die hohen beziehungen des Staa-
tes? ScHELLi."«G meth. des akad. stud. HO; ich stehe in keiner
beziehung, habe keine beziehung zu ihm.
BEZIEHÜNGSFLÄCHE, f. eine fläche, worauf sieh eine an-
zahl linien, kvrper in ihren richtungen und bewegungen be-
ziehen. Kaxt 8, 234.
BEZIEHUNGSGRÜND, m. .- der beziehungsgrund zwischen
thun und leiden im Wechsel. FicmE gntndl. der iciss. lehre Sd.
BEZIEHUNGSLOS.
BEZIEHUNGSREICH.
BEZIEHUNGSWORT, n. Lessing 11, 750.
BEZIELEN, in doppelter bedeutung,
1) terminare, ein ziel setzen, terminis eonseribere, conclu-
dere. Stieler 261S. so mhd. beziin, im pass. häufig, die stel-
len bei KöPKE 704", z. b. den kric beziin, dem krieg ein ende
machen.
2) intendere, zum ziel setzen, auf etwas zielen:
aber bald bezielt er auch sie mit den todesgescbossen.
BcRGEB 186";
ohne zu bedenken, dasz das wol des ganzen dadurch bezieh
«ei. GöTHE 45, 47; der zeitpunct kam, den ihm die mutter
bezielt hatte. Hippel 4, 235; sie können sie (rfie bO thl.) länger
als sie die zahlungszeit bezielen {abstecken), behalten. 14, 307 ;
das ganze lese- und schreibwesen ist blosze Unschuld, die
nichts bezielt. Klisger 12, 113; es mflste denn die idee gerade
das höchste wol bezielen. J. Pwi dämm. 47. tgl. erzielen.
BEZIEMEN, decere: es beziemet sich nit, non decet. He-
KiscH 365, hellte es ziemt, geziemt sich nicht, vgl. bezähmen 5.
BEZIEBEN, decorare, zieren, vocab. 14S2 d7'. Hemsch 365 :
das mediin het ain vingerlein
mit rotem gold bezierei. Uhland 706 ;
da ich alleia daruf gedacht, studiert,
darmit sieb ein guoter Jurist beziert, fastn. sp. 895, 19 ;
die obschwimmende feiszte von den gesottenen älen soll die
kaiköpf mit haar bezieren. Forer fischb. 179" ; der tiger ist
mit schwarzen streimen oder langen fläcken bezieret, thierb.
148* ; der eheliche stand, welcher mit viel und groszen be-
nedeiungen auch begnadet und beziert ist. KARLstADT bei Me-
lanchth. 1, 538 ; die kamern und pallast mit köstlichen tüchern
und umbhengen bezieren und henken. Aimon J4; in der
Schlafkammer, welche wir nach aller herlichkeit bezieret fun-
den. Fischart hm. 12' ;
wan sie (Flora) und Zephyrns mit blumen sich bezieren.
ROHrLER yoTf Löwbnuait gcbüsch 12(>;
die Stirn wird mir bezieren
mein weib gleich börnerthieren. pcd. schulf. i'J9.
BEZIEHUNG, f decoratio: zu bezierung meines ehrcntem-
pels. BcTscHKT icanzl. 594; ffirbündige Schönheit und bezie-
rung. 294.
BEZIFFERN, numeris signare, mit zahlen, dann überhaupt
bezeichnen : die blätter eines bucits beziffern ; unter dem spre-
chen zog sie zuweilen ein ungemein holdes, wie soll icbs be-
ziffern ?, hen nach. J. Fall TU. 2, 64.
BEZIMMERN, inaedificare, instruere aedificio: einem das
Hecht bezimmem, verbauen, officere luminibus alicujus. He-
Kiscu 365. dann aber auch behauen, zimmern : liiszt holz,
stein und erz bezimmem, hauen, schmieden. Pierot i, 290.
vgl. ahd. pizimparöt obttructus (Graff 5, 672), mhd. bezimbern :
der Giintheres sal
wart *il wol bezimbert durch maaegen Tremden man.
Mb. 527, 3.
BEZINNTN, stanno obducere, verzinnen, dock mhd. var es
pinna omare:
mtmt mit wijen zeneo harte wol beziiinct. ilS. 1, 165*.
BEZIRK, m. eircuilus, tractus, umkreis, strecke: ein sunders
fefreiet bezirk. MCnster 675; ein forster oder waldknecht hat
beneben andern gewülden in seinem bezirk audi eins, die
eck genannt. Kirchhof wendunm. 146'; in dem engen be-
zirke einer klostermäszigen schule. Lessi."<g 4, 2 ;
aus allen bezirken
siebt euch die weite natiu- mit veraeuter Schönheit entgegen.
Klopstock Mess. 1, 452;
nieder steigen vom himmel die seligen göiier und nehmen
in dem geweihten bezirk festliche wohaungen ein.
Schiller 75' ;
du lagst im gewirbel des siaubes
grosz, auf groszem bezirk, der wagenkunde vergessend.
Voss Od. 24, 40. //. 16, 776. IS, 26,
was zurück bleibt hinler tuyas fteya).o)aTi. in bezirk bringen
heiszt weidmännisch, das wild im gebüsch bekreisen, umkreisen,
s. amtsbezirk, Stadtbezirk, regierungsbezirk.
BEZIRKELN, cingere, includere: hohe bergiclite vorhölzer,
die ringsherum oder doch beederseils mit hohen etwas ent-
fernet Stehenden gehülze bezirkelt sind. Hohberg 2, 701'.
BEZIRKEN, dasselbe, umzirken, vgl. ahd. zirkün (Graft 4,
4S9I : weist der scheffen, die zender sollen das gericht bezir-
ken, als das von alters herkommen ist. weisth. 3, 755 ; sin-
temal der zender bezirkt und geweist hat. 3, 756; sie hat-
ten mich alle rund umbher bezirkt {im kreis eingeschlossen).
H. Stades reise e 3 ; wenn ihn gefangenschaft bezirkt. Wiede-
M-ASJ« juli 18 ; auf einem dorfe, da nur wenig bauren sind, und
die der kretscham oder schenke öfters alle bezirken kann,
bevoraus wann sie zum trunke kommen, med. maulaffe 646 ;
wann der verstand, weil ihn kein amt bezirkt,
uneingesperrt und ungefesselt wirkt. Hagkdor;« 1, 71;
von der luft sappbir bezirkt. Bbockes 1, US;
von dem zierlichen bogen,
der mit der färbe der nacht ihr siegendes äuge bezirket,
schauen die liebesgötter herab. Zachariä 2, 120;
in diesem sinn ist solch ein bild bezirkt. Götbk 4, 47;
0 Jugend, Jugend wirst du nie
der freude reines raasz bezirken? 41,60;
ländliche gartenumgebungen, deren ja Rom selbst in seinen
mauern genügsame bezirkt und einschlieszt. 29, 221 ; er um-
schreibt, theilt, bezirkt und übt die meszkunst für alle seine
brüder. Herder 16, 34; er war so glücklich, sie auf der flucht
zu ersparen und zu bezirken. Hippel 2, 302. weidmännisch,
den wald bezirken, umgehen.
BEZIRKSTäM.M, m. in Elis, wo das ganze land in zwölf
bezirkslämme eingetheilt ward. Niebühr 2, 357.
BEZIRRSVERS.\MMLUNG, /-. Dahlm-^-X.-« /ranz. rev. 161.
BEZIRKSWEISE, adv. die wählen werden bezirksweis von
allen wahlberechtigten gehalten, dcnkschr. des fr. ron Smri i5.
BEZISCHEN, adsibilarc, auszischen, verhöhnen.
BEZOGENE, der, auf den ein Wechsel gezogen ist, le tire.
BEZOLLEN, mercibus imponere portorium, zoll auflegen.
BEZÜCHT, /". für bezieht: i. f. gn. widerlegen alle die be-
züchten, so ihm wollten aufgeleget werden. Schweimchex 2,
130; darauf ich mich dieser bezücht zum höchsten entschul-
diget. 3,172.
BEZÜCHTEN, arguere, ßr beziehten :
will nun solcher verbotenen thaten mich jemand bezüchten.
Göthr 40, 150.
BEZÜCHTIGEN, für bezichtigen : konten aber niemand des
in warheit bezüchtigen. Kirchhof rentfunm. 259';
zwar die nacliknnimensrhafl
mag uns bezüchtigen, als ob wir es erdichtet.
Wxckherlim 609 ;
bezfichtigten uns des dicbslals. pers. rosenlh. 2, 5; die Dido
bezüchtigt sich selbst eines laslcrs. Bctscmry Palm. 590; als ob
er die schöne Danae schon darum schuldig gefunden hatte,
weil sie bezüchtigt wurde. Wiela>d 2, 181; sie haben mich
der abscheulichsten verbrechen bezüchtiget. 8, 301 ; anderer
absiebten bezüchtigt werden, als man wirklich hat. Kli.nger
7, 96; Itezüchtigt mich und meinen söhn der giürnfscberei.
TiECK ges. nuv. 4. 336;
jener Jude, den des dicbsiaU ihr bezüchiigi. I'latk.'« 261.
BEZÜCHTIGUNG, f. einem mit rüge und bezüchtigung nach-
setzen. Hippel 2, 31t.
BEZUCKERN, condirc, imbuere sacharo, verzutkern, über-
ZHckfrn: zu Medera gfclt tinder andern fruchten so tiI zuckers,
das alles Europa dav(tn bezuckert wird. Frajik re//ft. 7l'; das
wasser ist die amine aller erdgewjichse, es behaftet die Wur-
zel, tränket das mark, bczucki-rt die honigblumen. BcrscnikT
Palm. 3r>2.
BEZUG, m. nach tcrschiedenhril des lieziehens: bezug der
ieier mit sailen, dann auch ein bezug s;iiten, so viel zum bt-
1803
BEZUG— BEZUNGEN
BEZUNZEN — BEZWINGEN
1804
ziehen des instrumenls nülhig ist; bezug des kleides mit fut-
ler, mhd.
von fremder vische hinten bczoch wol geiüii. A'j6. 354, 1 ;
bezug des himmels mit gewölke, des knopfes mit seide, wolfeiler
bezug der lebensmiltel; bezug der wacht, des lagers, zumeist
aber respeclus, läge, Verhältnis, rapport, beziehung : das Schach-
spiel, welches, in bezug mit jener weltklugheit, allem dich-
tersinn den garaus zu machen völlig geeignet ist. Güthe 6, 31 ;
ein so begabter geist blickt munter und kühn in seiner weit
umher, er schaft die seltsamsten bezüge. 6, 114 ; hier gewahre
man den bezug des enkels zum groszvater. 6,149; ein lust-
gebäude. dieses sollte einen bezug aufs schlosz haben, aus
den schloszfenstern sollte man es übersehen, von dorther
schlosz und gärten wieder bestreichen können. 17, 75; an
allen naturwesen bemerken wir zuerst, dasz sie einen bezug
auf sich selbst haben, wie jedes gegen sich selbst einen be-
zug hat, so musz es auch gegen andere ein Verhältnis haben.
17, 49 ; sie erhält durch ihn {ihren söhn) einen neuen bezug
auf die weit und auf den besitz. 17,312; der major verfehlte
nicht Eduarden die verschiedenen bezüge zu seiner gemahlin,
zu den familien, zu der weit, zu seinen besitzungen vorzu-
stellen. 17,347; wir müssen den begrif einer weltfrümmigkeit
fassen, unsre redlich menschlichen gesinnungen in einen prakti-
schen bezug ins weite setzen. 22, 149 ;
(ier gredanke, das enlwerfcn,
die gestalten, ilir bezug,
eines wird das andre scliärfen,
und am ende seis genug. 22, 168;
eine person, welche ganz wundersame eigenschaften und einen
ganz eigenen bezug auf alles habe, was man gestein, mine-
ral, ja sogar was man überhaupt dement nennen könne.
2.3, 209 ; mir scheint er die bezüge der menschen untereinan-
der und auf ihn sehr richtig gefühlt zu haben. 26, HO; per-
sonen ohne den mindesten bezug auf einander. 29, 123 ; eine
theilnahme mit anmutigem bezug auf sich selbst. 29, 125;
und mich eigentlich wieder frisch des humanen zustandes er-
freut, dessen ich in zwar zufälligen aber doch natürlichen
bezügen seit langer zeit erst wieder gewahr wurde. 29, 136 ;
die bezüge der einzelnen begriffe und Vorstellungen. 29, 187 ;
nicht ohne hofnung künftiger freundlicher bezüge. 31, 95 ; ich
üörte viel von ihm (Gleim) durch Wieland und Herder, mit
denen er immer in briefwechsel und bezug blieb. 31, 241 ;
eine erinnerung an die bezüge dieser personen untereinan-
der. 31, 242; von leben und thaten und sonstigen bezügen
der heiligen drei könige. 45, 192 ; das wirken der Weltge-
schichte, das gegenwirken der Individuen wird klar, man
begreift seinen eigenen bezug und lernt einsehen, wie man
selbst in die ferne gewirkt. 45, 290; in diesem bezug ver-
gleichen wir das unglück mit einem tausendeck, das den
überall ansloszenden blick verwirrt. 55, 265 ; verschiedene
anlasse haben meine früheren bezüge dorthin in den letzten
tagen gar freundlich wieder aufgeregt, an Zelter 6S4; natur
und kunst sind zu grosz, um auf zwecke auszugehn und ha-
bens auch nicht nöthig, denn bezüge gibts überall und be-
züge sind das leben. 707; diesmal, mein theucrster, dächt
ich, könnten wir mit unsrer Zusammenkunft zufrieden sein,
du liast gegeben und empfangen, wir sind unsrer alten be-
züge aufs neue gewis geworden. 805; wer diesen bezug (des
gesichtes mit Schwermut) nicht bemerkt hat, Ihue es noch.
Hippel 2, 60. häufig, bezug nehmen auf, sich beziehen auf
etwas, vgl. Iierzensbezüge, seelenbezüge.
BEZÜGELN, frenare, coercere, zügeln: imlem sie die wil-
den rosse des übermütigen mit fester band bezügelt. Herder
19, ISl ; marter ists sicli allein bezügeln. Withof.
BEZÜGLICH, relalivus, und ah ndv. für das franz. relati-
vemenl: und so bab ich, bezüglich auf den iheil der erde,
den ich beobachtet, immer rcgelmaszigkeil und folge gefun-
den. GöTIIE 51, 189.
BEZÜGLICHKEIT, f.: der sinnlichen eindrücke. Humboldt
kosm. 1, 20.
BEZUGNAHME, f. mit, unter bezugnahme auf mein letz-
tes schreiben.
BEZUNDEIlN, fovere, fome.ntare, incendere, dem alln. lundra
conßngrare, lyndra scintillare nahslehcnd: IMutarchus meldet,
Cato habe mit lleisz unter seinen knechten allerhand lum-
penhandrl , hadcr und strittigkeit bezundert und gehegcl.
Bl'tschky l'alm. 800. .i. zimder.
BEZUNGEN, BEZÜNGEN, inslruere lingua, facundum red-
deie: gute nacht ihr Wohnungen des gcgenhalls, ihr felsen
und steine, die ihr mir oft antwort gegeben und meine worte
euch bezüngen lassen. Siegm. von Birken HO ; dasz der storck
bezunget sei. Praetorius slorchs winterq. s. 31.
BEZUNZEN, elegans, mollis, ineplus, zierlich, zimpferlich,
affecliert, in der Wetterau bezonze : das mädchen sieht be-
zunzen aus; ein bezunzen kind; ein bezunzen äpfelchen, A7et-
nes, zierliches, kann zu zinzeln, zenzeln Schm. 4, 276 gehal-
ten, aber auch für bezwunzen von bezwinzen genommen wer-
den, s. das häufigere verzwunzen, von verzwinzen, in glei-
chem sinn.
BEZUPKEN, carpere, vellere: den hart bezupfen.
BEZVVACKEN, circumradere, subtrahere, carpere: die gelt-
mittel beschneiden, bezwacken und hinterhalten lassen. Phil-
ander 2, 557; er bezwackte nicht allein seinen herrn, sondern
auch die wirte. Simpl. 1, 574; einen bezwacken, beängsten
und verfolgen. Butschkv Pa/m. 169;
dem emsigen Galen genusz und riihm bezwackl.
GÜ.VTHER 382.
vgl. zwicken, bezwicken, zwacken und abzwacken.
BEZVVAGEN, circumlavare, rigare, bewaschen, ags. bejjvean,
mhd. betwalien :
sich betmiogen und betühien. Ls. 1, 377
sich bewuschen und betauchten {sp. 1696, neben betuchen sp.
1740). vgl. auszwagen und zwagen.
BEZWANG , m. coactus, necessilas, zwang : wo kein be-
zwang, da ist keine ehre. Simrock 1076; es taugt kein arsch
ohne bezwang. 578 ;
dann bzwang macht keinen guten Christ.
Ebants Freidank bl. 5 ;
der bezwang des zornes, der allein
genug sonst iasiers ist, kompt dir von nüchternsein.
Opitz 1, 7 ;
thul zierlich sammen raCTen
die verslein in bezwang. Spee trutzn. 3.
BEZWÄNGEN , cogere, zwängen : er was allenthalben mit
krieg bezwengt. Hedion com. 175 ; sie wollten menschen bil-
den für ein Stückwerk und bezwängten sie einseitig auf Ver-
hältnisse zu eng für den umfang unseres wesens. Dyanasore
3, 121; Belisarius, obwol so lästig bezwängt, hatte doch un-
terdessen noch Urbino erobert. Beckers weltg. 4, 78.
BEZWANGNIS , f. das ir unser bezwangnus und not nit
Wissens dragent {von u. b. und not nichts wiszt). Aimon 0 3 ;
ir wissent unser bezwenknus und not. Fierabr. C4;
aber der sathan mit bezwenknus,
aus goltes willigen verhengknus
bracht umb sein reichtumb in (lliob) mit plag.
H. Sachs II. 1,2«.
BEZWECKEN, 1) bei den schustern, claviculis munire, mit
zwecken beschlagen. 2) bezwecken, spectare, tendeie ad ali-
quid, nach dem, zweck d. i. nagel in der scheibe zielen, beab-
sichtigen, im äuge haben: ich bezwecke damit eine abände-
rung des bisherigen gebrauchs; es ist gutes dadurch be-
zweckt und erreicht worden, wie bezielen.
BEZWEIDIGEN, concedere, confirmare. Haltaus 167. s. zwei-
den, nd. twiden, gewähren.
BEZWEIFELN, addubitare, in zweifei ziehen, nnl. betwijfe-
Icn: es läszt sich nicht länger bezweifeln; ich will es gar
nicht bezweifeln.
BEZWEIFLUNG, f. wenn sie die begebenheit erzählend und
ohne alle bezweiflung vorgetragen. Tieck ges. nov. 1, 41.
BEZWEIGEN, ramis, frondibus vestire: die stamme bezwei-
gen sich, frondcscunl; Orpheus auf einem bezweigten baum-
stamm sitzend. Göthe 56, 164.
BEZWICKEN, vellere, carpere, bezwacken, ags. tviccian, engl.
twitch: was deine Schwiegermutter vor käs und butler ge-
spart, die sie zum markte hin gescJiickt, auch manchmal wol
das körn bezwickt, . . dasselbe gab sie dir mit lust. Menan-
tes 1, 228 ; einem den bart bczwicken ; die waisen bezwicken,
ihnen abzwacken.
BEZWIEBELN, caepis terere, condire, zwiebeln: härings-
tonnen von gewässerten, bezwihelten, beessigten, gesalzenen
... häringen und böckling. Garg. 55*; während eine dicke
schmutzige Galiicierin in der küche mit Zubereitung eines wol
bezwiebellen iiasenpfeffers von einer alten hauskalze beschäf-
tiget war. WiELAND 11, 339. man sagt auch bczwiebeln für
prügeln.
BEZWINGBAH, domabilis, vincibilis.
BEZWINtiEN, vincerc, subigere, cogere, premere, zwingen,
alts. bithuingan, ahd. piduingan (Graff .% 273. 274), mhd.
zuweilen noch bedwingen:
1805 BEZWINGEN — BIBEL ANSTALT
man sagt daj in bedwunge
diu tiure manunge. Im. 4S61;
mit disen noeten zwein
söre bedwungen. 1"25;
meist abe^ schon bedingen
ejn betwanc min gemüete
nie so sere magt noch wtp. 344;
ouch waen ich in belwunge
diu vil wegemüediu not. 55S6;
woraus dann endlich unser nhd. bezwingen Kurde: alle Völ-
ker, die Holofernes bezwingen würde. Judith 3, 11 ; gott wird
sie in deine hende geben, das du sie bezwingest. 5, 22 ; und
wirst sie nicht mehr bezwingen können, l Macc. 6, 27 ; welche
sie bezwungen und unter sich gebracht hatten. 8, 2; welche
hat>en durch den glauben königreiche bezwungen. Ebr. 11, 33 ;
offenbar ist es, das man nit bezwungen ist, dehainen doctor
in seinen Schriften oder opinionen zu glauben. Recchlin
augensp. 17* ; wann ich etwas nicht weislich thu, so wird doch
der allein beschuldigt gesehen werden, der mich darzu be-
zwungen hat und nicht ich. buch der liebe 109, 1; und be-
zwang in mit dem schwort, dasz er die jungfraw dem könig
Artus in seine sichere Verwahrung führen must. 3S5, 1; si
bezwungen den herrn Jesura, das er bei inen blib. Keisersb.
ehr. bilg. 18; wie eine grosze liebe musz das sein, die golt
vom bimmel bezwungen hat auf erden zu kommen. Albercs
Jesusbüchl. B3*; die bezwungene bezahlung, so mir wider
alles zusagen und verdienen geljtn ward und empfahen müs-
sen. PA.RACELSLS 1, 132"; dann gunst, gewalt und die hunds-
ketten waren mir zu sehr überladen, aus welcher zwanknus
fremde land behend zu besuchen bezwungen. 1,356'; sie hat
mich bezwungen das zu thun. Opitz Arg. 58 ;
zum glauben ist nicht müglicb die sinnen zu bezwingen.
LoGAU 3, zug. 92 ;
dasz sich der lieblich hall sOesz in die obren tringet,
und zur Verzückung schier den zarten sinn bezwinget.
RoiPLER VOM LöwEMHALT gcbUsch 52;
beiwingel euch, ertragt es wie ein mann. Schiller 523';
urtheilt, ob ich mein herz bezwmgen kann. 527';
Albano, wie von einem gedanken allein bezwungen. J. Paul
Tit. 2, 98. man sagt, ich kann das stück brot, das fleisch
nicht bezwingen, nicht damit fertig werden, nicht bewältigen
= aufessen.
BEZWINGER, m. domilor, bcicältiger, besieger: alle stärke
dieses kleinen bezwingers der götter und menschen. Wieuxd.
BEZWINGLICH, vinäbilis :
das ist der theure stein (der diamant),
der nur von blut und sonst wil nicht bezwin^lich sein.
LoGAL' 2, s. 67 ;
ein fester, nicht leicht bezwinglicher Charakter. Güthe 48, 100.
BEZWISTEN, impugnare, in dubium vocare, bestreiten: ich
will das nicht bezwisten, streitig machen; allein dieses läszt
sich noch bezwisten. Hippel 5, 24.
BEZWLNGENLICH, coacte, aus zwang : bezwungenlich den
thurn ufgeben. Fierabr. f4.
BIBEL, f codex sacer, die heilige schrift, ursprünglich
der pentateuch, volumen quinque librorum; aus biblia bi-
bliorum entfaltete sich leicht ein weibliches biblia «nd drang
in allen neueren sprachen durch: it. bibbia, sp. biblia, franz.
bible, mhd. biblie, dat. biblien {myst. 171, S), nnl. bijbel, isl.
biflja, russ. und litt, biblija, poln. biblia, buhni. biblj. man
vergleiche das analoge chronik, lilie, schölle, folie, praemie
und erwäge den weil reichenden grammatischen bezug zwischen
der flexion des f. und des pl. neutr. einige, wie Mathesius
wnd ScHL'PPiLS schreiben die biblia, an der biblia, s. 6. Scudp-
pins 830. ich lese täglich in der bibel, ein capitc! aus der
bibel; das ist wider die, die da nichts hallen uf die bibel,
das da ist die beilige geschrift. Keisersh. s. d. m. 44*; das
solt ein rechter christenmensch nit thiin. er soll steif g\a\i-
ben^lL-s das in der bihcl slot. das. ;
^arumb so lern sie bieblen nit. Murmr schelmem. 27',
iiic. oder ein verbum? ; dem leien haben sie eine wortlose
l>il>el an den wänden und götzen gestiftet (gemdhlde und
btldseulen). bienenk. 15*; leset die ganze bibel durch und
durch. 23'; geh, nimm die bibel, meine tochter, und lies
mir die geschichte Jakobs und Josephs. Schiller lir>'; ich
strafe mein weih mit guten Worten, sagte jener baucr, da
warf er ihr die bibel an den hals. vgl. fibel.
BIBELABSCHNITT, m. pericope.
BIBELANSTALT, /. ihre {der Griechen und ROmei) Schrif-
ten sind die ewige bibelanstalt gegen jeden verfall der kan-
steiniscben.
BIBELAUSLEGUNG — BIBER
1806
BIBELAUSLEGUNG, /.
BIBELBUCH, n. es steht im heiigen bibelbuch. Scbcbart
ged. 2, 123; ihr habt mir so manche postille und bibelbuch
an den köpf gejagt, wenn ihr mich ob dem beten ertapptet.
Schiller 140*.
BIBELBUCHSTÄBLICH: durch diesen entschiedenen bibel-
buchstäblichen glauben. Göthe 48, 144.
ßlBELEIN, n. puslula, hitzblätterchen, bibeli. Stalder 1, 168.
bibelin der äugen. Oberlix 153, im Elsasz biwele. Schm. 1,
291 gibt aber bepel, pepel, peperle.
BIBELFEST, bene versatus in libris sacris: niemand war
witzig als ein bibelfester lustigmacher. Rabener 1, 105 ; in
Deutschland, wo vor fünfzig jähren die erziehung dahin ge-
richtet war, die sämtlichen heranwachsenden bibelfest zu ma-
chen. Göthe 6, 131; wer sich noch aus der hälfte des vori-
gen jh. erinnnert, wie unter den Protestanten Deutschlands
nicht allein geistliche, sondern auch wol laien gefunden wur-
den, welche mit den heil. Schriften sich dergestalt bekannt
gemacht, dasz sie als lebendige concordanz von allen Sprü-
chen, wo und in welchem Zusammenhang sie zu linden, re-
chenschaft zu geben sich geübt hutten, die hauptstellen aber
auswendig wüsten und solche zu irgend einer anwendung
immer bereit hielten, man nannte sie bibelfest und ein sol-
cher beiname gab eine vorzügliche würde und unzweideutige
empfehlung. 6, 63 ; dasz, wie man bibelfeste männer hat,
wir uns in Shakespeare befestigten. 26, 74.
BIBELFREUND, m.
BIßELGESELLSCHAFT, f. die sich mit verbreilang und
auslheilung gedruckter bibeln befasit.
BIBELLESER, m.
ßlBELREITER, m. der misbräuchlich stets in bibelstellen
spricht, auch bibelhusar.
BIBELSPRÄCHE, f
BIBELSPRUCH, m.
ßlBELSTELLE, f
ßlBELSTLCK, n. was bibelabschnilt.
BIßELSTUNDE, f in schule und kirche.
BIBELÜBERSETZUNG, f nur will ich noch an Luthers
bibeiübersetzung erinnern: denn dasz dieser trefliche mann
ein in dem verschiedensten stile verfasztes werk und dessen
dichterischen, geschichtlichen, gebietenden, lehrenden ton uns
in der muttersprache, wie aus einem gusse überlieferte, hat
die religion mehr gefördert, als wenn er die eigenthümlich-
keiten des Originals im einzelnen hätte nachbilden wollen.
Göthe 26, 74.
BIBEN, zuweilen noch ßr beben tremere, akd. pip£n, mhd.
bibcn (Ben. 1, 114*).
ßlRE.NEL, /". pimpiiiella saxifraga, sonst auch bibemell,
pimpernell, nn/. bevernel, ein heilkräßiges kraut: weder tränk
noch Säfte, weder pillen noch bibenellen achten. Philand.
lugd. 3, 239.
BIBER, m. fiber, castor, ahd. pipur, pipir, pipar (Graff 3,
22), mhd. bibcr (Bex. 1, 115*) und das vor a haftende i lästt
ein älteres piparu annehmen, folglich ein golh. bibnis {gen.
bibraus), wozu das litt, bebrus [gen. behraus) stimmt, lett.
bebris ; ags. beofor, engl, beaver, nnl. bever, altn. bifr und
bior, biur, schw. büfver, dan. bäver; auch die roman. spra-
chen haben ßr tat. fiber wieder b: it. bivaro, sp. bibaro, be-
varo, befie, /'rarjj. biövre ; n«s. bohr' , poln. bühm. bohr (s erb.
und illyr. dabjr). ganz abweichend ist die welsche benennung
afanc, arm. avank und dte finnische majava.
Ein so weitverbreitetes altes wort zu deuten bleibt schwierig,
wer möchte es auf das skr. babhru, wie der ichneumon von
seiner rüthlichen färbe hciszt, lurückleiten? dürße man fiber
auf faber, obschon i lang, a kurz ist, beziehen, so führte das
zum bauenden Zimmermann gcbomc thier einen höchst treffen-
den namen, und unser biber fiele der reichen wurzcl bauen
anheim, der wir noch ein anderes kunstfertiges thier, die
biene, überweisen, bagvan für bauan (sp. 1171), bagms ^^baum
{sp. 1188) reichen mittel an hand, den namen bibrus, biber
{mit kurzem i) zu fassen, hierzu tritt, dasz eben auch xn~
arcoQ an xeät,a} spalten, hauen, an tat. casa domus, cista,
an unser käste, ahd. chasto, cubiculum, arca, so wie ans goth.
kas oxtvoi, ahd. char ras gemahnt, und ein althairischer Orts-
name Biberchar {HB. C, 80. 81. 7, 81. 8, 176. 304) Hif/(/s anders
ausdrückt als Biberburc, mithin gebildet ist wie blachar, binichar,
l)ienenhaus, korb, selbst das finn. majava musz zu niaja casa,
tugurium geschlagen werden, bezeichnet also wiederum das
1807
BIBERBAU — BIBERSCHWANZ
BIBERSGHWARZ — BICKEL
1808
hambauende lliier. ah menschlicher eigenname gewinnt aber
KaanoQ mythologischen, wenn auch im dunicel liegenden be-
zitg, wie in der edda die schmiedenden, zimmernden zicerge
Bifur und Bafur (= fiber und faber) genannt sind, und der
welsche afanc mit der sinßulsarche zusammenzuhängen scheint.
Da die biber am ufer der flüsse und bäche bauten, begreift
sich, dasz die benennungen Biberaha, Biberich, Biberacb, Bi-
ber, Bebra, Biberbacb, Beberbeke, Bever in allen deutschen
gegenden wiederkehren; ebenso führt der Bober in Schlesien
und ein flusz in Littauen seinen namen von bobr, Bebruwete,
biberslätle heiszt ein gut bei Ragnit. heute aber ist dies wun-
derbare thier meistens ausgeiottet : biber und otler haben keine
hege. Polen und Böhmen legen dem biber bitterliches weinen
bei: plakac iak bobr, plakali gäk bobr, was sich auf eine
verschollene thierfabel gründen mag. ausdrucksvoll ist auch
das verbum bobrowac, tvie ein biber im sumpfe waten, wülen.
Das biberfeil mit seinen glatten, weichen haaren wurde zu
pelz und zeug verarbeitet, besonders zu hüten, auch ein wol-
lenes, langhdriges tuch führt den namen biber: leinwat von
s. Gallen, biber von Bisanz, baumwollen aus Cypern. Fi-
SCHART groszm. 134.
BIBEKBAU, «i. casa, cubile fibri, oben sp. 1161, altn. biorbö,
dän. bäverbo, poln. bobrownia. man nennt auch diesen bau
die bürg des bibers, sein nest, char und sein gescbliefe, wo-
hin er schlieft.
BIBEBBAUCH, m. der bauch des biberfells, biberwamme.
BIBERBURG, f biberbau: der biber hat eine turg, wo er
sich von holz eine wohnung macht. Dübel 1, 36*.
BIBEREISEN, n. ein fangeisen für biber.
BIBERENTE, f mergus castor, ein vogel der, gleich dem
biber, ins wasser untertauchen kann.
BIBERFANG, m. captura ßrorum, auch der ort, wo man
biber zu fangen pflegt.
BIBERFÄNGER, m.
BIBERFELL, n. pellis fibri, den Jägern biberbalg, mhd.
ein veder er dar under truoc,
diu was kostelich genuoc
von lütern bibervellen. kröne 6860.
BIBERGEIL, n. xaaxoqiov, castorcum, von geil hode, vgl.
MS. 2, 207'. Freid. 139, 5. bibergeil, biberhoden, castoreum.
Dasypodiüs 27'. 303'; rauch bibergeil. Garg. 192".
BIBERGESCHMACK, m. castoreus odor. Maaler 68'.
BIBERHAAR, n.
BIBEBHÄREN, fibrinus, aus biberhaaren gemacht, nnl. be-
verharen, mhd. biberin, litt, b^brinnis.
BIBERHAUT, f. biberfeil. mhd. bibers hftt. Reinh. 1982.
BIBERHODEN, pl. castoreum, litt, bebraus pautai, eier.
BIBERHÜDLEIN, n. ranunculus ficaria, feigwarzenkraut.
BIBERHUND, m. der zum biberfang abgerichtet ist, schon
in den alten volksrechten piparhunt. Xenophon aber leitet den
namen yaaro^iai falsch daher, dasz Kastor sie zuerst gezo-
gen habe. s. Otterhund.
BIBERHUT, m. pikus castoreus, nnl. beverhoed.
BIBERIN, /. das weibchen des bibers. piberinna als eigen-
name in CiiMELS notizenblatt 2, 293.
BIBERJAGD, f. was biberfang.
BIBERJÄGER, m. biberfänger.
BIBERKLEE, m. trifolium ßrinum, poln. bobrek, falsch
fieberklee.
BIBERKRAUT, n. gentiana centaurium. hier ist umgedreht
fieberkraul das richtige, da es auch febrifuga heiszt.
BIBERN, BIBBERN, was bebern und bebbern {sp. 1210):
mir bibbert, ich friere, hat sich noch in der gaunersprache
eihalten.
BIRERNELLE, s. bibenelle.
BIBERNEST, n. nidus, cubile fibri, biberbau. geschlechts-
name Bevcrnest, auf einen Ortsnamen zurückweisend. Lisch
meklenb. jahrb. 17, 169. 195. 340.
BIBERNETZ, n. netz zum biberfang.
BIBERRATTE, f. sorex moschatus. poln. bobroszczur.
UIBERSALBE, f. was bibergeil : mit bibersalb überstrichen,
Seuter 415.
BIBERSCHWANZ, vi. cauda fibri, muste gleich den bßren-
tatzen als leckeres gerichl an die gutsherschaß verabrciciU wer-
den: die lischer sollen von einem gefangnen biber dem fürr
Rten füsze und schwänz geben. Boiiiies beitr. zum deutschen
recht 5, 145; ungewonliche speis essen, als biberschwenz, be-
rendoppen, das sellzain ist und suast niemanu me hat. Ksi-
SERSB. s. d. m. 5'. von ihrer zugerundeten gestall heiszen auch
dachziegel biberscbwänze.
BIBERSCHWARZ, ein besonderes schwarz in den fdrbereien.
BIBERSTICH, m. weidmännisch, wenn der von den hunden
ins wasser gejagte biber mit dreizacken erstochen wird.
BIBERSTRUMPF, m. strumpf aus biberhaar.
RIBERTAUCHER, «i. mergus castor, bibervogel.
BIBERWITZ, m. artificium fibrorum, kunstfertigkeit der biber:
warum denn müssen die Huronen
durcli biljerwitz beschämet sein ? Hagedorn 2, 17.
BIBERWURZ, f. aristolochia clematitis, ßr fieberwurz, ahd.
aber bibirwurz castoreum. Graff 1, 1050.
BIBERZAHN, m. bronchus, cui dentes prominent, dem die
Zähne, wie dem biber die fange vorstehn. Stieler 145. Schweiz.
biberzand. Stald. 1, 168.
BIBET, tremens, bebend, zitternd: so es in ein fewr ge-
worfen wird, so springt es als ein büchs und gibt ein bibe-
ten knall. Paracelsus 2, Zi', vgl. ahd. pipinonti (Graff 3, 2l).
vielleicht gehört hierzu pipicht für scheu, zitternd, ahd. pi-
pentiu, tremebunda : ein pipicbtes weih. enll. chymicus 429 ;
wann ich eine mannsperson wäre, wollte ich mich lieber mit
einer liebholden brünetten als mit einer pipichlen weiszettea
verheiraten, hebamme 148. auch Stieler 116 setzt bebicht tre-
mulus und 117 pfippern quasi heberen, anxium esse ut mu-
lieres paventes ac timidae. pipicht liesze sich aber ebensowol
von pipen, pipire, kleinlaut reden, ableiten.
BIBLISCH, e libris sacris depromlus cisque consentaneus :
in der biblischen schrift des alten und neuen testaments.
bienenk. 16'; den biblischen Schriften zu trotz und zu leid.
19' ; biblische geschichte, Sprüche ; biblischer standpunct.
BIBMEN, tremere, organisch, doch ungewöhnlich für bid-
men: da er sie läse, erschrack er, dasz er bibmet. Avrer
proc. 2, 8.
BICHEN, picare, pice oblinere: ein geschirr hieben und
wolgeschmackt machen, imbuere sapore. Maaler 68'. Hemsch
367; gebichte armbrost. Garg. 19'. heute pichen, wie pech
für hech.
BICHIG, tenax, klebrig wie pech: sie enthalten das fewr
mit leimigem, bichigem wasen und dörren kükat {kiihdreck).
Frank weltb. 60'.
BICK, »J. ictus, stich, heule pick. mhd.
darzuo der wagenleisen bic {einstich der räder). Pari. 180,4;
der süeje binen bic,
den mir din munt kan bicken. Ls. 1, 56.
nhd. der bick mit dem schnabel; der flobbick; leichte öf-
nung, wunde mit spitzigem Werkzeug, nadelbick; bick, wie
stich, stichelrede; der bick mit dem aderlaszäsen : es seind
böse lässin {aderlässe), da allein der bick die kunst ist. Pa-
racelsus 1, 714". s. pick.
1 BICK, m. verres castratus, in einem theile der Wetterau
rechts der Nidda, was in der fibrigen Wetterau der bark
(barch, barg sp. 1125. 1131). bick gleicht dem nnl. big, tngl.
pig. s. bickferkel.
BICKARSCH, m. bubo: bickars ein sucht, »ocob. 1482 d8*.
BICKBEERE, BICKELBEERE, f. vaccinium vitis idaea, prei-
selbeeie, zuweilen auch heidelbeere. vielleicht von der n«e-
den, kuglichen gestall der beeren.
ßlCKE, /". was das folgende bickel, ligo, mlat. becca, franz.
beche: allerlei bicke und andere brechzeug, fierabr. f3; wol
gezielt, aber übel getroffen, ein bicken hoch gefehlt, ftiegen-
wadel 41.
BICKEL, m. ligo, sculplorium, zweispitz, spitthacke, karst,
zum brechen in mauern, in steiniges erdreich, inpßaster, grab-
stichel, mhd.
als durch die dicken mure
brichet der bickel. »V7«. 54, 21,
und solches gerdth wurde aus metall gegossen:
ez riuchct in dem bilse min,
als zwdne ein liickel giejen. fragm. 38* ;
swer einen bickel giejen kan,
der ninii sich giocken giejeiis an. flenn. 13424,
nhd. in Frisciilins nomencl. 267 bickel bipalium, von bicken,
picken, einbauen, einstechen; ich kan doch ein jeglich, das
ich sihe, wol nennen bei seinem namen, als karst, hawen,
bickel. Steimiöwels Esop 2 ; mit pickein, durch sein selbst
band, neben den schanzbawren weiter abgehauwen. KucurioF
mil. rf»5c. 181; zwen dich tragen etliche Uebeisen und bickel.
Ayrer fastn. sp. 3*.
1809
BICKEL — BICKERTLEIN
BICKFERKEL — BIEDER
1810
BICKEL, m. talus, aar^äya^Ms, knöchel: der rock reicht
bis auf den bickei, enkel, knöchel, usque ad talos demissa
toga. Hemscb 367. Stieler HS. weil man nun aus Ihierknü-
cheln ivürfel schnitt, drückt bickei, gleich dem lat. und gr.
wort, auch diesen begrif aus und wurde dann auf steinerne
Würfel und kugeln {^ertragen, wie sich stein und bein (sip.
1381) berühren, wie zu stein und bein gefroren heisit es:
zbickel gefroren. Stalder 1, 169 ; alles zu pickel und eis ge-
froren. Philand. Uigd. 3, 123, gefroren wie bickei, steinhart,
beinhart, steinkugeln, womit kinder spielen, werden in vielen
gegenden genannt bickei, anderwärts knicker, wackeln, mur-
meln. Weiland erklärt nnl. bikkel, zeker beentje, waarmede
de kindcren speien, mit dem vorausgehenden spitzen bickei
läszi sich dieses andere bickei nur unter der annähme ver-
einbaren, dasz aus knochen auch Spitzhacken gefertigt wurden,
deren name hernach auf den talus übergieng.
BICKELEIN, n. taxillus.
BICKELELNSPIEL, n. ludus talorum, bickelinspil. Fhisch-
Ll.f 475.
BICKELFEST, entweder fest wie stein und bein, oder so
fest, dasz es mit dem bickei musi aufgehauen werden.
BICKELHÄRIN'G, m. s. pickelhäring. bickelhering. Simpl. 1, 365.
BICKELHART. was bickelfest. Stalder 1, 169.
BICRELHAÜBE, f s. beckelhaube. lederne bickelhaube.
Friscblis 461.
BICKELMEISTER, m. aufseher über das gassenpflaster. Stkl-
der 1. 169.
BICKELN, scalpro fodere, mit dem bickei hacken: weil es
jetzund an das treffen und wir tag und nacht an einander
picklen. Schertlins br. 163; da gerieten seine pickler, karst-
bansen, Schanzgräber und scheufler auf einen kupferen bo-
den, dessen breite noch lenge sie ein ganz jar nicht erbi-
ckeln mochten .... sie betten auch wol ir lebtag daran ge-
schickelet und gebickelet, und weren doch darmit nit fertig
worden. Garg. 3l'. auch bickeln, wie knöcheln, mit würfeln,
bickeln spielen.
BICKELSPIEL, n. ludus talorum. mhd.
hickelspil spilot in der Stuben junse liule,
die noch unverdrojjen sint. jlSä. 3,267' j
priiel slahen [prilschschtagen), bickelspil. 2S8'.
BICKELSTEIN, m. talus, calculus. mhd.
herre, icli hän in mime schria
beslojjen driu pfunt vingerlin
und zehen bickelsteüie. vomheselin9l.
auch abgänge von steinen, abgebtckte Seitenstücke, heiszen bi-
ckelsteine.
BICKELWORT, n. stichelrede. Trist. 118, 1.
BICKE.N, pungere, percutere, schlagen, hacken, hauen, mhd.
bicken (Ben. 1, Us'), it. piccare, franz. piquer: steine bicken,
bäume, Stangen, nüsse bicken : die buren bicken die wilden
büumlin, die noch jung sind, mit einem scharpfen stein und
lond es darin wachsen ein jar und wenn man si abhouwet,
80 schelt man die rind darab, und machen oben isen daran,
denn ist es ein schwinspiesz. Keisersb. christl. bilg. 39. bi-
cken, trocken husten, s. bexen {sp. 1792); bicken sticheln,
siechend sprechen ; er bickt auch drein, gibt seinen senf dazu.
Stalder 1, 169; ich höre die uhr bicken, spitz anschlagen,
picken ; bicken, zur oder schlagen, schröpfen : und soll im
aber lintusen (franz. ventouses) setzen uf das glid, und solle
sie lassen bicken. Gersdorf 44 ; scbir das haar ab dem ort,
reib es mit einem hänfin tuch, bisz offen wird, darnach setz
laszköpf darauf, bick es alsdann mit einer flieden wol, wasch
das blut ab. Secter 4; ein floh der beiszt und sticht, er
zwickt und bickt. Hoffm. gesellsch. lieder 263; eier bicken,
an einander sloszen. Ermst Meier schwäb. sagen 393. die tauben
bicken sich den bunten hals and jetzt den kleinen köpf. Gesz-
NER, bepicken sich, man bickt den kindern das brot, sehnei-
det es ein, damit sie es leichter beiszen. s. anpicken, aufpicken.
BICKER, m. ein stechendes, brechendes gerdlh, nuszbicker,
nucifrangibulum, nusxknacker, meist in gestall eines mdnn-
ehens, dem die nüsse in den mund gesteckt werden; auch
heiszt so der heher, corvus caryocatactus.
BICKERTLEI.N, n. mannulus, pullus equi : ein bickerllein,
ein kleins röszlein, equus pusillus. Dastpodics 129', bickerlin
303'; bickertle, ein jung klein röszle. Maaler 68' und dar-
nach HEMSCH368; bygger klepper, byggerli, byUger p/^errfcAfn.
Stald. !, 171; pigger, piggcrii. Gotthelf kdserei 253. kann
gemeint sein bickhart, hartstoszetid, harltrabend ? und hätte ein
solches bickart, bickhart Fischart im sinn gehabt, als er in
der vorrede zum bienenkorb seinen namen versteckte? *Torstosz
Jesuwalti Pickhart', doch Picard ist ein gangbarer französischer
name und meint aus der Picardie.
BICKFERKEL, n. was bick, verschnütnes männlicJies ferkel.
BICKING, m. ictus, talitrum, schnipf: einen bicking, ein
Schnippehen schlagen :
soll man im einen bicking scblan
und sehn über ein acbsel an,
oder lachen seins narrenkleid.
MiGKi.NLs aflenspil G4'.
BICKI.NG, m. halec fumo duratum, s. bickling, bücking,
bückling.
BICKINGISCH, macer instar halecis : da hetzt man den laz-
armen, latzleeren, ausgedörrten, raucbgehenkten, bickingischen
Schneckenfresser und hafenscharrer bruder lanzenstil sampt
seiner lären sackpfeifen mit kröpfigen banden aus. Garg. 81*.
BICKLING, m. was bicking :
der {abt) musz uns ein weng tiefer sitzen
und gleich wie ein bickling verschwiuea. Atrer 240*.
BICKSCHWEIN, n. was bick und bickferkel.
BIDIBIDI, m. Iiermaphroditus, zwitter. Stalder 1, 170, ein
wahrscheinlich alter ausdruck, in dem das wort beide, bede
gelegen scheint, dessen tuiederholung die Vorstellung verstärkt,
vgl. das litt, abbejuttis, bOhm. obognak, poln. oboptciowy,
dwupiciowy, worin abbu abbi, oboge, oboje, das ahd. zuitarn,
später zwiedorn, zwitter, altn. tvitoli, vortn die zweizahl ent-
halten ist. wallonisch boc et gate, bock und geisz, ei» rohes
Hermes und Aphrodite.
BIDMEN, tremere, beben erscheint schon mhd. (Bes. 1, 115*1
und im reim erbidemet : gewidemet gesichert, ahd. wird es
noch nicht verzeichnet, kaum ist es verkürzt aus bibedemen,
in welchem fall bidinen entsprungen wäre, sondern blosz eupho-
nische Umwandlung des vorhin angeführten bibmen. Lcther
meidet es in der bibel, hat es aber sonst: wenn er ein we-
nig einen teufel huret rauschen, erblasset und bidmet er.
4, ist"; Dasypodils gibt 321' erdbidem. Arein verbum bidmen,
Maaler lOS* erdbiden, kein bidmen, doch vocab. 14S2 d s' bid-
men, Hemsch 368 bidem und erbidmen ; da ward er zu band
bidmen und zittern und mocht von der sta| nit kumnien.
sommerteil der heil, leben 1475 18';
die erde bidmei, es klübent die steine. Ublind $29 ;
da bidmeten die berge hoch. H. Sacbs III. 1, 30*;
und bidmet mit henden und luszen. III. 1, 92*;
in meim gebein bidmet das mark. ill. 1, 160*;
dasz mir bidmet mein ganzer leib. III. 3, 11*;
mein ganzer leib bidmet und zitert. HI. 3, 58*;
der mund bidnet (so) und vippcrt im. V, 325*,
sicher oß noch bei ihm; du beiliger got, von des willen die bim-
mel werden beweget und alles erdrich bidmet. buch der liebe
108, 2; aber die herzogin sähe in an, all ir geblüt grisselt
und hub an zu bidemen und zu erzittern. i4imon g; das golt
wolle ein grosz bidmen, angst und zittern auf alle Völker
und Christen ausschütten und erwecken. Fra.nk weltb. 146* ;
werden von furcht und zittern bidmen. kriegsb. des fr. 227 ;
dasz gleich darob des bimmels sal
bidmet und zittert überall. Sprkng /<. 17';
Tor engsten ich bidme und ziuer. Atrir37';
schau, wie es ziitert und bidmen thut. dessen fastn. sp. 3'*;
im laufe des \T jh. gab die Schriftsprache diese «orlgestalt wie-
der auf, unter dem volk hat sie sich in Baiem (Schm. 1, 155)
und der Schweiz (Stald. 1, 170) forterhalten und Göthe hat
sich von neuem ihrer bedient:
er, nach langer jähre sorgen,
wo der boden oft gebidraet,
sieht nun fürst und volk geborgen,
dem er geist und kraft gewidmet. 2, 160.
s. erdbidem.
BIEDER, utilis, probus, bonae frugis, wacker, fromm, recht-
schaffen, ein entstelltes, verdunkeltes, oß misgedeutetes wort, ahd.
pidarpi piderpi biderbi (Graff 5, 215), alts. bitherbi, mhd. bi-
derbe (Rejt. 1, 361), unmittelbar zu bedarf und bedürfen fal-
lend, nur mit behaltnem oder in P geschobnem B des golh.
[laurban, |)arba ; derb solidus, verderben perire gehören nicht
dazu, es drückt aus: was um (circa) den bedarf ist, wessen
man bedarf und sich zu bedarf, zu nutzen bedient. Acricola
(j. biedermann) erklärt sehr gut.
Man musz hier von der betonung ausgehn. schon das ahd.
pidarpi pflegt deti haupllon auf pi zu Ugen, welches sich im
114
1811
BIEDER— BIEDERFRAU
BIEDERFÜRST — BIEDERMANN 1812
tnhd. biderbe, kraft dieses tons, rein erhält, die beiden letzten
Silben unbetont und stumm auf sich folgen läszt:
der gerne bulerbe wi're. /t«. 200;
min lierre was biderbe gnüoc. 2033;
mich mi'ioj ein biderbc man nern. 2060.
tritt privatives iin vor, so zieht dieses den accent an sich,
dessen pi verlustig geht, derbi wieder fähig wird:
themo ümbitherben walde. ü. IV. 26,51;
in welchem fall mhd. bi zu be geschwächt werden musz:
da wehsl nu unbed^rbe gras. Greg. 3550;
diu beie was ünbedörbe. Iw. '288.
«10 mhd. biderbe sieht, ist bi betont, derbe unbetont; wo be-
derbe, ist be unbetont, derbe betont, nach diesem unterschied
begreiß sich, wie aus biderbe endlich mit schwindendem aus-
laul B die nhd. Verunstaltung bider, geschrieben bieder, ent-
sprang, hingegen unheAerbe auszer gebrauch gerielh ; erst spät
hat man wol auch unbieder versucht, das früher unmöglich
gewesen wäre.
Auszerhalb der Zusammensetzung erscheint nhd. bieder ziem-
lich selten, und in Luthers bibelverdeutschung nie; es geht
uns blosz auf personen, nicht auf Sachen, und ein biederer
bäum, unbiederes gras kommt nicht mehr vor. wir sagen :
er ist ein biederer recbtscbaffener mann, eine biedere seeie ;
sie hat ein biederes herz; das war eine biedere that; er
ist der biederste mann in der ganzen Stadt (ahd. pider-
pisto). Zuweilen empfängt es aber, wie deutsch, mit welchem
es daher auch verbunden erscheint, den nebensinn einer plum-
pen, geraden, derben ehrlichkeit, vielleicht, weil sich die alle,
volle form biderb fälschlich dem unverwandten derb anzurei-
hen schien, deriialben ich bitt alle frome bider handwerks-
leute.^ Luthers br. 2, 413 ;
ir seid wol als frumm und pider,
in tat uns bis morgen fru herwider. fustn. sp. 788,30;
da reget sich herwider
der erst, der vor im lag,
er sprach, ich sei nicht bider {will nicht ehrlicli sein),
wan ich dirs halt vertrag. Uhland 656;
den menschen auch Herodes sah
and achtet ihn für bieder.
Iiirchenl. o mensch, bewein dein Sünde grosz. v. 12 ;
die ist ein weih ehrlich und pieder. AYnER269';
und wer helt sein heupt nicht viel bieder {f. biederer),
denn seine füsz und ander glieder?
frosclm. II. 3, 6 (Ff8');
daher, weil richter ich, will ich, den augenschein
der nackenden warheit einnehmend, bider sein.
Weckherlin 740;
wer gar zu bider ist, bleibt zwar ein redlich mann,
bleibt aber was er ist, kommt seilen höher an. Logau;
ob es kräftig oder zierlich,
geht uns so genau nicht an,
wir sind bieder und natürlich,
und das ist genug gethan. Götrk 1, 163;
ja sogar der bessere selbst, gutmiitig und bieder
will mich anders. 1, 330;
was sollte man, oder was könnten
biedere männer vereint, was könnten die herscher bewirken.
1, 336 ;
ebenso steckte Melina, als kammerjunker oder kammerherr
die grobheiten ein, welche ihm von biedern deutschen män-
nern, hergebrachtermaszen, in mehreren beliebten stücken
aufgedrungen wurden. 18, 249; das leben des biedern Götz
von Berlichingen. 26, 199 ; ein alter depen, stolz und rauh,
sonst bieder und gut. Lessing 2, 119. Hin und wieder brau-
chen ältere Schriftsteller das volle biderb, z. b. Kkisersherg : so
der mann bidcrb ist, «nrf selbst neuere, denen, es aus bilchern
und Urkunden bekannt geworden war: es war einmal ein ehr-
liciier biderber mann. Siegfr. von Lindenb. 2, 300 ; der biederbe
mann. 2, 305. 307. 312 ; die biederben Hessen, die schönen
Thüringer. Tieck 4, 15. Die folgenden Zusammensetzungen sind
aber durch die abgeslumpße form erleichtert worden.
BIEDEBAU(iE, n. ehrliches gesicht:
in dessen trcue.s herz und bicderauge
kein argwöhn kam. Wiklano 18, 19 (34).
BIEDERB, s. bieder.
BIEDEKBMANN, m. was biedermann: warumb wolt man
biderbman crlrenken, der soliche Ungerechtigkeit nit annemen
wolt. Keiseksr. s. d. m. 81*.
BIEDEBFBAU, f. ein biderfraw, so im (Mahomel) begeg-
net, zu seinem mutwillen nicht wolt bewilligen. Frank weltb.
m".
BIEDERFÜBST, m. Ramler 1, 94 ;
ein biderfürst kennt seine schwäche. Lichtwer.
BIEDERGEIST, m. lieb ist ein bidergeist, aus fewr und
luft vereint. Melissus 172.
ßlEDERHAFT, tüchtig. Herder in Böltigers Hl. zust. 1, 197.
BIEDERHAND, f die band des biedern:
und meiner jüngsten reicht er
die deutsche biederhand. Fr. Müller 1, 356.
BIEDERHERZ, n. Wiela.nd 18, 322 ;
höllichkcit verlor den rock, falscliheit hat ihn angezogen,
hat darinnen viel geäft, hat manch biderherz betrogen.
Logau 3, 5, 2.5.
BIEDERHERZIG: unser braver, biederherziger freund. Wie-
land 8, 325.
BIEDERHERZIGKEIT, f ich hoffe aber, sie haben einigen
glauben an meine teutsche treue und biederherzigkeit. Wie-
land bei Merck 2, 82;
hat den argwöhn ausgelöscht
aus meiner seele, und versöhnt mein herz
mit deiner ehr und biederherzigkeit. Schiller 575'.
RIEDERKEIT, f probitas, rnhd. biderbecheit.
BIEDERLEÜTE, pl. xaXotcaya&ol, pl. von biedermann:
so lasz michs und die piderleut verstau, fasln, sp. 514, 21;
da sollen piderleut umh sagen. 542, 7 ;
zu warnen alle frunie biderleute. Luthers br. 2, 322; drei
frommer landsknecht oder biderleiit kinder. schimpf und
ernst cap. 362 ; durzu jedermann schrei, weiche, weiche ab,
gebet den biderlcuten platz ! Bocc. 1, 40' ; die frommen bi-
derleut, die zur hochzcit geladen waren. Wicrram rollw. 92';
drumb ir etlich so wol geraten,
so sie jetzund haus hallen sollen,
sich richten in wie biderlüt,
so laufends aus tiem land gar wit. pilger Ai;
holla, halt frid ihr bidcrleut! Garg. 98*; der frommen bider-
leut. Melissus ps. A2';
bofnung ich trag, es kumint der tag
und bringt die zeit, dasz biderleut
Irummkeit und ehr wird gelten mehr.
HoFFM. gesetlsch. 285;
bei dir hat herz und niund recht üherein gestimmet,
wie biderleuten dann und Christen wol gezimmet.
KoMPLERS gebüsch s. 92;
die teulschen biderleut. 104:
grosze (proceres) und biderleut. Schijppiüs 834; der gute ge-
nius Deutschlands wache über euch, liebe rechtschafne bie-
derleute. Klopstock 12, 405.
BIEDERLICH, ahd. pidarplth (Graff 5, 219): das es aber
in gnaden müglich sei, helle Arsacius basz wissen zu sagen,
denn sie thun, wo sie betten redlich und bidderlich mit im
umbgangen. Luther 2, 442'.
BIEDERMANN, «i. vir bonus, honeslus, antiquus: bieder-
mann von altem schrot und körn ; biedernianns erbe liegt
in allen landen {schon Ottocar 29'); ein bidermann werden
und hauslich, evadere ad frugcm lionam. Maaler 68'; einen
züchtigen, dasz er fromm und ein bidermann werde, corrigere
aliquem ad frugem. das.;
so sei ich nit ein bidermani ring 5', 18;
ste auf bidermani 9*, 17;
wer hat dich hciszen reden an
iizt diesen alten bidernian ? Murnf.r schdmenz. 8*;
ir herren, mich bedtinkt, dasz wir des bidermanns wein ver-
suchen. Bocc. 2, 5*, im allen lllmer druck 220": ir herren,
mich deucht, wir versuchen des bidermans wein ; die zweu
guten biderinänner kamen gen Siraszburg. Frey garleng. cap.
2 ; will es aber jedem bidermann zu bedenken anheini ge-
stellt haben. Schweinichen 3, 254; ich halt, das bidermau
sei ein bederbman, den man zt| schimpf und zu ernst brau-
chen kann, der auch andern leulen nutz sein kan mit ehicu
und aufrichtig, und man kan cinciii tuaiine nichts bessers
nachsagen, denn das er gehatidclt habe als ein bederber mau,
ehrlich, ohn falsch und aufrichtig, andern zu nutz, im zu
ehren und niemanl zu schänden. Acricola ipr. n* 724 ;
da picng zu heiilen seilen
nianirh biderinan zu gruiid. .Soltau 270;
man saget recht, mein guter freund,
frcinbdes geld ist biedcrmans feiiid.
lloLLKNiiAcKN vom rfichcn mann CH':
wann ihr» nicht glaubet, licht es mich nicht an, aber ein
bidermann, ein verslendiger mensch glaubt allzeit was man
ihm verkundl und was er in Schriften lind. Garg. Iü4';
1813 BIEDERMÄNNISCH — BIEDERZEIT
die sieb lieszeo schreiben ein
in den biederniaiiues biind. Locau 2, 2, 3;
ein biedermann, ein biedermann, disz war ein alter tltel,
0 derer, die bald schwarz bald weisz, hats noch in un-
srem miiiel. 3, zug. 78;
unedler rühm und unverdiente schände,
p waget eucli an keinen biedermann. Hagedorn;
so lang ein edler biedermann
mit einem glied sein brot verdienen kann,
so lange schäm er sich nach gnadenbrote lungern.
BÜRGER 79';
gib acht, der biedermann hat nur mein haus
in meinem absein nicht betreten wollen. Lessing 2, 213;
wir hören du bist ein biedermann
und nimmst dich unsers herren an. Göthe 13, 109;
wenn einen wiVdigen biedermann,
pastorn oder raihsherrn lobesan,
die Wittib läszi in kupfer stechen. 2, 2Sl ;
frisch, fährmann, schaf den biedermann hinüber!
Schiller 517';
und diese nacht wird hoch geschwelgt zu Küsznacht,
kommt mit; sist jeder biedeiinann geladen. 545*.
BIEDERMÄNNISCH: damit wir aber heute doch auch et-
was biedermännijciies than. Klüpstock 12, 394.
BIEDERMANNSLEUTE, pl. pleonaslisck für biederleute :
bei biedeimannsleuten. Logau 3, 10, 89.
BIEDERMANNSWÖRTCHEN, n. sprichtcöHchen :
zu fest nicht auf biedermannswörtchen traut,
dasz ältere liehe nicht rostet. Bi^RCERäl'.
BIEDERMLND, m.
so konnte schon voraus sein biedermund nicht schweigen.
Rost,
BIEDERMUT, m.
von urahnlichem biedermut. Voss 3, 41 ;
rastloses biedermuts, und nie
altender Jugendlichkeit, derselbe.
BIEDERN, utiliter adhibere, ahd. piderban expedire, gehi-
derban adhibere (Graff 5, 219. 220), mhd. bederben (Ben. 1,
362) : der es auch gehet, wie anJer biederleuten, die zu bi-
dern und zu gebrauchen sein regimenten, kirchen. Mathesics
78"; erlös heiszet, in dem kein er noch redlichkeit mehr zu
finden ist, der zu keinem erbarn ampt oder befelch zu bi-
dern oder bederben isL Hl', mit veruenduvg beider formen
zusammen, später veraltend, doch sagt A. W. Schlegel im
icettgesang :
und für mich ists kein geringes stnek,
liebe herren, euch mich anzubiedern,
als biedermännern anzuschlieszen.
BIEDERRICHTER, m. gründliche und bündige biedenich-
ter. Hamann 6, 6.
BIEDERSEELE, f. biedermann:
dieser biederseele flecken
rüge keine lasterung. Bürger 15'.
BIEDERSINN, m.
werther freund, du lieber alter, alt von alten bidersinnen,
all von jähren, witz und ehren, wir sind hier, du bist von
hinnen. Logau 3, 3, 10 ;
dasz ich, von freiem biedeisinn,
kein buhe nimmer war und bin. Bürger 12'.
BIEDERTON, im.
so rief er mit herzlirhem biederton,
und wandte den rücken und gieng davon. BüacKK 37*.
BIEDERTREUE, f. versprecht ihr das auf biedertreu? Siegfr.
von Lindenb. 2,3[l; ehr und biedertreu. Wieland 18, 59.
ßlEDERVOLK, n.
in der weh sei was da wil, find ich doch nichts beszres
drinnen,
als dasz fromes biedervolk selig endlich sterben künnen.
Locau 2 $. 47 ;
liebt euer vaterland,
sprach er zum biedervolke seines rei^hs. Schubait 2, 2S2.
BIEDERWEIB, n. femina honesta:
er [der mantel) stet ir recht an irem leib,
als in denn tragen sol ein piderwcib. fasln, sp. 676, 30;
ein bidcrweib ir ehr
bewar als ihren höchsten schätz. II. Sachs II. 4, 101*;
manch frommes biderweib man ftndt. V, 271';
ein biederweib im angesicht, ein schand.sack in der haut.
Locau 2, 5, 21.
BIEDERWESEiN, n.
dasz nach biederwesen reucht, der nicht dienst wil nemen an.
LüCAU 1, 8. 61.
BIEDERZEIT, f.
in den allen biederzeiten,
da noch keuschheil sitle war. Siolbim 1, 162.
BIEGE — BIEGEN 1814
BIEGE, f. icas beuge, curvatura, krümmung, säte:
{die Widder) siieszen den wolfin seine biegen,
das er halb lod vor ihn tbet liegen. Etrinc 1, 236
an thurmhauben und kuppeln heiszt die gebogene, ausgeschtceipe
gestalt biege.
BIEGEISE.N, n. bei verschiednen handwerkem ein geräth
zum biegen.
BIEGELN, ferro calefacto laevigare, plätten:
wie sich das nähen und flicken vermehrt, das waschen und
hiegeln. Götue 1, 343.
geteühnlich bügeln.
BIEGEN, lorquere, ßectere, bog, gebogen, goth. Liugan baug,
ahd. piokan pouc, mhd. biegen bouc, nnl. buigen boog, ags.
bügan beäh bugon; den nordischen sprachen bleibt von dieser
starken form nur das pari, praet. boginn = goth. bugans.
sehr merkwürdig ist der verhalt zu den urverwandten sprachen.
Das goth. biugan, so viel wir wissen, und unser hochdeut-
sches biegen hat nur die angegebne transitive bedeutung torquere,
das ags. bftgan aber meist die intransitive flecli, incHnari,
wie sie auch dem skr. bhudsch (bhug) inflexum esse beiwohnt,
unser biegen entspricht dem tat. flectere, das ags. bügan dem
lat. fugere, gr. fevyeir, ags. bugon 15/ fugerunt. hieraus
ßieszt die wichtige folgerung, dasz lat. fugere und flectere
einer wurzel sind, flectere nur euphonisches L nach F und
hinter dem kchllaut noch T entfaltet, wie aber lat. fugere und
flectere, stehn nebeneinander ags. bügan und ßeon, hochdeut-
sches biegen und fliehen, nur dasz beide ags. verba intransitiv
sind, das lat. fugere intransitiv, flectere transitiv, umgekehrt
unser biegen transitiv, fliehen intransitiv, im lalein hat das
transitivum, im deutschen das intransitivum ein gleiches L ent-
wickelt, weiter, zwischen flectere und biegen, zwischen fugere
und bügan findet sich das gesetz der lautverschiebung bewahrt,
nicht zwischen fugere und fliehen, und gerade an dieser stelle,
für deutsches fliehen, ags. fleon erscheint goth. |)liuhan, so
dasz lat. fugere und flectere, mit jener Verschiedenheit der be-
deutungen, goth. biugan und )>iiuhan sich gegenüber hat. was
folgt daraus ? offenbar, dasz unser biegen die rcgelmäszige Strö-
mung der spräche einhielt, unser fliehen, aus irgend einem
noch verhüllten gründe, von ihr wich, wahrscheinlich aber diese
abweichung zugleich mit enlfaltung des L statt hatte und biugan
erst in j>liuhan, dann in fliuhan übertrat, und die grosze be-
rührung der deutschen und lat. zunge wird sichtbar, während
die griechische auch hier sich mehr der slav. und littauischen
anschlieszt. Den Slaven wurde fugere, tpevysiv zu bjegu, inf.
bjeschtsch = skr. bhudsch, mit der bedeutung fliehen und
laufen, und ebenso litt, begu begti, da fliehen und laufen die-
selbe Vorstellung enlhallen. unser transitives biegen, flectere,
wie dps auftauchende L in flectere und fliehen bleibt diesen
anderen sprachen fremd, die identitäl der würzet biegen und
fliehen kann aber auch das analoge winden und wenden, sich
zur flucht wenden, in fugam verti, bestätigen; man erwäge doi
intransitive einbiegen, recedere.
Wie sich nun unser transitives biegen von dem abgeleiteten,
noch transitiveren beugen scheide, wurde sp. 1743. 1744 gewie-
sen, alle sinnlicheren bedetUungen fallen dem biegen zu.
1) die gliedcr des leibs biegen:
doch nicht hat er annoch die spannende kraft und die stärke,
wie sie vordem ihm gestrebt in den leicht gebo;;encn gliedern.
Voss Oll. 11,394;
etwan ein schrift oder zwo bei dem hals herbei zu ziehen
und zu ihrem vurtheil zu biegen, bienenk. Ol';
mit hofein, tanzen, rennen, stechen,
mit rucken piegen und sper zubrechen, fnstn. sp. .380, 8;
Kündel pin ich, nin diern,
ich lasz mich pucken und piegen. 400, 12;
die ungebogene hrusl. J. Fall jubeis. 16; da bog der bott
sein angesicht herumb. Keisersb. s. d. m. 46*;
o zeit, 0 hohe zeit, dasz wir auf knien liegen,
dasz wir die freche stirn zur erden ahweris biegen.
Locau 1, 10,66;
dieweil sie ein wächsene nas ist, die einer in allerlei gestalt
biegen mag. bienenk. 35*; damit macht sie aus der schrift
ein wetterlian, der mit allen winden umgeht, und zur w.ich-
srnen nnsen, die sie auf alle siilen biegen kan. 69"; [so
schwach war das alte weib gewesen, dasz) sie ihm nicht einen
finger hett mögen biegen. Wickr^m rollw. 52 ; ich wil, da*
der gecreuzigete seine knie für mir biege. Ai.berls barf.
Eulensp. n'460; mit gebogenem knie (sp. 1743);
bog in meine knie xucbtiglich. U. Sachs II. 2, 52* ;
114*
1815
BIEGEN
BIEGEN— BIENE
1816
das er kein knie bog oder ein fusz. bienenk. 30* ; das sich in
seinem namen alle englische knie im himel und aller men-
schen knie auf erden biegen müssen. Mathesiüs 91';
ich biege keine knie und rücke keine kappen
für aulgepuizier elir und angestrichner gunst. Logau 1, 5, 3;
ebenso sich biegen, mit dem leib neigen:
wer biegen sich nicht kann, bleibt wann er fället, liegen.
LoGAul, 8, 19;
gar lief müssen wir uns jelzund
für manchem ketzer biegen. Soltau 466;
denn alle engel in der hell und gewaltige auf erden . . . wer-
den Christo unterlhan sein und sich für ihm biegen und nei-
gen müssen. Mathesiüs 93'; sein geist bog sich, als sie kniete.
J. Paul //esp. 3, 187 ; gebogen stehen:
da steh ich tausendmal
an meinem stabe gebogen. Göthr 1, 94.
2) gold, Silber, den draht, die spange, kröne, den ring bie-
gen oder winden ; die spange, der ring hiesz mhd. bouc, alln.
baugr, alts. beah von biegen, wie torques von torquere; die
reife biegen. Michelsen £r/"ur/ 37;
si hiej onch baide biegen
von Silber eine wiegen. Diut. 1, 359 ;
Silber und gold, so gebogen, gehört zur gerade, weisth. 3, 104 ;
Silber und gold gebogen. Hevdemann ;oac/t. consl.%\.\
fleiilis obtorli per coIlum it circulus auri. Erm. Nigkllus 4, 391.
ebenso wird das eisen, die kette um hals, fusz, arm gebogen,
goth. eisarna bi fötuns gabugana. Marc. 5, 4. es kann aber
auch heiszen, den hals, arm, leib unter die kette, unter das
joch biegen:
unter eines Joches eisenschwere
bog er vereinend ihren starren sinn. Schiller 489;
man biegt sich mit bedacht in ihr joch. Lessing 1, 395.
3) gewächse biegen : der stürm beugt die büume, der riese
die flehten {Ttirvoxafimi^s] ; denn seine reben bogen sich zu
im. Ez. 17, 6 ; eine gerte biegt sich leicht ; reben biegen sich
um das fenster; die bäume stehn gebogen unter der last des
Obstes ;
wie wenn der kommende west unermesziiche saaten erreget
zuckend mit ungestüm, und hinab beugt wallende ähren.
Voss //. 2, 148.
4) die schwere fracht bog den wagen; die last des getrai-
des beugt den balken der scheune ;
und die Speicher vom Segen gebogen. Schiller 78";
wenn dem, der in der sonne brennt,
um deinen boden mühsam umzupflügen,
dein geiz kaum einen lahetrunk noch gönnt,
wie können noch sich deine sjieicher biegen ! Gökinge 3, 114 ;
er lügt, dasz sich die balken biegen (sp. 1089); dasz sie auch
den geigenden {knarrenden) karren der schrift sanft und lind
schmieren, und ihn biegen (drehen) und lenken, wie sie wol-
len, bienenk. 68'.
51 den himmei biegen, wölben, wovon himmelsboge:
er hat den himmei selbs zu seiner herabfahrt
gebogen und geneiget. WKCKHEiiLrN 61 ;
von nebeln und gewülk ein kohlschwarz finstre nacht
hat er als ein gezelt umb sich herumb gebogen. 62.
6) abstractionen. sie thunt das recht so spitzig bügen. Mcn-
ner schelmenz. 7", was vielleicht beugen ist (nach sp. 1744, 3) ;
wer gelt hat driimb dasz er kan liegen,
0 wie wird der die warheit biegen.
Kirchhof wendunm. 129';
richtschnur, darnach sie all Schriften, decreten und concilien
lenke und biege (wie einen wagen), bienenk. 50'; dasz wir
beweisen, was für kraft die kirch liabe in auslegung der schrift
und im biegen dersclhigen zu ihrem vortheil. 66'; und über
disz hat sie auch die wort Pauli auf die heilige mesz und
auf die opfer der pfafTen gebogen. 74'; aber er kan alle be-
helf auf seine seilen biegen. Avrer proc. 2, 11 ;
und wolt ihr ewre red stets biegen
nach dem gewin? VVkckiikrlin II ;
dein wort isl meine kraft, ich darf nicht unterliegen,
ich darf mich keinem gluck an seine liiszc biegen.
LouAU 2, 2, 54 ;
er treibt nhilosoplici, die auf die kunsi zu lügen
gibt regel und geseiz, die schicken, schniüeen, biegen
um zu gefallen lehrt. 3, zu(j. g. 215;
ich will sie (meine kinder) aufmuntern in diesem ihren zarten
alter, weil sie noch zu hicgcn und wüxiner naiiir sein.
ScHOPPius 731; eine gebogene linie;
kein richter bog das recht. Wifland 7,209:
da er das recht zu gunst der pfaffen bog. Scuillbr 529;
die verworrenen laute der empfindung fangen an dem tact
zu gehorchen und sich zum gesange zu biegen. 1181; dieses
leise auftreten, dieses schmiegen und biegen. Göthe 19, 167.
es wird nicht gelingen, den Sprachgebrauch für biegen und
beugen durchgängig zu ordnen, wo die bedeutung mehr drehen
und wenden ist, scheint biegen, wo neigen und unterdrücken,
beugen den vorzug zu verdienen, tadelliafl aber wird zuweilen
biegen, nach der weise von beugen, schwach gebraucht, wie
wenn Lessing in den ant. br. irgendwo sagt: ein hund, der
sich über das vordertheil eines schififes herab biegte /". bog.
7) nicht zu übersehen die spuren eines intransitiven biegen :
auftragen lassen, dasz der tisch biegt; dat se sik dre gude
gerichte des middages laten updragen, dat de disch bucht.
Grvse pawestdom. Nn 4'; es ist besser biegen als brechen;
was dan nicht biegen will, musz brechen. Wkckhkrl. 117;
zu trotze will ich lachen,
wenn alles biegt und bricht. Weise kl. leute 223;
weil die alte russische kriegsmanier, die auf biegen oder bre-
chen geht, geniert wird. Niebuiir leben N. 1, 366 ; dasz es zum
biegen oder brechen zwischen thron und kammer kommen
musz. 3,211; eben bog er um die ecke; der weg biegt um;
der wald biegt links in die höhe, vgl. fugiunt in nubila sil-
vae. vgl. abbiegen, anbiegen, aufbiegen, ausbiegen, einbiegen,
umbiegen, verbiegen, vorbiegen.
BIEGIG, ßexibilis, biegsam: die äste des lemonienbaumes
sind zähe, biegig und stachlicht. Tabernaemont. 1368 ; die äste
(der pomeranze) sind biegig, zäh und slachlicht. Hohberc 1,
616', aus dem vorigen abgeschrieben ; ist sie eine Jungfer, so
ist sie biegig, und ich kann sie nach meinem humor lenken.
gespenst 329.
BIEGSAM, flexibilis, geschmeidig: biegsames holz, bret,
metall;
könnt ich glauben, herscher, du lieszest der biegsamen Sanftmut
miene dich teuschen. Klopstock Mess. 7, 105;
es gibt wenig menschen, die so unternehmend und biegsam,
so geistvoll und fleiszig zugleich sind. Göthe 10, 96 ; und sie
(die Deutschen) überdem nicht sehr biegsam und geschmeidig
sind. Klinger 12, 49 ; denn die Sternen am meisten im munde
führen, sind eben nicht die, die einen äuszerst witzigen,
schlauen und biegsamen kenner der weit zu beurtheilen im
Stande sind. Lichtenberg 1, 184 ; zuthunlich die menschen und
die Sitten harmlos und biegsam. Bettine br. 2, 180.
BIEGSAMKEIT, f. ßexibililas: die biegsamkeit eines gefäl-
ligen herzens ist gutartig. Kant 7, 391 ; er zeigte eine grosze
biegsamkeit sowol in seiner vorstellungsart als in handlungen
und gebärden. Göthe 19, 115; da er ohne biegsamkeit, aber
desto tüchtiger, fester und redlicher sich zu bedeutenden
posten erhob. 26, 258 ; bei allem reichthum und aller biegsam-
keit unsrer vaterländischen spräche. Humboldt ans. d. nat. 2, 26.
BIEGUNG, f ßexio, krümmung: die biegung eines flusses,
weges; die biegung des halses; deutung und biegung ihrer
gesetze. Niebuhr kl. sehr. 1, 24. Lessing schrieb auch bügung .
bald dehnte die gans ihren hals, bald suchte sie ihm die
prächtige bügung zu geben, in welchen der schwan das wür-
digste ansehn eines vogels des Apollo hat. 1, 135. dem pfeide
die biegung geben, die rechte haltung des kopfes beibringen.
BIEGUNGSKRAFT, f diese starren eiskalten finger hatten
ihre biegungskrafl verloren. Klinger 2, 83.
BIEGZANGE, f.
BIEL, n. securis, für beil :
ein guter haminer one stiel,
ein guter zimmerman on biet. Waldis Esop 4, 93.
BIEN, mhd. praet. von bannen.
lilEN, wi. wetlerauisch, der bienenslock, bienenschwarm.
BIENHEUTE, /. alvcus, was einfaches beute sp. 1750:
der her fiiszt bong aus den binpeuien. II. Sachs II. 2, 109'.
i. bienenbeute.
BIENCHEN, n. apicula, franz. abeille, sp. abeja.
BIENE, /". apis, anderwärts beie sp. 1367, wo die älteren
und urverwandten formen angeführt sind, so schön ihrer aller
zurück fiihrung auf den skr. madhupa, honigtrinker, und die
Wurzel pä trinken isl, kann ihr doch wol die oben versuchte
auf den skr. inadliukara, honigmachcr, von der würzet bauen
den rang ablaufen, den VDeallaitt A setzte in beiden fällen
eine oß wirksame Ursache in I oder U um, das erste wort der
zusammenselzuiig luadlui, d. i. melh, honig schien entbehrlich
und die bezeichnung des trinkenden oder bauenden Ihiers hin-
reichend, ein insed, dessen kunstferligkeit und geordneter haus-
1817
BIENE
BIENE — BIENENJÜGEND
1818
hall, neben dem der ameisen, beicunderung rege macht, hat
noch stärkeren anspruch als der biber auf einen bedeutsamen
namen, den der sprachgeist unmittelbar aus der Vorstellung des
bauens schüpße. wie dem biber wird der biene und ameise
eine burg beigelegt, und gleich den menschen halten diese Ihier-
ehen für nüthig sich einen herm zu setzen, der über sie ge-
biete, die bienen schaffen aber und bauen, wirken in ihrem
bau densüszen honig, nach welchem andere Völker sie benennen.
Unsere heutige form biene steht fest seit Lcther, nur dasz
er, wie auch an andern Wörtern, im sg. dem obliquen casus
en läszt : denn zu der zeit wird der herr zischen der fliegen
am ende der wasser in Egj-pten und der bienen im lande
Assur, das sie komen und alle sich legen an die trocken
beche. Es. 7, 18 ; da zogen die Amoriter aus euch entgegen
und jagten euch wie die bienen thun. 5 Mos. 1, 44 ; sie umb-
geben mich wie die bienen. ps. 118, 12; die biene ist ein klei-
nes Tögelein und gibt doch die allersüszeste frucht. Sir. 11, 3 ;
so auch hernach andere, z. b.
dasz reisten ochsen asz das Teld mit bienen rüllet.
Opitz 1, 46 (vgl. mylh. 659) ;
da geht er ferner auch zu seinen bienen hin,
schawt wie zwei grimme heer oft an einander ziehn
und umb des nachbars klee sich bei den stocken zanken.
1,141;
nur das zu samlen ein, darren die biene liest. Fikiing 637 ;
nun biene, sprach die träge benne. Gellsrt 1,94;
nur die dem Staat am treusten dienen,
dies sind aliein die bessern bienen. 1,246;
unter des grünen
blütiender krart
naschen die bienen
summend am saft. Göthe 1, 90.
IE ist wie in miene vultus, schiene splenderet nichts als dehn-
zeichen, und biene geht zurück auf ein älteres bin, wie es
noch bei Keisersberc und bei mhd. dichtem erscheint: und
geschieht den zweizüngigen menschen nit änderst weder einer
bin, die honig in dem maul tregt und hinden hat sie den
angel. sünden d. m. 68'; mhd.
rehte gelicher wis als ein pin,
daj süejeste was, da; las er in. Uolrich 213;
hie ist vil binen inne. Reinh. 1548;
iu tuont die bine wenec we. 155S;
sie wären gelich, als ich ej wei;,
rebt als e|n bin einer gei;. Wigal. 163,35;
als beginnet sich euch Tlizen,
da; sie steche, diu bin (tiiin). krotie 17807;
sam die bine verjaget der rouch. Bari. 176, 6;
alsam die bin zuo den kam
mit vroiden vallent, ob ir rehter wlsel drinne si. 1/S. 2, 3";
alters freude und äbenischfn
mugen geliche einandern sin,
sie irasient wol und vamt hin
als in dem regen ein müede bin. Renn. 23012.
diesem bin, pl. bine ist das N wesentlich.
iieben ihm besteht aber ohne N in der Volkssprache jenes
beie, mhd. bie, dessen sich z. b. Wolfra» bedient:
noch scherpfer der bie ir zagel. Parz. 297, 12,
wo LACBIIA5N bin vorzieht:
diu zöch üi sinem herzen die fröude, als ü; den bluomeD
süe; diu bie. Tit. 83, 4;
der kläre kurteise
möht al den bien geben ir nar. Wh. 88, 5;
niht halp so manegiu bie
möhten toeten einen starken bern. 117, 20;
und das im ahd. pla, ags. beo erscheint, auch gleich dem gr.
Me'Xiaoa als frauenname außrilt. liesze, solchem Bla zur
seile, sich auch ein männlicher name Bijo aufweisen, was Beio,
Baio, Boio in den Irad. eorb. §. 228. 235. 252 wahrscheinlich
machen, so würde aus ihm durch blosze molion ein Bijin,
Bin, Bin folgen, wie aus bano benin, aus phäo phiin ent-
springt, und auf diesem wege die doppelgestalt bie und bin,
nhd. beie und biene begreiflich sein, auszer dem weiblichen
bin hatte sich aber noch ein neutrales ahd. pini (Graff 3, 13)
entfaltet, in allen nm-dischen mundarten tend by neutral ge-
braucht; man darf kaum zweifeln, dasz den schwankenden
Wechsel des grammalischen gesehlechts eine unstdie, unroll-
kommnc heobachlung des natürlichen verursachte, sie erkannte
männliche, weibliche und geschlechtslose arbeitsbienen, und
legte ihnen ähnliche namen zu, die sich leicht vermischten.
Merkwürdig klingt an biene das welsche gwenjnen pl. gwenyn,
arm. gwenanen pl. gwenan, neben ir. beach, und GW ist =3
ir. F, lal. V {gesch. der ä. spr. 296).
Man sagt, die bienen fliegen aus, tragen ein, tragen das wachs
an ihren hosen, schwärmen, surren, summen, brummen, sausen ;
man unterscheidet wilde, zahme, heimische, gesunde, kranke,
fleiszige; wer honig essen will, musz leiden, dasz ihn die
bienen stechen ; todte bienen machen keinen honig. s. imme,
brutbiene, heerbiene, raubbiene.
BIENE, f, boden, fläche, grundaeker, bei Stalder 1, 172.
240 bine, büne, bühne, auch bei Hemsch 371 biene, s. bühne.
BIENENART, f
ein honigTöglein, weich und zart,
ist leichte sinnenliebe,
von Schmetterlings und bienenart
sind ihre nahrungsiriebe. Bcrger 101'.
BIENEXBANK, f. alvearium, bienenschauer.
BIENENBÄR, m. honigbär, zeidelbär.
BIENENBAU, m. mellificium.
BIENENBAUM, m. acer campeslre, binbaum, angerbinbaum,
feldahom ; aber auch andere bäume, auf welchen die bienen
honig sammeln, können so heiszen, zumal linde und esche,
wie in der edda die esche Yggdrasil.
BIENENBEUTE, f. alveus, bienenstock, ist, wenn in beute,
piutta das wort biene selbst gelegen sein sollte, pleonastisch
gebildet, den Slaven heiszt nicht nur der hohle klotz am bäum,
sondern auch das flugloch daran, poln. bare, böhm. brt, russ.
bort, was mit beute wörtlich zusammenhängen könnte, die
Wurzel ist brtiti bohren, aushöhlen, s. bienbeute.
BIENENBÖSE, periratus, gleich erzürnten bienen.
BIENENBROT, n. favus, xriQiov, sonst wabe und rosz ge-
nantU, ags. beobreäd, cod. exon. 425, 20, engl, beebread, mhd.
biebröt (Be.\. l, 264), immenbrot, sandaraca, was die bienen
zur eignen nahrung eintragen, gleichsam brot, das sie zu dem
honig backen, dann auch honigwabe selbst.
BIENENBRUT, f. felus apium:
als du die bienenbrut, die jüngst ausschwärmte, mit klingeln
in den hollunder triebst. Voss.
BIENENDRECK, m. mel. Stieler 345. 1758. ebenso in der
gaunersprache ottches schund.
BIENENERZ, n. bergmännisches, ausgewittertes, löcheriges
erz, wie geschnittene bienenwabe cntssehend.
BIENENFALTER, m. phalaena tinex mellonella, ein den bie-
nen und dem honig gefährlicher nachtschmetterling.
BIENENFÄNGER, m. was bienenwolf.
BIENENFEIND, m. den bienen nachstellend, das ags. beo-
hata, osor apium scheint dasselbe, vgl. beovulf.
BIENENFLEISZ, m. labor, assiduitas ut apium.
BIENENFLUG, m. examen apium:
als wann ein bienenflug in Tollem schwärmen war.
RoiPLRR gebüsch s. 80;
man braucht es auch collectiv : das dorf, der bauer hat einen
starken bienenflug.
BIENENFKESSER, m. was bienenwolf.
BIENENFREUND, m. der die bienenzucht liebt und betreibt.
BIENENGARTEN , m. hortus apium, ein gehegter platz, an
dent man bienenstöcke hält: die freude hatte den ganzen bie-
nengarten zusammengerüttelt. J. Pacl Hesp. l, 109,
RIENENGEBRAUSE, n. bombus. Stieler 224.
BIENENGELASZ, n. was bienenbrut. Stieler 1074. s. gelasz.
BIENENGESAUSEL, n. bombus. Stieler 1690.
RIENENGESELLSCHAFT, f.
RIENENGESU.MME, GESURRE, n. susurrus, bombus, nnl.
gedompel :
drauszen in lulliger kühle der zwo breitlaubigen linden,
die, von gelblicher blute verschönt, voll bienengesurres,
schattend der mittagssiuh, hins.iuselien über das moosdach.
Voss Luise 1, 1 {ausrj. letzter hand).
BIENENGETÖN, n. dasselbe. J. Paul Fix/ein 61.
BIENENGEWIRK , n. fatus, atußXr^'ia iQya bei Hesiod,
po/n. dzienia. Li>de 1, 595', von dziac trirAen, schaffen, maclien.
BIENENHARZ, n. fropolis, bellt.
RIENENHASSER, m. ags. beobala, s. bienenfeind, gebildet
urie daedhata, leodhala, ahd. Iiutba;ari tyrann, nhd. rebenhasser.
BIENENHAUBE, f. cucullus ad apium iclus coercendos, bie-
nenkappe.
BIENENHAUS, n. apiarium, bienenhütte, bienenscheuer.
RIENENHEIDE, f ledum paluslre.
RIENENHUMMEL, f apis lerrestris apibus infesta. Garg. 245*.
BIENENJÜGEND, /. was bienenbrut:
freundlich erhob sich der greis und warf das geQecht aus den
bänden,
welches der bienenjugend er wölbete. Voss id. 18, 42
1819 BIENENKÄFER — BIENENSTICH
BIENENSTOCK — BIENER
1820
BIENENKÄFER, wi. clerus, ein den bienen feindlicher käfer.
BIENENKÄMMEBLEIN, n. cellula apium.
BIENENKAPPE, f. was bienenliaube.
BIENENKÖNIG, m. rex, dux apium. s. weisel, weiser,
gleichwie man dem bienenkönige die fliigel benimpt. bienenk.
44'; der römische bienenkönig hab macht, in seinen eigenen
honig zu hofieren. 48'.
BIENENKÖNIGIN, /. regina apium: liebe ist die bienen-
künigin des jugendlichen gedankenschwarms. J. Paüi, komet l, 70.
BIENENKOHB, m. alvearium, ahd. plchar, pinechar, mhd.
binekar: und . demnach solch werklin von -vielerlei manchcr-
hand blümlin zusammen geraft und gesamlet ist, hab ich das-
selbige den binenkorb der römischen kirchen genant. Fischakt
bienenk. 6'; disen meinen binenkorb ausfliegen zu lassen.
das.; primatzank um den könig im binkorb. 10"; der prior
führte mich in den garten, das ist nun ihr bienenkorb. Götiie
8, 13. vgl. Schweiz, binkert, binkter. Stald. 1, 172.
BIENENKOHBITÄT, f. da macht ^ie {die kirchc) gleich ein
pfaffenkömgreich, ein binenkorbilet und päpstliche monarchei
oder alleinherschung daraus, bienenk. 37*. gebildet wie al-
bertät, bierbausitat «. a. in.
BIENENKüHBLER, m. apiarius: wie ein alter bienenkörb-
ler, bienenk. 81'.
BIENENKRAÜT, n. hcrba apibus ulilis.
BIENENLAGE, f. tmiveisa aloearia, biencnßug.
BIENENLIERHABEB, m. bienenfreund.
BIENENMANN, m. apiarius. ,
BIENENMEISE, f parus caeruleus
BIENENMEISTEB, m. apiarius.
BIENENMESSER, n. culter apiarit, zum schneiden der bienen.
BIENENMILBE, f acarus gymnoplerorum.
BIENENMUTTER, /". viater, regina apium, ags. beomuder,
engl, motherbee, poln. matka pszczol, bühm. matka wcel.
dann auch bienenpßegerin, Wärterin: eine nonne war bienenmut-
ter, und das war ein ganz bedeutendes amt. Bettine br. 1, 293.
BIENENNEST, n. nidus apium, bienenbau: wer ein bie-
nennest zerstört, der erwehle die flucht, dasz sie ihn nicht
stechen, pers. baumg. 8, 13. ebenso finn. metiäispesä.
BIENENPFLEGE, f. cura apium.
BIENENPFLEGER, m. apiarius.
BIENENROSZ, m. favus, mhd. rdj, nnl. raat ; waabe, hunig-
rosz. Dasypodius 71'. s. rosz.
BIENENRAUCH, m. fumus ad abigendas apes.
BIEI^ENRECHT, n. jus circa apes.
BIENENREICH, apibus dives.
BIENENSALBE, f. mguentum, quo alvearia oblinunlur.
BIENENSANG, m. susurrus, bienengesumm :
darunier mischt sicli ein gesiöhne,
das aus entziickiem buscn geht,
wie bienensung und schilfgeiöne. Bürger 26'.
BIENENSAUG, f. slachys silvaltca, thymus, ahd. pinisftga,
mhd. binsftge, dock alle von den bienen gern besuchte kräuter
und blumen können so genannt werden, das vocab. 1482 d 8'
hat binenstul ristus t. e. sedes apium. meint das ein kraut?
ristus ist dunkel.
BIENENSAUGNESSEL, f. allerlei römisch binsaugnesseln.
Fisch ART bienenk. 2'.
BIENENSCHAUER, m. was bienenbaus.
BIENENSCHISZ, m. was bienendreck. Stieler 1758.
BIENENSCHMINKE, f was bienensalbe.
BIENENSCHWALBE, f. nd. immenswalm. Detmar 2, 287.
s. bienenwolf.
BIENENSCHWARM, m. examen: sihe, da war ein bien-
schwarm in dem asz des lewens und honig. rieht. 14, 8 ; der
römisch Tiienenschwarm laszt sich nicht umzäunen, bienenk.
16*;. als ob sie binenschwarmenart bekommen het. 182". bild-
lich, beim feuerwerk entzündete Schwärmer;
wer ausgesetzt ans reucrhind,
sich nicht am ersten liaiitn eihienge,
auch hier noch mit gelahmier band
den bienenschwarm von grillen lienge u. s. w.
(iriKiNbK I, 278.
BIENENSORGE, f. cura, sedulilas instar apium, gebildet
wie bienenfleisz: ich habe die menschen gesehen, ihre bie-
nensorgen. Schiller 12&'.
BIENENSPECHT, ni. merops apiaster, s. bienenwolf.
BIENENSTAND, m. castra apium, was bienen.schauer und
bienenlage.
BIENENSTICH, m. iclus apis, bienenbick: dem bicnenslich
erliegen pferde; mein herz schwillt von minute zu minute
mehr von den bienenstichen auf, die ihm der gedanke gibt.
J. Paul. ,
BIENENSTOCK, m. alveus, alveare, schw. bistok, bikupa,
ursprünglich das haus der bienen im baumstamm, dann auch
im geßochtnen korb, den waldbienenstock nennen die Polen
ul, Böhmen aul, Russen ylei, Littauer awilys. früher wurde
auch das blosze biene orfer imme collectivisch für bienenstock
gebraucht, wie das mit imme, ahd. impi gleichzusetzende gr.
aiüßlos. oft gelten bien und imme für einerlei, eine bemer-
kenswerlhe stelle ist weisth. 1, 397, es soll beim sterbfall genom-
men weriien ein bin und nicht ein imme, wie eine henne,
nicht ein hahn, wonach also imme höhern werlh hat und einen
allen hauptstock, bin einen neuen oder jungen zu bezeichnen scheint.
BIENENSUMMEN, n. bombus, bien engesumme:
dumpfig 1111(1 wie biencnsviminen
klingt der glockea lestgelaute. Heine ged. 64.
BIENENTÖDTER, m. aranea calyana, eine zwischen blumen
auf fliegen und bienen lauernde spinne.
BlENENTüN, m. bienensang, susurrus:
oft tönen im abetjdroth
von selbst die saiten, leise wie biencnton IIölty 131.
BIENENTIIOST, m. facx mellis. Stalder 1, 309.
BIENENVATER, m. apiarius: nicht als eintragende arbeits-
biene, sondern als zeidelnder bienenvater. .1. Paul Tit. 1, 6t.
BIENENVOGT, m. dasselbe: dasz Moses von dieses ober-
sten bienenvogts stand hat wissen zu sagen, bienenk. 121'.
BIENE.NVOLK, n. apium examen.
ringsum summet das bienenvolk. Höht 12G.
BIENENWABE, f. favus. •
BIENENWALÜ, m. silva in qua nutriuntur apes, zeidelwald.
BIENKNWARTER, m. curalor apium, apiarius.
BIENENWEISEL, m. dux apium. litt, bittinis.
BIENENWERK, n. was bienengewirk : so nimb ein binen-
werk, stosz in einem mörser wol durcheinander und leg es
dem pferd auf das ort, alda du wilt, dasz die haar wachsen
sollen. Seuter126; darnach soltu nemmen frisch binen- oder
imnienwerk. 282.
BIENENWIRT, m. bienenpfleger, bienenzüchler.
BIENENWIRTSCHAFT, f biencnzucht.
BIENENWITZ, m. ein mann von geschmack, würziger laune
und feinstem bicnenwitz. Arndts leben 55. vgl. biberwitz.
BIENENWOLF, m. merops apiaster, uralte benennung des
spechls, der den bienen eifrig nachstellt und mit seinem Schna-
bel ihre nester im hohlen bäum außlopfl, in einer unvollstän-
dig erhaltnen thierfabel {Reinh. s. 419) schelten lupus und picus ;
wolf drückt überhaupt einen gierigen, bösen feind und tcufel
aus, war aber dem alterthume ein heldenname, und das ags.
epos feiert einen beiden unter dem 7iamen Beovulf, wie Cmdmon
193, 27 in den alle ausleger quälenden warten :
bald beohaia bord upähöf,
nichts anders gesagt wird, als der kühne held erhob den sehild,
beohata, beovulf, umgekehrt beovine sind dichterische bezeich-
nungen eines jeden helden und auf jenen mythischen Beovulf
zurückführbar. es ist merkwürdig, dasz auch bei uns, mit
prosaischer auslegung, die Wortbildungen bienenfreund, bienen-
feind haften und bienenwolf fortwährend von dem specht galt.
Kemble hat die vorkommende Schreibart Beov, Beava auf bau
messis, ackerbau beziehen wollen, was unsrer deutung von beo
biene aus bauen gerade gelegen käme, man sagte auch iin-
menwolf.
BIENENWURM, m. was bienenfaller.
BIENEN WUT, f. eine krankheit der bienen, in der sie wie
wütend aus ilirem stock dringen, eine zeillang herum schwär-
men und dann todt niederfallen.
BIENENZEIINTE, «1., wird in einigen gegenden von den
bienenslöcken entrichtet.
BIENENZEIT, f. lempus vernum: die honigsüsz bincnzeit
des glcnzes, da werden die binen mit viel regimenlen das
feld überziehen. Fischart jrosim. 27. 28.
BIENENZELLE, f cellula apium.
BIENENZlCliP. f. res apiaria, haltung und Wartung der bienen.
BIENENZUCHTER, m.
BIENENZUCKERFELP, n. cespes, pratum: das bunte rasen-
sliick und bieneiuuckerleld. J. Pail Kamp. 31.
BIENER. «1. aviarius, beulner, zeidter, noch heute ein gang-
barer eigenname, mlat. bigarus, bigrus, |io//i. pszczrliiik, bartr
nik, böfim. brtiijk, litt, drawininkas:
zweimal draugen sie vollen ertrug, zwo ninlen dem biener.
Voss .icn. 4, 231.
1821
BIENFALTER— BIER
BIER
1822
BIENFALTER, m. was bienenfalter. Hohberg 1, 103'.
BIENFASZ, fl. vas apiitm, bienenkorb. Alberds: wann es
«eclist, so hcngts im bienfasz wie ein spinneweb.
BIENFUND, m. inrentio apium sihestrium. tceisth. 1, 777.
SI5. hienfonl 2, 2öl. »;i den altschwed. gesetzen koppofundr.
BIEMCHT, apianus: bienichte kräuter, herbae quae apibus
placcnl; bienichter geruch, odor mellitus.
BIENLELN, n. apicula, bienchen, schtceiz. bili, beili. Stal-
DER 2, 497:
gleichwie der bliiomen. die wol rächt,
darii^z das hilin houig zticht. fastn. sp. SOS. 2:
das ergetzt die äugen und macht die biniein desto lieber
drein kommen, bienenk. 23B*;
ein hoiiig ist der schlaf, als dieseo hoiiis asz.
pescliali». da>z was. ich gl.uih ein bienlein etwa sasz
auf Libililla haut. Lo .w I. 7. 40;
Phrllis schlief, ein bienlein kam,
sasz auf ihren mund und nam
honig oder was es war. 2, 3, S3;
die bienlein umsumraen den blühenden bäum. Hör.Tt.
BIENSAUGE, f. die alle besseie form für bienensaug: me-
lissen oder melissenkraut beiszet auch bonigblum, iramenblat,
biensauge und mutterkraul. Hohberg 3, 555*.
BIER, f. pirum, tiiiid. bir, häufige Schreibung des 16 jh.,
heule birne, tco belegslellen vorkommen.
BIER, n. cerrisia, ein worl rechl gemacht, um unterschiede
der Völker und stamme zu lehren, der golh. form, trenn sie
überhaupt schon bestand, enlrathcn wir ganz, dem ahd. pior,
bior (Graff 3, 206) entspricht mhd. nhd. nnl. hier, fries. biar,
bier, ags. beor, engl, beer, alln. bior. neben ihm gilt aber
ein andrer ausdruck ags. ealo igen, ealeves) und ealod, engl.
ale, alls. alo (aus alofat Hei. 61, 8 zu folgern), altn. öl ==
alu, dal. ölvi, schw. dän. öl, so dasz bei den Hochdeutschen
kein alo, bei Schweden tind Dänen kein bier erscheint, wichtig
ist es aber in England wie im allen norden beide benennungen
zusammen anzutreffen, die edda sagt Ahism.Zh:
«il liciiir nieiJ mönnom en med d::Om bior,
öl hi'is~is bei mannern aber bei äsen bior.
woraus nicht auf bestimmte stamme geschlossen werden darf;
Hymisqv. S läszt sich der riese brünbvU biör^eig auftragen,
Vüluspd 43 wird biorsair, Oegisdr. IS biurreifr gesagt, öfter
aber öl für trinkgelag, ölr, ölteitr, ölreifr für trunken, ölskäi,
ölkrjs für becher; in den ags. gedichlen steht beorsele dedm.
214, 2, beor|>egu Andr. 1533, beore drunceu Beov. 955, beor-
liyrde cod. exon. 297, 2S, on beore 330, 14, ealu scer^en Beov.
1539, ealova?ge Beov. 956. 985. 4038, eaiogäl Ccedm. 145, 19,
ealovose cod. exon. 330, 10. die Angelsachsen müssen schon
beide Wörter ans dem festen lande mitgebracht und in Scan-
dinavien beide nebeneinander gegolten haben, bis zuletzt beor
dort ausstarb.
Aus Deutschland verbreitete sich die benennung biere nach
Frankreich, birra nach Italien, und franz. cervoise, it. cer-
vogia bestanden daneben fori, in Spanien cer>eza allein; das
armor. biorc h, gal. beoir scheinen aus England eingeßihrt.
ealo und öl aber begegnen im litt, alus, lelt. ailus, est. öilot,
finn. olut, läpp, niol, haben also rings den äuszersten norden
eingenommen ; das auslautende l in olut vergleicht sich jenem
ags. ealod. zwischen beide, alu und bior, tritt nun bei sämml-
lichen Slaren die einstimmige benennung pivo n. und erscheint
zugleich im litt, pj'was, neben alus, dergestalt, dasz alus mehr
den haustrunk, pywas das stärker gebraute gelränk bezeich-
net, gerade wie auch in England beer /ür stärker gilt als ale.
Diese beiden, pywas und pivo, reihen sich an das gr. rürov
und alle können die würzet pili und Ttirtn; TTieiv nicht ver-
leugnen; ihnen auch unser hier unmittelbar beizugesellen, hin-
dern deisen an- «nrf auslaut. ags. bere, goth. bnris hnrdeum, d. i.
tat. far, farris oder gr. Tivoö? wnize, haben nichts bei dem worl
zu schaffen, man würde wagen, ßtr bior beor bier beer ein goth.
bius, nach analngie von dius tior deor tier deer im vermuten
und dadurch aufklärttng des dunkeln bansen, buisen polare
{sp. 1200) heranzufüliren (vgl. bierbause) ; doch eine solche
ifilh. fiivm müste erst gesichert dastehen, stärki^e gründe rathen
die reruandtschaft zwischen pivo und bier zu behaupten und
•icrade z/t ihren gunsten den schon .tp. 1052 berührten verhalt
des lat, bibere zu nuiv und piti anzuschlagen, bibere, und
nicht anders die romanischen bere bever boire haben R statt
des P im skr. pA, gr. niveiv, sl. piti, während porulum, po-
tu«, polare das P von 7Torr;^wv, rröroe bekennen; hier müs-
ten formen verschiedncr sfirachabstufungrn zusammen ßieszen.
wenn nun schein gewinnt, das: unser bior, bier gleich jenem
bere und boire a«J dem lat. iufiniliv bibere gebildet wurde,
so bestärkt eben sein B diese abkunß am sichtlichsten, stellen,
die Dcca:«ge 1, 671 unter biberis beibringt, zeigen, dasz man
frühe im mittelalter bibere substantivisch oder ein subst. bibe-
ris für potio verwandle, z. b. Benedicts regel cap. 35 (Hat-
temer s. 85) gewährt singulos biberis (biberes) et panem, «ras
Kero durch einluzziu trincban, gerade mit dem inf. ver-
deutscht, so konnte leicht seit der näheren berührung der
Deutschen mit den Römern schon in den ersten Jahrhunderten
unsrer Zeitrechnung aus bibere ein subst. biber, biver, das sich
in bior, bier abschlif, eingeführt werden und sein sonst un-
erklärbares R wäre das älteste beispiel eines in die deiäsche
worlform gezogenen infinitivischen R, deren wir später so viel
aus dem romanischen holten, die Slaven erzeugten ihr neu-
trum pivo sprachgemäszer. man vgl. auch in gr. wOtterbü-
chem ßoiTOv, y.ogua, xovqui.
Was alu und ealu angehl, so wird es gleichfalls, wegen der
ähnlichkeit des biers und öls, aus oleo, oleum und oliva her-
zuleiten und namentlich das in ealeves, ölvi vortretende V aus
dem in oliva zu erklären sein ; dasz ein goth. alcv oleum bestand,
ein ags. ele oleum von ealo cerevisia, ein litt, alejus oleum
von alus verschieden war, verschlägt nichts, in allen diesen
Wörtern müssen fremde, unsem vorfahren mit der sache von
ihren nachbam zugeführte benennungen anerkannt werden, die
sie dann wiederum, in deutschem gepräge, andern nachbam
überlieferten; ein echtdeutscher ausdruck für zubereitetes ge-
tränk war golh. Iei|)us, ahd. lid poculum, das noch heute im
südlichen Deutschland lebt, eine zahllose menge einzelner be-
nennungen und gleichsam eigennamen für die an jedem ort
gebrauten bierarten ist späterhin entsprungen, die nicht vom
Wörterbuch aufzunehmen sind, sondern in die geschichte der
besonderen landstriche oder in eine Sammlung der Sitten und
gebrauche des volks gehören, vgl. Garg. 59*. '. Stiei.er 140.
Man unterscheidet altes und neues bier, gutes, starkes, süszes,
bitteres, saueres, braunes, rotbes und weiszes, helles, klares,
dickes, fettes, feiszies und dünnes, halbes, doppeltes ; Fischart
sagt, ein weinmüszig, wolgebrawet, glitzend, schmutzig, dun-
kel, dick, kleberig, woldewig, augenblendig bier:
und hüel euch vor dem neuen pier. fastn. sp. 313, 4;
nu trank ich an einem neuen pier. 756,25;
die frauen lieber helsen dan spinnen,
und lieber wein trinken dan saurs bier. 316,24;
rots und auch weiszes bier. .Xtrkii fastn. sp. 7S' ;
es heiszl bier brauen, bier fassen, füllen, zapfen, schenken,
ausbieten ; zu bier gehen, beim bier sitzen ; es war gut bier,
aber der zapfen ist ab; das hier schmeckt gern nach dem
fasz; das bier geht ab, versdilägt, cerevisia fugit. Hemsch
372; biere, die viel giihren, haben viel hefen ; er bietet es aus
wie sauer bier. o/I werden wein und bier, brot und bier,
bier und taback verbunden : bier und wein folgt dem zapfen ;
so iritlk ich lieber wein denn pier. fasln, sp. 736, 17 ;
ich gewinn euch pier und proi.
davon werden euch die wenglein rot. 617, 10;
treue gibt bier und brot,
untreu gibt angst und noth;
wer sitzt beim bier und kalten wein,
der lasz die metz ein metze sein ;
wie man bei bier und tabak über besiegte sieb hebt.
GöTHK I, 408.
ein starkes bier, ein beizender toback. 12,49;
redensarten : und sie handeln auch so mit blödem, verzagtem
gewissen, das mich dtinkt, sie wollen, es were das bier wider
im fasse, und hellen sie es nicht angefangen, hall ich, sie
sollens nu wol lassen anstehen. Luther 3, 338'; ich gloube
sicher, were das bier wider im fasse, sie lieszens jetzt wol
anstehen. 5, 23*. br. 4, 25 ; ich spreche aber zu im {dem lega-
\ /«i), sie haben dir dein mutier zum bier pefiibrl. du onmech-
I liger plauderer, denn damit rirhleslu nichts aus. 4, 4lo*: detii
I bier ist rechl geben, wer schade, das ers besser haben sull.
I 6, lO'; was ein landfarer gewesen und mit dem lollorholz
I umbgclanfen, da sasz er zu bier. Eulensp. cap. 06;
die sitibe kalt, da« bier warm,
das ist ein wirl, dasz gon erbarm:
es ist kein man, der nicht gern srhietnpt.
und die schnauzn im bier schwempt.
G«£C. Wai.mkr com. itnlrcu sein ci'icn Herrn schlrclil.
1547. ncl 2 sc. 1.
je toller das bier gebrauet wurde, je besser es mir schmeckte.
Simpl. 2, 168 ; ich meinet, wann du einem in ein hier sehest,
du solst es sauer machen. Ayrer proc. 2, 6. s. aflerbicr,
1823
BIERAMSEL — BIERGELD
BIERGENUSZ — BIERMOLKE
1824
dorfbier, erntebier, bausbier, kindelbier, klebebier, klosterbier,
lagerbier, merzbier, mittelbier, nachbier, pechbier, pfingst-
bier, sommerbier, Stadtbier «. s. w. slatt jener losen adj.
auch zusammengesetzt dünnbier, braunbier, warmbier u. s. w.
BIERAMSEL, f. potator, zechbruder: darnach sollte etwa
eine volle bieramsel aus eim kruge daber laufen. Luther 5,
493'; krebser, böttner, angelfischer, halbbeseichte bieramseln,
Scherenschleifer. Fischart groszm. 94 ; ein bieramsel oder wein-
drossel, wird rasend, taub, blind, stammert, und ist nicht
ein glied an seinem leibe, das er recht brauchen kann. Eibe-
Niüs fastnachlgesprdch. Erfurt 1582. s. bierfinke, bierholer.
BIERBALGER, m. der bierbalger will an dem armen hier
ein eer einlegen. Frank Irunkenh. H 2'.
BIERBAMSCHER, BIERBANTSCHER, m. bibax.
BIERBANK, f. es wird auf allen bierbänken davon ge-
sprochen ; er liegt auf der bierbank.
BIERBANN, m. Vorrecht einer brauerei in einem bezirk allein
hier zu verkaufen.
BIERBAS, m. vox gravis, raucisona: er singt einen bier-
bas. s. bierknote.
BIERBAUCH, m. biersäufer.
BIERBAUSE, m. potator, bierzecher, von bausen zeche7i:
ir schnargarkische angsterdraher, kutterufstorken, bierpausen !
Garg. 17*; hernach 8l' bildet Fischart die substantiva w-ein-
schlauchitet und bierpausitet.
BIERBEDARF, m. quantum cerevisiae necessarium est.
BIERBISCHOF, m. wa weihet man die bierbischof ? Garg. 52*.
BIERBOTTICH, m. cupa cerevisiaria, bierkufe. einer groszen
bierkufe,. m welcher die Sueven dem Wuotan opferten, gedenkt
schon die vita Columbani (mythol. 49).
BIERBBAU, m. coclio cerevisiae.
BIERBRAUER, m. coctor cerevisiae, cerevisiarius. Alberüs
und Helber schreiben bierbreuer, H. Sachs I, 412' bierprew.
BIERBRAUEREI, f
BIERBRILLE, f. combibo, zechbruder: folgends haben s.
Haubrecht und Eustachius die Jäger in ire verwarung bekom-
men, s. Martin und s. Urban die guten zechbruder, wein-
zapfen und bierbrillen. bienenk. 183'.
BIERBRUDER, m. combibo, potator, auch hopfenbruder.
Garg. 59*.
BIERBRÜDERSCHAFT, f.
BIERCHEN, n. ceievisiola, wird lobend gesagt: das heiszt
ein bierchen, ein gutes hier.
BIEREIGE, m. in einzelnen Städten, namentlich Erfurt, ein
bürger, dem der bierbrau zusteht, gebildet wie ahd. bftseigo
paterfamilias, wlneigo tabernarius (Graff 1, 116): bürger und
biereige werden. Stieler 147.
BIEREIGENHOF, m. brauhaus.
BIERELN, olere cercvisiam. Schmeller 191.
BIERESEL, m. ein unruhiger hausgeist, der nachts alles
zerschlagen soll, wenn ihm nicht ein krug bier hingestellt wird,
s. auch bierholer.
BIERESSICH, n. acetum e cerevisia. aber essichbier, sau-
res, wie essich.
BIERFASZ, n. dolium cerevisiarium, biertonne, auch für bier-
säufer.
BIERFIEDLER, m. fidicen in cauponis, agrestis, der zum
bicr geigt. Stieler 490 ; war bis in sein 24 jähr ein bierfiedler
gewesen. Leipz. avanturier 1, 109 ; diese elenden bierfiedler.
Arnim 2, 320; ach, Albano, warum hören deine freuden, wie
die Schleifer eines bierfiedlers, mit einem mistone auf? J. Paul
Tit. 1, 91.
BIERFINK, m. was bieramsel : meine bierfmken und wein-
trinker. Fischart groszm. 79.
BIKUFLASCIIE, /•.
BIERFLEGEL, vi. homo agrestis: in den Lewschrecken,
den faulen, nassen, geneschigen meulern und bierflegeln. Ma-
th esius 25*.
BIERFROSCH, m. potator, der im bier patscht, schwelgt,
wie der frosch im wasser. Stieler 1417 hat bierpadde.
BIERGÄHRUNG, f. fervientum cerevisiae.
IlHiRGAST, m. cauponae hospes, bierkunde.
BIERGELAG, n. cocna cerevisiaria, bierzeche.
BIERGELD, n. 1) vectigal, abgäbe, die auf das bier gelegt
oder in bier entrichtet wird: die einkDinmcn von den mülen
und bicrgeldern. Schweiniciien 2, 14 ; man seht die alten bier-
gc'.dcn {HA. 314). 2) was trinkgeld : biergeldcr, auf die der büren-
biiulcr bei dieser fesilichkeit ungemein rechnete. ARMMl,t09.
BIERGENUSZ, m. usus cerevisiae, das bierlrinken.
BIERGE WÖLBE, n. horreum cerevisiarium.
BIERGISCHT, m. spuma cerevisiae, bierschaum,moussedebiere.
BIERGLAS, n. poculum vitreum cerevisiae bibendae: pier-
glas, fastn. sp. 1215.
BIERGLOCKE, f. dasz niemand nach der bierglocken in
den Schenkhäusern bleibe. Erfurter stadtordn.
BIERGLÜCK, n. brauglück, glück im bierbrau.
BIERHAHN, m. der hahn am zapfen des bierfasses : jetzt
leider scheint man in beiden Städten {Ulm und Nürnberg) das
fasz des Staats, weil der obere bierhahn saures gesöf her-
ausliesz, unten einen zoll hoch über der hefe des pöbeis an-
gezapft zu haben. J. Paul Siebenk. l, 75.
BIERHAUS, n. caupona cerevisiaria, bierschenke:
dasz ihr lauft auf unscrn sal,
als wenn ihr wert in eim bierhaus. Atrbr 304*.
BIERHEBER, m. sipho cerevisiarius.
BIERHEFE, f. faex cerevisiae: die kraft seiner lenden ist
versiegen gegangen und nun musz bierhefe den menschen
fortpflanzen helfen. Schiller 106*. man unterscheidet spund-
hefe und stellhefe, obere und untere.
BIERHELD, m. potator, bierzecher: wenn der trunkenbold
trotzig ist und seines saufens als ein bierheld oder weinritter
wil gerümet sein. Luther 3, 244*; unser füllpoden aber und
volle zapfen wollen den wein drutzen und dauzen und als die
bierhelden und weinritter gerümet sein. Frank trunkenh. H 2'.
BIERHOLER, BIEBHOLD, m. oriolus galbula, ein name der
die üblichen benennunyen bruder Bierol, ßerold, Pirolt, Tirolt
u. 0. m. verdeutlichen soll, man sagt auch goldamsel, bieresel,
vogel Bülow, der schulz von Bülau u. s. w. wahrscheinlich
hängt bieramsel damit zusammen, birolt, tirolt drückt den
schrei des vogels aus.
BIERHUND, m. ein alter käse, der im bier gelegen hat;
ein biersäufer.
BIERIG, cerevisia madens, trunken, nach bier riechend.
Schmeller 1, 191.
BIERIGEL, m. potator, biersäufer.
BIERKALTSCHALE, f. inlrita panis e cerevisia: wenn du
magst, so will ich eine bierkaltschale unter dem zeit geben.
Göthe an fr. von Stein 2, 96. s. biermärte, bierriebel.
BIERKANNE, f. er studiert in der bierkanne.
BIERKÄSE, m. bier und milch dick gekocht.
BIERKEGEL, m. ein kegel, hölzerner krug, der zum zeichen
frisches biers vor den schenken ausgesteckl wird.
BIERKELLER, m. cella cerevisiaria.
BIERKIRSCHE, f. Sauerkirsche.
BIERKNOTE, m. was Adamsapfel, der kehlkopf.
BIEBKOSTER, m. gustator cerevisiae.
BIERKRAHN, m. der hahn, krahn am bierfasz.
BIERKRANZ, m. ausgestecktes bierzeichen, wie bierkegel,
bierreis, entweder ein laubkranz odei- blosz von dürrem reisig.
BIERKRÜCKE, f. geräth in der brauerei, zum umrühren
des siedenden biers.
BIERKRUG, m. urceus cerevisiarius, dann auch caupona.
BIERKÜBEL, m. cerevisiaria capula.
BIEBKUFE, f. cupa cerevisiaria, bierbottich.
BIERLADER, m. brauknecht, der die tonnen verladet.
BIERLAGEL, n. lagena cerevisiaria, bierfdszchen. Garg. 43'
geschrieben bierlakel.
BIERLAND, n. terra cujus incolae cerevisiam bibunt, im
gegensatz zu weinland, daher bierländer, bierlündisch.
und wer des weins nicht trinken mag,
der ist nicht unsers fiigs,
der zieh ins bierinnd Koppenhaf^,
da lind er bös bier gnug. Garg. 50'.
BIERLEIN, n. wie bierchen.
BIERLUDER, m.
BIERLÜMMEL, m.
BIERMANGEL, m. potus defectio.
BIERMASZ, n. wonach bier geschenkt wird.
BIERMÄRTE, f. was bierkaltschale. Stieler 1244. Weise
schreibt biermeethe: da sagte einer, es wäre noch wunder,
dasz er {der geizhals) eine bienneethe machen liesze. ach,
sagte der wirt, es ist auch eine meethe, darauf ich sein gast
nicht sein will, er hat bier zu brauen, nun will er mit allen
auf das Iheuerste hinaus, erzn. 115. 116. s. märte, weinmärte.
BIERMEILE, f. was bierbann.
BIERMOLKE, f mölke von solcher milch, die man durch
bier zum gerinnen bringt.
^^
BINDING SICT. AU6 311965
■'^
PF
_3625
G7
Bd.l
Grimm, Jekob Ludwig Karl
Deutsches ^'orterbuch
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