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Full text of "Deutsches Wörterbuch"

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HANDBOUND 
AT  THE 


l^bHZ. 


DEUTSCHES 


WÖRTERBUCH 


WJLHKLjM  (IRIMM.       JACOH  GRIMM. 


DEUTSCHES 


WÖRTERBUCH 


VON 


JACOB  GRIMM  rao  WILHELM  GRIMM. 


ERSTER  BAND. 

\  — BIERMOLKE. 


LEIPZIG 

VERLAG  VON  S.  HIRZEL. 
1854. 


1 


II 


9 


Auch  wissenschaftliche  Unternehmungen,  denen  es 
noth  thut  tiefe  wurzel  zu  schlagen  und  weit  zu  greifen, 
hängen  von  äuszeren  anlassen  ab.  allgemein  bekannt 
ist,  dasz  im  jähr  1837  könig  Ernst  August  von  Hanno- 
ver die  durch  seinen  Vorgänger  gegebne,  im  lande  zu 
recht  beständige  und  beschworne  Verfassung  eigen- 
mächtig umstürzte,  und  dasz  mit  wenigen  andern,  die 
ihren  eid  nicht  wollten  fahren  lassen  (denn  wozu  sind 
eide,  wenn  sie  unwahr  sein  und  nicht  gehalten  werden 
sollen?),  ich  und  mein  bruder  unserer  ämter  entsetzt 
wurden,  in  dieser  zugleich  drückenden  und  erheben- 
den läge,  da  den  geächteten  die  öffentUche  meinung 
schützend  zur  seite  trat,  geschalt  uns  von  der  weid- 
mannschen  buchhandlung  der  antrag,  unsere  unfrei\vil- 
lige  musze  auszufüllen  und  ein  neues,  groszes  Wör- 
terbuch der  deutschen  spräche  abzufassen,  unmusze, 
und  die  freiwiUigste  war  genug  da,  ^e  wäre  nimmer 
ausgegangen,  was  frommte  ihrer  mehr  und  im  über- 
schwank zu  bereiten  ?  beinahe  hiesz  es  alte  warm  ge- 
pflegte arbeiten  aus  dem  nest  stoszen,  eine  neue  unge- 
wohnte und  mit  jenen,  aller  nahen  Verwandtschaft  zum 
trotz  unverträgliche,  ihren  fittich  heftiger  schlagende 
darin  aufnehmen,  auf  deutsche  spräche  von  jeher  stan- 
den alle  unsere  bestrebungen,  den  gedanken  ihren  un- 
ermessenen  wortvorrat  selbst  einzutragen  hatten  wir 
doch  nie  gehegt,  und  schon  der  mühsamen  zurüstun- 
gen  sich  zu  unterfangen  konnte  den  für  die  ausdauer 
unentbehrlichen  mut  auf  die  probe  stellen,  aber  im 
Vorschlag  lag  auch  etwas  unwiderstehliches,  das  sich 
gleich  gellend  machte  und  zum  voraus  allen  Schwierig- 
keiten, den  vor  äugen  schwebenden,  wie  solchen,  die 
sich  erst,  wenn  band  angelegt  werden  sollte,  erzeigen 
würden  und  die  es  vorauszuschauen  unmöglich  ist,  die 
spitze  bot.  wir  erwogen  und  erwogen,  ein  unabseh- 
bares, von  keinem  noch  angelegtes,  gesciiwcige  voll- 
brachtes werk  öfnete  allenthalben  die  fernsten  aussieb- 
ten, es  gab  weder  ein  deutsches  Wörterbuch,  noch 
einer  andern  neueren  spräche  in  dem  umfassenden, 
ausgedehnten  sinn,  den  wir  ahnten,  welchem  gerade 
jetzt  mehr  als  irgend  wann  mit  treu  aufgewandten  kräf- 
ten  folge  geleistet,  mit  reger  theilnahmc  entgegen  ge- 
kommen Averden  könnte,  seine  ungeheure  wucht  sollte 
nun  auf  vier  schultern  fallen :  das  schien  sie  zwar  zu 


erleichtem  und  vertheilen,  indem  ihm  aber  auch  zwei 
häupter  erwuchsen,  die  nothwendige  einheit  wo  nicht 
des  entwurfs,  doch  der  ausführung  zu  gefährden,  dies 
bedenken  dennoch  hielt  keinen  stich  gegen  die  stete 
gemeinschaft,  in  der  wir  von  kindesbeinen  an  gelebt 
hatten,  die'wie  bisher  auch  für  die  zukunfl  unsere  ge- 
schicke  zu  bestimmen  und  zu  sichern  befugt  war.  ein- 
gedenk des  uralten  spruchs,  dasz  ein  bruder  dem  andern 
wie  die  band  der  band  helfe,  übernahmen  wir  williges 
und  beherztes  entschlusses,  ohne  langes  fackeln,  das 
dargereichte  geschäft,  zu  dessen  gunsten  auch  alle  übri- 
gen gründe  den  ausschlag  gegeben  hatten,  auf  welche 
weise  wir  uns  beide  in  es  finden  und  einrichten,  soll 
hernach  unverhalten  bleiben. 

Jahre  sind,  nachdem  durch  die  gnade  des  königs  von 
Preuszen  wir  hier  in  Berhn  schirm  und  freiheit  für  un- 
sere forschungen  erlangt  haben,  verflossen,  bevor  an- 
gehoben werden  konnte,  und  schon  ist  jenes  öfienlliche 
ereignis  vor  andern  noch  viel  stärker  erschütternden, 
deren  Vorspiel  es  gleichsam  abgab,  in  den  hintergrund 
gewichen,  mag  das  werk,  dessen  beginn  auf  des  ge- 
liebten Vaterlandes  altar  wir  nun  darbringen,  einst  voll- 
führt gegründetere  Zuversicht  erwecken,  dasz  es  im  an- 
denken der  nachweit  haften  und  nicht  schwinden  werde, 
so  ist  uns  damit  alles  leid  vergolten. 

Längst  entbehrt  unsere  spräche  iiiren  dualis,  dessen 
ich  mich  liier  immer  bedienen  müsle,  und  den  pluralis 
fortzuführen  Tällt  mir  zu  lästig,  ich  will  das  viele,  was 
ich  alles  zu  sagen  habe,  und  von  dem  auch  meine  eigen- 
sten, innersten  empfindungen  beschwichtigt  oder  an- 
gefochten werden,  frischweg  in  meinem  namen  aus- 
sprechen ;  leicht  wird,  sobald  er  künftig  das  wort  er- 
greift und  seine  weichere  feder  ansetzt,  Wilhelm  mei- 
nen ersten  bericht  bestätigen  und  ergänzen.  Hinge- 
geben einer  unablässigen  arbeit,  die  mich  je  genauer 
ich  sie  kennen  lerne,  mit  stärkerem  behagen  erfüllt,  war- 
um sollte  ich  bergen,  dasz  ich  meinesthcils  entschiede» 
sie  von  mir  gewiesen  hätte,  wenn  unangetastet  ich  an 
der  Göttinger  stelle  geblieben  wäre?  im  vorgerückten  al- 
ter fühle  ich,  dasz  die  faden  meiner  übrigen  angefang- 
nen  oder  mit  mir  umgelragnen  bücher,  die  ich  jetzt 
noch  in  der  band  halle,  darüber  abbrechen,  wie  wenn 
tagelang  feine,  dichte  flocken  vom  hinimel  nieder  fal- 


ni 


IV 


len,  bald  die  ganze  gegend  in  unermeszlichem  schnee 
zugedeckt  liegt,  werde  ich  von  der  masse  aus  allen 
ecken  und  ritzen  auf  mich  andringender  Wörter  gleich- 
sam eingeschneit,  zuweilen  möchte  ich  mich  erheben 
und  alles  wieder  abschütteln,  aber  die  rechte  besinnung 
bleibt  dann  nicht  aus.  es  gälte  doch  für  thorheit,  ge- 
ringeren preisen  obschon  sehnsüchtig  nachzuhängen 
und  den  groszen  ertrag  auszer  acht  zu  lassen. 

Und  was,  wenn  dieser  weit  mehr  in  der  ergriffenen 
Sache  selbst  als  in  meiner  befähigung  geborgene  ge- 
winn erfolgen  kann,  verschlägt  es,  dasz  heimliche  pfade, 
die  ich  steigen  wollte,  nun  unberührt  bleiben,  andere 
beweise,  die  zu  demselben  ziel  führen  sollten,  fehlen? 
sie  durften,  aber  sie  müssen  nicht  hinzutreten,  ich 
hatte  eingesehen,  dasz  die  grundlagc  der  mcnschhchcn 
Sprachwerkzeuge,  die  uns  anerschallenen  bedingungen 
der  spräche  unter  den  geheimnisvollen  gesetzen  ste- 
hen, die  uns  die  nalurwissenschaft  überall  unwandel- 
bar zeigt,  zugleich  aber,  dasz  in  der  spräche  noch  ein 
wärmeres  und  veränderliches  dement  walte,  das  ihrer 
findung,  aneignung,  fortpllanzung  und  Vervollkommnung 
unter  den  menschengeschlechtern,  das  sie  der  geschichte 
überweist  und  aus  ihrem  schosz  die  ganze  manigfal- 
ligkeit  der  literatur  hervorgehn  läszt.  jenen  verhalt  der 
spräche  zu  den  naturlaulen  auf  zahllosen  stufen  hat 
vorzugsweise  die  grammalik,  die  flut  oder  ebbe  ihrer 
zcilhchen  erscheinungen  zumal  das  Wörterbuch  darzu- 
stellen, welchem  wie  der  geschichte  die  Urkunden,  die 
reichsten  Sammlungen  des  Sprachvorrats  unentbehrlich 
werden. 

Über  eines  solchen  werkes  antritt  musz,  wenn  es 
gedeihen  soll,  in  der  höhe  ein  heilbringendes  gestirn 
schweben,  ich  erkannte  es  im  einklang  zweier  zei- 
chen, die  sonst  einander  abstehen,  hier  aber  von  dem- 
selben inneren  gründe  getrieben  sich  genähert  hatten, 
in  dem  aufschwung  einer  deutschen  philologie  und  in 
der  empfänglichkcit  des  volks  für  seine  muttersprache, 
wie  sie  beide  bewegt  wurden  durch  erstarkte  liebe  zum 
Vaterland  und  untilgbare  begierde  nach  seiner  festeren 
einigung.  was  haben  wir  denn  gemeinsames  als  unsere 
spräche  und  literatur? 

Wer  nun  unsere  alte  spräche  erforscht  und  mit  beob- 
achtender seele  bald  der  Vorzüge  gewahr  wird,  die  sie 
gegenüber  der  heutigen  auszeichnen,  sieht  anfangs  sich 
unvermerkt  zu  allen  denkmälern  der  vorzeit  hingezo- 
gen und  von  denen  der  gegenwart  abgewandl.  je  wei- 
ter aufwärts  er  klimmen  kann,  desto  schöner  und  voll- 
konimncr  dünkt  ihn  die  leibliche  gestalt  der  spräche, 
je  näher  ihrer  jetzigen  fassung  er  tritt,  desto  weher 
thut  ihm  jene  macht  und  gewandlheit  der  form  in  ab- 
nuimie  und  verfall  zu  finden,  mit  solclier  lauterkeit 
und  Vollendung  der  äuszeren  bcsclialfenlieit  der  spräche 
wächst  und  steigt  auch  die  zu  gewinnende  ausbeule,  weil 
das  durchsichtigere  mehr  ergibt  als  das  schon  getrübte 
und  verworrene,  sogar  wenn  icli  bücher  des  sechzehn- 
ten ja  siebzelinlen  Jahrhunderts  durcidas,  kam  mir  die 
spraclie,  aller  damaligen  Verwilderung  und  roheit  un- 
erachtet,  in  manchen  ihrer  züge  noch  beneidonswerlh 
und  verniögender  vor  als  unsere  heulige.  welchen  ab- 
stand aber  aucii  von  iiinen  stellte  die  edle,  freie  iiatur 
der  milleliiüclideulsclien  dichlungen  dar,  denen  aiige- 
slrenglesle  mühe  zu  widnien   unvergleicldiclien   luiin 


abwirft,  doch  nicht  einmal  aus  ihrer  fülle  schienen 
alle  grammatischen  entdeckungen  von  gewicht  müssen 
hergeleitet  zu  werden,  sondern  aus  sparsam  flieszen- 
den  fast  versiegenden  allhochdeutschen  und  gothischen 
quellen,  die  uns  unserer  zunge  älteste  und  gefügeste 
regcl  kund  thaten.  es  gab  stunden,  wo  für  abhanden 
gekommne  theile  desllLFiLAs  ich  die  gesamte  poesie  der 
besten  zeit  des  dreizehnten  Jahrhunderts  mit  freuden 
ausgeliefert  haben  würde,  den  leuchtenden  gesetzen 
der  ältesten  spräche  nachspürend  verzichtet  man  lange 
zeit  auf  die  abgebhclienen  der  von  heute. 

Allein  auch  sie  weisz  schon  ihren  anspruch  zu  er- 
heben und  verborgene  anzjehungskräfte  auf  uns  aus- 
zuüben, nicht  nur  ist  der  neue  grund  und  boden  viel 
breiler  und  fester  als  der  oft  ganz  schmale,  lockere  und 
eingeengte  alte,  darum  aber  mit  sichererem  fusze  zu  be- 
treten, sondern  jener  einbusze  der  form  gegenüber 
steht  auch  eine  geistigere  ausbildung  uml  durcharbei- 
tung.  was  dem  alterlhum  doch  meistens  gebrach  be- 
slimmlheit  und  leichtigkeit  der  gedanken,  ist  in  weit 
gröszerem  masze  der  jetzigen  zu  eigen  geworden,  und 
musz  auf  die  länge  aller  lebendigen  sinnhchkeit  des  aus- 
drucks  überwiegen,  sie  bietet  also  einen  ohne  alles 
Verhältnis  gröszern,  in  sich  selbst  zusammenhängenden 
und  ausgeglichenen  reichthum  dar,  der  schwere  Ver- 
luste, die  sie  erlitten  hat,  vergessen  macht,  während 
die  Vorzüge  der  alten  spräche  oft  nur  an  einzelnen  pla- 
tzen, abgebrochen  und  abgerissen,  statt  im  ganzen 
wirksam  erscheinen,  bei  allen  durch  die  zeit  hervor- 
gebrachten Verschiedenheiten  wiütet  im  groszen  den- 
noch eine  beträchthche  durchblickende  gemeinschaft 
zwischen  alter  und  neuer  spräche,  die  in  allen  ihren 
Wendungen  und  Sprüngen  zu  belauschen  überraschende 
freude  macht,  wenn  auf  zahllose  stellen  unserer  ge- 
genwart licht  aus  der  vergangenheil  fällt,  so  gelingt 
umgedreht  es  aucli  hin  und  wieder  im  dunkel  liegende 
flecken  und  gipfel  der  allen  spräche  eben  mit  der  neuen 
zu  erhellen,  manches  im  alterlhum  vorragende  beruht 
ganz  auf  sich  selbst  und  liiszlauszerhalb  seiner  schranke 
sich  weiter  nicht  verfolgen  ;  die  ungleich  gröszere  masse 
des  heuligen  Sprachschatzes  wird  durch  überflieszende 
belege  lehrreich  begründet,  wahr  ist,  die  alte  spräche 
leistet  der  grammalik  bessere  diensle,  aber  für  auffas- 
sung  der  Wortbedeutungen  wird  die  neue  offenbar 
wichtiger,  die  golhische  formlciire,  wo  wir  sie  nur 
anrühren,  trägt  zehnfach  mehr  frucht  als  die  neuhoch- 
deutsche, doch  die  magerkeit  eines  golhischen  oder 
selbst  althochdeutschen  glossars  gegen  das  mittelhoch- 
deutsche springt  ins  ange,  wie  könnte  das  millelhoch- 
deulsche  sich  messen  mit  einem  neuhochdeulschen 
wöj'lerbuch? 

Hier  also  kehrt  sich  die  belrachlung  zu  gunsten  des 
übernommenen  Werkes,  das  auf  dem  geebneten  gründe 
historischer  spraciiforschung  ruhend  eine  weit  vollere 
Uiul  lebendigere  samlung  aller  deutschen  Wörter  ver- 
anstalten soll,  als  sie  nocli  stattgefunden  hat.  ein  deut- 
sches wörlcrbuch  niislang  bisher  aus  dem  doppellen 
gruiule,  il.fcz  es  weder  den  geleiirten  noch  dem  volk 
ein  genügen  tiial. 

Die  wiedcranfachung  der  classischcn  literatur  im 
fiinfzehnlen  und  seclizehnten  jahriiunderl  halle  den 
abstand  der  einheimischen,  wissenschalUich  unausge- 


VI 


bildeten  spräche  von  der  griechischen  und  lateinischen 
sehr  fühlbar  gemacht  und  nun  begann  die  kluft  zi- 
schen ihnen  und  jener  desto  schrofTer  vorzutreten, 
unsre  eigne  muttersprache,  welche  doch  seit  jene  clas- 
sischen  zungen  aus  dem  leben  verschwunden  waren, 
vor  allen  europäischen  ehmals  zuerst  sich  geregt  und 
eignes  lebeus  fähig  erzeigt  hatte,  muste  bald  nur  für 
eine  dienende  handlangerin,  für  die  brücke  gelten,  über 
welche  man  aus  dem  schlämm  heimischer  barbarei  ans 
gestade  jener  beiden,  vielmehr  die  hebräische,  heilig 
gehallne  hinzugerechnet,  der  drei  einzig  vollkomm- 
nen  sprachen  schreite;  die  beschaffenheit  einer  rein 
menschbchen,  uns  unmittelbarst  nahe  hegenden  wun- 
dervollen gäbe  zu  erwägen,  fiel  lange  gar  niemand  ein. 
man  war  weder  gewohnt  noch  darauf  eingerichtet,  hin- 
ter dem,  was  seiner  natur  nacli  feine  und  tiefe  regel 
haben  musz,  sie  auch  wirklich  zu  suchen,  und  schleppte 
für  den  oberflächlichsten  gebrauch  fortwährend  sich 
mit  mageren  leeren  behelfen,  die  der  spräche  selbst 
keinen  nutzen,  nur  empfindlichen  schaden  zufügten, 
die  classischen  sprachen  waren  gelehrt  und  zünftig,  die 
deutsche  wurde  nicht  in  die  lehre  genommen  und  in 
keine  zunft  gelassen. 

Unvergessen  sein  sollen  die  namen  Goldast,  Schil- 
ter, Scherz,  Bodmer,  welche  mit  erfolg  auf  rettung  und 
herausgäbe  altdeutscher  quellen  dachten,  die  namen 
Dasypodius,  Maaler,  Hemsch,  Frisch,  denen  samlung 
der  deutschen  Wörter  innig  am  herzen  lag.  alle,  ohne 
ausnähme,  weisen  nach  Süddeutschland,  wo  vor  allers 
hochdeutsche  spräche  und  poesie  erwachsen  war,  wo 
die  meisten  handschriften  aufbewahrt  lagen  und  die 
fortlebende  volksmundart  stärker  als  anderswo  an  das 
alterthum  gemahnte  und  dessen  Verständnis  förderte, 
gleichwol  traten  die  beraühungen  dieser  männer  nicht 
so  weit  vor,  dasz  ihnen  selbst  schon  gelungen  wäre, 
sich  tine  geläufige  künde  der  frühern  grammatik  zu  er- 
werben, durch  deren  darstellung  allein  den  nur  unbe- 
friedigend bekannt  gemachten  quellen  hätte  können  ein- 
gang  verschaft  und  das  Verhältnis  der  heutigen  zur  al- 
ten spräche  festgesetzt  werden. 

Was  im  verschiedensten  sinn  Leibmtz,  Lessing,  Klop- 
STOCK,  Adelog,  Voss,  sämtlich  dem  norden  Deutsch- 
lands angehörig,  zum  heil  der  deutschen  spräche  ge- 
wollt und  geleistet  haben,  wird  jederzeit  hochgeach- 
tet bleiben,  konnte  diese  aber  immer  nicht  im  äuge  der 
rlassischen  philologen  als  voll  erscheinen  lassen,  und 
CS  war  vergeblich  das  zu  empfehlen,  dessen  ebenbür- 
tigkeit  der  schule  erst  auf  überzeugendere  weise  dar- 
gethan  werden  muste.  niemals  blieb  einer  der  rechten 
wege,  die  dahin  führten,  nur  von  ferne  eingeschlagen, 
sollte  man  es  glauben,  das  im  gesamten  alterthum 
unserer  spräche  durch  die  untiefen  der  vorzeil  wie  ein 
l'i'ls  ragende  Iiauplwerk,  auf  dessen  grund  jeder  bau  zu 
«rrichlen  war,  Holländern,  Engländern,  Sciiweden  über- 
lassen, wunle  vor  dem  neunzehnten  Jahrhundert  nie- 
mals in  Deutschland  gedruckt  und  zugänglich  gemacht, 
durch  K.MTTELs  entdeckung  auf  Ulkilas  geführt,  dachte 
Lessing  (11,  297)  nur  dem  mageren  theologischen  ge- 
winn, niclil  dem  groszen  sprachlichen  nach :  diesen 
hellen,  scharfen  geisl  lenkte  seine  vorliebe  für  fabel 
und  Spruch  nur  zu  wenigen  alldeutschen  dichlern-zwei- 
ten  oder  drillen  rangs ;  hatte  er  die  besten  je  gelesen, 


er  würde  auch  mittel  gefunden  haben  für  sie  zu  gewin- 
nen, von  Klopstock,  den  das  alterthum  und  die  schöne 
unsrer  spräche  entzündete,  der  ihre  grammatische  ei- 
genheit  fein  herausfühlte,  und  in  Kopenhagen  leicht  hätte 
an  die  nordische  lautere  quelle  näher  treten  können,  von 
ihm  wäre  gut  gethan  gewesen,  sich  doch  mit  dem  wol- 
lautreichen  Otfried  und  einigermaszen  mit  den  minnc- 
sängern  vertraut  zu  machen  ;  schlimmer  ist,  dasz  er  in 
allsächsischer  zunge,  aus  stellen  die  ihm  Hickes  dar- 
reichte, nur  ganz  dilettantische  kenntnisse  zu  ziehen 
verstand  und  doch  zur  schau  legt,  auch  der  ihm  nach- 
eifernde, in  der  versbildung  bald  überlegne  Voss  gibt, 
bei  gröszerer  belesenheit,  namenthch  in  seiner  schrift 
von  der  Zeitmessung  höchst  unzureichende  einsieht  in  die 
altdeutsche  spraciie  wie  dichtkunst  kund,  darin  zur  seile 
tritt  beiden  der  ihnen  sonst  überall  enlgcgenslehende 
nüchterne  Adelog,  dem  nur  gedichte  von  Hagedorn, 
Gellert,  Weisze  gefielen,  unter  den  altern  höchstens 
noch  die  von  Opitz  und  dessen  anhang  eine  halbe  autori- 
lät,  alle  seiner  jüngeren  Zeitgenossen  zuwider  waren ; 
wie  hätte  er  über  sich  gewonnen,  die  vermeinte  roheit 
des  mittelallers  mit  ernsten  bhcken  anzusehen?  ihm  ge- 
nügte fast  an  dem  aller  poesie  haaren  Teuerdank  und 
an  einzelnen  aus  Bodmers  samlung  erlesenen  anfüh- 
rungen  oder  an  denen,  die  schon  Frisch  und  Schilter 
reichten,  leichter  als  die  der  alten  dichtkunst  wäre  ihm 
wol  noch  die  anerkennung  einer  alten  spraehregel  ge- 
fallen, von  welcher  er  keine  ahnung  hatte,  und  die  doch 
vielen  irrlhümern  und  verslöszen  seines  Wörterbuchs 
abzuhelfen  allein  vermocht  hätte,  dem  verleugnen  der 
altdeutschen  poesie  ein  unbeabsichtigtes  ende  machte, 
dasz  es  der  neuen  gelang  ihren  thron  prächtig  aufzu- 
schlagen. Göthes  und  Schillers  hohe  Verdienste  um 
unsere  spräche  strahlen  so  glänzend,  dasz  ihre  gele- 
gentlich etwa  dargegebne  abneigung  vor  einigen  dich- 
tungen  des  mittelallers,  deren  gehalt  dabei  weniger  in 
betracht  gekommen  sein  kann,  als  zufälhge  umstände, 
gar  nicht  angeschlagen  werden  darf. 

Nachdem  diese  groszen  dichter  vor  dem  ganzen  volk 
mit  immer  steigendem  erfolg,  was  deutsche  sprachge- 
walt  sei  und  meine,  bewährt  hatten  und  durch  feind- 
liche Unterjochung  in  den  wehevollen  anfangen  dieses 
jaiirhunderts  allen  genuitern  eingeprägt  war,  an  die- 
sem kleinod  unsrer  spräche  stolzer  festzuhalten ;  fand 
sich  das  bewustsein  eines  auch  in  ihr  seil  frühster  zeit 
wallenden  grundgesetzes  so  erleichtert,  dasz  es  nichts 
als  der  einfachsten  mittel  bedurfte,  um  es  auf  einmal 
zur  anschauung  zu  bringen,  diese  willfährig  aufge- 
nommene erkennlnis  traf  aber  glücklicherweise  zu- 
sammen mit  einer  vom  sanskril  her  erregten  verglei- 
chenden Sprachwissenschaft,  welche  keiner  sie  nah 
oder  fern  berührenden  spracheigenthümlichkeilausdem 
wege  gehend  vor  allen  andern  auch  der  einheimischen 
das  gebührende  recht  widerfahren  zu  lassen  geneigt 
sein  muste,  in  welcher  noch  mehr  als  eine  saitc  zu  den 
volleren  klängen  jener  ehrwürdigen  spraclimultcr  an- 
schlug. So  hat  sich  unter  mancherlei  gunsl  und  al>- 
gunst  allinälich  eine  deutsche  philologie  in  bedeulen- 
dercin  umfang  als  je  vorher  gebildet,  deren  selbstän- 
dige ergebnisse  vielfache  fruciil  inigen,  unabliängigen 
werlh  behaupten  und  fortdauernde  iheihiahnie  in  an- 
spruch  nehmen  können,    früherhin  licsz  alles  und  je- 


VII 

des,  was  von  den  denkniälern  unseres  alterlhums  müh- 
sam gedruckt  erschienen  war,  in  ein  paar  folianten  und 
quartanten  sich  beisammen  haben ;  jetzt  stehn  in  den 
bibhotheken  ganze  gefache  von  altdeutschen  büchern 
erfüllt  und  die  Verleger  zagen  nicht  mehr  vor  dieser  li- 
teratur.  wie  viel  noch  übrig  bleibe  zu  thun,  ein  rühm- 
licher eifer  regt  sich  alle  lücken  zu  ergänzen  und  un- 
genügende durch  bessere  ausgaben  zu  verdrängen, 
nicht  länger  verschlossen  liegen  die  quellen  unserer 
spräche  und  ihre  bäche  und  ströme  dürfen  oft  bis  auf 
die  stelle  zurückgeführt  werden,  wo  sie  zum  ersten- 
mal vorgebrochen  sind ;  fortan  aber  kann  eine  deutsche 
grammatik,  ein  deutsches  Wörterbuch,  die  sich  dieser 
forschungen  und  aller  daraus  erwachsenen  fordernisse 
entäuszern,  weder  gelten  noch  irgend  ersprieszlichen 
dienst  leisten. 

Von  an  der  Oberfläche  klebenden,  nicht  tiefer  ein- 
gehenden arbeiten  beginnt  heutzutage  auch  die  ern- 
stere Stimmung  des  volks  sich  loszusagen,  aufgelegt 
zum  betrieb  der  naturwissenschaften,  die  den  verstand 
beschäftigen  und  mit  einfachen  mittein,  wenn  sie  recht 
verwendet  werden,  das  nützlichste  ausrichten,  wird 
ihm  auch  sonst  das  unnütze  und  schlechte  verleidet; 
wozu  ihm  noch  immer  handbücher  und  auszüge  un- 
seres gewaltigen  sprachhortes  und  alten  erbes  vorle- 


gen 


?,  die  statt  dafür  einzunehmen  davon  ableiten  und 


nichts  als  schalen  absud  seiner.kraft  und  fülle  bieten, 
aus  dem  keine  nahrung  und  Sättigung  zu  gewinnen 
steht,  als  sei  der  unmittelbare  zutritt  verschlagen  und  die 
eigne  anschau  verdeckt.  Seit  den  befreiungskriegen  ist 
in  allen  edlen  schichten  der  nation  anhaltende  und  un- 
vergehende  Sehnsucht  entsprungen  nach  den  gütern,  die 
Deutschland  einigen  und  nicht  trennen,  die  uns  allein 
den  Stempel  voller  eigenheit  aufzudrücken  und  zu  wah- 
ren im  Stande  sind,  der  groszen  zahl  von  Zeitgenos- 
sen, vor  deren  wachem  äuge  die  nächsten  dreiszig  jähre 
darauf  sich  entrollten,  bleibt  unvergessen,  wie  hoch 
in  ihnen  die  hofnungen  giengen,  wie  stolz  und  rein 
die  gedanken  waren;  w^enn  nach  dem  gewitter  von 
1848  rückschläge  lang  imd  schwerfällig  die  luft  durch- 
ziehen, können  spräche  und  geschichte  am  herlich- 
sten ihre  unerschöpfliche  macht  der  beruhigung  ge- 
währen, auch  die  kräfte  der  unendhchcn  natur  zu 
ergründen  stillt  und  erhebt,  doch  ist  nicht  der  mensch 
selbst  ihre  edelste  hervorhringung,  sind  nicht  die  blu- 
ten seines  geistes  das  höchste  ziel?  seiner  dichter  und 
Schriftsteller,  nicht  allein  der  heutigen  auch  der  frü- 
her dagewesenen  will  das  volk  nun  besser  als  vorher 
theilhaft  werden  und  sie  mit  genieszen  können ;  es  ist 
recht,  dasz  durch  die  wieder  aufgethanen  scldeuszen 
die  flut  des  altcrthiims,  so  weit  sie  reiche,  bis  liin  an 
die  gegenwart  spüle,  zur  forschung  über  den  verhalt 
der  alten,  verschollenen  spräche  fühlen  wenige  sich 
berufen,  in  der  menge  aber  waltet  das  bedürfnis,  der 
trieb,  die  neugier,  den  gesamten  umfang  und  alle  mit- 
tel unsrer  lebendigen,  nicht  der  zerlegten  und  aufgelös- 
ten spräche  kennen  zu  birnen.  die  grammatik  ihrer 
natur  nacli  ist  für  gelehrte,  ziel  und  bestimmting  des 
allen  leuten  dien(;n(l<'n  Wörterbuchs,  wie  hernach  noch 
entfallet  werden  soll,  sind  neben  einer  gelehrten  und 
begeisterten  grundlage  nolhwcndig  auch  im  edelsten 
sinne  praclisch. 


VIII 

Durch  warme  theilnahme  des  volks  allein  ist  die  er- 
scheinung  dieses  deutschen  Wörterbuchs  möglich  und 
sicher  geworden,  das  also  im  auflallenden  gegensatz 
steht  zu  den  Wörterbüchern  anderer  landessprachen, 
die  von  gelehrten  gesellschaften  ausgegangen  auf  öf- 
fentbche  kosten  an  das  bebt  getreten  sind,  wie  es  in 
Frankreich,  Spanien,  Dänemark  geschah ;  heute  befaszt 
zu  Stockholm  die  vitterhets  academie  sich  mit  einem 
schwedischen,  ein  solcher  verein  der  mitarbeiter  ist 
nach  Verschiedenheit  der  Völker  anders  zu  beurtheilen : 
wo  durch  Verfeinerung  des  geselligen  lebens  die  spräche 
überall  bestimmt  war  gleich  der  französischen,  konnte 
sie  fast  nur  auf  diesem  wege  ihren  weltton  finden  und 
niedersetzen;  das  dictionnaire  de  l'acad^mie  hat  ihn 
zum  wenigsten  für  eine  reihe  von  geschlechtern  ange- 
geben, später  einmal  wird  man  seinen  unerträglichen 
zwang  brechen,  dem  wahren  begrif  eines  Wörterbuchs 
stand  es  von  anfang  an  fremd,  anderwärts  verschwin- 
den aber  die  vortheile  einer  gesellschaftlichen  bear- 
beitung  vor  den  hemmungen  und  gebrechen,  die  sie 
heranführt:  mitten  aus  dem  fleisz  und  der  einigkeit 
können  vorwände  der  trägheit  und  des  zwistes  ent- 
springen, zunächst  läge  nun,  alle  eigentbche  last  und 
bürde  der  arbeit  in  eines  oder  weniger  bände  zu  geben, 
die  dazu  den  wahren  beruf  in  sich  tragen,  dann  aber 
könnte  sie  ebenwol  unabhängig  auszerhalb  dem  kreise 
der  gesellschaft  sich  entwickeln,  diese  nur  den  aufwand 
der  geldmittel  ganz  oder  zum  theil  bestreiten  und  so 
läszt  sich  allerdings  die  mitwirkung  eines  gelehrten 
Verbands  an  dem  Wörterbuch,  dessen  spitze  er  vertre- 
tend schützte,  förderlich  denken.  Doch  in  Deutschland 
haben  bei  dem  geringen  ansehen,  dessen,  wie  vorhin 
gesagt  wurde,  die  eigne  spräche  genosz,  unsere  vor- 
waltend classische  und  orientahsche  philologie,  natur- 
wissenschaft  und  geschichte  hegenden  academien  nie- 
mals weder  dem  entwurf  eines  neuen,  noch  der  hut  und 
Unterstützung  eines  in  arbeit  begrilTenen  deutschen 
Wörterbuchs  ihre  aufmerksamkeit  zugewandt,  von  Da- 
sYPODius  und  PiCTORius  an  bis  auf  Adelung  und  Campe 
herunter  sind  alle  unsere  Wörterbücher  überhaupt  ohne 
irgend  eine  öflentliche  anregung  oder  beisteuer  gedruckt 
worden  und,  was  röthe  in  die  wangen  jagt,  die  heraus- 
gäbe der  einheimischen  Sprachdenkmäler  hat,  einzelne 
ruhmwürdige  ausnahmen  abgerechnet,  meistens  nur 
mit  ärmlichen  mittein,  durch  halb  unwillige  Verleger, 
fast  ohne  lohn  für  die  herausgeber  bewerkstelligt  wer- 
den müssen.  Wie  vaterländisch  gewesen  wäre  sie  ins- 
gesamt in  groszartigen  schütz  zu  nehmen  und  ihnen 
vollständige  bekanntmachung  im  angesicht  des  volks 
angedeihen  zu  lassen,  dem  es  nicht  entgehen  kann, 
welche  pflege  dafür  ausländischem  alterlhum  und  frem- 
den sprachen  unter  uns  zu  theil  geworden  ist. 

Ich  wollte  auch  den  wüst  und  unflat  unsrer  schimpf- 
heben die  gliedmaszen  der  spräche  ungefüg  verhüllen- 
den und  entstellenden  Schreibweise  ausfegen,  ja  dasz 
ich  dafür  den  rechten  augenblick  gekommen  wähnie, 
war  einer  der  hauptgründe  mich  zur  übernähme  des 
Wörterbuchs  zu  besiimnien,  dessen  ganze  Ordnung  fast 
an  jeder  stelle  durch  das  beibehalten  der  unter  uns 
hergebrachten  Orthographie  sichtbar  gestört  und  ge- 
trübt werden  muste.  es  ist  nichts  kleines,  sondern 
etwas  groszcs  und  in  vielen  dingen  nutzes  seine  spräche 


IX 


richtig  zu  schreiben,  das  deutsche  volk  hängt  aber  so 
zäh  und  unberaten  an  dem  verhärteten  schlimmen  mis- 
brauch,  dasz  es  eher  lebendige  und  wirksame  rechte,  als 
von  seinen  untaugenden  buchstaben  das  geringste  fah- 
ren liesze.  unmittelbar  mit  dem  ersten  eindruck,  den  ein 
neu  auftretendes  Wörterbuch  hervor  zu  bringen  im 
Stande  wäre,  mit  dem  einflusz,  den  es  allmälich  üben 
könnte,  schien  es  am  schickhchsteu  zugleich  die  längst 
reife  neuerung,  vielmehr  zurückführung  der  schreib- 
regel  auf  ihre  alte  einfachheit  zu  verbinden  ;  in  der  be- 
wegung  der  zeit  selbst  hätte  diese  abkehr  und  Wen- 
dung von  dem  bloszen  schlendrian  der  letzten,  nicht 
der  früheren  Jahrhunderte  minderes  aufsehen  erregt 
und  sich  unvermerkt  den  beifall  oder  die  gewöhnung 
der  menge  gewonnen.  Als  aber  sonst  überall  in  die 
jüngst  verlassenen  gleise  zurück  geschoben  T^nirde, 
leuchtete  ein  dasz  es  nun  unmöghch  gewesen  wäre 
hier  in  die  ältesten  wieder  einzulenken;  was  gesche- 
hen konnte,  war  eine  nur  theilweise  zu  versuchende 
abhülfe  und  linderung  des  hervorstechendsten  übels. 
welche  wähl  im  einzelnen  zu  treffen  sei,  welche  mit- 
tel einzuschlagen  ratsam,  darüber  muste  nothwendig 
die  ansieht  hin  und  her  schwanken  und  diese  unschlüs- 
sigkeit ist  es  eben,  die  in  den  letzten  jähren  längereu 
auischub  des  Wörterbuchs  verursachte :  rechtfertigung 
aber  der  unabweisbar  gebUebnen,  jedermann  ins  äuge 
fallenden  abweichungen  von  dem  seitherigen  schreib- 
gebrauch wird  nachher  folgen. 

Dies  alles  vorausgesandt  kann  in  die  einzeLa  sich  er- 
hebenden betrachtungen  eingeschritten  werden. 

I.Wörterbuch  ist  die  alphabetische  Verzeichnung  der 
Wörter  einer  spräche,  sein  begrif  gründet  wesentliche 
und  durchdringende  gegensätze  zwischen  alter  und 
neuer  zeit. 

Den  ausdruck  Wörterbuch  kannte  das  siebzehnte 
Jahrhundert  noch  nicht,  Stieler  weisz  nichts  davon, 
zuerst  meines  wissens  verwendet  ihn  Kramer  (1719) 
nach  dem  nnl.  woordenboek,  Stei.nbach  und  Frisch  be- 
hielten und  führten  ihn  allgemein  ein ;  von  uns  gelangte 
er  zu  Schweden  und  Dänen,  die  doch  ordbok,  ordbog 
sagen,  das  isländische  ordabök  enthält  wie  Wörterbuch 
den  gen.  pl.  und  gemeint  ist  auch  ein  buch  der  Wör- 
ter, kein  wortbuch,  schöner  ist  das  ohne  Zusammen- 
setzung gebildete  slavische  slovar,  slovnik,  den  Süd- 
slaven rjetschnik,  von  slovo,  rjetsch  wort,  und  warum 
hätte  nicht  auch  ahd.  wortäri,  mhd.  wortaere  sich  sa- 
gen lassen,  wie  es  hiesz  ehiräri,  eheraere  spicarium  für 
einen  sehr  analogen  begrif?  das  gr.  grj/nuTtxoy  (nem- 
lich  ßißXiQv)  entspräche  dem  heutigen  sinn,  wurde  aber 
von  den  alten  nicht  so  gebraucht. 

Griechen  und  Römer  hatten  keine  Vorstellung  von 
emem  Wörterbuch,  und  die  in  ihren  sprachen  später 
üblichen  benennungen  lexicon,  glossarium,  dictiona- 
rium,  vocabularium  meinen  anderes,  das  ).t^ixQy  {ßt- 
ßkiov)  von  y^tiiq,  das  dictionarium  von  dictio  stellt  re- 
densarten,  ausdrücke  zusammen,  das  y).ojaa(j.Qiov  deu- 
tet alle,  verdunkelte  Wörter,  enthält  glossen,  das  voca- 
bular  will  nur  wenige  Wörter  geben,  wie  sie  für  schü- 
ler  oder  zu  anderra  behuf  gesammelt  wurden,  richtig 
nennen  z.  b.  Dlcasge  und  Oberli.n  ihre  werke  glossare, 
die  französischen  aeademiker  ihre  getroffene  aus  wähl 


dictionnaire ;  doch  einzelne  einem  herausgegebnen 
Schriftsteller  angehängte  register  sollten  nicht  Wör- 
terbücher heiszen.  gelangen  einmal  die  Franzosen  zu 
einem  vollständigen  Wörterbuch  ihrer  spräche,  so  wer- 
den sie  ihm  wol  einen  andern  namen  beilegen  als  den 
eines  dictionnaire  oder  lexique.  häu6g  hat  man  auch 
den  umfassenden  begrif  angemessen  durch  den  litel  von 
thesaurus,  tesoro,  tr^sor,  Sprachschatz,  oder  durch  bei- 
fügung  eines  adj.  (totius  latinitatis  lexicon)  eingeholt. 

Den  alten  selbst  fiel  gar  nicht  ein,  alle  und  jede  Wör- 
ter ihrer  spräche,  geschweige  der  ihrer  barbarischen 
nachbarn  zu  sammeln,  es  reizte  sie  blosz  einzelne 
schichten  oder  wortreihen  erklärend  zu  mustern,  ge- 
wisse grammatische  bildungsgesetze  in  ihnen  zu  verfol- 
gen, oder  dunkle,  vergessene  ausdrücke  aufzuhellen,  ihre 
etymologie,  zuweilen  sinnreich  oder  gelehrt,  war  mei- 
stentheils  regellos  und  unwissenschaftlich,  weder  hätte 
das  stärkste  gedächtnis  alle  ausdrücke,  tue  bei  den 
Griechen  ohnehin  einer  unendlichen  fortbildung  offen- 
standen, fassen  und  bereit  halten,  noch  wenn  dies  durch 
die  anstrengung  mehrerer  zusammen  allmälich  zu  er- 
reichen gewesen  wäre,  damit  ein  denkbarer  zweck  er- 
füllt werden  können,  was  sollte  die  angehäufte  wort- 
masse,  die  niemand  zu  lesen  begehrte,  und  nur  schwie- 
rige, kostspielige  abschriflen  in  Umlauf  zu  bringen  ver- 
mochten? Griechen  wie  Römer  ahnten  noch  nichts 
von  Sprachvergleichung  und  spürten  lust  dazu  in  kei- 
ner ader,  sonst  würden  auf  diesem  felde  die  wunder- 
barsten entdeckungen  ihnen  offen  gestanden  haben. 

Dies  geändert,  wie  alle  Wissenschaften  umgestaltet 
hat  erst  die  grosze  erßndung  der  druckerei,  deren  fol- 
gen auch  noch  heute,  gleich  denen  der  dampfkraft,  un- 
berechenbar erscheinen,  wie  der  uralte  fund  der  schrifl 
zuerst  den  menschen  in  stand  setzte,  den  geistigsten 
gebrauch  von  seiner  band  zu  machen,  ihm  die  macht 
verheb,  seine  gedanken  zu  versenden  und  der  nach- 
weit zu  überliefern  ;  hat  die  Vervielfältigung  der  schrift 
im  druck  diese  macht  verzehnfacht,  ohne  diese  ent- 
deckung  wären  unmittelbar  darauf  schon  die  Wieder- 
erweckung der  dassischen  literatur  und  die  refonua- 
tion  unmöglich  gewesen,  wenn  unternommen,  nicht 
gediehen.  Seitdem  schriflen  gedruckt  und  aller  enden 
gelesen  werden,  sind  Wörterbücher  entsprungen  und 
der  Sprachwissenschaft  ganz  neue  bahnen  gesprengt 
worden,  nicht  auf  einmal,  sondern  nach  und  nach, 
anfangs  zufallig,  dann  im  bewusteren  fortschritt:  man 
gewahrte  endlich  was  die  volle  aufstellung  der  spra- 
chen bedeute  und  wirken  könne,  durch  die  philolo- 
gische richtung  der  heutigen  missionare  und  die  gere- 
gelte mittheUbarkeit  ihrer  samlungen  wird  das  Sprach- 
studium dereinst  solche  stärke  erlangen,  dasz  es  oft 
den  abgang  und  verlust  geschichtlicher  denkmalc  mit 
dem  reichthum  und  der  schärfe  seiner  combination  zu 
ersetzen  vermag :  Vorgeschmack  davon  haben  wir  schon 
im  kleinen.  Bei  dieser  neuen  philologie  stehen  aber 
alle  Zungen  des  crdbodens  in  demselben  recht,  und 
verachtet  werden  darf  keine,  ganz  wie  ins  Wörterbuch 
alle  Wörter  gehören  und  gleich  berechtigt  darin  sind, 
streben  nach  umfassender  samlung  und  bohandlung  ist 
also  für  ein  Wörterbuch  das  erste  crfurdernis  und  die 
allseitigkeil  seines  gebrauchs  dadurch  bedingt,  denn 
was  die  presse  von  sich  gibt,  will  sie  allen  ohne  aus- 


XI 


XII 


nähme  beslimnit  haben,  was  allen  dienen  soll  und  kann, 
darf  nichts  ausschlieszen  noch  dahinten  lassen. 

Nicht  minder  nolhwendig  ist  dem  Wörterbuch  die 
alphabetische  Ordnung  und  soavoI  die  möglichkeit  des 
vollen  eintrags  und  der  ahfassung  als  die  Sicherheit  und 
sdinelle  des  gebrauchs  hängen  davon  ab,  wer  reiche 
heiträge  einschalten  will,  musz  die  stelle  wohin  vor 
äugen  haben  und  nicht  unschlüssig  herum  zu  suchen, 
ob  das  wort  schon  da  sei  oder  fehle :  die  biene  weisz 
genau  die  zelle,  zu  welcher  sie  honig  einträgt,  es  würde 
die  ar])eit  in  den  Wörtern  auflieben  oder  lähmen,  wenn 
man  den  platz  nicht  kennt,  aus  dem  sie  zu  holen  sind, 
schon  ihren  eingeschränkten  samlungen  pflegten  die 
allen  diese  alphabetfolge  zum  gründe  zu  legen  und  wer 
sie  heule  nicht  handhabt,  sondern  aufhebt  und  stört, 
hat  sich  an  der  pliihjlogie  versündigt. 

Zwar  einzelne  alphahete  sind  verschieden  eingerich- 
tet und  lassen  nicht  von  ihrem  gewohnten  gang,  das 
Sanskrit  folgt  einer  aus  seiner  fülle  und  lauterkeit  her- 
vorgehenden natürlichen  anordnung  derbuchstaben,  die 
aber  auf  unvollkommner  entfaltete  sprachen  schwer  an- 
zuwenden ist,  in  europäischen  wörterbuchern  eher  Ver- 
wirrung als  licht  bringt,  an  die  abweichung  der  griechi- 
schen und  hebräischen  alphahete  vom  lateinischen,  wel- 
che doch  alle  drei  auf  demselben  boden  entsprossen  sind, 
gewöhnen  wir  uns  von  jugend;  es  ist  aber  kein  be- 
dUrfnis  den  gedächtnissen  auch  die  eigenheit  des  ru- 
nischen und  gothischen  aufzubürden,  dasz  sie  ihnen 
jeden  augenblick  gegenwärtig  sei.  werden  danach  nicht 
nur  die  anlaute,  sondern  auch  die  inlaute  geordnet,  so 
musz  man  zeit  verschwenden  oder  läuft  bei  raschem 
aufschlage  gefahr  ab  zu  irren  und  zu  übersehen,  je- 
dermann weisz  es,  wie  viel  beschwer  in  slavischen  Wör- 
terbüchern die  manigfaltigkeit  einiger  bezeichnungen 
auch  für  die  alphabetische  folge  macht,  wie  lästig  bei 
dem  scandinavischen  ä  ä  ö  ihr  schwankendes  einstellen 
oder  verweisen  an  den  schlusz  wird.  Nesselmann  und 
EttmCller  haben  den  gebrauch  ihrer  littauischen  und 
angelsächsischen  Wörterbücher  durch  annalime  gram- 
malischer lautreihen,  die  ihnen  selbst  geläufig,  andern 
aber  unbequem  sind,  äuszerst  erschwert,  die  deutsche 
spräche  kann  bevor  ihre  Orthographie  gereinigt  wird, 
das  Wörterbuch  nicht  befriedigend  einrichten  und  ein 
mangel  des  gegenwärtigen  bleiben  musz  es,  dasz  die- 
sem gebrechen  noch  nicht  a])geholfen  werden  durfte. 

Verderblicher  den  zwecken  und  absiebten  des  Wör- 
terbuchs entgegen  wirkt  aber  keine  unter  allen  Ord- 
nungen, als  die  nach  wurzeln,  denen  unmittelbar  das 
abgeleitete  und  zusammengesetzte  wort  angescidossen 
zu  werden  pllegt;  selbst  heim  enlwurf  kleiner  glos- 
sare  und  Avortregister  wird  dem  kitzel  nicht  widerstan- 
den, alsogleicli  zu  syslematisicTcn  und  der  grannnatik 
was  ihr  gehört  vorweg  zu  nelunen.  der  etymologie 
auch  im  wörterl)uch  nac.'hzuhängcn  ist  natürlich  und 
unvermeidlich,  da  sie  aber  in  fortschreileu(h'r  hewc- 
gung  begriden  die  kim(h;  der  wurzeln  allenthalben  er- 
weitert und  erniäszigt,  darf  die  folge  der  Wörter  niclit 
durch  sie  getrübt  werden,  jeder  etymologischen  aus- 
kunft  auf  dem  fusze  hätten  sonst  abänderungen  ein- 
zutreten uu«l  in  den  Wörterbüchern  wäre  kein  wort 
mehr  seines  platzes  sicher,  ein  so  willkoinmnes,  ver- 
dienstvolles werk  wie  Beneckes   mittelhochdetitsches 


Wörterbuch  kann  in  dieser  hinsieht  verfehlt  heiszen : 
sein  Urheber  hielt  es  mit  der  würde  unserer  spräche 
für  unvereinbar  anders  zu  verfahren,  durch  vorschie- 
ben sei  es  der  Avahren  oder  vermeinten  wurzel  rückt 
er  den  ausdruck,  welchem  nachgefragt  wird,  aus  des 
aufschlagenden  äuge.  Nesselmann  und  Ettmüller,  au- 
szer  der  gerügten  lautordnung,  versetzen  die  einzel- 
nen Wörter  dazu  noch  nach  wurzeln,  man  kann,  so- 
bald andere  Wörterbücher  bestehn,  mit  nutzen  auch 
Wurzelforschungen  alphabetisch  anordnen  und  beson- 
ders herausgehen,  Avie  wir  Miklosich  verschiedne  bü- 
cher,  radices  und  ein  lexicon  verdanken  oder  Rosen 
die  sanskritAvurzeln  eigens  zusammenstellte,  alphabe- 
tische folge  allein,  möchte  man  sagen,  sichert  den  ein- 
zelnen Avörtern  ihre  vorläufige  Unabhängigkeit  und  neu- 
Iralität,  die  nicht  vor  abschlusz  auszerhalb  des  Avörter- 
buchs  zu  vollbringender  Untersuchungen  preisgegeben 
werden  soll. 

2.  Was  ist  eines  Avörterbuchs  zAveck?  nach  seiner 
umfassenden  allgemeinheit  kann  ihm  nur  ein  groszes, 
weites  ziel  gesteckt  sein. 

Es  soll  ein  heiligthum  der  spräche  gründen,  ihren 
ganzen  schätz  bcAvahren,  allen  zu  ihm  den  eingang  of- 
fen halten,  das  niedergelegte  gut  Avächst  wie  die  Avabe 
und  Avird  ein  hehres  denkmal  des  volks,  dessen  Ver- 
gangenheit und  gegenwart  in  ihm  sich  verknüpfen. 

Die  spräche  ist  allen  bekannt  und  ein  geheimnis.  wie 
sie  den  gelehrten  mächtig  anzieht,  hat  sie  auch  der 
menge  natürliche  lust  und  neigung. eingepflanzt.  'Avie 
heiszt  doch  das  AA'ort,  dessen  ich  mich  nicht  mehr  recht 
erinnern  kann  ?'  'der  mann  führt  ein  seltsames  Avort  im 
munde,  AA^as  mag  es  eigenthch  sagen  AA'oUen?'  'zu  dem 
ausdruck  musz  noch  es  bessere  beispiele  geben,  lasz  uns 
nachschlagen.' 

Diese  neigung  kommt  dem  Verständnis  auf  halbem 
Avege  entgegen,  das  Avörlerbuch  braucht  gar  nicht  nach 
platter  deutliehkeit  zu  ringen  und  kann  sich  ruhig  alles 
üblichen  geräths  bedienen,  dessen  die  AA'issenschaft  so 
Avenig  als  das  handwerk  entbehrt  und  der  leser  bringt 
das  geschick  dazu  mit  oder  erAvirbt  sichs  ohne  mühe, 
fragst  du  den  schuster,  den  becker  um  elAvas,  er  ant- 
AA'ortet  dir  auch  mit  seinen  Wörtern  und  es  bedarf  Ave- 
nig  oder  keiner  deutung. 

Auch  ist  gar  keine  noth,  dasz  allen  alles  verständlich, 
dasz  jedem  jedes  Avort  erklärt  sei,  ergehe  an  demunver- 
standnen  vorüber  und  Avird  es  das  nächstemal  vielleicht 
fassen,  nenne  man  ein  gutes  buch,  dessen  Verständnis 
leicht  wäre  und  nicht  einen  unergründlichen  hinter- 
grund  hätte,  das  AVörtcrhuch  insgemein  führt  so 
schAveren  stofmit  sich,  dasz  die  gelehrtesten  bei  man- 
chem versluuunen  oder  noch  nicht  rechten  bescheid 
wissen,  auf  zahllosen  stufen  dürfen  auch  die  andern 
leser  hei  seile  lassen,  was  ihres  Vermögens  nicht  ist, 
in  ihren  gesichtskreis  nicht  rällt  oder  A\'as  selbst  sie  ab- 
stöszt.  leser  jedes  Standes  und  allers  sollen  auf  den 
unabsehbaren  strecken  der  spräche  nach  bienenAveise 
nur  in  die  kräuler  und  blumen  sich  niederlassen,  zu 
denen  ihr  hang  sie  führt  und  die  iiinen  behagen. 

Einen  häufen  bücher  mit  ühelerfundenen  titeln  gibt 
es,  die  hausieren  gehn  und  das  bunlestc  und  unver- 
daulichste gcmisch  des  njanigfalten  Avisscns  feil  tragen, 
fände  hei  den  leuten  die  einfache  kost  der  heimischen 


XIII 


XIV 


spräche  eingang,  so  könnte  das  Wörterbuch  zum  haus- 
bedarf,  und  mit  verlangen,  oft  mit  andacht  gelesen  wer- 
den, warum  sollte  sich  nicht  der  vater  ein  paar  Wör- 
ter ausheben  und  sie  abends  mit  den  knaben  durchge- 
hend zugleich  ihre  sprachgabe  prüfen  und  die  eigne 
anfrischen?  die  mutier  würde  gern  zuhören,  frauen, 
mit  ihrem  gesunden  mutterwitz  und  im  gedächlnis  gute 
Sprüche  bewahrend,  tragen  oft  wahre  begierde  ihr  un- 
verdorbnes Sprachgefühl  zu  üben,  vor  die  kisten  und 
kästen  zu  treten,  aus  denen  wie  gefaltete  leinwand  lau- 
tere Wörter  ihnen  entgegen  quellen :  ein  wort,  ein  reim 
führt  dann  auf  andere  und  sie  kehren  öfter  zurück  und 
heben  den  deckel  von  neuem,  man  darf  nur  nicht  die 
fesselnde  gewalt  eines  nachhaltigen  füUhorns,  wie  man 
das  Wörterbuch  zu  nennen  pflegt,  und  den  dienst,  den 
es  thut  vergleichen  mit  dem  ärmhchen  eines  dürren 
handlexicons,  das  ein  paarmal  im  jähr  aus  dem  staub 
unter  der  bank  hervor  gelangt  wird,  um  den  streit  zu 
schUchten,  welche  von  zwei  schlechten  Schreibungen 
den  Vorzug  verdiene  oder  die  steife  Verdeutschung  eines 
geläufigen  fremden  ausdrucks  aufzutreiben. 

Wer  mag  berechnen,  welchen  nutzen  das  Wörter- 
buch dadurch  stiftet,  dasz  es  unvermerkt  gegenüber 
denen,  die  sich  mit  fremden  sprachen  brüsten,  eine 
lebhaftere  empfindung  für  den  werth,  häufig  die  Über- 
legenheit der  eigenen  einflöszt,  und  die  vorläge  an- 
schaulicher beispiele,  ganz  abgesehn  von  dem,  was  sie 
beweisen  sollen,  hebe  zu  der  einheimischen  litera- 
tur  stärker  weckt,  im  hohen  alterthum  half  dem  ge- 
dächtnis  das  hersagen  gebundner  lieder  und  bewahrte 
damit  zugleich  auch  die  spräche,  bei  Völkern,  die  keine 
oder  eine  dürftige  hteratur  erzeugten,  musten  sprach- 
formen, Wörter  und  ausdrucksweisen  aus  mangel  an 
Wiederholung  in  Vergessenheit  sinken ;  d^n  verfall  reich- 
gewesener sprachen  in  arme  mundarten  lehrt  ein  sol- 
cher abgang  lebendiger  übung  begreifen,  den  glänz 
der  alten  sprachen  haben  dichtkunst  und  werke  des 
geistes  empor  getragen  und  erhalten ;  wesentlich  schei- 
nen die  Wörterbücher  auf  gesicherte  dauer  der  neue- 
ren sprachen  einzuwirken,  ein  grund  mehr  ihnen  Vor- 
schub zu  leisten,  schützen  sie  nicht  alle  Wörter,  so  hal- 
ten sie  doch  die  mehrzahl  aufrecht ;  wenige  loser  eines 
Wörterbuchs  werden  in  abrede  stellen,  wie  viel  einzel- 
nes sie  ihm  zu  danken  haben,  die  lebendigste  Überliefe- 
rung erfolgt  freilich  von  munde  zu  munde  und  nach 
Verschiedenheit  der  landschaften  ist  einmenschenschlag 
rühriger  und  sprachgewandter  als  der  andere,  durch 
ausgestreuten  saraen  können  aber  auch  verödete  Auren 
wieder  urbar  werden. 

Sprachforschung  wird  durch  jedwede  den  denkmä- 
lern  zugewandte  aufmerksamkeit  und  Sorgfalt  gefördert 
und  ergeht  sich  auf  uiicrmeszlichem  fehle,  es  scheint 
sogar,  je  mehr  sie  sich  alle  ihre  mittel  selbst  bereite 
und  zutrage,  dasz  sie  desto  eigenthümliciier  auftreten 
möge,  doch  unverliällnismäszig  den  grüszten  beistand 
gewälirt  ihr  das  Wörterbuch,  von  dem  an  genau  be- 
stimmter stelle  alle  Wörter  in  so  geordnetem  übi'r!)lick 
dargeboten  werden,  wie  ihn  jener  noch  unbeholfne 
lleisz,  und  sei  es  der  unermüdlichste,  nimmer  zu  wcge 
bringt,  das  Wörterbuch  gleicht  einem  gerüsteten  schlag- 
fertigen beer,  mit  welchem  wunder  ausgerichtet  wer- 
den und  wogegen  die  ausgesucijteste  streilkrafl  im  ein- 


zelnen nichts  vermag,  ich  habe  dies  an  meinem  bei- 
spiel  selbst  erfahren,  als  ich  die  alte  grammatik  noch 
ohne  beistand  eines  Wörterbuchs  aufzubauen  trachtete 
und  gewahre  jetzt  bei  voller  und  alphabetischer  aus- 
arbeitung  der  neuen  spräche,  wie  allein  durch  feslge- 
haltuen  schritt  und  regelmäszigen  gang  die  abgele- 
gensten stellen  erreicht  und  besetzt  werden,  an  de- 
nen sonst  vorüber  gegangen  würde,  einem  uhrwerke 
gleich  läszt  sich  das  Wörterbuch  für  den  gebrauch  des 
gemeinen  mannes  nur  mit  derselben  genauigkeit  ein- 
richten, die  auch  der  astronom  begehrt,  und  wenn  es 
überhaupt  nutzen  soll,  gibt  es  kein  anderes  als  ein  wis- 
senschafthches. 

3.  Bisher  sind  begrif  und  bedeutung  eines  Wörter- 
buchs in  so  allgemeiner  weise  erwogen  worden,  dasz 
die  ergebnisse  auf  alle  sprachen  anwendbar  scheinen ; 
jetzt  soll  die  frage  aufgeworfen  werden  nach  einem 
deutschen  Wörterbuch. 

Sein  gebiet  und  umfang  folgen  aus  dem  der  deut- 
schen spräche  selbst,  obwol  nun  mit  dieser  benen- 
nung  treflend  alle  stammverwandten,  auf  unsere  [)iuda 
bezüghchen  und  ihr  angehörigen  sprachen  ausgezeich- 
net werden  können,  schickhcher  als  mit  dem  uns  aus 
der  fremde  her  zugegangnen  namen  der  germanischen 
(wie  denn  auch  der  eingeführte  ausdruck  indoger- 
manische sprachen  vollends  unpassend  erscheint) ;  so 
pflegt  dennoch  die  Vorstellung  sich  zu  verengen,  man 
scheidet  von  der  deutschen  spräche  zuvorderst  sowol 
den  alten  gothischen  stamm  aus,  als  den  nordischen 
oder  scandinavischen,  so  dasz  gleichwol  die  friesische, 
niederländische,  altsächsische  und  angelsächsische  noch 
der  deutschen  spräche  in  engerm  sinn  zufallen,  wie 
denn  auch  Friesen,  Niederländer  und  selbst  Engländer 
bis  auf  heute  ein  deutsches  element  sich  beilegen,  im 
engsten  sinn  aber  schränkt  sich  der  name  auf  die  poli- 
tisch vereint  gebliebncn  Deutschen  ein,  wie  sie  den  Fran- 
zosen Allemands  hciszcn,  was  nicht  mehr  auf  Nieder- 
länder oder  Engländer  erstreckbar  ist.  dem  zuerst  von 
den  Römern  aufgebraciilen  unterschied  einer  Germania 
superior  und  inferior  entspricht  nur  einigermaszcn  die 
sonderung  in  Ilochdculsche  und  Niederdeutsche,  wei- 
chen beiden  auf  die  ehrenvolle  benennung  der  Deut- 
schen gleicher  an>-pruch  zusteht. 

Zwischen  hochdeutscher  und  niederdeutscher  sprä- 
che macht  einen  wesenthchen  unterschied  die  lautver- 
schiebung,  dergestalt  dasz  in  diesem  bezug  die  nieder- 
deutsche allen  vorhin  ausgeschlossenen  zungen  beitritt, 
die  hochdeutsche  von  jeder  derselben  absteht,  ganz 
wie  die  Gothen,  Scandinaven,  Friesen,  Sachsen  gegen- 
über den  uns  ferner  liegenden  dennoch  urverwandten 
sprachen  die  iautreihc  ihrer  slunnnen  consonanten  ver- 
schoben, gerade  so  verschieben  nochmals  gegenüber 
diesen  andern  Deutschen  die  Hochdeutschen,  die  nie- 
derdeutsche mundart,  in  vielen  andern  hinsichten  der 
hochdeutschen  sehr  nahe  tretend,  enlfernt  aufliillend 
sich  von  ihr  durch  diese  laulverschiebuiig  und  bleibt 
dem  älteren  gleise  treu,  aus  welchem  die  hochdeuLsche, 
sicher  doch  nicht  ohne  zureichenden  grund  gewichen 
war,  da  das  zweite  lantverschieben  dem  ersten  vcdl- 
kominen  analog  erfolgte  und  durch  es  ein  liefer,  inner«'r 
sprachlrieb  erst  seine  befriedigung  eniplieiig.  weil  nun 
aber  um  vieler  zusammentreirender   Ursachen  wUleu 


XV 


XVI 


eben  dieser  character  der  zweiten  Verschiebung,  d.  h. 
der  hochdeutsche  unter  uns  in  hteratur  wie  dichtkunst 
der  herschende,  tonangebende  ward,  gebührt  ihm  in 
vorwaltendem  sinn  der  name  des  deutschen,  und  wenn 
heutzutage  im  gegensatz  zu  französischer,  ilahenischer, 
enghscher  von  deutscher  spräche  die  rede  ist,  kann 
darunter  nicht  mehr  die  niederdeutsche  mundart  ver- 
standen werden. 

Diese  jetzt  allgeläufigen,  für  unsere  grammatik  ent- 
scheidenden Verhältnisse  hindern,  wie  jedermann  ein- 
sieht, niederdeutsche  Wörter  in  ein  deutsches  Wörter- 
buch aufzunehmen;  sie  würden  sich  eher  in  ein  nie- 
derländisches, englisches  oder  gar  dänisches  fügen, 
deep  läszt  sich  nicht  stellen  neben  tief,  dal,  dag  nicht 
neben  thal,  tag  und  to,  tunge  nicht  neben  zu,  zunge ; 
ebenso  abweichend  von  einander  sind,  wenn  auch  die 
anlaute  treffen,  die  in-  und  auslaute:  gripen  greifen, 
maken  machen,  meten  messen,  up  auf,  slaap  schlaf, 
ik  ich,  rik  reich,  dat  das,  bet  bis,  kort  kurz,  wo  sich 
die  stummen  anlaute  begegnen,  ist  auf  der  einen  oder 
andern  seite  der  Organismus  verletzt,  z.  b.  in  deef  dieb 
das  niederdeutsche  d  aus  th  entsprungen,  wie  engl,  thief 
lehrt,  oder  in  breit  breed  unser  b  an  die  stelle  von 
p  getreten,  nicht  weniger  weichen  auch  die  vocale 
in  den  meisten  fällen  ab.  unausführbar  wäre,  alle 
diese  Wörter  an  der  hochdeutschen  stelle,  oder  an  ver- 
schiednen  doppelt  einzutragen,  der  hochdeutsche  grund 
würde  ganz  davon  gestört  und  getrübt  werden  und  wie 
sollte  man  es  mit  solchen  ausdrücken  halten,  die  der 
niederdeutschen  mundart  ausschheszlich  eigen,  unsrer 
hochdeutschen  fremd  gebUeben  sind?  Aus  allem  die- 
sem hüte  man  sich  ein  ungünstiges  urtheil  über  die 
niederdeutsche  spräche  oder  ihre  lautverhältnisse  zu 
ziehen,  die  nicht  selten  reiner  und  dem  höhern  alter- 
thum  gemäszer  sind,  als  die  hochdeutschen,  dasz  sie 
dem  dichter  sich  immer  noch  nicht  versage,  haben 
mehrfache  versuche,  so  eben  noch  Groths  quikborn 
dargethan.  Sie  bedarf  eines  eignen,  selbständigen  Wör- 
terbuchs, wie  es  ein  ausgezeichneter  kenner  nieder- 
deutscher mundarten,  Kosegarten  zu  Greifswald  ver- 
heiszen  und  bereitet  hat,  für  welches  Köxe  in  Münster, 
WoESTE  in  Iserlohn  wichtige  beitrage  liefern  könnten, 
überhaupt  aber  ist  die  ganze  art  und  weise  dieser  sprä- 
che doch  nur  idiotisch,  den  rang  oder  die  Wirkung  einer 
lebendigen  Schriftsprache  darf  sie  nicht  mehr  anspre- 
chen, seit  das  hochdeutsche  überall  in  ihre  heimat  vor- 
gedrungen und  auch  mit  der  gegenwärtigen  bildung 
des  niederdeutschen  volks  unzertrennlich  schon  ver- 
wachsen ist.  .  Eine  andere  richtung  gewonnen  hätte 
offenbar  das  niederdeutsche,  wenn  es  mit  dem  unmit- 
telbar angrenzenden  niederländischen  näher  zusammen 
gegangen  wäre,  was  auch  diesem  zu  groszem  vortheil 
ausgeschlagen  sein  würde,  eine  solchergestalt  vom 
nordmcer  an  durch  ganz  Nicderland  erstreckte,  am  Nie- 
derrhein, an  Weser  und  Elbe  herschende,  längs  der 
ostseeküste  bis  nach  Livland  reichende  fast  gleiciiartig 
beschaffene  spräche  halte  dann  der  hochdeutschen  das 
gegengewicht  hallen  tuid  die  grundlage  einer  bedeut- 
samen literalur  abgeben  können,  die  sich  jetzt  nur  in 
den  Niederlanden  wahrhaft  erzengt  und  verfeinert  hat. 
es  versteht  sich  beinahe  von  selbst,  dasz  das  deutsche 
Wörterbuch  unter  allen  auszerhalb  seinem  gebiet  lie- 


genden sprachen  zu  allernächst  auf  diese  niederländi- 
sche sein  augenmerk  richten  muste,  die  bereits  im 
mittelalter  dem  mittelhochdeutsch  zur  seite  tritt  und 
bis  auf  heute  manche  uns  vorenthalten  gebliebne  gunst 
erfahren  hat,  auch  in  einzelnen  lauteigenheiten,  zu- 
mal des  vocalismus  von  dem  übrigen  niederdeutsch  ab- 
geht und  sich  hochdeutscher  weise  nähert. 

Deutsch  ist  demnach  nichts  als  hochdeutsch,  wie  es 
von  frühster  zeit  an  vorzugsweise  zur  seite  der  über- 
rheinischen Franken  sich  hervorthat  unter  den  Alaman- 
nen  (was  den  uns  dort  zu  theil  gewordnen  allgemei- 
nen namen  erklärt  und  rechtfertigt),  unter  den  Baiern, 
Thüringen,  Hessen,  so  wie  den  diesseitigen  Franken, 
und  insgemein  das  merkmal  der  zweiten  lautverschie- 
bung  an  sich  trägt,  bei  dem  worte  hochdeutsch 
selbst  sollen  nähere  stellen  über  sein  erstes  vorkom- 
men und  den  sinn,  den  man  mit  einem  'höher  reden 
und  schreiben'  des  deutschen  verband,  mitgetheilt  wer- 
den, die  gesamte  althochdeutsche  und  mittelhochdeut- 
sche dichtung  und  spräche  ist  wesentlich  alemannisch 
(hier  gleichviel  mit  schwäbisch),  bairisch  und  fränkisch, 
welche  drei  nationen  im  reich  vorangehen  und  erst  all- 
mähch,  mit  noch  sichtbarem  sträuben,  die  später  be- 
kehrten Sachsen  zur  theilnahme  lassen,  was  nicht  ein- 
mal durch  die  ruhmvolle  zeit  der  sächsischen  könige 
ausgeglichen  wurde.  Wie  nun  bei  den  Niederdeutschen 
die  sächsische,  westfälische  und  engrische  mundart  und 
noch  manch  andrer  bestandtheil  unterschieden  werden 
musz  ;  sticht  auch  unter  den  Hochdeutschen  die  schwä- 
bische von  der  bairischöstreichischen,  rheinfränkischen 
und  hessischthüringischen  ab,  doch  so,  dasz  die  denk- 
mäler  der  letzteren  gegenüber  den  schwäbischbairi- 
schen  nur  arm  erscheinen  und  erst  seitdem  dreizehnten 
Jahrhundert  sich  zu  erzeigen  beginnen,  nur  musz  man 
sich  enthalten  für  diesen  zwar  noch  hochdeutschen,  aber 
einzelne  Übergänge  zu  dem  anstoszenden  sächsischen 
kundgebenden  dialect  die  benennung  mitteldeutsch  zu 
verwenden,  da  sie  sich  mit  dem  mittelhochdeutsch  ver- 
wirrt, und  gar  kein  bedürfnis  obwaltet,  die  hinreichen- 
den örtlichen  namen  noch  als  ein  oberdeutsch,  süd- 
deutsch, westdeutsch  oder  mitteldeutsch  zu  bezeich- 
nen, wichtigste  eigenheit  dieses  dialects,  der  sich  aus 
Hessen  und  Thüringen,  so  viel  gewiesen  worden  ist, 
durch  Meiszen,  Schlesien  und  die  Lausitz  in  die  an  der 
Ostsee  bis  nach  Preuszen  geschriebne  spräche  (denn  die 
Volkssprache  ist  dort  niederdeutsch)  fortzieht,  tritt  her- 
vor an  einer  nachtheiligen  Verengung  der  reinhochdeut- 
schen diphthonge,  welche  sich  dem  niederdeutschen 
lautsystem  nähert.  Da  nun  Luther,  dessen  geistige 
handhabung  der  deutschen  spräche  so  mächtigen  ein- 
flusz  gewann,  aus  Thüringen  gebürtig  war,  und  seit 
der  reformation  die  kraft  der  deutschen  bildung  aus 
Ostreich  und  Baiern  (weniger  aus  Schwaben  und  dem 
Südwesten)  weg,  nach  der  mitte  und  dem  norden 
Deutschlands  zog,  so  erklärt  sich  hierdurch  nicht  nur 
die  Unmöglichkeit  für  die  niederdeutsche  mundart,  sich 
als  geistige  Schriftsprache  zu  behaupten,  sondern  aucli 
das  herabsinken  der  bairischöstreichischen  zum  roh 
werdenden  volksdialecl,  während  die  schwäbisch- 
schweizerische  nalur  sich  ungleich  länger  in  poosie 
und  lileratur  aufrecht  erhielt,  offenbar  auch  stimmt 
jene  Weichheit  der  thüringischen  mundart  und  die  ab- 


XVII 


xvni 


Wesenheit  reinhochdeulscher  diphthonge  aus  ihr  zu 
den  meisten  eigenheiten  der  lutherischen  spräche,  die 
darum  auch  in  Norddeutschland  leichteren  eingang 
fand.  Will  man  weiter  gehn,  so  kann  zugestanden  wer- 
den, dasz  manche  Verfeinerung  des  hochdeutschen  da- 
mit zusammenhängt,  dasz  Obersachsen  wiege  und 
hauptsilz  der  reformation  war,  und  hat  Adelog  grund 
den  meisznischen  dialect  zu  erheben,  so  musz  er  hierin 
gesucht  werden,  bemerkenswerth  lautet  schon  eine 
stelle  in  Conrad  Gesxers  vorrede  zu  Pictowus  :  sunt 
qui  tractui  circa  Lipsiam  elegantioris  sermonis,  quo 
Lutherus  etiam  libros  suos  condiderit,  primas  deferant ; 
die  allgemeine  roheit  des  1 7  jh.  hat  durchweg  in  ganz 
Deutschland  gute  spracheigenheiten  verwischt  und  aus- 
getilgt, damals  übten  blosz  die  schlesischen  dichter 
und  Fleming,  zuletzt  auch  Christian  Weise  einen  bes- 
seren einflusz,  woran  unmittelbar  im  folgenden  jh.  Gel- 
LERT  und  Rabener  sich  schlieszen ;  ein  weit  tieferer 
und  zu  gröszerem  heil  ist  hernach,  mit  völliger  wie- 
deraufliebung  des  obersächsischen  tons,  von  Lessixg 
und  Klopstock,  dann  aber  von  Wieland,  Schiller  und 
GöTHE  ausgegangen,  kein  einziger  Schriftsteller  in  Ost- 
reich und  Baiern  hat  in  diesen  beiden  Jahrhunderten 
bedeutung,  denn  wer  wollte  Bälde  (dazu  einen  ge- 
bornen  Elsäszer)  oder  Megerle  anschlagen? 

Fürs  deutsche  Wörterbuch  behauptet  die  kenntnis 
aller  hochdeutschen  volksmundarten  hohen  werth,  und 
ich  musz  sogleich  zum  lobe  der  Baiern  hinzusetzen, 
dasz  kein  andrer  unsrer  stamme  ein  Wörterbuch  auf- 
zuweisen hat,  das  dem  von  Schmeller  irgend  gleich- 
käme, so  meisterhaft  ist  hier  die  spräche  selbst  und 
ihr  lebendiger  Zusammenhang  mit  sitten  und  brauchen 
dargestellt,  und  doch  hat  der  letzte  band  bedauerliche 
kürzung  erfahren,  weil  der  Verleger  bedenken  trug  das 
volle  werk  fertig  zu  drucken  ;  möge  jetzt  von  des  Ver- 
fassers hinterlassenschaft,  worunter  sich  auch  zur  zwei- 
ten ausgäbe  des  Wörterbuchs  der  reichste  stof  ausgear- 
beitet findet,  nichts  vorenthalten  werden.  Stalders 
schweizerisches  idioticon  würde  eine  trefliche  arbeit 
heiszen,  wäre  nicht  die  von  Schmeller  ihr  nachge- 
folgt, mit  dessen  gelehrsamkeit  und  Sprachtalent  der 
Luzerner  sich  eben  so  wenig  messen  darf,  als  an  reich- 
thum  und  gehalt  die  bairische  Volkssprache  mit  der 
schweizerischen,  diese  ist  mehr  als  bloszer  dialect, 
wie  es  schon  aus  der  freiheit  des  volks  sich  begreifen 
läszt ;  noch  nie  hat  sie  sich  des  rechtes  begeben  selb- 
ständig aufzutreten  und  in  die  Schriftsprache  einzudie- 
szen,  die  freilich  aus  dem  übrigen  Deutschland  mäch- 
tiger zu  ihr  vordringt,  von  jeher  sind  aus  der  Schweiz 
wirksame  bücher  hervor  gegangen,  denen  ein  Iheil  ih- 
res reizes  schwände,  wenn  die  leisere  oder  stärkere 
zulhat  ans  der  heimischen  spräche  fehlte ;  einem  leben- 
den Schriftsteller,  bei  dem  sie  entschieden  vorwallet, 
Jeremias  Gotthelp  (Bitzics)  kommen  an  Sprachgewalt 
und  eindruck  in  der  leseweit  heute  wenig  andre  gleich, 
in  den  folgenden  bänden  des  Wörterbuchs  wird  man 
ihn  öfter  zugezogen  finden  und  es  ist  zu  wünschen,  dasz 
seine  kräftige  ausdrucksweise  dadurch  weitere  Verbrei- 
tung erlange,  auch  der  elsäszischen,  alemannischen 
oder  srhwäbischcii  Volkssprache,  wie  vorzüglich  Hebel 
dargethan  hat,  steht  des  lieblichen  und  wolgefälligcn 
noch  viel  zu  gebot,    von  allen  diesen  volksmundarten 


kann  jedoch  nicht  unmittelbar,  das  heiszt  ohne  aus- 
gleichung  ihres  abstandes  im  laut,  mit  dem  oft  auch 
ein  theil  ihrer  anmut  vergeht,  erborgt  werden. 

4.  Wir  haben  gesehen,  welche  einschränkung  dem 
räume  nach  der  begrif  eines  deutschen  Wörterbuchs 
erleidet ;  fragt  es  sich,  wie  ihm  in  der  zeit  seine  grenze 
zu  stecken  sei? 

Die  hochdeutsche  spräche  zerfällt  in  drei  perioden. 
zur  althochdeutschen  rechnen  wir  ihre  frühsten  denk- 
mäler  ungefähr  vom  siebenten  bis  zum  eüften  Jahrhun- 
dert, zur  mittelhochdeutschen  die  vom  zwölften  bis  in 
die  mitte  des  fünfzehnten ;  es  ist  nothwendig  beide  un- 
tereinander wie  von  dem  neuhochdeutschen  zu  sondern, 
weil  die  formen  der  althochdeutschen  spräche  voller  und 
edler  als  die  der  mittelhochdeutschen  sind,  diese  aber  an 
reinheit  die  unsrigen  weit  übertreffen,  blosz  der  Über- 
gang vom  alt-  zum  mittelhochdeutschen  kann  hin  und 
wieder  schwanken  und  zweifelhaft  sein,  durch  Scha- 
des  entdeckungen  lernen  wir  jetzt  viele  strophische  ge- 
dichte  kennen,  deren  einiger  erste  abfassung  vielleicht 
noch  über  das  zwölfte  Jahrhundert  hinaus  in  das  eilfte 
zu  setzen  ist;  jedenfalls  füllt  sich,  wie  schon  aus  an- 
dern gründen  zu  entnehmen  war,  die  im  eilflen  bisher 
angenommene  leere  allmähch  aus.  Dasz  bald  nach 
1450  mit  erfindung  der  druckerei  eine  neue  weit  in 
den  Wissenschaften  anhebt,  bedarf  keiner  ausfuhrung. 
erst  mit  dem  jähr  1500,  oder  noch  etwas  später  mit 
Luthers  auftritt  den  nhd.  Zeitraum  anzuheben  ist  un- 
zulässig, und  Schriftsteller  wie  Steinhö\n*el,  Albrecht 
VON  EiB,  NicLAS  VON  WiLE,  ja  Keisersberg,  Pauli  und 
Brant,  die  doch  schon  ganz  seine  färbe  tragen,  wür- 
den ihm  damit  entzogen,  seit  Luther  steigt  nur  die 
fülle  und  freiere  behandlung  der  hteratur. 

Auf  ahd.  ja  auf  golhische  spräche  muste  im  Wörter- 
buch oft  zurück  gegangen  werden,  um  der  ältesten  und 
vollendetesten  gestalt  eines  ausdrucks  habhaft  zu  wer- 
den, noch  häufiger  ist,  und  meist  wegen  lebendigkeit 
der  redensarten,  mhd.  beispielen  räum  gegönnt  worden, 
manchen  leser  könnte  ihrer  allzuviel  bedüuken.  viel- 
leicht wären  weniger  stellen  angezogen  worden,  wenn 
allenthalben  schon  das  mhd.  Wörterbuch  vorgelegen 
hätte;  gegenwärtig,  da  noch  dessen  gröszerer  theil 
abgeht,  in  der  ungewisheil  ob  es  einen  trcflenden  be- 
leg, wie  er  mir  zu  gebot  stand,  bringen  werd»  oder 
nicht,  zog  ich  vor  ihn  einzurücken,  in  der  folge  sol- 
len die  mhd.  anführungen  eher  sich  mindern  als  meh- 
ren; bei  der  anordnung  des  beneckischen  Wörter- 
buchs bekommt  man  viele  Wörter  nicht  zu  sehen,  be- 
vor die  reihe  ihren  stamm  trefien  wird,  und  an  weiter 
hinaus  schiebenden  verweisungoji  ist  kein  mangel.  die 
die  letzten  buchstaben  ausarbeiten,  werden  ihre  last 
bekommen,  wie  noth  mhd.  beispiele  Ihun,  sah  zuwei- 
len schon  Adelung,  ahd.  gibt  er  selten,  golliisrhc  nie. 

Die  hauplsache  aber  ist,  den  umfang  des  nhd.  ganzen 
Zeitraums  so  viel  als  möglich  zu  erschöpfen  und  dadurch 
nicht  allein  das  Verständnis  der  einzelnen  ausdrücke  zu 
ergründen,  sondern  auch  die  liebe  zu  den  vcrgesznen 
schriflslellern  dieser  zeit  wieder  anzufachen,  das  aller- 
verkehrleslc  wäre,  den  blick  vom  allerlhuin  abzuwenden 
und  das  deutsche  Wörterbuch  selbslgenügsain  auf  die 
kurze  spanne  der  gegenwart  anzuweisen,  als  könnte 
irgend  eine  zeit  aus  sich  allein  bcgriflTen  werden  und 


XIX 


XX 


des  veralteten,  auszer  brauch  gesetzten  entraten.  Schon 
GöTHE  erfordert  nicht  selten  einen  unterschied  zwi- 
schen seiner  früheren  und  späteren  ausdrucksweise 
und  bedient  sich  im  laufe  seines  langen  reichen  lebens 
allmälich  anderer  formen  und  Wörter,  man  sehe  z.  b. 
begonnle  und  begann  sp.  1297,  es  wird  aber  fortge- 
setzter aufmerksamkeit  bedürfen,  um  solche  Wahrneh- 
mungen sicher  zu  stellen,  sp.  5  führte  Luthers  adeler 
unmittelbar  zu  der  annähme,  dasz  auch  Göthe  nur  ad- 
1er  gesagt  habe,  augenblicklich  entgieng  mir,  dasz  im 
spätem  Faust  dennoch  vorkommt : 

sie  dünkt  dich  wol  sie  sei  ein  aar.  41,  40, 
und  warum  sollte  in  den  neueren  gedichten  dies  wort 
nicht  öfter  Aviederkehren  ?  aar  ist  das  schönere,  ältere, 
adler  das  zusammengesetzte,  unserm  heutigen  Sprach- 
gebrauch klingt  aber  adler  einfach  und  natürlich,  aar 
gesucht  und  gelehrt,  den  meisten  lesern  würde  nicht 
eingefallen  sein  daran  zu  denken,  dasz  uns  eins  dieser 
Wörter  geläufig  sei,  das  andere  nicht,  noch  häufiger 
als  bei  Göthe  zeigen  sich  bei  Wieland  w'örter,  die  von 
jüngeren  Schriftstellern  kaum  oder  nirgend  verwandt 
werden,  wie  viel  mehr  ist  aus  der  spräche  der  schle- 
sischen  dichter,   oder  Fischarts  heute   ausgestorben. 

Jede  spräche  steht  nicht  nur  in  ihrem  nächsten  kreis, 
es  sind  auch  noch  fernere  und  ausgedehntere  um  sie 
gezogen,  deren  einflusse  sie  sich  nicht  ganz  entzie- 
hen darf,  deren  bewustsein  sie  nicht  völlig  verloren 
hat,  wenn  es  schon  dunkler  und  schwächer  geworden 
ist,  wie  dem  gedächtnis  die  abgelegensten  dinge  ur- 
plötzlich wieder  gegenwärtig  werden,  wollte  man 
dem  sprachvermögen  sein  recht  nehmen  zurück  zu  grei- 
fen, und  nach  bedeutsamen,  durch  ihr  alterthum  feier- 
lich gewordnen  Wörtern  zu  langen,  so  wäre  das  die 
unerträglichste  beschränkung.  eine  spräche  die  auszer 
ihrem  baren  vorrat,  der  in  umlauf  ist,  keine  Sparpfen- 
nige imd  seltne  münzen  aufzuweisen  hätte,  wäre  arm- 
geschaffen;  diese  schätze  hervorzuziehen  ist  das  amt 
des  Wörterbuchs. 

Seit  uns  che  dichtungen  des  mittelalters  wieder  hei- 
misch geworden  sind  und  hinter  ihrem  rücken  Avir 
noch  eine  nachzuckende  althochdeutsche  poesie  lie- 
gen wissen,  sind  zugleich  auch  auf  einmal  alle  folgen- 
den Jahrhunderte  günstiger  angesehn,  weil  die  genaue 
künde  einer  frühen  zeit  auch  in  der  späteren  keine  lü- 
cken  leidet.  Gellert  und  Hageuorn  verstehn  wir  nicht 
ohne  Canitz  und  Günther,  diese  nicht  ohne  Opitz  und 
Fleming,  soll  die  gröszere  kraft  des  sechzehnten  Jahr- 
hunderts für  uns  verloren  sein?  Luthers  nocli  heute 
in  der  bibel  forllebende  spräche  würde  nur  unvollstän- 
dig erkannt,  wenn  sie  aus  dem  Zusammenhang  ihrer 
eignen  zeit  gerissen  wäre,  kein  deutsches  Wörterbuch 
dürfte  Fischart,  Luther,  Hans  Sachs,  Keisersberg  von 
sich  ausschlieszen,  darum  gehören  ihm  auch  die  Zeit- 
genossen dieser  männer  an,  und  vermöchte  es  nicht 
eine  solche  forderung  zu  erfüllen,  so  bliebe  es  ohne 
saft  und  gehalt. 

5.  Welche  Vorgänger  haben  wir  und  was  ist  von  ih- 
nen schon  geleistet  worden? 

Die  Vorzeit,  wie  vorhin  gezeigt  ist,  kannte  keine 
Wörterbücher,  und  eine  menge  allhochdeutsrher  glos- 
sen,  die  in  lateinischen  handschriftcn  über  die  Zeilen 
gesetzt  oder  auch  besonders  zusammengetragen  wur- 


den, sollten  nur  der  lateinischen  spräche,  gar  nicht  der 
deutschen  einen  dienst  leisten,  es  sind  nichts  als  kleine 
glossare,  vocabulare  und  nomenclatoren,  meist  nach 
den  lateinischen  Wörtern  alphabetisch  und  ungenau, 
zuweilen  auch  nach  Unterscheidung  der  gegenstände 
geordnet,  wie  z.  b.  der  von  Wackernagel  bekannt  ge- 
machte vocabularius  optimus  aus  dem  14  jh.  alle  für 
den  Sprachforscher,  sofern  sie  der  ahd.  und  mhd.  pe- 
riode  angehören,  mehr  oder  minder  werthvoll,  hegen 
auszer  unserm  unmittelbaren  bereich;  es  gibt  ihrer 
aber  auch  mehrere,  die  der  zweiten  hälfte  des  fünfzehn- 
ten jh.  und  noch  dem  beginn  des  16  anheim  fallen, 
denen  die  erleichterte  Verbreitung  durch  den  druck  zu 
statten  kam.  von  ihnen  ist  jedoch,  aus  nahe  liegenden 
gründen,  mehr  ein  zufälliger  als  vollständiger  gebrauch 
gemacht  Avorden.  sämlhch  ungemein  und  selten,  ste- 
hen sie  nur  zerstreut  in  groszen  büchersamlungen  und 
sind  bei  ihrer  unbeholfenheit  schwer  zu  gebrauchen. 
in  den  alphabetisch  eingerichteten  läszt  sich  nach  dem 
barbarischen  latein  nicht  leicht  aufschlagen  und  man 
musz  damit  beginnen,  jedes  derselben  von  anfang  bis 
zu  ende  durchzulesen,  um  zu  erfahren,  was  sie  enthal- 
ten, das  sind  aber  vorwiegend  lauter  gewöhnliche, 
sonsther  bekannte  Wörter,  deren  mundart  und  verhalt 
erst  sorgfälliger  ermittelung  bedürfen,  ich  leugne  nicht, 
dasz  im  einzelnen  manche  ausbeute  aus  ihnen  zu  ge- 
winnen sein  wird.  Lorenz  Diefenbach,  der  bereits  eins 
dieser  bücher  nach  einer  handschrift  von  1470  heraus- 
gegeben hat,  Avill  sich  das  verdienst  erwerben,  alle 
übrigen  zu  untersuchen,  zu  ordnen  und  in  genauer 
Vollständigkeit  dem  publicum  vorzulegen,  vorläufig  fin- 
det man  mangelhafte  Verzeichnisse  ihrer  ausgaben  in 
Clignetts  vorrede  zum  tcuLonistas.LXXXVIl — LXXXIX 
und  bei  -Ebert  unter  vocabularius. 

Den  funken  eines  deutschen  wöfterbuchs  zündete 
der,  welcher  unter  diesen  vocabularien  auf  den  nahe 
liegenden  gedanken  gerieth,  statt  nach  den  lateinischen 
nun  auch  nach  den  deutschen  Wörtern  alphabetisch  zu 
ordnen,  und  Diefenbach  wird  uns  sagen,  wer  der  erste 
gewesen  ist;  kaum  geschah  es  bereits  in  handschrif- 
tcn, die  dem  druck  noch  nicht  bestimmt  waren,  und 
anfangs  wird  dem  lateinischdeutschen  glossar  nur  ein 
deulschlateinisches  register  angehängt  worden  sein. 
Panzer  in  den  zusälzen  seiner  annalen  führt  unter  111. 
112.  113  einen  vocabularius  incipiens  teutonicum  ante 
lalinum  in  drei  ausgaben  ohne  druckjahr  an;  ein  vo- 
cabularium  teutonico-latinum  erschien  zu  Ilagenau 
1487,  aber  vorher  schon  1475  zu  Cöln  Gerts  van  der 
Schüren  teutonista  oder  duitschlender  in  niederrhei- 
nischclevischer  mundart,  eine  reiche  und  einsichtige 
auswahl  deutscher  Wörter,  die  noch  heule  groszen 
nutzen  leistet  und  <ler  deutschen  spräche  ihren  alpha- 
betischen auftritt  sicherte. 

Das  erste  namhafte  hochdeutsche  Wörterbuch  rührt 
von  einem  Straszburger,  doch  aus  der  Schweiz  abstam- 
menden arzt  Petrus  Dasypodiüs  (was  Ilasc  oder  Häs- 
lein  sein  wird,  bei  ihm  selbst  steht  geschrieben  114'' 
hasz,  häsziin,  347''  haas  dasypus)  und  führt  den  litel 
dictionarium  lalinogcrmaniciim,  dessen  drille  ausgäbe 
Argenlorali  per  Weiidchnuin  Uihclium  1537  in  48!> 
octavblältern  mir  vorliegt  und  sj)äter  noch  oft  aufge- 
legt wurde,    die  beiden  ersten  drucke  1535  (superiorc 


XXI 


xxu 


anno)  und  1536  müssen  sich  schnell  vergriffen  haben, 
das  dietionarium  germanicolatinum,  in  usum  et  gratiam 
germanicae  puhis  summa  dihgentia  concinnatum  be- 
ginnt erst  mitbl.  295,  ist  aber  enger  gedruckt  als  der 
vorausgehende  lateinische  theil,  und  man  thut  wol, 
immer  beide  zusammen  zu  halten,  da  ihre  fassung  ab- 
weicht, beide  theile  lassen  am  schlusz  noch  besondere, 
gleichfalls  alphabetisch  geordnete,  recht  brauchbare 
Sachverzeichnisse,  nach  art  der  alten  vocab.  rerum  fol- 
gen, in  der  vierten  ausgäbe  trat  ein  Verzeichnis  der 
rechtsausdrücke  hinzu,  obwol  nun  diese  ganze  ar- 
beit noch  den  character  eines  Schulbuchs  an  sich  trägt, 
ist  sie  doch  frisch  aus  der  elsäszischen  mundart,  wie 
der  teutonista  aus  der  niederrheinischen  geschöpft,  und 
ihr  deutschlateinischer  theil  prägte  die  nothwendigkeit 
alphabetischer  wortsamlungen  unserer  spräche  aufs  an- 
schaulichste ein. 

Unmittelbar  auf  dem  fusz  des  Dasypodius  folgte  eiu, 
es  scheint  ganz  aus  ihm  entnommnes,  nur  ärmeres, 
sonst  aber  dieselben  Verdeutschungen  enthaltendes 
dietionarium  latinogermanicum  des  Joautjes  Serrascs, 
Norimb.  1539. 

Joannes  Frisiüs,  ein  Zürcher,  hatte  nach  Rob.  Ste- 
PHAxrs  dict.  latinogallicum  ein  latinogermanicum  aus- 
gearbeitet, das  Tiguri  1541,  dann  1556,  beidemal  in 
einem  starken  folianten  herauskam,  und  weil  ihm  der 
deutsche  index  mangelt,  den  deutschen  Wörterbüchern 
nicht  kann  beigezählt  werden,  das  fühll)are  bedUrfnis 
eines  solchen  trieb  den  Josua  Maaler  oder  Pictorics 
an,  auf  Gesners  rath,  das  werk  umzugieszen  und  deutsch 
zu  verfassen  :  die  teütsch  spraach.  alle  Wörter,  namen 
und  arten  zu  reden  in  hochteütscher  spraach,  dem  ABC 
nach  ordenhch  gestellt  und  mit  gutem  latein  ganz  flei- 
szig  und  eigenhch  vertolmetscht,  dergleichen  biszhär 
nie  gesähen,  durch  Josüa  Maaler  burger  zu  Zürich. 
Tiguri  1561.  536  blätter  in  grosz  8".  ein  reich  aus- 
gestatteter schätz  von  Wörtern  und  redensarten,  aus 
der  lebenden  Schweizersprache  hervorgegangen,  in 
der  that  das  erste  walirhafle  deutsche  Wörterbuch,  das 
die  Irockenheit  des  teutonista  und  Dasypodius  verlas- 
send ein  muster  aufstellte,  wie  man  in  allen  landstri- 
chen  unsere  spräche  hätte  verzeichnen  sollen  ;  schlim- 
mes zeichen  war,  dasz  keine  weiteren  auflagen  erfolgten. 

Georg  Hemsch  :  teutsche  sprach  und  Weisheit,  thesau- 
rus  hnguae  et  sapientiae  germanicae.  pars  prima.  Augs- 
burg 1616.  1875  Seiten  in  foho,  nur  den  buchst.  G  zu 
ende  führend,  so  dasz  mindestens  noch  zwei  ähnhche 
bände  hätten  hinzu  kommen  müssen,  deren  erscheinen 
ohne  zweifei  der  ausbriich  des  dreiszigjährigen  kriegs 
hinderte,  das  überaus  lleiszige  und  lehrreiche  werk  ist 
nach  einem  tüchtigen,  allzu  überladenen  entwurf  gear- 
beitet und  erleichtert  auch  durch  ein  beigegebnes,  sich 
schon  auf  alle  buchstaben  des  alphaljets  ausdehnendes 
register  den  aufschlag  der  oft  in  einem  meer  von  bei- 
spielen  und  redensarten  schwimmenden  Wörter,  was 
deutsche  arbeilskrafl  vermöge,  geht  auch  aus  diesem 
schätzbaren  werk  unwiderlegüch  hervor. 

Just  Georg  Schottelius  ausführliche  arbeit  von  der 
teutschen  haubtsprache.  Braunschweig  1663  stellt  von 
s.  1277 — 1 150  ein  nützUches  Verzeichnis  der  deut- 
schen Stammwörter  auf. 

Der  deutschen  spräche  Stammbaum  und  fortAvachs 


oder  teutscher  Sprachschatz  durch  unermüdeten  fleisz 
in  vielen  jähren  gesamlet  von  dem  Spaten.  Nürnberg 
1691.  2672  spalten  in  4",  auszer  einem  unpaginierten, 
noch  874  spalten  oder  437  selten  enthaltenden  regi- 
ster.    der  Spate  oder  Serotinus  (vgl.  sp.  2163)  war 
Caspar  vox  Stieler,  ein  geborner  Erfurter,  und  seine 
mühsame  arbeit  konnte  bei  vielen  gebrechen,  woran 
sie  leidet,  keine  heilsame  Wirkung  hervorbringen,    sie 
ist  zwar  alphabetisch,  aber  nach  Stämmen  eingerichtet, 
denen  sogar  die   sinnverwandten,    buchstäbhch  ganz 
fremden  Wörter  angereiht  sind,  z.  b.  hinter  alt  folgen 
ur  und  natur ;  dabei  werden  die  falschesten  etv-molo- 
gien  geschmacklos  geltend  gemacht,  imd  einzelne  triebe 
tler  ableitung  oder  Zusammensetzung  unerlaubt,  ohne 
dasz  ihnen  wirkliche,  lebendige   Wörter  unterhegen, 
gehandhabt.     Reichards  bist,  der  deutschen  sprach- 
kunst,  Hamb.  1747  s.  306  wirft  dem  Stieler  vor,  >iele 
neugebackene  und  seltsame  Wörter  entweder  aus  eig- 
ner erfindung  oder  aus  den  schriflen  der  fruchtbrin- 
I  genden  gesellschaft  hingesetzt  zu  haben,    oft  aber  er- 
!  scheint  dieser  tadel  auch  unbegründet  und  genauere 
j  bekanntschafl  mit  unsern  sprachquellen  rechtfertigt  das 
'  aufgestellte,  im  ersten  anlshck  verdächtige  wort,    die 
I  beispiele  sind  nicht  reichlich  genug  und  zu  trocken  ge- 
geben, die  bedeutungen  unentwickelt  gelassen,   gleich- 
[  wol  musz  das  sorgsame,  von  reger  Vaterlandsliebe  ge- 
tragne werk  beachtet  werden  und  jenes  strengalpha- 
■  betische  vollständige  register  bietet  60000  Wörter  in 
:  so  erleichterter  übersieht  dar,  wie  sie  sonst  nirgend 
:  vorhanden  ist.    auch  hat  es  durch  die  auffassung  des 
thüringischen  dialects  noch  besondere  Wichtigkeit. 
Christoph  Er>st  Stei.>bachs  vollständiges  deutsches 
I  Wörterbuch  vel  lexicon  germanicolatinum.  Breslau  17  34 
\  in  zwei  octavbänden  von  1086  und  1134  seiten,  ge- 
I  währt  manches  löbliche  und  brauchbare,  mit  reichen 
zumal  aus  der  schlesischen  spräche  entnommnen  be- 
legen, von  den  dichtem  sind  Günther  und  I1ofma>'>s- 
waldaü  häufiger  als  Opitz  und  Lohe>stei>  eingetragen, 
die  Ordnung  ist  alphabetisch,  doch  nach  stammen. 

JoiiA»  Leoxhard  Frisch  (gebürtig  aus  Sulzbach  in 
Baiern)  teutsciilateinisches  Wörterbuch,  nebst  einem 
register  der  lateinischen  Wörter  (wodurch  sich  also 
das  frühere  Verhältnis  umdreht),  Berlin  1741  in  zwei 
quartanten  von  6S0  und  489  enggedruckten  seiten, 
kann  das  erste  gelehrte  deutsche  wörterbucii  heiszen, 
da  es  nicht  wie  die  vorhergehenden,  aus  der  mundart 
einer  bestimmten  gegend  gesammelt  und  wiederum 
nachgeschrieben  ist,  sondern  mit  weiter  umsiciit  ferner 
liegende  Urkunden,  Chroniken  und  gedichle  zu  rathe 
zieht  und  grüudhche,  besonnene  Wortableitungen  auf- 
stellt, es  enthält  einen  waiiren  schätz  von  früher  un- 
beachteten und  auch  später  nur  aus  ihm  zu  entneh- 
menden naciirichten,  weslialb  es  nicht  veiahete  und 
noch  heute  häufiger  gebraucht  und  nachgesehn  wer- 
den musz  als  die  folgenden,  ihm  an  fülle  des  stofs 
überlegenen  werke. 

Versuch  eines  vollslän«ügen  grammatisrhkritischen 
Wörterbuches  der  hocbdeutschen  mundart  mit  bestän- 
diger vergleichung  der  oberdeutschen,  erster  theil 
Leipzig  1774,  zweiler  1775,  dritter  1777,  vierler 
1780,  fünfter  1786,  der  name  des  Verfassers,  Johajo 
Ghri.stoph  Adelcng,  steht  nicht  einmal  auf  den  titeln, 


txai 


XXIV 


nur  am  Schlüsse  der  vorrede,  die  zweite  ausgäbe  lau- 
tet: grammatisch  kritisches  Wörterbuch  der  hochdeut- 
schen spräche  u.  s.  w.  von  Johann  Christoph  Adelung 
theil  1 — 4.  Leipzig  1793 — 1801,  fünften  odersupple- 
mentbandes  erstes  heft,  Berlin  1818,  nach  des  Verfassers 
tode  erschienen  und  nicht  weiter  fortgesetzt,  werthlos 
ist  ein  zu  Prag  1821  anonym  heraus  gekommner  anhang. 

Nach  Gottscheds  tode  ( 1766),  der  kurz  vorher  noch 
unbefriedigende  proben  eines  umfassenden  deutschen 
Wörterbuchs  hatte  ausgehen  lassen,  wurde  Adelung  da- 
für gewonnen  und  arbeitete  in  der  nächsten  zeit  daran 
unermüdlich,  man  darf  annehmen,  dasz  es  die  ganzen 
siebziger  jähre  hindurch  seine  volle  kraft  erforderte ;  die 
zweite  in  den  neunzigern  erscheinende  ausgäbe  kostete 
hernach  geringern  aufwand,  sie  steht  sogar  wegen 
mancher  durch  andere  zusätze  unaufgewognen  auslas- 
sungen  hinter  der  ersten,  und  in  der  Sprachforschung 
gilt  nicht  weiter  zu  schreiten  sondern  still  zu  stehn  fast 
einem  rückschritt  gleich. 

Die  erste  ausgäbe  nannte  der  bescheidne,  unendUcher 
mühe  sich  bewusle  mann  einen  versuch,  es  ist  nicht 
zu  verkennen,  ein  so  durchgearbeitetes  und  beharrlich 
ausgeführtes  werk  über  die  deutsche  spräche  war  noch 
nicht  vorhanden  und  konnte  des  günstigsten  eindrucks 
nicht  verfehlen,  seine  stürke  lag  in  dem  bei  aller  ent- 
haltsamkeit  durch  grosze  Ordnung  reich  aufgespei- 
cherten, jede  vorausgegangne  samliing  übertreffenden 
Wortvorrat,  dann  in  ruhiger,  umsichtiger,  mit  wolge- 
wählten  beispielen  ausgestatteter,  obschon  breiter  ent- 
faltung  der  bedeutungen.  alles  trägt  das  gepräge  einer 
ungestörten,  gleichmäszigen  arbeit,  die  bald  so  hoch 
stieg  als  sie  steigen  konnte,  und  auf  die  der  phantasie 
gar  kein  einflusz  gestattet  war. 

Die  vorher  nur  in  Stielers  register  sichtbare,  von 
Steinbach  und  Frisch  wieder  aufgeopferte  strengalpha- 
betische folge  blieb  nun  gehandhabt  und  liesz  alle  ihre 
vortheile  gewahren ;  doch  das  erste  gebot  eines  Wör- 
terbuchs, die  unparteiische  Zulassung  und  pflege  aller 
ausdrücke  muste  einer  falschen  ansieht  weichen,  die 
Adelung  von  der  natur  unserer  Schriftsprache  gefaszt 
hatte,  nur  ein  in  Obersachsen  verfeinertes  hochdeutsch, 
gleichsam  die  hofsprache  der  gelehrsamkeit,  meinte  er, 
dürfe  den  ton  anstimmen,  und  wenn  es  auch  keinqn  ein- 
zigen classischen  Schriftsteller  dafür  gebe  :  denn  selbst 
Gellert,  der  reinste  den  wir  aufweisen  können,  habe 
seine  meisznische  provinziahsmen.  aus  dem  erhabnen 
sinke  die  spräche  in  das  edle,  aus  dem  edlen  in  das  trau- 
liche, dann  aber  in  das  niedrige  und  pöbelhafte  herab ; 
das  pöbelhafte  liege  tief  unter  dem  horizont  des  Sprach- 
forschers, der  das  niedrige  nur  dem  komischen  zu  ge- 
fallen beachte :  dessen  habe  in  der  ersten  liitze  das 
Wörterbuch  noch  zu  viel  aufgenommen,  das  Wörter- 
buch sei  auch  kein  glossar  und  müsse  sparsam  tliun 
mit  veralteten  Wörtern,  manches  von  Opitz  oder  Lo- 
GAü  werde  blosz  zur  Warnung  beigebracht,  und  Lu- 
thers hibelsprache,  die  sich  erst  allmälich  der  ober- 
deutschen härte  entwunden  habe,  stehe  d(T  rcinhoch- 
deutschen  ilbersetzung  von  Michaelis  nach. 

Wie  sticht  von  solchen  gnindsälzen  die  dem  ersten 
bände  des  wörlerbuchs  angehängte  prcisschrift  Fuldas 
ab,  der  allenliialben  frische  blicke  in  den  bau  und  die 
geschichte  unserer  spräche  wirft,  dem  der  pöbel  ein 


archiv  des  alterthums  ist.  wie  muste  aber  die  dauernde 
unempfänglichkeit  Adelungs  für  den  von  ihm  voll  er- 
lebten aufschwung  deutscher  poesie  dichterisch  ge- 
stimmten zuwider  sein,  die  es  mit  ansahen,  dasz  er  auch 
die  zweite  ausgäbe  seines  Wörterbuchs  nicht  zu  be- 
reichern verstand  aus  dem  was  alle  begeisterte,  den 
lange  verhaltnen  tadel  sprach  endlich  Voss  treflend  und 
bitter  aus,  dennoch  ungerecht,  weil  ihm  die  anerken- 
nung  dessen  abgieng,  was  in  engem,  freiwillig  gesteck- 
tem befang  mit  reichem,  allen  nützendem  ertrag  ge- 
erntet worden  war.  in  der  hteratur  des  16.  17  jh.  war 
Voss  bewanderter  als  Adelung,  für  die  ältere  spräche 
läszt  beider  künde  das  meiste  zu  wünschen  übrig,  und 
übel  angebracht  scheint  die  rüge,  aus  der  für  den  rü- 
genden fast  eine  höhere  entspringen  mag.  um  ein 
beispiel  des  Schadens  anzuführen,  den  diese  unkunde 
nach  sich  zieht,  Adelung  wüste  nicht  im  nhd.  e  das 
mhd.  ß  und  e,  im  nhd.  ei  nicht  das  mhd.  i  und  ei  zu 
unterscheiden,  bei  Wörtern  also  wie  bescheren  oder 
schwellen,  wie  schleifen  und  bescheinen  sah  er  nie- 
mals auf  den  grund,  und  dieser  mangel  zieht  durchs 
ganze  buch,  das  ist  nur  (5in  gebrechen  und  an  ähnli- 
chen schlimmeren  leidet  es  oft  genug,  es  durfte  doch 
noch  manchen  windstosz  an  sich  vorüber  streichen 
lassen,  bevor  es  zu  boden  gesunken  wäre ;  es  wird 
auch  in  zukunft  noch  lange  zeit  aufrecht  stehn  blei- 
ben und  von  den  forschenden  zu  rath  gezogen  werden. 

Bald  nach  beendigung  der  zweiten  ausgäbe  Adelungs, 
und  auf  lang  gepflogne  vorarbeiten  erschien  Joachim 
Heinrich  Campes  Wörterbuch  der  deutschen  spräche, 
Braunschweig  1807 — 1811  in  fünf  quartanten.  ein 
schwerfälliges,  tief  unter  dem  seines  Vorgängers  ste- 
hendes werk,  hervorgerufen  durch  die  begierde  die  bei 
Adelung  fehlenden,  jetzt  in  der  alphabetischen  anord- 
nung  leicht  erkennbaren  Wörter  nachzutragen  und 
einem  unverständigen  purismus  huldigend  alle  frem- 
den Wörter  aus  der  spräche  zu  tilgen,  bei  Adelung 
war  alles  aus  einem  gusz  und  reiflich  erwogen,  hier 
grifien  neben  Campe  selbst  noch  zwei  mitarbeiter  ver- 
schiedner  arl  und  berähigung  ein  und  strebten  in  aller 
hast  ein  Wörterbuch  anzuschwellen,  das  der  gelehr- 
samkeit entraten  konnte,  da  alle  etymologien  als  un- 
nütze spreu  verworfen  wurden,  und  die  'in  jeder  mi- 
nule  kreiszende  und  gebärende  spräche'  dem  haschen- 
den, nicht  dem  sliflemsigen  samlerfleisz  unablässigen 
Vorschub  ihat.  am  schlusz  des  fünften  bandes,  als  nach- 
gezählt wurde,  fand  sich,  dasz  Adelungs  zweite  ver- 
mehrte ausgäbe  nur  55181  artikel,  das  neue  werk 
141277  enthalte,  wozu  sich  eine  unabsehbare  reihe 
von  nachtragen  erwarten  liesz,  weil  dem  Überschlag 
zufolge  (vorr.  zu  band  1  seile  IX)  'jede  ostermesse  in 
ihren  büchern  sicher  ein  paar  lausend  Wörter  bringe, 
die  in  den  voUsländigsten  wörlerbUchern  fehlen',  ein 
glück,  dasz  diese  nachtrage  nie  erschienen  sind,  durch 
das  hauptwerk  schon  stand  die  Überschwemmung  hoch 
genug. 

In  Wahrheit  auf  die  frage  nach  dem  Zuwachs  musz 
man  antworten,  dasz  manche  der  von  Adelung  ver- 
säumten Wörter  nachgeholt  sind  und  in  dem  von  allen 
seilen  heran  geführten  schult  einzelne  gute  körnor 
stecken  können,  für  deren  alphabetische  aufstcllung 
gedankt  werden  darf;  doch  ist  weder  die  ältere  noch 


XIV 


XXVI 


die  neuste  literatur  planmäszig  und  genau  eingetragen, 
häufige  druckfehler  entstellen  die  meisten  auszüge.  die 
vortretende  masse  besteht  aber  in  nichts  als  Zusam- 
mensetzungen, und  wederum  meistens  imeigenthchen, 
deren  die  art  und  weise  unserer  spräche  zahllose  rei- 
hen bilden  laszt.  blieben  die  einem  folgenden  wort 
sich  anhängenden  partikeln  und  genitive  los  und  frei, 
wie  sie  die  ältere  syntax  betrachtet,  an  dem  platz,  den 
sie  in  der  rede  einnehmen ;  so  hätte  das  Wörterbuch 
ihrer  nur  bei  den  einfachen  Wörtern  zu  gedenken  an- 
lasz,  nicht  aber  composita  anzusetzen,  zu  denen  sie  der 
Sprachgebrauch  alknälich  verknöchert,  man  kann  den 
gen.  herzens  oder  leibes,  und  so  fast  jeden  andern,  einer 
unzahl  von  Substantiven  oder  adjectiven  voraussenden, 
mit  welchen  sie  nun  zusammengesetzt  erscheinen, 
während  in  gleicher  läge  das  lateinische  cordis  und 
corporis  stets  unangeheftet  bleibt ;  die  aufzählung  sol- 
cher Zusammensetzungen  im  Wörterbuch  zeugt  von  kei- 
nem reichthum  unserer  spräche,  blosz  von  einem  zwang, 
der  ihrer  sv-ntax  angethan  wird,  für  die  partikeln  stellt 
sich  die  sache  etwas  anders  ;  unleugbar  wäre  der  Will- 
kür thür  und  thor  eröfnet,  wenn  es  verstattet  sein  sollte, 
dasz  alle  und  jede  den  einfachen  Wörtern  in  allen  denk- 
baren bezügen  vorträten  :  die  spräche  würde  dann  einem 
unnatürlichen  bäum  gleichen,  an  dem  sich  alle  äste, 
zweige  und  blätter  nach  jeder  seite  hin  entwickelt  hät- 
ten, mit  der  analogie  ist  der  Sprachforschung  ein  weit- 
reichendes gesetz  verheben,  doch  in  den  ausnahmen 
und  abweichungen  von  ihr  bergen  sich  wiederum  re- 
geln, denen  man  gerecht  werden  soll,  die  partikel  auf 
z.  b.  vermögen  wir  vor  jedes  einen  lauten  schall  aus- 
drückende verbum  in  dem  sinn  zu  setzen,  dasz  dadurch 
ein  wecken  aus  dem  schlafe  bezeichnet  werden  soll : 
aufl)ellen  aufbimmeln  aufblasen  aufdonnern  aufgeigen 
aufläuten  aufposaunen  aufschreien  aufsingen  auftrom- 
meln auftrompeten  auftuten  und  so  weiter;  es  wird 
hinreichen  einzelne  derselben  im  Wörterbuch  mit  gu- 
ten beispielen,  die  sich  darbieten,  anzugeben  und  der 
erschöpfenden  durchführung  zu  entsagen,  denn  auch 
hier  macht  sich  ein  recht  des  Sprachgebrauchs  geltend, 
der  eine  solche  bedeutungweisUch  meidet,  wenn  be- 
reits eine  andere  mit  derselben  partikel  geläufig  ist,  wie 
aufgeigen  gewöhnlich  ausdrückt  hergeigen,  folglich  für 
aufwecken  mit  der  geige  nur  da  gesagt  werden  kann, 
wo  es  ein  bestimmter  Zusammenhang  gestattet,  eben- 
sowenig misbrauchen  läszt  sich  das  privative  aus,  wie 
sp.  821  angemerkt  ist,  und  dieselbe  vorsieht  musz  für 
alle  andern  partikeln  angewandt  werden.  Ich  behaupte 
nicht,  dasz  die  Verfasser  des  campischen  Wörterbuchs 
alle  möglichen  partikelcomposita  hinstellen  wollten, 
was  zu  den  unausführbarsten ,  fruchtlosesten  dingen 
würde  gehört  haben ;  allein  es  genügt  ihnen  für  viele 
derselben  entweder  der  baren  analogie  zu  folgen  oder 
einen  beleg  vorzuschützen ,  der  den  lebendigen  Ur- 
sprung der  Zusammensetzung  zu  bezeugen  unfähig  ist. 
um  die  vorläufig  unnütze  aufführung  von  ausdrücken 
wie  ahnäseln,  abnecken,  abnicken  u.  s.  w.,  die  seinen 
räum  einnehmen,  wird  das  Wörterbuch  niemand  nei- 
den :  nicht  alle  scheinen  unzulässig,  doch  sie  fallen 
verdrieszlich ,  solange  ihnen  die  rechte  beglaubigung 
abgeht  und  ein  groszer  theil  derselben  erregt  zweifei. 
Hinzugenommen,  dasz  Campe  auszer  dieser  sucht  der 


Vervielfachung  und  Übertreibung  aller  ableitungs  und 
Zusammensetzungstriebe  der  deutschen  spräche  einem 
unleidlichen  purismus  huldigt,  von  dem  sogleich  mehr 
gesagt  werden  soll,  dasz  er  dagegen  versäumt  hat  die 
in  unserer  literatur  zunächst  hegenden  und  gebotenen 
ergänzungen  des  adelungischen  werkes  gebührend  auf- 
zubringen, so  wird  man  sich  schwer  dazu  verstehen, 
das  seinige  für  wahrhaft  brauchbar  und  unsere  spräche 
fördernd  zu  erklären,  die  den  Wörtern  vorgesetzten 
unpractischen  zeichen  verdienen  sicher  keine  nachah- 
mung  und  tragen  nur  dazu  bei,  die  leblosigkeit,  an  der 
das  buch  ohnehin  leidet,  noch  zu  mehren. 

Der  übrigen  seit  Adelogs  zeit  erschienenen  deut- 
schen Wörterbücher,  handwörterbücher,  gesamtwör- 
terbücher  von  Moritz,  Hei>siüs,  Hetse,  Kaltschmidt 
und  wie  sie  weiter  heiszen,  ausführhch  zu  erwähnen 
ist  keine  nolh.  sie  sind  verschiedner  art  und  anläge, 
in  wolmeinender  absieht  unternommen  und  theUweise 
mit  geschick  bearbeitet ;  allein  ich  trage  bedenken,  ob 
irgend  ein  einziges  unter  ihnen  der  spräche  selbst  wah- 
ren und  dauerhaften  dienst  geleistet  halie.  sie  gehen 
darauf  aus  und  halten  für  bedürfois,  die  bisherige  errun- 
genschaft  immer  umzuschreiben,  auszuziehen  und  abzu- 
kürzen, statt  sie  zu  erhöhen  und  zu  steigern,  den  ein- 
gang  zum  Schacht  finden  sie  nicht  oder  lassen  ihn  ver- 
sanden, eine  weile  brach  zu  liegen  hätte  dem  groszen 
wortacker  besser  gethan,  als  dasz,  während  die  pflü- 
ger ausbheben,  viele  filsze  auf  seiner  Oberfläche  sich 
tummelten  und  sie  fest  traten. 

6.  Fremde  Wörter. 

Alle  sprachen,  solange  sie  gesund  sind,  haben  einen 
naturtrieb,  das  fremde  von  sich  abzuhalten  und  wo  sein 
eindrang  erfolgte,  es  wieder  auszustoszen,  wenigstens 
mit  den  heimischen  eleraenten  auszugleichen,  keine 
spräche  war  aller  entfaltungen  der  laute  mächtig  und 
den  beiseite  liegenden  weicht  sie  aus,  weil  sie  sich  da- 
durch gestört  empfindet,  dem  Hochdeutschen  ist  zu- 
wider statt  laub  und  liebe  zu  vernehmen  loof  und  leeve, 
aber  der  Niederdeutsche  hat  gegen  jene  formen  ein 
ähnliches  gefühl.  was  schon  von  den  lauten,  gilt  noch 
mehr  von  den  Worten. 

Fällt  von  ungefähr  ein  fremdes  wort  in  den  brunnen 
einer  spraclie,  so  wird  es  solange  darin  umgetrieben, 
bis  es  ihre  färbe  annimmt  und  seiner  fremden  art  zum 
trotze  wie  ein  heimisches  aussieht,  das  zeigt  sich  vor- 
zugsweise an  einer  menge  von  Ortsnamen,  aber  auch 
an  andern  Wörtern :  abenteuer ,  armbrust ,  eichhorn 
khngen  vollkommen  deutsch,  obgleich  sie  nicht  das  ge- 
ringste mit  den  Vorstellungen  abend  theuer  ann  brüst 
eiche  hörn  zu  schaflen  haben,  es  liegt  nichts  daran 
was  sie  zu  bedeuten  scheinen,  jeder  weisz  was  sie  wirk- 
hch  ausdrücken  und  unsere  klänge  werden  nicht  von 
ihnen  getrübt,  auch  echtdeutsche  aber  dunkel  ge- 
wordne ausdrücke  müssen  sich  gefallen  lassen  auf  ähn- 
liche w^eise  deutlicher,  wenn  schon  sinnlos  zu  wer- 
den, wie  aus  moltwnrf,  seit  man  es  misverstand,  maul- 
wiirf  gemacht  wurde. 

Durch  das  christenlhum,  die  lateinische  gelehrsara- 
keit  und  den  nachbarlichen  verkehr  drangen  fremde 
Wörter  haufenweise  vor.  für  einige  gab  es  gute  ja 
kühne  Verdeutschungen,  wie  taufe,  sünde,  hölle,  ostem. 
weit  mehrere  wurden  beibehalten  und  zugestutzt,  z.  b. 


XXVII 


XXVIII 


engel,  teufel,  priester,  altar,  pfeiler,  kreuz,  nalur,  körper, 
fenster ;  aus  pyrethrura  ward  bertrara,  aus  peregrinus 
pilgrim  oder  pilgrara,  aus  podagra  podagram.  die  as- 
similalion  war  dann  am  stärksten,  wenn  ihnen  auch 
unsere  eigenthilinliclie  flexion  zu  theil  wurde,  z.  b. 
den  Wörtern  schreiben  und  preisen  der  ablaut  schrieb, 
pries. 

Zur  annähme  fremder  Wörter  bewog  unser  alter- 
Ihum  nicht  nur  ihr  fesler  Zusammenhang  mit  der  Über- 
lieferung der  kirche  und  schule,  neben  einer  ins  äuge 
fallenden  Übereinkunft  der  urverwandten,  sondern  auch 
ihre  zier  und  beholfenheit,  oder  träge  Versäumnis  sich 
in  der  eignen  spräche  nach  einem  ihnen  entsprechen- 
den ausdruck  umzusehen. 

Allmälich  begann  jener  Widerwille  gegen  den  frem- 
den laut  sich  abzustumpfen  und  in  ein  pedantisches  bei- 
behalten seiner  vollen  ausspräche  umzudrehen ;  auf  die- 
sem standpunct  sank  das  gefilhl  für  die  eigne  spräche 
noch  mehr  und  den  fremden  Wörtern  wurde  der  zu- 
tritt ohne  noth  erleichtert :  man  suchte  nun  eine  ehre 
darin,  das  heimische  aufzugeben  und  das  fremde  an 
dessen  stelle  zu  setzen. 

Es  ist  pflicht  der  Sprachforschung  und  zumal  eines 
deutschen  Wörterbuchs  dem  maszlosen  und  unberech- 
tigten vordrang  des  fremden  widerstand  zu  leisten  und 
einen  unterschied  fest  zu  halten  zwischen  zwei  ganz 
von  einander  abstehenden  galtungen  ausländischer  Wör- 
ter, wenn  auch  ihre  grenze  hin  und  wieder  sich  verläuft. 

Unmögbch  wäre  die  ausschlieszung  aller  solcher, 
die  im  boden  unsrer  spräche  längst  wurzel  gefaszt  und 
aus  ihr  neue  sprossen  gelrieben  haben,  sie  sind  durch 
vielfache  ableitung  und  Zusammensetzung  mit  der  deut- 
schen rede  so  verwachsen,  dasz  wir  ihrer  nicht  ent- 
behren können,  dahin  gehören  z.  b.  die  namen  aller 
aus  der  fremde  in  das  land  geführten  thiere  und  ge- 
wächse,  für  die  es  kein  deutsches  wort  gibt,  wer  würde 
der  benennung  rose,  röschen,  viole,  veilchen  entsagen? 
dahin  fallen  die  seit  tausend  jähren  deutsch  gewordnen 
ausdrücke  wie  fenster,  kammer,  tempel,  pforle,  schule, 
kaiser,  meister,  arzl,  deren  einheimischer  name,  wenn 
er  vorhanden  war,  verschollen  oder  durch  den  frem- 
den näher  bestimmt  ist.  meistenlheils,  obgleich  nicht 
durchgehends,  wird  für  fremde  substantiva  die  bildung 
von  diminutiven  oder  die  Zusammensetzung  mit  lieh 
(minder  die  ableitung  auf  isch)  merkmal  ihrer  zulässig- 
keil  und  einbürgerung,  so  z.  b.  musten  appelit  und 
das  sehr  gut  gebildete  appetitlich  (franz.  appdlissanl) 
stehn  bleiben,  dem  nichts  anderes  genau  entspräche 
(denn  das  ahd.  lustlih  ist  veraltet)  und  schon  Mü>ster 
imd  Fischart  verwenden  sie  beide  unbedenklich  :  auch 
fehlen  sie  nicht  bei  Adelung,  wol  aber  bei  Campe  (der 
noch  lüstlich  hat). 

Dagegen  enthält  das  deutsche  Wörterbuch  sich  einer 
menge  anderer  aus  der  griechischen,  lateinischen,  fran- 
zösischen spräche  oder  sonsther  entlehnten  ausdrücke, 
deren  gebrauch  unter  uns  überhand  genommen  hat 
oder  gestallel  wurde,  ohne  dasz  sie  für  eingetrctnc  in 
unsere  spräche  gellen  können,  sie  haben  wol  versucht 
sicii  einzunisten  und  eine  stelle  zu  bcsctlzen,  die  noch 
öden  sland,  oder  aus  der  sie  sclion  ein  lieiniisrhcs  wort 
verjagten ;  doch  ist  ilmen  ungclungcn  eigentlich  sich  an- 
zubauen,   ihr  aufcnlhall  scheint  in  vielen  Hillen  gleich- 


sam ein  vorübergehender  und  man  wird,  sobald  ein- 
mal das  natürliche  wort  den  gebührenden  räum  ge- 
wonnen hat,  sie  gar  nicht  vermissen,  solche  fremde 
ausdrücke  kommen  uns  zwar  täglich  in  den  mund,  gehn 
aber  die  deutsche  rede  nichts  an,  insofern  sie  andere, 
gleichgute  bereits  besitzt  oder  die  in  ihnen  enthaltnen 
Vorstellungen  nicht  zu  bezeichnen  anstrebt,  für  wel- 
chen zweck  sollte  sie  z.  b.  die  grosze  zahl  ausländi- 
scher in  gärten  oder  treibhäuseraufgenommncrblumen- 
namen  wieder  geben?  man  beläszt  es  beim  lateinischen 
kunstwort.  andere  rücken  uns  freilich  näher,  das  le- 
ben verwendet  fremde  Wörter  in  Wissenschaft  und 
schule,  im  krieg  und  frieden,  im  gemeinen  umgang 
so  viele,  dasz  man  sich  oft  nur  mit  ihnen  leicht  ver- 
ständlich macht  und  ohne  sie  befahren  musz  misver- 
standen  zu  werden.  Wie  der  stolz  auf  unsre  eigne 
spräche,  der  ofl  noch  schlummert,  einmal  heller  wacht 
und  die  bekannlschaft  mit  allen  mittein  Avächst,  welche 
sie  selbst  uns  darreicht,  um  noch  bezeichnendere  und 
uns  angemessenere  ausdrücke  zu  gewinnen,  wird  auch 
die  anwendung  der  fremden  weichen  und  beschränkt 
werden,  so  hat  die  unzahl  der  verba  auf  ieren,  mit  de- 
nen alsobald  jeder  französische  infinitiv  deutsch  wer- 
den kann  und  die  im  vorigen  Jahrhundert  allenthalben 
unsere  rede  verunzierten,  sich  auf  viel  wenigere  zurück 
geführt  und  dasz  alle  schwänden,  wäre  auch  nicht  zu 
wünschen.  Man  darf  überhaupt  nicht  vergessen,  dasz 
es  keineswegs  die  mitte  des  volks  ist,  die  das  fremde 
in  unsere  spräche  heran  schwemmte,  vielmehr  dasz  es 
ihr  zugeführt  wurde  durch  die  dem  ausländischen  brauch 
huldigenden  fürstenhöfe ,  durch  den  steifen  und  un- 
deutschen Stil  der  behörden,  kanzleien  und  gerichte,  so 
wie  durch  das  bestreben  aller  Wissenschaften  ihre  kunst- 
ausdrücke den  fremden  zu  bequemen  oder  diesen  den 
rang  vor  jedem  eignen  wort  zu  lassen. 

Dieser  ausländorei  und  sprachmengung  soll  das  Wör- 
terbuch keinen  Vorschub,  sondern  will  ihr  allen  redli- 
chen abbruch  thun,  gellissenllich  aber  auch  die  abwege 
meiden,  auf  welche  von  unberufenen  sprachreinigern 
gelenkt  worden  ist.  ohne  an  der  schönheil  und  fülle 
unserer  spräche  selbst  wahre  freude  zu  empfinden, 
strebt  dieser  ärgerliche  purismus  das  fremde,  wo  er 
seiner  nur  gewahren  kann,  feindlich  zu  verfolgen  und 
zu  tilgen ,  mit  plumpem  hammerschlag  schmiedet  er 
seine  untauglichen  wallen,  das  was,  ihm  völlig  unbe- 
wust,  die  spräche  längst  schon  hatte,  oder  was  sie  zum 
gröszten  theil  noch  nicht  einmal  in  sich  aufzunehmen 
begehrt,  will  er  ihr  im  umgewandten  kleide  gewaltsam 
anziehen  und  einverleiben,  vor  lauter  bäumen  sieht  er 
den  wald  nicht,  ohne  sonderliche  mühe  lassen  sich 
werthlose  und  ungeweihle  zusanimenselziingen  schwei- 
szen,  deren  begrif  dem  leichten  und  ungezwungnen 
ausdruck,  den  sie  wiedergeben  sollen,  kaum  auf  halben 
weg  nahe  kommt,  und  die  doch  immer  das  doppelte 
von  buchslaben  oder  silben  dafür  aufwenden  müssen. 
Cami'k  will  lehrbole  für  aposlel,  spangenhaken  für 
agralle,  als  ob  nicht  das  einfache  hole  und  spange  aus- 
reichten; maskerade  verdeiilscht  er  durch  larvenlanz, 
da  doch  larve  selbst  fremd,  lanz  die  dorn  ausländ  wie- 
der abgewonnene  form  eines  heimischen  worlcs  ist, 
das  schlimmste  wäre,  dasz  in  maschera  und  maske 
gleichfalls  ein  deutsches  worl,  wie  es  allen  anschein 


^■^ 


XXIX 

hat,  versteckt  läge,  es  klingt,  aber  ist  nicht  deutsch, 
wenn  man  für  oper  singeschauspiel,  fürfa^ade  antlilz- 
seile  (wie  nahe  gelegen  hätte  wieder  das  einfache  stirne) 
empfehlen  hürt. 

7.  Eigennamen. 

Man  hat  ilbel  vermerkt  und  getadelt,  dasz  dies  Wör- 
terbuch die  deutschen  eigennamen  übergehe,  kein  ta- 
dcl  könnte  von  geringerer  sachkunde  zeugen,  ich  musz 
aber,  wenn  ich  mich  auf  den  gegenständ  einlasse,  die 
örtlichen  namen  von  den  persönlichen  unterscheiden. 

Namen  der  länder,  slädte,  flecken,  dörfer,  höfe, 
ströme,  fliisse,  bäche,  berge,  thäler,  gründe,  hügel, 
felder  und  wälder  gibt  es  eine  grosze  menge,  und  da 
die  samlung  tiefer  hätte  eindringen  müssen,  als  es  die 
zu  gebot  stehenden  geographischen  Wörterbücher  thun, 
so  würde  daraus  ein  belrächllicher  anwachs  des  slofs 
hervorgegangen  sein,  sicher  hat  die  kentnis  und  deu- 
lung  solcher  namen  auch  für  die  übrige  spräche  au- 
szerordentlichen  werlh,  wenn  ihnen  nicht  eine  haupt- 
schwicrigkeit  im  wege  stünde,  diese  Ortsnamen  sind 
zu  verschiednen  zeiten  entsprungen  und  manche  von 
ilmen  reichen  über  die  einwanderung  des  deutscheu 
Volks  in  unsre  gegenden  hinaus ;  fragt  es  'sich  nach 
keltischen  und  römischen  Überbleibseln  auf  deutschem 
gebiet,  so  stehn  sie  am  ersten  in  den  örtlichen  benen- 
nungen  vorzuweisen,  noch  mehr,  in  den  meisten  deut- 
schen landslrichen  liabcn  die  volksstämme  nach  ver- 
schiedenheil der  zeit  gewechselt,  die  weichenden  oder 
verdrängten  aber  wiederum  den  einzelnen  örtern  die 
eigenheit  ihrer  mundart  aufgedrückt,  hieraus  flieszt, 
dasz  die  aufzäblung  der  Ortsnamen  mit  gröszerm  erfolg 
einem  mhd.  oder  ahd.  Wörterbuch  zu  überweisen  sein 
würde,  als  einem  nhd.,  unter  dessen  Wörtern  ihre  wenn 
gleich  vielfach  erneuerten  bildungen  ein  fremdartiges 
ansehen  haben  müsten.  ist  aber  künftig  einmal,  am 
besten  in  einem  besonderen  werk,  ihre  genaue  Unter- 
suchung gediehen  und  vorgeschritten,  so  wird  das  nhd. 
Wörterbuch  erheblicheren  gewinn  daraus  zu  ziehen  im 
Stande  sein,  als  er  in  einzelnen  Tällen  jetzt  schon  gezo- 
gen werden  könnte. 

An  dem  was  wir  heute  vornaraen  der  leule  nennen, 
ist  die  nhd.  spräche  auszerordenllich  arm.  was  hätte 
geholfen,  fünfzig  oder  hundert  deutsche  namen,  einen 
traurigen  rcst  des  unendlichen  reichthums  unsrer  Vor- 
zeit hier  zu  verzeichnen?  den  fremden  und  ausländi- 
schen, grösztentlieils  biblischen,  deren  zahl  sich  unge- 
fähr ebenso  hoch  belaufen  mag,  wäre  der  eingang  ver- 
schlossen geblieben,  von  den  deutschen  selbst  gilt 
aber  wieder  die  eben  für  die  Ortsnamen  gemachte  be- 
merkung,  auch  unsere  personcnnamen  sind  aus  ver- 
schiednen Stämmen  her  erwachsen  und  verbreitet  wor- 
den und  z.  b.  Siegfried  an  andrer  stelle  als  Gustav  ent- 
sjirungen,  Conrad  an  andrer  als  F'erdinaiid ;  ihre  prü- 
fnng  fällt  auszerlialb  des  engen  kreises  eines  niid.  Wör- 
terbuchs, obwol  jünger  als  jene  am  boden  selbst  haf- 
tenden Ortsnamen,  weichen  sie  dennoch  sehr  weit  in 
die  vorzcit  zurück,  das  allertiium  zählte  sie  nicht  zu 
hundcrten,  sondern  zu  vielen  tausenden,  deren  blosze 
samlung,  wenn  sie  alle  formen  und  Verschiedenheiten 
umfassen  soll,  mehr  als  einen  band  forderte  und  erst 
aus  ihrer  Vollständigkeit  wahrhaft  belehl  werden  würde : 
sie  wird  in  einer  eignen  sandung  einmal  ungeahntes 


XXX 

licht  auf  alle  theile  und  zeiten  unserer  spräche  sprei- 
ten, ins  Wörterbuch  gehören  blosz  einige  hypokoristi- 
sche  formen  wie  Benz,  Kuuz,  Heinz,  Götz  u.  a.,  die  nä- 
her auf  die  eigentbümlicbkeit  der  heutigen  spräche  ein- 
flieszen.    alles  übrige  war  abzulehnen  geboten. 

Die  späteren  zunamen  oder  geschlechlsnamen  end- 
lich, insofern  sie  aus  gangbaren  Wörtern,  Substantiven 
oder  adjectiven  gebddet  werden,  sind  wenig  lehrreich  ; 
sehr  viele  bestehen  aber  aus  Ortsnamen,  vor  welchen 
der  Sprachgebrauch  den  persönlichen  bezug  wegliesz, 
z.  b.  Vogehveide,  Keisersberg,  Werder,  Diefenbach  be- 
zeichnen den  von  der  Vogehveide ,  vom  Keisersberg, 
von  dem  Werder,  vom  Diefenbach.  das  letzte  beispiel 
läszt  erkennen,  wie  schwer  es  fallen  würde,  solche  aus 
allen  mundarten  abstammenden  namen  in  ein  nhd.  Wör- 
terbuch einzutragen,  welchem  nur  Tiefenbach  gemäsz 
wäre,  ein  niederdeutsches  Depenbeke  fremd.  Diefen- 
bach aber  stimmt  zu  Otfrieds  spräche,  der  diaf  oder 
diof  schrieb,  im  passional  steht  tief,  es  tritt  also  reiche 
manigfaltigkeit  der  formen  ein,  auf  die  sorgfältig  acht 
zu  geben  ist. 

8.  Sprache  der  hirten,  Jäger,  Vogelsteller,  fischer 
u.  s.  w. 

Ich  bin  eifrig  allen  Wörtern  der  ältesten  stände  des 
volks  nach  gegangen,  in  der  sicher  begründeten  mei- 
nung,  dasz  sie  für  geschichte  der  spräche  und  sitte  die 
ergibigste  ausbeute  gewähren,  das  meiste  aus  dem 
hirtenleben  der  vorzeit  musz  auf  den  alpen  der  Schweiz 
und  Tirols  so  wie  auf  den  steirischen  zu  suchen  sein, 
Stalder  und  Schmeller  enthalten  schätzbare,  doch 
nicht  genügende  nachrichten ;  wer  mir  noch  andere 
zuwenden  wollte,  würde  mich  zu  lebhaftem  danke  ver- 
pflichten, auch  alle  redensarten  des  Weidmanns,  falk- 
ners und  Voglers  ziehen  an  durch  frische  und  natür- 
lichkeit  (vgl.  anfallen,  anfliegen,  antreten,  auftreiben, 
bestätigen),  sie  reichen  gleichfalls  in  hohes  alterlhum 
(vgl.  neu  für  schnee)  und  verlangen  aufmerksamste 
rücksicht ;  ärmer  scheint  die  spräche  des  fischers,  der 
etwas  von  der  stummheit  der  thiere  angenommen  hat, 
denen  er  nachstellt,  desto  lebendiger  musz  das  scbif- 
ferleben  sein,  doch  die  nhd.  mundart  bietet  nur  einen 
kleinen  vorrat  von  Wörtern  aus  seinem  kreis  an  band, 
aus  N'iederdeutscbland  und  den  Niederlanden  sind  all- 
mälich  fast  alle  Wörter  der  schiflart  entliehen  worden, 
statt  deren  unsere  frühere  zeit  manche  abweichende, 
eigene  besessen  haben  wird,  gleich  andern  niederdeut- 
schen ausdrücken  durften  aber  auch  die  meisten  see- 
männischen keinen  eingang  ins  Wörterbuch  finden,  und 
BouKiK  wird  einsehen,  dasz  mir  sein  nautisches  Wör- 
terbuch und  Nem.mchs  samlungen  wenig  oder  nichts 
halfen  ;  in  Kosegartexs  schickt  sich  dieser  vorrat  sciion 
besser.  Was  mir  von  hülfsmilteln  für  die  spräche  der 
winzer,  die  ich  gern  genau  erforscht  hätte,  zu  gebot 
stand,  erleichterte  die  darauf  gewandte  arbeit  nicht; 
zu  beklagen  ist,  dasz  auch  die  bergmannssprache,  die 
schon  seit  Georg  Agricola  und  Mathesics  reiches  ma- 
terial  darbietet,  noch  unerschöpfend  und  ohne  gelehrte 
erläutcrung,  deren  sie  bedürfte,  zusammengestellt  ist. 
Besser  gesorgt  wurde  für  die  eigcnthündichen  Wörter 
der  bienenzucht  und  des  gartenbaus,  wie  der  feldhe- 
slellung  insgemein,  die  sich  weniger  absondern  und  der 
allgemeinen  künde  unentzogcn  sintI,  was  auch  von  den 


XXXI 


XXXII 


handwerkeru  gilt,  auf  deren  spräche  schon  Adelung 
fleiszig  geachtet  hat.  Der  kochhücher  und  arzneibil- 
cher  gibt  es  von  früher  zeit  an  viele  und  darunter  für 
die  Sprachforschung  sehr  reichhaltige  und  diensamc. 
die  bunt  gemischte,  doch  manche  deutsche  bestand- 
theile  in  sich  haltende  rotwelsche  spräche  oder  die  der 
bettler,  diebe  und  gauner  hat  man  vielfach  und  in  neuer 
zeit  am  genügendsten  gesammelt ;  der  des  alten  kriegs- 
wesens  wäre  eine  besondere  Untersuchung  zu  wün- 
schen, sie  schlieszt  sich  in  manchem  an  den  alten  ritter- 
stand, aber  auch  an  die  Jäger  an. 

In  unsern  gelehrten  ständen,  als  solchen  wohnt  heute 
keine  eigenthümliche  übung  und  ausbildung  deutscher 
spräche  mehr,  die  geistliche  beredsamkeit  steht  ganz 
unter  dem  gesetz  des  allgemeinen  fortschritts  der  sprä- 
che überhaupt  und  hat  sich  selbst  in  Sprüchen  und  gc- 
sängen  ihrer  alten  kraft  meistisns  enläuszert;  doch 
dauert  unter  geistlichen  der  protestantischen  wie  ka- 
tholischen kirche  eine  löbhche  neigung  auf  die  Volks- 
sprache zu  achten  und  sie  zu  sammeln,  bei  den  rechts- 
gelehrten sind  fast  alle  spuren  einer  noch  bis  ins  15 
und  16  jh.  lebendigen,  zuletzt  in  den  formularen  und 
rhetoriken  niedergelegten  Überlieferung  der  alten,  rei- 
chen gericiitssprache  getilgt ;  die  gegenwärtige  rechts- 
sprache  erscheint  ungesund  und  saftlos,  mit  römischer 
terminologie  hart  überladen. 

Lange  zeit  hindurch  hatte  kein  andrer  stand  dem  an- 
bau  der  deutschen  spräche  stärker  angehangen  als  die 
Urzte,  sei  es,  dasz  die  heimische  benennung  der  krank- 
heiten  oder  der  heilmittel,  voraus  aller  kräuter  und 
thiere  sie  dazu  anregte ;  angenehm  fällt  es  auf,  wie 
seit  erfindung  der  druckerei  hauptsächhch  ärzte  der 
Verdeutschung  fremder  bücher  oblagen  (man  denke  an 
Steinhöwel,  Wirsung  u.  a.  ra.),  wie  Conrad  Gesner 
auf  das  deutsche  drang  und  Paracelsus  des  deutschen 
mächtig  war;  die  Verfasser  unserer  ältesten  Wörter- 
bücher waren  ärzte  oder  nalurforscher,  Dasypodius, 
IIenisch,  Steinbach  und  Frisch.  Ettner,  ein  Augsbur- 
ger arzt,  führt  in  seinen  beleibten  Schriften  mitten  in 
die  zwar  steif  und  geschmacklos  gewordne,  doch  noch 
mancher  alten  Wörter  mächtige  spräche  des  1 7  jh.  fast 
am  getreusten  ein.  heute  wie  sonst  könnten  ärzte 
durch  ihren  regen  verkehr  mit  menschen  aller  art,  von 
denen  sie  die  natürlichsten  dinge  hören,  den  umfang 
der  spräche  genau  erkunden  und  an  der  einfachen 
darstellung  des  Hippokrates  sich  ein  muster  nehmen, 
wie  man  krankheiten  für  die  kunst  und  zugleich  das  le- 
ben lehrreich  erzählen  müsse ;  doch  weisz  ich  kein  bei- 
spiel  eines  Sprachforschers  unter  ihnen  seit  den  letz- 
ten hundert  jähren,  die  durchgedrungnen  lateinisch- 
griechischen kunstwörter  hindern  sie  noch  auf  dem 
einheimischen  felde  sich  zu  bewegen  und  verleiden  es 
ihnen,  nur  die  chemie  kauderwelscht  in  latein  und 
deutsch,  aber  in  Liebigs  munde  wird  sie  sprachgewaltig. 
Den  Philosophen,  welche  sich  des  innigen  Zusammen- 
hangs der  Vorstellungen  mit  den  worlen  hewust  sind, 
liegt  es  nahe  in  das  geheimnis  der  sjjrachc  einzusenken  ; 
doch  wächst  ihnen  die  gewandtheil  mehr  von  innen 
und  haftet  zu  sehr  in  der  besonderheil  ihrer  eignen 
natur,  als  dasz  sie  des  hergebrachten  Sprachgebrauchs 
eingedenk  blieben,  von  dem  sie  unhedenkhcii  und  oft 
wieder  abweichen,    auf  ihn  unter  allen  scheint  Kant 


die  meiste  rücksicht  zu  nehmen,  dessen  lebendige  aus- 
drucksweise darum,  insofern  sie  dem  gebiet  der  deut- 
schen spräche  anheim  fällt,  das  Wörterbuch  aufzufas- 
sen nicht  unterlassen  hat. 

9.  Anslöszige  Wörter. 

Die  spräche  überhaupt  in  eine  erhabne,  edle,  trau- 
hche,  niedrige  und  pöbelhafte  zu  unterscheiden  taugt 
nicht,  und  Adelung  hat  damit  vielen  Wörtern  falsche 
gewichte  angehängt,  wie  oft  verleugnet  er  den  beruf 
eines  Sprachforschers  mit  der  wiederholten  äuszerung : 
'diese  AVörter  sind  so  niedrig,  dasz  sie  kaum  angeführt 
zu  werden  verdienen'  und  wie  mengt  er  alle  diese  ar- 
ten untereinander,  seine  definition  von  liebchen  lau- 
tet z.  b.  'ein  nur  noch  in  den  niedrigen  sprecharten  üb- 
liches wort  eine  geliebte  persou  zu  bezeichnen,  welche 
man  auszer  der  ehe  hebet',  der  mann  soll  also  aufliören 
seine  frau  liebchen  zu  heiszen.  klang  ihm  denn  nicht 
Hagedorns 

mein  liebchen  gieng  mit  mir  ins  feld 
in  den  obren  nach  ?  das  steht  in  einem  bauernhed,  und 

Göthes  .  ,       „.  .  ,     ... 

ich  wollt  ich  war  treu, 

mein  liebchen  stets  neu 
hatte  sie  kaum  erreicht,  doch  mädchen,  das  er  unter 
magd  verweist,  gilt  ihm  für  den  traulichen  ausdruck, 
mägdlein  für  den  edlen,  wer  weisz,  welches  trauliche 
wort  ihm  nicht  gemein,  welches  gemeine  ihm  nicht  nie- 
(trig  erschienen  wäre,  und  nehmen  nicht  auch  edle  Wör- 
ter wie  mensch  und  mannsbild  heule  niedrigen  sinn  an? 

Mich  hat  die  unmittelbare  anwendung  der  standes- 
verhällnisse,  wie  sie  im  altdeutschen  recht  wahrgenom- 
men werden,  auf  die  spräche  eine  einfache  trilogie  ge- 
lehrt, der  freie  mann  steht  in  der  mitte,  aus  welcher  auf 
der  einen  seile  der  edle  sich  erhebt,  auf  der  andern  der 
unfreie  herab  sinkt,  nicht  anders  steigt  aus  der  das 
volle  masz  des  natürlichen  redevermögens  darstellen- 
den freien  spräche  einerseits  die  edle,  andrerseits  die 
unfreie,  das  edle  nennen  wir  auch  das  höhere,  er- 
habne, feine ;  das  unfreie  auch  das  niedrige  (bas  lan- 
gagc),  platte,  gemeine,  bäurische,  grobe,  derbe,  die 
natürliche  spräche  ha>  in  sich  die  anläge  zu  beiden, 
dem  feinen  wie  dem  groben:  aus  der  edlen  spräche 
ist  der  grobe,  aus  der  groben  der  edle  bcstandtheil 
entfernt ;  das  grobe ,  derbe  wird  leicht  unrein  und 
schmutzig  (sordidum,  lurpe),  das  feine  geziert  und  zim- 
pferlich  (ornatum,  molle),  oder  auch  schlüpfrig  (lubri- 
cum)  erscheinen,  wir  sahen,  wie  in  der  Zusammen- 
setzung bauer  und  bastarl  auf  jede  abarl  und  das 
schlechte  angewandt  werden,  des  ausdrucks  pöbel- 
haft (plebejum)  im  sinne  von  bäurisch  sollte  man  sich 
eiillialten,  seit  das  volk  (populus)  und  das  volksmäszige 
als  mcrkmal  des  freien  erkannt  worden  ist. 

Die  natur  hat  dem  menschen  geboten  das  geschäfl 
der  Zeugung  so  wie  der  onlleernng  vor  andern  zu  ber- 
gen und  die  es  verrichtenden  theile  zu  hüllen;  was 
diese  innere  zucht  und  scheu  verletzt,  heiszt  unzüch- 
tig (obscoenum,  wahrscheinlich  von  cocnum,  also  in- 
quinalum,  spurcum).  was  man  aber  vor  den  äugen  der 
menge  meidet,  wird  man  auch  ihrem  ohr  ersparen  und 
nicht  aussprechen. 

Das  verbot  ist  jedoch  kein  absolutes,  vielmehr  da 
jene  Verrichtungen  selbst  natürlich,  ja  unerläszlich  sind 
(naturalia  non  sunt  turpia),  müssen  sie  nicht  nur  insgc- 


xxxin 


xxxiv 


heim  genannt,  sondern  dürfen  unter  umständen  auch 
Öffentlich  ausgesprochen  werden. 

Und  hier  tritt  jener  unterschied  zwischen  gezierter 
und  derber  spräche  ein.  die  derbe  ist  geneigt  sich  das 
nennen  unzüchtiger  dinge  häufig  zu  gestatten  und  kein 
blatt  vor  den  mund  zu  nehmen,  die  feine  strebt  ihm 
imd  allem,  was  darauf  nahen  oder  fernen  bezug  hat, 
auszuweichen  oder  es  verdeckend  hervorzuheben,  da- 
bei kommen  nun  alle  stufen  und  richtungen  der  sitte 
und  des  fortschritts  der  Völker  in  anschlag.  die  freie 
natur  der  griechischen  spräche  und  poesie  getraute 
sich  kühn  auch  in  das  derbe  dement  zu  greifen ;  der 
römischen  war  eine  engere  schranke  gesetzt,  lesens- 
werth  ist  ein  brief  Ciceros  (famil.  9,  22).  wie  steht 
die  unleugbare,  man  könnte  sagen  keusche  derbheit  der 
deutschen  hteratur  des  ganzen  sechzehnten  Jahrhun- 
derts ab  von  der  französischen  Schlüpfrigkeit,  von  der 
zimpferhchen  art  unserer  heutigen  feinen  weit,  die  sich 
z.  b.  scheut  ausdrücke  wie  durchfall  oder  durchlauf  in 
den  mund  zu  nehmen  und  dafür  das  fremde  diarrhöe 
lernt,  unter  welchem  der  Grieche  genau  verstand,  was 
jene  deutschen  Wörter  besagen,  ein  langer  Sprachge- 
brauch konnte  hinter  manchen  französischen  ausdrü- 
cken sogar  die  derbste  grundlage  vergessen  machen, 
2.  b.  reculer,  culbuter,  culotte;  das  ehrhche,  uralte 
wort  hose  (franz.  chausse)  unaussprechhch  zu  finden 
ist  überaus  albern. 

Soll  das  Wörterbuch  die  unzüchtigen  Wörter  in  sich 
aufnehmen  oder  sie  weglassen?  jene  handbücher,  die 
nur  fetzen  von  der  spräche  geben,  können  oder  müssen 
sich  ohne  zaudern  für  den  ausstosz  entscheiden,  der 
ihnen  selbst  den  schein  eines  Verdienstes  bereiten 
mag.  man  würde  sie  verantworthch  machen  dafür, 
dasz  sie  durch  aufnähme  dessen,  was  gleich  so  vie- 
lem andern  wegbleiben  durfte,  es  absichtUch  ausge- 
zeichnet hätten. 

Das  Wörterbuch,  will  es  seines  namens  werth  sein, 
ist  nicht  da  um  Wörter  zu  verschweigen,  sondern  um 
sie  vorzubringen,  es  unterdrückt  kein  ungefälhges 
wörtchen,  keine  einzige  wirklich  in  der  spräche  le- 
bende form,  geschweige  reihen  von  benennungen,  die 
seit  uralter  zeit  bestanden  haben,  fortbeslehu  und  dem 
was  in  der  natur  vorhanden  ist  nothwendig  beigelegt 
werden,  so  wenig  man  andere  natürliche  dinge,  die 
uns  oft  beschwerlich  fallen,  auszutilgen  vermöchte, 
darf  man  solche  ausdrücke  wegschaffen. 

Keiner  würde  daran  denken,  aus  einem  griechischen 
oder  lateinischen  Wörterbuch,  das  den  ganzen  Sprach- 
schatz befaszt,  sie  zu  entfernen  und  bei  Heinrich  Ste- 
PHAsus,  bei  FoRCELLiM  mangelt  kein  obscoenes  wort, 
dessen  man  in  den  quellen  habhaft  wurde.  Wie  in  an- 
dern strecken  des  Sprachgebiets  bricht  auch  auf  dieser 
die  entschiedenste unerwandtschaft  vor,  es  ist  auch  hier 
pemeingut  fast  aller  einschlagenden  Völker  (vgl.  sp. 
1  560  und  skr.  mih,  lat.  mejere,  mingere  mit  ags.  mt- 
pan,  wozu  goth.  maihstus,  nhd.  mist,  ags.  meox,  engl, 
mixen),  der  Sprachvergleichung  überhaupt  wie  der 
volleren  kenntnis  des  Zusammenhangs  aller  deutschen 
roundarten  untereinander  entgienge  also  durch  uner- 
laubte beschränkung  dieses  wortvorrats,  dessen  ge- 
lehrte behandlung  ohnehin  den  eindruck  seiner  Unan- 
ständigkeit mindert,    ein  erzürnter  Icser  söhnt  mit  dem 


anstöszigen  worte  sich  leichter  ans,  sobald  er  das  ent- 
sprechende lateinische  oder  griechische  daneben  findet, 
nicht  selten  auch  weicht  der  üble  sinn  des  seinem  Ur- 
sprung näher  geführten  ausdrucks  und  eine  edle  bedeu- 
tung  erzeigt  sich  als  die  frühere. 

Um  so  unerläszlicher  ist  es  im  deutschen  Wörterbuch 
auch  aller  dieser  Wörter  sich  zu  versichern,  da  sie  aus 
den  quellen  unserer  alten  spräche  geschöpft  und  von 
männem  gebraucht  sind,  die  noch  mit  festeren  ner- 
ven begabt  als  die  jetzt  redenden  vor  einem  kecken, 
derben  wort  nicht  zurück  bebten,  wenn  es  galt  dem 
was  sie  sagen  wollten  stärke  zu  verleihen,  es  ist  wahr, 
ihre  ganze  zeit  huldigte  einer  zwanglosen,  rohen,  unge- 
zierten spräche^  die  unserm  gefühl  nach  allzuoft  sich  an 
dem  schmutzigen  weidete ;  doch  wie  verstanden  es  schon 
Keisersberg,  Luther,  vor  allen  Fischart,  in  dem  eine 
griechische  ader  flosz,  das  übermasz  zu  bändigen ;  wo  es 
ihnen  aber  gelegen  war,  hielten  sie  nicht  hinterm  berge, 
auch  noch  Göthe  hat  es  wol  gefühlt,  dasz  ein  unzarter 
ausdruck,  da  wo  er  hin  gehört  nicht  erspart  sein  könne, 
es  gibt  kein  wort  in  der  spräche,  das  nicht  irgendwo 
das  beste  v\äre  und  an  seiner  rechten  stelle,  an  sich 
sind  alle  Wörter  rein  und  unschuldig,  sie  gewannen  erst 
dadurch  Zweideutigkeit,  dasz  sie  der  Sprachgebrauch 
halb  von  der  seite  ansieht  und  verdreht,  es  wäre  oft 
auch  unmöghch  spott,  witz,  zom,  Verachtung,  schelte 
und  fluch  anders  laut  werden  zu  lassen,  als  in  einem 
kühnen  wort,  das  unaufhaltsam  über  die  zunge  fährt, 
und  ein  groszes  entgienge  der  fülle  und  wechselnden 
färbung  der  komischen  kraft,  wenn  sie  nicht  frei  nach 
allen  seiten  greifen  dürfte.  Aristopha>es  hat  es  gethan, 
imd  seine  Wörter  stehn  in  den  glossaren. 

Das  Wörterbuch  ist  kein  sittenbuch,  sondern  ein  wis- 
senschafthches,  allen  zwecken  gerechtes  unternehmen, 
selbst  in  der  bibel  gebricht  es  nicht  an  Wörtern,  die  bei 
der  feinen  gesellschaft  verpönt  sind,  wer  an  nackten 
bildseulen  ein  ärgemis  nimmt  oder  an  den  nichts  aus- 
lassenden wachspraeparaten  der  anatomie,  gehe  auch 
in  diesem  sal  den  misfäUigen  Wörtern  vorüber  und  be- 
trachte die  weit  überwiegende  mehrzahl  der  andern. 

10.  Umfang  der  quellen. 

Es  ist  gesagt  worden,  dasz  das  Wörterbuch  sich  über 
die  gesamte  hochdeutsche  Schriftsprache  von  der  mitte 
des  fünfzehnten  Jahrhunderts  an  bis  auf  heute,  mit  aus- 
nähme der  eigennamen,  und  wie  sich  von  selbst  ver- 
steht des  gröszten  theils  der  unter  uns  umlaufenden 
fremdwörter  erstrecken  solle,  die  menge  der  in  vier 
Jahrhunderten  geschriebnen  und  gedruckten  bücher  ist 
aber  unerraeszhch  und  offenbar  kann  der  aufgestellte 
grundsatz  nur  zu  erkennen  geben,  dasz  keinem  der  zu- 
tritt abgeschnitten  werde,  denn  die  unmöghchkeit  alle 
oder  nur  die  meisten,  seit  dem  beginn  dieser  arbeil, 
wirkhch  vorzuführen  liegt  am  tage. 

Killend  sind  alle  diese  werke  vollständig  verzeich- 
net, nicht  einmal  den  geübtesten  kennern  bekannt,  noch 
weniger  irgendwo  zusammen  aulbewahrt,  nicht  nur 
aus  den  beiden  ersten,  auch  aus  den  letzten  Jahrhun- 
derten werden  viele  auf  reich  ausgestatteten  biblio- 
theken  gar  nicht  angotroffen.  unsere  eigne  ganz  be- 
schränkte samlung  hat  pleichwol  den  unvermeidlichen 
einflusz  üben  müssen,  dasz  die  von  ihr  selbst  darge- 
botnen,  längst  gebrauchten  und  vertrauten  ausgaben 

c 


XXXV 


XXXVI 


den  besseren  vorgezogen  wurden,  die  anderswo  zu  er- 
langen gewesen  wären,  es  hat  uns  also  verhältnismü- 
szig  nur  ein  kleiner  theil  der  ausgedehnten  deutschen 
hteralur  und  manchmal  in  unvoUkommner  ausgäbe  zu- 
gestanden. 

Alle  genutzten  und  zugezognen  werke  sind  in  einem 
beigefügten  Verzeichnis  angegeben,  das  bedürfnis  scheint 
und  dessen  mittheilung  nicht  aufgeschoben  werden 
konnte,  obgleich  fortwährend  andere  schriften  von 
neuem  hinzutreten,  ob  diese  in  den  folgenden  bänden 
jedesmal  nachzutragen  oder  nach  beendigung  des  gan- 
zen Wörterbuchs  einem  umfassenden  hauplverzeich- 
nisse  einzuverleiben  sind,  läszt  sich  gegenwärtig  noch 
nicht  bestimmen,  das  jetzt  gelieferte,  wird  vorläufig 
ausreichen,  ist  aber  dem  werke  nachlheilig,  weil,  so 
viel  darin  enthalten  sein  mag,  die  groszen  lücken  un- 
verdeckt  hervortreten,    es  war  kein  ausweg. 

Aus  manchen  der  gebrauchten  bücher  sind  aber  nur 
wenige,  aus  einigen  sogar  einzelne  stellen  entnommen 
worden,  wie  sie  sich  zufällig  oder  auch  bei  absichtli- 
chem nachschlagen  darboten.  Wie  hätte  die  ganze  an- 
zahl  der  verzeichneten  werke  vollständig  können  ge- 
lesen, ausgezogen  und  eingetragen  werden?  der  dem 
Wörterbuch  gesteckte  räum  wäre  unabsehUch  erwei- 
tert und  ausgedehnt  worden. 

Das  unthunliche  sollte  aber  auch  von  anfang  an  nicht 
gethan,  sondern  der  beabsichtigten  Vollständigkeit  in 
ganz  anderm  sinne  nachgestrebt  werden,  sie  kann 
nicht  in  einer  lästigen  und  störenden  häufung  der  stel- 
len, nur  in  der  genausten  ermittelung  aller  einzelnen 
Wörter  begründet  sein,  denen  unkarge,  doch  gewählte 
beweise  hinzutreten,  wo  sie  reich  flieszen,  aber  die 
dürftigsten  angedeihen  müssen,  wo  keine  bessere  zu 
erlangen  sind,  die  fülle  der  reichen  und  herschenden 
Wörter  soll  beleuchtet,  die  unscheinbarkeit  der  armen 
und  vergessenen  unverachtet  bleiben. 

Es  kam  darauf  an  in  jedem  Jahrhundert  die  mächtig- 
sten und  gewaltigsten  zeugen  der  spräche  zu  erfassen 
und  wenigstens  ihre  gröszten  werke  in  das  Wörterbuch 
einzutragen.  Keisersberg,  Luther,  Hans  Sachs,  Fi- 
schart, GöTHE  waren  noch  in  keinem  einzigen  nur  eini- 
germaszen,  geschweige  reichlich  ausgezogen  worden, 
sie  sind  auch  jetzo  unerschöpft,  doch  der  weg  ist  ge- 
bahnt und  gezeigt,  für  Keisersberg,  dessen  zahlreiche 
Schriften  selten  und  von  verschiednen  herausgebern 
bekannt  gemacht  worden  sind,  so  dasz  auch  noch  deren 
verfahren  manche  Unsicherheit  mit  sich  führt,  bleibt 
das  meiste  zu  thun  übrig.  Luthers  bibel  lag  unter  al- 
len quellen  am  zugänglichsten  und  Bindseils  eben 
erschienene,  leider  unvollendete  ausgäbe,  war  der 
festslellung  des  textes  günstig ;  doch  hat  sie  die  lesar- 
len  der  vor  1545  erschienenen  drucke  für  die  spräche 
ungenügend  milgetheilt ;  Luthers  übrige  schriften  hat- 
ten in  den  Wörterbüchern  fast  gar  keine  berücksichti- 
gung  gefunden.  Hans  Sachs  war  immer  nur  wenig  zu 
ralhe  gezogen  und  bietet  noch  reiche  nachlesen  dar. 
FiscHARTs  beide  für  seine  Sprachbegabung  wicliligslen 
werke,  Garganlua  und  der  bienenkorb  wurden  fleiszig 
gebraucht ;  wo  Fischart  reime  (hebtet,  ist  seinem  geisl 
eine  fessel  angelegt  und  nur  in  prosa  schwingt  er  un- 
gehemmt die  flügel.  den  vollen  gebrauch  von  Göthes 
schriften  sicherten  glücklicherweise  die  sorgfältigsten 


Vorkehrungen,  und  besser  ist,  dasz  aus  andern  vieles 
als  aus  ihm  weniges  abgehe. 

Die  gewalt  der  poesie,  die  in  jeder  spräche  das  meiste 
vermag,  sollte  das  Wörterbuch  vor  äugen  stellen,  und 
wo  man  es  aufschlage  zeigt  es  deutliche  und  abge- 
setzte verse.  das  ist  nicht  gleichgültig,  sondern  we- 
sentlich und  musz  ihm  leser  gewinnen,  denn  schon 
die  Unterbrechung  der  prosastellen  durch  gedichte,  die 
alles  verdeutlichen  und  wie  der  mond  aus  den  wölken 
treten,  ist  ein  unberechenbarer  vortheil.  auch  das  wie- 
derfinden des  früher  nachgeschlagnen  wird  dadurch 
mehr  als  man  denken  sollte  erleichtert.  Schon  Ade- 
lung und  Campe  verkannten  die  nothwendigkeit  dieser 
einrichtung  nicht,  zogen  aber  nicht  genug  gedichte  aus. 
Linde  und  Jungmann  in  ihren  musterhaft  fleiszigen  und 
reichhaltigen  polnischen  und  böhmischen  Wörterbü- 
chern erschweren  der  poesie  den  eintritt  und  lassen 
sie  wie  prosa  abdrucken.  Was  der  räum  einbüszt,  wird 
durch  die  anschauhchkeit  zehnfach  ersetzt. 

Nahe  lag  der  gedanke,  gleich  beim  beginn  der  arbeit, 
für  die  durchsieht  der  quellen  und  anfertigung  der  aus- 
züge  hülfe  zu  suchen  :  von  seilen  der  Verlagshandlung 
wurde  nichts  unterlassen,  um  sie  genugsam  herbeizu- 
schaffen und  der  entspringende  beträchtliche  kosten- 
aufwand  bereitwillig  gedeckt,  auf  diesem  Avege  sind 
sehr  schätzbare  und  in  der  that  unentbehrliche  sam- 
lungen  zu  stände  gekommen,  die  gleichwol,  ungeach- 
tet dasz  ein  genauer  plan  des  Verfahrens  entworfen  war 
und  zum  gründe  gelegt  wurde,  nach  beschan"enheit  der 
Schriftsteller  und  nach  der  ausziehenden  anstelligkeit 
oder  neigung  von  sehr  verschiednein  werthe  sein  mu- 
sten.  einige  auszüge  lieszen  fast  nichts  zu  wünschen 
übrig,  andere  machten  gröszere  oder  geringere  nach- 
hülfe nöthig.  manche  säumten  überlang  oder  blieben 
gar  aus  ;  wer  sich  mit  den  weitläufligen  und  verwickel- 
ten geschäften  eines  Wörterbuchs  befaszt  hat,  dem 
braucht  nicht  erst  gesagt  zu  werden,  wie  schwer  es 
hält  in  solchen  fällen  nachzuholen  und  den  gerissenen 
faden  wieder  anzuknüpfen. 

11.  Belege. 

Wörter  verlangen  beispiele,  die  beispiele  gewähr, 
ohne  welche  ihre  beste  kraft  verloren  gieiige.  wie 
könnten  stellen  (loci)  heiszen,  deren  stelle  ungenannt 
bhebe?  der  name  ihres  Urhebers  reicht  nicht  aus,  sie 
müssen  aufgeschlagen  werden  können ;  aus  der  Icich- 
tigkeit  dieses  nachschlagcns  entspringt  ein  groszer  reiz, 
denn  wie  genau  auch  die  belege  ausgehoben  seien,  der 
leser  hat  nicht  selten  das  bedürfnis  sie  in  ihrem  voll- 
ständigeren Zusammenhang  einzusehen  :  indem  er  wei- 
ter vordringt,  findet  er  dicht  neben  den  beigel)rachten 
ausdrücken  noch  etwas  anderes,  unmilgellieilt  geblie- 
benes, wodurch  ihm  das  versländms  vollends  erschlos- 
sen wird,  auch  in  der  olassischen  philologie  ist  es 
hergebracht  die  quelle  anzuführen,  aus  der  entnommen 
wurde,  unbelegte  citale  sind  unordentlich  zusammen- 
gerafte,  unbeglaubigte,  unbeeidete  zeugen. 

Freilich  bei  dem  besten  willen  konnten  nicht  alle  be- 
legslellen  aufgel)raclit  werden  und  es  laufen  einige  an- 
führungen  mit  unter,  denen  die  bewähriing  abgelit.  ent- 
weder halte  der  ausziehende  ein  cilat  versäumt,  oder  es 
war  abhanden  gekommen,  oder  musle  einer  ausgäbe,  die 
augenbhcklich  nicht  zu  gebot  stand,  entnommen  werden. 


XXXVII 


XXXVIII 


In  einer  ganzen  reihe  von  büchern  hat  auch  die  an- 
führung  ihre  eigne  Schwierigkeit,  nemlich  in  den  mei- 
sten des  sechzehnten  Jahrhunderts,  und  kein  anderes 
macht  sich  dem  gebrauch  so  unbequem,  um  diese  zeit 
verschwiegen  die  Verfasser  häufig  ihre  namen  oder  leg- 
ten sich  falsche  bei,  wählten  lange,  fast  unanfiihrbare 
titel,  viele  werke  wurden  von  fremder  band  überarbei- 
tet, abgekürzt  oder  erweitert,  ohne  dasz  man  für  nöthig 
hielt  davon  die  geringste  rechenschaft  abzulegen,  zu 
dieser  freiheit  und  Unsicherheit  stimmt  vollkommen, 
dasz  man  bald  die  blätter,  bald  die  seiten  der  gedruck- 
ten bücher  zählte,  ja  sie  gänzhch  ungezählt  liesz.  in 
solchem  fall  bleibt  nichts  anders  übrig,  als  sich  an  die 
den  einzelnen  bogen  unten  aufgedruckten  buchstaben 
zu  hallen  und  daraus  eine  lästige,  wenn  das  werk  in 
mehrere  alphabete  ausläuft,  oft  unsichere  angäbe  zu 
gewinnen,  denn  das  zählen  der  bogen  nach  blättern 
und  Seiten  veranlaszt  Schreibfehler  und  druckfehler. 

Nicht  weniger  Störung  bereitet  dem  leser  die  Selten- 
heit der  älteren  werke  und  die  Vervielfachung  der  aus- 
gaben bei  neueren,  die  classiker  pflegt  man  nach  buch 
und  capitel,  dichter  nach  gezählten  versen  anzuführen 
und  auch  für  andere  bücher,  namentlich  die  bibel  er- 
wächst durch  die  hergebrachte  Zählung  Sicherheit  der 
citate.  in  den  neueren  werken  lassen  sich  nur  längere 
und  bezilTerte  gedichte  wie  der  Messias  leicht  cilieren, 
nicht  aber  Hermann  und  Dorothea,  und  Schauspiele 
nach  dem  act  und  auftritt  anzuführen  wird  für  ein  Wör- 
terbuch, das  kurzer  citate  bedarf,  sowie  zum  nachschla- 
gen bei  der  länge  \ieler  auflritte  unbequem  und  unsi- 
cher, man  kommt  also  nothwendig  darauf  zurück  nach 
}»and  und  seite  zu  citieren.  ist  die  zusammenfassende 
ausgäbe  aller  schriflen,  wie  bei  Schiller  in  ^inen  band 
gedrängt,  so  erleichtert  dies  dem  Wörterbuch  den  ein- 
trag,  erschwert  aber  wegen  des  engen  drucks  dem 
leser  das  aufschlagen,  darum  war  Göthes  dreibändige 
ausgäbe  hier  abzulehnen,  und  vortheilhaft,  die  sech- 
zigbändige,  unter  allen  die  verbreiteteste  zu  gebrau- 
chen, es  scheint  aber  überhaupt  bedürfnis,  dasz  künf- 
tige gesamtausgaben  der  werke  unserer  ersten  dichter 
durch  Verweisungen  am  rand  oder  in  beizufügenden  re- 
gistern  bedacht  darauf  nehmen  darzulegen,  wie  sie  sich 
zu  den  früheren,  wenigstens  zu  den  wichtigen  stellen. 

Hin  und  wieder  wird  man  der  belege  zu  viel  ange- 
bracht meinen,  namentUch  aus  Luther  undGöTHE.  doch 
jenes  einflusz  auf  die  spräche,  Göthes  macht  über  sie 
müssen  reich  und  anschaulich  vorgeführt  werden  und 
selbst  in  wiederkehrenden  redensarten  entfaltet  jede 
Wendung  des  ausdrucks  eignen  reiz,  unter  ahnungs- 
voll, unter  bethäligen  und  sonst  noch  lag  es  daran,  den 
warhsthum  und  tlie  befestigung  göthischer  lieblings- 
würter  recht  zu  zeigen,  warum  hätten  auch  die  ge- 
rade zu  gebot  stehenden  beispiele  unnütz  beiseite  ge- 
ihan  und  der  stelle  entzogen  werden  sollen,  wo  sie  den 
meisten  eindruck  machen  und  man  sie  künftig  einmal 
zuerst  aufsucht?  im  ganzen  sind  dieser  scheinbaren 
Überladungen  doch  nur  wenige.  Bei  einer  menge  von 
Wörtern  geschah  die  häufung  mit  allem  bedacht,  uro 
keinen  zweifei  über  ihre  ausbreitung  zu  lassen,  so  wie 
umgekehrt  aus  der  belege  Seltenheit  die  Unbeliebtheit 
eines  aiisdriicks  folgt  und  dadurch  vorbedeutet  ist.  denn 
die  belcgstellen  sollen  niclil  allein  an  und  für  sich  selbst 


durch  die  anziehungskrafl  ihres  Inhalts  gefallen,  son- 
dern indem  sie  alle  falten  der  bedeutung  eines  Wortes 
blicken  und  überschauen  lassen,  seine  ganze  geschichte 
vortragen,  selbst  aus  den  steifsten  Schriften,  wie 
Hahxs  reichshistorie  oder  aus  Werders  ungelenker 
Übersetzung  Ariosts,  konnten  die  anführungen  nicht 
unterbleiben,  weil  kaum  etwas  anderes  die  unbehol- 
fenheit der  deutschen  rede  und  die  pedanterei  der  sie 
im  1 7  und  noch  zu  eingang  des  1  S  jh.  verfallen  war, 
so  sichtbar  vor  äugen  gestellt  hätte. 

Alle  belege  aber,  wie  es  beinahe  unnöthig  zu  sagen 
ist,  drücken  durch  ihren  inhalt  lediglich  die  ansieht  des 
Schriftstellers  aus,  von  dem  sie  stammen,  sie  wollen 
zumal  in  glaubenssachen,  deren  sie  aus  dem  Zeitalter 
der  reformation  eine  grosze  menge  anrühren,  nichts 
dogmatisch  aufstellen,  alles  nur  geschichthch  erläutern, 
dasz  dabei  die  protestantische  farbung  vorherseht  folgt 
aus  der  Überlegenheit  der  protestantischen  poesie  und 
Sprachbildung;  es  ist  doch  nirgend  versäumt  worden 
aus  kathohschen  werken,  so  viel  man  ilirer  habhaft 
werden  konnte,  allen  gewinn  zu  ziehen,  welchen  sie 
darboten,  die  aus  Lcthers  schriflen  entnommnen  äu- 
szerungen  über  den  ablaszkram  geben  unmöglich  ge- 
gründeten anstosz,  da  den  greuel  des  misbrauchs,  der 
damit  getrieben  wurde,  auch  die  katholische  kirche 
selbst  eingestanden  hat. 

12.  Terminologie. 

Bei  den  philologen  haben  sich  längst  lateinische 
kunstwörter  eingeführt,  die  sogar  in  üblicher  abkür- 
zung  von  jedermann  verstanden  Averden  und  an  denen 
ohne  nachlheil  niemand  ändert,  wozu  in  deutschen 
oder  slavischen  Wörterbüchern  einheimische  ausdrücke 
au  ihre  stelle  setzen?  diese  würden  nicht  nur  Deut- 
schen und  Slaven  -undeutlich  sein,  sondern  auch  die 
Verbreitung  der  werke  in  das  ausländ  hindern,  der 
Däne  Rask  hatte  in  seinen  scliriften  dergleichen  unbe- 
holfne grammatische  benennungen  massenweise  auf- 
gebracht, und  mehrere  Isländec  sind  wieder  mit  ab- 
weichenden nachgefolgt ;  es  gilt  davon  was  oben  über 
die  unalphabetischen  lautsysteme  gesagt  wurde:  kein 
gedächtnis  mag  sie  sich  einprägen,  sie  spuken  nur  in 
den  bücheni,  die  sich  selbst  durch  die  nutzlose  neue- 
rung  schaden  zubereiteten,  obgleich  der  purismus  sich 
immer  zuerst  auf  die  Verdeutschung  dieser  ausdrücke 
warf,  konnte  er  doch  mit  seinen  vierschrötigen  Zusam- 
mensetzungen nie  etwas  ausrichten  und  die  herge- 
brachten benennungen  kehrten  jedesmal  an  ihre  stelle 
zurück ;  seU)st  Campe  ist  geniUhigt  sie  fast  durchweg 
forlbestehn  zu  lassen. 

Mit  den  buchstaben  m.  f.  n.  werden  die  drei  ge- 
schlechter auf  das  einfachste  bezeichnet ,  besser  als 
durch  vorangestellten  arlikcl,  der  den  anlaut  der  Wör- 
ter versteckt,  ihnen  nachfolgend  und  eingeklammert 
ein  steifes  anschn  gewinnt.  Niederländer.  Schweden, 
deren  artikel  die  beiden  ersten  geschlechter  nicht  un- 
terscheidet, müssen  ohnehin  dieser  bezeichnung  ent- 
sagen und  die  wünschenswerlhe  gleichförmigkcil  eines 
grammatischen  brauchs  geht  alsbald  verloren,  zugleich 
heben  die  drei  buchstaben  jedesmal  auch  die  stibslan- 
tiveigenschafl  an  sich  hervor,  da  das  adjcctiv,  aller  ge- 
schlechtcr  fähig,  unbezeichnet  bleibt.  Verschiedenhei- 
ten der  declination  im  Wörterbuch  anzugeben  scheint 


XXXIX 

unnöthig;  jede  raerkenswerthe  abweichung  von  der 
regel  wird  besonders  angezeigt  oder  erhellt  aus  den 
beispielen. 

Die  verbalnatur  ist  in  unserer  spräche  durch  den  aus- 
gang  auf  en  von  selbst  bezeichnet,  denn  wo  ihn  das 
subst.  zuweilen  hat,  dienen  jene  drei  buchstaben  diesem 
wieder  als  merkmal.  ein  activum,  passivum,  medium 
braucht,  oder  vielmehr  vermag  nicht  geschieden  zu 
werden,  da  unsere  spräche  die  beiden  letzten  formen 
gar  nicht  besitzt,  genauer  als  active  und  neutrale  be- 
deutung  scheint  es  aber  einander  transitive  und  in- 
transitive entgegen  zu  setzen,  welcher  beider  zusammen 
unsere  meisten  verba  befähigt  sind,  und  es  kommt  dar- 
auf an  sie  in  der  abhandlung  von  einander  zu  halten, 
das  transitivura  zielend,  das  intransilivum  ziellos  zu  hei- 
szen  hat  kein  geschick.  nnl.  sagt  man  für  jenes  be- 
drijvend  und  für  dieses  onzijdig  d.  i.  uuseitig,  unpar- 
teiisch, was  dem  neutrum  des  nomens  gleichkommt, 
doch  den  intransitiven  sinn  des  verbums  gar  nicht  an- 
deutet: ein  gehender  kann  sich  rechts  oder  links  wen- 
den, und  schlägt  damit  nothwendig  eine  seite  ein.  nach 
dem  nnl.  Vorgang  wurde  von  einigen  versucht  das  soge- 
nannt regelmäszige  verbum  als  ein  gleichilieszendes 
(gelijkvloeijend),  das  unregelmäszige  als  ein  ungleich- 
flieszendes  (ongelijkvloeijend)  darzustellen ;  da  jedoch 
die  ablaute  gerade  den  gleichsten  flusz  und  die  älteste 
regel  der  flexion  kundgeben,  scheinen  diese  benennun- 
gen  auf  das  übelste  gewählt,  ihrer  Wichtigkeit  halben 
habe  ich  den  ablauten  in  der  alphabetischen  Ordnung 
immer  eine  eigne  stelle  bewahrt,  wodurch  sie  am  sicht- 
barsten vortreten,  und  alles  andere  ergibt  sich  aus  den 
beispielen. 

Es  schien  heUsam  dem  nom.  sg.  des  schwachen  masc. 
seinen  vocalischen  ausgang,  der  ihm  im  Organismus 
unsrer  spräche  zusteht,  soweit  es  noch  thunUch  war, 
zu  sichern,  die  nhd.  spräche  hat  die  unart,  in  manchen 
Avörtern  (z.  b.  beide  rabe  wafTe  wölke)  das  auslautende 
n  zu  tilgen,  jenem  nom.  aber  ungebührlich  zu  verlei- 
hen, und  damit  den  gleichen  schritt,  der  zwischen  den 
drei  geschlechtern  so  wie  zwischen  subst.  und  adj. 
stattfinden  musz,  zu  zerstören,  die  falschen  noraina- 
tive  balken  bogen  daumen  u.  s.  w.  sind  zwar  heute, 
auch  bei  den  besten  Schriftstellern  eingerissen ;  doch 
berscht  noch  in  andern  Wörtern  die  organische  gestalt 
name  häufe  same  u.  s.  w.  vor,  und  auch  der  gen.  bal- 
kens  Irogens  daumens  kann  nicht  entscheiden,  da  und 
ob  schon  namens  haufens  samens  gesagt  wird,  besser 
wäre  die  mhd.  form  name  gen.  namen  beibehalten 
worden,  wie  noch  böte  gen.  boten  gilt  und  im  adj.  der 
gute,  des  guten  flectiert  wird,  die  nähere  ausfuhrung 
geliürt  in  die  grammatik,  das  Wörterbuch  konnte  nichts 
thun,  als  durch  seine  aufstellung  die  althergebrachte 
wortform  in  ehren  zu  erhalten. 

13.  Definitionen. 

Schwerer  wird  es  sein,  die  beifügung  lateinischer, 
den  wortl)egrif  erklärender  ausdrücke  zu  rechtfertigen, 
so  groszen  vorscliub  ihnen  schon  die  nothwondigkeil  der 
lateinischen  lermimdogie  thut.  was  die  eine  empfiehlt 
musz  aucii  die  andere  empfehlen,  man  könnte  darin 
eine  tadeliiafle  rUckkehr  zum  gebrauch  von  Stielek, 
Steinbach  und  Fkisch  sehen,  den  wahrscheinlicii  schon 
Gottsched  verlassen  hätte,  wie  ihm  Adelunq  und  alle 


XL 

späteren  entsagten,  fast  alle  Wörterbücher  der  übri- 
gen sprachen,  die  heute  erscheinen,  meiden  die  an- 
gäbe des  lateinischen  worts,  doch  z.  b.  Boiste  setzt 
es  den  französischen  ausdrücken  noch  oft  hinzu,  man 
hält  jede  spräche  des  lateinischen  schulzwangs  für  ent- 
bunden und  setzt  einen  gewissen  stolz  darin,  sie  nur 
mit  ihren  eignen  mittein  zu  erklären,  eingenommen 
für  ihre  muttersprache  waren  gewis  die  Verfasser  der 
crusca,  sie  hatten  aber  nicht  das  geringste  bedenken, 
dem  itahenischen  wort  das  lateinische  zum  geleit  und 
zur  stütze  zu  geben,  wie  wir  ein  gothisches  oder  alt- 
hochdeutsches wort  durch  ein  neuhochdeutsches  aus- 
legen, versteht  es  sich  fast  ungesagt,  dasz  jedes  wort 
nicht  mit  sich  selbst,  sondern  besser  mit  andern  Wör- 
tern gedeutet  werde. 

Was  wird  durch  ablehnung  einer  hülfe,  die  uns  die 
bekannteste  und  sicherste  aller  sprachen  darreicht,  er- 
langt? man  bürdet  sich  die  umständlichsten  und  un- 
nützesten Sacherklärungen  auf. 

Wenn  ich  zu  dem  worte  tisch  das  lat.  mensa  setze, 
so  ist  vorläufig  genug  gethan  und  was  weiter  zu  sagen 
ist,  ergibt  die  folgende  abhandlung.  statt  dessen  wird 
definiert :  ein  erhöhtes  blatt,  vor  dem  man  steht  oder 
sitzt,  um  allerhand  geschäfte  darauf  vorzunehmen ;  oder 
auch :  eine  auf  füszen  erhobne  oder  ruhende  scheibe, 
vor  der  oder  wobei  man  verschiedne  Verrichtungen  vor- 
nimmt, freilich  in  TQunel^a  für  TiXQäm^a  liegt  nichts 
als  die  Vorstellung  der  vierfüszigkeit,  wie  sie  auch  dem 
stul  oder  jedem  andern  ursprünglich  auf  diese  zahl  von 
beinen  eingerichteten  gerät  zukommt. 

Die  definition  von  nase  lautet :  der  vorstehende  und 
erhöhte  theil  des  menschlichen  oder  thierischen  ange- 
sichts unmittelbar  über  dem  mund,  der  sitz  und  das 
Werkzeug  des  geruchsinnes.  die  von  band :  das  ghed- 
masz  der  menschen  zum  greifen  und  halten,  das  wäre 
kurz  und  gut,  also  weitläuftiger :  der  äuszerste  theil 
des  arms  am  menschhchen  leib  von  dem  ende  des  el- 
lenbogenbeins  bis  zu  den  fingerspitzen,  mit  einschlusz 
derselben,  diese  erklärungen  gehören,  ebensowol  in 
die  Physiologie  als  die  der  lilie,  dasz  sie  eine  pflanze  mit 
glockenförmiger  blume  und  unter  die  gewächse  mit 
sechs  Staubfäden  und  einem  staubwege  zu  rechnen  sei, 
der  botanik  anheim  fallen  musz  und  aus  ihr  herbei- 
geliolt  wird,  von  solchem  geschlepp  langweiliger  de- 
finitionen,  das  seit  Adelung  durch  die  deutschen  Wör- 
terbücher zieht,  hatten  Frisch  oder  Stieler  keine  ah- 
nung  und  waren  seiner  durch  den  gebrauch  der  lateini- 
schen Wörter  von  selbst  überhoben. 

Es  ist  gar  nicht  damit  behauptet,  dasz  der  Sprach- 
forscher des  einzelnen,  was  in  der  erklärung  enthalten 
ist,  überall  entbehren  könne ;  er  wird  es,  gleich  allen 
andern  merkmalen,  die  der  gegenständ  an  sich  trägt, 
hervor  holen,  sobald  bedarf  entspringt  und  die  ent- 
wickelung  einer  bedeulung  daran  geknüpft  werden  soll, 
in  den  meisten  fällen  erscheint  aber  überflüssig  hinter 
jedem  wort,  dessen  begrif  durch  das  lateinische  auf  ein- 
mal gegel)en  ist,  noch  die  ganze  reihe  seiner  eigenschaf- 
ten  folgen  zu  lassen. 

Von  den  hinzugefügten  lateinischen  ausdrücken  ist 
gar  nicht  zu  verlangen,  dasz  sie  dem  deutschen  nach 
jeder  richtung  hin  entsprechen  sollen,  was  bei  dem  ab- 
stand aller  sprachen  von  einander  unmöglich  wäre,    sie 


XLI 


XLII 


haben  gleichsam  nur  in  den  mittelpunct  des  worts,  auf 
die  stelle  der  hauplbedeulung  zu  leiten,  von  welcher 
dann  frei  und  unbefangen  nach  allen  richtungen  hin 
umzuschauen  ist.  so  wenig  jene  definition  alle  wesent- 
lichen und  zufälbgen  raerkmale  an  der  sache  hervorzu- 
heben vermochte,  noch  minder  will  das  latein  die  er- 
klärung  des  worts  erschöpfen,  dies  kann  am  besten  in 
der  nachfolgenden  deutschen  erläuterung  geschehen. 

Auch  wird  man  nicht  die  Verständlichkeit  aller  latei- 
nischen gebrauchten  ausdrücke  für  alle  leser  des  Wör- 
terbuchs verlangen;  die  ihrer  unkundig  sind,  hüpfen 
mit  leichtem  fusze  daran  vorbei  und  finden  sich  dennoch 
zurecht,  wie  sie  vorübergehn,  wenn  sie  auf  ein  wort 
gestoszen  sind,  dessen  gehalt  sie  gar  nicht  anzieht,  ich 
stelle  mir  vor,  dasz  sinnigen  frauen  das  lesen  im  Wörter- 
buch durch  die  eingestreuten  lateinischen  so  wenig 
gestört  oder  gar  verleidet  wird,  als  sie  ein  zeitungs- 
blatt  ungelesen  lassen  wegen  der  juristischen,  mili- 
tärischen, diplomatischen  kunstwörter,  die  darin  stehn. 
jeder  leser  bringt  eine  menge  Verständnisse  mit  sich, 
die  ihm  den  zutritt  zu  den  Wörtern  leicht  machen  ;  ihn 
auf  allen  schritten  zu  geleiten,  kann  nicht  die  absieht 
eines  wissenschaftlichen  werkes  sein,  das  zugleich  hö- 
here zwecke  verfolgt,  die  befähigung  zu  dem  Wörter- 
buch wird  sich  durch  den  gebrauch  von  selbst  mehren, 
als  man  die  Sprachfertigkeit  einer  aufgeweckten  Fran- 
zösin nach  der  grammatischen  regel  meistern  wollte, 
versetzte  sie  behend:  mais,  je  suis  la  grammaire  en 
personne ;  so  kann,  wer  seine  natürUche  sprachgabe 
und  sprachfülle  in  sich  trägt  und  voraus  setzt,  ungeirrt 
von  lateinischen  kunstwörtern,  in  diesem  buche  ra- 
thes  sich  erholen. 

Nicht  zu  verachten  ist  auch,  dasz  durch  den  gebrauch 
der  fremden  spräche  die  erklärung  der  unzüchtigen 
Wörter  löblich  verdeckt  und  dem  allgemeinen  Verständnis 
gewissermaszen  entzogen  wird. 

14.  Bildungstriebe. 

So  wenig  irgend  eine  spräche  in  sich  alle  laute  ent- 
falten oder  die  entfalteten  unverändert  bewahren  kann, 
sind  ihr  auch  lange  nicht  alle  formen  zuständig  und 
manche ,  die  sie  ehdem  besasz ,  im  verlauf  der  zeit 
wieder  verloren  gegangen,  durch  das  ausscheiden  ver- 
schiedner  mundarten  aus  dem  groszen  kreis  ihrer  alten 
Urgemeinschaft,  treten  die  einzelnen  sprachen  in  beson- 
dere, neugehildete  kreise,  von  welchen  die  eigenheit 
der  übrigen  ausgeschlossen  sein  mag  und  so  erklärt 
sich  die  manigfaltigkeit  des  aus  einer  quelle  entflosse- 
nen, in  jeder  spräche  stellt  sich  ein  abhanden  ge- 
kommnes  gleichgewicht  immer  von  neuem  her. 

Dies  ihr  geschichtlich  errungnes  besitzthum ,  wie 
reich  oder  arm  es  sei,  steht  einer  blosz  als  möglich  ge- 
dachten, ersonnenen  aber  unwirklichen  ausdehnung 
aller  ihrer  bildungsrailtel  entgegen,  dort  sind  alle  re- 
gungenund  triebe  der  spräche  natürhch  und  ungezwun- 
gen, hier  würden  sie  gezerrt  und  verrenkt  erscheinen. 

Wer  wollte  unsrer  spräche  einen  diphlhong  zufügen, 
der  nie  ihr  eigen  war?  wer  ihr  ein  ablautendes  verhum 
andichten,  das  sie  nie  besasz?  es  kommen  seltne  bei- 
spiele  vor,  doch  nur  solche,  die  ein  volksgcbrauch  halb 
unbewust  einführte.  Leichter  scheint  es  zwar,  gang- 
bare ableitungen  zu  vervielfachen  oder  die  Wörter  in  un- 
rersMchten  Verknüpfungen  aneinander  treten  zu  lassen ; 


aber  auch  da  sträubt  sich  der  Sprachgebrauch,  wenn 
es  ohne  Ursache  und  von  ungeweihler  band  geschehn 
war.  die  blosze  möglichkeit  des  worts  ist  noch  kein 
beweis  seiner  gültigkeit  und  schicklichkeit. 

Man  sollte  meinen,  dasz  sich  z.  b.  von  jedem  verbum 
ein  männbches  Substantiv  auf  er  zeugen,  aus  diesem 
wiederum  ein  weibliches  auf  erin  bilden  liesze,  und  es 
scheint  kaum  nöthig  solche  ableitungen  überall  anzu- 
führen, doch  ergibt  sich,  dasz  hin  und  wieder  sie  gar 
nicht  im  brauche  sind,  zumal  von  einfachen  verben, 
während  sie  von  zusammengesetzten  leichter  entsprin- 
gen, niemand  sagt  der  faller,  lasser,  heiszer  von  fal- 
len, lassen,  heiszen,  wol  aber  wird  gebildet  der  erblas- 
ser,  verheiszer ;  halter  und  haushalter,  stabhalter,  fal- 
ter  und  zweifalter,  nachtfalter,  thuer  und  verthuer  sind 
neben  einander  übhch ;  doch  dem  Verwalter  von  ver- 
walten steht  das  einfache  walter  von  walten  nicht  zur 
Seite :  einem  dichter  w^rde  nicht  abgeschnitten  sein, 
in  feierücher  rede  gott  als  den  walter  und  herscher  zu 
bezeichnen,  gleich  ungewöhnhch  ist  der  rater,  allge- 
mein bekannt  der  berater  von  beraten,  der  Verräter  von 
verraten,  oflenbar  ist  das  zusammengesetzte  verbum 
unsinnhcher  als  das  einfache,  und  aus  diesem  die  ab- 
leitung  auf  er  etwas  schwerer  als  aus  jenem,  wie  we- 
nig angelegen  es  der  spräche  sei,  alle  Wörter  über  einen 
kämm  zu  scheren,  folgt  auch  aus  dem  schwanken  und 
der  unschlüssigkeit  des  umlauts  in  solchen  Substanti- 
ven, denn  wir  sagen  fänger,  ganger,  schläfer,  gräber, 
bläser,  Schläger,  jäger,  kläger,  Wärter,  Wäscher,  mör- 
der,  käufer  u.  s.  w.,  hingegen  hasser,  prasser,  lau- 
fer, maurer,  rufer,  antworter,  und  manche  ausdrücke 
schwanken,  da  sowol  aderlässer  als  aderlasser  und  ne- 
ben Verräter  berater,  neben  haushälter  haushalter  vor- 
kommt, der  Umlaut  scheint  hier  meistens  ältere  bil- 
dungen,  der  unumlaut  neuere  anzuzeigen,  in  unserm 
bauer  stecken  zwei  verschiedne  bildungen,  sowol  bür, 
zu  welchem  es  sich  verhält  wie  mauer  zu  raür,  als 
büari.  alle  diese  unterschiede  hat  vielmehr  die  gram- 
roatik  zu  erörtern,  als  dasz  sie  das  Wörterbuch  in  sich 
aufnehmen,  besprechen  und  anschaulich  machen  könnte. 

Die  Zusammensetzungsfähigkeit  unserer  spräche,  wie 
schon  oben  biei  gelegenheit  des  campischen  Wörter- 
buchs gesagt  wurde,  ist  so  unermesziich,  dasz  sich  lange 
nicht  alle  hergebrachten,  geschweige  alle  mögliclien 
Wortbildungen  anführen  lassen,  nach  dem  ersten  oder 
zweiten  theil  jeder  Zusammensetzung  sind  immer  reihen 
von  analogien  denkbar,  die  es  überflüssig  sein  würde  im 
Wörterbuch  jedesmal  auch  auszufüllen,  die  manigfaltig- 
keit der  kleider  ist  in  den  Zusammensetzungen  badekleid 
feiertagskleid  hochzeitkleid  hofkleid  morgenkleid  nacht- 
kleid  sonuncrkleid  Sonntagskleid  trauerkleid  werkcllags- 
kleid  Winterkleid  ausgedrückt,  sicher  unerschöpft;  sollen 
alle  hier  gebrauchten  ersten  Wörter  nun  auch  mit  dem 
zweiten  Worte  anzug,  tracht  undgewand,  oder  mit  rock, 
kiltel  und  ähnlichen  benennungen  verknüpft  und  einge- 
tragen werden  ?  mit  unzähligen  part.  praet.  starker  wie 
schwacher  form  läszt  sich  das  in  einfacher  gestaltausge- 
slorbne  subst.  heit  verbinden :  gelegenheit  ahgelegenlieit 
Überlegenheit  Verlegenheit  verstiegenheit  Verschlossen- 
heit abgeschlossenheit  gedrungenheit  gedimsenheit  auf- 
gcdunsenheit  bclebtheit  beUebtheit  Verkehrtheit,  wer 
könnte  alle  aufzählen  ?  bei  der  uneigentlichen  compo- 


XLIII 


XLIV 


sition,  besonders  mit  angescliobncm  geniliv  müslen  die 
mciglichkeiten  der  Verknüpfung  beinahe  endlos  werden, 
so  gut  ich  sage  adlersauge  adlersfeder  adlersfusz  ad- 
lerskralle  adlersschvveif,  kann  auch  falkenauge  falken- 
feder  u,  s.  w.  gebildet  und  die  bildung  noch  auf  viele 
andere  vögel  forterstreckt  werden,  unsere  spräche 
sollte  gleich  der  lateinischen  und  griechischen  dieser 
art  von  Zusammensetzungen  ganz  entraten  und  adlers 
äuge,  adlers  feder  schreiben,  wie  auch  früher  geschah, 
bei  Zusammensetzungen  mit  mehr  als  zwei  Wörtern 
(graram.  2,  924  ff.)  ist  vollends  die  denkbare  Vervielfa- 
chung unabsehlich ;  manche  derselben  sind  allgemein 
eingeführt  z.  b.  obslbaumzucht,  haselnuszkern,  bier- 
wirtschaft,  nordostwind,  spottwolfeil,  andere  nur  in 
Schriften  versucht  worden ,  Avie  voUblutabstammung, 
wiesenlandniedcrung,  backsteineinförmigkeit  nordame- 
ricanischer  städte :  mäszig  verwandt  können  solche 
Wörter  wirksam  und  nachdrücklich  sein,  ihre  häufung 
würde  unerträglich  fallen. 

Das  allein  richtige  verfahren  für  das  Wörterbuch  wird 
sein,  dasz  es  allen  gangbaren  und  geläufigen,  an  sich 
auch  günstigen  und  treffenden  bildungen  dieser  art, 
unbekümmert  um  die  wilde  und  rohe  analogie  der 
übrigen,  einlasz  gewähre ;  wofür  sich  noch  kein  be- 
dürfnis  im  Sprachgebrauch  erhob,  alles  das  darf  von 
ihm  unberücksichtigt  bleiben,  insgemein  aber  hat  es 
vielmehr  den  ableitungen  als  den  Zusammensetzungen, 
vielmehr  den  einfachen  Wörtern  als  den  abgeleiteten 
nachzustreben,  und  dieses  grundcanons  hintanselzung 
ist  es,  die  unsre  deutschen  Wörterbücher  bei  dem  schein 
ihres  reichthums  bisher  noch  so  arm  gelassen  hat.  je- 
des einfache  wort  wiegt  an  gehalt  fünfzig  ableitungen 
und  jede  ableitung  zehn  Zusammensetzungen  auf. 

15.  Partikeln. 

Eigne  rücksicht  fordert  der  antritt  der  partikeln  vor 
andere  Wörter,  wenn  überhaupt  alle  Wörter  ursprüng- 
lich innere  bedeutung  hatten,  die  sich  in  der  folge  aus- 
dehnte und  verdünnte,  so  scheint  es,  musz  man  zuge- 
ben, dasz  in  den  partikeln  sie  am  meisten  verdunkelt 
liegt,  diese  unter  allen  einfachen  Wörtern  in  der  spräche 
die  abgezogensten,  mithin  auch  die  zujüngst  gebildeten 
sind,  setzen  wir  einmal  das  verbum  als  Wurzel  und 
lassen  unmittelbar  aus  ihm  ein  parlicip,  aus  dem  parti- 
cip  ein  adjectiv,  aus  dem  adjectiv  das  Substantiv  er- 
wachsen ;  so  wird  den  partikeln  vorwaltend  nominale 
geltung  einzuräumen,  diese  aber  am  entschiedensten 
im  adverb  und  in  der  praeposition  ausgeprägt  sein,  er- 
kaltet auch  die  praeposition,  büszt  sie  ihre  reclionskraft 
ein,  so  bleibt  eine  blosze  advcrbialpartikel  als  leblo- 
sester bestandtheil  der  spräche  zurück,  das  wäre  zwar 
der  regelmäszigste  verlauf,  ist  aber  gewis  nicht  der 
einzige,  da  wir  oft  das  verbum  ohne  allen  umweg  in 
die  bildung  des  Substantivs  oder  auch  adverbs  vor- 
schreilen  sehn  und  jene  blosze  partikel  wieder  regie- 
rend, d.  h.  zur  praeposition  erhoben  werden  kann, 
diese  sätzc  zu  begründen  und  näher  auszuführen  liegt 
uns  hier  nicht  ob,  wo  es  nur  auf  den  verhalt  der  prae- 
position zur  advcrbialpartikel  abgesehn  ist. 

Dasz  die  pracpositionale  partikel  voller,  die  adver- 
biale leerer  sei,  leuchtet  schon  aus  der  verschicident- 
lich  gekürzten  gestall  der  letzten  ein.  bei  und  vor 
wiegen  noch  mehr  und  liegen  ihrem  Ursprung  etwas 


näher  als  be  und  ver,  doch  können  auch  bei  und  vor 
bloszes  adv.  sein  und  mit  andern  Wörtern  verbunden 
werden,  gerade  wie  die  schwed.  praep.  ät,  die  sich  von 
der  conjunction  att  unterscheidet,  in  die  Zusammen- 
setzung tritt. 

Ich  habe  gesucht  nachzuweisen,  dasz  unsern  Zusam- 
mensetzungen der  verba  mit  adverbialparlikeln  groszen- 
theils  wirkliche  praepositionen  zum  gründe  lagen,  hin- 
ter welchen  der  Sprachgebrauch  ein  subst.  oder  pro- 
nomen  ausfallen  liesz.  absteigen  scheint  hervorgegan- 
gen aus  einem  lebendigeren  ab  dem  rosse,  ab  dem  wa- 
gen steigen,  anbeiszen  aus  einem  an  das  brot,  an  den 
apfel  beiszen.  nicht  anders  bedeutete  ausschliefen, 
auskriechen  aus  dem  ei  schliefen,  aus  der  schale  krie- 
chen, übersehn  über  einen  hinaus  sehn,  zutreten  zu 
einem  hinlreten.    Opitz  sagt  1,161 

schawt  dann  den  pfawen  zu,  silit  wie  die  stolzen  hanen 
die  hüner  ubergehn 

d.  i.  über  die  hüner  gehen,  sie  treten  ;  unser  heutiges 
einen  anfechten  wurde  mhd.  häufig  ausgedrückt  an 
einen  vehten,  z.  b. 

der  wurm  an  in  vaht.  kröne  13490 ; 
merkenswerth  werden  in  folgender  stelle  der  adver- 
biale und  pracpositionale  ausdruck  hintereinander  an- 
gewandt :  greif  die  von  Limpurg  an  und  sie  wider  an 
in.  Limb,  chron.  §.  9.  eben  weil  der  ausdruck  mit 
der  praeposition  vollständiger  ist,  scheint  er  auch  älter 
als  der  mit  dem  adv.,  wobei  man  sich  oft  erst  das  subst. 
oder  pron.  hinzuzudenken  hat.  durch  dessen  unter- 
bleiben ist  freilich  die  Zusammensetzung  freier  und  viel- 
seitiger, für  alle  substantiva  gerecht  geworden. 

Unsere  spräche  hat  die  eigenheit,  dasz  die  meisten 
solcher  mit  dem  verbum  verbundnen  partikeln  in  ge- 
wisser läge  der  rede  trennbar  werden  und  nachtreten : 
im  unbestimmten  und  bedingten  ausdruck  stehn  sie 
voran,  im  bestimmten,  unmittelbaren  nach,  gibt  dieser 
nachtritt  nicht  zu  erkennen,  dasz  in  der  freistehenden 
partikel  die  pracpositionskraft  länger  waltete?  beim 
zuruf  steig  ab!  oder  wenn  es  heiszt  ich  steige  ab,  er- 
gänzt sich  die  Vorstellung  des  erwarteten  subst.  leicht, 
nicht  aber  inmitten  des  zusammengesetzten  worles  ab- 
steigen, diese,  und  schon  nihd.  ahd.  freie  und  wech- 
selnde Wortstellung  tritt  hier  als  zeuge  auf  für  den  ein- 
geschlagnen weg.  im  latein,  wo  die  partikel  bei  jeder 
Wendung  der  rede  ihre  feste  läge  behauptet,  läszt  sich 
die  Wahrnehmung  nicht  machen,  fast  auch  nicht  in 
der  goth.  und  ags.  spräche,  die  gleichfalls  feste  par- 
tikelcomposition  haben,  doch  sind  ein  paar  goth.  aus- 
nahmen (bei  inn,  iup  und  ut,  also  entschiednen  adv.) 
grauun,  2,  899  angeführt,  und  das  ags.  onliedan,  ut- 
findan  dreht  sich  heule  um  in  engl,  lead  ou,  lind  out. 

In  unsern  heutigen  redcnsartcn  :  lege  mir  das  kleid 
an,  gürte  mir  das  schwert  an,  hindert  der  persönliche 
dat.  den  bezug  auf  ein  pracpositionales  an ;  die  alte 
spräche  sagte  aber  mit  doppeltem  acc.  lege  mich  das 
kleid  an,  gürte  mich  das  schwert  an,  und  dann  läszt 
sich  leicht  ziM'ückkommen  auf  lege  das  kleid  an  mich, 
gürte  das  schwert  an  micli. 

Transitiv  macht  die  |)arlikelzusammcnsetzung  nicht 
gerade  das  verbum,  sondern  besteht  auch  in  intransiti- 
ven fort,  z.  b.  anbeiszen  ist  eben  so  wol  als  das  ein- 
fache beiszen  beider  bedeulungen,  der  intransitiven  wie 


XLV 


xun 


transitiven  fähig,  wo  aber,  wie  oft  der  fall  ist,  transi- 
tive eintritt,  wird  das  beim  einfachen  intransitiv  ste- 
hende, von  der  praep.  abhängende  subst.  nunmehr  vom 
transitiven  verbum  abhängig;  insofern  läszt  sich  an- 
nehmen, dasz  diese  Zusammensetzung  der  transitivbe- 
deutung  günstig  sei  (vgl.  z.  b.  sp.  518).  obenhin  an- 
gesehn  ist  es  gleichviel  zu  sagen  an  den  apfel  beiszen 
oder  den  apfel  anbeiszen,  an  einen  stoszen  oder  einen 
anstoszen.  allein  der  transitive  ausdruck  ist  einfacher 
und  beide  können  auch  im  sinn  von  einander  abwei- 
chen, vergleichbar  läge  etwa  das  lat.  movere  e  cardine 
und  emovere  cardine,  wo  doch  beide  verba  transitiv  sind. 

Lange  nicht  bei  allen  parlikelzusammensetzungen  ist 
ein  zurückgehn  auf  die  praep.  thunlich,  namentlich  bei 
denen  mit  auf  und  aus,  welche  ursprünglich  gar  keine 
praepositionen  waren,  auch  in  der  composition  oft  noch 
reinadverbiale  bedeutung  zur  schau  tragen,  so  hegt  in 
den  oben  sp.  xxv  besprochenen  aufdonnern,  aufschreien 
ein  deuthches  aus  dem  schlaf  empor,  in  die  höhe  fah- 
ren machen,  den  wein  austrinken  will  nicht  sagen  aus 
dem  glase  trinken,  sondern  vollends  heraus  trinken,  wie 
es  auch  heiszt  das  glas  austrinken ;  der  gegensatz  ist 
antrinken,  anessen,  anheben  zu  trinken  oder  zu  essen. 

Wie  im  griechischen  ist  auch  im  deutschen  die  frei- 
heit  der  partikelzusammenselzung  unermeszlich,  und 
wenn  irgendwo  mag  hier  der  analogie  ein  groszer 
Spielraum  offen  stehn.  heiszt  es  andonnern,  anreg- 
nen, anschneien,  warum  soll  nicht  gesagt  werden  kön- 
nen anblitzen,  anleuchten,  anglänzen  u.  s.  w.  ?  grund- 
satz  w^ar  auch  für  solche  bildungen  immer  erst  genü- 
genden beleg  abzuwarten,  es  ist  aber  nicht  zu  leug- 
nen, dasz  ihrer  viele  entgangen  und  in  diesen  reihen 
manche  ei^änzungen  nachzutragen  sein  werden,  aus- 
zittern hat  auch  Gottuelp  (eh  die  teller  ausgezittert. 
erz.  l,  199),  er  sagt  auch  austobacken. 

16.  Worterklärung. 

Hinter  allen  abgezognen  betleutungen  des  worts  liegt 
eine  sinnhche  und  anschauliche  auf  dem  grund,  die  bei 
seiner  findung  die  erste  und  ursprüngliche  war.  es  ist 
sein  leiblicher  bestandtheil,  oft  geistig  überdeckt,  er- 
streckt und  verflüchtigt,  alle  worterklärung.  wenn  sie 
gedeilien  soll,  musz  ihn  ermitteln  und  entfalten. 

Aufzusuchen  ist  er  vor  allem  in  dem  einfachen  ver- 
bum und  wiederum  zuerst  in  dem  starken,  das  schwa- 
che verbum  ist  nothwendig  ein  abgeleitetes  und  jede 
ableitung  bringt  den  urgehalt  des  worts  in  veränderte 
läge,  jedes  hinzutretende  andere  worl,  auch  wenn  die 
starke  form  fortbesteht,  fügt  seiner  bedeutung  hinzu, 
das  starke  verbum  ist  zugleich  ein  hauptsitz  des  in- 
transilivbegriffes :  liegen  jacere,  legen  ponerc ;  sitzen 
se<lere,  setzen  coUocare.  essen  aber,  wie  edere,  trin- 
ken wie  biberc  hat  beides  intransitiven  und  transitiven 
sinn,  doch  ätzen  ist  essen  maclicn,  tränken  trinken  ma- 
chen, greifen  und  treten  drücken  die  einfachste,  na- 
türlichste bewegung  der  band  und  des  fuszes  aus,  bald 
intransitiv,  bald  transitiv,  essen  und  trinken  meinen 
immer  ein  zu  sich  nehmen,  doch  braucht  nicht  noth- 
wendig an  den  mund  gedacht  zu  werden,  auch  die  erde 
trinkt  den  regen,  der  gram  iszt  das  herz;  ätzen  weicht 
aus  in  den  sinn  des  heizcns,  das  von  beiszen  stammt, 
greifen  und  treten  sind  kaum  ohne  bände  und  fUsze 
denkbar,  zum  letzten  mittel  greifen,  zur  ehe  greifen 


bezeichnen  ursprünglich  ein  erfassen  leibUcher  hiüfe, 
ein  ergreifen  der  braut ;  ans  licht  treten  heiszt  her- 
vor treten  und  erscheinen. 

Wie  viel  stärker  und  schneller  ändert  sich  die  sinn- 
hche bedeutung,  wenn  auch  noch  von  ihr  ausgegangen 
wurde,  durch  den  vortritt  von  partikeln.  besitzen  wird 
possidere,  betreten  deprehendere,  antreten  suscipere, 
belegen  contegere,  stemere,  begreifen  tractare,  com- 
prehendere,  anlegen  admovere,  adhibere,  anhegen  cu- 
rae  esse,  flagitare,  auslegen  explanare  u.  s.  w. 

Es  ist  klar,  aus  dem  sinnhchen  gehalt  des  Wortes 
ergeben  sich  bei  seiner  anwendung  sitlhche  und  gei- 
stige bezüge  oder  Vorstellungen,  denen  allmälich  die 
fülle  seiner  abgezogenen  bedeulungen  entnommen  wird, 
der  umgedrehte  fall,  dasz  aus  den  manigfachen  begriffen 
tractare,  adhibere,  explanare  die  benennung  des  sinn- 
hchen entsprungen  sei,  läszt  sich  nicht  annehmen. 

Diese  sinnlichen  bedeutungcn  anzugeben  und  voran- 
zustellen ist  in  dem  ganzen  Wörterbuch  gestrebt  wor- 
den, es  war  aber  unmöglich  überall  den  bezeichneten 
weg  einzuschlagen,  da  es  manche  einfache  und  selbst 
starke  verba  gibt,  deren  sinnhcher  gehalt  nicht  mehr 
deutlich  vorliegt  und  schon  in  ihnen  beimischungen 
empfangen  hat,  dann  aber  auch  eine  beträchthche  zahl 
von  Wörtern  in  der  spräche  vorhanden  ist,  zu  welchen 
das  verbmn  mangelt,  d.  h.  erst  durch  tiefere  forschung 
gefunden  werden  kann,  so  verbergen  uns  z.  b.  die 
verba  sein  und  wesen  den  sinnlichen  grund,  auf  dem 
sie  ruhen,  und  es  ist  schwer  ihn  auch  bei  geben  oder 
finden  sicher  darzulegen,  war  geben  ein  legen  in  die 
band  oder  vielleicht  ein  gieszcn  ins  gefäsz  ?  war  finden 
ein  ersehen  oder  erkennen  oder  nur  ein  hinzukommen  ? 
lesen  mehr  ein  sammeln  oder  ein  sondern?  welches 
verbum,  also  welcher  sinn  darf  aber  gesucht  werden 
in  Substantiven  kind  oder  söhn,  tochter?  ihre  bedeu- 
tung ist  allbekannt,  doch  nichts  als  eine  abgezogne,  den 
begriffen,  die  sie  ausdrücken,  beigelegte,  noch  schwe- 
rer hält  es  zu  wissen,  welche  Vorstellung  ursprünglich 
hinter  sünde  oder  glaube,  hinter  frei  oder  dumm  und 
zahllosen  andern  lag;  am  allerdunkelsten  bleiben  die 
Partikeln,  hier  kann  die  worterklärung  immer  nur 
ganz  kleine  strecken  des  wegs  zurücklegen  und  musz 
sich  auf  der  Oberfläche  halten. 

Der  Worterklärung,  wie  sie  auch  beschaffen  sei,  kann 
kein  Wörterbuch  entbehren  ;  es  ist  vorhin  schon  gesagt 
worden,  dasz  wir  sie  in  den  seltensten  (allen  durch  defi- 
nition,  in  den  meisten  durch  ein  lateinisches  wort  mit 
einem  schlag  zu  treffen  gesucht  iiaben.  sie  ist  nur  die 
erste  ernte  auf  dem  gebiet  der  spraclie,  wo  der  halm 
an  dem  boden  abgeschnitten  wird,  tiefer  dringen  musz 
die  Wortforschung  und  auch  diewurzel  ausziehen. 

Beim  beginn  des  werks  schien  noch  steif  und  raura- 
verschwendung,  die  Verschiedenheit  der  bedeulungen 
in  beigefügten  zahlen  hervorzuheben ,  wodurch  auch 
hin  und  wieder  die  fugen  des  Zusammenhangs  verste<-kt 
worden  konnten,  bald  aber  stellte  sich  heraus,  dasz 
kein  gröszerer  arlikel  solcher  zahlen  entbehren  durfte 
und  dasz  auch  die  kleineren  dabei  mehr  gewönnen  als 
verlören,  es  ist  daher  in  dieser  iiinsicht  mehr  gleich- 
fünnigkeit  eingetreten,  die  man  nur  in  den  ersten  hcfe- 
rungen  zuweilen  vermissen  wird. 

17.  Wortforschung. 


XLVII 


XLVIII 


Etymologie  ist  das  salz  oder  die  würze  des  Wörter- 
buchs, ohne  deren  zuthat  seine  speise  noch  unge- 
schmack  bhebe :  man  mag  auch  manches  gern  roh  ge- 
nieszen  und  heber  als  versalzen. 

Diese  kunst  steht  übel  in  ruf,  weil  es  nah  lag  sie 
früh,  schon  im  bloszen  Wortspiel,  zu  versuchen  und 
zu  misbrauchen.  ilire  regeln  hat  sie  lange  nur  geahnt 
und  ist  derselben  unbewust  geblieben ;  immer  werden 
neue  hinzu  erfunden. 

Man  kann  ein  wort  aus  sich  selbst  und  seinem  un- 
mittelbaren kreise  verständigen,  aber  auch  die  nahen 
geschlechter  und  reihen  zuziehen,  von  da  wurde  zu 
den  umliegenden  mundarten  und  sprachen  vorgeschrit- 
ten, sobald  sich  ein  Zusammenhang  mehrerer  spra- 
chen wahrnehmen  und  endlich  überschauen  liesz,  ent- 
sprang mit  vorher  ungekannten  gesetzen  und  ergebnis- 
sen  Sprachvergleichung,  wie  oben  gesagt  wurde,  wis- 
senschafthch  begründet  erst  durch  die  druckerei  und 
die  Wörterbücher. 

Die  deutsche  spräche  hangt  in  einer  kette,  die  sie 
mit  den  meisten  europäischen  verbindet,  dann  aber  zu- 
rück nach  Asien  leitet  und  gerades  wegs  bis  auf  das 
sanskrit,  das  zend  und  das  persische  reicht,  hieraus 
geht  eine  fülle  von  erscheinungen  und  Verhältnissen 
hervor,  die  sich  bald  einigen  lassen,  bald  als  eigenheiten 
einzelner  sprachen  von  einander  gehalten  werden  müs- 
sen, auch  sind  nicht  wenige  glieder  der  groszen  kette 
ausgefallen  und  verloren,  so  dasz  manche  Übergänge 
nur  sprungweise  zu  bewerksteUigen  sind,  jede  spräche 
besitzt  in  sich  eine  natürliche  heilkraft  und  der  durch 
ihre  losreiszung  von  andern  entstandne  schade  ver- 
harscht und  überwachst  allmälich,  wobei  es  ohne  aus- 
gleichungen  und  mittel  nicht  abgehn  kann,  die  künftig 
mit  unter  ihre  besonderheiten  zählen,  es  kommt  dar- 
auf an  die  grenze  zu  erkennen,  wo  ihre  eigenthümlich- 
keit  aufhört  und  sie  wieder  unter  dem  allgemein  wal- 
tenden gesetz  der  übrigen  sprachen  steht,  mit  welchen 
sie  verwandt  ist. 

Die  lateinische  und  griechische  spräche  legen  uns 
einen  groszen  schätz  classischer  denkmäler  vor  äugen, 
aus  welchen  eine  fülle  grammatischer  regeln  zu  schöpfen 
und  theilweise  auf  unsre  eigne  anzuwenden  ist.  nur 
war  man  gewohnt,  diese  regeln  gebieterisch  aufzustel- 
len und  ihnen  alle  einheimischen  Verhältnisse  zu  unter- 
werfen, statt  solche  selbst  gewähren  zu  lassen ;  die  aus 
dem  Studium  des  sanskrit  erwachsne  philologie  ist  ge- 
rechter und  behandelt  alle  übrigen  sprachen  auf  glei- 
chem fusz,  dennoch  erwirbt  ihm  die  lauterkeit  und 
das  hohe  alter  seiner  quellen  ein  natürliches  und  ge- 
bührendes ansehen,  vermöge  dessen  es  berufen  scheint, 
die  Unsicherheit  der  laute  und  wurzeln  zu  schlichten ; 
ein  gericiitshof  aber  wird  auch  die  kraft  der  streitigen 
sache  und  ihrer  gründe  walten  lassen,  bevor  er  sie  ent- 
wirre, wie  weit  immer  die  aussiebten  seien,  die  dem 
überraschten  blick  des  Sprachforschers  das  sanskrit  er- 
öfnet,  wie  zutreffend  eine  menge  der  aus  ihm  gewon- 
nenen und  gewinnbaren  etymologicn,  so  verbleibt  doch 
auch  jeder  der  urverwandten  sprachen  ilirc  eigne  dnrch- 
sichtigkeit,  die  an  bestimmter  stelle  wirksam  sein  musz. 
die  inneren,  den  Wortbedeutungen  Avärmer  angesclilos- 
senen  ergebnisse  scheinen  mir  zuweilen  den  scharf- 
sinnigsten Vermutungen  überlegen,  die  auf  die  bloszen 


lautverhältnisse  und  den  weitgreifenden  Wechsel  oder 
ausfall  einzelner  consonanten  gegründet  werden  :  setzt 
man  ein  R  statt  L,  ein  S  statt  R,  ein  L  statt  D  und  ge- 
stattet dem  B  und  G,  dem  P  und  K  zu  tauschen,  dem 
anlautenden  K  abzufallen,  so  ist  plötzhch  das  aussehen 
eines  worts  verändert,  bei  unsern  deutschen  Wörtern 
musz  es  recht  sein  vor  allem  zu  versuchen,  ob  sie  nicht 
auch  innerhalb  dem  deutschen  gebiet  selbst  sich  erklä- 
ren lassen,  das  zwar  nur  engere,  der  natur  der  sache 
nach  oft  sichrere  schritte  zu  thun  erlaubt. 

Steht  uns  die  wurzel  vieler  Wörter  bis  auf  heute  noch 
offen  vor  äugen,  warum  sollte  nicht  auch  die  getrübte 
und  verdunkelte  zuerst  mit  unsern  eignen  mittein  erhellt 
werden  können  ?  die  spinne  heiszt  so,  weil  sie  spinnt 
und  webt,  die  fliege,  weil  sie  beständig  vor  unsern  äu- 
gen umfliegt,  die  nachtigall,  weU  sie  nachts  singt,  die 
heuschrecke  vom  springen  auf  dem  heu;  band  oder 
binde  stammt  von  binden,  böge  von  biegen,  böte  von 
bieten;  schölle  ist  die  im  niederfall  schallende  erde, 
gleba ;  stiege  und  steg  fallen  zu  steigen ;  brunne,  brand, 
brunst  zu  brinnen ;  trieb  und  trift  zu  treiben ;  staub  zu 
stieben ;  und  so  erkennen  noch  eine  menge  andrer  Wör- 
ter in  unsrer  spräche  selbst  lebendige  wurzeln,  oft 
wenn  auch  heule  untergegangen,  oder  nicht  mehr  in 
einfacher  gestalt  vorhanden,  sind  sie  mhd,  oder  ahd. 
bestimmt  aufzuweisen  und  die  zurückführung  unseres 
gebären,  gehurt,  bahre,  barm,  gebärde,  bürde  u.  s.  w. 
auf  das  alte  heran  leidet  nicht  den  mindesten  zweifei, 
ehmals  gehörten  auch  noch  barn  kind,  biril  tragkorb, 
berian  ferire,  goth.  baris  far,  börusis  parens  dersel- 
ben Wurzel,  warum  sollte  ihr  nicht  ahd.  pero,  unser 
bär  überwiesen  werden  dürfen?  möglichkeit  ist  da, 
den  beweis  kann  nur  die  analogie  anderer  benennun- 
gen  desselben  thiers  in  fremden  sprachen  vollführen, 
eben  weil  das  deutsche  wort  nichts  zu  schafl'en  hat  mit 
riksa,  ursus,  uqy.Toq  und  lokis,  musz  ihm  eine  abwei- 
chende Vorstellung  unterhegen. 

Die  Wurzel  bßran  haben  wir  mit  den  meisten  urver- 
wandten Völkern  gemein,  viele  ihrer  andern  Wörter 
begegnen  dem  deutschen,  ohne  dasz  uns  oder  ihnen 
die  wurzel  gebheben  wäre,  ein  beispiel  ist  das  durch 
alle  unsere  dialecte  ziehende  wort  fisch,  lat.  piscis, 
welsch  pysg,  armor.  pesk,  ir.  iasg  (gen.  eisg),  alban. 
peskou,  piskou,  gr.  f/Svg,  altpreusz.  sucks,  lett.  siws, 
litt,  iuwis,  sl.  r 'iba,  ryba,  oflenbar  für  f yba,  doch  ab- 
steht das  finn.  kala,  est.  kalla,  lapp.  qwele,  ungr.  hal. 
es  ist  undenkbar,  dasz  ein  solches  Avort  entlehnt  wurde, 
alle  müssen  es  als  eignes  geführt  haben,  zur  wurzel 
könnte  doch  das  litt,  ^wyna  schuppe  =  zuwyna  lei- 
ten und  selbst  schuppe,  mhd.  schuope,  ahd.  scuopa  mit 
dem  anlaut  sc,  den  auch  squama  weist,  in  berührung 
stehen,  denn  die  schuppe  ist  eine  aufl'allende  eigenheit 
der  fische,  wie  es  auch  bei  Athenaeus  p.  308  heiszt 
iXXonig,  Siä  to  f?yat  XentdcoToi.  piscis  für  iscis  =a 
squamosus,  welchem  iasg  zunächst  träte,  ix^-vg  wäre 
für  laS-vg  oder  larvg,  laxvg. 

Bei  einem  andern  thiernamen,  wo  grosze  einslim- 
mung  der  spraciien  herschl,  läszt  uns  gerade  die  deut- 
sche in  die  wurzel  blicken,  unserm  woIf,  golh.  vulfs, 
altn.  ulfr  entspricht  das  lat.  lupus  ==  ulpus,  gr.  Xvxog 
=  vXxog,  wofür  doch  attisch  vXxog  gesetzt  worden 
wäre,  litt,  wilkas,  sl.  vfR",  der  wolf  aber  ist  ein  rauher 


XLIX 


und  das  goth.  vilvan  valv  bedeutet  rauben,  Matth.  7, 15 
sind  vulfös  vilvandans  die  Xvxoi  uQnaytg,  vilva  ist 
raptor,  vulva  rapina,  fravulvans  abreptus.  nur  steht 
dies  vilvan  für  vilfan  oder  vilban,  und  valvjan  =  volvere, 
wie  es  den  buchslaben  nach  sein  sollte,  kann  dem  sinne 
nach  unmöglich  daraus  geleitel  sein,  hier  scheint  das 
F  erweicht  in  V,  wie  umgekehrt  goth.  fraiv  zu  altn.  friof 
erhärtet,  der  skr.  ausdruck  lautet  aber  vrka,  zend. 
vehrkö,  pers.  gurk,  mit  R  statt  L,  dem  ütt.  sl.  wilkas, 
vlk  zunächst  tretend,  auch  ist  ein  sabinisches  irpus  oder 
hirpus  aufbewahrt,  das  sich  zu  jenem  illpus  verhält  wie 
vrka  zu  vlk,  noch  ähnlicher  wird  das  ungr.  farkas,  wolf. 
merkwürdig  tritt  nun  auch  diese,  wahrscheinlich  ält,ere 
gestalt  in  unsern  sprachen  lebendig  vor,  denn  das  altn. 
vargr,  schwed.  varg  meint  geradezu  lupus,  das  ahd.  wa- 
rac  latro,  damnatus,  das  goth.  gavargjan  damnare,  d.  i. 
zum  varg  erklären,  man  übersehe  nicht,  dasz  vargs 
auf  andrer  stufe  der  lautverschiebung  steht  als  vulfs, 
diesem  G  hätte  ein  gr.  X  ==  CH  zu  entsprechen  und 
vargs  musz,  wie  auch  der  abweichende  vocal  zeigt,  sich 
schon  sehr  frühe  von  vulfs  entfernt  haben,  nicht  we- 
niger besitzen  die  sl.  sprachen  dasselbe  vrag  im  -sinne 
von  feind  und  teufel.  dem  vrka  ist  also  beides,  das  goth. 
vargs  und  vulfs,  das  sl.  vrag  und  vlk  entsprossen. 

Wolf  und  fuchs  berühren  sich  vielfach,  und  sonst 
hielt  ich  auch  vulpes  für  dasselbe  wort,  =  ulpes.  doch 
hat  es  BüRxouF  dem  zend.  urup,  pers.  rubat  hund  ver- 
glichen, wiederum  der  wurzel  lup  ==  rup,  rauben  über- 
wiesen, welcher  noch  sichtbarer  das  finn.  repo  fuchs, 
altn.  refr,  schw.  räf,  sp.  raposo  angehört,  so  dasz  die 
Verwandtschaft  zwischen  wolf  und  fuchs  auf  anderm 
wege  gleichwol  vorbräche.  «Xwttjj^  deutet  man  ^Mnr^E, 
=  skr.  löpäsä,  lömasä  pilosa,  was  sich  dem  sinne  von 
fuchs  und  fohe  (fauhö)  nähert,  wenn  sie  mit  fahs  pilus, 
skr.  paksman  zusammenhängen,  und  vulpes  liesze  sich 
dann  ausdehnen  zu  volupex,  FaXcü7iTj'§,  das  ist  noch  un- 
sicher, würde  aber  die  ergibigkeit  unserer  spräche  von 
neuem  kundthun. 

Mich  dünkt,  je  weiter  die  etymologie  vorschreitet, 
wird  sie  die  zahl  der  wurzeln  nicht  zu  mehren,  sondern 
zu  mindern  geneigt  und  im  stände  sein,  sie  wird  mittel 
und  wege  finden,  durch  welche  der  Übergang  von  ein- 
zelnen wurzeln  zu  einander  erleichtert  und  über  die 
geschlagne  brücke  hin  zwischen  beiden  gemeinschaft 
gestiftet  werden  kann,  in  jeder  spräche  müssen  dann 
einzelne  wurzeln  an  umfang  und  reichthum  auszeror- 
denllich  gewinnen. 

Eine  derselben  in  unsrer  spräche  scheint  mir  z.  b.  die 
Wurzel  bauen,  aus  der  ich  mehr  abzuleiten  wage,  als 
bisher  geschehen  ist.  erwäge  ich  gleichwol  den  un- 
leugbaren Zusammenhang  zAvischen  bauen  und  sein, 
thun  und  werden,  wohnen  und  warten,  so  halle  ich  die 
külmheit  für  an  der  rechten  stelle,  bann  und  bauin 
sind  sich  ähnlich  wie  zwei  wasserlropfen  und  der  glei- 
che vortritt  des  kehllauts  in  facere  und  bagms  hat  et- 
was entscheidendes;  meine  auslegungen  von  biene  und 
biber  erreichen  was  die  plastik  ihrer  begriffe  begehren 
kann,  und  ich  sehe  nicht  wie  man  treffenderes  an  die 
stelle  setzen  möchte,  warum  soll  erst  auf  weiten  Um- 
wegen gesucht  werden,  was  unmittelbar  in  unsrer  nähe 
liegt?  ich  füge  hier  noch  hinzu,  dasz  bibaru,  bibrus, 
altn.  bior  auch  rcduplicaliv  zu  erfassen  wäre,  gleich 


ciconia  cicada  fifallra,  ganz  wie  bauan  bio  aus  bauan 
baibö,  facere  feci  aus  fefac  (nach  dem  oscischen  fefacust 
=  fecerit)  entsprang,  selbst  auf  bia  und  biene  würde 
diese  erklärung  anwendljar  sein. 

In  den  praepositionen  liegen  noch  schwere  rätsei 
und  wer  die  rechte  Witterung  von  ihnen  hat,  wird  auf 
nominalbegriffe  und  leibliche  substantiva  stoszen.  da- 
mit dasz  man  weisz,  bei  sei  skr.  abhi  und  bhi,  gr.  u/LKpi, 
ahd.  umpi  und  pi,  ist  uns  der  eigentliche  sinn  undge- 
halt  der  partikel  unerschlossen.  mir  boten  sich  bei  = 
bau,  aus  den  neuen  sprachen  vorerst  casa  und  altn.  hiÄ 
dar ;  auch  in'strebt  zu  inn  haus,  nicht  umgekehrt  darf  inn 
aus  in  gedeutet  werden,  unser  nach  gehört  zu  nahe, 
bei  wohnend ;  unser  and,  ent  zu  andi,  endi  frons ;  un- 
ser pah  tergum,  ags.  bäc,  altn.  hak  gibt  den  Schlüssel 
zum  skr.  pastscha,  pasda  a  tergo,  alln.  ä  bak,  alls.  te 
baka  retro,  ags.  on  bäc,  und  zum  lat.  post,  litt,  pakala 
tergum,  paskuy  post,  pasturas  postremus,  posterior, 
posticus,  noch  eine  andere  merkwürdige  deutung  flieszt 
aus  demselben  pah. 

Das  durch  die  gesamte  deutsche  spräche  hin  bis  auf 
heute,  freilich  kaum  erkenntlich  fortdauernde  persön- 
liche wort  andbahls,  ampahl,  minister,  servus  ist  von 
bak  tergum,  wie  sahts  von  saka,  sakan,  sauhts  von 
siuks,  vaurhts  von  vaurkjan  gebildet,  ein  so  altes  sinn- 
liches wort  wie  bak  musz  viele  ableitungen  aus  sich 
entfaltet  haben,  andbahts  ist  der  im  rücken  oder  an 
der  seile  zu  schütz  und  beistand  hallende  diener  und 
genösse,  wie  dieselbe  Vorstellung  auch  im  sinnlichen 
begrif  der  ausdrücke  beistand,  rückenhalter,  ahd.  nö- 
tigislallo,  ags.  eaxlgestealla  und  andern  mehr  enthalten 
ist.  einen  beslehn,  angehören  hiesz  bei  ihm  stehn,  um 
ihn  stehn,  auf  ihn  hören,  ihm  gehorchen.  Ha>s  Sachs 
II.  2,252"^ 

gott  geb  euch  auf  die  reis  gelück 
und  halt  euch  euer  engel  rück! 

euer  Schutzengel  geleile  euch,  stehe  euch  zur  hülfe  im 
rücken,  halle  hinter  euch.  altn.  bakiarl  ist  rückenmann, 
der  im  rücken,  hinter  uns  folgt,  pedisequus,  sowol  ein 
diener,  als  ein  lauernder  feind,  hostis  a  tergo  infestans ; 
bakdyr  fores  posticae;  baka  bat  bedeutet  dorso  navi- 
culam  propellere.  schon  vor  dem  beginn  unsrer  Zeit- 
rechnung war  ambactus  den  mit  Germanen  verkehren- 
den Galliern  geläufig,  durch  sie  den  Römern  bekannt  ge- 
worden, was  Ihut  Zkusz?  ohne  unser  andbaht  zu 
nennen,  hält  er  (gramm.  cell.  761)  zu  ambactus  lieber 
den  dunkeln  pfianzennamen  exacon  und  das  lat.  agere, 
exigere,  womit  die  Vorstellung  von  ambactus,  circum- 
actus,  was  comes,  servus  sein  soll,  erzwungen  wird, 
eher  noch  hätte  sich  Ambigatus  aus  Livius  5,  34  und 
Ambiorix  herholen  lassen,  die  er  s.  7.  75  nur  der  par- 
tikel amb  wegen  anführt,  von  einem  solchen  lal.  amb- 
actus, das  in  keiner  kellischcn  spräche  haftet  sollen 
alle  deutschen  stamme  ihr  eingewurzeltes  und  voll- 
kommen deutbares  andbaht  in  frühster  zeit  enlntunmen 
haben?  man  hat  die  skr.  wurzol  bhadsrh  dividero,  pe- 
tere,  colere,  facere  zu  andbaht  verglichen  ;  da  sie  auch 
coquere  bedeutet,  also  unserm  backen  entspricht,  würde 
andbahts  eher  einen  koch  oder  becker  als  einen  diener 
und  genossen  ausdrücken  können,  hak  rücken  auf 
bhadsch  zu  beziehen  hindert  aber  jenes  skr.  pastscha. 
Mit  allem  schein  der  Wahrheit  pflegt  man  nomen  der 

d 


u 


LH 


skr.  Wurzel  dschnä  noscere  zu  überweisen,  nomen  ist 
gnomen,  raerkmal,  kennzeichen,  weil  man  andere  am  na- 
men  erkennt,  dafür  sprechen  auch  agnomen  cognomen 
agnosco  cognosco  und  gnarus,  ja  statt  des  Gerschiene 
vocalvorschlag  im  gr.  ovo/iia,  alban.  emeni,  ir.  ainira. 
harte  anmutung  ist  es  doch,  schon  das  skr.  näman  aus 
dschnä,  oro/iia  aus  ypcöyai,  sl.  imia  aus  znati,  unser 
namö,  namo  aus  chnähan  herzuleiten,  da  beiden  letz- 
tem einfach  die  wurzel  niman  und  imjati  capere,  acci- 
pere,  prehendere,  habere  zur  seile  steht  und  seinem  be- 
griffe nach  namo  das  empfangne,  zugetheilte,  ange- 
nommne  ist,  niman  das  gr.  va/neiy  capere,  possidere, 
habitare.  entweder  müste  auch  niman  aus  dschniman 
entspringen  oder  Heber  für  näman  schon  ein  übertritt 
aus  der  wurzel  dschnä  zu  der  von  nam,  das  im  skr.  in- 
clinare,  fleclere  ausdrückt,  behauptet  werden,  für 
solchen  Wechsel  der  form  und  bedeutung  stehn  auch 
sonst  genug  beispiele  zu  gebot. 

Unser  habicht,  ahd.  hapuh,  ags.  hafoc,  altn.  haukr 
ist  ganz  das  welsche  hebog,  ir.  seabhag,  welche  letzte- 
ren wurzellos  sind,  habicht  aber  scheint  mit  haben  und 
heben  capere  vereinbar,  der  raubvogel  ergreift  und  hält, 
wie  auch  accipiter  ab  accipiendis  hoc  est  capiendis  avi- 
bus  heiszen  soll  und  mlat.  acceptor  und  capus  dafür 
gesagt  wurde,  accipitrare  steht  bei  Gellius  19,  7  = 
lacerare.  doch  schöner  deutet  man  den  ersten  theil 
von  accipiter  aus  skr.  äsu,  gr.  dxv,  und  in  piler  schiene 
patra,  patatra,  nrtQoy,  ala  gelegen,  ganz  wie  sich  I'qtj'^ 
loxvme^og  verbinden,  von  des  vogels  schnellem,  krei- 
senden fluge  ist  auch  y.iQxog,  vielleicht  liQu'i  geleitet, 
selbst  in  aquila  könnte  acui-ala  enthalten  sein,  wie  acu- 
pedius  bei  Festus  o^vnovg  ist,  Miklosich  findet  eben- 
wol  im  sl.  jastreb",  poln.  jaslrzab,  böhm.  gesti'ab  ein 
verlornes  jasl  =  äsu  zu  rjab  perdix  gefügt,  dem  laut- 
verhältnis  nach  wird  äsu  oder  wxv  zu  goth.  öhu,  Abu, 
wie  skr.  asva,  lat.  equus,  das  schnelle  pferd  zu  aihvu, 
alts.  ehu,  und  skr.  pasu,  lat.  pecu  zu  faihu,  ahd.  fihu, 
ja  man  möchte  auch  aqua,  goth.  abva,  ahd.  aha  für  das 
schnell  flioszende  erklären,  lautete  hier  niclit  die  skr. 
form  ap,  was  auf  andere  vergleichungen  führt,  sollte 
in  hapuh  und  habicht  das  anlautende  H  noch  übrig  sein 
von  jenem  verschoUnen  6hu,  öhu?  dann  würde  die 
herleitung  aus  haben  und  heben  verdächtig,  so  dunkel 
auch  (las  ül)rige  wort  bliebe. 

Auf  diesem  wogenden  meer  der  sprachen  tauchen  die 
Wörter  empor  und  versinken,  die  elymologien  schwel- 
len an  und  zerrinnen,  oft  lauft  in  geregeltem  Wechsel 
eine  form  durch  alle  reihen, 

nam  ex  uno  puteo  similior  nunquam  pnlis 
aqua  aquat  sumi,  quam  liaec  est  atque  isla  toi, 

und  dann  treten  wieder  schroffe  Verschiedenheiten,  lü- 
cken  und  abgründe  in  den  weg,  dasz  die  vergleichung, 
«lie  man  schon  fest  zu  halten  wähnte,  wieder  ent- 
schlilpft.  In  einem  deutschen  Wörterbuch  schien  es 
])niclit,  allen  milteln  und  iiandhaben  nachzugehn,  die 
unsere  spräche  selbst  darreichte  und  diesen  slandpunct 
werden  auch  solche  hier  erwarten,  die  ihm  geringern  er- 
folg zutrauen  und  lange  nicht  alles  einzuräumen  geneigt 
sind,  mit  dem  fortsclirilt  der  forschung  werden  neue 
crgcbnissc  eintreten,  denen  selbst  die  mängel  einer  red- 
lich angesetzten  arbeit  zu  reiz  und  anlrieb  gereichen. 
18.  Sitten  und  brauche. 


Manche  Wörter  konnten  weder  aufgestellt  noch  er- 
klärt werden,  ohne  dasz  auf  die  lebensart  oder  denk- 
weise  der  vorzeit  und  des  alterthums  eingegangen 
wurde,  deren  genauere  kenntnis  auch  groszentheils 
von  der  künde  der  spräche  abhängt,  darum  hefern  die 
Idiotiken,  wenn  sie  mit  Schmellers  fleisz  und  feinem 
verstand  abgefaszt  sind,  so  werthvolle  beitrage  für  ge- 
schichte  und  sitte  der  gegenwart  und  der  vorausgegang- 
nen  Jahrhunderte. 

Ich  hebe  hier  nur  unerschöpfende  beispiele  solcher 
Wörter  aus,  die  den  gebrauch  oder  glauben  des  volks 
erläutern:  abcschütz,  abendbrot,  abenteuer,  ablasz, 
Adam,  adebar,  aderlaszmännchen,  agen  schütten,  al- 
fanz,  allemann,  allerleirauh,  alles  aller  in  fluchen,  all- 
mende,  alp,  alraun,  altfränkisch,  allreise,  angster,  an- 
kenbraut,  anlaster,  anrichte,  aschenbrödel,  ausbund, 
axthelm,  habe,  bachanl,  bachmatt,  backenstreich,  back- 
fisch,  bad,  badehre,  badschüd,  bank,  bankhart,  bank- 
riese,  banse,  bar,  barelleinsleute,  baretteller,  bärenhäu- 
ter,  barlaufen,  harn,  hart,  base,  bastart,  balz,  bauern- 
schritl,  baummeise,  bausch,  becher,  hechten,  beckel- 
haube,  begabein,  begine,  behaupten,  beicht,  beifrau, 
heilen,  benne,  bergens  spielen,  bergrind,  bergwurzel, 
berichten,  bescheid,  bescheidessen,  beschütten,  besen, 
beste,  bestechen,  bestricken,  betteln,  bettelmann,  bet- 
telstab,  beltelmantel,  belllertanz,  betzel,  beunde,  beu- 
ten, biberschwanz,  bickel,  bienenwolf,  hier. 

Gelangt  das  ganze  werk  einmal  zu  seiner  Vollendung, 
so  wird  es  angemessen  sein,  wie  bei  Ducange  gesche- 
hen ist,  ihm  Verzeichnisse  und  register  verschiedner  art 
anzuhängen,  in  welchen  man  die  einzelnen  gebrauche 
so  wie  alle  hervorragenden  Wörter  und  ausdruckswei- 
sen der  einzelnen  stände  sorgrältig  geordnet  über- 
schauen kann. 

19.  Schreibung  und  druck. 

Es  verstand  sich  fast  von  selbst,  dasz  die  ungestalte 
und  häszhche  schrifl,  die  noch  immer  unsere  meisten 
bücher  gegenüber  denen  aller  übrigen  gebildeten  Völ- 
ker von  auszen  barbarisch  erscheinen  läszt,  und  einer 
sonst  allgemeinen  edlen  übung  untheilhaflig  macht,  be- 
seitigt bleiben  muste. 

Leider  nennt  man  diese  verdorbne  und  geschmack- 
lose Schrift  sogar  eine  deutsche,  als  ob  alle  unter  uns 
im  schwang  gehenden  misbräuche  zu  ursprünghch  deut- 
schen gestempelt,  dadurch  empfohlen  werden  dürften, 
nichts  ist  falscher,  und  jeder  kundige  weisz,  dasz  im 
mittelalter  durch  das  ganze  Europa  nur  6ine  schrift, 
nemlich  die  lateinische  für  alle  sprachen  galt  und  ge- 
brauciit  wurde,  seit  dem  dreizehnten,  vierzehnten  Jahr- 
hundert begannen  die  Schreiber  die  runden  ziige  der 
buchstaben  an  den  ecken  auszuspitzen  und  der  beinahe 
nur  in  rubriken  und  zu  eingang  neuer  abschnitte  vor- 
kommenden majuskel  schnörkel  anzufügen. 

Die  erfimler  der  druckerei  gössen  aber  ihre  typen 
ganz  wie  sie  in  den  handsciihflen  üblich  waren  und  so 
behielten  die  ersten  drucke  des  1 5  jli.  dieselben  eckigen, 
knorrigen  und  scharfen  buchstaben,  gleichviel  ob  für  la- 
teinische oder  deutsche  und  französische  bücher  bei. 
mit  ihnen  wurden  dann  auch  alle  dänischen,  schwedi- 
schen, böhmischen,  polnischen  bücher  gedruckt,  den- 
noch führte  in  Italien,  wo  die  Schreiber  der  runden  schrifl 
treuer  geblieben  waren  und  schöne  alle  handschriflen 


Lm 


LIT 


der  classiker  vor  äugen  lagen,  schon  im  1 5  jh.  in  vielen 
druckereien  ein  reinerer  geschmack  die  unentstellten 
buchstaben  für  die  lateinische  oder  'v'ulgare  spräche 
zurück,  und  nun  lag  es  an  den  andern  Völkern  diesem 
beispiel  zu  folgen,  beim  latein  gab  es  keinen  ausweg, 
und  im  1 6  jh.  drang  auch  für  die  aus  französischen  und 
deutschen  pressen  hervorgehenden  classiker  die  edle 
Schrift  durch,  die  gelehrten  hielten  darauf,  dagegen 
bestand  die  schlechte  für  das  volk,  das  sich  an  sie 
gewöhnt  hatte,  fort,  in  Frankreich  eine  Zeitlang  nur,  in 
Deutschland  entschieden  und  durchaus,  hiermit  war 
ein  schädhcher  unterschied  zwischen  lateinischen  und 
vulgarbuchstaben  festgesetzt,  der  nicht  nur  in  den  dru- 
ckereien galt,  sondern  auch  in  den  schulen  angenom- 
men wurde,  deutsch  aber  kann  diese  vulgarschrifl  im- 
mer nicht  genannt  werden,  da  sie  auszer  Deutschland 
auch  in  England,  in  den  Niederlanden,  in  Scandinanen 
und  bei  den  Slavcn  lateinischer  kirche  herschte.  Eng- 
länder und  Niederländer  entsagten  ihr  allmälich  ganz, 
die  Polen  haben  sich  gleichfalls  von  ihr  losgerissen,  die 
Böhmen  und  Schweden  heutzutage  meistentheils,  sie 
besteht  gegenwärtig  nur,  auszerhalb  Deutschland,  in 
böhmischen  und  schwedischen  Zeitungen,  in  Dänemark, 
Liefland,  Littauen,  Estland  und  Finnland,  wo  doch  alle 
Schriftsteller  geneigt  sind,  zur  reinen  lateinischen  schrifl 
überzutreten,  auch  meistens  schon  übergetreten  sind. 
Die  unnütze  festhaltung  der  vulgarschrifl  führt  grosze 
nachtheile  mit  sich, 

a)  sie  ist  zumal  in  der  majuskel  unrörmhch  und  das 
äuge  beleidigend,  man  halte  51  35  2)  zu  A  B  D  und  so 
werden  überall  die  einfachen  striche  verschnörkelt,  ver- 
knorzt  und  aus  der  Verbindung  gerissen,  die  umge- 
drehte behauptung,  dasz  diese  schrift  dem  äuge  wol  thue, 
geht  blosz  aus  übler  und  träger  gewohnlieit  hervor. 

b)  sie  ist  es,  die  den  albernen  gebrauch  groszer  buch- 
staben für  alle  substantiva  veranlaszt  hat,  wie  nachher 
gezeigt  werden  soll. 

c)  sie  nöthigt  in  den  schulen  die  zahl  der  alphabete 
zu  verdoppeln,  jedes  kind  musz  für  ^in  zeichen  achte 
lernen,  zum  beispiel  E  e  «Ct  ^  c  ^  f. ,  wo  die  hälfle  aus- 
reichte, denn  neben  der  stehenden,  unverbundnen  be- 
darf es  einer  flieszenden  verbundnen,  mit  jener  wird 
gedruckt,  mit  dieser  geschrieben. 

d)  sie  zwingt  in  Deutschland  alle  druckereien  sich 
mit  dem  zwiefachen  vorrat  lateinischer  und  deutscher 
typen  auszurüsten,  während  in  Italien,  Frankreich 
u.  s.  w.  latein  und  vulgär  mit  denselben  gesetzt  wird. 

e)  sie  kann  den  unterschied  der  majuskel  I  und  J 
nicht  ausdrücken,  und  musz  für  beide  3  verwenden, 
auch  entgehn  ihr  die  accente. 

f)  sie  hat  durch  die  Verbindung  §  die  falsche  aullö- 
sung  in  fs  und  ss  herbeigeführt,  so  dasz  einfältig  der- 
selbe laut  anders  ausgedrückt  ist,  je  nachdem  deutsch 
oder  lateinisch  geschrieben  oder  gesetzt  werden  soll, 
wovon  nachher  noch  näher  zu  reden  sein  wird. 

g)  sie  hindert  die  Verbreitung  deutscher  bücher  ins 
ausländ,  und  ist  allen  fremden  widerwärtig. 

Alle  schrift  war  ursprünglich  majuskel,  wie  sie  in 
stein  gehauen  wurde,  für  das  schnelle  schreiben  auf 
papyrus  und  pergament  verband  und  verkleinerte  man 
die  buchstaben,  wodurch  sich  die  züge  der  minuskel 
mehr  oder  minder  abänderten,    aus  den  mit  dem  pinsel 


hinzugemahlten  initialen  der  handschriften  entsprang 
die  verbogene  und  verzerrte  gestalt  der  majuskel,  die 
in  den  ältesten  drucken  auch  noch  nicht  gesetzt,  son- 
dern mit  färbe  eingetragen  wurde,  in  lateinischen  bü- 
chem  bheben  auszer  den  initialen  nur  die  eigennamen 
durch  majuskel  hervorgehoben,  wie  noch  heute  ge- 
schieht, weil  es  den  les  er  erleichtert,  im  laufe  des  16 
jh.  führte  sich  zuerst  schwankend  und  unsicher,  end- 
lich entschieden  der  misbrauch  ein,  diese  auszeichnung 
auf  alle  und  jede  substantiva  zu  erstrecken,  wodurch 
jener  vortheil  wieder  verloren  gieng,  die  eigennamen 
unter  der  menge  der  substantiva  sich  verkrochen  und 
die  schrift  überhaupt  ein  buntes,  schwerfäUiges  anse- 
hen gewann,  da  die  majuskel  den  doppelten  oder  drei- 
fachen räum  der  minuskel  einnimmt,  rechnet  man  hinzu, 
dasz  die  deutsche  spräche  insgemein  zur  Verdoppelung 
der  buchstaben  und  einschaltung  unnöthiger  dehnlaute 
geneigt  ist,  für  ihre  häufigen  Verbindungen  ch  seh  und  sz 
aber  einfacher  zeichen  entbehrt,  so  begreift  sich,  wie 
die  darstellung  unsrer  laute  so  breit  ins  äuge  fällt,  was 
bei  versen  oder  wenn  eine  fremde  spräche  daneben 
steht  am  sichtbarsten  wird,  kürze  und  leichtigkeit  des 
ausdrucks,  die  im  ganzen  nicht  unser  vorzug  sind,  wei- 
chen vor  diesem  geschlepp  und  gespreize  der  buchsta- 
ben völlig  zurück,  meinestheils  zweifle  ich  nicht  an 
einem  wesenthchen  Zusammenhang  der  entstellten 
schrifl  mit  der  zwecklosen  häufung  der  groszen  buch- 
staben, man  suchte  darin  eine  vermeinte  zier  und  gefiel 
sich  im  schreiben  sowol  an  den  Schnörkeln  als  an  ih- 
rer Vervielfachung,  wenigstens  die  der  edlen  lateinischen 
schrifl  pflegenden  Völker  kamen  gar  nicht  auf  den  gedan- 
ken  einer  so  sinnlosen  verkleisterung  der  Substantive. 

Kaum  ein  leser  dieses  Wörterbuchs  wird  an  den  la- 
teinischen und  kleinen  buchstaben  ärgemis  nehmen  oder 
sich  nicht  leicht  darüber  hinaussetzen,  aUen  unbefang- 
nen aber  musz  die  daraus  entsprungne  Sauberkeit  und 
raumersparnis  angenehm  ins  äuge  fallen,  hat  nur  ein 
einziges  geschlecht  der  neuen  Schreibweise  sich  be- 
quemt, so  wird  im  nachfolgenden  kein  bahn  nach  der 
alten  krähen,  wem  das  thun  oder  lassen  in  solchen 
dingen  gleichgültig  ist  und  jeder  unbrauch  zu  einer  un- 
abänderlichen eigenthümhchkeit  des  volks  gedeiht,  der 
dürfte  gar  nichts  anrühren  und  müste  in  allen  Ver- 
schlechterungen der  spräche  wirkliche  Verbesserungen 
sehen,  es  gibt  aber  in  ihr  nichts  kleines,  das  nicht  auf 
das  grosze  einflösse,  nichts  unedles,  das  nicht  ihrer  an- 
gebornen  guten  art  empfindlichen  einlrag  thäte.  Lassen 
wir  doch  an  den  häusern  die  giebel,  die  vorsprünge  der 
balken,  aus  den  haaren  das  puder  weg,  warum  soll  in 
der  schrifl  aller  unrat  bleiben? 

20.  Rechtschreibung. 

Die  lateinische  schrift  kam  unserer  spräche  schon  vor 
alters  von  auszen  her  zu  und  nicht  ohne  gefahr  ergieng 
ihre  anwendung  auf  die  deutschen  laute ;  schhmm  war, 
dasz  ein  nachlässiger  und  verkehrler  schreibgebrauch, 
statt  beide  völlig  auszugleichen,  allmälich  Verwirrungen 
bereitete,  die  anfangs  nirgends  vorhanden  waren,  in 
den  letzten  drei  Jahrhunderten  trägt  die  deutsche  Schrei- 
bung so  schwankende  und  schimpfliche  unfolgerichtig- 
keit  an  sich,  wie  sie  in  keiner  andern  spräche  jemals 
statt  gefunden  hat,  und  nichts  hält  schwerer  als  diesen 
zustand  zu  heilen,  man  hat  sirh  von  jugend  an  ihn  ge- 
il* 


LV. 


LVI 


wohnt  und  niemand  kann  den  leuten  ungelegner  kom- 
men, als  der  sich  dawider  erhebt,  in  kleinigkeiten  ab- 
zuweichen, das  wird  belächelt  und  allenfalls  geduldet, 
wem  aber  gründliche  Umwandlungen  ratsam  scheinen, 
der  darf  sich  auf  jede  mögliche  gleichgültigkeit  und  Un- 
kenntnis von  der  sache  fassen,  was  sollte  die  änderung 
den  Schriftsteller  angehn,  dem  daran  liegt  seine  gedan- 
ken  ungehemmt  und  ungezwungen  zu  äuszern,  dem  es 
lästig  fallen  rausz  sich  und  seine  leser  durch  anstünde 
in  der  form,  die  er  längst  bewältigt  zu  haben  meint,  auf- 
halten zu  lassen?  nur  insgeheim  mag  ihn  der  leichdorn 
im  schuh  drücken,  wenn  er  sich  des  eignen  ungenauen 
und  fehlerhaften  ausdrucks  mitunter  bewust  wird,  die 
meisten  schrieben,  wie  sie  es  in  der  schule  oder  sonst 
im  leben  sich  angewöhnt  hatten  und  überlieszen  wie- 
derum den  Setzern  die  Schreibart  nach  belieben  zu  ver- 
ändern, d.  h.  dem  vorhersehenden  brauch  zu  beque- 
men, so  weichen  z.  b.  die  meisten  kurz  nach  einander 
erschienenen  auflagen  von  Fischarts  Gargantua  immer 
in  kleinigkeiten  ab,  aus  welcher  sollte  man  einen  schlusz 
auf  seine  eigne  Schreibung  machen  ?  auch  Göthe  wird 
sich  nicht  darum  bekümmert  haben,  dasz  die  späteren 
abdrücke  seiner  werke  einzelnes  anders  schrieben,  z.  b. 
die  erste  ausgäbe  des  Faust  von  1790  hat  juristerey, 
gescheidter,  bey,  wo  die  jüngeren  Juristerei,  geschei- 
ter, bei  setzen,  dennoch  daneben  seyn  behalten,  wich- 
tigeres erlaubte  man  sich  bei  ahnungsvoll  statt  des  aus 
GöTHEsfeder  geflossenen  ahndungsvoll,  in  Lessings  wer- 
ken hat  Lachmann  Verschiedenheiten  der  Schreibung  fest- 
gehalten, die  vielleicht  auch  von  den  setzern  herrührten. 

Einzelnen  älteren  Schriftstellern,  die  den  schreibge- 
brauch zu  meistern  unternahmen,  wie  Melissus,  Weck- 
HERLiN,  Ph,  von  Zesen,  darf  man  nur  geringe,  darum 
unwirksame  sachkunde  zutrauen,  wiewol  sie  es  an  eini- 
gen guten  vorschlagen  nicht  fehlen  lieszen;  auch  die 
neueren,  in  vielen  stücken  vollkommen  berechtigt, 
Klopstock,  Voss,  Schlözer  scheiterten  um  derselben 
Ursache  willen,  Voss  unter  ihnen  der  mäszigste  richtete 
das  meiste  aus.  einiges  rechte,  wie  die  entfernung  des 
Y  aus  dem  diphth.  ei  drang  endlich,  allem  dawider  er- 
hobnen  einspruch  zum  trotz,  allgemein  durch.  Eine 
gänzliche  Umwälzung,  wobei  freilich  mit  nolhwendigen 
ausnahmen  wieder  der  mhd.  Schreibweise  zugelenkt 
werden  müste,  scheint  erst  dann  gelingen  zu  können, 
wenn  ihr  unter  grammatischer  begründung  in  empfäng- 
licher zeit  durch  ein  Wörterbuch  vollständig  der  weg 
gebrochen  sein  wird,  das  gegenwärtige  darf  l)losz  an- 
spruch  darauf  maclien  ihn  hin  und  wieder  anzubahnen 
und  die  änderung  vorzubereiten. 

Das  gebrechen  liegt  in  unbefugter  und  regellos 
schwankender  häufung  der  vocale  wie  consonanton, 
wodurch  die  deutsche  schrift  einen  breiten,  steifen  und 
schleppenden  eindruck  macht. 

Bei  den  vocalen  kam  es  auf  die  dehnung  an,  welche 
vor  einfachem  consonant  sowol  der  mhd.  lange  als 
kurze  laut  empfieng,  und  man  behandelte  sie  auf  vierer- 
lei weise. 

a)  man  Itesz  sie  unhezeichnet.  beispiele  der  orga- 
nischen länge :  da,  quäl,  spat,  that,  rath,  abend,  alliem, 
klar,  waren,  lasen,  kamcjn,  liörcMi,  brol,  notli,  rolli,  lod, 
kröne,  Ihun,  nuilii,  rulie.  beispiele  der  organisclum 
kürze :  Ihal,  schmal,  rad,  mag,  gab,  habe,  schäm,  kam, 


schwan,  war,  wagen,  nabel,  gabel,  jagen,  sagen,  schä- 
men, bär,  gebären,  geweb,  eben,  geben,  streben,  be- 
wegen, hin,  dir,  mir,  biber,  lob,  oben,  böte,  böge,  zo- 
gen, trogen,  schwöre,  mögen,  flug,  zug,  tugend,  jugend. 

b)  man  verdoppelte  den  vocal.  beispiele  der  orga- 
nischen länge:  aal,  haar,  klee,  see,  schnee,  schoosz. 
beispiele  der  organischen  kürze :  saal,  aar,  haar,  beer, 
meer,  beere. 

c)  man  schaltete  hinter  dem  I  E  ein,  was  natürlich 
nur  bei  organischer  kürze  der  fall  ist:  kiel,  ziel,  viel, 
spiel,  ziemen,  nieder,  liegen,  wiege,  riegel,  schriebe, 
triebe,  geschrieben,  getrieben. 

d)  man  schaltete  II  ein.  beispiele  der  organischen 
länge :  pfähl,  stahl,  jähr,  bahre,  wahr,  bewähren,  wahn, 
wähnen,  ehre,  mehr,  lohn,  ohne,  höhne,  ohr,  fuhr, 
fühlen,  führen,  rühm  huhn.  beispiele  der  organischen 
kürze :  fahl,  kahl,  wähl,  zahl,  lahm,  nahm,  bahn,  nah- 
rung,  fahren,  zählen,  wählen,  währen,  nähren,  heh- 
len, stehlen,  nehmen,  wehren,  ihn,  ihr,  söhn,  wohnen, 
sohle,  bohre,  bühne. 

Dies  inconsequente  verfahren  ist  unerträglich,  wenn 
man  nahm,  lahm,  zahm  schreibt,  warum  nicht  auch 
kahm  ?  oder  umgedreht,  wenn  kam,  schäm,  name  gilt, 
warum  nicht  nam,  lara,  zam?  wer  wähl,  zahl,  ihn, 
bahn,  zahn,  bühne  setzt,  müste  der  niciit  auch  Ihahl, 
schmahl,  vihl,  schwahn,  thuhn  schreiben,  oder  weshalb 
entbindet  ihn  die  Schreibung  schmal  und  schwan  nicht 
des  schleppenden  h  in  wähl  und  hahn  ?  wir  schreiben 
grün  und  schön,  warum  nicht  kün,  sondern  kühn  ?  was 
zwingt  zu  jähr  und  bahre,  da  doch  klar  und  waren  gilt? 
warum  schere,  aber  beere  und  wehre?  im  16.  17  jh. 
schrieben  auch  einzelne  kahm,  ahn,  juhgend,  vihl  und 
zihl,  was  der  spätere  gebrauch  verwarf. 

Am  unerträglichsten  wird  die  Unsicherheit,  wenn 
sie  in  den  formen  desselben  worts,  derselben  wurzel 
und  in  vollkommen  ähnlichem  fall  vortritt,  ihr  zu 
schreiben  und  von  der  analogie  wir  mir  dir  abzuwei- 
chen, war  in  der  spräche  nicht  der  mindeste  grund ; 
ungebildete  schreiben  auch  wihr,  mihr,  dihr  oder  wier, 
mier,  dier  und  verfahren  folgerichtig,  warum  soll  ihm, 
ihn,  ihnen  stehn  und  er,  es,  der,  dem,  denen?  im  16. 
17  jh.  begegnet  auch  ehr,  ehs,  dehr,  dehn,  die  uns 
heute  beleidigen,  zahm  und  zähmen  verdecken  durch 
diese  Schreibung  ihre  abkunft  von  ziemen,  geziemen, 
gezara,  ihre  Verwandtschaft  mit  ziemlich  und  zunfl. 
gleiches  gilt  von  zehren  und  zerren,  von  begehren  und 
begier.  wir  schreiben  nehmen  und  nimmst,  nimmt, 
welche  beide  die  organische  kürze  durch  Verdoppelung 
der  consonanz  retteten,  ältere  schriftsteiler  setzen  auch 
nemmen  wie  trcttcn  für  nehmen  und  treten ;  ist,  wie 
vermutet  wurde,  das  subst.  name  von  nehmen  abstam- 
mend, so  verdunkelt  sich  zugleich  dies  Verhältnis,  nicht 
anders  trenut  unsre  üble  Schreibung  die  zusammen  gehö- 
rigen Wörter  hahn,  huhn  und  henne,  lehren  und  lernen, 
an  und  ähnlich,  fahren,  fahrt  und  fertig,  d.  i.  zur  fahrt 
gerüstet,  zwar  -^^  mhd.  ze  wäre,  und  wahr. 

Wol  weisz  ich,  was  man  zur  entschuldigung  man- 
cher solcher  Widersprüche  und  ungenauigkeitcn  vor- 
bringt, es  sollen  dadurch  verschiedenartige  Wörter  von 
einander  gehalten  werden,  man  setze  ihn  und  seyn,  da- 
mit sie  von  der  praej).  in  und  dem  jjossessiviun  sein  fern 
stehn  bleiben;   siclier  war  das  nicht  der  anlasz  zur 


vm 


LTm 


Schreibung,  womit  hätten  denn  ihr,  bey,  firey  nicht  zu- 
sammenfallen sollen  ?  kein  mhd.  blatl  wird  unverständ- 
lich dadurch,  dasz  in  beiden  fällen  einrormig  in  und  sin 
geschrieben  steht,  denn  in  allen  sprachen,  zumal  neue- 
ren, begegnen  sich  die  gestalten  vieler  Wörter,  z.  b. 
lat.  canis  singst,  canishund;  suis  der  sau,  suis  seinen; 
bellum  krieg,  bellum  den  schönen ;  frons  stirne,  frons 
laub ;  edit  iszt,  edit  gü)t  heraus ;  uti  wie,  uti  gebrau- 
chen, jenes  mit  kurzem,  dieses  mit  langem  u ;  franz.  son 
laut,  son  kleie,  son  sein ;  ton  laut,  ton  dein ;  en  in,  en 
davon  =  lat.  inde ,  und  so  unzähligemal ,  wer  denkt 
daran  sie  anders  zu  schreiben?  im  Zusammenhang  der 
rede  wird  alles  klar,  durch  ihn  würde  man  auch  ge- 
wahren, ob  her  das  mhd.  her  exercitus,  her  huc,  hör 
clarus  meine,  welche  drei  Wörter  die  mhd.  handschrif- 
ten  ganz  gleich  schreiben,  uns  erst  die  grammatik  zu 
sondern  gelehrt  hat.  was  soll  ein  unterschied  zwi- 
schen wider  contra,  wieder  rursus,  da  wir  doch  aber 
vero  und  aber  rursus  unausgezeichnet  lassen?  die  ge- 
wöhnliche schreiliung  kann  lange  nicht  allen  feinheilen 
der  ausspräche  nachgehen  wollen,  sie  weisz  nichts  von 
einem  ö  oder  6  und  ä,  nur  genauere  Schreiber  wandten 
accente  und  circumflexe  an,  oder  strebten  einzelne  e 
und  fi  durch  ä  und  ee  zu  erreichen,  lateinische  bücher 
drücken  die  quantität  der  vocale  auch  nicht  aus,  grie- 
chische nur  einiger,  nicht  aller,  entspringt  uns  irgend 
beschwerde  daraus,  dasz  wir  mhd.  gebot  mandavit  und 
gebot  niandatum  beide  gebot  schreiben  ?  oder  soll  hier 
unser  groszer  buchstabe  das  subst.  retten  ?  das  hülfe 
ja  nichts  für  den  fall,  dasz  das  verbum  den  salz  an- 
fienge. 

Mit  mehr  schein  liesze  sich  anführen,  dasz  schon  mhd. 
und  selbst  ahd.  einzelne  beispiele  des  dritten  und  vierten 
misbrauchs  auftauchen,  des  hinter  I  geschobnen  E,  des 
dehnenden  IL  wer  die  von  Diemer  bekannt  geraachte 
Vorauer  handschrift  liest,  wird  darin  verschiedentlich 
tehte  roht  tobt  houbeht  habeht  siht  wihstoum  Gnden 
für  tete  röt  löt  houbet  habet  (ahd.  hapöt)  sit  wistuom, 
wie  schon  einmal  bei  Notker,  inslihefe  für  insliefe,  un- 
gefähr wie  auch  fremde  namen  zwischen  Daniel  und 
Danihel,  Bethleem  und  Bethlehem  schwanken,  iera  für 
im  hat  die  kaiserchron.  526,  22;  ier  für  ir  526,  23; 
ien  für  in  529,  20  ;  ziet  für  zit  527,  12  u.  s,  w.  dies 
iem,  ier  mahnt  nun  an  das  iära,  iär  des  heutigen  west- 
fälischen dialects,  die  Schreibung  viel  und  miechel  im 
grafen  Rudolf  an  die  ags.  und  altn.  brechung  feolo,  fiöl 
und  miök,  miög,  ags.  com  und  heom  für  im,  him,  und 
es  scheint  wol,  dasz  das  gesetz  der  brechungen  den 
misbrauch  des  dehnenden  IE  zuerst  veranlaszt  haben 
könne,  vgl,  gramm.  1,  163.  allein  der  gemeine  hochd. 
brauch  nahm  die  meisten  solcher  Schreibweisen  gar 
nicht  an,  oder  entledigte  sich  ihrer  bald  wieder ;  sollen 
wir  sie  festhalten  und  dazu  noch  schief  anwenden? 

Das  zweite  verfahren,  ich  meine  die  Wiederholung 
des  vocals,  ursprünglich  damit  länge,  dann  dehnung  zu 
bezeichnen  hat  etwas  natürliches,  da  auch  in  andern 
sprachen  die  länge  der  doppell  gesetzten  kürze  gleich 
steht ;  von  den  Niederländern  wird  diese  doppelung 
ebenfalls,  nur  häufiger  und  durchgreifender,  angewandt, 
welchen  sowol  IE  für  I^  als  das  eingeschaltete  H  unbe- 
kannt blieb.  d(Kh,  wenn  man  allenlhalben  die  dehnung 
verdoppeln  will,  empfängt  die  Schreibung  etwas  brei- 


tes, schwerfälhges,  man  lese  Flemings  gedichte,  der  die 
holländische  weise  nachahmend  s.  79  setzt: 

NeptuuQ  kann  keinem  guut  für  seinen  schaden  saagen, 
der  sich  in  seiner  fluiit  auf  speten  herbst  wil  waagen, 

und  so  oft,  nicht  allenthalben,  die  ausgaben  folgen 
schwankend. 

Weit  besser  gethan  ist  es,  die  erste  weise  zur  allge- 
mein gülligen  erhebend,  den  gedehnten  laut  überall  un- 
bezeichnet  und  jede  Verdoppelung  oder  einschaltung 
von  E  und  H  fahren  zu  lassen,  wodurch  zugleich  rei- 
nere ausspräche  des  organischen  IE  (in  dienen,  heben, 
gieszen)  und  der  organischen  spirans  für  alle  inlaute, 
wie  sehen,  zehen,  ziehen,  fliehen,  fahen,  äher  oder  ähre, 
Zähre  u.  s.  w.  gewonnen  würde,  diese  letzte  schärft 
sich  vor  T  in  CH  (sieht,  flucht,  zuchl),  was  jenes  falsche 
H  niemals  zu  thun  vermochte,  für  Schlözer  musle  es 
zur  klippe  werden,  dasz  er  die  echten  und  falschen  H 
nicht  scheiden  konnte  und  das  kind  mit  dem  bade  aus- 
schüttele, schon  Frisch  halle  sich  an  verschiednen 
stellen,  z.  b.  2,  373''  gegen  'den  schlendrian  mit  dem 
angeflickten  H'  ausgesprochen. 

Aller  dieser  anfangs  beabsichtigten,  künftig  einmal 
unerläszhchen  reinigungen  unseres  vocahsmus  habe  ich 
aus  den  oben  angezeigten  gründen  mich  jetzt  noch  ent- 
schlagen, doch  ist  vorläufig  schon  in  klammer  die  gebes- 
serte Schreibung  beigefügt  worden,  natürüch  nur  im 
stamm,  von  dem  man  sie  leicht  auf  ableilungen  und  Zu- 
sammensetzungen erstrecken  wird,  z.  b.  hinter  nehmen 
folgt  eingeklammert  nemen,  nicht  hinter  abnehmen  an- 
nehmen ausnehmen  benehmen,  man  hat  also  immer 
das  emfache  wort  aufzuschlagen. 

Unsere  consonanlen  leiden  an  gleich  pedantischer 
Vervielfachung  der  zeichen,  es  ist  als  ob  nie  der  einfache 
buchstab  genügen  könne,  immer  noch  ein  andrer  ihm 
als  schlepp  angehängt  werden  müsse. 

Thue  man  bücher  des  16.17  jh.  auf,  nicht  allein  dem 
T  w^ird  unnützes  und  falsches  H  nachgesandt,  sondern 
oft  auch  andern  consonanlen,  und  z.  b,  geschrieben 
rhat  rhum  mhe  nhemen  für  rat  rum  me  nemen,  so  dasz 
sich  die  dehnung  raht  (oder  ralh)  rühm  mehr  nehmen 
aus  bloszer  forlschiebung  des  H  in  die  mitte  des  worts 
herleiten  liesze.  eine  menge  von  venlopplungen  starrt 
allenlhalben,  FF,  SS  für  F  und  S  und  immer  CK,  TZ 
nach  andern  consonanlen,  da  sie  doch  blosz  nach  oder 
zwischen  vocalen  zulässig  sind :  hoff  gralT  schifl"  brieff 
schliefl"  schufl"  für  hof  graf  schif  brief  schlief  schuf; 
danck  banck  voick  werck  hollz  krnntz  hertz  schwartz 
für  dank  bank  volk  werk  holz  kränz  herz  schwarz ; 
ja  auch  hausz  mausz  für  haus  maus.  Zeskn  pflegt  die 
Verdoppelung  noch  mit  dem  dehnlaut  zu  verknüpfen 
und  zu  schreiben  hihss  für  hiesz,  schähfler  für  schäfer. 
aufFFistman  so  erpicht,  dasz  es  selbst  in  die  russi- 
schen namen  OrloffDemidoirSuwaron'eingelragen  wird, 
die  mit  nichts  als  slaviscliem  ov  auslauten. 

TH  hängt  uns  bis  auf  heule  noch  an  :  es  ist  (iberall 
falsch  in  hochdeutschen  wörlern  und  das  niederdeut- 
sche, englische  hat  ganz  andern  grund.  man  musz  also 
tal  teil  tor  tat  schreiben  so  gut  wie  tag  teig  toll  taugt  lu- 
gend, und  nicht  anders  in  und  auslautenil  mut  rat  wut  ge- 
rade wie  gebet  blut.  die  Schreibungen  thal  iheil  thor  Ihat 
mulh  ralh  wuth  werfen  «msre  mundart  aus  ihrem  angel 
und  verwirren  sie  gegenüber  allen  geschwislersprachen. 


LIX 


LI 


Man  will  heute  hof  graf  schuf  schlief  der  gedehnten, 
aber  schiff  griff  schlaff  der  kurzen  ausspräche  halben. 
dann  milste  auch  abb  obb  für  ab  und  ob,  mann  binn 
hinn  unn  für  man  bin  hin  un  geschrieben  sein ;  oben 
wurde  gesagt,  dasz  es  unnöthig  ist  die  dehnung  oder 
undehnung  zu  bezeichnen,  F  ist  so  ein  scharfer  laut, 
dasz  seine  doppelung  gar  nicht  ins  ohr  fällt  und  erst 
inlautend  zwischen  vocalen  vernehmbar  und  in  zwei 
Silben  vertheilt  wird,  schiff  wäre  schiphph  und  unaus- 
sprechhch,  schiffen,  schaffen  aber  spricht  sich  aus  schif- 
fen, schaf-fen,  die  silbenabtheilung  schiff-en  ist  so  un- 
richtig wie  die  von  geb-en,  mein-en  für  ge-ben,  mei- 
nen, als  hätte  sich  die  silbe  um  den  stamm  zu  küm- 
mern, warum  sich  also  sträuben  gegen  schift  navigat, 
Schaft  parat?  da  doch  schaft  in  freundschaft  gleichfalls 
aus  schaffen  gebildet  wurde,  die  ausspräche  völlig  die- 
selbe ist.  Lessing  schrieb  häufig  das  einfache  F  und 
auch  Voss  im  Homer  schif,  hofnung,  gewafnet,  wie 
Engländer  mit  ship,  Niederländer  mit  schip,  Dänen  mit 
skib  ausreichen,  Schweden  mit  skep  für  skepp  ausrei- 
chen könnten,  doch  ist  PP  weit  erträglicher  als  FF. 
Ebenso  bewandt  ist  es  um  den  scharfen  laut  des  S,  das 
wiederum  am  schlusz  des  worts  und  vor  andern  conso- 
nanten  nicht  verdoppelt  werden  sollte,  wie  man  lat. 
schreibt  as  assis,  bes  bessis,  ahd.  hros  hrosses,  giwis 
giwisses,  ist  auch  mhd.  und  nhd.  zu  schreiben  kus  ros 
mis  gewis  ergebnis  und  küst  mist  =  küsset  misset, 
zwar  die  goth.  Schreibung  hat  qiss  stass  gatass,  aber 
hochdeutsch  ist  sie  nicht  zu  befolgen,  auch  den  häu- 
fungen  DT  in  Stadt  todt  verwandt  musz  entsagt  wer- 
den ;  früher  schrieb  man  nicht  weniger  brandt  kundt 
wandt  feindt  findt  mordt  und  dergleichen,  fehlerhaft 
ist  das  verbreitete  herrschen  für  herschen,  welches  sich 
leitet  von  hör  =  hehr,  nicht  von  herr,  d.  i.  dem  com- 
parativ  desselben  hör  =  ahd.  hfiriro. 

Näher  auslassen  musz  ich  mich  hier  über  SZ,  weil 
die  alphabetische  reihe  erst  spät  darauf  führen  wird, 
sein  verhalt  zu  SS  aber  höchst  unsicher  und  zweifel- 
haft scheint,  wie  einfach  und  sauber  stehn  in  allen 
sprachen  der  ersten  lautverschiebung  T  und  S  von  ein- 
ander ab,  wie  verworren  hochdeutsches  Z  und  S,  weil 
beide  laute  sich  berühren.  S  lautet  scharf  und  sau- 
send, Z  gedämpft  und  dieszend,  wenn  ich  des  alten 
wertes  mich  bedienen  darf,  noch  an  lispelndes  TH  mah- 
nend, aus  dem  es  ja  entsprang,  im  anlaut  oder  auch 
in  und  auslautend  nach  andern  consonanten  und  lan- 
gen vocalen  wird  es  härter,  dicker,  nach  kurzen  voca- 
len weicher,  flüssiger,  dem  S  sich  nähernd,  es  war 
natürlich,  dasz  die  kürze  oder  undehnung  ihm  mehr 
von  seiner  dichte  oder  dicke  benahm,  den  unterschied 
zwischen  Z  und  %  bezeichnet  die  mhd.  Schreibung  ge- 
wöhnlich gar  nicht,  öfter  die  ahd.  durch  Z  und  SZ  oder 
ZS,  doch  begegnet  auch  SZ  in  dem  von  Wackernagel 
herausgegebnen  Baseler  dienstrecht  s.  33.  dürfte 
man  nhd.  Z  und  SZ  geradezu  nach  mhd.  Z  und  %  re- 
geln, so  schiene  die  sache  bald  abgethan.  doch  so 
leicht  ergeht  sie  nicht,  das  nhd.  SZ  ist  vorgeschritten 
und  dem  S  näher  getreten,  wir  sprechen  und  schrei- 
ben dünnes,  abgeschliffenes  in  den  anlauten  es,  das, 
was,  bis,  aus,  inlautend  aber  SS  nach  organisch  kurzem 
oder  gekürztem  vocal  in  gasse  lassen  lässig  nassen  was- 
ser  essen  fressen  bisse  risse  schUsse  gegossen  genos- 


sen flusses  Verdrusses,  wo  bereits  die  mhd.  doppelung 
11  weicher  geworden  war  als  der  auslaut  na?  vlu;  gu;, 
dem  wir  auch  nhd.  sz  geben :  nasz  flusz  gusz.  schon 
die  alte  Schreibung  Hessen  (Nib.  175,  1)  für  Heij^en, 
Chatti  liefert  solches  SS,  das  sich  selbst  im  goth.  vissa 
für  vitida,  ahd.  wessa  entfaltete  und  mhd.  hss.  gewäh- 
ren es  noch  sonst,  z.  b.  in  besserön  bei  Grieshaber  2, 
76  ;  Wasser  2,  95 ;  vressen  2,  1 34 ;  vassen,  fergessen, 
vergisset  1,  105.  106.  1 1 1  u.  s.  w.  nach  langem  und 
gedehntem  vocal  haftet  hingegen  sz,  wie  das  mhd.  t,  hier 
nicht  verdoppelbar  ist :  aszen  strasze  fleisz  heiszen  gie- 
szen  grosz  grösze  süsz  süsze.  inlautend  fallen  uns 
mhd.  SS  und  T^  zusammen,  gewissen  certum  klingt 
uns  wie  wissen  scire,  bissen  momorderunt,  während  S 
und  SZ  nach  langem  vocal  hörbar  verschieden  lauten : 
weisen  monstrare,  weiszen  dealbare ;  heiser  raucus, 
heiszen  jubere;  meise  parus,  beschmeisze  illino.  SZ 
musz  etwas  dicker  und  mit  der  zunge  hervorgebracht 
werden,  S  geht  durch  die  zahne,  freilich  gibt  es  aus- 
nahmen, wie  kreis,  ameise  für  mhd.  krei;,  Amei;e.  Lu- 
ther geneigt  im  auslaut  fast  überall  zu  S  für  SZ,  inlau- 
tend zu  SS,  beides  verdient  keine  nachahmung,  viele 
schreiben  heute  tadelhaft  blos,  loos  für  blosz  losz  sors. 

Nun  erwächst  aber  andere  Schwierigkeit,  in  der 
deutschen  minuskel  hatte  sich  die  zusammengerückte 
form  ß  gebildet,  wofür  alte  drucke  des  15.  16  jh.  noch 
andere  zeichen  £,  ^  geben,  die  sich  alle  in  den  reinen, 
lateinischen  typus  nicht  übertragen  lieszen,  in  Wir- 
süNGS  Cahstus  f  B"*  steht  neben  f  auch  ^,  ich  habe  darauf 
geachtet,  wie  man  in  entschieden  lateinischem  satz  sich 
allmähch  dabei  benahm,  zierliche,  in  Holland  gedruckte 
deutsche  bücher  aus  der  mitte  des  1 7  jh.  pflegen  in  den 
rubriken  lateinische  typen  anzuwenden,  so  liest  man 
im  Philander  von  Sittewalt  Leiden  1 646  theil  5  seite 
265  'von  der  fafznacht'  und  in  der  deutschen  theolo- 
gia,  Amsterdam  bei  Dirck  Meyer  1631  s.  88  'befchlufz', 
beide  buchstaben  getrennt,  nicht  verbunden,  da  aber 
in  vielen  auslauten  s  für  sz  galt,  lag  es  nahe,  auch  dem 
inlaut  fs  zu  verleihen  und  wie  Luthers  bibel  von 
1545  1  Sam.  9,  24  deutsches  if3  gewährt,  steht  z.  b. 
in  FiscHARTS  Garg.  von  1594  s.  38*  lafst,  in  Eccards 
bist.  stud.  etym.  Hannover  1711  s.  271  grefshch,  und 
später  wird  es  immer  häufiger,  z.  b.  in  Bodmers  vor- 
reden zu  den  fabeln  (1757)  und  den  minnesingern 
(1758);  in  den  aus  einer  hs.  den  fabeln  angehängten 
erzählungen  ist  s.  241  paifz,  s.  243  füefzlich,  s.  267 
waifz  zu  lesen.  Als  endlich  in  unserm  eignen  jh.  das 
lange  lat.  f  verschwand  und  dem  s  allenthalben  wich, 
versagte  auch  der  behelf  des  fs  und  die  setzer  griffen  zu 
SS,  das  doch  im  auslaut  wie  inlautend  nach  langem  vocal 
unleidlich  scheint,  seit  dieser  zeit  wird  geradezu,  je- 
nachdcm  man  deutsche  oder  lateinische  buchstaben 
verwendet,  auf  zwiefache  weise  gesetzt  bap,  flicpcn  oder 
dass,  fliessen,  beides  soll  einerlei  sein,  was  doch  offen- 
bare Unwahrheit  ist,  den  buchstab  nennen  wir  cszet 
und  geschrieben  und  gesetzt  wird  er  ss. 

Um  diesem  empfindlichen  übelstand  auszuweichen 
und  wieder  auf  gehörige  sonderung  der  laute  SS  und 
SZ  zu  dringen,  habe  ich,  weil  eine  Verknüpfung  des  ty- 
pus s  mit  z  unlhunlicli  ist,  getrenntes  sz  vorgezogen, 
wie  es  in  polnisdicr,  liltauischer,  ungrischer  spräche 
längst  üblich  war.    niemand  nimmt  anstosz  daran,  dasz 


LXI 

die  verbundnen  fi  und  c^  sich  auflüsen  in  st  und  ch, 
ihnen  tritt  sz  ganz  zur  seite  und  man  braucht  nicht 
mehr  rerlegen  zu  fragen,  ob  sz  in  der  druckerei  vor- 
rätig sei.  nun  kann  auch  die  majuskel  das  SZ  aus- 
drücken, wie  sie  das  fs  nicht  konnte. 

In  Zusammensetzungen  musz  der  anslos''  gleicher 
oder  ähnhcher  consonanten  nothwendigen  Wechsel  oder 
ausfall  einzelner  derselben  nach  sich  ziehen,  wie  in  grie- 
chischen Wörtern  er  immer  erfolgt,  unsere  heutige 
Schreibweise,  um  laut  und  ausspräche  unbekümmert, 
möchte  aber  allzeit  die  volle  gestalt  jedes  theUs  der 
composition  vor  den  äugen  festhalten,  und  so  entsprin- 
gen beim  zutritt  der  auf  doppelten  consonant  auslau- 
tenden Wörter  an  solche,  die  mit  demselben  wieder  an- 
lauten, die  unbarmherzigen  Schreibungen  schnelUauf 
stalUicht  Stammmutter  bettluch  massstab  missstimmung 
Weissschnabel  gerängnisssträfling  schiflTahrt  (das  wäre 
aufgelöst  schiphphphahrt) ,  wie  man  sie  allenthalben 
liest,  deren  ich  von  selbst  überhoben  bin  oder  mich  ent- 
halte, sollte  auch  das  aufschlagen  im  Wörterbuch  hier 
erst  eingeübt  werden  müssen,  maszstab  und  weisz- 
schnabel  fügen  sich  der  Schreibung  und  ausspräche. 

Nichts  ist  bei  uns  greuhcher  als  die  Schreibung  der 
eigennamen,  wo  man  sich  aller  regel  entbunden  wähnt 
und  blosz  vom  herkommen  abhängen  will,  als  ob  rich- 
tige ausspräche  und  darstellung  nicht  alle  Wörter  durch- 
dringen müsse,  was  sich  in  den  letzten  Jahrhunderten 
bei  sprachunkundigen  zufällig  eingeführt  hat,  soll  sorg- 
samst beibehalten  bleiben,  mit  fug  schrieb  Lessixg  8, 
41.  77  u.  s.  w.  Winkelmann,  der  ohne  zweifei,  lebte 
er  heute,  selbst  so  schreiben  würde,  zu  seiner  zeit  dem 
allgemeinen  misbrauch  folgte;  ängstUch  wird  aber  in 
gelehrten  büchern  Winckelmann  hergestellt  und  sonst 
Hertzberg  Holtzmann  Welcker  gesetzt ;  wenigstens  be- 
rühmte namen,  die  oft  wiederkehren,  sollten  das  recht 
haben  den  staub  der  Schreibfehler  von  sich  abzuschüt- 
teln, hier  werden  künftig  einmal  sogar  machtsprüche 
nichts  vermögen  und  Würtemberg  wird  wieder  an  die 
stelle  des  Württembergs  barbarischer  Urkunden  zu- 
rück treten,  eine  spräche  darf  nichts  unreines ,  was 
ihrem  natürlichen  ströme  widerstrebt  an  sich  leiden, 
auf  ihrem  gebiet  aber  gibt  es  keine  befehle,  und  wie 
man  von  einer  r^publique  des  lettres  redet,  so  entschei- 
det auch  über  die  Wörter  und  ihre  Schreibung  zuletzt 
nur  der  allgemeine  Sprachgebrauch  und  volkswille; 
regierung  und  obrigkeit  können  blosz  mit  gutem  bei- 
spiel  voran  gehen,  wie  sie  hier  oft  ein  schlechtes  gege- 
ben haben. 

Von  selbst  versteht  es  sich,  dasz  in  den  ausgehobnen 
beispielen  zwar  jede  in  der  spräche  und  ausspräche  be- 
gründete eigenlhümliciikeit  der  Schriftsteller  gewissen- 
haft belassen,  nicht  aber  bei  anwendung  oder  häufung 
unnützer  buchslaben  den  ausgaben  gefolgt  wurde,  das 
hätte,  wegen  ibres  Schwankens,  den  lext  allzu  bunt  ge- 
macht, wozu  wären  alle  LCK,  RCK,  PFF  aus  Luther 
gei)Iicben  und  H.  Sachsens  aulTpfeilft  für  aufpfeift  be- 
iialten,  wozu  in  späteren  Schriftstellern  die  zwar  gerin- 
gere dennoch  lästige  Verschiedenheit  bewahrt  worden? 
iierausgeber,  wenn  ihnen  etwas  davon  abzuhängen 
scheint,  mögen  anderer  rücksichlen  pflegen  als  das 
Wörterbuch,  docli  selbst  in  ausgaben  mhd.  texte  wird 
gestrebt  grammatisch  zu  schreiben  und  von  der  unge- 


LXII 

nauigkeit  der  handschriften  abgewichen,  über  einzel- 
nes und  über  kleinigkeiten  mag  freihch  streit  fortbe- 
stehn. 

Bilhg  zu  achten  war  vorerst  auch  auf  die  nicht  grund- 
lose besorgnis  der  Verlagshandlung,  dasz  das  publicum, 
für  einzelne  besserungen  der  Orthographie  zwar  em- 
pfänglich, durch  heftige  erschütterung  des  hergebrach- 
ten und  festhaftenden  brauchs  abgeschreckt  werden 
möge,  so  freie  band  uns  hier  gelassen  war,  erkannten 
wir  gern  die  ratsamkeit  kluger  beschränkungen  an,  fast 
jederzeit  haben  mäszige  und  allmälich  vorgebrachte  re- 
formen eingang,  überspannte  abwehr  gefunden,  ob  im- 
mer das  rechte  masz  getroITen  und  eingehalten  wurde, 
musz  der  erfolg  entscheiden. 

Auch  in  dem  fall,  dasz  sämtliche  gegenwärtig  schon 
geübten  oder  vorgeschlagnen  orthographischen  ände- 
rungen  durchgriffen,  erschiene  damit  die  sache  unab- 
gethan,  und  in  weiterer  ferne  hielten  noch  andere  forde- 
rungen,  die  mit  der  zeit  sich  geltend  machen  könnten, 
namentlich  ziele  ich  auf  unser  F,  V  und  W,  von  welchen 
eins  ganz  entbehrlich  und  dann  das  Verhältnis  der  an- 
dern neu  zu  bestimmen  wäre.  ahd.  standen,  wie  sp. 
1053  gelehrt  ist,  F  und  V  inlautend  noch  abgesondert, 
nhd.  fallen  beide  im  laut  überall  zusammen,  schon  mhd. 
wechseln  sie  oft  gleichgültig,  z.  b.  Nib,  1654,  2  steht 
geschrieben  'so  vriunt  nach  friunden  tuont';  Iw.  6225 
'vielen :  enpfielen' ;  im  Iwein  v\ird  sonst  vrägen,  vrouwe, 
in  Walthers  liedern,  im  Parz.  fragen,  frouwe  gesetzt ; 
der  laut  unterscheidet  nicht,  unnöthiger  überflusz  ist 
darum  unser  nhd.  vest  neben  fest,  und  wir  verdecken 
mit  ver  und  vor  neben  für  und  fürst,  mit  voll  neben  fülle 
dieser  Wörter  Verwandtschaft,  getrauen  wir  uns  ein- 
mal das  V  den  Niederländern  zu  lassen,  die  seiner  kaum 
entraten  werden,  selbst  aber  nur  F  zu  schreiben,  wie 
wir  nur  F  aussprechen ;  so  wird  V  seine  eigenthümliche 
bestimmung  erfüllen  und  wieder  den  laut  des  lat,  und  ro- 
man.  V  übernehmen,  d.  h.  unser  jetziges  W  ausdrücken 
können,  denn  da  wir  heute  nichts  von  dem  laut  eines 
englischen  W  haben,  bedürfen  wir  auch  des  Zeichens 
nicht,  unser  F  und  V  träten  ganz  in  den  gothischen  und 
nordischen  stand  zurück,  der  auch  den  frühsten  ahd. 
denkmälern  entspricht,  auf  den  ersten  anblick  erschiene 
seltsam,  statt  verwalten,  vielfusz,  vielwissend  zu  schrei- 
ben fervalten,  filfusz,  filvissend ;  in  der  spräche  und  aus- 
spräche würde  aber  nicht  das  geringste  dadurch  ge- 
kränkt und  die  zeit  kann  kommen,  wo  man  den  Vor- 
schlag vernünftig  und  angemessen  finden  wird,  vor 
hundert  jähren  setzten  alle  Schweden  ein  W,  wo  sie 
heute  einfaches  V  schreiben,  die  Finnen  sind  bereits  so 
klug  dasselbe  zu  tliun,  Liltauer  und  Letten  dürften  es 
unbedenklich :  sie  alle  hatten  das  schleppende  W  von 
niemand  überkommen  als  von  uns.  bei  keinem  volk  in 
der  weit  geht  die  Vereinfachung  der  sohrift  so  schwer 
wie  bei  uns  von  statten,  in  Spanien  bedurfte  es  nur 
einer  von  wenigen  gelehrten  ausgegangnen  fe^tslollung 
der  jüngsten  ziemlich  eingreifenden  maszregel  und  je- 
dermann war  damit  einverstanden,  dejar  für  dexar, 
pajaro  für  paxaro  ist  doch  auflallender  als  vald  für  wald 
wäre,  aber  alles  würde  dawider  schreien,  obschon  dann 
unsere  schüler  von  selbst  das  lat.  V  richtiger  ausspre- 
chen lernten. 

21.  Betonung. 


LXIII 


Lxrv 


Adelung  hat  seiner  zweiten  ausgäbe  vor  der  ersten 
dadurch  einen  zweideutigen  vorzug  verliehen,  dasz  er 
ton  und  ausspräche  der  einzelnen  Wörter  häufig  durch 
accente  bezeichnet,  diese  bezeichnung  stimmt  aber 
nicht  genau  zu  der  im  latein  üblichen,  und  im  gründe 
ist  wenig  daraus  zu  lernen,  der  nhd.  ton  fällt  so  ein- 
förmig, dasz  man  ihn  fast  von  selbst  weisz,  in  einfachen 
Wörtern  haftet  er  auf  der  Wurzelsilbe,  in  zusammen- 
gesetzten empfängt  das  erste  wort  den  hauptton,  das 
zweite  den  tiefton,  auszer  wenn  das  erste  eine  untrenn- 
bare Partikel  ist,  die  unbetont  bleibt,  wie  best^hn,  ge- 
st6hn,  übersetzen  transferre ;  hingegen  die  lebendigere 
trennbare  wird  tonfshig:  böist^hn,  iibersetzen  traji- 
cere;  alle  abgeleiteten  subst.  behalten  den  ton  der 
verba:  bestand,  gestandnis,  Übersetzung;  böistüind, 
iiberfährt.  ausnahmen  anzuführen  gehört  nicht  hier- 
her. Jenes  gesetz  der  vmrzelbetonung  galt  aber  in  der 
älteren  spräche  lange  nicht  so  allgemein,  und  einzelne 
fölle  betonter  ableitungssilben  haben  sich  auch  heute 
noch  bewahrt,  z.  b.  in  lebendig;  nur  bleiben  manche 
zweifelhaft,  z.  b.  in  achtende  octavus,  in  alFolter,  wachol- 
ler, sie  bedürfen  eigner,  belebterer  Untersuchungen, 
als  im  Wörterbuch  angestellt  werden  können,  einige- 
mal hat  der  ton  auf  die  entfaltung  der  wortform  deut- 
hchen  einflusz  gehabt,  z.  b.  in  bieder,  die  abweichende 
betonung  fremder  Wörter  wie  adies,  aha,  ahi,  altar, 
barbar,  barbarisch,  baron  u.  s.  w.  wurde  angezeigt. 

22.  Verlheilung. 

Wenn  zwei  maurer  zusammen  ihr  gerüst  besteigen 
und  der  eine  rechts,  der  andere  links  auferbaut,  so  he- 
ben sich  wände,  pfeiler,  fenster  und  gesimse  des  hau- 
ses  vollkommen  gleichförmig  zu  beiden  seiten,  weil  al- 
les entworfen  ist  und  nach  der  schnür  gemessen  wird ; 
es  kommt  auch  vor,  dasz  an  einem  aufgespannten  bilde 
zwei  raahler  arbeiten,  der  eine  die  landschaft,  der  an- 
dere die  figuren  übernimmt,  und  jener  diesem,  um  sie 
aufzustellen  und  bequem  zu  entfalten,  genug  grundes 
läszt.  so  liesze  sich  denken,  dasz  auch  am  Wörterbuch 
zwei  nebeneinander  stünden,  nach  festem  entwurf  die 
Wörter  schichteten  und  einfügten,  auch  sich  wcchsels- 
weise  die  bausteine  zureichten  und  ihr  gerät  und  Werk- 
zeug aus  des  einen  band  in  die  des  andern  gicnge,  dasz 
von  einem  die  etymologie  und  form,  von  dem  andern 
die  bedeutung  ergriffen  und  erörtert  würde.  Allein  die 
Wortforschung  fordert  stille  samlung  und  ungestörtes 
nachdenken ;  wer  den  Ursprung  des  worts  findet,  dem 
flieszen  daraus  auch  die  bcdeutungen,  und  wessen  Un- 
tersuchung warm  in  den  bedculungen  geworden  ist, 
der  musz  sich  auch  eine  Vorstellung  von  dem  Ursprung 
und  der  wurzel  des  worts  gebildet  liaben.  eins  be- 
dingt das  andere  und  die  faden  reiszen,  wenn  sie  aus 
der  band  gegeben  werden,  bald  würde  der  binter- 
grund,  den  sich  der  eine  arbeiter  gedaclit  hat,  von  den 
gestalten  unerfüllt  bleiben,  die  der  andern  darauf  füh- 
ren wollte,  bald  für  diese  gestallen  jener  grund  nicht 
ausreichen,  auf  diesem  fehle  weiclicn  (he  ähnlichsten 
ansichten  leicht  von  einander  ab  und  nachgibige  Ver- 
mittlung wird  so  schädlich  wie  eigensinniges  beharren, 
dasz  jeder  arbeiter  seine  vollendete  Untersuchung  dem 
prüfenden  urtheil  des  milarbeilers  hingebe,  widtTstrei- 
tet  dem  Selbstgefühl  ebenso  stark  als  ein  solches  urlheil 
unausführbar  ist,  denn  nacharbeiten  kunmit  hier  der 


mühe  des  arbeitens  völlig  gleich :  statt  dasz  ich  dem 
andern  seine  gänge  nachgehe  und  alle  seine  mittel  scho- 
nend erwäge,  will  ich  lieber  mich  selbst  nicht  schonen 
und  dieselben  wege  einschlagen,  auch  hindern  beide 
arbeiter,  wenn  sie  zu  dicht  und  unmittelbar  beisam- 
men stehn,  einander  am  gebrauch  des  geräts. 

Man  fühlt  und  sieht  es  bald,  die  gemeinschaft  gleich- 
berechtigter arbeiter  am  Wörterbuch  wird  nur  so  mög- 
hch,  dasz  jeder  derselben  bestimmte  theile  des  ganzen 
auf  sich  nimmt  und  in  allen  kreisen  dieser  theile  sich 
ungestört  bewegt,  was  er  vollendet  hat,  musz  ohne 
vorausgegangne  durchsieht  des  mitarbeiters  in  das  ge- 
samtwerk aufgenommen  werden,  die  wähl  jener  theile 
oder  stücke  kann  fast  dem  zufall  überlassen  sein,  da 
alles  und  jedes  auf  dem  gebiet  der  spräche  gleich  schwer 
und  gleich  anziehend  ist.  unbewust  und  von  selbst  fe- 
stigt sich  aber  die  gemeinschaft  zu  gegenseitigem  vor- 
Iheil  dadurch,  dasz  beide  arbeiter  zu  derselben  zeit, 
man  könnte  sagen  in  derselben  luft  auf  freiem  stand- 
punct,  doch  mit  gleichen  mittein  den  im  groszen  ent- 
worfnen  und  festgehaltnen  plan  im  einzelnen  still  ein- 
ander absehn,  und  auf  diesem  wege  die  erforderliche  ein- 
heit  des  ganzen  werks  sich  herausstellt,  sie  sind  zwei 
koche,  die  nach  wochen  sich  ablösend  vor  den  nemli- 
chen  herd  treten  und  gleiche  speise  in  gleichem  ge- 
schirr  zubereiten ;  mag  das  publicum  selbst  merken, 
wo  manchmal  der  eine  zu  leise  salze,  der  andre  zu 
scharf,  ich  hoffe  dasz  keiner  anbrennen  lasse. 

Die  erste  woche  sollte  mein  sein,  als  der  anfang  des 
Werks  bevorstand,  sagte  ich  zu  Wilhelm :  'ich  will  A 
nehmen,  nimm  du  B'.  'das  kommt  mir  zu  bald',  ver- 
setzte er,  'lasz  mich  mit  D  beginnen',  dies  schien 
höchst  passend,  weil  ABC  den  ersten  band  füllen  soll- 
ten und  es  angemessen  wäre,  jedem  mitarbeiter  eigne 
bände  anzuweisen,  im  verlauf  der  arbeit  zeigte  sich 
aber,  dasz  mitten  im  B  aljgebrochen  werden  müsse, 
um  den  ersten  band  nicht  allzu  sehr  anzuschwellen,  so 
kommt  es  nun,  dasz  ich  auch  noch  ein  gutes  stück  des 
zweiten  auszuarbeiten  habe. 

Meinem  bruder  nutzt  und  schadeis,  dasz  so  viel  ge- 
druckt werden  musz,  bevor  er  anheben  kann,  ihm 
standen  und  stehn  drei  jähre  zu  gebot,  in  welchen  er 
ruhig  und  langsam  vorbereitet,  ich  aber  rasch  und  heisz 
zur  presse  liefere,  er  hat  den  groszen  vortheil  einer 
menge  von  einrichtungen  überhoben  zu  sein,  die  ich 
treffen  und  erfinden  muste,  als  sie  das  erstemal  zur  an- 
wendung  kamen,  manchen  von  mir  mit  mühe  erlern- 
ten handgrif  darf  er  geradezu  brauchen,  nachtheilig 
aber  ist  ihm,  dasz  er  nun  auch  das  von  mir  ins  Wörter- 
buch eingeführte  der  gleichförmigkeil  halben  beizube- 
halten genöthigt  wird,  wenn  es  ihm  schon  nicht  gefdllt, 
oder  in  dingen,  wo  er  selbst  bessere  auskunfl  getroffen 
hätte,  eins  gegen  das  andere  gewogen,  wird  niemand 
sagen  mögen,  dasz  mir  das  günstigere  hisz  gefallen  sei. 
Nur  die  gefahr  wird  bei  dieser  vertlieilung  des  ganzen 
Werks  unvermeidlich  sein,  da  gedanken  und  einHille  je- 
des der  beiden  arbeiter  oft  aucii  über  seine  schranke 
hinaus  in  die  Avörter  der  andern  kreise  schweifen  müs- 
sen, dasz  aller  Verweisungen  imgeachtel  vieles  davon  im 
keim  welke  und  verloren  gehe,  denn  alles  dem  geist 
erst  dunkel  vorschwel)cn(ie  und  an  rechter  stelle  klar- 
werdende vorher  aufzeichnen  lUszl  sich  nicht;   doch 


LXV 


ixn 


darf  nicht  versäumt  werden,  schon  des  einzuhalten- 
den planes  wegen,  bei  jeder  Zusammensetzung  das  ein- 
fache wort,  wenn  es  der  Vorgänger  hat,  und  bei  jedem 
einfachen  die  Zusammensetzungen  nachzusehn,  welche 
bereits  vorgearbeitet  sind. 

23.  Beistand. 

Als  es  nun  ans  treffen  gehn  sollte,  empfieng  das  aus- 
rückende, noch  immer  nicht  vollgerüstete  wortheer,  in 
dessen  reihen  manche  lücken  sichtbar  wurden,  zwar  | 
keine  zuzüge  von  woher  es  sich  allermeist  auf  sie  ver- 
tröstet hatte;  die  von  befreundeten,  tagtäglich  in  den  ! 
quellen  der  spräche  verkehrenden  männem  angelegten 
Zettelkasten  bheben  leer  oder  unaufgethan :  so  schwer  : 
war  es,  vor  dem  langen  werke  den  ersten  eifer  wach  zu  < 
erhalten  und  nicht  bald  in  trägen  scblummer  fallen  zu 
lassen,    desto  erfreuücher  traf  unerwartete  hülfe  ein. 

Durch  Tre>dele>bcrgs  Vermittlung  wurde  mir  von  '. 
Hebma»  Voss  zu  Düsseldorf  aus  dem  nachlasz  seines  j 
berühmten  groszvaters  übersandt  ein  excmplar  des  fri-  ' 
schischen  und  adelungischen  Wörterbuchs,   welchem  \ 
JoHA>.\  Hei:<rich  Voss  mit  fester  und  reinlicher  band 
werthvoUe   zusätze    beigeschrieben   hatte,      nirgends 
grammatischer  oder  etymologischer  art,   sind  sie  mei- 
stentheils  aus  älteren  Schriftstellern  wie  Keisersberg, 
Pauli,  Stei.nhöwel,  Münster,  H.  Sachs,  Kirchhof,  Fi-  ; 
SCHART  u.  a.  m.,  seltner  aus  späteren  und  neueren  ein- 
getragen, immer  in  treffender,  lehrreicher,  auch  dann 
noch  brauchbarer  auswahl,  wenn  ihnen  andere  drucke, 
als  die  hier  benutzten  zum  gründe  liegen,     fortwäh- 
rend vor  äugen  zu  haben,  was  der  um  unsere  spräche 
hochverdiente  mann  sorgfältig  für  sie  sammelte,  ist  | 
wolthuend  und  erhebend.  | 

Wie  aber  rührte  mich,  dasz  ich  nun  aus  Meusebachs  ; 
samlung  von  der  königlichen  bibliolhek  seinen  durch-  | 
schossenen  Campe  entleihen  und  gebrauchen  darf,  des-  ! 
sen  anblick  er  bei  lebzeiten  dem  freunde  vielleicht  noch 
vorenthalten  hätte.    Meusebach,  einer  der  liebenswür- 
digsten und  sonderbarsten  menschen,    die  es  geben 
kann,  in  den  deutschen  büchern  des  16.  17  jh.  mit 
voller  seele  bewandert,  fand  sich  auch  zu  sprachlichen  ' 
forschungen  höchst  aufgelegt,   und  verfolgte  was  sich 
nur  an  die  von  ihm  untersuchten  gegenstände,  nah  oder 
fem,  anhieng  mit  unablässigem  eifer  und  seltner  spür-  ' 
kraft,  ganze  nachte,  die  er  sich  zu  tagen  machte,  konnte 
er  über  einzelnen  Wörtern  hinbringen,    das  sprachfeld 
zu  überschauen  und  zu  beherschen  vermochte  er  nicht, 
aber  in  allem  kleinen,  worauf  er  nur  geriet  oder  gelei- 
tet wurde,  war  er  bald  pünctlich  zu  hause  und  wid-  ; 
mete  jeder  frage,  die  bei  ihm  gefangen  hatte,  unerraüd-  i 
liebste,  mittiieilsamste  antworl,  während  er  andere-  i 
male  geizig  und  eigensinnig  zurückhielt.    Daraus  dasz  I 
er  seinen  wortsamhmgen  nicht  Adelcxgs  werk,  son-  j 
derh  Campes  unterlegte,   geht  schon   einige  vorUebc  ! 
für  die  puristen  hervor,  deren  ausdrücke  aus  älterer  < 
quelle,  zum  ärger  der  gesunderen  forscher  zu  bestäli-  j 
gen  ihn  heimlich  freute;  Fischart,  der  freilich  in  an-  1 
derm  sinn  neue  Wörter  bildete,  und  Jea>  Paul,  der  seine  i 
eignen  Schriften  durch  nachahmung  des  piirismus  lä- 
sterbch  verdarb,  waren  ihm  lieblingsschriftstelier.  docli 
hat  Meusebach  hier,  was  zu  beklagen  ist,  weniger  aus 
Fischart,  als  vorzugsweise  aus  selten  gelesenen,  aber 
unbedeutenden  Schriftstellern  eingetragen,  sicher  auch 


wären  von  ihm  bei  längerem  leben  diese  ergänzungen 
auf  das  reichste  gemehrt  worden,  immer,  wie  sie  nur 
beschaffen  sind,  bleiben  sie  ein  wahrer  schätz,  des- 
sen gebrauch  nun  nicht  zu  entbehren  stände. 

^'eben  diesen  beiden,  unserm  Wörterbuch  voraus- 
gehenden und  gar  nicht  für  es  angelegten  samlungen 
kommt  nun  der  weit  ansehnhchere  vorrat  von  manig- 
falten  auszügen  in  -betracht,  die  ihm  unmittelbar  zur 
grundlage  gereichen  sollten,  zum  theil  aus  unsrer  eig- 
nen, unablassenden  lesung  der  quellen  bervorgiengen, 
zum  groszen  theil  aber  durch  andere  abgefaszt  wur- 
den, die  wir  damit  beauftragt  hatten,  oder  die  sie  von 
freien  stücken  und  nach  eigner  wähl  anboten,  der  fol- 
genden angäbe  ihrer  namen  kann  jedoch,  aus  begreifli- 
chen Ursachen,  die  der  einzelnen,  von  jedem  ausgezog- 
nen Schriften  nicht  beigefügt  werden :  Bernd  in  Bonn, 
Bluhme  in  Bonn,  Callix  in  Hannover,  Craix  in  Wismar, 
Dietrich  in  Marburg,  f  Droxke  in  Coblenz  und  Fulda, 
EisELEix  in  Constanz,  ■{•  Fallexsteix  in  Heidelberg,  Fi- 
scher in  Suckow,  Foss  in  Altenburg,  Gusx,  Freytag  in  \ 
Leipzig,  Frommaxx  in  Coburg,  Gervixus  in  Heidelbei^,  \ 
Gildemeister  in  Marburg,  Gödeke  in  Hannover,  Gützixger  . 
in  Schafhausen,  Herm.  Grimm  in  Berbn^.  J.  GCxther  in 
Magdeburg,  Aug.  Hahn  in  Wien,  Hartexsteix  in  Leipzig, 
Malchex  Hassexpflug  in  Cassel,  Mor.  Haupt  in  Berlin, 
Hexxeberger  in  Meiningen,  Hesekiel  in  Altenburg,  Hoff- 
maxn  vox  Fallerslebex  in  Neuwied,  K.  A.  J.  Hoffmaxx 
in  Celle,  Holland  in  Tübingen,  A.  L.  W.  Jacob  in  Berlin, 
Heinrich  Jacobi  in  Berlin,  Karajax  in  Wien,  Keller  in 
Tübingen,  Klee  in  Dresden,  Klosz  in  Dresden,  Kober- 
steix  in  Pforta,  Köxe  in  Münster,  Friedr.  Kohlrausch 
in  Lüneburg,  Krause  in  Stade,  Kraut  in  Göttingen, 
KrCger  in  Aurich,  f  Leyser  in  Leipzig.  Lisch  in  Schwe- 
rin, Lobe  in  Altenburg,  Mexge  in  Danzig,  Mörikofer  in 
Frauenfeld,  Müller  in  Wiesbaden,  H.  Müller  in  Berlin, 
Wilh.  Müller  in  Göttingen,  Nöltixg  in  Wismar,  Pabst 
in  Arnstadt,  Palm  in  Breslau,  W.  A.  Passow  in  Meiningen, 
Pfeiffer  in  Stuttgart,  Pritzel  in  Berlin,  Run.  vox  Rau- 
mer in  Erlangen,  Riedel  in  Göltingen,  Heixr.  Ritter  in 
Göttingen,  Fraxz  Roth  in  Frankfurt,  fRücKERT  in  Zittau, 
Rudel  in  Nürnberg,  Schädel  in  Hannover,  Schambach  in 
Göltingen,  Schirlitz  in  Stargard,  f  Schöppach  in  Meinin- 
gen, f  Alb.  Schott  in  Stuttgart,  Friedr.  Schrader  in  Hor- 
ste, Schubert  in  Zerbst,  Schulze  in  Clausthal,  Schwabe 
in  Gieszen,  Schwekexdieck  in  Emden,  Seibt  in  Frank- 
furt, f  Sommer  in  Halle,  Aug.  Stöber  in  Mülhausen, 
Stöltixg  in  Duderstadt,  Strodtmaxx  in  Wandsbeck, 
Tobler  in  Hörn  bei  Rorschach ,  Vilmar  in  Cassel, 
VoLCKMAR  in  llfeld.  Wagler  in  Luckau,  Weigaxd  in 
Gieszen,  Wellmaxx  in  Stettin,  Wolpp  in  Stuttgart, 
Zacher  in  Halle,  Zimmermaxx  in  Clausthal,  sollten 
der  aufzeichnung  oder  dem  gedächtnis  einige  ent- 
gangen sein,  so  wird  man  nachsieht  üben,  unter  den 
83  genannten  ist  ein  dulzend  professoren,  ein  paar 
prediger,  alle  übrigen  sind  philologen,  sonsl  keine  Ju- 
risten und  ärzle,  wodurch  wiederum  sich  bestätigt, 
was  sp.  XXXI  gesagt  wurde,  nicht  allen  ausziehenden 
hat  gleich  volle  einsieht  in  das  ziel  der  aufgäbe  vorge- 
schwebt, nicht  allen  ist  derselbe  beharrliche  fleisz  eigen 
gewesen,  so  dasz  einige  der  wichtigen  schriflsleller 
dem  Wörterbuch  fast  über  die  hälflc  noch  entzogen 
scheinen,     von  den  lleiszigen  die   fleiszigslen  waren 


LXVII 


LXVIII 


Fallenstein,  Hartenstein,  Riedel,  Schrader,  Weigand, 
doch  den  allerfleiszigslen  und  einsichtigsten  rausz  ich 
nennen:  es  ist  Klee. 

Noch  zwei  andere  namen  sind  mir  Iheuer.  ein  glück 
war  es,  dasz  gerade  Güthe  in  Klees  hände  kam,  und  von 
ihm  vortreflich  ausgezogen,  ich  würde  sagen  erschöpft 
wurde,  w^enn  einen  solchen  ausdruck  der  unerschöpf- 
hche  gcstaltcle.  hätten  aber  alle  übrigen  dichter  von 
annähernder  bedeutsamkeit  ähnhche  auszüge  erlangt, 
es  stände  besser  um  manche  bcispiele  des  Wörterbuchs, 
wofern  nun  über  Götiie  irgend  mehr  auskunft  zu  wün- 
schen blieb,  liesz  die  hülfe  selten  auf  sich  warten,  da 
auch  Hildebrand  und  Hirzel  beide  unvergleichliche  be- 
lesenheit in  ihm  besaszen.  diese  namen  alliterieren,  ihr 
einklang  zu  wolwollender,  unermüdlichster  theilnalime 
kommt  dem  Wörterbuch  wesentlich  zu  statten.  Hil- 
debrand hat  sich  einer  gewissenhaften  correctur  der 
druckbogen  unterzogen,  und  oft  gelegenheit  gefunden 
seine  ungemeine  Sachkenntnis  und  neigung  zur  deut- 
schen spräche  durch  guten  ratschlag  und  berichtigung 
einzelner  versehen  oder  verstösze  zu  erweisen. 

Leid  that  mir,  dasz  schon  mitten  in  diesem  ersten 
bände  die  Weidmänner  sich  spalteten,  so  oft  ich  weid- 
männische redensarten  anzuführen  hatte,  freute  ich 
mich  insgeheim  eines  bezugs  auf  die  vereinten  freunde, 
die  meinen  forschungen  'üfderworte  beide'  gern  und 
mit  jägerischem  spüreifer  folgten,  auch  pflegte  Karl 
Reimer  von  anfang  an  sich  am  wörterbuche  lebhaftest 
zu  betheiligen :  er  war  es,  der  im  frübjahr  1838  mit 
Moriz  Haupt  nach  Cassel  gereist  kam,  um  unsern  ver- 
trag zu  festigen,  ihn  und  Hirzeln  hätte  ich  auch  vorbin 
unter  denen,  die  reichhche  auszüge  beitrugen,  anzu- 
führen gehabt,  wenn  es  sich  nicht  von  selbst  verstände, 
dasz  Verleger  ihrem  eignen  werke  allen  vorschub  zu  lei- 
sten geneigt  sind,  vielleicht  aber  gibt  es  in  unsrer  gan- 
zen literatur  noch  kein  beispiel  einer  so  aufopfernden 
anhänglichkeit,  wie  sie  Hirzel  dem  in  sein  theil  gefall- 
nen  Wörterbuch  überall  sinnig  bethätigt :  er  liest  jeden 
bogen  vor  dem  abdruck  durch  und  seine  Vertrautheit 
mit  der  spräche  und  den  dichtem,  zumal  aber,  wie  man 
weisz,  mit  Göthe  flöszt  ihm  lauter  feine  bemerkungen 
ein.  kann  der  Verfasser  sich  eine  günstigere  läge  wün- 
schen ? 

Die  druckerei  von  Hirschfeld  bewährt  und  erhöht  ih- 
ren ruf  durch  die  ausstattung  dieses  werks,  an  das  sie 
ihre  tüchtigsten  setzer  gestellt  hat. 

24.  Schlusz. 

Es  galt  unsern  Wortschatz  zu  heben,  zu  deuten  und 
zu  läutern,  denn  samlung  ohne  Verständnis  läszt  leer, 
unselbständige  deutsciie  etymologie  vermag  nichts,  und 
wem  lautere  Schreibung  ein  kleines  ist,  der  kann  auch 
in  der  spräche  das  grosze  nicht  lieben  und  erkennen. 

Hinler  der  aufgäbe  bleibt  aber  das  gehngen,  hinter 
dam  entwurf  die  ausfübrung. 

ich  zimmere  bei  wege, 

des  imisz  ich  manegcn  mcistcr  lian, 

dieser  alte  spruch  läszt  empfinden,  wie  dem  zu  mute 
sei,  der  ein  liaus  an  ofner  strasze  anferrichtcte,  vor  wel- 
chem die  leute  stehn  bleiben  und  es  begaffen,  jener 
iiat  am  liior  und  <beser  am  giebel  etwas  auszusetzen, 
der  eine  lobt  die  zierraten,  der  andere  den  anstrich,  ein 


Wörterbuch  steht  aber  auf  dem  allgemeinen  heerweg  der 
spräche,  wo  sich  die  unendliche  menge  des  volks  ver- 
sammelt, das  ihrer  im  ganzen,  lange  nicht  im  einzelnen 
kundig,  sowol  äuszerungen  des  beifalls  und  lobes  als 
auch  des  tadeis  erschallen  läszt. 

Wenn  die  fächer  und  zellen  errichtet  sind,  kann  ein- 
getragen werden  und  unmöglich  ist,  dasz  sie  alle  schon 
erfüllt  wären,  ein  tag  lehrt  den  andern  und  wie  froh 
macht  CS  die  unvollkommne  arbeit  unaufliörlich  zu  er- 
gänzen und  zu  erweitern,  eine  grosze  zahl  spracher- 
gibiger  werke,  die  jetzt  noch  ungelesen  bleiben  mu- 
sten,  wird  auf  allen  blättern  übersehene  Wörter  darrei- 
chen und  für  die  gebrauchten  beispiele  manche  frischere 
an  band  geben ;  ja  die  bereits  gelesenen  hauptschrift- 
steller  sindallmähch  wieder  zu  lesen,  weil  das  erstemal 
noch  nicht  auf  alles  geachtet  werden  konnte. 

Zwei  spinnen  sind  auf  die  kräuter  dieses  wortgartens 
gekrochen  und  haben  ihr  gift  ausgelassen,  alle  weit  er- 
wartet hier  eine  erklärung  von  mir,  ihnen  selbst  würde 
ich  nie  die  ehre  anthun  eine  silbe  auf  die  roheit  ihrer 
anfeindung  zu  erwidern. 

Mag  das  Wörterbuch  den  einbildungen  oder  vorge- 
faszten  planen  dieser  hämischen  gesellen  nicht  ent- 
sprechen, die  beide  nicht  einmal  halbkenner  unserer 
spräche  heiszen  können ;  das  gab  ihnen  kein  recht,  ein 
vaterländisches  werk,  das  alle  freuen  sollte,  und  reiche 
Vorräte  öfnet,  zu  verlästern,  keine  kraft,  es  in  seiner 
Wirkung  aufzuheben  oder  auch  nur  zu  schmälern,  ihr 
frevel  ist  unsrer  öffentlichen  Zerrissenheit  ein  zeichen, 
alles  dankes,  der  ihrem  armen  flicken  am  zeug  sonst 
vielleicht  geworden  wäre,  gehn  sie  haar. 

Unablässig,  nach  jedem  vermögen  das  in  mir  gelegen 
war,  wollte  ich  zur  erkenntnis  der  deutschen  spräche 
kommen  und  ihr  von  vielen  seiten  her  ins  äuge  schauen  ; 
meine  blicke  erhellten  sich  je  länger  je  mehr  und  sind 
noch  ungetrübt,  aller  eitlen  prahlsucht  feind  darf  ich 
behaupten,  dasz,  gehnge  es  das  begonnene  schwere 
werk  zu  vollführen ,  der  rühm  unserer  spräche  und 
unsers  volks,  welche  beide  eins  sind,  dadurch  erhöht 
sein  werde,  meine  tage,  nach  dem  gemeinen  mcnsch- 
hchen  losz,  sind  nahe  verschlissen,  und  das  mir  vom 
lebenslicbt  noch  übrige  endchen  kann  unversehens  um- 
stürzen, der  weg  ist  aber  gewiesen,  ein  gutes  stück 
der  bahn  gebrochen,  dasz  auch  frische  wanderer  den 
fusz  ansetzen  und  sie  durchlaufen  können. 

Deutsche  geliebte  landsleute,  welches  reichs,  wel- 
ches glaubens  iiir  seiet,  tretet  ein  in  die  euch  allen  auf- 
gethane  halle  eurer  angestammten,  uralten  spräche, 
lernet  und  heihget  sie  und  haltet  an  ihr,  eure  volks- 
kraft  und  daucr  hängt  in  ihr.  noch  reicht  sie  über  den 
Rhein  in  das  Elsasz  bis  nach  Lothringen,  über  die  Eider 
tief  in  Schleswigholstein,  am  ostseegestade  hin  nach 
Riga  und  Reval,  jenseits  der  Karpatlien  in  Siebenbürgens 
altdakisches  gebiet.  Auch  zu  euch,  ihr  ausgewander- 
ten Deutschen,  über  das  salzige  meer  gelangen  wird  das 
buch  und  euch  wehmütige,  liebliclie  gedanken  an  die 
heimatsprache  eingeben  oder  befestigen,  mit  der  ihr 
zugleicli  unsere  imd  euere  dichter  hinüber  zieht,  wie 
die  englischen  und  spanischen  in  Amerika  ewig  fortleben. 

Berhn  2.  merz  1854. 

JACOB  GRIMM. 


NHD.  QÜELLEATERZEICHNIS. 


ABBT,  vom  Tcrdienste.    Berlin  1765. 

ABC,  lob  und  dank  abc.    Frankf.  1664. 

ABELE,  künstliche  Unordnung,    th.  1 — 5.    Nürnb.  1670—74. 

ABRAHAM  A  S.  CLARA  (MEGERLE),  Judas  der  erzschehn. 
th.  1—3.  Salzburg  1691. 1692. 

AESOP  s.  Esop. 

AGRICOLA  spr.  nach  blattseiten  bezeichnet  die:  Sprichwörter, 
schöne  weise  klugreden  u.  s.  w.  Frankf.  bei  Egenolfs  er- 
ben 1570,  in  welche  öfter  gedruckte  samlung  aber  spräche 
aus  Frask,  Agbicola,  und  vielleicht  noch  andere  eingeflos- 
sen sind,  was  alles  erst  nähere  Untersuchung  fordeit.  hin 
und  wieder  ist  aus  dem  lauteren  Agricola  nach  den  num- 
mern  der  Sprüche  citiert. 

Aimon,  ein  schön  lustig  geschieht,  wie  keiser  Carle  der  grosz, 
Tier  gebrüder,  herzog  .\iniont  von  Dordons  süne  u.  s.  w. 
Simniern  1535  fol. 

ALBERTLNUS,  de  convinis.  1598;  Gusiman  von  Alfarache. 
München  1616;  narrenhatz.  Augsb.  1617. 

ALBERTUS  M.,  weibergeheimnisse.    Frankf.  1569. 

ALBERUS,  buch  von  der  lugend  und  Weisheit,  fabeln  aus 
Esopus.  nach  der  ausg.  Frankf.  1597.  S.,  einigemal  nach 
der  älteren  von  1550 ;  der  barfuszer  münche  Eulenspiegel  und 
Alcoran.  Wittenb.  1542.  4 ;  ehebüchlein,  d.  i.  eine  predig  von 
dem  ehestande.  Wittenb.  1550.  4,  hier  nach  Frankf.  1565.  8 ; 
dialogus  vom  interim.  1548 ;  contrafactur,  da  Jörg  Witzel  ab- 
gcmalet  ist. 

ALBRECHT  VO.N  EYBE,  ob  einem  manne  sei  zu  nemen  ein 
elichs  weih  oder  nit,  Nürnb.  1472.  hier  angeführt  nach  einem 
späteren  druck  o.  j.  u.  o. 

ALBRECHT,  roszarznei.   Frankf.  1570. 

ALBRECHT,  die  gewere.    Königsb.  1828. 

alle  weisen:  der  a.  w.  exempel,  sprüch  u.  s.  w.  hier  nach 
der  ausg.    Frankf.  1592.  8. 

ALTE.NSTAIG,  vocabular.   1508. 

ALXLNGER,  J.  B.,  Bliomberis.  Leipz.  1791 ;  Doolin  von  Mainz. 
Leipz.  1797. 

Ämbroser  liederbuch  von  1582.  berausg.  Ton  Jos.  Bebgxanx. 
Stuttgart  1845. 

AMMCOLA,  Paulus:  ein  scbnoptuchlin  auf  Luthers  geifer  und 
Unlust.    Dresden  1532. 

Amöna  und  Amandus:  jüngsterbaute  Schäferei.  Leipz.  1632. 
vgl.  Kochs  compend.  2,  247. 

Amor:  das  disz  büchlin  werd  bekant,  Amor,  die  lieb  ist  es 
genant,    o.  ;.  u.  o.  8,  scheint  aus  dem  an  fang  des  16  jh. 

A>'DREAE,  Christoph.,  Roselius  ratisponensis,  trewherzige  busz- 
posaune.    Amsterd.  1643. 

ANOREAE,  Job.  Val.,  chymische  hocbzeit.  Straszb.  1616;  all- 
gemeine und  generalrerormalion  der  ganzen  weit,  beneben 
der  fama  fratemitatis  des  ordens  des  rosenkreuzes  u.  s.  w. 
Cassel  1614.  8.  nur  daraus,  dasx  dem  J.  V.  A.  diese  hmo. 
fratem.  beigelegt  wird,  liesie  sich  schlieszen,  er  habe  auch 
die  reformation  aus  Boccali^i  ragguagli  di  parnasso  über- 
setzt. 

Anna,  legende  von.   Straszb.  1501. 

A.NSHELM,  Valerius,  Berner  chronik,  herausg.  von  Stierlix. 
5  bhnde.  Bern  1S25  ff. 

APHERDIAM  methodus  discendi  formulas  latinae  linguae.  Cu- 
loniae  1577.  8. 

Ardinghello,  s.  Wilh.  Hei!<se. 

ARETIM,  Petri,  ]iüTensfiege\,nach dessen  pomoboscodidascaliis. 

ARNDT,  £.  H.  erionerungea  aus  dem  äuszeren  leben.  Leipz. 
1840. 


ARNIMS  werke.  Berlin  1839  S.  daraus  werden  kronenwächter 
und  Schaubühne  auch  besonders  angezogen. 

AUERBACH,  dorfgeschichten. 

Augsburgische  confession,  in  Llthebs  und  Mela!<chthons  wer- 
ken, ein  sorgfältig  hergestellter  text  in  Rankes  deutscher 
qesch.  im  Zeitalter  der  reformation  6;  176  —  215. 

Avanlurier,  der  Leipziger,  oder  eines  gebomen  Leipzigers  eigen- 
händiger entwurf  seiner  Schicksale.  Frankf.  und  Leipz.  1756. 
2  theile. 

AVENTINS  (d.  i.  des  von  Abensberg  hurtigen)  bairische  chro- 
nik, nach  der  ersten  ausg.  von  1566,  einigemal  nach  der  von  1580. 

AYRER,  Jacob,  opus  theatricum.  der  erste  A'iimft.  1618  gedruckte 
und  464  blättcr  enthaltende  theil  wird  gemeint,  wenn  bloss 
Ayrer  steht,  ohne  neuen  titel  folgen  auf  167  blättern  die 
fasznachtspiele,  hinten  mit  der  jahrzahl  von  1610.  in  der 
vorrede  des  ersten  Iheils  heiszt  er  "herr  Jacob  Ayrer  der  el- 
ter, kais.  notarius,  burger  und  der  gerichten  allhie  zu  Nürm- 
berg  geschworner  procurator*.  und  es  fragt  sieh,  ob  er  mit 
dem  folgenden  ein  und  derselbe,  oder  dieser  ein  gleichna- 
miger, ähnliche  Stellung  einnehmender  verwandter  war,  wie 
sich  fast  aus  jenem  beisalz  'der  ältere'  schlieszen  Idszt.  Ayrek 
bedeutet  nichts  anderes  als  eierer,  eierhändter  oder  was  das 
lat.  ovarius,  gallinarius. 

AYRER,  Jacob,  historischer  processus  juris,  in  welchem  sich 
Lucifer  über  Jesum  . .  beklaget.  Frankf.  1604.  fol.  in  der 
zueiqnung  von  ?iürnberg  1597  nennt  der  verf.  sieh  beider 
rechten  doctor  und  advocat  daselbsten.  der  ältere  Ayrer 
scheint  kein  doctor,  der  jüngere  kein  dichter  gewesen  zu  sein, 
der  ältere  war,  als  sein  theaterwerk  erschien,  längst  todt  und 
vielleicht  auch  schon  1610  gestorben,  was  der  meinung  gün- 
stig wird,  dasz  wenigstens  ein  groszer  theil  seiner  tragOdien, 
cvmüdien  und  fasznachtspiele  schon  in  den  achzigem  des 
16  jA.  gedicJitet  war. 

B.ANGE,  thüringische  chronik.    Mülhausen  1599.  4. 

Barbali,  comödie.    gedruckt  1526. 

BARTISCH,  aiigendienst.    Dresden  1583. 

BEBEL:  facetiarura  Heinrici  Bebelii  libri  tres.  Tubingae  1S55. 
8,  worin  ü/ler  deutsche  stellen  vorkommen,  das  ganze  aber 
erschien  auch  verdeutscht  unter  dem  litel  die  geschwenk  H. 
B.  1558. 

BECHER,  Geo.  Christoph,  geheimes  jägercabincl.  Leipz.  1701. 

BECHER,  Job.  Joach.  [starb  1G85  in  London),  närrische  Weis- 
heit und  weise  narrhcit.    zweite  ausg.  1692. 

BECHIUS,  Verdeutschung  des  Geo.  Agricola  de  re  metallica. 

BECKERS  Weltgeschichte. 

BENZEL-STERNAL',  das  goldne  kalb.    Gotha  1804. 

bericht  wider  das  interim.    Wittenb.  1559. 

BERTHOLD  von  Chiemsee,  teutsche  theologei.  neu  heraas«. 
von  WoLFG.  Reithmeier.    München  1852. 

beschlusz  des  reichsregiments  von  1501. 

beschrcibung  orientalischer  inseln.    s.  Olearids. 

BETTLNE,  briefwechscl  mit  einem  kiode  und  tagebuch.  Ber- 
lin tS35. 

BELTHERS  Reinke  fuchs.    Frankf.  1556.  fol. 

bienenkorb,  s.  Fischart. 

Bl.NDSEILS  ausgäbe  von  Luthers  bibelübersetzung.  th.  1—4. 
Halle  1845—1860. 

BIRK,  Siit,  die  histori  von  der  frommen  Susanna.  Basel  1532. 

BIRK,  Thomas,  comödia,  darinnen  den  gottsvergcsznen  dop- 
pelspilem  ...  die  würfel  und  karten  ...  aus  heiliger  schrill 
gründlich  erklärt  Tübingen  1590.  desselben  eliespjegrl.  Tüb. 
1598. 


LXXI 


NHD.  QUELLENVERZEIGHNIS. 


LXXII 


von  BIRKEN,  Sigmund,  sonst  auch  Betulejus  genannt:  Peg- 
nitzschiiferei.  Nürnb.  1645;  oslländischer  lorbeerüain  (OL. 
citierl).  das.  1657 ;  ehrenmal  auf  Pipenburg. 

BITZIUS,    S.    GOTTUELF. 

BLUNTSCHLI,  zürcherische  rechtsgeschichte.    Zürich  1838. 

BOBRIK,  nautisches  Wörterbuch.    Leipz.  1850. 

Bocc.    bezeichnet   die   alte   verdeutschumj  des  decamerone  von 

Boccaccio,   s.  Steinhüwel. 
BÖDIKER,    grundsätze  der  teutschen   spräche,   vermehrt   von 

Frisch.    Berlin  1729. 
BODMEU,    lessingsche  unäsopische  fabeln.   Zürich  1760;    der 

hungerthurm  in  Pisa  (parodie  des  gerslenbergischen).  Chur 

und  Lucern  1769 ;    lit.  deniimale.   Zürich  1779 ;    Atreus,   im 

ersten  th.  der  pol.  schausp.   Lindau  1768. 
BÖHME,  Jacob:  morgenröte  im  aaigang  (abgefaszl  1612).  Am- 

sterd.  1682;  mysterium  magnum.    Amst.  und  Frankf.  1678; 

vierzig   fragen   von   der  seelen  verstand.   Amst.  1682;   von 

der   menschwerdung  Jesu   Christi,    das.  1682;    von    sechs 

puncten.  das.  1682;  von  der  genadcnwahl.  das.;  von  Christi 

testamenten.   das. 
BÖTTIGER,  literarische  zustände  und  Zeitgenossen.  Leipz.  1838. 
BOLZ,  Valentin:  Pauli  bekerung.    Basel  1546;    ülung  Davidis. 

Basel  1554. 
BRÄKER,   Ulrich:   der   arme  mann  im  Tockenburg,   herausg. 

von  Ed.  Bülow.    Leipzig  1852. 
BRÄMMERELL,    nachricht   von    den    laszgütern    des  klosters 

Schlüchtern.    Hanau  1790. 
Brandenburgische   kammergerichlsordnung   von  1516;    polizci- 

ordnung  von  1540. 
BRANDES,  astronomie. 

BRANDTS  bericht  von  Taubmann.    Copenhagen  1675. 
BRANT,  Sebastian :    narrenscliif,  weil  Zarnckes  ausgäbe  noch 

nicht  da  war,    mtiste  nach  der  von  Strobel  citiert    werden. 

s.  auch  Hö.mger.    einigemal  wird  Brants  Cato  1512  und  sein 

Freidank,    in    dem    druck   von  Worms  1539    angeführt,    vgl. 

vorrede  zur  bescheidenheit  s.  X. 
BRAUNSCHWEIG,  Hieronymus,  chirurgia.  Augsburg  1539.    äl- 
tere ausgaben  von  1497  verzeichnet  Panzer  in  den  ann.  s.  227. 
BRAUNSCHWEIG,  x.  Heinrich  Julius. 
brautsuppe :  eine  gekochte  bratwurst  denen  lüsternden  löffel- 

gänsgen   bei   der  Rosenfeld  und  Winklerischen  brautsuppe 

mit  zuzubeiszen  vorgeselzet  von   einem  Alten  Sudel  Koch. 

1679.  4. 
Breslauer  infectionsordnung  von  1568. 
BROCKES,  irdisches  vergnügen  in  gott.   Hamb.  1721  ff. 
brodtkorb  s.  Ringwald. 
BRONNER,   Franz  Xaver,   leben   von  ihm  selbst  beschrieben. 

3  bände,  Zürich  1795  ff. 
BRONNER,    Joh.  Phil,   der   weinbau   am    Hardtgebirge.    Hei- 

delb.  1833. 
BRUNFELS,  Otto,  kräuterbuch. 
buch  der  liebe,   Frankfurt  1587  bei  Feyerabcnd,  ful.    der  in- 

hall  ist  in  Kochs  compendium  2,  243  angegeben. 
buch  der  natur,  s.  Conrad  von  Megenberc. 
BUCHNER,  Aug.  zwei  trostschriften.  Wittcnb.  1644 ;  anleitung 

zur  poeterei. 
BUDDE,  über  rechtlosigkeit.  Bona  1842. 
BULLINGER,    Heinrich,   reformationsgesciiichte   herausg.  von 

Hottinger  und  Vögeij.  Frauenfeld  1839. 
BÜ.NAU,  teutsche  kaiscr  und  reichshistorie.  4  Ih.  Leipz.  1728 — 43. 
BÜRGERS  gedichte,  nach  der  ausg.  in  Einern  band. 
BUTSCIIKY,  erweiterte  hochdeutsche  kanzellei.   Breslau  1659; 

Palhmos.  Leipz.  1677. 
cammergerichtsordnung  von  152L 
CANITZ,  gedichte.      . 
canzleibüciilein,   s.  Fabianus  Frank. 
Carber  markordnung  von  1657;  markbuch  von  1643. 
CARUS,  F.  A.,  Psychologie.  2  Ihlc.    Leipz.  1823. 
CASTENHOF,  pentalogus  conjugalis. 
Cato,  s.  Seb.  Brant,  und  vgl.  die  älteren  von  Zarncke  Leipz. 

1852  herausgegebnen  texte. 
causenmachcr,  dn-  sciilimmc.   in  einem  Schauspiele  artig  vor* 

gestellet.    Leipz.  1701. 
CEPHALUS,  Sigismund,  warcr  grund  und  beweisung.  1551. 
CHAMISSO,  gedichte.    Leipz.  1851. 
CIIMEL,    Urkunden,   briefc   und   actcnstücke   zur  geschiclitc 

Maximilians  l.   Stuttg.  1845;    funtcs    rerum    austriacarum. 

Wien  1849. 


CHORION  (Joh.  Heinr.  Schill)  der  teutschen  sprach  ehren- 
kranz.    Slraszburg  1644. 

christlicher  pilger.  s.  Wicrram. 

CHRYSEUS,  Joh.,  Haman,  die  schöne  und  seer  tröstlich  hi- 
stori  Hester,  spilweis  aus  dem  latein  in  deutsche  reimen 
gebracht.   Wittemb.  1546. 

CHYTRAEI  nomenclator  latinosaxonicus.    Rostock  1582.  1592. 

CLAUDIUS,  Asmus  omnia  secum  portans  oder  sämtliche  werke 
des  Wandsbecker  boten,   th.  1.  2.   Hamb.  1775  u.  s.  w. 

CLAUS  narr.  1592. 

CLAWERT,  Hans,  wirkliche  historien  vor  niemals  in  druck 
ausgangen,  kurzweilig  und  sehr  lustig  zu  lesen,  beschrie- 
ben durch  Bartliolomaeum  Krüger  stadtschreiber  zu  Treb- 
bin,  gedruckt  zu  Berlin  1587. 

CLOSENER,  straszburgische  chronik.   Stuttgart  1842. 

COCLEUS,  Joh.  von  der  mesz  und  priesterweihe.  Leipz.  1534. 

COMENII  orbis  sensualium  pictus,  oß  aufgelegt,  hier  wurde 
gebraucht  eine  Nürnberger  ausg.  von  1769. 

Cohca,  die  politische,  oder  das  reiszen  in  leibe  der  schul- 
kranken menschen.    Leipz.  1680. 

CONRAD  von  Dankrotzheim,  namenbuch  vom  jähr  1435.  her- 
ausgeg.  von  Strobel  in  den  beitrügen  zur  deutschen  lilera- 
tur.  Straszburg  1827. 

CONRAD  von  Megenberg,  buch  der  natur,  nach  einer  aicsg. 
von  1483,  den  älteren  druck  von  1475  beschreibt  Panzer  in 
den  ann.  s.  83.  84,  in  allen  aber  ist  der  echte  text  verderbt, 
den  Schmeller  in  einer  kritischen  bearbeitnng  herzustellen 
vorhatte. 

CORVINUS,  Anton,  bericht,  wie  sich  ein  edelmann  gegen  gott, 
gegen  seine  oberkeit,  sunderlich  in  kriegeslcuften  gegen  seine 
eitern,  weib,  kinder,  hausgesinde  und  gegen  seine  unter- 
sassen  halten  soll.    Erfurt  1539.  4. 

CREIDIUS,  Hartinann,  nuptialia  oder  fünfzig  christliche  hoch- 
zeitsermonen  in  der  evangel.  pfarrkirchen  bei  S.  Anna  in 
Augspurg  durch  M.  Hartmannum  Creidium  Fridberga  Wet- 
teravum,  pfarrern  daselbst.  Frankfurt  in  Verlegung  Johann 
Revers  1652  (nicht  1657  wie  sp.  840  gesetzt  ist).    2  theile  4. 

CREÜTZHEIM,  s.  eselkünig. 

CRONEGK,  Schriften,  herausg.  von  Uz.  Anspach  1760. 

CYRILLUS,  speculum  sapientiae,  verdeutscht  durch  ß.  S.  M, 
und  gedruckt  zu  Basel  1520.  4.  vgl.  Panzer.s  ann.  445  und 
Eschenbürgs  denkm.  alld.  dichlk.  s.  373. 

DACH,  Simon,  gedichte,  in  Alberts  arien,  hier  nach  der 
Leipziger  ausg.  von  1657;  churbrandenburgische  rose.  Kö- 
nigsb.  0.  j.  4 ;  poetische  werke.  Königsb.  1696.  4.  s.  auch 
zeitvertreiber. 

DAHLMAN.N,  dänische  geschichte.  th.  1— 3.  Hamb.  1840— 43; 
englische  revolution  Leipz.  1844;  französische  revolution. 
1845. 

DANIEL  von  Soest,  s.  Gerh.  Haverland. 

DANNHAUER,  Joh.  Conr.  (t  1666):  evangelisches  denkmahl 
über  die  sonntagsevangeha.   Straszb.  1661. 

DERLING,  nachahmung  edler  dichter.  Leipz.  1753;  Schriften 
zum  vergnügen.    Leipz.  1757. 

DERSCHAU,  Friedr.  von,  Lutheriade.  Aurich  1700  und  um- 
gearbeitet u.  d.  titel  die  reformation.    Halle  1781. 

dialogus  von  Martino  Luther  und  der  geschickten  botschafl 
aus  der  helle  1523.  4. 

dialogus  zwischen  schöpfer  und  schabenhut.   Straszb.  1525. 

dialogus  von  den  vier  gröszten  beschwerdnüs  eins  ieglichcn 
pfarrers.    o.  j.  u.  o. 

DIETRICH  von  Pleningen,  Gay  Pliny  des  andern  lobsagung 
(panegyricus)  verdeutscht.  Landshut  1515;  Salustii  zwo  schon 
historien.  ebendaselbst;  von  klaffern  zwai  puechlein,  das 
ein  Lucianus  {ne^l  rov  firj  QaSicJS  TiiarevBiv  Smßoi^)^ 
das  ander  Poggius.    ebendaselbst, 

DIETRICH,  Vitus,  Verdeutschung  von  Melanchthons  troslschrift. 
1547. 

DILRAUM,  dialogus  zweier  landsknechtc.   1605. 

DÖRELS  eröfnete  jägerpractica  oder  der  wolgeübte  und  er- 
fahrne Jäger.    Leipzig  1746.  fol 

doctor,  der  unwürdige,    s.  Ettnkr. 

DRYANDER,  Job.  (Eichmann),  vorrede  zu  Hans  Staden. 

DUSCH,  Job.  Jac.  moralische  biiefe.    Leipz.  1769—62. 

Dyanasore,  s.  Wilh.  Frieur.  Meyern.     , 

DYKE,  Dan.,  nosce  le  ipsuin,  aus  dem  rnqL  übersetzt  unter 
dem  titel:  weltlicher  sclbslbclricgcr  durch  D.  P.  IL  fünfte 
uutl.  Frankf  1652. 


w» 


Lxxin 


NHD.  QUELLEXVERZEIGHNIS. 


Lxxrv 


EBERHARD,  A.  G.,  Schriften.   Halle  1830. 

EBERLLN,  Job.,  lob  der  pfarrer  der  VIII  bundgenossen.  1521. 
vgl.  KcBZ,  McBNERs  narre  ix — txvi. 

ECK,  Job.,  Luthers  gegner,  ton  dem  briefe  und  predigten  ein- 
zeln gedruckt  sind. 

Eckharl,  s.  Ett^eb. 

ehe  eines  mannes,  eines  weibes:  die  zehenmal  ubelgerathene 
und  einmal  wolgetroffene  heirath  eines  mannes.  gedruckt 
zum  driltenmal.  Leipzig  1735;  die  siebenmal  ubelgerathene 
und  einmal  sehr  wol  ausgeschlagene  ehe  eines  weibes.  ge- 
druckt zum  drittenmal,    ebendaselbst. 

EHRE.MRäLT,  H.  G.  friesisches  archiv.  th.  1.  2.  Oldenburg 
lSt9.   1S54. 

EICHENDORF,  gedichte.  Berlin  1S43. 

EISENBERG,  entdeckte  rosztäuscherkünste,  mit  nnmerkun- 
gen  und  Zusätzen  von  JoH.  Friedr.  RosExzwEiG.  Leipzig  17S0. 

EISENH.\RT,  grundsätze  der  deutschen  rechte  in  sprüchwör- 
tem.  Leipzig  1792. 

ELIS.\BETH,  herzogin  zu  Braunschweig.  1545  {sp.  878.) 

ELISABETH  CHARLOTTE  von  Orleans  briefe  an  die  raugrüfin 
Louise,    herausg.  von  Woifg.  Menzel.    Stultg.  1S43. 

ENGEL.  J.  J.  Schriften.    Berlin  1801  ff.    daraus  Lorenz  Stark. 

ERBENIUS.  Nie,  faslnaciitsgesprüch.  Erfurt  15S2  (sp.  1S23  steht 
verdruckt  Eibemls). 

Erfurter  stadtordnung. 

erklärung  des  landfriedens  Ton  1522. 

ESCHENBURG,   theorie   der   schönen  Wissenschaften. 

eselkönig,  durch  Adolf  Rosex  vo:*  Crectzheui.  vgl.  Kochs 
compendium  2,  323. 

ESOP,  siehe  Albercs,  Steishöwel,  Bcrc^kd  Waldis,  Wolcemct. 

ESTORS  hessisches  idiolikon  in  dessen  teutscher  rechlsge- 
lahrlheit.    th.  3.  Frankf.  1767.  s.  1400—1424. 

Etter  Heini,  s.  Jacob  Rlff. 

ETTERLIN,  kronica  von  der  loblichen  eidgnoschafl,  Basel 
1507  fol.    neu  herausg.  1752. 

ETTNER,  Job.  Christian  (von  Eiteritz):  des  getreuen  Eck- 
harts  unwürdiger  doctor.  Augsb.  und  Leipz.  1697 ;  des 
getr.  Eckh.  unvorsichtige  hebamme.  Leipz.  1715 ;  des  getr. 
Eckh.  medicinischer  maulaffe  oder  der  entlarrte  markt- 
schreier.  Frankf.  und  Leipz.  1719  (vorher  16941;  der  ver- 
wegene chirurgus.  1698;  der  entlaufene  chymicus.  1697; 
der  ungewissenhafte  apotheker.  1700;  die  eröfnete  patien- 
tenslube. 

Eulenspiegel,  wird  geteöhnlich  angeführt  nach  der  ersten  hoch^ 
deutschen  ausg.  ton  1519 :  ein  kurzweilig  lesen  von  Dil  L'len- 
spiegel  geboren  usz  dem  land  zu  Brunszwick.  wie  er  sein 
leben  rolbracht  hat.  XCYI  seiner  geschichten.  am  ende, 
getruckt  von  Johannes  Grieninger  in  der  keiserlichen  stat 
Slraszburg  uf  sant  Margarethen  tag  im  jar  M.CCCCC.XIX. 
In  der  bei  demselben  Verleger  1522  erschienenen  ersten  aus- 
gäbe von  Jon.  Pacl  schimpf  und  ernst,  deren  vorrede  aber 
auch  schon  von  1519  datiert,  sind  mehrere  eulenspiegelschen 
geschichten,  x.  b.  cap.  650.  651.  jedoch  mit  ganz  andern  »orten 
vorgetragen,  so  dasz  anzunehmen  steht,  dem  Padli  wie  dem 
unbekannten  bearbeiler  jener  96  fabeln  habe  derselbe  nie- 
derdeutsche text  vorgelegen,  einigemal  z.  b.  sp.  15.  546  wurde 
auch  der  Erfurter  druck  von  1538  citiert.  Eulenspiegel  reim- 
weis  S.    FiSCHABT. 

ezpertus  in  truphis,  Ton  den  lalscben  bettlem  nnd  ihrer  bü- 
berei.  1668.  es  gibt  aber  ältere,  bessere  ausgaben,  vgl. 
Kochs  comp.  2,  318. 

EYBE,  s.  Albiecht. 

EYLERT,  Friedrich  Wilhelm  UI.  kSnig  Ton  Preuszen.  Mag- 
deburg 1843  f. 

EYERING,  Eucharius,  proTerbionim  copia.    3  theile.  Eisleben 

1601—1603. 

FABER,  Job.  de  Werdea,  provcrbia.    t.  sp.  179. 

facctiae  facetiarum  sp.  1146.  vgl.  Kochs  comp.  2,  319  und  Bebel. 

fastnachtspiele  aus  dem  fünfzehnten  Jahrhundert,  gesammelt 
von  Adelbert  Keller.  Stuttg.  1853.  3  bände  mit  fortlau- 
fender seilenzahl. 

Faust,  D.  hergestellt  von  Karl  Surock.    Frankfurt  1846. 

Felsenburg:  wunderliche  fata  einiger  Seefahrer,  dem  drucke 
übergeben  von  Gisaxdern.  ih.  1 — 4.  Nordhau«en  1744 — 1746. 

FICHARD.  J.  C.  gen.  Baur  von  Eiseneck,  Wetteravia.  Frankf. 
1S28. 

FICHTE,  Job.  Gottlieb,  versnch  einer  kritik  der  Offenbarung. 
KOnigsb.  1793;    beweis   der  unrccblmäszigkeit  des  höcher- 


nachdrucks,  in  der  Bert,  monatsschrifl  1793  bd.  21;  beitrag 
zur  berichtigung  der  urtheile  über  die  französ.  revolution. 
1793 ;  über  den  begrif  der  wissenschaftslebre.  Weimar  1794 ; 
grundlage  der  gesammten  wissenschaftslehre.  Tüb.  1802; 
grundlage  des  naturrechts.  band  1.  2.  Jena  1796.  97 ;  system 
der  Sittenlehre.  Jena  und  Leipz.  1798;  Vorlesungen  über 
die  bestimmung  des  gelehrten.  Jena  und  Leipz.  1794 ;  son- 
nenklarer bericht  an  das  gröszere  publicum.  Berl.  ISOl; 
appellation  an  das  publicum.  Tüb.  1799 ;  die  bestimmung 
des  menschen.  Berl.  1800;  antwortschreiben  an  Reinhold. 
Tüb.  1801;  Nicolais  leben.  Tüb.  1801;  aufsätze  im  philos. 
Journal  von  Niethammer  und  Fichte.  1795 — 9";  grundzfige 
des  gegenwärtigen  Zeitalters.  Berl.  1806;  über  das  wesen 
des  gelehrten.  Berl.  1806 ;  anweisung  zum  sei.  leben.  Berl. 
1806 ;  reden  an  die  deutsche  nation.  Berl.  1808 ;  die  wis- 
senschaftslehre in  ihrem  allg.  umrisse.  Berl.  1810 ;  verant- 
wortungsschriften  ge^en  die  anklage  des  atheismus.  Jena 
1799 ;  der  geschlossene  handelsstaat.  Tüb.  1800 ;  deducirter 
plan  einer  zu  Berlin  zu  errichtenden  höheren  lehranstalt. 
Stuttg.  1817 ;  die  thatsachcn  des  bewustseins.  Stuttg.  und 
Tüb.  1817;  Staatslehre.  Berl.  1820;  nachgelassene  werke. 
3  bände,  Bonn  1834.  35;  Fichtes  leben.    Sulzbach  1830.  31. 

Fierabras:  ein  schöne  kurzweilige  histori  von  eim  mächti- 
gen riesen  aus  Hispanien  Fierrabras  gnant  n.  s.  w.  Sim- 
mern 1533  fol. 

FILIDOR  der  dorferer,  Venus  oder  liebeslieder.  Hamburg  1660. 

FIRME.NICH,  Job.  Matth.,  Germaniens  völkerstimmen.  band 
1.  2. 

FISCHART.  vom  Gargantua  oder  der  geschichtklilterung  wurde 
zuni  grund  gelegt  die  ausgäbe  von  1594,  welche  nach  blät- 
tern, nicht  seilen  zählt;  vom  bienenkorb  die  tonl586.  zu- 
weilen sind  auch  andere  ausgaben  daneben  genannt,  z.  b. 
spalte  272,  Scheibles  Wiederabdruck  ist  nach  der  von  1617. 
vom  flöhhatz  dieule  ein  druck  o.  j.,  künftig  soll  der  in  Scheibles 
kloster  band  X  wiederholte  von  1594  angeführt  werden,  für 
das  glückbafte  schif  ist  Hallings  ausg.  Tüb.  1828,  /Br  die 
geistl.  lieder  und  das  lob  der  laute  Below  und  Zachebs  ausg. 
Berl.  1849.  den  gereimten  Eulenspiegel  und  nachtrab  bot  Mec- 
sebachs  bibl.  in  dem  alten  druck,  das  ehzuchtbüchlein  irurde 
nach  der  ausg.  von  1614,  aller  practik  groszmutter  nach  der 
ton  1623  citiert,  welcher  auch  Scheible  band  MIT  folgt,  doch 
mit  weglassung  der  Seitenzahl,  beim  ehzuchtbüchlein  folgte 
er  der  ron  1578,  da  seine  abdrücke  sich  jetzt  am  meisten 
verbreitet  haben,  soll  künßig  auch  darauf  rücksicht  genom- 
men werden,  practica,  oder  geistliche  practica  durch  Ada- 
MCM  Rkcuenjioser.  Leiden  1588  fol.  andere  Schriften  sol- 
len noch  im  verfolg  benutzt  und  verzeichnet  werden. 

FLEMING,  vollkommener  teutscher  Jäger.    Leipzig  1719. 

FLE.MLNG,  Paul:  geist- und  weltliche  poemata,  nach  der  ausg. 
von  Jena  1651,  zuweilen  mit  verglcichung  der  ron  Merse- 
burg 1685.  alle  ausgaben  weichen  immer  nur  um  ein  paar 
blattet  von  einander. 

fliegenwadel,  ein  vortreflicher,  die  mucken  der  schädlichsten 
und  der  narrheit  angränzenden  melancholei  zu  vertreiben, 
gedruckt  in  Lacbland  von  Sebastian  GrillenjSger  1707. 

FOLZ,  Hans :  klopfan,  vgl.  Kellers  fastn.  sp.  1242  und  1573 ; 
Spruch  von  einem  kaufraann.  Hacpt  8,  517  ff.  vgl.  Keller 
1293. 

FORER,  Conrad,  thierbuch.    Frankf.  1583.  fischbuch  1598. 

FORSTER,  Job.  Geo.  ansichten  vom  Niederrhein.  Berl.  1791  fL 

Fortunat.    Augsburg  1599. 

FRANK,  Fabianus,  canzlei  und  titelbOchlein.  Wiltenb.  1538. 

FRANK,  Sebastian,  von  Werd:  weltbuch.  Tübingen  1534  fol.; 
chronica  zeitbucb  und  geschichtbibel.  1531,  einigemal  auch 
nach  der  ausg.  von  1536  fol.;  teutscher  nation  chronik. 
1539;  Sprichwörter.  Frankf.  1541 ;  laster  der  trunkenheit 
1531 ;  paradoxa.  Ulm  o.  j. ;  lob  der  thorbeit,  Übersetzung 
von  des  Erasmcs  moriae  encomium.  Ulm  o.  j. ;  verbüt- 
schiert  buch.  Frankf.  1559 ;  von  heillosigkcit,  Verdeutschung 
ton  ACRIPPA  VON  Netteshei«  de  vanitate  scientiarura ;  bäum 
des  Wissens.  Ulm  o.  j. ;  guldin  arch.  1538.  ron  Fran»  her- 
gurühren  scheint  auch  das  unter  dem  namen  FmotniCH  WtKJt- 
STREiT  verfaszte  kriegbüchlein  des  frides,  ein  krig  des  fri- 
des  vtider  alle  lärmen,  aufrühr  und  unsinnigkeit  zu  krie- 
gen. Frankf.  1550  in  8,  denn  beigedruckt  ist  ihm  unter  fort- 
laufender blatlzahl  das  laster  der  trunkenheit. 

Frankfurter  reformation. 

FREDER,  Job.   lob   und   unschnld   der  fraucn,   ein  dialogus 


LXXV 


NHD.  QUELLENVERZEICHNIS. 


LXXVI 


dem  ehestand  zu  ehren  gescLrieben  {gegen  Seb.  Frank). 
Rostock  1573.  8. 

FREY,  Jacob,  gartengesellschaft,  oder  der  ander  teil  des  roll- 
wagens.  Mülhausen  o.  j.  und  Frankf.  1590.  die  cilate  nach 
blättern  folgen  der  Frankfurter  ausgäbe,  es  ist  aber  bald 
gestrebt  worden  nach  capiteln  zu  citieren,  was  sich  in  allen 
drucken  aufschlagen  läszt. 

friedens  weheklage.  1640.  4. 

FRISCHLIN,  Nicod.,  facetiae  1600;  nomenclatortrilinguis,  grae- 
colatinogermanicus.  Frankf.  1591.  8.   die  vorrede  ist  von  1586. 

FRÖHLICHS  fabeln.   Aarau  1829. 

FRONSPERGER,  Leonh.,  kriegsbuch  th.  1.  Frankf.  1578.  th.  2  und 
3.  1573. 

Frontini  stratagemata ,  kriegsanschlege ,  transferiert  durch 
Marcus  Tacius.  Ingoist.  1542  und  wiederholt  im  dritten  theil 
von  Fronsperger,  wonach  hier  angeführt  wird.  sp.  1117  be- 
richtige man  unter  bannholz  das  falsche  citat  in :  Frontin 
von  Tacius  bei  Fronsp.  3,  240. 

froschmeuseler,  s.  RoLLENHACErc. 

Galmy,  eine  schöne  und  liebliche  historie,  nach  der  ausg. 
von  1588  abgedruckt  in  Reichardts  buch  der  liebe.  Leip- 
zig 1796. 

ganskönig.  Straszburg  1607.  8. 

Garg.  =  Gargantua,  s.  Fischart. 

GÄRTNER!  dicteria  proverbialia.  Francof.  1598. 

GARVE,  Übersetzung  des  Cicero  de  officiis. 

GEILER,  s.  Keisersberg,  welcher  letztere  name  im  gebrauch 
vorzuziehen  ist,  denn  bei  lebzeiten  und  an  den  meisten  stel- 
len seiner  werke  heiszt  er  immer  doctor  Keisersberg.  da 
geiler  einen  beiller  bedeutet,  wich  er  vielleicht  selbst  diesem 
nebensinn  aus. 

GELLERTS  sämmtliche  Schriften.  Leipz.  1839.  10  bände,  zu- 
weilen auch  nach  der  ausg.  von  1840,  die  in  6  bände  ge- 
theilt  ist. 

GEMEINERS  Regensburger  chronik. 

GEORG,  herzog  zu  Sachsen,  vorrede  zu  Hieros.  Emsers  Über- 
setzung des  N.  T. 

GERHARD,  Paul,  geistliche  lieder.  ausg.  von  P.  Wackerna- 
gel.   Stuttg.  1843. 

GERSDORF,  feldbuch  der  wundarznei.   Straszb.  1528.  4. 

GERSTENDERG,  Heinr.  Wilh.  von,  Ugolino.    Hamb.  1768. 

GERSTENBERGER,  Wigand,  thüringisch-hessische  chronik,  in 
Schminke  mon.  hass.  {sp.  369  steht  fehlerhaft  Gkrstenberg). 

GERVINüS,  geschichte  der  deutschen  dichtung. 

GESNER,  Conrad:  namenbuch  aller  erdgewächse.  Zürich  1542; 
Vögel  1558.    Gesner  ist  ein  dunkler  name,  scheint  aber  zum 

'  ahd.  keisan  sterilis,  egenus,  ags.  gajsen  gehörig,  so  dasz 
es,  wie  Geiler,  einen  armen,  dürftigen  bettler  ausdrückte. 

gespenst,  das  teutsche,  autore  Casparo  Lolivetta.  Leipz.  1084. 
8.    Oliveta  mag  wol  der  italienische  Verfasser  geheiszen  haben. 

gesprech  von  zweien  sterbenden.   Dresden  1530. 

lustig  gesprech  der  teufel  von  der  flucht  des  groszen  scharr- 
hansen  herzog  Heinrich  von  Braunschweig.  1542. 

gesprech  zwischen  einem  landsknecht  und  s.  Peter  {um  1548). 

GESZLER,  Heinrich,  formulare  und  tütsch  rethorica.  Straszb. 
1511  fol.  erschien  aber  vorher  Straszb.  1493  und  nachher 
1519.    Panzer  s.  203.  424. 

GESZNER,  Salom.,  Schriften.  Zürich  1762.  der  name  ist  ver- 
derbt aus  Gesner. 

GIESEKE,  Nie.  Dietr.,  poetische  werke.   Braunschw.  1767. 

GILHUSIUS,  Isaacus,  marpurgensis.  grammatica  (eine  comö- 
die).  1597. 

GLASER,  Petrus,  gesindeteufel.  1564, 

GLEIMS  werke.   Halberst.  1811  ff. 

GOBLER,  Justinus,  rechtspiegel. 

GÖCHHAÜSEN,  früulein  von,  bricfe  in  BömcEns  lit.  zu- 
ständen. 

GÖCKINGK,  gedichte.  1780  in  drei  theilen;  Nicolais  leben. 
Berlin  1820. 

GOLAU,  j.  Locaü. 

GÖTHE,  vollstiindige  ausgäbe  letzter  band,  in  60  sedezbän- 
dcn.  Stuttg.  1S27  ff.  doch  viit  benutzung  auch  anderer  aus- 
gaben, dann  briefwcchsel  mit  Schiller,  Knebel,  Zelter, 
Jacobi;  briefe  an  frau  von  Stein,  Auguste  Stolberg,  La- 
vater,  Rochlilz  (in  Jahns  briefcn.  Leipz.  184D);  Göthi  bei 
ScnüLL  (briefe  und  aufsatze.  Weimar  1846),  bei  Merck  (bricfe 
nn  und  von  M.  3  bdc.  Dnrmstadt  1835  f.  Leipz.  1S47),  bei 
Eckermann  (gespräche.    3  thle.   Leipz.  1837  f.),    t»  Hirzels 


fragm.  (fragmente  aus  einer  Goethe-bibliothek.  Leipz.  1849). 
s.  a.  götter,  beiden  und  Wieland. 

GOTTER,  gedichte  1787  ff.  nach  der  schöneren  ausgäbe  mit 
erweitertem  salz,  während  noch  eine  sonst  übereinstimmende 
engeren  hat  und  darum  in  den  Seitenzahlen  abweicht. 

götter,  beiden  und  Wieland  1774. 

GOTTHARD,  Geo.,  Zerstörung  Trojas.   Solothurn  1598. 

GOTTflELF,  Jer.  (Bitzius):  bilder  und  sagen  aus  der  Schweiz. 
1 — 5.  Soloth.  1842—44;  erzählungen  und  bilder  aus  dem 
Volksleben  der  Schweiz.  1 — 4.  Berlin  1850 — 53;  Uli  der 
knecht  und  der  pächter.  1850 ;  die  käserei  in  der  Veh- 
freude.  Berl.  1850 ;  erlebnisse  eines  Schuldenbauers.  Berl. 
1854. 

GOTTSCHED,  das  neueste  aus  der  anmutigen  gelehrsamkeit; 
Vorrat  zur  gesch.  der  dramat.  dichtkunst.   Leipz.  1757. 

GÖTZ  von  Berlichingen,  lebensbeschreibung  herausg.  von  Ve- 
RONOs  Frank  von  Steigerwald  (d.  i.  Geo.  Job.  Pistorius). 
Nürnb.  1731 ;  lebensgesch.  aus  Urkunden  und  handschriften. 
(Marburg)  1810  {scheint  schon  1790  gedruckt);  die  haupt- 
mannschaft des  Götz  von  B.  im  bauernkriege  von  1525,  nach 
ungedruckten  acten.  herausg.  von  Heinr.  Zöpfl.  Heidelb. 
1850.   4. 

GÖTZ,  Job.  Nie,  vermischte  gedichte,  herausg.  von  Ramler. 
Mannheim  1785. 

GRABBE,  scherz,  satire,  ironie,  ein  lustpiel,  in  seinen  dra- 
matischen dichtungen.    Frankf.  1827. 

GREFF,  Joach.,  Lazarus.  Wittenb.  1545.  vgl.  Kochs  comp.  1,  265. 

grillenvertreiber,  s.  Witzenbürger. 

GKOB,  Job.  Heinr.,  lobspruch  der  schützen.  Zürich  1602  und 
wiederholt  bei  Haupt  3,  240. 

GROB,  Job.,  dichterische  versuchgabe.  Basel  1678,  unter  dem 
namen  Reinholds  von  Freienthal  poetisches  spazierwäld- 
lein.    das.  1700. 

grobianer,  s.  Scherfer. 

grobianus,  s.  Scheit  und  Hellbach. 

groszm.  groszmutter,  s.  Fischart. 

GROTH,  Klaus,  quickborn.    Hamb.  1853. 

Grüningen  bei  Gieszen,  zinsbuch  der  pfarrkirche  daselbst,  von 
1471. 

GRYPHIUS,  Andr.,  teutsche  gedichte.  Breslau  1698,  aus  wel- 
chem druck  auch  einzelne  stücke  angeführt  sind;  einigemal 
die  ältere  ausg.    Leipz.  1663. 

GRYPHIUS,  Christ,  wird  wenig  gebraucht,  z.  b.  sp.  99. 

GRYSE,  Nie,  spegei  des  antichristischen  pawesdoms  und  lu- 
therischen chiistendoms.    Rostock  1593.  4. 

GÜNTHER,  Job.  Christ,  gedichte.  Breslau  1735. 

GÜTTEL,  Casp.  von  der  evangelischen  warheit.  Zwickau  1523. 

GUTSLAF,  Job.  von  der  beilig  genanten  bäche  Wölihanda. 
Dorpt  1644. 

GUTZKOW,  ritter  vom  geiste. 

HAGEDORN,  sämmtliche  poetische  werke,  th.  1 — 3.  Hamb.  1757. 

HAHN,  Simon  PYiedr.,  vollständige  einleitung  zu  der  teut- 
schen  Staats-,  kaiser-  und  reichshistorie.  4  theile.  Halle  1721. 

HAHN,  Ludw.  Phil.,  der  aufruhr  zu  Pisa.    Ulm  1776. 

HALBSUTER,  Verfasser  des  Sempacher  liedes. 

HALLER,  Albr.  versuch  schweizerischer  gedichte.  vierte  aufl. 
Göttingen  1748  ;  Usong.  Bern  1771. 

halsgerichtsordnung  Carl  des  5.    Mainz  1533. 

HAMANNS  werke,  ausg.  von  Roth  in  8  bänden.  Berlin  1821  f. 

HANMANNS  anmerkungen  zu  Opitz  buch  von  der  deutschen 
poeterei.   Breslau  bei  Fellgibel. 

HAPPELS,  Eberh.  Werner,  academischer  roman.  Ulm  1690. 

Harnisch  aus  Fleckenland,  d.  i.  don  Kichote  de  la  Manizscha. 
aus  dem  spanischen  ins  hocbteutsche  versetzt  durch  Pahsch 
Basteln  von  der  Sohle.  Hofgeismar  gedr.  bei  Salom.  Scha- 
dewitz 1648.  12.     enthält  auf  307  seilen  nur  22  capilel. 

HARSDÖRFER,  Geo.  Phil.,  frauenzimmer  gesprächspiele.  Nürnb. 
1641,  vgl.  Kochs  comp.  2,  96;  Schauplatz  jämmerlicher  mord- 
geschicbte.   Nürnb.  1648.  Hamb.  1062. 

IIARTLIEB,  buch  aller  verboten  kunst,  von  1455.  s.  deutsche 
mylholngie  erste  ausg.  anhang    s.  LVlll. 

HARTMASN,  Andr.  comoedia.  Magdeb.  1600. 

HARTMANN,  Geo.  Ludw.  fluclispiegel.    Nürnb.  1672. 

HASELBERG,  Job.  ein  gegncr  Luthers,  um  1533.  Jöcher 
nennt  ihn  Hasenberg. 

HAUPT  bedeutet  die  Zeitschrift  für  deutsches  alterthuiii. 

HAVERLAND,  Gerb.,  der  Soester  Daniel,  ein  Spottgedicht  ge- 
gen  die    reformation,    herausgcg.   von   L.  F.  von  Schmitz. 


LXXVII 


NHD.  QUELLENVERZEICIOIS. 


LIXVIII 


Soest  1848,  dem  aber  unbekannt  blieb,  dasz  schon  ein  al- 
ter druck  t'on  1339  vorhanden  trar. 

HAYNECCIUS,  Marl.,  drei  newe  schöne  comoedien.  1.  Alman- 
sor,  der  kinder  schulspiegel,  2.  captivi,  der  gefangenen 
leute  trew.  3.  Hansoframea,  Hans  Pfriem  oder  raeister 
Kecks,  jetzo  aus  dem  latein  verdeutscht.  Leipz.  1582.  vgl. 
Koch  1,  266. 

hebamme,  s.  Ettser. 

HEBELS  aliemannische  gediehte.  Aarau  1S20  und  1842 ;  schatz- 
kästlein  des  rheinischen  hausfreundes.  Stuttg.  1811,  einige- 
mal auch  hausfreund  cilierl;   werke.  Carisruhe  1S38  f. 

HEDIO,  Casp.  chronicon  germanicum,  d.  i.  beschreibung  der 
alten  christl.  tirchen.  Straszb.  1532 ;  auserlesene  chronik. 
Straszb.  1539  fol. ;  Egesippus  tcutsch.    Straszb.  1532. 

HEGNER,  Ulr.  die  molkenkur.  3  bände.  Zürich  1819 ;  Schrif- 
ten.   Berlin  1828  f. 

HELNE,  Heinrich :  buch  derlieder.  8.  auQ.  Hamb.  1851;  gediehte. 
Beri.  1822 ;    Atta  Troll.    Hamb.  1847. 

HEINRICH  JULIUS   herzog  von  Braunschweig:   Susanna.    s. 

HlBELDEHA. 

HEINSE,  Wilh.,    Ardinghello.    Lemgo  1794;    briefe  zwischen 

Gleim  und  Heisse.  2  bände.    Zürich  1806. 
HELBER,  Sebasl.  sylbenbüchlein.  Freiburg  im  üchtland  1593. 
Heli,  tragödie.    Nürnberg  1548  {nicht  1541,  wie  sp.  1220  steht). 

vgl.  Gottscheds  vorrat  2,  208. 
HELLBACH,  Wendel,  grobianus  und  grobiana.  1572.  vgl.  Ger- 

viscs  3,  153. 
HELVICUS,    Christoph,  jüdische  historien.    2  theile.    Gieszen 

1611.  1612. 
HENKE,  öffentliches  recht  der  eidgenosscnschaft.  Aarau  1824. 
HERDERS  sämmtliche  werke.    Tüb.  1805  ff.;  briefe  an  Carol. 

Flachsland  im  3.  theile  von  Herders  lebensbild.  Erlangen  1846. 
JIERMES,   Job.   Timoth. ,    Sophiens  reise   von   Memel   nach 

Sachsen.    3.  ausg.    Leipz.  1778. 
HERP,  Petr.,  annaies  dominicanorum  francofurtensium  usque 

ad  a.  1500,  in  Sexkenbergs  sei.  2.  33  ff. 
HERR,   .Mich.  Verdeutschung  des  ackenverkes  Lncü  Columel- 

lae.    Straszb.  1538  fol. 
HERTWIG,  Christoph,  bergbuch,  zweite  aufl.  Dresden  1734  fol. 
HEUFLER,    R.    L.   von,   botanischer  beitrag  zum   deutschen 

Sprachschatz.   Wien  1852. 
HEUPOLD,  Bemh.,  Plautus  redivivus.    Augsb.  1628. 
HEYNES  briefe  an  Joh.  Müller  im  zweiten  th.  der  briefe  an 

M.    SchaflTiausen  1839  f. 
HlBELDEHA,    tragica   comoedia  von  der  Susanna.    Wolfenb. 

1393.     der  name  ist  aus  den  anlaiUen  folgender  lat.  Wörter 

lu  verslehn :  Heinricus  lulius  ßrunsvigae  Et  Luneburgi  Dux 

Episcopus  HAlberstadensis.     ebenso    legt   sich    der  hernach 

unter  Vi\c.  Ladislacs  angeßhrte  name  Hidbelepihal  aus  H. 

lulius  dux  Br.  et.  L.  cpisc.  halberst. 
HIPPEL,   Theod.  Goltl.  von,   lebensläufe   nach   aufsteigender 

linie.  Berl.  1778 — 81;  über  die  ehe.    Berl.  1774. 
HIRZEL,  Heinr.,  Eugenias  briefe.    dritte  aufl.    Zürich  1819  f. 
HOFFMANN  von  Fallersleben:  schlesische  Volkslieder.  Leipz. 

1842 ;    die   deutschen    gesellschaftslieder  des  16  und  17  jh. 

Leipz.  1844. 
HOFMANNSWALDAÜ,  gediehte.    Leipz.  1695,   es  werde»  aber 

besonders  angeführt  der  gelreue    Schäfer,    sterbende  Socra- 

tes,  hochzeitsgedichte  und  die  heldenbriefe. 
HOHRERG,    Wolfg.  Helmhard  von»  das   adeliche   land-   und 

feldlelien.    Nümb.  1716.  3  th.  in  fol. 
HOLBERGS  dünische  Schaubühne  ins  deutsche  übersetzt  174J 

— 1755  in  5  bänden. 
HOLL,  Friedr.,  Wörterbuch  deutscher  pflanzennamen.    Erfurt 

1833. 
HÖLTY,  gediehte.  WeiszenfeJs  1814. 
HÖNIGER,    Nie.  von    Tauber   Künigshofen,    weltspiegel    oder 

narrenschif.    Basel  1574  und  jetzt   wiederholt   in  Scheibles 

klosler  1,  229  ff.     eine   bearbeilung   des  lat.  texles  von  Kei- 

sersbercs  prediqlen  über  das  narrenschif. 
HOPPFNROD,  Andr.,  hurenteufel.  Eisl.  15t;5. 
HOTTINGFR,  Joh.  Heinr.,  speculum  helveticotigurinum. 
HUFELAND.  Christ.  Wilh.,  kleine  Schriften;    makrobiotik. 
HUtJO,    Gust.,   heuL  röm.  recht.    1826;   lit.  geschichle  1830; 

naturrecht  1819. 
Hugo  Grotius,  s.  Opitz. 
Hugoschapicr.  Straszb.  1337. 
HU.MBOLDT,  Alex,  ansichten  der  natur.  Stuttg.  1849;  kosmos. 


HUMBOLDT,  Wilh.  Kawisprache;  briefe  an  eine  flreandin. 
HUNOLD,  s.  Mexaxtes. 

HUTTENS  werke,  ausgäbe  von  MCxch.    Berl.  1821  f. 
ICKELSAMER,  Val.,  teutsche  grammalica.   Nürnb.  1537. 
IMMERMANN,  Kari,  Cardenio  und  Gelinde.  Bert.  1826;  Münch- 

hausen.  Düsseid.  1838 ;    Schriften.    Düsseid.  1835  ff. 
Irrgarten:    der  im   Irrgarten  der  liebe  herumtaumelnde  cava- 

lier.    WarnungssfadU  1763  {früher  1740).    vom  Verfasser  der 

Felsenburg. 
JACOB,  N.,  Unterricht  von  den  bienen.  1568. 
JACOBI.  Friedr.  Heinr.,  Woldemar.   1779. 
JACOBI,  Joh.  Geo.  Iris.    Düsseid.  1774  ff. ;  alleriei.  1777. 
J.\GER,  Cari,  Ulm  im  mittelalter.    Stuttg.  1831. 
JEAN  PAUL,  sämmtliche  Schriften  nach  der  ausg<ü>e  BerUaiSiBL 
Job.  Zürich  0.  j.   {um  1545 — 50). 
JÖCHER,  gelehrtenlexicon.    Leipzig  1750. 
Johannes  der  täufer,  tragödia,  gespielt  zu  Solothum,  gedruckt 

zu  Bern  1549.  12. 
Jucundi  Jucundissimi  wunderliche    lebensbeschreibung  o.  o. 

1680.   8. 
Julius  von  Tarent,  s.  Leisewitz. 
K.  d.  f.  =  kriegbüchlein  des  frides.   s.  Seb.  Fra.xi  und  Werx- 

STREIT. 

KALTENBÄCK,  J.  P.  die  pan  -  und  bergtaidingbücher  in  Öster- 
reich unter  der  Enns.    Wien  1846. 

kammergerichtsordnung  von  1523. 

neumürkische  kammergerichtsordnung  von  1646. 

kammerordnung,  preuszische  von  1648. 

KANTS  werke  werden  angeführt  nach  der  von  Hartexsteix 
besorgten  ausgäbe  in  10  bänden,  Leipzig  1838.  1839,  und  nur 
selten  nach  andern,  alsdann  angegebnen,  z.  b.  spalte  374. 
1036  die  rechtslehre  nach  der  von  1798. 

Karl  V.,  Staatspapiere  zur  geschichte  dieses  kaisers,  mitge- 
theilt  von  Karl  Laxz.  Stuttg.  1845;  actenstücke  und  briefe 
zur  geschichte  kaiser  Karls,  mitg.  von  demselben,  tnt  er- 
sten band  der  monuni.  habsburgica.    Wien  1853. 

KARSCH,  Anna  Luisa,  auserlesene  gediehte.    Beri.  1764. 

Karsthans,  hinter  Mcrsers  lulh.  narren  ro»  Kcbz. 

KÄSTNER,  Abr.  Gotth.,  vermischte  Schriften. 

KEISERSBERG,  Geiler,  geboren  1445  zu  Schaßausen,  aber  von 
seinem  groszraler  zu  Keisersberg  im  Elsasz  erzogen  und  da- 
nach sein  lebenlang  geheiszen,  er  war  auch  zu  Freiburg  im 
Breisgau,  Basel  und  in  der  fremde,  doch  den  grüszten  Iheil  zu 
Straszburg,  wo  er  1510  starb,  seine  zahlreichen  predigten 
sind  selten  zu  finden,  unbequem  zu  lesen  und  schwer  an- 
zuführen, längst  bedürfen  sie  eines  kritischen  herausgebers, 
würden  aber  vier  oder  ßnf  starke  quartanten  ßllen.  er 
soll  viele  selbst,  bevor  er  sie  hielt,  niedergeschrieben  haben, 
andere  wurden  mündlich  aufgenommen  {von  seinem  munde 
abgeschrieben)  von  Jacob  Otther  aus  Speier,  von  seinem 
neffen  Peter  Wicirax  {nicht  zu  vermengen  mit  Jörg  Wick- 
BA«),  Heinrich  Weszmer,  einer  nonne  (Scs.  Herwartin) 
und  dem  bekannten  Joh.  Pauli,  der  selbst  sprachgewallig 
vor  allen  zu  lebendigster  aufzeichnung  geeignet  war.  Wici- 
rax schilt  zwar  auf  ihn  {die  stelle  ist  bei  Panzer  5.  400 
ausgehoben) ,  aber  sicher  parteiisch.  Dieser  grosze  vorrat 
müste  auch  für  die  spräche  gesichtet  und  möglichst  ermit- 
telt werden,  was  der  rollen  eigenheit  des  predigers  gehört 
oder  den  herausgebem.  für  unser  Wörterbuch  konnte  erst  an- 
gehoben werden  zu  lesen,  gleichsam  zu  naschen,  nur  der  ehr. 
bilger  und  die  Sünden  des  munds  irurden  voll  gebraucht ;  zum 
Verständnis  der  ausiüge,  will  ich  hier  den  inhalt  der  Schrif- 
ten angeben,  die  ich  jetzt  besitze,  aus  Oberlins  abhandlung 
{Straszb.  1786),  Panzers  annalen  und  Axxons  schriß  {Er- 
langen 1826)  jind  ergänzungen  zu  schöpfen.  I.  vom  berg  des 
schauenden  lebens,  cbristenbilger,  geistl.  merkten,  siben  esel- 
hcften,  dreierlei  bildnem,  mucken  des  mundes,  vom  Zacheus- 
bauni.  Straszb.  1508.  156  hlütter  fol.  II.  granatapfel,  worin 
der  anhabende,  aufnemcnde  und  vollkommne  mensch,  aus- 
gang  der  kinder  Israel,  die  geistliche  Spinnerin  (odfrgunkel), 

'  der  bas  im  pfeffer,  sieben  Schwerter  und  scheiden,  troslspie- 
gel.  Augsb.  1510,  die  biälter  ungezählt,  wiederholt  Straszb. 
1511.  IIL  buch  genannt  der  seelen  paradis :  von  der  waren 
liebe,  gedull,  amiüt,  küscheit,  gerechtikeit,  meszikeit,  mit- 
leiden, friden.barmherzikeil.  Straszb.  1510  durch  OrrJtER.  231 
bl.  fol.  IV.  christriilich  bilger  {ausführlicher  als  in  I(,  hcr- 
ausg.  von  Otther.  Basel  1512.  228  bl.  V.  die  emeis,  dis  ist  das 
buch   von  der  omeiszen,   von   dem  wüetiscben  beer,   von 


LXXEX 


NHD.  QUELLENVERZEICHNIS. 


LXXX 


dem  gespenst,  von  unholden,  vom  Weihwasser,  von  hexen ; 
herr  der  küng  ich  diente  gern,  durch  Jon.  Pauli.  Straszb. 

1516.  VI.  die  brösamiin  ufgelesen  durch  frater  Jon.  Pauli  : 
15  staffeln,  der  geistliche,  weltliche,  helhsche  löwe,  von 
kaufleuten,  des  wannenkremers  kaufmannsschatz.    Straszb. 

1517.  Uü  bl.  fol.,  worauf  viit  frischer  seücnzahl  nochmals 
brösamiin:  von  blättern  im  mund,  vom  weihbruch,  von 
kirchweihen,  vom  erleiden  der  weit,  vom  geistl.  gebüw,  von 
der  liebin  gottes,  von  dem  aplasz,  von  üppiger  eer,  von 
den  vierden  knöpfelin,  von  demfil,  von  des  tiifels  müsfallen. 
Straszb.  1517.  92  bl.  fol.     Vll.  bäum  der  Seligkeit.  Straszb. 

1518.  40  bl.  fol.  VIII.  das  buch  der  sünden  des  munds. 
Straszb.  1518  fol.  IX.  ostertagspredigen :  von  der  drei 
Marien  Salbung,  von  den  mucken  die  salb  verderben,  von 
dem  senfkörnlin,  fruchte  der  penitenz.  Straszb.  1520.  CO 
bl.  fol.  die  folgenden  waren  mir  nicht  selbst  zur  hand: 
X.  paternoster,  uszlegung  über  das  gebette  des  herrn. 
Straszb.  1515.  XI.  schif  der  penitenz  und  buszwürkung. 
Augsb.  1514.  XII.  das  irrig  schafe,  der  heilisch  lew,  krist- 
liche  kungin,  der  dreieckicht  Spiegel,  der  eschengrüdel,  das 
klappermaul,  der  trostspiegel.  Straszb.  1514.  XIII.  Kei- 
SEnsDERCS  predigen  über  Brants  narrenschif  gab  Otther  15U 
lateinisch,  dann  Pauli  1520  deutsch  heraus.  Scheible  hat 
sie  bei  Hünigers  narrensch.  eingeschaltet.  XIV.  postiil. 
Straszb.  1522.  4  theile,  die  Wackernagels  lesebuch  III,  l. 
s.  51  näher  angibt,  wo  man  überhaupt  sp.  5 — 68  schöne  stel- 
len ausgehoben  findet. 

KIND,  Friedr.,  gedichte. 

KINDLINGER,  münsterische  beitrage.  Münster  1787. 

KIRCHHOF,  Hans  Wilh.,  wendunmut.  Frankf.  1581,  einigemal 

auch  nach  der  älteren  ausg.  von  1565 ;    militaris  disciplina. 

Frankf.  1602. 
KIRCHHOFER,  schweizerische  sprüchwörter.    Zürich.  1824. 
KLEIST,  Chr.  Ew.  von,    gedichte.   Beil.  1756.     einigemal  aus 

andern  ausg.   angeführt. 
KLEIST,   Heinr.  von,   Käthchen  von  Heilbronn.    1811;    erzäh- 

lungen.    1810.  11. 
KLINGERS  werke.  Königsberger  ausg.  bd.  1.  2.  3.  4.  6  1815. 

bd.  5.  7.  10  1816.  bd.  8.  9.  11.  12  1809 ;  theater.  Riga  1786. 

87.  4  bände. 
KLOPSTOCKS  sämtliche  werke.   Leipzig  1823.  12  bände. 
KLÜPFELS  Urkunden   zur  geschichte  des  schwäbischen  bun- 

des  (1488 — 1533).    2  bände.    Stutig.  1846.  1853. 
KNITTEL,  Chr.,  kurzgedichte.    Frankf.  a.  Oder  1674 ;  poetische 

Sinnenfrüchte.    Colberg  1677. 
KOHLROSZ,  Job.,  ein  schön  spiel  von  fünferlei  betrachtnus- 

sen.    Basel  1532.  4. 
KÖLGES,  weinbaukunde.   Frankf.  1848. 
KONGEHL,  Mich.,  lorbeerhain.    Königsb.  1700. 
KÖNIGSHOVEN,    Jac.   von,    elsaszische   und   straszburgische 

chronike,  herausg.  von  Jon.  Schilter.    Straszb.  1698.  4. 
KOPISCH,  Aug.  gedichte.   Berl.  1836. 
KOSEGARTEN,  Ludw.  Theob.,  gedichte. 
KRENNER,  Franz  von,   baierische  landtagshandlungen  in  den 

j.  1429—1513.  München  1S03  ff.  18  bändchen, 
kriegsbuch  des  friedens.    s.  VVernstreit. 
kuchenmeisterei,  o.  j.  u.  o.,  vier  bogen  in  8. 
LACOMBLET,  Theod.  Jos.   archiv   für  geschichte  des  Nieder- 
rheins.  Düsseid.  1832. 
Ladislaus,    com.  von  Hidbelepihal.    Magdeh.  o.  j.    vgl.  Gott- 
scheds vorr.  s.  126  und  Koch  1,  267,  wo  noch  andere  stücke 

desselben  Heinrich  Julius  angeführt  sind.    s.  oben  Hibeldeha. 
LANDAU,  Georg,  die  rittergesellschaften  in  Hessen.  Cassel  1840. 
landfriede  von  1512.  1521.  1522. 
LANGE,  F.,  Übersetzung  Herodols.   Berl.  1811  f. 
LANZ,  s.  Karl  V. 
LAPPENBERG,    J.  M.,    rcliquien  der  fräulein  Susanna  Calh. 

von  Kleltenbcrg.    Hamb.  1849 ;   urkundliche   geschichte  des 

hansischen  stahlhofcs  zu  London.    Hamb.  1851.  4. 
LALRENItERG,  Pelr.,  accrra  philologica. 
LALTERBECKS  Verdeutschung  von  Melanchthons  dcciam.  von 

kaiser  Friedrich.    F"rankf.  1563. 
LAVATERS  physiogn.  fraguicnle.    Leipzig  1775  f. 
LEHMANN,   Christoph.,   eriiowertcr  politisciier  bluinengartcn. 

Frankf.  1640.  12* ;  chronica  der  filadt  Speier.  Frankf.  1698  foU 
LEIBNITZ,  deutsche  Schriften,    herausg.  von  G.  E.  Guhrauer. 

zwei  bände  1838.  1840;    gedichte,  in  Pertz  L.  gesainmeltc 

werke,  bd.  4.  Hannover  1847. 


Leipziger  avanturier,    s.  avanturier. 

Leipziger  Stadtordnungen  1544. 

LEISEWITZ,  Ant.,  Julius  von  Tarent.  Leipz.  1776 ;  poetische 
gcspräche;  briefe;  über  Lessings  tod  in  seinen  Schriften. 
Braunschweig  1838. 

LENAU,  Nie.  Niembsch  von  Slrehlenau :  gedichte.  Sluttg.  1832  ; 
neuere.  1838;    Faust.  1S36. 

LENZ,  Schriften,  herausg.  von  Tieck.   Berlin  1828  f. 

LEON,  Joh.,  Offenbarung  des  messias.    1553. 

LESSINGS  sämtliche  Schriften,  herausg.  von  Lachxann.  Berl. 
1838 — 40  in  13  bänden. 

LICHTENBERG,  Geo.  Christ.,  vermischte  Schriften.  Göttingen 
1S44  ff.  in  8  bänden. 

LICHTWER,  Magn.  Gottfr.,  vier  bücher  äsopischer  fabeln. 
Leipz.  1748. 

Limburger  chronik,  zuerst  im  j.  1017  durch  Jon.  Friedr.  Faust 
von  Aschaffenburg  herausgegeben,  darin  Wetzlar  1720. 

LISCH,  meklenburgische  Jahrbücher.  Schwerin  1836  ff.  bis 
jetzt  18  bände. 

LISCOV,  Christian  Ludw.,  samlung  satyrischer  und  ernsthaf- 
ter Schriften.  Frankf.  und  Leipz.  1739.    vgl.  Lisch  10,  97 — 179. 

LIVIUS.  da  die  älteren  Verdeutschungen  von  Carbach  und  Mi- 
cvLL  nicht  benutzt  werden  konnten,  bot  sich  die  von  Zacii. 
Müntzer  dar,  welche  zuerst  bei  Rihel  und  Emmel.  Straszb. 
1562  und  hernach  öfter  erschien,  das  verfahren  des  aus- 
ziehenden, sie  immer  als  'Rihel  Livius'  anzuführen,  blieb, 
richtiger  stände  Livius  bei  Rihel  oder  Müntzers  Livius. 

lob  und  dank  abc.    s.  unter  abc. 

LOBWASSER,  Ambr.  bewerte  hymni  patrum.  Leipzig  1579. 

LOGAU,  Friedr.  von:  Salomons  von  Golaw  deutscher  sinn- 
getichte  drei  tausend.  Breslau  (1054).  das  andere  und  dritte 
tausend  haben  zugaben,  der  von  Bamler  und  Lessing  Leipz. 
1759  zugestutzte  auszug  konnte  hier  nicht  dienen. 

LOHENSTEIN,  Dan.  Casp.  von,  seine  trauerspiclc  Cleopatra, 
Epicharis,  Agrippina,  beide  Ibrahim,  Sophonisbe  konnten 
genau  nach  versen  citiert  werden;  Iraner  und  lustgedichte. 
Berl.  1680;  geistl.  und  weltl.  ged.  Leipz.  1733;  bluinen. 
Bresl.  1689;  Arminius.  Leipz.  1689  in  zwei  starken,  über 
3000  seilen  enthaltenden  quartanten,  die  Leipz.  1731  in  vier 
bänden  neu  aufgelegt  wurden,  vgl.  W.  Ä.  Passow  über  Lo- 
henstein.   Meiningen  1852. 

Loher.  Straszb.  1514.  Panzer  suppl.  s.  129.  später  von  Friedr. 
Schlegel,  der  dieses  alten  drucks  keine  künde  halle,  aus 
einer  hs.  unter  dem  titel  Lotlier  und  Maller.  Frankf.  1805 
herausgegeben. 

LOKMANS  fabeln,    s.  Olearius. 

LONICERUS,  Adam,  kreuterbuch.  Frankf.  1578.  1593. 1009  fol. 
er  hatte  aber  schon  1540  des  Euch.  Röslein  botanicon  und 
1555  ein  onomasticon  plantarum  herausgegeben,  worin  manche 
seltne  deutsche  namen  verzeichnet  stehn. 

LONICERUS,  gewöhnlich  Tcucer  Annaeus  Lonicerus  Privatus 
genannt,  Adams  söhn,  arzt  und  dichter  (vgl.  Strieder  8, 
87.  88.  91),  verdeutschte  des  Remigius  dacmonologia,  d.  i. 
von  unholden  und  zaubergeisten.  Frankf.  1598. 

LORl,  geschichte  des  Lechrains. 

LORICH,  Gcrh.  schrieb  auslegungen  zu  Wickrams  Ovid,  die 
schon  in  der  Mainzer  ausg.  von  1545  fol.  gedr.  und  in  den 
späteren  wiederholt  sind. 

Lotte  bei  Werthers  grab,   elcgie.  1775  {sp.  908). 

Ludwig  der  heil,  von  Thüringen  von  Frieorich  Ködiz  von  Sal- 
feld,  herausg.  von  Heinbich  Rückert.    Leipz.  1851 

Luise,  s,  Voss. 

LÜNZEL,  Hermann  Adolf,  die  Hildeshcimcr  Stiftsfehde  {im  j. 
1518—23).    Hildesheim  1846. 

LUTHERS  bibel  nach  Bindseils  unvollendeter  ausg.,  die  den  lext 
von  1545  unterlegt  und  frühere  drucke  vergleicht,  die  deutschen 
schiißen  nach  der  Jenaer  ausgäbe,  und  zwar  th.  1  von  1564.  2, 
1,563.  3,  1565.  4,  1566.  5,  1575.  0,  1578.  7,  15S1.  8,  156S. 
die  einzelnen  abhandlungen  aus  den  älteren  drucken  zu  ent- 
nehmen, hätte  zwar  zum  echteren  lext  geleitet,  aber  die  ci- 
tate  verworren  und  weitläußig  gemacht,  geschweige  dasz  sie 
selten,  zerstreut  sind  und  kaum  zu  erlangen  gewesen  wären, 
wer  gelcgenhcit  und  den  willen  hat,  diese  einzelabdrücke 
genau  zu  lesen,  wird  manche  beute  auch  ßr  die  spräche  da- 
von tragen,  hin  und  wieder  sind  sie  bereits  zugezogen, 
z.  b.  spalte  508,  1131  und  1751.  die  Iniefo  nach  he  Wette. 
Berl.  1825 — 28  in  5  bänden,  die  tischreden  nach  Aurika- 
BER,  Frankf.  1568  und  1571  fol.,   meist  in  der  letzten  ausg. 


LXIXI 


NHD.  QUELLENVERZEICHNIS. 


Lixxn 


LYCOSTHENES  PSELLIONOROS,  d.  i.  Wolfhart  Spangen- 
berg, anmutiger  Weisheit  lustgarten,  nach  Mabtisüs  Mylics 
hortus  pbilosophicus.  Straszb.  1621. 

MAALER,  s.  oben  sp.  xxi. 

Magdeburger  weisthQmer  $.  Necmaxx. 

mägdelob  oder  der  dienstmägde  Unschuld,    o.  o.  16SS. 

Magelone,  verdeutscht  durch  Veit  Wabbeci.  Augsb.  1536.  s. 
Spalatix. 

Mainbinkels  sack,  flieg,  blalt  des  17  jh.  {spalte  1169.) 

MAJOR,  Elias,  gekrönter  poet  zu  Breslau,  f  1662:  poemata 
{sp.  1267). 

mann,  der  arme  im  Tockenbui^,  s.  Bräker. 

MAiNL'EL,  Hans  Rud.,  fastnachtspiel,  darin  der  edel  win  von 
der  trunkenen  rott  beklagt,  von  räblüten  geschirmbt  und 
von  richtern  ledig  gesprochen  wirt.    Zürch  1548  (sp.  230). 

MANUEL,  iNiklas,  fastnacbtspiele,  nach  handschhften  und  der 
ausg.  von  1540  neu  abgedruckt.    Bern  1S36. 

Mariae  wunderzeichen.  Regensb.  1522,  wieder  abg.  bei  Scheible. 

MASCOü,  Job.  Jac,  geschiebte  der  Teulschen.  Leipzig  1726. 
2  bände  4. 

MATH,  ohne  beisalz  meint  des  Job.  MATHESIÜS  Sarepta  oder 
bergpostilla.  Nürmberg  1587 ;  fünfzehn  hochzeitpredigten. 
Nürnb.  1563  {sp.  1128) ;  historien  von  des  theuren  mannes 
gottes,  D.  Martin  Luthers  anfang,  lehre,  leben  und  ster- 
ben. Nürnb.  1592  {vorher  1570?  1576.  15S0.  15S3  und  nach- 
her 1600).  es  sind  aber  noch  andere  seiner  predigten  un- 
gelesen  und  unausgezogen. 

maulaffe,  s.  EmcER  und  Riexeb.  ohne  beisatz  ist  unter  maul- 
affe  der  politische  gemeint,  und  sp.  1518  ped.  verschrieben 
für  med. 

MAL'RER,  Jos.,  mannenspiegel  {sp.  698). 

MALßICiUS,  Georg,  comödia  von  den  weisen  aus  morgen- 
lande. Leipz.  1606;  von  Walther  von  Salemo.  das.  s. 
GorrscHEDS  vorrat  l,  159. 160. 

MEIER,  Ernst,  deutsche  kinderreime  und  kinderspiele  aas 
Schwaben.  Tüb.  1851 ;  deutsche  sagen,  Sitten  und  gebrauche. 
Stuttg.  1852. 

Meinauer  naturlehre,  herausg.  von  Wilh.  Wackebnagel.  Stuttg. 
1851. 

MELANCHTHONS  werke,  herausg.  von  Bretschseider;  au- 
szerdem  ist  oß  gebraucht  das  corpus  doctrinae  christ.,  d.  i. 
ganze  summa  der  rechten  waren  christl.  lehr.  Lips.  1560 
fol. ;  dann  einzelne,  meist  von  andern  aus  dem  latein  über- 
tragne abhandlungen ;  kurzer  begrif  der  christ.  leer.  o.  o. 
1524;  vorrede  zur  Augsb.  confession;  hauptartikel  der  heil, 
sehr.  0.  ;.  u.  o.;  wider  die  bauerscbaft.  o.  j.  u.  o.;  anno- 
taU  zum  brief  an  die  Römer,  o.  j.  u.  o. ;  zu  den  briefen 
an  die  Corintbier  1524;  rede  von  herzog  Ernsten,  deutsch 
von  Lacterbeck.  Frankf.  1563;  declam.  von  k.  Fridrich, 
von  Lauterbeck;  declam.  von  Sigismund;  anweisung  in 
die  heil,  schriff.  deutsch  von  Spalati.'*.  Augsb.  1523;  anzei- 
gung  in  etliche  capitel  Moses.  1523;  sendbrief  an  einen 
kartheuser.  Wittenb.  1524;  Daniel  übers,  von  Johas.  Wit- 
tenb.  1546;  vergleicbung  in  der  rel.  von  Jonas;  wider  die 
widerteufer,  von  Jo:«as.  Wittenb.  1528;  bedenken  aufs  in- 
terim.  1548;  trostschrift  für  alle  betrübte  herzen,  übers, 
von  Vrrus  Dietherich.  1545;  von  des  bapsten  gewalt,  von 
DiETHERicB.  1541;  vom  streit  des  h.  nachtmals.  Regensb. 
1560 ;  briefe  an  Albrecht  herzog  von  Preuszen,  herausg.  von 
Karl  Fabeb.  Königsb.  1817 ;  leben  Luthers  übers,  von  Rit- 
ter 1561. 

MELANDER,  Otto  und  Dionjrsius,  jocoseria,  öfter  aufgelegt. 

MELISSUS.  Paul,  d.  i.  SCHEDE:  di  psalmen  Davids  in  teu- 
tische  gesangreimen  nach  französischer  melodeien  unt  syl- 
ben  art.  Heidelb.  1572.  8.  mit  einer  neuerfundnen  punctier- 
ten  und  accentuierlen  Schreibung. 

MELISSUS,  die  galante  und  liebenswürdige  Salinde  oder  aca- 
demischer  liebesroman.  Frankf.  und  Leipz.  1718  und  1744. 
vgl.  Koch  2,  266. 

MENA.MES,  d.  i.  Christ.  Friedr.  HUNOLD :  auaerlesene  ge- 
dichte.    Halle  1718 — 20.    3  bände. 

MENDELSOHNS  Pbädon. 

Meraner  stadtrecht,  gedr.  bei  Bmipt  6,  413. 

MERCKS  briefsamlung.  3  bände.  Dannst.  1835  und  38  und 
Leipz.  1847. 

MESSERSCHMID,  G.  F.  von  des  esels  adel.  Straszb.  1617; 
spilal  der  narren.    Straszb.  1618. 

MEUBEH,  Noa,  ja«d  und  forstrecbt.  Frankf.  1576  fol.,  »o  tick 


p.  71' — 75'  finden:  alte  lustige  weidgescbrei,  Sprüche  und 
jägerische  dialogi  durch  weiland  kaiser  Friedrich  IIL  forst- 
meister  beschrieben,    danach  bei  Sebiz  s.  565. 

MEüSELS  geschichtforscher. 

MEYERN,  Wilh.  Friedr.,  Dya  Na  Sore,  ein  roman.  Wien  «87. 
Leipz.  ISOO. 

MICHAELIS,  Job.  Benj.,  einzelne  gedichte.  Leipz.  1789;  poe- 
tische werke.  Wien  1791. 

MICHELSEN,  A.  L.  J.,  der  Mainzer  hof  zu  Erfurt.  Jena  1853. 

MICRÄLIUS,  altes  Pommern.    Stettin  1639. 

MICYLLUS,  Jac,  Übertragung  des  Tacitus.  Mainz  1535. 

mil.  disc.    s.  Kirchhof. 

MILICHIUS,  Lud.,  schrapteufel.    1567.  4. 

HILLER,  Job.  Marl.,  gedichte.  Ulm  17S3 ;  Siegwart  eine  klo- 
stergeschichte.    zweite  aufl.    Leipz.  1777. 

MISTWERT,  Job.,  fluchspiegel.  1674. 

MITTERNACHT,  de  spasmo  Mariae.  1722. 

MOHR,  Th.  von,  die  regesten  der  Schweiz,  eidgenossenschaft 
bd.  1.  2.    Chur  1848  ff.  4. 

MOLANDERS  parnassus.  Hamb.  1698. 

MONTANUS,  Marl.,  ander  theii  der  gartengesellscbaft.  f.  Fret; 
wegkürzer  1557. 

morgensfeil,  das  new.    15S8  {sp.  1710). 

MORHOF,  Dan.  Geo.,  teutsche  gedichte.  Lüb.  und  Frankf.  1702. 

Mörin,  s.  Herk.  vo>  Sachse.^beix. 

MORSHEI.M,  Joh.  von,  Spiegel  des  regiments  in  der  fursten 
höfen,  da  firaw  Untrewe  gewaltig  ist.  Oppenh.  1515.  Erf. 
1516.   4. 

MOSCHEROSCH  s.  Philander. 

MOSER,  Justus,  osnabr.  geschichte  {von  band  1.  2  die  zweite, 
von  bd.  3  die  erste  aufl.) ;  patriot.  phant.  {erste  ausg.) ; 
verm.  Schriften  {erste  ausg.).  es  muste  jedoch  ßr  diesen, 
nicht  hinreichend  ausgezognen  schrißsteller  auch  aus  Abekexs 
ausg.  Berl.  1842  nachgeholt  uierden. 

MOSHEIM,  Joh.  Lor.  von,  heilige  reden.  Hamb.  1725;  Sit- 
tenlehre der  heil,  schrift.    Heimst.  1735. 

MÜLLER,  Friedr.  (gen.  der  maier),  werke.  Heidelb.  1825.  3  binde. 

MÜLLER,  Heinr.,  geistliche  erquickstunden  oder  300  haus- 
und  tischandacbten. 

MULLER,  Job.,  geschichten  schweizerischer  eidgenossenschaft. 

MÜLLER,  Joh.  Joach.,  reichstagstheatrum.  Jena  1713  f. 

MÜLLEB,  Joh.  Gottw.,  Siegfried  von  Lindenberg.  Leipz.  1783 
und  1787. 

MÜLLER,  Wilh.,  gedichte.  Leipz.  1837.   2  bände. 

MÜLMANIV,  Job.  und  CbrisL,  christl.  geisel  wider  den  me- 
lancholischen trawrgeist  und  herzfresser.   Leipz.  1618.  4. 

MÜNCHHAUSENS  reisen. 

.MÜNSTER,  SebasL,  cosmographie. 

MÜNZER,  Zach.,  s.  Lwcs. 

münzordnung  von  1524. 

MUR.\LT,  Joh.  von,  eidgenössischer  lustgarten.  Zürich  1715. 

MURNER,  Thom.,  Aeneis.  Straszb.  1515 ;  vom  lutherischen  nar- 
ren, nach  der  ausg.  von  Heinr.  Kürz.  Zürich  1848,  steht 
auch  in  Scheibles  kl.  band  10;  narrenbeschwerung.  1512; 
geuchmatt.  Basel  1519;  schelmenzunft.  1512,  auch  in  Schei- 
bles kl.  band  1. 

MUS.\US,  Joh.  Carl  Aug.,  Volksmärchen  der  Deutschen.  5b9nde. 
Gotha  1804 ;  auch  nach  der  ausg.  in  Einern  bände,  Leipzig 
1842;  moralische  kinderklapper.    Gotha  1794. 

MUSCULUS,  Andr.,  bosenteufel.  Frankf.  a.  d.  Oder  1555 ;  ehe- 
teufel  1556  und  1568. 

nambuch,  s.  Conrad  von  Danirotsrein. 

nachricht  von  einer  Hildburghüuser  diebsbande.    1755.  4. 

NAMSLER,  ergieszung  der  Katzbach.  1608. 

narren :  spil  wie  man  die  narren  beschweren  sol.    o.  o.  1554 

narrenbrüter  {sp.  1044). 

narrenspital.  1682. 

NEANDER,  Mich.  (gb.  1525,  f  1595),  menschenspiegel  (1560) ; 
vom  seligen  absterben  derer  so  jung  in  der  jugend  ster- 
ben; bedenken  wie  ein  knabe  tu  leiten.  (1591);  sylloge 
locutionum ;  ethice  vetus. 

NEMNICH,  Phil.  Andr.,  allgemeines  polyglottenlexicon  der  na- 
turgeschichte.  Hamb.  1793—95.  4 ;  Wörterbücher  der  natur- 
geschichte.  Hamb.  — 1798 ;  leiicon  nosologicum  polyglot- 
ten.   Hamb.  180t  fol. 

NEUMANN,  Theod.,  Magdeburger  weisthQmer.  Görlitz  1952. 

NEUMARK,  Geo.,  poelisch  und  musikalisches  lustwäldcben. 
Hamb.  1652. 

f 


Lxxxni 


NHD.  QUELLENVERZEICHNIS. 


LXXXIV 


NIEBÜHR,  B.  G.,  römische  geschichte.  drille  ausg.  Berl.  1828 ; 
kleine  Schriften ;  leben  Carsten  Niebuhrs. 

NIGRINÜS,  Geo.,  affenspiel.  1571;  von  bruder  Johann  Nasen 
esel  0.  j.  u.  0.,  um  1570,  gegen  den  auch  von  Fischart  ge- 
geisellen  münch  Jok.  Nasus,  vgl.  Vilmar  hess.  zeihehr.  3, 215. 

Niobe.  München  1688. 

NITHART,  Hans,  übersetzte  erst  den  eunucbus,  Ulm  1486,  dann 
den  gesamten  Terenz,  Straszb.  1499,  über  beide  werke  s.  Pan- 
zer s.  164.  242,  beide  sind  in  Zukunft  genau  auszuziehen. 

notariatsordnung  von  1512. 

noth  und  hülfsbUchlein.    ausg.  6.  Gotha  und  Leipz.  1789. 

Nürnberger  reformation  von  1479. 

Nürnberger  fünferordnung. 

OBERLIN,  Jer.  Jac,  Scherzii  glossarium  germanicum  medii 
aevi.   Argent.  1781.  fol. 

ÖCHSLE,  Ferd.  Friedr.,  beitrage  zur  geschichte  des  bauern- 
krieges.    Heilbronn  1830, 

Octavian,  keiser. 

ÖFELE,  scriptores  rerum  boicarum.    Augsb.  1763. 

OKENS  bolanik. 

OLEARIÜS,  Adam,  moscovitische  und  pcrsianische  reisebe- 
schreibung  von  den  j.  1633 — 39.  zuerst  herausg.  1647. 1656. 
1663.  1671.  zuletzt  Hamb.  1696  fol.,  nach  welcher  hier  an- 
geführt wird,  folgende  Schriften  bilden  nur  einzelne  abthei- 
lungen  desselben  werks :  Saadis  pers.  baumgarten ;  pers. 
rosengarten  ;  pers.  rosenthal ;  Locmans  fabeln ;  orient.  insuln. 

ÖLRICHS,  Job.  Carl  Conr.,  das  grausame  büthener  recht  im 
lande  Lauenburg  und  Bütow.  Berl.  1792.  4. 

omeis,  s.  Keisersberg. 

OPITZ,  hier  liegt  die  fellgibelsche  ausg.  Breslau  1690  in  drei 
bänden  zum  gründe,  doch  wurde  ein  paarmal  auch  die  Am- 
sterdamer von  1646.  1645  aufgeschlagen.  Übersetzung  von 
Barclays  Argenis.  Bresl.  1626.  Amst.  1644 ;  von  Hugo  Gro- 
Tiüs  wahrh.  der  christl.  rel.  (de  waare  godsdienst).  Brieg 
1630.  einzelne  gedichte  sind  auch  wol  nach  den  versen  an- 
geführt, namentlich  Zlatna  und  (sp.  247)  das  lob  des  kriegsg. ; 
funebria  trium  Davidis  Mulleri  liberorum.  Bregael632;  buch 
von  der  deutschen  poeterei,  mit  Enoch  Hannmans  anra. 
Breslau  o.  j.   bei  Fellgibel. 

Ordnung  des  reichs  von  1512. 

Ordnung  der  termine  beim  reichskammerg.  1508. 

ORTLOFF,  Friedr.,  das  rechtsbuch  nach  distinctionen.  Jena  1836. 

OSSE,  Melch.  von,  pol.  testament.   ed.  Thomasids. 

Othello,  übersetzt  von  Heinr.  Voss  d.  j.    Jena  1806. 

ÖTTINGER,  Fr.  Chr.,  grundbegrif  des  neuen  lest.  1777;  vom 
Zusammenhang  der  glaubenslehre  mit  den  letzten  dingen. 
1779 ;    Sittenlehre.  1758. 

OVERBECK,  Chr.  Ad.,  Frizchens  lieder.    Hamb.  1781. 

OVERBECK,  Job.  Dan.,  Virgils  hirtengedichte  in  deutschen 
versen.   Heimst.  1750. 

PAMLER,  Casp.,  drei  christl.  predigten.  Leipz.  1599.  4. 

PANZER,  Geo.  Wolfg.,  annalen  der  älteren  deutschen  litera- 
tur.    Nürnb.  1788.    Zusätze.  Leipz.  1802. 

PARACELSI  opera.  1616 ;  Chirurg.  Schriften.  1618.  sp.  1616  ist 
durch  versehen  der  zu  einem  folgenden  citat  gehörige  name 
Fischarts  hinler  Paracelsus  geschoben. 

parabel  vom  verlornen  sun.    Basel  1537. 

PÄRSON,  Job.  Wilh.  von,  der  edle  hirschgerechte  jäger.  Leipz. 
1734.  fol. 

Pasquini,  des  träumenden,  staatspliantasicn.  1543. 

PAULI,  Job.,  schimpf  und  ernst,  es  ist  schwer  dieses  wich- 
tige werk  genügend  zu  citieren,  da  fast  alle  ausgaben  in 
zahl  und  folge  der  capitel  von  einander  abweichen;  Karl 
Veiths  abhandlung  {Wien  1839)  reicht  nicht  aus  und  um 
sich  zurerht  zu  finden  bedürfte  es  einer  alle  drucke  ver- 
gleichenden tafel.  hier  wurde  gebraucht  die  octavausgabe 
Frank f  1555,  welche  auf  113  blättern  456  cap.  enthält;  nicht 
selten  aber  blieb  zugezogen  die  erste  ausg.  Straszb.  1522  fol., 
worin  auf  124  blättern  629  cap.  stehn.  fehlt  der  beisalz  cap., 
so  ist  das  blatt  des  drucks  von  1555  gemeint,  z.  b.  spalte 
18  und  140.  Paulis  lebendige,  kräftige  spräche  zeigt  sich 
im  druck  von  1522  und  den  nächstfolgenden  von  1535.  1536 
reiner  als  in  den  späteren,    vgl.  auch  Keisersberg. 

PERIANDER,  Aegrd.,  noctuae  speculum.   Francf.  1567. 

persianische  reiscbeschreibung,  pers.  baumgarten,  rosengar- 
ten.  s.  Olearius. 

Perus,  Jun,  simplicianischer.   o.  o.  1672. 

PESTALOZZI,  Lienbard  und  Gertrud. 


PETR.  =  Franc.  Petrarche  zwei  trostbücher  von  arznei  und 
rath  beide  im  guten  und  widerwertigen  glück  (de  remediis 
utriusque  forlunae).  Frankf.  a.  M.  1559.  222  bl.  fol.  eine  an- 
dere Verdeutschung  als  die  vorher  Augsb.  1532  gedruckte,  und 
viel  gefüger,  aber  von  unbekanntem  verf. 

PFEFFEL,  Gottl.  Conr.,  poetische  versuche. 

PFEIFFER,  Franz,  das  habsburgüstreichische  urbarbuch.  Stuttg. 
1850. 

pllanzbuch.  sp.  1534. 

PHILANDER  von  Sittewald  d.  i.  Jon.  Mich.  Moscherosch, 
gesiebte,  th.  1.  2.  Straszb.  1676. 1677.  Phil.  lugd.  bezäch- 
net  die  zu  Leiden  1646  erschienene,  interpolierte  ausgäbe, 
deren  beide  erste  theile  lauter  echte  gesichle,  der  dritte  sechs 
neue,  der  vierte  zwei  echte,  der  fünfte  vier  neue  gesichte 
enthält,  der  Verfasser  dieser  neuen  ist  noch  unermitlell. 
von  den  übrigen  Schriften  Philanders,  welche  Heinrich  Drrr- 
MAR  in  der  fleiszigen  vorrede  seiner  misralhenen  emeue- 
rung.  Berlin  1830  s.  lxvi.  lxvii  ingibt,  ist  vorläufig  nur  der 
politicus  Argent.  1652  benutzt  worden. 

PICTORIUS,  Geo.,  baderbüchlin.   vgl.  Jöcher  u.  d.  w. 

PICTORIUS,  Jos.,  s.  oben  sp.  xxi. 

Pierot,  Robert,  der  americanische  freibeuter,  von  ihm  selbst 
in  franz.  spräche  beschrieben,  ins  deutsche  übers,  von  M. 
N.  0.  P.  0-  th.  1—4.  Frankf.  1742—45.  4  bände,  vgl.  Kochs 
comp.  2,  274. 

PINTER,  pferdeschatz.    Frankf.  1688. 

PLANKS  geschichte  des  christenthums.   Göttingen  1818. 

PLATEN,  Aug.  von,  gesammelte  werke,  in  äinem  band.  Stuttg, 
1839. 

PLATER,  Thomas  und  Felix,  zwei  autobiographien,  herausg. 
von  D.  A.  Fechter.  Basel  1840,  da  anfänglich  Baldingers 
ausg.  Marb,  1793  ausgezogen  war,  so  können  einzelne  citate 
nach  ihr  entschlüpft  sein;  meistentheils  ist  der  bessere  Ba- 
seler druck  angeführt. 

Plesse:  wunderbare  begebenheit,  welche  sich  mit  einem  göt- 
tingischen  Studenten  auf  dem  alten  schlösse  Plesse  zuge- 
tragen hat.    th.  1,  0.   0.  1744.  2,  1749.   3,  1748. 

politischer  maulaffe,  Stockfisch,  politische  colica,  s.  Riemer. 

Pontus,  das  buch  und  histori  von  dem  edeln  königssun  aus 
Galicia  genant  Pontus.   Augsb.  1498.  Straszb.  1509. 

PORSTS  gesangbuch,  oft  in  Berlin  aufgelegt. 

postreuter  an  bäpstliche  heiligkeit.    1620. 

PRAETORIUS,  Job.,  saturnalia  das  ist  weihnachtsfratzen. 
Leipz.  1663;  mägdctrösler.  1663;  Storchs  und  schwalben 
Winterquartier.   Frankf.  und  Leipz.  1676,   Katzenveit  1692. 

PRIVATUS,  Teucer,  s.  Lonicerüs. 

PRIZELIUS,  Joh,  Goltfr.,  vollständige  pferdewissenschaft. 
Leipz.  1777.  4. 

publicationspatent  zur  Frankfurter  reformation  vom  j,  1611. 

PUPIKOFER,  J.  A.,  geschichte  des  Thurgaus.  Bischofzeil  und 
Zürich  1828.  2,  1830. 

R.  A.  =  deutsche  rechtsalterthümer. 

RABENER,  nach  der  Leipziger  ausgäbe  von  1771;  freundschaft- 
liche briefe.    Biel  1772. 

RACHEL,  Joach.,  Satiren.    Frankf.  a.  d.  0.  1664.  1667, 

RAMLER,  Karl  Wilh.,  werke.    Berl.  1800. 

RANKE,  Leop.,  deutsche  geschichte  im  Zeitalter  der  refor- 
mation. zweite  aufl.  6  bde.  Berl.  1842 — 47 ;  französ.  gesch. 
2  bde.  Berlin  1852. 

REBHUN,  Paul,  klag  des  armen  mannes;  spiel  von  frawen 
Susannen.    Zwickau  1536  und  1544. 

reformation  guter  polizei  von  1530, 

REICHARD,  versuch  einer  historie  der  deutschen  sprachkunst. 
Hamb.  1747. 

reichsabschiede,  von  verschiednen  jähren, 

reichskammergerichtsordnung  von  1507. 

Reineke  vos,  ausg.  Hoffm.  von  F.   Breslau  1852. 

REINHARD,  Joh.  Phil.,  wolgegründcter  gegenberichl  (in  Sachen 
Wertheims  gegen  Würzburg).  Wertheim  1618.  2  theile,  folio. 

REINHOLD  von  Freienthal.   s.  Jor.  Grob. 

REINWALD,  henncbergisches  idiotikon. 

REISKE,  Joh.  Jac,  lebensbcschreibung.    Dessau  1783. 

R^ISZNER,  Adam,  beschreibung  der  alten  hauptstadt  Jerusa- 
lem. Frankf.  1563;  historie  Georg  und  Caspars  von  Frunds» 
berg.  Frankf.  1572. 

REMIGH  daemonolatria,  verdeutscht,   s.  Lonicbrds, 

REUCHLIN,  Job.,  doctor  Jobannsen  Reuchlins,  der  k.  m.  als 
erzherzogen   zu   Österreich   auch    churfürsten   und  fürstea 


LXXXV 


NHD.  QUELLEmilRZEICHNIS. 


LXXXVI 


gemainen  bundrichters  in  Schwaben  warhaftige  entschul- 
digung  gegen  und  wider  ains  getauften  Juden  genant  Pfef- 
ferkorn vormals  getruckt  uszgangen  unwarhaftigs  schmach- 
bnclilin  augenspiegel.  o.  o.  (aber  Tübingen)  1511.  4;  ain 
klare  verstentnus  in  tütsch  uf  doctor  Johannsen  Reuch- 
lins  ratschlag  Tun  den  judenbüchern  vormals  auch  zu  la- 
tin  im  augenspiegel  uszgangen.  o.  o.  {Tübingen)  1512.  vgl. 
Panzeb  330.  341. 

REUTER,  Andr.  von  Speir,  kriegsordnung  zu  wasser  und  land, 
anfenglich  durch  Ada«  Jc>gha.ns  von  der  Olsnitz  in  truck 
geben,  nun  aber  aufs  new  übersehen  und  das  unnötig  heraus- 
genommen und  mit  andern  stücken  gebessert.  Colin  1595.  4. 

RHODE,  Job.,  tugendsamer  weiberspiegel.    Erfurt  1586. 

richtsteig  land  und  lehnrechts. 

RIEDRER,  Fridr-,  Spiegel  der  waren  rhetorik.  1493,  vgl.  Pa?j- 
ZEB  202,  einmoi  (sp.  438)  auch  nach  der  ausg.  Straszb.  1509. 
Panzer  309. 

RIEMER,  Job.,  der  politische  maulafife  von  demente  ephoro 
albilithano  (aus  Weisienfeh).  Leipz.  16S0 ;  politische  colica 
oder  das  reiszen  in  leibe  der  schuikranken  menschen.  Lp. 
16S0 ;  der  politische  Stockfisch.  Merseb.  1681 ;  reime  dich 
oder  ich  fresse  dich,  oder  schellen  und  scheltenswürdige 
thorheit  boeotischer  poeten  in  Deutschland,  von  Hartmax.'« 
Reinholdex  dem  Frankfurter.  Northausen  1673.  vgl.  Jöcbeb 
u.  d.  w. 

BIHEL,  s.  Livics.  es  ist  mir  unbekannt,  dasx  einer  der  buch- 
händler  Rihel  zu  Slraszburg  an  dieser  Übersetzung  selbst 
gearbeitet  habe,  auch  fehlt  der  name  bei  Jöcher. 

RINGWALD,  Barthol.,  die  lautere  warheil.  o.  o.  1597  (eini- 
gemal auch  die  ausg.  von  1590  zugezogen) ;  handbüchlein, 
geistl.  lieder  und  gebetlein.  o.  o.  1598;  treuer  Eckarti  Er- 
furt 1608  {zugezogen  die  ausg.  von  Frankf.  a.  d.  0.  1590) ; 
evangelia.  königsb.  1646 ;  plagium  oder  diebliche  entfärung 
zweier  jungen  herm  und  fürsten.  o.  o.undj.  die  lautere 
warbeit  wurde  umgearbeitet  u.  d.  titel  die  deutsche  Wahr- 
heit in  poetischer  Verkleidung  durch  Job.  Wilh.  Bbodtkobb. 
Langensalza  1700. 

Robinson:  zwei  westphälische  sogenannte  Robinsons  oder 
avanturieurs.    Frankf.  und  Leipz.  1748. 

ROLLE.NHAGEN,  Geo.,  froschmeuseler.  nach  der  ersten  ausg. 
Magdeb.  1595;  vom  reichen  mann.    Eisleben  1591. 

ROLLENHAGEN,  Gabr.,  vier  bücher  wunderbarlicher  und  un- 
glaublicher indianischer  reisen.  Magdeb.  1603  und  ößer  wie- 
derholt. 

RÖMOLT,  Job.  fein  christlich  spiel.  1563. 

RO.MPLER,  Jesaias  von  Löwenhalt,  erstes  gebüsch  seiner 
reimgedichle.    Straszb.  1647. 

ROSENBLUT,  spruch  von  einem  edeiman  mit  dem  hasgeier. 
Halpt  9, 171.  tgl.  Kellers  fastn.  sp.  s.  1183,  ico  überhaupt 
s.  1077—1195  die  gedichte  dieses  Verfassers  verzeichnet  stehn. 

ROSENZWEIGS,  Job.  Friedr.,  anmerkungen  und  Zusätze  zu 
Eisesbergs  rostäuscherkünsten.    Leipz.  1780. 

ROST,  Job.  Christoph,  vermischte  gedichte.   1769. 

roszarzneibücblein  o.  j.  u.  o.  (Zwickau  1530). 

RÖSZLIN,  Euch.,'  hebammenbüchlein.   Frankf.  1565. 

RÜCKERT,  Friedr.,  gedichte.  Eriangen  1834  ff.  auch  nach  der 
auswahl.    Frankf.  1841. 

RUEF  oder  RUOF,  Jac,  spiel  von  Wilhelm  Teil,  herausg.  von 
Fbiedb.  Meyer.  Pforzheim  1843 ;  Eiter  Heini,  herausg.  von  Kot- 
TiRGER.  Quedlinb.  1847 ;  Adam  und  Heva.  herausg.  von  dem- 
selben, das.  1848 ;  vom  leiden  des  herm.  vermutlich  rührt 
auch  der  sp.  787  unter  der  Schreibung  Ryff  angezogne  Spie- 
gel der  gesundheit  von  ihm  her,  da  er  vundarzt  zu  Zürich 
war  und  andere  arzneibücher  mehr  abgefaszt  hat,  vgl.  Kot- 
tingers  vorr.  zu  Etter  Heini  s.  xivm. 

RUOS,  Woifg.,  verdeutschte  die  intimation  der  Universität  Er- 
furt in  Martinum  Lutherum.   1521. 

KÜTI,  Hans  von,  fastnacbtspiel.    (sp.  697). 

SACHS,  Hans,  wie  bei  Llther,  und  aus  demselben  gründe, 
konnte  sich  nicht  auf  die  einzelnen  drucke  eingelassen  wer- 
den, die  der  groszen  samlung  voran  giengen:  den  gewinn 
aus  ihnen  hat  eine  besondere  Untersuchung  zu  entnehmen, 
gebraucht  wurden  band  1,  Nürnberg  1558,  band  2,  1560, 
band  3,  1561,  band  4,  1578,  band  5,  1579. 

SACHSENHEIM,  Hermann  von,  die  mörin,  geschrieben  1453. 
Worms  1539.    vgl.  Koch  1,  106. 

sächsische  processordnung  von  1622;  sächsisches  mandat  von  1773. 

Salinde,  ;.  Melissos. 


SALIS,  Job.  Gaudenz  von,  gedichte.    Zürich  1793. 

SANDERS,  Job.,  tragödie  von  Johannes  dem  täufer.  1588. 

SASTROW,  Barlhol.,  herkommen,  gehurt  und  lauf  seines 
ganzen  lebens  von  ihm  selbst  beschrieben,  herausg.  von 
Mobmke.  3  theile,    Greifsw.  1823.  24. 

SARTORIUS,  Joach.  psalmen  (sp.  946). 

saufteufel,  wider  den,  durch  Matthaedm  Fbuerich  vo.i  Gör- 
litz.   Leipz.  1552. 

SCHÄRTLLN,  s.  Schertlix. 

schatzbehalter  oder  scbrein  der  waren  reichthümer  des  heils. 
Nürnb.  1491.  vgl.  Panzer  s.  190. 

SCHEDE,  s.  Paul  Melisscs. 

SCHEFFER,  bearbcitung  von  Haltacs  jahrzeitbuch  des  mit- 
telalters.    Erlangen  1797.  4. 

SCHEFFLER,  Joh.,  bekannt  unter  dem  namen  Aügeliis  Sile- 
sics:  cherubinischer  wandersmann.  Wien  1657.  Glaz  1675. 
Altonal737;  kehnvisch  und  Sendschreiben  gegen  Scherzer. 
Neisz  1664. 

SCHEI6LE,  J.,  kloster  und  Schaltjahr,  eine  in  den  jähren 
1846 — 1849  ZU  Stuttgart  eifrig  und  rasch,  aber  ungelehrt 
und  unbeholfen  ausgeführte,  alles  aufraffende  und  durch- 
einander werfende  samlung  anziehender  und  seltner  Schrif- 
ten des  16. 17;7i.,  deren  man  sich  ungern  bedient,  doch  nicht 
entbehren  kann,  fliegende  blätter  des  XVL  XVII  jb.  Stuttg.  1850. 

SCHEIT,  Casp.,  grobianus,  von  groben  sitten  und  unhöflichen 
geberden,  erstmals  in  latein  beschriben  durch  Fbid.  De- 
DEKiNDCM  und  ietzund  verteutschet  durch  Casparlm  Scheidt 
von  Wormbs.  Worms  1551.  4.  unter  der  torrede  unterzeich- 
net der  Verfasser  selbst  Casparcs  ScBErr,  und  das  gedieht 
schlieszt: 

dasz  wir  wandten  die  rechte  sirasz 
on  sünd  und  niackel  alle  teil, 
biemit  hescbleuszt  es  Caspar  Scheit. 

SCHELLINGS  philosophische  Schriften,    erster  band.    Landsh. 

1809 ;  von  der  weltseele.  dritte  aufl.  Hamb.  1809 ;  methode 

des  akad.  Studiums.    Tüb.  1803 ;    denkmal    der   schrift  von 

den   göttlichen    dingen.    Tüb.  1812;    gedichte    in  Schlegels 

musenaim.  u.  d.  namen  Bo-xwen-tcba. 
Schelmenzunft,  s.  Mcrner. 
Schelmufskys  reisebeschreibung.    Frankf.  und  Leipz.  1750 ;  o. 

0.  und  j.  (Cassel  um  1825) ;    Schlampampe   krankheit   und 

tod.     1696  und  1750. 
SCHENKENDORFS  gedichte.    Stuttg.  und  Tüb.  1815. 
SCHEPLITZ,  Joach.,  additiones  in  constit.  marchicam. 
SCHERE.NBERG,  C.  F.,  gedichte;  Leuthen.  Berl.  1852. 
SCHERER,  Geo.,  kunst  und  wundsegen.    Ingoist.  1595. 
SCHERFER,   Wenzel,   Dedekinds   grobianer   und  grohianerin. 

Brieg  1640;    geistl.  und  weltl.  gedichte.    das.  1652. 
SCHERTLIN,  Seb.  von  Burtenbach,  lebensbeschrcibung.  Frankf. 

und  Lp.  1777;   seine   an   die   Stadt  Augsburg  geschriebnen 

briefe,    herausg.  von  Tbeodor  Herberger.    Augsb.  1852. 
SCHEUCHZER,  Joh.  Jac,   beschreibung  der  natui^eschichten 

des  Schweizerlandes,   und   in   deren   fortsetzung   Helvetiae 

stüicheiographia. 
SCHILLERS  sämtliche  werke  in  einem   bände.    Stuttg.  1840. 
SCHILTERl  glossarium  teutonicum,    dritter  band  des  thesau- 

rus.    Ulm  1728. 
schimpf  und  ernst,   s.  Job.  Pacli. 

SCHIRMER,  Dav.,  singende  rosen.  1654  und  1657 ;  keiscr  Fer- 
dinands tafelreden.    Dresd.  1674. 
SCHLAPPERITZIN,  Conr.,  spruch  von  den  anlastem  derpferde, 

gedr.  in  .Mones  anz.  3,  175. 
SCHLEGEL,  .\ug.  Wh.,   seine  Übersetzung  Shaksp.  wird  nach 

den  einzelnen   stücken   angeführt;   Vorlesungen    iiher    dram. 

kunst.    Heidelb.  1809 ;  musenalmanach  für  1802. 
SCHLEGEL,  Friedr.,  Alarkos.   Beriin  1802. 
SCHLEGEL,  Joh.  El.  werke.    Kopenhagen  1771.  5  bände. 
SCHLEIEKMACHER,  Friedr.,  sämtliche  werke.    Beriin  1835  ff. 
Schlemmer,  der  deutsche,    s.  Jos.  Stricker. 
SCHLICHTHORST,  beitrage  sp.  1314. 
SCHMELZL,  WoIfg.,  comedia  des  veriomen  sons.  Wien  1545; 

blindgeborner   söhn  ;    Saul ;    lobsprucb ;    hochzeit ;   <ug  ins 

Ungerland  sp.  1404 ;  aussendung. 
SCHMIEDER,  Sachsens  polizeiverfassung.   Dresd.  1774. 
SCHMID,  Conrad,  uf  etlich  widerred.  1522.  (*/>.  1293». 
SCHMID,  Joh.  Christoph,  schwäbisches  Wörterbuch.  Stuttg.  1831. 
SCHMIDT,  Friedr.  Wh.  Aug.,  von  Werneuchen.  gedichte.  Berl. 

1790. 

f* 


LXXXVII 


NHD.  QUELLENVERZEICHNIS. 


Lxxxvm 


SCHMIDT,    Karl    Christ.  Ludw.,   westerwäldisches   idiotikon. 

Hadamar  1800. 
SCHMIDT,  Klamer  Eberh.,  neue  poetische  briefe.  Berl.  1790. 
SCHMINKE,  monimenta  hassiaca. 
SCHMIT,  A.,    roszarznei,    angebunden   an   eine  marstallerel. 

Frankf.  1570.  4. 
SCHNAUSZ,  Cyriac,  lobspruch.  Nürnb.  1552. 
SCHNURR,    Balth.,   kunst-  haus-   und  wunderbuch.   Frankf. 

1604. 
SCHOCK,  Job.  Geo.,    comoedia  vom  Studentenleben.    Leipz. 

1657. 

SCHOTTELIUS,  Just.  Geo.,  haubtsprache  {oben  sp.  xxi) ;  frucht- 
bringender lustgarte.   Wolfenb.  1647. 

schrapteufel,  s.  Milichiüs. 

SCHREIBER,  Heinr.,  urkundenbuch  der  Stadt  Freiburg  im 
Breisgau.  1828,  2  bände;  Veit  Webers  kriegs  und  sieges- 
lieder.   Freib.  1819. 

SCHUBART,  Christ.  Friedr.  Dan.,  gedichte. 

SCHUBARTH,  Adam,  sieman.   Weiszenfels  um  1560. 

SCHUBERT,  Gotth.  Heinr.,  reise  ins  morgenland. 

SCHUDEROF,  Protestantismus,  sp.  1256. 

schuifucbs :  der  pedantische  irrthum  des  überwitzigen,  doch 
sehr  betrogenen  schulfuchses.  Rapperswiel  1673. 

SCHUPPIUS,  Job.  Balth.,  lehrreiche  Schriften,  Frankf.  1684. 

SCHÜTZE,  holsteinisches  idiotikon. 

SCHWAB,  Gust.,  Schillers  leben;  gedichte. 

SCHWARZEINBERG,  Job.  von,  gedichte,  hinter  seinem  deut- 
schen Cicero  vom  j.  1535. 

SCHWEINICHEN,  Hans,  leben  und  abenteuer,  herausg.  von 
BüscHiNG.  3  theile.  Leipz.  1823;  von  den  geschichten  her- 
zog Hans  im.  j.  1488,  in  Stenzel  Script,  rer.  siles,  band  4. 
Bresl.  1850. 

SCHWENKFELD,  Casp.,  theriotropheum  Silesiae. 

SCULTETÜS,  Andr.,  gedichte,  bei  Lessing  8,  263. 

SEBIZ,  Melch.,  sieben  bücher  vom  feldbau.    1580. 

SEITZ,  Alex.,  ein  nutzlich  regiment  wider  die  bösen  fran- 
zosen  mit  etlichen  klugen  fragstucken.  Pforzheim  1509.  acht 
quarlblälter,  neu  herausg.  von  Albert  Moll.    Stuttg.  1852. 

selenbad,  blutiges.  München  1710. 

Servius  TuUius.  München  1685. 

SEUME,  Job.  Gottfr.,  werke.    Leipz.  1837  und  1839. 

SEUTER,  roszarznei.    Augsb.  1599  fol. 

Sickingens  gespräch  mit  sant  Peter,    sp.  1635. 

sieben  lächerliche  geschwätz.    16 — 17  jh. 

Siegfried  von  Lindenberg.    s.  Müller. 

Siegwart,  s.  Miller. 

Simplicissimi  ewigAvährender  calender.  Nürnb.  1670. 

Simplicissimus.  gebraucht  ist  die  ausg.  von  Nürnberg,  th.  i.  2. 
1713,  th.  3.  1684,  mit  Zuziehung  der  fünf  ersten  bücher  nach 
der  ausg.  Mümpelg.  1669,  weil  der  Nürnberger  druck  zu- 
gleich die  übrigen  werke  als  den  deutschen  Michel,  Cou- 
rage, Vogelnest,  Joseph  m.  s.  w.  befaszt  und  weil  die  un- 
echten erweilerungen  dennoch  für  die  spräche  werth  haben, 
eine  neue  ausg.  des  ursprünglichen  lextes  von  Keller  steht 
eben  bevor. 

Simplicissimus,  französischer.   Freiburg  1683.    3  theile. 

Simplicissimus,  ungarischer  oder  dacianischer.  nach  der  ausg. 
von  1683  neu  aufgelegt  Leipz.  1854. 

SIMROCK,  deutsche  Sprichwörter.  Frankf.  1846 ;  sagen.  Frankf. 
1850. 

Soester  Daniel,  s.  Haverland. 

soestische  fehde,  abgedruckt  in  Emmingbaus  memorabilia  su- 
satensia  Jenae  1749  p.  581 — 708. 

SOLTAU,  Fr.  Leonard  von,  einhundert  deutsche  historische 
Volkslieder.    Leipz.  1836. 

sommerteil  der  iieiligen  leben.  Augsb.  1475.   vgl.  Panzer  s.  82. 

SPALATLN,  Georg,  verfaszie  viele  kleine  Schriften,  vorreden 
'  und  Übersetzungen  von  1520 — 1540. 

SPANGENBERG,  Cyriac,  vom  aufkommen  der  meistersänger, 
1598,  ausgezogen  bei  Hanehann  s.  94 — 119 ;  jagteufel.  Eis- 
leben 1560.  4;  wider  die  bösen  sieben  ins  teufeis  karnöf- 
fei  spiel.    Jena  1562.  4. 

SPANGENBERG,  Wolfli.,  ganskönig.  Straszb.  1607 ;  anmutiger 
Weisheit  luslgarten.  Straszb.  1621;  anbind  oder  fangbriefe. 
s.  Lycostiienes  Psellionoros. 

SPEE,  Friedr.  von,  trutznachtigall,  Cöln  1649,  zuweilen  mit 
vergleichung  der  ausg.  von  Hücpe  und  JuitKMAKN.  Münster 
1841 ;  g.  T.  =  güldncs  tugendbuch. 


spiel,  wie  man  die  narren  beschweren  sol.    1554. 

spiel  von  Joseph.    Zürich  1549. 

spiel  von  Lucretia.   Straszb.  1550. 

Spinnrockens  oder  des  kunkels  evangelia  vom  montag  an  bis 
auf  den  saterstag  mit  sampt  den  glosen  zu  ehren  den 
frawen  beschrieben.  Cöln  1568.  4.  es  gibt  ältere  ausgaben 
von  1537  und  1557.  das  franz.  original  hat  den  titel:  les 
evangiles  des  connoilles.  Lyon  1493;  wieder  abgedruckt  steht 
es  im  ersten  bände  des  joyeusetez.  Paris,  Techener  1829. 

SPRENG,  Job.  (gb.  1524  f  1601),  Ilias  Homeri,  in  artliche  teutsche 
reimen  gebracht,  jetzt  zum  andernmal  gedr.  Frankf.  1630.  4. 

STADEN,  Hans,  warhaftig  historia  und  beschreibung  einer 
landschaft  der  wilden,  nacketen,  grimmigen  menschenfres- 
serleuten  in  der  newen  weit  America  gelegen,  mit  einer 
vorr.  Jon.  Dryandri  gen.  Eichman.   Marburg  1557.  4. 

STEIER,  Martin,  Jephthes.  Nürnb.  1571. 

STEIN,  freiherr  von,  denkschriften,  herausg.  von  Pertz.  Berl. 
1848. 

STEINHÖWEL,  Heinrich,  Verdeutschung  der  fabeln  Esops. 
Augsb.  1487  fol.  Panzer  s.  167,  da  von  diesem  alten  druck 
nur  ein  mangelhaftes  exemplar  gebraucht  werden  konnte, 
war  die  lücke  aus  dem  druck  von  Freiburg  1555.  4  zu 
ergänzen;  Verdeutschung  des  decamerone  (s.  oben  unter 
Bocc),  welches  sein  hauptwerk  ihm  noch  gar  nicht  beigelegt 
wird,  in  der  einleitung  {Straszb.  1519  fol.  8')  heiszt  es  aus- 
drücklich :  und  damit  die  beschwerten  und  betrübten  frew- 
lein  auch  ein  teil  irer  verborgen  traurigkeit  mögen  ein 
klein  frid  geben  und  die  mit  zucht  in  freud  keren,  hab 
ich  Arigo  (d.  i.  Heinrich  Steinhöwel)  in  das  werke  machen 
und  in  tütsche  zungen  schreiben  wollen,  die  hier  überall 
gebrauchte  Frankf.  ausg.  1588  1,  11  setzt  daßr:  aber  da- 
mit die  betrübten  fräwlin  auch  ir  trawrigkeit  mögen  in 
freud  mit  zucht  verkeren,  so  hab  ich  Arigo  dieses  werk 
verdeutschet.  Schon  diese  kleine  stelle  lehrt,  wie  sehr  die 
ausgaben  des  16  jh.  von  einander  abweichen,  es  wäre  eine 
für  den  gang  der  deutschen  spräche  im  15  und  16  jh.  lehr- 
reiche Untersuchung,  an  zwei  bedeutenden  werken  wie  schimpf 
und  ernst  und  decamerone  sind,  beschaffenheit  und  anlasz 
dieser  Umarbeitungen  darzulegen. 

STEPHAN,  Friedr.,  "neue  stoflieferungen  für  die  deutsche  ge- 
schichte,  besonders  auch  für  die  der  spräche,  des  rechts 
und^  der  literatur.    1,  Mülhausen  1846.  2,  1847. 

STEPHAN!,  Cl.,  geistliche  action.  1568. 

Sternb.  =  Sternbalds  Wanderungen,   s.  Tieck. 

STETTLER,  Mich.,  Schweizerchronik.  Bern  1633  fol. 

STIELER,  Casp.  von,  s.  oben  sp.  xxii ;  Ballemperie,  ein  trauer- 
spiel.  Jena  1680.  über  sein  abenteuerliches  leben  verrveist 
Koch  1,  283  auf  Falkensteins  anal,  nordgav.  nachlese  s, 
253—80. 

STIFEL,  Mich.,  die  coss  (d.  i.  algebra)  Christofs  Budolfs  mit 
schönen  exempeln  der  coss.  durch  M.  Si.  gebessert  und 
sehr  gemehrt.  Königsberg  in  Pr.  1554;  ein  sehr  wunder- 
barliche  wortrechnung,  saibpt  einer  merklichen  erklerung 
etlicher  zalen  Danielis  und  der  Offenbarung  Job.  anno  1553. 

STOLBERG,  Fr.  Leop.,  gesammelte  werke.  Hamb.  1820 — 25, 
worunter  sich  auch  die  seines  bruders  Christian  befinden. 

STOPPE,  Dan.,  gedichte,  erste  samlung.  Frankf.  u.  Lp.  1728. 
zweite  1729. 

STRICKER,  Job.,  der  deutsche  schlemmer,  ein  geistlich  spiel. 
Magdeb.  1588.  nicht  Strizer,  wie  Gottsched  im  Vorrat  s. 
122  und  Koch  1,  267  schreiben. 

STRODTMANN,  osnabrückisches  idiotikon.    Altona  1756. 

STUMPF,  Job.,  Schweizerchronik. 

STÜVE,  C.,  wesen  und  Verfassung  der  landgemeinden.  Jena  1861. 

TABERNAEMONTANUS,  d.  t.  Jac.  Tlieodorus,  der  von  seinem 
geburtsort  Bergzabern  den  haßenden  bcinamen  empfieng.  sein 
kräuterbuch  ist  meislcntheils  nach  der  ersten  ausg.  Frankf. 
1588  angeführt,  doch  zuweilen  nach  den  Baseler  drucken  von 
16C4  und  1687. 

Tacilus,  übersetzt  von  Micyllus. 

TACIUS,  Leonh.,  verdeutschte  Frontini  stratagemata;  seine 
vorrede  datiert  von  Ingolstadt  1542,  und  auf  dem  titel  heiszt 
er  kaiserlicher  poet.  die  Übersetzung  ist  im  dritten  Iheil 
von  Frünsperckrs  kriegsbuch  wieder  abgedruckt. 

TÄNZER,  Job.,  der  Dianen  buhe  und  niedere  Jagdgeheimnisse. 
Leipz.  1734  fol. 

TÄUUEL,  Christ.  Gottlob^  Wörterbuch  der  buchdruckerkuost. 
Wien  1805.  4. 


LXXXIX 


NHD.  QUELLENVERZEICHiNIS. 


xc 


TÄUBMANNS  Plautus  erläutert  zuveilen  durch  deutsche  tcör- 
ter  in  den  anmerkungen.    bericht  von  seinem  leben  s.  Bra.'«dt. 

TAÜLER,  ausg.  von  Leipzig  1498. 

TENZELS  monatliche  Unterredungen.  Thoren  und  Leipz. 
1689  ff. 

Teuerdank,  nach  der  ausg.  von  Haltaüs. 

teutonista,  des  Gerh.  von  SchCres,  vgl.  oben  sp.  xx. 

Tewescben  hochtiet,  niederdeutsch.  Koch  1,  269  führt  eine 
ausg.  von  1644  an,  auf  der  Götlinger  bibl.  findet  sich  eine 
von  1661.  in  Hofland  hat  man  die  damit  zusammenhän- 
gende historie  van  Slennerhinke,  van  Tewesken  kinderbehr 
und  van  Lukevent,  alles  in  westfälischer  Volkssprache,  oft  ab- 
gedruckt. 

theologia  deutsch,  nach  Pfeiffers  ausg.  Stuttg.  1S51. 

Thorelle,  historie  von.    sp.  1756. 

THCMMEL,  Mor.  Aug.,  Wilhelmine,  dritte  ausg.  Leipz.  1768 
{zuerst  1764) ;  reise  in  die  mittägigen  provinzen  von  Frank- 
reich. 10  bände.  Leipz.  1791 — 1805.  einigemal  nach  der  ausg. 
von  1811. 

THURNEISSER,  Leonh.,  probierung  der  harnen.  Berl.  1576; 
beschreibung  influentischer  Wirkungen  aller  erdgewächse. 
1578 ;  magna  alchymia.  1583 ;  archidoxa.  1575 ;  nothgedrung- 
nes  ausschreiben.  1584 ;  von  wassern.    Straszb.  1612. 

TIECK,  Ludw.,  Schriften.  BerL  1S2S  f.  20  bde. ;  novellenkranz. 
das.  1831  f.  4  bde. ;  novellen.  das.  1823  f.  7  bde. ;  Stern- 
balds  Wanderungen.  Berl.  1798.  2  bde. ;  tischlermeister.  Berl. 
1836.  2  bde.;  Cevennen.  das.  1826. 

TIEDGE,  Chr.  Aug.,  werke.    Halle  1S23.  8  bände. 

Tiroler  landordnung. 

TOBLER,  Titus,  appenzellischer  Sprachschatz.    Zürich  1837. 

Tockenburg,  der  arme  mann  im,  s.  Bräker, 

Trink,  comoedie  von  Peter  Tr.  1628. 

.TSCHACHTLANS,  Ben.,  Berner  chronik,  herausg.  von  Stier- 
Lix.    Bern  1820. 

TSCHERNLNG,  Andr.,  deutscher  gedichte  frühling.  Bresl.1642. 

TSCHUDI,  Aeg.,  chronicon  hflveticum,  herausg.  von  Iselin. 
Basel  1734.  2  th.  fol. 

UFFE.NBACH,  Peter,  neues  roszbuch.  Frankf.  1603. 

UHLA.ND,  Ludw.,  gedichte;  Ernst  von  Schwaben.  Heidelb. 
1818;  Ludwig  der  Baier.  Berl.  1819;  ohne  beisatz  sind  die 
Volkslieder  Stuttg.  1844  gemeint. 

ULENBERG,  Casp.,  psalmen  Davids  in  deutschen  reimen.  Cöln 
1582. 

ULENHART,  Nicl.,  Verdeutschung  des  Lazarillo  de  Tormes  und 
des  Isaac  Winkelfelder  und  Jobst  von  der  Schneid  (Rinco- 
nete  y  Cortadillo).    Augsb.  1617. 

ULLMANN,  C,  leben  Job.  Wessels.    Hamb.  1834. 

Untergerichtsordnung  des  erzstifts  Trier.   Meinz  1537. 

unw.  docL    s.  Ettner. 

USTERI,  J.  M.,  dichtungen.    Beriin  1831.  3  bände. 

UTRJCLLARILS,  sp.  355. 1283. 

L"Z,  Joh.  Peter,  sämtliche  poetische  werke.  Biel  1772.  2  bde. 

VAN  DER  VELDE,  Schriften.  Dresden  1819  f. 

VARISCüS,  ethnographia  mundi.  5p.  1725. 

VARxNHAGEN,  biographische  denkmale.    Berl.  1824  f.  5  bde. 

VECHNER,  ergieszung  der  Katzbach.  1608. 

VEHE,  Mich.,  gesangbüchlein  von  1537.  herausg.  von  Horr- 
«ASN  VON  Fallersleben.    Hannover  1853. 

VTLR,  Hans  Jac,  vergiszmeinnicht.    Regensb.  1525. 

VIMTLER,  Hans,  tugendbuch,  vgl.  Hadpt  9,  68 — 119.  nach  Zix- 
cerle,  der  eine  neue  ausg.  vorbereitet,  hiesz  er  aber  Con- 
rad, nicht  Hans  mit  dem  vomamen.  Wolfs  zeitschr.  für  mylh. 
1,  376, 

VIROUiNG,  Job.,  auslegung  der  zeichen  in  lüften.  Oppen- 
heim 0.  j. 

VOGEL,  Job.,  ungrische  Schlacht.    Jena  1624.  4. 

VOIGTLÄNDER,  öden  und  lieder.    Lübeck  1650. 

VOSS,  Joh.  Heinr.,  sämtliche  gedichte.  6  theile.  Königsb.  1802 ; 
poet.  werke.  1835;  Luise,  ausg.  letzter  hand;  Übersetzung 
Homers,  Hesiods,  Virgils;  mythoL  briefe;  aufsAtze  gegen 
Nicolai,  im  deutschen  mus. 

WÄCHTER,  Joh.  Geo.,  glossarium  germanicum.  Lips.  1737  fol. 

WAGNER,  scbultbeisz  in  Maichingen,  oberarats  Leonberg :  die 
Schulmeisterswahl.  2.  aufl.  Tüb.  1824;  madame  Justitia. 
Heiihronn  1826. 

WAGNER,  Greg.,  comedi,  die  da  leret,  das  untrew  sein  eigen 
herrn  schlecht.    1547. 

WALDIS,  Burcard,  Esopus.  Frankf.  1565;  vom  verlornen  söhn. 


herausg.  von  Albert  Höfer.  Greifsw.  1851;  das  päpstisch 
reich.    1554  und  1556;    psalter.  Frankf.  1553. 

WALL,  Ant.  =  Christ.  Lebr.  Hey."«e.  bagatellen.  Leipz.  1786  ; 
die  beiden  billets.  Leipz.  1800 ;  der  Stammbaum.  Leipz.  1791. 

WALTER,  Joh.,  lob  der  musica.   Wittenb.  1538. 

Wandsbecker  böte.    s.  Clacdius. 

WARBECK,  Veit,   s.  Magelone. 

WECKHERLIN,  Geo.  Rud.,  geistliche  und  weltliche  gedichte. 
Amsterd.  1648. 

wegkürzer.  das  dritte  theil  des  rollwagens,  jetzt  abermal  über- 
sehen.   Frankf.  1590. 

v^eidsprüche  und  jägerschreie,  altd.  wälder  3,  97 — 148. 

weidwerk  =  neuw  jag  und  weidwerkbuch.  Frankf.  1582;  an- 
derer theil  der  adelichen  weidwerk,  nenilich  falknerei,  bei- 
szen  und  federspiel,  durch  Joh.  Heller.  Frankf.  1582 ;  (als 
dritter  theil)  jag  und  forstrecht  von  Noe  Meürer.  FrankL 
1582  fol. 

WEINHEIMER,  Adam,  geistliche  wacht.  Marb.  1642. 

WEISE,  Christian,  die  drei  hauptverderher.  Leipz.  1671;  die 
drei  ärgsten  erznarren.  Leipz.  1704  {zuerst  1672);  die  drei 
klügsten  leute.  Augsb.  1710  {zuerst  Leipz.  1673) ;  comödien- 
probe  von  Esau  und  Jacob  und  vom  verfolgten  lateiner. 
Leipz.  1696 ;  opfer  Isaaks ;  keuscher  Joseph ;  Jepbtha ;  cu- 
rieuse  gedanken  von  versen ;  reife  gedanken ;  nofhwendige 
gedanken;  überflüssige  gedanken  der  grünenden  Jugend; 
politischer  näscher;  politischer  academicus;  politischer  Ju- 
gend Zeitvertreib.  3  bändchen;  der  körbelmacher;  der  frei- 
mütige redner;  der  betrogne  betrug;  absurda  comica;  lie- 
bes alliance ;  .Masaniello ;  Machiavell ;  unvergnügte  seele ; 
lustredner;  zweifache  poetenzunft ;  niederländ.bauer ;  mark- 
graf  von  Ancre ;  lust  und  nutz ;  könig  Wenzel ;  neue  proben. 

weisthümer.  Göttingen  1840 — 42.  3  theile. 

WEISZ,  Mich.,  ehrengedicht,  vor  Necmarks  lustwäldchen. 

WEISZE,  Christ.  Fei.,  kleine  lyrische  gedichte.  Leipz.  1772; 
lustspiele.  Leipzig  1783,  in  deren  erstem  band  die  poeteu 
nach  der  mode  stehn. 

weiszritter.    Straszb.  1514. 

welzabend:  kälberne  hasenjagd,  d.  i.  kurzer  entwurf  des  welz- 
abends,  wobei  die  frage,  welcher  tag  auf  der  hochzeit  der 
lustigste  sei?  erörtert  wird  durch  Jochim  Er-nst  Seltex- 
FRöHLicHEx  vou  Rammelsdorf  aus  der  Niederlausnitz.  (1658) 
zwei  quartbogen. 

WERDER,  Dietr.  von  dem,  Ariosts  rasender  Roland.  Lpz.  1632. 

WERNER,  Friedr.  Ludw.  ZacL,  der  24  februar.  Lpz.  1819. 

WERNICKE,  Christian,  auch  Wamecke  genannt:  Überschrif- 
ten.   Hamb.  1701. 

WERNSTREIT,  s.  Seb.  Frank. 

Wertheimer  deduction,  s.  Reinhard. 

WESTENRIEDER,  Lor.,  histor. beitrage.  10  bände;  glossarium 
germanicolatinum.   Monachii  1S16  fol. 

WESTPHAL,  Joach.,  faulteufel.    Frankf.  1563.  8. 

WICKRAM,  Jörg,  der  rollwagen,  ein  hübsch,  lustig  und  kurz- 
weilig buchlein,  jetzt  von  neuwem  übersehen.  Frankf.  1590. 
105  blätter.  8,  es  ist  aber  auch  zugezogen  die  ältere  ausg. 
Mülhausen  im  oberen  Elsasz  durch  Hans  Schirenbrand. 
0.  _;.  192  seilen  8 ;  der  irr  reitend  bilger.  Straszb.  1556 ; 
bearbeitung  der  melamorphosen  Ovids  von  Albrecht  von 
Halberstadt. 

WIDM.\NN,  Geo.  Rud.,  warhaflige  hislorien  von  Job.  Faustos. 
Hamb.  1599.  4. 

WIEDE.MANN,  Mich.,  bist,  poetische  gefangenschaflen.  Leipi. 
1690,  werden  monatsweise  citiert. 

WIEDMANN,  Erasm.,  musikal.  kurzweil.  Nümb.  1618. 

WIEL.  =  WIELAND,  sämtliche  werke.  Leipz.  bei  Göschen. 
1794.  einzelne  gedichte,  namentlich  Amadis,  die  grazien  und 
Klelia  werden  auch  besonders  angeführt;  Übersetzung  des 
Huraz  und  Ciceros  briefe. 

WIGAND,  Paul,  das  femgericht  Westfalens.    Hamm  iS25. 

WILD,  Seb.,  zwölf  comödien.    Augsb.  1566. 

Winkelfelder,   s.  Ulenhart. 

WINKELMANN,  Job.  Joach.,  werke.  Dresden  1808  ff. 

WINUSTEDE,  Job.,  zwo  serraon  oder  predig  wider  den  lei- 
digen geizteufel.  Quedelburg  1557.  4 ;  wider  die  sacrilegos. 
1559.   4.    und   1566.    8. 

WIRSUNG,  Christoph,  verdeutschte  die  spanische  Celestina  aus 
einer  italienischen  Übertragung  Augsb.  1520  und  verbessert 
1534,  nach  welcher  hier  citiert  wird.  Cal.  bedeutet  CalistaSf 
Calixtus  und  Melibia. 


XCI 


NHD.  QUELLENVERZEICHNIS. 


xcn 


Witzenbürger:  grillenvertreiber,  d.  i.  witzenbürgische  und  ca- 
lecutische  zwei  bücber,  durch  Conradum  ägyrtam  von  Bel- 
LEMONT.  Frankf.  1605.  das  dritte  buch:  bummeln  oder  grü- 
lenvertreiber,  d.  i.  witzenb.  ratschlage,    das. 

WOLF,  Friedr.  Aug.,  briefe  an  Heyne.  1797;  museum  der 
alterth.  Wissenschaften.   Berlin  1810. 

WOLGEMÜT,  Huld.,  newer  und  vollkommener  Esopus.  Frankf. 
1623.  2  bände.  8. 

WOLKENSTEIN,  Oswald  von,  gedichte,  herausg.  von  Beda 
Weber.   Innsbruck  1847. 

wunderhorn,  des  knaben.    neuste  ausg.  1845 — 54.  4  bände. 

WÜRZ,  Fei.,  practica  der  wundarznei,  von  newen  übersehen 
durch  RüD.  Wi3Rz.    Basel  1612. 

ZACHARIÄ,  Just.  Friedr.  Wilh.,  poetische  Schriften.  Braunschw. 
1763  ff. ;  hinterlassene  Schriften,    das.  1781. 

ZECHENDORFER,  zwei  bücber  von  gebrechen  der  rosse.  Eger 
1571. 

ZEILER,  Marl.,  teutsche  episteln.  sechs  centurien.  Marb.  1656. 

zeitvertreiber,  kurzweiliger,  zusammengetragen  und  zum  zwei- 
tenmal vermehrter  herausg.  durch  C.  A.  M.  von  W.  1668 
(nicht  1698,  wie  sp.  1428  verdruckt  steht,  das  richtige  jähr 
ist  sp.  1297).  am  schlusz  der  vorrede  der  name  ChAsMindo, 
worin  jenes  C.  A.  M.  wieder  erscheint,  Chasmindo  aber  wird 
auf  SiM.  Dach  gedeutet,  vgl.  Koch  2,  327  und  Gervinüs  3,  73. 

ZELLwEGER,  Joh.  Casp.,  Urkunden  zur  geschichte  des  ap- 
penzellischen  volkes.    7  bände.  Trogen  1831 — 38. 

ZINKGREFF,  Jul.  Wilh.,  teutsche  apophthegmata,  d.  i.  teut- 
scher  nation  klug  ausgesprochene  Weisheit.  Straszb.  1626, 
th.  2,  1631. 

Zlatna,  s.  Opitz. 

ZWINGLIS  deutsche  Schriften,  herausg.  von  Schüler  und 
ScHULTHESz.   Zürich  1828  ff. ;  von  dem  touf.  Zürich  1525. 


BEMERKUNG,  es  hätte  sich  nicht  geschickt,  in  das  vor- 
ausgehende Verzeichnis  auch  die  aus  der  ahd.  mhd.  ags.  altn. 
mnl.  nnl.  literatur  angezognen  werke  mit  aufzunehmen:  wer 
in  diesen  fachern  bewandert  ist,  versteht  ihre  titel  und  ab- 
kürzungen  von  selbst,  folgende  abkürzungen  sind  in  der 
grammatik  üblich: 

abl.  ablativ. 

acc.  accusativ. 


act. 
adj. 


activum. 
adjectiv. 


adv. 

adverb. 

ags. 

angelsächsisch. 

ahd. 

althochdeutsch. 

altn. 

altnordisch. 

alts. 

altsdchsisch. 

comp. 

comparativ. 

conj. 

conjunction. 

conj. 

conjunctiv. 

dat. 

dativ. 

dl. 

dualis. 

f. 

femininum. 

fut. 

futurum. 

gen. 

genitiv. 

goth. 

gothisch. 

gr- 

griechisch. 

imp. 

imperativ. 

ind. 

indicativ. 

inf. 

infinitiv. 

interj. 

interjeclion. 

ir. 

irisch. 

it. 

italienisch. 

lat. 

lateinisch. 

litt. 

littauisch. 

m. 

masculinum. 

med. 

medium. 

mhd. 

mittelhochdeutsch. 

mnl. 

mittelniederlän  disch 

n. 

neutrum. 

nd. 

niederdeutsch. 

nhd. 

neuhochdeutsch. 

nnl. 

neuniederländisch. 

nom. 

nominativ. 

pari. 

participium. 

pass. 

passivum. 

pl. 

pluralis. 

pos. 

positiv. 

praes. 

praesens. 

praet. 

praeterilum. 

schw. 

schwedisch. 

sg- 

singularis. 

skr. 

sanskritisch. 

sl. 

slavisch. 

sp. 

spanisch. 

superl. 

supeilativ. 

TOC. 

vocativ. 

A. 


A,  der  edelste,  ursprünglichste  aller  laute,  aus  brüst  und 
kehle  voll  erschallend,  den  das  kind  zuerst  und  am  leichtesten 
hervor  bringen  lernt,  den  mit  recht  die  alphabete  der  meisten 
sprachen  an  ihre  spitze  stellen,  a  hält  die  mitte  zwisciien  i  und 
u,  in  welche  beide  es  geschwächt  werden  kann,  welchen  beiden 
vielfach  es  sich  annähert.  Vorgeschichte  und  geschicJile  unse- 
rer spräche  verkünden  solche  Übergänge  allenthalben :  tat.  pater 
lupiter  Diespiter,  golh.  fadar,  vater;  lat.  taceo  conticeo,  50//1. 
Jiaha,  alid.  dagem;  lat.  sapio  desipio,  golh.  safja;  lat.  liabeo 
cohiLeo,  golh.  baba,  ahd.  bapem;  skr.  saptan,  goth.  sibun; 
skr.  navja,  litt,  naujas,  golh.  niujis;  skr.  madbja,  yof^.  midjis ; 
skr.  agnis,  lat.  ignis,  lilt.  ugnis,  goth.  auhns  f.  ubns ;  lat.  sal, 
salsus  insulsus,  goth.  salt,  ahd.  salz  sulza;  lat.  calco  deculco 
conculco;  taberna,  contubernium ;  skr.  ansa,  goth.  amsa,  lat. 
umerus,  bumcrus  f.  umesus  umsu».  unsern  ablaut  sehen  wir 
häufig  aus  i  in  u,  aus  a  in  i  springen :  finde  fand  funden. 
ahd.  läuß  anli  in  inti  und  unti;  goth.  aftuma  in  iftumin;  gotli. 
gabts,  mhd.  gibt.  nhd.  gicbt ;  ahd.  mabt  nabt,  ags.  mibt  nibt, 
engl,  migbt  nigbt;  mhd.  ganc  und  ginc;  nhd.  ziestag,  zistig; 
nhd.  Biberacb.  Bibericb;  ahd.  apab  apub,  goth.  ibuks,  mhd. 
ebecb,  nhd.  äbicb;  nhd.  gatter  und  gitter;  nhd.  nacke  und  ge- 
nick ;  in  allen  unsern  sprachen  zeigt  das  aus  fangen  stammende 
finger,  goth.  figgrs,  ahd.  fingar  geschwächtes  i ;  mhd.  man  wird 
SU  min  bei  Diemer  111.23.  118.14.  122,9;  mhd.  albetalle  wird 
mnd.  zu  albedalle  und  albcdillc.  Aoc/t  tndchliger  als  solche 
Schwächungen,  von  welchen  oß  keine  rechenscJiaß  zu  geben  ist, 
wallet  die  regel  des  umlauts,  d.  h.  der  Iräbung  des  reinen  a 
durch  das  folgende  oder  weggefallene  i  und  a  der  zweiten  oder 
dritten  silbe;  ursprünglich  scheint  dies  i  und  u  das  a  der  wür- 
zet in  ai  und  au  gewandelt,  wie  ein  bild  aus  der  ferne  sich 
surückwirß,  in  die  würzet  gespielt  zu  haben,  so  dasz  schon  im 
voraus  a  die  folgenden  i  und  u  an  sich  fügte,  tmd  aus  gastim 
bandum  ein  gaistim  baundum  hervor  gieng,  dessen  doppellaute 
sich  allmälich  in  e  und  0  zu  gestim  bondum  verengten;  alle 
c  und  0  aller  sprachen  sind  aus  diphthongischem  ai  und  au 
entsprungen  ;  allein  das  gesctz  des  umlauts  kann  hier  nur  angedeu- 
tet, musz  ßrjedc  spräche  eigens  begründet  werden.  Die  gothische 
läszt  ihn  gar  nicht  ausbrechen,  die  ahd.  nur  den  durch  i,  nicht 
durch  u  zu  Ige5tini  aber  bantum),  die  altn.  beide  (gestum  f.  ge- 
stim und  bündum  f  baundum,  bondum.)  von  bezeichnung  des 
hodideut sehen  umlauts,    welchen  i  erzeugt,    hernach  unter  Ä. 

Es  ist  ein  vorzug  hochdeutscher  sjirache  das  a,  kurzes  wie 
langes,  rein  darzugeben,  die  langen  £  und  ü  müssen,  analog 
jenem  e  und  0,  aus  ai  und  au,  beide  aus  aa  geleilet  werden, 
jeuachdem  die  Verlängerung  sich  dem  i  oder  u  zuneigte,  golh. 
jer  mena  sves  sind  ahd.  jär  mäno  suää  und  zunächst  viel- 
leidit  geworden  aus  jiar  miana  svias.  nicht  anders  verhal- 
len sich  manche  fries.  ü  und  die  mnl.  ae  {nnl.  aa)  zu  ahd.  i. 
niederdeutsche  volksdialecle  sprechen  hingegen  unser  langes  a 
wie  0  aus,  jabr  klar  wabr  wie  jor  klor  wor.  und  diesen  laut 
zeigen  die  nur  Uisc  oder  gar  nicht  von  0  abweidienden  sdiw. 
i,  dän.  aa  in  är  aar.  Kurzes  a  pflegen  die  Friesen  bald  in  e 
zu  wandeln:  sme]  scbnial.  sief  Stab,  gros  gras,  bald  in  o: 
noma  name,  funa  fulme,  bond  band ;  ebenso  die  Angelsachsen 
bald  in  i :  däg  smül  stflf  gras,  mit  schönem  Wechsel  in  daga 
smalum  stafum  grasa;  bald  in  0:  bona  babn,  noma  naine. 
die  Engländer,  auch  wo  sie  a  schreiben,  sprechen  häufig  ä  aus : 
day  man  nome  styfl"  lamb  band,  andere  Wörter  mit  0  schrei- 
bend und  sprechend :  long  among  coM  uld  fold  hold,  das  dä- 
nische baand  hangt  zusantmen  tnit  dem  laut  des  altn.  bOnd  =3 


bond    baund,    die  Schweden  sprechen   rem  band.   sdiw.  hälla 
lautet  dän.  boide,  schw.  kall  dän.  kold  u.  $.  w. 

In  allen  fällen  dieses  Schwankens  der  uns  verwandten  spra- 
dien  zwischen  a  e  0  gilt  hochd.  reines  a,  auszunehmen  sind 
folgende  Wörter,  welche  0  /ur  a  setzen,  ßr  kurzes  a :  Ton,  n/. 
van,  fries.  fon  und  fan,  ahd.  fona,  mhd.  von,  selten  van;  gc- 
wobnbeit,  mhd.  gewonebeit,  aha.  giwonabeit.  giwon  suetus, 
altn.  vanr;  buhlen  holen,  ahd.  baion  und  bulün.  mhd.  botn ; 
scbor,  wob,  wog,  Qocht,  focht,  mhd.  schar,  wap,  wac,  flaht,  fahl ; 
trotz,  mhd.  Iraz,  altn.  träss,  schw.  trols,  dän.  trods.  ßr 
a  hingegen:  wo,  mhd.  wd  {neben  da.  mhd.  da);  obm,  mhd. 
äme ;  bromhceic.  »«Ad.  bräme,  ahd.  prama ;  ohne,  mhd.  äne ; 
mobn,  mhd.  mjgc,  mähe,  ahd.  mägo ;  argwöhn  {neben  wahn) 
mhd.  arcwän  wän;  ödem  {neben  atbem).  mhd.  äiem,  ahd. 
ätum;  Schlot,  »»Ad.  slät;  zote,  eütd.zäla;  zofe  ro»n  »nAd.  zäfen 
putzen;  woge  »«Ad.  wac;  docbt  ain  licht,  mhd.  daht.  nicht  aber 
gehört  dazu  mochte  (neben  macht),  das  schon  im  mhd.  mobte, 
alid.  mobta  (neAen  mahta)  und  im  u  ron  nuigun  begründet  ist. 
Nie  weichen  hochdeutsches  a  und  e  der  wurzeln  in  e  aus,  wie 
das  niederdeutsche  nese  ßr  nasc.  schw.  näsa,  dän.  näse,  alln. 
aber  nös  =  nasu,  ags.  nosu,  fries.  engl.  nosc.  und  häufig  nd. 
geyen  brcken  spreken,  mnd.  gevcn  bri'ken  spreken,  mhd,  gä- 
ben brächen  sprächen,  goth,  gebun  breknn. 

Alle  unsere  a  haßen  fast  nur  in  den  wurzeln,  iit  der  fle- 
xion  und  ableitung  waren  schon  mhd.  zu  unbetontem  e  herab- 
gesunken; oberdeutsche  colksmundarten  hegen  nadi  einzelne  aus 
lautende  a  in  der  flexion.  doch  dauern  in  der  Schriftsprache 
die  volleren  ableilungen  cidam  und  monat.  aAd.  eidum  mänüt, 
welchen  man  einige  Zusammensetzungen  wie  bräutigam  bcimat 
und  nachhar  gleich  behandelt,  in  solchen  fällen  geht  demnach 
a  nidU  auf  ein  altes,  vielmehr  auf  u,  uo,  6  sun'ick. 

Kürze  erhielt  sich  in  den  einsilbigen  parlikeln  an  und  ah, 
i»n  unpersönlichen  man,  im  fragwort  was,  in  bat  {habet),  für  wel- 
che der  häufige  gebrauch  sie  nicht  vergehn  lifsz;  weil  »per  wo 
sie  durch  doppelte  consonanz  geschützt  war.  beispiele:  all  ball 
fall  fallfn,  narr  harren  starren,  amme  flamme  hammer  lamm 
schwamm,  kann  mann  rann  spanne  n^inne,  lappc  schnappe, 
äffe  scIuifTe,  apfel  napf  zapf,  acker  !)acke  wacker,  mache  Sa- 
che wache,  matte  ratte  satt  schnattere,  hiasz  dasz  fasz  hn<i 
lasz  ipiger)  nasz,  hassen  nasser  wasscr,  baira  halb  kalb  salbe 
half  balg  talg  falke  walke  bald  wald  alt  kalt  gcstalt  salz  walze 
hals,  arm  bann  erbarmen  harn  warnen  darbe  starb  warb  darf 
warf  arg  barg  sarg  mark  stark  ward  garte  hart  warte  schwarz 
warze,  kämpf  stampfen  amt  samt,  lianf  sanft  ranft,  lang  fange 
hange  sang  verlangt  krank  schrank  wanke  band  brand  snnd 
wand  bekannt  kränz  wanze  gans,  kraft  safi  schaff,  magd,  aclit 
nacht  wacht  Schacht  acbse  dachs  lachs  waclis  wachsen,  ast 
gast  last  mast  rast. 

Sonst   aber   musz   sich    das  kurze  a  dehnen  und  dem  orga- 
nisch langen  in  ausspräche  wie  Schreibung  gleich  setzen  lassen, 
welches  übel  und  tadelhaß  auf  dreifache  weise  geschieht. 
1)  die  dehnung  bleibt  unbeztidinet, 

a)  fkr  organische  kürze:  schal  (insipidus)  schmal  thal,  ge- 
bar dar  gar  sdiar  {cohors)  sparen  war  (/Wil,  pmm  kam  name 
schäm,  scbwan,  aber  gab  gabel  grab  habe  erhaben  haber  ba- 
bicht  knabe  lal)e  rabe  stab  scbnabel.  traf  hafen.  mag  hagel 
hager  behagen  lag  nagen  nagel  sage  schlag  trage  zage  wagen 
{currus),  ailel  bad  faden  bader  laden  made  pfad  rad  schade 
gestade  tadel  wade,  bat  trat  vater  waten,  asz  frasz  masz  sasz 
bosc  das  faser  gras  genas  nase  rase  (cespt>). 

1 


AA 


b)  für  organische  länge:  quäl  pfal  schale,  waren  {fuimus) 
wäret  {fuisUs),  kamen  kram  samc,  span  gethan,  abend  gaben 
Schwab,  schaf  schlaf  graf  tafcl  trafen,  lagen  pflagen  schwager 
wagen  (audcre),  nach  brache  brachen  spräche  sprachen,  nahen 
sahen,  gnade  nadel,  baten  braten  that  thaten  traten  unflat 
rath,  aszen  fraszen  maszen  saszen,  blasen  genasen  rasen  (in- 
sanirc). 

2)  die  delinujig  wird  durch  gemination  ausgedrückt,  nur  in 
wenig  Wörtern  vor  liquiden  und  lingualen 

a)  ßr  organische  kürze:  saal  aar  baar  waarc. 

b)  ßr  organische  länge:  aal  haar  sfaar  saat  aas  und  die 
fremden  paar  zaar  Staat. 

3)  durch  eingeschobnes  h,  nur  vor  liquiden, 

a)  ßir  organische  kürze:  fahl  kahl  mahle  (molo)  sfahl  (/u- 
ratus  est]  wähl  zahl,  fahre  nahrung  wahren  bewaincn,  lahm 
nahm  zahm,  ahn  {avus)  fahne  hahn  (neben  hcnne)  mahnen 
zahn. 

b)  ßr  organische  länge:  mahl  mahle  (pingo)  stahl  (chalyps) 
stahlen  (furati  sunt)  strahl,  bahre  gefahr  jähr  wahr,  nahmen 
{ceperunl)  rahm. 

Einleuchtend  ist  das  auch  überwiegende  unbezeichnetlassen  der 
dehnung  allein  richtig  und  die  zweite  wie  dritte  weise  hätten 
längst  verworfen  werden  sollen,  da  kam  und  lahm,  war  haar 
und  jähr  uns  völlig  gleichen  laut  haben,  um  unterschiede  der 
bedeutung  wie  war  {fui)  wahr  (verus),  waren  ifuerunt)  waarcn 
(merces)  wahren  {servarc)  darf  man  imbesorgt  sein. 

Einzelne  a  bleiben  auch  vor  zwei  consonanten  gedehnt  und 
ungekürzt:  art  hart  schwarte  spart  wart  {fuistis)  zart  nnrf  mit 
eingeschaltetem  h :  fahrt  bejahrt  wahrt. 

Auslautendes  sz  dauert  in  der  conjunction  dasz,  wird  aber 
tm  pronomen  das  und  was,  wie  sonst  in  es,  im  neutr.  aller 
adj.  blindes  gutes  und  in  der  partikcl  aus  zu  s,  mhd.  behalten 
alle  diese  g  (daj  ej  blindej  A;) ;  in  was  pflegt  a  gekürzt,  in 
das  gedehnter  zu  lauten,  in  dasz  ist  es  entschieden  kurz,  denn 
der  auslaut  sz  liebt  vor  sich  kurzes  a :  hasz  lasz  {pigcr)  nasz 
und  geht  inlautend  über  in  ss:  erblassen  gasse  hassen  lasses 
nasses  wasser,  selbst  in  lasz  {sine)  und  lassen  {sinei-e)  fügt 
diesem  gebot  sich  die  organische  länge  {mhd.  läj  läjen).  um- 
gekehrt hält  in  asz  aszen,  frasz  fraszen,  vergasz  vergaszen, 
masz  maszen,  sasz  saszen  neben  der  dehnung  auch  der  inlaut 
sz  stand. 

A,  ausgang  alter  fiusz-  und  Ortsnamen  wie  Bibra  Bebra  Ful- 
da Steina  f.  Biberach  Steinach  Bibcraha  Fuldaha  Steinaha. 
i.  aa,  ach  und  aha. 

Ä,  meistentheils  umlaut  des  kurzen  oder  langen  a,  dessen  Ur- 
sprung aus  ai  vorhin  entfaltet  wurde,  für  den  auch  zeugt,  dasz 
hin  und  wieder  ahd.  aigi  statt  egi,  airin  statt  erin,  eisto  statt 
eslo,  meiniki  statt  meniki,  sceiftc  statt  scefte,  selbst  noch  mhd. 
eiste  cingel  statt  este  engel,  ja  nhd.  cinlich  für  cnlich,  ähn- 
lich geschrieben  vorkommen,  dem  ai  liegt  ae,  dem  ei  liegt  e 
oder  e  nahe,  die  ahd.  spräche  kannte  nur  umlaut  des  a  in 
e,  nicht  des  ä  tu  .-c,  die  mhd.  hat  beide  umlaute  und  drückt 
den  des  kurzen  vocals  meist  durch  e,  selteji  durch  ae,  den  des 
langen  immer  durch  ae  aus;  in  der  mhd.  grammalik  unter- 
scheidet man  sie  so,  dasz  den  tcmlaut  des  kurzen  vocals  ä,  den 
des  langen  ae  bezeichnet,  nhd.  ist  ä  viel  häufiger  und  ein  un- 
terschied zwischen  beiden  im  schreiben  entbehrlich,  so  sehr  es 
in  der  grammatik  noth  thut  ihn  geschichtlich  zu  erkennen. 

kleinlich  nhd.  ä,  wo  es  mhd.  a;  entspricht  und  aus  ;\  hervor 
gicng,  bleibt  immer  lang  und  gedehnt,  kann  auch  nie  durch  c 
ausgedrückt  werden:  schale  schälchcn,  stalilen  stähle,  Westfal 
VVeslfaling,  pfähl  pfählen,  jähr  jährig,  gefahr  gefährlich,  wahr 
bewäliren,  waren  wäre,  kamen  käme,  kram  krämer,  samc 
samcrei ,  wahn  wähnen ,  gaben  gäbe ,  Schwab  Schwäbin, 
graf  gräfin  gräflich,  schaf  schäfer,  strafe  sträflich,  lagen 
läge,  pflagen  pfläge,  scliwagcr  Schwägerin,  brachen  bräciie, 
sprachen  spräclir,  sahen  sähe,  nalie  näher,  ader  gcäder,  gnade 
gnädig,  baten  liälc,  rat  rätc,  thaten  tliäte  tliäter,  trat  träten, 
braten  Jträlcr,  spat  später,  sasz  saszen,  aszen  äsze,  maszen 
mäszc,  blasen  hläscr,  lasen  läse,  daciitc  dächte. 

Ist  aber  ä  umlaut  des  kurzen  a,  den  auch  c  bezeichnet,  so 
fragt  es  sich  nach  der  anu'cndung  beider,  und  die  regcl  lautet: 
wo  der  umlaut  fühlbar,  der  reine  vocal  daneben  im  gang  bleibt, 
i$t  ä,  ICO  der  umlaut  vngeßthlt,  die  abstammung  verdunkelt 
war,  e  zu  schreiben. 

Beispiele  des  ä:  saal  sälc,  sciimal  schmälern,  tlia!  thäler, 
Wahl  wählen,  zahl  zählen,  ball  balle,  fall  fälle,  galle  vergäl- 
len, nahrung  nähren  nahrhaft,  fahre  fähre, -fahrt  fährte,  narr 


närrisch,  gram  grämen  grämlich,  dämm  dämme,  lamm  lämmer, 
hammer  hämmern,  kammer  kämmcrchen,  lahm  lähmen,  zahm 
zähmen,  an  ähnlich,  mann  männer  männlich,  fahne  fähnrich, 
zahn  Zähne,  habe  häbig,  grabe  gi-äber,  Schnabel  schnäbeln, 
tappe  täppisch,  läppe  läpplein,  apfel  äpfel,  napf  näpfc,  klage 
kläger,  magd  mägde,  schlag  schlage,  nagel  nageln,  tag  täglich, 
sagen  unsäglich,  ertragen  erträglich,  acker  äcker,  nacke  hart- 
näckig, bach  bäche,  lachen  lächeln,  gemach  gemächlich,  sache 
sächlich,  schwach  schwächen  schwächlich,  fach  fächer  fächern, 
schade  schädlich,  rad  räder,  bad  bäder,  vater  väter,  blatt  blät- 
ter,  glatt  glätter  glätten,  satt  sättigen,  satz  sätze,  schätz  schätze, 
hasz  häszlich  gehässig,  lasz  lässig,  glas  gläser,  gras  gräser, 
nase  näseln,  hase  häsin,  kalb  kälber,  balg  bälge,  balke  ge- 
bälk,  alt  älter,  falte  Tälteln,  kalt  kälter,  walze  walzen,  hals 
halse,  falsch  fälschen,  arm  ärmer,  dann  därme,  erbarmen,  er- 
bärmlich, härm  härmen,  schwärm  schwärmen,  warm  wärmen, 
scharf  schärfen,  arg  ärger,  hart  härte,  zart  verzärteln,  schwarz 
schwärzen,  stampf  stampfen,  amt  ämter,  sanft  sänfter  sänfti- 
gen, ranft  ränftlein,  gang  gänge  gänglcin,  hang  hänge,  sang 
Sänger,  schwanger  schwängern,  wange  wänglein,  bank  bänke, 
Franke  Fränkin  fränkisch,  ander  ändern,  brand  brande,  band 
bände  händchen,  land  ländcr,  pfand  pfänder,  schände  schänd- 
lich, gewand  gcwänder,  rand  ränder,  tand  tändeln,  ganz  er- 
gänzen gänzlich,  tanz  tanze,  gans  gänsc,  kraft  kräfle,  nacht 
nächtc  nächtlich,  wacht  Wächter,  dachs  däclise,  Sachse  Säch- 
sin, lachs  lächse,  asche  äscherer,  gast  gaste,  macht  mächten, 
last  lästig,  laster  lästern. 

Beispiele  des  e  sind  beim  c  nachzusehen,  bei  ente,  erbe 
denkt  niemand  mehr  an  das  alle  a  in  arbi  anut,  anit.  zuwei- 
len begegnen  von  demselben  wort  abgeleitete,  die  ä  oder  e  an 
sich  tragen:  mann  männer  afcer  mensch;  SiVm  brachium,  änn- 
chcn,  ärmlein  brachiolum,  aber  ermel  manica;  alt  älter  aber 
eitern;  band  bände,  aber  behende;  vater  väter,  aber  vetter; 
weil  man  in  mensch  ermel  eitern  behende  vetter  die  abkunß 
nicht  recht  wahrnahm  und  der  alten  schreibiteise  mit  e  treu 
blieb,  denn  mhd.  wallet  in  allen  solchen  Wörtern  e  statt  des 
nhd.  8.  aus  satz  folgt  sätze,  doch  nicht  setzen,  da  in  sasz 
von  sitzen  dei-  consonant  abwich,  nemlicb  war  seiner  ablei- 
tnng  von  name  vergessen,  obschon  viele  nämlich  schreiben,  in 
schwankenden  fällen,  z.  b.  in  älster,  elster  wird  das  wort  durch 
Verweisung  gesichert,  ähre  arista  schrieb  man  schlecht  zur  Un- 
terscheidung von  ehre  honor. 

In  einzelnen  Wörtern  wie  hülle,  geschöpf  und  andern  bei  5 
vei'zeichneten  ist  dieser  timlaut  an  die  stelle  von  ä  oder  e  getreten, 
und  im  16.  17.  jh.  war  der  misbrauch  noch  weiter  eingerissen. 
Geschrieben  wird  auch  als  umlaut  von  Wörtern,  die  aa  er- 
halten, nur  einfaches  ä:  aal  äle,  saal  säle,  haar  härchen,  paar 
pärchen  ;  niemand  wird  ääle  säälc  häärchen  wollen,  die  zu- 
kauß  miisz  al  sal  bar  herstellen. 

Auszer  dem  bisher  besprochnen  ä,  dem  umlaut  des  a,  er- 
setzt ä  verschiedentlich  das  mhd.  aus  i  entspringende  c  tn  bär 
gebären  gährcn  erwägen  währen  schämen  dämmern  rächen  und 
wärts. 

Schwierig,  verworren  und  oß  verderbt  ist  die  heutige  aus- 
spräche aller  dieser  ä  gegenüber  dem  e,  und  eben  dasz  nhd.  ä 
an  die  stelle  dieser  mhd.  e  getreten  ist,  hat  auf  den  rechten 
laut  nachtheilig  gewirkt,  eigentlich  sollten  alle  umgelautctcn 
kurzen  a,  seien  sie  durch  ä  oder  e  ausgedrückt,  ganz  gleich 
auszusprechen  sein,  bände  wie  ende,  älter  wie  eitern,  kräfle 
wie  hefte,  schlage  nägcl  wie  regen  {movere),  fälle  wie  eile, 
überall  mit  dünnem  e ;  allein  durchs  äuge  verwöhnt  erthcilt 
man  dem  geschricbncn  ä  mehr  den  laut  des  dicken  aus  i  ent- 
sprungnen  e;  ßr  ä,  wo  es  langes  ä  umlautet,  ist  er  erträgli- 
cher, ein  jetziges  oltr  vermag  noch  wehren  dcfendere  von  wäh- 
ren durare,  beer  von  bär  im  vocal  zu  unterscheiden,  kaum  fäl- 
len casibus  von  feilen  pellibus  und  unsere  ausspräche  von  wäh- 
len hehlen  fehlen,  von  läsen  lesen  bcsen  straudicll.  mehr  da' 
von  unter  e. 

Ä,  weheruf,  von  weinenden  kindern  gebraucht:  man  hört  in 
der  kammer  ein  kind  schreien  ä!  ä!  Gi<TUKt3, 14S;  verschie- 
den davon  ein  ruf  des  abscheus  an  kinder:  das  ist  ä!  und 
auch  sonst:  pfui  was  ist  das  ein  ä  gcschmack!  Güthe  13,  80. 
$.  aa,  äks. 

AA,  f  einsilbig  auszusprechen,  name  vieler  flüsse  und  bnche 
in  der  Schweiz,  in  Westfalen  und  anderwärts,  suffuv  vieler  flusz- 
und  Ortsnamen  wie  F'nlda  Jossa  Bilira,  früher  Fuldaha  Ja7,aha 
Bibaraha  (GnAFF  I,  110).  es  ixt  das  ahd.  aha,  mhd.  ahe,  goth. 
nhva,  lat.  aqua,  wnsser,  flusz. 


»'^ 


5  AA— AAR 

AA,  m.  merda,  excremenlum,  zweisilbig  und  sieeimal  be- 
tont, ein  uraltes  wort,  dem  nur  Zeugnisse  abgehn,  anständiger 
als  die  gemeinen  ausdrücke  koth  oder  di'eck,  jetzt  aber  nur 
»en«  mit  hindern  oder  vertraulich  gesprochen  wird  im  gebrauch  : 
das  ist  aa!  aa  machen,  seine  nothdurß  verrichten,  schweize- 
risch recks  nit  a,  sist  aa  I  sist  agge  I  aa,  agge  machen  (Stald. 
1,  82),  niederdeutsch  einsilbig  a:  a  don  (brem.  wb.  1,1).  früher 
wol  mit  allmdlich  geschwundenem  kehllaut  haha  oder  chacha, 
Schweiz,  agge,  äggi  und  gaggi,  güggi,  gaggeli,  bair.  gäckelein 
n.  (ScHM.  1,  24).  wie  gr.  y.äxxT}  f.,  it.  sp.  caca  f.,  franz.  caca 
m.,  dem  lat.  cacare  zum  grund  liegend,  ßnn.  kakka,  ir.  cac, 
welsch  cach,  doch  annorisch  ach,  each :  ach  eo  ann  dräzc, 
c'est  du  caca;  vielleicht  ahd.  chachala  teslale  (Graff  4,  361) 
zu  vergleichen  {s.  kachel).  Die  Böhmen  sagen  cloweccine,  mensch- 
liches, Itumanum,  quod  ab  hominis  natura  non  abhoiret.  s. 
leutekoth,  menschenkoth. 

AAL  [al],  ni.  anguilla,  ahd.  mhd.  AI,  ntil.  aal,  a^s.  xi^engl. 
eel,  alln.  all,  schw.  äl,  dän.  aal,  scheint  entsprungen  aus  ahal 
(wie  noch  Luther  ahl  schreibt),  der  Verkleinerung  oder  ablei- 
tutig  eines  verlornen  aha  schlänge,  skr.  ahi,  gr.  6yi£  und  s/^is, 
wegen  ähnlichkeit  des  ßsches  mit  der  schlänge  und  naltcr.  denn 
auch  lat.  anguilla  gehört  zu  anguis,  beide  vor  dem  g  lin  n 
entwickelnd;  mit  r  ßr  1  russ.  ugor,  böhtn.  auhof,  poln.  w^ 
görz,  litt,  unguiys,  est.  angrias.  Der  gewöhnliche  pl.  lautet 
aale,  doch  setzt  Göthe  8, 126  äle,  Moser  2, 100.  3,  41  drciszig 
bund  ähhe,  eine  stiege  ühle,  wie  schon  mhd.  a;le  Reinh.  647, 
757,  beidenial  auszer  reim;  nnl.  alen.  B.  Waldis  gibt  dem 
sg.  ael  und  Houberg  2,  514  braucht  aal  weiblich. 

AALBEERE,  f.  s.  alantbeere. 

AALEN,  tubum  purgare,  kunslwort  der  röhrenmeister :  eine 
versclitammte  röhre  lüßen,  indem  man  einen  lebendigen  aal 
durch  sie  schlüpfen  läszt. 

AALFANG.  w».  captura  anguillarum,  anstatt  zum  fangen  der  aale. 

AALGLATT,  glatt  wie  aal:  aalglatter  heuchler. 

AALHAüT,  f.  cutis  anguillae,  eigentlich  und  uneigenllich  von 
einer  glatten,  schlüpfrigen. 

AALMUTTER,  f.  blennius  rivtparus,  ein  seefisch,  den  die 
fischersage  wol  zur  mutter  des  aals  machte. 

AALRAUPE,  f.  gadus  Iota,  sonst  auch  aalruppe,  aalquappe, 
rufolke,  nnl.  puitaal,  aalpuit,  ein  dem  aal  ähnlicher  fisch,  der 
wahrscheinlich  ßr  eine  jüngere  gestalt  und  raupe  des  aals  galt. 

AALTHIERCHEN ,  n.  vibrio,  anguille  du  vinaigre,  aalför- 
miger  wurm  in  gestandnem  essig,  kleister  erzeuijt. 

AAR  [ar],  ni.  aquila,  des  adlers  echter  name,  goth.  ara, 
gen.  arins,  altd.  aro  arin,  mhd.  ar  arn ;  erst  aus  dem  zusam- 
mengesetzten adalaro  gieng  unser  scheinbar  abgeleitetes  adler 
hervor,  und  aar  gilt  noch  in  höherer  dichtersprache : 

fleuch  aur  du  königlicher  aar, 
dich  schwingend  in  die  liäne!; 
juHRcr  aar,  dein  königlicher  flug 
wird  den  druck  der  wölken  überwinden. 
BÜRGER  an  A.  W.  Schlegel. 

doch  Luther  sagt  nur  adeler,  Göthe  nur  adler,  Schiller  könnte 
aar  gebrauchen,  gen.  und  pl.  bekommen  besser  aaren  als  aares 
und  aare.  In  aro,  wie  pero  ursus  scheidet  sich  die  goth.  und 
hochd.  mundart  von  der  ags.  und  altn.,  welche  earn  und  ürn 
{doch  neben  ari)  wie  beorn  und  biarn  sagen,  das  n  aufnehmend 
tn  den  nom.  und  den  gen.  stark  bildend  earnes  beoraes,  arnar 
biamar.  auch  mhd.  ins  mnd.  neigende  dichter  setzen  den  nom. 
arn  Roth.  4974.  Athis  a,  27.  45.  80.  e,  130;  mnl.  den  nom. 
aren  {mit  eingeschaltetem  e  wie  in  arem  ßr  arm)  gen.  arens 
Esop  s.  80.  84.  85,  woraus  nnl.  arend,  gen.  arends  {wie  aus 
ieman  iemand)  und  nd.  amd  geworden  ist.  Zu  aru,  aro 
stimmt  das  armor.  er,  welsche  eryr  (im  ir.  iolar,  gal.  iolair 
scheint  iol  eher  vorgesetzt  wie  adal  in  adalaro,  als  l  =  r),  und 
mil  ableitendem  1  das  litt,  arelis  or^lis,  sl.  orel  orl;  zu  cam 
öm  am  das  gr.  oovti,  mit  dem  allgemeinern  sinn  von  raub- 
vogcl,  vogel,  der  attisch  auf  hahn  und  henne  eingeschränkt 
wird,  namen  wilder  hirtenvögel  wandelten  sich  in  die  der  haus- 
thiere.  den  zum  könig  aller  vögel  erhobnen  gewaltigen  raub- 
adler  bezeichnete  zwar  die  ableitung  von  ara  aus  skr.  bara  ra- 
piens.  dagegen  ßihrt  aierös,  deras  so  wie  oleovös  einfach 
auf  avis,  skr.  vajas  und  vi  (Bopp  309*.  317*)  ßr  avajas  avi? 
und  die  würzet  aTj/ii  skr.  v4  wehen,  so  dasz  avis  und  ara  den 
in  der  luß  gehenden  bedeuteten ;  aquila  mit  andrer  ableitung 
dasselbe,  merkwürdig  aber  gemahnt  aquila  an  aquilo  und  die 
mythische  bezietiung  des  windes  auf  adlersßügel  (deutsche  myth. 
s.  600.  eot). 


AAS —  AB  6 

AAS  [as] ,  n.  esca,  cadaver,  ersteres  scheint  die  eigentliche 
bedeutung  und  die  würzet  itan,  ejjan,  wie  von  esca  ßr  edca 
edere,  morticina  caro,  vögeln  und  raubthieren  zur  speise  lie- 
gend, mild,  ds  (Ben.  1,  64)^  nnl.  aas,  ags.  xs,  schw.  as,  dän. 
aas  und  aadsel.  goth.  ahd.  altn.  nicht  aufzuweisen,  gilt  noch 
heute  vom  weggeworfnen  todten  fleisch,  das  die  thiere  lockt, 
ganz  wie  luder,  während  küder  nur  esca,  nicht  cadaver  aus- 
drückt, er  liegt  im  wasser  den  fischen  zum  aase;  wo  das 
aas  liegt,  da  samlen  sich  die  adler;  die  geier  witterten  das 
aas ;  mit  frischem  aas  erfischen ;  wiltu  capaunen  feiszt  ma- 
chen, so  bereit  ein  aas  von  kleien  und  gibs  ihnen  zu  essen. 
Tabebmemont.  kräiäerb.  649;  der  gestank  der  moräJte  und 
äser.  Ka>t  10, 160 ;  soll  ich  noch  staub  auf  das  aas  des  ge- 
fallnen  verräthers  werfen? 

ein  dorrendes  seripp,  ein  halbverbrantes  aas. 
Ä.  GaiPHius  1,214; 

so  soll  dich  auch  mein  aas  noch  pochen. 

GÖ.'fTHER  203, 

d.  1.  meine  leiche  dich  noch  verhöhnen. 

Verachtend  und  als  heßige  schelte:  du  aas!  ihr  äser!  du 
faules  oss !  H.  Sachs  l.  5,  511* ;  verstärkt  schindaas,  schindäser, 
rabenaas,  das  auf  dem  Schindanger  liegt,  auf  das  sich  die  ra- 
ben  niederlassen.  Häufig  aber  auch  aus  der  schelte  übergehend 
in  liebkosung,  wie  das  frankfurtische  es,  dim.  esi  der  ma- 
nigfaltigsten  bedeutung  fähig  bald  traulich  und  lobend,  bald 
schimpfend  und  veracJitend  zugerufen  wird. 

der  tact,  du  aas,  zu  deiner  melodei, 

sagt  Mcphistopheles  zur  hexe,  ein  hübsches  rabenäschen.  Weise 
com.  probe  60 ;  ach  du  i-abenaas !  Günther  1001 ;  komm  liebs 
esil  in  solchem  sinn  kann  aas  blosz  als  esca,  ohne  gedanken 
an  das  todte,  als  reiz  und  lockung  gefaszt  werdai,  wie  es  auch 
heiszt  freszlieb,  einen  vor  liebe  auffressen  mögen.  Gerade  so 
doppelsinnig  sind  luder  und  schelm  {ahd.  scelmo  cadaver,  pe~ 
stis):  du  luder!  hei  luder!  du  freundlicher  schelm !  schelmen- 
auge !  litt,  maita  aas,  eik  maita  eik !  geh  luder  geh !  Nessel 
MA.NS  s.   3S9. 

AASEN,  pascere,  vesci,  nnl.  azen,  vom  fressen  und  weiden 
einiger  thiere.  die  Jäger  sagen  niclit  der  hirsch  friszt,  sondern 
er  aaset,  andere  schreiben  er  äset  orfer  äszet.  die  kühe  aasen 
im  fetten  gras,  nach  einigen  mit  dem  nebensinn  des  verschwcn- 
dens.     beides  von  aas  speise,  weide. 

AASFLIEGE,  f.  musca  cadaverina,  schmeiszfliege. 

AASFRESSIG,  cadavere  vescens,  von  thieren,  die  aas  fressen, 

AASGEIER,  Hl.  vultur  percnopterus,  geier  der  auf  raub  aus- 
geht. 

AASGERUCH,  m.  odor  eadavcris,  gestank,  dunst  des  aases. 

AASGEST.^NK,  «i.  dasselbe. 

AASHAFT,  cadaverosus. 

AASIG,  dasselbe,  doch  wie  aas  auch  in  gemildertem  sinne 
gebraucht. 

AASK.^FER,  Hfc  silpha,  oOjfrj,  benennung  stinkender  käfer. 

AASSEITE ,  f.  interior  pars  corii,  den  gerbem,  die  inwen- 
dige Seite  des  felis. 

AASVOGEL,  »?i.  avis  cadavere  vescens,  der  sich  vom  aase 
nährt. 

AASZ  [asz],  n.  esca,  cibtts.  zuweilen  ßr  aas,  wenn  es  speise, 
futter,  nicht  leiche  bedeutet:  ein  scliöncs  aasz.  Lohexst.  Arm. 
2,  339,  eine  schöne,  eszbare  speise,  ahd.  äj  cibus  comvstio, 
zumal  in  der  Zusammensetzung  huntij  brina;  altn.  dt  esus, 
ags.  Sil  edulium,  cibus,  dän.  aadsel.  so  geschrieben  liegt  es 
der  Wurzel  Szan,  6la  näher  als  in  der  form  aas,  ßr  welche 
der  einflusz  anderer  jetzt  verdunkelter  bildungslri^e  den  wan- 
det des  sz  in  s  nach  »ich  gezogen  hat.  der  Schreibung  aasz 
gebricht  auch  die  bedeutung  des  cadavers. 

.\B,  uralle  partikel,  die  früher  rege,  weitwaltende  praeposi- 
lion  war,  heute  fast  nur  als  adverb  in  vielen  Zusammensetzun- 
gen übrig  ist.  wo  sie  sich  einem  nomen  verbindet,  haßet  sie 
fest,  vor  dem  verbum  steht  sie  freier  und  kann  den  umständen 
nach  getrennt  werden,  goth.  af,  ahd.  apa  aba,  mhd,  abe,  alts. 
mnl.  nnl.  altn.  schw.  dän.  af,  ags.  engl.  of.  lat.  a  ab,  gr, 
dno,  skr.  apa  und  ava,  litt,  ap  api.  in  der  wurzel  iban  af 
^bun  (j.  unter  abend)  irürrfc  sich  die  bedeutung  nieder  leicht 
ermitteln,  verwandt  liegen  aber  und  ebcch,  äbicht.  das  ab  ist 
sowol  ein  deorsum  als  seorsum  [s.  abwärts). 

Schon  mhd.  begann  die  praepositionskraß  zu  erlöschen  und 
der  jüngeren  partikel  von  zu  weichen,  beispiele  der  haßenden 
hat  Rf\.  1.  .•?.  unserer  heuligen  schrißsprache  dauert  die  prae- 

1* 


7  AB 

Position  nur  ungefühlt  fort  in  abhanden  und  abseilen ,  wo 
banden  und  seilen  wirkliche,  vom  vorsiehenden  ab  regierte 
dative  sind;  aus  abseilen  bildete  sich  dann  ein  adv.  abseils, 
so  dasz  auch  abwegs  auf  ein  älteres  ab  wege,  von  dem  wege 
fort,  abstatt  auf  ein  ab  der  siele,  abhag  auf  ein  ab  dem  Lage 
zurückschlieszen  läszl;  mehr  darüber  unter  diesen  Wörtern, 
früher  sagte  man  schöner  ab  äugen,  ab  herzen,  als  heute  aus 
den  äugen,  aus  dem  herzen,  der  ruf:  pfei-d  ab!  gewehr  ab! 
hui  ab !  meint  ab  dem  jiferde,  ab  der  schulter,  ab  dem  köpf, 
40  dasz  neben  dem  ab  bald  die  Sache  ausgedrückt  wurde  die 
entfernt,  bald  von  welcher  entfernt  werden  sollte. 

Doch  beharren  noch  schrißsteller  des  15.  16.  17.  jh.^  in  bc- 
stinunlen  fällen  bei  der  alten  praeposition,  welche  hier  genauer 
gesammelt  werden  müssen,  zumal  geschah  es  ßr  die  verba  des 
fallens  gehens  springens  erschrcckens  enlsetzens  grauscns  ver- 
wunderns  vcrdrieszens  und  klagcns.  fiehl  er  ab  dem  ros. 
Tn.  Plater  153 ;  Margaretiia  fiel  sich  unlang  darnach  ab  einem 
laufenden  pferd  zu  tod.  Franks  chronik  216*;  um  dieselbe 
zeit  fiel  mein  bruder  Samson  ab  einem  kirschbaum  zu  lod. 
TocGENB.  67;  Drusus  ist  am  Rhein  ab  einem  rosz  gefallen. 
Reiszner  Jerus.  2,  81' ;  fünftausend  haben  sich  ab  dem  hohen 
felsen  zu  tode  gefallen,  das.  2,  125';  ab  werke  gan,  von  der 
arbeit  gehn.  weislh.  1,  341;  sprang  ich  ab  dem  weg.  Tn. 
Plater  40 ;  die  herzogin  mit  sampt  den  andern  ab  dem  ho- 
hen thurn  steigen  thetcn.  Galmy  85 ;  den  rock  ab  dem  leib 
ziehen.  Tu.  Plater  72 ;  nicht  erschrecken  ab  wirbeln.  Fi- 
schart gl.  schif  35  ;  er  zitterte  ab  disen  vvorten ;  ein  scheu- 
hen  hettea  sie  ab  Frankfurt.  Kirchhof  wendunm.  401' ;  so 
tapfer  und  menlich,  dasz  man  sich  oft  ab  seiner  gegenwer- 
ligkeit  entsetzt,  das.  370';  sich  ab  jener  groszen  menge  ent- 
setzte. ZiNKGR.  apophlh.  19,  1 ;  ab  solcher  strengheit  er- 
schraken sie.  RiHEL  Liv.  188 ;  wer  bist  du  dasz  dir  furchst 
ab  eim  tödlichen  menschen?  Hütten  5,  400 ;  hastu  ein  grauen 
ab  dem  Jungfrau  sehenden  ?  K.  d.  f.  64 ;  die  fischer  haben 
ein  grosze  forcht  ab  solchen  fischen.  Forer  (ischb.  6l';  ab 
welcher  schröcklichen  stimm  ihn  ein  grausen  ankommen.  Pni- 
LAND.  1,  287 ;  ich  hatte  aber  gleich  ein  abscheuen  ab  ihrer 
leichlferligkeit.  Simplic.  5,  6 ;  dann  ich  hatte  einen  eckel  ab 
aller  weiber  beiwohnung.  das.  5,  10;  damit  sich  der  laby- 
rinlisch  medicus  nicht  verwunder  ab  dem  artzt,  der  aus  eim 
anderen  grund  redet.  Paracelsus  1,  282;  der  könig  grosz 
verwundern  ab  dem  ritter  nam.  Galmy  74,  215 ;  verwunder- 
ten sich  ab  meiner  Icnge.  Fel.  Plater  162 ;  sich  ab  seiner 
schöne  nicht  genug  verwundern  mochten.  Galmy  214;  ver- 
wunderte sich  ab  seiner  manheit.  Aimon  ci.  ;  verwundernd 
sich  ab  solchem  wunder.  Weckherlin  346 :  rauenbilderen, 
die  ab  ihren  männern  misfallens  haben.  Fischart  chzucht  6 ; 
verlrüszig  werden  ab  dem  man.  das. ;  bette  es  auch  ein  be- 
duren  ab  unser  einüde.  Fel.  Plater  143 ;  nit  ists  besche- 
hen,  dasz  gott  ab  seiner  misbielung  wolgefallens  gelragen. 
Kirchhof  wendunm.  251* ;  die  andern  vögel  waren  ab  irer 
(der  eule)  sittigkeit  verdrüszig  geworden,  das.  62;  und  was 
Unglück  ab  diser  seiner  lorheil  im  zustehet.  Frank  weltb. 
38';  dich  ab  solcher  volle  der  ertheilten  gnaden  höchlich  ver- 
wundern und  erfreuen  würdest.  Spee  190 ;  wie  wol  ist  mei- 
nem bci-zen  ab  einem  solciien  Irost.  das.  186;  will  uns  noch 
der  tyrann  ab  dem  joch  zwingen.  Weckherl.  184;  sie  macht, 
dasz  ab  dir  sich  himmel,  luft  und  erd  erquicken,  das.  431 ; 
werden  alle  die,  deren  ehr  deiner  ehr  zuwider,  ohn  ausflucht 
vertilget  ab  der  erden,  das.  229 ;  der  sich  ab  eines  äffen 
bosscn  gesund  laciiel.  Fisciiaht  Garg. ;  der  merhas  ist  ein 
giftig  thier,  ab  welchem  gar  naii  alle  andere  thier,  auch  der 
mensch  stirbt.  Forer  fischb.  10^ ;  sclilegt  mit  seinem  schwänz 
das  aas  ab  dem  angel.  das.  36";  also  schosz  der  Teil  dem 
kind  den  öpfcl  ab  der  scheillen  des  houpls.  Tschudi  1,  239 ; 
der  ritler  nit  wenig  sciimerzcn  ab  der  herzogin  red  empfan- 
gen thel.  Galmy  204;  ein  zitternde  seel,  die  ab  gotles  worl 
erhaschet.  Frank  parad.  171';  nimmet  niemant  kein  exempel 
ab  disen.  Frank  laster  fii;  wan  es  der  weg  zur  seligkait 
wer,  würde  alle  weit  ab  gott  klagen,  diiii;  wir  würden 
uns  all  ah  gott  beklagen.  K.  d.  f.  07;  die  ab  Ruinensatlel 
klaglend.  ühland  volksl.  306 ;  sol  in  für  gericht  fueren  und 
sol  ab  ime  richten,  weislh.  l,  689.  Aus  andern  bairischen, 
schwäbischen,  schweizerischen  Schriften  z.  h.  Aventin,  Paracel- 
sus lassen  sich  solche  belege  leicht  mehren,  selbst  aus  neueren 
oberdeutschen  büchcrn.     in  Fröhlichs  fabeln  heiszt  es  s.  159 

was  wirft  dein  wild  gcstöhn 
Invinen  ab  den  höhn! 


AB  g 

und  Hebel  im  schatzkäsllcin  sagt:  hat  euch  der  fcldschütz 
verjagt  ab  den  kirschbäuraen  ?  aber  nach  einigen  wochen  kam 
ab  der  post  ein  kisllein  an  ihn. 

Statt  jenes  alten  einfachen  er  fiel  ab  dem  bäum  pflegen  wtr 
jetzt  zu  sagen  er  fiel  von  dem  bäum  herab,  indem  wir  von 
an  die  stelle  des  ab,  und  dies  als  advcrb  noch  mit  her  »er- 
bundcn  hinzu  setzen,  zu  fürchten,  erschrecken  fügte  schon 
Luther  statt  des  ab  die  praep.  für,  die  wir  heute  mit  vor  vci-- 
tauschen.  mit  klagen  verbindet  sich  über,  nicht  von,  das  aber 
in  manchen  andern  der  gegebnen  beispielc  angewandt  werden 
musz :  es  verdrieszt  mich  von  dir,  hingegen :  sicii  verwundern 
über,     einigemal  würde  jetzt  wegen  zu  setzen  sein. 

So  viel  von  der  verloren  gegangncn  praeposition.  Was  das 
adverbiale  ab  angeht,  so  pflegen  einzelne  dichter  noch  die  mhd., 
im  15.  16  häufige  zweisilbige  form  zu  hegen  und  selbst  Göthe 
41,  335  gestattet  sich :  Avasserstrom  der  abestürzt,  bei  Opitz, 
Fleming,  Logau  ganz  gewöhnlich. 

An  und  ab,  zu  und  ab,  auf  und  ab  bilden  gegensälze:  ich 
gehe  ab  und  zu;  das  eichhorn  läuft  auf  und  ab  am  bauin; 
sie  schweben  auf,  sie  schweben  ab; 

hier  musz  ich  auf  und  nb 

durch  wild  gesinipe  reisen.  Fleming  118; 

freud  und  lust  an  allem  ab  und  an, 

an  und  ab  dem  kleeblaU  holder  kinder.  Bürger  60"; 

im  keller  war  der  alte  ab  -  und  zulauf  fremder  gesiebter.  J.  Paul 
Tit.  4,  10. 

Zu  erwägen  ist  das  andern  adverbien  und  selbst  dem  nomen 
unmittelbar  nachgesetzte  und  allmälich  suffigierte  ab.  Da  hin 
und  her  sich  entgegengesetzt  sind,  jenes  die  richtung  nach, 
dies  von  einem  ort  anzeigt,  ist  die  Verbindung  herab  begreif- 
licher als  hinab  und  den  wahren  gegensatz  zu  herab  bildet 
hinan;  hinab  bezeichnet  aber  zweierlei,  sowol  die  richtung 
nach  als  von  einem  ort,  beide  als  verschiednc  gedacht,  nicht 
anders  erklärt  sich  dar  ab.  kurz  ab,  fern  ab,  weit  ab.  wei- 
ter ab: 

sie  wundert  sich,  dasz  wir  so  weit  ab  von  ihr  sein. 
Fleming  129; 

sie  wird  euch  aus  dem  fenster  winken, 
ob  er  hinauf  geht  oder  weiter  ab 
sich  schlägt.    Lessing  2,  213.  / 

Beim  anschlusz  hinten  an  substctntiva ,  ohne  artikel,  fragt 
sichs  nach  dem  casus,  wie  es  heiszt  den  berg  hinab  gehn, 
den  Strom  hinab  fahren,  könnte  man  auch  bergab  steigen, 
stromab  schwimmen  accusativisch  zu  fassen  versucht  sein, 
besser  aber  erscheinen  sie  als  dative: 

wo  die  ergrimmte  see  mit  ganzen  wellen  streift 
und  jagt  das  schif  grundab.    Opitz  2,  22; 

wir  flohen  himmelan  und  hellenab  mit  schrecken. 
Fleming  204; 

mit  lästern  scheitelab  bisz  auf  den  fusz  bedeckt. 
A.  Grtphius  1,  244; 
flieszet  es  von  natur 
felsenab  durch  die  flur.    Götue  40,  382; 

ein  treuer  mann  kommt  eilig  felsenab.    Götue  41,  266; 
streifte  sich  der  goldne  ring 
üngerab  in  wasserklüfle.    Götue  5,  147 ; 

d.  i.  von  grund  auf,  von  der  hülle,  vom  Scheitel,  vom  felsen 
und  finger  ab,  noch  mit  praepositionsnachgefüh-l,  und  einem 
mhd.  abe  gründe,  abe  velse,  abe  vinger  vergleichbar,  nur  dasz 
im  anhang  und  suffix  die  praeposition  adverbialnatur  gewann, 
■wenn  wir  sagen  treppe  auf,  treppe  ab  gehn,  so  wäre  das  die 
treppe  iiinauf,  von  der  treppe  herab,  obschon  gedacht  werden 
kann  die  treppe  hinab,  wie  Fleming  308  ausdrücklich 

die  heisze  thrnnenbach 
rinnt  mir  ümmsonst  die  rothen  backen  ab; 

oder  Göthe  1,  129 

CS  blitzen  waffenwogen 
den  hügel  schwankend  ab, 

wo  die  beigefügten  artikel  allen  zweifei  heben.  In  einem  wie 
dem  andern  fall  mahnen  diese  thalan  thalah,  bergan  bergab  an 
die  goth.  dalaji  dalajirö,  tmd  an  die  griechische  partikelbil- 
dung ,  wenn  auch  jede  spräche  dabei  noch  andere  mittel  und 
wege  einschlug. 

Die  hernach  aufgeßhrtcn  Zusammensetzungen  sind  in  ihrer 
übcrwiogcndcn  mehrheit  anschlüsse  des  ab  an  verba,  ungleich 
seltner  an  nomina. 


9 


AB 


ABAASEN  —  ABARBEITEN 


10 


Wird  ab  einem  nomen  vorangesclzt ,  so  unterscheide  man 
1)  entweder  gleicht  der  Zusammenstellung  eine  mit  dem  verbum, 
dann  ist  es  leicht  den  begrif  jener  nach  dieser  zu  bemessen, 
abbild  abfahrt  abreise  abschlusz  entsjirangen  erst  nachdem 
schon  abbilden  abfahren  abreisen  abschlieszen  gangbar  mar, 
und  nicht  etwa  Idszt  sich  hier  das  verbum  aus  dem  nomen  lei- 
ten, auch  empfangen  solche  nomina  aß  eingeschränkteren  sinn 
als  die  verba,  z.  b.  absieht  hat  blosz  die  bedeutung  des  ab- 
sehens  auf,  nicht  des  absehens  von  etwas.  2)  oder  das  ab 
trat  unmittelbar  vor  das  nomen,  ohne  dasz  ähnliche  Verbindung 
mit  einem  verbum  obwaltete;  dann  pflegt  es  minderung  des  im 
nomen  enlhaltnen  begrifs,  gleichsam  cntfcrnung  aus  ihm  anzu- 
zeigen, abgrund  ist  was  den  grund,  die  erde  verlassend  in  die 
tiefe,  den  grund  hinab  reicht,  abgoU  ist  ein  götze,  der  vom 
waliren  galt  abweicht,  abgunst  entfernung  der  gunst,  abhold 
seine  huld  entziehend,  eigentlich  ab  der  huld  seiend,  wie 
behende  bei  der  hand,  absonnig  von  der  sonne  abliegend, 
daher  abgunst  und  Ungunst,  abhold  und  unhold  nicht  ganz 
lusammcnfallen ,  in  abgunst  abhold  steckt  die  Vorstellung  des 
abgangs  von  gunst  und  hold,  worin  sich  neid  und  feindschaß 
waltmehmen  lassen,  während  Ungunst  unhold  die  bloszc  leug- 
nung nie  vorhanden  gewesener  gunst  und  huld  enthalten.  Of- 
fenbar sind  die  Zusammensetzungen  zweiter  art  älter  Und  be- 
deutsamer als  die  der  ersten,  ihr  ab  schwanJä  über  in  das  ver- 
wandte aber  (abwilz  abenvitz,  abwcg  abenveg,  abglaube  aber- 
glaube)  und  entspricht  auch  dem  ahd.  mhd.  ä  =  ar  (abraum 
ärüini,  abkamm  ächampi,  abschmeckig  äsmecki,  absetzen  asezze, 
abschrot  äscrot,  abweg  äwiggi,  abweis  äweis,  abwerk  äwirchi, 
abmtz  äwizzi,  ab«  urf  äwerf) ;  ton  dergleichen  Zusammensetzun- 
gen lassen  sich  einzelne  verba  herleiten,  wie  abkosen,  mhd. 
äkösen  ein  äköse  deliramentum  voraussetzt. 

Vor  dem  verbum  flieszen  alle  bedeutnngen  des  ab  aus  dem 
alten  sinnlichen  praepositionsbegrif  und  stetes  augenmerk  war 
es,  in  den  beispielen  ßr  jedes  einzelne  wort  dies  hervorzuhe- 
ben, der  Sprachgeist  gieng  immer  von  einer  lebendigen  redens- 
art  aus,  stufenmäszig  auf  die  abgezogenere  über,  zuerst  hiesz 
es  den  staub  ab  dem  tuche  blasen,  die  nüsse  ab  dem  bäume 
schlagen,  bald  aber  konnte  des  einen  oder  andern  Substantivs 
oder  gar  beider  enlrathen  werden :  den  staub  abblasen ,  die 
nüsse  abschlagen,  indem  man  den  von  der  praep.  abhängigen 
casus  wegliesz;  oder  das  tuch  abblasen,  den  bäum  abschla- 
gen, mit  kühnerer  Umdrehung  des  acc.  auf  den  abhängigen 
dat.  und  ellipse  des  ersten  acc;  endlich  aber  durße  den  um- 
ständen nach  auch  mit  dem  bloszen  abblasen,  abschlagen  aus- 
gereicht und  dem  verbum  dadurch  ein  intransitiver  schein  ver- 
liehen werden:  wir  wollen  heute  abschlagen I  rufen  zur  nusz- 
emte  gerüstete;  absetzen,  mit  ausgelassenen  acc.  den  fusz, 
trat  in  die  Vorstellung  des  abfallens,  zurückweichens  über.  In 
allen  diesen  fällen  nun  gieng  das  ab  seiner  pracpositionalen 
kraß  verlustig  und  ward  zum  bloszen  herab,  hinab,  fort,  weg 
bedeutenden  adverb.  gern  aber  gesellte  sich,  wenn  der  dativ 
ausgedrückt  bleiben  sollte,  ihm  noch  die  neue  praeposition  von 
hinzu,  was  die  sinnliclikeit  der  rede  erhielt,  doch  mit  Parti- 
keln belastete,  denn  was  hinab  von  dem  bäume  sagt,  sagte 
ab  dem  bäume  einfacher.  Auf  diese  weise  hat  man  sich 
von  sämtlichen  mit  dem  verbum  eingegangnen  Verbindungen  des 
ab  rechenschaß  zu  geben :  die  praeposition  liegt  im  hintergrund, 
wenn  es  auch  erst  nach  einigem  umschweif  gelingen  sollte  ihr 
ursprüngliches  verhalten  zu  ermitteln.  In  abbilden  abschrei- 
ben abmahlen  wird  das  übertragen  von  (ab)  einem  auf  das 
andere  ausgedrückt,  ein  lied  abblasen  hciszl  es  von  den  noten 
oder  aus  dem  hörn  herab  blasen,  absehn  ablangen  meint  et- 
was von  ferne  her,  von  einer  stelle  her  sehn  und  holen;  ab- 
nützen abgreifen  durch  öfteres  nützen  und  angreifen  etwas  ron 
der  Sache  nehmen,  es  hiesz  zuerst  ab  der  thür  greifen,  dann 
blusz  abgreifen,  wo  in  ab  der  begrif  des  vollendens,  fertigens 
liegt,  ist  ein  geben  und  thun  von  der  hand,  ab  der  hand  an- 
zunehmen, wie  in  abmachen,  ablhun,  was  dann  in  andern 
Wörtern  wie  abstrafen,  abprügeln  nicht  mehr  genau  zu  fassen, 
blosz  von  dem  Vollzug  der  handlttng  zu  verstehn  ist.  Schwe- 
rer zu  deuten  scheinen  die  verba  des  abbflszcns  abarbeitens 
abängstigens ,  vermutlich  sagte  man  sich  ab  einer  sache  äng- 
stigen, müde  arbeiten;  in  absterben  mag,  wo  nicht  andere 
unterlagen  deutlich  sind,  stecken  hinsterben,  davon  sterben, 
in  abscheiden  davon,  ab  dem  leben  scheiden,  in  manchen  wie 
abändern  absondern  ist  die  Verschiedenheit  von  dem  einfachen 
Andern  und  sondern  kaum  merkbar,  einzelne  solcher  su- 
tatnmensetzungen  sind   aber   treflich  gebildet  und  werden    an- 


dern sprachen  unerreichbar,  z.  b.  abprangen,  abkniien,  abge- 
weinL 

Die  praeposition  hatte  vor  dem  nomen  ihre  gemessene  steile 
(ob  sich  bei-gab,  thalab  aus  nachgesetzter  praep.  deuten  lassen, 
verdient  erwogen  zu  werden) ;  adverbiales  ab  konnte  eine  freie 
vor  oder  nach  dem  verbum  einnehmen  und  nahm  sie  in  der 
älteren  spräche  ein.  allmälick  gewann  aber  das  ursprünglich 
lose  ungebundne  ab,  wo  es  nach  der  wortßgung  unmittelbar 
vor  das  verbum  zu  stehn  kommt,  an  dieses  festeren  anschlusz, 
ohne  darum  die  fähigkeit  zu  verlieren,  ihm  in  andern  lagen  der 
rede  nachzutreten,  damit  verhält  es  sich  bei  ab  wie  mit  allen 
andern  trennbaren  partikeln.  Doch  erscheint  es  auch  heute 
noch  oß,  zumal  wo  sich  die  partikeln  häufen ,  in  freierer  be- 
wcgung,  z.  b.  in  folgender  stelle: 

bis  dann  auch  er  gcbfindiget  von  einer  göuerbaDd 

ab  aur  den  rogus  nieder  stürzt,  den  er  sich  selbst  gebäutt. 

GÖTHE   2,    ISO. 

überhaupt,  wenn  es  nieder,  fort,  weg  bedeutet  und  aus  mantg~ 
falten  ellipscn  verständigt  werden  musz:  ab  vom  pferde  {ge- 
stiegen).' ab  den  hut  (genommen).' 

ab  denn,  rascher  binab!  Göthe  2,  69. 
Vor  einzelnen  Wörtern  behauptet  es  sich  fortwährend  loser  und 
fast  unzusammengesetzt,  namentlich  vor  dem  substantivrerbum, 
vor  haben  und  kriegen  (s.  absein,  abbehalten,  abbleiben,  ab- 
haben, abkriegen),  noch  weniger  läszt  sich  vor  können  müs- 
sen Süllen  wollen  anwachsendes  ab  denken:  der  bäum  soll 
ab  {gehauen  werden),  der  nagel  will  nicht  ab  {gehn),  ich 
glaube  dasz  er  doch  ab  {genommen  werden)  musz;  denn  deut- 
lich wäre  es  hier  näher  an  die  ausgelassenen  verba  bauen  gehn 
und  nehmen  zu  fügen,  nicht  an  das  auxiliar:  ^ 

man  ist  daraiiT  {auf  dem  pferde)  wie  aneepicbt, 
will  immer  ab  {steigeu)  und  trabt  in  einem  siücke 
nur  weiter  Tori.  GöEi.xiK  1,  105. 

Ä BAASEN,  parare  corium,  bei  dengerbem,  die  haut  auf  der 
(Icischseite  abschaben. 

ABÄSEN,  depascere,  von  weidenden  hirschen  und  kühen, 
das  gras  abfressen,  woßr  auch  abrasen.  Excel  3,  ItO.  Herder  10, 
211.    helfet  mir  mein  teler  abosen  !  fastn.  sp.  374,  30.    s.  aasen. 

ABACHEN  sich,  consumi  planctu,  sich  durch  ächzen  ab- 
matten.    Stieler  7.     5.  achen. 

ABÄCHZEN  sich,  dasselbe. 

AB.\CKEILN,  arando  demere,  ahpflügen  eine  furche,  ein  stütk 
feldes,  dann  absiract  ßr  abnehmen:  dem  teufcl  das  eroberte 
wieder  abjagen  und  abackern,  älteres  wort  ist  abercn,  s. 
auch  abzackcrn. 

AB.ÄNDERN,  tmmulare,  oß  gleichviel  mit  ändern  und  tcr- 
ändern ;  doch  ist  verändern  etwas  stärker  permutare :  ich  kann 
das  noch  ändern,  abändern,  hier  würde  nicht  veräßdcm  ge- 
sagt werden,  das  klcid  abändern  ist  weniger  ah  verändern, 
ich  habe  das  etwas  abgeändert,  mag  es  aber  nicht  ganz  ver- 
ändem.  seine  zOge  haben  sich  veründerl ,  das  aussehen  der 
Stadt  ist  verändert,  hier  wäre  abgeändert  fehlerhaß.  Ungut 
hat  man  abändern  im  grammatischen  sinn  gebraucht  /Sr  de- 
clinieren,  da  in  jeder  flexinn  eine  abänderuiig  liegt. 

AB.ÄNDERLICH .  mutabilis.  das  ist  nnabändeiiich,  davon 
kann  nicht  abgewichen  werden,  er  ist  unveränderlich,  invaria- 
bilis;  unabänderliches  Schicksal,  fatum  indeclinabile ,  verän- 
derliches glück,  varians  fortuna. 

ABÄNDERUNG,  f.  mutatio,  bei  einigen  declination.  LEssirtc 
8,  494. 

ABÄNGSTEN  sich,  angi,  abquälen,  durch  angst  ermatten : 

in  Jesus  namen  run 
mein  abgenngster  geist  aus  dieser  todiengnift. 
A.  Urtphiis  2,  4US. 

ABÄ.NGSTIGEN,  geliräuchlicha"  als  das  vorige,  verliältnisse, 
in  welchen  sich  manciie  gute  menschen  die  ganze  zeit  ihres 
lebens  ahangstigen.  Güthk  18,  247.  auch  transitiv  ßr  ge- 
waltsam abnüthigen:  dem  kaiser  Iribut,  dem  untertban  geld 
und  gut  ahzunüthigen.  Schiller  998 ;  wenn  die  sperre  der 
Argiver  das  sccpter  mir  abängstiglon.     241. 

ABARBEITE.N,  laborando  consumere,  durch  arbeit  wegschaf- 
fen :  das  grobe ,  einen  ast  abarbeiten,  eine  schuld  mit  sei- 
ner arbeil  bezahlen :  einen  vorschusz  abarbeiten.  durcJi  ar- 
beit abnützen :  die  schneiden  an  den  sensen  waren  abgearlvei- 
tet;  matte,  abgearbeitete  sklaven.  Zumal  sich  abarbeiten: 
ich  arbeite  mich  ab  und  bin  ich  matt  gcnung.  G0tbe2,93;  in- 
de.«!  der  vater  sich  im  sand  ((/«rcAje/ien)  abarbeitete.  45, 2&5: 
Statt  dasz  andere  nur  für  ihre  person  schwimmend   sich   il- 


11 


ABÄREN  — ABBEEREN 


ABBEEREN  ^  ABBETTELN 


12 


arbeiteten.  18,  247.  intransitiv:  der  wein  hat  noch  nicht 
abgearbeitet,  sich  noch  nicht  aus  der  gährung  geklärt,  s.  ar- 
beiten. 

ABÄREN,  s.  aberen. 

ABÄRGERN  sich,  irascendo  consttmi,  durch  ärger  abmalten. 

ABART,  f.  proles  degener,  aus  der  art  geschlagenes  ge- 
sehlecht :  so  ist  diese .  abart  euer  söhn  nicht  mehr.  Schiller 
105;  mönche,  eine  abart  des  menschlichen  namens,  das.  789; 
der  enivcl  abart,  entarlcle  nachkommen,  auch  blosze  wieder 
erblich  gewordene  spielart :  das  iiesch  eine  abart  des  schilfes. 

ABARTEN,  dcgenerare,  aus  der  art  schlagen:  von  der  ur- 
sprünglichen natur  abarten.  Wieland  7, 145 ;  das  geblüt  kann 
leicht  abarten;  der  söhn  ist  vom  vater  abgeartet. 

ABARTUNG,  f.  degciieratio,  das  schlagen  aus  der  art,  gleich- 
viel mit  entartung,  aiisartung. 

ABÄSCHERN,  s.  abeschern. 

ABÄSTEN,  ramos  amputare,  dem  bäum  die  äste  nehmen. 

ABÄTHMEN,  cvaporare,  bei  den  metallarbcitern  ausglühen, 
luft  und  dampf  herausziehen  lassen. 

ABÄTZEN,  abetzen,  dcpascere,  beinahe  gleich  viel  mit  abäsen, 
doch  allgemeiner  von  allen  Ihieren :  die  weide  abetzen ;  hewschre- 
cken,  die  nicht  bawen,  sundor  allein  die  friicht  abätzen.  Frank 
ehron.  218";  die  pferde  für  und  für  den  weizen  abetzten.  Frey 
garteng.  13';  förchten,  er  wurde  die  weide  abetzen.  Pauli 
12;  hieng  er  mit  so  scharfen  lüsternen  blicken  an  dir,  als  ob 
er  etwas  von  dir  abätzen  wollte.  Wieland  16,  2C3  (vgl.  oben 
aas,  das  kosende);  dergleichen  matten  werden  im  frülijahr  ab- 
geätzt, und  wenn  das  heu  gemacht  ist,  wachsen  sie  abermals 
stark  genug,  so  dasz  die  kühe  bis  auf  den  winter  hinreichende 
nahrung  finden.  Gütiie  43,  204.  wie  nun  ätzen  mit  beizen 
gleichviel  ist,  angewandt  auf  das  einfressen  der  schärfe  und 
säure,  gilt  auch  abätzen  von  solchen  ätzenden  mittcln. 

ABÄUGELN,  oculis  nutantibus  impetrare,  mit  den  äugen  er- 
langen: er  hat  es  mir  durch  freundliche  blicke  abgeäugelt, 
vgl.  liebäugeln;  in  der  Jägersprache,  wild  ohne  hund  mit  den 
äugen  aufsuchen. 

ABÄUSZERN,  colorium  dimiticre,  den  bauer  vom  hofe  setzen, 
des  erbes  entsetzen,  entäuszern,  vom  gute  verstoszcn.  Moser 
patr.  ph.  1, 145.  2, 102.     besser  und  üblicher  ist  abmeiern. 

ABBACKEN,  male  pinsi,  cogui,  nnl.  afbakken,  von  dem  brol, 
dessen  rinde  und  krume  sich  sondern:  ausgewachsenes  getraide 
macht  das  brot  abhacken  {dasz  es  abbäckt.)  transitiv,  das 
backen  beendigen:  der  becker  hat  abgebacken. 

ABBADEN,  balnco  ablucrc,  ein  kind  abbaden,  badet  das 
kindlin  im  wein  ab.  Garg.  UO' ;  figürlich,  die  sünde  in  der 
reue  ijibbaden :  hilf  uns,  daj  wir  sie  abe  gebaden  mit  staite 
wemder  riuwe    Walth.7,  40. 

ABB.\LOEN,  pellem  detrahere,  den  balg  abstreifen:  einen 
luchs  abbalgen.     die  abgebälgten  (ausgekernten)  erbsen.  Hoh- 

BERC    2,  41* 

ABBALZEN,  desinerc  in  pi-urilu,  aupioren  zu  balzen,  der 
auerhahn  iiat  abgebalzt. 

ABBAMSEN,  coria  percuierc,  bei  den  gerbern,  die  feile  klop- 
fen,    entstellt  aus  abwamsen,  abwarnschen. 

ABBANGEN,   metum  inculiendo  adimere,    durch  bange  ma- 
chen abnöthigcn,  ein  kühn  von  Lessinc  2,  269  gewagtes  worl: 
din  geld, 
gelil  einem  Juden  abzuhängen. 

AEB.\NSEN,  ex  horreo  removere,  aus  der  lenne,  wo  die  gar- 
ten liegen,  wegnehmen:  körn  abhansen.    , 

ABBASTEN,  corticem  adimere,  den  bast  abziehen,  einen 
bäum  abbasten. 

ABBAU,  m.  cultura  dr.ficiens,  herahkommen,  liegen  lassen 
des  baus,  gegensatz  von  anbau,  im  mittelalter  mansus  absus, 
gegenüber  dem  vestitus :  weinzierl,  welche  der  rcben  übel  war- 
ten, die  Weinberge  in  abbau  bringen.    Hoiirerg  1,  330'. 

ABBAUEN,  culturam  remitiere,  den  landbau,  bergbau  liegen 
lassen,    bei  Locau  häszt  es: 

soUlaien  bauinn  :ii).  die  neulich  l)aulcn  an, 
soll  bauer  und  soldat  vcrlretcn  einen  mann?; 

hier  wurden  vor  alter  zeit  die  tagllötze  abgebaut.  Götiie  51, 
111 ;  jene  ersolTenen  abgebauten  tiefen.  50, 175 ;  die  zeche,  der 
Weinberg  ist  abgebaut. 

ABBAUMEN,  ab  arbore  avolare,  hei  den  jdgem:  der  auer- 
hahn bäumet  ab,  was  sonst  auch  steht  ab  heiszl. 

ABBÄUMEN,  telam  a  liciatorio  removere,  bei  den  webem, 
das  fertige  gewcbc  vom  bäume  nehmen. 

ABBEEREN,  baccas  leger«,  die  beeren  abbrechen,   den  Strauch 


abbeeren,  ablesen,  ursprünglich  die  beeren  ab  dem  Strauche 
nehmen,  beeret  jede  minute  eures  ersten  triumphtages  ab. 
J.  Paul  Hesp.  3,205. 

ABBEEREN,  depsere,  vom  ahd.  perian,  nM.  bern,  abe  bern, 
drücken,  kneten,  schlagen:  demnach  so  thu  gummi  darein  und 
machs  in  ein  pflaster,  beere  es  ab  mit  wundbalsam  so  lang, 
dasz  sie  ein  kalte  form  überkommen.  Paracelsi  chirurg. 
sehr.  1618.  29';  disz  alles  zerlasse  mit  einanderen,  beer  es 
nochmalen  ab  mit  camillenöl  und  mache  zapfen  daraus.  Fel. 
WüRTZ  practica  p.  425.  andeiemal  bedeutet  es  prügeln  und 
schlagen :  wolt  ich  ihn  so  jämmerlich  abhören  mit  diesem 
stecken.     Fischart  Garg.  cap.  37 ; 

das  hab  verschuld  ein  guts  abpern.  Ayrer  339',  gute  schlage 
verdient. 

ABBEFEHLEN,  franz.  contremander,  den  befehl  zurückneh- 
men: die  angesagte  Jagd  ist  abbefohlen  worden. 

ABBEGEHREN,  expctcre,  abverlangen:  das  mir  abbegehrte 
schreiben  folgt  anbei,  früher  auch  von  seiner  stelle  fortwollen, 
entlassung  begehren :  wann  ein  Vormünder  abbegcrt,  soll  er 
erlassen  werden.     Frankf.  rcf.  VIL  7,  7. 

ABBEHALTEN,  das  abcfcnommene ,  abgelegte  nicht  wieder 
aufsetzen,  anlegen,  ich  will  den  mantel  (von  der  schuller)  ab 
behalten,  er  behielt  seinen  hut  (vom  köpfe)  ab.  hier  ist,  wie 
in  abhaben  ab  noch  loses  adv. 

ABBEISZEN,  demorderc,  nnl.  afbijten,  davon  beiszen.  sicli 
die  nägel  (vom  finge)-)  abbeiszen.  der  schlänge  den  köpf  ab- 
beiszen.  die  wurzel,  die  pflanze  ist  abgebissen,  praemorsa. 
den  heiligen  die  füsze  abbeiszen  gilt  von  frömmlern,  wenn  sie 
die  bilder  küssen. 

ABBEIZEN ,  derodere,  mit  ätzender  schärfe  wegschaffen,  bei 
gerbern,  die  haare,  das  feil  abbeizen,     abgebeizte  wolle. 

ABBEKOMMEN,  etwas  davon  bekommen:  er  hat  auch  eins 
abbekommen,  ich  musz  mein  theil  davon  abbekommen,  ich 
bekam  endlich  ein  stück  ab.     vgl.  abkriegen. 

ABBELLEN,  instar  latrantis  canis  recitarc,  herbellen  :  er  hat 
seine  predigt  abgebellt,  von  lauten  aber  eintönigen  rednem, 
sich  abbellen,  von  hunden  die  zu  bellen  außören. 

ABBENGELN,  faste  percutere.  mit  dem  knüttel  oder  unge- 
brannter asche  abbengeln.    Simplic. 

ABBERUFEN,  rct'ocare,  von  einer  stelle  zurückrufen,  gleich- 
viel mit  dem  einfacheren  abrufen:  der  gesandte  wurde  von  sei- 
nem liofe  abberufen,  in  der  rechtssprache,  ro»  einem  urtheil 
ab  sich  an  ein  anderes  gericht  wenden. 

ABBERUFUNG,  f.  rcvocatio,  appellatio :  die  von  den  klägern 
eingewandte  abberufung  an  den  groszen  lath.  Wieland  20.  54. 

ABRESCHEISZEN,  fraudare,  gröblich  entfremden:  ivie  einer 
seinem  nechslen  das  sein  abbescheiszen  wolle.  Tiiurneissers 
alchymia  2,  06.     stärker  als  das  edlere  abbelriegen. 

ABBESEMEN,  scopis  everrere,  mit  dem  besen  abkehren. 

ABBESOLDEN,  integram  tribuere  mercedem,  auslohnen  und 
entlassen:  alle  zum  Singspiel  gehörigen  personen  wurden  so- 
gleich abbesoldet;  dasz  redliche  Soldaten  der  gebühr  nach 
nicht  abbesoldet  werden.    Philander  2,  551. 

ABBESTELLEN,  was  abbefehlen,  nur  minder  vornehm:  ein 
kleid,  den  taglöhner  abbestellen,  in  Kursachsen,  wo  ein  gesctz 
sogar  eine  vieljährige  ehe,  die  kein  elterliclier  consens  geschlos- 
sen, wieder  aljbestellen  (aufheben)  kann.    J.  Paul  Tit.  2, 172. 

ABBETEN,  preces  recitarc,  gleichsam  vom  roscnkrnnz  ab: 
er  betet  seinen  spruch  wieder  al),  thut  nichts  als  abheten : 
die  litanei  demütig  abzubelen.  Götiie  31,  37.  Oß  durch  bitte 
und  gebet  erlangen,  gutmachen,  von  sich  abtvcnden :  es  niü<t 
ein  armer  teufel  sein,  dem  die  soltcn  eine  seele  abbetrn. 
Luther  5,170';  knien  und  seine  sünde  abheten;  ein  unglück 
abbeten ;  busze  abgebeten,  -wcisth.  3,  359 ;  kann  er  es  abge- 
beten, so  darf  er  es  nit  abgelten.   2,  411. 

ABBETRIEGEN,  fraudare,  betrüglich  entziehen,  mhd.  abe 
ertriegen:  etlich  alte  weiber  hetln  alts  schatzgelt,  den  zog 
ichs  ab.    Ayrer  59';  Locau  sagt  s.  80: 

einem  amlcrn  abgclicl)et, 
einem  andern  abgcdioltot, 
einem  andern  abpelopcn. 
einem  andern  abbciroLTcn 
weib,  gcld,  gut,  vidi.  " 

ABBETTELN,  emendicare,  nnl.  an)edelcn,  bettelnd  furdem : 
geben  wir  was  wir  vermugen  und  doch  am  andernmal  wider 
abebettcln.  Luthers  br.  3, 102 ;  er  hat  mir  das  geld  abgebet- 
telt; wenn  du  einst  mit  fremden  abgebettelten  sitlen  wieder 
kämest.    Tieck  Slcnib.  t,  19. 


13 


ABBEüGEN  —  ABBLASEN 


ABBLASSEN  —  ABBR:\NDLER 


14 


ABBEUGEN,  defleclere,  ablenken,  die  richtige  form  ist  aber 
abbiegen,  das  eu  gebithrt  nur  der  zweiten  und  dritten  pers. 
sg.  oder  dem  imp.  sg.  beug  ab  von  dem  weg!,  nicJU  den 
übrigen  formen:  ich  will  nun  abbeugen;  welche  mit  bosheil 
anders  wohin  abbeugen  das  recht.    Voss. 

ABBEL'GÜNG,  f  dcflexio,  besser  abbiegung :  durch  gewalt- 
same abbeugung  ihres  gesichts  suchte  sie  die  thronen  zu 
bergen. 

ABBEÜTEN,  depraedari,  als  beute  davon  tragen:  auch  den 
wilden  mehr  victalien  abzubeuten.  H.  Stadex  bii;  den  wil- 
den {leuten)  pfeffer  und  meerkatzen  abgebeutet,  das.  0  ii ;  wel- 
che sie  Ton  andern  geraubet  und  abgebeutet  hatten.    Simplic. 

ABBEZAHLEN,  integre  solvere,  nnl.  afbetalen,  toll  bezah- 
len: die  schuld  ist  abbezahlt;  der  rächenden  Vergeltung  ab- 
bezablen.  Klisger  7, 158.  auch  einen  Iheil  zahlen :  zehn  gül- 
den sind  davon  abbezahlt,  abgetragen,    s.  abzahlen. 

ABBIEGEN,  deflectere,  ablenken,  abtreichen,  ich  biege  ab, 
du  beugst,  er  beugt  ab,  von  wo  man  eu  auf  alle  gestallen  des 
Worts  erstreckt  hat.  abbeugen  klingt  nicht  dichterischer,  wol 
aber  hat  die  dichtersprache  das  eu  zu  hegen,  wo  es  berech- 
tigt ist. 

ABBIEGUNG,  /".  deflexus,  ablenkung. 

ABBIETEN,  proclamare,  von  der  kanzel  herab  verkünden, 
entbieten:  weil  ich  auch  mit  dieser  braut,  die  als  ein  jung- 
fraw  abgebotlen,  so  schentlich  betrogen  bin.  Thcrneissebs 
ausschr.  3. 117.  bei  Versteigerungen  tijüher  bieten,  so  dasz  das 
vorige  gebot  herab  kommt:  die  leute  boten  ab  und  zu. 

ABBILD .  fi.  efßgies,  ein  von  etwas  genommenes  bild,  das 
erfundne  bild  ist  kein  abbild,  abbild  verlangt  ein  Vorbild,  das 
vor  dem  bildenden  stehe,  in  diesem  sinn  scheint  abbild  fri- 
scher und  lebendiger  als  das  blosze  bild:  auf  das  vorbild,  auf 
das  gewirkte  abbild.    Güthe  59,  34; 

wie  angenehm  ist  doch  die  liebe 

erregt  fhr  abbild  zarte  triebe. 

was  wird  das  Urbild  selber  sein?    Haller; 

reiner  tugeod  reinster  spiegel, 

abbild  aller  frömmigkeit.  Schottelics  lustg.  1&47  «.105; 


du  guter  alter  mann, 

du  abbild  der  verflosznen  treuen  zeit. 


TiECK  2,  40. 


ABBILDEN,  ad  efßgiem  formare,  nnl.  afbeelden,  bild  von  etwas 
entwerfen,  die  blume  abbilden,  bild  von  ihr  nehmen,  gott  soll 
man  nicht  abbilden,  weil  man  es  nicht  kann,  er  in  keiner  ge- 
stalt  uns  vor  äugen  steht,  das  abgebildete  tritt  der  gestalt, 
dem  Urbild  gegenüber,  sie  wissen  sogleich  die  originale  zu 
ilin  abgebildeten  characteren.  Rabener  1, 121.  ein  von  J.  Pacl 
inesth.  1,  94)  verwandtes  abbildern  ist  entbehrlich,  da  abbilden 
dasselbe  aussagt. 

ABBINDEN,  ligamen  sohere,  nnl.  afbinden,  den  haß  lösen. 
ein  tuch  (vom  hals,  arm),  die  sciiürze  (vom  leib)  abbinden, 
den  erhängten  (i;oni  galgen).  Wundärzten  gilt  abbinden  ßr 
unterbinden,  ein  glicd  abbinden:  ich  hatte  eine  kleine  warze, 
man  hat  sie  mir  glücklich  abgebunden.  GörnE  20, 41.  das 
kalb  {von  der  kuh)  abbinden  heiszt  es  allein  stellen,  entwöh- 
nen, den  baren  abbinden,  eine  schuld  bezahlen,  einigen  hand- 
werkern,  zimmerleuten  und  faszbindern  ist  abbinden  fertig  bin- 
den: das  gebäude  sieht  abgebunden,  alle  säulen,  bänder  sind 
gelegt;  das  fasz  ist  abgebunden,  von  allen  reifen  umgeben. 

ABBISZ,  m.  pars  succisa,  bisz  von  etwas  herunter,  so  nen- 
nen die  Jäger  den  ort,  wo  der  hirseh  das  junge  laub  abgebis- 
sen hat;  eine  pflanze  heiszt  abbisz,  teufeis  abbisz,  scabiosa 
succisa,  wetl  ihr  herz  kurz  ttbgebissen  scheint,  was  der  Volks- 
glaube dem  teufel  zuschreibt. 

ABBITTE,  f  deprec'jtio,  b  He  um  Vergebung  eines  fehlers :  einem 
r.bbilie,  fuszfalligc.  kniende  abbitte  thun ;  auf  meinen  knien 
will  ich  abbitte  Ihun.  G»3TnE4,  20;  abbitte  ist  die  beste  busze. 

ABBITTEN,  deprecari,  nnl.  afbiddcn,  eigentlich  von  einem 
erbitten,  vorzugsweise  gnade,  Schonung,  Verzeihung.  Lctuer 
1,  22  unterscheidet  abbitten  und  erbillen,  das  gute  werde  erbe- 
ten, das  böse  abgebeten,  doch  verwendet  er  sonst  auch  abbit- 
ten ßr  erbitten :  nicht  zwingen,  sondern  durch  freundlich  er- 
mahnen abbitten,  br.  3,5;  vielleicht  liesz  sich  der  Ordinarius 
abbitten,  br.  1,82.  heute  nur  flehend:  ich  bitte  dir  alles  ab; 
•lasz  ich  ihr  meine  harte  mit  heiszcn  thräncn  abbitte.  Götter 
.,  119 ;  niedergekniet,  abgebeten  I  3,  506. 

ABBITTIICH:  die  gerechligkeit  goties  kann  nicht  als  gütig 
und  abbittlich  vorgestellt  werden.    Kaxt  6,  319. 

ABBLASE.N,  deflare,  nnl.  afblazen,  wegblasen,  davon  blasen  : 
den  staub   vom  kleide,   den  söud  vom  tische,   die  hilzc  von 


der  speise  abblasen,  dann,  mit  ellipse  des  gegenständes,  das 
kleid,  den  tisch  abblasen ;  die  suppe  im  loffel  abblasen,  kalt 
blasen;  ein  stück,  ein  lied  abblasen  votn  home  weg;  der 
Wächter  bläst  eben  ab;  wir  sagten  ihm,  er  blase  sein  leben 
gern  auf  einer  trauerflöte  ab.  J.  Pacl  [komet  3,  223.  oß  heiszt 
es  zum  abzuge  blasen: 

der  obergott  war  froh,  befabl  nun  abzublasen.    Opitz  ; 

liesz  vom  stürme  abblasen.  Lohexst.  Arm.  1,1132.  dann  auch 
abblasen,  zu  blasen  außören. 

ABBLASSEN,  pallescere,  erblassen,  erbleichen,  hier  blaszte 
er  ab,  erblich  er;  die  rolhe  färbe  blaszt  leicht  ab. 

ABBLATTEN,  defringere  folia,  nnl.  afbladen,  blätter  ablne- 
chen,  wie  an  reben  und  kohl  geschieht:  den  wein  abblatten. 
die  Jäger  netinen  abblatten,  wenn  das  wild  von  grünem  laube 
friszt. 

ABBLÄTTERN,  pricare  foliis,  nnl.  afbladeren,  entblättern, 
allgemeiner  gültig  als  das  landwirltchaßliche  abblatlen:  der 
&-ost  blättert  die  bäume  ab.  sidi  abblättern,  blätterweise  ab- 
lösen: die  fingemägel  blättern  sich  ab,  der  kuchen  blättert 
sich  ab. 

ABBLÄTTEHUNG,  f.  bilder,  zugeflogne  abblätterungen  von 
der  wirklichen  weit.    J.  Fall  aesth.  1,  55. 

ABBLÄUTN,  tincturam  caeruleam  affricare,  vom  blauen  tuch, 
das  abfärbt,  die  färbe  faliren  läszt. 

ABBLÄUEN,  percutere,  verberare,  prügeln:  den  buhler  hal- 
ten und  abbläuen.    KiRcunoF  wendunm.  296'; 


und  sorgte  ihr  mit  jedem  tage 
den  rücken  zehnmal  abzubläun. 


Weisze. 


ABBLÄULEN,  dasselbe,  ahd.  aba  pliuwilön:  zerrieben  und 
abgeplaulet.    Simplic.  1,  595,  von  dem  geschwungnen  hanf. 

ABBLEIBEN,  nnl.  afblijven,  davon  bleiben,  besser  ungebun- 
den zu  sclireiben :  von  geföhrlichen  stellen  musz  man  ab  blei- 
ben; dieser  knöpf  soll  ab  bleiben,  nicht  angenäht  werden. 

ABBLEICHEN,  eolorem  amittere,  die  färbe  verlieren:  abge- 
blichen slehn  die  hügel.  transitiv,  ausbleichen :  es  ist  ahge- 
blcicht.  sie  kannten  kaum  die  abgebleichte  gestalt.  J.  Faul 
Hesp.  4,130. 

ABBLICKEN,  relucere,  auf  der  schmelzhiUte  ein  zeichen  völ- 
liger reinheit  des  metalls:  das  silbcr  blickt  ab.  s.  blicken. 

.\BBLITZEN ,  flammam  concipere  nee  crepare,  abbrennen  und 
nidit  losgehn:  das  gewehr  blitzte  ab.  auch  mit  blitzen  nach- 
lassen: der  himmel  hat  abgebirtzt. 

ABBLÖKEN,  balando  recitare,  her  blöken:  ein  lied  ab- 
blüken. 

ABBLÜHEN,  deflorescere,  atisblüiien,  zu  ende  blOlien:  das 
kom,  der  wein  hat  jetzt  abgeblüht;  ihre  Schönheit  blüht  schon 
ab;  abgeblühte  rosen,  abgeblühte  tage. 

des  lebens  mai  blüht  emmal  und  nicht  wieder, 
mir  hat  er  abgeblüht.  Scuillsk  1,  161. 

ABBLÜTE,  f.  defloratio,  das  abblühen,  zeit  der  blQle  Und 
der  abblüte. 

ABBLÜTEN,  deflorare,  der  blute  berauben: 
jedes  glück  des  lebens  abgeblötet. 

ABBOHNEN,  depolire,  nnl.  afboenen,  einen  lisch,  schrank 
abbohnen,  reinigen. 

ABBOHREN,  perforarc,  tm  bergbau,  fertig  bohren,  ein  loch 
abbohren.     der  dazu  diensame  bohrer  heiszt  der  abbohrer. 

ABBÖREN,  $.  abbeeren. 

ABBORGEN,  mutuari,  entlehnen:  geld  abborgen;  einem 
einen  armseligen  einfali  abborgen. 

.\BBOSCHEN,  abdämmen,  abdachen :  dieser  (abhang)  ward 
nun  abgehöschl.  GOrnE  30,  00 ;  von  beiden  seilen  weinbau, 
links  mit  mauern  eingefaszt.  rechts  abgcböscht.  Göthe  43, 
251 ;  wir  sahen  über  einen  allen  buchenbei^  eine  kunstsirasze 
führen,  da  denn,  um  fläche  zu  erhalten,  stark  abgebüscht 
worden  muslc.  Gütbe  58.  157.  In  der  kriegsbauk-unst  unter- 
scheidet man  büschung  {franz.  talul)  von  abdacliung  (penle), 
die  büschung  ist  steiler,  die  abdachung  allmälicJi. 

ABBOSSE.N,  ABBOSSELN,  effigiare,  einen  körper  in  weicher 
masse  darstellen,  nachbilden,  von  der  glatze  bis  auf  die  sohle 
abgebo«sclt.    J.   Paul  Siebenkäs  3, 104. 

ABBR.\.ND,  m.  ponderis  metalli  per  purificationem  deminu- 
tio, in  der  sdimelzhütte,  was  vom  erz  beim  brennen  und  aus- 
schmieden am  gewicht  abgegangen  ist. 

ABßIL\NOLER,  o».  collector  siipis,  der  auf  den  brand  bet- 
telt oder  ßr  abgebrannte  geld  einsammelt. 


15 


ABDRÄNGEN — ABBRECHEN 


ABBRECHEN  —  ABBRÖCKELN 


16 


ABBBANGEN,  s.  abprangen. 

ABBR\TEN,  plcnc  assare,  ausbralen,  fertig  bralcn:  eine 
gans,  ein  hulin  abbraten,  wenn  sie  hall  gegessen  werden  sol- 
len; leg  den  braten  morgen  bald  zu,  und  soll  in  kiil  und  lang- 
sam abbraten,  das  er  nicht  verbrin.  Eulenspiegel.  Erfurt  1538. 
cap.  64.    auch  uneigenllich :  er  ist  am  feuer  ganz  abgebraten. 

ABBRAUCHEN,  plene  uli,  verbrauchen,  abnützen:  ein  abge- 
brauchter rock,  uneigenllich:  dein  stolz  ist  abgebraucht. 
Opitz  2,  427 ;  abgebrauchter  pöbelhafter  spott.  Herder  1,  45  ; 
abgebrauchter  ^vitz. 

ABBRAUNEN,  colorem  fuscum  amitterc,  die  braune  färbe 
fahren  lassen. 

ABBRÄUNEN ,  fuscare,  ganz  braun  machen,  einen  braten 
abbräunen.     die  sonne  hat  ihn  abgebräunt. 

ABBRAUSEN,  cessare  ab  aestu,  ausbrausen,  der  niost  hat 
abgebraust,  er  musz  erst  abbrausen,  von  seiner  hilze  zu- 
rückkommen, auch  brausend  davon  gehen:  der  dampfwagen 
brauset  eben  ab ;  er  gerieth  in  wut  und  brauste  ab. 

ABBRECHE,  f.  emunclorium,  geräth  zum  abbrechen  des 
dochts,   lichtschcrc,  Uchlputze.     Keisersberg  brösamlin  95'; 

der  ist  gar  ein  weiser  mnnn, 

der  von  holdem  abbrech  machen  kann. 

SiMiiocK  sprichu).  1152t  aus  Agricola. 

ABBRECHEN,  defringere,  decerpere,  nnl.  afbreken,  davon, 
herab  brechen,  den  apfel  (vom  batim)  abbrechen,  blumen  (vom 
Strauch)  abbrechen,  die  zelte  (von  der  stange)  abbrechen,  den 
faden  (vom  gewebe)  abbrechen,  die  parze  brach  den  faden  seines 
lebens  ab  (von  der  spindel).  den  butzen  (vom  licht)  abbrechen, 
das  schlosz  (von  der  thür)  abbrechen,  die  thür  (von  der  wand) 
abbrechen,  das  haus  (vom  boden)  abbrechen,  das  dach  (vom 
haus)  abbrechen,  die  mauer  (vom  gründe)  abbrechen,  den 
dorn  (vom  zäune)  abbrechen,  das  eisen  (vom  hufe)  abbrechen, 
die  spitze  (vom  degen).  es  kann  aber  zuweilen  der  gegenständ, 
von  dem  gebrochen  wird,  tn  den  acc.  gestellt,  und  der  abge- 
brochne  ausgelassen  werden:  den  bäum  ganz  abbrechen,  d.  i. 
alle  äpfel  daran,  das  licht  abbrechen,  pulten,  das  bett  ab- 
brechen :  der  lehnmann  soll  sein  bettchen  abbrechen,  weislh. 
2,  422. 

Anwendung  auf  andere  dinge,  die  forlgang  und  dauer  ge- 
habt hatten,  ergibt  sich  leicht,  wie  den  faden  der  gleichsam 
gesponnenen  rede  abbrechen,  heiszl  es  kürzer:  die  rede  abbre- 
chen, das  gespräch,  die  Unterhaltung,  die  Unterhandlung, 
einen  brief  abbrechen,  er  brach  seine  wortc  (vom  munde) 
ab:  ein  wort  für  dem  maul  abbrechen.  Luthers  br.  5,  617. 
den  kämpf,  die  schiacht,  den  feldzug  abbrechen,  einen  (in 
der  Zeitschrift  begonnenen)  aufsatz  abbrechen,  seinen  aufent- 
halt  abbrechen:  dasz  sein  aufcnthalt  in  so  vollkommner  go- 
sellschaft  vielleicht  bald  abgebrochen  werden  müsse.  Götiie 
17,  212.  abbrechen  für  sich  allein,  ohne  beifügung  des  gegen- 
ständes, meint  die  rede,  das  gespräch:  er  brach  ab,  brach 
kurz  ab,  brach  plötzlich  ab,  wir  wollen  lieber  abbreciien,  da 
wir  unterbrochen  sind;  der  predigcr  bricht  ab;  er,  der  mich 
nicht  furchtsam  machen  wollte,  l)rach  ab.  Göthe  19,273;  um 
so  mehr  als  .Jarno,  von  dem  er  einige  auskunft  verlangte, 
kurz  abbrach  und  sich  entfernte.  20,  34. 

Redensarten:  etwas  über  das  knie  abbrechen,  eine  sacbc 
zu  grün  abbrechen  (bevor  sie  reift),  übereilen,  die  Ursache, 
den  vor^vand  vom  zäune  brechen,  der  wind  hat  den  bäum 
gerade  über  der  wurzel  abgebrochen,  die  glieder  abbreciien 
heiszt  bei  den  Soldaten  lange  glieder  in  kurze  sondern;  die 
hunde  abbrechen,  bei  den  Jägern,  ihnen  das  maul  mit  gewalt 
öfnen,  wenn  sie  sich  verbissen  haben;  das  hier  abbrechen,  bei 
den  brauern,  es  mit  langen  Stangen  rühren. 

Mit  dem  daliv  der  pcrson  oder  einer  sacke  bedeutet  ahhrc- 
chen  einhält,  abbruch  thun,  schaden,  entziehen,  verkürzen  und 
ähnliches. 

noch  weit  ich  nit,  das  wurd  gesprochen, 

das  ich  hell  einer  abgeprorlnii.    fastn.  Dp.  2.12,  15; 

den  durst  soltu  mir  nii  abprechen.  352,  25; 

er  bricht  sich  selbst  diiinil  ali,  entzieht  sich  etwas  dadurch, 
schadet  sich;  er  liricht  sich  nichts  al),  versagt  sich  nichts; 
er  hat  sich  den  wein  abgelirochen,  den  genusz  des  weins  ent- 
zogen, dies  sich  alibrechen  gleicht  dem  lat.  continere  sc  a 
cibo.  denn  wer  wil  einem  menschen,  der  solciien  trotz  hat, 
abbrechen  oder  schaden?  Lithkr  6,  200';  er  hat  verkürzet 
meine  tage,  denn  er  bricht  abe  dem  allen  menschen.  Liitmer 
t,  30*.  3,20;  ich  habe  che  wollen  der  deudschen  sj-rjchc  ab- 


brechen, denn  von  dem  wort  weichen  (bei  der  Übersetzung) 
Luther  5,  143';  weil  auch  ich  mit  meim  schreiben  den  bil- 
den mehr  abbrochen  habe,  denn  Carlstat  mit  seinem  stür- 
men; ein  könig  läszt  sein  kind,  eh  er  dem  land  abbricht. 
Opitz  1,  221;  seiner  seele  abbrechen,  pred.  Salom.  4,  8; 
wann  wo  kein  lasier  war,  war  keine  tugcod  niclit, 
denn  lugrendhaft  ist  der,  der  laslern  abebricht.    Logau  2,213. 

Hieran  hängen  feine  unterschiede  zwischen  acc.  und  dat. 
er  brach  seine  rede  ab,  hörte  auf  zu  reden,  brach  seiner 
rede  ab,  redete  kürzer;  die  worte  abbrechen,  nicht  weiter  re- 
den, den  Worten  abbrechen,  die  worte  abkürzen,  mäszigcn: 
Florindo  brach  seinen  worten  ab ,  wo  er  wüste  und  kunte, 
aus  beisorge  er  möclite  zu  weinen  angereizet  werden.  Chr. 
Weises  kluge  leute  19.  wir  wollen  das  spiel  abbrechen,  nicht 
mehr  spielen,  wir  wollen  heute  dem  spiel  abbrechen,  um 
mehr  lesen  zu  können,  weniger  spielen;  den  schlaf  abbrechen, 
ablassen  zu  schlafen,  dem  schlaf  abbrechen,  kürzer  schlafen, 
oß  mag  es  gleichviel  sein,  welcher  casus  stehe,  einem  den 
lohn  abbrechen,  dem  lohn  abbrechen,  an  dem  lohn  abbre- 
chen, im  Simplic.  mehrmals  sich  nicht  abbrechen  für  enlbre- 
chen,  enthalten:  dasz  er  ihm  (sibi)  nicht  abbrechen  konte 
mich  zu  küssen;  das  kam  mir  so  lächerlich  vor,  dasz  ich 
mir  nicht  abbrechen  konte  darüber  zu  schmollen  (continere 
me  non  potui  quin). 

Einzcliie  jener  transiliva,  die  den  acc.  (nicht  die  den  dat.) 
bei  sich  haben,  können  mit  Wandlung  des  acc.  in  den  nom., 
oder  auch  auslassung  des  acc.  intransitiv  gesetzt  werden,  der 
faden  bricht  hier  ab,  die  rede,  das  gespräch  brach  ab,  seine 
worte  brachen  ab,  der  kämpf  muste  abbrechen,  alles  brach 
nun  ab.  das  pferd  ist  abgebrochen ,  losgebrochen,  weisth, 
3,  6S3. 

ABBRECHEN,  das  brechen  des  flachses  vollenden,  wir  ha- 
ben bald  abgebrecht,  verschieden  von  dem  pari,  abgebrochen 
des  vorigen  worles. 

ABBRECHUNG,  f.  abruptio :  die  schöne  abbrechung  in  die- 
sen Worten  fiel  ungemein  glücklich  aus.     Lessing  4,  171. 

ABBREITEN,  s.  abpochen. 

ABBRENNEN,  abbrann,  igne  consumi,  vom  feuer  entzündet, 
verzehrt  werden,  verglühen,  das  entzündete  holz  brennt  ab". 
Göthe  28,  42;  das  feuer  brann  ab;  die  abbrennende  tages- 
flamme  für  die  untergehende  sonne;  die  lustfeuer  des  eilig 
abbrennenden  frühlings.  ,1.  Paul  biogr.  1,  1 ;  hende ,  füsze, 
der  köpf  abgebrunnen.  Luther  3,  419;  ein  gutes  gcwehr 
musz  schnell  abbrennen.  H.  Sachs  schreibt  noch  abbrinnen: 
mein  spiesz  soll  mir  darin  nit  abbrinnen.     IV.  3,  2'. 

ABBRENNEN,  abljiannte ,  igne  consumere,  nnl,  afbranden, 
in  flamme  setzen,  entzünden,  eine  Qinte  abbrennen,  los  bren- 
nen, einen  wald,  ein  haus  abbrennen,  bei  den  ziegelbren- 
nern  heiszt  abbrennen  dem  ofen  durch  reisholz  die  letzte  hilze 
geben,  man  sagt  auch  einen  abbrennen,  ihm  haus  und  hof 
anzünden,  und  abgebrannt  bedeutet  arm,  von  gelde  und  allen 
mittein  cntblöszt:  da  er  mit  einiger  schalkhcit  zu  verstehen 
gab,  dasz  er  nicht  so  abgebrannt  sei,  als  er  aussehen  möge. 
Göthe  25,  167.  abgebrannte  des  lebens  (i)i  der  jugend  über- 
reizte menschen)  .J.  Paul  Titan  2,  124. 

ABBRINGEN,  abducere,  nnl.  afl)rengeii ,  von  etwas  bringen, 
entfernen,  flas  heu  abbringen,  abmähen,  ich  kann  ihn  von 
der  Sache  nicht  abbringen,  nichts  in  der  weit  soll  mich  da- 
von abbringeri,  man  brachte  ihn  bald  vom  rechten  wege  ab. 
die  rinde  liegt  so  fest,  dasz  man  sie  kaum  abbringt,  los- 
bringl.  er  ist  von  diesem  laster  glücklich  abgebracht.  Dann 
aber  auch:  die  sache,  das  laster  abbringen,  in  ungebrauck 
kommen  lassen:  sie  wollen  alle  .gute  sitte  abbringen,  ab- 
schaffen abstellen,  wirken  schneller,  bcfehlerischer ,  abbringen 
nach  und  nach,  der  fürst  scliaft  das  gesetz  ab,  die  obrig- 
keit  stellt  ein  fest  ab,  die  zeit  wird  den  aberglauben,  die 
öffentliche  ineinung  wird  das  verbot  schon  abbringen :  das 
ist  nun  endlich  abgebracht,  wie  der  holzhauer  ausruft,  wenn 
die  eiche  fällt,  ich  will  das  in  meinem  hause  gleich  ab- 
schaffen, abstellen,  aber  schon  wieder  abbringen,  ich  kann 
das  nicht  abstellen,  aber  ich  kann  den  flecken  nicht  mehr 
abbringen. 

ABBRINGUNG,  f  abduclio.  eine  abbringung  von  der  ge- 
gebnen bahn.     Kam   ^,  471. 

ABBRÖCKELN,  in  frusta  frangere,  in  kleinen  brechen  ab- 
lösen: den  kalk  v(>n  der  mauer  abbröckeln,  sich  abbröckeln. 
brockenweise  abfallen.  Ci.aluius  4,  73  setzt  abbröckeln  in- 
transitiv: die  tugend   wniikt  und  bnirkell  ab. 


17 


ABBROCKEN— ABBÜSZEN 


ABC  — ABDANKEN 


18 


ABBROCKEN,  gleich  dem  vortgen,  zerbrocknt. 

ABBRUCH,  m.  abruptio ,  avulsio ,  in  den  meisten  der  bei 
abbrechen  angegebnen  bedeutungen.  abbruch  des  hauses,  der 
mauer,  des  thurms,  des  obstes,  des  fadens,  des  kämpf», 
des  gespräches.  ein  Laus  auf  abbruch  verkaufen,  abbruch 
heiszt  auch  das  vom  wasser  abgebrochne  land,  den  schriß- 
gieszem  aber  das  über  der  form  slehn  bleibende,  abzubrechende 
metall.  Häufig  bedeutet  es  einlrag  schmälerung  abzug  schade: 
ein  wesen,  welches  über  allen  abbruch  an  seinen  zwecken 
erhaben  ist.  Kaat  3,  333;  ich  musz  ohne  abbruch  bezahlt 
werden ; 


dasz  das  allgemeine  heil 
keinen  abbruch  darr  crrahren, 
will  davon  ein  jeder  tlieil 
nemen  und  bei  sich  bewahren. 


LocAü  2,  16,  42 


mil  der  überschriß:  beraubter  gemeinkasten ; 

abbruch  will  an  seinem  wort  unser  irott  mit  nichten  leiden, 
Zusatz  soll  bei  seinem  wort  auch  sein  volk  nicht  minder  meiden, 
gottes  wort  nicht  lesen  dürren,  dieser  abbruch  ist  nicht  klein. 
LoGAU  2,  231,  132. 

tn  diesem  sinn  pflegt  es  mil  geben  und  thun  verbunden  zu 
werden : 

eine  maultasch  i^  ein  ding  zwar  nicht  sch.^dlich  an  dem  leben, 
auszer  dasz  sie  dem  gehör  abbruch  wil  und  nachlheil  geben. 
LoGAU  2,  26,  97. 

was  mir  der  schalk  für  abbruch  thul.    Wiela.nd  5,  ISl. 

die  biirgcr  thaten  auf  dem  riickzuge  in  Verbindung  mit  den 
Kaiserlichen  den  Franzosen  abbruch.  Güthe  43,  147.  Fr.\nk, 
nach  abbrechen  se  continere,  setzt  abbruch  ßir  enthaltsamkeil 
von  der  speise,  für  fasten  und  kasteien:  in  der  fast  plagen  si 
sich  mit  groszem  abbruch.  iceltb.  192' ;  bruder  Niclas  in 
Schweitz  genant,  ein  man  wunderparlichs  ahbruchs,  den  etlich 
gar  nicht  essen,  etlich  so  gar  wenig  gcssen  haben  schreiben. 
Chronik  270".  Bei  Lltiier  steht  abbruch  dem  zusatz  nutz  und 
tortheil  entgegen :  es  hat  weder  silber,  golt,  edel  gestein,  noch 
kein  köstlich  ding  so  manchfeltige  zusetze  und  abbruch  als 
die  guten  werk.  1,  224;  denn  es  unchristlich  ist  gemeines 
nutzes  und  Schutzes  genieszen  und  doch  nicht  gemeine  last 
und  abbruch  tragen.  8,  37"'  {vgl.  br.  2,  298.)  kleidung, 
darauf  nit  vil  kosten  zu  abbruch  der  haushaltung  angewendt 
worden.  Fischart  ehz.  78.  stümfflicher  abbruch  {plülzliche 
entxiehung)  soll  daneben  auch  nicht  sein.  Kirchhof  d«c.  mi7. 
31.     Aufhören  und  ende: 

die  besiimliie  zeit  des  abbruchs  unsrer  schänden, 
der  tvrannei  abbruch.    Weckherlijc  605. 
der  abbruch  deines  lebens.    Günther  235. 

Weckuermx  in  der  vorrede  zu  den  weltl.  ged.  nennt  auch  die 
caesur  abbruch :  und  also  den  so  lieblich  fallenden  und  mei- 
nem erachten  nach  gantz  künstlichen  abbruch  in  der  mitte  der 
langen    versen    sein    merkliches  wehrt  villeicht  gar  benehme. 

ABBRÜCHIG,  nocivus,  einlrag  thuend,  nachtheilig:  und  ist 
die  lere  dem  einfeltigen  volk  verfürlich  und  der  christlichen 
gewalt.  ..abbrüchig.  1,  540'.  enthaltsam:  in  reinem  und  ab- 
brüchigen laben.  Stumpf  2,  46.  Eigentlich  icas  abbruch  er- 
leidet: eine  abbrüchige  mauer  und  unabbrüchig,  ras  noch 
nicht  daiu  gedieh. 

.\BBRL'HE.N,  aqua  fervida  tollere,  mit  heiszem  wasser  weg- 
schaffen, die  haare,  federn  abbrühen  {von  haut  und  feil),  dann 
auch  das  schwein,  huhn  abbrühen,  und  weiter  angewandt, 
durch  Schillers  zehnmal  dbgebruhte  phrase.    Piate.n  294. 

ABRHCLLEN,  ein  lied  daherbrüUen. 

ABBHL'NFTEN,  ardorem  coeundi  amiltere,  in  der  Jäger- 
sprache aufhören  zu  brunßen. 

ABBRLTEN,  nimis  incubare  ovis ,  oß  brüten,  im  brüten 
ermatten,  abgebrüele  ammen.  Fiscuart  Garg,  131*,  abge- 
brülele. 

ABBÜRSTEN,  pulverem  delergere,  nnl.  afborstelen,  den 
staub  {vom  rocke)  abbürsten,  hernach  den  rock,  den  but  ab- 
bürsten, einen  derb  abbürsten,  lAn  arg  mishandeln,  vgl. 
abkehren. 

ABBÜSEMEN,  e  gremto  tollere,  gegenüber  dem  bebuseraen: 
alle  inkomcn  lüde  sollen  des  graven  sin,  si  enwerden  ime 
dan  afpcbusempt  als  recht  ist.  weislh.  1,  630. 

ABBÜSZEN,  emendare,  nnl.  afboetcn.  das  ah  empfängt  stnn, 
wenn  man  sich  das  ahd.  puozan  expiare  afr/uercrejecarc  (Graff 
3,225.226)  vergegenwärtigt  und  ein  ton  sich,  von  seinem  leibe 
hinzu  denkt,     die  sünde  abbüszen,  gleichsam  abwaschen,  von 


sich  wegschaffen,  nur  im  einzelnen  fall  mag  abbüszen  aus- 
sagen vollständig  büszen,  zu  ende  büszen,  plene  emendare. 

ABC,  n.,  die  von  den  drei  ersten  buchstaben  entnommne  be- 
nennung  der  ganzen  reihe  derselben,  wie  der  name  aiphabet 
nach  den  beiden  ersten  gebildet  ist,  mhd.  äbc,  4  bd  ce,  Be-S. 
1,  3.  doch  wird  in  der  grammatik  und  sonst  im  edlen  spracli- 
gebrauch  stets  aiphabet,  abc  hingegen  mehr  von  dem  eisten 
lernen  der  kinder  gesagt,  er  ist  noch  im  abc;  er  kommt 
nun  aus  dem  abc.  sie  fiengen  an  das  paternoster  zu  lernen, 
wenn  sie  betten  das  abc  schon  gelernt.  Pauli  schimpf  136'. 
es  wird  dann  auch  angewandt  auf  die  anfangsgründe  aller  an- 
dern erlernbaren  dinge: 

bedenkt  in  wol  und  weh 

dies  goldne  abc.    GöthbIO,  218. 

dasz  Newton  erst  hier  bemerkt,  was  zu  dem  abc  der  prisma- 
tischen erfahningen  gehört.  Göthe  59, 157 ;  er  fängt  mil  einem 
abc  der  empfmdungen  an.     J.  Paul  bücherschau  l.  Hl. 

AßCEBANK,  f.  auf  der  abcebaak  sitzen,  auf  der  untersten 
Schulbank. 

ABCEBÜBE,  m,  puer  abecedarius,  was  abceknabe,  abceschütz. 

AßCEBUCH,  n.  das  erste  dem  kind  in  die  bände  gegebne 
buch,  gewöhnlich  mil  lockenden  und  belehrenden  bildern  ge- 
schmückt, früher  mil  heiligenbildern  {s.  namenbüchlein).  abce- 
buchs  angesicht,  unschuldiges,  einfältiges  aussehn,  oder  grell 
und  bunt  gemahlt?  Bürger  40*. 

ABCEDAR,  n.  in  welches  wort  auch  noch  der  vierte  buch- 
stab  gezogen  ist,  kann  das  aiphabet  (abecedarium),  oder  mann- 
lich gebraucht  sowol  den  lehrer  als  schaler  des  abc  (abece- 
darius) bezeichnen;  J.  Pacl  bücherschau  2,  9  sagt  abcedarier 
und  verwendet  zugleich  ein  weiter  davon  gebildetes  adj.  abce- 
darisch. 

AßCEDIEREN,  in  der  musik,  die  tonleiter  singen,  it.  sol- 
feggiare. 

äBCEKNWBE,  m.,  puer  elementarius ,  ein  schüler  der  noch 
im  abc  ist. 

ABCELEHRER,  m.,  und  chmals  ein  abcelehrer  (pedantuzzo) 
des  herzogs  gewesen  war.     Göthe  35,  152. 

ABCESCHÜTZ,  m.,  althergebrachte  benennung  des  abcekna- 
ben,  kaum  weil  man  kindern  die  buchstaben  vormahlle  und 
um  sie  ihnen  einzuprägen  sie  mil  dem  bogen  treffen  hiess 
{was  sonst  Fischart  cap.  17  des  Gargantua  angebracht  haben 
würde),  sondern  weil  schütz  überhaupt  von  anwachsenden,  um- 
laufenden knaben  und  schülern  galt,  Tiio.  Plater  16.  20.  21; 
m.  s.  feldschütz,  flurschülz,  bogenschülz  und  abceteufel. 

ABCETAFEL,  f,  tafel  auf  welcher  die  buchstaben  den  kin- 
dern vorgeschrieben  waren,  herr  Truhald  Holofernes,  der  un- 
ser Sirotzengurgelchen  sein  namenbüchlin ,  sein  abceläflin, 
das  grosz  lehrprelt,  damit  Hercules  seinen  Ichmieister  Linum 
todt  schlug,  gar  bald  lehret,  dasz  ers  im  sinn  in  und  ausz- 
wendig,  hindersich  und  fürsich  kont,  wie  die  segmüUer.  Fi- 
SCBART  Garg.  140'. 

ABCETEUFEL,  m.,  gleichviel  mit  abceschütz,  wahrschein- 
lich aus  einem  scherz  alter  schulfeste  zu  deuten,  ah,  das  ist 
entweder  ein  junger  abceteufel  oder  sciiuelleufelin.  der  noch 
nicht  recht  buchstaben  kan ,  oder  ists  der  rechte  gelerle 
teufel?    Luther  6,  317',  vgl.  teufel,  armer  teufeh 

ABCONTERFEIE.N ,  effigiare,  abbilden,  nach  dem  franz. 
conirefairc.  H.  Sachs  IL  4, 58'.  Weckherlix  453  schreibt  abcon- 
Icrfehcn. 

ABCOPIEREN,  abschreiben,  copie  davon   nehmen. 

ABDACH,  n.  teclum  supereminens ,  nnl.  afdak,  sich  unter 
dem  nbduch  vor  dem  regen  schützen. 

ABDACHEN,  leclum  dejicere,  des  dachcs  berauben,  ein  haus 
abdachen,  im  garlenbau  aber  abhängig  wie  ein  dach  machen, 
vgl.  abbosclicn. 

ABD.XCHKi,  dejeetus,  abhängig,  abgedacht. 

ABDACHUNG,  /.  in  beiden  bedeutungen  des  abdachens. 
der  wall  hat  oben  abdachung,  unten  doppelte  höschung. 

.\BDÄM.MEN,  aggere  separare,  anoysipvQOvv ,  nnl.  af- 
dammcn,  durcii  einen  dämm  abhalten,  sondern.  La5GE  He- 
Tod.  2,  99  schreibt  abdämmen. 

ABDA.MPFEN,  evaporari ,  in  dampf  aufsteigen ,  verfliegen. 
das  Wasser  hat   abgedampft. 

ABDA.MPFEN.  in  dampf  aufsteigen  machen,  auch  vollends 
dämpfen :  die  äpfel  sind  schon  abgedämpft. 

ABDANKEN,  wie  schon  danken  bedeutet  höflich  ablehnen, 
autschlagen,  unter  danksagung,  für  etwas  danken  es  nicht  wol- 


19 


ABDANKUNG — ABDECKEN 


ABDECKER  —  ABDRINGEN 


20 


Im,  drückt  abdanken  ans  abdicare,  abdicare  se  niagislratu, 
sich  vom  amte  losdanken,  es  niederlegen :  der  minister  hat 
abgedankt,  es  kam  dahin,  dasz  er  abdanken  muste.  der 
zum  letztenmal  im  jähr  rufende  nachtwächter  dankt  ab,  im 
namcn  des  austretenden,  sein  amt  niederlegenden  jahres. 
bei  der  leiche  wird  abgedankt,  gleichsam  dem  lodten  selbst 
zum  letztenmal  und  den  freunden  für  das  letzte  geleit  gedankt. 
Häufig  transitiv  des  dienstes  und  amtes  mit  dank  entlassen, 
milder  als  absetzen :  das  reich  abdanken ,  die  kröne  nieder- 
legen. Hahns  gesch.  1, 182 ;  das  ganze  beer  abdanken.  Schil- 
ler 215;  seinen  bedienten  abdanken,  die  Soldaten  abdanken, 
die  hunde  abdanken,  sie  nach  der  jagd  schmeichelnd  ent- 
lassen ,  pferde  und  wagen  abdanken ,  aufgeben,  ein  abge- 
dankter hut,  ein  abgedanktes  kieid,  ein  abgedankter  soldat, 
sogar  ein  abgedankter  kirchthurmknopf.     J.  Paul  Fixl.  207. 

Christen  lieb  ist  reformiert,  abcedanket  sind  bei  ihr 
werk  und  that.  Logau  3,  53,  82. 

einen  fehler  abdanken,  ablegen,  abstellen. 

Die  ältere  spräche  fügt  den  dat.  statt  des  acc.  hinzu  und 
dann  kann  gemeint  sein:  einem  dank  sagen:  wird  auch  et- 
hchen  reutern  und  regimenten  fuszvolks  zu  dem  mal  (beim 
Waffenstillstand)  abgedankt.  Kirchhof  mil.  disc.  200;  sinte- 
mal dem  ganzen  regiment  überhaupt  abgedankt  worden,  das. 
211;  wolt  gern  abdanken  dem  babsthum  und  ihrem  kloster- 
orden.  Volkslied  von  1622  bei  Soltaü  467;  eurem  kriegsvolk 
dem  danket  ab.  Ayrer  400';  wann  ihnen  der  herzbruder 
nicht  abgedankt  hätte.  Simplic.  s.  459;  der  kaufmannschaft 
abdanken,     pers.  rosenth.  3,  21. 

ABDANKUNG,  abdicatio,  f.  dienstenllassiing.  Schweinicfien 
1,  233.  2,  360,  zumal  leichenrede :  bin  ich  zum  begrübnis  ge- 
beten worden,  habe  auch  auf  dem  kirchhofe  die  abdankung 
gethan.  Schweinichen  2,  195;  höre  das  gepräng  der  abdan- 
kung. Philander  1,  69;  es  verstehe  sich  alle  stunden,  dasz 
ein  vornehmer  mann  sterben  möchte,  da  würde  er  einen 
goldgülden  zu  verdienen,  das  ist  die  abdankung  zu  halten 
haben.  Weise  crzn.  166;  welcher  bei  seinem  trauerspiele  in 
einer  langen  versart  gleichsam  die  abdankung  an  die  Zu- 
schauer hält.  J.  E.  Schlegel  3,  11;  er  drang  mir  eine  aus- 
gearbeitetere  abdankung  auf.     Hippel  Icbensl.  3,  171. 

ABDARBEN,  egendo  delrahere,  absparen  durch  enthaltsam- 
keit.  sie  darbten  sich  oft  das  frische  wasser  ab  ;  ich  darbe 
meinem  munde  ab,  um  es  ihm  zu  geben.     Gellert. 

ABDARREN,  torrere,  gilt  vom  malz,  wir  haben  schon  ab- 
gedaiTt. 

ABDAUEN,  digerere,  verdauen,  früher  abdäuwen:  küm- 
mel  hilft  die  fisch,  kalte  speisen  und  frücht  abdäuwen.  Ta- 
bernaemontanus  krdutcrbuch.  15S8  5.  175;  stärken  sie  doch 
den  erhitzigten  magen,  dasz  er  die  andern  speisen  desto 
besser  abdäuwen  mag.  s.  591 ;  abtouwcn.  Keisersb.  brösaml.  25'. 

ABDAUßEN,  ABDÄUBEN,  hebetare,  übenvälligen ,  abstum- 
pfen, zähmen,  ein  jetzt  seltnes  wort.  Frank  sagt:  so  machen 
wir  sein  igottes)  schein  nit  liechter,  sonder  er  däubt  all  un- 
ser fackeln  ab;  damit  er  das  fleisch  abdeub,  zahme,  abtodte. 
cum  feind  den  hab  ich  abgedaubt,  euch  beim  leben  erhal- 
ten. Aybeb  80'.  es  ist  das  ahd.  doupön,  doubön,  untar- 
doupon  domare,  subigere,  refrenare  (Graff  5,  96),  das  doch 
mil  toup  surdus,  hebes  (Graff  5,  351)  nahverwandt  sein  musz, 
die  fackeln  abdäuben  ist  dämpfen,  stumpf,  taub  machen,  also 
betäuben  {was  man  nachsehe),  mhd.  bctouben  überwältigen. 
Haupt  5,  528. 

ABDAUUNG,  f.  digestio.  Fischart  Garg.  83*. 
ABDECKELN,  operculum  tollere,  den  decket  abnehmen. 
ABDECKEN,  detcgcre,  nnl.  afdekken.     das  dach,  die  ziegel 
abdecken,     der  stürm  hat  das  haus  abgedeckt,   in   einem  nu 
war   die   hütte  abgedeckt.     Götiie  24,  326.     den    tisch  abde- 
cken, was  auch  bloszes  abdecken  ausdrückt: 

es  schmeckt  der  guten  frau,  dies  ist  genug,  deckt  ab! 

Gellkrt. 

bei  den  Jägern,  das  wild  abdecken,  auswirken,  'dem  wilde 
die  decke  abnehmen',  dann  allgemein  abdecken ,  dem  ge- 
fallnen  vieh  die  haut  abziehen,  das  vieh  schinden,  einen 
schandlichen  ubeltheter  lebendig  abzudecken  und  der  baut 
zu  entheben.  Spee  g.  T.  110.  in  Spanien  ist  das  pflügen 
so  schimpflich  als  in  Deutschland  das  abdecken.  Moser  p. 
phanl.  i,  150.  todte  pferde ;  bald  aber  fand  man  sie  aucii  al)- 
gedeckt.     Götüe  30,  135;   abgedeckte  und  frisch  ausgeschnit- 


tene pferde.  Göthe  30,143.  zuweilen  auch  abdecken  wte  zu- 
decken für  prügeln. 

ABDECKER,  ni.  excorialor,  der  schinder  oder  kafiller. 

ABDECKEREI,  f.  amt  und  wohnung  des  Schinders. 

ABDEICHEN,  aggere  munire,  nnl.  afdijken,  mit  deichen  um- 
geben, einschlieszen. 

ABDENKEN,  abjudicare,  über  dinge  absprechen  und  abden- 
ken.    Hippel  9, 148. 

ABDICKEN,  crassare,  den  saft  abdicken,  einkochen. 

ABDIEBEN,  dam  auferre,  abstehlen,  entwenden: 

liebe  hat  mir  wieder  bracht 

was  der  tod  mir  abgediebet.    Flehino  431. 

einem  andern  abgeliebet, 

einem  andern  abgediebet.    Logau  3, 128,  52. 

ABDIELEN,  assere  contabulare,  mit  dielen  belegen,  eine 
kammer,  den  fuszboden  abdielen. 

ABDIENEN,  merere,  mit  dienst  bezahlen,  abverdienen.  eine 
schuld  abdienen,  das  wird  ihm  schwer  abzudienen.  An  den 
hvfen  auch  im  gegensalz  zu  aufdienen,  die  speisen  auftragen, 
abdienen,  sie  abtragen. 

ABDINGEN,  delrahere  de  pretio,  einen  nachlasz  abhandeln. 
er  läszt  sich  nichts  davon  abdingen,  ich  wollt  euch  nicht 
gerathen  haben,  mir  vor  einem  halben  jähr  noch  abzudingen, 
wozu  ich  jetzt  freiwillig  mich  erbiete.  Schiller  352.  auch  ge- 
gensalz von  aufdingen:  auf  und  abgedungene  meister  einer 
kunst.  Wieland  24,  59 ;  der  braut  den  ring  abdingen.  Müsaeus 
3,  46. 

ABDISPÜTIEREN,  abstreiten,  es  ist  ihm  nicht  abzudisputieren. 

ABDOCKEN,  bei  den  Jägern  abwickeln,  von  seilen  und  lei- 
nen,   s.  docke. 

ABDONNERN,  delonare,  nnl.  afdonderen,  zu  donnern  auf- 
hören,    es  hat  am  himmel  abgedonnert,  detonuit. 

ABDOPPELN,  duplici  filo  sucre,  bei  den  schustern  die  rah- 
men an  den  weiberschuhen  mit  gedoppeltem  faden  durchnähen. 

ABDORREN,  torrefieri,  dürre  werden,  nnl.  afdorren.  das 
holz  dorret  ab  {von  dem  stamme),  was  sonst  abstehen  und  ab- 
fliegen hciszl.  die  warze  dorret  ab  {von  dem  finger).  der  ab- 
gedorrte leib. 

ABDÖRREN ,  lorrefacere,  abdorren  machen,  getraide  ab- 
dörren, die  malz  abdörren  (s.  abdarren).  auf  den  bergwerken 
das  erz  völlig  ausschmelzen. 

ABDRAHT  ,  m.  torqitendo  avulsum,  bei  zinngieszem  späne 
die  beim  drehen  vom  zinn   abfallen. 

ABDRÄNGEN,  deprimere,  mit  gewalt  nehmen:  meinten  die 
schanz'  uns  abzudrengen.  H.  Sachs,  die  thräne,  die  ihr  dem 
äuge  des  unschuldigen  abdrängt.  Klinger  6, 129.  gleichviel 
und  üblicher  ist  abdringen. 

ABDRÄUEN,  gewöhnlich  abdrohen,  minis  auferre. 

ABDRECHSELN,  detornare,  späne,  kegel  abdrechseln,  eine 
abgedrechselte  Verbeugung,  Schreibart  für  eine  gezierte,  steife. 

ABDREHEN,  torquendo  avellere,  nnl.  afdraajen:  dem  vogel 
den  köpf  abdrehen,  ich  möchte  dir  den  hals  abdrehen,  dem 
Schlüssel  den  hart  abdrehen,  das  wird  mir  mein  herz  ab- 
drehen. Auch  abwenden :  das  gesiebt  abdrehen,  sich  abdrehen, 
fortschleichen :  ich  will  mich  in  der  still  abdrehen,  wie  ein 
katz  ausz  dem  taubenhaus.    Ayrer  339',  sonst  sich  ausdrehen. 

ABDRESCHEN,  triturare,  getraide  aus  dcn\  stroh,  von  den 
halmen  ausdreschen,  man  hat  diesmal  aus  einem  schocke 
nicht  so  viel  abgedroschen,  als  ehdem;  die  tenne  ist  noch 
nicht  abgedroschen;  abgedroschenes  stroh,  leeres;  wir  werden 
bald  abgedroschen  haben,  mit  dreschen  abverdienen :  der  bauer 
musz  seine  schuld  abdreschen.  eine  sache  abdreschen,  sie 
oß  überschlagen,  ihr  allen  kern  benehmen:  das  ist  lauter  ab- 
gedroschenes zeug  {verba  trita);  abgedroschene  Wahrheiten 
mit  aufgeblasenen  backen  predigen ;  und  mit  dieser  abgedro- 
schenen ausflucht  denkst  du  abzukommen?  aber  auch  heim- 
lich verabreden,  unter  sich  ausmachen,  verächtlich:  das  haben 
sie  längst  abgedroschen,  das  ist  ein  abgedroschener  handel; 
abgedroschne  ausflucht.  Lessinc  1,  326 ;  eine  schändliche  vcr- 
rStherci,  die  er  mit  den  Felscnburgern  abgedroschen.  Fel- 
senb.  4,316; 

es  ist  als  gar  wol  droschen  ab.    Jac.  Atbkr  311*, 
alles  darauf  angelegt.    Einen  abdreschen,  abprügeln,  mit  dem 
fiegel  bearbeiten: 

man  drasch  ihn  weidlich  ab. 

ARDRINGEN,  eine  sache  ungestüm,  mit  gewall  abzwingen, 
von  einem  wegdrängen,  exlorquere,  einem  land,  geld,  eid,  verspre- 


21 


ABDROIIEN  — ABDUFTEN 


ABDÜLPEN— ABEND 


22 


clien  abdringen,  da  die  Philister  den  Juden  die  laden  goltes  abge- 
drungen hatten.  Luthers,  8;  darumb  in  (den  grafen  von  Wür- 
temberg)  aus  Ixxx  wolvenvarten  schlossern  und  statten  Lxxii 
wider  mit  dem  schwert  abdrungen  wurden.  Seb.  Fbask  chron. 
193';  ward  ihnen  auch  gegünnet  weiter  die  ungläubigen  zu 
bekriegen,  und  was  lands  sie  ihnen  abdrungen,  solte  ihr  ei- 
gen sein.  Kirchhof  vendunm.  431';  understund  sich  also  dem 
kriegsmann  sein  weib  mit  gewalt  abzudringcn.  das.  74*; 

nicht  ist  zu  loben  des  künbeit, 

welcher  vil  hämisch  an  sieh  Ici!, 

da  ern  nijchi  selber  wider  bringt, 

und  den  ein  ander  im  abdiingt.    das.  tOO'; 

ihr  erbtheii,  das  ihr  ihr  abdringen  wolltet.  Herder  5,  133; 
alles  was  er  ihnen  {der  mensch  den  gehcimnissen  der  nalur) 
abdringt,  wird  sein  eigenthum.  Ku.ncer  12, 128.  Einen  ab- 
dringen, gewaltsam  von  seiner  stelle,  von  etwas  drängen:  und 
L.  Holstein  nicht  begehrt  die  gräkisch  lection  noch  M.  Veit 
als  den  altem  abzudringen.  Lcthers  br.  5,  387;  das  wir  uns 
nicht  lassen  davon  abdringen.  Lother  6,  5l';  es  sind  auch  die 
pricster  zum  gelübde  der  keuscheil  vom  ehestand  mit  gewalt 
abgedrungen.    Augsb.  conf. 

ABDROHEN,  durch  drohen  aberzwingen,  s.  abdräuen. 

ABDRUCK,  m.  expressio,  nnl.  afdnik,  das  durch  abdrücken 
oder  abdrucken  entstandne  bild,  abbild  von  einem  gegenständ, 
exemplum,  exemplar.  der  abdruck  einer  pflanze,  münze,  gemme, 
einis  siegeis,  kupferstichs,  buches  in  wachs,  gips,  tlion,  auf 
papier.  In  der  naturgeschichte  sind  abdrücke  oder  spursteine 
solche  steine,  in  die  sich  eine  pflanze,  ein  thier  der  urzeit  ge- 
drückt, in  dem  es  seine  spur  hinterlassen  hat.  Figürlich  ebenbild, 
nachbild:  er  ist  seines  vaters  abdruck;  alle  werke  der  natur 
sind  abdrücke  der  gotlbeit;  ein  abdiuck  seiner  seele;  die 
spräche  der  Deutschen  ist  ein  abdruck  ihres  geistes  und  Sin- 
nes, der  abdruck  eines  gcwehrs,  Schlosses,  das  loslassen. 
Canitz  braucht  abdruck  vom  letzten  abzug,  athemzug: 

wenn  mich  die  zeit  wegnimmt, 
die  du  zum  abdruck  mir  bestimmt. 

ABDRUCKEN,  imprimere,  gilt  von  büchem  und  kupfcrsti- 
chen,  wie  man  dafür  auch  drucken,  nicht  drücken  sagt,  hun- 
dert exemplare  davon  abdrucken  lassen,  der  letzte  bogen  ist 
noch  nicht  abgedruckt,  wenn  es  bei  Gütue  27,  234  heiszt: 
hohl  gcschnittne  steine  in  feinen  thon  abzudrucken,  so  stände 
besser  abzudrücken ;  er  sagt  aber  auch  19,  38  druckte  seine 
pistole  auf  einen  krauskopf  ab,  und  Wjelaxd  7,  113  begriffe, 
die  sich  von  den  gegenständen  in  seiner  seele  abdruckten; 
kaum  ist  noch  rückumlaut  von  drücken  zulässig. 

ABDRÜCKEN,  exprimere,  nnl.  afdrukken,  von  einem  auf  das 
andere  drücken,  ein  bild,  Siegel,  eine  münze  abdrücken,  einem 
das  herz  abdrücken,  abstoszen,  die  angst  will  mir  das  herz 
abdrücken ;  es  würde  ihm  das  herz  abgedrückt  haben,  hätte 
er  schweigen  sollen,  das  schlosz  abdrücken,  die  thür  ver- 
schlieszen.  den  pfeil  vom  bogen  abdrucken,  den  bahn  an  der 
flinte,  den  bogen,  die  flintc,  die  pistole  abdrücken;  die  nusz 
abdrucken,  fastn.  sp.  218,  2.  er  drückte  eine  längst  angelegte, 
schuszfertige  bitte  ab.  J.  Fall  komet  2,  7.  Auch  ßr  abdrin- 
gen: einem  eine  waare  abdrücken,  geld  abdrücken; 

noch  einen  neuen  schmuck  den  männern  abzudrücken- 

Gellert. 

Intransitiv  abdrücken  oder  auch  sich  abdrücken,  sich  drücken, 
abfahren,  fortgehn,  sterbni.  als  ich  nach  gehaltner  hochzeit, 
schwach  und  bliid,  widerumb  in  die  Mark  verreisen  wollen, 
hat  er  sich,  ob  ich  villeicht  auf  dem  wege  abdrucken  wolle, 
mir  das  geleit  zu  geben  ganz  dienstlich  sich  erholten.  Thcr:«- 
EissERS  aussehreiben  1584.  2,  79 ;  »elcher  aus  ihnen  im  hun- 
dertsten jähre  seines  alters  abdruckte,  von  dem  würde  man 
sagen,  er  sei  frühzeitig  gestorben.    Simplic.  vögeln.  2,13; 

alle»  in  der  weit  Teraltet,  nur  die  lastor  jungen  immer, 
wann   ein   kranker  ab  soll  drücken,   wird  die  krankhcit  immer 


ftchliramer. 


LocAC  3,  231,  88. 


niedrig:  er  wird  bald  abdrücken,  sterben,  den  Ittzten  athtm 
liehen,  unvermerkt  davon  gehn. 

ABDRL'CKSSTANGE,  f.  «ne  kleine  ttange  im  sehlosx  etnes 
gewehrs.  welche  in  die  nust  einspringt,  iasz  es  nicht  losgehe. 

ABDUDELN,  «n  lied  herdudeln,  ad  tibiam  decantare. 

ABDLFTEN,  naporari,  im  duß  verschwimmen:  die  unend- 
liche Dache  des  Elsasses,  die  sich  in  immer  mehr  abduften- 
den landschaftsgründen  dem  gesiebt  entzieht.    Götbe  2ö,  320. 


ABDÜLPE.N ,  deverberare,  ein  Schieeizerwort,  'so  viel  als 
abschmeiszen ,  schlagen,  knüllen,  schmieren'.  THtR.NEissEtt 
magna  alchymia  1583.  2,  29.  bei  Stalder  diilpen,  lülpen.  ab- 
tülpen,  ertülpen.  gehört  wol  zum  ahd.  telpan  graben  (Grait 
5, 420), 

ABDÜNKEL,  m.  perversa  opinio,  falscher  dunkel,  aber- 
glauben  und  ahedünkel,  Lutheb  3,  205.  ags.  af])unca  taedium 
Kembles  Beov.  s.  r.  {)encean. 

ABDUNKELN,  obfuscari,  aus  der  hellen  in  dunkle  färbe 
übergehn.  das  bild  hat  abgedunkelt,  nachgedunkelt,  bei  den 
färbern  transitiv,  aus  dem  hellen  ins  dunkle  färben. 

ABDUNSTEN,  evaporari,  in  dunst  aufgehn,  das  wasser  dun- 
stet ab,  die  hitze  dunstet  ab. 

ABDÜNSTEN,  eraporare,' abdunsten  lassen,  wasser  abdOn- 
stcn,  Weingeist  abdünsten. 

ABDUPfEN,  leniter  detergere,  letse  abwischen,  die  wunde 
abdupfen  s.  dupfen. 

ABDCRSTEN,  siti  ordere,  schmachten  vor  dursl.  ich  bin 
recht  abgedurstet. 

ABEBE.NEN,  deplanare,  völlig  eben  machen,  ein  feld,  einen 
garten  abebenen,  einen  pelz  abebenen,  ihn  am  rande  gerade 
schneiden. 

ABECREN,  aciem  demere,  der  ecken  berauben:  die  der  wind 
poliert  und  abeckt.  Math.  33';  steine  abecken,  abstumpfen, 
umgekehrt  aber  vollständig  mit  ecken  versehn:  die  Tierecke 
müssen  nach  dem  rechten  winkel  abgeeckl  werden. 

ABEGEN,  occare,  von  der  Oberfläche  abegen.  die  quecken 
vom  acker  abegen. 

ABEIDEN ,  juramento  auferre,  einem  durch  eidschwur  neh- 
men,    abgclogen.  abgetragen,  abgeeidet.  Locac  3, 12S.  52. 

ABEIFERN,  sicii.  irasci,  eifernd  sieh  abmatten. 

ABEILEN,  festinanler  abire,  eilends  abgehn,  davon  eilen. 
die  herzogin  eilt  ab,  sie  zu  vernehmen.  Schiller  679 ;  unsre 
fertigen  triebe  in  eine  dahin  aufs  stärkste  abeilende  bewe- 
gung  zu  setzen.  Moser  remi.  sehr.  1, 17.  transitiv  einem  etwas 
abeilen,  eilends  wegnehmen:  also  das  die  eidgenossen  die  Wa- 
genburg den  herzogen  abeilten  und  einnamen.  S.  Framk  chron. 
211';  weil  die  gesatz  mit  unverschamptem  geilen  und  auhai' 
ten  den  keisern  seind  abgeeiit.  das.  458'. 

ABEISEN,  glaciem  tollere,  das  eis  von  etwas  wegschaffen, 
das  fenster  abeisen. 

ABELE ,  f.  populus  alba,  die  weisze  pappel.  sonst  auch 
abielbaum,  nnl.  abeel,  abeelboom,  engl,  abeletree: 

nur  die  abele  bewegt  ihr  silbernes  laub.    Voss  2,300. 

nehtiger  ist  albele,  albcrbaum,   t7.  albere,  alberetto,  franz. 
aubel. 

ABE.N,  deficere,  occidere,  sinken,  s.  das  folgende  wart. 

ABEND,  m,  vespera.  ahd.  äpand  äbanl  Äbunt;  mhd.  ibealy 
zuweilen  noch  äbunt :  wunt,  abunden :  funden ;  alts.  iband 
ävand  ävond;  mnl.  avont,  nnl.  avond;  fries.  avend  aiond  iound 
iftnd,  heute  ion  lun,  nordfries.  in;  ags.  sefen,  engl,  crening. 
den  rechten  goth.  ausdmck  ersehn  wir  nicht,  weil  die  bruch- 
stücke  kein  SoTtenos ,  ioTteoa  zu,  verdeutschen  hatten;  das 
häufige  o\pe  und  ou'ia,  wo  die  vulg.  bald  serum  hat,  bald  vesper, 
wird  übertragen  andanahli,  d.  i.  nachtnähe,  kaum  würde  dies 
Gen.  1,13  oder  Luc.  24,29  ßr  ianiQa  gesetzt  sein,  hier  wäre 
ein  goth.  ^bandus  {wie  ulbandus)  oder  ebun{)s  an  der  stelle, 
merkwürdig  ist  die  abweichung  der  nord.  dialccle,  altn.  aptan 
:flan,  schw.  afton,  dän.  allen,  doch  sie  hilft  mit  zum  etymon, 
das  ßr  ein  so  altes  und  wichtiges  wort  gesucht  werden  musz. 

Ein  verlornes  goth.  iban  af  ebun  (a-ie  giban  gaf  gebun) 
dürße  die  praesensbedeulung  aeque  peiidere  gehabt  haben,  wo- 
von ibns  ahd.  i*pan  aequus  und  andere  Wörter;  das  praet.  mit 
abgeändertem  sinn,  weil  was  eben  und  gleich  stand,  nicht  mehr 
steht,  in  die  neige  gerathen  ist,  inclinavi,  deelinavi,  woher  die 
Partikel  af,  ahd.  apa  d.  i.  nieder,  abwärts,  gesenkt,  also 
wäre  ^bandus  oder  äpant  die  neige,  Senkung  des  tags,  wo  die 
sonne  im  weslen  niedersteigl,  es  heiszt  immer:  der  tag  neigt 
sich,  sinkt,  der  abend,  die  nacht  Tallt  ein.  hierzu  stimmt  amek 
das  mit  einer  abgeleiteten  form  afl  apt,  wozu  die  partikel  afir 
aplr  retro  gehört,  gebildete  aflan.  Ein  goth.  verbum  hb6n 
inclinare,  labi,  ahd.  ipün,  mhd.  ähen  könnte  auch  ein  partim 
cipiales  f  bönds,  ahd.  äpönt  eadens,  labens  zeugen,  wozu  sieh 
evening  f  evenind  halten  Hesse,  wie  sonst  dem  alten  6  in  der 
mhd.  endung  u  entspricht,  der  begrif  des  worts  bliebe  der- 
selbe, zwar  ahd.  kennt  man  kein  äpun,  es  hcisil :  i^  iban- 
d^t  vesperascit,  nicht  i;  iböt,  auch  vihä.  e;  ibendel,  mitht  ej 

2* 


23 


ABENDANDACHT —ABENDFEST 


ABENDFEUCHT — ABENDLUFT 


24 


Äbet,  und  Trist.  185,  25  scheint  dbende  =  äbendende,  doch 
Heinzeun  von  Konstanz  5:  diu  sunne  begunde  senken  und 
aben  tegelich.  auch  führt  Henisch  ein  solches  aben  abnehmen 
an  und  ich  aben  fast:  deficit  me  aelas,  es  abet  sipalet,  ve- 
spcrascit.  Stieleb  gibt  es  abet,  der  abend  rückt  heran  und 
Stalder  I,  84  bestätigt  es  aus  der  Schweizersprache,  die  sonst 
obed  für  abend  ausspricht,  also  oben  darbieten  müste.  Za- 
CHARiÄ  sagt: 
lasz  mit  säuselndem  west  den  abenden  weltkreis  erfrischen, 

d.  h.  den  sinkenden. 

Redensarten:  es  wird  abend,  es  gehet  gegen  den  abend, 
auf  den  abend,  der  abend  bricht  an,  überfällt  uns,  kommt, 
naht,  winkt,  sinkt,  guten  abend  bieten,  sagen,  wünschen :  ei  schö- 
nen guten  abend  dort  am  himmel!  es  ist  noch  nicht  aller 
tage  abend,  omnium  dierum  sol  nondum  occidit;  es  ist  aber 
damit  noch  nicht  aller  tage  abend.  Lütuer  5,  135'.  Andr. 
Gryph.  1,  871.  GüTHE  15, 148.  44, 248.  zu  abend  essen,  abend 
machen,  mit  der  arbeit  einhalten,  ruhen: 


die  stunde, 
die  mit  dem  leben  abend  macht. 


GÜNTHER  97. 


unsre  noih  het  sabbath  nimmer;  lasz  uns  dem  ort  eilen  zu, 
wo  die  noth  musz  abend  machen,  wo  der  tag  der  steten  ruh. 

LoGAü  2,  199,  25. 

des  lebens  abend,  wenn  es  dem  tode  naht  und  endet,  alts. 
aldres  äband.  Hd.  106,  6 ;  dieweil  sie  vermerkten,  dasz  der 
tag  mit  im  sich  zum  abend  nahetc.    Kirchhof  wcndunm.  49 ; 

mein  abend  kommt  heran,  jetzt  sollen  thränen  rinnün. 

abend  steht  auch  für  die  Westseite,  das  abendland: 

die  liebe  die  hatt  ihn  so  heftig  eingenommen, 
dasz  er  aus  morgenland  war  in  den  abend  kommen. 
DiETR.  VON  Werders  Ariost  1,  46. 

der  wind  kommt  von  abend  her. 

Adverbia.  abends,  des  abends,  eines  abends,  am  abend, 
zu,  zum  abend,  zu  abcntz.  H.  Sachs  II.  4,  HO*,  den  abend, 
einen  abend: 

einen  abend  kam  ein  priester  zum  könig.    Göthe  37,  252. 

auf  den  abend:  auf  den  abend  kommt  er  nach  haus,  gegen 
abend,  gegen  einen  abend. 

ADENDANDACHT,  f.  seine  abendandacht  halten. 

ABENDBESUCH,  m.  nnl.  avondbezoek,  den  man  abends 
macht  oder  empfängt. 

ABENDBETGLOCKE,  f.  die  zum  abendgebet  läutet,  wenn 
die  abendbetglocken  sich  hören  lassen.    Götue  23, 173. 

ABENDBLATT,  n.  abends  ausgegebne  zcitung,  schw.  afton- 
bladet. 

ABENDBROT,  n.  abendessen,  zumal  schlichtes  und  geringes, 
das  volk  unterscheidet  oß  ein  doppeltes,  das  kleine  abendbrot 
oder  halbabendbrot.  man  sagt  auch  vesperbrot,  abendzehr, 
abendimbisz,  unteressen  (für  untern,  abd.  untarn),  oberd. 
abendjause,  und  verwendet  nachtbrot,  nachtessen,  oder  andere 
Zusammensetzungen  gleiclibcdeulig.  In  Fischarts  practica  1588. 
7'  heiszt  es :  morgens  vmb  die  sechs  vhr  gibt  man  den  tag- 
löhnern  die  morgensuppen,  vmb  die  neun  vhr  das  neunen- 
brodt,  vmb  die  zwülff  vhr  das  mittagmal,  vmb  die  drey  vhr 
aber  das  drey  oder  abendbrodt,  vmb  die  sechs  vhr  aber  das 
nachtessen. 

ABENDDÄ.MMEBUNG,  f.  abendliche  ddmmerung. 

ABENDDÜFT,  m.  abendlicher  dufl,  nebel: 

mndchcn  frage  nicht  die  lülte,  * 

nicht  die  kühlen  ahenddüfte.    F.  L.  Stolberg  1,  235. 

ABENDEIN,  in  den  abend,  zu  dem  abend: 

kein  lag  w,r(\  abendein  nicht  eilen  ohne  schrecken, 
die  naulit  den  müden  sinn  mit  schweren  träumen  wecken. 

Opitz  307. 

ABENDEN,  vesperascerc.     es  will  abenden,  vgl.  abend. 

ABENDESSEN,  n.  nnl.  avondeten,  abendmahlzeit,  cocna: 
zum  abendessen  rufen,  auch  kirchlich  für  abendmahl :  die 
wort  sind  das  sacramcnt,  so  Christus  gesprochen  hat  im  abend- 
essen. Luther  3,  157.  schon  mhd.  äbentejjcn.  myst.  189,  19. 
zuweilen  für  ahcndspcisc  :  lachs  ist  kein  gesundes  abendessen. 

ABENDFALTEH,  m.  sphinx,  der  abends  in  der  ddmmerung 
fliegende  Schmetterling,  sonst  auch  abendvogel. 

ABENDFEIER,  f.  feierlicher  begang  der  abendzeit,  abends 
andaeht. 

ABENDFEST,  n.  abendliches  fest. 


ABENDFEUCHT,  rorc  madidus. 

ABENDFEÜER,  n.  Sonnenuntergang:  grosze  im  abendfeuer 
stehende  natur.  J.  Paul  uns.  löge  2, 11. 

ABEND  FREIER,  m.  der  abends  buhlt,  freiens  vorgibt: 

ei  was  thet  solchem  ebentheuer  ' 

und  lüderlichem  abendfreier; 
alsbald  bei  nacht  ein  gute  haut 
in  voller  weise  angedrawt. 

U.  RiNGWALDis  lautere  warheü  1590.  $.  74. 

ABENDFRESSEN,  n.  üppiges  prassen  zu  abend:  in  dem 
abendfressen  des  allerheiligsten  herrn  des  bapsts.  Luther  3,  95. 

ABENDFRIST,  f.  anberaumte  abendzeit.  heut  zur  abend- 
frist.    Gotter  3,  72.  die  rechte  abendfrist  einhalten. 

ABENDGABE,  f.  der  wilwe,  gegenüber  der  morgengabe  ßr 
die  junge  frau.  weisth.  1,  14. 

ABENDGANG,  m.  gang  zur  abendzeit.  im  bergbau  ein  ge- 
gen abend  streichender  gang. 

sie  tet  einen  abentgang, 

sie  gieng  gar  trauriklicnen.    Uhland  volksl.  1, 190. 

ABENDGAST,  m.  gast  der  bald  abgehn  musz: 

auf  erden  als  einen  armen  abendgast.    B.  Ringwaibt. 

ABENDGEBET,  n.  nnl.  a.vondgebed,  abendsegen,  abendan- 
dacht. 

ABENDGELÄUTE,  n.  im  morgengeläute  spricht  die  zukünf- 
tige, im  abendgeläute  die  vergangene  zeit.  J.  Paul  Titan  2, 
49.  im  abendgeläute  des  wcideviehs,  wenn  die  glocken  des 
heimziehenden  viehes  erschallen. 

ABENDGESANG,  m.  abendliches  licd.  der  nachtigall  abend- 
gesang. 

ABENDGESELLSCHAFT,  f  die  sich  abends  versammelt. 

ABENDGESPRÄCH,  n.  abcndunterhaltung.  abendtgespre- 
che,  collatio  per  duplex,  vocabul.  incipiens  teutonicum  ante 
latinum. 

ABENDGEWÖLK,  n.  abends  erglänzende  wölken. 

ABENDGLANZ,  m.  im  abendglanz  der  sonne. 

ABENDGLOCKE,  f.  die  abends  zu  bestimmter  stunde  läutet. 
um  die  zeit  der  abendglocke.  A.  Gryph.  1,  896.  die  abend- 
glocken  des  lebens  tönen.    J.  Paul  Hcsp.  2,  241. 

ABENDGOLD,  n.  glul  der  untergehenden  sonne,  wie  man 
sagt:  die  sonne  geht  zu  golde. 

ABENDGLUT,  f.  abendrülhe. 

ABENDHAUBE  j  f.,  die  frauen  abends  aufsetzen.  Gökingk 
1,  83. 

ABENDHAÜCH,  m.  frische  abendlufl: 

nur  uns  erfreut  kein  wehender  abendhauch, 
F.  L.  Stolberg  1, 107. 

ABENDHIMMEL,  m.  abendlicher  horizont. 
ABENDJAGD,  f.  abends  und  nachts  bei  fackelschein  veran- 
staltete jagd,  fackeljagd. 

ABENDIMBISZ,  m.  s.  abendbrot  und  imbisz. 
ABENDKLAR,  abendhell. 
ABENDKOST,  f.  abendessen. 

er  bringts  {das  trinkgcschirr)  voll  most 

zum  süszen  schlusz  der  abendkost.  IIageoürn  2,  101. 

die  Vorsteher  bereiteten  in  einiger  ferne  eine  abendkost,  auf 
die  man  nicht  gerechnet  hatte.    Göthe  25,  32. 

ABENDKUEIS,  m.  gesellschaß,  die  sich  gewisie  abende  ver- 
sammelt,  abcndzirkel. 

ABENDLAND,  n.  westlich  gelegenes  land,  occidenl. 

ABENDLÄNDER,  m.  cinwohncr  des  westens. 

ABENDLÄNDISCH,  occidentalisch. 

ABENDLERM ,  m.  abendliches  geräusch.  das  dorf  war  voll 
geschäftigen  abendlerms.  J.  Paul  Titan  5,  5L 

ABENDLICH,  vespertinus.  die  abendliche  sonne,  abend- 
liche Sterne,  ein  abendlicher  schmaus. 

ABENDLICH,  adv.  vespere,  abendlich  verweilte  er  einige- 
mal mit  frau  von  Stael  bei  mir.    Göthe  60,  267. 

ABENDLICHT,  n.  abendliches  licht,  vorzüglich  heiszt  so  die 
abends  aufgehende  Venus: 

komm  du  schönes  abendlicht, 
das  der  lieb  erfüllung  giebet, 
nachtstcrn  komm  und  säume  nicht.    Opitz. 

ABENDLIED,  n.  zu  abend  gesungnes  lied,  zumal  ein  from- 
mes. 

ABEND  LUFT,  f.  nnl.  avondlucht,  leichte,  kühle  luß  nach 
Sonnenuntergang:  die  abendlufl  genieszen. 


25   ABENDLÜFTCHEN  — ABENDSCHATTEN 

ABENDLÜFTCHEN,  n.  kein  abendlüftchen  gieng.  er  fürch- 
tet jedes  abendlüftchen. 

ABENDLÜST,  f.  eine  lust,  die  man  steh  zur  ahenizeii 
macht;  auch  heisst  in  einigen  stddten  so  der  ort,  wo  man 
sich  daiu  sammelt. 

ABENDMAHL,  n.  nnl.  avondmaal,  abendmahlzeil,  eoena: 

kanst  du  dem  freund  aus  eigner  schale 
zuuinken  von  bezahltem  wein? 
bei  einem  kleinen  abendmale 
anakreontiscb  ihn  bewirten?    GöEiitcE  1,  ISO. 

dann  aber  das  heilige  abendmahl,  «o/ür  auch  nachtmahl  oder 
der  tisch  des  heim,  engl,  the  Lord's  supper  gesagt  wird.  ahd. 
findet  sich  zwar  ad  coenam  agni  verdeutscht  za  nahtmuase 
lambes,  doch  weder  nahtmuos  noch  nahfmal  oder  äbantmäl 
technisch  gebraucht,  vielmehr  bedienten  sich  die  Gothen  des  aus- 
druckes  hunsl  d.  i.  sacrament  und  opfer,  altn.  hftsi,  ags.  hü- 
sel,  und  noch  bei  Chaccee  housel,  eucharistia,  ahd.  wijod, 
ags.  vitod  sacramentum.  communion,  thcilnahme  am  opfer 
ist  ags.  hüselgong,  gang  zum  opfer,  ein  communicant  hüsel- 
genga.  abendinahl  oder  nachtmahl  kamen  erst  durch  die  re- 
formation  auf,  jenes  bei  den  Lutheranern,  dieses  bei  den  Re- 
formierten, das  abendmal  halten.  Lih-her  3,  402.  des  heim 
abendmal.  1  Cor.  11,  20.  nnl.  avondmaal  und  nachtmaai. 
altn.  nättverdr,  schw.  nattvard,  ddn.  nadver  (/".  naltver)  und 
aftensmaaltid ;  doch  schw.  aftonmäl,  ddn.  aftenmaal  bezeichnen 
nie  das  sacrament. 

ABENDMAHLZEIT,  f.  nnl.  avondmaaltijd,  vornehmer  und 
feierlicher  als  abendessen. 

ABENDMARKT,  m.  eine  art  vormarkt,  der  schon  :u  abend 
beginnt. 

ABENDNEBEL,  m.  der  abends  aufsteigt. 

ABENDOPFER,  n.  den  Juden  ein  brandopfer,  das  abends 
■  entzündet  durch  die  ganze  nacht  brannte;  überhaupt  aber  je- 
des am  abend  dargebrachte:  der  alte  brachte  seine  herzlich- 
sten lieder  dem  freunde  zum  abendopfer.    Göthk  18,  230. 

ABENDPFEIFCHEN,  n.  bei  tabacksrauchem : 

während  der  vater  vergnügt  sein  ruhiges  abendpreirchen 
raucht.  Voss. 

ABENDPLÄTZCHEN,  n.  lieblingssilz  am  abend:  hier  wurde 
das  abendplätzchen  der  guten  mutter  bezeichnet,  wo  eine 
herrliche  buche  u.  s.  w.    Göthe  21, 140. 

ABENDPRACHT,  f.  garten,  worin  sich  der  Janius  mit  sei- 
ner abendpraclit  lagerte.    J.  Pacl  Titan  2, 152. 

ABENDPREDIGT,  f.  abends  gehaltne.  Lcther  3,183. 

ABENDRAUCH,  m.  was  abendnebel. 

ABE.NDREGEN,  m.  nnl.  avondregen,  abends  fallender,  figür- 
lich: wenn  der  abendregen  der  erinnerung  auf  die  heiszen 
wangen  fällt.  J.  Pacl  Hesp.  3, 121.  Lcther  verdeutscht  ieiöv 
nociiuov  itai  oxpiuov  Jac.  5,  7  morgenregen  und  abendregen 
statt  frühregen  und  spätregen  d.  i.  frühlings-  und  herbstregen. 

ABENDROTH,  n.  älter  und  edler  als  abendrüthe,  mhd.  äbent- 
rul,  als  gegensalz  zu  tagerot,  beide  männlich  und  beinahe  per- 
sönlich, als  riesen  des  abends  und  tages  aufgefaszl,  alid. 
Abantrol  und  Tagarüt,  wie  auch  Dagared  und  Dagrim  alls. 
mannsnamen  sind,  abendrot  gut  wetter  bot  doch  erscheinen 
auch  weibliche  äbentrüt  und  tageröt,  aurora. 

ABENDROTH,  adj.  rolh  vom  abend,  wie  der  abend,  ein 
abendrother  bimmel. 

AUENDRÖTHE,  f.  der  rothe  tchem  nach  Sonnenuntergang, 
der  bauer  sagt  mit  nachwirkender  personification :  die  abend- 
rüthe zieht  über  land,  icenn  5tcA  die  beleuchteten  wölken  gegen 
Osten  bewegen,  was  heiteres  wetter  für  den  morgenden  tag  weis- 
sagen soll,  im  Schimmer  der  abendrüthe.  bildlich:  die  abend- 
rölhe  des  lebens.  auf  den  trüben  zustand  des  reichs  folgte 
noch  eine  schöne  abendrüthe. 

ABENDRUF,  m.  vor  dem  ersten  abendrufe  der  nachtigall. 
J.  Paul  Titan  2,  211. 

ABENDRUHE,  f.  abendliche  tttlle. 

ABENDS,  vespere,  heute  abends,  gestern  abends,  abends 
zuvor,  vor  abends,  der  gen.  abhängend  von  dem  ausgelasse- 
nen zeit. 

ABENDSCHATTF.N,  m.  abendlicher,  in  stillen  abendschat- 
len  ruhend.  GOthe  9,32;  wenn  die  abendschatten  sich  über 
land  ziehen.  Bettime  briefe  l,  I9t;  hast  du  dich  so  traulich 
an  mich  geschmiegt,  wie  die  abendschatten.  Bettii^e  tageb.  52 ; 

die  fHihe  sich  verloren  hauen, 

begegnen  sich  im  abendschalten 

und  gehen  band  in  hand  zur  ruh.    Gott»  1,  10. 


ABENDSCHAITR  —  ABENDWÄRTS 


26 


ABENDSCHALTR,  m.  in  dem  abendschauer  der  feiernden 
natur.  ThCmmels  reise  9,  66;  weil  nach  Sonnenuntergang  ein 
gelinder  schauer  empfunden  wird. 

ABENDSCHELN,  m.  abendrüthe,  abenddämmerung :  im  abend- 
schein;  als  schon  der  abendschein  der  fackeln  ausgelöscht 
war.  Stolbebc  14, 184.     ohne  Zusammensetzung : 

harrend  von  des  morgens  Hebte 
bis  zu  abends  schein, 
stille  hornung  im  gesiebte 
sasz  er  da  auein.       Schiller  61. 

ABENDSCHICHT,  f.  im  bergwerk  die  abends  beginnende 
Schicht  oder  arbeilszeit,  an  einigen  orten  nachtschicht.  s.  schiebt. 

ABENDSCHIMMER,  m.  nnl.  avondschemering,  gleichriel  mtt 
abendschein.  ags.  aefenscima  crepusculum  vespertinum.  im 
abendschimmer  sanft  geröthet,  im  abendschimmer  glänzend. 

ABENDSCHMAUS,  m.  abendliche  mahlzeit. 

ABENDSEGEN,  m.  gebet,     den  abendsegen  beten. 

ABENDSEITE,  f.  die  gegen  westen  gewandte  seile  eines  ber- 
ges,  hauses. 

ABENDSITZÜNG,  f.  noch  an  demselben  tage  wurde  dieser  an- 
trag  in  einer  abendsitzung  genehmigt.  Beckers  wellg.  12,  242. 
die  abendsitzungen  waren  meistens  regelmäszig.  Göthe  17, 400 

ABENDSONNE,  f.  die  untergehende,  im  glänz  der  abend- 
sonne.    wir  arbeiten  bis  zur  abendsonne. 

betrachte  wie  in  abendsonneglut 

die  grünurogebnen  büuen  schimmern, 

sie  rückt  und  weicht.       Göthe  12,  59. 

ihr  blick  ist  mild  und  glänzend 

wie  abendsonnenglut.       Kosegabtex. 

das  schmeichelt  aug  und  herz  so  froh, 

wie  abendsonnensirahl.       Bcrgeb  84. 

ABENDSPAZIERGANG,  m. 

ABENDSPEISE,  /".  weiche  eier  sind  eine  gute  abendspeise. 

ABE.NDSPIEL,  n.  nnl.  avondspel,  abendliches,  im  heitern 
abendspiel  der  dichtung.    Göthe  45,  95. 

ABENDSTÄNDCHEN,  n.  an  abend-  mittemacht-  und  morgen- 
sländchen  fehlte  es  auch  nicht.    Göthe  25, 119. 

ABENDSTERN,  m.  nnl.  avondster,  die  bei  Sonnenuntergang 
sichtbare  Venus,  Opitz  sagt  vesperstem.  bisz  den  menschen 
der  abendstem  zu  der  ruh  widerführet.    Weckuerli5  226. 

ABENDSTHLLE,  f.  abendliche  ruhe: 

ob  ein  Treund  in  der  abendsiill, 
ob  mein  lächelndes  weib  sich  in  den  arm  mir  legt. 

Voss. 

ABENDSTR.AHL,  m.  abendsonnenstrahl  : 

siehst  du  wol  funkeln  dort  ein  sclilosz 
im  abendsirabl  wie  gold  ?       Bübger  86. 

ABENDSTUNDE,  f.  nnl.  avonduur,  abendliche  zeit. 

ABENDSUPPE,  f  oß  für  abendessen. 

ABENDTAFEL,  f  abendtisch,  abcndmdtlzeiL  der  kOnig  zog 
ihn  zur  ahendtafe). 

ABENDTANZ,  m.  (^endlicher,  halten  ein  herlichen  abent^ 
tanz.    Jac  Ayrer  410'.    H.  Sachs  1,233'. 

ABE.NDTHAU,  m.  nn/.  avonddauw:  scheue  nicht  den  feuch- 
ten abcndtbau.    Bettine  tageb.  67; 

nur  reinen  herzen  duftet  der  abendibau 
der  bunten  lenzOur.    Stolberg  1,  21. 

ABENDTHOR,  n.  durch  welches  der  tonnmwagen  am  abend 
fährt. 

ABENDTISCH,  m.  einem  den  abendtisch  geben,  ihn  abend* 
mitessen  lassen. 

ABENDTRU.NK,  m.  abendzeche,  abendlidies  trinkgelag: 

ein  iheil  {manche)  den  engein  sind  so  gleich, 
wie  ir  herschaH  dem  himelreich. 
die  andern  gleich  den  menschen  sind, 
die  man  beim  abendtrunke  lind. 

Nigrixus  affentpiel  1571.    El*. 

d,  h.    alltdgliclien  menschen,  wie  sie  tm  wirtskaus  xusMimen 
kommen. 

ABENDUNTERHALTÜNG,  f. 

ABENDÜRTE,  f  abendzeche.  Jon.  Eberli««  lob  der  pfarrer. 
1521  Aiiii.  nicht  Schlaftrunk  thun,  kein  abentürthy.  Paracel- 
scs  1616,  6S9'. 

ABENDVOGEL,  m.  was  abendfalter. 

ABENDWÄRTS,  gegen  abend,  westwärts,  gegen  abendwerts. 
Lüthe«  3,  200*  und  Josua  8,  9.  12.  zum  abendwerts.  Jos.  1», 
11.  von  abendwerts  der  sladt  2  chron.  32, 30. 


27 


ABEND  WEITE  —-ABENTEUER 


ABENTEUERLICH  —  ABENTEURER 


28 


ABENDWEITE,  f.  in  der  astronomie,  abstand  des  puncles, 
in  welchem  ein  stein  untergeht,  von  dem  abendpunct,  ampli- 
tudo  occidua. 

ABENDWIND,  «i.  nnl.  avondwind,  Westwind  oder  auch  ein 
sich  abends  hebender  wind:  die  kühlen  abendwinde  scha- 
den; 

blumen  öfnen  ihre  brust 

lauen  abendwinden.    Gotter  1,  73. 

ABENDWOLKE,  f.  abendliche  wölke  bei  Sonnenuntergang  : 

bis  der  liebe 

Stern  so  trübe 

in  der  abendwolke  schwiramt.    Salis 

ABENDZECHE,  f.  abendliches  trinkgelag.  wunderbarliche 
gesellen  findet  man  oft  in  den  abendzechen.  Wickram  rollw.  65. 
Fischart  Garg.  83". 

ABENDZEHREN,  n.  was  abendesscn.  den  vierden  lüde  sie 
zum  abendzehren.  Philand.  von  Sittew.  1,  533 ;  unsere  burger- 
zechen,  nachzechen,  abendzeren,  undertrunk ,  Schlaftrunk. 
Fischart  Garg.  cap.  4. 

ABENDZEIT,  f.  nnl.  avondtijd,  abendliche  zeit. 

ABENDZUG,  m.  auf  der  eiscnbahn,  der  abends  fährt. 

ABENDZUSAMMENKUNFT,  f.  was  abendgesellschaft. 

ABENTEUER,  n.  früher  f,  aus  dem  romanischen  adventura, 
aventura,  aventure,  woher  es  schon  die  mhd.  dichter  entlehnten 
und  häufig  in  verschiedncn  bedcutungen  verwandten,  die  Be- 
NECRE  1,67 — 72  vorträgt;  nicht  zu  schreiben  abentheuer,  noc/i 
weniger  abendtheuer,  obgleich  manche  dabei  an  abend  und 
theuer  (tiure),  andere  gar  an  äffe  und  eben  (affenteuer,  eben- 
teuer), ohne  dafür  einen  grund  zu  wissen,  gedacht  haben  werden; 
einige  fcczo(/en  ebenteuer,  ebentlieuer  vie/to'c/ji  au/" eventus.  das 
nnl.  avontuur  na/im  offenbar  bezug  aw/'avond.  Weiblich  gebraucht 
taucht  es  noch  hin  und  wieder  im  16.  il.jh.vor:  seiner  aben- 
thür.  Keisersb.  brosamlin  73* ;  die  wigoleisisch  abenteur.  Fi- 
SCHART  Garg.  102';  dise  abentheur.  das.  239';  auch  üßcr  in 
der  Verdeutschung  des  decamerone,  Frankf.  1580 ;  mit  uner- 
hörter abenthewer.  Weckherlin  859;  du  wagest  eine  grosze 
ebentheuer.  Gryphiüs  seugamme  s.  876;  bald  aber  galt  allge- 
mein das  neutrum. 

Mit  diesem  abenteuer  nun  verknüpß  sich  stets  die  Vorstel- 
lung eines  ungewöhnlichen,  seltsamen,  unsichern  ereignisses 
oder  Wagnisses,  nicht  nur  eines  schweren,  Ungeheuern,  unglück- 
lichen, sondern  auch  artigen  und  erwünschten. 

Auch  mich  hat  ein  liebes  abenteuer  erwartet,  abenteuer? 
warum  brauche  ich  das  alberne  wort,  es  ist  nichts  abenteuer- 
liches in  einem  sanften  zuge,  der  menschen  zu  menschen  hin- 
zieht, unser  bürgerliches  leben,  unsere  falschen  Verhältnisse, 
das  sind  die  abenteuer,  das  sind  die  ungeheuer.  Göthe  16, 
206.  von  einem  edelhofe  zum  andern,  wo  er  manches  ver- 
gnügen erregte,  manches  genosz  und  nicht  ohne  die  ange- 
nehmsten und  artigsten  abenteuer  blieb.  19, 121.  sie  haben 
heute  gewis  ein  abenteuer  gehabt?  sagte  Jarno,  und  zwar  ein 
angenehmes,  wie  sie  sich  auf  ihre  leute  verstehen,  versetzte 
Lothario,  ja  es  ist  mir  ein  sehr  angenehmes  abenteuer  begeg- 
net. 20,  73.  hätte  Clavigo  nicht  einmal  ein  abenteuer  mit 
ihr  gehabt?  10,  99.  weil  du  dich  mit  einem  abenteuer  beschäf- 
tigst, das  nichts  fruchtet  und  die  schöne  zeit  verzehrt.  10,224. 

wenn  er  nur  nicht 
den  andern  in  die  hünde  rällt,  die  sich 
am  wege  lagern,  wildes  abenteuer 
unedel  zu  begelin.    10,  230. 
mein  abenicuer,  wenn  nicht  zu  vollführen, 
doch  anzuknüpfen.    10,  237. 

bei  dem  gräulichen  zustande  unserer  lieben  zeitungskiilik  hat 
noch  das  abenteuer  gefehlt,  dasz  leute  ohne  alle  literarische 
kenntnisse  sich  zu  kunstrichtern  aufwerfen.  33, 115. 

50,  58  hebt  GüTHE  Kants  'abenteuer  der  Vernunft'  hervor, 
der  7,  299  sagt :  eine  hypothese  solcher  art  kann  man  ein  ge- 
wagtes abenteuer  der  Vernunft  nennen,  und  der  sich  auch  sonst 
iißer  des  wortes  bedient,  das  abenteuer  das  wir  im  luftschiffe 
der  metaphysik  gewagt  haben.  3,  96.  auf  wahrscheinliche  ver- 
muthungen  ein  physisches  abenteuer  wagen.  8,  238.  die  wilde 
aufopferung  der  weiber  in  demselben  Scheiterhaufen,  der  äie 
leiche  des  mannes  verzehrt,  ist  ein  scheuszliches  abenteuer. 
7, 435.  des  abenteuers  Seltsamkeit  bedenkend.  ScnaiER  ;.  v. 
Orl.  prol. 

Bei  den  handwerkern  heiszt  abenteuer  erwarten  oder  sein 
handwerk  auf  abenteuer  treiben  bald  soviel  als  auf  bestellte 
arbeit   warten,    bald   arbeit  auf  den  kauf  verfertigen,   folglich 


auf  gut  glück  arbeiten,  ich  stund  und  schaut  gut  abentheuer. 
Schmelzl  lobspruch  71.  ein  abenteuer  wagen  oder  bestehn 
bedeutet  etwas  seltsames,  gefahrbringendes  unternehmen,  man 
sagt  auch  blosz:  ein  abent£uer,  sein  abenteuer  stehn:  mein 
glaube  und  ich  stehen  unser  ebenthewr.  Luther  4,  329,  wie 
es  auch  später  hiesz:  unser  risico,  deutscher:  unsre  eigne  ge- 
fahr,  auf  eigne  gefahr.  Auf  ebenteuer  ist  bei  Luther  in  even- 
tum.  die  taufe  stehet  auch  nicht  auf  eventum,  das  ist  auf 
ebenthewr.  4,  329 ;  wer  die  taufe  auf  den  glauben  gründet 
und  teuft  auf  ebenthewr,  der  thut  nichts  bessers,  dan  der 
oh  glaube  teufet.  4,  323;  das  heiszt  das  gebete  in  die 
schanz  geschlagen  und  auf  ebenthewer  gemurret.  4,  414;  ha- 
ben allzeit  ungewis  dahin  gebetet  auf  abenthewer  und  ge- 
rathen.  tischreden  147'.  auf  abenteuer  fahren,  in  erwartung 
seltsamer  glücksfälle  durchs  land  streichen : 

von  ihren  Schwestern,  die  schon  seit  einigen  jähren 
durch  berg  und  thal  auf  abenteuer  fahren.    Wielajcd  5,  69. 

Nicht  zu  übersehn  sind  die  fälle  wo  das  abenteuer,  gleich 
der  alten  frau  Aventiurc,  noch  persönlich  und  halb  persönlich 
genommen  wird  und  dann  zur  schelle  ausarten  kann,  wann 
weichstu  dann,  du  abenthewr?  /ösz^Er.  Alberüs  9t'  das  stolze 
ros  zum  escl  sagen,  der  ihm  im  wege  steht,  und  meint:  du 
ungethüm,  du  misgestalt.  Meliora,  die  pase  dein,  ist  auch 
ein  abentheur.     Jac.  avrer  334'. 

da  sitzt  das  abenteur  mit  weilen  ermein  dal 
GöTUE  7,  42. 

keine  band  rüiirt  doch  das  abenteuer  und  denkt  weder  an 
gott  und  weit.  Tieck  4,  8.  jener  messbuden,  wo  man  wilde 
thiere  oder  sonstige  abenteuer  für  geld  sehen  läszt.  Göthe 
28,  210.    Als  ausruf: 

die  lieb  ist  fewr,  o  abenthewr! 

ist  Wasser  auch  imgleichen.    Spee  Iruttn.  33. 

für  0  wimder ! 

ABENTEUERLICH,  nnl.  avontuurlijk,  in  allen  mit  abenteuer 
verbundnen  bedeutungen,  seltsam,  ungereimt,  der  gruntzer- 
teufel  ist  ein  ebenteurlich  gott.  A.  Gryph.  1,  714.  affentheur- 
lich  naupengcheurliche  geschichtklitterung.  Fischart.  auch 
dies  adj.  bei  Göthe  oß:  welch  ein  abenteuerlicher  kämm, 
wie  das  thier  sich  verwundert!  14,  94.  wie  abenteuerlich  ich 
mir  die  gegenden  vorstellte.  16,  112.  nur  da  die  Ungleich- 
heit unserer  jähre  und  kräfte  die  sache  ohnehin  etwas  aben- 
teuerlich macht,  so  schlage  ich  statt  anderer  waffen  ein  paar 
rapiere  vor.  18,  225.  der  graf  gab  ihm  ein  buch,  aus  wel- 
chem er  eine  abenteuerliche  novelle  vorlas.  18,  30S.  man 
beneidete  die  wunderlichen  gesellen  (die  zigeuner),  die  in  se- 
ligem müsziggange  alle  abenteuerlichen  reize  der  natur  zu 
genieszen  berechtigt  sind.  19,  36.  abenteuerliche  Verknüpfung 
der  bedeutenden  zustände  des  menschlichen  lebens.  24,  108. 
die  geschichte  der  Johanna  von  Orleans  gewinnt  ein  aben- 
teuerliches helldunkel.  32,  175.  auf  anlasz  einiger  aben- 
teuerlichen Schnörkel.  39,  345.  so  modelt  der  wilde  mit 
abenteuerlichen  zügcn ,  gräszlichen  gestalten ,  hohen  färben 
seine  cocos,  seine  federn  und  seinen  körper.     39,  348. 

Und  bei  Kant:  abenteuerliche  folgen  3,  406.  die  eigen- 
schaft  des  schrecklicherhabenen,  wenn  sie  ganz  unnatürlich 
ist,  ist  abenteuerlich.  7,  387.  abenteuerlich  ist  ein  mensch, 
der  den  bang  hat  sich  in  begebenheiten  zu  verflechten,  de- 
ren wahre  erzählung  einem  roman  ähnlich  ist.  10,  266.  ein 
abentevrerlich  gestalteter,   aber  aufgeweckter  mann.     lO,  334. 

ABENTEUERLICHKEIT,  f.  solchen  abenteuerlichkeiten  Tor- 
gebaut  zu  haben.     Fichte  1,  335. 

ABENTEUERN,  abenteuer  wagen,  auf  abenteuer  ausgehn: 

ein  ritlcr  und  ein  pauraan 

begunden  abenteuren, 

jewodnr  chempfen  da  versprach, 

ir  chrieg  sol  uieinaat  steuren.    Uhland  volksl.  1,  336. 

er  ist  der  stärkste  gott  (Thor),  der  abenteuernd  stets  nach 
riesen  und  unholden  spürt.  Dahlmann  dän.  gesch.  l,  34;  du 
erwachte  in  vielen  die  alte  ahenlcuernde  iust.  das.  2,  137. 
oft  abenteuernde  Italiener  den  Fichtelberg  sollen  durchforscht 
haben.  Tieck  1,  117.  vgl.  franz.  avanlurer,  nl.  avonluron, 
wagen. 

ABENTEURER,  wi.  avanturicr,  unter  welchem  titel  die  erste 
hdlße  des  18.  jh.  viele  romane  vorbrachte,  es  ist  zu  Coln 
ein  abenlewrcr    gewesen.     Pauli  schimpf  50".     unsere   drei 


29 


ABENTEURERIN— ABER 


verunglückten  abenteurer  blieben  noch  eina  Zeitlang  in  ihrer 
seltsamen  läge.     Göthe  19,  42. 

ABE.NTEIJRERIN,  f.  sie  machen  mich  wider  meinen  wil- 
len zur  abenteurerin.  Gotter  3, 177  [wo  unrichtig  sieht  aben- 
tUeuerinn.) 

ABE.NTEÜRIG,  gleichviel  mit  abenteuerlich,  nur  in  schrif- 
tm  des  16.  Jh.,  jetzt  ungebräuchlich:  gar  sellzan  und  aben- 
teürig.  Frank  weltb.  152';  mit  ?il  abentheiiriger  anzeigung. 
Paracelsi  opp.  1,  816*. 

.\BENTLEHNEN,  muluari,  von  etnem  entlehnen,  das  haus 
hatten  wir  dem  Cratander  abentlehnt.     Th.  Pl.\ter  189. 

ABEMSPENEN,  entwöhnen,  entfremden,  eigentlich  ablactare. 
fasln,  sp.  15,  34.  156,  7.  20.  s.  abspenen. 

ABER,  eine  uralte  partikel  und  fast  ein  kennzeichen  hoch- 
deutscher mundart,  da  sie,  auszer  der  gothischen,  den  übri- 
gen abgeht:  golh.  afar,  ahd.  afar  avar  avuraber(GR.\FF  1,178), 
mhd.  aver  aber  (Bex.  1, 72),  das  mnd.  aver,  nnd.  aver  scheint 
hocltd.  einflusz,  da  weder  im  alls.  noch  nl.  fries.  ags.  eine 
spur  davon  ist.  die  nnd.  Volkssprache  bildet  neben  aver  auch 
noch  avers  averst.  Das  golh.  afar  ist  immer  praep.  mit  der 
bedeutung  ixerä  und  oTiiaco ,  daneben  stehn  die  adv.  afta 
aiid-is,  aftra  näliv,  ohne  zweifei  ist  afar  forlbildung  der 
einfachen  praep.  af,  aus  dem  in  af  enthaltnen  begrif  der  Sen- 
kung und  des  niedergangs  folgt  der  des  nach,  hinler  und  wie- 
der und  mit  anschlusz  eines  t  ergeben  sich  afta  und  aftra, 
ganz  wie  dem  ahd.  äpant  ein  altn.  aptan  aftan  zur  seile  trat, 
im  ahd.  avar  erlosch  die  natur  der  praep.,  es  ward  bloszes 
ade,  wogegen  ahd.  aftar  als  praep.  und  adv.  erscheint,  die 
bedeutung  des  ahd.  avar,  nhd.  aber  ist  dem  alts.  und  ags. 
oft  überwiesen,  dem  ahd.  aftar  entspricht  alts.  aftar,  ags. 
äftcr,  fries.  efter,  alln.  eptir,  eftir,  schw.  dän.  efter,  neben 
dem  altn.  adv.  aptr  aftr,  schw.  utcr,  dän.  atter  ßr  rursus. 
.Dasz  neben  ahd.  apa  aba  ein  afar  avar,  nebe«  mhd.  abe  aver 
auftreten,  steht  der  gegebnen  herleitung  nicht  im  wege,  da  oft 
einzelne  derivata  in  der  stufe  der  muta  von  ihrem  stamm 
weichen,  ohnehin  überwog  schon  bei  Notker  und  im  guten 
vihd.  aber. 

Diese  geschickte  der  form  vorausgeschickt ,  lassen  die  be- 
dcutungen  und  der  gebrauch  des  nhd.  aber  sich  leicht  ent- 
falten, als  praep.,  wie  wir  sahen,  war  es  längst  erloschen, 
doch  selbst  die  ältere,  sinnliche  bedeutung  von  wieder  muste 
allmälich  einer  abgezognen  conjunction  weichen. 

Daher  als  adv  erb  für  wieder.  Herum,  rursus,  gebraucht  L\-- 
rnzK  noch  genug:  lief  aber  zumbrunnen,rec«rrtfarfpi(/eum.  iMos. 
24,20;  und  aber  über  ein  kleines,  et  Herum  modicum.  Jo/i.  16, 
16;  offenbarte  sich  aber,  mam/es/a»!/ «e  i/erum.  Joh.2l,l;  und 
der  herr  rief  Samuel  aber  zum  dritten  mal.  1  Sam.  3,  8 ; 
und  sclirieen  aber  zum  herrn.  das.  12,  10 ;  es  hat  mir  Carl- 
stad  aber  ein  büchlin  zugefertiget.  sehr.  3,  155;  hie  ein  we- 
nig und  denn  aber  ein  wenig.  2,243;  da  macht  Moses  aber 
eine  repetition.  4,  19 ;  ich  bin  wol  gestern  und  heute  und 
alle  tage  zur  messe  gangen,  doch  wil  ich  morgen  aber  hin- 
gehen. 6,  34;  da  schrei  es  aber  {denuo)  kleglichen.  6,500'; 
David  spricht,  meine  seele  harret  des  herrn  und  ich  warte 
auf  sein  wort,  und  aber  (et  i/en<m),  meine  seele  wartet.  6,390. 
Ebenso  finden  sich  anderwärts  beispiele:  über  iriO  welscher 
mcil  funden  wir  aber  eine  (insel).  S.  Frank  weltb.  221* ;  und 
aber  (wieder)  ganz  umbsonst.  Galmt  289;  indem  begab  sich, 
dasz  aber  {wieder)  einer  sich  hervor  that.    Kihel  Livius  175; 

du  wärst  nicht  ttiäte  foit.  und  aber  ihnle  eotl, 

so  wnrstu  lang  ein  raub  dem  teuTel  und  dem  lod.    Logad  1, 88, 65. 

noch  Claudius  4,  V:  so  wäre  ich  wol  gemeint  aber  ein  bü- 
chcl  heraus  zu  geben. 

die  kaiscrin  und  Friederich 
nacli  manchem  knmpT  und  siege 
entiweiten  endlich  aber  sich 
und  rüsteten  zum  kriege. 

\\'andsbeck€r  hole  th.  4. 

Besonders  wenn  dem  aber  einst  oder  einmal  folgen:  schrie 
aber  einst  {noch  einmal)  Lgther  1,119';  und  wenn  wir  gleich 
gewönnen ,  müsten  wir  aber  einmal  {noch  einmal)  die  schla- 
hen,  so  uns  geholfen  betten  6,  4*;  da  bürestii  aber  einmal 
{noch  einmal)  6,346";  drumb  ennanet  er  aber  einmal.  3,  290. 

Auch  dauert  das  alte  aber  gern  bei  Wiederholungen:  trotz 
euch  allen  und  aber  trotz.  Lother  3,  66;  ach  wehe  und 
aber  wehe!  3,  338;  zeiher  und  aber  zether!  B.  Kixcwai.d 
K  iii";  o  geiz  und  aber  geizi  Opitz,  ach  aber  ach!  Gü5- 
tber  806. 


ABER 

aber  Galateas  muscheltbron 

seh  ich  schon  und  aber  schon.    Göthe  41,  177. 


SO 


sie  hatten  schon  einmal  und  aber  den  tag  des  abscbieds 
vertändelt.  Stolberg  1,  277.  zumal  verwendet  es  Göthe 
gern  bei  zahlen: 

Muse  ruft  zu  berg  und  thale 

tausend  aber  tausend  male.    3,  35. 

und  nun  führen  aber  hundert 

mir  das  liebchen  in  den  räum.    3,  39. 

tausend  aber  tausend  stimmen 

hör  ich  durch  die  lüfle  schwimmen.    4,  196. 

mitlheilt  ich  tausend  aber  tausend  jähren 

der  Griechen,  der  Trojaner  herzeleid.    4,  24. 

von  aber  tausend  blüien.    5,  193. 

sonst  werden  tausend  väter, 

wie  du,  um  ihre  kinder  weinen,  tausend 

und  aber  tausend  kinder  ihre  Täter 

vermissen.    9,  325. 

tausend  blumen  aus  den  kränzen, 

aber  tausend  aus  gehangen  blickend.    11,  266. 

die  reicht  uns  tausend  aber  tausend  andres  gut.  11,371. 

die  übrigen  wände  waren  verdeckt  von  hundert  und  aber 
hundert  bildnissen.  21,  153.  tausend  und  aber  tausend  be- 
trachtungen.  22,  149.  nun  waren  hundert  und  aber  hundert 
menschen  dahinter  her.  28,  148.  das  mit  hundert  und  aber 
hundert  lampen  erleuchtete  Kassel.   30,  153. 

durch  tausend  aber  tausend  formen.     41,171. 
sie  schleicht  heran  an  aber  tausend  enden, 
unfruchtbar  selbst,  unfruclitbaikeil  zu  spenden.    4t,  258. 
von  Sturz  zu  stürzen  wälzt  er  jetzt  in  tausend 
und  aber  tausend  strömen  sich  ergieszend.    41,  7. 

den  steilsten  stieg  erklommen  wir  mit  hundert  und  aber 
hunderten.  43,  260.  tausend  und  aber  tausend  gestalten. 
43,  263.  Kühn  ist  hier  einigemal  (5,  193.  41,  258)  die  erste 
zahl  unausgcdrückt. 

So  wiederholt  gich  aber  selbst,  oder  ein  abermal,  abermals 
folgt  ihm  nach :  spülte  sie  aber  und  aber.  Vo»  2,  314,  ganz 
wie  ein  mhd.  aber  und  aber,  pass.  38,  75;  sie  wiederholte 
sich  aber  und  abermals  was  sie  seit  jenem  vorschlage  des 
grafen  oft  genug  bei  sich  um  und  um  gewendet  hatte.  Göthe 
17,129.  sie  bestand  aber  und  abermals  darauf,  Ottilie  müsse 
entfernt  werden.  17,  286.  aber  und  abermal  gehn  mir  die 
äugen  über  mich  selbst  auf,  immer  zu  spät  und  immer  um- 
sonst. 20,  304.  ich  bat  sie  aber  und  abermal  um  Verzei- 
hung. 25,  363.  aber  und  abermals  kehrte  ich  daher  zu  der 
kantischen  lehre  zurück.  50,51.  ich  habe  bei  dieser  gelegenheit 
das  gemeine  volk  wieder  näber  kennen  gelernt  und  bin  aber 
und  abermal  vergewissert  worden,  dasz  das  doch  die  besten 
menschen  sind.  60,  221.  leben  sie  wol  aber  und  abermal. 
60,  227.  aber  und  abermal  hoch!  beim  vivatrufen,  Göthe 
8,  178. 

Auszer  diesen  redensarten  und  einigen  Zusammensetzungen 
wie  abersaat ,  abenvandel ,  deren  es  sonst  noch  andere  gab, 
{ahd.  avarsturz  febris  recidiva,  heute  rücksturz)  hat  sich  das 
alte  aber  ßr  wieder  in  der  heutigen  spräche  beinahe  ver- 
loren. 

2)  Weit  häufiger  geworden  und  vielfach  verwickelt  ist  die 
anwendung  der  conjunction  aber,  wie  sie  aus  dem  Über- 
gang des  wieder  in  wider,  des  wiederholens  in  ein  entgegnen  er- 
wachsen ist;  fast  immer  Idszl  ein  solches  aber  sicJi auch  durch 
ein  schleppenderes  dagegen,  hingegen,  dahingegen  verständigen. 
aber  bezeichnet  also  den  auf  eine  behauptung  unmittelbar  fol- 
genden einschränkenden  gegensatz:  er  ist  arm,  aber  tugend- 
haft; wie  der  schnee  so  weisz,  aber  kalt  wie  eis;  er  empfieng 
wenig  Unterricht,  aber  weisz  viel ;  das  Unglück  verfolgte,  aber 
beugte  ihn  nicht;  anfangs  schien  er  nichts  zu  vermögen,  aber 
zuletzt  folgten  ihm  alle,  hier  könnte  einigemal  die  conjunc- 
tion ganz  unausgcdrückt  bleiben,  anderemal  durch  doch  ver- 
trelen  sein,  im  ganzen  ist  doch  etwas  stärker  adversativ  alt 
aber,  das  mehr  dem  fortgang  der  rede  zusagt,  während  in 
doch  irgend  ein  anstosz  und  widnsland  auftaucht,  du  bist 
mein  fcind,  aber  du  magst  kommen  (ich  werde  dich  empfan- 
gen), doch  du  magst  kommen  (ich  werde  dich  trotzdem  em- 
pfangen); das  leben  ist  kurz  aber  schön  {fast:  kurz  und 
schön),  kurz  doch  schön  (dennoch  schön.)  Saeh  vorausge- 
hendem zwar  darf  jedes,  aber  oder  doch  eintreten;  in 
manchen  lagen  ist  zwischen  ihnen  kaum  ein  unterschied,  wenn 
GöTiiE  24,  145  sagt:  es  währte  nicht  lange,  so  entspann  sich 
aber  für  mich  ein  eigne»  interesse;  könnte  es  auch  heiszen: 
entspann  sich  doch,  und  so  «n  tahlloten  fällen,  durch  ihn 
unmittelbare  Stellung  nach  dem  wort,   worauf  ein  gewicht  Jie- 


31 


ABER 


ABERACHT — ABERGOTT 


32 


gen  soll,  pßegt  diese  parlikel  in  der  rede  höchst  wirksam  zu 
sein :  man  hat  das  gerücht  von  unsrer  krankheit  ausgesprengt, 
wir  sind  aber  gesund ;  ihr  seid  krank,  wir  aber  sind  gesund ; 
wir  kränkelten,  krank  aber  dürfen  wir  nicht  heiszen. 

Die  Verbindung  beider  nebeneinander ,  aber  doch ,  doch 
aber  läszl  den  gegensalz  stärker  auftreten :  er  ist  betrübt, 
aber  doch  entschlossen;  dies  Unglück  hat  ihn  hart  getroffen, 
doch  aber  wieder  aufgerichtet,  mhd.  verbanden  sich  auch 
unde  aber :  schoene  unde  aber  kleine  Iw.  80,  worin  das 
alte  'wieder'  anklingt,  heute  sagen  wir:  schön  und  doch  fein, 
schön  wiewol  fein,  oder  aber  folgt  nach  vorausgehendem 
entweder:  ich  will  entweder  siegen,  oder  aber  sterben;  das 
sie  entweder  von  der  auferstehung  nichts  halten,  oder  aber 
sich  dem  ewigen  verdamnis  müssen  übergeben  haben.  B.  Ring- 
wald ;  ja  noch  mehr  häufend  Opitz  : 

das  best  aus  zweien  ist  gar  nie  geboren  werden, 
nie,  oder  aber  doch  bald  scheiden  von  der  erden, 

wo  das  aber  entbehrlich  ist.  die  Verstärkung  scheint  dann 
am  platz,  wo  eine  reihe  von  disjunclionen  beginnt,  endlich  die 
rechte  enlgegnung  eintreten  soll:  sodann  aber  durch  den  ge- 
ringsten anlasz  gestimmt  wird,  sich  bald  von  dieser,  bald  von 
jener  seile  zu  zeigen,  einen  oder  den  andern  pol  heraus  zu 
kehren,  sich  anzuhäufen  und  von  da  sich  unbemerkt  wieder 
zu  zerstreuen,  oder  aber  wol  mit  den  gewaltsamsten  und  wun- 
derbarsten explosionen  sich  zu  manifestieren.  Göthe  51,  271. 
£j>icn  leiseren  ausdruck  empfängt  aber  im  Vordersatz,  wenn 
es,  wie  sehr  oft  im  JV.  T.,  das  griech.  Sa  verdeutscht :  Jesus 
aber  kam  wieder  von  dem  Jordan ,  Ir;aovg  Se  vTtsarosxfisv 
anö  tov  looSdvov.  Luc.  4,  1 ;  der  teufel  aber  sprach  zu 
ihm ,  ehtev  Se  avrcö  o  SiäßoXos.  Luc.  4,  3,  wo  die  nl. 
Übersetzung  hat:  ende  Jesus  keerde  weder,  ende  de  duivel 
zeide  tot  hem ,  mehr  den  forlgang  der  crzählung  als  einen 
gegcnsatz,  den  sie  durch  maar  zu  bezeichnen  hätte,  darle- 
gend, solche  aber  sind  zumal  dem  deutschen  hexameter 
unentbehrlich: 

Isegrim  aber  der  wolf  begann  die  klage  ... 

aber  Isegrim  hatte  sie  alle  verschlungen  ... 

aber  entlasz  du  jezo  dem  gölte  sie  ... 

aber  wolan  lasz  fahren  den  streit  .... 

aber  nachdem  die  begierde  des  tranks  und  der  speise  gestillt  war, 

aber  mama,  sanftlächelnd  der  wolbekannien  erzählung, 

und  so  kann  sie  jeder  einmal  in  gang  gekommne  Vortrag, 
nach  manigfaclier  abstufung,  allenthalben  einfügen,  wie  denn 
überhaupt  diese  parlikel  der  rede  häufig  ton  und  schatten  ver- 
leiht. Zuweilen  beginnt  den  salz  ein  verwunderndes ,  auffor- 
derndes oder  schmälendes  bedenkliches  aber,  das  sich  auch 
zweimal  setzen  läszt : 

da  fragt  ich :  aber,  sind  sie  das, 

sind  das  die  knaben  alle  ?    Göthk  47,  3. 

aber  morgen  nacht 

bist  du  wieder  da?    Göthe. 

er  selbst  ist  todt.  ich  kam  erst  mit  der  letzten 
Verstärkung  unsers  ordens.    aber  aber, 
was  hat  mit  diesem  allen  Kechas  bruder 
zu  schalTen?  Lessinc  2,  258; 

aber,  aber,  es  ist  dafür  gesorgt,  dasz  die  bäume  nicht  im 
(/.  in  den)  himmel  wachsen.  Bettine  briefe  2,  115. 

3)  die  conjunclion  aber,  gleich  andern  parlikeln,  sieht  auch 
substantivisch:  ein  aber  bei  einer  sache  haben,  etwas  da- 
wider einwenden;  alles  gute,  was  sie  von  ihm  sagten,  nah- 
men sie  mit  einem  einzigen  aber  zurück.  Wieland  6,  62 ; 
es  ist  hier  ein  aber,  das  uns  das  ganze  spiel  verdirbt.  Wie- 
land 11,  180;  manch  aber  ihm  zu  köpfe  steigt.  21,  256;  an 
aber  und  wenn  wirds  euers  gleichen  nimmer  fehlen.  21,  71; 
häuft  wenn  und  aber  ohne  zahl.   21,  292 ; 

ha,  lachte  der  kaiser,  Torlreflicher  haber, 

ihr  futtert  die  pferde  mit  wenn  und  mit  aber.     ÜSrger  67*; 

aber,  ach  dasz  aber  und  aber  sich  immer  zu  dem  danke  ge- 
sellen, den  wir  den  göttern  zu  bringen  haben.  Göthe  14,  7 ; 
alier,  und  leider  ein  groszes  aber,  die  verse  sind  ganz  ab- 
scheulich.    Göthe  33,  219. 

ABEK,  sonnig,  ein  dem  tat.  apricus  verwandtes,  tn  unserer 
spräche  althergebrachtes  wort,  ahd.  Spar  screnus,  apricus  (Graff 
1,  99)  mhd.  iber,  in  der  Meinauer  naturlehre  s.  10  hciszt  der 
lephyrus  waltwint  oder  äbercr  wint  «nrf  ajber  (ahd.  äpari) 
apricitas  l'arz.  120,  5 ;  da  beide  Wörter  bis  auf  heute  in  ober- 
deutscher Volksprache  fortleben  (abcnvind,  Südwest,  Schmidt.  5) 
ttnd  auch  Zwincli  2,  5  sagt:  so   einer  lang  in  dem  schnce- 


glanz  gewandlet  hat  und  demnach  an  aabre  grüne  ort  kumt, 
verdiente  das  wort  hier  aufnähme,  es  abert,  es  obert  be- 
deutet es  thaut  auf,  der  schnee  schmilzt,  die  berge  sind  aber, 
heut  ist  aberes  weiter.  Stalder  1,  84.  Schneller  1,  10. 
wahrscheinlich  ist  das  öslr.  ein  obers,  für  milchrahm,  ein 
äberej,  wegen  dhnlichkeit  des  milchschaums  mit  schmelzendem 
schnee. 

ABEUACHT,  f.  proscriplio  superior,  also  für  oberacht,  Über- 
acht, im  Ssp.  3,  34  richtig  overachte,  nicht  wiederholte 
acht  {von  aber  wieder);  die  falsche  Schreibung  wurde  im  16. 
jh.  eingeführt,  belege  hat  Haltaus  unter  dem  wort,  der  ge- 
schichlschreiber  Hahn  5,  122  setzt  aberachtserklärung.  ge- 
wöhnlich werden  acht  und  oberacht  verbunden,  so '  bei  Luther 
1,  259',  im  reichsabschied  von  1507  §.  25  und  in  der  kammer- 
gerichtsordnung  von  1523.    VL  §.  2. 

ABERÄCHTER,  m.  ein  mit  der  oberacht  belegter,  denn  ahd. 
dhtäri,  mhd.  aehtaere  bezeichnen  sowol  den  ächtenden  als  den 
geächteten  (Ben.  1,  17').  /ür  die  formet  ächter  und  aberächter 
liefert  Haltaus  belegstellen.  auch  Luther  3,  107  echtem  und 
aberechlern. 

ABERÄSCHE  s.  eberesche. 

ABERBANN,  m.  gleichviel  mit  aberacht.  Fischart  im  Gar«/. 
cap.  30.  acht  und  aberacht,  bann  und  aberbann. 

ABERBEN,  hereditale  obtinere,  von  einem  erben;  er  wollte 
es  seinem  bruder  abkaufen,  nun  hat  er  es  ihm  abgeerbt, 
einem  gespenste  gleich  unter  den  lebenden  bleiben  und  mit 
hohlem  ansehn  einen  platz  behaupten  wollen,  den  ihm  ein 
anderer  abgeerbt  hat  und  nun  besitzt  und  genieszt.  Götue 
8,  231. 

ABEREH,  f.  Fischart  ßhrt  Garg.  cap.  25  unter  den  spie- 
len n°  241  an  der  abereh ,  der  aber  ist  gen.  des  weiblichen 
arlikels  und  von  dem  zu  eingang  des  Verzeichnisses  gesetzten 
spilt  er  abhängig,  wie  viel  andere  spiele  ein  des  oder  der 
vor  sich  haben,  der  nom.  wird  also  anzusetzen  sein  die 
abereh,  dies  wiederum  stehn  für  obereh,  'oberehe,  ehbruch. 
denn  wie  ehbruch  und  hurerei  ahd.  ubarhiwi,  ubarhuor,  ubar- 
spil,  mnl.  overspil  hieszen,  kann  auch  ein  ubarewa,  später 
overe  und  dafür  avere,  überche,  unehe,  nebenehe  irgendwo 
üblich  gewesen  sein,  ehbmchs  spielen  war  aber,  des  gefähr- 
lichen namens  ungeachtet,  wol  ein  unschuldiges  gesellschaßs- 
spiel  jener  zeit. 

ABERDAR,  Herum,  vocab.  1482.     gebildet  wie  immerdar. 

ABEREN,  arando  carpere,  vom  alten  eren,  ahd.  arian, 
erran  arare,  noch  in  einem  weislhum  von  1550  erhielt  sich 
das  starke  part. :  wann  einem  durch  den  andern  abgcarcn 
were.  weisth.  3, 800.  of  ieman  dem  anderen  sin  erve  afcere 
Lacombl.  archiv  284. 

ABERENE,  m.  abavus,  proavus,  s.  Frisch  u.  d.  w.,  sonst 
overano.  Haupt  1,  22;  der  aberuranherr  alavus  Schneller 
1,  10. 

ABERGEISTLICH,  Luther  sagt  8,  356":  auch  dasz  ich 
nicht  der  meinung  bin  ,  dasz  durchs  evangelium  sollten  alle 
künstc  zu  boden  geschlagen  werden  und  vergehen,  wie  et- 
liche abergeistliche  fürgeben,  dies  tadelnde  wort  mag  ultra- 
geistlich ausdrücken  und  wie  aberacht  aberbann  aberehe  aber- 
glaube  gebildet  sein. 

ABERGLAUBE,  m.  superstitio,  für  oberglaube,  nnl.  over{>e- 
loof,  überglaube,  dem  super  in  superstitio  nachgebildet,  nd. 
biglove,  beiglaube,  böhm.  powera,  von  po  bei  und  wera  glaube, 
ahd.  ubarfengida,  was  über  den  wahren  glauben  hinaus,  daran 
neben  vorbei  geht.  Lessing  3,  216  setzt  fehlerhaß  den  acc. 
aberglaube  f.  abcrglauben,  wie  umgekehrt  andere  den  nom. 
aberglauben  f.  aberglaube. 

ABERGLAUBEN,  superslitiose  credere:  und  hat  schier  ein 
jeder  ein  blaw  kraut,  rittersporn  genant,  in  der  hand,  wel- 
cher dardurch  ins  {sunwend)  fewer  sihet,  dem  thut  dis  ganz 
jar  kein  aug  weh,  wie  sie  abcrglauben.  Seb.  Frank  weltb. 
1531,  51'. 

ABEHGLÄUBIG,  superstiliosus.  Hagedorn  3,  95.  auch  bei 
Herder,  mehr  aber  im  gebrauch  ist  das  folgende,  vgl.  ab- 
gläubig. 

ABERGLÄUBISCH,  superstiliosus.  seitdem  hatte  ich  mich, 
abergläubisch  genug,  in  acht  genommen.  Göthe  26, 13.  die- 
jenigen die  auf  namensbedeutungen  abergläubisch  sind.  Götme 
17,  24.  aber  auch  von  den  gegenständen  des  aberglaubens : 
alle  iiypochondrischen,  abergläubischen  grillen  waren  mir  ver- 
schwunden.    26,  21.     ein  abergläubisches  buch. 

ADERGOTT,   m.  braucht   Paracelsus  2,  250'  entweder  für 


33 


ABERGUNST— ABERMALS 


ABERX — aber\at:isheit 


34 


abgott,  oder  obergott,  über  goU  selbst  gestcUten  goU :  du 
machst  dir  in  deiner  fantasei  ein  abergott,  den  heiszest  sanol 
Paulum;  auf  die  tergöUenmg  der  heiligen  deutend. 

ADERGüNST,  f.  für  abgunst.  ß.  Waldis  Esop  4,  94  hl. 
338". 

ABERGCNSTIG,  ßr  abgünslig.     derselbe  4,  95  bl.  340'. 

ABEUHALTEN,  oblinere,  von  einem  erhallen:  nicht  mit 
recht  aberhaiten,  sondern  mit  gewalt  abgedrungen  und  ge- 
nommen.    Frankf.  ref.  II,  10.  §.  4. 

ABEHHOLD,  für  abhold.     Fr.^nk  u-cltb.  223"  und  oß. 

ABERKAISEB,  »n.  uebenkaiser.  sonder  das  losz  fül  auf 
den  aberkeyscr  Rudolphen.     Fiscdart  bienenk.  124*. 

ABERKENNEN,  abjudicare,  durch  ein  rechlserkenntnis  ab- 
sprechen, an  Ottocar  venneinte  sich  der  kaiser  dadurch  zu 
rächen,  dasz  er  ihm  zu  Nürnberg  auf  der  Versammlung  sein 
konigieich  aberkannte.  lUns  4,  105;  zu  gleicher  zeit  verlieh 
das  Parlament  dem  herzog  Waldemar  die  ihm  früher  aber- 
kannten lande.  Daui.masx  dän.  gcsch.  1,  423 ;  dann  überhaupt 
ableugnen,  nicht  zugestchn: 

es  mag  der  leule  wahn 
mir  immerhin  die  klugheit  aburkenncn.    Hacedor.^; 

ist  es  die  unkunde  des  lateins  selbst ,  welche  diese  fähigkeil 
(iweifcl  gegen  die  religion  su  haben)  allen  menschen  ohne 
ausnähme  aberkennt?  Lessing  10,  186;  alle  consonantver- 
doppelungen  sind  der  ältesten  spräche  abzuerkennen. 

ABERKLAUE,  f.  ungula  poslerior ,  die  hinlerklaue,  wider- 
klaue, von  aber  retro,  gewöhnlich  afterklaue. 

ABERKLUG,  stolidus,  für  überklug,  superklug: 

und  dennoch  schrein  die  aberklusen  herrn 
noch  über  wnim  und  blindlieit.    Dotter  1,  411. 

wenn  man 
so  jeden  sitlenspruch  befolfren  könnte, 
der  einem  aberklucreu  mund  entllieszt.    Platr.n  171. 

ABERKOSEN,  delirare:  wer  bei  in  sinnlos  und  wanwitzig 
hin  und  her  lief  und  aberkoset,  den  achten  sie  für  heilig. 
S.  Frank  weltb.  17".  auf  ein  ahd.  achüsön  (Graft  4,  506) 
mhd.  äkösen  zurückzufiihren ,  wie  abenvitz  aus  äwizi  ent- 
sprang. 

ABERLITZ,  ungewisses  geschlechts  und  sinncs,  aber  uralles 
wort:  einer  sol  des  andern  last,  bürd,  weis,  gebrechen  und 
aberlitz  wissen  und  tragen,  nit  ncgcn  und  nagen.  Frank 
sprichw.  2,  lis'  und  ebenso :  last,  bürd,  weise,  gebrechen  und 
aiberlitz.     Acricola  spr.  132\    mhd. 


mich  tuol  sin  spachc  Htze 
dicke  miner  sorgen  buoz. 


Diut.  1,  321. 


ahd.  üzitun  siniulare,  lizitunc  simulalio,  untar  demo  lizze 
sub  obtcntu  (Graff  2,  317).  goth.  liuts  fallax,  liutei  fallacia, 
dolus,  lutön  fallere.  Schmeller  2,  531  der  lilz  laune,  grille, 
gelüste,  der  hat  seine  litzcn,  ich  hab  ein  litzen  zu  etwas 
kriegt,  der  hat  ein  albern  litz,  du  hast  ein  posc  lilz.  fastn. 
sp.  253,  32,  und  die  bedeutung  von  grille,  albemheil,  mit  der 
man  geduld  haben  soll,  eignet  sich  ßr  aberlitz  an»  meisten, 
vgl.  abalitza  abslülpen  bei  Todler  5'. 

ABERI>ÖSEN,  redimere,  verstärktes  erlösen,  zurücklösen,  ge- 
richlswort:  er  erlöset  die  guter  ab. 

ABEltMAL,  «.  gleichviel  mit  aberziel. 

ABERMAL,  Herum,  belege  schon  bei  aber  m  der  formel 
aber  und  abermal.  Herum  iterumque.  Ldtiier  4,  525*  sagt, 
da  sehen  wir  aber  ein  mal  {noch  einmal,  wieder  einmal), 
was  gott  von  uns  hell;  und  der  herr  redete  abermal  zu 
Ahas.  Jesaias  7,  10;  hie  mit  vdrd  abermal  gesehen,  pers. 
roscnih.  7,  9  ;  wobei  ich  meinem  wirte  abermal  gelcgenhcit 
gab  zu  stutzen.  Wiela.-^d  2,  73;  Agathon  errülhete  abermal. 
3,146;  an  antworts  statt  schenkt  Borcas  abermal  ein.  4,176; 
in  welcher  heftigen  bewegung  IrelTe  ich  sie  abermal,  Adrast? 
Lessixc  1,  450;  künnen,  günnen  schreibe  ich  mit  einem  ü, 
weil  icli  derer  gcdanken  bin ,  dasz  von  kunsl  künnen ,  von 
gunsl  günnen  herriilu-e.  es  sei  dann,  dasz  man  meine,  diese 
nennwörter  wären  aus  den  Zeilwörtern  hergestaltet;  da  es 
doch  abermal  nichts  hindern  würde.     Locaü  3,  3. 

ABERMALIG,  iteratus,  wiederholt,  erneuert,  im  gerichls- 
Stil  gern  dem  possessiv  oder  Zahlwort  vorausgestelll :  nach 
abermaliger  seiner  temehmung;  nach  abermaligen  drei  fri- 
sten, auch  WiELANo  12,  169  nach  verflusz  abermaliger  drei 
monatr. 

ABERMALS ,  gleichviel  mit  abermal  und  von  denselben 
schriflitellern  abwechselnd  gebraucht,  wie  nicmat  und  niemals, 


irgend  und  irgends  lauschen,  dieser,  um  es  abennals  und 
abennals  zu  sagen,  hat  an  keine  andere  leidenschaflen  ge- 
dacht.  Lessinc  7,  351. 

ABERN?  ABERN?  das  ahd.  avarön  bedeuUt  üerare,  dparea 
wahrscheinlich  rcgelascere,  keineni  von  beiden  verwandt  scheint 
ein  abern  der  Vogelsteller  ßr  locken,  füttern,  mit  dem  daliv. 
die  pföschherdc  werden  hin  und  wieder  in  die  felder  gemacht, 
wo  sich  die  zeislein.  hänQein  aufhallen;  da  wird  ihnen  mit 
mähen  (mohn),  hanf  und  anderm  geäbert,  und  wann  sie  die 
speisen  einmal  oder  zwei  angenommen,  werden  die  wände 
gerichtet.    Hoiiberc  2,  703". 

ABERNAME ,  m.  appellatio  ignominiosa,  beiname,  zunamc, 
ein  name,  den  man  noch  über  seinen  erhält,  also  obername.  dem- 
nach gibt  in  die  schrifl  wol  tausend  abernamen  und  schend- 
lich  nachnaraen.  S.  Frank  3,139;  die  unter  dem  abernamen 
cyniker  in  einen  ziemlich  zweideutigen  ruf  gesetzt  werden. 
Wieland,    franz.  surnom,  engl,  sumame,  sp.  sobrenombre. 

ABERNTEN,  plene  meiere,  die  ernte  vollenden,  das  getraide 
abernten,    das  feld  ist  ganz  abgeerntet. 

ABEROBERN,  recuperare,  durch  eroberung  wegnehmen. 

ABERPABST,  m.  antipapa,  gegenpabst,  wie  aberkaiser.  zohe 
der  keiser  Heinrich  IV  gen  Papiam  mit  seinem  aberbapst. 
Frank  chron.  328*  und  sonst,    auch  aflerpabst 

ABERIL\ÜTE,  f.  auch  eberraute,  abraute,  artemisia  abro- 
tanum,  aus  dem  griech.  wort  entstellt,    s.  afrusch. 

ABERREDEN,  delirare,  gebildet  wie  aberkosen  und  gleiclier 
bedeutung.  dis  gcscblechl  der  menschen,  das  also  aberredl, 
verzuckt  und  nit  bei  im  selbs  ist.  Frank  6S;  in  dem  dreck 
ligen  wie  die  sew,  aberreden  wie  die  sew.  S.  Frank  Irunken- 
lieit  1531.    Eiii*. 

ABERSAAT,  f.  quod  secuada  vice  seritur,  was  auf  abgeern- 
tetem felde  dasselbe  jähr  nochmals  gesät  wird,  von  aber  icie- 
dcr;  auch  nachsaat,  aflersaal:  nach  der  gerste  und  in  die 
abei*saat  rüben  säen.    Scumid  schw.  wb.  5. 

ABERSCHANZ,  f.  culus,  die  hinlerschanz,  der  hintere:  ich 
schlag  im  was  ind  aberschanz.  Mörin  1539  bl.  17*. 

ABERSEGEN,  m.  incantatio,  abergläubisches  segnen:  dasz 
man  kein  Zauberei,  abersegcn  noch  beschwerung  der  creatu- 
ren  soll  prauchen. 

ABERSEL,  »I.  servus  squalidus,  es  thut  bie  wehe  ein  ar- 
mer jeckel  und  ascherprödel  oder  abersei  sein  und  sich  mit 
füszen  tretten  lassen.  Mathesius  53*;  er  musz  ein  anner 
joeckel  und  aberscl  sein,  derselbe,  wahrscheinlich  von  ars 
culus,  abärschel,  der  zu  scJiwerem  handlangerdiensl  gebraucht 
wird  und  sidi  abarbeitet  unter  mishandlung. 

ABERSINN,  m.  obstinatio,  eigensinn,  hartndckigkeiL 

ABERSINNIG,  obstinatus,  hartnäckig. 

ABERWANUEL,  «i.  rcgressus,  rückgang,  reukauf,  recht  zu- 
rück zu  gehn:  sagte,  es  were  ein  guter  kouf  und  welle  mier 
ein  gantz  jar  aberwandel  gen  {geben),  er  welle  aber  kein  aber- 
wandel  hau.  Tu.  Plater  s.  95.  96;  sagten  ich  soll  im  schri- 
bcn,  ich  weit  den  aberwandel  nun  ufhebcn  und  den  kouf  also 
halten,  das.  90 ;  er  soll  auch  meiner  abenvandel  haben,  von 
mir  zum  andern,  vom  andern  zum  dritten  und  vom  dniten 
auf  sein  selbs  eigen  mund.  Froxsperc  kriegsb.  1,  s';  mein 
parlbei  soll  und  mag  auch  über  solches  von  mir  zum  andern, 
und  vom  andein  zum  dritten,  letzlich  bisz  auf  sein  eigen  mund 
abenvandel  haben,  das.  3, 10* ;  der  {gott)  kan  uns  geben  aber- 
wandel {regrcss).  Rlefs  Adam  und  Hera  2508 ;  ich  bah  in 
im  nie  args  funden,  noch  kainen  aberwandel  (nic/i/ büirnifan- 
del,  sondern  riickgang,  abgang  vom  handel,  treulosigkeit).  buch 
der  weish.  1485,  37*  (6c«  Schneller  4,  97).    Stalders  erklärung 

1,  85  durch  ersalz,  chrenerklärung  scheint  ungenau. 
ABERW.\NK,  m.  recessus,  zurückwanken,  abweichen:  sobald 

aber  der  gotlos  ein  Unwillen  und  abcnvank  an  im  bat  und 
die  äugen  seines  gemüts  zu  thut.  Frank  paradoxa  19*;  die 
sünd  ist  nicht  anders  dan  ein  freiwillig  abker  und  aberwank 
von  gott.  das.  167*.  aber  bedeutet  hier  zurück  und  widcrwank 
wäre  gleichviel. 

ABERWEG,  m.  devium,  ahweg,  Seitenweg,  ungewöhnlicher 
weg:  so  du  durch  den  glauben  in  aberweg  gesund  würdest, 
du  würdest  aus  gott  gesund,  nicht  aus  dem  teufe!.  Paracels. 

2,  249*.  das  ahd.  Awikki  devium,  invium,  in  äwikke  in  invio 
(Gr.\ff  1.671).  vgl.  bair.  awech.  Scum.  4,10.47. 

ABERWEISE,  stolidus,  überweise,  überklug,  was  aberklug, 
euer  ganzes  aberweises  Jahrhundert  von  lileratoren.  GOtue 
33.  275. 

ABERWEISHEIT,  f.  Überklugheit,  sonst  auch  aftcnveishcil. 

3 


35 


ABERWILLE  —  ABFÄDMEN 


ABFAHEN— ABFALLEN 


36 


ABERWILLE,  m.  tacdium,  Widerwille,  dies  mag  ihm  gegen 
alle  erdiclitcten  geschichten  einen  abenvillen  beigebracht  ha- 
ben.    HiRZEL. 

ABERWITZ,  «i.  amcntia,  dementia,  wahnwitz,  ahd.  awizzi 
n.  deliramentum,  äwizzün  delirare,  aus  diesem  alten  a  hat  sich 
hier  aber,  nicht  aus  ober  entfaltet,  die  (fiirslin)  voll  von  aber- 
vvitz  ein  creiitz  pflegt  anzubeten.  Ä.  Grvpii.  1,  124 ;  du  hast 
uns  sehr  schön  bewiesen,  dasz  es  zum  besten  der  mensch- 
lichen gesellschaft  gereiche,  wenn  der  Vernunft  und  dem  witzc, 
folglich  auch  der  Unvernunft  und  dem  abenvitze  volle  freiheit 
gelassen  werde.    Wieland  G,  266. 

denn  alles  was  Theofron  uns  cesungeii 

war,  seinem  urlheil  nach,  vollKommncr  aberwitz.    9,  62. 

aberwitz   und   unsinn   genug   habe  ich  aufs  papicr  geworfen. 

GOITER  3,  319. 

verwirre  wüsten  sinnes  aberwitz  nicht  gar, 
selbst  jetzo,  welche  denn  ich  sei,  ich  weisz  es  nicht. 

GöTHE  41,  195. 

doch  du  (nalur)  hast  niemals  milbeschworen 
den  aberwitz  beschränkter  thoren.      Plate.n  55. 

Die  ältere  spräche  setzt  das  wort  weiblich:  darumb  musz  der 
apostel  zu  den  Hebreern  {im  brief  an  die  //.)  sehr  in  die 
aberwitz  gangen  sein.  Luin. ;  der  alt  ist  nicht  witzig,  er  gehet 
in  der  aberwitz.  Pauli  schimpf  10  ;  aber  es  wäre  dem  son 
ein  gespülte,  er  meinet  der  vatter  redet  aus  aberwitz.  das. 
139* ;  redet  in  .der  aberwitz.    H.  Sachs  II.  2,  5l'.  54'. 

ABERWITZEN,  delirare,  desipere,  ahd.  ;\wizön  (Graft  1, 
1104) :  ich  hab  gesehen,  dasz  ich  den  teufcl  anstellt  mit  argu- 
ieren  und  disputieren,  aber  itzund  kan  ich  nichts  als  aber- 
witzen.  Fischart  Garg.  cap.  22.  geaberwitzet  haben,  das.  139*. 
ABERWITZIG,  dernens:  er  ist  aberwitzig  geworden,  bringt 
nichts  vor  als  abenvitziges  zeug. 

ABERZIEHEN,  durdi  erziehung  benehmen :  der  ohne  leiden- 
schaften  ist,  oder  die  man  ihm  aberziehen  soll.  Tieck  1, 126. 
ABERZIEL,  n.  scopus,  ein  abgestecktes  ziel :  nu  was  die  zit 
da,  dasz  sie  meinten  Messias  soll  geboren  sein,  wann  sie  het- 
tent  alle  aberziel  und  abennal  gerechnet,  als  ein  fraw  usrech- 
net,  die  mit  eim  kind  gat.  ein  aberziel  was,  da  Jacob  weis- 
sagt, non  auferetur.  Keisersperg  postill.  8;  ein  gerber  musz 
mer  geessen  haben  weder  ein  Schneider,  und  so  lang  er  das 
aberziel  vor  im  hat  und  sich  darnach  richtet  mit  essen,  so 
verschuldet  er  sich  nit  mit  frasz.  ders.  von  den  7  scheid,  c.  2 ; 
dise  ding  hab  ich  euch  für  wollen  schreiben  als  man  den 
Schülern  fürschreibt,  das  heiszt  ir  aberzil,  da  malen  sie  die 
buchslaben  ab.  ders.  im  herr  der  kunig  bl.  74;  so  ists  ein 
aberzil  und  gleich  ain  richtscheit  zu  erkennen.  Ecks  predigt 
28;  es  soll  keiner  trinken,  er  soll  ein  aberzil  haben,  damit 
er  nit  zu  vil  trinke,  aber  was  ist  ir  aberzil?  J.  Pauli  43; 
du  solt  auch  das  ziel  darnach  stecken,  dasz  er  sein  aberziel 
nach  dabei  iendert  gehaben  möge,  da  das  ziel  steckt.  Frons- 
PERG  kriegsb.  2,  192'. 

ABESCHERN,  defaligare,  abarbeiten,  abmüden,  wir  sahen 
den  armen  keil  da  stehn  und  sich  abeschern  ;  seine  excel- 
lenz sind  ganz  abgecschert  sagte  der  bediente  eines  ministers, 
der  keine  leute  annehmen  wollte,  von  asche,  in  dessen  ablei- 
tungen  ößer  ein  r  aufsteigt  (m.  s.  ascherbrödel  und  äschern, 
einäsciiern),  abeschern  also  sich  in  staub  und  asche  abarbei- 
ten, abgeeschert  pulvere  squalidus,  mlat.  incineratus. 

ABESSEN,  comedere,  von  etwas  herunter  essen,  das  fleisch 
von  den  knochen  abessen,  die  suppe  von  dem  teller,  dann 
aber  die  knochen,  den  teller;  noch  wollte  er  seinen  teller 
nicht  abessen.  Götiie  20, 139 ;  ob  ein  wasscr  käme  und  den 
deich  abäsze,  den  dämm  abspülte,  weislh.  2,  289 ;  ich  habe 
dir  nichts  abgegessen,  nichts  von  deinem  verzehrt,  auch  in- 
transitiv:  wir  haben  noch  nicht  abgegessen,  sind  nicht  mit 
essen  fertig;  vornehmer  abgespeist. 

ABESSER,  wi.  comesor,  viel  frcsser,  viel  abesser. 
ABETZEN,  drpasccrc,  abweiden:  wann  man  (in  dem  Som- 
mer) das  gras  nit  würd  abelzen,  so  stehts  darauf,  es  werde 
sein  vil  verwelken.  Fischart  groszm.  30 ;  da  si  der  dot  abetz 
in  irn  gräbern.  Meliss.  ps.  10,  3' ;  heute  nur  etwas  mit  einer 
schärfe  abetzen,  abätzen,  den  unterschied  zwischen  essen  und 
ctzcn  ersehe  man  bei  dem  letzten  wort. 

ABFÄDMEN,  ßlum  revolvere,  den  faden  herunter  ziehen, 
abwinden,  die  schoten  abHidmen.  Göthe  schreibt  abfiidnen : 
wenn  ich  mir  meine  zuckcrerbsen  selbst  pflücke,  mich  hin- 
setze, sie  abfüdne,  16,  30.    wenn  wir  auch  faden  statt  des  allen 


fadum  sagen,  so  kann  doch  der  inlaut  einer  ableitung  das  m 
bewahren. 

AB  FÄHEN,  s.  abfangen. 

ABFAHREN,  proficisci,  davon  fahren,  hinab  fahren,  wir  tra- 
fen spät  ein  und  fuhren  den  andern  tag  früh  ab ;  das  schif 
fährt  morgen  ab ; 

des  herren  geisl  in  lichter  flamm  abTährt.    A.  Grtph.  2,  45C. 

als  LuciTer  fuhr  f^ar  zu  hoch, 

da  fuhr  er  ab  ins  höllenloch.    Locau  2,  89,  54. 

oß  für  sterben,  aus  der  weit  abfahren:  er  ist  gestern  abge- 
fahren; in  dieser  nacht  fahr  ich  ab.  J.  Paui,  Fibel  52.  sich 
vom  rechten  ziel  entfernen,  seitwärts  fahren:  wir  sind  vom 
rechten  wege  abgefahren ;  die  axt  ist  (vom  Uiel)  abgefahren ; 
das  mcsser  fuhr  im  schneiden  (von  dem  brote)  ab.  dies  wird 
auf  das  beschämende  mislingen  des  ungestüm  unternofiimenen 
angewandt:  er  bringt  seine  Werbung  an,  fährt  aber  ab  (con- 
fusus  recedit).  Göthe  45, 171 ;  er  wird  aber  schlimm  abfahren. 
J.  Paul  Hesp.  1, 191  und  so  auch  oß  einen  verwegenen  abfah- 
ren lassen,  spöttisch  entsenden:  fräulein  Luise  liesz  Karin,  der  / 
sie  zum  Spaziergange  einlud,  auf  eine  sehr  schnippische  weise 
abfahren.  Götme  15, 104  ;  der  consul  Metellus  läszt  zuletzt  den 
Publius,  man  darf  wol  sagen,  abfahren,  als  dieser  ungestüm 
die  befrciung  seines  vaters  verlangt.  33,  207.  Endlich  transi- 
tiv :  einem  den  arm  oder  fusz  abfahren,  ein  stück  von  der 
maucr  abfahren,  die  schienen  von  den  rädern  abfahren,  die 
pferde  ganz  abfahren. 

ABFAHRT,  f  abitus,  die  fahrt  von  einem  ort,  aus  dem  leben 
ABFALL ,  «i.  deßuxus,  discessio,  das  niederfallen  oder  ge- 
fallensein,  des  blatlcs  vom  bäume,  des  uassers  vom  felsen,  der 
Späne  vom  hobel,   der  spreu  vom  körn: 

des  laubs  war  hier  ein  unendlicher  abfall.    Voss  Od.  5,  483. 
wo  der  äst  ein  unendlicher  abfall 
unter  laub  und  gesirnuch  rings  moderte.     Voss  1,  36 

abfall  einer  quelle.  Klopst.  3/ws.  6,  228;  abfall  des  wassers, 
Wasserfall;  mit  meines  lichts  abfallen  sich  verbrämen.  Rü- 
CKERT  131 ;  des  tisches  abfall  (die  brosamen).  dann  von  einem 
wesen,  an  das,  von  einer  sache,  an  die  man  gebunden  war: 
der  abfall  von  gott,  von  seinem  hcrrn,  von  dem  glauben,  von 
einem  bund,  in  diesem  sinn  häufig  untreue  und  treubruch : 

wen  hatte  der  tyrann  auf  unsern  thron  gesetzt? 
ein  manu  durch"  ablal!  mehr  denn  hohes  blut  gesch.itzt. 
A.  Grtph.  1,  111. 

der  engel  abfall  von  gott,  der  empörcr  von  dem  reich,  oß 
gleichviel  mit  verfall  und  schmach  (franz.  declin,  decadcnce) : 
angesehen,  das  es  (das  ablasz)  in  abfall  und  Verachtung  komen 
were.  Luther  6,  82' ;  und  werden  ihre  messen  mehr  in  abfall 
komen.  Luthers  br.  4,  370 ;  ich  bin  in  so  groszen  abfall  und 
Verachtung  komen.  Luther  3,  150';  die  Ursache  jenes  abfalls 
ist  folgende.  Moser  p.  ph.  1,55;  wir  leben  schon  im  abfall 
der  Zeiten.  Tieck  15,  334 ;  abgang  oder  ausfall :  die  wackern 
leute,  die  in  abfall  ihres  Verstandes  gekommen  sind.  Wie- 
land 15,355;  der  abfall  der  letzten  ernte  und  zu  besorgende 
kornmangel.  Moser  p.  ph.  1,  364.  Endlich  abweichung,  Ver- 
ringerung, Verschiedenheit,  ausnähme:  die  sorgfällige  wähl  der 
edelsten  Wörter  leidet  alsdenn  einen  groszen  abfall,  wenn  der 
dichter  nicht  in  seiner  eignen  person  spricht.  Lessinc  6, 144 ; 
die  nalur  wirkt  durch  unmerkliche  abfalle.  Kant  S,  2S2;  da 
diese  abfalle  (in  der  schwere  der  grundsloffe)  so  unendlich  als 
möglich  müssen  gedacht  werden.  Kant  8,266;  die  empfindun- 
gen  schattieren  sich  so  manigfaltig,  als  abfalle  zwischen  einer 
habichts-  und  stumpfnasc  sind.  Göthe  16,  61 ;  abfall  (nuance, 
d.  i.  nutatio)  der  färbe.  Moser  rcrm.  sehr.  1, 105 ;  die  abfalle 
des  brief-  und  fragmententons.  Herder  1,20;  alsdann  musz 
diese  regul  einen  abfall  leiden.  Hohberc  3,  26';  gleichwie  nun 
solcher  schlusz  seine  merkliche  abfalle  ohnedem  leicht  haben 
dürfte.  Hahns  hist.  2,  252.  man  hat  auch  versucht  in  der  de- 
clination  die  casus  abfalle  zu  nennen. 

ABFALLEN,  delabi,  decidere,  von  etwas  niederfallen,  in  allen 
bei  abfall  dargelegten  bedeutungen.  der  apfcl  ftillt  ab  (dem 
bäum),   die  reife  frucht  musz  abfallen, 

du  blume  deiner  zeit  wirst  in  der  blüt  abfallen. 
A.  Grypu.  1,  433; 

des  rcilcrs  kollor,  stück  für  stück, 

fiel  ab  wie  mürber  znndcr.     UBrcer  1,  71; 

ein  alt  wcib  fiel  die  stiegen  ab,  kein  wunder  bildt  euch  ein  : 
die  fruchte  fallen  von  sich  selbst,  die  übcrstnndig  «ein. 

LooAU  3,  52,  78; 


37 


ABFÄLLIG  — ABFÄRBIG 


ABFASERX  —  ABFERTIGEN 


38 


itnler  säufem  heiszt  es,  einen  zu  boden  saufen,  dasz  abfalle 
wer  reif  ist.  J.  Westpoal  faulteufel  Frankf.  1563  BS';  der 
manlel  ist  ihm  ab  (von  der  schütter]  gefallen,  die  kröne  {vom 
haupt).  der  kalk  fallt  von  der  maaer  ab,  der  pfad  steil  von 
der  klippe.  alle  seine  leute  sind  von  ihm  abgefallen,  ein  ab- 
gefallener ist  ein  abtrünniger ;  ein  solcher  abgefallener  Sause- 
wind. Weise  erzn.  91.  er  fallt  am  ganzen  leibe  ab,  ist  vom 
fleische  abgefallen,  ist  bleich  und  abgefallen,  abgefallen  von 
gram;  den  Jägern  heiszt  abfallen,  mager,  schmal  werden;  (m. 
s.  einfallen),  den  hals  über  die  treppe  abfallen,  den  hals  über 
ein  spindcl  abfallen,  fastn.  sp.  267,  11.  die  erze  fallen  ab, 
«erden  unerg'ibig.  diese  färbe  fallt  von  der  andern  sehr  ab. 
der  wein  fallt  ab,  steht  ab :  beifusz  in  deu  wein  gehenkt,  ver- 
hütet dasz  er  nicht  abfall.  Taderxaemostaxcs  p.  44 ;  den  trü- 
ben abgefallnen  wein  wiederum  lauter  machen.  Hohberg  3, 
444';  die  Weinschenken  wann  sie  wollen,  das  inen  der  weisze 
wein  nicht  soll  rot  werden  oder  abfallen.  Sebiz  feldbau  3ST. 
die  gegend  fallt  ab,  senkt  sich  vom  gebirge  nieder:  da  nun 
zugleich  das  land  abfallt,  so  kommt  man  fort  mit  unglaubli- 
cher schnelle.  Göthe  27,  6.  es  fällt  noch  etwas  für  uns  davon  ab, 
das  vir  ergreifen  können,  abfallen  für  entfallen,  wegkommen: 

all  freud  ist  mir  geralicn  ab 
mit  einer,  die  letzt  leit  im  grab. 

J.    TO.X    SCUWARZEXBERG  151. 

^ott  dienet  und  liebt  ich  umb  vil  gab, 
ist  mir  ietzt  als  gefallen  ab. 

derselbe  13t,  2. 

wie  aber  und  was  gestalt  er  ledig  ward,  ist  mir  der  langen 
jähr  halber  abgefallen  (vergessen).  Kirchhok  mil.  disc.  139 ; 
in  ein  kloster,    ist  mir  abgefallen    (ich  tieisz  nicht  mehr  ob), 

5.  Florian  oder  Steiergärsten.  Hohbebc  2,504';  nu  Avolt  ich 
euch  gern  anzeigen  die  artikel,  darauf  ich  hab  antwort  geben 
müssen,  halt  aber  das  mir  der  ein  gut  teil  abgefallen.  Ldthes 

•3,411.  413.  si  meint,  sie  woll  irem  man  abfallen  (ihn  verlas^ 
sen).  fasln,  sp.  160,  14 ;  ja  wenn  gleich  alle  weit  unser  mei- 
nunge  (dat.  nicht  gen.)  abfiele.  Lither  3,  77'.  vgl.  beifallen, 
zufallen.    Auch  transitiv:  er  hat  sich  den  hals  abgefallen. 

ABFALLIG,  dcßuus,  aversus,  eigentlich  niederfallend,  abfal- 
lend: abfälliges  laub,  obst,  ico/ur  doch  lieber  abfallendes  ge- 
sagt icird.  abfällige  meinung,  die  von  der  andern  sich  entfernt. 
die  abfällige  seile  eines  daches.  abfälliger  bescheid,  unbeifdlliger. 
abtrünnig,  treulos:  sie  werden  eure  söhne  mir  abfällig  ma- 
chen. 5  Mos.  7,  4 ;  Paulus  macht  viel  volks  abfällig,  apostelg. 
19,  26 ;  sie  wollen  euch  von  mir  abfällig  machen.  Gal.  4, 17 ; 
seind  auch  die  zeugen  nichts  anders  als  lauter  abfällige  mam- 
melucken,  verleugner  ihres  glaubens.  Ayrer  proc.  2, 11 ;  dasz 
sie  ihm  wieder  abfällig  werden  sollen,  das.  2,  6 ;  die  Thürin- 
ger die  von  der  Franken  geselschaft  abfeilig  wurden.  Fraxi 
chron.  213' ;  der  teufel  bracht  sie  (die  Eva)  zu  fall,  das  sie 
von  gott  abfeilig  ward.  Lltber  6,  357' ; 

ein  kloster, 
das  ist  von  uns  abfellig  nrorden 
und  grallen  an  die  chrisienhund.    Atker  23S'. 

das  er  mich  aufrürisch  schilt  und  als  den,  der  die  Deudscben 
wolle  dem  keiser  abfeilig  und  aller  oberkcit  widersetzig  ma- 
chen. Luther  5,  303' ;  der  seiner  oberkeit  dem  keiser  wider- 
setzig, im  seine  uqtcrthanen  ungehorsam  und  abfeilig  machte. 

6,  s' ;  die  alte  schlang  hat  aus  neid  den  menschen  vom  wort 
gotles  abfeilig  gemacht.    Keisz>£r  Jerus.  1, 12'. 

ABF.\LZEN,  cu//ro  purgare,  bei  den  gerbcm  mit  dem  messer 
reinigen :  ein  feil  abfalzcn,  das  fleisch  von  der  aasseitc  abfal- 
zqn,  sonst  abaasen,  abfleischen,  bei  tischlern  und  zimmerleu- 
tcn  falze  viachen,  tcofür  sonst  ausfalzcn.    s.  falzen. 

ABF.WGEN ,  intercipere,  von  einem  weg,  dem  nachbar  die 
tauben,  das  wild  abfangen,  das  wasscr  abfangen,  ableiten, 
einem  den  ball  abfengen.  bergmännisch :  den  sand  mit  bal- 
kcn  abfangen,  bei  absinkung  des  Schachts,  bei  den  Jägern, 
einen  hirsch  abfangen,  ihm  den  fang  geben,  ihn  tüdten.  auch 
aitijcwandt:  einen  zurückhalten:  ein  magischer  künstler  hat 
mich  in  diesem  blumenhäuschcn  abgefangen.  Tiecr  noc.  4, 151. 

ABF.\KBE.N,  colorem  amittere,  die  färbe  fahren  lassen :  das  luch 
färbt  ab,  die  wand  bat  abgefärbt;  ein  mantel  entfasert,  ab- 
gefärbt und  ausgenützt.  WielaxdO,  3.  transitiv  umgekehrt :  die 
färbe  geben,  bei  den  gerbern,  das  leder  abfärben,  auch  sonst  ab- 
färben, abschildern,  in  gehörige  färbe  setzen :  wenn  sie  essen, 
ivcrd  ich  die  übrigen  gaste  abfärben.  J.  Paii.  uns.  löge  2, 113. 

.\BF.\RniG,  der  färbe  verlustig,  der  gelbe  Jasmin  leidet  den 
morgcnthau  im  sommer  nicht  und  wird  davon  ablärbig.  Hoh- 
berg 1,  607*. 


ABFASER.N,  (ilatim  disirahi,  fasern  absondern,  das  kleid 
ist  unten  am  rande  abgefasert. 

ABFASSEN,  concipcre,  bei  den  schmieden  ein  eisen  abfas- 
sen, auf  dem  ambosz  umschlagen,  bei  den  Jägern,  die  leine 
abfassen,  abwickeln,  bei  den  krämern,  die  waaren  abfassen, 
einzeln  abtheilen  und  für  den  verkauf  einrichten,  gilt  haupt- 
sächlich von  rfen»  ordnen  und  fertigen  einer  rede  und  sdiriß: 
Sätze,  worle  abfassen,  eine  rede,  schrift,  klage,  einen  beiicht, 
ein  urtheil,  buch,  werk  abfassen,  der  bericht  ist  geschickt, 
günstig  abgefaszt.  abfassen  und  verfassen  können  wechseln, 
genau  genommen  ist  jenes  mehr  das  ordnen,  concipieren  und 
redigieren  schon  gegebner,  vorliegender  Stoffe,  dieses  das  hervor- 
bringen selbst,  der  urheber  des  werks  verfaszt,  der  blosze  ordner 
faszt  ab,  concipiert,  redigiert,  und  er  kann  nicht  Verfasser 
heiszen.    die  zeitung  wird  abgefaszt.  ein  gedieht  verfaszt. 

ABFASSUNG,  f.  conceptio,  redactio. 

ABFASTEN,  sich,  jejunio  macerari,  durch  langes  fasten  ent- 
kräften, eine  sünde  abfasten,  durch  fasten  büszen. 

ABFAULEN,  putrcscere.  durch  faulen  sich  absondern,  der 
bäum,  die  wurzel  fault  ab.  von  einem  edlen  bäum  ein  abge- 
faulter ast. 

ABFÄUMEN,  s.  abfeimen.  abgefaumt.  fastn.  sp.  202,  19; 
abgefäumte  buhlerin.   Lessixc  7, 154. 

ABFECHSEN,  die  fechscn  oder  fechser  (viviradices)  abson- 
dern, also  kann  man  das  kraut  in  einem  sommer  etlichemal, 
wann  man  sihet,  dasz  es  zu  blühen  beginnet,  abfechsen. 
HOUBERG   2.  262'. 

ABFECHTEN.  pugnando  obtinere,  fechtend  abgewinnen :  nach- 
dem wir  dieses  Böhmen  den  Sachsen  abgefochten.    Schiller  332. 

ABFEDElOi,  deplumare,  die  federn  ablösen,  ein  huhn,  eine 
gans  abfedern,  rupfen. 

ABFEGE.N,  depurgare,  nnl.  afvegen,  wegfegen,  staub  und 
unralh  abfegen,  dann  den  tisch,  die  bücher  abfegen,  ein  jun- 
ges mädchen,  die  mit  dem  Schleier  den  staub  von  ihres  va- 
ters  angesicht  abfegete.  pers.  roseng.  9,  10 ;  wann  wir  todt 
sind,  wird  der  tag  des  gerichts  allen  staub  von  unsern  häup- 
tern  abfegen,  das.  9, 11. 

fegt  Schmach  mit  (samt)  meineid  ab!       A.  Grtpb.  1,  399. 
du  hast  meine  sündenflecken  durch  das  taufbad  abgefegt. 

derselbe  2,  174. 

einigen  ärzten  heiszen  abfegende  mittel  abstergentia,  abluentia. 
ABFEILE.N,  delimare,  elimare,  nnl.  afvijlen,  feilend  wegneh- 
men,   das  gröbste  abfeilen,    einen  nagel  abfeilen,  einen  Schlüs- 
sel abfeilen. 

und  rupft  von  spät  belaubten  wänden, 
was  npch  der  reif  nicht  abgefeilt. 

Stolbehg  9,  342. 

ABFEILICHT,  n.  limatura,  feilstaub,  feilspdne.  Pabacelscs 
1,  8SS'  sagt  dafür  abfeilach. 

ABFEILSCHEN,  licitari,  abhandeln  durch  Umges  feilschen. 

ABFEIMEN,  despumare,  abschäumen,  abklären:  lasz  es  sie- 
den, faim  sauber  ab,  lasz  kalt  werden.  Seuter  rosarznei. 
Augsb.  1599.  s.  420;  dasz  man  wasser  und  honig  in  einem 
kessel  sieden  lasse  und  iederzeit  abfeime,  bis  es  ganz  klar 
wird.  Taderxaehoxt.  kräulerb.  1526 ;  man  nemme  des  reinen 
abgefeimten  saftes  von  Sauerampfer,  das.  82S ;  oder  andere 
abstrich,  so  man  wie  ein  andern  schäum  von  zerlassenen  me- 
tallen abfcimet.  Mathes.  108';  die  losen,  abtrüiinigen,  abge- 
feimetcn  Christen.  Luther  8, 12l';  ein  abgcfeimbter  bubc.  Lu- 
TUER  6,489*; 

mit  weiszen  wällen  fGderlein 

er  euch  die  feil  verbrämet, 

von  weichem  schnee  ganr  oben  rein, 

als  wnrens  abgefämet.         .Sper  truttn.  193. 

abgefeimte  milch.  Uhlaxd  rolksl.  2.  662 ;  dn  bist  ein  abge- 
feimter Spitzbube.  G0TnE36. 101;  abgefeimte  bübin.  Schiller; 
irie  man  sagt:  abschaum  der  menschheit. 

und  wer  sodann  mit  uns  erreicht 

das  otir  recht  .ibiufrimen. 

und  liebi  wie  wir,  dem  wird  es  leicht 

den  rechten  sinn  zu  reimen.    Görui  6,  127. 

ABFENSTERN,  inerepare,  autschelten,  gewöhnlicher  ausfen- 
slem,  vom  ausschelten  des  verschmähten  liebhaben  vor  denk. 
kammerfenster  entnommen  (Schmei.i.er  1,  544). 

ABFERTIGEN,  dimittere,  expedire,  entsenden,  abschicken,  fer- 
tig machen,  nnl.  afvaardigen.  welche  (arbeit)  ich  hofl'e  auch 
bald  abzufertigen.  Lüther  5,  43* ;  sei  vom  doctor  rath  zu  fra- 

3* 


39 


ABFETTEN  —  ABFLEDERN 


ABFLEGELN  —  ABFORDERN 


40 


gen  eilents  abgefertigt.  KiRcimoF  wcndunm.  105';  die  böten 
wurden  schnell  abgefertiget ;  eine  nicht  auf  den  ersten  an- 
schein  abzufertigende  frage.  Kant  2,  35.  lläußg  aber  mit  dem 
vieist  noch  durch  bciwörter  hervorgehobnen  nebensinn  einer  ent- 
lassung  des  unbequemen,  ungelegnen :  aber  du  würdest  übel 
zufrieden  sein,  wenn  sie  dich  damit  abfertigen  wollten.  Wie- 
I.AND  13,  119 ;  geisterseher  als  candidaten  des  hospitals  abfer- 
tigen. Kant  3,  82 ;  mit  einer  tracht  schlage  abgefertigt  werden. 
Kant  4, 169 ; 

so  siebet  er  ihn  kaum  halb  über  achsel  an 
und  Icrtigt  ihn  kahl  ah.     Opitz  1,  137; 

ich  wich  nicht  ein  haar  breit,  und  wem  ich  nicht  kindlichen 
respect  schuldig  war,  der  wurde  derb  abgefertigt.  Götiie  19, 
292 ;  es  schmerzte  sie  tief,  dasz  er  sie  heute  so  kurz  abge- 
fertigt hatte.  18,  227.  vgl.  oben  abfahren  lassen.  In  der  Schweiz 
abfergen,  wie  überhaupt  fergen  für  fertigen  (Stald.  1,  364. 
365) :  ich  ferget  den  soldner  ab,  schank  im  mein  mantel.  Fe- 
lix Pl.ATER  s.   162. 

ABFEKTIGUNG,  /".  expedilto,  entlassung,  in  beiderlei  sinn 
des  abferligens:  nach  gehaltncr  mahlzeit  hielt  ich  bei  i.  f.  g. 
um  abfertigung  an.  Schweiniciien  1,  183;  unterdessen  hielt 
ein  einspanniger  und  wartete  auf  schleunige  abfertigung. 
Weise  kl.  leute  15 ;  lasz  mich  ungefragt  oder  du  wirst  anders- 
mals  bessere  abfertigung  bekommen.  Ayrer  proc.  1,  9. 

ADFETTEN,  pinguedincm  amiltcre  vel  addere,  das  feil  fah- 
ren lassen:  die  Stiefel  fetten  ab.  transitiv:  die  suppe  abfetten. 

AOFECEUN,  cxplodere  tormenta,  nnl.  afvuren,  losbrennen: 
das  gewehr,  die  flinte,  kanonc  abfeuern. 

ABFIEDELN,  fidibus  cancre,  von  der  fieäel  abspielen:  er 
fiedelte  sein  lied  ab. 

ABFI.NDEN,  pacisci  cum  aliquo,  einen  befriedigen,  zufrieden 
stellen:  seine  gläubiger  abfinden;  einen  mit  hundert  thalern 
abfinden; 

doch  gabst  du  ihr,  aus  eitlem  sinn, 

den  besten  kern  des  lehens  hin, 

gott  ward  mit  liiilsen  abgefunden.    Canitz. 

einen  fürslen  abfinden,  apanagieren.  ein  junger,  abgefundener 
herr.  Lohenstein  Arm.  i,  1061.  1147.  sich  mit  einem  abfin- 
den, verstehn,  vertragen :  zwei  sind  noch  übrig  geblieben,  wenn 
die  sich  auch  abfinden  sollten,  so  wird  unser  haus  zur  ein-, 
öde.  Lessinc  2,  363; 

ich  weisz  mich  trellich  mit  der  polizei, 
doch  mit  dem  bluibann  schlecht  mich   abzufinden. 
Götiie  12,  195. 

sich  von  etwas  abfinden,  entwöhnen :  ich  hab  mein  tage  kei- 
nen menschen  gesehn,  der  sich  mit  besserer  manier  vom  sau- 
fen abfinden  kunte.   Weises  crzn.  306. 

ABFINDUNG,  f.  befriedigung  erhabner  ansprüche,  zumal  in 
crbschaflssachen. 

ABEINGERN,  digitis  numerarc,  an  den  fingern  abzählen:  so 
glaubte  jeder,  der  nur  sechs  zählen  konnte,  einen  hexameter 
abfingern  zu  können.   Voss. 

ABFINNEN,  zitwcilen  -abpinnen,  bei  schmieden  und  klemp- 
nern mit  der  ßnne  das  eisen  dünn  schlagen,  in  das  blech  ecken 
treiben,  s.  finne. 

ABFISCHEN,  expiscari,  ausfischen,  nnl.  afvischen:  einen  teich 
abfischen,  dann  überhaupt  abnehmen,  das  fett  abfischen,  das 
beste  wegschöpfen : 

•was  hier  der  Simplex  hat  erwischt, 

war  auch  den  bauern  abgefischt.    Simplic.  2,  16. 

ABFITZEN,  penicillo  polire,  bei  maurern  eine  kalkbeworfne 
mauer  mit  dem  sprerigpin.iel  glätten. 

ABFLACHEN,  dcplanare,  flach  machen,  das  abgeflachte  ufer. 
im  deicliwesen  so  viel  als  abdachen. 

ABFLAMMEN,  flammas  spargere,  gegcnsatz  von  aufdammen. 
transitiv,  die  flamme  an  etwas  heryehn  lassen,  x.  b.  bei  den 
gerbcrn  an  qetalglem  leder,  um  es  mit  fett  zu  tränken. 

ABFLATTEBN,  avolitare,  davon  flattern,  der  vogel,  der  leicht- 
sinnige flattert  ab.    sich  abnaltcrn,  fliegend  ermüden. 

ABFLAUEN ,  diluerc,  im  bergwcrk,  gepochtes  erz  rein  wa- 
schen, von  flauen,  fleuen,  mhd.  flewen.  auch  abflauern,  abflc- 
iicn,  abflöhen. 

ABFLAUHERD,  m.  der  herd,  auf  welchem  das  erz  gewaschen 
wird,  auch  abfleuhcrd,  abflachherd,  abfliclihrrd. 

ABFLECKEN,  maculas  relinquere,  flecken  an  etwas  hinter- 
lassen,   die  färbe  fleckt  ah.  das  laster,  wo  es  anrüiirt,  fleckt  ab. 

ABFLEDERN,  ala  anserina  purgare,  ausgedroschenes  gelraide 
mit  dem  flederwisch  abkehren. 


ABFLEGELN,  flagello  percutcre,  mit  dem  flegel  schlagen, 
fruchte  durch  dreschen  absondern. 

ABFLEHEN,  implorando  obtinere,  flehentlich  von  einem  er- 
bitten: solche  vermahnung  nehmet  für  gut,  die  mir  euer  söhn 
mit  groszem  fleisz  abgefiehet  hat.  Luther  br.  5,  279. 

ABFLEHEN,  eins  mit  abflauen:  die  trübe  oder  was  im 
sumpf  ist  wird  auch  übern  herd  gcarbeit  und  im  fleutrog 
abgeflehet.    Mathesius  100".  s.  abflöhen. 

ABFLEISCHEN,  dilaniare,  das  fleisch  von  den  knochen  zie- 
hen, bei  einigen  handwerkern  was  sonst  abziehen,  abaasen,  ab- 
falzen.    auszerdcm  für  entfleischen,  zerfleischen,  dilaniare : 

ich  bin  nur  haut  und  bein,  bin  durch  des  todes  klauen 
geädert,  abgefleuscht  (t.  abgellelscht).    Opitz   2,  299. 
hier  hängst  du  ausgespannt,   geädert,  abgefleischt, 
zerstochen,  striemenvoll,   entleibet,  ausgekreischt. 
Fleming  12. 

mit  abgefleischten  pferdeknochen.  Lohenstein  Arm.  2,  884; 
mit  den  abgefleischten  knochen.  Günther  844. 

ABFLICHHERD  s.  abflauherd. 

ABFLIEGEN,  avolare,  nnl.  afvlicgen,  wegfliegen:  der  vogel 
ist  vom  neste,  dache  abgeflogen,  der  pfeil  von  der  sehne,  der  hut 
flog  ihm  vom  köpf  ab.  drauf  los  hauen,  dasz  die  stücke  ab- 
fliegen, davon  fliegen,  im  forslwesen  fliegt  das  holz  ab,  wenn 
es  auf  dem  stamme  abstirbt,  dürre  wird.  s.  abfing. 

ABFLIESZEN,  deflucre,  nnl.  afvlietcn,  abwärts  flieszen,  von 
etwas  niederflieszen,  abwärts  flieszend  sich  verHeren: 

gleichwie  ein  wassersirora  mit  schneller  ungestüm 
abQieszcnd  sich   verliert.    Weckuerl.   192. 
wie   fleuszt  der  tbränen  bach 
die  bleichen  wangen  ab.    Opitz. 

das  wasser  flieszt  durch  eine  röhre  ab.  die  flut  ist  ganz  ab- 
geflossen, ein  abgcfiossencs  Jahrhundert,  es  ist  viel  fremdes 
geld  ins  land  gekommen,  das  wieder  abflieszt.  Auch  für  ab- 
stammmen,  abgeleitet  werden,  wenn  aus  der  masse  ein  theil 
sich  sondert:  ein  theil  der  sinnenweit,  dessen  Wirkungen,  so 
wie  jede  andere  erscheinung  aus  der  natur  unausbleiblich  ab- 
flieszen.  Kant  2,  422;  meine  erste  bitte,  die  von  selbst  aus 
dem  bemerkten  abflieszt.  Hippel  12,  16 ;  dasz  von  kunst  künst- 
lich, können  abfliesze.  Logau  3,  3 ;  so  flieszt  doch  etwas  von 
ihr  {der  pflicht)  ab,  auf  welches  wir  rücksicht  zu  nehmen  ha- 
ben. Fichte  sittenl.  421;  es  mag  etwas  davon  für  ihn  abflic- 
szen,  vgl.  abfallen,  abtropfen,  abflieszen  gebrauchte  man  auch 
sonst  vom  ausfallen  des  haars :  kaiköpf  oder  abgeflossen  haar. 
Forer  fischbuch  45'. 

ABFLÖHEN,  andere  Schreibung  ßr  abflehen,  abflauen,  di- 
luere :  das  kein  bad  oder  besprengung  den  unflat  und  unrei- 
nigkeit  des  hcrzcns  seubern  und  abflöhen  könne.  Mathe- 
sius 121*. 

ABFLÖHEN,  captare  pulices. 

ABFLÖSZEN,  avchcre,  hinab  flieszen  machen:  bolz  abflöszcn» 
den  flusz  und  dann  auch  die  berghöhe  hinab. 

ABFLÖTZEN,  frcquentativ  von  abflauen,  abflöhen:  in  die- 
sem bad  flötzte  ich  zwar  die  äuszerlichc  besudelung  ab.  Sim- 
plic. 2,  337. 

ABFLUG,  m.  avolalus,  der  schwalben  abflog,  eine  kurze  und 
schnelle  reise  auf  Seitenwegen,  s.  ausflug.  den  fürstem  ab- 
sterben und  abfallen  des  hohes:  abflug  der  birken. 

ABFLUSZ,  m.  dcfluxio,  der  abflusz  des  wassers;  abflusz 
(verlauf,  ablauf)  des  jahres ;  der  ewigkeit.  Kant  8,  319 ;  der  ge- 
hemmte abflusz  des  gcldes  nach  Rom.  Schiller  880;  nach 
abflusz  der  pfarrgemeinde  {aus  der  kirche).  i.  Pavl  Fixl.^ib; 
endlich  nach  dem  trägen  abflusz  aller  gaste.  J.Pavi.  Fibel  ni. 

ABFLUTEN,  abflieszen  in  groszer  masse.  die  menge  flutete 
auf  und  ab.    die  wogen  werden  abfluten,  sich  verlaufen. 

ABFODERN  s.  abfordern. 

ABFOLGEN,  concedcre  pctenti,  hingeben,  folgen  lassen,  ver- 
abfolgen, schon  die  alte  spräche  scheint  einigemal  volgen  so 
transitiv  zu  gebrauchen,  was  man  folgen,  mitgehn  Idszt,  gibt 
man  von  sich  weg.  in  solchem  sinne  sagt  die  preusz.  land- 
ordnung  von  1577  fol.  25 :  die  erbgclde  sollen  denjenigen,  so 
sie  zustündig,  ungehindert  gcfolget  werden,  nicht  anders  ver- 
wandte man  abfolgon:  dasz  die  prinzessin  dem  kaiscr  müsle 
abgcfolget  werden.  Mascou  1,  377;  Tbeophania  wurde  ihrem 
verlobten  eine  geraume  zeit  vorenthalten,  bis  sie  Joannes 
Zimisces  abfolgen  liesze.  Hahn  2, 119.     heute  verabfolgen. 

ABFORDERER  m,  petitor,  der  etwas  abverlangt,  in  empfang 
nimmt:  nicht  auf  den  abforderer  warten,    irrg.  der  liebe  508. 

ABFORDERN,  rejtetere,  revocare,  nnl.  afvordcrn,  einen  zu- 


41 


ABFORDERÜNG  —  ABFÜHREN 


ABFÜHREN  —  ABFÜLLEN 


42 


rüeknifen:  einen  diener,  gesandten  abfordern;  wann  es  sich 
zutregt,  das  ettlich  wider  werden  ahgeschafl  oder  abgefordert, 
dise  zielien  traurig  heim.    Fraxk  veltb.  104'; 


dich,  sprach  er,  fordert  ab 
durch  mich  des  Tätern  ralh. 


FLEII5G  66; 


von  der  weit  abgefordert  werden.  Dann  eine  sacke  von  einem 
fordern :  man  fordert  uns  kein  geld  ab ;  dem  gefangnen  wurde 
«ein  degen  abgefordert ;  die  langeweile  forderte  mir  eine  mä- 
szi^e  thätigkeit  ab.    Güthe  31,  89. 

ÄßF01U)ERU.\G,  f.  rerocatio,  abruf  der  person  wie  abver- 
langen der  Sache:  auf  meine  abforderung,  auf  mein  verlangen. 

SCUWEIMCHE5    3,  ITO. 

AB  FORM.  f.  imago,  abbild,  gegensats  der  urform. 

ABFORMEN,  efformare,  nnl.  afvormen,  abbilden,  bei  den 
künstlem  modellieren,  bei  den  schuslem  den  schuh  vom  leisten 
schlagen,  von  einerlei  urbiid  abgeformt.  Wieland  14,  292; 
Ton  {nach)  ihm  abgeformt.  28, 16t. 

ABFRAGEN,  quaeritando  exsculpere,  nnl.  af^xagen,  von  einem 
durch  fragen  erfahren :  er  läszt  sich  alle  geheimnisse  abfragen ; 

und  wer  sie  (die  teahrheii)  nicht  beim  tnink  entdecken  kann, 
sucht  sie  umsonst  den  schönen  abzuTragen. 

ÜAGtOOR.'«  2,  93. 

unsre  neugier  ihm  den  aufschlusz  abzufragen.  Schiller  1,  203 ; 
so  fragt  man  dem  bauer  die  künste  ab;  er  sollte  wol  der 
kuh  das  kalb  abfragen. 

ABFREIEN,  sich,  liberarese:  sich  abfreien  mit  24  pfenigen. 
veislh.  3,  "12. 

ABFRESSEN,  derorare,  von  ettcas  weg  fressen:  die  raupen 
fressen  alle  blätter  ab ;  der  hirsch  friszt  die  knospen  ab ;  dann 
auch  die  bäume,  den  acker  abfressen,  einem  das  herz  [vom 
leibe)  abfressen  von  herznagendem  kummer,  vobei  man  vol 
ursprünglich  an  Zauber  dachte:  es  will  mir  aber  das  herz  ab- 
fressen, GöTHE  57,  253;  es  hätte  mir  da»  herz  abgefressen. 
8,  56.  roher  ist  die  redensart,  sich  das  herz  abfressen :  der 
henker  danke  dir.  dasz  ich  mir  deinetwegen  das  herze  und  das 
leben  abfressen  niusz.  Weise  erjn.  10 ;  ich  fresse  mir  das  herz 
ohne  noih  ab  (gräme  mich  ohne  noth).  Weise  kl.  Icutc  292 ; 
meinstu  das  herz  müsse  mit  sorge  und  kummer  abgefressen 
sein.  das.  304.  den  leuten  das  ir  fressen  ab.  H.  Sachs  1,  453'. 

ABFRETTEN ,  defricare,  eigentlich  abreiben,  von  dem  alten 
frat,  vundgerieben,  dann  abquälen,  s.  fretten.  so  ihnen  un- 
billig abgefrettct  worden.  Phii_\nd.  1,  305 ;  dasz  ich  mir  selbst 
das  leben  beinahe  mehr  als  halber  abgefrettet.  Simplic. 
2,  356. 

ABFRETZE.N  verhält  sich  lu  abfresse^,  vie  abetzen  lu  ab- 
essen, dis  jar  wuchsen  alle  frücbt  überflüssig,  aber  Ton  den 
raupen  abgefretzt.  Fram;  chron.  219";  das  volgend  jar  kam 
ein  sollich  menig  hewschrecken  in  Apulia,  dasz  sie  alles  ab- 
fretzten.  das.  270';  euwern  boden  werden  die  frembden  vor 
euch  abfretzen.  Reiszneb  Jen«.  2, 176' ;  welches  ich  fast  auf 
allen  beiden  und  wnidbanen  wargenommen  habe,  dasz  gewon- 
lich  umb  den  anfang  des  monats  aprilis  nicht  allein  das  Jung 
kraut  abgefretzt,  sunder  auch  die  wurzel  abgenaget  war. 
TucRNEissER  bcsclir.  influentischer  Wirkungen.  Berlin  1578 
S.  117; 


die  ein  ganz  land  pflegen  zu  bedecken, 
alJes  verwüsten  und  abTretzen, 
niemand  kan  sich  dawidder  setzen. 

Froschmemeler  II. 
(fleisch)  Ton  unersättlichem  gewimmel 
vieiralier  würmer  abgeTretzt. 

A-fDR.  GRTrH.  2,  15. 


1,  6. 


L 


noch  Brockes  1, 15  das  gras  wenns  abgefretzet  wird. 

ABFRIEREN,  frigore  absumere,  nnl.  afvriezen.  die  nase  ist 
ihm  (vom  gesiebt)  abgefroren;  er  hat  sich  die  aase  abgefro- 
ren ;  er  ist  tüchtig  abgefroren. 

ABFFCHTELN,  gladio  verso  ferire,  derb  fuchteln. 

ABFCHLEN,  sensibus  perdpere:  ich  fühlte  ihm  seine  ge- 
beimpn  wflnsclie  ab. 

ABFUHR,  f.  abductio. 

ARFIHREN,  abducere,  deducere,  nnl.  aftoeren,  alles  vat 
geleitet  wird:  den  wagen,  das  getraide,  das  heu,  bolz  auf  dem 
wagen  abführen,  die  wache,  die  pferde,  das  rind  zur  Schlacht- 
bank, den  Verbrecher  zum  gericht,  die  gefangnen  ins  lager 
abführen,  einen  in  kncchtschaft,  au»  dem  lande  abführen, 
da«  Wasser  aus  dem  fliisse  abführen;  nnreinigkeiten  aus  dem 
leibe  abführen,  dnhrr  nhfiihrende  mittel,  arzneien,  diese  arznci 
fuhrt  all.     vom  woco  Her  t":'-"'.    »!.•=  i-.-  — ,   ..ic.i,rpn.     vnn 


einer  stelle  herleiten,  ableiten:  man  führt  des  geschlechfs 
Ursprung  von  Karl  dem  groszen  ab ;  irthum  derjenigen,  die 
ihn  von  den  schwäbischen  herzogen  abführen.  H.\hx  2,  221. 
Der  begrif  der  leitung  scheint  aber  zu  fehlen,  wo  abfuhren  ein 
leisten,  berichtigen,  bezahlen,  abtragen  ausdrückt :  er  will  gern 
seine  schuld  abfuhren;  ob  er  gleich  die  zins  abfuhrt.  Logao 
3, 127,  45 ;  bischof  Henricus  muste  von  seinen  gutem  an  den 
fcönig  gewisse  dienste  abfuhren.  Hahx  2, 127 ;  zweifei,  ob  so- 
thane  gäbe  jährlich  abgeführet  worden.  2,  212 ;  die  restgcns 
ehstens  abführen.  Weise  kl.  lettle  96.  man  hat  anzunehmen, 
dasz  es  sich  ursprünglich  auf  leistungen  bezog,  die  zugeführt 
werden  muslen,  wie  deutlich  in  folgender  stelle  bei  Hoftma^ss- 
waldac  :  0  Criton,  ich  bin  dem  Esculapius  einen  hahn  schul- 
dig, führe  du  ihn  ab!  sterb.  Soor.  150.  vgl.  Platons  Iltaedo 
p.  118 :  (o  Koircov,  ttö  J4ax/.Tj7ittp  ocpeÜMuev  d).exTovov(t, 
d)J.  aTToSore  xai  firj  aue).j;asTe.  Ein  mhd.  abefueren  hat 
den  stärkeren  sinn  des  zerführens,  zerreiszens :  bij  daj  ime 
die  steine  sin  vleisch  abe  fuorten  (abrissen),  myst.  121,  36. 
Sich  abführen  bedeutet  sich  entfernen,  fortmachen,  abfahren, 
sterben:  der  tambour,  so  zum  tanze  aufgetrummelt  hatte, 
führte  sich  von  selbsten  ab.  Felsenb.  1,  36 ; 

geh  wahrheil,  führ  dich  ab, 
geh  Wahrheit  schnell  und  Deucb!    Gi;>!TBEK  530; 
packt  seinen  kram  von  perlen  und  rubinen 
hübsch  wieder  ein  und  fubrt  sich  ab.    Wielakb. 

es  ist  mir  recht  lieb,  dasz  dein  alter  sich  abgeführt  hat,  das 
verdammte  schmälen  hat  kein  ende.  Rvbexer  3,43;  machen 
sie  anstalt,  dasz  ihre  bejahrten  schönen  sich  zu  rechter  zeit 
abführen.  3,  302 ;  und  damit  führten  sie  sich  wieder  ab.  Wie- 
lasd  13,  167;  bitt  um  Vergebung,  will  sich  abführen.  Schil- 
ler 149.  nnmum  vult  pestilentia?  diios  Uli  da,  et  dacat  se. 
AcGüSTixcs  de  verbo  apost.  168. 

Schwierigkeil  macht  ein  eignes  abfuhren ,  das  fast  nur  im 
part.  praet.  erscheint,  und  zwar  jenem  abführen,  ableiten  im 
sinne  von  seducere  sich  anschlieszt,  aber  noch  Schlauheit  und 
bosheit  hervor  hebt:  durch  alle  grad  ein  durchtriben  böser 
bub,  arglistig,  geschwind,  abgefürt.  verschalkt.  Fra-^ks  cAro- 
nti;304';  abgefiirt  (verfälscht)  wie  Burghauser  würfel.  Frames 
sprichw.  2,  205';  ich  ward  in  kurzer  zeit  ein  abgeführter 
bettler.  Alberti.xs  Gusman  von  Alfarache;  ein  schuster  bette 
ein  sehr  bOsen  in  allerhand  bosheit  abgefuerten  hüben,  je- 
suitencomödie  von  1604;  abgcßert,  listig  und  geschwinde  kOpf. 
.\vK.\Tis  Chronik; 

die  sittsamen  geb.irden, 
die  geile  höflicbkeit,  der  abgerühnc  sinn, 
und  was  mich  sonsten  hielt,  ist  alles  mit  ihr  hin. 

OnTZ  2,  178 : 
die  Römer  wüsten  schon,  was  hier  »ei  zu  erlaneen, 
das  abgelührte  volk  bat  wol  das  land  durchgangen. 

Opitz; 

eine  stolze,  abgeführte  dame,  denn  so  nennen  sie  unsere  aaf- 
wärter.  Opitz;  und  ist  .Melampo  denn  so  künstlich  abgeführt? 
HomiASXswALDAD  50 ;  zur  bosheit  abgeführet  und  abgeschäu- 
mcL  Fhilakder  1,  28;  in  allerlei  schelmstücken  so  abge- 
füliret  und  fertig.  Simplic.  1,  59 ;  so  glücklich  war  ich,  alle 
diejenigen,  so  sich  um  mein  wesen  bekümmerten,  behörig 
abzuführen.  Felsenburg  1,  447 ;  Merkur  war  abgeführt  (ab- 
gefertigt). Le5$i>g  6,  427;  und  ich  meine,  er  hätte  diesen 
abführen  können.  8,  477;  ich  dachte  nicht  so  abgeführt  zu 
werden.  Tieck  3,  314;  das  heiszt  recht  abgeführt  I  die  letz- 
ten stellen  weisen  auf  abfertigen  und  anführen,  betriegen.  Obwol 
nun  die  oberdeutsche  und  zumal  bairische  mundart  fueren  mit 
fiercn  vermischt  ISchmeller  1,  557.  558),  gemahnt  doch  Ave?«- 
ms  Schreibart  abgefiert  auffallend  an  das  ahd.  gifiaran  (Graft 
3,  669.  670),  welches  von  iiara  goth.  fcra  latus  abstammt  und 
hti  seile  gehn  ausdrückt,  abfieren  wäre  dann  beseitigen,  ab- 
lenken, und  abgefiert  abgelenkt,  irre  geleitet,  was  leicht  in 
böse,  schalkhaß,  abgefeimt  übergehn  könnte,  eine  ahd.  glosse 
gibt  kiüart6  (sint)  variantur,  distinguuntur.  allein  weder  aha 
gifiaran,  nocA  mhd.  abe  vieren  erscheint,  weil  der  begrif  des 
abführens  nahe  läge,  so  erklärte  sich,  wie  dieses  jenes  ver- 
treten konnte.  Adelcxc,  gleichfalls  von  abführen  abgehend, 
gerieih  auf  abvieren,  quadrieren,  schlau  und  fein  galt  aber  für 
einen  qrgensatz  des  viereckigen,  doch  s.  abgeviert. 

ARFCURLNG,  f.  abductio:  die  abfülirung  der  gefangnen, 
einer  schuld  u.  s.  w.  morgens  und  abends  abfühningen  neb- 
men.     Hippel  14,  143. 

AUF!  LLEN,   r«  e  mm  imflere,  aus  einem  gefäsz  ins  am- 


43 


ABFUxND  —  ABGÄNGLING 


ABGAUKELN  — ABGEBOT 


44 


dere  füllen:  den  wein,  das  fasz  abfüllen;  dasz  ich  dir  von 
meinem  fäszchen  etwas  abfülle.     Güthe  22,  46. 

ABFUND,  m.  satisfactio,  compositio:  friedlich  wollen  wir 
unsern  abfund  machen. 

ABFURCHEN,  desulcarc,  furchenweis  abpßügcn,  ablhcilen. 

ABFÜTTERN,  exsaliare  pabulo,  nnl.  afvocderen :  der  knecht 
hat  schon  abgefüttert,  dem  vieli  das  letzte  futter  gereicht, 
was  gegen  nacht  geschieht;  die  nacbtigall  wetzte  den  abge- 
fütterten Schnabel  am  zweige.  J.  Paul  Tit.  3,  41.  sich  ab- 
füttern, den  magen,  einen  gast  abfüttern. 

ABFÜTTERUNG,  f.  pabulatio.  die  festlichen  tractamente, 
gelag  und  abfütterung.     Kant  10,  309. 

ABGABE,  /.  donum,  cxactio,  das  abgeben,  hingeben,  dann 
was  unterlhnnen  zu  entrichten  obliegt:  eine  abgäbe  auf  den 
wein  legen,  die  abgaben  einfordern,  erhöhen,  das  land  ist 
mit  vielen  altgaben  bedrückt,  belastet. 

ABGABELN,  furca  auferrc.     das  heu  vom  wagen. 

ABGABENFREI,  unbelastet,  abgabenfreies  gut,  abgaben- 
freie brauerei. 

ABGÄHREN,  defervere:  der  wein  hat  abgegohren;  die  lei- 
denschaften  gähren  allmälich  ab. 

ABGANG,  m.  abitus,  discessus,  nnl.  afgang,  in  allen  bedeu- 
tungen  des  wortes  abgehn.  der  abgang  des  boten  erfolgt 
dreimal  in  der  woche;  man  hielt  den  abgang  des  briefes  auf. 
die  ijungfrau)  nam  ir  ein  abgang.  Uhland  volksl.  196.  ab- 
gang aus  dem  leben:  es  hat  mich  euer  söhn  bericht  des 
jamers  und  Unfalls,  so  euch  zugestanden  durch  euers  lieben 
hen-n  abgang.  LuiiiEn  4,  384";  da  .lacob  lang  hat  gewont 
nach  abgang  seiner  hausfraucn  Rachel.  Fiiank  u'ellb.m";  da 
verbrennen  sich  auch  die  fraucn  willig  nach  abgang  irer 
mann.  das.  206' ;  oß  imter  bcifügung  des  atlj. :  die  ümb 
tödlichen  abgang  irer  geliebten  trauren.  .Ion.  v.  Schwarzen- 
BERG  150'.  ScnwEiNiCHEN  3,  255.  KIRCHHOF  wcndunm.  42G'. 
Opitz  2,  104.  abgang  der  waare:  der  kaufmann  hat  guten, 
schlechten  abgang,  absatz;  diese  leute  liaben  einen  unglaub- 
lichen abgang.  Güthe  28,  273.  abgang  desucludo:  diese  sacbe 
kommt,  geräth  in  abgang;  man  hat  es  in  abgang  gebracht, 
abgang  dcfectus,  weil  was  abgegangen  ist,  nunmehr  fehlt  oder 
Schwächung  erleidet:  fehl,  abgang  und  gebrechen.  Agricola 
147* ;  rechter  leut  ist  allenthalben  ein  abgang.  das.  264' ;  Ve- 
nedig wird  an  wasser  nicht  leichtlich  abgang  haben.  Fi- 
schart  groszm.  132 ;  besser  überflusz  als  abgang.  Hohuerg 
1,  34T; 

sag  der  natur,  dasz  sie  werd  scliwacli 
und  könn  den  abgang  nicht  vcrincidon. 
Weckher!..  480; 

es  ereignet  sich  aber  einiger  abgang  bei  unserer  spräche. 
Leirmtz  252;  ich  werde  mir  eine  andere  lasche  machen, 
so  ist  der  abgang  ersetzt.  Wiei-and  13,  14 ;  fragen,  die  aus 
abgang  hinlänglicher  beobachtung  noch  unentschieden  zu  sein 
scheinen,  das.  28,  287 ;  dasz  sich  besagte  abschrift  nicht  fin- 
det, ein  abgang  der  niciit  angenehm  zu  vernehmen  sein 
dürfte.  Lessixg  9,  111 ;  dieselbe  grösze  der  kraft  ohne  ab- 
gang oder  vemiehrung.  Kant  8,  73 ;  einfall,  den  es  {das 
Corps)  aus  abgang  des  soldes  in  Böhmen  tlial.  Schiller  888 ; 
der  abgang  von  mehreren  evangelischen  stimmen  leitete  die 
Verhandlungen  zum  vortheil  des  kaisers.  ders.  993;  das 
domcapitel,  welches  für  mehrere  dergleichen  abgänge  besorgt 
sein  mochte.  Moser  2,  74.  abgang,  in  einigen  handwerken, 
weggehn  von  der  arbeit,  schicht  machen.  Endlich  abgang, 
was  von  einer  sache  abgeht:  etliche  machen  die  schwein  mit 
hirschen  (hirsen)  fciszt,  und  sind  die  spreuer  und  der  abgang 
darvon  gut  für  das  rindvieh.  Tarernaemont.  kränterb.  057; 
das  crz  hat  auf  hundert  pfund  sechzig  pfund  abgang;  ab- 
gang an  getraide  durch  müusefrasz;  abgang  an  der  casse. 
bei  verschiednen  arbeilern  Itaben  diese  abgänge  besondere  na- 
men,  s.  abfall,  gekrätz,  iniesel. 

ABGANGIG,  deßciens,  was  abgeht,  abgehend:  abgüngige 
waare;  bei  jedem  fall  der  urtheilsspruch  bereit,  und  was  ja 
noch  abgängig  oder  dunkel  wäre,  ersetzen  die  glossen. 
Güthe  8,  35 ;  pferdc,  mager  und  abgängig ,  dasz  sie  nicht 
trüben  können; 

schleunig  wird  ein  bcjahrier  und  schon  abgängiger  wiililcr 
hergcschleppt.  Voss, 

abgängige  kleidcr,  wäsclie,  abgenutzte. 

ABGANGIJNG,  m.  gebrauchen  einige  ron  abgegangncr  un- 
reifer leibesfrucht. 


ABGAUKELN,  praestigiis  auferrc,  einem  durch  blendwerk 
entziehen :  wenn  sie  aber  dir  gleich  alle  evangelisten  abgegau- 
kelt haben,  so  werden  sie  dir  s.  Paulum  nicht  abgaukeln. 
Luther  3,  53L 

ABGEBEN,  tradere,  rcddcre,  agerc,  nnl.  afgeven,  von  sich 
geben,  ab  der  hand,  aus  der  hand:  der  böte  gibt  den  brief, 
das  geld  ab,  der  milchträger  die  milch,  der  general  den 
Oberbefehl;  der  überwundne  den  degcn  {von  der  seile);  der 
richter  seine  stimme,  sein  urtheil  {aus  dem  munde);  der  für- 
ster gibt  den  bauern  das  holz  ab,  verabreicht  es  aus  dem 
walde.  bloszes  abgeben  gilt  von  pferden,  wenn  sie  zahne 
schieben:  es  finden  sich  auch  etliche  pferdc,  die  gar  nicht 
abgeben,  sondern  ihre  alten  zähnc  immer  behalten.  Hoh- 
berg  2, 119'.  Häufig  aber  partitives  geben,  wo  die  alte  spräche 
zu  geben  die  sache  in  den  gen.  setzt:  du  sollst  mir  von  dem 
wein  abgeben,  mhd.  des  wines  geben,  ein  stück  von  dem 
brot  abgeben,  mhd.  des  brutes,  von  deinem  vermögen  jähr- 
lich zehn  thaler  abgeben,  auf  die  erkaufte  sache  fünf  thalcr 
{von  dem  preise)  abgeben,  erlegen ;  auch :  diese  waare  gibt 
viel  ab.  zumal  hciszt  es  einem  etwas  abgeben,  sein  tlieil  da- 
von geben,  ihn  tadeln,  ausschelten,  ihm  nichts  vorenthalten: 
und  Rose  gibt  ihm  immer  was  ab,   wie  ers  verdient.    Güthe 

14,  274;  sie  habens  euch  aber  auch  brav  abgegeben.     Güthe 

15,  51;  Wilhelm  werde  wol  thun  sich  auch  von  ihm  entfernt 
zu  halten;  denn  am  ende  gebe  er  jedermann  etwas  ab.  18, 
262 ;  ich  liesz  mich  nicht  sturen,  wenn  Schlosser  mir  manch- 
mal ernstlich,  Merk  spöttisch  etwas  abgab.  26,  161;  hürcn 
sie  doch  nur,  ich  will  dem  Klopstock  noch  was  abgeben 
wegen  seiner  gelehrtcnrepublik.  Lenz  1,  154.  den  kindcrn 
etwas  abgeben  meint  geradezu  schlage,  heute  wird  es  noch 
etwas  abgeben  {von  regen,  zank,  ärger)  wie  sonst  setzen.  Nächst- 
dem  drückt  abgeben  aus  soviel  als  hergeben,  praebere,  vor- 
stellen: dieser  tage  habe  ich  den  dritten  vorschneider  an  der 
langen  tafel  zum  erstenmale  abgegeben  und  gemacht.  Schwei- 
NicHEN,  1,  57 ;  weil  ich  von  nalur  so  treflich  geneigt  war 
einen  federhansen  zu  agieren  und  abzugeben.  Simplic.  1,  2; 
wenn  aber  der  teufel  den  dritten  mann  abgäbe.  1,  245 ;  dasje- 
nige was  unseren  beiden  in  dieser  nacht  begegnete,  gibt  eine 
neue  bekräftigung  dieser  bemerkung  ab.  Wieland  1,  29 ;  bei 
welcher  (mahlzeil)  Agathon  beinahe  einen  bloszen  Zuschauer  ab- 
gegeben hatte.  1,  202;  was  für  ein  modeil  zu  einer  bildseule 
des  erstaunens  ich  abgegeben  hätte.  2,  28 ;  Wilhelm  muste 
sich  zuletzt  entschlieszen  den  hegleiter  abzugeben,  wobei  ihm 
nicht  wol  zu  muthe  war.  Güthe  21,  207  ;  dasz  ihr  einen  spton 
bei  ihm  abgabt.  Tieck  3,  152 ;  du  würdest  einen  guten  Sol- 
daten abgeben;  einop  Schinder  abgeben.  Lessing  3,35;  der 
schüne  dorn  kann  einen  spazierstock  abgeben,  bei  Jöcher 
immer:  er  gab  einen  professor  zu  Leipzig  ab,  gab  zu  Kron- 
weissenburg  einen  apotheker  ab,  war  zu  L.  pr.,  zu  Kr.  apo~ 
theker.  die  zeit  kann  nicht  die  eigentliche  Bedingung  der 
kraft  abgeben.  Kant  8,  42 ;  ideeii,  die  gar  keinen  gegenständ 
für  erfahrung  abgeben.  4,  90.  doch  steht  auch  in  solchen 
fällen  bloszes  geben :  das  tuch  kann  einen  mantel  geben ;  er 
hat  einen  artlichen  poeten  gegeben.    Opitz; 

ich  will  um  meines  gotles  tlior 

viel  lieber  einen  büter  geben.     Opitz. 

umgekehrt  saglc  man  früher  es  gibt  ab  statt  des  heutigen  gibt : 
als  es  leider  heut  zutag  dergleichen  kerlen  genug  abgibef. 
Simplic.  1,  9 ;  da  es  denn  solche  viehische  menschen  abgi- 
bet.  1,  31.  Sich  abgeben  hat  fast  immer  die  praep.  mit  bei 
sich  und  bedeutet  versari  in  aliqua  re,  sich  beschäftigen,  etwas 
treiben:  er  gibt  sich  mit  dem  griechischen  ab,  mit  dichten, 
pfropfen ;  Wilhelm  hatte  sich  sciion  lange  mit  cjner  Über- 
setzung Hamlets  abgegeben.  Götiie  19,  165;  was  sogar  die 
frauen  an  uns  ungebildet  zurück  lassen,  das  bilden  die  kin- 
der  aus,  wenn  wir  uns  mit  ihnen  abgeben.  20,  82 ;  der  sich 
damit  abgibt  nicht  anders  zu  gehn  als  indem  er  ein  rad 
schlägt.  Tieck  3,  7.  doch  Göthe  läszt  auch  das  mit  oder  damit 
weg :   eine  närrin,    die  sich  abgibt  gelehrt  zu  sein.  16, 124 ; 

nein,  freunde,  lassen  wir  es  noch  zusammen 
*  und  geben  uns  nicht  ab  hier  auszukramen.    10,  263. 

wie  franz.  s'occupcr,  se  milcr  des  en  entrathen  kann. 

ABGEBET,  n.  deprecatio,  schlecht  für  abbitte:  ist  ein  clirist- 
liches  abgebet  schuldig.     Aiiele  3,  123. 

ABGEBETEN  für  abbeten,  wo  belege  slchn. 

ABGEBOT,  ti.  majus  pretium,  das  höhere  gebot,  weichet 
abbietet. 


V» 


45 


ABGEBÜNG  —  ABGEHEN* 


ABGEHEN  —  ABGELEBT 


46 


ABGEBUNG,  f.  praestatio,  das  abgeben,  darreichen,  besser 
die  abgäbe. 

ABGEHEN,  abire,  davon  gehn.  zuerst  von  lebendigen,  des 
gangs  mächtigen  wesen:  der  böte  geht  ab,  die  Schauspieler 
gehn  {von  der  bültne)  ab  am  Schlüsse  des  auftritts:  nachdem 
di^  königin  den  Essex  beurlaubet,  gehen  beide  auf  verschie- 
dene Seiten  ab.  Lessixc  7,  2S1;  er  geht  ab  von  der  bühne, 
verldszt  die  bühne;  wenn  sich  männer  hadern,  und  verletzen 
ein  schwanger  weib,  dasz  ihr  die  frucht  abgehe.  2  Mos.  21, 
22;  aus  dem  leben  abgehn,  sterben:  vater  und  mutter  sind 
iro  zeitlich  abgegangen.  Tu.  Plater  131;  solt  meines  herren 
marschalk  abgehen.  Galnv  16G ;  des  Stands  und  wesens,  des 
der  abgangen  gewest.  reichsabsch.  ro»  1507  §.  17 ;  Georg 
Friedrich  Schmidt,  geboren  Berlin  1712,  abgegangen  daselbst 
1775.      GöTHE,  24,  227; 

geht  wo  ein  schulregent  in  einem  necken  ab, 
mein  gott  wie  rasen  nicht  die  dichter  um  sein  grab. 

CiMir ; 

res  die  uns  verwundet  abgiengen.  Fkask  iceltb.  233";  oß 
unter  beifiigung  von  tödlich  orfer  mit  todc,  welches  zu  fassen 
wäre  im  geleite  des  abholenden  todes,  oder  blosz  aus  dem  al- 
ten instr.  tüdü,  statt  welches  auch  der  gen.  gesetzt  wird:  to- 
des abgehn,  verbleichen.  Dann  aber  von  personißcationen,  na- 
mentlich dem  tag,  monat,  jähr  und  schön  von  dementen,  de- 
ren kraß  man  sich  lebendig  dachte:  ein  tag,  ein  monat  geht 
nach  dem  andern  ab  {hin); 

heute  gebt  ein  altes  abe,  gebet  ein  ein  neues  jähr. 
LoGAü  2,  174,  83; 

der  Winter  ist  abgegangen  {excessit),  schnee  und  eis  von  den 
bergen : 

schnee,  die  Ton  dem  gebirg  abgehend  brausend  rauschen. 
Weceherli?«  305; 

diese  bach  geht  nimmer  ab  {versiegt  nie).  Er.  Albercs  139 ; 
wir  wollen  das  feuer  langsam  abgehen  {erlöschen)  lassen, 
nachdrücklicher  als  ausgehn,  auch  altfranz.  li  fus  sen  va 
{erlischt),  nicht  anders  von  losbrennendem  gewehr:  die  flinte 
gieng  nicht  ab  {versagte);  da  lieszen  wir  unser  geschütz  ab- 
gehn, des  si  ein  groszen  schrecken  namen.  Fraxk  tre/ifc.  219*; 
und  als  wir  unser  geschütz  lieszen  abgehn,  entseUten  sichs 
hart.  227*;  hört  wie  man  zur  freud  abgehen  läszt  die  ge- 
schosz.  Ayrer  139* ;  alsdann  gehn  im  creisz  etliche  raketen  ab. 
313';  gerade  so  le  fusil  part,  la  fleche,  la  foudre  ^art,  the 
gun  goes  off.  der  dampfwagen,  die  post  geht  um  zehn  uhr  ab 
Weiter  von  lodlen  suchen,  die  sicli  ablösen :  die  schale  will 
nicht  abgehn,  der  nagel  geht  mir  vom  finger  ab,  die  haut, 
die  färbe  geht  ab.  das  kicid  geht,  gleichsam  vom  leibe  ab, 
zerrciszt:  abgegangner,  vielmal  verbesserter  rock.  Simplie.  1, 
6S.  vgl.  abgängig,  der  harn  gieng  blutig  ab,  die  genossene 
speise  unverdaut,  es  geht  kein  heller  vom  preise  ab,  musz 
noch  viel  abgehn;  ahgeha,  gleichsam  vom kaußaden:  die  waarc 
geht  reiszend  ab,  im  gegensatz  zu  liegt  still,  liegt  wie  blei. 
abgehn  /ür  hinabgehn,  dcscendere:  da  Moses  abgieng  von  dem 
berg ;  die  treppe  auf-  und  abgehn ;  und  so  man  dasselb  bcrg- 
lin  abgcet.  Fraxr  weltb.  173";  und  musz  man  vil  staffeln  ab- 
gecn  darzu  in  krüften.  das.  16S';  auch  ganz  transitiv  ßr  ab- 
treten :  ich  habe  mir  die  sohlen  an  den  schuhen  abgegangen, 
die  füszc  abgegangen;  ich  habe  mich  ganz  abgegangen  (müde) ; 
wenn  ich  sie  herum  ziehen  sehe  mit  loosem  haar,  im  mond- 
schein  einen  kreis  abgehn  {pedibus  calcare).  Gütüe  U,  50. 

An  das  sinnliche  es  geht  mir  ab  von  den  bänden  reiht  sich 
ein  abgezogneres  ergehn,  von  statten  gehn,  gut  oder  übel  ab- 
gehn :  lasz  ichs  gar  gütlich  abgen  (hingehn).  fasln,  sp.  166, 
16;  wo  viel  worte  sind,  da  gehts  ohne  schaden  nicht  ab. 
spr.  Salom.  10, 19 ;  denn  wir  wissen,  das  es  niemand  iemals 
on  gewisse  fahr  abgangen  ist,  so  er  gottes  gnaden  und  wol- 
thaten  misbrauchf.  Li;ther  1,  221* ;  und  wenns  kiind  irer  See- 
len on  schaden  abgehen.  3.  333';  dem  fuchs  gieng  wol  das 
schwetzcn  (com  maul)  ab.  Er.  Aldebus  70 ;  wollte  aber  gott 
dasz  ohne  nutz  und  frucht  nit  abgienge.  Kirchhof  mil.  ditc  266 ; 

sehen  ist  wol  abgegangen 

was  nit  wol  ist  angerangen.    Locau  3,  28,  30. 
das  böse  wol  gestellt  lasz  stehen  wie  es  steh^, 
es  ist  noch  ungewis,  wie  neues  abe  geht.    1,  214,  90; 
so  schlechilicli  gehts  nicht  ab,  dp'ln  warnen,  das  so  gut, 
setzt  manchen  ans  gefahr  in  gottes  hold  und  hui.  1,232,66; 
wird  nirlit  mein  buch  wol  abegehn, 
wie  sichs  zu  nutz  gebühret, 
winl  sirhs  auT  gehen  nicht  Terstchn, 
wird  wollen  dasz  mans  Tuhret.  1,  113,  78; 


Amea  ist  so  wunderhübsch,  die  schwängern  meiden  sie, 
es  eehet  ab  ohn  misgeburt,  wo  sie  begegnet,  nie.    2,230,  120; 
kuggiero  schaut,  wie  doch  die  scblaclit  ahcrehn  möge. 
DiETR.  TOS  DE>  Werder  ArtosC  11,  17; 

ohne  verdrusz,  ohne  schlage,  ohne  blut,  ohne  thränen  wird  es 
nicht  abgehn ;  auf  einem  balle  tanzten  wir  eine  menuet  zu- 
sammen, auch  das  gieng  ohne  nähere  bekanntschaft  ab.  Göthe 
19,  276 ;  über  Wissenschaften  und  künste  gieng  es  auch  nicht 
ohne  Widerspruch  ab.  19.  290. 

Auf  der  andern  seile  flieszen  aus  dem  darongehn  die  be- 
griffe des  fern  seins,  abweichens,  außiörens,  sich  enthaltens, 
entgeJms,  viangelns.  die  ältere  spräche  pflegt  hier  nocli  den 
gen.  zu  verwenden,  wie  es  mhd.  hiesz  eines  dinges  abe  gän : 
wil  er  der  sach  dann  nit  abgän.  fastn.  sp.  144,  36;  die  mag 
des  nit  pald  abgen.  245,  28;  .willu  aber  dein  irrthum  wider- 
rufen und  des  heucheln(s)  abgehen,  soitu  mich  gar  bald  still 
und  schweigend  machen.  Lither  1,  306*;  und  ward  oft  ge- 
wamet  von  seinem  nachbar,  das  er  des  wortes  abe  gienge. 
6,  252' ;  das  er  des  abgehe  und  dafür  ein  vaterunser  bete. 
6,  297;  sie  [die  Wucherer)  wurden  des  schinden(s)  und  wu- 
chern(s)  wol  abgehn.  Scuweixichex  2. 178 ;  aber  meine  zwei 
Schwäger  konnten  der  unQäterei  nicht  abgehn.  das.  2,  1S2; 
sie  werden  des  wachens  nicht  abe  noch  gehn.  Logac  2.  UO, 
59.  heule  stehn  praeposilionen :  reine  verstandesbegriffe  haben 
keine  bedeutung.  wenn  sie  von  den  gegenständen  der  erfah- 
rung  abgehn.  Käst  3,  232 ;  wenn  man  von  den  sinnen  abgeht, 
wie  will  man  begreiflich  machen,  dasz  unsre  kategorien  noch 
überall  etwas  bedeuten.  Kant  2,250;  gewohnhcit,  worin  sie 
von  allen  übrigen  Völkern  des  erdbodens  abgehn.  Wiei-\xd  6, 
66 ;  denn  wenn  sie  wüsten  kein  lohn  oder  wenn  das  gute  ab- 
gehet, hören  sie  auch  auf.  Lcther  1,33';  das  im  seine  werk 
abgehen,  ehe  ers  bedenkt.  4, 12' ;  nu  ist  abgangen  der  brauch, 
speise  und  gelt  zusammen  zu  legen  in  der  mess.  1,  335*; 
durch  dein  gnade  hilf  mir,  das  in  mir  mein  name  abgehe  und 
ich  zu  nichtc  werde.  1,  73' ;  diese  heilsame  gebot  Christi  sind 
auch  also  abgangen,  das  man  sie  nicht  helt.  1,191';  insofern 
ihnen  nichts  darunter  abgeht.  Wielano  8,228;  folglich  müs- 
sen dem  artisten  ganze  classcn  von  gemählden  abgehen,  die 
der  dichter  vor  ihm  voraus  hat.  Lessing  6,  462 ;  indesz  gehet 
das  Zeitwort  von  kartaune  unsern  Wörterbüchern  insgesamt  ab. 
das.  8, 280 ; 

es  gieng  auch  diesesmal  nichts  der  bewirtung  ab. 
Hagedorn  1,  25; 

manchmal  wird  doch  auch  einer  begraben,  der  einem  andern 
nahe  abgehl.  Claudius  4,  3 ;  ich  fühle  nur  zu  sehr,  dasz  mir 
ein  mann  dieser  art  abgeht.  Göthe  17,  S ;  du  sollst  uns  re- 
gieren, er  soll  uns  pfeifen,  was  geht  uns  noch  ab?  14,  tI5; 
sie  sorgen  für  unsern  gast,  abbe,  dasz  ihm  nichts  abgchl. 
20,  8;  0  ihr  herren,  denen  nichts  abgeht,  ihr  habt  gut  von 
Wahrheit  und  geradheit  reden.  20, 109 ;  gottlob  wir  lassen  uns 
nichts  abgehn.  Tieck  5,  10;  es  geht  mir  an  dem  geldc  noch 
ein  thaler  ab ;  mhd.  get  mir  an  den  (icerATii)  iht  abe.  Waltii. 
100,  23.    dir  get  ab  an  ghör.    H.  Sachs  1,  465'. 

ABGEIGEN,  fidibus  ludere,  von  der  geige  abspielen,  er  geigt 
alles  fertig  vom  blatte  ab. 

ABGEISELN,  flagellis  auferre,  einem  die  haut  mit  der  gci- 
sei  abhauen,  einen  abgeiseln. 

ABGEIZEN,  ararc  adimere,  durch  geiz  entziehen,  was  sie 
inen  auch  also  abgcgcitzt,  haben  sie  noch  geringelt:  ge- 
wissen zu  verprassen.    Kirchhof  wendunm.  389*. 

ABGEKEHRT  aversus,  part.  von  abkehren,  <j«c/i  mit  der  be- 
deutung von  in  sich  gekehrt,  und  in  der  früheren  spräche  von 
verkehrt:  wie  lang  wiltu  Umschweifen  abkehrte  tochtcr? 
Reiszxer  Jerus.  1.  96'. 

ABGEKEHRTHEIT,  f.  das  in  sich  gekehrt  sein,  die  versun- 
kenheit. 

ABGEKR.\NKT,  infirmatus,  parlicip  von  abkränken,  «*- 
schwächen : 

seid  ihr  denn  raths  arm  ganz 

ihr  abgekrenklcn  sinnen?    Pleii?ic  184; 

fallt  bin  ihr  abgekrfinktcn  gliedcr.     Gönthk«  12; 

bis  der  abgekränkie  körper 

den  gefangnen  leib  verlaszt.    GCnTHca  1005. 

ABGELBEN,  die  gelbe  färbe  fahren  lassen,  vgl.  abgilben. 

ABGELEBT,  senio  confeclus,  part.  von  abieben,  ausleben, 
XU  ende  leben,  also  matt  und  kraßlos:  ein  abgelebtes  alter, 
abgelebter  greis,  abgelebte  jähre,  abgelebtes  gesiebt,  da  ich 
meine  abgelebte  tage  nicht  wieder  zurückc  nifon  knn.   rosen- 


47    ABGELEBTUEIT —ABGESCHIEDENHEIT 

Ihal  1,  IL;  abgelebte  jähre  alter  betschwestern.  Raüener  4,  76. 
auch  alte  abgelebte  brauche,  alte  abgelebte  perucke.  IUuener 
6,  266.  abgelebte  worle.  vgl.  abgeleibt. 

ABGELEBTUEIT,  f.  abgang  der  lebmskräfle. 

ABGELEGEN,  rcmolus,  pari,  von  abliegen,  auf  der  seile 
und  in  der  ferne  gelegen :  ein  abgelegenes  haus,  zimmer;  durch 
ein  fenster  in  einen  abgelegenen  huf  sehen.  Weise  Id.  leule 
24;  ein  abgelegner,  weit  vom  incere  abgelegner  ort,  vgl.  cnl- 
legen.  abgelegner  wein,  abgelegnes  obst,  die  gehörige  zcil  ge- 
legen haben. 

ABGELEGENHEIT,  f  entlegenhcil. 

ABGELEIBT,  lodl,  scheint,  da  sich  kein  verbum  ableiben 
aufweisen  läszt,  verdci-bt  aus  dem  schöneren  mhd.  abelip  vilae 
expcrs  {Eracl.  364) : 

Priamus  fährt  wolgeinut  zu  den  abgeleibten  geistern, 

Opitz  1,215; 

die  abseleibten  (seelen)  kriegen  von  mir  auch  reciit  mehr  dienst. 

Opitz  1,1Ü7; 

des  abgeleibtcn  weih  und  kinder.  Beutter  kriegsordn.  17. 
man  sagt  auch  in  einer  formel:  abgeleibt  und  abgelebt. 

ABGELLEN,  cum  fragore  desilire,  schreiend  abspringen: 
(wann  die  kugel)  nit  abspringen  oder  abgellen  mag.  Fron'sp. 
kriegsbuch  2,  2C'. 

ABGELOBEN,  abdiccre,  feierlich  entsagen :  er  hatte  die  Irüg- 
lichc  minne  abgelobt  und  abgeschworen.    Musaeus. 

ABGELTEN,  solvere,  gelten,  bezahlen,  abkaufen,  vergelten: 

zu  einem  koch  zwen  Junggesellen 
kamen  und  tlieten  sich  freundlich  stellen, 
als  heilens  im  gern  abgegolten 
ein  stück  fleisch,  das  sie  essen  wollen. 

B.  Waldis  Esopus  1,  45.  s.  34*; 

ich  bin  auch  sonst  in  seiner  schuld,  weil  aber  dieselbe  ab- 
zugelten bei  mir  nicht  gestanden,  als  habe.  Opitz  2,  1 ;  wir 
alle  sind  verpilicht  die  schuld  ihm  abzugelten.  A.  Grypu. 
2,  24; 

was  weid  ich  dir  zum  dank  und  opfer  gelten  ab? 

LouENSTEiN  24,  137; 
war  Cäsar  nicht  schon  fürst,  als  ihm  ward  abgegolien? 

ders.  19,  524 

und  oft,  ein  beleg  unter  abbeten. 
ABGEMESSEN,  praecisus. 

ABGEMESSENHEIT,  f  praecisio :  der  begriffe.  Kant  10, 
200 ;  abgemessenheit  genau  bestimmter  begiiffe  oder  regel- 
mäszig  verknüpfter  vernunftschiüssc.  Kant  6,  13;  dasz  diese 
Schwingungen  und  ihre  al)gemessenheiten  das,  was  wir  im 
allgemeinen  musik  nennen,  hervorbringen.    Götue  54, 117. 

ABGENEIGT,  alienus,  stärker  als  ungeneigt,  das  die  blosze 
abwcscnheil  der  neigung  ausdrückt:  ich  bin  ihm  abgeneigt, 
ich  bin  abgeneigt  das  zu  thun ;  von  und  vor  etwas :  abgeneigt 
von  der  bessern  meinung.  Lessing  8,  365;  nicht  abgeneigt  vor 
ungerechtem  gewinn.    Schiller  560. 

ABGENEIGTHEIT,  f  der  mangel  an  neigung. 
ABGEOBDNET,    substantivisch  mit  vorgesetztem  artikel,  ein 
abgeordneter,  der  abgeordnete  z.  b.  in  die  Versammlung. 
ABGEltBEN,  cxcoriare,  vollends  gerben,  derb  prügeln. 
ABGEBIPI*T,  costalus,  von  gutem  rippenbau:  ein  wol  abge- 
ripptes pferd;  eine  schön  abgerippte  pflanze. 

ABGESAGT,  renunciatus,  nicht  blusz  was  man  abgesagt, 
aufgekündigt,  sondern  auch  der,  dem  man  abgesagt,  oder  wel- 
cher uns  abgesagt,  sich  zu  unserm  feind  erklärt  hat :  unsern 
abgesagten  feinden.  Meliss.  ;)i.  Ti';  sein  unser  abgesagt  vcint. 
Soltau  volksl.  178;  meinen  abgesagtesten  feind  anzulaufen. 
Jucundissimus  s.  27 ;  von  seinem  abgesagtesten  feinde.  Schil- 
ler 893;  die  abgesagtesten  feinde.  Kant  1,  353,  wofür  sonst 
erklärte,  erklärteste,  unsicher  ist  die  bedenlung  in  folgender 
ilelle:  als  einen  tyrannen  und  abgesagten  des  cvangelii.  Lu- 
ther 3, 1S9',  entweder  der  sich  vom  evangeliurn  losgesagt  oder 
dem  die  kirche  abgesagt  hat  ?  das  ist  ein  feind  und  ein  ab- 
gesagter gottes.  I'aracelsus  2,  614'.  vgl.  absagen. 

ABGESANDT,  inissus,  substantivisch  ein  abgesandter,  der 
abgesandte,  gleichviel  mit  gesandter,  gesandte. 

ABGESANG,  m.  distinclio  carminis,  bei  den  meistersdngem 
der  auf  die  beiden  slollen  folgende  dritte  Iheil  der  Strophe. 

ABGESCHIEDEN,  separatus,  gesondert,  einsam,  auch  gestor- 
ben: das  gespcnst  einer  lieben  abgeschiedenen.  Wieland  9, 
272;  abgeschicdne  selige  geister. 

ABGESCHIEDENHEIT,  f.  von  der  weit,  von  dem  gerduscit. 


ABGESCHLIFFEN  —  ABGEWINNEN 


48 


abgcschiedenheit  des  denkens.  Fichte  naturreclU  16 ;  von  dem 
getüimnel.  Wieland  1,  271. 

ABGESCHLIFFEN,  polilus,  poliert,  abgenutzt. 

AB  GESCHLIFFENHEIT,  f.  abslump  fung,  feinheit. 

ABGESCHMACK,  m.  ingratus  sapor,  umschlagen  des  ge- 
schmacks,  mit  dem  nebensinn  eines  schlechten,  widrigen: 

so  war  ihm  diese  kost  ein  rechter  abgeschmack. 
Werders  Ariost  27,  87 ; 

manche  scencn  der  Unnatur,  der  Verderbnis,  der  barbarei 
und  des  abgeschmacks.  Götue  15,  279 ;  der  durch  eine  sau- 
befe  manigfaltigkcit  den  ehemann  von  dem  abgeschmack 
einer  einförmigen  beiwohnung  zu  retten  suchte.  39,  17.  vgl. 
abschmack. 

ABGESCHMACK,  insipidus,  widrig,  widerstehend,  des  gc- 
schmacks  verlustig :  damit  die  speisen  nicht  durch  veirauchung 
abgeschmack  und  schwach  würden.  Hohberg  3,  51". 

ABGESCHMACKT,  insipidus,  pari,  des  seltnen  verbums  ab- 
schmecken, den  geschmack  verlieren,  widrig  schmecken,  und 
noch  mit  altem  rückumlaut,  während  von  schmecken  geschmeckt, 
nicht  geschmackt  gebildet  wird;  insipidus  von  sapere: 

das  sind,  gerechter  gotl,  die  abgeschmackten  fruchte. 

A.  Grvpu. 

läszt  (erscheint)  abgeschmackt.  Günther  540 ;  so  abgeschmackte 
Sachen,  das.  795;  wie  schal  und  abgeschmackt  ist  solch  ein 
leben.  Göthe  9,  324 ;  wie  satt,  übermütbig,  leer  und  abge- 
schmackt dagegen,  sobald  er  seiner  wünsche  befriedigung  ge- 
funden hatte.  19,  87;  wie  findest  du  die  zarten  thiere?  so 
abgeschmackt,  als  ich  nur  jemand  sah.  12,  121;  der  abge- 
schmackteste betrug.  12, 129. 

ABGESCHMACKTHEIT,  f  absurditas,  ein  irrthum,  wo  der 
schein  auch  dem  gemeinen  verstände  offenbar  ist,  heiszt  eine 
abgeschmacktheit.  Kant  1,  383. 
ABGESCHNITTEN,  reseclus. 

ABGESCHNITTENHEIT,  f  von  allen  abgesondert  schwebt 
sie  (im  kahn,  ohne  rüder)  auf  dem  treulosen,  unzugänglichen 
elcmente,  durch  streichen  glaubt  sie  jene  hülfsmittel  zu  er- 
setzen, die  ihr  in  dieser  abgeschnittenheit  versagt  sind.  Göthe 
17,  361. 

ABGESCHBOTIG,  n.  was  in  der  küche  abgescbrotcn,  abge- 
schnitten wird.  HohberG  2, 48l',  besser  abschrotig. 

ABGESINNT,  infcnsus,  abgeneigt:  abgesinnt,  du  weists,  ist 
dir  das  volk.    Schiller  000. 

ABGESONDERT,  separatus,  abgetrennt. 
ABGESONDEBTHEIT,  f  separatio,    in  der  abgesonderlheit 
leben.    Göthe  32,  258 ;  einer  der  diese  abgesondertheiten  ver- 
einigt. 39,  237. 

ABGESTALT,  dcformis,  noch  stärker  als  ungestalt  informis : 
abgestalt,  dürr  und  heszlich.  Phil.  v.  Sittew.  2,  309. 

ABGESTALT,  f  dcformilas:  dahero  er  in  solche  abgestalt 
gerathen.  Philander  1,  371. 

ABGEVIERT,  quadralus,  abgeviert  wie  ein  würfel.  Acricola 
spr.  93*.  vgl.  abführen. 

ABGEWÄHBEN,  concedere,  im  bcrgwerk  so  viel  als  abschrei- 
ben, gegensatz  von  zugewähren,  zuschreiben. 

ABGEWINNEN,  von  einem  gewinnen,  gleichsam  abc  der 
haut,  erlangen,  consequi,  impetrare.  wie  nun  schon  ahd.  con- 
struicrt  wurde  du  habest  iro  anaguunnen  abstulisli  fortunae 
munus  (Grakf  1,  880),  ohne  acc.  der  sacke,  und  mhd.  er  winde 
im  abc  gewinnen  Trist.  158,  10,  von  ihm  zu  erlangen,  ohne 
acc;  gerade  so  heiszt  es:  wer  kann  diesem  geisle  abgewin- 
nen, weil  er  solche  zwo  feiner  kunst  und  rcgel  für  sich  liat? 
Luther  3,484;  so  müst  sie  in  einem  festen  schlosz  ligen,  da 
ir  niemand  abgewinnen  köndc,  u.  einen  guten  hämisch  an- 
ziehen. Luther  5,  Sil';  und  uns  wider  in  (den  teufel)  rüsten, 
das  er  uns  nicht  solle  abgewinnen,  das.  5,  512';  denn  der 
teufel  hat  sich  bisher  so  lang  gebissen  mit  der  schrift  und 
dem  wort,  aber  noch  nie  können  im  abgewinnen,  das.  C, 
215";  denn  man  kan  im  nicht  abgewinnen  mit  werkhcilig- 
keit.  das.  8, 189" ; 

so  viel  als  besser  springt 
ein  rclibock  als  ein  kalb,  und  w.-iiui  sio.  hrblich  singt, 
die  leiciiie  nachlignll  den  vögeln  abgewiiiiil. 

Opiti  2,  170, 

dir  will  ich  leicht  abgewinnen.   Lokmans  fab.  21 ; 

die  fugend  war  an  nie his,  als  der  pesialt  zu  scbauen, 
die  in  dum  sarge  noch  der  schönsieii  abgewinnt. 

GÜNTHER ; 


49 


AHGEWINNEN — ABGLANZ 


ABGLÄNZEN— ABGOTT 


50 


deiue  perlen  sind  so  rein, 
als  ein  weiszer  schnee  kann  sein, 
der  den  lilieu  abirewinneC 
Dat.  ScutKM£Rs  sing,  rosen.  Dresden  1657  «.  389 ; 

weil  sie  allen  harten  steinen  damit  (mit  den  diamanlen)  abge- 
winnen könnten.  Lessixg  8,  91.  man  kann  hinzudenken  den  sieg, 
schrill,  das  feld  oder  statt  dieser  ein  bloszes  die  ellipse  herbei- 
fiihrendes  es.  Anderemal  und  später  fast  allgemein  ist  auch 
der  ace,  zugefügt:  die  bracht  ich  mit  gottes  hülf  zu  gehor- 
same und  gewan  in  das  feld  ab.  Fraxk  tceltb.  224';  dieser 
Sehcour  soll  es  mir  nicht  abgewinnen.  Scoilleb  628 ;  brüstet 
euch  mit  eurem  triumpb,  ihr  habt  mirs  abgewonnen.  636; 

den  edelslein 
musz  man  den  falschen  mächten  abgewinnen. 

Wallenstein  2,  41 ; 

heule  nicht,  fürwahr  zum  ersicnmale 

hat  mirs  diese  bildung  abgewonnen.    Göthe  1,  219; 

sie  scheint  der  Schwester  hoheit  nachzusinnen 

und  möchte  gern  den  schritt  ihr  abgewinnen.  13,232; 

die  rangsucht  unter  ihnen,  wie  sie  nur  wachen  und  aufpas- 
sen, einander  ein  schrittchen  abzugewinnen.  16,  95 ;  so  solle 
jeder  sich  üben,  vom  blatte  zu  lesen,  einem  drama,  einem 
gedieht,  einer  ci-zählung  sogleich  ihren  charakter  abzugewin- 
nen, und  sie  mit  fcrtigkeit  vorzutragen.  19,  182 ;  mochte  sie 
sich  stellen  wie  sie  wollte,  so  gewann  sie  mir  wenig  ab.  24, 
90 ;  gar  mancher  wissenschaftliche  versuch,  der  natur  ein  ge- 
hcimnis  abgewinnen  zu  wollen.  31,  146 ;  hatte  man  dieser 
ungewohnten  speise  erst  geschmack  abgewonnen.  31,  221.  es 
sich  abgewinnen:  ich  der  ich  mir  noch  nie  einen  reimlosen 
vers  habe  abgewinnen  können.  Lessing  ; 

der  frommen  einfnlt 
aliein  erzähl  ich  sie.    weil  die  allein 
versteht,  was  sich  der  goll  ergebne  mensch 
für  tbateu  abgewinnen  kann.     Lessing  2,  323. 

ABGEWITTEKT,  tempes'ate  exesus,  im  veiter  mitgenommen : 
zerlumpt  die  scgel,  rippen  abgewittert ;  was  so  ein  alter,  ab- 
gewiuerter,  verschimmelter  diener  sich  heraus  nimmt.  Tiecr 
3,  253. 

ABGEWÖHNEN,  deducere  a  pristina  consuetudine,  entwöh- 
nen, von  der  yewohnheit  abziehen :  das  kind  abgewöhnen  {von 
der  mutterbrust),  ein  kind,  das  von  der  milch  wird  abge- 
wöhnt. Oprrz;  wenn  er  ihn  von  den  wilden  ausschweifungen, 
zu  welchen  er  sich  halle  hinreiszen  lassen,  abgewöhnte.  Wie- 
land 3,57.  öfter  mit  dem  dal.  der  pers.  und  acc.  der  sache: 
einem  ein  lasier  abgewöhnen;  sich  das  spiel  abgewöhnen. 

ABGEZOGEN,  abstractus:  abgezogene  dinge,  abgezogene 
form.  Leib.x.  390;  das  abgezogne  denken,  die  ausbeute  der 
abgezogensten  spectilution.  FicntES  reden  an  d.  d.  n.  313. 
473;  die  reine  beschaulichkeit  abgezogener  Wahrheiten.  Stol- 
berg 9.  25.     reichlichere  beispiele  unter  abziehen. 

ABGEZOGENHEIT,  abstractio.  abgezogenheit  von  den  ge- 
genständen der  sinne.  Wiel\>d  2,  14 ;  Iransscendentnle  abge- 
zogenheit. Kaxt  11,  311 ;  abgezügenheit.  Ficiites  sonnenkl.  ber. 
116.  aber  auch  einsamkeit,  abgeschiedenheit,  zurückgezogen- 
heit : 

wie  sflsz  ist  doch  ein  freier  wandet 
in  voller  abgezogenheit. 

ABGIESZEN,  dcfundere,  nnl.  afgieten,  davon  abschüllen. 
das  gefiisz  ist  zu  voll,  man  mu«z  etwas  abgieszen ;  das  feil 
von  der  brülie  ahgie<zen.  ein  bild  nehmen  durch  gieszen  über 
den  gegenständ:  eine  münze  in  gips  abgieszen;  da  wird  ein 
todter  geschwind  noch  abgegossen  und  eine  solche  maske  agf 
einen  block  gesetzt  und  das  heiszt  man  eine  hoste.  Götue 
17,  206 ;  so  studierte  er  am  Elsaszcr  heimlich  den  Franzosen 
und  gosz  ihn  im  vorbeigehen  ab.    J.  Pacl  ßegelj.  3,  6. 

ABGIFT,  f.  donum,  exaclio,  verhält  sich,  der  form  nach, 
zu  abpal»e  iric  gift  zu  gäbe,  und  gilt  zumal  bei  gerichten :  der 
Staat  dnidele  es  nicht,  dasz  der  acker  mit  jährlichen  abgif- 
ten  zum  vortheil  der  abgehenden  kiiidcr  beschwert  werde. 
Moser  p.  ph.  1, 17. 

ABGILBEN,  ßavum  tingrre,  gelb  färben:  ist  der  gcstoszeif 
krebs  abgrgilb»,  gewürzt  und  gesalzen,  alles  kochb.  vgl.  ab- 
gelben. 

ABGIPFELN,  in  cacumine  praecidere,  ein  gewdchs  oben  ab- 
brechen :  einen  batim  oder  wein<tock ;  schneiden,  rebenklauben, 
jeten,  binden,  ahgipfeln,  steckenziehen.  Schhelzel  lobspruch 
70 ;  etliche  »fipfoln  den  pclzcr  oben  ab.    HonitERC  1, 406*. 

ABGLANZ,  m.  rcsplendor,  Widerschein,  ebenbild.  {der  mond,) 
der  reineren  sonne  abglanz.  Stulberg  I,  370;  deiner  benitchkeit 


abglanz.  Voss;  der  abglanz  der  rose  auf  die  lilie.  Kli.<(cer 
5,  297 ;  abglanz  ewiger  gerechtigkeiL    Lessixg  2,  351 ; 

und  so  sah  ich  den  mond  verbreiten  befreundeten  abglanz. 

PtATE.'«  50. 

ABGLÄNZEN,  resplendere,  Widerscheinen  und  Kiderscheinen 
machen :  wenn  er  sie  als  ein  nihiger  Spiegel  treu  aufnimmt 
und  wieder  abglänzt.  Herder  20,  87. 

ABGLATTEN,  laerigare,  abschleifen:  ein  holz,  einen  band 
abglätten;  so  glättet  sich  das  rauhe  ab.  Klinger  2,356;  die 
menschen  glätten  sich  ab.   vgl.  abschlichten. 

ABGL.\UBE,  ineredulus:  er  wer  ein  ketzer  und  ein  ab- 
trünniger abglaube.  Frei  garteng.  33  {ko  der  falsche  nom. 
abglauben>.  schon  ahd.  giloubo  credens,  ungiloubo  ineredulus 
(GB-^rr  2,  71).  gleichviel  mit  dem  folgenden. 

ABGLÄUBIG,  ineredulus,  verschieden  von  abergläubig  su- 
perstUiosus.  das  es  zuwider  den  abgleubigen  und  hotTcrti- 
gen  heiligen  geschrieben.  Lcther  4,  128';  den  ketzerischen, 
abgläubigen  büchem.    Lctoers  br.  2, 112. 

ABGLEICHEN,  adaequare,  völlig  gleidtmachen,  ausgleichen  : 
mit  einem  hölzlin  abgleichen  können.  Phil.  t.  S.  I,  470 ;  schuld 
und  fordrung  abgleichen ;  kinder, 

die  des  vaters  tapfren  sinn 

und  der  muiter  schönes  kinn 

heblich  werden  abegleichen.    Logao  1,  6. 

d.  h.  harmonisch  vereinen,  in  sidi  zusammen  ausdrücken,  re- 
ferre. 

ABGLEITEN,  delabi,  ton  etwas  niedersleigen,  abfallen:  da 
gleit  {glitt)  die  hellebort  {ausgeburt  der  hölle)  von  den  leitem 
ab.  Lltrer  3,  3ö;  das  messer  glitt  von  dem  brote  ab;  der 
Spiegel  glitt  beim  befestigen  ab ;  die  sanft  abgleitenden  schat- 
ten. Voss;  in  den  gedanken  abgleiten;  ich  hab  einen  nebci 
lieb,  sobald  er  wie  ein  schleier  vom  angesicht  eines  schönen 
tages  abgleitet.  J.  Paul  Uesp.  1, 12. 

ABGLIM.MEN,  sensim  exstingui,  verglimmen,  niederglimmen : 
der  letzte  funke  ist  abgeglommen;  um  einen  abgiitnmcnden 
aschenhaufen.  Götue  30,  64;  das  abglimmen  des  lichtes  bei 
heiteren  abenden.    51,  201. 

ABGLITSCHE.N,  frequentalit  ton  abgleiten :  dahero  ich  nach 
abgeglitschten  stoszc  mich  selbst  in  der  grüsten  lebensgefahr 
sähe.  Felsenb.  1,  58 ;  stich  auf  der  brüst,  welcher  aber  ver- 
muthlicb  auf  einer  ribbe  abgeglitschet  war.  Plesse  3, 125 ; 

da  glitschten  ihre  äugen 
sogleich  von  gruppen  ab,  die  nicht  für  mädchen  laugen. 

Wiela.no. 
der  künste  Zauberei,  der  reiz  verwöhnter  musen, 
der  wollustvolle  tanz,  das  weiche  saitenspiel 
glitscht  schadlos  ab  an  seineiu  festen  busen. 

Wieland  9,  225 ; 

verdoppele  deine  aufmerksamkeit  und  lies  von  der  stelle  an, 
da  sie  abglitschte,  noch  einmal.    Fichte  sonnenkl.  ber.  2. 

ABGLÜHEN,  ardorem  amittere,  verglühen :  das  eisen  glüht 
ah,  die  hilze  ist  noch  nicht  abgeglüht  transitiv  ein  erz  ah- 
glülten,  CS  gescimeidig  machen,  den  wein  abglühen,  sich  ab- 
glühen: der  tag  glühte  sich  ab.  J.  Pacl  fi/.  4,  208 ;  ungedul- 
diges wesen,  glühe  dich  nur  ab.  das.  1,  8;  ein  mensch  in 
allen  welttbeilen  und  weinen  abgeglüht.    Arnim  2,  313. 

ABGLÜHUNG,  /".  nach  einer  abglühung  von  anderthalb  jäh- 
ren. Stolbebg  8,  41. 

ABGÖ.N.NEH ,  m.  adcersarius,  feind,  widersadter,  von  dem 
ungebräuchlichen  abgünnen,  invidere,  odisse:  Unterricht  auf 
etliche  artikel,  so  im  von  seinen  abgönuem  zugemessen.  Ll- 
TnER  1,165';  wiewol  zuvor  meine  bücber  von  meinen  abgün- 
nem  verbrennt.  Luthebs  br.  J,  599;  bei  Hltte."»  5,  512  steht 
geschrietien  abgünder.    vgl.  abgtinst. 

ABGOTT,  »11.  idolum,  götze.  ahd.  apcot  pl.  apcutir  «.,  mkd. 
abgüt  n.  und  m.,  mit  den  entstellten  neben  formen  apigot,  ap- 
pctgot  (Ben.  l,  557),  und  auch  Lctiiers  briefc  bieten  1.  154  ahl- 
got;  altn.  afgud,  schw.  dän.  afgud  m..  L7/!/di  verdeutscht  idoli 
durch  galiuga  d.  i.  figmenta  oder  g:iliugaguda  d.  i.  lügengüt- 
ter,  doch  hal  er  afgu])S  inipius,  afgudci  impielas,  und  danach 
Idszt  sich  das  ahd.  apcot  auslegen  impium,  a  vero  deo  abhor- 
rens.  da  silieslu,  warumb  es  billich  abegott  und  abeglaub« 
und  abgötterei  hcisze,  on  zweivel  daruinb,  das  solcher  dun- 
kel uns  abfüret  von  gott.  Lctiier  3,205;  die  rechten  ahgöt- 
ter.  Luther  3,42;  ein  endchrist  und  ahtgolt.  Lctiiers  br.  l, 
514;  ein  abgot  war  ich  durch  hochniut.  Wecivhehl.  319;  du 
wirst  den  abgott  {könig  Karl)  rälkn.  A.  Grvwi.  t.  28o.  H«iii/i<; 

1 


51 


ABGÖTTER  — ABGRUND 


ABGRÜNDIG  —  ABHAAREN 


52 


ßr  Jas  was  man  verehrt,  anhelcl,  veryOUerl:  abgott  des  Vol- 
kes. Wieland  7,  34;  abgott  seiner  seele.  Wiel.  21,  95;  geli 
und  rufe  deinen  abgott,  dasz  er  diese  freude  mit  dir  theile. 
Gotter  3,122; 

nacht  und  liimmel  sollens  hören, 

(lasz  ich  dich  zum  abgott  wähle.    Gotter  1,  347; 

du  warst  mein  abgott,  Luise;  das  geld  ist  sein  abgott;  La- 
fayette,  vor  kurzem  der  abgott  seiner  nation.  Götiie  30, 181 ; 
hiezu  kam  noch,  dasz  er  {Wieland)  sich  auch  gegen  unsere 
abgötter,  die  Griechen,  erklärte.  Götiie  26,  328. 

ABGÖTTER,  m.  ein  gülzendienei;  idololalra,  mlid.  abgotfere? 
recht  wie  ein  erzlesterlicher  gaukler,  zeuberer  und  abgölter. 
Lütheb  8,  113';  die  abgötter  und  zauberer.  Claudius  7,  96; 
unter  abgöttern,  ketzern  und  ungläubigen  leben.  Klingeu  10, 
157.  verwerflich,  weil  es  sich  mil  abgötter,  dem  pl.  von  ab- 
gott, mischt,  vgl.  abgöllerer. 

ABGÖTTEREI,  f.  idololalria,  nnl.  afgoderij :  abgötterei  lasz 
ferne  von  mir  sein.  spr.  Salom.  30,  8;  er  seit  sich  der  ab- 
götterei abthun.  Fkank  wcUb.  118':  wan  mir  ab  der  abgötterei 
grawet.  Weckiierl.  114 ;  von  der  abgötterei  abmahnen,  fiers. 
rosenlh.  7,  20.    abtgottery    sieigertücchlin  227,  23. 

ABGÖTTEKER,  m.  idololatra:  nit  alle  künig  seind  Christen, 
sunder  XII  künig  abgötterer.  Frank  t»e//ft,  192';  Chain  ist  ein 
abgötterer  und  Schwarzkünstler  gewesen.  Frank  chron.  212'; 
die  abgötterer,  die  heiden.  M.  Zeii.ler  cenl.  2,  431. 

ABGÖTTERISCH,  der  abgötterei  ähnlich,  ergeben:  abgötte- 
rischc  zeichen.  Paracels.  1,  112';  ein  schwarz  abgötterisch 
herz.  Frank  paradoxa  82';  die  ewren  abgölterischen  herzen. 
Casp.   Güettel  von  euangel.  warheil.    Zwickau  1523   B'Biiii'. 

ABGÖn^ERN,  abgötterei  treiben. 

ABGÖTTIN,  f.  weibliches  idol :  wir  holten  also  wirklich 
etwas  von  der  natur,  unserer  abgöttin,  zu  erfahren.  Götiie 
?6,  69. 

ABGÖTTISCH,  nnl.  afgodiscli,  gleichviel  mit  abgötterisch, 
doch  üblicher:  fleucht  die  abgöttischen,  weish.  Sal.  1,5;  las- 
set euch  nicht  verführen  die  abgöttischen.  1  Cor.  6,  9 ;  einer 
alten  hexen  ihr  abgöttisch  beschweren  und  scgen.  Kirciiii. 
wendu7im.  120';  die  abgöttische  liebe  eines  glücklichen  volkes. 
Wieland  3, 127 ;  ein  abgöttischer  Verehrer  des  Cicero.  Rabener 
3,  257  ;  eine  abgöttische  Stadt.  Klinger  6, 105. 

ABGÖTTISCH,  adv.,  eines  Stückes  (Agamemnon  von  Aeschy- 
lus),  das  ich  von  jeher  abgöttisch  verehrt  hatte.  Göthe 
32,  113. 

ABGRÄBEN, /brfioirfoaw/enc,  weggraben,  einen  hügel,  berg ab- 
graben, einen  flusz  abgraben,  sein  bell  verändern,  einen  brun- 
nen  abgraben,  dem  wasser  den  Zugang  zu  ihm  sperren  :  wo  den 
belagerten  die  trcnkenbrunnen  abzustricken  und  abzugraben 
.  seien.  KiRCiiiior  mil.  disc.  33.  figürlich :  die  übel  abgraben. 
fasln,  sp.  297,  4 ;  das  wir  für  gott  tretten,  allen  fäl  erstatten 
und  alle  ungnad  abgral)en.  Frank  wellb.  110';  dardurch  wird 
vil  Unglücks  abgraben.  Ayrer  163' ;  einem  etwas  ablauern,  ab- 
stehlen, abgraben.  Klinger  6,  63. 

ABGRÄMEN,  aegriludine  consumere,  einen  durch  verursach- 
ten gram  plagen:  sich  abgrämen,  sich  durch  gram  verzehren: 

ein  jeder  sehne  sicli  nach  dem  falalen  ghick, 

zu  ihren  füszen  siel»  zum  schatten  abzugrämen.    Wieland. 

ABGRAPSEN,  abgrapschen,  vi  abripere. 

ABGRASEN,  gramen  depascere,  das  gras  wegfressen,  die 
lämmer  gi-asen  den  anger,  die  junge  saat  ab. 

ABGRAUSEN,  n.  horror.  der  (du)  für  aller  gleisnerci  unt 
lügen  ain  abgrausen  hast.  Meliss.  ps.  E2'.  vgl.  abgreulicli. 

ABGREIFEN,  altaclu  detcrere,  durch  angreifen  abnützen,  der 
but,  die  mutze  ist  abgegriffen. 

ABGRENZEN,  limitare,  grenxzeichen  setzen,  durch  grenze 
tondern : 

zwischen  der  erd  und  dem  mcer  und  den  liimmlischen  höhn 

in  der  iniite 
hegt  ein  ort  abgrenzend  der  erd  dreischichtiffe  kugcl. 

Voss. 

die  Schweiz  wird  durch  hohes  gehirge  abgegrenzt. 

ABGREULICH,"  horribilis,  vor  (früher  ab)  dem  man  grauen 
cmpßndet:  ain  abgreulich  wcsen.  Melissus  ps.  Es*. 

ABGRINSEN,  plorando  adimerc,  grinsend  abnehmen: 

und  sollen  wol  die  schweren  Zinsen 
die  Icng  dir  all  dein  gut  ahgrinscn. 

ni?(GW.  laut,  loar/i.  40. 

AÜGUÜND,  m.  abyssus,  ahd.  abcrunti».,  mhd.  abogründc  n., 


goth.  afgrundijja  f.,  was  hinab,  von  der  erde  weg  reicht,  die 
unterste  tiefe,  der  abgrund  der  hölle,  des  meers;  gerade  so 
gebildet  ist  das  ags.  ok\ä\e  praecipilium  {ahd.  ahleli^),  ins  thal 
niedergehend: 

den  abgrund  rülleud  und  den  himmel.    Wecku.  346. 

rfaiin  unermeszliche  tiefe  überhaupt:  wie  kan  man  hie  anders 
sagen,  denn  das  der  gott  doch  nichts  sei  denn  ein  abgrund 
ewiger  liebe.  Luther  6,  47';  erhebe  dein  antlitz  aus  dieses 
Jammers  abgrund.  Messias  12,  753 ;  abgrund  des  dcnkens  und 
fühlens.  Klincer  12,  271 ;  abgrund  des  Verderbens.  Kant  6, 
245 ;  so  dasz  das  all  im  abgrunde  des  nichts  versinken  müste. 
Kant  2,  477 ;  blicke  in  das  wescn  der  dinge,  die  mir  einen 
abgrund  von  reichthum  eröfiien.  Götiie  29,  212.  schön  von  lie- 
fen äugen :  aus  ihren  abgründen  schien  ein  licht  hervor  zu 
blicken.  Götiie  22, 102.  der  blaue  abgrund,  die  unermessene 
tiefe  des  himmels.  .1.  Paul  Hesp.  3,  84;  wie  furien  des  ab- 
grunds  (der  hölle)  folgen  mir  die  schauerlichsten  träume. 
ScniLLER  246. 

ABGRÜNDIG,  immense  profundus,  unermeszlich  tief:  gol  hat 
ein  vollkommen  einsehen  in  sich  scllter  und  abgrundiges 
durchkennen  sich  selbs  mit  im  selber.  Txm.EK  Leipz.  1498,5'; 
abgründige  Verzückung.    Fischart  Garg.  112*. 

ABGRÜNDLICH,  gleichviel,  der  vafer  der  abgründlichen 
barmherzigkeit.  Luther  2,  79*.  br.  2, 139  ;  ein  abgründliche  und 
grundlose  Weisheit  gottes.  8,342*;  nach  abgrundlichem  reicli- 
thumb.  briefe  2,  220. 

ABGRÜNDWÄRTS,  adv.  und  rief  ich  weinend,  wütend  ab- 
grundwärts.    Lenau. 

ABGUCKEN,   visu  dam  conlingere,  einem  verslolen  absehn: 

wie  er  räuspert  und  wie  er  spuckt, 
das  habt  ihr  ihm  glücklich  abgeguckt. 

Schiller  (1822)  6,  24. 

ABGUNST,  /".  invidia,  misgunst,  neid,  ahd.  apa.nst  apunst  /". 
(Graff  1,  270.  272)  vgl.  gunsf.  also  das  es  (das  gebol)  sonder- 
lich wider  die  abgunst  und  den  leidigen  geitz  gcstellel  sei.  Lu- 
ther 4,407';  der  hofleute  abgunst.  lisclir.  437';  also  ward  ir 
abgunst  und  teuflischer  geitz  gröblichen  vergolten.  Kirchhof 
wcndunm.  179' ;  abgunsts  glück  zu  irm  feinde  fölU  das.  267* ; 

0  golt  soll  dann  die  abgunst  lange  zeit 
mit  solchem  höhn  und  groszen  spotte  schnarchen? 

OriTZ  142. 

der  eure  gunst  nicht  sucht, 

noch  eure  nhgunst  fürchlet.     Schiller  558. 

ABGÜNSTIG,  malevolus,  feindlich,  ahd.  apenstic  apunslic. 
etliche  des  raths  zu  Eisenach  ihm  abgonstig.  Luthers  br.  3, 
162;  zudem  war  im  der  pförtner  abgünstig.  Wikram  rollw. 
100;  seines  abgünstigen  hcrzens  neid.  Kirchh.  «.'cnf/uHm.  266"; 
kein  geschlecht  der  menschen  ist,  under  welchen  so  vil  ab- 
günsliger  und  zänkischer,  als  undcru  belticrn  sein.  das.  246'; 
das  abgünstige  weib.  das.  179*;  dasz  die  zahl  vieler  groszeu 
männer,  die  mir  huld  sein,  die  wenigen  abgünstigen  weit  hin- 
wieget. Opitz  poetcrei  l';  weil  das  glück  mir  abgünslig  ist. 
Irrgarten  257 ;  der  mann  war  äuszerst  abgünstig  und  undienst- 
fertig. Reiskes  lebensb.  117.  heule  selten  im  gebrauch,  man 
sagt  lieber  ungünstig  oder  misgünstig.  im  16  jh.  kommt  es 
auch  substantivisch  vor  für  gegner,  feind,  und  dann  können 
possessiva  hinzutreten,  aber  der  dat.  unlcrbleibl:  unsern  fein- 
den und  den  geistlichen,  des  evangelii  abgünstigen.  Luther 
5,  29*;  dasz  ihr  k.  mai.  mich  durch  mein  abgünstigeu  nicht 
wolle  vergewaltigen  lassen.  Luthers  br.  1,599;  meine  abgün- 
stigen hatten  mich  abermals  angegeben.  Scuweimchen  3, 168 ; 
waren  sie  vor  mir  von  meinen  abgünstigen  gewarnet,  das. 
1,  331 ;  solche  vergleichung  hat  meinen  al)günstigen  wehe  ge- 
liian.  das.  3, 166. 

ABGURGELN,  jugulare,  von  der  gurgel  slosten,  ein  licd 
abgurgeln.  einen  abgurgeln,  ihm  die  kehle  abschneiden.  Stie- 
ler 715. 

ABGÜRTEN,  cingulum  solvcre,  nnl.  afgorden,  den  gnrl  lösen. 

■  das  Schwert,  den  satlel  abgürlen ;  sie  gürt  ihm  die  gürlel  ah. 

AvRER  45l';   um  1700,   einem  die  peruque  abgürten.    Salinde 

119.     dann  auch  einen  abgürten  (besser  cntgUrtcn),  das  pfcrd 

abgürlen. 

ABGUSZ,  Hl.  defusio,  das  abgieszen  und  das  abgegossene. 
den  dampfenden  abgusz  schlürfen,  der  abgusz  von  einer  münze, 
von  Rafaels  sciiädel. 

ABHAAREN,  pilos  amittere,  die  haare  lassen,  der  peli  haa- 
ret ah.  den  gerbern  auch  Iransittv:  die  haut  abbaaren. 


53 


ABHABEN — ABHALTUNG 


ABHÄMMEBN  —  ABHÄNGEN 


ABHABEN,  in  lebendigen,  meist  elliptischen  rcdensarlen, 
u-elchc  die  alte  praeposition  ab  erkennen  lassen  und  aus  dem 
Zusammenhang  zu  eigänzen  sind,  ich  hal>e  den  hut  ab  {dem 
köpf  genommen),  die  Stiefel  ab  {den  füszen  gezogen);  wir  ha- 
ben die  äpfel  alle  ab  (dem  bäum  gehrochen);  er  hat  eins  {da- 
von) ab  {erhallen),  er  will  elwas  davon  ab  hal)en,  wo  sich 
partitire  bedeulung  entfallet,  wie  in  abgeben,  abbekommen,  ab- 
kriegen, diese  ausdrucksweisen,  mäszig  verwandt^  sind  natür- 
lich und  auch  nicht  unedel. 

Die  frühere  spräche  setzt  einem  etwas  abhaben  dJinlich  dem 
heuligen  einem  etwas  anhaben,  doch  davon  rerscliieden.  denn 
was  haben  seine  feind,  ja  der  tod  sclbs  im  abgeiiaben  {rich- 
tiger abgehabt)?  S.  Frank  65;  gewis,  das  in  {ihnen)  niemand 
ichts  kan  abhaben,  derselbe  77 ;  dasz  ihre  scharfe  klingen 
meiner  haut  weniger  als  zwo  spieszgerten  abhaben  würden. 
Simplic.  2, 1C6 ;  welche  beide  {ochsen)  zugleich  mit  den  hör- 
nern auf  ihn  {den  lOwen)  sticszen,  dasz  er  ihnen  nichts  ab- 
haben kunle.  LoKMAX  fab.  1;  deme  Arnulphus  nichts  abha- 
ben kann.  Haus  1,  274;  den  feinden  nichts  rechts  abhaben 
können,  das.  2,  221 ;  Lotharius  defendierte  sich  so  herzhaft, 
dasz  ihm  seine  feinde  nichts  abzuhaben  vennochten.  das.  3, 
173.  man  nehme  das  ab  ror  haben  weg,  stelle  es  ror  den  dativ : 
ab  im,  ab  in,  ab  meiner  haut,  ab  ihnen,  ab  dem,  ab  den 
feinden,  und  alles  ist  klar. 

ABHACKEN,  praecidcre,  weghacken,  die  band,  das  unkraut 
abhacken;  die  band  abhacken.    KALTE.\n.\CK  panl.  1,273'. 

ABHADEHN,  jurgio  obtinere,  liurch  hader  erlangen,  einem 
das  hau^,  eine  geidsumme  abhadern. 

ABHÄFTELN,  difßhulare,  los  häßcln. 

ABHAG,  adv.  de  scpe,  septo,  gebildet  wie  abweg  de  lia, 
abhanden  de  manibus,  statt  des  lebendigeren  ahd.  aba  haga, 
aba  wega,  aba  hantum ;  abhag  ziehen,  abhag  abziehen,  spiesz 
abhag  abziehen  war  die  formet  ßr  den  abzug  eines  heers  von 
der  feste,  aufgeben  der  belagcrung :  ich  und  andere  würden 
spiesz  abhag  abziehen.  Lctiier  1, 164*.  Frisch  hat  aus  Hedios 
352'  vom  hag  abziehen,  ohsidionem  solvcre,  s.  hag  und  abhei. 
Staid.  1,  S6. 

ABHAGELN,  degrandinare,  aupiüren  zu  hageln,  es  hat  sich 
abgchagelt. 

ABH.\GEN,  sepire,  mit  hag  oder  zäun  einfriedigen,  das  feld 
ist  aligchiigt.    Tobi.er  10*. 

ABH.\GERN,  macerare,  abmagern,  unlustig  und  abgehagert. 
Voss. 

ABHÄKELN,  uncinos  sohere,  ran  haken  oder  häküiai  lösen. 

ABHAKEN,  aralrum  sohere,  vom  haken  oder  pflüg  nehmen, 
figüilich  ablösen :  so  eben  wurden  die  pferdc  heraus  geführt 
und  eingespannt.  Wilhelm  war  entschlossen  abzuhaken  und 
liier  zu  bleiben.   GöniE. 

ABHALDIG,  dectiris.  solche  zwo  roistlachen  müssen  etwas 
weit  abweg  ligen  in  einem  abhaldigen  tiefen  ort.  Sebiz  feld- 
bau  23 ;  abhäldigcr  fels.  Altenstaig  tocab.  24' ;  abhaldige 
stufe.  ScHELCiizER  1, 19.  3,  44.  52.     s.  halde. 

ABHALFTERN,  das  pfcrd  ron  der  halper  lösen. 

ABHALSEN ,  decollare,  einen  vom  halse  nehmen,  des  hal- 
scs  berauben,  wie  abgurgclen.  sich  abhalsen,  sich  lang  um- 
armen, cülla  amplecti. 

ABHALSEN',  lorum  sohere,  bei  den  Jägern  dem  leithund  die 
halse,  das  seil  abnehmen,  halse  ist  halsband. 

ABHALT,  m.  remora:  ohne  aufhalt  und  abhält. 

ABH.\LTEN,  detincre,  nnJ.  afliouden,  ron  elwas  zurück  hal- 
ten, abwenden,  den  licilenden  hund  mit  dem  stock  abhalten, 
den  andringenden  feind.  der  mantel  hält  den  regen  vom  leibe, 
der  panzer  den  stich  ab.  aber  Heideck,  das  hielt  den  stich 
ab  und  ergab  sich  nicht.  Götz  v.  If.  73;  bewacht  sie  sorg- 
fältig und  haltet  sie  ab,  dasz  sie  ihren  söhn  nicht  sehe. 
Klincer  1,  34S;  nichts  soll  mich  abhalten  dasz  ich  komme. 
dann  überhaupt  einen  von  der  flucht,  dem  verbrechen,  dem 
essen,  dem  tanzen,  der  kirchc,  von  irgend  etwas  abhalten, 
was  hält  dich  ab  davon?  einem  die  sorge,  den  kummer  {dasz 
nie  nicht  nahen)  abhalten,  sich  abhalten,  enthalten,  zurück- 
halten, conlinere.  Auch  für  aushalten,  ausstehen,  fertig  ab- 
Ihun:  ich  habe  viel  müssen  abhalten;  er  halt  gar  nichts  ab, 
erträgt  nichts;  die  schule,  kirchc,  Versammlung,  ein  fest,  ver- 
hör abhalten  so  viel  als  hallen,  zn  ende  hallen,  bei  den  mäg- 
dm:  das  kind  abhalten,  bei  seile  halten,  das:  es  seine  nolh- 
durß  verrichte.  Bei  Seefahrern  inlransiliv :  die  flotte  hält  ab  vom 
winde,    seiirlt   so,    dasz  sie  den  wind  in  den  nicken  bekomme. 

ABHALTUNG,  f.  detentio,  das  abhalten,  zumal  hindcrnis. 


ABHÄM>rERN,  malleare,  mit  dem  hammer  los  schlagen. 

ABHANDELN,  tractare,  nnl.  afliandelen,  nach  den  rerschied- 
nen  bedcutungen  des  einfachen  handeln,  durch  kauf,  tausch 
oder  sonst  von  einem  andern  an  sich  bringen,  zumal  ron  waare 
und  beweglichen  Sachen  und  personen :  ich  habe  ihm  das  pferd 
abgehandelt ;  ich  handelte  dich  deiner  mutler  ab.  Wieijixd 
12, 114 ;  ja,  sie  will  sich  alle  freundlichkeit  mit  tausend  com- 
plimenten  abhandeln  {erkaufen)  lassen.  Weises  kl.  leute  373. 
aucli  für  abdingen  an  der  geforderten  summe:  noch  zehn  tha- 
ler abhandeln.  Häufig  aber  ron  geistigen  geschäßcn  gül- 
tig, sorgfältig  und  gelehrt  behandeln,  fertig  machen:  einen  ge- 
genständ, einen  satz,  eine  lehre  abhandeln ;  den  vertrag,  den 
frieden  abhandeln  {unterhandeln) ;  bei  dieser  gelegenheit  hatte 
er  sowol  mit  sich  selbst  als  mit  Serlo  und  Aurelien  die  frage 
oft  abgehandelt.  Güthe  19,  256 ;  ob  Carlos  und  die  fürstin  sich 
je  verstehn  können,  wenn  liebe  abgehandelt  wird.  Schiller 
261.  der  abhandelnde  {theoretische)  thcil  eines  werks.  Moser 
kann  recht  gut  hier  abgehandelt  {gelehrt  besprochen)  werden. 
HcGO  lit.  gesch.  s.  517. 

ABHANDEN,  ahd.  aba  hantum,  de  manibus,  gegensatz  des 
vorhanden,  die  sachc  ist  abhanden,  kommt  abbanden,  ist  ver- 
loren gegangen,  geht  verloren. 

mein  traiiti^l  Isszt  mich  nicht  abhanden, 

icli  darr  oiclit  weiter  als  das  hanil, 

woran  sie  mich  gebunden.      Rcrger  29,  6. 

ich  fiihle,  ich  kam  mir  selbst  abhanden.  Tieck  13,  280 ;  ich 
bin  der  well  abhanden  gekommen.  RCckert  249.  Minder  gut: 
von  abbänden  {obgleich  schon  ahd.  hentim  für  hantum  ein- 
reiszl) :  dasz  die  königlichen  legalen  einer  nach  dem  andern 
wider  sich  von  abhenden  machen.  Lalterbecks  Melanchth. 
Frankf.  1503.  fol.  16;  die  llaschen  nit  von  abhenden  kommen 
lassen.  Kirchhof  wendunm.  288";  von  abbänden  kommen. 
peis.  rosenth.  7,  2;  Sachen,  welche  er  selten  von  abbänden 
kommen  liesze.  Felsenh.  1  rorr. ;  die  sonne  hat  ganze  stun- 
den und  tage  von  abbänden  kommen  lassen.  Claudius  5,  56. 
das  vorgeschobne  von  soll  die  ungefühlt  »erdende  kraß  der 
praep.  herstellen. 

ABHÄNDIG,  amissus,  verloren  gegangen,  das  sie  mir  aber 
auflegt,  das  ich  einigerlei  enttragen  oder  abhendig  gemacht, 
wird  sie  mir  nicht  beibringen  mit  warheit.  Lltbeb  2,  384'; 
haben  sie  mir  die  heraus  geschnitten,  gestolen  und  abhendig 
gemacht.  Thcbneisser  3,  78 ;  auch  ist  das  was  er  geschrieben 
abhändig  geworden.  Micrälius  a.  P.  3,  350.  abhendig  werden, 
thun.    HoMEYEns  Ssp.  tli.  2.  s.  558. 

ABHANDIGEN,  e  manu  auferre,  gegensatz  von  behändigen, 
einhändigen,  und  dann  überhaupt  entfernen :  alsdann  mag  kein 
tag  so  rauch  und  nasz  einfallen,  welcher  solchcrmasz  venvart 
gesind  möchte  von  seiner  arbeit  abhändigen  oder  abtreiben. 
SEniz  feldb.  1580  5.  38. 

ABIIANDLU.NG,  f  tractalio.  Unterhandlung,  pers.  reiseb. 
1, 14 ;  bei  GnvpniüS,  HorrnA^oswALnAc,  GürcTHEii  und  noch  bei 
späteren  der  ad  eines  Schauspiels ;  heute  roriüg/icA  eine  schrift- 
liche, gedruckte  abhandlung,  Untersuchung,  ein  tractat. 

ABHANG,  fJi.  declivitas,  die  abhängige  seile,  der  hang  eines 
berges  oder  landes,  was  sonst  die  leite  oder  baldc  hiesz,  clkus : 

ein  sanfter  abhang  glänzt  von  reiTondem  gctraide.    IIaller; 
an  des  Neion  waldipcm  abhang.    Voss  Od.  1,  187; 

auch  vom  laufe  des  flusses:  mit  einförmig  geroäszigtem  ab- 
hänge. Kam  9, 10,  doch  sagt  man  vom  wasser  gern  fall.  Zu- 
weilen der  abhängige  zustand,  die  abhängigkeit : 

sich  wesen  ohne  gcstahen,  merk  ihre  .-ibh^n^  und  kr»rie. 

Kleist  2,  129; 
der  abhang  von  befehlen  erstickt  die  tilgend  oft. 
WiELA.'^D  31,  373; 

ich  hänge  von  gott  ab,  ich  bleibe  in  diesem  abhänge  noch 
immer  ein  edelmann.    Hippel  lebensl.  4, 141. 

ABHANGEN,  dies  intransitivum  dependere  sollte  ron  dem 
transitiven  abhängen  dependere,  wie  das  einfache  hangen  pen- 
derc  ron  hängen  pendi're  geschieden  sein;  dock  die  mischung 
beider  formen  ist  auch  bei  guten  srhrißstellem  zu  tief  einge- 
rissen, als  dasz  sie  ganz  vermieden  oder  getilgt  werden  kimnlr, 
man  sehe  was  bei  hangen  und  hängen  gesagt  ist.  ablimciii 
drückt  nun  eigentlich  aus  herab  geneigt  oder  gesenkt  sein,  der 
fels  hangt  schrof,  der  hngel  sanft  ab,  der  boden  hangt  hier 
unmerklich  ab;  siehst  du  oben  von  der  mauer  das  Schwal- 
bennest abhangen?;  ein  weinstock  voll  abhängender  traubcn. 
Voss  Od,  5,  69;    der  mantel   hangt  weit  »on   der  wand  ab. 


55 


ABHANGEN -ABHAUEN 


ABHÄUTEN— ABHER 


56 


Oß  aber  in  der  anwcndung  auf  unsinnliche  dinge:  von  der 
regel  hangen  folgerungen  ab ;  man  lehrte  uns  geographie  und 
andere  davon  abhängende  Wissenschaften.  Rabener  2,  C ;  sie 
erklärte  mir,  dasz  das  leben  dieser  sklavin  von  dem  enlschlusz 
den  ich  nehmen  würde,  abhänge.  VVieland  2,  63 ;  durch  jene 
thierische  natur  hange  ich  von  allem  was  auszCr  mir  ist  ab. 
das.  3,  393;  der  wahre  vorlheil  der  religion  scheint  von  der 
stärke  der  eindrücke  abzuhängen,  die  wir  in  den  jähren  em- 
pfangen, worin  wir  noch  unfähig  sind,  Untersuchungen  anzu- 
stellen, das.  2,  6 ;  dasz  es  nur  von  uns  abhänge,  das.  2,  55 ; 
der  befehl  an  dem  wir  hangen,  das.  16,  24;  ich  hange  ganz 
von  ihrem  willen  ab.  Göteie  14, 125.  dagegen  sagt  Wielasd  : 
aber  die  natur  iiängt  nicht  von  den  begriffen  der  groszen  ab. 
7, 114 ;  alles  hängt  von  den  umständen  ab.  2, 145 ;  das  meiste 
wird  von  ihnen  selbst  abhängen. 

ABHÄNGEN,  transitiv:  den  mantel  von  der  wand  abhän- 
gen, den  dieb  vom  galgen,  die  blasebälge  abhängen,  die  bände 
(her)abhängen ; 

wie  der  kecke  rosenknopf 

hald  doch  vor  dem  nord  erbebet 

und  hengt  ab  den  welken  köpf.    Fleming  345. 

nicht  selten  aber  auch  intransitiv  für  abhangen. 

ABHÄNGIG,  declivis.  des  felscn,  der  von  da  an  etwas  ab- 
hängig wird.  Wielanu  35,203;  auf  einer  stelle,  wo  der  weg 
weniger  abhängig  war.  Güthe  21,  6 ;  die  natur  macht  den  men- 
schen abhängig  zur  erde,  trag  und  schwer  und  schüttelt  ihn 
immer  wieder  auf.  50,  6 ;  es  ist  doch  allzeit  das  menschliche 
geniüt,  wie  eine  schwere  bleiwag,  nach  der  eitelkeit  abhängig. 
Simplic.  1,  49;  die  ganze  natur  ist  von  gott  abhängig;  von 
jenem  hohen  wesen,  dem  sie  sich  abhängig  (unterworfen)  er- 
kennen. GüTiiE  24,  213. 

ABHÄNGIGKEIT,  f.  dcpcndenz.  die  anziehung  verbindet  die 
Substanzen  durch  gegenseitige  abhängigkeiten.  Kant  8,  317.  er 
lebt  in  der  abhäugigkeit.  die  Juristen  reden  von  abhängig- 
keitsverhältnisscn. 

ABHÄNGLICH  sagen  einige  für  abhängig  z.  b.  Wieland  6,  IX. 

ABHÄNGLICHKEIT,  f  für  abhängigkeit.  Wieland  1, 138.  3, 
54.  7,  41.  45. 136.    Klinger  5,  202. 

ABHÄNGLING,  m.,  der  sich  abhängig  von  andern  gemacht 
hat:  der  als  repräsenlant  aller  Schmeichler  und  abhänglinge 
geschilderte  mensch.    Göthe  36,  200. 

ABHÄREN ,  pilos  auferre,  das  transitiv  zu  abliaaren.  bei 
gerbern  die  feile  abhären : 

einen  moliren  weisz  erwaschen, 

trinken  aus  geleerten  [laschen, 

einen  esel  nackt  bescheeren, 

eine  sackpfeif  abehären.    Logau  1,  151,  52. 

ABHÄRMEN,  cruciare,  abquälen :  abgehärmte  wangen ; 
blasz  wie  ein  eremit  stand  er  hier  abgehärmt.    Zacuariä; 

des   neids    abgehärmter   blick;    willst   du  dein  groszes  leben 
abhärmen  ?  Klinger  2,  227. 
der  so  lange  den  seinigen  ferne  sich  abhärmt.    Voss  Od.  1,  49. 

ABHÄRTEN,  durum  reddere,  hart  machen,  den  stahl  abhär- 
ten, sein  herz  abhärten,  der  mensch  hat  die  weichlichen  ge- 
wächse  des  Orients  zu  seinem  rauheren  himmel  abgehärtet 
Schiller  1004; 

der  Winter  härtet  ab  und  macht  die  geister  munter.   Günther. 

ein  abgehärtetes  volk. 

ABHÄRTUNG,  f.  induratio. 

ABHASCHEN,  abripere,  weghaschen,  erhaschen,  sich  die  ge- 
legcnheit  erhaschen. 

ABHASI*ELN,  glomos  solvere,  vom  hasprl  winden,  ich  spinn 
und  haspel  ab.  Ayrer  113' ;  dies  seidne  kleid  liab  ich  von  den 
Würmern  selbst  abgehaspelt,  pers.  baumgarten  9,  7 ;  glaubst 
du  dasz  sie  es  unterhalten  wird  am  bofe  ihres  bruders  un- 
bedeutende tage  abzuhaspeln?    Göthe  8,218. 

ABHASPEN,  dasselbe.    H.  Sachs  H.  4,  27'. 

ABHAUBEN,  cappam  falconi  detrahere,  bei  den  Jägern,  den 
falkcn  abhauben,  ihm  die  haubc  abziehen. 

ABHAUCHEN,  halilu  solvere,  durch  leisen  hauch  ablösen: 
der  aeolsharfe  abgehauchle  tüne.   J.  Paul  Ilcsp.  1,  250. 

ABHAUEN,  praecidere,  weghauen,  einen  köpf,  arm,  fusz 
abhauen,  amputare.  den  bamn,  das  gctraide,  gras,  heu  ab- 
hauen, secare,  und  heu  hciszt  selbst  das  gehauene,  säen,  ab- 
hauen,  aufl)inden,   in    die  schcune  führen.     Scuweinicuen  2, 


199.  den  knoten  abhauen  (zerhauen).  Kant  0,  3. 145.  8, 06. 
dasz  ich  die  ursach  abhaue,  ut  amputem  occasionem.  2  Cor. 
11, 12,  golh.  ei  usmaitau  inilön. 

ABHÄUTEN ,  cutem  detrahere,  die  haut  abziehen,  bei  den 
Jägern,  den  baren  abhäuten,  was  in  andern  füllen  auswirken, 
schinden,  abdecken  heiszt.  intransitiv  von  tkieren,  die  ihre 
haut  ablegen,  wenn  es  vollbracht  ist :  die  schlänge  häutet  ab ; 
wenn  der  seidenwurm  abgehäutet  hat,  fängt  er  zu  spinnen  an. 

ABHEBEN,  auferre,  hebend  cntfen-nen,  wegnehmen,  den 
deckel  vom  topf,  vom  sarg,  den  kessel  vom  feuer  abheben, 
weil  ihm  ein  anderer  den  räum  (rahm  von  der  milch)  abge- 
hoben halle.  Simplic.  1,  598;  wo  ich  den  rahm  abgehoben 
habe,  linde  ich  die  Schlippermilch.  Göthe  14,  287 ;  im  deut- 
schen recht  beim  an  fall  des  kurmuts :  eins  vorhin  (voraus)  ab- 
heben, weisth.  3,  796 ;  den  reitcr  vom  pfcrd  abheben : 

ob  bei  hof  ein  jedes  schmeichelt,  schmeicheln  doch  die  pferde 

nicht, 

die  den  herren  selbst  abheben,  wann  er  reitens  nicht 

bericlit  (unkundig).    Logau  3,238,  114; 

die  brücke  ist  hinter  mir  abgehoben.  Schiller  173.  die  spei- 
sen sind  (von  der  tafel)  abgehoben,  vgl.  abhub.  die  karten 
im  spiel  abheben,  bloszcs  bewustsein,  abgehoben  vom  dinge. 
Fichte  sonnenkl.  bcr.  183.  sich  abheben,  abstechen:  das  hebt 
sicli  gut  ab;  die  singenden  mädchen  hoben  sich  gegen  den 
düstern  tannengrund  allerliebst  ab.    Tieck  1, 128. 

ABHEFTEN,  difßulare,  vom  haft  ablösen,    s.  abhäfteln. 

ABHEILEN,  penitus  sanare,  zu  ende  heilen:  die  blättern 
heilen  ab,  der  ausschlag  ist  abgeheilt. 

ABHEISCHEN,  exigere,  abfordern,  abverlangen,  sie  schämen 
sich  nicht  mir  den  wein  vom  maul  abzuheischen ;  die  schuld 
wird  abgeheischt.  Opitz  396 ;  wie  möchte  man  üirsten  eine 
strengere  Weisheit  abheischen?  Lohenst.  Arnim.  1,86. 

ABHELFEN,  relcvare,  früher  mit  dat.  der  pers.,  gen.  der 
Sache,  wie  mhd.  einem  eines  helfen,  helft  ir  sein  ab!  fasln, 
sp.  236,  20;  helft  mir  des  ab!  H.  Sachs  1,  468'';  wil  des 
kinds  abhelfen  dir.  II.  4,  8';  helft  ihm  der  marter  ab.  Lu- 
thers br.  5,  187;  alsbald  sind  da  ire  nechstcn  freund  mit 
kolhen  und  helfen  ir  der  marter  ab.  Frank  weltb.  205';  wie 
du  ihnen  ihres  schmerzcns  mögest  abhelfen.  Uffenbach  ross- 
buch. Frankf  1603  2,  246 ;  helfet  mir  umb  gotteswillen  der 
marter  ab.  Frey  garteng.  93';  er  solt  ihr  des  mannes  abhel- 
fen, wegkürzer  12";  das  (cardobenedictcn)  wasser  hilft  den 
kindern  der  fallenden  seuche  ab.  Hohberg  1,  541';  und  alles 
ihres  leids  ihnen  abhelfen.  Spee  341.  später  statt  des  gen.  die 
pracp.  von:  ich  gedacht  mir  von  dem  ungeheuren  gerümpcl 
abzuhelfen.  Simplic.  1,103;  jetzt  gewöhnlich:  er  kann  ihm  von 
der  krankheit  nicht  helfen  (o/ine  ab).  Opitz  1,  163  setzt  den 
bloszen  dat.  der  pcrson,  ohne  die  Sache  auszudrücken,  von 
Antigone:  damit  sie  ihr  abhilft;  oder  er  stellt  die  sachc  in 
den  dativ: 

ach  möchte  sich  begeben, 
dasz  doch  ein  grimmes  thier  abhülfe  meinem  leben. 

diese  letzte  weise  gilt  heute:   dem  ding  ist  leicht  abgeholfen 
diesem   fehler  will   ich  gern  abhelfen;    ich  habe  den  fehlem 
abgeholfen.     Rar.  1,  84 ;    mit   der    heftigsten    begierdc    allen 
drangsalen  seiner  mitgeschöpfe  abzuhelfen.  Wieland  7, 133. 

ABHELFLICH,  remedians,  abhelfend,  tm  canzleislil:  einer 
Sache  abhel fliehe  masze  geben  f.  ihr  abhelfen  (rem  remediare), 
daher  IUbener  satirisch  1, 184 :  sie  wollen  dasz  solchem  allen 
abhelfliche  masze  gegeben  werde. 

dem  kleinen  zufall  abhelfliche  masz  zu  geben.    Wikland  4,221; 
sanct  Lykophron  baut  Scheppcnsiedis  palast, 
doch  keine  fenstor  drein, 
ablieinich  trägt  das  licht  sein  scholiasl 
im  sack  hinein,      üürcer  65*. 

ABHELFUNG,  f.  remedur.  um  abhelfung  der  beschwerdcn 
bitten.  Hahn  3,47. 

ABHELLEN,  declarare,  abklären,  den  wein  abheilen,  sich 
abhellen,  sich  aufklären,  von  lufl  und  weiter :  bei  abgeheilter 
luft.  Fleming  580; 

als  eure  nnkunfl,  herr,  uns  wurde  kund  geihan 
da  hub  die  trübo  lufl  sich  an  bald  abzuheilen. 
ders.  570. 

ABHENKEN,  das  angchenkte  abnehmen,   s.  henken. 

ABHER,  im  15.  16.  jh.  idiliche  Umstellung  von  herab,  wie 
abbin  von  hinab,  anlier  ton  heran,  ausbin  ton  hinaus  h.  s.  w. 
abher  infra,  vocab.  ine.  teuton.  ante  tat.  s.  l.  et  a.  und  Ar- 
gent.  1515;  die  abher  kommen  waren  von  Jerusalem.    Marc. 


57 


ABHERBSTEX  —  iUJHÜREN 


ABHÖRER  —  ABJAGEN 


58 


3.  22 ;  wann  je  Christus  wider  zu  uns  abiicr  käme.  Hütten 
5,  232 ;  abher  stoszcn.  fasln,  sp.  376,  3 ;  thet  sicli  oben  abher 
bücken.  B.  Waldis  Esop  2,  30.  bl.  96*  und  oft;  ein  groszcr 
Uagel  abher  fiel.    Vlesb.  psall.  327  und  op. 

.\ÜHEIIBSTEN,  vindemiare,  einhcrbslen,  ernten,  got  allen 
rechten  radt  (lorrat)  abherpstet.    Fr.\nk  chron.  36'. 

ABHERZEN,  deosculari,  müde  küssen,  mein  maul  hat  sich 
ganz  abgeherzt,  ich  habe  keinen  fug  zu  klagen.  Weises  kl. 
leutc  359 ;  freundinnen,  die  einander  abhcrzen.  J.  P.\ll  ri7aii 
1,  ISl.  von  herzen,  küssen. 

ABHETZEN,  renatu  dcfatigare,  müde  jagen,  die  hunde,  den 
fairsch  aLhetzen.  sich  um  der  gunst  des  tags  wllen  abzu- 
hetzen bringt  keinen  vortheil  für  morgen  und  übermorgen. 
GöTHE  49,  137. 

ABHEUCHELN,  simulando  eonsequi,  heuchelnd  nehmen. 
einem  etwas  abheucheln,  gott  läszt  sich  nichts  abheucheln. 
s.  abschälken. 

ABHEUERN,  conducere  mereede,  abmiethen. 

ABHEULEN,  ululare,  ein  lied  abheulen.  sich  abbeulen, 
müde  heulen. 

ABHEXEN,  incantaiionibus  auferre,  einem  durch  hcxcrei 
nehmen. 

ABHILFE,  f.  s.  abhülfe. 

ABHLN  für  hinab  (s.  abher). 

grosz  ritzen  waren  in  den  dielen, 
dadurch  die  körner  abbin  fielen. 

B.  Waldis  Esop  3,  94.  6/.  192'  und  ofl ; 

hat  kurze  slricmb  von  dem  rücken  abbin.  Forer  fischb.  öS"; 
die  beiden  sind  von  ihm  ungehorsamlich  abhin  gewichen. 
Vlenb.  psall.  339 ;  inen  (den  schmarolzern)  das  loch,  so  der 
Zimmermann  gemacht,  zeiget  und  beim  hals  die  Stegen  abhin 
wirfet.  Kirchhof  tcendunm.  212'. 

.  ABHOBELN,  dcdolare.  ein  brct,  einen  ast  abhobeln,  figürlich 
einen  gesittel  machen,  was  aus  dem  allen  pennalgebrauch  herstammt. 

ABHOCKEN,  onus  solvere,  eine  last  von  den  schullern  neh- 
men, gegensalz  des  aufhockens,  daher  der  zuruf  hock  ab !  man 
sagt  auch  abhucken. 

AJJHOLD,  offensus,  stärker  als  unhold,  abgünstig,  feindlich. 
allem  laster  abhold;  sie  wirt  im  abholt,  so  ist  er  ir  feint. 
fasln,  sp.  236,  17;  ob  ir  einander  abholt  seit.  269,  27;  gern 
auch  mit  nicht  verbunden,  um  verslatlele  Zuneigung  auszu- 
drücken: sie  ist  den  männern  nicht  abhold;  wein,  dem  wir 
uns  nicht  abhold  bewiesen.    Güthe  31,  235. 

ABHOLEN,  arcessere,  nnl.  afhalen,  von  einem  orte  holen: 
morgen  werde  ich  dich  abholen,  das  buch  ist  noch  nicht  ab- 
geholt, bei  den  kaitun druckern  werden  die  zeuge  abgeholt, 
ausgekocht,  um  die  stärke  heraus  zu  bringen. 

ABHOLZ,  n.,  der  abgeholzte  räum  im  walde,  sonst  abraum 
genannt;  was  beim  fällen  der  bäume  an  reis  und  spänen  ab- 
geht, heiszl  auch  so.  Schreibers  Freib.  urk.  2, 175,  weislh.  l, 
319.  niedcrd.  afhorst  weislh.  3,  201.  s.  Oberlin  u.  d.  w. 

ABHOLZEN,  das  holz  in  einem  walde  ganz  ausschlagen  oder 
abtreiben,  den  wald,  den  forst  abholzen,  der  wald  ist  in 
schlage  gelheill,  ton  welchen  jährlich  einer  abgeholzt  wird. 

ABHOLZIG,  im  forslwesen  von  einem  zum  bauholz  untaug- 
lichen, daher  wegzuschlagenden  bäum.    s.  abschüssig. 

ABHORCHEN,  ablauschen :  sie  horcht  uns  alle  geheimnisse 
ab.    s.  abhören. 

ABHÖH,  f  leslium  cxaminatio,  das  abhören:  heute  kamen 
keine  zeugen  mehr  zur  abhör,  vgl.  denkw.  des  ritters  von 
Lang  1,171. 

ABHÖREN,  auscultare,  von  einem  hören,  du  hast  es  mir 
abgehört,  wie  abgcsehn,  von  mir  erlernt;  märchenhafte  ge- 
schichten,  die  ich  droben  im  gebirge  einem  zigcuner  abhörte. 
Arnim  1,  X.XI;  was  hörst  du  dir  davon  ab?  Lessing,  mit  dem 
acc.  der  person,  eines  aussage  vernehmen,  den  zeugen  vor  ge- 
richt  abhören;  der  vater  hört  sein  kind  ab,  überhört  es,  Idszt 
sich  das  gelernte  von  ihm  aufsagen;  und  wiederum  angewandt: 
du  must  darüber  dein  gewissen  abhören ;  es  cnveckt  mir  kein 
gutes  vorurtheil  für  einen  menschen,  wenn  er  der  stimme  des 
tricbes  so  wenig  trauen  darf,  dasz  er  gezwungen  ist,  ihn  je- 
desmal erst  von  dem  grundsatze  der  inoral  abzuhören.  Schil- 
ler 1119.  mit  doppeltem  acc. :  höre  mich  den  spruch  ab,  lasz 
ihn  mich  dir  hersagen,  ganz  verschieden  von:  höre  mir  den 
spruch  ab,  erlerne  ihn  von  mir.  rechnungen  abliören  hciszt 
sie  förmlieh  prüfen  und  abschlieszen.  sein  geld  abhören  wol- 
len sagt  FicuTE  ded.  plan  124  von  dem  sludent,  der  für  vor- 
ausgezahltes geld  vortrage  hört. 


ABHÖRER,  m.  examinator  testium,  der  einen  andern,  zu- 
mal zeugen  abhört  und  vernimmt:  denn  nur  der  kann  selbst 
als  zeuge  auftreten  und  darf  hoffen  auch  von  der  nachweit 
als  ein  solcher  geschätzt  zu  werden,  wenn  alle  andere,  die 
sich  nur  als  abhörer  der  eigentlichen  zeugen  erweisen,  nach 
wenig  jähren  von  ihres  gleichen  gewis  verdrungen  sind.  Les- 
sing 6, 146. 

ABHUB,  m.  ablatio  ciborum,  was  abgehoben  wird,  zumal  die 
speise  von  der  lafel',  vgl.  abtrag.  den  abhub  ihrer  tafel  spen- 
dete sie  an  die  armen.  .Musaels  4,  3 ;  den  armen.  4,  102 ;  es 
langte  auch  etwas  von  essen  und  trinken  an,  das  ohne  viele 
kritik  genossen  wurde,  ob  es  gleich  einem  sehr  unordentli- 
chen abhub  ähnlich  sah.  Göthe  IS,  259.  im  bergwerk,  was  in 
der  Wäsche  vom  crz  abgehoben  wird,  figürlich  der  abhub  der 
zeit,  bodensatz  der  inode.   J.  Fall  flegelj.  1, 125, 

ABHUCKEN,  eine  Irachl  vom  rücken  absetzen,  {s.  abhocken) : 

obhuckle  sie  den  korb  auf  einem  stülilcin.    Hückert  15S; 

auch   abheben,    wegtragen:   jetzt    musz    ich    aber   die   pfaffen 
scheren,     die  kerls  kann  ich  nicht  ausstehn,  sie  hucken  un- 
serm  hause  tagtäglich  etwas  ab.    was  wir  haben,  sollten  wir 
selbst  mit  freunden  verzehren.    Güthe  2S,  45. 
ABHUDELN,  gleichsam  ablumpen,  s.  hudeln. 

der  du  noch  jüngst  von  deinem  kritschen  stuhle 
uns  arme  sonnetlsten  abgehudelt.    Uhlano  ged.  179. 

ABHULD,  f.  alienala  volunlas,  abgeneigtheil,  was  man  mit 
abhulde  nicht  zurecht  bringen  kan,  Philand.  2,  916;  sie  liesz 
ihn  ihre  abhuld  deutlich  merken. 

ABHÜLFE,  /.  remedium,  was  abhelfung,  aber  besser,  es  ist 
längst  keine  abhülfe  mehr  zu  crwaitcn ;  auf  abhülfe  dringen 

ABHÜLLEN,  dcicgere,  enthüllen,  die  hülle  abziehen : 
nach  abgebülieten  panzern.    Voss. 

ABHÜLSEN,  defollire,  von  der  h&lse  lösen,  schälen,  man 
d''ln  abliülscn. 

ABHUMPELN,  forthumpeln,  sich  schwerfällig  schleppen. 

ABHUNGERN,  fame  macerare,  lange  hungern  lassen,  abge- 
hungert ,  inedia,  fame  consumplus,  verhungcil,  ausgehungert. 

ABHÜPFEN,  desilire,  abspringen,  forlhüpfen. 

ABHUREN,  sich,  vires  scortando  frangere. 

ABHÜTEN,  depascere,  abweiden  lassen,  das  gras,  die  wiese 
mit  dem  vieh  abhüten, 

ABHÜTTEN,  im  bergbau,  eine  grübe  oder  zeche  eingehn  lassen. 

,\BICH,  ein  uralles  adj.,  das  der  praep.  ab  und  deren  Wur- 
zel iban  af  nah  verwandt  ist  und  das  abstehende,  zurückste- 
hende, folglich  verkehrte  und  linke  bedeutet;  goth.  ibuks  re- 
trogradus,  ahd.  apuh.  apah  arersus,  sinisler,  pravus  (Graff 
1,  90),  mhd.  cbcch,  ebich  {nicht  ebec,  ebic,  wie  Ben.  1,  3'  an- 
setzt), torlus,  obliquus,  rctroversus,  alln.  öfugr  inversus,  sini- 
stei;  schw.  afvig  {dän.  nur  im  n.  avet  =  schw.  afvigt  fort- 
dauernd), mnl.  avesch,  nnl.  aafsch  verkehrt,  bei  uns  in  der 
Volkssprache,  östr.  abi,  bair,  abech,  abechig  verkehrt  (Schm. 
1, 11),  Schweiz,  abäch  (Stald.  1,  86),  schwäb.  abich,  äbig,  äbsch 
(Scimiü  s.  5),  hcss.  äbich  und  epsch  (Vilmar  hess.  zeilschr.  4, 
51),  meiszn.  äbsch.  noch  unter  den  handwcrkern  erhalten,  welche 
äbicb.  äbicht  für  umgekehrt,  umgedreht  gebrauchen :  die  äbiciite 
seile  des  tuchs,  die  linke;  einem  eine  äbicbte  geben,  eine 
maulschelle  mit  verwandter  hand. 

ÄBICHTEN,  bei  den  tuehmachern,  das  tuch  auf  der  linke» 
seile  karten  oder  rauhen,  vgl.  abrechte, 

ABIRREN,  vom  wege  abkommen: 

drum  nicht  wieder  vom  weg  abirrend,    Voss  Od.  13,5, 
ober  ich  lasse  den  geisi  abirren,    Piate»  122; 

nun  verstand  ich  meine  abirrenden  gedanken,   TiEcit  4,  209. 

ABIRRUNG,  /■.  den  astronomen  das  abirren  des  lickts  oder 
der  fixsteme,  die  aberration. 

ABJAGEN,  tenando  auferre,  jagend  nehmen,  dem  fuchse 
das  huhn,  dem  feinde  den  raub,  dem  hunde  den  knochen 
abjagen,   jagten  ihm  alle  gefangenen  wieder  ab,  Mascm'?.  itt; 

ein  lamm,  das  er  dem  wolf  erst  abgcjagei,  Opitz; 
dasz  ich  den  bunden  auf  den  gassen  die  bein  abgcj.igl  und 
die  genagt,  Th.  Plat.  63,  figürlich,  den  wangen  schnelle  rölhc 
abjagen  {schäm  ins  gesicht  jagen) :  strafen,  die  dem  zuschauen 
schaiuröthe  abjagen.  Kant  5,  302.  einen  abjagen,  abhetzen, 
müde  jagen :  die  gewaltigen,  welche  den  stärkern  und  edlem 
abgi'jagt,  den  schwachen  mit  füszen  getreten  haben.  Klince» 
12,  158. 


ABJAMMERN  —  ABKEÜREN 


ABKEHREN  —  ABKLAPPEN 


60 


ABJAMMERN,  deplangcre,  sich  müde  jammern. 

ABJOCHEN ,  abjugare,  vom  joclie  liiscn.  die  rinder  abjo- 
chcn. 

ABKALBEN,  das  kalben  vollenden,  die  kühc  lialicn  nach 
und  nach  abgekalbt. 

ABKAMM,  n.  sluppa,  ohne  beleg,  doch  aus  dem  bah:  akam- 
pcn  (SciiMEi.i.ER  2,  301),  dem  ahd.  Ächambi  (Graff  4,  404)  und 
ags.  fficumbe  zu  folgern. 

ABKÄMMEN,  depeclere,  herunter  kämmen,  die  locken,  die 
wolle  abkämmen,  in  der  kriegsbaukunsl  den  obern  rand  der 
walle  und  brustwehren  abschieszcn.  bair.  abkämpeln,  ausschcl- 
ten.   SciiMEiLER  2,  301. 

ABKÄMPFEN,  decerlare,  sagen  die  Jäger  von  den  Hirschen, 
die  in  der  brunst  einander  abireiben,  den  tod,  die  liebe  ab- 
kämpfen, bekämpfen.    Tieck  1,  295.  2,  325. 

ABKANTEN,  canthos  seu,  angulos  auferre,  der  kanten  berau- 
hen, ein  bret  abkanten,  ihm  die  scharfe  ecke  nehmen,  zeug 
abkanten,  die  einfassung  abschneiden,  man  sagt  auch  abkan- 
tein, zumal  vom  enger  stricken. 

ABKANZELN,  einen  von  der  kanzel  herabwerfen,  d.  h.  öffent- 
lith  vor  der  gemeinde  ausrufen,  sei  es  nun  aufbietend  oder 
tadelnd,    ein  paar  verlobte  abkanzeln. 

(lasz  sie  dein  mann  nicht  zw  arg  ahkanzele,  wenn  sie  am  sonntaj 
kegeln,  ilir  körn  einfahren,  den  hrautnachs  jnien  und  singen, 
oder  zu  früh  nach  der  irauung  der  storch  ein  kindlein  im  schnabel 
bringet.  Voss. 

ich  .schreibe  auch  an  meinen  leiblichen  liruder  nichts,  das 
sie  nicht  hören  dürften,  wenn  es  al)gekanzelt  würde.  Ha- 
nann 3,  29.  auch  von  anderm  schelten,  als  dem  der  geistlichen  : 
Lenclle  kanzelte  mit  verstand  alle  leichtsinnige  haushälter  ab. 
J.  Paul  Sicbenk.  2,53. 

ABKAPPEN,  den  falken,  wie  abhauben.    Dörel  2, 185. 

ABKAPPEN,  fiir  abkoppen  (coupcr),  abhauen,  den  l)aHm, 
den  inast,  das  ankertau  abkappen,  figürlich  einen  abkappen, 
derb  abweisen,  abfahren  lassen:  häszlich  abkappen.  Felsenb. 
2,  14 ;  wie  sauber  sie  ihn  abkappte,  wenn  er  ihr  seinen  an- 
trag  machte.    Schiller  131. 

ABKARBATSCHEN ,  verberare,  abprügeln:  so  wird  keine 
scele  sein,  die  es  ihnen  wehren,  geschweige  sie  dafür  abkar- 
balschcn  wird.  Merk  briefs.  1, 195. 

ABKARGEN,  was  abgeizen,  durch  karghcit  entziehen,  der 
liasz  seiner  bischöfe,  denen  er  so  vieles  abgekargt  hatte. 
Daulmann  dän.  gcsch.  1,  306. 

ABKABREN,  auf  karren  fortschaffen. 

ABKASTEIEN,  abquälen. 

ABKARTEN,  ein  spiel  abkarten,  ein  abgekarteter  handcl. 
eine  zwischen  der  sullanin  und  den  bramincn  bereits  abge- 
kartete Sache.  Wieland  7,300;  was  phantasie  und  natur  mit 
einander  abzukarten  haben.    Schiller  166.    vgl.  abspielen. 

ABKAUFEN,  emere,  von  einem  kaufen,  redimere,  sich  los- 
kaufen :  sagt,  wie  ir  euch  gen  im  kauft  ab  ?  fasln,  sp.  200, 
22;  icii  habe  ihm  sein  haus  abgekauft,  gcld  für  etwas  bezah- 
len: der  wahn  der  menschen  ihre  Sünden  durch  gold  abzu- 
kaufen, ist  die  sicherste  quelle  des  reichthums  eines  pabstes. 
Klinger  3,  237 ;  mit  achtzigtausend  gülden  muste  die  bürger- 
schaft  die  plünderung  abkaufen.  Schiller  943 ;  mir  soll  nichts 
meinen  gram  abkaufen,  ders.  669 ;  eine  demüthige  Unterwür- 
figkeit gegen  die  regierung  kaufte  den  tadel  und  verdacht  wie- 
der ab,  den  dieser  aufwand  auf  seine  absiebten  werfen  konnte. 
ders.  703.  einen  abkaufen  heiszt  auch  ihn  mit  geld  zufrieden 
stellen :  ich  habe  ihm  auf  einmal  100  Ih.  gegeben  und  ihn 
damit  für  immer  abgekauft. 

ABKEHLEN,  jugularc,  die  kehle  abschneiden,  abstechen,  ein 
kalb,  rind,  schwein  abkehlen,  bei  den  tischlern,  etwas  mit 
kehlen  versehen. 

ABKF]HB,  f.  aversio,  das  abkehren,  wegwenden,  gebildet  wie 
rückkehr,  Wiederkehr,  die  sünd  ist  niclifs  anders  dann  ein 
freiwillig  abkcr  und  aberwank  von  gott.  Frank  parad.  157'; 
des  menschen  fall  und  aliker.  das.  82'  und  üßer.  die  abkehr 
von  der  sünde,  vom  iierrn.  die  schleunige  abkehr  (wendung) 
der  rede  an  andere,  das  nd.  afkcr  bedeutet  abncigung,  Wider- 
willen, absclum. 

ABKEHREN,  verrere,  mhd.  abe  kern,  ahd.  aha  cherran  f. 
charian,  den  staub  von  etwas  kehren,  vom  tische,  kleide,  von 
der  wand,  dann  auch  den  tisch,  liiit,  rock  abkehren ;  die 
grillen  abkeiiren.  Canitz  03.  einen  üliel,  arg  abkeiiren  be- 
deutet mtshandeln,  ähnlich  dem  abbürsten  und  abklopfen,  die 
alte  spräche  ßgtc  dann  aber  den  dal.  der  prrson  hinzu: 


all  luthrischc  sind  im  zu  schlecht, 
er  weisz  in  {eis)  abzukcren  recht. 

?<iGRLNUs  nasenesel.    114*; 
wu'd  er  sich  auf  ein  newes  spern, 
wollen  wir  im  noch  bas  abkern.    das.  J2*; 
wie  mich  jensmal  bracliist  undcr  die  allen, 
lieit  all  mein  bcnde  voll  zu  schaffen, 
da  sie  mir  weidlich  kcrtcn  ab, 
des  ich  noch  nie  vergessen  liab. 

11.  Wai-dis  Esop  4,8.  bl.  220»; 

der  teufel  ist  uns  feind,  er  wil  uns  rein  abkehren.  Luther 
5,  4' ;  wir  haben  unscrn  flederwisch  funden,  der  kan  uns  ab- 
kehren. FiscuART  Garj.  135' ;  würden  die  fliehenden  sich  auch 
wieder  vcrsainlen  und  uns  wüst  alsdann  abkehren.  Kirchhof 
mil.  disc.  189.  in  den  letzten  stellen  ist  uns  dal.  pl.  Den 
hirten  endlich  ist  die  wiese  abkehren  so  viel  als  abweiden,  ab- 
etzen,  gleichsam  das  gras  davon  fegen: 

ich  pat  in,  er  soll  mir  ackern  und  crcn 
und  seit  mir  helfen  mein  wiesen  abkcrcn, 

fastn.  spiele  98,  35,  vgl.  Schmeller  2,  323  vieb  auf  die  waid, 
auf  die  alben  kcren,  ankeren,  übcrkercn  MJid  überetzen,  was 
sich  auch  zum  folgenden  kehren,  im  sinn  von  treiben,  wenden 
fügen  könnte. 

ABKEHREN,  avertere,  mhd.  abe  keren,  ahd.  aba  cherian, 
wegwenden,  das  gesiebt,  die  äugen  von  einem  abkehren,  eine 
gefahr,  ein  unheil  abkehren,  abwenden,  sich  von  den  Icutcn, 
von  der  weit  abkehren ;  das  haupt  von  gottcs  geboten  ab- 
kehren. Luther  tind  die  ältere  zeit  gebraucht  auch  das  blosze 
abkeren,  ohne  sich,  neutral  wie  wir  /(Ck/c  zurückkehren:  von 
dem  bösen  abkeren;  sie  sind  in  das  ire  ahkeret.  Lutiieu  3, 
4;  die  nichts  thun  dann  abkeren  von  der  warheit.  Soi.tau 
volksl.  276;  so  noch  heule  im  bergwerk:  der  arbeiter  kehret 
al),  will  nicht  mehr  bauen,  ein  solcher  empfängt  dann  einen 
abkehrschem  oder  abkchrzettcl. 

ABKEHRICHT,  »i.  purgamentum,  das  abkehrscl,  abgekehrte, 
der  auswurf. 

ABKEHKIG,  abaUenatus,  sich  abkehrend,  widerspenstig,  nnl. 
aflcecrig.    s.  abquirrig. 

ABKEHRUNG,  f  aversio,  abkehrung  der  aufmerksanikeit  von 
diesem  gefühlc.  Kant  1,  307;  die  ganzliche  ahkehrung  von 
menschen,  misanthropie.    Kant  5,  228. 

ABKEICHEN,  tussiendo  drpromerc,  von  der  lunge  weghusten: 
der  beltler,  der  im  abgekeichten  lied  des  reichen  mitlcid  regt 
Hippel  7,303;  wie  bist  du  taub?  musz  mir  die  lunge  ahkeu- 
chen.  Fr.    Müller  2, 175. 

ARKEIFEN,  was  abhadern,  durch  zanken  erlangen. 

ABKELTERN,  calcare  uvas,'  die  beeren  abkeltern,  das  kel- 
tern beenden :  wir  haben  abgekeltert,    weislh.  3,  808. 

ABKETTELN,  bei  Strumpfwirkern,  die  maschen  mit  der  na- 
dcl  abnehmen  ttnd  festigen,     auch  die  thür  abketteln. 

ABKETTEN,  e  catena  solvcre,  von  der  kelle  lösen,  das  schif 
abketten,    einen  vom  block  abketten. 

ABKIMMEN,  bei  den  böttichern,  die  kimme  der  daube  ab- 
schneiden. 

ABKIPPEN,  in  praecipiti  delabi,  auf  der  kippe  stehend  ab- 
gleiten,   das  bret  kippt  ab. 

ABKLAFFEN,  dehiscerc,  abstehn,  nicht  genau  schlieszen.  die 
thür  klaft  ab,  die  wunde,  das  kleid  klaff  noch  ein  wenig  ab. 

ABKLAFTEBN,  orgyia  metiri,  nach  klapcrn  abmessen,  das 
holz  liegt  im  walde  schon  abgeklaftert. 

ABKLAGE,  f,  die  absage,  eigenllich  die  beschwerdcfnhrung 
bei  der  absage:  das  er  dem  keiser  absaget,  als  der  keiser 
die  abklag  las  und  der  künig  ein  hör  versamlet,  zohc  der 
keiser  im  entgegen.    Frank  chron.  192". 

ABKLAGEN ,  rcnunliarc,  absagen,  abklagen  und  absagen 
wider  den  gesetzten  landfrieden.  ordn.  des  rcichs  von  1512  im 
anfang;  bcvehden,  abklagen,  bekriegen,  landfr.  von  1521.  4, 
3;  abklagen,  bevehden,  iahen,  landfr.  von  1522  im  cingang; 
arme  Icule  der  herschaft  abgeklagt,  weislh.  3,  567.  573.  dies 
ist  das  mhd.  ah  einem  klagen  (gramm.  4,  845),  über  einen- 
klagen, weil  int  absagcbricf  die  bcschucrde  ausgeführt  werden 
musle.  ganz  verschieden  das  heutige  abklagen  im  sinne  von 
erlangen  durch  klage. 

ABKLANG,  m.  discrcpantia,  zurückweichender  klang,  ich 
grämte  mich,  dasz  unsere  spräche  so  viel  periodischen  ab- 
klang hat.    Klopstock. 

ABKF/AI*PKN,  valrulam  demillere,  die  klappe  niederlassen. 
den  tisch  abklappen,  die  mutze  abklappen,  die  kannc  ab- 
klappen. 


Gl 


ABiaÄREX  -  -UJKNAUPELN 


ABKNAÜPEN  —  ABKOMMEN 


62 


ABKLÄREN,  declarare,  klar  machen,  den  kaffee,  zucker 
abklären,    sich  abklären,  außeilem.   das  weiter  klärt  sich  ab. 

ABKLATSCH,  m.  schneller  obzug  von  einer  form,  abgusz. 

ABKLATSCHEX,  formen  schnell,  nicht  auf  der  presse  ab- 
drücken, der  satz  wurde  nur  eimnai  abgeklatscht,  sonst  auch 
abplanschen. 

ABKLAUBEN,  deglubere,  decerpere,  mit  den  fingern  oder 
sahnen  ablesen,  abbrechen,  nnl.  afkluiven,  gilt  zumal  von 
schwämmen,  Irauben : 

die  Glarctier  schfvarzbraun  und  die  gutedlc  wei$z, 
die  muäkalellcr  gelb  mit  schmollend  süszcm  Hcisz 
dea  leseru  gleichsam  sich  auToprern  abzuklaiihon. 
Weckherlin  773; 

an  dem  bäume  wächst  ein  schwamm,  welchen  man  abklaubt, 
nachdem  er  dürr  worden.  Taberxaemoxt.  kräulerb.  134S;  den 
kalk  von  der  mauer,  das  fleisch  von  dem  knochen  abklau- 
beu;  ein  abgeklaubter  kirmeskuchen.  Weise  erzn.  342.  figür- 
licJi:  leere  formein,  uralte,  abgeklaubte  phrascn.  Tiecr  3,  27S. 

ABKLECKEN ,  guttas  spargere,  derb  abtropfen,  absprülzen. 
bei  der  maurerarbeit  kleckt  immer  etwas  ab,  macht  klecke, 
flecken,  uneigenüich :  es  klecken  immer  leute  ab,  sleiben  da- 
hin, auch  transitiv:  man  musz  etwas  davon  abklecken,  es 
ist  zu  voll. 

ABKLECKSE.N,  ilcratis  von  abklecken.  ein  bild  abklecksen, 
hinsudeln. 

ABKLEIDEN,  deveslire,  entkleiden,  gegensalz  von  ankleiden, 
bekleiden,  sich  abkleiden,  ausziehen,  das  gewaiul  ablegen,  ein 
Zimmer  abkleiden,  durch  eine  gezogne  Scheidewand,  s.  abschauern. 

ABKLEMMEN,  deprimere,  stringere,  sich  den  finger  an  der 
thür  abklemmen. 

ABKLETTEBN,  descendere,  vom  fels,  vom  bäum  herab,  nnl. 
afklauteren. 

ABKLIMPERN,  ein  Stückchen  mit  den  fingern  von  der  zilUer 
abkiimpcrn,  auf  der  geige  von  den  saiten. 

.\BKL1NGE.N,  resonare,  wird  von  schall  und  ton,  dann  auch 
von  licht  und  färbe  gesagt,  der  gesang  klingt  langsam  ab, 
verklingt,  wenn  man  ein  blendendes,  völlig  farbloses  bild 
ansieht,  so  macht  solches  einen  starken,  dauernden  eindruck, 
und  das  abklingen  desselben  ist  von  einer  farbcnei-scheinung 
begleitet.  Gotiie  52,  29  ;  wie  das  abklingen  eines  umschriebe- 
nen glanzbildes  verhält  sich  auch  das  abklingen  einer  totalen 
blendung  der  retina.  das.  52,  33 ;  dasz  die  purpurfarbe  eines 
abklingenden  lichtcindrucks  einige  stunden  dauern  könne. 
52,  G5.  dann  auch:  der  hinein  geworfnc  stein  treibt  das  was- 
ser  nach  allen  selten,  die  Wirkung  erreicht  eine  höchste  stufe, 
sie  klingt  ab  und  gelangt  im  gegensatz  zur  tiefe.  52,57;  das 
klingt  ab.  der  wind  geht  über  die  stoppeln.  17,.  225;  abge- 
klungener liebe  trauerpfänder.  4S,  16. 

ABKLITSCHEN,  eins  mit  abklatschen. 

ABKLOi'FEN,  depulsare,  herunter  schlagen,  den  kalk  von 
der  mauer,  den  staub  vom  hüte  abklopfen,  kleider  abklopfen, 
ausklopfen,  den  hut  abklopfen,  pfeifen,  eier  abklopfen,  einen 
tapfer  abklopfen,  prügeln  {wie  abbürsten),    pers.  baumg.  7,  7. 

ABKLÖREN,  bei  den  fdrbern,  die  färbe  aus  dem  zeug  bringen, 
es  absieden,  abziehen,    nnl.  afkicuren,  von  klcur,  franz.  conleur. 

.\BKLÖTZEN,    einen  block  so  hauen,  dasz  fr  gerade  stehe. 

ABKLL'GELN,  spitifündig  abstreiten,  damit  wollen  sie  doch 
nicht  gar  unserer  spräche  die  geschicklichkeit  zum  hesame- 
ter  überhaupt  abklügeln?    BCrcer  176'. 

ABK.NALLEN,  knallend  losgehn  oder  auch  lossehieszen.  die 
kanone  knallte  ab,  er  knallte  seine  flinte  ab. 

ABKNAPI'EN,  decerpere,  nnl.  afknappen,  abbrechen,  ab- 
beisicn,  zumal  stückweise. 

bis  er  den  eher  da  eriapt 

und  im  das  ander  ohr  abknapt. 

U.  Waldi»  2,  12.  bt.  7S': 

das  brot  ist  zu  hart,  ich  kann  nichts  mehr  abknappen,  nnl. 
Lij  knaple  cen  stuk  van  hei  glas  af.  figürlich:  sich  selbst 
etwas  abknappen ;  dem  gesindc  am  lohn  abknappen,  5.  knapp. 

ABKNAPPERN,  dasselbe. 

ABKNAPSEN,  frequentativ  des  vorigen,  der  vogel  knapst  an 
dem  vurgesleckteo  zucker  ab.  ein  schlosz  abknapsen,  ab- 
schnappen. 

ABKNATTERN,  lotprasseln,  das  gescLülz,  das  melall  knal- 
lert  ab 

ABKNAL'PELN,  derodere,  mil  den  zahnen  abnagen,  die 
knochen  abknaupeln,  das  fleisch  von  den  knochen  zwicken, 
s.  abknuppern. 


ABKNAÜPEN,  demordere,  abessen,  eigentlich  abbrechen  und 
verwandt  dem  goth.  hniupan ;  einige  ausgaben  der  lutherischen 
bibel  schreiben  3  Mos.  1, 15.  5,  S  abkneupen  f.  abkneipen. 

ABKNAUSERN,  geizig  abknappen,  abnagen,  mit  welchem 
letzten  es  nah  zusammen  hängt,  da  für  nagen  gnagen,  kna- 
gcn  gesagt  wird,  und  knagesen  leicht  in  knausen  übergeht. 

ABKNEIFEN,  avellere,  abdrücken,  abzwicken,  von  kneifen 
zwicken,  gar  nicJU  gehörig  zu  kneif  messer,  wofür  hochdeutsch 
kneip  gesagt  werden  musz,  aber  entsprechend  dem  nnl.  afknij- 
pen.  bei  seeleuten,  dem  feinde  den  wind  abkneifen,  die  wind- 
seile abgewinnen,  mit  der  zange  abkneifen,  vgl.  auskneifen, 
sich  abdrücken,  gewandt  entfernen. 

ABKNEH'EN,  mit  dem  kneip,  oder  kurzen  messer  absehnei- 
den, mit  der  beiszzangc  abkneipen?,  woßr  besser  abkneifen, 
abzwicken,  doch  schreibt  Lltuek  3  Mos.  1,  15.  5,  8  der  taube 
den  köpf  abkneipen  hinter  dem  genick,  nit  abbrechen,  wo 
deutlich  abzwicken,  uTioxri^etp  gemeint  isL  rgL  auch  ab- 
knaupen. 

ABKNERPELN,  andere  schreiben  abknürpeln,  abknarpelo, 
gleichfalls  abnagen,  abbrechen,  ein  stück  vom  kuchea  abkner- 
peln,  s.  abknirpsen. 

ABKNICKE.N,  defringere,  vom  Halm,  Stengel,  zweig  herunter 
knicken,  die  bjunic,  den  ast  abknicken;  der  geiz  gnicket  und 
dnicket  seinem  nächsten  das  seinige  ab.  Simplic.  1,  352 ;  so 
viel  einer  vom  gebackcnen  sich  abknickte,  so  viel  bröckelten 
die  andern  sich  zu.  J.  Paul  uns.  löge  1,  46 ;  philosophie  ist 
kindern  tödlich  oder  knickt  die  zu  dünne  spitze  des  tiefsinns 
auf  immer  ab.  J.  Pall  uns.  löge  1,  124.  bei  den  Jägern  ab- 
knicken, dem  wild  das  genick  absteclien  und  wenn  dies  ab- 
gnicken  sein  soll,  von  abknicken  verschieden,  denn  knicken 
ist  knippen,  brechen,  was  sich  leicht  auch  auf  das  abthun  des 
wildes  übertragen  läszt. 

ABKMCKERN,  abknausem. 

ABKNIEN,  genu  fleclendo  abradere,  mit  den  knien,  von  den 
knien  abtragen,  die  steine  vor  dem  heiligenbilde  sind  abge- 
kniet, der  büszende  hat  sich  die  haut  am  bein  abgekniet, 
seine  strafe  abknien,  kniend  büszen. 

ABK.NIPPEN,  vellicare,  die  spitze  abschneiden,  verwandt  mil 
kneip  messer,  und  mit  abkneipen.    die  feder  abknippen. 

ABKNIPSE.N,  forlbildung  des  vorigen,  ich  habe  mir  meine 
feder  frisch  abknipsen  lassen.    Betti.ne  briefe  1,  IX. 

ABKNIBSCHEN,  comminuere,   zerknirschen: 

und  wie  ein  lötv  in  die  rindcr  sich  siOnt  und  den  narken  der  slirke 
abknirschl.  Voss. 

AB  KNISTERN,  ccssare  slrepere:  das  salz  knistert  auf  der 
glühenden  platte  ab. 

ABKNLXEN,  genu  flexando  abire,  knixend  sich  entfernen: 
die  züfe  knlxte  ab. 

.\BKNUPFEN,  nodulos  solvere,  die  knüpfe  lösen,  aufknöpfen. 

ABKNÜPFEN ,  den  knöpf,  knoten  lösen,  die  schleife,  das 
band  abknüpfen,    den  gehängten  abknüpfen. 

ABKNUPI*ERN\  defringere  denlibus,  was  abknaupeln,  die 
ziege  knuppert  die  knospen  ab.  am  zuckerhäuschen  ab- 
knuppern. 

ABKNUSPERN,  «aa  das  torige,  eigentlich  auch  von  der 
ziege,  die  den  knospen  nachstellt:  sludiosc  de  agrestibus  fru- 
ticibus  pascuntur  atque  in  locis  cultis  virgultu  carpunt,  ita- 
quc  a  carpcndo  caprae  nominatae.  Varro  RR.  1, 2.  2,  3,  vgl. 
xtaaai&a  hedcram  earpens,  Tueocb.  1,  151,  Haupts  zeitschr. 
7, 337  und  lex  salica  ed.  Merkel  p.  .X.XiL  XXilL  ob  diese 
geschüpfc  (das  eichhömchen)  nicht  die  samenkOrner  abknuspcm 
und  sich  zueignen?    Göthe  50,  23S. 

ABKNÜTTELN,  fustc  ferire,  mil  dem  knüUel  abwerfen,  mil 
dem  knültcl  schlagen. 

ABKOCHEN,  decoquere,  nnl.  afkokcn,  gar  kochen :  wasser, 
milch,  deisch  abkochen,  auch  intransitiv:  das  wasser  kocht 
leicht  ab. 

ABKOCHSEL,  n.  decoctum,  nnl.  aniooksel,  was  abgekocht  ist. 

ABKOCHUNG,  f.  decoctio,  das  abkochen,  das  abgekochte,  decod. 

ABKOHLEN,  carbone  delineare,  mil  kohle  vorzeichnen. 

ABKOLLERN,  delabt,  praelabi,  hinab  falle»  oder  rollen: 


den  hcideii  und  keiiern 
nachsah,  die  tu  der  hötl  abkollertea. 


Vust  3,  U6 


ABKOMME,  m.  proles,  abkömmling,  g^ldel  wie  mdikomme, 
naehkömmling. 

ABKOM.ME.N,  von  einem,  von  einer  sache  kontmen.  ahslam- 
men:    die»e   kindcr  kommen    alle   too   einem  vaier  ab;    die 


63 


ABKOMMEN—  ABKÖMMLING 


ABKüMMNIS  -  ABKRIEGEN 


64 


Hessen  kommen  von  den  alten  Chatten  ab;  von  vernehmen 
kommt  das  woit  vcrnunft  ab  (s.  abkunft,  abkömmling).  sich 
mlfemcn,  entfremden:  wir  kommen  ganz  von  einander  ab, 
sehn  uns  nicht  mehr,  von  dem  wege  kommen,  sich  verirren : 
wir  kommen  von  dem  rechten  wege  ab ;  er  ist  vom  pfade  der 
tilgend,  von  der  gewohnheit  abgekommen ;  der  brauch,  die  sitte 
ist  abgekommen;  ich  komme  jetzt  davon  ab  (digredior),  will 
nicht  davon  reden,  los,  frei,  ledig  werden:  wie  sollen  wir 
davon  abkommen?;  ich  kann  heute  nicht  abkommen  (mich 
losmachen);  kann  ich  mit  dank  abkommen?  sie  kann  nicht 
von  ihm  abkommen,  ihn  nicht  lassen;  er  kommt  von  diesem 
übel  nicht  wieder  ab.  Die  alte  spräche  bediente  sich  aber 
hier  noch  des  gen.,  statt  der  praeposilion :  du  kumst  ir  {der 
schlechten  Pfennige)  gar  wol  ab  (wirst  sie  leicht  los),  fastn. 
4J9.  273,  4;  des  alles  kummen  sie  nit  ab.  H.  Sachs  1,  235';  das 
man  sein  abkomme  und  los  werde.  Lütiier  2,  298' ;  darumb 
bittet  Jonas  abermal  umb  den  tod,  das  er  der  unlust  abkeme. 
3,  220 ;  damit  wir  aller  irrung  abkommen  (mhd.  des  strites  abe 
komen).  3,  495;  das  er  des  Unglücks  im  leben  abkomme. 
4,29";  wie  ein  vogel  des  Stricks  kompt  ab,  ist  unser  seel  ent- 
gangen. 8,  305';  damit  der  gute  mann  seiner  Sachen  voHend 
auch  abkäme,  br.  3,  480 ;  bisz  si  (die  schwangere)  des  kinds 
los  wird  und  abkumpt.  Frank  wellb.  214';  der  teufel  ist  gut 
zu  laden,  aber  sein  bös  abzukommen.  Acricola  spr.  52";  du 
bist  des  gasts  schon  abkommen,  rfas.229' ;  und  bezahlet  sie 
redlich,  nur  dasz  er  ir  (eorum)  abkomme.  Philand.  I,  448 ; 
(wenn  ein  bauerjung  zum  mönch  geschoren  wird) 

so  ist  der  gut  narr  alsdann  fro, 
dasz  er  des  pflugs  kompt  ab  also. 

Kr.  Alberüs  126; 
so  kanst  du  der  gefalir  abkommen,  wann  du  will. 

Werders  Ariost  30,  84,  4, 
er  hieb  auf  ihn  alsbald  mit  einer  scharfen  backen 
aus  allen  krSften  los  und  traf  ihn  in  den  nacken, 
dasz  er  der  spräche  kam  mit  seinem  leben  ab. 

-das.  9,  40,  7. 
was  trauern  wir  denn  viel,  dasz  der  und  jener  stirbt, 
und  kömmt  der  sorgen  ab.  Opitz; 

hab  auch  gezeigt,  wie  solcher  brunst 
ein  herze  wieder  ab  soll  kommen.      Opjtz  1,69; 
Scotus  ist  ein  guter  arzt;  wer  sich  sehnt  hinauf  zu  ziclin 
und  der  noth  zu  kummen  ab,  dieser  schickt  und  rufet  ihn. 
LoGAU  2,  21J,  19; 

dasz  er  ohne  schermesser  des  barts  ganz  abkommen  sollte. 
.  D.  Faust  ed.  Simrock  s.  102;  als  er  seines  frostes  ein  wenig 
abkommen  war.  Wickram  rollw.  83 ;  damit  der  gute  etwan 
möchte  des  groszen  wehtagens  abkommen.  F.  Würtz  wund- 
arzn.  Basel  1C12  p.  53;  so  komm  ich  doch  des  hungers  ab. 
.1.  Ayrer  25';  dasz  ich  der  überpcin  kern  ab.  das.  9";  der 
lügen  kommt  man  allzeit  ab.  Simplic.  2,  217;  ob  ich  der 
quälen  möcht  heut  noch  kommen  ab.  Spee  Irutzn.  55.  Eine 
vordem  so  fest  haftende  ausdrucksweise  ist  auch  heute  uner- 
loschen  und  wir  sagen  des  zweifeis,  der  sorgen  abkommen, 
neben  von  dem  zweifei,  den  sorgen  los  kommen.  Nicht  ver- 
wechseln damit  darf  man  das  seltnere  abkommen  mit  dem  dat. 
der  person :  die  sache  kommt  mir  ab,  ist  mir  abgekommen ; 
der  mann  ist  uns  ab  (den  händen,  aus  den  äugen)  gekom- 
men; mhd.  wie  er  kome  ir  ougen  abe,  oculis  corum.  Bari. 
126,  17.  Am  leibe  abkommen  heiszt  was  sonst  abfallen  oder 
herunter  kommen : 

siehe,  wie  ich  ab  sei  kommen, 

wie  mir  alle  kraft  genommen.    Opitz; 

als  er  nun  lang  gelegen  und  ganz  abkommen  (verkommen) 
war.  Wickram  rollw.  90';  abgekommncr  ossig  abgestandner: 
ein  sonderlich  sccret  einen  abkommenden  (abstehenden)  oder 
schlechten  essig  gut  und  scharf  zu  machen.  Hohrerc  3,  290'. 
Endlich  ist  mit  einem  abkommen  so  viel  als  übcrcin  kommen, 
fertig  werden,  sich  vertragen,  vergleichen. 

ABKOMMEN,  n.  convcntio,  vertrag,  vergleich,  in  der  zuletzt 
angeführten  bedeulung  des  verbums,  das  isl  ein  gutes  abkom- 
men, ein  gütliches  abkommen  mit  einem  treffen ;  ein  abkom- 
men zwischen  zwei  Staaten  über  irgend  einen  gegenständ  der 
Verwaltung. 

ABKÖMMLICH,  supcrfluus,  was  abkommen,  entbehrt  werden 
kann,  die  abkömmlichen  landwehriniinncr  wurden  zum  dienst 
berufen. 

ABKÖMMLING,  m.  ptoles,  progenies.  abkömmling  kaiser 
Friedriciis.  Ki.incer  1,  357;  und  hallen  das  vergnügen  von  dem 
zweiten  bäume  lebendige  ahkömmlinge  zu  übersenden,  nnrnp. 
31,227.   nni.  afkomcling. 


ABKÖMMNIS,  f.  bei  bergleuten,  die  enifernung  eines  Irumms 
von  dem  bauptgange,  auch  ein  solclmr  abgekommner  trttmm  selbst, 
oß  in  abkennis  entstellt,  man  verwendet  auch  abköminnis  oder 
abkommnis  im  sinne  wn  vergleich  oder  vertrag. 

ABKÖPFEN,  decollare,  statt  des  üblichei-en  köpfen,  enthaup- 
ten, wofür  auch  entköpfen  vorkommt,  das  wort  scheint  sich 
aber  mit  dem  folgenden  abkoppen  zu  mengen,  wenn  ein  pf 
statt  pp  gesetzt  und  das  abbrechen  der  spitze  gemeint  wird: 
den  bäum  abköpfen,  den  taback  abköpfen,  dessen  obl^rster 
Stengel  doch  nicht  wol  köpf  heiszen  kann,  schon  Frank  para- 
doxa  ir  redet  von  den  propheten  und  boten,  welche  die  well 
hat :  abkopft  und  abgestümmelt  wie  das  gras ;  hingegen  138' 
von  den  weidenköpfen :  ie  mer  man  sie  hat  abkopt;  und  ab- 
koppen verdient  überall,  wo  kein  wirkliches  köpfen  und  ent- 
haupten gemeint  ist,  den  vorzug. 

ABKOI'PELN,  franz.  decouplcr,  von  der  koppel  lösen,  die 
hunde,  pferde. 

ABKOPPEN,  franz.  couper,  stumpfen,  abschlagen,  ohne  Zu- 
sammenhang mit  köpf,  zumal  vom  stutzen  und  behauen  der 
weiden,  ie  mehr  man  die  felber  oder  weiden  hat  abkopt,  ie 
dicker  sind  sie  gewachsen.  Frank  148 ;  haben  für  und  für  die 
rechten  propheten  abkoppt.  das.  127 ;  die  weiden  soll  man  im 
zunehmenden  mond  pflanzen,  im  abnehmenden  beschneiden 
oder  abkoppen.  Hohderg  3,  98*.  s.  abkappen,  abköpfen,  ab- 
küpfen. 

ABKOSEN,  deiirare,  mhd.  äkösen.  Ludw.  d.  heil.  60,  23. 
s.  abeikösen. 

ABKBÄCHZEN,  crocitare,  herkrächzen,  frequentativ  von  ab- 
krahen. 

ABKRAFT,  /.  defectus  viritim,  deliquium,  ohnmachl,  ent- 
kräftung : 

dort  isl  ein  bawr  vorn  Iculen  allen 

in  cinr  abkrafl  darnider  gfallcn.    H.  Sachs  5,  349'; 

ach  gou,  ich  kan  nicht  lenger  sichn, 

es  tliut  mir  ein  abkrall  zugehn.      ArRCR  1.55',  3'. 

wofür  mhd.  unkraft:  sie  vielen  in  unkraft.  /■:/.  15G2.  dasz  sie 
nicht  allein  des  herzcns  sondern  der  muedc  (animo^-um)  auch 
in  abkraft  gehen  wollen.    Froxsp.  3,  243*. 

ABKRÄFTEN,  entkräften,  sich  abkräftcn. 

ABKRÄFTIG,  deficiens,  geschwächt,  ohnmächtig.  H.  Sachs 
1,457'.  2,1,3';  ausgesauget,  abkräftig  und  inilteilos.  Simplic. 
1,  56.  abkräftigc  kranke.  J.  Paul  37,  21 ;  ein  abkräftiger  falkc. 
.1.  Pk\]\.  flegelj.  2, 133. 

ABKRÄHEN,  crocire,  herkrähen:  der  bahn  hat  die  stunde 
abgekräht. 

ABKRAMEN,  c  medio  tollere,  aufräumen,  den  kram  wegstel- 
Icn.    den  putztisch  abkramen. 

ABKRÄMPELN,  peclinare  lanam,   die  wolle  abkrämpeln. 

ABKRÄMPEN,  recurvare,  die  krampe  niederlassen,  den  hut 
abkrämpcn,  g?gensatz  zu  aufkrämpen.    v.  abstülpen. 

ABKRÄNKELN,  morbo  consunü,  durch  krankheit  abgezehrt 
sein,    er  sieht  abgekränkelt  aus. 

ABKRÄNKEN,  infirmare,  schwächen,   abschwächen, 

das  herz  ist  einsam  abgekränket.    Opitz  263; 
vom  langeg  wege  kam  sie  müd  und  malt  herbei, 
mehr  aber  abgelirankt  noeh  durch  melanchoiei. 

Werders  .Ariost  20,  162,  8. 

Grypuius  noch  mit  rückumlaul  im  pari. 

wir  abgekrankte  frauen.    1,  140. 

ABKRÄNKUNG,  /".  infirmatio,  abschwächung.  Dav.  Scimr- 
MERS  singende  rosen.  1654.  lied  22. 

ABKRATZEN,  abradere,  davon  kratzen,  nnl.  afkrassen. 
kratzen  alle  stäubchen  inehl  vom  brote  ab.  Weise  kl.  Icute. 
339;  die  färbe  von  der  wand  abkratzen;  ein  stück  von  der 
geige  abkratzen,  die  schuhe  am  eisen  abkratzen,  intransitiv: 
er  musz  abkratzen,  sich  entfernen. 

ABKRAUTEN,  malam  herbam  delere,  bei  den  winzern,  das 
Unkraut  tilgen:    den  weinberg  abkrauten. 

ABKREIDEN,  duptiri  creta,  cauponum  more,  auferre,  durch 
anschreiben  mit  der  kreide  nehmen : 

einem  andern  abgekreidcl.    Logau  3,  128,  .52. 

ABKREISCMEN,  crcjütare  facere:  die  butler  abkreischen, 
zerlassen,  sie  auf  der  pfanne  singend,  kreischend  machen. 
Frisch  I,  516. 

ABKRIEtJEN,  herabbringen,  nnl.  afkrijgen.  ich  kann  die 
Stiefel  nicht  abkriegen,  dnron  tragen :  er  kriegt  von  dem  gelde 
nichts   ab;    er   ruht   nicht   ehe,    bis   er   etwas  abkriegt;    ich 


^1% 


65 


ABRRDIMEN  —  ABKÜSSEN 


ABRUTSCHEN — ABLASZ 


66 


brachte  mit  mühe  die  beiden  auseinander,  kriegt  er  was  ab 
{nd.  krech  he  do  wat),  so  mag  er  es  tragen.  Göthe  40,149; 
der  bösewicht !  mein  bein  !  hat  ei"s  doch  auch  brav  abgekriegt. 
GöTiiE  14,  293.     vgl.  abhaben. 

ABKRIMMEN,  dclorqucrc,  eripere.  dasz  er  sich  nit  mag 
abgekrimnicn  von  dem  gotelichen  willen.    Keisersb.  posl.  2,  43. 

ABKHÖSCHEN,  schlechte  ausspräche  ßtr  abkTeischen.  die 
buchdruckcr  krösclicn  das  leinol  zur  reiitigung  ab,  indem  sie 
es  mit  einem  stücke  brotes  sieden. 

.\IJKKLMELN,  von  der  kntme  abfallen,  ablösen,  es  krümelt 
für  uns  auch  noch  etwas  davon  ab.  für  die  hühner  etwas 
abkrümeln. 

ABKRC.MMEN'  ,  decurvare,  abwärts  krümmen,  die  gebirgs- 
kette  krümmt  sich  gegen  osten  ab. 

ABKUGELN,  decurrere,  in  tceise  einer  kiigel  niederwärts  lau- 
fen: die  vom  gcbürge  abkugclnden  schneeballen.  Lohenst. 
Arm.  1,  96.  mit  ueiszen  und  schwarzen  kugeln  abstimmen; 
die  kugel  drehend  den  rosenkranz  abbelen: 

fleuch  gebetabkugelndcr  glatzenpfäflein 
tand  und  beihörung.  Voss. 

ABKÜHLEN,  refrigcrarc,  nnl.  afkoelen,  kalt  machen,  eisen  in 
Wasser,  stahl  in  milch,  heiszen  trank  durch  blasen  abkühlen,  re- 
gen kühlt  die  luft  ab.  seine  lust,  seinen  muth  an  etwas  abküh- 
len, Koßr  auch  blosz  kühlen,  der  ausgang  des  Stücks  kühlte 
die  Zuschauer  wieder  ab.  sich  abkühlen :  das  weiter  kühlt 
sich  schon  ab; 

die  wesle  kühlten  sich  an  silberbncben  ab.    WiELA.tD. 

ABKÜHLUNG,  f.  refrigeratio. 

ABKÜHLTROG,  m.  in  der  schmclzhütle,  trog  zum  kühlen  des 
heiszen  pielalls  und  gerdths,  auch  blosz  kflhitrog. 

ABKÜMMERN,  perire,  zu  gründe  gehn,  verkümmern:  abge- 
kümmerte Schafe,    sich  abkümmern,  vor  kummer  verzehren. 

ABKUNDEN,  renuntiare,  gegcnsatz  von  ankünden,  das  ge- 
setz  aufheben  ist  als  vil  gesagt  als  hinweg  nemen  und  abkün- 
den; einem  das  leben  abkünden.    Würtz  wundarzn.  366; 

künden  die  beurat  ab.    Atrer  420*; 

das  wir  aller  gotloshait  und  gleisnerei  abkundcnde  dir  dienen. 
Meliss.  Yl*.    s.  absagen. 

.ABKÜNDIGEN,  nnl.  afkondigen,  «ras  abkünden,  eine  ange- 
kündigte Vorlesung  wieder  a])kündigen.  der  fromme  künig 
Ezechias,  dem  der  hcrr  das  leben  abkündigt.  Thlrseisser 
von  vrassem  p.  78 ;  die  freundschaft  sei  für  genug  abgekim- 
digt  zu  halten.  Riiiel  Livius  523.  dann  aber  auch  von  der 
kanzel  herab  verkünden,  verkündigen,  abbielen,  proclamare,  re- 
nuntiare. einen  verstorbenen,  ein  verlObnis  abkündigen ;  habe 
ich  sie  abkündigen  lassen.' Sciiweixiciien  3,255.  in  den  rech- 
ten: verzieht  leisten,  sich  von  einer  sache  losmachen. 

ABKLNDIGUNG.  f.  renuntialio,  lossagung,  verzieht;  zumal 
die  kirchliche  proclamation.  abkündigung  meines  lieben  wei- 
bes  sei.    Schweimciien  3,  256. 

ABKU.NFT,  f.  origo,  nnl.  afkomst,  abstammung,  herkunß: 
er  ist  von  guter,  schlechter  abkunft;  Völker  deutscher  abkunft. 
dann  vertrag,  vergleich:  eine  abkunft  mit  einem  treffen. 

ABKÜPFELN,  beschneiden,  zumal  den  wein  abküpfein. 

ABKÜPFEN,  detruncare,  stumpfen,  was  abköpfen. 

ABKUPSEN,  frequentativ  des  vorigen,  ich  will  nur  meine 
feder  erst  abküpsen  und  alsdenn  gleich  anfangen.  Lessisg 
3,  308.    vgl.  abknipsen. 

ABKURZEN,  amputare,  mlat.  abbreviarc,  nnl.  afkorten,  von 
etwas  abschneiden,  abnehmen:  ein  stück  von  dem  Stab,  eine 
stunde  von  dem  weg  abkürzen,  von  seinem  leben  sind  ihm 
viele  tage  abgekürzt  worden,  er  will  sich  keinen  heller  von 
dem  gelde  abkürzen  lassen,  gewöhnlich  aber  eine  saclie  ab- 
kürzen, kürzer  machen,  mindern,  den  weg,  den  tag,  das  leben 
abkürzen :  mein  ödem  ist  schwach  und  meine  tage  sind  ab- 
gekürzt. Iliob  17,  t.  Worte,  Wörter,  namen,  gesprüch,  rede  ab- 
kürzen, zusammenziehen,  eines  ehre  abkürzen,  abschneiden, 
verkleinern. 

kürz  ab  ihr  böses  wesen.    Weckherlin  124. 

solche  dnriace  an  der  crbzinse  abkürzen.  ScirwRisicnE!»  1,  374. 
abkürzen  fiir  sich  abkürzen:  der  allmhrhtig  gott,  des  band  zu 
helfen  nicht  abkürzt.    Fronsp.  kriegsb.  3, 176*. 

ABKÜRZUNG,  f.  atibrevialio. 

ARKiSSE.N,  osculando  auferre,  nnl.  afkussen,  die  Ihränen 
von  der  wange.    sich  abküssen  und  abhcrzen. 


ABKUTSCHEN,  mit  der  kutsche  abfahren,  er  ist  schon  wie- 
der abgckutscbt. 

ABKÜTTERN,  schüttern,  schütteln,  ich  lag  allda  auf  meinem 
bauch  mit  ei-zitterung  und  erbebung,  eben  als  ob  ich  ein 
eiskaltes  und  schauriges  fieber  hätte,  das  mich  also  abkül- 
terte.    Simplic.  1, 25.    vgl.  kittern. 

ABKUTZEN,  adulari,  abschmeicheln,  wie  man  sagt  einem 
den  kauzen  streichen,  liebkosen,  schmeicheln;  vgl.  kutzeln. 

ABLACHEN,  cachinnis  se  faligare,  sich  ablachen,  müde 
lachen. 

ABLADEN ,  exonerare  plaustrum,  nnl.  afladen,  herunter  la- 
den, das  holz,  die  steine,  die  fracht  von  dem  wagen,  von  dem 
schiffe  abladen,  dann  den  wagen,  den  karren,  den  esel  al>- 
laden,  seiner  last  erledigen,  den  kummer,  das  leid,  den 
schmerz  von  einem  abladen. 

wann  Bibo  trinket  hier,  das  heiszt  er  schlämm  geladen, 
wann  Dibo  trinket  wein,  das  heiszt  er  abeladen." 
er  ladet  immer  ein,  er  ladet  immer  abe. 
er  wird  e^  immer  tbun,  es  sei  dann  nicht  im  grabe. 
LocAU  3,  94,  92. 

ABLADER,  m.,  der  sich  tn  den  Städten  zum  abladen  und 
aufladen  der  fracht  gebrauchen  läszt. 

ABL.\GE,  /■.  depositio,  das  ablegen:  abläge  des  eides,  der 
rechnung.  im  forstwesen,  ein  ort  am  wasser,  wo  man  die 
bäume  zum  flöszen  niederlegt,  in  den  rechten,  die  abläge 
zwischen  eitern  und  kindern,  wodurch  diese  von  der  erbschaß 
ausgeschlossen  sind,  indem  sie  jetzt  schon  ausgestattet  werden; 
auch  diese  ausstattung  heiszt  abläge. 

ABLAGER,  n.  diversorium,  die  einkehr  auf  der  reise,  der 
ort  wo  man  ablagert,  gilt  von  vornehmen  herrn  und  ihrem  ge- 
folge.  königc  und  landesherrn  pflegten  in  klöstem  und  bei 
Vasallen  ihr  ablager  zu  nehmen,  ihr  ablager  zu  halten. 

ABLAGERN ,  divertere,  ablager  nehmen,  sich  lagern,  der 
eine  (heil  des  heers  ist  von  dem  andern  abgelagert,  auch  von 
andern  gesondert  liegenden  dingen:  die  milz  sondert  fett  ab, 
welches  so  wie  die  galle  aus  der  Icber,  in  das  netz  abgela- 
gert wird,    abgelagertes  gestein.  abgelagerte  waare. 

ABLAGERUNG,  f.  das  ablagern. 

ABL.\.MMEN,  vollends  lammen,  die  schafc  haben  noch  nicht 
abgelammt. 

ABLÄNDEN,  gegensatz  von  anlanden,  oram  solvere: 

nun  bab  ich  allzuweit  von  dir,  Irosi,  abgeinndet, 
und  kan  es  endem  nicht,  wie  hoch  e«  mir  auch  reut. 

FLEaii>G  579. 

ABLANG,  oblongns,  und  diesem  wahrscheinlich  nachgebildet, 
ganz  verschieden  vom  ahd.  älang  integer;  doch  auch  altn.  af- 
längr,  sehw.  afl;\ng,  dän.  aflang  oblongus.  eine  ablange  Schach- 
tel. Piiii.ASD.  l,l';  zwo  ablange  taOen.  das.  1,429;  ein  gniu- 
schwarzer,  dünner,  ablanger  same.  Hohrerc  3,  442' ;  der  ab- 
länge, aschenfarbe  und  glänzende  same  [der  eherwurz).  das. 
3,  423" ;  ein  ablanger  viereck.  Pierot  2,  228.  259.  4,  211 ;  ab- 
länge rundung. 

ABLANGEN,  arripere,  nnl.  aflangen,  abreichen,  herablangen, 
ergreifen :  es  steht  mir  zu  weit,  ich  kann  es  nicht  ablängen ; 

aus  räche  fiel  mir  ein, 
ein  bberflüszigs  huhn  zu  Zeiten  abzulaniren. 
Hacedor?«  2,  138; 

das  buch  wird  nicht  gebracht,  man  musz  es  ablangen,  abho- 
len; wo  die  siraszenräuber  zu  jeder  stunde  durch  die  obrig- 
keitliche gewalt  abgelangt  (ergriffen)  werden  können.  Fichte 
in  der  Bert,  monatschr.  21,  470. 

ABLÄNGEN,  im  bergwerk,  eine  strecke  ablängen,  in  die 
länge  graben,  bei  den  zimmerleuten,  einen  stamm  ablängen, 
der  länge  nach  hauen  und  schneiden. 

ABLÄNGLICH,  was  ablang,  das  schildlcin  ist  besser  vier- 
eckichl  als  ablänglicht.  Hoiirerc  1,618';  ahlänglicht  und  ge- 
schoben Viereck  (rhomboidisch).  Dödei.  3, 149. 

ABLANGS  adv.  oblonge. 

ist  der  erdkreisz,  wie  oiao  meint,  ablanes  rund  al>  wie  ein  ei? 

LocAü  3,  77,  10. 

ABLASCHEN,  im  forstwesen,  einen  weg  durch  den  wald  an 
den  bäumen  bezeichnen,  scheint  entslellung  aus  ablachen,  ab- 
lochen, von  lAh,  zeichen  am  bäum. 

ABLASZ,  tii.  demissio,  remissio,  nnl.  aflaat,  das  ablatten. 
ablasz  des  Schreibens  von  der  band,  ablasz  des  wassers  im 
teich,  auch  der  ort,  wo  es  abgelassen  wtrd:  wächst,  da  die 
fischweier  in  den  walden  ihren  ablasz  haben.  T.\uerv.    krau- 


67 


ABLASZ  — ABLASSEN 


ABLASZJAHU  —  ABLAUFEN 


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terb.  569.  ablasz  des  wcms  oder  biers  ausdemfasz:  fülle  das 
fäszlein  mit  einem  guten  most,  lasz  den  darüber  verjähren 
(gähren),  und  wann  der  ablasz  {die  zeit  des  abl.)  kommt,  sol 
man  denselben  ablassen.  Tabers.  kr.  buch  122 ;  es  scheint  vor- 
zugsweise den  abgelassenen  jungen  wein  oder  most  auszudrücken : 

was  musz  es  für  ein  wein  sein, 

ein  lirner  oder  ein  ablasz  ?    Ayrer  TS". 

dann  überhaupt  die  Vorkehrung  das  flüssige  abzulassen :  unten 
müssen  diese  grander  oder  geschirr  gleich  neben  dem  boden 
einen  ablasz  liaben,  dardurch  man  das  alte,  verstandene  was- 
ser  täglich  ablassen  könne.  Hohberg  2,  32l\  ferner  für  nach- 
lasz,  aupwren,  wie  man  sagt  ohne  ablasz-,  unablässig,  ohne 
abzulassen,  mhd.  äne  underlaj: 

sie  will  es  aber  nicht  verstehen, 
läszt  mich  in  angst  ohn  ablasz  gehen. 

Opitz  2,  163; 
ja  segnen  will  ich  got,  und  loben  ohn  ablasz. 

Weckhrrli.n  73 ; 

mehr  denn  vierzig  jähr  her  ohn  ablasz.   Herder  20, 232. 

Hauptsächlich  aber  steht  es  für  den  kirchlichen  erlasz  der 
Sünde  ums  geld  {die  indulgenz),  wider  welchen  die  reformalion 
siegreich  eiferte,  in  diesem  sinn  aber  verwendet  es  Luther,  und 
die  ihm  folgen,  neutral :  da  ligt  nu  das  ablasz,  und  sind  brievc 
und  Siegel  zustoben  und  zuflohen,  und  ist  nichts  verechtcrs 
in  der  weit  denn  das  ablasz.  6,  8l';  also  ist  die  grosze  reu- 
berei  und  schindcrei,  die  man  hiesz  das  ablasz,  eingerissen. 
6,91*;  das  ablasz  ertichtet  er  auch  umb  gclds  willen.  0,491"; 
ja  ich  verstünde  nicht,  was  das  ablasz  war.  1,4*;  da  ich  zum 
ersten  das  ablasz  angreif.  5,  53' ;  weil  die  papislen  ilzt  scibs 
bitten  wider  das  ablasz.  0,  S2*;  das  heilige  ablasz.  4,  298"; 
weil  das  ablasz  abgehet,  br.  2,  350.  das  scheint  niederdeutsche 
weise,  denn  auch  im  Claws  bur  250  heiszt  es  dal  afiat.  ahd. 
galt  abla;  m.  neben  abläji  n.  (Graff  2,  315),  mhd.  nur  abläj 
m.  Freid.  150, 12.  24),  kein  abla-jc  n.,  aus  ablaji  kann  ablasz 
n.  geworden  sein,  wie  aus  giläji,  mhd.  gela-jc,  nhd.  gelasz  n., 
doch  schon  goth.  aflet  n.  iind  altn.  aflät  n.,  hingegen  nnl.  af- 
laat  m.,  schw.  aflat  m.,  dän.  aflad  m.  einigemal  läszt  sich 
Luther  z.  b.  5,  79'.  224'  rom  hochdeutschen  m.  beschleichen, 
wenn  hier  nicht  abschreiber  und  setzer  walteten;  mundgerecht 
war  ihm  das  n.,  andere  gleichzeitige  Schriftsteller,  namentlich 
H.  Sachs  (U.  1,  87'.  88')  und  Frank  brauchen  nur  das  m. :  stark 
getrank  macht  wild,  dasz  war  sei,  findt  es  sich  auf  der  pau- 
ren  kirchweich  wol,  wann  sie  zu  vesperzeit  den  applnsz  aus- 
theilen.  Frank  trunkenhcit  T)  4';  gehen  oft  mit  blutigen  köpfen 
von  der  kirchweihe,  so  sie  den  ablasz  zur  vesperzeit  mit  spie- 
szen  aiisgelhcilt  haben,  wider  heim,    wellbuch  5t'. 

ABLASZßRIEF,    wi.    breve   indulgentiarum.      Lutder   1,  9'. 

ScnWARZENBERG    139,  2. 

ÄBL.\SSE,N,  demittere,  emiltere,  omittcre,  cmitterc,  entlassen. 
den  brief  {von  der  hand)  ablassen  :  er  liesz  ein  sehr  dringendes 
schreiben  an  den  Dionysius  ab.  Wielano  3,174;  in  einem  von 
Paris  abgelassenen  schreiben.  Wieland  30,  70;  weil  dieser 
{Gregor  VII)  an  den  bischof  Altmann  ein  schreiben  abgelassen 
hat.  Moser  2,  44;  nachdem  unser  freund  vorstehende  briefe 
abgelassen.  Güthe22,  124;  er  erkundigte  sich,  ob  keine  briefe 
angekommen,  und  weil  eben  jene  reise  mich  verhinderte  der- 
gleichen abzulassen,  so  fehlten  sie  überall.  25,  239.  die  hand 
ablassen  von  dem  was  sie  hielt  oder  fassen  will:  gott  will 
seine  hand  von  uns  ablassen ;  lasz  die  hand  ab  von  diesem 
weihe!;  und  were  in  ernst  gewesi,  der  kinder  heil  und  Selig- 
keit zu  suchen,  so  würden  sie  nicht  so  die  hcnde  ablassen 
und  liinfallen.  Luther  2,  471' ;  ich  will  nimmermehr  ablassen, 
den  bogen,  den  pfeil  ablassen;  das  schif  {vom  Stapel)  ablas- 
sen; die  brücke  ablassen,  nieder,  herunter;  die  vorhänge 
(iier)  ablassen ;  den  liscii  ablassen,  abklappen  ;  den  wein  {vom 
fast)  ablassen ;  das  fasz  ablassen  ;  die  fische  vom  teich  und 
den  teich  ablassen ;  das  schlosz  ablassen,  abschnappen ;  die 
sohlen  ablassen,  bei  den  schustern,  sie  am  randc  dünner  ma- 
chen, vom  streit,  vom  krieg,  von  der  feindschafl  ablassen, 
daher  ablassen  im  sinne  von  ruhen,  cessarc:  mein  gir  nach 
Pfründen  laszt  nit  ab.  Schwarzenberc  134,  2,  Idszl  nicht  nach ; 
kan  auch  noch  nicht  mit  gutem  gewissen  zurück  ablassen.  Lu- 
ther 3,415';  von  der  arbeit  ablassen,  die  kälte  läszt  ab,  <d!si( 
nach,  von  der  schuld,  von  dem  gelde  etwas  ablassen,  crlas- 
ten;  von  der  färbe,  von  der  schwärze  etwas  ablassen,  sich 
ablassen,  hinab: 

bald  lasset  ihr  euch  ah 

in  diu  verborgnen  schhinclc     Fi.eiii.no  85, 


endlich  die  süride  ablassen,  erlassen,  remitiere:  denn  ablasz 
heiszet  so  viel  als  ablassen  oder  nachlassen,  es  (das  ablasz) 
lesset  abe  alles  gut  und  lesset  zu  alles  unglück.  Luther  1, 
420";  gott  vergibt  und  ableszt  allzeit  umbsonst  die  sünde. 
Luther  1,  543'.  nicht  ablassen,  unterlassen  etwas  zu  thun, 
non  omittere. 

ABLASZ.IAHR,  n.  Jubeljahr,  in  dem  viel  ablasz  gegeben  wird. 

ABLASZKRAM,  »h.  handel.  haben  sie  den  unüberwindlichen 
schaden  dran,  dasz  ir  ablaszkram  da  ligt  im  kot.  Luther  0, 
82' ;  ablaszkram  aufgeschlagen.    Fischart  bienenk.  207'. 

ABLASZMARKT,  m.  dein  ertichter  ablaszmarkt.  Luther 
3,  93.  94. 

ABLASZWOCHE,  f.  wache  in  ivelcher  man  ihn  auslheilt. 

ABLATSCHEN ,  pedes  trahere,  den  schuh,  pantoffel  nieder- 
treten: ein  gewisses  ablatschen,  hoffdrtiges  niedertreten  der 
ferse.  Tieck  Ccv.  1,  CO.    vgl.  Frisch  582. 

AB  LATTEN,  tigna  auferre,  die  lallen  wegnehmen,  das  dach 
ablatten. 

ABLAUBEN,  foliis  privare,  entlauben,  entblättern : 
der  Winter  hat  mit  kaller  hand 
die  pappol  abgelaubt.      Bürger  13*; 

einen  ast,  bäum  ablauben,  den  wein  ablauben.  abgelaubte 
freudentagc.    .1.  Paul  Hesp.  4, 189. 

ABLAUERN,  auscultando  indagare,  ablauschen,  die  parole 
will  ich  ablauern.  Schiller  165  ;  der  ihm  schon  lang  die  fährte 
abgelauert.  Schiller  301;  geheimnisse,  gelegenheitcn,  kunst- 
gride  ablauern. 

ABLAUF,«,  decursus,  nnl.  afloop.    derablaufdes  wildes  von 
der   höhe   beim   treibjagen   und  dazu  ausersehne  platz?    mhd. 
des  wildes  abelouf.  Nib.  871,  2.    der  ablauf  des  wassers,  flus- 
scs,  baches,  des  meers  anlauf  und  ablauf.  Weckherl.  227.    der 
ablauf  der  flüssigen  von  den  festen  theilen  geronnener  milch: 
als  darauf  die  hälfle  der  weiszen  milch  sich  gelabet, 
stellt  er  sie  eingedrängt  in  gedochtenc  körbe  zum  ablauf. 
Voss  Od.  9,  247, 

tt'o  früher  stand  zum  trocknen,  ablauf  (verstrich)  der  zeit,  der 
jähre,  tage,  des  sommers,  winters,  der  frist.  ablauf  eines  er- 
eignisscs,  einer  krankheit,  verlauf,    ablauf  eines  wechseis. 

ABLAUFEN,  decurrcre,  nnl.  afloopen.    das  wasser,  die  Qut, 
das  schif  läuft  ab  (vom  lande);  dasz  in  die  zeher  die  packen 
ab  laufen,  fastn.  sp.  207,  21 ;  das  rad  läuft  ab  (von  der  achse) : 
als  von  der  fordcrslen  axe  das  rad  verrälherisch  ablief. 
Zachariae  1,  274; 

der  pfad  läuft  hier  von  der  straszc  ab ;  der  faden  ist  liald 
(i'OM  der  Spindel)  abgelaufen,  das  gespräch  von  seinem  faden, 
das  leben,  die  zeit,  das  jähr,  der  tag  läuft  ab.  die  schran- 
ken, zwischen  welche  man  künftig  die  pferde  zunv  ablaufen 
bringen  soll.  Güthe  29,  230.  m  allen  diesen  fällen  kann  las- 
sen damit  verbunden  werden :  das  wasser,  rad,  pferd  ablaufen 
lassen ;  ein  fasz  den  berg  ablaufen  lassen,  fastn.  sp.  184, 17. 
Häufig  fügen  sich  auch  advcrbia  zu  ablaufen :  es  ist  wol  oder 
übel  damit  abgelaufen;  es  kann  sehr  schief  ablaufen;  es  lief 
ganz  leidlich  ab  damit;  alles  lief  auf  das  beste  ab.  Götue 
18,  282 ;  die  probe  lief  nach  wünsch  ab.  Götue  19,  183 ;  dasz 
diese  gefährliche  sache  so  glücklich  abgelaufen  ist.  Göthe  24, 
157 ;  wäre  es  zuletzt  nur  nicht  so  schlimm  abgelaufen.  Klopst. 
12,  380.  einen  ablaufen  (wie  abfahren)  lassen,  ihn  abweisen : 
alles  womit  man  ehedem  die  einwürfe  der  ungläubigen  und 
abgötter  ablaufen  lassen.    Lessinc  9,292. 

Nächstdem  transitiv,  gewöhnlich  mit  beigesetztem  dat.  dorper~ 
son.  ich  laufe  mir  fast  die  schuhe,  beine,  fiisze  ab ;  er  soll 
da  dem  schwäbischen  bunde  dienen  und  die  tollen  hörner 
sich  ablaufen.    Arnim  kronenw.  1,407; 

was  zwischen  manchem  wilden  häufen 

sich  Uullius,  der  aldeminnn, 

an  hörnern  endlich  abgelaufen. 

das  läuft  sein  weih  ihm  wieder  an.    Iti;RCF.R  SO*. 

auch  ohne  dat.  die  lieine,  die  leidenschaflen  alilaiifcn;  man 
kanns  mit  dcnl  nassen  finger  a!)laufen,  schnell,  eh  ein  genetz- 
ter flngcr  trocknet,  erlaufen ;  dasz  die  fcind  dem  gescliütz  zu 
nahe  kommen  und  es  ablaufen.  Froxsp.  kriegsb.  .3, 145' ;  sich 
ablaufen,  sich  müde  laufen:  hui  imck,  sei  zornig  und  stosz 
nich  einmal,  hol  aber  nicht  zu  weil  aus,  dasz  du  dich  nicht 
ablaufest.  Luther  1,  338';  sich  abnutzen:  der  mülslein  hat 
sich  ganz  a))gelaufen.  Einem  etwas  ablaufen,  im  voraus  weg- 
nehmen, praeoccuparc :  also  kund  der  leufel  den  ciirislen  irc 
Waffen,  wehre  und  bürg  ablaufen.  Luther  3,337;  der  sprurh 
ist  euch  abgelaufen.    Luther  1,  422';  dasz  sie  dem  feind  die 


69 


ABLÄUFER  —  ABLECKERN 


ABLEDERN  — ABLEGEN 


70 


k 


flucht  ablaufen  und  verlegen.  Frossp.  kriegsb.  3,  142 ;  und 
meinet  er  damit  Jesu  abermals  eines  abgelaufen  zu  haben. 
Ayrer  proc.  3,2;  wir  werden  frembden  Völkern  mit  der  zeit 
das  urtheil  ablaufen.  Opitz  i,  &";  sie  lief  ihm  alle  ranke  ab. 
Simplic.  2,  207;  ihr  lebhafter  witz  verleitet  sie  oft  ihre  ge- 
schwister  zu  necken  und  ihnen  kleine  ranke  abzulaufen.  Weisze  ; 
«ie  wollte  ich  sie  doch  auslachen,  wenn  er  ihnen  einen  rang 
abliefe.  J.  E.  Schlegel  2,  58 ;  der  mir  bald  im  ganzen  hause 
den  rang  ablief.  Tieck  12,362;  er  hat  ihm  den  weg,  den  vor- 
theil,  den  preis  abgelaufen. 

ADLÄUFER,  ni.  bei  den  tuchtnachem  die  abgelaufue,  leer 
geirordne  groszc  spule,  bei  den  webem  ein  fehler,  der  ent- 
steht, trenn  die  fäden  unrecht  laufen. 

AliLALfT,  n.  und  m.  effluvium,  proflurium:  so  wirt  doch 
nun  das  ablauft  und  kerich  {kehricht)  sälig.  Fraxr  rerbüt- 
schiert  buch.  Ff  1559.  bl.  2S8';  wegen  der  platzrcgen  müs- 
sen grüben  und  abläufte  gemacht  werden  (auf  ueinbergen). 
lloIlBERG   1,  341'. 

ABLäUFTIG.  den  verschlossenen  brief  hab  ich  darumb  so 
ablüuftig  gestellet,  obs  E.  G.  geüel  denselbigen  lassen  lesen 
oder  auch  wegschicken,  dasz  die  drei  fürsten  meine  meinung 
merken  sollten-   Lltiier  frr.  3,  503.    leicht  darüber  hingleitend? 

ABLAUGEN,  lixirio  tnacerare,  den  färbern,  die  lauge  aus 
dem  garn  waschen,    bei  H.  Sachs  1,  499'  aber  für  ableugnen. 

ABLAUSCHEN,  tcas  ablauern,  lauschend  geicinnen.  den 
beifall,  den  er  uns  abgelauschet  hat.  ein  der  natur  abge- 
lauschtes lied. 

ABLAUSEN,  mit  dal.  der  person,  pediculos  quaerere,  die 
läusc  suclien,  sp.  despiojar  (s.  absuchen),  dann  heimlich  iceg- 
iiehmen :  neu  ausgeQognen  gasten  das  ihrige  ablausen.  Simplic. 
1,  575 ;  leut,  die  künnens  einem  fein  ablausen,  «egkürzer  lOO' ; 
prügeln.    Tobler  lO'. 

ABLAUT,  n».  permulalto  vocalium  lilerarum,  geregelter  Über- 
gang des  rocals  der  nurzel  in  einen  andern;  ein  edles  und 
ihr  wesentliches  vermögen  der  deutschen  spräche,  verschieden 
von  Umlaut. 

ABLAUTEN,  den  vocal  der  «urzel  wechseln. 

ABLÄUTEN ,  carnpanae  pulsu  indicarc  finem  fcsti,  mit  der 
glocke,  schelle  läuten,  gegensatz  des  einläutens : 

man  hat  den  markt  schon  abgeleut, 

es  wird  bald  werden  essens  zeit.    Ayrer  12". 

ABLÄUTERN,  declarare,  abklären,  lauter  machen,  den  wein, 
Zucker,  das  erz  abläutem. 

ABLEBEN,  vitam  consumere,  zu  ende  leben,  die  lanne  spricht  : 

ich  bin  allliie,  glaub  mir  fürwar, 
gestanden  so  ?ar  manches  jar, 
gar  manchen  wintcr  abgelebt, 
den  starken  stürmen  widerstrebt. 

ß.  Waldis  Esopus  2,  28,  bl.  93'; 

das  gilt  mir  als  einem,  der  seine  zeit  abgelebet,  gleich,  ob 
ich  heute  oder  morgen  sterbe,  pers.  rosenthal  1,  45 ;  wann 
deine  majestät  abgelebt  sein  wird.    pers.  btatmg.  7, 21 ; 

und  was  ein  lürst  vermap, 
der  viel  mehr  länder  zehlt  als  abgelebter  lag. 
A.  Grtph.  1,  11"; 

die  weit  hat  abgelebt  in  frieden.  Moruof;  die  abgelebten  und 
andächtig  sein  wollenden  frauen.  eben  eines  mannes  280 ;  ich 
möchte  ihn  nicht  gern  getödtet,  aber  abgelebt.  Scbiller  112; 
auf  ihrem  siechbelle  begrfiszlen  wir  die  ablebende  nichte 
Gleims.  Götiie  31,  244 ;  dasz  wir  unser  leben  gar  nicht  für 
uns  selbst  einrichten  und  abicbcn  sollen.  Tieck  nor.  6,  18 ; 
wenn  man  das  an  seinem  armen  körpcr  ablcben  soll.  Tiec» 
5,  88 ;  dasz  ich  so  in  die  weit  hineinkam  und  dasz  ich  mich 
nun  ablebc.  Tieck  9, 193.     vgl.  ableiben. 

ABLEBEN,  n.  exitus  e  tila.  nach  meines  vatcrs  abieben;  die- 
ses zeichen  seines  ablebens.     J.  P.^cl  flegelj.  1, 4. 

ABLECKEN,  delambere,  von  dem  munde,  von  den  tippen  ab- 
lecken, dann  den  mund,  das  mSulchen,  die  lippen  ablecken : 
aha,  du  fängst  schon  an  die  linpcn  abzulecken. 

(jOTBE   12,  113. 

In  der  Schweiz  sagt  man :  das  gewehr  leckt  ab,  wenn  blosx 
das  pulrer  auf  der  pfanne  abbrennt,  das  (euer  gleichsam  nur 
geleckt  hat.    vgl.  abschlecken. 

ABLECKERN,  delicere,  ablocken,  hiirenbeisz  (primitiae),  die 
der  teufel  gott  begert  ab  zu  leckeren.  Keisersii.  bäum  d.  sei. 
5*;  die  uns  nicht  anders  denn  hestien  halten  und  ein  Sprich- 
wort von  uns  zu  Rom  gemacht  also,  man  sol  den  deudschen 
narren  das  goll  abicckern,  wie  man  kan.  Lither  1,264";  alle 


ir  gelt  umb  solchen  unscglichcn  schaden  ausseuget  und  ab- 
leckert.  Lither  1,420';  nit  aus  freiem  herzen  sunder  mit  eim 
falschen  affecl,  herzen  und  schalks  aug  dem  alten  Adam  ab- 
geleckert,  on  lust  und  liebe.  Frank  cbron.  464".  Scqiiellek 
2.  432  aus  Dietrich  vos  Pliemngex  zueleckern  illicere:  den 
die  hofnung  des  raubs  zugeleckert;  und  Oberlix  913:  das  si 
leckerte  wider  seinen  willen,  si  theatris-interfuerit  ad  spectan- 
dum.     vgl.  lecker. 

ABLEDERN,  corium  delrahere,  das  leder  abziehen,  abdecken 
und  dann  derb  prügeln :  leichter  schuppte  und  lederte  ich  den 
abscheulichen  Philipp  von  Spanien  ab.     J.  Paul  jubelsen.  81. 

ABLEDIGEN,  dimittere,  erledigen,  von  der  stelle,  dem  an- 
gewiesnen  posten.  er  ledigt  die  scbildwachten  in  ordentlicher 
zeit  ab.    Fronsp.  Ariels/».  104',  heute  ablösen. 

ABLEEREN,  vacuefacere,  entleeren,  den  tisch,  das  brel.  ab- 
Icren  oder  abzelen.  Kaltexbäck  pant.  1, 167*.  die  menschen 
fahren  aus  dem  fuszboden  wie  stumme  knechte,  und  fallen 
wieder  hinunter,  wenn  sie  abgeleert  sind.  J.  Paul /7es;).  3,  259. 

ABLEGEN,  deponere,  nnl.  afleggen,  gegensatz  von  anlegen, 
kleider,  gcwand,  rock,  gürlcl,  hemd,  hut,  mantel,  Schwert, 
Waffen,  schuhe  vom  leibe,  baupt,  von  den  schultern  und  füszen 
ablegen,  sanfter  als  abziehen,  was  sonst  in  einigen  fällen  ge- 
sagt wurde,    legen  sie  ab!  wird  dem  eintretenden  gesagt; 

der  gleich  erfreute  himmel 

sieht  mit  ergötzung  zu  dem  lustigen  getümmel, 

legt  stürm  tTnd  wölken  ab, 

zeucht  gold  und  purpur  an.     Fleiikc  64; 

bei  den  setzern,  den  nicht  mehr  gebrauchten  satz  ablegen,  eine 
columne  ablegen,  sich  ablegen,  ausziehen,  seine  iiatnr  able- 
gen, exuere  hominem;  er  (der  Franzose)  legte  den  Franzosen 
so  weit  als  möglich  ab.    Klinger  8, 163. 

die  rosse  gaben  sie  den  dienern  sie  zu  warten, 
und  giengen,  abgelegt,  in  einen  schönen  garten. 
Werders  ArioM  15,  76, 

abgelegt,  depositis  armts.  joch,  last,  bürde,  kette,  fessel,  Sat- 
tel von  hals,  nacken,  rücken  ablegen:  bitten  gott,  das  er  das 
joch  der  beiden  von  in  aus  gnaden  ablegen  wöll.  Frame  wellb. 
144'.  das  pferd  hat  die  eisen  vom  huf  abgelegt,  das  unwillige 
ros  seinen  reiler  abgelegt,  abgeworfen,  das  weib  seine  frucht 
abgelegt,  geboren :  ein  jeglicher  bäum  hat  seine  fruchte  und 
leget  sie  zu  gewisser  zeit  ab.  pers.  rosenth.  8, 151.  Figürlich 
das  aufliegende,  auferlegte  verrichten:  einen  gang  oder  weg 
ablegen,  der  befohlen,  den  man  zu  leisten  schuldig  war:  eh 
dasz  faule  schläfer  den  köpf  nach  dem  wege  aufrichten,  so 
haben  hurtige  ganger  ihren  weg  schon  abgeleget.  pers.  baumg. 
9,  5;  nach  abgelegter  reise  oder  botschaft,  einen  grusz  able- 
gen, den  feldzug  ablegen,  nach  abgelegter  cipedilion.  den  be- 
such ablegen,  welchen  man  zu  erstatten  hatte :  als  sie  sich 
verpflichtet  fühlte  rings  in  der  nachbarschaft  besuch  abzule- 
gen. Götbe  17,  229 ;  so  wurde  kein  besuch  in  der  nachbar- 
schaft abgelegt.  17,245;  ich  hatte  gaste  zu  empfangen,  besuche 
in  der  nachbarschaft  abzulegen.  21.  202;  bei  einem  besuche 
in  Köln,  den  ich  abzulegen  das  glück  hatte.  39.  357 ;  der  be- 
such, den  der  ewige  Jude  bei  Spinoza  abgelegt  hatte.  48, 12 ; 
ich  komme  meinen  glückwunsch  abzulegen.  Schiller  365 ; 
meinen  schuldigen  dank,  überhaupt  eine  schuld  (ron  sich)  ab- 
legen, zu  der  man  verpflichtet  ist,  der  natur  die  schuld  ab- 
legen (sterben),  der  natur  solche  Schuldigkeit  abzulegen.  Sim- 
plic. 1.  27 ;  der  natur  ihren  tribut  ablegen.  Opitz  2,  303 ;  der 
(!a  wolt  für  uns  unsre  hauptschuld  ablegen.  Weckuerlin  314 ; 
dasz  sie  die  schuld,  so  ich  noch  schuldig  bin,  wo  ich  sie  nit 
bei  leben  ablege,  auf  sich  nehmen  soll.  Lltuer  br.  5,  423; 
die  Überbesserung  mit  barem  geld  ablegen.  Frankf.  ref.  1,  45, 
18;  welchem  (kaiser)  die  Dänen  nnd  Polen  die  lehenspflicht 
abgeleget.  J.  E.  Schlegel  4,  292 ;  meine  gcdanken  ihre  Schul- 
digkeit werden  ablegen.  Weise  kl.  leute  18 ;  zins,  kosten  und 
schaden  ablegen;  rechnung,  rcchenschaft  ablegen;  diese  gött- 
liche gebot  durch  Gregorium  angezeigt  zeucht  er  mit  den  ba- 
ren, das  im  die  schwarten  krachen,  zu  der  busze,  die  der 
bapst  ablegen  kan.  Luther  1,  49*.  cid,  Zeugnis  und  gelübde 
ablegen,  er  legte  einen  theuem  cid,  die  nonnc  das  gelübd© 
ab :  das  gebet,  einen  Vortrag,  eine  rede,  predigt  ablegen,  hal- 
ten; die  erste  probe  gut  ablegen,  tugend  oder  lastcr,  lei- 
denschaften  ablegen :  er  legte  alles  menschliche  gefühl,  alle 
eigenschaften  ab,  die  ihn  ausgezeichnet  hatten  ;  lege  doch  ein- 
mal diese  grille,  diese  einbUdung  von  dir  ab;  trauer,  sorge, 
furcht,  empfindlichkeit,  neid  ablegen,  niederlegen;  laszt  uns 
ablegen    die  werke  der  finstemis.     Rdm.  13,  12;    so  leget  ab 

5* 


71 


ABLEGEN  — ABLEHNEN 


ABLEHNLIGH  — ABLEITE 


72 


alle  unsauberkeit  und  bosheit.  Jac.  1,  21.  in  solchem  sinn 
drückt  es  auch  ein  stärkeres  abschaffen,  abwerfen,  nicdcnvcr- 
fen  aus:  der  bapst  liab  macht,  die  geliibd  gott  getlian  abzu- 
legen (verschieden  von  dem  vorigen  gelübde  ablegen,  abstalten) 
und  wandeln.  Luth.  1,  357";  hat  der  keiser  mit  seiner  kraft 
zu  der  erden  abgelegt  etlich  Schlösser  geachl  unüberwindlich. 
Frank  chron.  216';  daj  sal  eines  konegcs  ammetman  rchtfcr- 
tegen  unde  abe  legen,   weislh.  3,  484 ; 

(Dcutscldand)  ist  jeizt  worden  ein  gemach, 
ilriunen  laster,  schand  und  scliniach, 
was  aucli  sonsten  aus  man  fegt, 
andre  Völker  abgelegt.    Logau  1, 121,  18. 

Ein  kind,  einen  erben  ablegen  heiszt  wegen  der  künftigen  erb- 
schaß abfinden,  vgl.  abschichten.  im  bergbau  und  forslwesen, 
die  ai-beiter  ablegen,  des  dienstes  entlassen;  500  pfarrer,  gif- 
tige papisten,  abzulegen  (amtes  entlassen).  Luthers  br.  5,  204 ; 
einen  ablegen,  ihn  zurückweisen: 

kamen  die  frauwen,  welch  im  ir  garn 
bracht  hellen  wol  ein  jar  zuvorn, 
so  legt  ers  stets  mit  Worten  ah. 

B.  Waldis  Esopus  4,  68.  bl.  289"; 

im  gartenbau,  reiser,  pflanzen,  nelken  ablegen,  sonst  auch 
einlegen,  absenken,  zweige  davon  in  die  erde  biegen,  dasz  sie 
würzet  schlagen.  ISichl  seilen  bleibt  der  acc.  unausgedrückl, 
weil  ihn  der  Zusammenhang  ergibt:  er  legt  sehr  ab  (das  ge- 
sicht,  gehör),  wird  stumpf;  sie  hat  al)gelegt  (entweder  ein  kind 
oder  figürlich  das  eisen),  heimlich  geboren;  er  legte  nachts  im 
kloster  ab  (die  bändet),  kehrte  ein,  (vgl.  ablagcr.)  Werders 
Ariost  4,  54  (capitö  a  una  badia),  was  dann  den  schein  intran- 
sitiver bedeutung  annimmt.  Beachtung  fordern  die  conslruc- 
tionen  mit  dem  dativ,  einem  ablegen  bedeutele  erstatten,  be- 
zahlen, büszen,  schuld  entrichten:  kumt  er  an  ein  arzat,  den 
sol  er  im  tblegen,  und  hat  er  übrig  cost  mit  sim  übe,  die 
sol  er  im  och  ablegen,    weisth.  1,  817 ; 

und  da  icli  ihm  nicht  leget  ab, 
,     vermeint  er  mich  umhziibringcn.    Ayiikr  280*; 
alte  Jungfern,  böse  Jungfern,  dieses  macht  die  uiigrduid 
dasz  gott  ihnen  nicht  legt  abe  einen  mann,  die  Ivlare  scliuld. 
LoGAü  2,  100,  5; 

aber  auch  abbruch  Ihun:  es  gerate  mit  meinen  Sprüchen  wie 
es  wolle,  so  viel  sie  auch  dem  ablasz  ablegen,  vermanc  ich 
dich  doch,  dasz  du  dermaleinst  nicht  in  meine  torheit  ge- 
ratest. Luther  1, 104' ;  oder  entsagen,  versagen : 

wer  den  liistcn  abclegf, 
dem  kau  alles  wol  gcdeien.    Logau  1,  77,  11; 
■  wem  gott  wol  wil,  kan  die  Städte  stürmen  mit  posaunen, 
wem  gott  ablegt,  kan  nichts  richten,  ob  er  braucht  cartaunen. 
Logau  2, 176,  96. 

Cliarlolte.    und  strengen  ihr  gedächtiiis  an. 
Hicliard.    es  ist  wol  wahr. 

Charlotte,  da  ihnen  ihr  gediichmis  ohnehin  so  sehr  ablegt. 
Lessing  2,  527 ; 

mein  stubennachbar  der  fleiszige  theolog,  dem  seine  äugen 
leider  immer  mehr  ablegten  (versagten).  Göthe  25,  165 ;  lies 
ihn  mir  vor,  liebes  kind,  du  weiszt  dasz  bei  licht  meine  äugen 
ablegen.  Tieck  8,  216 ;  das  gesiebt  legt  mir  ab  (vergeht,  ver- 
sagt mir);  die  kräfte  legen  mir  ab,  gleichsam  ihren  dienst. 

ABLEGER,  m.  propago  arboris  aut  floris ,  der  abgelegte 
zweig,  senker,  absenker.  wir  haben  eigentlich  nur  ableger  von 
romanen  und  comödien,  aus  dem  samcn  werden  wenige  ge- 
zogen. Lichtenberg  verm.  sehr.  1844.  2,  31;  wenn  der  .laco- 
binerclub  seine  ableger  durch  ganz  Frankreich  überschlug, 
so  stand  iiim  eine  heeresmacht  zu  geböte.  Daiii.m.  fr.  rev.  390. 

ABLEGUNG ,  f.  in  den  verschicdncn  bedcutungen  des  able- 
gen«,    bei  ablcgung  ihrer  stimme.    Sciiii.r.ER  1080. 

ABLEHNEN,  mutuari,  ahd.  li^hanön,  geld,  ein  buch,  ein 
pferd  von  einem  leihen,  entleihen,  besser  ableihen. 

ABLEHNE.N,  declinare,  ahd.  hieinan,  mhd.  leinen,  nnl.  af- 
leencn.  ein  bret  von  der  wand  ablehnen,  die  iiand,  das  ge- 
siebt ablehnen,  wegwenden,  einen  antrag,  Vorschlag,  Vorwurf, 
einwurf,  eine  ehre,  braut,  gevatterschaft,  ein  erbieten  ableh- 
nen, glimpflich  ausschlagen,  recusare: 

was  könnt  ich  wiuischen?  voibereiict  wars. 
was  dürft  ich  furchten?  abgcjohiii  war  alles. 
GÖTHK  »,  33. 

alles  vornehme  ist  eigentlich  alilehnend,  und  ablehnend  ward 
auch  die  französische  kritik.  26,  50;  mir  meine  kleider  zu 
bringen    versprach,   die   ich   aber   lebhaft  ablehnte.    25,  358; 


alle  rücksichten,  die  man  einer  gebildeten  weit  schuldig  ist, 
ablehnen.  46,  326.    vgl.  ableinen. 

ABLEHNLIGH,  was  abzulehnen  ist,  unablehnlich,  unablehn- 
bar,  irrecusabilis.  ich  sehe  den  weder  durch  witz  noch  tapfcr- 
keit  ablehnlichen  Untergang  der  Stadt  für  äugen.  Lohe.nst. 
Arm.  1,  846. 

ABLEIBEN,  obire,  aus  dem  leben  gehn,  sterben,  doch  fast 
nur  im  inf.  und  part. 

dasz  kein  herz,  muth,  sinn  noch  verstand, 
nach  dieser  frommen  gans  ablciben, 
im  Vögel  regimcut  werd  bleiben. 

ganshönig  C  5*.  C  S' ; 

ohn  vcrgieszung  ihrs  bluts  mit  fug  von  dieser  weit  ablciben. 

VV.  SrANGENBERC  anbind  oder  fangbriefe  Eiii"; 

weil  nach  dem  schaiden  und  ahleiben 

sie  tod  und  lebendig  doch  bleiben.    VVeckuerli.n  578; 

auf  des  keisers  ableiben.  Avrer  126* ;  nach  meines  so  werthcn 
und  herzlieben  einsiedeis  ableiben.  Simplic.  1,  48 ;  von  wegen 
ablciben  oder  wegziehen  eines  zu  sehr  geliebten  freunds.  Si'ek 
216 ;  der  alte  fast  vor  100  jähren  abgeleihte  herr  Conrad  He- 
rcsbach.  Hohberg  2,  249'.  Fleming  431  nimmt  ableibcn  tran- 
siliv  für  tödten: 

in  der  liebe  will  ich  bleiben 

bisz  er  (der  lod)  mich  auch  ab  wird  leiben, 

folglich  abgeleibt  für  gelödtet,  135  von  einer  blume: 

sie  ist  schon  ahgekilil. 

vgl.  aldcben. 

ABLEIBIG,  mortuus,  ableibig  werden,  absterben :  ob  es  sich 
begäbe,  dasz  des  hofs  schul theisz  ableibig  würde,  weisth.  3, 
12 ;  wan  die  empfänger  ableifich  geworden  binnen  drciszig  ta- 
gen, das.  3,  847.  avelivich  werden,  das.  2,  592.  ableibicbt :  ein 
Student  fiel  in  wahnwitz,  arbeite  und  machte  sich  matt  und 
ableibicbt  mit  stetem  wachen  und  reden.  Luthers  tischt.  416' 

ABLEIBUNG,  f.  obitus,  abieben,  tod.  nach  seiner  ableibung. 
FiscHAHT  bicncnk.  208'.    Micrälius  Pomm.  3,  312. 

ABLEICHEN,  dam  auferre,  heimlich,  spielend  wegnehmen, 
von  leichen  ludere,  f allere:  (gott  will)  das  kind  der  docken 
lassen  spielen,  bisz  es  ir  scibs  müd  werde  und  hin  werfe,  ja 
bisz  er  es  weiter  bring  und  im  die  docken  wider  stel  und  ab- 
laich.    S.  Frank  parad.  50'. 

ABLEICHTEN,  alleviare,  leichter  machen,  abheben:  ja  ich 
wolt  mein  last  ableichten.  Avrer  130*.  gilt  zumal  von  schif- 
fen, vgl.  lichten. 

ABLEICHTUNG ,  f.  allcviutio.  kein  schif  darf  im  fahnvas- 
scr  da  um  oder  überladen,  wo  es  dem  verkehr  hinderlich  ist. 
ist  die  ableichtuug  nüthig  um  das  schif  über  untiefen  im  fahr- 
wasser  zu  schaffen,  so  musz  sie  stets  an  solcher  stelle  ge- 
sclichn,  wo  wedei'  das  beladene  schif  noch  der  leichter  den 
verkehr  hindern  oder  erschweren,  k.  sächs,  verordn,  vom 
6  fcbr.  1845. 

ABLEIERN,  lyra  canere,  von  der  leier  spielen. 

ABLEIHEN,  mutuari,  von  einem  leihen,  entleihen,  s.  ab- 
lehnen. 

AB  LEINEN,  (fecHnare,  ablehnen,  ableihnen.  der  legat  were  wil- 
lig und  geneigt  die  sach  freundlich  abzuleinen.  Luther  1,  109' ; 
fürkommen  und  ableinen.  Aguicoi.a  spr.ibi';  widerlegen  und 
ablciuen.  R.  A.  1530  §.1;  solche  exceptiones  replicando  abzu- 
leinen. Frankf.  rcf.  1.  20,  14;  die  anklag  könte  abgeleinet 
oder  hinderlrieben  werden.     Piiiland.  I,  312  ; 

sie  (la(^lite,  besscrs  ist,  dasz  jetzt  werd  abgeleinet 
dasselbe,  was  von  mir  sie  also  falsch  vormeinet. 

Werders  Ariost  25,  28; 
vermutblich  hofl  der  schalk,  der  selber  zu  erscheinen 
sich  nicht  getraut,  durch  dieses  possenspiel 
die  strafe  von  sich  abzuleinen.      Wieland  5,  19t. 

ABLEINUNG,  f.  declinatio:  ableinung  der  gebrechen,  not. 
ordn.  1512  pr.;  replicatio,  ableinung  der  eingewandten  excep- 
tionen.  Frankf.  rcf.  1.  20,  1;  zu  ableinung  irer  sünden.  Lu- 
ther 3,  95. 

ABLEISTEN,  pracslare,  das  auferlegte  leisten,  einen  cid  ab- 
leisten. 

ABLEITBAR,  was  sich  ableiten  Idsxl. 

ABLEITBARKEIT,  f.  die  fähigkeil  abgeleitet  zu  werden:  so- 
nach besliinnile  ihm  die  ableitbarkeit  vom  selhslhcwustseiu 
den  umfang.    Fichte  phil.  journ,  5,  357. 

ABLEITE,  f.  hiesz  eine  beim  verkauf  von  grundsliicken  zu 
leistende  yeldahgabc:   anlait    und  ablait.     Fräst  fundat.  zwei- 


73 


ABLEITEN— ABLETZEN 


ABLEUGNEN  —  ABLOUNEN 


74 


lenses  p.  510.  517.  auch  in  den  panteid.  bei  K.\ltesbäck  1, 213*. 
216'.  21''  stehn  ablait  und  anlait  verbunden. 

ABLEITEN,  deducere,  nnl.  aflciden,  von  einer  stelle  an  die 
andere  leiten,  das  wasser,  den  Qusz,  back,  see,  teicli  ablei- 
ten, den  blitz,  die  wärme  ableiten,  lasz  uns  absterben  wie 
der  fisch,  dem  das  wasser  abgeleitet  ist.  Klixger  1,  60;  die 
quelle  ihres  reicbtbunis  wurde  abgeleitet,  einen  von  dem  wege, 
von  dem  pfade  der  tugend  ableiten  (seducere,  verleiten),  von 
seinem  entschlusz,  von  der  gefaszten  lebensart.  den  gedanken, 
die  rede,  das  gesprüch  ableiten,  auch  blosz  herleiten:  ein 
wort  vom  andern,  ein  bild  vom  andern  ableiten,  ein  deutsches 
wort  aus  dem  griechischen ;  abgeleitete  bilder.  GöTnE.i2, 102 ; 
begriffe  aus  der  erfahrung  ableiten,    wegführen,  icegnehmen: 

goit  bleibt  gott,  er  leitet  ab  und  hat  menschen  weg  genummen, 
gotl  bleibt  gbtl,  er  weiset  an  und  läszt  menschen  wieder  kummen. 

LoGAO  2,  7,  7. 

in  der  spräche  steht  das  abgeleitete  wort  dem  stamm,  im  recht 
die  abgeleitete  erwerbung  der  ursprünglichen  entgegen. 

ABLEITER,  m.  deduclor,  tcerkzeug  zum  ableiten,  blitzablei- 
ter,  ableiter  der  vorurtheilc.  die  mhd.  bedeutung  seduclor  fiir 
ablciter  {Erek  4073)  ist  erloschen  und  durch  verleiter  auszu- 
drücken. 

ABLEITUNG,  f.  deduetio,  tn  allen  bedeutungen  des  ableitens. 
doch  fehlte  es  nicht  an  ableitungen,  besonders  naturwissen- 
schaftlichen, so  wie  ins  philosophische  und  literarische.  Göthe 
31,  92 ;  ich  habe  es  mit  der  ableitung  (deduction)  jener  reli- 
gion  aus  dem  vvesen  der  Vernunft  zu  thun.  Yichte  phil.  journ. 
9,  372.  die  ableitung  ia  der  spräche  ist  schwächer  als  der 
stamm  des  worts,  mächtiger  und  gediängler  als  die  Zusam- 
mensetzung. 

ABLENDEN,  depellere,  vom  schif  hergenommen  und  gegen- 
salz  des  anlendcns,  anlandens,  appellcre: 

wann  dann  es  gott  beliebt  die  Stäbe  zu  verwenden, 
kein  ralhschlag  noch  gewalt  vermag  es  abzulenden. 
Opitz    297. 

das  ir  nicht  vons  lebens  weg  abiendet.  Meliss.  ps.  A  5'.  stär- 
ker als  ablehnen,  mit  dem  es  wörtlich  sich  nicht  berührt. 

ABLENKBAß,  im  gebrauch  blosz  unablenkbar,  indeclinabilis. 
GüTHE  4S.  93. 

.\BLENKE.^,  declinare  das  pferd,  den  wagen  vom  wege 
ablenken,  die  rede,  das  wort,  das  gespräch  von  der  sache 
ablenken,  warum  ablenkende  wurte  geredet?  Voss  Od.  4, 465  ; 
den  verdacht  von  sich  ablenken;  sie  suchte  nach  ihrer  ge- 
wandten weise  das  gespräch  abzulenken,  —  und  so  fuhr  der 
grjf,  Charlottens  ablenken  nicht  empfindend,  über  diesen  ge- 
genständ sich  zu  äuszern  fort.  Göthe  17,  113;  manches  bei 
seile  legen,  weil  es  uns  zu  weit  von  dem  vorgesteckten  ziele 
ablenken  würde.  53, 109 ;  der  die  folgen  einer  für  ihn  höchst 
traurigen  angelegenheit  groszmüthig  abzulenken  suchte.    32, 152. 

ABLENKUNG,/",  declinatio:  des  lichtstrahls, der  magnetnadel. 

ABLEILNEN,  discere,  von  einen»  andern  lernen  durch  stilles 
zusehn  und  zuhören:  ein  Schüler  lernt  es  dem  andern,  die 
tochter  der  mutter  ab,  der  söhn  dem  vater  die  handgrifle; 
ich  will  deinem  augc  den  willen  deines  herzens  ablernen. 
Klingeb  2,  256 ; 

und  deinem  Flaccus  abzulernen, 

wie  man  durch  echten  witz  gerällt.    Higedor?(  3,  23. 

ABLERSCHEN,  s.  al)lörschen. 

ABLESCHEN .  exstinguere,  alte,  richtige  Schreibung  ßr  ab- 
löschen: wiltu  deine  Sünde  abieschen.    Luther  1,84'. 

ABLESEN,  colligere,  nnl.  aflezen.  steine  vom  acker,  federn 
vom  kleid,  raupen  vom  bäum  ablesen;  beeren  von  der  stände, 
t  rauben  vom  stock, 

und  fangen  alsbald  an  mit  angenehmer  müh 
fein  ordentlich  zugleich  die  trauben  abzulesen 
Weckuerlin  773; 

dann  den  acker,  bäum,  weinbcrg  ablesen,  vgl.  absuchen.  Vom 
liuche  ablesen  legere,  recitare,  einen  brief,  befehl  ablesen, 
einen  ablesen,  seinen  namm  herlesen,  einem  an  den  äugen, 
an  der  stirn  ablesen. 

ABLETZEN,  valedieere,  einen  zu  guter  letzte  begrüszcn, 
verabschieden ;  sich  abletzcn,  sich  verabschieden:  nun  hab  ich 
{sagt  Grünenwald  der  sänger)  ic  nit  von  hinnen  küiincn  schei- 
den, ich  hab  mich  dan  mit  cuwer  gnaden  ahgelelzet ;  hab  de- 
ren zu  lieb  ein  newes  liedlein  gedieht,  so  euwer  gnad  das 
beliebt  zu  hören,  woll  ichs  deren  zur  lelze  singen.  Uulano 
tolksl.  62»  aus  dem  rollw.  68.    5.  letze  und  letzte. 


ABLEUGNEN,  negare.  alles  ableugnen,  gotl  ableugnen,  ter- 
leugnen.  meist  mit  dem  dat.  der  person,  einem  alles  gute  ab- 
leugnen, die  schuld,  das  anvertraute  gut;  das  liicszc  göttera 
die  Vernunft  ableugnen.    Schiller  229. 

ABLICHEN,  ein  ganz  veraltetes  uort  für  mundarc,  emun- 
dare,  begegnet  verschiedentlich  in  Reiszsers  Jerusalem :  ich  wil 
ablieben  dein  blut,  das  an  dir  ist.  l,  45' ;  ich  hab  dich  ge- 
waschen und  dein  blut  von  dir  abgeliebt,  emundavi  sanguinem 
tuum  ex  te  (Ezech.  16,  9)  1,  6* ;  der  mit  seinem  blut  den  ge- 
stank  der  Sünden  abgelichet.  1,  102'.  sein  musz  es  das  ahd 
lichön  polire,  welchem  Graff  2, 118  mit  unrecht  ein  i  gibt,  po- 
lire  drückt  zwar  eigentlich  glätten,  dann  auch  reinigen  und 
waschen  aus,  polire  lina  et  lanas  =  lavare,  wobei  noch  iiquare 
zu  erwägen,  da  in  todes  gehugde  117  zu  lesen  steht :  die  muken 
si  lichcnt,  culicem  excolant  (Mallh.  23,  24)  und  excolare  Iiquare 
bedeuten  kann. 

ABLIEßEN,  bei  den  Weidmännern,  einen  leithund  auf  der 
fährte  anhalten,  liebkosend  und  streichelnd,  das  wort  scheint 
aber  mit  lieben  «nreriranrf/  und  auf  ein  ahd.  liban  parcere 
(Graff  4,  1110)  mhd.  entliben  zurückzuführen,  wie  man  den 
Jagdhunden  auch  schmeichelnd  zurief:  schuna  lieber  hund  schön  ! 
{altd.  wäld.  3,  132).  die  uncerstandne  redensart  suchte  man 
später  auf  lieben  zu  beziehen,  vgl.  Gottleib  Dietleib,  später 
Gottlieb,  Dietlieb.  Zweifelhaft,  ob  Logacs  einem  andern  ub- 
gcliebet  3,  7,  52  den  weidmännischen  Sprachgebrauch  im  sinne 
hat,  es  meint  aber  abgeschmeichelt,  was  er  könnte  verstanden 
haben  geliebkoset,      vgl.  abverlieben. 

ABLIEFEBN,  tradere,  praestare,  nnl.  afleveren,  aus  de«  hän- 
den  geben,  liefern :  geld,  körn,  heu  abliefern,  Soldaten,  gefan- 
gene, die  bauern  haben  abgeliefert ;  die  frau  hätte  uns  Weis- 
heit abgeliefert  für  ewige  zeiten.     Tieck  3,  20. 

ABLIEFERUNG,  /".  praestatio,  hingäbe. 

ABLIEGEN,  diffiteri,  bei  Luther  noch  richtig  geschrieben 
statt  des  heutigen  ablügen,  ableugnen :  du  wirst  mir  auch  nicht 
abliegen  das  buch,  lieber  lügner.  1,  363*.  mhd.  abe  liegen, 
das  du  mir  mein  kind  hast  abgelogen,   fasln,  sp.  43,  3. 

ABLIEGEN ,  distare,  nnl.  afliggen,  fern  liegen,  mhd.  abe 
ligen.  Eduard  drang  auf  einem  bewachsenen  pfade  weiter 
vor,  wol  wissend,  dasz  die  mflhle  nicht  weit  abliegen  konnte. 
Göthe  17,  St,  wo  das  weit  entbehrlich  ist.  deine  folgerungen 
liegen  ganz  ab  von  meinem  grund.  ein  abgelegnes  dorf,  eiland ; 
an  diesem  abgelegnen  ort.  Wielaxd  2,  50.  abliegen  auch  eine 
Zeitlang  liegen:  der  wein  musz  erst  abliegen,  bevor  man  ihn 
trinken  kann,  ein  abgelegenes  hier,  transitiv :  eine  schuld  im 
gefängnis  abliegen,  absitzen ;  sich  abliegen,  das  pferd  hat  sich 
die  haare  abgelegen,  durch  liegen  abgedrückt. 

ABLISTEN,  callide  auferre,  listig  abgewinnen,  durch  einen 
eid,  den  wir  ihnen  beti-üglich  abgelistet.  Schiller  344 ;  wenn 
der  Soldat  auf  der  lauer  steht  und  dem  feinde  etwas  ablisten 
möchte.    Göthe  8,  234 ; 

ich  habe  nicht  gelernt  zu  hinterhallen, 
noch  jemand  etwas  abzulisten.    9,  ü3. 

ABLOBEN,  vovendo  reeusare,  abgeloben,  geloben  etwas  zu 
unterlassen:   das  trinken,  fluchen  abloben.  » 

ABLOCKEN,  delicere,  weglocken :  den  hund,  die  tauben  ab- 
locken, meist  mit  beigefügtem  dativ.  einem  sein  geld,  ein  ge- 
heimnis,  ein  üed,  lächeln,  thränen  ablocken; 

lockt  keinen  blick  durch  seineu  scherz  ihm  ab. 
WiELANO  10,  25i ; 

er  ist  unsinnig  in  das  mädchcn  verliebt,  und  hat  wahrschein- 
lich seinen  verwandten  so  viel  geld  abgelockt,  dasz  er  wieder 
eine  zeillang  mit  ihr  leben  kann;  einem  seine  einnilligung  ab- 
locken, sich  ablocken  lassen :  der  sich  von  seinem  hcrren 
nicht  ablocken  läszt.  Kirchhof  iFen(/unm.229'.    s.  abicckeni. 

ABLOHNE.N,  remunerare,  verdienten  lohn  zahlen,  roll  loh- 
nen, auslohnen,  die  ältere  spräche  immer  mit  dem  dat.  der 
person,  welchen  auch  das  einfache  lohnen  fordert,  einem  sei- 
sen  dienst  lohnen,  alsdenn  wirt  inen  nacli  iren  trewen  dien- 
8ten  reichlich  abgclonet  werden.     Mathesius  47'; 

zwar  hfilt  ich  dir  mit  cnist.  als  billich,  abgelolini, 
doch  ist  mi-in  schwcrt  so  Tromm,  dasz  c»  auch  derer  schont, 
die  gleich  gefangen  sind.  Opitz  1,221; 

weit  wird  immer  bleiben  weit,  ist  des  bösen  so  gewöhn), 
dasz  sie  dem,  der  nicht  wie  sie  raset,  spöiiisrli  abclohnl. 

LooAU  2,  47 , 
wo  glauben  nicht  dahcime  wohnet, 
jst  auch  dem  lieben  abgelohnei. 

LobAC  1,  5,  62 ; 


75  ABLOHNEN  — ABLUGSEN 

das  musz  die  Franzosen  quälen, 
weil  es  gar  ein  iheiirer  kauf, 
indem  sie  sonst  ungewolinet, 
dasz  man  ihnen  so  ablolinct. 

SOLIAU  volksl.  520  (0.  1602). 

später  faszte  man  es  wie  remunerari,  nicht  mehr  wie  reddcre, 
und  fügte  den  persönlichen  acc.  hinzu: 

so  war  ich  ja  der  erste, 
den  Saladin  mit  worten  ahiulohnen 
doch  endlich  lernte.  Lessing  2,230; 

und  doch  glaubt  die  königin  mich  mit  diesem  elenden  scUliis- 
sei  für  alles  das  abzulohnen.    Lessing  7,  303 ; 

mein  gast  reist  ab,  mit  tod  mich  abzulohnen.    Scnii.LER  41 ; 
für  die  gehabte  müh  mich  abzulohnen.    deis.  339; 
sein   nächstes   muste  freilich  sein,  die  bremischen  und  bran- 
denburgischen  Söldner  abzulohnen.  Daiilm.  dän.  gesch.  1,  491. 
gesindc,  handlanger,  gesellen  ablohnen. 

ARLÖHSCIIEN,  bergmännisch,  in  geringe  tiefe  graben,  ge- 
gensalz von  abteufen,  absinken,  wol  entstellt  aus  abiurzcn,  tmd 
eigentlich  in  die  quere,  schiefe  graben  ?   vgl.  Finscii  unter  lurtsch. 

ABLÖSBAR,  redimibilis,  was  abgelöst  werden  kann,  ablös- 
bare thcile  des  ganzen,  ablösbare  zehnten. 

ABLÖSCHEN,  cxstinguere.  den  brant  ablöschen,  fastn.  sp.  348, 
11;  hatten  unsere  hauptieut  in  ihren  schiffen  alle  üechter  ab- 
geiöschel.  Vnoysp.  kriegsb.  Z,lbS' ;  dieweil  oftmalen  der  athem 
so  stark  aus  der  wunden  geht,  dasz  etwan  das  Hecht  davon 
abgcloschen  wird.  Würtz  wundarzn.  12C.  heute  mehr  für  ab- 
kühlen :  glühendes  eisen  in  wasser  ablöschen,  den  durst  ab- 
löschen und  figürlich,  die  schuld  von  dem  buch,  der  lafel  ab- 
löschen,    vom  licht  heiszt  es  blosz  löschen  oder  auslöschen. 

ABLÖSEN,  solvere,  redimere,  los  machen,  die  rinde  vom 
bäum,  die  haut  vom  fleisch  ablösen ;  die  binde  vom  arm,  den 
nagel  vom  finger,  das  joch  vom  nacken,  den  kahn  vom  ufer, 
den  cimer  vom  eis,  die  scele  von  dem  leib  ablösen,  chdem 
auch  in  fällen,  wo  jetzt  andere  Wörter  bräuchlich  sind:  den 
Schild  von  der  wand  ablösen  {abhängen).  Avrer  2S0'  ;  das  ge- 
schütz,  die  kanone  ablösen,  losbrennen,  lösen,  bergmännisch, 
die  gänge  vom  gestein  ablösen,  scheiden,  ein  versetztes  pfand, 
gut  ablösen,  einlösen;  die  zehnten  mit  geld  ablösen,  einen 
von  der  eingenommnen  stelle,  dem  platz  ablösen  tmd  seine 
stelle  einnehmen,  zumal  die  wache,  schildwachc  ablösen,  wo- 
bei doch  an  jenes  abhängen  des  Schildes  zu  denken  ist;  so 
lösten  zwei  andere  {grcnadiere)  dergestalt  ab,  dasz  sie  strack 
vor  jene  hintratcii,  welche  sich  dann  eben  so  gemessentlich 
zurückzogen.  Götiie  24, 148 ;  den  gefangnen,  gemarterten  ab- 
lösen; ein  neues  jähr  löst  das  alte  ab;  träge  dumpflieit,  die 
so  oft  bei  Unglücksfällen  unsern  verstand  und  unser  helles 
bewustsein  ablöst.     Tieck  15, 150 ; 

enizückung  löst  mit  wehmulh  ab.    Hai.ler. 

Sich  ablösen:  die  flotte  löset  sich  vom  hafen  ab.  Götiie  9, 
371 ;  das  wort  musz  sich  ablösen,  vereinzeln.    26, 108 ; 

auch  dasz  zu  wichtigem  beginnen  ich  desto  eh  mich  abelöse. 
LoGAu  3,  256,  222. 

der  schleim  löst  sich  ab  (von  der  brusl),  ablösende  mittel. 

ABLÖSIG,  ablöslich,  ablösbar:  welches  alles  ablösig  und 
allein  mit  flemmlein  angewachsen  ist.  Triun.\EissERpro6Jer(/«// 
der  harnen,  ßc;/.  1576.  b/.  29;  solche  zins  ablösig  sein  sollen. 
Frankf.  reform.  II.  7,2.3.15.  15,11. 

ABLÖSLICU,  eine  willkürliche,  zu  aller  zeit  ablösliche  zu- 
sainmentrelung  verschiedener  Staaten.    Kant. 

ABLÖSUNG,  f.  in  allen  bedeutungen  des  ablösens. 

ABLÖTHEN,  gleichsam  deplumbare,  franz.  döplomber,  das 
angelöthcle  abschmelzen,     s.  abschweiszen. 

ABLIJUEBN,  excoriare,  abaasen,  abdecken. 

ABLL'GEN,  diffUeri,  s.  abliegen,  einem  andern  abgelogen. 
LOCAU   3, 128, 152; 

sein  (den  lichhahers)  herz 
zu  eigenem  prolit  der  nnilern  nbzulügen. 

WlKLAND  5,  133; 

kerichcn  genug,  die  sich  einander  fast  die  lunge  ablegen. 
Fr.  Müt.i.ER  2,56. 

ABLIIGEN,  abluegen,  oculis  auferrc,  abschauen,  lug  mir 
nicht  alles  und  jedes  ab !    Tobi.kr  lO'. 

ABIJJGSEN,  dam  auferre,  ablauern,  entwenden,  frequcnla- 
liv  von  abluegen,  abscliauen,  einem  geld  iioimlicli  ablugsen. 
andere  schreiben  abluxen :  brikommendc  labelle  hab  icii  ihm 
für  dich  abgeluxt.     Bettina  bricfc  2, 106. 


ABLUNGERN  —  ABMARKUNG 


76 


ABLUNGEBN,  velociter  auferre,  behend  abnehmen:  wegen 
des  schlosserischen  Antipope,  den  ich  dem  Kaufmann  abge- 
lungert. Hamann  5,  242,  gleichsam  abgeschnellt,  vom  ahd.  alts. 
lungar  celer,  velox. 

ABLIJPFEN,  sublevare,  abheben:  einem  das  bündel  vom 
köpf  lupfen.     Auerdach  dorfg.  2,  38L 

ABMACHEN,  parare,  nnl.  afmaken,  fertig  machen,  die  letzte 
hand  anlegen,  von  der  hand  lassen,  der  weher  macht  das  zeug 
ab  vom  Webstuhl,  zumal  galt  das  wort  in  der  allen  küche,  die 
machen  vom  bereiten  der  speise  verwendet :  ein  gericht  abmachen 
und  hin  geben  zum  auftragen;  mach  es  ab  mit  einem  ei,  mit 
fett,  mit  guten  würzen,  d.  i.  rühre  noch  ein  ei  daran,  thue  ge- 
würz  dazu  und  gib  es  hin  (s.  abquerlen,  abrühren),  abma- 
chen heiszt  auch  abbilden,  effingere,  exprimere  facicm,  einen 
menschen  kenntlich  abmachen  in  gemählde  oder  in  erhabnem 
bild.  Diese  sinnlichen  bedeutungen  werden  nun  übertragen: 
das  ist  abgemacht,  eine  längst  abgemachte  sache;  es  ist  ein 
abmachen,  geht  in  einem  hin,  steht  auf  einmal  abzulhun; 
mache  du  das  mit  ihm  ab ;  sie  haben  eine  wichtige  sache  mit 
einander  abzumachen ;  die  rechnung  ist  leicht  abgemacht ;  ich 
habe  den  weg  in  einer  stunde  abmachen  können ;  den  streit 
gütlich  abmachen.  Kant  5,  274.  An  des  abstractcn,  nicht  des 
sinnlichen  abmachens  stelle  kann  meistentheils  auch  abthun 
treten,  doch  wäre  dies  unstatthaß  in  der  rcdensart  es  mit  einem  ab- 
machen, icelches  dem  sinnlichen  es  mit  einem  ei  abmachen  gleicht. 
ABMACHSEL,  n.  kochfett,  litt,  uzdaras. 
ABMAGERN,  macescere,  mager  werden:  er  magert  sicht- 
bar ab.  * 

ABMÄHEN,  secare,  nnl.  afmaajen,  das  gras  mit  der  sense 
von  der  wiese,  dann  die  wiese  abmähen,  den  haber  abmühen. 
s.  abmeien. 

ABMAHLEN,  molere,  nnl.  a&nalen,  von  den  müldsleinen  ab 
mahlen : 

Fungus  maul  ist  cme  mühle,  die  gar  güng  in  ihrem  lauf, 
mahlt  ein  handvoll  witz  kaum  abe,  schütet  wort  ein  malder  auf. 
LOGAU  3,47,46; 

diese  zwen  von  chrsucht  harten  steine  waren  nicht  fähig  was 
gutes  abzumahlen.  Lohexst.  Arm.  l,  904;  wenn  ich  meinen 
steinen  etwas  aufzuschütten  habe,  so  mahle  ic|j  es  ab.  Les- 
sing; das  körn  ist  ganz  abgemahlen. 

ABMAHLEN,  pingere,  imitari,  nnl.  afmalen:  ein  thicr,  eine 
landschaft  abmahlen.  hette  in  gott  nicht  so  eben  abmalen 
lassen.  Lltiieu  4,  43*;  solchs  hat  er  (gott)  auch  selbs  in  der 
natur  und  seinen  werken  abgemalet.  6,  48* ;  gleichwie  im  evan- 
gelio  abgemalet  ist  an  dem  reichen  man.  6,  47*;  also  malet 
er  auch  das  ganze  predigainpt  in  disem  gesiebte  ab.  Matiie- 
sius  76'; 

also  ich  hie  nu  schlecht  abmahl.    Weckiierlin  364; 
des  pöbeis  lust  blüht,  wenn  ein  Talsch  geschrci 
sich  an  die  fürsten  macht  und  sie  aufs  grimmst  abraahlet. 

A.  Grvphius  1,  427  ; 
dann  wird  die  tvrannei  durch  stete  schmach  bezahlet, 
mit  ihrer  rechten  färb  aufs  leben  abgemahlci. 
Opitz  3,309; 

wird  jemand  abgemablt,  geschieht  es  ohngefehr, 
es  ist  niemand  genennt.  Logau  3,214; 

wie  mahlen  wir  uns  denn  den  tod  so  scheusziich  abe. 

Fleming  128. 

in  den  aus  Luther  angeführten  stellen  nähert  sich  abmahlen 
einem  bloszen  darstellen,  vorstellen  und  beschreiben,  so  sagt  er 
auch:  gott  sol  ir  warten  und  alsbald  bereit  sein  und  nicht 
anders  helfen,  denn  wie  sie  es  abgemalet  haben.  1.41*.  dies 
abmahlen  hängt  aber  mit  der  Vorstellung  des  zeichnetis  und 
abgrenzens  zusammen,  wie  gesagt  wird  der  wald,  der  flusz 
sind  abgemablt,  durch  mahlsteine  bezeichnet  worden,  vgl.  inalil 
und  mahlen. 

ABMAHNEN,  dehortari,  nnl.  afmanen,  gegensalz  von  ermah- 
nen, die  leulc  von  der  abgötlerei  abmalinen.  pers.  rosenth. 
7,  20;  ein  weiser  mann  wollte  seinen  söhn  von  der  füllcrci 
und  freszhaftigkcit  abmahnen,    das.  3, 10 ; 

er  ritte  noch,  woforn  ihn  Has))iut'iio, 

die  keinen  fusz  mehr  fühli,  nnlit  abgemahnet  hätte. 

WlKLAND   17,20; 

die  jfiemiaden,  mit  denen  uns  Geliert  in  seinem  prartinuii 
von  der  poesic  abzuniahiieii  pllegte.     Götiie  25,  65. 

ABMARKEN,  determinarr,  limitare,  die  grenze  abstecken,  die 
flur  ist  abgemarkt  und  versteiiif.    s.  mark. 

AÜMARKLNG,  f.  limilatio,  abgrenzttng  des  feldes,  ackers. 


w* 


77 


ABMARKTEN  —  ABMELDEN 


ABMELKEN — ABMEDEN 


78 


ABMARKTEN,  mercari,  abhandeln,  abdingen  : 

mir  meine  schände  zu  verkaiiTen!  mir 
den  Trieden  abzumarkten,  weil  tlu  schnize 
zu  bieten  hast.'  Görnc  7,  163; 

einmal  ist  wenigstens  einmal,  und  daran  läszt  sich  nichts  ab- 
markten.   Hebel  schatzk.  S7. 

ADMARSCH,  ni.  profectio,  der  abzug  des  heers,  der  Solda- 
ten, zum  abmarsch  blasen,  den  abmarsch  nehmen,  aufschie- 
ben, der  abmarsch  unserer  Jäger  nach  Tirol  war  traurig  und 
bedenklich.    Güthe  32,  42. 

ABMARSCHIEREN,  proficisci,  abziehen,  das  regiment  ist 
heute  abmarschiert. 

ABMARTERN,  äticiare,  nnl.  aimartelen,  abquälen,  du  mar- 
terst mein  herz  grausam  ab;  ein  thier,  den  leib  abmartern; 
sich  sein  leben  langsam  abmartern  lassen.    Kli>ger  12,  ISl. 

ARMARTERUNG,  f.  abmarterung  des  leibes.    Simplic.  1,  70. 

ABMASZ,  n.  mensura,  ein  genommnes  masz.  abmasze 
nehmen. 

ABMATTE.N,  langiiefacerc,  nnl.  afmatten,  ton  kräflcn  bringen. 
tiel  stärkern  feind  wir  abmatten  und  erlegen.  KincniiOF  mtl. 
diso.  15S;  warumb  mattestu  dich  denn  mit  so  starkem  und 
greulichem  rufen  ab  ?  pers.  rosenth.  4, 14 ;  dasz  sie  weder  tag 
noch  nacht  ruhe  hatten  und  sich  daibei  abmatteten,  das.  7, 
20;  dies  alles  hat  mich  abgematleL    Klopst.  9,144; 

umson-:!  versucht  ich  diesen  troiz£rcn  muth 

in  dieser  Zeilen  wollust  abzumalten.    Schiller  2fi5. 

das  gold  abmatten  heiszt  in  der  melallarbeit  es  mall  und  glanz- 
los dar  sl  eilen. 

ABMAUERN,  »juro  cingere,  nnl.  afmuren,  einen  garten  ab- 
mauern. 

ABMAl'SZEN,  mutare,  abwechseln,  rertauschen:  dasz  sowol 
bau-  als  brcnnholz  nicht  hin  und  wieder,  sondern  ein  theil 
■nach  dem  andern  abgegeben  und  abgemauszet  werde,  so  kan 
das  junge  holz  desto  besser  wachsen.  HoHnERG  1,  13S'.  gilt 
zumal  rom  Kecbscln  und  mauszen  {nicht  mausen)  der  federn: 
weil  sonst  die  Zugvögel  mit  abgemausztcn  und  abgenfitzten 
federn  zurückkämen.    J.  Paul  paling.  2,  54. 

ABMEHREN,  in  der  Schweiz  durch  mehrheit  vencerfen,  ab- 
schaffen, Kie  ernichren  durch  mehrheil  anordnen :  auszer  dasz 
in  wenigen  fallen  alle  drei  rotten  eine  geldbusze  abmehren 
mochten.    Jou.  Müller  gesch.  der  Schw.  2,  205.    Stald.  2,  205. 

ABMEIEN,  was  abmähen:  die  pecora  campi,  die  das  gras 
mit  dem  gesesz  abmeien.    Fischart  Garg.  cap.  5 ; 

die  mit  tlirnnen  samcn  streuen 

werden  trölich  körn  abmeien.    Opitz  2,  15; 

bisz  mit  der  püsche  zier  den  stammen  auch  das  kleid, 

der  erden  laub  und  gras  durchaus  ist  ahgemeit. 

ders.  1,41; 
diebe,  die  der  krieg  gesäei,  läszt  der  friede  reichlich  finden, 
und  der  henker  meit  sie  abc,  wird  in  hanf  die  parben  binden. 

I.ocAü  2,  2,  100; 
o  recht  vertrautes  paar, 
das  thräncn  ausgestreut, 

nun  lachen  abgemeii.      [Joffiaxnswaldad  s.  192; 
soll  deine  rose  »ein  im  friihling  abgcmeit?    s.  30; 
sind  denn  diese  fruhlinffsro^en  mirch  das  aller  abgemeii?  s.  85; 
wer  es  (rosenbrechcn)  verschiebt  bisz  auf  die  miltagszeit, 
da  nunmehr  alle  pracht  von  ihr  ist  abgemeii.    s.  27. 
die  reife  saat  ist  abgemeii.        Brockks  7,  332.  352 

und  7, 431  gemoit :  feuchtigkeit.  auch  mhd.  meigen  ßr  maejen, 
man,  und  I.cther  3,  420"  setzt  grasmeider  ßr  grasmäher,  Da- 
SYPOüics  mäiiing  für  foenisecium. 

ARMEIERN,  colonum  demiltere,  den  bauer  ron  hof  und  gul 
entfernen,  tgl.  Moser  f.  ph.  1, 145. 

ARMEI.SZELN,  cuneo  abscindere,  nnl.  afmetselen,  mit  dem 
meiszel  abhauen:  den  ast  vom  bäum  abmciszcin ;  das  ungleiche 
von  dem  stein  abmeiszeln.    rgl.  meiszel. 

ARMEISZEN,  caedcre,  abhauen,  goth.  afmaitan,  ahd.  apa- 
farmei^an,  dies  uralte  trorl  hat  sich  bei  den  fürstem  einfach 
erhalten:  was  aber  windfällig  und  wipfeldürr,  mag  man  zti 
aller  zeit  {im  tralde)  wol  abmeisznn.  HonnERG  2,  570";  die 
holzställe,  wo  das  holz  abgemciszct  worden,  das.;  in  den 
Wäldern  und  abgemaiszten  holzsiailrn.  2,  570'.  dem  part.  ge- 
bührte die  starke  form  ahgcmeiszen,  wie  noch  in  Baiern  holz 
abmaiszen  und  das  part.  gemaiszen  dauerte  (Schmei.ler  2,  627). 
rgl.  mai<z.  abmetzeln  tind  abschmatzen. 

ARMELDEN,  franz.  coniremander,  gegensatz  ron  anmelden  : 
den  angemeldeten  besuch  abmelden,  einen  diensibotcn,  der 
früher  gemeldet   worden    war,    bei    der   obrigkeit   abmelden; 


sich  abmelden,  beurlauben  von  dem,  welchem  die  meldmg  ge- 
schah. 

ARMELKEN,  penitus  mulgere,  nnl.  afmelken. 

ARMENSCHLICH,  a  homine  alienus,  stärker  als  nnmenscb- 
lich,  der  menschennatur  entgegen:  derselbige  golt  hat  solche 
vielfaltige  Icut  von  einem  vater  nicht  lassen  kommen  und  wi- 
der die  natur  kein  widerwertiges  und  abmenschliches  geord- 
net.   Paracelscs  ron  der  geberung,  opp.  1516  1, 119". 

ABMERGELN,  macerare,  nnl.  afimergelen,  bis  aufs  mark 
entkräften,  vom  mark  kommen  lassen,  man  schrieb  ahd.  marag, 
marg  medulla,  tind  früher  mag  es  ein  abmargen,  abinei-gen 
neben  dem  frcqucntativ  abraergeln  gegeben  haben;  kattm  ist 
ans  goth.  maurgjan  murcare,  zu  denken,  nocJi  tceniger  an  mcr- 
gil  argilla.  Schütze  holst,  id.  1,  24  sich  afmarachen,  abstrapa- 
zieren, auch  in  Meiszen  sich  abmarachen.  inaclit  seine  feinde 
also  matt  und  mfide  und  mergelt  sie  abe.  Luthers  tiÄcAr.  427'; 
wenn  sie  denselbigen  würden  abgemergelt  und  so  zugerichtet 
haben,  rfos.  44l';  die  arbeiter,  bevoraus  die  leibeigene  knechte 
wie  das  vieh  abmärgelt.    Kircuu.  tcendunm.  53*; 

an  leib  und  see!  bald  abgemerglet.    Weckherl.  245  ; 
ich  steige  von  dem  thron  und  bitte,  drückt  nicht  mehr 
mein  abgcraergelt  volk,  die  strafe  schmerzt  zu  sehr. 
A.  Grtphics  1,  560; 

nnangesehen  sie  sich  daran  ziemlich  abmergelte,  abmühte. 
Simplic.  2,  305 ;  ob  ich  einen  kürper  langsam  abmergelc  oder 
ihm  sein  blut  auf  einmal  abzapfe.  Wieland  7,  253 ;  im  ver- 
gesleten  und  düiTcn  boden  von  Rom  uns  abmergeln.  Stol- 
berg 7,  84 ;  wo  mein  wilz  ganz  abgemergelt  ist.  J.  Pacl  /i7. 
nachl.  4,149. 

ABMERKEN,  dispicere,  von  oder  an  ettcas  still  absehen :  ich 
merke  es  deinen  äugen  ab,  dir  an  den  äugen,  an  der  micnc 
oder  gebärde ;  er  merkt  ihm  die  handgriffe  schon  ab ;  was 
ist  man  nicht  hinter  dem  knaben  her,  dem  man  einen  fun- 
ken eitelkeit  abmerkt.  Götde  16,202;  sie  merkte,  wie  sonst, 
Wilhelmen  seine  grundsätze  ab.  19,  237 ;  seine  geliebte  sucht 
ihm  abzumerken  was  er  wünscht.  19,  2S7.  mit  blossem  acc. 
im  Teuerdank  43,  27 

nicht  lang  darnach  es  sich  begab, 
das  Unfalo  ward  merken  ab 
ein  künftiges  wetier  ffinvar. 

ARMESSEN,  dimetiri,  nnl.  afmeten,  mit,  nach  ettcas  pwiat« 
ermessen,  sinnlich,  den  acker,  das  feld  mit  ruthe,  schnür, 
schritten,  schuhen  abmessen ;  ein  abgemessener  kainpfraum ; 
das  tuch  mit  der  eile,  die  verse  an  den  fingern  abmessen ; 
mit  stolzen,  abgemessenen  schritten  auftreten;  die  ankunfl 
der  herschaflen,  welche,  wie  abgemessen,  von  beiden  seilen 
in  den  schloszhof  hineinfuliren.  Göthe  17,  lOS.  Saturn  ein 
viel  schwerer  abzumessender  planet.  Kaxt  8,  305.  Figi'irlich, 
seine  rede,  worte,  handlungen  abmessen,  abicägen ;  abgemes- 
sene erklärungen,  depnitionen.    Kant  C,  14 ; 

was  golt  recht  rechnet  aus,  was  gott  wol  misset  abe 
steht  nie  so  recht  und  wol,  dasz  ladet  nichts  dran  habe. 
LoGAD  1,  9,  34: 

der  mond,  eine  glänzende  Scheibe,  die  unsre  zeit  abmiszt. 
Wieland  1,  132;  uns  unter  einander  zu  dulden  und  zu  ver- 
tragen, wenn  auch  nicht  ein  jeder  die  handlungen  abmiszt 
Göthe  40,  2S6 ; 

diesen  schönen  gang  betrachte, 

diesen  abgemesznen  wandel.    PLATt.<<  159. 

ARMESSl'NG,  f.  dimensio.  abmessung  des  rauins,  derzeit: 
der  ratim  hat  drei  abmessungen.  Kant  2,  239 ;  die  abmessung 
der  Wörter  und  verse.  Opitz  poeterei  ;>.  4;  schon  Homer  hat 
es  empfunden  imd  angedeutet,  dasz  es  ein  erhabenes  an- 
sehn gibt,  welches  blosz  aus  diesem  zusalze  von  grösze  in 
den  abmessungen  der  füsze  und  schenke!  entspringet.  Les- 
SINC   fi,  507. 

ARMETZELN,  mulilare,  abschneiden,  nnl.  afinelselen:  den 
köpf  abmetzeln,  niedermetzeln,    vgl.  abmciszen. 

ARMETZEN,  bei  den  tntUlem,  die  ßr  das  mahllohH  getetUe 
metze  rf(jron  nehmeti. 

AR.MIETIIE.N,  conducere,  ron  einem  :i/rmiethe  nehmen,  mit  dem 
dat.  der  person.  einem  ein  pferd,  haus  abmiethen ;  wir  haben 
einem  pachter  das  alle  sihlosz  a!>geiiii  -thct.     Götbe  20,  225. 

ABMILDEN,  miligare,  mildem,  mäszigen: 

jugendschriit  an  freundes  bnist 
wechselseilig  abi:emildei.    Göthi  3,  131. 


79 


ABMILDERN  —  ABNARBEN 


ABNARREN  —ABNEHMEN 


80 


ABMILDERN,  wie  das  vorige,  begriffe  abmildem,  moderieren. 

ABMISTEN,  fimum  exportare,  austnislen.  den  hof  abmisten, 
das  vieli  abmisten. 

ABMODELN,  modulari,  nach  etwas  modeln. 

ABMOSEN,  musco  purgare,  von  mose  reinigen,  die  bäume 
abmosen. 

ABMÜDEN,  faligare,  müde  machen,  anstrengen:  die  knecbte, 
die  rosse  abmüden,  zumal  sich  abmüden :  o  dasz  ich  werden 
dürfte,  wie  dieser  tagelöhner  einer!  o  ich  wollte  mich  abmü- 
den, dasz  mir  das  biut  von  den  schlafen  rollte.  SciiiiLEn  125 ; 
die  abmüdende  bewegung  des  tages  hatte  ihm  die  siiszeste 
nachtruhe  verdient.  Göthe  21, 149 ;  wie  der  herr  sich  des  tags 
auf  der  canzlei,  in  der  stadt,  auf  dem  lande  in  geschäften 
abmttdet,  so  findet  er  abends  ein  leeres  haus.  23,  144;  die 
menschen,  die  sich  ohne  grundsätze  in  der  crfahrung  abmü- 
den. 3C,  2t9 ;  eines  Irrgartens  in  dessen  krümmungen  sich  so 
viele  Spaziergänger  abmüden.  36,  21S ;  jede  blosz  empirische 
liandlung  müdet  sich  ab  in  dem  weiten  umfang.  55, 197 ;  alles 
was  wir  treiben  und  fhun  ist  ein  abmüden.  49,  72. 

ABMÜHEN,  lassare,  stark  bemilhen,   ermüden : 

nun  fieng  sichs  herrchen  an  zu  scliämen, 
umsonst  so  sehr  sich  abzumülin.    Kükger  1,  149. 

ABMÜRZELN,  miüUare,  schwer  abschneiden,  den  knochen 
mit  stumpfer,  klinge  abmurzeln,  absäbeln,    s.  abmulzen. 

ABMÜSZIGEN,  vacuefaccre,  von  etwas  auf  kurze  zeit  frei, 
los,  müszig  machen :  ich  darf  ihn  nicht  von  der  arbeit  ab- 
müszigen  ;  wenn  ihr  noch  einen  augenblick  von  euern  geschäf- 
ten abmüszigen  (abstehlen)  könnt.  Tiück  3,36;  gewöhnlich  nur 
als  rcciprocum,  sich  abmüszigen:  du  kannst  dich  wol  einen 
augenblick  von  dem  schreiben  abmüszigen ,  des  Schreibens 
müszig  gehn;  könnten  sie  sich  so  viel  von  ihrer  denkart  auf 
einen  augenblick  abmüszigen.     Hippel  lebcnsl.  4,3i2; 


da  selten  ich 
von  meinem  tage])ucli  micli  abgemüs^igl. 


I'LATEJi  201; 


alle  abzumüszigenden  tage  und  stunden  in  freier  luft  zubrin- 
gen. GöTUE  25,  344.  Die  kanzlcisprache  verwendet  es  auch  für 
abnölhigcn,  abdringen:  einem  eine  erkläi'ung  abmüszigen, 
gleichsam  ihm  dazu  musze  machen;  in  solchem  sinne  Pla- 
TEM  275 : 

zur  seile  der  lady  die  börse 

auf  dem  naclittisch  liegt,  die  könnt  ich  ja  wol 

ganz  ohne  gefalir  abmüszigen  ihr, 

7vie  man  auch  sagt  abnüthigen,  wegnehmen. 

ABMUTZEN,  mulilare,  abhauen,  abstumpfen,  wie  es  scheint  mit 
ausgestosznem  r  für  abmurzen,  s.  abmurzeln  und  abwürzen. 

das  hindcrtheil  war  abgestutzt, 
gleich  wie  die  gans  kurz  abgemutzt. 
ganskönig  F6"; 

bäume  abmutzen,  stutzen,  ein  thier  abmutzen,  ihm  den 
schwänz  stumpfen:  abgemutzt  detruncatus.    SriEi-Ea  1316. 

ABNAGEN,  derodere,  mhd.  abe  genagen.  Bari.  119,26;  tuon 
im  sein  herz  abnagen,  fastn.  sp.  159,  5,  nnl.  afknagen,  nagend 
ablösen,  die  maus  nagt  das  holz  ab  ;  der  hund  nagt  das  fleisch 
vom  bein  ab,  nagt  das  bein  ab  ;  sicli  die  nägel  von  den  fingern 
abnagen,  der  kummer  nagt  ihr  das  herz  ab ;  so  sitzest  du 
da  und  nagst  dein  herze  ab.  Tieck  2, 122 ;  sich  das  leben  ab- 
nagen.   Ki.inceh  1,  433. 

ABNÄHEN,  consuere,  nnl.  afnaaijen,  benähen,  steppen :  die 
ei-mel  belegt  und  abgenäet  mit  baumwolle.  FnANK  weltb.  206"; 
einen  rock  abnähen,  felder  abnähen,  so  dasz  die  untergelegte 
tcolle  sich  nicht  verrücke,  eine  blume  abnähen,  sticken,  eine 
«chuld  abnähen,  durch  nähen  abverdienen. 

ABNÄHER,  m.  den  schneidern,  eingenähte,  weggcnähle  falle: 
einen  abnäher  machen. 

ABNAHME,  f.  defectus,  nach  den  verschiednen  bedeulungen 
des  Wortes  abnehmen,  sinnlich  das  herab,  herunternehmen  :  die 
abnähme  vom  kreuz,  des  bildes  von  der  wand,  des  liutes  vom 
köpf,  des  hartes  vom  kinn,  des  tuchcs  vom  tisch,  figürlich 
die  abnähme  des  eides  von  dem  schwörenden,  der  rcchnung 
von  dem  der  sie  stellt,  der  kaufmann  hat  keine  abnähme, 
keinen  absalz.  Fo/t  dem  intransitiven  abnehmen  bildet  sieh 
abnähme  defectus:  abnähme  des  mondes,  liciits,  tages,  des 
Wassers  im  meer;  der  kraft,  der  sinne,  des  gcdächtnisses,  der 
;iugcn,  der  machl,  des  reichs.  auch  abnähme  an  krafi,  an 
lugend,  an  fleisz.     der  gebrauch  ist  in  al)nahme,  verfall. 

ABNARBEN,  depilarc,  bei  Icdcrarbeitern,  die  oherßärhc  des 
felis,    die  haare  davon  abstoszen.     in  der  landwirtschaß,    die 


beide  abnarben,  abmähen;  den  mist  von  der  beide  abnarbcn. 
Moser  p.  ph.  1,  345. 

ABNARREN,  fallcrc,  abbetriegen :  bedacht,  wie  sie  andern 
nationcn  ihr  geld  abnarrcn  könne.    Weise  kl.  Icute  108. 

ABNASCHEN,  praen/jerc  delicatiora,  den  rahm  von  der  milch 
abnaschen,  die  rosincn  vom  kuchen. 

ABNEHMEN,  auferre,  tollere,  nnl.  afnemen,  sinnlich:  die 
äpfel,  fruchte  vom  bäum,  den  hut  vom  köpf,  mantel  von  der 
Schulter,  den  rahm  von  der  milch,  das  kind  von  der  brüst 
oder  dem  arm,  den  dich  vom  galgen  abnehmen,  mit  persön- 
lichem dativ :  einem  mantel,  hut  und  stock  abnehmen,  das 
geld,  die  last  und  bürde  abnehmen ;  mit  bloszem  acc.  die 
milch  abnehmen,  den  rahm  abnehmen,  den  hart  abnehmen. 
früher  galt  abnehmen  vom  abschlachten  oder  abthun  der  thiere : 
ein  hopt  (vihes)  abnemen.  wcisth.  1,  313  ;  so  si  ein  ochsen, 
kalb  oder  vogel  abnemen  wollen.  Frank  weltb.  15l' ;  wöllicher 
wüU  ein  wochen  gut  leben,  der  neni  ein  saw  ab,  so  hat  er 
kotncisch  und  auch  würst  zu  essen,  i.  Pauli  39 ;  es  fügt  sich, 
das  er  ein  färlin  het  abgcnomen.  das.  44;  si  sullent  ouch 
kein  unzitige;  vihe  niht  abnemen.  Meraner  stadtr.  bei  Haupt 
6,  417;  gemeint  ist  Wol  ein  nehmen  von  dem  leben,  von  der 
kellte,  wie  bei  abstechen  und  abschneiden,  die  ebenso  verwandt 
werden.  Oß  kann  der  acc.  wegbleiben,  wenn  er  leicht  zu  rcr- 
stelin  ist,  z.  b.  abnehmen  heiszt  für  sich  schon  den  tisch,  die 
teller  abnehmen :  nehmt  ab,  ich  esse  nichts  mehr.  Lenz  1, 
2G9 ;  oder  unter  spielenden,  einen  theil  der  karten  abnehmen ; 
nicht  anders  abnehmen  schlachten,  ohne  bcifügung  des  thiers; 
abnehmen  im  deutschen  recht  meint  die  schwörenden  finger 
von  den  reliquien,  auf  die  sie  gelegt  waren,  nehmen,  richtst. 
lehiir.  12,4;  abnehmen  beim  stricken,  die  maschen  vermindern, 
dreimal  abnehmen,  auf  der  dritten  nndel  abnehmen.  Figürlich 
ist  abnehmen  von,  aus,  an,  bei  den  worlen,  von  der  sache, 
so  viel  als  vernehmen,  entnehmen,  deducere,  intelligere:  da- 
bei ist  abzunehmen,  was  für  liccht  in  der  archa  gewesen  sei. 
Luther. 4,  47';  dabei  sollen  sie  ic  abgenomen  und  gemerkt 
haben.  8,200';  meinen  viiieicht  es  sei  in  nit  ernst,  oder  ne- 
men  ir  leichtfertig  herz  darbei  ab.  Frank  weltb.  105* ;  daran 
als  mengklich  wol  abzenemen  hat.    rcichsabsch.  v.  1501.  §.  3 ; 

dann  merkt  und  nimmt  man  ab,  dasz  eure  fablerei 
ein  Widerhall,  vielleicht  noch  woniger  was  sei. 
LoGAü  2,  70; 

so  nehmet  selber  ab.  Wieland  4,  222;  hast  du  das  von  dir 
abgenommen?  Götue  8,  235;  die  regel  aus  der  analogic  ab- 
nehmen. Kant  8,  321.  feiner  bedeutet  ein  bild  abnehim-n  es 
nachahmen  oder  zur  nachahinung  stellen :  dasz  ich  euer  kon- 
terfei abnehme,  ehe  ihr  von  hier  reiset.  Tieck  Sternb.  1,  213 ; 
davon  ihr  euch  ein  bild  abnemen,  entnehmen  mögt,  was  aber 
bedeutet  es  in  folgender  stelle:  sollte  es  nit  gut  sin,  so  ich 
arm  bin,  dasz  der  rieh  sin  gab  mir  geh,  oder  so  ich  ein  Sün- 
der bin,  dasz  mich  der  gclert  abnemc?  Zwingli  1,  216,  wol 
absolvat  ?  vgl.  die  buog  abnemen.  fasln,  sp.  309,  8.  Gleich  der 
schweren  bürde  wird  anderes  abgenommen :  ich  will  dir  die  ar- 
beit und  mühe,  ich  kann  dir  den  weg  abnehmen,  ich  musz^ 
auch  dabin ;  die  bürde  der  jungferschaft  aljnchmen : 

diebstal  kan  man  wiedergeben,  abgeiiummcn  jungfersohan 
kan  man  also  wiedergeben  wie  dem  todten  seme  krafl. 
LocAU  2,  238,  176. 

Was  abgenommen  ist,  fehlt  und  gebricht,  aus  dem  transitiven 
entfaltet  sich  leicht  ein  intransitives  abnehmen,  deßcerc,  minui. 
das  kind,  der  tag,  das  licht  nimmt  ab,  der  inond  steht  im 
abnehmenden  viertel;  geld,  reichthum,  kraft,  gedächtnis  neh- 
men ab ;  die  krankheit  nimmt  ab ; 

bist  du  der  liolio  sinn,  der  vorher  mehr  und  mehr 
nach  rühm  und  tugend  stieg?  wie  hast  du  abgenommen! 
A.  Grvpiiius  1,523; 

wie  hat  doch  deine  kntt  so  gar  bald  abgenommen? 
FlKMIKU  12. 

diesem  abnehmen  steht  zunehmen,  wie  dem  transitiven  abncli- 
inen  zusetzen,  zufügen  entgegen. 

ABNEHMEN,  n.  der  substantivisch  gesetzte  infmitir,  in  allen 
bedeulungen,  und  gleichviel  mit  abnähme,  hauptsächlich  aber 
in  der  neutralen  des  Schwindens  und  gebierhens.  das  alinenien 
iiviszl  bei  Ai.herus  tubes,  Schwindsucht,  die  feul  im  leib,  und 
das  Volk  in  der  Wellerau  sagt  dafür  heute  das  abuomnie,  gleich- 
sam das  abgenommcnhaben.  häufige  redcnsarten :  in  almehmen 
kommen  oder  geralhen,  in  abuehinen  sein,  als  keine  sein  pfarr 
in  abnemen  an  gelt.    Luther  3,  410 ;   in  merklich  abnehmen 


81 


ABNEHMER — ABNUTZEiN 


ABNUTZEN  —  ABPFETZEN 


82 


kommen,  ordn.  des  reichs  ron  1512  anfangs;  dies  geschlechf, 
dies  haus  geräth  in  sichtbares  abnehmen ;  der  winder  in  dem 
abnemmen  was.  KincnuoF  mil.  disc  191;  die  Viehzucht  ist 
auch  gar  ins  abnehmen  geralhen.    Weise  erzn.  94. 

ABNEHMER,  m.  jeder  abnehmende,  in  transitiver  bedeulung, 
ahd.  abanemari,  .\.  ps.  13,  3  ton  Christus :  der  abanemari  ist 
dero  arbeite,  der  den  mühseligen  und  beladenen  die  arbeit 
abnimmt,  wird  zumal  bei  kaufleulen  und  handwerkern  von  de- 
nen gesagt,  die  ihnen  ihre  waare  abnehmen :  dies  tuch  findet 
viele  abnehmer,  gute  waare  hat  leicht  abnehmen  abnehmer 
im  deutschen  recM  bezeichnete  den  für  einen  andern  eidlich 
eintretenden,  die  Verbindlichkeit  von  ihm  abnehmenden,  ihn  ent- 
lastenden. 

äBNEHMIG,  deficiens,  schwach,  im  abnehmen  begriffen:  ein 
solcher  junger  cörper  ist  gleich  so  wol  presthaflig  und  abnem- 
mig  an  der  nalur  als  der  alt.    P.\racelscs  opp.  1,  SSO'. 

ABNEHMLICH,  deficiens,  abnehmend,  schwindend:  sintemal 
dieselbige  [geddchlnis)  für  sich  selbst  schwach  und  abnemlich. 
Kirchhof  disc.  mil.  vorr. 

ABNEHMUNG,  f.,  susceptio:  abnemung  seiner  Sünden. 
Frets  garteng.  97.  früher  auch  abschlachlung  der  opfer:  si 
(die  druiden)  weissagtend  künftige  ding  und  namend  ir  ge- 
merk  aus  den  loszungen,  vogelgesang  und  abnemungen  der 
menschen  und  thier.    Stumpf  1, 103*. 

ABNEIGEN,  deßectere,  declinare.  äuge,  ohr,  herz  von  einem 
abneigen; 

wan  die  sonn  ihren  schein  von  uns  abnaiget. 

WsCEUERLI.f  207; 

ob  der  blutnen  ehr,  die  res, 

so  euch  eure  Tarb  gezaiget, 

da  sie  beut  der  thau  aufscblosz 

ihren  pracht  noch  nicht  abnaiget.    das.  391 ; 

lasz  mich  nichts  davon  abnaigen.    das.  203; 

sich  abneigen:  alsbald  sich  Adam  von  gott  wider  abneiget 
und  sich  in  sein  nicht  begab.  Frank  3,  130;  die  fahne  neigt 
sich  vom  thurm  ab,  der  leser  vom  buche,    s.  abgeneigt. 

ABNEIGUNG,  f.  sinnlich  das  herabneigen,  dann  aber  der 
gegensatz  von  Zuneigung,  aversio,  schwächer  als  Widerwille  und 
hasz.  Agathon  entschuldigte  sich  mit  seiner  abneigung  vor 
dem  geschäftigen  leben.  Wielasd  3,  39 ;  abneigung  gegen  das 
kloster.    Gotter  3,  35. 

ABNIESZEL.N,  bergmännisch  ßr  abnutzen:  die  bergeisen 
abnieszeln. 

ABNIESZEN,  uti,  frui,  davon  genieszen :  dasz  ich  dem  do- 
sier mit  pferden  niemer  abgenossen  hab,  dann  ein  \iertel  ha- 
bem.  urk.  von  1461  bei  H.vlt.^ds  ;  zu  einem  rechten,  redlichen, 
werenden  pfand  ane  alles  abnieszen.    ebenda. 

ABNIETEN,  solrere  clavum,  das  angenietete  lösen. 

ABNOLKE.N,  abnulken,  sorbillare.  Stieler  1184.  s.  noiken, 
nutschein. 

ABNÖTHIGEN,  vi  auferre,  gebildet  ton  nöthig,  irtc  abmü- 
szigen  von  müszig,  das  ahd.  nötac  bedeutete  aber  violentus 
und  in  diesem  sinn  ist  abnöthigen  mit  gewalt  abfordern,  ab- 
nehmen: einem  das  gcld  abnöthigen,  den  befehl  abnOthigen ; 
ich  wundere  mich,  dasz  der  heutige  tag  dir  einige  unruhe  ab- 
nülhigt ;  ein  entschlusz  der  mir  stille  thränen  ahnöthigte,  ab- 
zwang; in  freventlicher,  recht  abgenöthigter  weise.  Felsenb. 
2,  398 ;  lobspriiche  abnöthigen.  Gellert  4,  87.  Hingegen  ist 
einen  abnöthigen  einen  in  noth  bringen,  quälen  und  sich  ab- 
nöthigen sich  abmühen :  Simpiicius  wolte  die  wirthin  sich  nicht 
mehr  so  abnöthigen  lassen.     Simplic.  2,  305. 

ABNLTSCHELN,  exsugere:  das  füllen  hat  das  pferd  ganz 
abgenutsclicit.    Stieler  1184.     5.  abnolken. 

ABNUTSCHEN,  dasselbe. 

ABNUTZEN,  usu  consumere,  welchem  ein  ahd.  nuzan  nnzta, 
mhd.  nützen  nuztc  unterliegt,  Opitz  reimt  das  ü  auf  ie : 
die  namen,  so  anietzi  (nicht  anjeiii) 
auf  bloszen  steinen  stehn,  und  sind  fast  abgenützt 
durch  rosi  der  stillen  zeit.    1,  130  (Zlatna  83); 
ein  trinkgcschirr,  das  noch  nicht  abpenützt. 
Hagedor.'«  2,  101 ; 

den  stein  nüUen  endlich  die  tropfen  ab;  sein  gcist  bat  sich 
abgenützt. 

ABNUTZEN ,  gleicher  bedeulung,  aber  xuriekgehend  auf  ein 
ahd.  nuzüi),  mhd.  nutzen,  und  im  praet.  nunmehr  schwer  su 
unterscheiden  von  nützen,  welches  noch  rückumlauten  könnte 
in  nuUle.  viele  sprechen  und  schreiben:  die  kleider  abnutzen ; 
abgenutzte  geschichlchen.  Gotter  3,  U;  nutzten  ihre  nerven 
in  zügellosen  genüssen  ab.  Kuscer  10,  214 ;  ich  wollte  einem 


abgenutzten  herzen  mehr  vertrauen  eingehaucht  haben.  Klix- 
ger  2,  214;  weil  dufte,  ungleich  den  abgenutzten  merkmalen 
des  auges  und  obres,  seltener  kommen.  J.  Paul  Ftt.  1,  31. 
Wer  auf  Scheidung  beider  formen  ausgeht,  müsle  abnützen  ent- 
schieden transitiv  brauchen,  in  abnutzen  noch  etwas  intransi- 
tives walten  lassen,  z.  b.  sagen  das  kleid  nutzt  ab,  consumitur. 

ABNUTZEN,  m.  ustisfrudtis,  nieszbrauch:  seiner  witwe  den 
abnutzen  des  ganzen  Vermögens  auf  lebenslang  vermachen. 
HöPFXERS  commentar  ISIS  s.  276. 

ABNUTZER,  m.  im  gerichtsgebrauch,  der  usufructuar. 

ABNUTZUNG,  f.  nieszbrauch:  wegen  der  abnutzung  des 
gutes.    ScnwEixicHES  3, 16 ; 

wir  geben  dir  ein  thell  vom  land, 
die  abnutzung  wöll  wir  dir  geben, 
dasz  du  und  dein  gemabi  knnst  leben. 
Atber  176*. 

auch  ßr  absumtio,  consumlio,  die  abnutzung  aller  kräfte,  der 
kleider.  und  hier  wird  kaum  gesagt  abnutzung. 

ABÜDEN,  im  forstwesen,  den  wald  aböden,  aushauen,  de- 
vastare  silvam.  der  bezug  von  öde  auf  den  wald  ist  alther- 
gebracht, vgl.  waldöde,  altn.  eydimöik,  eydiskogr  und  Oden- 
wald, ahd.  Odonowald. 

ABORDNEN,  ablegare,  absenden,  einen  boten,  bevollmäch- 
tigten abordnen,  ein  abgeordneter,  mit  vollmacht  entsandter, 
aber  auch  gegensatz  von  anordnen,  abbestellen:  ein  fest  ab- 
ordnen, auszer  gebrauch  stellen. 

ABORDNUNG,  f  entscndung  oder  abscJiaffung.  in  eignem 
sinn  ßr  abweichung  von  der  natur,  unregelmäszigkeit :  also 
auch  mit  dem  puls,  sagen  viel  den  tod  in  der  Wassersucht 
an,  das  soll  sich  niemands  bekümmern  lassen  als  allein  der 
unweise,  die  engstigung  der  natur  gibt  des  puls  abordnung 
an,  nicht  der  tod.    ParaceijScs  1,  552'. 

ABORGELN,  organo  cantare,  von  der  orgel  abspielen:  ein 
lied  aborgeln;  der  predigcr  orgelt  seine  rede  ab. 

ABOllT,  m.  latrina,  der  abgelegne  ort,  abtritt,  heimliches 
gemach. 

ABÖRTERN,  angulare,  bei  tischlern,  das  abgehobelte  holz 
winkelrecht  absägen,  von  dem  alten  ort,  winket,  ecke. 

ABPAAREN,  binos  ordinäre,  paarweise  reihen,  ordnen,  sich 
abpaaren,  zu  paaren  abgehn,  etigl.  to  pair  off,  sich  aus  dem 
sal  entfernen,  um  nicht  mit  abzustimmen. 

ABPACHTEN ,  condueere,  ron  einem  pachtweise  erlangen. 
einem  das  gut,  die  mühle,  dem  landesherm  die  zöUe  ab- 
pachten. 

ABPACKEN,  esonerare,  abladen:  das  pferd,  den  wagen, 
karm ;  wieder  abpacken.    Lessixg  1,  317. 

ABPASCHEN,  talis  vincere,  mit  den  würfeln  abwerfen: 

euch  abzupaschen,  armer  schächer, 
ist  mir  nur  spasz.       Kl.  Schmidt. 

ABPASSEN,  quadrare,  mit  dem  zirkel  abmessen  und  dann 
genau  abwarten,  absehn: 

ach  hätte  nur  Sejan  den  vortheil  abgepaszt.  CAxrrz; 
weil  es  der  bimroel  dahin  abgepasset  und  abgemessen.  Felsenb. 
4, 260 ;  passe  es  ab,  wenn  der  könig  vorbeireitet ;  da  ich  schon 
abgepaszt  habe,  wo  es  in  Rom  hinaus  will.  Gütue  27,  248; 
wenn  wir  ein  paarmal  in  unserm  leben  die  gelegenheit  abge- 
paszt und  den  gipfel  erreicht  haben.  28,195; 

er  spricbts^und  schweigt  und  steht  gelassen 
des  Sultans  antwort  abzupassen.    Wiela.'Vo. 

ABPEITSCHEN,  flagro  separare,  mit  der  peitsche  absondern : 
der  kutscher  hat  laub,  äste  abgepciucht.  dann  durdipeiUchen, 
wacker  abpeitscben. 

ABPELLEN,  follem  auferre,  abschälen,  niederdeutsch,  nnl. 
afpellcn :  die  grünen  nüsse,  die  gesottenen  kartoffeln  abpel- 
len,   franz.  pcler,  engl.  pcel. 

.\BPELZEN,  coriiim  pcrculere,  bei  den  gerbem,  ein  feil  durch- 
klopfen, was  sonst  abbamsen.    dann  ßr  durchprügeln. 

AßPF.\HLEN,  palis  distinguere.  mit  pfählen  abscheiden :  das 
feld.  die  grenze,  den  Weinberg  abpfählen. 

ABPFÄNDEN,  pignus  auferre,  von  einem  tu  pfände  nehmen : 
den  hut,  das  pferd  abpfanden. 

ABPFEIFEN,  fistulare,  er  pfif  es  von  dem  laubo,  von  dem 
munde  ab. 

ABPFEILEN,,  tclum  emiUert,  den  pfcil  abschieszen  findet 
sich  fiiobe  1688.  4.  s.  86. 

ABPFETZEN,  defHngere,  herab  pfrtien,  abknripen, 

0 


83 


ABPFLÜCKEN— ABPRANGEN 


ABPRASSELN  —  ABRACADABRA 


84 


AB  PFLÖCKEN,  palis  signare,  mit  pflücken  zeichnen,  abgren- 
zen. Mose  bekompt  befelb,  das  er  die  grenze  seiner  pfarr 
umb  den  berg  Sinai  mit  sicbtigen  gemerken  umb  und  ab 
pflöcken  soll.  Mathesius  135";  einen  platz  zur  bleicbe  ab- 
pflücken, aber  auch  abpflöcken,  von  den  pflöcken  lösen:  die 
leinwand  abpflocken. 

ABPFLÜCKEN,  decerpere,  mil  den  fingern,  zumeist  dem  daii- 
men  und  Zeigefinger  abbrechen,  abrupfen,  abzwicken,  nnl.  af- 
plukken,  engl,  pluck  ofl".  es  pflegen  die  Weibspersonen  die 
blümlein  abzuplicken,  besprengen  sie  mit  wein  und  brennen 
ein  wasser  daraus.  Tabernaemom.  kräulerb.  702;  abgepflückte 
lavendelbliite.  Hohberg  1,  246';  das  herz,  das  man  mit  wei- 
chen bekleideten  bänden  und  nicht  mit  rohen  grifl'en  abpflückt. 
J.  Paul  Hesp.  3,  227 ;  einen  eines  abpflücken : 

die  wiese,  die  ihr  fusz  gedrückt, 

wird  ihrer  hlumen  abgepQückt.    Platen  3. 

ein  huhn  abpflücken,  rupfen,    der  raubvogel  pflückt  das  huhn 
ab,  zehrt  es  rupfend  auf. 

ABPFLÜGEN,   arando  auferre,  herunter  pflügen,     von  dem 
bäume  die  wurzeln,   vom  acker  den  rand,  die  furche  abpflü- 
gen.    er  hat  seinem  nachbar  abgepflügt  und  wandert  nun  um. 
ABPICKEN,  rostro  frangere,  der  vogel  pickt  die  beeren  ab. 
im  bogbau,  die  abgedörrten  kienslücke  behauen. 
ABPINNEN  s.  abfmnen. 
ABPLACKEN,  abmühen,  s.  placken. 

ABPLAGEN,  dcfaligarc,  abmühen,  schwächer  ah  das  vorige 
wort,  die  kinder  plagen  ihn  ab,  plagen  ihm  das  gcschenk 
ab ;  sich  abplagen :  da  bedarf  es  keiner  Wiederholung,  keiner 
neuen  anslrengung,  keines  frischen  gelingcns,  woran  sich  der 
musiker  immer  abplagt.  Göthe  22, 163. 

ABPLAGGEN,  in  Westfalen,  den  rasen  abstechen. 
ABPLANSCHEN,  s.  abklatschen. 

ABPLATTEN,  planare,  abebenen,  die  häuser  waren  abge- 
plattet. Platen  335;  sich  abplatten,  platt  werden:  die  kugel 
plattete  sich  ab. 

ABPLÄTTEN,  polire,  fertig  plätten:  die  wasche,  ein  hemd 
abplätten;  bei  goldarbeitern,  den  drath  abplätten. 

ABPLATTUNG,  f  die  abplattung  der  erde;  die  sphäroLdi- 
sche  abplattung  der  himmelskörper.    Kant  8,  242. 

ABPLATZEN,  explodere,  losplatzen,  loskrachen:  das  gcwehr 
platzt  ab,  die  leiste  ist  von  der  thür  abgeplatzt. 

ABPLÄTZEN,  im  forslwesen,  verkaufte  bäume  mil  dem  wald- 
hammer   zeichnen,    bei   zimmerleuten    den  holzkauf  vollziehen, 
bei  kupferschmieden  so  viel  als  ablöschen,    s.  platzen. 
ABPLEHREN,  widerlich  herschreien. 

ABPLÜNDEBN,  despoliare,  den  plunder  abnehmen,  der  Obst- 
baum ist  abgeplündert,  bei  täschnern,  den  bezug  ablösen,  einen 
stuhl  abplündern,    s.  plündern. 

ABPOCHEN,  lundendo  defringere,  losklopfen,  tm  bcrgwerk, 
das  erz  mit  dem  hammer  abpnchen;  die  schrote  auf  den 
Scheiben  abpochen,  abbreiten,  figürlich  abdrohen:  sie  wollen 
gott  seine  gnade  abpochen.  Luther  8,  52';  selbst  die  guten 
werke  sollen  uns  nicht  abgepocht  werden.  Hamann  1,  120. 
s.  pochen. 

ABPÖLEN,    depilare,    bei  den  gerbern,    abhären,    die  haare 

abstoszcn,  franz.  depiler,  entlehnt  aus  dem  nnl.  afpeulen. 

ABPOSTEN,  forslmännisch,  in  posten  oder  summen  abzählen. 

ABPHÄGEN,   cudcre,    eine   münze  vom  Stempel  abprägen; 

in   jeder   seiner   äuszerungen   ein   vollendetes   bild  von   sich 

selbst  abzuprägen.    Schiller  1199. 

ABPRALL,  m.  repercussio,  das  zurückfahren  heftig  ansto- 
szender  gegenstände:  abprall  des  stumies,  des  wassers  vom 
mühlrad,  den  Serben  omaja  genannt  und  für  heilkräßig  er- 
achtet. 

ABPRALLEN,  repercuti,  von  etwas  zurückprallen,  die  kugel 
prallt  von  der  mauer,  die  axt  von  dem  ast,  das  wasser  von 
den  mühlrädcrn  ab ; 

dasz  abpralle  der  wurr  des  leibdurchbohrenden  crzes 

Voss  n.  4,  511 ; 
doch  selbst  der  schönsten  |)feiIo  prallen 
.stumiir  von  mn-  nb,  wenn  nicht  verstand 
den  urm  ihr  fuhrt,  den  bogen  spannt.    Gotter  1,445. 

ABPRANGEN,  süperbe  abire,  stolz  abgchn,  ein  schönes  worl, 
und  sagen  liesze  sich :  die  sonne  prangt  ab,  steigt  stolzierend 
den  himmel  hinab,  geht  prächtig  unter; 

Jahn  lacht,  und  brongt  stolz  ab.    Ayrkii  390*. 
diese  Schreibung  ganz  gemäsz  dem  vihd.  brangcn,  s.  prangen. 


ABPRASSELN,  explodere,  was  abknattern,  alle  kanonea 
prasselten  auf  einmal  ab. 

ABPREDIGEN,  zu  ende  predigen,  nnl.  afpreken:  in  einem 
so  engen  Zeitraum  müste  sich  der  ganze  vierte  theil  von  mir 
umständlich  abpredigen  lassen,  i.  Paul  teufelsp.  2,  56;  sich 
die  hinge  abpredigen. 

AB  PRELLEN,  vibrare,  abprallen  machen. 

ABPRESCHEN,  constringere,  gewaltsam  jagen :  ein  pferd  ab- 
preschen, intrans.  gewaltsam  abgchn:  da  preschte  es  ab;  es 
preschte  links  ab.    Tieck  nov.  7, 115. 

ABPRESSEN,  vi  exprimere,  nnl.  afpersen,  abdrängen,  ab- 
drücken: einem  geld,  die  beichte,  das  gesländnis  abpressen: 
vertrag,  den  man  ihr  durch  drohungen  abgepreszt.  Schiller 
840.  bei  den  handwerkern  verschiedentlich  abpressen,  in  be- 
zug auf  ihr  geschäft. 

AB  PRITSCHEN,  verberare,  abprügeln,  s.  pritschcn. 

ABPROSSEN,  decerpere,  abknuspern,  die  knospen  abbeiszen, 
abfressen,  welche  ahd.  proj  gemmae  hieszen  (Graff  3,  369),  wird 
vom  hirsch  gesagt :  item  des  hirsch(es)  abpressen,  wan  er  ge- 
het und  isset  das  holz,  so  beiszet  er  es  ab  gleicherweis  als 
were  es  mit  einer  glepschär  (klippschere)  abgeschnitten.  Se- 
BiTZ  feldbau  s.  574. 

ABPROTZEN,  franz.  demontcr,  an  geschülz  vovi  protzwa- 
gen heben,  gcgensatz  i-o«  aufprotzen:  das  stück  ist  abgeprotzt, 
demontiert. 

ABPRÜGELN,  diverberare,  derb  prügeln. 
ABPUFFEN,  excoriare,  bei  den  Schindern,  die  haut  des  lodten 
viehes  abstoszcn,  abdecken:  dem  aase  das  feil  abpuffen,  ein 
gefallenes  pferd  abpuffen.  dann  derbe  slösze  und  prügel  ver- 
setzen: ich  darf  ihm  nichts  sagen,  gleich  puft  er  mich  ab. 
Arnim  1,  30;  während  die  beiden  reisenden  einander  bis  zu 
gänzlicher  erschöpfung  abpuften  (beim  boxen).  Arnim  2,  312. 
s.  puf  und  puffen. 

ABPURZELN,  decidere,  hinabfallen,  von  der  treppe,  die  treppe 
abpurzeln:  die  ich,  wie  es  mir  schien,  im  raschen  anapästi- 
schen masz  abpurzelte.    Tieck  3, 7. 

ABPUSTEN,  deflare,  abblasen,  ist  niederdeutsch,  s.  pusten. 
ABPUTZ,  wi.  directura,  beim  bau. 

ABPUTZEN,  purgare,  reinigen  von  unrath,  beschneiden,  pu- 
tare,  amputare:  das  licht  abputzen,  den  verbrannten  dacht 
wegschneiden;  den  weinstock,  die  wurzeln  des  baums  abpu- 
tzen, beschneiden  und  säubern;  den  hart  abputzen,  abneh- 
men: als  wenn  alles  mit  dem  schärfsten  messer  wäre  abge- 
putzt worden,  ehe  eines  weibcs  219;  dann  überhaupt  abwi- 
schen, ohne  die  Vorstellung  des  Schneidens:  das  gesiebt  ab- 
putzen, vom  schweisz;  die  nasc  abputzen:  und  glaubt  ihr 
dann,  das  putzte  man  alles  so  ab,  wie  ein  bauer  die  nase 
am  ermel?  ihr  müszt  ein  gewissen  haben.  Göthe  57,211;  die 
Stiefel,  die  kleider  abputzen ;  die  kutsche.  Gellert  4, 179.  bei 
den  maurern,  abputzen,  den  angeworfnen  kalk  auseinander 
streichen,  einen  wacker  abputzen,  ihm  starken  verweis  geben. 
s.  putzen. 

ABQUÄLEN,  cruciare,  abmartern: 

drum  liab  ich  auch  zu  weinen  angefangen 
und  meinen  geist  mit  fasten  abgequält.    Opitz; 

aber  ihr  herz  ward 
abgequält  von  arbeit  und  schweisz  hartringender  mühsal. 

Voss. 

nun  aber  liatte  ich  mich  schon  jähre  lang  auf  dem  bisherigen 
wege  vergebens  abgequält.  Göthe  55,  298.  einem  durch  bit- 
ten etwas  abquälen. 

ABQUERLEN,  abquirlen,  abrühren,  indenküchen:  die  suppe 
mit  einem  ei  abquerlen,  was  sonst  heiszt  abmachen,  ein  ei  in, 
die  suppe  rühren,  schlagen,  womit  sie  fertig  wird. 

ABQUETSCHEN,  decutere,  gewaltsam  abdrücken,  nnl.  af- 
kvvetsen:  die  wasserwogen  müssen  sich  am  ufer  abquetschen 
und  zurückc  wider  laufen.  Luthers  tischr.  442*;  den  finger, 
die  zehe  abquetschen  ;  er  quetschte  den  orgeltasten  den  choral 
ab.  J.  Paulwws.  /0,9c  3, 126;  um  ein  alinosen  für  ein  geplünder- 
tes dorf  weichen  herzen  abzuquetschen,    dcrs.  friedenspr.  39. 

ARQUICKEN,  separare  argcnio  vivo,  auf  den  berghütlen, 
gold  abquicken,  mil  quecksilber  scheiden:  wie  man  das  sich- 
tige gold  ledig  machet  und  darnach  mit  quecksilber  abquicket. 
Mathesius  41'. 

ABQUIRRIG,  abirrend?  oder  abkehrig?  nur  in  folgender 
stelle:  damit  nit  schupfen  'swegs  abqiiirrig  meiner  füsze  trit. 
Melissus  ps.  F3'. 

ABRACADABRA,  n.  unverständliche  beschwörungsformel :  um 


•^ 


85 


ABRACKERN  —  ARRAUM 


ABRÄUM  — ARREDE 


86 


den  sinn  eines  solchen  abracadabra  zu  eniziffern.  Güthe  45, 
löS;  der  compendien,  in  welchen  sich  die  newlonische  lehre, 
die  doch  anfangs  wenigstens  ein  abracadabra  war,  zu  unzu- 
sammenhängenden trivialitalen  verschlechtert.    60,  32. 

ABRACKERN,  decoriare,  defatigare,  abschinden,  heßig  ab- 
mühen: man  hatte  sich  aber  auf  dem  Tertrackten  ströme  so 
abgerackert.  TiEct  nov.  9,  100. 

ABRÄDELN,  rolula  separare,  mit  einem  räddien  abscheiden, 
bei  den  kuchenbeckern,  den  leig  abrädeln. 

ABRÄDERN,  rota  confringere,  mit  dem  rade  hinrichten :  ein 
missethäter  wurde  abgerädert. 

ABIUFFELN,  frequentativ  des  folgenden:  biätter  abrafifeln, 
auflesen  und  sammeln.    Tiecr  5,  511. 

ABRAFFEN,  abripere,  tcegnehmen:  die  müller  raffen  von 
vier  Säcken  oft  ein  viertel  ab;  das  getraide  vom  felde  abraf- 
fen und  sammeln. 

ABRAFT,  n.,  das  abgeraße,  in  der  mahle  was  an  körn, 
Schrot,  mehl  im  laufe  hängen  blieb  und  die  müller  heimlich 
wegraffen  oder  rapschen,  daher  auch  raps  genannt. 

ABRAHMEN,  crcmorem  laclis  auferre,  den  rahm  von  der 
milch  schöpfen,  abrahmen:  er  rahmte  mir  den  topf  ab.  Göthe 
14,  29T.  ßgüiiich  das  beste  von  einer  sache  oben  abschöpfen 
und  hinnehmen. 

ABRAINE.N,  limitare,  ein  feld  abrainen,  abgrenzen. 

ABRAITEN,  conferre  rationes,  oberdeutsch  abrechnen.  Schnel- 
ler 3. 154.    fasln,  sp.  4S8,  21. 

ABRAITUNG,  f  abredmung:  die  unterlhanen  sollen,  bei 
Übergabe  eines  guts,  ihre  Schuldenregister  und  abraitungen 
fünveisen.    Hohberg  1, 13.     s.  abreitung. 

ABRÄNDERN,  marginare,  mit  einem  rand  ausstatten:  die 
ducaten  abrändern. 

ABRANFTEN,  crustam  circumcidere,  das  brot  abranflen,  am 
■ranß  abschneiden. 

ABRANZEN,  discurrere,  müde  ranzen,    sich  abranzen. 

ABRASCHELN,  decidere,  niederrascheln,  mit  leisem  geräusch : 

die  bläuer  rascheln 

dürr  ab  ins  tbal.    Götue  10,  316. 

ABRASEN,   bei  den  jägem,  was  sonst  abgrasen,  abweiden. 

ABRASPELN,  delerere,  einen  ast,  ein  bret  abraspeln, 
scharfes  erfassen,  eilige  Sättigung,  auch  nachher  wiederholtes 
abraspeln  der  gegenstände.    Güthe  55,  31S. 

ABKASPEN,  s.  abrispen. 

ABRASSELN,  crepitando  abire,  mit  gerdusch  abfahren:  der 
wagen  rasselt  aus  dem  thor  ab;  Säbelhiebe  pfeifen  durch  die 
luft,  abrasselnd  auf  panzer  und  tartsche.    Fr.  Müller  1,  359. 

ARRATHEN,  dissuadere,  ralhgebend  von  etwas  abmahnen: 
der  graf  rieth  dem  könig  ab  von  dem  krieg,  der  vater  seinem 
söhn  von  dem  soldatcnleben.  dann  mit  dem  acc.  den  krieg, 
das  soldatcnleben  abrathen,  aiderralhen.  zu  der  ersten  fügung 
kann  man  sich  leicht  einen  ausgelassenen  inf.  denken  und  das 
ab  mit  ihm  verknüpfen :  rieth  dem  könig  abzulassen  von  dem 
krieg;  die  andere  verhält  sich  zur  ersten,  wie  den  hut  abbla- 
sen zu  von  dem  hüte  blasen,  abrathen  hiesz  vordem  auch 
einem  durch  falschen  rath  abnehmen,  abschwatzen,  ablocken: 
bis  er  iLorenz  Jansen)  endlich  durch  der  Hochteutschen  Offen- 
herzigkeit, weil  sie  ein  ding  nicht  lang  heimlich  halten  kön- 
nen und  ihnen  die  käse  gar  leicht  abzurathen  sind,  weise  ge- 
worden. Philasd.  2,  809 ;  denn  so  verstand  der  fuchs  dem 
raben  den  käse  abzurathen.  Kant  2,  160  gebraucht  abrathen, 
in  gutem  sinn,  für  absehn,  ablausdien,  aberruthen:  der  naiur 
ihre  handgriffe  abrathen  und  sie  unverdeckt  vor  äugen  legen. 

ABRAL'BEN ,  diripere,  von  einem  durch  raub  entfremden: 
wie  vil  guts  in  abgeraubt,  fastn.  sp.  ISO,  4 ; 

sooder  er  hat  ein  mnntel  do, 
das  ich  im  den  nit  mag  abrauben. 

B.  Waldis  Esop  2,  46.  6/.  109»; 

abgeraubtes  gut;  alles  obst  von  den  bäumen  abrauben. 

ABRAL'CHEN,  eraporare,  abdampfen :  als  dann  das  wasser 
darvon  gesicgen  oder  abgeraucht  {ist),  so  hastu  gar  ein  eilen 
Vitriol.    Paracelsi  opp.  1,  892'. 

ABR.M'FEN,  devellere,  abrupfen:  die  wolle  Ton  dem  feil 
abraufen,  daher  raufwolle. 

rauT  dorh,  raur  doch  nicht  ab 
die  versengten  haare.    A.  Gktph.  1,  175. 

ABRAUM,  m.  locus  vacuefaetus.  bergmännisch,  alles  was 
wegzuräumen  ist,  bevor  man  zu  dem  erz  gelangt:  aber  berg- 
leut  müssen  manchen  schürf  vergebens  werfen  und  vil  schecht 


abteufen,  ehe  sie  durch  den  abraum  kommen.  Mathesils  37'; 
darnach  ein  schwarzer  stein,  in  dem  das  alauncrz  ligt,  wird 
mit  geding  nach  der  ruten  der  abraum  weg  gearbeitet,  als 
dann  wird  das  erz  auch  also  verdingt  und  in  grosze  häufen 
geführt.  Thlbneisser  magna  alchymia  1,  69;  abraum  ist  die 
tammerde  so  über  den  gang  lieget.  Herttwigs  bergbuch. 
Forstmännisch,  der  abgeödete  wald,  die  ausgerotteten  wild  und 
vieh  an  der  weide  hindernden  stamme.  Flesungs  deutscher  jäger  1, 
40 ;  afterschlag  oder  abraum  vom  baumholz,  das  liegende  ab- 
holz  des  gefällten  baums.  überhaupt  also  sdiutt,  der  wegge- 
räumt werden  musz.  Aus  einer  Freiburger  urk.  von  1432  bei 
Haltacs  p.  3  erhellt  aber,  dasz  abraum  auch  den  gang  in  die 
Verbannung  bedeutete:  Hans  Heseler,  Ticze  sin  bruder  und 
Hans  Heseler  ir  vettere  haben  gesworn,  geret  und  gelobit . . . 
einen  aberüm  zu  tunde  und  zu  wichen  acht  miie  wegs  unser 
stad  Friburg ;  drückt  das  blosz  ein  räumen  der  Stadt  aus  ? 
oder  kann  es  den  gang  in  die  waldeinöde,  den  unwegsamen 
wald  meinen,  wie  sonst  unser  allerlhum  das  exil  den  wald- 
gang nannte?  fidchsldem  gemahnt  aber  abraum  nocA  an  das 
unerklärte  ahd.  äiöimi  bei  ütfried  (Graff  1,  463),  weil  in  mehr 
als  einem  wort,  namentlich  in  abkosen  und  abwdsz,  aberko- 
sen und  aberwitz  das  ab  und  aber  dem  alten  ä  begegnen ;  von 
dem  engel  wird  gesagt:  gisiunes  ärömi  er  gab  in  da;  itala 
grab,  er  gab  den  leuten  knappen  räum  zu  blicken  in  das 
leere  grab;  in  then  ärftmen  bichumen  heiszt  beklagen  in  den 
öden,  engen  räumen  der  grabhöle,  und  neben  dem  n.  drümi 
Idszl  auch  ein  ahd.  m.  arilm  sich  denken,    vgl.  abschlag. 

ABRÄUMEN,  vacuefacerc,  wegschaffen:  die  teller.  schusseln, 
tücher  von  dem  tisch,  die  topfe,  kessel  von  dem  herd,  die 
bücher,  kleider  von  der  bank,  dann  den  tisch,  herd,  die  bank 
abräumen ;  das  arbeitszeug  abräumen ;  es  ward  abgeräumt 
(nach  dem  abendessen).    Göthe  23,  73 ; 

räumt  ab  das  wcisze  luch  mit  dem  gestückten  rand. 
A.  Grtphids  1,  436. 

forstmännisch,  abräumen,  das  holz  ausrotten,  aussloeken,  ab' 
öden  ;  bergmännisch,  den  gang  abräumen,  die  darüber  liegende 
dammerde  fortschaffen,  die  Steinbruch  abräumen.  Jag.  Aveer 
121".  der  himmel  ist  ganz  abgeräumt,  wolkenleer,  wie  der  ab- 
geräumte tisch  leer  von  speisen. 

ABRAUPE."^,  erueas  colligere,  die  raupen  ablesen,  den  bäum 
abraupen. 

ABRECHEN,  rasiro  auferre,  mit  dem  redien  abnehmen :  die 
ähren  von  der  tenne  abrechen. 

ABBECHLICHT,  n.  purgamentum  rastro  collectum,  das  zu- 
sammengerechte von  ähren  und  halmen.    s.  abrieb. 

ABRECHNEN,  deducere,  von  etwas  abziehen:  ein  thaler 
musz  abgerechnet  werden;  es  ist  abzurechnen,  nicht  in  an- 
schlag  zu  bringen,  häußg  steht  auch  abgerechnet,  unabgerecb- 
net,  wie  ausgenommen  u.  a.  m.  absolut  und  als  adv. :  diesen 
fehler  abgerechnet  führt  er  ein  tugendhaftes  leben,  mit  einem 
abrechnen,  zusammenrechnen,  die  rechnung  sdilicszen. 

ABRECHNTiSG,  f  in  abrechnung  bringen,  abziehen;  auf 
abrechnung  geben,  abschläglich. 

ABRECHTE,  /".  pars  obliqua,  bei  tuchbereitem  die  linke  seile 
des  tuchs.  nicht  aus  ab  und  recht  zu  deuten,  sondern  gleich- 
viel mit  abichte.    s.  äbich. 

ABRECHTEN,  litigando  auferre,  abprocessieren:  einer  be- 
schwerte sich,  dasz  dieser  ihm  sein  erhgut  abgerechtet  hätte. 
Lohenst.  Arm.  1,  62. 

ABRECHTIGEN,  was  abrechten :  er  gieng,  seitdem  er  sei- 
nem vater  die  bninnenmatle  abgerechtiget  hatte,  nicht  mehr 
gern  in  sein  haus.    Pestalozzi  L.  und  G.  1,  76. 

ABRECKEN,  extendere,  auf  den  bleehhämmem,  das  eisen  iit 
blech  ausdehnen. 

ABREDE,  f  ein  ahd.  und  mhd.,  auch  bei  unsem  nachbam 
fehlendes  wort,  dessen  sich  Lctuer  noch  nicht  (doch  des  adj. 
abredig)  bedient,  und  das  in  zwein,  ganz  abweichenden  bedeu- 
tungen  erst  nachher  um  sich  grif,  He.msch  stellt  es  nicht  auf, 
aber  Stieler.  abrede  ist  nun  einmal  deliberatio,  beredung, 
Vereinbarung,  mehr  die  erste  und  vorläufige,  als  ein  förmlicher 
vertrag,  und  so  gebraucht  es  Rihel  (159S)  im  Livius2i;  soitu 
nach  der  ersten  abrede  bezalt  werden.  Kirchmof  wendunm 
(zuerst  1565)  ItS";  so  war  die  abrede  zwischen  uns,  sie  con- 
stitutum erat.-  Stieler;  ha  frau,  das  ist  wider  die  abrede. 
Lessimc  ;  vermöge  einer  vorher  genommenen  abrede.  Wiei  am> 
3,  30;  die  sache  sah  einer  abrede  zu  ähnlich,  um  für  einen 
Zufall  gehalten  zu  werden.  3,293;  wenn  alle  leute  die  abrede 
mit  einander  genommen  hr.lien.    7,  94;   jene  augenblicke,   in 

6* 


$7 


ABREDE  — ABREGELN 


ABREGNEN— ABREISZEN 


88 


denen  sie  beide  durch  das  zarteste  gefüiil  gedrungen  eine  ab- 
rede auf  ihr  künftiges  leben  genommen  hatten.  Göthe  15,  204  ; 
er  tadelte  Charlotten  und  den  hauptmann,  dasz  sie  bei  dem 
geschäft  gegen  die  erste  abrede  handelten,  und  doch  hatte  er 
in  die  zweite  abrede  gewilligt.  17,  145 ;  der  kutseher  ist  ein 
gescheidter  kerl,  mit  dem  man  noch  abrede  nehmen  musz. 
20,32;  seid  ihr  unsrer  abrede  noch  eingedenk?  Tieck  4,  39C. 
Früher  mag  abrede  gegolten  haben  für  inßciatio,  das  abgehen 
von  der  rede,  für  leugnen  und  nicht  geständig  sein,  denn  schon 
Hdco  von  Trimrerg  setzt  abrede  im  Renn.  12207.  20011  im 
sinne  des  heutigen  ausrede,  ausflucht,  was  nahe  an  leugnung 
grenzt : 

sprachen,  sie  köndten  folgen  nit, 

und  jeder  sein  abrede  sucht 

und  solches  zugs  eine  ausflucht. 

D.  Waldis  Esopiis  3, 11.  hl.  143»; 

zumal  üblich  für  die  redensarten  in  abrede  sein,  in  abrede 
stellen,  ziehen  d.  h.  leugnen,  gern  in  verneinendem  salz,  doch 
auch  in  positivem  zulässig:  der  vergleichung  mit  dem  kind 
und  der  sauw  bin  ich  aucii  nit  in  abred.  Kirchhof  wendunm. 
264' ;  ich  kan  es  (ejus)  nicht  in  abrede  sein.  Simpl.  1,  6 ;  die 
alten  sind  selbst  wenig  in  abrede,  dasz  die  kräfte  ihres  Ver- 
standes mit  den  jähren  abnehmen.  Liscov  42 ;  ich  will  nicht 
in  abrede  sein.  J.  E.  Schlegel  3,  426 ;  wir  können  nicht  in 
abrede  sein,  dasz.  Klopst.  gel.  rep.  12,  327 ;  aber  selbst  die- 
jenigen können  nicht  in  abrede  sein,  dasz.  Wieland  1,87.  6, 
195.  13,  27.  30,  446 ;  ich  bin  nicht  in  abrede,  dasz.  Kant  9, 
38;  die  theologie  wird  nicht  in  abrede  sein  wollen,  dasz. 
Kant  6, 168 ;  dasz  in  der  ])ihel  sich  Widersprüche  finden,  wird 
jetzt  niemand  in  abrede  sein.  Göthe  26,100.  die  beiden  älte- 
sten belege,  sieht  man,  fügen  die  geleugnete  Sache  noch  im 
gen.  hinzu,  die  späteren  setzen  die  phrase  blosz  für  leugnen 
und  lassen  ein  dasz  folgen,  nicht  in  abrede  ziehen.  Kant  2, 
436;  bei  Juristen,  etwas  in  abrede  nehmen,  stellen,  ziehen. 

ABREDEN,  convenire,  verabreden,  vereinbaren,  welche  beide 
steifer  klingen:  die  winde  selbst  waren  etliche  tage  so  zahm, 
als  ob  sie  es  mit  einander  abgeredet  hätten.  Wieland  1,  59 ; 
der  emir  gab  das  abgeredete  zeichen.  6,  65 ;  sie  hatten  sich 
eben  an  einem  abgeredeten  orte  versammelt,  7,  98 ;  der  ein 
paar  nymfcn  belauscht,  die  mit  einander  abreden,  wo  sie  diese 
nacht  sich  baden  wollen.  11,  256;  was  ihres  königs  frau  mit 
ihnen  abzureden  hätte.  Schiller  291;  jegliches  abzureden. 
Voss  Od.  13,191; 

hast  du  dem  könige  das  kluge  wort 

vermelden  lassen,  das  wir  abgeredet?    Götue  9,  71; 

die  geisterscene?  war  betrug,  die  erschcinungen  ?  abgeredet. 
14,214;  wir  halten  sein  wunderliches  betragen  für  abgeredet 
mit  dem  oheim.  21,  101.  Für  leugnen  ^(7/  verabreden,  kaum 
das  einfache  abreden,  doch  könnte,  wo  nachdruck  des  Zu- 
sammenhangs darauf  liegt,  gesagt  werden :  ich  will  es  nicht 
abreden,  absprechen,  absagen  (Heinr.  Trist.  261).  früher  findet 
sich  abreden  fast  im  sinne  des  abmahnens,  abrathens,  abzie- 
hens  durch  rede:  unzehlbare  irrthumb  sein  auch  noch  bei 
viien  also  eingewurzelt,  dasz  sie  sich  von  solchen  mit  keiner- 
lei wollen  abreden  lassen.  Kirchhof  wendunm.  324' ;  der  ihn 
mit  guten  worten  trcuwer  meinung  danon  abreden  wolle. 
das.  422';  die  weit  läszt  ir  doch  ir  blinden  fürer  und  apostel 
nit  abreden  {sich  nicht  absprechen)  noch  erleiden.  Frank  chron. 
522'.  Endlich  erscheint  spurweise  ein  intransitives  abreden  für 
irre  reden,  dclirarc  (s.  abkosen).    Frisch  2,  99'. 

ABREDIG,  in  abrede  stellend,  leugnend:  aber  ich  bin  nicht 
abredig,  das  ich  ..  willens  gewest.  Luther  2,384';  dasz  ich 
nit  abredig  bin.  Aimon  i-orr. ;  wiewolen  ich  auch  ganz  abre- 
dig bin.  V.  Birken  47.  einen  beleg  aus  Dietr.  von  Plieningen 
theill  Scumeller  3,  42  nicht  mit.  Wickram  im  rollw.  70'  hat 
auch  ein  glcichbedeutiges  adj.  abred  (für  abrede) :  der  wirt 
wolt  dem  andern  des  tauschcs  in  keinerlei  weg  abred  sein, 
steht  ein  casus  bei  abredig,  so  darf  es  mir  der  gen.  sein  und 
dieser  ist  gemeint,  wenn  ich  bin  es  abredig  gesagt  wird;  ich 
bin  das  (für  des,  dessen)  abr.  ist  fehlerhaß. 

ABREDUNG,  f.  conventio,  nur  für  Übereinkunft,  nicht  für 
leugnung:  unter  ihren  äugen  werden  von  unscrn  ültestcn  alle 
liündcl  beigelegt  und  alle  gemeinschaftliche  abredungen  ge- 
nommen. Wieland  6, 117 ;  damit  so  weniger  der  verdacht  der 
abredung,  den  eine  gar  zu  sichtliche  Übereinstimmung  er- 
wecken würde,  auf  sie  fallen  könnte.    Lessinc  10,  53. 

ABBEGELN,  reguläre,  nach  der  reget  ordnen,  abgcrcgelte 
Worte, 


ABREGNEN,  depluere,  niederregnen,  ausregnen:  so  hat  er 
doch  das  düstere  gewölk  an  die  berge  geworfen,  wo  es 
denn  abregnen,  abschneien  oder  sich  selbst  verzehren  mag. 
Göthe  45,  295  ;  indem  sie  (die  regenstriche)  nach  der  erde  ge- 
richtet bald  abzuregnen  schienen,  bald  in  der  höhe  schwe- 
bend verweilten,  51,  216. 

ABREIßEN,  defricare,  nnl.  afwrijven,  reibend  wegschaffen. 
den  schmutz  von  dem  kleid,  den  rost  von  dem  messer  ab- 
reiben, dann  das  kleid,  messer  abreiben,  völlig  durchreiben: 
die  färben  auf  dem  stein  abreiben,  die  schuhe  abreiben,  zer- 
reiben, abnützen,  bildlich:  die  feinere  weit  hat  das  grade 
deutsche  von  ihm  noch  nicht  abgerieben  (abgeschliffen).  Klin- 
ger 1,  377 ;  weltleute,  die  ihren  natürlichen  character  an  der 
politischen  klugheit  abgerieben  haben.  3,127;  daher  einen  ab- 
reiben, abschleifen,  verfeinern,  abgerieben,  fein,  schlau,  ver- 
schlagen :  ein  dorf,  darinnen  waren  vor  Zeiten  gar  gute,  fromme, 
einfeltige  leut,  jetzunder  sind  sie  basz  abgerieben.  Frey  gar- 
teng.  276;  abgeriebne  renke.  H.  Sachs  IV.  3,40'.  wunderlich 
abgeriebne  stück.  1,453'.    sich  abreiben,  abnützen: 

weil  nicht  durch  steten  brauch  sich  leichilich  abereibea 
die  warheit  und  das  recht,  so  werden  sie  wol  bleiben. 
LoGAü  2,  7,  51; 

egoismus  ist  der  Schleifstein,  an  dem  sich  die  rauhen  ecken 
der  meisten  abreiben.    Klinger  11,  35. 

ABREICHEN,  arripere,  ablangen,  abholen,  erreichen:  ich 
kann  es  mit  den  armen  nicht  abreichen;  mein  stab  reicht 
den  apfel  vom  bäum  ab;  vom  schiflf  es  (das  fclsenrif)  sprin- 
gend abzureichen.  Schiller  540;  der  so  nah  ist,  dasz  man 
ihn  und  viele  andere  bequem  mit  den  äugen  abreichen  kann. 
TiECK  6,  340.  mit  dem  dat.  der  pcrson:  reiche  es  mir  ab, 
erlange  es  für  mich  und  gib  es  mir,  vgl.  verabreichen. 
ABREIFEN,  plene  malurare,  völlig  reifen,  mhd.  rifen : 
ihr  abgereifter  witz  beschämte  tausend  frauen.    Günther  020. 

ABREIFEN,  funem  auferre,  den  reif  abschlagen,  mhd.  abe 
reifen:  das  fasz  abreifen,  bei  schlossern,  mit  dem  retfkolben 
die  groben  ecken  abstoszen. 

ÄBREIHEN,  filum  solvere,  das  aufgereihte,  eingefädemte  aus- 
einander nehmen:  äpfel,  morcheln,  perlen  abreiben. 

ABREISE,  f.  profeclio,  mhd.  reise,  alid.  reisa  (s.  reise),  die 
reise  von  einem  ort :  am  tage  vor  meiner  abreise ;  unsre  ab- 
reise ist  auf  morgen  festgesetzt;  die  abreisen  folgten  kurz 
hinter  einander. 

ABREISEN,  decidere,  mhd.  abe  risen,  abfallen,  deßuere: 
dienstlich  dem  abreisenden  haar.  Forer  fischb.  33'.  s.  ab- 
riesen. 

ABREISEN,  proficisci,  mhd.  reisen,  proßcisci:  der  gesandte 
reiset  morgen  ab  von  Berlin ;  über  hals  und  köpf  abreisen, 
auch,  wie  abgehn,  abfahren,  die  letzte  reise  thun,  sterben: 

nun,  reist  er  ab,  so  reist  er,    Gökingk  3, 17, 

ABREISETAG,  m.  Dahlmann  gesch.  der  fr.  rev.  372, 
ARREISZEN,  abscindere,  gewaltsam  abtrennen,  sowol  in- 
transitiv :  der  strick,  faden,  knöpf  risz  ab ;  das  schwache  seil 
wird  abreiszen ;  als  gewöhnlich  transitiv :  ich  risz  den  strick, 
faden,  knöpf  von  der  stange,  nadel,  von  dem  kleide  ab ;  der 
taube  den  köpf  vom  hals  abreiszen ; 

ab  risz  er  seine  kleider 
und  warf  sich  in  die  flut; 

einem  die  larve  vom  gesiebt,  den  rock  vom  leib,  die  schuhe 
von  den  füszen  abreiszen; 

dann  ihr  könt  leichilich  reiszen  ab 

so  ein  weiten  weg  eure  gewand.    Atrer  360*; 

und  mit  bloszem  acc.  viel  kleider  abreiszen,  das  siege!  schnell 
abreiszen,  häuser  abreiszen.  Dann  figürlich  abripere,  eriperc: 
welchs  uns  diese  reubcr  und  gottes  diehe  gern  abreiszen  wol- 
len und  inen  selb  ollein  zueigen.  Luther  1,  396' ;  den  christ- 
lichen namen  wil  ich  euch  nicht  lassen  noch  gönnen,  sondern 
beide  mit  schriflen  und  worten  euch  abreiszen  nach  meinem 
vermügen.  3, 118' ;  damit  er  uns  abreiszet  von  menschenlere. 
8,  318' ;  das  sie  sicii  von  dem  mann  abrisz.  Burc.  Walüis 
Esopus  3,98.  bl.  198';  die  unterthancn  von  ihrem  könig  ab- 
reiszen. Klinger  1,  321 ;  gerade  heule  sollte  er  von  ihr  abge- 
rissen werden.  J.  Paul  Hesp.  4,  86.  sich  abreiszen,  losreiszen : 
ich  arbeite  zu  viel,  musz  mich  abreiszen ;  das  pferd  hat  sich 
abgerissen,  losgemacht,  abgerissen  bedeutet  zerlumpt,  in  ab- 
getragnen kleidern,  hernach  zerstückt,  stückhaft,  abgesondert: 


w» 


89  ABREISZEN— ABRENxNEN 

sind  diese  die,  die  ror  der  zeit 
in  purpur,  seid  und  gold  geglisscD, 
und  dis,  die  in  gebreclilichkeii 
umirrten,  kahl  und  abgfris'^en? 

A.  Grtphius  2,  13; 

meine  freunde,  denen  ich  sonst  nur  abgerissene  besuche  ma- 
chen konnte,  wollten  sich  meines  anhaltenden  Umgangs  er- 
freuen. GöTHE  19,  332 ;  mit  lazaretcn,  abgerissenen  Soldaten, 
zerstückten  waflen.  30,  149 ;  in  einzelnen,  abgerissenen  stun- 
den. TiECR  11,  "5;  in  meinen  abgerissenen  träumen.  Tieck  7, 
SO ;  ein  einzelnes,  abgerissenes,  zitterndes  wesen.  Klixger 
7,  227;  in  abgerissenen  Sätzen  vortragen,  abgerissen  sein 
heiszl  auch  von  geld  enlblöszl.  Eine  eigne,  ausgebreitele  be- 
deulung  von  abreiszen  ist  aber  die  des  ahd.  ri^an  exarare,  in- 
cidere,  scribere  (Graff  2,  557),  ags.  vritan,  engl.  wTite,  für  ent- 
werfen, abmähten,  schildern,  weil  das  ursprünglich  durch  reiszen 
oder  ritzen  auf  stein  und  holz  geschah :  das  ich  sie  bisher 
nicht  recht  und  genug  gemahlet  habe,  sondern  allein  auf  ein 
papir  schlecht  abgerissen.  Luther  5,  16l';  das  etwa  ein  ge- 
lerter,  ehrlicher  man  solch  bild  hat  angeben  und  abreiszen 
lassen.  8,116";  darinn  gott  durch  Mosen  heimliche  und  künf- 
tige ding  abreiszen  und  fürbilden  liesz.  Matiiesics  42' ;  und 
liesz  ihn  sehen  muster  und  fürbild,  nach  dem  er  die  stift  der 
hüllen  abreiszen  und  machen  solle,  das.  43* ;  schreibet  auch 
der  prophet  auf  ein  zigelstein  oder  reiszet  die  stat  darauf 
abe.  das.  103";  abreiszen  und  mahlen.    Philand.  1,25; 

du  bist  stets  für  mir,  sider  der  lieb  gewalt 
dich  rein  mit  Amors  pfeii  in  mein  herz  abgerissen. 
Weckuerli."«  713; 

dieser  fieng  an  mich  zu  beschauen,  abzureiszen,  zu  anter- 
mahlen.  Simplic.  1,  75;  habe  ich  folgende  acht  Schilde,  als 
vier  vom  valer,  vier  von  der  muter  abreiszen  lassen.  Schwei- 
.siches  1,  15;  Telephanes  hat  das  abreiszen  ohne  färbe  auf- 
bracht, Philocles  soll  das  abreiszen,  Gyges  aber  das  mahlen 
mit  färben  aufbracht  haben.  VViede«.  april  1,  54;  die  fratze 
mit  einer  groben  feder  auf  dem  papier  abzureiszen.  Schiller 
1210;  seitdem  mahl  ich  Öfter  und  reisze  täglich  einige  ideale 
fürstlicher  köpfe  ab.  J.  Padl  teuf.  pap.  2,  5.  meislcntheils 
vird  darunter  der  erste  rohe  entwurf  im  gegensatz  zum  feinen 
ausmahlen  verstanden. 

ABREISZEP«,  m.  abscissorium,  ein  tcerkzeug  zum  entwerfen 
und  zeichnen,  bei  handicerketn  verschiedentlich  zum  abreiszen 
der  linic. 

ABREITE.N,  equo  diseedere,  von  einan  ort  vegreilen:  doch 
achteten  sie  es  dafür,  der  landgraf  würde  ohne  merkliche  Ur- 
sache nicht  abgeritten  sein.  Melanchth.  werke  ed.  Bretschn. 
2,264;  er  ritt  von  der  strasze  ab.  transitiv  aber  müde  reiten  : 
ich  habe  mich  zu  sehr  abgeritten ;  bei  gott,  wenn  ich  mich 
nicht  abritte  und  abarbeitete,  wir  wären  noch  auf  dem  alten 
flecke.  GÖTIIE57, 152;  sie  haben  mich  abgeritten  wie  ein  cou- 
rierpferd.  Lenz  1,  213;  unsere  pferde  waren  ganz  abgeritten, 
erschüpß;  reht  sam  ein  abgerilner  gaul.  fastn.  sp.  311,  5; 
abgeritten  leibslul.  Fischart  bienenk.  226';  den  sattel,  das  ge- 
wand  abreiten,  durch  reiten  abnützen,  verschleiszen : 

da  wart  von  guolen  knehten  vil  kleider  ab  geriten. 
fiib.  557,  1. 

ein  pferd  abreiten  heisst  aber  auch  es  nach  der  kunsl  zu- 
reiten. 

ABREITUIVG,  f.  abrechnung:  auf  dasz  die  armen  leut  ver- 
miig  der  urkund  und  abraitung  durch  die  zahl  oder  pfennig- 
meister  ordentlich  bezahlt  mögen  werden.  Fro.nsp.  kriegsb.  3, 
17*.   s.  abraitung. 

ABREIZEN,  delieere,  ablocken,  gegenüber  dem  anreizen. 

dasz  weder  des  hofs  jtlanz  noch  ehr, 
gewinn  und  glück  dich  von  dir  abgcreizet. 

WECKBCRLI.f  516; 

einen  von  seinem  glauben  abreizen.    Simplie.  I,  531. 

ABRENNEN,  decurrere,  von  einem  orte  wegrennen :  die  rosse 
sind  vom  wege  abgerannt,  transitiv:  ein  pferd  abrennen; 
einem  den  hui  abrennen ;  sprach  einer,  ich  hell  ein  eisen  ab 
gcrant  {ein  kind  geboren),  fastn.  »p.  248,  30;  wie  gehts  junger 
hcrr?  habt  ihr  ein  paar  zinken  abgerennt?  GötheS,  94;  habt 
ihr  euch  die  hörner  ein  wenig  abgerennt?;  bisz  (Saul)  im  selbs 
sein  gottlos  herz  abranle.  Matbesics  1!2';  die  gewogcnheit 
rennte  bierin  der  beredsamkeit  den  vorthcil  ab  Lohe:«st. 
i4rTn.  1,  771 ;  dasz  er  beiden  den  preis  abgerennt  hätte,  das. 
1270; 


ABRICH— ABRIEGELN 

der  Pcrs  und  keizer  hat 
für  wenig  zeit  uns  schon  die  uns  hochheilge  Stadt 
Mcdinen  abgerennt.  Lohe.nst.   Ibrah.  tS. 


90 


sich  abrennen,  vom  rosse  stürzen,  unterliegen:  das  wir  nun 
desto  mehr  iren  falschen  untüchtigen  grund  finden  und  sehe» 
sollen,  (ifie  sie)  sich  selb  vom  ross  abrennen  mit  irem  un- 
geslümigen  toben.  Luther  1,  387';  der  tod  hat  sich  an  Christo 
abgerani,  der  hat  in  übenvunden.  3,  429;  sihe,  das  heiszt 
sich  selbs  abgerant  mit  eigen  worten.  3,  476 ;  also  rennet  sich 
der  bapst  selbs  ab.  8,246*;  weil  der  lügen  art  ist,  das  si  mit 
ihr  selber  nicht  eins  ist  und  sich  selbs  abrennen  und  ver- 
rathen  musz.  Frank  weltb.  112*;  dann  sprechen  wir,  er  hab 
uns  geschlagen,  gelödt  etc.  so  vrir  uns  doch  selbs  an  im  ab- 
gerendt  und  zu  tod  haben  gelaufen.    Fraxk  paradoxa  S'. 

ABRICH,  «.  purgamentum,  quod  conrerritur  raslro?  tennri- 
san  und  abrieb,  weisth.  1,310.  s.  abrechlichl. 

ABRICHTEN,  hat  verschiedne  nebenbedeutungen,  die  sich 
alle  aus  dem  ursprünglichen  richten,  regere,  dirigere,  instruere 
herleiten  lassen,  bei  den  gewerken  heiszt  abrichten  in  die  er- 
forderliche richtung  und  läge  bringen,  einrichten:  das  eisen, 
die  schienen,  das  bret,  den  balkcn,  die  mauer  abrichten,  auf 
thiere  und  menschen  angewandt  ist  es  dressieren,  zurichten: 
den  hund,  falken,  das  pferd  abrichten;  den  lehrling,  diener 
abrichlen,  vom  schüler,  kind  gilt  lieber  unterrichten,  doch  rich- 
ten diebe  ihre  kinder  von  früh  an  auf  das  stehlen,  bcttler 
auf  schelmstreiche,  lügen  und  trug  ab;  er  ist  auf  alle  bos- 
heit  abgerichtet,  ebenso  richtet  man  ein  geräth  und  instru- 
ment  ab,  vie  ein: 

von  ihr  hab  ich  zu  klingen  , 

die  lauten  abgericht.    Opitz  2,  189; 

Christus  esel,  würd  er  nicht 

dadurch  besser  abgericht.    Göthe  5,  129; 

meins  bieibcns  war  da  lenger  nicht, 

ich  ward  daselbst  so  abgericht. 

dasz  freilich  Torthin  mein  beger 

zu  solcher  schul  steht  nimmerraer. 

Er.  .4LBERÜS  134; 

was  verlangst  du  mein  söhn  ?  für  mich  nichts,  nur  für  meine 
Schwester  soll  ich  —  ha,  hat  man  dich  auch  abgerichtet? 
Gotter  3,  76 ; 

schaut,  wie  ist  der  gute  mann  abgerichtet  auf  gewin. 
LoGAü  2,  1,  33 ; 

wer  bat  ihr  diesen  anschlag  gegeben  ?  allein  die-liebe,  welche 
durch  ungewöhnliche  mittel  ihre  diener  abrichtet.  A.  Grtphius 
1,  856 ;  wenn  wir  den  verstand  über  jede  mögliche  erfahrung 
hinaus  zur  grösztmöglichen  ausbreitung  abrichten  (dirigere) 
wollen.  Kant  2,  492. 

In  der  früheren  spräche  galt  aber  abrichten  auch  ßr  ent- 
richten, verrichten  und  ausrichten:  eine  schuld  wurde  abge- 
richtet, entrichtet,  ausgezahlt;  heimliche  auslagen  abrichten 
bei  PHILA5D.  1,  129  heiszt  sie  ausrichten,  bestreiten,  ich  ge- 
denke wol,  dasz  ich  solcher  sachen  einen  tag  dreie  hätte  ab- 
gericht (ausgerichtet,  verrichtet,  abgethan,  abgefertigt).  Luther 
br.  5,  617 ;  und  dies  abrichten  geht  über  in  abweisen,  abferti- 
gen, ausrichten,  ausschelten,  du  bist  ie  mein  söhn,  womit 
habe  ich  das  verdient,  das  du  mich  so  abrichtest?  Lutber 
4,  452* ; 

dir  halbnarr  gar  mit  nicht  gebürt, 
den  erzbischof  zu  richten  ab. 

Jac.  Atrk»  262*; 
welcher  nit,  wie  sichs  wil  gebüren, 
kan  endigen  und  ausbin  füren, 
der  wird  billich  so  abgericht. 
wie  diesen  lischern  hie  geschieht 

ß.  Waldis  Esopns  2,23.  bl.  88*; 

si  wollen  mich  alda  lassen  allein,  doch  richtet  ich  sie  mit 
riel  tröstlichen  worten  vrider  ab,  erinnert  sie  gottes  beistand  s). 
Fra:»k  weltb.  234*  (229*).  An  einigen  orten  bedeutet  abrichleo 
was  an  andern  zurichten,  nemlich  verderben,  bescltmufzen,  zu 
gründe  richten. 

ARRIEBELN.  was  abreiben,  vgl.  nebeln  und  abriffeln. 

.\BRIECHEN,  ahnlere,  odorem  amiltere,  rerriechrn.  verdun- 
sten: lasz  das  salz  auf  einer  aschen  abriechen.  Thurneisse« 
magna  alchymia  p.  55 ;  nach  solchem  lasz  das  vitriolöl  mit 
einem  starken  fewr  wider  abriechen.  Würtz  wundarzn.  p.  321 ; 
demnach  den  essig  danron  destilliert  oder  ofTcntlich  abriechen 
lassen.  Paracelsus  1,  993*.  transitiv:  eine  blume  abriechen, 
allzu  lange  riechen,  bis  sie  ihren  geruch  verliert. 

ABRIEGELN,  repagula  claudere.  mit  vorgeschobnem  riegel 
verschlieszen :  eine  stubc  abriegeln,    vgl.  abschlicszen. 


91 


AB  RIES  — ABROLLEN 


ABROSTEN — ABSAGEBRIEF 


92 


ABRIES,  n.  folia,  poma  decidua,  abfall,  mhd.  waj  abe  riset. 
unzeüictcs,  wurmstichiges  obst.  Stalder  2,  276. 

ABRIESELN,  decidere,  leise,  gemach  abfallen:  der  sand 
rieselt  von  dem  berge  ab,  das  wasser  von  dem  tröge,  der 
kalk  von  der  mauer,  das  laub  von  den  ästen  ab.  thränen 
rieselten  iiir  die  wange  ab. 

AB  RIESEN,  decidere,  abfallen:  die  nadeln  der  tanne  rie- 
sen  ab.  Popowiiscn.  richtiger  ist  die  Schreibung  abreisen,  mhd. 
abe  risen,  das  richtige  starke  part.  abgerisen  steht  noch  bei 
Thürneisser:  welche  blellein,  so  die  abgerisen,  böllelein  ver- 
lassen,   inßuent.    Wirkung  der  erdgewächse.    Berl.  1578.  p.  26. 

ABRIFFELN,  devellcre,  abstreifen,  gilt  vom  flachs,  s.  ahd. 
riffilön  (Graff  2,  497).  figürlich,  einen  abriffeln,  riffeln,  schel- 
ten,  durchziehen. 

ABRINDEN,  decorticare,  die  rinde  davon  ziehen,  schneiden: 
einen  bäum,  das  brot  abrinden  ;  dasz  von  einer  groszen  lin- 
denaliee  alle  bäume  unten  rund  umher  abgerindet,  also  der 
axt  bestimmt  waren.  Stolrerg  6,  246 ;  ein  abgerindeter,  auf 
eine  insel  eingepfählter  maienbaum.    J.  Paul  Tit.  3,  39. 

ABRINDIG,  ohne  rinde,  von  der  rinde  abstehend:  abrin- 
diges, abgebackenes  brot,  dessen  krume  von  der  rinde  absteht. 
sich   abrindig  gehn  sagt  man  von  einem  der  sich  blasen  geht. 

ABRINGEN,  detorquere ,  nnl.  afwringen,  ringend  weg- 
nehmen, einem  das  schwert  von  der  band  abringen ;  die 
haut  von  der  band,  abringen ;  der  hirte  rang  dem  wolf  das 
lamm  ab; 

die  priesterin  uns  abzuringen 

umstürmt  uns  der  Dolopen  sehaar.    Scuiller  33; 

freude  über  eine  sich  abgerungene  gute  that.  J.  Paul  uns. 
löge  2,132.  sich  abringen:  Jacob  rang  sich  mit  dem  engelab. 
die  Wäsche  abringen,  damit  fertig  werden. 

ABRINNEN,  defluere,  ablaufen,  der  regen  rinnt  von  dem 
dach  ab ;  das  wasser  ist  von  ihm  abgeronnen. 

ABRISPEN,  aus  der  rispe  fallen :  der  haber  rispet  ab.  s. 
rispen  ttnd  abraspen. 

ABRISZ,  m.  descissio,  nach  den  verschiednen  bedeutungen 
des  ahreiszens :  ein  abrisz  von  der  wunde ;  was  mir  und  mei- 
nem lieben  weibe  durch  solchen  abrisz  (wegreiszen)  und  be- 
nehmung meines  lieben  töchterleins  uns  vor  kummer  und  bc- 
trübnis  gegeben,  kann  wol  abgenommen  werden.  Schweinichen 
2,  223.  Meistens  aber  entwurf,  risz,  bild,  Zeichnung :  das  es 
(die  bildwerke  der  stißshütte)  schatten  und  abrisz  sein  künf- 
tiger ding.  Mathesiüs  43"; 

jedoch  gleichwie  in  dem  abrisz, 
darinnen  der  umbivreisz  zu  sehen, 
nur  ein  punci,  eines  worls  auswisz 
ein  ganzes  land  gibt  zu  verstehen.    Weckh.  362; 
ich  sich  tmd  weisz  gewis, 
dasz  aller  Schönheit  ihr  ein  treflicher  abnsz  (seid),   das.  732; 

vergönnt  dasz  sich  vermehr 
eur  hochverdientes  lob  und  unscrn  czaren  ehr 
durch  abrisz  dieser  angst,  die  euren  geist  beschweret. 

A.  Gryphius  1,  135; 
mein  bruder,  den  ich  stets  mit  neuer  freude  nenne, 
an  dem  ich  noch  weit  mehr,  als  bruderlrcu  erkenne, 
ich  eigne  billig  dir  der  freundschal't  abrisz  zu. 

Hagedorn  1,  56; 
der  abrisz  ist  so  schön,  dasz  ich  mich  drein  vergaffe. 
J.  E.  Schlegel  3,393; 

statt  eines  abgusses  doch  ein  abrisz  von  einem  menschen  zu 
sein.    J.  Paul  Hesp.  1, 179. 

ABRITT,  m.  die  abreise  zu  pferd. 

ABROHREN,  arundine  vestire,  mit  röhr  beschlagen:  die 
maurer  roliren  wand  und  decke  ab. 

ABRÖHREN,  dejicere,  schlechte  Schreibung  statt  des  mhd.  abe 
reren,  golh.  raisjan,  d.  h.  des  transitiv  von  reisan,  folglich  ist 
abe  rcrcn  transitiv  von  abe  risen :  dann  die  wäll  teglich  ab- 
rühren und  rciszen,  auch  sich  senken,  und  letztlich,  wie  viel 
beschchen,  gar  einfallen.    Fronsp.  kricgsb.  1, 130'. 

ABROLLEN,  devolvi,  rollend  fallen,  nnl.  afrollen:  steine 
rollen  von  dem  berge,  tropfen  von  der  stirne,  thränen  von 
den  Wangen  ah.  transitiv  devolvere,  den  stein  von  dem  berge 
jibrollen;  wurden  nicht  selbst  die  sonnen  in  den  räum  ge- 
schleudert, um  nur  ihr  bestimmtes  zcitmasz  abzurollen? 
Klinger  10,  231;    ein  stück  zcugcs  abrollen; 

darum  verzeiht  dem  dichter  wenn  er  euch 
nicht  machen  schritts  mit  einem  mal  ans  ziel 
der  handlung  reiszi,  den  croszen  gegenständ 
in  einer  reihe  von  gemiililden  nur 
vor  cucrn  äugen  abzurollen  wagt.    Schiller. 


ABROSTEN,  aerugine  separari,  sich  durch  rost  absondern: 
der  knöpf  ist  von  der  Stange  abgerostet. 

ABRÖTHEN,  colorem  rubrum  amiltere,  die  rothc  färbe  fah- 
ren lassen:  das  Siegellack  röthet  ab. 

ABROTTEN,  putresccre,  durch  fäulnis  sich  ablösen,  verrot- 
ten: das  getraide  rottet  ab,  wenn  es  zu  lange  auf  dem  schwade 
liegend  ausfällt. 

ABRÜCKEN,  removere,  absetzen:  den  stuhl  von  der  wand, 
den  kessel  vom  feuer,  zeile  von  zeile  abrücken,  auch  die  Zei- 
len abrücken,    nnl.  afrukken. 

ABRUDERN,  remigando  abire,  zu  nachen,  zu  schiffe  ab- 
fahren: vom  lande,  vom  ufer  abrudern.    nnl.  afroeijen. 

ABRUF,  m.  avocatio:  des  todes  furchtbaren  abruf.  Klopst. 
Mess.  17,  442 ;  der  abruf  von  einem  amt,  von  einem  ort. 

ABRUFEN,  avocare,  laut  von  dem  munde  rufen,  aus  einem 
orte  weg  rufen,  nnl.  afroepen :  horch,  der  nachtwächter  ruft 
schon  ab.  Göthe  42,  8 ;  der  Wächter  hat  schon  die  stunde, 
die  zeit  abgerufen,  zwölf  abgerufen;  einer  ist  so  weit,  dasz 
man  ihn  nicht  mehr  abrufen,  errufen  kann,  aus  der  kirche, 
aus  dem  Schauspiel  abrufen;  von  einem  amt  abrufen,  wofür 
man  schlecht  sagt  abberufen,  sich  abrufen,  sich  müde  rufen, 
schreien. 

ABRUFUNG,  f.  appellation,  von  dem  niederen  an  das  höhere 
gericht. 

ABRÜHREN,  coquendo  miscere,  beitn  kochen  untereinander 
rühren,  zur  mischung  oder  sonderung;  mit  einem  eie  abrüh- 
ren (s.  abmachen,  abquerlen);  pflaumen  abrühren,  um  die 
kerne  davon  abzulösen. 

ABRUMPELN,  crepando  abire,  rumpelnd  abfahren,  der  wa- 
gen ist  abgerumpelt. 

ABRUNDEN,  bei  einigen  abrunden,  rotunddre,  nnl.  afronden, 
rund  machen :  ein  brct,  ein  metall  abrunden ;  der  kontur  ihrer 
wangcn  ist  nicht  ganz  so  sanft  abgerundet  als  an  der  Venus. 
Wieland  25,304;  indem  sie  sich  zeit  nahm  folgende  Strophe 
auszubilden  und  abzurunden.  Göthe  22,  92;  wie  er  jedes  blaU 
zu  einem  ganzen  abrunden  möge.  22,  217 ;  Ludwig  XIV  run- 
dete auf  deutsche  Unkosten  sein  Frankreich  vollends  ab. 
Dahlmann  fr.  rev.  5;  sein  plan  war  fertig  und  abgerundet. 
das.  Ol ;  geldsummen  abrunden,  dasz  runde  zahlen  enlstehn. 

ABRUNDUNG,  f. 

ABRUPFEN,  devellere,  abpflücken,  mit  der  band  ähren  ab- 
rupfen. 5  Mos.  23,  25,  wofür  Matlh.  12, 1.  Luc.  6, 1  ähren  aus- 
raufen, goth.  raupjan  ahsa,  ags.  ear  pluccian ;  blätter  vom 
bäume  abrupfen ;  junger  salat  nie  abgerupft.  Kirchh.  wendunm. 
202*;  wenn  du  (Schneider)  halbe  ein  tuchseiden  abropftest. 
das.  231*;  die  federn  von  der  gans  abrupfen,  dann  die  gans, 
das  huhn  abrupfen,    figürlich 

wenn  nachmals  uns  der  kurzen  rast  gewinn 
wird  abgerupft,  so  fliegen  wir  dahin.    Opitz  ; 

wenn  ich  lese,  will  ich  mich  sammeln,  und  nicht  wie  jener 
sultan  von  Indien  durch  abgerupfte  märchen  hingehalten  sein. 
GöTUE  49,  99. 

ABBÜSTEN,  destruere,  ein  gerüst  abbrechen,  gegenüber  dem 
aufrüsten. 

ABRUTSCHEN,  delabi,  abgleiten,    den  berg  abrutschen. 

ABRÜTTELN,  quassare,  abschütteln. 

ABSÄBELN,  gladio  auferre,  mit  dem  säbel  abhauen :  grosze 
berge  abgesebelter  köpfe.  LohensI.  Arm.  2,  961.  auch  unor- 
dentlich abschneiden,  abmurzcln. 

ABSACKEN,  saccum  auferre,  den  sack  abnehmen,  den  esel 
absacken;  sie  lieszen  weder  absatteln  noch  das  kriegsgeräthe 
absacken.  Lohenst.  Arm.  1,  915;  einem  sein  geld,  die  beute 
absacken. 

ABSÄEN,  conserere,  vollständig  besäen,  mit  einem  pferde 
an  der  säemaschine  kann  man  täglich  fünfzehn  morgen  ab- 
säen; die  gerber  säen  vor  dem  beizen  das  feil  ab,  bestreuen 
es  mit  Schrot  von  getraide.  ein  abgcsäler  acker,  cm  kraftlo- 
ser, dem  man  keine  brache  verslaltet  hat.  abgesätcr  lein,  wie- 
derholt ausgesäter,  im  gegensatz  zu  frischem  samen. 

ABSAGE,  f.  renuntiatio,  außündigiing,  aufsagung.  zumal 
das  auftiundigen  der  freundscliaß  und  ankündificn  der  feind- 
schaft:  und  sonach  meine  ritlcrlichc  absage  nur  kurz.  Les- 
sing 10, 132.    einem  absage  thun.    vgl.  ahklage. 

ABSAGEBRIEF,  m.  fehdebricf:  offene  absag  oder  feinds- 
briefe.  Kirchhof  mil.  disc.  21.  90 ;  disen  absagbricf  bring  ich 
dir  von  dem  christenkciser  Otnit.  J.  AYr.ER209';  einen  absag- 
brief  wider  alle  dapfere  rittersleut.    Weckhehl.  859. 


93 


ABSAGEN— .ABSATZ 


ABSATZ  —ABSCHAFFEN 


94 


ABSÄGEN,  renuntiare,  abbestellen,  abmelden:  einen  besuch, 
eine  Versammlung,  Sitzung  absagen  lassen ;  und  als  euer  trauern 
Wirt  abgesagt,  fasln,  sp.  328,  6.  hauptsächlich  aber,  mil  persön- 
lichem dativ,  frieden  auf,  fehde  ankündigen,  widersagen,  renun- 
tiare,  abrenuntiare :  nu  sagt  in  (ihnen)  ab,  rüst  euch  zum 
streit!  fastn.  sp.  194,  12;  dem  teufel,  dem  tyrann  absagen, 
dann  auch  der  Sünde,  der  bösen  lust  als  gegnern  absagen 
(vgl.  abgesagt),  in  der  von  Faust  ausgestellten  formet  heiszt 
es  nach  dem  Volksbuch :  dazu  absage  ich  allen  denen,  die  da 
leben,  allem  himmlischen  beer  und  allen  menschen;  das  wir 
den  Daischlichen  lüsten  abgesaget,  nach  dem  gaiste  frucht 
bringen.   Melisscs  ps.  A  3* ; 

Veii  trägt  eine  flegelkap  über  einer  knebelhaut. 
Höflich  hat  ihm  abgesagt,  dieses  macht  dasz  er  nicht  traut. 
LoGAü  3,  1,  24. 

umgekehrt  sagen  aber  auch  uns  gott,  glück,  herz  und  gewissen 
üb:  und  wir  hohen  und  reichen  erschrecken  nicht,  so  wir 
hören,  das  gott  uns  absagt.  Lutber  1,  49:" ;  denn  das  gesetz 
ist  zu  stark  und  hat  dein  eigen  herz  zu  hülf,  das  dir  absagt 
und  dich  zur  helle  verdampt.  6,  271";  wenn  ich  weisz,  das 
einem  sein  gewissen  absagt  und  widerstehet,  so  kan  ich  mich 
für  im  nicht  fürchten.  6,  121*;  das  glück,  das  mir  so  wenig 
als  eim  andern  abgesagt  hat.  Kirchhof  uendunm.  131'.  In 
schwächerem  sinn  blosz  absprechen,  aufgeben  und  entsagen: 
das  du  es  thust  aus  vermessener  kunst  und  verstand,  wel- 
chen dein  gewissen  dir  selbs  on  zweivel  absagt.  LirrHER  360' ; 

so  soU  man  im  nach  gmeinem  recht, 
nach  verhörung  antwort  und  klagen, 
ein  rechtmeszig  urtheil  absagen. 

ß.  Waldis  Esopus  4,  76.  6/.  302' ; 

ein  recht,  welches  man  damals  noch  keinem  ehrlichen  manne 
abzusagen  getraute.    Moser  3,  244 ; 

wem  das  lieben  wil  behagen, 
musz  dem  leben  abesagen.    Locau  1,7, '3; 
und  aller  dichtere!  auf  ewig  abzusagen,    Cajiitz  ; 

sie  trachteten  dort  in  der  Lotofagen  gesellschaft 
lotospflückend  zu  bleiben  und  abzusagen  der  heimat. 
•^  Voss  Od.  9,  97  ; 

so  sag  ich  meiner  heimat  ab, 
und  setze  meinen  pilgerstab 
fort  durch  die  weite  weit.    Bürger  47'; 
allein  Agamemnon 
sagte  derkränkuDg  nicht  ab,  die  er  dem  Peliden  gedrohet. 
BÜRGER  1S9'; 

könntet  ihr  so  sehr 
der  schäm  absagen?       Schiller  461; 
sind  beide  lästig,  der  eine  mit  seiner  Schwärmerei, 
der  andre  mit  seinem  ewigen  klagen, 
so  dasz  sie  oH  lust  bat  beiden  auf  einmal  abzusagen. 
WiELASD  5,  134; 
alle  die,  gebeugt  durch  schmerzen, 
abgesagt  dem  holden  bund.    Göthe  45,  S3; 

der  bildhauer  wird  aller  sclbstlernerei  d.  h.  selbslquälerei  zei- 
tig absagen.  Göthe  44,35;  der  Vernunft  absagen.  Kästner  1, 
44;  einem  gedanken  absagen.  Kant  8,10.  Es  ist  in  einzelnen 
fällen  gleich  richtig,  den  dat.  oder  acc.  beizufügen:  ich  habe 
der  reise,  die  reise  noch  nicht  abgesagt,  jenes  meint  entsagt, 
dieses  aufgegeben.  Luther  gebrauclil  absagen  auch  für  heraus 
sagen,  vom  herz  herab  sagen :  inen  dürre  absagen,  das  sie 
von  solcher  prophezei  ablieszen.  3,  47;  so  ists  kurzumb  ab- 
gesagt mit  dem  spruch  (heute  kurzab  gesagt),  das  wir  alle 
sterben  müssen.  4, 31".    vgl.  abklagen. 

ABSAGE.N,  serra  auferre,  den  ast  vom  bäum  absägen,  den 
bäum  absägen. 

ABSAHNEN,  in  einigen  gegenden  ßr  abrahmen. 

.\BSALZE.N,  sale  condire,  gehörig  salzen. 

ABSATTELN,  ephippium  demere,  den  saliel  vom  pferde  neh- 
men, das  pferd  absatteln ;  lasz  absatteln !  das  pferd  bat  sei- 
nen reiler  abgesattelt,  vom  sntlel  geworfen.  Fischart  Garg. 
cap.  30  sagt  von  einem  mönch :  ein  geschwinder  horasfcrtiger, 
paternosterpostiercr,  mcszahsatteler. 

ABS.\TZ,  m.  quod  deponitur,  demittitur,  was  abgesetzt  wird, 
sich  absetzt,  sinnlich:  der  absatz  am  schuh,  niedrige  absätze. 
Gellert  3, 138 ;  der  absatz  am  halin  und  röhr,  das  gelenk,  der 
knoten;  absatz  einer  mauer,  eines  bergs,  wo  die  gerade  höhe 
absetzt,  abbricht;  ahsatz  des  felsens,  der  treppe,  stufe,  in  die 
man  eintritt,  von  absatz  zu  absatz  springen ;  der  oberste,  un- 
terste absatz  des  tempels.  Ezech.  43,  14 ;  absatz  des  ganges, 
Schachtes  im  hergbau;  absatz  der  zeilen  in  der  schrifl.  nun 
aber  weiter,    absatz   in  der  rede,   erzählung,   im  Vortrag,  ai^ 


satz,  glied  oder  gelenk  im  gedieht  und  versban,  darum  absatz 
als  gegensatz:  wirklich  war  die  Veränderung  und  der  absatz 
(abstand)  ihrer  gegenwärtigen  art  zu  sein  mit  ihrer  vorigen 
grosz.  Wieland  1,  272 ;  eine  neigung  welche  mit  ihrem  stände 
und  aller  einen  gleich  starken  absatz  machte.  2,  28;  ich  ge- 
stehe dir,  Danae,  dasz  der  erste  anblick  mit  dem,  was  ich 
erwartete,  einen  starken  absatz  machte.  2,  89;  als  sie  schon 
in  seinem  gesiebte  etwas  bemerkte,  das  mit  seiner  gewöhn- 
lichen heilerkeit  einen  absaU  machte.  1,  ISl.  absatz,  ausnähme, 
was  abzusetzen,  abzurechnen  ist,  was  absticht :  leidet  doch  dies 
einen  absatz.  Loiienst.  Amiin.  1,1248;  was  von  unserm  stifte 
gilt,  das  gilt,  höchstens  mit  einem  fünftel  absatz,  von  ganz 
Westphalen.  Moser  p.  ph.  1,  244;  gegen  das  absolulgrosze 
macht  das  absolutkleine  des  einzelnen  falles  einen  gar  zu 
starken  absatz.  Schiller  1215.  Von  einzelnen  Ihieren  wird  ge- 
sagt, wenn  sie  junge  werfen  oder  entwöhnen,  dasz  sie  setzen, 
absetzen,  in  diesem  sinn  könnte  auch  die  neugeburt  absatz 
heiszen,  woßtr  doch  sichere  belege  gebrechen,  es  sei  denn  ein 
solcher,  dasz  in  der  vorrede  zu  seinen  gedichtcn  Hoffmanns- 
WALDAO  die  arabische  spräche  den  absatz,  folglich  abkömmling 
der  hebräischen  nennt,  häufig  bezeichnet  absatz  die  abgesetzte 
waare,  ein  kaufmann  hat  starken  oder  schwachen  absatz,  ver- 
spricht sich  absatz  und  es  fehlt  ihm  daran.  Endlich  absaU 
Unterbrechung  und  pause,  ein  glas  ohne  absatz  austrinken, 
einen  Vortrag  ohne  absatz  halten,  ohne  abzusetzen. 

ABSÄTZIG,  bergmännisch,  ein  absätziger  ort,  wenn  sich  in 
geschmeidigem  stein  eine  bergfeste  zeigt. 

ABSÄUßERN,  depurgare,  reinigen:  den  topf,  das  geschirr, 
das  erz  absäubern. 

auch  dient  es,  dasz  der  rauhe  schmerz, 

absauber  ein  beflecktes  herz, 

dasz  er  den  rost  abreibe.    A.  Grtphids  2,  280. 

ABSAUEKN,  acescere,  sauer  werden. 

ABSÄUERN,  sauer  werden  lassen,  auch  gegensatz  von  auf- 
säuem. 

ABSÄUTRUNG,  f.  die  metallischen  farbenerscheinungen, 
wie  sie  durch  säurung,  aufsäurung,  absäurung  und  entsäurung 
entstehen.    Göthe  52,  217. 

ABSAUFEN,  debibere,  nnl.  afzuipen.  den  schäum  vom  hier 
absaufen;  sich  im  wein  ertränken  und  das  leben  absaufen. 
Simplic.  1,  102;  du  wolltest  dir  die  gurgel  absaufen.  Schil- 
ler 107 ;  einem  durch  saufen  abgewinnen : 

und  Leipzigs  kröne  ward  dem  feigen  abgesoffen.    Zachariä; 
einen  absaufen,  im  saufen  überwinden,    s.  abtrinken,  abzecben. 

ABSÄUGELN,  sonst  absuckeln,  desorbere,  in  kleinen  zügen 
saugen;  bei  den  gärtnern  für  pfropfen,  ablactieren. 

ABSAUGEN,  desugere,  durch  saugen  entziehen :  du  hast  ir 
gut  gar  abgesogen,  fastn.  sp.  43,  4;  das  kind  hat  die  amme 
abgesogen ;  einem  den  letzten  tropfen  absaugen. 

ABSÄUGEN,  ablactare,  ein  kind  entwöhnen. 

ABSCHAB,  n.  quod  abraditur,  abschabsei.  nim  14  lot  ab- 
schab vonn  wechalterpaum.  Schneller  3,  304.    s.  abschabete. 

ABSCHABEN,  abradere,  abreiben,  das  moos  vom  bäume, 
den  hart  (von  den  wangen)  abschaben,  holz  mit  glas  abscha- 
ben, färben  abschaben,  abreiben,  abgeschabte  kleider,  hosen, 
figürlich  abgcscliabte,  abgenutzte  leule.  ein  alfer  abgeschabter 
keri.  J.  Paul  Tit.  1, 166 ;  ein  langer  an  rock  und  gesiebt  ab- 
geschabter mensch,  dessen  komet  3, 104 ;  in  ihren  allen,  abge- 
schabten tagen,  das.  t,  Ib.  ältere  hochdeutsche  schripsteller  ge- 
währen das  starke  part.  abgeschaben  i.  b.  Forer  fisehb.  132*. 
Hohrerg  1,252",  ScHMELLER  3,  304  aus  dem  voeab.  v.  1618  abge- 
schaben, ramcntum;  noch  Schwab  in  Schillers  leben  ein  ab- 
geschabener  rock. 

ABSCHABETE,  f  abschabsei:  nimb  die  abschabeten,  so  die 
weiszgerber  von  dem  bergamen  schaben.  Seuteb  rosarznei 
1599  j).  358;  nim  öl  ...  abschabet  von  helfenbein,  abschabet 
Ton  geiszhom  ...  aus  dem  mach  ein  salb.  Röszlix  hebam- 
menbuchlein  1565.  p.  45*. 

ABSCHABSEL,  n.  gleichviel  mil  ab.schab  und  abschabete, 
aber  gebräuchlicher. 

ABSCHACH,  n.  gebildet  wie  abweg,  ab  dem  sehach  sein: 
Sittah.    so  bleibt  es?    nun  dann  »rhach  und  doppelt  sehach.' 
Saladin.    nun  freilich,  dieses  absohach  hab  ich  nicht 
gesehn,  das  meine  königin  zugleich 
mit  nieder  wlrO.  Lessing  2,  228. 

ABSCHACHERN,  mercari,  abhandeln.    $.  sehachcm. 
ABSCHAFFEN,  dimittere,  auf  personen  bezogen,  fortschaffen, 
ikh  vom  halse  schaffen,    entlassen:    bitte  sie  wollten  das  ge- 


95 


ABSCHAFFEN— ABSCHATTEN 


ABSCHATTIEREN — ABSCHEID 


96 


spenst  abschaffen.  Schweimchen  1,  261;  das  andere  kriegs- 
volk  ward  bald  abgescliaffet.  das.  2, 119  ;  wann  forsten  heucli- 
1er  abeschaften.  Logau  2,  4,  65 ;  kompt  ein  unfreundlicher  und 
unangenehmer,  so  schaffe  ihn  ab.  pers.  rosenth.  5,  6 ;  wie  man 
diese  kerl  so  stillschweigend  abschaffen  könte.  Simplic.  1,  97 ; 
wollte  derowegen  sie  wieder  abschaffen,  das.  1, 13 ;  einen  bett- 
1er  abschaffen,  fortgehn  heiszen.  so  noch  heute  das  gesinde, 
den  bedienten  abscliaffen,  fortschicken,  dienstes  entlassen,  und 
auf  Sachen  bezogen:  pferde  und  wagen  abschaffen,  den  hund, 
die  katze,  den  vogel  abschaffen,  sie  nicht  mehr  halten  wollen. 
gesetze,  gewohnheiten,  gebrauche,  misbräuche  abschaffen,  ab- 
rogare ;  die  vielen  feiertage  sind  in  den  meisten  ländern  ab- 
geschaft  worden,  über  diese  sachen  haben  wir  die  herschaft, 
welche  wir  nach  unserm  willen  erhalten  oder  abschaffen  kön- 
nen.   Weise  kl.  leute  280. 

ABSCHÄKERN,  scherzweise  abnehmen :  er  läszt  ?ich  nichts 
abschäkern.     s.  abschelmen. 

ABSCHÄLEN,  decorticare,  von  der  schale  lösen:  bäume, 
äpfel,  obst  abschälen,  die  rinde,  das  brot  abschälen,  einen 
wilden  boden  abschälen,  den  rasen  mit  dem  schälpfluge  weg- 
nehmen, entrasen.  sich  abschälen,  die  haut  schält  sich  ab. 
figürlich  absondern,  lösen,  frei  machen :  also  das  hie  rein  ab- 
geschelet  und  ausgeschlossen  sei  alles  was  man  predigen  oder 
wissen,  heiszen  oder  thun  kann,  von  allerlei  guter  lere.  Lu- 
ther 6,  176';  und  jetzt  war  ich  ja  frei,  abgeschält  von  allen 
pflicliten  und  thränen  und  freuden,  abgeschält  von  der  vor- 
sieht.   Schiller  199. 

ABSCHÄLREN,  defraudare,  in  schalks  weise  abnehmen,  ent- 
fremden : 

und  wiewol  ich  in  meinem  sinn 
ein  groszer  schalk  lang  gwesen  bin, 
vpil  ich  doch  goU  sein  himmel  hie 
abschälken  und  abhciicheln  nie. 

FiscHARTs  Eulenspiegel  bl.  273. 

ABSCHALMEN ,  tn  cortice  signare,  an  der  rinde  zeichnen, 
forstmäszig  für  die  hat  und  weide,  durch  abschälen,  zeichnen: 
es  sind  der  Stadt  Belitz  gute  örter  in  der  haide  abgeschal- 
met,  und  deren  sich  zu  enthalten  geboten  worden.  Frisch 
2, 159.    vgl.  schalm. 

ABSCHÄLUNG,  f.  decorticalio,  abtrennung :  dasz  du  hier 
bist,  beweiset  viel  für  dich,  aber  abschälungen  mag  es  doch 
gekostet  haben.    Wieland  27,  39. 

ABSCHANK,  m.  was  von  getränke  verabschenkt  wird,  so 
hiesz  namentlich  der  reisenden  hofleulen  dargereichte  Schlaf- 
trunk. 

ABSCHÄRFEN,  abstumpfen :  das  leder  abschärfen,  am  rande 
dünner  schneiden,  das  bret  abschärfen,  ihm  die  scharfen  ecken 
nehmen,  bei  den  Jägern  aber  abschärfen  für  ablösen,  abschnei- 
den, mit  der  schärfe  des  Jagdmessers. 

ABSCHARREN,  deradere,  scharrend  ablösen:  den  rusz,  den 
teig  vom  trog,  den  kalk  von  der  wand  abscharren,  den  schmutz 
von  den  schuhen  abscharren,  die  schuhe,  den  trog  abschar- 
ren,   allen  unrath  von  sich  abscharren. 

ABSCHARRETE,  f  gebildet  wie  abschabcte.  s.  abscherretc. 

ABSCHARRICHT,  n.  was  abgescharrt  ist. 

ABSCHARRSEL,  n.  das  abgescharrte. 

ABSCHATTEN,  adumbrare,  durch  hinzugethanen  schatten 
genauer  abbilden,  als  es  im  unirisz  geschehn  kann,  bei  den 
mahlern,  die  gestalt,  die  landschaft  abschatten,  in  licht  und 
schatten  setzen,  dann  überhaupt  abbilden,  entwerfen,  bilden : 
das  menschenpaar,  welches  gott  abschaltete.  Hippel  lebensl. 
6,  115; 

die  schöne  mcnschheit, 
zu  welcher,  wie  das  neltlarrriuschchen  scliwindet, 
die  göttin  unvermerkt  sich  abgeschattet  lindct. 
\VlKLAAD  9,  1S4; 

leiden  schattet  niemals  so  scharf  ah  als  thun.  J.  Paul  aeslh, 
2,  80 ;  blickte  er  ihr  bethräntes  angesicht  an  und  schattete 
es  ab  in  seiner  öden  seele.  Ilesp.  4,  86 ;  wo  ich  eben  sitze 
und  den  heutigen  sonntag  abschatte,  jubeisen.  177 ;  spitzbu- 
ben  geschickt  abschatten,  holzschn.  10,  92.  Das  wort  wurde 
viel  häufiger  in  der  spräche  seit  crfindung  der  Schattenrisse 
durch  den  Franzosen  Silhouette  (um  1760) :  irii  nahm  oft  im 
.Sommer  meine  schreiblafel  heraus  und  wollte  ihn  an  dieses 
«ilhouetlcnbret  anpressen  und  dann  abschatten,  /fo/).  3,  203; 
dürfte  man  einen  freund  abschatten  in  rissen  und  schatlitnri.ssen. 
flcgelj.  4,  90,  und  J.  Paul  gehl  damit  verschwenderisch  um. 
sich   abschatten    bedeutet  sich   durch  schattcnwurf  darstellen: 


die  gestalt  schattet  sich  auf  dem  hellen  gründe  genau  ab; 
die  blätter  der  reben  schatteten  sich  ab  auf  seinem  antlitz. 
Bettine  tageb.  229. 

ABSCHATTIEREN,  unedler  als  abschatten,  doch  den  mah- 
lern geläufig,  wie  schattieren. 

ARSCHATTÜNG,  /".  adumbralio,  abbild,  enlwurf,  nuance, 
Silhouette:  während  vorstehender  kurzen  abschattung  des  ab- 
derilischen  schauspielwesens.  Wiel.  19,  256;  mit  sanften  ab- 
schattungen. Stolberc  8,  138; 

der  natur  und  der  menschlichkeit  weiser  verkünder, 
die  abschattungen  sind  uns  endlichen  endloser  gouheit. 

Voss  1,  91; 

ist  mutterliebe  in  ihren  abschattungen  nicht  eine  ergibige 
quelle  für  dichter  und  mahler?  Göthe  44,  8;  nun  war  zu- 
vörderst von  forte  und  piano  die  rede,  sodann  aber  von  fei- 
neren abschattierungen.  31,  236. 

ABSCHÄTZEN,  als  Steuer  oder  Schätzung  abnehmen: 

das  sie  uns  mit  der  heiigen  feir 
und  irer  furbilt  han  gefalzt, 
damit  unsern  schweisz  abschätzt. 

B.  Waldis  Esopus  3,  100.  bt.  20t'; 

wie  leichtfertig  hats  mancher  prinz  und  graf  in  diesen  zeiten 
mit  1000  und  100  thalern  den  kriegsgurgeln  weggeschenket, 
aber  hergegen  seinen  armen  predigern  abgebrochen  und  ab- 
geschatzet.  Chpb.  kjiDmi  bnszposaune.  Amsterd.  1643.  4.  E  iiii'. 
einen  abschätzen,  ihin  Schätzung  auferlegen. 

ABSCHÄTZEN,  taxare,  schätzen,  taxieren:  schetzt  ir  mich 
recht  ab.  fastn.  sp.  228,  25;  schätz  mich  ab.  275,  2;  zeuge 
abschätzen,  ein  haus  zu  tausend  thalern  abschätzen,  aber 
auch  hcrabschälzen,  niedrig  taxieren,  heruntersetzen,  woher 
das  folgende. 

ABSCHÄTZIG,  abjectus,  herabgeschätzt:  warf  der  reutcr 
seinem  hund  zu  etwann  ein  stück  brots,  etwan  ein  bissen 
abschätzigs  fleisch(s).  Wickram  rollw.  6;  wo  ein  baumann 
den  herren  bauweingarten  abschätzig  machen  {herunterbrin- 
gen) würde.  Tyrol.  landsordn.  5,  36;  ein  abschätziger  häufe 
blöder  thoren.  Wiel.  2,  128;  lauter  abschätzige  Sklaven  zu 
seinen  füszen.  7,102;  die  abschätzige  meinung.  13,27;  in  der 
gewalt  des  abschätzigsten  erdensohnes.  13,233;  ich  wünschte, 
meine  gattin  würde  nicht  von  stunde  zu  stunde  baufälliger 
und  abschätziger.  J.  Paul  teufelspap.  2,  222.  vgl.  gering- 
schätzig. 

ABSCHAUEN,  dcorsum  spectarc,  herab  schauen: 
sobald  im  vollsten  glänze 
als  ein  gediegenes  rund  auf  die  erd  abschauele  Luna. 

Voss; 

meistcntheils  aber  transitiv  für  absehn,  erspähen:  ich  kann 
ihn  mit  den  äugen  nicht  abschauen;  ich  suche  es  ihm  ab- 
zuschauen; der  feind  vornemmen  und  gclegenheit  des  orts 
zu  erfahren  und  abzuschauen.    Kirchhof  nii7.-  disc.  89. 

ABSCHAUERN,  mit  einer  Scheidewand  absondern,  sonst 
auch  abkleiden,     s.  schauer. 

ABSCHAUFELN,  pala  auferre,  mit  der  schnufel  fortschaf- 
fen: die  erde  von  der  anhöbe,  den  schnee  vom  dach  ab- 
schaufeln, das  dach  abschaufeln. 

ABSCHAUM,  m.,  was  auf  flüssigkeiten  oben  abgenommen 
werden  kann,  purgamcntum  supernatans,  faex,  rqv^,  auswarf, 
dann  aber  das  schlechteste,  schändlichste  seiner  arl:  schwache 
und  sorglose  regrnten  verdienen  ihr  gewöhnliches  Schicksal, 
von  dem  abschaum  des  menschlichen  geschlechts  umgeben  zu 
sein.  Wieland  7,  203;  abschaum  aller  mörder!  Lessing  2, 158; 
man  könnte  antworten,  dasz  dieser  abschaum  von  menschen 
nicht  zu  den  l>ürgern  gehört.  Lessing  7,  407 ;  der  menschen 
abschaum  wird  er  sein.    .1.  E.  Schlegel  4,  187. 

ABSCHÄUMEN,  oben  wegnehmen,  reinigen,  despiimare:  das 
unreine  von  der  milch,  dem  honig  abschäumen ;  die  milch, 
das  fleisch  abschäumen ;  wer  kann  das  Weltmeer  abschäu- 
men, wenn  er  ihm  nicht  die   ufer   wegbricht?   J.    Paul    Tit. 

5,  19.  abgeschäumt,  ausgeworfen,  nichtswürdig:  zur  boshcil 
abgi'führct  und  abgcschäumet.    Simplic. 

ABSCHEIÜ,  w).  discrssio,  die  alte,  rechte  gestalt  des  heu- 
tigen Wortes  abschied,  nnl.  af-icheid,  im  16.  17.  jh.  ein  gang- 
barer ausdruck  für  das  scheiden  aus  dem  leben,  den  tod:  das 
uns  allen  fast  wehe  geschehen  ist  durch  seinen  a!)scheid. 
Luther  5,  480';  und  wenn  die  zeit  kompt,  gib  uns  ein  gne- 
diges    stündlin    und    seligen    abscheid   vim  diesem  jainerlhal. 

6,  309';  nach  dem  abscheid  vom  leibe.  3,  512';  in  eurem 
Unfall,  so  euch  itzt  durch  abscheid  cuers  sohns  widerfahren. 


o 


97 


ABSCHEIDEN'  —  ABSCHELMEN 


ABSCHEXKE  —ABSCHEULICH 


9S 


8,  204*.  br.  5,  691;  in  seim  (seinem)  aus  dieser  weit  ab- 
scheid. Fischart  bienenk.  131*;  ein  seliger  abscheid  yon  di- 
sem  leben.  Kirchhof  trendiinm.  40';  nach  dem  seligen  ab- 
scheid, froschmeus.  AT",  abscheid  entspricht  aber  auch  dem 
jetzigen  bescheid  ßr  entscheidttng,  urtheil  und  Unterscheidung : 
parten  hören  und  abscheid  geben.  B.  Rixcw.  laut.  leh.  251; 
befehlen  abscheid  drauf  zu  geben,  das.  235 ;  legen  alle  ding 
nach  der  leng,  lieblich,  mit  sonderlichem  abscheid  dar.  Pa- 
EACELSCS   1.   26l'. 

ABSCHEIDEN,  discedere,  ron  dannen  scheiden,  abgehn: 
ich  habe  lust  abzuscheiden  (dissolvi)  und  bei  Christo  zu  sein. 
Philipp.  1,  23 ;  im  abscheiden  sagen  wir  'gehabt  euch  wol.' 
Luther  3,  296 ;  und  ward  ihm  also  abzuscheiden  vergönnet. 
Kirchhof  tcendunm.  450' ;  kinder,  die  hie  abscheiden,  fastn. 
sp.  14,  13;  wolle  auch  darauf  seligiich  aus  disem  jammerthal 
abscheiden.  Atrer  proe.  2,  10; 


so  schneid  ich  ihm  sein  kehlen  rab 
und  scheid  mit  dir  bald  von  ihm  ab. 


Atrer  24S' 


nachdem  er  von  dem  ort  abschiede  (veggieng).  pers.  baumg. 
1, 10 ;  ich  hatte  mich  etwa  eine  halbe  stunde  in  den  schmach- 
tenden, süszcn  gedanken  des  abscheidens,  des  Wiedersehens 
geweidet.  Göthe  16,  82.  Das  part.  praet.  lautete  bis  ins  17.  jh. 
noch  abgescheiden,  später  abgeschieden :  des  abgeschiedenen 
Schattens.  Wielasd  2,  155;  eine  abgeschiedene  seele.  12.  25S. 
Kant  3,  100 ;  ein  abgeschiedener  geist.  Ki.opst.  Mess.  16,  141. 
Güthe  20,  115;  die  erinnerung  abgeschiedener  freuden.  10, 
146;  meine  gute  mutter  ist  abgeschieden.  Bettine  briefe  2, 
235 ;  Wilhelm  wollte  seinen  förmlichen  abschied  vom  theater 
nehmen,  als  er  fühlte,  dasz  er  schon  abgeschieden  sei  und 
nur  zu  gehen  brauchte.  Göthe  20, 115.  Auszerdem  aber  drückt 
abscheiden  (part.  abgescheidet,  abgescheiden  und  später  abge- 
schieden) aus  ein  transitives  trennen,  separare:  gleichwie  unser 
schwermer  thun,  scheiden  die  wort  ab  und  lassen  sie  faren. 
Luther  3,  363;  wer  eine  abgescheidete  freiet.  Matth.  5,  32; 
damit  sie  von  irem  manne  abgescheiden  würde.  Kirchhof 
wmdunm.  207'; 

lobt  den  tod,  der  mich  (ur  leiden 

bat  zum  frieden  abgescheiden.    Logad  1,3,45; 

dasz  sie  nicht  mög  ihn  von  dem  land. 

TOD  ihm  euch,  uns  von  euch  abscheiden.    Weckherlm  503; 

das  übrige  wasser  aber,  das  die  nalur  in  den  bergen  ab- 
scheidet. Felsenb.  4,  568 ;  der  Chemiker  scheidet  die  verschied- 
nen  Stoffe  von  einander  ab;  (der  ring  des  Saturn)  als  sein 
abgeschiedener  theil.  Kant  8,  310.  in  diesem  sinn  sind  ab- 
gescliiedene  {elieleute)  pers.  rosenth.  6,  2  nicht  von  einander 
iceggegangne,  sondern  ßrmlich  getrennte,  und  Lcther  ge- 
braucht die  abgescheidene  Luc.  16,  18  für  dimissa,  «o  ahd. 
forläjaniu,  goth.  afsatida  steht;  er  var  aber  nah  daran  durch- 
weg xu  verdeutschen  die  abgescheidete,  «te  Matth.  5,  32.  19,  9. 
und  in  seinen  werken  5.  382  gelesen  wird,  nachher  mus:  er  ein- 
gesehn  haben,  dasz  auch  scheiden  schied  transitive  kraß  hat, 
diese  nicht  in  ein  scheiden  scheidele  gelegt  zu  werden  braucht, 
das  wird  auch  durch  sich  scheiden  bestätigt: 

Wendel  da  scbieds  durch  grenze  sich  ab,  und  der  grenzsteio 
hub  sich  empor  in  die  wölken.    Klopstock  2,  80; 

dasz  sie  sich  vom  leben  abzuscheiden  droht.  Göthe  20,  174. 
doch  ist  die  schwache  form  an  sich  nicht  unberechtigt,  denn 
auch  im  Th.  Plater  liest  man:  als  er  ehrlich  ahgescbeidt 
(war)  für  abgeschieden.  Lcther  verwendet  sonst  abscheiden 
für  fertig  werden,  zu  ende  kommen:  welcher  geslalt  du  mit 
irae  abscheiden  wirst,  das  wollest  uns  durch  dein  schreiben 
zu  erkennen  gehen.  1,  141*. 

ABSCHEIDE.N,  n.  excessus  und  separatio. 

ABSCHEIDER,  m.  der  auf  der  hütte  die  erze  scheidet. 

ABSCHEIDU.NG,  f.  discessio  und  separatio,  in  der  ab- 
scheidung (im  scJieiden)  des  tages.    Staden  M  4. 

ABSCHEFN,  m.  splendor,  Widerschein,  abglanx:  und  discr 
abschein  des  monds  hat  kraft  die  feuchte  der  naiflriicben 
ding  zu  erregen.  Sebptz  feldbau  s.  47. 

ABSCHELFEN,  ahschilfen,  deglubere.    Stiei.er  1719. 

ABSCHELLEN,  vi  defringere,  durch  heftige  erschütlerung 
ablösen:  der  fusz  ist  zwar  nicht  gebrochen,  aber  das  fleisch 
vom  knochen  abgeschellt. 

ABSCHELMEN,  deeipere,  abgaukeln,  abbelriegen: 

KO  gibt  si  ei  wider  ur  der  statt 
was  si  vor  abgesrhelmet  hat. 

MukKCBS  gnchmnll.  1519.  jil. 


ABSCHENKE,  f.  womit  abgescheniä  wird:  ihm  folgten  i 
lacpiais,  welche  die  abschenke,  die  in  einer  groszen  güldenen 
kanne  voll  wein  und  einer  schale  voll  allerlei  confituren  be- 
stund, auf  unsere  tafel  setzten.  Felsenb.  4,  95. 

.\BSCHENKEN,  ein  bestimmtes  masz  getränkes  austheilen, 
zumal  an  das  reisegefolge  des  hofes.    s.  abschank. 

ABSCHEREN,  detondere,  abschneiden,  mhd.  abe  schem, 
nnl.  afscheren :  das  haar,  den  hart  ron  dem  köpf,  kinn  ab- 
scheren; dem  ritter  schar  er  auch  das  bar  ab  mit  einer 
scheren.  Galut  293.  heute  schlechter:  schor  ab.  abscheren 
soll  auch  bedeuten  absondern  durch  eine  Scheidewand,  was 
mit  dem  begrif  des  Schneidens  vereinbar  wäre,  doch  gilt  sonst 
dafür  das  abführende  abschauem. 

ABSCHERRETE,  /".  für  abscharrete,  was  abgescharrt  wird: 
so  gib  ich  dir  nit  {spricht  der  becker  zum  bettler)  die  ab- 
scherret  auf  meiner  wirkbank.    Fret  garteng.  s'. 

ABSCHERZEN,  ron  einem  durch  scherz  erlangen,  vgl.  ab- 
schäkem. 

ABSCHEU,  m.  absehen,  abominaiio,  heßiger  Widerwille  und 
Verachtung,  eigentlich  scheu  ab  (ron)  einem :  es  ist  wahrer  tief 
eingewurzelter  abscheu.    Gotter  3,  4; 

und  nur  auf  den  seh  ich  voll  abscheu  nieder, 
der  menschenliebe  nie  empfand.    Gotter,  1,  422; 
mancherlei  Schmähung 
sprachst  du  wider  uns  aus,  du  enisielleiest  genTe  zum  absehen. 
Voss  Od.  2,  86. 

e*  kann  darauf  an,  gegen,  vor,  über  folgen,  am  seltensten  der 
genitiv :  abscheu  am  vergieszen  des  bluts  haben.  Klincer  2, 
151;  er  hatte  vor  den  katzen  wahren  abscheu;  mein  abscheu 
gegen  die  kranken  nahm  immer  mehr  ab.  Göthe  26,  9 ;  sie 
äuszerten  gerechten  abscheu  über  eine  solche  that ;  seit  wann 
haben  sie  denn  den  abscheu  der  spinnen  verloren?  Klopst. 
II,  198.  Abscheu  steht  aber  auch  für  den  verabscheuten,  je 
persönlicher,  desto  lebendiger :  du  abscheu,  abscheu  von  einem 
menschen  I;  ich  abscheu.  Gellert  3,  53;  o  pfui  weich  ein 
abscheu,  welch  ein  schreckbildl  welch  entsetzen!  entferne 
dich!  Göthe  11,  301;  wie  hasz  ich  dich,  abscheu  und  ge- 
mahl,  0  Pluto  I  14,  51 ;  er  stund  der  abscheu,  wie  ein  eherner 
teufel  stund  er.  42,  187. 

ABSCHEU,  f.,  untadelhaß,  da  scheu  weibltch  tst:  mit  gro- 
szer  abscheu.  Opitz  3, 1S5 ;  da  dort  die  Lateiner  eine  solche 
abscheu  vor  dergleichen  getragen.  Opitz  poeterei  30. 

ABSCHEUCHEN,  abigere,  deterrere,  wegscheuchen,  fort- 
scheuchen: denn  sie  werden  jene  abscheuchen  und  abhalten. 
Lcther  4,  244;  dadurch  torheit  wird  abgescbeucht.  H.  Sachs; 
die  Sünde  abscbeuchen,  fugare,  deterrere; 

\asz  mich  kein  gut  sunst  von  disem  gut  abschenben. 
WeccHBRL.  25^; 
wie  wenn  den  funkelnden  leun 
oftmals  hund  abscbeuchen.    Voss. 

Rollekhagex  schreibt  abschewen : 

das  er  die  menschen,  wolf  und  lewen 
sol  anmelden  und  helTen  abschewen. 
frosdtm.  1,  2.  cap.  6.  J6'. 

ABSCHEUEN,  n.  horror,  ein  intransitives  abscheuen  hor- 
rere,  mhd.  abe  schieben,  voraussetzend,  ßr  das  belege  man- 
geln, nnl.  afschouwen ;  ein  abschewens  sagt  irgendwo  Er. 
.\lbercs;  diser  gebreslen  ist  ein  groszer  übelstand  und  macht 
einem  schönen  pferd  ein  grosz  abschewen.  Secter  rosarxn. 
292; 

der  tod 
den  köhnesten  bracht  ein  abschewen.    Wsckberli!«  316; 

ich  hatte  aber  gleich  ein  abschenen.  Simplie.  1,  471;  ein 
solch  abscheuen  vor  dem  spielen,  das.  1,  185 ;  weiln  er  — 
kein  abscheuen  getragen,  das.  2,  111 ;  kein  abscheuens  tra- 
gen, weisth.  3,  370;  wider  (das)  abschüben  des  gemüts  und 
wider  die  verlierung  der  vemunfl.  Gersdorf  wundarin.  bl.  17. 
jetzt  ungebräuchlich. 

ABSCHEUERN,  purgare,  ßir  abscheiem  (,<r.  scheuem),  nnl. 
afsrhuijeren.  den  schmutz  abscheuem,  die  pfanne,  den  kes- 
sel,  das  fasz  abscheuern,  das  zimmer  abscbeuem.  einen  ab- 
scheuern, ausschelten,  sich  abscheuem,  abreiben:  das  kleid 
bat  sich  abgescheuert,  abgenützt. 

ABSCHEUIG,  abominabilis,  verabsehenentwerth :  gehässig 
und  abschenig  machen.    Lcther  br.  5,  2$. 

ABSCHEULICH,  abscheulich,  abscheu  erweckend,  scheuszlich, 
nnl.  ahschouwelijk:  ein  abscheulicher  mensch,  ein  abscheuliches 
gesiebt,  bild;  abscheulicher  geslank;  abscheuliches  lasier;  ai»> 

7 


Ö9 


ABSCHEULICH  —  ABSCHIED 


ABSCHIEDCHEN  —  ABSCHIFFEN 


100 


scheuliche  that,  abscheulicher  gedanke.  die  mit  Zerstörung  rin- 
gende natur  in  dem  abscheulichen  zustande  ihrer  Zerrüttun- 
gen. Kant  8,  339.  das  ist  abscheulich.  Häufig  im  gemeinen 
und  vertrauten  leben  zur  bloszen  Verstärkung,  wie  ungeheuer 
und  andere  Wörter:  abscheulich  reich,  abscheulich  schön,  ab- 
scheulich gelehrt.  Lessinc  1,  248.  Rabener  2,  116 ;  es  thut  ab- 
scheulich weh;  ganz  abscheulich  vornehm.  Gei,lert4,  141;  ich 
abscheulicher  narr.  Weise  erzn.  67 ;  einer  hatte  einen  altvateri- 
schen sammetpelz  an  mit  abscheulich  groszen  knöpfen.  63; 
schweizerisch  abschuli  schö,  gued.  Tobi-er  13*.  Einigemal  für  ab- 
schreckend, abscheuchend:  auch  ernstliche  straf  zum  abscheuhli- 
chen  exempel.  Frank  f.  ref.  l,  50, 14 ;  zur  strafe  ihres  Verbrechens 
und  andern  ihres  gleichen  zum  abscheulichen  exempel.  Wielanp 
0,  190.  Am  seltensten  für  abscheuend,  sich  scheuend :  darumb 
dasz  er  im  also  mit  dienst  verpflichtet,  auch  seinen  leib  bei 
ihm  aufzusetzen  nicht  abscheulich  wer  (sich  nicht  scheute). 
KiRctiH.  wendu)im.  54';  unmüglich  anmutung  der  heiTn  macht 
abscheuliche  diener  gern  (die  davor  zurück  scheuen),  das. 

ABSCHEULICHKEIT,  f.  res  nefanda,  kein  wort  vermag 
solche  abscheulichkeit  auszudrücken;  welche  abscheulichkei- 
ten! quelles  horreursl 

ABSCHEÜVOLL :  kein  flusz  verwäscht  den  greul  von  ab- 
scheuvollen dingen.    J.  E.  Schlegel  1,  56. 

ABSCHICHTEN ,  separare,  abtheilen  nach  schiclitcn :  den 
räum  abschichten;  im  deutschen  recht,  kinder  abschichten, 
wenn  sie  aus  der  gemeinschaß  des  Vermögens  treten  und  einen 
theil  davon  für  sich  empfangen. 

ABSCHICKEN,  millere,  absenden,  entsenden :  einen  boten, 
brief,  die  waare  abschicken;  sein  gebet  zu  gott  abschicken, 
Seufzer  zum  himmel  abschicken : 

einen  stummen  seufzerton  aus  dem  herzen  abgeschicket. 

Ch.  Grypuius. 

ABSCHIEBEN,  removere,  fortschieben,  nnl.  afschuiven:  den 
tisch  von  der  wand,  den  schrank  von  der  mauer  abschieben; 
eine  schuld,  ein  verbrechen,  einen  tadel  von  sich  abschieben. 
bei  Pferden,  rindern,  schufen  heiszt  es,  dasz  sie  die  zahne 
abschieben,  die  letzten  füllen,  kalbs,  lammszähne  verlieren : 
die  jungen  rosszähn,  so  die  pferde  abschieben.  Pinter  p/erd- 
schatz.  Frankf.  1688  p.  390,  tvofür  auch  blosz,  mit  ausge- 
lassenem acc,  steht  abschieben,  was  dann  intransitiven  schein 
gewinnt :  die  kuh  hat  noch  nicht  abgeschoben ;  abgeschobe- 
nes vieh,  das  abgeschoben  hat.  im  kegelspiel,  einen  abschie- 
ben, mehr  schieben  als  er,  das  verlorne,  was  zu  viel  war  ab- 
schieben, figürlich:  er  hat  ihn  abgeschoben,  übertroffen,  in- 
transitiv,  einen  abslecher  zur  seile  machen,     s.  abscinib. 

ABSCHIED,  rn.,  früher  abscheid,  was  man  sehe,  und  der 
bedeutung  nach,  gleich  diesem,  Weggang,  entfernung:  der  ab- 
schied aus  diesem  leben,  dei'  tödliche  hintrilt;  (gedieht)  auf 
den  abschied  der  durchleuchten  fürstin.  Opitz  2,  97.  93; 
alle  stunde  und  augenbiick  zum  seligen  abschied  gerüst. 
Matiiesiüs  7';  der  abschied  (das  scheiden)  von  den  freunden 
thut  uns  weh ;  auf  traurigen  abschied  folgt  endlich  freudiges 
wiedersehn.  Häufig  aber  die  beim  weggchn  statt  findende 
förmliche  beurlaubung,  sowol  das  nehmen  als  geben  des  Ur- 
laubs: abschied  nehmen,  seinen  abschied  aus  dem  dienst 
nehmen;  vom  leser  abschied  nehmen,  das  buch  schlieszen; 
hinter  der  thür  abschied  nehmen,  ohne  abschied  fortreisen; 
den  aJKSchied,  enllassung  fordern ;  einem  den  abschied  geben, 
ihn  entlassen,  ihn  verabschieden ;  hiermit  hast  du  deinen  ab- 
schied. Zuweilen  der  abschiedsgrusz  und  kus,  das  letzte 
wort,  vale : 

lasz  mein  ang  den  abschied  sagen, 

den  mein  mund  nicht  nehmen  kann.    GöTiie  1,  ib; 

den  abschied  auf  der  söhne  wangcn  drücken.  Klinceb  2,  214; 
sein  abschied  lautete  kläglich.  Ebenso  der  bei  feierlicher  enllas- 
sung einer  Versammlung,  beim  ausgang  eines  handeis  gcfaszte 
und  bekanntgemachte  beschlusz,  bescheid:  der  reichsabschied, 
landtagsabsciiied,  rcccssus  »o«  recedere,  weggehn;  darauf  lietle 
berürter  ausschusz  mit  den  Augustinern  gehandelt  und  end- 
lich den  abschied  genommen,  das  die  Augustiner  . . .  überge- 
ben sollen.    Luther  2,  6". 

bis  dasz  endlich  geht  ein  abschied  (bescheid).    }.  Ayrer  43*. 

Luther  schetnl  abscheid  wegganq  und  absciiied  urlaub,  end- 
liche entscheidung  oder  Schlichtung  willkürlich  zu  sondern, 
doch  treten  schon  ahd.  sceidan,  sceidün  und  scidön  von  ein- 
ander ab,  worüber  mehr  unter  ifchciden  und  schied,    apostelg. 


18,  18.  21  machte  seinen  abschied  mit  den  brüdern,  ist  fra- 
tribus  vale  faciens.  figürlich  sagt  man:  den  sünden,  lästern 
abschied  geben,  der  weit  abschied  geben,  entsagen  und  sterben. 

ABSCHIEDCHEN,  n.  kleines  abschiedsgedicht:  etwa  so  ein 
abschiedchen  in  versen.  Fr.  Müller  3,  40. 

ABSCHIEDER,  m.  verabschiedeter  soldat. 

ABSCHIEDLICH,  abschied  nehmend  oder  gebend:  abschied- 
lich boten  den  grusz.    Platen  129. 

ABSCHIEDSBLICK,  wi.  der  sterbeblick  des  vaters,  der  mul- 
ler, und  aller  geliebten. 

ABSCHIEDSBRIEF,  m.  scheidbrief,  zumal  entlassungsuT'- 
künde,  mit  bezeugung  eines  guten  Verhaltens,  literae  dimis- 
soriae. 

ABSCHIEDSGLAS,  n.  scheidetrunk :  worauf  denn  dieses  ab- 
schiedsglas  für  diesmal  gebracht  sei!  er  leerte  sodann  seinen 
becher.  Göthe  23, 15.  gegensatz  zum  willkommen  für  den  an- 
kommenden. 

ABSCHIEDSGRUSZ,  m.  Hagedorn  2,  161. 

ABSCHIEDSKUS,  m.  und  nimm  jetzt  hier  den  abschieds- 
kus!  GöKiNGK  1,  237; 

nimm,  o  weit,  die  letzten  abschiedsküsse.    Schiller  1,  86; 

ich  heuchelte  bei  dem  letzten  abschiedsküsse  standhaftigkeit. 
Rabener  6,  205. 

ABSCHIEDSSTUNDE,    f    bis    die   abschiedsstunde  schlägt. 

GÖKINCK    3,    152. 

ABSCHIEDSTAG,  m. 

auf  auf  ihr  briider  und  seid  stark, 
der  abschiedsiag  ist  da!    Schubart 

ABSCHIEDSTRUNK,  «i.  valettrunk,  der  letzte  dargereichte 
beeher.  im  allerthum  pflegte  man  minne  zu  trinken,  vgl.  deutsche 
mythol.  cap.  3. 

ABSCHIEDSWORT,  n.  das  vale. 

ABSCHIEFERN,  squammatim  sejungere,  nach  art  des  Schie- 
fers sich  in  dünne  blätter  sondern,  die  färben  schiefern  sich 
ab  durch  vieles  reiben. 

ABSCHIENEN,  im  bergbau,  eine  grübe  mit  schienen  abzie- 
hen, abmessen;  sonst  auch  die  schienen  abnehmen. 

ABSCHIENER,  m.  in  den  ungrischen  bergwerken  der  mark- 
scheider. 

ABSCHIESZEN,  emiltere,  wegschieszen,  herunlerschieszen. 
den  pfeil  vom  bogen,  die  kugel  vom  gewehr  abschieszen, 
dann  den  bogen,  das  gewehr  abschieszen ;  mit  ausgelasscneni 
acc,  auf  einen  abschieszen,  die  flinte  loslassen:  abgeschos- 
sen ! ;  so  giengs  dem  friedfertigen ,  nie  auf  einen  gegenwärti- 
gen abschieszenden  mann  sein  lebenlang.  J.  Paul  komet  3,  74. 
mit  beziehung  des  ab  auf  den  getroffenen,  erreichten :  die 
Spatzen  vom  dach,  vögel  vom  bäum  abschieszen ;  wie  viel  er 
Vögel  abgeschossen.  Lessing  1,  4;  dem  feind  ward  abge- 
schossen (vom  Pferde)  mancher  ehrlicher  kriegsmann.  Soltau 
volksl.  405 ;  es  ward  ihm  abgeschossen  von  Meckelburg  der 
herzog  wolgeborn.  das.  407 ;  einem  den  arm,  fusz  (vom  leib) 
abschieszen,  den  finger  (von  der  hand).  den  Jägern  heiszt 
abschieszen  alles  eingestellte  wild  niederschieszen,  woduich  der 
jagd  ein  ende  gemacht  (abgejagt,  ausgejagt)  wird;  abschieszen 
kann  auch,  wie  abschieben,  bedeuten  einen  übertreffen,  näher 
treffen.  Intransitiv  ist  abschieszen  schnell  fahren,  niederfal- 
len: das  dach  musz  abhängig  sein,  damit  das  wasser  al>- 
schieszen  könne;  der  regen  schieszl  in  strömen  vom  berge 
ab;  der  pfeil  schieszl  ab,  fährt  durch  die  luß: 

ein  strahl  abscliieszend  klar  und  schnell.    Weckukrl.  450; 
der  Zügel  schieszl  ab,  senkt  sich : 

du  durchrennst  des  lobcs  bahn, 
l'i'cund,  mit  abpescliossnera   zügcl, 
ich  auch  setz  in  vollem  hiigel 
auf  das  schöne  we.scn  an.    FtRUiNC  459. 

Figürlich,  aber  schön  gilt  von  den  färben,  dasi  sie  abschie- 
szen, verschieszen,  erbleichen,  gleichsam  die  hellen,  lichten 
strahlen  entsandt  haben  und  verlieren  oder  auch  verfallen, 
nnl.  veischielen :  die  färbe  ist  abgeschossen;  leibfarb  und 
liebfarb  scbieszen  bald  ab;  das  äuge  voll  von  jenen  ab- 
schieszenden graulichen  gebirgsschluchten.  Göthe  43,  28». 

ABSCHIESZIG,  declivis,  sich  senkend,  gewöhnlich  abschüs- 
sig: ein  versus  fuemininus,  welcher  zu  ende  abschieszig  ist 
und  den  accent  in  der  letzten,  silben  ohne  eine  hat.  Opitz 
poeterei  48. 

ABSCHIFFEN,  nave  abire,   3U  schiffe  abreisen:   vom  lande 


»> 


101 


.^SCHILDERN  —  ABSCHLAG 


ABSCHLAGEN 


102 


abschiffen;    sie    sind    schon   weit   von  dem  hafen    abgescbift.  | 
transitiv :  waaren,  guter  abschiffen,  verschiffen.  . 

ABSCHILDERN,    efßgiare,     abmahlen,    eigentlich    auf  dem  j 
Schilde  als  vapen  (s.  schildern),  nnl.  afschil deren :  einen  men-  , 
sehen,    eine    blume,    ein  thier  {nach  dem  leben)    abschildern;   ! 
einen    von  dem  köpf  bis  auf  die  füsze  abschildern;  dasz  der 
mahler   furchte,    es  möchte  an  färben  mangein,    wo    er   alle 
abschildern    soUe.    Weise  erzn.  4S8 ;    {der  mahler)    halte  sich  ; 
auch  vorgenommen,  alle  jetzt  lebende  ältesten,  wie  auch  an-  ' 
dere   gute  freunde  abzuschildern.    Felsenb.  3,  353.     AUmdlieh  \ 
aber  weniger  die  leibliche  darslellung  in  färben,   als   die  gei-   : 
stige,  dichterische  aller,    auch  der  abstractesten  dinge:  als  ein  ; 
poetischer  mahler  recht   nach    dem   leben   abschildern.    GC\-  I 
THEB  rorr.  9;    ach    lasz  mich  die  traurige  scene  meines  Jam- 
mers dir  abschildern;    der  Kallias,    den    du  mir  abschilderst. 
Wieland  l,  2S1 ;    den  hüchsten  grad  des  crstaunens  und  der 
bestürzung  abzuschildern.    12.  43 ;    niemand    kann  sich  belei-  | 
digt  hallen,    wenn  man  ihn  abschildert,    wie  er  ist.    30,  144; 
man    kann    das    system   der    fixsterne    durch  das  planetische 
abschildern,  wenn  man  dieses  unendlich  vergröszert.  Kaxt  8, 
254;  du  wurdest  mir  stolz  abgeschildert. 

ABSCfllLDERUNG,  f.  imago,  darslellung,  abbild.  dieses  ist 
unsers   S.  abschilderung    nach   dem   leben.    IUbener  2,  282;  i 
die  Urbilder  der  abschilderungen.    Kleist  2,  144;    die  abschil- 
derung, welche  Juvenal  von  einem  solchen   graeculus   macht.  I 
WiELASD  1,  IS;    war    es    überflüssig    eine    abschilderung    von  { 
seinen  sitten  zu  machen.    1,  68;    ich  machte  ihr  in   wenigen  j 
aber  starken  zügen  eine  abschilderung  von  mir  selbst.  27. 124 ; 
der  überall  gern  kleine  kopien  und  verjüngte  abschilderungen 
von  sich  selbst  sehen    möchte.    Lessing  1,  436;   aus  der  ab- 
schilderung,   die    man  uns  von    ihm    gemacht.    Moser  />.  ph. 
1,  154.     Je  kälter  das  tcort  vard,    ßgte  man  ihm    auch,    statt 
der  lebendigeren   praep.  nach  und  von    den  gen.  oder  ein  auf 
den  geschilderten  gegenständ  bezogenes  possessiv    hinzu:    hier 
stehe  die  abschilderung  .\gamemnons  in  dem  opfer  der  Iphi- 
genie.    Herder  13.  94;  die  abschilderung  eines  wellzustandes. 
Ficbte  staatsl.i6;  was  nicht  seinen  dementen  nach  in  ihrer, 
der  wissenschaftslehre  abschilderung  schon  vorhanden  ist,  ist 
sicher  wider  die  vemunft.  Fichte  sonnenkl.  ber.  194.     tn  fol- 
gender stelle  gehl  das  possessiv  auf  den  schildernden: 


Malthi>son.  deine  naturabscbildrung 
SUSI  wie  tionis  und  fest  wie  wachs. 


A.  W.  Schlegel. 


ABSCHINDE.N,  excoriare,  abhäuten:  einem  stücke  vieb  die 
haut,  einem  baura  die  rinde  abschinden,  einem  die  haut  an 
den  fiogem  abschinden: 

tnig  ihn  scbnn  hochrollend  die  wog  an  das  schroffe  gestad  bin, 
dort  war  ab  ihm  geschunden  die  haut  und  zermalmt  die  gebeiae. 
Voss  Od.  5,  426; 
50  am  gestein  blieb  jenem  von  festumklammemden  bänden 
abgeschunden  die  haut.  dat.  5,  435; 

jährlich  nicht  mehr,  als  der  Russe  lindenstämme  für  seine 
bastschuhe  abschindet,  nemlicb  150.  J.  Pai-l  Tit.  2,  3L  da 
in  schinden  ursprünglich  selbst  die  Vorstellung  der  haut  schon 
enthalten  ist,  so  setzt  das  beifügen  dieses  und  ähnlicher  Wör- 
ter voraus,  dasz  jene  längst  verdunkelt  war.  das  vieh,  den 
bäum,  finger  abschinden  ist  daher  richtiger  gesprochen,  aber 
schon  mild,  die  hiutc  heier  zwcin  tieren  abe  geschunden. 
Iw.  469. 

.\BSCHIRREN,  jugum  tquu  delraliere,  den  pferden  das  ge- 
schirr  abnehmen,  die  pferde  abschirren,  die  pferde  sind  sclion 
abgeschirrt,  gegensatz  von  anschirren. 

ABSCHLACHTEN ,  maclare,  dahinschlachten,  ursprünglich 
wol  von  deni  halse,  von  der  kehle  schlagen,  jugulare,  jetzt  fast 
eins  mit  schlachten,  das  opfer,  das  kalb  abschlachten,  ablhun ; 

wer  sich  par  zu  alber  hält,  wer  sich  gar  zum  lamme  macht, 
dieser  wird  als  wie  ein  lamm  von  den  Wolfen  abgeschlacbl. 
LocAU  3,  5,  46; 

alle  verlangten  mit  ungestüm,  dasz  die  fakim  zu  den  fuszen 
der  sterbenden  unschuldigen  abgeschlachtet  werden  sollten. 
Wieland  8,  183;  gelang  das,  so  war  die  bürgcHiche  gesell- 
schaft  von  bisher  mit  wenig  scharfen  schnitten  abgeschlach- 
tet.   Dablwaxn  fr.  rer.  167. 

ABSCHLAFFEN,  dependere,  abschlappen,  niederhängen :  das 
verzogene  abgeschlappte  untere  augenlied.  Lwaxers  physiogn. 
2.  fragm.  32. 

ABSCHLAG,  deeussio,  n.  was  abgeschlagen  wird,  forsl- 
minntsch  der  abschlag  an  gefällten  bäumen,    tannenabscblag, 


eichenabschlag,  sonst  auch  afterschlag  und  abranm  genannt, 
ein  abgeschlagner  räum  in  gebäuden,  verschlag :  ein  hospitai 
mit  15  groszen  und  kleinen  zimmern,  für  junge  mädchen 
kleine  abschlage,  um  den  pilgrimen  beizustehn,  wenns  nolh 
thut.  Hippel  8,  299  {vgl.  abraum).  in»  teichwesen,  ein  ablauf 
des  Wassers,  wodurch  es  abgeschlagen,  abgeleitet  wird,  bei 
schrißgieszcrn  heiszt  abschlag  die  ins  weiche  metall  geschla- 
gene matrize.  Figürlich  was  man  abschlägt,  weigert,  zurück- 
weist, abschlägige  antwort:  beschäinen  sie  mich  nicht  mit 
einem  absculag;  abschlag  {ripulsa)  und  falscher  zorn.  Wer- 
der Ariost  1.  58,  ";  bei  mir  findt  ir  kein  abschlag.  Tewer- 
dank  82,  C;  so  wird  sie  mein  abschlag  nicht  quälen.  GCx- 
TUER  260;  ein  gütiger  abschlag.  Logal'  2,  59,  28.  was  ab- 
gerechnet, künftig  davon  abgeschlagen  werden  soll:  in  abschlag 
bezahlen.  Felsenb.  1,  163;  auf  abschlag  geben  oder  zahlen: 
auf  abschlag  bis  dahin  darfst  du  mich  schon  einige  mal  är- 
gern. TiECK  ges.  nor.  1,  121;  ich  nehme  keinen  abschlag, 
keine  vorläufige,  stückweise  Zahlung  an : 


in  rechter  zeit  ir  kommen  solt, 
man  wil  kein  abschlag  nehmen  an. 


ixe.  Atrer  23*. 


Endlich  was  abschlägt,  heruntergeht,  abnimmt:  ein  abschlag 
der  kälte,  plötzliche  abnähme,  Umschlag;  was  im  preise  her- 
untergehl: ein  abschlag  der  waare,  das  ist  ein  groszer  ab- 
schlag; in  abschlag  kommen,  geraihen. 

ABSCHLAGEN,  decutere,  dejicere,  weg,  davon  schlagen,  ahd. 
apaslahan.  mhd.  abesiahen,  nnl.  afslaan:  fruchte,  äpfel,  bir- 
nen,  nüsse  vom  bäum  abschlagen ;  ein  stück  vom  steine,  den 
reif  vom  fasz,  das  schlosz  von  der  thür  abschlagen;  dem 
pferde  die  eisen  abschlagen,  dem  stier  das  hom  (Graff  6, 
766);  dem  missethäter  das  haupt  vom  rümpfe,  die  band  rom 
arm,  den  finger  ron  der  hand  abschlagen;  ich  wil  ir  irea 
hals  abschlagen,  fastn.  sp.  256, 18 ;  den  kragen  absiahen.  475'. 
476,  23;  den  but  rom  köpf,  den  knöpf  rom  rock  abschlagen, 
absiahen  auf  dem  Schlitten  stehend,  die  überbangenden  äste  bei 
der  wegeluslralion.  Kaltenbäck  pant.  1,  264*.  Jm  krieg  hies: 
abschlagen  so  viel  als  erlegen,  abnehmen,  zurückschlagen : 
wenn  man  im  ein  hundert  tausent  man  abschlüge,  so  ist 
er  bald  wider  da  mit  so  viel  man.  Letber  4,  445* ;  an  einem 
orte  hat  sich  eine  mutter  wider  den  Türken  wehren  müssen, 
die  bat  dem  Türken  ihre  zween  söhne  wiederum  abgeschla- 
gen und  abgenommen.  Melanchth.  S,  653;  das  wir  dem 
teufel  viel  leute  abschlagen  und  aus  seim  rächen  reiszcn. 
Luther  3,  1S5;  das  man  inen  {den  roUengeistem)  ja  etliche 
Seelen  abschiebet  und  aus  dem  irrtbumb  wider  holet.  5,  513* ; 
das  nir  unser  lere  ,  und  glauben,  Christum  und  gott  bebal- 
ten, und  sie  dazu  dem  teufel  abschlahen  und  geninnen. 
5,  516*;  endlich  befahl  herzog  Ganasch,  dasz  alles  was  rei- 
ten könnte  aufsitzen  und  nebst  ihm  seine  geraubte  tocbter 
Catumern  abschlagen  solle.  Lorenst.  Arm.  2,  694 ;  die  los- 
lassung der  dem  Asdrubal  abgeschlagenen  Spanier,  das.  1, 
S54;  mit  neun  denen  BataTem,  drei  den  Tencterem  und 
zwei  den  Römern  abgeschlagenen  fahnen.  das.  2,  1000;  ob 
ihm  wol  auf  den  schlesischen  grenzen  etliche  fuhnlein  abge- 
schlagen sind,  so  ist  er  dennoch  des  orts  durchgekommen 
MicRÄLiLS  a.  Pomm.  5,  179;  er  ward  übermannet  und  un- 
barmherzig abgeschlagen,  pers.  rosenth.  3,  27;  den  sechsten 
wagte  man  einen  generalsturm,  Vieilleville  an  der  spitze, 
allein  er  wurde  abgeschlagen.  Schiller  1100;  den  feind  von 
der  Stadt  abschlagen.  Klinger  2,  114;  der  feige  sucht  den 
lod,  kühn  schlägt  ihn  der  tapfre  ab.  das.  2,  158;  es  liegt  in 
der  nalur  des  inannes  jeden  streich  von  gewalt  abzuschla- 
gen, das.  U  351.  gangbar  ist  Iteute  nur:  den  angrif,  den 
Sturm  auf  die  bürg  (besser  ton  der  bürg)  abschlagen,  dagegen 
den  feind  zurück  schlagen. 

und  hclfl  mir  mit  üech.«  dölpeln  {geldtticken)  nur, 
morgen  schlagt  mir  sie  wider  ab.    .\irer  23\ 

morgen  mögt  ihr  sie  mir  wieder  abnehmen.  Im  gegensatz  des 
aufscblagens  heiszt  abschlagen  niif  hammerschldgen  niederbre- 
chen ,  auseinander  treiben :  ein  gezelt ,  eine  bübne ,  einen 
schrank,  eine  bude,  ein  bell  und  lager  abschlagen:  das  im- 
mer wiederholte  ab  und  aufschlagen  des  lagers.  Göthe  6, 108 ; 
doch  kann  ein  gerüst  abschlagen  auch  bedeuten  es  völlig  auf- 
schlagen, vgl.  abschlag,  den  kühlem  ist  abschlagen,  wenn  sie 
den  enizfmdelen  meiler  unten  schlieszen  und  bestechen.  Au- 
szcrdemnoch:  ein  ei  oder  eiweisz  mit  dem  queri  abschlagen, 
was  sonst  abmachen,  abrühren,  abquerlen.  den  mist  abschla- 
gen, ihn  mit  kakm  vom  wa^en  xiehen.     Einen  teich  abschla- 

7* 


103 


ABSCHLAGEN  —  ABSCHLEIFEN 


ABSCHLEIFEN—  ABSCHLIESZEN 


104 


gen,  ihn  ablassen,  den  flusz  abschlagen,  ableiten,  ihm  andern 
lauf  geben;  den  bach  abschlagen,  seinen  lauf  hemmen,  um 
mit  ihm  die  wiesen  zu  wässern,  weisth.  2,  250;  das  hier  ab- 
schlagen, abziehen,  das  wasser  abschlagen,  den  harn  lassen, 
eine  althergebrachte  redensart  (mhd.  sich  des  wajjers  erlajen, 
sinen  brunnen  verswenden):  zuletzt  wart  im  von  nöthen 
sein  wasser  abzuschlagen.  VVickram  rollw,  203;  er  wollte  im 
stall  sein  wasser  abgeschlagen  haben.  Simplic.  1,  118 ;  in  den 
hof  mein  wasser  abgeschlagen.  Tieck12,  295;  der  öfter  händel  an- 
fängt, als  ein  trunkenbold  sein  wasser  abschlägt.  Göthe  57, 153 ; 
sogar  hunde  wurden  arretiert  und  auf  die  wache  gebracht, 
welche  am  schilderhäuschen  den  stürm  der  schildwache  und 
ihr  eignes  wasser  abgeschlagen.  J.  Paul  Nepomukkirche  118. 
Figürlich,  etwas  abschlagen,  von  der  hand,  von  sich  schlagen, 
ausschlagen,  weigern :  darumb  woll  wir  die  heirat  abschlahen. 
fastn.  sp.  112,  32  ; 

ich  hab  in  nie  nichts  abgeschlagn.    Airer  C4*; 

er  ist  meiner  tochter  unwerth  und  ich  musz  sie  ihm  abschla- 
gen ;  die  bitte,  das  gesuch  ward  rund  abgeschlagen«;  meint  in 
seiner  abschlagenden,  herzlosen  kälte  noch  tugendhaft  zu  han- 
deln. TiECK  nov.  9,  42 ;  ich  schlage  mir  das  fest  ihres  besuchs 
noch  ab,  versage  es  mir  noch.  i.  Paul  Hesp.  2, 53.  dies  wei- 
gern geht  über  in  die  Vorstellung  des  davon  nehmens,  abzic- 
hens:  die  lasz  ich  bleiben  und  will  im  ab  irer  kunst  nichts 
abschlagen.  Frank  weltb.  152".  Endlich  intransitive  bedeuliin- 
gen  des  abweichens,  abnehmens  und  heruntcrgehns :  welche 
von  gottes  wort  abweicht  und  abschlecht,  corp.  doclr.  christ. 
Lp.  1560  p.  928 ;  und  wie  er  auf  die  rechte  hand  abgeschla- 
gen, ist  er  eilendts  über  den  berg  gezogen.  Fronsp.  3,  29G'; 
wil  derselbe  nicht,  so  macht  er  einen  andern  aus,  der  im 
sechs  oder  sieben  beut,  dasz  der  arm  man  sorgen  musz,  die 
wäre  wolle  abschlagen,  und  fro  wird,  dasz  er  die  acht  nimpt, 
auf  dasz  er  bar  gelt  kriege.  Luther  2,  488'.  noch  heute :  er 
schlug  von  der  heerstrasze  ab,  auf  einen  nebenweg  ein;  die 
kugel  schlägt  ab,  fliegt  zur  seile;  die  waare  schlägt  ab,  ist 
abgeschlagen ;  das  körn  schlägt  auf  und  ab  {mhd.  slffit  daj 
körn  ftf,  slaet  ej  abe.  Renner  15153);  war  es  nur  nit  als  teur 
und  tat  wider  abschlagen.  Uhland  volksl.  725 ;  die  kälte,  das 
weiter  schlägt  ab,  wird  gelinder;  hin  und  wieder  auch :  die  kuh 
schlägt  ab,  gibt  weniger  milch,  abschlagen  für  ausweichen, 
defleclere  de  via  kann  auch  durch  transitives  sich  abschlagen 
gegeben  weiden,  wie  schon  H.  Sachs  sagt:  im  wald  mich  von 
der  strasz  abschlug,  und  den  Jägern  heiszt,  wenn  ein  Ihier  sich 
allein  begibt:  es  hat  sich  von  dem  wildbret,  von  den  sauen 
abgeschlagen,  von  der  bildlichen  phantasie  schlägt  der  weg 
des  bildlichen  witzes  sich  weit  ab.    J.  Paul  acsth.  2,  28. 

ABSCHLÄGIG,  abnuens,  versagend,  weigernd,  zumal  in  der 
redensart  bescheid  oder  antwort  geben,  ertheilen.  es  war  ihr 
dieses  abschlägige  betragen  immer  in  der  seele  geblieben. 
Göthe  17,267. 

ABSCHLÄGLICH,  gleichviel  mit  dem  vorigen,  abschlagliche 
antwort.  Göthe  15, 122.  26,  200.  28,  245.  lasz  dir  unsere  ab- 
schlägliche antwort  nicht  zu  wider  sein.   pers.  rosenlh.  2,  5. 

ABSCHLAGSZAHLUNG,  f  Zahlung  auf  abschlag,  abschlägige. 

ABSCHLAGÜNG,  f.  abschlag,  Weigerung:  mit  abschlagung 
weiters  fürbringens.  Luther  3,  418 ;  abschlagung  meines  kopfs. 
Felsenb.  1,  33. 

ABSCHLÄMMEN,  limo  purgare,  von  schlämme  reinigen: 
einen  teich  oder  graben  abschlämmen,  zuweilen  auch  ab- 
schlämmen. 

ABSCHLÄNGELN,  sinuare  in  modum  serpentis,  in  sanfter 
krümmung  niederlaufen:   ein  bach,  der  sich  abschlängelt. 

ABSCHLAPPEN,  s.  abschlalTen.    abschlappendes  maul. 

ABSCHLABFEN,  s.  abschlerfen. 

ABSCHLECKEN,  ablecken,  delingere:  da  wurden  dann  die 
beine  so  sauber  abgeschleckt.    Simplic.  1,  349.    Stieler  1830. 

ABSCHLEICHEN,  furtim  assequi,  heimlich  erreichen,  er- 
schleichen: wie  die  hirschcn  sonst  durch  Jäger  abgeschlichen 
unil  gprället  werden.  Hohberg  2,  617 ;  du  hast  mir  das  listig 
abgeschlichen,  aberschlichen,  von  mir  erschlichen,  sich  ab- 
schleichen,  furtim  se  subducere:  hatte  ich  weiter  nichts  auf 
meinem  herzen,  als  mich  mit  guter  manier  von  meiner  hauen 
abzusrhieichen.  Felsenb.  4,  338 ;  Graukern  liat  sich  abgeschli- 
chen (von  der  gescllschaß).    J.  Paul  biogr.  belust.  1, 164. 

ABSCHLEIEUN,  franz.  düvoilcr,  einigemal  statt  des  übli- 
chen entschleiern. 

ABSCHLEIFEN,    acuere,   delerere,  mhd.  abesllfcn,   nnl.  af- 


slijpen,  das  unebene,  rauhe,  rohe  wegschleifen,  reinigen,  glät- 
ten: den  rost,  die  spitze  von  dem  messer  abschleifen,  das 
messer,  die  klinge  am  stein  abschleifen,  die  schuhe  abschlei- 
fen, abreiben,  abnützen,  der  ausziehende  ritter  will  seine 
noch  ungebrauchten  vvaffen  abwetzen,  abschleifen,  den  uner- 
fahrnen knaben  soll  die  weit  abschleifen,  den  überbildeten 
hat  sie  zu  stark  abgeschliffen: 

ach,  zeit  und  weltbrauch  schlif  den  siempel 
der  treue  bei  den  meisten  ab.    Götter  1,  449; 

sein  äuszeres  ist  sehr  abgeschliffen.  Hippel  9,  375;  die  Un- 
ebenheiten einer  theorie  abschleifen.    Kant  2,  34. 

ABSCHLEIFEN,  detrahere,  mhd.  abesleifen,  nnl.  afslepen, 
hinab  schleifen,  schleppen:  man  schleifte  den  leichnam  die 
treppe  ab  (nnl.  sleepte  hem  van  de  trappen  af) ;  guter,  waa- 
ren  abschleifen,  auf  der  schleife  wegführen;  das  fasz  ist  schon 
abgeschleift,  der  missethäter  abgeschleift  worden  zum  galgen. 
auch  intransitiv:  die  kleider  schleifen  ihr  hinten  ab,  schlep- 
pen nach  auf  dem  boden. 

ABSCHLEIFEB,  m.,  der  glas,  spicgel  abschleiß. 

ABSCHLEIFSEL,  n.,  abfall  beim  schleifen,  das  abgeschliffene. 

ABSCHLEIMEN,  limum  adimere,  den  schleim  entziehet^,  weg- 
nehmen: gerste,  zucker  abschleimen,  die  fische  im  teich  ab- 
schleimen,  die  Schnecken  abschleimen.    Fr.  Müller  2,  22. 

AßSCHLEISZEN,  abscindere,  abreiszcn,  zerreiszen,  nnl.  af- 
slijtcn:  die  kleider,  schuhe  abschleiszen,  den  hut,  das  luch 
oder  gewand,  ein  abgeschlissenes,  abgetragnes,  zerfetztes  tuch ; 
die  glieder,  und  von  vögein  die  flügel  abschleiszen:  die 
durch  lenge  der  zeit  abgeschlissenen,  ermüedeten  glider.  Thurn- 
EissER  influent.  wirk.  p.  2 ; 

oft  habens  abgesclilissen 

wol  halbe  Hügel  zart.    Spek  trutzn.  130; 

das  thürmlein  auf  dem  kloster  war  abgeschlissen,  abgebro- 
chen, zerstört,     auch  intr,  die  schuhe  schleiszen  ab. 

ABSCHLEISZEL,  n.  der  fetze,  was  abgeschlissen  ist:  wie 
nun  im  harn  solche  abschleiszel  ligen.    Paracelsus  1,  768*. 

ABSCHLEMMEN,  s.  abschlämmen. 

ABSCHLENDERN,  jactare  pedes  et  brachia  inter  ambulan- 
dum,  nachlässig  einher  schreiten:  er  schlendert  auf  und  ab, 
ist  eben  die  gasse  hinunter  abgeschlendert. 

ABSCHLENKEBN,  cxculcre,  abschleudern:  das  wasser  von 
der  hand,  den  koth  vom  schuh  abschlenkern.  nnl.  afslin- 
geren. 

ABSCHLEPPEN,  dam  surnpere,  heimlich  forttragen:  die 
köchinnen  haben  gute  freunde,  die  das  essen  abschleppen. 
durch  tragen  abnützen:  kleider,  schuhe  abschleppen,  sich  ab- 
schleppen an  dem  wasser,  an  der  last,  ermüden. 

ABSCHLERFEN,  pedes  trahere,  durch  streichen  am  boden 
her  abnützen,  die  schuhe  abschlerfen.  man  spricht  auch  ab- 
schlarfen  und  abserfeln.  Tobler  6*  abaschlerpa.  vielleicht 
unterschied  die  ältere  spräche  ein  intransitives  slßrfen  slarf 
geslorfen  {fastn.  sp.  261,  7)  von  dem  transitiven  sierfen  slarfte 
geslerfct. 

ABSCHLEUDERN,  excutere,  gewaltsam  abwerfen:  das  was- 
ser, das  bluf  von  der  band  abschleudern ;  einen  stein  ab- 
schleudern ;  das  Volk  hat  das  joch  vom  nacken  abgeschleu- 
dert, inlr.  die  spulen  schleudern  ab,  hei  den  zeugwirkern, 
wenn  sie  ausspringen. 

ABSCHLICHTEN,  laevigare,  abglätten,  reinigen:  bei  den 
gerbern,  die  feile  abschlichten,  bei  den  tischlern,  ein  bret  ab- 
schlichten, glatt  hobeln ;  steine  abschlichten,  behauen  und  ab- 
reiben: da  die  greifswaldisclien  grosze  feldsteine  aus  den 
bügeln  kicuben  und  abschlichten  lieszcn.  Micrälids  a.  P. 
2,  200, 

ABSCHLIESZEN,  recludere,  was  verschlossen  werden  kann, 
gleichsam  von  der  hand  oder  dem  Schlüssel  ab,  zuthun  und 
sperren,  nnl.  afsluiten :  das  haus,  zimmer,  gemach,  die  thür, 
kammer  abschlPeszcn  (rg/.  abriegeln);  das  schlosz  abschlieszen, 
abdrücken,  im  gegensalz  zu  anschlieszen  aber  auch  öfnen : 
die  fessel,  kette  absciilieszen,  los,  aufschlieszen.  Figürlich 
absolvere,  etwas  zu  schlusz  und  ende  bringen:  die  arbeit,  das 
geschäft,  den  handel,  vertrag  abschlieszen;  die  rechnung  ab- 
schlieszen ;  den  bund,  frieden,  wallenstillsland  und  gleichbe- 
deulig  den  streit,  krieg  abschlieszen,  durch  den  geschlossenen 
frieden  wird  zugleich  der  krieg  beendigt: 

der  sirfilt  ist  at)geschlos,sen  zwischen  mir 
und  dem  golicbten  hnidor.    Schiller  494; 

jedermann   freute   sich   die   vorbereiteten   wichtigen  geschäflc 

abgeschlossen   und  bald  geendigt  zu  sehen.    Göthe   20,  144; 


•'^ 


1 05        ABSCHLIESZEN  —  ABSCHMEISZEN 

nachdem  sich  freunde  beredet,  gestritten,  vereinigt,  bezwei- 
felt, überlegt  und  abgeschlossen.  45,  99 ;  dort  bearbeitete  ich 
die  geschichte  der  farbenlehre,  welche  arbeit  ich  am  24  mai 
vorläufig  abgeschlossen  bei  seile  legte.  32,  43;  alle  früheren 
Vorsätze  wurden  nochmals  durchgesprochen,  der  platz  des 
neuen  bauses  nochmals  gebilligt  und  der  kreislauf  der  wege 
bis  dahin  abgeschlossen.  17,  S6.  Es  gill  aber  auch  zumal 
von  einem  innerlichen  sich  sammeln,  absondern  und  mit  sich 
fertig  u:erdcn,  was  dann  aus  dem  transitiven  begrif  in  den 
intransitiven  einzutreten  pflegt:  die  kunst  wird  in  ihre  gren- 
zen abgeschlossen,  schlieszt  sich  ab,  schlieszt  ab  und  steht  in 
sich  abgeschlossen:  die  anfange  einer  abgeschlossenen  kunst. 
GüTHE  24,  233.  sein  dasein  abschlieszen,  mit  sich  abschlieszen : 
und  nun  fühlte  er  sich  zum  erstenmale  gebindert,  eben  da 
er  seinen  Jugendfreund  an  sich  heranziehen,  da  er  sein  gan- 
zes dasein  gleichsam  abschlieszen  wollte.  17, 15 ;  der  sich  eine 
eigne  und  abgeschlossene  existenz  bildet.  24,  112;  gewohnt 
mich  von  der  auszenwelt  völlig  abzuschlieszen.  32,  42 ;  er  hat 
längst  abgeschlossen,  vielleicht  schlosz  er  so  mit  sich  ab 
[ward  mit  sich  fertig).    Dahlmasn  fr.  rev.  451. 

AßSCHLIESZLICH,  zu  ende  gelangend,  zumal  ah  adverb 
im  gebrauch:  gewisse  einwilligungen  und  bestätigungen  sei- 
nes geschäfts  abschlieszlich  zu  negociieren.  Göthe  22,  82; 
die  lücken  des  historischen  theils  der  farbenlehre  abschliesz- 
lich auszufüllen.  31,  lOS. 

ABSCHLÜPFEN,  delabi,  abgleiten:  der  fusz  schlüpfte  ab; 
damit  das  band  nicht  abschlüpfe;  das  glas  schlüpfte  aus  der 
band  ab,  besser  entschlüpfte,    nnl.  afslippen. 

ABSCHLCRFEN,  desorbere,  oben  ab  trinken :  den  rahm  von 
der  milch,  das  fette  von  der  brühe,  den  wein  vom  becher 
abschlürfen. 

ABSCHLURREN,  statt  des  üblicheren  abschlerfen  und  wol 
daraus  entstellt:  sie  fahren  mit  den  ellenbogen  an  tische 
und  wände,  schlurren  schuh  und  Stiefel  ab.    Tieck  3,  265. 

ABSCHLL'SZ,  m.  sinnlich,  der  abschlusz  des  zimmers ;  ^e- 
tcvhnlich  die  beendigung,  vollbringung  des  geschäfts  und  han- 
deis; der  friedensabschlusz ;  abschlusz  des  kaufs;  das  ganze, 
wo  nicht  der  Vollendung,  doch  dem  abschlusz  näher  bringen. 
Göthe  32,  94,  wo  der  icirklichen  zustandebringung  der  blosze 
förmliche  beschlusz  entgegen  steht,     zu  abschlusse  kommen. 

ABSCHMACK,  m.  ingralus  sapor,  gleichviel  mit  abgeschmack, 
das  bräuchlicher  ist.  mhd.  äsmak :  edel  win  muo;  nieten  von 
swacbem  va^^e  äsmackes  sich.    Fracenlob  58. 

ABSCHMACKIG,  insipidus:  das  hier  wird  nicht  sommeren- 
zig  noch  abschmackig  und  sauer.  Hohberg  3,  C6'.  iorisl  ab- 
geschmack, mhd.  äsmeckic:  äsmeckic  wirt  in  drin  tagen  der 
visch.  MS//.  3, 100". 

ABSCHM.\LERN,  deminuere,  verringerte:  werden  ihm  rings 
abschmälern  das  erbgut.  Voss. 

ABSCHMATZEN,  deosculari,  abküssen:  dasz  er  sie  nicht 
beim  köpf  nehmen  und  weidlich  abschmatzen  darf.  Göthe 
33,  42.    s.  schmatzen. 

ABSCHMATZEN,  decidere,  abhauen:  wann  die  bäume  zu 
hoch  abgestammet  und  gefallet,  absonderlich  die  stocke  nicht 
alsobalden  mit  abgeschmalzel  werden.  Hohberg  3,  338*.  nach 
Schneller  3,  478  ist  schmatz  der  im  boden  stehn  gebliebene 
stock  eines  gefällten  baums,  dann  aber  klotz,  blotz,  ebenso  die 
£cbmatze  icas  gehauen  und  geschlagen  werden  soll,  das  wort 
scheint  also  mit  abmeiszen,  abmetzeln,  dann  aber  mit  ab- 
schmeiszen,  abschmelzen  nah  verwandt,  vgl.  schmeiszen. 

ABSCHMAUSEN,  comedere,  abessen,  die  kirschen  vom 
bäum  abschmausen,  den  bäum  abschmausen,  einen  abschmau- 
sen, ihm  alles  verzehren,    abscbmausen,  fertig  essen. 

ABSCHMECKEN,  saporem  amiltere,  den  geschmack  verlieren. 
wenn  eine  speise  lange  steht,  wird  sie  abschmeckend.  Thüji- 
«EL  7,  89.  vgl.  abschmack,  abgeschmack,  abgeschmackt,  nnl. 
afsmakken. 

ABSCHMEICHELN,  adulando  consequi,  schmeichelnd  ab- 
locken, abnehmen,  nnl.  afsmeeken:  sechs  hundert  thaler  ab- 
geschmeicheil, ehe  eines  mannes  223;  und  mein  kind  selbst 
hat  er  mir  abgeschmeichelt.  C.  F.  WtiszE ;  können  sie  sagen, 
dasz  sie  keiner  mit  herzlockenden  schwüren  ihre  gunst  abzu- 
schmeicheln gesucht  Göthe  19,  132;  ich  drang  und  schmei- 
chelte es  meinem  genius  ab.  Klinger  9,16. 

ABSCHMEISZEN,  decidere,  abhauen,  abschlagen,  abwerfen, 
nnl.  afsmijten.    einem  den  köpf  abschmeiszen,  abschlagen; 

die  häode  sind  entzwei,  der  köpf  ist  abgeschmissea. 
A.  Grtphius; 


ABSCHMELZEN  —  ABSCHNEIDEN 


106 


ich  will  dich  abschmeiszen,  schlagen,  knüllen,  schmieren,  dre- 
schen. Thür.neisser  magna  alchym.  2,  29 ;  die  äpfel,  nüsse 
von  den  bäumen  abschmeiszen ;  das  pferd  hat  seinen  reiter 
abgeschmissen ;  den  hut  vom  gesiebt  abschmeiszen ;  einen  ab- 
schmeiszen, beim  kegelspiel,  abwerfen,  mehr  als  er  werfen, 
in  allen  diesen  bedeutungen  gilt  schlagen,  hauen,  werfen  für 
edler  und  anständiger,    vgl.  abschmatzen. 

ABSCHMELZEN,  deliquescere,  mhd.  abe  smelzen,  nnl.  af- 
smellen,  herunter  schmelzen :  das  blei  ist  von  dem  brennenden 
dach  heisz  abgeschmolzen,  der  fusz  von  dem  leuchten,  der 
Schnee  von  dem  berge,  figürlich,  zusammenschmelzen,  sicA 
vcrtropfen,  verringern:  von  dem  gelde  schmilzt  täglich  ab; 

daher  manchem  der  feiste  wanst 
tbut  merklich  sehr  abschmelzen. 

SoLTAü  rolhsl.  468. 

ABSCHMELZEN,  deliquare,  mhd.  abe  smelzen,  liquefacere: 
die  sonne  wird  den  schnee  bald  abschmelzen,  abgeschmelzt 
haben;  er  hat  den  deckel  von  der  kanne,  das  blei  von  dem 
Silber  abgeschmelzt,  in  der  hüttensprache  abgetrieben. 

ABSCHJßiTTERN,  profligare,  niederwerfen,  scheint  verstärktes 
schmeiszen,  schmelzen  und  darum  niederdeutsch :  ein  blizstrahl 
schmetterte  den  bäum,  die  nachtigall  schmetterte  ihr  lied  ab. 

ABSCHMIEDEN,  decudere,  nnl.  afsmeden,  schmiedend  ab- 
lösen :  dem  pferde  die  eisen  abschmieden,  abbrechen,  sich  ab- 
schmieden,  durch  schmieden  ermatten. 

ABSCHMIEREN,  delinere,  abstreichen,  nnl.  afsmeren:  die 
butler  vom  brote  wieder  abschmieren,  figürlich,  einen  bogen 
geschriebenes  schnell  abschmieren;  einen  abschmieren, prüje/n; 

ist  er  schon  ein  weng  abgesclimirt  worn.    Atrer  104'; 
schmieret  die  alte  hure  zum  tügen  ab!    A.  Crtphids  1,782; 

so  möcht  ich  im  gram  die  karbatsche  erwischen  und  sie  so 
abschmieren,  dasz  sie  erführen  wie  sorg  und  nachdenken  thuL 
TiECK  5,492. 

ABSCHMIERER,  m.,  ein  elender  abschreiber. 

ABSCHMUTZEN,  sordidum  facere,  den  schmutz  fahren  las- 
sen :  die  stiefeln  schmutzen  ab,  die  wand  schmutzt  ab.  tran- 
sitiv maculare,  schmutzig  machen:  viel  wasche  abschmutzen; 
ihre  abgeschmutzte  wasch  und  hemder.    mägdelob  29. 

ABSCHNALLEN,  dißbulare,  gegensatz  von  anschnallen,  das 
feileisen  vom  pferde  abschnallen,  den  gurt  vom  leib  abschnal- 
len, sich  den  degen  abschnallen: 

er  schnallt  den  barnisch  ab,  legt  heim  und  lanze  nieder. 

WlELANO. 

ABSCHNAPPE.\,  excidere,  schnell  ab  oder  zufahren,  ablau- 
fen, von  schlosz  und  angel  gebraucht :  der  bahn  an  der  flinte, 
das  schlosz  schnappte  ab,  die  thür  ist  abgeschnappt;  einmal 
zerbricht  mir  der  bogen,  das  andermal  schnapt  mir  der  bol- 
zen ab.  Weise  comöd.  175;  die  uhr  ist  abgeschnappt.  Figür- 
lich sterben,  wie  abfahren,  abgehn :  wenn  alle  abschnappen, 
die  von  der  sache  wissen,  bleibt  auf  die  letzt  keiner  der  mich 
verrälh.  Fb.  Müller  3,  391.  plötzlich  im  reden  einhalten :  mit 
einem  seufzer  abschnappen.  Tieck  3,  308;  musz  ich  nicht 
mitten  in  den  zärtlichsten  oder  erhabensten  stellen  abschnap- 
pen ?  J.  Paul  uns.  löge  3,  41  und  sonst  bä  diesem  Schriftstel- 
ler oft.  Transitiv  das  schlosz  abschnappen ;  schnappe  die  thür 
ab,  dasz  uns  niemand  störe ;  und  so  läszt  sich  auch  jenes 
abschnappen,  einhalten  fassen  mit  dem  ausgelassenen  acc.  rede. 

ABSCHN.\TTERN,  crepitare,  gleich  der  ente  oder  dem  storch. 

ABSCHNEIDEN,  ampulare,  davon  schneiden,  nnl.  afsnijden, 
mhd.  abe  sniden.  sinnlich:  das  körn  vom  acker,  die  blume 
vom  Strauch,  die  traube  vom  weinstuck  abschneiden ;  den 
ast  vom  bäume,  das  bret  vom  stamm,  das  brot  vom  laib. 
den  faden  vom  knäuel;  das  haupt  vom  hals,  den  finger  vor. 
der  hand,  das  glied  vom  finger  abschneiden ;  die  kehle,  gur- 
gel.  vom  vogel.  dann  auch  den  acker  abschneiden,  ernten, 
und  Vögel  abschneiden,  schlachten:  hüner  abschneiden,  pol. 
maulaffe  146 ;  man  sollte  gesagt  haben  wegen  der  rolhen  färbe 
des  auf  den  fuszboden  gegossenen  weins,  dasz  dar  gänse  oder 
Vögel  abgeschnitten  worden,  pers.  baumg.  4,6;  das  kind  schlug 
heftig  nach  dem  küchenmädcben,  das  einige  tauben  abge- 
schnitten hatte.  Göthe  20,139.  In  der  anwendung  auf  andere 
gegenstände  mit  persönlichem  daliv,  einem  etwas  nehmen,  ent- 
ziehen: einem  das  wort  abschneiden,  coupcr  la  parole,  einen 
redenden  unterbrechen  und  schweigen  machen:  da  sagte  der 
weise  könig  in  seiner  spräche  die  verständigen  worte:  Ben- 
venuto,    ich  schneide   dir   das  wort  im  munde  ab  (io  ti  ta- 


107 


ABSCHNEIDEN  —  ABSCHNIPPEN 


ABSCHNIPPERLING  —  ABSCHRAMMEN   108 


glio  la  parola).  Göthe  35,  119 ;  das  brot  von  oder  vor  dem 
munde  abschneiden:  die  denen,  so  etwas  meritiert,  das  brod 
vorm  maul  abschnitten.  SimpHc.  1,  60;  einem  ehre,  glimpf 
und  guten  namen  abschneiden:  auch  (sollich)  helfen  die  un- 
nützen meuler  stopfen,  so  in  ire  ehre  abschneiden  oder  Ste- 
len. Ll'Ther  6,  312'; 

ja  man  sclineidt  oft  mancher  frauen 
unschuldig  ah  ilir  ehr  und  glimpf.    Atrer  65"; 

er  hat  mir  meinen  ehrlichen  namcn  abgeschnitten.  Gotter 
3,  295 ;  (die  heuchelei)  schnitt  den  Circassiern  allen  willen  und 
alle  kraft  zur  rückkehr  ab.  Klinger  10,224;  dem  feinde  die 
flucht,  den  weg  abschneiden ;  was  soll  ich  thun,  da  sie  mir 
allen  einflüsz  abzuschneiden  suchen?  Klingers  Iheat.  2,  151; 
es  fehlt  nichts,  als  dasz  dir  deine  frau  auch  noch  den  raucli- 
tabak  abschnitte.  Gotter  3,246;  uns  war  die  kleinste  künde 
von  dieser  Sache  abgeschnitten ;  alles  ist  uns  abgeschnitten. 
Mit  bloszem  acc,  etwas  abschneiden,  aufhören  machen,  tilgen, 
unterbrechen:  ich  hett  mein  dienst  ee  abgeschnitten  {aufge- 
geben), fastn.  sp.  166,  3 ;  ich  berste  fast  für  zorn  und  Wider- 
willen, und  bitte,  schneit  (schneidet)  die  sache  nur  abe,  höret 
auf  weiter  mit  inen  zu  handeln.    Luther  5,147'; 

und  schneid  nit  ab  der  tugent  kraft. 

SCHWARZENBERG    158,  1  ; 

damit  ich  schneid  gar  leichllicli  ab 
itz  alle  sorg  umb  zeillicli  hab. 

das.  150,  2 ; 

darumb  wolle  e.  k.  mai.  solche  ungereumbte  parcrga  gnädig 
abschneiden.   Ayrer  proc.  1,  6 ; 

eil  doch  ihr  lästern  und  ihr  If^lden 

DU  beedes  abzuschneiden.    VVeckheri..  14t. 

Weiler  auch  sondern,  trennen,  unterscheiden,  abstechen,  ab- 
grenzen: dieser  wird  so  abgeschnitten,  dasz  er  die  taille  ab- 
schneidet und  die  lippen  des  corsets  bedeckt.  Götiie  27,  65, 
wie  schon  unser  mittelalter  die  taille  der  frauen  dem  gelenic 
und  einschnitt  der  ameisc  verglich;  eine  schwarze  linie,  die 
sich  von  dem  verdüsterten  braunen  erdreicli  scharf  absclinitt. 
GiJTiiE  30,  299 ;  mit  weiten  schritten  drang  er  gegen  den  wald, 
den  ein  breiter  graben  abzuschneiden  schien.  J.  Paul  Tit.  2, 
50;  das  feindliche  beer  sah  sich  völlig  von  der  Stadt  abge- 
.schnitten.  in  diesem  sinn  heiszl  genau  und  scharf  abschnei- 
den etwas  unterscheiden  und  gesondert  auffassen,  das  abge- 
schnittene läszl  sich  rein  wahrnehmen,  tritt  aber  auch  schrof 
entgegen:  scharf  abgeschnittene  eigenthttmlichkeilen.  Kant  10, 
80 ;  nichts  ist  unerträglicher  als  abgeschnittene  eigenheit  an 
demjenigen,  von  dem  man  eine  reine,  gehörige  thätigkeit  for- 
dern kann.  Göthe  20, 197 ;  je  älter  er  ward  desto  abgeschnit- 
tener fühlte  er  sich  von  aller  gesellschaft.  20,  2G2.  Bei  den 
müllern  hiesz  abschneiden  so  viel  als  abrechnen,  weil  es  durch 
einschnitte  ins  kerbholz  geschah,  im  bergwerk  sich  abschnei- 
den aufhören:  die  erze  sciineiden  sich  ab,  der  gang  schnei- 
det sich  ah ;  der  (gott)  kan  auch  erz  nach  seinem  willen  wach- 
sen und  dasselb  sich  wider  abschneiden  und  verlieren  lassen. 
Matiiesics  30';  so  gehets  auch  in  zechen,  das  sich  oft  das 
erz  verdruckt  oder  gar  abschneidt.  das.  37';  da  es  sich  alles 
abgeschnitten  und  verloren  hat.  38'. 

ABSCHNEIDSEL,  n.  nnl.  afsnijdsel,  segjnentum,  sarmenlum, 
s.  abschnitzel  und  vgl.  ahd.  äsneita,  äsneitaha  sarmenla.  Graff 
6,  844. 

ABSCHNEIE.X,  ningere,  niederschneien,  ausschneien,  nnl. 
afsnoeijen :  so  iiat  er  doch  das  düstere  gewölk  an  die  berge 
geworfen,  wo  es  dann  abregnen,  abschneien  oder  sich  selbst 
verzehren  kann.  Göthe  45,  295. 

ABSCHNELLEN,  exculere,  gewaltsam  abfahren:  der  pfeil 
schnellt  vom  bogen  ab ;  dasz  mein  lebensfaden  aciitfach  ge- 
nommen am  ersten  zehentheil  {der  schulden)  abschnellen  musz. 
Schiller  146 ;  im  augenblick  schnellte  der  galgen  ab.  tran- 
titiv:  den  pfeil  vom  bogen  abschnellen,  fahren  lassen: 

dem  stets  abschnellenden  ähnlich. 

ABSCHNEUZEN ,  emungere,  nnl.  afsnuiten :  die  kerze  ab- 
schncuzen ;  nach  abgeschneuzten  kohlen  de«  kienholzes  su- 
chen.   J.  Paul  kom.  anh.  zu  Tit.  1,  44. 

ABSCH.NIPPELN,  frustulattm  ahscindere,  in  kleinen  stücken 
absondern,  nnl.  afsnipperen,  frequentativc  des  folgenden. 

ABSCFIMPPEN ,  ahscindere,  zerfetzen,  abreiszen  in  kleinen 
enden  und  spitzen,  der  hochd.  form  wäre  schnipfcn  gemäsz. 
haare,  wolle  abschnippen. 


ABSCHNIPPERLING,  m.  den  tuchmachcrn,  abgang  der  wolle. 

ABSCHNIPSEL ,  n.  frustula,  was  in  kleinen  flocken  und 
stücken  abgeht,  dieser  abschnipsel  {vom  holz)  wird  einen  holz- 
handel  an  banden  geben.    Weckherlin. 

ABSCHNITT,  wi.  segmcntum,  nnl.  afsncde  f.  sinnlich:  der 
abschnitt  des  fuszes,  des  balkens,  kegeis,  der  kugel,  der 
ähren ;  abschnitte,  einschnitte,  graben,  die  in  der  erde,  im 
forst  gemacht  werden :  verwahreten  wir  den  aus-  und  eingang 
solcher  bequemlicher  wege  mit  tiefen  abschnitten  und  andern 
verhindernissen.  Felsenb.  1,  419.  figürlich,  ein  abschnitt,  eine 
abtheilunq  des  hauses ;  abschnitt  des  buches,  der  erde;  ab- 
schnitt des  Verses,  caestir  {in  mehrern  ausgaben  von  Opitz 
poeterei  steht  dafür  fehlerhaß  abschritt);  abschnitt  des  lebens, 
der  geschichte :  ein  neuer  abschnitt  meines  lebens  beginnt. 

ABSCHNITTCHEN,  n.  diminutiv  des  vorigen:  ich  will  noch 
ein  abschnittchen  vorlesen. 

ABSCHNITTLEIN,  n.  dasselbe,  so  nennen  auch  die  kicmpncr 
die  abgänge,   abfalle  vom  blech. 

ABSCHNITTLING,  m.  dasselbe:  abschnittling  von  einem 
Schumacher  in  wasser  gesotten.  Pinter  pferdschatz.  Ff  1688 
p.  429. 

ABSCHNITZ,  m.  nochmals  segmentum:  ein  meier  wirt  ab- 
schnitz  und  holz  sammelen  und  hauen,  das  jar  durch  sich 
dabei  zu  wärmen.  Sebiz  feldbau  s.  57 ;  nimb  zerribne  saifen 
und  die  abschnitz  von  des  rosses  huefen.  Seüter  rosarznei 
s.  205. 

ABSCHNITZEL,  n.,  das  vorige,  wer  phantasie  hat,  macht 
sich  aus  jedem  abschnitzel  eine  wunderbare  reliquie.  J.  Paul 
uns.  löge  3,170;  bei  seinem  abschnitzel  von  stimme.  J.  Paul 
Fibel  s.  223.    vgl.  abschneidsei. 

ABSCHNITZELN,  was  das  folgende. 

ABSCHNITZEN  ^  secarc,  eine  fortbildung  von  abschneiden, 
wie  schnitzen  {ahd.  snizan)  von  schneiden,  durch  kleine  schnitte 
absondern,  zumal  mit  der  Vorstellung  des  bildens:  eine  figuf 
von  holz  abschnitzen.  schnitzte  dem  bäum  die  wurzel  ab. 
J.  Paul  Fibel  s.  14. 

ABSCHNITZLING,  m.  abfall  beim  schnitzeln:  abschnitzling 
vom  papier.    Simplic.  1,  351. 

ABSCHNÜREN,  funiculum  solvere,  von  der  schnür,  mit  der 
schnür  lösen  und  messen:  den  mantelsack  abschnüren;  einen 
gang,  ein  beet  im  garten  abschnüren;  Wilhelm  half  die  per- 
spective bestimmen,  die  umrisse  abschnüren.  Göthe  18,  263. 
eine  warze  abschnüren,  abbinden;  wenn  der  henker  dem  dien 
die  kehle  abschnürt. 

ABSCHNURREN,  sonando  avolare,  schnurrend  abfahren,  los- 
fahren :  die  spule  ist  abgeschnurrt ;  der  käfer  schnurrt  ab ; 
ebenso  sehr  hielt  er  an  einem  augenblicklichen,  unangeneh- 
men eindruck  fest  und  liesz  seine  empfindungen  dabei  ohne 
mäszigung  abschnurren.  Göthe  25,  261.  transitiv,  abschnurren 
lassen,  entsenden: 

was  im  köpf  uns  heimlich  murrt 
wird  abgeschnurrt.      Voss  6,  23 ; 

sie  hatte  kaum  ihr  drittes  vaterunser  vor  dem  fenster  abge- 
schnurrt. Arnim  1,  3;  sein  paternoster  abschnurren.  Bettine 
hriefe  2,  112.  doch  in  beiden  letzten  stellen  ist  abschnurren 
deutlich  ein  abschnüren  des  rosenkranzes,  von  der  schnür  ab- 
drehen und  auch  die  abschnurrende  spule  läuft  von  der  schnür 
ab,  das  dabei  entstehende  ger dusch  hat  die  nebenvorslellung  des 
Schalls  erzeugt,  rr  entfaltet  sich  schon  ahd.  aus  ri,  mehr  bei 
schnuiTcn. 

ABSCHOCKEN,  sexagenos  disiribuere,  schockweise  abtheilen : 
nüsse  abschocken. 

ABSCHÖPFEN,  hauriendo  delrahere,  herunter  schöpfen:  den 
rahm  oben  von  der  milch  abschöpfen,  das  fett  von  der  brühe, 
den  Schaum  vom  zucker  abschöpfen,  dann  die  milch,  die 
brühe,  den  zucker  abschöpfen,  figürlich,  etwas  oben  ab- 
schöpfen, leicht  behandeln,  ohne  auf  den  grund  zu  dringen, 
aber  auch  das  beste  oben  wegnehmen:  was  er  anführt  ist  so 
kahl,  so  oben  abgeschöpft.  -  Lessinc  ;  abschöpfend  eine  ewge 
schuld.  Schiller;  er  hat  ihm  alle  diese  entdeckungen  abge- 
schöpft. 

ABSCHOSZ,  m.  tributum,  eine  abgäbe  von  solchen  zu  ent- 
richten, die  aus  dem  land  abziehen,    s.  schosz. 

ABSCHRÄGEN,  obliquare,  schräg  ablaufen  lassen  :  eine  niichc 
abschrägen. 

ABSCHRAMMEN,  defringere,  die  haut  abstreifen,  leicht  ver 
wunden:  der  ruuhc  stein  schrammt  ab  die  haut.    Bürger. 


w» 


109    ABSCHRÄNKEN  — ABSCHREITEN 

ABSCHRÄNKEN,  lignis  Iransversis  sepire,  nach  schranken 
sonderv:  der  fuszpfad  nach  Lüde,  zwischen  abgeschränkten 
Weideplätzen  her.    Göthe  31, 102. 

ABSCHRÄNZEN,  abrumpere,  abscindere,  durch  risse  son- 
dern, abreiszen:  wann  das  erdbeben  ein  stück  felsen  ab- 
schrenzt.  Scbecchzer  134;  in  dem  concilio  zu  Costenz  band 
ir  vil  lands  abgeschrenzt.  Rüffs  torspiel  zu  EUer  Heini  62S; 
so  sich  die  knecht  thun  abschrenzen,  wollen  auf  den  wägen 
faulenzen.    Froxsp.  kriegsb.  3,  94*. 

ABSCHRAPPEN,  deradere,  abscharren,  nnl.  afschrapen :  den 
trog,  die  pfanne  abschrappen;  man  schrapte  ihr  das  fleisch 
mit  scharfen  austerschalen  Yon  den  knochen  ab.  Riemb.  Gib- 
bon 9,  31. 

ABSCHRAUBEN,  cochleam  relorquere,  losschrauben,  nnl. 
afschroeven:  den  hahn  von  der  flinte,  das  schlosz  von  der 
thür  abschrauben ;  die  flinte  abschrauben ;  er  schraubte  un- 
sertwegen den  hut  vom  köpfe  ab.    J.  Paul  uns.  löge  1.11. 

ABSCHRECKEN,  absterrere,  deterrere,  fugare,  eigenUich  ab- 
springen vtachen,  absprengen,  transitiv  des  alten  schricken, 
springen,  daher  weidmännisch,  das  wild  abschrecken,  sonsl 
auch  erschrecken,  aufjagen,  aufsprengen:  abschrecken  heiszt 
es,  so  dem  hasen  vor  tags,  wann  er  gen  holz  will  fahren, 
fürgericht  wird.  Sebiz  feldbau  568.  ebenso  das  warme  oder 
kalte  durch  hinzulhun  des  kalten  oder  warmen  abschrecken, 
umspringen  lassen :  den  gesottenen  fisch  mit  essig  abschrecken, 
besprengen,  dasz  er  blau  anlaufe;  das  kalte  wasser  abschre^ 
rken,  durch  eingusz  von  warmem :  nimb  zwei  pfund  schmeer, 
das  schreck  auf  einem  wasser  ab.  Secter  rosarznei  p.  269. 
Einen  abschrecken,  einen  auffahren  machen,  in  furcht  jagen 
und  von  etwas  abhalten:  eine  alte  sage  schreckt  die  schifl'er 
ab,  sich  der  insel  zu  nähern.  Gotter  3,  560 ;  er  liesz  sich 
bald  von  seinem  löblichen  vorhaben  abschrecken ;  eine  jeder- 
mann abschreckende  (empörende)  geschichte.  in  der  früheren 
spräche,  einem  etwas  abschrecken,  durch  drohen  und  einge- 
fiüszte  furcht  abnehmen:  so  weisz  ich  doch  auch  widerumb, 
das  Christus  noch  lebet  und  regiert,  und  bin  des  gewis,  und 
!asz  mirs  auch  in  keinem  weg  abschrecken,  es  sein  im  unter- 
worfen alle  ding.  Luther  1, 211' ;  wo  (Münzer  deti  Pfeifer)  nicht 
ziehen  liesz  und  ihm  das  volk  abschreckt.  3.  128 ;  inen  allen 
(omnibus)  gelt  abtrewen  (aWroAen)  und  abschrecken.  Pauli  5; 
den  kaufleuten  ir  geld  abschrecken.  H.  Sachs  IL  2,  8"; 
damit  schreckt  ihr  eur  brief  ihm  ab.    Ayrer  445': 

nnl.  afschrikken,  transitiv  und  auch  intransitiv. 

ABSCHREIBEN,  describere,  nnl.  afschrijven:  von  der  Ur- 
schrift abschreiben;  den  brief  von  dem  entwurf  abschreil)en ; 
die  runden  Scheiben,  die  Dürer  auf  diesem  bilde  von  seiner 
eignen  wohnung  abgeschrieben  hat.  Tieck  Sternb.  1, 155 ;  hierin 
habe  ich  nur  die  natur  gleichsam  wörtlich  abgeschrieben. 
Schiller  102.  beim  rolk  auch  für  abmahlen:  er  läszt  sich 
abschreiben  (s.  abschrift).  Dann  abschreiben  abrechnen,  im  ge- 
gensats  des  zuschreiben?,  einem  in  der  rechnung  abschreiben. 
Schweimchex  1,  364.  abschreiben,  wie  abmelden,  das  vorher 
geschriebne  aufkündigen:  er  sollte  kommen,  ich  habe  ihm  wie- 
der abgeschrieben.     Endlich  durch  schreiben  abnutzen: 

die  feder  sollt  ich  auch  rergeblicb  abzuschreiben 
noch  in  bedenken  stehn.  LoiiAU  3,214; 

abgeschriebene  federn,  im  gegensalz  scharf  geschnittener. 
Guthe  17,  60;  mir  dazu  eigens  eine  feder  schneiden,  indem 
die  gegenwärtige  abgeschrieben  ist.  38,  141;  ich  schreibe  mir 
fast  die  finger  ab.     sich  abschreiben,  müde  tchreiben. 

ABSCHREIBER,  m.  ein  copist. 

ABSCHREIEN,  declamare,  laut  herschreien:  ein  lied  (von 
der  kehle)  abschreien ;  der  wuchter  schreit  ab.  einem  etwas 
abschreien,  durcli  geschrei  mehr  als  durch  gründe  absprechen: 


viel  stolze  klujre  schreien 
dem  armen  sterblichen  des  willens  freiheit  ab. 


Hagedor-n. 


sich  abschreien,  müde  und  von  krdflen  schreien. 

ABSCHREITEN ,   descendere,  absteigm,  abgehn :    er  «chrilt 
nb  vom  pferde; 

man  zog  ihr  wackre»  thier, 

woraur  sie  lierKerilien. 

nachdem  sie  abgeschrilien, 

gleich  in  den  stall  von  hier.    Bürger  23*; 

vom  berge  langsam  abschreiten,  den  herg  abschreiten,  mit 
schritten,  tritten  abmessen:  feld,  garten  abschreiten,  figürlich 
abweichen :  vom  pfade  der  tugend  abschreiten ;  habe  ich  doch 
oothwendig  von  seiner  meiniiiig  abschreiten  müssen.  Loqexst. 


ABSCHRENZEN  —  ABSCHÜRFEN  1 1 0 

ABSCHRENZEN,  s.  abschränzen. 

ABSCHRIFT,  f  copie,  nnl.  afschrift.  abschrift  geben,  neh- 
men,    auch  abbild: 

mein  auce  sah  von  dir  sonst  nichts 

als  nur  die  abscbrirt  des  gesichts.    BErger  90'. 

ABSCHRIFTLICH,  in  gestalt  einer  abschriß:  abschrifllicher 
beischlusz ;  die  verlangte  Urkunde  folgt  abschriftlich,  in  ab- 
schriß; früher  auch  für  schriftlich:  mich  auch  darum  ab- 
schriftlich zum  oftermal  ersucht.    Froxsp.  kriegsb.  1,  i'Oir. 

ABSCHRÖPFEN,  scalpello  sanguinem  detrahere,  abziehen: 
einem  das  blut  abschröpfen ;  in  der  landwirtschaß  die  spitze 
des  getraides  absicheln :  das  kern,  den  waizen  abschröpfen. 
figürlich,  einen  abschröpfen,  aussaugen,  enlkräßen. 

ABSCHROT,  m.  segmentum,  praesegmen  monelae,  orapanni 
avulsa,  resecta.  tocab.  1482  vnd  vocab.  incip.  teut.  ante  lat. ; 
ein  seh.  heller  für  den  abschrot  und  abgusz.  Meusel  gesch. 
forscher  1,  116.    mhd.  äschröt: 

funde  ich  veile  solche  wät, 

in  der  der  sele  würde  rät, 

der  mohte  ein  eilen  tiure  sin, 

ir  müese  ein  äschröt  werden  min.    flenn.  20788. 

ABSCHROTE,  f.  den  schlossern  ein  kleiner  schrotmeiszel. 

ABSCHRÖTEL,  n.  diminutiv  des  vorigen. 

ABSCHROTEN,  resecare,  mhd.  abe  schroten:  ein  eisen, 
den  draht  abschroten,  abmeiszeln ;  ein  stück  von  dem  klotz 
abschroten,  den  klotz  abschroten ;  weiszes  silber  mit  meiszeln 
abschroten!  Mathesius  63";  (der  fisch)  sol  einen  so  harten 
schwänz  haben,  dasz  er  nit  ohne  arbeit  mag  abgeschroten 
werden.  Forer  fischb.  173";  den  felsen  abschroten:  man  hat 
sich  auch  unten  einen  länglich  viereckten  gartenplatz  durch 
Verdrängung  des  flusses  an  der  einen,  und  durch  abschroten 
des  felsens  an  der  andern  seile  verschaft.  Göthe  25,  322; 
eine  quelle  abschroten,  abschneiden,  ableiten,  an  andere 
stelle  versetzen;  bei  den  müllem,  das  getraide  abschroten, 
grob  mahlen;  ein  fasz  wein,  hier  abschroten,  es  von  dem 
wagen  wälzen,  stoszen,  mit  seilen  abziehen,  figürlich  einen 
abschroten,  abreiben,  polieren;  mhd.  ein  abschroten  ribaldie, 
abgeriebene,  feine  belrügerei.    Renn.  2065. 

ARSCHRÖTLEIN,  n.  segmen,  rescgmen:  jener  aber  rüstete 
aus  dem  abschrötlein  wieder  ein  frühstück.  Simplic.  1,  115; 
die  abschrötlein  vom  pergament.  das.  2,  436.  mhd.  äschroetlin : 

renftlin,  spitzlin  und  äschrnetliu 

von  bröte,  bier,  raet  und  win.    flenn.  9955, 

wo  die  hs.  abschrotlin  darbietet,    was   nach   aschrül    zu   bes- 
sern war. 

ABSCHUß,  m.  digressio,  ein  abstecher,  abschweif,  reise  nr 
Seite:  da  er  in  Florenz  für  seine  kunst  noch  genug  zu  ler- 
nen fand,  so  gereute  ihn  anch  dieser  abschob  nicht.  Tiece 
Sternb.  2,  355. 

ABSCHUHEN,  disealeeare,  die  schuhe  ablegen,  abziehen: 
nun  schücht  euch  ab,  liebe  zen,  ir  müst  aber  walten!  heiszt 
es  kühn  in  einem  weinspruch  von  1475,  entschuht  euch,  zdkne, 
ihr  müst  wieder  ins  nasse,  euch  von  wein  benetzen  laszen. 

ABSCHULDEN,  rependere,  abtragen,  vergelten:  würde  so 
meinen  geringen  dienst  überflüssig  abschulden.  Lohesst.  i4rai. 
1,  521;  er  dankte  ihm  für  die  heldenmäszige  beschirmung 
seiner  länder,  welche  er  und  Deutschland  nimmermehr  ab- 
zuschulden fähig  wären,    das.  2.  257. 

ABSCHULTERN,  tollere  de  humeris,  bei  den  Soldaten,  das 
gewehr  von  der  schütter  nehmen:  mein  rath  wäre,  dasz  der 
phalanx  wieder  abschultertc  und  die  ausgerückte  mannschaft 
wieder  einrückte.  Claudius  8,  156;  den  mehlsack  abschiil- 
tem.    McsÄüs  4,  143. 

ABSCHÜPFEN,  detrudere,  von  der  stelle  schieben,  stoszen. 
nni.  afschoppen :  dadurch  man  fürnimpt,  dem  nehesten  et- 
was abzugewinnen  und  in  von  dem  seinen  abezuschüpfen. 
LimiEB  4,  407*. 

wölch  die  göttlichen  recht  abschünren. 

B.  Waldis  p.  Reych  K  iii' 

LoBEKSTEiN  Am.  1,  161  sdweibt  tadelhaß  abschippen. 

ABSCHUPPEN,  desquamare.  vom  fisch  die  schuppen  /üf«i.- 
die  trümmer  eines  putzes  lagen,  wie  das  glanzende  kirid 
eines  abgeschuppten  fisches  durcheinander.  Göthe  18,  88; 
leichter  schuppte  und  lederte  icii  den  abscheulichen  Philipp 
von  Spanien  ab.    J.  Paul  jubeisen.  81. 

ABSCHUR,  f.  delonsio:  die  abschnr  de<  grase«,  der  wolle. 

ABSCHÜRFEN,  defodere,  das  erz  losschirfen. 


111 


ABSCHURREN  —  ABSCHWÄREN 


ABSCHWÄREN  — ABSCHWINGEN    112 


ABSCHURREN,  delabi,  abgleiten:  auf  dem  eis  abschuiren, 
dann  abfahren,  absegeln: 

ihr  vater,  herr  baron,  ist  endlich  abgeschurrt? 
Voss  6,  177; 

mein  alte  ist  der  wolbekannte  Herbert,  schurrt  der  mal  ab, 
bin  ich  der  einzge  erbe.    Tieck  3,  337. 

ABSCHÜRZEN,  abbreviare,  abkürzen:  ein  abgescbürzt  kurz 
red.  Frank  wcHb.  77';  Plinius  spricht,  er  (Pherecydes)  sei 
auch  der  erst  gescin,  der  lang  red  in  kurz  abgeschürzt 
sprüch  verfaszt  hab.  Frank  chron.  27".  vgl.  ahd.  scurz,  ags. 
sceort,  engl,  short  brevis. 

ABSCHUSZ,  m.  emissio,  der  abschusz  eines  pfeils,  ge- 
webrs.  meist  von  dem  intransitiven  abschieszen  hergenommen 
der  schnelle  abflusz  des  wassers  oder  jähe  abhang  des  landes : 
der  Strom  hat  hier  seinen  abschusz,  man  musz  ihm  mehr 
abschlisse  verschaffen;  der  abschusz  des  festen  landes.  Kant 
6,  89;  er  steht  nun  verirrt  am  schwindelnden  abschusz. 
TiECK   8,   8. 

ABSCHÜSSIG,  praeceps,  praeruptus,  stark  abhängend:  der 
berg  ist  hoch  und  abschüssig;  die  abschüssige  seite  des  bergs, 
des  ufers ;  abschüssige  bahn  der  reaction.  im  forstwcsen  heiszt 
ein  bäum  abschüssig,  wenn  er  über  dem  stammende  zu  schnell 
sich  abspitzt  und  an  dicke  abnimmt,  was  sonst  abholzig,  vgl. 
abschieszig. 

ABSCHÜTTELN,  decutere,  vieg  schütteln:  den  staub  von 
den  füszen,  die  äpfel  vom  bäume  abschütteln,  hernach  die 
füsze,  den  bäum  abschütteln,  das  joch  vom  halse,  die  fes- 
sel  vom  ai-me  abschütteln,  der  stürm  schüttelt  das  laub  von 
den  bäumen,  ists  ein  gefangener,  den  die  menschen  ab- 
schüttelten? Schiller  135.  figürlich,  er  schüttelt  alles  von 
sich  ab,  ermahmmgen,  verweise  rühren  ihn  nicht;  sie  wüsten, 
als  lebenslustige  Jünglinge  die  erinnerung  daran  leicht  ab- 
zuschütteln. Göthe  49,  138;  wo  seid  ihr,  ihr  schläfer,  schüt- 
telt ab  den  süszen  schlaf!  Klinger  2,  230;  beruhige  dich 
und  schüttele  diesen  zweifei  ab.    Klinger  3,  140; 

abgeschüUelt  ist,  Selinde, 

meine  fessel,  meine  binde.    Gotter  1,  205. 

einen   heßig  schütteln:  das  fieber  hat  mich  abgeschüttelt. 

ABSCHÜTTEN,  decutere,  defundere,  nnl.  afschuddcn,  nieder- 
schütten, oben  wegschütten,  abgieszen.  das  glas  ist  zu  voll, 
schütte  etwas  davon  ab,  ich  mag  keinen  tropfen  abschütten ;  du 
hast  von  dem  mehl  zu  viel  abgeschüttet,  dann  aber  auch  im 
sinne  von  abschütteln,  stärker,  edler  als  dieses  und  der  alten 
spräche  gemäsz:  den  staub  von  den  schuhen  abschütten  (alts. 
scuddian  fan  then  scuhun,  ahd.  arscutan,  ags.  asceacan,  golh. 
afhrisjan) ;  den  meiden  die  agen  abschütten,  fastn.  sp.  270,  9 ; 
der  Sturm  schüttet  alle  blätter  ab,  die  kette  von  sich  ab- 
schütten ;  ich  will  mich  erleichtern  und  allen  kummer  vor 
dir  abschütten; 

als  der  gepreste  fiirst  die  last  sucht  abzuschütten. 
.\NDR.  Grtphius  1,  236. 

ABSCHÜTZEN,  aperire  obturamentum,  nnl.  afschutten,  schutz- 
bret,  schleusze  auflassen:  einen  teich,  flusz  abschützen,  öfnen; 
denn  da  gott  abschützle,  und  gott  liesz  die  schleuszen  auf- 
ziehen über  die  vesten,  da  gieng  die  ganze  erste  weit  schreck- 
lich zu  boden  bisz  auf  acht  seelen.  Mathesiüs  u'.  umge- 
kehrt, die  schleusze  niederlassen,  das  ßieszen  hemmen:  drauf 
stehet  das  silber  im  hert  stille  und  man  schützet  eilend  abe. 
Mathesiüs  149*.  im  ersten  fall  wird  das  bret  vom  flüssigen 
dement  abgenommen,  dieses  frei;  im  andern  fall  von  seinem 
haken  abgelassen,  dasz  es  den  flusz  sperren  kann. 

ABSCHWÄCHEN,  lassare,  ermüden,  entkräßen:  die  äugen, 
die  sinne,  das  gehör  abschwächen,  die  abgeschwächten  äu- 
gen. Bürger  1,  99.  die  abgeschwächte  seele.  Klingers  Iheat. 
3,  171;  um  die  gerührte  Stimmung  des  unglücklichen  abzu- 
schwächen. Tieck  nov.  6,  97;  hei  uns  war  alles  Öffentliche 
leben  dahin,  das  Interesse  für  den  Staat  völlig  abgeschwächt. 
das.  6,  34.     sich  abschwächen. 

ABSCHWÄCHÜNG,  f  es  bleibt  eine  zilleinde  bebung  oft 
noch  lange  zurück,  die  wir  ihrer  eignen  abschwächung  über- 
lassen müssen.  Lessing  2,  53;  abschwächung  des  herzcns 
und  der  nerven.  Klincers  th.  3,  179. 

ABSCHWÄM.MEN,  s.  abschwemmen. 

ABSCHWANKEN,  nutare,  hinschwanken,  mit  schwankenden 
schritten  abgehn.    ah  und  zu  schwanken.  J.  Paul  aesth.  2,  W. 

ABSCHWÄREN,  deprimere,  bairisch,  beschweren,  abpres- 
ten  (Scumeller  3,  546):   kraul   und   ruben   abschwärcn,    das 


geschnittne,  säuernde  kraut  im  fasz  mit  steinen  belasten.  Hön- 
BEiiG  1,  105'.    ahd.  suäran,  mhd.  beswaeren  gravare. 

ABSCHWÄREN,  suppurare,  sich  durch  geschwür  ablösen, 
ahd.  sueran,  dolerc:  der  nagel  schwiert  mir  von  dem  (inger 
ab,  das  glied  vom  finger  ist  mir  abgeschworen;  die  blättern 
haben  abgeschworen,  aufgehört  zu  eitern. 

ABSCHWÄRMEN,  examen  emittere,  die  bienen  haben  ab- 
geschwärmt. 

ABSCHWÄRZEN,  denigrare,  die  schwarze  färbe  lassen:  das 
tuch,  der  hut  schwärzt  ab.  trans.  schwarz  machen,  wasche 
abschwärzen,  abschmutzen,  schwarz,  unrein  machen. 

ABSCHWÄTZEN,  blandis  vcrbis  impetrare,  durch  geschwälz 
abnehmen:  hat  sie  {die  frau)  iren  fVeunden  {verwandten)  ab- 
geschwatzt, fastn.  sp.  234,  28 ;  wüste  (den  bauern)  neben  den 
Pfenningen  auch  getraid  abzuschwatzen.  Kirchhof  wendunm. 
437";  Philipp  wollte  Ferdinanden  das  kaiserthum  wieder  ab- 
schwatzen. Weise  kl.  leute  252;  der  Offenbarung  würde  und 
faszlichkeit  abschwatzen.  Herder,  abschwatzen,  in  die  länge 
hin  und  her  schwatzen: 

bald  ein  gespräch  anspinnend  und  dies  abschwatzend  und  jenes. 

Voss. 

ABSCHWEFELN,  separare  sulphur,  des  schwefeis  entbinden: 
kohlen  abschwefeln;  der  kies  ist  abgeschwefelt. 

ABSCHWEIF,  m.  aberratio :  etwas  ohne  abschweif  sagen ; 
einen  abschweif  machen,  wie  abschub,  abstecher,  devagari. 
abschweif  machen,  aberrare  ab  officio  et  fide. 

ABSCHWEIFEN,  abcrrarc,  mhd.  abe  swifen,  afafiaQxävEiv : 
vom  weg  abschweifen,  vom  pfade  der  lugend,  vom  glauben, 
von  der  Wahrheit ;  von  der  rede  abschweifen,  auslaufen,  ab- 
schweifende rede.   Voss  //.  3,  215. 

ABSCHWEIFEN,  auferre,  purgare,  mhd.  abe  sweifen,  weg- 
gehn  machen,  abspülen,  abschwemmen,  reinigen:  fische,  garn, 
Wäsche  abschweifen : 

so  soll  der  thränensee 
auch  .schweifen  von  mir  ab  die  Qecken  meiner  sünden. 
Opitz  3,  221; 
wenn  ihm  {dem  frommen)  gott  nur  bleibet  hold, 
kann  ein  gnadenregen  linde  machen 
und  abschweifen  allen  wüst 
der  im  lieget  auf  der  brüst. 

A.  Grtphius  2,  500. 

den  tischlern  ist  abschweifen,  mit  der  schweifsäge  krumm  aus- 
schweifen. 

ABSCHWEIFIG,  aberrans,  abschweifend.  , 

ABSCHWEIFUNG,  f  aberratio,  digressio:  eine  kleine,  ine- 
tafysische  abschweifung.  Wieland  1,  219;  um  von  allen  die- 
sen abschweifungen  zurück  zu  kommen.    8,  225. 

ABSCHWEISZEN,  fcrrumen  auferre,  ein  schmiedeausdruck, 
gegensalz  von  anschweiszen :  das  eisen  abschweiszen.  figür- 
lich abnehmen,  abpressen:  einem  den  gaul  abschweiszen.  H. 
Sachs  IV.  3,  21';  so  viel  gelds  hast  du  mir  abgeschweist. 
Simplic.  1,  120  {ed.  1679  p.  134). 

ABSCHWELGEN,  sich  abschwelgen,  durch  schwelgerei  eirt- 
krdßen. 

ABSCHWELLEN,  detumere,  sich  ebenen,  wäre  goth.  af- 
svalljan,  gegenüber  dem  ufsvalljan,  intumere.  auf  und  ab- 
schwellung  des  meers  hat  Lohenst.  Arm.  2,  257. 

ABSCHWEMMEN,  lavare,  abluere,  wegschwemmen:  den  staub 
von  der  diele,  den  koth  von  der  strasze  abschwemmen;  ein 
platzregen  habe  die  meist  abhängige  strasze,  wenigstens  zum 
theil  abgeschwemmt.  Göthe  28,  147 ;  der  ström  schwemmt 
erde  von  dem  ufer  ab ;  die  pferde  abschwemmen,  in  die 
schwemme  reiten;  holz  abschwemmen,  abflöszen. 

ABSCHWENDEN,  delere,  verwüsten,  ausrotten,  den  wald 
abschwenden,  abbrennen,  ahd.  den  walt  suendan  (Graff  6, 
880);  den  acker  abschwenden,  das  gras  darauf  verbrennen. 

•  ABSCHWENKEN,  vibrare,  abschwingen,  das  tuch  von  der 
fahnc  abschwenken,   s.  schwenken. 

ABSCHWIMMEN,  natare,  wegschwimmen:  er  ist  weit  von 
dem  land  abgeschwommen;  der  kahn  schwimmt  ab  vom  ufer. 
nnl.  afzwemmen. 

ABSCHWINDEN,  evanescere,  dahin  schwinden,  abzehren: 

von  der  pcin,  die  ich  empfunden, 

ist  mein  antlltz  nbgescliwunden.    Opitz  3,153; 

die  glicder  werden  welk, 

das  flüiscli  ist  nbgescliwunden.    Fleming  113; 

er  schwindet  immer  mehr  ab. 

ABSCHWINGEN,  vibrare,  im  schwung  ablösen:  den  manlel 


fl3 


ABSCHWIRREN —ABSEHEN 


ABSEHEN— ABSEIGERN 


114 


von  der  Schulter  abschwingen;  den  staub  vom  tuche  und 
das  tuch  abschwingen ;  die  frucht  von  den  bäumen  abschwin- 
gen. Tabersaem.  kräulerb.  131";  nüsse  abschwingen;  dasz  er 
im  das  haupt  auf  die  schultern  abschwang.  Aimon  21.  den 
flachs  abschwingen,    sich  vom  pferde  abschwingen. 

ABSCHWIRKE.N,  tinniendo  avolare,  schwirrend  hinfahren: 
der  pfeil  schwiiTl  ab  durch  die  luft;  der  käfer  ist  abge- 
schwint.    vgl.  absurren. 

ABSCHWITZEN,  corium  sale  depilare,  bei  den  gerbem: 
das  leder,  die  feile  abschwitzen,  die  haare  davon  mit  salz 
abbeizen,  abgeschwitztes  leder.  das  wort  lehrt,  dass  es,  we- 
nigstens ursprünglich,  bei  hilze  und  wärme  geschah,  richtiger 
schiene  abschweiszen.  dann  abschwitzen,  durch  schwitzen 
abbüszen,  seine  sQnde  im  fegfeuer  abschwitzen,  sich  ab- 
schwitzen, anstrengen,  seinen  schweisz  daran  setzen. 

ABSCIf^VÖIlE^".  abjurare,  ejurare,  mit  dat.  der  person, 
acc.  der  sache.  Gott,  dem  teufel  abschwüren;  dem  teufel 
ein  bein  abschwören ;  Gürg  schwur  darauf  des  henkers  grosz- 
mutter  ein  bein  ab.  Simplic.  2,  254;  wollt  ihr  dem  kaiser 
abschwören?  Schiller  370;  verworfsn,  ausgestoszen  steh  ich 
hier,  und  schwöre  dir  ab,  ich  bin  dein  söhn    nicht.    Klinger 

1,  24;  seinen  glauben,  einen  irrthum  abschwören;  den  bettel 
abschwören.    Lessisc  1,  400 ; 

wer  nicht  das  creuz  abschwert, 
der  werde  von  der  glut  io  leinh  und  staub  verkehrt. 
A.  Grtpbius  1, 111 ; 

und  dagegen  die  urfehde  abschwören  werdet,  welche  euch 
hiermit  vorgelesen  werden  soll.  Göthe  8,  121.  42,  155.  394. 
da  den  eid  abschwören  bedeutet  ihn  vollständig  leisten,  able- 
gen, so  erscheint  der  ausdruck  die  urfehde  abschwören  itrei- 
deutig  und  kann  entweder  meinen  der  fehde  entsagen  oder  den 
urfehdeeid  ablegen,    s.  urfehde. 

ABSCHWÖRUXG,  f.  ejuratio :  die  abschwömng  eines  eigen- 
händig ausgestellten  wechseis.   Rabener  2,  121. 

ÄBSCHWUNG,  m.  vibratio,  das  abschwingen,  in  schnellem 
abschwung. 

ABSEELEN,  exanimare,  entseelen.  fast  nur  im  pari,  abge- 
seelt  üblich: 

küch  und  keller  sind  die  gräber,  drein  man  tief  hat  eing-ehölei 
groszer  herreo  volle  beute),  die  daselbst  sind  ab?eseelet. 
LoGAü  3,  10,  45;  - 

die  feinde  seh  ich  stellen 

auf  allen  seilen  auf, 

wie  sie  nur  mögen  fällen 

mein  abgeseelte  seel.    Fle>ixg19. 

ABSEGELN,  vela  solvere,  zu  schiffe  abfahren:  das  boot  ist 
heute  abgesegelt,  figürlich  sterben:  der  wird  bald  absegeln. 
ABSEHBAR,  was  abzusehn,  zu  übersehn  ist: 

hochthürmende,  nicht  absehbare  königsstädte. 
Klopst.  Mess.  4,  2S2. 

ABSEHEN,  nnl,  afzien,  gleichsam  sehen  ab,  von,  mit  den 
äugen  {des  sehenden),  ersehen,  visu  contingere,  oculis  metiri, 
sielen;  doch  begegnet  kein  ahd.  sehan  aba  ougom,  noch  mhd. 
sehen  abe  ougcn,  und  selbst  Luther  scheint  kein  solches  ab- 
sehen zu  gewähren,  später  wird  es  häufig  ßr  zielen,  ermes- 
sen, einsehn,  ,verstehn : 

der  ober  pawr  nam  eben  war 
und  saclis  zuuor  mit  llcisz  ab  gar, 
das  er  die  stein  mit  masz  abliesz. 

Tewcrdank  69,  50 ; 

das  ibne  {den  doppelhaken)  ein  mann  tragen  und  von  einer 
wehr  zur  andern  bringen,  auch  unter  einem  schuszloch  oder 
auf  einem  bock  allem  abschen  und  schicszcn  mag.  Fronsp. 
kriegsb.  l,  72*;  wann  der  platz  also  künstlich  und  eigentlich 
geometrischer  weise  abgesehen    und    gemessen    worden,    das. 

2,  24';  Maximilian  war  so  groszmülig  und  beherzigt,  das  er 
in  wör  und  waffen  niemand  wiche,  die  Ordnung  machet,  das 
geschütz  selb  personlich  absähe  (richtete,  damit  zielte).  Frank 
chron.  215*  und  ößer ;  wohin  die  wacht  zu  führen,  wird  zu- 
vor vom  feldmarschall  abgesehen  (ermessen)  und  auserkoren. 
Kirchhof  mil.  disc.  142; 

Ha  seht  mein  elend  ab.  trh  weit  und  solle  schreiben, 
doch  hatt  ich  gleicbwol  nicht  was  dinl  und  Teder  ist. 
FLiai.-<c  113; 

soviel  beschreiten,  als  der  hirt  absieht.  Herder  13,  129,  vgl. 
rechtsalt.  s.  74 ;  was  nur  dein  ange  absehen  kann,  bist  du  ein- 
geschlossen. Schiller  122;  oft  sieht  man  gar  nicht  ab,  wo- 
hin  das   wasser  seinen  ahlauf  nehmen  will.    Götue  27,  177; 


ich  behalte  in  unserm  ganzen  hause  keinen  platz  als  den  an 
meinem  schreibpulte,  und  noch  seh  ich  nicht  ab,  wo  man 
künftig  eine  wiege  hinsetzen  will.  19,  145;  ein  durchdringen- 
der, seinen  vortheil  schnell  absehender  verstand.  Kllnger  U, 
173;  diese  brauen  haben  mich  zu  grund  zu  richten  gar  zu 
sehr  es  abgesehen.  Platen  157.  mil  diesem  absehn  verbin- 
det sidi  ein  wohin  oder  die  praep.  auf:  wohin  alle  diese 
vergleichungen  abgesehen  waren.  Wieland  2,  294;  es  wird 
gelesen  und  Cosmo  erstaunt  nicht  wenig,  als  er  hört  wohin 
es  damit  abgesehn  gewesen.  Lessixg  7,  297 ;  auf  die  armen 
Schiffer  haben  sie  es  immer  am  meisten  abgesehn.  Tieck 
ges.  nov.  9,  100;  ganz  wie  es  heiszt  auf  einen  zielen,  das 
geschütz  auf  einen  lichten.  Steht  aber  ein  persönlicher  da- 
tiv  dabei,  so  möchte  man  das  ab  lieber  auf  die  äugen  des 
gesehenen  als  des  sehenden,  die  sich  doch  dabei  austauschen, 
bezichen:  es  thut  ihm  doch  wol,  ich  sehs  ihm  an  den  äugen 
ab,  wenn  er  mirs  gleich  sonst  nicht  will  merken  lassen. 
Göthe  7,  129 ;  als  wenn  er  mich  lieb  hätte,  als  wenn  er  mir 
alles  an  den  äugen  absehn  wollte.  11,  95;  der  Faust  scheint 
mir  tückischer  gemüthsart,  ich  sah  es  ihm  gestern  abend  ab. 
Klinger  3,  6S;  wie  er  auf  deinen  blick  lauscht  und  das  ver- 
langen deiner  seele  schnell  absieht,  bis  auf  kleinigkeiten  es 
errdth.  Klingers  th.  3,  1S3.  die  hinzugetretene  praep.  an,  ich 
sehe  es  an  deinen  äugen  ab,  beweist  freilich,  dasz  man  ein 
ursprüngliches:  ich  sehe  es  ab  deinen  äugen  längst  nicht 
mehr  fühlte.  Ganz  andern  sinn  empfängt  absehen  als  gegen- 
satz  von  ansehen,  und  bedeutet  den  blick,  das  äuge  von  etwas 
abwenden :  lasz  uns  von  dieser  sache  absehen ;  wenn  ich 
auch  davon  absehe;  davon  abgesehn,  ohne  rücksieht  darauf 

ABSEHEN,  n.  scopus,  propositum,  das  augenmerk,  die  rieh- 
tung  der  äugen,  die  absieht,  mit  oß  folgendem  auf  oder  dahin : 

der  redlich  fortzugehen 

auf  seines  herren  pfad, 

hat  sunslen  kein  absehen 

dan  nur  auf  seine  gnad.    Weckherl.  285; 
die  fürsten  musten  allesampt 
ihr  absehn  haben  auf  sein  ampt.    Opitz  199; 
dein  absehn  must  du  wol  verhelen.    GCntber  312; 
und  konnien  doch  sein  absehn  nicht 
aus  so  viel  wundem  lesen.    GiJxther  28; 

du  kennest  ungerühmt  das  absehn  meiner  Jugend. 

HoFFMA."<.>swALDAir  heldenbr.  75; 

bald  aus  andacbt,  bald  aus  andern  absehen,  pers.  baumg.  3, 2 ; 
viel  milbuhler,  die  ein  gleiches  absehen  haben,  das.  3,  8; 
vielleicht  hat  er  auch  gleich  anfangs  sein  absehen  auf  die 
vortheile  gehabt.  M.\scou  2,  30 ;  ich  habe  mit  Schreibung  die- 
ses buchs  mein  absehen  dahin  gehabt.  Olearics  rorr.  zur 
pers.  reise;  selbige  (körner)  zu  vervielfältigen  unser  haupt- 
sächliches absehen  war.  Felsenb.  1,  172;  der  schlaue  fuchs 
merkte  mein  absehen  wol.  das.  2,  419;  es  ist  mir  lieb,  dasz 
sie  so  ein  ehrliches  absehen  auf  meine  tochter  haben.  Gel- 
LERT  3, 151 ;  auf  einige  besondere  vortheile  für  sich  konnte  er 
dabei  kein  absehen  haben.   Wieland  3,  21; 

so  jnu^,  doch  so  erfahren,  dasz  sie  mit  absehn  weinet, 
so  listig,  dasz  sie  züchtig  scheinet.    Wer.nikk  s.  21 ; 

wie  beweisest  du  mir  auch  nur  von  diesen  stücken,  dasr 
die  frcimäurer  wirklich  ihr  absehen  darauf  haben?  Les- 
siNc  10,  277;  halte  man  auf  den  Untergang  dieses  mannes 
ein  vorzügliches  absehen  gerichtet.  Schiller  1062;  worauf 
kann  so  ein  windfusz  wol  sein  absehen  richten?  Schiller 
ISl;  mit  hülfe  einer  aus  einer  einfachen  glasscheibe  beste- 
henden und  mit  einem  beweglichen,  rohrartigen  absehen  ver- 
bundenen Camera  clara;  ein  mit  einem  unverrückbaren  ab- 
sehen besetztes  zeichenbret.  d'.\lton  bei  Göthe  50,  105.  107. 
tn  den  letzten  stellen  ist  die  bedeulung  ganz  sinnlich  die  eines 
Visiers  oder  diopters;  für  das  abstracte  abschen  wird  heute 
lieber  absieht  oder  ziel  gesetzt. 

ABSEHLICH,  visu  assequendus:  in  langen,  nicht  absehli- 
chen  gangen.  Klopst.  Mess.  16,  122  (ed.  1769.  unabsehlichen); 
in  irgend  einem  absehlicfaen  künftigen  zeitpuncte  deines  da- 
seins.    Kant  4,  245. 

ABSEIDE,  f  sericum  vilius,  sdde,  die  der  haspeler  vom 
seidenbälqlein,  wenn  er  nach  reinen  fdden  sucht,  abziehL 

ABSEIFEN,  sapone  abluere,  mil  seife  abspülen :  thOren  und 
bänkc  abseifen,  bei  der  Seidenbereitung,  die  rohe  seide  ab- 
seifen, die  seife,  mit  welcher  sie  abgekocht  nir,   abspülen. 

ABSEIGERN,  igne  argentum  separare  a  cupro,  in  der  schmelz- 
hütle,  tilber  Vitm  kupfer  scheiden,  abflicszen,  abtropfen  lassen 

8 


115 


ABSEIGERN— ABSEIN 


AßSEIT  — ABSERFELN 


116 


ABSEIGERN,  ad  perpendiculum  meliri,  den  Schacht  mit  dem 
seiger  oder  scnkblei  messen.    Herttwig  362*. 

ABSEIHEN,  colare,  durch  seihen  absondern,  das  wasser 
von  der  grütze,  von  den  crbsen  abseihen,  dan7i  die  grütze, 
erbsen  abseihen,  die  milch,  den  wein,  das  wasser  abseihen, 
durchseihen,  reinigen,  das  pari,  heule  abgeseiht,  noch  hei 
Taiiernaemont.  kräulerb.  1362  die  starke  form:  trinic  die  ab- 
gesiegene  brühe,  wo  nicht  die  abgeflossene,  s.  absig. 

ABSEIN,  abesse,  tolli,  dclcri,  abrogari,  sublaium  esse,  ahd.  aba 
wesan  (Graff  1,  4S3.  lOGO),  mhd.  abe  sin,  abc  wesen,  7i>i/.  afzijn 
und  afwezen,  doch  auch  nhd.  wird  die  partikel  noch  los  ge- 
ßhlt,  gebunden  nur  in  abwesend  und  dem  substantivisch  auf- 
gefaszlen  absein  und  abwesen.  wo  ist  das  sicgcl  des  briefs? 
das  Siegel  ist  ab,  ich  sehe  dasz  es  ab  ist,  es  sollte  nicht  ab 
sein ;  der  nagel  ist  noch  nicht  ganz  vom  finger  ab,  ich  zweifle 
dasz  er  ab  sei ;  man  hat  gerissen,  genommen,  geschnitten 
hinzu  zu  denken,  die  spule  ist  ab  (gelaufen),  ich  will  eine 
andere  holen.  In  alten  Urkunden  oß  die  formet:  krieg,  feind- 
schaft  sollen  ab,  todt  und  nichtig  sein;  aller  hader  und 
streit  zwischen  uns  ist  nun  ab  und  soll  ab  sein,  d.  h.  ab- 
gethan,  zu  ende,  oß  bei  Luther  :  die  verheiszung  ist  abe. 
Rom.  4,  14 ;  die  teglichen  messen  sollen  ab  sein  aller  dinge, 
denn  es  am  wort  und  nicht  an  den  messen  ligt.  Luther 
2,  258';  die  sollen  todt  und  ab  sein.  3,  106';  die  artikel 
sollen  von  stund  an  tod  und  ab  sein.  3,  113 ;  und  die  weil 
sein  (des  gesclzes)  treiben  und  foddern  ab  ist,  so  ist  auch 
alle  sein  macht,  recht  und  Ursache  ab.  3,  179 ;  aber  das  ist 
nu  alles  ab  und  mit  ihm  gestorben.  3,  452';  und  soll  alles 
schlecht  und  ab  sein,  vergessen  und  ausgetilget.  4,  539*; 
denn  es  soll  nicht  heimlieh  noch  in  einem  winkcl  geschehen, 
das  hie  einer  und  dort  einer  auferstehe,  sondern  ein  öf- 
fentlich wesen  sein  für  aller  weit,  da  beide  tod,  sünd  und 
alle  Unglück  ab  sein  wird.  6,  235';  sie  wollen  schlecht,  ich 
solle  gar  darnider  ligen  und  rein  abe  mit  mir  sein,  das 
nichts  stehen  bleibe.  5,  57';  nu  aber  musz  solchs  alles  abe 
sein  mit  disem  leben.  6,  255';  denn  weil  das  geistlich  regi- 
ment  des  worts  und  glaubens  aufliören  soll,  so  musz  auch 
des  kaisers  und  meisters  Hansens  mit  dem  schwert  abe  sein. 
6,  236';  feilet  nicht  auf  die  guter,  wenn  sie  da  sind,  feilet 
auch  nicht  abe,  wenn  sie  abe  sind.  1,  482";  das  man  je 
nicht  viel  bettelklöster  bauen  lasse,  hilf  gott,  ir  ist  schon 
viel  zu  viel,  ja  wolt  gott  sie  weren  alle  abe.  1,  302* ;  es 
musz  und  soll  abe  sein.  2,  100' ;  darumb  ist  bilderei  und 
sabbat  frei,  ledig  und  abe.  3,  43;  die  gesetze  sind  tod  und 
abe.  3,  167 ;  das  sechste  stück  von  den  messen  soll  auch  ab 
sein,  briefe  2,  620.  Noch  bei  Claudius  8,  111:  die  flüchtige 
natur  und  empfmdlichkeit  ist  abe.  Steht  ein  gen.  dabei,  so 
entspringt  die  bedeutung  des  frei  und  entbunden  seins :  des 
teufeis  wären  vil  gern  ab.  Agricola  spr.  52";  dasz  ich  des 
laufens  und  der  schweren  händel  ein  weil  ab  sei.  Frey 
garteng.  87;  wolten  sie  des  weibs  ab  sein.  Kirchhof  wend- 
unm.  179';  diesen  gen.  kann  aber  auch  die  praep.  von  er- 
setzen: (der)  soll  von  dem  zoll  und  wegsteur  ab  sein.  Frank 
wellb.  36' ;  von  aller  betrübnis  und  angst  des  gewissens  und 
herzens  ab  seind.  das.  14'.  Seltner  erscheint  die  Vorstellung 
der  abwesenheit  und  fast  nur  schlesische  dichter  gebrauchen 
absein  für  das  heutige  abwesend  sein : 

seid  tausendmal  gegrüszet, 

ob  ihr  gleich  absein  müszet.  Fleming  77; 

dasz   ich   eine   Zeitlang   von   ihr  absein  muste.   pers.  rosenth. 
5,  8 ;  der  jetzigen  spräche  bedeutet  er  ist  ab  nicht  abest,  son- 
dern abjectus,  rcmotus  est.    die  Vorstellung  des  nnl.  niet  afzijn, 
nicht  unterlassen,  ohne  beigesetzten  gen.  ist  uns  fremd. 
ABSEIN,  n.  absentia,  abwesenheit,  nnl.  afwezen : 

wer  den,  der  ihn  liebt, 
Jn  seinem  absein  läszt  bei  ihm  vergessen  werden.    Opitz; 

ach  mein  herr  siehe  zu, 
dasz  mir  dein  absein  nicht  die  lialbvcrzehrle  seele 

•  .  .  bis  auf  das  sterben  quäle.    Fleming  30; 
so  ist  es  billich  auch,  dasz  freunde  vor  sich  sichn, 
zumal  wenn  absein  sie  nicht  liiszt  zusammen  gehn.    54; 
ein  lebensvoller  geisi.  sein  absein  ist  der  tod.    34; 
gemütc,  das  ich  durch  mein  absein  quäle.    44'; 
«Ich  zeit  meines  abseins  selbst  kein  leid  zufügen.  Fc/«ent.  1,104! 
mit  recht,  sagt  ihre  naclibarinn, 
liegt  dessen  obsein  dir  im  sinn.    Haoedorn  2,  88; 
gib  acht,  der  bicdermann  bat  nur  m<Nn  haus 
m  meinem  absein  nicht  bftreien  wollen. 

Lrssing  2,  213. 


ABSEIT,  seorsum,  procul,  statt  des  üblichen  abseits  und 
beiseite: 

stinkend  kees  und  warheit 

liegt  hei  liöfen  abseit.    LocAu  3,  1,  11. 

ABSEITE,  f.  gewölbter  nebenraum  in  der  kirche,  mlat.  ab- 
sida,  gr.  axpis,  äyt's,  mhd.  absitc,  später  auch  auf  weltliche 
nebcngebäude  angewandt,  weil  man  aus  dem  wort  fälschlich  die 
Vorstellung  des  zur  seitc  stehenden  leitete  und  abseile  betonte. 
die  absite  sunnenhalb  an  der  kilclien.  iveisth.  1,  821 ;  du  wirst 
in  die  hell  absteigen,  in  die  abseilen  der  lachen,  in  den  räum 
der  sümpfe.  Reiszner  Jerus.  2,  160'. 

ABSEITEN,  de  lalere,  von  seilen,  wegen,  mit  folgendem 
gen.,  im  kanzleistil:  abseilen  meiner,  von  meiner  seile,  mei- 
nerseits, iinl.  van  zijde. 

ABSEITIG,  adj.  icnd  adv.  abgelegen,  remotus.  ein  absei- 
tiger ort;    ich   wohn    allhier  vom  dorf  abseitig.    Tikck  2,  329. 

ABSEITIGEN,  removere,  abseits,  beiseile  kehren,  sich  ab- 
seiligen, sich  entfernen:  dasz  sie  sich  alle  Sonnabend  absei- 
tiget,  und  du  an  solchem  tage  gar  nicht  einmal  nach  ihr 
fragen  darfst.     Tieck  13,-114. 

ABSEITS,  seorsum,  auf  der  seile,  abwärts:  es  war  kaum 
eine  viertelmeile  abseits  der  heerstrasze,  wo  die  that  gesche- 
hen war.    Schiller  709; 


aber  abseits  wer  isls? 

ins  gobüsch  verliert  sich  sein  pfad. 

rinnt  ein  nebenbach 

abseits  von  dir.    2,  73; 


GöTBK  2,  65; 


ich  gieng  etwas  abseits,  machte  meinen  entwurf.     24,  274 

ABSEITVVÄRTS,  verstärktes  abseits :  lief  abscitwärts  und 
allein.  Schiller  119 ;  *es  donnerte  abseitwärts.  Göthe  16,  36. 
vgl.  seitwärts. 

ABSENDEN,  demittere,  entsenden,  abschicken:  den  boten, 
brief  von  hause  absenden;  er  sandte  wöchentlich  zwei  kisten 
ab  ;  ich  bin  hierher  abgesandt  worden. 

ABSENDER,  m.  der  absendet. 

ABSENDERIN,  /".  die  absenderin  des  briefs. 

ABSENDUNG,  f  die  absendung  eines  solchen  manncs  er- 
regte das  gröszte  aufsehen. 

ABSENGEN,  igne  admolo  adurere:  dem  vogel  die  federn, 
dem  pferde  die  mahne  absengen;  ich  habe  mir  mit  dem  zu 
nahe  gebrachten  licht  die  haare  abgesengt,  eine  gans,  ein 
huhn,  ein  schwein  nach  dem  schlachten  absengen,  nach  dem 
rupfen  oder  brühen  ihnen  die  stehn  gebliebenen  federn  oder 
haare  ablösen,  was  in  einigen  gegcnden  auch  flämen  heiszt. 

ABSENKEN,  deflectere,  hinab,  abwärts  neigen:  das  baupt 
absenken, 

jener,  das  haupt  absenkend,  umlockerte  emsig  den  sprösziing. 
Voss  Od.  24,  242; 

ein  holdes  mägdlein,  mit  abgesenktem  haupt  und  aug.  Göthe 
13,  130; 

aber  nachdem  nun  jenes  gescblecht  absenkte  das  Schicksal. 
Voss  Hes.  Iiatisl.  121 ; 
dann  mit  getön  absenken  den  llug,  dasz  weit  das  gelild  hallt. 
Voss  //.  2,  463. 

im  bergbau,  gleichviel  mit  abteufen,  in  die  tiefe  hinab  arbet' 
ten:  den  Schacht  absenken,  den  tagesschacht,  das  lußloch  auf 
den  Stollen  absenken,  im  gartenbau,  bäume,  weinstöcke, 
pflanzen  absenken,  mit  dem  zweig,  woran  sich  eine  knospe  be- 
findet, niederbeugen  und  mit  erde  bedecken,  dasz  die  wurzeln 
des  auges  sich  entwickeln  und  anwachsen  können;  einfache 
und  abgesenkte  nelken.  Gellert  3,  545 ;  abgesenkte  rosen. 
sich  absenken,  hinab  neigen: 

an  der  fluh, 
die  sich  gähstotzig  absenkt  in  die  tiefe. 
Schiller  540. 

ABSENKER,  m.  surculus  in  terram  defixus,  das  abgesenkte 
reis,  die  abgesenkte  blume,  der  ableger:  während  sie  absen- 
ker  von  ihren  licblingsnelken  machte.     Bettine  tageb.  70. 

ABSERBEN,  tabescere,  ahd.  serewen  (Graff  6,  280),  ab-> 
särbcn  elanguere.  Fries;  wirt  müchlig  gepriesen  in  den  ah- 
serbendcn  (krankheiten)  und  brestcn  der  Jungen.  Forer  fischb. 
US' ;  dieser  ist  gut  den  abscrbeuden  m.ngern  Icuten.  das. 
128';  graf  Bernhard  und  Heinrich  kamend  bis  gen  Jerusalem, 
doch  also  abgesärbet,  dasz  sie  alda  beide  sturbend.  Tschudi 
1,  45;  vgl.  Serben  und  soeben  Schmkller  3,  281.  Tobler  13* 
führt  abserblig  auszehrend  und  abserblcta  auszehrung  an. 

ABSERFKLN,  podes  Irahere,  mit  den  schuhen  am  boden  ab- 
ttreifen,  abschleifen,  vgl.  serfein  Scumeller  3,282  und  abschlerfeu. 


•'^ 


117 


ABSETZBAR — ABSETZEN 


ABSETZEN— ABSICHT 


118 


ABSETZBAR,  mlat.  amoTibilis,  franz.  amovible. 

ABSETZE.\,  deponere,  golh.  afsatjan,  nnl.  afzetten,  weg- 
setzen, abthun:  die  multer  setzt  das  kind  ab  ton  der  brüst, 
ton  dem  arm;  das  pferd  bat  seinen  reiter  (com  sattel)  abge- 
setzt; das  glas  absetzen  vom  munde,  absetzen  im  trinken; 
die  mutze,  den  hut  vom  köpf  absetzen ;  das  gewehr  von  der 
schuller  oder  von  der  uanye  absetzen ;  ich  setze  die  feder  ab 
(vom  papier);  den  stuhl  vom  tisch,  den  tisch  von  der  wand, 
den  kessel  vom  feuer,  den  eimer  vom  brunnen,  die  last  vom 
vagen,  den  blumentopf  ton»  fensler  absetzen;  den  richter 
vom  stuhl,  den  künig  vom  thron  absetzen  und  nun  ßgürlich 
absetzen,  entfernen,  amovere,  removere,  von  amt,  dienst,  stelle 
entsetzen,  stärkere  ausdrücke  als  entlassen,  abdanken,  und  auf 
ein  vergehen  sich  gründend:  priesler  auf  pfarren  auf  und  ab- 
setzen, reichsabsch.  v.  1530.  §.  35;  den  hirten,  Schulmeister 
absetzen  und  selbst  auf  sachen  bezüglich,  ein  wort,  eine  re- 
densart  absetzen,  verabschieden,  auszer  gebrauch  kommen  las- 
sen: was  brauchen  sie  für  alte,  abgesetzte  Wörter?  Lessixg 
2,  400,  wenn  man  nicht  verslehn  will  abgelegte,  ohne  die  Vor- 
stellung des  entlassens  aus  dem  dienst,  so  steht  absetzen 
häufig  dem  ansetzen,  aufsetzen  entgegen:  dasz  sein  vater  ihn 
längst  vor  verloren  gehalten  und  seine  hofnung  von  ihm  ab- 
gesetzt. Weise  erzn.  354.  absetzen,  im  gericht,  eine  gemachte 
behauptung  entkräften,  gegenbeweis  führen :  mag  der  das  ab- 
setzen mit  zwei  mutermagen  und  einem  vatermagen.  weisth. 
1,  87.  Wundärzte  setzen  ein  glied  ab,  die  brüst  ab,  ampu- 
tieren; den  köpf  absetzen  heistt  beim  nachrichter  ihn  ab- 
hauen, im  bergbau,  ein  stück  vom  gestein,  von  der  stufe  ab- 
setzen, abschlagen,  die  speisen  absetzen,  ehe  sie  zur  lafel 
kommen,  auf  einen  nebentisch,  der  flusz  setzt  am  ufer  mu- 
schcln  ab ;  du  setzest  {sonderst)  viel  galle  (von  der  leber)  ab ; 
die  milch  setzt  mölke  ab,  der  ofen  wärme,  der  kaufmann 
setzt  seine  waaren  ab,  d.  h.  von  der  bank,  vom  laden,  indem 
er  sie  verkauft,  welches  absetzen  dann  ganz  abstraet  ausdrückt 
verkaufen,  los  werden,  und  hieran  grenzt  die  bedeutung  des 
verbrauchens,  verschwendens: 

von  seinem  gelde 
war  läo^t  das  driubeil  abgesetzt.    IIagedorx  2,  146. 

die  zeile  absetzen  heiszt  sie  von  der  voraus  gehenden  trennen, 
im  gedieht  die  verse  absetzen,  sie  der  einförmigen  prosa  ent- 
hoben wechselnd  folgen  lassen.  Wo  nun  überhaupt  solche  re- 
densarten  geläufig  werden,  kann  der  abhängige  casus  weg  blei- 
ben und  absetzen  drückt  schon  ßr  sich  aus  das  kind  oder 
thier  von  der  brüst  entwöhnen,  den  beamten  vom  platz  entfer- 
nen, waaren  verkaufen. 

Beachtungswerth  ist  das  unpersönliche ,  den  acc.  jederzeit 
ausdrückende,  aber  das  von  wo  errathen  lassende  es  setzt  ab. 
woßr  allmälich  auch  blosz  gesagt  wurde  es  setzt :  es  wird 
schlage  absetzen  (von  den  fausten,  bänden);  das  setzt  thrünen 
ab  (rort  den  äugen) :  pestilenz,  wenn  euer  gnaden  ein  pfar- 
rer  wäre  und  auf  der  kanzel  so  predigte,  das  setzte  zühren 
ab.  WiELA?(D  11,241;  bei  dir  wirds  ein  schön  geheul  absetzen 
(aus  der  kehle),  ist  mir  bang  auf  die  ersten  acht  tage.  Fb. 
MCller  3,41;  es  setzt  wunderliche  reden  ab  (aus  dem  munde 
der  leute),  dasz  er  so  schnell  abreiste,  je  abstraeter  die  re- 
densart  gerdth,  desto  schwerer,  unsicherer  bleibt  die  ellipse: 
CS  wird  einen  gewaltigen  lärm,  viel  zank  absetzen,  viele  um- 
stände, bücklinge ;  demungeachtet  setzte  es  einen  groszcn 
streit  ab.  Wieland  3,  261 ;  ich  war  im  begrif  es  ihnen  vorzu- 
tragen, aber  es  wird  Schwierigkeiten  absetzen.  Wielard  19, 
300.  heinahe  immer  scheint  der  acc.  eine  traurige,  unange- 
nehme Vorstellung  zu  enthalten,  doch  Idszl  sich  sagen :  es  wird 
einen  mächtigen  jubel  absetzen. 

Im  sinn  des  heute  üblicheren  versetzen  drückte  sodann  auch 
absetzen  die  abstechende,  hervortretende  Verbindung  zweier  ge- 
genstände aus,  so  dasz  der  absetzende  dabei  die  nebensache 
bildet:  die  färben  absetzen,  dunkle  färben  neben  den  lichten 
auftragen;  einen  (blauen,  grünen)  kästen  gelb  absetzen,  mit 
gelber  leiste  versehn,  die  leiste  gelb  anstreichen,  nnl.  de  vak- 
ken  ener  kamer  groen  afzetten;  den  braten  mit  rahm,  die 
pflaumen  mit  honig  absetzen,  wol  auch  die  suppe  mit  eiern 
(vgl.  abmachen);  ein  immer  währendes  gastmal  mit  musik, 
tanzen  nnd  spielen  abgesetzt  (gleichsam  geschmückt,  ausge- 
stattet). WiELAüD  13,  25 ;  männliche  stimmen  waren  mit  sanf- 
ten weiblichen  nach  verschiedenen  graden  abgesetzt  (abge- 
ttuß).  $4,  125;  gcbüsche  mit  hohen  nrpressen  und  sclbstge- 
wachsnen  lauben  abgesetzt  (unterbrochen).  2,  47  ;  schlängelnde 
gänge  zwischen  hecken  von  myrten,  hier  und  da  von  schlan- 


ken päppeln  und  weinbekrünzten  olmen  unterbrochen,  und 
mit  blühenden  lauben  und  moosbänken  zum  ausruhen  abge- 
setzt. 3,  367;  so  wenig  eine  landschaft  ohne  manigfaltigkeit 
das  äuge  vergnüget,  wenn  das  schöne  nicht  hier  gegen  einen 
unfruchtbaren  hügel,  dort  tegen  ein  sandfeld,  dort  wiederum 
gegen  wilde  dornstauden  abgesetzet  ist.  Dlsch;  was  wir  an 
andern  am  meisten  bewundern,  Schönheit  und  reiz,  sind  in 
ihr  nur  die  schatten,  ein  gröszeres  licht  abzusetzen.  Lessisg  ; 
ein  starker  duft,  der  sich  über  alles  gleichförmig  verbreitete, 
mit  so  merklicher  Wirkung,  dasz  die  gegenstände  auch  nur 
einige  schritte  hintereinander  entfernt,  sich  entschiedener  hell- 
blau von  einander  absetzten.    Göthe  28, 108.  vgl.  engl,  set  oflf. 

Vollständig,  fertig  setzen :  die  handschrift  ist  abgesetzt,  das 
blatt  noch  nicht  ganz  abgesetzt. 

Endlich  intransitiv  mit  der  bedeutung  des  ablassens,  ab- 
stechens,  abfallens,  verlassens.  im  bergwerk,  der  gang  setzt 
ab,  fällt  aus  seiner  stunde,  verliert  sich ;  das  gestein  setzt  ab. 
wird  britchig.  die  färbe  setzt  stark  im  achal  ab,  tritt  lebhaß 
hervor,  was  mit  jenem  transitiven  absetzen,  abstufen  sieh  be- 
rührt; dadurch  dasz  tag  und  nacht  so  entschieden  von  ein- 
ander absetzen.  Göthe  3S,  173;  die  vier  Schnecken  setzen  viel 
zu  stumpf  ab,  es  hätten  darauf  noch  vier  leichte  thurmspitzen 
gesollt.  26,  84;  auf  einem  plateau,  dessen  boden  gegen  den 
flusz  nicht  allmälich  abhängend  ist.  sondern  ungefähr  auf  hal- 
bem wege  sehr  bestimmt  und  scharf  über  dem  mittlem  Was- 
serstand des  flusses  absetzt.  44,  57 ; 

auf  dasz  er 
nicht  etwa  ohngefehr  und  wüst  wo  abesetzte 
von  augenom inner  art.  LoGiu  3,217; 

der,  so  viel  tausend  vor  beherscbt  durch  einig  winken, 
von  dem  setzt  alles  ab  noch  vor  dem  niedersinken. 
A.  Grtphiüs  1,  336; 
alles  was  ich  hoch  geschätzet 
hat  jetzt  von  mir  abgesetzet.    Gktphics; 

ich  nehme  es  fiir  die  eigentliche  Ursache  der  dinge,  heisze 
aber  hergcgen  alles  falsch,  was  von  dieser  etwas  weit  abtritt 
oder  absetzet.  Hoffmassswaldac  sterb.  Socr.  100;  solte  die, 
welche  vom  fürsten  so  herzinniglich  geliebt  worden,  von  ihm 
itzo  so  leichtsinnig  absetzen  ?  Lohe.xst.  Arm.  l,  324 ;  als  ob  er 
wieder  auf  der  deutschen  seile  hienge  und  von  den  Römern 
absetzen  wolle,  das.  2,  1096;  die  Longobarden  setzten  von 
ihm  ab  und  wchleten  den  herzog  von  Friaul  Rachis  zum 
könige.  M ascoc  2,  318 ;  die  sächsischen  magnaten  hielten  es 
eine  Zeitlang  mit  ihm,  doch  setzten  auch  verschiedene  auf 
Udonis  einrathen  von  ihm  ab.  Hau?!  3,  81 ;  dem  keiser  muste 
bedenklich  vorkommen,  dasz  seine  eigene  vettern  von  ihm  ab- 
setzten. Haux  3,  163;  als  endlich  auch  Innocenz,  der  alles 
für  Otto  gethan  hatte,  von  ihm  absetzte.  Möseb  3,  21.  da  aber 
das  praet.  mit  haben  gebildet  wird,  folgt,  dasz  bei  intransi- 
tivem sinn  kein  wahres  neutrum  vorliegt,  sondern  ein  ausge- 
lassener acc.  dem  acticum  intransitive  Wendung  gab,  man  er- 
gänze fusz  oder  band,  er  setzt  von  ihm  ab  bedeutete:  er  setzt 
seinen  fusz  von  ihm  ab,  fällt  von  ihm  ab,  terldsil  ihn.  ab- 
setzen ist  wie  setzen  wesentlich  transitiv. 

ABSETZKALB ,  n.  das  nicht  mehr  saugende  kalb. 

ABSETZLAMM,  n.  das  entwöhnte  lamm. 

ABSETZUNG,  f.  depositio,  die  absetzung  von  der  stelle, 
die  absetzung  des  viehes.  absetzung  der  sandschichten  (im 
meer),  des  Schlammes  [im  ström).  Kam  7,  238.  9,  9. 

ABSEL'FZE.N,  suspiriis  impetrare,  durch  seufzer  abnehmen: 
aber  lasz  sie  schreien,  sie  haben  noch  lang  zu  schreien,  ehe 
sie  das  henvider  schreien,  das  ihnen  der  Luther  mit  gottes 
gnaden  hat  abgeseufzt.  Lctuer  6, 307*.  sich  abseofzen,  seuf- 
zend abmatten. 

ABSICHELN,  falee  amputare,  mit  der  sichel  absehneiden. 
gras  absicheln ;  in  der  abgesichelten  ähre.    Göthe  17,  2-25. 

ABSICHT,  f.  intentio.  ein  erst  im  18  jh.  entsprungnes,  an 
die  stelle  des  früheren  absehen  getretenes  worf.  das  noch  bei 
Stieler  fehlt,  bei  Frisch  2,  256  kaum  vorbricht,  auch  nnl. 
mangelt:  zweck,  ziel,  torhaben,  worauf  man  es  absieht,  die 
natur  bringt  manche  übel  als  folgen  aus  den  allgemeinen  me- 
chanischen gesetzen  hervor,  ohne  dasz  die  göttliche  absieht 
eigentlich  darauf  gerichtet  gewesen.  Lesshc  5,  26;  mit  ab- 
sieht handeln  ist  das  was  den  menschen  über  geringere  ge- 
schöpfe  erhebt.  7,154;  ich  habe  meine  absieht  erreicht; 

nun  zerbrecht  mir  das  eebJude. 

seine  absieht  bau  erfuili.    Schiller  2,  167 ; 

unsre  speisen,  unsre  kleidung,  alles  was  zur  pflege  des  kör- 

8* 


119 


ABSICHT  —  ABSICHTSVOLL 


ABSICKERN  ~  ABSONDER 


120 


pcrs  gehört,  musz  die  absieht  haben  unsre  gesundheit  zu  er- 
halten, nicht  unsre. sinne  zu  reitzen.  Garves  matte  übers,  von 
Cic.  de  off.  1,  30 :  itaque  victus  cuitusque  corporis  ad  vale- 
tudinem  referantur  et  ad  vires,  non  ad  voluptatem.  absieht 
auf  etwas  haben,  es  zu  gewinnen  trachten,  darum  werben: 
dasz  ein  auswärtiges  handelshaus  auch  schon  auf  dieselben 
guter  absieht  hatte.  Güthe  20,  119;  demjenigen  gefällig  wer- 
den, auf  den  wir  absichten  haben.  Wieland  1,  144;  auf  ein 
mädehen  absichten  haben,  um  sie  werben,  freien :  sie  und  ihr 
onkel  glaubten  daher,  dasz  er  wirklich  absichten  habe.  Göthe 
15,  192.  ebenso :  sich  auf  eine  absichten  machen,  auf  das 
regiment  kan  hierunter  gar  keine  absieht  gemachet  werden. 
Bü.NAu  1,  rr;  ein  Schmeichler,  der  auf  absiebten  ausgeht  und 
ranke  schmiedet.  Kant  7,  416.  aus  absichten,  intente,  intento 
animo.  Lessing  6, 13 ;  aus  guter,  in  guter  absieht,  bono  animo  ; 
in  gewisser  absieht,  quodammodo.  Lessing  4, 106 ;  in  mehr  als 
einer  absieht.  Wiei-and  2,  203.  3,  67 ;  in  dieser  absieht.  Kant 
8,  91;  mein  Vaterland  ist  in  aller  absieht  kalt.  Bürger  141'. 
das  häufige  in  absieht,  intuitu,  respeclu  kann  sowol  mit  der 
fraep.  auf,  als  mit  dem  gen.  verbunden  werden:  in  absieht 
auf  beide  anmerkungen.  Lessing  7,  10 ;  weder  in  absieht  auf 
die  deulliebkeit,  noch  in  rücksicht  auf  den  affekt.  das.  7, 
38 ;  er  war  von  natur  in  absieht  auf  die  wollust  auszeror- 
dentlich  mäszig.  Klopst.  11,  219 ;  aber  es  ist  klar,  dasz  der 
prinz  nur  seine  spräche  in  absieht  auf  den  künig  verändert. 
Schiller  815 ;  in  absieht  auf  den  sehmerz  ist  es  also  erwie- 
sen, dasz  er  auf  den  tod  des  subjeets  abzielt,  das.  697;  es 
war  ihm  einiges  neu  in  absieht  auf  die  begebenheit.  Göthe 
22,  21;  da  bemerkt  er  denn  gar  bald  in  unserer  denkweise 
in  absieht  auf  die  göttlichen  dinge  etwas  schwankendes.  23, 
177;  die  medicinische  faeultät  glänzte  überhaupt  vor  den  übri- 
gen sowol  in  absieht  auf  die  berühmtheit  der  lehrer  als  die 
frequenz  der  lernenden.  25,  233 ;  welche  jener  (krönung)  vor 
der  gegenwärtigen  den  vorzug  gaben,  wenigstens  in  absieht 
auf  ein  gewisses  menschliches  interesse.  24,  307 ;  die  Symbo- 
lik eines  in  absieht  auf  kunst  völlig  kindischen  Zeitalters. 
32,  83 ;  soviel  von  dem  was  wir  zuerst  in  absieht  auf  natur 
mitzutheilen  hoffen  und  nun  das  nothwendigste  in  absieht  auf 
kunst.  38, 14.  Den  gen.  bezeugen  folgende  stellen :  wenn  ich 
jemals  eingesehn  habe,  wie  begrenzt  wir  auch  in  absieht  uns- 
rer  liebsten  Untersuchungen  sind.  Klopst.  U,  142 ;  welches  in 
absieht  der  Wirkung  allemal  eins  ist.  Wieland  2,  32;  jedes 
wort  desselben  verdienet  in  absieht  dessen,  was  ich  darüber 
zu  sagen  habe,  erwogen  zu  werden.  Lessing  8,  357 ;  nun 
feuerte  der  name  ihres  königs  und  die  gewisse  absieht  der 
beute  den  verfolgungseifer  der  papisten  an.  Schiller  1059 ; 
als  man  iimcn  in  absieht  der  gegenwärtigen  umstände  ihr  gut- 
achten  abforderte.  Schiller  1049 ;  wie  er  Ottilien  in  absieht 
eines  freieren  betragens  sehr  zu  ihrem  vortheil  verändert  finde, 
Göthe  17,  288 ;  obgleich  der  lieutenant  in  absieht  der  groben 
und  feinen  stimme  sehr  viel  gefhan  habe.  18,  26.  Einige  ver- 
icenden  absieht  auch  für  visier,  diopter,  was  sonst  absehen 
heiszl;  die  privative,  in  absehen  von  einer  sache  liegende  Vor- 
stellung kommt  dem  subsl.  absieht  nicht  zu. 

ABSICHTEN  für  absieben,    s.  sichten. 

ABSICHTLICH,  intentus  und  intente.  eine  absichtliche  hand- 
lung,  beleidigung,  er  hat  es  absichtlich  gesagt,  gethan.  leser, 
welche  absichtlich  lesen,  mit  klarem  bewustseih. 

ABSICHTLICHKEIT,  f  dieser  forst  zeigte  noch  die  absicbt- 
lichkeit  der  ersten  anläge,  indem  sämmtliche  bäume  reihen- 
weis gestellt  sich  überall  ins  gevierte  sehen  lieszen.  Göthe 
31,  226. 

ABSICHTLOS,  unbeabsichtigt,  imprudens:  dieses  absichtlose 
wort,   Göthe  15,  271.  48,  188; 

aber  sobald  einmal  ein  wandernder  mann  im  vorbeigehn 
absichilos  sie  {die  teespen)  erregt,  schnei!  lanTeres  rauies  zur 

abwelir 
fliegen  sie  alle  hervor.  Voss. 

sie  schweiften  absichtslos  in  der  Stadt  herum.  Klinger  5,  246. 

ABSICHTREICH,  sein  absichtreicher  witz  wird  nicht  so 
leicht  berückt.  Hagedorn  1,  42. 

ABSICHTSVOLL,  cogitalus : 

für  manchen  bald  mit  Ungeduld  durchharrten 
bald  absichtsroll  verlornen  tag.    Göthb  9, 125. 

ein  sieg,  den  ich  durch  einen  feinen,  absichtsvollen,  auf  men- 
8cbenkenntnis  gebaueten  plan  erwerbe.  Klincer  5,  156 ;  und 
absichtsvoll  im  gcspräch  ausweiclicn  der  Wahrheit.  Voss. 


ABSICKERN,  destillare,  tropfenweise  herabfallen:  in  man- 
chen höhlen  sickert  beständig  wasser  von  der  decke  ab.  vgl. 
sickern. 

ABSIEBEN,  cribrare,  was  absichten:  spreu  vom  getraide 
absieben,  getraide  absieben. 

ABSIECHEN,  languere:  ein  krankheit  einfallt,  die  langwiiig 
ist,  und  also  absieehet  bisz  zum  tod.  Paracelsos  1,1051;  er 
siechte  täglich  am  leibe  ab.    vgl.  absochen. 

ABSIEDEN,  decoquere:  milch,  eier,  fische,  hechte  absieden; 
seide,  ein  stück  zeuges  absieden. 

ABSIEGEN,  devincere,  den  sieg  davon  tragen:  so  mögen 
die  reuter  auf  den  hohen  bergen  und  engen  hölzern,  darzu 
auf  den  wassern  und  graben  den  fuszknechten  auch  nit  vil 
abgesigen.    Fronsp.  kriegsb.  2,  37' ; 

ich  bin  des  absigens  vergwist.    Avrer  24'. 

vgl.  obsiegen. 

ABSIG,  «1.  deßuvium,  abßusz,  auslauf:  wesserige  molken 
oder  absig  von  dem  new  ersehafnen  geblüet.  Thürneisser  von 
probierung  des  harnen,  bl.  33 ;  wann  das  milz  durch  ein  über- 
flüssige zufuhr  des  irdischen  absigs  von  dem  geblüet  übcr- 
fült  würde.  Thürneissers  inßuent.  wirk,  der  erdgewächse  bl.  119. 

ABSINGEN,    decantare,  ein  licd,  das  evangelium  absingen. 

ABSINKEN,  niedersinken,  hinsinken,  occidere: 

als  die  sonne  nunmehr  absank  und  das  dunkel  herauf  zog. 

Voss  II.  1,  475.  Od.  9,  558.  10,  185; 
dasz  sie  doch  bald  absänke.    Od.  13,  30; 
welche  die  sonn  absinkend  beleuchtete.    Voss  1,67; 

wie  ein  herbst  von  blättern  welken  und  absinken.  Herder  20, 
301;  man  hatte  beim  absinken  von  etwa  anderthalb  laehtern 
erst  eine  etwas  festere  lava  gefunden.  Göthe  51,147.  figürlich: 
laszt  absinken  euern  zorn.  fastn.  sp.  77,  31;  dasz  man  ent- 
weder durch  hartnäckigkeit  nicht  bei  ihm  anstosze  oder  auf 
knechtische  heuehelei  absinke.  Lohenst.  Arm.  2, 1117. 

ABSINN,  wi,  delirium,  Wahnsinn,  aus  dem  folgenden  adj.  zu 
schlieszen;  mhd.  gab  es  auch  ein  verbum  absinnen-  delirare. 
altd.  bl.  1,232. 

ABSINNIG,  delirus,  widersinnig,  sinnlos,  Ihöricht:  der  sich 
also  absinnig  oder  unwissend  erzeigt;  dasz  solches  fürgeben 
ganz  absiiyiig  ist.  Paracelsus  1,  486',  seil  dem  17  jh.  unge- 
bräuchlich, wie  auch  das  nnl.  afzinnig. 

ABSINNIGKEIT,  /".  Wahnsinn :  nimmet  den  schlaf  hin,  macht 
schwere  träum,  absinnigkeit.    Paracelsus  chir.  sehr.  372*. 

ABSITZEN ,  dcscendcre,  absteigen,  niedersteigen,  nnl.  afzit- 
ten.  von  dem  wagen  absitzen ;  von  dem  pferde  absitzen  (vgl. 
abstehen) :  die  reiter  sollen  absitzen ; 

die  pappenheimischen  sind  abgesessen 
und  rücken  an  zu  fusz.    Schiller  ; 

saszen  ab  im  pfarrhause,  kehrten  ein.  J.  Paul  Fibel  30 ;  abge- 
sessen wäre  von  dem  magen,  verdaut,  fasln,  sp.  218, 10  ;  absitzen, 
weit  ab,  fern  sitzen:  vom  tische,  von  der  kanzel  absitzen: 

ihr  lleisz  hat  nie  gemeint  weit  abgesesznen  leuten 
durch  sanften  Unterricht  ihr  lehren  anzudeuten. 
Opitz  409. 

Endlich  einem  etwas  absitzen,  abverdienen,  vergellen :  die  schuld, 
strafe,  fordrung  absitzen ;  der  meinigen  (frau)  habe  ich  es, 
gott  sei  dank,  abgesessen.  Moser  verm.  sehr.  2,  33 ;  die  reichs- 
fürsten  haben  es  dem  kaiser  wol  abgesessen  und  ihm  in  sei- 
ner capitulation  vorgesehrieben,  dasz.  Moser  p.  ph.  l,  212. 

ABSOCHEN,  languere  morbo,  absiechen:  ein  weih,  das  lange 
zeit  am  leibe  abgesoeht,  an  bänden  und  füszen  und  allen 
gliedern,   wie  ein  todtengerippe  ausgesehen.    Hohberg  1, 353'. 

vgl.    SCHMELLER    3,  191, 

ABSOCKEN,  destillare,  absickern,  abtrüpfeln.  in  den  sali- 
hültcn  die  stücke  absocken  lassen, 

ABSOHLEN,  im  bergwerk,  abnützen:  die  bergseile  absoli- 
len?  vielleicht  beschmutzen,  verderben,  goth.  bisauljan?  vgl 
nnl.  afsollen,  abmatten. 

ABSOLDEN,  abbezahlen,  ablohnen. 

AB  SÖHNEN,  s,  absühnen. 

ABSüMMERN,  im  sommer  austrocJcnen,  verdürren?  diese 
nüszlein  mehren  die  natur,  sind  gut  den  magern  und  abge- 
scinmerten  leuten,  darmit  sie  am  leib  wiederum  zunehmen. 
Tabernaemont,  kräuterb.  1434,  Staldbr  2,  377  sömmem,  auf 
die  sommerweide  gehn  lassen. 

ABSONDER  für  absonderlich,  wie  besonder  f.  besonderlich : 
dasz  ein  jeder  einen  absonderen  mann  aus  dem  feinde  zu  er- 
legen erkiesen  wolle.   Lohenst,  Arm.  1,  709, 


121 


ABSONDERLICH— ABSPA>'>'EN 


ABSPA>'NEN  —  ABSPEISEN 


122 


ABSONDERLICH,  singularis,  abgesondert,  eigen,  seltsam, 
einsam:  etliche  körper  sind  zusammengeordnet  aus  unter- 
scheidnen  und  absonderlichen  theilen,  wie  ein  feldhör  {feld- 
hcer).  FiscHART  ehezuchtb.  60;  die  Pristaffcn  fuhren  jeglicher 
in  absonderlichen  Schlitten,  pers.  reiseb.  1,  14;  Ostergaar  ist 
ein  klein,  absonderlich  eiland.  das.  2,  3;  ein  absonderliches 
capillel.  pers.  rosenth.  1,5;  die  Perser  haben  keine  absonder- 
liche schulen,  sondern  in  ihren  kirchen  halten  sie  auch  schule. 
das.  1,  5;  ich  werde  in  einer  absonderlichen  schrift  davon 
handeln.  R\bener  2,  209 ;  die  besitzung  eines  absonderlichen 
bodens.  Kant  5,  53;  ein  absonderliches  {besonderes)  System. 
Kam  8,  326 ;  ich  mll  dir  auch  nicht  verhehlen,  dasz  deine 
ansieht  trotz  allem  absonderlichen  einen  gewissen  anklang  in 
mir  hat.  Bettixe  briefe  2,  288 ;  absonderliche  gäbe,  Schönheit, 
klugheit. 

ABSONDERLICH,  adv.  singulariter,  particulariter,  privatim : 

bisweilen  kriegt  der  hofmann  etwas  luft, 

wo  mehr  niciu  dasz  er  holT  auch  nach  der  grufl, 

und  immerdar  auf  besserunge  wartet, 

wozu  ein  hof  absonderlicli  geartet. 

i.  Chr.  tox  ScHö.'tBOR.t  bei  .\.  Grtph.  2,  503; 

absonderlich  wüste  Eurjias  viel  historien  auf  diesen  schlag 
beizubringen.  Weise  er^n.  23 ;  absonderlich  bedurften  sie  kei- 
nes Wirtshauses,  dessen  kl.  leute  145;  führte  ihn  mit  in  das 
losament,  da  sie  ihre  mahlzeit  absonderlich  bestellet  hatten. 
das.  227;  öffentlich  und  absonderlich  (publice  et  privatim). 
WiEUk^sD  1,  263;  dasz  die  knaben  öffentlich,  die  töchter  ab- 
sonderlich von  ihren  müttern  erzogen  werden  sollten,  das. 
7,  298 ;  absonderlich  wir  Wallonen.  Schiller  326 ;  ich  bückte 
mich  vor  ihm  allein  und  absonderlich.  Clacdics  4,  21;  was 
sie  da  sollten  für  äugen  gemacht  haben,  absonderlich  Adolf. 
Fr.  MCller  3,224. 

ABSO.NDERLI.NG,  m.homo  solitarius:  kein  wilder  menschen- 
scheu und  absondcrling  soll  man  sein.   Simplic.  1,  43. 

ABSONDERN,  segregare,  nnl.  afzonderen:  die  läramer  von 
den  Schafen,  ein  räudiges  schaf  von  der  heerde ;  ein  kind  ab- 
sondern, abgesonderte  brüder,  Schwestern ;  er  lebt  von  allen 
menschen  abgesondert;  dasz  die  für  ketzer  und  abgesonderte 
geacht  gewest  und  noch  sind.  Luther  3, 190' ;  wässerige  theile 
aus  dem  blute  absondern;  die  äugen  sondern  thriinen  ab; 

und  dasz  ein  jeder  sich  ab  seinem  gut  und  siiz 
frolich  vernfigen  möcht,  hast  du  die  zeit  geändert 
und  in  vier  theil,  mit  knit  die  hitz,  die  knh  mit  hiiz 
zu  lindern,  abgesondert.        WECKHF.Rui.t  187 ; 

als  muste  sie  ein  theil  vom  herzen  absondern  lassen,  wofern 
sie  etliche  tage  solle  von  ihrem  einzigen  tröste  entfernt  leben. 
Weise  kl.  leute  15 ;  ein  bach  sonderte  die  nachbam  ab.     gc- 
danken,   begriffe,   merkmale   absondern,    daher  abgesonderte, 
abgezogene,   abstrade  begriffe.    Lessixc  6,  433.    Esgel  9,  125 ; 
begriffe    die    ich   von    tausend    beispielen    abgesondert    habe. 
Lessing  1,  390.    sich  absondern,  entfernen,  ausschlieszen  : 
kein  leid  hat  er  gethan  nie  ihnen  oder  mir, 
so  lange  als  wir  uns  absondern  nicht  von  hier. 
DiETR.  vo?(  Werder  Ariosl  17,34; 

da  zwei  stimmen  schon  vorhanden  sind,  mag  ich  mich  nicht 
absondern.    Gotter  3,  3S0. 

ABSONDERL.NG,  f.  trennung ,  scheidung ,  Unterscheidung, 
abstraction :  dasz  die  absondeningen  {abstractionen)  der  wis- 
senschaftslehre  und  die  (Unterscheidungen)  des  wirklichen  be- 
wustseins  durchaus  nicht  dieselben,  sondern  völlig  verschie- 
den sind.  Fichte  sonnenkl.  bericht  133.  absonderungen,  bei 
den  ärzten,   ausleerungen,   secretionen. 

ABSONDERLNGSVERMÖGEN,  n.  abstractionsvermOgen  der 
Seele. 

ABSONNEN,  a  $ole  removeri,  schalten  fangen: 

wenn  auf  ihr  feuchtes  haar  die  trurknen  weste  wehn, 
dasx  sie  hier  können  aus  und  artlich  abesönnen. 
FtKiiriG  661. 

ABSONNIG,  absönnig,  a  sole  remotus,  von  der  sonne  ab- 
liegend, schaltig:  ein  absonniger  ort;  absönnigcs  gebirge,  das 
kein  Sonnenstrahl  erreicht:  die  geng,  so  an  einer  winterleitcn 
und  absönnigen  oder  stuckern  gebirg  ligen.  Mathesius  3S'. 

ABSORGEN,  curis  absumi,  sich  in  sorgen  verzehren. 

ABSPAI>TEN,  findendo  separare:  ein  scheit  von  dem  holz 
abspalten;  ein  stück  von  dem  brete;  abgespaltener  ast. 

ABSPÄNEN  s.  abspenen. 

ABSPANNEN,  delicere,  ablocken,  abwenden,  vom  ahd.  spa- 
nan   spuon,   und   mit  geminiertem  n,   um  die  kürze  des  a  zu 


wahren,  vielleicht  auch  durch  Vermischung  mit  dem  folgenden; 
gilt  zumal  vom  verlocken  und  abwendig  machen  des  gesindes, 
der  künden:  hie  aber  ist  auch  gewehret  (rerboten).  dem  nehe- 
sten  nichts  abzuspannen,  ob  man  gleich  mit  ehren  für  der 
weit  dazu  komen  kan.  Luther  4,  406' ;  das  ist  aber  bei  uns 
nicht  seltzam,  das  einer  dem  andern  sein  knecht  oder  dienst- 
magd  abspannet  und  entfrembdet.  das.  407';  das  leret  uns 
erstlich,  wie  wir  mit  keinem  schein  des  rechten  unsers  nehe- 
sten  guter  im  abspannen,  a&icenrfen,  aWrinjen  sollen.  0,313*; 
spannet  im  sein  gesinde  nicht  abe.  tischr.  197';  suchet,  wie 
er  sein  gesinde  abspanne,  seine  undertannn  widerspenstig 
mache,  das.;  wer  einem  sein  gesind  abspannt.  KiRCBtior 
wendunm.  203'; 

dasz  ich  im  mem  knecht  geliehen  han, 

er  dörft  mir  den  wol  spannen  ab.    Atrer  9S*; 

unsere  theologen  verhielten  sich  bei  dieser  anscheinenden  mög- 
lichkeit,  ihren  verschieden  denkenden  brüdem  einen  so  an- 
gesehenen vorfechter  abzuspannen,  sehr  gleichgültig.  Lessixc 
8,  324.  hier  ist  überall  kein  abjungere,  solcere  jugo  gemeint, 
denn  das  gesinde,  die  künden  waren  nicht  angespannt,  wie  das 
vieh,  obgleich  solch  ein  abspannen  vom  begriffe  des  ablockens, 
abwendens  nicht  zu  fem  steht,    s.  auch  abspenen. 

.\BSPANNEN,  relaxare,  losspannen,  gegensatz  des  anspan- 
nens,  vom  ahd.  spannan  spien,  rinder,  rosse  vom  joch,  zäum 
abspannen,  ochsen  vom  pflüg,  pferde  vom  wagen,  den  pflüg, 
wagen  abspannen ;  den  bahn  ron  der  flinte,  die  sehne  vom 
bogen  abspannen; 

dein  haus  wird  zugesperrt,  die  Schlösser  abgespannt. 
Caxitz  95 ; 
doch  hängt  die  jugendliche  leier 
nicht  ewig  stumm  und  abgespannt.    Gotter  1,  464; 
aber  hier  am  Zorgaflusse 
inllt  die  laut  aus  uberdnissc 
abgespannt  mir  aus  der  band.    Gökingk  3,  67; 
jedes  muihes  feder  (ist)  abgespannt.    Schill«»  424; 
sollen  wir  gleich  abspannen  die  hurtig-en  rosse* 
Voss  Od.  4," 28  ; 
dumpfen  miston  hallt,  o  müder, 
leicht  dein  abgespanntes  herz.    Voss  6,  67. 

alles  was  die  Vernunft  (acc.)  von  ihren  ersten  grundsätzen  ab- 
spannt. Kant  10,  92 ;  der  Jüngling  vom  langen  jubel  des  tags 
süsz  abgespannt.  J.  Pacl  Tit.  2, 132 ;  durch  geistige  arbeit  abge- 
spannt,   abspannen  heiszt  auch  mit  der  spanne  abmessen. 

ABSPA.NNL'NG,  /".  relaxalio.    abspannung  der  nerven. 

ABSP.\NSTIG,  s.  abspenstig. 

ABSP.\REN ,  detrahere  cibo  suo,  durch  sparen  entziehen: 
er  hat  es  sich,  seinem  munde,  seinem  leibe  abgespart;  er 
suchte  es  nun  von  allen  möglichen  dingen  wieder  abzuspa- 
ren.  TiECK  14,  7;    du    hast  es  abgespart  dem  armen  magen. 

RCCRERT. 

ABSPAZIEREN,  ■nsoi-xmeTv. 

wer  die  terrassen  einsam  abspaziert.    Göthe  41,  66. 

ABSPEISEN,  nnl.  afspijzen.  cibare:  den  bcttler  mit  brote 
(urspr.  aba  demo  prote?)  abspeisen;  den  schwachen  mit  krüf- 
tigein  fleische  abspeisen;  er  hat  täglich  zwölf  leute  abzuspei- 
sen; hinfurter  woher  keinen  armen  mehr  so  schmal  abspei- 
sen. Kirchhof  trendnnm.  196';  mit  stro  abspeisen.  H.  Sachs 
1,  444' ;  dies  geschöpfchen,  eine  nusz  eröfuend,  besonders  aber 
einen  reifen  fichtenapfel  abspeisend  (aba  demo  munde)  ist 
höchst  gracios.    Göthe55, 321.    oft  figürlich  ßr  abfertigen: 

die  hofnung  beszrer  zeiien 
speist  mein  verlangen  nur  mit  faulen  Aschen  ab. 

GÜXTHCft; 

bis  er  seine  begierdcn  abgespeiset.  Simplic.  1,  477 ;  der  seinen 
gegner  sehr  blutig  abgespeiset  hatte.  Felsenb.  1,  502 ;  anfäng- 
lich vermeinten  wir  einen  nach  dem  andern  mit  guten  wer- 
ten abzuspeisen.  Plesse  1,  8 ;  ihn  mit  entschuldigungen  ab- 
zuspeisen. WiELASD  9,  253;  glauben  sie  nicht,  dasz  ich  mich 
mit  einer  solchen  antwort  abspeisen  lasse.  J.  E.  Schlegel  l, 
374 ;  da  wollt  er  mich  mit  leeren  worten  abspeisen.  Göthe  41, 
304;  auch  wird  sich  der  schüler  nicht  leicht  so  fnigal,  als 
man  ihn  sonst  bedienen  mögen,  abspeisen  lassen.  52,11;  be- 
trachtungcn,  die  einer  näheren  prüfung  worth  sind  und  sich 
so  nicht  abspeisen  lassen.  Claudius  5,  133;  sich  durch  ein 
wort  abspeisen  lassen.  Ka5T  1,  47.  einen  abspeisen  heiszt 
auch  unter  dem  volk  das  abetidmal  dem  sterbenden  auf  dem 
krankenbetl  reichen.  Das  intransitive  abspeisen  scheint,  wi« 
in  andern  fällen,  durch  ellipse  des  acc.  entsprungen:  sie  bat« 


123 


ABSPENEN  — ABSPLISZ 


ABSPLITTERN  —  ABSPRUCH 


i24 


ten  abgespeist.  Wieland  12, 218,  d.  h.  alle  gerichle  abgespeist, 
transitiv  genommen. 

ABSPENEN,  ablaclare,  seducere,  entwöhnen,  von  der  brüst 
abgewöhnen,  entfremden,  ahd.  intspenan  und  intspennan,  praet. 
intspenita  (Graff  6,  343),  welchem  ein  verlornes  spanio,  spenio, 
spenno  über,  mamma  zum  grund  liegen  musz,  altn.  speni  pa- 
pilla,  wofür  aber  auch  ahd.  spunni  gilt,  mit  diesem  spennan 
allicere  ist  spanan  spuon  persuadere,  gleichsam  an  die  brüst 
ziehen  und  abspannen,  ablaclare,  von  der  brüst  entwöhnen  un- 
mittelbar verwandt,  die  spräche  scheint  von  alter  zeit  her  for- 
men mit  n  und  nn  gebildet  zu  haben,  hat  mir  mein  frauen 
abgespent,  entwöhnt,  abgewendet,  fastn.  sp.  99,7.  391,16^  ein 
andre  spenet  mir  in  ab.  249,  11;  wann  man  das  kalb  ab- 
spänet.  HoHBERG  2,  272' ;  wie  die  kälber,  lämmer  abzuspänen. 
das.  273'.  274'.'.  294',  wofür  2,  27l'  abspeimcn  geschrieben  wird  ; 
gesinde  abspenen.  weisth.  3,  590. 

ABSPENNIG,  abalienatus,  entwöhnt,  abgespannt:  eines  andern 
knecbt  und  diener  ihrem  herrn  abspennig  zu  machen.  Fronsp. 
kriegsb.  3, 2l'.  s.  abspannen  und  abspenen.  s.  abspenstig. 

ABSPENSIG  für  abspenstig  steht  einmal  in  Avrers  fastn. 
sp.  98" :  er  mücht  mir  in  abspcnssig  machen,  assimilation, 
wo  nicht  druckfehler. 

ABSPENSTIG,  abalienatus,  entwöhnt,  verlockt,  abwendig; 
einem  abspenstig  werden,  ihn  verlassen,  einen  einem  abspen- 
stig machen,  abwenden:  derjenige  schwarzrock,  welcher  mir 
im  posthause  meine  liebste  abspenstig  gemacht  halte.  Felsenb. 

2,  358  ;  sie  sollte  sich  schämen,  einem  jungen  mädchen  ihren 
bräutigam  abspenstig  zu  maclicn.  Wieland  35,  59 ;  der  natur 
ihre  treusten  freunde  abspänstig  zu  machen.  Moser  verm. 
sehr.  1,  52 ;  glaubst  du  nicht,  dasz  ich  reizend  genug  bin,  ihn 
dir  abspänstig  zu  machen?  Lessing  2,  435;  ihr  macht  uns  alle 
unsre  mädchen  abspenstig.  Tieck  5,  211.  vgl.  abspannen,  ab- 
spennig, gespenst,  gespenstig. 

ABSPEBBEN,  claudere,  abschlieszen:  die  kammer  absper- 
ren; einen  von  den  andern  absperren,  aussperren. 

ABSPIEGELN,  imaginem  in  spcculo  repercutere,  nn/.  afspie- 
gclen,  im  spiegel  das  bild  zurücktverfen:  wenn  der  sanfte  flusz 
zwischen  den  lispelnden  röhren  dahin  gleitete  und  die  lie- 
ben wölken  abspiegelte.  Göthe  16,  74.  die  bäume  spiegeln 
sich  im  wasser  ab ;  in  ihren  äugen  spiegelt  sich  der  himmel, 
in  ihrem  blick  die  liebe  ab ;  indessen  gibt  es  auch  einen 
hohlen  fleck  im  gehirn,  wo  sich  kein  gegenständ  abspiegelt, 
wie  denn  auch  im  äuge  selbst  ein  fleckchen  ist,  das  nicht 
sieht.  Göthe  49,  92. 

ABSPIELEN,  ludo  pacisci,  lucrari,  im  spiel  abthun,  verab- 
reden, gleich  dem  heutigen  abkarten :  es  wäre  denn  also  zu- 
vor abgespielet.  Luthers  br.  5,  364.  im  spiel  abgewinnen :  du 
hast  die  seele  mir  abgespielt  mit  falschen  künsten.  Tieck  2, 
150.  ausspielen,  zu  ende  spielen:  eine  abgespielte  rolle;  ein 
abgespieltes  leben.  J.  Paul  bücherschau  1,  77. 

ABSPILLEN,  languescere,  tabescere:  wan  ein  ochs  abspült, 
hat   er   den  in  den  flor  (auf  die  weide)  zu  schlagen,    weisth. 

3,  632;  er  ist  ganz  abgespillet,  ossa  atque  pellis  totus  est. 
Stieler  2089. 

ABSPINNEN,  filum  deducere,  nnl.  afspinnen,  den  faden  von 
der  Spindel  abspinnen,  den  rocken,  den  flachs  abspinnen,  figür- 
lich, etwas  vollenden: 

wird  vieles  von  den  äugen  abgesponnen, 

so  dasz  die  menge  staunend  ^'aiTcn  kann. 

Göthe  12,  11; 

ein  monolog  des  Marco  in  dieser  Verlegenheit  ist  von  der 
reinsten,  gefühlvoll  und  glücklich  abgesponnenen  selbstqual. 
38,  263. 

ABSPITZEN,  acuminare,  decacuminare,  oben  spitz  machen, 
gegensatz  von  abrunden,  abstumpfen,  nnl.  afspitten :  ein  blei- 
Stift,  einen  kegel,  zuckerhut  abspitzen; 

jene  zugleich  auHiebend  den  abgespiizeten  ölbrand. 
Voss  Od.  9,  382. 

mit  einem  spitzen  werkzet(g  abnehmen:  die  maurer  spitzen 
einen  vorragenden  stein  ab,  hauen  ihn  mit  der  zweispitze;  die 
haare  abspitzen,  nicht  abschneiden,  nur  oben  ein  wenig  mit 
spitzer  schcere  oder  ihre  spitzen  wegnehmen. 

ABSPLEISZEN,  abscindere,  nnl.  afspiijien :  die  fasern  vom 
holz,  die  blätter  von  dem  kraut  abspleiszen.  damit  es  {das 
öffentliche  eigenthum)  dem  reiche  nicht  abgesplissen  oder  zur 
todten  band  gebracht  würde.  Moser  3, 140. 

ABSPLISZ,  ffl.  resegmen,  ramentum.  ein  geringer  absplisz 
von  dem  ganzen,  pars  fundi  alienala.  weisth.    3,  31.  162. 


ABSPLITTERN,  feslucam  abscindere,  splitter  abreiszen,  nnl. 
afsplinteien :  wenn  der  Sturmwind  die  kirchenlinden  absplit- 
terte und  äste  brach.  Hippel  2,  63.  auch  intransitiv,  das 
splittert  ab,  rciszt  ab,  oder  splittert  sich  ab. 

ABSPRACHE,  f.  conventio,  nnl.  afspraak,  mündliche  über- 
einkunß,   abrede,      nach  der  abspräche,  abgesprochenermaszen. 

ABSPRECHEN,  nnl.  afspreken,  abjudicare,  vcrbis  adimere: 
so  doch  gott  selbs  solchen  ungehorsamen  kindern  flucht  und 
langes  leben  abspricht.  Luther  6,  311';  die  uns  unser  leben 
abgesprochen.  3  Macc.  6,  11;  dasz  ich  diesem  armen  gesellen 
hierumb  sein  leben  nicht  absprechen  sollte  oder  kann.  Kirch- 
hof 7nil.  disc.  263;  man  hielt  ihn  vor  schuldig  und  sprach 
ihm  ohne  bedenken  den  köpf  ab.  Hahn  3,  59 ;  als  ob  die  be- 
klagten, wenn  sie  macht  gehabt  hätten,  nicht  völlig  aus  eben 
dem  gründe  ihnen  selbst  den  köpf  iiätten  absprechen  können. 
Lessing  9,400;  soll  ihm  der  blutrichter  das  leben  absprechen? 
Klinger  1,  90 ;  da  er  im  gegentheil  alle  hofnung  dazu  ab- 
sprach. Schiller  830 ;  sie  iiätten  die  sache  gerne  nicht  ab- 
gesprochen (geleugnet)  sondern  abgeändert.  Claudius  5,  17. 
das  feierliche  absprechen  geht  über  in  bloszes  leugnen,  absa- 
gen: ich  will  das  nicht  absprechen,  ihm  nicht  widersprechen, 
selten  ist  einer  sache  absprechen,  absagen,  sich  von  ihr  los- 
sagen : 

die  kaiser  Iiaben  selbst  dem  irrthuni  abgesprochen, 
den  misbrauch  hingethan,  die  bilden  wefrgebroclien. 
Opitz  393. 

Über  eine  sache  absprechen,  aburtheilen :  Justus  Moser  war 
geneigter  die  verschiedenen  selten  eines  gegenständes  ins  licht 
zu  stellen  als  über  ihn  abzusprechen.  Hugo  lit.  gesch.  (1830) 
s.  552;  über  Deutsche  anmaszend  abzusprechen.  Tieck  ges. 
nov.  1,  194 ;  glaubt  er  wider  die  kritik  abgesprochen  zu  ha- 
ben. Kant  3,  352.  ein  absprechender  mann,  absprechendes 
urtheil,  in  absprechendster  weise,  absprechen  im  sinne  von 
besprechen,  zu  ende  sprechen  findet  sich  nur  bei  neueren  schriß 
stellern:   das  ist  unter  uns  abgesprochen,  beredet; 


wo  ist  der  unverschämte,  der  es  wagt, 
mein  eigenthum,  schon  abgesproclmen  han 
mir  zu  enlreiszen.  Iieck  3,  146. 


del 


ABSPRECHEREI,  f  die  gewohnheit  über  alles  abzusprechen: 
seine  absprecherei  ist  unerträglich. 

ABSPRECHEBISCH,  gewohnt  abzusprechen,  arrogans. 

ABSPRECHUNG,  f  abjudicatio :  trostlose  absprechung.  Kant 
5, 447 ;  trotzige  und  seichte  absprechungen.  5,  137. 

ABSPREIZEN,  fülcire,  bergmännisch,  mit  spreizen,  stützen 
versehen:    den  schacht,  gang  abspreizen. 

ABSPRENGEN,  dirumpcre,  abspringen,  losfahren  maclien: 
die  fessel  vom  arm,  das  schlosz  von  der  thür  absprengen ; 
eine  saite  von  der  geige  absprengen ;  dem  pferde  sprengt  der 
reiter  ein  hufcisen  ab;  die  krebse  sprengen  sich  die  scheren 
ab.  wo  absprengen  intransitiv  scheint,  z.  b.  wenn  es  heiszt 
er  sprengte  eilends  ab,  ritt  dahin,  ist  die  ellipse  zu  ergän- 
zen: er  sprengte  das  pferd  ab. 

ABSPRIESZEN,  surgere,  für  entsprieszen,  welches  üblicher 
ist.  er  sprieszt  einem  edlen  geschlechte  ab ;  er  ist  von  bei- 
den abgesprossen. 

ABSPRINGEN,  desilire,  nnl.  afspringen,  niederspringen:  er 
springt  ab  (vom  rosse) ;  sprang  ab  vom  stuhle,  vom  wagen, 
von  der  bühne;  der  knöpf  ist  vom  rocke,  die  saile  von  der 
harfe  ab  gesprungen;  der  hase  springt  ab  (vom  wege);  das 
bell  springt  vom  bäum,  die  kugel  von  der  wand,  das  scbwert 
vom  stein  ab ;  damit  die  klingen  nicht  so  leicht  abspringen. 
Mathesius  78' ;  die  färbe,  der  leim  ist  von  der  mauer  abge- 
sprungen, figürlich,  vom  glauben,  von  einer  nieinung,  von 
einer  partei,  von  dem  Verlöbnis  abspringen,  der  abspringende 
theil,  die  abspringende  braut;  schnell  abspringen,  veränder- 
lich sein;  die  hastigkeil,  womit  er  von  diesem  vorhaben  wie 
der  absprang.  Wieland  8,  249 ;  die  färbe,  der  ton  springen 
ab.    für  entspringen : 

aus  dessen  samen  sprang  Diokles  ab.    Oürgkr  164'. 

ABSPROSZ ,  m.  proles,  spröszling :  ein  echter  absprosz, 
proles. 

ABSPRÖSZLING,  m.  dasselbe. 

ABSPRUCH,  m.  abjudicatio,  der  richterliche  spruch,  das 
urtheil : 

der  Hirsch  sprach,  weil  solchs  grosze  herrn, 
mit  all  den  andern  zeugen  gleich 
sei  der  abspruch  und  urtheil  sein. 

B.  VValdis  Esopus  4,  94.  bt.  334». 


I 


o 


125 


ABSPRUDELN — ABSTA3IMü>'G 


ABSTAMPFEN  —  ABSTECHEN 


126 


ABSPRüDELN,  scatere,  hervorsprudeln,  flieszen :  Tom  felsen 
sprudelt  eine  frische  quelle  ab. 

ABSPRÜDELN,  circumvertere,  abquerlen,  abquirlen  (Schmel- 
tER  3,  5S9) :  von  sechs  frischen  eiren  das  dotier  darunter  ab- 
geschlagen, das  weisze  aber  absonderlich  gar  woi  abgesprü- 
delt,  dasz  es  lauter  faim  werde.    Hohberc  l,  23i\ 

ABSPRUNG,  wj.  desuUura.  so  oft  der  hase  sein  lager  hat 
und  sich  setzen  will,  thut  er  einen  widergang,  wol  20,  30  und 
mehr  schritte  wieder  auf  seine  fehrte  zurücke,  und  sodann 
auf  einmal  den  absprung.   Döbel  1,  30' ; 

er  rennt  und  setzt  durch  forst  und  siege, 
sein  absprung  aber  liilft  ilim  nicht. 

Uacedor.'h  2,  33; 

und  nun  wäre  ich  glücklich  wieder  da,  wo  ich  oben  meinen 
ersten  absprung  nahm.  Lessing  10,  93 ;  er  setzte  sich  vor  von 
zeit  zu  zeit  einen  kleinen  absprung  dahin  zu  machen.  Wie-  ' 
LAND  11,  271 ;  wir  kehren  nach  diesem  kleinen  absprung  zu 
den  Athenern  zurück.  36, 18 ;  fallen  musz  der  in  die  höhe  ge- 
worfne  stein,  bis  ihn  ein  andrer  körper  hindert  oder  zum 
absprung  zwingt.  Kli.nger  6,  224 ;  nur  beim  ein-  und  absprung 
zerschmettert  der  blitz;  ein  plötzlicher  absprung  von  einem 
thema  zum  andern.    Kant  10,  228. 

ABSPRCNGLING,  m.  equus  desuUorius:  fürnemlich  war  er 
wol  geübt  von  einem  pferd  auf  das  andere  geschwind  zu  sprin- 
gen, dasz  es  kein  erd  berürt,  solche  pferd  nannt  man  desul- 
torios,  zu  und  absprüngling.  Fiscuart  Garg.  cap.  26  (1504 
176'). 

ABSPULEN,  glomerare  fila  in  cannulas,  nnl.  afspoelen, 
von  der  spule  winden: 

einer  hat  lang  umb  mich  gepult, 
und  so  vil  wort  gen  mir  abgespult. 

fastn.  ip.  250,  1 ; 

die  weber  spulen  ihr  wollen  und  härbes  gam  (flachsgarn), 
auch  gar  die  seiden  (auf  röhr)  ab.    Hohberg  2,  74*. 

ABSPÜLEN,  abluere,  nnl.  afspoelen,  reinigen,  abwaschen: 
der  flusz  spült  das  ufer  ab;  den  schmutz  vom  glase  abspü- 
len, das  glas  abspülen; 

dasz  in  den  lautersten 
lichtumwallungen  abgespült 
ich  unschuldig  und  rein  aller  beflcckung  sei. 
Voss. 

ABSPÜLICHT,  n.  aqua  impura  ex  lavatis  vasis,  das  abge- 
spülte, das  Wasser,  worin  abgespült  wurde.  Seotebs  rosarznei 
s.  332  hat  daßr  abspüelet. 

ABSPÜLUNG,/",  ablutio:  die  abspülung  des  erdreichs.  Kaxt 

9,  11. 

ABSTÄHLEN,  indurare,  hart  wie  stahl  machen :  er  ist  ab- 
gestilhlt  gegen  wind  und  weiter;  ein  durch  den  krieg  abge- 
stähller  mann,  bei  den  färbern,  die  brüite  probieren,  einen 
in  sie  getunkten  läppen  in  den  sogenannten  stahl  stecken  und 
dann  der  luß  aussetzen. 

ABSTAM.M,  ffl.  proles:  eure  vorfahren,  euem  abstamm. 
Herder  5, 135; 

hier  ist  altes  geschlecht,  des  Teucrus  herlieher  abstamm. 
Voss  Aen.  6,  647 ; 
damit  aus  Ilhaka  gänzlich 
namenlos  hioschwind  Arkeisios  göulicher  abstamm. 
Od.  14,  182 ; 

die  Seclappcn,   ein   abstamm   des   ungerischen   volkes.    Kant 

10,  29 ;  ein  merkmal,  daran  man  den  abslamm  von  beiden 
eitern  kennen  kann,  lo,  74 ;  die  sich  vom  neger  oder  seinem 
abstamm  in  andern  merkmalen  unterscheiden. 

ABSTAM.MELN,  balbuliendo  proferre,  herstammeln:  er  stam- 
melte eine  kahle  entschuldigung  von  den  lippen  ab. 

ABSTAMMEN,  originetn  Irahere:  wir  stammen  alle  von  Adam 
ab;  er  stammt  von  hohen  ahnen  ab;  gift  stammt  von  der 
Wurzel  geben  ab;  dies  worl  scheint  von  keinem  andern  ab- 
zustammen. 

ABSTAM.MEN,  caedere,  vom  stamme  hauen:  einen  bäum 
abstammen,  bei  einigen  ohne  umlaut:  wann  die  bäume  zu 
hoch  abgostammet  und  gefallet  werden.    Hohberc  3,  338*. 

ABST.4MMLLNG,  m.  proles,  nnl.  afslammeling:  eine  wohn- 
slatt  von  meinen  abstammiingen.  Felsenb.  1,  109 ;  die  leib- 
lichen kinder  und  abstammlinge  von  Robert  Hulter.  das.  1,304. 

ABSTAMMUNG,  f.  origo,  abkunß:  die  abstammung  aus 
einem  lande.  Klinger  8,  246;  Schwierigkeit,  die  abstammung 
der  begebenheiten  in  der  reihe  der  Ursachen  immer  höher 
hinauf  zu  suchen.   Kant  2,  36L 


ABSTAMPFEN,  detundere,  niederstampfen,  nnl.  afstampen: 
die  hufe  der  rosse  hatten  das  gras  von  der  w  iese  abgestampft. 

ABSTAND,  wi.  distantia,  nnl.  afstand:  der  abstand  des  mon- 
des  von  der  erde,  der  sterne  von  einander,  des  hauses  von 
dem  wald,  des  knecbts  von  dem  herrn,  der  lugend  von  dem 
lasier;  sie  schössen  sich  mit  pistolen  auf  fünf  schritte  ab- 
stand; siehe  deinen  abstand  von  mir  an,  du  bist  reich,  ich 
habe  nichts ;  der  abstand  zwischen  ihnen  ist  zu  grosz ;  durch 
das  princip  der  achtung  sind  die  menschen  angewiesen  sich 
im  abstände  von  einander  zu  erhalten.  Kant  5,  285.  in  der 
tonlciter,  der  abstand  der  octaven.  Dann  das  abstehen  von 
einem  recht,  aufgeben  des  rechts,  cessio  juris:  ich  habe  ihm 
fünfzig  thaler  für  den  abstand  bezahlt ;  der  bräutigam  hat  100 
thaler  für  den  abstand  genommen;  dasz  er  zwanzig  ducaten 
für  einen  abstand  nehme.  Phiijvnder  2,  600. 

ABSTÄNDEU,  ni.  arbor  eniuiiens,  forslmdnnisch,  ein  abge- 
standner  bäum. 

ABSTÄNDIG,  emoriens,  deßciens:  ein  abständiger  bäum; 
abständiges  holz;  dasz  die  bäume  alterten  und  zum  theil 
schon  abständig  wären.  Stolkerg  6,246;  ein  abständiger,  o6- 
gelragner  rock ;  dieweil  mir  das  wammes  nicht  abstendig  werde. 
Kirchhof  wendunm.  285*;  ein  abständiger,  alternder  mann; 
nicht  abständige,  sondern  junge  kräftige  leute  haben  wir  nö- 
thig.  auch  von  dem  zurücktretenden :  der  bräutigam  wurde 
abständig. 

ABSTAPELN,  merces  e  slruibus  depromere,  gegensatz  des 
aufstapelns:  der  markt  ist  aus,  du  kannst  abstapeln. 

ABSTARREN,  rigere:  reifröcke,  die  auf  beiden  Seiten  ab- 
starren; das  gold  starrt  vom  gewande  ab. 

ABSTATT,  e  loco,  von  statten,  gebildet  wie  abweg,  abhan- 
den, mit  der  leibhaften  praeposition :  wie  es  doch  zugienge, 
dasz  es  in  der  universitet  nit  recht  wölt  abstatt  gähn.  Th. 
Plater  203 ;  von  der  Ursachen  wegen  Diehent  auch  die  würm 
und  rücken  abstatt  von  diesem  kraut.  Paracelsls  1,  1040'; 
nun  mögen  wir  die  heiligen  nicht  abstatt  werfen,  das.  1,91"; 
spannt  acht  an,  so  brauche  ich  gar  nicht  abstatt  zu  faliren. 
Hebel  5.  287.  ohne  zweifei  sagte  man  auch  mit  dem  dat.  pl. 
abstatten,  wie  von  statten. 

ABSTATTEN,  e  loco  in  locum  dare,  eloeare,  collocare.  die 
tochter,  das  mädchen  abstatten,  hingeben,  verheiraten,  nah 
verwandt  mit  ausstatten,  ausgeben,  dann  wie  ablegen,  einen 
besuch  abstatten,  von  einer  stelle  an  die  andere,  erstatten : 
wegen  der  visiten  und  gegenvisiten,  welche  nunmehr  mit  dem 
groszten  ceremoniel  abgestaltet  wurden.  Göthe  24,  298 ;  glück- 
wunsch,  grusz,  dank,  dienst,  eid  abstatten :  wie  kann  ich  aber 
dergleichen  dienste  abstatten  ?  Weise  kl.  leute  298 ;  ich  wollte 
dafür  herzlichen  dank  abstatten;  ein  zeugnis,  einen  bericht, 
Vortrag  abstatten.  Göthe  32,  31,  was  immer  ein  gegenseitiges 
Verhältnis  zwischen  dem  abstattenden,  und  an  den  abgestaltet 
wird  voraussetzt;  eine  schuld,  ein  capital,  die  Unkosten,  ge- 
bühren abstatten,  erstatten,  entrichten:  welche  letzte  summe 
derselbig  gefangen  must  abstatten.  Kirchhof  mil.  disc.  ISO. 

ABSTATTUNG,  f.  elocatio,  praestatio,  restitutio:  meines  wei- 
bcs  abslaltung  (ausstattung).  Schweinichen  2,263;  nach  ab- 
stattung des  eides,  des  dankes,  Wunsches ;  bis  die  gelegen- 
heit  wirkliche  abstattung  würde  an  die  band  geben.  Weise 
kl.  leute  11. 

ABSTAUB,  m.  pulvis,  semen  devolans:  der  das  geheimnis 
der  natur  entdeckt  hat  geringe  arten  von  blumen  durch  den 
abstaub  einer  edlen  zu  verbessern.   Thümmel. 

ABST.\UBEN,  devolare:  der  same  von  der  blume,  der  flügel 
des  Schmetterlings  staubt  ab;  nach  dem  regen  hat  es  abge- 
staubt. 

ABSTÄI'BEN,  abslergere:  den  tisch,  die  schuhe,  das  buch 
abstäuben ;  die  allen  stunden  stäuben  sich  ab.  J.  Pauls  un- 
sichlb.  löge  3,  180.     auch  abstaubem,  s.  abstöbern. 

ABSTAUCHEN,  eluxare,  abstoszen,  prügeln:  Ursus  ersieht 
Gigar,  nimmt  ihn  in  der  mitt,  wirft  ihn  zu  boden  und  staucht 
ihn  gar  wol  ab.    Atrer  278'. 

ABSTAUCHUNG,  f.  eluxatio:  nach  abstauchung  aller  wi- 
derspensligkail.    Meliss.  ps.  Db*. 

ABSTÄUPEN,  virgis  concidere.  fustigare.  die  telgen  abstü- 
ven,  absteuben.  abhauen,  stumpfen,  weisth.  3, 136.  137. 

ABSTECHEN,  deftgcre,  nnl.  afsteken:  einen  mit  dem  sper 
vom  rosse  abstechen;  den  sper,  die  lanze  auf  einen  abste- 
chen ;  heu,  Stroh,  garben  mit  der  gabel  (vom  wagen)  abste- 
chen; einem  mit  dem  messer  die  kehle  ab.otechen,  jugulare: 
wil  dir  dein  hals  abstechen,  fastn.  sp.  HZ,  59.  531,  6 ; 


1^7 


ABSTECHEN 


ABSTECHER  —  ABSTEHEN 


128 


als  könig  Kataband  die  gurgel  ab  liesz  stechen 
dem  erslgeborncn  söhn.    Lobenst.  Ibrah.  IS; 

ein  thier,  schwein  abstechen:  sonst  ward  an  einem  misse- 
thäter  wol  ein  jähr  verhört,  heut  stechen  sie  die  Icute  ab 
wies  liebe  vieh.  Arnim  scliaub.  1,  314; 

wann  ihr  ein  schaf  abstecht.    Opitz  2,  53; 

stächet  ab  das  wolgemest.  H.  Sachs  1,63*; 
den  rasen,  dämm,  deich  mit  dem  spaten  abstechen :  blosze 
grabhügel  auf  der  beide  in  groszer  menge,  wovon  viele  ab- 
gestochen und  geebnet  sind;  schon  hatte  sich  das  volk  auf 
die  oberwärts  abgestochenen  und  vom  rasen  entbloszten 
dämme  gedrängt.  Göthe  17,  157 ;  ein  bild  mit  dem  griffel  in 
kupfer  abstechen ;  nachstechen  schon  abgestochener  gemählde 
ist  kein  nachdruck.  Fichte  berl.  monalschr.  21,  468.  figür- 
lich, einen  abstechen,  ausstechen,  es  ihm  zuvorthun,  vom  tur- 
nier  hergcnommne  redensart:  hätte  auch  nicht  anders  ge- 
meint, ich  werde  ihn  abstechen  und  verdringen.  Schweini- 
criEN  1,  99 ;  mein  leben  sei  verspielt,  wo  Ambra  nicht  ihr 
ganz  gcschlecht  absticht.  Lohexst.  Ibr.  15 ;  als  er  von  sei- 
nem nebenbuhler  abgestochen  zu  werden  fürchtete.  Günther 
560 ;  ebenso  beim  kartenspiel,  auf  welches  man  die  stiche  und 
das  abstechen  des  turniers  anwandle,  einen  abstechen,  mit 
einer  höheren  karte  siechen,     von  andern  dingen: 

dieser  bluinen  Jaspis  kann  sarder  und  schmaragd  abstechen. 
A.  Ghvphius  ; 
der  tauben  atlas  stach  Diancns  silber  ab. 

UÜNTUER  1070. 

beidemal  geziert  und  frostig,  eine  höflichkeit,  ein  compliment 
abstechen,  vorbringen,  wie  seine  lanze  abstechen:  mit  diesem 
frauenzimmer  mochte  ich  selbst  briefe  wechseln,  so  gar  zier- 
lich und  kurz  kan  sie  complimentgen  abstechen.  Weise  erzn. 
100.  Ein  feld,  lager,  einen  platz  abstechen  scheint  ebenso 
richtig  als  abstecken,  da  es  mit  eingesteckten  pfählen  (palis 
de fixis)  geschieht:  abgestochenes  feld  der  Untersuchung,  räum, 
der  für  die  Vernunft  abgestochen  ist.  Kant  2,  166.  3,  313; 
als  man  mit  den  äugen  sich  die  erdenge  zum  lustlager  ab- 
stach. J.  Paul  Kamp.  52;  je  unwillkürlicher  der  Staat  seinem 
nachbar  die  grenzen  absticht.  Hippel  11,  159,  sei  es  mit 
pfählen  oder  durch  rasenabstich. 

Intransitiv,  abstechen,  sich  entfernen:  das  schif  stach  vom 
ufer  ab,  ist  schon  abgestochen,  nnl.  de  schult  stak  af,  was 
reeds  afgestoken;  er  ist  abgestochen,  davon  gegangen,  abge- 
segelt; du  kannst  abstechen,  apage,  dich  atis  dem  staube  ma- 
chen, die  intransitive  bedcutung  entsprang  durch  ellipse  des 
acc.  Stange,  mit  der  man  den  nachen  vom  lande  abstöszt. 
Ein  andres  intransitives  abstechen  für  dislare  distingui,  va- 
riari  scheint  erst  im  18  jh.  aus  dem  transitiven  abstechen,  an- 
tecellere  entsprungen,  denn  zuerst  htesz  es  sich  abstechen, 
sich  auszeichnen,  hervorthun:  von  diesen 

sticht  ein  beschattet  grün 

recht  angenehm  sich  ab.    Brocees  2,  301; 

es  stachen  beide  sich 

von  dem  so  holden  grünen 

recht  unvergleichlich  ab.    das.  2,  448; 

später  ohne  sich:  die  attische  Urbanität,  die  von  der  steifen 
und  ceremonienreichen  höflichkeit  der  heutigen  Europäer  merk- 
lich abstach.  Wieland  1,  200 ;  dasz  die  sitten  einer  ver- 
mählten und  einer  bublerin  von  einander  abstachen.  2,  235 ; 
von  einer  so  abgeschmackten  mit  dem  heldenthum  so  lä- 
cherlich abstechenden  liebe.  2,  239;  die  so  abstechen,  als 
meine  tochter  zu  ihrer  Schwester.  Hippel  7,  133;  er  konnte 
ihn  mit  den  lieben  engelcin  vergleichen,  gegen  die  er  kräftig 
abstach.  Göthe  21,  8 ;  bei  der  lauigkeit,  die  mit  des  seligen 
Stifters  wünschen  so  grell  abslichl.  43,374;  wcisz  auf  schwarz 
sticht  gar  gut  ab.  Fr.  Müller  1,  127 ;  seine  wangen,  mit  de- 
ren braunem  roth  der  schwarze  lockichte  hart  abstach.  Klin- 
ger 6,  210;  die  hochgewölbte  stirne  {des  tcufcls),  die  mit 
dem  merkzeichen  der  liölie  zwischen  den  äugen  sehr  ab- 
stach. 3,  48;  helle  und  lebhaft  abstechende  kleidungsstücke. 
Kant  7,  386;  den  geistreichen  schmerz  gut  gegen  die  un- 
schuldigen gesiebter  der  thiergestaltcn  abstechen  zu  lassen. 
TiECK  Slernb.  2,  332;  das  breite  schwarze  tafthand,  das  ge- 
gen das  blühende  gesiebt  abstach.  J.  Paul  Tit.  1,  11 ;  die 
frau  rath  Schlosser  hat  gesagt,  dasz  wie  er  neugeboren 
war,  so  habe  man  ihn  auf  ein  grünes  billard  gelegt,  da  habe 
er  80  schön  abgestochen  und  ausgcsehn  wie  ein  glänzender 
cngel,  ist  denn  abstechen  eine  so  grosze  Schönheit?  BErriNB 
briefe  2,  19.    auch  nnl.  die  oudc  broek  steckt  bij  dat  nicuwe 


kleed  siecht  af ;  zwart  op  wit  steckt  wel  af;  zijnc  geaardheid 
heft  bij  die  van  haar  altijd  zeer  afgestoken.  das  rolhe  sticht 
das  grüne  ab  hiesz  ursprünglich:  besiegt  das  grüne,  dann 
sagte  man:  roth  und  grün  stechen  sich  einander  ab,  streiten 
mit  einander,  endlich  roth  und  grün  stechen  von  einander 
ab  und  henor,  wechseln  ab,  unterscheiden  sich,  contrastieren, 
ABSTECHER,  m.  excursus,  was  sonst  abschweif,  abschub, 
abslreifer:  hab  ich  einen  abstecher  gemacht  nach  Gent. 
Schiller  321. 

ABSTECHUNG,  f.  franz.  contraste:  ausgeführte  charac- 
tere,  die  mit  nebcnpersonen  in  eine  sinnreiche  abstechung 
gebracht  waren.  Lessing  4,  115;  contrasl  oder  abstechung. 
Kant  3,  77 ;  manigfaltigkeit  und  abstechung  der  Farben.  7,  70. 
abstechung  ist  die  aufmerksamkeit  erregende  nebeneinander- 
stellung einander  widerwärtiger  Sinnesvorstellungen  unter  einen 
und  denselben  begrif.  10,  164.  lieber  sagt  man  heute  abstich. 
ABSTECKEN,  defigere,  laxare,  gegensatz  von  anstecken  und 
aufstecken:  das  band  vom  ermel,  die  schleife  von  der  brüst, 
das  tuch  vom  hals  abstecken ;  die  blume  vom  haar  abstecken ; 
die  locken  abstecken,  los  flechten;  den  Spiegel  her,  will  mir 
die  haare  auskämmen,  abgesteckt,  losgeflochten!  Friedr. 
Müller  3,  138 ;  die  lichter  vom  leuchter,  die  kränze  von  der 
thür  abstecken,  das  feld,  den  garten ,  die  schranke,  das 
lager,  gezelt  durch  pfähle  abstecken,  vorzeichnen:  hinter 
seinem  abgesteckten  plane  kleben  ist  Schwachheit.  Fr.  Mül- 
ler 3,  259;  aus  den  drei  puncten,  die  ich  zum  voraus  ab- 
gesteckt. Herder  1,  53.  Wie  stechen  {ahd.  stüchan,  goth. 
stikan)  und  stecken  (ahd.  stecchan,  goth.  stakjan)  nahverwandt 
und  schwer  zu  scheiden  sind,  flieszen  auch  abstechen  und 
abstecken  oß  ineinander,  in  jenem  liegt  mehr  pungere,  in 
diesem  figere.  für  das  abstecken,  abschlagen  des  zelts  braucht 
schon  Ulfilas  hle})rastakeins. 

ABSTEHEN,  dcscendere,  dislare,  deesse,  desistere,  nnl. 
afstaan.  die  älteste  sinnliche  bedeutung  des  wortes,  worin  ab 
fast  noch  lose  stelle,  wie  in  absein,  einnimmt,  war  die  heule 
erloschne  des  Stehens ,  steigens  von  dem  pferde,  von  dem  sat- 
tel,  des  absteigens,  absilzcns.  so  heiszt  es  im  Aimon  und 
Galmtj  oß:  stund  ab  von  dem  pferd,  stund  ab,  als  er  abge- 
standen war,  auch  in  Freys  garteng.  92;  soll  der  herre  ab- 
steen  von  seime  pferde.  weislh.  3,  837 ;  der  postpott  ist 
gleich  vom  pferd  abgestanden.  Avrer  390* ;  XXV  cardinäl 
wolgerüst,  die  seind  von  iren  eseln  abgestanden,  seiner  inai. 
entgegen  gangen.  Frank  chron.  226*.     nicht  anders  mhd. 

vom  orse  stuont  der  kücne  man.    Parz.  275,  5 ; 

dö  muoser  von  dem  rosse  slän.    Iw.  5568; 

si  stuonden  von  den  satelen.    Gudr.  1464,  4; 

dö  stuonden  von  den  rossen.    Nib.  1060,  1 ; 

die  stuondon  von  den  marken.    Dielr.  3032; 

si  wären  von  den  rossen  gestanden  üf  den  sant.  Gudr,  1574,  1. 
wofür  anderwärts  auch  vallen  und  treten  von  den  rossen, 
ahd.  aber  läszl  sich  ein  stuontun  aba  hrossum,  aba  satalum 
erwarten,  ferner  hiesz  es  von  dem  schiffe  abstehn,  ans  land 
steigen;  der  Jäger  steht  ab,  wenn  er  den  anstand  vergebens 
verläszt,  das  gcflügel  steht  ab,  wenn  es  vom  bäume  entfliegt, 
nach  dem  mhd:  von  dem  wege,  von  dem  steine  stän  wäre 
auch  ein  nhd.  von  dem  wege,  der  thür,  der  schwelle  abstehn 
•==  abtreten  vollkommen  gerecht,  hieran  grenzt  aber  das 
räumliche  abstehn,  von  einander  stehn,  distare:  hiinmel  und 
erde  stehn  weil  von  einander  ab;  weit  wie  die  Sterne  ab- 
stehn von  der  erde ;  der  stuhl  steht  von  der  wand  ab ; 
Frankfurt  und  Mainz  stehn  sich  drei  meilcn  ab;  die  obren 
stehn  ihm  vom  köpfe  ab;  die  absiehenden  obren  des  pfer- 
des,  auf  geistige  zustände  angewandt:  weit  von  einander  ab- 
siebende (der  zeit  nach  entfernte)  beobachtungen.  Kant  8, 
256;  es  steht  mir  ein  begrif  ab,  wodurch  mir  sonst  die 
dinge  dcnklich  sind.  3,  53;  die  leule  sieben  wol  durch  zu- 
stände und  Verhältnisse  von  einander  ab.  Göthe  33,  204. 

Sahen  wir  eben  sinnliches  abstehn  und  abfallen,  absitzen 
sich  begegnen,  so  bezeichnet  auch  abslehn  mit  dem  dat.  der 
pcrson  von  einem  oder  einem  abfallen,  gleich  dem  absetzen, 
einen  verlassen,  alicui  dcc.ise.  sehr  oß  im  Aimon:  als  lang 
wir  leben,  wollen  wir  euch  nil  absleen;  dannoch  soll  ich 
inen  nicht  absleen ;  so  will  ich  inen,  als  lang  ich  etwas 
hab,  nit  absleen ;  bat  er  meinelhalben  unrecht,  so  will  ich 
im  doch  nit  absleen ;  so  ir  mir  absleel,  was  schaff  ich 
dann?;  wo  uns  die  gollich  gnad  nit  abstcct; 
du  nülilichsier  der  meinen 
»ich«!  mir  zu  zeitlich  ob.    1'lexinc  146; 


129 


ABSTEHEN  —ABSTEHUNG 


ABSTEIFEN — ABSTERBEN 


130 


u'iewol  dies  letzte  bedeuten  kann  du  verlassest  mich,  oder 
gehst  mir  ab,  oder  gehst  mir  zu  gründe,  denn  abstehn 
drückt  auch  aus  de  statu  suo  declinare,  deierius  ßeri:  abge- 
standner  wein,  vinum  fugiens;  abgestandne  fische,  pisces 
emortui;  der  bäum  steht  ab;  perlen,  aber  alle  verdorben 
uder  abgestanden.  Simplic.  l,  296;  ein  abgestandenes  ge- 
richt.  TiECK  15,  132;  alle  meine  jugendlichen  empfindungen 
erschienen  mir  schal  und  abgestanden.  7,  301.  abgestanden 
drücJU  wie  abgegangen  todt  und  gestorben  aus.  R.  A.  von  1521 
j.  30.  dahingegen  die  verpflanzten  beischosz  leichtlicfa  ab- 
stehn, percunt.  Hohberg  3,  522*. 

Eines  dinges  abslehn  ist  desistere  a  proposito:  das  eben 
dis  die  alleradelichst  tugent  des  glaubens  ist,  das  er  sein 
äugen  zuthut  und  einfeltiglich  solcher  forschung  abstehet 
und  frülich  gott  alles  heim  stellet.  Luther  2,  27l'.  br.  2, 
254;  hiesz  sie  auch  des  nicht  abstehen,  sondern  bestetigels 
\ielmehr.  3,  317;  weil  sie  der  sachen  nicht  abstehen,  br. 
4.  142;  seiner  laster  gar  abstehn.  H.  Sachs  1,  243';  so 
einer  seines  oberhern  bevelcb{s)  abstehet.  Fronsp.  3,  2S3'; 
als  er  seines  stelens  nit  abstund.  Kirchhof  uendunm.  271*; 
der  pfaf  bäte  sie  gar  freundlich,  sie  wollen  ires  frag'fens 
abstehn.  Wickrax  rollw.  59;  wa  si  widerruften,  ihres  irr- 
thumbs  abstunden.  Fraxr  iceltb.  lOO'.  an  die  stelle  des  gen. 
tritt  aber,  und  heute  immer,  die  praeposition :  abstehn  von 
unrecht  nicht  betrübt.  Kirchhof  wendunm.  282*;  wir  würden 
von  der  forderung  gern  abstehn.  Kant  2,  3S5;  er  will  vom 
bauen,  von  seiner  behauptung  abstehn.  es  kann  auch  bloszes 
abstehn,  im  sinne  von  cessare  gesetzt  werden:  was  bei  die- 
sem planeten  sei  zu  begehn  oder  abzustehn.  Fiscdart 
groszm.    55 ; 

je  mehr  ich  küss,  je  mehr  dein  schaee 

mein  herz  ganz  wunderlich   anzündet, 

darurab  ich  billich  nu  absteh, 

eh  gänzlich  mich  dein  schein  verbündet.    W£Ccherlix  406; 

die  mühle  steht  ab,  steht  still. 

Von  einer  sache  abstehn,  sich  ihrer  entäuszem  zu  gun- 
sten  eines  andern,  sie  ihm  abtreten,  überlassen  wendet  die 
neuere  spräche  um  in  einem  oder  an  ihn  eine  sache  abstehn : 
so  wie  er  zehn  jähre  darauf  seine  hälfte  für  die  hälfte  des 
bezahlten  preises  an  ihn  gänzlich  abstand.  Lessing  9,  226; 
der  landphysikus,  der  ihm  den  halben  palast  abstand.  J.  Paul 
1,  170;  ich  glaube  nicht,  dasz  sie  für  das  blosze  exemplar 
des  buchs  den  lorbeerkranz  abstehn  wollen,  leufelspap.  2, 
108 ;  ists  nicht  eine  schände  titularamter  theurer  abzustehn 
als  wirkliche?     Q.  Fixl.  104.     vgl.  zugestehen. 

Bemerkenswerlh  noch :  das  pferd  bat  sich  im  stall  abgestan- 
den, durch  zu  langes  stehn  schaden  gcthan;  die  pferde  slehn 
ihre  bein  ab  und  können  hernach  niergent  fortkommen,  ägri- 
COLA  spr.  168'. 

ABSTEHLEN,  dam  auferre,  nnl.  afstelen:  das  er  mir  tut 
mein  pfrunt  abslelen ,  d.  i.  ab  mir  steten,  fasln,  sp.  144, 
13;  abgestolen  ISO,  S;  das  ein  iglicbcr  bube  macht  und 
freien  zutril  bette,  mir  dieselbigen  {meine  lochter)  heimlich 
abzustelen.  Luther  5,  239';  dasz  mir  das  buchlein  ist  heim- 
lich abgestolen  oder  abgeschrieben.  Luther  br.  3,  121;  so 
wird  ein  giftiger  rauch  drausz,  der  in  einen  kreucht  und  einem 
heimlich  seel  und  leben  abstilt.  Mathesius  102';  gleichwol 
dem  Florindo  nicht  einmal  ein  lustiges  gespräch  abstehlen 
kunte.  Weise  kl.  leule  23;  ein  abgestohlner  kusz.  Logaü  2, 
100,  2;  dem  lieben  gott  die  tage  abstehlen.  Gellert; 

und  ihre  kühneren,  »ora  schlaf  «r^vachlen  seelen 
beginnen  uns  die  Uinst  der  tvaCTen  abzustehlen. 
Gotter  2,  418; 

ich  stahl  ihr  schnell  eio  mäiilcbeo  ab.    Gerstexberg  ; 

die  kunsi,  den  schalten  ihr  aacbahmend  abzustehlen. 

SCUILLER  23; 

die  «nlerscbrifl  von  neulich,  die  abgestohlne.  das.  370;  um 
den  stünden  ihre  bewilligung  abzugewinnen  oder  vielmehr 
abzustehlen,  das.  824;  ihr  {der  nalur)  neue  gcnüsse  absteh- 
len. Kli:>cer  2,  357 ;  blind  für  jede  scbimheit,  die  der  mah- 
ler der  nalur  abstahl.  Tiec«  8,  272.  Sich  abstehlen,  dam  se 
tubducere,  secedere:  dasz  ich  itzl  mit  gewalt  hab  müssen 
mich  abstehlen  von  den  ieuten.    Lother  6,  506*.  br.  5,  83; 

ach  lolt  köni^r  Woirdieterich 

also  von  uns  abstehlen  sich?    Atrer  219*. 

ABSTEHUNG,  f.  omissio,  eessalio:  zu  abstebung  solches 
ircj  trutziges  sinnes  (von  ihrem  tr.  $.  ab2u$lchen)  vermahnet. 


Er.  Auberus  s.  8;    ob   ihm  gleich  Lisette  mit  der  abstehung 
ihrer  liebe  gedräuet.    Salinde  249.  jetzt  auszer  gebrauch. 

ABSTEIFEN,  firmare,  fulcire,  im  bauwesen,  mit  stützen, 
streben  versehen:  wenn  die  schwellen  eingelegt,  die  Ständer 
aufgestellt  und  an  den  seilen  abgesteift  sind;  einen  Schacht 
absteifen,  stützen. 

ABSTEIGEN,  descendere,  niedersteigen,  nnl.  afslijgen:  vom 
pferde,  wagen  absteigen,  früher  ab  dem  pferde  steigen;  vom 
thurra,  berge,  von  der  höhe,  von  dem  galgen  absteigen,  ahd. 
So  stige  er  abe  demo  galgen.  .V.  ps.  21,  8,  stige  nidar  fon 
themo  crüce  T.  205,  3,  descendat  de  cruce  Matth.  27,  42, 
ICO  Ulfilas,  wie  auch  Marc.  15,  32  atsteigadau  af  ^amma  gal- 
gin,  gleichsam  ascendatur  de  cruce,  weil  man  aufsteigen  mmz, 
«m  den  hängenden  herabzulassen,  at  bedeutet  hier  ad,  Ttoö;, 
wie  in  atsleigan  us  himina,  heran  steigen  von  dein  himmel, 
und  wenn  Voss  sagt:  wähnt  man  doch,  dasz  ganz  in  das 
meer  absteige  der  himmel,  so  würde  auch  hier  ein  goth.  at- 
sleigan stehn.  dem  nicht  unähnlich  gebrauchte  man  sonst 
absteigen  für  ersteigen,  ascensu  capere:  zuschub  mit  heim- 
lichen absteigen  Schlösser  und  häuser  üben,  landfr.  von  1521. 
7,  8 ;  keiner  (soll)  dem  andern  sein  Stadt,  schlosz  unil 
flecken  einnehmen,  absteigen,  mit  brand  beschädigen.  RA. 
von  Speier  1526.  §.  4,  tro  die  lesart  abstcigern  verwerflich; 
auch  soll  niemand  schlosz,  Stadt,  markt  absteigen  oder  fre- 
ventlich einnehmen.  Regensb.  abschied  in  Melanchth.  opp. 
ed.  Bretschneider  4,  628.  Figürlich  absteigen  für  abstammen, 
von  dem  haupt  des  Stammes  in  die  glieder :  wie  die  risen, 
die  recken  auf  die  well  kommen  und  Gurgellantua  nach  ge- 
rader lini  von  inen  abgestigen  seie.  Fischart  Garg.  eap.  1; 
seine  absteigende  erben  (descendenten).  Ayrer  39t*;  ist  dcr- 
halb  kein  wunder,  das  die  krankheit  vom  heubt  in  die  glie- 
der, von  bepsten  in  andere  nidere  prelaten  abgestiegen  ist. 
Luther  2,  183*.  wo  absteigen  ßr  sich,  ohne  casus  steht, 
ist  von  dem  pferde  ausgelassen :  er  ist  abgestiegen,  im  gast- 
hof  abgestiegen; 

schon  ist  der  tag  absteigend.    Tiecc  1,  3S2, 
«eil  man  sich  den  tag  auch  reitend  dachte,     die   preise    stei- 
gen ab  (i;o»  ihrer  höhe),  fallen,  sinken:    wäre  der  wertli  ab- 
gestiegen.   Frankf  ref  IL  11,  5. 

ABSTEILE.N,  ad  ima  deferri  hat  Stieler  2138,  aber  oMcii 
Güthe  39,  192:  der  wenige  abgesteilte  erdgrund,  worauf  der 
bäum  steht,  d.  i.  der  steil   gesenkte. 

ABSTEINEN,  lapidibus  signare :  den  acker,  die  llur  absteinen. 

ABSTELLEN,  e  loco  movere,  abrogare,  nnl.  afstellen:  den 
stuhl,  das  bell  von  der  wand  abstellen;  vom  wagen  einen 
sack  abstellen;  eine  last,  bürde  abstellen,  absetzen,  nieder- 
setzen; ein  laster,  einen  misbrauch  abstellen,  von  der  stelle 
schaffen,  abschaffen;  zu  rechter  zeit  stell  er  das  ab.  Schwar- 
zenberg  138,  2;  bleibt  abgeslelt.  fastn.  sp.  180,21;  die  sQsze 
zeit  abstellen.  Fleming  173; 

hanr  hat  viel  rerzweifeii  böses  gut  gemacht  und  abgestellt. 
toGAü  2,  9,  78. 

ABSTELLER,  m.  abrogator:  Christus  ist  der  absteller  der 
sünd.     Reiszner  Jerus.  2,  77*. 

ABSTELLUNG,  f.  abrogatio:  wider  die  abstellung  des 
sonntags  zu  eifern  ist  vergebens.    Rarener  4,  86. 

.\BSTEMPELN,  signo  notare,  franz.  timbrer:  die  Zeitungen, 
bücher  abstempeln. 

ABSTENGELN,  decaulescere :  der  reltich  schmeckt  besser, 
ehe  er  abslcngelt,  Stengel  treibt. 

ABSTEPPE.N,  consuere,  cuspidatim  exomare:  ein  kleid, 
einen  rock  absteppen. 

ABSTEHBEN,  demori,  emori,  dem  tode  sich  langsam  nä- 
hern, dahin  sterben,  nnl.  afslerven :  der  zweig  stirbt  von  dem 
bäum  ab ;  das  glied  stirbt  von  dem  finger,  der  Onger  von  der 
band  ab ;  der  fisch  ist  abgestorben ;  lasz  uns  zusammensitzen 
und  absterben,  wie  der  fiscli,  dem  das  wasser  abgeleitet  ist. 
Kliicer  t,  60;  die  crze  sterben  ab,  werden  geringer;  der 
bäum,  die  blume  stirbt  ah,  languet;  der  geist  ist  frisch,  der 
leib  stirbt  ab ; 

.<chon  lange  grünt  un«  nicht  mehr  der  abgestorbene  trald, 
der  in  die  süszen  .«chatten  uns  rief.    Zaciuria; 

damit  sie  des  guten  abgestorbenen  (verstorbenen)  kerfs  desto 
ehe  vergessen  möchten.  Wickram  rollw.  65';  du  abgestor- 
bener weitmann !  Güthe  18,  313 ;  ein  absterbender  greis ; 
zuweilen  für  aussterben: 

si  wollen  dasz  mein  nam  und  ehr 

«olt  mit  mir  ganz  iibsterbea.    WscKaERLi.'«  140; 

U 


131 


ABSTERBEN  —  ABSTIFTEN 


ABSTILLEN—  ABSTRAFEN 


132 


wer  ist  kindlos  und  erblos 

ganz  abzusterben  nicht  verdrossen?    da«.  499; 

dies  haus  wird  bald  absterben;  die  mönche  im  kloster  ab- 
sterben lassen;  bandel  und  wandel  in  diesem  lande  ist  ganz 
abgestorben  ;  Schweiz,  abgstorba,  verblichen :  er  hed  e  ganz 
abgstorbes  balstüchli  a.  Tobler  13';  eine  abgestorbene,  aus- 
gestorbene spräche ;  abgestorbene  Verhältnisse.  Gotter  3, 157. 
abgestorbenes  gut,  erbloses:  wegen  der  abgestorbenen  ver- 
lassenen hal)e.  Reutteu  kriegsordn.  17;  das  brauchen  wir 
nicht  wieder  zu  geben,  die  Sachen  sind  abgestorben.  Leipz. 
avanturier  1,  166.  Einem  absterben,  durch  den_  tod  genom- 
men werden :  die  eitern  sind  ihm  frühe  abgestorben  {von  sei- 
ner seile  gerissen  worden);  es  ist  mir  {von  mir)  an  ihm  ein 
treuer  freund  abgestorben; 

ihm  starben  brüder,  Treuud  und  weib  und  Kinder  ab. 
Gotter  1,  317; 

oß  das  gcfühl  wofür  verlieren,  entsagen:  er  ist  der  weit  ab- 
gestorben; so  ihr  denn  nun  abgestorben  seid  den  Satzun- 
gen der  weh.  Coloss.  2,  20  {goth.  gasvultuj)  af  stabim  })is 
fairhvaus,  vulg.  mortui  estis  ab  elementis  mundi) ;  der  freude 
starb  ich  ab.    Gotter  3,  573; 

wir  sterben  uns  uns  selbst  vor  ab,  für  unserin  sterben, 
wann  gaben,  die  in  uns,  unausgeübt  verlerben. 

LoGAU  3,  8,  67; 
ein  weiser  mann 
stirbt  ab  der  Sterblichkeit.    Opitz  1,  65; 

die  ihre  gewohnheiten  und  sitten  beibehielten,  weil  es  ilmen 
doch  zu  schwer  war,  ihrem  vaterlande  ganz  abzusterben. 
Schiller  S52;  der  neue  mensch,  indem  er  dem  alten  ab- 
stirbt. Kant  6,  239.  auch  mit  der  praep.  für:  abgestorben 
für  jede  freiheitliche  regung.  Dahlmann  franz.  rev.  65. 

ABSTERBEN,  n.  obilus:  auch  konnte  der  schmerz  über 
das  zeitige  absterben  des  braven  mannes  nur  durch  das  ge- 
fühl  gelindert  werden,  dasz  er  auf  der  weit  wenig  geliebt  habe. 
GöTHE  19,  141.     das  absterben  eines  glieds,  hinschwinden. 

ABSTERBLICH,  inlermoriens :  so  ist  die  krankheit  alle  zeit 
zu  erwarten,  und  nicht  absterblich,  wie  etliche  krankheiten. 
Paracelsi  opp.  1,  289'. 

ABSTERBÜNG,  f.  necatio,  interemtio,  was  ein  verlornes 
transitives  absterben  absterbte  {mhd.  sterben),  verschieden  von 
absterben  abstarb  (mhd.  sterben)  voraus  setzt:  die  beschnei- 
dung bedeut  die  absterbung  unser  selbs.  Frank  wellb.  124"; 
die  hugonotische  reformation  und  absterbung  {der  begierden, 
folglich  enlhallsamkeit).  Fischart  bienenk.  23l';  mit  gänzlicher 
absterbung  des  eignen  willens  sich  ihm  hingebe.  Fichte  s/aa/s/. 
193,  obgleich  die  letzte  stelle  auch  das  absterben,  emori  mei- 
nen kann,  wie  bei  Kant  5,  252  ein  abgestorbenes  oder  die 
absterbung  drohendes  organ. 

ABSTERZEN?  dunkler  bedeutung : 
so  oft  ein  herze  sterzt  dem  andern  herzen  ab.    Louknst. //i/ac.  34; 
kaum   abstürzen,    aber   sonst  heiszt   sterzen,   starzen   turgere, 
und  die  Windberger  psalmen  347  haben  lif  starzen  erigere. 

ABSTEUER,  f.  tributum:  ein  hüfener  gibt  einen  thaler  ab- 
falutsgeld,  ein  kossäte  einen  halben  thaler  absteuer.  mark, 
amtsordn.  §.  68 ;  die  absteuer  der  geschwister.  Moser  1,  112. 

ABSTELERN,  navem  solvere:  das  schif  vom  lande  ab- 
steucm. 

ABSTICH,  m.  abstich  vom  torf,  abstich  des  flüssigen  erzes, 
absticli  des  bildes,  abstich  der  nath.  hauptsächlich  aber  gilt 
es  heule,  wie  früher  abstechung,  für  den  contrast  und  gegen- 
satz:  der  abstich  ist  zu  stark,  den  dieser  neue  ton  mit  dei- 
nem ersten  macht.  Wieland  9,  21;  insonderheit  machte  das 
giosze  Schlachtschwert  mit  seinem  übrigen  ansehen  einen  lä- 
cherlichen abstich.  11,  336;  ein  begrif  von  machtvollkommen- 
heit,  der  gegen  das  übrige  Staatsrecht  der  Deutschen  den  lä- 
cherlichsten abslich  machte.  Schiller  889 ;  je  härter  der  ab- 
stich war,  den  der  grundsatz  der  waliriieit  mit  den  herschen- 
dcn  mMimen  machte.  ItlS;  eine  lebhafte  bewegung  welche 
gegen  die  sinnende  ruhe  de«  Diomedes  einen  vielleicht  nur 
zu  starken  abstich  macht.  1228;  die  tannen  und  die  verfal- 
lene hfllte  machten  in  der  heiteren  grünen  landschaft  gegen 
die  weiszen  häuser  des  dorfes  und  das  prächtige  neue  schlosz 
den  sonderbarsten  absticli.  Tieck  4,  368 ;  der  rührende  ab- 
slich des  morgengetümmels  mit  der  nacbtpausc.  J.  Paul  He$p. 

3,  144. 

ABSTIEG,  m.  descensus:  der  abstieg  war  zu  jäh,  die  vor- 
über ziehenden  konnten  nicht  anhalten.    Gothe  21,  6. 

ABSTIFTEN,  auferre,  delrahere,  gegensatx  von  anstiften,  stiften : 


sorgsam  vermeid  der  weit  gifl, 
so  glauben,  ehr  und  trcw  abslift. 

WiCKRAx  irr.  tilg.  23; 
einem  habe  und  gut  abstiften.    heute  veraltet. 

ABSTILLEN,  sedare,  pacare,  gleichsam  von  dem  zorn,  ab 
ira:  idoch  stillet  Phinees  gottes  zorn  wider  ab.  Frank  weltb. 
163";  zum  dritten  solt  niemand  sein  tochter  Athenas  oder 
Minervam  heiszen,  damit  ward  Neptunus  abgestillet.  Frank 
chron.  16". 

ABSTLMMEN,  dissonare,  repugnare,  mit  dem  dat.,  gegensatz  von 
bei  oder  zustimmen :  dieser  artikel  ist  falsch,  abstimmend  den 
heiligen  lercrn  und  dem  rechten  verstand  der  schrift.  Luther 
1,  544";  dasz  ein  beistimmendes  oder  abstimmendes  gespräch 
eben  da  anfangen  musz  wo  ich  aufhöre.  Göthe  38,  141;  dasz 
gegner  ihn  streng  behandelt,  freunde  sogar  ihm  abgestimmt. 
39, 118.  auch  von  einem  abstimmen.  Auszerdem  ist  abstimmen 
mit  der  praep.  über  vota  emittere,  stimmen  abgeben,  der  reihe 
nach  abstimmen,  und  einen  abstimmen,  durch  mehrheil  oder 
getvicht  der  stimmen  besiegen,  fällig  machen. 

ABSTIMMIG,  dissonans,  contrarius :  dieser  artikel  ist  falsch, 
crgfrlich,  dem  göttlichen  und  natürlichen  recht  abstimmig. 
Luther  1,  545";  abstimmige  meinungen,  von  einander  weichende, 
sich  widerstreitende. 

ABSTIMMUNG,  f.  contraria  sententia:  ich  werde  meine  ab- 
stimmung  kurz  und  gut  ausdrücken.  Göthe  45,  38.  in  an- 
derm  sinn,  für  herabstimmung,  herabdrückung  verwendet  ab- 
stimmung  Kant  6,  211.  7,  225.  auch  kann  es  blosz  die  abge- 
gebene stimme  bezeichnen,    freiheit  der  abstimmung. 

AB  STIPPEN,  jusculum  tingendo  sorbere,  die  sauce  auf  dem 
teller  durch  eingetauchtes  brot  zu  sich  nehmen,  abtupfen. 

ABSTÖBERN,  abstergere:  waschen,  aufräumen,  abstöbern, 
mägdelob  64.    s.  abstäuben. 

ABSTOLPERN,  offensare  pedem:  das  pferd  ist  von  dem 
stein  abgestolpert;  er  stolperte  von  der  treppe  ab. 

ABSTOSZ,  m.  actus  detrudendi,  abstosz  der  mauer;  ab- 
stosz,  absatz  der  waaren. 

ABSTOSZEN,  detrudere,  nnl.  afstuiten:  das  schif  vom 
lande,  ein  stück  von  der  wand,  mauer  abstoszen;  den  reiter 
vom  pferde  abstoszen.  weisth.  2,  592.  594;  der  ochs  hat 
sich  die  hörner,  der  vogel  das  gelbe  vom  Schnabel  abge- 
stoszen ;  das  kalb,  lamm  {vom  euter  der  mutter)  abstoszen, 
entwöhnen;  die  kälberzähne  abstoszen  {s.  abschieben);  die 
bienen  {vom  honig)  abstoszen,  ihnen  den  honig  nehmen;  dem 
verurtheilten  missethäter  den  hals  {vom  leibe),  das  herz  {von 
der  brüst)  abstoszen;  das  rauhe  am  holz  mit  dem  hobel  ab- 
stoszen, die  scharfen  ecken  vom  bauholz  abstoszen;  den 
könig  vom  stuhl,  vom  thron  abstoszen,  entthronen,  was  auch 
blosz  abstoszen  hiesz:  nu  ligt  gott  nicht  viel  dran,  wenn 
seine  oberkeit  und  herrn  böse  buben  sind,  das  ein  ander 
herr  komme  und  stosze  den  abe.  Luther  3,  230';  denn  von 
anbegin  der  weit  sehen  wir,  wie  gott  immer  einen  kö- 
nig durch  den  andern  abstöszet  und  andere  aufsetzet,  das.; 
und  hat  Otto  der  ander  seinen  schwager  keiser  Johannein 
zu  Constantinopel  wider  eingesetzt,  da  er  abgestoszen.  8, 
247";  Jason,  der  seinen  bruder  vom  amt  abgestoszen  hatte. 
2  Macc.  4,  26.  figürlich,  abstoszen,  zurückstoszen,  im  gegen- 
satz von  anziehen:  die  gegenwart  der  alten  bekannten  kunst- 
werke  zog  ihn  an  und  stiesz  ihn  ab.  Göthe  20,  245;  Lydie 
kam  zurück,  meine  mutter  war  grausam  genug  das  arme 
mädchen  {von  sich)  abzustoszen.  20,  63;  alle  hofnung  be- 
nehmen und  ihn  betrübt  abstoszen.  pers.  rosenth.  1,  15. 
eine  schuld  abstoszen,  sich  von  ihr  frei  machen,  sie  bezah- 
len :  wenn  man  alte  oft  bemahnte  schulden  endlich  abstöszt. 
TiECK  8,  235;  sämtliche  schulden  seines  weibcs  abstoszen. 
J.  Paul  paling.  2,  128.  einen  abstoszen,  besuchen  und  sich 
bewirthen  lassen,  gleichsam  vom  stuhle  stoszen,  dasz  er  auf- 
stehe und  speise  rüste,  sich  abstoszen,  abnützen,  von  klei- 
dem  und  schuhen.  Intransitiver  sinn  entspringt  durch  cllipse 
des  acc:  vom  lande  abstoszen  {den  kahn),  was  dann  auch 
im  praet.  sein  statt  haben  annimmt;  ahsloszcn  {das  jdgerhom), 
abblasen;  abstoszen  {die  kufiel)  beim  billard. 

ABSTRAFEN,  punire,  was  sich  vom  einfachen  strafen  un- 
terscheidet wie  abhern,  abdresclien,  ahprügcin  von  bern,  dre- 
schen, prügeln,  also  den  Vollzug  der  handlung  ausdrückt: 

wie  du  die  grimmen  scharen 
der  riesen  abgestrnli.      Opitz  1,  97; 
als  mich  die  mama 
IIAuschen  küssen  sah, 
strafte  sie  mich  ab.    IIackdorn  3,71; 


I 


•'^ 


133 


ABSTILmL  —  ABSTREIFEN 


so  wird  er  der  polizei  übergeben,  die  ihn  dann  den  umstün- 
den  gemäsz  schon  abstrafen  wird.   Klopst.  12,  60 ;  wir  über- 
geben   sie   hiermit  dem  lübhchen  magistrat  um  sie  abzustiu- 
fen.  TiECE  3,9.    scherzhaß:  einen  kirschbaum  abstrafen. 
ABSTRAHL,  m.  radius  reflexus,  emanans  : 

bist  Ton  ihm 
ein  absu-ahl  ewig  wie  das  ewge  iicbt.    Herder  4,  64 ; 

alle  meine  blicke  sind  abstrahlen  der  kraft.  Fr.  Müller  2, 162. 
ABSTRAHLEN,  radios  reßectere: 

und  bäum  und  herde,  feld  und  (lur 

schien  gottes  sagen  abzustrahlen.    Schcbart  2,  48. 

ABSTRÄHLEN,  capillum  pone  versum  cogcre :  das  haar,  die 
locken  abstrählen. 

ABSTRÄNGEN,  laqueum  solvere,  ein  pferd  absträlngen,  den 
Strang  losbinden,  der  es  an  den  wagen  heßet. 

ABSTREBEN,  dcorsum  nili,  gvgensatz  von  an-  und  aufstre- 
ben, man  hat  die  centrifugalkraft  eine  abstrebende  genannt. 
ein  anderes  abstreben  ßr  renuere,  denegare  scheint  folgende 
stelle  zu  gewähren: 

so  woh  ich  mein  geladen  gest  speisen, 
wie  ich  auch  verheiszen  hab, 
welches  du  mir  strihesl  ab, 

Kd.  Schlbarth  Sieman  d.  i.  hausteufel.  WeiszenfeU 

0.  j.  blau  Db% 

sagt  der  mann  zu  seinem  bösen  weibe,  das  die  gaste  zu  spei- 
sen weigert,  tgl.  stribete  ßr  strebete.    Roth.  1039. 

ABSTRECKEN,  deorsum  tendere,  hinabstrecken,  niederstre- 
cken: 

wenn  er  {der  bar)  die  keule  mit  der  faust  abstreckt] 
so  prallt  sie  also  fort  herwidder. 

froschmeuseler  1.  2,  11. 

.ABSTREICH,  n.  hostorium,  Streichholz:  das  er  mit  einem 
Filberin  futermasz  und  abstreich  auf  dem  rosz  in  ein  mäsz 
raasz  und  abstrich.  Fr-VSk  chron.  225'. 

ABSTREICH,  m.  subhastatio,  eigentlich  das  mindergebot,  im 
gegensalz  zu  aufstreich  mehrgebot:  drei  ducaten,  und  kams 
im  abstreich  herab  auf  drei  batzcn.  Schiller  107. 

ABSTREICHEN,  delinere,  detergere,  obducere,  gegensnl:  von 
streichen,  anstreichen,  aufstreichen,  ahd.  strichan,  mhd.  stri- 
chen, nnl.  afstrijken.  die  butter  vom  brot  abstreichen,  den 
staub  vom  tisch,  schäum  vom  hier,  den  leim  von  der  wand 
abstreichen;  das  messer  abstreichen,  sowol  abwischen,  reini- 
gen, als  durch  streichen  auf  dem  leder  oder  stahl  schärfen, 
voraeulam  obducere,  conduccre  (Gr.\ff  6,  742);  das  körn,  ge- 
Iraide,  salz  vom  scheffel  abstreichen,  hostorio  aequare:  die 
steur  mit  einem  besen  abstreichen,  weisth.  1,  394 ;  er  schöpfte 
das  gefdsz  übervoll  (mit  haber),  strich  es  ab.  Göthe  24,  323 
(s.  abstreich).  dann  den  scheffel,  das  gemäsz  abstreichen. 
bei  den  gerbern  das  feil,  die  haare  abstreichen,  abschaben, 
im  hüttenwerk,  die  wilde  materie  abstreichen,  neu  ist  mit  der 
feder  abstreichen,  delere:  in  dem  trauerspiele,  was  eben  nicht 
gehen  wolle  noch  könne,  abzustreichen,  mehrere  personen  in 
eine  zu  drängen.  Göthe  19. 158. 

Vom  intransitiven  streichen,  vagari,  ire,  meare  (Gr.^ff  6, 
742)  herzuleiten  ist  unser  auf  und  abstreichen  im  lande;  bei 
den  Jägern  gilt  abstreichen  von  den  ausfliegenden  nestlingen 
der  raubvögel:  der  habicht  streicht  ab,  fliegt  aus,  ein  abge- 
strichener habicht,  dem  nest  entflogner.  bei  den  fischern  ali- 
streicben  von  den  leichenden  fischen:  die  karpfcn  haben  ab- 
gestrichen, transitic  scheint:  die  Jäger  streichen  ein  feld  ab, 
wenn  sie  lerchen  zusammen  treiben,  der  habicht  streicht  eine 
flur  ab,  renn  er  sie  im  ßuge  durehmiszt;  doch  leicht  sind  die 
acc.  ein  feld,  eine  flur  adverbi<ü  gesetzt,  durch  das  feld,  durch 
die  flur. 

ABSTREICHEN,  a&x/ergere,  tirjis  caedere,  afti.  streichen  mul- 
fere  (Ghaff  6,  743),  es  scheint  früher  mit  dem  dat.  der  person: 
was  liai  doch  verbrochen  der  liebliche  knabe, 
dasz  ihme  so  ernstlich  die  muKer  streicht  abe  ? 
LocAU  2,  2,  43. 
doch   mag    heute  die   angewandte    starke  form   auch    den   acc. 
heran  führen:  die  mutter  strich  das  kind  mit  der  ruthe  ab. 

ABSTREICHER,  m.  gleichsam  abstersor,  abputzeisen  vor  der 
Ihür. 

ABSTREIFEN,  destringere,  detrahere:  blätter  vom  bäume, 
vom  ast  abstreifen,  den  ast  abstreifen;  streifet  dem  bäum 
das  laub  ab.  Daniel  4. 11 ;  einem  das  geld  abstreifen,  fastn.  sp.  390, 
23;  einem  wolfe,  fuchse  den  balg  {vom  leib)  abstreifen,  den 
wolf,  fuchs  abstreifen;  die  schlänge  streift  ihre  haut  von  sich  ab ; 


ABSTREIFEN— ABSTRICKEN  134 

sie  zerren  an  der  schlangenhaut, 
die  Jüngst  ich  abgelegt, 
und  ist  die  nächste  reif  genung, 
absireif  ich  die  sogleich.  Göthe  4,357; 

einen  aal  abstreifen;  höhnen  abstreifen,  abziehen;  eine  fedcr 
abstreifen,  ebarher  une  plume;  den  handschuh,  die  strumpfe 
abstreifen ;  thränen  mit  den  Ongern  von  der  wange,  den  thau 
vom  grase  abstreifen,  figürlich,  ein  laster,  eine  üble  gewohn- 
heit  von  sich  abstreifen ;  es  ist  ganz  natürlich,  dasz  man  den 
gegenständ  von  allem,  was  er  vorzügliches  hat,  in  der  einbil- 
dung  rein  abstreift.  Wielasd  S,  246;  einen  abstreifen,  einem 
alles  entziehen:  beweisen,  dasz  ein  mensch  desto  vollkomra- 
ner  sei,  je  abgestreifter  er  ist,  je  weniger  er  zu  verlieren  hat. 
14,  350.  ahd.  aba  streifan,  im  physiologus  (fundgr.  1,  21)  von 
der  natler:  so  suochet  siu  einen  locherohten  stein,  sliufet 
dar  durch  unde  streifet  die  hüd  abo.  gewöhnlicher  aber  ist 
aba  slroufan,  mhd.  abe  stroufen,  den  balc  abestroufen.  Die- 
MER  23,  5 ;  nnl.  afstroopen,  s.  abstrüpfen.  verschieden  ist  das 
inlr.  abstreifen,  aberrare,  abgleiten :  die  kugel  streifte  vom 
knochen,  vom  bäum  ab,  ist  abgestreift,  was  sich  aus  der  älte- 
ren spräche  nicht  aufzeigen  Idszt. 

ABSTREIFER,  m.  frondator,  danit  auch  deverticulum,  wie  ab- 
stecher,  abschweif,  ton  abstreifen  in  der  zuletzt  angegebnen  be- 
deutung:  einen  abstreifer  aufs  land  machen. 

ABSTREITEN,  Ute  extorquere,  denegare,  nnl.  afstrijden, 
mhd.  wol  abe  {wie  an)  erstriten: 

ein  kind  sucht  kindern  oft  den  apfel  abzustreiten. 
Hagedorx  1,  119; 
uns  diesen  namen  abzustreiten.    Lsssnc  lf72; 

einem  garten  und  hof,  grund  und  boden  abstreiten,  alle  gu- 
ten eigenschaften  abstreiten;  das  lasse  ich  mir  nicbl  abstrei- 
ten, die  bedcutung  des  nnl.  afstrijden,  zu  ende  streiten,  decer- 
tare,  steht  unserm  abstreiten  nicht  zu,  doch  kann  gesagt  «er- 
den sich  abstreiten,  5icA  müde  streiten. 

ABSTRICH,  m.  quod  detergitur ,  delersum  est:  graupen, 
schlacken,  gekretz,  ofenbruch,  abstrich  und  der  staub,  so  man 
über  dem  ofen  im  rauchgewelb  fehet,  wird  auch  wider  rein  und 
zu  gut  gemacht.  Mathesils  lOO';  wenn  nun 'das  werk  zurgehet 
und  schmilzet,  so  streicht  der  meister  das  -unreine,  so  auf  dem 
werk  schwimmet,   abe,   das  heiszet  der  abstrich,  das.  149'. 

ABSTRICKEN,  e  laqueo  eripere,  detrahere,  illaqueare,  inter- 
cipere,  abschneiden,  im  16.  njh.  häufig:  sol  nun  unser  fleisch 
vom  tode  erlöset  und  dem  teufel  widerumb  abgestricket  und 
abgewonnen  werden.  Luther  tischr.  38" ;  damit  macht  er,  dasz 
uns  die  leut  feind  werden,  strickt  sie  uns  also  ab.  das. 
25%':  denn  in  solcher  friedenshandlung  wirdet  man  uns  alle 
christliche  forderung  wollen  abstricken,  auf  dasz  die  pfaffen 
desto  basz  mögen  in  esse  bleiben.  .Melanchtii.  opp.  ed.  Bret- 
schn.  4,  2SS;  so  soll  du  die  ader  mit  einem  zwifächtigen  fa- 
den in  einer  nodel  abstricken,  das  ist  als  vil  als  zuknOpfen 
(unterbinden).  Gersdorf  feldbuch  35;  es  niemand  abzustricken 
noch  zu  benemmen.  Frank f  reform.  1.  50, 1 ;  wo  den  bela- 
gerten brunnen  oder  ander  wasser  abzustricken  und  abzugra- 
ben seien.  Kirchhof  disc.  mil.  33;  ihm  {dem  feind)  alle  nol- 
turft  einzubekommen,  wehren  und  abstricken,  das.  99;  die 
brunnen,  so  zur  statt  oder  festung  geleitet,  wo  müglich,  inen 
abgestrickt,  abgraben  oder  sonst  entwehret  werden,  das.  166; 
welche  ehr  des  Schmucks  ihnen  {den  frauen)  doch  Vives  wider 
der  Spanier  art  will  abstricken.  Fischart  Garg.  cap.  5;  desz- 
halben  mir  ihnen  dasselbige  gewinlin  abzustricken  ein  gewis- 
sen machet  groszm.  4;  das  mebrertheil  unserer  weibsbilder 
würden  erst  alsdann  nicht  ausgehen  wollen,  wann  man  ihnen 
die  pöntliche  pantoffelchen  nähme,  oder  ihnen  die  geschmeid 
oder  sonst  kostbare  schleifen  wolle  abstricken,  ehzuchlb.  39; 
wie  wol  man  dannoch  auch  den  leien  das  blut  Christi  nit 
gänzlich  abstrickt,  bienenk.  93';  um  Carolo  das  reich  wider 
abzustricken,  das.  128';  da  {auf  dem  concil)  ward  den  geist- 
lichen die  ee  abgestrickt.  Tschudi  1,25;  ich  wil  kein  redlich 
kunst  hiemil  abgestrickt  haben.  Frank  4, 169 ;  er  hab  uns  das 
himmelreich  hie  mil  gewall  abgestrickt,  das.  5,  172;  dieweil 
nun  durch  diesen  revers  und  artikel  vil  vortheils  und  tinaoz 
wird  abgestrickt.  FR0.^sp.  kriegsb.  1,  102";  dann  so  man  den 
feind  uberfelt,  provand  abstrickt,  das.  2.  rorr.;  derwegeo 
nicht  übel  bedacht,  dasz  solches  in  den  artikels  briefen  und 
bestallungen  ist  abgestrickt  worden,  das.  3,  117*; 

auch  dflsi  wir  all  verriitherei 

im  vt-rliindern  und  abstricken.    At«e«  72*; 

damit  ich  ihme  seine  verzüglichkeit  abstricke.   AntER  proc.  l, 

9* 


135 


ABSTRICKEN —ABSTUMPFEN 


ABSTÜRMEN —ABT 


136 


5;  als  ob  man  ime  die  im  recbten  vergönte  beweisung  ab- 
stricken wolle,  das.  2,  7 ;  damit  die  beweisung,  welche  auch 
aus  des  künigs  gewalt  und  Vollkommenheit  selbst  niemand 
abzustricken,  nil  abgekürrt  werde,  das.  2, 1 ;  wiewol  ich  mich 
nun  besorgete,  dasz  durch  solche  ankunft  anderer  mir  eine 
einsamkeit,  bei  der  ich  mir  jetziger  beschaffenheit  nach  liesz 
übel  sein,  möchte  abgestrickt  werden.  Opitz  2,  248 ; 

der  tod  strickt  alles  ab.    das.  2,  441 ; 
in  büchern  streitet  auch  Lysander  noch  zu  lande, 
Themistocles  zur  see,  liegt  Ciinon  in  dem  bände: 
die  stelle  selber  ist  vom  Türken  abgestrickt. 
Parnassus  der  ist  ganz  in  barbarei  erstickt,    das.  3,  307 ; 

hast  allen  weg  und  bahn 
dem  boten  abgestrickt,  dasz  niemand  für  dich  kan.  das.  3,  39; 

die  noth  verbitterte  sich  gleichsam  ihnen  alle  hülfe  und  die 
bofnung  abzustricken.  Lohenst.  Arm.  1, 1034 ;  jedoch  sehe  er 
keine  solche  gefahr,  welche  ihnen  alle  bofnung  des  obsieges 
abstrickte,  das.  1,  1313;  und  ist  daher  ausfündigs  rechtens, 
wann  jemand  dem  andern  entweder  seine  zeugen  abstrickt, 
oder  aber  seine  instrumenta  zerreiszt.  Hohberg  3,  30' ;  dasz 
der  fiscus  dem  dritten  seine  gerechtigkeit  durch  solche  ein- 
ziehung  der  guter  nicht  abstricken  noch  entziehen  kan.  das. 
3,  38'.  waaren,  so  Holland  gutentheils  daher  Jiekomiut,  welche 
ihm  abzustricken  . . .  Frankreich  vor  ein  gi-oszes  theil  des 
Sieges  hält.  Leibmtz  227 ;  dasz  ihnen  durch  Franzosen  inner- 
lich die  nahrung  abgestrickt  werde,  das.  231.  neuere  bedienen 
sich  des  tvorles  selten,  doch  hört  man  sagen:  er  hat  ihm  die 
braut  abgestrickt,  ihm  alle  gelegenheit  abgestrickt,  vorweg- 
genotnmen,  benommen,  abgeschnitten,  den  hund  abstricken  ist 
noch  das  sinnliche  loslassen,  wie  abbinden,  losbinden  und  un- 
terbinden bedeutele  auch  abstricken  sowol  losstricken  als  ver- 
stricken, hemmen.  Etwas  anderes  ist  bei  strickenden  frauen 
eine  nadel  abstricken,  herunter  stricken. 

ABSTRICKUNG,  f.  inteiceptio :  abstrickung  alles  trosts. 
Melakchth.  7,  15 ;  belagert  und  durch  abstrickung  des  Was- 
sers erobert.  Micrälics  2,  245. 

ABSTRIEGELN,  strigili  destringere,  detergere:  den  staub 
von  dem  pferde,  von  den  mahnen  abstriegeln,  das  pferd  ab- 
striegeln. 

ABSTRÖMEN,  defluere,  nnl.  afstroomen:  das  wasser  strömte 
von  allen  seilen  ab ;  strömte  vom  dach  ab ;  thränen  strömten 
ab  von  ihren  wangen ;  die  menge  strömte  wieder  ab.  tran- 
sitiv, derivare,  einen  flusz  abströmen;  holz  auf  dem  flusse 
abströmen ;  der  flusz  strömt  viel  vom  ufer,  lande  ab. 

ABSTROSSEN,  abscindere?  im  bergwcrk,  das  erz,  einen 
gang  abstrossen ;  Strosse  scheint  eine  stufe,  und  ist  wol  dem  nnl. 
strot  guttur,  gula,  ags.  J)rote,  engl,  throat  verwandt,  so  dasz  ab- 
strossen dem  abkehlen  gliche,  vgl.  franz.  detrousser,  demittere 

ABSTRÜPFEN,  destringere,  mit  rascher  hand  abstreifen,  nnl. 
afstroopen,  mhd.  abe  stroufen,  laub  und  blätter  abstrüpfen; 
einige  schreiben  abstrupfen,  das  sich  zu  abstraufen  wie  ab- 
rupfen zu  abraufen  verhält. 

ABSTUFEN,  gradatim  caedere,  das  erz  abstufen,  eine  treppe 
im  berg  abstufen;  figürlich  distinguerc.  der  dichter  musz  die 
Charaktere  gehörig  abstufen ;  die  besetzung  der  frauenzimmer- 
rollen ist  schon  schwieriger,  es  sind  deren  fünf,  von  abge- 
stuften, sorgfiiltig  unterschiedenen  Charakteren.  Göthe  45,26; 
kann  man  diese  llguren  dergestalt  abstufen,  so  wird  die  tra- 
gödie  iiire  Wirkung  nicht  verfehlen.  45,  27 ;  beweist  es  nicht 
mehr  allmacht,  millionen  von  geistern  so  abzustufen,  wie 
wir  alle  einander  kennen,  als  sie  alle  in  eine  form  zu  werfen? 
Kunger  12,  34. 

ABSTUFUNG,  f.  gradus,  distributio,  variatio. 

ABSTÜLPEN,  replicare,  curvare:  den  hut  abstülpen,  ab- 
krämpen.    schweizerisch  abalitza  Tobler  5'. 

ABSTÜMMELN,  detruncarc:  alle  pllanzung  musz  abgestüm- 
melt,  im  boden  ausgereut  werden.  Frank  parad.  4, 153 ;  gott 
schlegt  alle  unsre  wisheit,  fleischlichen  willen  zu  boden,  kop- 
pet  und  stimlet  ab  alles,  daiin  das  fleisch  haft.  das.  5,  11 ; 
seine  propheten,  die  die  weit  hat  koppet  und  abgestümmelt 
wie  das  gras,  das.;  die  biium  wann  sie  abgestümmelt  wer- 
den bisz  in  den  grobzen,  wem  ist  derselbig  bäum  nutz?  Pa- 
RACEi.si  chir.  sehr.  309';  mit  ganzen  zinken,  ohn  abgestimlet. 
Paracei.si  opp.  1, 1016*. 

ABSTUMPFEN,  hebelare,  obtundere.  die  axt,  das  messer  an 
dem  stein,  den  zahn  an  dem  knochen  abstumpfen ;  den  stein, 
kegel,  die  feder  abstumpfen ;  geist  und  sinne  stumpfen  sicii 
80  leicht  gegen  die  eindrücke  des  schönen  und  vollkommenen 


ab.  Göthe. 19,  139;  dasz  man  einen  Vorsatz  nicht  sichrer  ab- 
stumpfen kann,  als  wenn  man  ihn  öfter  durchspricht.  17, 16 ; 
seine  empündlichkeit  abstumpfen.  25,  303 ;  in  einem  fremden 
lande  meine  zäi-tlichkeit,  meine  ehrbegier  an  andern  gegen- 
ständen abzustumpfen.  14,  236 ;  vom  glück  nur  den  theil  ken- 
nen, der  sich  am  schnellsten  abstumpft.  36,  60.  vgl.  32, 177. 
ABSTÜRMEN,  praeripere,  abgewinnen,  auf  und  abstürmeu: 
den  himel  uns  noch  abzustürmen.  H.  Sachs  1,455*; 
zu  ende  stürmen: 

die  abgestürmte  see  bezähmet  ihre  wellen. 
Fleming  570. 

ABSTURZ,  m.  praecipitium,  locus  praeceps : 
in  den  schrof  aushöhlenden  absturz.  Voss  II.  4,  454; 
am  absturz  einer  hölle  laszt  ihr  mich  stehen  und  entflieht. 
Schiller  274 ;  wir  standen  am  schrofl'en  absturz  eines  felsen. 
710;  er  liesz  ihn  am  abstürze  einer  bergzinne  stehen.  Mü- 
SAEUS  2,41;  die  höhe  des  absturzes  lockt  das  gemüth.  Tieck 
5,  139. 

ABSTÜRZEN,  detrudere,  praecipitem  dare :  einen  vom  stuhl 
abstürzen ;  wollen  im  den  hals  den  fels  hinunter  abstürzen. 
Luther  8,128";  ihr  stüi-zt  ihm  seinen  unschuldigen  speckhals 
also  ab?  Fischart  Garg.  135'; 

sie  werden  ofiermals  ganz  plötzlich  abgestürzet 
von  ihrer  majestät.  Opitz  ; 

wenn  kühnheit  köpf  und  hals  durch  eigne  schuld  abstürzet. 
Lohenst.  Cleop.  6,  197; 

dasz  er  ihm  (sich)  leicht  den  hals  abstürzen  könte.  pers.  ro- 
scnth.  8,118;  abgestürzt  (entthront).  A.  Gryphiüs  1,83;  vom 
himmel  etwa  abgestürzt.  Schwarzexberg  153.  kohlen  abstür- 
zen heiszt  bergmännisch  kohlen  vom  karrn  abladen,  intran- 
sitiv in  praeceps  ruere:  senkrecht  abstürzen; 

die  klippen  stürzen  ab,  ein  bere  wird  ebens  land. 

Opitz  2,  296; 
an  des  berges  fusz,  der  gählings  unter  mir  abstürzt. 
Schiller  75. 

ABSTUTZEN,  praecidere,  decurtare.  dem  pferde  die  obren, 
den  schwänz  abstutzen;  die  äste  vom  bäum  abstutzen,  den 
bäum;  den  buchsbaum,  die  hecken  abstutzen;  das  gras  ab- 
stutzen. Fischarts  geistl.  lieder  s.  70 ;  einem  die  haare ;  ab- 
gestutzte Säule.  Göthe  17,  205;  bruststück,  zwei  bände,  die 
ellenbogen  abgestutzt.  31,  216.  bei  den  tuchscherern,  wollene 
zeuge  abstutzen,  sie  zum  erstenmal  scheren. 

ABSUCHEN,  quaerendo,  legendo  detrahere:  beeren  absuchen 
baccas  legere;  lause  absuchen,  sp.  despiojar;  federn  absuchen, 
einem  die  federn  ablesen,  was  auch  schmeicheln  bedeutet;  die 
raupen  vom  bäume  absuchen,  ablese'n.  die  Jäger  lassen  ein 
feld,  ein  revier  von  dem  hund  absuchen. 

ABSUD,  m.  decoctum:  ein  absud  von  lorbeerblättern ;  ab- 
sud  der  queckenwurzel.  Oken  botanik  2,  391 ;  die  absude  ro- 
ther hölzer  werden  gelb.  Göthe  54,  74.  auch  die  handlang 
des  absiedens,  so  in  der  münze  vor  dem  prägen,  der  absud 
oder  weiszsud. 

ABSÜHNEN,  plene  emendare,  rcconciliare :  eine  missethat 
absühnen ;  alles  soll  nun  abgesühnt  sein ;  sich  der  brüche 
mit  dem  holzgreben  und  dem  richter  ab  zu  soinen.  weisth. 
3,  78.  das  Hainer  güterverzeiehnis  aus  dem  13  jh.  hat  auch  ein 
subst.  absuone  absolutio,  hess.  zeitschr.  3, 83. 

ABSURREN,  susurrando  avolare,  abschwirren,  wie  man  von 
käfern  und  fliegen  sagt :  gestern  abend  ist  er  auf  einmal  nach 
Leipzig  abgesurrt,  wird  aber  hoff'entlich  bald  wieder  kommen. 
Mercks  briefs.  2,  58. 

ABSÜSZEN,  edulcare:  quecksilber,  Schwefel  absüszen.  Pa- 
RACELSi  opp.  1,  893'.  894' ;  bis  allein  die  essenlia  der  würzen 
eigentlichen  genommen  sei  worden,  ohn  allen  zusatz  und  wol 
abgesüszt.  das.  1, 1028" ;  gold-  oder  silberkalk  absüszen ;  eine 
arznei  absüszen,  versüszen;  um  einen  gedankcn  recht  rein 
darzustellen,  dazu  gehört  vieles  abwaschen  und  absüszen. 
Lichtenberg  verm.  sehr.  2,  29 ;  schlage  durch  beschenkung 
absüszen.  ehe  eines  mannes  283 ;  um  ihr  schales  leben  abzu- 
süszen.  J.  Paul  Fibel  92  und  sonst  oß  bei  diesem  schriftsteiler. 

ABT,  m.  abbas,  it.  sp.  abatc,  ahd.  abbat,  mhd.  abbet  pl. 
ebbete,  ags.  abbad  abbod,  engl,  abbot,  nnl.  abt  pl.  abten. 
in  Deutschland  gab  es  sonst  gefürstcte  äbtc.  bistu  nicht  im 
ampt,  so  lasz  dein  strafen  und  richten,  beide  öfl'entlicb  und 
lieimlicb,  oder  der  teufel  ist  schon  dein  abt,  und  darf  es 
nicht  (erst)  werden.  Luther  5,  151'.  Sprichwort:  so  der  abt 
Würfel  auflegt,  mögen  die  andern  brüder  küenlich  mit  spielen. 
Spielteufel  Frankf.  1564    {geschr.  1557)  bl.  Ds';   dann   wo  der 


J 


137 


ABTAFELN— ABTHON 


ABTHUN 


13S 


abt  die  Würfel  auflegt,  da  ist  dem  conTent  erlaubt  zu  spielen. 
Simplic.  2,  353. 

ABTAFELN,  surgere  a  mensa,  aufhören  zu  speisen,  nnl. 
aftafelen. 

ABTÄFELN,  tubuläre,  asseribus  vestire,  ein  zimmer  abtäfeln. 

ABTAKELN,  instructum  navis  detrahere,  nnl.  aftakelen,  ont- 
takelen,  ton  takel,  engl,  tackle,  welsch  tacl  instrumentum  na- 
vis, also  ein  fremdes  unitochd.  wort. 

ABTANZEN,  sallando  adimere,  mehrdeutig :  einem  ein  mäd- 
chen  abtanzen,  der  braut  den  kränz  abtanzen,  sich  die  absätze 
ton  den  schuhen  abtanzen,  die  schuhe  abtanzen,  den  kehraus 
abtanzen,  sich  abtanzen,  müde  tanzen. 

ABTÄUBEN,  hebetare,  subigere,  ist  schon  unter  abdauben  ab- 
geführt,  gehört  doch  hierher,  die  dort  ausgehobne  stelle  Fra!»ks 
findet  sich  paradoxa  5',  darin  wird  taub,  sonst  surdus,  auf  die 
Schwächung  und  löschung  des  lichts  übertragen,  und  entspricht  dem 
goth.  afdaubjan  ttcoqovv,  das  sich  aus  afdaubnan  und  afdobnan 
ntoQovod'at  sicher  entnehmen  Idszt,  nojgovv  ist  aber  blind 
machen,  blenden,  auch  lehrt  das  goth.  daubs  ahd.  toup  schrei- 
ben, und  ßr  doubön  subigere,  domare  toupun,  wie  mhd.  be- 
touben  (Hacpt  5,  528)  nhd.  betäuben  dasselbe  ist.  falsch  also 
hält  Gbaff  5,  96  und  351  doubcin  und  toup  von  einander  ge- 
trennt, wenn  schon  Frank  wiederum  abdauben  f.  abtäuben 
schreibt,  sinn  der  stelle  ist,  dasz  das  himmlische  licht  alles 
irdische  taub  und  dunkel  mache,  er  däubt  all  unser  fackeln 
ab,  heiszl  es,  das  sie  in  seinem  liecht  ein  finstemüs  sind. 
vgl.  auch  abtoben,  da  toben  und  taub  sich  berühren. 

ABTÄUFEN.  s.  abteufen. 

ABTAUMELN,  titubando  abire.  er  war  so  trunken,  dasz  er 
abtaumelte,  er  taumelte  von  dem  wege  ab. 

ABTAUSCHEN,  commutare.    abtauschen,  abwechseln: 

die  Zeiten  tauschen  abe 

mit  höchster  einigkeit.    Flemiho  152; 

ich  musfe  glauben,  jemand  hatte  mir  meine  eigne  person  ab- 
getauscht. WiELASD  25,  314. 

ABTEI,  f.  abatia,  ahd.  abbateia,  mhd.  abbeteie,  aptei. 

ABTEILICH,  ad  abatiam  spectans:  die  abteilichen  gebäude. 

ABTERMEN,  terminare,  limitare.    weisth.  1,  795. 

ABTEUFEN,  profundius  fodere,  abtiefen,  in  die  tiefe  {ahd. 
tiufi,  teufe)  graben :  Iberi,  bergkleut,  die  ein  Schacht  abteufen. 
Mathesids  12*;  sein  name  sei  höher  denn  alle  berge,  tiefer 
denn  alle  schechte,  herlicher  und  wunderbarlicher  denn  einige 
Vernunft  könne  abteufen  oder  ausgründen,  das.  26';  einen 
Schacht  bis  zum  mittelpunct  der  erde  abteufen.  Forster  an- 
sichten  1.  56. 

ABTHÄTER,  abrogator:  so  müst  man  den  bapst  nennen 
ein  verstörer  der  Christenheit  und  abetheter  gottesdienstes. 
Luther  l,  296",  von  abthun  abrogare. 

ABTHAUEN,  regelari,  von  thauen,  nnl.  dooijen:  das  fen- 
ster  thaut  ab,  auf;  der  von  den  gebirgen  abtbauende  schnee. 
Ka5t  9, 15. 

ABTHALTN,  rorem  spargere,  von  thauen,  nnl.  dauwen : 
ich  selbst  seh  aus  rubinen 
den  liebcsstern  abthaun  den  saft, 
womit  er  nur  pflegt  Kaiser  ru  bedienen. 
LoHE.isT.  blum.  22; 

die  wölken  thauen  sanft  ab,  nieder. 

ABTHEILEN,  separare,  nnl.  afdeelen,  eigentlich  absondern, 
abtrennen,  abscheiden :  so  ist  ein  ehehrecher  auch  schon  ge- 
scheiden,  nicht  durch  menschen,  sondern  von  gott  selbs,  und 
nicht  aliein  von  seinem  gemahl,  sondern  von  diesem  leben 
abgeteilet.  Luther  5,  3S2*;  in  diesem  sinne  heiszt  es  ein  kind 
von  dem  gute,  einen  bauer  von  dem  hofe,  einen  prinzen  ron 
dem  reiche  abtbeilen,  apanagieren,  vgl.  abmeiern,  nbschichten, 
und  man  sagt  abgetheilte  kinder,  fürstensöhne.  die  notbwen- 
digkeit  trat  ein  mit  dem  daheim  bleibenden  bruder  abzuthei- 
len.  Schiller  882.  im  garten  beete  (ron  einander)  abtbeilen: 
ihr  bette  theilt  ein  blumenrand  nur  ab.    Gotter  1,  23; 

weit  abgetheilte  lichter  im  (instern  bergwerk.  J.  Padl  uns: 
löge  3,  44;  das  beer  in  häufen,  die  Versammlung  in  bänke, 
die  arbeit  nach  stunden  abtbeilen : 

wie  theili  der  sonnenlaur  so  schnell  die  reiten  ab.    CAJiiTr; 
das   gedieht   nach  versen,   das  werk  nach  capiteln  abtbeilen. 
Ulfilas  verdeutscht  Luc.  18,  12  anoSexnrovv  durch  afdailjan 
taihundön  dail,  d.  i.  sejungere  decimam  partem,  dare  decimam. 

ABTHEILUNG,  f.  separatio,  dispositio,  particula. 

ABTHO.N  [abdon],  m.  der  name  einer  pflanze,  den  man  auf 


adianlum,  aSiavrov,  frauenbaar  anwendet,  da  sich  auch  wi- 
derlhon,  ßr  dasselbe  oder  ein  andres  kraut  findet,  so  erhellt 
für  ab  die  bedeutung  von  aber,  fcider,  retro.  ahd.  dono  ist 
das  übergebreitete,  sich  überbreitende,  dona  palmcs,  ranke 
(Haupt  5, 182),  älfjjona  oder  {)one  war  auch  den  Angelsachsen 
eine  pflanze,  albranke?  hiemach  darf  ein  ahd.  abdono,  widar- 
dono,  mhd.  abdpn,  widerdon  angesetzt  werden  für  ein  kraut, 
dessen  bldtter  und  zweige  sich  ab  oder  zurückranken,  die 
Wurzel  des  worts  ist  dehnen,  lendere. 

ABTHUN,  facere,  conficere,  interficere,  perficere,  abrogare, 
delere,  nnl.  afdoen.  älteste,  noch  ins  heidenthum  reichende 
bedeutung  scheint  die  des  schlachlens  der  opferthiere,  wie  auch 
facere,  agere,  conficere,  operari,  Qt^eiv  opferbrauch  verkünden 
(mytliol.  s.  37).    der  bauer  thet  die  gans  ab.  Eb.  Albebcs  20 ; 

und  frafft  die  magd.  'wo  ist  der  han'* 

'ich  mein,  ihr  habt  ihn  abgethan'.    das.  12S'; 

der  narr  thet  den  vogel  ab  und  briet  ihn.  Pauli  11 ;  auf  ein- 
mal thete  er  ein  saw  ab.  das.  105";  ja  haben  die  münch  vii 
katzen,  die  ins  feld  laufen  und  vil  unzifers  abthun  {hier  de- 
lent?).  Fraxk  weltb.  17';  und  als  er  wolt  den  ahl  abthon. 
H.  Sachs  IL  4,  80'; 

ich  fürchte  leider  nur,  es  würde  gar  kein  hahn 
auf  dieser  ganzen  weit  zum  essen  abceihan. 
Opitz  ^91; 

euch  frischweg  wie  einen  Ziegenbock  abthun  zu  lassen.  Schil- 
ler 589 ;    vgl.  abnehmen,  abstechen,    abschlachten,   und  man 
hat  ein  altes  ab  dem  leben,  ab  der  kehle,  ab  dem  hals  hinzu 
zu  denken.   Häufig  wird  es  aber  auf  hinrichtung  und  abschlachtung 
der  menschen  angewandt:   dasz  die  übelthäter  mit  ihm  abge- 
than würden.  Luc.  23,  32 ;  denn  so  fromm  ist  dennoch  sonst 
die  weit,  wenn  man  die  ergesten  ubeltheter  abthut,  das  jeder- 
man  mitleiden  über  sie  tregt.  Luther  6, 172* ; 
so  tut  in  ab.    fastn,  tp.  532,  7; 
ein  mann,  ein  bloszer  mann, 
hat,  wie  er  sich  gerühmt,  vierhundert  abgethan. 

Opitz  3,299; 
da,  da  ists  ihm  vergunt  zu  rechten  und  zu  schmeiszen, 
den  hauswirt  abzuthun,  das  haus  in  grund  zu  reiszen. 
LoGAU  1,  71,  SO; 
und  warum  ist  es  nicht  vergunt 
sich  selber  abzuthun  ? 

HOFFIAn.lSWAlDAIT  SocT.  9; 

der  den  Almonte  hat  im  kämpf  einst  abgethan. 

Werders  Ariost  20.  5,  8: 
so  furcht  ich  wird  schon  sein  der  jnn?ling  ab?ethan. 
das^  22.  45,  8 ; 
jeder  solcher  lumpenhunde 
wird  vom  zweiten  abgethan.    Göthe  4,350; 

gehülfen  des  Scharfrichters,  die  zugleich  Terbrecher  mit  abthun 
müssen.    Lessi^c  8.  503;    fort  jetzt,    mein  inwendiges  hüpft, 
dasz  ich  dich  bald  abthu,  das  gewehr  her  I  Fr.  Müller  3,  415 , 
ehe  sie  marternd  ihn  abthaten  und  den  feisten  leib  mit  einem 
haken   in  die  Tiber  zogen.    Stolberg  8,  13.     Zunächst  hieran 
reiht  sieh  die  Vorstellung  des  abthuns,    abmachens,  fertig  ma- 
chens,  gleichsam  des  ab,  von  der  hand  gebens,  denn  auch  das 
Schlachtopfer  wird  abgefertigt,  hingegeben,  rollbraeht. 
das  tagewerk  ist  abgethan.    Voss  4,270; 
mein  tagewerk  ist  noch  nicht  ganz  geendet, 
lasz  laich  geschwind  noch  ab  es  thun. 
GöKi?(GK  3,  212; 
mag  sies  mit  gott  abthun  und  ihrem  herzen. 

Schiller  406; 
wilr  es  auch  abgethan,  wenn  es  getlian  ist.    das.  561 ; 

wenn  die  geschiebte  aufsehen  macht,  so  denken  doch  die  men- 
schen von  der  sache  was  sie  wollen,  und  es  ist  also  immer 
besser,  man  Ihut  sie  im  stillen  ab.  Göthe  14,  227 ;  das  was 
er  mit  den  andern  abzuthun  hatte.  17,  42;  sie  giengen  zum 
wirth  und  zu  dem  alten  panrc  und  die  sache  war  abgethan. 
17,74;  geld  ist  eine  schöne  sache,  wo  etwas  abgethan  werden 
soll  und  ich  wünsche  nicht  in  dem  andenken  ihres  hauses 
so  ganz  abgethan  {deletus)  zu  sein.  19,  0;  die  sache  soll 
gleich  abgethan  sein.  24,165;  niemand  soll  es  erhalten,  sagte 
ich,  und  die  sache  ist  abgethan.  24,  271 ;  es  ist  jetzt  alles  ab- 
gethan (der  beweis  durchgeführt).  Ra.it  8,  92;  thals  mit  ein 
paar  ohrfeigen  kurz  ab.  Hebels  hausfr.; 

weil  PS  nie  moin  brauch  gpwesen 
abgclh.ioes  neu  zu  ihun.    REckert  405. 

Das  abgethane,  sowol  gelödlele  als  fertig  gemachte  ist  ngleich 
aber  auch  ein  bei  seile  gethann,  lÄgeUgtes,   abgeschafles  und 


139 


ABTHUN— ABTHUÜNG 


ABTILGEN— ABTRAG 


140 


getilgtes:  da  ich  aber  ein  mann  ward,  thaf  ich  ab  was  kin- 
disch war.  1  Cor.  13, 11 ;  desz  höhen  und  altäre  Hiskia  hat  ab- 
gethan.  2  kön.  18,  22 ;  denn  ich  will  die  wagen  abthun  von 
Ephraim  und  diie  rosse  von  Jerusalem.  Sacharja  9, 10 ;  abge- 
than  allen  hasz,  neid  und  zwitracht.  Luther  1,  326' ;  das  heiszt 
Carlstadisch  die  bilder  abgethan.  3,  39' ;  sintemal  es  viel  bes- 
ser ist,  das  die  taufe  über  die  kinder  gehe,  denn  das  ich 
sie  abthet.  4,  32!)' ;  thun  wir  gleichwol  den  misbrauch  auch 
nicht  abe.  4,  394';  und  mich  wundert,  weil  sie  die  wasser- 
taufe so  schendüch  verachten,  warumb  sie  sclbs  nicht  irer 
lere  folgen  und  dieselbige  gar  abthun.  6,  278';  als  der  ein 
mechtiger  feind  ist  desselben,  das  er  ihn  wil  rein  abethun  und 
gar  vertilgen.  6,  240*;  Jesus  Christus  hat  die  sünd  abgethan. 
8,  359' ;  dieweil  das  geschütz  so  gar  in  dem  gebrauch,  so  wird 
alle  mann  und  dapferkeit  gar  abgethan.  Fronsp.  kriegsb.  1, 
•70';  ein  gesetz  abthuen  (abrogare).  IliiiEi.  Lifius  453;  den  un- 
mut  abzuthun.  Logau  2,  '0 ;  ihr  gedächtnis  noch  und  namen 
abzulhun.  A.  GRYpnius  1,  631;  diesen  gelingt  nun  wol,  die 
eitelkeit  abzuthun.  Göthe  48,  27 ;  sollten  wir  unsere  axiome, 
maximen  und  behauptungen  abthun,  die  wir  von  unsern  vor- 
fahren erhallen.  53,  151;  die  Vernunft,  die  alle  irrungen  ab- 
zuthun berufen  ist.    Kant  2,  559. 

Abthun  ist  zutvpilen  auch  ein  sinnliches  ablegen,  abnehmen 
und  abziehen,  so  in  der  redensart  gott  wird  seine  band  nicht 
von  uns  abthun.  5  Mos.  31,  6.  8 ;  bald  thet  ich  von  dir  ab 
mein  hendt.    Scuwarzenberg  121,  2; 

Zeres  springt  auf  allen  reinen 

ümm  das  abgethane  (abgcernlete)  feld.    Fleming  371; 

ach  dasz  ich  ihr  mein  leid  nicht  klagen  kniin. 

ich  bin  von  ihr  zu  weit  itzt  abgethan  (enlfcrnl).    527; 

abgethan  von  aller  noih.    538; 

den  hut  {von  dem  köpf)  abthun;  den  ring  {von  der  hand), 
die  schuhe  {vom  fusz)  abthun;  nnl.  hoed,  ring,  mantel  af- 
doen;  aber  de  schoenen  afdoen,  reinigen,  putzen,  die  frucht 
von  der  mühle  abthun.  wcisth.  3,  834.  er  that  den  Kauf- 
mann ab  {zog  den  k.  aus,  benahm  sich  nicht  mehr  als  k.). 
Dahlmann  fr.  rev.  83. 

Sich  eines  dinges  abthun,  entäuszem,  etwas  aufgeben,  also 
wiederum  ablegen:  diejenigen,  so  sich  der  lutherischen  lehre 
abthun.  Luthers  br.  2,  416 ;  wann  sie  sich  nicht  endlich 
dessen  abtheten.  Zinkgr.  apophth.  8,  21;  narr,  thu  dich  fal- 
scher hofnung  ab.   Schwarzenberg  145,  1; 

der  von  der  tugend  sich  des  vaters  nicht  abthut. 

Werders  Ariost  3,27; 

mich  des  kleiderprachts  in  etwas  abzuthun.  Simpl.  1,  310; 
dessen  sich  abzuthun.    Wielasd  21,  108 ; 

wie  wenn  der  falsche  mann 
sieb  seines  glaubens  abgethan?    USrger  13'; 

so  eile  nun 
der  täuschung  dieser  schönen  hülle  dich  abzulhun.  7'; 

will  mich  abthun  des  dienstes.  Musäüs  2,  100.  Sich  von 
einem  abthun,  entfernen,  trennen:  als  dieser  sich  von  uns 
abgethan,  steiget  er  über  die  mauer.  pers.  rosenth.  2,  5 ; 
Saleh  aber  musz  sich  auf  gottes  befehl  von  dem  volke  ab- 
thun. 7,  20;  siehe  nun  zu,  von  wem  du  dich  ab  und  zu 
wem  du  dich  gethan  hast.  8,  24. 

Dies  privative  abetuon  erscheint  schon  im  mhd.  genug :  entuo 
dich  des  niht  abe.  Iw.  2856  ;  tuo  dich  diner  habe  gar  durch 
minen  willen  abe.  Bari.  134,  38 ;  si  tet  sich  abe  ir  freude. 
Wigal.  11332.  desto  auffallender,  dasz  sinnliches  abthun  für 
ablegen,  abthun  für  fertigen,  abthun  für  schlachten  sich  we- 
der mhd.  noch  ahd.  darbieten,  ja  dies  letzte  auch  der  nl. 
spräche  gebricht,  dennoch  darf  man  ein  so  lebendiges  hoch- 
deutsches wort,  das  gerade  die  Volkssprache  seit  dem  16  jh. 
kund  gibt,  nicht,  wie  Adelung  meinte,  aus  einem  misver- 
standnen  nd.  afdoden,  hd.  abtödten  erA/arra;  der  hochdeutsche 
ausdruck  hatte  sich  von  uralter  zeit  her  bewahrt  und  fortge- 
tragen, wenn  ihn  schon  unsrc  ahd.  und  mhd.  denkmäler  nicht 
gewähren  zum  enveis  dafür  findet  sich  ein  ags.  ofädön  am- 
putare,  gebildet  wie  of/lsnidan,  also  einem  ahd.  aba  irtuon, 
aha  irsnitan  gleich,  die  sich  leicht  in  abetuon  abesniden, 
abthun  abschneiden  verkürzen  konnten,  wenn  das  zwischen- 
Iretende  ;\  und  ar  nothwcndig  scheint,  auch  dem  abthun  per- 
ficere  steht  in  den  quellen  kein  mhd.  abe  tuon,  ahd.  aba 
tuon,  ags.  ofdön  zur  seile,  wol  aber  ein  do  off,  und  ist  dic- 
ter  zeuge  nicht  gültig  ? 

ABTHUUNG,  f.,    sowol  für  das  abthun  einer  sache  als  die 


kinrichtung,  und  besser  bedient  man  sich  dieses  substantivisch 
gesetzten  infinitivs.  die  grosze  einigkeit  der  zünfte  bei  ab- 
thuung  dieser  sache.  Klopst.  12,  326 ;  die  abtbuung  des  ma- 
lefikanten.   Hippel  13,  91. 

ABTILGEN,  abolere,  delere,  wegtilgen,  mhd.  abe  tilgen : 
die  Schrift  heij  alle  tilgen  abe.  Bari.  358,  27.  nach  der  men- 
nige  deiner  erbaiinung  tilge  ab  meine  Ungerechtigkeit.  Lu- 
ther 1,  30';  ich  werde,  es  geschehe  gleich  in  welcher  gc- 
stalt  es  wöll,  abgetilget  und  von  leuten  gethan.  Hütten  5, 28 ; 
znletzt  mit  den  römischen  waffen  ernider  getruckt,  abgetiikt 
und  mit  ihrem  volk  besetzt.  Frank  weltb.  81";  ich  wil  die 
gützen  abtilgen.  Reiszner  Jerusal.  2,  25*;  Christus  hat  das 
gesatz  der  geholt  abtilgt,  das.  2,  150';  der  dich  vermeint  zu 
tilgen  ab.  H.  Sachs  1,  29* ;  ich  wil  den  menschen  tilgen  ab. 
fastn.  sp.  11,  2. 

ÄBTISSIN,  ahd.  abalissa,  mhd.  eppetisse  Diut.  1,  424. 
eptischin  Bon.  48,  20. 

ÄBTLICH,  ad  abbatcm  spectans:  die  äbtliche  würde.  Stol- 
berg 10,  211. 

ABTOBEN,  desaevire,  saevire  desinere:  der  stürm  hat  ab- 
getobt, auch  sich  abtoben :  laszt  ihn  sich  abtoben ;  wo  der 
Jugend  ein  gewisser  Zwischenraum  gegönnt  war,  in  welchem 
sie  sich  abtoben  möchte.    Göthe  43,  327. 

ABTÖDTEN,  interficcre,  goth.  afdau{)jan  &avarovv:  das 
fleisch  {von  dem  leibe)  abtödten;  den  bäum  {von  der  würzet) 
abtödten;  den  tödten  sie  auch  ab  und  lassen  ihn  mit  nich- 
ten  an  dem  Schelmen  sterben.  Frank  weltb.  194';  dasz  du 
dein  gefühl  unterdrücken  oder  gar  abtödten  sollst.  Tieck 
ges.  nov.  4,  57;  die  bessern  kräfte  im  menschen  zu  erlah- 
men und  nach  und  nach  abzutödten.  Tieck  Slcrnb.  1,  339; 
so  läszt  man  die  gerste  erst  lebendig  keimen,  ehe  man  sie 
auf  dem  darrofen  zu  gutem  malz  abtödtet.  J.  Paul  däm- 
mer. 85.  * 

ABTÖDTUNG,  f  exinanitio:  abtödtung  von  der  weit,  ge- 
bet und  fasten;  abtödtung  der  leidenschaflen.  Götter  3,109; 
abtödtungen  des  cinsiedlers  Cuthbert.    Stolberg  10,  100. 

ABTOSEN,  desaevire:  das  gewitter  toset  ab. 

ABTRABEN,  abire,  evadere:  er  trabt  ab,  ich  liesz  ihn  leer 
abtraben;  wenn  sie  wolt  seins  ausleckens  ab  draben.  fastn. 
sp.  235,  24. 

ABTRAG,   m.  ablatio,    solulto,    satisfactio.     dem   sinnlichen 
abtragen  entnommen:   abtrag   der  speisen  von  der  tafel,    was 
sonst  abhub;   nehmen  sie  mit  dem  abtrag  von  anderer  leuie 
gastung  vorlieb?  Schiller  151;  Jahrtausende  lang  verzehrt  sie 
nur    den   abtrag   von    der  tafel  des  todes.   das.  700.     abtrag 
der    kleider,    detritio   vestium.     desto    häufiger   von   dem   ab- 
slraclen  abtragen,  abtrag  restitutio,  satisfactio :  diese  böse  sache 
zum  ende  oder  gütlichen  abtrage  fördern.    Luthers  br.  4,  658 ; 
bisz  das  der  kaiser  urleil  feit 
und  seinen  sun  mit  groszer  hab 
zu  abtrag  diser  wiiwe  gab. 

ScnWAHZKNBERG   117,2; 

es  geschieht  gebürlicher  abtrag.    landfr.  von  1522.  13;    begert 
der  Schmach  ein  abtrag.    Pauli  schimpf  87';   lossprechen  mit 
kosten  und  schaden  abtrag.   Avrer  46';    mit   abtrag   sich   zu 
ledigen,   das. ;  zu  abtrag.    weisth.  1,  444 ; 
sich  CS  nit  vor  ein  abtrag  an, 
als  halt  ich  deiner  gunst  damit  genug  gethan.    GßNiHER756; 
der  schiilil 
erwart  ich  einen  abtrag  mit  gednld. 

Schlegel  im  sommern.  Ir.  3,  2; 

bis  zum  abtrage  der  schuld.  Dahlm.  dän.  gesch.  1,  469.  Zu- 
mal in  den  redensarten  abtrag  thun,  geben,  nehmen,  haben: 
abtrag  zu  tbun  schuldig  sein.  not.  ordn.  von  1512;  er  Ihäte 
mirs  denn  gebürlichen  abfrag.  Schweinichen  I,  240;  also 
muste  er  mir  einen  abtrag  thun  und  zusagen  wider  mich 
nicht  mehr  zu  thun.  1,348;  einen  abtrag  schuldig,  weisth.  3, 
820;  eben  den  tag  als  er  abtrag  gethan.  Opitz  l,  2';  so 
lange  bis  sie  dafür  gebührenden  abtrag  gethan  haben  wer- 
den.  WiELANü  20,  145; 

das  die  sach  zu  eim  venrng  kam 

und  der  jud  goli  zum  nbirag  ncm.    Atrk»24*; 

auch  seit  ihr  von  uns  nbirng  haben 

olles  curs  Schadens  grosz  und  klein,    da«.  442*; 

noch  sol  ich  Tür  mein  ehlich  leben 

ihm  jahrlich  zins  und  abtrag  geben,    froschmetu.  1.  2,  5. 

Einigemal  umgekehrt  für  eintrag,  abbruch,  wegtragen:  diese 
tbiiten  mir  viel  abtrag  und  schaden.  Simplic.  2,  193;  so 
bringt  auch  die   diebcrci   {des  gesindes)    und   mancherlei    ab- 


o 


141 


ABTRAGEN  —  ABTREIBEN 


ABTREIBEN — ABTRENNEN 


142 


trag  einen  raangel  und  abgang.  Hohberg  3,  45*;  diese  (alle 
sind  selten  und  können  dem  groszen  häufen  an  seinem  rechte 
keinen  abtrag  thun.   Wiela^d  24,  70. 

ABTRAGEN,  auferre,  e  loco  tollere,  nnl.  afdragen.  das  kleid 
(an,  von  dem  leib)  abtragen,  die  schuhe  {von  den  ßszen)  abtra- 
gen, rerschleiszen ;  ein  abgetragner  hut,  rock.  Rab.  1,97;  der 
mann  mag  seinen  rock  abtragen,  die  frau  den  ihrigen  ver- 
trödeln. GüTHE  19, 146 ;  abgetragen  schuh.  Ä.  Gryphics  1,  558. 
die  leichen  werden  {von  der  bühne)  abgetragen.  A.  Grypbics 
1,  530.  den  leithund,  den  falken  abtragen  {ab  der  hand,  ab 
der faust)  abtragen,  abrichten;  Sperber,  falken,  habicht  abtra- 
gen soll  man  im  augusU  Hohberg  1,  12S'.  das  dach  {vom 
hause),  das  haus  {vomboden),  die  mauer  {von  der  erde),  den 
berg,  hügel  abtragen,  mhd.  t  dem  lobe  der  kalc  waer  abe 
getragen.  Walth.  28,  30.  die  speisen  vom  tisciie,  von  der 
tafel  abtragen,  den  tisch,  die  tafel  abtragen ;  das  getraide  von 
der  tenne  abtragen;  bergmännisch,  das  rad,  eine  radstube 
abtragen,  einen  abtragen,  abführen,  abducere: 
so  hat  der  weg  uns  abgetragen, 
dasz  wir  her  zu  euch  komea  sein.    Atker  167'. 

Häußg  weg,  fort,  beiseits  tragen,  entwenden,  oft  mit  dem  dat. 
der  person :  tragt  eur  trauen  ir  pfrunt  ab.  fastn.  sp.  142,  31 ; 
der  vater  im  himmel  weisz  wer  sein  ist,  niemand  wird  ihm 
denselben  abtragen;  gleichv^ie  sie  (die  zeit)  nicht  wenig  ab- 
tregt dem,  der  nicht  kan  der  wahr  los  werden.  Luther  1, 
195';  wo  die  messe  so  viel  abtrüg  als  sie  zulregt,  solt  sie 
bald  werden,  was  der  beutel  nur  wolle.  2,  156";  ich  hab  im 
warlich  den  hafen  mit  dem  anken  heimlich  abgetragen.  Frey 
ijarteng.  40' ;  vil  abgetragner  ding.  H.  Sachs  1,  442*.  vgl.  1, 162'. 
229*.  479*.  II,  4, 109* ;  untrewe  knecht,  die  dem  herrn  abtragen 
und  damit  sis  allein  haben  vergraben.  Frask  spnc Aic.  2, 129' ; 
ihren  eigenen  ehmännem,  denen  sie  {die  frauen)  ehe  alles 
abtragen,  ehe  sie  den  gespahnen  einen  mangel  leiden  lieszen. 
Philaxd.  1,  143.  Aus  dem  sinnlichen  abtragen,  d.  i.  gleich- 
machen, ebnen  scheint  sich  die  heule  geläufigste  abstracte  Vor- 
stellung des  gutmachens,  ausgleichens,  erstatlens,  leistens  und 
ersetzens,  die  jenem  entziehen  ganz  entgegensteht,  entfaltet  zu 
haben:  feilt  die  bibel  auf  die  erd  und  ein  jud  sihet  disz,  er 
musz  mit  fasten  abtragen  {büszen).  Frank  weltb.  153";  in 
mitler  zeit  ward  die  sach  abgetragen  {verglichen).  Fbakk 
chron    219' ; 

du  hast  gehofl,  dein  lohn  ist  abgetragen. 

Schiller  1,  164; 

während  seine  tochter,  deren  Unschuld  er  verkauft  hatte, 
Faust  den  lohn  seiner  sünde  abtrug.  Klixger  3,  199;  euer 
hoheit  unterthünigen  dank  für  das  bewuste  abzutragen.  Schil- 
ler 258;  dir  meinen  wärmsten  dank  laut  abzutragen.  Klix- 
CER  2,  363;  weil  wir  diesem  manne  gründlichen  dank  abzu- 
tragen wünschten.  Götiie  6,  2t6;  die  termine  sollen  richtig 
abgetragen  werden.  14,  172;  ich  wünschte  sie  (die  beweise 
der  Unsterblichkeit)  abtragen  zu  dürfen.  J.  Paul  Kampanerlh. 
37.  das  part.  abgetragen,  adjectivisch  verwandt,  hat  fast  immer 
die  sinnliche  bedeutung  von  detritus,  usu  eonsumptus,  defes- 
sus:  eine  quelle  die  den  müden,  abgetragenen  wanderer  er- 
götzt. Hippel  2,  328 ;  ich  bin  so  abgetragen  und  krank,  dasz 
meine  gesundheit  im  ganzen  ernst  gelitten.  Hippel  13,  146 ; 
die  abgetragensten  ideen.  Wieland  5,  160;  der  abgetragene 
gedanke.  J.  Paul  lit.  nadil.  4,  208 ;  gleichniswörter,  die  allzu 
abgetragen  sind.   J.  E.  Schlegel  3,  228. 

ABTRÄGLICH,  nociri«,  abtrag  thuend:  halte  ich  dafür,  es 
solte  ihm  nicht  abträglich,  sondern  in  viel  weg  nützlich  und 
bequem  erscheinen.    Kirchhof  dise.  mil.  17. 

-XBTRÄNKEN,  potu  re/icere:  ceremonien,  womit  sie  die 
gottheit  abspeisten  und  abtränkten.    Hippel  5,  229. 

ABTRAPPELN,  vacillando  abire:  und  so  trappelte  ich 
schnell  ab.    Klingers  theat.  4,  213.     auch  abtrippeln. 

ABTRAUFELN,  destillare:  thranen  träufelten  ihre  wangen 
ab;  das  dach  träufelt  ab.  die  richtige  intransitivform  ist  ab- 
triefen und  abträufeln  eigentlich  herabflieszen  machen,  s.  ah-. 
treufen,  abtröpfeln. 

ABTREIBEN,  obigere,  depellere.  wie  obigere  von  ogere, 
vieh  treiben:  das  vieh  von  stellen  abtreiben,  wo  es  nicht 
weiden  soll,  oder  das  geweidete  vieh  von  der  alp  abtreiben, 
heimtreiben;  auf  die  sommeralp  abtreiben;  das  vieh  abtrei- 
ben, gewaltsam  wegtreiben,  rauben;  die  pferde  abtreiben,  zu 
sehr  anstrengen,  ermüden,  abgetriebene,  erschOpße  rosse,  feind- 
liche, böse  Ihierc  abtreiben,  abwehren,  verjagen:  darumb  sie 
ihn   (den   wolf)   abzutreiben   die    bund  und   stecken   gebrau- 


chen. Kirchhof  wendunm.  293*;  die  mucken  abtreiben,  obi- 
gere muscas : 

wer  wil  einer  feuen  kuchel  alle  mucken  abe  treiben? 
LocAU  2,  237,  166. 

die  bienen  abtreiben,  s.  abtrommeln,  würme,  würmer  abtrei- 
ben, was  im  alterthum  die  beiden  thaten,  heute  die  ärzle. 
auf  menschen  angewandt,  ein  kind  abtreiben,  foetum  obigere; 
den  feind  {gleich  dem  wolf)  vom  lande,  von  der  Stadt  abtrei- 
ben. Kirchhof  wendunm.  33';  den  dieb  abtreiben,  den  so 
diebisch  einbrechen  wil,  abtreibt,  das.  229';  des  vatterlan- 
des  feinde  abzutreiben,  das.  229';  betten  dann  die  feind 
leitern  angeworfen  und  möchtest  die  nicht  gefellen  oder  an 
der  wehr  abtreiben.  Fronsperc  kriegsb.  2,  196';  die  menge, 
das  Volk  abtreiben,  um  räum  zu  machen:  dem  profusen  ge- 
bühret den  umbstand  abzutreiben  und  räum  zu  machen. 
Kirchhof  mil.  disc.  248.  den  wald,  das  gehölz  abtreiben, 
ursprünglich  das  junge  reisich,  ein  aufgeschossenes  dickicht 
vom  vieh  abweiden  lassen,  hernach  überhaupt  die  bäume  til- 
gen, wegschaffen:  dasz  starke  wälder  hier  abgetrieben  wer- 
den. Götbe  39,  266 ;  eichenbusch,  welcher  alle  vierzehn  jähre 
zum  behuf  der  gerberei  abgetrieben  wird.  43,  298;  stock- 
ausschlag  eines  abgetriebenen  eichenbusches.  43,  307 ;  dem 
andern  seine  bäume  abtreiben.  Frank f  ref.  9,  4,  12.  9,  5 ; 
die  grenzsteine  abtreiben,  das.  9,  3,  »;  bergmännisch,  ge- 
stein  abtreiben,  lockeres  gestein  losbrechen;  erz  abtreiben; 
edlere  metalle,  die  erst  auf  der  kapelle  abgetrieben  und  dann 
geschätzt  werden.  Hamaxx  5,  198 ;  silber  und  gold  abtreiben, 
reinigen;  den  rost  von  den  alten  gülden  abtreiben.  Kirchhof 
wendunm.  180* ;  papier  abtreiben,  abreiben.  Sun  manig falte 
anwendungen  des  abtriebs,  der  obwehr,  des  zurückweisens : 

und  von  dea  schuppea  gedeckt  und  der  härte  des  dunkelen  balges 
trieb  es,  wie  unter  dem  panzer,  den  prallenden  wurf  von  der  haut 
ab.       Voss; 

weil  nichts  meine  Zuversicht 

kan,  herr,  von  dir  abtreiben.    Weckherlik  133 ; 

ach,  herr,  wach  auf, 

treib  deinen  schiummer  ab.    das.  166; 

bald  kamen  die  Juden  wider,  Titus  hat  sie  abermals  abtrie- 
ben. Reiszner  Jerus.  2,  130';  welcher  von  diesem  überwun- 
den und  abgetrieben  ward.  Zinkgref  apophth.  51,  6;  einen 
vom  kaufe  abtreiben: 

bisz  mich  das  alter  ab  wirt  treiben,    fcutn.  sp.  52t,  11.  24; 

so  will  der  necbst  nachbaur  darneben 

mich  abtreiben  von  solchem  kauT, 

und  sagt,  er  hab  den  vorkauf  drauf.    Atrkr  185*; 

wie  helft  ihr  dann  die  klag  abtreibn.    dos.  24*;  . 

und  abzutreiben  ihm  sein  krön.    da«.  122*; 

ein  gemeinverderbliches  übel  abtreiben.    Wieland  28,  284; 

abtreiben  wollen  wir  verhaszien  zwang.  Schiller  530; 
zu  wenig  mit  seinen  kräften  bekannt,  schmeichelte  sich  der 
kurfürst  gewalt  durch  gewalt  abzutreiben.  942;  ein  wesen, 
welches  macht  genug  besitzt,  jede  andere  macht  von  sidi 
abzutreiben.  1220 ;  die  dogmatischen  angriffe  eines  specula- 
tiven  gegners  abtreiben.  Kant  2.  684.  abgetrieben  ist  abge- 
jagt, ermüdet  und  gleich  dem  vieh  heiszt  der  witz  abgetrieben. 
TiECE  6,  4;  die  abtreibende  (abwehrende)  hand  wird  endlich 
schwach.  J.  Paul  Tit.  1,  lOl.  Intransitiv,  der  kahn,  das 
schif  treibt  ab  vom  ufer,  tröget  man  sich  einen  ausgefallnen 
occ.  denke,  doch  s.  treiben. 

ABTREIBER,  m.  obacior:  aufrührer  und  abtreiber  der  hülfe. 

ABTREIBUNG,  f.  abaetio,  defetuio,  repulsio.  abtreibung 
der  einwürfe.    Käst  4,  89. 

ABTREIGEN,  *.  abtreugen. 

ABTRENNBAR,  separabilis. 

ABTRENNEN,  dissuere,  der  älteste  sinnliche  begrif  teheM 
des  losnähens,  do  alid.  zitrennan,  intrennan  dissuere  glot- 
tieren  (Graft  5,  534)  und  vir  noch  heute  sagen,  den  kra- 
gen, den  ermel  vom  hemde  abtrennen.  Keisersb.  brOsoml.  47*; 
die  spitze  von  der  haube  abtrennen ;  doch  liegt  die  rorstel- 
Itmg  des  ouftüsens  schon  im  einfachen  trennen,  wie  bei  ab- 
lösen, absondern,  abschneiden  in  lösen,  sondern,  schneiden. 
dann  auf  andere  gegenstände  angewandt,  den  knöpf  vom  rock, 
die  schleife  vom  arm  abtrennen ;  ein  stück  von  dem  lande 
abtrennen,  losreiszen;  den  freund  vom  freunde  abtrennen: 

allein  und  abgetrennt 

von  aller  freude.    Göiai  19,  67  ; 

metaphysik  trennt  sich  gänzlich  vom  fortgange  der  rrfabrun- 
gen  ab.    Kart  3,  280. 


143 


ABTRENNIG— ABTREUGEN 


ABTRIEB— ABTRITT 


144 


ABTRENNIG,  separatus,  discedens: 

wiewol  derselben  sind  gar  wenig, 

ich  halts  darCür,  das  sie  abtrennig 

und  widerstrebig  gewesen  sind.    ß.  Waldis  Esop2,  18; 

auf  das,  wo  einer  wurd  abtrennig, 

ungeborsam  und  widerspenuig.    ders.  P.  Rey ch  Cii'. 

vgl.  abtrünnig,  abtrinnig. 

AßTRENNLICH,  dissolubilis.     die  übrigen  vom  begi-ilTe  ab- 
trennlichen  merkmalen  heiszen  auszerwesentliche.   Kant  3,  368. 
ABTRENNUNG,  f.  separatio,  dissolutio. 
ABTRETEN,    deculcare,    disccdere.      transitiv,     den    absatz 
vom  schuhe,  den  schuh  vom  fusz  abtreten;   den  sporn  abtre- 
ten {mhd.  eime  sciltknehte  wart  lihte  ein    spor  hie   ze   hove 
abe  getreten.   Turl.   Wh.  132');    im   gehen   blumen    abtreten, 
deculmre;   die  treppe,   den  weg  abtreten;    die    harten   steine 
sind  durch  die  pilger  allmälich  abgetreten   worden;   den  leh- 
men,  tbon  abtreten,  abkneten;  ein  gartenbeet  abtreten,  durch 
tritte  bezeichnen,     intransitiv,  abtreten  {von  der  statte),  abire, 
bei  Seite  gehn :   tritt   ab,   bis   ich  den  brief  gelesen !    A.  Gry- 
PHiüs  1,  412;    Vaier  tritt   ab,   geht   bei  seile;   sobald  die  be- 
schämte  Cyane   abgetreten   war.    VVieland  l,  IOC;   nun   kam 
auch    der    Wundarzt    und   ich   hätte    wol    abtreten    können. 
GöTHE  19,  281;    dasz   der  kaiser  und  könig  aus  dem  cabinet, 
wohin  sie  vom  balcon  abgetreten,    sich  wieder  hervorbegeben 
würden.  24,  32G ;  darauf  lieszen  sie  (die  herrn  vom  rath)  mich 
abtreten,  hielten  mich  in  einer  wartstuben  zwei  stunden  auf. 
ScHWEiNicHEN  1,  IGl ;    voui  pfcrdc  abtreten,  absteigen:  es  sol 
auch  ein  jeder  reuter  ohn  sonderlich  Ursachen  niciit  von  sei- 
nem pferd  abtreten.   Fronsp.  kriegsb.   3,  16';    in   dem   wirts- 
hause  abtreten.  Weise  crzn.  222;  als  er  in  einem  wirtshause 
auf  dem  markte  abtrat.    Götbe  18,  141;   vom   wege  abtreten, 
bei   Seite  gehn;   vom   rechten   wege   abtreten,   sich  verirren; 
von  der  treppe,    stufe,   leiter,   vom  thurm  abtreten;   von  der 
bühne,  kanzel,  dem  katheder,  vom  thron  abtreten ;  vom  lande, 
ufer  ins  schif  abtreten;    vom  acker,  grundslück  abtreten  und 
es  dem  neuen  eigner  übergeben.     Diese  intransitiven  bedculun- 
gen    erleiden    nun   vielfache    anwendung :    vom   glauben,    vom 
gesetz,    von  gottes  wort  abtreten;    von   ir   glauben   abtreten. 
fastn.  sp.  294,  3;    jemand,    so   vom   glauben  abtritt.    Luther 
1,  lOl';  die  ir  gewissen  dringt  von   bepstlichen   gesetzen   ab- 
zutreten;   bitte  got,  das  er  dir  gnade   mitteile,    das  du   also 
von  dir  abtrettest,    und  zu    dem   rechtschaffenen  glauben  kö- 
rnest.   3,  158';    das   land   ist  ietz  voller  Türken,    dero   zunge 
auch   von   dem   alten    glänz   ist  abtretten.    Frank  weltb.  89'; 
dasz  etliche  unterthanen  um    verschuldete   sachen   von   ihrer 
Lerscliaft    abtreten,    landfr.    von  1521.  8,  3;    der    tod    seiner 
freundin  hatte  ihn    tief  gerührt,   und   da   er  sie  so  frühzeitig 
von  dem  schauplatze  abtreten  sah,  muste  er  gegen  den,    der 
ihr  leben  verkürzt,  feindselig  gesinnt  sein,    nicht  anders  mhd. 
diu  alte  lere  weich  und  abe  trat  {wich  und  trat  zurück),  pass. 
228,  62;   da;  guot   mit  ungelücke   ab  ir  trat  {von  ihr  wich). 
das.  275,  19;   und  mit  gen.  der  sache,  dat.  der  person:    wolt 
ir  mir  des  abe  treten  {wollt  ihr  darin  von  mir  zurückweichen), 
pass.  276,  16;  der  bete  er   im   niht   abe   trat   {die  bitte  ver- 
sagte er  ihm  nicht),    livl.  cliron.  5774.     Endlich  mit  umgedreh- 
tem casus,  wie  es  hciszt  von  dem  bäum  abschütteln  jtnd  den 
bäum  abschütteln,   konnte   auch   statt  von    dem  lande,  reiche 
abtreten  {recedere)  transitiv  gesagt  werden  das  land,  reich  ab- 
treten {cedere);   doch   Idszl   diese   transitivbedcutung  sich  auch 
unmittelbar  von  der  zuerst  angeführten  sinnlichlransitiven  her- 
Ititen,    so   dasz    das    land   abtreten    eigentlich    bedeutele:    es 
mit  dem  fusze  von  sich  abtreten,    eine    treffende   bezeichnung 
der  alten  cession,    die    hernach    auch   auf   andere  gegenstände 
erstreckt  wurde,  bei  welchen  kein  fusztritt  gedenkbar  ist:   zum 
Unterpfand  14  sciiwere  mark  jährlichen  zins  abtreten.  Schwei- 
NicBEN  1,  352;  das  frauenzimmer  läszt  sie  fragen,  ob  sie  ihr 
nicht  einen  theil  der  schönen  blumen  abtreten  wollen?  Götiie 
18,  142;    er    trat   ihm   das    gewünschte   buch  um  ein  billiges 
ab;   welche  zweite  fassung  der  ersten  vorzuziehen  scheint. 

ABTRETUNG,  f.  cessio,  gilt  von  dem  zuletzt  behandelten 
transitiven  abtreten :  die  abtrelung  des  landes,  gutes,  rechtes ; 
während  von  dem  intransitiven  abtreten  mehr  das  subst.  der 
abtritt  herßieszt. 

ABTREUFEN,  deflucre :  dann  tauchte  der  pricster  das  creuz 

dreimal   ins   wasser  und   licsz   es   in   ein   becken  abtreufen. 

pers.  reiseb.  1,  4;  das  fett  von  dem  braten  abtreufen  lassen. 

besser  abtriefen,  aber  wie  beugen  für  biegen. 

ABTREUGEN,   dcsiccare,  arefaceie,  nnl.  afdroogcn,  nJ.  af- 


drügen :  des  Vorhabens  seine  nasse  strumpfe  und  schu  in  der 
röhre  wieder  abzutreigen.  pol.  maulaffe  6.  ein  im  mittleren 
Deutschland,  zumal  in  Thüringen  (Stieler  2326)  bräuchlicher 
ausdruck  statt  des  hochd.  abtrocknen,    s.  treuge. 

ABTRIEB,  m.  abactio:  der  abtrieb  des  viehes,  des  holzes, 
der  bäume,  des  feindes.  in  den  rechten,  der  abtrieb  von  der 
klage,  von  dem  erkauften  gut,  retractus,  jus  congrui  retractus. 
weislh.  2,  285.  3, 416. 

ABTRIEFEN,  destillare,  nnl.  afdruipen :  der  regen  trieft 
vom  dache,  das  fett  vom  braten  ab;  baisam  ist  yom  bäume 
abgetroffen ; 

da  hat  die  erde  sich  bewegt, 
der  blaue  hiinmel  ward  geregt, 
trof  ab  und  muste  wittern.    Opitz  124; 
es  wird  etwas  davon  für  mich  abtriefen,  ein  kleiner  theil  des 
gcwinns  auch  mir  zufallen. 

ABTRIEFIG,  destillans,  fructuosus.    Stieler  2329  abtrieficht. 
ABTRIEGEN,  fallaciter  auferre :  wann  der  weis  dem  narren 
das  gut  abtreugt.   fastn.  sp.  293,  11;    weil  dasselbig  büchlein 
mir  heimlich,  keiner  rechten  weis,  abgetrogen  oder  abgeschrie- 
ben ist.  Lothers  br.  3,121; 

ich  sein  ros  in  wenig  tagen 
im  listiglich  will  tnegen  ab.    Ayber  292' ; 
einem  andern  abgetrogen 
weib,  geld,  gut,  vieh.    Logao  3,  7,  52. 

ABTRIFT,  f  abactio  pecoris  in  campum  altcrius.  auch  ßr 
abtrieb,  retract.  weislh.  3,  788. 

ABTRILLEN,  fraude  auferre:  wenn  er  {unser  wille)  nicht 
durch  ermahnung  und  abmahnung  getrieben  und  abgetrillet 
wird.  Simplic.  1,  50.   richtiger  abdrillen,  abdrehen. 

ABTRINKEN,  debibere,  nnl.  afdrinken:  den  schäum  vom 
wein  oben  abtrinken;  den  letzten  tropfen  vom  nagel  abtrin- 
ken; das  glas  ist  zu  voll,  du  must  etwas  abtrinken;  den  wein 
vom  becher  abtrinken,  austrinken; 

recht  sireichmasz  wöll  wir  trinken  ab, 
lang  ich  dich  nit  gesehen  hab. 

SCHWARZENBERG  144,2; 

nu  schenk  uns  ein  den  groszen  becher, 

schenk  voll,  so,  ho !  ihr  liebe  freind, 

ein  jeder  guter  zedier,  Stecher, 

so  oft  als  vil  buchstaben  seind 

in  seines  lieben  stechblatts  naraen, 

hie  disen  ganz  abdrinken  soll, 

ich  neunmal,  rechnet  ihr  zusamen: 
es  gilt  ganz  voll!    Weckherlin  528; 

darf  ich  schon  nicht  abdrinken  das  pocal.    das.  653. 
andere  bedeutungen,  einem  seine  schöne  abtrinken   {s.  absau- 
fen, abzechen);   die   rechnung  beim  wirt  abtrinken,   ihm  ab- 
trinken, weislh.  2,  411 ;  die  schuld  abtrinken ;  der  thee  ist  ab- 
getrunken, durch  aufgusz  des  wassers  abgeschwächt. 

ABTRINNIG,  discedens:  es  werden  sich  erheben  abtrinnige, 
ungehorsame  leut.  Ulenberg  psalt.  268.  s.  abtrennig,  ab- 
trünnig. 

ABTRIPPELN,  was  abtrappeln:  wenn  die  princessin  mit 
ihrer  langen  schleppe  von  falschem  silbermohr  abgetrippelt  ist. 
Wieland  U,  180. 

ABTRITT,  m.  decukatio,  discessio,  sccessio.  die  jäger  nen- 
nen abtritt  das  vom  Hirsch  abgetretene  gras,  dessen  grüne  oder 
welke  ein  zeichen  dargibt,  vgl.  waidspruch  196  {altd.  wäld.  3, 145); 
sihe  an  das  gras,  das  er  getretten  hat  und  halt  es  gegen  der 
sonnen,  so  sihestu  wol,  ob  der  abiritt  grün  oder  welk  ist 
Sebitz  fcldbau  574.  abtritt,  ein  absatz,  von  dem  man  abtreten 
miisz  oder  kann:  fall  nicht,  hier  ist  ein  abtritt;  im  bergwcrk 
ein  ruhesitz.  abtrill  vom  pferde  und  einkehr  beim  wirf,  daher 
seinen  abtritt  bei  einem  nehmen:  der  gaste  waren  viel,  die 
ihren  abtritt  hier  bei  diesen  rittern  nahmen.  Fleming  164; 
wo  mehrgedachter  cavalier  seinen  gewöhnlichen  abtritt  zu  ha- 
ben pdcgte.  ehe  eines  mannes  338.  abtritt  der  schöffeii,  der 
Parteien,  discessio :  die  schoflen  nahmen  ihren  abtritt,  giengen 
aus,  traten  ab  (RA.  789.  790) ;  aber  auch  jeder  andere  Weggang, 
hingang,  forlgang,  abschied: 

was  kömmt 
mir  denn  auch  ein,  so  kurz  vor  meinem  abtritt 
auf  einmal  ganz  ein  andrer  sein  zu  wollen? 
Lkssimc  2,  330; 

der  abtritt  vom  amtc  {gegenüber  dem  antritt),  aus  dem  leben  (liin- 
tritt),  von  der  bühne,  vom  glauben ;  auch  uol  cessio,  der  abtritt 
eines  rechts,  grundstücks  f  abtrctimg.  endlich  der  geheime 
ort  und  gang  im  hause,  der  abtritt,  für  welchen  die  spracht 
eine  menge  andrer  namen  bietet,  {s.  iiäuschcn,  lüublein,  gele- 
genheit,  heimliches  gemach,  aboit,  ausgang,  Sprachbaus.) 


I 


145    ABTROCKNEN  —  ABURTHEILUNG 

ABTROCKNEN,  desiccare,  abstergere:  das  wasser  vom  ge- 
siebt, von  den  bänden,  die  thräncn  von  den  wangen  abtrock- 
nen, dann  gesiebt,  bände,  wangen  abtrocknen: 

Holland  trücknet  ab  die  trähnen.    Flehi.ng  142. 
völlig    trocknen :    die   wäscbe  auf  dem  seil,    gras  abtrocknen ; 
Obst  im  Ofen  abtrocknen,    es  bat  nach  dem  regen  scbnell  wie- 
der abgetrocknet;  die  blättern  haben  {oder  sind)  abgetrocknet. 
s.  abtreugen. 

ABTROCRNüNG,  desiccalio.  Paracelsüs  1,519  schreibt  ab- 
tröcknung. 

ABTROLLEN,  discedere,  verächtlich:  du  kannst  abtrollen, 
dich  verlieren. 

ABTROMMELN,  tympano'  abigere,  was  vom  abtreiben  der 
bienen  gilt,  deren  schwärm  man  mit  dem  klang  eines  beckens 
vom  bäume  lockt,  aus  einem  stock  in  den  andern  durch  trom- 
meln mit  den  fingern  treibt,     einen  marsch  abtrommeln. 

ABTRÖPFELN,  destillare,  nnl.  afdruppelen,  s.  abträufeln 
und  das  folgende. 

ABTBOPFEN,  gtUtalim  defluere:  dasz  dir  die  zäher  über 
die  backen  abtropfen,  fastn.  sp.  300,  7 ;  melodisch  tropfte  es 
von  den  krystallnen  wänden  ab  in  die  quellen.  Klinger  10, 
127.    LoHExsT.  Arm.  2,  309  abtropfen. 

ABTRÖSTEN,  consolari:  sein  compagnon  wollte  mich  ab- 
trösten. Ham.\>n  3,  235. 

ABTROTZEN,  minis  obtinere,  durch  trotz  und  drohung  ab- 
nüthigen:  er  würde  mich  nie  ansehen  können,  ohne  mich 
heimlich  anzuklagen,  wie  viel  ich  ihm  abzutroUen  mich  un- 
terstanden.   Lessing  ; 

wer  trotzte  waffen  oder  Weisheit 

ihr  {der  natur)  oder  ihrem  seböpfer  ab  1    Giei«. 

s.  abtrotzen. 

•  ABTRUMPFEN,  triumphare  in  ludo  chartarum:  einen  mit 
dem  trumpfe  abstechen;  einen  mit  derber  gegenrede  ab- 
trumpfen ;  sie  haben  sie  abgetrumpft.  J.  Pail  flegelj.  1,  79. 

ABTRÜNNIG ,  fidem  fallens,  ahd.  abtrünnig  (Graff  5,  533) 
transfuga,  apostata,  mhd.  abetrünnec,  von  dem  verlornen 
stamm  trinnan  trän  trunnun  herzuleiten,  aus  welchem  auch 
trennan  f.  Irannian  separare,  {wie  aus  rinnan  rennan)  und  mhd. 
trünne  ein  gesonderter  häufe,  trupp  flieszt.  war  trinnan  sece- 
dere,  fugere,  so  ist  abtronni  anttronni  profugus,  ein  abge- 
tronnener,  enttronnener,  entronnener :  Juliano,  dem  abtrünnigen 
keiser.  Kikchhof  wendunm.  34';  so  wil  ich  auch  bei  euch 
sein  und  bleiben,  in  keiner  not  abtrünnig  werden.  Reutters 
kriegsordn.  34; 

wie  ort  sasz  ich  beihränt,  so  bald  mein  schwäher  klagte, 
und  sein  abtrünnig  blut  vor  gottes  recht  austagle. 
.\.  Grtphius  1,  104; 

dich  stehet  man 
abthinnig  von  den  deinen  auf  der  seile 
des  landesfeindes  stehen.    Schiller  525; 

abtrünniges  weib,  glück.  Platen  25S.  265.  den  formen  abtren- 
nig und  abtrinnig  kann  ihr  recht  verbleiben. 

ABTRÜNNISCH,  modo  haerelico:  das  man  das  sacrament 
nicht  solle  von  irrigen  und  abtrünnigen  priestern,  noch  ab- 
trünniscb  reichen  lassen.    Lcther  3,  528*. 

ABTRCNNÜNG,  /".  apostasia:  alier  abtrünnung  und  Par- 
teien beubt.  Luther  1,419'. 

ABTRüTZEN,  was  abtrotzen :  den  unterthanen  durch  prac- 
tiken  das  ihre  abtrotzen.  Kircbh.  mil.  disc.  121;  man  trotzt 
ihr  kein  geschenk  ab,  das  sie  nicht  freiwillig  gibt.  Göthe  50, 7. 

ABTCNCHEN,  tunicare,  tunica  induere:  die  flächen  sind 
abgetüncbt,  in  felder  getheilt  und  angestrichen.  Götiie  28, 
113;  die  häuser  sind  alle  weisz  abgetüncbt.  37,156;  eine  sau- 
ber abgetünchle  wand.  43, 112 ;  alle  wände  sind  glatt  und  sorg- 
fältig abgetüncbt,  alle  sind  gemahlt,  die  übrige  wand  ist  in 
einer  färbe  abgetüncbt.  39, 188. 

ABURTHEILEN,  abjudicare. 

ein  richter, 
der  viel  zaok  und  bader  den  jOnglinfren  abgearlheill. 
Voss  Od.  12,  440; 

einem  das  leben  aburtheilen.  noch  ist  die  sache  bei  weitem 
nicht  abgeurtbeilt.  Hippel  11,  91 ;  abgeurtheilte  sarhen.  Kaüt 
9, 101.    Fichte  kr.  der  offenb.  239  seltreibt  abgeurthelt. 

ABURTHEILUNG,  abjudieatio,  eondemnatio.  die  aburtbei- 
Inng  des  ganzen  iebenswandels  vor  einer  göttlichen  gerech- 
tigkeit  Kaut  6,  236 ;  rasche  aburtbeilung  und  niedermelzelung 
der  poUtiscben  gefangenen.   Daulxa!«:«  fr.  rev.  463. 


ABNTRDIENEN — ABWANDELN 


146 


ABVERDIENEN,  demerere:  sie  wollen  damit  gott  seine  gnade 
abverdienen.  Luther  3,  400.  6r.  2,  343 ;  das  ihr  ihn  abverdie- 
net gelt.  Ayrer  379';  aliwo  ich  bei  dem  meister  eine  junge 
schöne  und  reiche  tochter  wüste,  die  ich  ihm  abzuverdienen  ge- 
dachte. Felsenb.  2,  418;  von  dem  geld,  das  mein  kind  mit 
seel  und  Seligkeit  abverdient.  Schiller  182 ;  die  kunst  allein 
gewährt  uns  genüsse,  die  nicht  erst  abverdient  werden  dür- 
fen. 1133 ;  Wilhelm  schalt  ihre  Undankbarkeit,  allein  man  setzte 
ihm  entgegen,  dasz  sie  das  was  sie  dort  erhalten,  genugsam 
abverdient  (hätten).  Göthe  19, 16 ;  die  mühe  mit  der  die  men- 
schen dem  viehe  ihren  nutzen  abverdienen  müssen.  Gellert  4, 195 

ABVERDIENLT<G,  f. 

durch  die  lose  sühnung 
der  selbstgewäbllen  abverdienung.    Voss  5,  162. 

ABVERKCNDEN,  renuntiare.  denselben  abverkündten  zins. 
Frankf  ref  2.  7,  13. 

ABVERLANGEN,  expostulare,  abfordern: 

hernach  vier  backenzähn  und  eine  band  voll  hart 
dem  alten  herren  abverlangen.    Wielaxd  ; 
nimm  den  ring  zurück, 
den  ich  dir  abverlangt.    Plate.'(  221. 

AB\TRLIEBEN,  gratiam  inire:  der  sal  unserm  herren  ein 
maldern  korns  holen  oder  ime  abverlieben,  weisth.  1,  643.  i. 
ablieben,  und  afverminnen  in  Lacombl.  archiv  s.  395. 

ABVERSTOSZEN,  detrudere:  so  viel  der  teufel  abverstoszen 
sind  worden  vom  himmel  in  abgrund  der  bell.  Paracelsi  opp. 
2,  319.  auch  der  älteren  spräche  waren  mehrere  Verknüpfungen 
des  ab  und  ver  eigen,  mhd.  abe  versteln  MS.  2,  152';  ahd. 
aba  farhouwan,  aba  farprechan,  aba  farmeijan. 

ABVIEREN,  quadrare,  viereckig,  würfelförmig  machen,  mhd. 
vieren.  Waltb.  79,  39.  tr.  krieg  17429 :  einen  klotz,  stein  ab- 
vieren.  Frisch  2,  401"  und  Adellng  wollen  dies  abvieren  für 
eins  mit  abfieren,  abfüeren  halten,  s.  abführen. 

ABWACHEN  sich,  vigilando  consumi. 

ABW.\GEN,  ad  libram  exigere:  das  brot  abwägen,  guter 
abwägen  lassen;  den  fall  des  wassers,  den  mahlpfahl  ab- 
wägen ;  eine  fläche  abwägen ;  seine  worte  abwägen ;  der  reiche 
Schicksal  wägst  du  ab.  Klopst.  7,166;  alle,  welche  diese  Un- 
ternehmung mit  seinen  fäbigkeiten  und  kräften  abwogen,  warn- 
ten ihn.  Schiller  901;  Rose  wiegt  mir  immer  für  die  ganze 
woche  zucker  ab.  Göthe  14,  298;  so  wägt  sich  immer  eins 
gegen  das  andere  ab.  Klinger  12,  201 ;  der  abgewogene  sinn 
der  worte.  8, 110  ;  abgewogene  kräfte.  Kant  8,  293.  ungewöhn- 
lich erscheint  sich  abwägen  mit  der  bedeutung  sich  unterschei- 
den, absondern,  wägend  trennen: 

als  sie  nun  also  einher  zogen, 
und  sich  von  den  andern  abwogen, 
mosten  sie  als  die  albern  thoreu 
gar  vielfeltig  gespöit  anhören. 

froschmeus.  3.  2,  3. 

im  praes.  ist  wiegst  wiegt  richtiger  als  wägst  wägt,  im  praet. 
wog  als  wägte,  mhd.  wggen  wigest  wiget,  praet.  wac.  s.  ab- 
wiegen. 

ABWALKEN,  stipare.  das  tuch  abwalken ;  einen  abwalken, 
verberibus  subigere: 

ein  edelknecht 
stand  im  begrif  ihn  weidlich  abzuwallcen.    Wikiasd. 

ABWALZEN,  volutari,  ahd.  walzün:  sauw,  die  umb  und 
umb  im  unflat  abwalzt  und  sich  schmiert.  Kirchhof  wendunm. 
281* ;  abwälzen,  sich  im  tanz  umdrehen. 

ABWÄLZEN,  rerolvere,  ahd.  aba  welzan:  wurden  gewahr, 
dasz  der  stein  abgewelzet  war.  Marc.  16,  4 ;  funden  den  stein 
abgewelzel  von  dem  grabe.  Luc.  24,  2 ;  wie  nun  weiber  ihren 
höchsten  hört  in  dem  haben,  dasz  sie  das  leid  vom  herzen 
abwelzen  mögen.  Weise  kl.  leul^  351 ;  alles  böse  Ton  uns  ab- 
wetzen. 374; 

auf  diese  seele  wälzt  mein  unbegrenzt  vertrauen 
die  schwerste  meiner  sorgen  ab.    Wibla-^d  10,  256 ; 
sie  nur  wälzt 
des  kronenränbers  namen  von  mir  ab.    Gotter  3,  212. 

ABVVAMSEN,    abwaraschen,  verberibus  tubigere,  einem  da* 
wams  ausklopfen,  s.  abbamsen  und  wams. 
ABWANDELN,  mutare,  emendare: 

Tebler 
durch  strenge  buszen  abzuwandeln.    wiitAHo. 

man  hat  damit  conjugieren,  wie  mit  abändern  dedinieren  aus- 
drwken  moUtn,    aber  keine  dieser  undeutlichen  bettfnnungen 

10 


147 


ABWANDERN—  ABWÄRTS 


ABWARTÜNG  —  ABWECHSELN 


148 


durchgesetit.  abwandeln,  ambularc,  auf  und  ab  wandeln,  nnl. 
afwandelen. 

ABWANDERN,  demigrare:  die  gesellen  sind  heute  abge- 
wandert; ins  ewige  leben  abwandern;  bei  seinem  abwandern 
betrug  er  sich  ebenso  excentrisch.  Göthe  48,  33. 

AB  WANKEN,  dcßeclere:  nicht  abwankend  vom  ziel.  Voss 
3, 106.  nutando  abire.  Klingers  tli.  4, 138.  vgl.  abwenken.  mhd. 
galt  auch  ein  siibst.  abewanc.   En.  950t. 

ABWÄRMEN,  calefaccre:  ofen,  schmelzhcrd  abwärracn,  zu 
einem  erforderlichen  Wärmegrad  bringen. 

ABWARNEN,  dehortari,  praemonere:  ob  er  darum  niema- 
len wäre  abgestraft  oder  abgewarnet  worden.  Philand.  1,  499. 

ABWARNUNG,  f.  praemonilio. 

ABWARTEN,  exspectare,  allendere.  da  in  warten  die  sinn- 
liche Vorstellung  des  ausschauens  enthalten  ist,  musz  das  zu- 
tretende ab  vom  standpunct  des  schauenden  erklärt  werden  und 
abwarten,  erwarten  sein  etwas  mit  (ab)  den  äugen,  von  der 
höhe  ab  erschauen,  danach  blicken,  der  Wächter  wartet  ab 
der  zinne.  ich  will  meinen  freund  hier  abwarten  hciszt  ich 
will  von  dieser  stelle  aus  ihm  entgegen  sehen  bis  dasz  er 
komme;  mich  in  einen  offenen  laden  hinsetzen  und  die  Ver- 
käufer abwarten.  Tieck  gcs.  nov.  2,  22.  schon  das  einfache 
ahd.  warten  drückt  aus  prospicere,  speculari,  exspectare.  vor 
des  spähenden  äugen  breitet  sich  die  gegend  aus,  er  übersieht, 
beobachtet,  bewacht  sie,  folglich  bedeutet  warten  zugleich  auf 
etwas  acht  haben,  es  in  pflege  und  sorge  nehmen,  dieses  ab- 
warten pflegen,  hüten  construiert  unsere  spräche  zwar  auch 
noch  mit  dem  acc,  daneben  aber  mit  dem  gen.  und  dat.  der 
Sache,  beispiele  des  gen.,  dasz  er  dieses  handeis  nicht  ab- 
warten könnte.  Melanchth.  3, 1202 ;  ihres  amtes,  berufs  und 
dienstes  abwarten ;  seiner  narung  abwarten  und  darbei  selig 
sein  und  bleiben  könne.  Mathesius  6';  christlich  wandeln  und 
vermöge  seines  eides  seiner  befohlner  arbeit  trewlich  abwar- 
ten, das.  7";  dasz  sie  niciit  besser  ires  berufs  abgewartet. 
AvBER  proc.  2,  5 ;  seiner  guter  abwarten.  Opitz  1,  5' ; 

wer  hätte  vermeinet,  dasz  ich  im  parten 
sollte  der  wachsenden  blumen  abwarten. 
A.  Grtphius  1,  622. 

beispiele  des  dat.,  so  er  dem  gericht  selber  nicht  abwarten 
kan.  Frankf  ref.  1.  6,  4 ;  dasz  er  also  seinem  ampl  nit  genug- 
sam abwarten  kann.  Uffenbach  roszbuch.  2,  190;  indem  wir 
dem  Laelius  abgewartet.  Philand.  2,  275;  wie  er  seinen  Sa- 
chen wol  abwarten  möge.  das.  2,  498 ;  der  plackscheiszerei 
abzuwarten.  Simplic.  1,  3 ;  keiner  schickte  sich  besser  dem 
alten  herzbruder  in  seiner  krankheit  abzuwarten  als  ich.  das. 
1,198;  wann  sie  dem  jetzt  gegenwertigem  glück  nicht  besser 
abwarten  solle.  Spee  440;  als  solchem  verächtigen  ampt  ab 
zu  warten,  das.  489 ;  gewis  werden  ihnen  (den  blumenzwie- 
beln)  meine  kinder  mit  fleisz  abwarten.  Pestalozzi  L.  und  G. 
1,  267.  beispiele  des  acc,  die  händel  abwarten.  Schweinichen 
3, 149 ;  80  würde  er  seinen  dienst  fleisziger  abwarten,  pers.  ro- 
senlh.  5, 1 ;  den  gotlesdienst  abwai'ten.  das.  7,  20 ;  er  wartete 
seine  Concordia  mit  den  treflichsten  liebkosungen  ab.  Fel- 
senb.  1,  146;  er  musz  seinen  beruf  wohl  abwarten.  Rab.  1, 
172 ;  ohne  seine  stunden  abzuwarten.  3, 29 ;  aus  der  andacht, 
womit  sie  den  öffentlichen  gotlesdienst  abgewartet  haben. 
MösEn  verm.  sehr.  1,  117 ;  versicherte  dasz  sie  (die  wunden) 
leicht  heilen  würden,  wenn  der  patient  sich  ruhig  hielte  und 
sich  abwartete.  Göthe  19,  56.  heutzutage  ist  die  fügung  mit 
gen.  und  dat.  veraltet,  nur  die  mit  acc.  üblich  (s.  warten), 
obschon  einige  redensarten  zweifelhaß  werden,  den  gotlesdienst 
abwarten  kann  bedeuten  den  beginn,  das  ende  des  g.  erwarten 
oder  den  g.  verrichten;  es  will  abgewartet  sein,  sowol  es  musz 
darauf  gewartet,  es  musz  erwartet,  als  gehörig  verrichtet  wer- 
den, der  böte  wartet  die  schlacht  ab,  um  ihren  ausgang  zu 
melden,  der  feldherr  wartet  sie  ab,  schlägt  sie.  sie  wollen  es 
nicht  abwarten.  Lessinc  1,  293. 

ABWÄRTS,  deorsum,  niederwärts,  seorsum  seitwärts,  das 
Wasser  rinnt  abwärts;  die  sonne  geht  abwärts;  es  geht  mit 
ihm  abwärts;  abwärts  steigen,  sciüffen;  das  gebirg  ich  bald 
stieg  abwertz.  H.  Sachs  1,  253' ; 

0  zeit,  0  hohe  zeit,  dasz  wir  aur  knien  liegen, 
dasz  wir  die  freche  stirn  zur  erden  obwerts  biegen. 

LoGAU  1,  10,  60; 
ein  loser  gott  floaz  abwärts 
in  ihres  busens  mitte,    v.  Kleist  1,53; 
sobald  Aurora  lieblich  abwärts  schauet,    das.  1,26; 
bald  sieht  er  abwärts  voller  nUmz  und  prangen 
Bocb  einea  bimmcl  in  den  Uuten  hangen,    das,  1,27; 


sie  stürzte  sich  abwärts  {in  die  hole).  Klinger  10,  209 ; 

holde  Genoveva, 
es  neigt  sich  alles  abwärts,  sei  mir  lieb.    Tiece  2, 148; 
geh  den  hiigel  abwärts.    Plate.n  21. 
beispiele  des  seitwärts: 

was  blickst  du  hohnlächelnd  abwärts?   v.  Kleist  2,131; 

oft  reichte  Mars  ein  volles  glas, 

wenn  ihr  Vulcan  nur  abwärts  sasz, 

der  himmlisch  lächelnden  Cythere.    Hagedorn  3,127; 

ihm  schwärmen  abwärts  immer  die  gedanken 

nach  seines  vaters  hallen.    Göthe  9,  4. 

der  sinn  ist  oft  unsicher,  z.  b.  in  den  Worten:  so  halte  dich 
nun  auch  still  und  abwärts.  Tieck  U,  138. 

ABWARTUNG,  f.  curalio :  abwartung  der  puppe,  ausputzung, 
pflege;  abwartung  des  gottesdienstes.  Rab.  4,200;  die  abwartung 
der  blumen,  der  wunden,  nicht  aber  für  erwartung,  exspectatio. 

ABWASCHEN,  abluere,  nnl.  afwasschen :  den  schmutz  von 
den  bänden,  wangen,  dem  gesiebt  abwaschen,  bände,  wangen, 
gesiebt  abwaschen,  ursprünglich  ab  den  bänden  waschen,  ahd. 
wasg  nu  aba  mir  min  unreht.  jV.  ps.  50,  4;  er  dich  durch 
sein  blut  von  den  Sünden  abgewaschen  habe.  Augsb.  conf; 
seine  bände  abwaschen  von  den  weltlichen  eiteikeitcn.  pers. 
baumg.  3,  24 ;  die  schusseln  abwaschen ;  der  regen  wäscht  die 
erde  vom  ufer  ab;  der  flusz  hat  das  land  abgewaschen ;  ihre 
thränen  wuschen  das  blut  von  der  wunde  ab ;  die  leiche  steht 
schon  abgewaschen ;  das  musz  mit  blut  abgewaschen  werden ; 
die  unflätige  zunge  mit  maulbeersaft  abwaschen  (blutig  schla- 
gen). Simplic.  1,  347 ;  wir  wollen  die  runzeln  recht  einander 
abweschen.   Fischart  Garg.  84". 

ABWASCHUNG,  f  ablatio. 

ABWASSER,  n.  aqua  defluens  ex  alia,  defluens  super  alias 
res,  nnl.  afwater:  wasser,  so  von  einem  brunnen  abgat  und 
etwan  hin  zu  nutzen  geleitet  wird.  Pictoriüs;  dieses  sees  Ur- 
sprung ist  in  dem  Nordholz  und  fleuszt  sein  abwasser  durch 
die  gi-afschaft  Arnstein.  Thurneisser  von  wassern  s.  266 ;  von 
dem  abwasser,  darin  die  erz,  die  solche  ding  bei  sich  haben, 
geweschen  werden,  das.  s.  47. 

ABWÄSSERLEN,  urinam  egerere,  mingere:  vier  hurenkin- 
der,  was  lusts  können  die  eim  geben?  wann  das  ein  neben 
den  tisch  pflatteret,  das  ander  dar  unter  die  bein  abwasser- 
let,  das  dritt  bei  den  herd  hofiert.  Fischart  Garg.  47'. 

ABWÄSSERN,  aquam  diducere  irrigandi  aut  desiccandi  causa, 
nnl.  afwateren:  graben  ziehen,  die  wiesen  abwassern;  abwäs- 
serungsgräben.  Niebuhr  kl.  sehr,  l,  64.  einem  abwassern,  das 
wasser  entziehen,  figürlich,  schaden  zufügen,  eintrag  thun:  da 
man  treuen  arbeitern  nichts  abbricht,  aufschlegt  oder  abwes- 
sert.  Mathesius  126'.  fische,  Stockfische  abwassern,  ihnen 
durch  aufgegossenes  wasser  schärfe  benehmen. 

ABWEBEN,  dctexere,  nnl.  afweven :  das  tuch  abweben ;  aber 
wenn  zwanzig  bis  dreiszig  eilen  am  werke  werden  abgewobeu 
sein.  J.  Paul  Hesp.  1,  99 ;  das  gleichnis  abweben.  J.  Paul 
teufelsp.  1, 143. 

ABWECHSEL,  m.  alternatio,  permutatio.  das  gold  bringen 
sie  an  sich  durch  tausch  und  abwechsel.  Frank  weltb.  224*; 
darumb  nennet  die  schrift  mit  eim  abwechsel  on  underscheid 
itzt  den  ganzen  menschen  flaiscb,  itzt  die  weit.  Frank  parad. 
36';  dieser  abwechsel  geschah  so  oft.  H.  Sachs;  der  monat- 
liche und  immerwehrende  abwechsel  der  neuwen  und  immer 
anderer  Soldaten.  Kirchhof  disc.  mit.  17 ;  weil  sie  den  ab- 
wechsel beliebten.  Simplic.  1,  268 ;  abwechsel  mit  salz  und 
kraut  (beim  einmachen).  Hohberg  2,  61* ;  ein  einziger  kinder- 
tag  hat  mehr  abwechsel  als  ein  ganzes  mannsjahr.  .1.  Paul 
flegelj.  4, 123.    abwechselsweise.  Olearius  or.  inseln  s.  149. 

ABWECHSELIG,  varius  et  mutabilis  und  adv.  varie:  die  wei[ 
und  sie  einer  also,  der  ander  also  sich  erzeigen,  der  trawrig, 
der  frölich,  der  zornig,  der  abwechslig  und  dergleichen.  Pa- 
racelsi  opp.  1,  530'. 

ABWECHSELN,  altcrnare,  variare,  nnl.  afwisselen':  nun 
das  wir  von  dein  alten  abgewechselten  verlassen  HUngaria 
auch  etwas  sagen.  Frank  weltb.  80" ;  wechslen  sis  ab  in  des 
künigs  münz.  das.  195';  singt  tag  und  nacht  den  psalter  mit 
abgewechseltem  chor.  das.  132';  welche  (münze)  ihnen  auch 
von  der  obcrkeit  wieder  abgewechselt  wird.  Thurneisser  al- 
chym.  2,  110;  denn  der  prophet  redet  einslei  ding  mit  abge- 
wechselten Worten.  Mathesius  108';  wo  man  die  pferde  ab- 
wechselt und  wieder  frische  bekompl.  pers.  rciscb.  1,  4 ;  un- 
lerwegcns  wechselte  der  könig  etlichental  sein  reitpferd,  auch 
einmal  die  kleidung  alj.  das,  4,  43 ; 


1 


V» 


149 


AB\\'ECnSELM)  —  AB^^^:HIlEN 


ABWEHHER— ÄBWEIS 


150 


wiUt  du  mit  dieser  burd  abwechseln  deine  ruh? 
A.  Griphics  1,  18; 

die  königliche  leibwache  (wurde)  abgewechselt  (abgelöst).  Schil- 
ler 1049 ;  als  wir  solche  gespräch  abwechselten.  Voss  Od.  11, 225 ; 
wir  wechseln,  wies  im  leben  pflegt  ni  gehen, 
das  frohe  mit  dem  ernsten  ab.    Gotter  I,  23. 

sich  abwechseln,  sich  ablösen:  wann  sich  die  (leinlerlichen) 
dünste  mit  des  widers  gegenschein  abgewechslet  und  vergli- 
chen haben.  Fischart  groszm.  29.  intransitiv,  glück  und  Un- 
glück wechseln  ab;  ein  abwechselndes  fieber. 

ABWECHSELND,  adv.  altemando:  sie  sangen  abwechselnd; 
die  blätter  stehn  abwechselnd,  bald  auf  dieser,  bald  der  an- 
dern seile. 

ABWECHSELOG,  f.  permutatio :  abwechselung  {austanseh) 
der  gefangenen.  Kirchhof  mil.  disc.  179;  diese  schrift  um- 
faszt  die  abwechselungen  aller  Jahrhunderte.    Clacdics  7, 103. 

ABWEG,  m.  diverticiilum,  devium,  ahd.  dwicki,  äwiggi 
(Gr.\ff  1,  671)  n.,  nnt.  afweg  m.  auf  dem  abweg  entfliehen ; 
die  strasze  hat  viel  abwege;  bleib  er  nur  auf  der  fahrstrasie 
und  lasz  sich  kein  abweg  kümmern,  wegkürzer  2;  musz  ein 
nebengassen,  abweg  gehen.  Fr.\>-k  tceltb.  106'  (oder:  ein  ne- 
bengassen  abweg?);  vom  abwege  führen.  KiRCHHor  wendunm. 
438' ;  durch  lauter  wald  und  abwege.  Simpl.  1, 442 ;  abwege  su- 
chen. 1,  391 ;  ich  möchte  auf  meine  alte  schliche  und  abwege 
kommen.  Plesse  1, 99 ;  die  tugend  ist  die  mittelstrasze  zwischen 
zwei  abwegen.  Wieland  1,  256;  ein  längerer  fortgang  auf 
den  abwegen,  auf  die  er  verirrt  war.  1,  292;  aus  tausend 
abwegen  den  rechten  weg  auszusuchen.  7,  216. 

ABWEG,  adv.  de  via,  vom  weg  ab,  mhd.  abe  wege :  rar  er  abe 
wege.  Maurit.  1495 ;  nu  vart  abe  wege.  10S5 ;  si  füeret  ab  wege. 
Hacft  6,  502 ;  giengen  balde  al)e  wege.  Kö.xigshofex  295 ;  wir 
gungen  ein  wenig  abweg.  Philaxd.  2,  348 ;  und  die  armen 
tropfen  gar  abweg  und  noch  besser  für  sich  in  den  wald 
hinein  zu  gehen  müszigten.  Simplic.  2,271;  bisz  du  der  ma- 
teri  abweg  ifort)  verhelfest,  üffenbach  roszbuch  2,  116;  das 
steinecht  crdreich  ist  auch  zu  sauberen,  so  man  die  stein  ab- 
weg (fort)  schaffet.  Sebitz  feldbau  s.  20 ;  abweg  liegen,  das. 
28 ;  viel  von  den  umbstehenden  funden  seine  wor:  nicht  gar 
abweg  sein  (aus  dem  weg  liegen).  Philand.  1,  304.  zum  subst. 
abweg  verhall  sich  das  adv.  wie  zum  subst.  weg  das  adv.  weg. 

ABWEGIG,  remotus,  aus  dem  weg  liegend:  ein  abwegiger  wald. 

ABWEGS,  adv.,  dem  vorigen  gleichbedeutend,  mnl.  afweghes 
(lekensp.  2,  350) :  von  des  hauptmann-^  erstem  schiffe  abwegs 
getrieben.  Frossp.  3,  229' ; 

ir  seit  abwegs  gereist  der  strasz.    Atmek  358' ;   H.  .Sachs  IT. 
3,  17M8';  II.  2,  34*; 

ah  ich  nun  abwegs  machen  (fortreisen)  wolle.  Simplie.  1,164. 

ABWEGSAM,  was  abwegig:  ein  abwegsamer  wald.  Voss; 
abwegsamer  ort. 

ABWEHEN,  deflare,  nnl.  afwaajen :  der  wind  weht  alles 
obst  von  den  bäumen  ab ;  der  stürm  wehte  dio  fahne  vom  dach 
ab ;  mhd  starken  liuten  waet  cn,  houhet  abe.  Walth.  13.  17 ; 
die  abgewehten  töne  des  musikalischen  gefolges.  J.  Paul  Hesp. 
3,  218.  inlr.  Schneeflocken  wehen  vom  dach,  bluten  von  den 
bäumen  ab;  dn  sie  denn  auf. dem  berge  eine  grosze  weisze 
fahne  abweiien  lieszen.    Lohe5St.  Arm.  1,  951. 

ABWEHR,  f.  depulsio,  defensio: 

da  zur  abwehr  kQbn  ich  genaht  war.    Voss  II.  1,  590; 

dir  schalT  ich  des  wehs  abwehr  und  errettung.  Od.  10,2S6. 

ABWEHREN,  depellere:  die  katzc  von  der  milch  abwehren; 
die  mutier  wehrt  dem  schlafenden  kinde  die  fliegen  ab;  der 
pelz  wehrt  die  kalte  ab; 

die  strafen  sind  das  salz,  damit  man  abewehre. 
dasi  gute  zucbt  sich  nicht  in  faul  und  stank  verkehre. 
LocAU  3,  10,  63  ; 
die  Sorgfalt, 
mit  der  ich  mich  bemüht,  dein  Unglück  abzuwehren. 

Gcllcrt; 
der  thrSne  ausbnich  abzuwehren.    Bürger  2,3; 

armuth,  als  eine  grosze  Versuchung  zu  lästern  abzuwehren. 
Kam  ;  er  ISszt  sich  nicht  abwehren,  die  sache  ist  nicht  ab- 
zuwehren.   Einigemal  mit  dem  dat.  der  person  oder  sacJie: 

mit  ziucrn  Hengst  du  an.  ist  dem  nicht  abzuwehren, 
der  mil  dem  sabel  kommt*  Opitz  1,4; 

sie  sucht  den  kindem  abzuwehren     Michaelis; 
der  aus  Siciliea  der  theurung  abgewehrt.    Gcllbrt 

in  diesem  tinn  bedeutet  es  steuern,  einhält  thun. 


ABWEHRER,  m.  depulsor :  des  fluchs,  des  wehs  abwebrer.  Voss. 
ABWEICH,  m.  deflexio.    in  einer  fiugschriß  aus  den  «can- 
zigen  des  16  jh.  heiszt  es : 

und  Tolgstu  mir  on  abeweich, 
so  gib  ich  dir  meins  vatter  reich. 

ABWEICHEN,  recedere,  declinari,  ahd.  wichan,  nnl.  afwij- 
ken.  räumen,  platz  machen,  vom  rechten  wege  abweichen ; 
weicht  ab,  tret  umbe  und  räumet  auf!  fastn.  sp.  1,  5.  263, 
13 ;  weich  keiner  ab.  336, 13 ;  das  du  sitlich  weichest  ab.  173, 
19 ;  so  man  von  der  lieb  der  warheit  abweicht  zu  den  fabeln 
der  menschen.  Fraxk  u-eltb.  109*;  darum  must  Stephan  mit 
schänden  abweichen  (entweichen).  Kirchhof  wendunm.  407*; 
geschieht,  dasz  man  (beim  stürm)  ungeschaft  abweichen  musz, 
werden  die  in  der  festung  fürsichtiger,  ja  mutiger  und  truüi- 
ger.  ders.  mil.  dise.  ISO; 

da  nun  der  tag  mit  schein  abwich.    H.  Sachs  1,  162* ; 

drumb  ihut  nicht  von  uns  abweichen, 

dann  wir  begem  euch  zu  ehrn.    Airer  18S'; 

drumb  weich  ab,  das  ist  mein  beger.    da*.  102*; 

krieg,  weich  ab,  und  nerae  scheue 

tür  des  friedens  frommer  treue.    Logac  2,  2,  3 ; 

das  glück  ist  von  dir  geschlichen, 

goll  mil  seiner  gnad  abgewichen.    Soltac449; 

sie  weichen  hinter  ihm  ab  seine  getreuen.  Schiller  174.  das 
part.  abgewichen  so  viel  als  verwichen,  vergangen,  verflossen, 
verstrichen :  20  sept.  abgewichnen  jahrs.  Schweixiche!»  3,  27 ; 
im  abgewichnen  jähr.  Göthe  33,  63;  in  abgewichener  nacht. 
Felsenb.  4,  235.  abweichender  schritt  (t-on  der  geraden  linie 
weichender).  Göthe  24,  120. 

ABWEICHEN,  emollire,  ahd.  weichan,  nnl.  afweeken:  ein 
pflaster  abweichen,  das  pflaster  ist  abgeweicht 

ABWEICHEN,  n.  alvus  cita,  fusa,  durchfall,  eigentlich  re- 
cedens,  im  gegensatz  zur  alvus  stricta. 

ABWEICHUNG,  f.  recessus,  dcclinatio :  meine  läge  hat  mir 
nie  eine  abweichung  von  den  brotwissenschaften  erlaubt.  Got- 
ter 3,  264;  in  eiform  mit  theilweiser  abweichung  ins  nieren 
und  zitzenförmige.  Göthe  31,  230. 

ABWEIDEN,  depascere,  nnl.  afweiden :    das  gras  von  dem 
feld  abweiden;    das  vieh  weidet  die  saat  ab;    die  pferde  ha- 
ben  die  wiese  abgeweidet;    der  hirt  weidet  die  trift  mit  den 
Schafen  ab ;  das  feuer  weidet  ab  was  es  ei^eifl ; 
wie  eine  Damme  doch  so  lange  währen  kan, 
die  dannoch  irdisch  i<t,  und  eher  sich  nicht  scheidet 
von  dem,  worauf  sie  fällt,  bisz  alles  abgeweidet 
und  aufgeürieben  ist.  Opitz  1,43; 

leichtsinn,  der  nur  gegcnwart  abweidet.  J.  Paiil  fiegelj.  4, 44 ; 
hast  mit  deinem  verzehrenden  schwert  abgeweidet  ihre  haare. 
gOtter,  h.  und  Wieland  1774.  B  6". 

AB  WEIFEN,  spiram  filorum  in  baculis  transversa  facere: 
das  gam  von  der  spule,  spindel  abweifen,  die  spule,  spindel 
abweifen. 

ABWEINEN,  deflere,  nnl.  afweenen: 
ein  kaiser, 
den  Sehnsucht  und  gebet  deip  himmel  abgeweinf. 
Günther; 

die  äugen  abweinen,  deflere  oculos;  sie  näherte  sich  mitabge- 
weinlen  äugen:  ihr  abgewcinter  blick  drang  ihm  ins  herz; 
0  dasz  du  vergeben  könntest,  dasz  ich  zu  deinen  füsien  das 
alles  abweinen  dürfte.  Göthe  10,  74.  sich  abweinen,  lacrimis 
se  macerare,  ubertim  flere. 

ABWEIS,  f.  stultitia,  inrptia,  ein  hei  H.  Sachs  und  Atrer 
geläufiges   vort  und  von  ihnen  fehlerhaß  abweisi  geschrieben: 
vil   abweisz.    H.  Sachs  U.  2,  tC.  74'; 

der  vollen  knecht  schendliche  abwei».    I,  229«; 

ir  abweisz  versteh  ich  wol.    1,472*; 

thut  auch  vil  abweisz  fahen  an.    II.  4,  86  ; 

der  abweisz  lachen.    fV'.  3,  21'; 

ich  musz  gleich  deiner  abweisz  schmutzen,    v,  MT; 

dasz  sie  von  ir  abweisz  aufbör.    Atrer64*; 

ich  musz  mir  gleich  der  abweisz  lachn.    dat.  119»; 

nicht  so  närrisch  und  aus  der  abweisz  geschaffen.  Fischart 
Garg.  2l'.  Chttraecs  297  hat  aweise  thorheil,  vocab.  1482 
aw)sz  jocus,  insolentia,  voe.  ine.  teut.  ante  lat.  abweis,  ab- 
wijse  insolentia,  abwise  triben  insolescere;  Keisersberc  bei 
Oberlw  1178  owysz  insania,  owiseten  insaniebant ;  Teuionista 
awijse  stultttia,  absonantia.  der  letzte  lat.  ausdruck  fiihrt  auf 
rechten  weg,  abweise  oder  äwcise,  oweise  (mhd.  äwisc)  ist  das 
atu  oder  ab  der  weise  gerathen,    aus  dem  ton  fallen,  folglich 

10* 


151 


ABWEISEN  —  ABWENKEN 


unsinn  und  narrheil,  ähnjlich  Ttkrjfifislsia,  7t?^Tjfifi£XTjs  =  7tXj]v 
uikove.  nahverwandt,  nicht  dasselbe,  ist  ahd.  äwizzi  delira- 
mentum,    mhd.  abewitze,  letan.  1298,  nhd.  aberwitz. 

ABWEISEN,  abduccre,  repudiare,  rcmovere,  nnl.  afwijzen.  einen 
bettler  von  der  thür  abweisen,  einen  verdächtigen  von  dem  haus 
abweisen,  den  dieb  mit  schlügen  abweisen;  die  feinde  mit  blu- 
tigen köpfen  abweisen,  den  kläger  mit  seinem  gesuch  abwei- 
sen; da  die  kinder  nicht  rechte  erben  waren,  sondern  wur- 
den mit  eim  genannten  (bestimmter  summe)  abgeweiset.  Lu- 
ther tischr.  313'.  384';  die  dargereichte  gäbe  (von  der  hand) 
abweisen ;  eine  wolthat  abweisen  müssen ;  behauptungen,  ein- 
wände, zweifei  abweisen;  du  wirst  die  zeichen  meines  danks 
nicht  ahweisen.  Klinger  7,  260 ;  er  ist  schon  dreimal  abge- 
wiesen und  will  sich  immer  nicht  abweisen  lassen.  Die  heu- 
tige starke  form  von  weisen  ist  unorganisch  (ahd.  wisan  wista, 
mhd.  wisen  wiste),  wie  auch  Luther  noch  abgeweist  sagte  und 
LoGAo  1,  3,  17: 

der  fried  ist  eine  kost,  die  köstlich  nährt  und  speist, 
drum  wird  gemeiner  manu  davon  jetzt  abgeweist. 

ABWEISEN,  ineptire,  insanire,  nach  der  stelle  Keisersbergs 
[unter  abweis),  wäre  ahd.  dwisun. 

ABWEISIG,  ineptus,  absonus,  nach  dem  Teutonista. 

ABWEISUNG,  f.  abductio,  repudialio. 

ABWEISZEN,  dealbare:  die  w'and,  das  zimmer  abweiszen; 
die  Wirkung  des  lichts  auf  die  pflanzen  kennen  zu  lernen, 
die  Phänomene  des  abbleichens  und  abweiszens  beschäftigten 
mich.  GöTHE  58,  14 ;  das  abweiszen  der  pflanzen.  58,  165 ; 
intr.   die  wand  weiszt  ab,  läszt  die  färbe  fahren. 

AB  WEITE,  /".  distantia:  landkarten,  die  auf  kleine  abwei- 
ten gerichtet  sind. 

ABWELKEN,  flaccescere:  die  blume  welkt  ab;  eine  abge- 
welkte Schönheit ;  abgewelkt,  ausgemergelt.  Wieland  8,  140 ; 
so  oft  ein  schmerz  oder  eine  freude  abwelkte.  J.  Paul  uns. 
/oje  3,  35.  transitiv,  flaccidum  reddere:  obst  im  ofen,  pflau- 
men in  der  sonne  abwelken. 

ABWELLE,  f.  semicanalis,  in  quo  axis  cylindri  movetur, 
Pfanne,  worin  der  zapfe  der  welle,  des  wellbaums  der  mühle 
Iduß. 

ABAATNDBAR,  quod  averti  polest. 

ABWENDEN,  averlere,  depcllere.  sinnlich,  gleichviel  mit 
abkehren,  wie  wenden  mit  kehren,  umwenden  mit  umkehren : 
haupt,  äugen,  blick,  gesiebt  von  einem  abwenden ;  das  äuge 
von  der  erde  zum  himmel  abwenden;  abgewandtes  blicks, 
mit  abgewandten  äugen  reden;  die  bände  von  einem  abwen- 
den; das  pferd,  den  wagen  vom  v\ege,  das  scbif  vom  lande 
abwenden;  einen  schlag,  streich,  stosz,  hieb  vom  leibe  ab- 
wenden, abhalten,  figürlich,  das  herz,  gcmüt,  den  sinn  von 
etwas  abwenden,  den  feind,  den  krieg  abwenden;  ein  kind 
vom  vater,  das  volk  von  gott  abwenden,    ableiten,    verführen: 

ihr  liabt  den  menschen  (Jesus)  zu  mir  (Pilatus)  bracht, 

als  einen  der  das  volk  abwandt, 

sein  Unschuld  aber  ist  erkant.    .K.  Ghyphiüs  2,  222; 

auch  lieb  und  leid  urab  zeitlich  hab 

von  rechter  pusz  mich  wendet  ab.    Schwarzenberg  114,  1. 

je  mehr  die  Vorstellung  des  außallens,  verhinderns  überwiegt, 
desto  weniger  kann  abwenden  mit  abkehren  tauschen  und 
dann  bleibt  auch  das,  wovon  abgewendet  wird,  unausgedrückt : 
das  wolle  gott  gnädig  abwenden ;  schaden  und  gefahr  abwen- 
den, das  Unheil  ist  abgewandt  worden,  für  einen  von  etwas, 
von  seinem  vorhaben  abwenden  sagte  man  ahd.  einan  es  ir- 
wentan.    sich  abwenden,  sich  abkehren. 

AB  WENDER,  m.  seduclor:  der  seines  volks  ist  abwendcr. 
H.  Sachs  II.  l,  58*. 

ABWENDIG,  abalienatus,  abkehrig,  abspenstig,  abtrtmnig : 
abwendig  werden,  abwendig  machen ;  laszt  euch  kein  ding 
danon  machen  abwendig.  H.  Sachs  1,  237'';  was  soll  ich 
von  den  empfindlichen  und  abwendigen  gemüthern  sagen? 
Günther  rorr.  s.  25;  seinen  ersten  entschlusz  wegen  der 
compagnie  durchzusetzen  und  sich  von  niemand  abwendig 
machen  zu  lassen.  Schiller  1094 ;  einem  die  frau,  den  die- 
ner  abwendig  maclien. 

ABWENDUNG,  f  aversio,  depulsio,  abalienatio:  die  abwen- 
dung  meines  hcrzens  von  aller  freude;  die  abwendung  der 
gefahr,  des  Unglücks. 

ABWENKEN,  deßedere,  recedere,  ahd.  irwenchan,  mhd.  ent- 
wenken.  Freid.  65,  21; 

ir  lieben  sön, 
von  allem  übel  tbut  abwenkcn.  H.  Sachs  IF.  1,  3*; 


ABWERF —  ABWESEN 

vom  glawben  vil  abwenken 

an  tewflisch  leer  sich  henken.    Soltau  270. 


152 


heule  abwanken,  ahd.  wanchön. 

ABWERF,  n.,  nicht  im  sinn  des  ahd.  äweraf  abjectio,  abor- 
tio  (Graff  1,  1039),  sondern,  es  scheint,  eines  entwurfs,  bilds, 
imago:  so  ist  zu  erkennen,  dasz  in  dem  schnitzwerk  des 
mysterii  magni  mancherlei  abwerfen  gewesen  seind,  ethchs 
in  fleisch  und  das  in  w  underbarlich  viel  gestalt  und  form, 
etlichs  in  meerwunder  mit  vielerlei  form  und  ansichtung,  et- 
liche zu  kreutern,  etlichs  zu  holz,  etlichs  in  stein  und  me- 
tallen.   Pabacelsüs  2,  2'. 

ABWERFEN,  dejicere  (von  etwas  anderm),  abjicere  (von  sich), 
nnl.  afwerpen,  edler  als  abschmeiszen.  äpfel,  birnen,  nüsse 
vom  bäum  abwerfen;  das  pferd  wirft  den  reiter  vom  rücken 
ab;  den  sattel  (vom  pferde)  abwerfen;  das  joch  (vom  halse) 
abwerfen,  ahd.  werfen  aba  uns  iro  joh.  N.  ps.  2,  3;  einer 
bildseule  den  arm  abwerfen ;  der  wind  bat  das  dach  (vom 
haus)  abgeworfen;  die  brücke  hinter  sich  (vom  flusse)  abwer- 
fen :  Falkenberg  hatte  die  besatzungen  zurück  gezogen  und 
die  Eibbrücke  abwerfen  lassen.  Schiller  928;  das  kleid  von 
sich  abwerfen :  geschwind  warf  er  den  Schlafrock  ab.  Göthe 
18,  307.  reo  ein  doppelter  acc.  dabei  steht,  ist  das  ab  noch 
los:  warf  er  ihn  die  stiegen  ab.  H.  Sachs  IL  4,  87';  einen 
den  berg  ab  (hinab)  werfen;  man  warf  dich  Veit  die  stiegen 
ab.  LoGAU  3,  4,  77.  einigemal  kann  in  geläufiger  redensart 
der  acc.  wegbleiben:  weidmännisch,  der  hirsch  hat  abgeworfen 
(sein  gehörn) ;  die  hündin,  wölfin  bat  abgeworfen  (junge),  wo-, 
für  auch  blosz  geworfen.  Figürlich,  leid,  kummer,  sorge  von 
sich  abwerfen; 

jetzt  ist  es  hohe  zeit, 

dasz  du  ihr  gnädig  seist 

und  werfest  ab  ihr  leid.    Fleming  23 ; 

der  wein  ist  genug  ausgerufen,  man  wöll  ihn  denn  gar  über 
die  canzel  abwerfen  (verkündigen).  Fischart  Garg.  cap.  8, 
102'.  abwerfen,  ertragen,  einbringen  scheint  von  dem  bäum 
hergenommen,  der  seinem  eigenlhürtier  jährlich  fruchte  trägt 
und  niederwirft :  der  Ölbaum  seine  blüt  abwirft.  Hiob  15,  33 ; 
wie  ein  feigenbaum  abwirft  (mitlit  grossos  suos)  apoc.  6,  13 ; 
ein  gut  das  viel  abwirft,  uberrimi  proventus;  was  jetzo  die 
guter  abwerfen.  Weise  erzn.  94;  meine  dienste  hätten  mir 
schon  so  viel  abwerfen  sollen.  Lessing  1,  364;  so  viel  wirft 
der  dienst  nicht  ab ;  dreiszig  bis  vierzig  tausend  drachmen 
abwerfen  würde.  Wieland  20,  247;  magern  lohn  abwerfen. 
Klinger  9,  201;  auch  wissen  sie,  dasz  die  erfüllung  der  ge- 
böte gottes  uns  ein  ruhiges  gewissen  abwirft.  11,  229 ;  er 
glich  langsam  aufsteigenden  gebirgen,  die  stets  mehr  aus- 
beute abwerfen  als  schnell  aufstehende.  J.  Paul  Tit.  1,  163. 
sich  abwerfen,  sich  empören,  abfallen:  als  die  unterthanen 
am  Bodensee  sich  von  ihren  herrn,  junkhern  und  obern  ab- 
geworfen. Luther  3, 104.  sich  abwerfen  mit  einem,  ßr  über- 
werfen, entzweien  gebraucht  zumal  Wieland  :  seine  leidenschaft 
vergnügen,  ohne  sich  mit  den  gesetzen  abzuwerfen.  1,  170; 
eine  frage,  ob  du  so  wol-gethan  hast,  dich  um  einer  an  sich 
wenig  bedeutenden  Ursache  willen  mit  Dionysen  abzuwerfen. 
3,  112 ;  indessen  wirft  man  sich  doch  nicht  gern  mit  solchen 
leuten  ab.  14,  248;  ohne  sich  selbst  dabei  mit  der  Justiz 
abzuwerfen.  19,  184.  ist  es  von  knaben  entnommen,  die  sich 
mit  Schneebällen  abwerfen,  und  im  handgemenge  sind? 

ABWERK,  n.  sluppa,  ahd.  äwirchi  (Graff  1,  964),  was  beim 
werk,  beim  wirken  abgesondert  wird,  ähnlich  dem  andern  ahd. 
ausdruck  äsuinga  quisquiliae,  was  abgeschwungen ,  ächampi, 
was  abgekämmt,  unser  heiUiges,  mit  werk  opus  selbst  schäd- 
lich vermischtes  werk  ist,  wie  Schneller  4,  139  richtig  findet, 
aus  aphaeresis  des  vorstehenden  i\  oder  ab  entsprungen,  und 
wol  eist  seit  dem  16 jA.  durchgeführt,  das  vocab.  von  1482 
setzt  werk  von  flachs  oder  abwerch,  und  Pictorius  werch  und 
abwerch  als  gleichbedeutend  nebeneinander,  noch  heute  in  Schwa- 
ben abwerk.  vil  alle  lumpen,  grob  abwerk,  alte  seilen 
Fronsp.  kriegsb.  1,  121*.     s.  werk. 

ABWERKEN,  sluppeus,  ahd.  äwirchin,  mhd.  äwirkSn,  6air. 
äwcrken,  cwerken  (Schm.  4, 139),  schwdb.  abwerken(SciiiiiD  7), 
zu  Ulm  früher  ebwürkin  (Jäger  616). 

ABWERKEN,  operari,  opus  absolverc,  abarbeiten,  sich  ah- 
werken,  sich  abmühen,  Schweiz,  abwercha.    Tobler  13'. 

ABWERTHEN,  laxare,  abschätzen,  von  einigen  neueien 
schrißslellem  gebraucht,   s.  verwcrthen. 

ABWESEN,  abesse,  aus  dem  substantivisch  gesetzten  tnf 
aljwesen   und  dem  pari,  praes.   abwesend   zu  folgern;   auch 


i 


V» 


153 


ABWTSEN — ABWETTEM 


ABWETZEN  —  ABWITZEN 


154 


uagte  Melissüs  in  den  f salinen  Ml'  noch:  do  dein  antlitz 
gewend  abwas  =  abgewendet  war,  gewendet  war  und  fehlte. 
ab  war  würde  heule  bedeuten  los  war,  nicht  abwesend  war. 
s.  absein. 

ABWESEN,  n.  absentia.  in  unserm  abwesen.  landfr.  von 
1522;  im  abwesen  2  Cor.  10,  1.  11  (Ulf.  aljar  visands);  in 
abwesen    seiner   person.    Lüth.  3,  403';    lügen   ist  gar  gerne 

ni  finstern  und  abwesen  der  warheit.  3,  441;  im  abwesen 
lies  geistes  oder  der  gnaden.  1,  411";  <venn  er  von  einem  an- 
liern  redet  in  seinem  abwesen.  4,  6S;  wie  es  umb  eine  herd 
-iliafe  stehet,  wenn  der  wolf  in  des  hirten  abwesen  unter 
MO  iiomen  ist.  4,235';  hab  ich  doch  nit  lassen  mögen  mein 

iibiich  abwesen  lu  entschuldigen.  5,  14";  in  abwesen  eines 
andern  herren.  Paracelsls  2,  76';  in  seim  abwesen.  Fi- 
-  CHART   Garg.   69*;    in    abwesen    des    hauptmanns.    Reutter 

riegsordn.  2;  in  seinem  abwesen.  Pauli  schimpf  61* ;  in  ab- 
lesen und  ohn  vorwissen  eines  fürsten.  Kirchhof  wendunm. 
;  t' ;  in  des  herzogen  abwesen.  Galmy  84 ;  in  deinem  abwe- 
-en.  das.  91.  Wcrtz  wundarzn.  224;  in  seinem  abwesen. 
Agricola  247';  in  abwesen  seines  herm  erkennt  man  den 
knecht  das.  209';  in  abwesen  keiser  Heinrichs.  Zinkgbef  28, 
7.  72,  17;  in  eurm  abwesen.  Ayrer  360*;  des  abwesens  gift. 
AVeckherlik  517;  des  abwesens  schmerz.  771; 

ach  herzlieb,  wan  mich  dein  abwesen 
nicht  lasset  1  err  von  dir  genesen.    579 ; 

in  meinem  abwesen.  Opitz  poeterei  25;  vom  abwesen  seiner 
liebsten.  2,  154;  in  derselben  abwesen  an  ihren  ohmen  über- 
geben. Fleming  54;  in  gegenwart  oder  abwesen.  Philasd.  1, 
628;  unter  der  zeit  seines  abwesens.  irrgarten  95;  bei  ge- 
legenheit  des  abwesens.  Felsenb.  4,  445;  bei  seines  vaters 
abwesen.  Hah.n  l,  187;  bei  Ottonis  abwesen.  4,  120;  bei  des- 
sen langem  abwesen.  4,  1S6.  später  und  heute  entschieden 
durch  abwesenbeit  verdrängt,  während  sich  anwesen  neben  an- 
wesenheit  etwas  länger  behauptete. 

ABWESEND,  absens,  nnl.  afwezend:  ich  schreib  solches 
abwesend.  2  Cor.  13,  10;  er  ist  abwesend,  nicht  sugegen, 
nicht  da,  ich  war  drei  jähre  lang  abwesend;  absent  d'esprit, 
geistesabwesend,  gestört,  zerstreut: 

es  ist  die  gegenwart,  die  mich  erhöhl, 

abwesend  schein  ich  nur,  ich  bin  entzückt.    Göthk  9,  124 ; 

erhebt  sich  nach  einiger  zeit,  wie  abwesend,  wo  nicht  wahn- 
sinnig.  13,  295. 

ABWESENHEIT,  f.  absentia,  nnl.  afwezendheid,  mit  dem 
pari,  praes.  statt  des  praet.  gebildet,  in  abwesenbeit  des  kö- 
nigs,  in  seiner  abwesenbeit;  in  Zerstreuung,  ja  in  einer  art 
von  abwesenbeit  Göthe  15,  83;  unwillkürliche  Zerstreuung 
ist  abwesenbeit  von  sich  selbst.  Ka.>t  10,  219;  das  sind  so 
seine  abwesenheiten.  Tieck  10, 138. 

ABWESENS,  adv.  in  absentia,  absente.  meins  abwesens, 
me  absente.  Lcther  1,  120*;  nu  wollen  wir  sehen  von  den 
stücken,  die  ir  meins  abwesens  gebandelt  habt.  6r.  2,  120; 
abwesens  verlobet  durch  mittelpersonen.  5,  253';  abwesens 
unsers  lieben  herm  pfarherrns.  6,  533;  abwesens  M.  Philippi 
hab  ich  euer  schrift  müssen  brechen,  br.  5,  27 ;  so  gar  un- 
versehens und  abwesens.  4,  553;  der  sol  solches  uns,  oder 
unsers  abwesens  unsenn  obersten  feldhauptmann  anzeigen 
lassen.  Fro;«sp.  kriegsb.  1,  38';  abwesens  ires  hauswirts. 
KiRcuHOF  wendunm.  117* ;  abwesens  derselbigen  verhüten  das. 
273*.  begegnet  später  nicht  mehr,  dies  abwesens  scheint  nicht 
der  gen.  part.  praet.  {wie  unversehens),  welcher  abgewesens 
forderte,  noch  der  alte  gen.  des  inf.  (ahd.  aba  wesannis), 
sondern  erst  der  gen.  des  subst.  abwesen. 

ABWESIG,  absens,  nnl.  afwezig,  zuweilen,  doch  selten,  für 
abwesend,  wie  anwesig  f.  anwesend:  welcher  allbereit  über 
jnhr  und  tag  abwesig  gewest.    Scbmelzel  270. 

ABWESüNG,  f.  absentia,    höchst  selten:  in   abwesnng  des 

«-eben.  Bradnschweic  diirurgia.  Augsb.  1539.  bl.2. 

ABWETTEN,  eompensare,  wenn  dies  der  sinn  einer  undeut- 
lichen stelle  in  Fischart  ehzueht  67: 

sintemal  Im  ehelichen  bell 
all  zank  bald  werden  abgeweit, 

nach  der  ausg.  von  1614  *.  59,  die  von  1591  hat  abgebett, 
was  ßr  abgebeten  stehn  könnte,  ein  andres  abwetten  ist 
e  sponsione  luerari:  ich  habe  ihm  hundert  thaler  abgewettet 
ABWETTERN,  saevire  desinere,  es  bat  abgewettert,  übli- 
fher  abgewittert  eine  schwelle  abwettern  heisit  den  zimmer- 
ieuten  schräge  bauen,    damit   der   regen  von  ihr  ablaufe,     ab- 


wettern, sich  abweitem,  debachari,  /Vans.  tempeter :  ich  stehe 
schon  seit  sechs  da  und  wettere  mich  ab  über  die  verdamm- 
ten mistünken.   J.  Pauls  briefe  72. 

ABWETZEN,  delcrere  cote :  den  rost  von  der  klinge,  die 
spitze  vom  messer  abwetzen,  das  messer  abwetzen,  dann 
überhaupt  abstumpfen,  abreiben:  den  kützel  mit  dorn  und 
nesseln  abgewetzt.  GCxther  430;  abgewetzte  besen.  J.  Paul 
biogr.  bei.  1,  2;  das  kann  den  leichten  poeten  schleifen  und 
abwetzen,  flegelj.  l,  15.  sich  abwetzen,  zanken :  ich  hab  mich 
mit  im  abgewetzt.  H.  Sachs  1,  452*. 

ABWICHSEN,  cera  inducere,  verbere  caedere:  die  Stiefel 
sind  schon  abgewichst;  sprich  noch  ein  wort,  so  wichs  ich 
dich  ah,  dasz  du  daran  denken  sollst.    Tieck  5,  532. 

ABWICKELN,  devolvere:  gam,  seide,  draht  abwickeln;  der 
letzte  Sturm  hat  das  blei  vom  dach  ganz  abgewickelt;  einen 
knäuel  abwickeln;  eine  schwierige,  verworrene  sacbe  ab- 
wickeln, zu  ende  bringen. 

ABWICKELUNG,  f.  in  der  geschäßssprache,  die  gänzliche 
beendigung  eines  handeis. 

ABWIEGEN,  ad  libram  exigere:  vom  beweglichen  laden- 
diener,  bis  zum  gewandten  abwiegenden  weitmann.  GOthe 
19,  98;  Friedrich  der  zweite  schien  noch  immer  das  Schick- 
sal Europens  und  der  weit  abzuwiegen.  48,67;  positives,  das 
nur  unendliche  äugen  rein  abwiegen.  J.  Pacl  Camp.  39.  das 
part.  abgewogen  kann  zu  abwiegen  oder  abwägen  geschlagen 
werden. 

ABWIEGEN,  n.  exaclio  ad  libram:  ein  abwiegen  aller  und 
jeder  handlungen.    Göthe  19,  292. 

ABWIEGüNG,  f.  die  abwiegung  der  vemunftgründe.  Kisi 
2,  564. 

ABW  ILLIGEN,  impetrare  ab  aliquo :  einem  abwilligen,  weislh. 
1,  640.  3,  746. 

ABWINDE,  f.  franz.  devidoir,  haspel,  garnwinde. 

ABWINDEN,  devolvere,  nnl.  afwinden:  garn,  seide  abwin- 
den; die  spule,  den  knäuel  abwinden;  seiler  abwinden;  hat 
vil  Zwirns  mit  ir  abgewunden,  fastn.  sp.  269,  20 ; 

und  an  ewig  gleicher  spindel  winden 

sich  von  selbst  die  monde  auf  und  ab.    Schiller  1, 169; 

das  schif  vom  ufer  abwinden :  indem  man  nun  mit  dem  schif 
abwinden  zu  werke  war.   pers.  reiseb.  2,  2. 

ABWINNEN,  ßr  abgewinnen,  nnl.  afwinnen:  dem  herm 
was  abzuwinnen.   B.  Ri.ngwald  L  ii'. 

ABWIRKEN,  detexere,  detrahere,  nach  den  bedeulungen  des 
einfachen  wirkens.  das  gewebe  rollenden:  wann  das  wepp  des 
lebens  die  parcen  haben  abgewirket.  Frank  25;  bei  den  Jä- 
gern, die  haut  abwirken,  einen  hirsch,  ein  schwein  abwirken, 
zcrwirken,  mit  aufschneidung  des  feiles  am  bauch,  im  gegen- 
satz  des  abstreifens ;  bei  den  beckem,  den  teig  abwirken,  durch- 
kneten; die  riegel  abwirken,  losbrechen: 

die  thore  sind  versenkt  die  riegel  ganz  zerbrochen 
und  sämptlich  abgewüiiit.  Opitz  3,  M- 

ABWISCHEN,  abstergere,  detergere,  nnl.  afwisschen:  den 
staub,  das  wasser  vom  tische,  den  tisch  abwischen ;  die  thrü- 
nen  von  den  wangen,  den  schweisz  von  der  stirae  abwischen ; 
den  rotz  mit  dem  ermel  abwischen ;  gold  gleiszet  nicht,  wenn 
man  den  rost  nicht  abwischet  Baruch  6,  23;  das  blut  von 
den  bänden,  vom  schwert  abvriscben;  das  fett  vom  munde, 
den  mund  abwischen; 

der  wangen  lilien  und  rosen  lagen  nun 
in  tüchern  abgewischt.        ZtcuARi*; 

der  mond  mit  seinem  abgewischten  Schimmer.  J.  Padl  uns. 
löge  3,  112.  die  mit  kreide  angeschriebene  rechnung  von  der 
tafel  abwischen,  tilgen,  löschen,  einem  geld  und  gut  abwi- 
schen, ihn  darum  bringen: 

man  sagt  von  einem  geilen  weib, 
die  hett  ircn  unkeuscnen  leib 
mit  einem  Jungen  geselln  vermischt 
und  im  schier  alles  abgewischt. 

B.  WALDi8£top2,46; 

SO  lat.  metum,  fastidium  abstergere. 

ABWISCHEB,  m.  detersorium,  ein  schwamm,  feil  tum  ab- 
wischen. 

ABWISCHLÜMPE,  m.  dasselbe. 

ABWISCHTUCH,  nicht  abwischetuch. 

ABWITTERN,  detonare:  es  hat  abgewittert;  kahles  leeres 
thal,  abgewitterte  {verwitterte)  seilen.  *.  abwettern. 

ABWITZ,  n.  amentia,  ahd.  iwizii,  folgt  aus  dem  adj. 

AB  WITZEN,  delirare:  wol  unweislidt  zorot  der  Aiax,  wol 


155 


ABWITZIG  —  ABWÜRZEN 


ABWÜRZEN  —  ABZÄUNEN 


156 


eldtlich  Ibört  und  abwitzt  der  Priamus.  Georg  Spalatin  in 
einer  schrifl  von  1520. 

ABWITZEN,  prudcntcm  rcddere:  den  menschen  klug  und 
auf  seinen  vortheil  abgewitzt  machen.  Kant  4,  68;  wer  es 
in  dieser  schule  so  weit  gebracht  hat,  dasz  er  andere  durch 
ihren  schaden  klug  machen  kann,  ist  abgewitzt.  10,  217.  bes- 
ser gewitzt. 

ABWITZIG,  amens :  abwtzig  und  doch  klug.  Philand.  1, 111. 

ABWITZIGEN,  wie  abwilzen:  weil  die  gewöhnung  an  heu- 
clielei  die  unterthanen  zum  scheindienst  auch  in  bürgerli- 
chen pflichten  abwitzigt.  Kant  6,  365.  besser  witzigen,  in 
der  älteren  spräche  würde  abwitzigen  gerade  das  gegentlieil 
ausdrücken :  witzlos  machen. 

ABWÖLFEN,  caniculas,  lupulos  edere,  parere.   s.  weif. 

ABWÖLKEN,  serenari:  es  wölkt  sich  ab. 

ABWüCHERN,  foenore  auferre. 

ABWCRDIGEN,  dedignari,  dcminuei-e:  eine  münze  abwür- 
digen ;  die  geistige  natur  wird  abgewürdigt,  verdüstert,  erkäl- 
tet. Wieland  3,  393;  der  dichter  wird  genöthigt  sein,  der- 
gleichen dramen  durch  episodische  liebesintriguen  abzuwür- 
digen.    26,  253 ; 

doch  da,  wie  du  gestehst,  ein  abgewürdigter 
Senat  das  schwache  reich  mit  dir  zu  theilen 
sich  anmaszt.  GötheT,  164; 

das  moralische  gesetz  wird  von  seiner  heiligkeit  abgewürdigt. 
Kant  4,  244;  die  Epikuräer  würdigten  ihr  höchstes  gut  der 
niedrigkeit  ihres  grundsatzes  proportionierlich  ab.  4,  248  ;  nichts 
kann  in  der  natur  gegeben  werden,  was  nicht  in  einem  an- 
dern Verhältnisse  betrachtet  bis  zum  unendiicli  kleinen  abge- 
würdigt werden  könnte.  7,  99.    heule  heiszt  es  jierabwürdigen. 

ABWÜRDIGUNG,  f.  dedignalio,  deminutio:  die  tiefe  stufe 
von  abwürdigung  und  elend.  Wieland  6,  51 ;  die  Verwilderung 
und  abwürdigung  der  menschlichen  natur.  7,  264;  die  reinste 
Würdigung  oder  vielmehr  abwürdigung  der  irdischen  dinge. 
GöTHE  28,  249;  dasz  ich  mir  in  genanntem  buche,  weil  es 
keine  Würdigung  des  christenthums  enthält,  mir  auch  keine 
abwürdigung  desselben  habe  zu  schulden  kommen  lassen. 
Kant  1, 2ü6 ;  rohigkeit  und  viehische  abwürdigung  der  mensch- 
heit.  5,  427. 

ABWURF,  m.  foelus  aborlivus :  die  maulesel  sind  gleichsam 
der  pferde  misgeburten  und  abwürfe.  Siniplic.  1,  5.  ahd. 
aweraf  (Graff  1,  1039),  goth.  usvaurpa. 

AB  WÜRFELN,  pala  projicere :  das  körn  abwürfein;  es  wer- 
den nur  längst  von  allen  auswendig  gelernte  redensarten  ab- 
gewürfelt,  wie  spreu  auf  der  tenne.   Fichte  grundz.  145. 

ABWÜRFIG,  abortivus. 

AB\\TJRFLING,  ejectamenlum:  nicht  allein  kräuter,  wurzeln 
und  fruchte,  sondern  auch  hier  und  dort  allerlei  arten  ab- 
würflinge,  schalen  und  Strünke.  Göthe  6,  74;  behälter  alles 
unraths,  aller  abwürflinge.  30, 14 ;  mit  stroh  und  spänen  und 
allerlei  abwürflingen  eines  eilig  verlassenen  canlonnements. 
30,  310. 

ABWÜRGEN,  jugulare,  maclare.  hähne,  hüner,  gänse  ab- 
würgen; neben  einem  abgewürgten  haushane.  ZECHENDonFER 
gebr.  der  rosz.  Eger  1571.  1,  64;  der  bock  wird  Baccho  abge- 
wüjgt.    V.  Birken  119; 

hier  hat  man  dich  geehrt, 
dir  opfer  abgewürgt.  Opitz  1,  89 ; 

die  benne  schreit  nichts  gutes  heraus,  lasz  sie  lieber  abwür- 
gen.   Gellert  3, 149; 

hauerbewaffneto  ober 
abgewürgt  zu  des  reichen  und  weitvermögenden  mannes 


hochzeit. 


Voss  Od.  11,  414. 


ABWÜRGER,  m.  mactator:  wir  haben  schon  unsern  allge- 
meinen abwürger  den  tod.   Schmelzel  s.  74. 

ABWÜRKEN,  s.  abwirken. 

ABWURZELN,  eradicare,  detruncare,  abstumpfen,  entwur- 
zeln, welches  letzte  üblicher  ist. 

ABWÜRZEN,  detruncare,  jugulare,  entweder  für  würgesen, 
einer  frequenlativform  von  würgen,  die  sonst  ohne  beweis  ist, 
oder  für  abwurzeln,  oder  mit  w  für  m,  statt  abmurzen,  ab- 
murzeln,  abmutzen,  vgl.  murzab  und  wurzab  (Schmeller  2, 
622.  4, 168). 

der  rics  soll  sie  berg  unter  stürzen, 

er  wolt  sie  denn  nn  thal  abwürzen,    froschm.  3.  3,  10; 

es  seind  auch  zwar  die  deutschen  Icwcn 
abgewürzt,  das  ihn  mag  gerewen.    das.  3.  1, 15. 


ABWÜRZEN,  herbis,  pigmentis  condire,  dann  auch  objur- 
gare,  increpare:  die  speise  wol  abwürzen;  er  hat  sich  ver- 
lauten lassen,  er  wolle  mich  dergestalt  abwürzen,  dasz  icbs 
bereuen  solle.  Liscov  s.  127;  wird  mit  schimpf  und  spott 
von  klügern  abgewürzt.  Wiedemann  mai  67 ;  diese  mit  lügen 
und  grober  Schmeichelei  abgewürzte  reden,  ehe  eines  man- 
nes 375;  welchen  (bischof)  aber  Thaddaeus  rechtschaffen  ab- 
würzet. Haiin  4,  179 ;  er  hat  ihn  sehr  abgewürzet,  diclis  ca- 
stigavit.  Stieler  25S7;-  die  liebe  {des  bcttlers  zu  dem  königs- 
sohne)  ward  auf  eine  zeit  von  des  königes  dienern  erbärmlich 
über  seinen  ganzen  leib  abgewürzet.   pers.  baumg.  3,  3. 

ABWÜRZUNG,  f  condimentum,  objurgatio.  die  abwürzung 
der  speisen ;  dieser  höflichen  abwürzung  ungeachtet.  Plesse 
1,  116. 

ABWUSCHEN,  abripere,  gleichsam  abwischen,  detergere: 

bisz  in  (den  eher)  der  bauwr  einsmals  erhuscht 
und  im  ein  ehr  vom  köpf  abwuscht. 

ß.  VValdis  Esop  2,  12. 

diese  deutung  wird  dadurch  bestätigt,  dasz  sich  bis  auf  heute 
noch  ein  intransitives  abwuschen  im  sinne  von  entwischen  er- 
hält: sie  wuschte  gleich  wieder  ab,  entfernte  sich  mit  leichtig- 
keit.  doch  hört  man  auch  abwtschen  und  Frisch  2,  453' 
schreibt  neben  wischen  wüschen  witschen  wütschen.  vgl.  hu- 
schen. 

ABWÜTEN,  sich,  furere,  toben  und  abtoben. 

ABZACKEN,  divellere,  exagitare:  die  sorgen  zacken  mir 
den  schlaf  ab.    Stieler  2600.   vgl.  abzwacken. 

ABZACKERN,  arando  demere,  abackern,  abcren:  mit  auf- 
werfung  der  graben,  mit  abzackern.  Frankf.  ref.  IX.  1,  1; 
einem  von  seinem  gründe  abzackern.    s.  zackern. 

ABZAHLEN,  integrum  solvere:  eine  schuld  abzahlen,  eine 
rechnung  abzahlen;  ich  habe  ihn  längst  abgezahlt,  aber  auch 
male  multare :  ich  habe  ihn  abgezahlt,  ihn  dafür  bezahlt, 
mich  an  ihm  gerächt,  partem  debiti  solvere,  davon  abzahlen, 
abschläglich : 

weil  die  nacht  uns  unsre  sorgen 

wolte  bisz  auf  heule  borgen, 

soll  man  heute  billich  dran 

abzuzahlen  was  mau  kan.    LocAtj  2,  4,  56; 

bin  ich  euch  schuldig,  laszt  mich  abzahlen,  wo  ich  kann. 
Fr.  Müller  3,  87;  durch  edle  thaten  wird  er  die  vermessen- 
heit abzahlen.    Klinger  2,  156. 

ABZÄHLEN,  dinumerare,  nnl.  aftellen:  fünfzig  thaler  von 
dem  ganzen  abzählen;  das  geld  ist  schon  abgezählt,  aufge- 
zählt, liegt  bereit;  die  garben  in  dem  felde  abzählen;  mit 
dem  bauer  auf  dem  ackcr  abzellen.  weisth.  3,  697;  und  Sa- 
lomo  zelet  ab  siebenzig  tausend  man  zur  last  {numeravit 
scptmginta  milia  virorum  portantium  humeris).  2  cÄron.  2,  2 ; 
das  paar,  das  in  den  schäferhüttcn  zurückblieb,  abgezählt 
(abgerechnet).  AVieland  5, 125 ;  da  ich  an  allen  meinen  lingcrn 
abzehlen  konnte.  Felsenb.  4,  298.  Lessi.ng  1,  548 ;  das  urtheil 
an  den  knöpfen  abzählen.  Lessing  10,  210.  Etwas  anders 
war  das  mhd.  abe  zellen,  das  wie  verzellen,  verurtheilen,  ab- 
urtheilen  bedeutete.  MSH.  1,  153'.  158'. 

ABZAHMEN,  abducere,   entwöhnen: 

weil  solchs  thetcn  die  weisen  beiden, 

sol  sich  ein  Christ  der  laster  Schemen, 

sein  leib  und  gmüt  darren  abzemen.    H.  Sachs  II.  4,  85'. 

ABZÄHNEN,  dentitioncm  absolvere:  das  kind  hat  schon 
abgezahnt;  der  koller,  sowol  der  stille  als  der  rasende, 
kommt  bei  den  pferden  vor  dem  abzahnen  selten,  bei  den 
tischlern  abzahnen,  mit  dem  Zahnhobel  abhobeln. 

ABZANKEN,  altercando  auferre:  er  hat  mir  die  sache  al>- 
zanken  wollen,  altercando  abigere:  zanken  wir  vielleicht 
einen  anklopfenden  bettler  mit  ungestüm  ab.   Schiller  701. 

ABZAPFEN,  liquorem  extrahere,  nnl.  aftappen :  wein,  hier, 
essig  abzapfen,  das  fasz  abzapfen ;  dem  siechen  das  wnsser 
abzapfen;  ob  ich  ihm  sein  blut  auf  einmal  abzapfe.  Wie- 
land 7,  253;  sich  blut  abzapfen  [zur  adrr  schlagen)  lassen; 
das  wasscr  aus  dem  teich,  den  teich  abzapfen,  figürlich, 
einem  sein  geld  abzapfen;  ich  dringe  darauf,  dasz  sie  bis 
auf  den  letzten  tropfen  ihr  urlheil  abzapfen.    Hamann  3,  148. 

ABZÄUMEN,  defrenare:  das  pferd  abzäumen;  zäumete  die 
camele  ab.  1  Mos.  24,  32 ;  sie  haben  das  meine  abgezäuniet. 
Iliob  10,  11. 

ABZÄUNEN,  septo  dislinguere:  das  fcld,  die  wiese  abzäu- 
nen, mit  einem  sie  abschlicszenden  zäun  umgeben,  septo 
auferre,  einem  ein  stück  grundes  abzäunen,  entziehen,  wie 
abackcrn,  abfurchen. 


157 


ABZAUSEN  —  ABZIEHEN 


ABZIEHEN 


15S 


ABZAUSEN,  discerpere:  wolle  abzausen;  abgezaustes,  ser- 
_  xaustes  haar ;  abgezausete,  hängende  flügel.  J.  Paul  Hesp.  2, 15. 
*.  zausen  und  zeisen. 

ABZECHEN,  potando  assequi :  einem  das  mädchen  abzechen ; 

wählt  sich  der  nasse  j>urscb  ein  mädchen,  das  er  schätzet, 
zu  der  scharmante  wird  sie  festlich  declariert, 
und  dem  amanten  nie  mit  andrer  art  entfuhrt, 
als  sich  auf  ofnem  marlit  den  hals  mit  ihm  zu  brechen, 
und,  wenn  es  freunde  sind,  in  hier  sie  abzuzechen. 
Zacuariä  1,  63. 
vgl.  absaufen,  abtrinken. 

ABZEHNTEN,  decimis  absokere:  die  drescher,  die  Schnit- 
ter, den  pfarrer  abzehnten. 

ABZEHREN,    absumere,    consumere:    den   wirten  abzehren 
(bei  ihnen  auf  rechnung  zehren),   tceisth.  2,  411 ;    seine  schuld 
abzehren;   der  hunger  (persönlich  gedacht)  hat  ihn  abgezehrt, 
das  fleisch  von  ihm  gezehrt;   ein  abgezehrter  leib,    ein  abge- 
zehrter wolf; 
von  hunger  abgezehrt,  von  arbeit  übermannt.    Gotter  1,  423; 
das  alter  hat  die  slirne  mir  gefurcht, 
die  Wangen  abgezehrt,    das.  2,  241 ; 

die  reue,   die  schäm,   der  gram  haben  die  blüte  der  jagend 
abgezehrt.  Klikger  4,228;  sich  abzehren,  se  consumere: 

er  zehrt  sich  ah  mit  Sehnsucht  und  verlangen. 
WiEiAND  10,  229 ; 
bei  so  wildem  wüsten  wesen, 
da  fast  niemand  kan  genesen, 
da  die  wolfart  gar  verfahret, 
da  das  heil  sich  abezebret.    Logau  1,  S,  20. 

intr.  abzehren,  absumi:  er  zehrt  zusehends  ab; 
nur  halt  es  (daspferi)  schon  noch  ärser  abgezehrt. 

GÖK1.>GK  1,  103. 

ABZEHRUNG,  f.  absumtio,  conswntio,  zumal  die  auszehrung. 

•ABZEICHEN,  n.  nota,  zumal  leibliches :  seine  groszen  glän- 
zenden, starren  äugen,  das  einzige  erbliche  abzeichen,  das  er 
von  seinen  vonätem  an  sich  trug.  Kli.ncer  6,  82. 

ABZEICHNEN,  delineare,  nnl.  afteekenen,  abbilden,  nach- 
bilden:  eine  blume,  landschaft,  einen  Schmetterling  abzeich- 
nen ;  welcher  (berg)  sich  gerade  vor  uns  am  himmel  abzeich- 
nete. GüTBE  28, 12.  das  lager  abzeichnen,  abslecken ;  die  ruch- 
losigkeit  war  recht  in  seinem  körper  abgezeichnet.  Gelleht 
3, 141. 

ABZEICHNIS,  f.  delineatio,  descriptio :  eines  fhrtreDichen 
kriegsfürsten  losament  hab  ich  gesehen,  wie  hernach  gesetzte 
abzeichnus  weiset.  Kirchhof  mil.  disc.  125.  , 

ABZEICHNUNG,  f.  delineatio. 

ABZEITIGEN,  maturescere:  vil  gewächse  sind,  die  gar  un- 
gleich abzeitigen.    Hobberg  l,  467'. 

ABZERRE.N,  delrahere,  nnl.  aftamen,  vgl.  goth.  aftauman 
disrumpi,  gewaltsamer  als  abziehen:  das  tuch  vom  hals,  den 
mantel  von  der  schulter  abzerren;  einen  von  der  bank,  vom 
pferde  abzerren,  herabzerren. 

ABZIEHEN ,  abstraJiere,  delrahere.  sinnlich,  im  gegensalz 
des  anziehens,  anlegens  ein  wegnehmen  des  sowol  dem  abzie- 
henden als  dem,  von  welchem  abgezogen  wird,  gehörigen,  die 
aufgelegte  band  des  schwörenden  von  den  reliquien  abziehen ; 
«eine  band  von  einem  abziehen:  dasz  ihr  innen  werdet  was 
es  sei,  wenn  ich  die  band  abziehe.  4  Mos.  14,  34 ;  Josua  aber 
zog  nicht  wieder  ab  seine  band.  Jos.  8,  26 ;  zeuch  deine  band 
nicht  ab  von  deinen  knechten.  Jos.  lo,  6;  zeuch  deine  band 
abe!  i  Sam.  14,19;  aber  bei  den  Christen  heiszt  es  nicht  zu- 
rückgehen und  die  band  abziehen,  sondern  fortfaren  und  in 
der  liebe  bleiben.  Luther  6,  50* ;  sollest  du  nu  deine  band 
abziehen.  WecilHerlin  45;  herr  fahre  fort,  zeuch  deine  milde 
band  nicht  von  mir  ab!  A.  Gryphiüs  2,  129.  die  haut  von 
einem  abziehen,  ihn  schinden;  die  haut  über  die  obren  ab- 
ziehen; das  thier  abziehen;  man  soll  dem  brandopfer  die 
haut  abziehen.  3  Mos.  1,6;  wenn  ihr  ihnen  die  haut  abge- 
zogen habt.  Micita  3,  3 ;  zogen  ihm  haut  und  haar  ab.  2  Macc. 
7,7;  dem  feriin  die  harzhaub  abziehen.  Fischart  Gar j.  83*. '; 
fo  zogen  sie  mich  weidlich  ab, 
darüber  ich  denn  auch  verlor 
einmal  eia  stück  vom  hart  und  ohr. 

ß.  RiMGWALD  Hvii»; 
mein  groszrater  ward  gefangen  und  gebunden 
und  wie  man  sagt,  so  ist  er  —  abgezogren. 
A.  Grtphius  1,  735; 
zuletzt  gewöhnen  sie  dran,  sagte  die  köchin,  als  sie  den  alen 
die  haut  abzog,     kleider   und  gewand   von  dem  leib  und  den 
gliedern  abziehen,  heute  ausziehen:  dasz  man  sie  nacket  ab- 


ziehe, fasln,  sp.  183, 14 ;  abzog  ich  alles  mein  gewand.  H.  Sachs 
1,  464';  liesz  ihm  das  purpurkleid  abziehen.  2  Macc.  4,  38; 
einem  abziehen  (das  gewand)  unz  an  die  niederwat.  Kalten- 
BÄCK  pant.  1,  6'.  15*.  205*.  224* ;  indem  der  Junker  sich  wiederum 
abzoch.  Pauli  3;  zuletzt  gieng  der  ritter  in  sein  gemach,  thet 
sich  erst  abziehen  und  legt  andere  kleider  an.  Galmy  86; 

nun  will  ich 
mich  abziehen  und  legen  nider.    Atrer  90*; 
nun  hurtig,  zieht  euch  ab '.  was  sein  soll  musz  geschehen. 

WlELAMD  10,  167; 

du  must  den  schuch  abziehn.    A.  Grtphics  1,  59; 

sie  zog  einen  handschuh  ab,  um  ihre  schöne  band  zu  wei- 
sen ;  die  stiefeln  abziehen,  irrg.  der  liebe  s.  59 ;  den  hut  ab- 
ziehen (heute  verschieden  von  ablegen);  welcher  das  scham- 
bütlein  abzeucht.  Kirchhof  wendunm.  213*.  die  kette,  das  ge-. 
scbmeide  vom  hals  abziehen  wird  heute  nur  gesagt,  wenn  man 
sie  andern  abzieht,  nicht  ton  sich  ablegt,  einem  das  glas,  den 
becher  vom  munde  abziehen,  ihn  nicht  trinken  lassen,  das 
glas  selbst  abziehen,  es  absetzen,  im  trunk  einhallen: 

und  gab  in  seinem  reich 
ein  heiliges  gesetz,  ohn  abziehn  auszutrinken. 
Zacbarü  1, 14; 

einem  den  bissen  vom  munde  abziehen ;  abziehen  die  speise, 
die  gott  geben  hat  den  gleubigen  zu  genieszen.  Luther  1,  425* ; 
einem  die  larve,  maske  vom  gesiebt,  den  ring  vom  finger  ab- 
ziehen, den  bogen,  das  röhr,  das  geladene  gewehr  abziehen, 
losschieszen : 

wann  dein  bogen 
wird  von  dir  abgezogen, 
machst  du  sehend  andern  wunden, 
oder  Uifst  du  auch  verbunden?    Opitz  1,73; 
den  schüchtern  tauben  gleich,  wan  man  ein. röhr  abzeucht. 
Werders  Ariost  22,  20. 

breter  abziehen,  abhobeln.  Hohberc  3,  310* ;  federn  abziehen, 
über  kohlen  härten;  höhnen,  kartoffeln,  mandeln  abziehen, 
schälen;  die  suppe  mit  einem  ei  abziehen,  abrühren;  messer 
abziehen,  zum  schärfen  abstreichen;  druckbogen,  Zeitungen, 
kupferstiche  abziehen,  das  wasser  von  der  wiese,  von  dem 
teiche  abziehen;  wein  oder  hier  abziehen,  abzapfen,  ein  fasz 
wein  auf  flaschen  abziehen;  der  spiritus  der  geistigen  cultur 
wird  nicht  auf  riesenfässer  abgezogen.  J.  Paul  dämm.  25. 
chemisch  abziehen,  destillieren ;  branntwein,  Weingeist,  öl  ab- 
ziehen ;  blumen,  kTäuter  abziehen ;  abgezogne  wasser ;  pfir- 
sichkemwasser  doppelt  abgezogen.  Fr.  MCller  1,  274.  Figür- 
lich, abziehen,  entziehen,  wegnehmen,  wegziehen:  Philopator, 
nachdem  er  erfahren  halte,  dasz  ihm  Antiochus  die  örter,  so 
er  besessen,  abgezogen  hatte.  3  Macc.  1,  l;  dieweil  ich  denn 
weisz,  dasz  euer  lieb  nicht  gern  wolle,  dasz  durch  frembde 
unserm  heiligen  glauben  solle  abgezogen  werden.  Luther  l, 
209*;  gott  zeucht  das  wort  ab.  4,7*;  ihn  von  der  heirat  ab- 
ziehen. Lessinc  1,  261 ;  sein  herz  von  der  weit  abziehen ;  gu- 
ter münz  der  zeuch  ich  ab  (schneide  ich  ab).  Scbwarzenbeüg 
137,  2;  mit  unbillichem  abziehen  haben  becker  mit  den  un- 
frewen  müllem  gemeinschaft.  Kirchhof teendunm.  271*;  ander 
zahl  abzuziehen.  246';  von  dem  capital  die  zinsen  abziehen; 
nach  reinlich  abgezogenem  gewicht.  Götbe  14,  117;  alle  ver- 
suche, die  (Deutschen)  von  der  schwedischen  alliant  abzuzie- 
hen. Schiller  969.    sich  abziehen,  losmachen,  entziehen: 

derhalben  vieh  und  leut  dich  fliehen, 
.    von  deiner  gmeinschaft  sich  abziehen. 
H.  Sachs  II.  4,  45*. 

Sehr  häufig,  doch  erst  seit  Leibsitz,  urtbeile,  begriffe,  folgerungen, 
regeln,  gedanken  abziehen,  ableiten,  entnehmen,  abstrahieren: 
ich  sollte  dafür  halten,  alle  folge  stecke  in  den  abgezogenen 
dingen  und  nicht  in  den  umständen,  sehr,  an  Wagner  bei 
Erdmann  s.  425;  stücke,  aus  welchen  man  sie  (die  regeln) 
hätte  abziehen  können.  Lessixg  6,  307 ;  sie  zogen  ihre  be- 
hauptung  von  der  Sorgfalt  ab  u.  s.  w.  Hippel  S,  29;  ideal, 
irelcbes  sie  durch  eignes  inneres  anschauen  ihres  vollkomm- 
nen  geistes  und  körpers  abgezogen  hatte.  Klincer  10, 14;  wor- 
aus sie  abziehen  (entnehmen,  srhiieszen)  können.  J.  Paul  pa- 
ling.  2,  75;  zumal  im  adjeclirisch  gebrauchten  pari,  prael.. 
wofür  schon  einige  beispiele  unter  abgezogen  gegeben  sind: 
Wörter,  welche  nicht  bilder,  sondern  blosze  zeichen  abgezoge- 
ner begriffe  sind.  NVielajid  I,  117;  die  hochfliegendste,  abge- 
zogenste und  geistigste  einbildungskrafl.  1,  121 ;  abgezogn«-. 
ideen.  Herder  l,  54 ;  ein  volk,  das  so  roh,  so  ungescbickt  zu 
abgezogenen  gedanken  war.  Lessi.ig  10, 3il ;  zum  Staat,  folg- 


159 


ABZIEHEN  —  ABZIRKELN 


ABZIRKEN — ABZWACKEN 


160 


lieh  zu  einem  abgezogenen  begrif.  Schiller  488;  auf  das  le- 
ben bezügliche  und  vom  leben  abgezogene  maximen  und  Sen- 
tenzen. GöTHE  17,  237;  ich  denke  Wissenschaft  könnte  man 
die  kenntnis  des  allgemeinen  nennen,  das  abgezogene  wissen. 
23,  277;  der  weitgetriebenste,  der  abgezogenste,  der  sich  von 
allem  trennende  egoismus.  Klinger  12, 185 ;  die  abgezogensten 
urtheile  der  melaphysik.  Kant  3,  116;  die  abgezogene  natur 
des  gegenständes.  6,  30 ;  das  vermögen  abgezogene  begriffe  zu 
verbinden.  8,  367;  eine  lichtvolle  darstellung  trockner,  abge- 
zogener lehren.  10,  96.  auch  nnl.,  wo  unser  abziehen  fehlt 
und  dafür  aftrekken  gilt,  een  afgetrokken  denkbeeld. 

Gleich  dem  einfachen  ziehen  steht  abziehen  sehr  oß  für  da- 
von gehn,  abgehn,  wobei  der  auch  unausgedrückle  ortsbegrif 
leicht  hinzu  zu  denken  ist:  der  feind  ist  unverrichteter  dinge 
von  der  Stadt  abgezogen;  die  wache  zieht  ab;  das  gesinde, 
der  knecht,  die  magd  wird  morgen  abziehen;  dasz  sie  von 
ihm  abzogen  und  kehreten  wieder  zu  lande.  2kün.  3,27;  da 
zog  er  ab  von  Jerusalem,  das.  12,  18;  muste  Antiochus  mit 
schänden  aus  Persien  abziehen.  2  Macc.  9, 1 ;  mit  dem  vorigen 
pfarrer  abzuziehen  und  mit  diesem  aufzuziehen.  Luthers  br. 
3,  49; 

abziehend  von  einem  land  zum  andern.    Weckherl.  232 ; 

treues  herze,  du  zeuchst  abe 

aus  der  weit  und  gehst  zu  grabe.    Logau  1,  8,  69 ; 

seht  nun  traurig  abeziehn 

das  verruchte  raubgeschmeisze.    das.  2,  245 ; 

Schwester  willst  du  fliehen, 

ach  so  schnell  abziehen  ?    A.  Grvphius  1,  521 ; 

der  unhold  findet  ...  für  rathsam  abzuziehn.    Wiel.  17,  73 ; 

wir  wollen  demütig  abziehn.  Göthe  14,  246;  meine  bisherige 
treue  beschlieszerin  und  haushälterin  wird  abziehen,  weil  sie 
heiratet.  17,  57 ;  so  muste  ich  unter  groszem  gelächter  meiner 
Zuschauer  eben  wieder  abziehen.  18,  37 ;  als  die  Seiltänzer  mit 
groszem  geräusch  abgezogen  waren.  18, 166 ;  wenn  die  damen 
einen  fatalen  eindruck  auf  mich  machen,  so  denkt  auf  eine 
entschuldigung,  ich  zieh  ab.  Klingers  th.  2,  287 ;  mit  dem  zor- 
nigen bodensatz  im  herzen  zog  ich  dann  ab.  J.  Paul  Hesp. 
2,  160;  dann  zog  er  höflich  ab.  3,  39;  der  schulrath  Stiefel 
ziehet,  seh  ich,  mit  einer  langen  nase  ab.  Siebenk.  1,  123. 
meist  ist  ein  adv.  hinzu  gefügt,  und  nicht  immer  ein  schimpf- 
liches, trauriges,  da  es  eben  wol  heiszt :  lachend,  fröhhch,  gu- 
ter, wolverrichteter  dinge,  mit  allen  ehren  abziehen,  auch 
ist  in  abziehen  die  neb envor Stellung  eines  schleppenden  zugs 
nicht  mehr  gelegen  als  in  dem  einfachen  ziehen,  von  abgelei- 
tetem, abgeführtem  wasser  heiszt  es,  das  wasser  zieht  ab. 

ABZIEL,  scopus,  was  das  einfache  ziel,  absieht:  derselben 
geheimbdes  abziel.  colica  313 ;  mehr  aus  abziel  ihm  etwas  auf- 
zutragen, maulaffe  186. 

ABZIELEN,  collineare,  intendere.  sinnlich,  mit  dem  pfeil 
auf  den  vogel  abzielen,  meist  aber  figürlich,  entweder  noch 
mit  der  praep.  auf  oder  zu,  anlegen,  oder  dem  bloszen  acc.  und 
dann  für  bezwecken,  beabsichtigen:  da  ich  alle  tiefenen  ge- 
messen und  alle  ebenen  und  höhen  abzielet  und  ordentlich 
aufgezeichnet  hab.  Thurneisser  alchym.  2,  125;  von  der  auf 
eine  ehe  abzielenden  heftigen  liebe.  Felsenb.  1, 131 ;  zu  guter 
Ordnung  abzielende  arbeit.  4, 199  ;  die  abgezielte  Verbesserung 
des  sittlichen  lebens.  gespenst  238 ;  die  abgezielte  Verbesse- 
rung. Wieland  7, 198 ;  die  abgezielte  Wirkung.  7,  223 ; 

ob  Luna  selbst  dabei  was  abj^ezielet, 
entscheidet  die  geschiebte  nicht.    10,  148; 

ohne  den  abgezielten  erfolg.  26,  359 ;  die  abgezielte  fäuschung. 
27,  217;  alle  mittel,  die  zu  aufiechthaltung  des  reinen  glau- 
bens  abzielen.  Schiller  836;  jeder  schritt,  den  der  andere 
theil  that,  muste  zu  krünkung  dieses  friedens  abzielen.  884 ; 
erlaubte  sich  schritte,  welche  zum  Untergänge  der  Verfassung 
abzielten.  007 ;  der  abgezielte  tragische  eindruck.  1143 ;  richtig 
abgezieltc  balken.  Stolberg  9,  173;  entwürfe  die  zum  rühm 
dieses  landes  abzielen.  Klinger  1,  334 ;  naturanlagen,  die  auf 
den  gebrauch  seiner  {des  mmschen)  Vernunft  abgezielt  sind. 
Kant  4,295. 

ABZIELUNG,  f.  intentio,  irdische  abzielungcn.  Lohenst.  Arm. 
1,  324;  die  allgemeine  abzielung  zur  Vollkommenheit.  Kant 
6,  66. 

ABZINSEN,  eonducere.  einen  garten  dem  andern  abzinsen. 
Hohberg  3,  496*. 

ABZIRKELN,  circulare,  circulo  circunisciibere :  meinen  als 
konle  in  dieser  weit  alles  abgezirkelt  werden.  Weise  erzn. 
172;  wer  kann  alle  worte  so  abzirkeln?  Lbssinc  l,  305;  der 


schlusz  und  die  entwickelung  des  spieles  kommen  mir  auch 
so  abgezirkelt  vor,  dasz  die  poetische  Illusion  zu  sehr  in  die 
äugen  fällt.  Hamanns,  132;  ein  sorgfältig  abgezirkeltes  manu- 
script.  Güthe  18,  320. 

ABZIRKEN,  circare :  die  gegend  zum  läger  fügsam  und  be- 
quemlich  erwehlen  und  abzirken.  Kirchhof  mil.  disc.  99 ;  auf 
diesem  schmalen  pfade  abgezirkter  worte.  Herder  1, 197. 

ABZOTTEN,  reptare,  replando  abire:  also  zotteten  sie  die 
gassen  darnach  stillschweigend  hinab.  Kirchhof  wendunm.  424'. 

ABZUCHT,  f  canalis,  cloaca,  scheint  zwar  gleichviel  mit 
abzug,  wodurch  der  unflat  abgeführt  wird  und  abzieht,  ist  aber 
doch  wol  cntstellung  des  lat.  aquaeductus,  mnl.  aghedocht, 
haghedocht,  mnd.  agetucht  {weisth.  3,  266),  Schweiz,  ackt 
(Stald.  1,  89),  woßr  in  Böhmers  Frankf  urk.  486  das  aduch, 
woraus  sich  leicht  abducht,  abzucht  ergab,  weisth.  1,  787  steht 
abezuchen  ganz  im  sinne  solcher  abzüchte,  das  spor  mit  der 
abzucht  soll  auch  gefestiget  und  hart  gestoszen  und  fein  glat 
gemacht  werden,  damit  die  heiszen  erz  sie  nicht  aufheben  und 
durchfressen.  Mathesius  148' ;  die  gemeinen  abzüchte  sind  noch 
an  manchen  orten  sichtbar  und  scheinen  mit  viel  arbeit  und 
kosten  angelegt  zu  sein,  indem  sie  in  den  festen  felsen  ge- 
hauen sind.  Göthe  37, 185. 

ABZUG,  m.  detraclio,  deductio,  discessus.  seltner  dem  tran- 
sitiven abziehen  entsprechend :  der  abzug  der  häute,  des  druck- 
bogens,  des  kupferstichs,  abzug  des  branteweins,  abzug  an 
gewicht,  an  der  rechnung,  nach  abzug  aller  kosten,  etwas 
ohne  den  geringsten  abzug  zahlen ;  abzug  im  spiel :  beim  ab- 
zug wars  nicht  just.  Göthe  7,  61.  gewöhnlich  von  dem  intran- 
sitiven abziehen  hergeleitet:  der  abzug  desgesindes;  im  deut- 
schen recht,  der  freie  abzug  der  unterlhanen,  welchen  kein 
herr  erschweren  darf;  der  abzug  der  schwalben  und  storche 
im  herbst ;  der  abzug  des  feindes  und  belagerers  vom  stürm ; 
der  abzug  oder  rückzug  aus  der  Schlacht,  receptus,  zum  ab- 
zug blasen :  und  gibt  alsdann  erst  im  abzug  gute  kappen. 
KiRCHHOi'  mil.  disc.  185;  aber  auch  für  jeden  andern  weggang : 
sein  abzug  geht  mir  etwas  nah.  Hagedorn  2,  88; 
die  wilde  thier  nehmen  ihren  abzug 
dem  holz  und  löchern  zu.    Weckherlin  226; 

der  absatz  des  getraides:  an  etlichen  orten  im  lande,  da  das 
körn  keinen  abzug  hat,  wird  nicht  mehr  land  bebauet,  als 
sie  das  jähr  über  vonnöthen  haben,  pers.  reiseb.  3,  2 ;  endlich 
der  abßusz  des  wassers  und  der  unr einig keiten  durch  rinnen 
und  canäle,  statt  des  vorausgehenden  abzucht:  wo  das  wasser 
keinen  abzug  nemmen  kan.  Kirchhof  mil.  disc.  166;  der  re- 
genstrom  hatte  das  kehiicht  in  die  abzüge,  insofern  sie  nicht 
verstopft  waren,  fortgetrieben.  Göthe  28, 147. 

ABZUGSGRABEN,  m.  graben  im  fcld,  um  das  wasser  ab- 
zuziehen: da  nun  die  felder  durch  sehr  breite  abzugsgräben 
geschieden  sind.  Niebdhr  kl.  sehr.  1,64;  durch  einen  gewölb- 
ten abzugsgräben.  Arnim  2,  333. 

ABZUPFEN,  devellere:  faden,  haare  abzupfen;  blätter  von 
den  ästen  abzupfen;  damit  wirs  fein  fadenweis  hernach  wie- 
der abzupfen.  Fr.  Müller  3,  28. 

ABZÜRNEN,  minis  impetrare:  reue  zürnt  man  dem  himmel 
nicht  ab.  Schiller  178. 

ABZWACKEN,  decerpere,  surripere:  denn  haben  sie  ielzt 
bei  iren  pfairen  ein  fleck  holz,  so  zwackt  man  es  inen  ab. 
Luther  tischr.  u'; 

warumb  hastu  die  wand  zerrissen, 

dasz  wer  da  geht  sein  kau  genieszen, 

und  zwackt  ihn  ab  ohn  alle  scheu.    Opitz  157 ; 

glaubet  nicht  diesem  betrüger,  der  den  possen,  um  dem  herm 
was  abzuzwacken,  erdacht.  A.  Gryphius  1,887;  der  herschaft 
abzwacken,  mägdclob  70 ;  das  ihrige  abzwacken.  Simpl.  1,  393 ; 
die  mäntel  abzwacken.  1,429;  wo  möglich  von  der  silberllotte 
etwas  abzuzwacken.  Felsenb.  1,66;  unsern  eignen  landsleuten 
noch  etwas  abzuzwacken.  2, 544 ;  dem  regiment,  das  er  coinman- 
dierte,  hier  und  da  etwas  abzuzwacken,  ehe  eines  weibes  2, 18  ; 

man  wird  wol  endlich  hart,  und  nun  ccwis 

Solls  kiinste  kosten  mir  viel  abzuzwacken.    Lkssinc  2,  305; 

unsre  strafen  bestehen  vorerst  in  absonderung  von  der  bür- 
gerlichen gcsellschaft,  wächst  nach  und  nach  der  besitz  der 
Staatsbürger,  so  zwackt  man  ihnen  auch  davon  ab.  Göthe  23, 
153;  weil  bei  solchen  gelegenheilen  ihm  (rfcmmujiä/ra/)  jeder- 
mann etwas  abzwacken  und  aufliünlen  will.  24,  291 ;  was  wir 
unsern  guten  neigungen  abzwacken.  Moser  venn.  sehr.  1,  19; 
alles  geld,  was  er  mir  abzwackt,  verspielt  er.  Tieck  nov.  3, 
90.   ».  abzwicken  und  zwicken. 


V* 


161 


ABZWAGEN  — ACH 


ACH— ACHEN 


162 


ABZWAGEN,  abluere,  abwaschen:  ich  wil  ihm  die  larven, 
schmink  und  namen  abziehen  und  abzwagen.  Luther  tischr. 
282*.    Stieier  2669.    nihd.  abe  Iwahen. 

ABZWECKEN,  coUineare,  gleichviel  mit  abzielen,  beabsiclr- 
tigen,  bezwecken:  die  abgezweckte  Wirkung.  Klopst.  12,  141; 
alles  was  ich  abzwecke.  Wielaxd  15,  207;  abgezweckte  folge. 
15,  224;  abgezweckte  reformation.  26,  243;  abgezweckte  ver- 
suche. Herder  1, 145 ;  um  das  gemüt  in  die  abgezweckte  be- 
wegung  zu  setzen.  Schiller  1142;  die  betrachtung  ist  nicht 
dahin  abgezweckt.  Kant  4,  198;  die  auf  befriedigung  der  na- 
turneigung  abzweckenden  maximen.  6,  208;  das  geschmacks- 
urtheil  ist  nicht  auf  begriffe  gegründet  oder  auch  auf  solche 
abgezweckt.  6, 51 ;  ein  zur  moralischen  absieht  nicht  abzwecken- 
der kirchenglaube.  6,  338 ;  gesetze  die  auf  Ordnung  abzwecken. 
8,  230. 

AßZ>^'EIGEN,  sich,  in  ramos  sepropagare:  der  bäum  zweigt 
sich  über  das  dach  ab ;  eine  einrichtung,  die  sich  in  land  und 
Städte  abzweigte.  Hippel  11,  394. 

ABZWICKEN,  decerpere,  divellere: 

hast  mit  zu  frecher  band 
für  zeitig  dise  fnicht  noch  gar  grün  abgezwicket 
Wkckherlim  637; 
der  freche  lod  —  hat  als  ein  reife  frucht 
dich  mit  gnadloser  band  noch  blühend  abgezwicket. 

ders.  63s ; 
wie  schrecklich  hängt  die  abgezwickte  brüst. 
A.  Grtphiüs  1,  175; 

ein  Stück  fleisch  nach  dem  andern  mit  glühender  zange  ab- 
zwicken. Schiller  143;  dasz  ich  nicht  genöthigt  werde,  sei- 
nem söhne  den  taufnamen  abzuzwicken.  J.  Paul  Tit.  1,  5.  ab- 
zwicken ist  sinnlicher  als  das  nahverwandte  abzwacken,  man 
sagt  den  nagel  mit  der  zange,  das  laub  mit  den  fingern  ab- 
zwicken, nicht  abzwacken,  dagegen  einem  sein  vermögen,  geld, 
■verdienst  abzwacken,  nicht  abzwicken. 

ABZWINGEN,  extorquere,  nnl.  afdwingen: 

ich  rede  frei  von  dem,  was  schände  heiszt  und  bringet, 
vielleicht  ist  wer,  den  scbam  von  schänden  abezwinget. 
LocAO  1, 10,74; 

mein  bräutigam,  der  hat  mir  vorhin  das  erste  mäulchen  ab- 
gezwungen. Gellert  3, 165 ; 

es  brauchte  viele  müh,  ihm  sein  geheimnis  abzuwingen. 

Wiela:«d  ; 
ihren  talisman  der  iröttin  abzuzwingen.    Goiisr  1,  2S1; 
zwingt  ihm  die  wahrheil  ab!    2,  15S; 
ihr  ein  lächeln  abzuzwingen.    Bürger  5' ; 

dichtungen,  die  ewig  allen  glauben  abzwingen  und  abwürgen. 
Herder  16,  28;  deiner  bosheit  das  geständnis  abzwingen. 
Schiller  138;  ihm  denkst  dus  abzuzwingen?  350;  den  ma- 
jestätsbrief,  den  wir  dem  kaiser  Rudolf  abgezwungen.  353. 

ABZWIRNEN,  filum  delorquere:  was  die  seele  aus  ihren 
fünf  kankerspinnwarzen  verspinnt  und  ahzwimt  J.  Paul  uns. 
löge  3, 130. 

ACHI  ausruf  des  Schmerzes,  zuweilen  der  freude  und  ge- 
mischler empßndungen,  heute  unterschieden  von  ah!,  dem  des 
frohen  Staunens;  goth.  ags.  altn.  unbekannt,  oder  unaufgezeich- 
net,  ahd.  erst  seit  dem  lOjTi.  ah!  (Graff  1,  105),  mhd.  ach! 
(Bex.  1,  5'),  nnl.  ach,  schw.  ack,  ddn.  ak,  engl,  ah !  skr.  ahü 
(Bopp  27'),  lat.  ah!  aus  älterem  aha,  wie  vah  aus  vaha,  gr. 
aX  und  al,  mit  getilgtem  hauch,  verdoppelt  ach  ach !  ah  ah ! 
(ai  ai),  sehr  oft  mit  o  und  weh  verbunden,  acu  weh!  ach 
und  weh!  weh  und  ach!  ach  und  we!  sprach  .\lard;  ach  und 
v^-e !  was  unglücklichen  tags  was  es ;  ach  und  we !  dasz  ich 
beut  nit  mein  gutes  Schwert  hab.  Aimon;  und  Lazarus  bat 
ach  und  wee.  Scrwarzesb.  157,2; 

wenn  die  narhiipli  Terliebten 

liebevoll  ein  lieuchen  singt, 

das  gefangnen  und  betrübten 

nur  wie  ach  und  wehe  klingt.    Götur  19,  196. 

Auch  folgt  ein  gen.  oder  praepositionen,  ahd.  ah  les!  (Be:<. 
1,6")  ah  lasters!  mhd.  ach  leides!  ach  mines  libes!  ach  mihcr 
tage!  ach  dlnes  Iroumcs!  ahd.  ah  ze  härme!  ah  ze  s^re! 

ach  meines  leides!  wo  soll  ich  hin?   Atrrr  409*; 

ach  der  wonne!  vor  goll  gelebt  zu  haben.    Klopst.  1,  120; 

ach  des  durstes!  fände  ich  nur  laub,  so  söge  ich  daran.  9, 
367.  gr.  folgt  der  acc.  at  jöv  UiSwviv.  gern  schlieszt  sich 
ach  an  cnnjunclionen  und  andere  icörler:  ach  dasz  er  k.lme; 
ach  dasz  Jsmael  leben  solle  für  dir.   iMos.  17,  18;  ach  dasz 


ich  jetzt  ein  schwert  hätte.  4  Afos.  22,  29 ;  ach  dasz  ich  wäre 
umkommen.  Hiob  10,  18 ;  ach  dasz  ich  wasser  gnug  hätte. 
Jerem.  9, 1 ;  ach  wenn  du  wüstest,  ach  wenn  er  wollte ;  ach 
wie  schlägt  mir  das  herz !  ach  wie  schön  ist  das ! ;  ach  ich 
elender  I  ach  du  armes  kind !  ach  freunt !  fastn.  sp.  563,  26 ; 
ach  J3,  ach  nein,  ach  freilich,  ach  so,  ach  lieber  gar!  und 
nach  manchen  andern  abstufungen.  in  der  gerichlsformel  weisth. 
3,  779  scheint  das  wiederholt  über  den  mörder  ausgesprochene 
ach  ia,  ach  ia!  ein  weheruf,  mhd.  ach  io! 

ACH,  n.,  schwer  zu  sagen,  ob  die  substantivisch  gesetzte  in- 
terjection,  oder  ein  ihr  voraus  gegangnes  subst.,  wofür  das  ags. 
ace,  ece  dolor  zu  reden  scheint: 

gott  lebt  und  hört  dein  ach.    Gcllebt  1,  212; 
und  der  erhielt  ein  freudig  ach.    1,  217 ; 

ein  banges  ach.  LessisgI,  94;  sie  antwortete  mit  einem  ach; 
ich  vergesse  nicht  den  klang  dieses  aches; 

sag  es  mit  einem  durchdringenden  ach,  das  meinem  ach  gleichet. 

Klopst.  1,  22; 
sie  rühret  noch  kern  ach  und  kein  verliebtes  flehen. 

Zacuariä  1,  104: 
hier  fliegt  manch  feung  o,  und  manch  betraurend  ach. 

1,119; 
mit  manchem  süszen  ach, 
das  ihr  im  busen  zu  ersticken  unmöglich  ist. 

WIELA.ND  9,97; 

um  die  mädchen  sn  der  Seine  strande 

winselt  er  ein  falsches  ach.    Schillcr  1,87; 

seele  haucht  sie  in  das  ach 

klagenreicher  nachtigallen.    1,  117; 

und  seufzet  leise  manches  ach.    Göthe  t,  192; 

seines  Jagdhorns  liebeweckend  ach.    Rcceert  43; 

sie  klagte  mir  mit  einem  leisen  ache.    184; 

manches  entzücken  und  manches  ach.    PLATs.t  84; 

es  scheint  ein  langes,  ewges  ach  zu  wohnen 

in  diesen  lüften.    97; 

das  ach  der  sehnsuclit.    106; 

rings  erklang  der  nachtigallen  ach.    284. 

häufig  mit  weh  und  krach  rerbunien;  haben  vieler  Chrislea 
herzen  mit  ach  und  we  erfahren.    Kirchhof  wendunm.  372'; 

da  hörte  man  sich  bald  —  ihren  frewdcnklang 

in  ach  und  weh  verkehren.    WECKUtRLM  70; 

ach  und  weh  ist  mein  gcsang.    405; 

jetzt  trotzt  er  ihrem  ach  und  weh.    Gotter  1,  34; 

das  ach  und  weh  der  creatur 

bat  laut  dich  vor  gericht  gefodert.    Bürger  71»; 

half  ihm  kein  weh  und  ach.    Göths  1,  17; 

es  ist  ihr  ewig  weh  und  ach 

so  tausendfach 

aus  einem  punkte  zu  kurieren.    12,99; 

wie  die  falschen  propheten,  deren  ach  und  krach  ist,  das  si 
vilen  gefallen.  Frank  weltb.  39*;  also  ist  der  knecbt  ach  und 
krach  nichts  anders  dann  der  herren  hend  zu  entfliehen; 
seitemal  aber  die  sünd  allein  ein  arger  will  und  widerwiil  ist 
wider  gott,  und  nichts  dann  ein  ach  und  krach,  wider  gotl 
zu  thun.  Frasi  parad.  23' ;  sonder  er  ir  {der  mensch  der  crea- 
luren)  knecbt,  allein  in  musz  dienen,  mit  ach  und  krach  über- 
konnmen,  mit  angst  und  weh  bewaren.  122'.  noch  heule,  et- 
was mit  ach  und  krach  verrichten,  unter  seufzen  und  weh~ 
klagen. 

ACH,  ausgang  mancher  orts  und  fiusznamen,  wie  Altarh, 
Kronach,  ßiberach,  Schwarzach,  Wertach  u.  s.  w.  aus  dem  alten 
aha  lat.  aqua,  goth.  ahva  entsprungen  und  oß  in  ich  verdünnt: 
bibericb,  Lussenich,  Sinzich.    s.  aa. 

ACHEL,  f.  festuca,  palea : 

die  bien  hat  ihren  Stachel, 

die  ahre  spitzt  die  achel.    Voss  5,  97. 

tigentlich  drücken  aber  ähre  und  acliel  dasselbe  aus,  vgl.  ahd. 
aiiir,  ahil  spica,  arista  (Graff  1,  134*);  agana  acus,  aristo, 
festuca  (I,  132)  und  man  musz  achel  für  die  spitze  der  ähre 
nehmen.    $.  agen,  ähre  und  angel. 

ACHELN,  edere,  ein  undeutsches,  aus  der  jüdischen  und 
gaunersprache  enlnommnes  «ort:  wann  sie  den  Hans  von  Gel- 
ler {das  grobe  brot)  nicht  achein  mögen.  Fischart  groszm.  50. 

ACHEN,  ejulare,  plangere,  mhd.  achen.  Be».  1,6";  seulzeo 
und  achen.  H.  Sachs  II.  t,  27*; 

auch  ich  war  krank  In  ihr. 

in  ihr  hab  ich  geachei.     FLcaiiie  618; 

andere  (kranke)  kriechen  mit  achen  und  krachen  an  stecken 
den  weg  mehr  dann  sie  gehen.  Kirchhof  mtl.  disc.  119.  sicil 
achen.    Hadamar  494,  6.   <.  abarhen. 

11 


163 


ÄGHEN— ACHSEL 


ACHSELADER— ACHT 


164 


ÄCHEN,  dasselbe,  mit  achlzen  und  ecken.  H.  Sachs  5,  390*. 

ACHS,  zuweilen  geschrieben  für  acks,  ackes,  axt,  was  man  sehe. 

ACHSE,  f.  axis.  ahd.  alisa,  mhd.  alisc,  ags.  eax,  gr. 
a^cDV,  skr.  aksa  rota,  Uli.  aszis,  lell.  asz,  poln.  os,  böhm. 
OS,  schw.  ddn.  axel,  alle  von  der  wurzel  agere,  alln.  aka,  fah- 
ren, umdrehen,  die  wanren  auf  der  achse  kommen  lassen ; 
ihr  guter  auf  der  achs  wollen  lassen  gehen.  Wickram  rollw. 
44;  sich  ruhig  um  seine  achse  herum  drehen.  Wieland  13, 
239 ;  er  war  einmal  auf  seiner  achse,  alles,  was  er  that,  nahm 
eine  leidenschaftliche  gestalt  an.  Schiller  744;  dasz  hier  die 
achse  der  ganzen  kunstkentnis  befestigt  sei.  Göthe37,  37;  in 
dem  domhild  zu  Köln  — ,  wie  es  denn  überhaupt  als  die 
achse  der  niederrheinischen  kunstgeschichte  angesehen  werden 
kann.  43,  414;  wir  nannten  das  dombild  die  achse,  worauf 
sich  die  ältere  niederländische  kunst  in  die  neue  dreht.  43, 
416;  weil  wir  uns  zunächst  an  der  achse  befinden,  um  wel- 
che sich  der  ganze  streit  umdreht.  59, 80.  Begreiflich  aber  wird 
es  auch  mit  dem  folgenden  achsel  und  mit  uchse  verwechselt: 

das  er  {das  kamel)  so  hoch  ist  auferwachsen 
und  tregt  ehi  sattel  auf  der  achsen. 

B.  Wai.dis  Esop  1,  93; 
die  Zitzen  lumpfen  wie  die  fleck, 
die  achsen  slunken  wie  ein  dreck. 

froschmeiis.  1[.  4,  4. 

ACHSEL,  f.  axilla,  fortbildung  des  vorigen,  die  stelle,  wo 
sich  der  oberarm  an  der  Schulter  (golh.  amsa,  lat.  umerus, 
humeriis,  gr.  cofios)  dreht,  ahd.  ahsala,  mhd.  ahsel,  ags.  eaxl, 
alln.  öxl,  schw.  dän.  axel.  von  diesem  wort  sind  alle  und  le- 
bendige redensarten  entnommen,  quer  über  die  achsel  schauen 
und  ansehn,  geringschätzig,  höhnend  und  stolz  blicken,  das 
homerische  vnöSoa  iScöv,  spätere  vjtoSqa^, 

mit  smielindem  nfunde  si  über  ahscl  sach.    Nil).  423,  2  ; 
dö  hlicte  über  ahsel  Dancwart  der  degen.    1874,  2; 

die  freunde  selbst  Zarinnen 
und  schielen  seitenwcrts  uns  über  achsel  nn. 

A.  Grtphiüs  1,  280; 

meinte,  wer  geringer  oder  unglücklicher  wäi'e  als  ich,  den 
dürfte  ich  nicht  einmal  über  die  achsel  ansehen.  Weise  kl. 
leute  159 ;  that  er  nichts  dargegen  als  dasz  er  eine  gnädige 
miene  über  achsel  schieszen  liesz.  erzn.  222 ;  manche  Jungfer 
steht  sich  selbst  im  lichten,  die  oft  einen  ehrlichen  hand- 
werksmann,  der  sie  in  allen  ehren  meinet,  über  achsel  sieht. 
323;  schlims  und  über  die  achseln  ansehn.  Keisersb.  bro- 
saml.  80";  sah  mich  treflich  über  die  achsel  an.  Felsenb.  1, 
47;  auch  mein  bruder  sähe  mich  scheel  und  sauer  über  die 
achsel  an.  4,  56 ;  ich  sähe  sie  nicht  über  die  achsel  an.  Les- 
sisG  2,  412 ;  wenn  der,  welcher  dieses  und  jenes  vereinigt, 
den  wirklichen  philosophischen  untersucher  über  die  achseln 
ansieht,  weil  dieser  seines  gleichen  nicht  ist.  Klopst.  12, 136 ; 
wobei  ich  denn  in  meinem  Übermut  wirtin  und  gesinde  kaum 
über  die  achsel  ansah.  Göthe  23,  73 ;  durchdrungen  von  den 
hohen  ereignissen  des  eben  erlebten  sah  ich  unwillkürlich  die 
menschheit  über  die  achsel  an.  Bettine  lageb.  85.  man  sagt 
auch  einen  über  die  achsel  abfertigen,  empfangen :  da  hat 
man  mich  über  die  achsel  enpfangen.  fastn.  sp.  321,  25. 
auf  beiden  achseln  tragen  gilt  von  zweideutigen,  falschen, 
schmeichelnden:  aber  christlich  leben  ist  nicht  priscillianisch, 
das  den  bäum  also  auf  beiden  achseln  trage,  sondern  einfel- 
lig,  schlecht  und  recht.  Luther  3,  400';  ich  achte  aber,  euer 
frUchtlin  und  krcutlin  zu  Halle  hat  nu  ausgcheuchelt  und 
lange  gnug  den  bäum  auf  beiden  achseln  getragen,  wird  nu 
seiner  nesselart  sich  fleiszigen,  das  frömichen.  Luther  6, 115'. 
hr.  4,  503;  Schmeichler  tragen  wasscr  auf  beiden  achseln. 
Pauli  schimpf  13'.  es  auf  die  leichte  achsel  nehmen,  sich 
schweres  leicht  vorstellen:  er  aber  nahm  es  auf  die  leichte 
achsel.  Simplic.  1,  ISO;  so  war  mein  seliger  mann  nicht,  er 
nahm  nichts  auf  die  leichte  achsel.  Gellert  3, 149;  gut,  sagle 
er,  dasz  du  es  auf  die  leichte  achsel  nimmst.  Göthe  IG,  105. 
der  alles,  was  ihm  begegnet,  auf  die  leichte  achsel  nimmt. 
Kant  10,  320 ;  der  schreibende  dulder  nahm  mancherlei  auf 
die  leichte  achsel.  .1.  Paul  Sicbenk.  2,  C.  nam  in  einer  bei 
der  ach.sel.  Luther  3, 418*.  etwas  auf  die  achsel,  auf  seine 
schuller  nehmen,  sich  damit  beladen,  so  wollte  ichs  auf  meine 
achseln  nehmen.  Iliob  31,  36.  die  achseln  zucken,  einziehen, 
unangenehmes  sich  gefallen  lassen,  nicht  weiter  sich  dawider 
sträuben  dürfen,  nicht  helfen  können :  der  wirl  zog  die  achsel  ein. 
Weise  «in.  217;  sie  zogen  die  achsel  ein  und  hiilleii  gern  recht 
behalten,  kl.  leute  105.  schwören  bis  an  die  acbsel,  bis  auf  einen 


gewissen  punct,  nicht  rein  aus  schwören:  so  schwere  bisz  gar 
binden  an  die  achsel.  Ayrer  proc.  1, 11.  mit  einem  über  die 
achsel  sein,  gespannt,  so  dasz  man  sich  nicht  offen,  nur  von 
der  seile  anblickt:  darum  denn  die  Schwiegermutter  mit  mir 
über  eine  achsel  war.  Schweinichen  2, 153. 

ACHSELADER,  f  vena  axillaris. 

ACHSELBAND,  n.  epauletle,  binde,  nnl.  schouderband,  band- 
schlcife  auf  der  schuller,  auf  die  manigfaltigste  weise  geord- 
net,  ein  uralter  schmuck. 

ACHSELBEIN,  n.  achselknochen,  nnl.  schouderbeen. 

ACHSELBLICK,  m. 

die  verächtlich  mir.  — 
ehedem  des  abcrwiizes  achselblicke  zugewendet. 
Platen  66. 

ACHSELBRUCH,  /".  hosen  an  achselricmen  hängend.  Fischart 
Garg.  58'.    s.  bruch. 

ACHSELDOLDE,  f  was  achselkolbe. 

ACHSELFLECK,  m.,  ein  schmaler  hcmdslrcife,  vom  hals- 
bundc  bis  zum  anfang  des  ermels  gehend. 

ACHSELHEMD,  n.  grobes  oder  halbes  hemd,  ohne  ermcl. 

ACHSELHÖLE,  f  armhöle,  uchse.    achselgestank. 

ACHSELKOLBE,   m.  axillaris  umbella.    Fischart  Garg.  SS'. 

ACHSELN,  in  htimeros  conjicere,  alln.  axla,  schw.  axla,  dän. 
axlc,  den  mantel  achseln,  über  die  schuller  werfen. 

ACHSELSCHNUR,  f.  was  achselband. 

ACHSELSEIL,  n.  trageseil,  trageband,  über  die  achsel  hän- 
gend. 

ACHSELSTÜCK,  was  achselfleck. 

ACHSELTRAGEN,  n.  tcmporibus  servire: 

solch  zweideutig  achseltragcn 

nutzen  wirds  nicht,  noch  behagen.    Göthe  4,  .351. 

ACHSELTRÄGER,  m.  heuchler,  der  auf  beiden  achseln  trägt, 
niederdeutsch  hoikenträger,  der  den  hoik  oder  mantel  auf  bei- 
den schultern  trägt,  oberd.  auch  baidenthalbner,  der  auf  bei- 
den halben  oder  seilen  gerecht  ist. 

ACHSELTRÄGEREI,  f  alle  achselträgerei,  selbst  die  best- 
gemeinte ist  erbärmlich  und  erniedrigend.  J.  Paul  teufelsp. 
2, 164. 

ACHSELZIERDE,  f.  achselschmuck:  brüst  und  schultern  mit 
Orden  und  achselzierden  geschmückt.  Göthe  39, 249. 

ACHSELZUCKEN,  n.  ich  antwortete  ihm  mit  einem  be- 
redten achselzucken.  Rabener  3, 134 ; 

die  Schwachheit,  die  er  uns  gezeigt, 
macht  ihm  (ich  sehs  an  ihrem  achselzücken) 
die  nichts  verzeihenden  Katonen  ungeneigt. 
WiEL.  10,  274; 

sie  antwortete  mit  achselzucken  und  einem  blick  auf  die  wiese. 
Göthe  19,40;  er  leimte  alle  intercessionen  Wilhelms  für  sie 
mit  achselzucken  ab.  19, 124 ;  man  schätzt  wol  seine  Vorgän- 
ger und  dankt  ihnen  gewissermaszen  für  das  verdienst,  das 
sie  sich  um  uns  erworben;  aber  es  ist  doch  immer  als  wenn 
wir  mit  einem  gewissen  achselzucken  die  grenzen  bedauerten, 
worin  sie  oft  unnütz,  ja  rückschreitend  sich  abgequält.  55,316. 
ACHSELZUCKEND,  ablehnend: 

0  dann  rolle  der  stolze  rhapsod  es  {mein  lied)  zusammen  und  sage 
achselzuckend,  es  sei  nicht  für  ihn.    Klopst.  2,  106. 

.\CHSEN,  axibus  inslruere:  die  canonen  sind  weiter  geach- 
set,  als  andere  wägen.  Fronsp.  kriegsrüsl.  30'.  Gobler  im 
rechtsspiegel  schreibt  geuchset. 

ACHSNAGEL,  m.  clavus  axis. 

ACHT,  oclo.  die  urgestalt  dieses  zahlworls  war  wesentlicli 
zweisilbig,  skr.  astan,  gewöhnlich  aber  im  nom.  acc.  voc.  astaii 
(Ropps  gramm.  §.  231),  gr.  öxroj,  lat.  octo,  litt,  aszlilni,  golh. 
ahtau,  ahd.  ahtö,  mhd.  ahte,  alts.  ahlo,  ags.  eahta,  engl,  eight, 
fries.  achta,  alln.  Atta,  schw.  ätta,  dun.  aatte,  otle.  nnl.  acht. 
der  nusgang  -au  scheint  aber  einen  dualis,  nemlich  zweimal 
vier  fingcr  der  beiden  bände  {ohne  die  daumen)  anzuzeigen, 
und  im  sg.  acht  miUte,  wie  im  heutigen  rotte,  die  vorslellumj 
der  vierzahl  enthalten  gewesen  sein,  ob  aus  dem  golh.  ahtau 
hernach  ein  unorganischer  pl.  ahtaveis  entspringen  konnte,  wie 
aus  ahd.  ahtö  ahlowi,  ehtewi,  wissen  wir  nicht,  chtcwc  reicht 
noch  aus  mhd.  denkmälern  i;i»  spätere,  z.  b.  wcisth.  1,  683.  das 
heulige  acht  ist  iingst  unveränderlich:  kalt  und  fein,  wie  sie 
war,  kannte  sie  in  acht  tagen  die  schwächen  des  ganzen 
hauses.  Göthe  18,  27T).  nur  dasz  man  in  einigen  redensarten, 
wenn  kein  subsl.  fohjl,  den  dal.  achten,  mhd.  alilen,  ahtewen 
duldet:  er  fährt  mit  achten  =  acht  pIVrdcu ;  wähle  dir  aus 
den  achten  eins;    wij  waren  mct  ons  achten;   bet  is  voor  u 


165 


ACHT 


ACHT 


166 


achten ;  in  nach  achten,  Tor  achten  d.  i.  nach  acht,  vor  acht 
uhr,  scheint  kaum  die  Ordinalzahl  enthalten,  da  es  auch  nach 
nennen,  seit  vieren  heiszt,  und  nnl.  na,  voor  achten,  nicht  acht- 
sten.  Mit  acht  sind  achtzehen,  achthundert,  achttausend,  aber  auf 
verschiedne  weise  zusammengesetzt,  denn  achtzehn  bedeutet  nicht 
achtmalzehn,  wie  achthundert  achtmal  hundert,  sondern  acht 
und  zehn,  wie  achtundzwanzig,  achtunddreiszig. 

ACHT,  f.  ager,  praedium,  früher  ahta,  ein  seltnes  wort,  das 
nur  die  trierischen  weisthümer  2,  257.  25S.  262.  2SS.  310.  312. 
323.  326.  372.  635.  640.  3,  7S5.  790  und  die  jura  archiepiscopi 
Irevirensis  aus  dem  anfang  des  IZjh.  in  Lacomblets  archiv  s. 
314 — 361  gewähren,  ager,  qui  atha  (/.  ahta)  dicitur,  episco- 
palis  hatta  f.  ahta  {wie  Hei.  52,  2  hatogea  f.  ahtogea),  in  den 
späteren  weislhümem  aber  ein  freie  acht,  meins  herren  acht, 
die  hofacht,  immer  auf  freie,  herschaßliche,  bischöfliche  grund- 
stücke  bezogen,  dieser  ausdruck  liesze  sich  nun  zwar  zum  fol- 
genden acht  und  ahta  cura,  aestimatio  in  dem  sinne  schla- 
gen, dasz  darunter  ein  besonders  gepflegter  oder  geschätzter 
grundbesitz  zu  verstehn  wäre;  doch  da  das  altn.  att  pl.  ättir 
plaga,  regio,  ätthagai'  pascua  propria  bezeichnet  und  in  den 
allschwedischen  gesetzen  die  ättunger,  heuts  ättingar  auf  die 
landcseintheilung  gehn ;  so  erscheint  der  begrif  ron  ahta  prae- 
dium älter  als  ahta  cura,  wenn  er  überhaupt  dasselbe  wort  ent- 
hält, wiewol  beide  sich  von  agere,  aka,  der  würzet  von  ager 
und  acker  ableiten  lieszen.  kühn  wäre  es,  in  diesem  ahta 
praedium  ein  nach  den  vier  himmelsgegenden  retheiltes  land, 
in  ihm  die  grundlage  der  zahl  acht  zu  erblicken,  altn.  ätt 
ist  ausdrücklich  cardo  mundi  und  fiürar  ättir  heims  quatuor 
cardines  mundi;  war  der  ättung  solch  eine  all'  landlheilung, 
deren  namen  im  westlichsten  Deutschland  fortlebte?  s.  achtwort. 
ACHT,  f.  cura,  attentio,  aestimatio,  considcratio,  ahd.  ahta 
(Graff  1,  108),  mhd.  ahte.  aht  (Ben.  1,  15),  nnl.  acht,  ags. 
"caht,  eht;  ein  der  golh.  und  altn.  spräche  fehlendes  wort, 
denn  ins  isländ.  ist  akt,  ins  schw.  akt,  ins  dän.  agt  erst  aus 
dem  hochd.  eingeschlichen,  wegen  der  würzet  s.  unter  achten, 
ich  bin  nicht  entschlafen  und  an  mein  selbs  acht  gegangen. 
LcTOEB  1,  36'.  3,  18  {ps.  5.  mane  astabo  tibi  et  videbo,  ich 
habe  acht  auf  mich  gehabt),  vgl.  mhd.  die  suln  mich  vinden 
in  der  aht.  Winsbekin  18,  8 ;  denn  das  gebet  im  scheine  und 
leiblich  ist  das  euszerliche  mummeien  und  plappern  mit  dem 
munde,  on  alle  acht.  LctherI,  67':  und  wiewol  dis  buch  nicht 
solcher  acht  ist.  das  es  zum  streit  dienet.  2.  12*;  das  in  kleiner 
acht  bei  in  ist.  Frank  weltb.  17' ;  doch  wird  einem  jeden  sein 
acht  und  meinung  frei  und  ledig  gelassen.  Fober  fschb.  196' ; 
pracht  macht  acht.  Logao  3,  8,  100  (mit  der  Überschrift  hof- 
fart) ;  repulatton  und  acht,  die  der  künig  von  ihm  gefaszt  hab. 
Zi.-<KGR.  II.  38,10; 

das  ander  berehlt  dem,  der  uns  eliero  gibt 
und  nimmt,  nach  seiner  acht.    Fle«i:«g314; 
dasz  ich  nicht  so  stets  zurucke 
und  in  schiechler  acht  musz  siebn.    414; 

in  welchen  fällen  allen  doch  heute  nicht  acht,  sondern  achtung, 
erachten,  aufmerksamkeit  ^esefzt  wird.  In  folgender  stelle  drückt 
acht  würde,  stand  und  ansehn  aus: 

ich  bin  auch  in  ir  acht, 

si  ist  diern  und  ich  bin  knecht, 

wir  fliegen  auf  einander  recht. 

fastn.  gp.  401,  10, 

ich  stehe  ihr  gleich  an  stand  und  ehre,  wir  passen  zusammen. 
Häußg  in  den  noch  jetzt  gangbaren  redensarten  acht  haben, 
acht  geben,  nehmen,  in  acht  haben,  in  acht  nehmen  [wahr- 
nehmen), ziehen,  aus  der  acht  bringen,  lassen,  schlagen,  hab 
aclit  I  fastn.  sp.  23,  2 ;  auf  welch  land  der  herr  acht  hat.  5  Mos. 
It,  12;  da  sie  lange  betete,  hatte  Eli  acht  auf  ihren  mund. 
iSam.  1, 12;  du  hast  acht  auf  alle  meine  pfade.  Hiob  13,27; 
habet  acht  auf  eure  almosen.  Matlh.  «,  l ;  hab  acht  auf  dich 
seihst  und  auf  die  lehre.  1  Tim.  4,  16 ;  ja  ich  hab  ein  grosze 
acht  und  verlangen  auf  dis  mein  vatcrland.  Frank  chron.  92'; 

wie  mag  es  mit  dem  kranken  sein, 

hat  man  auf  ihn  gehörig  acht?    Hagedorn  2,  30; 

auch  dem  grafen  ward  er  vorgestellt,  der  aber  wenig  acht 
auf  ihn  hatte.  Güthe  18, 242.  statt  der  praep.  auf  früher  der 
genitit : 

davon  uns  Christus  gleichnus  macht, 

lert  solcher  xaichen  haben  acht. 

SCBWAKZENIERG  157, 1'; 

bni  man  ielzt  also  tugent  acht, 

vi)  menscben  würden  frum  gemacht.    157,  2* ; 


gleichwol  wolt  ich  dennoch,  das  adel  und  landschaft  des  spiels 
ein  acht  betten.  Luther  6,  S*;  wie  nun  der  frosch  ir  {der 
maus)  nit  hat  acht.  Er.  Albercs  17';  die  krieger  hatten  sein 
nicht  acht.  18';  sag  si  {die  Sünden)  gutt,  der  diser  acht  hat. 
Frank  chron.  371'.  verschieden  von  diesem  acht  haben,  curam 
habere  ist  ein  anderes  acht  haben,  achtung  genieszen,  in  ach- 
tung stehn: 

ist  irgend  eine  scband,  ist  irgend  eine  scbmach, 
die  hat  bei  unsrer  weit  hoch  acht  und  gut  gemach. 
LoGAU  1,  5,  83. 

er  hat  cur  genumen  acht,  fastn.  sp.  279,  10 ;  lasz  deine  obren 
acht  und  war  nemen  meines  geschreies.  Luther  3.  21;  nu  ge- 
hen sie  hin  sicher,  und  nemen  derselben  brüch  nicht  acht. 
1,  27";  die  mögen  wol  acht  nemen  und  sich  hüten;  aufs 
fleiszigste  acht  zu  nemmen.  Kirchhof  mil.  disc.  97 ;  so  du 
der  dingen  acht  gibest.  Thlrneisser  t?o«  wassern  s.  (jZ ;  heute 
darauf  acht  gibst;  gib  wol  acht,  ich  will  schon  acht  geben, 
ja  der  auch  all  creatur  in  acht  hat.  Fka!(k  weltb.  133'; 

wenn  ein  etwas  selber  angehl, 
musz  ers  in  achten  (dat.  pt.)  han.    Atrer  143': 
bätt  ich  nun  menschenzorn  und  grimm  in  acht  genommen, 
war  ich  den  götiem  nicht  in  ihre  straTe  kommeii* 
Opitz  1, 177; 
nehmt  Korilen  in  acht  ihr  Wächter  aller  weit. 
FLEai-NG  487 ; 

was  aber  die  nomina  propria  oder  eigendlichen  namen  der 
götter,  männer  und  weiber  betrift,  dftrfen  wir  nach  art  der 
Lateiner  und  Griechen  ihre  casus  nicht  in  acht  nehmen,  son- 
dern sollen  sie,  so  viel  möglich,  auf  unsere  endung  bringen. 
Opitz  poeterei  30 ;  Strabo  rühmet  den  Homerus,  dasz  er  die 
eigcnschaft  eines  jedwedem  dinges  sehr  genau  in  acht  ge- 
nommen. 37 ;  damit  aber  die  sylben  und  wurte  in  die  rei- 
men recht  gebracht  werden,  sind  nachfolgende  lehren  in  acht 
zu  nehmen.  42;  da  die  gegner  des  Aristoteles  nicht  in  acht 
nahmen.  Lessinc  7,  349;  man  hat  sich  wol  mit  ihm  in  acht 
zu  nehmen;  dadurch  dasz  sie  die  entfemung  immer  in  acht 
nahmen  musten.  Schiller  725;  man  kann  sich  nicht  genug 
in  acht  nehmen,  aus  versuchen  nicht  zu  geschwind  zu  fi)l- 
gern.  Göthe  50, 15 ;  das  in  der  letzten  stelle  gesetzte  nicht  des 
abhängigen  Satzes  darf  unterbleiben,  man  kann  sagen:  nimm 
dich  in  acht,  dasz  du  fallest  und  dasz  du  nicht  fallest,  nimm 
dich  in  ach!  zi  fallen,  oder  nicht  zu  fallen,  in  acht  ziehen 
ist  selten,  doch  gebraucht  es  Oprrz  386.  Statt  des  heutigen 
aus  der  acht  (bei  Göthe  37,  82  auszer  acht)  lassen  galt  sonst 
auch  bringen  und  schlagen: 

ein  mägdlein,  dem  ein  träum  bat  etwas  warm  gemacht, 
den  sie  auch  kunte  nicht  bald  bringen  aus  der  acht. 
LocAO  1,  8,  35; 

mein  siecbsein  aber  macht 
dasz  ich  mir  alles  nun  musz  schlagen  aus  der  achu 
Opitz  2,  47 ; 

der  fürst  schlag  aus  der  acht 
das  angenehme  bild.  Grtphics  1, 125; 

der  fürst  schlag  aus  der  acht 
was  zorn  und  argwöhn  dicht.  1,  52; 

schlage  sich  aus  dem  sinn,  aus  den  gedanken.  es  ist  mir 
aus  der  acht  gefallen,  ich  habe  es  wieder  vergessen.  Endlich 
scheint  acht  einen  bezug  auf  das  alte  gerichlsverfahren  gehabt 
zu  haben,  wie  schon  das  ahd.  ahta  (Graff  1,  108)  jmiicium 
ausdrückte,  in  den  weisthümem  ist  ron  einer  ersten  und  zwei- 
ten acht  die  rede,  was  nicht  für  proscriptio  genommen  werden 
darf,  die  schöffen  heiszen  aclitsleiite,  achtsmänner  iifirf  die  be- 
deutunq  von  achten  aestimare,  taxare  läszt  sich  leicht  auf  ein 
gerichtliches  geschäft  anwenden. 

ACHT,  f.  proscriptio,  bannum,  ahd.  ihta  (Gr-^ft  1,  109),  mhd. 
dhtc,  sehte  (Ben.  1,  18"),  nnl.  acht;  den  unterschied  zwischen 
ahta  und  dhta,  ahte  iinrf  ähte  ergeben  die  mhd.  reime  nicht 
sicher  genug,  das  nhd.  acht  cura  und  acht  bannum  lauten 
ganz  gleich,  wogegen  die  verba  achten  und  ächten  sich  ab- 
trennen, acht,  aberacht.  reichsabsch.  1507.  §.  25;  in  die  acht 
verkündet  werden,  reichsabsch.  1512.  5.  18;  der  einen  in  die 
acht  erlangt  hält.  erkl.  des  landfr.  1522. 14 ;  es  sei  zum  tode 
oder  in  die  acht.  Esr%  7,  26;  weil  sie  lod  oder  in  der  acht. 
Weckherl.  184 ; 

was,  Osienrrich  hat  ja  wol  so  ril  krafl. 

dasz  durch  die  acht  vil  werden  mangelhaft.    509; 

einen  in  die  acht  thun,  erklaren,  erkennen ;  ihn  mit  der  acht 
belegen  ;  aus  der  acht  entbinden  ;  einen  empirischen  Ursprung 
des  begrifs  konnte  er  nicht  verslatten,  mithin  war  der  begrif 

U* 


167 


ACHT  — ACHTEN 


ACHTEN 


168 


in  die  acht  erklärt.  Kant  4,  159.  die  faslnachtsspiele  und  H. 
Sachs  schreiben  zuweilen  echt,  und  echten,  durchechten, 

sten  ins  königs  echt,    fastn.  309,  12; 

mit  fluches  bann  und  mit  der  echt  (:  recht)  H.  Sachs  V,  3'; 

plaib  in  des  todes  eht.    Mich.  Behau  Wien  179, 12, 

der  tnhd.  neben  form  aehte  entsprechend ;  schwäbische  denkmä- 
ler  aucht,  was  dem  ä  in  ähle  :u  stallen  kommt,  eine  Ulmer 
verordn.  von  1531  {bei  Schmid  s.  30)  untersagt  vügel  zu  schie- 
szen :  auszgenommen  die  kraniatvogel  und  die  so  in  der  aucht 
sein,  d.  i.  rogelfrei,  die  man  zu  jeder  zeit  tüdlen  darf;  einen 
andern  beleg  führt  Orerlin  unter  aucht  aus  einer  hs.  des 
Schwabensp.  an,  wie  auch  die  lesarten  bei  Wackernagel,  z.  b. 
seile  107  ergeben,    s.  aberacht. 

ACHT,  enclitische  partikel,  mhd.  eht:  kan  ich  acht  {irgend, 
hall).    RuFFs  Adam  514.    5.  achter. 

ACHT,  legitimus,  gcnuinus.    s.  echt. 

ACHTBAR,  aeslimabilis,  spectabUis.  ein  achtbarer  mann, 
bürger,  gesteigert  in  hochachtbar,  groszachtbar,  vorachtbar. 

ACHTBARKEIT,  f.  dignilas,  aestimatio.  als  anrede,  euer 
achtbarkeit.  Luther  5,  lio'.  120'.';  dasz  cwer  gnaden,  gunsten 
und  achlbarkeiten  sich  dieser  mühewaltung  unterwunden. 
Ayrer  proc.  3,  3 ;  an  namen  und  achtbarkeit  berühmt  werden. 
pers.  baumg.  6,  13;  die  männliche  achtbarkeit.  7,  22;  halte 
keine  gemeinrchaft  mit  dem  untüchtigen  pöbel,  damit  deine 
achtbarkeit  nicht  verringert  werde.  9,  16;  sehr  vil  achtbar- 
keit vor  meine  person  zeigten.  Felsenb.l,n~;  vor  eure  toch- 
ter  habe  ich  zwar  annocb  die  gröstc  achtbarkeit.  1,131;  mich 
bereden  lassen,  vor  ihn  einige  achtbarkeit  und  wol  gar  einige 
liebe  zu  hegen,  l,  505 ;  brachte  mir  am  ganzen  kaiserlichen 
hofe  grosze  achtbarkeit,  l,  517;  meine  person  am  ganzen 
liofe  immer  in  gröszere  achtbarkeit  kam.  1,  519;  dieser  hund 
war  bei  ihr  in  gröszerer  achtbarkeit.  2,  180;  brieffortnel  : 
welcher  die  ehre  hat  mit  der  gröszten  achlbarkeit  zu  sein 
meines  hochedlen  herrn  unterlhänigster  diener.  Merck  briefe 
1,  411.     dafür  heule  würde,  ansehen,  achtung. 

ACHTBATZ.NER,  m.  münze  von  acht  batzen  wcrth. 

ACHTDRAHT,  m.  benennung  eines  groben  achtdrähtigen  luchs. 

ACHTE,  octavus,  für  achtte,  achtete,  mhd.  ahte,  ahtode, 
ahd.  ahtodo,  golh.  ahtuda,  ags.  eahtcda,  engl,  eighth,  nnl. 
aclitste,  ahn.  ätti,  schw.  ättonde,  dän.  ottende,  ahtede  steht 
noch  wcisth.  1,  683;  achteste  kommt  auch  hd.  vor,  z.  b.  im 
Dioclelian  612.  6982  und  bei  Schmeller  1,  20 ;  für  achtende  sol- 
len hernach  stellen  folgen. 

ACHTECK,  n.  octogonum. 

ACHTECKIG,  octanyulus. 

ACHTEL,  n.  octava  pars,  geschwächt  aus  achttheil,  jedes 
maszcs:  achtel  holz,  körn,  butter,  hier,  vgl.  Schmeller  1,  20. 
in  der  nmsik,  die  einmal  geschwänzte  note  oder  der  achte 
theil  eines  tacts. 

ACHTELCHEN,  n.  ein  achtelchen  holz,  achtelklafter. 

ACHTELN,  in  octo  partes  distribuere. 

ACHTELSCHLAG,  m.  eintheilung  des  tacts  nach  achteln. 
Bürger  176*. 

ACHTELSTHALER,  m.  der  achte  theil  eines  thalers. 

ACHTEN,  putare,  opinari,  exislimare,  aestimare,  reputare, 
pendtre,  curare,  custodire,  altcndere.  ahd.  abtun  (Graff  1, 106), 
mhd.  ahten  (Ben.  1,  16),  nnl.  achten;  das  schw.  akta,  dän, 
agtc  erst  nach  uns,  weder  altn.  noch  gothisch.  zwei  {auch  im 
subst.  acht  vortretende)  hauptbcdeutungen,  des  erachtcns,  da- 
für haltens  und  des  beachtens,  bewahrens,  in  acht  nehmcns. 
achten  ==  putare,  denken  scheint  dem  golh.  aha  mens  und 
ahjan  cogitore  {nur  einmal  Mallh.  10,  34)  nahverwandt,  etwa 
wie  sich  slahta  slahton  aus  sluhan  entfalteten,  ahtön  ist  im 
sinn,  in  gedanken  haben,  bei  sich  erwägen,  oß  steht  gar  kein 
casus  dabei,  sondern  ein  abhängiger  salz  folgt:  ich  achte,  du 
lassest  dich  bereden.  Esaias  36,  5;  ich  achte,  dem  er  am 
meisten  geschenket  hat.  Luc.  7,  43;  denn  ich  achte,  ihm  sei 
der  keines  nicht  verborgen,  apostelgcsch.  26,  26;  denn  ich  aciitc, 
ich  sei  nicht  weniger.  2Cor.  11,  5;  idi  achte,  die  Juden  wür- 
den leicht  zu  bckeren  sein.  Luther  3,  36;  ich  achte  auch, 
das  das  gold  der  dreien  könige  sei  mit  bilden  gemünzt  ge- 
wesen. 3,  46;  ich  achte  ja,  er  halte  mich  dennoch  für  der 
geiertesten  einen  zu  Wittenberg.  3,  46;  icli  acht  wol,  sie 
möchten  lieber  leiden.  8,  65';  nun  aber  nebt  ich  nicht,  das 
solches  gesefzet  sei.  4,  1*;  sollu  nicht  achten,  dasz  durchaus 
sin  Volk,  glaub,  land  sei.  Frank  »r///;.  t'orr.  /  so  acht  ich  wol, 
gott  würd  euch  nicht  verlassen.  Scuilleb  510.     doch  setzt  die 


heulige  spräche  für  solches  achte  lieber  erachte ;  die  alte  liesz 
statt  dasz  auch  den  inf.  darauf  folgen :  ich  achte  es  biilich 
sein.  iPetr.  1,  13;  derhalben  ichs  für  unnötig  geacht,  auf 
solch  sein  büchlein  antworten.  Luther  4,  319';  sie  zürnen, 
das  ich  den  teufel  durch  sie  reden  achte  {glaube,  dasz  der  t. 
durch  sie  redet).  3,  444";  wir  achten  auch  nicht  noth  sein, 
die  andern  praedicanten  diesmal  zu  erfodern.  Melanchth.  3, 
920;  man  achtet  das  thier  ein  grosze  menge  wassers  gewor- 
fen haben.  Forer  fischb.  92*;  dis  achten  sie  viel  seliger  und 
besser  sein.  Tacitus  übers,  von  Micvllüs  452*.  achten,  aesti- 
mare, pendere  mit  doppeltem  acc,  das  prädicat  sowol  adjec- 
tivisch  als  substantivisch:  er  schluckt  in  sich  den  ström  und 
achtet  es  nicht  grosz.  Hiob  40, 18 ;  entziehe  dich  deines  freun- 
des nicht,  weil  dein  feind  deiner  nicht  grosz  achten  wird. 
pers.  baumg.  9,  13;  achtete  sie  (Hagar)  ihre  frau  geringe  ge- 
gen sich.  1  Mos.  16,  4 ;  dasz  man  die,  so  regieren  sollen,  in 
der  weit  geringe  und  leicht  achte.  Luther  br.  4,  152;  weil 
ich  E.  G.  nicht  so  leichte  achte.    5,  513 ; 

man  sagt  von  geld  und  groszem  gut, 

das  thu  ich  als  {alles)  riiig  achten.    Garg.  92'; 

und  soll  sie  unrein  achten.  3  Mos.  11,  24 ;  ein  zug,  den  man 
so  gefahrhch  achtete.  Gothe  8,  248;  die  kröne,  der  mein 
fürst  mich  würdig  achtete.  9,  166 ;  ich  acht  ihn  heilig  und 
das  höchste  gut.  9,  155;  ich  achte  mich,  wie  sie,  zum  thron 
geboren.  Schiller  593;  ich  achte  dies  alles  tand  und  spiel- 
werk ;  ob  sie  ihre  gerechtigkeit  nichts  achten.  Luther  3,  27 ; 
ihr  habt  den  landmann  nichts  geachtet.  Schiller  543.  beim 
passivum  wandelt  sich  der  acc.  in  den  nom.:  weil  dise  weit 
(America)  ein  unbewonet  ort  von  iederman  ist  geacht  worden. 
Frank  weltb.  225'; 

weiland  waren  wir  geacht, 

dasz  wir  ruiimlich  gastfrei  waren.    Logau  3,  4,  24 ; 

nun  sind  etliche,  den  dise  wort  der  gnaden  also  leicht  geach- 
tet sind.  Luther  3,  27 ;  welche  von  den  göttem  würdig  geach- 
tet Avürden.  Wieland  2, 15 ; 

abwesend  ist  kein  freund  zu  achten, 

der  immer  für  uns  denkt  und  strebt.    Göthe  4,  152. 

Es  kann  aber  statt  des  acc.  auch  die  praep.  für  gesetzt,  oder 
vor  den  casus  die  partikel  wie  {ccu)  und  als  geschoben  wei- 
den, oß  mit  leise  abweichender  bedcutung :  er  achtet  mich  für 
seinen  feind.  Hiob  19,  11;  andere  menschen  für  blind  und 
eineugig  achtende.  Frank  weltb.  195* ;  für  puppenwerk  achten. 
Wieland  9,  95 ;  so  sind  sie  billig  für  ketzer  zu  achten.  Tieck 
15,  334;  du  wollest  deine  magd  nicht  achten  wie  ein  lose 
weib.  1  Sam.  1,  16 ;  weiden  ihr  gold  als  einen  unQat  achten. 
Ezech.  7, 19 ; 

ist  das  chaos  doch,  beim  himmel, 

wie  ein  maskenball  zu  achten.    Göthe  47,  63; 

welche  gegen  die  andere  kraft  wie  nichts  zu  achten  ist.  Kant 
8,  167.  es  heiszt  also:  ich  achte  mich  dir  verbunden  oder 
für  verbunden ;  ich  achte  dich  glücklich,  einen  beiden,  oder  für 
glücklich,  für  einen  beiden ;  ich  achte  dies  nichts,  wie  nichts, 
für  nichts,  ich  achte  dich  wie,  als  einen  held  würde  aber  aus- 
sagen: wie  man  einen  held  achten  soll,  da  du  efh  held  bist. 
Die  andere  hauptbedeutung  gründet  sich  nicht  sowol  auf  die 
Vorstellung  des  denkens,  als  des  sebens,  wahrnehmens,  beobach- 
tens,  bemerkens,  hülens.  achte  vor  allem,  siehe  zu,  dasz  du 
gott  zum  freunde  habest;  achte  nicht,  noli  curare,  ob  dich 
die  hunde  anbellen ;  geh  dem  feind  entgegen  und  achte  nicht, 
wie  die  kugeln  fliegen,  jchten  mit  dem  gen.  ist  curare,  cu- 
ram  habere:  was  sollte  der  höchste  ihrer  achten?  ps.  73,  11; 
sie  achten  keines  rechten.  Arnos  3, 10 ;  der  niictling  achtet  der 
schafe  nicht.  Joh.  10,  13 ;  ihr  achtet  seiner  worte  nicht ;  dasz 
ich  der  geringen  sachcn  nicht  acht.  Er.  Alberus  6 ;  er  acht 
keines  glanzs.  Agricola89*;  der  sich  vcrnügen  lüszt  und  wol 
sein  acht.  156';  man  achtet  der  orten,  in  welchen  sie  stehn. 
FoREK  fischb.  U' ;  ich  acht  nicht  seidener  hüsz.    Garg.  90*; 

ein  jeder  ticht  und  trachi, 
sich  also  zu  geherden,  dasz  seiner  wird  geacht.    Logau  1,10,21; 

dasz  ihr  des  Schöpfers  noch  nicht  achtet.  Gotter  1,  402;  er 
achtete  seiner  mutter.  Klinger  3,  232;  traurig  sehen  wir  uns 
an,  achten  nicht  des  weines.  Millers  jerf.  303.  doch  steht  auch 
der  acc. :  du  achtest  nicht  das  ansehen  der  menschen,  non 
respicis  personam  hvminum.  Matlh.  22,  16;  du  achtest  kei- 
nes menschen  ansehen.  Luc.  20,  21 ;  gott  achtet  das  ansehen 
der  menschen  nicht.  Ca/.  2, 0 ;  so  wir  eine  solche  Seligkeit 
nicht  achten.  Ebr.  2,  ;i ;  wührcnd  dessen  unterhielt  sich  der 
russische    oflicier   mit   den   frauenzimmera   und   schien    das 


169 


ACHTEN— ACHTER 


ACHTER  — ACHTSA5I 


170 


ganze  gespräch  nicht  zu  achten.  Scbilleb719;  das  darf  ein  bra- 
ver mann  nicht  achten ;  sie  haben  ihren  söhn  nie  geachtet,  der 
entfernteste  verwandte  ist  ihnen  lieber  als  er.  Gotter  3,  8; 
achten  mit  der  praep.  auf:  ihr  sollt  nicht  auf  vogelgeschrei 
achten.  3  Mos.  19,  26 ;  der  auf  vogelgeschrei  achte.  5  Mos.  IS, 
10;  achtete  auf  vogelgeschrei  und  zeichen.  2kön.  21,  6;  ich 
habe  einen  bund  gemacht  mit  meinen  äugen,  dasz  ich  nicht 
achtete  auf  eine  Jungfrau.  Hiob  31, 1 ;  wer  auf  den  wind  ach- 
tet, der  säet  nicht,  prcd.  Sal.  11,  4 ;  und  nicht  achten  auf  die 
jüdischen  fabeln  und  menschengebote.  Tit.  1, 14 ; 

und  hat  er  die  Stadt  sich  als  wandrer  betrachtet, 

die  groszen  beu-auert,  auf  kleine  geachtet.    Göthe  1,  251. 

auch  sich  achten  mit  gen.:  der  sich  der  hofsitte  wenig  ach- 
tete. ZiXKGR.  ap.  19,  28;  wer  sich  seines  weibes  nicht  achtet. 
ScHMELZEL  78 ;  dcsscu  sic  sich  aber  wenig  geachtet.  Spee  439. 
sich  achten  mit  praep. :  sich  darnach  achten  wird.  pers.  ro- 
senth.  8, 36 ; 

wer  gar  zu  eisensinni»  ist, 

nach  diesem  münzcours  sich  zu  achten, 

der  dauert  micli.       Göki.ngk  1,  15; 

wonach  männiglich,  jedermann  sich  zu  achten,  gegensatz  des 
achtens  ist  verachten,  misachten,  gering  achten. 

Doch  laufen  beide  bedeutungen  des  erachtens  und  beach- 
tens  in  einander  über,  wer  auf  geld  nicht  achtet,  geld  nicht 
achtet,  der  achtet  es  gering;  wer  auf  einen  achtet,  einen 
achtet,  der  achtet  ihn  hoch ;  einen  mann  achten  respicere  und 
hochachten  magni  facere  gilt  uns  heute  gleichviel,  wenn  es 
Ikon.  10,  21  heiszt:  des  goldes  acht  man  zun  zeiten  Salomo 
nichts,  so  drückt  das  sotcol  geringschätzung  als  unbeachtung 
aus,  wie  ein  nicht  bedenken  vernachlässigen  zur  folge  hat.  Schwie- 
rig ist  der  sinn  der  worte :  die  vügte  sind  wachtens  und  ach- 
tens frei,  sonder  wan  man  gemeinlich  acht,  dan  sind  sie  nicht 
frei,  weislh.  2,  452 ;  vgl.  aichten  und  frönen  3,  744  und  pflüge, 
die  acbtung  thun,  hernacli  bei  achtung.  auch  scheint  achten 
luweilen  ein  gesdtäfl  des  richters,  vgl.  achtsmann  sdiöffe  und 
acht  am  schlusz. 

ACHTEN,  n.,  das  substantivisch  verwandte  terbum,  sowol 
im  sinn  von  ansehen,  würde:  weil  ich  solches  Standes  und 
achtens  bin.  LcrnERs  br.  3,  38 ;  als  von  ermessen :  meins  ach- 
tens. LcTHER  3,  239,  heute  meines  erachtens ; 

das  meins  achtens  nicht  unbequem  ist. 

V.  Rebhchx  klag  des  armen  taanns  5. 

ÄCHTEN,  persequi  in  judicio,  proscribere,  ahd.  dhtan  praet. 
ähta  (GR-iirr  l,  108),  mhd.  ähten,  ahten,  verschieden  von  dem 
vorausgehenden  ahtön  aht6ta,  doch  scheinen  beide  Wörter  nah 
verwandt,  wie  schon  ,die  bei  acht  und  achten  hervorgehobne 
beziehung  auf  ein  gerichtsverfahren  darthut.  ächten  ist  etwa 
ein  gesteigertes  hüten  und  bewachen,  ein  verfolgen  des  bewach- 
ten gefangnen,  endlich  verbannen  des  entflohnen.  hat  sich  das 
&  in  äJitan  nicht  allmälich  vor  dem  h  eingefunden,  wie  im 
mhd.  vähen,  bei  N.  noch  fahen,  goth.  fahan,  und  dürßc  es 
wie  in  fähtun,  flähtun  von  fehtan,  flehtan  erfaszt  werden;  so 
gelangten  wir  auf  eine  dunkle  verlorne  würzet  ehtan,  aus  wel- 
cher ahtön  und  dhtan  entsprängen,  die  gleichwol  mit  aha  mens 
in  berührung  bleiben  könnte,  ächten  bezeichnet  uns  heute  nur 
verbannen,  schwer  bestrafen :  einen  flriedbrüchigen  ächten,  lan- 
des  verweisen; 

er  möchte  vielleicht  eroberergrösze 
anders  ächten  als  wir.        Klopst.  2,  66; 

ein  in  der  guten  geselhchaft  geächteter  mann;  Alwine  winkte 
mit  einem  sanften  gesiebt  den  geächteten  (aus  dfs  vaters 
äugen  gewiesenen)  liebling  ins  nähzinimer.  J.  Paul  TU.  1,  99. 
doch  war  bei  Locau  das  mhd.  durchshten  nicht  ganz  ver- 
schollen, s.  durcbächten. 

ACHTENDE,  octatus,  statt  des  gewöhnlichen  achte,  tn  der 
Schweiz  und  in  Schwaben :  zu  dem  achtenden,  weisth.  1,  65 ; 
von  dein  leisten  achtenden  tag  der  ostern  fahen  si  an  fünf- 
zig tag  zu  zOlen.  Fiune  weltb.  197';  vgl.  Oberlin  13  und  an 
dein  ahtunden  tag.    Hacpt  1,  122. 

ÄCHTENDER,  m.  cervus  oeto  ramorum,  den  jdgem  auch 
ein  achter,     vgl.  vierender,  zehnender. 

ACHTENS,  adv.  octavo  loco. 

ACHTER,  enclitische  partikel,  forlbildung  des  mhd.  eht,  oht 
(gramm.  3,  286.287),  wie  auch  halt  in  halter  erweitert  wurde: 
«0  müsle  Christus  auf  ein  neues  sterben  von  deiner  Sünde 
wegen,  wolt  er  dich  achter  selig  haben ;  ob  ich  achter  stürbe. 
»teilen  Keisersbergs  bei  Oberlid  s.  13.  sage  ich,  das  D.  Lud- 
der  nimer  mehr  wird  für  bringen,  wenn  er  achter  weisz  was 


ein  concilium  ist.  worte  des  Eck  bei  Ldtheb  1,  159*.  weisth. 
1,  742 :  ist  er  ehter  im  land.    vgl.  acht. 

ACHTER  für  after,  eine  niederdeutsche  form,  die  zuweilen 
in  hochdeutschen  schrißen  vorbricht,  wie  sie  in  nichte  neptis, 
Schlucht,  lichten  {erare  u.  a.  durchgedrungen  ist: 

ich  wolt  lieber  mein  lehenlang 

gehn  dollen  achter  landen.    Ambr.  liederb.  s.  369. 

ACHTER,  m.  octo  numis  constans,  octo  grossis  valens  mo- 
neta,  sächs.  achlpfenniger.    den  jägem,  ein  achtender. 

ÄCHTER,  m.  bannitus.  das  ahd.  ähtari  ist  persecutor,  ap- 
parilor  (Graff  1,  Ito),  das  mhd.  aehtaere  beginnt  aus  dieser  be- 
deutung  schon  in  die  des  geächteten  ftberzugehn  (Ben.  1,  17'). 
Unordnung,  dasz  die  ächter  unerfolgt  behauset,  enthalten  und 
furgeschoben  werden,  cammerger.  ordn.  1521  §.  28;  die  äch- 
ter und  friedbrecher.  landfr.  von  1521.  12.  13;  offen  ächter 
und  aberächter.   OberlixIS. 

ÄCHTEREN :  alle  die  zu  Albach  sitzen,  die  sollen  achteren  ? 
weisth.  1,  800. 

ÄCHTERING,  m.  octava  pars  mensurae  liquidorum,  ött- 
reichisch:  ein  ächtering  kandel  wein.  Schmelzle  5.242;  ächt- 
ring bei  Hohberg  sehr  oft.  Frank  chron.  245  schreibt  äch- 
terin :  fieng  man  an,  einer  rott  (in  Wien)  VHI  brot  zu  geben, 
XV  achterin  weins,  —  da  must  man  die  profant  ringem  und 
fünf  ächterin  abbrechen. 

ACHTERLEI,  octo  generum:  achterlei  eigenschaflen ;  zeug 
von  achterlei  färben. 

ACHTFACH,  octuplicatus :  achtfache  busze. 

ACHTFÄLLIG,  banni  reus,  in  die  acht  gefallen,  der  acht 
verfallen:  achtfällig  und  vogelfrei.  Klopstock  12,71. 

ACHTFALT,  ACHTFÄLTIG,  was  achtfach, 

ACHTFÜSZIG,  oclipes. 

ACHTGEBOT,  n.  edietum  banni:  wider  Kreons  achtgebot 
Stolberc  14,  9. 

ACHTHUNDERT,  octingenti. 

ACHTIG,  octavus:  item  so  gefeilet  eim  hcrren  zu  Konig- 
stein  jaris  von  dem  winzehcnden  daselbs  an  dem  groszen  ze- 
henden drü  teil,  und  dem  pastor  zu  Sulzpach  ein  teil,  so 
hant  die  von  Sulzpach  u;  den  vorgerurten  drien  teilen  das 
achtige  teil,    weisth.  3, 492. 

ACHTIG,  diligens,  attentus.  vocabul.  a.  1482. 

ÄCHTIGEN,  bannire,  ächten:  so  man  die  andern  würde 
ächtigen  und  verfolgen.  Melanchth.  3,  690  ;  die  Stadt  Constan- 
tia  ist  geächfiget.  6.  729. 

ACHTJÄHRIG,  octennis. 

ACHTLOS ,  negligens,  unaufmerksam :  scherzt  achtlos  mit 
Auroren.  Wieland  5, 1S8 ; 

bist  du  so  gar  einßltiir,  o  fremdling,  oder  so  achtlos  ? 
Voss  Od.  4,  371 ; 

ihre  galantcrien  fallen  nicht  mehr  in  achtlose  obren.  Schil- 
ler 170 ;  wenn  durst  nach  freiheit,  hohe  lieb  und  freundschaft 
sie  achtlos  auf  sich  selbst  machte.  Klinger  2,  258 ;  achtlos 
auf  mich,  überlasz  ich  mich  den  menschen.  2,  262. 

ACHTLOSHEIT,  f  negligentia.  Brockes  1,  464.  4, 163.  5, 19. 

ACHTLOSIGKEIT,  f  ineuria.  achtlosigkeit  auf  sich  selbst. 
Klinger  5, 192;  gegen  den  fürsten.  8,291;  dasz  die  natur  die 
Schöpfungen  der  Weisheit  und  des  zufalls  mit  gleicher  acht- 
losigkeit in  den  staub  tritt.    Schiller  1234, 

ACHTMAL,  octies. 

ACHTMALIG,  octies  repetitus. 

ACHTMAN.N,  m.  octovir,  so  heiszen  an  einigen  orten  die 
acht  kirchenvorsleher  achtmänner. 

ACHTMÄSZIG,  oeto  modios  continens:  achtmäsziges  ßsziein. 
Tabernaemontancs  krduterb.  s.  100, 

ACHTPFCNDER,  m.  tormentum  octo  librarum  globos  emittens. 

ACHTPFÜNDIG,  octo  librarum. 

ACHTSAM,  attentus: 

schau  der  geisi.    hier  dient  ein  achtsam  ohr. 
A.  Ghtphius  1,  61 ; 

achtsame  crziehung,  sorgfältige,  aufmerksame,  unachtsame, 
nachlässige.    Gellert  3, 154 ; 

dasz  ich  ihn  auf  allen  göttlichen  wegen 
still  bogleite,  und  jede  that  der  grosien  erlösung 
achtsam  bemerke.  Klopst,  Me*$.  3,  »0; 

nur  Alkinoos  selber  bemerkt  ihn  achtsames  geistes. 
Voss  Od.  8,  533  ; 

wie  jetzo  auch  du  mit  achtsamen  sinne  bemerkest. 

19.  385. 

^rüAer  gebrauchte  man  achtsam  im  sinne  von  achtbar,    ange- 


171  ACHTSA3IKEIT  — ACHTÜNGSBEZEÜGUNG 


ACHTÜNGSLOS  — ACKER 


172 


sehn,  schätzbar:  widerumb  je  ferner  ein  ding  ist,  je  schlech- 
ter und  unachtsamer  es  ist,  das  gegenwertige  ist  allwegen 
achtsamer  dann  das  abwesende  ding.  Paracelsds  1,  927'. 

ACHTSAMKEIT,  f.  attenlio :  mit  einer  achlsamkeit.  Gellert 
t,  156 ;  die  erzwungenen  achtsamkeiten  in  der  feinen  erziehung. 
Kant  10,  3.    gewöhnlicher  doch  unschöner  ist  aufmcrksamkeit. 

ACHTSCHATZ,  m.  pecunia  judici  pro  abolenda  proscriplione 
debita. 

ACHTSEINNICHT,  m.  nthil  curans,  der  sein  nicht  achtet: 
darumb  dann  auch  niemand,  er  seie  dann  em  achtseinnicht, 
sich  darwider  setzen  darf.  Würtz  wundarznei,  Basel  1612.  p.  9. 

ACHTSERKLÄRUNG,  f.  declaratio  bannt. 

ACHTSLEUTE,  m.  scabini.    Hai.taus  14.  weisth.  3,  260.  270. 

ACHTSMANN,  m.  scabinus,  welcher  achtel,  recht  spricht. 

ACHTSTÜNDIG,  octo  horas  durans:   achtstündiges  feuer. 

ACHTTÄGIG,  octo  dierum:   achttägiges  kind. 

ACHTTHEIL,  s.  achtel. 

ACHTUNG,  f.  nach  den  verschiednen  bedeuiungen  von  ach- 
ten, opinio,  aeslimatio,  taxatio,  aucloritas,  cura,  observatio. 
am  seltensten  für  opinio,  das  erachten:  und  ist  gemeiniich 
aller  achtung  gewesen,  ich  werde  abgetilget.  Hütten  5,  28. 
für  Schätzung,  abschätzung:  giilt,  zins  und  nutzung,  auch  an- 
dere dergleichen,  so  nicht  gewisse  achtung  hatten,  cammerg. 
ordn.  1521.  24,  1.  1523.  1,  5.  pflüge,  so  jarlichs  die  achtung 
thun.  weisth.  2, 480  scheint  einen  abgeschätzten,  gemessenen  frohn- 
dienst  zu  bezeichnen,  achtung  oder  zehlung,  supputatio.  vocab 
1482.  weit  häufiger  ist  adilung  observatio,  allenlio,  beachtung: 
das  laster  der  afterrede  und  achtung  frembder  sünde.  Luther 
1,85';  hie  sol  man  imerdar  achtung  haben.  4,6';  der  musz 
darauf  achtung  haben.  4, 169' ;  er  sihet  reuter  reiten  und  hat 
mit  groszem  fleisz  achtung  darauf.  Esai.  21,  7 ;  was  dann  der- 
selbige  urtheilt  oder  spricht,  soll  vom  gerichtsschreiber  in  ach- 
tung genommen  und  umbstandlich  aufs  papier  bracht  werden. 
Kirchhof  mil.  disc.  249 ;  wer  das  recht  war  und  achtung 
nimpt.  Schwarzenb.  158, 1 ;  item,  es  sol  auch  achtung  gehal- 
ten werden,  ob  nit  ein  platz  zu  einer  weid  in  der  besatzung 
zu  haben.  Fronsp.  kriegsb.  1,  125';  gebet  gute  achtung  dar- 
auf. Ringwald  Biii';  achtung  aufs  gestirn.  Werders  Ariost 
3,15; 

du  führest  so  dein  leben, 
dasz  du  der  weit  und  goit  kanst  gute  rechnung  geben, 
golt,  auf  den  du,  der  weit,  die  auf  dich  achtung  gibt. 

Opitz  1,8; 
gebt  achtung,  was  er  spreche.    A.  GRtPHius  1,26; 
habt  achtung  auf  mein  leid,  auf  meine  quäl. 
Fleming  529; 

auf  die  thränen  dieser  schönen  einige  achtung  zu  geben.  Wie- 
nand 1,  35 ;  man  machte  aber  nicht  viel  achtung  (fit  peu  d'  at- 
tention) auf  diesen  antrag.  Mascoü  1,297.  heute  ist  achtung 
geben  oder  haben  für  attendere  noch  geläufig  und  achtung! 
bei  den  Soldaten  ein  commando,  achtung  machen,  halten,  neh- 
men veraltet,  für  in  achtung  nehmen  gilt  in  acht  nehmen, 
vor  diesem  hatte  man  für  euch  geschöpfe  nur  kleine  achtun- 
gen  (rficksichten),  euch  zu  lieben,  davon  war  man  weit  ent- 
fernt. Lessing  2,  457;  man  hat  nur  den  zweiten  band  nach- 
gedruckt und  den  ersten  gar  keiner  achtung  (beachtung)  ge- 
würdiget. 6,  49 ;  dasz  er  für  die  träume  seiner  Jugend  soll 
achtu'ng  tragen.  Schiller  294 ;  vor  der  freiheit  der  stände  ach- 
tung zu  tragen.  967 ;  jener  mythus  ist  daher  der  achtung  der 
Philosophen  werth.  1108;  mit  der  gehörigen  achtung  für  die 
jetzt  lebenden  groszen  philosophischen  genics.  Klinger  U,  175. 
im  kanzleislil:  zur  nachricht  und  achtung,  d.  i.  beachtung, 
nachachtung.  die  Vorstellung  der  rücksicht  und  beachtung  grenzt 
aber  nahe  an  die  der  hochachtung  und  des  ansehens :  achtung 
ist  die  anerkennung  einer  würde  (dignitas)  an  andern  men- 
schen. Kant  5,  30t ;  eigentlich  ist  achtung  die  Vorstellung  von 
einem  werthe,  der  meiner  Selbstliebe  abbruch  thut.  4,  20; 
eine  würde  d.  i.  unbedingter,  unvergleichbarer  werth,  für  wel- 
chen das  Wort  achtung  allein  den  geziemenden  ausdruck  der 
Schätzung  abgibt.  4,  61.  er  steht  in  allgemeiner,  groszer  ach- 
tung, in  groszem  ansehen,  auf  den  stufen  förmlicher  hüflich- 
keil  gilt  achtung  (consideration),  hochschätzung  für  wcnifier  als 
hochachtung,  dies  für  weniger  ah  Verehrung,  verehren  aber 
ist  colere. 

ACHTUNGGEBIETEND:  die  achtunggebietendste  seile  sei- 
nes Charakters. 

ACHTUNGSBEZEUGUNG,  f  significalio  obscrvanliae :  ach- 
tungsbezeugung  für  hohe  wissenschaftliche  bildung.  Schellinc 
in  den  Münchner  gel.  anz.  1839,  447. 


ACHTÜNGSLOS,  inattentus:  deine  bücher  machten  dich 
auf  mich  und  die  menschen  achtungslos.  Klinger  5, 165. 

ACHTWORT,  /".  nemus,  pascuum,  jus  pascui,  ein  hauptsäch- 
lich in  niederdeutschen  und  westfälischen  Urkunden  oft  erschei- 
nende^ ausdruck,  aber  auch  weiter  z.  b.  in  das  oberhessische 
weisthum  von  Wetter,  des  j.  1239  (forestum  quod  dicitur  ach- 
tewort,  3,  343)  reichend  und  schwer  zu  deuten,  auszer  acht- 
wort  (weisth.  3,  83)  begegnet  auch  achtwart,  achwart  (3,  97) 
und  echtward,  eckward,  echtwort,  wozu  Haltaus  252.  253  viel 
belege  sammelt,  wort  ist  das  altn.  urd  saxetum,  ags.  vurd, 
veordig,  niederd.  word,  welches  ursprünglich  einen  unangebau- 
ten  wald  und  weidegrund,  dann  aber  auch  dessen  hegung  und 
einzäunung  bedeutete  und  so  für  die  hofstälte  selbst,  von  der 
das  weiderecht  ausgieng,  gebraucht  wurde,  vgl.  Homeyer  Ssp. 
2,  631.  Schneller  4, 145.  Leo  rectit.  51.  in  acht  scheint  nicht 
sowol  echt,  legitimus,  als  acht,  ahd.  ahta  praedium  enthalten. 
ACHTZEHEN,  octodecim,  der  ausspräche  ghmdsz  dürfte  man 
schreiben  achzehen,  wie  mhd.  ahzehen,  und  sechzehn  /".  sechs- 
zchn.  nnl.  achtien  f.  achttien,  nrf.  achtein. 
ACHTZEHNTE,  decimus  octavus. 

ACHTZIG,  octoginta,  ausgespr.  achzig,  und  so  auch  von  Voss 

geschrieben,  mhd.  ahzic,  ahd.  ahtozuc,  früher  ahtozo ;  nnl.  tach- 

tig  (gesch.  der  deutschen  spr.  s.  249).  achtzg.  H.  Sachs  II.  2,  46'. 

ACHTZIGER,  m.  octogenarius :  er  ist  schon  ein  achtziger. 

ACHTZIGSTE,  octogesimus:    Sophocles  schrieb  trauerspiele 

bis  in  die  achtzigsten  jähre.  Lessing  6,  212. 

ÄCHZEN,  gemere,    aiät,eiv,  russ.  ochat':    mit  ächzen  und 
echen.    H.   Sachs  5,  390',    mit   ächzen  und  achen;    I.  4,  465* 
steht  ächizen,  I.  5,  508*  echzen.  auch  Schottel  schreibt  achtzen. 
ÄCHZEN,  dasselbe,  aber  üblicher: 
das  mir  das  herz  gleich  nach  ir  echzet.    fastn.  sp.  333,  21 ; 
er  nach  euch  gar  senlich  echtzet.    Atrer  411'; 
das  ächtzen  und  krächtzen.    Fischart  Garg.  103' ; 
von  stetem  ächtzen,  schrecken  pein, 
als  tausend  wunden,  überwunden.    Weckhbrlin  14'; 
dort  ächtzt  die  nachligall.    Gotter  1,28; 
ein  lämmchen  seine  schmerzen  ächzet.    Gökingk  3,  126; 
zum  himmel  ächzt  die  crealur 
und  heischt  von  gott  dein  Strafgericht.    Bürger  71"; 
körbe  knarren,  eimer  klappern,  tragebutten  ächzen  hin 
alles  nach  der  groszen  kufe  «u  der  kellrer  kräftgem  tanz. 
Göthe  41,  249; 

es  heult  im  walde,  ächzt  in  den  klüften  weh.  Klinger  2,222; 
ächzet  ein  dumpfes  weh  durch  den  hochzeitlichen  gesang. 
2,  234 ;  mein  herz  ächzte  bei  euern  worten.  10, 150 ;  dasz  dem 
leser  das  herz  ächzen  würde.  12,  79;  ein  ächzender,  mora- 
lischpassiver zustand,  der  nichts  groszes  und  gutes  unter- 
nimmt. Kant  6,  369. 
ÄCHZEN,  n.  gcmitus : 

sollst  uns  nicht  nach  weine  lechzen.' 

gleich  das  volle  glas  heran, 

denn  das  ächzen  und  das  krächzen 

hast  du  heut  schon  abgethan.    Göthe  1,  154. 

ÄCHZER,  m.  suspirium,  gemitus:  ach  wie  viel  ächzer  schicken 
sie  (die  Jungfrauen)  zu  diesem  heiligen  (Andreas).  Praetorios 
mägdetröster  1663.  s.  12. 

ACKER  [akker],  m.  ager,  gr.  ayQos,  golh.  akrs,  ahd.  achar 
acchar,  mhd.  acker,  ags.  äcer,  alts.  accar,  nnl.  akker,  altn. 
akr,  schw.  äker,  dän.  ager,  im  skr.  sl.  litt,  abgehend,  ur- 
sprünglich scheint  es  Weideland,  trift,  wohin  das  vieh  getrie~ 
bcn  wird,  feld,  also  von  agere,  altn.  aka;  dann  beim  Über- 
gang aus  dem  hirtenleben  zum  getraidebau,  das  gepflügte  und 
besäte  feld,  im  gegensatz  zur  weide:  den  a«-ker  bestellen, 
bauen,  pflügen,  düngen,  besäen,  zu  acker  fahren,  vom  acker 
kommen,  doch  dauert  die  bedeulung  feld,  grund  und  boden, 
wenn  auch  wald  und  wiese  nicht  so  heiszen,  wie  wir  feld  dem 
wald  gegenüber  stellen,  und  brachfeld  bracliacker,  winlerfeld 
winteracker  erscheinen  gleichbedeutend ;  manch  schOn  stück 
acker  land.  Göthe  18,  293.  zugleich  dioit  acker  zum  allge- 
meinen, auch  den  wald  begreifenden  flächcumasz:  zehen  acker 
feld,  zehen  acker  wiesen,  zwanzig  acker  wald.  ein  acker 
landes,  soviel  mit  einem  pferde  im  lag  gepflügt  werden  kann; 
einen  acker  lang,  die  länge  eines  ackers,  mhd.  ern  vüerl  si 
nimmer  eines  ackers  lanc.  Iw.  4646 ;  leisierte  von  in  eines 
ackers  lanc.  5325;  auch  als  Zeilbestimmung:  siede  du.s  kraut 
gein  einem  acker  lang,  hin  und  wider,  bis  man  einen  acker 
hin  und  her  gegangen  ist;  der  zug  könne  kaum  einen  acker 
lang  aus  dem  tartarus  heraus  sein.  J.  Paul  TiV.  2. 79.  Unter 
gottcs   acker  wird  der  todten  acker,    das  feld  der  tvdlen  ver- 


173 


ACKERAN — ACKERGEBÄÜ 


ACKERGEHÖFTE  —  ACKERPFLÜGCs'G   1 74 


standen :  die  ärzte  bestellen  den  gottes  acker,  die  pfarrer  den 
acker  gotles.  die  kircUe  musz  mit  ilirem  gemachten  gott,  eben- 
gleich wie  mit  den  ketzern,  zu  acker  fahren.  Fischart  bienenk. 
203'.    'den  acker  megen'    Parz.  174,  30.  niederfallen,  s.  anger. 

ACREIL\N,  m.  und  n.  glans  quemea  und  fagea,  getröhnlich 
eckem :  fünf  holzer,  da  en  sol  nieman  inne  nemen  wedir  holz 
noch  ackeran,  liset  aber  ieman  drinne  dekeinen  ackeran  ... 
sol  nieman  in  disera  banne  dehein  ackeren  lesen,  iceisth.  1, 
üTO ;  sibenzehen  swin,  so  ackeram  da  ist,  swas  fremder  swine 
in  den  walt  ze  ackeram  gat.  1,  S22.  S23 ;  wenn  si  ückerit  band. 
1.815;  wenn  achrent  keme.  1,178;  dehein  schwein  koufen  in 
(las  achrent,  so  da  achrent  wurde.  1,179;  wan  ein  eckem  ist. 
.421.426;  wann  eine  erkem  wurde.  3,516.  Höfer  1,17  und 
ScHHELLER  1,  25  führen  ackeram,  akram,  agram  an,  Stalder 
1,  S7  acherum,  acherand,  achem,  achrig;  eine  mhd.  und  ahil. 
form  ist  nicht  veneichnet,  die  goth.  lautet  akran  n.,  ags.  äcern, 
engl,  acom,  nnl.  aker,  bei  Kilian  aecker  acckel  eeckel,  alln. 
akarn,  dan.  agern,  noric.  aakom  aakonn  aakodn,  seine,  ällon, 
ollon.  dem  goth.  akran  tcürde  ahd.  acbaran,  acchran  entspre- 
chen, wie  dem  akrs  achar,  das  goth.  vort  bezeichnet  aber 
xaoTtöi,  da  sich  ßäJMvos  nicht  darbot. 

Dies  icichlige  akran  aber  stammt  von  akrs  und  kommt  des- 
ten  deutung  zu  statten,  wie  akrs  ursprünglich  «eide  «ar,  ist 
auch  akran  frucht  der  weide,  ertrag  der  eiche  und  buche;  als 
akrs  gebautes  feld  geworden  war,  gieng  auch  akran  auf  die 
gesäte  und  geerntete  frucht  über,  gerade  wie  die  benennung  glans 
sicit  im  verlauf  der  zeit  auf  alle  fruchte  erstreckte,  mit  eiche 
quercus,  die  goth.  aiks  lauten  würde,  hängt  akran,  mit  altn. 
eik  akarn  sichtbar  nicht  zusammen,  auch  ddn.  agern  weicht 
ton  eg,  schw.  ollon  f.  okom  von  ek,  erst  ags.  äcern  oder 
ecem  könnte  sich  dem  äc  nähern,    s.  eichel  und  eckem. 

ACKEBB.VR,  arabilis. 
■    ACKERBAU,   m.  agricuUura,    feldbau,    landbau,  mhd.  auch 
ackerganc;  nnl.  akkerbouw,  schw.  äkerbruk,  ddn.  agerbmg. 

den  ackerbau,  der  alle  sollte  nnhren, 

gab  er  alleio  den  kärern  zu  verzehrt-a.    Opitz  151. 

ACKERBAl'EN,  ayrum  colere:  denn  meinstu,  das  damnib 
angefangen  sei,  wie  man  die  bawra  zwinge,  land  und  leute 
regiere,  haushalten  und  ackerbauen  lerne?  Luther  6,226*; 

Empanda  nimmt  iur  sieb  des  ackerbauen  wahr. 
Fleiing  15U. 

ACKERB.\UER,  m.  agricola,  landbauer. 

ACKERBEET,  n.  area,  porca,  porculetum. 

ACKERBEMCHT,  in  agro  occupatus :  die  meisten  wo  nicht 
schünen,  doch  regenlosen,  für  den  reisenden,  ackerbemühten, 
Spaziergänger  und  andere  im  offenen  beschäftigte  personen 
leidlichen  tage.    Gütbe  51,  274. 

ACKERBREITE,  f :  besitzt  jeder  seine  gleicbgemessene  acker- 
breite. Dahi.man?!  ddn.  gesch.  1, 134. 

ACKERBÜRGER,  m.  bürger  in  kleinen  Städten,  der  sich  von 
ackerlau  nährt. 

ÄCKERCHEN,  n.  agellus. 

ACKERER,  ni.  arator: 

ohn  aapflanzer  und  ackerer  stciet  das  gewächs  auf. 
Vosi  Od.  9,  109. 

ACKERFELD,  nnl.  akkenreld,  tro  gegensati  zum  gartenfeld: 
zu  diesem  gute  gehören  vier  hufen  ackerfeld. 

ACKERFROflNE,  m.  in  einigen  gegenden  name  des  feldhü- 
lers,  flurschülzen. 

ACKERFRÜH.NE,  f  frohndiensU,  welche  lu  hettellung  des 
acker s  geleistet  werden. 

ACKERFRLCHT,  /".  gelraide,  gegenüber  der  frucht  in  gar- 
ten und  wald. 

ACkEHFRLCHTRAR.  gelraidereich:  dise  gegne  holzreich, 
.irk.rfiiir||tl,,ir,  voll  fisch.    Fiia."«e  weltb.  49*. 

\|  Kl  1:1  !  ['.CHE,  f.  porca,  $.  ackerrain:  die  unvergänglicbkeit 
liir  nii,rr  liehe.  Abmm  kronenw.  1,4;  sie  machten  eine  breite 
atkerfiirih.  Jou.  Vogels  ungrische  schlacht.  Jena  1626.  4.  ».  114. 

ACKERGALLE, /■.  vorquellende,  dem  acker  nadtthcilige  feueh- 
'■ii^keit,  sonst  auch  die  naszgalle  genannt,  wie  pechgaJIc  harz; 
^'.■is  aus  breitem  quillt,  erdgalle  ein  wucherndes,  beschwerliches 
Unkraut  u.  s.  w.    vgl.  galle. 

ACKERGAUL,  m.,  ein  schlechtes,  nur  vor  den  pflüg  gespann- 
tes Pferd. 

ACKERGEBÄÜ,  n.,  in  tchrißen  des  16  jh.  gleichviel  mit 
ackerbau:  die  haussorg,  ackergcbeuw  liesren  si  den  weibern 
befolbcn  sein.  Fba?ie  irf//6.  43*;  Terborgener  dingen  unter  dem 
erdreich,  als  fruchten,  ackergcbeuw.  TH0fe.<iiBis8Ea  alchymia  1,107. 


ACKERGEHÖFTE,  n.  ackergebäude,  ackerhof. 

ACKERGELD,  n.  souol  ackerzins  als  ackerlohn:  die  bocke 
geben  dir  das  ackergeld  (vulg.  agri  pretium).  Sprüche  SaL  27, 26. 

ACKERGER.\TH,  n. 

ACKERGERICHT,  n.  gericht  ßr  feld  und  flurstreit. 

ACKERGEVIERT,  n.  TeT^dyvov,  ackerbreite  von  vier  mor- 
gen. Voss   Od.  IS,  374. 

ACKERGURRE,  f  was  aiiergaul.  fastn.  jp.  306, 12.  396, 13 ; 
AcjticoLA  233". 

ACKERHEU,  n.  heu  auf  brachäckem  gewonnen,  zum  unter- 
sciiied  von  wiesenbeu. 

ACKERHOF,  m.  bauergut,  vorwerk,  s.  ackergehöfte. 

ACKERHOLZ,  n.  busch  und  laubholz. 

ACKERKNABE,  m.  Schimpfwort  für  lauer.  Diut.  2,  Sl. 

ACKERKNECHT,  m.,  auf  groszen  landhöfen,  der  knecht,  wel- 
cher den  acker  zu  bestellen  hat,  im  gegensatz  des  pferdeknechts, 
fuluknecbts :  dienete  ein  junger  bauwer  für  ein  wagen  oder 
ackerknccht.  Kirchhof  icendunm.  255*.    s.  enke. 

ACKERKRALT,  «.,  eine  so  allgemeine  benennung,  dasz  sie 
auf  viele  gewdchse  gerecht  ist.  alte  vocabularien  haben  acker- 
kmt  agrimonia  und  agrestis  (/.  agrostis),  dicitur  quasi  in  agro 
stans.  Nemmch  gibt  den  namen  der  veronica  beccabunga, 
bachbungc.    s.  agermund,  angelmund. 

ACKERKRUME,  /".  lockere  ackererde.    s.  krume. 

ACKERLAND,  n.  terra  arabilis,  nnl.  akkerland. 

ACKERLANG,  einen  acker  lang.    s.  acker. 

ACKERL.^NGE,  f  ein  ackerleng  wegs.  Agricola  50*.  51'; 
ein  ackerleng  ferr.  H.  Sachs  IV.  3,  S4* ;  auf  drei  ackerleng.  1, 
251*;  zweier  ackerleng  wegs  lang  und  breit  Frank  ice//6. 1S8*; 
und  kommen  bei  einer  ackerleng  tausent  Arabier  nicht  zu 
eim  mammalucken.  Frank  chronik  28";  vier  ackerlängen  vor 
dem  vater  voraus.  J.  Paul  Fibel  14. 

ACKERLEBEN,  n.  im  gegensatz  zum  hirtenleben. 

ÄCKERLEDJ,  n.  agellus.  ahd.  acharli ;  äkkerli  buwen.  weisth. 
1,  101.  • 

ACKERLEINE,  f  leitseil  ßr  das  pflugpferd. 

.\CKERLELTE,  agricolae,  ruslici :  der  könig  liesz  aileine  die 
armen  geringen  ackerleute  und  gärtner  im  lande.  Llther  3, 
230* ;  habe  ich  das  leben  der  ackerleute  sauer  gemacht.  Hiob 
31,  39 ;  zu  beten  und  mit  rew  die  ackerleut  zu  loben.  Weckher- 
LlJt  305. 

ACKERLOHN,  m.  pfluglohn. 

ACKERMÄHRE,  y.  equa  araloria,  equus  arando  enervatus. 
ackermerre.    Fischart  Garg.  81*. 

.\CKERMANN,  m.  agricola,  rvsticus,  ahd.  ncharman,  achar- 
bigengo,  ags.  äcermon,  äcerceorl,  a/<n.  akrmadr,  schw.  äker- 
man,  nnl.  akkerman ;  in  der  Volkssprache  ackersmann,  ein 
mann  des  ackers.  wird  auch  ßr  das  kraut  acorus  calamus 
und  einen  kdfer,  scarabaeus  agricola,  tenebrio  agricola,  ver- 
mutlich weil  er  in  der  erde  wühlt,  gebraucht. 

ACKERMÄNNCHEN,  n.  motacilla,  die  auch  in  Frankreich 
hin  und  trieder  ^emeur,  sdemann,  in  Schweden  sädesärla,  plog- 
ürla,  altn.  erla  heiszl,  laboriosa,  von  erja  arare,  laborare, 
schw.  ärja.  die  rolkssage  verglich  wol  die  rührige  bewegung 
des  Schwanzes  bei  diesem  vogel  dem  pflügen. 

ACKER.N,  arare,  laborare,  nnl.  akkeren,  ein  erst  nach  dem 
Untergang  des  alten  arjan,  eren  außommendes  wort.  ahd.  gibt 
es  so  wenig  ein  accharön,  mhd.  ein  ackern,  als  tat.  ein  agrare 
für  arare  (denn  peragrare  drückt  nicht  aus  perarare,  sondern 
per  agros  circumire).  bei  Lctber  aber  ist  es  schon  durchge- 
drungen: du  soll  niclit  ackern  mit  dem  erstlinge  deiner  och- 
sen. 5  Mos.  15,  19 ;  du  solt  niclit  ackern  zugleich  mit  einem 
ochsen  und  csel.  22,  10 ;  wie  einer  der  da  ackert  und  säeL 
Sir.  6, 19 ;  in  welchen  stellen  ältere  Verdeutschungen  eren,  ären 
setzen  würden,  ackern  nier.  dan  einerlei  furch,  fastn.  sp. 
386,  26.  an  einigen  orten  soll  das  pflügen  bei  der  somm^saat 
ackern,  bei  der  winler.faal  ären  heiszen,  so  dasz  für  die  haupt- 
bestellung  des  ackers  das  alte  wort  länger  haftete,  hin  und 
wieder  gilt  pir  pflögen  zackera,  was  man  nachsehe,  ackern 
irird  auch  auf  andere  schwere  arbeit  zumal  des  langen  Schreibens 
{wie  exarare)  angewandt :  er  musz  den  ganzen  tag  ackern ;  da 
schrieb  und  ackerte  ich  denn  mit  dem  breiten  federspatrn  meine 
freudc  an  dich  ohne  weiteres  zu  ende.  J.  Pail  komet  3.  229. 

ACKERPFERD,  n.  equus  aralonus.    weisth.  3,  410.  Schwar- 

ZENRERC    132.  1. 

ACKERPFLEGE,  /". ;  ein  in  bester  ackerpdege  gebaltne.«  gut. 
ACKERPFLÜGUNG,  f.  araiio:   nacfa  ToUendeter  »ckerpOü- 
gung.  Stolberc  14, 135. 


175 


ACKERRAIN— ADAM 


ADAMSAPFEL— ADEL 


176 


ACKERRAIN,  «i.  porca,  alln.  akerrein,  dän.  agerren. 

ACKERREICH,  agrosus:  im  nährenden  und  ackerreicben 
Phtbia.   Bürger  143. 

ACKERRIED,  n.  agrostis. 

ACKERRIXE,  m.  rallus  crex,  der  Wachtelkönig,  schnarre, 
schnarf,  schnarz,  der  alte  knecht,  wiesenldufer. 

ACKERRÜIIRKRAUT,  n.  filago  arvensis. 

ACKERSCHNALLE,  auch  ackerschnat  hat  Hoiiberg  3,  485. 
486  für  papaver  erraticum. 

ACKERSCHOLLE,  f.  gleba  agri. 

ACKERSCHROLL,  m.  rusticus.  fasln,  sp.  571,  7.  s.  schroUe  = 
scbolle. 

ACKERSEELE,  f.  agricola: 

da  standen  sprachlos  und  entzücket 
unsre  fleiszig  guten  ackerseelcn.    Herder  3,  26. 

ACKERSMANN,  m.  agricola.  ackersmann  schlackersmann, 
ich  lobe  mir  den  handwerksmann. 

ACKERTRAPPE,  m.  otis  tarda,  ein  schwerfliegender,  plum- 
per vogel,  dessen  namen  man  gern  auf  die  bauern  anwandte: 

ich  bin  ein  alter  ackertrapp. 

fasln,  sp.  344,  16.  396,  27.  398,  4.  5SÜ,  16; 
die  selben  ackertrappen,  knappen  mit  im  langen  kutten. 

in  einem  neiahartischen  licde; 
all  last  ist  in  worden  tewr  denselbigen  ackerlrappen. 

HÄTZLERiN  40'.    Uhland  voUisl.  429; 
das  sich  mancher  macht  zu  eim  ackerfrappen. 

fastn.  sp.  91,  20; 
wir  und  auch  mein  ackertrappen, 
laszt  uns  um  diesen  feiel  sappen.    192,  19. 

ACKERTROLLE,  ni.  wiederum  Schimpfname  der  bauern :  die 
armen  ackertrolien.  Kirchhof  wendunm.  448'.  H.  Sachs  III. 
3, 18*.  26'.  grober  ackerdroll.  IV.  3,  57*.    s.  ackerscbroll. 

ACKERUMSATZ,  m.  ackertausch,  um  zerstreute  gründe  zusam- 
men zu  bringen,  magscbiftung ;  zuweilen  die  wechselwirtschafl, 
wenn   das  feld  einige  jähre  als  anger,  dann  zum  getraide  dient. 

ACKERVOGT,  mi.  custos  agri,  flur schütz. 

ACKERWERK,  n.  agricultura,  res  rustica,  aqoxos:  ergebet 
aus  an  sein  ackerwerk.  ps.  104,  23;  ob  dirs  sauer  wird  mit 
deiner  nabrung  und  ackerwerk,  das  lasz  dich  nicht  verdrieszen. 
Sir.  7,  16 ;  ihr  seid  goltes  ackerwerk !  1  Cor.  3,  9 ;  ackerwerk 
und  kriegswcrk.  Luther  3,  327 ;  ackerwerk  sol  nehren,  kriegs- 
werk  sol  wehren.  3,  328 ;  denn  er  sein  ackerwerk  und  viebe 
so  eilend  nicht  verkaufen  kann.  Luther  br.  4,209;  irs  acker- 
werks  pflegen.  Frank  wellh.  193';  die  Athener  pflegen  im  jar 
drei  heilige  ackerwerk  zu  begebn ,  roeXs  aoorovs  le^ov; 
(iyovai.  Fischart  ehz.  69.  jetzt  ungebräuchlich,  obgleich  berg- 
werk  sich  erhalten  hat.  im  Sprichwort  heiszt  es:  ackerwerk 
W3C  k  c  r\v  6  riv 

ACKERWIRTSCHAFT,  f.  landwirtschaß. 

ACKERWÜRZ ,  f.  acorus  calamus,  aus  dem  fremden  wort 
entstellt  und  der  spräche  assimiliert. 

ACKERZEUG,  n.  ackergerät,  Werkzeug :  befahl  ihnen  in  den 
dörfem  nichts  zu  nehmen  als  vieh,  mundvorrat,  ackerzeug 
und  saat.    Klinger  4,194. 

ACKERZINS,  m.  census  agri,  ackergeld. 

ACKLEI,  f.  rhamnus  paliurus,  bei  Fleming  statt  aglei: 
acklei,  tulpen  und  narzisscn 
sieht  man  aus  dem  boden  sprieszen, 
den  ihr  tretet  für  und  für. 

ACKES,  f.  securis,  die  alte,  bessere  form  für  das  heutige  axt. 

ADAM,  wird  oft  für  die  erbsünde,  die  alte  heidnische  natur 
gebraucht,  die  unterdrückt  sich  immer  noch  regt:  den  alten 
Adam  ich  noch  spür,  heiszt  es  in  einem  kirchenlied ;  soviel 
ich  meinen  Adam  spüre.  Luther  3, 104';  gebt  auf  euern  Adam 
acht,  brich  den  Adam  immer  ab,  und  hast  den  Adam  hindern 
obren,  zwang  meinen  Adam  durch  den  geist,  sind  bei  Bar- 
thol. RiNCWALD  gcldußge  redensarten;  weil  es  mich  auf  die 
moralische  kraft  wies,  die  in  mir  lag  und  die  mit  Vorsatz  und 
beharrlicbkeit  doch  wol  zuletzt  über  den  alten  Adam  hcrr  wer- 
den sollte.  Göthe  25,  123 ;  dadurch  regte  sich  abermals  der 
alle  Adam,  leichtsinnige  bchauptungen,  ironisches  begegnen, 
erzeugte  bald  apprebension  und  misbebagen  unter  den  freun- 
den. 30,333;  der  dümon  hJilt  sich  durch  alles  durch,  und  die- 
ses ist  denn  die  eigentliche  natur,  der  alte  Adam,  und  wie 
man  es  nennen  mag,  der  so  oft  auch  ausgetrieben  immer  wie- 
der unbezwinglicher  zurück  kehrt.  49,  10 ;  es  ist  eine  wahre 
ertödtung  des  alten  Adams,  wenn  wir  unser  besonderes  ver- 
dienst aufgeben,  uns  zwar  in  der  ganzen  menscbbeit  selbst 
hochschätzen,  unsere  eigenthümlicbkeit  jedoch  als  opfcr  hin« 


liefern  sollen.  50, 112.  Adam  und  Eva  spielen  heiszt  verschie- 
dentlich :  sich  nackt  ausziehen. 

ADAMSAPFEL,  m.  eminenlia  carlilaginis  scutiformis,  knor- 
pel  der  luflröhre,  nnl.  Adamsappel,  engl.  Adam's  bit,  schw. 
Adams  aplebit,  dän.  Adams  äble;  auch  Adamsbissen,  Adams- 
kröbs,  nnl.  Adamsbrok,  poln.  jablko  Adama,  bOhm.  adamawo 
gablko  u.  s.  w.,  weil  dem  Adam  der  kröbs  oder  griebs  des  von 
Eva  dargereichten  apfels  in  der  kehle  stecken  geblieben  sein  soll. 

ADAMSDORN,  m.  im  sinne  des  alten  Adam:  ja,  du  wirst 
noch  den  Adamsdorn,  als  ungedulf,  geiz,  räch  und  zorn, 
sampt  ander  schwacbeit  mehr  dergleichen  in  dir  befinden 
umbzuscbleichen.  Ringwalds  laut,  wahrh.  415. 

ADAMSGERTE,  /".  priapus.  fastn.  sp.  324,  20.  325,  7. 

ADAMSKIND,  n.  alle  Adamskinder  sind  untereinander  glied- 
maszen,  dann  sie  sind  ihres  geschlecbts  und  natur  halber  alle 
aus  einerlei  materie.  pers.  rosenth.  l,  12;  aber  ach,  du  bist 
ein  Adamskind.  Wieland  ;  der  Schadenfreude,  dieser  erb  und 
schoszsünde  aller  Adamskinder.    Göthe  38, 132. 

ADAMSSCHUH,  m.  und  tregst  die  alten  Adamsschuh,  hilf 
das  wir  folgen  deiner  lehr,  der  alten  schu  uns  Schemen.  B. 
Ringwald. 

ADE,  n.  mit  betontem  auslaut,  vale,  franz.  adieu  {aus  k  dien), 
it.  addio,  gott  befohlen,  mhd.  ade.  Trist.  3856.  ade,  her  wirt, 
zu  guter  nacht!  fasln,  sp.  39,  9;  ade  ade,  mit  guter  nacht! 
FiscnART  Garg.  89";  das  alles  zur  letze  und  ade.  Luther 
3, 150 ;  da  müst  ich  sagen  ade.  3,  265' ;  und  geben  uns  da- 
mit ade  zu  guter  nacht.  3,504';  ade  ade!  lieber  gesell.  Pauli 
schimpf  152';  ade  o  tausendschätzchen!  in  den  Volksliedern 
des  15.  16.  11  jh.  häufig  ade!  ade  zu  guter  nacht,  zu  tausend 
guter  nacht !  ade !  ich  far  dabin.  Uhland  185 ;  ade  weit,  ich 
geh  ins  kloster;  zuweilen  aide:  aide  zu  guter  nacht!  Uh- 
land 184.  600.  H.  Sachs  IL  2,  46';  aide,  ich  scheid  ab.  1,469'; 
einem  ade  geben,  sagen,  wünschen,  ein  geistliches  lied  hebt 
an :  weit  ade !  ich  bin  dein  müde ; 

nun  ade  ihr  feldgöttinnen, 
nun  ade  du  grüne  lust.    Opitz  2,  202; 
ade  weit  ade  I    Gryphius  ; 
ade  du  hartes  wort.    Fleming; 
ade,  zu  guter  nacht  ade!    Fleming  539; 
ade  hofnung,  freud  und  mul, 
ade  was  uns  kan  erlaben!    Weckherl.  46S; 
will  ich  zum  liebeszeichen 
der  lodten  zum  ade  die  band  voll  blumen  reichen. 
Lohenst.  Cleop.  113,364; 

ade  ihr  herrn!  Wieland  Oberon  3,  14  nach  den  drei  ersten 
ausg.,  die  vierte  setzt  lebtwol;  und  nun  ade  aufs  wiedersehn 
5,29,  seit  der  vierten  ausg.  Ichlwoll;  lebtwol  ade!  Göthe  Fai«< 
127 ;  ade  schön  liebeben !  Fr.  Müller  1, 216 ;  gern  ruf  ich  dem 
leben  ade  zu.  Platen  276.  Die  verbildung  des  18  jh.  strebte 
dies  längst  eingebürgerte  ade  zu  tilgen  und  ein  ganzes  franz. 
adieu  herzustellen,   s.  adies. 

ADEBÄR,  m.  ciconia,  ein  nicht  blosz  niederdeutsches,  auch 
schon  in  ahd.  glossen  erscheinendes,  sicher  uraltes  wort,  in  den 
Schlcltstädler  36, 33  odeboro,  sonst  odebero  (Graff  3, 155),  otivai'o, 

die  otfer  fiirchtcn  des  winters  not.    Altswert  71,  3 ; 

andere  formen  slehn  deutsche  myth.  s.  638  verzeichnet,  wo  sich 
auch  deutungen  des  dunkeln,  mit  dem  Volksglauben,  dasz  der 
storch  glück  und  die  kinder  ins  haus  trage,  zusammenhängen- 
den Wortes  finden,  noch  eine  dritte  aus  addi  ei  wurde  ander- 
wärts versucht,  bär  oder  bero,  boro  heiszt  jedenfalls  trä- 
ger, niederdeutsch  wird  dem  storch  adebar  langbeen!  entge- 
gen gerufen,  niederländisch  heilchat,  beiluiver,  mnl.  odevarc, 
nnl.  oijevar;  im  froschmeuseler  .livii'  heilbolt  und  otterwehr, 
in  Groningen  eiber,  eher,  est  ist  ein  fest  für  mich,  wenn 
der  adebar  ein  neues  kind  bringt  und  die  sach  nun  glück- 
lich getban  ist.   Claudius  3,  44. 

ADEL,  m.  origo,  indolcs,  nobilitas,  generositas,  ahd.  adal, 
mhd.  adel,  alts.  adal,  nnl.  adel,  altn.  adall,  ags.  ädelo,  goth. 
nicht  vorhanden,  ein  vorzug  des  Standes  und  gcschlechts :  der 
hohe  adel,  der  htndadcl,  einer  von  adel.  Gellert  3,  361.  Lks- 
sinc  1,  333  (ahd.  comman  adales).  von  gutem  altem  adel; 
dann  aber  würde  und  hoheit.  sie  ist  herlicbs  adels.  buch  der 
weish.  8, 3 ;  Hesiodus  auch  ein  stillschweigende  zunge  lobt  von 
ihres  adels  wegen.  Erasm.  Albehus  9';  wehrten  sich  dcrmaszen, 
dasz  sie  viel  vom  adel  uud  unndel,  zu  ros  und  fusz  erwur- 
fen  und  erschossen.  Götz  von  Rerlich.  lebensb.  s  41 ;  du  must 
racim  adel  weichen.  11.  Sachs  II.  4,  36';  der  künig  und  fürsten 
lob  war  uit  gehurt,    sunder  ein    vcrstendig   alter,   adel  der 


177 


ADEL— ÄDELISGH 


ADELLOS— ADER 


178 


tugent.  Frank  wellb.  34' ;  es  stet  eurem  adel  nit  wol.  fastn.  sp. 
502, 31 ;  die    tugent   gibt  rühm,   adel,   ehr.    Weckberli.x  414 ; 


vil  andre  künsten  gleicher  weis 
die  reciit  den  adel  edel  machen. 


376; 


ich  schwör  auf  deiner  tugend  adel.    Gotier  1,  445; 

adel  sitzt  im  gemüte,  nicht  im  geblüte;  adel  des  geistes,  der 
seele,  der  gedanken  und  empfindungen,  adel  der  worte  und 
ausdrücke,  im  gegensalz  zur  gemeinheit.  zu  üdal  sieht  im 
ablaut  nodal  palria,  praedium  avitum,  alln.  udal,  ags.  edel; 
über  der  würzet  adan  uod,  altn.  ada  od  schwebt  aber  dunkel, 
skr.  at  bedeutet  ire,  was  leicht  in  crescere  übergeht,  bair. 
ucdeln  crescere.  Schmeller  1,  30,  vgl.  ädem. 

ADEL,  m.  coenum,  lutum,  lolium,  ags.  adele  {also  im  cqn- 
sonanl  verschieden  von  dem  vorigen  ädelo)  cod.  exon.  424,  1, 
es  scheint  weiblich,  obwol  das  oblique  adelan  auch  einem  m. 
adela  gehören  könnte,  adelscad  cloaca,  adeliht  coenosus,  schot- 
tisch addle  foul,  filthy,  niederrheinisch  adel  sumpf,  pfui,  coe- 
ntim,  nach  dem  Teulonisla;  den  adel  oder  mistgauchen.  Ma- 
THESiDS  124';  bair.  der  adel,  mistjauche,  adeln  mit  jauche 
düngen.  Schheller  1,  26 ;  in  schwed.  landschaflen  koadel  kuh- 
harn, adia,  ala  harnen;  walacJiisch  }ld\i\  lolium.  die  verschied- 
nen  und  entlegnen  gegenden,  in  welchen  dies  wort  spurweise, 
ohne  allgemein  zu  gellen,  hervor  taucht,  verbürgen  sein  alter, 
gehört  auch  das  alln.  adess  lutum  dahin?  adel  am  ßnger,  das 
böse  ding,  der  ßngerwurm,  panaritium? 

ADELAAR,  m.  aquila.   s.  aar. 

dess  ward  auf  jenem  berg  gewar 

ein  groszer  alter  adelar.    ß.  Waldis  Esop  1,  50 ; 

und  sahst  du  je 
den  adelaar  im  sumpfe  wohnen  t    IIeroer  9,  166. 

ADELBURSCH,  m.,  nnl.  adelborst,  junger  von  adel:  brachte 
etliche  junge  adclbursche  an  sich.  ÄIicrälids  a.  P.  3,  494 ; 
den  gefreiten  und  adeibursch  gute  balletten  (billetle  zum  quar- 
tier) verschaffen.    Reltter  kriegsordn.  5. 

ADELER,  «I.  so  schreibt  Lcther  gewöhnlich  ßr  adler,  des 
Sinnes  der  letzten  silbe  unkund. 

ADELFISCH,  m.  albula,  schmackhaßer  weiszßsch,  sonst  auch 
schnäpel  genannt.    Hohberg  2,  520*. 

ADELGESCHLECHT,  n.  prosapia  nobilis:  das  alte  adelge- 
schlechle.    Schweimche.v  2,  81. 

ADELGÖTTLN,  f. :  du  adclgöttin  Vaterland.    Herber  3,  163. 

ADELGRAS,  n.  plantago  alpina. 

ADELHAFT,  nobilis:  die  nase  des  obem  ist  zehnmal  ent- 
scheidender, adelhafler,  planvoller.    Lavaters  phys.  2,  24. 

ADELHEIT,  f.  nobilitas,  dignitas,  gleich  andern  wörteru  auf 
heit  gebildet  und  von  dem  frauennamen  Adelheid  verschieden: 
mit  gioszer  reverenz  \*as  der  engel  zu  ir  {Maria)  komcn, 
mit  einem  glanzenden  angesicht,  mit  schinendem  kleide,  mit 
zucht  und  adelheit  sich  ir  neigen,  legende  von  sant  Anna. 
Straszb.  1509.  4.  K  S' ; 

dieweil  dan  dise  kunst  vorwar 
allein  von  gott  gegeben  dar, 
so  hat  si  Ja  gar  hoch  und  weit 
für  andern  rhum  und  adelheit. 
JoH.  Walters  lob  der  musica  Willenb.  1538.  4.  B  i'. 

welche  beiderlei  adelheiten  {rittcradel  und  adel  der  freien  Stu- 
dien) er  erworben.  Simplic.  1, 10. 

wo  mit  dem  adel  sich  die  Studien  vereinen, 

da  siebt  man  adelheit  in  klarem  golde  scheinen.    1,  65. 

ADELICH,  nobilis,  ahd.  adallih,  mhd.  adelHch,  nnl.  adeliijk, 
XU  schreiben  adelig  ist  so  falsch  wie  billig  für  billich,  denn 
das  adj.  ist  nicht  von  adel  durch  ig  abgeleitet,  sondern  Zu- 
sammensetzung von  adel  und  lieh  (gleich),  also  adellich,  mit 
auswarf  eines  I.  ein  adeliches  wcib.  H.  Sachs  1,  25l';  vil 
schöner  lustgärlen,  seltzamc  adeliche  ding  darein  gepOanzt. 
Framk  tf e/<t.  204'.  schon  in  Lgtiiers  briefen  2,454,  wenn  recht 
gelesen  wurde,  steht  die  alleradeiigiste  und  theucrsle  tugend  des 
giaubens,  doch  behalten  noch  die  meisten  späteren  die  rechte 
Schreibung : 

das  adelicbe  tbier,  so  einen  mann  sieb  nennet. 
Fleming  182; 

Geron  der  adelicbe.  Wielasd  18, 1 ;  seine  adlichen  cigenschaf- 
ten.  GüTHE  6,212;  auch  Voss  überall.  BCrcer,  1.  Paul«,  a. 
setzen  falsch  adelig,  adlig,  adliches  geblüt,  geschlecht;  ade- 
liches siege! ;  adliche  tliaten. 

ADELISCH,  equeslris,  ahd.  adalisc:  geloben  ist  adelisch, 
halten  bcurisch.    Acricola  61';    gcschlechter  {in   den   retchs- 


stddten)  die  etwas  edel  sein  wollen  und  auf  adelische  manier 
von  ihren  renlen  und  zinsen  leben.  Frank  wellb.  4«'.  5.  adelsch. 

ADELLOS,  ignobilis:  sie  mag  mit  v>'eiberstolze  nun  sich 
mein  des  adellosen  schämen.  Stolberg  13, 170. 

ADELN,  nobililare,  nnl.  adelen:   wen  der  kaiser  adelt,  der 
genieszt   des  kaisers   adel.    Siurock  5360 ;    derhalb   für    euch 
{männcr)  uns  {weiber)   adelt   hoch   manich  wol  gelerter  poet. 
H.  Sachs  U.  4,  71*;  tugend  adelt.   Haller; 
der  Vorzug  weiser  sitteu 

macht  alles  herlicher  und  adelt  auch  die  hütten.    IIaged.  1,25. 

wenn  der  sofistische  witz  gefühle  zu  grundsätzen  und  die 
kunst  zu  genieszen  zu  Weisheit  adelt.  Wieland  3,  243 ; 

er  schuf  die  kunst  und  adelte  den  stand.    Gotter  1,  343; 

sollte  nicht  mein  schönstes  lied 

mehr  den  edeln  kämpf  noch  adeln?    Gijrger  2,  3; 

sein  eigenthumsrecht  auf  einen  gedanken,  den  der  könig  ein- 
mal zu  dem  seinigen  geadelt.  Schiller  79S ;  dieser  trieb,  sein 
kind  durch  einen  wolklingcnden  namen  zu  adeln.  Güthe  26, 
27 ;  dieses  geadelte  herz.  J.  Paul  Hesp.  2,  100. 

ADELROTTE,  f.  coltors  equilum.    Rectter  34. 

ADELSBRIEF,  m.  codicilli  nobilitalis  collalae,  adelsdiplom. 
LoGAü  1,  4,  77 ;  adelsbrief  und  hofsuppen  siud  gemeiner  denn 
ein  bauernjuppcn;  o  Schwester  du  von  gutem  adelsbriefe. 
RÜCKERT  176. 

ADELSCH,  adv.  morc  equituni :  das  ich  auf  adelsch  davon 
rede.  Luther  3,  323,  verkürzt  aus  adelisch,  so  up  borgers, 
auf  bürgerisch,  Icven.    Cl.  bur  790. 

ADELSCH^VFT,  /".  ordo  equeslris,  ritlerschafl :  des  krieges 
adelschaft.  Logaü  1,  5,  18;  Genuas  ganze  adelschaft  in  die 
lüfte  zu  schnellen.    Schiller  147. 

ADELSCHELN,  m. 

wie  war  mein  freies  herz  entbrannt 
geteuscht  durch  adelschein.    Borger  102'. 

ADELSFEIND,  m.  Logau  1, 1,  87.  1, 10, 14. 

.\DELSINN,  m.  adelsinn  und  biederkeit  und  ehre,  die  gal- 
ten damals.    Tieck  3,  89. 

ADELSKAMMER,  f.  Dahlmann  gesch.  der  fr.  rev.  185. 

ADELSMANN,  ein  mann  von  adel,  wie  man  mhd.  sagte  ein 
unadels  Er.  934S,  einer  von  unadel,  ahd.  comman  adales  und 
unadales  {gramm.  4,  720),  alts.  adales  man.  Hei.  77,  20.  80,  5  : 
ein  rechtschafifener  edel  oder  adelsinann.  Simplic.  1,  5. 

ADELSTA.ND,  m.  nnl.  adelstand,  der  könig  hat  den  mann 
in  den  adelstand  erhoben,  neben  diesem  jetzt  gebräuchlichen 
ausdruck  sind  adelheit,   adelschafl,    adelthum  veraltet. 

ADELSTOLZ,  m.  jactatio  nobilitalis. 

ADELSTOLZ,  adj.  in  generis  gloria  jadabundus.  Fischart 
Garg.  75*. 

ADELTHCM,  ti.  nnl.  adcldom,  das  ganze  hanövrische  adel- 
thum. Merck  briefe  2, 140 ;  das  reinste  adelthum,  wie  die 
reichste  kaufmannschaft.  Tieck  noi?.  4,  95.  Oleamvs  pers.  reiseb • 
1,  2  schrieb  der  adelthuml). 

ADELUNG,  m.  vir  nobilis,  alid.  adalunc,  und  gangbarer 
mannsname,  der  wolklingende  eigenname  eines  mannes,  der 
voraus  durch  sein  Wörterbuch  ein  hohes  verdienst  um  unsere 
spradie  sich  errungen  hat. 

.\DELrNG,  f.  nobilitalio:  die  ihm  angebotene  adclung  hat 
er  abgelehnt.   Niebchr  kl.  sehr.  1,  81. 

ADEM,  m.  Spiritus,  nnl.  adem  und  asem.  s.  athem  und 
ödem. 

ÄDEM,  «».  messis,  ein  seltnes,  nur  in  östr.  wcisthümern  er- 
scheinendes wort:  wann  sie  in  dem  ädem  wcllent  infüeren. 
weislh.  3,  697  mit  der  var.  in  den  emdten;  als  oft  ist  er 
schuldig  ain  fart  in  dem  äden  in  den  hof  einzufuren.  Kal- 
tenbäck  pant.  1, 169'  (170*  zu  dem  ärn).  Wenn  dies  ädern  die 
bei  adel  vorgetragne  würzet  adan  crescere,  augeri?  anerkennt, 
so  liesie  sich  auch  adebcro  und  das  golh.  asans  messis,  folg- 
lich ahd.  aran,  mhd.  cme  hinzu  schlagen,  da  aus  dem  d  oß 
ein  s  entspringt,  wie  das  vorausgehende  adeiB  asem  lehrt. 

ADEMEN,  s/)f rare;  ademt,  athmet.  fasln,  sp.  U,  b.  j.  aihmen. 

ADER,  f.  Vena,  nervus,  ahd.  idara,  mhd.  äder,  nnl.  ader, 
aar,  ags.  »dre,  altn.  xd,  schw.  äder,  dän.  aarc,  nonr.  aadcr. 
da  sich  auch  das  ahd.  /".  ida  Marl.  Cap.  6  und  12  findet  {die 
Schreibung  ida  in  Arist.  org.  scheint  falsch),  ohne  r,  gleich  dem 
altn.  a;d,  so  ergäbe  sich  ein  goth.  c|)S  oder  epra  und  zu- 
gleich eine  wurzcl  ijian  a|)  t'|)un,  dem  skr.  at  ire  vergleichbar, 
die  adem  sind  gange,  nerven,  und  idreigön  poenitcre,  alln, 
idraz  liegt  vielleicht  verwandt;  audi  darf  der  begrif  ton  ader 
nicht  auf  das  blut  beschränkt  werden,  wie  iic  ädern  im  holz,  mar- 

12 


179 


ADER— ADERKAUEN 


ADERKEIT — ADERSCHLAG 


180 


mor  und  erz  und  die  brunnadcrn  zeigen,  man  unterscheidet 
hauptadern,  lungadern,  leberadern,  milzadern,  spannadern  nervi, 
Schlagadern  arteriae,  bUitadern  venae:  die  adein  seiner  schäm 
starren  wie  ein  ast.  Hiob  40, 12 ;  es  wuchsen  adeiti  und  fleisch 
darauf.  Hesek.  37,  8 ;  von  euch  wil  ich  nicht  weichen,  weil  ich 
ein  warmen  blutstropfcn  hab,  den  alhem  oder  ein  einig  ader 
mag  geregen.  Kirchhof  mil.  diso.  159 ;  ach  wie  mir  das  durch 
alle  ädern  läuft,  wenn  mein  finger  unvermerkt  den  ihren  be- 
rührt. GöTUE  10,  54 ;  die  ädern  liefen  auf.  Gei.i.ert  1,  83.  die 
ader  schlagen,  zur  ader  lassen,  venam  incidere:  ich  kam  hin- 
ein, da  sie  zur  ader  gelassen  worden  war.  Klopst.  11, 49 ; 
der  mcdicus  liesz  mir  die  ader  schlagen,  er  hat  mir  nachher 
gestanden,  dasz  meine  freunde  in  Leipzig  aus  groszer  liebe 
und  behutsamkeit  die  gefährliche  und  doch  retlerischc  ader 
(den  aderlasz)  nicht  würden  gewagt  haben.  Gei.i.ert  5,  202. 
dann  in  häufiger  antvendung  auf  das  innere:  die  ihr  von  art 
nicht  gut  seid,  und  keine  gute  ader  in  euch  ist.  Luther  5, 
435';  bruder  Philipp  mag  doch  wol  noch  eine  gute  ader  ha- 
ben. Lessing  2,  534 ;  es  ist  keine  falsche  ader  an  ihm.  Güthe 
8,193;  damals  schlug  des  mulwills  ader  noch  in  mir.  Arnim 
sc/ia«6. 1, 180 ;  der  junge  mensch  war  ein  guter  köpf,  obgleich 
ohne  spur  von  poetischer  ader.  Göthe  24,  285 ;  dasz  im  alter 
die  poetische  ader  vertrocknet.  Kant  10,  273 ;  gleichwol ,  war 
man  auf  eine  blutreinigung  der  geistlich  poetischen  ader  (des 
kirchenlicdes)  aus.  .1.  Paul  biogr.  bei.  1,  138 ;  die  italienischen 
mäuschen  {mädchen)  haben  ihre  eigenthümlichkeiten,  vor  zehn 
Jahren  hätten  einige  passieren  können,  nun  ist  diese  ader 
vertrocknet.  Göthe  29,  42 ; 

so  macht  man  schelm  und  böscwicht, 
und  hat  davon  keine  ader  niclit.    13, 11, 

wie  es  heiszt,  er  hat  keine  ader  von  seinem  vater.  Auf 
ädern  der  quellen  und  des  erzes,  hohes  bezieht  Notker  sein 
ida :  üjer  welero  idun  siu  crsprungen  sin ;  an  dero  diu  ida 
glei;  lütteres  coldes ;  dia  idun  an  demo  holze ;  die  metall- 
adern  sind  gemeint,  aus  welchen  die  reiche  der  weit  und  ihre 
berlichkeit  gewässert  werden.  Göthe  45, 324 ; 

du  stehst  mit  unerforschtem  busen 

iiber  der  erstaunten  weit, 

und  schaust  aus  wölken 

auf  ihre  reiche  und  heilichkeit, 

die  du  aus  den  ädern  deiner  brüdcr 

neben  dir  wässerst.    2, 07  ; 

eine  ader  ist  ergibig,  reich,  sie  versiegt  und  vertrocknet. 

ADER,  aul,  statt  des  üldichcn  oder,  ahd.  edo  eddo  erdo 
odo,  golh.  aijjjiau,  ßndet  schon  im  atha  des  capilulars  von  827 
(Pertz  3,  201)  bestärkung,  nicht  blosz  die  oberpfälzische,  frän- 
kische mundart  hat  es  (Schneller  1,  27),  sondern  einzelne  zu 
ausgang  des  15,  an  fang  des  16;7(.  gedruckte  bücher  führen  es  durch, 
i.  b.  des  magister  .Ioh.  Farri  de  Werdea  proverbia  metrica  et  vul- 
gariter  rytmisata.  zu  Leipzig  bei  Conr.  Kachcloven  o.  j.  kein 
ding  solt  du  loben  ador  sehenden.  Aiii',  und  immer  so.  auch 
die  proverbia  eloquentis  Freydangks,  vermuthlich  aus  dersel- 
ben druckerci  hervorgegangen:  es  sey  vbel  ader  gut.  daneben 
steht  es  für  aber,  wie  heute  noch  unter  dem  votk.  s.  ald,  oder. 

ADERBINDE,  f.  mitella,  ad  ligandam  venam. 

ADERfJLOD,  cui  pulsus  arteriarum  languet  ?  so  der  mensch 
aderblöd  ist,  trag  und  schwer  am  ganzen  leib  und  voll  wees 
und  schmerzens  binden  und  vornen,  der  spreng  die  leber- 
ader,  das  würkt  wunderbarlichen.  Gersdort  feldbuch  der  wund- 
arxnei  bl.  19. 

ADERDRUCII,  vi.  phleborrhagia,  varicocele, 

ÄDERCHEN,  n.  venula:  kein  aderchen  von  ihm.  Schiller 
112 ;  es  ist  kein  gut  ädcrchen  an  ihm. 

ADERECHT,  üdericbt,  venosus,  nervosus,  nni  aderachtig. 
s.  aderig. 

ADEREISZ,  m.    s.  eisz. 

ADEREISZLE,  n.  ulcus  venarum:  so  ein  Iiitz  oder  frost 
kompt  mit  eim  adereiszic  schwarz,  auszcn  umh  rol,  mit  einem 
wciszen  biitzliri.  Paracei.sus  chir.  sehr.  432*. 

ADERGEFLECHT,  n. 

ADERGESCinVMLST,  f. 

ADERHAUTCHEN,  n.  chorion,  duszere,  mil  ndern  durch- 
ßochtne  haut  der  nachyeburt;  vielleicht  entstellt  aus  achterhaut, 
aßerliürde  7 

ADERIG,  äderig,  venoius,  nnl.  aderig:  aderiges  holz,  äde- 
riger niarmor. 

ADERKAUEN,  ruminare,  nur  in  einigen  gegenden  ßr  wie- 
derkäuen, im  Teutonista  ederkoiiwen,  ahd.  itaruchun,  ags.  cdrc- 
can,  von  dem  alten  ila,  ilar,  idur  lat.  itcrum. 


ADERKEIT,  f.  gleichsam  veno.<titas,  locus  in  quo  crehrae  venae 
sunt,  scheint  entsprungen  aus  aderigkeit:  das  die  wunden  an 
disen  stellen  vast  sorglichen  ist,  umb  der  adcrkeit  willen  der 
stat.    Hier.  Braunschweig  chirurgia  bl,  78. 

ADEHKRAMPF,  m.  varix. 

ADERLASZ,  m.  phlebotomia.  dem  kranken  den  aderlasz  ver- 
ordnen ; 

und  well  d^r  doclor  ihr  den  aderlasz  befohlen.    Geliert. 

ADERLASZBINDE,  f.  was  aderbinde. 
ADERLÄSSE,  f.  was  aderlasz: 

nur  immer  zu  mit  dieser  adcrlässe.    Schiller  1075. 

^DERLASZEISEN,  n.  phlebotomum,  fliete,  Schnepper. 

ADERLASSEN,  secare  venam,  nnl.  aderlaten,  schw.  äder- 
läta,  dän.  aarelade,  praet.  ich  liesz  ader,  habe  adcrgelassen, 
nnl.  ik  liet  ader,  heb  adergelaten:  es  kann  einer  wol  adcr- 
lassen.  Agricola12";  in  diesem  monat  ist  gut  aderlassen. 
ßgürlich,  einem  aderlassen,  ihm  sein  geld  abnehmen. 

ADERLÄSSER,  m.  Garg.  98'. 

ADEP.LASZMÄNNCHEN,  n.  designatio  venarum  in  homine 
picto:  wunden  hol  ich  mir  mehr  als  das  aderlaszmännchen 
im  kalcnder.  J.  Paul  uns.  /o_(?e2,  94;  blosz  mit  den  wunden 
des  aderlaszmannchens  im  kalender  davon  kommen.  J.  Pauls 
bricfe  140;  das  wettermännchen  des  bauers  scheint  mit  dem 
aderlaszmännchen  zu  einer  zeit  zu  wahrsagen,  herbstblumine 
3,  200. 

ADERLASZTAFEL,  f.  abbildung  der  ädern  an  einem  mann 
oder  Pferde,  aus  welchen  blut  gelassen  werden  kann. 

ADERL,  n.  medulla  Spinae  dorsi,  hauptsitz  der  nerven,  s. 
ädern,    ahd.  innädiri  viscera,  exta,  venae.    vgl.  altwachs. 

ÄDERLEIN,  n.  venula: 

doch  unter  seiner  zungc  unten 

wird  ein  schwarz  iiderlcin  gefunden.    Atreji  283". 

ÄDERN,  nervös  eximerc,  enervare,  ahd.  ügeradrön  (Graff  1, 157) 
s.  abfleischen,  ausädern :  also  sprichet  mancher  und  menige,  ich 
wolt  mich  ee  lassen  ädern,  ce  dan  ich  es  tliet.  Keisersberg 
hell,  lewcld^ ;  so  wolt  ich  eine  solche  französichte  giftige  hure 
redern  und  edern  lassen.  Luther  8,  172;  so  wolt  ich  ein 
solche  französische  hure  redern  oder  ädern  lassen,  tischr.  325*. 
420" ; 

der  lose  häufe, 

der  mir  anthut  schmach  und  spolt 

und  mich  ädert  auf  den  tod.    Opitz  3,  154; 

da  tausend  schmerzen  mir  den  kranken  mut  betrüben 

und  ädern  meinen  geist.    2,30; 

indem  das  ganze  land  auf  seiner  baare  steht, 

indem  uns  freund  und  feind  bis  auf  die  seele  geht, 

und  ädert  in  den  grund; 

man  drängt  mich  forn  und  binden, 

hier  ädert  mich  dein  grimm,  den  ich  durch  meine  Sünden 

gehäufet  liab  auf  mich.    Fleming  16; 

wann  du  den  aal  ädern  wilt,  so  löse  die  stücke  alle  um  und 
um  bis  an  den  grat,  dann  drehe  dieselben  nacheinander 
herab,  so  gehet  das  äderl  oder  rückgratsmark  heraus.  Hoii- 
BEHG  3,  11";  bair.  äderlen,  aderlen,  mil  nadelstichen  peinigen 
(Schneller  1,  27).  sich  ädern  in  folgender  stelle  scheint  aber 
die  nerven  anspannen,  anstrengen: 

da  wüst  er  sich  zu  ädern 

und  sprang  mil  einem  sprung 

dort  aus  den  kurzen  federn.    vo.«i  Birken  74. 

den  bihlhauern  heiszt  ein  wol  geädertes  bild,  an  welchem  alle 
ädern  genau  ausgedrilcJit  sind,    nnl.    een  wel    geaderd   beeld; 
mehrere  handwerkcr  ädern,  indem  sie  auf  ihrer  arbeit  in  holz, 
blech,  leder  ein  geäder  darstellen,     schön  geäderter  marmor. 
ADERPÜLS,  wi.  pulsus  venarum,  besser  ist  aderschlag: 

der  adorpuls  ihr  starrend  stand, 

umwachsen  dicht  und  dichter.     Stolderg  5,  242. 

ADERSCIILAG,  m.  pulsus,  nnl.  aderslag:  wie  ein  baiim- 
wol  ein  aderschlag  wiederumb  verhallet.  WI^rtz  wundarzti.  bl. 
42;  wenn  der  aderschlag  schnell  schlegt.  IMiszufis  heltammen- 
büchlin.  Frankf.  1505  bl.  21 ;  als  ob  sie  todt  sei,  also  dass 
man  oft  und  dick  keinen  aderscblag  befmdt.    36; 

indem  man  auf  die  lirust  spürl  jeden  aderschlag. 
A.  (iRYPBlus  1,  100; 

mit  einem  febrilischcn  aderschlag.  Schiller  693;  wo  Sehnsucht 
nach  mir  auf  den  aderschlag  lauerte,  unter  dem  ich  erschei- 
nen sollte.  208;  eine  schäferslundc  der  ücbc  ist  ein  aus- 
setzender aderschlag  in  der  frcundschaft. 


181 


ADERSPALT  — ÄFERN 


ÄFERN  — AFFE 


182 


ADERSPALT,  m.  ruptura  venae. 

ADERSTOSZ,  m.  pulsus.  mlid.  mit  triwen  milte  äo  äder- 
slo?.  Parz.  &26,  9,  ohne  dasz  ein  adersehlag  seine  milde  auf- 
hielt? wir  würden  eher  sagen:  bei  jedem  pulsscülag. 

ADEUWUNDE,  f.  venae  sedio: 

Chloens  arm,  entblöszt  zur  aderwunde.    Gotter  I,  259. 

ADIES,  mit  betontem  e^  spricht  der  gemeine  mann  in  den 
Rheinländern  statt  des  alten  ade,  oder  des  voniehmen  udieu. 
adies  Faust!  jetzt  adiesi  Fr.  Mülleb  2,125. 

ADIEU,  ich  musz  nun  fort.    Götde  7,  59. 

ADLAR,  m.  aquila.  H.  Sachs  IL  1,  54*  im  reim  auf  klar.  s. 
das  folgende. 

ADLER,  m.  aquila.  s.  aar,  adelaar,  adeler.  m  zusammen- 
gesetzten Wörtern  wird  das  dem  vogel  ähnliche  und  gleiche 
durch  adler,  das  ihm  selbst  zugehörige  durch  adlers  ausgedrückt. 

ADLERAUGE,  n.  scharfes  äuge. 

ADLERBLICK,  fli.  mit  adlcrblicken  alles  tief  durchschaut. 
Gotter  1,  39S. 

ADLERFLUG.  m.  schnellster  flug. 

ADLERKHAUt,  n.  fteris  aquilina. 

ADLER.NASE,  f  franz.  nez  aquilin. 

ADLERSFEDER,  f.  wenn  man  ein  adlersfeder  zu  andern 
federn  legen  thut,  so  friszt  sie  der  ein  ganzen  häuf.  B.  Risg- 
WALD  laut,  waltrh.  329. 

ADLERSKLAUE,  f 

ADLERSNEST,  n. 

ADLERSCHWU.NG,  m. 

Europas  bildung  erhebt  sich 
mit  adlerschwunge.    Klopst.  2,  37; 
dich  hebt  deiner  bilduug  adlerschwung.    2,  3S; 
und  treibt  aus  kaller  därnmerung 
gen  bimmel  seinen  adlerschwung.    Büsgek  51\ 

ADLERSTEIN,  m.  asrlrijs. 
ADLICH,  nobiliSj  s.  adelich: 

was  thut  wohl  sonst  ein  adlicbes  gemüth, 
das  seines  vaters  haus  in  tiefem  Jammer  sieht. 
J.  E.  Schlegel  1,  414. 

ADRICHT,  nerrosus,  s.  aderecht: 

welcher  die  grabsehrifl  mit  künstlichem  griffel 
auf  den  adiichten  marmor  schrieb.    Zacuakiä  1,  304. 

ADRIG,  was  adeiig:  als  ein  adrige  aufblasung  zusammen- 
gezogen und  gespannt.  Tdirneisser  infl.  wirk,  der  erdge- 
wächse  bl.  99. 

den  adrigen  Telsen 
kleidet  dunkler  epheu  von  innen,  blühendes  geiszblatt 
dullet  rings  umher.        Stolbesg  3,  321. 

ÄFCHEN,  n.  simiolus,  nnl.  aapje :  ja  ja,  mein  äfchen,  ich 
merk  es  schon.  Lessisg  1,  270;  was  denn  diese  äfchen  zu 
^cr  wunderbaren  positur  verleite.  Gothe  28,  41 ;  monate,  jähre 
durch  das  äfchen  eines  weibes  zu  machen.    Fr.  Müller  3,  92. 

AFEL,  VI.  laesio  cuticulae.  afell  ist  ein  zufall  bei  allerlei 
güederkrankheiten,  sie  sein  offen  oder  niclit,  die  von  böser 
luft  und  anderm  übelverhalten  bei  denselben  leiclitlich  zu- 
schlagen und  grosze  cntzündungen  verursachen.  PixTER;)/tTrf- 
schatz,  Frankf  16S8  5.  423.  der  afel,  stelle  am  thierischen  kör- 
per,  welche  wegen  Verletzung  der  nervenschützenden  oberhOut 
gegen  berührung  besonders-  empfindlich  ist;  äfelig,  geschunden, 
wund,  reizbar.  Scum eller  1,  30.  sollte  dies  nicht  das  frie- 
sische abel,  apel  lumor  bei  RicnrnorEx  586'  sein  ?  Hüfer  im 
vsir.  wb.  1,  7  deutet  afel  geschwulst  und  entzündung ;  Umschlag 
wider  den  besorglichen  affel.  Abele  kUnstl.  unordn.  5, 256. 
altn.  ist  all,  abl  robur,  ahd.  afalön  satagere,  colere.  s.  das 
folfjende  und  äflig. 

AFELN.  laedere?  du  soll  auch  gewamet  sein,  dasz  du  in 
keinem  wege  mit  zangen  oder  instrumenlen  dich  understehest 
etwas  zu  machen,  dann  du  affeist  das  glied.  Paracei-svs 
Chirurg,  sehr.  345*.  vgl.  afla  parare,  ahd.  afaluii,  dessen  be- 
deutungen  uns  zum  thcil  verborgen  sinä,  aus  parare  könnte 
sich  die  von  gerben,  reiben  ergeben  und  afel  wäre  wundrei- 
bunif,  äfeln  wundreiben. 

ÄFERN,  iterare,  repelere,  uleisci,  ahd.  afaron,  avarön,  mhd. 
ävem,  äfern  (Bem.  1,  73'),  von  avar,  wie  iterare  von  iterum  ge- 
leitet, äfercn  iterare  Dastpodiüs;  ich  evcr  (repeto)  Beha>s 
Wien  399,  30 ;  in  dhain  v»eg  rechen,  äfftrn.  verzichtbrief  von 
1500  in  CuxELS  Maximilian  s.  2t3;  darzu  sag  ich,  dasz  du 
solcbes  io  deinen  rächen  erlogen  hast,  dann  ich  dich  solches 


genugsamlich  bezeugen  wil,  dasz  du  gar  nahe  der  erste  man 
an  dem  hof  gewesen  bist,  so  solchs  geäffert  hat.  Galmy  276 ; 
die  widertäufgr  äfern  den  erst  empfangenen  tauf.  Stumpf 
Schweiz,  chron.  722;  vielgeäferte  belesung,  lectio  decies  repe- 
tita;  welchen  irrthumb  nachmals  a"  1170  VValdo  wider  äfert. 
Frank  c/iro».  353";  damit  sie  Mosen  wider  äfern.  Frank  pararf. 
52";  nichts  ist  aber  so  gar  wider,  die  weit,  als  sein  recht  nit 
äfern.  98";  es  müssen  alle  prophecei  von  der  weit  an  wider 
gebracht  und  geäfert  werden.  3, 123 ;  es  sol  auch  keiner  ein 
alten  neid  oder  hasz  im  feld  oder  besatzungen  äffern  noch 
rechen.  Fronsp.  kriegsb.  3,  16';  die  newen  zeloten,  so  umb 
unnötige  und  frembde  sachcn  äfern.  Matbesils  HO* ;  w er  sünde 
zudeckt,  der  machet  freundschaft,  wer  aber  die  sachc  efert, 
der  macht  fürsten  uneins.  spr.^Sal.  17, 9,  ru/j.  qui  altere  ser- 
mone  repelit,  gehässig  die  sacke  immer  wieder  vorbringt,  ahn- 
dek,  LXX  0=  Se  uujel  y.ovnxeiv,  der  es  verschmäht  zuzu- 
decken, spätere  ausgaben  Lctuers,  wer  aber  die  sache  eifert, 
efern  entspricht  dem  repetere  {repetieren),  eifern  allenfalls  dem 
fitaeiv  y.ovTiTsiv,  doch  Lltuer  scheint  hier  das  aus  einer  äl- 
teren Verdeutschung  vorliegende  efern  mit  eifern  zelare  zu  men- 
gen, die  an  sich  nichts  gemein  haben,  auch  Mathesics  in  der 
vorausgehenden  stelle  nahm  äfern  für  eifern,  und  Albercs  gibt 
darum  ich  efer  oblalro,  gannio.  efern,  äfern  hat  den  acc.  der 
sache  bei  si'cA,  der  für  eifern  unpassend  ist.  alle  aus  bair. 
Urkunden  von  Schmeller  1,  30  beigebrachten  belege  zeigen  für 
afern,  efern  stets  den  sinn  von  iterare,  repetere,  reprehendere. 
Stalder  1,  90  führt  es  als  altschweiz.  wort  auf,  ebenso  Tobler 
s.  70  äfern,  äffern,  effern.  Stieler  5.  4  hat  äfern  iterare,  si- 
mulare,  eines  angesicht  äfern,  vultum  alicujus  fingere,  lügend 
äfern  in  ostentationem  virtutis  compositum  esse,  leitet  dann 
aber  unrichtig  auch  eifern  davon  ab.  äfern  scheint  in  der 
spräche  des  17 jA.  auszusterben,  die  schlesischen  dichterkennen 
es  nicht  mehr. 

AFFA,  wie  a,  aa  und  ach  ausgang  alter  flusznamen  ßr  aha, 
z.  b.  El  laffa  =  Erlaha,  Erlach. 

AFFE,  m.  simius,  ahd.  affo,  mhd.  äffe,  ags.  apa,  engl,  ape, 
nnl.  aap  pl.  apen,  altn.  api,  schw.  apa,  dän.  abe ;  ir.  gal.  apa, 
welsch  epa;  russ.  obez'jana,  litt,  bezdzona  {für  abezdzona?), 
altböhm.  op,  böhm.  opec,  opice  {woher  der  name  Opitz),  slov. 
opitza ;  alle  mit  abgelegtem  kehllaut  des  skr.  kapi  (Bopp  65'), 
gr.  xr^Tios,  y.eljios.  ein  für  die  geschickte  der  spräche  merkwür- 
diges wort,  das  die  Deutschen  mit  Kelten  und  Staren  neben 
dem  lat.  in  allen  romanischen  zungen  verbreiteten  simius,  si- 
mia  aufrecht  erhielten,  das  gr.  aifiöi  bedeutet  stumpfnasig, 
bei  Tbeokrit  heiszen  geisze  und  bienen  aiuai,  dazu  gehört 
auch  simia,  nicht  zu  similis,  wie  freilich  ein  gr.  a/fenname 
utfitö  zu  fit/ieia&at.  die  würzet  von  kapi  und  äffe  liegt  ver- 
borgen, doch  verwandt  sein  könnte  ihr  altn.  gapa,  ahd.  chapfan, 
mhd.  kapfen,  nhd.  gaffen,  hiare,  das  maul  aufsperren,  hielare, 
äffen  feil  haben  (s.  maulaffe,  gähnaffe)  und  dann  hätte  die  in 
api  wcggefallne  gutturalis  sich  in  gapa  erhalten,  den  Polen 
ist  malpa  eigen,  den  Russen  auch  noch  pifik  =  Ttidr^^,  rzi- 
d'T^xoi,  das  vielleicht,  mit  der  aphaeresis  von  bezdzona,  aus 
aTiidTi^,  y.aTiid'r]^  entsprang,  unter  dem  grammatisch  nuinn- 
lichen  äffe,  wie  umgedreht  unter  dem  weiblichen  lat.  simia  werden 
beide  geschlechter  verstanden,  auf  menschen  angewandt  bezeichnet 
äffe  ein  hdszliches,  stumpfes  gesicht,  einen  thor  und  einen  der 
alles  lächerlich  nachmacht:  der  alte  affel  oß  aber  werden  auch 
junge  kinder  äffen  gescholten,  (s.  affenjung  und  grasaffe)  wie 
nach  Aristoteles  alle  kinder  aifia  sind. 

sieh  wir  wissen 
rath  zu  schaffen, 
lasz  dich  küssen; 
seht  den  äffen  I 
welch  entsetzen, 
welch  ein  blick.    Göthe  10,280; 
ich  gtn  und  gaff  und  bin  ir  äff, 
das  musz  ich  selber  jeben.    Uulako  totkil.  642 ; 
wer  ist,  den  nicht  zu  zelten 
glciciiwol  die  äffen  reiten?    Logau3,  7,  36; 
mein  sollen  beide  müszig  gähn, 
so  musz  mon  äffen  schuchen  ihan.    H.  Sachs  5,  287*; 

äffen  ßngt  man  mit  groszen  bundschuhen.  Simrock  spr.  118; 
äffen  feil  haben  -wollen.  A.  Gryphius  1,  744 ;  einem  äffen  dre- 
hen, äffen  weisen,  adunco  naso  suspendere;  äffen  ausnehmen; 
macht  euch  zu  einem  äffen  {hahnrei).  fastn.  sp.  503,  18. 

AFFE,  /.  simia,  ahd.  affd,  vom  m.  affo  unterschieden,  noch 
B.  Wacdis  im  Esop  4,  7  und  ößer : 

er  trat  rors  belt,  da  dia  äff  lag 
und  wünschet  ir  ein  gutea  Ug; 

12* 


183 


AFFEN — AFFENHAFTIG 


AFFENJUNG  — ÄFFISCH 


184 


wo  das  Weibchen  hervorgehoben  toerden  soll,  sagen  wir  heule 
affin. 

AFFEN,  dehtderc,  gleichsam  zum  äffen  machen: 

daj  du  dich  selben  äffest.    Mauritius  1497 ; 

sei  weis,  lasz  dich  nit  äffen, 

der  klaffer  seiud  so  vil, 

lialt  dich  gen  mir  reciitschaffen. 

ÜHLAiND  volksl.  130.    Ambras,  s.  13. 

ÄFFEN,  Hindere,  deludcrc,  (allere,  mhd.  effen  afte  (Ben.  1, 
11'):  äffcten  seine  propheten.  2  chron.  36,  16;  Christus  hal 
dazumal  die  jünger  wollen  nerren  und  effen.  Luther  3,473"; 
ihn  umh  ein  ganze  örthen  (zeche)  effen.  H.  Sachs  IL  4,16'; 
uml)  fünf  (Ihaler)  effen.  IL  4,  67';  der  wolf  mit  dem  schaf 
ward  geeft.  IL  4,91';  die  reden  verfahen  nit,  nu  hab  ich  euch 
wol  geäfL  Aimon  Kiiii;  wer  sich  äffen  lasset,  den  narret  man. 
Pauli  schimpf  lu';  und  sich  von  einer  zeit  zur  andern  auf 
solche  weise  herum  äffen  lieszen.  ehe  eines  mannes  68 ; 

heillgkcit  verlor  den  rock,  falscliheit  hat  ihn  angezogen, 
liat  darinnen  vil  geäft,  hat  manch  ))ieder  herz  betrogen. 

LOGAU  3,  5,  25; 
so  oft  die  eilelkeit  den,  der  sich  trügen  läszt. 

GÖNTÜER  608; 

dein  blendwerk  äfl  uns  nur.    1015; 

0  freunde  Jaszt  euch  nicht  von  süszer  hofnung  äffen. 

Lessi.ng  1,  95  ;  • 

er  hat  mich  her  bestellt,  er  wird  mich  doch  nicht  äffen? 

2,  452 ; 
wenn  anders  seine  obren 
kein  nachlgcist  äfl.    Wieland  5,6; 
und  wer  äfl  doch  die  ihorbeit  so  getreu  ?    Gotier  1,  311 ; 
sechse  treffen,  sieben  äffen,    freischiilz  2,5; 

bin  also  nicht  der  erste,  der  das  publicum  äft.  Hamann  1,  479 ; 
er  kann  den  schein,  der  ihn  zwackt  und  äft,  nicht  los  wer- 
den. Kant  2,  307.  In  der  bedeutung  von  ridicule  imilari  sieht 
äffen  nicht,  nur  nachäffen, 

AFFENART,  f.  specics  simiarum. 

AFFEN A RTI G,  äffen äh n lieh. 

AFFENBANK,  f.  was  sonst  spötterbank,  wo  die  spöller,  die 
narren  sitzen,  ps.  1, 1 :  der  alle  verkerte  menschenkinder  auf 
den  affenbank  setzt.  Frank  parad.  60 ;  so  musz  got  gut  gnug 
sein,  und  unser  wartende  auf  dem  affenbenklin  sitzen,  wan 
wir  kommen.  Frank  spr.  2, 152*.    s.  affenort. 

AFFENBEERE,  f.  cmpetrum  nigrum,  eine  cszbare  beere,  die 
berauschen,  also  zum  thoren,  äffen  machen  soll,  und  auch 
rauschbeere  heiszt. 

AFFENBERG,  m.,  was  sonst  auch  narrenberg,  gauchsbcrg, 
scbalksberg  genannt  wurde,  vgl.  deutsche  myth.  s.  649  und  im 
gedieht  der  Spiegel  s.  201.  nach  Ettners  unw.  doctor  s.  698 
lag  unweit  Nürnberg  ein  Affenberg. 

AFFENBILD,  n.  affengcsicht: 

doch  wenn  Diogenes,  wenn  dieses  affenl)il(I, 
das  seinen  armen  stolz  in  doppeltiich  verhiillt. 
Camtz  149 ; 

wenn  ich  dir  aus  der  bibliothek  einen  ganzen  band  der  wun- 
derlichsten affenbilder  kommen  lasse.  Göthe  17,  230. 
AFFENBLICK,  «i. 

mit  einem  kalten  affenblick.    Weckherlin  557. 

AFFENDREHER :  naupentückische  nascn  und  affenträher, 
rauchvcrkeufcr,  gauchstecher.  Fisciiart  Garg.  1591,  17',  vgl. 
äffen  drehen  unter  äffe. 

AFFENERNSTLICH,  adv.  spöttisch  erweise:  oder  gar  dem 
künstler  affenernstlich  untersagen.  Herder  19,  43. 

AFFENFENZEN,  n.  cavillatio:  das  sie  solche  iren  trunken 
geifcr  und  affenfenzen  dürfen  dem  christlichen  volk  fürgeben. 
LurnER  2,  56'.    vgl,  alfanz  und  fenzen. 

AFFENGANG,  m.  thöricitter,  eitler  gang: 

der  ein  lieben  biilen  bat, 

der  tut  gar  manchen  affengang.    Uhlakd  volksl.  72. 

AFFENG AIJKELISCH,  adv.  thöricht:  wie  sich  die  bauern 
affengaukelisch  stellten.    Simrock  volksl.  4,  00. 

AFFENGESICHT,  n.  nnl.  apengczichL  das  affengcsicht!  wir 
wollen  sehen  wer  ihr  beisteliL    Gütiie  11, 18. 

AFFENGLAS,  n.,  ein  glas,  das  frauen  zum  zierrat  trugen  ? 
oder  affenspiegel? 

sie  bat  ein  affengla.i,  ist  ganz, 

das  tut  mich  ser  bezwingen.    Uiilaisd  volksl.  C12. 

AFFENHAFTIG,  was  affenartig :  die  heutige  manicr  der  affcn- 
liaftigcn  weit,  maulaffe.  (rorr.) 


AFFEN.IUNG,  blutjung,  wie  die  alte  spräche  kindjung  sagte, 
und  die  affin  ihre  kinder  mit  sich  trägt:  das  arme  affenjunge 
blut.  Göthe  12, 174,  vgl.  grasafle  und  affenrund. 

AFFENLIEBE ,  f.  blinde,  unvernünßige  liebe  besonders  der 
eitern  gegen  ihre  hindcr:  meiner  eitern  grosze  affenliebe.  Plesse 
1,  49;  in  meinem  herzen  welche  falsche  affenliebe.  Arnim 
schaub.  1,  90. 

AFFENMÄSZIG,  affenmäszigc  handlangen.  Rab.  2, 173 ;  affen- 
mäszige  neger. 

AFFENNASE,  /".  stumpfe  nase. 

AFFENORT,  v.  was  affenbank:  setz  in  auf  das  affenort. 
fasln,  sp.  44,  20,  wie  auf  das  narrenort  setzen.  47, 13 

AFFENPOSSEN,  /".  pl.,  affcnspicl.  Plnline  war  immer  um  die 
gräfin,  die  sie  mit  ihren  affcnpossen  unterhielt.  Göthe  IS,  279. 

AFFENRüND,  drall,  von  festem  fleisch  wie  junge  äffen :  dann 
eim  solchen  jungen,  mollentrolligen,  affenrunden  bärensteng- 
1er  stund  es  mechtig  wol  an.  Fischart  Garg.  cap.  4. 1594,  5l'. 
mollentrollig  drückt  dasselbe  aus,  bärenstcngler,  cfcr  den  baren 
stängclt,  an  die  Stange  bindet,  umführt  und  tanzen  läszt,  ein 
derber,  kräftiger  gesell,    s.  affenjung. 

AFFENSCHWANZ,  m.  affentanz,  affenspiel:  da  füren  sie 
mich  Avider  in  das  sechste  capitel  Johannis  oder  sonst  auf 
einen  affenschwanz.  Luther  3,  286';  also  leret  uns  hie  dis 
edict,  das  wir  unser  lere  sollen  meiden  und  dafür  uns  von 
inen  lassen  auf  einen  affenschwanz  füren.  5,  297";  und  er 
(Christus)  habe  seine  liebe  braut,  die  Christenheit  auf  einen 
affenschwanz  gefüret  als  ein  teuschcr  oder  hlastücker.  5,  225'. 

AFFENSEIL,  n.  was  sonst  narrenseil : 

manch  weih  den  man  gar  schön  anblickt, 
bis  sie  ims  affenscil  zustrickt. 

Freidank  1539.  bl.  20. 
vgl.  das  alte  gedieht  99, 13. 

AFFENSPIEGEL ,  m.  affenspiegel,'  gaukelbüchsen,  mummc- 
reikleidcr  werden  als  kramwaaren  neben  einander  genannt,  s. 
affenglas. 

AFFENSPIEL,  n.  der  teufel  mag  wol  lachen  zu  solchem 
affenspiel.  Umland  530 ;  ich  wolt  des  affenspiels  gerne  lachen. 
Luther  3,  60';  (das  klosterleben)  ein  recht  affenspiel  und  nar- 
renwerk. 4,  2Sl' ;  es  ist  ein  affenspiel.  4,  305' ;  was  bisher  in 
stiften  und  klöstern  bückens  und  kniens  gcwest  ist,  hat  kei- 
nen ernst  gehabt  und  ist  ein  recht  affenspiel  gewest.  4,  435' ; 
beide  binden  und  lösen  mus  ein  lauter  gaukelwcrk  und  affen- 
spiel sein.  5,231";  und  wird  doch  eitel  affenspiel  und  geuch- 
werk  draus.  6,  140' ;  was  dein  man  treibt  vor  affenspiel.  H. 
Sachs  IL  4,  32";  dein  kurzwcil  ist  ein  affenspil.  Ayrer  161* ; 
und  zwungen  sich  so  wol  bei  diesem  affenspiel. 

A.  Grtpihus  1,  681; 
steh  ich  hier,  und  hin  dein  affenspiel?    1,643; 
wer  also  immer  lächeln  und  heiter  sein  kann,  der  musz  ein 
affenspiel   mit   dem   leben  getrieben  haben.    Klinger  11,  185 ; 
meine  bürschchen  sind  mir  alles,  die  tagtäglich  so  lustig  aSea- 
spiel  mir  besorgen.    Fr.  Mijller  2,  23. 

AFFENSTEIN,  «i.,  ein  heilkrafliger  stein,  den  äffen  im  köpfe 
tragen  sollen.    Nemnich  unter  bezoar. 
AFFENTANZ,  m.  was  affenschwanz: 

Tür  gottes  wort  all  gscbwetz  dargeben 
ists  teuf'els  affentanz  anheben. 

KincHuoF  wendunm.  438'; 
feil  ist,  schon  oft  für  wenig  geld, 
ihr  geist  zu  niederlräcbligkeiien, 
ihr  leib  zu  einem  affentanz.    Gökinok  1,  27. 
so  will  ich  euch  ein  pfeifer  bringen, 
der  euch  pfeif  einen  affentanz.    IL  Sachs  1,477'; 

AFFENTEUER,  AFFENTEURLICH  von  Fisciiart  gebildet  ßr 
abentcuer,  abenteuerlich. 

AFFENWEG,  «i.  also  musz  man  den  leuten  darnach  die 
narren  trehen  und  sie  auf  den  affenwcg  führen.  Tabernae- 
montanus  kräuterbuch  s.  590.    s.  affendreher  und  affenort. 

AFFENWERK,  n.  passen. 

ÄFFER,  «I.  illusor:  cffer  und  trieger.  fasln,  sp.  dOO,  9. 

AFFEREI,  /■.  dclusio,  illusio:  von  jeder  bürde  und  afferei 
des  lebens.  HERnERll,  81;  man  habe  euch  nicht  bemerkt  und 
alle  eure  affeieien  sein  verloren.  Göthb  36,  65. 
•  ÄFFEREI,  f.  ältere  Schreibung  desselben  worls:  iiaben  nur 
lust  und  gefallen  zu  dem  narrenwerk  und  cffcreicn  des  ver- 
damplen  cardinais.    Luther  8, 277'. 

Äi'FIN,  /".  simiti,  ahd.  aflin,  aflinna,  nnl.  apin,  altn.  apinja. 
B.  Waldis  Esop  4,  75  schreibt  üffin. 

ÄFFISCH,    affenartig:   sieht  wol  der   fromme    mann,    in 


185 


AFFOLTER  —  AFTERANWALT 


AFTERARZT — AFTERHEÜ 


186 


äffischer  ungestalt,  ein  vriderwärtiges  wesen  herum  hüpfen.> 
CüTHE   29,  203. 

AFFOLTER,  auch  geschrieben  apfolter,  afholder,  eine  Zu- 
sammensetzung, die  uns  wie  wacholdcr,  bacliholder,  maszliol- 
der,  holunder  in  ihrem  zweiten  Iheil  das  uralte  skr.  taru  ar- 
bor  (Bopp  151*),  därii  arbor  (Dopp  167'),  druma  arbor  (ßopp 
ITS'),  goth.  triu,  ags.  treov,  engl,  tree,  altn.  tre,  ddn.  trä, 
schw.  träd,  gr.  Söov  und  Sovi,  ir.  daracli,  welsche  denv,  ar- 
vtor.  dero,  sl.  drevo  hegt;  das  ahd.  affoltera  apholtera,  altn. 
apaldr,  ags.  apuldre  bezeichnen  malus,  ma^altra  acer,  wechal- 
tcr  juniperus,  holuntar  sambucus;  heute  gilt  affolter  bald  für 
opulus,  bald  für  viscum  albtim,  in  Baiern  behauptete  sich  län- 
ger die  bedeutung  malus,  pomus,  (Schmeller  1,  31),  einige 
mundarten  nennen  aber  auch  den  ahorn  appcldören,  aplern. 

ÄFLIG,  entzündet/  reizbar:  und  wiewol  das  ist,  das  die 
wunden  hitzig,  älllich  (/.  äflig),  febrisch  werden,  die  ding  aber 
sind  die  krankheit  nicht.  Paracelscs  1,  30';  darbci  auch,  da?z 
die  ding,  so  eingeschlossen  werden,  aus  kraft  ihr  eignen  na- 
tur  fiir  sich  selbs  erger  sind,  äffliger  und  wundsüchtiger,  aus 
welcher  eigner  bosheit,  ehe  dasz  (sie)  zum  ausgang  kommen, 
ein  ganzen  leib  verderben.  2,  257'.  üstr.  die  wunde  ist  afli, 
reizbar,    s.  afel  und  üfeln. 

AFNEH,  CT.  nach  Friscu  1,  13*  und  Adelung,  bei  den  we- 
hem eine  benennung  des  rädelkamms,  woßr  sie  auch  öfner 
aussprechen;  wahrscheinlich  ein  alles,  vielleicht  entstelltes  wort, 
das  nicht  zu  öfnen  aperire,  eher  zu  weben  selbst  gehört,  und 
dem  altn.  ofnir  teilor?  {von  Tefa  ofinn  f.  Tefinn)  gleicht,  dem 
bekannten  webel,  wefel  panucla  verwandt,  den  Böhmen  hciszt 
der  webcrkamm  paprsek,  paprslek,  wozu  Jlxgmasji  die  deut- 
schen Wörter  rieth,  riethkamm,  öfner  anführt. 

AFRUSCH,  gleich  aberraute,  ebrisch  entstellt  aus  artemisia 
abrotanuni. 

AFTER,  fortbildung  der  partikel  ab  und  aber,  wie  schon  un- 
ter aber  gelehrt  wurde,  gebunden  durch  das  t  erhielt  sich  das 
f  von  af,  trat  aber,  nach  einem  gewöhnlichen  Wechsel  aus  der 
aspiralion  des  lippenlauts  in  die  des  kehllauts,  nnl.  achter. 
dies  achter  ist  doch  noch  lebendige  praeposition  und  bedeutet 
nach,  hinter,  wie  das  ahd.  aftar,  mhd.  after  (Bex.  1,  ll'),  nhd. 
dauert  es  blosz  in  den  folgenden  Zusammensetzungen,  und  zwar 
sinnlieh  genommen  mit  dem  gleichen  sinn  des  räumlichen  oder 
zeitlichen  abstandes,  figürlich  mit  dem  begrif  des  schlechteren, 
geringeren,  die  nnl.  Zusammensetzungen  mit  achter  und  die  nhd. 
mit  after  treffen  meistens  nicht  überein.  Beachtenswerth  sind  in 
schrißen  des  15.  16  jh.  noch  einzelne  spuren  der  ungebundnm 
partikel,  die  nicht  plötzlich  aufhörte,  sondern  hin  und  wieder 
als  praep.  oder  adv.  vortaucht :  after  dise  nacht  sollen  ir  mich 
nimer  me  sehen.  Lober,  Strasb.  1514.  102';  after  dismal  so 
gesehent  ir  mich  nimer  me.  weiszritter  Strasb.  1514. 166' ;  lie- 
fern after  die  stat.  Kömcshofex  66;  after  dem  land.  Hug- 
schapler  13;  after  land  gost.  .Murner;  ich  hab  mein  buben 
after  der  stat  umb  gejagt,  dialogus  zwischen  Schöpfer  und 
Schabenhut.  Straszb.  1525  A';  after  wege  gan;  after  mir  kom- 
men meine  mitgenossen.  Zihkcref  2,  60 ;  werdent  ir  als  man- 
ches ritters  gedärm  oder  ingeweid  afterm  feld  zerstrawt  se- 
hen. Aimon  y;  nun  afler  drcwtusent  gülden  jerlicher  rcntcn. 
CiiMEL  urk.  Maximilians  s.  438  ; 

nach  einer  halben  stund  after 
ward  erst  ein  lerman  doch. 

Soltau  volksl.  330. 

AFTER,  m.  podex,  ahd.  aftaro  (Graff  1,  190)  d.  i.  der  af- 
laro  teil,  posterior  pars,  des  afterin  mist.  JV.  ps.  77,  66 ;  heule 
mit  aufgebung  der  organischen  schwachen  form,  gen.  des  aflers 
statt  aftem,  die  doch  in  dem  ganz  analogen  der  hintere,  des 
hintern  gewahrt  ist.  zwischen  beiden  gilt  der  unterschied,  dasz 
der  after  mehr  den  innern  tbeil,  der  hintere  den  äuszeren  be- 
zeiclinet.  das  kind  wird  auf  den  hinteren  geschlagen,  fallt  auf 
den  hinteren ;  aber  die  wunde  hat  den  after  getroffen,  ein  ge- 
schwür  sitzt  in  (an)  dem  after  fest,  zuweilen  hciszt  auch  der 
aßerdarm  an  menschen  und  thieren  noch  after.  den  Sattlern 
ist  after  die  rücklehne  des  satteis  (aftersil),  den  jagen»  sind  die 
aftem  (hier  noch  schwnrhformig)  die  aßerklauen. 

AFTER,  n.  in  einigen  andern  fällen,  mit  weglassung  eines 
neutralen  Substantivs  der  hinterbleibende,  schlechtere  theil.  so 
im  bergwerk  das  afler  {das  aßere  erz),  der  schlämm  und  ab- 
fall,  in  der  mühle  das  after  {das  aßere  mehl),  bei  den  flei- 
schern das  after  (da*  aßere  fleisch),  gekrösc  und  gcschlinge. 

AFTERANWALT,  m.  actor  substitutus :  einen  oder  mehr  aS- 
teranwalt  substituieren.    Atrer  proc.  1, 1. 


ÄFTERARZT,  m.  pseudoarzl :  dasz  es  keine  afterärzte  gebe, 
kein  jus  impune  Decidendi.    Käst  1,  221. 

AFTERRAHN,  f.  falsche' bahn :  sonst  wärest  du  niemals 
Tom  Weisheitspfade  geirrt,  links  auf  die  afterbaho.  Stolbebg 
14,  178. 

AFTERBELEHNEN,  subinfeudare. 

AFTERBELEHNUNG,  f  subinfeudatto. 

AFTERBESTAND,  m.  was  aftermiethe :  selbes  {das  gut)  sei- 
nem jüngsten  bruder  in  afterbestand  zu  überlassen.  Abele 
4,449. 

AFTERBIENE,  f.  mutilla,  ungefliufclte  biene. 

AFTERBIER,  n.  kofent  oder  nachbier,  sonst  auch  halbbicr 
genannt,  schon  in  dem  mhd.  gedickte  Rüdigers  des  Hunthoftrs 
von  dem  schlegel  416  bringen  zuo  dem  kaese  ein  afterbier. 

AFTERBILD,  schwächeres  nachbild: 

ein  aDerbilJ  vom  slome 
das  nachts  den  watiderer  ron  sumpT  zu  sumpfe  treibt 
Gotter  1,  37ti; 

der  träum  der  hohcit, 
er  ist  entflohn,  und  ich,  ich  sollle  ruhllos 
ihr  aflcrbiid  mit  mfincm  rubm  crkaul'en  ?  2,  232. 

wol  unsrer  critik,  deren  afterbild  solange  in  allen  trödelbu- 
den  zur  schau  gestellt  und  gekauft  worden  ist.  Geo.  Jacobi 
in  Mercks  briefs.  2,  43. 

AFTERBLATT,  n.  stipula,  das  blättchen  an  der  grundfläche 
des  Stiels  oder  Stengels:  die  nähere  beobachtung  der  afterblät- 
ter.    GöTHE  58,  30. 

AFTERBRUT,  /".  ineubalio  secundaria: 

dennoch,  o  du  aflerbrul, 
singst  du  ewig  nur  von  flammen  ?    Gökixgk  3,  05. 

AFTERBÜRDE,  f.  secundinae,  nachgeburt :  heutlin,  das  die 
Griechen  chorion  nennen,  wir  Tcutschen  heiszens  die  after- 
bürde. Luther  tischr.  172';  wan  die  afterbürde  nicht  bald  mit 
dem  jungen  hinweg  gehet,  so  sol  man  -dieselbe  also  vertrei- 
ben. Zecue.ndorker  gebrechender  rosz,  Ejer  1571,  43.  die  jdger 
gebrauchen  afterbürde  ron  der  nachgeburt  der  thiere. 

AFTERBÜRGE,  ni.  rückbürge. 

AFTERCHRIST,  m.  falscher  christ: 

dena,  ohne  duldung.  lasz  zu  beiden 

uns  weg  von  anercüristen  gehn.    Gökixgk  3,  174. 

AFTERDARM,  m.  intestinum  rectum,  ahd.  aftarling,  auch 
blosz  der  after:  so  gibt  sich  oft,  dasz  der  afterdarra  auszge- 
het.  Paracelscs  chir.  sehr.  16';  weil  ihm  das  schrecken  in  den 
afterdann  catalogiret,  eilet  er  nach  dem  ort.  A.  GRVpnius  1,  75". 

AFTERDIENST,  m.  cultus  spurius.  Kam  6,  331.  332.  351.  353. 

AFTERDING,  n.  Judicium  posterius,  weisth.  1,  3S1.  506.  vgl. 
rechtsalterth.  837. 

AFTERDOLDE,  f   eyma,  unechte  dolde. 

AFTEI{DROHNE,  m.  fucus  spurius,  in  kalten  frühjahrea 
findet  man  in  den  bienenstöcken  unvollkommne  dröhnen. 

AFTERERBE,  m.  proheres,  nnl.  achtererve. 

AFTERFLINS,  «i.  mit  quarz  versetzter  mergel. 

AFTERFLCGEL,  wj.  ala  spuria,  kleine  federn  am  flügel. 

AFTERGEBURT,  f  nachgeburt,  afterbürde.  h  Mos.  28,57. 

AFTERGESCHMACK,  »i.  falscher  geschmack. 

AFTERGLANZ,  m.  falscher  glänz: 

er  flieht  des  bofes  höhen, 
ihr  aftergianz  reizt  nur  ein  blöderes  gesiebt. 
Wieland  31,  314. 

AFTERGLAUBE,  m.  was  aberglaubc,  falscher  glaube.   Acbi- 

COLA   22. 

AFTERGLÜCK,  n. 

eilt  Verrcs  nach  dem  bann  aus  seinem  vaterlande, 

so  schwärzt  sein  aflerglück  das  lasier  und  die  schände 

Hageoor^c  1,  24  ; 
der  (reibt  sein  aflerglück  bis  zu  dem  fusz  der  thronen. 

WtELA.'<D  31,  364. 

AFTERGOTT,  m.  falscher  gotl: 

mein  herz,  das  allzulang  an  anergöticrn  bieng. 
Götter  2,  338.  443. 
Kläger  6,  203. 

AFTERGÖTTIN,  f.  Ramler  1,101. 
AFTERGRÖSZE,  f.  falsche  grüsze: 
wo  sich  die  eiilo  aflergrdsze  bläht.    Schilikr  2,  273. 

AFTERGÜNSTLING,  m.  zweiter  günstling : 
des  günstlings  und  des  anergOnsilings  sklar.    SiOLBito  S,  84. 

AFTERHEÜ,  n.  nachheu,  grummet. 


187 


AFTERICHT  —  AFTERREDER 


AFTERREDNER— AFTERWITZ 


188 


AFTERICHT,  n.  ahfall  vom  getraide,  was  beim  wurfein  zu- 
rückbleibt, geafler,  gafter,  äfterig,  afterkorn:  wird  die  kleien, 
afiricht  und  polil  von  dem  klaren  mehl  scheiden.  Matiiesius 
121';  da  mehl,  aftrig  und  kielen  noch  ungescheidcn  sind,  das, 
auch  unrath,  den  die  bicnen  fallen  lassen. 

AFTERKIND,  n.  die  Schmeichelei,  des  glückes  afterkind. 
GCmher  778. 

AFTERKLÄüE,  f.  was  aberklaue. 

AFTERKüNIG,  m.  nebenkönig,  vicekünig:  sie  lieszen  sich 
endlich  alle  dazu  bereden,  nur  ihr  gewählter  afterkönig  nicht. 
J'ierot  4,  312.  317. 

AFTERKÖNIGIN,  f.  ScniLLER  410. 

AFTERKORN,  n.  was  aftericht. 

AFTERKOSEN,  calumniari,  verschieden  von  aberkosen  de- 
lirare. 

AFTERKOSER,  m.  calumnialor:  unverschemter  afterkoser. 
fasln,  sp.  254,  22;  ein  priester  soll  nicht  sein  ein  afterkoser, 
lestrer,  sehender.  Frank  cltron.  35?'. 

AFTERLEDER,  n.  bei  den  schustern,  abgnnge  vom  leder. 

AFTERLEHEN,  n.  subfeudum. 

AFTERLESE,  f.  spicilegium. 

AFTERLESEN,  spicas  legere:  im  lesen  sol  niemand  after- 
Icsen  oder  leskoren  gcen.  Kaltenbäck  1,  228'. 

AFTERLEUTE,  pl.    Moser  2, 115. 

AFTERLIEBE,  f. 

dasz  ich  in  Prokris  arm  erfahre, 
dasz  aflerliebe  nur  von  Sättigung  erstickt. 
Wieland  10,  211. 

AFTERMEHL,  n.,  aus  dem  zum  drillen  abgemalenen  ge- 
traide : 

als  Galla  aftermehl  in  ihre  haare  streut.    Gd.muer  1039. 

AFTERMENSCH,  m. ;  unter  uns  verkünslelten  aftermenschen. 
Wieland  8,  219. 

AFTERMIETHE,  f  nachmiethe. 

AFTERMIETHER,  m.   Kant  5,127.  aftermiethsmann. 

AFTERMONTAG,  wi.  in  den  Urkunden  der  dinstag,  scheint 
aber  entsprungen  aus  after  mantage: 

dasz  er  ir  am  montag  nichts  vertrüep, 
dasz  er  an  eim  aftermontng  in  si  schlüeg, 
dasz  si  an  der  mittwoch  im  bett  lag. 
UuLAND  volksl.  728. 

AFTERMOOS,  n.  alga. 

AFTERMUSE,  f. 

du  opferst  auf  zertrümmerten  altärcn 

der  aflermuse,  die  wir  nicht  mehr  ehren.    Schiller  2,273; 

bleib  der  aflermuse  fern 

der  romantischsüszeu  herrn.    Uhland  ged.  192. 

AFTERMÜTTER,  f.  stiefmutier.  Gotter  2, 193.  Bürger  2,  25' ; 

ach,  in  die  wimner  gosz 
die  aflermutter  sclialten  der  blindheit  ein.    Stolbeug  14,  60. 

AFTERN,  weidmännisch,  die  aßcrklauen  in  der  fährte  aus- 
drucken: der  hirsch  aftert  auswärts,  das  thier  einwärts. 

AFTERREDE,  f.  obtrcclatio,  calumnia,  nachrede  hinter  eines 
rücken : 

die  Ohren,  die  ich  hatt,  herr  dein  gebot  zu  hören, 
willich  lieszen  sich  mit  aflerred  beihören. 

Weckherl.  318; 
von  afterred  und  liegen  frei.    50; 

allerhand  afterrede  und  gefahr  zu  vermeiden.  A.  Cryphius  1, 460 ; 
üble  nachrede  oder  afterrede.  Kant  5,  305.  Klopstück  12, 109. 

AFTERREDEN,  calumniari:  aflerredet  nicht  unter  einander, 
lieben  brüder,  wer  seinem  bruder  afterredet  (detrahil),  der  af- 
terredet dem  gesetz.  Jac.  4,  11;  so  leget  nun  ab  alles  after- 
reden.  1  Petr.  2, 1 ;  hie  stehen  sie  fein  gemalct  die  faulen  Schel- 
men, die  sich  mit  erbeit  nicht  wollen  ncren,  sondern  mit  heu- 
cheln, liegen  und  afterreden  bei  der  reichen  tisch  ir  gcncsch 
suchen.  Luther  0,  112';  liegen,  afterreden  und  Übels  nachre- 
den, tischr.  112'.  197';  von  lügen,  verrathcn  und  afterreden 
gegen  einander  wissen  wir  nichts.  Felsenb.  4,15;  es  gibt  aber 
auch  boshaftes,  argwöhnisi-hes  volk,  vor  deren  afterreden  ein 
dcrwisch  selbst  nicht  sicher  ist.  Wielanü  8,  91 ;  er  brachte  sie 
an  einen  ort,  wo  sie  wenigstens  sicher  waren,  dasz  die  böse 
weit  nicht  darüber  afterreden  konnte.  35, 147 ;  afterreden,  lug 
und  verrath  und  diebstahl.    Güthe  40, 131. 

AFTEFtREDER,  m.  calumnialor:  denn  dersclb  ist  ein  lügc- 
ner,  unrein,  affcrreder,  hcszig.  LuTiiEn  1,  70';  so  er  sihet  ein 
hurer,  ehebrecher,  trunkcnbold,  spieler,  wuchcrcr,  aflerreder. 


3,  274;  als  die  thun,  so  man  beiszt  afterreder,  die  da  lust 
haben  andern  leuten  Übels  nachzureden.  4,  530';  Agricola 
spr.  205; 

zum  dritten  ist  er  auch  ein  straffer 

der  afterreder,  falschen  klalTer.    H.  Sachs  5,  194". 

AFTERREDNER,  m.  die  spätere  form:  wird  als  ein  verun- 
glimpfer ihres  guten  namens  angesehn  und  gleich  allen  afler- 
rednern  der  polizei  übergeben.  Klopst.  12,  56.  ' 

AFTERREIF,  m.  postella.  fasln,  sp.  440,  25.   vgl  aftersil. 

AFTERREUE,  f.  tiachretce,  mhd.  aflerriuwc: 

sich  mert  von  tag  zu  tagen 

mein  stete  lieb  und  treu 

gen  dir  an  aflerreu.    volksl.  des  Idjh. 

AFTERSEND,  «1.   synodus  posterior,    weisth.  3,  775.    Halt- 

AÜS    18. 

AFTERSCHIRMVOGT,  «i.   Moser  2,  28.   aftei-vogt. 

AFTERSCHLAG,  m.jus  secandi  ligna  lenuiorasilvae,  sarmenta, 
äste  und  wipfel,  häufig  in  den  weisthümern  1,  329.  525.  G40. 
653.  678.  690.  696.  2,  229.  vgl.  Haltaus  17.  einen  andern  nach- 
schlag meint  der  überarbeitete  Freidank,   Worms  1539.  bl.  24': 

wer  seinen  feind  spart,  so  er  mag, 
dem  wird  etwali  ein  afterscblag, 

statt  der  ganz  abweichenden  worte  des  allen  gedichls  128,  4. 

AFTERSCHLAGEN :  wo  man  salpetersieder  ordne  und  setze, 
das  man  denselbigen  etwas  geringen  vorlheil  thu,  als  mit 
schlechtem  brc"nnholz  afterschlagen.  Fronsp.  kriegsb.  1,  73'. 

AFTERSCHULE,  f. :  indem  du  deinen  Jüngling  vor  den  after- 
schulen warnst,  so  mache  ihm  die  echte  schule  nicht  ver- 
dächtig.   GöTiiE  36,  278. 

AFTERSIL,  m.  postilena,  postella,  aßergeschirr,  vocab.  ine. 
teut.  ante  tat.     ahd.  aftarsilo.    fasln,  sp.  560, 1.  Uuland  720. 

AFTERSILBER,  n.  argenlum  impurum. 

AFfERSPRACHE,  f.  was  afterrede,  dann  aber  auch  conven- 
tus  extraordinarius,  wie  afterding,  und  bei  neueren  falsche  un- 
echte spräche. 

AFTERSTÜCK,  n.  die  rücklchne  des  Salicis,  aftersil,  was 
auch  blosz  after  hciszt. 

AFTERTRAH,  n.,  ein  holz  am  pflüg  und  wagen,  viit  wel- 
chem man  den  pflüg  hoch  oder  niedrig  stellt,  den  hinterwagen 
an  den  vorderwagen  festigt  (hess.  zeilschriß  4,  51  aftertrAch) ; 
entweder  von  drehen  oder  trechen,  trecken. 

AFTERVERPACHTÜNG,  f.  weitere  veipaditung. 

AFTERVOGT,  m.    weisth.  1,  376.    Haltaus  m.  d.  w. 

AFTERVVEISE,  m.  ein  falscher  weiser:  ungleich  den  schwül- 
stigen afterweiseu.  Wieland  6, 112 ;  unsrc  afterweisen.  9,  59  ; 
den  afterweisen  gleich.  31,  394;  die  afterweisen  suchen  von 
jeder  neuen  entdeckung  nur  so  geschwind  als  möglich  für  sich 
einigen  vortheil  zu  ziehen.  Güthe  23,  261. 

AFTERWELT,  f.  nachweit. 

es  wird  die  afterwclt  nur  meinen  fall  beschreiben, 
und  was  ich  guts  gcthan  schaut  niclit  das  tagelicht. 

HoFFMAN.NswALDAU  keldeubr.  51 ; 
dasz  auch  der  afterweit  deiu  rühm  sei  kund  geilian. 

das.  130; 
vergebens  schreiben  wir  für  weit  und  aflerwelt. 

Hagedorn  3,  107; 
die  aflerwelt  verwundert  sich.    Wernike  146; 
uns  arme  schächer  der  aflerwelt.    AVieland  18,99; 
ein  gassenlied  der  aflerwelt.    Di^noER  173*. 

heute  völlig  verdrängt  durch  nachweit. 

AFTERSvERK,  n.  schlechte  handlang,  falsches  werk: 

betrachte  menschen  recht,  ach,  alles,  wirst  du  merken, 
ist  Selbstbetruges  voll  und  voll  von  allerwcrkcn. 
Hagedorn; 

hier  würde  vielmehr  gerade  der  ort  gewesen  sein,  die  liebha- 
ber  vor  dergleichen  aflerwerkeu  der  kunst  zu  warnen.  Les- 
sing 8, 159. 

AFfERWESEN,  ti. 

nachdem  er  lang  ein  aflorwcscn, 

das  ilio  naiur  niclii  kennt,  gewesen, 

welch  eine  wullust  mensch  zu  sein.  Wieland  9,  213. 

AFTERWINTER,  m.  nachwinlcr.    H.  Sachs  IL  4,  20".  V,  306'. 

AFFERWISSIG,  n.  ungefähr  was  aflerding,  aflergericht :  die 
schcffen  weisen  ein  afterwissig.  weisth.  279,  nicht  etwa  ein 
aßerweisthum,  denn  voraus  gelU  von  dem  wissig,  das  gehalten 
wird,  d.  f.  dem  alten  wij/jig  geding.  rechlsalt.  779. 

AFTERWITZ,  m.  falscher  witz,  fast  eins  mit  abcrwitz: 


189  AFTERWURF— ÄGERLING 

den  afterwiu  verschlinge  sie,  die  schnelle  [weUe). 
Plaie«  95. 

AFTERWURF,   m.  aas  aftericUt,   das  von  der  wurfschaufel 
zurückfliegt,   Ringwald  bedient  sich  der  niederdeutschen  form: 
mit  staub  vermengt  den  achteiworf.    tr.  Eckarl  i  '*. 
AFTERZAGEL,   m.,   tcas  afterschlag,   das  geringe  höh  im 
«aide. 

AFTERZEIT,  f.  nachweit: 

was  die  vorzeit  nun  beschlossen,  wird  die  aflerzeit  vollbringen. 
lioFFMA.N.NSwALDAQ  Qetr.  sch.  23; 

lobt  sein  göttlich  feuer 

zeit  und  aflerzeit.    Lessixg  1,  40. 

AFTERZES'S,  m.  eine  gewisse  abgäbe,  galtcrzins. 

AGALASTER,  f.  pica,  elsler,  noch  beinahe  ganz  die  wollau- 
tende  ahd.  gestalt  des  wortcs  agalstra  agelesti^  (Graff  1, 131) : 
ein  alzel  oder  agalaster.  Kirchhof  wendunm.  1S5';  kein  rabe 
noch  agalaster.  co/ica  96;  die  hüilische  agalaster.  «i au/a/fe  195 ; 
als  wie  man  bei  den  tauben 
die  agelaster  sieht.  Opitz  354. 

die  agelesier  lest  von  irem  hupfen  nit.  Ambr.  s.  95; 
aglaster  schreiben  Fronsperg  kriegsb.  1,  120'.  Glsther  -16". 
HoDBERG  1,343"  und  ößer;  mhd.  agelster  (Res.  1,12');  in  heu- 
tiger Volkssprache  auch  alaster,  schalaster,  scholastcr,  mit  be- 
uahrung  des  reinen  a  der  penultima,  aber  Verderbnis  der  er- 
sten Silbe,  alle  diese  ein  1  enthaltenden  formen,  tcelches  auch 
die  zusammengezogenste,  das  nhd.  elster  hegt,  gestatten  den 
gedanken  an  galan  canere,  crocirc,  argalan  incantare,  wozu 
galstar  incantatio  stimmt,  so  dasz  ägaiastra  den  schreienden 
zaubervogel  bezeichnete,  wofür  die  pica  gilt,  andere  dialecte 
wandeln  das  1  in  r,  schwäb.  ägerst,  ägerste,  oder  tilgen  diese 
liquida  ganz,  Schweiz,  agest,  agesta  (Tobler  IS'),  niederdeutsch 
agcsler,  egester,  ekster,  exter,  hexter,  hester,  Leister,  nnl. 
luikätcr,  ekster,  was  zum  einfachen  ags.  agu  pica,  zum  franz 
agasse,  agace,  prov.  agassa,  gacha,  guacha,  it.  gazza,  gazzara 
gazzuola,  aregazza,  catal.  grasso  ßbrt.  dieser  aller  abkunft 
bleibt  aber  auch  dunkel  und  vom  tat.  pica,  welsch  ping,  ar- 
flior.  pik,  gal.  piogbaid  zurückweichend ;  haben  Deutsche  ihr 
wort  zu  Romanen  getragen  oder  ein  romanisches  ihrer  spräche 
assimiliert?  das  alln.  skadi  und  skiör,  ska>r,  norw.  skjor,  schw. 
skata  skjura  skära,  dän.  skfide  entfernen  sich  wiederum. 

AGELE ,  f  palea,  ags.  egle,  statt  des  gewöhnlichen  agen : 
wann  augelcn  {d.  i.  ägelen)  darausz  fallen,  weisth.  2, 129 ;  ich 
schul  ainer  hubschlich  ab  die  aglen.  fastn.  sp.  334,  20.  3S1, 
33;  egle,  agle.  Kaisersberg  omeiszZl';  ich  wil  uszwerfen  die 
Sgcl  von  deinem  oug.  post.  3,  51.    s.  äglin. 

AGEN,/".  palea,  festuca,  golh.  ahana,  ahd.  agana,  mhd.  agen,  altn. 
ögn,  schw.  agn,  dän.  avnc,  engl,  awn,  gr.  fi/^va,  ä/vooi;  tat. 
acus,  finn.  akana,  est.  aggana.  und  wan  man  esz  (den  flachs) 
hebert,  so  sol  esz  so  rein  sin,  das?  kein  agen  danisz  falicnt, 
wan  man  das  über  einen  swarzcn  mantel  schüttet,  und  also 
viel  agen,  als  darusz  falicnt,  so  ist  von  iglichem  dem  voigde 
60  sch.  zu  busze  gefallen,  weisth.  2,22.23;  und  soll  das  als 
wol  gewännet  sin,  der  in  schütti  uf  ein  berwertzmantcl,  als 
meng  agen  daraf  blib,  als  meng  3  sch.  sol  er  den  hubern 
bessern.  1,  28 ;  den  meidlin  die  agen  schütteln,  die  rocken  an- 
stecken. FiscHABT  Garg.; 

ich  schätz  wir  gen  zum  rorkenspinnen 

und  schulen  den  meiden  die  agen  ab. 

fastn.  sp.  270,  9.  345,  17  ; 
ich  kan  der  meid  die  agen  abschuten.    276, 11; 
ich  wil  dir  schütten  die  agen  ab.    H.  Sachs  Ili.  3,  7*; 
da  wollen  wir  den  schönen  docken 
die  agen  abschüilen  von  den  rocken.    I,  232* ; 

mhd.  lA;  ftf  gin  agen  und  vlahsl  GA.  1,  197;  das  der  born- 
stein, wenn  er  an  ein  wüllcnluch  geriben  und  erwermet  ist, 
truckene  bar,  agen  und  hülsen  an  sich  ziehe.  Mathesius  55"; 
wie  ein  geriebner  agstein  agen  aufliebt.  142';  artischocken 
umb  die  agen  (spitzen)  bedecken.'  Hoiiberg  1,141';  agen  von 
waitz  und  körn.  2, 53'.  fehlerhaß  gibt  Adei.u?ig  dem  nom.  sg. 
age,  als  entspringe  das  en  erst  durch  schwache  flexion.  Frisch 
hat  richtig  agen,  man  hört  hin  und  wieder  ahne  und  cnne; 
das  alter  des  wnrts  Uhren  die  einstimmigen  fremden  sprachen, 
ohne  zwcifil  hanqt  abana  unmittelbar  zusammen  mit  ahs,  ähre. 
AGEHLI.N,  AfiERLlNG,  m.  agaricus  campeslris,  ein  eszbarer 
schwamm,  franz.  Champignon,  mint,  campinio,  man  suchte  das 
fremde  agaricus,  aya^txov  deutsch  zu  machen,  in  Baiern  ward 
egeriing  lu  egertling,  von  egrrde  aimput  (Schieller  2,  71). 
ägerlia  schreibt  Geasoorfs  wuHdarsnti  f.  103. 


AGERMÜND— AHA 


190 


AGERMÜND,  m.  agrimonia.  Fischart  Garg.  83*;  sonsl  ager- 
mennig.  vgl.  ackerkraut  und  angelmuDcL 

ÄGERT,  s.  egert. 

AGETÜCHT,  s.  abzucht. 

AGLASTER,  s.  agalaster. 

AGLEI,  /■.  aquilegia,  ahd.  agaleia  rhamnus,  paliurus.  (Graff 
1, 130),  mhd.  ageleie ;  agleie  Spee  trutzn.  121 ;  allerlei  agleien. 
ScesüRR  1664.  s.  200 ;  andere  schreiben  ackelei,  ackerlei  und 
gebrauchen  das  wort  männlich: 

schön  hebt  sich  der  aglei.    Göthe  1,  392 ; 

agleig  in  Gersdorfs  wundarzn.  101;  nnl.  akeleij,  dän.  akeleie, 
schw.  aklcja,  äkerleja.  auch  die  sladt  Aquileja  Ate«  im  mit- 
telalter  Agelei,  Aglei. 

AGLER,  denarius  aquilegicnsis,  in  einer  urk.  aus  dem  an- 
fang  des  16  jA.  bei  Chmel,  Maximilian  s.  393:  ein  wise,  davon 
man  jarlich  dient  XL  agier;  jarlich  zu  zins  raichen  und  ge- 
ben XLVIII  agier  in  das  amt  Fewstritz.  eine  ältere  Urkunde 
t'on  12S8  sagt  Agleier  und  Agleger.  Chmel  fontes  1,  23S. 

AGLLX,  n.  festuca :  ein  äglin  aus  dem  aug  ziehen  und  selbs  ein 
balken  darin  haben ;  ich  seh  an  dir  ein  äglin  das  misfellet  mir. 

AGMG,  stupposus,  f.  agenig.  vocab.  ine.  teuL  ante  lat. 
Stieler  27*  hat  agenicht  und  aunicht. 

AGRAM,  «.  ackeran. 

AGRASZ,  m.  mlat.  agresta,  prov.  agras,  franz.  verjus,  brühe 
aus  unreifem  obst,  mhd.  agrdj  Parz.  238,  25  (Ren.  1, 13") ;  gib 
im  agrosz  mit  wasser  gemischet.  Rracnschweig  chirurgia  bl.  50. 

AGREST,  m.  dasselbe,  nach  dem  it.  agresto.  »«.  den  alten 
kochbüchern  heiszt  es :  so  macht  man  auch  die  füll  in  die  eier 
von  weinberen  und  agrest;  dasz  des  agrestes  mer  sei,  dan 
der  kreuter;  agrest  versetzen.  Hohberg  1,  109';  die  agresten 
und  sauren  weiubeer  werden  also  eingemacht.  1, 109' ;  am  ge- 
schmack  säur,  wie  die  agresten  oder  unzeitige  weinbeer.  Ta- 
berxaemont.  1491. 

AGRLND,  »I.  in  einer  femgerichtsurkunde  von  1490  heiszt 
es :  die  dem  andern  zu  nae  ert  of  buwet,  grevet  of  tcrvet,  of 
peile  sloge  in  den  agrunt  des  stoilheren  in  siner  frien  gra- 
veschop.  KiNDLiNGER  münsl.  beitr.  3,  626.  Wiga.sds  feme  s.  344. 
der  sinn  und  vielleicht  die  gestall  des  ohnehin  niederdeutschen 
worts  bleiben  unsicher,  abgrund  kann  nicht  gemeint,  aber  ein 
dunkles  mhd.  eggrunt  (mythol.  s.  766)  mag  dasselbe  sein. 

AGSTEIN,  m.  succinum,  tj/.sxtqov.  der  bernstein  wurde  im 
mittelalter  oft  mit  achat,  gagat  und  magnet  vermengt  und  da- 
nach benannt,  wie  der  magnet  das  eisen,  zieht  der  bernstein 
den  halm  an,  die  heutige  naturlehre  erkennt  zwischen  mag- 
netismus  und  electricität  enge  Verwandtschaft,  ahd.  agistein 
magnes,  agatstein  lapis  nigcllus  (Graff  6,  6S7),  mhd.  agestein, 
agelstein.  ebenso  schwanken  nhd.  agstein  und  agtstcin.  das 
eisen  heht  sich  auf  wider  seine  natur  und  henket  sich  an  dea 
agstein.  Tacler  262';  der  brinnende  agstein.  .Mathesius  55*; 
agt  oder  bornstein.  54';  nun  hell  man  weiszen  agstein  für 
den  besten  und  thewresten,  den  man  auch  gold  gleich  schctzet. 
56*;  und  schreibet  Plinius  von  ihme,  dasz  er  so  viele  agt  oder 
bernstein  eingekauft  habe.  Micräliüs  1,17;  agkstein,  welchen 
sie  gicssum  nennen.  Mictllüs  verd.  des  Tacitus  45l';  agstein- 
kiirner.  Fischart  Garg.  97";  dem  blaichcn  agstein  gleich. 
Weckherlix  703 ;  das  agsteinefne  armband.  Fleming  626 ; 

aus  perleamuscbeln  kann  man  keinen  agtstein  klauben. 
GiJ.NTHER  1072; 

bem,  den  man  auch  agtstein  nennet.  Brockes  9,92:  Adrabak 
vox  s.  Cl.  schreibt  bald  augstein,  bald  ackstein  und  agtstein. 

AGURKE,  f  cucumis,  gurke,  russ.  ognretz,  poln.  ogorek, 
bOhm.  okurka,  wokurka,  ungr.  ugorka,  bugorka,  so  dasz  dem 
jetzigen  gurke  ein  vocalanlaut  abgefallen  ist:  brachte  zum  will- 
kommen einen  rettich,  agurken.  pers.  reiseb.l.i;  rübcn,  kohl, 
ajurken.  3,6.  Nehmch  unter  cucumis  sativus  hat  auch  angurke, 
uraorke  und  unmorke,  IIemsch  83  angurikc. 

AH,  ein  gemildertes  ach,  nicht  mehr  ßr  den  sehmerz,  nur 
für  freude  und  staunen  geltend,  vielleicht  oß  dem  franz.  ah 
nachgeahmt,  denn  wo  wir  ah  brauchen,  dürße  auch  ach  stehn, 
verwohnten  ohren  nur  gemeiner  klingen:  ah  wie  schon I  ah  da 
bist  du !  ach  wie  schön !  ach  da  bist  du !  umgekehrt  Idszt  an 
die  stelle  des  ach  nicht  überall  ah  sich  setzen  und  der  rolle 
scimerzensruf  ach  mein  gott !  ist  sehr  verschieden  von  ah  mein 
gotl!  o  mein  gott!  und  dem  noch  schwächeren  i  mein  goll! 
Lcther  in  der  bibel  1545  häufig  ah  ßr  ach. 

AHA,  im  anstaut  betont,  verstärktes  ah,  doch  so,  dasz  es 
dadurch  nicht  zu  ach  wird:  aha!  sagt  der  pfaf.  WicuiA«  roUv- 


191 


ÄHER  — AHMEN 


AHMER  — AHNDEN 


192 


20 ;  aha,  der  kan  stutzen !  Fischart  Garg.  134* ;  aha,  Danisch- 
mend,  bist  dus  ?  Wieland  8,  370 ;  aha,  kommst  du  mir  nun ! 
aha,  das  klingt  anders !  wer  aha  ausruß,  hat  erwartet  über- 
rascht zu  sein.  Lessing  2,  138  setzt  aha  für  ein  mit  tiefem 
alhcmzug  ausgesprochnes  ah. 

ÄHER ,  n.  spica,  goth.  ahs  gen.  ahsis ;  ahd.  ahir  für  ahis, 
später  ehir,  gen.  chires,  man  darf  aber  ein  älteres,  dein  goth. 
alis  näheres  ahar  ahares  folgern  aus  aharan  spicare;  mhd.  eher, 
iiher,  gen.  eheres  (Ben.  1,  4il') ;  ags.  ear,  gen.  carcs,  in  allen 
Übersetzungen  von  Malth,  12, 1  aber  noch  ehir,  äciiir,  pl.  eiiera), 
engl,  ear;  altn.  schw.  ax,  dän.  aks.  dies  organische  neutrum 
war  noch  im  15.  10  jh.  vorhanden,  Er.  Aluerus  stellt  auf: 
spica,  das  äher;  Dasypodius  spica  üher,  inspico  ich  spitze  wie 
ein  äher;  der  vväitzen  steiget  in  die  hälmer  und  äher.  Ta- 
BERNAEMONT.  597 ;  das  ander  geschlecht  überkommt  an  seinem 
Stengel  ein  dickes  ähr.  1046 ;  allein  dasz  es  auf  jedem  Sten- 
gel nur  ein  einziges  langes  ähr  hat.  649 ;  wann  das  eher  der 
jungfrawcn  {die  spica  im  sternbild  virgo)  umb  den  24.  20  tag 
sept.  ganz  aufgangen.  Thurneisser  infl.  wirk,  aller  crdgew. 
s.  11.  auch  die  heutige  bairischc  Volkssprache  behauptet  noch 
das  ccher,  eicher,  eger,  und  bildet  es  nur  zuweilen  weiblich 
(ScHMELLERl,  39).  bei  Li'TUER  verbirgt  sich  der  nom.  sg.,  so 
häufig  der  pl.  ehern  vorkommt  1  Mos.  41,  5.  6.  7.  V.  23,  25.  Matth. 
12, 1.  Marc.  2,  23.  Luc.  6, 1  und  ebenso  in  den  schrißen  4,  264', 
«oral«  ein  weiblicher  sg.  die  eher  (wie  feder  pl.  federn),  zu 
folgern  ist,  wenn  aber  in  Luthers  werken  6,257'  gesagt  wird: 
als  stehe  es  {das  körn)  schon  da  und  wachse  daher  mit  einem 
schönen  halm  und  ehern  aufs  allerfcinste;  so  scheint  dies 
ehern  der  dat.  plur.  spicis,  nicht  der  sg.,  weil  ein  halm  meh- 
rere ähren  treibt,  das  weibliche  äher  bestätigt  auch  folgende 
stelle:  wann  es  {das  gelraide)  aber  in  der  äher  gehet  (in  spicas 
cxit).  Sebitz  feldbau  491.  aus  ehern  machten  spätere  bibelaus- 
gaben erst  ähern,  endlich  ähren,  von  dem  falschen  weiblichen 
nom.  sg.  ähre,  der  sich  festgesetzt  hatte.  Fniscii  1, 15',  Stie- 
ler 23'  stellen  mindestens  den  nom.  sg.  ähr,  är  auf,  nicht 
ühre,  wenn  schon  als  weiblich,  in  diesem  wart  ist  das  h 
echt,  kein  dehnzeichen,  wie  schon  die  verwandtschaß  zwischen 
ahs  und  ahana  ergibt,  in  ihrer  würzet  ruht  die  Vorstellung  des 
spitzen,  stachlichcn,  vgl.  lat.  acus,  acies,  acidus,  aber  auch  ecke. 

ÄHERN,  spicas  legere,  ahd.  acharon,  ehirön,  mhd.  eheren 
Haupt  2,  228,  beim  volk  in  Baiern  noch  lebendig,  unsrer  schriß- 
sprache,  seil  äher  aufgegeben  wurde,  verloren,  vgl.  Lessing  11, 618. 

AHI,  mit  betonung  des  auslauts,  ausruf  freudiger  Verwun- 
derung {vgl.  mhd.  ahei.  Ben.  1,  0*.  047') : 

drauf  mischet  sie 

die  melodic 

der  süszen  kehle 

in  das  alii 

der  philoinelc.    Bürger  10' ; 

abi!  was  hör  ich?  das  gcsäusel 

von  ihres  Schlummers  odemzug.    26'; 
(mclUe)  sie  blickt  in  den  spiegel,  ahi!  {graf)  was  ist  dir? 
(niclUe)  ahi  I  Göthe  14,  202. 

AHLE  [ale],  f  subula,  ahd.  ala,  mhd.  al  troj.  kr.  117,  altn. 
alr,  ags.  äl,  al,  avel,  engl,  awl,  litt,  yla,  jias ;  daneben  die 
erweilerung  ahd.  alansa,  alnsa,  franz.  alcsne,  sp.  alesna,  prov. 
alena,  it.  lesina,  mnl.  aelsene,  nnl.  eis  pl.  elzcn  vgl.  alse. 
in  der  edda  wird  alr  ein  bruder  des  knifr  {kneip)  genannt  und 
findet  sich  angerufen  von  selbst  ein.  uralles  und  verbreitetes 
wort,  dem  lat.  acus  und  aculeus  unverwandt,  wie  die  abwe- 
senheit  des  kchllauts  in  den  andern  sprachen  anzeigt,  denn  in 
unserm  ablc  ist  h  dehnend. 

AHM  [am],  /".  cadus,  amphora,  mlal.  ama,  ahd.  ama,  öma,  mhd. 
Arne,  umc,  nnl.  aam  pl.  amen,  altn.  äma,  bei  uns  heute  meistens 
ohm,   doch   stellen  Stieler  28'  und  Adelung  noch  ahm  auf. 

AHMEN,  ohinen,  das  fasz  visieren. 

AHMEN  [amen],  imitari,  aemulari,  es  macht  doch  gleich- 
viel bedenken  unser  in  der  Zusammensetzung  nachahmen  ge- 
läufiges Wort  aus  den  lateinischen  Wörtern,  oder  aus  jenem  vi- 
sieicn  und  nachmessen  abzuleiten,  weil  in  naciiahmen  allgemei- 
nes, edles  nachbilden  liegt,  freilich  hat  man  gerade  imitari  auf 
fti/isJaO-ai,  und  dies  auf  die  würzet  nu\  messen  zurilckgefülirt. 
wäre  das  mhd.  achmen  für  ilemcn  besser  beglaubigt  als  durch 
die  Icsart  blosz  einer  hs.  der  kaiserchronik  3930,  und  ein  be- 
zug  auf  das  goth.  ahina  spiritus  gerechtfertigt;  so  entspränge 
ahmen,  diesmal  mit  echtem  kchllaut,  aus  achmen  mrnle  con- 
ciperc?  {vgl.  andern^  imitari.)  nnl.  nicht  naamen,  wol  aber 
beamen,  mit  demselben  sinn,  im  10. 17  jA.  taucht  einigemal  das 
einfache  verbum  auf:  sich  imer  nach  im  omet.  Luther  4,  is' ; 


dieses  morden,  raub  und  brand, 

so  ihr  unler  ewcrm  namen 

lasset  uiigestralfet  ahmen.    Puiland.  2,  709. 

AHMER  [amcr],  /".  favilla  ignita,  ahd.  eimuria,  aerauria 
(Graff  1,  253),  ags.  ämyrie,  altn.  eimyrja,  dän.  emnier;  die 
ammeren  in  der  asche,  scintillulae  Scoottel  1279  und  danach 
Stieler  44;  amcr.  Chytraeus  422;  kein  fünklein  ist  mehr 
unter  den  ammern.  Müller  erquickst,  n.  254;  des  Johan  Arn- 
dcs  paradiesgärtlein  eine  ganze  stunde  im  feucr  unverbrennt 
gelegen  und  unter  der  glüenden  ahmer  unversehrt  heraus  ge- 
zogen. MicRÄLius  a.  P.  4, 100. 

AHMIG,  ohmig,  eine  ohm  haltend. 

AHN  [an],  m.  gen.  ahnen,  avus,  ahd.  ano  (Graff  1,  282), 
mhd.  ane,  an  (Ben.  1,  37'),  der  ags.  alls.  nl.  fries.  spräche 
mangelnd,  doch  das  altn.  di  könnte  geworden  sein  aus  ani, 
wie  die  pracp.  ä  aus  ana.  in  Haupts  zcitschr.  1,  22  wurde 
versucht  ano,  folglich  ein  goth.  ana  oder  anja  aus  der  würzet 
anan  spirare  abzuleiten,  es  wäre  der  todt  liegende,  verstorbne, 
welcher  ausgealhmel  hat,  gleichsam  uzana  uzanja.  doch  scheint 
auch,  mit  beseitigung  der  wurzel  anan,  unmittelbare  Verwandt- 
schaft des  lat.  avus  möglich  und  dann  das  eddische  äi  aus  dem 
gangbaren  afi  =  avus  entsprungen,  die  ahd.  spräche  stellte 
neben  ano  avus  ein  ana  avia,  wofür  in  Urkunden  wie  in  der 
Volkssprache  oß  enc,  cni  {ahd.  anio,  enio?)  avus  und  ane 
{ahd.  anä,  mhd.  ane)  avia  erscheint  vgl.  Cumel  fontes  1, 230 
(ene  und  ane,  avus  et  avia)  weisth.  1,  242.  277  und  Stald.  1, 
92;  später  galten  die  Zusammensetzungen  ahnlievr  und  ahnira^ii; 
die  schrißsprache  hat  diese  mit  groszvater  ttnd  groszmutter 
vertauscht,  ahn  aber  für  den  allgemeinen,  noch  über  die  grosz- 
cltern  aufsteigenden  begrif  der  vorfuhren  behauptet :  von  ade- 
lichen ahnen  entsprossen ;  seine  acht  ahnen  beweisen,  von 
acht  adelichen  vorfahren  väleilicher  und  mütterlicher  seile 
stammen; 

wir  sind  Soldaten  worden 
und  gehn  den  ahnen  gleich.    Fleving  165, 
des  ahnen  aberwiiz  wird  auch  des  cnkcls  sein.    IIaller; 

auf  einen  adlichen  dummkopf: 

das  nenn  ich  einen  edelmannl 
sein  ur  ur  ur  ur  altcrahn 
war  älter  einen  lag  als  unser  aller  ahn. 
Lessing  1,  5; 
was  den  cnkcl  so  wie  den  ahn  frommt.    Götue  2,  264; 
so  kommt  zu  dem  vatcr,  dem  ahnen.'  3,  0. 
AHNCHE,   f  avia,  ahd.  anicha,   mhd.  anche.    Arnsb.  urk. 
860  {a.  1.358). 

AHND  [and],  vi.  spiritus,  animus,  zelus,  ahd.  anado,  anIo 
(Graff  1,  207),  mhd.  ande  (Ben.  1,  35),  ags.  anda,  altn.  andi, 
schw.  ande,  dän.  aande,  t'0)i  der  beim  vorigen  worte  angezog- 
nen Wurzel  anan  spirare,  die  bedcutung  anhelitus,  flatus,  Spi- 
ritus dauert  aber  nur  in  den  nordischen  sprachen,  in  den  übri- 
gen  hat  sich  die  bedeutung  von  animus  und  d'vfiöi  =  impe- 
lus,    ira,   eifer  und  Unwille  entfaltet,    und  man  begann  in  ge- 
wissen  redensarlen   das   in   ant  verkürzte  ande  oder  auch  ein 
weibliches    subst.    diu    ant  von  gleichem  sinn  adjecticisch  auf- 
zufassen und  selbst  zu  comparicren  {gramm.  4,  243).    ahd.  mir 
ist  anado  repugnat  mihi,  mhd.  mir  ist  ande;    den  anden  re- 
chen iram  ulcisci;  im  was  ande,  ihm  war  leid,  zuwider,  klage 
2007;  äae,  ist  mir  ant.  Hei.rl.  2, 1266;  daj  tuot  mir  ant.  3,355; 
her  konik,  cur  schaden  tut  uns  anl.    fastn.  sj).  76,  5; 
und  tut  mir  die  smach  oft  selber  ant.    70,  20; 
ei  wie  thun  euch  sein  Irunk  als  ant.    179,  2; 
richter,  das  tut  mir  von  im  ant.    219,  18; 
die  mag  des  nit  abgen  und  tut  ir  anl.    245,28; 
wen  aber  rüret  golles  band 
mit  krankhcit,  ob  im  die  laut  nnd, 
der  soll  ebiistlicli  bin  dur  bin  kompron. 
II.  Sacus  1,  463«; 
sechs  und  sieben 
haben  mich  vertriebeu 
aiisz  meinem  pewand, 
das  tut  mir  and.    Fisciiart  Garg.  97'; 

das  neue  gewand  thnt  mir  so  and  {unbequem);  den  baucrn- 
buebn  tuet  anfangs  das  soidatenieben  so  and.  Schiieller  J, 
73,  ärgert,  belästigt  sie.  in  Sachsen  und  Thüringen  unterm  volk 
noch  heute:  mir  ist  ande,  thut  ande.  mehr  davon  unter  and. 
AHNDEN  [andcii],  ulcisci,  punire,  ahd.  anadon,  antön  (Graff 
1, 268),  mhd.  anden  (Ben.  1,  35'),  ags.  andian  zelari,  invidere, 
von  dem  vorausgehenden  abgeleitet;  ahd.  unreht  andön,  pu- 
nire injustitiam,  das  mhd,  anden  ist  gleichviel  mit  siucn  an- 
den rechen ;  e;  andct  ein  hundcitn.  myst.  1,  323  gleichviel  mit 


193 


AHNDEN— AHM)EYOLL 


AHNDUNG  —  AHNEN 


194 


dem  spdleren  tuot  im  ant;  lasset  euch  mein  red  nicht  an- 
den.  fastn.  sp.  339,  7  bedeutet  nicht  leid  sein,  nicht  verdrieszen. 
nhd.  erscheint  es  aber  im  sinne  des  sirafens,  rächens  anfangs 
sehr  seilen  und  Lutheb  kennt  es  überhaupt  nicht,  Dasypodius, 
Hemsch,  Scbottel,  Stieler  wissen  von  keinem  ahnden,  anden 
rindicare,  Joh.  Doman  im  lied  ton  den  hanseslädten  bei  Wacker- 
KAGEL  2,  255  hat  es  : 

wer  bat  ein  sebwert  in  banden, 

dem  thut  kein  degen  leid, 

damit  pflegt  mans  zu  anden, 

helts  ander  in  der  scheid ; 

zank  und  bände!  kriegen, 

die  man  auch  nicht  ahnden  darf.    GBnthbr  80. 

doch  im  laufe  des  ISjTi.  wird  es  ganz  gewöhnlich  zu  sagen: 
das  böse,  den  frevel,  den  sehimpf  ahnden,  das  soll  nicht  un- 
geahndet bleiben;  dem  schuldigen  ahndende  gerechligkeit. 
GöTHE  21,  65;  that  ich  dir  doch  wenig,  was  willst  dus  so 
schwer  ahnden? 

AHNDEN  [anden],  mente  praesagire.  diese  bedeutung  hat 
das  ahd.  anadtjn,  so  viel  wir  wissen,  nie,  das  mhd.  anden 
kaum;  man  dürfte  sie  aber  selbst  als  die  ursprüngliche 
aufstellen  und  wiederum  von  anado  mens  ableiten ;  wenn  ahn- 
den rächen  doch  eigentlich  meint,  seinen  unmut,  sein  gemüt 
^uszem,  wartim  sollte  es  nicht  auch  ausdrücken  können  im  ge- 
müt empfinden?  wir  unterscheiden  heule  vortheilhafl  zwischen 
ahnden  rindicare  ttnd  ahnen  praesagire;  ob  sich  der  untei-- 
schied  historisch  rechtfertigen  lasse,  soll  bei  ahnen  erörtert  wer- 
den, hierher  gehören  vorerst  die  belege  ßr  ahnden  praesagire. 
der  frühste  bietet  sich  aus  Tristan  236, 1  dar,  wo  HO.  mich  an- 
det,  F.  mich  anet,  MB.  mich  dunchet  lesen. 

mein  herz  versinken  wil  von  leid, 
mich  antet  keines  guten  nit.    H.  Sacus  V,  233'; 
das  hat  mein  herz  wol  gandet  heut.    I,  233*; 
Unglück  mich  anten  tiiut.    .\trer  fastn.  ST*; 

Klopstock  setzt  immer  ahnden,  mich  ahndet: 

und  dich  ahndet  bei  dem  hinschaun 

nicht  von  blendung?  mich  ahndet.    1,26"; 

0  es  ahndet  dich  auch,  dasz  es  ihr  nicht  gelingt.    2,241; 
schrecket  euch  dieses  nicht,  so  ahndet  mich,  dichter,  der  lorber, 
welchem  ihr  auch  nur  naht  ihn  zu  berühren,  verwelkt.    7,  331 ; 

und  mich  ahndets,  dasz  du  mich  wiedersehn  wirst.    8,  107. 

SO  auch  Voss :  ihm  ahndete,  dasz  es  ein  gott  sei.  Od.  1,  324 ; 
ich  weisz  nicht  was  mir  ahndet.  Lessing  1,  384;  neue  prü- 
fung,  von  der  ihm  nichts  geahndet  hatte.  Wieland  8,338;  ein 
ahnden  von  dem  ewgen  leben  duft  um  sein  grab.  Claudius 
1, 139 ;  ahndend,  welch  ein  wunder  werde.  Bürger  l'; 

von  hoffen  und  ahnden 
war  trunken  sein  sinn.    33*; 

in  den  älteren  schrißen  und  ausgaben  Göthes  scheint  überall 
ahnden,  ahndung  «.  s.  w.  zu  stehn,  wo  die  späteren  daßr  ah- 
nen, ahnung  setzen,  %.  b.  6,  205.  25,  362.  26, 11. 14.  78. 105.  323. 
45,  297.  310.  49,  92.  tti'r  sahen  schon,  dasz  es  der  form  ahn- 
den nidU  an  begründung  fehlt.  Kant  sehreibt  sogar  10,  195 
{im  j.  1798) :  man  hat  neuerlich  zwischen  etwas  ahnen  und 
ahnden  einen  unterschied  machen  wollen,  allein  das  ersterc 
ist  kein  deutsches  wort  und  es  bleibt  nur  das  letztere;  ahnden 
heiszt  soviel  als  gedenken,  es  ahndet  mir  heiszt  es  schwebt  et- 
was meiner  erinnerung  dunkel  vor,  etwas  ahnden  bedeutet  je- 
mandes that  ihm  im  bösen  gedenken,  es  ist  immer  derselbe 
begrif,  aber  anders  gewandt,  ahnden  ist  nicht  eigentlich  den- 
ken, auch  vom  goth.  aha  mens,  ahjan  cogitare  nicht  abslam- 
mend, doch  menle  praesagire,  aniinadvertere  kann  allerdings 
übergehen  in  animadverlere,  reprehendere,  punire.  dennoch  wird 
auch  für  ahnen  sich  einiges  sagen  lassen  und  undeutsch  scheint 
es  in  keinem  fall,  da  die  Unterscheidung  zwischen  ahnden  und 
ahnen  jetzt  faul  durchgedrungen  ist,  verdient  sie  beibehallung. 
AH.NDENSWLUDIG,  poena  dignus: 

doch  mehr  erbarmungswerib  als  abndenswQrdig  .schätz). 
GC>TiiER  533. 

AHNDEVOEL,  praesagti  plenus,  dies  blieb  auch  in  den  neue- 
ren GöTHiscnE^i  ausgaben  stehn,  welche  sonst  ahnen  für  ahn- 
den setzen,  denn  ahnevoll  liesz  sich  kaum  wagen,  dies  ahnde- 
voll stimmt  nun  nicht  zu  den  übrigen  ahnen  und  ahnung : 

vom  gebirg  zum  j^ebirg 
schwebet  der  ewige  geisl, 
ewiges  lebens  ahndevoll.    2,68; 
da»  alles  drangt  uns  abndevoll, 
wo  lock  an  locke  krau!>elt.    5,  41; 


ihr  Wesen  ist  so  ahndevoll, 

weisz  nicht  was  sie  sich  wünschen  soll.    13, 130. 

AHNDUNG,  f.  ira,  vindicta:  nun  betten  die  Römer  ein 
grosze  andung  und  grollen  gegem  bapst  Gregorio,  das  er 
Othonem  zum  keiser  gekrönt  hett.  Frank  chron.  176' ;  die  Ver- 
brecher traf  schwere  ahndung; 

wie  schwer  empfindet  oft  die  Ungerechtigkeit 
die  eiserne  gewalt  zu  schneller  abndungszeit. 

Hagedorn  1,  49. 

AHNDUNG,  f.  praesagium,  vorgeßhl,  heule  ahnung. 

der  ahndung  gleich,  in  der  wir  harmonien 

der  himmlischen  zu  hören  w.ihnen.    Gotter  1,270; 

und  ich  weisz  selbst  nicht  aus  welcher  heimlichen  ahndung 
ich  nach  der  Übersetzung  derselben  zu  allererst  sähe.  Les- 
SING  6, 198 ; 

keine  ahndung  ferner  übel  schwärzet 
deinen  freien,  unbewölkten  sinn. 

Wieland  9,  306 ; 
ach  die  ahndung  lispelt  leise 
mir  ein  andres  Schicksal  zu.    BnRGiR6'; 

ich  umarme  sie  mit  einem  herzen  voll  süszer  ahndungen.  Fr. 
Jacobi  bei  Merck  2,  123;  ahndungen  sind  regungen  die  Hügel 
des  geistes  höher  zu  heben.  Bettine  tageb.  55 ;  der  verschlos- 
sene saine  und  die  blute,  die  aus  ihm  erwächst,  sind  einan- 
der nicht  vergleichbar,  und  doch  ist  sein  erstes  keimen  die 
ahndung  dieser  blute,  das.;  die  aussieht  in  die  Zukunft  als 
voremptindung  d.  i.  ahndung.  Kant  10, 195;  von  welcher  Wis- 
senschaft (der  allgemeinen  Sprachkunde)  die  alten  noch  keine 
ahndung  besaszen.  Humboldt  Kawispr.  3,  425. 

AHNDUNGSVOLL,  was  ahndevoll,  in  den  folgenden  stellen 
ist  es  dem  gewöhnlich  durchgeführten  ahnungsvoll  noch  nicht 
gewichen:  diese  niinen  zu  reizung  künftiger  räche  ahndungsvoll 
liegen  zu  lassen.  Göthe  6,  29 ; 

wo  eine  alte  leichte  spur  des  frech 

vergosznen  blutes  oflgewaschnen  boden 

mit  blassen  abndungsvolien  streifen  färbte.    9,  47 ; 

er  ruhte  dort  als  das  erste  opfer  eines  ahndungsvollen  Ver- 
hängnisses. 17,  372 ;  alle  büszungen,  alle  entbehrangen  sind 
keineswegs  geeignet  uns  einem  ahndungsvollen  geschick  zu 
entziehen,  wenn  es  uns  zu  verfolgen  entschieden  ist.  17,  376 ; 
das  verdiente  einige  ahndungsvolle  ehrfiu-cht.  33,  275. 

ÄH.NE,  f.  aviüj  ahd.  anä,  mhd.  ane,  noch  in  Auerbach 
dorfg.  1, 176. 

AHNE,  f.  palea,  ßir  agene,  agen:  den  {gehechelten)  flachs 
soll  man  ganz  und  gar  lucker  aus  einander  schütteln,  darmit 
die  ahnen  oder  grahnen  fein  heraus  fallen.  Bartisch  augen- 
dienst.  Dresden  1583  bl.  82. 

AHNE,  sine,  mhd.  äne,  zuweilen  ßr  ohne  geschrieben,  z.  b. 
Luthers  br.  1,  78.  die  fastn.  spiele  schreiben  noch  immer  an 
not  16,  13;  an  gever  21,  20.  43,  27.  (34,  22.  330,  18.  332,  15 
ungever)  Mnrf  H.  Sachs  an  gfer  L  4,  407';  an  gefehr  L  5,497'; 
neben  ongefer  H.  4,  81*. 

ÄHNEL.N  [äneln],  similem  esse,  rcferre,  ähnlichen : 

sie  ähnelt  ihn  verriickten  thoren, 

er  ist  darunter  weise  wie  er  kann.    Göthe  41,  23; 

Plutarchs  Zusammenstellung  ähnelnder  lebensweiscn.  45, 275. 
vgl.  25,  131.  48,  187;  wir  ähneln  uns  wie  brüder.  Arnim  2,  324. 
AHNEN,  mente  praesagire,  Idszl  sich  ahd.  nicht  aufzeigen 
und  würde  als  schwaches  verbum  anön  vom  starken  goth.  anan, 
praet.  ön  abslehn.  mhd.  aber  ist  es  nicht  ganz  zu  leugnen, 
wenn  schon  höchst  seilen,  in  der  unter  ahnden  angeßhrten 
stelle  Trist.  236,  1  erscheint  die  lesart  mich  anet,  bei  Herbort 
9592  mir  anet  wid  15211  im  ante;  d.j  ant  mich  Aventiure. 
SiCHENW.  24.  41;  daj  anet  mich.  Diocl.  59;  mich  ant  (ico  das 
nir/ii  =  andet),  das  ir  solch  esel  seit,  fasln,  sp.  335,  20.  Etwas 
häufiger  seit  dem  16. 17  jh. :  nun  was  es  zugericht  im  sacrament 
dem  bruder  zu  vergeben,  aber  den  bruder  anet  die  sach, 
wroll  der  geferbt,  vcrgift  hostie  nicht  einncmen.  Frank  chron. 
222';  und  da  die  fraw  Märten  dieser  redt»n  hört,  sie  anet, 
wie  etwas  weiteres  darunder  verborgen  wäre.  Aimon  5';  ich 
dürfte  9chier  glauben  wie  mein  herz  gesagt  hat,  denn  mich 
für  und  für  geanet  hat,  wie  ich  der  ritter  mehr  gesehea 
habe.    Gatmy  338 ; 

ach  aller  liebster  herre  mein, 

das  ding  allsampt  hat  mich  geandl.    AtukSOO*; 

dann  mich  ant  bei  meiner  ehr, 

eur  lieb  die  seh  ich  nimmcmiehr.    221': 

13 


195 


AHNEN— AHNHERR 


AHNHERRLICH — AHNUNG 


196 


Er.  Alberüs  stellt  auf:  es  ahnet  mir,  praesagio,  Schottel 
1278  ahnen  augurari,  Stieler  30'  ahnen  neben  anden  ominari, 
das  ding  hat  mir  lange  geahnet; 

dies  ahndt  vielleicht  dem  holden  kiilde.    Güntukii  18-1; 

was  ahnd  dir,  sprödes  kind?    475; 

es  aliut  mir,  Schlesien  verliere.    572; 

es  alindt  mir  allerdings.    630; 

ich  weisz  nicht  was  mir  ahnt.    797; 

als  ob  es  mir  geahnet  hätte,  wie  glücklich  mich  die  folge 
machen  würde.  2,  34 ;  als  ob  es  ihm  geahnet  hätte,  dasz  sie 
seine  Schwestern  wären.  10,  48 ;  ma  foi,  das  ahnte  mir.  Bür- 
ger 23"; 

mir  fliegt  ein  böses  ahnen  durch  das  herz.    Schiller  411 ; 
Und  ahnend  fliegts  mit  hlitzesschlagc 
durch  alle  herzen:  gehet  acht  I    Schiller; 

ahnest  du,  o  seele,  wieder 

sanfte  süszc  frühliugslieder.    Uuland  19 ; 

des  gefürchteten  gipfeis 

schneehehangner  scheitcl, 

den  mit  geisterreihen 

kränzten  ahnende  Völker.    Göthe2,  07; 

doch  sind  wir  entzückt  uns  in  jene  zustände  hinein  zu  ah- 
nen, in  welchen  die  dichtenden  gelebt.  6,  8 ;  ein  herz,  das 
mit  ihr  nach  fernem,  verhüllten  Seligkeiten  dieser  weit  ali- 
nete.  33,  43 ;  dichtung,  eine  geahnte  füllung  der  lücken  in  der 
geschichte.  Arnim  Icronenu:  1,  9.  Wie  nun  ist  von  diesein  ah- 
nen zu  urtheilen?  man  könnte  denken,  schon  aus  dem  mhd. 
pract.  ande  oder  ante  für  andete  habe  sich  ein  falsches  praes. 
anen  für  atiden  erzeugt,  tmd  noch  leichler  wäre  ein  späteres 
ahndt,  geahndt  =  ahndet,  geahndet  falsch  gefaszt  auf  ein  ah- 
nen bezogen  worden,  einem  organischen  ahnen  zu  statten  käme 
aber  das  schw.  ana  praesagire,  jag  anar  praesagio  und  dct 
anar  mig  mens  mihi  praesagit,  falls  es  nicht  von  uns  entlehnt 
wurde,  nur  das  bei  Ihre  angezogne  altn.  mürgum  var  ant  heim, 
dcsidcrio  redilus  tenebantur  gehört  nicht  hierher,  sondern  steht 
für  annt  oder  annat,  von  anna  feslinarc:  sie  hatten  eile  heim- 
zukehren, ein  dän.  ane  praesagire  kommt  nicht  vor.  In  al- 
lem fall  ist  uns  der  unterschied  zwischen  ahnen  und  ahnden 
seit  ihrem  häufigen  gebrauch  für  zwei  ganz  abweichende  bedeu- 
lungcn  jetzt  beinahe  unerläszlich.     vgl.  ahnsen. 

AHNEN,  n.  praesagium,  vorgeßhl. 

AIINENBILD,  »i.  Lessing  11,  183. 

AHNENDUNKEL,  m.  was  ahnenstolz.  Thümmels  reise  10, 109. 

AHiNENGLANZ,  m.  splendor  majorum: 

was  hilft  mir  der  Schlösser  menge, 

was  mein  ahnenglanz?    Fr.  Möller  1,  188. 

AHNENLOS,  majorum  expcrs.  Gökingk  3, 182.  J.  Paul  Hesp. 
4,  95. 

AHNENPROBE,  f  beweis  der  abstammung  von  acht  ahnen: 
mit  ahnenprobe  in  der  tasche.    Gotter  3,  364. 

AHNENHECHT,  n.  das  recht  derer,  die  von  altem,  unbe- 
flecktem adel  sind. 

AHNENBEIHE,  f.  series,  ordo  majorum. 

AHNENSTOLZ,  m.  ich  schwöre  bei  ihrem  ahnenstolze. 
Rar.  3, 335. 

AHNENTAFEL,  f.  geschlcchlsregister,  Stammbaum. 

AHNENZEIT,  /".  priscum  aevum:  aus  der  treuherzigen  ah- 
nenzeit  (vielleicht  ahnen  zeit?)  Voss,  hier  ohne  bezug  auf  adel. 

AHNFBAU,  f  avia:  Jesus  sei  mit  Johannes  ander  ge- 
schwisler  kind,  dann  sein  multer  und  Christi  anfraw  seien 
zwo  scliwestern  gewesen.  Ayrer  proe.  1,  8.  heule  aber  gilt  es 
mehr  für  atavia  magna,  was  man  ahd.  durch  uota,  altn.  uda 
schöner  ausdrückte. 

AHNHEBB,  m.  avus.  Rihel  Liv.  7;  anghhcirre  weisth.  2, 
713.715;  dasz  die  ticiilern  oder  enkeln  ihren  gestorbenen  an- 
herren  oder  anhauen  mit  ihrer  vorgeslorbenen  valtcr  und 
mutler  gescliwisterlen  in  die  stamme  erben  sollen.  R.  A.  von 
1521  §.  18;  das  ir  ailenthalb  so  vi!  alt  anheirn  sehet.  Frank 
parad.  25;    mein  anher.  fasln,  sp.  685,21; 

das  maul  antworl,  der  anhcrr  mein 

vor  jaren  ist  gewesl  ein  pfcrl. 

H.  Sachs  II.  4,  34'; 

das  hah  ich  gehöret  von  fernen 

von  Eherlein  Hufman  meiin  anhcrrcn.    H.  4,  95* ; 
hast  du  meinen  anherrn  nit  kennt?    Ayrrr  IOC'; 
vielleicht  hat,  dankbar  für  den  heilgcn  Christ; 
mein  liebchen  hier  mit  vollen  kinderwaneen 
dem  ahnherrn  fromm  die  w^lko  hand  gekOst.    Götur  12,  139. 


heute  wieder  ßr  atavus,  altn.  di,  von  afi  abgestuft:  das  ge- 
wissen bedarf  keines  ahnherrn,  mit  ihm  ist  alles  gegeben. 
Göthe  50,  63. 

AHNHEBBLICH,  avitus.    Rihel  Liv.  4. 
deine  strengen  sitten 

gleich  deinem  rock  ahnherrlich  zugeschnitten.     Wieland  9,  230 ; 

mit  so  manchen  schönen  ahnherrlichen  besitzungen.  Göthe 
35,  348. 

AHNICHE,  m.  avus,  proavus,  ahd.  anicho,  ancho,  fortbil- 
dung  von  ano,  die  sich  noch  in  der  vorrede  zu  Aimon  gebraucht 
findet:  irer  anichen  schwerdter  und  wehren  mit  beiden  hen- 
den  nit  wol  erheben  mögen. 

AHNLICH,  avitus,  a/td.  aniliii.  Graff  1,292;  änlich.  Schmel- 
ler  1,  63; 

ob  noch  heimisch  bei  uns  ähnliche  tugend  sei.    Voss  3, 19. 

ÄHNLICH  [änlich],  similis,  goth.  analeiks ;  ahd.  anagalih 
(Graff  2, 114),  mhd.  anelich  Gudr.  1239,  2.  1241,  2 ;  ags.  anlic, 
onüc;  altn.  Alikr,  weder  schw.  dän.  noch  engl,  und  nnl.  mit 
der  praep.  ana  zusammengesetzt,  an  das  gleiche  rührend,  nicht 
völlig  gleich,  similis,  nicht  aequalis,  wiewol  im  gemeinen  leben 
mit  gleich  vermengt.  Luther  schreibt  ehnlich:  zeuget  einen 
son,  der  seinem  bild  ehnlich  war.  1  Mos.  5,  3 ;  er  ist  ihm  ehn- 
lich. Joh.  9,  9 ;  dem  glauben  ehnlich.  Rom.  12,  7 ;  wer  ist  die- 
sem thier  ainlich?  Hütten  5, 13 ;  ist  dem  vorgesetzten  ähnlich 
aller  gestalt.  Forer  fischb.  36';  Lethargus  et  Veternus  sind 
nichts  er  uneinlich,  cognatae  sunt  aegritudines.  Alberus  ad  voc. 
schlaf;  der  alte  brief  ist  dem  nuwen  angelich.  Tschudi  1,557; 
das  ist  der  Wahrheit  vollkommen  ähnlich,  veri similis;  es  scheint 
der  warheit  nicht  änlich.  Garg.  lU".  die  Schreibung  ainlich, 
einlich  zeigt  das  alte  ei  für  den  umlaut  e.  statt  er  ist  ihm 
ähnlich  kann  gesagt  werden  er  sieht  ihm  ähnlich,  und  für  das 
ist  in  seiner  weise,  das  sieht  ihm  ähnlich,  gleicht  ihm:  ich 
sehe  doch  dem  tode  so  äimlich  nicht.  Lessing  2,  531 ;  sieht 
er  seinem  bruder  nicht  recht  äiinlich  ?  Güthe  25,  368 ;  so  ge- 
fällt sie  mir!  das  sieht  ilu-  ganz  ähnlich  (entspricht  ihreni  We- 
sen).  18,  155.     er  sieht  sich  nicht  mehr  ähnlich. 

ÄHNLICHEN,  similem  esse,  ähneln,  eben  so  von  gleichen 
verschieden  wie  ähnlich  von  gleich.  Luther,  von  einem  kraut 
redend:  unser  pfarherr  er  Johan  Pomer  meinet,  es  heisze  bei 
seinen  Pomern  heilige  wurzel,  und  wachse  so  grosz,  dasz  über 
ein  haus  hingehe,  welclis  der  nachtschatten  ehnlicht.  3,  220; 
das  der  warheit  wunder  sehr  ainlicht.  Hütten  5,  12;  dasz  er 
vil  mehr  einem  kleinen  engelclien  von  fron  altar,  als  eim  men- 
schen anhebet.  Fisciiart  Garg.  144';  ein  söhn,  der  mir  in  al« 
lern  ähnlichte.  Plesse  1,  68  ; 

uns  blich,  als  sie  verschwunden  war, 

unvergeszlich  ihr  bild, 
höherer  schöne  gcfühl,  durst  ihr  zu  ähnlichen, 

und  ach  Schwermut  zurück.    Klopst.  2,  87 ; 

indcsz  die  höfische  kälte  dem  merzschnee  ähnlicht,  der  die 
keime  zerfriszt.  J.  Paul  Hesp.  2,  48 ;  fürsten,  welche  dem  sitzen- 
den Jupiter  von  Phidias  ähnlichen,  doppelheerschau  s.  168; 
welche  dem  hunde  ähnlichen.  Fibel  93. 

ÄHNLICHKEIT,  f  similitudo,  analogia. 

ÄHNLICHüNG,  f. 

ein  buch,  worin  es  im  gcist  der  verkannten 
Griechen  sich  regt,  von  sich  selber,  die  gestalten 
nicht  nachahmend,  die  auch  ursprünglich 
lächelnd  auf  ähnlichung  sehn.    Klopst.  2,  52. 

AHNSEN,  ominari,  eine  Weiterbildung  von  ahnen,  dem  ei 
zur  bestäligung  gereicht.  Schweiniciien  hat  eine  erscheinung: 
weil  mir  nun  was  ahnsele  (die  andere  hs.  ehsemet),  habe  ich 
die  jungen  erweckt.  3,  218.    Stalder  1,  93  ähnzcn,  änzen. 

AHNUNG,  f.  omen,  praesagium: 

wo  trüb  und  wild, 
ein  neues  volk,  voll  leben,  inut  und  krafl 
sich  selbst  und  banger  ahnung  überlassen 
des  menschenlübens  schwere  Bürden  trägt.    Göthk  0,  67; 

dasz  diesem  vorliaben  mein  gefühl  widerspricht,  dasz  eine  ah- 
nung  mir  nichts  gutes  weissagt.  17,  12;  schnell  ergreift  sie 
eine  scilsamc  nhnung,  ein  freudig  bängliches  eiziltcrn.  17,140; 
jeder  schrill  in  die  Zukunft  war  ihm  voll  ahnung  wichtiger 
handhingen  und  merkwürdiger  begebenheiten.  18,  136;  sie 
fiengen  nun  an,  von  ahnungcn,  erschcinungen  und  dergleichca 
zu  sprechen.  18,318;  man  lasse  mich  bekennen,  dasz  ich. 
das  gesiebt  aus  dem  siegreife  niederschrieb,  ohne  auch  nur 
früher  eine  ahnung  davon  gehabt  zu  haben.  45,  310 ;  so  dasz 


197   AHNÜNGSDRANG  — AHNUNGSVOLL 


AHNUNGSVOLL — ÄHREN 


193 


ihr  Scharlach  eine  ahnung  von  blau  behält.  52,  321;  ahnung 
ist  dunkle  vorenvartung.  Kant  1,  185,  nach  der  aus  10,  195 
unter  ahnden  ausgehobnen  äuszerung  halte  er  hier  auch  ahn- 
dung  schreiben  müssen. 

ÄHiNUNGSDRAiVG,  m.  der  erde  mark  mit  ahnungsdrang 
durchwühlen.  Göthe  12,  173. 

ÄHNUNGSREICH,  alle  blältchen,  die  sie  ihm  geschrieben, 
Ton  jenem  ersten  an,  das  ihm  seine  gattin  so  zufallig  ah- 
nungsreich übergeben  hatte.  17, 114 ;  die  erste  kunst  durchaus 
ahnungsreich,  deszhalb  die  landschaft  ernst  und  gleicbsam 
drohend.   44,  235. 

AHM'NGSVERMÖGEN,  n.  Göthe  24,  59. 

AHNUNGSVOLL,  ein  liebliiigsausdruck  Göthes,  von  welchem 
reichliche  belege  zu  geben  sind,  man  merke  aber,  dasz  alle  äl- 
teren ausgaben  immer  ahndungsvoll  schreiben,  ahnungsvoll  erst 
in  der  von  1817  bei  des  dichters  lebzeiten  und  mit  seinem  wil- 
len beginnt,  wahrscheinlich  setzte  er  in  dem  später  verfasztvn 
selbst  so: 

leise  kann  icb  nur 

diel)  abnungsvoll  ermahnen.    9,289; 

die  tage  schreiten  vor  und  ahnungsvoller' 

bewegen  sich  nun  freud  und  schmerz  heran.    9,291; 

0  dasz  ein  einzig  ahnungsvolles  worl 

zufällig  aus  der  menge  mir  ertönte.    9,  373; 

ein  rauher  ahnungsvoller  wind  schwebt  um  mich  her.    11,72; 

und  schaffend  gölterleben  zu  genieszen 

sich  ahnungsvoll  vermasz.     12,40; 

da  klang  so  ahnungsvoll  des  glockeniones  fülle.    12,45; 

die  eine  tieTe  nacht  bedeckt 

mit  ahnungsvollem  heiigen  grauen 

in  uns  die  beszre  seele  weckt.    12,  (U; 

du  ahnungsvoller  engel  du.'  12,  183;  (ahndungsvoller  1790, 141. 

1808,  174.     ahnungsvoller  1817,  174.  ISIO,  152.) 
und  ängstet  dich  und  sich 
mit  ahnungsvoller  gegenwart.    12,  199; 
es  (das  herz)  war  so  ahnungsvoll  und  schwer, 
dann  wieder  ängstlich  arm  und  leer.    13,  83; 
im  drang  der  ahnungsvollsten  weltgewühle.    13,  252; 
er  kommt,  er  naht!  wie  fühlt  bei  diesem  schalle 
die  seele  gleich  sich  ahnungsvoll  bedingt.    13,  254; 

dasz  eine  ahnung  mir  nichts  gutes  weissagt,  auf  diese  weise 
wäret  ihr  frauen  wol  unüberwindlich,  versetzte  Eduard,  erst 
verständig,  dasz  man  nicht  widersprechen  kann,  —  ahnungsvoll, 
dasz  man  erschrickt.  17, 12 ;  aber  als  Eduard  des  morgens  an 
dem  busen  seiner  frau  erwachte,  schien  ihm  der  tag  abnung*- 
ToU  herein  zu  blicken,  die  sonne  schien  ihm  ein  verbrechen 
zu  beleuchten.  17,  132;  die  kapelle,  deren  fromm  verzierte 
wände  bei  so  mildem  Schimmer  alterthümlicher  und  ahnungs- 
Toller,  als  er  je  hätte  glauben  können,  ihm  entgegen  dran- 
gen. 17,  409 ;  wenig  ahnungsvolle  freuden  des  lebens  glichen 
der  empfindung.  18,  21 ;  ahnungsvoll  fie'  ich  darüber  her.  IS, 
22 ;  mir  ist  es  wie  einem  bräutigam,  der  ahnungsvoll,  welch 
eine  neue  weit  sich  in  ihm  und  durch  ihn  entwickeln  wird, 
auf  den  festlichen  teppichen  steht.  18,  96;  sollte!  nicbt  uns 
in  der  Jugend  wie  im  schlafe  die  bilder  zukünftiger  Schick- 
sale umschweben  und  unserm  unbefangnen  äuge  ahnungsvoll 
sichtbar  werden?  19,  58;  die  landschaft,  die  ihm  gestern  so 
greulich  und  ahnungsvoll  erschienen  war.  21,  162;  doch  war 
es  ihm  als  gieng  er  einem  bekannten,  ahnungsvollen  zustand 
entgegen.  23,  143 ;  gefühl,  das  dem  von  der  natur  in  mich 
gelegten  ernsten  und  ahnungsvollen  entsprechend.  24, 16 ;  er- 
ziebungsmaxime,  den  kindern  alle  furcht  vor  dem  ahnungs- 
vollen und  unsichtbaren  zu  benehmen.  24,  16;  der  ncujahrs- 
tag  kam  heran,  den  altem  personen  bedenklich  und  ahnungs- 
voll. 24,  130 ;  zu  den  ahnungsvollen  dingen,  die  den  knaben 
und  auch  wol  den  Jüngling  bedrängten,  gehörte  besonders 
der  zustand  der  judenstadt.  24,  236;  schon  seine  wobnung, 
wundersam  und  ahnungsvoll,  war  für  mich  höchst  reizend. 
25,  151 ;  das  radformige  fenster,  das  in  der  kircbe  und  deren 
gewüibe  ein  ahnungsvolles  licht  verbreiten  soll.  25,  265;  den 
weit  und  kaltsinn  des  knaben  durch  ehrfurcht  vor  irgend 
einem  ahnungsvollen  ins  gleicbgewicbt  zu  setzen.  26,  182; 
sittlicher  ernst,  ahnungsvolle  grösze  walten  überall  (in  Ra- 
faels  carlonen).  29,25;  dieses  revolutionaire  tedeum  {die  mar- 
teillaisei  hat  ohnehin  etwas  trauriges,  ahnungsvolles.  30,  314 ; 
menschenleer  war  die  gegend,  die  äuszerste  einsamkeit  ah- 
nungsvoll. 30,  2J;  diese  zweite  heroische,  ahnungsvolle  that. 
30,  40 ;  da  wir  denn  den  ahnungsvollen  rückzug  antraten. 
30,  97 ;  die  stille  war  ahnungsvoll.  30,  318 ;  wenn  eine  ah- 
nungsvolle beschränkung  uns  mit  gewissen  schauem  ergreift. 


31,  245 ;  die  tage  und  wochen  waren  so  ahnungsvoll,  die  letz- 
ten monate  so  stürmisch.  31,  250 ;  die  helle  färbe  erfreut  das 
äuge  und  eben  dieselben  färben  in  ihrem  dunkelsten  zustande 
genommen  werden  einen  erasten  ahnungsvollen  efifect  henor- 
bringen.  36,  266 ; 

der  sinkenden  sonne 
die  in  die  wölken  sich  tief,  gewitterdrohend  verhüllte, 
aus  dem  Schleier,  bald  hier  bald  dort  mit  glühenden  blicken, 
sU-ablend  über  das  feld  die  ahnungsvolle  beleuchtung.    40,316; 
nur  hie  und  da  bedeutend  funkelt 
ein  rother  ahnungsvoller  schein.    41,  275; 
waldquellen,  schwane,  nackte  schönen, 
das  war  sein  ahnungsvoller  träum.    41,  100; 

rechts  unten  liegt  Bingen,  daneben  die  ahnungsvolle  berg- 
schlucht,  wohin  der  Rhein  sich  verliert.  43,  297 ;  auf  dem 
gipfel  des  Brockens,  zwischen  ahnungsvollen  granitklippen. 
45,  324 ;  schaut  ein  begünstigter  geist  in  die  groszen  welt- 
erscheinungen  hinein,  bemerkt  was  sich  ereignet  und  spricht 
das  vorhandne  ahnungsvoll  aus,  als  wenn  es  entstünde.  49,3; 
dieses  zwar  sehr  bekannte,  doch  immer  ahnungsvolle  phäno- 
men.  52,  240. 

AHNUNGSWEISE,  adv.  praesagiendo :  ein  nachtgesicht,  das 
mir  einen  Spiegel  vorhält,  darin  ich  das  ende  meiner  verrä- 
thereien  ahnungsweise  erkennen  soll.  10,  118 ;  es  schien, 
als  ob  ihm  der  werth  und  die  würde  des  goldes,  die  uns  in 
spätem  jähren  erst  fühlbar  werden,  ahnungsweise  zum  ersten- 
mal entgegen  blickten.  19,  S 

AHOILN,  »?i.  plalanus,  ahd.  ahorn,  ahurn  (Graff  1,  135), 
mhd.  ahorn  (Ben.  1,  14*),  ags.  ahorn,  nnl.  ahom,  litt,  aornas, 
eins  der  wenigen  Wörter,  die  ihre  alte,  volle  form  stets  unver- 
dünnt erhielten,  ahorn  entspricht  dem  lat.  acer,  dessen  adj. 
acemus  der  deutschen  wortgestalt  am  nächsten  tritt,  auch  das 
sl.  iavor,  poln.  iawor,  bOhm.  gawor  gehört  dazu  und  hat  kein 
n  entfaltet,  aber  den  kehllaut  durch  einen  labial  ersetzt,  wie 
ihn  litt,  aornas  ganz  ieseitigt.  wegen  seines  breiten,  vollen 
laubs  reden  die  dichter  oß  von  des  ahoms  dunkelm  schatten. 

AHORNEN,  acernus. 

AHORNSCH.\^TTE.\,  m.  umbra  densissima:  er  schleicht  zu 
deinem  ahornschatten. 

AHORNTISCH,  m.  tisch  aus  hartem  ahorahok. 

AHORNWALD,  m.  platanenwald. 

ÄHRE  [äre,  ere],  f?i.  pavimentum,  area,  vielleicht  schon  ahd. 
ero,  renn  im  Wessobrunner  gebet: 

dat  gafregin  ih  mit  firahim  firiwizzo  meisla, 
dat  iro  ni  was  noh  üfbimil, 

aufzufassen  ist  flur,  golf,  gleichsam  vorsal,  dem  aufhimmel 
gegenüber,  unl  freilich  erde,  festes  land  meinend,  neben  ero 
gen.  tm  musz  aber  (wie  neben  aro.  pero  altn.  örn,  biOrn) 
gegolten  haben  ^rin,  gen.  erines,  bei  Graff  1,  463  auch  ge- 
schrieben airin ;  ags.  4re  area,  nhd.  bald  der  ähre,  ehre,  bald 
ährcn.  ehren,  ehrn,  zumal  in  der  Zusammensetzung  hausähre, 
diele,  flur,  tenne  im  vorhaus.  Stalder  1,  346  schreibt  erm, 
ehrm,  obrm,  Sciijceller  1,  169  ehren,  obren,  das  wort  geht 
aber  durch  Schwaben,  Franken,  Hessen,  Thüringen,  zum  4 
stimmt  das  lange  a  des  lat.  area  {vgl.  mlat.  era,  franz.  aire), 
nicht  das  in  ara,  welches  aus  asa,  ansa  entsprang,  verschie- 
den scheint  auch  altn.  arin,  arn  focns,  dän.  arne,  ags.  Srn 
locus  secretior,  casa,  tugurium,  sämtlich  mit  kurzem  vocal. 
sclirißspracbe  und  dichter  meiden  heule  das  alte  wort  und  setzen 
dafür  Cur,  diele,  vorhaus,  doch  Klopsto«  brauchte,  aber  weih- 
lich, Sbre: 

der  himmlischen  Shre  bewohner 
sehen  des  mondumwjmmelien  sierpis  weilkreisenden  lauf  nicht. 

ÄHRE,  /".  spica,  aus  dem  alten  aber  verderbt,  des  grases 
und  getraides  oberster  theil,  worin  sich  blute  und  fruchl  ent- 
falten, das  körn  geht,  schieszl  in  die  ähren,  herba  erescit  in 
festucam,  erigitur  in  eulmum,  surgit  in  segetem. 

windet  zum  kränze  die  goldnen  ähren.'    Schiliir. 

menschen  fielen  gleich  gem.ihten  ähren.    Tisdc«. 

ÄHRE.N,  sich,  spicam  emiltere,  ähren  treiben;   bair.  ihem. 

ScHMELt.ER   1,  39. 

ÄHREN,  ürcn,  eren,  arare: 

wenn  wir  alle  lierren  wären. 

wer  wolle  fahren  oder  ähren  ? 

das  pii  land  ist  verslöret, 

die  relder  liegen  öd, 

wird  weder  gesät  noch  geäbrel.    Soitao  tot*««.  46J ; 

auf  lief  geährtes  land  säen.  Hohberc  3,  6".    vgl.  ackern. 

13* 


199 


ÄHRENFELD  — AL 


ALABASTER  —  ALBBAUER 


200 


ÄHRENFELD,  n.  getraidefeld : 

das  wild  duckt  sich  ins  ahrenfeld.    Bürger. 

ÄHRENFLUR,  getraideflur:  da  die  ährenflurcn  dufteten  und 
nicht  rauschten.  J.  Paul  Tit.  3,  14. 

ÄHRENFÖRMIG,  spicatus. 

ÄHRENFRUCHT,  f.,  im  gegensatz  der  hülsenfrucht. 

ÄHRENKRANZ,  m.  crntekranz;  ein  goldner  geschwollner 
ährenkranz.  J.  Paul  Tit.  4, 160. 

ÄHRENLESE,  spicilegium,  auflesen  der  ähren,  die  die  Schnit- 
ter liegen  lassen,  nachlese. 

ÄHRENMEER,  n.  das  wogende  getraide.  Brockes  1,  109. 
2,  171.  4,  338.  5,  86.  9,  331.  aequor  agrorum,  in  quo  quac- 
stuosae  fluctuant  in  segetibus  undac.  Sido.mus  Apoll,  ep.  4,  21 ; 
veggionvi  si  i  campi  pieni  di  biade  non  altrimente  ondeggiare 
che  il  mare.   Boccaccio  dec.  1, 1 ; 

der  wint  durcli  eines  kornes  fluor 

so  tobelichen  nie  geswanc.    turn,  von  Nanteiz  121,  4; 

die  Griechen  nannten  das  aufschauern  der  Wasserfläche  und  des 
Saatfeldes  f^i'^. 

ÄHRENREICH,  fertilis.    Brockes  4, 191. 

denn  noch  sind  immer  unsre  saaten 

die  ährenreichsten  rund  herum.    Gökingk  2,  3C. 

ÄHRENSCHNITT,  m.  das  geschniltne  getraide:  die  Arjber 
nahmen  den  ährenschnitt.   Rückert.    * 

ÄHRENSCHVVANGER,  ferax.  ährenschwangre  felder.  Brockes 
5,  81.   8,  9. 

ÄHRIG,  spicatus,  in  den  Zusammensetzungen  langährig,  kurz- 
ährig,  vollährig,  doppelährig. 

AI,  ein  unserer  spräche,  seit  das  goth.  und  frühste  ahd.  ai 
in  ei  umlautete,  eigentlich  fremd  gewordner  laut,  den  fehlerhaße 
ausspräche  aber  beibehalten  und  zugleich  auf  das  organische 
1  ==  goth.  ei  erstreckt  hat.  so  vermengen  wir  heutzutage  im 
laut  gemein  goth.  gamains,  ahd.  gimeini,  ags.  gemasne,  alts. 
gimeni  mit  mein,  goth.  meins,  ahd.  ags.  alts.  min,  oder  lei- 
den pati,  ahd.  lidan  mit  leid  invisus,  ahd.  leid,  ags.  lad;  leim 
argilla,  ags.  lam,  engl,  loam  mit  leim  gluten,  ags.  lim,  engl. 
lime  «.  s.  w.,  von  welchem  gebrechen  jede  andere  deutsche 
mundart,  namentlich  auch  die  niederdeutsche  und  niederlän- 
dische sich  frei  erhielt;  selbst  oberdeutsche  mundarten  hallen 
beiderlei  ei  gesondert,  indem  sie  ai  und  ei  oder  wenigstens  ei 
und  i  unterscheiden.  In  der  Schreibung  haben  folgende  würter 
das  ai  meistens  stehn  lassen,  wenn  schon  ei  eben  so  lauten  würde: 
mai.  Baier,  laie,  Main,  Mainz,  hain,  rain,  laib,  getraide,  waid, 
saite,  waize,  waise,  kaiscr,  aichen,  wiewol  manche  auch  leib, 
getreidc,  weize,  eichen  schreiben  und  mhd.  in  allen  diesen  ei 
galt,  meige,  Bcier,  leie  u.  s.  w. 

AI,  verwendet  Güthe  einigemal  als  weheruf,  nach  dem  gr. 
al,  und  zur  Unterscheidung  von  ei!  wie  von  auj  in  der  frü- 
heren spräche  unbegründet.  Scapine  {mit  Zuckungen] :  ich 
sterbe,  ai !  11,  186 ;  Scapin :  ai !  11,  189 ;  cilherspielbub :  ai ! 
ai!   meinen  kreuzcr.    13,  18;    u  u!  au  au!   weh  weh!  ai  ai! 

13,  79 ;  ai  ai !  er  hat  mich !  groszer  meister  um  gotteswillen ! 

14,  128 ;  ai  ai!  weh !  weh  mir !  weh  weh  weil !  ai !  ai  mir ! 
weh !  40,  393. 

ÄKS!  interj.  faslidienlis,  aversantis:  pfui  äks! 
AL,  f.,  in  der  Wetterau  die  äl,  der  zwinger  zwischen  ge- 
bäuden,  te«  Er.  Alberus  al  angulus,  aln  angulus;  ni  Schmidts 
westerw.  idiot.  s.  3  ahle  m.,  der  enge,  schmale  gang  zwi- 
schen zwei  häusern,  in  den  die  abtritle  geleitel  werden,  der 
winket,  in  der  Limburger  chronik  aber  ed.  1720  s.  5:  alle  gas- 
sen  und  alhen  (der  stadt  Limburg)  waren  voll  Icute  und  guts. 
Er.  Albebüs  41'  vom  wolf  der  sich  in  einen  winkel  versteckt 
hatte : 

da  harrt  er  bei  ein  halbe  stund 

und  kaum  solang  geharren  kund, 

bis  er  gieng  aus  dem  aln  hcrror. 

vielleicht  Überbleibsel  des  goth.  alhs,  ahd.  alts.  alah  templum, 
ags.  calh  templum,  palutium,  mlal.  alciia  penarium,  pars  aedis 
in  qua  sunt  cupae,  vgl.  die  Ortsnamen  Alahslat,  Alahdorof, 
heute  Aistüd,  Altorf,  Aliendorf  und  das  alachfalthio  der  lex 
salica  {vorrede  s.  xliv.  xlvii).  alhs,  alah  scheint  aber  dem 
lat.  arx  entsprechend  und  wie  dies  von  nrcere,  ags.  ealh  von 
ealgian  tueri,  ja  auch  zwinger  bürg  und  burggraben  von  twin- 
gen  abzuleiten,  aus  dem  begrif  einer  bürg  und  feste  wandel- 
ten sich  nih  und  zwinger  allnuilich  in  den  eines  engen  gemauer- 
ten gangs  oder  winkeis  und  das  Sprichwort  arceni  ex  cloaca 
facere  dreht  sich  um. 


ALABASTER,  wi.  alabastrum,  goth.  alabalstraun  Luc.  7,  37 ; 
mhd.  alabaster  n.  Rol.  260,  29; 

dise  marbrine  pallast 
unterproppet  mit  albaster.    Weckuerlin  560; 
albaster  ihre  stirn.    749; 

einige  sagen  alabast   {wie  Altswert  s.  66.  112   adamast  ßr 
adamas) : 

der  Stirnen  alabast,  die  rosenweisze  wangen. 

A.  GtiYPHius  1,  165; 
Schnee,  marmor,  alabast.    Wernike  52. 

ALABASTERER,  m.,  der  aus  alabaster  sachen  fertigt. 

ALABASTERGÜRGELEIN,  n.  Fischart  Garg.  76'. 

ALABASTERHALS,  m.  Schirmers  singende  rosen.  Dresd.. 
1654.  lied  38. 

ALABASTERN,  aus  alabaster:  alabasterne  brüst. 

ALABASTERSTEIN,  m.  Weckherlis  703. 

ALAMODISCH,  franz.  ä  la  mode,  auch  allmodisch  oder 
blosz  modisch,  modern :  nur  dasz  sie  den  alamodischen  bet- 
tel  schaffen  können.  Weise  erzn.  320.  etwa  von  1600  bis  1720 
gangbares  wort. 

ALANT,  m.  capito,  cyprinus  jeses,  alts.  alund,  ahd.  alunt. 
Graff  1,  241.     landschaftlich  alet,  alt,  alat,  ehe. 

ALAIST,  m.  inula,  eine  würzhaße  pflanze. 

ALANTBEERE,  f  schwarze  Johannisbeere,  im  gesehmack  dem 
alant  ähnlich. 

ALANTBIER,  n.  mit  alant  versetztes  bier:  hier,  alat  und 
lautertrank.  Wickram  rollw.  98. 

ALANTWEIN,  m. 

ALANTWURZ,  f  was  alant,  inula. 

ALARM,  m.  clamor  ad  arma,  franz.  alarme  f,  aus  dem  it. 
all  arme,  aux  armes,  allanna  rufen.  B.  Waldis  57' ;  alarm 
schlagen,  heute  nacht  war  alarm,  blinder  alai'm.  durch  stär- 
kere kürzung  entsprang  hieraus  lärm  und  lärmen,  früher  auch 
alarmen : 

in  dem  hub  sich  im  land  ein  strausz, 
das  man  alarma  thet  rufen  aus. 

B.  Waldis  Esop  1,  77; 
gleich  schallet  ein  alarmen.    Spee  trutzn.  44; 
Dämon  spielte  nur  alarmen 
über  seinen  mitgespan.    236. 

ALARMIEREN,  conclamare  ad  arma,  franz.  alarmer,  auf- 
regen, in  Unruhe  versetzen. 

ALARMTROMMEL,  f. 

ALARMZEICHEN,  n. 

ALAUN,  m.  alumen,  mhd.  ak'in,  nnl.  aluin,  litt,  alunas. 
alaun  sieden,  anschieszen  lassen,  entwässern,  in  der  Schweiz 
sagt  man  auch  alet.  Scheuchzer  2,  3.  3,  6.  Dasvpodius  stellt 
ahm  «nrf-alat  zu  alumen. 

ALAUNBRÜHE,  f.,  den  gerbern  die  garbrühe  zur  lederbe- 
reitung. 

ALAUNEN,  mit  alaun  bereiten,  leder,  papier  u.  s.  w.  mhd. 
alönen  durchgerben,  prügeln.  Ben.  1,  27',  in  Hagens  wb.  xu 
Trist.  327  misverstanden. 

ALAUNERDE,  /■.  alauniialtige  erde. 

ALAUNFLETZ,  n.  Stratum,  area  aluminis:  nun  gibt  die 
erfarung,  das  wildbeder  gemeinklich  vom  kalchstein  oder  bloi- 
scheblichten  gengen  oder  alaunfletzen  kommen.  Matiiesius  2'. 

ALAUNGRUBE,  f. 

ALAUNIG,  aluminosus. 

ALAUNSIEDEREI,  f  Göthe  25,  328. 

ALB,  m.  genius,  daemon,  ahd.  alp,  ags.  älf,  alln.  Alfr,  mnl. 
alf,  mhd.  alp ;  der  pl.  sollte  nach  analogie  des  alln.  Alfar  ahd. 
alpä,  mhd.  albe  lauten,  doch  begegnet  eiber,  i'on  dem  neutra^ 
len  sg.  alp  {mythol.  s.  411).  nhd.  bilden  wir  von  alp  incubus 
den  pl.  aipc,  nennen  aber  die  guten  liclilgeister  elbe,  unrich- 
tig clben,  noch  unrichtiger  elfen,  das  e  zeigt  den  fehlenden 
sg.  an,  weil  man  von  all)  sonst  iilbe,  wie  von  schaik  schälke 
bilden  würde,  ein  alamannischer  könig  bei  Ammian  hiesx 
Vestralpus  und  dem  Westaralp  zur  seile  musz  ein  Oslaralp 
gestanden  haben,  wie  in  der  edda  Vcstri  und  Ausiri  elbisrbe 
namen  sind,  auf  goth.  darf  man  alhs  vermuten,  bei  Prokop 
erscheint  der  name  Albila.  alb  berührt  sich  sowol  mit  albus 
als  mit  albe,  alpis,  weil  die  rlbe  für  lichtgeisler  und  brrg- 
geisler  gelten,  auch  Albis,  Elbe  der  flusz  und  alpij,  mhd.  elbej^ 
der  Schwan  scheinen  verwandt,  auf  der  bairischen  nlp  heiszt 
der  ddmon  all>er  (Schmeller  I,  27).  .«.  albe,  alp,  Elbe,  elbisch. 

ALBÜAUEB,  m.  ein  gcbirgsbewohner :  ein  grober  albhawcr, 
FpANK  sprich».  2,  49*. 


201 


ALBE  — ALBER 


ALBER  — .\LBER>'HEIT 


202 


ALBE,  f.  pascuum  monlanumj  mons,  die  alb,  alp;  o/id.  alpa 
pl.  alpän,  mhd.  albe  Bex.  1,  2l';  i»  den  tveislkümem  häufig 
albe  und  gesuech  (gesuch),  das  auch  Keideplalz  bedeulel,  ver- 
bunden, z.  b.  3,  6TS.  "25.  73".  Otts  dem  in  der  Volkssprache 
xum  nom.  erhobnen  acc.  alpen,  aJben,  albn  entsprang  albm 
und  alm.  s.  alm.  die  groszen  tawern  und  hohen  gebirg  in 
den  wellischen  alben.  Mathesils  16* ;  die  von  Tjto  und  Sidon 
als  erfarne  schifleut  haben  nicht  allein  am  Lybano  und  den 
indianischen  alben,  sondern  auch  zu  Sarepla  bergwerk  ge- 
habt. 22*.  In  dem  «orte  alpa,  albe  kreuzen  sich  uralte  und 
mythische  Vorstellungen,  sicher  ist  alpis,  pl.  alpes  dem  albus, 
Sabin,  alpus  verwandt  und  die  weisze  des  hohen  schneegebirgs 
bezeichnend,  darum  gehört  es  auch  zu  alb,  elb  dem  lichtgeist, 
berggeist.  «enn  aber  albus  einem  skr.  ribhus  (wie  altus  skr. 
ridh)  zu  vergleichen  stünde  (Haupt  5,  490);  so  wären  rä  oor; 
^trtala,  die  PiTtaitt,  die  montes  Riphaei,  wo  die  Donau  ent- 
sprang, wörtlich  die  alpen,  rupes  gleichviel  mit  alpes.  die 
altsl.  spräche  scheint  ein  rip  /Br  berg  zu  kennen,  allen  kelli- 
schen ist  alp,  ailp  ßr  hochgebtrge  eigen,  selbst  rübezabl  könnte 
sich  nun  als  eibischer  geist  darstellen. 

ALBE,  f.  das  weisze  chorhemd,  die  alba  der  geistlichen. 
Ben.  1,22';  kasel  und  alben  anlegen.  Luther  3,  54* ;  die  alben 
gürten,  überstürzen.  H.  Sachs  II.  4,  93'.  vgl.  albenschlcier 
Garg.  134'. 

ALBE,  f.  eyprinus  albumus,  weiszfisch,    gewöhnlicher   albel. 

ALBE,  f.  populus  alba,  weiszpappel,  gewöhnlicher  alber. 

ALBEL,  f.  weiszfisch,  lat.  albula,  mhd.  albel ;  weislh.  1,  444. 

ALBELER,  m.,  ein  netz  zum  fang  der  albein,  rcte  dictum 
albcler.  Lacomblets  arch.  391. 

.\LBELN,  languere,  degenerare,  in  Obersachsen,  von  den  bie- 
nen,  wahrscheinlich  das  bair.  alpem,  älbem  delirare.  Sch». 
1,  4S.    s.  ölpern. 

ALBER,  f.  populus  alba,  auch  aller  und  albel,  nnl.  abeel, 
doch  ahd.  ist  alpari,  albari  m.  insgemein  populus.  der  al- 
bern sind  zweierlei  geschlecht,  populus  alba  und  nigra.  Hoa- 
EEBG  2,  554". 

ALBER,  ein  der  gestalt  und  bedeutung  nach  grossem  Wech- 
sel unterliegendes  worl.  ahd.  alawär  verissimus,  alawäri  be- 
nignus (Graff  1,  91C),  nur  einmal  aufzuweisen ;  ags.  ealverlke 
benigne  ps.  50,  19.  mhd.  alwdre  fundgr.  2,  18.  alware  En. 
319.  1139.  MS.  2,  22»'.  Lanz.  6089.  Trist.  217,  22.  330,  26. 
445.  24.  a.  Heinr.  545.  1169.  Amis  944.  1319.  1377.  1695.  Haupt 
7,  345.  373.  mysl.  312,  19  und  sonst  mehr,  doch  nicht  bei 
Wolfram,  Walther,  Konrad;  es  bedeutet  aber  simplex  und  oft 
noch,  wie  unser  einfältig,  in  gutem  sinn,  der  sich  dem  be- 
nignus nähern  könnte;  allmälich  überwiegt  der  des  absurden; 
war  aus  dem  begrif  des  wahren,  offenen  der  des  schlichten,  ein- 
fachen, einfältigen  hervorgetreten?  das  altn.  alvara  gravitas, 
srhw.  aifvar,  dän.  alvor,  im  adj.  altn.  alvarlegr  serius,  sehw. 
alfyarlig,  dän.  alvorlig  ireicA^n  im  kurzen  vocal  des  Tar  ab, 
das  auch  cautus  auszudrücken  scheint,  seit  dem  14. 15;7(.  musz 
aber  das  mhd.  alwaere  in  albaere  übergetreten  sein,  im  16  er- 
scheint durchgehends  mit  b  und  vocqlkürzung  alber,  welches 
sich  bis  ins  IS  jh.  erhält,  wo  ßr  alber  endlich  albern  durch- 
dringt, die  bedeutung  bleibt  ineptus,  stolidus,  simplex,  bei  Lu- 
ther und  Opitz  einigemal  noch  in  gutem,  später  meist  im  nach- 
IheHigen  verstand.  Hemsch  stellt  blosz  alber  auf,  Stieler  ne- 
ben  alber  schon  albern,  Frisch  alber,  mit  Verwerfung  des  al- 
bern, welches  neuere  ausgaben  der  bibel  einzuschwärzen  an- 
fangen. ScHMELLER  1,  48  gibt  alber  aus  Franken  und  der 
Oberpfalz,  in  Baiem  sei  es  wenig  gangbar;  Stalder  1,  95 
albrig  unbändig  und  1,  99  alwerl,  alwcrd  ungereimt;  aus  Schwa- 
ben führt  es  Schmid  gar  nicht  an.  kaum  gestatten  die  ahd. 
und  mhd.  formen  einen  gedanken  an  elbisches,  Ihörichtes  We- 
sen, noch  weniger  darf  in  der  ersten  silbe  das  alte  all,  cli 
jlalius)  gesucht  werden,  kein  mnl.  adj.  entspricht  dem  mhd. 
alware,  kein  nnl.  dem  nhd.  alber,  doch  beachtenswerth  ist  im 
Teutonista  das  zum  ahd.  alawäri  stimmende  aluwer  simplex, 
innocens,  insons,  also  auch  ohne  üblen  nebenklang.  Belege  ßr 
das  nhd.  worl:  den  albern  tödlel  der  eifer.  Üiob  h,  2;  das 
xeugnis  des  herm  ist  gewis  und  macht  die  albern  weise,  ps. 
19,  8 ;  ein  alber  glaubet  alles,  aber  ein  witziger  merkt  auf 
»einen  gang.  spr.  Sal.  14,  15;  schlägt  man  den  spOtler,  so 
wird  der  alber  witzig.  19,  25;  verlasset  das  alber  wesen,  so 
werdet  ihr  leben.  9,  6;  und  ob  ich  alber  bm  mit  reden,  so 
bin  ich  doch  nicht  alber  in  dem  erkentnis.  2  Cor.  11,  6;  da 
magstu  wol  sagen  das  Sprichwort,  es  ist  schön  böse,  aber 
bei  uns  ist  alber  feste.  Lutbe«  4,  494*;  denn   da   sehen  wir, 


das  der  glaub,  vaterunscr,  zehen  gebot  gefasset  sind  als  kurze 
form  und  lere  für  die  jugent  und  albere  leute.  6, 109' ;  wie 
wir  auch  noch  teglich  erfaren,  wie  geschwind,  listig,  klug, 
behend  der  weit  klnder  sind  gegen  uns  frome,  albere,  gute, 
einfellige  schepse  und  schafe.  6,  155*;  dagegen  sihet  man 
wol,  welch  kindisch,  alber,  schlecht  ding  das  geistlich  recht 
ist.  6,156";  denn  wir  sind  schlechte,  albere  scheflin.  8,  7*; 
er  fehet  alber  an,  geht  aber  stolz  aus.  tischr.  . . ;  daselbst  hat 
man  eigene  Sprichwort  von  den  Teutschen,  damit  man  sie 
heimlich  und  öffentlich  beruft  und  verfolget,  als  albere  gauch 
mit  der  nasen  umführet.  Huttex  5,  226 ;  wciber,  die  viel  lie- 
ber wollen  närrischen  oder  alberen  männern  gebieten.  Fi- 
schart ehz.  10 ;  die  albere  weit  durch  solche  vexatz  und  trug 
gescheider  zu  machen.  Fischart  groszm.  4 ;  und  müste  ja 
furwar  ein  sehr  alber,  grober  und  unverstendiger  mensch  sein. 
Bartisch  augendienst  s.  10 ;  albar.  Philand.  1,  399 ; 

danimb  auch  golt  ein  albern  man 
bisweilen  mehr  gebrauchen  kan, 
als  einen  hoben  dünkeltrut. 

Ri.'^GWALD  /.  wahrh.  152; 

disz  mein  alber  büchlein  zu  schützen,  das.  AT*; 

wie  mutbig  diser  beld,  den  albern  feiod  zu  jagen. 

Weckh.  623; 
aus  alber  wütherei.    81 ; 
wie  alber  sind  wir  dochl    Opitz  1,435; 
der  Römer  ffroszes  lob  bat  schöner  nie  geglissen, 
als  wie  sie  Krieg  geführt,  sich  ritierlich  geschmissen, 
wie  alles  alber  (einfach)  war.  wie  ihre  Weisheit  noch 
nach  aller  mäsziglieii,  nach  blei  und  knobloch  roch. 

Opitz  3,  272; 
wer  mag  so  alber  sein,  dasz  er  dies  nicht  versteh! 

A.  Grtphics  1,  709; 
der  albre  frosch.    Logad  3,  215 ; 

alber  und  einfaltige  leul.  Zixkgr.  ap.  42,  29;  niemand  wolt 
vor  alber  angesehn  sein.  43,  2 ;  welch  ein  alberer  schlusz. 
Lohexst.  Arm.  1,  78 ; 

ach  albere,  fällt  dir  itzund  nichts  bessers  ein* 

HOFFIAN.XSWALDAU   S4  ; 

die  Satzung  ist  ja  nur  för  albere  gemacht, 
es  gebt  die  witzigen  ja  keinesweges  an.    84; 
sind  das  nicht  alber  leute?    Soltac  volksl.  491; 
albers  zeug  ein  heldenlied  zu  nennen.    Gdxther  463; 

dieses  unbesonnenen  knechts  albere  frage,  qespensl  355 ;  bes- 
ser ein  wenig  zu  alber,  als  gar  zu  klug.  Weise  kl.  leute  198 ; 
albere  Peter  Sqnenzpossen.  285;  alber  nnd  einfältig,  maul- 
affe  73;  ich  habe  ihre  thorheiten  nun  länger  als  drei  jähr 
angesehen  und  selber  alber  genug  dabei  gethan.  Lessixc  1, 
303 ;  du  spottest  deiner  kleinen  albern  Schwester.  2,  345 ; 

dasz  des  riiters  vonheil 
gefahr  nicht  laufe,  spielen  sie  den  mönch, 
den  albern  mönch.    2,  231 ; 

doeli  1,  347  das  wäre  auch  albern  genug ;  1,  541  ein  albernes 
ding;  1,215  etwas  albernes.  Wahrscheinlich  gehören  Gottsched 
und  Geliert  zu  den  ersten,  die  den  falschen  nom.  albern  i« 
der  Sprache  durchßhrten. 

.\LBEREI,  f.  inepliae,  von  alber  gebildet:  ist  es  nicht  eine 
alberei?  Lessixc. 

ALBEREN,  populeus :  von  weiden,  alberen  oder  linden  bulz 
wolgebrennle  kolen.  Froxsp.  kriegsb.  1, 137*. 

ALRERKEIT,  f.  slultitia,  faluitas:  doch  koante  meine  alber- 
keit  nichts  ersinnen.  Simplic.  1,  55. 

ALBERKLL'G.  alberkluge  läppen  {laffen).  Logao  2, 1,  37. 

ALBERLING,  m.  homo  insipidus,  fatuus: 

pfui,  schämt  euch,  alberling,  habt  ihr  sonst  keinen  schein? 
LooEXST.  .4rm.  2,  1485. 

ALBERN,  ineptire,  vgl.  albein  und  ölpern.  dorA  in  Lessixcs 
und  Ramlers  Logau  s.  52  ist  alberst  nicht  ineplis,  sondern 
in  alterst,  senescis  zu  bessern. 

ALBERN,  stolidus,  s.  alber.  sie  ist  albern.  Lbssi:«g  1, 260 ; 
der  beständig  fasell,  ist  albern.  Kaxt  7,  388;  nur  die  unge- 
wohnheit  etwas  gutes  zu  genieszen  ist  Ursache,  dasz  viele  men- 
schen schon  am  albernen  und  abgeschmackten,  wenn  es  nur 
neu  ist,  vergnügen  Tinden.  Göthe  19,  140;  die  schöne  fremde 
scheint  keine  andere  absieht  gehabt  zu  haben,  als  sich  und 
andern  alberne  streiche  zu  ersparen.  21,  87. 

ALRERNHAFT.  das  närrische,  albernhafte  verträgt  sich  so 
hübsch  mit  dem  alltäglichen.  Tiec«  no».  4,  312. 

ALBERNHEIT,  f  was  früher  alberkeit,  musle  aber  gebildet 
werden,  teil  das  n  zutrat,     sind  sie  (die  menschen)  glücklieb, 


203 


ALBERNKLUG — ALFANZ 


so  soll  man  sie  in  ihren  albernheiten  gewähren  lassen;  sind 
sie   unglücklich,   so   soll   man  sie  retten,   ohne  diese  albern- 
heiten anzulasten.    Göthe  21,  45. 
ALBERNKLUG,  was  alberklug: 

die  albernkhige  weit  wird  dies  Verstellung  nennen. 
Wernike  47. 

ALBERTÄT,  f.  ineptiae,  und  selbst  alberne  Wortbildung,  da 
sich  das  fremde  tat  nicht  an  deutsche  Wörter  fügen  läszl,  auch 
gar  kein  komisches  bedürfnis  dazu  obwaltet:  und  lasset  sich 
ilire  albertäten  weit  besser  gefallen.  Simplic.  1,  50.  690 ;  nun 
scheint  es,  als  wolte  die  albertät  unter  den  bürgern  auch  auf- 
kommen. Weise  crzn.  60 ;  poetische  schwanke,  albertäten,  con- 
fusionen  und  liebesgeschichten.  Tieck  Uschi.  2,  116. 

ALBRASZ,  nomen  morbi.  in  Georgs  Pictorius  baderbuch 
35'  stehn  zittermal  {flechte)  und  albrasz  zusammen,  elbisches 
rasen,  albschusz? 

ALBRAUSCH,  wi.  die  alprose.  Schmeller  1,  46.  3, 140.  rausch 
aus  rose  entstellt? 

ALBRIGKEIT,  f.  stultitia:  der  ewige  redner,  der  sich  fein 
nach  unser  einfalt  und  albrigkeit  richten  kann.  Matiiesius  33". 

ALBSCHOSZ,  albgcschosz,  »i.  donnerkeil.   mylhol.  164.  170. 

ALBSCHUSZ,  m.  nomen  morbi,  vom  pfeil  der  elbe  verur- 
sacht. 

ALD,  aut,  ahd.  aide,  olde  {gramm.  3,  274),  findet  sich  noch 
bei  schweizerischen  Schriftstellern  des  16. 17  jh.,  wie  Jos.  Mau- 
BER,  TscHüDi  u.a.m.    Stalder  1,95: 

es  ist  ouch  nit  dnimb  gsälicn  an, 
das  man  drin  schmähe  wib  ald  man, 
ald  das  man  drin  veraclit  fi-ömbd  liit, 
der  dingen  keins  wirl  gliandlct  nüt. 

Mauuhhs  Babylon  s.  1 

ALDE,  für  ade,  adieu,    s.  ade. 

ALDERMANN,  m.  primarius,  Senator,  im  vorigen  jh.  nach 
dem  engl,  alderman,  ags.  aldorman,  wider  den  sprachgeist  ein- 
geführt, der  allermann  fordert  und  dem  man  auch  heute  folgt. 
{s.  altermann.)  die  republik  besteht  aus  aldermannern,  Zünf- 
ten und  Volke.  Klopst.  12,  3;  wir  haben  noch  kein  beispiel, 
dasz  einer  durch  alle  stimmen  wäre  aldermann  geworden, 
selbst  Leibnitz  ward  es  nicht.  12, 17 ; 

ein  mantcl  so  enifasert,  abgefärbt 

und  ausgenützt,  dasz  es  verdacht  erweckte, 

er  hätte  den,  der  einst  den  Krates  deckte, 

vom  aldermann  der  cyniker  geerbt.    Wieland  9,3; 

wir  sehn  den  aldermann 
mit  abgebleichtcn  haaren.    Voss  5,68; 
was  zwischen  manchem  wilden  häufen 
sich  Uullius,  der  aldermann 
an  hörnern  endlich  abgelaufen, 
das  läuft  sein  weib  ihm  wieder  an.    Bürger  SO"; 
und  wenn  euch,  ihr  kiader,  mit  treuem  gesiebt 
ein  vater,  ein  lehrer,  ein  aldermann  spricht, 
so  horchet  und  folget  ihm  püncilichl 
GöTUE  1,228; 

und  die  biedersten  aldermannswahrheitcn  von  dem  was  edel 
und  knechtisch  ist  am  dichter.  60,  226. 

ALET,  s.  alant. 

ALFANZ,  m.  fallacia,  ncquitia,  nugae,  cavillatio,  oft  aber 
auch  persönlich  nequam,  nugator,  früher  alefanz  alifanz  ala- 
fanz,  ein  merkwürdiges,  bisher  unverstandnes,  in  hohes  alter- 
thum  zurückweichendes  wort: 

ir  spil  ist  ganz 
und  slachent  den  alafanz.    Ls.  3,394; 
'  dö  ich  dich  sach  bi  eime  tanz 

und  dir  bot  an  alefanz  {al.  an  allen  fanz) 
vier  gülden  an  ein  rock  ze  stiure. 

die  grasmagt,  in  melirern  hss.,  cod.  pal.  355.  hl.  13S' ; 
erst  merk  ich  den  alefanz. 

tied  des  Ibjh.  bei  Wackernacel  972,  6  ; 

den  selben  kcisern  dri 

woneni  vil  diener  bi, 

die  allenfenz  (/.  alefenze)  sini  genant, 

die  selben  uns  bänt  verbrant 

und  unser  lant  verderbt.    Spiegel  s.  143; 

ein  mechiig  stat,  heiszt  falsch  untrcw, 

die  ist  gcbawen  fest  und  new 

von  einem  könig,  heiszt  Alefanz. 

H.  von  SACiisEitHEta  Mörin.  Worms  1539.  bl.  35; 

got  sehend  denselben  allcfanz! 

MuRNERs  liUh.  narr  1360; 
auf  arglist,  renk  und  alafanz.    II.  .Sachs  I,  224'; 
mit  Schinderei  und  alifanz.    I,  288*; 
wie  nimt  über  band  die  finanz, 
wie  spitzig  ist  der  alefanz; 
auf  alle  prantic  und  flnanz 
ist  er  ciu  rechter  alafanz.    I,  445'; 


ALFANZ  204 

flnanzer,  alifanzer  und  trügner.    I,  469' ; 

wer  vorteilhaftig  ist, 
brauchet  vil  duck  und  hinderlist, 
durch  seltzam  praclik  und  finanz, 
rieht  all  ding  aufsein  alifanz, 
das  die  wag  hengt  auf  seinen  teil.    V,  327*; 

nun  wellen  wir  zu  des  künigs  von  Engeland  lügen  und  alle- 
fanzen  antworten.  Mürners  könig  aus  E.;  als  der  alt  schlang 
immer  ein  fischlein  am  angel  gefangen  hat,  ...  nam  immer 
ein  Spruch  usz  der  geschrift,  den  salbet  er  mit  sim  alefanz, 
mit  der  philosophy.  Oreri-in  26 ;  wie  von  anfang  der  weit  all 
sin  alefanz  dahin  gerichtet,  das  golt  nit  gloubt  noch  vertru- 
wet  würd.  daselbst;  alefanz  macht  die  schuch  ganz.  Frank  2, 
155*.  Agricola  213'.  Henisch  40.  SiMROCK  127 ;  ir  icglichem  war 
tausend  gülden  worden  zu  alafanz.  Öfele  1,  255;  die  münz 
ward  ie  langer  ie  böser,  dan  iederman  suchet  sein  alafanz 
und  sein  vortheil.  l,  277;  die  von  Constanz  wollen  an  des 
kflnigs  Friedrichs  leuten  einen  vorteil  in  den  herbergen  suchen, 
aber  er  zeigt  inen,  dasz  im  dieser  ufsatz  und  aalenfanz  nicht 
gefiele.  Tschudi  2,  351';  ie  mer  und  mer  freiheiten  mit  lieb- 
kosen und  alefanz  überkummcn.  Frank  chron.  508' ;  list,  ver- 
rälerei,  leckenvort,  krieg,  alefanz.  Frank  parad.  25;  so  sind 
alle  kunst,  geschrauft  grif,  verschlagen  alefanz,  arglistigkeit, 
bosheit  aufs  höchste  komen.  Fraxk  laster  K3;  wer  sich  in 
alle  finanz  und  alefenz  legt,  der  kan  finanz  mit  alefanz  ab- 
leinen und  in  summa  ein  fuchs  sein  wider  ein  fuchs  und  so 
viel  rank  suchen  als  ein  ander.  Henisch  40;  alfanz  astutia, 
cavillatio.  Stieler  443;  lust  und  liebe  zur  nachahmerei,  zur 
nachpinselei,  zur  nachschwätzcrei,  zur  nachsophisterei,  zur  . . 
doch  wer  vermag  solchen  alefanz  und  firlfanz  weiter  fort  nen- 
nen? Klopst.  12,  406;  die  philosophie  ist  gegen  alfanz  und 
aberglauben  vorlreflich.  Claudius  3,  59 ;  kein  frommer  alfanz 
der  Briten  oder  Deutschen.  Herder  18,160; 

und  dennoch  reden  sie  von  toleranz 
und  dünkt  sich  duldend  jeder  alefanz. 
TiECK  2,  344. 

Den  anscheinend  undeutschen,  auch  oß  neben  dem  fremden 
finanz  außrctcnden  ausdruck  hat  man,  wie  alarm  auf  all  arme, 
verkehrt  auf  ein  it.  all  avanzo,  franz.  a  l'avance  zurückführen 
wollen;  gewöhnlich  bedeutet  er  nicht  einmal  gewinn  oder  ge- 
winnsucht,  sondern  schalkheit,  ja  oß  einen  schalk,  trügner, 
gaukler,  bei  Tobler  20'  ist  alafanz  ein  verschmitzter  kerl,  phan- 
last;  das  abgeleitete  verbum  alfenzen  ist  triegen  und  narren, 
ganz  wie  affenfenzen  äffen  und  betriegen.  A'un  aber  hebt  schon 
ein  ahd.  ganavenzön,  d.  i.  gianafenzön  cavillari,  ganavenzöd 
cavillum,  cavillatio  (Graff  3,  548)  jeden  zweifei  an  des  wortes 
voller  dculschhcit,  dies  ahd.  fenzOn  musz  einerlei  sein  mit  deni 
nhd.  fenzcn  in  alfenzen,  affenfenzen,  Schmeller  1,  546  kennt 
noch  fenzcln  spotten,  gefenz  spott,  H.  Sachs  I,  45l'  hat  mit 
kleidung  huriig  und  fenzig.  fenzun  aber  entspringt  aus  fan- 
ziön,  setzt  folglich  ahd.  fanz  voraus,  dem  das  ahn.  fantr  ne- 
quam, scliw.  fant  servus,  famulus,  cacula,  fänta  ancilla,  ddn. 
fante  narr,  norwcg.  fant  landstreicher  und  schalk  au/s  haar 
gleichen,  älteste  bedeiitung  war  wol  die  von  famulus,  servus, 
sie  trat  über  in  die  von  nequam,  wie  auch  schalk  eigeiülich 
den  diener,  dann  den  schalkhaßen  betrieger  bezeichnet.  Schon 
im  buch  der  rügen  (Haupt  2,82)  wird  gesagt: 

ir  vart  hin  giin  IndiS 

und  belibet  lange  da, 

swenn  ir  her  wider  köret 

und  habt  da;  guoi  gcmeret, 

ir  vindet  jungiu  väiizelin, 

die  mugen  lihlc  eins  andern  sin; 

gemeint  werden  junge  gauchc  (göuchelin),  äffen,  schälke,  nem- 
lich  in  diesem  Zusammenhang  bastarde,  fremde  vögel  im  nest, 
advenae.  in  einem,  sowol  dem  Neidhart,  als  Wolrenstei- 
NER  beigelegten  Hede  MSH.  3,  308*  ist  eine  liederliche  dirne 
angeredet  min  alefenzlin ! ,  was  ans  schwed.  filnta  mahnt,  (die 
lesart  alefrcnzlin  veiwerflich,  obgleich  auch  Fischart  in»  spiel- 
verzeichnis  n'  ItO  alefrcnzlin  schreibt,  aus  dem  alten  drutk  des 
fleidhart  schöpfend.)  das  nnl.  vaut  bedeutet  einen  jungen  kerl, 
mit  verächtlichem  nebcnklang.  fanz  und  alefanz  ist  also  schalk, 
betrieger,  dann  auch  schalkheit,  trug,  fenzcn,  alfenzen  schalk- 
heit treiben,  triegen. 

Übrig  wire  das  vorstehende  al  tu  deuten  schon  Wächter 
sah  recht,  indem  er  Otfrieds  IH.  18, 14  clibenzo  fremider  heran 
zog,  wobei  man  bisher  an  ein  örtliches  bauz  =  banl  pagus 
dachte;  allein  die  strenger  als  Otfried  hochdeutsche  glosse  Diul. 
2,  341  schreibt  clcucnz  d.  i.  elefenz  advcna,  das  reicht  hin  vol- 


205 


ALFANZ  —  ALFÄNZISCH 


ALFRA>'KE  — ALL 


206 


les  licht  zu  streuen  über  alle  diese  vörler.  man  könnte  das 
ale  t»  alefanz  (wie  in  Aleman  AJaman)  ßr  blosz  verstärkend 
nehmen  und  alafanz,  alafenzo  deuten  durch  ausgemachter  schalk, 
erzschalk.  besser  jedoch  ist  ale,  ele  das  alle  ali  fremd  und 
alifanz,  alifenzo  {goth.  müste  es  lauten  aljafants,  aljafantja) 
bezeichnet  den  fremden  schalk,  einen  Geta  und  Dacus,  hernach 
einen  schalk,  landslreicher,  Spitzbuben,  schelm,  und  alifenzön 
Schalksnarr  sein^  passen  reiszen,  betriegen.  die  guten  mhd. 
denkmale  überliefern  uns  kein  aleranz,  eleranz,  elevenzen, 
blosz  jenes  Tenzelln  ßr  schelkelin  und  alcfenzlin  tauchten  all- 
mälich  TOT,  und  erst  in  gedichten  des  14  jh.  erschienen  alefanz, 
im  Spiegel  {des  15  jh.)  alefenze  als  schalkhaße  diener,  im  16. 
17  wachen  die  ton  der  Volkssprache  icarmgehaltnen  alefanz  und 
alefanzen  kräßig  auf  und  reichen  noch  ins  IS  hinein,  beach- 
tenswerth,  dasz  Stieler  443  auch  das  einfache  faoz,  fanzea 
und  fanzer  aufstellt,  mehr-  davon  noch  unter  fanz  und  iirle- 
fanz.  nur  die  redensari  den  alefanz  schlagen  ist  nicht  ganz 
aufgeklärt,  Fbiscb  1, 1"'  fuhrt,  ohne  belegstellen  ein  alfanz  sla- 
ben,  brechen  oder  lesen,  ja  faren,  sampnen,  lernen,  über- 
laufen, alles  mit  der  bedeuiung  von  legere  an. 

ALFÄ.NZEN,  nugari,  catillari,  f allere,  einige  schreiben  ohne 
Umlaut  alefanzen,  Lctuer  immer  alfenzen.  sie  tribent  alefanzen. 
Hadahar  316,  3 ;  swer  tribet  alavanzen.  399,  3 ;  es  ahmet  und 
alefanzt  der  teufel  gottes  werk  nach.  Mathesics;  er  hat  sie  mit 
subtilem  alefanzen  dahin  bewegt,  dasz  sie  ihm  die  bände  auf- 
gelegt. Hediox  chron.  Eusebii  5S" ;  solche  herren  wolt  ich  bit- 
ten gar  demütiglich,  wenn  sie  für  dick  obren  mich  hören  wol- 
ten,  das,  wenn  sie  narren  und  alfenzen  wollen,  theten  das 
in  iren  gutem.  Llther2,  96*;  die  sprüche,  so  (der  satan)  aus 
der  Schrift  in  Carlstads  büchlin  füret  und  damit  alfenzet.  3, 
43';  weil  (Carlstad)  so  alfenzet  mit  puncten  und  buchstaben. 
3,65';  wie  dieser  lügengeist  alfenzt.  3,  71;  wie  sie  {die  Ver- 
nunft) hie  in  des  Carlstad  köpf  auch  alfenzt.  3,  79' ;  so  flad- 
dert  er  fürüber  und  alfenzt  die  weil  ein  anders.  3,469*;  (der 
teufel)  musz  was  im  sinn  haben,  er  alfenzt  nicht  umsonst 
also.  3,  478.  502' ;  wolan  solch  alfenzen  wollen  wir  lassen  ge- 
hen. 3,  365 ;  warumb  der  geist  solch  alfenzen  treibt,  kan  ich 
nicht  wissen.  3,  465';  ich  wolle  dasz  solch  lestermaul  und 
seine  gesellen  solch  alfenzen  selbs  müste  für  recht  und  war 
halten.  3,  52o';  was  hilft  doch  solch  gaukeln  und  alfenzen 
mit  so  schendlichen  lügen?  5,299';  und  wenns  schon  etwas 
gölte  bei  menschen  solch  alfenzen  und  ausrede,  solle  oder 
muste  ich  darumb  den  jüden  gleuben,  wenn  sie  schlechts  da- 
her sagten,  die  schrift  sei  also  zu  verstehn.  6,  544' ;  fluchen, 
alefanzen,  bauren  schinden.  PartAAD.  1,  399. 

ALF.\.NZER,  m.  nequam,  nugator.  nachdem  alfanz  mehr 
sächliche  bedeuiung  angenommen,  die  persönliche  verloren  hatte, 
muste  diese  durch  die  ableitung  er  hervor  gehoben  werden: 

Goanzer,  alifaDzer  und  trügner.    II.  Sachs  I,  469'; 

fürkaurer,  alcranzer.    I,  25S' ; 

TOD  neidischen  heuchlern  und  alfanzern.    11.2,69'; 

mit  dem  ich  im  plundrigen  Löwen  auch  mit  ihnen  and  an- 
dern alfanzern  gewesen  war.  Tieck  nor.  3,  219. 

ALF.\NZEREI,  f.  nequitia,  vaframentum:  entgröbung,  stu- 
dicrung,  \ercnderung,  langweil  und  desgleichen  tcufels  alfan- 
zerei.  Lltiier  3,  49';  danimb  ists  eitel  alfanzerei  und  lose 
teiding  mit  ihren  gedankcn,  wenn  sie  treumen,  aus  der  weit 
zum  vater  faren,  sei  aus  himel  und  erden  weggefaren  an 
einen  sondern  ort.  6, 1S9' ;  solch  alfenzerei  thut  sich  fein  im 
cbreischen.  8, 115';  mit  alfanzerei  umhgeben  und  die  leute  be- 
triegen. tischr.  124*;  haben  neben  gnug  lesterlichen  lugen 
auch  die  alfenzerei  mit  dem  heiligthumb  erträumt.  KiRCUHor 
wendunm.  435';  sie  schweben  in  ihrer  Ordnung  ohn  stolz  und 
alfanzerei.  Danxhacer  evang.  denkm.  s.  698;  die  papistischen 
alfenzereien.  Weise  erzn.  371;  allein  es  waren  meislonllieils 
alfanzereien.  gespenst  202 ;  alfanzerei  und  alle  woibcrmärlein. 
hebamme  171;  warum  der  herr  kein  schweinOeisch  essen  wollte 
und  sonst  hundert  alfanzereien  machte.  Les>ing  1,  339. 

ALFANZIG,  nugai,  vafer:  ob  die  armseligen  tcmpelknecht 
mit  iren  nuwen  alefanzigen  güttem  zum  tüfel  faren.  Oberlid 
20 ;  ein  m.  cinzips  lied  ist  mehr  werth  als  zwanzig  eurer  al- 
fanzigf-n  «liiik-fichens.  Fr.  MCi.ier  1,253;  dasz  es  in  dieser 
weit  noili  hirrcn  gibt,  die  wegsehn  über  jed  alfanzig  wesen. 
Tieck  3,  210. 

ALFA.NZISCH,  derselben  bedeuiung:  so  subtil,  schlipferig  und 
alfanzisch  ist  keiner,  wenn  er  schon  auf  alle  seiten  abgerichl 
und   abge*piizt  ist,   wie  ein  Burghauser  Würfel  (».  abführen), 


golt  merkt  es  alles  und  ergreift  ihn  endlich  in  seiner  schalkheiL 
Hemsch  40 ;  allfanzisch  oder  vortailisch.  Nitharts  Terenz.  man 
findet  auch  alanfanzisch.  Schmid  sehicäb.  id.  17.  Das  einfache 
fanzig,  gfanzig,  pfanzig.  fenzig  kennt  Schmeller  im  sinne  von 
munter  und  artig;  fenzig  von  leib.  H.  Sachs  IL  4,30*. 
ALFRANKE,  s.  aipranke. 

ALKOFE.N,  m.  cubiculum  interius,  ein  im  zimmer  abgeson- 
derter betlraum :  Meline  schlief  im  alkoven  mit  vorgezogncn 
Torhängen.  BEm.xE  1,  161.  es  scheint  nach  dem  franz.  und 
engl,  alcove,  doch  erst  seit  dem  vorigen  jh.  im  gang,  bei  Frisch 
und  Stieler  mangelnd,  auch  schw.  alkor,  dän.  alkove,  it.  al- 
cova,  -sp.  alcoba,  nach  dem  arab.  algoba  parillon,  zeit,  mit 
dem  arabischen  artikel  al,  wie  ihn  alkoran,  alkohol  und  viele 
andere  «örter  zeigen,  doch  der  ausdruck  var  schon  dem  mit- 
telalter  geläufig,  und  lautete  altfranz.  aucube  =  alcube : 

sor  la  ririere  tendent  loges  et  ires, 

et  pareillons  et  aucubes  assez.     Garin  1,58; 

pareillons  et  aucubes  et  tres  desploier. 

Aimon  cod.  71s3  foL  69"; 

tant  aucube  et  trez.    daselbst  95«; 
woraus  Wolfram  mhd.  hkab,  ekobe  bUdett  (vor.  ejkube,  ecobe, 
ekuob) : 

treir  unde  tulam, 

ekub  unde  prermerdn.    Wh.  197,  II ; 

prermeriin  und  manc  gezelt, 

£L-ube,  treir  und  tulant.    316,  7 ; 

die  henennung  war  also  längst  in  unsrer  spräche  und  aus  zeit 
ergibt  sich  gemach,  schlafgemach  von  selbst.  .Vun  aber  hiesz 
schon  das  ags.  cofa,  engl,  cove  cubiculum,  ags.  bedcofa  bett- 
gemach, mhd.  kobe  hara,  nhd.  schweinkobe  schweinstall,  ja 
das  lat.  cubare,  cubiculum,  cophinus,  träten  nahe,  und  seinen 
ersten  theil  könnte  alkofen  sogar  aus  al,  alch  winkel  ableiten, 
es  bezeichnete  ein  abgelegnes  lager?  wie  wenn  das  arab.  «ort 
dem  Westen  nbgeborgt  wäre? 

ALL,  integer,  totus ,  omnis,  universus,  eunctus,  quilibet. 
goth.  alls,  alid.  mhd.  al,  gen.  alles,  alts.  mnl.  nnl.  al,  ags. 
eal,  gen.  ealles,  engl,  all,  altn.  allr,  schw.  dän.  all;  ir.  uil, 
welsch  oll,  armor.  holl,  gr.  o}.os,  osk.  sollus,  lat.  saivus,  skr. 
sarra.  wie  sollus  aus  soivus,  o/ms  aus  o/<Ob  entsprungen 
scheinen  und  eins  waren  mit  sarra,  darf  auch  unser  all  hin- 
leiten auf  ein  früheres  sali,  sah,  sarr.  anfänglich  muste  es 
gleich  o/os  und  sana  nur  die  Vorstellung  der  ganzheit  enthal- 
ten haben,  aus  welcher  allmälich  die  der  allheit  sich  entfaltete, 
das  unversehrte,  unzerslückle  ist,  weil  ein  ganzes,  zugleich  ein 
all;  nicht  anders  hat  den  romanischen  zungen,  nachdem  omnis 
beinahe  ausstarb  {nur  das  it.  ogni  =  onni,  omni  dauert)  aus 
totus  der  ausdruck  ßr  die  allheit  müssen  entnommen  werden 
und  auch  unser  ganz  und  heil  pflegen  im  gebrauche  des  volks 
schon  die  bedeuiung  von  all  zu  überkommen,  wie  heule  unser 
sinnliches  ganz  zum  abgezognen  all  sich  verhält,  war  auch  der 
begrif  von  sarra,  o/.o;,  totus  ein  sinnlicher,  der  von  Tisra, 
aTiag,  omnis  mehr  ein  abstracter. 

Es  ist  bei  diesen»  wichtigen  wort,  das  in  unsere  spräche  und 
rede  tief  eingreiß,  auf  die  form,  bedeuiung,  Stellung  und  Zu- 
sammensetzung zu  achten, 

I.  Form. 

1)  die  abstraction  und  Unbestimmtheit  des  wortes  all  ist  zu 
grosz,  als  dasz  es  einen  bestimmenden  artikel  vor  sich  litte, 
darum  auch  versagt  es  sich  der  schwachen  flexion,  man  kann 
sagen  der  ganze,  der  gesamte,  nie  aber  der 'alle,  so  wenig  als 
der  jede;  es  heiszt:  gott.  Tater  unser  aller  {omnium  nostrum), 
ein  freund  dieser  aller  {horum  omnium).  Opitz  sündigte  wi- 
der die  Sprache,  wenn  er  dem  reim  zu  liebe  setzte: 

Ilomenis  der  hat  recht,  der  vater  unsrer  allen, 
er  Inszt  den  klaren  wein  ihm  treHich  wol  gerallen, 

wo  doch  nahe  lag:  der  vater  ist  uns  allen.  Auch  wenn  ein 
strengeres  demonstralivum  vor  all  tritt,  behauptet  es  starke  form: 
das  alles,  dies  alles,  alles  das,  alles  dies: 

jagen  sich,  ängsten  sieb,  beisten  sich, 

und  das  all  um  ein  siückchen  broi.    Göthk  2,  91 ; 

in  ihrem  sinn  das  all  in  ihren  schrünken  aufbewahrend.  . . . 
hier,  sieh  das  alles!  10,190.  In  allenfalls  sehe  man  keinen 
schwachen  gen.  (s.  dies  wort.)  ladelhaß  ist  zu  schreiben,  wie 
z.  b.  Lessing  Ihul,  in  allen  (1.  2361  für  in  allem,  mit  dem 
allen,  bei  dem  allciv/wr  mit  dem  allein,  mit  allem  dem,  mit 
alle  dem.  Aus  gleichem  grund  leidet  auch  all  keine  Steige- 
rung, noch  kann  ein  adverb  aus  ihm  gebildet  werden,  so  we- 
nig  als   aus   omni«    ein   Mir.    omne,   denn  omnino  und  ahd. 


207 


ALL 


ALL 


208 


allicho,  mhd.  alliche  sind  neue  bildungen  für  die  bedeutung 
gänzlich  und  diesen  sinnlichen  hegrif  haben  olcoe,  Ttävrcoe. 

2)  schon  mhd.  durfte  vor  arlikel  und  possessiva  unßeclierles 
al  treten:  al  der  lip,  al  daj  lant,  al  des  landes,  in  al  der 
wile,  al  der  riter  omnium  equHum,  al  der  frowen  omnium  fe- 
tninarum,  in  al  den  landen  (gramm.  4,484).  dies  flexionslose 
all  ist  heute  im  nom.  acc.  sg.  m.  und  n.  ganz  gewöhnlich:  all 
der  Jammer,  all  der  cifer,  all  das  leid;  was  soll  ich  euch  all 
den  Jammer,  all  das  leid  erzählen  ?  was  soll  all  der  schmerz 
lind  lust?  GöTHE  1, 109.  im  f  und  pl.  überhaupt  seltner,  doch 
statthaß:  all  die  quäl,  all  seine  sorgen;  und  all  die  sinne 
dir  vergehn.  Göthe  23,  261.  im  gen.  und  dat.  bleibt  den  dich- 
tem gestattet:  all  des  leides,  all  der  sorgen,  all  den  quälen; 
wie  lach  ich  all  der  trüdelwaare?  Göthe  1,  48;  der  Schau- 
platz all  meiner  glückseligkeit.  10, 137 ; 

und  so  tritt  sie  vor  den  spiegel 

all  in  ihrer  (in  aller  ihrer)  nuinterkeit.    1,  82; 

das  halt  ich  all  in  meinen  besten  stunden 

in  ihr  enideckt  und  es  für  mich  gefunden.    3,  49, 

in  allen  meinen  besten  stunden,  obwol  die  all  der  beiden  letz- 
ten stellen  andre  auffassung  leiden.  Die  prosa  zieht  vor :  alles 
des  leides,  allem  dem  leide,  aller  der  Seligkeit,  aller  der  sor- 
gen, allen  den  sorgen  und  auch  die  dichter  bedienen  sich,  den 
umständen  nach,  für  alle  casus  der  vollen  flexion: 

du  armer  kriegcsmann,  du  magst  wol  niederlegen 
nun  alles  dein  gewchr.    Werders  Änost  11,25; 
ich  grubs  mit  allen 
den  würzlein  aus.    Göthe  1,2"; 
alle  die  weisesten  aller  der  zelten.    1,  143; 
doch  in  aller  dieser  weile 
wirk  ich  rasch  und  nur  für  dich.    1,  61. 

die  Verkürzung  kann  aber  auch  vor  dem  demonstrativen  prono- 
men  erfolgen:  all  die,  all  diese,  all  jene,  all  solche: 

all  denen,  die  in  nöthen  sein, 
mit  retiung,  hiir  und  trost  erschein !  geistl.  lied; 
all  denen^  die  drum  bitten  dich; 
die  bewunderung  all  dieser  annehmlichkeiten.    Klinger  1,  178. 

3)  LüTHEn  setzt  statt  des  unflcctierten  all  in  derselben  läge 
ein  unveränderliches  alle:  so  wil  ich  alle  den  orten  vergeben, 
Omnibus  locis.  i  Mos.  18,26;  alle  dis  volk.  1  Mos.  18,23;  das 
ich  alle  diesem  volk  gebe,  omni  huic  populo.  4  Mos.  11,  13 ; 
ihn  und  alle  sein  volk.  5  Mos.  8,  2;  alle  das  gerechte  blut. 
Mutlh.  23,  35 ;  zu  glauben  alle  dem  {dem  allen).  Luc.  24,  25. 
aus  dem  17  jh.,  namentlich  den  schlesischen  dichtem  sind  keine 
beispiele  veimerkt,  im  18  häufen  sie  sich:  öfnet  mir  die  bin- 
den, dasz  alle  mein  blut  dahin  flieszc.  E.  vox  Kleist  1, 189 ; 
fast  alle  sein  geld.  2, 149 ;  wenn  ein  trunk  faules  wasser  da- 
mals nicht  oft  mehr  wcrth  war,  als  alle  der  quark.  Lessinc 
1,  555 ;  soll  ich  denn  alle  das  lumpengesindel  kennen  ?  1, 233 ; 
sie  wird  sie  um  alle  das  ihrige  bringen.  1,260;  alle  das  un- 
gemach,  dem  man  sich  dabei  aussetzt.  Wieland  U,  179 ;  mir 
«ntsinket  alle  mein  vertrauen.  Bijrger  5';  thut  hier  mehr  als 
alle  sein  mammon.  Schiller  310;  alle  das  neigen  von  herzen 
zu  herzen.  Göthe  1,  93;  ist  sie  auch  wie  alle  das  volk?  dachte 
ich,  16,  104;  mich  über  alle  das  enthehren  auszuweinen.  21, 
12;  dasz  er  alle  sein  wissen  und  können  manchmal  nur  für 
ängstlich  tastendes  versuchen  erklären  möchte.  23,  207 ;  indem 
er  uns  dabei  die  Übersicht  gab  der  läge  alle  der  nierkwürdig- 
keiten,  die  wir  sehen  sollten.  28,  163;  denn  wozu  dient  alle 
der  aufwand  von  sonnen  und  planeten?  37,20;  alle  die  kla- 
gen habt  ihr  sämtlich  gehört.  40,  45 ;  alle  das  gewölk  jedoch 
verzog  sich.  51,  220;  du  hast  mir  nun  alle  deinen  kummer 
vertraut.  Klincer  6,  242.  fürs  f  und  den  pl.  sind  natürlich 
die  beispiele  unsicher,  weil  alle  auch  die  wahre  flexion  sein 
kann:  sie  kommen  durch  alle  die  zimmer.  Göthe  1, 195 ;  alle 
die  ladung.  l,  301.  So  gute  gctvähr  das  unveränderliche  alle 
hat,  ist  es  dennoch  zu  verwerfen  und  auch  heute  dem  unverän- 
derlichen all  oder  der  flexion  gewichen,  schon  Lessinc  mied  es 
im  obliquen  casus:  hätte  ich  nur  erst  die  hälfte  von  allen 
den  schlagen.  1,  509;  in  allen  den  landen.  Göthe  40,  243. 
Dasz  dies  alle  ah  schwache  form  undenkbar  ist,  lehrt  deren 
abwesenheit  überhaupt  wie  der  oblique  gebrauch ;  vielleicht  gibt 
über  .«einer»  Ursprung  die  nächste  anmerkung  aufschlusz. 

4)  nach  den  praepositioncn  mit,  samt,  von,  aus,  in  und  noch 
andern  scheint  alle  vor  arlikel  oder  possessiv  Überrest  des 
männlirheti  und  neutralen  instrumentalis,  dem  ahd.  allft,  mhd. 
alle  entsprechend:  sampt  alle  dem  volk.  i  Mos.  35,6;  .sampl 
alle  dem.  2  Mos.  10,12;  mit  alle  seinem  geretc.  il.  30,27;  zu 


alle  seinem  dienst.  II.  35,  21;  Über  alle  seinem  hause.  V.  6, 
22 ;  mit  alle  seinem  thun  und  lan.  H.  Sachs  I,  447* ;  der  wil- 
ligste, die  glückseligkeit  Roms  mit  alle  seinem  blute  zu  er- 
kaufen. E.  VON  Kleist  1,  185;  ich  bin  mit  alledem  doch  ein 
geplagter  mann.  Gellert  l,  144 ;  aus  alle  dem.  Lessing  l,  334 ; 
von  alle  dem.  2,296;  nach  alle  dem.  Klingeh  1, 174;  mir  wird 
von  alle  dem  so  dumm.  Göthe  12,  96;  Ottilie  von  alle  dem 
nichts  ahnend.  17,  218 ;  wie  er  denn  in  alle  dem,  weshalb  ihn 
die  Franzosen  tadeln,  ein  wahrer  Deutscher  ist.  26,  62 ;  von 
alle  dem  trübsal  und  Jammer.  30,  329 ;  doch  mit  alle  dem 
war  das  paar  nicht  unangesehn  auf  der  oberweit.  33,  267.  wo 
die  ausgäbe  von  1774  schreibt  mit  all  dem,  heiszt  es  10,  97; 
wenn  ich  denn  mit  allem  dem  fertig  war.  selten,  und  es 
scheint  tadelhaß,  für  den  dat.  f. :  mit  alle  der  pein.  Göthe  40, 
25,  oder  für  den  dat.  pl.  mit  alle  den  leuten,  wo  es  aber  auch 
ein  unveränderliches  all  ersetzen  kann,  geht  dem  voi'aus,  so 
musz  allem  folgen :  von  dem  allem  weisz  ich  nichts,  mit  dem 
allem  habe  ich  nichts  zu  schaffen,  im  dat.  sg.  und  n.  ent- 
spricht alle  unverkennbar  der  mhd.  flexion  alle,  folglich  mit 
alle  dem,  bei  alle  dem  dem  mhd.  mitalle,  betalle  (Ben.  1, 19'. 
20"),  möglicherweise  war  eben  dies  von  der  praep.  abhängige 
alle  schuld,  dasz  man  auch  für  das  unveränderliche  all,  in  den 
fällen  der  vorigen  anmerkung,  ein  unorganisches  alle  einführte. 

5)  im  gegensalz  zu  jenem  abgeschnittnen,  unflcctierten  all 
erscheinen  nom.  sg.  m.  und  n.,  aller  und  alles,  wenn  ganz 
{latus)  ausdrückend,  gern  in  voller  flexion,  ja  aller  sogar  für 
den  acc.  und  andere  geschlechter,  analog  dem  halber,  voller, 
stiller,  nasser  {gramm.  4,  494.  498)  und  diese  analogie  hindert 
aller  für  einen  adverbial  stehenden  gen.  pl.  zu  nehmen,  so  sehr 
dies  der  bedeutung  zusagen  würde:  des  künigs  hausrat  ist  aller 
von  Silber  und  gold.  Frank  wellb.  188';  da  hat  sich  der  adcl 
aller  verkrochen,  den  künig  Ferdinandum  um  hilf  angeschra- 
wen.  Frank  chron.  235' ;  ein  frei  volk,  deren  gotsdienst  aller 
in  der  freiheit  des  geists  stehet.  Frank  paradoxa  55";  wann 
gleich  der  erdboden  aller  mein  were.  Agricola  spr.  150";  er 
ist  aller  blasz  und  erkaltet.  Siegm.  v.  Birken  103 ;  ligen  blieb 
und  entschlief,  darzu  sich  aller  {se  tolum)  bespeiet  und  kotzet. 
Kirchhof  wendunm.  146";  die  heilige  dreiknöticht  krön  {des 
pabsles)  aller  von  gold  und  edelstein  gemacht.  375";  und  ich 
Fridcrichen  gegen  mir  aller  schamrot  kommen  sehe.  Galmy 
33;  mit  solchen  gedanken  aufstund,  seine  kleider  anzoch,  sich 
aller  frisch  und  gesund  befinden  thet.  39 ;  da  die  nacht  die 
erd  aller  {lotam)  bedeckt  hat.  Aimon  bogen  X.;  die  köchin 
aller  (Iota)  zerschlagen  in  die  stube  kam.  wegkürzer  29 ; 

er  stan  nasser  und  aller  trof.   H.  Sachs  1,499*; 
ich  halt  eine  schlang  bei  der  kehl, 
bis  ich  sie  aller  todt  hinqucl.    frosclim.  Db'; 
CS  sprang  das  s'atvrvolk,  Silcnus  aller  trunken 
kam  auf  dem  csel  her  fein  langsam  nachgebunken.   Opit?  1,436  ; 
es  heulet,  dasz  die  hcrg  und  aller  wald  erschallt.    2,  172; 
zu  mir  trat  aller  nah.    Spee  trulzn.  47; 
nun  bin  ich  aller  matt.    176, 

und  bei  diesem  schriftsteiler  zumal  häufig; 

ein  seidner  Unterrock 

war  aller  ihr  putz.    Wieland  4,  44, 

nach  der  alten  ausg.,  die  jüngei-n  setzen  all  ihr  putz,  wie  die 
heutige  spräche  diesem  aller  ausweicht.  Dagegen  dauert  alles 
fort:  das  kind  steht  da,  alles  zerlumpt,  ganz  zerlumpt;  alles 
das  haus  bebte;  alles  mein  geld.  Fehenb.  1,118;  alles  mein 
vermögen.  1,  80 ;  das  ganze  bild  war  alles  licht  {ganz  glänz). 
Göthe  17,274;  ihr  guter  willc  ist  alles  pfand  das  wir  haben. 
8,  258 ;  ob  das  obsl  alles  verzehrt  werden  könne.  21,  96 ;  alles 
unser  bemühen.  29, 149. 

6)  volle  flexion  wird  venvandt,  wenn  das  subst.  ohne  arlikel 
folgt:  aller  mangel  rührt  daher,  alle  sorge  schwindet,  alles 
Unheil  ist  eingetreten,  auch  bei  den  praep.  über  und  um 
musz  alles,  darf  nicht  all  stehn.  wenn  es  den  inbegrif  aller 
dinge  meint:  er  liebt  ihn  über  alles  {franz.  sur  tont,  sur  lou- 
tes  choscs);  CS  geht  ihm  über  alles;  das  wirst  du  nicht  thun, 
nein,  um  alles  nicht.  Schili  eh  369 ;  ihr  spürtet  iiin  aus  und 
hättet  um  alles  gern  von  der  waare  gegessen.  Götiik  40,  9. 
verschieden  von  jenem  über  alles  ist  das  adv.  über  all  {partout). 

7)  von  al,  wenn  es  jedes,  jede  art  bedeutete,  liesz  die  ahd. 
spräche  gern  den  gen.  abhängen  {gramm. 'i.T\0),  welche  fügung 
doch  schon  mhd.  erloschen  schien,  heute  noch  weniger  erwartet 
werden  daif.  indessen  vergleiche  man :  al  da^  vrumes  was. 
kaiserchr.  10808  und  wil  in  Idn  als  (==  allcj)  ungelücks  hän. 
fasln,  sp.  257,  0. 


269 


ALL 


ALL 


210 


s)  das  auf  all  md  alle  folgende  adj.  pflegt  heute  gern 
schwache  form  anzunehmen:  alles  frische  wasser  ist  heilsam; 
aller  giünc  rasen  thut  dem  äuge  wol;  alle  guten  geister 
loben   ihren   meister;    alle  bösen,   im  spielvcrz.  bei  Fiscbart 

«*  484 ; 

lockt  freundlich  sie 
durch  alle  gefälligen  töne.    Bürger  S2'; 

aller  guten  dinge  sind  drei.  Lessing  1,  511;  aller  übrigen.  1, 
271;  doch  ist  auch  starke  form  zulässig:  alles  frisches  wasser; 
aller  dürrer  slrauch.  Logao  1,  5,  61;  alle  gute  geister;  alle 
übrige.  Lessixg  1,  271 ;  alle  junge  mädchen.  2,  456 ;  und  ehmals 
übcrtcog  sie  sogar  {gramm.  4,  556.  557). 

II.  Bedeutung. 

der  allheit,  weil  sie  eine  mehrheil  umfaszt,  ist  num.  pl.  an- 
gemessen, der  sinnlichen  ganzheit  vorzugsweise  sg.;  aus  zer- 
stückung des  ganzen  giengen  die  einzelnen  theile  hervor,  die 
in  der  allheit  wieder  zusammengedacht  werden. 

1)  dem  pl.  alle  steht  ein  sg.  jeder  zur  seile,  den  thaler  bil- 
den alle  dreiszig  groschen,  jeder  groschen  ist  des  thalers 
dreiszigster  thcil.  alle  menschen  müssen  sterben,  jeder  mensch 
ist  sterblich,  alle  leben  sagt  was  jeder  lebt,  nur  dasz  alle 
zusammenfaszt,  jeder  die  einzelnen  theile  ausdrückt,  alle  augen- 
blicke,  alle  stunden,  tage,  jähre ;  jeden  augenblick,  jede  stunde, 
jeden  tag,  jedes  jähr,  aller  worte,  die  du  mir  sagtest,  ge- 
denke ich  und  jedes  einzelnen.  Obschon  jeder  sonst  nur  im 
sg.  üblich  ist,  pflegen  wir  doch  alle  und  jede,  omnes  et  sin- 
guli  zu  verbinden:  es  sei  allen  und  jeden  gesagt,  komme  zu 
aller  und  jeder  künde,  genauer  wäre:  allen  und  jedem,  aller 
und  jedes  künde,  oder  beide  Wörter  in  den  sg.  gestellt:  alles 
und  jedes.  Göthe  40.  247.  43,  328. 

2)  oß  kann  auch  der  sg.  von  all  im  sinne  von  jeder  stehn : 
alle  nacht,  allen  abend  ergreift  mich  fieber;  ich  komme  auf 
-allen  fall;  das  diene  statt  alles  beweises;  aller  wein  erhitzt, 
alles  wasser  kühlt;  alles  reden,  trösten  hilft  nichts; 

und  so  schlaft  nun  aller  rogel 

in  dem  grosz  und  kleinen  uesle.    Göthe  5,225; 

aller  zustand  ist  gut,  der  natürlich  ist  und  vernünftig.  40,  277; 
aller  knochen,  der  blosz  nothdürftig  seine  besfimmung  erfüllt, 
hat  auch  eine  bestimmtere  form.  55,  233;  aller  fremder  in 
Israel  soll  in  hüllen  sitzen.  Reiszner  Jerusalem  2,  40';  aller 
mensch  wird  Ihorecht  ausz  der  kunst.  2,  6S';  all  der  kitzel 
stumpfer  sinne.  Wiei.and  10,  324;  aller  anfang  ist  schwer; 
alle  mühe  ist  umsonst;  alle  ausrede  kann  dabei  nichts  hel- 
fen; von  dieser  seile  sei  all  ihre  hofnung  verloren.  Schiller 
870 ;  der  salz,  durch  welchen  alles  ding  bestand  und  form 
empfangen.  97;  das  hauptsächlichste  bei  allem  irdischen  ding 
ist  ort  und  stunde.  337 ;  alles  dieses  bedenken  ist  unnüthig. 
Kant  0,  52 ;  es  blüht  an  allem  orte.  Logao  3,  103 ;  vielleicht, 
dasz  ihm  die  Ägypter  allen  gott,  alle  götter  ausdrücklich  un- 
tersagt hallen.  Lessing  10,  310 ; 

Mars  suchet  alles  aus.  er  weiset  allen  grif, 

zu  n:ihren  sich  bei  tag  und  wann  man  sonsten  schlief. 

LoGAt-  1,  5,  11 ; 
(nhilosophei,)  die  allen  fluch  und  schwur 
dem  wasser  und  der  lufl  hciszt  geben  in  die  spur.  3,  215. 

allen  augenblick.  pers.  baumg.  6,  8 ;  und  da  selzts  allen  augen- 
blick verdrusz  und  handel.  Göthe  8,  175;  die  frauen  alles 
Standes.  IS,  321 ;  der  antrag  ist  aller  Überlegung  wcrlh.  20, 
230;  alle  achlung  vor  seinem  wissen;  einem  alle  ehre  erwei- 
sen. In  solchen  fällen  musz  das  subst.  leicht  in  die  Vorstel- 
lung der  mehrheit  übertreten  können,  alle  nacht,  allen  fall  meint 
vas  alle  nächtc,  alle  fälle;  alles  ding  was  alle  dinge;  alles 
Standes  was  aller  stände.  Sobald  das  einzelne  unter  vielem 
ausgedrückt  werden  soll,  schiene  all  unstallhafl,  s.  b.  in  den 
Sätzen:  jedes  kind  zieht  an  durch  seine  Unschuld,  jede  blume 
will  frisch  gepüflckt  sein,  jeden  mann  erkenne  ich  an  seiner 
stimme. 

3)  m  den  unter  2.  3.  4  der  form  behandelten  verbindungeti 
des  all  mit  dem  artikel  verbleibt  ihm  im  sg.  wie  pl.  die  Vor- 
stellung der  allheit,  doch  nähert  es  sieh  durch  die  Zusammen- 
fassung dem  heririffe  der  ganzheit.  du  weist  nun  all  mein 
leid  halt  gleicJisam  mitte  zwischen  jedes  meiner  leiden  und 
mein  ganzes  leid,  von  alle  dem,  mit  alle  dem  ist  gedrung- 
ner, als  CS  die  ausfühntng  von  jedem  dieser  dinge,  mit  Jedem 
dieser  worte  sein  würde. 

4)  die  bednitung  der  ganzheit  behauptet  sicli  oß  noch  im  sg. 
ton  all,  zumal  bei  abstracten  Vorstellungen:  alle  lust,  alle 
fieude  ist  nun  dahin,  das  will  mehr  sagen  als  jede  lust  und 


beinahe  die  ganze  lust;  ich  nehme  alle  seine  sorge  von  ihm 
ab ;  noch  ist  nicht  alle  hofnung  verschwunden ;  um  alles  sein 
vermögen  ist  er  gekommen ;  all  das  geld  reicht  nicht  hin,  ihn 
zufrieden  zu  stellen ;  verfolgten  sich  aus  aller  macht.  Gellert 
1,  147 ;  er  machte  sich  in  aller  stille  davon.  Göthe  19,  117 ; 
kam  in  aller  eile,  tn  toute  hdte;  in  aller  frühe  {ganz  in  der 
frühe).  Göthe  25,  284 ;  ein  palast,  der  alle  gegend  {die  ganze 
gegend)  überschaut.  13,48;  und  den  fröhlichen  taiu,  den  alle 
(die  ganze)  Jugend  begehrt.  40, 243 ; 

weiland  hielten  unter  häuten  allen  winter  krieger  ans. 
LoGAC  2,  7,  92, 

d.  i.  den  ganzen  winter;  dise  (magi  oder  caldei)  philosophier- 
ten durch  alles  leben  (iVir  ganzes  leben  lang).  Frank  weltb. 
141*.  Bald  würde  man  jeder  setzen  können,  bald  ganz  setzen 
müssen.  Häufig  steht  bei  Luther  alles  volk  /ür  das  ganze  volk 
und  zumal  hergebracht  ist  all  bei  weit  {vgl.  allerwelts):  alle 
weit  (tout  le  monde)  weisz  es,  redet  davon,  alle  weit  flieht 
ihn;  er  thäle  es  um  aller  weit  reichthümer  nicht,  es  freut 
ihn,  wenn  es  aller  weit  wol  geht;  das  begreife  ich  in  aller 
weit  nicht;  du  kannst  aHe  well  auslachen; 

er  ist  schon  lane  mit  einem  fremden  schiffe 

in  alle  weit,  und  lebt  vielleicht  nicht  mehr.   Göthe  10,215;; 

die  samlung  ist  leider  in  alle  weit  zerstreut.  43,  348,  d.  h.  in 
die  ganze  weit,  jede  weit  wäre  jede  einzelne,  so  er  ist  durch 
all  das  land  bekannt,  durch  das  ganze;  jedes  land  wäre  ein 
einzelnes  der  vielen  länder.  war  das  nicht  all  mein  trost? 
Göthe  8,29;  mein  ganzer  trost  42,270. 

der  herr,  der  alles  fleisch  erhält, 
wird  mir  so  viel  ich  brauche  geben. 
Gellert  1,  212. 

in  allem,  «m  ganzen,  in  summa:  in  allem  drei  gülden;  wie 
viel  sinds  in  allem?  Göthe  S,  102;  alles  in  allem,  summa 
summarum;  er  hatte  die  band  über  den  ganzen  erdboden  und 
war  euch  alles  in  allem.  8,171;  mein  vater  hatte  einen  jun- 
gen menschen  erzogen,  der  bei  ihm  bedi£nter,  kammerdiener, 
secretär,  genug  alles  in  allem  gewesen  war.  24, 189 ;  sie  sind 
ehrgeizig  und  wollen  alles  in  allem  sein.  pers.  rosenth.  7.  20. 
so  sind  die  schöffen  lebendige  archive,  Chroniken,  gesetzbücher, 
alles  in  einem.  Göthe  42,  45. 

5)  bei  sinnlichen  begriffen  wird  heule  ganz  vorgezogen:  das 
ganze  dorf  versammelt  sich,  die  ganze  gesellschaft  war  damit 
einverstanden,  den  ganzen  häufen  konnte  man  vom  berge  her 
übersehn ;  das  ganze  haus ,  die  ganze  Stadt  ist  niederge- 
brannt ;  er  fällt  am  ganzen  leib  sichtbar  ab ;  das  ganze  kleid 
ist  befleckt ;  er  arbeitet  den  ganzen  tag,  schläft  die  ganze 
nacht  nicht ;  ich  liebe  dich  von  ganzem  hei-zen.  Hier  liesze 
sich  niemals  jeder,  wol  aber  an  die  stelle  des  articulierten  und 
schwachformigen  ganz  auch  ein  vorgeschobnes  all  mit  nachfol- 
gendem artikel  anwenden:  all  das  dorf,  all  die  nacht  =  das 
ganze  dorf,  die  ganze  nacht.  Die  ahd.  und  mhd.  spräche  be- 
dienen sicIi  des  all  ßr  ganz  noch  ungleich  häufiger,  ihr  all 
war  noch  lebendiger,  sinnlicher;  wenn  Luther  Mallh.  22.  37 
verdeutscht:  du  soll  lieben  gott  von  ganzem  herzen,  von  gan- 
zer Seelen,  von  ganzem  gemüle  hiesz  es  ahd.  fon  allcmo  Ihl- 
nemo  herzen,  fon  allero  tlnncro  sein,  fon  allemo  thinemo 
muotc.  bei  Luther  Marc.  12,  30 :  von  ganzem  herzen,  von 
ganzer  seelen,  von  ganzem  gemüte  und  von  allen  deinen  kräf- 
ten ;  goth.  us  allamma  hairtin  )>einamma,  us  allai  saivalai 
t)cinai,  us  allai  gahugdai  l)einai,  us  allai  inahtai  (leinai.  all 
war  also  vormals  mehr  tolus  als  omnis.  Lutuer  behält  es  vor 
dem  dat.  pl.  kräften,  ^|  o/.ri  tP-s  ia/ios  oov,  vulg.  ex  tota 
virlute  tua,  weil  er  insgemein  ßir  den  sg.  ganz,  fitr  den  pL 
alle  verwendet,  heute  ist  uns  auch  der  pl.  ganze  verstattet, 
doch  abweichend  von  alle  in  der  bedeulung:  ich  schlafe  ganze 
nächtc  nicht  heiszt  durchwache  alle  stunden  der  nacht;  ich 
schlafe  alle  nächtc  eine  stunde  nicht,  wache  allnächtlich  stun- 
denlaMi.  er  verschleudert  ganze  summen,  ganze  capitale,  bringt 
sie  vollständig  durch;  er  versciileudcrl  alle  summen,  die  vor- 
räthig  lagen,  alle  capitale,  die  man  ihm  geliehen  hatte,  ganze 
beere  des  feindes  wurden  vertilgt  unterscheidet  sich  ton  alle 
beere  wurden  vertilgt. 

6)  praedicatic  in  der  bedeulung  der  allhett  steht  all  kaum, 
doch  kann  man  sagen:  es  ist  nicht  einer,  sondern  alle;  die 
da  kamen,  waren  alle,  nie  ßr  die  ganzheit,  unsagbar  »drej 
der  rock  ist  all,  meine  freude  ist  all,  im  sinne  von  unver- 
sehrt, unverletzt.  Wol  aber  musi  als  merkwürdige,  dem  an- 
schein  nach  uralte  eigenheil  unsrer  spräche  hervorgehoben  mer- 

U 


211 


ALL 


ALL 


212 


den,  dasz  sie  praedicatives  all  im  sinne  von  erschöpfl  und  be- 
endigt kennt:  das  geld  ist  all  will  sagen  verthan,  durchge- 
bracht; der  wein  ist  all,  rein  ausgetrunken;  die  freude  ist 
nun  all,  zu  ende;  es  ist  all  all,  antwortet  man  begehrenden 
kindern;  es  ist  alles  all,  tout  est  ßni,  wo  das  wort  hinterein- 
ander verschicdnes  ausdrückt;  und  damit  ists  noch  nicht  alle. 
Schiller  64G;  meine  hyacinthen  sind  alle.  310;  dasz  ich  wie- 
der was  habe,  wenn  der  all  ist.  Göthe  bei  Merck  2,  85;  die 
kugeln  sind  alle,  wir  wollen  neue  gieszen.  8,  107;  denn  die 
missethat  der  Amoriter  ist  noch  nicht  alle.  1  Mos.  15,  16, 
necdum  completae  sunt,  all  werden  ==  perire,  finiri :  das  geld 
wird  bald  all;  der  wein  wird  all,  es  musz  neu  gezapft  wer- 
den ;  der  verrat  konnte  dennoch  mit  der  zeit  theils  verder- 
ben, theils  alle  werden.  Fclscnb.  2,  77 ;  meine  sechs  thaler 
waren  bei  dem  auflegen  vor  die  musikanten  und  durch  das 
unglückliciie  spielen  alle  worden.  Leipz.  avanturier  1,  196 ; 
das  grüszte  vergnügen  wird  alle,  wenn  die  frau  keine  wirtin 
ist.  Gellert;  nun  schieszt  nur  hin,  dasz  es  alle  wird.  Göthe 
8,169;  dennoch  müssen  sie  untergehen,  ja  vergehen  und 
alle  werden.  Lltiiers  br.  2,  72;  bis  das  ewre  leibe  alle  wer- 
den in  der  wüsten.  4  Mos.  14,  33 ;  es  sol  das  dritte  theil  von 
dir  durch  hunger  all  werden.  Ezech.  5,  12.  all  machen  = 
pcrdere,  rcrlhun,  durchbringen :  er  wird  sein  bischen  geld  bald 
alle  machen ;  dieser  mensch  hatte  einen  reichen  vater,  dem 
er  12000  thaler  auf  Universitäten  und  6000  thaler  auf  dieser 
zweijährigen  reise  alle  gemacht  hatte.    Leipz.  avant.  2,  17 ; 

natürlich  ists,  das  steligs  klagen 
uns  endlicli  alle  macht.    Fleming  487; 
der  kömpi  vom  berg  herab  und  der  kömpt  durch  das  ihal, 
dasz  sie  den  tollen  mann  da  wollen  machen  all. 
Werders  Ariost  24,  8, 
et  altretanli  andar  da  basso  ad  alle, 
per  fare  al  pazzo  un  villanesco  assallo ; 

hat  in  derselbige  ins  weiche  gestochen  und  also  in  gar  alle 
gemacht  und  jämmerlich  eiT\-ürgct.  Spangenbergs  jagtcufcl 
1560  bl.  Sii'.  Adelung  erklärt  dies  seilsame  all  für  gemein 
und  für  ein  adverb.  adveib  sein  kann  es  aber  nicht,  da,  wie 
wir  sahen,  der  begrif  all  das  adv.  ausschlicszt  und  die  Ver- 
bindung mit  sein,  werden,  machen  nothwendig  ein  adj.  for- 
dert, auch  ellipsen  lassen  sich  nicht  wol  annehmen,  wer  das 
geld  ist  all  und  das  geld  ist  hin  (gegangen)  vergleichen  wollte, 
ivürde  all  machen  nichi  erklären  können.  Erwägt  man  nun, 
dasz  all  ein  verwandter  begrif  von  ganz  ist,  ganz  aber  sich 
an  gar  und  fertig  reiht;  so  musz  auch  all  aus  der  Vorstellung 
der  bereitschaß  übergehn  in  die  des  abschlusses  und  endes. 
der  fertige  steht  gerüstet  zur  fahrt  und  zicm  abgang,  fertig 
sein  heiszt  uns  zwar  bereit  sein,  aber  auch  ermatten,  erliegeti. 
gerade  so  zweideutig  erscheint  gar,  die  speise  ist  gar  bedeutet 
sie  ist  fertig  gekocht,  in  Ostreich  hingegen,  sie  ist  erschöpft, 
ausgegessen,  nicht  mehr  vorrätig,  man  sagt  dort  mit  mir 
ists  gar  ==  mit  mir  ists  aus.  in  diesem  sinn  kann  auch 
das  ist  all  beides  ausgedrückt  haben,  das  steht  bereit  und  ist 
nicht  mehr  zu  haben,  einen  all  machen  heiszt  was  ihn  ex- 
pedieren, ihm  den  garaus  machen ;  etwas  gar  haben,  gar  krie- 
gen bedeutet  in  Baiern  es  klein,  fertig  kriegen.  Schmeller  2, 
60 ;  hundert  thaler  klein  oder  all  machen  wäre  dasselbe,  wir 
verknüpfen  ganz  und  gar,  die  altn.  spräche  setzt  zusammen 
giörvallr,  omnino  omnis,  wie  Spaxgenberg  in  der  angezognen 
stelle  sagt  einen  gar  alle  machen,  hinter  dem  praedicat  es 
ist  all  =  erschöpfl  musz  ein  älteres  es  ist  all  =  vollständig, 
ganz,  bereit  gelegen  haben,  das  zwar  in  den  Sprachdenkmälern 
noch  nicht  aufzufinden  steht;  doch  die  redensarl  es  ist  all 
zeigt  sich  gegründet  und  für  die  geschichtc  des  wortes  all  be- 
deutsam, wo  auch  hier  alle  für  all  erscheint,  musz  es  wie 
in  alle  der  und  alle  mein  unorganisch  genannt  werden. 

Ob  nun  zwar  das  eben  geschilderte  praedicative  all  =  er- 
schöpft, zu  ende  gegangen  aus  ahd.  und  nihd.  denkmdlern 
noch  nicht  aufzuweisen  steht;  so  darf  doch  kaum  bezweifelt 
werden,  dasz  es  damals  schon  in  der  spräche  lebte,  dafür 
läszl  sich  ein  wichtiger  grund  aus  der  altnordischen  schöpfen, 
in  weicher  nicht  nur  das  vorhin  angezogne  giörvallr  vorkommt, 
sondern  auch  allr,  nach  BnjRN,  bedeutet:  qui  vivere  desiit, 
nil  praeterea  Valens;  liann  vard  f.ar  allr,  ibi  mortuus  est. 
nicht  anders  heiszt  es  schwedisch:  dct  är  allt  pS  fatet;  ma- 
len är  slut  pä  fatet;  tortan  är  all;  mina  penningar  uro  alla ; 
min  liast  bief  all  i  gär;  nu  är  det  allt  med  i>ss;  lian  gal 
mig  cn  riksdaier,  och  dernicd  allt.  dänische  beispiele  gibt 
MoLREcn  unter  al  nicht  an,  doch  sind  sie  ohne   Zweifel   auch 


in  dieser  spräche  begründet.  Vergleichbar  scheint  endlich  das 
böhm.  po  wsem,  buchstäblich  nach  allem,  dann  zu  ende,  giz 
gest  po  wsem,  es  ist  all,  ist  vorbei,  giz  gest  po  wsem  weta, 
actum  est  de  illo,  weta  gest,  es  ist  all  (wett),  zu  ende,  giz 
gest  po  wjne,  es  ist  post  vinum,  der  wein  ist  all.  Jüncmann  5, 
Sü*.  204". 
III.  Stellung. 

1)  unabhängig  vom  artikel,  immer  slarkformig,  pflegt  all 
voraus  zu  gehn.  das  ganze  volk,  die  ganze  weit,  die  gesam- 
ten leuto  setzt  sich  um  in:  all  das  volk,  all  die  weit,  all 
die  leute,  oder  ohne  artikel:  alles  volk,  alle  weit,  alle  leute. 
alle  guten,  alle  die  guten,  alle  die  besten.  Götue  40,  5.  mit 
einem  pronomen  dazwischen :  fragen  alle  sich  die  brüder. 
3,  72. 

2)  nachdrucksam  folgt  es  aber  hinter  dem  nomen :  die  besten 
alle,  die  besseren  alle;  was  kümmert  uns  das  volk  all? 

und  das  laudvolk  all  herbei  lief.    Göthe  8,  111; 
jeder  sann  nur  und  schwur,  die  boleidigung  alle  zu  rächen.  40,  291 ; 

er  wandte  sich  von  seinen  freunden  allen  ab;  den  mädchen 
allen.  Gökingk  2,  169; 

von  des  lebens  gütern  allen 
ist  der  rühm  das  höchste  doch. 

SCUILLER  2,  44; 

wie  hat  dieser  frevler  die  blumen  alle  zerstört ;  die  stimme 
wird  gelassener,  die  glieder  alle  gerathen  in  einen  stand  der 
ruhe ; 

die  rothen  backen  alle.    Göthe  8,  111; 
seinem  weihe  verschwatzte  der  thor  die  hcimlichkeit  alle.  40,  76; 

und  wie  das  zeug  alle  hiesz.  44,  2;  und  wie  sonst  der  nar- 
rentand  all  heiszen  rnag.  Gökingk  2,  186;  komm,  ich  leite 
dich  zum  quell  des  lebens  all.  Göthe  33,  251.  In  noch  wei- 
terem abstände,  durch  ein  verbum  getrennt:  die  schuldigen  ver- 
stummten alle;  einer  starb,  die  andern  genasen  alle;  einen 
strafte  er,  den  andern  verzieh  er  allen; 

nein  nein,  die  weiber  sicclilen  alle, 

wenn  dieses  übel  schädlich  war.    Gellert  1,  91. 

Kühner  tritt  all,  wenn  ein  verbum  dazwischen  sieht,  voraus: 

alle  blinken  die  slerne  mit  zitterndem  schein.    Göthe  40,  377; 
es  beben  alle  mir  die  glieder.    11,  88. 

3)  auf  ein  demonstratives  das  und  dies  folgt  all  unmittelbar 
oder  läszt  sich  durch  andere  Wörter  abtrennen:  das  alles  ist 
wahr,  das  ist  alles  wahr;  diese  alle  liebe  ich,  diese  liebe 
ich  alle;  das  alles  war,  das  war  alles  verlorne  arbeit. 

4)  auf  dieselbe  weise  verbindet  es  sich  mit  was  orfer  trennt 
sich  davon:  was  alles  meinst  du  damit?  was  meinst  du  al- 
les? was  alles  soll  das?  was  soll  das  alles?  es  ist  erstau- 
nend, was  er  alles  weisz ;  was  könnte  ich  nicht  alles  dir 
zu  liebe  thun?  was  alles  weissagte  ihm  nicht  sein  herz?; 
könnt  ihr  mir  sagen,  was  das  all  bedeutet?  Schiller  353. 
Und  gleich  dem  neutrum  was  ist  auch  alles,  wenn  es  zu 
was  für  =  welch  gefügt  steht,  auf  substantiva  jedes  geschlechts 
und  mimcrus  beziehbar:  was  alles  für  leute  sind  das?  was 
ist  das  alles  für  ein  schreien  und  toben?  was  sind  das  nicht 
alles  für  ausfluchte?  was  du  dir  doch  alles  für  sorgen  machst; 
was  alles  für  Schlüsse  daraus  herzuleiten  wären;  was  sah  sie 
nicht  alles  für  prüfungen  vor  sich' schweben.  Gütiie  17.  2S4; 
und  was  für  bemerkungcn  noch  alles  den  genusz  der  bilder 
störten.  38,  123 ;  ja  man  weisz  niciit ,  was  man  ihnen  alles 
für  hörner  und  klauen  andiditen  soll.  4S,  11; 

ihr  miisiel  über 
den  Euphrat,  Tigris,  Jordan,  über  wer 
weisz  was  für  wasser  all?    Lessimg  2,  198, 

WO  auch  stehn  dürße :  was  für  wasser  alles.  Sogar  wagl  man 
solch  ein  alles  mit  wer  zu  verknüpfen:  wer  alles  war  zuge- 
gen? wen  erblicktest  du  alles  in  dem  hause?  wem  alles  gabst 
du  das  geld?  ich  hatte  den  pbilosophen,  den  physiker,  nia- 
theinatiker,  niahler,  incchaniker  und  gott  weisz  wen  alles  in 
anspruch  genommen.  Götiie  30,  328.  doch  ein  pluralvcrbum 
fordert  auch  alle:  und  wer  sind  denn  alle  diese  feinen  buhen? 
6)  hinler  alles,  wenn  es  jedermann  bedeutet,  könnte  ein  neu- 
trum wie  Volk  ausgefallen  gedacht  werden:  alles  rennt  und 
läuft  auf  deU'Straszen;  alles  freut  sich  der  früblingszeil ;  al- 
les kommt  mir  enigegen;  wenn  alles  schlief.  Gotter  t,  4:!; 
wie  alles  aiipen  macht.  Gökingk  2,  202.  richtiger  aber  sieht 
man  darin  die  ins  neutrum  überhaupt  gelegte  Unbestimmtheit, 
aus  der  sich  das  verschiedenartigste  entfalten  kann ;  in  demmhd. 


213  ALL 

alle;  da?  ich  gerne  schouwe, 

dast  ein  wip,  diu  mich  ungerne  siht.    MS.  1,  30», 

tcird  doch  niemand  auf  alle;  ein  subst.  folgen  lassen. 

6)  den  zahlen  pflegt  all  gern  voran  zu  treten:  alle  zwei, 
alle  drei,  alle  zehen ;  wir  müssen  jelzt  alle  fünf  jähre  um- 
lernen, wenn  wir  nicht  ganz  aus  der  mode  kommen  wollen. 
GüTBE  17,  4S.  alle  zwei  stunden  einen  löffel  voll  einzuneh- 
men, alle  viere  strecken  meint  hände  und  füsze,  mhd.  alliu 
vieriu ;  alle  neune  werfen,  die  neun  kegel.  Lessixg  läszt  nach 
dem  gen.  pl.  aller  die  unfleclierle  zahl  folgen :  man  sieht  ja 
nicht  aller  zwei  meilen  einen  galgen ;  ich  richte  mich  so  ein, 
dasz  ich  aller  sechs  wochen  eine  neue  herschaft  habe;  für 
alle  zwei  meilen,  alle  sechs  wochen.  die  ältere  spräche  er- 
reichte  das  heutige  in  allem  behend  durdi  den  bloszen  gen. 
pl.:  nu  wurden  aller  ahtc.  Er.  3441;  zwelve  ir  aller  wären. 
Mai  114,  23;  altn.  siö  hundrud  allra.  Scpin.  135*,  siebenhun- 
dert in  allem,   vgl.  aller  adv. 

~)  die  spräche  des  16.  17  jh.  gebraucht  bei  fluch  und  schelte 
häufig  genilire  jedes  geschlechts  und  numerus,  tcelchen  immer 
noch  ein  gleichfalls  genitivisches  alles  und  aller  voransieht, 
belege  und  erläuterung  dieser  elliptischen,  merkwürdigen  aus- 
dnteksiceise  folgen  unter  aller,  allers  und  alles. 

IV.  Zusammensetzung. 

1)  des  alten  Unterschieds  zicisdten  all  und  ala  in  Zusam- 
mensetzungen {gramm.  2,  627.  650)  Idszl  unsre  spracJie  längst 
nicht  mehr  geirahren.  insofern  all,  alla  dem  gr.  6)^-,  ala 
dem  Tiarro-  gleicht,  scheint  sich  daraus  eine  wichtige  besti- 
tigung  des  über  den  Ursprung  des  «ortes  voraus  gesdiicklen 
zu  ergeben,  da  die  bedeutung  der  ganzlicit  frülier  als  die  der 
allheit  ist,'  musz  aucJi  die  form  alla  älter  sein  als  ala,  was 
zur  deutung  des  alla  aus  alva  salva  sarva  stimmt,  in  ala  hat 
■sich  die  consonanz  rerdünnl  wie  in  o/a)s,  obschon  dies  den 
begrif  der  ganzheil  festhielt,  welche  unsrer  heutigen  Zusam- 
mensetzungen mit  all  die  eine  oder  andere  bedeutung  hegen, 
wird  bei  den  einzelnen  Wörtern  angegeben. 

2)  hervorzuheben  ist  die  entschiedne  neigung  der  deutschen, 
zumal  hodideutschen  spräche  auch  parlikeln  mit  all  zusammen- 
zusetzen, dahin  gehört  besonders  also,  welches  seit  seiner 
Verkürzung  in  als  eine  grosze  rolle  spielt,  in  den  räumlichen 
pronominalparlikeln  allda,  allwo,  allher,  allhier,  alidort  soll 
das  vorangestellte  all  den  raumbegrif  verstärken  wie  das  nach- 
gesandte selbst  in  daselbst,  woselbst,  hierseihst,  dorlselbst. 
zu  stärkt  sich  in  allzu,  zuband,  zumal  in  allzuhand,  allzu- 
mal, bereits,  sogleich,  sobald  in  allbereits,  allsogleich,  all- 
sobald.  alle  solche  Zusammensetzungen  enthalten  den  räum- 
lichen begrif  des  all,  gleichen  griechischen  mit  napro-,  sollten 
demnach  mit  1,  nicht  mit  II  geschrieben  werden. 

3)  einige  Zusammensetzungen  sind  uneigentliche  und  habm 
blosz  den  adjectivischen  casus  an  ein  subst.  geschoben,  wie 
den  acc.  sg.  fem.  alle  in  allezeit,  verkürzt  allzeit,  zumal  häufig 
den  gen.  pl.  aller,  ahd.  allero,   goth.  allaize    vor  Superlativen. 

ALL,  adv.,  ein  von  dem  adj.  all  in  gewöhnlicher  weise  ge- 
leitetes adv.  wurde  vorhin,  wie  ein  ahd.  allo,  mhd.  alle  ge- 
leugnet, etwas  anders  ist,  dasz  das  neutrum  des  adj.  adrer- 
bialisch  gesetzt  und  aufgefaszt  werden  könne,  in  manchen  der 
nachher  angeßhrlen  Zusammensetzungen  liesze  sich  das  all  ab- 
lösen und  wie  ein  adrerb  betrachten,  umgekehrt,  wenn  Bor- 
ger 36'  sagt: 

die  schönste  maid,  die  du  ersiehst 

all  säuberlich  und  neu, 

von  fusz  zu  haupt,  von  baupt  zu  fusz. 

wäre  auch  ein  verbundnes  allsäubcrlich  annehmbar,  andere- 
mal  kann  man  zwischen  adj.  und  adv.  sehwanken:  laszt  mich 
so,  es  ist  all  eins.  Göthe  8,  24,  darf  bedeuten  ganz  eins,  ganz- 
lich eins  oder  alles  eins,  mir  ists  all  eins.  Schiller  Wol- 
lenst. 4,  3. 

Sailtan:    geh  sag,  ich  lasz  ihn  billen, 
ihn  herzlich  bitten. 

Daja.    allumsonst.   er  kömmt  euch  nicht. 
Lessimg  2,  213; 

all  überall:  Lenz  will  all  und  überall  nach  shakspearescher 
weise  gehandelt  haben.  Göthe  2G,  75; 

wenn  überall,  all  überall 

im  stillen  wir  uns  vermehren.    3,74; 

un<l  überall,  all  überall 

auf  wegen  und  auf  »legen.    Bcrcer  13*. 

Nicht  selten  scheint  auch  all,  wie  das  mhd.  al  m  die  bedeutung  von 
obgleich,  obschon,  in  die  von  schon  überiugehn :  du  kommst  mir 


.VLL  — ALLBEREITS 


214 


all  eben  recht ;  das  ist  all  recht  gut ;  ich  will  es  all  bedenken, 
wiewol  adjedivisehes  all  hier  gleiches  recht  hätte:  das  ist  all  gut, 
im  ganzen  magst  du  recht  haben.  Göthe  10,  105 ;  es  ist  ganz 
gut,  dasz  man  edel  denkt.  10,  87  (ausg.  von  1774  s.  52  es 
ist  all  gut);  alle  wol,  ganz  wol.  Eti.nebs  unw.  dod.  93.  467. 
ALL,  n.  Universum,  rb  Txär,  welches  einige  im  gen.  un- 
verändert lassen,  andere  flectieren :  dasz  wie  ein  kreisz  nur 
einen  miltelpunct,  die  weit  nur  eine  sonne  also  das  grosze 
all  nur  einen  einigen  gott  habe.    Lohexst.  Ann.  2,  274; 

0  wunderbares  all,  eröfue  mir  die  äugen.    Bkockes  1,474; 

wie  hast  du  groszes  all  auch  mich  .  .  gewähret.    3,687; 

zur  gehurt  des  weiten  all  uns  führen.    3,  145; 

dank  dir,  schöprer  dieses  all, 

dasz  ich  für  den  mond  ein  äuge  habe 

und  ein  ohr  für  deine  nachtigall.    Göeixgk  1,  51 ; 

begeistert  reiszt  euch  durch  die  nächsten  lODen 

ins  all  und  füllt  es  aus.    Göthe  1, 141; 

und  so  empfangt  mit  dank  das  schönste  leben 

vom  all  ins  alPzurück.    1,  142; 

doch  meine  blicke  sollten 
in  einen  punct  verdichtet  des  schönen  all  {das  aü  da  sebJneTi) 

entdecken.  Platem  83; 

sich  selbst  zu  schaun  erschuf  der  schöpfer  einst  das  all. 
das  ist  der  schmerz  des  alls,  ein  spiegel  nur  zu  sein.    84; 
während  allein  er  das  all  klardenkend  wägt.    127; 

die  idee  von  einem  all  der  realität  (omnitudo  realitatis).  Ka7«t 
2,  245.    vgl.  aljes. 

ALL.\BE.\DLICH,  adv.  quovis  vesperi:  jeden  morgen  er- 
neuern sie  ihren  kunstversuch  unermüdet  und  allabendlich 
waschen  sie  das  gelungene  hinweg.  Tiecc  nov.  4,  75. 

ALLANFALLEND : 

und  dieses  husens  macht 
drängt  sieh  entgegen  der  allanfallenden  gefahr  umher. 
Göthe  33,  250. 

ALLANTLAMMEXD : 

als  ob  der  allanOammende  sonnenvater 

die  erd  umarmt.  Herder  3,  123. 

ALLARM.  s.  alarm. 
ALLARTIG,  omnigenus. 

ALLAL'GE.  n.  das  allauge  ^otfes  ists.  Simplic.  1,  488. 
ALLAUSSPÄHEND,  7iai'e7ri<jxon;os : 

du,  den  mir  kindisch  allnusspähende 
von  neugier  und  von  müsziggang  erzeugte 
rastlose  ihutigkeit  entdecken  half.     Gothe  9,  294. 


ALLDARMHERZIG,  allerbarmend. 
ALLBARMHERZIGKEIT,  f. 


Klopst.  7,  44. 


des  heilands  allbarmherzigkeit 

hat  sie  hier  aufgenommen.    Bcrgsr  49». 

ALLBEDINGE.ND :  was  gar  nicht  aufzulösen  ist,  überlassen 
wir  zuletzt  golt  als  dem  allbedingenden  und  allbefreienden 
wescn.    Göthe  2t,  124. 

ALLBEFASSE.ND,  Bbockes  7,  9. 

ALLBEFREIEND,  Göthe  21,  124. 

ALLBEGABT:  Pandora,  allerhöchst  und  allbegabtcst,  regte 
sie  sich  hehr  dem  staunenden  entgegen.    Göthe  40,  379 

ALLBEMERSCHE.ND: 

es  gibt  der  alibehcrschende  golt 
unrermiscbt  von  schmerz  den  sterblichen  nichts. 
Stolberg  14, 96. 

xVLLBEHERSCHER,  m.  TtavSauärwQ:  der  schlaf,  der  all- 
beherscher.    Stulbeug  M,  204. 

ALLBEHERSCHERLN,  f  zur  allbeherscherin  das  fremde 
weih  erliuhn.  Bcrger  109*. 

ALLBEKANNT. 

ALLBELEBE.\D: 

als  noch  auf  uns  die  morgensonne 

ihr  allbelebend  feuer  gosz.    Gotter  1, 10; 

die  herlichen  gestalten  der  unendlichen  weit  bewegten  sich 
allbelebend  in  meiner  seele.  Göthe  16,  74. 

ALLBELEHREND,  Göthe  5,  199.  200. 

ALLBELIERT. 

ALLBENEIDET. 

.\LLBERE1T,  adj.  paratissimus. 

ALLBEREIT,  adv.  jam  pridem,  nnl.  alreede,  alree,  engl,  al- 
ready :  wiewol  die  strafe  albereit  angangen  ist.  Luther  3,96;  und 
sind  doch  albereit  in  demselbigen  reich  des  bimels.  8, 185*;  ich 
gedenk,  dasz  er  allbereit  schon  wüste.  Fischart  frimfni:.  218*; 

14* 


215 


ALLBEREIT  — ALLDA 


ALLDÄMPFEND  —  ALLELN 


216 


bcgonnte  mich  auch  damalen  allbcreit  etlichermaszen  um 
die  Jungfrauen  zu  thieren.  Schweimchen  1,  63;  ob  ihm  nun 
wol  allbereit  alle  straszen  nach  Liegnitz  verlegt  worden.  2,  98; 
das  sei  eben  allbereit  stattlich  verantwort.   Avrer  proc.  2,  10 ; 

du  bist  zum  schwort  albreit  gericht.    Ayrer379'; 

verliebte  sind  allbereit  dem  ertrinken  nahe  und  strecken 
bloszer  dinge  ihre  bände  und  fiisze  aufwerts.  pers.  baumg. 
3,  21;  wenn  der  knabc  von  ihren  bubenstücken  allbcreit  et- 
was erlernet,  pers.  roscnth.  1,  5;  weil  aber  die  fahre  allbereit 
vom  lande  gestoszen.  3,27;  was  du  allbcreit  zuvor  weist. 
8,  113 ;  vernahm,  dasz  er  ein  weib  genommen  hatte  und  all- 
bereit mit  ihr  kinder  gezeuget.  6,  5 ; 

sein  sinn  der  stund  von  wiegen  an 

schon  allbereit  dahin, 

wo  mehr  von  künsten  ist.    Fleming  136; 

der  ganze  helicon  ist  schon  ümm  diese  zeit 

ümm  seine  bücher  her  und  dichtet  allbereit.    150; 

davon  ist  allbereit  oben  gedacht  worden.  Weise  kl.  leute  280 ; 
der  sobn,  der  allbcreit  im  geist  ducaten  zehlet.    Canitz  57 ; 

allbereit  zur  richtigkeit  gekommen.  Felscnb.  l,  70 ;  ich  halte 
allbereit  so  viel  höflichkeit  und  verstand  gefasset.  1,  120 ;  De- 
siderius  beredete  diesen  monarchen,  er  habe  sich  mit  dem 
j-ömischen  stuhl  allbereit  verglichen.  Hahn  1,  26.  spätere  zie- 
hen das  folgende  vor,  m.  s.  a.  allgereit. 

ALLBEREITS,  adv.  gleicher  bedeutung  mit  dem  vorigen:  es 
bedünkte  mich  allbereits.  Simplic.  1,  34 ;  als  ob  wir  allbereits 
von  der  bahn  abgewichen  wären.  Lessing  5,  109  und  öfter; 
allbereits  ist  schon  ein  ziemlicher  theil  der  luft  verflogen. 
WiEi-AND  30,  36 ;  ich  darf  nicht  bergen,  dasz  ich  allbereits 
um  ein  geheimnis  weisz.  Schiller  273 ;  ich  habe  euch  all- 
bereits bericht  gethan.  Claudius  4,  66 ;  dort  oben  regt  in 
menge  sich  allbereits  viele  dienerschaft.  Gütue  41,  209;  die 
jagd  hat  sich  dort  allbereits  versammelt.  Tieck  2,  241;  der 
geneigte  leser  fängt  allbereits  an  etwas  zu  merken.  Hebel  249. 
heule  klingt  es  schon  steif  und  wird  lieber  bereits  gesagt. 

ALLBEULHMT. 

ALLBESEELEND. 

ALLBESESSEN : 

allbesitzend  immer  allbesessen 

labet  eins  am  andern  sich  alsdann.    Dürger  97". 

ALLBESITZEND. 

ALLBESLNGEN. 

ALLBEWÄLTIGEND :  allbewältigender  eindruck. 

ALLBEVVEGEND : 

weckt  mich  doch  ein  grauslich  wittern, 
heimhch  allbewegend  zittern.    Göius  41,  124. 

ALLBEWEINT. 

ALLBEWUNDERT. 

ALLBEZAÜBERND. 

ALLBEZWINGER,  m.  Stolberg  14,  85.  249. 

ALLBIEGSAM,  allbiegsame  gewandtheit  des  ausdruuks. 

ALLBINDEND,  allgemein  verbindlich. 

ALLBOTT,  adv.  semper,  saepe,  anderwärts  allebott,  allege- 
bott.  Stalder  1,  94.  210,  wahrscheinlich  zu  allen  gerichtlichen 
geboten,  aufgeboten.  Tobler  22'  nimmt  alipott  für  böte, 
schlage,  vices. 

ALLBÜNTBESTERNT.    Güthe  5,  199.  200. 

ALLDA,  adv.  ibi,  ibidem,  daselbst  nnl.  aldaar:  und  er 
predigt  alda  den  namen  des  hen-n.  l  Mos.  13,  4 ;  da  asz  und 
trank  er  und  bleib  über  nacht  alda.  24,  54;  schlug  sein  ge- 
zelt  auf  im  gründe  Gerar  und  wonet  alda.  26,  17;  legt  in 
ins  gefengnis,  da  des  künigs  gefangene  inne  lugen,  und  er 
lag  alda  im  gefengnis.  39,  20;  fleuch  in  Egvptenland  und 
bleib  alda.  MatÜi.  2,  13;  und  bleib  alda  bis  nach  dem  tod 
Herodis.  2,  15;  allda  die  recht  rutcnfridigung  regiert.  Garg. 
75';  allda  macht  es  nit  lang  mist.  Garg.  104';  dcrhalbcn 
gicngs  allda  auch  also.   148'; 

wo  ratb  nicht  wird  gebort,  wo  ratli  nicht  folge  hat, 
allda  ist  gar  kein  rath  der  allerbeste  ratb. 
LocAU  3,  8,  55; 

allda  haben  sie  verdrüszlichkciten  gehabt.  Lessing  1,331 ;  alles, 
wovon  aufrichtig  allda  bekannt  wird.  9,  292;  allda  spannt  er 
die  rosse  vor  seinen  wagen.  Stolberg  12,  4.  diese  wollau- 
tende,  den  ortsbegrif  verstärkende  partikel  wird  heule  als  steif 
gemieden  und  scheidet  sich  doch  so  bequem  von  detn  bloszen 
da,  wie  ibidem  von  ibi.     Luther  in  den  angeiognen  und  an- 


dern stellen  wüste  da  und  alda  nebeneinander  bezeic  nend  zu 
verwenden. 

ALLDÄMPFEND,  allbezwtngend: 

der  tod  soll  zehentausfnd  noch  hinführen 

zu  seinem  alldäinpi'endcn  joch.    Weckherlin  198. 

ALLDAR,  sollte  von  allda  abstchn  wie  dar  von  da,  wurde 
aber  gleichbedeutend  damit  gebraucht,  z.  b.  pers.  rosenth.  7,  5. 
baumg.  1,  5.     jetzt  ganz  vei'altet. 

ALLDEUTEND : 

und  sollst  mir,  meine  liebe,  sein 
alldeutend  ideal.       Götiie  2,  186. 

ALLDIEWEIL,  quandoquidem,  dum : 

dasz  ich  irre  bleibt  gewis,  alldieweil  ein  mensch  ich  bin. 
LoGAU  2,  5,  23; 

alldieweil  aber  insonderheit.  Micrälius  o.  P.  5,  205;  alldieweil. 
pers.  rosenth.  7,  20;  doch  an  diesem  orte  diente  es  nur  zu 
gröszerm  betrübnis,  alldieweil,  wenn  eine  ihres  Jammers  ver- 
gessen wolle,  sie  durch  der  andern  ihre  wehtage  wiederum 
daran  erinnert  wurde.  Weises  kl.  leute  143;  alldieweil  es 
schiene,  als  gäbe  er  ursach  zur  narrheit.  Weises  erzn.  51 ; 
alldieweil  ich  verbolTe.  maulaffe  vorr.;  einige  schreiben  alldie- 
weilen,  z.  b.  Felsenb.  2,  411 ; 

mein  advocat,  herr  Weil,  ist  oline  Zweifel 
ein  reicher  mann,  schon  ärmer  ist  Dieweil, 
her  Alldieweil  ward  wenger  noch  zu  theil, 
und  Alldieweilen,  ach,  was  lür  ein  armer  teufel! 
GÖKI.NGK  3,  253. 

diese  Wörter  sind  heute  verrufen  und  doch  der  besten  abkunß, 
mhd.  al  die  wil  du  bl  mir  bist.  Parz.  485,  9;  ich  diene  ir 
alle  die  wile  ich  lebe.  MS.  1,  24';  in  wes  pflege  weit  ir  al 
die  wile  sin?  Trist.  344,  15;  nur  dasz  sie  den  frischen  zeil- 
beijrif  aufgebend  in  partikelabstraction  übertraten  und  hernach 
durch  den  steifen  canzleistil  zu  gründe  gerichtet  wurden,  sie 
enthalten  zusammengedrängte  casus,  keine  composition.  vgl. 
allcweile  tind  allweil. 

ALLDORT,  adv.  illic,  istic,  verstärktes  dort,  analog  dem 
allda  und  da:  alle  die  sich  damit  behelligten,  in  solchen 
Schriften  und  blättern  aufzutreten  und  alldort  auszurufen. 
Klopst.  12,  269 ; 

geistig  gieng  zugleich  alldort 

schalten,  hegen,  wachsen  fort.    Göihe47,  159; 

alldort  empfangen  uns.    47,  184; 

wie  er,  in  die  festung  geführt,  alldort  schöne  reden  gehal- 
ten. 30,  27.  zuweilen  alldorten:  diese  finden  wir  alldorlen 
5,  256. 

ALLDURCHDRINGEND,  ALLDURCHDRUNGEN.  Göthe  13, 94 

ALLEBEN,  omnino  aequalis. 

ALLEBEN,  n.  vita  universalis.  Göthe  5,  24. 

ALLECKEN,  adv.  undiquc  versum,  in  allen  ecken: 

ich  sih  es  hancen  voll  würst  nllecken. 

H.  Sachs  III.  3,  57"  {ed.  1561).  41"  (cd.  1588). 

ALLEE,  f.  ambulatio  inier  arbores,  it.  viale,  engl,  alley  ne- 
be» walk,  ein,  wie  promenade,  uns  erst  itn  vorigen  jh.  zuge- 
brachtes wort,  an  siq^Ii  nichts  als  gang,  sp.  ida,  andadura,  aus- 
sagend, doch  die  guten  Zusammensetzungen  baumgang,  schat- 
tengang durch  seine  kürze  übertreffend,  deutscher  ist  in  vie- 
len Städten:  unter  den  linden,  die  sache  war  lange  im  mit- 
telaller bekannt:  schocne  bounic  bi  vcriigen  strijen  {fahr- 
straszen).  auch  russ.  poln.  allca.  pronicnada. 
ALLEGEBOT,  adv.  continuo.  s.  allbutt. 
ALLEIGEN,  ganz  eigen,  völlig  eigen. 

ALLEIN,  solus,  solitarius,  Verstärkung  von  ein,  eine,  das 
schon  dasselbe  ausdrückt,  zuweilen  in  schwacher  form  alleine, 
wie  mhd.  fast  immer  (Ben.  1,  420*) :  einsam  bin  ich  und 
alleine ; 

wer  sich  der  einsamkoit  ergibt, 

ach  der  ist  bald  allein.    Gothk. 

sage  mir  keiner, 

hier  soll  ich  bauseii! 

hier  mehr  als  dratiszcn 

bin  ich  alleiner.    3,  283; 

mein  böser  teiifci  ist  zu  weine: 

wir  sind  alleine.    Lkssinu  1,  44; 

allein  leben,  wohnen,  schlafen,  essen;  ich  schmause,  freund, 
nicht  gern  alleine.  Lessinc  1,  24;  zank  du  alleinc.  1,  44;  die 
andern  schwiegen,  er  redete  allein;  er  allein  weisz  es;  ich 
allein  fühle  es ;  das  kind  lädft  schon  allein,  hat  früh  gelernt 
allein  gehen ; 


217 


ALLEIN— ALLEINIGKEIT 


ALLEIMGLICH  —  ALLENDLICH 


218 


sich  als  hagestolz  aliein  zum  grab  zu  schleifen, 
das  hat  noch  keinem  wolgetban. 

ihm  allein  soll  es  gesagt  sein;  allein  ihm  unter  allen  men- 
schen darf  man  sich  vertrauen,  ich  musz  ihn  allein  lassen, 
lasz  mich  allein,  ich  wollte  dich  nicht  mit  ihm  allein  lassen. 
man  pflegt  es  noch  ueiter  zu  steigern  in  ganz  allein,  mutter- 
allcin,  mutterseelenallein,  s.  altersallein. 

ALLEIN,  solum,  tantum:  das  allein  musz  ich  klagen;   das 
allein  fällt  mir  schwer;  darin  allein  liegt  das  übel  verborgen; 

uns  spricht  der  scheinfreünd,  so  wie  du, 
allein  bei  guten  tagen  zu.    Hagedorn  3,  99. 

nicht  allein,  non  solum,  gleichviel  mit  nicht  nur,  nicht  blosz : 

dies  sagt  er  nicht  allein,  dies  lügt  er  meisterlich. 
Lessi.ng  1,  2" ; 

er  stellt  es  nicht  allein  auf,  sondern  liefert  auch  den  be- 
weis dafür,  zuweilen  stehn  allein  nur,  nur  allein,  blosz  allein 
gehäuß : 

wer  knüpft  sie  wieder, 
als  allein  nur  die  noth.     Götue  40,  309; 

alles  dieses  zusammen  machte  eine  gar  artige  kleine  armee 
aus,  denn  es  waren  nur  allein  sechs  junge  deutsche  prinzen 
dabei.  Schiller  1099 ;  weil  sie  blosz  allein  dem  sinne  gefallen. 
1127.  allein  ausgenommen,  ausgenommen  nur:  alle  feste  platze 
in  seinen  deutschen  Staaten,  Glückstadt  allein  ausgenommen, 
halte  Christian  veiluren.  Schiller  914;  früherauch  doch  allein 
=  doch  nur,  ausgenommen :  docli  allein,  wan  sie  mit  derselben 
Lrankheil  behaftet  sein.  Fiscbart  bienenk.  244*.  allein  dasz  =  nur 
dasz,  ausgenommen  Jasz,  mhd.  wan  da;:  einer  fragt  in,  sol 
ich  dir  bringen  Brcisgouwer  oder  Elseszer?  er  sprach,  bring 
was  du  will,  allein  das  ich  zu  trinken  hab.  Keiserseerg  XV 
staffeln  45';  so  hatte  er  darnach  aber  nichts,  allein  dasz  er 
ein  vollen  kröpf  danon  bringen  thct.  Wickkam  ro//tc.  65 ;  ist 
ein  zeit  wie  die  ander  wo!  zufriden  und  in  eim  wesen,  al- 
lein das  man  schicchts  ine  vor  mausen,  schaben  und  wur- 
men, seinen  todfeinden  wol  bewaret.  Fischart  bienenk.  203"; 
sie  sind  schier  der  rosbremen  art  und  natur,  allein  dasz  sie 
nicht  so  sehr  auf  die  ros  und  küe,  als  auf  die  schaf  fliegen. 
237';  goldgelbe  blumen  wie  an  dem  ginster,  allein  dasz  sie 
kleiner  sind.  Hobuerg  3,  514* ;  die  indianische  salbei  ist  dem 
andern  gleich,  allein  dasz  ihre  blätter  nicht  dick,  rauh  und 
runzlieht  seind.  3,  56l'.  Aus  der  bedeutung  nur,  nur  aber 
entfaltete  sich  endlich  die  einer  bloszen  conjunction  aber,  im 
gemeinen  leben  auch  gehäuß  allein  aber,  alleine  aber. 

ich  ward  einmal,  allein  ganz  kalt,  gtküst.    Gellert  1,215; 
allein  wie  giengs  am  andern  tage?    1,48; 
allein,  herr  fuchs,  sie  irren  sich.    1,  53; 

allein  so  alt.  Lessing  1,  22;  allein  ich  sehe  doch,  dasz  er 
spricht  1,  28;  allein  so.  fromm.  2,197;  allein  es  schadet. 
2,  202 ;  allein  ein  mensch.  2,  203.  doch  kommt  dies  allein 
immer  in  den  beginn  des  nachsatzes,  fcie  das  lat.  sed,  darf 
nicht  wie  aber  und  lat.  vero,  autem  auf  andere  Wörter  fol- 
gen: du  denkst  mich  zu  teuschen,  allein  ich  durchschaue 
dich;  er  will  gern,  allein  er  kann  nicht;  ich  wollte  ihm  al- 
les gewähren,  allein  erst  das  nächste  jähr,  immer  schimmert 
ein  nur  oder  mhd.  wan  durch. 

ALLEINBERECHTIGUNG,  f.  ausschlieszende.  alleinberecb- 
tigung  zu  ofliziorslellen.  Beckers  weltg.  12,  61. 

ALLEINBESITZ,  m.  ausschlieszender,  was  doch  jeder  besitz 
an  sich  ist.    gegensatz  zu  gemeinbesitz. 

ALLEINHANDEL,  »i.  monopol:  diese  art  Ton  bedingtem 
alleinhandel.    Götue  43,  78.  Thümmel  10,  377. 

ALLEINHERR.  m.  monarch.  $o  schon  in  dem  verzeich- 
nu5  fremder  gebräuchlicher  und  in  teutsche  sprach  einge- 
schlichener üblicher  Wörter,  wie  selbe  leutsch  zu  reden  seien 
hinter  C.  S.  teulscher  unartiger  sprach-  sitlen  und  tugendver- 
derber,  gemehret  und  verbessert  .und  zum  andern  mahl  in 
Iruck  gegeben.    1644.  8. 

ALLEINHERSCHAFT,  f.  mimarehie. 

ALLEINHERSCHUNG,  f.  dasselbe.    Fischart  bienenk.  37*. 

ALLEINIG,  unicus,  rerttärkles  einig,  einzig:  das  alleinige 
tnnken  verderbet  ihn.  Stieler  371,  allein  das  trinken;  die 
buchstaben  sind  wolgeschnitten  mit  alleiniger  ausnähme  des 
J,  das  i  allein  ausgenommen;  der  alleinige  gott. 

ALLEINIGKEIT,  f  ein  ketzerrichter,  der  an  der  alleinig- 
keit seine«  statutarischen  glaubcns  fest  hangt.  Ka5t6,871.  die 
alleinigkeitslehre.  GOthe  6,  70. 


ALLEINIGLICH,  unice:  wie  vorzeiten  die  Juden  sich  allei- 
niglich  des  ansehens  der  kirchen  rühmeten.  Fischart  bie- 
nenk. 3l'. 

ALLEINRAUF,  m.  Fichte  über  die  franz.  rec.  237. 

ALLEINLICH.  unice,  was  alleiniglich.    bienenk.  102*. 

ALLEINSELIGMACHEND,  unice  beans. 

ALLEINSINGER,  «i.  der  Vortrag  eines  einzelnen  rhapso- 
den  oder  eines  gefühlvollen  alleinsingers  (solosängers).  GOthe 
46,  331. 

ALLEINZIG,  verstärktes  einzig:  in  meinem  alleinzigen  bei- 
sein.  Felsenb.  4,  217;  dasz 'es  so  alleinzig  nicht  geschehen 
könne.  Simplic.  1,  467. 

ALLEMAL,  semper,  mit  Übergang  in  die  bedeutung  von  ta- 
rnen, franz.  toutefois;  aneinander  gerückte  casus,  keine  wahre 
Zusammensetzung. 

da  wohnt  ein  alter  hirt,  der  trieb  mit  einer  ruten 
nach  einer  grünen  wies,  ein  herde  schöner  sluten, 
dasz  er  sie  weiden  wolt,  als  sonsten  allemal. 

Werders  ^no«t  11,  10; 
ein  aller  general 
hat,  dächt  ich,  doch  wol  wissen  können, 
dasz  man  die  weiher  allemal, 

sie  sein  es  oder  nicht,  kann  meine  schönen  nennen. 
Gellert  1, 140; 

ich  lieb  ihn  allemal,  und  werd  ihn  lieben  müssen.    3,325; 

ich  habe  sie  wol  zehenmal  gefragt  und  allemal  hat  sie  ja 
geantwortet;  er  schreibt  allemal  über  den  andern  tag;  sie 
bleiben  doch  der  alle  Deutsche,  der  sie  allemal  gewesen  sind. 
Rabexer  3,  363;  mit  diesem  seufzer  schlössen  sich  ihre  pre- 
digten allemal.  4,250;  ein  für  allemal,  une  fois  pour  toutes. 
Beispiele  für  doch,  gleich  wol:  ihro  f.  gn.  haben  herzog  Hein- 
rich allemal  als  den  söhn  nicht  lieb    gehabt.    Schwei.mchex  ; 

wer  dir  als  freund  nicht  nützen  kann, 
kann  allemal  als  feind  dir  schaden. 

Gellerts  fabeln  1,  31 ; 
und  du  wirst  in  der  gröszien  pein 
noch  allemal  (doch  noc/i)  zufrieden  sein.    2,  41 ; 

wir  wollen  deswegen  allemal  gute  freunde  sein.  Rabexer  3, 
363;  es  erwuchs  aus  denselben  eine  von  den  allerarligslen 
personen  von  der  well,  die  aber  in  der  Ihat,  nach  ihrem 
alter  zu  rechnen,  allemal  sehr  klein  blieb.  J.  E.  Schlegel 
3,  4S8.  auch  aus  immer  entwickelt  sich  ein  solches  doch.  vgl. 
allmal. 

ALLEMANN,  m.  a//er  und  berühmter  volksname,  ahd.  Alaman, 
franz.  Allemand,  sp.  Aleman,  den  auch  wie  Sudp,  Sahso,  Hesso, 
Francho  einzelne  ßhrten;  das  goth.  in  allaim  alamannam 
Sk.  8'  drückt  aus  unter  allen  menschen,  und  tcie  der  pl.  von 
völkemamen  häufig  ßr  die  gesammelte  mehrheit  steht,  das  men- 
schengeschlecht,  die  menschheit.  Alamans  {welcher  organische 
pl.  fioc/»  im  mhd.  Alman  dauert,  wie  Walth.  34,  7,  nicht  Al- 
män  zu  lesen  ist)  waren  also  edle  mdnner,  menschen  im  ei- 
gentlichen sinn,  ala  stärkt  den  begrif  mans,  wie  sonst  in  vie- 
len Wörtern,  die  Alamannen  erscheinen  ah  leute  und  nach- 
kommen des  Mannu«.  als  Deutsche  (Diutisc^);  diese  Vorstel- 
lungen klingen  nach  im  alln.  almennr  vulgaris,  communis, 
almenmngr  universitas,  almennmgar  loca  compascua,  commu- 
nia,  vielleicht  in  unserm  allmende  und  den  Zusammensetzun- 
gen allmannsfreund,  allmannsgarten.  allmannskastner,  welche 
nachzusehen  sind.  Wie  aber  in  allmende  die  begriffe  allmann 
und  allgemein  frühe  sich  mengten;  gerade  so  rinnen  das  schw. 
allmän,  allmännelig  und  gemen,  das  dän.  almeen,  almindelig 
und  gemeen  untereinander,  unserm  allgemeingültig,  allgemein- 
nützlich  entspricht  dän.  almeengjldig,  almeennyttig;  doch  ge- 
men und  almeen  wurden  diesen  sprachen  aus  Deutschland  zu- 
gebracht, im  schw.  allmän,  dän.  almind  lebt  unverkennbar  je- 
nes alte  almennr  und  alaman  fort,  und  die  Dänen  sollten 
nidtt  almeen  schreiben,  vielmehr  almen  oder  alraend,  almand, 
wie  sie  allemands  ven,  i  allemands  munde  sagen,  nnl.  gilt 
alleman  ßr  jedermann,  fast  im  sinn  eines  pronomens:  inen 
hoort  alleman  zeggen;  die  goelherlich  es,  heefl  mel  alleiuan 
mclijcn;  Jan  alleman  {Hans  jedermann)  spreekt  er  ovcr.  In* 
Süddcutscbland  erscheinen  noch  manche  Ortsnamen  mit  ulinanns 
gebildet:  Alinannsdorf,  .\lmansberg  (Tobler  23'  Almasperg), 
Almansweihcr  u.  s.  w. 

ALLE.MSIG,  solertissimus,  mojcime  industrius: 

allemsig  müszt  ihr  sein 

ihr  wimnieUcharen.    Götbi  41,  ISO. 

ALLENDLICH,  tandem :  die  briefe  kommen  nach  und  nach 


219 


ALLENFALL  ~  ALLENTHALBEN 


ALLENTHALBENHEIT  —  ALLERAUSSCHW.  220 


sparsamer  und  allendlich  bleiben  sie  aus.  Claudius  7,  C8. 
ein  anders  gebildetes  gollt.  allandjo  bedeutete  olorsXcös. 

ALLENFALL,  adv.,  riebildct  wie  allentag,  jedentag,  auf  al- 
len fall,  auf  jeden  fall:  auf  allen  fall  lüszt  sich  der  alte 
slier  als  eine  stammrace  betrachten.  Güthe  55,  291.  s.  das 
folgende. 

ALLENFALLS,  in  cventum,  oninimodo,  bei  Stieler  419  schon 
verzeichnet,  doch  erst  im  ISjh.  um  sich  greifend,  gebildet  wie 
jedenfalls,  das  zu  gleicher  zeit  entsprang,  beide  ein  accusali- 
visches  allen  fall,  jeden  fall  voraussetzend,  die  man  durch  an- 
hang  des  s  deutlicher  zum  adv.  stempeln  wollte,  allenfalls 
hat  die  bedeutung  des  franz.  cn  toiU  cas,  geht  aber  allmäiich 
in  die  leichtere  von  forte,  etwa  über,  weil  allenfalls  die  Si- 
cherheit seiner  regicrung  darauf  beruhete.  Mascou  2,  66;  man 
konte  allenfalls  voraussehen.  2,  67 ;  dergleichen  guter  waren 
auf  widerruf,  allenfalls  gieng  der  genusz  nicht  weiter  als  auf 
lebenszeit.  2,  334;  man  würde  an  diesem  verfahren  nichts 
weiter  auszusetzen  finden,  als  allenfalls  eine  zu  hitzig  ge- 
äuszerte  vorsieht.  Radener  1,  112 ;  wird  die  nachweit  mit  eben 
dem  vergnügen  unsre  schrift  lesen,  wie  es  allenfalls  die  jetzt 
lebenden  thun.  1,  116 ;  dient  dir  . .  allenfalls  zur  entschuldi- 
gung.  WiELANi)  3,  150 ;  ich  weisz  ziemlich  genau,  wie  weit  deine 
feinde  allenfalls  gehen  dürften.  3,  154;  allenfalls  kann  er  uns 
ja  besuchen,  wenn  ihn  die  lust  zu  wandern  wieder  ankommt. 
8,  277;  erleichtert  konnte  sich  Agamemnon  allenfalls  fühlen, 
freuen  aber  doch  niclit.  Schiller  234 ;  um  iiiin  zu  sagen, 
was  ihm  allenfalls  noch  eingefallen  wäre.  1099 ;  so  hätt  ich 
allenfalls  morgen  nichts  mehr  zu  verlieren.  3,  40 ;  die  gäbe, 
die  er  allenfalls  von  den  musen  erhalten  hatte,  . .  veigeuden. 
GöTHE  25,  293;  Vergnügungen  gemäszigt  durch  einen  braven 
landgeistlichen,  der  auch  dasjenige,  was  allenfalls  übergrif, 
gleich  zu  schlichten  und  abzuthun  verstand.  20,  156;  jeder 
warf  seine  faschine  weg,  schaufeln  und  hacken  wurden  allen- 
falls gereitet.  30,  294 ;  läszt  sich  vielleicht  etwas  allgemeines 
sagen,  das  bedeutend  ist  und  das  sich  auch  allenfalls  öffent- 
lich producieren  läszt.  43,  23. 

ALLENFALLSIG,  franz.  eventuel,  ein  von  allenfalls  schlecht 
gebildetes  adj.,  das  den  canzleien  hätte  sollen  gelassen  wer- 
den: ich  verneigte  mich  tief,  bat  ihn  bei  allenfallsiger  rück- 
kchr  mich  wiedei*  zu  beehren.  Göthe  23,  113;  ein  shawl,  zu 
allenfallsigem  Überwurf.  39,  256 ;  ohne  mich  um  die  allcn- 
fallsigen  Verbindungen  zu  bekümmern.  48,  165. 

ALLENGEFALLENHEIT,  f.  Logau  1,  8,  38  bei  dem  sprach 

dasz  allen  er  gefallen  kann, 

geht  schwerlich,  glaub  ich,  jedem  an, 

ivagt  in  der  überschriß  jene  kühne  Zusammensetzung. 

ALLENHALBEN,  adv.  undique  versum,  Ttavraxri-,  Ttavra- 
XÖ&ev,  ahd.  alahalbon,  in  alahalbon  (Graff  4,  887) ;  üblicher 
ist  allenthallien. 

ALLENHALBENHEIT,  f  in  Schriften  des  16.  17  jh.  ver- 
schiedentlich für  ubiquität  gebraucht,     heute  gilt  allgegenwart. 

ALLENHALBLINGEN,  adv.  gleicher  bedeutung  mit  allent- 
halben, zu  folgern  aus  einer  von  Fiscuart  gebrauchten  Zu- 
sammensetzung für  den  begrif  der  uiiiquislen  oder  ubiqui- 
lätsanhänger :  Scliwenkfeld  und  etlich  luthersche  allenhalb- 
lingerherren  von  Christi  leib  lehren,  dasz  ein  leib  zu  einer 
zeit  wo]  an  zweien  oder  mehr  orten  sein  kan.    bicnenk.  11!/. 

ALLENTAG,  adv.  quovis  die,  zusammengeschoben  wie  allenfall : 

alltag  säuft  einer  sieben  ninsz, 

und  musz  ihr  einer  allentag 

viel  mehr  fressen,  denn  er  wol  mag.    Er.  Alberus  100. 

vgl.  alletag. 

ALLENTHALB,  schlecht  für  allenthalben: 

CS  ziirnl  der  himmcl 
8cndet  allcnihalb  verderben.    Tieck  1,  401. 

ALLENTHALBEN,  adv.  undiqucversum,  mhd.  allenihalben 
JVt6.  731,  3,  nnl.  allenthalve.  sihe,  das  sol  dir  ein  decke  der 
äugen  sein  für  allen  die  bei  dir  sind,  und  allentlialbcn. 
^1  Afos.  20,  16 ;  Abraham  war  alt  und  wol  betaget  und  der 
lierr  hatte  ihn  gesegnet  allenthalben.  24,  1;  als  nu  im  gan- 
zen lande  theurung  war,  thcl  Josepii  allenthalben  kornlieu- 
ser  auf.  41,  56 ;  des  nachts  wird  mein  gebein  durchlioret  al- 
lenthalben. Hiob  30,  17 ;  und  da  die  lohe  allenthalben  in  die 
pfanne  schlug.  2  Macc.  7,5;  die  lade  des  testaments  allent- 
halben mit  gold  überzogen.  Ilebr.  9,  4 ;  dasz  ich  solchs  an- 
suchen allenthalben  zu  dank  angenommen  iiab.  Luther  br. 
2,337;   wie   die   sachc   allenthalben   (in  jeder  bczichung)  sie- 


bet. 2,  380 ;  angst  wont  mir  allenthalben  mit.  Schwarzex- 
BERC  110,  1;  sie  naglen  die  zettel  allenthalben  an.  Ayrer  186'; 
wovon  ich  im  tempel  und  in  den  hainen  mich  allenthalben 
umgeben  fand.  Wiela.\d  2,  5 ;  ein  schönes  weib,  das  seine 
macht  kennt  und  sie  gelten  zu  machen  weisz,  ist  allenthal- 
ben königin,  wohin  sie  kommt.    3,  336. 

ALLENTHALBENHEIT,  f  hat  man  für  ubiquität  gebraucht. 

ALLER,  ahd.  allero,  gen.  pl.,  tvie  vielen  Superlativen  un- 
mittelbar vortretend,  scheint  auch,  gleich  dem  gen.  sg.  alles 
advcrbialisch  zu  stchn,  ohne  dasz  man  nüthig  hätte  ein  aus- 
gelassenes dinge  hinzu  zu  denken,  obschon  der  bedeutung  om- 
nino,  penitus  nach  ein  solches  aller  dem  allerdingc,  allerdings 
entspräche,  ein  brief  des  landgrafen  Wilhelm  IV.  von  Hessen 
12  aug.  1580  sagt:  (wir)  haben  di^selbigen  windlöcher  aller 
abgelegt  und  nur  einen  behalten ;  sintemal  da  etzwas  Salz- 
wasser darbei  (an  die  soda)  kommen,  so  sei  sie  aller  ver- 
derbt, zcitschr.  des  hcss.  Vereins  3,  314.  322.  doch  liesze 
sich  auch  dies  aller  für  die  flexion  d£s  nom.  sg.  masc.  hal- 
ten, die  auf  andre  geschlechter  und  den  pl.  ausgedehnt  wird, 
(vgl.  all,  form  5.) 

ALLER,  als  gen.  pl.  erscheint  in  fluchformcln  des  16  jh. 
beispiele:  sie  kamen  weiter,  da  was  ein  grosz  hert  saw  uf 
dem  feld,  da  was  ein  saw  weit  neben  usz  gelaufen,  das  der 
hirt  lief  und  sie  wider  herumb  treib  und  sprach  'das  dich 
(Jer  tüfel  hol,  aller  saw'!  Pauli  schimpf  und  ernst.  Slrasb. 
1522  bl.  18°; 

halts  maul,  aller  Unendiing  kotzen  I 

oder  ich  liaw  dich  mit  der  plotzen.    H.  Sachs  IV.  3,  45"; 

schlag  bor,  bistii  keck,  aller  kolzenl 

so  hnw  ich  in  dich  mit  der  bloizcn 

gclcich  wie  in  einen  kraulstengel.    HI.  3,8*; 

das  üch  sant  Küri  und  der  rilt. 

aller  Schergen  und  keiben,  schüttl    Rüef  leiden  Clirisli  K6; 

das  (ich  sant  Velieii  und  d(!r  ritt, 

aller  keiben  und  scbelmcn,  scbültl    das.  L5'; 

ists  zit  daszd  kiimbsl,  du  trunken  losz, 

das  dich  bül,  aller  suw,  anstoszl    MA^eEL  fasln,  sp.  1548.  F2; 

nun  bhackcnd  ücli  flux,  gschwind  und  bhend, 

das  üch  götz  uf  ein  bulfen  sehend, 

aller  veiflucblcn,  öden  seckenl 

kumbt  eine  me,  ich  wil  si  slicckcn.    das.  F2''; 

das  dich  gott  plag,  aller  gurren  I    spil  von  Josepli,  Züricli  1549.  E  2. 

daz  dir  der  teufel  ins  arschloch  far,  aller  alten  hexen!  Freys 
garteiig.  1556  s.  110 ;  pfaffenhfir  gang  herein,  das  dich  bolz 
über  und  über  sehend,  aller  hören!  Montanus  ander  theil  der 
gartcng.  95*' ; 

wem  liastu  es  dann  sonst  mehr  zu  danken, 
als  mir?  scheut  dich  potz,  aller  Franken.' 

Havkecch  Uans  Pfriem.  Lp.  1582.  Dd6; 

ei  das  euch  all  mit  einander  sant  Veltens  leiden  sehend,  al- 
ler verzweifiten  beschorncn  puebcn !  gesprech  zwischen  einem 
landsknecht  und  s.  Veter.  o.  j.  u.  o.  (um  1546)  B4.  Die  geni- 
live  hängen  nicht,  wie  es  in  einigen  fällen  scheinen  könnte, 
von  einem  vorausgehenden  subst.  ab,  sondern  von  einem  aus- 
gelassenen vocativ,  der  etwa  haupt,  anführer,  meister,  musler 
bedeutele,  aller  unendling  kotzen!  will  etwa  sagen:  aller  lie- 
derlichen dirncn  Vorbild,  mhd.  fügte  man  zu  Wörtern  wie 
Slam,  teil,  vaj  gern  einen  von  aller  geleiteten  gen.  pl.:  aller 
lügende  stam,  aller  saildcn  teil,  aller  lugende  va;;.  MSH.  1, 
79';  aller  güete  ein  va;.  Altsw.  155;  aller  eren  und  lügend 
ein  vas.  fasln,  sp.  405,  3;  aller  schänden  vajl  nie  jedoch 
slehn  die  genitive  ohne  das  sie  regierende  wort,  wäre  das  im. 
gen.  pl.  stehende  subst.  selbst  als  ausgelassen  zu  denken  und 
aller  schclmen  so  viel  als  aller  schelmen  schelm ;  so  lirsze 
sich  dazu  halten  scrvus  servoruin  (gramtn.  4,  726)  und  wicht 
ob  allen  wichten.  Bekam  Wien  272,  27.  In  aller  schelmen, 
buhen,  secken  ist  der  gen.  pl.  unverkennbar,  in  aller  kotzen, 
gurren,  suw  könnte  auch  der  sg.  f  enthalten  sein,  analog  dem 
gen.  sg.  m.  in  alles,  mehr  unter  allers  und  alles. 
"^  ALLERANDÄCHTiGST:  wan  du  aller  andechligst  bist,  Kei- 
SERSDKHC.  hell,  lewe  70*. 

ALLERAN.STÄNDIGST:  wenn  Emilia  in  besondere  Verwah- 
rung gebraclit  werden  musz,  so  weisz  ich  schon  die  aller- 
ansländigsie,  das  haus  meines  kanzlers.    Lessi.ng  2,  184. 

ALLEitÄitGST:  der  alleriirgste  feimi.  Gökingk  2,  108. 

ALLEItAMMST:  der  ;illeriirmste.    Ettners  nnw.  doclor  398. 

ALLERART,  omnis  generis,  «•;«  allerhand,  allerlei:  allerart 
Iculc;  nachgesetzt:  leute  aller  arl,  gatlung. 

ALLERAilSSCHWEIFENDST:  der  allerausschwcifendstc  gc- 
scbmack.    Nicolais  leben  von  Gökinck  s.  191. 


221         ALLERBAIUIEND— ALLERDINGEN 


ALLERDINGES —ALLERERST 


222 


ALLERBARMEND,  versldrkles  erbarmend. 

ALLERBARMER,  m.,  der  heiland,  der  das  grüszle  erbarmen 
beweist. 

ALLERBEHENDEST:  die  Weisheit  ist  das  allerbchcndesL 
buch  der  Kcish.  7,  24. 

ALLERBELEIBTEST:  als  mir  des  henn  Prior  stark  be- 
leibte phy«ik  zu  gesiebt  kam,  besonders  aber  der  vierte  theil 
der  allerbeleibteste  erscbien.  Göthe  60, 113. 

ALLERBEQUEMST:  auf  das  allerbequemste.  GöTnE31,229. 

ALLERBESCHWERLICHST:  die  allerbeschwerlichsten  ära- 
ter.  Rabeser  1,  206. 

ALLERBESÖNDERST :     die     allerbesondersten    umstände. 

GöTHE. 

ALLERBEST:  das  allerbeste  scbändet  er  aufs  höchste. 
Sirach  11,  32 ;  aufs  füglichst  und  allerbest.  Frossp.  kriegsb. 
1,  63".  ScHWARZENBERG  133,  2.  löS,  2  Schreibt  im  adv.  aller 
past,  im  adj.  121,  2  allerpäst.  allerbeste  bescbreibung.  Wie- 
land 1,  225.  die  heutige  niedersächsische  volksprache  weis:  ihr 
allerbest  ablautend  noch  in  illerbest  zu  steigern. 

ALLERBÖSEST:  aller  pöst.  Schwarzexberg  152". 

ALLERCHRISTLICHST:  Ludwig  der  elfte,  der  sich  den 
allerchristlichsten  künig  nannte.  Klixger  3,  181.  franz.  Xrhs 
chretien,  lat.  christianissimus.  über  den  Ursprung  dieses  tilels 
s.  Dccange  unter  christianitas. 

ALLERDERBST :  ich  wünschte  mir  den  allerderbsten  bock. 
GöTHE  12,  202. 

ALLERDINGE,  omnino,  tiihd.  aller  dinge :  ze  strenge  aller 
dinge.  MS.  2,Wi';  noch  vüere  ich  aller  dinge  wol.  1, '2';  lä 
dich  aller  dinge  an  in.  2, 15l';  deme  aller  dinge  was  bekant 
nigiomanzie.  Diut.  1,  350.  Auch  bei  Luther  noch  los  und  un- 
verknfipß:  es  sol  aller  dinge  kein  betler  unter  euch  sein. 
5  Mos.  15,  4;  wenn  aber  gleich  der  Carlstad  aller  dinge  mit 
seinem  Tute  bestünde,  tcerke  3,  6S' ;  wenn  nu  gleich  des  Carl- 
stads  toben  aller  dinge  bestünde  und  unsern  glauben  aller 
dinge  falsch  ubenvinde.  3,  77*;  das  er  ja  nicht  one  schrift 
aller  dinge  rede.  3,  SS' ;  wir  sagen  nicht,  das  Christus  fleisch 
aller  dinge  kein  nutze  sei.  3,  360 ;  meinen  es  sei  aller  dinge 
genug.  4,  34*;  wo  warhaftige  Christen  sind,  die  sind  aller 
dinge  eintrechtig.  4,  70* ;  dieselbigen  sind  aller  dinge  nicht  zu 
leiden.  5,150';  haben  also  Christus  gedcchtnis  aller  dinge  un- 
tergeordnet. 5,  194*;  also  das  der  Christen  gerechtigkeit  aller 
dinge  viel  mehr  stehet  in  Vergebung,  denn  in  eigenem  thun. 
6,  43' ;  aller  dinge  verdammen.  6,  56*.  o/I  auch  schon  mit  ab- 
gelegtem e :  sol  aller  ding  unrein  genennet  werden.  3  Mos. 
13,  45 ;  das  du  haltest  und  thust  aller  ding  nach  dem  gesetz. 
Jos.  1,  7 ;  schlugen  sie  aller  ding.  10,  32 ;  nam  aller  land  ein 
aller  ding.  11,  23 ;  die  feste  des  heiligen  creutzs  sollen  aller 
ding  verbannt  sein,  werke  3,  270';  das  (gott)  uns  aller  ding 
nicht  erlassen  hat.  3,422';  der  jarmarkt,  messen,  vigilien  zu 
kcufen  und  verkcufen  . . .  waren  aller  ding  gleich  heidenischer 
blindheit  und  abgötterei.  1, 1* ;  denn  wenn  es  gleich  war  were, 
das  du  es  aller  ding  wol  kundtest.  6,  34*  und  an  tielen  an- 
dern stellen.  Nicht  anders  wird  noch  bei  späteren  schrißstel- 
lern  unzusammengerücJU  geschrieben: 

sie  meinen  allzwcn  alier  ding, 

unser  ein  jede  sei  die  frau.    Atrer  459'; 

aller  ding  sein  die  flöh  auch  dort 

versamlel  am  besondern  ort.    froschm.  1.  2,  13; 

doch  findet  sich  auch,  wenigstens  in  den  abdrücken,  die  anein- 
anderschiebung :  allerdinge  nicht  gesund.  Suwei.mchex  2,  266 ; 
welches  ich  denn  allerdinge  nicht  verrichten  mögen.  3,  3S; 
und  verglichen  uns  allcrdinge  nicht.  3,  233;  allerding  zenie- 
ben.  KiBciiBOF  wendunm.  82';  allcrding  es  nicht  möglich. 
LocAC  rorr.  ».  1.  Gerade  wie  aller  dinge  pflegte  man  früher 
heiliger  dinge  (granim.  4,  992),  freier  dinge,  schlechter  dinge, 
bloszcr  dinge  absolut  zu  setzen,  und  damit  glücklicherweise 
{zum  heil),  frei,  schlicht,  blosz  auszudrücken ;  allcrdinge  be- 
deutet demnach  gänzlich,  in  allen  stücken.  In  der  Schweiz 
aber  entfaltete  sich  für  allerdings  die  bedeutung  von  beinalre, 
fast:  er  ist  allerdinga  nederkoit,  stürzte  fast  nieder,  und  noch 
rerstdrkl  allerisiga  dinga,  gleichsam  glatter,  eisiger  dinge.  Tob- 
leb 22'. 

ALI-ERDINGEN,  mit  der  schwachen  form,  irte  allerwegen, 
allerendeii,  setzen  einzelne  sckrißsteller  des  16  jh.: 

und  ist  erlogen  aller  dingen.    Ek.  Aibercs  ».  31 ; 
allerdingen  sichtbar.  Felix  Plater  .t.  1S6.  mhd.  galt  ein  besser 
mit  dem  dal.  jil.  erxetigles  adv.  allen  dingen.  Bertii.  prd.  293. 


ALLERDINGES:  polit.  maulaffe  s.  346.  Ettkers  Hebamme 
s.  601.    Lessixg  2,  563. 

ALLERDINGS,  die  heutzutage  güllige  form,  welche  den  schon 
im  gen.  pl.  {vgl.  aller)  ausgedrückten  adrerbialbegrif  nochmals 
durch  das  s  des  gen.  sg.  hervorzuheben  suchte,  wie  man  auch 
ein  freierdings,  platterdings,  schlechterdings,  bloszerdings  6»/- 
dete,  dennoch  den  gen.  pl.  des  voran  gehenden  adj.  beibe- 
hielt, doch  getrennt  zu  schreiben  aller  dings,  wie  bei  Ayrer 
212*.  44l'  und  proc.  2,  6  steht,  scheint  nun  unstatthaft,  in» 
laufe  des  1' jh.  begann  allerdings  entschieden  zu  herschen:  die 
auslegungen  habe  ich  für  diejenigen  allein  hinzu  setzen  müs- 
sen, denen  die  stadte,  flüsse,  länder,  gebirge,  fabeln  und  hi- 
storien  nicht  allerdings  bekant  sind.  Opitz  1,  205;  das  habe 
ich  gemerket,  dasz  sie  mir  nicht  allerdings  trauen,  pers.  ro- 
scnth.  1, 10 ;  es  sind  halte  ich  keine  Völker,  die  mehr  als  die 
Perser  an  bunten  färben  sich  belustigen,  daher  sie  nicht  nur 
ihre  bände,  etliche  auch  die  füszc,  sondern  auch  pferde  und 
andere  thieie,  auch  etliche  allerdings  {selbst,  sogar,  beinahe) 
die  geschlachteten  schafe,  so  sie  in  den  fleischbänken  zu  ver- 
kaufen haben,  roth  ftirben.  7,  20 ;  es  ist  der  freundschaft  eines 
freundes  nicht  allerdingcs  zu  trauen.  8, 14 ;  und  in  wenig  ta- 
gen wieder  allerdings  zu  recht  kam.  Simplic.  1, 156 ;  allerdings 
{sogar)  dessen  vieh  muste  meine  räche  empfinden.  Plesse  1, 
62 ;  es  ist  nicht  allerdings  wahrscheinlich.  Hahs  1,  191 ;  Ra- 
sliz  bliebe  den  Franken  nicht  allerdings  getreu.  1,  227;  die 
Lothringer  wollten  nicht  allerdings  gehorchen.  2,  5;  es  hat 
damit  nicht  allerdings  seine  richtigkeit.  Claldils  5,  58 ;  nur 
berechtigen  diese  gerügten  einzelnen  stellen  nicht  allerdings, 
den  tadcl  über  das  ganze  in  dem  masze  auszugieszen.  ^cr- 
cer  1S2';  begriffe,  die  nicht  allerdings  gebilligt  werden  kön- 
nen. Raxt  8,  28.  O/I  concessir :  das  sind  doch  zwei  verschiedene 
geschichten?  allerdings.  Schleiermacher  1,571;  sie  selbst...  be- 
stellen den  verstand  zum  richter.  allerdings  thue  ich  das.  Götue 
38,  103 ;  allerdings,  die  sind  unleidlich.  A.  W.  Schlegel  9, 10. 
Wenn  sich  Klopstock  12,  210  über  dies  adv.  so  äuszerl :  wir  sa- 
gen allerdings,  es  ist  widersinnig  mehrheit  und  einheit  zusam- 
men zu  setzen,  es  sollte  allerdinge  oder  alles  dings  heiszen ;  so 
ist  aller  dinge,  wie  wir  sahen,  freilich  die  organische,  ursprüng- 
liche geslalt  des  worts,  allerdings  aber  unsrer  spräche  so  ver~ 
stattet  wie  allenfalls,  jedenfalls  für  allen  fall,  jeden  fall,  und 
wie  allermanns  in  mehrern  Zusammensetzungen  ßr  allermanne, 
allesdings,  allesfalls,  jedesfalls  sind  nur  undeutsche  versuche, 
die  aus  ihrer  fuge  gerathene  form  wieder  einzurichten. 

ALLERDÜNNST:  traf  den  schild  da,  wo  am  allerdünnsten 
das  erz  lief.  Bürger  233'. 

ALLERDURCHLALCHTIGST,  Steigerung  des  Serenissimus  in 
anreden  der  kaiser,  künige  und  ßrsten,  so  dasz  es  durch  den 
häufigen  gebrauch  seinen  sinn  einbüszt,  da  die  allerdurch- 
lauchtigstcn  reihenweise  nebeneinander  auftreten,  dieser  litel 
hebt  zuerst  in  den  canzleien  des  15  jh.  beim  kaiser  an  «nd 
greiß  allmälich  weiter  um  sich. 

ALLEREDELST :  gleich  dem  alleredelsten  stein,  offenh.  21, 11. 

ALLEREINFACHST :  die  allereinfachste  nolhwendigkeit. 
Klixcer  12,  210. 

ALLEREMPFINDLICHST.  IUbexer  4,310. 

ALLERENDEN,  adv.  s.  das  folgende  wort. 

ALLERENDS,  adv.  undique:  gib  alleiends  dein  heilig  wort, 
heiszt  es  im  zweiten  vcrse  des  kirchcnlieds :  gott  vater  denk 
an  Christi  tod.  das  golh.  allandju  verdeutscht  6)MTe)Ms,  das 
mit  dem  acc.  sg.  gebildete  allen  ende  (Bex.  1,  431')  undique, 
woraus  nach  analogie  von  allenfalls  ein  allenends  hätte  mN 
springen  können,  allerends  ist  aber  wie  allerdings  ßtr  aller- 
dinge gesetzt  ßr  allercnde,  und  aush  allerenden  wurde  gesagt 
wie  allerdingen. 

ALLERE.NTGEGENGESETZTEST.  Klisger  U,  45,  ein  'den 
laut  p  urtveranlwortlich  häufendes  wort. 

ALLERERR.\RMLICHST:  das  allercrbärmlich- langweiligste 
ding  von  der  weit.  Ki.ixcer  11,  241. 

ALLERERIIABENST.  Klixcer  11,114.130. 

ALLERERST,  omnium  primus:  und  diese  Schätzung  war  die 
allererste.  Luc.  2,  2 ; 

sie  hat  ihm  iut  in  ihrem  leben 

den  allerersten  kiis  gegeben.    Ckllert  1,126; 

im  allerersten  augenblick.  Ki.ixger  l,  468;   diesen  allerersten 
natur  und  lehensausdnick.  Götiie  6, 102. 

ALLERERST,  adv.  mhd.  aller  6rest,  allererst,  alrersle,  al- 
reste,  alrest  (Rkx.  1, 4:tS),  eben  erst,  gerade  erst,  ein  verstärk- 
tet, näher  bestimmtet  erst,  gletch  der  form,  schleiß  sich  auch 


223         ALLERER  ST  —  ALLERGRüSZEST 

die  hedeulung  ab  in  die  eines  bloszen  demum  und  rore:  da 
wird  sich  allererst  die  noth  anheben.  Maltli.  24,  8 ;  auf  dasz 
nicht,  wenn  ich  komme,  dann  allererst  die  steiire  zu  samlen 
sei.  Matth.  lu,  2 ;  sie  wurden  da  allererst  trotzig  und  stolzer, 
denn  sie  zuvor  je  gewest  waren.  LurnEn  3,  235*;  dasz  sich 
schraaher  allererst  für  geneigte  diener  schmücken.  Luthers  br. 
1,  318 ; 

dann  wird  er  allererst  gewahr 

wie  er  so  sehr  genarret  hat.    Er.  .\LBERüä  52'; 
was  abgedient  soll  sein, 

drum  darf  ich  allererst  nicht  bitten  um  vcrzeihn. 
LOGAU  1,5,  C3; 

habet  ihr  nicht  allererst  mit  meinem  vater  schwätzen  kön- 
nen. Simplic.  1,  36;  must  du  nicht  allererst  lernen?  Abele 
3, 142 ;  da  geht  allererst  müh  und  arbeit  an.  ebendas. ;  nun 
ich  ihnen  von  allem,  so  sie  verlangen,  ausführlich  rechenschaft 
gegeben  habe,  erinnere  ich  mich  allererst.  Hagedorn  1,  xxviii ; 
erst  den  beinamen  eines  bösen  mannes.  Rahener  1,  200 ; 
wer   diesen  begrif  zur  Wirklichkeit  bringt,   der  verdient  aller- 

denn  könnt  ich  einen  Herrn  ertragen, 

erirüg  ich  allererst  den  wein.    Lessing  1,G7;' 

der  moralische  imperativ,  welcher  die  freiheit  uns  allererst 
kund  macht.  Kant  3,  402;  ein  gesetz,  das  iinmitlelbar  den 
willen  und  diesem  gemäsz  allererst  den  gegenständ  bestimmt. 
4,  173 ;  zuerst  musz  ich  sicher  sein,  dasz  ich  meiner  pllicht 
nicht  zuwider  handle,  nachher  allererst  ist  es  mir  erlaubt, 
mich  nach  glückseligkeit  iimzusehn.  5,  375;  diese  spiralten- 
denz  musz  daher  allererst  bei  entwickelung  aus  dem  samen 
sich  hervorlliun.  Güthe  55, 103. 

ALLERERSTEN,  im  17  jh.  zuweilen  für  allererst  üblich, 
ahd.  eristin  cien.  und  aj  eristin  dal.  {gramm.  3,  94.  106):  zu 
allerersten.  Fleming  201;  wie  wird  es  um  den  herbst  denn 
allerersten  stehn.  Günther  825.  man  sagt  noch:  mit  dem 
allerersten,  auf  das  allererste,  sobald  nur  thunlich. 

ALLERFAHREN  (all-er):  allkundig. 

ALLERFEINDSELIGST:  die  allerfeindseligsten  thier.  buch 
der  weish.  15,  18. 

ALLERFEINST:  das  allerfeinste  tuch ;  die  allerfeinste Schmei- 
chelei. Klinger  11,  248.  s.  allerklärlichst. 

ALLERFERNST:  nicht  der  allerfernste  gedanke. 

ALLERFERTIGST,  paralissimus :  er  schrieb  aufs  allerfer- 
tigste. 

ALLERFRÜHST:  mit  dem  allerfrühsten.  trr^.  der  liebe  5.36. 

ALLERFÖRDERST:  zu  allerförderst  =  d/erersf.  Galmy  20. 
schon  in  einer  urk.  von  1294  bei  Chmel  fontes  1,  264  ze  aller- 
foderist. 

ALLERFRECHST:  der  alleifrechste  mann.  Werders  Ariost 
16, 63. 

ALLERFREÜEND  (all-er),  omnia  exhilarans.  Brockes  5, 
154.  7,  207. 

du  liebst  das  allerfreuende,  die  sonne.    Schiller  7,  355. 

ALLERFRIEDLICHST :  auf  das  allerfriedlichste  leben.  Les- 
sing 2,  437. 

ALLERFRISCHEND  (all-er): 

voll  für  den  mund  und  wiirzereich 

und  allertrischend  ist  der  kus.    Bürger  US*. 

ALLERFÜLLEND  (all-er),  omnia  implens.  Brockes  1,  345. 
424.  7,0. 

ALLERFCLLI'NG  (all-er),  f.:  ein  hauch  der  allerfüUung 
güttes.  Herder  3, 169. 

ALLERGEFÄHRLICHST:  die  allcrgefährlichste  noth. 

ALLERGELIERTEST:  der  allergeliebteste  freund.  Kuxger 
n,  35. 

ALLERGEMEINST:  die  allergemeinste  lebensart. 

ALLERGERINGST:  mir  dem  allergeringsten.  Ephcs.  3,8. 

ALLERGEWALTIGST:  der  allergewaltigste  könig. 

ALLERGEWISSEST:  wusle  aufs  allergewissest.  Äöm.  4,  21. 

ALLERGIERIGST :  die  allcrgicrigsten  schälkc.  Göthe  40, 148. 

ALLERGLEICHGÜLTIGST:  die  neugierde  des  ailerglcichgül- 
tigstcn.  Klinoer  11,246. 

ALLERGNÄDIGST,  anrede  der  könige  und  fürsten. 

ALLERGRAUSAMST:  allcrgrausamsle  knechlschafl. 

ALLERGRÜSZEST:  die  Ibeuren  und  allergröszeslcn  vcr- 
heiszungen.  2  Petri  1,  4 ; 

der  tod  sieht  keinen  Vorzug  an, 
und  stellt  den  aller|;roszicn  mann 
zum  pöbel  der  gemeinen  schatten. 
Hagboorn  3, 1U7. 


ALLERILVLTER  —  ALLERLEI 


224 


ALLERHALTER  (all-er),  m.  qui  omnia  servat: 

der  alhimfasser, 

dor  allerhaller.    Göthe  12,  180. 

ALLERHAND,  omnis  generis,  mhd.  aller  hende,  aller  bände 
(Ben.  1,  630),  aus  dem  zusammenrücken  dieser  geniiive  ent- 
sprungen, daher  unveränderlich;  Lijther  gebraucht  allerhand 
nur  selten  und  setzt  dafür  gewöhnlich  das  gleichbedeutigc  aller- 
lei: allerhand  mühe  wird  über  ihn  kommen,  lliob  20,22;  er 
war   mit   allerhand   lugenden   reichlich  begabt,    pers.  rosevlh. 

1,  7;  nahm  anstatt  der  vorigen  lasier  allerhand  lugend  an  sich. 

2,  18 ;  allerhand  nationen.  pers.  reiseb.  2,  3 ;  allerhand  zuge- 
lassener kurzweile.  A.  Gryphius  1, 182 ;  auf  alleriiand  art  und 
weise.  Stieler  34.  noch  heute  hat  dies  unveränderliche  aller- 
hand nirgends  adjectivische  geltung,  sondern  wird,  wenn  auch 
der  ursprüngliche  gen.  ungefühlt  bleibt,  den  sahst,  immer  vor- 
geschoben: allerhand  bäume,  von  allerhand  bäumen,  aus  aller- 
hand kräutern,  in  allerhand  färben ;  wenn  ich  argwöhnisch 
wäre,  könnte  ich  mir  allerhand  gcdanken  machen.  Die  ältere 
spräche  bediente  sich  auch,  statt  des  gen.,  des  dativs: 

und  holzes  art  von  allerhand  (de  omni  genere). 
Ayrer  121'; 

oder  des  verkleinerten  hendlein  in  gleichem  sinn,  z.  h.  Woi- 
kensteiner  «.  39.  202  aller  hendiin  kauf,  mit  aller  hendlin  freu- 
denspil. 

ALLERHEILIGEN,  omnium  sanctorum,  unveränderlich  vor- 
gesetzter gen.  pl.  in  allerheiligen  fest,  allcrheiligen  tag,  aller- 
heiligen  gasse,  kirche,  und  oft  mit  auslassung  von  fest  und 
tag:  auf  allerheiligen;  eine  woche  nach  allerheiligen.  die 
kirche  allerheiligen.  Lessixg  2, 124. 

ALLERHEILIGST,  zur  bezeichnung  des  pabstes. 

ALLERHEILIGSTE,  n.  der  innerste  räum  des  tempels  oder 
der  kirche;  auch  auf  abgezogne  gegenstände  angewandt :  in  das 
allerhciligste  der  Wissenschaft  vordringen. 

ALLERHEITERND  (all-er),  was  allerfreuend.  Göthe  5,199 

ALLERHEITERST,  was  das  folgende. 

ALLERHELLST,  omnium  lucidissimus.  Bürger  220*. 

ALLERHERZLICHST. 

ALLERHERZLIEBST:  so  danke  ich  unserm  allerherzlieb- 
sten  vater  im  himmel.  Luther  3,  389*. 

ALLERHÖCHST,  von  gott  und  zumal  von  königen  gebraucht; 
auszcrdem  sächlich:  das  allerhöchste,  was  ich  dir  einräume; 
er  war  aufs  allerhöchste  gereizt. 

ALLERINNERST:  ihr  allerinnerstes  war  aufgeregt.  Göthe 
22,90. 

ALLERKÄLTEST:  von  der  allerkältesten  gleichgülligkeit. 
Klinger  10,  110. 

ALLERKLÄRLICHST:  können  doch  die  poclcn  auf  das  al- 
lerfeinest, mit  den  allerklerlichsten  Worten  reden.  Luther  3, 477. 

ALLERKLÜGST:  die  allerklügslen  handwerksleut.  Ayrkr 
103'; 

der  allcrklügste  streich,  den  je  ein  kobold  that.   Lichtwkr. 

ALLERKÖSTLICHST:  ein  reines  gewissen  der  allerköst- 
lichste  schätz. 

ALLERRÜHNST:  der  allerkühnste  held.  Logaü  1,84,47; 

schrecken  häUe  darob  den  allerkühnsten  ergriffen.  Bürger  218*. 

A-LLERLASTERHAFTEST:  das  allerlasterhaftesle  weih  der 
ganzen  stadl. 

ALLERLÄSTERHAFTIGST:  hat  die  allerlästerhaftigslen 
worte  wider  den  könig  ausgegossen,  pers.  rosenth.  1, 1. 

ALLERLADTERST:  das  allerlauterste  gold.    1  c/iron.  29, 18 

ALLERLALTEST:  der  allerlauleste.  Klinger  12,218. 

ALLERLEI,  omnis  generis,  mhd.  aller  Icigc  {gramm.  3,  79), 
nnl.  allerlei,  entsprungen  wie  aller  hande,  und  gleich  diesem, 
der  phd.  spräche  noch  unbekannt,  heule  aber  mehr  verbreitet 
als  allerhand ;  weniger  vom  alts.  leia  weg  oder  finnischen  lat 
genus,  indoles,  als  vom  romanischen  Ici,  loi,  weise,  art  her- 
zuleiten. Luther  verwendet  allerlei  äuszerst  oß  und  neben 
jedem  casus:  allerlei  thier.  1  Mos.  1,  21;  allerlei  gewürm.  1, 
25;  allerlei  fruchlbarc  beume.  1,  29;  allerlei  grün  kraul.  1, 
30  «.  s.  w.,  es  tritt  aber  auch  bei  ihm  schon  aus  seiner  obli- 
quen stelle  in  die  direrte  und  macht  dann  selbst  einen  gen. 
von  sidi  abhängig:  nachdem  allerlei  seiner  göttlichen  kraft 
uns  geschenket  ist.  2  /V/r»  1,  3,  wie  wir  auch  mancherlei,  vie- 
lerlei, allerhand  heute  gebrauchen,  unsern  bciten  Schriftstel- 
lern steht  es  bald  organisch  für  omnis  generis:  auf  allerlei 
art;  ich  gehe  um  mit  allerlei  leulen;  durch  allerlei  zureden 
bewegen.  Götme  18,278;    bald  unorganisch  in  substantivischer 


225 


ALLERLEI  —  ALLERMASZEN 


bedeutung  gemischler  manigfall'ujkeU :  das  allerlei,  ein  allerlei; 
ein  Leipziger  allerlei ;  kalbQeiscb,  fische  mit  allerlei ;  ein  nütz- 
liches allerlei;  damit  es  uns  aber  ja  nicht  an  dem  allerlei 
des  Icbens  und  lemens  fehlen  möge.  24,  194;  das  dichtende 
allerlei  und  bunterlci.  J.  Faul  nachdämm.  65;  mit  nichtach- 
tung  des  in  aller  ursprünglicli  enlhaUncn  genitics.  Bemerkens- 
verth  ist  die  häufung  des  lei  und  band: 

sie  trug  ein  grosz  gebund  von  allerlei  band  klagen. 
Werdeks  ArioU  13,  öl ; 

ganz  wie  Neidhart  verbindet  (Bex.  331) 

komen  sint  die  bluomen  maneger  bände  leie, 

und  der  Wolkensteixer  s.  193. 195 

mit  manger  leige  hendlin  schrenk: 
so  hab  icb  keiöer  leige  hendlia  oöt; 

was  nichts  sagt  als  keinerlei  noth  {tgl.  allerhand),  ähnlich 
auch  das  mhd.  von  aller  bände  slahte.  Flore  1962.  man  tgl. 
einerlei,  keinerlei,  mancherlei,  vielerlei,  zweierlei,  Überlei. 

ALLERLEIRAUH,  n.  pellium  omnis  generis  assumento  vil- 
losum,  hirsutum,  vgl.  das  65  kindermärchen ,  und  die  vila 
Lupicini  {acta  sanct.  sec.  5.  21  marlii)  p.  263 :  pellicea  semper 
pilüsaque  usus  est  tunica,  quae  tarnen  bumilitatis  causa  de 
diversis  quadrupedum  vel  assuta  pelliculis  non  solum  infor- 
mis  atque  hispida,  verum  etiam  quadam  erat  vilitalis  varie- 
tate  turpata,    uie  buntlappige  geflickte  kleider  armul  anzeigen. 

ALLERLETZT :  den  allerleUten  scherf  bezahlen.  Luc.  12, 59. 
zu  allerletzt,  adv.  ultimo. 

ALLERLIEBLICHST:  bei  dem  allerlieblichsten  frauenzim- 
mer.  pers.  rosenth.  2,  35 ; 

das  ajlerlieblichste,  was  schier 

mein  herz  in  seinen  schönsten  stunden 

bei  meinem  mädclien  hat  emprunden, 

0  dämmerung,  verdankt  es  dir.    Göei.<«ck  3,  153. 

ALLERLIEBST,  nnt.  allerliefst,  engl,  alderlievest,  höchste  stufe 
des  anmutigen  und  geliebten :  ein  allerliebstes  kind ;  meine  aller- 
liebste; das  allerliebste  lied.  Gellert  3,327;  sehen  sie  doch 
den  allerliebsten  Staat  an.  3,  368 ;  die  allerliebste  kleine  puppe. 
WiELA.vD  2,  231;  ein  allerliebstes  hülzcben.  Göthe  14,  85; 
meine  lieblichen,  allerliebsten  Sängerinnen.  14,  91 ;  so  war  er 
auch  ganz  allerliebst,  wenn  er  sich  mit  einem  buche  in  die 
ecke  setzte.  20, 140 ;  unter  solchen  daraus  entspringenden  aller- 
liebsten annebinlicbfceilen.  22,  95;  setzen  wir  uns,  sagte  das 
allerliebste  wesen.  22,  117 ;  indem  er  unerwartet  ganz  aller- 
liebste gegenden  antraf.  23,  3 ;  Lavater  war  heiter  und  aller- 
liebst. 26,  273.  Zuweilen  genügt  es  nicht  einmal  und  wird 
noch  durch  eine  vorgesetzte  partikel  gestärkt:  ein  recht  aller- 
liebstes frauenzimraer.  Lessixg  1,  22L 

ALLERMÄ.NMGLICH ,  unnsquisque,  ahd.  allere  manno  gi- 
11h;  allermcniglich.  Luther  2,  92*;  allermeniglich  offenbaren. 
Dryamders  rorr.  zu  Staden  A3';  beschirmen  gegen  und  wider 
allermännigklicb.  Aimon  .M2;  ime  wider  allermänigklich  hel- 
fen, das.  I4;  wir  thun  kund  allermänniglich.  Hagedorn  1,  iii. 
ein  gutes,  alles  icort,  das  ursprünglich  immer  im  sg.  steht, 
heute,  so  vie  mSnniglicb,  steif  und  c^inzleimäszig  klingt,  nd. 
tagt  man  allermallik  und  auch  ein  weisthum  von  1407  (2, 184) 
sagt:  eine  banmile,  da  solle  allermellicb,  wer  zu  Schweppen- 
bausen  wonet,  malen. 

ALLEh.MANiNSFREü.ND,  m.  amieorum  prostibulum:  aller- 
mannsfreund,  viclermannsgeck,  in  dieser  und  den  folgenden 
susnmmensetzungen  ist  an  die  stelle  des  organischen  gen.  pl. 
manne  (ahd.  allero  manno,  mhd.  aller  manne)  ein  s  einge- 
schoben, tgl.  allerdings,  allerwelts.    s.  allmanns. 

ALLER.MA.NNSHARNISCH,  m.  heilkrdßige,  schützende  pflanze, 
sieqwurx,  heilwiirz,  aller  well  heil,  bald  ßr  allium  victoriale, 
bald  für  androsace  [nvSooaäxoi)  mannesschild  genommen. 
Hoiii:ERG  3.  462'  schreibt  noch  allennannharniscb. 

ALLER.MANNSHL'RE,  f  prostibulum  infame,  seh«,  allmant. 
frunliininrr.    vgl.  allinanniscb. 

ALLF.RMANNSLOB,  n.  nomen  per  orbem  celebralum. 

ALLERMASZ,  omnimodo:  das  er  alle,  so  es  nit  allcrmas 
mit  im  geballen.  bat  umlibringen  lassen.  Luther  6,526'. 

AI.LERMASZE,  omnimodo:  das  icb  das  kindlin  sehein  der 
muller  scbos,  das  sicli  leszt  bandeln,  sengen,  beben  und  war- 
ten, aller  m.isze  wie  ein  ander  kind.  Luther  6,  67". 

ALLERMASZEN,  omnimodo:  er  bauwl  ir  ein  eigen  haus, 
allermaszen  wie  sein  haus.  Reisz^er  Jents.  1,  59*;  denn  das 
lalein  ihm  nicht  alk-nnaszen  abgeben  wollen.  Opitz  1,5*;  diesz 
wuser  ist  den  augcn  nicht  allermaszen  dienstlich; 


ALLERMEIST  — ALLERRICHTIGST        226 

ich  wundsch  auch  nichts  als  nur  wie  es  gott  allermaszen 
in  einer  heiigen  eh  hat  allen  zugelassen. 

WilRoers  Ariost  5,  35. 

im  17  jh.  erzeugte  sich  daraus,  tele  aus  maszen,  weilen,  alldie- 
weilen,  steife  conjundion:  allermaszen  ich  alles  dasjenige,  was 
ein  Christ  wissen  soll,  in  gedachten  dreien  wochen  gefasset.  Sim- 
plic.  1,  34 ;  allermaszen  er  sich  so  weit  verhauen,  dasz  er  ge- 
fangen ward.  1,  219 ;  nun  mag  ich  voritzo  nicht  unlersucben,  ob 
auch  besagtes  ms.  in  rerum  natura  sei,  allermaszen  Doubletus 
durch  die  erdichtung  vieler  ungereimter  dinge  seinen  credit 
verloren.  Hah.n  1,  78 ;  ich  kan  mich  nicht  überreden,  dasz  das 
Instrument  authentisch  sei,  nicht  zwar  wegen  des  praedicats 
eines  servi  apostolorum,  welches  Otto  von  sich  gebraucht, 
allermaszen  diese  titulatur  so  ungewöhnlich  eben  nicht.  2, 164. 
ALLERMEIST,  ahd.  allero  meist  (Graff  2,  884),  nnl.  aller- 
meest:  und  weineten  mit  einander,  David  aber  am  allermei- 
sten. 1  Sam.  20,  41 ;  gutes  thun  an  jederman,  allermeist  aber 
an  des  glaubens  genossen.  Gal.  6, 10 ; 

das  die  geporen  von  dem  gaist 
hie  müssen  leiden  allermaist. 

SCHWARZS.NBERG   156,  1; 

wer  got  anpet  ausz  rechtem  gaist, 
der  wiirt  erhört  am  allermaist.    132,  2; 
der  allermeiste  häufen 
kommt  auf  die  tempel  zu  mit  beiszer  brunst  gelaufen. 
Opitz  1,35; 

allermeist  kann  ich  dir  nicht  verhalten,  dasz  das  mädcben  za 
jung  ist.  Rabe.ner  3,  272; 

dankts  der  natur,  ihr  schönen,  allermeist, 
dasz  liebe  selbst  der  weisen  äuge  blendet. 

GöKi.'«CE  2,  172; 
dich  prüre  du  nur  allermeist, 
ob  du  kern  oder  schale  seist.    Göthe  3,  112; 
wenn  nicht  etwa  der  heilig  geist 
das  wnrt  genommen  allermeist.    47,  226. 

als  adv.  eine  wollautende  Verstärkung  von  meist  und  zumeist, 
die  heute  zu  selten  angewandt  wird,  als  adj.  mehr  im  gang: 
das  allermeiste  darin  ist  abgeschrieben. 

ALLEKMERKLICHST:  am  allermerklichsfen.  Göthe  17,230. 

ALLERMERKWCRDIGST:  die  zeichung  ist  eine  der  aller- 
merkwürdig*ten. 

ALLERNÄCHST,  nnl.  allcrnaast:  er  wohnt  allernächst  bei 
mir ;  ich  habe  es  allernSchst  {proiime)  gehört ;  das  äuszcrste 
liegt  der  leidenschaft  zu  allernächst.  Göthe  17,  167;  ist  denn 
alles  unnütz,  was  uns  nicht  den  allernächsten  besitz  verschaft? 
18,  7 ;  im  allernächsten  dorf  ist  die  seucbe  ausgebrochen. 

ALLERNÄHREND  (all -er),  allndhrend: 

stiegen  sie  auf  die  allemahrende  erde  vom  wagen. 
Stolberg  U,  103. 

ALLERNÄHRER  fall-er),  m.  nutrilor  omnium,  beiname  gotles. 
ALLERNÄSELNDST:  in  dem  allemäselndsten  tone.  Kli.sgeh 
10,  68. 

ALLERNEUST :  das  allerneuste  lied ;  das  allerneuste  aas 
der  gelehrsamkeit. 

ALLEHNEUSTENS,  adv.  nuperrime. 
ALLERNIEDRIGST: 

unrahii;  der  Verstellungskunst, 

der  allerniedrigsten  der  künste.    GöcmoK  1,  M. 

ALLERNUTZEST:  welche  das  allemützest  sind  im  men- 
schenleben.  wcish.  Sal.  8.  6. 

ALLEMOBERST:  die  allerobersten  behörden.  Göthe  31, 128. 

ALLERORTE.N,  ubique  locorum,  mit  der  schwachen  form, 
wie  in  allerdingen,  allerenden,  allerwegen.  nacA  allerends, 
allerdings,  allerseits  wäre  auch  allerorts  zulässig,  all  ort  (alle 
ecken)  voll  löSfel.   Fischart  Garg.  88'; 

ja  ;:ie  bengen  schon  die  flügel 
aller  orten  krank  und  matt. 

Soltau  tolkst.  519; 
SO  ist  gleich  aller  orten  so  ein  aufruhr.  Lessi.xg  2,  579 ; 
denn  aller  orten  l.lszl  der  Engell.lnder 
sein  sieghaft  banner  fliegen.    Schiller  7,  215. 

ALLERORTIG,  adj.  aus  dem  vorigen  adv.  gebildet:  alleror- 
tige  tbeilnaiiinr. 

ALLERREGEND  (all -er):  das  allerregende  licht. 

ALLERREINST:  das  allerreinest  lauter  öL  2  Mos.  27,  20; 
die  allerreinste  liebe.  Klincer  1,  387. 

ALLERREISIGST,  promtissimus :  ein  recht  erztücklin  und 
das  allerreisigst  stückclin.    Luther  3,  335. 

ALLERRICHTIGST:  eine  von  den  ailerrichtigsten  uhren 
Lessi.nc  2,  461. 

15 


227 


ALLERRUHIGST  —  ALLERSEITIG 


ALLERSEITLICH— ALLERWEGEN 


228 


ALLERRUHIGST :  zu  der  allerruhigsten  und  unsichtbarsten 
thätigkeit  übergehn.  Göthe  31,  97. 

ALLERRÜHRIGST,  mobilissimus. 

ALLERS.  bei  den  schon  unter  aller  behandelten  fluchen  ge- 
brauchen H.  Sachs  und  noch  einige  nach  ihm,  seltsamer  weise, 
die  form  allers. 

komb  mit  mir  gen  hof,  allers  tropfen!    1,472''; 

so  dich  die  wectiter  hie  ertappen, 

allers  vollen  esels  und  läppen!    If.  4,25'; 

zeuch  mir  den  herdurch,  allers  tropfen!    11.4,27'; 

flucks  wehr  dich  nur  mein,  allers  narrn!   JI.4, 27'; 

du  ehrloser  mann,  ei  wie  recht 

hab  ich  dich  allhie  auszgespccht, 

allers  esels  und  alten  narren!    II.  4,  32'^ 

schweig  und  halt  dein  maul,  allers  laurn!    III.  3,  32'; 

merkst  denn  mein  lieb  nit  alters  maus?    III.  3,  82*; 

ei  so  schlag  nur  her,  allers  tropfen!    IV.  3,  27'; 

schaw  schaw,  da  komt  mein  loser  Hans, 

wo  wilt  aber  hin,  allers  manns?    IV.  3,35*; 

pfaff  schweig  und  drol  dich  bald  hinausz, 

du  hast  gar  nichts  hinnen  zu  schaffen, 

allers  lausing  stinketen  pfaffen!    111.3,45'; 

der  bawer  sprach:  merk  allers  narrn!    IV.  3,  69'; 

du  bleibst,  du  bleibest,  allers  buhen! 

du  must  mit  uns  ind  schergenstuben.    V,  228'; 

geh  von  mir  an  galgen,  allers  hüben!   V,  359'; 

darumb  so  hab  rhu,  allers  narrn!    V,  365*; 

ist  dann  der  himel  des  allein? 

allers  ungewaschen  pengels  I  nein, 

du  unhold  hast  dich  rein  gelogen. 

Hatnecciüs  H.  Pfriem  Gg5; 
das  dich  der  teufel,  allers  bawrl 

A.  Hartmanns  comoedia.  Magdeb.  1600.  G7'; 
das  ihn  der  teufel,  allers  pfaffen!    das.  J3'; 

dasz  dich  botz  Jesu,  alters  naiTen ! 

com.  von  Peter  Trink.  162S.  f:4. 

ei  hab  dir  die  beuln,  allers  thorn !   Ayrer  9°. 

Dies  allers  steht  gerade  so  gefügt  wie  jenes  aller,  ist  aber  gen. 
sg.  m.,  was  die  daneben  stehenden  subst.  esels,  manns,  ben- 
gels  lehren,  denn  tropfen,  narren,  lauren,  buben,  pfaffen  könnte 
sowol  sg.  als  pl.  sein,  warum  aber  allers  statt  alles?  das 
richtige  alles  oder  verkürzt  als  erscheint  in  der  nemlichen  con- 
struction  {s.  alles)  und  man  hat  anzunehmen,  die  geläufige, 
nur  halb  verständliche  schelte  habe  entweder  unorganisches  r 
in  alles  eingeschoben  (engl,  hoarse,  ags.  häs,  noch  näher  läge 
disers  mal  für  dises  mal  in  Etter  Heim,  Vorspiel  600)  oder 
einen  plural  aller  für  den  sg.  durch  angehängtes  s  gerecht 
machen  wollen. 

ALLERSAND,  conjunction,  pariter,  steht  in  Roefs  Adam  672 
für  allsand,  wie  Heini  472.  762  vorkommt. 

ALLERSCHAFFER,  m.  (all -er):  hoch  oben  an  des  aller- 
schaffers  thron.  Fr.  Müller  2, 162. 

ALLERSCHÄRFST:  der  allerschärfste  (rf.  j.  allerschärfst) 
sehende,  pers.  roseng.  5,  9. 

ALLERSCHIERST:  am  allerschierslen  und  schleunigsten. 
Ayrer  proc.  1,7;  in  gerichtlichen  bekanntmachungen :  das  land 
soll  allerschiersl  (schiersikünflig)  verkauft  werden. 

ALLERSCHLECHTEST:  du  gibst  das  allerschlechteste  bei- 
spiel. 

ALLERSCHLIMMST:  was  das  allerschlimmste  bei  der  Sa- 
che ist. 

ALLERSCHÖNST:  ich  bin  die  allerschönste.  Ezech.  27,3; 
aufs  allerschöneste  zugericht.  27,  4 ;  ihr  allerschönstes  ange- 
sichl.  pers.  rosenlh.  5, 10 ;  du  allerschönstes  angesicht ! 

ALLERSCHÜTTERND  (all -er):  omnia  commovens.  Brockes 
1,  153. 

ALLERSCHWERST:  der  allerschwerste  krieg.  Locaü3,65,46. 

ALLERSEELEN,  omntum  animarum,  der  allerseelentag,  wie 
allcrheiligen. 

ALLERSEITEN,  adv.  undique: 

ein  steter  gegenwind  bekriegt  des  lebens  meer, 
das  allerscuen  wird  geworfen  hin  und  her.    Opitz; 

ALLERSEITIG,  aus  dem  folgenden  adv.,  kaum  aber  vor  dem 
18  jh.  gebildetes  adj.  ihre  allerseiligen  ausrufe  oder  ankün- 
digungen.  Klopst.  12,270;  unter  stummer  Wiederholung  aller- 
seitiger  Umarmungen  fiillt  der  Vorhang.  Lessinc  2,  .302;  zu 
unserm  allerseiligen  vergnügen.  Schiller  738 ;  alierseitigc  ein- 
stimmung.  Kant  4, 127 ; 

zu  toben  her  mit  brfillgesnng 

zu  allerseitigem  Untergang,  üötiir  41,60; 


mich  nach  dem  hohen  wolsein  der  allerseiligen  gaste  zu  er- 
kundigen. TiECK  15,  3.  genügt  hätte  das  bessere  allseitig,  was 
man  nachsehe. 

ALLERSEITLICH,  was  das  vorige,  doch  etwas  früher  ge- 
bräuchlich :  welches  ihnen  auch  woi  allerseitlich  ungelegen 
wäre,  mägdelob  42. 

ALLERSEITS,  adv.  ubicumque,  undecunque,  de  toufes  parts, 
wie  allerorts  gebildet  statt  allerseiten :  welches  allerseits  un- 
gegründetes urtheil  ich  kaum  einer  antwort  würdig  achte. 
Opitz  poetcrei  s.b;  der  sack  war  allerseits  mit  kriiutcrn  aus- 
geziert; allerseits  mit  sauren  geskhtern.  maulalfe  221;  so  sehr 
wurden  diejenigen  zerstreut,  welche  allerseits  kinder  eines  va- 
ters  waren.  Raüener  1, 151 ;  in  beisein  eines  alten  notars  und 
sieben  alter  zeugen,  allerseits  Junggesellen,  sollen  sie  ausge- 
spielt werden.  3,  229 ;  es  ersuchte  Tulpan  die  damen  und  her- 
ren  allerseits  um  hochgeneigtes  gehör.  Wiei.and  5,  139 ;  ich 
gehorche,  und  ihnen  allerseits  empfehle  ich  mich.  Götiie  14, 
157 ;  ich  wünsche  allerseits  gute  nacht,  bei  feierlicher  an- 
rede wie  das  tat.  omnium  ordinum :  allerseits  hochgeehrte 
anwesende!    allerseits  vielgeliebte  brüder!    s.  allseits. 

ALLERSELIGST :  im  kirchenliede  verderbte  weit  v.  8. 

gott  gibt  nach  kurzer  jammerzeil 
das  allerseligste  vergnügen 
der  freudenvollen  ewigkeil. 

ALLERSICHERST:  aufs  allersicherste.  Götiie  32,177. 

ALLERSIiNNLICHST:  sind  die  vergnügen  des  herzens  we- 
niger sinnlich?  sie  sind  die  allersinnlichsten.  Wieland. 

ALLERSONDERRÄRST:  Klinger  11,248.12,140. 

ALLERSTÄRKST:  am  allerstärksten  soll  er  die  Unverschämt- 
heit hüszen.  Rahener  5.  317. 

ALLERSTREITBARST :  den  allerstreitbarsten  Soldaten.  Weck- 

HERLIN    371. 

ALLERSÜSZEST:  die  biene  ist  ein  kleines  vögelein,  und 
gibt  doch  die  allersüszeste  frucht.  Sirach  11,  2. 

ALLERSTRENGST:  im  allerstrengsten  ernste.  Klinger  12, 
236. 

ALLERTHEUERST:  ich  setze  gleich,  das  s.  Augustin,  der 
allertewrest  lerer,  ein  solcher  esel  gewesen  were,  wie  sie  sind. 
Luther  3,521;  allerteurester  Felix,  aposl.  gesch.  24,3;  mein 
allertheuerster  freund.  Hagedorn  1,  56. 

ALLERTIEFST:  die  geistliche  hoffart  ist  das  letzte  und 
allertiefste  laster.  Luther  3,  27 ;  stille  wasser  gern  am  aller- 
tiefsten  sind.  Gellert  3,  406. 

ALLERTREUST: 

befiehl  du  deine  wege 

und  was  dein  herze  krenkt, 

der  allerlreuslen  pflege 

des,  der  den  himmel  lenkt.    Gerhard. 

ALLERUNERTRÄGLICHST:  die  allerunerträgliehsten  narren. 
Lessinc  1,  250. 

ALLERLNTERTHÄNIGST,  gegenüber  fürslen. 

ALLERVERACHTEST:  er  war  der  allerv erachtest  und  un- 
werthest.  Es.  53,  4. 

ALLERVERBLENDENDST:  das  allerverblendendste gift.  Klix- 
ger  12, 164. 

ALLERVORDERST:  zum  allervoidersten  (a//en  rora»»)-  Kirch- 
hof wcndunm.  132';  die  stelle,  wo  das  bild  gemahlt  ist,  wird 
allervördcrst  in  betrachtung  gezogen.  Götue  39,  94.  s.  aller- 
förderst und  allvorderst. 

ALLERWÄRMEND  (all -er):  omnia  calefaciens.  Brockes  1, 
193. 

ALLERWÄRTS,  adv.  undique,  ubique,  eine  falsche  bildung, 
da  in  wärts  nicht,  wie  in  orts  und  seits,  woraus  man  aller- 
orts, allerseits  schöpfte,  ein  subst.  enthalten  ist,  sondern  ein 
adj.,  zu  dem  sich  kein  solcher  gen.  pl,  ucsellen  kann.  Frisch 
und  Stieler  kennen  allcrwärts  noch  nicht,  und  kaum  gibt  es 
ein  früheres  bcispicl  als  das  folgende,  seit  dem  hat  es  aber  um 
sich  gegriffen  und  macht  heule  keinen  anslosz:  da  werden  sie 
dann  in  den  büchern  allcrwärts  hingesleilt.  Klopst.  12,  95.  er 
ist  allenvärts  wolgclitten ;  man  erblickt  ihn  allcrwärts,  für 
überall  oder  allenllialben.    s.  allwärts. 

ALLERVVEtJE,  uliiquc  riarum :  lasz  dein  frommes  herz  aller- 
wege st)  bleiben  als  es  jetzt  ist.  Tieck  Stcrnb.  t,  260.  üblicher 
ist  das  fnhiendf. 

ALLKHWEtiEN,  ubique,  semper,  gebildet  wie  allenliiigen, 
allerenden,  und  schon  mhd.  allir  wcgine.  Alhis  B,  152,  vgl.  an- 
dirrc  wegene,  aliorsum  in  Lkyskrs  pred.  73,  6 ;  nmd.  aller 
weghenc.  Detmar  1,  46.  252.     wer  aber  nicht  sauber  von  ge» 


229 


ALLERWEGENS  ~  ALLES 


ALLES 


230 


mute  ist,  der  sagt  allerwegen  'gib  mer  her'  und  streicht  also 
onverschämt  von  dorf  zu  dorf.  pers.  baumg.  1,15;  allerwegen. 
Schiller  545.  Göthe  45,  S6.  Tieck  2,  42.  s.  allwegen,  allewege. 

ALLERWEGENS,  hat  Stieler  2457. 

ALLEKWEGS,  analog  dem  allerdings,  allerorts: 

durch  zweier  zeugen  mund 
wird  allerwegs  die  wabrbeii  kund. 
Göthe  12,  156. 

ALLERWEIS,  omni  modo,  gebildet  wie  aller  masz:  sonst 
sind  sie  aller  weis  gleich  den  verdampten.  Luther  1,  20'. 

ALLERWEISEST,  omnium  sapientissimus. 

ALLERWELTS  wird  persönlichen  subslanticen  tm  sinne  ton 
allermanns  vorgesetzt,  und  da  sich  all  gern  zu  weit  gesellt 
[s.  all,  bedeutung  4),  so  wird  dadurch  eigentlich  nichts  anders 
ausgedrückt  als  in  aller  weit,  6«  allen  leuten,  (ür  alle  leute. 
allerweltsjunge,  allenveltskerl  bezeichnet  einen  frischen  knaben, 
der  allerwdrts  zu  finden  ist,  allerweltsmädchen  ein  munteres, 
bei  den  leuten  beliebtes  kind.  man  hat  sich  aber  gewöhnt  die 
verächtliche  bedeutung  hervor  zu  heben  und  versteht  unter  aller- 
weltsfreund  wie  allermannsfreund  einen  zudringlichen,  aller- 
weltsthor,  allerweltsnarr  sind  ausgemachte  gecken,  aller^velts- 
mädchen,  allenveltsweib  empfangen  den  sinn  von  allenvelts- 
hure,  allermannshure.  allerweltsbi-ummbär,  allerweltsklugmei- 
ster  sind  bei  Tieck  nov.  4,  64.  10, 16  schelte.  Man  wäre  ver- 
sucht dies  allerwelts  dem  älteren  präfix  allers  an  die  seile  zu 
stellen  und  darin  eine  zusammenziehung  aus  allerwelts  zu 
finden,  stände  nicht  entgegen,  dasz  zu  allers  (icie  zu  aller  und 
alles)  immer  genitive  gefügt  werden  und  sich  nie  sagen  Idszt 
du  allers  kotze,  du  allers  gurre,  wie  du  allerweltshurc  I 

ALLERWENIGST :  der  allerwenigst,  fasln,  sp.  637,  17 ;  am 
allerwenigsten.  Kli.nger  12,  230 ;  allerwenigstens  was  allermin- 
destens. 

■     ALLERWIDERSPRECHENDST :  die  allerwidersprechendsten 
facta.  Klincer  12,  277. 

ALLERWTNDERLICHST:  das  allerwunderlichste.  weish.Sal. 
16,  n. 

ALLERWCNSCHT  (all -er),  ab  omnibus  expetilus: 

wer  empfängt  nun  der  gewänder 
allerwüaschles?  Gothe  2,109; 

Fortuna,  die  wellbekannte,  die  allgesuchte,  aller^vunschte. 
Tieck  3,  6. 

ALLERZARTEST:  die  allerzarteste  wort.  Simplic.  1,  3Z ;  die 
allerzartesten  reiser.  Göthe  4, 147. 

ALLERZIERLICHST:  auf  das  allerzierlichst.  Garj.  114';  am 
allerzierlichsten  war  sie,  wenn  sie  lief.  Göthe  26, 16. 

.\LLES  steht  substantivisch  neben  possessiven  im  sinne  von 
vermögen,  habe,  gut  und  höchstem  gut  (verschieden  von  dem 
suhstantiriseh  gesetzten  all  =  Universum):  du  bist  mein  alles; 
es  ist  dein  alles  {alles  was  du  hast);  der  knabe  ist  dein  alles 
{dein  liebstes  gut);  unser  alles  steht  nun  auf  dem  spiel; 
mein  alles  hängt  an  meiner  worie  kraft.  Schiller  427; 
sie  setzen  ihr  alles  auf  dein  einzig  haupt.   369. 

.\LLES,  mhd.  alle;  (Bem.  1,  20')  adverbialer  accusativ,  in 
der  bedeutung  von  immer,  erscheint  noch  im  17  jh.,  doch  zu 
einsilbigem  alls  gekürzt: 

sie  aber  kalt  und  hart  als  eine  seulc  bleibet, 
und  ihn  mit  ihrer  hart  alls  wieder  von  ihr  treibet. 
Werders  Ariost  1,  49. 
wer  alls  wil  fechten  und  ^ar  nichts  leiden 
hat  sein  schwert  nimmer  in  der  scheiden. 

froschm.  1.  2,  6.  J7*; 
rote  corallen  um  den  hals, 
ein  leibgürtel  rerguldct  als.  das.  CT, 

in  der  letzten  stelle  meint  es  ganz,  überall,  per  totum.  noch 
heule:  er  geht  alles  (als)  im  bloszen  köpfe,  s.  allesfurt  und  als. 
ALLES  und  gekürzt  ALS,  gen.  sg.,  diente  im  16. 17  jh.  zur 
hildung  von  schelten  und  flächen,  wie  schon  bei  aller  und  allers 
ausgeführt  wurde: 

das  dich  hocks  marter.  alls  narrn,  sehend: 

tpil  wie  man  die  narren  beschiceren  sol  155S.  E2; 
das  dich  botz  seicb,  als  narren,  sehend!    das.  E4; 
das  dich  bocks  leber,  alles  narren,  sehend!    da».  E5; 
das  dich  boix  erdrich  sehend,  als  allen  wolfs' 
Frets  garleng.  140; 
da«  dich  b«U  tausent  sack  foll  eoien  sehend,  als  unflats! 

Mo.iTA^L's  garleng.  9*; 
ei  das  dich  botz  hur  sehend,  als  Lienlins!   dat.  t4; 
das  dich  bou  lausent  über  und  über  sehend,  alles  böswicbts.' 

das.  41 ; 


ei  das  dich  bolz  füdloch  sehend,  alles  böswicbts!  das.  41; 
ei  so  sauf  in  tausent  teufel  namen,  als  böswicbts!  das.  53'; 
as  dich  der  rit  sehend,  ais  burens!    Karsttians  (1520)  aaS 
(in  EI.  Kcrz  Ml'rmer  s.  166) ; 
das  dir  got  den  ritten  geb,  als  bawren !  flugschrift  hie  kompt 

ein  beuerlein.  o.j.  u.  o  {um  1520)  2'; 
schweig  tausent  teufel  namen,  als  anmechtigen  beüerleins! 

das.  3»; 
0  Peter,   das  dich  potz  tunder  sacra  leiden  sehend,   als  Pe- 
lerskopfs !  gespr.  tw.  Peter  und  dem  landdcnedit  B' ; 
das  dich  all  plagen  und  herzrit), 
als  lidenloseo  ieckers,  schult!   Rcefs  Adam  231S; 
das  dicbs  kalt  wee  und  der  berzritt, 
als  lideniosen  leckers,  schalt!   3951; 
das  dich  der  ritt,  als  keiben,  schult!   4217; 
das  dichs  kalt  wee  und  der  ritt, 
als  keiben  apostützlers,  schütt!    42S7; 
das  dich  sant  Körin  und  der  ritt, 
ais  riehen  keiben  luren,  schult!    5026; 
dich  schält  der  ritt,  als  mungentrüssel(sj !  5667; 
das  dich  der  ritt,  als  gulis,  schütt!    5750; 
ich  schlach  dich,  das  zur  erden  falst, 
als  lideniosen  öden  wib(s) !    5753; 
das  dich  der  ritt,  als  puren,  scbüt!  Rdefs  Teil  s.  77; 
das  dich  der  ritt,  als  kätzers,  schütt! 

Rcefs  leiden  Christi  E^; 
das  dich  sant  Watia  und  der  ritt, 
als  kätzers  und  als  keiben,  schult!    das.  F2; 
das  dich  der  ritt, 
als  luren  und  als  keiben,  schütt!   das.  L3; 


L6' 


das  dich  die  irüs,  als  klappermans,  schult 
du  Iropf,  du  magst  noch  gar  wol  zien, 
das  dich  der  lod,  als  kutzn,  müsz  flien! 

Maxcels  trunken  rott  .KV; 
der  donder  dich,  als  keiben,  scbüsz!  DS*; 
das  dichs  berzleid,  als  mans,  ankum!    E4; 
das  dich  der  donder  schiesz,  als  keiben!    H3'; 
der  tod  dich  sehend,  als  fulen  wins!    H4; 
das  dich  der  ritt  schütt,  als  mostfinkcn!   H5; 
das  dich  als  unglück  sehend,  als  balgs!    H6*; 
das  dichs  kalt  wee  ankum,  als  filz!    K3; 

der  satler  flucht  ihm  (einem  edelmanne,  den  er  für  einen  bauer 
ansah)  und.sprdch:  das  dich  der  rit  schüt,  alles  buren!  wie 
sein  ir  so  hoffertig.  Paulis  schimpf  und  ernst.  Straszb.  1522. 
bl.  81'; 

das  dich  der  ritt,  als  unflats,  schult!  Barbali  1526.  Bb6; 
das  dichs  heisch  fhür  anzünd,  als  balgs!    das. 
hei  das  dich  goit,  als  kucbisüdels,  straf!  das.  Cc3; 
das  dich  der  ri;t,  als  gouchen,  schütt! 

parabel  vom  verlornen  suh.  Basel  1531.    F2; 
ietz  kanst  dich  wider  schicken  in, 
der  ritt,  als  gouchs!   du  bist  voll  win. 

Job.  Zürich  0.  j.  («m  1545—50)  F  3 ; 
das  dichs  herzeleid,  als  hirten,  sehend! 
wie  hast  uns  unser  glück  verwent, 

läszt  Valextin  Boltz  tn  der  Ölung  Davidis.  Basel  1554  GS 
einen  philister  zu  David  sagen; 

das  dich  bocks  marter.  alls  narren,  sehend! 

spil  wie  man  die  narren  beschweren  sol.  o.  o.  1554.  E2; 

das  dich  botz  seich,  als  narren,  sehend!    das.  E4; 
t 

das  dich  bocks  leber,  alles  narren  sehend!  das.  E5; 

du  gbörsl  nit  (bist  taub),  als  dilllappen!   H.  Sachs  1,497'; 

ich  kenn  dein  nit,  geh  hin,  als  narrn!   K.  Sachs  11.2,27'; 

conPitebatur  sacerdoti  somnolento  et  veternoso  puer  rusticus, 
et  illo  obdormiente  stabat  aliquantisper  nttonitus  et  cogila- 
bundus.  ibi  subito  expergiscitur  sacerdos  et  puerum  adoritur: 
perge,  inquit,  et  dicas,  quid  commiseris  amplius.  puer  ad- 
modum  perterritus :  das  dich  d'unholden  reuten,  als  pfaffeii, 
wie  hast  mich  erschreckt!  Nie.  Frischlim  facetiae  1600.  6*; 
ei  das  dich  potz  marter  sehende,  alles  tropfen!  Oilbacis 
dialogus  zweier  landsknechte.  1605.  B 1 ; 

ich  biet  dir  trutz,  als  losen  nnrm. 

Fritze  l  Fingerhut  1628  B  1 ; 
Und  ich  dich  hie,  als  losn  tropf, 
du  schlimmer  loser  mauskopf.    das.  BS*; 
ei  bab  dir  die  drüs,  als  narren!    Atrer  43^; 
goit  geb  dir  die  pestlenz,  als  narren!    59*; 
dir  gebün  nit  so  ril,  als  narrn !    159*. 

Kor»  diesen  für  die  geschichle  der  fluchformel  lehrreichen  be- 
legen erreicht  noch  kein  einziger  das  jähr  1650;  sie  mögen 
auch   in   der  zweiten  hälfle   des   17  jh.  spurveise  auflauchen, 

15* 


231 


ALLES— ALLESAND 


ALLESFORT  —  ALLEZEIT 


232 


nachher  sind  sie  ganz  verschwunden,  dasx  bei  als  nicht  an 
die  Partikel  zu  denken  ist,  zeigt  die  verschiedentlich  ausge- 
drückle  volle  form  alles,  und  die  analogie  des  gerade  so  ver- 
wandten aller  und  allers,  dies  alles  hat  aber  jederzeit  einen 
gen.  sg.  männlicher  oder  neutraler  Substantive  neben  sich,  de- 
ren s  nur  dem  reim  zu  gefallen  einigemal  ausfällt,  deren  be- 
grif  aber  etwas  herabsetzendes  und  scheltendes  einschlieszt.  dem 
David  wird  zugerufen  'als  hirten!',  dem  beichtvater  'als  pfaf- 
fen!',  dem  landmann  'als  bauerni'  das  will  sagen:  du  elen- 
der hirtenbub!  du  armer  Jpfaffe!  du  grober  bauer!  den  gen. 
des  subsl.  wie  des  zugesetzten  adj.  kann  nur  ein  ausgelasse- 
nes, mitverstandnes  wort  erklären,  was  schon  oben  unter  aller 
angenommen  wurde,  ungefähr  wie  auch  die  gen.  aller  band, 
aller  lei  zwar  andern  subst.  vortreten,  zuweilen  allein  stehn 
können,  alles  birten !  soll  sagen :  du  alles  hirten  bild,  schein, 
exempel;  nur  befremdet,  dasz  ein  solches  subst.  nie  wirklich 
gesetzt  vorkommt,  was  der  schelte  an  kraß  nichts  benehmen 
könnte.  Nicht  übersehn  werden  dürfen  die  beiden  aus  H.  Sachs 
beigebrachten  als  in  fällen,  wo  er  sonst  allers  schreibt,  die 
zahlreichen  fluche  und  schelten  mhd.  gedickte  liefern  aber  noch 
nicht  die  geringste  spur  solcher  constructionen  mit  alles  und 
aller. 

ALLESAM,  nicht  das  ahd.  alsama  (Graff  6,  31),  mhd.  alsam, 
welche  eine  Verstärkung  von  sama,  sam  enthaltend,  sicut  atis- 
drücken;  sondern  verkürzt  und  entstellt  aus  ahd.  al  samant, 
al  sament  (Graff  6,  43)  simul,  wofür  gewöhnlicher  und  besser 
ayesamt,  allesammt  gesagt  wird,  allesam  findet  sich  bei 
H.  Sachs,  z.  b.  II.  4,  83',  doch  braucht  er  daneben  häufiger 
allesand  und  allesander.  Keisersberg  setzt  alsamen,  doch  alle- 
sam klingt  voller,    s.  allsam. 

ALLESAMMEN,  in  gleicher  bedeutung,  schreibt  Frey  garteng. 
38 :  ibr  brauchet  das  tucb  nicht  allesammen  =  allesamt,  all- 
zusammen.   s.  allsamen. 

ALLESAMMT,  darumb  trag  wir  dir  allsemd  hasz.  fastn.  sp. 
196,  7;  bei  Luther  geschrieben  allesampt:  die  machen  alle- 
sampt,  mit  sönen  und  töcbtern,  drei  und  dreiszig  seelen. 
1  Mos.  46,  14;  allesaimpt  vierzehn  seelen.  46,  22;  allesampt 
meister.  1  chron.  26,  7 ;  die  rechte  des  berrn  sind  wahrhaftig, 
allesampt  gerecht,  ps.  10, 10;  da  schrieen  sie  wieder  allesampt. 
Joh.  18,  40;  wir  wollen  seines  namens  zier  erhöhea  allesammt. 
Opitz;  ja  freilich  sind  wr  allesammt  lieber  frei,  als  in  der 
knechtschaft.  Lessinc  3,  34;  wir  wünschen  dich  allesammt 
zurück.  Göthe  47, 190.  sammt  gleicht  mehr  dem  alts.  samod, 
als  ahd.  samant,  die  Verwandlung  des  alsamt  in  allesamt,  wie 
auch  in  andern  fällen  alle  für  al  eintrat,  bewirkte,  dasz  man 
nun  hier  alle  für  omnes  nahm  und  dem  allesammt  die  bedeu- 
tung von  alle  zusammen,  omnes  simul,  citncti  pariter  beilegte, 
da  es  ursprünglich  nur  simul  oder  pariter  aussagt,  mhd.  galt 
freilich  auch  alle  samet,  alle  sament,  alle;  samet.  Maurit.  "00, 
und  den  umständen  nach  im  gen.  aller  samet,  dat.  allen  sa- 
met. das  nhd.  allesammt  bleibt  aber  unveränderlich,  doch  läszt 
es  sich  abtrennen:  alle  sammt  und  sonders. 

ALLESAND,  durch  Wandlung  des  mt,  mpt  in  nd;  früher 
noch  mit  veränderlichem  alle: 

DU  gebt  uns  urlaub  allen  sanden.    fastn.  sp.  218,  24 ; 
stet  mit  uns  weibern  allen  sand.    387,  8; 

lei  H.  Sachs  pflegt  all  mehr  festzustehn,  sand  aber  zwischen 
sanden  und  sander  zu  schwanken, 

beschwern 
all  nnhulden  im  eamen  land 
das  sie  zusamm  kommen  alsand.   11.4,63'; 
als  aber  nun  der  herre  kam, 
die  schönen  kinder  allesam 
heti  sie  gcstellet  nach  einander, 
empnengen  den  herrn  allesander.   11.4,83'; 
weil  der  herr  so  mit  miltcr  band 
die  hat  gesegnet  allesand.  II.  4,  83'; 
so  gabens  den  katzcn  allsanden 
den  brief  zu  bhalten  zu  trewshanden.   II.  4,90'; 
und  giengen  die  büiim  von  einander, 
do  fielen  die  hund  allesander.   II.  4,62'; 
thut  ein  böses  slück  Qbers  ander, 
noch  leszi  crs  gschehcn  allesander.  V,  215*; 
ir  uniödlichen  göttr  allsander, 
wie  ubertrifl  ein  mensch  da»  ander.   V,  215'; 
der  geist  bring  ich  euch  allesander, 
iedoch  ördnlicben  nach  einander.   V,  323'; 

m  diesem  durch  den  reim  herangeführten  sander  scheint  das 
er  so  unorganisch  wie  in  allers. 


ALLESFORT,  adv.  immerfort,  alles  in  einem  stücke  fort: 
sie  -nall  allesfort  klüger  sein  als  der  papa.  Lenz  1,  259.  s. 
aJlfort. 

ALLESFRESSER,  m.  animal  camivorum. 

ALLESLEUGNER,  m.  Götter  1,  897. 

ALLESVVISSER,  m.  Wieland  19,  25. 

ALLETAG,  adv.  omnes  dies,  fr.  toujours  /".  tousjours,  mhd. 
alle  tage.  Ben.  beitr.  378.  troj.  kr.  17257.  alle  mine  tage 
18354:  alletag.  fastn.  sp.  40,17:  mag;  all  mein  tag.  Fischart 
Garg.  89'. 

ALLETAGSKLEID,  n.  vestis  quotidiana.  das  s  wie  in  aller- 
dings, vgl.  alltäglich,  alltagskleid. 

ALLETAGSMASKE,  /". ;  der  sehr  eigen  charakteristische  köpf, 
wolgefaltete  honnete  alletagsmaske.  Göthe  33, 120. 

ALLEUCHTEND : 

dein  alleuchtender  tag,  Phöbus,  mir  ist  er  verhaszt. 
Göthe  1,  296. 

ALLEWAHR,  verissimus,  verstärktes  wahr,  ahd.  alawdr  (Graft 
1,  916) : 

nun  so  hett  ich  ein  eid  geschworn, 

des  münchs  predig  wer  allewar.   Atrer  132'. 

ALLEWEGE,  adv.  semper,  it.  tuttavia,  sp.  todas  vias,  franz. 
toutes  voies,  engl,  always,  mhd.  alle  wege  Parz.  239,  30.  Trist. 
32, 1.  troj.  kr.  18161 :  für  dem  herrn  alle  wege.  2  Mos.  28, 30 ;  und 
es  sol  alleweg  an  seiner  stirn  sein.  28,  38 ;  alle  wege  opfern. 
29,  38 ;  ich  will  dein  gesetz  halten  allewege,  immer  und  ewiglich. 
ps.  119,  44 ;  herr,  gib  uns  allewege  solches  brot.  Joh.  6,  34 ; 
meine  zeit  ist  noch  nicht  hier,  eure  zeit  aber  ist  allewege. 
7,  6 ;  waren  alle  wege  im  tempel.  Luc.  24,  53 ; 

in  deines  weibes  almanach  steht,  Stiipo,  allewege 
trüb,  ungestüm,  platzregen,  stürm,  wind,  hagel,  donnerschläge. 
LoGAU  3,  200,  52. 

Man  sagt  auch  in  alle  wege  (omnimodo) :  das  ist  in  alle  wege 
begründet;  in  allwege  {zusichernde  antwort).  Pierot  2,  35; 
und  mit  abgeworfnem  e  (wie  in  alletag) :  in  alleweg  ist  er  un- 
serm  pfarherr  gleich.  Frey  garteng.  76;  in  alleweg  dahin  ar- 
beiten, das  er  der  Vernunft  das  regiment  erhalte.  Fischart 
ehz.  21.    s.  allweg. 

ALLEWEILE,  adv.  semper,  modo,  mhd.  alle  wile  ilfS.  2, 
46'.  Ben.  beitr.  380.  Wigal.  598. 

wüntsche  mir  zu  meinem  theile, 

dasz  mir  jetzt  und  alle  weile 

meine  herschaft  traue  zu, 

dasz  ich  nimmer  spar  und  ruh, 

ohne  rühm  und  ohne  schein 

treuer  unterthan  zu  sein.    Logaü  2,30,3; 

und  habe  ich  zu  ihrer  beerdigung  als  eine  zubusze  allewcile 
(eben)  einen  gülden  verehret.  Leipz.  avant.  I,  88 ;  madame, 
ich  werde  dero  befehl  alleweile  (sogleich)  nachkommen.  2, 77 ; 
ich  habe  alleweile  (eben)  erst  das  haus  aufgemacht.  1,  219; 
ich  habe  der  sache  alleweile  nachgedacht.  Gellert  3,  85 ;  nein, 
ich  besinne  mich  alleweile  {eben  jetzt).  Lessing  2,  387;  alle- 
weil {eben)  kommt  er  gegangen;  lieber  gott,  was  soll  ich 
denn  alleweil  (immer)  singen?  Fr.  Müller  1,235;  kanns  euch 
alleweil  nicht  sagen.  1,  252 ;  närrischer  junge,  alleweil  taugts 
nichts.  3,  56 ;  hülflos  alleweil  der  elende  weint.  Tieck  4,  300. 
vgl.  dieweil  und  alldieweil,  welche  sich  in  die  abstraction  einer 
bloszen  partikel  dum,  quamdiu  neigen;  doch  braucht  auch  alle- 
weil Fischart  so: 

derhalben  werd  man  sie  auch  preisen 

allweil  Preisgaw  vom  preis  würd  heiszen.    gl.  seh.  138. 

verschiedne  betonung :  alleweile  eben,  älleweile  immer. 

ALLEWIG,  verstärktes  ewig:  die  allewij:e  liebe. 

ALLEZEIT,  adv.  semper,  sp.  todo  ticmpo,  ahd.  allf»  zili  (Graff 
5,  634),  mhd.  alle  ztt.  Trist.  32,  1.  crwelct  redliche  leutc, 
das  sie  das  volk  alle  zeit  richten.  2  Mos.  19,  26 ;  öle,  das 
man  allezeit  oben  in  die  lampen  thue.  27,  20;  mein  son,  du 
bist  alle  zeit  bei  mir.  Luc.  15,  31; 

ihr  könig,  als  man  ihn  gedachte  zu  bekrenkcn, 
iiesz  sich  doch  allezeit  von  seinem  zorne  lenken. 

Olearius  im  ersten  gcd.  der  reisebeschr. ; 

in  ihrer  gescllschafl  wird  es  mir  allezeit  gut  schmecken.  Gei- 
i.ert;  die  erste  wutli  des  schmerzens,  welche  allezeit  stumm 
und  gedankenlos  zu  sein  pflegt.  Wieland  1,  51 ;  weil  ein  freund 
allezeit  mehr  werfh  ist  als  ein  sclave.  2, 105.  ein  gebet  schliesit : 

hilf  goti,  allezeit!  amen. 
man  bildet  auch  allzciL 


233 


ALLFÄHIG  --  ALLGEMACH 


ALLGEMACH — ALLGEMEINST 


234 


ALLFÄHIG,  eapacissimus  : 

dasz  er  als  der  weit  siirn,  nein  liirn  und  haupt  zu  sein 
alirähig.  Weckherli.n  687. 

ALLFÄRBIG.  omnicolor:  das  gefieder  ist  allfarbig,  doch  im 
ganzen  das  gelbe  häufiger  als  das  blaue.  Göthe  52,  265. 
ALLFORT,  adv.  ulterius.  Stiei.er  539.  x.  allesfort. 
ALLFREI,  libcr  jiigi,  solutus: 

ists  weise,  dasz  man  dicii  verdamme, 

gebenedeiie  goitesflamme 

aliTreie  denk-  und  druckerei?  Bürger  64'. 

ALLFRESSEND,  omnivorus  : 

das  allfressend  starke  jähr.    Weckherlix  557. 
ALLGEBEND,  largissimus: 

oTnest  du  dann  dein  allgebende  band.    Weckhirlin  228. 

ALLGEBENEDEIT,  Göthe  5,  255. 
ALLGEBIETEND,  omnibus  imperans. 
ALLGEBIETER,  m. 

ja  wenn  ich  allgebiet-er 

von  ganz  Europa  war.  Borger  56'. 

ALLGEBIETERIN,  f. 

was  Fortuna  will, 
ob  euch,  ob  mich  die  allgebieterin 
bestimmt  zu  herschen,  laszt  die  tapferkeit 
entscheiden.        Garves  Cic.  de  off.  1, 12. 

ALLGEFALLENHEIT,  f.  streben  allen  zu  gefallen,  nach  Po- 
pularität: man  gibt  ihm  (Leibnilz),  ich  weisz  nicht  welchen 
plan  von  allgefallenheit,  es  soll  ihm  mehr  um  sein  System 
als  um  die  Wahrheit  zu  thun  gewesen  sein.  Lessi.ng  9,  287. 
vgl.  5,  304,  wo  er  Logacs  allengefallenheit  bespricht, 

ALLGEFÄLLIG,  omnibus  placens: 

0  neig  auT  meine  leier 

dein  allgeßllig  ohr.    Bürger"*; 

wie  allgefällig  ernst  und  scherz 

in  seinem  zauber  schwimmt.    Bürgers  hl.  wunderhold; 

nicht  immer  mit  gelinden  allgefalligen  mittein.  Göthe  46, 160. 

ALLGEFÄLLIGKEIT,  f.  braucht  Herder  ungefähr  im  sinne 
jenes  allgefallenheit. 

ALLGEFCRCHTET: 

an  dieses  allgefürchtete  gcstade.    Schiller  613. 

ALLGEGENWART,  f,  franz.    omnipresence,  das  überallsein 
der  gotlheil:  allgegenwart  göttlicher  liebe.  Göthe  23,  174. 
ALLGEGENWÄRTIG,  omnipresent : 

im  gericht  der  allgegenwärtigen  sündflut.    Klopst.  Mess.  2,  25; 

sein  anllilz  war  wie  die  sonne, 
wenn  sie  allgegenwärtig  und  hoch  im  mittag  glänzet.    3,234; 
und  mit  allgegenwärtigem  wink  der  ewige  winket.    5,65; 
was  hindert  dich,  allgegenwärtige  macht, 
was  hält  dich  ab,  o  königin  der  nacht?    Göthe  5, 199.  200. 

ALLGEHEIM,  secretissimus : 

denn  so  allgeheim  ist  kein  revier, 

keine  kliitt  ist  irgendwo  so  öde, 

dasz  nicht  liebe  mich  auch  da  befehde.    Bürger  2,  61. 

ALLGELIEBT,  omnibus  acceptus. 
ALLGELOBT,  laudatissimus: 

de/  Hercules  mit  müh  und  fleisz 

erwarb  ein  allgelobten  namen.    Weckherlir  570 ; 

schön  ists  von  allen  anerkannt 

sich  allgelobt  zu  sehn.    Herder  3,  39. 

ALLGEMACH,  adv.  sensim,  paulatim,  eigentlich  apte,  oppor- 
tune, placide,  gemächlich,  ahd.  gimacho :  ficng  allgemach  wie- 
der an.  WicKRAM  rollw.  40';  allgemach  vermehrt  werden. 
pers.  rosenth.  1,  22 ;  mich  auch  allgemach  darin  ergab.  3,  17 ; 
er  solle  mir  nur  allgemach  das  grab  bestellen.  Simpl.  1,  283 ; 

die  heiligen  kioder  der  erde 
werden  sich  allgemach  alle  zu  euch  vollendet  versammeln. 
Klopst.  Mess.  1,  438  ausg.  von  1751 ; 

entschlafen  wir  allgemach.  Lessinc  1,  139 ;  unter  diesen  cr- 
innerungen  beruhigte  sich  mein  herz  allgemach.  Wielasd 
1,  41; 

wiszt  ihr  sonst  einen  rath 

als  allgemach  die  saiten  herunter  zu  stimmen*    4,81; 

dasz  unsrer  sitten  Weichlichkeit 

nicht  allgemach  es  au»  der  modc  bricbte.    9,47; 

die  nvmfen  zwingt  der  keuschen  göttin  schein, 

sich  allgemach  hinweg  zu  stehlen.    10, 130; 


doch  als  wol  beiden  es  allgemach 

an  kraft  gebrach.  BübgeiiSI'; 

drängten  sich  allgemach  dichter  und  dichter  an  einander. 
TiECK  4,  399.    vgl.  aisgemach. 

ALLGEMACHSAM,  adv.  sensim,  ahd.  alagimahsamo  (Graff 
2,  638) : 

so  werden  sie  mit  vielem  lachen 

sich  aigemachsam  von  dir  machen.    Philasd.  2,  756. 

auch  in  Ringwalds  laut,  wahrh.  s.  12.  101. 

ALLGEMÄHLICH,  adv.  sensim,  ahd.  giraahlicho,  weichere 
form  zur  Unterscheidung  von  gemächlich,  welches  mehr  für  apte, 
commode  fortgall:  der  mensch,  weil  er  allgemählich  am  alter, 
verstände  und  tugend  zunimpt.  pers.  rosenth.  8,  44;  denn 
seine  liebe  zu  Lisetten  allgemählich  anfienge  laulicht  zu  wer- 
den. Salinde  249.  tadelhaß  bei  Brockes  2,  119  geschrieben  all- 
gemählig,  da  hier  nicht  von  mahl  abgeleitet,  sondern  mit  ge- 
mach zusammengesetzt  ist.    s.  allmählich. 

ALLGEMEIN,  universalis,  generalis,  unterschieden  von  ge- 
mein communis,  publicus,  vilis;  Schiller  läszt  Elisabeth  zu 
Maria  sagen: 

fürwahr,  der  rühm  war  woifcil  zu  erlangen, 
es  kostet  nichts,  die  allgemeine  Schönheit 
zu  sein,  als  die  gemeine  sein  für  alle, 

noch  stärker  würden  sich  entgegentreten  die  allgemeine  und 
die  allen  gemeine,  allgemeine  geschichte  bezeichnet  uns  Welt- 
geschichte, gemeine  geschichte  eine  gewöhnliche,  schlechte;  all- 
gemeine rathschläge  sind  auf  alles,  gemeine  auf  das  unedle 
gerichtet;  etwas  ins  allgemeine  spielen,  heiszt  es  verallgemei- 
nern, ins  gemeine  spielen  es  erniedrigen,  das  gespräch  ward 
bald  allgemein,  alle  nahmen  thcil  daran;  unter  solchen  leu- 
ten  konnte  es  nie  gemein  werden,  doch  drückte  ahd.  gimeini 
auch  generalis  aus  (Graff  2,  7S3)  und  diu  gemeina  gelouba 
die  allgemeine  kirche,  das  mhd.  algemeine  Trist.  376,  13  un- 
ser insgemein,  was  im  pers.  rosenth.  S  gesagt  wird:  regeln, 
so  der  mensch  im  allgemeinen  leben  zu  beobachten  hat, 
würde  uns  heute  lauten :  im  gemeinen  leben,  bei  Göthe  21,  51 
steht  aber:  mache  ein  organ  aus  dir  und  warte,  was  für  eine 
stelle  dir  die  menschheit  im  allgemeinen  leben  zugestehen 
werde,  d.  i.  in  universali,  nicht  communi  vita.  die  alten  sta- 
tuarii  waren  allgemeine  bildner,  und  wer  in  erzt  gieszen 
konnte,  der  konnte  gewöhnlich  auch  in  jeder  andern  materie 
arbeiten.  Lessi>'g  8,  470;  es  würde  dieses  mistrauen  in  thät- 
lichkeiten  ausgebrochen  sein,  wenn  man  nur  im  allgemeinen 
geblieben  wäre  und  nicht  durch  besondere  angriffe  auf  ein- 
zelne glieder  dem  murren  des  volks  unternehmende  anführer 
gegeben  hätte.    Schiller  S96; 

das  geht  so  fröhlich  ins  allgemeine.    Göthe  3, 151 ; 

selbst  das  manigfaltigste  wird  einfach  vor  deinem  allgemei- 
nen blick,  vor  deiner  ausgebreiteten  macht.  14,  193;  unter 
dem  schein  allgemeinster  hönichkeit.  22,116;  mit  allgemeinen 
phrasen.  22,  137 ;  sie  hat  ein  recht  allgemeines  (im  besondern 
unausgebildetes)  gesiebt,  ist  noch  blöde.  Arnim  schaub.  2,  30 ; 
der  allgemeine  köpf  ist  vom  gerne,  als  dem  erfinderischen 
verschieden.  Kant  10,  244. 

ALLGEMEIN,  adv.  universim:  ir  herrcn  allgemein!  fastn. 
sp.  497,10;  allgemein  verbreitete  meinung;  das  läszt  sich 
nicht  so  allgemein  behaupten. 

ALLGEMEINDE,  f.  könnte  gemeinweide,  compascuum,  was 
man  gewöhnlich  almende,  allmcnde,  in  der  Schweiz  auch  all- 
mein, allmeind  (Stalder  1,  96)  nennt,  bedeutet  haben,  gcmaine 
allmad  {weislh.  1,  393) ;  in  diesem  sinn  steht  nur  mhd.  ge- 
meinde, nicht  algemeinde  zu  gebot,  man  müste  denn  in  einer 
nrk.  von  1241  (Jagers  Ulm  s.  722)  algmenda,  alginande  än- 
dern dürfen,  doch  scheinen  diese  formen  gut  berechtigt  (s.  all- 
mendc)  und  nach  dem  heuligen  Sprachgebrauch  dürfte  auch 
das  blosze  gemeinde  contmunio  silvae,  gemcindewald  aus- 
drücken, allgemeinde  eher,  falls  es  in  gebrauch  käme,  republik. 

ALLGEMEINGÜLTIG,  besser  allgüllig,  wenigstens  getrennt  zu 
schreiben:  ein  allgemein  gültiges  bildungsgeselz.  DAiiLHAJtif 
franz.  rev.  424,  wietcol  man  auch  ein  subst.  allgemeingültig- 
keit gebildet  hat. 

ALLGEMEINHEIT,  universitas,  universalitas :  individualilü- 
ten,  die  sie  zerstreuen  und  verwirren,  in  allgemeinhcit  zu  ver- 
wandeln. ScniLI  FR  771. 

ALLGEMEINSITTLICH,  zu  trennen:  freier  Spielraum  der 
allgemein  sittlichen  und  religiösen  Vorstellungen.  Göthe  21,  HO. 

ALLGEMEINSTMÖGLICH:  die  allgemeinst  mögliche  be- 
kanntscbaft  (/o  plus  universelle  possible).   Göthe  44,  275. 


235 


ALLGENANNT  —  ALLGÜT 


ALLGÜTIG  —  ALLKLARHEIT 


236 


ALLGENANNT,  von  allen,  allgemein  genannt:  als  miter- 
stürmer  der  bastille  allgenannt.   Dahlmann  franz.  rcv.  342. 

ALLGENÜG,  ventärlUes  genug: 

becher,  allgenug  fiir  götterzungen.    Bürger  76*. 

ALLGENÜGLICH,  verstärktes  genügiidi,  conlentus. 

ALLGENÜGSAM,  summe  contentus,  doch  enthalten  sich  die 
belege  des  umlauts:  gott  ist  allgenugsam.  Kant  6,  114; 

kühn  durch  klippen,  Strudel,  ungeheuer 
I  lenk  ich,  allgenugsam  mir,  alsdann.    Bürger  87'. 

ALLGENUGSAM,  adv.  affatim :  die  ganze  seele  eines  genies 
allgenugsam  auszufüllen.    Herdeh  2,  274. 

ALLGENUGSAMKEIT,  f.  der  hohe  begrif  der  göttlichen 
natur,  wenn  wir  sie  nach  ihrer  allgenugsamkeit  gedenken. 
Kam  6,  116. 

ALLGENÜGSAMSELIG : 

zum  himmel,  und  wie  allgcnugsamsciig.    Herder  3,  166 ; 
richtiger  zu  sondern. 

ALLGEPRIESEN,  was  allgelobt. 
ALLGERECHT,  verstärktes  gerecht: 
ihr  hört  die  lästerung,  ihr  allgerechten.    Goiter2,  270; 
bei  dem  allgerechten  gott.  Lessing  2,  159. 

ALLGEREIT,  adv.  jamjam,  der  frühere  ausdrtick  für  allbe- 
reit. ni/)rf.  algereite,  in  einer  tiefen  wunden,  die  allgereit 
zu  heilen  hat  angefangen.  Melanchtiioxs  corp.  doctr.  christ. 
Lp.  1560  s.  925;  unsern  schaden  so  allgereit  für  äugen.  Diet- 
richs rorr.  zu  Melanchthoxs  trostschriß.  1547  6/.  1 ; 
strecket  sein  heupt  groszmütig  d.ir, 
welchs  allgereit  gekrönet  war.    froschm.  II.  1,  5. 

ALLGESAMMT,  adj.  Verstärkung  von  gesammt  w.  m.  s.  die 
allgesammte  stoische  philosophie.    Klinger  12,  195. 

ALLGESCHÄTZT :  das  allgeschatzte  gold.    Schiller  6,  256. 

ALLGESTALTIG,  omniformis.  VVieland  30,  277 

ALLGESUCHT,  omnibus  expetitus.  Tieck  3,  6. 

ALLGETREÜ • 

mich  kann  allein  ihr  siiszcr  sold 

an  allgotreue  dienste  binden.    BCrger  18'; 

du  allgetreue.   Fr.  Müller  1,  354. 

ALLGEWALT,  f.  omnipolentia,  oft  eins  mit  alimacht,  wel- 
ches in  genauer  anwendung  mehr  das  ruhig  wirkende,  schaf- 
fende ausdrückt,  allgewalt  das  heftige,  unwiderstehliche: 

der  durch  sein  allgewalt  und  macht 

bat  grosze  könig  umbgcbracht. 

Ad.  VVeinheimers  geistl.  wacht.  Marb.  1642.  s.  262; 
mit  stiller  macht  und  allgewalt.    Götbe  11,  358; 
(solange)  als  dein  blaues  äuge  dieses  blickcs 
allgewalt  bei  hiramelsmilde  trägt.    Borger  80'. 

ALLGEWALTIG,  omnipotens.  der  allgewaltige  gott.  Schwei- 
NiciiEN  1,  172,  ahd.  schöner  alwaldendeo,  ags.  fäder  alvealda. 
die  allgewaltige  zeit.    Klinger  II,  114 ; 

er  kehrt  zurück  und  raset  allgewaltiger.    Göthe  11,  217; 
CS  zwingt  mich  des  hungers  allgewaltge  noih.    40,  131. 

ALLGEWALTIG,  omnipotenter: 

musz  liebesfeuer  allgewaltig  glühen.    Göthe  2, 16. 

ALLGEWANDER,  «i.  praefectus  vestiario:  seckelmeister, 
keller,  niünzsteinpfel,  allgewander.  Fischart  groszm.  89. 

ALLGEWIS,  certissime:  wunderbares  und  allgewis  nicht 
dauerhaftes  glück.   Zinkgr.  apophth.  66,  2. 

ALLGLAUREND,  omnicredulus : 

wir  kennen  euch,  fremde, 
wissen,  ihr  laszt  euch  gängeln,  und  seid  allglaubende  hörer. 
Klopst.  7,  343. 

ALLGiNÄDIG,  clementissimus. 

ALLGOTSAMEN,  adv.  omnes  omnino:  dieselben  allegotts- 
samen  seind  arg^vcnig.  Keisersb.  bei  Oberlin  563;  die  .solch 
kunst  braueben  allgotsamen,  es  seient  wciber  oder  man. 
Thl'rneisser  archidoxen  bl.  49.  allsamen  durch  zwischengc- 
schobnes  gott  verstärkt. 

ALLGROSZ :  o  got,  allein  allgrosz,  allweis.    Weckherl.  lOL 

ALLGCLTIG  :  einen  allgültigen  satz.  Schiller  95. 

ALLGUT,  nnl.  algoed:  o  mein  gut,  allgut  und  allgülig. 
Weckherlibi  115 ;  das  singen  ist  allgut,  allsüsz.  Klinger  l,  14.5. 

ALLGUT,  n.  gleichsam  summum  bonum,  name  der  herba 
boni  Hcnrici,  nnl.  algoede  ganzevoct.  der  Ursprung  des  auch 
durch  alle  romanischen  brnennungen  dieser  und  anderer  pflan- 
zen gehenden  appellativs  ist  noch  unaufgeklärt,  war  Heinrich 
nie  arxt  oder  heiliger  der  ihre  heilkraß  wies   oder   ein  kran- 


ker, der  durch  sie  genas?  die  sage  kennt  einen  armen  Hein- 
rich, der  an  schwerer  krankheit  nieder  lag. 

ALLGÜTIG,  benignissimus. 

ALLHEIL,  n.  naväxeta,  heilkraut  oder  heilmittel  wie  allgut. 

ALLHEILIG,  sanctissimus :  Weckherun  131;  ein  böte  des 
allheiligen.   Klingeh  5,  391 ; 

wundersam  durch  dunkelheiten 

fehl,  allheiligc  natur, 
eines  zaubertriites  spur.    Chr.  Stolberg  1,  183. 

ALLHEIT,  /".  franz.  totalite:  Paris  erscheint  in  seiner  all- 
heit.  Schiller  684 ;  diese  allheit  und  leerheit.  Güthe  19,  167 ; 
diese  erziehung  musz  an  der  allheit  versucht  werden.  Fichte 
reden  an  die  d.  nat.  285;  wenn  ich  von  der  einheit  anhebe 
und  so  zur  allheit  fortgehe.  Kant  3,  220;  die  allheit  der  mit 
einem  verstände  vereinbaren  vüllküinmenlieiten.  7,  370.  allheil 
gilt  von  geistigen,  ganzheit  von  sinnlichen  dingen:  allheit  der 
Vorstellungen,  ganzheit  des  holzes.  der  allheit  steht  beson- 
derheit  entgegen,    der  ganzheit  Zerrissenheit. 

ALLHELLE,  perlucidus : 

also  dasz  dis  gemach  von  dieses  glanzes  liecht 
allbelle  war,  obsclion  die  sonn  nein  schiene  nicht. 
Werders  Ariost  3,  14. 

ALLHER,  allh^r,  huc:  sie  wollen  etwa  den  Dolzken  oder 
sonst  jemand  allher  lassen  kommen.  Luthers  br.  3,  29 ; 

dasz  sie  bedes  mit  kind  und  weib 

ziehen  allher  in  Rom  die  Stadt.    Atrer  34'; 

die  haben 
allher  verbaut  unmenschlichs  gut.    139" ; 
dasz  dein  gehör  noch  nicht  vernommen, 
wie  diese  stund  alher  soll  kommen 
der  äugen  lust,  der  seien  schein.    Weckhkrlin  347. 

ALLHERLICH.    Weckherlin  549, 

ALLHERSCHEND :  Weckherlin  257 ;  das  allherschende  ohr 
des  Publikums.   J.  Paul  aesth.  2,  216. 

ALLHERZERWEITERND,  verstärktes  herzerweiternd.  Göthe 
5,  199. 

ALLHIE,  adv.  hierselbst:  dazu  hab  ich  auch  allhie  nichts 
gethan.  1  Mos.  40,  15 ;  sihe,  sein  eisern  bette  ist  alhie  zu 
Rabbath.  5A/os.  3,  11;  seine  Schwestern  sind  allhie  bei  uns. 
Marc.  6,  3;  war  allhie  zu  Cassel  geborn.  Kirchhof  wendunm. 
122';  s'  kommt  allhie  gar  sonderlich  auf  die  rechte  erforsch- 
und  beherzigung  dessen  an  was  da  ist  wahr  und  gut  und 
neu,    Klopst.  12,  118  (nachahmung  der  allen  Schreibart); 

hast  du  dir  schon  alhie 

sonst  können  nichts  erwerben.    Fleming  107 

ALLHIER,  dasselbe,  nnl.  alhier: 

welcher  allhier  weissagend  bei  uns  Kvkiopen  gealtert. 
Voss  Od.' 9,  510; 
und  standen  und  harrten  und  lauschten  allhier.    Bürger  34' ; 
kind  goties,  kehr  allhier  erst  ein, 
dasz  ruh  und  kost  dich  pflegt.    47'; 
ausgewimmert  hat  allhier  der  kummer.    100'; 
so  viel  zu  geben  ist  allhier  der  brauch     Göthe  12,  219; 

Kant  8,  193.  erst  verdrängte  allhier  das  allhie,  dann  hier  das 
allhier,  doch  bleiben  beide  bequem  und  zulässig. 

ALLHIESIG,  ähnliche  Verstärkung  von  hiesig,  w.  m.  s. 

ALLHIN,  adv.  illuc: 

wie  ich  mit  ihm  eins  worden  bin      • 
das  ich  dich  zu  ihm  schick  alhln. 
Mart.  Hayneccii  drei  comödien.  Lp.  1582.  bogen  C4; 
gerollt  durch  unterirdische  klüfle 
heb  ich  allhin  mein  haupt  die  entwöhneten  sterne  zu  schauen. 

Voss. 
ALLJÄHRIG,  adv.  was  das  folgende. 
ALLJÄHRLICH,  adv.  quolannis. 
ALLIEBE,  /■.  Herder  in  Bötticers  lit.  zust.  1,  130. 
ALLIEBEND.  Fr.  Müller  1,  42. 
ALLIEBLICH: 
alllcblichstc  göttin,  am  bogen  da  droben.    Göthe  41,  170. 

ALLKENNEND:  als  ein  warhafter  golfes  söhn,  allmäch- 
tiger und  allkcnnender  gott.   Ayrer  proc.  2,  6, 

ALLKLAR,  pellucidus. 

ALLKLAMHEIT,  f.  genug,  wenn  die  höchste  Weisheit  und 
gute  bei  rrtlieilung  der  Offenbarung,  die  sie  in  jener  allgc- 
meinheit  und  allklarheit  nicht  gewähren  konnte,  nur  denje- 
nigen weg  gewählct  hat,  auf  welchem  in  der  kürzesten  zeit 
die  meisten  menschen  des  geausscs  derselben  fähig  waren. 
Lessing  10, 18. 


237 


ALLKRÄFTIG — ALLMENDE 


ALLMILD  —ALLSÄMTLICH 


238 


ALLKRÄFTIG: 

Ton  zanbergewalten 

allkräflig  gehalten.    Tieck  10,  229. 

ALLKRÄFTIGKEIT,  f.  geistige  allseitigkeit,  nemlich  all- 
kräftigkeit  ist  uns  nicht  vergönnt,  aber  wol  leibliche.  J.  P.\cl 
37,  17. 

ALLKUNDIG :  des  Streites.  Voss  //.  2,  823. 

ALLMACHT,  f.  omnipolentia,  ahd.  alamaht,  mhd.  almaht, 
nnl.  almagt,  altn.  allmattr  m.  siegende  allmacht.  "'  oss  //. 
2,  118 ;  die  allmacht  der  natur.  Gotter  2,  17 ;  ich  müsfe  mich 
gelassen  der  stillen  alimacht  deiner  äugen  hingeben.  Bettise 
br.  1.  143.    s.  aligewalt. 

ALLMÄCHTIG,  omnipotens,  ahd.  alamahtic,  mhd.  almehtec, 
nnl.  almagtig,  ags.  älmihtig,  alln.  allmättugr.  gott  der  all- 
mächtige; ich  bin  der  allmechtige  gott.  1  Mos.  17,  1;  ein  all- 
mächtiges wort;  allmächtige  liebe;  das  geld  ist  allmächtig; 

aihnnchlige  noth,  du  kannst  mehr  als  die  Epikieteo, 

du  machs't  den  Weichling  hart  und  lehrst  den  frevler  beten. 

WiELA.XD  4,  76. 

steht  aber  auch  wie  gewaltig,  ungeheuer  u.  a.  m.  blosz  ßir  sehr 
stark,  grosz,  wol  ausgestaltet:  ein  allmächtiges  stück;  die 
ganze  allmächtige  bürse.  Schiller  210. 

ALLMÄCHTIG,  adv.  valde,  potenter:  ich  drück  an  meine 
seele  dich,  ich  fühle  die  deinige  allmächtig  an  mir  schlagen. 
Schiller  144;  ein  band,  das  mich  an  diese  weit  allmächtig 
bindet.    263; 

nichts  setzt  allmächtiger  den  (rriiien  masz  und  ziel. 

ÜOTTER  1.  24S. 

ALLMÄCHTIGKEIT,  f.  was  allmacht.  gottes  allmachtigkeit 
misbietung  oder  Verminderung  thun.  reichsabsch.  1512.  4  1; 
wo  gottes  allmachtigkeit  uns  verleszt     Lcther  S,  39'. 

ALLMACHTSGESCHÖPF,«.:  diese  allmachtsgeschöpfe (ionne 
und  himmcl)  erweckten  in  uns  desto  gröszere  Verwunderung. 
Felsenb.  1,  90. 

ALLMACHTSHAND,  f.  allmächtige  Tiand. 

ALLM.\CHTS\VERK,  n.  Brockes  2,  552. 

ALLMÄHLICH,  adv.  sensim,  verstärktes  mählich  =  mächlich 
und  einerlei  mit  allgemählich  =  allgcmächlich ;  die  Schreibung 
allmählich  ist  genauer  als  allmälich,  doch  ganz  falsch  allmäh- 
lig,  allmälig.     seine  stimme  verhallte  alimählich; 

geht  allmählich  voraus!    Göthe  40,  106; 
nun  allmählich  beginnt  der  wald  zu  dampfen  und  tosen. 
Bürger  246». 

ALLMÄHLICH,  adj.:  allmähliche  Übergänge;  allmähliches 
fortschreiten ;  er  wird  suchen,  diese  leidenschaften  durch  so 
allmähliche  stufen  durchzuführen.  Lessing  7,  143. 

ALLMÄHLICHKEIT,  f.:  die  allmählichkeit  der  weiber  ist 
so  furchtbar  als  die  plützlichkeit  der  männer.  J.  Fall  Fibel 
150 ;  allmählichkeit  der  entwicklung.   Titan  2,  176. 

ALLM.\L,  adv.  semper:  die  winkeltcnz  sie  allmal  fleucht. 
H.  Sachs  1,  44S'.  452'.  vgl.  allzumal,  allemal. 

ALLMANIGFALTIG,  verstärktes  manigfaltig,  Göthe  5,  199. 

.\LLMANNISCH  nennt  man  verschiedentlich  in  Niederdetäsch- 
land  einen  kund,  der  mit  jedermann  läuß. 

ALLMAN.NSFUEUND,  v\.  allmannsfreund,  jedermanns  gcck. 
SiMRocK  153.  dän.  allemands  ven.    s.  allermannsfreund. 

ALLMANNSGARTEN,  m.  hortus  communis,  vulgaris? 

mit  dem  glauben  zu  nnsern  zelten 
es  ist  ganz  klein  bei  den  leuten, 
ein  seltzam  kraut  In  almans  garten 
darf  man  zu  wachsen  nicht  erwarten. 

Ü.  VValdis  Etoput  1,  94.  bl.  64'. 

die  bedeulung  von  allermannsfreund  orf«- garten  liegt  nah,  ist  auch 
durch  die  lesart  allermanns  ^ür  allinanns  hervorgehoben;  doch 
könnte  der  volksnante  Alaman  darin  nachzucken  und  der  all- 
gemeine freund  und  garten  der  männer  im  volk  dem  heimlichen 
tintelneu  gegenüber  siehn. 

ALLMAN.NSKAST.NEH.  m.  gemeindepfleger,  rechnungsfOhrer? 
Fischart  qrosim.  49  geschrieben  almanskastner. 

ALLMEND,  n.  statt  des  folgenden  üblicheren  f.,  ahd.  ala- 
mennidi?  dein  nas  wird  dir  nicht  ins  maul  wachsen,  sie  lenkt 
sich  zur  seilen,  sie  wächst  ins  allmend.    Fischart  Garg.  218". 

ALLMENDE,  f.  silra  communis,  compaseuum,  nger,  fundus 
communis;  sowol  die  bildiing  auf  — de,  als  die  vorhin  unter 
allgenieindc  beigebrachte  form  aigmenda,  alginande,  auch  das 
heutige  schwäbische  almande  weisen  auf  ein  ahd.  alamannida, 
alagimannida,  auf  den  alamannischen  volksnamen  selbst  zu- 
rück,    et  war  der  verein,  die  gemeinsckaß  freier  männer,  die 


sich  in  wald  und  weide  zulangst  erhielt,  da  nun  der  umlaut 
mennida  grammatisch  aus  meinnida  hervorgieng  lag  die  Ver- 
wechselung mit  gimeinida  gemeinschaß  naeli  buchstaben  und 
bedeulung  nah,  so  i'asz  in  der  that  almende  aus  doppelter 
quelle  ableitbar  erscheint  {s.  allemann),  auf  schwäbisch  alle- 
mannischem  grund  und  boden  haßet  die  benennung  am  leben- 
digsten und  gilt  fortwährend  für  gemeinweiden  und  triße; 
doch  begegnet  sie  auch  anderwärts:  in  gefneiner  Stadt  allmen- 
den.  Frankf.  reform.  VIH.  12,  1.  vgl.  Hacpt  8,  391  —  393. 
Göthe  scheint  es  für  gemeinde,  umfang  der  gemeinde  zu 
setzen : 

auch  ist  das  haus,  wie  jeder  sagt, 

von  böser  nachbarschaft  geplagt, 

wie  man  exempel  jeden  lag 

in  der  almende  sehen  mag.    13,47. 

ALLMILD,  mitissimus:  du  lierr  allstark,  allmilt.  Weckuer- 
lix  143 ;  zu  den  armen,  in  den  schosz  der  allmilden  multer 
Stolberg  6,  3G5. 

ALLMILDREICH,  dasselbe:  dein  allmildreiche  band.  Weci- 

HERLIN  26. 

ALLMÖGEND,  was  allmächtig:  der  gestirne  allmögende 
influenzen.    VVieland  4,  204.   nnl.  almogend. 

ALLMONATLICH,  ad: 

ALLMOBGENS,  adv.  jeden  morgen. 

ALLMUTTER,  f  gebildet  wie  allvater: 

nacht,  allmutter  des  lebens,  ich  preise  dich.    Rückert. 

.\LLN.\CHGERADE,  adv.  paulalim,  verstärktes  nachgerade, 
es  wäre  am  rathsamsten,  dasz  man  dürftigen  leuten  allnach- 
gerade  zu  hrer  nothdurft  etwas  und  nicht  alles  auf  ein- 
mal gebe.  pers.  rosenth.  l,  15 ;  allnachgerade  hoffe  ich.  Lei- 
sewitz br.  2 'S. 

ALLN.\CHTLICH,  adv.  quaris  nocle: 

allnächtlich  herunter  vom  rabenstein, 
allnächtlich  herunter  vom  rade 
huscht  bleich  und  molkicht  ein  schattengesicht. 
liÜRGBR2,  38; 
noch  hört  nicht  auf  allnächtlich  zu  vollbringen 
die  gottgewollte  bahn  das  Sternenheer. 

Chahisso. 
ALLNÄHREND : 
den  Verlust  der  allnährenden,  milden  freiheit.    Stolberg  7,  70. 

ALLO,  ein  mahnender  ausruf,  wahrscheinlich  dem  franz. 
allons  nachgebildet,  doch  s.  hallo. 

ALLOD,  n.  mere  proprium,  ein  erkennbar  echtdeuUches  wort, 
das  aber  in  den  alten  denkmälem  unseier  spräche  nirgend, 
nur  in  den  lateinischen  volksrechten  erscheint,  und  aus  ihnen 
ins  mittellatein  übergieng.  zum  gründe  liegt  ihm  ein  ahd.  üt, 
ags.  eäd,  altn.  audr  opes,  possessio,  wovon  ahd.  ütac  opulen- 
tus,  ags.  eädig,  alln.  audugr,  und  alut  musz  bedeuten  ganz 
eigen,  nach  dem  mhd.  kleinoete,  nkd.  kleinod  könnte  auch 
ein  n.  aloete  gebildet  werden,  dessen  i  sich  im  lat.  allodium 
wie  in  clenodium  fände,  aus  allodium  entsprang  die  un- 
deulsche,  wollautende  ableitung  allodialis. 

ALLORDNEND,  verstärktes  ordnend. 

ALLRECHT,  adv.  mhd.  alrehte,  rectissime: 

nicht  ohne  fug,  allrecbt  schalt  mich  dein  mund. 
iiÜRGER  157'. 

ALLREGSAM. 

ALLHEICH,  ditissimus:  allreiche  allmacht.   Weckherlix. 
ALLREIN,  purissimus.    Klixcer  4,  120. 
ALLREINIGEND : 

weithin  fuhrt  sie 
allreinigend  nun  die  welle.    Göthi  10.  32. 

ALLSACHT,  adv.  paulatim:  dasz  er  zu  sinken  anfieng  all- 
sacht.  Jac.  Vogels  ungr.  schlacht.  Jena  1626.  s.  84. 
ALLSAM,  adv.  omnes  pariter,  was  allesam : 

die  wurden  feisit  und  namen  zu 
allsam  bisz  gar  auf  einen  nu. 

B.  Waldis  Esoput  2,  41  und  oß. 

ALLSAMEN,  was  allesammen :  Fischabt  gl.  schif  164 ;  nun 
wisset  ir  gemeiniglich  alsammen.  Galmy  129;  die  niderwer- 
tigen  allsammcn  gcratschlagt  hatten.    136. 

ALLSA.MPT,  was  allesammt,  allsamt  fastn.  tp.  570,  • ;  tu- 
sant  547,  5; 

und  wir  allsampt  in  folgen  «ölln.    Er.  Albsbos  71*. 

ALLSÄMTLICH:  ihr  hirten  alsemtlich,  ihr  hirtfn  kommet 
alsemtlich.  Scuuttelius  lustg.  117.  118. 


239 


ALLSÄUGEND —ALLTAGS 


ALLTAGSCHRIST — ALL  VEREIN 


240 


ALLSÄUGEND : 

schwillt  ihr  (der  natur)  allsäugender  busen. 

Chr.  Stolbero  1,  257. 

ALLSCHAFFEND,  was  allerscbaffer :  wenn  sie  den  allschaf- 
fenden anbetet.  Klopst.  11,  157. 

ALLSCHMÄCHTEND :  statte  meines  grabes,  die  ich  mir 
weihte,  wo  ich  noch  abgeschieden  umzuschweben  und  die 
Vergangenheit  allschmachtend  zu  genieszen  hoffe.  Göthe  10, 182. 

ALLSCHMÄHEND :  ihr  allschmähend  falscher  mund.  Wece- 

HEIILIN  548. 

ALLSCHMEICHELHAFT.  Göthe  5,  199. 

ALLSCHÖNE,  f.  durchdringende  Schönheit:  dieser  genusz 
gieng  mehr  hervor  aus  den  einzelnen  schönen  theilcn  als  aus 
der  allschöne  des  ganzen.  Stolherg  10,  307. 

ALLSCHÖNLIEB:  dein  allschünlieber  leib.  Weckherl.  718. 

ALLSCHÖNST:  süszc  lieder  allschönster  tage.  Göthe 4, 109; 
Pandora,  allschönst  und  allbegabtest.  40,  309. 

ALLSCHRECKEND :  in  hilflos  allschrückender  noth.  Weck- 

HERLIX   198. 

ALLSEHEND,  nnl.  alziend,  engl,  allseeing: 

0  schönes  lischt  von  jedem 

alisehend  gern  gesehen.    Weckheriin  496. 

vom  allsehenden  bewacht 

gieng  ich  durch  die  dunkle  nacht.    Klopst.  7,  225; 

bei  dem  allsehenden  gott,  dessen  gegenwart  dieses  heilige 
land  erfüllt.  Wieland  2,  66;  dasz  die  jungen  des  adlers  so 
allsehend  und  stark  werden.    Lessing  1,  156. 

ALLSEITIG,  nach  allen  seilen  hin,  von  allen  seilen  her: 
allseiliges  wissen,  allseitige  anerkennung.  s.  allerseilig. 
.  ALLSEITS,  undique:  das  frohe  leben,  das  sie  diese  tage 
her  dort  gesehen,  wovon  ihnen  die  geputzte  menge  allseits 
eindringend  das  erfreulichste  zeugnis  gab.  Göthe  23,  188.  s. 
allerseits. 
.     ALLSELIG: 

wenn  ihr  alle  nun  euch  von  des  grabs 
nachtpfade  zu  dem  schaiin 
des  aliseligen  erhebt.    Klopst.  Mass.  20,  194; 
hochheiliger!  allseliger.'  allbarmherziger!  werke    7,  44. 

ALLSICHTIG,  was  allsehend:  ein  allsichtiges  äuge,  das 
solche  Sünde  zur  Verantwortung  bringen  werde.    maulaf[e  111. 

ALLSIEGREICH:  Amor,  der  allsigreiche  gott.  Wecrher- 
LiN  472. 

ALLSPIELEND :  Göthe  5,  199. 

ALLSTARK :  Weckherlin  143. 

ALLSTETS,    adv.   semper,    verstärktes  stets,  w.  m.  s. :  ich 
verharre   allstets   ew.    gehorsamer  diener.    R\bener  3,  50 ;    er 
sei  allstets  glücklich  gewesen.  Hippel  lebensl.  1,  184; 
höchstes  gut  allstets  und  des  guten  geber.    Voss  3,  164. 

ALLSTÜNDLICH,  adj.  und  adv.,  was  jede  stunde  geschieht 
oder  eintritt:  allstündliche  gefahr,  allstündlich  einen  löffel. 

ALLSÜSZ :  das  singen  ist  aligut,  allsüsz.  Klinger  1,  145. 

ALLTÄGIG,  quotidianus:  das  alltägige  fieber;  ein  alltägiger 
schein  gibt  nicht  so  viel  stof  zu  neuen  bemcrkungen,  als  ein 
befremdlicher  und  sinnreich  ausgedachter.  Kant  2,  566;  dem 
paradoxen  ist  das  alltägige  entgegengesetzt,  was  die  gemeine 
meinung  auf  seiner  seile  hat.  10,  224.  nnl.  alledaagsch  (all- 
tagisch.)   üblicher  ist  das  folgende. 

ALLTÄGLICH,  quotidianus,  vulgaris: 

dises  gestirns  alltägliche  tagrais.    WKCKHEBLiit  76; 

des  Icbens  flach  alltägliche  gestalten.    Schiller  6,  415 ; 
und  manches,  was  folgen  hätte  bei  andern  alltäglichen  leuten, 
das  hatte  mit  ihm  viel  weniger  zu  bedeuten.    Wieland  4,  158; 

gemeine  und  alltägliche  frösche.  20,  252 ;  die  gemeine  alltägliche 
freundschaft.  Klinger  11,  264 ;  die  dramatischen  dichter  mah- 
len die  alltägliche  natur  gar  zu  alltäglich.  11,196;  kein  all- 
täglicher kerl.  Moser  p.  ph.  1,  249 ;  bei  unsrer  alltäglichen 
hausmannskost.  Arnim  Äronenw,  1,  21;  alltägliche  philosophen, 
Lessinc  9,  297.  engl,  an  cvcry  day  philosopher. 
ALLTÄGLICH,    adv.  quotidie: 

freiheii  wünschest  du  dir,  und  klagst  alli.lglich  und  zürnest, 
das)!  dir  frcihcit  fehlt,  über  desnotengewall! 
liÜRGRR  2,  258. 

ALLTÄGLICHKEIT,  f.  bürgerliche  allläglichkeit.  J.  Paol 
acsth.  2,122;  schroffe  Wirklichkeit  einer  zerstreuten  allläglich- 
keit.   Göthe  23,  181. 

ALLTAGS,  adv.  quotidie,  wie  tags  könnte  auch  alltags  ge- 
sagt werden,  doch  i$t  et  nicht  üblich,  noch  weniger  ein  subst. 


alitag.  da  hingegen  die  accusative  allenlag  und  allelage  ad- 
verbialisch slehn  und  letzteres  in  alletag  verkürzt  wird,  so 
sind  die  folgenden  Zusammensetzungen  von  ihm  abzuleiten  und 
stehen  für  alletages. 

ALLTAGSCHRIST,  m.  er  hat  bereits  dinge  in  seinem  körb- 
chen,  die  jedem  guten  alltagschristen  völlig  fremd  und  uner- 
hört sind.    Lessing  10,  171. 

ALLTAGSGESICHT,  n.  das  ist  wieder  das  unerträgliche 
alletagsgesicht,  das  ihr  macht.  Göthe  57,  112. 

ALLTAGSGAST,  m.  hospes  quotidianus. 

ALLTAGSGEWÄSCH,  n.  langweiliges  alllagsgewäsch.  Les- 
sing. 

ALLTAGSHAUBE,  /.  in  schlichter  alltagshaube.  Gotter  1, 
254. 

ALLTAGSKIND,  n.  unter  alltagskindem  ein  Sonntagskind. 
Hippel. 

ALLTAGSKLEID,  n.  vestitus  quotidianus:  ein  alltagskleid 
zum  strapezieren.  Felscnb.  4,  425.  in  der  waete  die  si  alle  tage 
truoc  JViö.  1165,  3.    vgl.  Werktagskleid. 

ALLTAGSKREIS,  m. 


aber  seh  ich,  wie  im  alltagskreise 
sie  so  mndctienhart  sich  haben  kann. 


B8rger  5'. 


ALLTAGSLEBEN,  n.  der  schulmann,  indem  er  lateinisch 
zu  schreiben  und  zu  sprechen  versucht,  kommt  sich  höher 
und  vornehmer  vor,  als  er  sich  in  seinem  alltagsleben  dün- 
ken darf.  Göthe  23,  253;  der  von  dem  ström  der  begeisterung 
im  flug  an  den  ufern  des  flachen  alllagslebens  vorüber  gelra- 
gen wird.  Bettine  br.  2, 192. 

ALLTAGS.MENSCH ,   m.    ein  kalter  alltagsmensch.    Götter 

1,197. 

ALLTAGSROCK,  m. 

ALLTAGSSONNE,  f  um  welche  (unsichtbare  grosze  sonne) 
unsre  alltagssonne  ihren  tanz  macht.  i4n/on  Walt. 

ALLTAGSVERSTAND,  m.  wenn  man  mich  mit  den  forde- 
rungen  des  alltagsverstandes  peinigte.  Göthe  26,  286. 

ALLTAGSWELT,  f.  er  konnte  bald  ihre  nähe  nicht  mis- 
sen, denn  sie  vermittelte  ihm  die  alltagswelt.    Göthe  26,  154. 

ÄLLTHÄTIG,  verstärktes  thätig,  nach  allen  seilen  hin  wirkend. 

ALLTHÄTIGKEIT,  f.  die  natur,  kraft  ihrer  allthätigkeit, 
wirkt.  Göthe  51, 51. 

ALLTROTZEND:  alltrutzend,  sorgenlos.  Weckherlin  549. 

ALLÜBERALL,  adv.  Verstärkung  von  überall,    s.  all  adv. 

ALLUM,  adv.  was  sonst  ringsum,  mhd.  al  umbe  Iw.  6743. 
Trist.  275,18.  Wh.  72,12.  al  umme  Walth.  115,24;  nnl.  alom, 
alomme:  die  Stadt  ist  allum  von  bergen  eingeschlossen,  die 
aussieht  allum  reizend.  die  folgenden  Zusammensetzungen 
gleichwol  sind  nicht  mit  ihm  gebildet,  sondern  verstärken  um- 
fassend, umfunkelnd  durch  vorgesetztes  all. 

ALLUMFASSEND. 

ALLUMFASSER,  m. 

der  allumfasser, 

der  allerhalter.    Göthe  12,  180. 

ALLUMFUNKELND :  der  allumfunkelnde  stemenhimmeL 
Claudius  3, 44. 

ALLUMKLAMMERND:  Göthe  5,199. 
ALLUMSCHATTEND: 

in  der  liefe  wurzelt  des  allgemeinen  genusses 
alluraschattender  bäum,  hebt  in  die  hiramel  sein  haupt. 
Stolbero  3,  365. 


ALLUNVERÄNDERT: 

allunverändert  ist  es,  unversehrt. 


Göthe  41,  92. 


ALLUNZERTRÜMMERT. 

ALLVATER,  m.  altn.  alfadir,  was  ahd.  alafatar  lauten  würde: 

denn  mir  gebot  allvaier,  zur  priosierin  an  dem  orakel 
seiner  natur  sie  zu  weihen,  di«  holdnnredende  Jungfrau. 
Voss  weilte  an  Stolb.  42; 

allvatcr,  oder  wie  der  sph.lren  jubellieder 
dich  nennen,  ewiger,  gerechter,  weiser  geist. 
Gottkr  1,  3S8. 

ALLVERBREITET:  unendlich,  allvcrbreitet.  Schiller  .569. 
ALLVERDKRBER,  m.  frevler,  allvcrderbcr.  Stolbero  14, 213. 
ALLVERDERBLICH: 

nein,  das  wilde  goschick  dos  allverderblichen  krieges. 
tiÖTHK  40,  281. 

ALLVEREIN,  m. 

um  in  dem  allverein 

selig  zu  sein.       Göthe  41,  331. 


241 


ALL  VERFLUCHT — ALL  WEG 


ALLWEG— ALLWO 


242 


ALLVERFLÜCHT: 

sein  allverfluchtes  felsennest 

war  wie  der  Königstein  so  fest.    BBrgkr  24*. 

ALLVERFOLGEKrN,  f.  liebe,  die  allverfolgerin.   BCrger  6S'. 

ALLVERGANGLICH. 

ALLVERGESSEN. 

ALLVERGESSENHEIT,  f. : 

das  meer  der  allvergessenheit 

ist  unser  letzter  ort.    Herder  3,  39. 

ALLVERHLNDERND.  Göthe  vom  Rhein: 

aber  ich  lionnte  nicht  denken,  dasz  bald  sein  liebliches  ufer 

sollte  werden  ein  wall,  um  abzuwehren  den  Franken 

und  sein  verbreitetes  bett  ein  allTerhindernder  graben.  40,  198. 

ALLVERLANGEN,  n.  mächtiger  trieb: 

sie  belebt  das  allverlaneen 

jener  wunderbaren  kraA.    Borger  126'. 

ALLVERMESSEN:    stolz  und  bosheit  aÜTermessen.    Weck- 

HERLIX    326. 

ALL^'ERMÖGEN,  n.  schrankenlose  macht. 

ALLVERMÖGEND  :  dein  aiivennögcnd  milde  band.  Weckber- 
Lix  82;  Danisdimend,  den  sein  ansehn  unter  diesem  volke 
allvermügend  machte.  Wieuind  8,  312. 

ALL\"ERMÖGENHEIT,  f.  die  \ertheidiger  der  allvermögen- 
heit  der  natur.  Kant  2,  361. 

ALLVERTHEILT :  allvertheilter  bürgerlicher  grundbesitz. 
Dablmanx  franz.  rev.  444. 

ALLVERZEHREND:  Brockes  1,339; 

dem  menschen, 
dem  klueen,  allverzehrenden,  denn  wenig  ist 
was  er  dem  gaumen  anzueignen  nicht  gelernt. 
GöTUE  11,  371. 
ALLVOLLENDER,  m. 

werfet  die  krönen 
nieder  vor  Jesus  Christus,  dem  allvollender. 
■  KLorsT.  19,551. 

ALLVOR,  quam  maxime,  bei  Stieler  584  angeführt  und  so 
zulässig,  tr/e  es  allum  «ar  und  allzu  ist. 

ALLVORDERST,  adv.  primum.  WiEt.AND  6«  Merck  1,  420. 
».  allenörderst. 

ALLWAGEND :  ailwagend  kühn.  Stolbebg  7,  38. 

ALLWALTEND,  aas  allgewaltig. 

ALLWÄRTS,  adv.,  richtiger  als  alierwärts. 

allwärts  ahn  ich  überquer 

gefiedert  schwirrend  sie.   Götde  41,  213. 

ALLWEG,  adv.  semper,  tmmer,  überall,  verkürzt  aus  alle 
Wege ;  in  den  fastnachtspielen,  nach  bairiicher  weise,  geschrie- 
ben albeg: 

das  sie  albeg  iederman 

ist  diensthaft  gen-est  tag  und  nacht.  43,10; 

und  helt  mich  albeg  für  ein  atzen.  47,16; 

ir  ubt  euch  albeg  fast  also.  386,  5; 

si  betten  albeg  gehört,  das  sei  albeg  erweitert  worden,  vieisth. 
3,  632; 

darümb  ward  darnach  alweg  fast 

zu  Kom  der  küngklicb  nam  gehaszt. 

SCUWARZE.IBERG  113,  2 ; 

der  tod  dem  alter  ist  nit  weit, 
darauf  ich  alweg  holT  und  peit.  132, 1; 
ailweg  ist  es  ümb  uns  gethan.  151*; 
darümb  müg  niemant  wenden  ab, 
was  gott  ailweg  fürsehen  hab.   155,  1 ; 

bei  Lcther  hat  die  bibelverdeutschung  meistens  allewege,  in 
den  aerken  findet  sich  häufig  ailweg  und  allwege :  denn  es  ja 
eben  derselbige  gott,  der  ailweg  gewesen  ist.  5,  312*;  wolan 
musztu  doch  sonst  etwas  leiden,  es  kan  nicht  ailweg  gleich 
zugeben.  5,315';  ist  nicht  allein  löblich,  sondern  auch  allwege 
und  noch  not.  3,  270;  es  ist  im  aber  das  nüsziin  ailweg  zu 
hart  gewesen.  Luthers  br.  l,  313 ;  denn  ich  allwege  dran  Tcr- 
iweifelt.  5,  449 ; 

dieweil  bei  jaogen  und  auch  alten 

E'opus  in  solchem  wert  gehalten 

ist  worden  ailweg  jeder  zeit.    Er.  Alberis  1"; 

ich  hab  ailweg  gehört  für  war.   das.  30»; 

bleibet  ailweg  ein  gute  summ  allerlei  fisch  zwischen  den  stei- 
nen. Frank  weUb.  14*;  meine  freund  ailweg  verhoffet  haben. 
Tu.  Plateb  15;  ich  hab  euch  doch  je  und  ailweg  für  einen 
getrewen  frauwendiener  gehalten.  Galmy  i,  90;  so  dir  aiwege 


ton  mir  beschehen  ist.  318;  ailweg  unzufrieden.  Wickra« 
rollw.  30';  dieweil  ir  im  leben  ailweg  zu  zank  und  unfried 
lust  getragen.  Kirchhof  icendunm.  112*;  mich  dünkt  ailweg 
besser.  225';  die  Schlüssel  sollen  durch  den  Wachtmeister 
abends  und  morgens  beim  obersten  geholet  und  ailweg  dem- 
selbigen  wider  gelifert  werden.  Kirchhof  disc.  mil.  19 ;  der 
nechst  dinstag  darnach  ist  ailweg  die  rechte  fasznacht  Fi- 
schart groszm.  101; 

ich  ihr  alweg  am  sambstag 

nicht  darf  sehen  und  fragen  nach,  ätrer  1,  335' ; 

nachper  es  ist  nit  alweg  gut.  Schmelzel  rerlom.  söhn  8*. 
später  seltner,  doch  bis  auf  heute  nicht  auszer  allem  gebrcMck : 

da  jubelrauschen 

es  ailweg  offenbart.    Herder  3,  177; 

drum  sollen  ailweg  wir  verbunden  werden. 

KCCCERT  150 

man  verband  es  auch  mit  der  praep.  in,  woraus  deutlich  seine 
accusativnatur  erhellt:  das  sie  den  vollkommensten  ablasz 
aller  irer  Sünden  in  ailweg  erlangen  sollen.  Lctber  3,  94 ;  hat 
dich  gemacht  in  alle  weg  hinlessig.  H.  Sachs  I,  468* ;  ziehen 
und  richten  si  in  alweg  in  die  lenge.  Fra^k  weltb.  213';  in 
ailweg.  wegkürzer  22.  später  deutlich:  wir  sind  also  in  all- 
wege übel  dran.  Wieland  bei  Merck  2,  17S ;  ihrer  lust  zum 
ewigen  jungferstand  in  ailweg  ohne  gefährde.  Wieijinds  Ama- 
dis  13,  32.  In  der  schweizerischen  Volkssprache  wird  ailweg  jeAr 
häufig  für  immer  und  doch  gebraucht. 

ALLWEGEN,  neben  ailweg  und  in  denselben  schrißen  ab- 
wechselnd verwandt:  es  ist  nicht  noth,  das  ein  guter  schütz 
allwegen  den  pflock  oder  nagel  treffe.  Lcther  5,  246';  got 
alwegen  hat  erkant.  Schwarzesberg  130,  1;  ausrichten  all  ir 
händel  allwegen.  H.  Sachs  IL  4, 89*;  der  überwand  allwegen  und 
erlanget  ehr.  Palli  schimpf  l^*;  man  sagt  auch  von  gemeltem 
Claus  Narren,  dasz  im  der  fürst  allwegen  hab  ein  eigen  klein 
pferd  gehallen.  76*;  im  ward  allwegen  die  antwort.  13S';  wie 
allwegen  der  gebrauch  ist  Kirchhof  wendunm.  157';  es  hat 
ihm  allwegen  {verdruckt  allegen)  der  fürst  ausz  Libia  die 
speis  zuvor  kredenzen  müssen.  Frossp.  3,  294' ;  ie  und  alwe- 
gen. FiscBART  bienk.  12';  ein  ungestümer  regen  kommet  aus 
vorgehendem  wind  allwegen.  Fischart  groszm.  128 ;  dasz  man 
je  und  allwegen  die  kriegsämbter  besetzt  hat.  Simplie.  1,  61. 
später  daßr  allenvegen. 

ALL  WEIL,  verkürzt  aits  alleweile,  alldieweil,  welche  man 
sehe:  allweil  sie  täglich  schlagen  hört.  Fischart  lob  der  laute 
s.  112;  allweil  ich  kan.  Carj.  §6';  allweil  man  iszt.  lOl';  allweil 
sonn  und  mon  leucht.  102';  allweil  die  weit  gestanden.  133'; 
ahveil  die  bauren  es  greifen  mögen.  Philand.  2, 486. 

ALLWEISE,  sapientissimus :  gott  der  allweise; 

der  du  uns  wie  du  will,  alweis,  allgrosz,  allgut 
kanst  führen,  ziehen,  wenden.  Weccherlin  196. 

ALLWEISHEIT,  /. 
ALLWEIT: 

fand  alles  voll  von  dir  allweit 

und  alles  öde  wieder.  Herder  4,  147. 

ALLWEND,  adv.  semper:  alwend  uf  sant  Michelsfag.  zu 
den  vorgeschriebnen  gedingen  allwend  in  dem  jar.  weisth. 
1,  365.  373,  kaum  entstellt  aus  allwegen,  sondern  auf  wende 
vices  zu  beziehen. 

ALLWESEND.  Andr.  Grtphics  1,  "2. 

ALLWICHTIG :  da  seid  ihr  der  allwichtge  mann,  der  Atlas 
des  Staats.  Schiller  432. 

ALLWISSEND,  omniscius,  nnl.  alwetend,  sehw.  alWetande, 
dän.  alvidende:   allwissend  ist  nur  einer; 

allwissend  bin  ich  nicht,  doch  viel  ist  mir  bewust.  Göthe  12,  81 ; 

er  war  allwissend  und  schien  unwissend.  J.  Pacl  Tit.  3, 145. 
ALLWISSENHEIT,  /".  ßr  all«isscndheit,  wie  Unwissenheit 
für  unwissendheit  steht,  ahd.  wijantheit,  unwijantheit.  nnl, 
richtig  alwctendheid,  doch  schw.  allvetenhet,  dän.  alvidenhed, 
nach  hochd.  einßusz.    gottes  allwissenheit. 

ALLWISSENSCHAFT,  /".  hat  man  wol  zur  bezeichnung  der 
Philosophie,  oder  selbst  der  philologie  vorgeschlagen. 

ALLWISSEREI.  f.  noch  stärkerer  Vorwurf  ah  vielwisserei. 
ALLWO,  alle  und  dem  dichter  günstige  Verstärkung  des  wo  : 
allwo  des  Silbers  geburt  ist.   Voss  II.  2,  857 ; 
allwo  das  skäisclie  ihor  war.    3,  145; 
allwo  die  unsterblichen  wohnen.   5,360; 
jener  neptunischen  Stadt,  allwo  man  geflütrelte  löwea 
göttlich  verehrt.  Gothi  1,338; 

16 


243         ALLWÖCHENTLICH  — ALLZUMAL 

blickt  ich  doch  am  liebsten  hin, 

allwo  zuletzt  sie  schwindend  mir  im  äuge  blieb.  40,409; 

glücklich  land,  allwo  cedraten 

zur  Vollkommenheit  geralhen.   47,  210. 

ALLWÖCHENTLICH,  adv.  jede  woche. 
ALLVVÜRGEND,  wird  von  tod  und  seuche  gesagt. 
ALLWÜRGER,  m.  der  alle  mürder,   stari  krYnik  eines  ser- 
bischen lieds: 

ja  er  allwürger,  kan  nach  willen 
mit  mord,  klag  und  graus 
ein  fürstlich  schlosz  und  lusthaus  füllen. 
Weckherlin  509. 

ALLZEIT,  adv.  semper:  der  schaden  nim  ich  vil  allzeit. 
fastn.  sp.  563, 13 ; 

dies  garlen  fruchl  und  wasser  frisch 
mir  alzeit  zieret  meinen  tisch. 

SCUWARZEMBERG   150'; 

er  war  ihm  allzeit  gleich.   Fleking  136; 
unter  dem  liede,  das  nach  dem  dreimal  heilig  der  himmel 
allzeit  singet.  Klopst.  Hess.  1,281; 

dies  soll  von  nun  an  allzeit  so  sein.  Klopst.  werke  10,209; 
die  wahre  freundschaft  setzt  allzeit  gegenseitige  Verdienste  vor- 
aus. Gellert;  Jesu,  den  ich  allzeit  ehre,  kirchenl.  s.  allezeit. 

ALLZEITFERTIG,  semper paratus :  antworte  doch  statt  meiner 
ein  ailzeitfertiger  kunstrichter.  Herder  1, 130.  besser  abgetrennt. 

ALLZINK,  ein  altes  spiel  bei  Fiscuart  n'  492,  deutlich  alle 
ßnf  (cinque). 

ALLZU,  adv.  nimis,  verstärktes  zu,  doch  nur  in  dieser  be- 
deutung,  nicht  wenn  zu  praep.  ist.  den  begrif  nimis  drückt 
uns  auch  heute  noch  bloszes  zu  aus,  wie  ahd.  za,  zi,  mhd. 
ze;  die  Verstärkung  alza,  alzi  scheint  ahd.  nicht  zu  begegnen, 
mhd.  alze  ergibt  sich  häufig.  Dies  allzu  könnte  nun,  gleich 
dem  einfachen  zu,  vor  alles  und  jedes  adj.  oder  adv.  treten, 
ohne  dasz  Zusammensetzung  entspränge;  man  schreibt  zü  grosz, 
zu  theuer,  nicht  zugrosz,  zutheuer,  warum  sollte  ein  auf  er- 
ster Silbe  betontes  allzugrosz,  allzutheuer  dem  allzu  grosz,  allzu 
Iheuer  vorgezogen  werden  ?  dichter  und  ausgaben  schwanken, 
wer  wollte  der  sucht  composita  zu  bilden,  wo  keine  noth 
dazu  drängt,  nachgeben?  am  slatthaßesten  wäre  der  anschlusz 
etwa  bei  den  partikcln  allzuviel,  allzuwol,  allzusehr,  allzu- 
lang, allzubald,  weil  in  dieser  gestalt  ihnen  bisweilen  subslan- 
tivgeltung  zu  theil  wird;  man  sagt  allzuviel  ist  ungesund, 
das  allzuviel  kann  schaden;  andere  beispiele  in  Simrocks  spr. 
158 — 170.  im  16. 17  jh.  wurde  beinahe  immer  getrennt  geschrie- 
ben: allzu  gnug.  Luther  8,49';  allzu  zeitlich.  Fleming  338, 
erst  im  18  begann  man  anzuhängen,  nnl.  hat  sich  umgekehrt 
die  trennung  selbst  des  al  erhalten:  al  te  schoon,  al  te  klein. 
Man  unterscheide  von  diesem  ungebundnen  allzu  die  folgenden 
Zusammensetzungen  allzugegcn  allzugleich  allzuhand  allzuhauf 
allzumal  allzuvorderst,  in  welchen  kein  allzu  vortritt,  sondern 
ein  bereits  mit  zu  verbundnes  wort  noch  durch  all  verstärkt  wird. 

ALLZÜGEGEN:  gott  ist  allzugegen,  allgegenwärtig. 

ALLZUGLEICH,  verstärktes  zugleich,  simul,  vielleicht  auch 
gekürzt  aus  alle  zugleich,  omnes  simul:  müssen  allzugleich 
geboren  werden.  Fischart  bienk.  239*.  ganz  etwas  anders  ist 
allzu  gleich,  nimis  aequaliter. 

ALLZUHAND,  illico,  mhd.  al  zehant  (Ben.  1,  03l') :  langet 
und  schmitzet  allzuhand  ein  goldgülden  oder  fünf  auf  den 
lisch.  Kirchhof  wendunm.  191". 

ALLZUHAUF,  acervatim,  mhd.  al  ze  houfe : 

sonst  ruf  ich  gleich  aus  ihrer  ruh 
die  nacbbarn  allzuhauf. 

1.  G.  Jacobi  in  der  Iris  von  1776  s.  319 ; 
sie  fahren  allzuhauf, 

als  sahn  sie  ein  gespenst,  von  ihren  sitzen  auf. 
Wieland  22,  208. 

H.  Sachs  ],  408'  sagt  als  zu  häufen. 

ALLZU.MAL,  omnes  parilcr,  allzusammen :  allzumal  die  be- 
sten menncr.  rieht.  3,  29 ;  ir  seid  allzumal  leidige  tröstcr. 
Hiob  16,  2 ;  denn  sie  sind  allzumal  hcuchlcr  und  böse.  Jesaias 
9,  17;  ir  seid  gijtter  und  allzumal  kinder  des  höhcsten.  ps. 
82,  6;  sie  sind  allzumal  Sünder.  Rom.  3,  23;  denn  ir  seid 
allzumal  einer  in  Christo  Jesu.  Gal.  3,  28 ; 

wolauf  ihr  brüder  allzumal.   Garg.  91* ; 

dariimb  ihr  Christen  allzumal, 

ir  soll  gott  bitten  übcral.   .Soltau  volksl.  314; 

das  Ihun  die  kclzer  allzumal.   4C5 ; 

ir  .Schweden  allzumale, 

dank  habt  a  le, 

ir  beiden  uianigfali.  508; 


ALLZUMAL— ALMOSEN 


244 


bei  weitem  würd  es  mir  und  einem  andern  fehlen, 
der  Rolands  thorheit  weit  hier  allzumal  erzehlen. 

Werders  Ariost  28,  44; 
die  götter  allzumal,  die  göulnen  dergleichen. 
Weckherlin  718; 
heute  sind  der  götter  scharen 
ausspazieret  allzumal.   Flexing  370; 
die  schächteichen,  die  büchschen  allzumal 
eins  nach  dem  andern  aufzumachen.   Wieland  5,211; 
wahrlich  vermist  wird  Achilleus  hinfort  von  den  söhnen  Achaias 
allzumal.  Voss  It.  1,  240 ; 

ihre  leichen  hin,  ein  raubmahl,  warf 
den  hunden  und  den  aaren  allzumal. 

Bürger  141'; 
lasz  es  hunderttausend  wagen 
dich  von  thron  und  reich  zu  jagen, 
hundertlausend,  welche  zahll 
sie  verlören  allzumal.  51"; 
wie  laut  im  hellen  sonnenstral 
die  süszen  vöglein  allzumal.'   Göthe  1,88; 
da  wir  aber  allzumal 
so  beisammen  weilen.  1,  134; 
den  Philistern  allzumal 
wolgemulh  zu  schnippen.   1,  140. 

vgl.  allinal. 

ALLZUSAMMEN,  adv.,  allzumal.  Logau  1,  4,  3 ; 
dasz  als  lichter,  dasz  als  flammen 
vor  dir  glänzten  allzusammen 
alles  was  du  ausgerichiet.   Göthe  4,90; 
die  blntterstengel  im  grünen  flor 
und  allzusammen  so  gesund.  47,  79. 

ALLZUSAMMT,  adv.  gleicher  bedeutung:  sie  wetteiferten 
allzusammt  würdig  neben  ihm  zu  stehen.  Göthe  32,  81. 

ALLZUVORDERST,  adv.  ganz  vornen:  sie  stand  allzuvor- 
derst. 

ALM,  f.  pascuum  montanum,  wie  schon  tinter  albe  gesagt 
wurde,  aus  alben,  albn  entsprungen,  indem  das  h  ein  m  statt 
n  heranrief  und  später  selbst  ausfiel;  H.   Sachs  reimt  1,251* 

und  fand  vil  steiglein  allenthalbm 
in  gebirg  hinauf  zu  den  alm, 

d.  i.  albm,  alben,  wie  auch  aus  halben  in  der  ausspräche  halbm, 
halm  wird  {vgl.  altn.  helming  dimidium  für  helfing) ;  lauf  hin 
auf  den  almcn.  Ambr.  liederb.  339,  12 ;  lug  ob  du  die  almen 
nicht  sehest.  340,  38 ;  zalbm  =  ze  alben,  gan  albm  =  gen 
alben.  Schmeller  1,  46.  Aus  dem  dort  oben  auf  der  alm, 
auf  der  alm  pfalzt  a  bahn  des  Volkslieds  in  Tirol,  Ostreich 
und  Baiern,  hat  auch  die  neuere  dichtkunst  das  wort  über- 
nommen : 

wir  wohnen  heut  auf  almen 

im  luftgen  Schwcizerland.   Rückert  242, 

dies  nicht  genau,  weil  in  der  Schweiz  gerade  die  form  alp 
festgehalten  wird. 

ALMENDE  s.  allmende. 

ALMER,  f.  aus  dem  mlat.  almaria,  altfranz.  aumaire,  wel- 
chen wiederum  das  lal.  annarium,  franz.  armoire  unterliegt, 
ein  kästen,  schrein  zu  verschiedenem  gebrauch:  Avenn  denn 
die  herzogin  den  strausz,  so  sie  gehabt,  verbergen  wollte, 
sagte  sie,  sie  hätte  sich  an  eine  aliner  gestoszen.  Schweini- 
chen  1,  127;  wiltu  die  mandeln  wol  behalten,  so  soltu  das 
ort,  es  sei  ein  trog,  ein  alnicr  oder  ein  känsterlin  wol  trucken 
halten.  Sebitz  feldbau  345.  in  der  Schweiz  almer,  almäri. 
Stalder  1,  96;  t»i  Daiern  almar,  almaring.  Schmeller  1,  49; 
bei  Abele  sogar  albmer:  wann  das  brot  in  der  albmer  oder 
schcnktischkastcn  eingesperrt  liget.  unordn.  3,  93 ;  Stieler  34 
hat  almar  und  almerei,  Frisch  1, 19'  almer,  almei. 

ALMOSEN,  n.  aus  dem  gr.  iXer,i.toavvr„  erbarmen,  mlat. 
clcemosyna,  franz.  »umunc,  sp.  limosna,  ahd.  alamuosan, 
gen.  alamuosencs,  wol  mit  dem  gedanken  an  muos  cibtis,  das 
durch  ala  verstärkt  schien,  mhd.  ahnuosen,  nnl.  aaimoes,  ags. 
ajlmyse,  <el messe /".,  engl,  alins,  altn.  almusa,  ölmusa/".,  schw. 
almosa,  dän.  alinisse ;  Ulfilas  allein  übersetzt  wirklich  in  ar- 
maiö,  rf.  i.  barmherzigkeit.  allmoscn  ist  ein  groszer  Irost  vor 
dem  höhcsten  gott.  Tob.  4,  12;  denn  die  allmosen  erlösen 
von  allen  sünden.  4,  II ;  habt  acht  auf  euer  allmosen.  Matlh. 
6,  t ;  verkaufet  wa.<  ihr  liabt  und  gebet  allmosen.  Luc.  12,  33 ; 
Matibei  am  0  spricht  Christus,  habt  aciit  auf  ewer  wolthat, 
welches  wir  nach  der  allen  gewohnheit  allmosen  nennen,  ans 
dem  griechischen  eicemosyne.  wiewol  das  wort  allmosen  auch 
mit  der  zeit  in  den  misbrauch  komcn  ist,  das  man  allmosen 
nicht  anders  heiszel  denn  ein  stück  brots  dem  bettler  für  die 
(hür  gegeben,  so  es  doch  eigentlich  besed,  wollhat  oder  gut- 


245 


ALMOSEN — ALPENHIRT 


ALPENHÖHE  — ALS 


246 


that  heiszet.  Luther  5,  45';  und  dies  gnädige  christliche  almus 
die  lautere  grosze  noth  ist.  Luthers  br.  4,  43S  (der  brief  nicht 
eigenhändig,  sondern  diäiert);  das  almüsen  si  mit  eim  hörn 
blasen  und  geen  ir  allweg  vil  miteinander.  Fr.\sk  weltb.  209' ; 
man  sagt:  almosen  bitten,  heischen,  begehren,  almosen  ge- 
ben, spenden,  sammeln,  austheilen,  von  almosen  leben.  Olea- 
Hics  setzt  das  worl  männlich:  ohn  ihm  einen  allmosen  zu 
geben,  pers.  batimg.  2, 1.  des  heiligen  reichs  almosen  begeg- 
net in  schö/fen formein:  durch  des  lands  not  und  des  heiligen 
reichs  almus  nach  scheffen  urtel.  ueisth.  2,  225.  almosen 
steht  auch  für  armenkasten,  armenanstalt :  will  noch,  so  wahr 
ich  leb,  jährlich  fünf  maJter  kom  ins  allmosen  geben.  Fr. 
Miller  1.  246. 

ALMOSE.NAMT,  n.  was  almosenpflege. 

ALMOSENBCCHSE,  f.  die  almosenbüchse  ungleich  verthei- 
len.  Rabener  2,  2S1. 

ALMOSE.NGU.MPIG,  allmosenfroh,  lustig:  almusengumpige 
canonici,  messelige  (jArer  messe  frohe,  selige)  pfaffen.  Fischabt 
bienenk.  222'. 

ALMOSENKASTEN,  m.  tcas  sonst  armenkasten. 

ALMOSENPFLEGE,  f  amt  und  tencallung  der  almosen. 

ALMOSENREICHL'NG,  f.  almusenreichung.  Garg.  64". 

ALMOSENSPENDE,  f. 

ALMOSENSPENDER,  m.    Kli.nger  4,  216.  218. 

ALMOSENSTOCK,  m.  wie  opferstock,  aufgerichteter  hohler 
klotz. 

ALOSE,  f   s.  alse. 

ALP,  m.  daemon,  incubus,  die  streng  ahd.  wort  form  hat  sich 
nur  ßr  den  feindlichen  nachtgeist,  nicht  ßr  den  lieblichen 
lichtgeist  erhalten,  welcher  davon  unterschieden  und  mit  dem 
namen  elb  oder  niederdeutsch  elf  belegt  wird  {s.  alb).  der  pl. 
lautet  alpe,  doch  bildet  Llther  alpen :  was  für  thiere,  ob  ko- 
bold,  kilkrob,  nisen  oder  alpen  gewest  weren.  6, 120.  Er.  Al- 
BERCS,  der  zu  Götzenhain  in  der  Dreieich  pfarrer  gewesen  war, 
hat  alp  incubus  und  erklärt  mephitis  folgendermaszen :  gestank 
und  fauler  dampf,  der  aus  den  sümpfen  oder  schwefelichten 
wassern  kompt,  in  nemoribus  gravier  est  ei  densitate  silva- 
rum.  in  der  Dreieich  spricht  man:  der  alp  feist  also  {incu- 
bus pedit).  Gewöhnlich  wird  von  ihm  erzählt,  dasz  er  bei 
nächtlicher  weile  in  den  wohnungen  der  menschen  erscheine, 
die  schlafenden,  träumenden  reite  und  drücke,  zumal  ihre  haare 
verwirre;  aber  auch  thiere,  namentlich  pferde  werden  von  ihm 
geriUen   (mythol.  s.  493. 1194).  er  trägt  den  leuten  geld  zu. 

sind  mittel  da,  so  heiszts,  der  dracbe 

hat  blosz  den  alp  an  mann  gebracht, 

und  liep  der  mammon  nicht  im  fache, 

so  wird  der  nackte  specht  verlacht.   Gc.ithrr  217 ; 

auf  was  verspiiit  sich  wol  der  alpl   429; 
«0  mag  der  lobesalp  gleich  drücken,  wie  er  kan. 

Flemi.ig. 
hcrr  rilter,  wurden  sie  je  vom  alp  im  schlafe  geprest? 
WiELAJiD  4,  44; 

der  alp,  der  die  mädchen  drückt.  11, 18; 

dasi  der  schwere  alp  der  sorgen 

mein  zufriednes  herz  nicht  drückt.  Gön.fGS  1,64; 

dasz  sie  sämtlich,  da  ich  eine  weile  auf  ihrem  wege  fort  zu 
dichten  begann,  mir  als  knaben  und  Jünglinge  wie  ein  alp 
beschweriich  auflagen.  Göthe  45,  281;  ich  steckte  mich  in 
einen  wamras  von  rauhen  feilen  des  alps.  Klixcer  3,  160. 
doch  dieser  alp  meint  wol  einen  alpstier  oder  bock,  dessen 
haut  zu  kleidem  bereitet  wird. 

ALPAAll,  m.  der  auf  den  alpen  hausende  adler. 
ALPDRUCK,  m.  insultura  ephialtae: 
mich  drucket  heint  der  alp 
so  hart,  dasz  mir  aus  cieng  der  oten. 
Hacpt  8,  514. 
ALPE,  f  mons  und  pascuum  montanum,  t.  albe.  wie  denn 
auch  cm  theil  dieser  berge,  die  alpe  oder  elbe  bei  ihren  al- 
tem Wörtern  bis  anjetzo  verblieben  sind.  Opitz  2,265-  un«re 
alpe  gibt  uns  was  wir  brauchen.    Göthe  11,  5.     einige  ältere 
tchnßsMler  der  Schweiz  gebrauchen  alp  (welches  geschlechts  ') : 
em  alp  kann  oft  800  stösze  vieh  sommern.   Tschudi. 
AF.PFNEIS,  n.   ein  blick  so  kalt  wie  alpeneis. 
ALPFNGLLT,  /.  das  land  steht  rings  in  a.  Uhla5d  472 
ALPENHAUSCHEN,  n. 
ALPENHEER,  n. 

auf  berge»  ferne  ballt  sich  auf 
ein  alpenheer,  beeist  lu  häuf.  Göthi  4  119 
ALP£NH]RT,  m. 


ALPENHOHE,  f   auf  stiller  alpenhöhe. 
ALPE.NHORN,  n.  Fischart  Garg.  175' ;  alphom.  Schiller  566. 
ALPENKETSCHER:    himmelsstürmer,    alpenketscher   und 
bergversetzer.  Fischart  Garg.  56'.     ketschen  ist  schleppen. 
ALPENKIND,  n. 

ALPENKLEE,  m.  klee  in  gebirgen. 
.\LPENL.\ND,  n.  zumal  die  Schweiz. 
ALPENROSE,  f  Schiller  555.    s.  alprausch. 
ALPENSCHNEE,  m.  deines  busens  alpenschnec.  Voss. 
ALPENSOHN,  m.  bewohner  der  alpen: 

euch  stellt,  ihr  alpensöbne 

mit  jedem  neuen  jähr 

des  eises  bruch  vom  föbne 

den  kämpf  der  freiheit  dar.   UaLAüo  1845  s.  448. 

ALPENTRIFT,  f  Schiller  540. 

ALPENVOLK,  n. 

ALPENWANDERUNG,  f.   Uer  per  alpes. 

ALPFUSZ ,  «j.  sonst  auch  drutenfusz,  ein  zeichen,  in  dem 
man  die  spur  des  fuszes  jenes  daemons  erkannte,  von  den 
ßszen  der  zwerge  und  elben,  die  sie  bergen,  gibt  es  sagen, 
(mythol.  s.  420.) 

ALPGEGEND,  f  darstellungen  höherer  alpgegenden.  Göthe 
22, 138. 

ALPHABET,  n.  das  abce,  nach  den  beiden  ersten  griechi- 
schen buchstaben.  buchdruckem  die  zahl  ton  23  bogen:  eine 
Schrift,  zwei  alphabete  und  sechs  bogen  stark.  Rabe:(er  2, 
224;  das  ganze  werk  möchte  ungefähr  ein  halbes  aiphabet 
ausmachen.  4,  35. 

ALPHABETISCH :  die  heilsame,  alphabetische  Ordnung. 

ALPLER,  m.  alpenhirt,  zuweilen  älpler  und  alperer  oder  aJper. 

ALPMEISTER,  m.  aufseher  über  die  gebirgsweiden  einer  gegend. 

ALP.NER,  m.  alpbewohner.  in  den  alten  vocab.  alpener.  er 
hat  nicht  bei  einfältigen  älpnern  in  der  sennhütte  gegessen. 
Stolberg  6, 133. 

ALPNERIN,  f.  die  alpenhirtin. 

ALPRANKE,  f.  Solanum  scandens  und  auch  viscum,  nicht 
von  der  alpe,  vielmehr  nach  dem  daemon  benannt,  wie  die  ne- 
bennamen  alfsranke,  alfrankenbolz  und  ßr  viscum  auch  ma- 
rentaken,  nnl.  marentakken  lehren,  vgl.  mythol.  1195. 

ALPRAUSCH,  rhododendron,  wahrscheinlich  aus  alprose  ent- 
stellt. 

ALPSCHOSZ,  m.  von  schosz  palmes,  surculus,  durcheinan- 
der gewachsne  ranken  und  zweige  der  Sträuche  und  pflanzen, 
was  mit  den  Vorstellungen  alpranke  und  alpzopf  zusammen 
hängt,  gleich  den  krdutem  wirren  sich  die  haare,  es  liesze 
sich  aber  auch  denken  an  geschosz  missile,  jaculum,  wie  es 
den  elben  beigelegt  wird,  woßr  alfrankenbolz  spricht. 

ALPZOPF,  m.  mythol.  s.  433. 

-ALRAUN,  ALRU.N,  f  von  dem  alterthum  dieses  worles  und 
krautes  ist  mythol.  s.  376.  480.  1153  näher  gehandelt;  der  spruch 
Alraun  du  vi!  guet  findet  sich  mit  abweichungen  anderwärts, 
z.  b.  in  Paulis  schimpf  und  ernst  cap.  156;  in  Jou.  Rhode 
lugendsamer  weiberspiegel,  Erfurt  1586  heiszt.es  bl.  ¥':  Irel 
in  ewren  garten,  sprechet  laut 

Alrun,  ich  rufe  dich  an, 

das  du  meinen  harten  man 

dringest  darzu, 

das  er  mir  kein  leid  nicht  ihul 
ebenda  F'  wird  gesagt:   freitag  das   ist  ein  heilige  zeit  und 
frawen  Venus  im  Höselberge  eigener  tag,  do  die  Alrunen  wo- 
nen.    Der  alraun  gedenken  viele  stellen :    H.  Sachs  II.  4,  4' ; 

dis  sein  die  quälen  dis,  und  die  vergifle  wunden, 
dagegen  auch  kein  safk  und  labsal  wird  gefunden, 
es  ist  kein  alraun,  wort  und  murmeln  dafür  gut. 
Werders  Ariost  30,  5. 

ALRAUNDELBERIN,  f.  kluge  frau  oder  hexe,  die  nach  al- 
raunen  gnibt:  welche  für  grosze  kühärztin  und  alraundelberin 
{hochdeutscher  telberin)  geacht  waren.    Fischart  Garg.  104*. 

ALS,  kürzung  von  alles  (nom.  und  acc),  mhd.  alle?,  er- 
scheint im  16  und  17  jh.  häufig,  wird  aber  später  und  im  rei- 
nen Stil  mit  recht  genxieden,  weil  es  sich  mit  als  =  also  mengt, 
und  ßr  den  vers  die  einsilbigkeit  auch  durch  unflectieries  all 
erreichbar  ist: 

merk,  durch  mein  kunst  ist  mir  bekam 
aller  menschen  auf  erden  stand, 
auch  wie  als  welter  ist  gethan, 
das  zeig  ich  nach  bedanken  an. 

Schwarzc^ibirc  120,  1; 
ich  hab  et  als  versucht.   II.  Sachs  I,  430*; 
gotl  es  doch  als  Im  besten  tbut.  I,  493^ ; 
16* 


247  ALS 

wie  Hans  Sachs  an  als  arges  spricht.  I,  494* ; 
wie  soll  man  nicht  als  guts  den  trauen? 

FiscüARi  schif  '59; 
und  dis  als  durch  ir  süszigkeit. 

lob  der  laute  s.  97; 
aber  es  dient  als  auf  ein  end.   s.  114: 

als  dein  leben,  per  omnem  vitam  tuam.  Garg.  90' ;  so  wer  es 
als  verlorn.  90'  und  zahllose  mal. 

Ausieichnung   fordert    dies    als,   wenn   es,    im  acc.  stehend, 
adverbialgeltung  empfängt  und  dem  mhd.  allej  semper,  continuo 
entspricht,  wofür  schon  unter  alles  =  alls,  lAs  einige  belege  : 
mein  pfennig  musz  es  als  hergeben.    H.  Sachs  1,449"; 
ir  habt  euch  selb  geweidnet  als, 
das  feist  fraszt  ir  in  ewren  hals.  I,  63'; 
und  was  sie  kan  aullreiben  als, 
musz  ir  doch  alles  durch  den  hals.  I,  449*, 

hier  folgt  alles  nach  und  das  vorausgehende  als  bedeutet  im- 
mer oder  nur,  was  sie  nur  auftreiben  kann,  o  als  nur  wisch  dar- 
aus gemacht!  Garg.m' ;  jung  schenks  als  ein!  lOl'.  so  fassen 
sich  auch  stellen  Dieterichs  vos  dem  Werder  in  seinem  Ariost : 

gleichwie  derirebs  als  thut,  wann  er  im  meere  schwimmt.  11,32; 
wann  nach  den  theilen  man  auch  nah  die  äugen  legte, 
die  sonsten  als  das  kleid  ihr  zu  bedecken  pflegte.  11,  66. 

Opitz  sagt  im  lob  des  kriegsg.  424: 

dein  volk  hat  tag  und  nacht  in  waffen  als  gewohnt, 

und  2, 106 : 

die  groszen  körper  auch, 
die  dementen  selbst,  die  werden  wie  geboren 
und  gehn  als  wider  ein, 

hier  aber  könnte  als  dem  wie  gegenüberstehn  und  so  ausdrücken, 
wie  sie  geboren  werden,  vergehen  sie  wieder. 

tragt  kind  und  wiegen  als  vom  weg! 

rückt  stül  und  benk  als  auf  ein  ort!   fastn.  sp.  1,  13.  15, 

entweder  fort  oder,  wahrscheinlicher,  alles,  alles  geräth.  Am  gan- 
zen Oberrhein  und  Main,  in  der  Wetterau  und  in  Hessen  bis  nach 
Thüringen,  Sachsen  hat  die  Volkssprache  ein  solches  als  lebendig 
erhallen  und  legt  ihm  etwa  den  sinn  von  immer,  gewöhnlich, 
zuweilen  oder  eben  bei,  doch  ohne  nachdruck,  so  dasz  man 
es  fast  dem  enclitischen  hall  anderer  gcgenden  an  die  Seite 
setzen  dürfte:  ich  gehe  als  dahin;  wir  sind  als  {in  einem)  zu 
gegangen;  du  List  als  gern  bei  mir  gewesen;  ich  habe  mich 
als  ordentlich  gefreut;  wir  waren  da  als  recht  lustig  zusam- 
men; er  redete  als  fort;  als  (zuweilen)  regnet  es  die  ganze 
woche  nicht;  sing  nur  als  zul;  ich  besinne  mich  auf  ein  lied, 
das  du  als  am  abend  auf  der  bank  sangst;  wir  wollen  als 
einmal  tanzen;  sonst  als  gefielst  du  mir;  sie  fiel  ihm  als 
um  den  hals  und  weinte;  wenn  es  als  voriibergieng,  so 
grüszte  er  freundlich;  wenn  ich  als  an  mein  glück  denke,  so 
scheint  es  mir  unbegreiOich ;  und  so  in  vertraulicher  rede  un- 
gemein oft.  Schon  der  Verfasser  des  Simplicissitnus  hebt  im 
Spessarter  dialect  des  jungen  Simplex  dies  als  hervor:  nein,  unser 
Ann  und  mein  meuder  haben  als  das  bette  gemacht.  1,  29 ; 
ich  hab  als  ein  ganzem  busem  voll  kirschen  gebrochen.  1,  30. 
GöTHE,  dem  es  doch  sehr  heimisch  sein  muste,  hütet  sich,  selbst 
im  Götz,  davor,  nicht  so  Bettine  und  mahler  Müller,  die  es 
gern  anwenden:  wenn  ich  dort  wohnte,  so  wollt  ich  als  nur 
die  sonn  und  feiertäg  zu  ihm  kommen  und  nicht  alle  tag. 
Bettine  1,  42;  da  zeigte  er  mir  auf  dem  schnee  die  spuren 
der  fischottern  und  da  war  ich  als  manchmal  recht  vergnügt. 
2, 189 ;  nu  will  ich  euch  ein  lied  singen,  das  eine  adliche  als 
gesungen,  wenn  sie  ihr  kind  eingewieget.  Fr.  Müller  1,  128; 
haben  wir  buhen  und  mädels  uns  oft  dort  herum  gelagert, 
haben  dann  als  die  schrift  gelesen.  1,  265;  lasz  als  Gun- 
delchenl  l,  308;  wie  oft  hab  ich  ihm  als  bulterbrot  und 
käsfladen  geschmiert.  1,  317.  Die  daneben  ausgedrückten 
noch  und  manchmal  sollen  dem  schon  dunkeln  sinn  der  par- 
iikel  nachhelfen  und  könnten  wegfallen,  ein  solches  als  würde 
unsre  rede  oß  schmeidigen,  träfe  es  nicht  im  laut  mit  als  = 
also  überein,  was  Zweideutigkeiten  herbeiführt,  auch  Stalder 
1,  98  führt  als,  ehdem,  immer  aus  Schafhausen  an.  vgl.  als- 
dann, alsfort. 

ALS,  für  den  gen.  alles  konnte  im  16  jh.  gerade  so  wie  ßr 
den  nom.  oder  acc.  vorkommen  und  erscheint  häufig  bei  H.  Sachs, 
z.  b.  in  dm  am  schlusz  seiner  gedichte  wiederkehrenden  war- 
ten alls  Ungemachs  für  alles  ungemachs.  auch  jene  unter 
alles  abgehandelte  schellformel  kürzt  oß  alles  m  als. 

ALS,  vieldeutige,  von  den  beiden  vorausgehenden  als,  die 
keine  Zusammensetzung  enthalten,  genau  zu  unterscheidende  par- 


ALS 


248 


tikel,  deren  schwankender  und  wechselnder  gebrauch  nur  histo- 
risch zu  entwirren  ist.  Die  gothischen  correlativa  sva  und  sve 
drücken  einfach  das  gr.  ovzcos  und  cos  aus,  ahd.  rinnen  beide 
nachtheilig  in  so  zusammen  und  svasve  wird  söso.  ihnen  bei' 
den  pflegt  auszerdem,  ohne  abänderung  des  sinns,  al  vorzu- 
treten, folglich  ahd.  also  bald  goth.  sva,  bald  sve  zu  bedeuten. 
Während  nun  im  lauf  der  zeit  also  für  ita  sich  erhielt,  wurde 
also  für  ut  mhd.  in  alse  und  als,  nhd.  durchgehends  in  als 
verdünnt  {das  ags.  ealsva  mit  ausgestosznem  1  sogar  in  engl. 
as  entstellt).  Die  kraß  von  also  ruhte  im  so,  nicht  im  al,  von 
dem  so  ist  aber  dem  als  nur  das  auslautende  s  geblieben,  folg- 
lich in  unserm  als  das  wesen  jener  goth.  partikeln  fast  nicht 
mehr  zu  erkennen.  Seitdem  auch  das  ursprünglich  nur  fra- 
gende wie  {goth.  hvaiva,  hve)  neben  so  und  als  in  die  reihe 
vergleichender  und  demonstrativer  conjunctionen  eintrat  {wah- 
res gebrechen  nhd.  zunge),  konnte  manigfache  mischung  und 
Verschiebung  der  ausdrücke  und  bedeutungen  gar  nicht  unterblei- 
ben, aus  einer  stelle  nach  der  andern  begann  der  eindring- 
ling  wie  das  alte  als  zu  stoszen,  ßr  den  heutigen  unterschied 
beider,  des  als  und  wie,  läszt  sich  ungefähr  der  maszstab 
des  franz.  que  und  comme  anlegen,  doch  mit  manchen  aus- 
nahmen und  zumal  abweichungen  der  jüngeren  spräche  von  der 
älteren. 

Bei  der  näheren  abhandlung  sind  das  vergleichende,  hinwei- 
sende und  consecutive  als  abzusondern. 
l.   Vergleichendes  als. 

l)  neben  dem  verbum.  goth.  atiddja  ahma  sve  ahaks.  Luc. 
3,  22;  ahd.  nidarsteic  sama  s6  tübä,  also  töbä;  mhd.  steic 
nider  alse  tobe ;  sleich  als  ein  pfäwe ;  spranc  als  ein  kinde- 
lin ;  lac  als  ein  t6ter  man ;  ir  strafet  mich  als  einen  kneht. 
nnl.  hij  spreekt  als  een  engel;  engl,  he  brightens  as  a  star, 
speakes  as  a  Her.  nhd.  früher  noch  als:  bist  doch  als  ein 
faul  holz.  Keisersr.  hell,  lewe  72' ;  das  du  zornig  werdest  als 
ein  wütender  hund.  72*;  hab  got  lieb  über  alle  ding  und 
dein  nechsten  als  dich  selber  {goth.  frijös  nehvundjan  ))ei- 
nana  sve  {)uk  silban),  auch  bei  Luther  Matth.  22,  39.  Marc. 
12,33  du  solt  deinen  nähesten  Heben  als  dich  selbst;  Adam 
ist  worden  als  unser  einer.  1  Mos.  3,  22 ;  wer  das  reich  got- 
tes  nicht  empfähet  als  ein  kindlein.  Marc.  10,  15;  dasz  auch 
Salomon  nicht  ist  bekleidet  gewesen  als  der  eines.  Luc.  12, 
27;  zubereilet  als  eine  geschmückte  braut  ihrem  manne. 
offenb.  21,  2;  ermahne  ihn  als  einen  vater.  1  Tim.  5,  2;  du 
tränkest  sie  mit  woUust  als  mit  einem  ström,  ps.  36,  9 ;  laszt 
uns  ehrbarlich  wandeln  als  am  tage.  Rom.  13, 13 ; 

hell  sich  als  ein  ehrlich  man.  H.  Sachs  I,  446'; 

m4ch  als  ein  armen  hund  austrieb,  daselbst; 

was  wöll  wir  als  die  narren  stehn.  1,476*; 

sei  dir  morgen  als  heut.   1,480'; 

merk,  tugent  plüt  hie  in  der  not 

als  in  dem  hag  die  rösle  rot.   Schwamenbkrc  129, 1; 

sie  trunken  als  sie  konten.  Fischart  Garg.  90'; 

er  hängt  seine  fochtet  an, 

die  er  zu  tragen  weisz  als  wol  kein  edelmann. 
Fleming  134 ; 

lebt  jemand,  welchem  nicht  vor  diesem  zucker  graue 
des  herschens  der  zuletzt  als  galt  und  essig  schmeckt» 
LoHENST.  Ibrah.  110,  693; 

er  stank  als  ein  höllischer  pfui.  pers.  rosenth.  1,  42 ;  schreiet 
überlaut  als  bei  uns  die  quacksalber.  8,  67;  wenn  ich  Un- 
wahrheit rede,  so  will  ich,  als  du,  ein  mahometiste  sein.  8, 
40.  Und  hin  und  wieder  noch  im  18  jh.  bis  auf  heute:  ich 
sah  als  im  gesiebt  {wie  in  vision).  Canitz  61 ; 

und  der  angstschweisz  deine  wangen 

als  mit  perlen  angefüllt.   175 ; 

seine  hörer  zu  bewegen 

sprach  er  als  ein  Cicero.   Hagedorn  2,  32; 

oft  schleudert  ein  orkan  sie,  als 

im  Schwindel  vorsieh  her.  Klopst.  1,  237; 
die  eilenden  reiter 

raften  gefangne  zusammen  als  sand.  11,  617; 

bleich  war,  als  nie  ein  sterblicher  bleich  war. 
Messias  10,  787 ; 

gehn  sie  nicht  mit  mir  als  mit  einem  fremden  um.  Lessing 
1,406; 

als  mord  und  todschlag 

klang  es  von  hier.  Göthr  11,  37; 

der  weltkrcis  ruht  von  Ungeheuern  trächtig, 

und  der  geburtcn  zahlenlose  plage 

droht  jeden  tag  als  mit  dem  jüngsten  tage.  13,  260; 

als  ich  in  gesellschafl  von  titanen 

mit  Peüon  und  Ossa  als  mit  ballen  schlug.  41, 137 ; 


249 


ALS 


ALS 


250 


man  unterhält  sich  manchmal  mit  einem  gegenwärtigen  men- 
schen als  mit  einem  bilde.  1",  213;  die  gegend  unter  dem 
schlösse  lag  als  ein  blanker  see.  22,  97;  die  ein  geklingel 
machten  als  die  vögel.  33,  270;  die  kinder  waren  sSmthch 
froh,  wolgemut  und  behaglich,  als  bei  einem  neuen,  wunder- 
samen, heitern  ereignis.  43,  266. 

Weit  aber  überwiegt  schon  wie :  kamen  wie  eine  grosze  menge 
heuschrecken.  rieht.  6,  5;  hast  mich  wie  milch  gemolken. 
Hiob  10, 10,  ICO  die  nnl.  bibel  als  melk  hat;  es  ist  dem  jün- 
ger genug,  dasz  er  sei  wie  sein  meister  und  der  knecht  wie 
sein  herr.  Mattb.  10,  25 ; 

kumbt  armut  wie  ein  gwapnet  man. 

e.  Sachs  1,443'; 

sauft  er  sich  vol  wie  ein  schwein.   445*; 

der  negt  gleich  wie  ein  maus.  46S' ; 

ein  jeder  rogel  sing  all  frisl 

wie  ihm  sein  schnabel  gwachsen  ist.  472'; 

on  Silber  gehnt  wir  wie  die  küh.  475*; 

blutn  wie  die  sew.   476*; 

sein  bechelbart  ist  ihr  wie  wollen.  Fischart  Garg.  72*;  geht 
im  haus  auf  wie  die  sonne.  75';  da  gedeiets  wie  hundisch 
trauben.  75*; 

ja  alle  prachl  und  prangen 

ist  wie  ein  rosenkranz.  Opitz  2,  208; 

der  ich  mich  dort  wie  ein  eule 

stets  im  wald  und  finstern  halt.   Fleii;«g  427 ; 

soffen  wie  die  kühe.  Simpl.  1,  100;  hielt  sie  wie  eine  klette. 
1, 109. 

Für  das  heutige  Sprachgefühl  musz  nur  wie,  riicht  mehr  als 
gesetzt  verden :  geflogen  kommen  wie  eine  taube,  fressen  wie 
ein  woIf,  brüllen  wie  ein  lüwe,  summen  wie  die  biene,  plau- 
dern wie  ein  papagei,  umgehen  wie  ein  widder,  gottes  reich 
empfangen  wie  ein  kind,  den  nächsten  lieben  wie  sich  selbst ; 
das  weitere  gibt  sich  wies  griechische.  Lessisg  1,  225 ;  gestern 
war  fener  am  hellen  tag,  es  brannte  wie  ein  blumenstrausz 
aus  dem  gaubloch  {giebelloch).  Bettixe  1,  39. 

Zuweilen  verbanden  sich  alte  und  neue  conjunction  su  ge- 
hdußem  als  wie: 

als  wie  in  dieser  stund  ein  freund  zum  freunde  kümpt. 
LoGio  1,  S9,  97; 

mit  Oeisze  wil  ich  sein  als  wie  ein  knecht  rerhaft.  2,  5,  7; 

bei  hofe  gilt  der  junge  rath  als  wie  ein  junger  wein.  2,  8,  24 ; 

zittert  er  als  wie  ein  laub.  2,  Sl,  11 ; 

wilt  du  als  wie  ich  will,  so  ist  gut  rath  den  sacben. 
Fleil^c  619 ; 

klopft  er,  so  musz  der  herr  als  wie  der  diener  gehn. 
Camiiz  50; 

er  donnert  unter  sie  als  wie  em  alpengewiiter. 
WiELASD  4,  32; 

es  glänzt  als  wie  durch  silberflor.  Göthe  3, 142; 

kann  ich  sie  nur  als  wie  im  nebel  sehn.  12, 124; 

hält  sie  ihn  kurz  als  wie  zuror.  2,  94; 

wir  sind  eben  sämtlich  als  wie  zuror.  3,  296; 

alles  ist  als  wie  geschenkt  3,  260; 

ich  riti,  als  wie  zum  zeitrertreib,  strasz  auf  strasz  ab.  8,  252; 

bedarf  er  nicht  der  nacht  als  wie  des  lags?  9,  199. 
dies  als  wie  kann  dem  rers  mit  einer  siibe  helfen,  ist  aber  in 
prosa  lu  meiden. 

2)  neben  dem  subst.  rerhält  es  sich  ebenso,  da  überall  ein 
verbum  hinzu  kann  gedacht  werden :  glauben  als  ein  Senfkorn. 
MatUi.  17,20;  äste  oder  reben  als  arm  oder  schenke!.  Ykvm. 
veltb.  6';  einen  weg  als  den  andern.  Simplic.  1,  239;  nun 
überlegen  sie,  was  für  .Schwierigkeiten  dieses  genie  in  einem 
lande  als  Deutschland  zu  übersteigen  habe.  Lessixc  4,  444. 
aucJi  hier  bald  mit  ül>erwiegendem  wie :  tausend  jähre  sind  tot 
■!ir  wie  der  tag,  der  gester  vergangen  ist.  ps.  90,5;  seine  ge- 

'nlt  war  wie  der  blitz.  Matth.  2'>,  23;  die  Zeiten  sind  als 
uie  ein  rad.  Locao  3,109,46.  heule  stets  wie:  werte  wie  ein 
.■■(  hwert ;  kinder  w  ie  die  Orgelpfeifen ;  einfalle  wie  ein  alt  haus. 

3)  neben  dem  positiv  des  adjeetivs.  golh.  hveils  svft  snaivs; 
ahd.  hül^  sA  snfo,  sama  so  snio,  also  snio;  mhd.  w1;  alsam 
sni*,  stille  alsam  ein  stok,  löter  »am  ein  Is,  swankel  als  ein 
ris.  nnl.  rood  als  bloed,  engl,  white  as  snow.  nhd.  bei  Lu- 
ther zuweilen  noch  als:  wasserreich  als  ein  garten  des  herm. 
1  Mos.  13,  10 ;  weisz  als  schnee.  Matth.  28,  3 ;  wcisz  als  ein  licht. 
17,  2 ;  süsze  als  honig.  Ezech.  3,  3 ;  wer  hadder  anfähet,  ist  gleich 

I         als  der  dem  wasser  den  dämm  aufreiszt  spr.Sal.  n,H;  weisz 

I         als  das  liecht.  Garg.  125'.    bald  wie :  seine  bände  waren  rauh 

wie  Esaus  bände,  l  Mos.  37,  23 ;  scbOn  wie  eines  königs  kinder. 


rieht.  8,  18;  roth  wie  blut  2  tön.  3,  J2;  seine  locken  sind 
schwarz  wie  ein  rabe.  hohe  lied  5, 11 ;  schön  wie  der  mond, 
auserwehlt  wie  die  sonne,  schrecklich  wie  die  heerspitzen. 
6,  9 ;  er  ist  süsze  wie  honig  im  munde.  Sirach  49,  2 ;  klar 
wie  ein  kristall.  offenb.  22,  1;  weich  und  lind  wie  die  nör- 
lingische  bett.  Fischabt  Garg.  76';  weisz  wie  topas.  77*;  schön 
wie  das  morgenroth  und  heiter  wie  der  tag.  Gellert  1,  109. 
heute  durchgängig:  grün  wie  gras,  blau  wie  der  himmel,  ge- 
sund wie  der  fisch  im  wasser;  das  wie  wurde  nothwendig, 
seit  als  hinler  dem  eomparativ  denn  verdrängte,  gehäuftes  als 
wie  auch  hier  fehlerhaft:  weisz  und  roth  als  wie  ein  wächsern 
bild.  Wieland  10, 1S4 ;  schön  als  wie  gegossen. 

4)  neben  dem  eomparativ  des  adj.  oder  adv.  der  positiv 
hält  gleichsam  die  ebene,  der  comp,  tritt  auf  andere  stufe,  hinter 
beiden  begehrt  reiner  Sprachgebrauch  verschiedne  conjunction, 
und  nachtheilig  kam  unsre  spräche  einigemal  in  die  läge,  eine 
und  dieselbe  in  beiden  fällen  zuzulassen,  das  franz.  rouge 
comme  sang,  plus  rouge  que  sang,  das  engl,  red  as  blood, 
redder  than  blood  wurden  bald  roth  als  blut  und  röther  als 
blut,  bald  roth  wie  blut  und  röther  wie  blut  wiedergegeben, 
diesem  misbrauch  steuert  die  heulige  regel:  roth  wie  blut  und 
röther  als  blut,  aber  mit  Zerstörung  des  älteren  Organismus 
(roth  als  blut,  röther  dann  blut).  golh.  darf  man  nach  dem 
comp,  noch  bloszen  daliv  ohne  parlikel  gewarlen:  hveitoza 
snaiva,  selbst  ahd.  hui^öro  snewa  =  candidior  nive.  mit  Par- 
tikel würde  stehn  hveitoza  J)au  snaivs,  huijöro  danne  sneo  = 
candidior  quam  nii.  mhd.  wijer  dan  sne,  grüener  dan  gras. 
nhd.  bei  Keisersberc,  Luther,  Frask,  H.  Sachs  und  andern 
in  der  ersten  hälfte  des  16  jh.  dan,  denn :  die  schlänge  war 
listiger  denn  alle  thiere.  1  Mos.  3,  1;  seine  äugen  sind  röt- 
licher und  seine  zene  wei.szer  denn  milch.  49,  12;  leichter 
denn  die  adeler  und  sterker  denn  die  lewen.  2  Sam.  l,  23; 
sie  sind  süszer  denn  honig  und  honigseim.  ps.  19, 11. 119, 103 ; 
ich  bin  klüger  denn  die  alten.  119, 100 ;  besser  dann  edelge- 
stein.  H.  Sachs  1,  477*;  ir  seid  vil  herter  denn  ein  fels.  1,478*; 
du  habst  die  magd  lieber  denn  mich.  1,  479*;  bistu  besser 
denn  der  und  die?  Keisersb.  hell,  lewe  73';  so  wer  er  gar 
Til  besser  dan  du  bist.  73* ;  nit  raer  dan  einmal.  71'.  in  der 
zweiten  hälfte  beginnt  aber  daneben  als  einzureiszen  und  Fi- 
schabt tonn  für  den  ersten  hervorragenden  Schriftsteller  gelten, 
bei  dem  nach  comp,  dan  t^nd  als  zusammen  angewandt  sind, 
schon  mit  vorgewicht  des  als:  meh  dan  dürftig,  gcistl.  lied 
«.  8;  du  redest  lieber  bös  dan  gut  und  lieber  falsch  dan 
recht,  j.  60;  wen  mags  frewen  mehr  dan  euch.  s.  93;  was 
kan  bessere  ru  dir  schaffen  dan.  s.  93;  die  tracht  mehr  all 
ding  zu  erfrewen,  dan  das  si  alles  scheuch,  lob  der  laute  99 ; 
Til  eh  dann.  114;  vil  meh  dann.  HS;  du  bist  mir  lieber  dann 
der  knecht.  Garg.  SS*,  hingegen :  sein  gestalt  ungeslalter  ist 
als  ander  leut.  geistl.  lied  24 ;  groszer  als.  63 ;  es  schluckt 
sich  besser  als  camelshaar.  Garg.  89';  die  (zunge)  ich  doch 
lieber  netz  als  ein  katz  die  tapen.  90';  da  haben  die  kein 
bessern  fund  können  erdenken,  als  den  irrgarten  (wulst  von 
kragen)  urab  den  hals.  113*;  etwas  mesziger  als.  114*;  ist  ge- 
warsamer  als  ein  kettenhund.  75*;  besser  als.  67';  mehr  als. 
68*;  wciszer  als  kein  ding.  125';  besser  als  ein  bischof.  57*. 
Im  17  jh.  gelangte  als  zu  noch  vollerer  herschaft,  nacJi- 
dem  es  beim  positiv  weggedrängt  war,  schien  ihm  der  platt 
hinter  dem  comp,  vom  eroberer  gleichsam  zur  entschädigung 
angewiesen,  und  heute  bildet  uns  als  die  berechtigte  compara- 
tivpartikel: 

ich  wil  mich  weiter  schwingen  als  durch  den  erdenkreis. 
Onri  2,  208 ; 

kein  mensch  dient  freudiger  als  ich.    Gellert  1,  71 ; 

sie  sind  von  besserm  ton  ({.  tbon)  als  wir.  1,  203; 
er  wollte  mehr  als  eine  frau  heiraten.  Lessimg  1,  234;  man 
kömmt  jetzt  mit  betriegem  weiter,  als  mit  ehrlichen  leuten. 
daselbst;  ärger  als  ein  tollhaus.  1,  243;  nicht  weiter,  als  sie 
einer  wol  eingerichteten  fabel  ähnlich  ist.  7,  85;  er  könnte 
mich  leicht  für  mehr  eitel  als  tugendhaft  halten.  2,139;  aber 
diesen  geck  und  diese  närrin  selbst  zu  sehen  ist  eckelhaftcr 
als  lächerlich.  7, 27 ;  jede  Ton  mir  aufgefangne  silbe  fürstlicher 
bezahlt,  als  er  noch  keine  gute  that  bezahlte.  Schiller  244; 
dasz  die  unruhigen  köpfe  auf  einen  weit  stärkern  schütz  rech- 
neten, als  sie  wirklich  Ursache  dazu  hatten.  846;  über  alle 
seine  truppen,  die  tapferer  als  zahlreich  waren.  851;  heute 
ist  allgemeine  regel  zu  sagen  weiszer  als  schnee,  grüner  als 
gras,  mehr  als  das.  Doch  erhob  das  wie  auch  hier  ansprüche, 
und  wenn  man  unterm  volk  täglich  hört:  weiszer  wie  schnee, 


251 


ALS 


ALS 


252 


ich  habe  ihn  lieber  wie  dich ;  so  folgen  ihm  nicht  blosz  nach- 
lässige Schriftsteller,  selbst  Lessing  gestattet  sich  älter  wie  dir.  2, 
487  und  Voss  röther  wie  Scharlach.  Luise  1, 138. 155 ;  lilüger  wie 
die  henne.  1,  453 ;  besser  wie  nacht.  //.  3, 11.  dennoch  bleibt  wie 
jetzt  noch  hierein  fehler  und  gleich  tadelhaß  scheint  auch  das  ge- 
AäM/leals  wie:  weiszer  als  wie  schnee.  Wieland  10, 319 ;  die  sah 
einem  a£fen  ähnlicher  als  wie  ihnen.  C.  F.  Weisze.  Zum  tröste 
gereicht,  dasz  das  alte  gute  denn  wenigstens  noch  im  höheren, 
feierlichen  stil  fort  besteht,  oder  wenn  die  nähe  eines  andern 
als  und  alles  übelstand  droht,  z.  b.  als  knabe  war  er  schö- 
ner denn  als  jüngling;  ihn  mag  ich  eher  als  feind,  denn  als 
freund ; 

lieber  mög  ich  das  volk  errettet  schaun  denn  verderbend. 
Voss  lt.  1,  117; 

höher  denn  alles  volk  an  haupt  und  mächtigen  schultern. 
3,  227 ; 

sonst  aber  auch  hier:  früher  erkennen  als  du.  1,547; 

viel  heilsamer  wäre  dir  solches 
als  nun  so  zum  gespött  dastehn.    3,  42; 
mit  stärkeren  männern  als  ihr  seid.    1,  261. 

5)  correlation  findet  auch  unter  1.  2.  3  statt,  obschon  die 
voraus  zu  denkende  erste  partikel  unausgedrückt  blieb,  steht 
ein  solches  so  und  zumal  also,  als  aber  ausgedrückt,  so  scheint 
es  auf  die  längere  abwehr  des  wie  einzuwirken  und  das  fol- 
gende als  zu  schützen,  goth.  sva  hveits  sve  snaivs,  sva  filu 
svS ;  ahd.  also  hui;  so  sneo,  also  sneo ;  mhd.  also  wi;  so 
sne,  als  sne,  also  liep  als  er,  also  sSre  als  diu  tier;  nicht 
anders  engl,  as  cold  as  ice,  as  many  as  there  are,  as  far 
as.  das  zweimalige  als  hintereinander  blieb  bis  ins  16;7t.  ge- 
läufig :  als  vil  als.  fastn.  sp.  29,  6 ;  schonet  ich  dein  als  we- 
nig als  mein.  38,  8 ;  sie  friszt  als  vil  als  meiner  drei.  H. 
Sachs  I,  452' ;  hab  es  gleich  als  gut  als  ich.  I,  453' ;  sie  ist 
gleich  als  bös  als  mein  weih.  I,  475' ;  du  bist  gleich  als  faul 
als  sie.  I,  47»';  nun  soll  mein  rüw  als  grosz  sein  als  der, 
den  ich  erzürnt  hab.  Keisersb.  hell,  lewe  74*;  ist  eben  als 
gut  ietz  gon  als  hernach.  74';  als  vil  als  in  not  ist.  74''; 
sind  denselbigen  {heidnischen  fürsten)  unterthenig  und  gehor- 
sam gewesen  eben  als  wol  als  wir  christlichen  oberkeiten 
gehorsam  schuldig  sind.  Luther  3,  350' ;  wo  es  als  wenig  am 
vermögen  als  am  willen  mangelt.  6,  330" ;  gleuben  als  wenig, 
das  gott  sich  irer  anneme,  als  Epicurus  gleubt  hat.  6,  388'; 
dennoch  können  weder  werke  noch  liebe  gott  versünen  oder 
als  vil  als  Christus  gelten.  6, 426' ;  allein  in  disem  gesetz 
erzeiget  er  sich  als  hart  als  stein  und  eisen.  6,  456';  etlich 
meinen  missa  kom  nicht  aus  dem  hebräischen,  sondern  sei 
als  vil  als  remissio,  Vergebung  der  sünden.  6,  465' ;  das  das 
schlicht  gethane  werk  eins  priesters  als  vil  gelten  solle  als 
der  tod  Christi.  6,  465';  als  oft  als  eine  ehesachc  vorfallen 
wird.  br.  5,  795;  als  oft  als  si.  Schwarzenb.  120,  1;  als  bald 
von  den  freunden  als  von  den  feinden.  Frank  wellb.  80'; 
sein  Schenkel  unten  als  grosz  als  oben.  197';  wan  eure  sünd 
als  rot  sind  als  Scharlach,  so  werdens  weiszer  dann  der  schnee. 
Reiszner  lerus.  1,  102';  er  ist  auch  wider  das  fegfeuer  also 
verwart,  als  der  da  senf  wider  den  donner  äsz.  Fischart 
bienkorb  243'.  Diese  als  —  als  weichen  allmälich  einem  so  — 
als,  so  —  als  wie,  so  —  wie.  er  war  so  schön  als  kein 
bäum.  Eiech.  31, 8 ;  so  weit  als  ferr  die  arzet  eine  ausle- 
gung  fmoen  möchten.  Fischart  ehez.  25;  schwieg  so  still  als 
eine  maus.  Simplic.  l,  112 ;  so  krebsroth  als  wann  ich  die 
haut  gefärbet  hätte.  1,  69;  so  viel  als  ihm  schmeckt.  1,  105; 
man  findt  kein  so  schönen  topf,  man  findet  als  ein  schönen 
deckel.  Agricola  104'; 

so  ruhig  als  ein  gott  und  als  ein  gott 

80  schrecklich.        E.  von  Kleist  2,  106; 

und  malet  so  geschickt 

als  es  die  kunst  begehrt.    Gbllert  1,206; 

doch  hab  ichs  im  verdacht  so  gut  als  den  Mortan.    3,  3S5; 

80  fßhit  ich  schon  die  selgcn  triebe 

80  stark  in  mir,  als  ich  sie  nie  gefühlL    1,  216; 

dasz  er  so  grosz  als  mancher  ochse  war.    1, 158; 

der  brief  wird  ihnen  einmal  so  lieb  sein  als  ein  hocbzeits- 
carmen.  Rabener  6,  53 ; 

damit  ich  dich  so  glücklich  mache 
als  du  verlangst.        Wieland  9,  83; 

er  versprach  so  zahm  und  unschuldig  zu  sein  als  ein  lamm. 
12,  325;  er  war  just  so  ein  zcisig  als  du.  Gotter  3,  487; 
dasz  ihr  doch  immer 
80  gut  als  klug,  so  klug  als  weise  seid.    Lessing  2,  210 ; 


die  beobachtung  war  so  schnell  als  richtig.  2, 141 ;  das  ver- 
gnügen ist  so  nöthig  als  die  arbeit.  1,  218;  das  weisz  ich 
so  wenig  als  du.  1,  269 ;  so  schnell  als  der  Übergang  vom 
guten  zum  bösen.  2,  493; 

und  so  weit  man  vorschaut  als  fliegt  der  geworfene  feldstein. 
Voss  IL  3, 12 ; 

heute  ist  es  so  schön  als  möglich.  Göthe  28,  77 ;  denn  se- 
hen sie,  so  ein  armes  mädchen  als  ich  bin.  24,  270 ;  wie  ge- 
fällt er  dir?  als  mir  nicht  leicht  ein  mann  gefallen  hat.  42, 
74  (8,  58  steht  wie) ;  um  sich  so  viel  als  möglich  zu  denken. 
Klinger  l,  490;  eine. so  lautere  gesinnung  als  gefordert  wird. 
Kant  6,  232. 

Gehäußes  als  wie  scheint  hier  der  schwere  des  satzes  nicht 
unangemessen  : 

ein  ungerechter  herr  so  wenig  recht  regieret, 

als  wie  der  wolf  die  schaf  auf  sichre  weide  führet. 

pers.  rosenth.  1,  8; 
so  blickt,  mit  bloszem  geist,  ein  mann 
sein  unverschuldet  misgeschicke 
betrübt,  doch  so  betrübt  nicht  an, 
als  wie  der  thor  mit  bloszem  glücke.    Gökingk  1, 182; 

wir  möchten  jede  that 
so  grosz  gleich  thun,  als  wie  sie  wächst  und  wird. 

Göthe  9,  32 ; 
es  liegt  die  weit  so  klar  vor  seinem  bUck 
als  wie  der  vortheil  seines  eignen  Staats.    9,  127; 

ich  bin  nicht  mehr  ich  selbst, 
und  bins  doch  noch  so  gut  als  wie  ichs  war.    9,  195; 
du  bist  so  elend  nicht  als  wie  du  glaubst.    9,  243; 
jph  sah  dabei  wol  so  ein  ding 
als  wie  eine  art  von  perlenschnüren.    12,  193; 

daran  aber  war  nun  gar  nicht  zu  denken,  so  wenig  als  wie 
an  irgend  eine  schickliche  vermittelung.  25,  355.  dem  sinne 
nach  schiene  von  beiden  conjunctionen  eine,  als  oder  wie,  ent- 
behrlich. 

Das  so  —  als  entspricht  dem  lat.  tam  —  quam,  tantum  — 
quantum,  dem  nnl.  zoo  —  als:  zoo  heet  als  vuur,  dem  franz. 
aussi  —  que:  Tun  est  aussi  hon  que  l'autre,  il  mange  autant 
que  l'autre,  il  est  aussi  grand  que  vous,  und  auch  hier  wäre 
comme  l'autre  comme  vous  unslatlhaß.  doch  it.  heiszt  es 
egli  e  cosi  grande  come  voi,  nicht  che  voi,  auch  wir  schwan- 
ken heute  und  längst  zwischen  so  grosz  als  und  so  grosz  wie  • 

kleiner  und  nicht  so  grosz  wie  der  Telamonier  Aias. 
Voss  It.  2,  528; 

der  mich  so  wie  Dafnis  meint.    Flebing  425 ; 

ist  eben  auch  wie  die  gestorben.    Opitz  2,  212; 

ward  so  roth  wie  eine  glühende  kohle.  Simpl.  1,  118 ; 

so  grosz  wie  alle  hunde  sind.    Gellert  1,  158; 

so  scheckigt  wie  ein  specht.    3,383; 

so  sprang  der  philosoph  so  gut  wie  er  hinein.    1,  203; 
dasz  ich  so  ein  müsziggänger  bin  wie  er.    Lessinc  1,  218.  so 
wenig  wie  ich.  I,  220.     in  der  that,    wenn   sonst  das  alte  als 
dem  wie,  aurße  es  ihm  auch  hier  weichen,     die  vorausgehende 
Partikel  hatte  ihm  nur  längeren  anhält  gegeben. 

6)  während  auf  einer  wie  folgt,  musz  auf  ein  andrer,  kei- 
ner, niemand,  überhaupt  auf  verneinende  Wörter  als  folgen, 
anderheit  und  Verneinung  schreiten  über  die  gleichheit  hinaus, 
das  wie  nach  ein  entspricht  dem  wie  nach  positiven,  das  als 
nach  ander  dem  als  nach  comparativen.  man  sagt :  einer  wie 
du  (deinesgleichen),  ein  mann  wie  du,  leute  wie  du,  men- 
schen wie  ich  und  du,  einer  wie  alle,  alle  wie  einer,  einer 
wie  der  andre,  einer  wie  keiner,  ein  andrer  als  du,  andre 
als  du,  unter  andern  leuten  als  du  bist.  Lessing  1,  233;  je- 
der andre  als  er,  allen  andern  als  ihnen  wäre  recht  gewe- 
sen, andre  leute  als  du  bist,  kein  andrer  als  ich,  ich  sage 
es  keinem  andern  als  ihm,  das  weisz  niemand  als  gott  und 
ich,  meine  umstände  die  kennet  niemand  als  gott  und  ich. 
Gellert  9,  42;  offenbaret  das  geheiinnis  niemand  als  ihm; 
es  ist  nicht  anders  als  zu  lohen,  als  lobenswerth;  es  ist 
gar  nichts  als  das;  er  ist  nichts  als  ein  augendiener;  dasz 
sie  nichts  als  meine  pflegetochter  ist.  Lessinc  2,  341; 

an  mir  als  die  gestalt  war  sonsien  weibisch  nichts. 

Fleming  114; 
das  ist  nichts  als  ein  bloszcr  wahn.    Opitz  2,  200; 
ich  war  nirgend  als  bei  dir.    2,192; 
nirgend  war  als  bei  den  schafcn.    2,206; 
von  nichts  als  stümpern  reden.   Gellert  1,  216; 
nichts  so  sehr  gewünscht,  als  stets  um  dich  zu  leben.  3,395; 
mein  herz  glaubt  weiter  nicbu,  als  was  die  äugen  sehen. 
3,396; 


253  ALS 

nichl  so  bleich,  als  du  jetzt  bist.    Klopsi.  8,  30; 
erwarte  nichts  mehr  als  von  deinem  schwert. 
Schiller  454; 

ihn  ohne  alle  andre  rechenschaft 

als  meinen  willen  aus  der  well  zu  schaffen.    568; 

ich  dacht  in  meinem  leben 
Tom  schönsten  glück  verkündung:  nicht  zu  geben, 
als  diese  die  mich  hoch  beglückt.    Göthe  41,  64; 
sie  sieht  keine  rettung  als  sie  musz  das  kind  entfernen.    17, 
144 ;  nicht  sowol  ich  als  er.  Lessing  1,  265 ;  es  ist  nichts  an- 
deres   möglich,     als    dasz    du    ihm    nachgibst;    nicht    anders 
geschehn    könnte    es,    als    wie    er    meint.     Das    franz.    Tun 
comme  lautre.    Tun    comme    tous,    autre  que  lui,    personne 
que  lui  entspricht  nach  dem  allgemeinen  maszstab  und  ebenso 
folgt  nnl.  auf  een  als,  auf  ander  dan :    het   eene   is  als  het 
andere,   niemand  anders   dan   hij,   dat   was   een  andere  bref 
dan  de  eerste.     unsere  frühere   das   wie    noch   nicht    verglei- 
chend anwendende  spräche  würde  ebenfalls  nach  ein  als,  nach 
ander  dann  gesetzt  haben: 

0  gott,  ich  sag  dir  lob  und  eer, 
das  ich  kein  sünder  bin  als  der. 

SCHWARZEMBERG  11t,  2. 

Verschieden  von  dem  niemand  als,  keiner  als  ist  aber,  icenn 
tcir  sagen:  niemand  hätte  wie  du,  keiner  wie  er  gehandelt, 
denn  hier  gehört  das  wie  zu  handeln  und  die  vollständige 
phrase  würde  lauten :  niemand  als  du  hätte  gehandelt  wie  du. 

7)  gar  häufig  p/legt  eine  oder  die  andere  der  beiden  corre- 
lativpartikeln  auszufallen,  neben  den  adv.  viel,  oft,  fern,  sehr 
kann  ein  bloszes  als  der  älteren,  ein  bloszes  so  der  neueren 
Sprache  die  Verschmelzung  der  beiden  Satzglieder  bewirken:  wir 
wollen  thun  als  ^iel  (als)  an  uns  ist.  Luther  4,  494';  als 
Til  (als)  nun  das  gesetze  belanget.  Agbicoia  spr.  18';  als  oft 
(als)  si  essen,  haben  si  ein  besonder  gebet.    Frask  weltb.  152' ; 

als  oft  (so)  Phöbe  ihren  glänz 
macht  zwölfmahl  halb  und  zwölTmahl  ganz. 
Weckherli:*  461 ; 

gibt  dir  ein  armer  freund  als  viel  (als)  er  eeben  kan. 
Opitz  1,  299; 

J  heute:  so  viel  (als)  an  uns  ist,  so  viel  (als)  nun  anlangt, 
so  oft  (als)  sie  essen,  so  viel  (als)  er  geben  kann,  so  sehr 
(al^  ich  dich  liebe,  um  den  vollen  eindruck  des  Satzes  zu 
fassen,  musz  man  in  gedanken  ergänzen,  die  zweite  partikel 
fehlt,  wenn  es  heiszt:  so  gut  (als)  er  konnte;  so  lieb  (als) 
ich  dich  habe; 

ein  sehr  geschickter  candidat 

tbat  auf  dem  dorfe  seine  probe, 

allein  so  gut  (als)  er  sie  gethan, 

so  stund  er  doch  den  bauern  gar  nicht  an. 
Gellkrt  1,  204. 

hingegen  die  erste  in  folgenden  Sätzen:  sein  säur  sehen  ist 
ihr  (so)  als  wann  ein  vatter  mit  dem  kind  mummeis  spielt. 
FiscH.\RT  Garg.  71" :  alles  auf  den  feldcm  steht  (so)  prächtig, 
als  sei  die  vollste  ernte  zu  gewarten ;  du  zielst  (so)  auf  mich 
hin,  als  wolltest  du  mir  die  brüst  durchbohren;  mir  ist  (so), 
als  hätte  ich  ihn  schon  irgendwo  gesehn; 

mir  hu  denk  ich  an  dich, 

als  in  den  mond  zu  sehn.    Göthe  1,  110; 

es  ist,  als  da  sich  die  kinder  goltes  mit  den  töchtem  der 
menschen  vermählten.  27, 166 ;  und  diese  stellen  weisen  auch 
kier  ein  vom  Vordersatz  geschütztes  als,  da  im  franz.  comme, 
nichl  que  folgen  würde,  daher  stimmt  zu  dem  nhd.  als  hier 
das  mhd.: 

mir  ist  als  dem  der  da  hat  zewant 

sinen  muot  an  ein  spil.    M^.  1,  $'; 

mir  ist  als  ich  niht  lebende  sl.    2,  206*; 
fMli^  steht  auch  schon  einmal  wie: 

mir  ist  wiej  {oder  wies?)  alle;  rösen  trage.    1,  3', 

vielleicht  weil  als  alle;  anstosz  gab.  eine  menge  von  als  dasz, 
als  ob,  als  wenn,  als  um  zu  haftet  in  unsrer  hetitigen  spräche 
fest  und  war  schon  in  der  früheren  begründet: 

sie  (die  tiut  tu  dichten)  wird  mir  nutzer  sein, 
als  dasz  mein  sinn  im  wein  und  wein  schwümm  in  dem   sinne, 
als  dasz  der  spieler  dank,  der  schlecht  ist,  ich  gewönne, 
als  dasz  ich  mich  befliss  auf  hundsphilosophei. 

LoGAU  1,  97; 
und  WM  w«r  das  geheimDis !  als  dasz  Demeter  die  grosze. 

GöTBK  ],  276; 
ja  muler.  er  macht  wol  ein  schein, 
•prach  sie,  als  ob  er  heisz  der  gütle  (d.  i.  gute  twlde), 
doch  bald  er  abzog  das  gasihülfe.    H.  Sachs  I,  444'; 
und  sich  erzeigt  in  allen  dingen, 
als  ob  er  in  den  flusz  wolt  springen.    I,  448'; 


ALS 


254 


machten  eine  miene, 
als  ob  sie  sich  an  mir  schon  satt  gesehn.    Gellest  1,  215; 

wobei  das  ob  auch  wegbleiben  und  als    gleich   zu   dem   voran 
gerückten  verbum  construiert  werden  kann: 

was  darfst  du  in  die  hewser  schleichen. 

als  wolst  du  stein  oder  fewr  einlegen  ?    H.  Sachs  I,  470* ; 

als  etwas  guts  dabei  sott  sein 

in  fullerei  durch  bier  und  wein.    Schwarze5bkkg  144,'2; 

es  ist,  als  für  uns  stünde 

sein  schatten  und  nicht  er.    FlexixgS; 

als  wäre  dies  für  dich  die  liebste  neuigkeit.    Gellert  1,  65; 

weil  es  mir  schien,  als  wollte  man  mich  küssen.    1,  215; 

damit  sie  aber  nicht  glauben,   als   handelte   ich   übereilt,   so 
lesen  sie  hier.  Göthe  14,  172 ; 

noch  niemand  könnt  es  fassen, 
wie  seel  und  leib  so  schön  zusammenpassen, 
so  fest  sich  halten  als  um  nie  zu  scheiden, 
und  doch  den  tag  sich  immerfort  verleiden.    41,  107. 

OMCA  in  solchen  ßgungen  droht  das  wie  vorzudringen:  du 
brichst  über  ihn  den  stab,  wie  wenn  er  schon  verurtheilt 
wäre,  obgleich  tadelhaft,  dem  franz.  comme  si  zum  trotz, 
neuere  dichter  lassen  vor  dem  ob  umgekehrt  das  als  ireg: 
(als)  obs  der  erste  welttag  sei.  Wilh.  Ml-ller  1,  93. 
S)  ohne  correlatiun  enthält  nicht  selten  ein  Zwischensatz  die 
vergleichende  partikel,  wo  goth.  bald  sve,  bald  svasve  gesetzt 
wird:  sve  gamelij)  ist.  Marc.  1,  2;  svasve  gameiij)  ist.  Marc. 
9,  13.  ahd.  sosö  zam,  süsö  quidu  (Graff  6,  17) ;  mhd.  als  ich 
iu  bescheide,  als  ich  sage,  als  im  gezam ;  als  er  mit  der 
gürlel  bevangen  ist.  Chmel  fontes  l,  2S4  (a.  1299).  nhd.  als 
geschrieben  steht.  Marc.  1,  2;  und  häufig  in  Luthers  Schrif- 
ten :  als  ich  sage,  als  vor  gesagt  ist,  als  auch  Äugustin  spricht, 
als  denn  oft  geschieht;  denn  freilich  e.  k.  gn.  lande  die 
allerbesten  und  meisten  guten  pfarrer  und  prediger  haben, 
als  sonst  kein  land  {sie  hat),  br.  4,  21 ;  geschickt  zum  streit 
in  bogen  und  andern  wühren,  als  kaum  ein  volk.  Fea.nk 
weltb.  139'; 

ein  fürst  der  weit  bin  ich  erkcnt, 
als  mich  dann  Christus  selben  nennt. 

Schwarze.^berc  128,2; 
wer  sich  vil  fült,  als  man  oft  thut, 
das  schadet  seel,  eer,  leib  und  gut.     144,  2; 
drümb  Ennius,  der  frum  poet, 
sprach,  als  vop  im  geschriben  steht.    151,2: 
er  sagt  in  Schweiz  ein  bruder  was. 
der,  als  man  sagt,  nichts  trangk  noch  asz.    152,  2; 
als  ich  ilzt  kürzlich  hab  gemell.    152,  l; 
zu  Marpurg  wird  fast,  als  ich  acht, 
das  allerbeste  bier  gemacht.    Er.  Albbrds  141 ; 

als  da  steht.  Fischart  bienenk.  154';  als  mancher  thut.  Garg. 
90' ;  ich  gebe,  als  ichs  gefunden  habe.  Micräliüs  2,  299 ; 

ein  gar  zu  blödes  aug.  als  oOmals  ist  geschehn, 

hat  das,  was  ihm  gesollt,  versäumt,  verschämt,  versebn. 

LoGAD  2,  12,  37 ; 
ich  thu,  als  du  gesagt.    EorrnAyrtswkLOkv  getr.  tdi.  50; 
als  man  uns  glauben  machet, 
hat  er  dreimal  gelachet.    Fleäisc  377  ; 
achtmal  hat  nun,  als  ich  zähle, 
Föbe  volle  hömer  kriegt.    420; 

sein  ehrgeiz  brachte  ihm,  als  wir  nachmals  hOrea  werden, 
den  Untergang.  Hab:«  2,  233; 

als  er  verhiesz,  der  vergeller.    Kiopst.7,  282; 

als  du  thust.     8,  186; 

er  war  sehr  zornig,  als  du  abschied  nahmst? 

als  ich  ihn  nie  gesehn.    Göthe  8,  153, 

in  welcher  letztem  stelle  als  doch  eher  eorrelativ  ist. 

Indessen  risz  auch  in  dieser  ßgung  frühe  schon  das  wie 
statt  als  ein  und  bereits  bei  H.  Sachs  I,  473  begegnet  man 
einem:  wie  obgemelt.    noch  geläufiger  wird  es  späterhin,  z.  b. 

wie  man  mir'erzählt.    Gellert  i,  60; 

wie  es  ihm  gebührte.    1,  165, 

heute  würde  als  man  sagt,  als  wir  wissen,  als  mich  diinkt, 
Jans  steif  lauten  und  es  heiszt:  wie  man  sagt,  wie  wir  wis- 
sen, wie  mich  dünkt.  Diese  construction  bildet,  da  in  ihr  die 
vergleiehung  schwach  ist,  den  Übergang  zur  folgenden  gattung. 

11.  DemonstrcUives  als. 

von  geringerer  wirksamkeil,  was  schon  daraus  folgt,  dasz 
es  häufig  ganz  unterbleiben  kann. 

1)  bei  vielen  rerbis  hebt  sich  das  im  nom.  stehende  prctedi- 
cat  durch  ein  als  hervor,     die  mhd.  und  ahd.  spräche,   gleich 


255 


ALS 


ALS 


256 


den  classischen,  ja  den  meisten  übrigen  enthielt  sich  hier  noch 
ganz  der  partikel  und  setzte  den  reinen  nominativ:  des  starb 
er  mensche  und  starb  niht  got;  si  gebar  in  maget;  ich 
scheide  iuwer  gevangen  hin,  d.  h.  mensche  wesende,  maget 
wesende,  gevangen  wesende;  er  wart  gekorn  künec,  gewihet 
bischof,  genant  Artus,  wir  sagen  noch  beute:  er  ward  Ar- 
tus genannt,  aber  zum  könig  erwählt,  zum  bischof  geweiht 
und  für  mensch  wesend  sagen  wir  als  mensch,  doch  den 
bloszen  nom.  gewähren  noch  frühere  wie  neuere  beispiele: 

die  engel  in  dem  trone 

werden  dem  käppiin  Ionen, 

dasz  ich  mägdhn  von  euch  kam.    ÜHtAND  246; 

bistu  ein  inecht  berufen,  sorge  dir  nicht.  1  Cor.  7,  21,  goth. 
skaiks  gala|)6j)S  vast,  ni  karös,  servus  vocalus  es,  non  sit  tibi 
curae; 

das  er  ir  Schöpfer  ward  erkant.    Schwarzenberg  98,  2 ; 
und  dürfe  ferner  nicht  ein  armer  sclave  leben 
der  fremden  pralerei.    Locaü  2,  56,  13; 
goit  sitzt  könig  immerdar.    Opitz  ; 
da  ward  er  böse,  zornig, 
ein  kleiner  Mars  stand  er.    Gleim; 
ich  stand  vor  ihm  gerüstet 
ein  andrer  Goliath,    derselbe; 
zwar  unser  vater  ist  nicht  mehr, 
jedoch  starb  er  ein  held.    derselbe; 
bald  fliegst  du  braut  im  reihn!    Voss; 

dasz  ich  ein  bettler  geboren  werden  durfte.  Schiller  3,  128 ; 
wenn  ich  wieder  kehre,  so  erscheine  ich  ein  furchtbarer  rit- 
ten Klinger  5,  135;  und  ich  werde  der  seligste  unter  den 
glücklichen  wohnen.  10,  240.  Vermag  das  die  prosa  noch,  um 
so  entbehrlicher  kann  dies  als  dem  dichter  sein,  in  der  regel 
aber  mangelt  es  weder  in  prosa  noch  poesie:  Maria  gebar  als 
Jungfrau,  Christus  starb  als  mensch,  Napoleon  herschte  zehn 
jähre  als  kaiser,  ich  verlasse  dich  als  besiegter,  scheide  von 
dir  als  dein  freund,  gleich  das  erstemal  trat  er  als  fertiger 
Schauspieler  auf;  ein  prächtiges  kleid,  das  sie  als  braut  trug; 
Venus  leuchtet  abends  als  ein  heller  stern;  als  ein  böte  des 
himmels  erschienst  du  mir.  wir  sind  stets  als  ein  fluch  der 
weit.  1  Cor.  4,  ii,  tanquam  purgamenta  liujus  mundi  facti  sumus ; 

drum  nennt  mir  nur  geschwind 
den  mann,  der  ihr  als  bruder  oder  ohm, 
als  vetter  oder  sonst  als  sipp  verwandt. 

Lessing  2,  326; 
der  ich  mich  auf  den  erwerb  schlecht,  als  ein  dichter,  verstand. 

GöTHE  1,  357; 
wie  er  lächelte  bescheiden  weise, 
als  den  unverständigen  bedauernd.    2,  110; 
stand  ich  als  in  finsternis  geblendet.    5,  244; 

Flavio  stürzte  herein,  zerfetztes  kleides,  wie  eines  der  durch 
dorn  und  dickicht  durchgestürmt,  greulich  beschmutzt,  als 
durch  schlämm  und  sumpf  herangewadet.  22,  87 ;  ich  eilte 
nach  um  als  der  erste  zu  erscheinen.  26,  II ;  hunderte  be- 
schäftigen sich  laufend,  springend,  mit  hastigem  ungethüm, 
als  jagend  und  verfolgend.  43,  267;  ich  war  als  leicht  ge- 
kleidet wirklich  durchgefroren.  48,  21.  wo  Göthe  seiner  na- 
lur  folgt,  wird  er  das  als  kaum  unterdrücken,  eher  wenn  er 
antikes  metrum  nachbildet,  z.  b.  40,  341 : 

da  senkten  sich  Hektors  gebeine 
nieder  und  asche  lag  der  edelste  Troer  am  boden ; 

oder  im  letzten  theil  des  Faust; 

schon  schien  die  list  dem  Juden  als  gelungen. 
Lessing  1,  33. 

m  der  letzten  stelle  wäre  das  als,  füllte  es  nicht  das  metrum 
aus,  entbehrlich,  in  den  meisten  andern  würde  sein  abgang 
die  rede  steif  und  ungewohnt  machen,  das  kleid  das  die  braut  trug 
könnte  eben  wol  ausdrücken  sollen:  sie  die  braut,  das  blosze 
böte  den  vocativ  meinen.  Wie  hingegen  an  des  als  stelle  ge- 
setzt würde  einen  ganz  andern  sinn  herbeiführen,  Christus 
starb  wie  ein  mensch,  in  menschlicher  gebärde,  N.  herschte 
wie  ein  kaiser,  kaiserlich,  V.  erschien  wie  ein  heller  stern, 
hell  leuchtend,  nicht  ein  mensch,  kaiser,  stern  seiend,  ich 
befehle  als  lierr,  weil  ich  herr  bin,  ich  befehle  wie  ein  lierr, 
in  eines  herm  weise,  der  sich  auf  herschen  versteht.  Andere 
mal  mag  es  gleichgültig  sein,  als  oder  wie  zu  verwenden:  er 
gieng  in  die  gefahr  als  ein  beherzter,  wie  ein  beherzter  mann, 
lag  da  als  ein  todter,  wie  ein  todter  auf  der  erde,  doch 
würde  auch  mhd.  ein  unterschied  fühlbar  sein  zwischen :  d4 
lac  er,  ein  töter  man  und  di\  lac  er  als  ein  töler  man. 
zuweilen  mögen  den  als  noch  verstärkende  Partikeln  zutreten: 


ich  sage  es  gleich  als  dein  freund ;  nicht  insofern  als  mein 
vater,  sondern  insofern  als  einer,  der  mich  zuerst  geschlagen 
hätte.  Lessing  1,  250. 

2)  noch  minder  weicht  als  vor  dem  acc. :  denn  mit  solchem 
Unglauben  machestu  deinen  gott  als  einen  lügener.  Luther 
1,  64';  wir  ehren  gott  als  unsern  vater;  ich  betrachte  dich 
als  meinen  freund;  sehen  sie  mich  als  ihren  vater  an.  Got- 
ter 3,  29 ;  und  finde  den  lehrer  als  einen  ganz  allerliebsten 
mann.  Göthe  24,  184 ;  ich  sehe  es  als  fügung  des  himmels 
an ;  ich  gebe  dir  den  ring  als  ein  zeichen  meiner  freund- 
schaft;  ich  grüsze  dich  als  alten  bekannten;  dieses  amt 
dächtest  du  dir  als  das  gröszte  glück ;  man  trug  ihn  als  einen 
todten  von  dem  Schlachtfeld;  kannt  ich  nicht  den  patriarchen 
schon  als  einen  Schurken?  Lessing  2,  340.  Doch  einzelne 
verba  gestatten  neben  dem  als  orfer  lieber  noch  für  (s.  für): 
ich  lege  es  dir  als  eitelkeit  aus,  für  eitelkeit  aus.  Die  ab- 
wesenheit  der  partikel  würde  meistens  gar  den  sinn  ändern 
und  z.  b.  ich  erkenne  dich  freund  auszudrücken  scheinen  co- 
gnosco  te,  amice,  nicht  cognosco  te  amicum,  so  zwingt  die 
unvollkommenheit  unsrer  flexion  uns  zu  neuen  behelfen.  Einige 
verba  wie  nennen,  wissen,  glauben  leiden  kein  als :  ich  nenne 
dich,  glaube  dich  meinen  freund,  weisz  dich  glücklich,  wie- 
der andere  gestatten  gebrauch  oder  auslassen  der  partikel:  er 
fühlt  sich  als  mann  oder  mann;  mhd.  man  erkennet  si  dag 
beste  w5p.  MS.  1,  42'; 

hat  der  sich  einen  mann  bewiesen  ?    Göeingk  2,  115 ; 
hat  der  sich  einen  mann  gezeigt?    2,  117; 

sich  glücklich  fühlen,  unerschrocken  zeigen.  Und  bei  solchen 
Wörtern  kann  das  praedicat  vom  acc.  sich  zum  subject  des 
Satzes  in  den  nom.  gezogen  werden:  ich  fühle  mich  nun  wie- 
der der  mann,  der  ich  war.  Klinger  5,  135 ;  er  zeigte  sich  als 
ein  wahrer  held  oder  als  einen  wahren  beiden. 

3)  beim  gen.  und  dat.  wird  als  entbehrlich,  sobald  man 
sie  appositioneil  auffaszt:  ich  gedenke  dein,  meines  alten 
freundes;  ich  sage  es  dir,  einem  verständigen  manne  statt 
dein  als  meines  fr.,  dir  als  e.  v.  m. ;  dem  ihr  sonst  sclila- 
fendem  vorüber  zogt.  Göthe  5,  55. 

4)  ßr  hinweisungen,  aufzählungen,  anführungen  pflegt  als 
im  sinne  von  nemlich,  das  heiszt,  zu  wissen  {franz.  k  savoir, 
savoir)  einzuleiten:  diese  krankheit  hat  verschiedne  Ursachen, 
als  kälte,  nässe,  zugluft;  drei  pferdemängel,  als  stetig,  star- 
blind, hartschlechtig;  drei  geschlechter,  als  mann,  weih,  kind; 
in  etliche  ire  dörfer,  als  nemlich  gen  Grabe,  Bolstat,  Germar 
und  Ammer.  Bange  thür.  chron.  211* ;  bittere  kräuter,  als 
beiden  oder  klein  pfrimmen,  eltz  oder  alsem.  Sebitz  25;  hat 
burgermeister  und  rath  eine  biersteuer,  als  vier  gülden  vom 
breusel  angeordnet.  Micräliüs  o.  P.  4,  26 ;  rechnung  was  ich 
an  schneiderarbeit  gemacht,  als  «.  s.  w.; 

ja  senden  wird  der  herr,  was  die  weit  nicht  vermag, 
als  nemlich  seine  gnad  und  warheit.    Weckherlin  179; 

an  einer  oder  mehrern  dieser  bequemlichkeiten  fehlt  es  den 
neueren  sprachen  durchgängig,  diejenigen,  als  die  französische, 
welche  jenes  —  umschreiben  müssen,  drücken  den  sinn  aus, 
aber  vernichten  das  gemählde.  Lessing  6,  479 ;  die  gewöhn- 
lichen ritterlichen  Übungen  fortsetzten,  als  jagen,  pferde  kau- 
fen, tauschen,  bereiten  und  einfahren.    Göthe  17,  36. 

5)  dem  relativpronomen  tritt  als  hervorhebend  bei,  wie  lal. 
quippe  dem  qui:  ich  wil  des  menschen  leben  rächen  an 
einem  jeglichen  menschen,  als  der  sein  bruder  ist.  1  Mos. 
9,  5 ;  als  der  ich  voll  schmach  bin.  Hiob  10,  15 ;  ihr  habt 
diesen  menschen  zu  mir  bracht,  als  der  das  volk  abwende. 
Luc.  23,  14 ;  wollten  sich  in  diesen  teutschen  kriegen,  als 
dazu  sie  nicht  ausgesandt  weren,  nicht  gebrauchen  lassen. 
Micräliüs  5,  3G4;  die  eh-  und  bettgenosze  weiber,  als  die 
sie  (die  kinder)  säur  ankommen.  Fischart  Garg.  67'; 

lasz  die  traiierseiten  tönen, 
als  an  die  mich  zu  gewöhnen 
zwingt  der  irfiben  Zeiten  lauf.    Flikinu302; 
belieben  lasset  euch 
dis  werk  zu  nehmen  gnädig  an, 
als  das  ein  armer  knecht  allein  nur  geben  kann. 
Werders  Ariost  1,  3; 

allerdings  zwar  »ollte  ein  Widerspruch,  als  womit  mich  herr 
Klotz  verfolgt,  in  die  länge  auch  den  gelassensten,  kältesten 
mann  verdrüsziich  machen.  Lessing  8,  214 ;  so  behalten  die 
prüfer  musze  sich  in  einzelne  kleinigkeiten  durch  und  durch 
einzulassen,  als  woran  mir  hauptsächlich  gelegen  ist.  Bür- 
ger 183';   als  worum   ich  sie   wenigstens   hiermit  ersuchen 


I 


257 


ALS 


ALS 


258 


will.  184'.  diese  ruhige  form  ist  Göthen  behaglich:  traute  sich 
kaum  aus  dem  zimmer  heraus  zu  gehen,  als  in  welchem  sie  al- 
lein ruhe  hatte.  15,  131 ;  dasz  das  individuuni  sich  und  sein  Jahr- 
hundert kenne,  sich,  in  wiefern  es  unter  allen  umständen  das- 
selbe geblieben,  das  Jahrhundert,  als  welches  sowol  den  willigen 
als  den  unwilligen  mit  sich  fortreiszt.  24,  8;  er  wollte  von 
den  hohen  hohlgeschliffenen  schrittschuhen  nichts  wissen, 
sondern  empfahl  die  niedrigen,  flachgeschliffenen,  friesländi- 
schen,  als  welche  zum  Schnelläufen  die  dienlichsten  seien. 
26,  336;  wo  angeborne  fertigkeiten  sich  mit  aufmerksamkeit 
und  fleisz  zusammenfinden,  als  woran  der  künftige,  eigent- 
liche künstler  allein  erkannt  wird.  43,  351;  wenn  man  den 
breiten  streifen  noch  einmal  so  breit  macht,  welches  mit  ein 
paar  pinselstrichen  geschehen  kann,  als  warum  ich  die  liebhaber 
ersuche.  58,  276 ;  mit  sehr  spitzwinkligen  prismen,  als  durch 
welche  die  runder  sehr  zart  gefärbt  erscheinen.  5S,  300 ;  man 
müste  denn  annehmen  wollen als  wider  welches  vorge- 
ben gestritten  werden  musz.  Kant  6,  251.  etwas  kanzleimäszi- 
ges,  steifes  mag  darin  liegen,  doch  ist,  wie  die  bcispiele  leh- 
ren, in  der  prosa  mäszig  verwandt  die  fügung  nicht  ohne 
eindruck:  diese  guten  leute,  als  deren  ich  mich  w^l  erin- 
nere, umstanden  mein  bett  und  schauten  den  wieder  beleb- 
ten theilnehmend  an,  das  legt  ein  stärkeres  gewicht  auf  die 
persönlichkeit,  welche  geschildert  werden  soll;  die  freunde, 
als  denen  ich  unbedingt  vertraute,  erhöht  ein  bloszes  denen. 
G)  als  t»  derselben  bedeutung  von  nemlich  (nempe,  quippe) 
tritt  auch  einigemal  vor  die  conjunction  dasz :  solch  verbunt- 
nis  musz  sich  gründen  und  stehen  auf  dem  gewissen  dcre, 
so  sich  verbunden,  als  dasz  sie  alle  wollen  einträchtiglich 
glauben.  Lltiiers  briefe  3,  465 ;  aber  die  kirch  hat  noch  ein 
ander  bedenken  hierin  gehabt,  als  dasz  sie  das  fleisch  un- 
rein geacht.  Fischart  bienenk.  147*;  du  schiltest  auf  die  rei- 
•chen,  als  dasz  sie  den  lästern  ergeben  und  in  Völlerei  und 
Wollüsten  sich  antreffen  lassen,  pers.  rosenth.  7,  20.  zu  un- 
terscheiden davon  als  dasz  =  quam  ut  (oben  I,  7):  wir  fabeln 
so  genug,  als  dasz  wir  diese  gefährliche  eigenschaft  noch 
steigern  sollten.  Gothe  21,  94. 

7)  eigenthümlich  steht  als  vor  den  adverbien  heule,  morgen, 
gestern  tmd  ähnlichen,  zu  hervorhebung  der  Zeitbestimmung, 
in  vielen  gegenden  hört  man  unter  dem  volk:  er  ist  als  ge- 
stern morgen  gestorben,  das  gericht  soll  als  heute  abgehal- 
ten werden,  ich  er^varte  seine  ankunft  als  heutp,  als  über- 
morgen, als  auf  montag  soll  er  wieder  abreisen,  d.  i.  als 
an  dem  tage  von  gestern,  ton  heute,  oder  bei  angäbe  der  mo- 
natstage:  heute  als  den  29,  morgen  als  den  30  Januar.  So 
schon  im  Lauterbacher  weisthum  3,  35S :  wir  wisen  hüte  zu 
tige,  als  zu  den  drien  ungeboten  dingen,  aber  auch  Opitz 
2, 129  {Amst.  1645) : 

wo  sind  herr  Müllers  schreiben  ? 
fleng  ich  aU  gestern  an, 
wo  sotten  sie  verbleiben! 

et  soll  damit  die  zeit  genau  und  sicher  angesetzt  werden; 
und  ebenso  sagt  man  englisch  as  this  day,  as  yesterday,  as 
morrow  für  heute,  gestern,  morgen,  die  fügung  verdient  in 
gebrauch  erhalten  zu  werden,  noch  allgemein  üblich  heiszt  es: 
er  verrichtete  gestern,  als  am  todcstage  seiner  mutter,  ein 
stilles  gebet;  er  will  diese  woche,  als  die  letzte  seines  hier- 
selns,  nur  mit  freunden  verbringen.  Eine  gewisse  ähnlich- 
keit  mit  diesem  als  hat  das  goth.  sve,  gr.  eis  tor  zahlen  (Ersst 
ScHCLZE  333'),  tro  unsre  heulige  spräche  bei  verwendet,  s.  alst. 

8)  endlich  wurde  demonstratives  als  früher  auch  in  der  be- 
deutung des  heutigen  so  (franz.  si,  lat.  tarn)  verwandt,  wenn 
lieh  ein  folgendes  dasz  darauf  bezieht:  welchs  als  öffentlich 
am  tage  jedermann  bewust  ist,  dasz  nit  wol  zu  denken  ist. 
Luthers  br.  1,  509 ;  mich  triebe  der  wunder  {die  neugier)  als 
fast,  dasz  ich  mich  an  dem  ufer  hinab  gewagt.  Puilander  t« 
der  zueign.  zu  theil  I.  Lctiiebs  bibel  gebraucht  in  solchen 
fällen  schon  so,  nicht  als,  andere  setten  also. 

III.  Consecutives  als. 

consecution  zwar  liegt  auch  in  der  correlation,  gemeint  aber 
ist  hier  eine  solche  folge,  die  mehr  in  der  ganzen  rede  als  im 
Verhältnis  einzelner  salze  und  in  den  Worten  der  Sätze  vortritt. 

1)  schon  das  zeit  bestimmende,  salz  oder  nachsatz  begin- 
nende als  kann  ßr  consecutiv  gelten,  insofern  ihm  andere 
Sätze  voraus  gehn,  deren  folge  es  einleitet,  immer  ist  es  er- 
zählend und  auf  ein  ereignis  gerichtet,  ursprünglich  auf  ein 
eben  eingetretenes,  im  sinne  von  quam  primum,  simulac,  als- 
bald,    ahd.  s6s6  (et  könnte  auch  heiszen  also)    er  gisah   iro 


giloubon,  als  er  nun  ihren  glauben  sah;  mhd.  alse  si  den 
leun  sahen  stän  Iw.  6687,  simulac  viderunt  leonem,  verschie- 
den von  du  si  sähen,  was  blosz  cum  viderent  ausdrücken  würde, 
dieser  unterschied  zwischen  da  und  als  ist  noch  nicht  ganz  in 
unserm  jetzigen  Sprachgefühl  vei-wischt:  da  wir  in  die  Stadt 
fuhren,  hörte  es  zu  regnen  auf,  quiim  intravimus  urbem,  plu- 
via  cessit,  als  wir  in  die  Stadt  fuhren,  simulac  intravimus; 
da  es  blitzte,  konnte  ich  sie  erkennen,  als  es  blitzte,  über- 
schaute ich  ihre  gestall;  wir  giengen  durch  den  wald,  als 
auf  einmal  kugeln  um  unsre  obren  pfiffen;  niemand  schien 
reden  zu  wollen,  als  plötzlich  der  letzte  sich  erhob.  Allein 
in  den  meisten  fällen  ist  als  an  die  stelle  des  da  {wie  hinter 
comp,  an  die  stelle  des  dan),  getreten,  ja  auch  hier  drängt 
sich  schon  das  wie  ror,  um  als  zu  verdrängen,  vgl.  da  und 
wie.  Lcther  setzt  noch  zuweilen  da:  da  gott  den  menschen 
schuf.  1  Mos.  5,  1 ;  da  aber  Jacob  sähe  Rahel.  29,  10 ;  doch 
gewöhnlich  schon  als  und  gern  mit  beigefügtem,  die  folge  ver- 
deutlichenden nu :  als  nu  ISoah  envacht  von  seinem  wein. 
9,  24 ;  als  nu  Äbram  höret.  14,  14 ;  als  er  nu  widerkam 
von  der  schlacht.  14,  17;  als  nu  die  sonne  untergegangen. 
15,  17 ;  als  si  nu  sähe.  16, 4 ;  als  nu  Abram  neun  und 
neunzig  jar  alt  war.  17,  1  und  zahllose  mal.  nicht  anders 
GöTHE  im  lied  von  der  bajadere: 

als  er  nun  hinaus  gegangen, 
wo  die  letzten  häuser  sind, 
sieht  er  mit  gemahlten  wangen 
ein  verlornes  schönes  kind. 

dies  ist  nicht  der  beginn  des  ganzen  gediekts,  und  Schiller 
hebt  seine  götter  Griechenlands  noch  mit  da  an: 

da  ihr  noch  die  schöne  weit  regiertet, 

fi'f'e  es  mhd.  immer  mit  do  beginnen  musz: 

dö  goles  sun  hien  erde  gie.    Walth.  11,  18; 
dö  der  sumer  körnen  was.    94,  11; 
dö  man  der  rehten  minne  pflac.    MS.  1,  19*; 
dö  si  an  dem  rise  die  biuomen  gesähen.    1|'20*; 

aber  Göthe  gleich  vornen  im  neuen  Amadis: 

.  als  ich  noch  ein  knabe  war, 
sperrte  man  mich  ein; 

als  ich  eins  tags  zu  tische  sasz.    H.  Sachs  I,  440*; 
als  ich  meins  alters  war 
im  funfzigisien  jar.    1,457'; 
als  ich  nechst  war  aus  spazieret 
zu  den  hirten  in  den  wald.    Opitz; 
als  ich  einmal  in  einer  kircbe  sasz.    Gellest  1,  214; 

eine  menge  lieder  fängt  mit  solchem  als  an: 

als  ich  noch  im  flügelkleide 
in  die  mädcheuscbule  gieng; 

wo  älteren  vielleicht  mehr  da  zusagen  würde.  Gewöhnlich 
wird  dies  auf  die  Vergangenheit  gerichtete  als  mit  dem  praet. 
verknüpft,  doch  kann  es  auch    ein   erzählendes  praesens  sein : 

als  ich  das  vorgemach  durchgehe.    Schiller  2SS; 

als  er  die  äugen 
im  todc  schlosz  und  seine  starke  hand 
sie  nicht  mehr  b.lndigt.       489. 

weder  ßr  bedingendes  da  (=  weil),  noch  für  bestimmendes  da 
{=lum),  wo  das  verbum  dem  subject  vorangeht,  sondern  blosz 
für  zeitbestimmendes  da,  wo  das  subject  vor  dem  verbum  steht, 
kann  nhd.  als  gesetzt  werden. 

2)  ein  mhd.  als.  das  wir  heute  durch  wenn  ausdrücken  wür- 
den, fand,  unterschieden  von  dem  zeitbestimmenden  du,  zuwei- 
len statt: 

als  ich  mit  gedanken  irre  rar.    ^alth.  41,  37 ; 

als  ich  linder  wilen  zir  gesitze.    115,  22; 

es  ist  ein  praesens  dazu  eonstruiert.  spuren  davon  reichen  bis 
ins  i'jh. 

dich  musz  der  bauer  ehren, 
weil  du  ihn  reicher  machst  und  hoflichkeit  wilt  lehren, 
indem  er,  wann  du  kömpst,  den  hab^r  bald  verkauft, 
und  als  er  nichts  mehr  hat,  hin  auf  die  stadt  zu  lauft, 
darinnen  mietung  sucht.        Opitz  1,  106; 
drauf  körapt  Ruggicren  sie  schnell  aus  den  äugen  weg, 
gleichwie  die  sonn,  als  sie  kriegt  eine  wolkendeck. 

Werders  Artest  11,  6; 
und  wenn  er  gleich  an  sie,  wie  vormals  denken  soll, 
er  wer  ein  narr,  als  er  dies  auch  nicht  achten  woll.    11,  2; 
gleichwie  ein  wilder  ochs,  als  er  am  köpf  empfindet 
dasz  man  die  hörncr  ihm  mit  einem  seile  bindet.    11,  42; 

17 


259 


ALS  — ALSBALD 


ALSBALD— ALSFORT 


260 


CS  näheit  sich  dem  unter  11,  8  abgehandeilen  vergleichenden 
als,  und  ist  heute  auszer  gebrauch. 

3)  wo  als  im  nachsalz  erscheint,  hat  es  die  bedentung 
von  ita,  golh.  sve,  nicht  von  wie,  golh.  sva,  und  wird  heutzu- 
tage entweder  durch  bloszes  so  ausgedrückt  oder  ganz  unaus- 
gedrüclct  gelassen,  und  klingt  uns  steif  und  canzleiindszig  : 
nachdem  ir  für  gut  angesehen,  das  wir  in  sachcn  doctur  Mar- 
tinus  Luther  an  bepstlichc  heiligkeit  schreiben  sollen,  als 
weren  wir  des  wol  geneigt.  Luther  1, 141";  weil  aber  der  vatcr 
durch  einen  geschwinden  tod  hinweggenommen  wurde,  als 
liesz  der  künig  stracks  nach  dessen  tode  alle  guter  einziehen. 
pcrs.  rosenth.  »7,  3 ;  dieweil  des  Lokmans  in  diesem  rosenthal 
etliche  mal  gedacht,  als  habe  ich  nicht  ungerühmet  sein  ver- 
meinet, dasz  ich  dessen  fabeln  hier  mit  anhange ;  weil  könig 
Marbot  dem  Armin  keine  hülf  leistete,  als  hat  er  einen  schlech- 
ten rhumb  eingeleget.  Micrälius  1,  79 ;  damit  e.  g.  wissen 
möchten,  als  soll  ich  e.  g.  vermelden.  Kingwaldt  tr.  Eck. 
Aiii";  nichts  desto  weniger,  demnach  ich  etlicher  freunde  be- 
gehren desto  bälder  stattgegeben,  und  damal  etliche  von  mir 
geschriebene  poesien  zusammen  geklaubet,  als  hab  ich  auch 
itztmalen  noch  andere  meine  gedichte  zu  den  vorigen  hinzu- 
gefüget.  Weckherlin  ; 

und  weil  das  wasser  il)r  den  gang  verstopfet  hat, 
dureh  den  sie  kommen  ist,  als  sucht  sie  andern  ratli 

Opitz  1,  38; 
dann  weil  in  deinen  kriegen 
so  mancher  mutler  kind  pflegt  täglich  aufzufliegen, 
soll  je  der  eid^  lleisz  nicht  wüst  und  öde  sein, 
als  bringet  Venus  dann  den  schaden  wieder  ein 
und  gibet  wann  du  nimpsl.  1,  91. 

die  meiste  von  diesen  zügen  hat  der  oft  belobte  auctor  am 
allerbesten  beschrieben,  dieweil  er  aber  in  den  jähren  meh- 
renthcils  gefehlet,  als  habe  ich  seine  irrige  Zeitrechnung  fast 
durchgehends  verbessert.  Hahn  1, 99 ;  weil  Ottonis  gegenwart 
in  Teutschland  nothwendig  zu  sein  schiene,  als  liesze  er  sei- 
nen Schwiegersohn  in  Italien  zurück.  2,  CS ;  weil  vorhero  der 
polnischen  troublen  meidung  geschehen,  als  wird  es  einer 
natürlichen  Ordnung  gemäsz  sein.  2,  240  ;  v/e\\  diese  fabel  be- 
reits von  unzehligen  widerleget  worden,  als  will  ich  mich  da- 
bei nicht  weitläuftig  aufhalten.  3,288.  diesen  stil  nachahmend: 
nachdem  unser  feldherr  . .  gemeint  gewesen  . .  als  verpflichten 
wir  uns.  Schiller  351.  immer  geht  ein  nachdem,  demnach, 
dieweil,  weil  voraus,    vgl.  so. 

ALSAND,  hin  und  wieder  geschrieben  für  allesand,  allesamt, 
vgl.  allesand. 

ALSBALD,  adv.  und  conj.,  quam  primum,  illico,  mhd.  also 
baldc  also  (Ben.  1,  8l'),  mit  ausgelassenem  verbum,  das  sich 
auf  manche  weise  hinzudenken  Idszt.  in  der  bibel  braucht  es 
LiJTHER  sehr  häufig,  immer  für  slalim,  z.  b.  Matlh.  8,  3.  14,  22. 
21,  19  und  fügt,  wenn  der  conjunclionsbegrif  erscheinen  soll, 
erst  ein  da  hinzu,  in  welchem  dann  dessen  kraft  enthalten  ist, 
Marc.  9,  15.  Luc.  22,  60 ;  in  seinen  übrigen  Schriften  mögen 
aber  noch  mehr  anwendungen  der  reinen  conjunction  vorkom- 
men, als  die  folgende:  das  du  auch  alsbalde  tröstest  und  er- 
hebest, alsbald  der  mensch  fürnimpt  sich  zu  demütigen.  Lu- 
ther 1,  24* ; 

alsbald  der  vetter  in  veinam.   Er.  Alberüs  57'; 
da  nun  der  jung  getrunken  hat, 
alsbald  er  seinen  vettern  bat.  daselbst; 

dasz  die  kinder,  alsbald  sie  aus  muttcrieib  kommen,  ge- 
prcdiget  haben.  Fischart  Garg.  106* ;  alsbald  er  das  verstund, 
lief  er  flugs  hin.  I5l';   welches  alsbald  ers  hört    200"; 

wer  entlieh  darümb  guts  wolt  thon, 
das  er  alsbald  hctt  groszen  Ion, 
und  das  im  volget  ehr  und  prachl. 
der  bett  aus  tiigent  seband  gcmaclit. 

Scuwarzenii.  125,  1 ; 

der  gute  mann,  als  er  das  schrecklich  geschrei  vcrnam,  welclis 
sein  söhn,  alsbald  er  an  das  Hecht  der  weit  kam,  ausliesze. 
Fischart  Garg.  loo' ; 

alsbald  ein  neues  kind 

die  erste  lufl  entflndt, 

so  hebt  es  an  zu  weinen.    Logau  2,  4,  90; 
alsbald  der  Herr  mir  lacht,  so  lacht  mir  jedermann, 
siht  sauer  er  mir  zu,  siht  jeder  mich  so  an.    2,  5,  51 ; 
alsbald  die  linid)C  deckt  das  baupt,  entdecken  sich  die  sinnen, 
die  nicht,  wie  wann  sie  Jungfern  sind,  die  weiber  bergen  kunnen. 

3,9,  19; 

welcher  auch  den  betrug  alsbald  merkte,  pers.  rosenth.  1,4; 


über  diese  rede  entrüstete  sich  der  künig  so  sehr,  dasz  er 
den  wisir  alsbald  liesz  beim  köpf  nehmen.  1,  8  ; 

alsbald  du  dieses  wirst  vollbringen.  Weckherlin  16; 

denn  eilet  sich  zu  setzen 
manch  vogel  um  den  ast,  der  sich  da  sicher  hält, 
alsbald  der  himmel  blitzt,  alsbald  man  nach  ihm  stellt. 

Gryphius  2,  399; 
der  weise  Schöpfer  hat  die  zweie  so  verbunden, 
alsbald  er  die  natur  und  diese  weit  ertunden.    Fleming  223. 

das  doppelte  alsbald  in  den  beiden  salzen  ist  wie  das  doppelte 
als.  heute  gilt  alsbald  nur  in  der  adverbialbedeutung  illico, 
statim,  für  die  conjunction  aber  sobald,    in  folgender  stelle: 

das  denn,  hat  es  gott  versehen 

eb  als  balde  kan  geschehen.  Flexing  434, 

erscheint  kein  alsbald,  sondern  ein  eher  als  bald.  s.  alsobald 
und  sobald. 

ALSBALDIG,  subitus,  morae  impaliens,  eine  schlechte  ad- 
jeclivbildung  der  canzleisprache,  wie  baldig,  sofortig,  heutig 
u.  s.  w.,  die  alte  spräche  hätte  nur  baltlich  und  verstärkt  albalt- 
lich  gestaltet. 

ALSDANN,  ALSDENN,  adv.  tunc,  tum  demum.  man  könnte 
versucht  sein,  das  als  aus  alles,  mhd.  allej  zu  erklären,  im- 
mer denn,  immer  fori;  doch  richtiger  stammt  es  aus  alsodann, 
wie  sodann  und  das  nnl.  alsdan  lehren,  es  ist  auch  der  be- 
dentung nach  nur  ein  nachdrücklicheres  dann.  Luther  und  die 
meisten  älteren  schreiben  alsdenn:  alsdenn  wil  ich  gedenken 
an  meinen  bund.  1  Mos.  9, 15 ;  alsdenn  soltu  meines  eides  quit 
sein.  24,  41;  und  thäten  alsdenn  den  stein  wieder  vor  das 
loch.  29,  3;  versühne  dich  mit  deinem  bruder  und  alsdenn 
komm  und  opfere  deine  gäbe.  Matlh.  5,  24 ;  es  wird  aber  die 
zeit  kommen,  dasz  der  bräutigam  von  ihnen  genommen  wird, 
alsdenn  werden  sie  fasten.  9,  15;  bei  Fischart  steht  alsdann, 
z.  b.  Garg.  bo.  9l'.  174'.  192' ; 

das  alsdenn  bei  ihm  nimmermehr 

gemelter  narren  keiner  wachs, 

wünscht  euch  mit  guter  nacbt  Hans  Sachs  1,469'; 

wie  bald  verfällt  alsdenn  was  ihre  macht  gebaut. 

Canitz  41 ; 
alsdann  iszt  du  dein  stücke  fleisch  in  ruh.   Gellert  1,143; 

um  acht  uhr  wollen  wir  spazieren  gebn,  alsdann  ist  es  erst 
kühl ;  alsdann  musz  die  sache  ein  ander  ansehn  gewinnen. 
3,87;  willst  du  was  thun,  so  thu  es  alsdann.  Klopst.  Mess. 
2,  189 ;  freilich  wäre  es  alsdann  um  das  väterliche  ansehen 
geschehen.  Lessing  2,  463.  oft  in  Verbindung  mit  erst :  hast 
du  deine  freue  einmal  glänzender  bewährt,  alsdann  erst  kann 
ein  solcher  wünsch  in  erfüllung  gebn ;  erst  alsdenn  kann  die 
geschichtc  ihre  wissenschaftliche  gestalt  empfangen.  Wolfs 
mus.  d.  allerth.  wiss.  1,  52.  tadelhaß  steht  es  für  da,  als :  ich 
kann  nicht  zugeben,  dasz  Aledramus  Ottonis  Schwiegersohn 
gewesen,  alsdenn  ich  vielmehr  weisz,  dasz  er  die  Gerbirgam 
zur  gemahlin  gehabt.  Hahn  2, 74.  heule  klingt  uns  das  bloszc 
dann  edler,  und  alsdann  altvaterisch. 

ALSE,  f.  clupea  alosa,  bei  Aüsonius  alausa,  ein  geringer, 
in  des  armen  mannes  pfanne  singender  fisch: 

stridentesqoe  focis,  opsonia  plcbis,  alausas.  Mos.  127; 
alscn  oder  läusc  flsche.  HonnERC  3,  301*,  welches  lausefisch, 
leuseflsch  zwar  aus  alausa  enlslellt  ist,  doch  zugleich  den 
schlechten  werth  des  fischcs  andeutet.  Nemnich  hat  neben  alse 
zugleich  eise,  ilse,  alsani,  alsem  und,  weil  das  Ihier  sommers 
aus  dem  meer  in  die  flüsse  geht,  gangfisch. 

ALSE,  f  arlemisia  absinlhium,  ein  bitteres  unter  dem  na- 
mcn  Wermut  bekanntes  kraut,  bei  Kilian  alsenc.    s.  alsem. 

ALSE ,  f.  subula,  gekürztes  alansa,  alnsc  (s.  ahlc) :  der 
Schnabel  ist  zum  theil  wie  ein  nadel  oder  alscn.  Forer  fischb, 
49".    Schweiz,  alse  (Stald.  1,  98.  Dasypoüius). 

ALSEM,  m.  gleichviel  mit  alse  /".  absinlhium,  nnl.  alsem 
»1. ;  bittere  kräuter  als  beiden  oder  klein  pfrimmen,  eltz  oder 
alsem.  Seritz  feldbau  25. 

ALSENACII,  wi.  selinum  paluslre,  alsniciuoi,  gewöhnlich  ol- 
senich  w.  m.  s. 

ALSF0I{T,  adv.  continuo,  gebildet  von  als  =  alles,  mhd 
alle;  und  der  brdculung  des  schöneren  mhd.  allejanc  entspre- 
chend: geh  nur  als  fort,  immerfort,  imtnerzu.  Micrälius  aber 
nimmt  es  im  sinne  von  alsbald,  protinus  und  dann  steht  es 
für  sofort,  alsohu't :  denn  die  es  {den  bernslein)  gefunden, 
haben  ihn  alsfort  verführet  und  gold  daraus  gemacht,  o.  P. 
1,  4;  der  {lleinr.  2)  nimpl  alsfort  einen  zug  wider  die  Vor- 
poniincrn  für.  2, 191.   vgl.  alsoforl. 


261 


ALSGEMACH— ALSO 


ALSOBALD  — ALT 


262 


ALSGEMACH ,  adv.  sensim,  sclieint  wiederum  als  =  alles, 
allej  zu  enthalten,  immer  gemacJt,  immer  langsam  voran,  und 
mag  neben  dem  gleichbedeuligen  allgemach,  allgemäcblich,  all- 
mäülicli  beslehn,  so  viel  gestalten  läszt  uns  dies  adv.  zu.  was 
gilts,  der  herr  bruder  ist  alsgemacli  vorausgegangen?  sagt 
Hebel  im  zundelfricder  s.  266. 

ALSLANG,  adv.  tarn  diu,  ßr  alsoiang,  solang :  sie  spielten 
aislang,  bisz  ein  Zwietracht  und  missel  zwischen  inen  ent- 
stand. Aimon  bogen  d; 

als  lan^  als  die  ohn  lehr,  ehr,  trew.  Temunfl 

das  regiment  erfassen.   Weckherlin  45;  , 

alslaog  sonn  und  mohn  wehret.   73; 

aislang  ihr  dessen  harrt.   WiEL.iNo  IS,  262. 

heute  gehraucht  man  nur  solang,  vgl.  bislang  =  bissolang. 

ALSO,  ita,  durch  al  verstärktes  so  =  goth.  sve,  ovro)?, 
eorrelativ  des  aus  alse  gekürzten  als  =  goth.  sva,  cos.  die  be- 
deutung  von  ita  ist  nachhaltiger  als  die  von  quam,  darum  blieb 
also  unverändert,  ahd.  aisu,  ags.  ealsva,  mhd.  also,  nnl.  alzoo, 
engl.  also,  biese  wollautende  partikel  begegnet  allenthalben 
und  war  früher  noch  häufiger  in  fällen,  wo  wir  heute  bloszes 
so  setzen,    sie  steht 

1)  als  nachdrückliche  aussage  ita,  und  betont  älsü:  es  ist 
also,  ihm  ist  also,  dem  sei  also,  also  ist  es  und  nicht  an- 
ders, ich  meine  es  also;  ich  mein  auch  also,  sprach  er.  Fi- 
sciiART  Garg.  135*;  nicht  also.  Voss  //.  1,  131;  also  wird  that 
ein  groszer  gedanke.  Ri.opst.  Mess.  15, 1245 ;  mir  nicht  also  I 
VViCKRASC  ro//ir.  43;  komm  mir  nicht  also,  fragend:  geschah 
es  nicht  also?  ists  nicht  also?  i  ilos.  4,";  ist  nicht  also? 
Garg.  86';  kommst  du  mir  also?;  warumb  thust  du  also? 
1 /tön.  1,6.  betheuemd .oder  bezeichnend:  und  es  geschah  also. 
iMos.  1,  9;  und  das  land  thät  also.  41,  47;  wolt  ihr  leben, 
so  thut  also.  42,  18;  gehe  wieder  zu  Balak  und  rede  also. 
4  Mos.  23,  5;  und  mache  ihn  also.  1  Mos.  6,  14;  spricht  er 
aber  also.  2  Sam.  15,  26.  Die  mhd.  spräche  bediente  sich  daßr 
auch  des  noch  stärkeren  alsus  (älsiis),  das  uns  jetzt  ausgestor- 
ben ist,  wir  pflegen  ßr  also  oß  bloszes  so  zu  setzen,  oder  ein 
anderes  versicherndes  und  erklärendes  wort :  er  spricht  folgen- 
dermaszen,  mit  diesen  worten,  tre;7  also  auch  itaque  ausdrücken 
könnte,  von  welchem  es  doch  schwerere  betonung  unterscheidet. 

2)  fortschreitendes,  folgerndes,  anschlieszendes  itaque  =  et 
ita,  igitur,  betont  also,  in  manigfacher  abstufung,  zu  eingang, 
inmitten  und  zu  ende  des  salzes:  also  gicng  er  fort,  er  gieng 
also  fort,  fortgieng  er  also;  er  that  also,  wie  ihm  geheiszen 
war,  er  redete  also  vergebens,  also  waren  deine  worte  falsch? 
also  kommst  du  nicht?   soll  nun  also  nachgelassen  werden? 

die  sind  also  die  zwölTe?  Klopst.  Mess.  3,  144; 
also  das  wäre  verbrechen,  dasz  einst  Properz  mich  begeistert? 

GöTHE  1,  330; 

also  hatte  er  doch  gewählt,  und  um  zu  wählen  muste  er 
also  ja  den  gegensatz  sich  als  möglich  gedacht  haben.  Schil- 
LEB  767 ;  also  ward  vertilget  alles,  l  Mos.  7,  23 ;  also  ward  die 
erde  trocken.  8,14;  also  gicng  Noah  heraus.  8,18.  ßr  dies 
also  läszt  sich  so  höchstens  rornen,  kaum  in  der  mitte,  wo  es 
wie  ita,  nicht  wie  itaque  klingen  würde,  setzen :  so  gieng  er 
dahin,  so  war  alles  umsonst,  nicht  aber:  er  redete  so  ver- 
geblich ßr  incassum  igitur  loquutus  est.  doch  begegnet  un- 
ser so  auch  schon  einem  gemilderten  also,  wovon  Äcricola 
spr.  509  ein  gutes  beispiel  liefert:  er  ist  also  hin  =  er  geht 
so  mit,  wie  wir  tagen:  er  ist  so  lala,  es  geht  so  lala,  weder 
gut  noch  böse. 

3)  beziehendes  also,  neben  adj.  und  adv.,  und  bei  nachfol- 
gendem dasz,  ein  schwächeres  ita,  als  das  unter  l,  zu  betonen 
also,  ich  kan  solchen  mutmllen  nicht  also  ungestraft  hin- 
gehen lassen,  pers.  rosenth.  7,  20 ;  also  geschmückt  stand  Ga- 
briel auf.  Klopst.  Mess.  l,  710 ; 

isi  kein  boden  weit  und  ferne 

wo  gedüld  wächst  also  gerne.   Locau  1,  6,  19; 

die  Schlange  betrog  mich  also,  dasz  ich  asz.  1  Mos.  3, 13 ;  also, 
dasz  das  land  erbebet.  1  Sam.  14,  15;  also  hat  gott  die  weit 
geliebet,  dasz  er  seinen  eingebomen  söhn  gab.  Joh.  3, 16 ;  der 
gute  mensch  erschöpfte  sich  dadurch  also,  dasz  er  umb  all 
da»  seine  kam.  Loeiaü  fab.  16;  der  brombeerstranch  breitet 
»eine  zweige  und  blätter  also  aus,  dasz  sie  zwischen  alle 
nmbstehende  blnmcn  sich  eindochten.  fab.  22; 

bei  hofe  niiiii  pjn  solcher  köpf.  d<T  also  trinken  kan. 

dasx  er  entdeckt  sich  selbsien  nicht,  vielmehr  den  fremden  man. 
Lo«AO  3.  tugabe  246. 


In  diesen  fügungen  tritt  zwar  heutzutage  überall  einfaches  so 
an  die  stelle  des  also,  warum  sollte  aber  den  dichtem  nicht 
auch  nocli  also  gestallet  sein?   mehr  unter  so. 

ALSOBALD,  adv.  illico,  protinus,  volltönendes  alsbald,  das 
GöTHE  gern,  doch  nie  im  sinne  der  conjunction,  gebraucht: 

sie  zaudert,  alsobald  verdüstert  sich  dein  blick.  7,  31 ; 

umschreiben  sie  die  wenigen  worfe,  so  wird  der  sinn  also- 
bald hervorleuchten.  21,  99;  es  ist  bekannt,  dasz  die  men- 
schen, sobald  es  ihnen  einigermaszen  wol  und  nach  ihrem 
sinne  geht,  alsobald  nicht  wissen,  was  sie  vor  übermuth  an- 
fangen sollen.  23,  108 ;  die  ausführung  des  gedankens  ward 
alsobald  begonnen.  29, 167 ;  erregten  mir  alsobald  ein  solches 
misbehagen.  20,  332 ;  zur  ausführung  Hihige  bieten  sich  gewis 
alsobald  dar.  44,  61 ;  alsobald,  wo  nicht  gar  schon  im  voraus. 
45, 117 ;  so  übersetzen  sie  es  in  ihre  spräche  und  dann  ist  es 
alsobald  etwas  andres.  56, 150.  in  der  stelle  23, 108  sind  so- 
bald und  alsobald  nachlässig  gehäuft,  deren  eins  leicht  hätte 
können  vermieden  werden. 


und  mit  grünen  hnimen 
schmücket  sich  der  hoden  alsobald. 


Schiller. 


ALSOBALDEN,  adv.  ßr  alsobald,  ladelhaß  bei  Flemisc: 

er  nickte  für  das  haus, 

stieg  alsobalden  ab.   1(>4  ; 

der  auch  alsobalden  käme*.   439. 

ALSOFORT,  adr.  gleichviel  mit  alsfort,  protinus.  wenn  das 
geringste  goldsand  aus  den  zühnen  der  feile  hernieder  fället, 
so  sind  da  alsofort  tausend  äugen,  so  darnach  sehen,  pers. 
baumg.  6, 13 ;  kündiget  ihnen  den  tod  an,  sind  auch  alsofort 
niedergefallen  und  gestorben,  pers.  rosenth.  7,  20 ; 

so  wird  er  alsofort  dem  inaier  beigerückt     t;AMTZ  94; 

dies  geschah  auch  alsofort.  Wielaxd  II,  27;  alsofort  im  b{- 
rührungspuncte  gleich  einem  endlichen  grad  der  widerslrebung 
entgegensetzen.  Käst  8, 186  (1747) ;  alle  werden  hiermit  durch 
mich  den  herold  vorgefordert  und  befehligt,  alsofort  vor  den 
aldermännem  zu  erscheinen.  Klopst.  12,  270 ;  sie  blicken,  in- 
dem der  alte  weg  verspcni  ist.  schnell  umher  nach  einem 
neuen,  um  ihn  alsofort  frisch  und  muthig  anzutreten.  Gütue 
22,100; 

lasz  alsofort  den  einen  rafzahn  sehn.'  41,157. 

Stieler  hat  schon  s.  1272  alsofort  merken,  expedite  perctpere. 
ALSOGLEICH,  ein  drittes  adv.,  das  Gütde  mit  alsobald  und 
alsofort  gleichbedeulig  verwendet: 

ihr  müszt,  so  lehr  ich,  alsogleich 

einen  um  den  andern  vergessen.   3,  127 ; 

das  aber  . .  alsogleich  verschwindet.  29,  203 ;  so  ermordet  er 
es  alsogleich.  56, 137. 

ALSOHIN,  adr.  tUut,  ulcunque,  vgl.  sohin. 

ALST,  vulgariter  holzknor,  tumor  in  ligno  globoso  hat  das 
rocab.  ine.  teut.  und  das  von  1515.    r.  ast. 

ALST,  ßtr  als,  irird  in  der  Volkssprache,  z.  b.  der  henneber- 
gischen,  hessischen  hin  und  wieder  vernommen,  zumal  wenn  es 
bisweilen  bedeutet,  alsteinal,  als  einmal  und  gleicht  dem  nurst 
ßtr  nur,  immerst  ßr  immer,  änderst  ßr  anders,  sonst  ßr 
sus  und  manchen  andern  Wörtern,  die  gern  ein  auslautendes 
t  oder  sl  anhängen,  ein  solches  alst  hat  sich  sogar  in  Lu- 
thers bibel  eingeschlichen,  denn  2  Sam.  15,  2  liest  die  ausgäbe 
von  1545 :  und  Absalom  macht  sich  alst  des  moi^ens  früc  auf 
und  trat  an  den  weg  bei  dem  thor;  die  neueren  drucke  setzen 
.i!«  orfrr  also,  dies  alst  des  morgens  stimmt  zu  dem  bei  als 
H,  7  angcßhrlen  als  morgen,  als  gestern,  als  heute. 

ALSTER,  f  pica:  die  alster  die  ist  schwarz  und  weisz. 
Uhla>d  rolkil.  36.    s.  agalaster  und  eisten 

ALSWIE,  nicht  verbunden  zu  schreiben;  die  hdufung  als  wie 
ist  bei  der  partikel  als  verhandelt  worden,  ganz  etwas  anders 
waren  ahd.  alles  wio  (Graff  4, 1195J  und  mhd.  als  wie. 

ALT,  vetus,  goth.  al|)eis,  ahd.  alt,  alts.  ald,  ags.  eald,  engl. 
old,  nnl.  oud,  den  nord.  sprachen  als  einfaches  adj.  mangelnd, 
die  daßr  altn.  gamall,  schw.  gammal,  dän.  gammel  haben. 
alt  stammt  von  alan,  aljan,  lat.  alcre,  dessen  part.  altus  nw- 
tritus,  adultus,  sursum  erectus,  hoch  aufgeirachsen  und  hoch 
dem  neuen  und  jungen  schosz  entgegensteht,  wie  in  altus  hoch, 
wird  in  unserm  alt  vrtus  das  parlicipialrerhältnis  nicht  nach- 
geßlilt.  der  laulverschtehung  nach  ist  dem  lat.  altus  goth.  al- 
I)ei$  und  das  part.  usal|>ans  yoacöSr^e  gemdsz,  wie  sich  aber 
aldrs  und  aldoroo  fortbildete,  tritt  auch  alts.  ald  ßr  altb,  mit- 

17* 


263 


ALT 


ALT 


264 


hin  ahd.  alt  für  ald  ein.  wahrscheinlich  ist  dies  alt  dem  skr. 
vriddha  aduUus,  auclus,  senex  von  der  tvurzel  vridli  crcscere, 
florere  entsprechend,  aus  vriddha  konnte  arddha  und  alddha 
werden. 

Wir  unterscheiden  das  junge  vom  neuen,  stellen  aber  beiden 
das  alte  entgegen,  der  Gotlie  setzt  genauer  juggs  dem  al|)eis 
aqxaXos,  niujis  dem  fairnis  TtaXaios  gegenüber,  das  erwach- 
sene ist  al{)i,  das  lange  bereitete  und  gemachte  fairni.  auch 
ahd.  scheint  noch  junc  dem  alt,  niuwi  dem  firni  entgegengesetzt 
und  selbst  heute  heiszt  ein  greiser  alt,  der  langgekelterle  wein 
firnewein. 

Doch  mischen  sich,  auf  beiden  seilen,  frühe  schon  die  bedeu- 
tungen.  das  gr.  ra'os  ist  neu  und  jung  und  Ui.filas  schwankt 
zwischen  vein  niujata  tind  vein  juggata,  der  gewachsne  edle 
rebensaß  verdient  auch  jung,  folglich  alt  zu  heiszen,  und  für 
vein  fairnijata  würde  gothischem  munde  auch  gerecht  gewesen 
sein  alj)jata,  nicht  aber  halte  etwa  bei  snaga,  dem  kleide,  oder 
beist,  dem  Sauerteig  fairni  durch  a\\n  veiircten  werden  können. 

Früher  war  auch  das  nord.  gamall  unter  ims  bekannt,  wie 
die  ahd.  eigennamen  Kamalo  (altn.  Gamii),  Gamalheri,  Gamal- 
beralit,  Gamaldröt,  und  ein  alts.  gamalon  senescere  lehren, 
altn.  erscheint  es  nur  von  alten  menschen,  für  Sachen  aber 
forn  =  goth.  fairni,  ahd.  firni ;  weil  aber  forn  erlosch,  er- 
streckte sich  das  schw.  gamma!,  dän.  gammel  auch  auf  sachen, 
X.  b.  det  ganila  testamentel,  dän.  det  gamle  testament,  r]  na- 
Xaia  Sia&Tjy.r.,  altn.  hit  forna  sältmäli. 

Allein  auch  schon  ahd.  und  mhd.  scheinen  alt  und  firni  nicht 
ganz  in  der  läge  des  goth.  aljieis  und  fairnis,  alt  von  grösze- 
rem,  firni  von  minderem  umfang,  niuwi  und  firni,  niuwe  und 
virne  erscheinen  zwar  immer  noch  als  gegensatz,  doch  so,  dasz 
auch  alt  an  die  stelle  des  firni  treten  kann,  manche  mhd. 
dichter  enthalten  sich  des  virne  gänzlich,  Conrad,  der  es  am 
häufigsten  verwendet,  setzt  richtig  ein  kleit  swach  und  virne. 
Troj.  3860,  virne  missetät  MS.  2,  200',  name  virne  schm. 
409,  aber  auch :  er  was  alt  und  virne.  Troj.  4500,  wie  Notker 
ps.  32,  2  firnen  und  alten,  senescere  und  veterascere  verknüpß. 
JV/id.  ist  firne  noch  beschränkter  (m.  s.  das  wort}  und  alt  dient 
für  beide  bedeutungen,  es  ist 

i)  gegensatz  des  jungen  und  wird  dann  noch  steigerbar  in 
uralt,  steinalt;  alt  werden,  nicht  blosz  senescere,  alten,  son- 
dern überhaupt  an  alter  zunehmen:  das  neugeborne  kind  ist 
di"ei  tage  alt;  eins  tags  alt.  Keisersb.  post.  2,98;  ein  sechs 
Wochen  altes  kind;  ein  jähr  und  drei  wochen  all;  nicht  me 
dan  über  nacht  alt ;  wenn  der  mei  acht  tag  alt  ist.  fastn.  sp. 
761,20; 

die  Diütter  brachten  sie  eines 
frühlinges  ah,  der  ersten  iimarmung'  des  segnenden  valers. 
Klopst.  Mess.  5,  172; 

er  wird  nicht  alt;  er  wird  vor  der  zeit  alt;  du  machst  dich 
älter  als  du  bist ;  von  zwein  briidern  der  ältere,  unter  dreien  der 
älteste ;  auch  mit  auslassung  des  alt :  sie  ist  noch  nicht  sech- 
zehn jähre,  ja  blosz :  noch  nicht  sechzehn,  er  ist  schon  fünfzig. 

böses  soll  man  bald  vergessen,  doch  vergiszi  siciis  schwerlich  bald, 
gutes  stirbet  in  der  Jugend,  böses  wird  geineinlich  alt. 

LoGAU  2,  Ü,  30. 

alte  leute,  alte  verständige  leute;  so  ein  naseweis  musz  nicht 
darein  reden,  wenn  alte  leute  schwatzen ;  alter  mann,  alle 
frau,  wofür  auch  substantivisch  der  alte,  senex,  die  alle,  anus 
(s.  diese  Wörter);  die  alten,  die  ellern,  voreitern  (s.  hernach). 
alte,  erlebte  leut.  Fronsp.  kriegsb.  3,16';  der  alte  Cuto,  Cato 
priscus  sive  major;  der  alte  Moor,  Moor  der  valer.  Schiller 
3,  11 ;  keiner  ist  zu  all  etwas  zu  lernen ;  jung  gewohnt,  alt 
gethan ;  in  meinen  allen  tagen,  er  ist  zu  seinen  allen  tagen 
gekommen;  in  seinen  alten  tagen.  Hagedorn  2, 104  ;  auf  meine 
alten  tage  wollen  sie  mir  noch  eine  freude  machen?  Vertrau- 
lich redet  man  alte  und  befreundete  leute  an  alt^f  und  alte: 
alter  schone  dich!  aller  nimm  dich  in  acht!  da  hast  du  was 
alte!;  ach  alter!  wären  wir  beide  geblieben,  wie  wir  waren, 
du  ein  fröhlicher  witwer  und  ich  ein  wilder  Junggeselle.  Göt- 
ter 3,  244;  heda  alte!  komm  einmal  heraus.  Arnim  Schau- 
bühne 1,1;  mein  alter  {mein  ehmann).  i.  Paul  Fibel  33; 

golt  grüsz  euch,  aller,  schmeckt  das  iffeifchen?  Pfkffbl; 

sprichst  du,  wahrend  mein  weib  schenket  den  süszdul^cndcn 
sinatbcc, 

seelenvolles  gespräch,  alter,  und  singst  deinen  Anakreon. 
Voss  an  Ovcrbcck; 

und  kindcr  drücken  sich  von  vater  und  mutier  aus :  mein  alter 
ist  krank,  mein  alter  hat  mich  gescholten ;  mein  alter  ver- 
setzte. GoTiiE  40,175;  meine  alte  siehts  nicht  gern; 


und  zog  hinweg  zu  folgen  seinem  alten 
im  reich  und  in  der  krön.    Werders  Ariost  11,  62. 

lehrlingen  heiszt  der  meister  der  alle,  unser  alter,  berg- 
männisch: den  allen  mann  bauen,  eine  vcrscliültete  zuge- 
stürzte grübe  wieder  aufräumen,  vgl.  altmann.  Häufig  die  allen 
und  die  jungen  oder  auch  im  unßeclierten  neutr.  all  und 
jung  für  alle  und  jede:  wir  wollen  ziehen  mit  jung  und  all. 
2  Mos.  10,  9;  mann  und  weib,  jung  und  alt.  Jos.  6,  21;  die 
alten  mit  den  jungen,  ps.  148,12;  ich  wil  die  alten  und  jun- 
gen zerschmeiszen.  Jerem.  51,  22  ; 

dir  unterwirft  sicli  jung  und  alt.   Hagedorn; 

das  ist  hier  im  lande  die  meinung  von  alt  und  jung;  ihr 
habt,  wie  ich,  von  dem  zurufe  gehört,  den  im  j.  1769  alt  und 
jung  bei  einer  brüderlichen  Zusammenkunft  beschlossen  haben. 
Klopst.  12,  409 ; 

und  überall,  all  überall, 

auf  wegen  und  auf  siegen 

zog  alt  und  jung  dem  jubelschall 

der  kommenden  entgegen.  Rürger  13". 

50  vei'binden  sich  auch  alt  und  krank,  alt  und  arm  im  sinne 
von  alter  und  krankheit,  alter  und  armut: 

und  schön  hat  alt  und  krank  auch  leichtlich  hingericht. 

LoGAü2,  3, 10; 
Canus  geht  gar  krum  gebückt 
weil  ihn  arm  und  alt  so  drückt.  2,  9,  20. 

So  nun  auch  von  thieren  und  pflanzen:  der  alte  stier,  entge- 
gen dem  jungen  (juvencus);  die  alle  kuh  und  das  kalb;  eine 
alle  Schindmähre;  der  alle,  graue  wolf;  ein  aller  schlauer 
fuchs;  sieben  küchlein  mit  der  allen  henne,  und  so  von  allen 
thieren.  ein  alter  bäum,  eine  ehrwürdige  eiche,  dreihundert 
jähre  all;  alte  weinslöcke,  im  gegensatz  zu  jungen  reben. 

2)  gegensatz  des  neuen. 

das  alle  jähr,  die  alte  zeit,  fon  den  ältesten  Zeiten  her;  der 
alte  golt  lebt  noch;  die  alle  weit,  die  längst  bekannte  im  ge- 
gensatz zur  neu  entdeckten;  das  alle  testament,  die  alle  ehe; 
eine  neue  creatur,  das  alte  ist  vergangen.  2  Cor.  5,  17  {goth. 
niuja  gaskafts,  })ü  al})j6na  usli|)un) ;  alle  silten,  brauche  und 
gesetze,  alle  mode  oder  wie  dies  sonst  hiesz,  die  alle  band; 
alte  kleider,  alte  schuhe,  alter  hut,  abgetragen  und  abgenutzt; 
altes  geld,  alle  thaler,  alle  münze:  welche  münze,  so  si  bo- 
fel  und  alt  werden,  wechslen  sis  ab  in  des  kunigs  münz. 
Frank  wellb.  195';  ir  handlierung  ist  nit  wie  vor  altem  {eli- 
mals).  53";  es  war  von  altem  her  silt  und  gewonheit;  aller 
wein,  firnewein;  alte  fruchte,  firnefrüchte;  alte  buller,  alles 
ranziges  öl,  feil,  ein  alles  wort,  eine  alte  art  zu  reden,  alte 
aus  dem  gang  gekommne  spräche ;  altes,  verfallenes  haus, 
die  älteste  kirche  im  lande ;  alle  kirchen  haben  dunkle  gläser, 
wie  kirschen  und  beeren  schmecken  musz  man  kinder  und 
Sperlinge  fragen,  dies  waren  unsere  lusl-  und  leibworte.  Göthe 
26,  69.  eine  alle  sladt,  die  alle  landstrasze,  der  alle  weg. 
alte,  eingenistele  krankheil,  alles  übel,  alter  schade,  alle 
wunde,  auf  menschen  angewandt  heiszt  der  alle  nicht  sowot 
der  bejahrte,  als  der  langjährige,  treue,  standhaße,  auch  der 
ehmalige,  gewesene:  ein  alter  freund;  ein  alle,  ehrliche  haut; 
ein  aller  haudegen,  alter  krieger:  an  treue  und  gehorsam  bin 
ich  der  alte.  Göthe  8,  248;  ich  danke  dir,  du  bist  die  alle. 
10,  123;  du  bist  der  alte  noch,  so  viel  ich  sehe.  Klinger  6, 
284;  das  ist  mir  der  alle!  dem  musz  man  so  was  an  die 
nase  heften.  Schiller  183;  man  möchte  oft  lieber  ein  ge- 
spensl,  als  einen  allen  liebhaber  vor  äugen  sehen.  19,  234, 
ein  solcher  liebhaber  kann  jünger  sein  als  der  neue,  komm 
her,  alter  keil!  altes,  fideles  haus!  ein  altes  handwcrk  oder 
gewcrk,  wie  becker,  fischer,  schmied  gegenüber  den  neuaufge- 
brachten; die  allen  fürslen  und  edelleute  gegenüber  den  neu- 
backenen; aller  adel,  alles  geschlecht,  es  bleibt  heim  alten, 
wird  beim  alten  gelassen,  nichts  neues  eingeßihrt: 

ruhig  war  er  nicht  dabei, 

liesz  OS  nicht  beim  alten.   Göthr  1,  102; 

wir  aber  lassen  es  wol  beim  alten.  3,  264 ; 

mag  alle's  durcheinander  gehn, 

doch  nur  zu  hause  bleibts  beim  alten.   12,  51 ; 

wenn  alles  beim  allen  blieb,  wenn  man  in  das  gleis  des  ge- 
setzmäszigen  Icbens  zurückkehrte.  17, 181 ;  der  oheim  mochte, 
reden  was  er  wollte,  so  hlieh  es  mit  mir  doch  immer  heim 
alten.  19,  348.  alle  liehe  rostet  nicht ;  der  alle  hasz,  das  alte 
vorurlheil  dauern  noch  fort;  da  befiel  ihn  sein  aller  durst 
nach  einem  einzigen,  crschütlernden  gusz  aus  dem  füllhorn 
der  nulur.  J.  Paul  Tit.  1, 10 ;  wie  fürchte  ich  mich  diesen  au- 


265 


ALT— ALTARBLATT 


ALTARBÜCH— ALTE 


266 


genehmen  träum  zu  verlieren  und  wieder  in  meinem  alten 
Jammer  zu  erwachen.  Lessi.xg  ;  er  hat  seine  alte  würde  wie- 
der erlangt;  diese  Stadt  behauptet  ihre  alte  freiheit.  Einige- 
mal mag  zweifelhaft  sein,  ob  das  alle  dem  neuen  oder  jungen 
entgegen  siehe,  oder  die  ungenauigkeil  gerade  in  absieht  liegen, 
wie  bei  dem  ausspruch:  ich  bin  jung,  habe  doch  alte  bücher 
gelesen ;  sie  haben  da  lauter  alte  tröster.  Lenz  1,  220 ;  (mehr 
freude)  als  mein  altes  herz  wird  tragen  können.  J.  Paul  ju- 
beis. 175,  entweder  das  altgewordne  oder  das  alle,  treue. 

ALT,  m.  der  fisch  alant,  alet. 

ALT,  m.  in  der  musik,  die  hohe  millelslimme,  nach  dem  it. 
alto :  er  singt  alt,  singt  den  alt : 

der  alt,  so  itzt  noch  ruht, 
wird  schon  eu  rechter  zeit  sich  ins  concert  aufmachen. 
Grtphils  2,  342. 

ALTA,  f.  senex,  wie  sich  bei  eigennamen  und  in  der  an- 
rede das  männliche  o  und  weibliche  a  der  schwachen  form 
verschiedentlich  erhielt,  so  gebraucht  H.  Sachs  im  vocativ  noch 
aha! 

mein  altal  ich  hab  es  schon  than.  II.  4,  12'; 

bleib  da,  hörst  nicht?  bleib  altn  bleib!  II.  4,  12'; 

schweig  alla!  hab  ein  klein  geduld.  H.  4, 12<; 

alta!  wie  das  so  frölich  bist?   111.3,19*, 

ei  alta  schweig,  lasz  dein  gespei  1  111.3,25'; 

alla,  alta!  ein  guten  morgen.  III.  3,  42*; 

wogegen  der  nom.  mein  alte  lautet,  z.  b.  IL  4, 12'.  einen  ent- 
sprechenden voc.  m.  alto !  sucht  man  bei  ihm  vergebens,  wie 
sich  sonst  narro !  oder  Hanso  I  Cunzo !  Fritzo !  Lenzo  I  genug 
findet. 

ALTADLICH :  eine  altadliche  dame.  RAnENER  3,  333. 

ALTAM.MANN,  m.  in  der  Schweiz  der  gewesene  ammann. 
'  ALTAN ,    m.  oder  ALTANE ,  /".  Solarium,    nach  dem  it.  al- 
tana,  was  sonst  balcon.    schon  H.  Sachs  IL  4,  49' 

mit  allanen  auf  welsch  manicr. 

ALTANDACH,  n.  tectum  planum. 

ALTANFENSTER,  n.  doch  still,  das  altanfenster  geht  auf, 
da  sind  sie.    Fr.  Müller  3,  115. 

ALTAR,  »71.  ara,  ahd.  altari  (nicht  altAri),  alten,  mhd.  alter : 

unser  älter  frön  derst  unter  einer  übelen  troufe. 
Walih.  33, 10, 

d.  i.  unser  frohnaltar,  heiliger  altar,  zuweilen  elter  (was  man 
sehe),  nnl.  allaar,  früher  outaar,  outer,  engl,  altar.  der  Gothe 
setzte  hunslasta|)s,  opferstälte,  der  Angelsachse  vihbed,  veofed, 
heiliges  bett  (mythol.  59),  vgl.  auch  goth.  biuds,  ahd.  piot,  ags. 
Leod  mensa.  wir  haben  mit  der  lat.  form  allar  auch  die  uns 
fremdartige  belonung  altär  zurückgeführt,  und  bilden  jetzt  den 
pl.  altäre,  Opitz  sagte  altare : 

das  blinde  hcidenthnm  hat  oAmals  mit  altarcn 

die  Sachen  auch  beschenkt,  so  nicht  bestehend  waren.  36C; 

fast  sechzehnhundert  jähre 
sind  weg,  seit  dasz  ihr  nicht  habt  kirchcn  und  altare.  381. 

GOnther  braucht  das  wort  neutral: 

auf  ein  altar  zusammen,  das  wir  . . .  aufgericht.  643 ; 

aufs  altar.  "SO;  vor  dein  altar  knien.   202; 

doch  auch: 

und  krönt  den  heiszen  dankaliar 

der  schon  mit  moos  bewachsen  war.  It02. 

zum  altare  gehn :  sich  kirchlich  trauen  lassen, 

du  hast  uns  oft  im  iraum  gesehen 

zusammen  zum  altare  gehen 

und  dich  als  frau  und  mich  als  mann.   Göthu  1,  47; 

sich  zu  Hymens  altar  bekehren.  Gotter  i,  177;  altäre  der 
Freundschaft.  1,  392 ; 

er  hat  eine  geweihte  des  himmcis  verführt, 
dorn  altar  ein  Opferlamm  entwendet.  3,  25; 
nur  auf  gräszlichen  alteren 
dorret  menschliches  gebcia.  Schiller; 

die  altilrc  der  natur,  die  berge.  J.  Paul  llesp.  2,  248.  J»ft/ 
diesem  fremden  wort  bildet  nun  der  kirchliche  gebrauch  eine 
unerschijpflc  menge  von  Zusammensetzungen,  aus  welchen  ßr 
die  spräche  nichts  zu  lernen  ist. 

ALTARBEKLEIDCNG.  f  operculum  altaris. 

ALTARBILD,  n.  effigies  ante,  pone  aram:  wie  altarbilder 
stehen  hohe  unglückliche  da.  Herder. 

ALTARB LATT,  n.  dasselbe. 


ALTARBUCH,  m.  liber  arae  imponendus. 

ALTARRÜSZE,  f  expiatio  criminis  juxta  aram. 

ALTÄRCHEN,  n.  arula. 

ALTARDECKE,  f.  arae  tegmen. 

ALTARDIENER,  m.  arae  minister,  aedituus. 

ALTARDLFT,  m.  odor  Iuris  impositi  arae. 

ALTAREINFASSüNG,  f  die  Schnörkel  aller  altareinfassun- 
gen.  GüTHE  44,  8. 

ALTARGEFA^Z,  n.  ras  arae  inserviens. 

ALTARGERÄT,  n.  instrumenta  altaris. 

ALTARIST,  m.  altarista,  aedituus,  minister  arae. 

ALTARKERZE,  f  s.  altarlicht. 

ALTARLAMPE,  f  ampulla  altaris. 

ALTARLEHEN,  n.  feudum  ad  altare  datum. 

ALTARLEIN,  n.  arula. 

ALTARLEUCHTER,  ni.  candelabrum  arae. 

ALTARLEUTE,  pl.  curalores  altaris. 

ALTARLICHT,  n.  cereus  arae  inserviens,  hauptsächlich  aber 
cereus  in  altari  consecratus,  solche  altarlichter  verschenkten 
und  versandten  die  geistlichen  an  vornehme  weltliche,  diese 
wieder  an  günstlinge: 

mir  hat  ein  lieht  von  Franken 
der  stolze  Missenaere  bräht, 
daj  vert  von  Ludewige.   Walth.  18,  15 ; 
ir  hänt  iuwer  kerzen  kündeclichen  mir  gesendet.  84,  34. 

ALTARMANN.  ni.  aedituus,  diaconus. 

ALTARMANTEL,  m.  tegmen,  conopeum  arae. 

ALTARRECHT,  n.  jus  patronatus. 

ALTARSEULE,  f  columna  arae. 

ALTARSTEIN,  m. 

ALTARSTÜCK,  n.  was  altarblatt. 

ALTARTUCH,  n.  tegmen  arae. 

ALTARWEIN ,  -m.  vinum  arae,  vinum  in  ara  eonsecratum. 
kaffec,  das  taufwasser  und  der  altarwein  der  weiber.  J.  Paul 
Siebenk.  3,18. 

ALTBACKEN,  dudum  coclus,  gegensati  des  neubacken,  re- 
cens  coctus.  nnl.  oudbakken:  oudbakken  vrijer. 

ALTBAUM,  m.  prunus  padus. 

ALTBEKANNT,  dudum  notus: 

alles  wimmelt 
der  altbekannten  hofnungsfahne  zu.  Schiller; 

eine  altbekannte  volkserscheinung.  Göthe  6,  18. 

ALTBERÜH.MT,  dudum  famosus :  diese  altberühmte  sladt. 
GüTHE   1,  200. 

ALTBETAGT,  ahd.  alt  järo,  alt  tago,  plenus  dierum,  hoch- 
betagt: so  lang  bisz  der  altbetaget  kompt  zu  richten.  K.  d. 
f  21G. 

ALTBIEDER,  honestissimus,  probatissimu^ : 

so  wie  mit  Hagedorn 
sang  altbiederer  zecher  chor.   Voss  3,  56. 

ALTRINDER,  m.  vietor  vctera  curans  vasa  vinarta,  gebildet 
wie  allhüszcr.  altflicker. 

ALTBÜRGERLICH,  ciribus  dudum  florens,  gegensalz  lu  alt- 
adelich  :  das  altbürgerliclie,  kunstvolle  Nürnberg.   Tieck  4, 12. 
ALTBÜSZER,  m.  sutor  veteramentarius,  mhd.  altbüejer  Bejc. 
1,  284*,  mnd.  ollboler.  upstand.  1121,  ron  büszcn,  büejen  emen- 
dare.  Oberlin  31.  vgl.  schuhbüszer. 

ALTDEUTSCH,  priscus,  ex  more  veterum  Germanorum,  alt- 
deutsche spräche,  altdeutsche  tugend: 
unter  denen,  welche  sich 
recht  edel  auf  altieutsch  erweisen.    Weckherli?«  572; 
wan  deinen  namen  du  nicht  lassest  altteutscb  bleiben.  826; 
zu  (auf)  altdeutsch  trinken,  taumelnd  küssen 
ist  höchstens  nur  der  Wenden  lust.    Hagedorx  3,96; 

'sie  beweine  den  verlust  ihrer  tochler  nur  deswegen,  weil  sie 
nicht  das  altdeutsche  vergnügen  haben  könne,  eine  Mechtilde 
taufen  zu  lassen.  Göthe  19,  55.    vgl.  altfränkisch. 

ALTDEUTSCH  LAND,  n.  Germania  relus. 

ALTE,  m.  senex,  die  schwache  form  des  adj. 

wir  rennen,  seit  aus  ihres  allen  bette 

Aurora  stieg,  bis  bald  zum  sternenlichl.   Wielatid  17,20; 

und  unser  alte  gieng  den  kästen  aufzuschlieszen. 

GöKi.iGK  3,  218; 
von  zeit  zu  zeit  seh  ich  den  alten  gern 
und  hüte  mich  mit  ihm  zu  brechen.    Görnr.  12,  26. 

der  alte  aber  hatte  sich  wenig  verändert,  dieser  spielte  ge- 
wöhnlich die  gntmüthigen  polternden  allen,  wovon  das  deut- 


267 


ALTE— ALTEN 


ALTEN— ALTER 


268 


sehe  theater  nicht  leer  wird  und  die  man  auch  im  gemeinen 
leben  nicht  selten  antrift.  18,175;  nach  dem  tode  unsers  va- 
ters  merkten  wir  wo!,  dasz  dieser  mann  von  unserm  alten 
treflich  ausgestattet  worden  war.  20,  262 ;  der  alte  vom  Kö- 
nigsberge (Kant).  50,  56. 

0  güldene  Zeiten,  o  selige  stunden, 
der  alle  der  tage  wird  ietzund  ein  kind, 
durch  welches  die  erde  den  himmel  gewinnt. 

GÜNTHER  334. 

vgl.  altbetagt,  in  der  deutschen  karte  heiszt  der  eichelober  oder 
der  trumpf  vorzugsweise  der  alte,  nicht  anders  im  schachzabel 
der  alficus. 

ALTE,  f.  anus,  noch  ganz  adjectivisch  declinicrt,  gen.  der 
alten,  dat.  der  alten,  während  die  subst.  in  diesen  fällen  das 
n  ablegen,  vgl.  auch  alta. 

der  kranke  thai,  was  ihm  die  alte  sagte.   Gellekt  1,  51. 

ALTE,  /■.  vetustas,  ahd.  alti,  mhd.  elte:  so  gat  hinweg  die 
ehe  der  Sünden.  Keisersd.  bilg.  69 ;  in  merklicher  elti.  Ried- 
RERS  rhetorik.  Freiburg  1493  fol.  bl.  105* ; 

und  Solothurn  die  uralt  statt 
gelegen  an  dem  wasser  Aar 
f'ürausz  verrürapt  von  elte  gar.   Rebmann  184; 

die  alt  vetustas,  antiquitas.  Er.  Alberus;  in  der  älti.  Para- 
CELSUS  2, 142' ;  das  gemäuer  ist  von  groszer  alte  abher  {herab) 
gefallen.  Münster  284;  nimb  niilchrahm,  so  vor  ältin  sawer 
sei.  Seuter  rosarznci  277;  aus  der  alte  des  adels.  Philand. 
1,  399  ;  kennzeichen  der  alte  {des  alters,  bei  pferden).  Hohberg 
3,  223';  die  kinder  folgen  der  alte  nach  so  aufeinander,  so 
richtig  diese  in  den  Volkssprachen  haßende  bildung  ist,  wird 
sie  doch  selten  angewandt  und  meist  durch  alter  vertreten. 
bair.  die  alte  (Schm.  l,  52),  wettcrauisch  die  alt,  Schweiz,  älti, 
elte  (Stald.  l,  98). 
ALTEDEL : 

Gerstenberg,  altedler,  du  tauchst  in  deines 
denkcrs  Kant  tiefsinn  dich  hinab.    Voss  3,  214. 

ALTEHULICH:  mein  altehrlicher  freund.  J.  E.  Schlegel 
5,246. 

ALTEHRWÜRDIG:  altehnvürdige  mutter,  für  y^rjv  na- 
laiysvt's.  Voss  Od.  22,  395 ;  ein  altehi-fl'ürdiger  name.  Daulm. 
fr.  rev.  335. 

ALTEISLER,  m.  circuitor,  hausierer,  der  alles  eisen  und 
geräth  einhandelt. 

ÄLTELN,  consencscere,  silum  redolere,  beginnen  all  zu  wer- 
den, wäre  ahd.  alliJon,  mhd.  eltelen.  seit  einem  jähre  ältelt 
er  zusehends;  wenn  ich  ihm  {dem  leser)  nur  nicht  ültle. 
Hagedorn  1,  xxviii ; 

die  Jugend  ist  um  ihretwillen  hier, 

es  wäre  thöricht  zu  verlangen  : 

komm  ältele  du  mit  mir.    Göthe  3,  244. 

auch :  die  butter  ältelt.  bei  Stalder  1,  98  der  einfall  ültelct, 
das  ältelet  mich  an. 

ALTELTERN,  majores,  diealtvätcr,  voreltem.  Agricola  546.547. 
ALTEN,  senescere,  ahd.  alten :  wenn  du  gerotest  alten,  dan 
feil  dir  vil  ubels  zu.  Keisersb.  bilg.  195; 

und  allen  bald  in  eer  und  gut.   Schwarzenb.  105,  1 ; 

und  wer  hi  allel  oder  jungt.   127,  2; 

drümb  wi  ain  ieder  alten  wil 

des  vleisz  er  sich  von  jugenl  vil.  143,  2; 

zorn  altet  langsam.  Frank  spr.  1,  36';  wann  der  wolf  altet, 
80  reiten  in  die  krähen.  2,164'; 

wo  sie  mit  ehren  sollen  nltn. 

B.  HiNGW.  l.  wahrh.  289 ; 
wer  will  vergnüget  allen, 
soll  mit  niemand  reindschaft  halten. 

Weckherlin  834;  • 

der  nicht  faulen  will 
in  seiner  muuer  schosz  und  hinterm  ofen  alten. 

Opitz  2,  18; 
wer  jung  erschossen  wird,  der  pfleget  nicht  zu  allen. 

Opitz; 
wer  durch  eisen  wird  ein  herr,  musz  sich  an  das  eisen  halten, 
sonsten  wird  das  eisen  selbst  ihn  nicht  leichtlich  lassen  alten. 

I.OGAC  2,  2,  96; 
junge  solin  die  allen  ehren,  weil  auch  sie  bald  alten  müssen. 

3,  10,71; 
wenn  wir  leben,  wenn  wir  alten,  wenn  die  greisen  haar  uns 

färben.  A.  Grvpiiils  2,  159; 

welcher  sich  schräg  hinbog  uro  den  allenden  ahorn. 
Voss  1,  20; 


er  sieht,  wie  er  gealtet 

im  trüben  weltgewühl.   Uhland  ged.  377. 

üblicher  ist  altern. 

ALTEN,  pl.  m.  majores,  homines  prisci,  sapientes,  classici 
scriptores : 

einmal  für  allemal  gilt  das  wahre  Sprüchlein  der  alten: 
wer  nicht  vorwärts  geht,  der  kommt  zurücke.  Göthe  40,  260; 
das  schlosz  haben  die  allen  mit  vernunfl  hiehergebaut.  17,  87; 

Tor  diesem  haben  unsere  alten  die  blumenbettlein  etwas  er- 
hebt. Hohberg  1,  587'; 

dasz  ich  die  allen  nicht  hinler  mir  liesz,  die  schule  zu  hüten. 

Göthe  1,  330; 

er  halte  grosze  kennlnisse  in  der  geschichte  der  alten.  Klin- 
ger 4,  8 ;  unser  guter  vater  und  mein  weih  hallen  nach  alten 
und  weiber  art  schon  wer  weisz  welche  besorgnisse.  Fichtes 
leben  2,  392.    Auch  von  den  alten  vögeln  gegenüber  den  jungen. 
wie  die  alten  sungen 
zwitschern  die  jungen; 
die  jungen  bring  ich  dir  sobald  die  alten  hecken. 
Geilert  3,  397. 

ALTEN,  f  die  alten  ist  ein  bekannter  fisch,  der  in  bächen, 
Aussen,  teichen  und  seen  zu  finden.  Hohberg  2,  505';  die  la- 
teiner  nennen  ihnsqualum;  grundel,  rothaugen,  alten.  1,117"; 
die  alten.  Schmelzel  lobspr.  92.  scheint  doch  kaum  verschie- 
den von  alant  capito,  Schmeller  1,  52  hat  der  alt,  des  alten 
cyprinus. 
ALTENGLAND,  n.  Göthe  6, 110.  old  England. 
ALTEiS'GLISCH,  adj. 

ALTENMANNESROLLE,  f  fabula,  argumentum  senis : 
er  fordert  nichls  dafür  als  höchstens  einen  kus. 
mit  einem  worl  er  spielt  die  —  altenmannesrolle. 
Wieland  22,  269. 

ALTENTHEIL,  m.  oder  n.  porlio  senum.  der  vater  zieht 
sich  auf  den  vorbehaltnen  thcil  des  alten  oder  der  alten  zu- 
rück,   ein  solchei-  heiszt  auch  der  altentheiler,  sonst  altsitzer. 

ALTENWACHS,  m.  nervus:  und  geht  den  ligamenten  nach, 
nerven  und  altenwachs,  anzufahen  im  hals,  und  welchen  al- 
tenwachs  er  trifl,  den  schlecht  er  in  seinen  lacerten  nach, 
soweit  sie  gehnd,  beid  in  fuszen  und  henden.  Paracelsus  1, 
528';  anstatt  der  bein  hat  er  krospeln  und  altenwachs.  Fo- 
rer fisrhb.  186'.  ein  uraltes,  noch  in  der  oberd.  Volkssprache 
lebendiges  icort,  bei  Keisersberg  eltewachs,  schwel:,  altewachs 
und  waldiwachs  (Stald.  1,  99),  bair.  waltwachs,  wallawachs, 
jetzt  gewöhnlich  hanvachs  (Schm.  4,74);  ahd.  waltowahso  ner- 
vus (Graff  1,  689);  fries.  walduwaxe  /".  (Richth.  1124)  Spina 
dorsi.  bei  walt  ist  an  gewalt,  stärke,  die  in  den  nerven  und 
dem  Tückgrat  ruht  zu  denken,  bei  alle,  eile  vielleicht  an  das 
dunkle  alte  articulus,  ir.  alt,  lat.  arlus  f.  arthus,  ä^d-Qüi', 
an  allcfil  und  altelos,  gliedlos?  kraßlos?  (Schm.  1,52),  über- 
haupt aber  an  die  für  all  adultus  geltend  gemachte  wurzel 
vridh  crescere;  in  wachs  und  wahso  drückt  eine  andre  wur- 
zel dasselbe  aus,  wie  in  der  Schweiz  das  blosze  wachs  für 
altewachs  vorkommt,  das  entstellte  altenwachs  sollte  vielleicht 
den  gedankcn  wachsthum  des  alten,  krdßigen  mannes  herbei- 
führen, belege  für  das  richtigere  altwachs  folgen  unter  d.  u\ 

ALTER,  n.  aevum,  aetas.  gleich  dem  weiblichen  goth.  aijis, 
altn.  öld  aevum,  seculum  musz  es  auch  ein  ahd.  ald  und  alt 
f.  von  gleicher  bedeutung  gegeben  haben,  wie  das  zusammen- 
gesetzte werall,  woroll,  nhd.  weit  lehrt,  das  wir  noch  heute 
weiblich  gebrauchen,  für  das  einfache  alt  kam  aber  allmälick 
das  neutr.  altar,  unser  aller  auf,  so  dasz  in  unserm  wellalter 
der  pleonasmus  wcrallaltar  steckt,    aller  bedeutet  uns  nun 

1)  aevum,  Zeitalter,  weltaltcr: 

0  that,  die  {(ptam)  well  in  crzl  und  cedern  billich  schreibt, 
und  wie  sie  immer  kan,  dem  alter  einverleibt. 

LoGAU  1,  4,  47; 
ja  du  bist  unsers  alters  preis 
und  taugenlich  zu  wort  und  werken.  Weckherlin  372; 

das  goldnc  aller  wieder  zurückrufen.  Schiller  109 ;  der 
Schöpfer  eines  neuen  goldnen  allers  in  Spanien  zu  werden. 
245;  Italien,  dem  Cosmus  jüngst  sein  poldnes  aller  wieder- 
gegeben. 783;  eine  wollhätige  gollheit  nähre  ihn  mit  der  milch 
eines  bessern  allers.  1158.  doch  ohne  ein  solches  beiwort  wa- 
gen wirs  kaum  zu  gebrauchen  und  ziehen  zeitaller,  wellalter 
vor,  nur  in  den  adverbien  von  allers,  vor  allers  hat  es  sich 
einfach  erhallen:  es  war  aber  vnn  allers  her  {von  je  her)  eine 
gewonheit  in  Israel.  Ruth  4,  7 ;  diese  waren  die  cinwohner 
von  allers  her  dieses  landes.  1  Sam.  27, 8 ;  deine  gemeine,  die 


269 


ALTER— ÄLTERLE 


ALTERMANN— ALTERTHÜMLICH 


270 


da  Tor  alters  erworben,  ps.  74,  2;  gott  ist  mein  könig  von 
alters  her.  74, 12 ;  sie  ist  der  elibrecherei  gewoiinet  von  alters 
her.  Ezech.  23,  43;  daruinb  die  Stadt  Sarepta  von  alters  de- 
nen von  Sydon  zustendig  gewesen.  Mathesils  l';  in  allen 
künsten  ist  von  alter  her  ein  löblicher  gebrauch  gewest. 
Fronsp.  kriegsb.  1, 137' ;  vor  alters  gieng  es  nicht.  Fleming  109 ; 

was  für  ahers  lugend  hiesz.    Logau  1,  8,  61 ; 
heute  gebt  ein  altes  abe,  gehet  ein  ein  neues  jabr, 
gebe  goii,  dasz  deutsches  wesen  sei  wie  es  vor  alters  war. 
2,8,83: 

wo  käme  lieb  und  hasz  denn  her, 

wenn  er  nicht  schon  von  alters  war;    Göihe3,  2S6; 

wie  es  scheint  bist  du  noch  immer  so  lehireich  und  ge- 
schwätzig wie  vor  alters.  10, 162 ;  die  kunstbemühungen,  wo- 
durch diese  Stadt  von  alters  her  so  berühmt  ist.  33, 171.  vgl. 
altersallein. 

2)  weil  häufiger  aetas,  lebensallet;  auf  jeder  stufe,  zumal 
aber  das  höhere  aller,  senectus,  welches  bei  Keisersberg  ein- 
mal männlich  gebraucht  wird:  der  alter  pfetzt  si  und  lit  in 
ir  zu  nagen  und  macht  si  so  wunderlich,  ehr.  bilg.  32 ;  doch 
sonst  steht  es  nur  neutral,  das  kind  ist  seines  alters  im  zwei- 
ten jähr  gestorben,  hat  sein  alter  nur  auf  sieben  jähre  ge- 
bracht; die  Jungfrau  steht  in  ihrem  blühenden  alter,  der 
mann  in  der  kraft  seines  alters;  das  kind  ist  seines  alters 
ein  Stab;  wir  sind  gleiches  alters;  alter  hilft  für,  schützt  vor 
thorheit  nicht;  der  greis  hat  das  höchste  alter  erreicht;  sonst 
wärest  du  jung,  jetzt  stehst  du  im  alter;  das  alter  naht, 
schleicht  heran,  beschleicht  {mhd.  siget  vaste  zuo),  ist  eine 
grosze  bürde;  er  ist  alters  schwach;  das  alter  hat  ihm 
die  sinne  benommen;  drei  (menschen-)  alter  bilden  ein  Jahr- 
hundert, das  alter  kommt  über  die  menschen,  greiß  sie  an : 
werm  das  alter  wird  mit  uns  ringen,  fastn.  sp.  612,  8;  bis 
mich  das  alter  ab  wird  treiben.  737,  12.  738,  10;  du  solt 
fahren  zu  deinen  vätern  und  in  gutem  alter  begraben  wer- 
den. 1  Mos.  15,  15;  und  Sara  ward  schwanger  und  gebar  Abra- 
ham einen  söhn  in  seinem  alter.  21,  2;  und  nahm  ab  und 
starb  in  einem  ruhigen  alter.  25,  8;  denn  die  äugen  Israel 
waren  dunkel  worden  für  alter.  48,  10 ;  er  bedachte  sich  also, 
wie  es  denn  seinem  groszen  alter  und  eisgrauen  köpf  ge- 
mäsz  war.  2  Macc.  6,  23;  also  so  si  {die  nationen  und  reiche) 
auf  ihr  fürgestelt  alter  und  zil  kummen,  haben  si  auch  wi- 
der iren  undergang  und  abnemen.  Fa.\xR  weltb.  al';  er  hat 
sein  alter,  traget  in.  Sciimelzel  blindg.  söhn  8';  wenn  ich 
manchmal  dachte,  wie  wird  es  mit  dir  aufs  alter  werden? 
Lessi:«g  1,  557;  weil  in  dem  jähre,  da  Aphepsion  archon 
gewesen,  Sophokles  alters  wegen  noch  kein  trauerspiel  auf- 
führen können.  6,  318 ; 

und  die  niauer  die  vermorschte 
alters  halben  ist  gefallen.    GöthsS,  274; 
dies  röschen,  in  der  knospe  noch  verhüllt, 
der  Unschuld  deines  alters  bild.    Götue  1,  1S2; 

SO  gehts,  wenn  die  rasche  Jugend  den  rath  des  bedächtigen 
alters  verwirft.  3,  112; 

ihr  wart  so  zarten  alters  noch.    Schiller  408; 

das  alter  hört  sich  gern, 
und  wenn  es  auch  nicht  viel  zu  sagen  bat.    Götue  4,66; 

nun  wurden  mir  alle  stände,  alter  und  Charaktere  zur  last. 
19,  98.  Zuweilen  bezeichnet  alter  auch  ein  mit  dem  aller  ver- 
bundnes  Vorrecht:  das  alter  vor  einem  haben,  länger  im  be- 
sitze sein;  sein  alter  augenscheinlich  macbcu^  sein  älteres 
recht  darthun. 

ÄLTERAH.N,  m.  proavus,  s.  die  unler  ahn  beigebiachle  stelle 
Lessincs. 

ÄLTEKÄLTERN,  grosseltcrn,  s.  eltcrellcrn,  allellern. 

ÄI.TERBHLDEH,  m.  der  ältere  bruder.  Herder  3,  240. 

ALTERCHEN,  n.  kosewort:  alterchcn,  nur  sonntags  reit 
ich.  gehört  denn  der  sonntag  dir,  vaterchen?  Hippel /e6eni/. 
2,  394. 

ALTERFAHRE.N  (alt-er),  eiperientissimus : 

an  dessen  alteiTahrnen,  vielen  «inn 
verknüprenden  gespräcben.    GöTai  9,  16. 

ALTERGRAU,  vetustate  canus: 

seht  ihr  dort  die  altergrauen 
Schlösser  sich  entgegcnschaucn 
an  des  ilellespontes  Strand)    Scbillcr59. 
*.  altgreis. 

ÄLTERLE,   n.    atrophia  infantum,    nach  Nem.mchs   lexicon 


der  krankheiten;  wenn  das  kind  nicht  zunimmt,  so  hat  es 
das  elterlein,  man  schiebe  es  etlichemal  in  den  backofen,  so 
musz  jenes  weichen,  abergl.  75.    vgl.  altmännchen. 

ALTERMANN,  »j.  was  aldermann.  die  richtige  Schreibung 
in  Lappenbergs  hansischer  stahlhof  s.  156. 

ÄLTERMIJTTER,  f.  proavia:  altmiftter,  eltermutter,  grosz- 
mutter.  älberus  ;  der  ton,  worin  du  angefangen  hast,  ist  voll- 
kommen der  ton  meiner  lieben  ültermutter.  Wieland  6,  76 ; 
die  hirngespenste,  welche  die  alte  hure,  deine  groszmutter, 
von  ihrer  ältermutter  geerbt  hat.  11, 171. 

ALTERN,  senescere,  mehr  als  allein,  weniger  als  alten ;  aber 
auch  alt  werden  =  vitam  fransigere:  sie  altert  nicht;  eine 
frische,  nie  alternde  stimme;  er  hat  (ist)  frühe  gealtert;  man 
altre  leider  jähr  um  jähr.  Platen  28 : 

unter  allerndeu  bäumen.    Klopst.  Hess.  10,  35; 
dankbarkert.  du  theure  lugend 
alterst  bald  in  deiner  Jugend.    Logad. 
welcher  allhier  weissagend  bei  uns  Kvklopen  gealtert. 
Voss  Orf.9,  510. 

.\LTERN,    invelerare,    alt  machen:    zudem     so  pflegt  solch 
misten   die   reben   auch   allzubald    zu   altern    und   ganz   un- 
fruchtbar zu  machen.    Sebitz  feldbau  50S.      neuere   aber   ver- 
wenden es  intransitiv  und  gleichbedeutend  mit  altern: 
die  alternde  lüge 
glaubt  zwar  keiner.    Klopst.  J/e«.  2,  316; 

du  Katte  friedenslieder  ?   aber  du  scheinst  mir  überhaupt  et- 
was zu  altem,  werke  9,  289 ;  der  fürst  alterte.  Klinger  9,  248. 
ALTERN,  parentes.    s.  ellern. 

ALTERS.\LLEIN,  solus,  singularis,  unicus,  in  der  weit  al- 
lein,   denn  alter  hat  hier  die  bedeulung  von  weit  und  aevum, 
mutterallein,  mhd.  alters  eine,  alters  aleine  (Ben.  l,  420') : 
das  solt  er  allers  allein  han.    fastn.  $p.  780,  3; 
eins  mals  an  sanct  Matheus  lag, 
als  gleich  die  sonn  war  in  der  wag, 
ich  alters  allein  müeszig  sasz 
in  einem  lustgarten.    IJ.  Sachs  I,  419*. 

ALTERSCHWACH,  senio  fraclus : 

greise  kamen  ...  die  alterschwachen.    Platen  294. 
ALTERSCHWÄCHE,  f.  senium. 
ALTERSCHWER,  senio  gravis,  impeditus: 

so  lenke  denn  die  allerschweren  trilie 

nach  jenem  wolbekannien  klosier  hin.    Schiller  490; 

mit  alterschwerem  tritt.    238. 

ÄLTERSCHWIEGERMUTTER,  f  socrus  magna. 

ÄLTERSCHWIEGERVATER,  m.  socer  magnus. 

ALTERSGENOSZ,  m.  coaetaneus,  aequalis. 

ALTERSSTUFE,  /".  gradus  aetatis. 

ALTERSTOD,  m.  mors  senecta  aetale  eontingens:  alterstod 
erreichen  wenige. 

ALTERSUNTERSCHIED,  m.  differcntia  aetatis. 

ALTERTHUM.  »i.  nnt.  ouderdom  bedeutete  sonst  senectus: 
es  wird  mir  nicht  geziehmen,  mit  euch  jungen  leuten  za 
hüpfen  und  zu  springen,  indem  die  frühstunde  des  alter- 
thumbs  auf  meinem  gesiebt  wol  erscheinet,  pers.  baumg.  9,  2 ; 
man  judiciert  nach  bösem  brauch  aus  allerthumb  die  lugend. 
Simplic.  1,  61 ;  traurigkeit,  die  das  alterthum  vor  der  zeit  und 
auch  den  tod  selbst  an  sich  ziehet.  Hohberc  1,  161";  das  al- 
terthum ihrer  falligen  stirn.  Klopst.  od.  1.  heule  fast  nur 
antiquitas:  ich  glaubte  an  dem  echten  alterlhume  des  metal- 
lenen skelets  zu  Florenz  zweifeln  zu  dürfen.  Lessing;  gewis 
ist  bei  einem  zufällig  räuberischen  nachwühlen  manches  edle 
alterthum  vergeudet  worden.  Göthe  28,  61;  wir  finden  jenes 
achte  wunder  der  weit  {Sewtons  farbenlehre)  schon  als  ein 
verlassenes,  einsturz  drohendes  alterthum.  52,  xvii.  die  al- 
terthümer  der  spräche,  des  rechts,  das  griechische,  classische 
alterthum,  die  römischen  alterlhümer,  antiquitälen. 

ALTERTHÜMELN,  anliquilatem  redolere:  die  allcrthümelnde, 
christelndc  kunst.  Götue  45,  135. 

AI.TERTHIJ.MERKRÄMER,  m.  venditor  rerum  antiquarum: 
(dinge,)  bei  denen  der  verstand 
des  denkers  stiller  steht,  als  je  vor  hieroglrphen 
ein  alterthümerkrämcr  stand.    Gottir  1,  257; 

besser  ist  alterlhumskrämer. 

ALTERTHl'MLER,  m.  nimius  anliquitatis  amcUor. 
ALTERTHÜMLICH,  vduslus,  obsoletus : 
schaut  sie  umher  die  liaiiie  der  alterthümliclicn  Waldung.    Voss  ; 

eine  wundersam  ullerthüinliche  Stimmung  überfiel  ihn.  Götbe 
21,  17;  das  alterthümlicb  aufgeschmückte  schlosz.  31,  225 


271  ALTERTHÜMLICHKEIT  — ALTFRESSEN 

ALTERTHÜMLICHKEIT,  {.  res  obsoleta,  antiquilas:  einen 
frömmern,  sittlichem  effect,  als  jene  mitunter  rohen  und  ge- 
fährlichen alterthümlichkeiten  {Ovids  mctaviorphosen)  machte 
Fenelons  Telemach.    Göthe  24,  50. 

ALTERTHUMSFOKSCHER,  m.  antiquilalis  scrulator. 

ALTERTHUMSFORSCHUNG,  f.  anliquilatis  Studium. 

ALTERTHUMSKENNER,  f.  antiquilalis  pcritus. 

ALTERTHUMSKRÄMER,  «i.  ineplus  antiqmtalts  admimslra- 
lor.  Lessings  werke  1825,  3,  128.  Wolfs  mus.  der  allerlhums- 
wissenschaß  1,  34. 

ALTERTHUMSKUNDE,  f.  scientia  mtiquilaiis  erudilae. 

ALTERTHÜMSKUNDIG. 

ALTERTHUMSWISSENSCHAFT,    f.    antiquarum    hlerarum 

studia. 

ÄLTERVATER,  m.  proavus:  sein  glorwürdiger  ältervater. 
WiELAND  G,  28 ;  Philipp  der  zweite  zwang  ihren  ältenater  von 
dem  thron  zu  steigen.  Schiller  304 ;  es  ist  gar  schön,  wenn 
ein  volle  solch  einen  ältervater  (wie  Yico)  besitzt.  Göthe  28, 
28;  manche  famiiie  hatte  die  aussieht  ihren  ältervater  gleich- 
sam ans  tageslicht  hervorgezogen  zu  sehen.  48,  73. 

ALTERWELT,  f.  scculum  hat  das  vocab.  incipiens  teutont- 
cum,  ein  umgedrelites  weltalter. 

ÄLTESTE,  m.  natu  major  vel  maximus,  der  älteste  unter 
brüdern,  in  der  gemeinde,  mus  e  primoribus. 

ÄLTESTE,  f.  natu  maxima:  das  hier  ist  meine  älteste 
{tochlcr);  bis  ich  mit  ihrer  ältesten  {schwesler)  ein  wort  ge- 
sprochen. Göthe  10,  76. 

ÄLTESTE,  n.  bei  den  handwerken,  das  altgesellenaml :  kei- 
ner soll  das  älteste  über    feld  tragen,    d.  h.  als  geselle  ver- 
reisen. 
.  ALTFISCH,  m.  cyprinus  jeses.    s.  alt. 

ALTFLICKER,  m.  veleramcntarius.  Moser  p.  p/i.  1,  194.  vgl. 
schnhflicker,  altbüszer,  altlapper  u.  o.  m. 

ALTFRANKE,  m.  wie  Allbaicr,  Althesse,  Altsachse,  man 
nennt  diejenigen  Deutschen,  die  nicht  zu  der  (gelehrten)  re- 
publik gehören,  Altfranken.  Klopst.  12,  6,  wo  über  diese  an- 
wendung  noch  sonst  unpassendes  zu  lesen  sieht,  die  alten 
Franken  standen  durch  das  ganze  millelaller  in  ansehn  und 
galten  für  den  ältesten,  edelsten  deutschen  volksstamm,  deren 
'königthum  alle  andern  umschlosz.    s.  das  folgende  wort. 

ALTFRÄNKISCH,  priscus,  obsoletus,  sotvol  im  guten  sinn 
des  altvaterisch,  als  auch  für  veraltet,  den  forderungen  der 
gcgenwart  unenlsprechend.  kerlingisch  oder  französisch  ist 
darunter  nicht  gemeint,  sondern  allerthümlich,  nach  weise  der 
fränkischen  vorfahren,  schon  Hcgo  von  Trimberg  22266,  ob- 
wol  es  auf  sein  engeres  Ostfranken  iichend: 

man  snrichet  gerne,  swen  man  lobt  hiute, 
er  si  der  allen  frenkischen  Hute, 
die  wären  einveltie,  geiriu,  gewaere, 
wolle  got,  da?  ich  alsam  waere; 
sin  vaterlant  nicman  schellen  sol. 

ober  ein  andres  gedieht  kennt  bereits  die  bedeutung  von  veraltet: 

si  sprach,  riaj  ist  altfrensch  worden.    Ls.  3,  89, 
Irensch  für  frenkisch,   wie  im  engl,   french  für  ags.  frencisc, 
und  gerade  so  schreibt  Pictorius  altfrensch,   altfrenisch   anti- 
quus,  vietus,  Stalder  1,  397  frendsch,  fröndsch,  frändsch  aus- 
ländisch,   das  sich  nicht  von  fremd  leiten,    noch  weniger  alt- 
urähnisch  auslegen  Idszt,    denn  auch  Herm.  von  Saciisenii.  m 
der  murin  22*  gebraucht  frensch  von  fränkischen  trauben.     die 
folgenden  belege  werden  sehr  zu  mehren  sein: 
du  dann  nach  deiner  allen  geigen, 
allfrenkisch  sind  dein  werk  und  dauling, 
gleich  also  sind  auch  all  dem  klaiding. 
II.  Sachs  I,  371"; 

in  Fuld  ist  ein  allfränkisch  münsfor.  Münster  100;  lü«  alt- 
fränkische art.  Kirchhof  wendunm.  91' ;  ach  das  ist  gar  altfrän- 
kisch, nicht  alamodisch,  ein  allfiänkisch  kerl.  Phu.and.  22G. 
227;  Squenz  l)Cßinnet  nach  gethaner  altfränkischer  ehrerbie- 
lung  sein  luslspicl.  Grvphius  1,  732;  die  etwas  altfränkische 
spräche.  Wieland  4,  20 ;  schämst  du  dich  nicht  Cathrinc,  das« 
du  deine  frau  so  altfränkisch  ankleidest?  .1.  E.  Schlegel  2, 
334;  dasz  die  kleidung  zwar  altfränkisch,  aber  wolerhallen 
und  von  edlem  slof  sei.    GimiK  29,  240. 

ALTFRESSEN,  senio  cxesus:  mein  gesiebt  ..  unter  meiner 
feind  rotten  ist  es  altfressen  worn.  MEUssus^ps.  «7';  ir  an- 
sehn mus  allfressen  wem  im  grab.  das.  X3';  ihr  allfrcssc- 
ner  kcrll  Weise  comüdienprobc  112.  auch  Stikler  898  gibt 
allfrcsseaveterrimtts,  allfressene  geslall,  consilus  sencclute  vuUus. 


ALTFUCHS  —  ALTHIEBIG 


272 


ALTFUCHS,  o//er  fuchs: 

CS  lebte  nicht  weit  ein  allfuchs  herum.    Göthe  2,  215. 

in  Holbergs  comödien  erscheint  ein  Oldfux. 

ALTFÜRSTLICH:  ein  altfürstliches  haus;    die  fürstin  liesz 
einen  solchen  altfiirstlichen   Versucher  {freier)   nie    mehr   vor 
ihr  stolzes  angesicht.    J.  Paul  Tit.  3,  192. 
ALTGEBACKEN,  was  altbacken. 

ALTGEHABT,  diu  nutritus:  nach  dem  essen  thäten  wir 
unsere  altgehabte  grollen  . .  vertrinken.   Abele  3,  287. 

ALTGEKRÖNT:  an  altgekrönter  tugent  grosz.  Weckher- 
LIN  544. 

ALTGEMAHLT,  dudim  pictus:  ein  altgemahltes  bild.  pers. 
reiseb.  1,  4. 

ALTGESCHLECHT,  n.  prosapia  velus:  vorurtheil  auf  reich- 
thum  oder  altgeschlecht  haben  bei  ihm  keinen  werth.  Göthe 
46,  256. 

ALTGESCHNITTEN,  adulta  jam  aelate  castratus,  m  der 
landwirtschaß  von  ochsen,  man  hört  hin  und  wieder  sogar 
altschneider. 

ALTGESELLE,  m.  gegenüber  dem  Junggesellen,  steht  auch 
wol  für  alter  gesell,  alter  barsche,  doch  meist  heiszl  so  in 
zünßen  der  älteste  unter  den  gesellen:  ja  dasz  man  nicht  ein- 
mal ein  solches  besondere  mit  glück  vollführen  werde,  wenn 
man  nicht  im  ganzen,  wo  nicht  meister,  doch  wenigstens 
altgeselle  sei.  Göthe  26,  40.    vgl.   älteste  n. 

ALTGESELLENSTAND,  m. :  da  verkam  und  verschmachtete 
er  im  altgesellenstande.   Herder  20,  404. 

ALTGESETZLICH :  du  bist  ein  freund  vom  altgesetzlichen. 
Göthe  an  Zeller  614. 

ALTGESITTET:  ein  frommes  altgesittetes  volk.  J.  Müller. 
ALTGEVATTER,  m.,   der  einem  schon  kinder  zur  laufe  ge- 
halten hat:  der  minister  war  als  altgevatter  ohnedies  invitiert. 
J.  Paul  Tit.  3,  106.    vgl.  freszgevatter. 

ALTGEWACHSEN,  adullus :  neben  andern  altgewachsenen  ehr- 
losen weih-  und  mannspersonen.   Thurn.  nolhg.  aussein.  1,  83. 
ALTGEWÄNDER,   m.    der   alte   kleider    ßickt  oder  verkauß, 
trödler.    Frisch  1,  22.  altgewender.   Dasvpodius. 

ALTGEWOHNT,  diu  suetus :  in  die  altgewonte  freund- 
schaft  treuen.  Fischart  Garg.  1575,  Y  5*.  1590,  424.  1594,  217  ; 
altgewohnte  Ordnung.  Tieck  nov.  7,  54. 

ALTGLÄUBIG,  sacrorum  professioni  majorum  addiclus :  die 
altgläubige  kirchc,  wo  sie  nur  gegen  den  ersten  anlauf  der 
reformation  stehen  geblieben.  Fichte  grundz.  des  g.  z.  221; 
ein  altgläubiger  der  unumschränktheit  hielt  er  für  nölhig  der 
wachsenden  freigeisterei  gegenüber  ein  politisches  glaubens- 
bekenntnis  aufzustellen.  Dahlm.  fr.  rev.  122. 

ALTGOTHISCH,  überflüssige  Wortbildung,  da  der  gegensatz 
des  neugothischcn  fehlt. 

ALTGREIS,  canus,  mhd.  altgris. 

tu  band  sprach  sich  ein  aitgreise, 

ein  alter  greisgrauer  mann.    Uhland  voIksi.  uv. 

ALTGRIECHISCH,  gegenüber  dem  neugriechischen :  vielleicht 
einem  allgriechischen  obre,  aber  gewis  nicht  einem  deutschen. 
Bürger  140'. 

ALTHÄNDLER,  m.  der  mit  allen  kleidern  und  altem  ge- 
räthe  handelt,  trödler.    s.  altgewänder. 

ALTHEIDNISCH:  althcidnisclie  sage. 

ALTHEILIG,  sanctissimus. 

ALTHEIT,  f  vetuslas.  vocab.  1482  und  Teutortista.  nnl.  oudheid. 

ALTHERGEBRACHT,  was  altgewohnt: 
althergebraclites  weiter  fiiliren, 
das  neue  klüglich  retardieren.    Göthe  4,  3(8. 

\LTHERKÖMML1CH,  diu  usilatiis:  die  groszen  räume  all- 
herkömmlicher häuser.  Göthe  31,  212;  bei  einer  so  zahlreichen 
altherkömmlichen  samuilung.  31,224;  wo  ich  einer  allher- 
kömmlichen Stimmung  sogleich  gebieten  konnte.  31,  88;  ein 
allherkömmlicher  zustand.  32,  1S3 ;  spitzen  von  allherkömm- 
lichem ansehen.   Rettine  1,  314. 

ALTHERLICH.  praerlarissimus. 

ALTHERR.  »».  «»  Nördlingen  name  der  rathshenn.  mhd. 
altherre,  alter  hochangesehner  mann,  selbst  von  goll  gebraucht. 

ALTHESSE,  «i.  gegenüber  den  Ilanauern,   Srhaumburgcrn. 

ALTHEU,  heu  als'  gegensatz  des  nachheus  oder  grummets: 
ich  mache  nicht  gruminel  vor  dem  allhcu,  antwortet  der  va- 
ter  dem  freier  um  die  jüngere  tochter. 

ALTHIERIG,  im  forsttceseu,  laubholz  über  zwanzig  jährt 
alt,  besser  gebildet  wäre  allhäuig. 


273   ALTHOCHDEUTSCH  — ALTSACHSE 


ALTSÄCHSISCH— ALT  VERFALLEN   274 


ALTHOCHDEUTSCH,  den  ältesten  stand  hochdeutscher  spräche 
ausdrückend  vom  siebenten  bis  ins  zwölße  jh. 

ÄLTIST,  ßr  ältest,  noch  bei  einzelnen,  späteren  Schriftstel- 
lern :  unter  den  ältisten  hochteutschen  poeten  ist  der  fromme 
mönch  Otfried  von  Weiszenburg.  Hoffmannswaldaü  vorr. ;  die 
ältisten  reciite.   Hohberg  1,  355*. 

ALTJAGDBAR,  weidmännisch,  ein  altjagdbarer,  überjagd- 
barer hirsch,  der  acht  jähre  und  drüber  all  ist. 

ALTJÜNGFERLICH:  jenes  altjüngferliche  lärmschlagen  ge- 
gen unser  geschlecht.   J.  Paul  37,  75. 

ALTKIRCHLICH,  streng  an  den  Satzungen  der  allen  kirche 
haltend. 

ALTKLUG,  senililer  prudens:  altklug  thun;  altklug  als  «der 
erfahrenste  ritter.  Felsenb.i,  507;  von  der  liebe: 

des  strengen  alters  eigensinn 

Terwandelt  sie  in  scherz  und  lachen, 

und  diese  holde  lehrerinn 

kann  auch  die  Jugend  altklug  machen.    Ha.cedoiu«  3,  40; 

Ton  ansehn  jung,  doch  altklug  an  betragen.    Wieland  9,  111 ; 

altklug  lieb  ich  dich  nicht,  munter,  beffreife  mich  woll 

GölUE  1,  278; 
0  du  Jungfrau,  die  so  altklug  aus  der  kindbeit  du  hervorbluhst 
wie  das  röslein  in  dem  Stirnhaar.    Voss. 

ALTKNECHT,  m.  der  älteste,  erste  unter  den  knechten. 

ALTKRANK,  d«u  aegro/us:  altkranke  äugen.  J.  Paul  Fifce/ 216. 

ALTLAHM,  dudum  claudus :  altlahmes  pferd.  Weckherlix  679. 

ALTLAPPER,  m.  veteramentarius,  der  zerrissene  schuhe 
läppt,  ihnen  läppen  aufsetzt. 

ALTLICH,  senilis:  ältliches  gesiebt,  ältliches  aussehn;  sei- 
nen ältlichen  gewohnten  schritt.  Wieland  18,  S ;  auch  an  ge- 
schmack  und  geruch  verderbend,  früher  altlechtig.  Dasypodiüs. 

ÄLTLICHKLUG:  ältlichklugen  jungen  leuten.  Lessing  1,  77. 

■ALTMACHER,  m.  sutor  veteramentarius.  Frisch  1,  22. 

ALTMÄGD,  f.  ministralrix  superior. 

ALTMA.NN,  m.  senex:  altmanns  wort  steht  in  ehre,  berg- 
männisch, meatus  aere  jam  evacuatus. 

ALTMÄNNCHEN,  n.  senecio,  seniculus:  kinder  nenne  man 
nicht  allmännichen,  altwcibichen,  sonst  verbutschen  sie  und 
bekommen  runzeln  an  der  Stirn,    abergl.  25 

ALTMANNSKRAUT,  n.  senecio  vulgaris. 

ALTMEISTER,  m.  der  älteste,  hervorragende  meister: 
nun  ich  hier  als  altmeisier  sitz.    Göthe  47,  93. 

ALTMEISTERSPRUCH,  m.  bescheid  des  altmeisters. 

ALTMELK,  ton  einer  unträchtig  gebliebenen  und  fortgemol- 
kenen kuh. 

ALTMENSCHLICH,  genuine,  ingenue  humanus:  so  neuge- 
sagt und  doch  so  altmenschlich  empfunden.   Herder  14,  94. 

ALTMILCHEN,  was  altmclL 

ALTMILCHEND,  dasselbe. 

ALTMODISCH,  obsoletus.    allmodische  kleiden 

ALT.MUTTER,  f.  avia,  gleichviel  mit  ältermutter. 

ALTNEU:  eine  eigne  altneue  classische  spräche.  Hebder 
16,  128. 

ALTPAPA,  m.  avus: 

nicht  bist  du  spSter  zeit  verächter, 
du  altpapa!  Voss  4,  247. 

ALTRÄUMLICH,  dudum  spaliosus:  alträumliche  gebäude. 
Göthe  31,  209.    vgl.  altherkömmlich. 

ALTREICH,  dudum  dives:  Megara,  seine  Vaterstadt,  durch 
altreiche,  herkömmlich  adeliche  regiert.    Göthe  45,  411. 

ALTREISE,  m.  cerdo,  veteramentarixts,  der  Schreibung  und 
ableitung  nach  unsicher,  bald  wird  altreis  oder  altreisz,  bald 
altreus  und  nd.  oldrüse  angetroffen,  das  vocab.  1482  gibt  blosz 
rewse.  Frisch  1,  22.  Stieler  1938.  Schmeller  3,  131,  fcetOßER- 
un  32  steht  altreiser,  bei  H.  Sachs  I,  501*  der  altreise ;  alt- 
rysser,  der  dir  den  lymmel  ufsetzct.  Keisehsb.  bilg.  95 ;  wenn 
et  in  die  bedeutung  von  trüdler  übcryieng,  so  erklärte  sich, 
«ie  in  Nürnberg  sogar  antiguarc  bücheraltreiszen  genannt 
IBtrden.  rister  sind  aber  die  flecke,  womit  schuhe  geflickt  wer- 
den (Schmeller  3,  144),  und  rist  ist  der  rücken  des  fuszes, 
alln.  rist  dorsum  plantae  pedis,  ddn.  vrist,  ags.  vrist,  etiql. 
wrist  carpus  pedis,  mhd.  nhd.  rist,  womit  auch  altreise  zu- 
sammenhängen musz. 

ALTRITTERLICH :  altriUerliches  geschlecht. 

ALTROMISCH,  latinus,  gegensatz  des  neurömischen,  ita- 
lienischen. 

ALTSACHSE,  m.  zwischen  Elbe  und  Weser  angesessen,  Che- 


ruscus,  der  heutige  Niedersachse,  der  volkstamm,  den  wir 
jetzt  Sachsen  nennen,  war  gar  nicht  sächsischer  abkunß. 

ALTSÄCHSISCH  bezeichnet  die  spräche  jener  alten  Sachsen, 
wie  sie  noch  im  9. 10.  li  jh.  geredet  wurde. 

ALTSCHE,  f.  mater,  in  zutraulicher  rede,  ahd.  alticha,  al- 
tiskä,  mhd.  altische,  nd.  oldske,   olske. 

ALTSCHWÄBISCH,  pflegt  unpassend  auf  die  schwäbisdien 
dichter  des  13  jh.  angewandt  zu  werden,  da  es  von  den  viel 
älteren  Sueven  gellen  sollte. 

ÄLTSEN,  was  allein,  vetustescere,  wahrscheinlich  ahd.  al- 
tison,  mhd.  eltesen,  aber  unaufweisbar,  das  ahd.  altasun  dif- 
fcrre,  suspenderc  verschieden,  wiltu  frische  eier  lang  behal- 
ten, dasz  sie  nicht  ältzen  oder  stinkend  werden,  so  begrabe 
sie  in  rockenkorn.  Tadernaemost,  kräuterbuch  589  ;  eier  in  salz 
vergraben  werden  desto  weniger  ältzen,  aber  das  salz  verzehrt 
sie  heftig.  Rtpf  spiegel  der  gesundh.  52*. 

ALTSITZER,  m.  vgl.  altentheil.  der  altsitzer  Wiehert  zu 
Schallun  in  der  Altmark.   Voss.  ztg.  18  apr.  1852. 

ÄLTSPROCHEN.  diu  tu/ja/um.-  altsprochen  wort,  Sprichwort. 

ALTSTADT,  f.  oppidum  vetus. 

ALTSTÄDTER,  m.  incola  oppidi  veteris. 

ALTSTÄMMIG,  stirpis  generosae:  ein  paar  schöne  hoch- 
geflügelte altstämmige  tümmlertauben  sind  zu  verkaufen.  Ber- 
liner Zeitungen  von  1825. 

ALTSTIER,  m.  taurus  fossilis.  Göthe  55,  291, 

ALTTHUM,  n.  antiquitas,  vetustas.  ahd.  alttuom  (Graft  1, 
195),  goth.  aber  aldoma,  ags.  ealdom,  die  ahd.  Schreibung 
schwankt  ebenfalls  in  altuom  und  so  findet  sich  altum  noch 
in  Mart.  Zeillers  cent.  II.  s.  49.  cent.  IIL  «.  462 ; 

alttliümer  sind  ein  böses  ding, 

ich  schätze  sie  aber  nicht  gering, 

wenn  nur  neulhümer,  in  allen  ehren, 

auch  um  so  vieles  besser  wären.    Göthe  3,  272. 

ALTTESTAMENTLICH  bildet  man,  obwol  nicht  gesagt  wird 
alttestament,  nur  das  alte  testament. 

ALTÜBLICH,  diu  usilatus:  altübliches  Sprichwort. 

ALTVATER,  avus,  patriarcha,  häufig  von  alten  geistlichen, 
dann  von  allen  andern  altehrwürdigen  leuten  gebraucht,  also  hat 
ein  altvater  in  der  wüsten  ein  guten  spruch  gesagt.  Luther  3, 
164;  ein  junger  bruder  kam  zu  einem  altvater.  P\\:u  schimpf 
136* ;  alle  heiligen  altvätter.  Fischart  bienenk.  53' ;  ein  geistlicher 
altvater.  pers.  rosenth.  2,  30 ;  der  altvater  Abraham.  7,  20 ;  der 
altvater  betete  nach  seiner  gewohnheit.  Felsenb.  1, 102 ;  altva- 
ter Homer.  Wieland  5,  36 ;  die  herlichen  altvater.  Göthe  16, 
112 ;  und  sie  mein  ehrwürdiger  altvater.  17,  301 ;  der  ansehn- 
liche altvater  {Gottsched)  25,  86;  den  biedern  deutschen  alt- 
vater (Götz  von  B.)  26,  136 ;  berechtigt  durch  unsern  altvater 
Shakespeare.  26,  350 ;  meines  groszvaters  garten  . . .  sodann 
erblickt  ich  den  ehrwürdigen  altvater  um  seine  rosen  be- 
schäftigt. 30,163;  und  doch  ist  oft,  ja  gewöhnlich,  mehr  ernst 
in  den  altvätern,  die  unser  dasein  gegründet,  als  unter  den 
genieszenden  meistentheils  vergeudenden  nachkommen.  55,  316. 

ALTVATERISCH,  priscus,  obsoletus,  wie  altfränkisch :  vil  alt- 
vätterischcr  märlcin.  Kirchhof  wendunm.  438 ;  altvätterische 
kleiden  Ayrer  50' ;  einer  hatte  einen  altvaterischen  sammet- 
pelz  an.  Weise  erzn.  63 ;  doch  waren  alle  stücke  von  altvate- 
rischen manieren.  411 ;  ihr  seid  zu  vornehm  erzogen,  als  dasz 
ihr  den  gemeinen  mann  um  die  altvaterische  glückseligkcit 
einer  gesegneten  ehe  beneiden  solltet.  Rabener  l,  91 ;  eine 
altvaterische  miene.  2,  91 ; 

wo  altvätrische  treu  altvätrische  siiien  begleitet. 
Zacuariä  2,  26 ; 

bücber,  die  heute  modc  wären  und  übermorgen    altvaterisch. 

Klopst.  12,  366;  diese  seine  altvätersche   meinung.    Lessing  9, 

293;  sein  gewand  schien  ihren  äugen  etwas  altvaterisch.  BZn- 

cer  136' ; 

die  Leinaugusta,  welche  des  helleren 
Jahrhunderts  kind,  um  jungen  reiz  alt- 
väirlsche  wQlste  gemummt  daherprangt.    Voss; 

er  baute  sich  ein  haus,  welches  seinem  Charakter  durch  alt- 
vaterische stärke  der  mauern  entspricht.  Niebuhr  kl.  sehr.  1,  51. 

ALT\'ÄTEHLICH,  dasselbe,  doch  nur  in  gutem  sinn:  Nie- 
buhr hatte  altväterliche  eifersucht  für  die  ehre  seiner  land- 
schaft.  NiEnuHH  kl.  sehr.  I,  6. 

ALTVATERSANG,  «i.  nur  lieber  freund  das  Stückchen!  je- 
nen altvatcrsang.  Herder  8,  71 

ALTVERFALLEN,  vetustate  obsttus: 

doch  alt  und  halbverfallen  ist  das  haus  — 

nein  in  das  alirerfallne  lasit  micb  liebn.    Göthi  9,  3S3. 

18 


275 


ALTVERLEBT— AM 


AM— AMBER 


276 


ALTVERLEBT,  senio  consumtus :  altverlebte  personen.  Sim- 
plic.  1.  2SI. 

ALTVEKSTÄNDIG,  was  alterfahrcn,  altklug: 

sie  streut  vollhändig 
dir  preis  und  lob, 
heiszt  aliyersländig 
dicli  oft  Äsop. 

Klaher  Eb.  K.  Schmidts  neue  poel,  bricfe. 
Berlin  1790  s.  33. 

ALTVERTRAUT,  dudum  famiiiaris. 

ALTVETTELISCH,  velularum  more,  anilis:  der  altvetteli- 
schen  fabeln  entschlahe  dich.  1  Tim.  4,  7  (edler  verdculschte 
Ulfil.\s  yqucÖSi]s  fivü'os  usaljianaizu  spül);  die  altvettelisch 
Irage.  Luther  4,  37S';  altvcttlische  wundsegen.  Ge.  Scherers 
kunst  und  uundsegen.  Iiigoht.  1595.  4°.  A2';  eine  vernünftige 
hausmutier  soll  sich  an  solche  altvettlische  meinungen  nicht 
binden  lassen.  Hohrerg  1, 193' ;  woher  nimmst  du  doch  das 
allvettelische  zeug  das  du  sagst?  Wieland  11, 166. 

ALTVORDEREN,  majores,  patriarchae,  ahd.  altfordoron  (Graff 
3,  632),  mhd.  altvordern :  seine  altvorderen  Römer  gewesen. 
Kirchhof  tt'cnrfuHm.  13';  unsere  ehrlichen  altvordern.  Wieland 
H,  23;  was  an  uns  original  ist  wird  am  besten  erhalten  und 
belobt,  wenn  wir  unsre  altvordern  nicht  aus  den  äugen  ver- 
lieren. GöTUE  23,  278 ;  sitten,  gebrauche  und  gesinnungen  un- 
serer altvordern.  24,  36 ;  die  Verdienste  dieser  nie  genug  zu 
schätzenden  altvordern.  32, 10 ;  wie  schnell  erfährt  ein  junger 
mann,  dasz  die  altvordern  ihm  zuvor  gekommen.  50,  114. 
felilerliaß  setzt  PlIten  die  starke  form:  deines  Stammes  alt- 
vordere  130 ;  altvordere  rühmend  erhöhen.  316. 

ALTWACHS,  s.  altenwachs :  der  altwachs  das  ist  die  grosze 
sennaderen  am  arm.  Würtz  wundarzn.  170 ;  da  schnitte  ich  im 
sejn  zermorset  und  verseztes  gäder,  auch  altvvachs  und  fleisch 
mit  der  scher  herab.  244;  durch  gerecht  artzcnci  gibt  kein 
abgehawen  nerven,  geäder,  altwachs  lahme  wunden.  Paracei.- 
sus  cliir.  sehr.  3. 

ALTWALD,  m.  silva  anliqua,  gewöhnlich  urwald,  allfranz. 
oß  forest  antie: 

altwälder  sinds,  die  eiclife  starret  mächtig.    Göthe  41,  225. 

ALTWASSER,  n.  diverticulum  fluminis,  eigentlich  das  alte 
nicht  völlig  abgetrocknete  bett. 

ALTWEIB,  n.  vetula. 

ALTWEIBERGEWÄSCH,  n.  nugae  anilcs. 

ALTWEIBERKOPF,  m.  wird  der  köpf  eines  pferdes  genannt, 
wenn  er  lang,  hager,  hohläugig  und  traurigen  anschens  ist. 

ALTWEIBERSOMMER,  m.  fila  divae  virginis,  s.  mädchen- 
sommer,  Mcchtildesommer,  Mariengarn,  die  im  nachsommer 
auf  dem  gefildc  fliegenden  fäden  (mythol.  744).  bildlich:  schöne, 
heitere  hcrbsttagc. 

ALTWEIBISCH,   was   altvettelisch,    doch    edler:   altwybisch 
und  nerrisch  gplerr.  Zwingli  von  dem  lauf.  Zürich  1525.  L  3'; 
aber  du  schmähst  alttreibiscb.    Voss  6,  332. 

ALTWEIBLICH,  dasselbe:  wie  altweiblich,  wie  kindisch. 
Melaxchtii.  anweisung  in  der  h.  sehr,  deutsch  durch  Spala- 
Tix  s.  83. 

ALTWILISCH?  weiter  fanden  sie  anstatt  heidnischer  am- 
pejn  seltzame  liechtstöck,  nemlich  neun  wolmäszige,  wie  sag 
ich  wolmäszige?  ja  wolfuderige  altwiiische  Haschen,  das  fu- 
der  nach  der  alten  Rastatter  . . .  niasz  zu  rechnen.  Fischart 
Garg.  1594,  32';  darinnen  bat  man  seinen  {des  weines)  stam- 
men nach  rechter  altwiliscbcr  canzeliischer  teutischer  schrift- 
arllickeit  . .  beschriben  gefunden.  32'.  bei  Rahelais  1,  1 
trouverciit  neuf  flacons  cn  tcl  ordre  qu'on  assiet  les  quilles 
cn  Gascognc  und  genealogie  escrite  au  long  de  lettres  can- 
cellarcsqucs.  Kaum  ist  wile  für  zeit  zu  nehmen  und  altwi- 
liscli  antiquus  zu  deuten;  vielleicht  dachte  Fiscuart  an  altvvil, 
allvil,  altlij  zwitter  (Homevers  Ssp.  1.  «.  33)  und  an  seltsame, 
zwitterhafte  fluschen,  zwitterhaße  schriß? 

ALTWÜRDIG,  prisca  dignitate  conspicuus: 

allwiirdgc  götler  hab  ich  schon  erblickt, 

vor  Ops  und  Uhea  ticTstcns  mich  gebückt.    Gütiie  41,  155. 

AM,  eine  günstige  Verschmelzung  der  praep.  an  mit  dem 
dal.  sg.  des  männlichen  und  neutralen  arlikcls,  welche  gerade 
so  ßr  im  und  vom,  ähnlich  aber  für  lieim  und  zum  stattfin- 
det; mhd.  aninc  und  amc.  am  und  an  dem  dürfen,  wie  der 
rede  die  eine  oder  andere  form  gerecht  ist,  wechseln,  nur  im 
adverbialen  anschlusz  der  praep.  an  Superlative  pflegen  wir 
heule  immer  am  statt  an  dem  zu  sagen:  es  ist  am  besten, 
ist  mir  am  liebsten,    er  lebt  am  längsten,  es  geschiebt  am 


leichtesten,  die  blumen  sind  am  schönsten,  wenn  der  thau 
niederfällt,  stille  wasser  sind  am  tiefsten,  das  zeigt  sich  am 
ersten;  am  letzten  wollen  wir  auch  der  spräche  ein  oder 
zween  handeln.  Luther  3,  367 ;  da  am  ersten  seine  hütte  war. 
1  Mos.  13,  3 ;  da  der  tag  am  heiszesten  war.  18,  1 ;  auf  der 
straszen  die  am  nähesten  war.  2  Mos.  13, 17 ;  welcher  am  we- 
nigsten samlet.  4  Mos.  11,  32;  trachtet  am  ersten  nach  dem 
reich  goltes.  Ma«/t.  6,  33;  die  Städte,  in  welchen  am  meisten 
seiner  thaten  geschehen  .waren.  11,  20;  im  meer,  da  es  am 
tiefsten  ist.  18,  6;  am  tage  des  festes,  der  am  herlichsten 
war.  Joh.  7,  37 ; 

Ferrau  verirrte  sich  im  walde  ja  so  gar, 
dasz  er  kam  wieder  hin,  da  er  am  ersten  war. 
Werders  Ariost  1,  23; 

das  der  wein  mitten  im  fasz  am  besten  sei  und  im  winter 
am  sterksten.  Garg.  60';  und  so  noch  bei  Avrer  182',  wo  der 
zäun  an  dem  nidersten  ist,  da  steigt  man  an  dem  meinsten 
drüber.  Diese  der  hochdeutschen  mundart  eigne  und  heule  ganz 
geläufige  redewcise  setzt  ein  weggefallnes  subst.  wie  theil,  zeit, 
mal  oder  punct  voraus,  mag  aber  bald  auf  fälle  erstreckt  wor- 
den sein,  die  diese  cllipse  nicht  mehr  zulassen,  mhd.  sind  die 
beispielc  weit  seltner:  fristen  an  dem  allerjungisten  (zlte). 
Mar.  183,  24 ;  zem  ersten  (male)  sagte.  Parz.  277,  22 ;  wenn  wir 
aber  nunmehr  sagen:  am  süszesten  singt  der  vogel  gegen 
abend,  am  ruhigsten  ist  mein  hei-z,  wenn  ich  gebetet  habe, 
man  hört  doch  gleich  wenn  das  frauenzimmer  am  beredte- 
sten ist.  Lessi.ng  1,  242 ;  so  wird  bloszes  dulcissime,  tranquil- 
lissime,  und  in  beiden  letzten  stellen  selbst  ein  adj.  durch 
das  adv.  ausgedrückt.  Der  nl.  spräche  sind  solche  am  mit 
dem  dat.  fremd  und  1  Mos.  18, 1  gibt  die  bibel  Delß  1582 :  doe 
de  dach  aent  heeste  was,  an  das  heiszeste.  Wie  wir  nun  in 
dieser  rcdensart  nur  am,  nicht  an  dem  setzen,  musz  umge- 
kehrt es  ist  an  dem  {es  verhält  sich  so),  weil  hier  dem  kein  ar- 
tikel,  sondern  betontes  demonstrativ  um  ist,  gesagt,  könnte  nicht 
durch  am  ausgedrückt  werden.  In  allen  andern  fällen  steht 
es  vieistens  frei,  den  artikel  anzuschleifen  oder  voll  zu  setzen, 
nur  dasz  die  Verschmelzung  gangbarer  scheint:  es  liegt  am 
tage,  es  steht  geschrieben  Matthäi  am  letzten,  actorum  am 
15tcn,  Levilici  am  ailften  (H.  Sachs  1,  503),  Hiob  am  drittea 
capitel,  dritten  vers,  die  Stadt  liegt  am  mecre,  er  ist  noch 
am  leben,    vgl.  an. 

AMACHT,  f  animi  dcliquium.  6et  Luther  amraacht.  Er.  Al- 
iiERüs  und  vocab.  ine.  teuton.  mhd.  ämaht,  nhd.  obnmacht. 
erscheint  im  Ißjh.  hin  und  wieder,  wie  das  folgende  adj.  be- 
stätigt: sank  darnidcr  in  amacht.  H.  Sachs  1, 164°. 

AMÄCHTIG,  inßrmus,  dcliquium  passus.  die  lutherische  bibel 
gibt  ammechtig  {später  ohnmächtig),  in  Luthers  andern  Schrif- 
ten erscheint  amechtig,  auch  geschrieben  ammechtig  oß:  o  der 
bapst  hat  künige,  fürsicn  und  bischove  gedempft,  solt  er 
nicht  auch  einen  amechtigen  münch  dempfen?  2,  148';  der 
amechlige  teufel  wil  nirgend  hin.  3,  46';  auf  eim  amechtigen 
punct  und  buchstaben.  3,  65' ;  du  ameclitiger  geist,  wie  lange 
leszt  du  dir  trotzen?  3,74';  ein  amechlige  pestilenz.  3,  395; 
du  amechfiger  toller!  3,  464';  ein  schlechte  amechlige  kraft. 
4,181*;  wie  ritterlich  sie  dazumahl  in  der  aufruhr  sich  für 
den  amechtigen  bauren  furchten  und  flohen.  5,  46' ;  allein 
der  name  des  hen'en,  das  amechlige  wörllein  golt  schaft 
solch  grosz  ding.  5,  53';  wir  vermögen  mit  aller  unser  kraft 
nicht  so  viel,  das  wir  einer  ainehtigen  fliegen  verbieten  kün- 
den. 6,338';  arme  amechlige  lügen.  8,87'; 

das  ich  unter  dir  amecinig  wurd.    fasln,  sp.  587,  3; 

o  armut,  kraftlos  und  aincchlig, 

darfsiu  so  trutzig  gen  mir  narren  ?    II.  Sachs  I,  205'. 

AMARELLE,  f.  it,  amarcUa,  cerasum  armeniacum,  eine 
dunkelrolhc,  säuerliche  und  saßreiche  kirsdie,  auch  amorclle, 
marellc,  marille,  in  Baiern  aniclbcr  (Schm.  1,  53): 

auch  bricht  man  ab  das  stainobs  nier 
amarcllcn,  kcrstcn,  erpcr.    11.  Sachs  1,375'; 

amarellen  sind  klein  und  schwarz.  Acricola  spr.  009 ; 

dio  amarellen  hier,  die  öpfel,  diese  pfirschcn.   Fleming  653. 

AMAZONE,  f.  betont  araazöne,  doch  Opitz  2,  83  noch : 

wie  die  aniazoncn  gleich  allen  hohen  beiden. 
AMRACIIT,  s.  amt. 

AMItER,  m.  ambra,  ein  wolriechcndcs  harz,  das  einige  mit  un- 
recht dem  bernstcin  vergleiclicn  und  gar  aus  anbcrnen,  ari- 
brennen  herleiten. 

knum  ombra  rollt  hinein.    1,  44.  2,  68. 


I 


277 


AMBERG  —  AMEISENBÄR 


AMEISEXBÜHEL  —  AMME 


278 


AMBERG,  s.  anberg. 

AMBOSZ,  m.  incus,  ahd.  anapuj,  mhd.  anebo;  von  pojan, 
bojen,  goth.  bautan  =  lat.  fundere,  also  gebildet  me  incus 
ton  cudcre,  oder  das  sl.  nakovalo  von  kovati ;  mit  entfaltetem 
m  vor  dem  b,  doch  schreiben  ältere  noch  anbosz.  z.  b.  Agri- 
COLA  spr.  29'  und  anbusz  Alberls.  macheten  mit  dem  ham- 
mer  das  blecb  glatt  auf  dem  ambosz.  Es.  41,  7 ;  von  geflügel- 
ten geistern  wird  ein  ambosz  mit  bämmern  auf  den  Schau- 
platz bracht.  A.  Gryphiüs  1, 439.  tieften  anapö?  galt  ahd.  aticli 
anafalz,  ags.  onfilt,  anfilt,  engl,  anvil.  der  ambosz  erschrickt 
nit  Tor  dem  hammer.  Garg.  212'; 

du  must  herschen  tind  gewinnen 

oder  dienen  und  veHieren, 

leiden  oder  triumphieren, 

ambosz  oder  hammer  sein.   Göthe  1,  144. 

AMBOSZEN,  cvdcre:  es  sind  grobe  verstockte  herzen,  die 
weder  selbs  fülen,  noch  inen  von  andern  sagen  lassen,  wie 
der  schmid  ambosze  (als  lob  sagt),  nur  mit  dem  tollen  köpf 
hindurch.  Lcther  2,216*. 

AMBOSZHAND,  f.  manus  fabri: 

erstarr,  erstarr  an  der  esse  die  amboszhand  I 
Klopst.  1,  235. 
AMBOSZHART,  perdurus: 

ein  ambosihartes  herz  wird  weich  und  kTumm  bewegt, 
auf  das  so  oft  und  sehr  des  Unglücks  hammer  schläft. 
LoHENST.  Ibrah.  77,  218. 

AMBOSZSCHMID,  m.  grobschmid. 

AMBOSZSTOCK,  m.  truncus  incudis,  klotz,  worin  der  am- 
bosz haftet. 

AMBROSIA,  daraus  bilden  neuere  dichter  ein  adj.  ambro- 
sisch, die  älteren,  gleich  als  habe  es  Ambrosiner  gegeben. 
Ambrosiner  wein.  Flejiisc  65. 167 ;  Rachel  144  hat  sogar  am- 
Ijrosinen  most. 

AMBROST,  f.  statt  des  üblichen  armbrust : 

ein  heche!  und  ein  ambrost.    Ambr.  Ib.  s.  181,  18; 

SO  thuet  es  einen  schnall,  als  ob  du  ein  ambrost  abdruck- 
test. Seüter  rojar;ne»  407. 

AMBT,  s.  amt. 

AME,  m.  modius:  zwen  amen.  Fischart  Garg.  82".  s.  ahm. 

AMEISCHEN,  n.  formicula. 

AMEISE,  f  formica,  ein  behendes,  schöngelet^ies  thier,  ahd. 
ameijä,  mhd.  ameize  (Box.  41,  3  anbeije),  qmntiiat  der  vocale 
und  Ursprung  des  Wortes  unsicher,  spr.  Sal.  6,  6  und  30,  25 
hätte  die  uns  entgehende  goth.  form  vorgelegen,  der  ahd.  gleich 
würde  sie  amaitu,  vielleicht  amaitei  gelautet  haben,' wo  sie  nicht 
ganz  abwich,  gehört  nun  ameiji  zu  emaj,  ömajic,  nhd.  emsig 
und  zum  altn.  ami  labor,  molestia,  so  erklärte  sich  nach  der 
formet  iman  am  Smun  das  abspringen  der  vocale  in  emeisz, 
emes  bei  Alberls,  wetterauisch  imes,  und  schwäb.  aumeis, 
bei  Keisersb.  omeis,  aumeise  Fischart  Garg.  105',  195',  222'  und 
ameise  bliebe  das  emsige,  arbeitsame  thier,  ags.  ämette,  engl. 
emmet  und  ant  (ßr  amt),  daneben  ags.  ämetta  quies,  üme- 
tian  qniescere,  weil  die  begriffe  der  muszc  und  unmusze  inein- 
ander flieszen,  das  dem  ämetian  entsprechende  ahd.  emajigon, 
mhd.  emjegen  ist  continuare,  laborare.  seltsam  Schweiz,  hum- 
beisze  und  lombeisze  (Stald.  2,  523.  524),  luxenburgtscU  secli- 
omes,  d.  h.  seichameise,  anderwärts  saichmotze,  seichamse,  wie 
niederd.  migamke,  migemke,  migemerke,  von  migen  pissen,  sei- 
chen, weil  man  den  juckenden  stich  oder  bisz  des  insects  seinem 
urin  beimasz.  amke,  emke,  emerke  enthalten  mit  andrer  ablei- 
tung  wieder  die  würzet  von  ameise  und  cmmct.  Das  cibweichcndr 
nl.  mier,  altn.  maur,  schw.  myra,  dän.  myrc  und  wiederum 
pissemvTC,  engl,  pismire,  ist.  migamaur,  hat  groszen  anklang: 
ir.  moirb.  welsch  mor,  armor.  meriencn ,  finn.  muuraincn, 
allst,  mrav',  russ.  mnravei,  poln.  mrowka,  böhm.  mrawcnec, 
gr.  ftvQur,^  und  reicht  nach  Asien,  folglich  ins  höchste  al- 
terthum.  jene  herleitung  des  ameija  ron  der  wurzel  am,  im 
könnte  triegen  und  berültrung  mit  dem  verbreiteten  mur  auf 
irgend  eine  weise  stattfinden. 

geh  fauler,  gehe  üur  ameisen  du, 
uod  lerne  sammeln  ffir  des  winters  noih. 
Stokerg  3,  34, 

welche  oblique  endung  der  nhd.,  ameise  fordernden  regel  xu- 
leider  lauß.  geld  und  gut  wie  ameisen,  es  wimmelt  wie  amei- 
sen.   s.  ämse. 

AMEISENBAD,  n.  wärmet  Heilbad,  über  ameisen  und  amei- 
tenhaufen  bereitet. 

AMEISENBÄR,  m.  der  nordische,  den  ameisenhaufen  nach- 


stellende bär,  wovon  die  thierfabel  des  miUelalters  und  die  finni- 
sche poesie  wissen,    finn.  muuraiskarhu. 

AMEISENBCHEL,  m.  formicetum,  ahd.  ameizpuhil,  mhd. 
amei?buhil  MB.  2,  320.    s.  ameisenhaufe. 

AMEISENEI,  n.  verpuppte,  unausgeschloffene  ameise,  ton 
den  thierchen,  wenn  man  ihren  häufen  stört,  emsig  fortgetra- 
gen; eine  speise  der  nachtigallen. 

AMEISENFRESSER,  m.  turdus  formicivorus. 

AMEISE.NGEIST,  n.  Weingeist  über  ameisen  abgezogen. 

AMEISENGEVVIMMEL,  n. 

AMEISENHAUFE,  m.  formicetum,  ämsenhaufe,  emsenhaufe : 

wellcnt  dich  also  darumb  strafen 
das  du  ein  jar  in  eim  amaiszhaufcn  muost  schlafen. 
fastn.  sp.  300,  3 ; 

sein  pctt  sei  ein  amaszhauf.  711,2; 

vermehren  sich  wie  die  araeiszhaufen.  Weise  erzn.  8S;  so 
wie  ein  hiit  mit  dem  stabe  einen  ameishaufen  untereinander 
rührt.  Fr.  Müller  3,  lOS ;  der  ameishauf  durch  einander  kol- 
lert. Göthe  13, 127.  Im  Reinhart  fuchs  wird  den  ameisen  eine 
geordnete  bürg  zugeschrieben,  die  könig  löwe  (d.  i.  bär)  mut- 
willig zertritt;  altn.  maurabi"!,  dän.  myretue,  schw.  myrstack, 
ags.  ämetthyll,  engl,  emmethill,  anthill,  nnl.  mierennest,  finn. 
muuraispesä  {ameisennest),  litt,  skruzdele  oder  skruzdynas,  ton 
skruzde  ameise. 

AMEISICHT,  formicinus,  nnl.  mierachtig. 

AMEISLEIN,  n.  formicula. 

AMELBEERE,  f  s.  ammelbecre. 

AMELKORN,  n.  speit,  dinkel.^ 

AMELMEHL,  n.  krapmehl,  äuvlov,  ahd.  amar  (Graff  1. 
253).  nimm  ammelmehl,  zerlreibs  mit  rosenwasser.  Eicn. 
RöszLiNS  hebammenbüchl.  Frankf.  1565.  SO'. 

AMELUNG,  was  für  ein  eszbares  kraul  ?  er  mag  essen  ame- 
lung,  latlich  und  ain  brosam  brots  genetzet  mit  wasser 
Bral'xschweic  chirurgia  1539  p.  34.  doch  nicht  amoinum,  amöm- 
lein?  oder  das  vorausgehende  amelmehl? 

AMEN,  n.  die  biblische  betheiirung  am  schlusz  der  gebele, 
mhd.  amen  und  amen :  das  ist  so  wahr  als  amen,  ich  spreche, 
sage  amen  dazu,  bestätige  es; 

was  Claudius  berahl,  was  Nero,  was  das  schwein 
Doroitianus  hiesz,  das  liesz  man  amen  sein. 
Opitz  3,  273 ; 
sei  von  seinen  hundert  namen 
dieser  hochgelobct,  amen!  Göthe; 

erfreuet  euch,  wenn  da  drauszen,  wie  ihr  es  immer  heiszen 
mügct,  eine  natur  liegt,  die  ja  und  amen  zu  allem  sagt,  was 
ihr  in  euch  selbst  gefunden  habt.  44,  247. 

AMM,  n.  palea:  arista,  theca,  darin  das  kornlin  lit.  rocab. 
ine.  teuton.;  allem  viehe  gibt  man  warmes  luder,  als  aus  dem 
Stadel  das  luderamm,  da  es  nicht  erklecket.  HonisERC  1,139'; 
den  Schweinen  gibt  man  im  winter  das  ainm,  mit  heiszem 
wasser  abgebrennt.  1, 139'.  vgl.  Scumeller  1,  53  und  das  mhd. 
omc  (Bex.  1,  27). 

AMMAFRÄULEIN,  n.  nulrix:  so  geht  Anna,  das  ammafräu- 
lein  ein,  bringt  ein  kind.  Ayrer  197',  in  der  Zusammensetzung 
erhält  sich  die  alte,  rolle  endung,  während  der  nom.  107*  amui 
lautet,  doch  steht  hernach  auch  ammcnfräulein. 

AMMAL,  s.  anmal. 

AMMANMEISTER,  m.  Closener  s.  105.  106. 

AMMANN,  m.  für  amtmann.  Ruedel  der  amman.  urk.  von 
1297  in  CiiMEL  fontcs  1,278; 

er  sei  der  ammann  und  des  tages  haujit.  Scbiller  52S. 

AMME.  f.  nutrix.  ahd.  ammä  (Graff  1,  251),  mhd.  animc 
(Bex.  1,  30'),  altn.  amma  avia,  in  einzelnen  oberdeutschen  ge- 
genden  mater,  wie  mutter  bald  die  nährende,  säugende,  bald 
die  im  gesehlecht  wallende,  alte  ist.  verwandt  scheint  manim.i 
vber.  meist  aber  wird  nicht  die  mutter  selbst,  sondern  eine 
dem  kind  gehaltne  magd  gemeint:  also  lieszen  sie  Rebecca 
ziehen  mit  ihrer  ammcn.  1  Mos.  24, 59 ;  da  starb  Dcbora,  der 
Rebecca  amme.  35,  8 ;  trag  es  in  deinen  armen,  wie  eine  amiue 
ein  kind  trügt.  4  Mos.  11, 12 ; 

mit  dem  Säugling  still  gcpaarel 

schleicht  ein  liebchen  durch  den  bain  — 

und  er  findet  nun  die  amme 

wie  die  Jungfrau  liebenswerth.   Göthe  1,194; 

ein  Säugling  ist  der  eeisl,  natur  ist  seine  amme, 

sie  nährt  ihn  bis  er  fühlt,  dasi  er  von  ihr  nicht  stamme. 

RÜCKKRT. 

vgl.  kindamme,  hebamme,  sSugamme. 

18* 


279 


AÄIMEI— AMPELN 


AMPFER  — AMT 


280 


AMMEI,  n.  herba  cumino  simillima,  lat.  ammi,  ammium. 
SCHNÜBR  s.  260. 

AMMEISTER,  m.  für  amtmeister: 
aufs  arameisters  slub  zu  dem  essen.    Fischart  gl.  seh.  150; 
zu  Straszburg  auf  des  ammeisters  Stuben.  Kirchhof  wendunm. 
213".    Garg.  88'. 

AMMELBEERE,  f.  amarilla,  amarellenkirsche :    ammelböre. 

Gersdorf  feldbuch  der  wundarz.  101.  Nemnich  besser  amelbeere. 

AMMEN,  mammam  dare,    lac  praebere,  hernach  überhaupt 

nulrire,   und  schön   auch  von  vögeln,    die  ihre  jungen  ätzen 

und  auffüttern,  mhd. 

als  ein  voeel  sin  vogelin 

aminet  unde  brüetet.    Wh.  62,  27  ; 

soll  also  gemach  fahren,  kerne  ein  fink,  dasz  er  sein  jungen 
möcht  geöhmen  (/.  geammen)  uf  dem  rad.  Ravengirsburger  w. 
von  1509  (weisth.  2,180).  in  Baiern  ämmeln  {ahd.  ammilon?) 
ScHMELLER  1,  54.  SO  ttuch  gv.  oQvid'as  fiaievEod'ai,  ausbrüten. 
ÄMMENBRÜST,  f  ubera  nutricis: 

bis  an  das  gängelband,  bis  an  die  ammenbrust 
ist  was  er  litt  und  that  ihm  alles  noch  bewust. 
Lessing  1,  5. 

AMMENDIENST,  m.  munus  nutricationis. 
AMMENGESCHWÄTZ,  n.  blanditiae  nutricum.  Hugo  nalur- 
recht  1819,  67  aus  Kants  anthropologie  313. 
AMMENHAFT: 

von  hals  und  brüst  ein  wenig  amraenhaft 

Wieland  Amad.  6, 15, 

aber  werke  4, 116  geändert  in :  die  Wahrheit  zu  sagen,  ein  w. 
a. ;  gegen  ein  madchen,  die  sich  darin  gefiel,  mich  als  einen 
Säugling  zu  betrachten  und  sich  höchst  ammenhaft  weise  ge- 
gen mich  zu  dünken.  Göthe  25, 10. 

AMMENLIED,  n.  cantiuncula  nutricis. 

AMMENLOHN,  m.  merces  nutricationis. 

AMMENMÄRCHEN,  n.  fabulae  nutricum. 

AMMENMILCH,  /".  lac  nutricis. 

AMMENNAHRIJNG,  f.  dasselbe: 

seit  mit  der  ammennahrung 
er  jenen  milden  glauben  in  sich  sog, 
der  seine  herzlichen  Verehrer  nie  betrog. 
Gotter  1,  400. 

AMMENPFLEGE,  f.  nutricatio. 

AMMER,  f.  scinlilla  sub  cinere  latens,  ahd.  eimurrä,  eimu- 
rid  (Graff  1,  253),  ags.  ämyrie,  altn.  eimyrja,  dän.  emmer : 
wir  aber  sind  überblieben,  wie  die  kolen  und  ammern.  Lu- 
ther 4,  256' ;  welchs  itzt  durch  den  fromen  keiser  Carol  ein 
wenig  gestillet  und  in  die  aschen  verschorren  ist,  wird  man  die 
ammern  wider  aufscharren  und  vil  drein  blasen,  so  mügen  sie 
gewarten,  wem  die  funken  in  die  äugen  stieben  werden.  6,112'. 
s.  ahmer. 

AMMER,  f.  emberiza,  aureola,  ein  zierliches,  goldgelbes  vög- 
lein, auch  goldammer,  ämmerling,  ammering,  hemmering, 
hämmerling,  emmeritze  (wonach  der  systematische  namc),  gelb- 
ling, engl.  Ihc  yellow  hammer  or  bunting,  nnl.  goudammer, 
nhd.  amero  m.,  ags.  amere  f.  scorellus,  es  scheint  alles  nach 
dem  mlat.  amarellus.  ihr  bloszer  anblick  soll  den  gelbsüch- 
tigen heilen,  worauf  aber  auch  der  vogel  sterben  müsse,  das 
mittelaltcr  hatte  ähnliche  sagen  vom  charadrius. 

ÄMMERING,  ÄMMERLING,  m.,  das  vorausgehende  wort. 

AMPEL,  /.  ahd.  ampuUä,  amplä,  ags.  ampelle,  altn.  ampli, 
mhd.  ampel,  das  lat.  ampulla,  eigentlich  vlßasche,  lampe, 
dann  aber  auch  die  leuchte,  lucerna,  das  licht  selbst,  zwo  am- 
pelen  in  der  kirche.  weisth.  1,  758 ;  meierinnen,  welche  zur 
zeit  ihres  ablebens  eine  so  grosze  tochter  haben,  dasz  sie 
eine  brennende  ampel  auszublasen  fähig  ist.  3, 102 ;  der  do- 
rechtcn  junkfrawen  ampelen.  Luther  ausl.  des  vaterunser  bl. 
12;  Hecht  oder  ampel  in  dem  beinhaus.  Wickram  rollw.  52; 
hatten  die  ampel  nicht  geschüret.  73 ;  so  die  schwärz  dies 
fisch  in  ein  ampel  gcthan  wirt  und  angezünd,  so  scheinen  die 
menschen  als  moren.  Forer  ßschb.  112"; 

warum  entzünd  ich  nicht  die  kerze  vom  aliar 
bei  dieser  ampel  glänz?  A.  Gkypuius  1,234; 
öl  in  Amors  ampel  gicszt.   Günther  537 

und  öfter;  du  machtest  mir  die  nachte  herlich  bei  vertrauli- 
cher ampel.  Fr.  Müller  1,357.  heule  selten  im  gebrauch  und 
durch  lampe  verdrängt. 

AMPELN,  intente  et  sollicite  agere,  indesinenter  laborare, 
altn.  ambla:  en  markgreve  anipelde  dnrna,  he  woldc  hebben 
keiser  geworden,  nieders.  chron.  von  1492  od  a.  1004  bei  Frisch 


1, 23' ;  das  kind  ampelt  {hcss.  ämpcrt)  nach  der  mutter ;  er  am- 
pelle nach  der  würde  eines  bischofs ;  zur  klippe  wird  ein  jahrge- 
halt,  woran  das  glück  von  hundert  ampelnden  poeten  zerschei- 
tert. GöKiNGK  2, 128.  das  wort  ist  zumal  nd. :  he  ampelt  so  lange 
an,  as  it  moglik  is,  Wächter  beim  worte  hampelmann  bemerkt: 
in  quibusdam  locis  ampeln  etiamnum  dicunlur  pueri,  quando 
puppa  vel  simili  re  subito  ostensa  gaudium  vel  desiderium 
motu  corporis  testantur.  eine  solche  bewegung  nennen  wir 
strampeln,  und  bei  Strodtmann  scheint  gampeln,  wie  dem  altn. 
ambla  auch  ein  svambla  und  vambla  gleicht,  das  engl,  amble 
und  lat.  ambulare  sollen  nicht  heran  gezogen  werden. 

AMPFER,  m.  rumex,  lapathum,  ahd.  amphero,  amphere 
(Graff  1,264):  da  trug  si  gras  und  ampfer  feil.  Murin  bl.4; 
im  julio  bringen  samen  allerlei  ampferwurz.  Schnurr  s.  250. 
damit  sind  zusammengesetzt  gottesampfer,  gauchsampfer,  ha- 
senampfer,  schafsampfer,  Sauerampfer. 

ÄMPLEIN,  ampullula.  Frisch  23' 

AMPSEL,  s.  amseL 

AMPT,  s.  amt. 

AMPTLER,  m.  minister:  ein  amptler,  der  seines  ampts  ent- 
setzt wird.  Paracelsos  Chirurg,  sehr.  97',  gleichsam  ämtler, 
wie  wir  sagen  ein  freiämtler,  der  aus  einem  freiamt  kommt. 

ÄMSE,  /".  schreiben  einige  für  ameise:  ihm  kröchen  zwi- 
schen fleisch  und  haut  zehn  tausend  ärasen,  die  wie  nadel- 
spitzen stechen.  Wieland  18,  73 ;  dort  in  den  häfen  lebt  und 
wimmelt  alles,  wie  ämsen,  in  voller  arbeit.  Götz  2,  40. 

AMSEL,  f.  merula,  ahd.  amisala,  amsala,  amfsla  (Graff 
1,  254),  ags.  ösle  {wie  6s  =  ans),  engl,  ousel,  mhd.  amsel 
(Ben.  1,  31') ;  bei  Alberus  amschel,  und  in  der  Wetterau  om- 
schel,  in  Ostreich  amachsl,  amaxi.  Fischart  groszm.  135  schreibt 
ambsl,  H.  Sachs  amschel :  die  amschel  schweglet  auf  der 
fleten.  1,426'. 

AMSELN,  vexare,  exagitare?  der  vetcr  wurde  auf  mich  ab- 
sonderlich ungeduldig,  er  sprach,  mein  herr,  wie  thut  ihr  mein 
tochter  alleweil  ämslen !  Abele  2,  275. 

AMSTEIG,  palearium,  locus  in  quo  reconditur  et  asservatur 
palea.  vocab.  ine.  tcutonicum,  das  soll  wol  heiszen,  ein  räum 
an  der  treppe,  wo  die  spreu  aufgeschüttet  wird. 

AMT,  n.  ministerium,  munus,  officium,  ein  wort,  dessen 
wurzel  ganz  geschwunden  ist,  da  auch  das  auslautende  t  nur 
einen  ableitungsbuchstaben  gewährt,  goth.  andbahti,  ahd.  am- 
pahti  und  ampaht,  ambaht  (Graff  3,  25),  mhd.  ambahte,  am- 
behte,  ambct,  ampt,  die  volle  gestalt  ambaht  geht  herab  bis 
auf  weisth.  1,748.749  und  Closener  s.  106;  nhd.  früher  noch 
ambt,  ampt,  worin  diesmal  das  b  und  p  wurzelhafl,  heute 
amt,  pl.  ämter,  doch  hat  Luther  den  pl.  ampt.  1  chron.  26, 
8.  2,  9,  4.  23, 18.  Dan.  3,  12.  alts.  ambaht,  mnl.  ambacht,  nnl. 
ambt;  ags.  ombeht,  engl,  ausgestorben,  fries.  ombecht;  altn. 
embffitti,  schw.  ämbete,  dän.  einbcde. 

Alle  diese  neutra  setzen  jedoch,  wie  7ninistei'ium  minister, 
den  persönlichen  begrif  eines  dienenden  voraus,  der  im  goth. 
andbahts  Sia-y.ovos,  ahd.  ampaht  minister,  villicus,  alts.  am- 
bahteo  m.,  altn.  ambätt  ancilla  f  vorliegt,  sonst  aber  erlo- 
schen ist.  Ben.  1,  28'  traut  in  einer  stelle  Frauenlobs  den 
Worten  geistlich  amt  noch  die  bedeutung  eines  dieners  zu,  doch 
müsten  sichrere  belege  dargeboten  werden,  wie  nun  läszt  and- 
bahts sich  auslegen  ?  bak  ist  dorsum,  die  partikel  and  contra, 
der  diencr  steht  seinem  herrn  zur  achsel,  zu  den  füszen,  im 
rücken  oder  gegen  den  rücken  (vgl.  rückenkrauerin),  andbahts, 
früher  wol  andabahts,  gleicht  dem  ags.  eaxigestealla,  dem  otti- 
a&oTtovs  bei  Aeschylus,  ja  dem  Siaxovog  unmittelbar,  wenn  dies 
aus  ayucöv  entsprang,  wobei  die  kürzung  des  w  in  o  erheb- 
lichen anstand  nicht  macht,  diesem  allem  nach  wird  der  ger- 
manische ambactus  schon  in  keltischem  gefolge,  aber  auch  allen 
deutschen  stammen  so  benannt,  eins  unserer  ältesten  Wörter 
darstellen,  die  uns  geschichtlich  überliefert  worden,  der  deut- 
sche Antabagius  bei  Valerius  Max.  und  der  Ambacthius  auf 
inschriflen  verbürgen  einen  wie  die  ahd.  mannsnamen  Antheira, 
Antgcr,  Antrat,  Anthugi  gebildeten,  und  aus  dieser  vollen  sinn- 
lichen bedeutung  schrumpße  endlich  unser  abstractes  amt  zu- 
sammen, kaum  ein  andcies  deutsches  wort  kann  solchen  werlh 
in  anspruch  nehmen  und  so  lehrräch  sein  für  die  geschichte 
unserer  spräche. 

Das  jetzige  amt  drückt  nun  hauptsächlich  den  dienst,  das 
geschäß  aus,  womit  einer  beauftragt  ist,  dann  aber  den  ihm 
untergebnen  kreis  oder  bezirk,  ja  sein  haus,  eine  menge  von 
Zusammensetzungen,  wie  oberamt,  unteramt,  bergamt,  forstamt, 
steuerarat,  zollauU,  zunflamt  »erden  damit  gebildet. 


281 


AMT— AMTIIÖRIG 


AMTIEREN —AMTSDIENER 


282 


über  drei  tage  wird  Pharao  dein  heubt  erheben  und  dich 
•nider  an  dein  ampt  stellen.  1  Mos.  40, 13 ;  denn  ich  bin  wider 
an  mein  ampt  gesetzt.  41, 13 ;  des  priesters  son  sol  das  ampt 
haben.  4  Mos.  4,  16;  und  es  begab  sich,  da  die  zeit  seines 
ampts  aus  war.  Luc.  l,  23 ;  mein  herr  nimt  das  ampt  von  mir. 
16,  3 ;  wenn  ich  nun  von  dem  ampt  gesetzet  werde.  16,  4 ; 
warumb  solt  ich  das  christiicU  ampt  nicht  eine  collecta  oder 
missa  heiszen.  Luther  3,  51 ;  ich  bin  ein  geistlicher  man  ge- 
nant und  für  des  worts  ampt.  3,  148';  diejenigen,  so  des 
Worts  ampt  haben.  3,  153  vgl.  apostehj.  6,  4;  zu  christlichen 
ampten.  5,  I3l';  ein  prediger  leret  gehorsam,  sitten,  zuchl 
und  ehre,  Unterricht  vaterampt,  mutterampt,  kinderampt, 
kncchtampt  und  summa  alle  weltliche  empter  und  stende. 
5,  176";  das  alle  sieben  weihe  uns  mit  irem  gleiszen  nicht 
irren  sollen  in  den  ampten  Christi  und  der  kirchen.  6,  104'; 
wenn  ein  könig  oder  fürst  zu  hofe  oder  in  ampten  leiden 
kan  gotteslesterer  und  seines  wortes  verechter.  6,  144';  so 
wirt  den  leser  doch  die  neuwigkeit,  wunder  und  manigfaltig- 
keit  der  ding  im  ampt  behalten  («m  lesen  fesseln).  Frank  Kcltb. 
vorr.;  es  ist  ein  ser  unkeusch  volk  und  fahet  an  achtjärig 
das  weiblich  ampt  zu  treiben.  219';  es  ist  auch  die  poeterei 
eher  getrieben  worden,  als  man  je  von  derselben  art,  ampte 
und  zugehür  geschrieben.  Opitz  poeterei  s.  1 ; 

eh  als  er  ämpter  trägt  und  leut  und  land  regiert.   1, 170; 
obgleich  beruf  und  stand  pflegt  sabathtag  zu  halten, 
soll  dennoch  stets  sein  amt  das  christcnthuni  verwalten. 

LocAU  1,  9,  59 ; 
redlich  sein  ist  so  ein  amt,  das  man  für  das  beste  helt, 
die  die  dessen  fähig  sein  sind  gar  sparsam  in  der  weit. 

3,  3,  79 ; 
amt  einer  ehefrauen.  3,  223,  27. 

ämter  haben  sorgen, 

hirten  müssen  hüten  und  horchen.  Simpl.  1,8; 

dasz  ich  des  ampts  meiner  sinne  beraubet  ward.  1,  23 ;  seit 
der  zeit  seines  tragenden  amts.  Gellert  4,  81;  sie  trat  ihr 
amt  dienstfertig  an.  l,  123;  ich  hatte  mich  selbst  um  dieses 
traurige  amt  {der  wache  bei  einem  kranken)  beworben.  Götter 
3,  32 ;   nach  dem  amt  {hochaml  der  messe).  Wielasd  21, 157 ; 

die  heisze  tageszeit  vertritt  das  amt  der  nacht 
in  diesem  land.  Wielano  ; 

Friedrich  2  kannte  sein  amt  nach  allen  seinen  pQichten  und 
Seiten  und  übte  es  wirklich  als  ein  amt  aus.  Klixger  U,  57 ; 
dank  es  dem,  der  ihm  flügel  gibt  und  die  füsze  ihrer  ämter 
entsetzt.  Schiller  148;  was  vermochte  sie  dies  opfer  dem 
heiigen  amt  {der inquisition)  zu  unterschlagen?  305.  man  sagt: 
das  ist  meines  amts,  mein  amt  bringt  es  so  mit  sich;  was 
deines  amts  nicht  ist,  da  lasz  deinen  vorwitz ;  sein  amt  ihun, 
seine  p flicht,  was  einem  anfliegt;  einem  in  sein  amt  greifen; 
das  geschieht  von  amts  wegen ;  im  amt  sein,  stehn  oder  sitzen, 
einem  ins  amt  stehn ;  einen  ins  amt  setzen,  ans  amt  brin- 
gen ;  kommt  einem  das  amt,  so  kommt  ihm  auch  dazu  der 
verstand,  orfer  wem  gott  ein  amt  gibt,  dem  gibt  er  auch  den 
verstand. 

Fast  alle  deutschen  länder  zerfallen  in  einielne  ämter  und 
gerichtsbarkeiteti,  obere  und  untere,  vor  welche  die  unterthanen 
erfordert  werden,  ror  denen  sie  erscheinen  sollen:  wir  werden 
eingezogen,  wir  müssen  vors  amt.  Güthe  14,  295;  war  kurz 
zuvor  ins  amt  geritten.  Geliert  1,  71 ;  er  eilt  ins  amt.  1,143; 
der  vater  sei  ins  amt  gelaufen,  um  die  flüchtigen  verfolgen 
ru  lassen.  Göthe  18,  67. 

AMTCHEN,  n.  kleines  amt. 

AMTEI ,  f  provincia,  districius :  welches  exempel  alle  an- 
der ampteien  der  Römer  nachgefolgt  haben.  Micylls  Tacitus 
83*.    oß  eins  mit  voglei  und  ebenso  gebildet. 

AMTEIL'NG,  f.  administratio  provinciae. 

AMTFKAl',  /■.  in  einigen  gegenden  die  frau  des  amtmanns, 
die  amtmännin.  auch  die  sonst  ein  bestimmtes  amt  verwaltende 
frau,  wie  in  nonnenklüstern. 

AMTGELD,  n.,  das  bei  ertheilung  der  lehen  den  erbdmtern 
gegeben  wird. 

AMTGERICHT,  n.  oft  ein  von  andern  gerichten  unterschtcdnes. 

AMTHAl'S,  n.  domus  praefecti,  ahd.  ampahthAs,  gleichviel 
mit  rfen»  folgenden. 

AMTHOF,  m.  pr^efectura,  des  antlmannt  wohnung,  nach  der 
abweichenden  bcdeutuny  von  hof  früher  auch  ein  daxu  gehö- 
riget, freies  grundstäek,  allodium,  praedium,  nach  dem  vocab 
ine.  teut. 

KHTHi)RlG,praefecturaetubdUus.  axnmethorig.  weitlh.  3, 54.55, 


AMTIEREN,  munere  fungi,  das  amt  oder  gericht  versehen, 
abhalten. 

ÄMTLEIN,  n.  kleines  amt;  ein  nebenämtlein ;  ämtlein, 
schlämplein. 

AMTLEUTE,  pl.  viri,  quibus  munera  commisia  sunt,  ma- 
gislratus.  Rihels  Livius  452;  richter  und  amptleute.  5  Mos. 
16,  18 ;  ihr  seid  seines  reichs  amptleute.  wcish.  Sal.  16,  5 ; 
ambachtlute.  weisth.  1,  74S. 

AMTLICH,  quod  ad  officium  pertinel,  publieus :  amtliche  be- 
kanntmachung,  amtlicher  bericht,  befehl.  eine  nicht  amtliche 
mittheilung. 

AMTLOS,  munere  vacans,  remotus  a  munere :  dem  amtlosen 
anstellung,  dem  arbeitlosen  arbeit  zu  verschaffen.  Fichte  sit- 
'tenl.  398. 

AMTMANN,  m.  praefectus,  juri  dicundo  praepositus,  alid. 
ampahtman  tribunus,  mhd.  ambetman:  der  amptmann  über 
das  gefangnis.  l  Mos.  39,  21.  23.  zuweilen  auch  der  Verwalter 
eines  ansehnlichen  guts,  in  Baiern  sogar  der  qerichtsdiener. 
Für  das  schönere,  dem  volk  gewohnte  amtmann  ist  in  den 
letzten,  jhh.  das  weniger  sagende,  allgemeinere  beamter,  der 
beamte,  der  herschaftliche.  königliche  beamte  eingerissen,  der  mit 
dem  amt  begabte,  beliehene,  der  beamtete,  was  seine  abhdngigkeil 
vom  herrn  hervorhebt,  aber  auch  auf  die  meisten  andern  ange- 
stellten gehn  kann,  wie  man  von  kriegsbeamten,  Steuerbeamten, 
kanzleibeamten  redet.  So  stark  amtmann  bereits  aus  ambaht- 
man  gekürzt  war,  wurde  es  dennoch  weiter  in  aramann  ver- 
engt, dem  vom  ursprünglichen  bäht  nicht  das  geringste  bleibt. 

AMTMÄNNIN,  f.  uxor  praefecti.  unsere  sei.  mutler  {der 
sei.  vater  war  hessischer  amtmann  zu  Steinau  an  der  strasze, 
t  10  Jan.  1796)  hiesz  beim  volk  nur  die  framtmännin  d.  i. 
fer  oder  frau  amtmännin. 

AMTMANNSCHAFT,  f  officium,  dignilas  praefecti. 

AMTMÄSZIG,  amtlich:  meine  äuszerungen  sind  ja  keine 
amtmäszigen  mittheilungen.  Fichte  staalsl.  296.   s.  amtsmäszig. 

AMTMEISTER,  «i.  der  Obermeister  in  zünßen. 

AMTSALTER,  t?i.  anciennetä. 

AMTSANTRITT,  m.  auspicia  muneris. 

AMTSÄRGER,  m.  stomachandi  materia  in  sustinendo  mu- 
nere. Eylerts  Friedr.   Wilh.  3.  s.  344. 

AMTSASSE,  m.  subdilus  praefecturae.  Möseb  1,  139.  ein- 
sasse  der  vogtei.  Eichhorss  deutsche  rechtsg.  §.  348.  448. 

AMTSÄSSIG,  dem  amt  als  niedren  gericht  unterworfen,  gf 
gensatz  von  schriftsässig.  man  unterscheidet  zwischen  amt- 
sässigem  und  schriftsässigem  adel. 

AMTSÄSSIGKEIT,  f  Moser  2,  78. 

AMTSAUFSEHER,  m.  amtsverweser. 

AMTSRART,  m.  barba  honesta,  pro  cujusque  officio  adomala. 
Stieler  768.   er  trägt  seinen  rechten  amtsbart. 

AMTSRAUER.  m.  colonus  praefecturae  subjectus. 

AMTSREFEHL.  m.  mandatum  praefecturae. 

AMTSBEFLISSENHEIT,  f  Studium  in  munere  obeundo. 

AMTSBEFUGNIS,  f.  auctoritas  muneris. 

AMTSRERICHT,  m.  relatio  praefecti. 

AMTSRERUF,  m.  jus,  potestas  muneris.  das  fordert  mein 
amtsberuf. 

AMTSBESCHÄFTIGUNG,  f  Göthe  25,  323. 

AMTSBESCHEID,  m.  decretum  praefecturae. 

AMTSBESCHWTR,  f  molestia  officii,  Überschrift  der  verse : 

jedes  amt  darf  grosze  sorgen,  uhren  richten  ist  wol  schwer, 
als  sich  in  all  ohren  richten,  weisz  ich  nicht  was  schwerer  war 
LoGAO  3,  3,  77. 

AMTSBESCHWERDE,  f  dasselbe:  wenn  wir  Wissenschaften 
nicht  als  amtsbeschwerden,  nicht  als  Zeitverkürzungen,  sondern 
um  ihrer  selbst  willen  treiben.  Wolfs  mus.  der  alterth.  wiss.  1, 129. 

AMTSREWERBER,  m.  petitor  muneris. 

AMTSREZIRK,  m.  terrilorium  praefecturae. 

AMTSRLATT,  n.  officielles  blatt  der  regierung. 

AMTSROTE,  m.  cursor  praefecturae,   amtsknecht. 

AMTSBRUDER,  m.  colleqa,  amlsgenosz.     unter  geistlichen. 

AMTSBRÜDERSCHAFT,  f  polit.  maulaffe,  vorr. 

AMTSBUTTF.L.  m.  praeco  judicii. 

AMTSCHILDLEIN,  n.  amptschiltlin.  2  Jfot.  28,15.29. 

AMTSCHREIRER,  m.  {besser  als  amtsschreiber),  scriba  in 
praefectura.    Überschrift  des  dislidts: 

edellcdte  schinden  bauern,  scbreiber  schinden  edelleute, 
Schreibern  kummen,  wie  den  gerbern,  bauer-  und  auch  edel- 
heute.  LocAi;  3,  1,  72. 

AMTSDIENER,  m.  apparitor  praelorit,  amtsbütlel. 


283 


A3ITSD0RF  —  AMTSHAUPTMNN 


AMTSHAUPTMÄNNIN  —  AN 


284 


AMTSDORF,  n.  t'»7/a  ad  praefecturam  spectans. 

AMTSEHRE,  f.  honor  ex  officio  competens. 

AMTSEID,  m.  sacramentum. 

AMTSEIDLICH,  amtseidliche  Versicherung. 

AMTSEIFER,  m.  Studium,  severitas  in  exequendo  munere: 
aus  amtseifer  redliche  leute  verfolgen;  der  kleine  arbeitete 
sich  in  alles  mit  einem  amtseifer  hinein,  s.  amtsbeflissenheit. 

AMTSEIFRIG,  dimsleifrig. 

AMTSEIGEISSCHAFT,  f.  vigor  ofßcii,  amiliche  eigenschaß, 
caractire  officiel:  der  rector  erschien  nicht  in  seiner  amts- 
eigenschaft. 

AMTSEINKÜNFTE,  pl.  redilus,  emolumenta  muneris. 

AMTSEINNAHME,  f.  dasselbe. 

AMTSENTLASSüNG,  f.  dimissio  a  munere,  ahdankung. 

AMTSENTSETZUNG,  ademtio  muneris,  absetzung. 

AMTSERSCHLEICHUNG,  f.  ambitus. 

AMTSFEIER,  n.  jubilaeum. 

AMTSFOLGE,  /".  successio  in  munere. 

AMTSFROHN,  m.  praeco  judicii,  was  amtsbüttel. 

AMTSFROHNE,  f.  opera  serva  in  praefectura  praestanda. 

AMTSFUHRE,  f  vectura  publica. 

AMTSFÜHRUNG,  f  muneris  administralio. 

AMTSGABE,  f.  aucloritas  munere  parata: 

die  über  dich,  nach  amptes  gäbe, 
in  allem  zu  gebieten  hatten. 

RiNGWALDT  laut,  wakrh.  154. 

AMTSGEBÄRDE,  ursprünglich  gestio  mtmeris  (s.  gebärde) : 

wenn  sie  nur  trew  in  araptsgeberden, 
wie  Paulus  sagt,  erfunden  werden. 

RiNGWALDT  o.  a.  0.  151 ; 

dann  auch  gestus  ad  ofßcii  dignitatem  compositus,  ridiculusque  : 

und  trotz  den  strengen  amtsgeberden 
des  ersten  matadors  im  staatsratli  und  am  hof. 
BÜRGER  107'. 

AMTSGEBÜHR,  f.  id  quod  compctit  officio,  zumal  im  pl. 
amtsgebühren.  sportulac. 

AMTSGEBÜHRLICH,  officiell. 

AMTSGEF.\HRTE,  m.  consors  muneris.  Kunger  11,307. 

AMTSGEFÄLLE,  pl.  redilus  muneris. 

AMTSGEFÄNGNIS,  n. 

AMTSGEHALT,  m.  dienstgehalt,  besoldmg. 

AMTSGEHEIMNIS,  n.  secretum  muneris  retinendum. 

AMTSGEHÜLFE,  m.  was  amtshelfer. 

AMTSGENOSZ,  m.  amtsbntdcr,  amtsgefdhrle. 

AMTSGENOSSENSCHAFT,  f.  consortium. 

AMTSGESCHÄFT,  «.  labor  proptei-  officium  incumbens,  mit 
anitsgeschäften  überladen. 

AMTSGESICHT,  n.  vultus  severior,  solemnior,  amtsgebärde, 
amtsmiene:  woher  du  so  geschwind  das  ansehnliche  amtsge- 
sichte  hergenommen  hast.   Weise  kl.  leute  294; 

fällt  ihr  der  arzt  mit  einem  amfsgesicht 
Ins  wort.  WiELAND  4,  37  ; 

nun  wol,  ßhrt  Paris  fort,  und  schncidt  ein  amtsgesicht. 

10,  165 ; 

was  du  gestern  für  ein  feierliches  amtsgesicht  machtest,' 
AMTSGEWALT,  f.  potestas,  aucloritas  muneris: 

poch  nit  auf  kunst, 
geld,  ansehn  oder  hcrren  gunst, 
und  nit  auf  freundschaft,  araptsgewalt, 
noch  ander  gaben  manigfalt.   Ringwaldt  144. 

AMTSGEWISSEN,  n.  conscientia  officii: 

wem  gcb  ich  ihn  (den  apfel)  ?  bei  meinem  amtsgewissen, 
ich  kann  jemehr  ich  schau  jemindcr  mich  entsclilieszen. 

WlKLAND   10,  169. 

.AMTSGRENZE,  f.  limes  judicii:  das  gcricht  hat  hier  seine 
amtsgrcnze  offenbar  überschritten. 
AMTSHALB,  adv.  propter  officium: 

hab  amtshalb  was  zu  richten  ausz.   Atber  HC. 

AMTSHALREN:    da  icii  das   negoziercn  amtshalbcn  liebe. 
KUNCER   1,  389. 
AMTSHALBER: 

wer  musz  da^  edle  herz  zu  niedrer  heuchelci 
und  kalter  ctikcit,  amtshalber,  so  entweihen? 
Gotter  1,  193. 

AMTSHANDLUNG,  f.  die  amtshandlungen  eines  geistlichen. 
AMTSHAUPTMANN,  m.  praefectus  provinciae,  landvogt,  drost. 


AMTSHAUPTMÄNNIN,  f.  Gotter  3,183. 

AMTSHAUPTMANNSCHAFT,  f. 

AMTSHELFER,  m.  amtsadjunct,  gehülfe. 

AMTSHERLICH,  dignitati  muneris  conveniens:  eine  woh- 
nung  zwar  geräumig,  amtsherlich,  stattlich,  aber  aller  gesel- 
ligkeit  entbehrend.  Göthe  48, 104. 

AMTSKELLER,  m.  cellarius,  eigentlich  aufsichter  des  kel- 
lers,  oß  aber  ein  gleich  nach  dem  amtmann  folgender  beamler 

AMTSKENNTNIS,  /".  notitia  muneris :  es  gab  in  jener  zeit, 
wo  auch  die  führung  der  Staatsgeschäfte  wenig  gesonderte 
amtskenntnisse  voraussetzte,  noch  nicht  einmal  einen  gelehr- 
ten stand.  Wolfs  mus.  der  alterth.  w.  113. 

AMTSKLEID,  n.  vestitus  solemnior:  die  amptskleider  und 
die  heiligen  kleider  des  priesters.  2  Mos.  31, 10.  s.  amtstracht, 
amtsbart. 

AMTSKNECHT,  m.  amtsdiener,  amtsbüttel. 

AMTSKOSTEN,  pl.  expensae  judicii. 

AMTSLADE,  f.  arca,  cista  praefecturae. 

AMTSMÄSZIG,  amtlich,  richtiger  gebildet  amtmäszig:  zwang 
sein  kind  amtsmäszig  und  mit  der  ruthe  in  der  faust  seine 
muttersprache  abzuschwören.  Raden-er  2, 258 ;  ein  amtsmäsziger 
hochmuth  und  das  verlangen  sein  künftiges  glück  zu  empfeh- 
len macht  einen  jungen  commissar  strenge.  3, 152 ;  der  Staat 
musz  es  amtsmäszig  untersuchen.  Fichte  natur.  2,  77. 

AMTSMIE.NE,  f.  vultus  solemnis:  das  war  wol  der  mühe 
werth  zu  fragen  . . .  oder  wenn  man  doch  fragen  wollte,  so 
mit  amtsmiene  zu  antworten,  so  zu  declamicren.  Göthe  33, 111. 

AMTSNACHFOLGER,  m.  successor  in  munere. 

AMTSORGE,  f.  cura  muneris  (nicht  amtssorge) :  von  dieser 
sorge  redet  hie  Christus  nicht,  denn  es  ist  ein  amptsorge, 
die  weit  zu  scheiden  ist  vom  geitz.  Lcther  5,  421'. 

AMTSPFLEGE,  f.  administralio  muneris. 

AMTSPFLICHTIG,  amthürig,  besser  amlpflichtig. 

AMTSPREDIGT,  f.  concio  matutina  et  primaria. 

AMTSTUBE ,  f  conclave,  ubi  praetor  jus  dicit,  nicht  amts- 
stube,  wie  bei  Göthe  18,  72  neben  amthaus  steht. 

AMTSTRACHT,  f.  vestitus  solemnis,  uniform  der  amlsleute. 

AMTSTREUE,  f  fidclitas  in  obeundo  munere. 

AMTSVERWALTER,  m.  administrator  praefecturae.  ampts- 
verwalter.  Kirchhof  wendunm.  144". 

AMTSVERWESER,  m.  dasselbe. 

AMTSVORGÄNGER,  m.  antccessor. 

AMTSVOGT,  »1.  amlshauptmann. 

AMTSVOGTEI,  f.  amlshauptmannschaß. 

AMTSWIRKSAMKEIT,  f  thätigkeit  im  amt. 

AN,  uralte  partikel,  goth.  ana,  ahd.  ana,  mhd.  ane,  alts. 
an,  ags.  on,  engl,  on,  fries.  an,  mnl.  aen,  nnl.  aan,  altn.  d, 
schw.  ä,  dän.  aa,  dem  gr.  avd  und  sl.  na,  wahrscheinlich  auch 
skr.  anu,  welches  post,  secundum,  nach,  also  nähe,  an  be- 
deutet, gleich  zu  stellen,  wie  ana  bei  uns  allmälich  den  ans- 
taut, legte  es  bei  den  Slaven  den  anlaut  ab,  die  nl.  mundart 
warf  das  schlieszende  e  in  die  mitte  (vgl.  graen  /.  grana  gramm. 
1,  282),  die  nordische  gab  auch  das  n  auf  und  verlängerte  den 
wurzelvocal.  das  tat.  ad,  woraus  wiederum  franz.  h  wurde, 
steht  in  der  bedeutung  nah,  in  seiner  gestalt  ab,  welche  dem 
goth.  ahn.  at,  schw.  ät,  dän.  ad,  ags.  ät,  engl,  at,  ahd.  a; 
entspricht,  die  heutige  ausspräche  unseres  an  schwankt,  eigent- 
lich gebührt  ihm  kürze,  doch  wird  es  oß,  gleich  dem  nl.  aan, 
gedehnt  und  lang  hervor  gebracht.  H.  Sachs,  bei  dem  kurzes 
und  langes  a  ror  dem  n  leicht  in  o  übcrgehn  (mon,  kon,  thon, 
hon  =  man,  kan,  than,  han)  verwendet  häufig  auch  on  ßr  an, 
und  neben  diesem,  in  seinen  reimen. 

JVaÄ  liegt  aber  auch  unser  an  dem  in,  zu  welchem  es  sich 
verhält  wie  die  entgegengesetzte  partikel  ab  zu  aus.  an  be- 
zeichnet die  oberßäche,  alj  das  ihr  abgewandle,  in  das  inwen- 
dige, aus  (eigentlich  ur  =  goth.  us)  das  auswendige,  wer  an 
den  bcrg  geht,  geht  nicht  in  den  berg,  wer  ab  dem  berge 
kommt,  kam  nicht  aus  ihm.  an  ist  stärker  als  bei,  schudcher 
als  zu,  hält  zwischen  ihnen  gleichsam  die  mitte,  der  bei  das 
haus  gehende  ist  noch  nicht  an  ihm,  der  an  dem  haus  ste- 
hende noch  nicht  zu  hause;  einer  der  den  ring  bei  sicli  trägt, 
trägt  ihn  darum  nicht  an  sich  und  der  das  brot  bei  sich 
nimmt  kann  es  hernach  zu  sich  nehmen,  beistimmend  ist 
weniger  als  zustimmend,  zugehörig  mehr  vis  angehörig,  wenn 
auch  obenhin  beide  dasselbe  scheinen. 

Auf  den  verhalt  zwischen  an  und  in  ist  sorgsam  zu  achten, 
obschon  die  ältere  spräche  von  beiden  manche  andere  anwen- 
dung  macht  als  die  heutige,    an  das  gras,  in  das  gras  nieder- 


285 


AN 


AN 


286, 


sitzen ;  an  das  schif,  in  das  schif  geben ;  am  wege,  im  wege  ! 
halten;  an  den  weg,  in  den  weg  legen;  am  fenster,  im  fen- 
ster  stehn ;  am  arm,  im  arm  liegen ;  einem  am  arm  schlafen ; 
am  rücken  liegen,  an  den  rücken  fallen ;  an  dem  tode  liegen. 
Lessixg  U,  619,  im  sterben ;  an  die  band,  in  die  band  nehmen ; 
an  ein  buch,  in  ein  buch  schreiben ;  an  das  ohr,  in  das  ohr  sagen ; 
der  fisch  wird  gefangen  an  der  angel,  der  Togel  in  der  schlinge ; 
das  haar  wächst  an  mir,  die  sünde  in  mir;  er  ward  in  dem 
bonig  vergiftet,  asz  sich  krank  an  dem  obst;  an  einem  fort 
ist  gleichviel  mit  in  einem  fort;  man  sagte  an  gott  und  in 
gott  glauben,  am  schatten  und  im  schatten  sitzen. 

Unsere  spräche  entfaltet  hier  feine,  andern  oft  unerreichbare 
Unterscheidungen  (gramm.  4,  771 — 775).  da  die  Verwandtschaft 
zwischen  ab  und  iba,  ibns  den  gedanken  an  eine  vurzel  iban  | 
erregte,  aarum  sollte  nicht  das  Verhältnis  ton  ana,  in,  icobei 
auch  un  zu  berücksichtigen  ist,  eine  im  dunkel  des  alterthums 
ruhende  uurzel  inan  oder  anan,a/s  möglich  gestatten? 

Wiederum  ist  nun  an  erst  als  praeposition,  dann  als  bloszes 
adverb  :u  betrachten;  und  gleich  dem  ab  liefert  es  für  das 
höhere  aller  und  den  vorausgang  der  praepositionellen  qualitdt 
entscheidende  beweise. 

I.  An,  die  praeposition,  hat  sich  in  allen  deutsehen  dialecten 
mit  austiahme  des  schwedischen  und  dänischen  erhalten,  welche 
für  einfaches  ä  und  aa  überall  pa  und  paa  gebrauchen,  pa 
und  paa  entsprangen  aber  aus  Verkürzung  des  altn.  uppä,  be- 
sagen also  aufan,  obenan,  engl,  pon  ßr  upon,  on :  pon  ray 
soul  I  bei  Shasspeake.  auf  ähnliche,  nicht  ganz  gleiche  weise 
hat  unser  aus  die  alte  praep.  ur,  goth.  us  verdrängt,  zu 
beachten  ist,  das:  die  goth.  und  frühste  ahd.  spräche  dem  adv. 
und  der  praep.  ana  dieselbe  geslalt  lassen,  bei  Notker  das  adv. 
ana  von  der  praep.  an  unterschieden  wird. 

Während  alle  praepositionskraß  des  ab  uns  fast  erlosch,  hat 
die  des  an  sieh  voll  enthalten,  und  jenachdem  ruhe  oder  be- 
wegung  ausgedrückt  werden  soll,  fordert  es  eineti  dat.  oder  acc.  : 
an  dem  himmel  leuchtet  ein  stem,  gott  setzte  den  stem  an 
den  liimmel;  an  dem  finger  steckt  ein  ring,  er  steckte  den 
ring  an  ihren  finger ;  an  dem  bäum  glänzt  ein  apfel,  an  den 
bäum  flog  der  vogel;  er  lebt  an  dem  hofe,  zieht  wieder  an 
den  hof ;  schon  sitzen  sie  am  tisch,  setzen  sich  eben  an  den 
tisch;  an  ihn  wendet  sich  meine  bitte,  an  ihm  liegt  es  sie 
zu  gewähren,  zuweilen  können  beide  casus  stehn:  es  friert 
mich  an  den  bänden  oder  an  die  bände ;  er  ist  an  dem  fusz 
oder  an  den  fusz.  verwundet ;  sie  lagern  an  dem  grase  oder 
an  das  gras;  an  der  blume,  an  die  blume  riechen. 

Dies  im  allgemeinen  vorausgesandt  sind  folgende  fügungcn 
darzulegen : 

1)  ICO  an  neben  dem  verb.  subst.  erscheint,  lassen  sich  leicht 
ausgefallene  Wörter  hinzu  denken:  es  ist  am  tage;  die  sonne 
ist  am  himmel ;  er  ist  an  seiner  stelle  u.  s.  w.  beachten swerth 
die  abstraclen  Vorstellungen:  es  ist  jetzt  an  dir  (gelegen),  ich 
thue  alles  was  an  mir  ist,  so  viel  an  mir  ist,  quantum  «n  me 
positum  est,  oaov  irt  iuoi  iari.  sie  sollen  schwören,  dasz 
sie  weder  selbst  demselben  entgegen  bandeln,  noch  so  viel 
an  ihnen  ist,  zugeben  wollen,  dasz  von  jemand  dagegen  ge- 
handelt werde.  Wiela.xd  7, 193 ;  die  vcTiunft  sucht,  so  viel  an 
ihr  ist,  abzuleiten.  Ka.m2,  496;  versuche  deine  pflicht  zu 
thun  und  du  weist  gleich  was  an  dir  ist  (was  gutes  du  ver- 
magst,   was  du  werth  bist).  Göthe  22,215; 

und  bleibst  du  endlich  wie  du  bist, 

so  sagen  sie,  dasz  nichts  an  dir  ist.  2,2%; 

wenn  ich  alles,  was  noch  an  mir  ist  (alle  meine  kräße)  die- 
sem, wie  seinem  hohen  hause  und  seinen  landen  von  frischem 
anzueignen  mich  ausdrücklich  verpflichte.  60,  310;  es  ist  nichts 
an  ihm,  nichts  an  ihr  (nichts  gutes,  kein  gutes  härchen);  es 
ist  nichts  (wahres)  an  der  ganzen  geschichte,  kein  walireß 
wort,    schon  mhd. 

des  man  im  jehen 
lange  gehört,  daj  ist  an  im.   Dielt.  5170, 

das  verhält  sich  so,  hat  grund ;  denn  ich  hoffe,  es  sei  mein 
herz  ie  an  dem,  dasz  ich  . .  ein  lust  und  gefallen  gehabt. 
LiTHERS  br.  2, 138 ;  es  sei  aber  an  dem  (damit),  »ie  es  weil. 
2,  106;  an  dem  sein,  in  eo  esse,  ita  esse  {vgl.  am);  es  ist 
noch  nicht  an  dem,  noch  nicht  so  weit; 

und  well  es  ist  .in'dcm.  da.«!  ich  mich  nur  musz  letzen 
mit  dir  durch  diesen  brier.    Fleming  679; 

CS  ist  an  dem,  dasz  es  unendliche  Wahrscheinlichkeiten  gibt. 
Rabemer  2,  150;  wenn  es  an  dem  ist.  Lessixg  1,  344;  und 
war  es?   wärs   an   dem?  Schiller  33S;   es  war  wirklich  an 


dem.  dasz  Karl  den  Vorstellungen  des  admirals  nachgegeben. 
1071.  nd.  dat  is  wis  un  an  dem  (das  ist  wahr),  dat  is  nig 
an  dem  (das  ist  gelogen),  sie  sind  schon  an  ihm  (quälen  ihn), 
noch  deutlicher  vor  ausgedrückten  Substantiven:  es  ist  an  der 
stunde,  an  der  zeit; 

es  ist  gewislich  an  der  zeit, 
dasz  gottes  söhn  wird  kommen; 

es  ist  an  der  zeit,  Götde  15,  220 ;  es  sei  nun  an  der  stunde 
zu  gehen.  28,219;  er  ist  am  tode,  in  discrimine  mortis ;  mei- 
ster,  wir  sind  einer  groszen  gefahr  entronnen,  dein  Felii  war 
am  tode.  Göthe  19,  221 ;  mit  den  narrenstreichen  ists  nun  am 
ende.  Schiller  107;  es  sind  aber  an  meiner  lere  so  riel,  so 
edel,  so  bochgeborne  fürsten  und  herrn.  Lctueb  6, 14*.  auch 
bei  werden:  du  bist  an  mir  zum  verräther  geworden;  wird 
ein  teufelskind  an  im,  da  er  möchte  ein  gott  an  im  werden. 
LcTHEE  6,47';  er  wird  an  dir  zum  Schelmen;  sie  sind  Schel- 
men an  dir,  handeln  verrätherisch  an  dir. 

2)  an  bei  liegen,  stehn,  gebn,  sitzen,  sinnlich  unzähliche 
mal:  er  liegt  am  boden,  steht  am  berge,  sitzt  am  hügel, 
geht  am  ufer;  wann  man  zu  vil  bonen  iszt  und  am  rucken  ligt. 
Fischart  Garg.  IS*;  liegt  an  der  kette:  als  sie  (die  seele) 
noch  in  der  schal  und  an  den  fesseln  lag.  Lohesst.  Hyac. 
32;  sie  fuhr  an  ihm  die  treppe  hinunter  und  verschwand. 
Göthe  19, 213 ;  Mignon  folgte  ihm  an  den  fersen.  19,  219 ;  er  wand 
sich  wie  ein  wurm  an  der  erde.  20, 173 ;  dieser  sasz  behaglich 
an  seinem  mittagsmable.  17,  171.  abstract :  es  steht  nun  an  uns, 
an  dir,  if  fiuTv  earai.  das  werk  steht  allein  an  gott,  das 
leiden  an  uns.  Agbicola  spr.  73* ;  es  liegt  blosz  an  ihr,  dasz 
sie  den  schritt  thue ;  es  ist  alles  an  der  guten  gesinnung  ge- 
legen; darumb  ligt  die  macht  an  dem  wörllin.  Lcther6,  17G; 
es  liegt  das  meiste  an  den  vornehmen,  gebn  (Aer,  kommen 
und  ähnliche  begehren  häufig  deti  casus  der  bewegung:  an  das 
feld  gebn,  an  den  tag  kommen,  an  die  freie  luft  wandeln; 
jetzt  gehts  an  dich,  es  gienge  auch  an  uns,  wenn  sie  dürften ; 
wr  gebn  an  die  reise.  Fleming  470.  nicht  anders  bei  wollen, 
sollen  mit  ausgelassenem  gebn.  kommen :  heute  wollen  sie  an 
mich,  motten  sollen  sie  an  dich;  wir  müssen  dran,  es  hilft 
nichts.    Emmerich  komm!   an  die  wollen  wir.   ScnaLEB  320; 

wer  wollte  nicht  viel  lieber 

an  emen  sichtbarn  feind,  für  dem  er  sieben  kann ! 
Fleiisg  134; 
auch  sich  an  einen  machen,  wagen. 

3)  an  bei  haben,  halten,  nehmen,  weiden,  hüten,  tragen 
«.  s.  w.  du  hast  das  glück  an  der  band,  er  bat  ihn  am 
seil,  er  hat  es  an  der  schnür,  hält  ihn  am  kleide,  weidet 
am  grase,  hütet  an  dem  felde,  trägt  am  hals,  zieht  am  haar, 
sie  hatte  es  an  einem  guten  leben,  deutsche  sagen  1,  84 ;  an 
ihm  habe  ich  einen  rechten  freund;  sie  lebt  mit  ihren  leu- 
ten,  hat  die  kinder  des  orts  alle  an  sich.  Göthe  10,  139. 
abstract:  ich  armer  teufel,  den  man  an  seinem  rocke  und 
an  seinen  Unterkleidern  fiir  einen  magister  hätte  halten  sol- 
len. 18,  174;  ein  mann,  den  man  an  seiner  kleidung  wol  für 
einen  geistUchen  hätte  nehmen  können.  18,  ISS. 

4)  bei  sehen,  hören,  riechen,  empfinden,  wissen,  erkennen : 
ich  sehe  an  allen  dingen,  dasz  etwas  neues  vorgegangen  ist; 
dasz  gott,  wenn  man  in  wil  ansehen  an  seinen  werken  nichts 
anders  ist  denn  eitel,  unaussprechliche  liebe.  Lcther  6,  47 ; 
ich  höre  am  geläute,  dasz  heute  sonntag  ist;  ich  rieche  an 
den  blumen;  ich  weisz  es  an  mir.  Göthe  16,45;  man  ge- 
wahrt es  leicht  an  seinen  mienen;  ich  verstehe  das  an  sei- 
nen Worten;  als  ein  die  natur  unmittelbar  anschauend  auf- 
fassender, an  der  erscheinung  selbst  denkender,  sie  durch- 
dringender künstler.  Göthe  32,  124;  wir  haben  grund  uns 
an  einer  weit  auch  einen  endzweck  des  Schöpfers  zu  den 
ken.  Kant  7,  345 ;  sich  an  den  Icibnitzschen  monaden  kleine 
klümpchen  vorstellen.  3,  72;  das  übersinnliche,  welches  nur 
am  moralischen  verständlich  ist.  6,394;  es  bleibt  mir  an  dir 
völlig  unbegreiflich ;  bei  ihm  zu  verweilen,  um  mich  an  ihm 
zu  unterrichten.  Götde  26,  167. 

5)  bei  suchen,  finden,  erlangen,  gewinnen,  verlieren:  die 
biene  sucht  ihren  honig  an  den  blumen;  was  suchst  und 
findest  du  an  ihm?  er  gewann , an  land  und  leuten;  was  er 
am  gelde  gewann,  verliert  er  an  der  seele ;  ich  kann  es  nicht 
an  (ton)  ihm  erlangen;  sie  sollen  eine  freundin,  eine  ver- 
traute an  mir  finden.  Göthe  14,  168;  ach  die  glückseligkeit 
meines  lebens  die  war  sie,  wie  viel  habe  ich  an  ihr  verlo- 
ren !  Klopst.  11,  9 ;  wie  viel  verliere  ich  auch  in  dieser  be- 
trachtung  an  ihr.  11,  13. 


287 


AN 


AN 


288 


6)  andere  empfindungen,  gefühle,  eindrücke,  zustände :  ich 
freue  mich  an  den  kindern,  labe  mich  an  den  fruchten,  er- 
quicke mich  an  dem  wein,  erhole  mich  an  der  luft;  er  är- 
gert sich  an  allen  dingen,  nimmt  an  allem  anstosz; 

frasz  seinen  schmerz  drei  tage  lang, 

und  zuckt  an  quäl 

drei  lange,  lange  nachte  lang.  Göihe  2,  77 ; 

liel  wie  an  allen  gelenken  gebrochen  nieder.  18,  228 ;  er  siecht 
am  herzen,  leidet  an  der  brüst;  starb  an  seinen  wunden, 
an  der  Schwindsucht,  an  schweren  krämpfen;  verjüngt  sich 
an  ihr;  dem  volke,  das  an  den  blicken  seines  herrn  altert. 
GötheS,  261;  schläft  an  {über)  dem  buche  ein; 

und  gähnt  ..  so  laut  als  eine  esclin, 
dasz  unsre  uvralen  dran  erwachen. 

VVlELA.ND  18, 106. 

7)  accusalivconslructionen :  an  das  licht  kommen,  es  ist  nichts 
so  fein  gesponnen,  es  kommt  doch  ans  licht  der  sonnen ;  seine 
freude  an  den  tag  legen ;  so  scheme  ich  mich  auch  nit  diese 
fabeln  an  tag  zu  geben.  Eh.  Alderus  vorr.  8 ;  er  führte 
ihn  an  die  zinne  des  tempels;  wenn  er  [der  schritt)  an  dei- 
nen eignen  zweck  dich  führen  soll.  Göthe  9,  126;  ich  gehe 
nicht  an  hof.  42,  61;  gehe  ich  an  hof.  42,  164;  du  fassest 
die  sach  an  deine  hend.  Melissus  ps.  D4';  stiesz  mit  dem 
fusz  an  einen  stein,  klopfte  heftig  an  die  thür;  sie  trugen 
alles  aus  dem  schif  ans  land;  ein  kind  kann  mancherlei  an 
seinen  vater  auf  dem  herzen  tragen.  Schiller  254;  was  be- 
gehrst du  noch  an  mich?  da  aber  der  herzog  an  ihn  be- 
gehrte, dasz  er  seine  eignen  brüder  bekriegen  solle.  Micrä- 
Lius  2,  227 ;  er  wandte  sich  an  den  künig ;  sie  setzen  alle  ihre 
kräfte  an  diese  sache;  ich  will  an  ihn  reden  {ihn  anreden); 
denn  da  er  an  frauenzimmer  zu  reden  hat.  Göthe  58,  100; 
das  ist  ja  an  seine  ehre  geredt.  Luther  c,  7' ;  gleich  wie  ich 
dem  bapst  und  bischoven  nicht  an  ihr  ehre  rede,  wenn  ich 
sie  des  teufeis  kirche  nenne.  6,  7' ;  die  feder  hat  einen  druck 
an  einen  körper  angewandt.  Kant  8,  63;  eine  zufällige  ein- 
heit  reicht  nicht  an  den  nolhwendigen  Zusammenhang.  2,  650 ; 
man  wies  ihn  von  einem  an  den  andern ;  man  wies  ihn,  als 
er  nach  dem  manne  fragte,  an  ein  schlechtes  Wirtshaus  in 
einem  winkel  des  Städtchens.  Göthe  18,  217. 

8)  an  hinter  Substantiven,  sein  Vorgänger  am  amte;  von 
seinen  vorfahren  am  reich  muste  Conrad  viele  Widerwärtig- 
keiten ausstehen.  Hahn  2,  226 ;  sein  guter  freund  an  der  ecke 
(wohnhaft);  sein  genosz  am  grünen  tisch; 

sein  herr  kolleg  am  punschnapf  ihn  verlacht. 
GösiNGK  2,  176 ; 

der  mangel  an  gelde;  der  überflusz  an  getraide;  zufuhr  an 
lebensmitteln ;  ein  reicher  vorrat  an  kleidern;  Frankfurt  am 
Main,  an  der  Oder  (gelegen),  ein  ring  vier  thaler  an  werth;  zu- 
mal wird  bei  namen  das  nomine,  bei  Zahlwörtern  das  numero 
durch  an  ausgedrückt :  noch  ein  bruder,  Chrjsipp  an  (mit)  namen. 
GöTUE  57,  38 ;   CS  erschienen  ihrer  hundert  an  der  zahl ; 

lieber  gott,  wann  an  der  zahl 

ich  war  ich  viel  tausendmahl, 

war  mein  werth  doch  nimmer  werth, 

dasz  mich  Christus  nur  begehrt.    Locau  1,  6, 11 ; 

sie  drangen,  zwölf  an  der  zahl,  in  das  dorf.  bei  menge, 
nähe  und  gedräng :  sie  standen  köpf  an  köpf,  hut  an  hut, 
giengen  band  an  band,  arm  an  arm,  nieder  schmetterten  die 
kugeln  mann  an  mann,  alles  wimmelt  ameise  an  ameise,  im 
winde  säuselten  halm  an  halm,  ähre  an  ähre ;  wagen  fuhr  an 
wagen,  kahn  an  kahn ; 

knie  an  knie  erfüllt  die  stufen 

um  das  hohe  throngericht.    Bürger  2'; 

paar  au  paar  uns  munter  drehn.    2^ 

9)  an  neben  pronomen :  an  sich,  per  se,  an  sich  selbst ;  an 
und  für  sich;  die  lügend  ist  an  und  für  sich  begchrcnswerth, 
Ttrtus  per  se  expelenda  est;  begriffe  die  an  und  für  sich 
.selbst  unauflöslich  sind.  Kant  1,  71 ;  gegenwärtig  ruht  in  mei- 
nem gemüt  die  masse  dessen,  was  der  Staat  war,  an  und 
für  sich.  Göthe  29,  120.  in  der  älteren  spräche  würde  stehn 
an  im,  an  ir  selbst :  die  zeit  an  ihr  selbsten  sei  lang  genug. 
AvRER  proc.  1,  8 ; 

was  mit  und  an  dir  lichte,  litt 

hat  sich  wo  anders  angehangen.    Göthk  3,  244  ; 

WOZU  jedes  glied  eines  weiten  kreises  freudig  klar  und  tüch- 
tig an  seinem  theile  zustimmte.   22,  9;   der  major  an  seiner 


seile  (seinerseits)  blieb  mit  ganz  entgegengesetzten  gefühlen 
zurück.  22,  76;  wir  aber  an  unserer  erzählenden  und  dar- 
stellenden seile.  23,  199 ;  an  meinem  theil  könnt  ich  mir  ge- 
fallen lassen.  30,  205 ;  sein  talent  neigt  sich  gegen  zwei  ent- 
gegengesetzte seilen,  an  der  einen  beobachtet  er  die  ge- 
genstände der  nalur,  an  der  andern  seile  neigt  er  sich  zum 
sittlichdidactischen.  33,  107.  an  einem  fort  (in  einem  fort,  in 
einem  stücke  fort): 

ich  hab  sie  wol  zu  ganzen  Viertelstunden 
an  einem  fort  nichts  anderes  thun  sehn.    Schiller  577 ; 
spielt,  stänkert,  pocht  und  kriecht,  das  geht  an  einem  fort. 
Göthe  7,  72. 

10)  an  mit  dem  acc.  ich  reiche  ihm  nur  an  die  schuller, 
das  wasser  reichte  ihm  fast  an  den  mund;  die  flut  stieg  an 
die  brücke;  von  hier  ist  noch  gar  weit  an  den  Rhein  (ad 
Rhenum) ; 

es  wechst  auch  da  ein  ziemlich  wein 

doch  haben  sie  nit  fern  an  Rhein.    Albkrus  140' ; 

0  das  ich  letzt  nit  jungen  mag 

und  leben  an  den  jüngsten  tag. 

Schwamenberg  141,  2 ; 

bestendiglich  ans  ende.  Luther  3,  152;  da  ist  er  behalten 
worden  an  den  drillen  tag.  3,  410'.  allmälich  schob  man  gern 
ein  bis  vor:  zu  band  die  alle  von  im  bisz  an  Friderichen 
seinen  gesellen.  Galmy  209 ;  (ihr  rühm)  rührt  bisz  an  himmel 
an.  LoGAU  2,  3,  58 ; 

wie  weit  er  sich  zurück  erinnern  kann! 

bis  an  die  ersten  kinderpossen.    Lessing  1,4; 

bis  an  das  gängelband,  bis  an  die  ammenbrusi. 

ist,  was  er  litt  und  that,  ihm  alles  noch  bewust.    1,  5. 

U)  an  neben  adj.  wie  schon  ahd.  und  mhd.  {gramm.  4,  879) : 
sei  from  an  den  eren.    fastn.  sp.  439,  17 ; 

wo  die  leule  an  disem  unserm  bedenken  nicht  zufrieden 
sind.  Luthers  br.  4,  585 ;  sind  am  leibe  viel  schwärzer  als  am 
angesichte.  pcrs.  reiseb.  3,  4 ; 

sie  war  an  Schönheit  reich, 

an  vielen  gaben  hold.    Fleming  132 ; 

arm  am  beute!,  krank  am  herzen; 

taub  an  beiden  obren,  blind  an  beiden  äugen ;  breit  an  den 
schullern,  latus  ab  humeris  [breit  von  schultern);  klein  an  geisl. 

IL  An  als  bloszes  adverb  erscheint  hauptsächlich  in  Zusam- 
mensetzungen, dann  auch  einzelnen  Substantiven  oder  andern 
Partikeln  nachlrelend. 

l)  zahllose  verba  sind  mit  an  uneigentlich  zusammengesetzt, 
d.  h.  in  gewisser  läge,  namentlich  im  inf.  und  in  bedingender 
rede  lassen  sie  es  rornen  unmittelbar  anschlieszen,  trährend 
es  im  imp.  und  in  directer  rede  los  nachfolgt:  anfangen, 
wenn  ich  anfange,  dasz  ich  anfange,  hingegen  fang  an,  fangt 
an,  ich  fange  an,  ihr  fangt  an.  dies  vermögen  meistentheiU 
frei  und  gesondert  eine  Stellung  im  satz  einzunehmen  lehrt, 
dasz  »sie  ihm  ursprünglich  angemessen  war.  die  lat.  Zusam- 
mensetzungen incipere,  accipere  erzeigen  sich  ungleich  fester 
und  gestatten  ihrem  in  und  ad  unter  keinen  umständen  sich 
zu  lösen,  es  heiszt  incipere,  si  incipiam,  ut  incipiam,  wie  in- 
cipe,  incipite,  incipio,  incipilis.  unsere  spräche  läszt  uns  also 
in  den  gang  und  die  wege  der  partikel  tiefer  blicken. 

Häufig  musz  nun  wiederum  die  kraß  dei-  partikel  als  prae~ 
positionale,  im  laufe  der  zeit  durch  auslassungen  verdunkelte 
erscheinen,  die  suppe  ist  angebrannt  will  nicht  sagen  sie  ist 
entzündet,  angegangen,  wie  man  ein  Stückchen  holz  anbrennt, 
vielmehr  sie  ist  an  den  topf  unten  festgebrannt;  der  stein  ist 
angefroren,  an  (die  erde)  gefroren;  anziehen  drückt  aus  an 
den  leib,  an  den  arm,  an  das  bein,  an  den  fusz  zielten, 
ohne  dasz  nöthig  wäre  diesen  acc.  beizufügen,  wenn  vom  ein- 
hüllen in  das  kleid,  in  den  handschuh,  in  deti  strumpf  und 
sehuh  die  rede  ist.  anstoszen  will  sageti  den  fusz  an  einen 
slein,  das  glas  an  ein  anderes  sloszen.  einen  ansehen  ist 
gleichviel  mit  an  einen  sehen,  war  nun  auch  einen  anlachen, 
anblinzen,  angrinsen,  anzischen  ursprünglich  an  ihn  lachen, 
blinzen,  grinsen,  zischen? 

Aus  der  gewohnheit  aber  die  partikel  mit  dem  verbum  zu 
verknüpfen  kann  sich  leicht  ein  engerer  sinn  erzeugen,  den  sie 
neben  dem  einfachen  verbünd  nicht  hat.  greif  mir  nicht  an 
die  nessel  I  verbietet  wie  greif  mir  die  nessel  nicht  an ! ,  wir 
müssen  endlich  an  das  geld  greifen  ist  gleichviel  mit  das 
gcid  angreifen,  doch  für  den  feind  angieifen  läszt  sich  nicht 
mehr  setzen  an  den  feind  greifen,  weil  hier  die  Zusammen- 
setzung bestimmtere  färbe  angenommen  hat. 


289 


AN 


ANACKERN  —ANÄTZEN 


^90 


In  vielen  fällen  mag  das  an  auf  die  person  tine  auf  die 
Sache  yehn.  wir  sagen  das  kleid  anziehen,  das  schwert  an- 
gürten, zugleich  aber  einen  anziehen,  angürten,  der  diener 
zieht  den  heim  morgens  an,  bekleidet  ihn,  ich  will  mich  erst 
angürten,  begirten.  sollen  sache  und  person  zugleich  ausge- 
drückt sein,  so  pßegen  vir  dann  letztere  in  den  dativ  zu 
setzen:  lege  mir  das  kleid  an,  sie  gürtete  ihm  das  schwert 
an,  er  bot  ihm  seinen  dienst  an.  ahd.  und  mhd.  stand  auch 
difse  person  im  acc.  und  das  rerbum  hatte  doppelten  acc,  der 
Sache  und  person  neben  sich :  legi  mih  dia  wät  ana,  siu  gurta 
iaan  daj  suert  ana,  p6t  inan  dionost  siaaz,  ana ;  mhd.  do  bot 
in  (eum)  der  wirt  an  sine  tohter  und  sin  lant.  Iw.  6S00.  die 
iraepositionskraß  des  an,  seine  einwirkung  auf  den  acc.  tcar 
hier  lebhaßer,  noch  fasln,  sp.  498,  16  heiszt  es 

und  sült  in  (eum)  fleiszig  gebet  legen  ao, 
sollt  fleiszig  eure  bitte  an  ihn  legen,    ihm  mit   bitte   anliegen, 
jtatl  des  von  der  praep.  abhängigen  acc.  der  person   setzt   die 
neuere  spräche  oß  den  datir,  vgl.  anbieten,  anerben,  ansterben. 

Wie  in  anfangen,  anheben  selbst  hat  an  auch  vor  manchen 
andern  uörtem  die  bedeutung  des  beginns  und  riUtrigen  fort- 
gangs,  vas  zumal  in  den  imperativen  vortritt:  sage  an!  sing 
an!  sprich  an!  rücke  an!  stimme  an!  halt  an! 
rat  an,  lieber  raigeb!  faMn.  sp.  504,  2; 
rat  an,  ritter  Degenlein!  599,  18.  34.  600,  20. 
dock  läszl  rücke  an  sich  fassen  als  rücke  den  fusz  an  mich, 
rath  an  als  rath  an  die  sache.  da  an  so  oß  auf,  aufwärts, 
in  die  höhe  ausdrückte,  darf  auch  bei  ansingen  ein  anheben, 
außieben,  aufrichten  des  gesangs  gedacht  werden,  wie  bei  ansteigen 
ein  aufwärts  steigen,  vgl.  anbauen,  andringen,  anhalten,  anlau- 
fen, anstehen,  anstürmen  u.  s.  w.  angeben  heiszt  im  karten- 
spiel  zuerst  geben,  anstimmen  in  der  musik  den  ton  angeben, 
den  gesang  erheben,  und  so  läszt  sich  auch  anführen  auffas- 
sen als  vorangehn  im  xug,  eine  andre  deutung  wird  unter  an- 
führen vorgetragen. 

An  und  ab  sind  natürlicher  gegensatz  in  ansagen  und  ab- 
sagen, anmelden  und  abmelden,  ankündigen  und  abkündigen, 
anbringen  und  abbringen,  ansetzen  «n«f  absetzen,  ab-  und  anzug. 
Garg.  64*.  weil  aber  auch  auf  dem  ab  gegenüber  tritt,  z.  b.  in 
aufsteigen  und  absteigen,  aufkommen  und  abkommen,  auf  und 
abgehn ;  so  dürfen  an  und  auf  in  manchen  fällen  wechseln  oder 
zusammen  angewandt  werden,  man  sagt  schröpfköpie  ansetzen 
und  aufsetzen,  geld  anhäufen  und  aufhäufen ;  gewöhnlich  wird 
doch  jede  partikeln  eigne  bedeulungen  mit  sich  führen,  auch 
umb  und  an  stehn  sich  einander  zur  seite,  z.  b.  Garg.  95*. 

2)  seltner  schon  sclilieszl  die  partikel  sich  an  das  nomen, 
wird  aber  ton  ihm  untrennbar  und  hat  die  beweglichkeit  ein- 
gebüsil,  die  ihr  vor  dem  verbum  zustand,  die  meisten  der 
mit  an  zusammengesetzten  nomina  sind  auf  bereits  zusam- 
mengesetzte verba  zurückzubeziehen  und  ankunft,  anfang,  an- 
stosz,  angäbe,  anklang  ti.  s.  w.  setzen  ankommen,  anfangen, 
ansloszen,  angeben,  anklingen  voraus,  anhab  anheben,  anhafl 
anheften,  anhält  anhalten,  eine  menge  adj.  auf  ig  erzeugten 
sieh  wiederum  aus  Substantiven,  andächtig,  anmutig,  anstöszig 
aus  andaclit,  anmut,  anstosz;  viele  mit  lieh  gebildete  unmit- 
telbar aus  verbis:  angeblich,  annehmlich,  anmaszlich. 

Ausnahmsweite  hat  sich  erst  in  der  späteren  spräche  das  an 
unmittelbar  mit  dem  nomen  verbunden,  wie  in  anbetracht,  an- 
bewust,  denen  kein  anbetrachten,  anbewissen  vorausgeht,  solche 
Wörter  sind  meistens  pleonastisch  oder  steif  doch  sagt  man 
anbeginnen,  anbefehlen. 

Wenig  im  gang  sind  adj.  mit  an  für  sl.  na,  laL  sub,  gr.  tKTo,  iv, 
ankalt  subfrigidus,  ansaucr  subacidus,  man  sagt  lieber  kültlich, 
rtueriich;  doch  die  Volkssprache  wahrt  sie  hin  und  wieder. 

Merkwürdig  entspricht  aber  an  in  anlaster,  anmal,  anname,  an- 
aang  dem  mhd.  Alaster,  äname,  äsanc  und  schon  ahd.  ana- 
iiiAli,  ganz  wie  ahn.  A  ßr  an,  während  sonst  mhd.  4  =  ab, 
ar;  anders  anmacht  amacht. 

Manche  Zusammensetzungen  der  früheren  zeit  sind  erloschen, 
«.  6.  das  mhd.  anebet,  gegenständ  des  anbetens. 

3)  wie  mit  ab  bilden  sich  auch  mit  nachfolgendem  oder 
anwachsendem  an  adverbiale  redensarten.  bergan  steht  dem 
bergab  entgegen,  und  man  bildete  himmelan,  felscnan,  wöl- 
ken an,  in  berg  und  himmel  waltet  noch  gefühl  des  acc,  dem 
die  praep.  nachgetreten  scheint,  bergan  ==  an  den  berg ; 

der  weinstock  breitet  sich  baura  aa  =  an  den  haum.    Opitz; 
hier  ist  der  wahre  sieg, 
hier  kannst  du  xu  mir  reUen 
und  meinen  bimmel  an.  Fiiarao  18, 


wo  das  beigefügte  possessiv  über  den  casus  keinen  Zweifel  Idszt. 
Anders  zu  fassen  ist  glück  an!  das  landende,  wie  glück  auf! 
aus  dem  Schacht  aufsteigende  zurufen: 
da  landen  wir,  da  sind  wir  schon ! 
gluck  an '.  dem  herren,  dem  patron.    Göthx  41,  303, 
gleichsam  glück  ans  land! 

Mit  dar,  hin,  her,  oben,  vor,  vomen,  neben,  hinten   bildet 
sich  daran,  hinan,  heran,  obenan,    voran,   romen  an,   hinten 
an  und  hinan,  heran  stellen  sich  um  in  anhin,  anher;    oben- 
aus  und  nirgend  an!  ist  der  bekannte  spruch    zum    ausfahren 
der  hexen,  vgl.  Ltttber  3,  235'.  fortan  gleicht  dem  mhd.  allejane, 
ahd.    allajana,    «Ad.    alsfort,    immerfort;    sofort   an,    braucht 
Lltder  oß,  z.  b.  3, 122'.  235. 466.   wider  an  braucht  Ri!«gwaldt 
und  thut  darnach  fein  wider  kommen, 
setzt  sich  zu  tisch,  seufl  wider  an.    lautere  warh.  66; 
das  geht  darnach  so  wider  an,    das., 
man   kann    das    letzte   an   aber  auf  geht  ziehen,     zweifelhaß 
ist  auch 

wer  hoch  gestiegen  ist,  wit  immer  höher  steigen, 

wer  niedrig  stehet  an,  wil  tiefer  sich  nicht  neigen.  Locac  2,  10,97, 

denn  niedrig  an  darf  zwar  untenan,  niedenan  ausdrücken, 
doch  auch  stehet  an  ßr  ansteht  genommen  werden.  Bei  ad- 
verbien  der  zeit  findet  sich  an  als  anfangspunci,  kann  aber 
auch  wegbleiben:  von  jetzt  an,  von  nun  an,  von  dann  an; 
von  nun  an  bin  ich  zufrieden;  von  stund  an.  fastn.  sp.  827, 
17 ;  von  heut  an  =  von  heut  ab ;  von  diesem  augenblick  an ; 
von  Jugend  an,  a  puero;  von  kindsbeinen  an.  2,  243  beginnt 
LoGAC  ein  gedieht  mit  den  worten :  an  von  der  zeit  =  von  der 
zeit  an.  andere  setzen  blosz  von  ohne  an :  mein  vatcr  erfüllte 
mein  unerfahmes  herz  mit  dem  glänzenden  wahn  der  weit, 
von  dem  augenblick  meines  aufkeimens.  Klinger  4,  HS ;  der 
von  früher  Jugend  ein  zeuge  der  greuel  der  tjTannei  war. 
5,30  von  anbeginn  ist  gewissermaszen  vom  beginne  an.  i4ii- 
dere  adrerbia  fügen  das  an  romen  zu:  anbei,  anher,  anhier, 
andurch,  anmit  =  hierbei,  hierher,  hierselbst,  hierdurch,  hier- 
mit; femer  annoch,  anwo,  ansonst,  anwiederum,  anvorderst. 

ANÄCKERN,  arare  tncipere;  mit  dem  stecken  anackem.  Garg. 
23S*.  _ 

AN'ÄHNELN,  assimilare:  wie  es  (das  gebilde  der  nager) 
sich  denn  sowol  gegen  die  raubthiere  als  gegen  die  Wieder- 
käuer hinneigt,  und  noch  gar  andern  geschlechtem  sich  an- 
ähnelt.  GörnE  55,  322. 

ANÄHNLICHEN,  assimilare:  dasz  man  die  deutlichste  stelle 
zum  gründe  legte  und  die  widersprechende,  weniger  klare 
jener  anzuähnlichen  bemüht  war.  Götbe  26, 100 ;  Schröder  hat 
die  englischen  lustspiele  von  grund  aus  verändert,  er  hat  sie 
dem  deutschen  sinne  angeähnlichL  26, 197 ;  in  früheren  jähren 
mit  in  die  französische  revolution  verflochten,  hatte  er  sich  eine 
folge  von  generationen  angeähnlicht.  32, 13.    vgl.  ahnlichen. 

AN.^HNLICHCNG,  f.  assimilatio.    Göthe  33,  209. 

ANANKERN,  ancoras  figere;  in  der  baukunst,  einen  balkeo 
an  die  träger  anankem,  festigen. 

ANARBEITEN,  adjungere,  den  schustern,  die  sohlen  ans 
Oberleder  anarbeiten. 

ANART,  f.  indoles,  natura:  Cäsar  meldet,  dasz  er  (der 
kitzel  nach  neuigkeiten)  von  anart  allzeit  in  den  franziJsischen 
Völkern  gesteckt  habe.  Fischart  groszm.  11.    vgl.  art. 

ANARTEN,  natura  insitum  esse:  ein  jede  sprach  hat  ir 
sondere  angeartete  tönung.  Fischart  Garg.  38' ;  wolbegabt  Ton 
angearteter  scharpfsinne.  172*; 

mir  ist  nicht  ananend  zurückzubeben  im  kämpfe.  Voss  II.  5,  253; 
die  natur  fügt  es  nicht  so,  dasz  talent  und  wille  auch  annrten. 
Ka5t  5, 164 ;  das  naturell,  das  in  der  Vermischung  mit  frem- 
den halbschlächtig  anartet.  10,  27. 

ANARTIG,  insitus :  in  Ingolstadt  haben  di«  Studenten  aus 
anartigem   mutwillen    einige  ungelegenhcit    Terursachel.    Abk. 

A    8.    Cl-ARA  1,  59. 

ANARTUNG,  f :  die  unausbleibliche  anartung,  als  der  Cha- 
rakter einer  race.  Katt  10,  59. 
ANASEN,  inescare,    anködern. 

ANATHMEN,  aspirare,  anwehen,  anhauchen,  nnl.  aanademen : 
ewig  wehn  die  gesäusel  de»  leis  anathmenden  wesic». 
Voss  Od.  4,  567  ; 
dich  spaltet 
mein  anathmcnder  hauch.    Voss  ged.  5,  114. 

das  nnl.  wort  gilt  bei  vergoldem:  hei  goud  aanademen. 

A.NÄTZEN,  allicere:  und  das  er  (IfoAomW)  das  volk  weiter 
anetzet,   erlaubt  er  in  s«  tU  eheweiber  so  »il  einer  emeren 

19 


291 


ANÄUGELN  —  ANBEGINN 


ANBEGINNEN  —  ANBELANGEN 


292 


möcht.  Frank  chron.  163';  die  reichen  sollen  si  mit  gold  zu 
ihn  gelockt,  angeetzt  haben.  428';  also  etzt  man  die  vügel 
an.  H.  Sachs  III.  3,  22" ; 

wie  hübsch  hat  sie  uns  gnelzct  an, 

die  wir  liielten  für  ein  bulTrauen.    Ayrer  88'. 

ANÄUGELN,  oculis  inlueri,  zdrllich  anblicken  : 

wie  schg  bin  ich  dan  dicii  anzuäugelen. 

Weckherlin  769. 

ANBACKEN,  coquendo  adhaercscere,  ankleben:  das  brot 
ist  angebacken,  der  kuchen  ans  papier  angebacken,  das  haar 
bei  der  kopfwunde,  zusammengebacken,  nnl.  aanbakken:  hct 
brood  is  aangebakken. 

ANBAHNEN,  viam  apcrire,  movere,    ein  heutigen  geschäßs- 
leulen   beliebtes   wart:    die   sache,    die   Unterhandlung    anbah- 
:  nen,  in  gang  bringen. 

ANBALLEN,  agglomerare,  vom  schnee,  sich  an  die  schuhe 
hängen. 

ANBANNEN,  incantamenlis  concludere,  afßgere,  festbannen: 
aber  die  krafl  besteht 
bis  zum  millelpunct  der  erde 
dem  boden  angebannt.     GöthkI",  363; 
am  betlftisz  angebannt.    2,  187  ; 
CS  ist,  als  sei  ihm  das  fieber  angebannt. 

ANBAU,  cullura,  colonia,  nnl.  aanbouw :  der  anbau  des 
landes,  der  anbau  des  korns,  weins ;  man  musz  aber  nicht 
glauben,  dasz  der  erste  anbau  gleich  gefraidebau  gewesen. 
Schiller  1010.  auch  neuer  anbau  des  hauses,  der  Stadt;  an- 
bau der  spräche,  Wissenschaft. 

ANBAUEN,  m.  colere,  excolere,  nnl.  aanbouwen,  das  feld,  land, 
den  acker,  die  künste  und  Wissenschaften  •  wie  spät  lernen 
wir  einsehen,  dasz  wir,  indem  wir  unsere  lügenden  ausbil- 
den, unsere  fehler  zugleich  mit  anbauen.  Göthe  26,  213 ;  baue 
deine  gemüts-  und  leibeskräfte  zur  tauglichkeit  für  alle 
zwecke  an.  Kant  5,  218.  auch  daran  bauen :  das  bauschen 
war  wie  ein  nest  oben  angebaut;  die  schwalben  bauen  oben  an. 

ANBAUEN  sich,  considere,  domicilium  collocare,  sich  nie- 
derlassen :  die  sich  anbauenden  Völker  {im  gegensalz  zu  den 
nomaden).  Kant  10,  298;  du  kennst  von  alters  her  meine  art 
mich  anzubauen,  mir  an  irgend  einem  vertrauliciien  orte  ein 
hüttchen  aufzuschlagen  und  da  mit  aller  einschränkung  zu 
herbergen.  GOthe  16,  16 ;  gutsbesitzer,  die  kühn  genug  vor 
Zeilen  sich  in  gefährliche  niederungen  angebaut.  22, 101.  auch 
von  nistenden  vögeln:    die    spatzen  haben  sich  da    angebaut. 

ANBAUEB,  wi.  colonus,  der  erste  anbauer,  ansicdler. 

ANBAULICH,  culturae  capax,  anbauliches  land;  in  den 
anbaulichen  entdeckungen  gleich  die  erde  aufzureiszen  und 
.saat  zu  streuen.  Klopst.  12,  433. 

ANBÄUMEN,  se  e/ferre:  ich  wieder  bei  der  Jungfrau  zu  Herms- 
dorf angebäumet.  Sciiweinichen  2, 10.    s.  bäumen,  aufbäumen. 

ANBEFEHL,  »i.  mandatum:  wie  ich  nun  mit  gehorsam  und 
demut  dem  englischen  anbefehl  gernest  gelebcn  und  demsel- 
ben nachkommen  will.  Schottelius  fruchtbr.  lustgartc.  Wolfenb. 
1647.8.  s.  103;  auf  gottcs  anbefehl.  Opitz  3,211. 

ANBEFEHLEN,  imperare,  mandare,  commendare,  gleichviel 
mit  befehlen,  nnl.  aanbcvelen :  der  könig  hat  uns  anbefehlen 
lassen,  vorr.  zur  tat.  grammatica  marchica;  die  anbefohlne 
pflicht  erfüllen ;  der  sterbende  vater  hatte  ihm  sein  hinter- 
lassenes  kind  anbefohlen,    vgl.  anempfehlen. 

ANBEGEHBEN,  petere  ab  aliquo:  ich  musz  dir  das  aucli 
noch  anbegehren.     richtiger  schiene  der  acc.  der  person. 

ANBEGEHBEN,  n.  petilio: 

du  wirst  mein  anbegehren 
nicht  lassen,  weisz  ich  wol,  und  dessen  mich  gcwäiircn 
was  blosz  die  Jugend  gibt.    Opitz  2,  182. 

ANBEGINN,  m.  primordium,  principium,  initium,  nnl.  aan- 
Lcgin,  ahd.  anakin,  anaginni  n.  und  pikin  initium,  mhd.  ane- 
gin  und  begin,  aus  welchen  beiden  zusammen  die  hdufung 
anbeginn  entsprang,  nnl.  aanbegin: 

wie  das  von  got  vor  nnbeginn 

all  judensol  beschalTeD  sin.    fastn.  sp.  2t,  7  ; 

dem  der  da  feret  im  himel  allenihalben  von  anbegin.  ps.  ßS, 
34;  von  anbegin  aber  ists  nicht  also  gewesen.  Mntth.  19,  8; 
nachdem  ich  alles  von  anbegin  erkundet  liabe.  Aue.  1,3; 

von  anbegin  war  deine  rreundlichkeit 
allzeit  berail  den  armen  zu  erlösen.    Wkckiierlin  107; 
also  sagt  er,  und  nabele  sich  crliabnereii  lliaten, 
als  seit  der  engel  gehint,  dem  aiilicgiiiiie  der  erden 
und  der  sonnen  geschabii.     Klopst.  Mens.  4,  1339; 


vom  anbeginn  der  scliöjifung  herunter 
bis  zum  gericht.  5,294; 

von  dem  anbcginne  der  weiten.  9,  356  und  oft; 
die  neugier  bat,  wie  Zoroasicr  lehrt, 
von  anbeginn  der  weibcr  herz  belliört.    VVieland  10,  141; 

im  anbeginne  schiens  erfreulich.    Platen  327*. 

ANBEGINNEN,  incipere.  dies  vcrbum  setzt  schon  das  bei 
MicYLLus  gebrauchte  von  anbeginde  =  anbeginnende  incipiendo 
voraus:  die  statt  Born  ist  von  anbeginde  (a  principio)  durch 
vil  und  mancherlei  weis  regiert.    Tacitus  1" ; 

diesen  reichte  nun  auch,  rechts  anbeginnend,  des  süszen 
neklars.  Bijrger  193'; 

doch  gilt  es  bier  nicht  viel  besinnen, 
im  weilen  meere  musl  du  anbeginnen.    Götoe  41, 168. 

ANBEHALTEN,  vestes  non  ponere:  ich  will  die  schuhe  noch 
an  {den  füszen)  behalten ;  lasz  ihn  seinen  rock  noch  an  {dem 
leibe)  behalten,  wie  man  auch  sagt  den  hut  ab  {dem  köpfe) 
behalten,  auf  {dem  köpfe)  behalten.  Alhano  war  nicht  im 
Stande,  so  sehr  er  sich  vorgesetzt  hatte  in  Sanftmut  und 
lammkleidern  zu  erscheinen ,  letzte  anzubehalten.  J.  Paul 
Tit.  2,  40. 

ANBEHÖB,  n.  appendix:  die  poesie  mit  ihrem  an-  und 
Zubehör.  Hippel  ehe  5,  72.  nnl.  auch  das  verbum  aanbehooren. 

ANBEI,  una,  simul,  gilt  für  steif  und  geschdftsmäszig,  ist 
jedoch  kürzer  und  woUaulcnder  als  hierbei,  nebenbei,  dane- 
ben :  anbei  sende  die  verlangten  zeuge,  anbei  folgt  der  be- 
wuste  brief;  ich  mich  in  allen  stücken  seiner  gütigen  Vor- 
sorge empfahl,  anbei  allen  kindlichen  und  schuldigen  gehor- 
sam zu  leisten  versprach.  Fclscnburg  1,  25. 

ANBEILEN,  allatrare,  s.  anbellen.  H.  Sachs  sagt  bellen, 
peilen  für  bellen,  was  dem  mnl.  bilen  (Maerl.  1, 283.  Eleg. 
766)  begegnet :  das  dich  die  hund  auch  bellen  an.  1,  264*. 

ANBEISZEN,  ambedere,  adniordere,  praegustare,  gustare, 
an,  in  etwas  beiszen,  nnl.  aanbijten : 

der  zuo  dem  wirt  früe  komen  kan, 
der  peist  an  fladcn,  an  feigen  und  an  den  airen  an. 
fastn.  sp  304,  15.  76(»,  21; 

und  als  er  hungerig  ward,  wolle  er  anbeiszen  {yevaaad'ai, 
gustare).  apostcig.  10, 10 ;  da  gicng  er  hinauf,  brach  das  brot 
und   beisz   an  {ysvaäuevos,  gnstans).  20, 11 ; 

^  zuckerroscn  luid  narcissen, 

die  kein  frosl  hat  angebissen.    Fleming  42; 

sogar  die  damen,  die  sonst  wie  die  fische  essen  und  nicht 
essen,  bissen  an.  J.  Paul  llesp.  1,  112;  er  beneidete  ihre 
weiber,  die  heule  schon  den  morgen  anbissen,  nemlich  die 
marmorierte,  gesprenkelte  kleiderrinde  für  den  zweiten  feier- 
tag.  2, 172.  eigentlich  blosz  das  erste  anbeiszen,  einbeiszen, 
bei  fischern:  es  zuckt,  der  fisch  hat  angebissen,  voravit  ha- 
mum  ; 

ich  angelle  mit  fröhlicbkcit 

nach  dir,  du  bissest  an.    Gleix; 

lasz  mich  anbeiszen!  einen  bisz  in  das  brot,  den  kuchen 
Ihun;  den  apfel  anbeiszen,  einen  bisz  in  den  apfel  thun 
und  ihn  dein  geliebten  senden,  serb.  zagristi,  gr.  aTtoSä- 
xvsiv,  solche  dpfel  heiszen  angebissene  aber  unaufgegessene, 
zagrizeni  al  neizjedeni,  ulid  sind  ein  lielieszeichen.  für  das 
eigentliche  frühstücken,  kosten,  gustare,  gouter  sagte  man  ahd. 
nicht  anapijan,  sondern  antpljan,  inpi^an,  nthd.  enbijen,  wo- 
von unser  imhisz  noch  übrig  ist.  salat  haben  die  Bussen 
niemals  gegessen,  sondern  haben  die  Tentschen  bei  nieszung 
desselben  auszgelachet,  als  wann  sie  gras  essen,  nun  aber 
beginnen  etliche  auch  mit  anzuheiszen.  pers.  reiseb.  3,  2. 
Figürlich  bedeutet  nun,  vom  anbeiszen  des  ßsches  in  den  kü- 
der  entnommen,  anbeiszen  rem  aggredi,  nicht  anbeiszen,  decli- 
nare,  cunctantius  agere:  wollte  aber  bei  ihnen  (den  Jung- 
frauen), sie  zu  nehmen,  nicht  anheiszen.  Schweiniciikn  1,  96; 
sie  bciszt  wirklich  sonst  noch  au.  Lessinc  2,  412 ; 

ein  fraii,  die  vor  an  hat  gebissen,    fnsln.  sp.  749,  3; 
wirt.    sie  wollcns,  gnädgcr  lieir,  und  ihre  gütigkcii  — 
Ale.     jetzt  beiszt  er  an.  Götiirt,  91; 

und  dasz  die  kerls  sicii  darüber  beleidigt  finden  und  doch 
wieder  anbeiszen.  33,  289.  vom  anbeiszen  der  speise  entlehnt 
ist:  ich  musz  bekennen,  dasz  ich  hei  dieser  sache  keinen 
einfall  anzubeiszeii  weisz.  Hippel  lebensl.  2,  232.  gegen  je- 
mand anbeiszen  heiszt  auch  bissig  sein,   ihm  die  zihne  weisen. 

ANBEIZEN,  Icviler  macerare:    die    haut    ist  nur  angeheizl. 

ANBELANGEN,   atlinere,   nnl.  aunbeiangcn,   was  anlangen, 


293 


ANBELFERN— ANBETEN 


ANBETEN  —  ANBIETBRIEF 


294 


ttt«  anbeireffen  f.  antreffen :  so  viel  das  studieren  anbelanget. 
Simplic.  1,  429;  was  das  anbelangt,  das  anbelangend;  was 
seine  liebe  anbelangt,  da  haben  sie  nun  gar  nichts  zu  fürch- 
ten. Klincer  1,  418. 

ANBELFERN,  allatrare,  tcird  von  kleinen,  schivaeh  bellen- 
den bunden  gesagt :  das  hündchen  belfert  jeden  an ;  sie  bel- 
ferte das  gesinde  beim  kleinsten  versehen  an;  s.  belfern. 

ANBELLEN ,   allatrare,  anheilen,  anklaffen,  anblaffen,  nnl. 
aanbaffen,  aanbassen,  in  der  vorrede  des  Ssp.  90: 
ich  sie  zu  rame  sam  ein  wilt 
daj  die  liunde  belien  an, 

mit  den  Varianten  buffen  an,  hassen  an.  richtiger  noch  stark 
SU  conjugieren:  er  billt  an,  boll  {früher  ball)  an,  hat  ange- 
bollen, obicol  schwache  form  cinreiszt.  da  sie  nun  das  trew 
hündlin  der  kirchen,  Joliannes  Hus,  in  solchem  diebstal  er- 
fand, anbal  und  verriet,  füren  sie  zu  und  machten  aus  dem 
diebstal  einen  offenberlichen  raub.  Lcther  6,  323';  und  wird 
nicht  ein  hund  dich  dürfen  anbellen.  Judith  11, 13  ;  sorgen  wie 
die  hund,  die  bellen  den  raon  (mond)  an,  meinen  er  wöll  ins 
haus  steigen.  Garg.  213*;  ein  von  einer  englischen  dogge  ange- 
belltes, natürlich  genug  gemahltes  brot  auf  dem  tische  der  jün- 
ger zu  Emaus.  Göth£  3t,  214;  der  hund  billt  und  stechert 
mit  dem  köpfe  an  jedes  knie,  es  rettete  ihn  (den  manu)  nicht, 
dasz  er  oft  den  hund  sfelber  anboll.  J.  Pail  uns.  löge  1,12%; 
schmerzen,  die  ihn  anbellen.  3,  35;  gedanken,  die  blosz  lie- 
gende krankenseelen  anbellen.  2, 163.  das  nal.  aanbellen  be- 
deutet anschellen,  anklingeln. 

A.NBE.NEBEN,  adv.  anbei,  hiemeben,  da  schon  neben  aus 
ineben  entsprang,  vor  eben  drei  parlikeln  häufend:  anbeneben 
groszen  mächtigen  dank  für  die  herliche  recension  der  her- 
derischen  gescbmackprobe.  Wielaxd  bei  Merck. 2,  69;  anbe- 
neben folgt  hier  Mercurius.  2, 101. 
■  ANBEQLEME.N,  ofcommodare,  adaptare:  alles  kommt  darauf 
on.  die  sache  unsem  mittein  anzubequemen ;  den  umständen 
anbequemte  Verbesserungen,  sich  anbequemen,  s'accommoder: 
mit  Professor  Schelver  lieszen  sich  gar  schöne  betrachtungen 
«echseln,  das  zarte  und  gründliche  seiner  natur  gab  sich  im 
gespräch  gar  liebensv*ürdig  hervor,  wo  es  dem  mitredenden 
sich  mehr  anbequemte  als  sonst  dem  lesen  Göthe  31,  254. 

ANBERAH.MEN,  s.  das  folgende. 

ANBERAUMEN,  diem  praestituere ,  mhd.  berämen,  tro/ur 
auch  hin  und  vieder  anberahmen  gesagt  tcird,  mit  Wandlung 
des  ä  in  an,  Stieler  1535  hat  schon  anberaumen  und  stellt 
es  falsch  lu  räumen,  mhd.  rümen.  die  stunde,  welche  sie 
dem  Solisten  anberaumt  hatte,  war  nun  gekommen.  \Viela\d 
1,  19S;  der  wahlconvent  war  endlich  auf  den  3  merz  anbe- 
raumt. Göthe  24,  288 ;  eine  Zusammenkunft  anberaumen ; 
de»  nächsten  geflüsters  anberaumte  stunde.    PLAieit  154. 

ANBERG,  m.  monlieulus,  ein  anhebender  berg,  hügel,  ge- 
bildet wie  anhiihe,  nnl.  aanberg ,  mnd.  amberch :  an  deme 
amberge.  Reineke  5656.  der  name  der  stadl  Araberg  sdieinl 
gleichwol  anders  entsprungen,  eine  urk.  von  1174  MB.  29".  4l7/ia/ 
Auberg,  eine  ältere  ton  1034  das.  s.  44  dagegen  Ammenberg. 

den  atis|(eregneten  anberg, 
wo  man  so  leicht  umwirfi.  Voss  2,  37. 

ANBEHCHBEN,  atlingere:  die  theoric  ist  euch  ganz  physi- 
calisch  gesetzt  und  berüret  allein  das  cns  Naturale  an.  Paba- 
CErsLs  1,4*. 

ANBESTELLEiN ,  mandare  ut  conficialiir,  s.  bestellen,  an- 
friimmen. 

A.NBETEN,  adorare,  ahd.  anapetun,  mhd.  anebelen,  nicht 
hiosz  gott,  sondern  auch  heilig  verehrte  menschen  und  Sachen, 
mhd.  an  ein  bilde  bPten.  Bari.  9S.  ts :  ich  und  der  knabe 
wollen  dort  hin  gehen,  und  wenn  wir  angebetet  haben,  wol- 
len wir  wider  zu  euch  komen.  1  Mos.  22,  5;  da  neiget  sich 
der  man  und  betet  den  herm  an.  21,26;  sol  ich  komen  und 
dich  anbeten?  37,  10;  neigten  sich  und  bcte(te)n  an.  i  Mos. 
4,  31 ;  und  nit  also  zu  irem  verderben  ir  hSnd  küssen,  und 
ir  Taust  zum  ahgot  anbetten.  Fra>k  paradoxa  93";  ir  anbe- 
tet das  ir  nit  wisset,  wir  anbeten  das  wir  wissen.  Reisz.xer 
Jerus.  1,  36* ; 

er  betete  dreimal 
gegen  dich,  geopferter  an,  und  erhuh  sii  h  cm  himmel. 

Klopm.  Slvfu.  s,  506; 
einpfindung  betet  ati  un.l  die  vernuiifi  srhwfjgi  $ii||c. 
GüTTE»  I.  203; 
bei  mich  an, 
2eua  betet  an  vor  Zeus,  der  dich  erschuf.   ScgaiaR  17; 


anbete  du  das  Teuer  hundert  jahr, 
dann  fall  hinein,  dich  friszts  mit  baut  und  haar. 
Göthe  4,  337; 

(der  bettler)  stand  auf  und  neigte  sich  ehrerbietig,  ja  anbe- 
tend vor  Eduarden.  17,  171;  Giafar  empfieng  sie  nach  der 
weise  des  landes  und  betete  das  überbrachte  schreiben  an. 
Klixger  5,  139;  jetzt  beugte  er  knieend  sein  haupt  und  be- 
tete mit  bebenden  lippen  an.  10,  296.  Fehlerhaß  bilden  einige 
das  praet.  und  pari,  nach  bitten:  alle  diejenigen,  so  einige 
bilder  anbaten,  für  götzendiener  schölten.  Fischart  bienenk. 
172';  gleichwie  man  alle  gstaltcn  des  kreuzes  verehrt,  anbilt, 
küst  und  leckt.  176*; 

als  heimlich  sie  den  stern  schon  angebetlen. 

Weckhbrlix  ti29; 
will  er  sein  angebetten.   Spee  699. 

ANBETENSWERTH,  adoratione  dignus. 

ANBETER,  m.  ahd.  anapetari  hariolus,  haruspex,  heute 
aber  adoraior,  ardens  amator:  die  warhafligen  anbeten  Joh. 
3,  24;  Christus  redet  von  den  anbetern,  dieselbigen  sollen 
weder  zu  Jerusalem  noch  auf  dem  berge  anbeten.  Luther 
3,  481' ; 

aobeier  könnt  ich  wol  noch  in  der  menge  haben. 
Göthe  7,  52; 

das  mädcben  weisz  seine  anbeter  nicht  alle  zu  zählen. 

ANBETISCH,  anbetische  bilder,  imagines  quae  adorantur 
LCTHER   3,  40*. 

ANBETRACHT,  m.  respeclus,  eonsideratio :  es  kostet  30  kreu- 
zer  und  ist  in  meinem  anbetracht  (in  meinen  äugen)  30  du- 
calen  werth.  Mercrs  briefe  1,207; 

nicht  wundert  michs  in  diesem  anbetrachte. 

Rt;CKERT   141 ; 

so  darf  ich  auch  in  keinem  anbetracht 

des  meistens  nicht  verlorne  mühe  schelten.    159; 

die  gerichtssprache  pflegt  den  gen.  oder  dasz  darauf  folgen  zu 
lassen:  in  anbetracht  (erwägung)  aller  umstünde,  in  anbe- 
tracht, dasz. 

ANBETREF.  m.  intuitus :  in  anbetref  dieser  forderung  soll 
alles  nach  dem  vertrag  gehalten  werden. 

ANBETHEFFE.N,  was  angehen,  anbelangen:  was  mich  an- 
betrift,  was  das  anbetrift;  das  kann  mich  nicht  anbetreffen. 
s.  auch  angctreffen. 

ANBETTELN,  mendicando  adire:  in  diesem  lande  wird  man 
bei  jedem  schritt  angebetteJt ;  bei  diesem  hübe«  ich  mich  an- 
gebettelt, dasz  er  mich  nur  frei  zurücknimmt.  Tiec«  3,  94. 

ANBETTEN,  lectum  adstruere:  sie  hat  sich  in  dieser  kam- 
mer  angebettet. 

ANBETL'Ntj ,  f.  adoratio,  sokoI  in  bezug  auf  den  anbeten- 
den  als   angebeteten:    die  anbetung  der  hirten.    der  drei  k(>- 
nige;  die  anbetung  der  Jungfrau  Maria,  der  geliebten; 
jene  weisen  der  morgenlamlc  die  kamen  und  Jesus 
von  dem  eilendeu  Sterne  geführt  anbuiungen  brachten. 

Klopst.  Uess.  5,79; 
und  es  ballten  die  himmel  von  neuen  anbelungen  wieder. 

8,262; 
deinem  namen  sein  gesungen 
dank  und  preis  und  anbeiuugen.  werke  7,238; 
da  zu  liefen  anbelungen 
.    goues  enget  niederstieg.   7,248; 

der  mehr  anbetung  für  dich  nihil  als  ich.   ScaiLLEa  121; 
gegenständ  der  anbetung.  Kamt  6, 166. 

A.NBETÜNGSWIJRDIG,  vcnerundus:  anbetungswfirdige  göt- 
liu.  Rabe7<er  1,  212. 

ANBEWUST,  probe  nolus:  wegen  anbewuster  meiner  Un- 
geschicklichkeit. Phila>D£b  2,  293. 

•\NBIEGEN,  npplicare,  adjungere,  nnl.  aanbuigcn.  ein  reis 
an  den  pfähl  anbiegen;  einen  bogen  papier  an  das  buch  an- 
biegen; aus  der  angebogenen  rechnung  ist  zu  ersehen;  nie 
die  schonheil  isoliert  ohne  angebognen  vortheil  suchen.  J.  Pacl 
Tit.  1,  42.  nach  den»  folgenden  adj.  brauchte  man  sich  anbie- 
gen früher  auch  im  sinne  von  sich  anschmiegen,  se  insinuare. 
A.NBIEGIG,  se  applicans,  insinuans:  auch  warum  soll  an- 
ders das  holdselig  weiblich  geschlecht  also  anmutig,  zutliälig, 
kützelig,  armfähig,  brüsthndig,  anbiegig,  sanftliegig,  mund- 
süszig,  liebäuglig,  cinscbwctzig,  milt,  nett,  glatt,  schön  und 
zart  erschaffet!  sein?  Fischabt  Garg.  l.vtl,  fi6'. 

ANRIETBBIEF,  m.  literae  offerloriae,  citnlnriae:  es  möchte 
auch  der  pott  söllii  hen  ladbrief,  verkündhrief  oder  anpietbrief 
an  das  hnws  oder  herberg  anschlahcn.  reformalion  der  stat 
^uremberg.  1484.  Ut.  1.  gewlz  I. 

19* 


295 


ANBIETEN  — ANBINDEN 


ANBINDEN  —  ANBLARREN 


29G 


ANBIETEN,  offene,  nnl.  aanbieden,  ursprünglich  an  einen 
bieten,  wie  es  fasln,  sp.  578,2  heiszt:  bietet  an  einander  die 
hend.  er  bietet  mir  das  geld  an;  sobald  die  gelegenheit 
sich  anbietet,  darbietet;  ich  biete  ihm  den  kämpf  auf  tod 
und  leben  an;  angebotner  dienst  stinkt;  angeboten  dienest 
sind  selten  angenehm.  Lehmann  22 ;  wenn  du  für  eine  Stadt 
zeuchst  sie  zu  bestreiten,  so  soltu  ir  den  friede  anbieten. 
5  Mos.  20,  10 ;  bot  er  inen  geld  an.  apostelg.  8,  18 ;  es  getar 
nieman  so  keck  sein,  der  uns  krieg  dürfte  anbieten.  Ponlus 
60;  die  angebotenen  {dargereichten)  speisen.  Weise *ft/.  leule 
282 ;  eine  ganze  ernte  von  figuren,  so  wie  die  auf  der  ersten 
tafel  erscheinet,  würde  mir  auch  Maffei  anbieten.  Lessing  8, 
231 ;  ich  biete  ihnen  meinen  eifer,  meine  vermittelung,  mein 
gebet  an.  Gotter  3,  30 ;  ob  er  annoch  herberg  anböte.  Voss 
Od.  15,  305;  unwahrscheinlichkciten,  die  sich  jedem  sogleich 
anbieten  müssen.  Tieck  g.  n.  4, 150.  geld,  speise,  kleider  an- 
bieten ist  darbieten,  darreichen;  einen  dienst,  vennittlung  an- 
bieten ist  anerbieten  und  geht  auf  noch  künftiges  leisten,  bei 
Versteigerungen  heiszt  anbieten  das  erste  gebot  Ihun. 

ANBILD ,  n.  imago,  nnl.  aanbeeld ,  schwächer  ah  abbild, 
gleichsam  erst  das  angelegte  bild,  das  schwebende  vorbild :  ver- 
stand, wie  der  lyblich  tempel,  der  uns  nur  ein  anbild  gege- 
ben het  des  himlischen  tempels.  Zwingli  1,  233.  vgl.  bild. 

ANBILDEN,  effingere,  afßngcre:  das  es  uns  anbilde  und 
gleichsam  in  ein  Schauspiel  vor  äugen  stelle.  Fischart  bienenk. 
43';  abmalen  oder  anbilden.  46';  dasz  eigentlich  dis  sacra- 
ment  die  gnad  anbilde  und  zugleich  verursache.  102';  drumb 
secht  euch  wol  für,  dasz  ir  mich  keins  wegs  anbildet.  144' ;  wem 
wolt  ir  gott  vergleichen  oder  womit  wolt  ir  in  anbilden?  175'; 
daher  Phebus  erzürnet,  bildet  dem  Midas  esels  obren  an. 
Frank  moriae  encom.  l';  die  gröszer  (seenessel)  ein  auszge- 
streckte  band  anbildet.  Forer  ßschb.  114' ;  dasz  alle  bilder  mit 
derselbigen  ehr  und  anbitlung  müsten  verehrt  werden,  mit  wel- 
cher das  angebildet  ding  verehrt  wird.  Fischart  bienenk.  171* ; 

durch  diesen  löwen  er  sich  selber  hier  verstünde, 
und  durch  das  jungfräwlein,  die  mit  dem  zäum  ihn  bunde, 
wil  Doralizen  er,  das  fräwlein,  bilden  an  (ha  figurata). 
Werders  Ariost  14,  90  (114); 

wie  er  jeder  Idee  sogleich  einen  leib  anbildet  und  auch  das 
geistige  zu  verkörpern  strebt.  Schiller  1109;  der  historische 
Stil  soll  unserer  spräche  erst  noch  angebildet  werden.  Her- 
der 1,182;  der  Jüngling,  angebildet  zur  arbeit  und  zur  hülfs- 
leistung.  Stolberg  10,  330 ;  meine  angeborne  und  angebildete 
geduld.  GöTHE  20,  209 ;  unter  die  läszlichsten  vei-suche,  sich 
etwas  höheres  anzubilden,  sich  einem  höheren  gleich  zu  stellen, 
gehört  wol  der  jugendliche  trieb  sich  mit  romanfiguren  zu 
vergleichen.  26,  27 ;  was  ihn  erwartet,  wenn  er  sich  in  jenem 
leben  als  von  einem  seines  gleichen  gezwungner  langsamer 
raörder  des  gewandes  darstellt,  das  ihm  auf  der  erde  ange- 
bildet ward?  Klinger  12, 158;  reinige  uns  von  den  angebilde- 
ten Sünden  der  zeit.  Arnim  1, 186. 

ANBILDUNG,  f.  affictio,  effictio:  darumb  gebürt  uns  Chri- 
sten nit  mer  auf  die  ceremonischen  bedcutnussen  und  anbil- 
dungen,  sonder  vil  mer  auf  die  ding,  so  darin  bedeutet  und 
angebildet  werden,  fleiszig  zu  sehen.  Stumpf  1,  217';  ein  an- 
bildung  und  erinnerung  von  gott  zu  haben.  Fischart  bienenk. 
175';  gleichwie  man  alle  figuren,  gestalten  und  anbildungen 
des  kreuzes  verehrt,  anbitt,  küst  und  leckt.  176';  in  der  ara- 
bischen spräche  wird  man  wenig  stamm-  und  wurzelworte 
linden,  die  wo  nicht  unmittelbar,  doch  mittelst  geringer  an- 
und  Umbildung  sich  nicht  auf  kamel,  pferd  und  schaf  bezö- 
gen. Göthe  6, 102. 

ANBINDEKALB,  n.  vilulus  ab  ubere  depulsus,  durch  anbin- 
den von  der  kuh  entwöhntes  kalb. 

ANBINDEN,  alligare,  adalligare,  nnl.  aanbinden,  die  rcbe, 
den  wein  an  {den  pfal)  binden;  die  kuh  an  {die  krippe)  bin- 
den ;  die  blume  an  {den  arm)  binden ;  den  gefangnen  an  {den 
stock)  binden ;  am  narrenseil  ligst  angebunden.  H.  Sacus  I, 
225*;  anbinden  an  einen  pfal.  I,  265*;  wie  das  wasser  angc- 
))unden  ist  seinem  Ursprung,  also  ist  die  sei  des  menschen 
angebunden  an  gott.  Keisersb.  post.  2,  113;  häufig  anbinden 
oder  auch  blosz  Itinden :  das  feierliche  gcschenk  {band,  strausz, 
geld)  an  den  arm,  um  den  hals  binden,  knüpfen  : 

80  soll  er.  aller  hliimon  snlioin, 

mit  blumeil  niiKnliundnii  si^n? 

nicht  mit  hliinifii  nur  «llüine, 

dieses  linnd  sol  ntirli  spIm  seine, 

das  wir  haben  aufirinvimdcn, 

diirmit  sei  er  angebunden.  FtKaiNO  42; 


vgl.  binden,  angebinde  und  die  ahhandlung  über  schenken  und 
geben.  Berlin  1849  s.  13 — 18.  auch  pflegen  schnillerinnen,  ar  ■ 
beitende  handwerker  vorübergehende,  die  ihnen  störend  in  den 
weg  treten,  anzubinden  oder  zu  schnüren,  und  erst  gegen  ge- 
ringe gäbe  an  geld  loszulassen.  Das  unbändige,  wilde  thier 
kurz  anbinden,  ihm  keinen  Spielraum  zu  freier  bewegung  las- 
sen, daher  kurz  angebunden,  proclivis  ad  iram,  von  menschen 
parum  affabilis,  difficilis,  Thümmels  reisen  10,  324; 

wie  sie  kurz  angebunden  war.   Göthb  12,  133; 

das  mädchen  war  aber  kurz  angebunden. 
Tieck  9,  306; 

mit  einem  anbinden,  östr.  anbandeln,  inceptare,  in  certamen  de- 
scendcre  cum  aliquo :  ein  savoyischer  ritter  ..  nach  gelegenheit 
suchte  mit  mir  im  ernste  anzubinden.  Felscnb.  1,  515 ;  ich  glaube, 
verzeih  mirs  gott,  sie  wären  toll  genug  mit  dem  teufel  und  seiner 
groszmutter  anzubinden.  Wieland  U,  165;  hunde,  die  auch 
einen  löwen  nicht  fürchten  und  kühn  mit  ihm  anbinden.  Les- 
siNG  1, 137 ;  sobald  sie  mit  dem  herzen  anbinden,  werden  die 
büsewichter  dumm.  Schiller  206;  Unglück  über  unglück  für 
immer  und  immer  auf  diejenige,  die  zum  ersten  male  nach 
mir  diese  lippen  küst!  wage  es  nun  wieder  mit  ihm  anzu- 
binden. Göthe  25,286;  die  kleine  drückte  dem  neuen  freunde 
die  bände,  dasz  er  mit  Edmund  anband.  Tieck  Cev.  1,  54 ; 
weil  ich  weisz,  dasz  sie  mit  keinem  andern  mehr  anbindet, 
und  abgeschlossen  für  mich  da  ist.  Bettine  l,  35.  in  der  letz- 
ten stelle  bedeutet  es  blosz  sich  einlassen,  zu  Umgang,  nicht  zu 
kämpf  und  streit,  Ostr.  mit  dem  diendl  anbandeln ;  ist  solch 
ein  friedliches  anknüpfen  der  fäden  ursprünglicher  sinn  der  re- 
densart?  denn  von  symbolischem  anheßen  eines  bandes,  als 
kampfzeichens  bei  ausforderungen,  ähnlich  dem  hinwerfen  und 
auflieben  des  handschuhs ,  von  anbinden  der  linken  hände, 
wie  Frisch  99*  meint,  ist  sonst  nichts  bekannt,  vgl.  das  nicht 
unähnliche  es  mit  einem  angehen.  Den  baren  anbinden,  fal- 
lere  hospitem,  symbolum  non  solvcre,  soll  von  einem  bären- 
führer  stammen,  der,  als  er  nicht  zahlen  konnte,  sich  aus  dem 
staube  machte,  und  dem  wirt  den  baren  an  die  thür  band: 
dasz  ich  ihnen  seltzame  baren  hätte  anbinden  können.  Simpl. 
1,  296 ;  heute  heiszt  bei  einem  den  hären  anbinden,  ihn  nicht 
bezahlen,  schulden  bei  ihm  machen.  Luther  verwendet  anbin- 
den für  übersetzen,  vielleicht  mit  dem  gedankcn  an  das  anbin- 
den des  übersetzenden  nachens:  darumb  habens  die  apostel 
auch  selbs  für  nötig  angesehen,  das  sie  das  neue  lestament 
in  die  griechische  sprach  fasseten  und  anbunden.  2,  475*.  Den 
buchbindern  ist  anbinden  ein  kleines  buch  an  das  grosze  ein- 
binden, adalligare. 

ANBINDEN,  n.  alligalura. 

ANBISZ ,  m.  admorsus,  guslatio,  jentaculum,  s.  anbeiszen, 
imbisz : 

das  igiilicher  zwei  viertel  guten  wein 

morn  uns  zum  anpisz  bringen  sol. 

fastn.  sp.  220,  8; 

zwen  grosz  weck  uns  trag  herzu, 

das  wir  do  zum  anpisz  haben.  221,  1 ; 

ist  ein  böser  anbisz,  alles  zur  morgensuppen  verschlingen. 
Fischart  groszm.  41;  von  dem  wahren  frieden  hat  man  hier 
nur  den  ersten  anbisz.  Claudius  5,  41.  die  jdger  nennen  den 
köder  am  fangeisen  anbisz. 

ANBISZ,  m.  in^us,  bei  Frank  öfter  für  anbosz,  was  er  da 
neben  braucht: 

damit  boret  man  durch  einen  eisen  anbisz.  spricliw.  2,  24*. 

ANBISZKRAM,  m.  folgt  zu  morgen  der  osterlag,  da  weihet 
man  den  anbiszkram,  fladen,  kes.  Frank  wellb.  132",  geweihtes 
frühstück. 

ANBISZLEIN,  n.  morsiuncula,  wofür  auch  abbiszlein  bei 
Fiscuaht  bienenk.  233*. 

ANBITTEN  sagen  Fiscuart  u.  a.  für  anbeten,  adorare,  nnl. 
aanhidden. 

ANBITTER,  subamarus,  bitterlich. 

ANBITTEHN,  sapore  inducere  amaro:  ein  brnnnen  in  Scy- 
thien  so  bitter,  dasz  er  den  nächsten  flusz  mit  seinem  ein- 
flusz  anbittert.  S.  von  Birken  0.  L.  55;  den  wein  mit  Wer- 
mut anbittcrn.  Stieler  130. 

ANBITTUNG,  f  adoratio  für  anbetung:  anbitlung  der  hei- 
ligen. Fischart  bienenk.  7l'.  17l'.    (s.  anbilden). 

ANBLAFFEN,  allatrare,  nnl.  aanblaffen  und  aanbaffen,  aan- 
bassen.    «.  anbellen. 

ANBLAHUEN,  admugire,  incrcpare:  es  kumpt,  das  du  etwan 
ein  frauwcn  anblarrest,  gleich  so  strafst  du  dich  selber  dar- 


297 


ANBLÄRREN— ANBLICK 


ANBLICK— ANBOTE 


298 


umb  und  gedenkst  das  soltestu  nit  thun.  Keisersb.  brösamlin 
24'  (s.  anblatren) ;  sich  stellen  wie  eine  kuhe,  die  ein  neu 
thor  anblarret.  Philander  1,  582. 

ANBLARFtEN,  dasselbe,  auch  geschrieben  anblerren,  an- 
plerren : 

ein  toller  bub  spie  in  sein  aogesicht 

und  blärrt  ihn  grimmig  an.  A.  Gkiphics  1,  324. 

ANBLAS,  m..afflatus,  kräßiger  ahd.  anapläst:  die  drei  gift, 
damit  Rom  Teutschland  als  mit  einem  pestilenzischen  anblas 
unarzneilich  verübt  (verlübt,  verlüppt)  hat.  Hctten  5, 318. 

ANBL.\SEN,   afßare,  ahd.  anapläsan,  nnl.  aanblazen:    die 
kohlen,   das   feuer  anblasen ;    das  hörn  anblasen ;    einen  ton 
anblasen,  angeben;  wind  kom  herzu  und  blase  diese  getödten 
an,  das  sie  wider  lebendig  werden.  Ezech.  37,  9 ;    und  da  er 
das  sagte,   blies   er  sie  an.  Joh.  20.  22 ;    man  musz  uns  an- 
gingen und  anblasen,  das  wir  den  herrn  sollen  preisen.  Lc- 
THEB   5.  462';   jubilieren   und   blasen,   damit  man  das  freijar 
anblies.  MathesicsS';  ein  wind  hett  in  angeblasen.  Garj.  181'; 
wenn  in  ein  guter  geist  blast  on.  H.  Sachs  I,  382'; 
hier  ist  kein  blitzen  mehr,  der  donner  bläst  euch  an. 
Grtphics  1,  525, 

d.h.  nichl  mehr  wird  gedroht,  sondern  gehandelt;  sie  bliesen 
mit  krummhömern  die  annahenden  sieger  freudig  an.  Lohenst. 
Arvi.  1,  65 ;  posaunen,  röhr,  pfeifen  anblasen.  Spee  trutzn. 
247.  285;  vielleicht  wird  dieser  kleine  unglückswind  unsere 
gewogenheit  desto  heftiger  anblasen.  Weise  kl.  leute  16; 

er  blies  die  rege  glut  mit  vollen  backen  an.   ZachariX  ; 

die  menschen  hasz  ich  nicht,  gott  lob, 

doch  menscbenhasz  er  blies  mich  an, 

da  hab  ich  gleich  dazu  gethan.   Göthk  2,  290; 

ein  mittel,  das  den  krieg  unvermeidlich  an  allen  ecken  an- 
blasen wird.  8,  183 ;  das  weih  gleicht  einer  flöte,  die  jedem 
ttine  gibt,  der  sie  anzublasen  weisz.  Kli.nger  1,  433 ;  dasz  ich 
im  verborgnen  unsichtbar  die  hauptrolle  spielte,  alle  die  kerls, 
die  mir  brauchbar  schienen,  anblies,  herumzujagen,  anzubla- 
sen und  vorzubereiten.  Klixgers  th.  2, 191 ;  fort,  laszt  anbla- 
sen !  (zum  kämpf)  Fr.  Müller  3,  268 ;  nun  bin  ich  angebla- 
sen von  allen  launen.  Bettine  1,  157.  In  bädem  bläst  man 
die  eintrefl'enden  fremden  an,  die  Jäger  blasen  den  erschei- 
nenden hirsch  mit  dem  hifthorn  an,  blasen  das  treiben  an. 
Döbel  2,  41.  intransitiv :  da  kommen  sie  angeblasen,  nähern 
sich  homblasend. 

ANBLATT,  n.  bei  Nejcmcb  lathraea  squamaria,  dentaria, 
amblatt  und  ohnblatt :  wird  genennet  anblatt,  nach  dem  mai 
verdorret  das  kraut  alsobald  und  hat  keine  blätter,  derohal- 
ben  CS  von  Cordo  {Euricius  oder  dessen  söhn  Valerius  Cor- 
dus?)  anblattum  genennet  wird.  Taber5aemostaxüs  kräuterb. 
1231. 

ANBLATTEN,  labulas  eompingere,  stücke  holz,  breier,  zu 
Verstärkung  ihrer  tragkraß,  aneinander  festigen. 

ANBL.\TTERN?  in  der  unter  anblarren  ausgezognen  stelle 
Keisersbergs  läszt  der  alte  druck  unsicher,  ob  anblarrest  oder 
anblatrest  zu  lesen  sei,  und  anblättern,  anblatren  könnte  mei- 
nen anplaudern,  anreden ,  zumal  Dasypodics  blaterare  rer- 
deutscht  blappern  und  blöderen,    s.  plaudern  und  anplaudem. 

ANBLÄLE.N,  fncere  subcaeruleum :  stärke  (amylum)  anbläuen. 

ANBLECKE.N,  dentes  in  aliquem  nudare,  angrinsen,  anflet- 
schen : 

CS  kam  ein  panthenhier, 
das  gaft  und  blekt  ihn  an.   Haceoorx. 
s.  blecken. 

ANBLEHEN,  adbalare,  tgl.  ahd.  pl5^an,  ags.  blstan  balare, 
mhd.  bla:lien,  bl^ren,  aber  auch  ahd.  plegan  (GRArr  3,  259) 
^=  pläjan,  pl^jan ;  sonst  anblöken,  anblerren.  und  wo  dis 
nicht  geschiebt,  so  ist  die  gemeine  der  lectioD  nichts  gebes- 
sert, wie  bisher  in  klöstern  und  stiften  geschehen,  da  «ie  nnr 
die  wende  haben  angeblehet.  Luther  2,  258*. 

ANBLICK,  m.  aspectus,  nnl.  aanblik,  sovol  das  angeschaute 
als  das  schauen,  der  blick :  ein  lieber,  leider  anblick,  ein  hei- 
terer,   trauriger,   betrübter,  elender;    der  erste  anblick  übcr- 
waliigl;  den  er  in  seinem  ersten  anblick  {auf  den  ersten  blick) 
erkannt.   Bocc.  108;    freundlicher  anblick   erfrewet  das  herz. 
fpr.  Sal.  15,30;  heblicher  anblick.    Philai^d.  1,514; 
lasz  die  anblick  hin  und  her  fliegen, 
getrewe  hotten  deiner  gunst.    Wp.ckbeiili^  394; 
denselben  will  ich  guten  anhiink  gehen, 
die  ehrbar  sind  und  treu  im  lande  leben.   Opitz  ; 
ja  mit  Einern  anblick  kan  ich  ihn  von  der  erden  heben.  Grt- 
niDS  1,820; 


0  anblick,  der  mich  fröhlich  macht, 
mein  weiustock  reift  und  Doris  lacht. 

HAGEDOR.t  3,  93; 

es  sind  in  dem  anblick  der  Wissenschaften  und  der  weltweis- 
heit  vielleicht  fremde  vorstellungsallen.  Herder  2,  212;  mit 
stiller  wehmut  auf  seinem  anblick  verweilend.  Schiller  308; 
zwar  blühte  das  land,  die  ruhe  des  äuszem  anblicks  teuschte 
das  äuge,  aber  sie  war  nur  scheinbar.  799; 

geht  und  herreit  uns 
von  seinem  hassenswürdgen  anblick.  387 ; 
der  anblick,  den  diese  Stadt  jetzt  gab.  843; 

ein  solcher  frischer  anblick  in  ein  neues  land  hat  noch  das 
eigne.  Göthe  25,  226 ;  er  war  eines  ernsten  und  schönen  an- 
blicks (pulcher  aspeclu),  von  hoher  Statur  und  reichlicher  kör- 
pergestalt.  38,  232 ;  gleich  beim  anblick  du  ihn  heben  must. 
47,  62.  stehn  possessiva  dabei,  so  ist  anblick  deutlich  das  er- 
schaute : 

dem  heitern  abendstem  macht  dich  dein  anblick  gleich. 
Hagedorn  3,  30; 

mein  fürchterlicher  anblick  (sagt  ein  teufet)  erstarrte  ihn  nicht. 
Klinger  5,  396 ;  mein  anblick  war  ihm  keineswegs  erbaulich. 
Göthe. 

ANBLICKELN,  diminution  des  folgenden: 

so  lasz  uns  zur  arznei  liebaugelend  anblickelen. 
Weckherli."«  76S. 

ANBLICKEN,  intueri,  aspicere,  nnl.  aanblikken,  ahd.  ana- 
plicchan,  mhd.  aneblicken,  einen  blick  an  jemand  werfen: 

blickt  keine  schone  Trauen  an!  fastn.  sp.  168,  20; 

sie  blickte  ihn  nur  an  und  er  verstand  sie.  Schiller  ;  da  alle 
zweckmäszigkeit  mit  wolgefallen  angeblickt  wird.  Fichte  kr. 
der  o/jfenb.  48 ;  das  anblickende  angesicht  einer  unermeszlichen 
seele.  J.  Paul  Hesp.  1, 168. 

A.NBLICKFRESSER,  wi.  devoralor  obtutuum:  ich  bin  ja  kein 
anblickfresser.  Wecrherli.n  794. 

ANBLINKEN,  adsplendere: 

selbst  von  des  berges  fernen  pfaden 

bUnken  uns  farbige  kieider  an.   Göthe  12,  53. 

ANBLINZELN,   diminutiv   des  folgenden:     einen  höhnisch 
anblinzeln;  heimlich  blinzelten  mich  ihre  äugen  an. 
ANBLINZE.N,  connirendo  intueri: 

nun  steht  sie  ihm  gegenüber  und  blinzt  erst  schüchtern  an 
was  iizt  in  vollem  glänz  ihr  in  die  äugen  spielet. 
Wieland  4,  1S2. 

ANBLITZE.N,  fulgurare,  micare  oculis  ad  aliquem:  einen 
mit  feurigen  äugen,  mit  schieszenden  blicken  anblitzen ; 

bat  ihn  das  angesicht  der  gräsziichen  medusen 
vei-steinernd  angeblitzt?       Wieland  10,234. 

ANBLÖKEN,  balare  ad  aliquem:  der  informator  blökte  sei- 
nen Zögling  bei  jedem  Donatschnitzer  menschenfeindlich  an. 
Rabener  4,135;  und  blökt  ihn  mit  einem  gräsziichen  gesiebte 
an.  Götter  3,  259;  ei  was,  sie,  mutter,  blökt  einen  auch 
immer  mit  ihren  beiden  letzten  zahnen  an,  als  ob  sie  beiszen 
wollte.  Arnim  schaub.  1,  6.  <fie  letzte  stelle  vermischt  anblöken  ^ 
tnt7  anblecken,    vgl.  anbieben. 

ANBLCHEN,  florescere,  primum  emittere  flotem: 

früblingssäuseln  am  bäum  der  anblüht. 
Klopst.  2,  51. 

ANBLÜMEN,  ruborem  offundere:  davon  die  gute  Jungfer 
mit  einem  feinen  färblein  angeblühmt  wurde.  Simplic.  2,  279. 
errölhen  leird  auf  der  wange  erscheinenden  blumen  oß  verglichen. 

ANBOHREN,  terebra  aperire:  das  fasz  anbohren;  den  fel- 
sen  anbohren ;  einen  bäum,  einen  käse  anbohren ;  sie  bohrte 
ihn  mit  ihren  blicken  an ;  das  bittende  äuge,  das  ihr  anbohrt. 
J.  Paul  lit.  nachl.  4, 176.  einen  um  geld  anbohren :  ist  er 
nur  erst  angebohrt,  so  folgt  schon  mehr. 

ANBORGEN,  an  sich  borgen:  angeborgte  acten  und  ge- 
kaufte bücher.  J.  Pacl  flegelj.  1,  38. 

ANBORSTEN,  erigere  selas,  bei  den  Jägern,  vom  vilden 
Schwein,    wahrscheinlich  altes  wort,  ahd.  anaporstin? 

ANBOSZ,  bei  einigen  ganz  riehlig  für  ambosz. 

ANBOSZEN,  s.  anposzen. 

ANBOT,  n.  ablatio,  nnl.  aanbod,  gewöhnlicher  anbieten,  an-   . 
erbieten,    anbot  auch  angebot,  erstes  gebot  auf  eine  sache  bei 
Versteigerungen. 

ANBOTE,  m.  nuntius,  legatus:  wir  haben  mit  den  poten 
der  drew  lendem  Urc,  Sweicz  und  Unden^alden  gehandelt . . . 


299 


ANBRANDEN  —  ANBRENNEN 


ANBRENNEN — ANBRINGEN 


300 


darauf  wir  von  (den)  anboten  nicht  anders  dann  gueten  wil- 
len gemerkt.  Ch.mel  Maximil.  s.  303.  a.  1508. 

ANßHA>'DEN,  ad  scopulos  allidi:  des  flusses  anbranden 
gegen  die  felsen  verräth  seine  gewalt.  Schubert  reise  1,  90. 

ANBRÄiNDLICHT,  uslulatus,  besser  brenzlidi:  man  musz 
fleiszig  dazu  sehen,  dasz  das  malz  nicht  räuchlicht  oder  an- 
brandlicht werde.  Hohberg  2,  80*. 

ANBRATEN,  subassare:  das  fleisch  ist  schon  angebraten. 

ANBRÄUNEN,  fuscum  colorem  inducere,  subfuscari:  ange- 
bräunte wangen ;  die  freistehenden  felsen  aber  von  der  Witte- 
rung vieler  jähre  angebräunt  und  verändert  sind.  Göthe  51, 124. 

ANBRAUSEN,  exaesluare,  ntil.  aanbruisen  :  das  anbrausende 
meer;  der  dampfwagen  kommt  angebraust,  transil.  einen  an- 
brausen, anfahren. 

ANBRECHBOHRER,  m.  terebra  dolium  aperiens,  anbrech- 
bohrer  eines  weinküpers.  Arnim  1,  86. 

ANBRECHEN,  incidere,  particulam  decidcre,  nriL  aanbreken : 
das  erz  anbrechen;  ein  brot  anbrechen,  einen  käse  anbre- 
chen, angebrochener  käse ;  ein  fasz,  eine  flasche  wein  an- 
brechen ;  auch  diese  flasche  wurde  in  der  abendlichen  däm- 
mcrung  angebrochen.  Tieck  nov.  4,  59 ;  das  geld  anbrechen, 
wie  angreifen ;  etwas  nicht  anbrechen,  integrum  relinquerc. 

Inlransiliv  vom  beginnenden  lageslicht :  die  dämmerung  (di- 
liiculum)  bricht  an,  der  tag  bricht  an,  mit  anbrechendem  tag, 
der  morgen,  die  morgenröte  ist  schon  angebrochen,  das  an- 
brechen des  tags  stellen  wir  schön  dem  einbrechen  (irrumferc) 
der  nacht  und  abenddämmerung  {crepusculum)  gegenüber,  weil 
der  tag  langsam  aufgeht,  die  nacht  rasch  einfällt;  doch 

als  nun  die  finster  nacht  anprach.    H.  Sachs  1,  157'; 

die  nacht  bricht  an  {statt  ein), 

ja  und  wir  wollen  fort.    Göthe  im  Faust; 

und  ebenso  brauchte  man  anfallen  von  beiden,  dem  tag  wie 
der  nacht:  so  die  nacht  anfeit  und  anbricht.  Opitz  Idszt  auch 
mond  und  sonne  anbrechen : 

die  sonn  hat  sich  verkrochen, 
der  tag  ist  ganz  dahin, 
der  mond  ist  angebrochen.  2,  88; 
morgens  eh  als  die  sonn  anbricht; 
und  so  sagen  viele:  der  abend  will  anbrechen,    ßr  den  lang- 
samen  schritt   des  jahrs  und  der  zeit  schickt  sich  anbrechen : 
das    neuangebrochene  jähr;    zu  jener  zeit,    die  damals  unter 
dem    zweiten  Julius  angebrochen  war.    Tieck  nov.  kr.  2,  109. 
auch  engl,  the  break  of  day,  sp.  el  alva  rompe,  provenz.  l'alba 
crevada,  altfranz.  Taube  crieve,  lat.  crepat  U7id  crepusculum  ; 
man  empfindet  beim  eintritt  des  tags  in  der  luß  erschütterung. 
dennoch   ist  zugleich  das  mhd.  brehen  leuchten  und  seine  be- 
rührung  mit  brechen  selbst  jzu  erwägen,     anbrechen,  vom  be- 
ginn anderer  zustände,   wie  des  kampfs,  der  Schlacht  ist  ent- 
weder figürlich,    oder  ah  gcgensatz  von  abbrechen  zu  fassen : 
das   gefeclit   bricht   ab,   inlerrumpitur,    also  darf  es  auch  an- 
brechen. 

angebrochenes  obst,  angebrochnes  hier,  das  zu  faulen,  ab- 
lustchn  beginnt,  anbrüchig  wird,  einige  sagen  auch  auszer  dem 
pari.,  das  obst,  hier  bricht  an,  putrescit,  vgl.  angehen. 

Eigenthümlich  verwendet  Luther  anbrechen  für  das  feind- 
liche einbrechen:  dieweil  der  Türk  dieser  zeit  an  viel  orten 
anbricht  und  der  Christenheit  groszen  abbruch  thut.  2,  175*. 

ANBItECHUNG,  /".  anbruch:  anbrechung  des  tages.  Opitz 
Argenis  l,51i». 

ANBREISEN,  alligare,  adslringere,  exprimerr,,  anschnüren, 
gestallen :  soit  er  anders  warhaftig  vergesfaltet,  dargestellt, 
angeprisen,  geformiert  und  vergegenwerliget  werden.  Fischart 
Garg.  78',  mhd.  anc  brisen  und  brisen  an  einen,  s.  breisen, 
aufbreisen,  ausbreisen,  einbreisen. 

ANBRENGEN,    afferre,    statt   des   üblichen  anbringen,    aber 
durch  das  nnl.  aanbrengen  und  schon  alts.  brengian  bewährt: 
das  uns  grosz  ursach  prenget  an.   faaln.  fp.  4,  9. 

ANBRENNEN ,  inccndi,  mhd.  anebrinncn,  praet.  brann  an 
und  brannte  an :  denn  sein  zorn  wird  bald  anbrennen,  ps. 
2,12;  mein  zorn  ist  ausgeschiit,  und  der  sol  anbrennen,  das 
niemand  leschen  mügc.  Jerem.  7,  20 ;  zünde  das  fcwr  an,  das 
das  fleisch  gar  werde  und  würze  es  wol,  das  die  markstücke  an- 
brennen. Ezcch.  21,10;  so  lang  bisz  sein  zoren  nnbrend  (iu- 
cenditur).  H.  Sachs  F,  54*.  merkwürdig  im  Jurundissimus  (lliSO) 
s.  88,  wenn  die  lesart  sicher,  iiei  anbrennender  nacht,  wenn 
die  lichter  der  nacht,  die  sierne  angezündet  werden?  das 
feuer  brennt  niciit  an,  will  nicht  anbrennen,  brennen  wiids 
schon,  wenns  nur  erst   angebrannt   ist;    nasses   holz   brennt 


schwer  an ;  das  haus  des  nachbars  ist  auch  schon  angebron- 
nen ;  angebrunnener  bäum  (hasta  praeusta).  Garg.  194'.  nnl. 
aanbranden :  de  spijs  is  aangebrand.  zumal  in  der  redensart 
anbrennen  lassen :  sie  hat  die  milch,  die  suppe  anbrennen 
lassen,  war  säumig  und  hob  nicht  zur  rechten  zeit  ab,  so  dasz 
die  speise  an  den  hafen  brann,  wie  es  im  gedieht  von  Elisa- 
beth (Diut.  1,447)  heiszl: 

lieg  versilmecliche 
an  den  haven  burnen. 

nicht  anbrennen  lassen  bedeutet  eine  sache  schnell  verrichten, 
nicht  versäumen:  es  war  Friedrich  Steinkirch  Stallmeister,  der 
liesz  nicht  anbrennen,  hatte  einen  tag  18  topfe  muskateller 
zu  hofe  holen  lassen.  Schweinichen  1,  320;  hatten  fürsten- 
und  herrentage  und  lieszen  nicht  anbrennen,  sondern  lebten 
in  fieuden  und  hatten  keinen  mangel.  1,  364. 

ANBRENNEN,  accendere,  incendere,  mhd.  ane  brennen, 
praet.  brannte  und  brennte  an,  pari,  angebrennt,  angebrannt : 
ein  licht  anbrennen,  einen  holzstosz  anbrennen,  eine  pfeife 
anbrennen,  anstecken,  anzünden;  einem  ein  schandmahl  an- 
brennen ;  das  angebrannte.  Ezech.  24, 11.  12 ;  angebranter  ste- 
cken. Garg.  208' ;  angebrent  hüner.  229' ; 

so  sucht  man  deinem  rühm  ein  brandmal  anzubrennen. 
LoHENST.  Agripp.  10,503; 
dis  würde  seinem  riihnie 
viel  flecken  brennen  an.    Ibrali.  8; 

dasz  ein  ebbrecher  seiner  gemahlin  keinen  Schandfleck  an- 
brenne. Armin.  2, 100 ;  ein  angebrannter  nebenbuhler.  Weise 
kl.  leute  2612;  das  bett  ist  auch  angebrannt,  stellenweise  ergriffen; 

denn  keiner  brannte  von  dem  span, 
woran  der  andre  sich  den  tabak  angezündet, 
aus  hasz  den  seineu  jemals  an.   Gellert  1,  147  ; 
aber  (Phaethon)  stürzte  herab  vom  wagen  und  brannte  die  weit  an. 

Zachariä  1,  258; 
deiner  augcnsonnen  wälzen 
brennt  mich  an,  von  köpf  zu  zeh.  Voss  2,  140. 

die  kOcbin  hat  das  essen  angebrannt  {anbrennen  lassen),  die 
milch  schmeckt  angebrannt,  brenzlich.  man  sagt  auch  das 
mehl  anbrennen,  rösten  und  dann  die  speise  anbrennen,  durch 
geröstetes  mehl  schmackhaß  machen,  solche  angebrennte  speise 
schmeckt  gut,  ist  aber  ungesund,  er  ist  angebrennt,  anbrennt 
hat  beim  volk  o/T  den  sinn,  er  ist  verliebt  oder  verrückt,  an- 
gebrente  färben.    Garg.  119',  eingebrannte. 

ANBRENNEN,  n.  incensio,  von  speisen  combustura. 

ANBRINGEN,  inferre,  afferre,  deferre,  nnl.  aanbrengen,  gc- 
gensatz von  abbringen,  an  einen  ort  oder  eine  pcrson  bringen, 
es  an  einen  bringen,  heranbringen,  hinterbringen,  beibringen,  un- 
terbringen: solchs  bestettigt  nu  Petrus  im  concilio  zu  Jeru- 
salem, da  Paulus  und  Barnabas  solchs  aus  Antiochia  an- 
brachte. Luther  3,  519 ; 

will  er  doch  den  hof  ganz  zwingen, 

basen,  votier,  esel,  freund, 

dieb  und  kuppler  hoch  anbringen.  Weckherlipc  562, 

d.  i.  an  hohe  stellen  bringen,  wie  wir  noch  heute  sagen,  einen 
anbringen,  placer,  seine  tochter  an  (den  mann)  bringen,  den 
bedienten  bei  einem  herrn  anbringen,  unterbringen;  alle  diese 
verleumbdungen  wurden  dem  gottfürchtigen  herrn  von  einem 
andern  angebracht  (delatae).  pers.  baumg.  4, 12 ; 

wer  sich  bei  der  weit  hoch  bringt  an  durch  stellen, 
darf  sich  wol  bei  gott  lief  hinunter  fällen. 
LOGAU  3,  1,  34; 

verklagt  und  heftig  angebracht  (verleumdet).  Spee  ttigendb.  Ol ; 
und  wagt  bei  einem  glase  wein  das  wort  für  seinen  freund 
noch  einmal  anzubringen.  Gei-lert;  ein  übel  angebrachtes  ge- 
sländnis.  Gotter  3,  88  wie  ein  übel  angebrachtes  worl,  an- 
gebrachter scherz;  es  scheint  ihren  {den  englischen)  verlas- 
sern nur  darum  zu  thiin,  die  wunderlichsten  sceiien  any.u- 
bringen.  Göthe  26,  191;  erst  hält  ich  sie  sollen  vertraut  ma- 
chen, dann  meine  worle  anbringen.  II,  17 ;  da  ich  meine  lectiou 
nicht  mündlich  anbringen  kann.  11,18;  etwas  zur  uiizcit  an- 
bringen, vorbringen;  seine  waare  anbringen,  sein  geld,  capital 
anbringen;  du  bringst  auch  alles  an,  wic/i/c.s/,  trrnH/ir.«.^;  einen 
hieb,  streich,  stosz  anbringen,  dem  tliier  einen  schiisr  an- 
bringen; in  der  Jägersprache  wird  die  herschafl  angehrachl, 
an  die  stelle  geleitet,  wo  sie  zu  schusse  kommt;  die  hundc 
werden  angehrachl,  auf  das  verwundete  wild  geführt,  eine 
treppe  in  dem  hause,  einen  ofen  in  der  sltibe,  ein  zimiiKT 
unter  dem  dach  anbringen,  einen  schrank  in  der  wand,  noch 
einen  passenden  vers  in  dem  buch  anbringen,  unterbringen; 
seine    gelehrsamkeit,    sein  bröcklein  gelehrsainkcil  anbringen, 


301 


ANBRINGEN— ANBRÜCHIG 


ANBRÜCHIGKEIT  —  ANDACHT 


302 


an  den  mann  bringen,  eine  klage  bei  gericht  anbringen,  an- 
hängig machen. 

In  der  alleren  spräche  hatte  aber  anbringen  auch  die  be- 
deutung  des  anreizens,  anlockens,  aufbringens,  an  eltcas  brin- 
gens:  die  elephanten  mit  rotheni  wein  und  maulbeersaft  be- 
sprützen,  sie  anzubringen  und  zu  erzürnen,  (vulg.  et  elepLan- 
tis  ostenderunt  sanguinem  uvae  et  mori  ad  acuendos  eos  in 
proelium.)  l  Macc.  6,34;  keiner  soll  ieraant  anders  zu  trinken 
reizen  oder  anbringen.  Frank  veltb.  36';  und  bringt  ie  einer 
den  andern  an  wie  die  aßen.  149';  man  soll  sie  (die  falken) 
zum  allerersten  mit  kleinen,  darnach  mit  mittelmäszigen,  zu- 
letzt aber  andern  groszen  und  starken  vögeln  abrichten  und 
anbringen.  Seeitz  60S;  siemeineten  aber  die  gesellschaft  da- 
durch anzubringen,  dasz  sie  vollends  erschossen  wurden.  Phil- 
ander  2,  622 ; 

zum  glauben  ist  nicht  mügh'ch  die  sioneo  zu  bezwingen, 
zum  heucheln  Isis  wol  müglich  die  sinnen  anzubringen. 
LocAU  3,  -294,  92. 

zo  sagte  man  noch  im  18  jh.  einen  durch  essen  und  trinken 
anbringen,  ihm  eszlusl  machen;  sie  ist  angebracht,  man  hat 
ihr  tust  zum  heiraten  gemadit;  ich  bin  einmal  angebracht, 
also  musz  ich  fortfahren,  schon  ahd.  anabräbt  ward,  comptil- 
sus  est,  er  ward  dazu  gebracht,  angetrieben. 

ANBRINGEN ,  n.  delatio,  petitio :  ein  demütiges,  unver- 
schämtes anbringen,  hinterlistiges  anbringen ;  wo  änderst  die 
sach  nach  euwerem  anbringen  geschaffen  ist.  Galmy  29 ;  dasz 
sie  den  briefen  seiner  majestät  weit  weniger  glauben  schenk- 
ten, als  dem  anbringen  einiger  nichtswürdigen.  Schiller  S51 ; 
kaum  zeigte  er  sich  wieder,  so  wartete  schon  ein  gehorsam- 
stes anbringen  auf  ihn.  895. 

ANBKINGER,  m.  delator:  wenn  jemand  zu  dir  spricht,  der 
und  der  mann  ist  böse,  so  versichre  dich,  dasz  an  dem  an- 
i)ringer  nicht  viel  besonders  seic.  pers.  baumg.  7, 10 ;  verhasz- 
ter  anbringer.  Lessing  S,  355 ;  ich  brauche  nicht  den  heraus- 
geber  mit  ihnen  zu  spielen,  ich  bin  blosz  der  handlanger,  der 
anbringer  eines  herausgebers.  9,  442. 

ANBRLNGERIN,  f.  delatrix:  das  mädchen  war  schon  in  der 
schule  eine  anbringerin. 

A.NBRINGUNG,  f.  delatio:  wenn  ich  über  personen  und 
gegenstände  vertraulich  gegen  sie  bin,  so  sehen  sie  es  nicht 
als  anbringung  an.  Heynes  briefe  an  J.  Midier  117. 

ANBRUCH,  »1.  in  allen  bedeutungen  des  anbrechens,  tran- 
sitiv trie  intransitir.  anbruch  des  erzes,  einen  anbruch  ma- 
chen :  wenn  sie  ein  schönen  anbruch,  derb  und  gedigen  silber 
und  gold  in  zechen  anschawen.  .Matiiesils  2";  dies  alaun- 
bergwerks  ist  auch  ein  steinkalcherz,  brinnet  gar  schon,  wens 
»om  anbruch  kompt.  Thlrneisser  magna  alch.  1,  71 ;  das  brün- 
lein  führt  ellich  bleicrz  und  kisz  mit  sich,  der  kisz  halt 
nichts,  aber  das  bleicrz  ist  gar  gut,  wer  den  anbruch  wissen 
mücht.  Thlrneisser  von  vassern  s.  123;  als  ich  an  jener 
Schrift  des  Berengarius  einen  so  reichhaltigen  anbruch  gleich- 
sam zu  tage  zu  finden  das  glück  hatte.  Lessing  9,  2.  tu  den 
uhmelzhütlen  heiszen  auch  die  von  den  blicken  abgebrochne 
tilberstücke  anbrüche;  der  stein,  das  erzt  ist  auf  dem  an- 
bruche  glatt,  die  anbrüche  erstrecken  sich  weiter  nach  der 
leiife,  der  anbruch  ist  bauwürdig,  wird  liegen  gelassen.  Rom. 
11,  16  ti  Si  r,  n7iao%T]  äyi'a,  xal  rö  yvnnua,  vulg.  si  de- 
libatio  sancla  est,  et  massa,  goth.  ))andei  ufarskafts  veiha, 
jah  daigs,  bei  Luther:  ist  der  anbruch  heilig,  so  ist  auch 
der  teig  heilig,  weil  nun  alles  an  dem  ligt,  wie  der  new 
anbruch  (neubruch,  novale)  besähet  und  der  new  gart  be- 
setzet und  gebeizt  werde.  Fra.xk  tprichw.  1,  3';  der  anbruch 
des  fasscs,  weins; 

es  geht  zu  wie  im  kriegen, 
der  anbruch  wird  gcnlaclit 
wir  koniinen,  sehen,  siegen.    Fleiinc  tCö 

Der  anbruch  des  tages,  morgens,  der  däramerung,  dann  auch 
der  nacht,  des  abends,    anbruch  der  hilze,  kalte; 

Pin  siaub  der  mit  dem  wind  entstehet, 

ein  thaw  an  einer  hiiz  anbruch.    Wecebeiili<i  450; 

der  anbruch  des  allers,  des  jahres,  der  neuen  zeit ;  so  wenig 
er  damals  vorher  sah,  dasz  er  dieses  goldne  alter,  dessen 
anbruch  ihm  solche  frendc  machte,  ganz  durchleben  würde. 
Wjeland  36.  2:)9.  anbruch,  putror:  anbruch  des  obsles,  »ei- 
nes; anbnirh.  eine  krankheil  der  schafe,  da  sie  intrendig  an- 
fani/en  zu  faulen. 

ANBRCCIUG,    putrescens,    puiridus:    wan    einem    rusz    die 


lung  schadhaftig  oder  anbrüchig  wirt.  Zechendorfer  gebrechen 
der  rosz,  Eger  1571.  l,  20 ;  wan  die  lung  anbrüchig  oder 
schadhaftig  wirt.  l,  66;  anbrüchige  glieder.  Lohenst.  Armin. 
I  2,754;  ingeweide  {lungen  und  leber)  des  viehes  anbrüchig, 
I  faul,  unrein,  mangelhaft.  Hohberg  1,  22;  anbrüchiges  obst; 
i  ein  anbrüchiger  zahn;  die  schafe  werden  anbrüchig;  der 
wein,  das  hier  wird  anbrachig,  sauer,  abständig;  wildpret, 
welches  in  einem  überflusz  vorhanden  war,  dasz  es  gröszten- 
theils  anbrüchig  und  stinkend  wurde.  J.  Pacl  teufelspap.  2, 
226.  Und  nun  figürlich:  die  weiber  vorzeihen  in  diesem  falle 
leichter  (ihren  männern  die  untreue),  als  wenn  sie  mit  an- 
brüchigen personen  gewogen  werden.  Hippel  ehe  5,  109 ;  dasz 
dadurch  besonders  die  anbiTichige  newtonische  lehre  wieder- 
hergestellt worden.  Güthe  54,  20S;  es  hat  mich  oft  in  mei- 
nem anbrüchigen  katholischen  glauben  befestigt.  Tieck  nor. 
Ar.  3,  143;  die  satyrischen  pfefferkörner  werden  leicht  an- 
brüchig. J.  Fall  biogr.  bei.  1,  HO ;  wurmstichige,  anbrüchige 
herzen,  halb  eingepfarrt  in  gottes  kircbe  und  halb  in  des 
teufeis  kapelle.  Tit.  4,  39. 

ANBRÜCHIGKEIT,  f.  putredo. 

ANBRÜHEN,  aqua  fertenti  affandere,  eltcas  in  die  brühe 
bringen,  brühe  daran  gieszen. 

ANBRÜLLEN,  admugire  alieui,  nnl.  aanbrolleo,  was  brüllst 
du  mich  an? 

ANBRLM.MEN,  murmure  excipere,  increpare:  ich  hätte  et- 
was darum  gegeben,  wenn  er  seine  Luise  nicht  angebrummt 
hätte.    J.  Pacl  uns.  löge  2,  17. 

ANBRÜSTIG,  angusti  pectoris,  engbrüstig. 

A.NBRÜTEN,  incubare:  angebriitete  eier.  erst  brütet  sie 
mit  mutterwänne  unsere  liebsten  hofnungen  an.  Göthe.  von 
i.  Paul  unmdszig  als  figur  rencandt:  der  tag  brütete  die 
frische  nachtluft  seiner  seele  zu  einem  schwülen  flattern  des 
Südwindes  an.  Hesp.  3,  144;  die  Sehnsucht  nach  dem  engel 
brütete  sein  ruhendes  herz  zum  pochen  an.  3,  244 ;  noch 
dazu  bi-ütete  die  fürslensonne  den  ministerialischcn  kroten- 
Icich  immer  lebendiger  an.  4,  109;  der  gewitlerhafte  dampf- 
und  dunstkreis  des  abends  brütete  alle  wünsche  der  Weh- 
mut an.  Siebenk.  4,  165 ;  die  lebenswärtne  des  klimas  und 
der  tagzcit  brüteten  alle  seine  kräfte  an.  Tit.  l,  28;  regie- 
rungsweise, welche  den  scheint  odten  Staatskörper  nicht  mit 
feurigen  ideen  beseelt  und  anbrütet,  ddmmerungen  59 ;  so 
kann  wieder  ein  unbedeutender  recensent,  der  in  seinem  le- 
ben kein  buch  heraus  brachte,  ein  fremdes  anbrüten,  bitcher- 
schau  2,  69. 

AND  s.  ahnd,  blosz  in  den  unpersönlichen  redensarten  mir 
ist,  wird  and,  mir  geschieht,  thut  and  im  16  jh.,  seltner  im. 
17  übrig,  im  18,  von  der  Volkssprache  abgesekn,  ganz  erlo- 
schen : 

das  thut  mir  and, 

mein  trewer  dienst  bleibt  unbekand.    Ambr.b,  10; 

das  thut  mir  and,  bins  nit  gewont.    46,  12; 

der  stockrisch  sprach,  thut  dir  das  and?    1S3,  16; 

ich  bab  Unglücks  gewont. 

glück  thut  im  and.    Frank  apr.  1,  31*; 

daselbs  geschähe  ir  weh  und  and.    U.  Walois  Esop  2,  31 ; 

da  ward  dem  vatter  also  and,  das  er  kein  ruw  hett  tag  und 
nacht.  WiGKRAX  irr.  bitg.  73 ; 

sechs  und  siben  haben  mich  rertriben 
ausz  meinem  gewnnd,  das  ihut  mir  and. 

H.  Sachs  1,  231'  und  Fiscuart  Garg.  L3>; 

es  that  im  so  ant  und  wehe,  dasz  er  weder  essen  noch  trin- 
ken woll.  Hh4';  das  tut  mir  and.  Gary.  97*; 

und  deucht  mich,  mir  sei  angst  und  bang 

und  thut  mir  .ind  nach  der  Jungfrauen, 

dasz  wir  sie  hie  nicht  sollen  schauen.    AtrerIK*; 

0  wie  wird  <>■;  ihr  ihun  so  and.     251'; 

allein  drei  ding  die  ihun  mir  and.    269*; 

ach  wie  thuis  uns  nach  ihr  so  and.    271'; 

auwe  auwe,  weh  meiner  haod. 

ei  ei  wie  thut  euch  das  so  and.    377' ; 

Atrer  starb  1605,  Weckherli<c  um  1650,  welcher  noch  sagt: 

wan  recht  zu  iliun  dir  allzeit  Treoibd  und  and.    309. 

Henisch  und  Stiei.er  führen  kein  and  mehr  auf.  nach  Frisch 
1,  27  tcar  es  thut  mir  and  noch  in  einigen  städten  gebräuch- 
lich, da  Luther  da.«  vorl  nickt  kannte  oder  brauchte,  muste 
es  in  rergestenheil  sinken. 

ANDACHT,  f.  atlentio,  intentio,  ahd.  iaaidkhl  (Graff  5, 163), 


303 


ANDACHT — ANDÄCHTLER 


ANDACHTLOS  — ANDEN 


304 


mhd.  andahl  (Ben.  1,  350),  nnl.  aandacht,  samlung  der  gedan- 
ken  auf  einen  gegenständ,  inniges  andenken:  denn  ir  herz  ist 
in  heiszer  andaclit  wie  ein  backofen.  Hosea  7,  6 ;  aber  das 
sind  mir  die  allerbesten  gesellen,  die  sich  für  der  sciilacht 
ermanen  und  ermanen  lassen  durch  die  löbliche  andacht  irer 
bulschaft  (vgl.  deutsche  mythoL  370).  Luther  3,  329;  die  so 
solchen  kranken  dienen  mit  liebe,  andacht  und  ernst.  3,  395  ; 
etliche  haben  hie  ir  andacht  [denken  sich),  doch  mit  freiem 
gewissen,  dasz  Johannes  evangelist-  und  Maria  Magdalena 
seien  breutgam  und  braut  gewest,  dagegen  mag  ein  ander 
seine,  doch  frei,  andacht  haben,  es  sei  Simon.  8,  128" ;  un- 
verhindert, ob  er  ohn  das  aus  eigner  andacht  wollt  sonst 
etwas  lesen  in  gräkischen  autorn.  Lutiieiis  br.  5,  387; 

der  einen  macht  und  praclit, 

der  andern  not,  auligcn,  angst,  andacht. 

VVECKÜKRtlN  44; 

er  sähe  mir  (dem  essenden)  mit  groszer  andacht  zu.  Simpl. 
1,  446 ;  wir  nahmen  dessen  erste  Schriften  mit  andacht  in  die 
bände.  Göthe.  anderemal  ninwit  Lutiiek  andacht  im  sinne 
von  dunkel,  eigendünkel  (vgl.  mhd.  andüht.  Ben.  1,  300") :  das 
wir  nichts  anfahen  von  uns  selbs,  aus  eigen  gutdünken  und 
andacht.  3,  26"';  zu  einem  guten  werk  gehöret  ein  gewisser 
göttlicher  beruf  und  nicht  eigen  andacht,  welchs  man  iieiszet 
eigen  anschlege.  5,  302";  nu  ist  vormals  oft  beweiset,  das 
mttncherei  on  goltes  befehl  und  wort,  allein  durch  menschen 
andacht  und  gutdünkel  aufliomen  ist.  6,24';  dazu  wil  gott 
unser  werk  und  anipt  haben,  als  von  im  selbs  geschaffen, 
und  nicht  durch  menschen  fürwitz  oder  andacht,  on  not  und 
Ursachen  ertichtet.  6,  20*;  es  will  solche  hohe  Sachen  nicht 
mit  unsern  anschlagen  noch  andacht,  sondern  mit  herzlichem 
gebet  und  geistlichem  seufzen,  br.  4,  218.  Spdtci-  wurde  der 
bcgrif  enger  und  auf  fromme  gedankcn,  devotion  eingeschränkt: 
hie  ist  nit  vil  andaht.  Beiiams  Wien  58,  25 ;  sein  ru  und  an- 
dacht haben.  H.  Sachs  II.  4,  69' ;  wenn  dich  ein  andacht  zbet- 
ten  ankompt.  Khichhof  wenduntn.  256;  witwens  andacht,  die 
weliret  bisz  sich  einer  aufnestelt.  Fischart  Garg.  73" ;  weinen 
zur  andacht.  152';  jjuf  vollen  bauch  steht  wol  ein  volle  an- 
dacht. 162';  >- 

Fabri  dem  viel  heiligen  man 

ein  andacht  l<ain  zu  baden  an, 

woh  baden  da  mit  Ireuden.    Ambras.  163,  5; 

die  frömmste  frau  in  unsrer  Stadt, 

die  stets  den  niund  voll  andacht  Jiat.  Gellert  1,63; 

die  andacht  reiszt.  Wieland  22,  73.  vgl.  andaclitsfadeu  ; 
aus  dem  umgange  eines  fürsten ,  der  sich  andachtswegen 
der  regierung  entschlagen.  Schiller  899;  die  Stimmung  des 
gemiilhs  zur  empfanglichkeit  gottergebener  gesinnungen,  an- 
dacht genannt.  Kant  6,  353.  Zumal  wird  unter  andaclit  das 
gebet  verstanden,  seine  andacht  verrichten,  solche  gcbete  hei- 
szen  morgen-  «7jd  abendandachten :  sie  können  die  frau  muhme 
itzt  nicht  sprechen,  sie  hat  ihre  andaclit  und  ich  wollte  nicht 
viel  nehmen  und  sie  stören  ...  aber  die  gute  frau  musz  ja 
den  ganzen  tag  beten,  ich  mag  kommen,  wenn  ich  will,  so 
hat  sie  ihre  andacht.  Gellert  3,  135;  den  giünen  donnerslag 
denke  ich  meine  andacht  zu  haben  (das  abendmal  su  neh- 
men). C,  9.  Die  feiste  andacht  war  dagegen  im  16  jh.  ein 
weltliches  vergnügen:  habt  ihr  nicht  die  feiszt  andacht  gema- 
let gesehen?  Fischart  Garg.  81*. 
ANDACHTBUND,  m. 

er  wedelt,  wenn  den  andachlbund 

gebet  und  wiiil«  und  lius  beleben.    Hagedorn  2,  27. 

ANDÄCHTELEI,  f.  piae  ineptiae:  von  der  kriechenden  an- 
dächtelei  eines  Ferdinand.    Schiller  921.    vgl.  Kant  6,  370. 

ANDACIITELN,  pietatis  sensum  simularc:  weil  andächlcln- 
der  wahn  das  Marienbild  der  kirchc  diesem  evangelisten  zu- 
schrciht.  Stoliierc  7,  44. 

ANDÄCHTIG,  altentus,  intentus,  pius,  devotus:  die  andiich- 
tigcn  und  crbarn  wciber.  apostelg.  13,  50;  in  deinem  andäch- 
tigen gehet.  Ca/mj/298;  in  deinem  andächtigen  gebet.  299; 
fromb  und  andächtig.  Weckherlin  231 ;  andächtig  zu  betrach- 
ten. 265;  eine  andächtige  religion.  Klincer  11, 129;  andächtige 
freudenlhräncn.  J.  Paul  Hesp.  3,  218.  die  gemeinde  wird  vom 
prediger  angeredel  andächtige  zuhörer,  aber  auch  in  fürstlichen 
ausschreiben  an  die  behOrdcn  fand  und  findet  sich  ein  liebe 
andächtige  und  getreue,  ich  bin  heut  nicht  andächtig,  zerstreut. 

ANDÄ(;HTLEH,  m.  hnmo  male  pius:  dem  abergläubischen 
andächtler,  der  ans  furcht  zu  wenig  zu  glauben  dem  ge- 
brauch seiner  vernunli  entsagte.  Wieland  9,  260;  ob  der  an- 


dächtler seinen  statulenmäszigen  gang  zur  kirche  macht. 
Kant  6,  350 ;  die  vermeinten  andächtigen,  die  andächtler  hei- 
szen.  6,  385. 

ANDACHTLOS,  inconsideratus.  pers.  rosenth.  7,  20. 

ANDACHTSBILD,  «.  ein  andachtsbild  der  mater  dolorosa. 
Göthe  12, 189. 

ANDACHTSFADEN,  m. 

ein  paar  liguren  wie  gedrechselt, 

bei  deren  anschaun  oft  der  andachtsfaden  brach. 

WlBLAXD  21,  153. 

ANDACHTSGLUT,  f.  mit  heiszer  andachtsgluht.  ehrengedichl 
von  Michel  Weisz  zu  Danzig  vor  G.  Neümarks  poet.  luslwäld- 
chen  Ilamb.  1672. 

ANDACHTSLEÜTE,  pl. 
die  (zwicbel)  hat  wenig  kern,  vil  häute, 
so  sind  auch  viel  nndachtsleute.    pers.  rosenth.  2,  13. 
ANDACHTSPFLICHT,  f 

die  er  in  ihrer  andachtsplllebt 
durch  seiner  blicke  glut  beinah  gcstörct  haue. 
WiEiANDS  Klelia  3,  58. 

ANDACHTSTBIEB,  m.  Brockes  4,  75.  Hagedorn  3,  63. 
ANDACHTSÜßüNGEN,  pl.  exercitaliones  piae. 
ANDACHTSVOLL: 

im  gedning  der  andachtsvollen  schaar. 

Wielands  Klelia  1,  67. 
bei  Hagedorn  2,  11  und  Gotter  1, 158  andachtvoll. 

ANDÄMMERN,  dilucescere: 

doch  als  eben  der  tag  andämmcrle.    Voss. 

ANDÄTZEN,  Stimulare?  damit  si  die  nachkummen  zu  glei- 
chen thaten  reizen  und  andätzen.  Frank  weltb.  105*.  vgl.  tätzen 
und  diitzen  bei  Stald.  l,  271.  333. 

ANDAUERN,  perdurare,  anhalten:  der  andauernde  winter, 
die  andauernde  hitze  und  dürre;  die  andauernde  belrübnis 
der  eitern.  Göthe  16,  280;  ein  andauerndes  schellen-  und 
glockengeläule.  23,47;  war  sein  andauerndes  bestreben.  29, 19". 

ANDELAGEN,  s.  die  beiden  folgenden  Wörter. 

ANDELEB,  m.  opera,  d.  i.  opcrarius,  cujus  opera  utimur, 
franz.  manoeuvre,  «'le  das  folgende  wort  blosz  bei  Alberus. 

ANDELN,  operam  praebere,  bei  Alderus  ich  andel,  ministro. 
Frisch  1,  26';  andelte  lieferte,  in  einer  urk.  von  1382  bei 
ScHANXAT  dient,  fuld.  s.  356;  vgl.  Oberlin  s.  41  und  in  einer 
ungedruckten  Urkunde  von  1536  über  das  einkommen  der  pfarr 
zu  l'olguns  (Polgöns):  14  gülden  das  haus  zu  sticken  und  klei- 
ben,  drei  bön  zu  schlagen  und  dem  decker  zu  andeln,  d.  i.  zie- 
gcl  oder  schiefer  dem  dachdecker  zu  handreichen.  Man  denkt 
zuerst  an  handeln  und  handlangen,  der  handlanger,  manope- 
rarius  wäre  auf  andeler  gerecht;  dann  aber  an  den  alten, 
dunklen  aitsdruck  andelang,  andilanc  früher  Urkunden,  vgl. 
rechtsallerth.  196  ff.  und  Graff  1,  369,  zumal  eben  in  wetteraui- 
schen  Urkunden  (z.  b.  Baurs  arnsburgischen  n"  940.  1030.  1168) 
und  weisthümern  (3,  328.  360.  423.  479.  884)  andelagen  und  mit 
aspiration  verhandelagen  fortlebte,  vgl.  Vilmar  in  der  hess. 
zeitschr.  4,  52.  half  und  handelagite  heiszl  im  leben  des  heil. 
Ludwig  (ed.  RLckert  60,  13.  vgl.  146)  wiederum  ministravit, 
gleich  jenem  andelte  bei  Schannat,  und  in  andern  Urkunden 
verbinden  sich  andelagen  und  geben,  andelagen  und  bezalen. 
andelen  und  andelagen  waren  also  noch  der  späteren  zeit  ein  förm- 
liches, feierliches  übergeben  und  verabreichen  und  das  tradere,  do- 
nare  per  andelangum,  per  fcstucam  et  andelaginem  kann  nur 
ein  solches  anlwerten  und  andlachen  (weisth.  3,  884),  hand- 
langen und  einhändigen  eines  Symbols  vor  gericht,  bei  der 
Übergabe  von  grundslücken  ausdrücken,  auch  in  einem  weisth. 
der  Obermosel  2,  246  wird  gesagt:  were  auch  sache,  dasz 
imant  im  hofe  zu  Reniich  handelecht  (tradit)  ein  erbschaft, 
niöbel  oder  ein  andere  Sachen,  und  es  erscheint  sicher,  dasz 
andelen,  andelagen,  handclechen,  handelagen  ein  und  dasselbe 
sind.  Gar  nicht  dazu  gehört  aber  Abrahams  a  s.  Clara 
Spruch:  bei  kandl  und  andl  ist  seilen  ehrbarer  wandl  (Schmel- 
LEn2,  302);  der  verlorne  söhn  durch  kandl  und  andl  gerathen 
ist  in  elenden  wandl,  (/.  h.  durch  wein  und  mädchen ,  bei 
wcinkannen  und  Anneln,  Ännleins. 

ANDEN,  mente  praesagire,  s.  ahnden,  akucn.  hier  noch 
belege  aus  Ayrer  : 

vor  fingst  ich  nicht  zir  bleiben  weisz, 
dnnii  mich  gwis  etwas  andcn  tliiit.    4t'; 
dann  wenn  mich  etwas  anden  thiit, 
so  geht  CS  mir  gwis  in  die   hcrid.     181*; 
dann  mich  andct  fürwahr  nichts  guts.    364'; 
ach  wie  hat  das  gcant  mein  herz.    415*. 


305 


ANDEN— ANDER 


ANDER 


306 


ANDEN,  vindieare,  reprehendere.  s.  ahnden.  Thaies  fiel 
in  ein  gruben,  da  er  das  andet,  sprach  das  alte  weih  lachend 
zu  ihm.  Fbask  chronica  24*;  als  dis  sein  freund  gegen  im 
andten.  135*;  es  grauste  mir  vor  so  Tielfaltigen  fehlem,  dasz 
ich  es  anthen  muste.  Scomelzel  2S0. 

ANDENK,  memor,  eingedenk:  das  er  andenk  werd  seiner 
rechten  heimut.  Keisersb.  bilgr.  211. 

ANDENKEN,  attendere,  recordari  folgt  aus  dem  verbalen 
subst.  andenken,  so  uie  aus  andacht,  icird  auch  durch  ahd. 
anadenchan  (Gr.^ff  5, 15S)  bestätigt,  gewöhnlich  aber  sagt  man 
an  einen,  an  etwas  denken,  nicht  einen,  etwas  andenken, 
üblicher  ist  eines  gedenken,  keinem  zwei  fei  unterliegt  das 
pari,  andenkend  recordans  : 

ist  trost,  ist  der  andenkenden  ruh.    !Ierdeii4,  8; 

«««(i  es  aber  bei  Luther  3,  4T6  heiszl:  sihe  da  haben  wir 
doch  warlich  nie  angedacht,  so  bindet  sich  an  auch  mit  dem 
da:  daran  haben  wir  nie  gedacht. 

ANDENKEN,  n.  memoria,  recordatio,  nnl.  aandenken,  wozu 
sich  nochmals  die  praep.  an  oder  der  gen.  fügen  Idszt,  das 
andenken  an  Gothe,  das  andenken  Göthes,  Güthes  andenken 
und  ebenso  dürfen  die  possessica  mit  der  praep.  tauschen: 
das  andenken  an  dich,  dein  andenken,  wie  lat.  memoria  tui, 
memoria  tua:  dasz  dir  nur  einen  augenblick  unser  andenken 
entfallen  künte.  Lohesst.  Arm.  1,  1293 ;  Geilerts  andenken 
bedarf  keines  eitlen  geräusches;  das  andenken  der  andern 
(an  andere).  Götiie  17,  207;  sie  wiederholten  das  andenken 
ihrer  früheren  zustände.  17,  355;  der  mensch  kann  vielleicht 
alles  vergessen,  selbst  das  andenken  des  guten,  das  er  ge- 
than  hat.  Klinger  11,  174;  um  des  gewissens  willen  und  mit 
andenken  an  das  gewissen.  Ficute  sittenl.  2S6.  redensarten: 
du  stehst  dort  noch  in  gutem,  frischem  andenken;  dein  an- 
denken wird  nie  in  meinem  herzen  schwinden,  eriosclien; 
dein  verdienst  bleibt  in  immenvährendem  andenken;  er  hat 
sich  ein  ewiges  andenken  gestiftet,  sein  andenken  verewigt; 
das  andenken  an  diese  jähre  ist  ein  bitteres;  sein  andenken 
wird  fortleben,  nicht  untergehn;  das  ganze  land  behält  ihn 
in  stetem  andenken ;  sein  andenken  soll  dauern,  wenn  er 
schon  lange  in  der  erde  liegt: 

sd  er  in  der  erden  irfdlet  ist, 

so!  man  sin  gedenken.    i/S.  2,  226*; 

bei  namensnennungen  pflegt  häufig  beigefügt  lu  werden:  löb- 
lichen, rühmlichen,  scherzhaften  andenkens,  erhebenden  an- 
denkens,  widrigen,  verhaszten  andenkens;  sie  werden  ihn 
auch  ohne  zweifei  gekannt,  aber  es  nicht  für  anständig  ge- 
halten haben,  neben  einem  so  groszen  ahnen,  poetischen 
andenkens,  einen  enkel  zu  nennen,  der  weiter  nichts  als  ein 
reimer  ist  Lessisg  6, 116.  fioch  verwendet  man  andenken  ßr 
den  zum  andenken  geschenkten  gegenständ:  ich  habe  dir  nur 
ein  kleines  andenken  mitgebracht;  es  schmerzte  mich,  mein 
letztes  andenken  in  fremden  bänden  zu  sehen. 

ANDER,  ahd.  andar,  mhd.  ander,  golh.  an^ar,  alts.  odar, 
mul.  nnl.  ander,  ags.  odor,  oder,  engl,  other,  fries.  olher, 
altn.  annar,  schw.  annan,  dän.  anden ;  litt,  antras,  letl.  ohtrs, 
skr.  anjatara,  lat.  alter,  «7.  aitro,  prov.  allre,  autre,  sp.  otro, 
franz.  autre,  gr.  heoog,  sl.  v"tor'  i,  russ.  vtoroi,  poln.  wlory, 
böhm.  wterf'.  um  sich  von  diesem  wort  eine  richtige  Vorstel- 
lung SU  machen,  musz  man  einsehn,  dasz  es  mit  der  compa- 
ratirisehen  bildung  tar  aus  dem  einfachen  positiv  hervorgieng, 
welcher  skr.  anja  lautete,  lat.  alius,  gr.  äXios  für  cJ.tos,  golh. 
alis,  ahd.  ali,  eli  (GR.\rr  1,223);  wie  anja  zu  anjatara,  verhält 
'ich  alius  zu  alter,  das  n  war  in  1  übergetreten,  dem  anja- 
tara entspricht  antras  und  an|)ar,  andar,  obgleich  der  positiv 
schon  alis,  ali  zeigt,  das  n  in  an^tar,  andar  musz  dller  sein 
als  das  I  in  alis,  ali.  irtgoi,  mit  unorganischem  spir.  asp., 
äol.  noch  Sxegos  setzt  ein  i'yreoos  voraus,  dem  wiedertim 
äXXoi  zur  seile  steht,  die  gr.  lat.  und  deutsche  spräche  leg- 
ten dem  positiv  I  ßr  n  bei,  als  sie  noch  in  näherer  gemein- 
schaß standen,  dem  comp,  lieszen  Griechen,  Deutsche,  Liltauer 
das  n,  während  die  Lateiner  auch  ihm  1  gestatteten,  auch  die 
Kelli-n  geben  dem  positiv  !:  armor.  all,  welsch  all,  ir.  gal. 
eile,  aile  =  alius;  den  begrif  ahcr  zeugt  die  welsche  spräche 
durch  bloszeti  umlaul  ail,  die  armor.  eil  (zweisilbig  auszu- 
sprechen e-il),  ir.  und  gal,  gilt  aber  dara,  welches  durch 
aphaeresis  aus  andara,  adara  erklärt  werden  darf  denn  ge- 
rade so  scheinen  die  sl.  sprachen  aus  ihrem  positiv  in",  russ. 
inoi,  poln.  inny,  tö^m.  giny  =  skr.  anja,  den  eomparativ  ein- 
mal drugi,    drugoi,    druhy    aus   andrugi,    indrugi,    dann    aber 


T"tor"i,  vtoroi,  wt6ry  lu  entfalten,  beide  formen  drugi  und 
wtöry  drücken  alter  aus,  neben  diugi  steht  der  begrif  drug, 
gleichsam  aller  ego,  d.  i.  freund,  wtöry  musz  aber  älter  sein 
ah  drugi,  weil  es  noch  das  t,  tar,  ter  von  anjatara  und  ixe~ 
oos  an  sich  trägt,  das  im  kell,  dara  und  sl.  drugi,  mit  aus- 
fall  des  anlauls,  zu  d  wurde,  heute  überwiegt  drugi  dem 
wlory  im  gebrauch,  ja  den  Serben  und  Slovenen  ist  letzteres 
ausgestorben,  die  Griechen,  obschon  izegos  behaltend  und 
mehr  auf  den  begrif  d)J.os  zurückleitend,  führten  für  die  Or- 
dinalzahl ein  schärferes  Seirreoos  ein;  wir  hingegen,  alis  und 
ali  bald  fahren  lassend,  haben  dem  ander  die  bedeutung  von 
alius  und  alter  überwiesen  und  endliclt  auch  ander  aus  der 
Ordinalzahl  durch  zweite  zu  drängen  gesucht.  Solche  beschaf- 
fenheit  hat  es  um  eins  der  ältesten  Wörter  unserer  spräche 
und  ohne  sich  dessen  geschichle  zu  vergegenwärtigen  würde  die 
folgende,  wieder  in  die  schranke  des  nhd.  ander  zurücktre- 
tende darstellung  nichts  ausrichten. 

I.  Flejnon. 

So  sehr  scheint  von  altersher  unser  ander  seiner  ursprüng- 
lichen camparativnatur  entfremdet,  dasz  es  die  allen  compara- 
tiven  sonst  zuständige  schwache  form  (gramm.  4,  519)  gerade 
von  sich  abweist,  näher  zugesehn  ist  aber  der  eomparativ  auf 
golh.  -za,  ahd.  -ro  jenem  skr.  -tar  unvergleichbar,  und  das 
zu  ihm  stimmende  golh.  -  ])ar,  ahd.  -  dar  in  an{)ar,  andar  darf 
seinen  eignen  weg  gehn.  organischerweise  gestaltete  es  bei  uns 
nur  starke  form,  mit  völligem  ausschlusz  der  schwa£hen  (gramm. 
4,  514.  515),  auszerdem  legt  das  golh.  männliche  und  neutrale 
an|)ar  im  nom.  alles  kennzeichen  ab,  es  gilt  nur  an))ar,  nie 
ant)ars,  noch  aniiarata  (gramm.  4,  463.  469) ;  ahd.  wird  an- 
dara;  zulässig  und  allmälich  reiszt  auch  schwache  ßexion  ein, 
so  dasz  mhd.  und  nhd.  beide  in  gewöhnlicher  arl  stattfinden : 
ein  anderer,  der  andere. 

Nach  alle  (omnes)  schwankt  uns  heute  starke  und  schwache 
form,  wie  für  andere  adj.  (s.  all);  doch  könnte  ein  längeres 
übergewicht  der  starken  noch  auf  rechnung  jener  alten  abwe- 
senheit  der  schwachen  bei  ander  geschrieben  werden:  alle  an- 
dere. VViELAND  1,  52.  8,  3S6;  alle  andre  sinnen.  1,233;  alle 
andre  mittel.  2,  142.  hier,  wie  viele  thun,  alle  andern  za 
setzen,  ist  aber  kein  fehler,  man  hört:  ein  jeder  anderer 
und  jeder  andere,  doch  nur:  ein  anderer,  kein  anderer,  in» 
pl.  keine  andere  und  keine  andern. 

Für  ein  anderes,  andres  ist  statlhaß  zu  sagen  ein  ander: 
ein  ander  mal  (andermal),  ein  ander  lied,  ein  ander  beispiel ; 
wenn  sie  kein  ander  bedenken  haben.  Gellert;  ich  habe 
ganz  ander  wildpret  auf  der  spur.  Lessing;  kein  ander  bild. 
Göthe  10,  158.  wie  es  auch  heiszt:  ein  schöner  bild  ist  nicht 
zu  sehn,  ein  edler  herze  gab  es  nicht,  obgleich  die  prosa 
vorzieht:  ein  anderes  mal,  ein  anderes  lied,  ein  edleres  herz. 
Luther  hat  beinahe  immer  ein  ander.  Schwerer  unterdrücken 
läszt  sich  die  männliche  flexion,  wie  gleichfalls  bei  Lcther  ge- 
schieht :  ein  ander  weihe  es  ein.  5  Mos.  20,  5 ;  ein  ander  mache 
es  in  gemeine.  20,  6;  ein  ander  hole  sie  heim.  20,  7;  kein 
ander  sol  es  essen.  2  Mos.  29,  33';  kein  ander  sol  von  dem 
heiligen  essen.  3  Mos.  22,  10  und  an  viel  stellen  mehr,  eia 
ander  sagte,  pers.  rosenlh.  1,  35 ;  ein  ander  predigen  4,  12. 
die  heutige  spräche  fordert:  ein  anderer,  andrer. 

Noch  häufiger  gebrauchen  Luther  und  seine  Zeitgenossen  un- 
fleclierles  ander  im  articulierten  nom.  sg.  aller  geschlechter :  der 
ander,  die  ander,  das  ander;  woßr  sich  belege  auf  jedem  blatt 
der  bibel  und  sonst  darbieten,  auch  dies  versagen  wir  uns  heut 
und  gestalten  blosz :  der  andere,  die  andere,  das  andere;  selbst 
dichter,  wo  sie  zweier  silben  bedürfen,  ziehen  der  andre,  die 
andre,  das  andre  dem  weicheren  ander  vor.  wenigstens  ßr 
den  reim  sollten  sie  sichs  erlauben,  die  obliquen  casus  for- 
dern stets,  auch  bei  Lother,  flexion. 

Kürzungen  der  flexion  erfolgen  nicht  gleichßrmig.  ßr  an- 
derer, andere  kann  nur  mit  tilgung  des  ersten  e  gesagt  wer- 
den andrer,  andre,  bei  anderes,  anderem,  anderen  ist  aber 
die  tilgung  des  zweiten  e  bräuchlicher:  anders,  anderm,  an- 
dern und  wo  nicht  andres,  doch  andrem,  andren  unüblich,  wie 
wir  sondern,  wandern,  wandeln  und  nicht  sondren,  wandren, 
wandten  sagen,  doch  würde  den  umständen  nach  auch  andrem, 
andren  gestattet  sein.    vgl.  anders. 

IL  Bedeutung. 

Hauptregel  ist :  nach  dem  bestimmten  artiiel  hat  ander  noch 
den  sinn  von  alter,  ohne  artikel  den  von  alius. 

l)  ander  =3  aller,  die  comparaliteigenheil  des  ander 
bricht  noch  darin  durch,  dasz  hinter  ihm  die   nach    compara- 

20 


307 


ANDER 


ANDER 


308 


tiven  überhaupt  geltende  partikel  eintritt,  ein  anderer  als  ich 
wird  kommen;  keinen  andern  als  dich  soll  ich  nennen,  wie 
die  Griechen  schon  hinter  aXXoe  rj,  ja  den  gen.  gestatten, 
äXXos  ifiov,  ein  andrer  als  ich,  lat.  alias  quam  ego  oder 
auch  alius  nie.  ob  wol  golhisch  noch  ein  an{)ar  mis  oder  an- 
J»ar  })au  ik  galt? 

Unser  ander,  gleich  dem  lat.  alter,  war  die  organische  Or- 
dinalzahl der  zweiheit  und  erst  nachdem  es  diese  bestimmtheit 
verlor  und  für  alius  mit  galt,  muste  der  sprachgeist  auf  neue 
ausdrücke  bedacht  sein,  secundus  bezeichnet  eigentlich  jeden 
folgenden,  nicht  allein  den  zweiten;  wie  aber  franz.  second 
und  deuxi^me  das  autre,  ja  engl,  second  das  other  zurück- 
drängten, wich  auch  unser  ander  allgemach  dem  zweite,  nnl. 
ander  dem  tweede.  besser  haben  Schweden  und  Dänen  ihr 
ordinales  andre  und  anden  gewahrt. 

Im  16.  17  jh.  aber  galt  es  noch  zu  zählen:  der  erste,  der 
ander,  der  dritte  {Garg.  58*)  und  nicht  der  zweite ;  zum  ersten, 
zum  andern,  zum  dritten ;  fürs  erste,  fürs  ander  {Garg.  154'), 
fürs  dritte;  der  ander  und  dritte  rückknochel  {Garg.  256"). 
Luther  sagt  überall:  da  ward  am  abend  und  morgen  der 
ander  tag,  rifieqa  Sevre'ou.  i  Mos.  1,  8 ;  das  ander  wasser 
heiszt  Gihon.  2,  13 ;  eine  hiesz  Ada,  die  ander  Zilla.  4, 19 ; 
und  er  setzte  das  ander  buch  Mose,  das  ander  buch  Sa- 
muel, das  ander  ))uch  der  konige,  in  welchen  stellen  Bind- 
seil und  Niemeyer  sich  tadelhaß  gestallen  das  zweite  buch. 
ebenso:  das  ander  buch  vom  alten  wendischen  Pommerlande. 
MicRÄLius  2, 129 ;  des  pcrsianischen  rosenthals  anderes  buch ; 
ander  buch  der  poetischen  wälder.  Opitz;  poetischer  wälder 
anderes  buch,  seind  auch  den  andern  decembris  allda  glück- 
lich angelanget,  pers.  reiseb.  68; 

mein  Deutschland  hat  in  dem  weit  eine  beszre  siitc, 
nimmt  auf  den  andern  tag  aucli  noch  den  dritten  mitte. 
Fleming  173. 

lange  war  in  deutscher  geschieht«  nur  von  Conrad,  Heinricli, 
Friedricii  dem  andern,  und  nie  dem  zweiten,  die  rede. 

wenn  man  das  ander  lied 
anstimmen  wird.  Grypdius  |,C8; 

hin  und  wieder  noch  bei  spdleren: 

ach  golt:  wie  doch  mein  erster  war, 
find  ich  nicht  leicht  auf  dieser  weit  den  andern. 
GöTHE  12,  155. 

bei  einzelnen  Wörtern  hat  sich  ander  nicht  von  zweite  verdrän- 
gen lassen,  man  sagt  das  andere  geschlecht,  wie  das  schöne 
geschlecht  für  die  frauen,  nicht  das  zweite;  andere  geschwi- 
sterkinder  meint  die  sobrini,  deren  groszeltern  geschwister  wa- 
ren; auch  im  zählen  ist  anderthalb  noch  nicht  dem  zweithalb 
gewichen;  im  andern  leben,  in  einem  andern  leben  werden 
wir  uns  wieder  sehn;  in  einer  anderen  weit,  dans  un  autre 
monde. 

Fest  auch  haftete  ander,  wenn  ein  ebenbild,  ein  gegcnstück 
von  nur  als  zwein  gedachten  dingen,  ausgedrückt  werden  soll: 

alsus  het  ich  besejjeir 

daj  ander  pardise.  Iw.  687  ; 

wir  haben  hie  besejjen 

daj  ander  paradisc.  Er.  9541 ; 

nimm  hier  mein  ander  ich!   Günther  1027; 

du  bleibst  mein  ander  ich, 

liis  mir  der  toü  das  treue  herze  hrichl.   Menaktes  1,  178; 

nimm  mich,  mein  ander  ich!  193; 

sie  (diekinder)  sind  die  andren  wir,  wir  leben  nach  dem  leben 

in  ihnen.  Logau  1,8,98; 

ach  inegdlein,  ander  wonne, 

wie  selwet  euch  die  sonne.    Uiiland  volksl.  185; 

so  kam  die  schöne  pilirrnmin, 

der  Schönheit  andre  sonn  und  pracht. 

HoFniAN.tswAi.DAU  yctr.  seh.  37 ; 
ach  Amaryllis,  die  mein  hochgcneigler  geist, 
Siels  die  sccie  meiner  seele  und  mein  nuder  augc  heiszt.  57; 
dein  ander  leben  kommt  ilzt  auf  dich  ziifc«(rangen, 
entrück  ihm  nicht  den  mund,  entzeuch  ihm  nicht  die  wnngen. 

hocliteilg.  23; 

meine  andere  sccle  !  irrgarlen  s.  9 ; 

in  dieser  gegend,  die  ein  andres  Pafos  schien. 

WlBLAND   10,  85, 

ein  zweites  Paphos  würde  man  heute  sagen,  meine  zweite  seele ! 
ja  GöTiiE  unterscheidet  das  zweite  von  (inn  nmlern :  er  sah 
zum  erstenmal  sein  bild  anszer  sich,  zw;ir  nicht,  wie  im  Spie- 
gel ein  zweites  selbst,  sondern  wie  im  porlriit  ein  anderes 
selbst,  man  bekennt  sich  zw;ir  nicht  zu  allen  ziigen.  20, 142. 
der  Spiegel  gibt  ganz  gleich,  das  bild  nur  ähnlich  wieder,  und 


'  alter  est  Tiro  oder  imago  est  Tironis  besagen  dasselbe,  ein 
andrer  Schiller  müste  unsrer  bühne  auferstehn.  auch  den 
Franzosen  hat  sich  hier  autre  erhalten,  un  autre  Hercule,  lat. 
alter  Verres,  alter  Orcus,  alter  idem,  alter  ego,  von  einem 
freunde,  der  meine  seele  ist,  vgl.  jenes  sl.  drugi  und  drug 
freund. 

In  allen  salzen,  wo  eins  daneben  steht,  behauptet  das  dar- 
auf bezügliche  ander  noch  die  bedeutung  von  alter,  unus  et 
alter,  unus  alterve.  eine  band  wäscht  die  andere ;  einer  hilft 
dem  andern ;  er  mengt  eins  in  das  andere ;  schlug  einen 
streich  in  den  andern  auf  in.  Pontus  26;  der  eine  will  das, 
der  andere  jenes ;  eins  thun,  das  andre  nicht  lassen ;  der 
eine  spricht  deutsch,  der  andere  französisch;  ein  tag  ist 
des  andern  Schulmeister;  ist  das  eine  wahr,  so  musz  das 
andere  falsch  sein ;  eins  kommt  zum  andern ;  eins  ins  andere 
gerechnet ;  eins  ins  andere  mengen ;  einmal  über  das  andere ; 
einen  boten  über  den  andern  senden;  ein  jähr  um  das  an 
dere;  einer  langt  an  nach  dem  andern; 

der  (horum)  eins  wer  on  das  ander  schad. 

SCUWARZENBERC  129,  2 ; 

so  einer  pelt  {betet),  der  ander  schilt,  das. 

da  ihm  immer  ein  e.\empel  übers  andere  vorlaufen  wird. 
Kirchhof  mil.  disc.  5; 

die  ein  und  andre  war  auszbündig  schön  und  zart. 

Werders  Ariost  C,  69; 
die  ein  und  andre  fort  auf  diese  weise  rücket.  C,  70; 
den  ein  und  andern  tag.  8,56; 

müssen  wir  ein  und  ander  trinkgeld  dagegen  erstatten.  Weise 
kl.  leute  270; 

so  rauste,  wie  gesagt,  ein  wort  das  andre  geben. 
Gelleri  3,  388; 

um  ein  oder  anderes  griechisches  willkürliches  versgebäude 
aufzuführen.  Bürger  176';  ihm  begegnet  ein  unglück  nach 
dem  andern.  Göthe  25,  37 ;  der  einmal  über  das  andere  ein 
groszer  mann  gescholten  wird.  33,  03.  der  andere  «on  zweien 
ist  auch  den  man  durch  dieser  {hie),  der  vorausgehende  eine, 
den  man  durch  jener  {ille)  kennzeichnet. 

Minder  gesichert  war  ander,  iro  ein  bezügliches  erste  voraus- 
geht, weil  wir  zählend  jetzt  dem  zweite  den  Vorzug  geben:  der 
erste  redete,  der  zweite  folgte  nach ;  von  der  ersten  stufe  auf 
die  zweite  und  dritte  schreiten. 

2)  ander  =  alius. 

ein  andrer,  a).?.os  rig,  alius  quis;  unter  anderm,  tnter  alia; 
ein  anderes  ist  es,  aliud  est;  das  mag  ein  anderer  thun, 
glauben ;  das  sollte  ein  anderer  gesagt,  gethan  haben ;  ein 
anderer  ist  froh,  wenn  er  nur  ein  stück  brot  hat;  wer  an- 
deres nicht  hat,  gibt  äpfel  und  birnen;  jetzt  spricht  er  ganz, 
anders,  so  slehn  sich  auch  gern  in  Sprüchen  zwei  ander  zur 
seile:  ander  jähr,  ander  haar;  ander  mann,  ander  glück; 
andere  zeit,  anderes  leid ;  andere  Zeiten,  andere  sitten ;  an- 
der Städtchen,  ander  mädchen ;  anderes  ist  versprechen,  an- 
deres halten. 

schauen,  ob  dir  sei  als  andern  frauen.  fasln,  sp.  573,3; 

gott  hat  mir  einen  andern  samen  gesetzt,  oTtsQfta  SreQOv. 
1  Mos.  4,  25;  da  harret  er  noch  ander  sieben  tage,  rifit^ai 
enrä  ext^ae.  8, 10 ;  dem  könige  und  andern  landen.  Luther 
6,  510* ;  etliche  die  von  Dietrich  von  Bern  und  andern  riesen 
lieder  gemacht  haben.  6,  532*;  da  etwa  ein  ander  sie  auf 
seine  seilen  beugen  möchte.  Kirchhof  mil.  disc.  8 ;  ob  ihm 
ein  ander  einen  verächtlichen  titel  anhängt.  Weise  erzn.  43 ; 
damit  ist  es  freilich  ein  anderes.  Wielanü  8,  287 ;  mit  den 
göttlichen  (dingen)  ists  ein  anderes.  19,  7 ;  in  dem  neuen  eck- 
hause da  unten  wohnt  jemand  ganz  anders.  Lessing  1,  501 ; 

thue  dir  selber  genug.'  im  mi.surieilenden  volko 

wird  dich  ein  anderer  schlecht  nennen,  ein  anderer  gut. 

Voss; 
ich  that  euch  s.'ichelchcn  hinein 
um  eine  an(h-c  zu  gewinnen.    Göthr  12,  141; 
wenn  einer  sorgt  und  redlich  denkt, 
kommt  andrer  wol  und  heiter  und  schenkt.  4,331; 
ich  allegorisch  ?  das  sagt  mir  ein  andrer  nach.  11,  306. 

Dies  ander  drückt  gern  neue  zustände  aus:  ich  bin  anderes 
Sinnes  geworden,  habe  mich  eines  andern  besonnen ;  es  ist 
reciit  sciiim,  dasz  sie  sich  auch  veriieiraten,  man  wird  ganz 
ein  anderer  mensch.  Göthe  14,  2.^6 ;  er  fühlte  dasz  er  ein  an- 
derer mensch  zu  werden  beginne.  18,44;  suchen  sie  ein  an- 
der quartier,  nehmen  sie  lucincn  dank.  19,  6G. 


309 


ANDER 


ANDER  — ANDERN 


310 


3)  «ie  die  niederländische  ifrache  dem  pluralis  des  prono- 
mens  erster  und  itceiter  person,  dem  wij,  gij,  oblique  ons,  n 
ein  lieden  anhängen  {wovon  auch  bei  uns  spuren  erscheinen, 
s.  leule) ;  so  pflegen  die  italienische,  spanische  und  französische 
in  demselben  fall  ein  verstärkendes  allri,  otros  und  autres  bäsu- 
fügen,  um  dadurch  redende  und  angeredete,  im  gegensatz  aller 
übrigen,  als  rolk,  stand,  geschlecht  hervorzuheben,  eine  ähn- 
liche anfügung  von  andern  lu  wir  ihr,  uns  euch,  wie  sie  dem 
mhd.  völlig  fremd  war,  scheint  nhd.  erst  im  vorigen  jh.  um 
sieh  XU  greifen  und  dem  franz.  brauche  nachgeahmt. 

was  wolltet  denn  ihr  beginnen,  ihr  andern  weltbekehrer, 
wenns  anders  wäre?  Wiela-id  21,  70;  soll  denn  ein  verlieb- 
ter, wie  ihr  andern  vernünftigen  leute,  vom  gedanken  zum 
entschlusz,  und  vom  entschlusz  zur  that  tagereisen  hinken? 
LEiSEwrrz  Jul.  von  Tarent  2,  5 ; 

drum  wühle  du,  ein  andres  schwcin, 
nur  immer  den  rüssel  io  den  boden  hinein. 
GöiBE  3,  200; 

nun  er  ist  ein  mann,  er  bat 

gelernt  sich  eine  freude  zu  versagen ; 

doch  wir,  wir  andren  mädchen,  möchten  gern 

uns  eurer  gegenwart  noch  lange  freuen.   10,  213 ; 

ihr  andern  liebt  meislentheils  an  den  männem,  was  männer 
an  sich  unter  einander  nicht  leiden  können.  14,  13;  aber  in 
den  höhern  ständen  ist  die  aufgäbe  sehr  verwickelt,  wir  an- 
dern sollen  daher  unsre  Zöglinge  nach  auszen  bilden.  17,  2S3 ; 
wir  andern  Junggesellen,  die  wir  nachts  meist  allein  sind  und 
uns  doch  wie  andre  menschen  fürchten,  wir  finden  es  gar 
tröstlich.  19,  169 ;  uns  andern  kleinen  menschen  ist  dies  wol 
als  eine  lugend  anzurechnen.  21,  227 ;  versäumt  ist  nichts,  er- 
widerte jener,  wenn  ihr  andern  ernsthaften  herren  nur  nicht 
so  starr  und  steif  wäret.  22,  41 ;  so  wurden  wir  anderen  deut- 
schen gesellen  denn  immer  verdrieszlicher.  26,  63 ;  leider  ha- 
ben wir  andern  in  unserer  jugend  nur  die  famiüenmflnzen 
besessen.  2S.  123 ;  die  fremden  sehen  die  sache  für  allzuleicht 
an,  wir  andern  nachbam  des  berges  sind  schon  zufrieden. 
2S,  195;  mit  diesem  halte  uns  andre  das  Studium  des  berg- 
wesens  verbunden.  31,  227 ;  wir  andern  Städtebewohner  er- 
blicken seltner  die  kuh  mit  dem  kalbe.  39,236;  so  seid  ihr 
nun,  ihr  andern !  36,  54 ;  tadelt  ihr  mich,  ihr  andern  weisen, 
so  wird  die  menge  mich  lossprechen.*  36,  127;  aber  sie  (die 
geistlichen)  schonen  uns  nicht,  uns  andre  laien.  40,135;  wir 
andern  müssen  oft  genug  aus  der  band  speisen.  42,  374;  da 
wir  andern  vorher  uns  von  den  popularphilosophen  gar  un- 
würdig musten  behandeln  lassen.  50, 55. 

4)  ähnlich  diesem  wir  andern,  ihr  andern,  jedoch  weit  älter  im 
gebrauch,  und  der  heutigen  spräche  wieder  fremd  geworden  ist 
ein  iiberftüssig  scheinendes  ander  im  geleile  von  Substantiven. 
das  war  schon  homerisch :  ovS'  a)JMt  Sucoai.  Od.  2,  412 ; 
afuptTtoXot  aJJiat.  6,  84;  oL  aJJ.Oi  axr,7iT(n'X0t  ßaaürjes. 
8,  40.  doch  die  deutsche  spräche  setzt  ein  solches  ander  im 
sg.  und  pl.  bei  tergleicliungen.  mhd.  reht  als  ein  ander  gän- 
slerlin,  swarz  als  ein  ander  brant,  er  sweic  als  ein  ander 
stein  (Bex.  1,  36"),  hohes  muotes  als  ein  ander  wip.  MS.  1, 
8i';  s^  lebe  ich  als  ein  ander  man.  1,  S2'.  nhd.  beispiele: 
warum  der  meszpfaf  wie  ein  anderer  dieb,  den  man  zum  gal- 
gen  fürt,  mit  eim  strick  um  den  leib  gebunden  seie.  Fischart 
bienenk.  157';  wie  ein  anderer  landstreifer.  Garg.  6*»';  ilir  mein 
andere  kuttenbämmel.  79';  wie  ein  anderer  närrischer  Schwab. 
159";  wie  ein  anderer  reuter.  230';  blieb  am  bäum  licnkcu  wie 
ein  anderer  dannzapf.  25l';  des  wird  er  müd  wie  ander  leaL 
H.  Sachs  I,  531' ;  lebt  als  ein  ander  trunkener  man.  Jlstisgu 
105;  da  lag  ich  wie  ein  anderer  bärenhäuter.  Simplic.  337; 
toehen  wie  ein  ander  soldat.  Simpl.  2,122;  wie  ein  anderer 
•ehnarotzer.  2,  274;  da  lag  er  wie  ein  ander  schwein.  Gro- 
biamu  1573,  97*;  die  falschen  heiligen  sind  der  gerechtigkeit 
Bo  Tol,  das  sie  die  andern  armen  sUnder  anköken.  Lctheii 
5,  355*;  dasz  ihr  euch  wie  ein  anderer  grober  unGal  verhal- 
tet, franz.  Simpl.  1, 64 ;  wie  ein  anderes  schwein.  1,  65 ;  sprin- 
gen herum  wie  die  andere  narren.  1,  60.  vgl.  gramm.  4,  456. 
Beinhart  cclvii.  ebenso  hiesz  es  altn.  sem  Vanir  adrir.  S(em. 
^i'■,  liotr  sem  adrir  jirselar.  Ol.  Tr.  3,107;  vaxa  sem  annat 
hir.  Sn.  130;  und  allfranz.  en  hois  estcs  com  autre  scnc 
petit  Irovez.  Tristan  2170,  weil  es  eine  menge  knechte,  eine 
menge  haare,  narren,  diebe  und  Soldaten  gibt,  mit  diesem 
ander  =  ä/J^i  ist  das  unter  1)  behandelte  ander  =  BtvxcQOS 
nicht  zu  rermmgen,    wie  es  bei  Bexecke  geschieht. 

5)  zuweilen  geht  ander  in  den  begrif  des  linken  über,  das 
Ufer   des   flusses,    wo   wir   stehn,   heisit   uns  das  reckte,   das 


gegeuüberliegende  das  andere  oder  linke,  den  Griechen  war 
T]  erdqa  die  linke  hand  und  irtl  d'axsQa  ist  gegensatt  ro« 
iif  Se^toXi.    so  sagt  Walther  124,  6 

daj  mir  hie  vor  was  kündic  als  min  ander  hani, 

bekannt  wie  meine  hand,  wie  meine  linke  hand;  do  het  er 
der  andern  hant  auch  nicht,  gesta  Rom.  ed.  Keller  s.  137 ;  der 
Ssp.  1,63  fordert  für  den  kämpfer:  en  blot  svert  in  der  hant, 
enen  senewolden  schilt  in  der  anderen  hant,  d.  i.  in  der 
rechten  das  schwert,  in  der  linken  den  runden  schild,  und  die 
Variante  gibt  linken,  lerzen;  podegram  am  andern  fusz.  Fi- 
schart Garg.  151*. 

6)  endlich  triß  auch  unsere  spräche  mit  der  griechischen 
darin  zusammen,  dasz  sie  ihr  ander  eiiphemistisch  setzt  ßr 
das,  was  man  sich  scheut  in  den  mund  zu  nehmen,  sei  es 
etwas  schlechtes,  böses,  oder  verbiete  schäm  und  anstand  es 
auszusprechen;  gerade  so  verhüllte  der  Grieche  mit  seinem 
Stsoos  und  a/J,os  das  böse  oder  unziemende.  ich  hätte  bald 
was  anders  gesagt  heiszt,  ich  halle  das  Schimpfwort,  die  schelte 
zurück,  die  mir  schon  im  munde  liegt,  ich  will  dir  das  noch 
anders  weisen,  dich  schonungslos  behandeln,  er  hat  an  mir 
gehandelt  wie  ein  andrer  d.  h.  schuß  oder  schelm,  was  dem 
unter  4)  besprochnen  wie  ein  andrer  schelm  oder  dieb  begeg- 
net. Hierher  gehört  nun  auch,  dasz  man  sagt  mir  wird  anders 
f.  übel,  die  frau  ist  in  andern  umständen,  um  dem  wort  schwan- 
ger aus:i(ifeic/ien,  das  ander  bezeichnet  die  menstruation,  vgl. 
ScHMiD  schw.  id.  21.  ScHJi.  1,  65.  75.  Den  ältesten  beleg  gewährt 
schon  OTrniED,  im  gedieht  an  Hartmut  und  ]Yerinbert  Abels 
todschlag  erzählend  meidet  er  den  namen  Cain  auszusprechen 
und  nennt  ihn  v.  31.  35  nur  ther  ander,  39  ther  anderer, 
hinterher  v.  43  folgt  dennoch  das  wort  Cain. 

ANDERARTIG,  diversus,  verschiedenartig,  besser  anderlei, 
s.  andersartig. 

ANDERER,  ni.  imitator,  histrio.    s.  andern. 

ANDERGESCHWISTERKrSD ,  n.  sobrinus :  ich  bin  ander 
geschwisterkind  mit  ihm,  sein  und  mein  groszrater  waren 
brüder.    blosz  angeschobnes  ander. 

ANDERLEI,  alterius  generis :  das  du  dein  vieh  nicht  las- 
sest mit  anderlei  {LXX  ereoä^v/or)  thier  zu  schaffen  haben. 
3  Mos.  19, 19 ;  ich  meme  ie,  das  sei  klar  genug  beweiset,  das 
wir  alle  priester  sind,  und  diese  priester  nicht  anderlei  prie- 
ster,  sondern  knecht  und  amptleut  sind  der  gemeinen  prie- 
sterschaft. LtTHER  1,  37l';  wiewol  die  wort  anderlei  sind.  3, 
343';  wenn  sie  einerlei  wort  an  anderlei  orten  uneiniglicb 
und  ungleich  deuteten.  3,  439';  und  ist  doch  einerlei,  nicht 
zweierlei  oder  anderlei  werk.  8, 163' ;  der  wirt  setzt  ein  guten 
wein  von  erst  dar,  darnach  bracht  er  ihnen  einer  anderlei, 
und  sprach,  lieben  väfter  versucht  den  wein  auch.  Pauli 
schimpf  104';  wo  aber  anderlei  huldung  und  brandschalzung 
von  feinden  gegen  der  oberkcit  beschehe.  Frosp.  kriegsb. 
1,  6S'.  heute  durch  zweierlei  verdrängt,  dasz  lei  der  gen.  sg. 
f.  ist  wurde  schon  unter  allerlei  gesagt. 

ANDERMAL,  adv.  altera  vice,  imposterum: 

wir  wollen  ein  andermal  auch  rats  drum  pflegen. 
fastn.  $p.  570,  3  ; 
beraühn  sie  sich  . . . 
ein  andermal  gerallif^st  wieder  her.   Gotter  1,  194; 

ein  andermal  lasz  dir  deinen  jägcr  nachtreten.  3,  346 ;  davon 
ein  andermal.  Klixger  1,420; 

die  köchin  siieszc  krebse  drin  ein  andermal. 
I'late.ii  2S5. 

ANDERMASZEN,  adv.  alio  modo. 

ANDERN,  n.  nculiu,  ein  seltnes,  nur  einmal  gelesenes  wort : 
und  ob  ihr  mich  schon  nit  mehr  haben  wollet  und  mir  Ur- 
laub gebet,  wil  ich  doch  auch  keinem  dienen,  der  euch  has- 
set, als  er  dis  sagt,  sol  (?  soln,  sollen)  dem  forsten,  wie  mich 
Wolnhaupt  seihst  bericiilet,  die  andern  voller  wasser  gelofleii 
sein,  hiesz  in  jetzt  gütig,  dasz  er  ruhen  mochte,  hingehen  und 
darnach  widerkommen.  KiRcnHUFtrerxfunm.  147*.  der  sinn  liegt 
am  tage ,  und  kein  euphemistischer,  sunächst  könnte  man  a» 
das  ahd.  augatora  fenestra  (Graff  5,  447),  ags.  eagdure  denken, 
das  auqe  würde  ganz  natürlich  ein  fensler  des  kauptes  oder  ge- 
sichts  heiszen.  die  fries.  spräche  bietet  aber  unmilttibar  aadera» 
andren  fenestra  dar,  ohne  es  aufs  ange  anzusvende»  (Ricim. 
606)  und  nimmt  es  neutral,  ein  altn.  anddyri  bedeutet  vesiibu- 
lum  domus,  eingang,  nicht  fenster.  sollte  andern  aus  ageodero, 
augendern  entstellt  sein  ?  dies  ist  nicht  das  einzige  teort,  wel- 
ches Hessen  und  Friesen  gemein  haben,    s.  andom. 

ANDERN,  imitari.   Piaoaics  IS*  schreibt  andieren:    einen 

20* 


311 


ANDERN— ANDERS 


ANDERS 


312 


andteren,  Ihun  wie  er  thitt,  exprimcrc  et  rcddcrc  aliquem,  der 
Icuten  gebärden  andteren,  anmaszen,  nachthun,  affingere  ho- 
minum  mores,  anterung  imilatio.  vocabiil.  incip.  leuton.  gibt 
anantrer  scenicus,  qui  recitat  gesta  et  mores  de  hominibus 
mala,  der  die  ding  ändert;  liegt  in  anmlrer  Zusammensetzung 
mit  an,  oder  ist  es  druckf.  für  ain  antrer,  ein  antrer?  denn 
vocab.  1482  hat  ausdrücklich:  ein  antrer  der  leute,  scenicus. 
andteren,  andterer  Hemsch  76.  Wörter  die  wol  nichts,  weder 
mit  ander  alter,  noch  mit  ändern  mutare  zu  schaffen  haben, 
sondern  dem  ahd.  antarön  aemulari,  antarunga  aeinulalio, 
gesticulatio,  antarari  imitator,  histrio  (Graff  1,  378.  379)  ent- 
sprechen, welche  gleichfalls  von  andar  alter  abliegen,  auch  die 
heutige  bairische  mundart  hat  antern,  änlern,  ausüntern,  in 
reden  und  gebärden  nachahmen  (Schm.  1,  86),  dann  necken, 
böse  machen.  Sollte  dies  andern,  antarön  nicht  unmittelbar 
zu  ahmen  und  nachahmen,  folglich  auch  zu  imitari  gehören? 
durch  anstosz  des  m  an  den  linguallaut  d  oder  t  wandelte  es 
sich  in  n,  wie  in  der  Sprachgeschichte  viel  beispiele  lehren 
(timbr  SbvSqov,  nefiTte  mvre,  amita  franz.  ante,  semita 
franz.  sentier),  also  antarön  für  amatarön,  amtarön?  in  der 
Schriftsprache  i.it  das  wort,  das  sie  gut  verwenden  könnte,  längst 
ausgestorben.  Wer  über  den  abstand  von  antarön  und  andar 
hinaussehn  und  jenes  aus  diesem  leiten  wollte,  müste  gr.  a).- 
Xaaaco,  akXdrrco  anschlagen,  die  freilich  auf  aXXos  führen. 
Ä^'DEM,  mutare,  emendare,  ahd.  und  mhd.  unvorhanden,  nur 
vihd.  verandern  kommt  vor.  reiniget  euch  und  endert  evvre  klei- 
der.  1 3/os.  35,' 2 ;  cnderten  die  namen.  4  3/o5.  32,  38;  die  rechte 
hand  des  höchsten  kan  alles  endern.  ps.  77,1t;  ich  wil  nicht 
endern  was  aus  meinem  munde  gangen  ist.  89,35;  sie  über- 
gehen das  gesetz  und  endern  die  gebot.  Es.  34,  5;  ob  die 
beiden  ire  götter  endern.  Jer.  2,  11;  deinen  rücken,  den  das 
alter  gekrümmet,  kanst  du  nicht  ändern  und  gleich  machen. 
pers.  rosenth.  6,  5;  die  zeit  ändern  {s.  unter  absondern); 
solchs  (der  pabst)  nicht  endert  in  kurzer  zeit.  Soltau  volksl. 
466;  ändert  sie  {die  mädchen)  ein  nu?  Göki.ngk  3,12; 

so  ändert  immer  die  gelie))ten, 

doch  sie  vcrralheii  müst  ilir  nicht.    Göihe  1,  213. 

lasz  mich  hören,  dasz  dein  herz  geändert  {gebessert)  ist.  Got- 
ter 3, 105 ; 

im  leid  ändert  sich  mein  scherz.  Wkckherlin  405; 
das  ist  nun  einmal  geschehn,  läszt  sich  nicht  mehr  ändern ; 
geschehene  dinge  sind  nicht  zu  ändern ;  das  wetter  ändert 
sich,  glücklich  ist  wer  vergiszt  was  doch  nicht  zu  ändern  ist. 
Man  braucht  aber  auch  ändern  wie  wechseln  intransitiv  für 
viutari : 

ivrannen  lieben  gold,  ihr  geiz  der  ändert  niclit. 

Opitz  1,  194; 
der  kräuter  wunderkraft  und  ändernde  gestalten. 

Haller  alp.  35; 
über  mir  weht  anmutig  mit  änderndem  grün  der  buchbaura. 

Voss  weihe  an  Slolberg  9; 
dort  unten  {am  see)  herschen  oft  ändernde  winde. 

SlüLBERG  1,  IOC ; 

die  form  ändert  unaufliörlich.  Fichte  phil.  journ.  3, 314,  wobei 
es  leicht  ist  einen  acc.  die  art,   das  wesen  hinzu  zu  denken. 

ANDERNFALLS,  adv.  widrigenfalls,  entgegengesetzten  falls. 

ANDEHNS,  adv.  schreibt  Lessinc  ö/Ter,  z.  b.  2,  415.  3,  124 
für  zweitens,  dessen  analogie,  sowie  der  von  erstens,  drittens, 
viertens  es  folgt,  seit  aber  der  zweite  den  anderen  verdrängt 
hat,  ist  auch  diese,  in  der  älteren  spräche  unbegründete  bil- 
dung  ganz  auszer  gebrauch  gerathen. 

ANDERNTHEILS,  adv.  ex  altera,  alia  parte. 

ANDERORTS,  adv.  aliorsum,  alibi,  anderwärts: 

wenn  du  deine  hellen  blicke 

lieszesi  lieber  anderorls.  Rückert  22. 

ANDERS,  aliud,  mhd.  anderg,  gewöhnlich  aber  ander,  nom. 
acc.  n.,  von  dem  folgenden  genitivischen  anders  unterschieden : 
das  ist  ein  anders,  eine  andere  sache,  ein  ander  ding;  was 
anders  ist  gemeint?  anders  ist  versprechen,  anders  halten; 
machen  ist  ein  anders  denn  anbeten.  Luther  3,38';  es  wird 
doch  in  zehn  jaren  wol  ein  anders  werden.  3,  90' ;  sein  we- 
sen ist  gar  ein  anders,  weish.  Sal.  2,  15;  trotz  der  prillcn, 
die  sie  für  anders  ansieht.  Fischart  bienenk.  183*.  heute  sa- 
gen wir  voll:  ein  anderes,  andres,  zum  unterschied  von  dem 
stets  gekürzten  genitivischen  anders. 

ANDERS,  gen.  von  ander,  mhd.  anders,  in  mehrfacher  an- 
icendung. 

1)  adv.  aliter,  auf  andre  weise:  a  verhält  sich  damit  nicht 


so,  sondern  anders;  ich  will  es  anders  ausdrücken;  es  lau- 
tet ganz,  etwas  anders ;  es  soll  anders  werden ;  wie  könnt 
es  anders  sein?;  anders  spricht  man  mit  einem  bekannten, 
anders  mit  einem  fremden ;  aber  sein  herz  dacht  gar  vil  an- 
ders. 1  Mos.  45,  26 ;  nachdem  man  das  haus  anders  beworfen 
hat.  3  Mos.  14,  43 ;  wenn  nothwendig  die  eine  die  andere  ver- 
finstert, wenn  es  kaum  anders  sein  kann,  als  dasz  nicht  die 
königin  unter  der  liebhaberin,  oder  diese  unter  jener  leiden 
sollte.  Lessing  7,  113;  das  opfer  kann  mir  nicht  anders  als 
zur  ehre  gereichen.  Klinger  8, 110 ;  ich  bitt  euch  um  gottes  wil- 
len, seid  anders.  1,49;  das  kleid  wird  anders  gemacht, , geändert. 

2)  adv.  alias,  alioquin,  wo  die  ahd.  spräche  alles  (Graff 
1,  223),  die  mhd.  schon  anders  (Ben.  1,  36'),  die  heutige  gleich- 
bedeutend mit  anders  auch  sonst  ceterum,  ceteroquin  verwen- 
det, dies  anders  verbindet  sich  gern  mit  dem  interrogalivum 
und  allen  daraus  ßieszenden  partikeln,  mit  etwas  und  nicht : 
wer  anders,  wem  anders,  wen  anders,  was  anders,  wo  anders, 
wohin  anders,  wie  anders,  wenn  anders,  etwas  anders,  nicht 
anders,  nichts  anders  =  wer  sonst  u.  s.  w.,  welches  sonst  «n 
den  drei  letzten  fällen  vorauszugehen  pflegt :  sonst  etwas,  sonst 
nicht,  sonst  nichts  {vgl.  sonst),  aber  auch  anders  kann,  nach 
Wendung  der  rede  vorantreten :  anders  wer,  anders  wen,  an- 
ders was,  anders  wo  {engl,  eise  where)  oder  abgetrennt  stehn : 

wer  redlich  anders  buhlt.  Locaü  2,  3,  67  ; 

um  sieben  ohneefehr 
musz  ich  wo  anders  sein.  tiEHtNC  173; 
wo  anders  etwas  kan  ein  guter  wünsch  vermögen.  43; 

und  wen  anders  als  die  natur  können  wir  fragen?  Wiei.and 
1, 112 ;  wer  anders  ist  des  raitleidens  fähig  als  diese  empfind- 
lichen Seelen?  1,  119;  sein  Selbstbetrug,  wofern  es  anders 
einer  war.  1,213;  von  was  anders!  Götue  8,39; 

hier  ist  ein  kästchcn  leidlich  schwer, 

ich  habs  wo  anders  her  genommen.   12,  140, 

anders  wo  her;  reden  wir  von  was  anders  {von  sonst  was, 
von  was  sonst).  Klingers  th.  4,  203;  wozu  Vernunft  nöthig 
war,  wo  anders  {wenn  sonst)  die  natur  in  austheilung  ihrer 
gaben  zweckmäszig  zu  werke  gegangen  ist.  Kant  4, 14 ;  wenn 
die  handlung  blosz  wozu  anders  {zu  sonst  etwas  anderm)  als 
mittel  gut  sein  würdcj  so  ist  der  imperativ  hypothetisch.  4, 
35 ;  hie  ist  nichts  anders  {sonst  nichts)  denn  gottes  haus. 
1  Mos.  28,  17;  hüte  dich,  das  du  mit  Jacob  nicht  anders  re- 
dest denn  freundlich.  3t,  24 ;  da  nemlich  die  reinigung  in 
nichts  anders  {sonst  nichts)  beruhet.  Lessinc  7,  352 ;  nirgend 
anders  als  in  der  metaphysik.  3,  186;  das  sittliche  gesetz  ist 
nirgend  anders,  als  in  einer  reinen  philosophic  zu  suchen. 
4,  6.  jemand  anders,  niemand  anders  f.  ein  andrer,  kein 
andrer,  keiner  sonst;  von  jemand  anders.  Opitz  4,308.  Die 
tat.  spräche  gebraucht  in  vielen  dieser  beispiele  das  adj.,  nicht 
adv. :  quis  aiius,  quem  alium,  cui  alii,  wie  wir  auch  mit  wel- 
cher verbinden:  welcher  andere,  welchen  anderen,  welchem 
anderen ;  die  gehemmte  flexion  unseres  wer  nöthigte  zum  adv. 
zu  greifen,  doch  läszt  sich  noch  Avas  anderes,  wessen,  ande- 
res, wem  anderem,  wen  anderen  sagen,  und  es  besieht  ein 
feiner  unterschied:  was  anderes  soll  ich  aussprechen?  quid 
aliud  eloquar?  und  was  anders?  quid  alioquin?  welchen  an- 
deren meinst  du?  quem  alium  dicis?  und  wen  anders? 
quem  alioquin  ?  Luther  scheint  das  wo  oder  wohin  zuweilen 
auslassend  sich  mit  bloszem  anders  zu  begnügen:  hat  er  sich 
aufgemacht  und  weggezogen  gen  Wittenberg  und  anders  (wo- 
hin). 3,  410. 

3)  ein  solches  anders  kann  aber  auch  versehiedenllich  allein 
und  unabhängig  stehend  alioquin,  ceteroquin,  ja  bloszes  modo 
ausdrücken :  glaubst  du  mir  anders,  ist  es  anders  deine  mei- 
nung,  bin  ich  dir  anders  lieb,  wird  er  anders  sein  verspre- 
chen halten;  solls  anders  gelingen;  ich  wil  anders  dismal 
alle  meine  plage  über  dich  senden.  2  Mos.  9,  14;  habe  ich 
anders  gnade  für  deinen  augcn  funden.  4  Mos.  11,  15 ; 

sechsmal,  zähl  ich  anders  recht.  Fleming  215; 
wie  ist  ihm  zu  thun,  dasz  ich  dereinsten  nicht  auch  erlösche, 
sollts  anders  dahin  kommen,  dasz  der  funken,  so  etwa  in 
mir  ist,  noch  flenge?  Klopstock  12,  118.  Piachdrücklich  aber 
tritt  anders  gleich  in  den  eingang  des  nachsatzes:  ich  er- 
warte, dasz  du  gehorchst,  anders  wird  es  nicht  gut  sein,  alio- 
quin male;  man  fasset  auch  nicht  most  in  alte  schlauche,  an- 
ders die  schlauche  zureiszcn.  Matth.  9, 17 ; 

Trauenzimmer  soll  man  ehren,  anders  sind  es  grobe  Sitten- 
LoGAU  3,6, 1; 


313 


ANDERSARTIG— ÄNDERUNG 


ANDERWÄRTIG — ANDEUTEN 


314 


nu  ihu  mich,  hell,  bie  fragen  mer, 

anders  es  gel  dir  an  dein  er.    fastn.  sp.  558,  14; 

anders  zwar.  586,  30;  oder  anders  es  würde  kein  wiirkung 
haben.  Fischabt  bicnenk.  245*;  ruthen,  die  ein  rechter  berg- 
mann,  anders  (si  modo)  er  etwas  gedeiliches  will  ausrichten, 
haben  musz.  «nie.  doct.  8.  gerade  so  franz.  autrement,  vir 
aber  ziehen  heute  sonst  vor.    s.  änderst. 

ANDERS.\RTIG,  diversi  generis,  sonstartig:  Ursache  des 
nicht  gröszeren,  nicht  geringeren,  nicht  andersartigen  witzes. 
Lavater  phys.  4,  2.  erstes  fragm.    s.  andei-artig. 

AiNDERSDENKEiND,  diversi  judicii  in  rebus  divinis,  anders- 
gläubig. 

ANDERSEITIG,  diversae  partis. 

ANDERSEITS,  adv.  ex  altera  parte,  andersif.  iceisth.  2,  353 ; 
ferner  bringen  auch  die  künste  vieles  aus  sich  selbst  hervor 
und  fügen  anderseits  manches  hinzu.  Göthe  23,  247. 

ANDERSGESINNT,  was  andersdenkend,  andersgläubig,  po- 
liliscJi  oder  sonst:  wo  die  herschende  kirche  mit  gewalt  die  an- 
dersgesinnten zu  bezähmen  dachte.    Göthe  32,  242. 

ANDERSGLÄUBIG,  dasselbe. 

ANDERSREDEND,  barbarus,  ahd.  elirarti  (golh.  aljarazdja), 
aXkod'^oo? : 

andersredender  Völker  gebiet.    Voss  Od.  14,  43. 

ÄNDERST  ßr  anders,  gleichsam  ein  Superlativ  von  ander, 
erscheint  im  15. 16.  IT  jh.  häufig  und  wurde  sogar  von  Lctheb 
geschrieben,  der  es  doch  in  der  ausgäbe  letzter  hand  wieder 
mit  anders  vertauscht: 

änderst  ich  fall  euch  in  das  har.  fastn.  sp.  488,  29 ; 
es  ist  nit  änderst.  Keisersbebc;  mit  niemant  änderst;  imer 
einer  änderst  denn  der  ander.  Luther  8,  176';  dennoch  wil 
ichs  also  haben  und  nicht  änderst.  8,  279';  änderst  dann 
ihne  gotl  geschaffen  hat.  Lithers  br.  2,  676 ;  änderst  hie,  än- 
derst da.  3,  6;  es  stehet  doch  zu  deiner  wähl,  so  du  än- 
derst im  leben  bist.  Galmy  200;  hat  er,  als  ich  nicht  Zwei- 
fel, änderst  ein  herz  im  leib,  er  solches  nimmermehr  verges- 
sen wird.  286;  nit  zu  fast,  änderst  es  wirt  zu  trüg.  Fro:«sp. 
kriegsb.  2,  191' ;  dem  flachs  wirds  fast  übel  gehn,  wird  er  än- 
derst nicht  gar  geradbrecht.  Fischabt  groszm.  U9 ;  hat  er  än- 
derst nicht  das  ganz  maul  voH.  Garg.  70";  waferr  er  änderst 
will   von  gleicher  straf  und  pein    frei    sein.    Weckherlin  723; 

nu  ist  es  mit  mir  änderst  worden.    521; 
wann  sie  änderst  auch  geschickt  dazu   wercn.    Ziskgr.  ap.  2, 
10;   wann   er   änderst   mehr    als  gemeine  hauren  gelten  will. 
Simplic.  1,  5;    dasz  man  nicht  änderst  kan    zuletzt   als    seine 
Wunderschickung  loben,  l,  17; 

in  dieser  zeiilicbkeit  kann  es  nicht  änderst  werden. 
Ca.'^itz  51. 

ANDERSTWO,  adv.  alibi,  besser  änderst  wo:  sucht  im  an- 
derstwo  gute  gescllschaft.  WickRA»  ro//ic.  66; 

so  bleib  auch  du  nicht  anderstwa.    Weckb.  88. 

ANDERSWO,  dasselbe,  xusammengeschobnes  anders  wo,  wo 
anders : 

und  wer  sie  bei  mir  anderswo, 

so  tet  sie  freilich  nit  also,    fattn.  tp.  561,  23; 

anderswo  wird  es  so  tauglich  nicht  funden. 

LoGAL-  3,  212 ; 

anderswo.  GOtbe  36, 182. 186.  auch  euphemistisch  wie  ander  (310). 

ANDERSWOHIN,  aliorsum: 

andiTswohin  abweichend  verkündigen.    Voss  04.  4,  348. 

ÄNDERTE  für  andere,  der  änderte  theil  schrieb  z.  h.  Abk. 
vor«  s.  CiARA  im  Judas. 

ANDERTHALB,  sesquialter,  einundeinhalb,  wie  man  dritt- 
halb 2'/i,  vicrthalb  3'/i,  fiinfthalb  4'/»  u.  s.  w.  mit  der  ordi- 
nalialil  bildet,  ist  auch  anderhalb  vollkommen  richtig,  und 
die  meinung,  dasz  der  zählende  auf  die  mitte  oder  hälße  von 
1  zu  2  gelange,  das  andere  [zweite)  halb  erreicht  sei;  auch 
heiszt  es  mhd.  anderhalp  (Be^.  1,  6t4*).  als  sich  allmälich 
das  gefühl  für  die  ordinnlität  des  Wortes  ander  schwächte,  be- 
gann man  t  von  vicrthalb,  fünfthalb  nachzuahmen  und,  gleich 
als  gelte  änderte  für  ander,  anderthalb  zu  schreiben,  wie  nuH 
allgemein  üblich  geworden  ist.  anderthalb  eilen.  2  Mos.  25, 
10.  17.  23 ;  anderthalb  pfund,  anderthalb  meilen ;  mein  vatter 
hett  nur  einen  arm,  so  hab  ich  anderthalbcn.  Fi.scHAtr  Garg. 
94*;  seiner  r.alur  nach  steht  dies  halb  immer  im  sg. 

ÄNDERING,  mulatio.  emendatio.  die  änderung  der  luft, 
de»  weiter»,  der  wohnung:  viel  enderunge  der  fürstcnlhüme. 
tpr.  Sal.  28,  2 ;  sonder  änderung  einigs  worts.  Aimon  bogen  I. 


änderung  des  betragens,  des  herzcns  bezeichnet  besserung. 
in  einem  weisth.  von  1530  (1,  785)  stehn  noch  busze  und  än- 
derung nebeneinander,  und  gute  oder  schlechte  änderung  des 
textes  sagen  wir  in  soldiem  sinn  bis  auf  heule. 

ANDERWÄRTIG,  alius,  alio  loco  versans,  aliunde  repelitus : 
anderwärtiger  aufenthalt,  andcrwärtige  hülfe,  thätigkeit ;  es  ist 
ihm  eine  andenvärtige  heirat  vorgeschlagen  worden. 

ANDERWÄRTLICH,  sagte  man  sonst  in  gleichem  sinn :  wann 
mich  das  unglück  nicht  anderwärtlichcr  weise  geritten.  Simpl 
2,  21 ;  anderwertliche  ergötzlichkeit.  Zi.>kgr.  195, 17. 

ANDERWÄRTLICHE.N,  adv.  aliorsum :  weswegen  sich  viele 
von  dar  anderwertlichen  hin  retirierten.  Simplic.  1,  632.  heute 
gilt  daßr  das  folgende. 

ANDERWÄRTS,  adv.  alio  loco,  und  alio,  a/J.oas:  er  hat  sich 
schon  anderwärts  verheiratet,  wohnt  jetzt  anderwärts,  anderswo; 
welches  lasters  ich  nicht  allein  anderwerts  frei  und  ledig  bin, 
sondern  auch  disfals  sagen  darf.   Opitz  rorr.  der  poet.  2'; 

wendest  du  dein  angesicht  von  ihnen  anderwerts. 
Weckuerl!.'«!  22S  ; 

wodurch  sie  ihn  zwungen  eine  parlei  anderwerts  (anderswo- 
hin) zu  rühren.  Simpl.  1,  19 ;  weil  Plinius  ihnen  anderwärts 
den  gebrauch  zuschreibt?  wo  anderwärts?  Lessing;  ander- 
wärts her  uns  gegebene  begriffe.  Kant  7,  372 ;  sie  würde  an- 
denvärtshin,  in  die  metapbysik  gehören.  7,  256. 

ANDERWEGE,  adv.  alia  via:  des  tragens  halber  werdet 
ihr  euch  hinfort  anderwege  mit  einander  vergleichen.  Horr- 
M.VNNSWALDAC  heldenbr.  4. 

ANDERWEISE,  adv.  alia  ratione.  weisth.  3,  824.  mhd.  an- 
derwis. 

ANDERT^'EIT,  adv.  altera  vice,  itervm,  entstellt  aus  mhd. 
anderweide,  man  nahm  es  aber  ßr  weit,  weiter  (forro)  und 
gab  ihm  den  sinn  von  anderwärts,  anderswohin :  so  ist  ein 
recht  gründlicher  mensch  gleich  anderweit  {fehlt  ein  adj.  ?), 
als  diese  zween  vcrs  sagen.  Luther  1,  29' ;  das  die  gezwungen 
werden  andenveit  zu  latinisch  teufen.  3,527;  wenn  eins  un- 
ter diesen  zweien  (glaube  und  gotteswort)  sol  anderweit  wer- 
den, welchs  sol  billicher  anderweit  werden?  4,  332";  ein  herz 
anderweit  durchs  wort  und  geist  geboren.  Mathesics  52' ; 

der  nimmer  ändert  seinen  eid, 

und  soll  es  ihm  auch  anderweit 

den  höchsten  schimpf  und  schaden  bnngen.    Opitz; 

ich  werde  keine  stelle 
bei  dir.  du  klare  bach,  mir  suchen  nach  der  leit, 
dasz  ich  da  ruhen  mag,  mein  sino  steht  anderweit  (andersteolii»). 

2,46; 

über  eine  zeit  kompt  er  wieder  und  saget,  dasz  die  leule 
ihm  50  ducaten  angeboten,  dasz  er  sich  anderweit  hinwen- 
den solle,  pers.  roscnth.  4,  13;  welche  was  tüchtiges  studieret 
hatten,  sind  anderweil  zu  königlichen  räthen  befordert  wor- 
den. 7, 2.  in  den  canzleien  braucht  man  es  gar  als  adj. : 
ein  anderweiter  verkauf,  anderweiter  termin,  was  Wieland 
ironisch  nacJiahmt:  ohne  zu  einigen  anderweilen  rücksichlen 
stricto  jure  verbunden  zu  sein.  8,  236. 

ANDERWEITIG,  aus  dem  vorigen  steif  gebildetes  adj.,  das 
nun  aber  für  aliunde  repelitus  gilt:  anderweitige  hülfe,  Ver- 
sorgung, Verbindlichkeit;  anderweitige  absiebten;  anderweitige 
gründe.  Fichte  kr.  der  offenb.  129.  ebenso  adv. 

um  nichts  besorgnis  hegen  anderweitig.    Platkn  105. 

ANDERWEITS,  adv..  falsche  Wortbildung:  die  andcrwcits 
erwiesene  bcdeulung.  Lessing  8,  227. 

ANDERWERBE,  adv.  altera  vice.  Herum,  begegnet  noeli  oß 
in  den  weisthümem,  z.  b.  3,  510.  511,  auch  in  der  Verdeut- 
schung der  Aimonskinder,  Simmem  1335:  kam  anderwerb  zu 
seinem  bruder,  traf  andenvcrb  den  herzogen,  das  in  Rein 
hart  anderwerb  schlug,  das  sie  anderwerb  in  oinmarht  fiel 
M.  s.  w.  nnl.  anderwerf,  mnl.  anderwaerf,  auch  mhd.  zuweile» 
andenverbe  (gramm.  3,  232). 

ANDEUTE.N,  indicare,  significare,  leviter  längere,  nnl.  aan 
dulden,  mlai.  indigitarc,  mit  dem  fingrr  auf  etwas  weisen,  fin- 
gerzeigen,  durch  gebärden  bezeichnen,  kommt  bei  Lcthe«  nicht 
vor.  wird  von  den  kriegsleuten  ein  anderer  anschlag  ange- 
deutet. ScHWEiNicHEN  1,  264;  hiermit  wird  angedeutet,  o  ftv- 
O'oe  Sr/ZMl,  oß  in  der  alten  Verdeutschung  des  Lokman;  die 
frühe  kälte  deutet  langen  winler  an;  seine  worte  deuteten 
nichts  weniger  als  gehorsam  an;  die  künstler  unserer  zeit 
wollen  immer  reizen,  um  niemals  zu  befriedigen,  alles  ist 
nur    angedeutet   und   man   findet   nirgends   grund   noch  aus 


315 


ANDEUTER — ANDINGUNG 


ANDISCH — ANDRINGEN 


316 


führung.  Göthe  20,  248 ;  wüchsen  die  kinder  in  der  art  fort, 
wie  sie  sich  andeuten.  24, 110 ;  wenn  mir  gegönnt  wäre,  jene 
für  mich  so  bedeutende  epoche,  wo  nicht  darzustellen,  doch 
anzudeuten,  zu  entwerfen.  50,  54.  beliebtes  worl  für  befeh- 
lende: einem  hohes  misfallen,  Ungnade  andeuten;  es  wurde 
ihm  angedeutet  (bedeutet)  sofort  die  Stadt  zu  verlassen. 

ANDEUTER,  m.  percursor:  er  {Sterne}  ist  in  niclits  ein 
muster  und  in  allem  ein  andeuter  und  erwecker.  Göthe 
23,  282. 

ANDEUTUNG,  /".  signißcalio,  indicium: 
die  geberden  und  die  kleidung 

sind  des  sinns  und  gemüis  andeutung.    Fischart  ehz.  50; 
nach  seines  abgots  wort,  andeutung  und  exempel. 
Weckherlin  183 ; 

wildpret,  das  dem  feinen  gaumen  mit  einer  kleinen  andeu- 
tung von  fSulnis  weit  besser  als  frisch  gebraten  schmeckt. 
Göthe  37,  31. 

ANDICHTEN,  affingere,  falsa  tribuere,  nnl.  aandichten : 
fehler,  laster,  grausamkeiten  einem  andichten ;  er  hat  ihm 
viel  zu  viel  angedichtet;  das  sie  mich  als  die  ehiendiebc, 
Schelmen  und  böswichtcr  andichten  und  anliegen.  Thurneis- 
SER  ausschreiben  1,  69 ;  ja,  wie  er  mir  viel  falsche  und  un- 
verantwortliche Sachen  angetichtet.  Weise  erzn.  357 ;  die  mei- 
sten von  denen,  die  sich  unter  uns  an  Untersuchungen  der 
spräche  gewagt  haben,  lieben  nichts  so  sehr  als  selbstge- 
machte Wortbestimmungen,  aber  sind  sie  denn  darum  in  der 
spräche  auch  vorhanden,  weil  man  sie  ihr  andichtet?  Klopst. 
12,  208 ;  ohne  zu  denken,  dasz  man  mir  andre  absiebten  bei 
meinen  handlungen  andichten  könne,  als  ich  wirklich  hatte. 
Wieland  2,  112 ;  der  alten  mythologie  einen  neuen  zug  so 
glücklich  andichten  zu  können.  Herder  2,  243; 

der  misversteht  die  himmlischen,  der  sie 

blutgierig  wähnt,  er  dichtet  ihnen  nur 

die  eignen  grausamen  begierden  an.    Göthe  9,  24; 

er  (Wieland)  findet,  wie  er  sich  den  Griechen  gewissenna- 
szen  nur  andichtete,  unter  den  Römern  wirklich  seines  glei- 
chen. 32,  251. 

ANDICHTLICH,  fictilius:  wann  angeregte,  antichtliche,  er- 
gerliche,  argtückische,  öffentliche  ergernissen  vorhanden  sind. 
Fronsp.  kriegsb.  1,  202'. 

ANDICHTUNG,  f.:  andichtung  eines  gehässigen  fehlers. 

ANDICKEN,  crassitudinem  inducere. 

ANDIENEN,  inservire,  nnl.  aandienen,  m  der  geschäfts- 
sprache :  ich  kann  damit  andienen ;  wer  mit  weiter  nichts  als 
einem  solchen  formularurthel  andienen  kann,  der  bemühe 
sich  lieber  ganz  und  gar  nicht.  Bürger  183'.  das  wort  sollte 
aber  gangbarer  und  von  dienen  wie  inservire  von  servire  un- 
terschieden werden. 

ANDIG,  suspiciosus,  diffieilis,  iracundus :  alte  leut  sind  an- 
dig  und  wunderlich.  Agricola  spr.  14";  wer  so  kitzlig  und 
so  andig  ist.  228';  wer  so  kitzlig  und  so  andig  ist,  dasz  er 
alles  so  nahe  wil  suclien.  Frank  spr.  2, 170'.  gehört  zu  ande 
zelus  und  anden,  ahnden  vindicare. 

ANDINGEN,  conditionem  proponcre,  antragen,  verdingen: 
dem  kaufer  oder  verkaufer  andingen,  solche  waar  niemands 
dann  ihm  zu  kaufen  zu  geben,  reichsabsch.  von  1512.  IV.  §.  17 ; 
von  1530  §.  136 ;  er  dingt  im  an,  das  er  die  warbeit  solt  pre- 
digen, seh.  und  ernst  434 ;  er  dingt  dem  tüfel  an.  Keisersr. 
bilg.  38;  Job.  Denk  bekent  sein  thorechten  eifer,  dingt  sich 
auch  an,  er  wöll  es  nymmer  thun.  Frank  cliron.  447';  wil 
mich  hiemit  in  cwer  freundschaft  cingeleibt  und  ewig  zu 
bleiben  angedingt  haben.  Frank  spr.  l,  4';  er  dingt  die  hoch- 
zeit  an,  ehe  er  ein  weih  nimpt.  23;  er  dingete  den  arbei- 
tern  ein  häuslein  zu  bawen  an.  Opitz  Argenis  2,  418;  das 
schuldrecht  wird  allermaszcn  mit  . . .  fürsprecher  bitten  (und) 
andingen  zum  rechten  gehallen.  Kirchhof  mil.  disc.  257; 
ohne  seinen  erlaubten  und  angedingten  fürsprecher.  Fronsp. 
kriegsb.  3,  9'; 

dieweil  man  uns  angedingt  hat 

zumahln  die  meus  mit  den  ratten.    AtrerT; 

da  sich  einer  mit  viel  vergeblichem  gcplapper  andingen  nicht 
getrawet.  Ayber  proc.  2,  12.  über  die  bedeutungen  des  gericht- 
lichen andingcns  s.  Oberlin  }.  43. 

ANDINGUNG,  f.  am  andern  rechfslag  werden  alle  klag 
und  antwort  verlesen  und  alsdann  in  der  sachcn  fortge- 
schritten, halten  sich  durchaus  mit  andingung  zum  rechten, 
wie  vorgemeldt,  vom  ersten  anfang  des  rechten.  Kirchhof 
mil.  disc,  245.  Oberlin  43. 


ANDISCH,  ominosus.    Stieler  30.   i.  andig  und  anden. 

ANDONNERN,  invehi  aspere,  eigentlich  fulmine  ferire,  wie 
der  alte  donnergott  die  riesen  andonnert:  an  das  haus,  die 
thür  andonnern,  heftig  anschlagen: 

donnre  jeden  felsen  an.    Schübarts  ged.  1,  45; 

er  gieng  gerade  auf  die  Schäferin  zu  und  donnerte  sie  mit 
einer  entsetzlichen  stimme  an.  Wieland  12,  208;  sein  ent- 
schlusz  überraschte  diese  guten  leute  so  sehr,  dasz  sie  eine 
ziemliche  weile  wie  angedonnert  standen.  8,  321 ; 

der  arme  llebling  stand  wie  angedonnert  da.    10,  255, 

lat.  attonitus,  ahd.  pidonaröt,  bedonnert  (Graff  5,  150).  doch 
das  engl,  astonishcd,  franz.  etonn^  scheint  etwas  anderes, 
vgl.  anstaunen. 

ANDORN,  m.  marrubium,  prasium,  bei  Nemnich  auch  sta- 
chys,  ballota  nigra,  galeopsis  ladanum,  leonurus  marrubia- 
strum,  weil  man  das  deutsche  worl  auf  so  veischiedne  kräuter 
anwandte,  desto  älter  scheint  es.  die  ahd.  form  (Graff  1,384) 
blieb,  wie  bei  ahorn,  unverändert;  nnl.  andoren,  schw.  an- 
dorn  ;^  poln.  bezzab  {ohne  zahn) ,  szanta ,  krzacina ,  böhm. 
gablecnjk  (apfelschimmel).  andorn  ist  nicht  zusammengesetzt 
aus  an  und  dorn,  eher  scheint  orn  ableitung,  wie  in  ahorn; 
wie  wenns  dem  gleichdunkeln  andern  (fenster,  äuge)  verwandt 
läge?  Tabernaemontanus  927  sagt:  das  wasser,  darin  andorn 
gesotten,  heilt  alle  böse  grindschüppen,  flechten  und  zitter- 
mäler,  darum  die  junge  kinder,  welche  den  andorn  und  me- 
gerei  haben,  sollen  darin  gebadet  werden.  meg«rei  ist  ma- 
cies,  was  aber  andorn  für  eine  krankheil?  ihr  name  musz 
mit  dem  des  heilenden  krauts  zusammenhängen,  die  obern 
gipfel  von  dem  weiszen  marrubio  oder  andorn.  Hobberg  1, 
317';  stinkender  andorn.  Schnurr  p.  228. 

ANDORREN,  torrere:  ein  leinen  tüchlein  in  sawre  hefen 
tunken  . . .  und  sol  auch  ein  kolfewer  anzünden,  damit  die 
hefen  hart  andorren.  Zechendorfer  gebr.  der  rosz.  Eger  1571. 
2,  66. 

ANDRANG,  m.  accursus,  impetus,  nnl.  aandrang:  der  an- 
drang des  Volks  vor  dem  beckerladen  war  so  stark,  dasz 
wache  geholt  werden  muste;  andrang  des  bluts,  congestio ; 
stürmischer  andrang  des  gegendruckes. 

ANDRÄNGEN,  prcmere,  urgere:  einen  an  die  wand  andrän- 
gen; die  hunde  drängten  sich  schmeichelnd  an;  der  lästige 
mensch  drängt  sich  auf  den  Spaziergängen  immer  an. 

ANDRÄUEN,  minari,  comminari,  üblicher  androhen: 

dasz  ihn  umsonst  die  wildesten  gestalten 
andräun,  nein,  ihm  musz  jede  furcht  verschwinden. 
TiECK  1,  249. 

ANDRECHSELN,  tornando  addere:  das  kleid  sitzt,  als  wäre 
es  dir  angedrechselt;  ja,  liesze  sich  das  nur  andrechseln! 

ANDREHE,  /".  angesponnene,  halbbesponnenc  spindel,  im 
gegensatz  zur  vollgesponnenen  {s.  apper,  apperich).  Jägers 
Ulm  551.  552.  634 :  die  frauen  sollen  täglich  zwei  andrehen 
garn  spinnen,   s.  anspinn. 

ANDREHEN,  torquere  incipere,  nnl.  aandraajen,  zumal  fila, 
garn  andrehen ;  etwas  anspinnen,   anzetteln,  anstellen : 

ich  weisz  nit,  was  er  mit  mir  wolt  andrehen. 
fastn.  sp.  544,  1 ; 
so  wolt  wirs  mit  dem  arzt  andrehen.    II.  Sachs  II.  4,  6* ; 
seit  sich  aber  sonst  was  andrehen, 
da  wird  einer  sein  wunder  sehen.    Ayrer32*; 

was  aber  kindisch  angcdrchct  ist  und  gesponnen,  das  hell 
in  nölcn  wie  ein  bös  armbrust.  Mathesius  94';  er  versuchte, 
in  zu  mancherlei  arbeit  zu  gebrauchen,  wie  er  es  aber  an- 
drehet, war  doch  alles  an  dem  faulen  Schelmen  verloren. 
Kirchhof  wcndunm.  421;  er  weisz  nicht  wie  ers  andrehen  soll; 
einem  eine  nase  an  {das  gesichl)  drehen,  ihm  etwas  auflnn- 
den.     sich  andrehen,  langsam  heranschieben: 

allmälich  hub  er  an 

sich  näher  anzudrehen.    Bürger. 

ANDRESCHEN,  trüurare  inciperc:  rasch  angedroschen,  ihr 
bursche ! 

ANDRIEFELN,  was  andrehen,  vgl.  antriffein: 
ich  dacht  es  wirl  sich  noch  andrillen.    II.  Sachs  I,  530*; 
vil  zenk  und  hadcr  ich  andriefcl:  zerkierel.    II.  4,  123'; 

ANDRIl.LEN,  bei  den  webern,  losgerissene  faden  wieder  an- 
drehen, drillen  selbst  scheint  sich  von  drehen  abzuleiten 
s.  drillen. 

ANDRINGEN,   inslare,   ingmere,   impetum  faccre,    anslür- 


317 


ANDRINGEN —A^NDUTEN 


ANDWAL  —  ANEMPFINDERIN 


318 


men,  nnl.  aaDdiingen:  immer  ungestümer  dringt  die  Qut  an; 

wir  sahen  den  feind  mit  erneuter  heftigkeit  andringen; 

der  sommer  dringet  an,  eh  kaum  der  lenz  dahin. 
Weckherlix  7S2; 

mit  andringender  denunerung.  Felsenb.  1,  46 ;  er  war  keines- 
weges  schmeichelnd  und  andringend,  das  machte  mich  sorg- 
los. GöTHE  19,  105;  das  lebendige  und  andringende  der  er- 
fahrung.  Fichte  sonnenkl.  ber.  198;  er  hatte  zu  andringend 
nachgesucht.  J.  Pacl  jubeis.  72. 

ANDRINGEN,  n.  incursus,  impelus:  übrigens  widersteh  ich  al- 
lem andringen  der  sogenannten  groszen  weit.  Göthe  an  Knebel  75. 

ANDRINGLICH,  instans,  tceniger  als  zudringlich  und  ein- 
dringlich :  auf  alle  weise  suchte  er  den  aufenlhalt  seines 
freundes,  wenigstens  über  nacht  zu  erleichtern,  indem  er 
verspann  und  relais  auf  morgen  früh  andringlich  zusagte. 
GöTHE  22,  43 ;  wo  nunmehr  das  theure  pfand  belindlich  sei  ? 
wie  ich  mich  denn  auch  hierüber  an  gedachtem  orte  an- 
dringlich  vernehmen  liesz.   39,  316. 

ANDRINGLICHKEIT,  f.  instantia,  assiduilas :  die  wahie  leb- 
haftigkcit  und  Wahrheit  und  andringlichkeit.  Herder  7,  29 ; 
nun  suchte  der  sänger  seinen  Vortrag  einer  solchen  annähe- 
rung  zu  bequemen,  wo  nicht  blosz  von  einem  allgemeinen 
sehnsuchtston,  sondern  von  heiterer,  zierlicher  andringlich- 
keit eine  glückliche  Wirkung  zu  hoffen  wäre.  Gotue  22, 133 ; 
der  arzt  wüste  seinen  roth  unserm  frauenzinimer  so  einleuch- 
tend zu  machen,  dasz  sie  mir  darüber  unaufliörlich  in  den 
obren  lagen;  ich  versprach  es  um  der  andringlichkeit  los  zu 
werden.  Heoer  niolkenkur  3,  125. 

ANDRINGLING,  m.  qui  se  applicat  aliis:  ein  vivat  allen 
selbständigen  männern,  ein  pereat  den  andringlingen.  Göthe 
26,  163.    engl,  an  iutruder. 

ANDROHE.N,  c<mtminaii,  imminere:  die  gefahr  droht  jetzt 
an;  einem  den  tod  andiohen;  dem  androhenden  oder  ange- 
drohten streich  ausweichen ;  indessen  sei  es  doch  nicht  un- 
möglich, den  zufallen,  welche  sie  (die  fee)  dem  prinzen  an- 
gedroht hat,  auszuweichen.  Wieland  12, 167 ;  die  Franzosen  hat- 
ten bei  androhender  gefahr  sich  zeitig  vorgesehen.  Güthe  30, 303. 

ANDROHEN,  «.  comminatio:  das  vorübergehen  eines  Übels, 
dessen  androhen  wir  glücklich  verschlafen  hatten. 

ANDROHUNG,  f.  oß  im  gerichtssiil:  unter  androhung  schwe- 
ren gefangnisses  u.  s.  w. 

ANDRUCK,  m.  buchdruckern,  das  andrucken,  anschieszen 
eines  blatles  oder  Viertelbogens  au  den  ganzen. 

ANDRUCKEN,  auf  solche  weise  anschieszen ;  aber  auch  eine 
kleine  scliriß  hinten  dem  buche  andrucken:  angedruckte  Ur- 
kunden, briefe.  R\BENER  3,  280. 

ANDRUCKEN,  apprimere,  imprimere,  nnl.  aandrukken:  das 
bild  der  geliebten  fest  ans  herz  andrücken ;  die  waffe,  den 
Schild  andrücken ;  den  leim,  kalk  der  wand  andrücken ;  und 
ich  an  diese  wangen  angedrückt  sprach.  Schiller  229 ;  die 
arkadische  karthause,  die  ihr  Strohdach  an  eine  grüne  mar- 
morwand  andrückte.  J.  Pacl  Kampanerth.  12. 

A.NDUDELN,  anleicrn,  ansingen :  da  kommen  sie  angcdudelt. 

ANDÜFTEN,  afflare:  wie  lieblich  duften  die  blumen  an; 
die  uns  mit  ätherischem  zauber  anduften.  Tieck  Stentb.  2, 114. 

ANDUNKELN,  tenebreseere,  obfuscari. 

ANDUNGEN,  lenler  stercorare: 

i»t  dann  nun  umb  und  an 
so  vieler  felder  griinU  mit  schwele!  angedünget.    OpiTt  1,  41. 

ANDU.NSTE.N,  anlaufen:  die  fcnster  dünsten  an,  laufen 
an;  sind  angedünstet. 

ANDU.NSTU.NG,  /■. :  diese  verschiedenen  arten  sind,  inner- 
halb der  gewülbe  selbst,  theils  durch  andünstung,  tbeils  durch 
anspritzung  entstanden.    Göthe  51,  21. 

A.NDUFFEN,  moUiler  längere,  patpare:  die  wangc  leise 
mit  dem  finger  andupfcn;  beide  dupften  fleiszig  mit  dem 
hcrm  Theodor  an,  aber  keiner  mit  dem  andern.  Hebel,  der 
(nedensstißer  s.  329.     richtiger  antupfen,  was  man  sehe. 

AMiUKCH,  hierdurch:  der  konig  reiste  heint  andurch ; 
iidurch  hoffe  ich  dich  zu  überzeugen,  jetzt  veraltet  und  steif 

ANDUSSELN,  leviter  intonare,  tertigine  corripi,  gleichsam 
hd.  anadujilön,- /or/ii/rfunj  ro»  anadio^n,    mhd.  anedie^en: 

e  kamen  angedusselt,  angeschwindelt,  angesummt,  halb  in 
gedankenlosem  Schlummer,  $.  dusi>cl  und  dusscln. 

ANDUTEN,  cornu  adflure:  der  hirl  schlägt  nach  ihr  (der 
kuh),  er  peitscht  sie,  er  dutet  sie  an.  Göthe  39,  2S2.  dulen 
Üt  ein  nd.  vort,  altn.  |)iola,  sehw.  tjuta,  dän.  tude,  ahd. 
diojan,  mhd.  diejcn,  von  dem  das  vorausgehende  dusseln. 


ANDWAL,  m.  celus,  balaena,  Hemscq  76.  wal  ist  deut- 
licfi  (worfiber  mehr  vnter  walfisch),  was  soll  aber  das  vorge- 
setzte and? 

ANEBEN,  juxta,  pone,  ahd.  in  eban,  mhd.  eneben,  ags. 
onefen:  aneben  der  golden  gravschaft  von  Diez.  weistk.  von 
1449  (3,  503).  s.  neben. 

ANECDOTENJÄGER,  m.  narrcUiunciüarum  caplator: 

wir  sind  emsig  nachzuspüren, 

wie  die  anecdotenjäger. 

wer  deia  liebchen  sei  und  ob  du 

Dicht  auch  habest  viele  schwäger.    Göthe  5,  61. 

ANEIFERN,  incitare,  anfeuern :  sein  beispiel  eiferte  die  an- 
dern Schüler  an. 

ANEIGNEN,  propritim  facere,  zueignen,  sich  aneignen,  sibi 
vindicare:  sie  lieszen  mich  im  augenblick  gewähren,  jedoch 
mit  stiller,  nicht  ganz  verheimlichter  hofnung,  mich  ihren 
gesinnungen  völlig  anzueignen.  Göthe  31,  40 ;  ein  vieljähriger 
freund  und  angeeigneter.  32,  37 ;  Wallraff,  seiner  yalerstadt 
leidenschaftlich  angeeignet.    43,  315. 

ANEIGNUNG,  f.  sie  muste  sehen,  wie  diese  sich  dem 
freund  um  den  hals  warf  mit  der  wonne  einer  neu  wieder 
auflebenden  zärtlichsten  ancignung.  Göthe  23,  147.  die  an- 
eignungsbegierde.  50,  172. 

ANEIN  statt  des  folgenden  aneinander,  vie  man  auch  inein, 
aufein,  mitein,  widerein  ßr  ineinander,  aufeinander,  mitein- 
ander, widereinander  sagte: 

sie  {die  beiden  hunde)  machen  sich  anein,  und  blecken  ihre  zahn. 
Werders  Ariost  2,  5. 

nnl.  ebenfalls  aaneen  und  viel  häufiger  aaneeniiinden,  aanecn- 
ketenen  u.  s.  w. 

ANEINANDER,  Schweiz,  anenänd,  eigentlich  ein  an  den  an- 
dern, ursprünglich  mit  flexion  des  ander  (gramm.  3,  83),  um 
das  gr.  aJJ.r^/.ois  oder  aXJ.rjXovs  auszudrücken.  Lcther  schrieb 
die  praep.  noch  abgesondert:  fünfe  soltu  an  einander  fügen 
und  sechse  auch  an  einander.  2  Hos.  26,  9 ;  drei  jar  an  ein- 
ander. 2  Sam.  21,  1;  das  ein  igliche  thür  zwei  blat  hatte  an 
einander  bangen  in  iren  angeln,  l  kön.  6,  34 ;  das  die  klösze 
an  einander  kleben.  Hiob  39,  38.  eben  so  in  seinen  übrigen 
schrißen  und  andere  Zeitgenossen :  wiewol  aber  wir  beide  (ich 
und  Carlstad)  so  hart  an  einander  gesetzt  haben.  3,  109 ;  wo 
ir  . .  an  einander  setzet  und  treffet.  3,  119 ;  die  meinung  des 
textes,  wie  er  an  einander  hanget.  3,  38';  darmit  ir  an  ein- 
ander dringet.  H.  Sachs  II.  4,  2*;  zween  und  sibenzig  tag  an 
einander.  Frank  icettb.  10' ;  das  geschieht  drei  tage  an  einan- 
der. 132*;  33  tag  und  nacht  an  einander  gegen  nidergang. 
220'.  Die  spätere  zeit  schreibt  schwankend  bald  an  einander, 
bald  aneinander,  und  braucht  sie  nicht  mit  dem  rerbum  zu 
verknüpfen:  an  einander  hängen  oder  aneinander  hängen,  die 
tisch  aneinander  tragen  (zusammeHstellen)  Garg.  100';  wiewol 
auch  alles  zusammengerückt  wird:  aneinanderhängen.  ror  dem 
nomen  kann  es  niclU  unterbleiben:  den  aneinanderhang  der 
zeit.  Bbockcs  7, 689;  der  aneinunderstosz  der  wagen;  eine 
ins  unbedingte  freie  aneinanderfugung  des  nianigfaltigen.  Fichte 
nachg.  werke  2,  411.  besser  das  aneinander  hängen,  aneinan- 
der sfoszen,  aneinander  fügen. 

ANEIN.\NDERWEG,  adv.  continuo,  in  einer  reihe,  hinter- 
einanderweg. 

ANEKELN,  lacdium,  nauseam  movere:  es  ekelt  mich  an; 
die  Sache  begann  alle  leutc  anzuckeln;  die  bücher  ekeln 
mich  an.  Göthe  16,  78;  wie  ekeln  mich  meine  beschreibun- 
gen  an,  wenn  ich  sie  wieder  lese!  16,  197;  die  Wiederholung 
desselben  thcmas  ekelte  mich  bald  an.  24,  2G6.  falsch  mit 
persönlichem  dativ:  die  Untersuchung  der  Wahrheit  ekelt  ih- 
nen an.  Claudius  7, 50.  dann  auch  ßr  fastidire,  mit  ekel 
betrachten : 

manch  wcltUuges  und  nicht  anekelndes  fräuleia. 
Voss  2,  13;>; 

ist  es  denn  möglich,  den  becher  der  freude  so  anzuekeln? 
IV.  wenn  man  eine  spinne  darin  findet,  warum  nicht?  Schil- 
ler 700. 

ANEKELUNG,  f  fastidium,  eigentlich  actus  fastidiendi :  trotz 
allen  Verkleinerungen  und  anekelungen;  die  anekelung  sei- 
ner eigenen  eiistenz,  aus  der  leerheit  des  gemütbs  an  em> 
pfmdungen,  zu  denen  es  unaufhörlich  strebt,  ist  ein  höchst 
widriges  gefiihl.   Kaxt  10,  151. 

ANEMPFEHLEN,  commendare,  anbefehlen. 

ANE.MPFINDERIN,  f.  sie  (Mclina)  war,  wai  ick  mit  «ioeia 


319 


ANER— ANERFINDEN 


ANERFÜLLEN  —  ANFACHEN 


320 


Worte  eine  anempfmderin  nennen  möchte,  sie  wüste  einem 
freunde,  um  dessen  achtung  ilir  zu  thun  war,  mit  einer  be- 
sonderen aufmerksamkeit  zu  schmeicheln,  in  seine  idecn  so 
lange  als  möglich  einzugehen,  sobald  sie  aber  ganz  über  ih- 
ren horizont  waren,  mit  exstase  eine  solche  erscheinung  auf- 
zunehmen.  GüTHE  18,  169. 

ANEK,  m.  -anus,   franz.   -ain:    Lutheraner,  Hanoveraner; 

Römer,  dann  Napolilaner, 
Philosoph  und  doch  kein  ancr.    GöTHE  2,  165; 
golt  griisz  euch  briiiler,  siimtliche  oner  und  aner, 
bin  weltbewühner,  bin  Weiinaraner.   4,  339. 

für  Kantianer  sagt  Göthe  50,  52  die  kantischen,  ianer,  wo  lat. 
ianus  nach  ius :  Kantius,  Schellingius,  da  man  doch  halle  Kan- 
tus, Schellingus  bilden  sollen,  folglich  Kantaner,  Schellinganer. 

ANEKBE,  m.  hercs,  heres  ftroximus.  Haltaus  24;  hier  niusz 
insgemein  der  anerbe  warten.  Möseb  patr.  ph.  1,  96 ;  das  an- 
erbenrecht an  das  gut  gebührt  vorzugsweise  den  söhnen,  in 
den  weisthümern  anerbe  häufig  der  berechtigte  markgenosse, 
daher  anerbe  und  waldsasse,  anerve  und  waltgreve  (2,  229. 
490.  665.  780.  795).    vgl.  ganerbe  und  angeerbe. 

ANERBE,  n.  praedium  hereditarium,  angecrbles  gut.  weisth. 
2,  685 ;  vielleicht  eher  als  adj.  aufzufassen,  wie  man  auch  an- 
erbesucht für  erbliche  krankheil  gesagt  zu  haben  scheint. 

ANEKBEN,  hercditate  competere,  häufig  aber  auch  innatum 
esse,  propagari,  nnl.  aanerven,  mhd.  guot  daj  an  mich  erbet, 
das  ™^^  anerbet  (Ben.  1,  440') ;  ein  guet  daj  mich  von  miner 
mueter  an  erbet.  Chmel  fontes  1,  243  a.  1290 ; 

durch  dine  wipiiche  art 

diu  von  geburt  an  erbet  dich.   GA.  1,  221. 

darumb  so  erbt  es  mich  auch  an.  fastn.  sp.  353,  4 ; 

ein  kiltel  grob  mich  auch  anerbt.   H.  Sacus  II.  4,  1'; 

gesellt  euch,  stillt  mit  angeerbtem  triebe 

den  durst  nach  küssen  und  nach  wein. 

Hagedorn  3, 100; 

angeerbte  vorurtheile.  Rabener  1,  92 ;  mir  war  von  meinem 
vater  eine  gewisse  lehrhafte  redscligkeit  angeerbt.  Götue  25, 
365;  angeerbte  neigung  zur  forstcultur.  32,  227;  mein  eigen- 
sinn  ist  angeerbt.  Platen  230;  angeerbte  sünde,  erbsünde; 
wären  diese  geschicklichkeiten  anerschaffen,  so  würden  sie 
auch  anerben.  Kant  4,  343;  willkürliche  handlungen  können 
nichts  anerbendes  bei  sich  führen.  4,  357 ;  Ursachen  von  dem 
was  nothwendig  anerbt  und  nachartet.  10,  32;  das  anerben 
durch  die  Wirkung  der  einbildnngskraft  schwangerer  flauen. 
10,  53.  der  nhd.  dat.  der  person  statt  des  organischen  acc.  ent- 
sprang, wie  in  ähnlichen  fällen,  seitdem  man  die  Wirkung  der 
praep.  an  nicht  mehr  erkannte:  das  erbt  mir  an,  statt  das  erbt 
mich  an,  erbt  an  mich. 

ANERBIETEN,  offcrre,  erbieten,  anbieten :  die  mich  ancrbo- 
tene  bedienung.  j)ers.  rosenth.  1,  27  ; 

wie  der  augapfel,  des  augs  kind, 
alsbald  ein  stosz  sich  anerbietet, 
schnell  wird  mit  zarler  sorg  behütet. 

Wbckheriin  56; 
die  treue  neigung  eines  redlichen  gemülhs 
genügt  ihr  und  das  stille  loos 
das  ich  mit  dieser  band  ihr  anerbiete. 
Schiller  470. 

Auch  hier  halte  mhd.  ein  acc.  der  person  neben  dem  der  sache 
statt:  er  bot  si  die  herbergc  an,  dö  bot  in  der  wirt  an  sine 
tohter  (Ben.  1,  182')  =  nhd.  er  bot  ihr  die  herberge  an,  da 
bot  ihm  der  wirt  seine  tochter  an. 

ANERBIETEN,  n.  oblatio.    mit  fernerm  anerbieten.  Simpl. 

1,  447. 

ANERBIETUNG,  f. :  die  blutsfrcundschaft  besteht  in  lauter 
verlreulichkcit,  jene  aber  (die  geistliche  freundschaß)  in  lauter 
an-  und  ehrcrbielung,  aber  was  ist  das  für  eine  anerbielung, 
wann  der  gevatter  des  gcvatlers  dich  ist?  Sciimei.zel  s.  76; 
der  gehülfe  nahm  diese  anerbietung  freudig  auf.  Göthe  17, 
289;  glänzende  anerbietungen  machen  und  annehmen. 

ANERBLICKEN,  aspicere:  der  alte  erblickte  mich  halb  la- 
chelend an.  pcrs.  rosenth.  6, 1. 

ANERBOREN,  innatus:  die  schielen  und  der  hecht  hoben 
anerborne  freundschaft  zusammen.  FonER  fischb.  168". 

ANP^RBÖTIG,  paratus,  sese  offerens. 

ANERBRECHT,  n.  jus  hercdum.  Moser  2,  222. 

ANERBüNG,  f.  hereditas:  die  anerbung  oder  erbschaft  der 
well.  Melanchthün  hauptart.  der  h.  schrijl.  o.j.u.o.  bl.  40. 

ANERFINDEN,  adinvenire:  so  konnte  liako  leicht  der  niy- 
tholugie  die  allegorische  bedeutung  anerlinden.  J.  Paui.  aeslh. 

2,  26. 


ANERFÜLLEN,  implere,  adimplere: 
die  brüst  ward  ancrrüllt  mit  tiefem  sehnen.  Tieck  2,  212. 

ANERINNERN,  admonere. 
ANERINNERÜNG,  f  admonitio,  recordatio: 

die  alten  lad  ich  oft  zu  tische, 

damit  ihr  anblick  immerdar 

an  mein  geliebtes  eliernpaar 

die  aneriuneruDg,  stets  heilig  mir,  erfrische. 

DÜRCER  109'; 
die  anerinnerung  der  allen  dunkelheit.  110*. 

ANERKANNT,  nolus,  spectatus:  ein  mann  von  anerkannter 
rcdlichkeit  und  tugend;  ein  anerkannter  säufer. 

ANERKENNEN,  agiioscere,  recognoscere,  franz.  reconnaitre : 
die  multer  erkannte  das  kind  als  das  ihrige  an;  das  ganze 
land  erkannte  den  könig  an;  ich  erkenne  meine  Unterschrift 
nicht  an.  die  heulige  spräche,  voraus  der  geschäßslente  und 
redner,  pflegt  das  an  als  untrennbar  zu  behandeln  und  dem 
sonst  üblichen  ich  erkenne  an  ein  ich  anerkenne  vorzuziehen: 

M.    das  Schicksal! 

Pr.  anerkennst  du  seine  macht?   Göthe  33,  245; 

den  letztern  anerkennt  gar  keine  pflicht.  Fichte  franz.  rev. 
412;  unser  held,  der  damals  noch  nicht  alle  fahigkeit  verlo- 
ren hatte,  eine  superiorität  auszer  sich  anzuerkennen,  aner- 
kannte die  dieses  gewaltigen  geistes.  Fichte  Nicolais  leben  22. 
anerkennen,  durch  gerichtliches  urtheil :  so  wurden  Konradin 
und  sein  anhang  für  rauher  und  rebellen  anerkannt.  Klinger 
1,  358. 

ANERKENNENSWERTH,  spedabilis. 

ANERKENNTNIS,  f  agnilio,  apperceptio,  fast  approbatio: 
die  stillschweigende  anerkenntnis  der  erbfolge ;  da  doch  deine 
lieben  briefe,  dein  lieb  wesen,  kurz  alles  was  von  dir  aus- 
geht, mit  der  schönsten  anerkenntnis  müsle  belohnt  werden. 
Bettine  br.  1,220;  dein  eifcr,  mir  die  verlangten  gedichte  zu 
verschaffen,  verdient  anerkenntnis.  2,  89. 

ANERKENNUNG,  f  dasselbe,  gleiche  anerkennung  soll  ihm 
zu  theil  werden ;  die  ehre  ist  üuszere  anerkennung  unserer 
Vorzüge. 

ANERKÜHNEN,  forlunam  excipeie,    es  wagen.  Stieler  1047. 

ANERLE,  n.  acer  campestre,  minus,  scheint  Verkleinerung 
von  ahorn,  wie  sich  auch  agerle,  maserle  findet,  kaum  liegt 
darin  erle,  eller,  alnus,  obgleich  Adelung  anerle  weiblich  ansetzt. 

ANERSCHAFFEN,  ingignere,  verschieden  von  anschaffen  pa- 
rare :  gott  hat  uns  die  seele,  nicht  die  spräche  anerschaffen ; 
die  anerschaffende  natiir; 

als  er  mit  ihm  noch  lebte  in  anerschalTener  Unschuld. 
Klopst.  Mess.  3,487, 
der  anerschaffenen  Unschuld 
und  des  göttlichen  bjides  beraubt.   5,200; 
ihrer  schöne  beraubt,  der  anerschalTenen  Unschuld.    5,212; 
SO   könnte  mir  ja  wol  der  sattel  anerschaffen  sein,   den  mir 
der  wolthätige  reiler  auflegt.  Lessing  1, 132. 

ANERSTERBEN,  morte  obtingere,  devolvi:  wand  wir  im  also 
si  gigebin  habin,  als  e§  uns  anerstorbin  ist.  Cumel  fontes  1, 
247  a.  1291;  solch  erbegut,  daj  mich  von  minen  vatern  anir- 
storben  ist;  was  sie  danne  davon  anersterben  möchte.  Hal- 
taus 25;  des  anerstorbenen  reichs  Sicilien  beraubt.  Fischart 
biencnk.  128'.  früher  mit  acc.,  heute  mit  dat.  der  person,  wie 
bei  anerben.    s.  ansterben. 

ANERWÄGEN,  considerare.  in  der  gerichtssprache  zumal 
das  part.  anerwogen,  considerando  geläufig. 

ANERWÄGUNG ,  f.  gemeinschaftliche  anerwägung.  Hippel 
7,  111. 

ANERWÜNSCHUNG,  f  mit  anerwünsrhung  eines  frölichen 
morgens.   Ettners  unw.  doct.  28. 

ANERZIEHEN,  educando  indere:  wir  haben  angeborne  und 
anerzogene  schwächen.  Göthe  25, 164 ;  wie  sollen  aber  einem 
Volke  seine  alltäglichen,  anerzogenen  thurheiten  auffallen? 
J.  Paul  bücherschau  2,  35. 

ANETZEN,  allicere,  incitare.    s.  anätzen. 

ANFÄCHELN,  lenitrr  afflare,  ventulum  facere:  kühle  luft 
fächelte  uns  an ;  du  fächelst  mich  an  wie  der  Westwind.  Bet- 
tine tageb.  40.    s.  das  folgende. 

ANFACHEN,  afflare,  incendere,  refocillare,  doch  scheint  die 
bedeutung  des  blascns  die  ursprüngliche,  wenn  auch  die  dis 
zündens  nunmehr  vorherseht,  wie  schon  daraus  folgt,  dasz 
anfächeln,  duiTlifächeln  und  zufächeln,  desgleichen  fächer  sich 
blosz  auf  die  wehende  bewegung  beziehen,  das  einfache  verbum 
fachen  ist  heute  selten  (s.  fachen,  fechen  und  fahcn),  Hemscji, 


321 


ANFACHEN — ANFAHEN 


ANFAHEN  —  ANFAHRT 


322 


Stieler,  Frisch  kennen  weder  fachen  noch  anfachen,  wieicol 
ihnen  allen  noch  focher,  focker,  fucker  blasebalg  und  fechel 
{fächer),  fecheln,  erfecheln  refrigerare  bekannt  sind.  ahd.  und 
mhd.  Kurde  auch  keins  dieser  wOrler  bisher  aufgefunden,  die 
vervandlen  deutschen  sprachen  liefern  nichts  ähnliches,  doch 
muss  der  stamm  uralt  sein.  Oberlix  sp.  ICSC  führte  ein  mhd. 
wehen  incendere  an,  das  aber  nach  ScnMELLERS  Hadamar  494 
in  achen  zu  berichtigen  ist.  desto  bedeutsamer  erscheint  die 
einstimmung  des  lautverschobnen  allst,  pachati  agitare  (Mirlo- 
sicn  lex.  10"'),  serb.  paaü  wehen,  blasen,  sloven.  pabaü  agi- 
tare auram,  pahljati  fächeln,  opahati  anwehen,  opahljaü  an- 
fachen, anfächeln,  den  nördlichen  Slaven  entgeht  das  wort, 
(doch  s.  aufwcchcln.) 

Zuerst  bietet  sich  anfachen  dar  bei  Lcther  1,  114':  dieses 
faclit  mich  auch  un,  das  ablas  gering  zu  achten,  wenn  es 
hier  incendit,  impellit  aussagt  und  nicht  etwa  tentavit,  praet. 
ron  anfechten,  im  18  jh.  taucht  es,  nachdeni  Hagedorx  das 
einfache  fachen  in  gang  gebracht  halle,  häufiger  auf:  dieses 
gefühl  fachte  wieder  einen  funken  von  hofhung  in  seinem  bu- 
sen  an.  Wielasd  6,  95 ;  von  zeit  zu  zeit  erhielt  ein  mann 
von  talent  eine  belohnung,  welche  die  begierde  der  übrigen 
-o  heftig  anfachte,  dasz  sich  tausende  zu  tode  arbeiteten.  7,  70; 

die  loäc  Sklavin  hilft  des  weisen  lüslernheit 

durcli  listige  gesch.-inigkeit 

mit  jedem  augenblick  lebharter  anzurachea.  9,65; 

ein  wenig  wassers  nur 
ihr  leben  wieder  auzufachen.   23,38; 
geneusz,  geneusz  der  ruh,  die  dir  entzogen 
seit  ich  dies  feuer  angeraebt.   lUaLER; 

5  wäre  so  wichtig,  behauptete  sie,  die  fast  erloschene  be- 
gierde neu  zu  sein  wieder  anzufachen.  Klopst.  12,  93 ; 

ein  nOchiiger  verdacht 
auf  leeren  schein  gestutzt,  durch  lügen  angefacht. 

Gotter  2,  UM; 
durch  nichts  zum  leben  angefacht.    1,220; 
0  seiige  Jugend,  wie  sie,  lag  und  nacht 
den  ort  zu  ändern  innigst  angefacht, 
durch  wilden  bergrisx  höchst  behaglich  steigt. 

GöTUB  3,  140; 
er  facht  in  meiner  brüst  ein  wildes  Teuer 
nach  jenem  schönen  bild  geschäftig  an.    12,  171; 

illte  ich  früher  mit  dem  stürme  des  grimmes  di*^  flammen 
anfachen  und  umhertreibcn?  8,  180;  die  treflichen  blätter 
dienten  meine  liebhabcrei  anzufachen,  ohne  sie  eben  zu  lei- 
ten. 38,76;  die  wut  zu  fesseln,  die  sein  undank  in  mir  an- 
facht Klingeb  2,187; 

dann  werden  uns  die  pnrpurstreifen 
Aurorens  plötzlich  angefacht.    Platex  14. 

die  letzte  stelle  und  die  aus  Faust  meint  deutlich  entzünden, 
die  aus  Egmonl  hebt  dagegen  das  wehende  dement  hervor,  wir 
tagen  heule:  die  hofnung,  gesundheif,  den  (leisz  anfachen; 
die  kriegsdainme,  den  zorn  zur  flamme  anfachen. 

AiNF.VCHEN.  im  15.  10  jh.  zuweilen  ftir  anfahen. 

AN'FADELN,  filo  appendere,  anreihen :  perlen,  korallen  an- 
fadeln.    figürlich,  etwas  anzetteln,  anstißen,  anstellen. 

ANFADEME.N,  dasselbe  und  richtiger,  schon  im  salischen 
geselz  tit.  40  adfathamire  (ed.  Merkel  rorr.  s.  vii.  viii),  wie 
-die  kinder  die  bulten  (grundein,  gobios?  oder  hagebutten  ham- 
butlen?)  anfademen.  Fischart  Garg.  55'.    vgl.  abfädmen. 

A.NFAHFLN,  incipere,  ahd.  anafahan  (Graff  3,  394.  395), 
mhd.  anc  vdn  fiib.  2096, 1.    die  ecke  gen  mittag  sei  anfahen. 

4  Mos.  34,  3;   wenn  man  anfehet  mit  der  siehe!  in  der  saal. 

5  Mus.  !6,  9 ;  welcher  anfehet  zu  streiten,  rieht.  10,  18 ;  und 
er  wird  anfallen  Israel  zu  erlösen.  1.3,  5;  wer  sol  für  uns 
hinauf  ziehen  den  streit  anzufahen?  20, 18;  ich  wils  anfahen 
und  volcnden.  1  Sam.  3, 12 ;  da  er  das  brot  gegeben  und  ge- 
sagt halle,  das  ist  mein  leib,  fehel  en  ein  newes  mil  dem 
kelch  an.    Luther  3,  70; 

»il  w.iger  wer,  nit  rohen  an, 

dan  nach  dem  anfang  doch  absian.    Brajit  narrensck.  231 ; 

man  wolt  anfahen  essen,  seh.  und  ernsHO.  im  praet.  und  pari, 
tagt  Luther  itels  anfleng,  angefangen,  nie  anlie  und  angefahen, 
impraes.  nie  anfangen.  diserNiinroth  fehet  nii  da-;  baltylonischc 
reich  oder  kei>erthuinh  an.  Matiiesics  82' ;  miisi  er  in  Ji-n  reiten 
anfahen  zn  werken.  Wiciram ro//».  16' ;  was  sid  ich  fiihen  an? 
P.  Rerhu!«  klag  des  arm.  manns  s.  1 ;  dasz  es  anfalle  riechen 
I  Mnd  sieden.  Paracelscs  l,  t058';  welcher  maszen  der  versperrt 
iirin  sich  im  glase  anfahe  setzen.  Tiicmf.isser  prob,  der  har- 


nen, bl.  35;  wo  nun  du  anfahen  würken  will  mit  der  band. 
Brauxschweig  Chirurg.  1539  bl.  21;  ein  sollichs  res  lasz  all 
morgen  anfahen  mit  dem  tag  waiden.  Secter  rosarzn.  s.  23; 
schau  das  du  es  anfechst  mit  heil.  Scumelzl  Saul  20*.  die 
meisten  dieser  stellen  lassen  das  zu  vor  dem  in/,  weg.  Dies 
anfahen  blieb  zwar  noch  im  17  jh.  gebräuchlidi  und  Stieler 
393  verzeichnet  folgende  redcnsarlen:  die  reben  fahen  an  zu 
grünen,  es  kann  niemand  zu  früh  anfahen  zu  lernen,  wer 
viel  anfuhct,  richtet  wenig  aus,  er  fähet  das  lied  gar  zu  hoch 
an.  doch  allmälich  drang  auch  anfangen  in  das  praesens  vor, 
und  gleich  dem  einfachen  fahen  und  empfahen  ist  anfahen 
nur  noch  der  höheren  dichtersprache  gestattet.  Im  16  jh.  er- 
scheint anfallen  auch  noch  sinnlicher  ßr  anfassen,  angreifen, 
capere:  so  hat  min  herr  von  Einsidlen  recht  hin  anfachen 
und  mag  suchen  und  anfachen  . . .  alles  was  er  wil.  weislh. 
1, 149 ;  so  lasz  ich  das  ros  laufen  und  wollte  es  mein  gesind- 
lein  nicht  anfahen  lassen.  Schweixiche.n  2, 90 ;  wer  zu  klagen 
hab,  der  fahs  an.  fasln,  sp.  769, 16.  gleidibedeulig  mit  anfallen 
(anfangen)  sind  anheben  und  beginnen  und  alle  drei  von 
sinnlicher  aber  verschiedner  handlung  abzuleiten,  über  die  wür- 
zet von  anfahen  s.  fahen. 

ANFAHER,  m.  nuctor,  Urheber:  Julius  Caesar  war  anfaher 
der  römischen  monarchie.  Beisz.ner  Jerus.  2,151*. 

ANFAHHBAR,  quod  advehi  polest. 

ANFAHREN,  advehi  curru  vel  navi,  nnl.  aanvaren:  wir  fuh- 
ren an  (das  Ihor,  das  ufer);  kamen  in  das  land  Genesaretli 
und  fuhren  an.  Marc.  6,  53 ;  die  stad  loppe,  da  man  itzt  an- 
feret,  wenn  man  zu  lerusalem  feret.  Ldther  3,200'; 

Sirene,  kom  her,  du  werther  Griech,  kom  her, 
wie  wollest  du  nicht  hie  anfahren? 

Weckherlin  493; 
die  baronessin  Quant  mit  schönen  blonden  haaren 
kam  von  dem  ritlergut  mit  sechsen  angefahren.     Zachariä; 

a6er  oucA  ron  dem  fahrzeug  selbst:  heute,  nach  einer  über- 
aus glücklichen  reise,  fuhr  das  schif  an  (das  land);  Philine, 
die  auf  jedes  pferd,  das  vorbei  kam,  auf  jeden  wagen,  der 
anfuhr,  äuszerst  aufmerksam  war.  Götoe  IS,  174 ;  die  axt  fuhr 
an  die  wand  an.  bergmännisch :  anfahren,  in  den  Schacht  zur 
arbeil;  anfahren  auf  den  augenschein.  transitiv:  der  kutscher 
fährt  den  wagen  an,  hat  an  (einen  stein)  gefahren,  angesloszen, 
offendit ;  aber  da  haben  sie  angefaren  und  geiiTt.  Melaxciith. 
hauplartikel  bl.  19 ;  da  sind  wir  schön  angefahren  [vgl.  anfüh- 
ren; holz  und  steine  anfahren,  advehere.  figürlidi ,  einen 
anfahren,  adoriri,  aggredi:  er  (der  löwe)  fart  si  an,  fällt, 
greiß  sie  an.  Keisersb.  geistl.  löwe  50*;  das  mir  gleich  ein 
genshaut  anfur.  H.  Sachs  I,  501' ;  fuhren  sie  die  kaufleut  mit 
solchem  ungestüme  an.  Wicrram  ro//ir.  44 ;  nun  wolan,  so 
fahr  er  an!  Garg.  212"; 

indessen  dasz  der  Mars  bei  zweimal  sieben  jähren    - 
annoch  nicht  grausam  satt  berennt  und  angefahren 
mein  werthe»  Vaterland.  FLRat.iG  70; 

beuge  meinen  nacken  keinem,  der  mich  anrührt.  Fr.  HOller 
3,  266.  zumal  einen  mit  worlen,  schimpfreden  anfahren,  in- 
vehi,  verbis  lacessere:  und  Petrus  nahm  ihn  zn  sich,  fuhr  ihn 
an  und  sprach.  Matth.  16,  22;  die  jünger  aber  fuhren  sie  an, 
increpabant  eos.  19,  13;  ob  sie  aber  Christus  wol  eben  hart 
anferet.  Mathesius  5"; 

dann  nur  mit  worten  fuhrs  in  an.  Atrcr  29'; 

ich  fahre  keine  wittb  mit  rauben  worten  an. 
Grtphics  1,  376; 
ein  frommer  greis 

ward  jüngst  von  ihm  sehr  höhnisch  angefahren. 

liACED6R<l; 

doch  Gutmann  sprang  so  heftig  auT 
und  fuhr  ihn  drohend  an.   Göthe  47,86; 

noch  einmal  fuhr  ich  den  alten  Guelfo  an,  schleuderte  die 
last  des  künftigen  Schicksals  seines  hauses  in  sein  gewissen. 
Klixcer  I,  57:  holla,  herr  slaatsrath,  was  fahrt  ihr  mich  so 
an?  TiECK  1,48;  Kolb  Hihrt  natürlich  fort  und  fahrt  mich  an. 
J.  Paul  Sieben^-.  1,  tot.  einen  anfahren,  perrenire  ad  aliquem: 
denn  diese  sclirift  hab  ich  eilend  abgefertigt,  das  nicht  c.  k. 
f.  g.  belriibnis  anfürc  von  dem  gehöre  meiner  zukunfl.  Ld- 
ther 2,  so*,  br.  2,  141. 

ANFAHRT,  f.  advedio,  appulsus:  die  anfahrt  des  wagcns,  des 
scliifl'es,  der  steine,  der  ort  des  anfahrens,  der  hafen :  Alkeir, 
das  köstlich  gewertihaus,  anfart  und  port  in  Eg>plen.  Frash 
ire//6.  14*;  ein  örtchen  am  nördlichi-n  ende  des  sees,  und  ist 
ein  kleiner  hafen  oder  vielmehr  anfahrt  daselbst.  Götiie  27,  40. 
frither  hiesx  anvart,  ahd.  anafart  auch  irruplio,  »9/.  anfertigen. 

21 


323 


ANFAHRUNG — ANFALLEN 


ANFÄLLEN  — ANFANG 


324 


ANFAHRUNG,  f.  advectio,  inveclio ,  increpatio:  obgleich 
meine  Fragmente  blosz  materialien  sind,  so  musz  man  doch 
auch  die  anfahrung  derselben  zu  vollenden  suchen.  Herder 
1,  133;  dasz  es  genug  sei  an  der  anfarung  oder  «ortlichen 
straf.  Melanchth.  hauplart.  hl.  42. 

ANFALL,  m.  nnl.  aanval,  in  mehrfachem  sinn, 

1)  incursio,  impelus,  des  feindes,  der  krankheil :  die  feslung 
hatte  zwei  heftige  anfalle  auszuhalten;  als  nun  Straszburg 
und  andere  stell  vil  anfals  erlitten.  Frank  wellb.  36' ;  in  diese 
reis  durcii  die  wüste  hat  man  ser  vil  anfals  von  den  Ara- 
biern.  185";  sprach,  wie  bald  und  geschwinde  thue  ich  einen 
anfall.  Soltau  volksl.  408 ;  nun  erfolgte  ein  raubanfall ; 

verschanzung,  zug,  anfali,  Scharmützel,  stürm  imd  sclilaclilcn. 
Weckuerli.s  61.5; 

dasz  sie  einen  anfall  auf  diese  unbewehrte  leule  gelhan. 
Weise  kl.  leule  211; 

also  sporneten  beide  die  seligen  göttcr  zum  nnFall. 
BiJBGEK  230'; 

der  anfall,  den  das  Weltmeer  gegen  die  küslen  thul.  Kant 
8,212;  die  fläche,  die  das  feste  land  dem  anfalle  des  wassers 
darbietet,  das.;  ernsthafte  und  entscheidende  anfülle  auf  ihr 
herz  thun.  Wieland  3,284;  anfalle  von  lugend,  vorübergehend 
wie  ein  ßeberschauer ;  einen  anfall  von  dem  steine,  von  dem 
podagra  haben;  anfall  von  wut,  anfall  von  heiraten.  Lessing 
1,  346 ;  im  anfall  böser  stunde,  übler  laune.  Gotter  1,  452. 

2)  devolulio  heredilatis,  sors  hereditaria,  ebenso  bvhm.  nä- 
pad:  wer  umb  erblich  gut  oder  anfeile  klagen  wil.  ueislh. 
3,  580 ;  du  wirst  weder  theil  noch  anfall  (y).rjoos)  haben  an 
diesem  wort,  apostelg.  8,  21 ;  das  der  verkeufcr  oder  hand- 
tierer  darauf  behelt  den  anfall  und  Zuspruch,  das,  so  der  be- 
sitzer  stirbt,  das  leben  frei  wider  heim  sterbe  dem,  der  es 
Yorhin  verkauft,  verliehen  oder  verlassen  hat.  Luther  1,  290* ; 

euch  Sprech  ich  zu  so  manches  schöne  land, 
zugleich  das  hohe  recht,  euch  nach  gelegeiiheiten 
durch  anfall,  kauf  und  tausch  ins  weile  zn  verbreiten. 
GöTUE  41,  291. 

3)  anfall  heiszt  Vogelstellern  der  ort,  wo  sich  vügel  gern  nie- 
derlassen, auf  den  sie  vom  flug  niederfallen,  dickicht,  verhau, 
wo  der  vogel  seinen  anfall  hat.  Döbel  2,  207';  auf  diesem 
bogen  ist  ein  guter  anfall,  die  vögel  kommen  gern  in  hatifen 
dahin. 

ANFALLEN,  nnl.  aanvallen,  tviedcrum 

1)  incidere,  aggredi,  irrnere,  inyruere:  der  hund  fällt  alle 
leute  an;  der  feind  hat  das  land  angefallen;  feslung  mit 
stürmender  band  anfallen.  Kirchhof  mil.  disc.  ISO;  saget, 
dasz  derselbe  mit  seinen  Herulern  die  Stadt  Parmam  ange- 
fallen. MiCRALius  a.  P.  1,103; 

sie  fallen  auf  mich  an,  ein  jeder  ist  behend, 

je  mehr  leids  er  mir  thul,  je  gröszcrn  dank  zu  haben. 

Weckherlin  9t ; 
anfallen  wir  jenen, 
stark  wie  er  ist.    Stolberg  15,  210; 
was  fallt  mich  an?  cnizückung  oder  schmerzen?   Göthe. 

galt  im  \6  jh.  häufig  vom  anbrach,  ausbrach  des  welters,  desfeuers, 
der  kälte,  des  tags  und  der  nacht:  seither  man  der  Christen 
im  land  los  wer  worden,  hell  man  ruw  und  glück,  und  wer 
gleich  schön  weiter  angefallen  (eingefallen).  Frank  verbitschiert 
buch  1550.  i/.  218';  das  feucr  fallt  ein  haus  an,  ahd.  daj  fiur 
fiel  sie  ana ;  und  wirt  seilen  von  gehcr  anfallender  kell  we- 
gen alda  ein  fruchl  recht  zeitig,  weltb.  86';  also  das  bei  in 
anfallet  zu  lagen,  so  bei  uns  die  sunn  nider  gel,  die  nacht 
anfeil  und  anbricht.  211';  da  fiel  ein  solcher  hiinger  an,  das 
ellich  hungers  stürben.  223*;  als  aber  einsmals  ein  tag  käl- 
ter, dann  sonst  gemeinlich,  angefallen,  qunm  incidissct  frigi- 
dior  solilo  dies.  Fronsperg  3,  232';  als  der  tag  angefallen, 
prima  luce.  3,251';  wie  nu  die  nacht  angefallen  war.  3,278". 
nicht  anders  mhd.  schiere  viel  dö  diu  naht  an,  oder  gie  an, 
gie  zun  (vgl.  angehn).  und  von  anfallenden  krankhcitcn, 
schmerzen,  gedanken: 

diesen  fiel  ein  ficher  an.   Geliert  1,67; 

sie  war  von  köpf-  und  augenschmerzen  angefallen.  J.  Paul 
Hesp.  3, 27 ;  erst  als  der  gesang  ihnen  völlig  verhallte,  fielen 
die  schmerzen,  die  belrachtungen,  die  gedanken,  die  neugierde 
sie  mit  aller  gewalt  an.  Göthe  20,  25S;  von  tausend  emplin- 
dungen  angefallen,  die  ich  bisher  gar  nicht  kannte.  Tuxk  6, 
312;    ein   leidendes   thier  wird,   wenn   der  schmerz  dasselbe 


anfällt,  ebensowol  wimmern  und  ächzen  als  der  held  Philo- 
ktet.  Herder. 

2)  devolvi,  fürstenthum,  land,  gut  ist  ihm  angefallen;  den 
angefallenen  thron  annehmen ;  dem  erben  fällt  das  vermögen 
an.  mhd.  aber  mit  acc.  der  person:  erbe,  den  da;  guot  ane 
vellet.  so  in  der  gewalt  und  das  regiment  anfeilt.  Keisersb, 
posl.  2, 117 ;  das  gütchen  verkaufte  er,  weil  er  sah,  dasz  ihn  eine 
grosze  haushaltung  anfallen  wolle,  arme  mann  im  Tockenburg  14. 

3)  niederlassen  der  vögel:  die  vögel  fallen  hier  gern  an, 
fliegen  haufenweise  nieder,  ohne  zweifei  eine  sehr  alte  weise 
zu  reden. 

ANFÄLLIG,  contagiostis :  dann  pcstis  wird  im  leibe  des 
menschen  geheckt  vom  geslirn  und  auch  ohne  das  geslirn, 
dann  es  ist  anfeilig  gift,  welches  arbeit,  gleich  zu  verstehen, 
wie  ein  toller  hund  einen  gesunden  hund  durch  Verletzung 
auch  toll  macht.  Paracelsus  1,  336';  anfälliger  krebs.  Opitz 
Arg.  1,151;  anfällige  seuchc.  1,  223;  denn  weil  das  mensch- 
liche gemüthe  nicht  weniger  zu  neuen  irthümern,  als  alle 
schweren  dinge  den  hang  gegen  die  erde  hätten,  wäre  die 
ketzerei  anfälliger  als  die  pest.  Lohenst.  Arm.  2,  529;  eine 
lasterhafte  gesellschaft  sei  anfälliger  als  aussatz  und  pestilenz. 
2, 1539.  heute  ungebräuchlich,  man  sagt  auch  anfällige  guter, 
bona  caduca,  für  angefallene:  die  land  sind  dir  erblich,  an- 
fcllig  und  zustendig.  Fiscuart.  das  nnl.  aanvallig  bedeutet  ge- 
fällig, angenehm. 

ANFÄLLIGKEIT,  f.  contagium.  Lohenst.  Arm.  2,  790. 

ANF.\LSCHEN,  adulterare,  fremdartigen  zusalz  geben. 

ANFALZEN,  applicare,  anheften,  anbinden. 

ANFANG,  m.  principium,  initium,  nnl.  aanvang.  anfang  und 
beginn,  anbeginn  drücken  dasselbe  aus,  so  verschieden  die 
sinnliche  Vorstellung  der  Wörter  anfangeh  und  beginnen  war, 
dcj-  hochdeutschen  mundart  ist  anfang,  der  niederdeutschen  be- 
ginn zusagender,  Luther  hebt  das  alte  tesl.  aii  mit  am  an- 
fang, das  ev.  Joh.  mit  im  anfang,  auch  dort  wäre  im  anfang, 
das  mehrere  ausgaben  haben,  vorzuziehen,  die  niederländische 
bibel  gewährt  beidemal  in  den  beginne,  die  schwedische  beide- 
mal i  bcgynnelsen,  dän.  i  begyndelsen.  ob  Ulfilas  in  beiden 
stellen,  die  uns  bei  ihm  entgchn,  schrieb  in  anastodeinai  oder 
in  frumistin,  steht  dahin.  Luther  verwendet  auch  sonst  in  der 
bibel  niemals  beginn,  einigemal  anbeginn,  meistentheils  anfang. 

Anfang  bezeichnet  nun  das  erste  (goth.  frumistö)  der  zeit, 
dem  orte,  dem  geschehenden  nach:  der  anfang  (eingang,  ini- 
tium) des  Jahres,  frühlings,  sommers,  winters,  monates,  wäh- 
retid  es  vom  tag  lieber  anbruch,  von  der  nacht  einbruch  heiszt; 
im  anfang,  da  das  grumet  aufgieng.  Amos  7,  l;  anfang  der 
weit;  die  anfange  (ao/ni,  elementa)  der  nalur.  der  verzucket 
Pasquinus,  1543  8*.  C.  der  anfang  des  berges,  thales,  weges, 
Waldes,  feldes.  der  anfang  des  krieges,  kampfes,  spieles; 
überall  entgegenstehend  dem  ende  und  ausgang. 

Wie  ende  pflegt  unsere  spräche  anfang  gern  hinler  den  ab- 
hängigen gen.  zu  stellen:  seines  leidcns  ein  ende.  Luther  3, 
540';  höret  der  red  ein  ende.  Uhland  volksl.  247.  261;  der 
well  ein  ende  (vgl.  Haupts  zeilschr.  2,  275) ;  die  furcht  des 
herrn  ist  der  Weisheit  anfang.  ps.  111,10.  spr.  Sal.  4,7.  9,10; 
das  ist  der  noih  anfang.  Marc.  13,  8;  wer  soll  nun  des  Ver- 
trauens anfang  machen?  Schiller; 

machten  ihr  lieb  ein  aiierang.    Fl.  Sachs  1,  163*; 
so  ist  lieb  leides  anefang.   I,  164*; 
das  war  ircr  lieb  aucfang.   H.  4,  30*. 

Wie  bei  anfangen  und  beginnen,  schwanken  auch  bei  anfang 
machen  die  praepositionen  mit,  zu,  bei,  von :  der  anfang  soll 
mit  dir  gemacht  werden ;  den  anfang  zu  ihrer  andacht  und 
gebet  machen,  pers.  rosenth.  1,  6;  es  kann  ebenso  gen.  und 
dat.  stehn:  des  dings  einen  anfang  machen ;  diesem  furscblag 
ein  anfang  machen.  Avrer  proc.  3,  l. 

der  anfang  seh  auT  den  ausgang, 

der  ausgang  macht  gut  den  aiinuig.    I.ogau  1,  7,  100; 

das  letzte  von  der  hiizc  gibt  anfang  auf  den  frost, 

den  anfang  auT  das  trauren  das  letzte  von  der  last.    1,  10,  Ol. 

aus  geringen  anfangen  gehn  oft  grosze  dinge  lienor;  der  an- 
fang ist  an  allen  suchen  schwer.  Göthe  11,351;  aller  anfang 
ist  heiter,  die  schwelle  ist  der  platz  der  crwartnng.  20,  125; 
aller  anfang  ist  schwer,  das  mag  in  einem  gewissen  sinne 
wahr  sein,  allgemeiner  aber  kann  man  sagen,  aller  anfang 
ist  leicht.  21,  5o;  aller  anfang  ist  schwer,  am  schwersten  der 
anfang  der  Wirtschaft.  40,  252.  dasz  man  die  anfange  nicht 
ohne  noth  vervielfälligen  müsse  (entia  praeter  nccessitatem 
nun  esse  mulliplicanda).  Kant  li,  497. 


..^. 


325 


ANFANGEN 


ANFANGEN — ANTÄNGER 


326 


Adcerbia:  initio  anfangs,  im  anfang,  am  anfang,  zu  anfang; 
wie  am  anfang.  Schiller  5S9.  ab  initio,  Ton  anfang,  Ton  an- 
fang an.  mit  dem  gen.  anfangs  bilden  sich  auch  uneigentliche 
Zusammensetzungen  irie  anfungsgriinde,  anfangssilbe,  anfangs- 
zeit,  anfangswort,  deren  aufzählung  unnütz  wäre. 

ANTA>"GE.\  incipere,  nnl.  aanvangen,  früher  anfahen,  und 
ursprünglich  an  etwas  fallen  (capere),  greifen,  fassen,  also  an- 
greifen, anfassen,  anpacken,  anrühren,  wie  sich  zumal  aus 
dem  anfangen  der  tbiere  bei  der  vindication  ergibt,  der  vin- 
dicierende  muste  schwörend  das  vieh  mit  band  und  fusz  an- 
faben,  anfassen,  tTiTTcof  äxpnusroi  ofivvd'i.  IL  23,  5s4  vgl. 
RA.  5S9.  wer  zu  wallen  beginnt,  der  ao/(oi;  faszt  den  Zü- 
gel seiner  gewalt,  wer  anhebt  zu  reden,  ergreiß  das  wort, 
wer  zu  essen  anfängt,  faszt  an  die  speise.  Schmerer  deutung 
scheint  wol  das  it.  cominciarc,  sp.  conieniar,  port.  comcfar,  prov. 
comensar,  franz.  commencer,  das  sich  kaum  von  iniliare,  in- 
choare,  eher  noch  ton  incipere  {walach.  ncep,  encep)  ableitet, 
$0  auffällig  das  vorstehende  com  bliebe,  doch  -ensar,  -encer 
führt  wie  scmenza,  semensa,  semcnce  auf  sementis  gebiete- 
risch hin  auf  tommentare,  commenlari,  dessen  bedeutung  in- 
venire,  excogitare  sich  dem  beginnen  nähert. 

In  unsertn  anfangen  erscheint  die  partikel  ungewöhnlich  los 
und  lebhaß  beweglich  {qegensatz  zu  jenem  anerkennen):  er 
fängt  an  zu  sprecben,  fängt  zu  sprechen  an,  anfangt  er  zu 
sprechen,  an  zu  sprechen  fangt  er; 

soll  ich  Tielleicbt  schon  an  zu  lachen  Taneon? 

Gellem  3,  330. 
wenn  man  mit  kindern  an  zu  Ternünrieln  Hingt. 

C.  F   Weisze  r 
fängt  seine  flnger  an  zu  zählen.  Wielaxd  10,  320 ; 

da  man  selbst  freundschaftliche  briefe  an  zu  roisbrauchen 
^gt.  112; 

als  der  knabe 

leitern  an  zu  kritzeln  längt.  Göthe  4,  108; 

kaum  aber  bat  er  den  ersten  schlag  mit  dem  hammer  ge- 
than,  als  ein  hund,  der  in  einem  winkel  des  zimmers  gele- 
gen und  den  sie  nicht  wahrgenommen,  aufspringt  und  an  zu 
bellen  fdngt.  Lessing  4,  423;  sobald  aber  jener  wieder  mit 
dem  hammer  an  zu  schlagen  fangt.  4,  424 ;  wo  man  narren- 
weis an  hat  gefangen,  fastn.  sp.  '29,  29 ; 

die  frauw  zu  veainen  anefleng.  H.  Sachs  f,  624" ; 
abo  fieng  wir  erst  zu  leben  an. 

SCHWARZEXBERG    löl' ; 

diese  wortlrennung,  welche  Aoellmc  stall  sie  zu  tadeln  halle 
rühtnen  sollen,  findet  sich  nicht  bei  Llther,  der  immer  sagt: 
seine  mutter  fieng  an  zu  weinen.  Tob.  5,  25;  fieng  laut  an 
zu  schreien.  Sus.  24 ;  niemals :  fieng  zu  weinen,  zu  schreien 
an.  Selten  wird  das  zu  weggelassen:  ich  lieng  an  lachen, 
rirfere  coepi.  THUll^ElssER  archidoxa,  bl.  6. 

Bioszes  anfangen  für  sich,  ohne  beigefügtes  zu  reden  oder 
die  rede,  kann  schon  ausdrücken  loi]ui  eoepit:  einer  unter  des 
kcinigs  rätben  fieng  an,  diesen  menschen  habe  ich  zu  Reszra 
(-•eschen,  pers.  roseiUh.  1,  35;  und  ebenso  wird  auch  bioszes 
liegann  verwendet,  tat.  maximus  Ilioneus  placido  sie  pcctore 
eoepit.  ViRc.  i4en.  1,  521;  pro  vallo  castrorum  ita  eoepit.  Tag. 
hisl.  1,  16.  häufig  sieht  aber  auch  statt  des  inf.  ein  angereih- 
tes und:  er  fieng  an  und  sagte  =  fieng  an  zu  sagen;  Noah 
.iber  fieng  an  und  ward  ein  ackennann.  \  Mos.  9,20;  und  er 
ti.-ng  an  und  sprach,  öan.  2, 15.  2,  20;  Bellsazer  Hen^  an  und 
-prdcji.  Hnn.  4, 16 ;  und  sie  ficnpen  an  und  baten  ihn,  »;ofrtiTO 
Tta^axn'/.eir.  Marc.  5, 17 ;  da  fieng  er  an  und  saget,  f,o^nro 
Uyeiv.  Imc.  11,20;  niemand  war  voriiereitet,  jedermann  über- 
rnsrbt,  bis  endlich  ein  junger  oflicier  anfieng  und  sagte.  Göthe 
17.99;  ich  fange  an  und  tnnke  =  fange  zu  Irinken  an. 

Statt  des  abgezognen  anbebens  empfingt  aber,  und  das  wird 
der  ron  commencer  gegebnen  erklärung  zu  statten  kommen,  das 
irrbtim  den  sinn  machinari,  excogitare.  intenire,  der  dann  in  bio- 
szes agrre,  faccre,  übertreten  kann  :  und  das  fehet  herzog  George 
lUt  fein  an  {hat  er  sich  fein  auserdaeht).  Lcther  6,  16*;  das 
l>ucli  in  einen  unbedingten  schütz  zu  nehmen,  darauf  war  es 
utn  mir  gar  nicht  angefangen.  Lr.ssnc;  es  war  auf  sein  ver- 
derben angefangen;  fängst  dus  so  an?  das  fehlte  noch.  fiöTnE 
<>.  no;  doch  wüste  ich  nicht,  wie  ich  es  anfangen  sollte,  sie 
in  so  kurzf-r  zeit,  in  solcher  folge  zur  spraciie  zu  bringen. 
17,  27!) :  was  fauRen  wir  nun  an?  sagte  Philine.  indem  sich 
alle  auf  die  biinke  niedergelassen  hatten,  is,  f-O;  das  kind, 
das  erschrocken  und  reriegen  schien,  als  man  ihm  schon  von 


weitem  zurief:  was  hast  du  angefangen!  20,294;  in  der  mitte 
bleibt  das  problcm  liegen,  unerforscblich  Tielleicht,  vielleicht 
auch  zugänglich,  wenn  man  es  darnach  anfängt.  22,  ISO ;  es 
ist  bekannt,  dasz  die  menschen,  sobald  es  ihnen  einigermaszen 
wol  und  nach  ihrem  sinne  geht,  alsobald  nicht  wissen  was 
sie  vor  übermutb  anfangen  sollen.  23,  lOS ;  auf  die  art,  wie 
man  es  angefangen  [angestellt)  hat.  Kant  S,  66 ;  lasset  uns 
sehen,  wie  er  es  angefangen  hat  zu  beweisen.  8, 129.  es  hoch 
anfangen  {beim  gesang).  Garg.  79',  in  hohem  ton  anheben, 
anstimmen,    eine  sache  zu  hoch  anfangen. 

Bei  anfangen  finden  sich  die  praepositionen  an,  ton,  mit 
und  auf:  so  müste  ie  der  anfang  angefangen  haben  an  der 
nacht.  Lltueb  4,  4*;  sie  fiengen  an  an  alten  leuten.  Ezech. 
9,  0 ;  wir  wollen  vom  schönen  anfangen.  Wieland  1, 147 ;  der 
markis  schien  verlegen  zu  sein,  was  er  mit  mir  anfangen 
sollte.  12,  116;  geehrt  und  in  die  höhe  getragen  von  einer 
menge,  mit  der  nichts  anzufangen  ist.  Göthe  S,  23S.  es  auf 
etwas  anfangen  heiszt  es  auf  ein  bestimmtes  ziel  hin  unter- 
nehmen, es  darauf  anlegen: 

nur  weich  darauf  zu  sitzen, 

zu  sorgen  nicht,  zu  |)rangen 

daraurisfs  angefangen.    Logac; 
Petulca  war  jüngst  hin  von  ihrem  mann  entgangen, 
sprach,  denkt  ein  wenig  nach,  worauf  es  aneefangen: 
ein  acker  ist  das  weilt,  der  mann  der  ist  der  bäum, 
wann  dieser  wuczelt  nicht,  was  soll  ihm  dann  sein  räum?   1,S,93; 
obs  wahr  sei,  was  er  sagt,  drauf  mag  ein  andrer  fragen, 
er  längt  es  drauf  nicht  an,  er  wil  nur  dieses  sagen, 
was  anmut  gibt  und  gunst.   3,  215. 

Endlich  intransitives  anfangen.  Kant  bemerkt,  ziemlich  unge- 
nieszbar,  2,  365:  das  wort  anfangen  wird  in  zwiefacher  be- 
deutung genommen,  die  erste  ist  activ,  da  die  Ursache  eine 
reihe  von  zuständen  als  ihre  Wirkung  anfangt  {infit),  die  zweite 
passiv,  da  die  causalität  in  der  Ursache  selbst  anhebt,  auch 
die  lat.  eoepit  und  incipit  stehen  passiv  gleich  dem  gotk.  ana- 
slödei})  oder  ustauli,  explicit,  oder  unserm  fangt  an,  hebt  an, 
beginnt  {gramm.  4,  54):  ver  esse  coeperat,  sed  cum  rosam 
videral  tum  ver  incipere  arbilrabatur ;  der  lenz  ßngt  an,  bat 
angefangen,  man  darf  in  gedanken  ergänzen,  zu  erscheinen, 
einzutreten,  irie  bei  fieng  an,  wenn  es  redete  ausdrückt,  zu 
reden,  eoepit  loqui.  ein  anfangender  leser  ist  der  das  buch  zu 
lesen  beginnt;  die  kinder  aus  langervveile  fiengen  erst  unartig 
an,  und  aus  Ungeduld  wurden  sie  unerträglich.  Göthe  23, 133. 
Der  intransitive  sinn  wird  aber  auch  durch  den  reflexiven 
erreicht,  sich  anfangen  =  incipi :  wie  dasz  rotten  und  zweiung 
sich  sollen  auch  unter  euch  anfahen.  Llthers  hr.  3,  4 ;  zur 
selbigen  zeit  fangen  sich  die  zäne  an  berausz  tbun.  Uiten- 
BACH  roszbuch  2,  5;  in  der  läge,  worin  unsrc  bekanntschaft 
mit  ihm  sich  anfängt.  Wieland  1,26;  das  ist  das  letzte  was 
sich  so  anfängt.  27,  257 ;  so  fieng  sich  meine  abneigung  gegen 
das  kloster  an.  Gotter  3,  35 ; 

wie  solch  ein  nüizlicher  roman 
lieng  eure  liebe  sich  einst  an.   1,  44. 

iH  dieseti  stellen  allen  könnte  das  sich  auch  unterbleiben. 

AISF.XiNGEN,  .\NFENGEN,  irie  neben  ahd.  anafahan  eiH 
schwaches  anafangian,  anafengau  (Graff  3,  414),  musz  auch 
ein  von  anfahen  und  anfangen  verschiednes  anfengen  behaup- 
tet werden,  das  zumal  im  gcrichtsgebrauch  erscheint:  swer  den 
andern  anvengen  wil  umbe  sin  erb  oder  uiulie  sin  eigen,  da; 
sol  er  tun  in  demselben  teiding.  weisth.  3,666;  dannocht  sol 
die  witib  oder  die  erben  enpfahen  und  nnvengeo,  als  recht 
i<t.  3,735.    rtfl.  anvengen  «nd  fengen  tri  Schneller  1,539.  542. 

ANFÄNGER,  m.  inceptor,  auctor,  machinator,  urheiter,  nnl. 
aanvanger:  lasset  uns  aufsehen  auf  Jcsum,  den  anfanger  und 
Vollender  des  glauben«.  Hebr.  12,  i;  Christus,  ein  Ursprung 
und  anfenger  des  lebens  oder  der  auferstebung.  Llther  6, 
234';  und  bat  die  anRinger  der  aufnir  gestraft. ^IlEiszNERJrruj. 
2,94*;  nun  wisset  ihr  gemeinlich  alsammen,  dasz  ich  ein  an- 
fUnger  in  dein  anschlag  gewesen  bin.  Galmtj  12!».  Stieler  39fi 
bat  noch  anfhnger  eines  buchs  für  den  Verfasser,  heule  ist 
diese,  an  sich  richtige  bedeutung  veraltet  und  wir  verwenden  an- 
fänger  fast  nur  im  sinne  von  tyro,  lehrling :  er  ist  noch 
ein  anninger  in  der  kunst  der  Verstellung;  die  form  des 
tiucbes  war  für  den  anfänger  nicht  so  günstig,  dasz  er  sich 
selbst  lintle  aushelfen  können.  Göthe  21.  230;  sieh  doch  ob 
du  nicht  etliche  leichlc  anfängerstückchcn  fürs  clavier  be- 
kommst. Mfrch  briefs.  1.51.  doch  FiriiTK  noch:  sittliches  ge- 
sell, das  nicht  ist,  sondern  nur  durch  den  absoluten  anßinger 
des  seins  den  willen  werden  soll,  slaatsl.  24. 

21* 


327 


ANFÄNGERIN  —  ANFAUCHZEN 


ANFAULEN  —  ANFECHTEN 


328 


^    ANFÄNGERIN,  f.   sie  ist  noch  eine  anfangerin. 

ANFÄNGIG,  incipiens,  initio  apparens:  die  anfängigen  ha- 
ben das  zergehen  in  ihnen.  Pabacelsus  2, 14'. 

ANFÄNGLICH,  primilivus,  nnl.  aanvankelijk :  um  sie  her 
bewegt  sicli  ein  kreislauf  von  handarheitenden  im  reinsten 
anfanglichsten  sinne.  Göthe  21, 121. 

ANFÄNGLICH,  adv.  initio,  primitus: 

als  unser  valter  Abraham 

anfangklich  goiies  ehe  annam.  ScHWARZENnERG  156,  1 ; 

der  kaiser  recht  in  manchem  buch 

anlängklich  hei  den  haiden  such.   157, 1 ; 

dasz  man  ein  nützlich  ding,  ob  es  einem  anfänglich  schon 
ein  wenig  beschwerung  machet,  nicht  soll  hinwegwerfen.  Lok- 
man  fab.  19 ;  ein  knahe  gieng  cinsmals  heuschrecken  zu  grei- 
fen, ersähe  auch  ohngefehr  einen  scorpion  und  mcinetc  an- 
ränglich,  es  wäre  auch  eine  grosze  heuschrecke.  fab.  27;  mein 
führer  warnte  mich  anfänglich.  Rabener  2,  lOG.  heule  ist  an- 
fangs üblicher. 

ANFANGS,  adv.  initio,  in  fronte,  früher  noch  mit  einem 
von  der  subslanliveigenschaß  abhängenden  gen. :  anfangs  des 
Schwanzes  (rorncn  am  schwänz)  sol  er  einen  schwarzen  flecken 
haben.  Forer  ßschb.  27' ; 

dnnimb  befleisz  man  sich  der  lugend 

in  alln  standen,  anfangs  der  Jugend.    Ayrer370*; 

anfangs  raais  schreiben  einige  noch  heute,  gewöhnlich  heiszt  es 
anfangs  mai.  aber  dies  alles  sind  die  geringste  gründe  meines 
Verdachts,  die  wichtigsten  sind  diese,  anfangs  (d'abord)  dasz  ,  . . 
und  iiernach  dasz  . .  Lessinc  6,  .318 ;  von  anfangs  (ab  initio). 
LuMENST.  Arm.  2,  815.  ganz  veraltet  ist  für  anfangs:  auf  wel- 
ches insonderheit  für  anfangs  [für  den  anfang)  wargenommen 
sol  werden.  Fkonsp.  Icricgsb.  1, 163". 

ANFANGSBUCHSTAREN,  litcrae  initiales. 

ANFANGSLOS,  initio  carcns:  die  anfangslose  dauer.  IIai.- 
ler  CO. 

ANFANZ,  m.  frans,  dolus.  Obermn  s.  44  zieht  aus  einer 
hs.  von  fabeln,    aber  nicht  den  bonerschen,    sondern  späteren: 

nun  lieller  ein  gesellen  gut 
und  gern  erkanl  sinen  mut, 
und  ob  sin  frundscliart  werc  ganz 
gegen  ime  und  on  anfanz. 

dies  wort  hat  seine  richligkeit,  wie  aus  dem  ahd.  anavenzön 
cavillari  (Graff  3,  518)  erhellt,  s.  alefanz.  ein  verbum  an- 
fenzen  ist  gleichfalls  zu  folgern. 

ANFÄRBEN,  colorare,  tingere,  illuminieren:  mit  einem  gro- 
szcn  Strome  blutes  das  ganze  gewässer  anfärbete.  Loiienst.  yln». 
1,250;  mit  der  feder  sehr  sauber  gezeichnet,  ausgetuscht  und 
angefärbt.  Göthe  4,  184 ;'  ich  liesz  manches  abzeichnen,  anfär- 
ben, in  kupfer  stechen.  58,151;  Schoppe  besah  mit  sichtba- 
rem wolhehagen  Albanos  gereifte  gestalt:  du  hast  dich  recht 
gut  gestreckt  und  angefärbt.  J.  Paul  Tit.  5,  108.  den  wein 
anfärben,  an  fälschen;  angefärbter  pelz. 

ANF'ASSEN,  capessere,  contrcctare,  prehenderc,  nnl.  aan- 
vatten,  an  einen,  an  etwas  mit  der  hand,  mit  den  fingern, 
Zähnen  fassen :  ich  fasztc  ihre  hand  an,  ergrif  mit  meiner 
ihre  hand;  was  er  einmal  anfaszt,  hält  er  fest;  den  zügel, 
den  pflüg  anfassen;  tüchtig,  gewaltsam  anfassen; 

die  uns  in  (luch  und  hassen 
stets  pdcgten  anzulassen.    Opitz  4,  354. 
der  rettende  faszt  an  und  klügelt  nicht.    Göthe  9,  833; 
wir  Tassen  ein  gesciz  begierig  an, 
das  unsrer  leidenschaCt  zur  walTc  dient.    9,  78; 
mich  Taszt  ein  längst  entwöhnter  schauer, 
der  menschhcit  ganzer  Jammer  faszt  mich  an.    12,  137; 

dasz  er  alles,  was  in  einer  geistreichen  gesellschaft  seit  ge- 
raumer zeit  verhandelt  worden,  anzufassen,  zu  merken  und 
in  seiner  bekannten  manier  wol  darzustellen  vermociite.  20, 
307;  dieser  enthusiastische  Unwille  hatte  ihn  mit  angefaszt. 
TiECK  Sternb.  2,  309 ;  sclion  beim  halben  oder  achtelsworte 
den  ganzen  gedanken  anfassen.  J.  Paui,  dämmerungen  37 ;  vgl. 
ahd.  gidank  faj^ön  deliberare.  perlen  anfassen,  an  die  schnür 
fassen,  reihen,   s.  fassen,  einfassen. 

ANFASSEN,  n.  attactus:  am  sonderbarsten  ist  uns  vorge- 
kommen, dasz  H.  S.  das  anfassen  der  landsleutc  in  der 
fremde  auf  rechnung  der  Vaterlandsliebe  schreibt,  da  das 
doch  grad  dagegen  deponieren  könnte.  Götiik  33,  HO. 

ANFAUCHEN,  afßarc,  assibilarc,  von  thieren,  uic  katzen, 
$chwdnen,  die  sich  damit  gegen  den  angreifer  wehren,  s.  fauchen. 

ANFAUCHZEN,  frequenlativ  des  vorigen,  vgl.  anpfuchzcn. 


ANFAULEN,  putresccre:  der  bäum  fault  an;  anfaulendes 
obst;  angefaulte  äpfel;  wie  Bocrhave  von  der  galie  ange- 
merkt, dasz  sie  unter  allen  feuchtigkeiten  des  menschlichen 
kürpcrs  zuerst  anfaule.  J.  Paul  biogr.  bei.  1,  110.  vgl.  an- 
brechen,  angehen. 

ANFÄULEN,  putrefacere,  inficere:  da  eine  faule  traube  die 
andern  anfaulet.  Loiienst.  Arm.  2,  12 ;  dasz  eine  zitrone  die 
andere  durch  bloszes  anrühren  anfäulete.  2,  343;  also  hiel- 
ten sie  ihre  sie  anfaulende  faulheit  für  einen  frieden.  2,  984. 
ANFECHTEN,  impugnare,  aggredi,  tentare,  nnl.  aanvechten, 
pracl.  focht  an,  doch  könnte,  gleich  andern,  in  der  unter  anfachen 
beigebrachten  stelle  Luther  noch  facht,  und  auch  flacht  für  flocht 
gesagt  haben,  iMos.  3,  7  sieht  flochten,  nicht  flachten,  einen  an- 
fechten ist  deutlich  fechten  an  einen,  mhd.  der  lip  wil  gerne  veh- 
ten  an  die  beiden.  MS.  1,  93'.  Renn.  10251.  fastn.  sp.  707, 14. 
an  die  irrare  er  vaht.  Serval.  667.  teglich  fechten  sie  meine 
wort  an.  ps.  56,  6;  wenn  er  angefochten  ist,  wird  er  wieder 
erlöset  werden.  Sir.  33, 1 ;  da  ich  allein  im  kämpf  stund,  dazu 
aller  papistcn  anfechten  leiden  muste.  Luther  3,  334';  die 
Sünde  flehtet  on  unterlasz  an.  4,  28';  aber  das  fleisch  ist 
da  und  wehret  und  flehtet  uns  an,  dasz  wir  noch  unser  ehre, 
geiz  und  gute  tage  suchen,  fi,  39' ;  gute  leut  fachten  biszwei- 
len  dise  anlichristische  grewel  und  tcufelische  abgötterei  an. 
Mathesius  67';  etliche  fachten  die  heilige  tauf  an.  68";  ihr 
soll  sein  gänzlich  abstehen,  ihr  jungfrawen  mit  schenken  oder 
briefen  anzufechten.  Galmy  109 ;  mich  aber  warlich  in  vier 
stunden  kein  schlaf  mehr  angefochten  hat.  52 ;  wann  ihrs 
nicht  glaubet,  fleht  es  mich  nicht  an.  Fischart  Garg.  104'; 
wer  vil  versieht,  den  selben  vil  sorg  anficht.  212' ;  bald  in 
anfacht  (focht  ihn  an).  H.  Sachs  I,  486';  warum  anfechlestu 
also  den  menschen?  seh.  und  ernst  81;  es  werde  der  häu- 
fen den  belagerten  angefochtenen  leuten  zu  hülf  kommen. 
Fronsp.  kriegsb.  3,  156*  (Garg.  246') ;  millerweile  aber  gibt 
CS  ein  langsamen  und  groszen  staub,  der  also  feuwerroth  ist 
angefochten  (tuas  will  das  sagen  ?),  das  ist  die  ursach,  dasz 
die  stein  alsdann  gebachcn  und  gebrendt  seind.  2,176'; 

ein  sach  uns  hoch  anl'echten  thut.    AyrerOI"; 

sondern  den  angefoclitnen  frommen 

mit  besser  macht  zu  hilf  kommen.    130*; 

weil  ihn  des  armen  volks  anfechtungen  anfechten. 
Weckuerlin  93; 

mit  der  bauclifüll  er  uns  ficht  an.    Schmelzel  hochz.  24'; 

licht  ciwan  seinen  geist  ein  zweifei  an?    GiJMHERl029; 

was  ficht  dich  wider  an?    1033; 

dasz  ein  mit  holländischer  flaggen  bestecktes  schif  von  zweien 
barbarischen  schiCfen  angefochten  und  bestritten  wird.  Fei" 
senb.  1,  378 ; 

isis  wol  oder  übel  gcthan 

in  andrer  äugen,  das  liclu  uns  wenig  an.    Wieland  5,  156; 
wer  siebt  den  abstand  nicht 

vom  goit  der  zärtlichkeil  zum   faune? 

allein  den  reim,  die  laune  ficht 

dies  wenig  an.    9,  167  ; 

mich  licht  der  chrgciz  gar  nicht  an.    10,  164; 

ob  er  gleich  von  seiner  weisen  Schwester  wegen  seines  ge- 
schmacks  an  solchen  unnützen  posscn,  wie  sie  es  nannte, 
nicht  selten  angefochten  wurde.  11,20;  was  geier  ficht  ihn 
an,   was  fällt  ihm  ein  ?  Lessinc  ; 

das  rechte,  das  ich  viel  gcthnn, 

das  licht  mich  nun  nicht  weiter  an.    Göthe  2,  260; 
keine  Verlegenheit 

fleht  uns  an.    It,  189; 

Nicolai  danke  ich  für  seine  ankündignng  des  Zachacus,  die 
voller  misverständnisse  ist  und  mich  nicht  anficht.  Hamann 
5,  155 ;  dieser  intelligible  griind  licht  gar  nicht  die  empirisciuMi 
fragen  an.  Kant  2,  425 ;  nachher  wird  ihn  reue  und  gewissen 
und  dergleichen  genug  anfechten.  Tieck  1,  74 ;  die  mein  tesla- 
ment  gerichtlich  anzufechten  suchen.  J.  Paul  flegelj.  1. 17.  sich 
etwas  nicht  anfechlcn  lassen  bedeutet  nil  curare:  liesz  mich 
aber  nichts  anfechlcn.  Schweimchen  1,  345.  2,  21;  liesz  sich 
doch  dis  einer  nicht  anfechten.  Kirchhof  wcnrfitMm.  259';  An- 
tigone  läszt  sich  solches  verbot  nicht  anfechten.  Opitz  1, 1C3; 
der  kalender  liesz  sich  die  böse  laune,  womit  ihn  Danisch- 
mend  verliesz,  wenig  anferhien.  Wieland  8.  2Sl;  ohne  sich 
jemals  einen  gedanken  von  ehrgeiz  und  habsncht  anicchlcn 
zu  lassen.  3,  69;  und  laszt  euch  nichts  anfechten,  es  ge- 
schehe was  wolle.  Götiik  11, 19 ;  wollte  man  sich  den  eigen- 
sinn  der  spräche  anfechten  lassen.  Kant  8,  431.  das  löst  sich 
auf  in  einen  allen  doppelten  acc,    ich  lasse  deine  drohungen 


I 


329 


AXFECHTER — ANFETTEN 


ANFEUCHTEN  —  ANFLENNEN 


330 


mich  nicht  anfechten  =  lasse  dtfine  drohungen  nicht  an  mich 
fechten. 

ANFECHTER,  m.  impufftiator :  dazu  wundsch  und  biete  ich 
e.  f.  g.  glück  und  heil,  das  es  zur  gesundheit  diene  und  zur 
vericchung  des  anfechters,  amen.  LurnEn  6,  176';  anfechler 
seines  Verdienstes  und  seiner  meinungen.   Götue. 

ANFECHTIG,  impugnans:  golt  ist  nit  eigennützig  noch  an- 
fechtig. ZwiNGLi  t,  456.    s.  anfichtig. 

ANFECHTLEIN,  n.  levis  impiiynatio:  er  Michel  hat  ein 
kleines  anfechtlein  bekommen.  Luthers  br.  4,  490. 

ANFECHTUNG,  f.  iniptignatio,  tentatio:  spottet  der  anfcch- 
lung  der  unschuldigen.  Hiob  9,  23;  denn  alleine  die  anfcch- 
tung  leret  aufs  wort  merken.  Es.  2S,  29 ;  wachet  und  betet, 
das  ir  nicht  in  anfechlung  fallet.  Malth.  2i5,  41;  eine  Zeitlang 
gleuben  sie  und  zur  zeit  der  anfechtung  fallen  sie  abe.  Luc. 
8,  13;  selig  ist  der  mann,  der  die  anfechtung  erduldet.  Jac. 
1,12;  anfechtungen  haben.  Gotter  3,  69;  in  stunden  der  an- 
fechtung. 3,102;  alle  anfechtungen  übenvinden. 

ANFEILEN,  renum  dare,  rendere,  feil  bieten,  wäre  mhd. 
ane  veiien:  welicher  pawrecht  verchaufen,  versetzen  oder 
verchümmercn  wil,  der  sol  das  die  erben  an  fallen  (den  er- 
ben zu  kaufen  bieten),  treisth.  3,  727 ;  er  solle  von  rechlswe- 
gen  solches  (gut)  erst  seinen  nächsten  venvandlen  {acc.  sg.) 
anfallen.  Hohberg  1,  17. 

ANFEILEN,  adlimare,  linia  aggredi,  tcare  mhd.  ane  vilcn : 
die  münze  ist  angefeilt ;  der  dieb  halle  schon  die  Ihürschwelle 
angefeilt;  dasz  er  dem  arrestanten  den  ring  und  den  duca- 
ten  wieder  abjagte,  die  beide  zum  glücke  weder  versoffen 
waren  noch  angefeilt.  J.  Pacl  jubeis.  SS. 

ANFEILSCHE.N,  licitari,  um  etvas  handeln,  es  iei\  machen : 

dasz  es  nur  kindsclie  Unbesonnenheit, 
uur  vorwiu  war  und  eitle  pralilerei, 
die  rosse  aazufeilschen.    IieckS,  149. 

ANFEILU.NG,  f.  limalio :  ist  ein  salz,  möcht  auch  ein  al- 
kali  genant  werden,  wird  in  den  glashülten  den  goltschmie- 
den  zum  llusz  des  krelzes  und  der  anfeilung  verkauft.  Thcrx- 
EissER  magna  alch.  2,  29. 

ANFEI.NDEN,  inipiicare,  infeslare,  feindlich  angreifen :  so 
\>ird  mau  werklos,  verdrossen,  geen  unib  wie  der  schal  an 
der  wand,  feindt  uns  die  arbait  an  {die  arbeit  tcidersteht  uns, 
wird  uns  verleidet).  Frank  trunkenheit  1531.  F*;  also  werklos 
worden,  das  ihn  die  arbait  anfeindt.  J  i ;  merk,  wer  will  fein- 
den an  den  tod  {dem  tod  tciderstehn).  Schwabzenberg  127,  2. 
148,2.  151,2;  angefeindet.  Garg.  263';  der  mit  dem  gifte,  das 
den  menschen  anfeindet,  nattem  und  spinnen  sättigt.  Schil- 
ler 758. 

ANFEINDER,  m.  aggressor,  infestalor:  dasz  derogleichen  Vö- 
gel, d.  i.  anfeinder  mehr  mich  anstechen  würden.  Joh.  Scueff- 
LERS  Sendschreiben  gegen  Scherzer.  jVei^i  1664.  4.  Ali',  ein 
raubvngel  heiszl  ganz  eigentlich  ein  anfeinder. 

ANFEINDUNG,  f.  infestatio,  inimicitia:  alle  diese  anfein- 
dungen  machen  mich  nicht  wankend. 

ANFERTIGEN,  conficere,  fertig  machen,  rerferiigen:  das 
kleid  sollte  in  aller  eile  angefertigt  werden ;  das  meisterstück 
anfertigen ;  liesz  eine  saubere  abscbrift  anfertigen.  Göthe  24, 
169.  ganz  anderes  bedeutet  ein  älteres,  mehr  auf  ftersonen, 
als  auf  Sachen  gehendes  anfertigen,  nemlich  intpelere,  vozu 
Haltaus  26.  27  die  belege  hat,  denen  man  die  folgenden  beifüge: 
die  armen  lute  mit  unrechtem  gewalde  überladen  und  anlir- 
tigen.  mcisth.  3,  4S2;  man  sal  auch  keinen  milburger  anfer- 
tigen. 3,  598,  tgl.  Ortloffs  distinctinnen  s.  200.  210  von  ane- 
fertunge  der  lüde,  ro  auch  anefertigen  mehrmals  gebraucht 
wird,  das  ist  ganz  ahd.  anafart,  irruplio,  impetus  (Graff  3, 
582),  und  aiiferten,  anfertigen  drftckl  aus  auf  der  fahrt  gegen 
einen  sein,  sich  gegen  ihn  aufmachen. 

ANI-T.ltTIGUNG,  f.  Lohemst.  Armin.  2,  804. 

ANFESSELN,  ealena  constringere,  an  die  kette,  an  das  band 
fesseln:  tag  und  nacht  lag  er  bei  seinem  gold  und  silber 
gefangen  und  solches  war  auch  bei  ihm  angefesselt,  pers. 
baumg.  2, 21 ;  die  gefangnen  wurden  angefesselt  abgeführt. 
figüTlich,  festhallen:  diese  Schönheit,  deren  anschauen  himm- 
lische wesen  dir  gegenüber  anzufesseln  vermögend  wäre.  Wie- 
IA1D  2, 146;    da  «lehn  wir  angefesselt  vor  entsetzen.  Schiller; 

da«z  ihm  {dem  bäum)  keine  weller  schaden, 
resaclt  alle  siürme  an! 

ANFESTE.N,  affigere,  anheßen:   wird   mit   zweien  bandner- 

TCB  oder  senen  angefesteU    Thur<ieisser  pro6.  der  harnen  f.  36. 

ANFETTEN,  pingue  facere:  mit  kälbern  und  ferkeln,  deren 


lebenszweck  dahin  ausgehe,  wol  gerüllert  und  angefettet  fort- 
geschaft  zu  werden.  Göthe  22,  153.  auch  ton  speisen:  die 
suppe  ist  wol  angefellet,  den  kohl  sollst  du  besser  anfeUen, 
tceidmdnnisch,  den  brei  für  die  hunde  mit  butter  anfeiten. 

ANFEUCHTEN,  humeclare,  ein  wenig  nasz  machen:  ein  la- 
bender regen  feuchtet  das  dürre  land  an ;  zähren  feuchteten 
ihr  äuge  an ;  er  nahm  das  glas,  um  nur  die  lippen  anzu- 
feuchten; Saud,  mehl,  getraide,  papier  anfeuchten;  das  fcind 
hat  seine  windel  angefeuchtet,  bei  den  buchdruckem,  die 
i  ballen  anfeuchten,  tceidmännisch,  der  wolf  feuchtet  an,  laszl 
sein  Wasser  an  einen  bäum  oder  Strauch. 

ANFEUERN,  accendcre,  nnl.  aanvurcn:  den  ofen  (im  ofen) 
anfeuern,  heizen;  vil  weniger  sol  einer  oder  der  ander  das 
läger  anfewrcn  oder  verbrennen.  Frossp.  kriegsb.  3,  21*.  figür- 
lich, den  mut,  die  liebe  anfeuern ;  ilzt  bildete  er  sich  ein, 
dasz  es  lauter  menschenliebe  sei  was  ihn  anfeure.  Wieland 
6,  126;  er  feurte  sich  an  zu  wähnen.  Klopst.  Mess.  4,  172; 
ich  hab  immer  gehört,  dasz  groszmulh  groszmuth  anfeuert, 
wo  auch  nur  ein  funken  glimmt.  Kiinger  1,  156;  meine  mut- 
ler, die  früh  den  beiden  in  mir  entdeckt  und  angefeuert  hat. 
3,  22S ;  sie  suchte  seine  liebe  zu  allen  kühnheiten  anzufeuern. 

ANFICHTIG,  pugnax:  anfichlige  himmelslürmer.  Garg.  56\ 

ANFIEDERN,  weidmännisch,  dem  erlegten  federwild  einen 
ausgerissenen  kiel  durch  die  nasenlöcher  stechen  und  mit  den 
Schwanzfedern  knüpfen,   zum  tragen. 

ANFILZEN,  den  hutmachem,    bei  bearbeilung  des  filzcs. 

ANFINDEN,  adinvenire.  sich  anfinden,  wofür  heule  sich 
einfinden:  von  den  vielen  competcntcn,  die  nach  Hcnrici 
tode  sich  zum  kaiscrthum  angefunden.  Hahn  2,  221 ;  zum 
fürsten  drängt  sich  alles,  während  zum  privatmann  nur  der 
sich  anfindet,  welcher  u.  s.  w.  Excel  3,  36. 

ANFIRNISSEN,  cerussa  oblinere,  firnis  anstreichen. 

ANFISCHEN,  expiscari,  heran  fischen:  ein  zimlich  stück 
geld  zusammen  gebracht,  welches  ihm  aber  seine  junge  frau 
augefischt  hätte.   Simplic.  2,  243. 

ANFLAMMEN,  inflammare,  in  flamme  setzen,  anfeuern: 

wen  unter  euch  der  gröszie  trieb 
anflammt  die  freiheil  zu  besitzen. 

LoHK.^sT.  .4ri»i.  2,  441 ; 

das  sich  auch  kein  geringes  feuer  in  der  guten    dienteln   ih- 
ren herzen  eraugne  und  anOamme.  mägdelob  59 ; 
wie  soll  ein  ansretlammier  geist 
der  wachen  infihe  sparen? 

KMTTELspoet.  sinnenfrychte.  Colberg  1677  s.  II ; 
das  lob  deiner  Konstaozia 
hat  zur  räche  sie  gegen  mich 
angcllaninil.  Klopstoci  2,  191 ; 

wenn  du  durch  deinen  lebenden  sehwung  zu  dem  liede  dich 
aDnaramsi.  2,211; 

die  blauen,  angeflammt  von  einigen  schwärmerischen  anfiihrern, 
empörten  sich  endlich  im  ganzen  ernste.  Wiela>d  7,  92; 

bei  der,  was  du  peilian  und  was  du  anpeflamml, 
dereinst  den  kühnen  spruch  des  tadlers  doch  verdammt. 

J.  E.  SCBLKGKL  4,  Ol; 

zu  einer  edlen  Ihat  gehQlfen  aozuflammen. 

Götter  2,  156; 
wie  Oammete  den  heiigen  mann  das  an! 

HEROF.R  6,  63. 

ANFLATTERN,  advolilare:  ich  sehe  die  vögel  anflattern; 
als  die  morgenluft  wie  ein  flügel  mich  anOatlerte.  i.  Paul 
Tit.  2,  59 ;  soll  dennoch  ähnlichkeil  bleiben,  so  mag  ßoileaii 
als  eine  satirische  distel  für  annattemde  Schmetterlinge  blü- 
hen,   dessen  aesth.  1, 10«. 

ANFLECHTEN,  appleetere,  anneeiere,  nnl.  aanvlechten,  daran 
flechten,  anspinnen. 

ANFLECKEN,  maculam  adspergere,  conlaminare,  beflecken: 
er  lleckt  ihn  mit  einem  ewigen  schimpfe  an,  aelemas  macu- 
las  ei  aduril.    Stiele«  49$. 

ANFLEHEN,  implorare,  noch  mit  doppeltem  acc,  oder  der 
praej).  um : 

das  flehen  wir  und  unsre  klnder 
Vorsehung  dich  an.        Klopst.  1,  160; 

laszt  uns  golt  um  hülfe  anflehen. 

A.NFLE.NNEN,  flentem  ringi,  angrinsen,  anfleltdien: 

er  Wer  n/fe)  merket  baldn  wer  in  eft, 

zu  non  treibet  oder  vt'rblefl, 

des  spott  er  auch  und  llcni  in  an. 

tiiGmyvs  affenspirl  I57I.  B*; 

(lüszt)  der  spölterschwarm  auf  sich  das  maul  aufspeim, 
sich  flennen  ao.    Lobiast.  geistl.  geä.  40,  76S; 


331 


ANFLETSCHEN  —  ANFLUCHEN 


B.  komm  fort,  brüderchen,  wir  wollen  den  heidelbeeren  die 
köpfe  brave  abbeiszen.  7.  wenn  sie  uns  was  Ihun  wollen, 
so  wollen  wir  ein  schwarz  maul  machen  und  sie  brave  an- 
flennen. Weise  eomöd.  26.   vgl.  angreinen. 

ANFLETSCHEN,  os  in  aliqucm  torquere,  anblecken,  angrin- 
sen, einem  die  zahne  weisen:  der  hund  fletscht  uns  an.  vgl. 
angrinsen. 

ANFLICKEN,  assuere:  dem  mantel  purpurlappen  anflicken ; 
es  möchte  noch  alles  gehen,  wann  er  bisweilen  doch  nur 
eine  Wahrheit  mit  anflickte,  pol.  colica  261 ;  wo  ist  der  Schrift- 
steller, dem  ich  nicht  eine  gotteslästerung  anflicken  wollte? 
Lessinc;  die  schwalbe  hat  ihr  nest  ans  haus  angeflickt; 
an  diese  nacht  zwei  andre  anzuflicken.    Gotter  3,  lxxvi; 

über  der  Stadt  sahen  wir  an  einer  felsenwand  eine  kleine 
kirche  mit  einer  ansiedele!  angeflickt.  Gütiie. 

ANFLIEGEN,  advolare,  nnl.  aanvlicgen,  herzufliegen:  der 
storch  fliegt  an;  der  adler  fliegt  gegen  die  sonne  an;  die 
Sperlinge  kommen  haufenweise  angeflogen ;  ganze  scharen  von 
heuschrecken  fliegen  an;  futter  streuen  dasz  die  goldammern 
anfliegen  (vgl.  anfallen) ;  eine  kugel  kam  durch  die  luft  an- 
geflogen, an  die  mauer  geflogen,  sprühende  funken  flogen  an 
das  dach  an.  im  forstwcsen,  das  holz  fliegt  an,  es  ist  viel 
junges  holz  angeflogen,  angeflogenes  holz,  von  tangelholz, 
dessen  same  umfliegt  und  von  selbst  aufwächst,  von  laubholz 
gebraucht  man  aufschlagen,  doch  gilt  anfliegen  auch  von  an- 
derm  als  dem  nadelholz:  grosze  strecken  sind  mit  weiden 
und  pappein  angeflogen.  Gütiie  28,  9.  in  der  anwendung 
heiszt  es  schön :  die  wange  ist  ihm  mit  hart  angeflogen,  in 
der  edda  steht  für  hart  kinnskugr,  kinnwald : 


als  er  zum  Jüngling  nun  gereift  und  um 
das  kinn  das  zarte  niilchliaar  angeflogen. 


Schiller. 


im  bergbau,  angeflogenes  erz :  man  findet  auch  angeflogen 
und  angeschmogen  schneeweisz  silber,  als  hct  es  ein  gold- 
schmid  ausgesotten.  Mathesius  2S";  angeschmeicht  oder  ange- 
flogen Silber.  02";  die  flüchtige  metall,  als  gold  und  silber 
von  den  erzen  zu  scheiden,  welchs  die  Lergsleut  angeflogen 
nennen.  Paracelsijs  l,  904';  schieferstein  mit  angeflognem 
kupfer.  lustg.  268.  Figürlich  von  schnell  und  plötzlich  an- 
kommendem: das  fieber  flog  ihn  an;  er  ist  von  der  seuche 
angeflogen  worden,  weil  man  sich  viele  krankheiten,  nament- 
lich fieber  in  gestalt  von  vögeln  und  Schmetterlingen  dachte;  so 
doch  auch  die  schrift  klar  sagt,  das  uns  so\chs  {die  erbsünde) 
alles  nicht  angeflohen,  sondern  angeboren  sei.  Jonas  bei  Lu- 
ther 6,  381* ;  da  nun  der  flcisz  ohnehin  meine  sache  nicht 
war,  denn  es  machte  mir  nichts  vergnügen  als  was  mich  an- 
flog. GöTHE  25,  157 ;  wie  reizend  stehen  Rabetten  die  anflie- 
genden errölhungcn.  J.  Paul  Tit.  2,  228,  wie  es  sonst  heiszt, 
dasz  eine  röthe  über  das  gcsicht,  die  wange  fliege;  da  flog 
eine  sanfte  rüthe  ihre  wangen  an.  Thümmels  reisen  o,  371.  7,  9. 
8,  50 ;  plötzlich  flog  ihn  eine  freude  an.  TU.  4,  44 ;  einer  der 
keckesten  gedanken,  welcher  ihn  unter  Klothars  gartenthürc 
anflog,  flegelj.  2,  93 ;  jeder  mensch  ist  ein  stehender  gottes- 
acker,  weil  unser  fleisch  aus  todtenstaube  anflog,  biogr.  bei. 
1,  18 ;  gegen  die  verzehrende  sonne  der  majcstät  anzufliegen. 
Schiller  147. 

ANFLIEHEN,  confugere  ad  aliquem:  dann  dasz  die  büclicr, 
die  mächtig  genug  sind,   einen  jeglichen,   der    sie   anfleuchl, 
nechst  golt,  aufzurichten.  Opitz  1,  124  (vorr.  von  Zlatna) ; 
drumb  fleuch  den  herren  an 

und  wirf  dein  thun  und  holTcn  ganz  auf  ihn. 

Opitz  p«.p.  53; 

fragt  nach  dem  herren  und  der  stärke, 

die  er  bezeigt  durch  seine  werke 

und  flieht  allzeit  sein  antlitz  an.    ps.  p.  197; 

so  wft-;  man  segeln  kann, 

fleucht  olle  weit  dich  an.    ps.  142; 

der  hfrr  macht  alles  wol,  er  pflegt  in  aller  nein, 

man  flieh  ihn  nur  drum  an,  auch  wieder  ant  zu  sein. 
LoGAU  1,  9,  54. 

heute  ganz  ungebräuchlich,    vgl.  anflehen. 

ANFLIESZEN,  affluere,  fluendo  accedcre,  nnl.  aanviicten, 
heran flicszen:  das  wasser  flieszt  heftig  an;  die  flut  koniml 
angeflossen;  ein  leichnam  flosz  an  {das  ufer). 

A.NFLÖSZEN,  flumine  advehere:  holz  anflöszcn;  das  was- 
ser fli'iszt  hier  land  an ;  angeflösztcs  land. 

ANF'LUCHEN,  imprecari,  böses  anwünschen: 

sie  {die  feinde)  pflepcn 
mein  eilend,  pein  und  kreuz  auch  andern  anziifluclien. 
Wkckhihlin  206; 


ANFLUG— ANFRIEREN 

wo  der  wanderer  kräftigen  fluch  dir 
anfluchl.  Voss  2,  206. 


332 


ANFLUG,  m.  advolatus,  nach  den  verschiednen  bedeulungen 
des  anfliegens.  anflug  der  feuerfunken,  anflug  des  gevögeis : 
sieh  diese  kleine  brut,  diesen  gcfuhrlich'cn  anflug.  Göthe  14, 
94.  anflug,  holzanwuchs :  anflug  des  tangelholzes ;  dem  an- 
sehen nach  ein  später  anflug.  Moser  1,  5 ;  drauszen  im  an- 
fluge,  im  hintergrund  des  Wäldchens.  J.  Paul  llesp.  1,  160. 
anflug  des  erzes,  spuren  im  gcstcin.  anflug  im  gesicht,  schnell 
erscheinende  und  schwindende  röthe,  anflug  der  krankheit. 
miene  mit  einem  anflug  {engl,  touch)  von  Schwermut. 

ANFLUSZ,  m.  profluvium:  die  Nagolt  nimbt  ihren  anflusz 
hinder  dem  städtlein  Altensteig.  Thürneisser  von  wassern  p. 
194.     ahd.  anaflu;  inundatio  (Gräff  3,  752). 

ANFLÜSTERN,  insusurrare:  der  wind  flüsterte  mich  an, 
die  blätter  flüsterten  sie  an. 

ANFLLTEN,  adundare,  inundare,  stärker  als  anflieszen, 
die  wogen  fluten  gegen  das  schif  an. 

ANFODERN,  s.  anfordern,  aufmerksames,  anfoderndes 
äuge.  TiECK  g.  n.  2,  44. 

ANFÜDERUNG,  f.  sich  einer  anfoderung  weigern.  Lessiug 
6,  369. 

ANFORDERN,  postularc: 

ich  hab  gedient  so  manchem  man, 

und  dürft  kein  Ion  im  fordern  an.    Ml'R.ner  44,  6; 

dem  fordert  der  den  unkost  an, 

den  er  zum  rechten  hat  vertan. 

Thürneisser  archidoxa  fol.  15. 

für  ihr  recht  anfordern.  Garg.  157*. 

ANFORDERUNG,  f.  exactio:  harte  anforderungen 
ANFORMEN,  efformarc:  den  hut  anformen; 

verdrusz  und  langeweile  haben  dir 

es  angeformt  und  angegossen.    Herder  3,  59. 

ANFORSCHEN,  scrutari,  anfragen :  sie  hatte  verschiedentlich 
angeforschl,  ob  nicht  eine  annäheiting  denkbar  sei.  Göthe  17, 3S1. 

ANFRAGE,  f.  interrogatio,  nnl.  aanvraag,  an  einen  gerich- 
tete frage :  anfrage  thun. 

ANFRAGEN,  interrogare,  frage  an  einen  richten,  in  den 
rechlsurkunden  des  mittelalters  ößer:  fragt  ich  an  den  ring 
was  rechts  war,  z.  b.  M.  B.  27,  415.  man  sagt:  bei  einem, 
aber  auch  an  einen  anfragen,  z.  b.  Heynes  br.  an  Joh.  Müller 
s.  225.  Die  Mailänderin  von  einem  ofnen,  nicht  sowol  an- 
sprechenden als  gleichsam  anfragenden  wesen.  Göthe  29, 125. 

ANFREIEN,  procare,  tixorem  ducendo  acquirere,  freien  und 
sich  erfreien:  ich  habe  ihm  meine  nichte  angefreit,  er  freite 
sich  ein  beträchtliches  gut  an; 

da  ich  mich 
ein  weih  dir  anzufrcin  verpflichtete.    Platen246; 
mir  ihrer  band  ihr  recht  mir  anzufreien.    Schiller. 

ANFREMDEN,  fehlerhaft  für  anfremmcn,  anfrümmen;  ihm 
so  viel  geld  zur  Verfertigung  dreier  paar  schuhen,  welche  er 
bei  ihrem  liebsten  anfremden  sollte,  gab.    Salinde  18t. 

ANFREMMEN,  mandarc  opifici  ut  conficiat,  bestellen,  anbe- 
stellcn,  sich  ein  paar  schuh  anfremmen.  F'risch  1,  291';  einen 
guten  Schilling  anfriemcn.  Simplic.  1,  397  {ed.  1669,  429  fehlt 
die  stelle),  s.  hernach  anfrümen.  beide  formen  sind  all  und 
zum  ahd.  gifremian,  gifremman,  gifrumian,  gifrumman  per/S- 
cere,  exhibere  gehörig. 

ANFRESSEN,  adedcre,  ambedere,  comedere,  arrodere:  der 
hund  hat  das  fleisch,  die  kalzc  den  braten,  die  maus  den 
käse  angefressen,  an  das  fleisch,  den  braten  gefressen;  ein 
von  den  raupen  angefressenes  blatt ;  der  rost  friszt  das  eisen, 
das  Scheidewasser  die  haut  an;  die  Säulen  stehen  noch  auf- 
recht, obgleich  durch  zeit  und  Witterung  sehr  angefressen. 
Göthe  37,  tSl.  figürlich,  schon  hatte  die  üppige  flamme  der 
thierischen  liebe  den  hohen  sinn,  die  feste  klugheit  des  wei- 
bes  angefressen.  Klinger  5,  3S0;  er  dachte  an  einen  unschul- 
digen, vom  verdachte  angefressenen  freund.  J.  Paul  uns.  löge 
2,34;  ihr  seid  nichts  nutz  hier,  eure  freunde  haben  euch 
angefressen,  ihr  geht  drauf,  wenns  so  fort  geht.  Lenz  1,  221. 
sich  anfressen,  sich  mit  speise  anfüllen,  dicker  fressen. 

ANFRETZEN,  comedere,  verhält  sich  xu  anfressen  wie  über- 
haupt frelzcn  zu  fressen,  elzen  zu  essen: 

die  pferd  die  lian  schon  angofrolzi.    fastn.  sp.  206,  2. 

ANFRIEREN,  adgelari,  fest  frieren,  nnl,  aanvriczen:  da.s 
glas  fror  auf  dem  tische  an,  die  blume  an  dem  fenster; 
auch  mit  dem  acc,  der  stein  friert  an  die  erde  an ;  dieses 
ans  eisfeld  des  lebcns  angcfrorne  vaterherz.   J.  Paul  Tit.  1,  6 ; 


333 


ANFRISCHEN  —  ANFRISTEN 


ANFRÜMEN  —  ANFÜHREN 


334 


gestöber  des  schnees 
fiel  anfrierend  herab.        Voss  Od.  14,  477 ; 
der  ritler  bleibt  wie  angeHoren  stehen.    WiEiiSD  ; 
angefiorner  schnee,  nives  solo  duratae. 

ANFlllSCHE.N,  refrigerare,  refocitlare,  animare,  frisch  machen, 
kräßigeii.  der  regen  frischt  den  boden  an.  den  wein  im 
glase  anfriscLen,  mehr  hinzugieszen,  die  gläser  anfriscben ; 
die  blumen  im  glase  anfriscben,  icasser  zugieszen.  den  teig 
anfriscben,  nochmals  säuern;  die  becker  frischen  den  Sauer- 
teig an.  bergmännisch,  die  pumpen  anfriscben,  indem  man  oben 
icasser  hinein  gieszt,  dnsi  sie  besser  ziehen,  ueidmännisch,  die 
hunde  anfriscben,  auf  frische  fährte  leiten,  frischauf!  zurufen: 

alK-in  der  Weidmann  weisz  ille  stöber  anzufrischcn. 
IIagedorm  2,  133; 

sucht  ihn  der  schäfer  oft  im  welilauf  anzufrischen.  2,  131 ; 
mein  jiiger  frischt  seinen  bund  an,  hetzt  ihn.  ehe  eines 
mannes  245.  daher  entnommen  scheint  das  häufige  anfriscben 
ßr  antreiben,  anregen:  auch  liesz  er  ein  lebendig  kalb  hin- 
bringen und  mit  salz  zum  salat  anfriscben  {anreizen  salat 
XU  fressen).  Simplic.  1,  128 ;  ein  fürst  ward  angefrischt,  das 
konigreicb  Frankreich  zu  überziebn.  Zinkgref  2,  15»;  also 
ist  seine  wenige  mannschaft  angefriscbet  mit  zusammen  ge- 
setzter macht  auf  den  feind  losgangen.  pfi-s.  rosenth.  1,  4 ; 
weil  sie  (die  Engländer)  mit  dem  künig  zu  Jaccatra  in  gu- 
ter freundscbaft  stunden  und  denselben  wider  sie  (die  Hol- 
länder) anfrischeten.  Olearils  orie/i/.  ins.  169G  s.  150 ;  als  ich 
viel  von  einem  jungen  Soldaten  in  Soest  hört  rühmen,  was 
treflicbe  beuten  und  groszen  namen  er  ihm  mit  parteigehen 
machte,  ward  ich  angefrischt  ihm  nachzufolgen.  Simplic.  1,  434; 
ohngeachtet  sie  von  unserm  leiblichen  bruder  hierzu  treflich 
angefriscbet  wurden.  Felsenb.  1,  319 ;  viele  andächtige  pcrso- 
ncn  haben  mich  angefiischel,  selbst  band  an  ein  so  löb- 
Hcbes  werk  zu  legen.   Liscov  s.  7 ; 

CS  lebe  liifall,  und  wer  ihn  ansrefrischt 

durch  seinen  fall  berühmt  zu  werden.    Wiell-^d; 

worauf   der    höfliche    fechtmeister    nur  leise  zu  quartslöszen 

anfrischte.    J.  P.ill  7"i7.  1,120; 

was  der  vaier  sagt,  das  thul  sie, 
angefriscbl  von  seinem  lobe.    Tieck  1,  27. 

Doch  ist  uns  heutzutage  anfrischen  nicht  sowol  ermuntern, 
als  auffrischen,  erfrischen,  neu  beleben,  erquicken  und  anfa- 
chen, wir  frischen  unser  gedachtnis  über  etwas  an,  indem 
wir  die  erblichene  erinnerung  neu  färben,  frischen  das  liebt 
an,  indem  vir  öl  aufschütten,  den  docht  schüren : 

indesz  der  lampe  zarte  (lamme, 
dem  winde  klug  entrückt  und  sparsam  angeTrisrhl 
nur  mit  dem  morgcnroth  erlischt.    Götter  3,  324; 

jetzt  frischt  zu  neuer  lust 
er  sich  mit  nectar  an.  1,  C2; 

wie  sollten  sie  nicht  mich  zur  hofnung  anfrischen.  Schiller 
&G7 ;  dieser  Wechsel  frischt  die  erschöpfte  sinnliciikeit  wieder 
an.  1143;  als  er  sich  entschlosz  mit  den  dichterischen  ver- 
suchen seiner  Jugend  das  abnehmende  feuer  wieder  anzufri- 
schen. GöTHE  1»,  125;  Iflland,  welcher  uns  durch  acht  seiner 
\orstellungen  anfriscben"  wollte.  31,  78;  meine  bewunderung 
jener  märchen  erhöhte  sich  oder  vielmehr  sie  frischte  sich 
an.  32,  t7C;  wobei  denn  freilich  scheint,  dasz  die  gute  fürstin 
in  einer  gewissen  epoche  aufgehört  bat  ihre  baudbibliothek 
zu  completieren  und  ihre  musikalien  anzufrischen.  33,  23S ; 
ihr  seid  noch  verderbter  durch  die  vemunfl,  als  durch  euer 
ben,  das  jene  nun  ganz  auftrocknen  will,  ich  aber  rathe 
«uch,  es  ein  wenig  anzufrischen.  Klincer  10, 153;  um  die  er- 
müdeten   zu    trösten    und   anzufrischen.    Tieck  Sternb.  2,  1S2. 

ANFHISCHEK,  ni.  refocillalor :  du  bist  ein  anfriscber  un- 
serer lechzenden  hofnungen.  auf  hcrghütten,  der  arbeitet  ßr 
das  schmelzen  des  erzes. 

ANFRISCHFELEH,  n.,  in  welchem  angefrischt,  das  erz  aus- 
geschmolzen vird.     gegensalx  des  flammenfeuers. 

ANFIUSCHOFEN,  m. 

ANFHISCIISCHLACKE,  f.  die  beim  anfruchen  des  erzes 
übrig  bleibende  sdtlacJie. 

ANFHISCIIL.NG,  f.  refocillatio,  in  allen  bcdeulungen  des 
anfrischens :  zur  anfrischung  einer  thütigkeit,  die  gar  bald 
lu  erscIilalTen  pflegt.  Götbe  31,  51;  (ein  geist),  für  dessen 
ewige,  allseitige  anfrischung  vorzüglich  gesorgt  ist.  Fichte 
deduc.  plan  112. 

ANFHISTEN,  ansas  dare,  occasionem  praebere,  instruere 
aliquem:  goll  wolle  ihre  arbeit  dem  werthen  valterland  zum 


besten  segnen  und  sie  zu  mehrerem  anfristen.  Philasd.  1,699; 
es  hat  mich  mehr  als  tausendmal  gereuen,  weil  ich  im  aus- 
kehren fundcn,  dasz  auch  diejenige,  so  mich  dazu  angefristet 
halten,  mir  hernachmals  schäle  äugen  dargeworfen.  2,  &76. 
ein  den  trOrterbücheni  abgehendes,  nicht  mit  anfrischen  {so 
sehr  sich  die  be^eutung  nähert)  zu  vermengendes,  aber  schon 
ahd.  uort:  anafrista,  anafrislunga  occasio.  Graff  3,  S37. 
ANFRÜMEN,  ANFItÜMMEN,  Kie  anfremmen: 

er  ihut  in  köstlichen  kicidern  gan 

und  wird  uns  gewis  was  rriimen  an.    Atre«  fasln.  7*, 

d.  i.  eine  arbeit  bei  uns  bestellen,    vgl.  Schm.  1,612. 
ANFÜGE,  f.  scriptum  annexum,   die  anläge. 
ANFÜGEN,   annectere,   nnl.  aanvoegen :    ein   bret   anfügen, 
ein  papier  anfügen,    einige  schreiben  anfügen:    mehr  als  eine 
rindsbaut  von  innen  angefugt.    Stolb.  11,  422,    Unterscheidung 
eines  intransitiven  anfügen  vom  transiliveti  anfügen  läszt   sieh 
nicht  durchßhrcn.     sich  anfügen  umschreibt  jenes  sicherer: 
der  ring  hat  . . .  auch  diese  eigenschafl, 
an  jeden  linger  stracks  sich  biegsam  anzufügen.    Wieia.nd. 

LonENSTEiN  braucht  es  ßr  zufügen:  die  mir  angefügte  belei- 
digung.  Arm.  2,  106. 

ANFÜGUNG,  f  anncxio:    unter    anfügung   meines  gniszes. 

ANFÜHLEN,  altrectare,  ladu  explorare:  ihre  band  war  weich 
wie  sammet  anzufühlen,  fühlt  sich  weich  an;  fühlt  man  die  haut 
an  (an  die  haut),  so  erscheint  sie  raub;  wenn  ich  ihm  die  recb- 
nungen  durchsehen  half,  konnte  ich  ihm  anfühlen,  wie  glück- 
lich er  war.  GörnE  20,  47;  sie  haben  sich,  man  fühlt  es  ih- 
nen wol  an,  nie  verwirrt.  20, 175 ;  wenn  ich  ihnen  anzufühlen 
glaube,  dasz  sie  ihre  gesellen  in  eben  dem  grade  verachten, 
als  ich.  Klinger  1,  176;  man  fühlt  dir  den  Spartaner  au, 
doch  nur  an  deiner  ungeschlifl'enheit.  2,  37S;  ihr  {meiner 
sittlichen  kraß)  danke  ich  das  eigne,  das  man  meinen  wer- 
ken anzufühlen  glaubt.  9,  2S3;  jeder  meiner  darstellungen 
würde  man  es  anfühlen,  dasz  die  quelle  nicht  mehr  strömt. 
9,  2S4 ;  man  glaubt  ihnen  anzufühlen,  als  schämten  sie  sich 
des  vergangneu.  11, 120 ;  die  ihm  gern  entgegen  kommen,  weil 
sie  ihm  anfühlen,  dasz  er  auch  das  schwächste  und  verwerf- 
lichste in  ihnen  ehrt  und  vertheidigt.  Tieck  4,  50;  dasz  sie, 
lieber  freund,  ein  verliebter  sind,  habe  ich  ihnen  angefühlt. 
yes.  nov.  5,  79 ;  wir  (Deutschen)  freilich  können  uns  unsere 
eigentbümlichkeit  nicht  selber  ansehen  und  anfühlen.  J.  Fall 
uesth.  3,  2S.  kühn  Claldils  5,  19 :  in  tugendhaften  menschen 
ist  etwas  groszes  und  ewiges,  sie  fühlen  sich  unsterblich  an, 
ohne  das  an  iräre  die  phrase  ganz  geicöhnlich.  oder  meint  es 
palpantur?  sie  sind  unsterblich  anzufühlen,  man  fühlt  ihnen 
das  unsterbliche  an  ? 

ANFUHR,  f  advectio,  anfuhr  der  steine,  des  holzes;  die 
anfuhr  wird  unterbrochen,  ehe  sie  bis  zur  bälfte  gekommen 
ist.  Heroer  i,  20. 

ANFÜHREN,  adducere,  advehere,  ahd.  auafuorao,  nnl.  aan- 
voeren,  i«  folgenden  bedeulungen 

1)  einen  anführen,  anleiten,  an  eltias  füiiren,  leiten,  un- 
terweisen, unterrichten,  anführen  zum  lernen,  zur  Wissenschaft, 
zur  tugend,  d.  i.  ßhren  an  das' lernen,  au  die  lugend:  zu 
rechter  weis  anführen.   Fischart  Garg.  172'; 

wer  nimmer  nichts  versucht,  der  weisz  nicht  was  er  koo, 
die  Übung  würkt  uns  aus,  versuch  der  führt  uus  an. 
LoGAU  2,  2,  73; 

sie  glaubte,  ein  artiger,  junger  lebnneister  würde  geschickter 
sein  als  sie  selbst,  mir  die  neue  kunst,  wozu  sie  mich  an- 
führen wollte,  angenehm  zu  machen.  Wieuvnd  12,  93 ;  hat 
man  uns  nicht  angeführt  bei  jeder  begebenbeil  auf  die  Ur- 
sache zu  denken.  Lessinc  6,  23;  daher  die  wenigsten  zum 
gebrauche  des  diamantpuUers  angeführt  werden  könnten. 
s,  9G;  in  meiner  kindheit  wurde  ich  schon  dazu  angeführt. 
Tieck  15,  293.  nochmals  drückt,  was  schon  im  an  gelegen 
war,  die  praep.  zu  aus. 

2)  beer,  volk,  leule  anführen,  rf.  i.  an  den  feind,  gegen  den 
feind  führen,  exercitum  ducere  in  hostem  {wie  anfechten,  an 
(/e»  feind  fechten),  unsere  alle  spräche  musz  einmal  dafür  ge- 
sagt haben  heri  ziohan ,  weil  sie  herizuhu,  herzog  bildete, 
ebenso  den  chor,  reigen  anführen,  die  Innsenden  an,  gegen 
einander,  wenn  ich  mich  munter  fühle  zu  den  gesciiäftcn  des 
tags,  dann  ist  mirs  wol,  dann  treib  ich  eine  Zeitlang  herum, 
verrichte  und  ordne  und  führe  »leine  leule  au  {die  geschaße, 
arbeit).  Göthe  10,  119.  Wiederum  liesz  die  spruclie,  des  ge- 
fühls  der  eigentlichen  kraß  dieses  an  verlustig  gegangen,  an- 
führco  auch  dann  fortbestehen,  wo  die  torstellung  des  feinies, 


335 


ANFÜHREN— ANFURT 


ANFURT  — ANG;vNGER 


336 


des  gegcnlheils  unbcregl  war,  und  gehrauchle  anführen  für 
bloszes  füliren.  der  doppelte  acc.  das  heer  an  den  fcind 
führen  ward  zu  einem  einfachen :  das  heer  anführen  = 
füluen. 

3)  aus  solchem  anführen  hat  sich  eine  ironische  bedeulung 
ergeben,  die  für  die  ältere  spräche  nicht  nachzuweisen,  doch 
auch  schon  vorauszusetzen  ist:  du  liast  uns  schön  angefülirt, 
meint,  den  umständen  nach,  übet,  schlecht  angeführt;  ja  es 
kann,  in  gleichem  sinn,  ohne  allen  beisalz  gesagt  werden :  du 
Last  uns  angeführt,  betrogen,  fefellisti  spem  nostram,  auf  ähn- 
liche weise  heiszt  es :  einen  (ühcl)  ankommen,  anfahren  lassen, 
zum  besten  haben,  so  hat  er  lust  dich  anzuführen.  Salin deibd; 
führt  ihr  mich  an,  so  lasz  ich  euch  künftig  stecken.  Götiie 
17,  23;  wir  hatten  uns  in  unsern  knabenjahren  einander  oft 
angeführt.  24,  2G5,  meist  scherzhaft  und  gutmütig,  doch  auch 
böse  gemeint:  er  hat  das  arme  mädchen  angeführt  (verführt), 
hernach  sitzen  lassen;  lasz  dich  nicht  anführen; 

heb  dich  an  galgen,  du  slreusgüllein, 

du  schinorolzer  und  galgcuhun, 

woltst  du  mir  verl'üren  mein  sun, 

mit  bubenslückun  Itiren  an, 

das  er  mir  aucli  kein  gut  solt  ihan.    II.  Sachs  I,  233', 

was  doch  auch  heiszen  kann  in  bubenstücke  einweihen,  volks- 
mdszig :   angeführt,  angeschmiert!  angeführt  mit  löschpapier! 

4)  anführen,  advehere,  heranführen :  steine  und  ziegeln  müs- 
sen angeführt,  herangefahren  werden ;  wie  wenig  wir  noch  ma- 
terialien  angeführt  hahen.  Herder  1, 176. 

5)  sonst  auch  ein  kleid  anführen,  anhaben,  am  leibe  tragen, 
er  nimmer  weder  in  streit  noch  turnier  reit,  das  er  ir  ober- 
kleid  nie  anfiiret  {ohne  ihr  oberkleid  anzuhaben).  Bocc.  186. 

6)  anführen,  allegare,  proferre:  ein  wort,  eine  stelle,  ein  buch, 
einen  Verfasser  anführen,  zum  zeugen  beibringen,   eitleren. 

ANFÜH1{EH,  ni.  instructor,  dux:  ich  lerne  englisch  ohne  an- 
fülirer.  Radener  6,  228.  anführcr  des  heers,  des  reigens :  im 
kriege  kommt  viel  auf  den  anführer  (führer)  an. 

AN'ITflRERlN,  f 

ANFCHRL'.NG,  f.  anweisung,  fülirung,  citation:  einige  an- 
führung  zu  denen  wissenschaffen.  Mascoü  2,  220 ;  wegen  ihrer 
guten  anfüln-nng  in  den  Wissenschaften  gerühmt.  2,  G2;  dasz 
er  in  seiner  Jugend  nicht  viel  anführung  gehabt  zu  denen 
künsten,  die  den  frieden  insgemein  zieren.  2,  Ol ;  die  iiistorie 
gibt  der  Brunchild  schuld,  dasz  sie  ihm  nicht  die  beste  an- 
führung gcgei)en.  2,  223 ;  erwäge  einmal,  wie  die  anführung 
unserer  Jugend  zu  der  gelehrsamkeit  beschaffen  ist.  Rabener 
2,  34.  kircliengeschichtc,  ans  welcher  meine  les'er  viele  an- 
führnngen  gefunden  haben.  Stoi-berg  10,  234. 

ANFÜHRUNGSZEICHEN,  n.  signum  citatidi,  sonst  gänse- 
augen,  gänsefüsze,  hasenohren  genannt. 

ANFÜLLEN,  implere,  opplere:  ein  glas  angefüllt  mit  wein; 
ihr  äuge  angefüllt  von  thränen ;  den  magen  anfüllen  mit  spei- 
sen ;  ein  buch  anfüllen  mit  lügen  und  Schmähungen,  sich 
anfüllen,  impleri:  die  kirche  füllte  sich  an  mit  menschen; 
alle  straszen  waren  angefüllt,  alle  Wirtshäuser  von  fremden. 
das  mhd.  sich  anfüllen  hatte  die  eigne  nebenbcdcutung  des 
schlechlklcidens.  Licute.nsteins  frauendienst  601,  9.  vgl.  603, 1. 

ANFÜLLUNG,  f. 

ANFUNKELN,  ein  schönes  worl,  gleichsam  adscinlillare : 

mit  wild  anrnnitcindcn  äugen.  Voss; 

baren  und  eher  in  wut  und  wild  anTunkcIndc  löwcn.  Od.  II,. CIL 

ANFUFiT,  «1.  littus,  locus  appellendi,  porlus:  Sebulon  wird 
am  anfurt  des  meers  woncn  und  am  anfurt  der  schiffe.  1  Mos. 
49,  13;  ziehet  hin  gegen  den  anfurt  des  meers.  5  Mos.  1,  7; 
an  allen  anfurlen  des  groszen  meers.  ]os.  0, 1 ;  eines  anfurts 
aber  wurden  sie  gewahr,  der  iialte  ein  ufer.  upost.  gesch.  27, 
30 ;  denn  da  ist  der  anfurt  an  das  jüdische  land.  Luther  3, 
200';  am  ufer  des  lyrrhenischen  meeres  ist  ein  gelegener  an- 
furt, welchen  man  nennet  porluni  Herculis.  Mei.anciitii.  1,  053; 
80  versiehls  der  könig  an  den  anfiulen  so  llciszig,  dasz  gar 
wenige  ans  dem  land  eninielien  mögen.  3,775;  aus  Tyro  und 
Sidon,  die  am  anfurt  des  mitlelmeers  saszen.  Matiiksius  13"; 
denn  da  Josaphat  scliif  bawen  liesz  und  rüstet  sich  am  an- 
furt bei  Escongaber,  das  am  iiafen  des  arabischen  meers  ligt. 
22';  ein  port  und  anfurt  der  zulendenden  pilgrani  von  Eu- 
ropa.  Frank  wellb.  164'; 

wo,  wie,  wann  euer  schiTden  sichren  anfiirl  flndi. 
LocAU  2,  t,  37. 

Luther  selbst  scheint  das  wort  aber  auch  weiblich  zu  gebrau- 
chen:   Asscr  «asz  an  der  anfurt  des  meers.  rieht.  5,17;  und 


da  die  anfurt  ungelegen  war  zu  wintern  (cum  aptus  porlus 
non  esset  ad  hiemandum).  apost.  gesch.  27, 12,  und  das  über- 
wiegt allmdlich:  ihre  anfurt  in  Egypten.  Opitz  Arg.  2,152; 

die  nufurt  ist  zu  still,  auch  selbst  die  Turclit  der  scc, 
des  salzes  ungeheur  starrt  hart  in  seiner  höh. 
GRYfuiLs  2,  24; 
(der  scc)  ladet  zur  anfurt 
an  dcu  beiden  enden  nur  ein.   Stolberc  3,  283; 

(man)  fuhr  der  anrurt  zu, 
man  warf  die  anker.  ItünciiR  147*; 

und  schoben  das  schif  mit  rudern  zur  anfurt. 

Voss  lt.  1,  434.  Od.  15,496; 
schön  gebordele  schiffe,  nachdem  sie  gelangt  zu  der  anfurt. 
Ud.  13,  101. 

kein  ahd.  anafurf,  mhd.  anevurt,  wol  aber  das  bessere  ahd. 
urfar,  mhd.  anevar  und  urvar  littus.  mit  fürt  vadum  scheint 
anfurt  freilich  nicht  zusammengesetzt  und  einige  neuere  nehmen 
CS  sogar  für  anfart  (da  kommen  der  anfurt  hohe  boten.  Her- 
der 3,112;  die  anfurt  des  ehrentagcs.  J.  Pali.  flegelj.  2,  41); 
der  Schreibungen  anfuhrt  und  anfurth  enthalte  man  sich  jedenfalls. 

ANFURTHAFEN,  m.  Garg.  124".  14o'. 

ANFUSZE.N,  pedc  niti,  den  fusz  ansetzen:  das  kind  fuszt 
schon  an;  man, kann  nicht  anfuszen. 

ANGABE,  f.  indicatio,  designatio,  nnl.  aangaaf:  seiner  eig- 
nen angäbe  nach  ist  er  jetzt  arm;  es  beruht  auf  der  falschen 
angäbe  eines  zeugen;  der  adel  liesz  auf  die  angäbe  des  gra- 
fen  von  Egmont  seine  bedienten  eine  gcnieinschaftliche  liverei 
tragen.  Schiller  S06 ;  das  buch  ist  ohne  angäbe  des  jahrs 
und  orts.  zuweilen  heiszt  angäbe  oder  angift,  angeld  was  als 
arrha  bei  geschlossenen  vertragen  entrichtet,  daran  gegeben  wird. 

ANGABELN,  an  die  gäbet  stecken:  das  fleisch,  brot  angabein. 

ANGÄFFELN,  frequentativ  des  folgenden: 

ein  fromme  frow  sol  haben  gl)erd, 
ir  engen  schlagen  zu  der  crd, 
und  nit  hofwort  mit  iederman 
tribeu  und  ieden  gäCflen  an. 

Ukams  narrensch.  ed.  Slrohel  s.  13C. 

ANG.\FFEN,  gleichsam  adhiare  oculis,  oculo  hianti,  aperto 
ore  intueri,  nnl.  aangapen,  mhd.  anekaffen  (Roth.  2051.  myst. 
292, 10):  was  gaffest  du  mich  so  leunisch  an?  quid  ut  noverca 
mc  intucris?  Stieler  602;  die  hudeler  gaften  ihn  an  wie  ein 
kalb  ein  new  thor.  Garg.  229"; 

der  hofl)cilicnlcn  schwärm,  die  pracht  und  den  palast 
gaft  nur  der  pöbcl  an,  und  sind  sie  oft  veihaszU 

Hagedorn  1,  38; 
verkennt  denn  euer  valerland, 
undeulsche  Deutsche,  sieht  und  gaft 
mit  blöder  bewundrung  groszcm  äuge 
das  ausländ  au!  Klopst.  2,  3C; 

mit  einer  art  von  sciiauerndcm  vergnügen 
wirst  du  vielleicht  wie  einer  angcgall  "• 

der  aus  der  andern  weit  zu  uns  heraufgestiegen. 

Wieland  9,  229; 

sapperment,  ich  hätte  den  ganzen  langen  tag  dastelien  und 
sie  angaffen  können.  11,  311 ;  das  frauenziinmer  ist  für  einen 
jungen  menschen  eine  neue  weit,  wo  man  so  viel  anzugaffen, 
so  viel  zu  bewundern  findet.  Lessing_  1,  219 ;  dinge,  die  blosz 
Tür  das  angaffen  gemacht  sind.  Kant  7,  45. 

ANGAFFEB,  m.  spectator  mirabundus.  Klopst.  12,  58. 

ANGAFFUNG,  f  er  brachte  eine  ziemliche  zeit  mit  angaf- 
fung und  verwundrung  zu.  Klopst.  12,  299. 

ANG.VHNEN,  oscilare  versus  aliquem:  der  abgrund  gäimte, 
uns  an ;  wir  sitzen  da,  gähnen  uns  vor  langerweilc  an ;  er 
gähnt  ihn  an  und  stirbt.  Rarener;  wälzt  sich  und  gähnt  sie 
an  mit  wcilcm  rächen.  Schiller  621;  Thümmels  reise  7,  201. 
s.  angienen. 

ANGANG,  fli.  occursus,  adilus,  initium,  nnl.  aangang.  der 
erste  vorbedeutsame  angang  wilder  lliiere  und  vögel  am  frühen 
morgen  (mythol.  1072 — 10S6.  Ren.  1,  475'),  auch  widergang 
genannt;  der  angang  eines  alten  wpii)es.  der  angang  des  ber- 
ges,  die  aufsteigung.  angang  der  weit,  anfang,  ahd.  anagengi 
fi.  (Grakk  1,  101) :  der  die  weit  beobaclilel  hat  von  angang, 
denn  so  musz  man  sagen,  nicht  dumm  anfang.  Tieck  noi'.  kr. 
1,  37.  angang,  amtsantritt:  Zacharias  der  vicari  Chrisli,  der 
in  seinem  angang  alles  Itaiiam  aufrürig  und  entzündet  fand. 
Frank  chron.  288". 

ANGANGER,  m.  aggressor,  incursor:  wolle  mir  das  glück 
oder  vielmehr  das  unglück,  dasz  ich  unter  den  ersten  an- 
gängcrn  dem  feind  auch  am  crslen  auf  der  brücke  das  weisze 
im  äuge  sähe.  Simpl.  1,  4 »8.  auch  für  anfänger:  sihe,  mein 
gricner  {grüner)  angenger  und  wachsender  christ.  Ha?<s  Jacob 


337 


ANGÄNGLICH  —  ANGEBEN 


ANGEBEN  —  ANGEBOREN 


338 


Vkl«  vergiszmeinnil.  Regensp.  1525.  8.  bog.  cc,  ein  angehender 
Christ. 

ANGÄNGLICH,  eonveniens,  aplus :  dasz  der  gesciunack  alles 
so  anpasse,  dasz  nichts  zuzulegen  mehr  angänglich  ist.  Hip- 
pel 10,  85. 

AiNGÄNGS,  adv.  initio:  der  bös  geist  betöret  angengs  Adam 
und  Eva.  Keisersb.  scheid.  6. 

AiNGE,  m.  cardo,  hamus,  ßJirl  Hemscd  i.  79  noch  auf,  ahd. 
ango  (GiUFF  I,  345),  inhd.  ange  (Be\.  1,  43'),  es  ist  aber  fast 
erloschen  und  wird  durch  angel  ersetzt. 

ANGE,  adv.  von  enge,  angusle,  anxie,  ahd.  ango,  mhd. 
ange,  gleichfalls  ausgestorben  und  nur  etwa  in  denkmälern  des 
15.  16  jh.   erscheinend. 

ANGEB.\RDE,  f  gestus.  Keisersb.  scheid.  3. 

ANGEBÄRDEN,  sich,  geslum  agere,  sich  gebärden,  anstellen, 
stellen:  Dido  wusle  hingegen  meisterlich  eine  angebärdele 
hebhaberin  gegen  den  Lucius  fürzustellen.  Lobe.nst.  Arm.  1, 
467.    vgl.   1,  241.  55S. 

ANGEBÄREi^,  begegnet  nirgend,  so  häufig  das  pari,  praet. 
angeboren;  wie  eine  mutier  sagen  mag:  das  habe  ich  meinem 
Sühn  angeboren,  dürße  man  ihr  auch  in  den  mund  legen: 
ich  gebar  es  ihm  an,  dachte  es  ihm  anzugebären.  doch  ge- 
sagt worden  ist  das  noch  nicht,    vgl.  angeboren. 

ANGEBÄUDE,  n.  aedificium  annexum,  ein  anbau :  eingang 
zu  einem  angebäude  oder  capelle.  von  Birken  0.  L.  174;  einen 
bedienten,  der  in  dem  angebäude  etwas  zu  holen  lief.  Göthe 
17-,  364;  noch  unregelmäsziger  waren  die  neuen  angebäude, 
die  mit  dem  haupigebäude  durch  galerien  und  bedeckte  gänge 
zusammenhiengen.  20,  6;  die  angebäude  der  bibliothek  wur- 
den abgebrochen.  31, 159. 

ANGEBELLE,  n.  allatratus :  das  angebelle  der  hunde,  wenn 
mau  an  dem  hause  vorübergeht,  ist  unerträglich;  ein  ewiges 
gezänk  und  angebelle. 

ANGEBEN,  indicare,  designare,  prodere,  anmelden,  anstim- 
men: dazu  hat  er  deinen  knecht  angegeben  {vulg.  accusavit). 
2  Sam.  19,  27.  vgl.  fastn.  sp.  SS2,  26 ;  darauf  leszt  sich  Daniel 
beim  könig  angeben  (ansagen,  melden).  Mathesics  80";  haben 
wir  bei  i.  k.  gn.  uns  angeben  lassen.  Schweisiches  1,  84;  den 
brjef  angeben,  diclieren,  in  die  feder  geben.  Garg.  211* ; 

der  die  rreundschaft  aufkan  beben, 
hat  sie  nie  recht  angegeben  {angeslimmt). 
LoGAt;  3,  7,  43; 

(was  ist  das  man  mit  recht  tadeln  kann?  dies) 
dasz  der  kaiser  nie  was  lobenswerth  gab  an. 
Grtphius  1,  20; 
darr  ich  »or  goiles  richtstui  treten? 
was  geb  ich  an  ?  was  wend  ich  vor? 
•'oh  der  vor  ihm  stopft  herz  und  ohr.  2,  288 ; 
die  last  die  gab  er  (OifwZiw)  an  (erklärte  tu  tragen) 
so  Atlas  auf  sich  tnigt.  Fleki.-<g  3 ; 

dein  Weisheit  reicher  sinn 
gab  alle  bimmel  an.    24; 

was  er  etwa  femerweil  unserer  sacben  wegen  angeben  und 
Tortragen  möchte.  Felsenb.  4,  280 ; 

und  gibt  aus  rrommer  reu  sich  zum  husaren  an. 
Lessitco  1,  25; 

wie  ich  denn  beweisen  will,  dasz  man  gar  nicht  nöthig  hat, 
die  vermeinte  Verbesserung  anzunehmen,  welche  Samuel  Petit 
darinn  angegeben  hat.  Lessinc  6,  281 ;  wehe  mir  wenn  die  Sai- 
ten dieses  instrumcnts  falsch  angeben.  ScniM.ER  752 ;  der  ba- 
ron  gab  zur  Ursache  an,  dasz  im  schlösse  alles  in  bewegung 
sei.  Göthe  18,  251;  was  hindert  mich,  sprach  Antonio,  den 
bösewicht  anzugeben?  Tieck  ges.  nov.  6,  296;  ein  princip, 
welches  man  deutlich  musz  erkennen  und  angeben  können. 
Kam  7,  291 ;  in  keinem  anzugebenden  räume  würde  eine  an- 
zugebende (juantitat  räum  anzutreffen  sein.  8,493;  eine  an- 
gegebne linie  zu  halbieren,  mathem.-  Sprachgebrauch.  Man  kann 
das  an  in  angeben  fassen  als  ein  an  die  band,  an  den  tag, 
an  das  licht  geben ;  deutlich  bedeutet  in  vielen  fällen  den  be- 
ginn und  anfang:  wer  hat  das  angegeben?  zuerst  aufgebracht?, 
etwas  gutes,  gescheidtes  oder  albernes  angeben,  anstimmen; 
den  tact,  mit  der  geige  den  ton  angeben;  beim  karlenspiel 
zuerst  geben,  ich  gebe  an.  zuweilen  ßr  daran  geben,  aufge- 
ben: beim  kaufgeld  angeben  (s.  angäbe,  arrAa);  er  hat  das 
studieren  angegeben  (daran,  aufgegeben). 

ANGEBEN,  sich,  je  prodere,  Offerte,  vinunliare,  nnl.  aan- 
geven :  hat  sich  mein  herr  vater  bei  ihro  gn.  herzog  Heinrich 
angeben  (erboten)  mich  vom  hofe  wegzunehmen.  Schweimchen 
1,  33;    und   haben  alle  s.Tiyrische  scribenten  zum  gebrauche. 


dasz  sie  ungeschewet  sich  vor  feinde  aller  lasier  angeben. 
Oprrz  poet.  23; 

sind  Florioda  deine  wangen  ein  beblümtes  lustgehäge? 

gibt  mein  mund  sich  an  zum  gärtner,  dasz  er  dieser  Blumen  pflege. 

LoGAU  3.  6,  14; 
Veit  gibt  sieb  an  zu  dienen  um  schlecht-  ja  keinen  seid. 

3,  6,  88 ; 
nun  gibt  sich  noch  ein  krieg  an,  mein  säbel  sol  mir  noch 
eine  gratscbaft  erwerben.  Weise  erzn.  198 ;  erfuhr,  dasz  er 
sich  vor  einen  schwedischen  baron  von  Lilienfeld  angäbe. 
Felsenb.  2,  491;  da  sich  nun  hierzu  noch  andere  mehr  anga- 
ben. 3,  273;  in  dem  erledigten  kaiserthume  gaben  sich  nach 
Henrici  tode  sehr  viele  competenten  an.  Habx  2,227;  selbst 
der  weise  erröthet  nicht  sich  für  ihren  schüler  anzugeben. 
WiEt.A\D  3,  312.  heute  ungebraucht,  man  setzt  sich  erbieten, 
ankündigen,  ausgeben. 

ANGEBEN,  n.  indicatio,  consilium,  angäbe,  anzeige:  durch 
frommer  leute  angeben.  Luther  3,  2SS';  zum  vierten  hat  ma- 
gister  Spalatinus  durch  angeben  herr(n)  Fabian  von  Fciliz  das 
vorgeschlagen.  Luthers  br.  l,  208;  unterdessen  möchte  sie 
ihn  doch  noch  lieber  als  einen  ganz  unbekannten,  und  spielt 
sogar,  auf  sein  angeben,  die  rolle  einer  wahnwitzigen.  Lessing 
7,  328 ;  auf  sein  angeben  hatte  der  bund  geworben  und  Bre- 
derode  seine  Schlösser  befestigt.  Schiller  843. 

ANGEBER,  m.  index,  delator,  proditor:  sie  ist  der  heimli- 
che rath  im  erkentnis  gottes  und  ein  angeber  seiner  werke. 
weish.  Sal.  8,  3 ;  ohngefehr  vor  15  jähren  hat  einer  an  einem 
gewissen  ort  eine  goldmine  angegeben  aber  nicht  ins  werk 
gerichtet,  worüber  d^r  erfinder  und  angeber  in  meinung  rei- 
cher zu  werden  zum  armen  mann  geworden,  pers.  reiseb.  3, 
2;  man  ermunterte  die  angeber  geheimer  verbrechen  durch 
ansehnliche  belohnungen.  Wiela:«d  7,  80. 

ANGEBEREI,  /".  die  heftigsten  angebereien  und  Verletzungen. 
Göthe  26, 141. 

ANGEBERISCH,  in  gutem  sinn  ingeniosus,  erfinderisch,  ein 
angeberischer  köpf,  in  übelem  calumniosus,  ein  angeberischer 
mensch,  ror  dem  man  sich  hüte. 

ANGEBINDE,    n.  donum  nalalicium,    weil  die  gäbe  an  den 
hals   oder   arm  gebunden  wurde,    sonst  auch  eingebinde,    ein- 
bund,   gebindnis,  strick,  strecke,   in  der  Schweiz  helseta  und 
wörgeta  genannt  (vgl.  über  schenken  und  geben  s.  Uff.): 
flieget  durch  die  siernenwelt, 
ihr  geschwinden  lenzenwinde, 
fliegt  mit  unserm  angebinde.    Flbhiiic  43 ; 
zarler  blumen  leicht  gewinde 
flecht  ich  dir  zum  angebinde.    Göthk  47,  138; 

der  handelsreichthum  der  sladt  erlitt  einen  schweren  stosz, 
den  unmöglich  das  königliche  entschädigungsgeschenk  einer 
wiese  gut  machen  konnte,  auch  nicht  das  angebinde  eines 
Stadtrechts,  wenn  es  überall  damit  seine  jrichtigkeit  hätte. 
Dahlmanw  dän.  geseh.  1,  268. 

ANGEBLICH,  quod  indicari  potest,  quod  fertur:  sein  angeb- 
licher söhn;  diese  angebliche  that;  das  angebliche  wunder, 
die  angebliche  Ursache ;  man  gibt  zu  verstehen,  dasz  g;tr  kein 
grnnd  der  Wahrheit  weiter  angeblich  sei  und  dasz  die  er- 
kenntnis  unerweislich  sei.  Kant  l,  89;  die  beziehung  eines 
begrifs  auf  angebliche  gegenstände  kann  am  ende  nirgends 
als  in  der  erfahrung  gesucht  werden.  2,  239 ;  etwas  bedingtes, 
das  nur  angeblich  [dabile)  ist  (iw  gegensatz  zum  gegebnen, 
datum).  2,  408 ;  ein  bestimmtes,  in  zahlen  angebliches  Verhält- 
nis. 7, 104. 

ANGEBLICH,  adv.  putando,  putative. 

ANGEBOREN,  natura  insitus,  nnl.  aangeboren,  urspr.  was 
an  einen  geboren  ist,  mhd.  vom  wiedhopf: 

ein  lasier  ist  mich  (hesser  als  mir)  angehorn, 
da^  ich  min  eigen  nest  betuo.  Haupt  7,  3()1 ; 
es  ist  sie  von  ir  muter  nit  angcboro.  fastn.  itju  43,  33; 

mit  angebomen  triten.  Heinr.  Trist.  59,  andere  belege  bei  BE!f. 
1, 157*.  dasz  sie  böser  art  waren  und  ihre  boshcit  ihnen  an- 
geboren, «eish.  Sal.  12,10;  folgen  die  wapen,  und  ist  bei  je- 
dem verzeicimel,  von  wem  mir  eines  oder  das  andere  ange- 
boren ist.  Schwe!mche?c  1,15;  angebornc  freunde.  2,264; 

mein  allertbcuerster,  mein  anffebomer  rrcund. 

HACEDORK  1,  56; 

in  einem  auszuge  des  ganzen,  nach  welchem  man  ihnen  ihre 
angebornen  stellen  in  diesem  ganzen  nicht  anweisen  könnte. 
Lessing  9,140;  indes  ihr  gar  nicht  zu  begreifen  scheint,  was 
für  Vorzüge  die  götter  euch  angeboren  haben  (dies  wäre  ein 

22 


339 


ANGEBOT  — ANGEHEN 


ANGEHEN 


340 


beleg  für  angebären).  Gothe  14,  109 ;  es  mustc  mir  jemand 
angeboren  sein,  wenn  er  mir  meine  Sorgfalt  abgewinnen  wollte. 
19,359;  so  wird  jede  fühigkeit  uns  angeboren.  20,167;  ange- 
borne  gaben.  24,  45 ;  angeborne  sünde,  erbsünde. 

ANGEBOT,  «.  oblatio,  anerbieten :  die  Vernunft  nimmt  ge- 
wisse Sätze  als  ein  fremdes  angebet  an,  das  nicht  auf  ihrem 
boden  crwaclisen,  aber  hinlänglich  beglaubigt  ist.  Kant  4,  242 ; 
die  Städte  der  hanse  nehmen  das  angebot  an.  Dahlm.  dän. 
gesch.  2,  57. 

ANGEBUNG, ■/".  was  angäbe,  aber  ungebräuchlich:  ihre  an- 
gebung bei  den  Statthaltern  durch  eine  förmliche  klage  zu 
unterstützen.  Wieland  28,  29. 

ANGEBÜRLICH,  franz.  respeclif,  relalif:  soll  man  ihre  an- 
gebürliche  namen  an  alle 'galgen  und  branger  schlagen.  Beut- 
TEn  kriegsordn.  73.  stände  es  für  angebiirtlich,  naturalis?  s.  das 
folgende. 

ANGEBURT,  /".  natura,  indoles,  ahd.  anapurt  natura  (Graff 
3, 161) :  toub  und  stumm,  nit  von  natur  oder  angeburt.  Kei- 
SERSB.  post.  3,  73.    vgl.  bürtig. 

ANGEDEIHEN,  proficere,  gelangen,  zu  theil  werden:  das 
wird  mir  noch  angedeihen,  eine  tracht  schlüge  soll  ihm  schon 
angedeihen,  urspr.  an  ihn  gedeihen,  an  ihn  gelangen,  mit  Ver- 
drängung des  acc.  durch  den  dat.  der  person.    mhd. 

dö  was  der  burgaerc  nar 

gedigen  an  dise  spise  gar.  Parz.  190,28; 

eins  tages  ged^h  ej  an  die  stat.  345,  26, 

ins  nhd.  übersetzt:  gedieh  es  der  stadt  an.  gewöhnlich  ver- 
binden wir  dies  angedeihen  {wie  sonst  anfechten)  mit  lassen, 
ich  lasse  dir  angedeihen  heiszt  ich  gestatte  dasz  dir  zu  theil 
werde,  dasz  an  dich  gelange:  heilig  sei  mir  das  gastrecht, 
das  du  mir  angedeihen  lassest.  Gotter  3,  470;  einem  schütz 
angedeihen  lassen.  Göthe  26, 139. 

ANGEDENK,  memor,  eingedenk.  Keisersb.  post.  3,  58.  s.  an- 
denk. 

ANGEDENKEN,  n.  memoria,  gleichviel  mit  andenken: 

lasz  sicli  dein  herz  nicht  melir  hekranken 

von  deiner  eitern  angedenken.    Weckheriin  352; 

nu  weisz  ich  recht,  wie  sclimerzlich  der  wollust 

das  angedenken  rühret.   465; 

sein  angedenken,  das  bei  witwen  und  bei  waisen 

spät  dauren  wird.  Gökingk  3,260; 

ach  welch  angedenken  faszt 
beim  schöpfe  mich.  Gotter  1,391; 

sclion  hör  ich  manche  stümperin 
ihr  angedenkeh  laut  verliönen.   1,  122; 
weckst  du  ohn  unterlasz  ein  bittres  angedenken?  2, 17; 
angedenken  du  verklungner  freude.   Göthe  1,  106; 
angedenken  an  das  gute.  47,  70. 

ANGEDEUTETERMÄSZEN,  adv.,  wie  angedeutet  ist. 

ANGEDING,  n.  conditio:  doch  mit  diesem  angcding.  Fi- 
SCOART  bienenk.  220*. 

ANGEFÄR,  fere,  schreibt  noch  Luther  br.  1,  511.  vgl.  ahne 
und  angfer. 

ANGEFÄLLE ,  n.  bona  Ifbreditale  devoluta,  vgl.  anfallen : 
solches  väterliches  angefälle.  Schweinichen  2,  259 ;  ein  stuck- 
lein zeitliches  guts,  angefalle  von  meiner  schwieger  frau  mut- 
ler, welches  doch  nicht  am  geld,  sondern  fahrnis  gewesen. 
2, 193. 

ANGEHABEN,  incipere,  gleichbedeutend  mit  anheben,  doch 
förmlich  davon  unterschieden  und  abzuleiten  von  dem  subst. 
anhab,  angehab  initium:  der  angehabende  geist  und  das  erste 
stück  der  gnaden  iiat  allein  die  art,  das  es  wider  die  übrigen 
Sünde  erbeitet.  Luther  1,  406'. 

ANGE}L\BEN,  inceptus,  part.  von  anheben. 

ANGEHÄNGE,«,  appendix,  was  anhängt:  das  ander  gesind 
und  angeheng  zogen  hernach.  Fisciiart  Garg.iil*;  bann  und 
mann  sind  männliciie  reime,  weil  iimen  dies  angchängc  {die 
klingend  machende  silbe  en)  fehlt.  Götter  3,341;  ein  stück 
aus  der  moralischen  weit,  olme  alles  fremde  angehänge  her- 
aus zu  schneiden.  Kmncer  12, 16.    vgl.  anhang. 

ANGEHAUEN,  part.  von  aniiauen,  das  pferd  antreiben,  mit 
der  peitsche  liauen,  wird  ganz  wie  angestochen  {was  man  nach- 
sehe) zu  kam  gestellt:  mit  einem  schweren  korb  voll  nasch- 
werk angehauen  kam.  Simpl.  2,  37H. 

ANGEHEN,  invadere,  aggredi,  adoriri,  nnl.  aangaan,  die  be- 
deulungen  werden  verständlich,  wenn  man  sich  die  parlikel  als 
praeposition  denkt,  was 

1)  am  leichtesten  geschieht  bei  transitiven  Wörtern,  deren  aec. 


ursprünglich  von  der  praep.  -abhängig  erscheint,  einen  angehen 
will  sagen  an  einen  gehen,  auf  einen  losgehen,  mhd. 

so  rechet  mich  und  gel  ir  alten  höt  mit  sumerlalen  an! 
Waliu.  73,  22, 

macht  euch  an  ihre  haut  mit  stücken,  wenn  dem  kreisenden 
Jäger  kein  wild  aufstüszt,  sagt  er:  mich  ist  nichts  angegangen. 
dem  alterthum  waren  ßeber  und  seuchen  lebendige,  den  menschen 
peinigend  anfallende  wesen,  sie  gehn  ihn  an,  kommen  über 
ihn,  wnrf  wenn  sie  angefluchl  werden,  heiszt  es,  dasz  sie  ihn 
angehn  sollen: 

ei  das  dichs  faldubel  ange  und  der  rit!  fastn.  sp.  36, 14; 

das  dich  der  rit  selbs  niusz  angen !  524,  13; 

das  dich  nit  drus  und  beulen  anget.    173,  1 ; 

das  si  der  fallelen  (fallende)  siechlag  angieng. 
geschichtsfreund  7,  248 ; 

pfu,  das  euch  dis  und  jenes  angehe,  warum  weiset  ir  mir  ein 
solch  bild?  Luther  4,502';  wahrscheinlich  ist  danach  folgende 
stelle  zu  deuten:  wann  ein  gaul  angangen  {von  der  seuche  an- 
gefallen) ist,  oder  angehn  {erkranken)  wil,  das  fit  wann  es  {ihm) 
anfangt  zu  schlagen  und  blasen  im  bauch.  Seüter  rosarznei  22 
{siehei,e).  Von  jedem  thier,  dessen  angang  gcfahr  droht,  könnte 
gesagt  sein,  dasz  es  uns  zu  unheil  angehe.  Aber  auch  bei 
andern  zuständen,  die  wir  heute  abstract  auffassen,  scheint  eine 
ähnliche  sinnliche  Vorstellung  im  hintergrund  liegend,  mhd. 

daz  weinden  sine  mäge,  des  gie  sie  wjeriiche  not. 
^i6.  2002,4; 

alles  wird  deutlich,  sobald  man  ein  ausgelassenes  an  hinzu 
denkt,  not  gie  sie  an,  not  gie  ane  sie,  eine  lebendige,  perso- 
nißcierte  noth,  und  andere  mal  steht  wirklich: 

der  hffiie  unmuot  und  michel  leit 

und  gieng  in  (e«m)  otich  des  not  an.    Trist.  181,  3; 

wo  statt  des  persönlichen  acc.  ein  dat.  eintrat,  ist  der  ausdruck 
unlcbendiger  geworden.  Nib.  2175,  3.  2251,  2  {gramm.  4,  249). 
nicht  anders  bei  zorn,  kumber,  räche  gät  mich  an  (Ben.  1,  467") 
und  das  ahd.  mih  ist  wuntar  {gramm.  4, 142)  läszt  sich  ergän- 
zen: mih  ist  wuntar  ana  gigangan.  nhd.  was  mag  wol  den 
evangelislen  noth  angehen?  Luther  4,  45l';  was  gehet  in  not 
an?  4,  537';  und  was  gienge  mich  noth  an  in  eins  andern 
Sachen?  Luthers  br.  4,186;  vgl.  1er.  2,27  wenn  die  not  her 
gehet,    mit  adjectivischem  not  {grajnm.  4,  244) 

mich  gieng  klagens  nöter  an  dan  dich,  fastn.  sp.  610,  6, 
wo    der   ursprüngliche   sinn   der   redensart   ganz  ungefühlt  ist. 
das   in  {cum)  kein  entlich  rew  ange.    Schwarzenb.  151'.     wir 
sagen  noch   heute:   noth   geht  uns  an,   die  höchste  noth  hat 
uns  angegangen. 

In  vielen  andern  fällen  hat  angehn  diesen  transitiven  sinn 
mit  dem  acc.  der  sache,  meisteniheils  der  person:  unsere  schif 
möchten  angecn  etwa  an  einen  sehrofen  und  felsen.  Frank 
weltb.  222",  wo  sich  die  praep.  neben  der  partikel  wiederholt; 
ir  habt  mir  mein  lebentag  noch  nie  angezeigt,  worinne  ich 
streflich  gewest  oder  geirret  hab,  habt  alles  mit  gewalt  {wie 
t'or/if«  mit  sumerlaten)  angangen.  Luther  2,  464';  er  gieng  ihn 
mit  dem  degen  in  der  faust  an ;  er  geht  uns  mit  baren  lügen 
an ;  es  angehn,  unternehmen,  versuchen,  heiszt  deutlich  an  et- 
was gehn,  an  die  gefahr  des  kampfs  gehn:  er  geht  es  tapfer 
an;  iaszt  es  uns  beherzt  angehen;  die  liebe  zu  ihrem  vater- 
lande hat  etliche  eine  gefährliche  sache  anzugehen  erkühnet. 
pers.  rciseb.  3,  4;  sie  giengen  ein  geisz  an,  die  ein  Schleier 
auf  hat.    Garg.  259'; 

da  war  gar  keine  furcht  bei  beiden  mehr  zu  sehen, 
der  schlimste  woU  es  wol  mit  liundert  an  ilzi  gehen. 
Werders  Ariost  26,  22; 

wann  du  den  mut  nicht  hast  es  mit  mir  an  zu  gehen.  30,  84; 
einen    angehn,    einen   kampflich   bestchn,    auf  einen  los  gehn : 
der  hund  geht  die  Schweine  an,  greift,  faszt  sie  an;  was  soll 
man  mit  den  alten  Sachen  angehen?  Opitz  Arg.  1,424; 

denn  es  gieng  ein  losor  mann 

öfters  einen  beszrcn  an.    Logau  2,244; 

und  fordert  ihn  heraus,  den  Zweikampf  anzugehn. 
Hagedorn; 
rief  er  hervor  die  tapfersten  aller  Achnier 

ffeeen  ihn  anzugehn  den  hochgef.ihrliclicn  Zweikampf. 

*  •*  HÜRCER  206«; 

gerades  oder  krummes  wegcs  wider  einen  angehn.  Klopst 
12,  96;  da  ich  sie  doch  nun  kenne,  die  übel,  gegen  welche 
die  freimäurcrei  angehet  {ankämpp).  Lessing  10,276; 

es  diiucht  ihn  grosz  und  schön 
das  schwerste  abciiteiir  der  lugend  anzugehn. 
WlBLAND  22,  255. 


341 


ANGEHEN 


ANGEHEN 


342 


ein  ding,  ein  werk  angehn,  aggredi:  der  barbierer  aber  ver- 
stehet, er  solte  ihm  einen  zahn  ausbrechen,- sucht  derowe- 
gen  seine  instrumenten  hervor,  das  werk  anzugehen.  Simpl. 
1,  6S7 ;  die  alten  wissen  ihre  sachen  klüglicher  anzugehen  als 
die  jungen,  pers.  roscnlh.  6,  2;  man  soll  nicht  ein  ding  an- 
gehen, man  habe  es  denn  zuvor  wol  betrachtet.  Lokman  fab. 
6;  sie  mögen  es  angehen  (angreifen),  wie  sie  wollen.  Wie- 
LASD  2,  162;  dasz  man  es  ungeschickt  angehen  müste,  wenn 
man  sie  nicht  dahin  bringen  könnte.  15,  319.  einen  angehen 
f?ie»(i/  auch  bloss  sich  an  einen  wenden,  ihn  befragen,  ersuchen, 
auffordern :  dorfte  deren  keiner  mehr  mich  ichtwas  angehen 
oder  fragen.  Philandeh  2,  3S ;  er  ist  so  vielfältig  angegangen 
worden,  diese  geschiclite  den  freunden  seiner  muse  mitzuthei- 
len.  WiELA-ND  1,  torr.  5.  v ;  den  richter  bittend  angehen ;  am 
meisten  aber  bespricht  er  sich  mit  unserer  edlen  tante,  die 
er  von  zeit  zu  zeit  besuchend  angeht.  Göthe  21,  121; "  des 
morgens  gieng  Lucidor  festen  entschlusses  hinab,  mit  dem 
vater  zu  sprechen  und  ihn  deshalb  in  bekannten  freien  stun- 
den unverzüglich  anzugehen.  21,  137;  es  bleibt  nichts  übrig, 
als  Lucinden  selbst  anzugehen,  sie  musz  es  wissen,  sie  zu- 
erst. 21,  144.  Die  gelindeste  bedeulung  empfängt  aber  dieses 
angehen,  wenn  es  attinere,  pcrtinere,  betreffen  aussagt,  und 
dazu  findet  sich  früher  fehlerhaft  ein  dat.,  heute  nur  ein  acc. 
der  person  gefügt:  was  gehen  dir  die  camecle  an?  pers.  ro- 
senth.  1,18;  hörestu  etwas  neues,  das  einem  andern  angehet? 
8,  35;  wen  gat  es  an?  Ba.\ST  narrensch.  174; 

was  nicht  mir,  das  geht  auch  dir  nicht  an.   Brockes  1,  444; 

es  gehn  der  sanften  braut  verrauchte  berzensschwächen 

dem  klugen  brautigam  nichts  an.    Gottbr  3,  303; 

was  gehl  der  (liuic)  die  mutter  an, 

die  selbst  mutter  werden  kann  ?   Lessi.ng  1,  73  ; 

aber  was  gehen  dem  Christen  dieses  maimes  hypothesen  und 
erklärungen  und  beweise  an  ?  10, 10.  doch  setzte  Lessi.xg  an- 
deremal  den  acc:  was  geht  dich  meine  Unschuld  an?  2,29; 
Xylander  hat  die  worte, Reiche  den  Sophocles  angehen,  fol- 
gendergestalt  verbessert.  6,  309.  was  gehet  es  dich  an?  Joh. 
21,  25;  was  gehen  mich  die  drauszen  an?  1  Cor.  5,  12  (goth. 
bloss  hva  mik  ?) ;  der  handel  geht  mich  nicht  an.  Weise  kl. 
leute  256;  der  mensch  geht  uns  gar  nichts  an;  er  geht  uns 
in  etwas  an,  ist  uns  einiyermaszen  verwandt; 

der  streit,  versichert  er,  gieng  eine  wahrheil  an, 
die  er  so  sonnenklar,  so  scharf  beweisen  kann. 
WiELASD  9,  48; 

wie  Virgils  Äeneide  mehr  den  glänz  Roms  angieng,  als  die 
Sitten  desselben.  Hebder  16,  248;  der  einst  werth  befunden 
worden  einen  namen  zu  führen,  der  mich  mehr  angieng. 
Schiller  287;  nein,  was  mich  angeht,  ich  bin  von  nun  an 
der  abgesagte  feind  des  hauscs  Österreich.  977;  nichts,  was 
blosz  die  sinnliche  natur  angeht,  ist  der  darstellung  würdig. 
11J6 ;  und  wenn  ich  dich  lieb  habe,  was  gehts  dich  an  ?  {quid 
ad  te?)  Göthe  19,57;  dasz  alles  dir  noch  ebenso  theuer  ist, 
dasz  ich  dich  noch  ebenso  angehe.  Tieck  Stemb.  1, 19.  schon 
mhd.  wa;  gät  mich  und  dich  da;  an?  (Ben.  1,  467').  man  ver- 
bindet damit  auch  adverbia:  es  geht  mich  schwer,  hart  au, 
es  musz  ihn  nahe  angehn;  dieser  fall  geht  mich  selbst  zu 
nahe  an.  Gotter  3,  77 ; 

der  knaben  Schicksal  lasz 
den  göllem.    mich  und  dich  gehn  sie  nichts  an. 
—  ihr  blul  gehl  nah  dich  an,  sehr  nah.   Kiopst.  9,  65 ; 

o  Weisheit  des  herm  und  o  gute!  wie  nahe  gehl  alles  den 
menschen  an.  11,  150,  was  wieder  jenem  alten  noth  geht  an 
und  nöther  gehl  an  begegnet. 

2)  Schwieriger  sind  die  fälle  'anscheinender  intransition,  ihr 
an  kann  sich  auf  keinen  ausgedrückten,  wol  aber  auf  einen 
ausgelassenen  und  xu  ergänzenden  acc.  beziehen,  es  sind  lau- 
ter schöne  redensarten,  voll  innerer  kraft. 

a)  das  feucr  geht  an,  accenditur.  es  galt  für  ein  wildes, 
ausgebrochnes,  bolz  und  häuser  anfallendes,  verzehrendet  thier, 
warum  sollte  es  hier  anders  zu  fassen  sein  als  jenes  thier  des 
fiebert  ?  das  feuer  geht  an  hiesze  demnach,  es  springt  an  das 
holz,  an  die  balken,  greiß  sie  an,  invadit,  das  haus  ist  an- 
gegangen, invasum,  correptum  est.  dann  aber,  als  die  lebhaf- 
tigkeit  det  ausdruckt  sich  minderte:  das  liolz  gehl  an,  das 
Zimmer,  der  stall  gehl  mit  an.  keine  ahd.  mhd.  belege  sind 
aufgezeichnet,  der  ausdruck  musz  doch  bestanden  haben  wie 
heute,  denn  das  fewr  ist  angangcn  durch  meinen  zorn.  5  Mos. 
31, 22 ;  und  fewr  gieng  an.  pt.  78,  21 ;    denn  es  ist  das  fewr 


in  meinem  zorn  über  euch  angangen.  Jer.  15, 14 ;  darumb  wil 
ich  ein  fe«T  aus  dir  angehen  lassen.  Ez.  28,  18 ;  wenn  das 
hans  von  fewT  angehet.  Baruch  6,  54 ;  dasz  der  wald  bei  Werda 
auch  angangen  sei  und  viel  orten  mehr,  hilft  kein  löschen. 
Lcthe^  br.  5,  200;  die  brück  gieng  an  von  fewr.  MC.nster 
702 ;  dasz  im  nachts  vom  athem  das  bett  angangen.  Fisch.\rt 
Garg.  105';  aus  dem  rauch  des  herzens  der  inbrünstig  seuf- 
zenden armen  ist  diese  brunst  angangcn.  pers.  rosenth.  l,  29 ; 
dasz  wir  sorgten  das  zimmer  möchte  angehen.  Simpl.  2,  486 ; 
da  gieng  das  feuer  erst  recht  an.  maulaffe  9 ;  als  einesmals 
zu  Augspurg  die  pulvermühl  angegangen.  Hohberg  1,  306'; 
der  tisch  wollte  eben  angehen.  Schiller  121;  mann  und  frau 
sahen  zu,  wie  die  fünklein  bald  angicngen,  bald  auslöschten. 
Hebel  i.  14.    vgl.  ausgehen  und  aufgehen. 

b)  gleich  der  feuersnoth  sind  andere  nüthcn.  das  wasser  gehl 
an  heiszt  steigt  an,  tritt  an  das  ufer :  das  wasser  was  von 
groszem  regen  angangen  und  gewachsen.  Flut.  68;  durch 
das  regnen  sind  alle  wasser  grausam  angegangen  (angelaufen). 
Stumpf  Schweiz,  chron.  728'.  hier  geht  dich  der  wind  nicht 
so  an,  ist  deutlidi:  geht  nicht  so  an  dich,  und  es  köniite  auch 
ohne  acc.  gesagt  werden:  der  wind  geht  heute  stark  an.  in 
andeni  fällen  angehender  noth  sahen  wir  vorhin  den  acc.  hin- 
zugefügt, heute  sagen  wir  oß  ohne  ihn:  nun  geht  die  noth 
an,  nun  wird  der  jummer  angehen!  nun  gehl  das  unglück 
an.  Göthe  14,  294.  warum  wäre  nicht  m  gedanken  beizusetzen: 
an  uns,  an  die  leute,  und  die  phrase  wird  bedeutsamer.  Lo- 
GAC  sagt  1,  8,  25 : 

er  steht  viel  Tester  noch  als  feste  cedem  siehn, 

die  regen,  thaw,  reif,  schnee,  frost,  hitze  wird  angehn. 

c)  statt  der  noth  und  des  Übels  kann  aber  auch  heil,  glück 
und  frohe  zeit  angehn :  nunmehr  gieng  eine  selige  zeit  im 
lande  an  (die  menschen,  leute); 

an  wird  gehen  alle  tust,  auf  wird  hören  alles  klagen. 
LoGAü  2,  10,  57  ; 

das  neue  jähr,  der  tag,  der  abend  geht  an  (das  land,  die 
weit);  die  heuernte,  weinlese  ist  angegangen,  freilich  hat  sich 
hier  überall  die  abgezogne  Vorstellung  des  anhebens,  beginnens 
entfaltet:  wecke  mich,  wenn  es  angehn  (los  gehn)  soll; 

Schauspiel,  ball  und  schmausereien 
geben  nun  von  neuem  an.   Gotter  1,49; 

ror  alters  aber  dachte  man  sich  das  jähr,  den  mai  einziehend 
ins  land,  den  tag  heran  reitend,  ihre  annäherung  wurde  als 
solche  'empfunden,  auch  erscheinen  wirklich  begleitende  accu~ 
sative:  der  schone  sumer  g^t  uns  an.  .WS.  1,  21*,  und  dann 
fällt  der  ausdruck  zu  den  offenbar,  transitiren.  gleich  dem  Un- 
heil wurde  heil  angewünscht:  so  müsse  dich  auch  ein  gut  jar 
angehen  I  Luther  4,457';  daselbst  sol  einen  ein  glück  ange- 
hen.  Agricoia  spr.  lll'; 

mich  soll  ein  glück  angan.    fastn.  sp.  827,  7; 

kein  glück  gieng  dich  sonst  niemer  an.    8S3, 16.  884,  7; 
ihr  bequemt  euch  nach  der  zeit 
und  geht  an  die  süsze  freude.   Flbxl*««  362. 

d)  angehen  drückt  uns  femer  aus  wachsthum  und  gedeihen : 
die  pflanze,  der  bäum  geht  an,  soHle  das  ursprünglich  nicht  mei- 
nen geht  an  die  erde,  schlägt  würzet,  schlügt  an,  wie  es  auch 
heiszt  ?  drückte  es  blosz  aus  gedeiht,  wächst  in  die  höhe,  so  würde 
auch  vom  aufwachsenden  thier  gesagt  werden,  dasz  es  an  gehe 
(doch  s.  angehend),  ror»  einem  solchen  vegetabilischen  angehn 
und  gerathen  scheint  sich  aber  einfach  die  häufige  und  viel- 
fach abgestuße  Vorstellung  des  glückens,  gelingens,  fortgangs 
und  halben  anwachsent  abzuleiten :  es  gehet  ihm  glücklich  an 
nach  seinem  fürnrhmen.  Luther  4, 137',  prospere  succedit,  bene 
cedit;  wenn  die  lügen  geraten  und  angehen  (so  spricht  man 
vom  kraul),  wie  des  bapsts  lügen  geschehen  ist.  2, 62* ; 

dasz  allen  er  gefallen  kan, 

gehl  schwerlich,  glaub  ich,  jedem  an.   Logad  1,  8,  38; 
Coita  wer  ein  reicher  mann, 
wann  sein  anschlag  nur  gieng  an.    2,  9,  12; 
sie  dachte,  wie  sie  mich  doch  bringen  möchl  durch  list 
von  den  gofäbrien  ab:  solcbs  ihr  angangen  ist. 
Werders  Ariott  6,  38 ; 

und  dieser  bosz  gieng  mir  bei  diesem  narrischen  volk  frei 
(schön)  an.  Atber  proc.  2,  5;  es  wäre  ihm  auch  wol  ange- 
gangen (gerathen,  gelungen).  Opitz  Argen.  2,  60.  das  forlgehn 
grenzt  an  hingehn,  passieren,  gestaltet  sein: 

in  Spanien  gebt  dieser  fuszzwang  an.    ilAGEDOR.f  2,  153; 

das  gebt  nicht  an,  Terseizi  ihm  Majens  söhn, 

du  kommst  hier  nicht  so  leicht  davon.    Wiela.id  10, 163; 

22* 


343 


ANGEHEN  —  ANGEHÖREN 


ANGEHÖRIG— ANGEL 


344 


das  gicngc  schon  noch  an.  Gellert  3,  403 ; 
'zeig  her',  der  knabe  reichts.  'geht  wol  an, 
aber  es  fehlt  noch  manches  dran'.    Göthe  2,  215; 

die  schmerzen  gehn  noch  an,  sind  leidlich,  mdszig;  die  hilze 
geht  diesen  sommer  noch  an,  ist  nicht  allzu  heftig.    ^ 

e)  endlich  bezeichnet  angehen  auch  pntrescere:  das  fleisch 
geht  schon  an,  über  in  fäulnis,  geht  über,  zu  kühn  wäre  die  er- 
gdnzung :  es  geht  schon  an  oder  vor  die  würmer,  bemcrkenswcrth 
aber  ist,  dasz  auch  anbrechen  gesagt  wird,  gerade  wie  angehen 
und  anbrechen  beide  vom  anfang  des  tags  gelten,  angegang- 
nes obst,  anbrüchiges,  von  anbrüchigen  speisen  bildet  man 
niederd.  das  verbum  anganern.  vielleicht  hierher  die  stelle 
vom  angehenden  gaul  {oben  unter  1). 

Wer  nun  die  unter  a)-^e)  versuchten  deulungen,  welche  das 
transitive  und  intransitive  angehn  ausgleichen,  misbilligt,  musz 
sich  damit  begnügen  in  dem  an  ein  unpraepositionelles  d.  h.  auf  kei- 
nen andern  gegenständ  bezognes  voran,  oder  ein  abstractes  begin- 
nen zu  suchen,  das  auf  die  meisten  fälle  von  1)  nicht  past  und 
auch  bei  2)  zu  andern  ellipsen  zwingt,  denn  man  hätte  der  tag, 
das  feuer,  das  obst  geht  an  immer  verschieden  auszulegen, 
und  wenn  wir  sagen:  der  fisch  geht  an,  meint  das  doch 
sicher:  bei'szt  an  die  angel,  an  den  köder.  in  einzelnen  fäl- 
len bleibt  freilich  die  deutung  durch  beginnen  letzte  Zuflucht, 
X.  b.  wenn  Fischart  Garg.  93*  sagt:  da  giengen  die  glocken 
an  prim  pram,  da  hüben  sie  an  zu  läuten. 
■  ANGEHEN,  n.  invasio,  in  allen  bedeutungen  des  verbums, 
angehen  der  noth,  des  kampfs  und  werks,  des  feuers,  des 
Jahrs,  der  pflanze :  solcher  beiden  gibt  es  viele  .  .  die  im 
schnarchen  und  groszsprechen  rittermäszige  leute,  im  ange- 
hen {an  den  feind)  aber  hasenherzig  sich  erweisen.  Simpl.  1,  256. 

ANGEHEND,  recens,  adolescens,  incipiens:  ein  angehender 
mann,  greis;  angehender  handelsmann.  Lessing  1,  344;  an- 
gehender gelehrter,  künstler:  ebenso  wird  zwar  der  ange- 
hende künsller,  aber  nicht  der  vollendete  geboren.  Göthe  22, 
222 ;  ein  angehender  dieisziger,  der  eben  in  die  dreiszige  ge- 
treten ist.  das  angehende  jähr,  der  angehende  mai,  häufig  in 
angehendem  meien,  in  angändem  meigen  {weisth.  1,  321)  ineunte 
majo;  bei  angehender  nacht;  ein  angehend  schwein,  keuler 
von  vier  jähren.  Döbel  1,  24',  im  fünßen  heiszl  es  hauend  oder 
hauptschwein.  ein  angehender  bäum,  der  von  drei  gehauen 
stehn  blieb;  mein  angehender  milchweiszer  busen.  Simpl. 
2, 198,  entweder  nur  anwachsend  oder  an  das  gewand  stoszend. 
das  angehende  alter,  seines  angehenden  hohen  alters  unge- 
achtet, ehen  eines  weibes  15 ;  angehendes  obst ;  angehende  lei- 
denschaft.  Göthe  26,  8 ;  angehende  neigung  junger  personcn. 
26,  14 ;  lächeln  ist  angehender  spott ;  angehende  race,  die  in 
dem  klima  noch  nicht  lange  genug  gewohnt  hat,  um  den 
Charakter  der  race  völlig  anzunehmen.  Kant  10,  29  ;  angehende 
{hingehende,  passable)  entschuldigung.  endlich  angehend  atli- 
nens,  wie  betreffend :  ich  fand  bald,  dasz  die  katholische  par- 
tei  die  angehende  sache,  so  viel  sie  nur  konnte,  ignorierte. 
Tieck  Cev.  vorw.  in. 

ANGEHEND,  adv.  quoad,  franz.  quant  aux,  nnl.  aangaande : 
weiter  geloben  wir  uns  weclfselsweise  zu  vertheidigen  ange- 
hend die  artikel,  welche  in  diesem  compromisse  verzeichnet 
sind.  Schiller  819. 

ANGEHENDS,  adv.  conlinuo,  gebildet  wie  durcbgehends, 
nachgehends,  hernachgehends,  eigentlich  bedeutet  es:  immer 
an  gehend,  zu  gehend,  fort  gehend,  ahd.  ana  gdndo :  wie 
angentz  {in  einem  fort)  lüt  zu  iren  kamen.  Tu.  Pijvter  s.  10 ; 
do  bcgärten  die  Schelmen  angentz  {immer)  mit  unsrcn  ge- 
sellen zu  spilen  im  schachzabel.  IS ;  dan  ich  liatt  das  gutzlcn 
und  bättlen  wol  gewont,  dan  darzu  hatten  mich  die  bachan- 
ten  angentz  bracht,  gar  nit  zu  den  schulen  zogen  und  nur 
nit  gelcrt  läsen,  nachdem  ich  sälten  in  die  schul  gieng  und 
angentz,  wenn  man  in  dschul  solt  gan,  mit  dem  tuch  umb- 
gieng.  26 ;  sagt  ich  zu  dem  knaben,  er  soR  sich  {im  schnee) 
nit  setzen,  sundcr  angentz  {in  einem  fort)  gan.  64.  dann 
auch  anfangs,  ineunte:  welches  gift  insonderheit  angehcnds 
der  bundstagcn  wirt  gcraehret.  Forer  fischb.  80';  angehcnds 
primnm.  Stumpf  Schw.  chron. 

ANGEHENKE,  s.  angehönge. 

ANGEHÖR,  n.  proprielas:  einem  etwas  zu  angehör,  als  an- 
gehörig verschreiben. 

ANGEHÖKDE,  /".  pcrtinenx:  das  Elsasz  ist  eine  alte  ange- 
hörde  Deutschlands,  gehört  von  allers  her  zu  uns. 

ANGEHOHEN,  attinere,  eigentlich  an  einen  gehören,  an 
einen   gewiesen    sein:    alle    di    i;    (das   kind)   anc    gehörten. 


myst.  50,  21;  weliche  sache  unsem  voget  angehörten  ze  rih- 
ten.  Chmel  fontes  1,  283  {a.  1299) ;  wer  dich  angehöret  in 
der  stad.  1  Mos.  19,  12;  meine  tochter,  wen  gehörest  du 
an?  24,  23,  in  welche  stellen  spätere  ausg.  den  dat.  einschwär- 
zen; daruinb  dasz  ihr  Christum  angehöret.  Marc.  9,  41;  der 
erslling  Christus,  darnach  die  Christum  angehören.  1  Cor.  15, 
23.  golh.  J)ai  Christaus ;  verlasset  sich  jemand  darauf,  dasz 
er  Christum  angehöre.  2  Cor.  10,  7.  goth.  Christaus  visan; 
allein  Christum,  und  die  in  warbaftig  angehören,  ausgenom- 
men. Luther  1,  5' ;  was  zu  mir  eingehet,  das  ist  was  mich 
angehöret.  6,  146";  denn  ir  gehöret  nicht  sie  {die  weit),  son- 
dern meinen  vater  an.  6,  195';  vielleicht  gehöret  dich  die 
verheiszung  nicht  an.  Melanchth.  im  corp.  docir.  christ.  Lp. 
1560  p.  936;  das  lanib,  und  die  das  lainb  angehören.  Frank 
verbütsch.  buch  1559.  im  17  jh.  trat  der  dat.  an  die  stelle 
und  gilt  jetzt  allgemein:  dasz  du  mir  heute  angehörst.  Les- 
sing 1,  404; 

er  ist  der  alle  freigeborne  vogel  nicht, 

er  bat  schon  jemand  angehört.    Göthe  1,  107. 

Opitz  hat  ein  unpersönliches  angehören  für  sich  gehören,  die 
zeit  sein,  sich  gebären: 

kömpt  dann  die  sonn  heraus,  wanns  angehört  zu  tagen, 
und  leuchtet  durch  die  lult  mit  ihrem  leucrwagen.    2,  152. 

ANGEHÖRIG,  angehörend:  dies  buch  ist  mir  angehörig, 
früher  würde  gesagt  worden  sein  mich  angehörig;  ein  ange- 
höriger,  anvcrwandter ;  meine  angehörigen;  die  überlebenden, 
angehürige  oder  fremde.  Kant  5,  104.  mit  'treu  angehörig" 
schlieszen  gern  Göthes  briefe  späterer  zeit. 

ANGEHÖRIGEN  =  angehören:  da  er  nicht  aus  allen  pio- 
vinzen  zugleich  gebürtig  sein  kann,  so  ist  es  ihm  erlaubt, 
keiner  von  allen  anzugehürigen.    Schiller  792. 

ANGEHÖRIGKEIT,  f  Verhältnis  des  eigenthums  und  der  ab- 
hängigkeit. 

ANGEHÖRSCHAFT,  f  inbegrif  der  angehörigen:  mich  samt 
meiner  ganzen  angehörschaft,  incli%ive  des  Merkurs  bestens 
empfehlend.  Wieland  bei  Merck  2,  262. 

ANGEHÖRUNG,  f  dasselbe:  der  haspel  samt  seinen  an- 
gehörungen.  Hohberc  2,  430". 

ANGEIFERN,  spuma,  veneno  adspergere:  mit  Verleumdun- 
gen angeifern. 

ANGEISELN,,  scutica  incitare : 

dasz  er  die  ross  in  die  sciilacbt  angeiselte.    Voss. 

ANGEL,  «1.  aculeus,  hamus,  cardo,  ahd.  angul,  mhd.  angel, 
ahn.  öngull,  ags.  angel,  nnl.  angel,  fortbildung  des  ahd.  ango, 
mhd.  ange,  und  dem  lat.  aculeus,  uncus  entsprechend,  spitze, 
Stachel  und  eiserner  haken,  in  dem  die  thür  hängt,  oß  im 
geschlecht  und  nach  den  bedeutungen  schwankend,  Luther 
braucht  angel  hamus  männlich,  angel  cardo  weiblich,  was  an- 
dere gerade  umdrehen,  doch  scheint  hochdeutscher  mundart  das 
angemessenste,  jede  dieser  bedeutungen  männlich  zu  gebrauchen. 

a)  angel,  Stachel,  voraus  der  biene,  so  mhd. 

dos  honeges  süeze  wa>re  guot, 

wan  da;  vi!  wo  der  angel  tuot.    Freid.  65,  17; 

da;  lionec  in  dem  munde, 

da;  eiler  da  der  angel  liu     Trist.  378,  24  j 

der  den  angel  schon  hat  hin 

was  förcht  er  sich  meh  vor  der  bin? 

das  er  drumb  hinwerfen  weit 

den  imnicnkorb,  des  angels  sold.    Fi$<:hart  e/u.  6; 

mit  scharpferem  angel.  bienenk.  237" ;  die  weil  sie  sehr  scharfe 
und  mordwürkende  angel  haben.  237';  sie  (die  dröhnen)  ha- 
ben kein  angel.  238';  die  angel  (aculei)  der  bienen.  Hou- 
berg  2,  3S9'; 

dasz  sie  hacket  der  armut  angel.    H.  Sachs  V,  300*, 

wie  mhd. 

die  wil  diu  sor^e  ir  angel 

in  min  herze  hat  geschoben.    \Vh.  174,  32. 

b)  angel,  hamus,  fischangel:  kanstu  im  (dem  Leviatluin) 
einen  angel  in  die  nasen  legen?  //io&  40,  21;  und  die  fischer 
werden  trawren  und  alle  die  so  angel  ins  wasser  werfen. 
Es.  19,  8 ;  sihe  es  kompt  die  zeit  über  euch,  das  man  euch 
wird  eraus  rücken  mit  angeln.  Arnos  4,  2;  gehe  hin  an  das 
mecr  und  wirf  den  angel.  Matth.  17,  27;  würmlein  an  dem 
angel.    Keisersu.  ; 

gieng  nach  tischen 
mit  einem  angel  an  den  Rein.    II.  Sachs  1,537'; 

do  nimpt  David  den  angel  an  (bisz  in  den  angel,  den  ihm 
der  leufel  gelegt  halle).  Mathesius  114';  zu  zeilcu  drei  oder 
vier  iingel  in  seinem  bauch  gefunden  werden.  Forer  fischb.  79'; 


345 


ANGEL— ANGELEGEN 


ANGELEGENHEIT  —  ANGELOBUNG 


346 


dis  ist  dein  falsches  aas,  dein  angel.    Grtpuius  1,49S; 

speist  was  ihm  fängt  die  angel.    Flememc; 
'discn   angel   mein   fraw*  führt  Fischabt  Gary.  166*  unter  den 
spielen  n  201  für  uns  unverständlich  an; 

mit  einem  güldnen  angel  fischen.    Hagedor.n  1,  100; 

was  andre  sterbliche  aus  mangel 

der  böhern  scheidekunst,  gleich  einer  flieg  am  angel 

zu  süszem  untergange  kirrt.    Wieland  9,  öl ; 

wo  der  überflusz  den  goldnen  angel 

in  das  meer  der  freude  hängt.    Gökingk  1,  45; 

der  dann  bald  hier  bald  da  den  angel 

nach  freundschaft,  ach,  umsonst  warf  aus.     1,  271 ; 

schwebt  unversucht  alsdann  vor  mir 

der  Wollust  süszer  angel.    Bürger  103*; 

an  diesem  goldnen  angel  hat  manche  starke  lugend  sich  ver- 
blutet, Schiller  2S4 ;  nirgends  beleidigt  diese  (falsche  annut) 
mehr  als  wo  sie  der  begierde  zum  angel  dient.  1125; 

das  Wasser  rauscht,  das  wasser  schwoll, 

ein  fischer  sasz  daran, 

sah  nach  dem  angel  ruhevoll.    Göthe  1,  185; 

wie  der  köder  am  angel  zu  befestigen  sei.  22,  194;  diese 
blicke  sind  es,  die  den  angel  in  meinen  busen  geworfen  ha- 
ben. TiECK  2, 150 ;  man  steckt  einen  schweinsrücken  an  einen 
angel  {äyxi<nQOf).  La.nges  Uerod.  2,  70.  weiblich,  auszer 
Fleming  :  in  die  angel  beiszeu.  Rlixger  3.  9S, 

c)  angel,  Ihürangel,  cardo:  das  ein  igliche  thür  zwei  blat 
hatte  aneinander  hangen  in  iren  angeln,  l  kön.  6,  34 ;  auch 
waren  die  angel  au  der  thür  des  hauses  gülden,  1, 7, 50 ; 
ein  fauler  wendet  sich  im  bette,  wie  die  thür  in  der  angel. 
spr.  Sal.  26,  14; 

die  thür  im  angel  kan  ich  schmieren, 
das  sie  nit  knarren  kan  noch  kirren. 

H.  Sachs  I,  516; 

halle  mich  also  zwischen  thür  und  angel  gesteckt  und  wüste 
der  Sachen  nicht  rath.  Schweixiches  1,  127;  wann  das  pferd 
das  maul  nicht  recht  mehr  zubringen  oder  schlieszen  kan, 
weil  es  aus  den  angeln  gesprungen.  Pimer  pferdschatz  s.  389 ; 

ach,  mein  maul  ist  mir  aus  dem  angel.    AniER52'; 

sich  zwischen  thür  und  angel  legen.    75'; 

da  war  Georgien  erst  zwischen  thür  und  angel. 
Gbtpuius  1,  134^; 

seit  die  slaren  sich  in  ihren  angeln  drehen. 
WiBiA.tD  10,  173; 

vom  angel  baut  er  das  thor.    Schiller  34; 

die  beiligkeit  der  kirchenmusiken,  das  heitere  und  neckische 
der  vpiksniclodien  sind  die  beiden  angeln,  um  die  sich  die 
wahre  musik  herum  dreht,  Göthe  22,  228 ;  die  erheblichsten 
einwürfe  drehen  sich  gerade  um  diese  zwei  angel.  Kant  4, 
101;  du  hast  mich  aus  den  angeln  gehoben,  wo  steh  ich 
fest?  BETTiyE  tageb.  222;  ich  bin  allein,  er  hat  mich  wieder 
ganz  aus  den  angeln  gehoben  und  zu  dir  hinauf.  2,  120. 

Man  schreibt  auch  dem  ambosx,  der  sense,  feile,  klinge 
einen  angel,  d.  t.  spilxe  zu. 

ANGEL,  m.  angina,  bräune:  wann  die  Schweine  von  die- 
sem kraut  essen,  genesen  sie  von  dem  angel.  .Mlrai.t  eidg.  145. 

A.NGELANGEN,  adire,  transitiv,  einen  um  etwas  angehen: 
das  man  einen  schwachen  kranken  menschen  in  schwere  ge- 
fengnis  legen  sol  und  darnach  auf  solche  trefliche  artikel  so 
gehiing  zu  respondiern  angclangen.  Lither  3.  411;  wan  ein 
underthan  euch  uinh  hülf  und  rettung  angelanget.  Philanuer 
1,  580 ;  wie  sie  den  himmel  umb  hülf  und  rettung  angclan- 
gen.   1,  3.    vql.  anlangen. 

ANGELB.VND,  n.  thürband. 

ANGELRISZ.  m.  morsus  hami. 

A.NGELCHEN,  n.  hamulus,  kleiner  angel. 

ANGELD,  n.  arrAa :  zum  angelde  abzaiilen.  colica  190 ;  ich 
kaufte  ein  stück  gu(,  gäbe  ein  stark  angeld.  liesze  mir  her- 
nach die  tagezeiten  desto  gnädiger  machen.  Weise  erzn.  94. 

ANGELEGE.N,  nnl.  aangelegcn,  pari,  prnet.  ron  anliegen 
eurae  esse,  oß  adjcelivisch  gebraucht:  wenn  den  leuten  etwas 
angelegen  war.  weish.  Sal.  14,  21 ;  ein  wacker,  fleiszig  mensch, 
der  des  seinen  mit  vleis  wartet  und  leszts  im  angcleigen  (so) 
»ein.  Luther  6,  141';  hoch  angelegener  geschcften  halben. 
Atrer  proc.  2,  2 ; 

sunsi  nichts  ist  ihnen  angeleicea 

noch  angenehm  in  dieser  weit.    Wbckherl.  12; 

dasz  ich  nicht  etwan  stürbe  und  der  weit  so  eine  angelegene 
person  entziehen  niiirlite.  Weise  erin.  75;  eine  angelegene 
bitte.   Rabener  6,  87 ;   ein   gespräcb,   dessen    mittheilung  uns 


der  leser  gerne  nachlassen  wird,  da  wir  seine  begierde  nach 
angelegeneren  materien  zu  befriedigen  haben.  Wiela.nd  l,  208 ; 
es  war  mir  unendliche  mal  angelegener  zu  wissen.  w;er  diese 
unbekannte  sei,  2,  43;  nun  hatte  er  selbst  nichts  angeleg- 
ners,  3, 212 ;  mein  angelegenstes  geschäft.  3,  278 ;  viel  ange- 
legnere dinge,  4,  59 ;  in  den  meisten  und  angelegensten  fäl- 
len, S,  108 ;  zum  behuf  seiner  Hören  muste  ihm  sehr  ange- 
legen sein.  Göthe  31,  41 ;  mir  war  nichts  angelegener,  als 
mich  von  seinen  rhythmischen  grundsätzen  zu  überzeugen. 
31,  137 ;  die  höchsten  und  angelegensten  zwecke  der  mensch- 
heit,    Kant  2,  371. 

ANGELEGENHEIT,    /",  causa,    nnl.  aangelegenheid,    eigent- 
lich eine  wichtige,  anliegende,    dann  überhaupt  uns  angehende 
Sache:    minister    der  auswärtigen  angelegenheiten ;    sichs    zur 
angelegenheit  machen,  sichs  angelegen  sein  lassen; 
wie  könnt  ich  ihm  denn  sonst 

den  kleinen  raub  nicht  gönnen  wollen,  den 

er  sichs  zu  solcher  angelegenheit 

gemacht,  den  Christen  abzujagen?    I^ESsixe  2,  333 ; 

der  einzige  söhn  des  würdigen  mannes,  den  alle,  welchen 
die  religion  eine  angelegenheit  ist,  so  verehren  und  lieben, 
10, 1;  der  tyrann  machte  sich  eine  giosze  angelegenheit  daraus, 
alle  weit  zu  überreden  u.  s,  w.  Wieland  2,  316;  auch  dies- 
mal fragte  er  mit  angelegenheit  (so,  dasz  es  ihm  anlag)  dar- 
nach. Pestalozzi  L.  und  G.  4,  HO;  die  allgemeine  mensch- 
liche angelegenheit.  Kant  2,  27.  28. 

ANGELEGENTLICH,  was  angelegen:  so  angelegentliche 
Untersuchungen.  Kant  2,  40 ;  es  gibt  einen  vortheil,  der  auch 
dem  unlustigsten  lehrling  begreiflich  und  angelegentlich  ge- 
macht werden  kann.  2,  238 ;  meine  angelegentlichste  bitte 
die  bildung  ist  wie  gelegentlich,  geflissentlich  m.  a.  m. 

ANGELEGENTLICH,  adv.  sollicite. 

ANGELEGTERMASZEN,  modo  constituto.  Fischart  Garg. 
152',    s.  anlegen. 

ANGELFISCHER,  m.  hamator,  im  gegensatz  zum  reuscn- 
fischer,  netzfischer.    besser  blosz  angler. 

ANGELHAKE.N,  m.  uncus  hami,  ein  überflüssiges  »ort,  das 
nochmals  durch  Zusammensetzung  ausdrückt,  was  schon  in  an- 
gel selbst  liegt:  sieh,  sieh  ein  groszer  lisch,  der  mich  an- 
beiszen  wollte,  wie  einen  regenwurm  am  angelhaken.  Arnw 
2,272.294;  am  angelhaken  der  bewundrung  zappeile.  J.  Paul' 
Kalzenb.  1,  15. 

AISGELICHT.  hamatus,  aeuleatus,  ahd.  angoht. 

.\NGELLEINE,  f.  funiculus  hami. 

ANGELLOCH,  n.  cavatura  cardinis,  nach  dem  voe.  1482 
vertinella. 

ANGELMAUS,  f.  mus  araneus,  Spitzmaus,  wegen  ihres 
spitzen,  angelßrmigen  rüssels. 

ANGELMUND,  der  entstellte  name  einer  pflanze,  soll  rhus 
(^01'»)  coriaria  sein,  deren  sic/i  gerber  zur  beize  bedienen, 
nach  Nemnich  heiszt  auch  lantana,  wilde  salbei  angelmund. 
woi  aus  agrimonia?    s.  agermund. 

ANGELN,  nach  dem  sinn  von  angel,  sowol  angeln  aculeo 
laedere:  welche  bienea  angeln  (stechen)  mehr?  die  dörren. 
Fischart  Garg.  52* ;  als  angeln  hämo  piscari,  das  oß  figür- 
lich steht: 

wer  immer  aogeli, 

dem  nimmer  mangelt.    Logau  2,  zugäbe  43; 

ich  angelle  mit  rröhlichkeit 

nach  dir,  du  bissest  an.       Gleti; 

jener  wildfang, 
der  unersättlich  nur  n*ch  neuen  opfern  angelt. 
Gotter  1,253; 

wirst  nit  viel  angeln,  ist  noch  zu  früh.  Gutbe  13,  19  r  dasz 
eine  verdriesziich  ist,  die  nach  allen  mannsicuten  angell  und 
keinen  fhngl.  57,  104 ;  du  solltest  dich  schämen,  einem  men- 
schen, wie  der  officier,  den  du  gestern  angeln  lieszcst,  das 
geld  abzunehmen.  Klincer  1,  lOS ;  die  verarmende  menge,  die 
sich,  sobald  sie  von  vaterländischer  ehre  entblüszt  ist,  in 
jedem  ausländischen  sumpfe  satt  fischt  und  angelt  J.  Paul 
nachdämm.  84. 

ANGELOBEN,  spondere,  polliceri,  geloben  an  die  hand: 
und  hier  gelob  ichs  an,  verspritzen  will  ich.  Schiller  337 ; 
sie  war  meine,  mir  von  euch  angelobte  braut.    Klincer  2,  22. 

ANGELÖBNIS,  f.  und  n.  promissio  solemnis:  der  fürstli- 
chen angelöbnis  nach.  Schweirichb»  1,  84 ;  seines  angelöb- 
nisses  eingedenk.    Göthe  23,  11. 

ANGELOBUNG,  f.  dasselbe:  was  icli  in  keine  wege  mit 
angelobung  tbun  wollte.  ScHWEinicBEN  3,  19. 


347 


ANGELPUNCT  —  ANGENEHM 


ANGENEHMHEIT— ANGER 


348 


ANGELPUNCT,  m.  cardo  rei,  besser  saijl  man  blosz  angcl. 
AIVGELIiUTE,  f.  arundo  piscaloria: 

\\]ß  am  eestad  ein  lischcr  mit  ragender  angelrule. 
Voss  Od.  12,  251. 

ANGELSCHNUR,  f.  linca  piscatoria.   mhd.  angelsnuor. 
ANGELSTANGE,  f.  was  angelrute. 
ANGELSTERN,  m.  Stella  polaris  : 
ihr  haar  ist  ohne  gold, 
und  schitnmert  doch  von  weiten  bisz  an  den  angelstern. 
ScHiKMERs  sing,  rosen  30  Ued. 
edles  bild,  schwing  dich  auf  mit  mir, 
und  stelle  deinen  glänz  dem  angelsterne  für.    Fleming  ; 

aber  Thusneldens  anmut  zohe  seine  äugen  mit  unsichtbaren 
ketten  nachdrücklicher,  als  der  nordische  angelstern  die 
magnctnadel  an  sich.    Lorenst.  Armin.  1,  1271; 

herr  Doreas  schwört  bei  den  beiden  angelsternen 
von  seinem  herzen,  bei  ihren  karfunkelaugcn. 
Wie  LAND  4,87; 

dessen  feste  seele  wie  der  angelstern  am  himmel  unverän- 
dert und  ewig  um  sich  selber  treibt.  Schimer  307;  da  er 
den  angelstern  seines  lebens  als  eine  Sternschnuppe  in  seine 
todtenstille  wüste  hatte  fallen  sehen.  J.  Paul  IH.  3,  132. 

ANGELTUGEND,  f.  cardinallugend.  s.  Keisersberg  b.  Ober- 
LIN  45. 

ANGELÜBDE,  n.  was  angelöbnis :  dasz  er  aus  seinem  an- 
gelübd  geschritten  ist.  Luthers  br.  5,  21. 

ANGELÜSTEN,  an  etwas  gelüsten,  schon  alid.  findet  sich 
das  subst.  analust  (Graff  2,  2S9),  allmälich  mit  persönlichem 
dativ:  roheit,  die  manchem  vom  hammer  Thors  angelüstcn 
möchte.  Herder  18,  137. 

ANGELWEIT,  adj.  und  adv.  latissime  palens,  sperrweit, 
sperrangelweit,  so  weil  es  der  thürangel  gestattet : 

sie  sperren  zu  mir  angelweit 

das  maul  auf,  und  ein  jeder  schreit.    Opitz  ps.  08; 

die  obren  stehn  geöfnei  angelweit.    219; 

jetzt  stehn  des  hiinmels  Ihüren 

geöfnet  angelweit.     Fleming  14; 

mit  angelweitem  rächen,    v.  Birken  G.  76; 

die  groszen  blauen  äugen  ihrer  heiligen 

entzückt  und  angelweit  geöfnet.    Wieland  21,  143. 

ANGELWIND,  m.  venlus  a  cardine  ßans :  die  vier  angel- 
wind. H.  Sachs  I,  149*. 

ANGEMENGE,  n.  pabulum  ädmixlum,  in  der  landwirt- 
schaft.   s.  anmengen. 

ANGEMERKT,  adv.  nnl.  aangemerkf,  franz.  attendu,  in  be- 
tracht,  angesehn :  wir  wollen  diese  schöne  kunst  nicht  so  gar 
verwerfen,  angemerket,  dasz  doch  eine  grosze  kraft  mitwür- 
kend  sei.    Simpl.  1,  200.   s.  anmerken. 

ANGEMESSEN,  aptus,  congruus:  der  Stellung,  dem  boden 
angemessen;  angemessene  kleidung,  entschädigung.  vgl.  an- 
messen. 

ANGEMESSENHEIT,  f.  aptitudo:  die  beschaffenheit  des 
begrifs,  nicht  mehr,  auch  nicht  weniger,  als  der  gegenständ 
erfordert,  zu  enthalten.   Kant  10,  209.  • 

ANGE.N,  angere.  ahd.  angan  (Grafk  1,  341),  nihd.  angcn, 
noch  fcet  Henisch  81:  was  dich  nit  anget,  darnach  soltu  auch 
nit  fragen;  was  aber  auch  angehet  sein  kann,  wie  Henisch 
1429  selbst  bemerkt. 

ANGENATURT,  nativus,  angeboren  {vgl.  angebürtlich)  hat 
Stieler  38  und  Abh.  a  s.  Clara  Judas  1,  289  aus  angenatur- 
tem  vor^vitz.  # 

ANGENEHM,  acceplus,  gralus,  nnl.  aangenaam,  was  man 
gerne  an  sich  nimmt,  goth.  andanems,  Sexros  von  andniman 
St'xead'ai.  ahd.  nur  nämi,  ginämi  in  gleichem  sinn,  mhd. 
gena-rne,  nhd.  genehm,  ein  Magdeburger  Freidank  des  15  jh. 
hat  für  gena-me  48,  3  des  lextes  angeneme.  da  sich  aber  schon 
ahd.  ananeman,  nhd.  annehmen  findet,  auch  annehmhch,  an- 
nchm  gesagt  wird,  ist  wider  die  Wortbildung  angenehm,  nnl. 
aangenaam,  nichts  einzuwenden,  sie  erscheint  schon  bei  Luther 
häufig,  und  noch  in  der  vollen  gestalt  angeneme:  wenn  du 
from  bist,  so  bistu  angeneme.  Ijl/üs.  4,  7;  das  es  (das  brand- 
opl'er)  dem  herrn  angeneme  sei  von  im.  3  Mos.  1,  3 ;  so  wird 
es  angeneme  sein  und  in  versünen.  l,  4 ;  so  wird  er  nicht 
angeneme  sein,  der  es  geoi)fcrt  hat.  7,  18 ;  so  ist  er  ein 
grewel  und  wird  nicht  angeneme  sein.  10,  17 ;  er  sei  angc- 
nem  seinen  brüdcrn.  b  Mos.  HZ,  21;  wer  aber  in  Machomet 
allein  glaubt,  die  laszt  er  als  angenem  bei  lebcm  Frank 
weltb.  191';  in  von  dem  prcdigampt  abzutreiben,  es  war  aber 


vergeblich,  dieweil  er  dem  volk  ganz  angenem  war.  Kirch- 
hof wendunm.  456";  da  sie  in  der  angeneinen  zeit  sich  nicht 
mit  ganzem  herzen  zu  mir  bekeren.  Mathesius  Hl';  allda 
waren  i.  f.  gn.  auch  angenem.  Schweinichen  1,  131; 

ihr  irrt,  so  euch  bedünkt,  ihr  wäret  angcnemer. 
LoGAU  2,  70 ; 

ein  knabe,  dessen  Jugendblüte  zu  einer  angeneiimen  frucht 
eine  gute  hofnung  machen  konte.  pers.  rosenth.  1,5;  weil  der 
frommen  nicht  so  viel  als  der  bösen,  sind  sie  desto  ange- 
nehmer. 7,  20 ;  der  Sprachgebrauch  unterscheidet  das  ange- 
nehme vom  guten,  das  unangenehme  vom  bösen.  Kant  4, 166; 
angenehm  ist  das  was  den  sinnen  in  der  empfmduug  gefällt. 
7,  46;  sie  war  jung,  hübsch,  munter,  liebevoll  und  so  an- 
genehm, dasz  sie  wol  verdiente,  in  dem  schrein  des  herzens 
aufgestellt  zu  werden.  Göthe  25,  110.  es  gilt  zumal  bei  ver- 
bindlicher anrede  und  anwünschung :  angenehmer  junger  ge- 
sell! pers.  baumg.  2,  14;  angenehmes  kind!  Gellert  3,172; 
angenehmste  Henriette !  Lessing  1, 406 ;  angenehme  ruh  I  Göthe 
7,  61;  sie  sind  ein  warmer,  ein  angenehmer  freund.  14,  124; 
sind  mir  stets  angenehm ;  erste  Zusammenkunft  mit  dem  an- 
genehmen leser.  J.  Paul  teuf.  pap.  1,  1.  angenehm  haben 
hiesz  genehm  hallen,  annehmen,  franz.  agreer:  alsdenn  wirslu 
angenehm  haben  das  opfer  der  gerechtigkeit.  Luther  1,  31"; 
angenehm  machen,  beliebt,  annehmlich  machen:  es  begehre 
kein  poct  durch  unterrichlung,  sondern  alle  blosz  durch  er- 
getzung  sich  angenehme  zu  machen.  Opitz  poelerei  4 ;  und 
(dasz)  deine  wollhat  dich  angenehm  mache  vor  allen  leben- 
digen menschen.  Sirach  7,  36 ;  damit  er  sich  nun  angenehm 
und  ansehnlich  machen  mochte,  pers.  baumg.  5,  12 ;  mit 
scherzreden  ihr  die  zeit  zu  vertreiben  und  sich  bei  ihr  an- 
genehm zu  machen,  pers.  rosenth.  6,  2;  bei  den  damen  den 
angenehmen  spielen.  Im  handel  und  wandcl  nimmt  angenehm 
(wie  theuer)  die  bcdeutung  von  gesucht,  selten  begehrt,  an : 
caffe  und  zuckcr  angenehm,  das  holz,  die  milch  im  winter 
sehr  angenehm;  wenn  sich  die  waare  durch  stetiges  nach- 
fragen angenehm  machet,  so  schlaget  sie  geschwinde  auf  und 
wird  theurer.  des  träumenden  Pasquini  Staatsphantasien.  1697. 
s.  112.  zuweilen  ironisch  für  übel:  du  bist  heute  in  deiner 
angenehmen  Stimmung  oder  laune. 
ANGENEHMHEIT,  f.  delectatio: 

dafern  dir  dieses  rolir  kan  augenehmheil  bringen, 

das  meine  band  bewegt. 

Knittels  sinnen  fruchte.  Cotberg  1677  s.  6. 

ÄNGENOMMENHEIT,  f.  simulatio:  glcisnerei  und  angenu- 
menheit.  Keisersb.  von  kaufleulen  96" ;  etliche  die  nit  .  wor- 
lich  sondern  falschlich  und  in  angenummenheit  an  in  gloub- 
ten.    dessen  postill.  2,  82.   s.  annehmen. 

ANGER,  m.  pralum,  viridarium,  ahd.  angar  (Graff  1,  350), 
mhd.  anger  (Ben.  1,  45'),  grasbewachsnes  land,  weidetrift,  wie 
schon  mhd.  gewöhnlich  grüene  anger,  altn.  engi  pralum;  viel- 
leicht dasz  der  alte  volksname  Angrivarii,  Angrarii,  Engern 
dazu  gehört,  einzelne  dörfer  heiszen  Angersbacli,  Angersberg, 
Angersdorf,  die  anger  sind  vol  schalen  und  die  awen  ste- 
hen dick  mit  körn.  ps.  65,  14;  ich  wil  sie  weiden  in  allen 
awen  und  auf  allen  angern  des  landes.  Ez.  34,  13 ;  auf  einen 
schönen  anger.  Dan.  3,  1 ;  die  reichen  zelten  auf  den  wol- 
schmackenden  (dußenden)  angern  aufgeschlagen  waren.  Galmy 
134 ;  wir  reiseten  von  der  Stadt  aus  auf  lauter  schönen  grü- 
nen angern.  maulaffe  276 ;  hütlen  auf  dem  grünen  anger,  den 
ich  aus  meinem  fenster  übersehen  konte.  wesif.  Robins.  122; 

welch  ein  anger,  o  ihr  schönen, 

0  wie  dünkt  er  mir  so  schön! 

Glkihs  ode  57  nach  .inakreon; 
von  dem  würdigen  dunkel  erhabener  linden  umschattet 
war  mit  rasen  bedeckt  ein  weiter  grünender  anger 
vor  dem  dorfe.  Göthe  40,  2S4; 

auf  dem  fcucliion  heidekraute 
zwischen  dem  gcslrüpp  des  angers.    11ückkrt29I; 

eigentlich  liegt  anger  hoch  und  trocken,  aue  und  wiese  feucht: 
er  kommt  ülier  wiesen  und  aiicn,  umgeht  auf  Irocknem  an- 
ger manchen  kleinen  see.  Göthe  22,  151.  auch  pferde  werden 
auf  dem  anger  getummelt: 

sieh  ....  den  anger  voll  finsterer  rosse.    E.  v.  Kleist  2,  9; 

schon  Heinrich  im  fortgesetzten  Trist.  2094  sagt  von  einem  nie-  m 
dergcslochnen  ritter,  dasz  er  den  anger  nia^,  wie  es  sonst  ^ 
heiszl  den  acker  mej^en  l'arz.  174,  30,  franz.  mesurer  la 
Champagne,  mensurare  terram  bei  Arbo  1,  325. 

ANGER,  enger,  steht  in  den  weisthümern  für  das  mlat.  an 


349       ANGERBLüME  —  ANGESESSENHEIT 

garia,  frohnc  z.  b.  t,  749.  2,  519  und  damit  werden  angerfart, 
angerwagen,  angerwein  zusammengesetzt. 

AiNGERBLUME,  f.  bellisperennis,  »ons/ masziieb,  gänseblume : 

'du  bist  kurzer,  ich  bin  langer' 
also  siritenls  üf  dem  ang-er 
bluomcn  unde  kie.    Walth.  51,  36. 

ANGEBFAHRT,  f.  angaria,  frohnfuhre.  weislh,  2,  525.  534. 

AJNGERFELD.  n.  campus  graminosiis:  ein  lustiges  anger- 
felt.    H.  Sachs  I,  90'. 

ANGERHALSLER,  m.  hintersasz,  nd.  brinksilter,  einieohner, 
der  auf  dem  anger  ansäszig  ist. 

ANGERKLEE,  m. :  der  angerklee  strebt  ihren  säum  zu  küs- 
sen. Sali»,    s.  angerblume. 

ANGERKRAÜT,  n.  polygonum,  sonst  wegetritt,  hänsel  am  weg. 

ÄNGEHLING  s.  engerling. 

ANGERWAGEN,  m.  frohnwagen.  tceisth.  2.  525.  534. 

ANGESANG,  m.  die  anhebende  Strophe  im  gegensalz  zur 
anlistrophe :  sie  zogen  mit  angesang  und  antwort.  Göthe 
43.  264.    vgl.  abgesang. 

ANGESEHEN,  consideratus,  speclatus,  part.  prael.  von  an- 
-'lien:  ein  angesehener  mann,  ein  angesehenes,  ansehnliches 
geschlecht,  haus,  amt;  'ein  angesehener  herr'.  angesehn?  'je 
nun,  ich  meine  ansehnlich,  was  man  so  untersetzt  nennt'. 
TiECK  10,  25.  s.  ansehen. 

ANGESEHEN,  adv.  habita  ralione,  nnl.  aangezien,  it.  con- 
siderando,  franz.  considerant,  attendu,  bei  Llther  noch  mit 
dem  ttcc,  dann  aber  mit  dem  gen.  oder  folgendem  dasz:  also 
wird  für  gott  das  herz  rein  und  das  gewissen  gut  und  sicher, 
nicht  angesehen  mein  eigen  reinigkeit  oder  leben  für  der 
weit,  sondern  angesehen  den  lieben  schätz  —  6,  41';  sondern 
ich  wil  viel  mehr  ir  (rfer  tre/n  zuwider  fortfaren  guts  zu  thun, 
nicht  dich  noch  jemand  angesehen ,  sondern  umb  meines 
herrn  Christi  willen.  6,  50';  das  sie  auch  selbs  zu  Augsburg 
den  keiser  baten,  er  solt  den  bapst  vermögen,  das  er  kein 
ablasz  mehr  in  Deudschland  schicken  wolle,  angesehen,  das 
es  in  abfall  und  Verachtung  komen  were.  0,  82*;  aber  wo 
wir  uns  einmal  trennen  lassen,  so  kommen  wir  niemer  bei 
einander,  angesehen,  das  wir  also  ungewapnet  seind.  Aimon 
bogen  n;  ir  bettenl  alle  ewere  bnider  mit  manheit  ubertrof- 
fen,  angesehen,  das  ir  der  jüngst  und  künest  warent.  bogen 
q;  so  wird  gewis  eim  solchen  hausmann  nimmer  nn  freuden 
abgehn,  angesehen,  dasz  er  solche  tischmusic,  prell  und  bett- 
spiel augenblicklich  umb  sich  hat.  Fischart  Garg.  72';  du 
hast  grosze  gnade  von  gott,  dasz  du  angesehen  der  crbsen 
in  den  schuhen  dannoch  so  wol  fortkommen  kanst?  ja  sagte 
ich,  ich  habe  sie  gekocht.  Simplic.  1,  449 ;  angesehen  ich  ge- 
stehen musz,  dasz  es  schwer  fallt,  sich  dessen  beraubt  zu 
sehen,  das  einer  würklich  in  besitz  zu  kriegen  vermeint  ge- 
habt 2,  447 ;  angesehen  ich  die  hierzu  erforderte  gelehrsam- 
keil  nicht  besitze,  ehe  eines  weibes  2;  angesehen  überflüs- 
sige dinge  entbeiirot  werden  können.  S ;  angesehen  er  durch 
dergleichen  löbliche  bemühungen  seine  zeit  wol  anwenden 
würde.  137 ;  angesehen  sie  dergleichen  haben  könfe.  ehe  eines 
tnannes  3SG ;  sind  aber  auch  solche  (Zusammensetzungen), 
die  nichts  haben,  denn  lauter-  kleine  stück,  gebe  keinen 
pfilTerling  drum,  angesehn  sie  untauglich  werk  sind.  Klopst. 
12,  117 ;  einem  meister  er  ist  ein  ehrsamer  name  worden, 
angesehn  selbiger  von  meister  abgeleitet  wird.  154;  so  dOr^ 
fen  und  müssen  auch  ihre  (der  komOdie)  Charaktere  seihst 
'allgemeiner  sein,  als  sie  in  der  natur  existieren,  angesehen  dem 
aHgemeinen  selbst  in  unserer  einbildungskrafl  eine  art  von 
existenz  zukömmt.  Lessi>c  7,  410;  es  soll  mit  dem  praenu- 
nieriercn  mislich  sein,  angesehn  die  gelehrten  oft  so  gewis- 
senhaft zu  werke  gehn,  als  die  kauflcute.  Cr.AiDius  2,  19 ; 
zweitens  auch  weil  reiscbeschreibungen  überhaupt  unmöglirh 
auf  eine  andere  art  zu  machen  sind,  angesehen  noch  kein 
reisebesciireiber  wirklich  in  dem  lande  stand,  das  u.  s.  w. 
J.  Paoi.  uns.  löge  3,  130.  Der  ausdruck  gilt  aber  ßr  steif 
und  Klopstock  in  den  angezogenen  stellen  verwendet  ihn  blosz 
spöttisch. 

ANGESESSEN,  fundos  habens,  sonst  auch  eingesessen :  er 
schien  ihm  oft  weniger  ein  angesessener  einwohncr  dieser 
weit,  als  ein  wesen  von  höherer  art,  ein  den  menschen  ge- 
wogener genius  zu  sein.  Wiklamo  3,  359;  lieber  prügle  ein 
in  Baireut  angesessener  mann  seinen  bedienten  obenhin  aus. 
J.  Padl  paling.  1,  59.    sonst  auch  ansäszig. 

ANGESESSENHEIT,  f  ansdszigkeil.  Thibact  pand.  recht  3. 
5.  1069. 


ANGESICHT 


350 


ANGESICHT,  f.  aspectus,  conspeelus,  facies,  nnl.  aangezigt. 
das  ahd.  anasiht,  mhd.  angesiht  waren,  wie  gisiht,  gesiht 
weiblich,  und  bezeichneten,  gleich  dem  lat.  aspectus  rorzugs- 
weise  das  anschauen,  dann  auch  das  angeschaute,  os,  facies. 
zuo  ir  angesihte.  /ir.  4234  in  gegenwart;  von  leidebernder  an- 
gesiht. Bari.  30,  27 ;  unfro  der  angesihte,  des  anblicks.  Wh. 
61,  25 ;  gotes  angesiht,  das  anschauen  gotles.  Bari.  65,  27. 
das  weibliche  geschlecht  läszl  sich  noch  ins  15.  16  jh.  verfol- 
gen: in  der  angesicht  gottes.  Keisersb.  von  Schwertern  und 
scheiden  4;  erklärt  er  das  von  der  angesicht  des  ganzen  ant- 
litz.  Gersdorf  «undarzn.  152$  bl.  90.  bald  aber  hersehte  das 
neutrum. 

ANGESICHT,  n.  aspectus,  facies,  vultus.  auch  hier  erschei- 
nen beide  bedeutungen  neben  einander,  da  gegenüber  stehende 
wechselsircise  sich  sehen  und  gesehen  werden. 

1)  activ,  blick,  äuge,  gegenwart  des  sehenden:  er  meidet 
mein  angesicht,  will  nicht  von  mir  gesehn  werden;  er  kommt 
mir  nicht  vor»  angesicht,  vor  die  äugen;  Adam  versteckt  sich 
für  dem  angesicht  gottes.  1  Mos.  3,  8 ;  hüte  dich  vor  seinem 
angesicht  und  gehorche  seiner  stimme.  2  Mos.  23,  21 ;  der  herr 
lasse  sein  angesicht  leuchten  über  dir.  4  Mos.  6,  25 ;  bis  das 
er  seine  feinde  austreibe  von  seinem  angesicht.  32,  21 ; 

auch  du,  gönn  ihm  dein  angesiebt,  mein  Polrnices. 
Schiller  240; 

unverhöri  geh  ich  aus  ihrem  angesicht.    256; 

man  iuhrt  uns  aus  dem  angesicht  der  menschen.    599; 

die  gunst  des  königlichen  angesichts 

hat  sie  verwirkt.    419; 

frecher,  mir  vom  angesicht!    Göths  10,  225; 

sie  zu  tilgen  von  dem  angesicht  des  bimmels.    8,  161; 

weil  unter  des  hiramels  angesicht 

man  immer  besser  und  freier  spricht.    3,  119; 

im  angesicht  einer  hohen  mauer.  21, 174,  d.  h.  vor  der  mauer, 
en  face  du  mur,  so  dasz  die  mauer  auf  die  kommenden  herab 
sah;  herabgestiegen  von  der  höhe  verweilte  ich  noch  eine 
Zeitlang  vor  dem  angesicht  des  ehrwürdigen  gebäudes.  25,  227 ; 
im  angesicht  des  feindes  wurde  die  brücke  besetzt;  im  an- 
gesicht des  kochs  schnappte  der  hund  das  fleisch  weg;  man 
erklärt  etwas  im  angesicht  der  weit,  ror  den  leuten,  dasz  es  alle 
sehen  and  hören;  hier  stehen  wir  im  angesicht  des  Vaterlands. 

2)  passiv,  angesicht,  wie  es  sich  schauen  Idszt,  anllitz :  im 
schweisz  deines  angesichts  soitu  dein  brot  essen.  1  Mos.  3, 19 ; 
ich  weisz  dasz  du  ein  schön  weih  von  angesicht  bist.  12,  11; 
und  Joseph  war  schön  und  hübsch  von  angesicht.  39,  1;  da 
er  sein  angesicht  gewaschen  hatte.  43,31;  man  musz  dem 
teufel  das  kreuz  ins  angesicht  schlahen.  Lltoer  6,  4' ; 

der  fmhiing  wird  nun  bald  entweichen, 

die  sonne  fSrbt  sein  angesicht.    Uz  1,!>5; 

seht  sie  nur  erst  von  angesicht.    Schiller  426; 

trocknen  mein  angesicht.    Voss  Luise  3,292; 

am  besten  isis  der  drohenden  gefahr 

ins  angesicht  zu  sehen.    Göthk  10,  23S; 

komm,  dasi  ich  wieder  ihr  holdes  angesicht  sehe.    20,  101 ; 
durch  ein  unbändiges  reden  allen  veriiältnissen  ins  angesicht 
schlagen.    28,  247;   einen    mitten    ins    angesicht    verwunden; 
machte  ein  zu  saueres  angesicht.   J.  Pail  teuf  pap.  1,  13. 

Beide  bedeutungen  greifen  natürlich  in  einander  über,  gönn 
ihm  dein  angesicht  kann  sowol  heiszen  sieh  ihn  an,  als  las: 
dich  von  ihm  ansehen,  seht  sie  nur  erst  von  angesicht  ent- 
weder, erblickt  sie  nur  erst  mit  euren  äugen,  oder  schaut  nur 
erst  ihr  anllitz  an.  einem  in  das  angesicht  widerstehen. 
Hah^c  3,  34,  ihm  unter  äugen  treten,  seinen  anblick  nicht  fürch- 
ten; einen  ins  angesicht  verlästern.  Klincer  11,  279 ;  das  böse, 
dessen  man  sich  gegen  einen  abwesenden  feind  wol  getrauen 
darf,  ihm  ins  angesicht  zufügen.    Schii.i.er  777. 

Von  angesicht  zu  angesicht :  der  herr  aber  redet  mit  Mose 
von  angesicht  zu  angesicht,  wie  ein  man  mit  seinem  freunde 
redet.    2,33,11; 

wenn  wir  mit  wolwollenden 

von  angesicht  zu  angesicht  uns  finden.  Götri:  11,370: 
sieh  mich  von  angesicht  zu  angesicht,  du  erwnhlier.'  14,  IS6. 
Im  sinn  von  antlilz  nahm  angesicht  auch  die  bcdeulung  einer 
larve,  maske  an:  da  er  ein  angesicht  oder  schemparl  vorlhet. 
Kirchhof  wendunm.  138*.  Ho  der  pl.  gebildet  wird,  lautet  er 
anpesichtcr,  doch  ist  auch  angcsichic  (icie  Wörter  und  worte) 
zulässig : 

disz  weite  reich  gibt  ihm  vil  schöner  angesichie. 
Grtpuius  16<i3(.  118, 

falls  hier  der  gen.  pl.,  nicht  etwa  acc.  sg.  gemeint  ist.  s.  anllitz. 


351 


ANGESICHT  —  ANGESPANN 


ANGESPRÄCH  —  ANGEWINNEN 


352 


ANGESICHT,  adv.  in  conspeäu,  der  alle  yen.  sg.  fem. : 

angesicht  der  äugen  er  belreugt.    H.  Sachs  II.  4,  5'. 

ANGESICHTS,  adv.  in  conspeäu,  franz.  en  face,  mit  dem 
gen.  des  neutrums  gebildet:  das  er  verLoft,  mein  gn.  h.  der 
kurfürst  würde  mir  angesichts  seiner  schrift  {d.  i.  sobald  ihm 
seine  schriß  vor  die  äugen  gekommen)  flugs  alles  tliun,  was 
er  wol  gern  sehe.  Luther  C,  6' ;  wie  er  e.  k.  gn.  durch  sein 
gewonlich  lose  geschwätz  bewege,  uns  nur  angesichts  seines 
Schreibens  und  geschwinds  urtheils  zum  lande  ausjagen.  Lu- 
ther br.  1,  307 ;  angesichts  der  frau  lobte  er  die  magd ; 

sieh  angesichts  der  riller  unsers  volks. 

BÜRGER  41*; 

und  zwingt  die  laune  angesichts 

der  weislieit  uns  zu  quälen.    Gökinge  1,  155; 

angesichts  der  Versammlung.  Göthe  46,  355 ;  angesichts  dieser 
dinge  muste  eingeschritten  werden ;  angesichts  der  Stadt,  vor 
den  äugen  der  stadl;  angesichts  der  kirche,  en  face  de  l'eglise. 
Für  dies  angesichts  entfallet  sich  aber  natürlich  die  bedcu- 
tung  von  sofort,  sogleich,  plötzlich,  zusehends,  im  augenblick 
=  anblick,  wie  schon  jenen  stellen  Lvthers  nahe  lag:  fordern  i. 
f.  gn.  mich  wieder  nach  Prag,  dasz  ich  angesichts  (d.  i.  des 
empfangnen  befehls)  kommen  sollte.  Schweinichen  2,  43 ;  be- 
fahl ihn  angesichts  ohne  urtheil  und  recht  zu  tödten.  Zinkgr. 
apoph.  23,  3 ; 

darumb  eikler  uns  deinen  willen, 

wir  wolln  ihn  angesichts  erCüllen.  froschm.  III.  3,  10; 

wer  erde  liebt,  liebt  das,  was  endlich  angesichts, 

wann  gott  gebeut,  zersteubt.    Logau  1,  2,  "6; 

der  zuvor  mein  alles  war,  wird  mir  angesichts 

durch  des  todes  mordesiich  nun  mein  alles  nichts.   3,  5,  S8; 

mein  Träulein,  sagte  sie,  den  ring  soltu  mir  geben, 

der  alle  Zauberei  kan  angesichts  aufheben. 

Werders  Ariosl  7,  47; 
und  schreit  den  zweien  zu,  was?  wie  kompt  ihr  hierher? 
zurück  ihr  angesichts  mir  wieder  reiten  sollet, 
wo  ihr  erschlagen  nicht  sein  alle  beide  wollet.   12,  39; 
wie  die,  so  seiner  macht  mit  aufruhr  feinde  werden, 
sind  worden  angesichts  verschlungen  von  der  erden.     . 

Opitz  ; 
auf  hohen  güldnen  bergen 
wächst  angesichts  ein  bäum.    Brockes  2,  7; 
denn  so  viel  zel^t  sich  angesichts, 

du  kannst  nicht  mahlen,  sie  nicht  leiern.   Wieland  9,  145; 
dasz  einer  liebe  im  busen  getragen, 
das  sieht  man  angesichts.  21,  82; 
ich  löse  rasch  mit  einem  male 
die  gröszten  zweifei  angesichts.    Göthe  13,  277. 

ANGESIEGEN,  victoriam  reportare,  in  der  Johannesminne 
bei  IIhl.4ND  s.  816.  S23,  die  noch  dem  lijh.  angehöil,  daj  wir 
in  {den  feinden)  allen  angesigen; 

daj  wir  in  müejen  widerslen 
und  wir  in  gesigen  an; 

aber  auch  noch  bei  H.  Sachs  nachzmeeisen: 

kein  arbeit  thut  ir  angesiegen.  I,  509% 

d.  h.  keine  arbeit  vermag  etwas  über  die  faule  magd,  sie  greift 
keine  an.    mhd.  ist  die  fügung  häufig: 

gesige  ich  aber  im  an.  Iw.  535; 

hat  ein  man  gesiget  mineme  herren  an.   1G64; 

zwäre  ich  Irtiwe  wol  gesigen 

an  den  ritern  allen  drin.   4225; 

die  (sorgen)  sigten  irvreuden  an.  4426; 

er  welle  dem  risen  au  gcsigcn.   4778; 

hier  wechselt  deutlich  der  zu  angesigen  gesetzte  daliv  mit  dem 
von  der  praep.  abhängigen,  und  die  conslruction  gleicht  ganz 
der  bei  angewinnen,  der  gebrauch  von  angesiegen  wate  noch 
heute  vollkommen  zulässig. 

ANGESINNEN,  expetere,  deposcere,  woßr  jetzt  blosz  ansin- 
ncn  zu  sagen  gewöhnlich  ist.  statt  des  heutigen  dat.  galt  frü- 
her der  acc.,  etwas  an  einen  gcsinnen  :  dienstbarkeit  und  ge- 
horsame an  den  herzog  Ucvc  zu  gesinnen.  Aimon  bogen  b. 
vgl.  ansinncn  und  gesinnen. 

ANGESIPFT,  cognatione  attingens,  anverwandt,  von  einem 
sonst  ungewöhnlichen  ansippen :  wie  dann  keiscr  Friderich  ausz 
angesipter  freundschaft  ein  stifl  gebawet.  Paracei.sus  1,  250'; 
brilder  und  angesipten.  Kirchhof  wendunm.  368';  vatlcr  und 
multer  und  sonst  angesiplc  blutsverwandte,  disc.  mil.  50. 
vgl.  angewandt. 

AISGESPANN,  n.  franz.  atlelage:   das  rcnntkier,  das  angc- 


spann  des  Samojeden.  Kant  5,  437;  ich  will  ihm  helfen,  weil 
er  kein  angespann  hat.  Hippel  ehe  5, 122. 

ANGESPRÄCH,  affabihs:  Adrianus  was  freigabig,  mild, 
angspräch,  in  der  artznei  erfaren.  Frank  chron.  13S',  uhd.  ist 
gisprächi  facundus  und  anagisprächi  wiirde  einen  bedeuten,  der 
leicht  angesprochen  werden  kann. 

ANGEST,  f.  angor,  ahd.  angust,  mhd.  angest,  statt  des  ge- 
kürzten angst,  ist  zwar  ungebräuchlich,  hat  aber  kein  beden- 
ken, da  wir  für  bangst,  verlangst  ebenivol,  den  umständen 
nach,  bangest,  verlangest  sagen. 

ANGESTALT,  /".  figura  hominis  ad  aliam  composita.  Fischart 
Garg.  67'  sagt  schön  von  den  kindern:  dise  sind  der  eitern 
schönster  wintermeien,  leidvergesz  und  wendunmut,  des  vat- 
tern  aufenthaltung,  leitstäb,  krucken  und  stützen,  in  welchen 
sein  alter  widerblüsam  wird,  sind  der  bleiblich  nam  sei'nes 
stammens,  Spiegel  seiner  vergangenen  Jugend,  anmaszung  sei- 
ner geberden,  angesicht  und  angestalt,  gleichwie  ein  gezeich- 
nete herd.    oder  darf  man  trennen:  angesicht  und  an  gestalt? 

ANGESTAMMT,  natura  insitus,  angeboren,  angenalurt,  dann 
auch  angeerbt,  durch  abslammung  erworben:  auf  alle  an  sich 
gezogene  grundbesitzungen  verzieht  zu  thun  und  sich  an  ihren 
angestammten  gütern  zu  begnügen.  Wieland  8,460;  den  von 
seinem  vater  ihm  angestammten  gewerbsinn.  Göthe  24,  222. 

ANGESTOCHEN,  pari,  prael.  von  anstechen,  incilare  equum, 
franz.  poindre,  wird  mit  kam  verbunden,  um  einen  schneiten 
anritt,  dann  überhaupt  annäherung,  selbst  schwerfällige  auszu- 
drücken: er  kam  angestochen,  altfranz.  vint  poignant;  kam 
nach  der  abenddemmerung  in  mein  losament  angestochen. 
Simplic.  2,  453 ;  der  notaiius  mit  zwei  zeugen  angestochen 
kam.  westf  Hob.  282;  ich  kam  wiederum  mit  meinem  vor- 
schlage angestochen.  Pierot  2,  24 ;  mit  einer  zippelprücke  an- 
gestochen kommen.  Claudius  3, 14 ; 

die  Wahrheit  kommt  zwar  oft  hier  unrecht  angestochen. 
J.  El.  Schlegel  2,  602. 

vgl.  angehauen,    angestochen  auch  angetrunken. 

ANGESTUEITEN ,  itnpugnare,  gebildet  und  gefügt  wie  an- 
fechten oder  anstreifen,  mhd, 

dö  begunde  in  dö  an  striten.   Iw.  1731 ; 
sibcn  mal  an  die  Türken  gestreit.  fastn.  sp.  307,  16. 
vgl.  streifen  und  anstreifen. 

ANGETREFFEN,  pertinere  ad  aliquem,  gewöhnlicher  betref- 
fen, anbetreffen :  ein  zufall,  der  getrift  den  bäum  an.  Para- 
cei.sus 1,  79'.    s.  antreffen. 

ANGETRIEB,  m.  incitamentum,  gewöhnlich  antiieb: 

das  feuer  pflegt  die  luft  zu  regen 

durch  hitz  auf  ihren  angetrieb.    Opitz  2,  00. 

ANGETRUNKEN,  aliquantum  ebrius :  er  ist  schon  angetrun- 
ken.   5.  antrinken. 

ANGEWANDT,  propinquus,  anverwandt,  angesippt.  Haltaüs 
28.    s.  anwenden. 

ANGEWÄHREN,  etwas  anbringen,  an  den  mann  bringen, 
an  die  gewähr,  die  gewer  eines  andern  bringen: 

soll  ein  ergötzlich  kusz  * 

sein  besser  angewehrt,  als  auf  des  pabstes  fusz, 
so  musz  ein  lieblich  wort,  so  musz  ein  freundlich  kflrmeln 
bei  siiszen  schmätzerlein  dem  lächeln  und  dem  murmeln 
sich  artig  mischen  ein.  Logau  2  s.  14; 

eine  neue  dienstbarkeit,  dasz  hohe  häuser  aus  der  hand  der 
fürsten  ihre  liebsten  empfangen  müssen,  wormit  diese  ihre 
buhlschaftcn  wol  angewehreten.  Lohenst.  Arm.  1,399;  dieser 
(bitten)  wolle  sie  nicht  für  sich  selbst  verschwenden,  sondern 
für  ihren  gemalil  und  tochter  angewehren.  1, 1138 ;  wie  es  nun 
viel  zu  weilUiuftig  fallen  würde,  alle  absondere  fölle  zu  ver- 
nehmen, darinnen  unser  Herrniann  alles  dieses  angewehrete. 
1, 1263 ;  die  deutschen  fürsten  säumten  auch  nicht  alle  gele- 
genheit  des  ortes  wol  anzugcwehren  und.  ihr  beer  in  gute 
Verfassung  zu  stellen.  2,  1222. 

ANGEWEGE,  n.  in  den  mühten,  der  starke  balke,  auf  dein 
das  gezdpfe  befestigt  ist,  sonst  auch  das  anwagholz,  das  an- 
gewehre. 

ANGEWENDE,  n.  confinium.    mehr  davon  unter  anwande. 

ANGEWINNEN,  potiri,  lucrari,  consequi,  victoriam  repor- 
tare, wie  nngcsiegeii  mit  dat.  der  person,  acc.  der  suche,  oß 
ohne  letzteren,  dann  in  gedanken  zu  ergänzenden,  es  einem 
angewinnen,  an  einem,  von  einem  gewinnen;  conslruction  und 
bedaitung  kommen  der  von  abgewinnen,  es  einem  abgewinnen 
sehr  nahe,  belege  für  beides  fastn.  sp.  843,  4.  847,  23;  als 
verrc  der  vaidt  in  den  halin  hat  angewonnen,    wcisth.  1,  831 


I 


i 


353         ANGEWINNEN  — ANGEWÖHNUNG 

ein  solchen  rauk  gewan  ich  ir  an.    fastn.  sp.  274,  20; 
do  gewan  ich  ir  erst  ein  rank  an.    335, 13; 
damit  ich  euch  will  an  gewinnen.   3öC,  3; 
so  wollen  die  kint  dann  mit  mir  scherzen 
und  gewannen  mir  ie  an  ein  rank.    3S5,  3; 

dise  stück  sollen  einen  menschen  billichen  bewegen,  das  er 
im  seibs  den  mund  angewin  (es  übei-  sich  erlange  den  muiid 
aufzuthun)  und  Leicht.  Keisersb.  brOsaml.  56' ;  er  hatte  zuvor 
mit  dem  könige  der  Moabiter  gestritten  und  im  alle  sein  land 
angewonnen,  i  Mos.  21,26;  darumb  haben  sie  uns  angewun- 
nen.  1  kön.  20,  23 ;  Abia  jaget  Jerobeara  nach  und  gewan  im 
stedte  an.  2  chron.  13,  19 ;  denn  wenn  man  schon  darüber 
klagt,  so  sind  sie  selbs  richter  und  kan  inen  niemand  nicht 
angewinnen.  Luther  2,  40S';  man  wird  mir  doch  nichts  an- 
gewinnen. 3,  430';  wie  ist  es  denn  müglich,  das  man  gott 
(deo)  künne  angewinnen?  4,  ISl';  nachdem  er  mit  kunst  noch 
gewalt  uns  kan  angewinnen.  Luthers  br.  4,  316 ; 

wolan,  so  wirslu,  herr  esel, 

ein  konig  sein  an  meiner  staf, 

als  der  mir  angewonnen  hat.    Albercs  76'; 

wie  er  den  Teutschen  hett  mit  macht 

daselbst  gcwunnen  an  die  scblacht.  87'; 

er  bat  im  darnach  noch  zween  veldstreit  angewunnen.  Stlmpf 
1,32"; 

wie  soll  dan  solchen  standhaft  freunden 

die  sonn  nun  etwas  an  gewinnen? 

Fischart  gl.  scUif  637 ; 

der  herr  kan  allen  angewinnen.    Opitz  ps.  147,  2; 
jedoch  neigt  alsobald  sich  sein  gemüt  und  sinn 
zum  held,  und  wiindscht,  dasz  er  dem  andern  angewinn. 
Werders  .iriost  11,7; 

wie  wollen  wir  ihme  dann  diese  rechtfertigung  angewinnen? 
-Ayrer  proc.  1, 15 ;  wollen  wir  dann  mit  gott  rechten,  dem  nie 
ein  mensch  angewonnen  hat?  Acg.  Blcbners  troslschriften. 
Witlenb.  1644  s.  32 ;  mein  red  die  g^vint  dir  wenig  an.  Schmelzl 
Verl,  söhn  ll';  später  selten: 

ein  herz,  dem  königssöhne  nicht  angewonnen  hatten. 
WisLANO  4,  133; 

dock  sollte  das  gute,  krdßige  wort,  gleich  angesiegen,  icieder 
in  gebrauch  kommen. 

ANGEWÖHNEN ,  assuefieri,  an  dwas  gewöhnen,  ahd.  ana 
giwon^n : 

bisz  man  etwas  angewöhnet, 

das  doch  endlich  wenig  lohnet.    Fleming  238; 

auf  angewohnte  weis,  more  solUo.  Werders  Ariost  13,  75; 

ihm  der  sich  selbst  im  innersten  bestreitet, 

i-iark  angewohnt  (tuetut)  das  tiefste  weh  zu  tragen. 

GÖTHE  4,  103. 

ANGEWÖHNEN,  assuefacere,  ahd.  anagiwennan  ==  giwenian, 
noch  Stieier  2494  schreibt  richtig  gewenen,  angewenen,  Opitz 
angewehnen : 

sonst  bist  du  zwar  . .  zu  kämpfen  angcwehnt.    1, 1 ; 
dazu  der  himmel  dich  ausdrücklich  bat  erkobren, 
dein  vater  angewehnt.    1,  13; 

er  hatte  sich  das  kannchen  {den  trvnk)  so  angewehnet.  Simpl. 
1,  4S6 ;  es  würde  lächerlich  sein,  wenn  man  diese  dienste  Ton 
liunden  und  pferden  fodern  wollte,  ohne  sie  dazu  anzuge- 
wöhnen. Rabener  4,  129;  ein  knabe,  den  man  angewöhnet 
alles  ...  zu  vergleichen.  Lessing  5,  41S;  Eblis  hatte  ihn  an- 
gewöhnt, die  religion  in  einem  falschen  liebte  zu  betrachten. 
Wiei.a!»d  7,  88 ;  nichts  ist  nölhiger  als  dasz  du  dich  angewöh- 
nest, dir  die  münner  unter  diesem  verhasztcn  bilde  vorzu- 
stellen. 3,  307.  das  pari,  angewöhnt  ist  assuefaclus,  unter- 
schieden von  angewohnt  assuetus,  solilus,  wofür  früher  das 
bessere  adj.  gewon  galt:  angewöhnt  lauter  idealische  wesen 
um  dich  her  zu  sehen.  Wieland  1,  94;  von  seiner  kindheit 
wurde  er  angewöhnt,  der  allgemeine  liebling  aller  weit  zu 
»ein.  3,275;  seinen  angewöhnten  gang  in  aller  ruhe  fortgehen. 
Klinger  6, 295.  meistens  fügen  neuere  den  dat.  der  person  hinzu, 
der  bei  abgewöhnen  richtig,  bei  angewöhnen  eigentlich  falsch  ist : 
gewöhne  dich  das  an,  gewöhne  dir  das  ah,  denn  ursprünglirJi 
war  es:  an  dich,  ab  dir.  Lohenstein  setzt  zu  sich  angewöh- 
nen den  gen.  der  sache:  sieb  der  römischen  silten  angewöh- 
nen. Arm.  2,  112t. 

ANGEWOHNHEIT,  f.  assuetudo,  consuetudo,  von  dem  eben 
erwähnten  adj.  gewon  gebildet :  Qble  angewohnbeit  de«  Schnar- 
chens, niichens. 

ANGEWÖHNUNG,  f.  assuefactio:  angewöhnung  ist  die  be- 


ANGFER —ANGLEICHEN 


354 


gründung  einer  beharrlichen  neigung  ohne  alle  maiimen  durch 
öftere  befriedigung  derselben.  Kant  5,  321 ;  zur  angewohnbeit 
des  rauchens  gesellte  sich  noch  die  angewöhnung  des  Schnupfens. 
ANGFER,  adv.  mhd.  ane  var,  nhd.  ohngefahr  und  unge- 
fähr, fere,  circiter,  der  echten  form  noch  näher  stehend: 

wann  wir  sind  angfer  auf  dem  feld 
zusam  kommen.    H.  Sachs  II.  4, 1*. 

und  öfter,    s.  ahne. 

ANGIENEN,  inhiare,  ahd.  anaginen  (Graff  4, 106),  an,  ge- 
gen einen  gähnen  {s.  angähnen),  mhd.  der  tievel  ginete  an 
da;  fleisc  (Ben.  1,  527') :  mein  haus  angint.  H.  Sachs  IV.  3,  30' ; 

wie  denn,  wenn  ich  dich  hett  goschollen, 
so  solsiu  mich  gar  schäl  andienen. 

B.  Waldis  Esop  3,  12. 

ANGIEREN,  avidis  oculis  intueri,  gierig  anstarren,  anstieren : 

wie  wenn  Jupiters  vogel,  der  krummgeklauete  räuber 
nieder  den  hasen  gesetzt  in  das  nest  des  erhabenen  felsens, 
nirgend  ist  flucht  dem  gefangnen,  den  wild  der  eroberet  angiert. 

Voss. 

ANGIESZEN,  affundere,  ahd.  anagiojan,  mhd.  anegiejen, 
hinzu  gieszen,  beim  kochen,  wasser  angieszen,  wein  angieszen; 
das  mehl  angieszen ;  den  pflanzen,  bäumen,  blumen,  d.  i.  an  die 
pflanzen,  bäume  gieszen.  in  der  metallarbeit,  dem  gefäsz  einen 
henkel,  grif  angieszen.  die  flasche  angieszen,  anbrechen;  sonst 
auch  das  gefäsz  angieszen,  infundendo  experiri  mensuram  (Ober- 
Lix  46).    anschütten  ist  stärker. 

Vorzüglich  pflegt  angegossen  das  genau  anschlieszende  sitzen 
auszudrücken:  der  reifer  sitzt  auf  dem  pferde  wie  angegos- 
sen, das  kleid,  als  war  es  angegossen :  sie  schneidet  fort  und 
Schaft  ihm  einen  rock  auf  den  leib  wie  angegossen.  Götbe 
23,43;  paszt  mir  nicht  sein  blaues  wamms  wie  angegossen? 
57,96;  es  sasz  wie  angegossen.  Bettixe /ajefc.  134 ;  und  figür- 
lich: alles  das  lag  ja  Klotilden  wie  angegossen  an.  J.  Pacl 
Hesp.  2,  23S ;  dessen  landgut  und  landschaftsdirectorat  recht 
anpassend  dem  schwiegenater  angegossen  waren.  Tit.  3,  61, 
wo  die  zugesetzten  worle  recht  anpassend  das  bild  schwächen. 

Veraltet  aber  ist  heute  die  früher  geläufige  bedeutung  von 
verleumden,  anschwärzen,  gleichsam  besprengen,  besprützen  und 
beflecken:  aber  wer  mich  also  bei  j.  f  gn.  angegossen  bat, 
habe  ich  nie  erfahren  können.  Schweixichen  3,  148 ;  und  ist 
auch  Seneca  bei  ihm  angegossen  worden.  Opitz  1,  4*.  Frisch 
1,  348'  ßhrt  an,  dasz  zu  Wüllersleben  im  Schwarzburgischen 
sonst  jährlich  zwei  neue  heimbürgen  und  zwei  angieszer  be- 
stätiget wurden,  die  in  der  gemeine  d(n  frevel  anzugeben,  zu 
rügen  halten.  Stieler  648  hat  angieszer  delator,  angieszicbt 
calumniose. 

ANGIFT,  m.  venenum,  veneficium:  heilwertige  arzneien,  mit 
welchen  wir,  wenn  dieselben  krankbeiten  einbrechen,  genante 
scheferei  für  den  angift  und  anhaft  zu  unterhalten  und  tcp- 
waren.  Llther  1,  214'.  ist  das  angehängtes,  angestoszenes  giß? 
s.  anhaft. 

ANGIFT,  f.  arrha,  was  angäbe,  angeld.  schon  ahd.  ein  ana- 
gifl,  aber  in  allgemeinem  sinn,  wie  es  scheint,  ßr  principium 
(Graff  4,  125). 

ANGIRREN,  minurire:  die  tauben  auf  dem  dach  girren  ein- 
ander an. 

ANGLANZ,  m.  gleichsam  affulgor: 

gern  auch  glaubte  die  mutier  und  ahndete  himmlischen  anglant. 

Voss  2,  15. 

ANGLÄNZEN,  affulgere:  o  wie  zwei  menseben,  ähnliche 
wesen,  einander  fremd  und  ungleich  werden,  blosz  weil  eine 
gotlheit  zwischen  beiden  schwebt  und  beide  anglänzt.  J.  Pacl 
Tit.  3,14. 

ANGLAST,  m.  älterer  ausdruck  ßr  anglanz:  der  mon  gibt 
den  angenommenen  Widerschein  wie  ein  feurspiegel  der  er- 
den, und  denselbigen  anglast  und  anscbein  gibt  er  desz  hef- 
tiger und  kräftiger,  je  femer  er  ton  der  sonnen  sieb  SuszerU 
Sebiz  feldbau  47. 

ANGLEICH  ßtr  aequalis,  similis  kommt  nicht  vor,  würde 
aber  dem  ahd.  anagallh,  daii  sich  noch  in  epangallh  und  ana- 
epnngalih  ((•raff2,  114)  verstärkt,  entsprechen,  dafür  sagen  wir 
ähnlich  =  ahd.  anallh.  ein  späteres  angelich  aus  TscnuDi 
ist  oben  unter  ähnlich  angeführt. 

ANGLEICHEN,  assimilare:  Wieland,  indem  er  sich  dem 
kühnen  Aristophanes  anzugleichen  suchte.  Göthe  32,  250 ;  diese 
Tcrfluchte  erste  gnindfaser  hat  sich  alle»  übrige  angeglichen. 
36, 122 ;  da  der  einfliisz  des  mütterlichen  blutes  erst  zugeeig* 
net  und  angeglichen  wird.  J.  Paul  Levana  1,157. 

23 


355 


ANGLEICHUNG  —  ANGRAUEN 


ANGRAUSEN  ~  ANGREIFEN 


356 


ANGLEICHÜNG,  f.  assimilatio,  adaequatio:  nun  disen  an- 
gleichungen  hoher  leut  folgt  auch  unser  discipel.  Fischart 
Garg.  1S6';  die  eine  allgemeine  an-  und  ausgleichung  aller 
stünde  und  beschäftigungen  zu  einem  allgemeinen  menschen- 
werlhe  durchaus  in  herzen  und  im  äuge  hatte.  Götiie  49, 174. 

ANGLEISZEN,  affulgere,  anglänzen:  damit  wir  nicht  uns 
lassen  seine  grosze  gewalt,  ehre,  sieg,  glück  und  gut  an- 
gleiszen  und  locken.  Lltuer  8, 13*. 

AiNGLElTEN,  allabi,  impingcrc,  anstoszen,  nnl.  aanglijden : 
er  glitt  mit  dem  fusz  an. 

ANGLER,  m.  hamator,  uyxiarQsvri^s:  auch  saget  die  hi- 
storie,  Tristan  sei  der  erste  angler  gewesen,    vulksb.  cap.  29. 

ANGLEH,  m.  Anyliis,  Engländer:  die  Angler  thun  einen 
fehlzug.  Agricola  spr.  227'; 

dasz  ihr  Angler  Mut  mit  blute  gänzlich  zu  verwaschen  denkt? 

durch  geblüio  wird  die  raclie  nur  ernähret,  nicht  ertränkt. 
LoGAU  3,  f),  12. 

ANGLETTEN,  anschmiegen,  anhängen?  anglütten  oder  an- 
gleiten? kaum  ankletten:  aher  so  ein  solch  eisen  {ein  pfeil) 
sich  anglettet  oder  widerhecket,  da  wisse,  dasz  es  hindcrsich 
nit  ausgehet,  sondern  durchgestoszen  soll  werden.  Paracelsus 
Chirurg,  sehr.  345'.  Stalder  1,  453  hat  gleiten  vom  plätten  der 
Wäsche,  gletteisen  plätteisen,   also  glatt  machen. 

ANGLIEDERN,  membralim  jüngere,  coassare.  Stiei.er  670 
schreibt  angliden.  ahd.  ist  lidön  secare,  mhd.  zeliden,  zerglie- 
dern. 

ANGLIMMEN,  incipere  candere,  feuer  fangen,  nnl.  aanglim- 
men :   die  kohle  glimmt  an,  der  schwamm  ist  angeglommen ; 

sobald  in  ihrer  band 
die  ainpeln  glimmen  au.    Lohe.nst.  Suphon.  80,  72 ; 
die  Wollust  sieht  erfreut  den  aiigeglommnen  zwisi. 
J.  E.  Schlegel  4,  95; 

und  seht,  er  ist  gekommen, 

das  goldne  kind,  der  mal, 

ist  alles  angeglommen, 

das  eis  ist  weggenommen, 

die  fluren  sind  so  neu.    Tieck  1,6; 

blicke  feurig  angeglommen. 

TiECK  Sternb.  1,  74; 

das  anglimmende  morgenroth.  J.  Paul  Hesp.  4,  62;  am  ho- 
rizont  war  unten  im  düstern  nebel  ein  angeglommener  säum 
wie  morgenglut.  4,  80;  im  dunkeln  dufte  glimmt  die  secle 
wieder  an  wie  abendroth.  3,  7C.  Transitiv  anglimmen,  an- 
glimmte, incendere: 

der  herr  chgrfürst  von  Brandenburg 
dem  teufel  musz  anglimmcn  ein  kerzen. 

Utriculari'us  2,  8. 

ANGLOTZEN,  apertis  ocutis  aspiccre,  anstieren:  wie  die 
narren  eim  ins  maul  sehen  und  mit  den  äugen  anglotzen. 
Luther  3,  363;  die  ihre  schwcsler  mit  so  neidischen  äugen 
anglotzt.  WiELAND ;  soll  ich  denn  ein  vich  sein  und  das  bild 
kalt  anglotzen?  J.  Paul  Ilesp.  1,124. 

ANGLÜHEN,  candefacerc,  catefacere:  den  lautcrlrank  an- 
glühen.  Fleming  ;  einen  reichhaltigen  korh  des  sanft  angeglüh- 
ten Johannisbcrger  rislings.  Arnim  1,  xxii ; 

wie  im  morgcnglanzc 
du  rings  mich  anglühst 
frühling,  geliebter!    Götiie  2,82; 
wie  ein  wesi,  der  hier  den  licbling 
zum  kus  anglühl.    üerdkr  1,60; 

prangen  nicht  die  lilien  der  Unschuld  früher  als  die  roscn  der 
schäm,  wie  die  purpurfjirhe  anfangs  nur  bleich  färbt  und  erst 
später  rolh  anglüiit.  J.  Paul  Tit.  2,  106;  ein  erlebter  krieg 
glüiiet  das  herz  ganz  anders,  reiner  und  starker  an,  als  drei- 
mal ihn  exponieren.  30,  lt.  dieser  schripsteller  setzt  es  auch 
intransitiv:  das  gewölke  glühte  hölier  an.  paling.  1,  110;  da 
er  schnell  anglüiite  und  ihicli  langsam  erkaltete.  Hesp.  4,  89 ; 
in  den  anglühenden  jähren.  37, 8. 

ANGLLI'EN,  torre  inlueri,  tückisch,  finster  ansehen,  ein  nie- 
derdeutsches Wort,  gliipsk  ist  türkisch  schauend  und  zufahrend, 
nnl.  gluipsch,  packend,  von  einem  raubvogel,  seine,  glupsk, 
dän.  glubsk  rorax,  violentus. 

ANGRÄNZEN,  s.  angrenzen. 

ANGRAL'EN,  colorc  cinerea  induere,  von  grau,  ahd.  gri 
griseus : 

die  felsen  rauh  und  scllsam  angegraut.    Götuk  4,  45. 

ANGRAUEN,  horrore  percutere,  von  gniuen,  horrere,  ahd. 
gi-ften:  schwarz  wie  das  grab  graute  mich  eine  trostlose  Zu- 
kunft an.  Schiller  lOO. 


ANGRAUSEN,  dasselbe,  von  grausen,  ahd.  gruisön: 

wenn  der  racheschwesicrn  chor  . . . 

ihn  angraust  an  des  tempels  schwelle.    Schiller  43; 

von  allem,  was  dich  augegrauset.    Voss  6,  249.1 

ANGREIFEN,  arripcre,  apprehendere,  nnl.  aangrijpen,  eigent- 
lich mit  der  hand,  dem  fusz,  der  klaue,  dem  schnabel  an  et- 
was greifen:  ich  greife,  fasse  deine  hand,  deinen  arm  an; 
greife  die  blume,  den  bäum  an ;  der  rabe  grif  an  und  holte 
sich  den  küse ;  das  heiszc  eisen  mit  der  zange  angreifen ;  ein 
pferd  von  dunkler  färbe  greift  vief  feuriger  den  boden  an. 
GüTHE  10,  40 ;  do  greif  er  irc  hand  an  und  das  fieber  verliesz 
sie.  Matlh.  8,15;  und  er  greif  in  an  und  würget  in.  18,28; 
und  er  greif  in  an  und  heilet  in.  Luc.  14,  4;  wer  pcch  an- 
greift, der  besudelt  sich  damit.  Sir.  13, 1.  ein  gut,  ein  grund- 
stück  angreifen  hciszt  es  in  besitz  nehmen,  was  durch  leib- 
liche berührung  geschehn  muste:  so  einer  ein  gut  empfangen 
hette  und  (in)  eines  jares  frist  nit  angriffe,  ob  ers  auch  dar- 
nach möge  gebrauchen?  weisth.  3,  760.  den  feind  angreifen, 
das  beer  angreifen,  adoriri  hostem:  der  greift  in  an  mit  sei- 
nem Schwert.  Hiob  40,  14 ;  wie  sie  dich  angriffen  auf  dem 
wege  und  schlugen  deine  hindersten.  5  Mos.  25, 18 ;  der  feind 
hat  die  Stadt  angegriffen;  wir  greifen  ihn  auf  seiner  schwa- 
chen Seite  an.  eine  arbeit,  ein  werk  angreifen,  in  die  hand, 
an  die  hand  nehmen,  anfassen:  was  wiltu  greifen  an?  fastn. 
sp.  690,  3 ;  aber  da  mans  angreif  und  ins  werk  bringen  weit. 
Luther  0, 136'; 

es  schmiedete  zu  Lemnos 

der  sclimiedegolt  Vulkan 

einst  pl'elle  für  den  Amor, 

und  Venus  grif  mit  an.  Gleims  Anakreon  45; 
greift  an!  macht  dasz  ein  ende  wird.  Schiller  337; 
jenes  geschäft  wegen  verkauf  des  Vorwerks  ward  auch  sogleich 
wieder  angegriffen.  Götiie  17,89;  Wilhelm  grif  selbst  mit  an. 
18,  263 ;  nun  lernte  ich  auch  die  weltlichen  dinge  mit  ernst 
angreifen  und  das  ausüben,  was  ich  sonst  nur  gesungen  hatte. 
19,350;  ein  geschüft,  das  bei  uns  schon  lange  vorbereitet  ist 
und  jetzt  nothwendig  angegriffen  werden  musz.  20,234;  gieng 
mir  auf,  dasz  ich  nunmehr  Tasso  unmittelbar  angreifen  müste. 
29,  323 ;  diese  Vorsätze,  redlich  aber  nicht  genugsam  verfolgt 
und  angegriffen.  48,61;  Galens  büchlein  von  den  knochen  ist, 
wenn  man  es  auch  noch  so  ernstlich  angreift,  für  uns  schwer 
zu  lesen  und  zu  nutzen.  55,  147 ;  ich  grifs  am  andern  ende 
an.  J.  Paul  Tit.  2,  93;  du  hast  es  ordentlich  angegriffen, 
darum  wirds  auch  gelingen ;  ich  weisz  gar  nicht,  wie  und  wo 
ich  es  nun  angieifen  soll;  der  mensch  wird  mit  den  gnaden- 
mitteln  im  zirkel  geführt  und  weisz  am  ende  eigentlich  nicht, 
wie  er  das  ding  angreifen  solle.  Kant  1,256; 

zu  Wasser  musz  nach  hause,  wer  nicht  zu  lande  kan, 
wem  ein  ralh  nicht  gelinge!,  greif  einen  andern  an. 
LoGAU  2,  10,  91. 

Gleich  dem  feinde  werden  nun  auch  andere  angegriffen  und 
angefochten:  da  ich  zum  ersten  das  ablasz  angreif  und  alle 
weit  die  äugen  aufsperrcte.  Luthers,  53';  damit  sie  mir  auch 
antworteten,  da  ich  den  ablasz  angreif.  0,87';  wiewol  er  die 
rote  mördische  verdampte  hure  zu  Rom  nicht  so  ungewaschen 
angreif,  wie  der  Luther  gethan  hat.  6,  488';  ich  greife  iha 
mit  starken  worten  an;   er  grif  ihn  l)ei  seiner  ehre  an; 

und  an  einander  an  elirn  angreifen.  Ayrer  102*. 
Sein  vermögen,  sein  geld,  seine  gesundheit  angreifen  heiszt 
durch  den  häufigen  gebrauch  sie  schwächen  und  verringern : 
diesen  schätz  hat  erster  (primus)  angriffen  und  weniger  ge- 
macht bischof  Rudolf.  Frank  wellb.  41";  ein  cnpital,  das  nicht 
angegriffen  werden  soll ;  sich  angreifen  bedeutet  seinem  beulet 
etwas  zumuten,    geld  ausgeben,   an  sein  geld  greifen: 

drum  lioir  ich  unser  herr  köiiig 

der  werde,  ilzund  angreifen  sich 

und  uns  armen  comödinnten 

eine  kleine  vcrelinmg  geben.    Gryphius  1,743; 

grif  sie  sich  aber  dann  und  wann  so  stark  an,  dasz  sie  filr 
die  schon  Hingst  geleisteten  dienste  etwas  gab.  ehe  eines  man- 
ncs  336;  er  hat  sich  diesmal  eben  nicht  angegriffen,  wenig 
gegeben. 

Da  man  sich  krankheilen,  schmerzen  und  plagen  persönlich 
dachte,  so  gilt  von  ihnen  wie  anfallen  auch  angreifen:  wenn 
gott  den  menschen  angreift.  Luther  3,  l';  ob  golt  aus  zorn 
oder  gnaden  angreift;  gott  würde  seinen  tod  rechen  und  die 
statt  mit  mancherlei  grewiirhen  plagen  angreifen.  Ai.berusIS; 

die  scharfe  gifl  der  Sünden 

grcin  schon  die  geisier  an.    Grtphius  2,289; 


357 


ANGREIFEN — ANGRINZEN 


ANGROLLEN— ANGST 


358 


der  schwere  Sündenschmerz 

greift  auch  die  knochen  an.    Flesisg  IS; 

das  lieber,  der  frost  hat  das  inädchen  heftig  angegriffen,  eben 
ii'ie  HrppoKRATES  bei  nvo,  ■jtvoerös,  ^lyos  auch  '/.aßsiv  braucht : 
ri]v  Tiao&ivov  tcvo  e).aße,  •j'vvaly.a  oiyos  t)Mßav  iojfvQfö?, 
vgl.  deutsche  mythol.  1106.  es  greift  sie  zu  stark  an,  liebe 
Lotte!  GöTHE  16,  84,  welches  angreifen  doch,  wie  vorhin  ange- 
griffen,  aus  der  alliu  starken  ansirengung  erklärt  werden  kann. 
die  rede,  die  er  heule  gethan,  die  predigt,  die  er  gehalten, 
hat  mich  sehr  angegriffen;  das  lesen  der  kleinen  schrift  grif 
seine  äugen  an;  er  ist  noch  immer  angegriffen  von  seiner 
letzten  krankheit ;  du  must  dich  nicht  so  angreifen. 

Hungersnolh  und  theurung  greifen  das  land  an ;  auch  die 
kirche  wurde  vom  feuer  angeginffen ;  heftige  gieszbäche,  welche 
das  erdreich  anzugreifen  gewalt  haben.  Kam  9, 15 ;  regen  und 
staub  greifen  die  kleider,  der  rost  das  eisen  an.  bergmän- 
nisch sagt  man  einen  neuen  Stollen  höher  als  den  alten  an- 
greifen. (/.  i.  anlegen. 

ANGREIFER,  m.  aggressor,  der  angreifende  theil:  er  liiszt 
dir  vollkommene  gerechtigkeit  widerfahren  und  bekennt,  dasz 
er  der  angreifer  sei.  Schiller  652. 

A.NGREIFISCH,  arrepticius :  geld  ist  angreiflsche  waare ;  die 
magd  ist  angreifisch,  ein  angreifischer  mensch,  ungetreu,  ent- 
wendend,   nd.  angreepsk  und  nagreepsk.    s.  angriflig. 

ANGREIFLICH,  was  das  vorige,  doch  nur  von  sachen. 

ANGRELNEN,  anfletschen,  von  hunden,  anweinen,  anflennen 
von  kindem:  was  greinst  du  mich  an?  mhd.  ane  grinen : 


nibt  glichen  dem  hunde, 
der  da  wider  grinen  kan, 
so  in  der  ander  grinet  an.    Iw. 


S76. 


ANGRELLEN,  anschreien,  vgl.  Scuseller  2,  lOS.  nd.  angrölen. 

ANGRENZEN,  attingere,  confinem  esse,  an  einander  grenzen, 
das  land  grenzt  uns  an,  grenzt  an  uns;  angrenzende  länder. 
die  dir  angrenzende  nachweit  schlug  sich  deines  geburtsorls 
halber.  Hippel  lebensl.  4, 16. 

ANGRIF,  ffi.  an-eptio,  apprehensio,  aggressio,  ahd.  anagrif 
(Graff  4,  31S).  haar  hart  und  dornecht,  dasz  sie  auch  im  an- 
grif  verletzend.  Forer  fischb.  116';  ihre  band  war  im  angrif 
linde  [weich  anzufültlen).  angrif  des  Schuldners,  raptio  in  jus. 
angrif  des  feindes,  morgen  soll  der  angrif  stattfinden ;  der  an- 
grif auf  seine  ehre  war  zu  heftig,  als  dasz  er  sich  wieder 
hätte  erholen  können,  die  angriffe  des  fiebers  werden  hef- 
tiger, lassen  nach,  angrif,  erster  beginn  eines  Werkes,  baues, 
gewebes,  einer  arbeit:  die  eisenbabn  ist  rasch  in  angrif  ge- 
nommen worden ;  wenn  er  den  angrif  des  geschäfts  zu  be- 
schleunigen anstand  nahm.  Götue  32,  HS;  wie  die  metaller- 
zeugnisse  Böhmens  in  früherer  zeit  gefruchtet,  wie  aber  die 
kriegsvcnvüstungen  das  vorbereitete  vernichtet  und  neuen  an- 
grif fast  unmöglich  gemacht.  60,.147.  zuweilen  sagt  man  auch 
angrif  für  grif,  die  stelle,  welche  angegriffen  wird,  der  stiel, 
die  handhabe. 

ANGRIFFIG,  was  leicht  angreift  oder  angegriffen  wird,  die 
eigentliche  hd.  form  fiir  jenes  angreifisch :  solche  letzte  kup- 
pel  aber  der  hund  sollen  die  allerstärksten  und  mächtigsten, 
grausam  bissig  und  angriffig,  keck,  wol  gesetzt  und  trutzig 
rüden  sein.  Sebiz  feldbau  5S4.  Greif,  Packan  sind  bekannte 
hundenamen.  eine  hauptfrau,  anstellig  und  angrifTig  (die  alle 
Sachen  im  haus  am  rechten  ende  anzufassen  weisz).  Lavater 
ph.  fragm.  3, 11,  21.  aber  auch  angriffige  waare  :  dann  sie  {die 
Handschuhe)  im  winter  gar  angriffig  sind.  Wickram  rollw.  S3*. 

ÄNGRIFSKRIEG,  m.  offensiver,  bellum  quod  ullro  infertur. 

ANGRIFSWAFFEN,  pl.  tela. 

ANGRIFSVVEISE,  f  modus  aggrediendi. 

ANGRIFSWEISE,  adr.  aggrediendo. 

ANGRIFT,  m.  arreptio  maleficorum,  anlast:  auch  m.  gn.  h.  die 
graven  zu  Sponheim  den  angrift  über  misthälige  allein  haben. 
weisth.  2,  204.    ahd.  anagrift,  wie  picrift,  horgrift  (Graff  4,319). 

ANGRLNSEN,  distorto  vultu  intueri,  von  grinsen,  ahd.  grim- 
niisön,  stridere  dentibus  (Gbaff  4,  326),  gilt  xumal  von  hunden 
('der  schrecklich  gestalteten: 

es  liegt  ganz  ruhig  um)  grinst  mich  an.    Götue  12,  6S; 
drum  schweige  du  und  grinse  sie  nicht  länger  an.  41i  101. 

s.  das  folgende,     man  könnte  auch  angrinsen  unmittelbar  von 
angreinen  herleiten. 

ANGRINZEN,  gleicher  bedeutung,  von  grinzen,  ahd.  grim- 
mizan,  ags.  grimetan,  fremere,  verschieden  vom  ahd.  gremizan 
exasperare,  erzttmm  (Graff  4,  322),  mhd.  ergremzen  (Bej».  1, 


575');  doch  die  bedeutungen  mögen  sich  gemengt  haben,  heute 
gilt  es  für  gleich  mit  grinsen  : 

der  blutge  Banquo  grinzt  mich  an.   Schiller  574 ; 

wol  isi  er  ein  an  jedem  Strand 

süsz  angegrinzler  gast.    Platen  68. 

nnl.  sagt  man  aangrimmen. 

ANGROLLEN,  torve  invehi  in  aliquem,  groll  und  fetnd- 
schaß  fühlen  lassen,  verwandt  ist  angrellen. 

ANGRUND ,  m.  scheint  einen  sinnlichen  gegensatz  von  ab- 
grund  gebildet,  ausgesagt  zu  haben,  dasz  man  an  den  grund, 
wie  ab  dem  grund  komme,  belegbar  ist  aber  nur  die  abgezo- 
gene bedeutung  ßr  argumentum,  gleichsam  ein  haßender,  an- 
schlagender grund:  derhalben  so  wird  kein  kreftiger  angrund 
gefunden,  dasz, etwas  sei,  das  dem  feuer  ein  widerstand  thun 
möge.  Thcrneisser  probierung  der  harnen,  bl.  IS. 

ANGRÜNEN,  ri'rere  incipere,  nnl.  aangroejen,  sich  berasen : 
läszi  nun  der  fels  sich  angegrftnt  erblicken.  Göthe  41,225; 
mein  grabhügel  wird  bald  angrünen ;  wie  gehts  leben?  'es  grünt 
wieder  an',  antwortete  ein  dienstmädchen.  S.  Paul  braucht  es 
transitiv  im  sinne  von  entgegengrünen :  eine  rasenstelle,  die  uns 
immer  angrünet,  damit  wir  auf  ihr  unsere  alten  äugen  er- 
quicken, uns.  löge  3,  91 ;  lasz  ihn  schöne,  fromme  morgen  an- 
grünen.  3,  114. 

ANGRENZEN,  gleichsam  adgrunnire,  vom  borstenvieh  und 
wer  ihm  verglichen  wird,  angrunzende  verleumden  vgl.  nnl. 
aangrommen. 

ANGST,  f.  angor,  anxietas,  ahd.  angust,  mhd.  angest,  m. 
und  f.,  nnl.  angst  m.,  unser  pl.  lautet  ängste  =  ahd.  angusli, 
fehlerhaß  ängsten: 

des  lebens  ängsten,  er  wirft  sie  weg.    Schiller  330 ; 

mein  weib  und  meine  kinder  in  ängsten 
und  gefahren  zu  stürzen.  Göthk  40,  47, 

aus  unnöthiger  furcht  vor  dem  hiatus.  Bexeckes  behaupteter 
unterschied  in  der  bedeutung  des  mhd.  angest  und  nhd.  angst 
(1,  43*)  übertreibt;  warum  sollte  nicht  auch  heule  den  mutig- 
sten krieger  manches  ängsten,  ohne  dasz  ihn  die  geringste 
fcigheit  anwandelt?  es  kann  ihm  angst  sein,  dasz  die  nacht 
zu  früh  einbreche,  das  pulver  ausgehe,  angst  ist  nicht  blosz 
mutlosigkeit,  sondern  quälende  sorge,  zweifelnder,  beengender 
zustand  überhaupt,  von  der  würzet  enge,  ahd.  angi,  engi,  goth. 
aggvus,  und  angan,  engen,  lat.  angere,  goth.  aggvjan,  roAer 
angida,  golh.  aggvij)a ;  die  ableitung  -  ust  entspricht  aber  der 
des  lat.  adj.  angustus,  neben  an.\ius,  und  des  subst.  anguslia, 
neben  angor  und  anxietas.  bange  ist  hervorgegangen  aus  bc- 
ange,  beengt,  vielleicht,  dasz  auch  ahd.  ango  eardo,  die  enge 
ßgende,  drängende  thürangel  dazu  gehört. 

Angst  im  chraischen  lautet  als  das  enge  ist,  »ie  ich  achte, 
das  im  deudschen  auch  angst  daher  komme,  das  enge  sei, 
darin  einem  bange  und  wehe  wird  und  gleich  beklemmet,  ge- 
druckt und  goprcssct  wird,  wie  denn  die  anfechtungen  und 
Unglück  thun,  nach  dem  Sprichwort,  es  war  mir  die  weile  weit 
zu  eng6.  Lutuer  5,  49'.'. 

wie  solche  weisen  angst  und  scbwaisz 
erhalten  in  der  lugent  streit, 
das  macht  zu  melden  lange  zeit. 

Scbwarzexb.  157,1*; 

wir  sahen  die  angst  seiner  seelen.  1  Mos.  42,  21;  weil  denn 
nu  das  gcsclirei  der  kinder  Israel  für  mich  komen  ist  und 
hab  auch  dazu  gesehen  ir  angst,  wie  sie  die  Egv-pter  engsten. 
2W0S.  3,  9;  aber  sie  hörcten  in  nicht  für  seufzen  und  angst 
und  harter  erbrit.  6,  9 ;  angst  kam  die  Philister  an.  15,  14 ; 
fott  meiner  gerechtigkeit,  der  du  mich  tröstest  in  angst,  ps. 
4, 2 ;  sei  nicht  ferne  von  mir,  denn  angst  ist  nahe.  22,  12 ; 
die  angst  meines  herzen  ist  grosz.  25,  17;  wenn  mein  herz 
in  engsten  ist,  so  rede  ich.  77,  4;  wenn  sie  aber  das  kind 
geboren  hat,  denket  sie  nicht  mehr  an  die  angst.  Joh.  16,  21 ; 
in  der  weit  habt  ihr  angst.  16,33;  denn  ich  schreibe  euch 
in  groszer  trübsal  und  angst  des  herzen,  (goth.  us  managai 
aglön  jah  aggvi|>ai  hairtins.)  2  Cor.  2,  4 ;  in  nölen,  in  engsten 
(goth.  in  nau|)im.  in  aggvi))öm).  6,  4 ;  so  ein  reicher  kaufmann 
in  engsten  krank  ligt.  Fra?ii;  weltb.  202' ;  Tor  ängsten.  Garg.  6 ; 

ja  auch  die  götter  selbst  hat  oftmals  weibcr  angst  {Sehnsucht 

nach  Weibern) 
aus  ihrer  bürg  gejagt,  dasz  sie  ihn  gicngen  nach. 

Fleming  151; 
die  Wolge  hier  hat  nicht  so  »iel  der  iropren, 
als  ängste  mir  an  meine  seele  klopfen.  4S6; 
was  darf  er  nun  in  ängsten  sitzen  ?    IIaceook.i  2,  34 ; 
in  groszen  ängsten.    WiELAin»  10,  345 ; 

23* 


359 


ANGST— ANGSTBETTE 


ANGSTBILD— ANGSTER 


360 


das  bild  ist  ungeschickt  grosz,  und  dieses  metall,  dieses  glas 
macht  mir  tausend  ängste,  wenn  sie  ein  kind  in  die  höhe 
heben.  Götue  17,  83 ;  jedermann  war  von  furcht  und  ängsten 
gepeinigt.  30,195;  ich  würde  in  ewigen  ängsten  sein.  42,88; 
der  ort  ist  einsam  und  abgelegen,  ihr  allein,  ihr  kennt  meine 
angst  für  euch.  KlI.ngers  Ih.  4,  120;  ihr  habt  nicht  nöthig 
solche  ängste.  Für  angst  machen,  schaffen  sagte  vmn  früher 
auch  angst  thun :  diese  fliegen  waren  schier  vol  und  sat,  das 
sie  mir  nicht  mehr  so  angst  thaten.  Luther  3,  321",  wie  schon 
Otkried  angust  giduan  hat  (Graff  1,  342).  Die  Unsicherheit 
und  gefahr,  das  risico  bei  transport  und  sendung  hiesz  sonst 
gleichfalls  angst:  da  haent  die  hoifslude  gewist,  so  weilch 
boifsman  sein  reicht  (sein  recht,  seine  abgäbe)  uf  den  vur- 
schreben  dunrisdaich  nit  engeve,  ee  die  sonnp  geseisze  {un- 
tergiengc),  de  sal  id  uf  sine  kost  und  anxt  levcren  zu  Men- 
dich.  weisth.  2,  453;  item  weist  auch  der  scheffen,  dasz  der 
zehende,  so  er  von  den  nachpurn  gedragen  oder  bestanden 
wird,  ^al  er  sein  der  pfarren  angst  und  verlust  ...  in  der 
besteuder  fahr  und  sorgen.  2,  601;  sollen  sie  den  (wein)  fü- 
ren gen  Merl  uf  ihre  angst  zwischen  der  herren  vier  mauern. 

3,  805.  Endlich  findet  sich  auch  angst  in  der  schwurformcl 
potz  angst!  gleichsam  gottes  angst  und  marter;  botz  angst! 
Garg.  57*. 

ANGST,  angustus,  anxius,  sollicitus.  ein  Übergang  aus  dem 
subst.  in  das  adj.  entspricht  der  gewohnheit  anderer  Wörter, 
gramm.  4,  243.  244  wurde  gewiesen,  dasz  in  den  unpersönli- 
chen redensarten :  mir  ist  not,  mir  ist  zorn,  mir  ist  ande 
und  ähnlichen  mehr  ursprüngliche  substanliva  anzunehmen  sind, 
die  dann  in  adjectiva  oder  adverbia  ausarten  und  gleich  die- 
sen der  comparation  fähig  werden,  gerade  so  verhält  sich  auch 
mir  ist  angst,  mir  wird  angst,  es  macht  mir  angst,  welchen 
das  offenbar  unsubstantivische  bange  =  beange  zur  seile  tritt, 
und  aus  welchen  ein  comp,  ängster  hervorspringt,  da  doch  schon 
im  einfachen  angst,  angust  =  lat.  angustus  superlativisches  st 
erscheint,  es  ist  mir  fast  angst.  2  Sam.  24,  14;  mir  ist  fast 
angst.  1  chron.  22, 13 ;  wenn  er  gleich  die  fülle  und  genug  hat, 
wird  im  doch  angst  werden.  Hiob  20,  22;  wenn  mir  angst 
ist,  rufe  ich  den  herrn  an.  ps.  18,  7 ;  Sin  sol  angst  und  bange 
werden.    Ezech.  30,  16;   und  macht  im  angst  und  bange.  Sir. 

4,  19;  also  viel  engster  sol  dir  w^erden,  wenn  du  Christus 
leiden  bedenkest.  LctderI,  168';  wem  war  ängster  denn  dem 
guten  pfaffen?  Wickram  rollw.  60';  wie  angst  wird  mir.  Gry- 
pHius  2,  360;  wem  war  ängster,  als  dem  guten  geistlichen? 
Abr.  a  s.  Clara  2,208;  er  ist  gefährlich,  mir  ist  angst  und 
bange.  Göthe  14, 159 ;  es  war  mir  angst  und  bange,  er  möchte 
sich  in  diesen  ergieszungen  aufzehren.  23,187;  sie  küste  ihn 
mit  solcher  Inbrunst,  dasz  ihm  die  heftigkeit  dieser  aufkei- 
menden natur  oft  angst  und  bange  machte.  19, 103. 

Enlschiedner  tritt  auszer  solchen  unpersönlichen  phrasen  das 
adj.  auf,  es  heiszt  nicht  blosz  einem  angst  machen,  einem  angst 
einjagen,  sondern  auch  einen  angst  machen,  anxium  reddere: 

dein  falscher  grund  der  seichten  und  der  tiefen 
hat  uns  ja  oft  angst,  bleich  und  nasz  gemacht. 

Fleming  103; 
mach  mich  nur  nicht  angst.    Immermann  Card.  48; 

nicht  blosz  es  ist,  es  wird  mir  angst,  sondern  auch  ich  bin, 
werde  angst:  es  ist  von  ungefähr  dritlehalb  jähre  her,  dasz 
sie  auf  diese  art  anfieng,  einige  von  ihren  lieblingsgedanken, 
wenn  ich  abwesend  sein  muste,  aufzuschreiben,  und  immer 
roth  und  angst  wurde,  wenn  ich  sie  dabei  antraf  und  sie 
mir  es  vorlesen  muste.  Klopstock  11,  9 ;  süszes  mädchen,  sei 
so  beklemmt  nur  nicht,  so  angst,  so  schüchtern !  Lessing  2, 
345 ;  ich  war  so  angst,  ich  zitterte,  ich  betete,  da  ricfs  und 
ich  Verstands.  Götue  20,  89. 

Dennoch  dringt  das  adj.  nicht  vollends  durch,  es  wäre  un- 
zulässig zu  sagen:  er  ist  ein  angstcr  mann  für  furchtsamer, 
ein  angstcs  ercignis  f.  ängstliches,  angsterregendes,  zwar  schon 
Ringwald  CDanj.  Ff  6'  wagte:  dein  angstcr  tod,  das  hat  aber 
in  die  spräche  keinen  einyang  gefunden. 

ANGSTAUSUUF,  m.  ejulatio,  angslgeschrei,  wehausruf. 

ANGSTBAH,  anxius,  mhd.  angestbaire.  man  sol  nit  zu  vil 
angstbar  sein.    Keisersu.  eschengr.  70 ;   angstharc  gcdanken. 

ANGSTI{ARK^:lT,  /".  anxitudo.  Keisersb.  post.  loo'. 

ANGSTREREN,  n.  trepidalio,  zittern  vor  angst: 

sich  für  gechlingcm  anpsibehen 

cilllüchiig  in  stürz  begeben.    Mmssusp*.  V8". 

ANGSTREDRÄNGNIS,  n. 

ANGSTBETTE,  n.  Icctus  miseriarum.  Stieleh  136. 


ANGSTBILD,  n. .-  ihm  war  sie  ein  aufgestelltes  angstbild. 
Scuiller  788. 

ANGSTBÖSEWICHT,  m.  nequam,  erzbösewicht :  da  weisz 
er  selbs  wol,  der  angstbösewicht,  was  der  Luther  vom  ge- 
horsam schreibt.   Luther  5,  303*. 

ÄNGSTE.^,  angi,  ahd.  angusten  (Graff  1,  343),  mhd.  ange- 
sten  (Ben.  1,  44') :  mit  ihren  zahnen  fungen  ein  geklappercs 
an,  dasz  mir  angstet  (angst  wurde).  Philand.  1,643. 

ÄNGSTEN,  angere,  ahd.  angustan.  wie  sie  (eos)  die  Egyp- 
ter  engsten.  2  Mos.  3,  9 ;  wenn  du  geengstet  sein  wirst.  5  Mos. 
4,  30 ;  und  David  ward  ser  geengstet.  1  Sam.  30,  6 ;  die  risen 
engsten  sick  unter  den  wassern.  //io&26,  5;  denn  ich  bin  der 
rede  so  vol,  das  mich  der  ödem  in  meinem  bauche  engstet. 
32,  18 ;  ängsten  und  bemühen  sich.  Kirchhof  wendunm.  56' ; 
deine  fcind  werden  dich  ängsten  allenthalb.  Reiszner  Jeius. 
2,  132'; 

weil  ich  mit  meiner  lieb  aufs  grimmst  ihn  ängsten  will. 

Gryphius  1,  669; 
der  den  das  theure  blut  des  larames  hat  besprenget, 
wird  von  den  Wolfen  zwar  geängstet  und  bedränget. 

LoGAu  1,  ü,  13 ; 
dort  ängstet  mich  ein  wild.    Flkjiing  113; 
warum  zitterst  du,  geängstele  seele,  vor  dieser 
deiner  einzigen  ruhe  zurücii?    Klopst.  Mess.  14,  328; 
ihr  sehet,  wie  viel  der  geängstete  leidet.    14,  835; 

vergäsz  ich  auch  der  feinde, 
die  seines  lebens  morgen  ängstcten.    Gotter  2,  198; 
ich  geängstete.    2,  460; 

die  aber  mich  auch  so  geängstet, 
mich  so  gequält!       Lessing  2,  318; 
diesem  erbeb  ich  im  herzen  und  ängste  mich  was  ihn  betreffe. 

Voss  Od.  4,  820; 
diese  märchen,  die  den  gläubgen  pöbel  ängsten. 

Schiller  418; 
Verbannung,  tod,  entwQrdigung  umschlieszen 
mich  fest  und  angsieii  mich  einander  zu.    Göihe  9,  372. 

in  der  prosa  ist  ängstigen  mehr  gebraucht,  ängsten  intr.  für 
ängsten  oder  sich  ängsten : 

ein  mensch,  wie  ich,  musz  ängsien,  schmachten,  siechen. 
Herder. 

ANGSTENTSCHLUSZ,  m.  anxia  voluntas:  wie  es  mit  allen 
angstentschlüssen  geht.  Herder  2,  242. 

ANGSTER,  m.  poculum  angusto  collo,  pl.  angstcr,  was  auch 
ßr  den  sg.  vorkommt,  aus  dein  it.  anguistara,  inguistara,  mlat. 
anguslrum,  die  sich  aufs  lat.  angustus  zurückführen,  nur 
in  Süddeulschland  gebräuchlich,  und  wol  erst  im  15.  16  jh. 
umb  ain  angster  7  kr.  Kaufhcur.  invent.  von  1480;  wer  zu 
eilend  in  einn  angstcr  schenkt,  der  schult  mehr  darneben 
dann  drein.  Agricola  spr.  143*;  alsdann  nimpt  der  breutgani 
disen  angster  mit  wein.  Frank  tveltb.  152*;  da  ist  Lorenz 
koch,  gelten  und  kübel  sind  ihre  ängster.  Fr.  Wernstreit 
kriegbüchlin  des  frides.  Frank f  1550  s.  200;  den  win  trun- 
ken ich  und  min  wib  mit  manchem  zank,  den  als  wir  kein 
trinkgschir  hatten  dan  ein  angstcr,  zum  ersten  giengen  wir 
mit  dem  angsler  in  keller,  darob  triben  wir  einander,  ich 
sprach,  drink  du,  du  must  söugen  {das  kind  stillen),  so 
sprach  min  frow,  drink  du,  du  must  studieren  und  in 
der  schul  übel  zit  han.  hernach  kouft  uns  min  guter  fründ 
Heinrich  Billing  ein  glas,  was  gcforinicrt  wie  ein  stifel,  da 
mit  giengen  wir  in  keller,  wen  wir  im  bad  waren  gsin,  darin 
gieng  ein  wenig  mer,  dan  in  den  angster,  das  väszlin  wäret 
lang.   Tiio.  Plater  s.  69 ; 

krausen,  engster  und  ein  bierglas.    H.  Sachs  I,  440'; 
fraw  Glück  bindt  ein  engster  mit  wein  an  pfnl  und   spricht: 

da  bind  icli  an  die  Irunkcnheit 
die  viel  unrats  bringt  alle  zeit.    111,2,72'; 
auch  so  hat  er  weder  sib  noch  die  scck, 
gieszvasz,  angster,  seichter,  trachter  noch  kain  beck. 
Uhland  719; 

ein  angster,  ein  trinkgeschirr,  das  einen  engen  hals  oder 
mundloch  hat.  Thurneisser  magna  akhymia  2,  112 ;  gaben  ir 
irn  thcil  in  eim  angsler  oder  engen  glas  zu  versuchen.  Kiitcn- 
HOK  wendunm.  212';  weinverdcrber,  bankhulien,  angsterdriiher, 
kutterufstorken.  Fisciiart  Gari/.  17';  dringt  einander  mit  krau- 
sen, vil  krümmer  ängster  bringt  her,  die  kerel  uiiih  und 
macht  sie  lär.  .so";  was  das  glas  liehen  und  gehen,  wenden 
und  legen,  hallen  und  bringen  koni,  cxpcrtc  und  discrtc  auf 
gutcrufrenken  und  angsicrschwenken.  82';  ja  sie  soffen  aus 
gestifteten  krügen,  da  stürzt  man  die  polt,   da  schwang  man 


3G1 


ANGSTER  —  ANGSTHAUS 


ANGSTIG  —  ÄNGSTLICHKEIT 


362 


den  gutruf,  da  trauet  man  den  angsler.  S3';  was  underschids 
ist,  audi  provisor,  zwischen  flaschen,  angster  und  gutteruf? 
grosze,  dann  die  erste  sind  eng  geseckelmeulet  am  mund- 
port,  der  kuterruf  am  weidengewundenen  kranchsiials,  aus 
depi  angster  musz  mans  mit  engen  ängsten,  wie  die  balbie- 
rer  iiir  spicanarden  und  roswasser  heraus  ängstigen,  wirbeln, 
türbein,  türmein  und  gleichsam  betteln.  100";  spitz  das  schle- 
henraaul,  secht  wie  schön  der  geschnäbelt  künig  gutterschnat- 
teret,  er  hat  ein  besser  band  zu  angsteren,  undergübelt  ihm 
den  köpf,  er  wird  sonst  zu  windhälsig  vor  angstigen  angster- 
mrbelen.  loo';  er  verschwur  oft  nicht  zu  trinken,  er  schiesz 
dann  ein  aufgehengten  angster  von  eim  haushohen  stangen- 
baum  herab.  ISO';  der  ander  glaset  ängster.  1S5'.  Hemsch 
82  führt  noch  angster  gutterer  auf,  und  Stieleb  379  engster 
bombjlius,  poculum  rorans,  später  stirbt  das  wort  aus.  die 
angezognen  stellen  lehren,  dasz  man  die  verwandtschaß  mit 
enge  und  angst  fühlte. 

ANGSTER,  ffi.  teruncius,  zwen  helbling:  sol  einen  Züricher 
angster  an  einem  iopf  (wein)  gewunnen.  Regensberge'r  üfnung 
von  1456  {weisth.  1,  84);  du  hast  den  angster  in  dem  seckel 
stecken,  das  ist,  es  ist  dir -angst.  Keisebsb.  post.  105*.  19S'; 
ein  Bernangsler  zwen  pfenning,  sonst  zwen  angster  drei  pfen- 
nig.  Stettlers  chron.  274 ;  anno  1424  schlugen  Zürich,  Schaf- 
bausen  und  Sancigallen  angsterpfennig,  dreizehn  Schilling  für 
einen  gülden.  Stumpf  358*.  Ducaxge  hat  angusti,  pro  au- 
gusti,  numi  bracteati,  in  quibus  efücta  imperatorura  effigies, 
wie  auch  Hexisch  angster  aus  augster  ==  augustorum  (effigies) 
deutet,  solche  bracteatcn  sollen  auch  antlitzpfennige  hciszen, 
doch  aus  angesichter,  wie  Hottinger  bei  Frisch  1,  29'  meint, 
ist  angster  schwerlich  entsprungen. 
.  ANGSTERDREHER,   ni.  poculum  manu  versans,  s.  angster. 

ANGSTERFÜLLT,  angore  plenus: 

daäz  er  die  tugead  sieht  in  an^sterfällien  schranken. 

LOHEXST.  Ibr.  77,  20«; 
dein  angsterfüllter  blick.    Gotter  2,  159. 

ANGSTERLIED,  n.  ein  zecherlied,  beginnend:  so  trinken 
wir  alle.  Fischart  Garg.  HO',  gedruckt  bei  Uhland  s.  592. 

ÄNtjSTESFRL'.NG,  m.  spruny  vor  ängsten,  ungewöhnliche 
von  GüTHE  gewagte  Wortbildung  für  angstsprung: 

sie  thät  gar  manchea  ängstesprung.    12,  106. 

ANGSTFIEBER,  n.  ein  den  krankenden  beklemmendes,  änqsten- 
des  ficber,    doch  kaum  asodis,    aacö8r,s,  was  mehr  ein  brech- 
''■ber,   eher  ein  kanonenfieber. 
ANGSTGEDRÄNGE,    n.,    wenn   sich   menschen   vor    angst 
rangen: 

im  angstgedränge  bürgerlicbea  krieges.    Schiller  418. 
A.NGSTGEFÜHL,  n.  geßhl  der  angst: 
dies  angsigefühl,  ich  holTe,  wird  sich  lösen.    Göthe  9,  335. 

ANGSTGEHELL,  n.  ejulatio. 

ANGSTGESCHREI,  n.  clamor  anxius:  dumpfes  angstge- 
schrei.  Götter  l,  270.  2,10;  angst-  und  Zetergeschrei.  Göthe 
30,  113.  jammerndes  angstgeschrei  in  den  grausen  tumult  fern 
hinstirbt.  Luise  3,  S03. 

ANGSTGEWIMMER,  n.  ejulatio. 

ANGSTGEZITTER,  n. 

ich  sinke  um  in  diesem  angstgeziuer, 
ich  (rage  nicht  das  lachein  dieser  äugen. 
TiECK  1,  318. 

ANGSTGIFT,   n.   so  wie  man  das  in  der   mundhöle   abgc- 
'    '''  gift   das   zorngift  nennen  kann,   musz   das  am  ent- 
setzten   ende    des    ernäbrungsganges    abgelagerte   das 
■...  .^lU  heiszen.  K.  Smell  in  der  Miiierva  1847  s.  419. 

ANGSTHAFT,  anxius:   hat   mich    ganz    angsthaft  gemacht. 
WicsRAM  rollw.  59 ;  der  gute  kerl  war  angsthaft.  65' ;  sie  ka- 
"'n  ganz  angsthaft.  89;    einer  so  mehr  sorgsam  und  angst- 
''■ft  war.  103;    ei   dasz  vor  angslhaftem    ernst   keim  entfahr 
"in    scheisz.    Fischart    groszm.  116;    verwundt,    krank    und 
ncMlinft  ist  er.    v.    Birke?«  45;   sogar   im  träum,   wenn  wal- 
des  bluts  mir  recht  angsthaflc  bildcr   vor   die   äugen 
wollen.  Le>z  1,  2?5. 
.  »'.STHAFTIG,    anxius,    angorem   ineulicns:    sagte    neben 
•'di-rn    angsthaitigen    dingen.    Kirciihof  wendunm.  236';    mit 
■hr  betrübtem  und  angsthafligem  gemüt.  300*. 
ANGSTHAUS,  n.  domus  angoris,  die  weit,  das  jammerthal : 
dis  thränenlhal,  die  erd 
dis  angsibaus  war  nicht  mehr  des  groszen  gcisies  werth. 
GRTPaiD«  1,  169; 


I  in    disem   angsthause.    Weise  erzn.  270.    mhd.    daj    wuoflal, 
'  järaertal.    d.  mythol.  s.  755. 

j       ANGSTIG,  anxius,  ohne  umlaut,  nnl.  angstig,  ahd.  angustic 

!  (Graff  1,  312),    bei  Keisersbebg  mit  der  praep.  uf  verbunden, 

\  der  ohne  zweifei  auch   ängsten  uf  etwas    sagte,    wie   es   mhd. 

hiesz   sorgen   üf:    angstig    uf  zitlichs.    brosdml.  25'.     deshalb 

wird  der  mensch  traurig,  angstig   und   unruhig.    Thlrneisser 

m.  alch.  1,  106. 

ÄNGSTIG,  mit  umlaut:  vtider  solchen  hochbckümmerlichea 
engstigen  anblick.  Crecziger  bei  Luther  8,  194';  fieng  an  zu 
zittern  und  ängstig  zu  werden.  Reiszner  Jerus.  1,  US';  des- 
gleichen auch  hat  er  ersehen,  dasz  manchem  der  ängstig 
und  tödlich  schweisz  über  das  angesicht.herabgelaufen.  Fro.nsp. 
kriegsb.  3,  136'; 

der  geist,  der  durch  den  gwmmen  schmerz 
der  angedräuten  noih  gepresi  ius  ängsiis  herz. 
Gripuics  1,  601 : 

er  hätte  oft  seine  untergebenen  ängstig  gefragt.  Lohenst.  Arm. 
1,  449 ;  als  aber  der  glüende  stein  des  unbarmherzigen  va- 
terberzens  durch  die  thränen  dieser  ängstigen  tochter  noch 
immer  mehr  entzündet  ward.  1,  1251;  Livia  hingegen  maszte 
sich  dieses  dings  ängstig  an.  1,  1253 ;  die  frau  stellele  sich 
ängstig,  gespenst  209 ;  daiiero  ward  ich  noch  ängstiger.  Simpl. 

1,  295 ;  so  ist  mein  gewissen  ängstig  und  beschwert.  1,  545 ; 

ängstig  spann  sie  sich  in  ihre  hülle.    Uerder  3,  43. 

erwacht  vom  ängsiigen  träum.    Uölderlis  ged.  153. 
heute  sagt  man  ängstlich. 

ÄNGSTIGEN,  angere,  premere,  ängsten,  drängen :  ein  träum, 
durch  den  sie  nicht  ein  wenig  geängstiget  ward.    Galmy  142; 

uns  selbst  engstigen  und  plagen,    .\trer350*; 
sich  um  etwas  ängstigen,   pers.  rosenih.  6,  1 ;    ich  habe   mich 
recht  um  sie  geängstigt.    Götter  3,  334 ;   Stanley  tritt  zu  ihm 
und  versucht  ihn  hinweg  zu  ängstigen.  Schiller  67S ;  die  ver- 
irrten in  den  schafstall  der  kirche  zurück  zu  ängstigen.  94S; 

wie  es  im  Jammer  war,  im  ängstigen, 
da  schickt  ihm  diese  amme  eott  der  berr. 
Tieck2,  247; 

er  machte  ihm  seine  uniform  täglich  um  einen  daumen  knap- 
per, um  ihn  aus  ihr  heraus  zu  ängsiigen.   J.  Paul  uns.  löge 

2,  44;  ein  von  entzündeten  materien  geängstigtes  erdreich. 
Kant  9,  75. 

ÄNGSTIGER,  m.  cruciator.    colica  157. 
ÄNGSTIGLICH,  anxius :  ach  wie  ist  es  doch  so  eine  Sngstig- 
liche  hitze.  Heinr.  Jul.  v.  Bb.  Sus.  2, 1. 

ÄNGSTIGLICH,  adv.  anxie,  nnl.  angstiglijk.  pers.  baumg.  6,  3 ; 
da  sprach  der  urselbst  ängsiigiicb.    Bürger  93V 

ÄNGSTIGÜNG,  f.  anxitudo,  tribulatio. 

ANGSTKIND,  n.  kind,  um  das  die  eitern  viel  angst  und 
sorge  hatten. 

ANGSTLAST,  f. 

ANGSTLÄUSE,  pl.  rohe,  aber  kraßvolle  bezeichnung  heini' 
licher  angst:  alsdann  kratzen  si  zu  spat  den  köpf  vor  angst- 
leusen.  Fr.\xk  weltb.  vorr. ;  secüt  da,  wie  beiszen  disen  die 
angslläus,  der  feind  ist  gcwis  nicht  weit.  Garg.  253';  die 
unbarmherzigen  angstläuse  slackcn  mir  in  haaren.  Weise 
erzn.  349. 

ÄNGSTLICH,  anxius,  ahd.  angustlih,  auf  personen  oder  sa- 
cken beziehbar:  sie  schien  ängstlich,  es  (das  bret)  zu  betre- 
ten. Schiller  748; 

und  Aeolus  löset 

das  ängstliche  band.    Göthe  1,  73; 

wie  sie  den  sarg  hinunter  lieszen,  dann  die  erste  schaufei 
hinunter  schollertc  und  die  ängstliche  lade  einen  dumpfen 
ton  wiedergab.  16,  179 ;  daraus  entstehen  gewisse  falsche  be- 
strcbungen,  welche  um  desto  ängstlicher  werden,  je  reiner 
und  redlicher  die  absieht  ist.  29,  104;  in  die  ohnehin  feuch- 
ten und  ängstlichen  [beengenden)  Schlafstellen.  30,  14 ;  da  sie 
ziemlich  auf  der  plaine  liegt,  sind  ihre  straszen  nicht  ängst- 
lich, aber  meist  all  mit  überhängenden  giebeln.  43,  71;  die 
arbeit  ist  zart,  fleiszig,  doch  nicht  ängstlich;  wenn  du  mir 
nur  nicht  so  bang  machtest,  nicht  so  oft  im  ängstlichen 
Schlummer  fürchteriich  träumtest.  Kmxger  l,  4. 
ÄNGSTLICH,  adv.  anxie:   ängstlich  gewissenhaft; 

ängsthcb  klagend  umOatierte  ihn  die  traurende  muitcr. 
Stolberc  11,  58. 

ÄNGSTLICHKEIT,  f.  anxietas,  tollicitudo:  eine  sittliche 
und  religiöse  ängsllichkeiu  Göthe  20, 163. 


363 


ANGSTLOSE  —  ANHABEN 


ANHÄBIG  — ANHÄKELN 


364 


ANGSTLOSE,  f.  excusalio,  ausrede  ?  womit  man  sich  in  der 
angst  zu  lösen  sucht  ?  müssen  sich  mit  solchen  angstlosen  und 
notreden  so  lausichl  und  bettelisch  behclfen.    Luther  1,  509'' 

ANGSTMANlN,  m.  an  einigen  orten  der  Scharfrichter. 

ANGSTMENSCH,  tn.  ein  mensch,  der  viel  sorge  macht. 
seht  doch  den  angstmenschen.  Tieck  3, 175. 

ANGSTQUAL,  f. 

ANGSTRAD,  n.  täglich  im  angstrade  laufen,  stets  auf  der 
folterbank  gespannet  sein.  Aug.  Buchners  trostschr.  Wittenb. 
16(14  s.  60. 

ANGSTRLF,  m.  angstschrei. 

ANGSTSCHEISZIG,  nach  Heine,  gelb  wattierend,  vgl.  Aristoph. 
friede  1176 :  ob  mich  auch  schon  ein  angstscheiszige  leibsnot 
bestund.   Garg.  286*. 

ANGSTSCHWEISZ,  m.  angstschweisz  schwitzen. 

ANGSTSTLNDE ,  f.  momentum  anxium,  altn.  öngrstund 
{vgl.  ögurstund  am  schlusz  der  Völundarqvida).   ■ 

ANGSTTROPFE,  m.  angstschweisz:  angstlropfen  rollten  ihr 
die  bleiche  wang  herab.  Gotter  2, 108 ;  würde  dir  jeder  angst- 
tropfen, den  du  fallen  siehst,  mit  einer  tonne  goldes  aufge- 
wogen. Schiller  199. 

ANGSTUMSCHLLNGEN :  der  angstumschlungne  geist.  Göthe 
41,  188. 

ANGSTVOLL :  angstvolle  blicke ;  angstvolles  geschick. 
.     ANGSTZUSCHÜRGER,  m.  angoris  incitator: 

0  menschenwürger, 
0  wilder  kriegsanTang,  o  angstzuschürger. 

Hanmanns  anm.  zur  poeterei  s.  240. 
ANGSTZWEIFELND:  i 

sein  herz  schlug 
unter  der  zottigen  brüst  angslzweifelnd  hierher  und  dorthin. 
Bürger  188". 

ANGUCKEN,  intueri :  eine  sache  neugierig  und  verwundert  an 
gucken ;  habe  auch  noch  anzugucken  bekommen.  Hamann  6,  ISO 

ANGÜRTEN,  accingere:  das  band,  das  schwert  angurten. 

ANGUSZ,  m.  affusio. 

ANGUTZEN,  was  angucken,  nur  frequentativer :  mit  freund- 
lichem angutzen.  fastn.  sp.  749,  8.  764,  23.  vgl.  herfürgutzen : 
ich  glaub,  es  gutz  da  ein  schneckenhorn  herfür,  nicht  eszt 
es !    Garg.  237*. 

ANHAB,  m.  initium,  ein  schon  mhd.  seltnes  wort  (es  steht 
bei  Haupt  5,  538  und  in  der  tohter  Sion),  ahd.  anahap  blosz 
zu  vermuten,  gebildet  wie  urhap  causa,  origo,  fermentum,  also 
gleich  diesem  abzuleiten  von  heben,  ahd.  heffan,  golh.  hafjan, 
und  entsprungen  zur  zeit,  wo  in  dieses  verbum  noch  kein  «m- 
laut  gedrungen  war.  nnl.  aanhef.  der  teufel  sei  ein  lügener 
und  ein  anhab  und  ein  finder  der  lügenen.  Keisersb.  post.  2, 
100;  ein  klein  anstendli  oder  anhab.  3,  83;  da  sal  der  den 
anhab  tut,  den  schaden  gen  dem  keiser  tragen,  keiserrecht 
2,  78;  die  sie  im  anhab  der  sachen  mit  groszer  hitz  brau- 
chen, aber  darnach  werden  sie  unnütz.  Hütten  5,  331 ;  wie 
viel  der  anhab  (des  kricgs)  gewis,  der  ausgang  aber  so  viel 
ungewisser  zu  fürchten.  Kirchhof  disc.  inil.i; 

dlsz  birg  die  Welts'chcn  nennen  do 

cultnen  de  sant  ücrnliardiiio, 

den  namen  ihm  ein  dörflin  gab, 

welchs  ligt  an  dises  bcrgs  anhab.    Kebsann  249. 

dies  gute  wort  erscheint  bei  Luther  nicht  und  stirbt  aus. 

ANHABEN  in  zwiefacher  bedcutung, 

1)  an  sich  haben,  an  sich  tragen,  indui,  von  kleidungs- 
stücken,  nnl.  aanhebben.  ahd.  daj  kescuhe  anahaben,  feire 
soccum  (Graff  4,  730) ;  mhd. 

Adam  begundc  sich  scamen, 

daj  er  niebt  het  ane.    Diut,  3,  51 ; 

tiecht  ist  dein  kleid,  das  du  an  hast.  ps.  104,  2 ;  freund,  wie 
bist  du  herein  kommen  und  hast  doch  kein  hochzeitlich  kleid 
an?  Matth.i1,  12;  welche  allerhand  hoffarbröcklein  anhalten. 
Garjy.  57';  mein  anhabendes  ledernes  koller.  irrg.  der  liebe  s. 
319 ;  ein  knabe,  der  eine  frisierscliürze  umgegürtet  und  ein 
wciszes  Jäckchen  anhatte.  Göthe  18, 142 ;  wenn  man  sitzt  und 
alles  an  hat  (unausgezogen  ist).  J.  Paul  Uesp.  2, 1 ;  Wehmeier, 
der  in  der  alten  gcschichte  nichts  lieher  fand  und  also  ab- 
mahltc,  als  einen  groszen  mann,  der  wenig  an  halte,  wie 
z.  b.  Diogenes.  Tit.  1,110;  nicht  soviel  haare,  als  ein  truthahn 
noch  in  der  pfanne  anhat,  biogr.  bei.  l,  130;  was  hatte  er  denn 
an  ?  fragen  die  leutr,  wie  war  er  gekleidet  ?  das  an  ist  fühlbar 
noch  los  und  kann  immer  abgetrennt  ijcschrirbcn  werden:  sie 
hat  die  rothen  schuhe  an,  soll  sie  heute  an  haben,  bei  der 
figürlichen    anwendung    ist    das   pronomen    unentbehrlich,    die 


praeposition  also  entschieden :  er  hat  das  an  sich ;  ich  habe  es 
(den  fehler,  die  eigenschaß)  so  an  mir;  er  wird  das  laster 
stets  an  sich  haben. 

2)  einem  etwas  anhaben,  stiperare,  vincere  aliquem:  ob  sie 
wider  dich  streiten,  sollen  sie  dir  doch  nichts  anhaben.  Jer. 
15,  20;  denn  würde  er  zu  wort  kommen,  macht  man  im 
nichts  anhaben.  Luther  3,  33' ; 

ein  mann, 
dem  schwerler  nichts  ballen,  dem  spiesze  nichts  an. 


im  spies 
,  8,  39 ; 


Logaü  1 

wolan  so  wird  es  mir  desto  groszere  ehre  sein,  wenn  ich  ihm 
was  anhabe  und  zugleich  meinen  erstochenen  landsmann  rä- 
chen kan.  Felscnb:  3,  414;  die  zeit,  die  sonst  so  viel  über 
unsre  leidenschaften  vermag,  kann  dieser  allein  nichts  an- 
haben. Wieland  8,  385 ;  der  schrecken  kann  mir  nichts  mehr 
anhaben.  Gotter  3,  lOl ; 

sei  nur  brav  zu  jeder  stunde, 

niemand  hat  dir  etwas  an!    Götue  4,  350; 

und  drohten  mir  beere, 

und  drohten  mir  dracben, 

sie  haben  doch  alle 

dem  knaben  nichts  an.    11,  234{ 
und  dem  verdammten  zeug,  der  tbier-  und  menschenbrut, 
dem  ist  nun  gar  nichts  anzuhaben.    12,  72; 

diesem  haupte.kann  die  brennende  sonne,  der  beizende 
Schnee  nichts  anhaben.  14,  195;  sie  hat  mir  verziehen,  gott 
hat  mir  verziehen  und  niemand  kann  mir  mehr  etwas  anha- 
ben. .  17,  408 ;  von  einem  licht  erhellt,  welchem  sogar  das 
hellste  Sonnenlicht  nichts  anhaben  konnte.  23,  219;  die  eng- 
lische feile  schien  ihm  (dem  diamant)  nichts  anzuhaben.  31, 
231 ;  so  lang  ich  meine  schildwachten  bezahle,  kann  mir  nie- 
mand was  anhaben.  Lenz  l,  290 ;  die  öffentliche  gerechtigkeit 
kann  dir  nichts  anhaben.  Kant  5,  471.  Fast  in  gleichem  sinne 
sagt  man  einem  etwas  anthun,  doch  drückt  dies  mehr  die 
wirkliche  that,  anhaben  die  müglichkeit  der  that,  den  vorsalz 
oder  angrif  aus,  und  einem  etwas  anhaben  scheint  wie  ange- 
siegen,  angewinnen,  weshalb-  ihm  auch  ursprünglich  ein  acc. 
der  person  statt  des  späteren  dat.  gebührte,  es  könnte  noch 
heute  gesagt  werden:  ich  will  nichts  an  dich  haben,  nihil  le 
impugno,  wie  mhd.  si  habten  in  an  vil  vaste  mit  siegen,  grif- 
fen, fielen  in  an  (Ben.  1,  599").    vgl.  haben  =  erhallen. 

ANHÄBIG,  continens,  retinens,  anhaltend,  an  sich  hallend, 
in  gutem  wie  bösem  sinn :  es  {das  deutsche  volk)  ist  auch  ein 
so  rachgirig,  anhebig,  unleidlich  volk  gegen  seinen  feinden, 
das  im  kein  greulichkeit  zu  vil  ist.  Frank  «feZ/fr.  42';  zu  aller 
not  gedultig  und  anhebig.  67";  Democritus  stach  im  selbs 
beide  äugen  ausz,  damit  er  der  natur  und  götlichen  dingen 
dester  anhabiger,  munterer  möcht  nachdenken,  chron.  lOo'; 
er  was  kargk  und  anhäbig.  128';  weilen  es  (das  bauen)  grosze 
Wissenschaft,  manigfaltige  Vorbereitung,  unverdrossenen  fleisz, 
emsiges  nachsehen,  anhäbige  gedult  und  einen  offenen  beutel 
erfordert.  Hohberg  1,  20;  einen  guten  credit  anhäbig  behal- 
ten. 1,  28.    vgl.  gehäbig. 

ANHACKEN,  incipere  caedere,  effodere:  die  spalzen  haben 
die  kirschen  schon  angehackt;  der  specht  hackt  den  bäum 
an  (s.  anhauen);  die  erde  um  den  bäum  anhacken,  den 
bäum  anhacken;  die  kartoffeln  anhacken,  behacken. 

ANHAFT,  m.  adhaesio,  affixio,  annexum.  mhd.  anehaft: 
äne  wankes  anehaft,  Parz.  223,  4 ; 

daz  tnot  al  des  winters  kraft, 

ncbcl,  rif,  snrt  ist  sin  anehall.    Altscuw.  71; 

wie  sonst  anehanc  von  thau  und  reif  verwandt  wird,  angift 
und  anhafl.  Luther  1,  214"  (s.  angift);  dann  weil  der  glaub 
geist  ist,  musz  sein  anhaft  und  objectuin  auch  geistlich  sein. 
Frank  chron.  255*. 

ANHAFTEN,  adhacrere,  affixum  esse:  das  pflasler  haftet 
an ;  ihm  haften  (kleben)  manche  laster  an ;  keine  erinahnung 
haftet  bei  ihm  an.  häufig  auch  los,  mit  gleicher  bedcutung: 
das  pllaster  haftet  an  der  haut,  an  ihm  haften  manche  laster, 
keine  ennahiiimg  liaftel  an  ihm. 

ANIIAGELN,  gleichsam  aggrandinare :  es  hagelt  an  (die 
fenster) ;  die  kornfelder  sind  angehajgelt. 

ANHÄGEHN,  sabulum  alluere?  man  nennt  hager  einen  vom 
flusz  angeschwemmten  sandhügel,  beide  Wörter  sind  der  allen 
Sprache  unbekannt,  und  kaum  zu  hager,  mager,  dürr  gehörig, 
eher  entstellt  aus  hocker,  höcker,  hügcl:  der  slroni  liägert 
land  an. 

ANHÄKELN,   unco   ärgere,   festigen:     die   (hür  anhäkeln, 


365 


ANHAKEN — AMIALTEN 


ANHALTEN  —  ANHANG 


366 


spitzen  anhäkeln;   figürlich,   einen  künden  anhäkeln.    Gotteb 

3,  300 ;  das  geht  nun  freilich  so  nicht,  wenn  man  immer  den 
mann  gehen  läszt,  bis  er  von  selbst  kommt,  ihn  nie  anhäkelt. 
Moser  p.  ph.  4,  57.  sich  anhäkeln :  der  vogel  häkelt  sich  mit 
seinen  krallen  an  {die  stange);  häkelt  sich  an  durch  ein  ver- 
liebtes band.  .Me.na.ntes  1, 21C ;  anhäkeln  an  kinder.  J.  Paul 
uns.  löge  i.  61. 

ANHAKEN,  unco  affigi,  nnl.  aanhaken:  der  kessel  hakt 
noch  nicht  an ;  das  papier  hakt  an,  klebt  an  dem  gebacknen 
kuchen.  Zuweilen  auch  transitic :  das  bool  anhaken ,  den 
Schlüssel  anhaken. 

ANHALFTEILN,  capistrare  equum,  daspferd  an  die  halfter  legen. 

AN'HALLEN,  sonum  Tepercutere :  die  stimme  hallt  hier  an, 
hallt  wider. 

ANHALSEN,  weidmännisch,  eani  lorum  inderej  s.  halse,  helse. 

besorglich  uns  das  joch  der  knechtschan  halsen  an. 
LoHE-NST.  Cteop.  94,  419. 

ANHALT,  m.  remora,  retardatio,  sustenlaculum.  es  gab  hier 
einen  anhält,  der  zug  hielt  an;  anhält  machen,  hall  machen; 
die  Sache  hat  keinen  anhält;  nun  erst  ist  fesler  anhält  ge- 
wonnen; sie  ist  ohne  anhält,  hat  nichts,  voran  sie  sich  halle; 
auch  die  tragischen  poeten  bedürfen  dieses  anhalts,  dieser 
ruhe,  um  sich  zu  sammeln,  örtlich,  anhält,  Station,  ort,  ko 
angehalten  wird,  daher  name  einer  bürg: 

er  heijet  wol  von  Anebalt,  gräve  0»e.   ilSH.  3,  39' ; 

in  Urkunden:  Heinricus  comes  de  .\nehalt.  aber  auch  was 
anhält,  hetnmt:  bisz  dasz  der  zehnde  schlag  {decimae  impetus 
undae)  mit  ungeheurem  sausen  den  anhält  überschwemmt. 
Griithrs  70. 

ANH.\LTEN,  instare,  insislere,  remorari,  persererare,  an- 
dauern, fortwähren,  nnl.  aanhouden:  der  regen  hält  schon 
drei  tage  an;  der  anhaltende  frost.  die  anhaltende  hitze;  das 
fieber  hält  an,  läszt  nicht  nach,  ihre  thrimen  hielten  lange 
an,  anhaltendes  schluchzen  unterbrach  ihre  worte;  anhalten 
im  gebet,  im  wachen,  an  der  arbeil,  im  essen  und  trinken, 
gegenüber  dem  einhalten,  aufhören :  hallet  aber  nur  an  mit 
fleisz.  Jos.  22,  5;  hallet  an  mit  dem  streit  wider  die  stad, 
das  du  sie  zubrechest.  2  Sam.  11,  25 ;  hielt  an  mit  beten  und 
weinen.  Tob.  3,  12;  haltet  an  am  gebet.  Rom.  12,  12;  haltet 
an  am  gebet  und  wachet  in  demselben  mit  danksagnng.  Col. 

4,  2;  halt  an  mit  lesen,  mit  ermahnen,  mit  lehren  bis  ich 
komme.  1  Tim.  4, 13 ;  predige  das  wort,  halt  an.  2  Tim.  4,  2 ; 

drumb  lasz  uns  weidlich  ballen  an 
und  sauren.  Albercs  HO'; 

arm  and  verwaisele  kinder  zur  schul  anhält  und  versorget. 
Luise  3,  7t)0 ; 

anlialtende  lust,  freude,  trauer.  das  geld  wird  nicht  lange 
mehr  anhalten.  Vorzugsweise  anhalten  mit  Worten,  mit  der 
frage,  der  bitte,  insistere  verbis,  prece,  instanter  sollicUare,  um 
eine  Sache  oder  person  werben :  sie  aber  hielten  an  und  spra- 
chen, Ol  Si  tTiiaxvov  tJyovxBi.  Luc.  23,  5 ;  als  sie  nun  an- 
hielten ihn  zu  fragen,  oi  Si  irriutiov  ioonoUvTes.  Joh.  8,  7 ; 
iloch  daneben  musz  ein  prediger  bei  dem  volk  anhalten  und 
mit  \leis  unterrichten.  Luther  3. 153* ;  zur  vermanung.  das  e. 
k.  m.  solle  frisch  und  frölich  anhalten,  dus  heilige  gottes  wort 
in  Hungerland  zu  fördern.  3,  2&s';  wollestu  umb  ein  bei- 
-rhlafen  bei  mir  anhalten.  H.  Jcl.  v.  Br.  Sus.  2, 2 ;  mit  eifrigem 
^ebete  um  abwendung  solches  Unglücks  anhalten.  Weise  kl. 
leute  2S7 ;  ein  junges  mädchen  von  achtzehn,  blühend  wie  ein 
frühiingsmorgen,  ein  junger  landmann  aus  einem  benachbarten 
dorfe,  der  bei  dem  allen  um  sie  anhielt.  Wieland  8,  130; 
zum  doclor  gehen  und  um  einige  magenlropfen  zur  Schwä- 
chung des  appetits  auhalten.  J.  Paul  teuf  pap.  1,  112. 

Dann  aber  in  der  fast  umgedrehten  bedeulung  von  sisti  und 
tiilere,  einhalten,  stillhalten:  der  wagen  hält  an,  sieht  still, 
sollt  cursum;  vom  pferde  gilt:  rennen,  gengeii,  anhalten. 
Garg.  176";  da  uns  die  nacht  übereilte,  muslen  wir  (wagen, 
pferde)  anhalten;  haltet  an  mit  dem  schreien  und  toben,  laszl 
nach.';  haltet  an  das  feuer  (mäszigt  euch),  bis  die  stimme 
der  fübrer  euch  fortreisze!  Klinger  2, 159;  erhielt  den  athcm 
an,  cohibuil  spiritum,  hielt  ihn  ein,  zurück; 

er  hält  den  öden  mühsam  an.    Lfssinc  1,  126; 

Alban  gieng,  aber  auf  dem  wege  zersprangen  die  gefüllten 
thranendriisen  und  das  angehaltene  herz.  J.  Paul  Tit.  1, 101 ; 
doch  hielt  sie  sich  an  {conlinuit  se)  und  nahm  sicli  zusam- 
men. Gi.THE  40,326.  die  uhr  anhalten,  still  lassen  stehn ;  das 
pferd  anhalten,  den  feindlichen  boten,  den  Oiehenden  dieb  an- 


halten, in  dem  dorfe  anhalten  und  futtern,  in  dem  gasthaus 
anhalten  und  zu  mittag  essen. 

Im  einzelnen  fall  kann  kaum  zweifelhaß  sein,  ob  die  be- 
deulung von  insislere  oder  sistere  gemeint  werde;  der  schmerz 
hält  an  will  doch  immer  sagen:  er  bleibt,  nicht:  er  unter- 
bleibt, und  man  kann  nicht  unterscheiden  wollen  zwischen  an- 
halten am  gebet,  ßeiszig  beten  und  anhalten  im  gebet,  auf- 
hören zu  beten,  eher  liesze  sich,  da  anhalten  =  insistere  stets 
intransitiv  bleibt,  anhalten  =  sisli  aber  transitives  sistere  icfr- 
den  kann,  anhalten  am  oder  im  gehet  entgegenstellen  dem  an- 
halten das  gebet,  wiewol  dies  auch  nicht  gesagt  wird,  nur 
einhallen,  haltet  an  im  feuer!  soll  ausdrücken:  setzt  das  be- 
gonnene feuer  ununterbrochen  fort;  haltet  an  das  fenerl  haltet 
es  zurück,  unterlaszt  es.  Man  vgl.  eTiix^iv  darreiche»,  hin- 
halten, anhalten  und  lat.  inhibere  sc.  equum. 

ANHALTEN,  n.  instantia,  assiduitas:  wiewol  unser  aller- 
liebeslen  kinder  mit  heftigem  anhalten  und  groszem  ernste  be- 
gerel,  ein  gemein  frei  christlich  concilium  auszuschreiben. 
Luther  6,  329' ;  was  ists  denn,  das  man  mit  solchem  anhal- 
ten die  leute  nur  dester  mehr  reizet  und  hetzet.  3, 139 ;  mein 
lieber  herr  doctor  Justus  Jonas  liesz  mir  keinen  friede  mit 
anhalten.  3,  332' ; 

und  widrumb  durch  standbafl  anhalten 
musz  das  eis  in  krislall  erkalten. 

Fischart  gl.  schif  629 ; 

legen  sie  aber  mein  dringendes  anhalten  nicht  falsch  aus. 
Lessing  2, 10 ;  endlich  gab  er  seinem  anhalten  nach.  Wiela.nd 
3,  40.  Auch  in  der  andern  bedeulung  des  worles  kann  gesagt 
werden :  das  anhalten  des  wagens,  des  athems  u.  s.  w. 

ANH.\LTER,  m.  retinaculum,  ein  gerälh  und  Werkzeug  zum 
anhalten ;  auch  persönlich,  der  anhalter,  retentor,  z.  b.  in  salz- 
werken, der  unter  dem  kessel  einen  hammer  da  anhält,  wo  auf 
der  andern  seile  angeschlagen  wird,  das  nnl.  aanhouder  ffl. 
und  aanhoudster  f.  nur  persönlich. 

ANHALTSAM,  assiduus. 

ANH.\LTSAMKEIT.  f  assiduitas :  dieser  (nutzte  sein  glück) 
mit  bedacht  und  anhallsamkeit.  Götbe  15,272;  er  hatte  alles 
nur  durch  unsäglichen  fleisz.  anhaltsamkeit  und  Wiederholung 
envorbcn.  24,  45 ;  so  dasz  ich  Racine  und  Moliere  ganz  und 
von  CoiTieille  einen  groszen  theil  durchzuarbeiten  die  anhalt- 
samkeit hatte.  24,  171;  eifer  und  anhaltsamkeit.  24,  190;  in 
Jena  waren  seine  freunde  zeugen  gewesen,  mit  welcher  an- 
haltsamkeit er  sich  mit  Wallenstein  beschäftigte.  45.  IS  ;  wo 
eigentlich  nur  für  fleisz.  mühe,  anhaltsamkeit  der  kränz  dar- 
geboten werden  sollte.  50,  204. 

ANHALTSPUNCT,  m.  im  markscheiden  der  pund,  wo  die 
schnür  des  markscheiders  zuerst  angehalten  wird;  die  stelle 
des  anhalts  an  den  eisenbahnen ;  andere  schreiben  aahiilpunct, 
doch  anhaltepunct  bei  Güthe  31,  46  ist  fehlerhaß. 

.\NH.\LTUNG,  f.  instantia,  retenlio:  bei  dem  bapst  umb  ein 
concilium  anhaltung  thun  wollen.  Melancbthon  rorr.  zur 
Auqsb.  conf    die  anhaltung  eines  flüchtigen  missethäters. 

ANHÄMMERN,  malleo  accudere. 

A.NHANDEN,  adv.  praesto,  ad  manus,  gegenscUz  von  abhan- 
den, und  gleichviel  mit  vorhanden,  zuhanden,  zur  band,  die 
mehr  im  gebrauch  sind,  es  kann  aber  nur  den  dat.  an  der 
band,  an  den  bänden  ausdrücken,  nicht  den  ate.  an  die  band, 
an  die  bände. 

ANHANG ,  m.  appendix,  nnl.  aanhang,  was  sich  anhängt, 
mhd.  häufig  ßr  den  sich  ansetzenden  reif  und  thau  oder  selmee: 
rife  und  anebanc,  sne  und  anehanc,  des  touwes  anehanc, 
heute  nur  noch  weidmännisch,  es  ist  heute  viel  anhang,  die 
Sträuche,  büsche  hängen  roll  reif  oder  schnee,  in  Baiern  auch 
abhang.  bihang  (Schm.  2.  212).  persönlich ,  meist  in  üblem 
sinn,  pellex,  concubine:  nun  er  (pabst  Alexander  VI\  het  ein 
anhang.  die  sähe  ein  schönen  jttngling.  Frank  chron.  313'; 
Karl  der  grosze  hat  auch  auszerhalh  der  ehe  vil  kinder  ge- 
habt, nemlich  bei  frauw  Gartwind.  seinem  anhang.  einer  Säch- 
sin. Ave.ntin  335;  könig  Karl  nahm  Richild,  seinen  anhang, 
zu  der  ehe.  354;  daher  schilt  ein  mann  die  frau: 
du  anhank,  du  srhelmigs  a.sz!  futtn.  sp.  255.  13; 
dann  ein  anhang  ro;i  bösen  buben  und  gesellen:  er  zog  in 
die  Stadt  mit  einem  anhang  {einer  rotte)  von  sclilerhlem  ge- 
sindel;  sein  ganzer  anhang  solcher  gesellen  folgte  ihm  nach; 
und  alle,  die  umb  in  sind,  seine  gehülfen  und  alle  seinen 
anhang  wil  ich  unter  alle  winde  zerslrewen  und  das  scliwcrt 
hinter  ihnen  her  ausziehen.  Ezech.  12,14;  Jonathas  und  sein 
anhang  sitzen  still.  1  Maee.  9,  5S ;  da  nun  der  hasz  und  neid 


367 


ANHANG— ANHÄNGEN 


ANHÄNGEN  —  ANHÄNGIG 


368 


so  grosz  war,  dasz  des  Simonis  anhang  etliche  darob  crwür- 
gcten.  2  Macc.  4,  3 ;  mlal.  adhacrcntia.  doch  kann  auch  in  gu- 
ter meinung  gesagt  werden:  die  feinde  sind  stark  und  unser 
anhang  ist  klein,  wir  haben  nur  wenig  anhängcr  und.nach- 
folger;  sich  einen  anhang  machen  oder  verschaffen;  besucht 
in  einmal  mit  einer  stattlichen  reuterei  und  groszem  anhang 
igcleit)  von  hofgesind.  Garg.  133'. 

Häufig  von  Sachen,  der  anhang  eines  wortes,  einer  wurzel, 
was  ihr  angebildet,  zugefügt  wird,  der  anhang  eines  buchs, 
die  im  anhang  beigegebnen  Urkunden  und  belege ;  die  kleine 
Schrift  hat  drei  wichtige  anhänge,  anhang  der  redCj  die  ihr 
angefügte  bcdingung  oder  clausel:  die  zehende  ist  conditio, 
anhang.  Luther  2,  16C';  solch  natürlichen  ordcn  und  anhang 
der  rede.  3,  G6 ;  wenn  ein  conditio,  anhang  oder  auszug  dabei 
gesetzt  würde.  5,  241" ;  das  Stipendium  noch  ein  jähr  zu  las- 
sen, doch  mit  dem  anhang,  wo  er  bei  der  theologie  wolt 
))leiben.  Luthers  br.  5,  27 ;  das  rausz  man  mit  einem  sondern 
anhang  und  nit  auf  unser  zeit  verstehen.  Fischart  bienenk. 
3'';  mit  dem  anbang.  Garg.  219*;  bischof  VVernher  schlug 
Rudolfen  von  Habsburg  vor,  mit  diesem  anhang.  Zinkgr.  3, 11. 
mit  anhang  läszl  sich  statt  des  gen.  auch  noch  die  praep.  ver- 
binden: ein  anhang  des  buchs  oder  an  das  buch,  zu  dem 
buch ;  der  unglaub  ein  anhang  des  herzens  an  den  satan  ist. 
Frank  parad.  1G7'. 

ANHANGEN,  adhaercre,  praet.  anhieng,  part.  angehangen, 
niil.  aanhangen,  sollte,  wie  schon  bei  abhangen  gesagt  wurde, 
als  intransitives  neutnim  dem  transitiven  anhängen  zur  seile 
stehn;  davon  weicht  aber  schon  die  frühere  spräche,  geschweige 
die  heutige  ab,  indem  sie  nach  reim  und  gewohnheit  anhangen 
auch  transitiv,  noch  öfter  anhängen  intransitiv  verwendet,  hier 
beispiele  des  richtigen  gebrauchs:  bis  das  der  hell  kome,  und 
demselben  werden  die  Völker  anhangen.  1  Mos.  49,  10;  ein 
iglicher  unter  den  kindern  Israel  sol  anhangen  an  dem  erbe 
des  Stamms  seines  vaters.  4  Mos.  36,  7;  aber  ir,  die  ir  dem 
herrn  ewrem  gott  anhienget.  5  Mos.  4,  4;  aber  der  aussatz 
Naeman  wird  dir  anhangen.  2  kon.  5,  27 ;  er  hieng  dem  herrn 
an  und  weich  nicht  binden  von  im  abe.  18,  16;  oder  wird 
einem  (heixn)  anhangen  und  den  andern  verachten.  Matth.  6, 
24;  darumb  wird  der  mensch  seinen  vatter  und  mutter  ver- 
lassen und  wird  seinem  weibe  anhangen.  Marc.  10,  7 ;  das  ein 
teglich  anhangen  sei  des  fluchs.  Luther  3,314';  darumb  {um 
den  tempcl)  haben  die  pfaffen  ringsumb  ihr  anhangende  heu- 
ser  und  palläst.  Frank  weltb.  188'.  Wider  die  regel  aber 
stoszen :  und  sie  hiengen  sich  an  den  Baal  Peor.  ps.  106,  28 ; 
dein  herz  aber  hieng  sich  an  die  weiber.  Sir.  47,  21 ;  du  hien- 
gest  deiner  ehre  einen  Schandflecken  an.  daselbst;  er  siebet, 
wie  er  ihm  ein  kleblebichen  {klebläppchen)  anhanget,  pers.  ro- 
scnlh.  4, 1 ;  dasz  ich  dessen  fabeln  hier  mit  anhange.  Lokman 
einleitung  ; 

ach  was  soll  der  mensch  verlangen? 

ist  es  besser  ruhig  bleiben? 

klammernd  fest  sich  anzuhangen?  Göths  1,72. 

was  mit  und  an  dir  liebte,  litt, 

hat  sich  wo  anders  angehangen 

doch  braucht  schon  ülfilas  gerade  sein  hahan  haihah  trans- 
itiv und  unterscheidet  von  ihm  ein  intransitives  hahan,  ha- 
haida.  die  mischung  beider  formen  scheint  zumal  durch  die 
zweite  und  dritte  person  des  pracs.  sg.  veranlaszt  zu  sein, 
welche  für  hangen  und  hängen  gleichlaulen  {mehr  noch  unter 
dem  einfachen  hangen,  hängen),  und  man  kann  z.  b.  aus  fol- 
gender stelle: 

es  hängt  uns  noch  von  Adam  an, 

dasz  man  so  übel  kiesen  kan.    Grtpuius  2,  223, 

nicht  ersehen,  ob  dazu  der  inf.  lautete  anhangen  oder  anhän- 
gen. Luther  schreibt  ohne  umlaut:  meine  seele  hanget  dir 
an.  ps.  63,  9 ;  aber  Fischart  Garg.  187'  der  misbrauch  ist 
aller  guter  brauch  rost,  der  sich  stets  anhengt.  Wie  bei  dem 
subst.  anbang  zeigt  sich  auch  an  dem  verbum  die  bcdeutung 
des  auszerehlichcn  bcilicgens :  er  (Catilina)  hei  lang  zeit  an 
im  hangen  Fulviam,  ein  verleympte  frawen.  Dietr.  von  Plie- 
NiNCEN ;  jedermann  wol  wüste,  dasz  sie  an  dem  allen  herrn 
commenthür  hieng.  Albertini  Guszman  de  Alfarache,  anhan- 
gende pestilcnz  heiszl  in  Gemeiners  Regensb.  chron.  4,  404  ad 
0.  1520  eine  anhaltende,  schwer  über  dem  land  hangende. 

ANHÄNGEN,  afßgere,  appendire,  mit  dem  praet.  anhängle, 
part.  angehängt,  schlug  seine  feinde  im  hindern  und  bengel 
inen  ein  ewige  schände  an.  ps.  78,06;  gnade  und  trew  wer- 
den dick  nicht  lassen,  henge  sie  an  deinen  hals  und  schreibe 


sie  in  die  tafel  deines  herzen,  spr.  Sal.  3,  3;  da  mus  ieder- 
man  sich  anhengen,  Icstern  und  verfolgen.  Luther  5,  54' ;  an 
mich  mus  sich  der  teufel  bengen.  das.;  es  werden  inen  auch 
besonder  befelch  vcrtrauwt  und  angehengt.  Fronsp.  kricgsb. 
1,  3' ;  wird  er  weder  klüger  noch  närrischer,  ob  ihm  ein  an- 
der einen  verächtlichen  titul  auf  solche  weise  anhängt.  Weise 
erzn.  43;  ich  hasse  sie  und  hänge  ihnen  eins  mit  vergnügen 
an.  Claudius  7, 126 ;  der  lustspieldichter  ist  gleichsam  nur  ein 
hämischer  controleur,  der  auf  die  fehler  seiner  mitbürger  ein 
wachsames  äuge  hat  und  froh  zu  sein  scheint,  wenn  er  ihnen 
eins  anhängen  kann.  GötheIS,  149;  ein  paar  Kirsten  beschrei- 
ben wir  als  wahre  väter  des  Vaterlandes,  damit  man  uns  desto 
eher  glaubt,  wenn  wir  einigen  andern  etwas  anhängen.  19, 
112;  sich  den  ganzen  corso  hinab  zankte,  jedem  etwas  an- 
hängte. 29,  238;  keine  kutsche  fährt  ungestraft  vorbei,  ohne 
dasz  ihr  nicht  wenigstens   einige   masken    etwas  anhängen. 

29,  254  ; 

jedem  hängt  er  was  an  und  jeder  fiirchtet  den  schaden. 

40,  188 ; 

ich  gieng  über  Pans,  um  da  durch  den  englischen  gesandten 
den  faden  leise  anzuhängen,  der  in  London  ziehen  sollte. 
Klincer  9,  226 ;  unter  solchen  leu'ten  leben,  unter  solchen 
leuten  mit  gcfühl  zu  leben,  das  sich  anhängen  möchte.  Kun- 
cers  Ih.  4,252;  um  eure  Zubereitungen  vergeblich  zu  machen 
und  euch  einen  schimpf  anzuhängen.  Tieck  12,  229 ;  die  lüge, 
die  die  familie  seiner  herrlichkeit  anhängen  sollte.  J.  Paul 
Hesp.  1,17.  so  noch  in  manchen  redensarten:  den  mantel  an- 
hängen {an  die  wand,  an  den  haken);  der  katze  die  schelle 
anhängen ;  einem  ein  blech,  einen  flecken  {wie  in  den  vorher- 
gehenden stellen:  etwas,  eins)  anhängen;  einem  eine  krank- 
heit  anhängen,  ihn  damit  anstecken;  er  hat  ihm  die  kratze 
angehängt ;  dem  buch  Urkunden  anhängen ;  das  siegel  anhän- 
gen {an  die  Urkunde);  den  kränz  anhängen  {an  das  haupt, 
an  die  thür).  sich  anhängen  hat  die  bedeutung  jenes  intrans- 
itiven anhangen :  die  klette  hängt  sich  an  den  rock  an ;  der 
brei  hängt  sich  an  den  topf,  in  dem  topf  an ;  das  pech  hängt 
sich  an  die  band  an ;  sie  hängt  sich  an  den  menschen  an, 
lebt  vüt  ihm  vertraut,  mit  dem  bei  anhang  und  anhangen  ge- 
wiesenen neben  sinn ;  man  sagte,  in  einem  hafen  anhängen, 
wie  anlegen,  entweder  sich  anhängen  oder  das  schif,  den  nachen. 

Spätere  Schriftsteller  setzen  nun  auch  oß  anhängen  für  an- 
hangen: höhere  geister  sehen  die  zarten  spinneweben  einer 
that  vielleicht  an  die  entlegensten  grenzen  der  zukunft  und 
Vergangenheit  anhängen.  Schiller  144;  ein  regent,  der  weise 
genug  ist,  der  tugend  aus  Interesse  anzuhängen.  Klinger  5, 
151;  wir,  die  wir  ihm  treu  anhängen.  6,  34;  der  schmutzige 
zug  aller  dieser  thorheiten,  die  uns  anhängen.  11,31;  der  be- 
grif  der  Ursache  deutet  keine  den  dingen,  sondern  nur  der 
erfahrung  anhängende  bedingung  an.  Kant  3,  231.  vgl.  an- 
henken. 

ANHÄNGER,  m.  assecla,  comcs,  nnl.  aanhanger:  ein  an- 
hänger  der  neuen  lehre;  anhänger  und  freund  des  mannes-; 
sie  scheinen  kein  anhänger  von  gelübden.  Gotter  3,  64. 

ANHÄNGERIN,  f,  doch  ohne  die  nebenbedeulung  des  älte- 
ren anhang.    nnl.  sagt  man  aanhangster. 

ANHÄNGERSCHAFT,  f  popularität  und  anhüngerschaft ; 
dieser  philosoph  hat  eine  weit  verbreitete  anhängerschaft. 

ANHANGIG,  annexus:  ehstens  schick  ich  mein  knöcbieio 
und  was  dem  anhangig.  Göthe  an  Knebel  51.  hier  ohne  um- 
laut.   s.  das  folgende. 

ANHÄNGIG,  appendens,  adhaercns,  annexus,  auf  personen 
und  deren  glauben,  leben  oder  lehre  bezogen,  assentiens,  fide- 
lis:  so  wolt  er  zu  stund  dem  beschlusz  und  erkentnis  der  hei- 
ligen, christlichen  kirchen  anhengigsein.  Luther  1, 123';  etlich^ 
trefliche  hocbgelarte  leute  in  frembder  nalion,  die  keinem  teil 
anhengig  sind.  1,  217';  er  solle  immer  solcher  lere  anhengig 
sein.  3,410;  dem  cvangelio  nicht  anhengig.  5,  33';  das  sie  un- 
ser ncchst  überreichten  bekentnis  anhengig  seien.  5,36';  mit 
solchem  felschen  und  unrechten  auslegen  hat  er  ihm  anhen- 
gig gemacht  land  und  leute.  8,203';  schwere  ich,  der  luthe- 
rischen ketzerei  nimcrmchr  anhengig  zu  sein.  6,5';  weil  sie 
dem  evangelio  anhengig  sind.  Luthers  br.  4,  561;  seind  si 
ihm  günstig  und  anhengig,  so  musz  es  alles  recht  sein.  Frank 
chron.  vorrede  a2';  welchem  {gott  oder  dem  teufel)  er  sich 
anhängig  macht.  Zinkgr.  2,  91*;  dem  keiser  anhengig.  Mün- 
ster 703; 

weil  die  keizer  mit  ganzer  macht 

anhängig  sind  dem  Luther.    Soltau  tolksl.  460; 


369 


ANHÄNGIG  —ANHAUCHEN 


ANHAUEN  —  ANHEBEN 


370 


ein  beer  ihm  anhängig  machen.  Lohenst.  Arm.  2,  1268 ;  dem 
urbilde  der  menschheit  unwandelbar  anhängig  bleiben.  Kant 
6,  225;  Leibnitz,  der  platonischen  schule  anhängig.  10,  127. 
Auf  Sachen  bezüglich:  dem  wüsten  leben  anhengig.  Kibchhof 
icendunm.  69';  du  must  sehen,  mit  was  für  leuten  du  ge- 
meinschaft  halten  und  bei  dir  haben  wilt,  ob  du  auch,  was 
ihnen  anhängig  ist  erdulden  kanst.  pers.  rosenth.  8,  119;  be- 
sonders von  heiratssachen  oder  was  dem  anhängig  ist.  Les- 
siNG  1,  245 ;  durch,  das  mitleid  und  die  furcht,  welche  die  tra- 
gödie  erweckt,  soll  unser  mitleid  und  unsre  furcht,  und  was 
diesen  anhängig,  gereiniget  werden.  7,  365 ;  diejenigen  (schran- 
ken), welche  dem  besondern  stoflfe,  den  er  bearbeitet,  anhän- 
gig sind,  musz  der  künstler  überwinden.  Schiller  1173;  die 
Oberrichterstelle  des  ganzen  reiches  war  der  ersten  würde  an- 
hängig. GüTHE  46,  356.  die  Sache  ist  anhängig  heiszt,  bei  ye- 
richt  angebracht,  schwebt  vor  gericht :  machen  die  process  und 
rechtfertigung  bei  ihnen  anhengig  und  nimmer  abhengig  noch 
abgengig,  sondern  je  mehr  zugengig  und  vd-Iengig,  unendlich 
und  unabsterblich.  Fiscuart  Garg.  159";  die  sache  ist  schon 
anhängig  und  kann  eine  sehr  böse  wendung  nehmen.  Gütue 
24,  332 ;  indessen  hatten  in  geheim  schon  Ambrosius,  der  Syn- 
dikus Spener  und  der  schadenfrohe  Peterling  den  sonderbar- 
sten process,  von  dem  die  weit  je  gehört  hat,  anhängig  ge- 
macht. TiECK  not",  kr.  4,  310. 

ANHÄNGIG,  adv.  connexe.  anhengig  zu  schlieszen.  Fischabt 
Garg.  65*. 

ANHÄNGISCH,  was  sich  leicht  anhängt. 
ANHÄNGLICH,  addictus,  devinclus,  mehr  noch  als  anhängig 
die  innere  gesinnung  ausdrückend,  innig  ergeben:  er  hat  ein 
anhängl'iches  wesen ;  die  philosophische  facultät,  welche  dem 
princip  der  freiheit  anhänglich  ist.  Ka.nt  1,  225 ;  eine  dem  mo- 
rahsch  guten  anhängliche  denkungsart.  7,  158.  in  übler  be- 
deutung :  ancillariolus,  Vetieri  deditus :  Hilderich,  der  was  fast 
unkeusch  und  anhenglich.  Gerstenberg  thür.  ehr.  56. 

ANHÄNGLICHKEIT,  f.  addictio:  wie  grosz  meine  anhäng- 
lichkeit  an  sie  ist.  Schiller  65S;  unbeschadet  seiner  erklär- 
ten anhänglichkeit  an  den  bund.  834;  von  der  nothtaufe  und 
andern  unzeitigen  anhänglichkeiten  die  herzen  des  pöbeis  los- 
zumachen. Hippel  8, 107. 

ANHÄNGLING,  ni.  assecla.  Lohesst.  Arm.  2,1293. 
ANHLNGSEL,  n.  appendix,  nnl.  aanhangsel :  ein  frauenzim- 

Imer,  das  man  für  die  beschlieszerin  und  thätige  haushälterin, 
nach  den  anhängsein  ihres  gürteis,  zu  erkennen  hatte.  Göthe 
21, 175.    s.  anheukichts. 
ANHANGSWEISE,  adv.,  appendicis  loco.      . 
äNHAUREN,  exspectare,  retiner i :  ich  hane  noch  an. 
ANHAKRIG,  durabilis:  item  musz  man  wegen  der  bürsten 
nnd  gereiser   schlieferlin  haben,   die  sint  anharrig  und  legen 
sich  hart  an.  Seiuz  {eidbau  576.    s.  schlieferlin. 
ANHAKT,  subdurus,  härtlich. 
ANHASPEN,  affibulare:  die  thür  ist  angehaspet.    bergmän- 
nisch, die  fahrten  anbaspen. 
ANHAU,  m.  locus  lignorum  plaga  signalorum:  so  wist  der 
tcheffen,   dat  die  hern  von  Bruwilre  sullen  broeholz  hauwen 
in  dem  aenhauwe.  tceislh.  2,  820.    vgl.  mhd.  anehou  (Ben.  1, 
122'). 
ANHAUCH,  ni.  o/yia/us,  ont/aj/;  von  ihrem  sanften  anhauch 
glitschte  eine  zarte  flamme  von  schönem  Unwillen  aus  den  see- 
lenvollen äugen  des  mädchens.  Wieland  ;  unter  dem  hohen  rufe 
der  glucken  und  dem  durchdringenden  anbauch  der  orgel.  Her- 
bEk  IG,  267;  bildet  sich  in  den  klUften  ein  anhauch  (anßug)  von 
den  allerkleinsten  amethystkrvstallen.    Göthe  60,  130;    silber- 
inünzen,   die  weil  sie  lange  genug  in  feuchter  verschlossener 
luft  aufbewahrt  worden,  die  woierhaltencn  gepräge  mit  einem 
bläulieben  anbauch  darwiesen.  31,221;  der  göttliche  anhauch, 
afßatus  divinus.  Wolfs  mus.  der  alterth.  viss.  1,  vii ; 

die  well  ist  kah  und  rauh, 
ihr  anhauch  schnürt  zusammen.    Rücuit  256; 
inöcht  er  doch  mit  seinen  treuen  banden 
jeden  rauhen  anhauch  von  mir  wenden.    351. 

ANHAUCHEN,  afflare,  aspirare: 

wie  zarte  schwalhenziichi,  für  hunger  fast  rerschraacht, 
das  alte  paar  anhaucht,  das  nichts  zu  hause  bracht. 
Grtpuius  t,  551 ; 

obscbon  ein  spiegei  anlauft,  wenn  man  ihn  anhauchet,   pers. 
baumg.  9, 19 ; 

er  sprachs  uod  Abrahams  stimme 
hauchte  mit  leisem  lispel  ihn  an. 

Kl-OPST.  ilest.  9,  2fl8; 


II 


vom  nelken-  und  vom  rosenslock 
süsz  angehauchet.  Göei.ngk  1,83; 

an  all  den  Wasserfällen 
und  von  rosen  angebauchten  stellen.   3,  53; 

ich  weisz  nicht  was  für  ein  böser  geist  mich  anhauchte,  so 
dasz  ich  den  tollsten  plan  erfand.  Göthe  23,  109 ;  wodurch 
sie  {die  natur)  uns  bald  in  die  düstre  tiefe  zieht,  bald  in 
die  schwindelnde  höhe  auf  unsenn  geiste  angehauchten  flügeln 
emporträgt.  Kli.nger  12,  120;  mädchen,  das  so  mächtig  von 
der  Phantasie  in  allen  segeln  angehaucht  wird.  Arnim  1,  24; 
der  stahl  ist  röthlich  angehaucht. 

ANHAUEN,  incipere  caedere,  forstmäszig,  signare  arbores 
plaga  (s.  anhau),  das  gehölz,  den  schlag  anhauen,  die  bäume 
anhhuen  zur  bezeichnung,  wie  der  specht  den  bäum  anhaut, 
anhackt;  nuszbaum,  da  der  specht  angehauet  hat.  Fischart 
Garg.  23S' ;  bei  den  schlächlern,  den  ochsen,  das  Schwein  an- 
hauen, vom  gefällten  thier  das  erste  stück  hauen;  bei  den 
ßschern,  den  fisch  mit  der  angel  anhauen,  die  angel  schütteln, 
dasz  sie  den  fisch,  welcher  angebissen  hat,  fester  fasse;  in  der 
landwirtschaß,  daS  getraide  anhauen,  so  dasz  beim  fallen  es 
an  das  noch  stehende  anlehne;  im  bergwerk,  an  frischer  stelle 
anhauen;  beim  reiten,  die  pferde  anhauen,  antreiben: 
gehorchend  hieb  Saturnia 
die  rosse  an.  Borger; 

daher  die  redensart  angehauen  kommen  (s.  angehauen),  auch 
das  brot,  den  käse  anbauen,  wegen  der  starken  oder  schwa- 
chen flexion  s.  hauen. 

ANHÄUFELN,  cumulos  pusillos  facere,  die  erde  am  kohl, 
an  den  kartoffeln  häufen,  die  reben  mit  erde  anhäufeln. 

ANHÄUFEN,  accumulare,  nnl.  aanhoopen,  haufenweise  ver- 
mehren: geld  und  schätze  anhäufen,  schulden  anhäufen;  an- 
gehäufte knospen,  wenn  an  einer  stelle  mehrere  treiben,  sich 
anhäufen,  cumulari:  seine  kinder  häufen  sich  an,  der  feind 
häuft  sich  in  dieser  gegend  an. 

ANHEß,  von  dem  folgenden  anheben,  sei  es  nun  als  erste 
person  oder  als  imperativ  gemeint,  scheint  in  der  schweizeri- 
schen mundart  blosze  partikelbedeutung  zu  überkommen:  anheb, 
wenn  ich  im  nachdächt,  fastn.  sp.  836,  21.  wolan  ?  doch  ?  halt  ? 
ANHEBE.N,  incipere,  genau  das  lateinische  wort,  da  sich  capere 
und  heben,  goth.  hafjan,  ahd.  heßan  entsprechen,  die  begriffe 
heben  und  nehmen  aber  aneinander  rühren,  denn  wer  eine 
Sache  auptebt,  nimmt  sie  auf,  nimmt,  faszt  sie,  nnl.  aanhef- 
fen.  vgl.  franz.  enlever  =  inde  levare.  Diez  2,  351.  in  dieser 
sinnlichen  bedeutung  wird  hebenden  zugerufen :  hebt  an  I  faszt 
an!  und  daraus  entfaltete  sich  von  selbst  der  vorhersehende 
begrif  des  anfangens  oder  beginnens,  des  vorangehens: 
ich  heb  an  dem  höchsten  an.  fastn.  sp.  59S,  27 ; 
mich  reut,  dasz  sie  den  tanz  anhüben.  566,  13; 
und  er  suchte  und  hub  am  gröszesten  an.  l  Mos.  44, 12 ;  von 
im  (disem  niond)  soll  ir  .die  mond  des  jars  anheben.  2,  12, 
2 ;  da  hub  er  an  seinen  spruch.  4,  23,  7 ;  so  heb  nu  an  und 
segene.  2  Sam.  7,  29 ;  doch  weil  ir  habt  angehaben,  sehet  auf 
mich.  Hiob  6,  28 ;  wenn  er  anhebt  zu  geisein.  9,  23 ;  und  Hiob 
für  fort  und  hub  an  seine  Sprüche.  27,1;  hub  an  zu  sinken. 
Matth.  14,  30 ;  da  wird  sich  allererst  die  not  anheben.  24,  8 ; 
da  er  hinaus  kam,  hub  er  an  und  saget  vil  davon.  Marc.  1, 
45 ;  diser  mensch  hub  an  zu  bauen.  Luc.  14,  30 ;  in  anheben- 
des menschen  weise.  Lcther  3,  12;  das  Sünde  mein  natur, 
mein  anhebendes  wesen,  meine  empfengnis  ist.  3,  13;  wenn 
der  mensch  aufhöret,  so  musz  er  anheben.  3,  35';  ob  wir 
gleich  wollen  anheben  etwas  emstlichs  zu  bitten.  6,  171*; 
disem  gütlichen,  angehabenen  werk  zu  folgen.  Luthers  br.  2, 
498 ;  also  haben  es  ire  eitern  und  fürfaren  angehaben,  und 
also  machen  es  die  jungen  hernach.  Micvllls  Tac.  44S';  diese 
fisch,  so  sie  eine  zeit  gelegen,  anheben  zu  stinken.  Forer 
53';  hat  angehaben  zu  stund  ganz  erzittern.  76*;  hat  der 
jungling  auf  dem  kirchcngcwelb  aber  angehaben  zu  rumpeln. 
Kirchhof  wendunm.  415*; 

waun  der  neunde  monat  weicht, 
hebet  eines  an  zu  zehlen.    Logau  1,  2,  68; 
ein  jedes  ding  der  weit  hebt  ao,  geht  fort,  nimt  zu.    1,  3,  1 ; 
der  teufel  ruht  sonst  nicht,  nur  jelzund  hebt  er  an, 
well  Ihn  die  letzte  weit  so  wol  vertreten  kan.    1,  8,  18; 
die  weit  fault  in  sich  selbst,  und  ihre  silten  stinken, 
ihr  haus  steht  auf  dem  fall  und  hebt  schon  an  zu  sinken. 

1,9,69; 

wilstu  fremde  fehler  lählen,  heb  an  deinen  an  zu  zählen. 

2,  2,  5 ; 

wann  ein  geizhals  ist  gestorben,  hebt  «ein  schätz  erst  an  zu 
leben.  2,9,71; 

24 


371 


ANHEBEN— ANHEFTEN 


ANHEFTEN— ANHEIMFALLEN 


372 


heuchler  wächst  in  einer  erde  leichtlicii  nicht  und  biederman, 
denn  wo  jener  hebt  zu  grünen,  hebet  der  zu  dorren  an. 

3,  3,  36 ; 
manchem  bringt  es  (das  glück)  sclionc  fruchte,  wann  er  noch 

aul'  stecken  reit, 
manchem  hebt  es  an  zu  blühen,  wann  er  schon  an  krücken 

schleicht.  3,10,76; 

doch  nicht,  weil  mein  muttergeschlecht  preiswürdiger  anhub. 

Voss; 
und  als  die  siehe!  zu  Telde  gieng, 
hubs  an  sich  zu  regen  und  strecken.    Bürger  2,33; 
wind  hub  an, 
doch  sein  schnauben 
half  ihm  nichts, 
der  wandersinaiin 

zog  die  klcider  dichter  an.    Herder; 
und  die  grabgesänge  heben  an.    Höltt; 
sein  triumph  hebt  an.    Gotter  3,  451 ; 
hüben  sie  froh  den  gesang  an.    Luise  3,  621; 
anheben  zu  schlagen  die  nachligallen.    HUckert  126; 
(las   unbedingte,   wodurch   die   Vernunft   die  reihe  der  bedin- 
gungen  anzuheben  gedenkt.  K.\nt  2,  434  ;  siii  können  nur  schon 
angehobenes  fortbilden.   Fichte  reden  an  d.  d.  nat.  166. 

Die  beispiele  lehren,  dasz  das  organische  praet.  anhub,  pari. 
angehaben  der  alleren  spräche  späler  durch  anhob  und  ange- 
hoben verdrängt  wurde,  wie  wir  auch  hob  und  geiioben,  erhob 
und   erhoben   (neben  erhaben)  sagen.  ^  anheben  hat  fast  ganz 
die  abgezogne  bedeulung  von  beginnen  und  anfangen,  vielleicht 
ist   es   ein   wenig    sinnlicher   geblieben    als   diese,    neues  lied 
anheben,    wirbelnden  tanz  anheben  klingt  frischer  als  begin- 
nen, von  der  schwere  ist  aber  nicht  dabei  auszugehen,  da  leicli- 
tes  und  schweres  gehoben  wird.    Wie  bei  beginnen  kann  auch 
hier  miterdrückt  werden  die  rede,    den  spruch,    zu  reden,    zu 
sprechen,    er  hob  an  lieiszt  schon  er  hob  an  und  sagte: 
vle?  hebt  der  Städter  an.    Haceoor.n  1,  26; 
und  wie?  hebt  jener  an.    2,  13; 
was  lärmst  du?  hub  sie  an.    3,89; 

wie,  hub  sie  an,  hast  du  mich  kommen  hören  ? 
Gellert. 

Gleich  beginnen  steht  auch  anheben  beides  transitiv  oder  in- 
transitiv und  es  wäre  überflüssig  die  intransilion  durch  sich 
hervorzuheben,  wo  nicht  der  mediale  ausdruck  ton  äoxead'ai. 
lebendiger  sein  soll,  das  spiel  hebt  an  =  das  spiel  hebt  sich  an. 

da  hebt  sich  an 
ein  grosz  gelacht  bei  jederman.    Alberüs  51  j 

da  hebt  sich  an 
ein  schöner  und  lustiger  wald.    63'; 

je  mehr  sie  sich  allererst  anhebet  sich  zu  jammern.  Puiland. 
1,  74; 

meistens  alles  auf  der  erde,  drauf  die  leut  am  meisten  streben, 
stehet  unter  denen  dingen,  die  sich  auf  ein  G  anheben: 
gold,  geld,  gut,  gescheute,  gaben.    Logau  3,  1,47; 

deine  glückseligkeit  wird  sich  nicht  eher  anheben.  Felsenbttrg 
1,  176; 

hub  sich  die  kurzweil  an.    Ca.nitz  94; 

drauf  hebt  sich  ein  gespräch  von.  dessen  wundern  an. 

Hagedorn  2,  U  ; 
zwar  meine  Zärtlichkeit  hebt  nicht  erst  jetzt  sich  an. 
J.  E.  Schlegel  4,  75; 

der  ort,  wo  sich  die  erdbeben  anheben.  Kant  0,  31.  Anders 
steht  es  um  das  einfache,  stets  transitive  heben,  welches  nur 
durch  beigefügtes  sich  intransitive  bedeulung  annimmt:  hie  he- 
vet  sich  ein  maure ;  da  hub  sich  ein  donnern  und  blitzen. 
2  Mos.  19,  16. 

ANHEBEN,  n.  initium:  furcht  ist  nicht  anders,  denn  ein 
anheben  des  verzweiveln  und  iiofnunge  ein  anheben  des  ge- 
nesen. Luther  3,  22. 

ANHEBER,  m.  auctor,  «n/.  aanheffer:  es  ligt,  spricht  man, 
an  eim  guten  anheber,  und  ein  guter  anhcber  ist  aller  ehren 
werd.  Lltuer  4,  254'.    Beheim,   Wien  5, 12  sagt  anhebner. 

ANHEBIG,  s.  anhäbig. 

ANHEFTEN,  affigere,  nnl.  aanhecbten,  oft,  wie  bei  anbin- 
den, mit  auslassung  des  bekannten  gegenstands,  an  welchen 
geheftet  wird:  die  kette  anheften  {an  den  hals);  das  pferd 
anheften  {an  den  pfostcn);  und  solt  den  furhang  mit  heften 
anheften.  2  Mos.  26,  33;  auf  tafeln  schreiben,  dasz  mans  an 
die  pfeiler  auf  dem  berge  .Sion  anheften  solt.  l  Macc.  14,26; 
dcnselbigen  {Jesum)  habt  ihr  genommen  durch  die  liiinde  der 
ungerechten  und  ihn  angeheftet  {an  das  kreuz)  und  erwürget. 
apost.  gesch.  2,  23;  ellidi  geben  den  gesten  ausz  den  Hirn- 
schalen irer  feind  zu  trinken,  heften  damit  an,  wie  dieser 
von   ihren   bänden  getödt  und  ühcnvunden  sei.    Frank  weltb. 


93';  so  standen  wir  betäubt  und  angeheftet  {an  den  boden). 
Lessing  1,  94;    einem  äuge,   das  sich  anheften  will.   Herdek 

1,191; 

epheu  und  ein  zärtlich  gemüt 

heftet  sich  an  und  grünt  und  blüht.    Götue2,  253; 

Vollstreckung  an  das  urtlieil  anzuheften 

ziemt  nur  dem  unveränderlichen  gott.    Schillkb. 

andere  setzen  den  daliv  dazu: 

als  gieng  ihm,  angeheftet  seinem  fusze, 
sein  schatten  hinterher.    Göiue  2,  155; 

unschuldigen  meinungen  schädliche  auslegungen  anheften. 
Kant  8,  231;  so  wüste  auch  der  landsknecht  jener  frau,  die 
den  vater  in  ihrer  gewalt  hielt,  etwas  anzuheften,  dasz  der 
vater  groszen  überdrusz  gegen  sie  empfand.    Arnim  kronenw. 

I,  229.  das  16  j/t.  verwandte  dies  anheften  statt  des  heutigen 
anhängens:  es  hat  auch  Engelland,  on  die  angeheft  insel 
Hibernia,  sunst  wol  X.XIII  insulen  orcades  genant.  F'rank  weltb. 
59*;  und  iiesz  ihm  gefallen  die  Wunderwerk  Christi,  doch  hef- 
tet er  mit  an,  die  evangelia  weren  etwas  von  der  apostel  jün- 
ger gefälscht.  98";  gaben  si  sich  in  meinen  gewalt,  mit  an- 
gehcfter  bilt  umb  gots  willen.  233";  und  mit  aller  demut  und 
ehrerbictung  umb  Vergebung  und  gnade  bäte,  mit  angehefter 
anzeigung,  das  ich  ganz  willig  und  bereit  were,  mich  zu  wei- 
sen und  leren  lassen.  Luther  1,127";  der  würd  in  aller  ding 
und  fragstück  berichten,  mit  angeheft,  er  dörfte  des  geists 
nimmer  warten,  er  sei  in  ewiger  ru.  Kirchhof  «-'enrfimm.  405". 

ANHEFTUNG,  f  affixio.    nnl.  aanhechting. 

ANHEILEN,  sanando  jüngere:  den  abgehaunen  daumen  an- 
heilen ;  die  nase  wurde  angenäht  und  angeheilt. 

ANHEILEN,  coalescere:  der  finger  heilt  wieder  an. 

ANHEILÜNG,  /".  junctio. 

ANHEIM,  adv.  domum.  die  ahd.  mhd.  spräche  unterscheidet 
heim  domum  von  heimc  domi  und  kennt  kein  anaheim,  ane- 
heim,  noch  pflegt  sie  die  praep.  an  t'or  heim  zu  stellen,  im 
16. 17  jh.  aber  wird  accusativisches  anheira  {wie  anlier  für  her) 
gern  mit  kommen,  gelangen,  ziehen,  tragen,  bringen,  suchen, 
fallen,  stellen,  geben,  sich  begeben,  sich  finden  verbunden: 
ich  freue  mich,  das  e.  k.  f.  gn.  gesund  anheim  gekomen. 
Luther  1, 149*;  nachdem  ich  auch  nu  anheim  {kommen,  gehen) 
musz.  8,308*;  sind  also  gegen  abend  anheim  kommen.  Schwei- 
nichen  1,60;  bin  also  von  dem  lustigen  handel  den  29  juni 
wieder  anheim  kommen.  2,  2C3 ;  anheim  gelangen.  Opitz  Ar- 
genis  2,  303 ;    er  hat  sich  noch  nit  anheim  gefunden.  2,  300 ; 

damit  aus  in  ein  icder  zog 

anheim  wider  an  sein  gemach.    Teuerdank  17,  73; 

als  er  aus  Siebenbürgen  sich  zurück  anheim  begab.  Opm  2, 
46;  wenn  ihn  gott  gesund  anheim  gebracht; 

was  aber  ihr  für  rühm 

mit  euch  anheira  getragen, 

des  rühmt  euch  ja  nur  nicht.    Fleming  6 ; 

die  biene  sauget  sich  der  süszen  säfle  voll 

und  tragt  sie  mit  anheim.    61 ; 

hat  mich  got  mit  harter  krankheil  anheim  gesucht.  Schwei- 
nichen  3,  214 ;  habe  ich  zwar,  wiewol  mit  schmerzen,  es  gott 
anheim  gestellet.  1,  60 ;  will  es  aber  einem  ieden  biexlermann 
zu  bedenken  anheim  gestellt  hahen.  3,  254;  denen  geschwi- 
stern  einige  nachricht  von  meinem  zustande,  das  zurück  ge- 
lassene geld  aber  ihnen  zur  theilung  anheira  zu  geben.  Fel- 
senb.  2,  362.  Die  spätere  spräche  fügt  zu  kommen,  gelangen, 
suchen,  bringen,  tragen  bloszes  heim,  nicht  anheim,  nur  vot 
fallen,  geben  und  stellen  hat  sich  anheim  {bei.  anhdini)  nicftl 
blosz  erhallen,  sondern  noch  enger  angeschlossen. 

ANHEIM,  adv.  domi,  daheim,  erscheint  seltner  und  nur  im 
16,  nicht  mehr  im  17  jh.,  nur  bei  Luther,  H.  Sacus  und  Frank  : 
so  er  aber  nit  anheim  {ist  oder  war).  Luther  3,414;  nit  an- 
heim was.  H.  Sachs  l,  147';  der  auf  dismal  nit  anheim  war. 

II.  3,  121*;  wer  mit  eim  vollen  haderl,  der  zanket  sich  mit 
einem,  der  nicht  entgegen  oder  anhaim  ist.  Fran» /ü«/er  6/.  3. 
vgl.  anheims. 

ANHEIMELN,  heimlich,  traulich  dünken :  hier  heimelt  mich 
alles  an,  hier  fühle  ich  mich  heimisch,  wie  su  hause,  eine 
liebliche  wor(bildung,  s.  heimeln. 

ANHEIMEN,  adv.  domum:  dasz  gott  uns  unsern  lieben 
jandsvater  aufs  schierst  frolich  wieder  anheimen  helfe.  Lu- 
thers br.  5,  045.    verwerfliche  form,  falls  richtig  gelesen  ist. 

ANHEIMFALL,  ni.  devolulio,  heimfall. 

ANHEIMFALLEN,  obrenire,  devolvi,  lucro  cedere:  die  kröne 
in  Scheschian   ist  aus  mangel  eines  geselzmäszigen  tkronfol- 


373 


A>HEIMGABE  —  ANHEISCHIG 


A.NHEISCHIG5IACHUNG  —  ANHENKEN     374 


l 


gers  der  nation  anheimgefallen.  Wieland  7, 160 ;  das  unbedeu- 
tende bauerngütclien,  das  dem  fiskus  durch  die  Verhaftung 
des  besitzers  anheimfiel.  8,317;  dem  zwcifel  anheimfallen,  rer- 
fallen. 

A>H£IMGABE,  f.  oblatio,  Überlassung. 
AiSHElMGEBEN,  commiUere,  relinquere: 

aobeimgcgebea  ward  ein  edles  kiad, 
auf  tod  und  leben,  sag  ich  wol  zu  viel? 
anheimgegeben  deiner  willkür.    Göthe  9,329; 

es  kommt  auf  den  entschlusz  an,  und  da  war  es  wirklich 
das  beste,  wir  gäben  ihn  dem  loos  anheim.  IT,  13;  was  sie 
tbun  wollen  und  können,  sei  ihnen   anheimgegeben.    21,  219. 

AISHEIMISCH,  domi  constilultis?  rerscliieden  ton  heimisch 
domeslicus:  were  aber  derselbig  nicht  anheimisch.  Fraiikf. 
ref.  I.  9,  4;  dem  gerichtsboten,  wann  er  anheimisch  ist.  I.  9, 
11;  anheimisch  und  gegenwertig.  I.  23,  6;  beleih  von  man- 
nen! oder  fi'awen  nit  ein  mensch  in  Collen  anheimisch.  Aimon 
F4;  die  weil  dein  liebster  Friderich  nicht  anheimisch  ist. 
Galmy  107 ;  nach  eim  jar  wechseln  sie  ab,  und  ziehen,  die 
da  anbeimisch  sein,  ausz.  ¥r\m  «eltb.  52';  die  weil  si  ir 
Volk  noch  nit  anheimisch  in  dero  von  Schwitz  land  ligen 
hallend.  Tschudi  1,  272;  villeicht  ist  er  nimmer  anheimisch 
oder  schlafet,  und  lest  die  mens  tanzen.  Par.\cel5cs  1, 122* ; 
ein  ander  bgert  des  gut  und  hab,  der  ist  nit  anheimisch, 
wesent  ab.  Thijrseisseb  archidoxa  ih ;  er  were  zu  ungelege- 
ner zeit  kommen,  weil  sein  lieber  hcrr  vetter  nicht  anhei- 
misch sei.  dessen  nolyedrungenes  ausschreiben  1,27;  sobald 
er  anheimisch  kommen.  Kirchhof  wendunm.  449 ;  die  tüchter 
anheimisch  behalten.  Sebiz  feldb.  53;  so  wir  dieselbig  an- 
heimisch haben.  Fronsp.  AT/'c^ift.  2,  30' ;  wo  es  gewis.  dasz 
einer  anheimisch  weib  und  kinder  helle,  so  nicht  zugegen 
■  weren.  3,  120' ;  wo  einer  etwas  stattliches  verliesz,  der  weib 
und  kinder  anheimisch  bette.  Reltter  kriegsordn.  17 ;  weil  er 
eben  nicht  anheimisch,  sondern  auf  Slelin  verreiset  war. 
MicRÄLiDS  5,  330;  die  anheimischen  nimfcn.  Opitz  2,291;  mit 
wildem  und  anheimischem  vich.  Fr.  icb.  60.  In  den  beiden 
letzten  stellen  ist  das  adj.  unzweifelhaft,  bedeutet  aber  mehr 
einheimisch,  als  zu  haus  anwesend;  alle  übrigen  gestatten  die- 
ses anheimisch  adverbial  zu  fassen  und  für  ein  entstelltes  an- 
heims  zu  erklären,  das  ist  aucli  vorzuziehen,  s.  anbeims  und 
anheimsch. 

ANHEl.MKUMT,  f  reditus:  welches  zwar  nicht  fröhliche 
anhcimkunfl  gab.  Schweimchex  1,  60;  wie  ich  dessen  zu  mei- 
ner anheimkunft  bin  berichtet.  1,172;  bah  ich  mich  zu  mei- 
ner anheimkunfl  erkundiget,  wie  das  getreide  gegolten.  1,  267 ; 
nach  meiner  anheimkunft  gestriges  tages.  Joh.  Scbefflers 
Sendschreiben.  ?ieisz  1664.  .V;  Lohesst.  Arm.  1,  335;  bei  der 
anheimkunft.    una.  doct.  263. 

A>'HEI.MS,  ade.  domi,  gleicJisam  ahd.  anaheimes : 
als  auf  ein  zeit  nit  anhaims  waren 
die  mann,  hat  das  der  feind  erfaren. 

H.  Sachs  I,  146'; 

nun  das  sein  gepein  nicht  anbeims  gebracht  wurde.  Fram 
16*;  die  andern  bleiben  anheims.  icellb.  52';  und  so  du  an- 
haims das  ros  auf  dem  stand  hast.    Secter  rosarin.  2S0 ; 

dui  er  ieuund  nicht  anbeimbs  sei.    Atrer  llb\ 
*.  das  folgende. 

ANHEIMSCH,  domi  und  domum:  oder  wider  anheimsch  in 
sein  Vaterland  zu  ziehen.  Fraxk  vellb.  102';  anheimsch  tra- 
gen si  hembder.  196' ;  die  wir  auszerhalh  des  bropsts  zu  £1- 
wangen  anbaimsch  funden.  staatsp.  aus  der  zeit  Karl  5.  s.  415. 
a.  1547.  aus  anheims  ward  anheimsch  (ri>  aus  amsel  am- 
schel,  aus  bursa  burscb,  aus  kirse  kirsch)  und  anbeiiAisch. 

ANHEIMSCHE.N,  bona  devoluta  recuperare,  an  sieh  bringen. 

ANHEI.MST,  domum,  weitere  entstellung  des  anheims :  als 
abr  8.  f.  gn.  anbaimst  kbommen.  staatsp.  a.  d.  x.  Karl  des  5. 
S.   256.   0.   153S. 

ANHEIRATEN,  a//fni<<Ue;unj/i;  angeheiratete  TerwandtschafL 
Hico  eneycl.  1&35  s.  246. 

ANHEISCHEN,  expostulare,  nnl.  aanhijschen,  ursprünglich 
an  einen  heischen,  dann  einem  anheiscben :  ir  soll  auch  un- 
serm  gnedigen  herrcn  nit  mehr  anheischen  und  fordern. 
Fro^sp.  kriegsb.  1,  22'.     t.  heischen,  für  eischen. 

ANHEISCHIG,  promittens,  reeipiens  m  se,  kann  mit  dem 
vorhergehenden  anheischen  nichts  xu  schaffen  haben,  sondern 
scheint,  nach  ihm,  verderbt  aus  antheiszig,  mhd.  antheiz;cc 
(Be5.  1,660'),  ahd.  antheiji  (Graff  4,  10S7),  alts.  andh^ti,  ro- 
veni,  devotus.     anheischig  werden  sagt  man  nicht  mehr,    nur 


sich  anheischig  machen,  geloben,  auf  sieh  nehmen:  er  machte 
sich  anheischig,  mit  dem  gröszten  theile  des  königlichen 
kriegsbeeres  zu  ihnen  überzugehen.  Wieland  7,  96;  wer  so 
spricht  wie  Tifan,  macht  sich  anheischig  sehr  viel  zu  thun. 
7,  1S6. 

ANHEISCHIGMäCHUNG,  f.  totum,  promissio:  dem  gewis- 
sen des  schwörenden  wird  nichts  zugemutet  als  die  anhei- 
schigmachung.  Kant  6,  156;  so  gebietet  die  ethik,  dasz  ich 
eine  in  einem  vertrage  gelhane  anheischigmachung.  wenn 
mich  der  andere  tbeil  gleich  nicht  dazu  zwingen  könnte,  doch 
erfüllen  müsse;  K-\.'«ts  reclitsl.  179S  s.  xvi.  statt  dieses  schlep- 
I  penden  ausdrucks  icie  viel  schöner  war  das  ahd.  mhd.  anthei;. 

.\NHEIZEN,  calefacere:  in  Spanien  wäre  der  rosmarin  in 
solchem  Überflüsse,  dasz  man  darmil  ziegel  brennete  und  die 
cainine  darmil  anheitzete.  keiser  Ferdinand  I.  tafelreden,  übers, 
von  Dav.  Schirmer.  Dresd.  1674.  S.  s.  193.  vgl.  anhitzen. 

ANHELFE.N,  opitulari,  suecurrere,  beholfen  sein,  mit  dem 
dat.  der  person :  dem  niedergefallenen  anhelfen  (an  die  beine, 
auf  die  beine);  in  den  Keislhümem  begegnet  oß  die  formet, 
dasz,  wenn  der  frei  und  ungehindert  ausziehende  arme  mann 
untervegs  stecken  bleibt,  der  ihm  begegnende  herr  abtreten 
(aus  dem  siegreif  treten)  und  jenem  anhelfen,  furder  helfen 
solle,  z.  b.  weisth.  3,  356.  360;  wann  man  meint,  si  seien 
schon  erlegen  and  gschlagen,  so  ist  in  erst  recht  angehol- 
fen. Frank  vcllb.  1S3';  es  läszt  sich  nicht  erlöschen,  dann 
vom  Wasser  ist  ihm  erst  angeholfen.  Fronsp.  kriegsb.  2,  206*; 
ob  wir  ihm  in  der  alten  narrfaeit  anbellen  möchten.  Philaxd. 
2,  201; 

dasz  ich  goit  nicht  ^ng  danken  kan, 

der  mein  sönen  so  wol  hilft  an.    .\irer  2SS*. 

heute  mit  unrecht  ungebraucht,  da  es,  gleich  aufhelfen,  den 
beginn  geleisteter  hilfe  bezeichnet.  Adelung  gibt  statt  des  dat. 
den  acc  für  die  bedeulung  anbringen,  unterbringen :  ich  habe 
ihn  bei  hofe  angeholfen,  tcas  sich  ganz  gut  hören  Idszt. 

ANHELLIG,  gleichsam  assonus,  respondens,  wie  einhellig 
consonus:  die  v*ell,  so  von  dem  elementfewr  ist  gescheiden 
und  procreiert,  dieselbige  bedarf  keins  lafts.  wassers  noch 
erden  nichts,  also  auch  dergleichen  die  well  des  lufls  den 
andern  dreien  nichts  anheilig  ist.  Paracelsls  2. 12';  wer  ainem 
schuldig  und  des  anhellig  (eingestdndig)  ist.  KALTENBÄCKf an/. 
1,  257';  es  soll  auch  khain  lediger  knecht  kaufslag  noch 
bendl  weder  mit  kaufen  noch  verkaufen  im  land  nit  treiben, 
er  hab  dann  ain  anhelling  (=  anheiligen,  ßr  ihn  einstehen- 
den) versprechen  (i ersprechenden)  herrn,  ain  burger  in  ainer 
statt  oder  margkt  im  land.    Cbxel  Maximilian  s.  364. 

ANHELME.N,  manubrio  insiruere: 

die  back  bab  ich  angebeimet  schon.    .\TitEk  244', 
zu    der   hacke   schon    einen   grif  gemacht,    d.  i.  die  saehe  ge- 
hörig eingeleitet,  eingefädelt,    s.  a.\thelm. 

ANHEMME.N,  mcrari,  impedire,  anhalten: 

keine  kette,  die  die  räder  des  gelückes  hemmet  an. 
LoHE.NST.  Ibrah.  "9,  269. 
ANHENGIG,  s.  anhängig. 

A.NHENKEN,  appendere,  hat  sich  neben  anhängen  nicht  til- 
gen lassen,  wie  auch  benkel  und  henkcr  gelten;  seit  anhän- 
gen zugleich  intransitiv  gebraucht  werden  kann,  ist  die  transi- 
tive kraß  in  anbenken  desto  sicherer  geborgen: 

den  hinten  ich  der  huad  nit  gao, 
er  benk  in  dann  grosz  prügel  an. 

SCUWARZK.NSERG  138,2; 

darümb  bat  man  mir  die  pusz  angehenkt 

{die  busze  rerordnet).        fasln,  sp.  726,  21 ; 
so  raüst  ir  mir  ein  tbür  anhcnken. 

H.  Sachs  1,477'; 
der  alle  sach  zum  hosten  kert, 
und  iedem  diag  ein  speu  anhenkt. 

ÜRANT  narrensch.  s.  122; 
wer  strofl  ein  bosbafligen  man, 
der  henkt  im  selbst  ein  spätlin  an.    $.  15t ; 
und  benkt  der  katzen  die  schellen  an.    t.  2S5; 

kompt  morgen,  benkt  mir  die  tbür  an,  Tergesset  der  nägel 
nit.  Fischart  Garg.  135'  {mehr  von  dieser  spöttischen  redensart 
unter  dem  worte  tbür);  aogehenkte  wolfszän.  128*;  zansteurer 
so  man  anbenket.  163*;  die  los  münz  musz  man  eim  Stu- 
denten, oder  landsknecht  oder  eim,  der  hinweg  riecht,  an- 
benken. 191*;  ich  hab  meinem  factor  zu  Lunden  etliche  ge- 
schalt angchenkt  (aufgetragen).  Galmy  197 ;  wer  sich  nil  weisz 
anzuhenken  wie  ein  egel  an  die  baut,  der  taogt  nichts.  Leh- 
IIA.XX  89; 

24* 


375  ANHENKICHTS— ANHILFE 

Claudius  ist  lauter  maul,  Claudius  ist  lauter  zahn, 
weil  er  alles  schwetzei  aus,  weil  er  jedem  was  henkt  an. 
LOGAü  2,  10,  95  ; 

vornemlich,  wenn  ich  dir  die  plag  Erisichthonis  anhenken 
würde.  Tieck  15,  347. 

ANHENKICHTS,  n.  appendiculum :  von  disen  groszen  uber- 
reusischen  urochsen  haben  sie  auf  hecatombisch  drei  hundert 
siben  und  sechzig  tausent  und  vierzehen  schlagen  lassen,  ja 
noch  für  ein  anhenkichts  doppel  so  viel  schwein.  Fischart 
Garg.  80'. 

ANHER,  adv.  huc,  verstärktes  her,  oder  umgedrehtes  heran : 
Rageneurle,  gang  anherl  Kirchhof  wendunm.  257*;  wie  er 
anher  gethan.  473; 

sag,  hast  du  keinen  staub  mit  dir  gebracht  anher? 

Opitz  2,  226; 
eilt  doch,  eilet  doch  anher!    Fleming  353; 

er  beschlosz  sogleich  sich  anher  zu  begeben.  Lessing  2,  480 ; 
die  jungen  leute  dagegen  traten  gleichgültig  anher.  Götue 
43,  266.  Häufig  bis  anher,  hucusque:  ir  solt  dem  volk  nicht 
mehr  stro  samlen  und  geben,  das  sie  ziegel  brennen  wie  bis  an- 
her. 2  Mos.  5,  7 ;  umb  des  willen,  so  bis  anher  wider  uns  gethan 
ist.  2  Macc.  11,  31 ;  wiewol  ich  bis  anher  wenig  zugetragen.  Lu- 
ther 3,  42l';  von  klostergelubden  zu  reden,  ist  not  erstlich 
zu  bedenken,  wie  es  bis  anher  damit  gehalten.  6,  372' ;  Frey 
gartevg.  52.  57; 

hab  aber  bisz  anher  auch  keinen  können  finden, 
der  der  versichrung  sich  hat  wollen  unterwinden. 
Werders  Ariost  9,  54. 

heute  wird  bisher  und  her  vorgezogen. 

ANHERIG,  hucusque  inslilutus^  bisherig:  meine  anherigen 
vorreden  haben  solches  zur  gnüge  dargethan.  Molanders  par- 
nassus.  Hamb.  1698.    8.  vorrede. 

ANHERKÜNFT,  f.:  das  vergnügen  sie  zu  überfallen  und 
die  begierde  bei  ihrer  Verbindung  gegenwärtig  zu  sein,  sind 
freilich  die  vornehmsten  Ursachen  meiner  anherkunft.  Les- 
siKG  1,417;  also  bitte  eure  anherkunft  hiernach  zu  regulieren. 
WiELAND  bei  Merck  1,  121. 

ANHERO,  adv.  was  anher,  nur  mit  nachhallendem  auslaut 
des  ahd.  hera,  wie  in  nunmehro,  ahd.  mera,  oder  in  dero, 
ihro:  es  wird  aus  Italien  dessen  jährlich  eine  grosze  menge 
anhero  gebracht.  Hohberg  3, 137';  damit  der  catalogus  anhero 
wandle.  Hippel  br.  14,  43 ;  bis  anhero.  Opitz  Arg.  2,  29.  heute 
gemieden. 

ANHERREISE,  f. 

ANHERZEN,  osculo  indere,  einem  anküssen:  diese  gibet 
ihr  des  himmels  kus  von  oben,  doch  jene  hat  ihr  wol  die 
hölle  angeherzet.  Wiedeman  febr.  36. 

ANHETZEN,  fcram  vcnari:  ein  wild  anhetzen,  die  hunde 
anhetzen,  an  das  wild  heizen,  dann  oß  figürlich,  incitare, 
invehi:  die  frau  Küttlitzen  leiert  mit  anhetzen  nicht.  Schwei- 
NiCDEN  1, 123 ;  Kaspar  Heilung  half  eben  mich  bei  dem  Braun 
wol  anhetzen.   1,  351 ; 

hauptmann  Schertlin  war  auch  daran, 
vil  leut  hat  er  gehetzet  an.    Soltau  volksl.  368; 
als  ihn  sein  gaist  anhötzet.    Weckherlin  183; 
was  hetzt  euch  auT  mich  aa?    Grtphius  1,  21. 

ANHETZER,  m.  incitator:  viel  böser  thaten,  der  er  aller 
anhetzer,  zuschürer  und  ursacher  gewest.  Ldtder  5, 17*. 

ANHETZEREI,  f.  incitatio,  calumnialio. 

ANHEUCHELN,  falso  tribuere:  er  heuchelte  sich  ein  red- 
liches bestreben  an. 

ANHEULEN,  ululare  versus  aliquem:  nnl.  aanhuilen:  die 
Wölfe  heulten  uns  im  walde  an;  was  heulst  du  mich  an? 
(.  anmäulcn. 

ANHEUTE,  hodie,  am  heutigen  tage,  heut  am  tage :  als  wir 
aber  heut  beim  churfürstcn  unsre  Werbung  und  e.  w.  bcfehl 
anbeut  ausgerichtet.  Mei.anchtuon  2,  322 ;  für  narren  schelten 
den,  der  also  geschrieben  und  geredet  hätte,  wie  sie  anheute 
thun.  Simplic.  1,  690;  wie  dasz  ich  anheute  nicht  unter  die- 
ser anzahl  singender  zu  sein  die  ehre  haben  kann.  Fk.  Mül- 
ler 1,236; 

anhcnt  jedoch  Im  höchsten  flor 

und  glänze  treten  sie  hervor.    Götuk  4,  36. 

ANHEXEN,  veneficio  indere,  anzaubern. 

ANHIEB,  m.  incisio  lignorum,  ein  späterer  ausdruch  stall 
des  älteren  anhau. 

ANHILtH:,  f.  auxilium,  subsidium:  die  Tälerliche  anhilfe 
(im  deutschen  recht). 


ANHIN— ANHUSTEN 


376 


ANHIN,  adv.  eo,  illuc,  porro,  hin,  dahin,  umgekehrtes  hinan : 
ein  metzger  der  fürt  ein  schwein  gebunden  auf  das  schlach- 
haus,  es  gat  stets  vor  im  anhin  zum  tod,  winzlen  und  winz- 
len.  Keisersb.  hell,  lewe  61*;  über  her  monat  anhin  so  wirt 
erst  ern.  post.  2,  72 ;  der  herr  was  künftig  des  anhin  zu  gon. 
3,  108 ;  er  gieng  für  den  frembden  anhin.  seh.  und  ernst  37 ; 
daneben  sie  nimermehr  des  glaubens  warnemen,  leren  imer 
anhin  auf  die  werk  bauen.  Luther  1,  479';  also  zugen  wir 
zum  land  usz,  do  müeszt  ich  vor  mir  anhi  heischen  (vor 
mir  hin  betteln).  Tho.  Plater  15 ;  sie  triben  den  esel  vor  in 
anhin  {vor  ihnen  hin).  Frank  spr.  1,  83' ;  es  ist  also  anhin 
{es  geht  so  hin,  so  mit) ;  ja  er  ziehet  immer  seinen  weg  an- 
hin. weltb.  vorr.; 

ich  wil  gleich  zu  im  anhin  gehn.    H.  Sachs  5,  242* ; 

so  geht  ein  jungfraw  vorm  haus  anhin.  Frey  garteng.  99 ; 
(dasz  die  Schildkröte)  anhin  troll.  Fischart  ehz.  54.  Diese 
wollautende,  gefüge  parlikel  hat  man  später  liegen  lassen. 

ANHITZEN,  calefacere,  nnl.  aanhitzen,  vgl.  anheizen:  die 
kerze  soll  dich  (mückc)  anhitzen  und  verbrennen,  pcrs.  baumg. 
3,  23; 

wenn  selbst  Demosthenes  den  staal  hält  angehltzet, 
und,  wie  sein  vater  that,  beim  schmiedebalg  geschwitzet. 

Rachel45. 

ANHOFFEN,  sperare  incipere:  den  frieden  im  lande  an- 
hoffen. 

ANHÖHE,  f.  locus  edilus:  der  feind  besetzte  schnell  alle 
anhöben  in  der  nachbarschaft ;  eine  holzbewachsne  anhöhe. 
gebildet  wie  amberg,  anberg. 

ANHÖHNEN,  alludere.  Hindere: 

ein  jedes  aufgestutzte  bäumchen  höhnt  mich  an.' 
GöTHE  2,  92. 

ANHOLEN,  arcessere,  allrahere,  nnl.  aanhalen,  welches  weit 
ausgedehnter  angewandt  wird,  namentlich  auch  für  das  anzie- 
hen, anführen  von  stellen  aus  büchern,  das  citieren.  hol  an! 
wird  bergmännisch  gerufen,  wenn  der  gefüllte  kübel  in  die 
höhe  gewunden  werden  soll,  ähnlich  dem  zuntf  an  schiffer 
hol  über!  auf  den  schiffen  bedeutet  anholen  die  taue  straf 
anziehen. 

ANHOLPERN,  vacillare:  das  lahme  thier  kam  angeholpert. 

ANHÖREN,  auscullare,  attendere,  nnl.  aanhooren,  an  etwas 
hören,  mhd.  Iierbest,  nu  beer  an  min  leben.  MS.  2, 105* ;  nhd. 
höre  ruhig  an  was  ich  dir  sage ;  sie  hörten  alle  die  predigt 
an ;  nach  aufmerksam  angehörter  rede ;  das  alberne  geschwätz 
mochte  niemand  länger  anhören ;  so  höre  mich  nur  erst  an ; 
du  willst  mich  aber  nie  anhören,  mhd.  beeren  an,  perlinere 
ad :  ors,  diu  da  hcernt  ans  gräles  schar.  Parz.  474,  4 ;  daj 
beeret  an  dich,  herre,  niht.  Bari.  295,  20;  so  iuwer  natiur- 
lich  Wille  gerne  bete,  da;  in  ane  beeret  von  disen  dingen. 
myst.  291,  5.  nhd.  aber  mit  dem  dat.  einem  anhören,  meist 
angehören;  dann  auch  einem  anhören,  an  einem  hören,  ge- 
wahren: man  hört  dem  liede  seinen  südlichen  Ursprung  an; 

dem  hört  man  an  sin  worten  an, 
was  er  si  für  ein  goukelman. 

Bra.nt  rmrrenscft.  297; 

ich  höre  dir  schon  an,  dasz  du  nicht  willst ;  ich  werde  noch 

bei  W.  anhören  lassen,   ob  die  bücber  räum  haben.    Hippel 

br.  13, 182.     Zuweilen  auch  anhören  für  angehören,  perlinere: 

ich  hör  auch  an  der  sohelmen  roll. 

Murner  scitelm.  zunft  26,  7  ; 

und  meine  anhörende  (angehürige)  sind  ferne  von  mir  ge- 
standen.  Luther  1,  28*. 

ANHÖKIG,  angehörig,  nnl.  aanhoorig. 

ANHÖRUNG,  auditio :  es  war  die  frurhl  eines  Spaziergangs 
nach  aniiörung  einer  predigt.  Wielam)  31,  1. 

ANHUFEN  drückt  ein  gebrechen  des  pferdes  am  hufe  aus: 
von  den  angebüflen  rossen,  nimm  wachs  u.  s.  w.,  leg  es 
dem  pferd  umb  seinen  fuesz.  Ai.brecht  rosarinei.  Frankf. 
1570.  4.  s.  93.  Prizemus  s.  65.  (16  unterscheidet  einen  krankhaf- 
ten zwanghuf,  vollen  huf  und  gedrückten  huf. 

ANHÜPKEN,  assilire,  heranhiipfen: 

und  sie  bescliützcn  um  die  wette, 
rings  um  von  wellen  niigi-liüpri, 
nichtiriscl  dich.         GoTiir.  4t,  224  ; 

lauerte  eben  auf  den  anhüpfenden  linken.  J.  Paul  Fibel  12; 
die  fohlen  kamen  auf  der  wiese  angehüpft. 

ANHURTIGEN,  incitare,  alacrem  reddere  hat  Stieler  s.  862. 

ANHUSTEN,    gleichsam  adtussire:    gott    erlöst   die    seinen 


377 


ANHUTSCHEN  —  ANKALT 


ANKÄMPFEN — ANKEHREN 


378 


von  dem  übel,  not,  armuJ,  creuze,  das  die  seinen  sie  anhu- 
sten (also  mit  doppeltem  acc).  Frid.  Wer>stbeit  kriegbuchlin 
des  frides.  Frankf.  1550.  28 ;  einen  anhusten,  um  ihm  heim- 
liches zeichen  zu  geben;  so  oft  dieser  schwindsüchtige,  laue 
wind  mich  anhustet.    J.  Paul  biogr.  belust.  58. 

ANHL'TSCHEIS',  proserpere,  heranrutschen. 

AMCHEN,  pl.  majores,  generis  auctores,  verdient  als  eigne, 
noch  spät  .au/tauchende  form,  statt  der  gewöhnlichen  ahnen, 
ausdnukliche  Verzeichnung :  der  ich  aber  von  meinen  zwei 
und  dreiszig  anichen,  vom  geblüt  ein  edeler  und  von  der 
alten  ritterschaft  geboren  bin.  Philand.  1,  400;  ihr  ganzes 
geschlecht  von  allen  32  anichen  her.  Simplic.  1,  1  {und  so 
schon  in  den  ältesten  ausg.).  dieser  pl.  entspricht  dem  unter 
ahnche  angeßhrten  sg.  ßr  avia. 

ANIS,  ffi.  anisum,  ein  bekanntes  kraut,  mit  dem  ton  auf  i, 
nnl.  anijs.     früher  oß  auch  enis.  Suis  Garg.  ISO'. 

ANITZO,  adv.  impraesentiarum,  sc.  tempore,  ältere,  bessere 
form  als  das  heutige  anjetzo:  wie  es  i.  f.  gn.  anitzo  vernom- 
men hätten.  Scbweimchex  1,  387;  diejenigen  so  du  anitzo 
getadelt  hast.  Felsenb.  1  vorr.;  ihr  schlosz  dünkt  ihn  anitzo 
schwarz.  E.  v.  Kleist  1,  96.    vgl.  itzo. 

ANITZT,  dasselbe: 

anmut  haucht  anitzt 
gestad  und  meer.  £.  v.  Kleist  1,  81 ; 

anilzt  weisz  ich  bei  Phillis  nichts  von  quäl.    1,49; 
anitzt  Gnd  ich  meiu  glück  in  Thvrsis  treue,    dat.; 
die  musen  siod  mir  auch  anitzt  nicht  feind.    1,72; 
ich  war  als  er  lebt  ihm  treu, 
sollt  ich  vergessen  es  anitzt  zu  sein?    2,  121  ; 

ich  gestehe  es  anitzt  öffentlich.  Rabeser  1,  147 ;  wir  leben 
anitzt  in  zeiten,  wo  alles  neue  Wahrheiten  erfindet.  1, 149 ; 

gut,  ich  verbiete  dir  anitzt  (:erhilzt).     Gellkrt  1,  80; 
dies  ist  der  ruf,  der  noch  anitzt  erklingt. 

J.  E.  Schlegel  4,  218; 
der  Sperling  unterm  dache  sitzt 
hei  seiner  trauten  sie  aniizt.    Bürger  30*; 
anitzt  geleitet  die  Achäer  sie 
auT  schnellem  schir  zurück.    146'; 
kam  ich,  ein  solcher,  anizt  in  des  vaiers  haus  nur  ein  wenig. 

Voss  Od.  11,  501. 

ANJAGD,  f  heiszt  bei  Döbel  2,  •102  die  parforcejagd. 
ANJAGDSHIRSCH,  m.  der  parforce  gejagte  hirsch.  2, 104. 
ANJAGEN,  feram,  canes  incitare,  was  anhetzen,    nnl.  aan- 
jagen. 

ANJAHREN,  vergere  annis: 

müszt  euer  glück  nicht  auf  die  jüngste  setzen, 
die  angejahrten  wissen  euch  zu  schätzen. 

GöiuE  41,  8t. 

ANJETZO,  adv.  das  ältere  anitzo: 

an  Bradamanten  er  anjetzo  nicht  gedenket. 

Werders  Ariost  11,2, 
ANJETZT,  für  anitzt: 

anjelzt  ist  zeit  sein  angst  doch  mäszig  zu  versüszen. 

Grtphius  1,  263; 
nach  dem  bazar  sollt  ihr  mich  anjetzt 
begleiten.  Schiller  496; 

sie  findet 
Hektors  briider  anjelzt  in  gleichem  frommem  geschätlc. 

GöTHE  4Ü,  342; 
Tydeu»  «ohn,  der  anjetzt  wol  Zeus  den  vaier  bekämpfle 

Voss  //.  5,  362 ; 

bis  anjetzt.  KArrr  8,  209.     vgl.  jetzt  und  izt. 

ANJOCHEN,  jugo  submittere,  die  ochsen  an  das  joclf  hef- 
ten; auch  die  rosse  anjochen,  anschirren,  zusammenfügen. 
BüBCER  209'.     figürlich  verbinden,  vereinigen  : 

unsem  gwerb  wend  wir  anjochen, 

das  niemand  uns  muosz  überbochen.    RuErs  Adam  5053. 

ANJOCHUNG,  f  junctio. 

ANKALLEN,  invocare,  inclamare,  ahd.  anachall6n : 

da  ich  wol  für  die  fenster  kam, 

ich  lieKz  mein  ziHer  schallen, 

mir  ward  ein  fenster  aulgethan, 

mein  lieb  thet  mich  ankallen.    .4m6r.  t.  200,  8; 

und  C9  weist  auch  der  scheffen  vor  recht,   wann   meine   gn. 
herren  einen  misthetigen  griffen  in  diesem  bezech,  so  soll  ir 
diener  oder  knecLt  den  lenman  ankallen  ...  zu  dem   gefan- 
genen band  anzuschlagen,  weisth.  2, 136. 
ANKALT,  tubfrigidut,   källlich. 


ANKÄMPFEN,  impugnare,  angehen  gegen  einen,  anringcn, 
anstreben,  ausdauernd,  mühevoll: 

gegen  ihn  anzukämpfen  in  schreckenvoller  entscbeidung. 
Voss  //.  3,  20; 

ankämpfen  musz  ich  gegen  mein  entzücken.    Schiller. 

ANKARREN,  curru  advehere:  schult,  steine  ankarren. 

ANKAUF,  f.  prima  emtio,  nnl.  aankoop,  den  ankauf  ha- 
ben, jus  protimiseos.  dann  auch  kauf  überhaupt:  in  theurem 
ankauf. 

ANKAUFEN,  aere  parare,  nnl.  aankoopen,  an  sich  kaufen, 
durch  kauf  an  sich  bringen :  mit  unserm  herzblut  haben  wir 
dich  zum  leibeigenen  angekauft.  Schiller  142.  sich  ankau- 
fen, liegende  guter  erwerben:  er  hat  sich  in  der  gegend  an- 
gekauft. 

ANKE,  m.  butyrum,  ahd.  ancho,  mhd.  anke  (De5.  1,  46') : 
wer  kann  küchlen  (kuchen  backen)  on  feur  und  anken?  Ma- 
nuel 431; 

darumb  so  fand  uns  danken 

umb  käs,  eier  und  anken.    ÜHLA.'tD  896 ; 

anken  oder  Luterschmalz.  Keisersb.  seh.  d.p.  56;  wein,  brot 
und  anken.  seh.  u.  e.  63 ;  kes,  milch,  fleisch,  anken,  schmalz. 
Framk  chron.  249';  man  pflegt  sie  zu  bachen  in  anken  oder 
öl,  als  ander  kleine  fisch.  Forer  i' ;  milch,  daraus  die  anken. 
(nom.  pl.  m.  oder  sg.  f.?)  Frey  gar/enj.  19 ;  zwölf  eier,  sclilegt 
die  in  ein  pfann  mit  anken.  das. ;  hafen  mit  anken  oder  but- 
tern. 4l' ;  den  hafen  mit  den  anken.  das. ;  einer,  der  von 
Jugend  auf  bei  dem  \iehe  in  den  alpen  gewohnet,  und  darumb, 
dasz  er  viel  anken  und  zieger  verkaufen  möchte,  ganz  geitzig 
sich  darzu  hielt.  Kirchhof  vendunm.  26l';  biszweilen  (erwi- 
schen sie)  den  Melanchton,  welcher  inen  ausz  mal,  anken 
und  thon  ein  unverdaulichen  prei  gekocht  hat.  Fischabt  bie- 
nenA.  193';  butter,  schmalz,  anken.  Simp/ic.  1, 724 ;  anken  und 
schmalz  heiszt  ein  jedes  fett,  damit  man  die  speisen  schmel- 
zet. 1,  725;  chromet  süszen  ankel  Hebel,  iiber  Verbreitung 
und  Ursprung  dieses  icorts  s.  gesch.  der  d.  spr.  s.  1003  und 
KcHx  in  der  zeitschr.  ßr  vgl.  spr.  1,  3S4. 

ANKE,  m.  nomen  piscis?  ein  edler -fisch,  salmo  lacustris, 
ßhrt  nach  den  flüssen,  worin  er  gefangen  wird,  den  namen 
Rheinanke,  Illanke,  Innanke  (Nesmch  s.  v.),  am  bekanntesten 
darunter  ist  Rinanche,  reinanke,  zusammengezogen  in  renke, 
renk  (Scbk.  3,  102.  103)  und  in  unverstandner  hdufung  Isar- 
renke,  buchstäblich  IsarRlieinanke.  da  das  einfache  anke  nie 
für  den  fiscit  vorkommt,  darf  man  uagen  Rinancho  butter, 
schmalz  des  Rheins  zu  deuten  und  auf  den  fettesten  fisch  des 
Stromes  zu  ziehen.  Cassiodor  rar.  12,  4  rühmt  neben  den  Do- 
naukarpfen den  anchorago  Rheni  und  in  diesejn  anchorago 
könnte  ein  erweitertes  ancho  schmalz  stecken. 

ANKE,  f  ocäput,  ahd.  ancha  (Graff  1,  345),  vgl.  heilancba 
(Graff  4,  880):  ank  occiput,  occipitium,  wechst  in  der  an- 
ken ein  geschwür  Ophiasis.  Alberüs  ;  Machlies,  die  Völker 
an  dem  see  Tritonidem  wonende,  tragen  kein  har  dann  in 
der  anken.  Fraxk  tfe//6. 12';  man  streichet  einer  erhsen  grosz 
auf  den  wirbcl  des  haupts,  auch  in  die  anken,  zcrtheilet  die 
flösz  vortreflich.  Hohberg  3, 181';  o  weh,  unter  der  dachtraufe, 
es  tropft  mir  in  die  anke.  Fr.  Müller  2,  67;  thul  ihm  auch 
nichts,  Wasser  in  der  anke  ist  neu  leben.  2,  68;  mutter,  es 
heiszt  mich  in  der  anke.  das  vort  lebt  noch  heute  in  der 
Pfalz,  Wetterau,  Franken,  Schwaben,  Hebel  hat  äcke,  Stai.d.  1,  89 
9ckcn  m.,  man  darf  auszer  jenem  ahd.  heilancba  {himanke, 
alln.  heili  eerebrum)  auch  das  goth.  halsagga  roäyr^i-os  dazu- 
nehmen,  und  eine  Umsetzung  von  nacke  (altn.  hnacki,  ags. 
hnäcca)  in  anke  wird  unwahrscheinlich,  eher  gehört  das  uralte 
wort  zu  aggvus,  enge,  vgl.  enkel   talus. 

ANKE,  f.  gürtlem  und  einigen  metallarbeitem  eine  messing- 
lafel  mit  runden  grübchen,  zum  schlagen  der  bleche,  vom  vor- 
ausgehenden anke  grübe,  biegung  entnommen. 

ANKE,  5.  enke. 

ANKEHR,  m.  accessio,  handhmg  des  ankehrens:  als  mani- 
gen  ankere  er  daruf  thut,  der  bessert  30  seh.  den.  {so  oß 
er  unbefugt  über  das  grundstück  ankehrl).  weisth.  1,  740;  der 
ankehr  des  pflügers,  wo  er  wendet,    vgl.  anwand. 

ANKEHREN,  adverlere,  adrolvere.  aceedere:  weil  die  scbrift 
sein  leib  und  alle,  die  ihn  ankeren  (sich  zu  ihm  wenden) 
anticbrist  nennt.  Frajik  chron.  345*; 

wie  sie  und  auch  ihr  meid 

ir  sach  wollen  ankehren  (anfangen).    Atrer  137*; 

ach  wie  soll  ich  mein  sach  ankehren*    300*. 


379 


ANKEHREN  — ANKER 


ANKER  — ANKETTEN 


SSO 


wird  aber  im  16  jA.  fast  nur  figürlidi  gebraucht  und  mit  fleisz 
oder  mühe  verbunden,  in  dem  sinn  unsers  heutigen  fleisz  und 
mühe  anwenden: 

er  dürft  nit  arbeit  han  ankert.  Brant  narrensch.  191; 
will  ich  meinen  vleis  ankern,  ist  mir  aber  schwer.  Chmel 
Maximil.  s.  41  a.  1494;  nach  angekehrtem  fleisz.  rcichsabsch. 
von  1518  §.  5 ;  und  in  alhvcg  fleisz  ankehret  seinem  voik  gu- 
tes zu  thun.  iMacc.  14,  35;  nu  musz  man  in  disem  handel 
allen  vleis  ankeren,  das  man  diser  dreier  bilde  keines  zu 
haus  lade,  noch  den  teufel  über  die  thür  male.  Luther  1, 
179";  lieber  keret  vleis  an  und  suchet,  der  heilige  Aristote- 
les und  das  heilige  verbrante  recht  helfe  euch,  das  ir  das 
Schwert  ja  findet.  1,  372' ;  ich  lasz  es  auch  wol  geschehen, 
das  du  dich  bemühest  und  vleis  ankerest  von  meinetwegen. 
3,  420 ;  erstlich  sollen  die  Schulmeister  vleis  ankeren.  4,  349 ; 
e.  f.  gn.  wollen  dem  wort  gottes  zu  ehren  und  dem  teufel 
zu  wehren  gnädigen  fleisz  ankeren.  Luthers  br.  5,  197  ;  zu 
ratschlagen  und  fleisz  anzukeren.  Melanchth.  vorr.  zur  Augsb. 

'doch  han  ich  flisz  und  ernst  ankert,    fastn.  sp.  898,  37; 

wer  gefangen  ist,  der  keret  an  all  sinn  und  list, 

wie  dasz  er  ledig  werden  mög.    Freidunk  1539  bl.  35  ; 

vil  renk  und  müii  ich  dann  anker.    H.  Sachs  IL  4,  3* ; 

bat  den  doctor,    fleisz   anzukehren.    Kirchhof  wendunm.  113'; 

ein  jeder  verständiger  hauptmann,    desgleichen   sein  bewerbs- 

leute,  fleisz  ankehreten,   bewehrte  und  gcrüste  knecht   zuwe- 

gen  zu  bringen,  diso.  mil.  62;    so    wil   ich   müglichen    fleisz 

ankehren  das  land  zu  beschreiben.    Frank  wellb.  163' ;   durch 

tugeud  fleisz  ankehren.  Weckherlin  433;  fleisz  ankehren.  Opitz 

Arg.  1,  299.  2,  345;   nun  kher  ein  jeder   vleisz    an.    Schmelzl 

aussendung  14'. 

ANKEHREN,  adverrere:  den  unrat  an  die  wand  ankehren. 
ANKEILEN,  cuneis  affigere:  mit   dem  hammer  schlag  und 
keil  an  den  stein  ihn  an.  Stolberg  15,  6. 
ÄNKEL,  s.  enkel. 

ANKEN,  plangere,  wimmern,  wehklagen,  ächzen: 
ein  alte  weis  isls,  das  die  kranken 
stets  kröchzeri,  sehnen,  kreisten,  anken. 

li.  Waldis  £soj)  3,  10; 

was  ankst  du  so  schwer?  er  anket,  es  anket  in  ihm.  Stald. 
1, 106.    gehört  zu  enge  und  angere. 

ANKENBALLE,  f  in  der  Schweiz,  ein  fettes  gebäck,  buller- 
slriezel.  Stald.  1, 106 ;  aber 

ein  kübel  mit  milch,  ein  ballen  anken. 
fastn.  sp.  830,  23, 

bedeutet  einen  klosz  butter,  eine  quanlität  bulter. 

ANKENBLUME,  /".  sonst  butterblume,  schmalzblume,  caltha 
palustris. 

ANKENBRAUT,  m.  butlerbemme:  im  j.  1599  den  17  mal 
ward  zu  Zürcli  den  bogenschützen  ein  meieten  oder  anken- 
braut  gegeben  und  darin  gesteckt  eine  blühende  traube. 
Scheuchzer  Helv.  sloicheiogr.  77.  Stald.  I,  107.  222.  m.,  also 
weder  von  braut  noch  brot  auszulegen. 

ANKENHAFEN,  m.  bultertopf:  ein  hut  wie  ein  ankenhafen. 
Philand.  2,  72;  «wen  anken-  oder  schmalzhäfcn  vom  ordent- 
lichen markt  zu  Zabern.  Fischart  groszm.  13. 

ANKENKCBEL,  m.  butlerfasz. 

ANKENSCHMUTZIG,  butyro  unctus,  i.  e.  jejuntum  haud 
servans:  fleischstinkende  und  ankenschmutzige  ketzer.  Fi- 
schart bienenk.  147'.    schmutzig  =  fettig,  schmierig. 

ANKER,  m.  ancora,  ayxv^a,  ahd.  anchar,  mhd.  anker, 
ags.  ancor,  engl,  anchor,  nnl.  anker  n.,  altn.  akkeri,  schw. 
ankare,  litt,  inkoras,  lett.  cnkuris,  russ.  jakor',  poln.  ankicr. 
den  pl.,  der  uns  heute  dem  sg.  gleichlautet,  bilden  einige  frü- 
here änker:  so  die  schifleut  die  änker  anwerfen.  Fischart 
Garg.  238';  dieweil  die  schif  an  den  ankern  standen.  268'; 
80  die  schifleut  solches  ersehen,  werfen  sie  die  änker  ein. 
Forer  151'  ;  falls  nicht  auch  schon  der  sg.  änker,  oder  enkcr 
hiesz.  der  anker  hält,  haftet,  sidit  ancora.  man  sagt,  und 
besser  ohne  als  mit  arlikel,  anker  werfen,  anker  anwerfen, 
auswerfen;  einwerfen.  Opitz  i4rg.  2,  202;  den  anker  fallenlas- 
sen ;  vor  anker  liegen ;  zu  anker  liegen.  Opitz  Arg.  1,  548 ; 
getreue  liebe  kan  nicht  wanken, 
sie  liegt  zu  anker  jederzeit,    ged.  2,  194; 

auf  anker  liegen:  wo  man  auf  ankern  ligt.  Fronsp.  kriegsb. 
1,161';  vor  anker  legen:  dergleichen  leute,  die  auf  ihre  eigne 
band  hin  und  wieder  zogen,   sich  in  jeder   Stadt  vor  anker 


legten.  Göthe  26,  187 ;  vor  anker  treiben ;  anker  lichten ;  an- 
ker werfen,  fassen: 

wer  die  inseln  nicht  zu  erobern  glaubt, 

dem  ist  ankerwerfen  doch  wol  erlaubt. 
GöTUE  2,  251 ; 

drum  kann  mein  glaube 

bei  deiner  Wahrheit  anker  fassen.    Günther  77 ; 

anker  aufwinden;  anker  schleppen,  kappen,  ähnlich  nnl. 
voor  anker  liggen,  ten  anker  komen,  het  anker  kappen,  sle- 
pen,  ligten,  voor  anker  drijven.  figürlich,  anker  der  bof- 
nung,  des  glaubens;  hier  kann  ich  keinen  anker  fassen,  ich 
will  den  anker  lichten: 

dasz  aber  keiner  meine  galle, 

wie  sonst,  zum  ankerlichien  reizt. 

GÖKINGK  1,  211. 

eine  menge  von  Zusammensetzungen  für  die  einzelnen  theile 
und  Verschiedenheiten  des  geräths,  die  sich  beinahe  von  selbst 
verstehn. 

ANKER,  m.  cupa  minor,  dolium  unius  vel  plurium  am- 
phorarum,  mlat.  anceria,  ancheria:  ein  anker  weins,  nnl.  an- 
ker vKijn. 

ANKERARM,  m.  der  gekrümmte  haken  am  schafl  des  ankers. 

ANKERBEN,  taleae  insculpere,  anschneiden,  wie  man  vor 
alters  zahlen  auf  holz  einschnitt:  äcker  ankerben  und  an- 
schreiben. Oberlin  47. 

ANKERFEST,  sowol  was  den  anker  hält  als  von  ihm  gehal- 
ten wird:  ankerfester  grund;  ankerfestes  schif. 

ANKERFLÜGEL,  m.  das  dreieckige  eisen  am  ende  der  an- 
kerarme, das  in  den  grund  greift,    s.  ankerschaufel. 

ANKERFÖRMIG,  ancorae  formam  referens. 

ANKERGELD,  n.  vectigal  ancorale,  das  beim  ankern  in  dem 
hafen  zu  entrichten  ist.    nnl.  ankergeld. 

ANKERGRUND,  m.  fundus  ancorae  tenax,  nnt.  ankergrond: 

nur  die  natur  ist  redlich,  sie  allein 

liegt  an  dem  ewgen  ankergrunde  fest.    Scuiller; 

unter  einem  blauen  himmel,  der  gar  keinen  ankergrund  hatte. 
J.  Paul  Tit.  1,  83. 

ANKERHALS,  m.  das  obere  ende  des  ankerheims. 

ANKERHELM,  m.  die  hauptslange  des  ankers. 

ANKERHOLZ,  n.  tigillum  ancorale. 

ANKERKETTE,  f  catena  ancorae:  ankerketten  sinds  an  ge- 
wicht. Platen  132. 

ANKERLOCH,  n.  sonst  auch  ankerauge. 

ANKERLOS,  ancora  carens :  das  schif  treibt  ankerlos. 

ANKERN,  ancoram  figere,  nnl.  ankeren: 

eine  wolgeankert  schif  kan  auch  beim  .stürme  ruhn. 
Lohe.nst.  Epich.  83,210; 

tUörichter,  hast  du  deine  wolfart  auf  ein  weib  geankert?  Arm. 
2,  131;  meine  Sehnsucht  nach  der  gesellschaft  anderer  ehr- 
lichen leute  ankerte.  Felsenb.  1,  249 ;  moralische  kraft,  die  im 
glauben  ankert.  Göthe  48,  28  ; 

nun  ankre,  holdes  glück,  du  bist  so  nah  dem  port. 
Platen192; 

Schleifenheimer  nahm  bald  den  character  eines  pauvre  hon- 
teux  an  und  ankerte  in  der  vorstadt  in  einer  dachkammer. 
J.  Paul  komet  2, 123.  nach  etwas  ankern  oder  den  anker  aus- 
werfen, ihm  nachstreben. 

ANKERPLATZ,  m.  statio  navium,  nnl.  ankerplaats.  figür- 
lich: ich  hatte  vor  für  ihn  zu  arbeiten  und  ihm  einen  schönen 
ankerplatz  in  ihrem  jungen  henen  zurecht  zu  machen.  J.  Paul 
biogr.  bei.  1,  134. 

ANKERSCHAUFEL,  /".  was  ankerflügel. 
ANKERSCHMIED,  m.  faber  ancorarius.    nnl.  ankersmid. 
ANKERSEIL,  n.  ancorale. 
ANKERWINDE,  f 

ANKETTELN,  catella  vincire,  an  eine  kleine  kette  legen:  und 
selbige  (die  glücksgöttin)  statt  eines  cichhörnchens  in  ihrem 
Zimmer  angekeltelt  hätte.  Platen  325.  vgl.  abketteln. 

ANKETTEN,  catenae  alligare,  an  rfi'e  kette  legen:  den  hund 
anketten;  im  lehnstul  angekettet.  Zaciiariä  2,295; 
ein  miidchcn,  meister  im  talent 
die  herzen  anzuketten.    Gottik  1,89; 
Sophisten  wüstet  ihr, 
wie  rein  die  fpeudcn  sind,  die  wir  durch  ihn  {den  fleitt)  gewinnen, 
ihr  kottotet  den  vorwitz  nn.    1,400;. 

8chon  wälzen  schnelle  räder  sich  und  tragen 

dich  von  dem  unbeklagtun  ort, 

und  angekettet  fest  an  deinen  wagen 

die  fl-euden  mit  dir  fort   CStui  2, 160; 


381 


ANKETTUNG — ANKLANG 


ANKLAPPEN — ANKLINGEN 


382 


wo   sie  mich   durch   ihre  heriiche  gestalt,  durch  ihr  sanftes 

wesen  ankettele.  57, 19 ; 

0  fluch  der  köDige,  der  dem  schnell 
vergänglichen  gedanken  gleich  die  ibat  ^ 
die  fest  unwiderrufliche  ankeuet.    Schuler: 

sobald  Emanuel  von  dem  nachthimmel,  von  dem  daran  an- 
geketteten orkan  und  von  seinem  todtenberg  trat.  J.  Pacl 
Uesp.  4,  50. 

ANKETTLNG,  f.  alligatio  :  ankettung  an  den  körper.  J.  Paol 
teuf.  pap.  1, 106. 

ANKEUCHE.N,  anhelando  accedere:  der  hund  keucht  an. 

ANKI.NDE.N,  adoplare  filluvi. 

ANKINDLNG,  f.  adopHo,  verschieden  von  einkindschaft,  vnio 
prolium. 

A.NKIRREN,  cicurare,  allicere:  den  vogel  mit  brotkrumen 
ankinen;  iockspeise,  damit  er  die  übrige  geseilschaft  ankir- 
ret. J.  E.  Schlegel  3,  367 ;  die  Zuschauer  durch  die  Iockspeise 
der  neuheit  ankirren.  Götter  2,  xiii;  die  mancherlei  feinen 
Schmeicheleien,  womit  sie  auch  diesen  anzukirren  weisz.  Göthe 
3S,  178.    vgl.  ankörnen. 

ANKITTEN,  maltha  jüngere. 

ANKLAFFEN,  allalrare,  vgl.  anbaffen,  anblaffen,  mhd.  wie 
tarslu  sü  ane  klaffen  den  richter?  tnyst.  86,  4. 

A.NKLAGBAR,  accusabilis. 

ANKLAGE,  f.  acciisatio,  nni.  aankiage:  ihre  anklage  in  aller 
form  und  öffentlich  zu  thun.  Scbilleb  S22 ;  ich  erkenne  mich 
der  anklage  schuldig.  Klinger  3,  202;  du  soll  falscher  anklage 
nicht  gleuben.  2  Mos.  23,  1 ;  da  befand  ich,  dasz  er  beschul- 
diget ward  von  den  fragen  ihres  gesetzes,  aber  keine  anklage 
halte  des  todes  oder  der  bände  werth.  apostelg.  23,  29. 

ANKLAGEN,  accusare,  nnl.  aanklagen,  mit  dem  gen.  der 
Sache,  statt  dessen  aber  auch  praepositionen  gebraucht  werden : 
einen  auf  leib  und  leben  anklagen,  einen  des  mordes,  dieb- 
slals  anklagen ;  sein  eignes  gewissen  klagt  ihn  an ;  klagte  sie 
an,  dasz  sie  ire  brüder  ums  geld  verkauft  hätten.  2  .Vacc.  10, 
21;  ich  werde  angeklagt  umb  der  hofnung  und  auferstehung 
willen  der  todten.  aposl.  gesch.  23,  6;  über  der  auferstehung 
der  todten  werde  ich  von  euch  heute  angeklagt.  24,21;  aber 
gern  will  ich  mich  eines  fehlers  anklagen.  Klinger  11,  275; 
alles  bösen,  das  geschehn  ist.  des  klagen  dich  der  sultan 
und  sein  volk  an.  7,  226 ;  wird  nicht  jeder  mich  des  schwür- 
reslen  Undanks  gegen  dich  anklagen?  7,267;  ehe  wir  weiter 
gehen  müssen  wir  ein  Versäumnis  anklagen,  dessen  sich  das 
Programm  der  aufgäbe  schuldig  macht.  Göthe  55,  78 ;  die  kla- 
gen unsere  spräche  rauher  härte  an,  unter  deren  pedantischem 
verfahren  sie  nichts  weiches  gewinnt  und  alle  kraft  einbüszt. 
Unter  dem  gemeinen  volk,  einem  etwas  anklagen,  anihun,  an- 
zaubern, einen  bösartig  beklagen:  es  musz  mir  wol  sein  an- 
geklagt worden. 

ANKLÄGER,  m.  aceusator,  nnt.  aanklager. 

ANKLÄGEREI,  f.  aceusatio. 

ANKLÄGERIN,  f.  accusalrix,  nnl.  aanklagster. 

ANKLÄGERISCH,  accusatorius. 

ANKLAGESCHRIFT,  f. 

ANKLAGESTAND,  m.  Hat  d'acetuation:  einen  in  anklage- 
stand  versetzen,    einfacher,  in  anklage  versetzen. 

ANKLAMMERN,  ßbula  vincire,  nni.  aanklampen.  schön  figür- 
lich: in  der  angst  klammerte  das  kind  sich  an  seine  mutter 
an;  im  sdtifbntch  sich  an  die  planke  anklammern;  sich  an 
die  sonderbare  grille  anklammern.  Wiela.nd  8,  40S ; 

Ulm  bist  du  boden  meines  Vaterlands 

mir  erst  ein  helligihnm,  nun  Tühl  Ich  erst 

den  dringenden  beruf  mich  anzuklaDiinern.   Gotbe  9,  3S0. 

vgl.  anklemmen. 

ANKLANG,  m.  concentus,  accentus,  ein  schönes  vort,  des- 
gleichen Engländer  und  Romanen  nichts  haben : 

oh  mehr  des  schnellen  anklangs 
würdig  sei  der  «veisze  pokal?  ob  mehr  das 
rölhliche  kelchglas?        Ki.opst.  7,40; 
ein  SUSI  bekannter  Ion  mich  zog, 
den  rest  von  kindlichem  gefühle 
mit  anklang  froher  zeit  betrog.    Götup.  12,  81 ; 

da  Friedrich  auszer  einigen  späszen,  die  ihm  Jarno  enviderte, 
keinen  anklang  für  seine  possen  in  der  geseilschaft  fand.  20, 
224 ;  die  musicalischen  privatübungen  wurden  fortgesetzt  und 
das  gesellige  leben  gewann  dadurch  einen  höchst  erfreulichen 
anklang.  32,  40;  dasz  diese  anklänge  in  ohr  und  gemüth  so 
manches  wolwollenden  noch  lange  widerzutünen  geeignet  sind. 
45,  311;   weil   ich  für  das,  was  und  wie  ich  mirs  zugeeignet 


hatte,  bei  den  Kantianern  wenig  anklang  fand.  50,  52;  hier- 
nach wäre  zu  erwähnen,  wie  früh  ein  anklang  der  naturge- 
schichte  auf  mich  gewirkt  hat.  50,211;  ich  will  dir  auch  nicht 
verhelen,  dasz  deine  ansieht  trotz  allem  absonderlichen  einen 
gewissen  anklang  in  mir  hat.  Bettine  br.  2,  2SS ;  Liane  gab, 
treu  ihrem  wort  gegen  die  eitern,  ihm  keinen  warmem  blick 
und  anklang  wie  jedem,  aber  auch  keinen  kaltem.  J.  Pacl 
Tit.  3,  105. 

ANKLAPPEN,  pulsare,  pultare:  des  morgens  kommt  Hei- 
lung frühe  und  klappet  im  zimmer  an,  will  nein.  Schweini- 
CHEN  1,  1S9,  scheint  nicht  recht  hochdeutsch  und  steht  ßr  das 
übliche  anklopfen,  doch  vgl.  das  folgende  und  klapf.  klappen 

ANKLAPPERN,  crepitare:  der  storch  kommt  angeklappert, 
naht  sich  klappernd. 

ANKL.ÄTSCHEN,  allidere:  das  sanfte  anklatschen  der  wel- 
len am  steinigen  ufer.  Bettine  tageb.  52;  der  regen  klatscht 
an  die  steine,    vgl.  anplatschen,  anplätschern. 

ANKLEBEN,  adhaerere,  ahd.  anachlep^n,  nnl.  aankleven, 
icie  ein  leim  anhängen,  anhaften:  der  vogel  klebt  schon  an 
der  ruthe  an;  die  kielte  klebt  dem  rock  an;  der  tisch  klebt 
an  der  angel,  und  die  fischer  locken  kleb  an!;  meine  zunge 
klebt  an  meinem  gaumen.  ps.  22,  16;  lasset  uns  ablegen  die 
Sünde,  so  uns  immer  anklebet.  Hebr.  12, 1 ; 

voller  faslnacht  ist  die  well,  ihoiheit  klebet  jedem  an. 
LOGAU  2,  10,32; 
pfeifleiD,  da  noch  seine  bäcklein 
ruch  und  athem  kleben  an.    Spee  trulzn.  1S41  s.  258; 

die  andern  wären  alle  an  einer  anklebenden  krankheit  gestor- 
ben, pers.  reiseb.  1,  4 ;  ein  mensche,  dem  menschliche  schwach- 
heil  anklebet,  colica  vorr.  ,•  der  name  Diefrichsburg  klebt  jetzt 
nur  noch  der  spitze  eines  hohen  berges  im  arate  Grönenberg 
an.  .Moser  1,  320 ;  dem  landgute  klebt  die  weidegerechtigkeit 
an;  um  so  mehr  als  jene  dinge  nach  so  langer  gewohnheit 
einem  immer  noch  ankleben.  Göthe  27,  279;  ein  zufälliger 
nebenumstand,  der  einem  beweise  nicht  nothwendig  anklebet. 
Kant  8, 140. 

Transitiv,  ankleben,  anheften,  ahd.  anachlepan:  noch  ein 
blatt  ankleben ;  eine  bekanntmachung  ankleben  (an  die  mauer); 
der  klebt  sich  allenthalben  an.    vgl.  ankleiben. 

ANKLEBISCH,  viscosus:  noch  fiile  ich  immerdar  den  allen 
anklebischen  unQat,  das  ich  gerne  mit  golt  handeln  wolt.  Lu- 
ther 6.  43'. 

ANKLEBSEL,  «.  qiiod  adhaeret.  nnL  aankleefsel. 

ANKLEBUNG,  f  adhaesio:  also  auch  were  es  unmüglich, 
das  wir  möchten  rein  werden  von  der  anklebung  der  zeitli- 
chen guter.  Luther  1, 190'. 

ANKLECKEN,  adspergere,  affundere,  affigere: 
der  ellem  schnöde  lust 
bat  mir  auch  angekleckt  den  bösen  kot  und  ^ust. 
Fleming  20  (1685,22); 

WO  der  adler  nistet,  kleckts  die  schwalbe  nicht  an.  Klopst. 
12,  147 ;  er  kleckt  sie  misgünstig  oder  günstig  an  sich  an. 
Herder  17,  99. 

ANKLECKSEiN,  frequenlativ  des  vorigen,  maculare  asper- 
gendo:  siehst  du  mich  für  eine  angekleckste  lehmwand  an? 
Fr.  MCller  2,  50. 

ANKLEIBEN,  illinere,  affigere,  ahd.  snachlelpan:  einen  zel- 
te! ankleiben ;  gute  aber  jetzt  ungebräuchliche  vortform. 

ANKLEIDEN,  induere,  nnl.  aankiceden,  ein  vornehmer  aus- 
druck  für  anziehen,  doch  nur  das  anlegen  des  gevandes  über- 
haupt, niclit  der  einzelnen  stücke  bezeichnend,  man  kann  nicht 
sagen  die  schuhe,  die  handschuhe  ankleiden  statt  anziehen. 
der  fürst  wird  angekleidet,  lüszl  sich  ankleiden ;  ich  stand  auf 
und  kleidete  mich  an,  legte  alle  Ueidungsstücke  an;  viel  zeit 
verstreicht  über  dem  ankleiden,  das  auskleiden  gehl  schneller, 
der  mai  Irht  den  wald  und  die  ane  neu  angekleidet. 

ANKLEIDEZIMMER,  n.  vestiarium,  garderobe,  boudoir. 

ANKLEISTERN,  farina  compingere. 

ANKLEMMEN,  adsiringere:  ich  klemmte  ihn  gegen  die  wand 
an;  sie  zitterte  und  klemmte  sich  fester  an;  klemme  die  fen- 
slerladen  an ,  dasz  der  wind  sie  nicht  zerschmeiszt.  .\rni« 
schauli.   2.  26<*. 

ANKLETTERN,  adrepere:  die  felsen,  gleich  der  gemse. 

ANKLIMMEN,  adscendere. 

ANKLINGELN,  signum  dare  tintinnabulo,  an  die  klingel  lie- 
hen: geh  hin  und  schaue,  es  hat  angeklingeil,  angeschellt. 

ANKLINGEN,  concinere,  leise  und  vorübergehend  an  etwas 
klingen,  zu  etwas  stimmen,  anklang  geben : 


383 


ANKLINGEN  —  ANKNÜPFEN 


ANKNURREN — ANKOMMEN 


384 


wenn  sie  (die  tnelodie)  dir  anklingt  auf  der  fremden  erde. 
Schiller  525; 

manches  thema  klang  nur  an,  ohne  dasz  man  es  hätte  ver- 
folgen können.  Götue  26,  322;  ein  furchtbarer  und  zugleich 
abgeschmackter  stof  schreckte  jedermann,  kein  herz  klang  an. 
30, 264 ;  wie  es  schon  hie  und  da  angeklungen  (verlautet)  hat. 
TiECK  4, 13 ;  indcsz  die  russische  und  polnische  spräche  schö- 
ner und  freier  anklingen,  als  ihre  schriftnoten  versprechen. 
J.  Paul  aesth.  2,222. 

ANKLINGEN,  concinere  facere,  transitiv,  mit  dem  praet. 
klingle  an,  pari,  angeklingt,  mhd.  würde  slehn  aneklengen, 
praet.  aneklancte,  nlid.  anklängen,  wofür  sich  keine  belege  dar- 
bieten, das  Wort  gilt  zumal  vom  anklingen  der  gläser,  colli- 
dere  scyphos: 

angeklingt,  es  leb  und  lebe 

wer  nur  freude  gibt  und  nimmt!; 

angeklingt!  denn  es  gilt  die  gesundheit  unsrer  Luise. 

Voss  1,  62 ; 
klingt  an  !    Luise  3,  676 ; 

dasz  die  gesellschaft  gleichfalls  anklingle  und  die  günstlinge 
unter  den  handelnden  personen  hoch  leben  liesz.  Göthe  18, 
198.    vgl.  ansloszen. 

ANKLOPFEN,  pulsare,  nnl.  aankloppen,  an  die  thür,  an 
das  feilster  klopfen:  leise,  stark  anklopfen;  wer  klopft  an?; 
da  kom  ich  und  klopft  an.  fastn.  sp.  759,  22 ;  ich  schlaf,  aber 
mein  herz  wacht,  da  ist  die  stim  meins  freundes,  der  an- 
klopfet. Itohel.  Sal.  5,  2 ;  denn  man  durfte  nicht  anklopfen 
oder  hineingehen  in  des  fürsten  zu  Assyrien  kammer.  Jud. 
14,  9;  klopfet  an,  so  wird  euch  aufgethan.  Matth.  7,  7;  auf 
dasz,  wenn  er  kömmt  und  anklopfet,  sie  ihm  bald  aufthun. 
Luc.  12,  36;  aber  wenn  das  stündlin  kümpl,  da  das  gesetz 
recht  anklopft  und  dich  daheim  suchet  und  rechnung  foddert, 
so  wird  sichs  nicht  so  lassen  in  wind  schlahen.  Luther  6,  271' ; 

und  schon  klopfen  die  verklärten  lieben 
Paradieses  pforten  külinlich  an.    Götue  5,  252. 

Figürlich  oft  für  versuchen,  tasten,  ob  einer  bitte  entsprochen 
werde,  wie  der  an  die  thür  klopfende  wartet,  ob  man  sie  auf- 
thue:  warumb  ich  geschrieben  und  angeklopft  und  itzt  öffent- 
lich anklopfe  und  schreibe,  ist  die  ursach.  Luther  4,  471"; 
P.  H.  klopfte  gelegentlich  bei  dem  könig  an  und  sprach  von 
dem  gemälde.  Göthe  37,  261;  anklopfende,  klügliche  versuche. 
31,  128;  in  der  weit  musz  man  immer  herum  tasten,  immer 
anklopfen.  Klinger  9,  72. 

ANKLOPFER,  7n.  rii»ig  oder  hammer  zum  klopfen  an  die  thür. 

ANKLOTZEN,  starr  ansehen:  sogar  meine  kürbisflaschen, 
meint  man,  klotzen  mich  an  und  pauszen  sich  an.  Fr.  Mt5L- 
LER  1, 128.    besser  anglotzen. 

ANKLÜGELN,  argutari,  argute  excogttare:  ein  Vorwurf,  wel- 
chen auch  die  neumodischen  tolerantisten  nicht  mit  ihrer  ge- 
wöhnlichen bittern  untoleranz  anklügeln  durften.  Stolberg  3, 157. 

ANKNALLEN,  crepare,  increpare:  mit  der  peitsche  die  pferde 
anknallen;  wo  denken  sie  hin?  knallte  ich  ihn  an.  Thümmel. 

ANKNEBELN,  adstringere  ope  fustis :  die  räuber  knebelten 
ihn  drohend  an. 

ANKNECHT,  m.  apparitor,  eine  ehmals  zu  Erfurt  herge- 
brachte benennung.  Stieler  994. 

ANKNEIPEN,  admordere,  vellicare,  nnl.  aanknijpen :  sie  (die 
nagethiere)  sind  alles  und  jedes  anzukneipen  geschickt.  Göthe- 
55,  307.    vgl.  anpfetzen. 

ANKNETEN,  depsere,  nnl.  aankneeden:  mehl  ankneten, 
einen  teig  an  den  andern  ankneten. 

ANKNICKEN,  affringere,  nnl.  aanknikken:  eine  blume  an- 
knicken; die  haline  sind  vom  hagel  angeknickt. 

ANKNIEN,  propius  incurvare  genua,  nnl.  aanknielen:  an- 
knien  zürn  melken,  zum  verbinden  der  wunde,  die  kindcr 
knien  an  zum  einsegnen,  der  missethäter  kniet  an,  um  den 
letzten  streich  zu  empfangen. 

ANKNIXEN,   mit  kurzer  Verbeugung  eintreten,     s.  abknixen. 

ANKNÖPFEN,  jüngere  globulis:  kamaschcn  anknöpfen. 

ANKNÜPFEN,  innectere,  alligare,  ahd.  anagichnuphan  (GRAFr 
4,  582),  nnl.  aanknoopen :  den  losgerissenen  faden  wieder  an- 
knüpfen, ein  neues  band  anknüpfen,  eine  liebschaft,  ein  Ver- 
hältnis, geschiifl,  Unterhandlung  anknüpfen  ;  kanstu  im  dein 
jüch  anknüpfen?  Hiob  39,  10;  doch  sie  werden  wol  gehengt 
werden  und  erschrecklicher,  denn  wenn  sie  von  dem  bcnger 
angeknüpft  würden.  Luther  4,  527* ; 

rigel,  da  man  die  narren  knüpfet  an. 

fasln.  $p.  229,  14 ; 

ob  ich  in  knüpf  lu  disen  an.   230,  5) 


an  den  stärksten  balken  seiner  hallen 

da  befestig  er  den  derben  strick, 

knüpfe  sich  daran  !  das  hält  und  trägt.   Göthe  5,  112 ; 

noch  vor  morgen 
inein  abenteuer,  wenn  nicht  zu  vollführen, 
doch  anzuknüpfen.    10,  237  ; 

er  gehörte  zu  den  glücklichen  menschen,  die  dem  lebensin- 
teresse  das  historische  wissen  anzuknüpfen  verstehn.  26,  45; 
dem  Schlüssel  ein  stück  holz  anknüpfen,  um  ihn  nicht  zu 
verlieren.  Moser  bei  Göthe  45,  297;  du  willst  unsre  Verbin- 
dung trennen,  um  selbst  wiederum  anzuknüpfen.  Klinger  1, 
467;  es  knüpften  sich  aber  noch  einige  festliche  tage  an. 
Dahlm.  fr.  rev.  336. 

ANKNURREN,  mussitare  versus  aliquem :  er  knurrt,  wie  ein 
böser  hund,  die  leute  an. 

ANKÖDERN,  allicere  esca:  fische,  vögel  anködern. 

ANKÖKEN,  eruclare,  evomere  versus  aliquem:  sie  sind  der 
gerechtigkeit  so  vol,  das  sie  die  andern  armensünder  an- 
köken ,  gleichwie  der  grosze  heilige  phariseus  Luce  18  für 
groszer  trunkenheit  eraus  koket  und  speiet  über  den  armen 
zölner.  Luther  5,355'.'.,  der  auch  Es.  28,  7  verdeutscht:  sie 
daumeln  von  starkem  getrenke  und  köcken  die  urteil  eraus. 
obersächs.  kaken,  ankäken;  mehr  unter  koken. 

ANKOMMEN,  advenire,  supervenire,  incedere,  invadere,  ag- 
gredi,  nnl.  aankomen.  der  begrif  kommen,  seiner  nalur  nach 
inlransitiv,  kann  erst  durch  ihm  verknüpfte  parlikeln  transitiv 
werden,  wie  auszer  ankommen  bekommen,  überkommen,  lat. 
supervenire  lehren. 

1)  ganz  intransitiv  bleibt  auch  ankommen  wenn  es  kommen 
an  einen  ort,  franz.  arriver  ausdrückt,  in  welchem  fall  unsere 
allere  spräche  auch  einfaches  kommen,  nicht  ankommen  ver- 
wendet: wir  kamen  an  zu  Tyro,  venimus  Tyrum.  apost.gesch. 
21,  3;  auf  welchen  tag  eben  der  herzog  von  Frankrepas,  der 
fürst  zu  Erquicklingen  starkbeleitet  ankamen.  Fischart  Garg 
133';  die  zeit  war  komen  an.  Fleming  53;  der  wagen,  das 
schif  ist  eben  angekommen ;  wir  kamen  zu  pferde  an ;  ihr  sollt 
alle  gesund  und  glücklich  ankommen;  das  erwartete  buch  kam 
gestern  nicht  an. 

2)  gleich  intransitiv  ist  weiter  die  häufige  unpersönliche  re- 
densart:  es  kommt  darauf  an,  es  läuß  darauf  hinaus,  in  eo 
vertitur;  es  kommt  so  genau  nicht  darauf  an;  es  kommt  viel 
darauf  an,  mullum  inlcrest;  es  kommt  auf  leib  und  leben  an; 
es  käme  auf  den  versuch  an ;  es  kommt  nur  auf  deinen  wil- 
len, entschlusz,  befehl  an,  in  te  situm  est;  es  kommt  alles 
auf  den  guten  willen  an,  liegt  darqn;  es  kommt  nur  auf  we- 
nige tage  an,  so  sind  wir  neu  und  besser  als  jemals  geklei- 
det. Göthe  14,  220;  es  käme  darauf  an,  ob  wir  nicht  diese 
leute  auf  dem  schlosz  spielen  lieszen.  18,  238 ;  eigentlich 
kommt  alles  auf  die  gesinnungen  an,  wo  diese  sind,  treten 
auch  die  gedanken  hervor,  und  nachdem  sie  sind,  sind  auch 
die  gedanken.  23,  284;  ich  wills  drauf  ankommen  lassen. 
dazu  kann  auch  ein  persönlicher  dat.  treten :  es  kommt  mir 
darauf  an,  es  musz  uns  viel  darauf  ankommen,  mea,  nostra 
interest;  auf  ein  paar  hundert  thaler  kommts  ihm  dabei  gar 
nicht  an ;  es  kommt  mir  mehr  auf  gute  behandlung  als  auf 
groszen  lohn  an,  sagt  die  neue  dienstmagd; 

am  ende  kommt  mirs  auch 

auf  einen  ^us  nicht  an.    Wielano  10,  175. 

3)  anderemal  scheint  ein  zwar  unausgedrückter^  acc.  in  gedan- 
ken zu  ergänzen,  also  dem  an  praepositionskraß  beizumessen: 

Ihr  habt  gut  reden,  ihr!  kommt  an! 
was  gebt  ihr  mir?  so  Irct  ich  meine  stell 
euch  ab.  Lkssing  2,209; 

er  kann  ja  allenfalls  den  Schwager  auch  nur  fragen,  welches 
diese  gründe  sind,  denn  komm  an,  scheckchen!  sage  du 
selbst.  10,212; 

komm  an!  komm  an! 
Z.    nieder  mit  ihnen!  nieder!    Sciiili.kr  505. 

in  solchem  komm  an !  liegt  doch  mehr  als  bloszes  komm,  etwa 
die  ausforderung,  lockung,  heran,  an  mich,  an  uns  zu  kommen 
und  einen  angrif  zu  wagen,  komm  an  Scheck!  lockt  einen 
gaul  heran,  es  heiszt  auch  in  diesem  sinn:  er  soll  nur  an- 
kommen, laszt  ihn  einmal  ankommen!  da  ist  nicht  anzukom- 
men =->  beizukommen,  an  den,  an  das  ist  nicht  zu  gelangen. 
da  bin  ich  (Ibcl  (oder  ironisch,  schön)  angekommen,  an  das 
bin  ich  übel  gerathen:  konnte  ich  niclil  umhin  den  Vorfall 
einem  manne  zu  erzählen,  aber  wie  kam  ich  an !  er  sagte 
das  sei  sehr  ühel  gewesen.  Göthe  16,  50. 

schau,  ob  du  kommest  an  (dazu  getangesl) 

ein  essen  lisch  zu  hau,       Atur  54'; 


3S5 


ANKOMMEN 


ANKOMMEN — ANKÖRNEN 


386 


so  wie  ihr  mich  hier  seht,  habe  ich  etliche  jähr,  weil  ich 
nicht  anders  ankommen  {an  keine  andere  stelle  gelangen)  konnte, 
als  hund  dienen  müssen.  Tieck  10,  1S9;  er  ist  endlich  gut 
angekommen  (untergebTacht ,  angestellt  worden),  ankommen 
für  das  heutige  auskommen,  ausreichen  scheint  in  folgende)- 
stelle  gebraucht:  dasz  arme  gesellen  in  dieser  schweren  zeit 
mit  solcher  besoldung,  wie  zu  Braunschweig,  nicht  mögen  an- 
kommen. Luthers  br.  4,  205.     engl,  come  on,  fortkommen. 

4)  deutlicher  wird  diese  fügung,  wenn,  wie  häufig  geschieht, 
der  acc.  ausgedrückt  ist.  goth.  aggiius  fraujins  anaqam  ins, 
supervenit  eos.  Luc.  2,  9  d.  i.  qam  ana  ins,  renit  super  eos, 
und  so  erlangt  anaqiman  transitivbedeutung,  des  herrn  enget 
kam,  trat  an  sie,  überkam  sie.  beispiele  des  ahd.  anaqueman 
hat  Graff  4,  666 :  der  t6d  chome  die  ana,  mors  venial  super 
illos,  d.  i.  superet,  obruat  illos.  wie  mich  ein  glück  söt  ku- 
men  an.  fastn.  sp.  823,  30 ;  und  erwürgeten  alles,  was  sie 
sonst  ankamen.  2  Macc.  10,  17;  wo  ir  solche  ausgelaufene 
mönche  in  weltlichen  kleidern  . .  bei  euch  oder  in  euern  ge- 
richten  ankörnen  und  befinden  würdet.  Luther  2,  73*;  wenn 
mich  ein  mörder  auf  der  straszen  ankeme  {auf  mich  stiesze). 
6, 14' ; 

ich  jag  noch  (eemsen) 
als  ^eren  als  all  mein  lebiag, 
wo  ich  sie  ivewr  ankörnen  mag.    Teuerd.  55,  10, 

wo  ich  nur  an  sie  kommen  kann;  die  allerbesten  und  stärk- 
sten wein,  so  er  ankommen  mocht.  VVickram  rollw.  76';  die 
von  Nürnberg  zohen  hinder  Onspach,  verbrenten  was  sie  an- 
kamen. Frank  chron.  20S';  so  si  zu  etlicher  zeit  kein  wild 
mögen  ankummen.  weltb.  13';  was  si  im  sig  ankämen,  das 
gelobten  si  Marti,  dem  kriegsgott.  66';  füren  binweg  was  si 
ankummen  und  ühermögen,  bede  mann  und  frawen.  213*; 
ire  speis  ist  blut,  wo  sie  solches  ankommen  mögen.  Forer 
fischt).  198';  sie  schlugen  zu  tod  was  sie  ankamen.  Fonlus 
41;  sie  brandschatzten  alles  was  sie  ankamen.  Garg.  201'; 
nam  was  sie  ankam.  194';  stelen  und  rauben  was  die  an- 
kamen. 228';. 

die  spinn  und  die  podagram 

kamen  einander  wider  an  (trafen  einander). 

B.  Waldis  2,  31 ; 
und  wo  du  jemand  kommest  an, 
so  führ  sie  gfangen  in  den  berg.   Atrer  207". 

doch  in  diesem  sinne  des  antreffens  veraltet  später  transitives 
ankommen  und  wir  drücken  es  heule  lieber  praepositionell  aus : 
das  feuer  verzehrt  alles,  woran  es  kommt  stall  was  es  an- 
kommt, antriß;  ich  kann  nicht  ankommen,  daran  kommen 
steUt  es  ankommen,  hin  und  wieder  erscheint  aber  ein  dat. 
der  person :  ich  kann  ihm  nicht  ankommen,  beikommen,  an 
ihn  kommen;  einem  grob  ankommen,  ihn  grob  anpacken; 

ihm  setzen  beide  nach, 

doch  kömmt  ihm  keiner  an.    HAGEDOR-f  2, 131. 

5)  dagegen  hat  sich  dasselbe  ankommen  in  unpersönlicher 
anwendung  erhalten :  es  kommt  mich  hart,  schwer,  sauer  an, 
müht,  belastet  mich  sehr:  und  es  kam  sie  hart  an  über  der 
geburt.  1  Mos.  35,  17;  demnach  asz  er,  wie  es  in  ankam.  Garg. 
163';  es  koml  sie  wolfeil  an.  192'; 

ein  vogel  der  verschrenket 
im  festen  knficht  steckt,  jeraehr  begier  ihn  lenket 
nach  dem,  was  freiheii  heiszt,  je  härter  kommts  ihn  an, 
wenn  er  sein  enges  haus  ganz  nicht  erbrechen  kan. 
Grtphius  2,  SI ; 

nur  datx  spätere  den  richtigen  acc.  meistens  mit  dem  dat.  der 
person  vertauschen:  aber  den  höningen  kam  es  schwer  an, 
ihren  verdrusz  darüber  zu  verbergen.  Wiela.nd  3,  23;  so  schwer 
es  mich  ankommt,  mein  lieher  .\galhon.  3,  248 ;  es  ist  mir 
auch  schwer  angekommen,  ihn  zu  verlassen.  Schiller  649; 
das  gesländnis,  welches  ihm  so  schwer  ankommt.  Kant  3,  341 ; 
es  mag  ihm  sauer  ankommen.  5,  394.  die  dativconstruction 
ist  unlebendiger  und  unumsetzbar  in  die  praeposition,  d.  h.  es 
kommt  mich  hart  an  ist  gleichviel  es  kommt  hart  an  mich; 
aber  ßr  es  kommt  mir  hart  an  lüsxl  sich  nicht  sagen:  es 
kommt  hart  an  mir. 

6)  noch  häufiger  tritt  an  die  stelle  des  es  der  nom.  etnes 
Substantivs:  angst  kam  die  Philister  an.  2  Mos.  15,14;  zittern 
kam  die  gewaltigen  M»ab  an.  15,  15;  krümmet  sie  sich  und 
gebar,  denn  es  kam  sie  ir  wehe  an.  2  Sam.  4,  19 ;  da  kam 
mich  furcht  und  zittern  an,  und  alle  mein  pehein  erschracken. 
Htob  4,  14;  schrecken,  angsl  und  schmerzen  wird  sie  ankö- 
rnen. Es.  13,  8;    und  es  kam  in  eine  furcht  an.   Luc.  1,  12; 


das  sie  solch  jamer  und  not  ankam.  Lither  4,  24";  so  bei 
flächen  und  Verwünschungen,  ankommen  wie  angehn,  anstoszen : 

und  sprach,  komm  dich  das  fälbel  an.'    Albebus  47*; 
s.  Köres  (Quirins)  marter  komm  dich  an!   91'; 
dasz  dich  s.  Töuges  fewr  kom  an!   161'; 
dasz  dich  die  höllische  darr  ankomm!    Garg.  149'; 

und  ihn  kam  ein  groszer  hunger  an.  seh.  u.  ernst  231;  dise 
henkersbuben  kam  nit  ein  schauderlin  an.  Garg.  202';  davon 
den  pfaffen  ein  grosze  forcht  ankam.  Wickrax  ro//ir.  58'; 
als  die  (kinder)  sie  {die  weiber)  sauer  ankommen.  Garg.  67'; 
der  du  ankamst  sehr  hart  dein  mutter  (iTir  bei  der  geburt 
sauer  wurdest).  199';  dasz  sie  der  sieg  sauer  genug  ankam. 
Opitz  Arg.  2,  354 ;  einer  unter  uns,  den  eine  sonderliche  an- 
dacht  ankam,  pers.  rosenth.  2,  22 ; 

wenn  die  wollust  uns  verläszl,  kümmt  uns  dann  die  andacht  an. 

LOGAD  3,  1,27; 
ei  was  mocht  dan  mich  kommen  an  ?    Spee  g.  t.  35. 

auch  hier  mit  allmälich  vordringendem  dativ :  als  ihr  der  durst 
ankam.  Lokman  27;  erstlich  kompt  mir  an  eine  lust  also 
zu  fragen.  Spee  341;  dasz  ihnen  gute  worte  nicht  sauer  an- 
kamen. LoHExsT.  Arm.  2,  1518;  ist  dir  todesgraun  angekom- 
men und  rasest  du  davon?  Klopst.  10,172;  das  kommt  mir 
sauer  an.  Gelleht;  der  greuel  kommt  ihr  an.  Rachel  20; 
zittern  und  entsetzen  möchte  einem  ehrlichen  kerl  ankom- 
men. Lessing  1,  233 ; 

so  schnell?  was  kömmx  ihm  an!  was  fiel  ihm  auf?  2,267; 

nicht  einen  augenblick  ist  mir  eine  furcht  vor  der  höUe  an- 
gekommen. Göthe; 

das  lernen  kommt  ihr  sauer  an.    Gotter  3,  200; 

mir  kommt  ein  eigen  grauen  an.    Schiller  449; 

ich  bett  es  {liebchen),  kommt  ein  schlaf  ihm  an, 

auf  weiches  moos  und  thvmian.    BCrger  48* ; 

nun  kam  ob  dem,  was  er  gethan, 

der  reue  bitterkeit  ihm  an.    94'. 

einige,  zumal  Wieland,  halten  mit  recht  den  acc  fest:  wofern 
ihn  elwann  eine  Versuchung  dazu  ankommen  sollte.  3,  67; 
wenn  ihn  die  lust  ankam,  sich  von  seinen  sklaven  anbeten 
zu  lassen.  8,  144;  eine  sache  zu  thun,  die  ihn  aus  mangel 
der  gewohnheit  sehr  hart  ankam.  6,  78 ;  wenn  ihn  die  lust  zu 
wandern  wieder  ankommt.  8,  277 ;  was  für  eine  lollheit  kommt 
dich  an  ?  U,  300 ; 

vergebens  kam  ihn  selbst  die  späte  reue  an.    23,  104 ; 

es  kam  mich  eine  sehr  wunderbare  empfindung  an,  da  wir 
so  an  dem  forste  hinfuhren.  Kli.nger  1,  36.  vgl.  anwan- 
deln. 

7)  ankommen  lassen  tst  mehrdeutig:  ich  lasse  es  darauf 
ankommen,  lasse  es  geschehen,  will  es  abwarten;  ich  kann  es 
nicht  darauf  ankommen  lassen,  musz  mich  dagegen  vorsehen; 
ein  thor  laszt  alles  auf  das  glück  ankommen ;  der  feind  zieht 
sich  zurück,  will  es  nicht  auf  ein  treöen  ankommen  lassen; 
ich  lasse  es  auf  ihn  ankommen,  stelle  es  ihm  anheim  ;  schlimm 
für  den  autor  und  sein  werk,  wenn  er  die  Wirkung  derselben 
auf  die  divinationsgabe  und  billigkeit  seiner  kritiker  ankom- 
men liesz.  Schiller  760.  ich  will  ihn  ankommen  lassen,  sei- 
nen angrif  abwarten,  dasz  ich  ihnen  die  beherschung  über 
die  ganze  weit  werde  ankommen  lassen  {verschaffen).  Simplic. 
1,263. 

ANKÖMMLING,  advena,  nnl.  aankomeling,  ahd.  niuquemo, 
engl.  Ihe  new  comer:  unser  neuer  ankömmling,  das  neuge- 
bome  kind.  gewöhnlich  von  dem  fremden,  dem  kommenden 
mann,  dem  gast,  doch  auch  der  zuletzt  angekommene:  ob- 
gleich der  fremde  dem  ankömmling  weitüberlegen  war.  Göthe 
18,  143;  Meline  sang  ein  liedchen,  welches  dem  ankömmling 
nicht  zu  behagen  schien.  IS,  157. 

.\NKOPPELN,  adjugare,  eopulare  pecora,  nnl.  aankoppelen, 
das  vieh  ankoppeln. 

ANKÖRNEN,  granis  sparsis  allicere:  die  Vögel,  das  wild 
ankörnen,  figürlich,  um  mich  wieder  anzukörnen  (per  rappa- 
tumarmi,  eigentlich  giä  zu  machen,  auszusöhnen).  Göthe  34, 
67;  mit  eid  und  pflicht  soll  mich  niemand  mehr  ankörnen. 
42,  306 ;  um  ihre  lüstemheit.  das  buch  selbst  zu  lesen,  noch 
mehr  anzukörnen.  Hamann  2,  250;  die  liederlichen  Jünglinge 
gellen  ihnen  für  nichts  weiter  als  mittel,  das  volk  anzukör- 
nen. TiECR  Hor.  <rr.  1, 180;  die  banse,  mit  Versprechung  groszer 
bandelsfrciheiten  angekörnt.  Daulk.  dän.  gesch.  2,  52.  vgl. 
ankirren. 

25 


387 


ANKRACHEN — ANKUNFT 


ANKUNFT— ANLACHEN 


388 


ANKRACHEN,  gleichsam  adcrepare,  gegen  einen  krachen: 

der  aufgesprengte  schluud 
der  liöllen  kracht  uns  an.    Grypuius  Cath.  v.  G.  180. 

ANKRÄCHZEN,  adcrocitare,  frequentaliv  des  folgenden: 

der  rab  ist  heiser, 
der  Duncans  lödfichen  einzug  in  mein  haus 
anlirächzen  soll.    Schillers  Macbeth  1,  10.  (1847  6,203.) 

ANKRÄHEN,  accantare :  der  han  den  tag  ankrät.  Garg.  93' ; 
den  gröszten  theil  des  Übels,  welches  ihr  die  unglück  weis- 
sagenden alten  angekrähet  hatten,  zu  verhüten.  Wieland  6, 
143.  figürlich,  herr  Gries  kräht  die  thatcn,  die  er  thun  will, 
an.  18,  267 ;  bergwerk  haben  viel  ankrehens  (man  streitet  sich 
um  ihren  besitz).  Mathesids  15'. 

ANKRALLEN,  ungulis  arripere.  der  geier  krallte  den  ha- 
sen  an. 

ANKIIÄNKELN,  morbo  inficere: 

der  angebornen  färbe  der  enischlieszung 
wird  des  gedankens  blasse  angekränkelt. 

A.  W.  Schlegel,  Hamlet  3,  1. 

and  ihus  tlie  native  hue  of  resolution 

is  sicklied  o'er  with  the  pale  cast  of  thought. 

ANKRATZEN,  a/fricare:  die  haut  war  ein  wenig  angekratzt. 

ANKRÄTZIG,  mala  prurigine  infeclus,  mhd.  ankretzic  rint. 
fragm.  3l'. 

ANKREIDEN,  creta  noiare:  der  wirt  kreidet  an;  die  ürti 
ankriden.  fastn.  sp.  829, 12. 

ANKREISCHEN,  anschreien,  nnl.  aankrijten:  het  wichtje 
krijt  zijne  moeder  aan. 

ANKRIECHEN,  arrepere,  nn/.  aankruipen :  die  raupe  kriecht 
das  blatt  an,  kriecht  an  das  blatt: 

von  Mopsen  wird  er  kaum  erkannt, 

so  dürftig  kommt  er  angekrochen.    Hagedgrx  2,28; 

weil  es  in  einigen  gesellschaften  der  groszen  weit  wider  den 
wolstand  ist,  ein  christ  zu  sein,  und  die  wolgesitteten  kein 
höheres  glück  kennen,  als  dort  nur  so  eben  ankriechen  zu 
dürfen,  so  verleugnen  sie  das  christenthum.  Klopst.  12,  359. 
Thümmels  reisen  10, 161. 

ANKRIEGEN,  induere,  gegensatz  von  abkriegen:  die  Stiefel 
sind   zu   enge,   ich   kann   sie   nicht   ankriegen,    an   die  füsze 
ziehen,  feiner,  nicht  anbringen. 
ANKRITZELN,  penna  respergere. 
ANKRÜMMEN,  proeurvare. 

ANKÜHNEN,  cicurare,  kühn,  dreist  machen,  ankirren:  von 
allen  orten  her  angekünt  und  geludert.  Simpl.  2,  352. 

ANKÜNDEN,  annuntiare,  edler  und  dichterischer  als  ankün- 
digen : 

ach  wer  bin  ich,  dasz  gotl  den  fürchterlichsten  der  tode 

anzukünden  mich  sendet?      Klopst.  Mess.  10,  1018; 

Worte  sprechen  ihn  nicht  aus,  aber  sie  sind  doch 

seines  liciits  ankündende  dainmcrung. 

alles  kündet  dich  an.    Göthe  1,06; 

ein  flüchtig  wort,  das  er  mir  gestern  saftte, 

schien  mir  sein  werk  vollendet  anzukünden.    9,  111 ; 

tiefgefühlte  reuelicdcr 

künden  uns  die  brüder  an; 

es  ist  eine  neue  epochc,  die  sich  uns  in  diesen  denkmalen 
ankündet. '  25,  48. 

ANKÜNDIGEN,  nnl.  aankondigcn,  dasselbe:  kündiget  ihnen 
ihres  ungehorsames  willen  den  tod  an.  pers.  rosenth.  7,  20; 
welches  dem  gast  um  so  rüthselhafter  vorkam,  als  sämtliche 
männer  hier,  nicht  wie  einheimische,  sondern  wie  vorüber 
wandernde  in  allem  übrigen  sich  ankündigten.  Göthe  23,  9  ;  ein 
behender  mann,  der  sich  durch  ausgekramtes  gcrälh  als  bar- 
bier ankündigte.  23, 10 ;  auf  den  (kaiser  Joseph)  die  weit  bei 
den  hohen  eigenschaften,  die  er  ankündigte,  die  gröszten  hof- 
nungen  setzte.  21,  309 ;  man  liebt  an  dem  madchcn  was  es 
ist,  und  an  dem  Jüngling  was  er  ankündigt.  26,  255;  Neapel 
kündigt  sich  froh,  frei  und  lebhaft  an.  28,  15;  folgte  zuerst 
die  franzosische  garnison.  seltsamer  war  nichts  als  wie  sich 
dieser  zug  ankündigte,  eine  colonne  Marseiller  trappelten 
heran.  30,  314. 

ANKÜNDIGUNG,  f  nnl.  aankondiging.  die  ankündigung  des 
wechseis  kommt  mir  ein  wenig  unvermutet.  Rahener  3,  357 ; 
diese  ankündigung  {Offenbarung)  gottes  selbst  geschieht  nun 
durch  das  übernatürliche  in  uns.    Fichte  Ar.  der  offenb.  7«. 

ANKUNFT,  f  origo,  adventus,  nnl.  aankomst.  obschon  an 
und  ab  sich  sonst  gegenüberslehn,  so  drückt  doch  das  frühere 
ankunft  gerade  aus  was  das  heutige  abkunft,  nentlich  Ursprung 
und  abstammung:    aber  dieses  namens  weisz  man  keine  ur- 


sach  noch  ankunft  anzuzeigen.  Luther  3,  432;  man  sol  die 
Christen  leren,  das  die  Schlüssel  nicht  gegeben  sind  der  allge- 
meinen kirchen,  sondern  Petro  und  dembapst,  durch  ordent- 
liche ankunft  auf  sie.  1,16';  denn  was  sein  ankunft  aus  der 
Schrift  nicht  hat,  das  ist  gewislich  vom  teufel  selbs.  2,  14'; 
von  der  weit  ankunft.  Frank  tue W.  i'orr.;  erste  ankünfle,  pri- 
mae origines.  Rihel  Livius  2 ;  und  wie  Epiphanius  schreibet, 
soll  sie  von  der  sareptanischen  wittib  nachkömling  ir  ankunft 
haben.  Matbesius  5";  wollen  wir  erstlich  von  ankunft  und 
ausbreitung  der  bergwerk  reden.  7';  nach  ankunft  diser  berg- 
stedte  haben  sich  die  bergwerk  immer  fürm  und  im  gebirge 
ereiget.  17';  Job  aber  ob  er  wol  von  Ismahel  oder  Esau  sein 
ankunft  gehabt.  19' ;  es  sagen  etliche  scherzweise,  die  fürsten, 
herren  und  edellcut  haben  ire  ankunft  daher.  Acricola  264 ; 
damit  ich  aber  nun  zu  meiner  ankunft  und  geburt  komme. 
ScHWEiNiciiEN  1, 18 ;  meines  herrn  vatern  geburt  und  ankunft. 
1,  18 ;  wiewol  auch  solcher  gebrechen  von  schnellem  laufen 
und  heftigen  groszem  springen  oftmals  §ein  ankunft  hat.  Ze- 
CHENDORFER  gebr.  der  ros.  1,  27 ;  so  ein  offener  schaden  in 
dem  maul  von  dem  zäum  sein  ankunft  hat.  1,66; 

wan  dan  der  sonnen  ankunft  klar 

der  Sternen  schar  vertreibend  mich  erwecket. 

Weckherlin  8; 
sol  seiner  ankunft  klein 

in  aller  demut  cindenk  sein.   Ringwald  laut.  w.  149; 
sein  nidrig  ankunft  Übersicht.    150; 
ein  edler  samen  schlegt 
der  ersten  ankunft  nach,  von  der  er  fruchte  iregt. 
Opitz  1,227; 

ungeachtet  seiner  geringen  ankunft.  1,  3*;  ungeachtet  ihrer 
adeücben  ankunft  und  Standes,  poet.  15; 

Willegis,  deiner  ankunft  nicht  vergisz.  Zinkgr.  2,25; 
dasz  er  und  andere  teufel  von  den  verstoszenen  engein  ihr 
ankunft  haben.  Ayrer  pjoc.  1, 14  ;  wann  man  seine  edlen  %hnen 
und  ihre  ankunft,  leben  und  edle  Verrichtungen  heraus  strei- 
chet. Simpl.  1,  4 ;  ihren  Ursprung  allezeit  durch  eine  göttliche 
ankunft  zu  verherlichen.  Bünaü  1,  5;  weil  die  Beigen  teutscher 
ankunft  gewesen.  Mascou  1,  25 ;  von  teutscher  ankunft.  1,  58 ; 
auch  bei  Stieler  1003  ist  ankunft  ortus,  origo,  adventus,  nach, 
dem  titel  seines  Sprachschatzes  will  er  handeln  von  gebrauch 
und  ankunft  der  Wörter,  stamm  und  stand  kommen  von  den 
alten  an  die  jungen,  wie  die  stelle  aus  Luther  1, 16'  deutlich 
macht,  ankunft  ortus  vergleicht  sich  also  dem  transitiven  an- 
kommen, auf  einen  kommen,  das  von  dem  neueren,  intransi- 
tiven ankommen  advenire  geleitete  ankunft  adventus  entsprang 
erst  mit  diesem,  so  wie  jenes  ältere  mit  dem  verbnm  veraltete. 

ANKÜNSTELN,  arte  affingere:  das  ist  ihr  nicht  natürlich, 
sondern  angekünstelt,  s.  anlügen. 

ANKUPPELN,  lenocinando  copulare:  die  alte  hat  ihm  das 
mädchen  angekuppelt;  die  mir  anzukuppelnde  person.  ehe 
eines  weibes  163.    verschieden  von  ankoppeln. 

ANKÜSSEN,  adosculari:  als  er  der  mutter  die  gute  nacht 
anküste.  .1.  Paul  Fibel  121. 

ANLÄCHELN,  leniter  arridere,  eine  schöne  Zusammensetzung : ' 
wenn  er  dein  bedarf,  kan  er  dich  fein  eflfen  und  lächelt  dich 
an.  Sirach  13,  7 ;  jedoch  das  weisz  ich,  wann  einen  die  ros 
anlechelt,  das  ers  gern  abbrcch.  Fischart  Gary.  77' ;  das  kind 
lächelte  seinen  vater  an ;  das  glück  will  dich  anlächeln,  nicht 
gut  mit  dem  dativ :  er  Schaft  oder  trägt  es  (das  ausgesetzte 
kind)  in  das  findelhaus,  damit  es  wenigstens  taufe  und  namen 
erhalte,  eines  denn  freilich  moI  lieber  als  das  andere,  nach 
dem  ihm  das  eine  mehr  angelächelt,  als  das  andere,  nach 
dem  ihm  das  eine  den  finger  mehr  gedrücket,  als  das  andere. 
Lessinc  10,  199. 

ANLACHEN,  arridere,  nnl.  aanlagchen,  gegen,  an  einen 
lachen:  m Ad.  noch  grüejet  noch  lachet  an.  Lichtenst.  598,  29. 

wer  durch  die  tinger  sehen  kan, 
und  Icszt  sin  frow  eim  andern  man, 
do  lacht  die  kalz  die  müs  süesz  an. 

Drant  nairensch.  137 ; 

wo  mir  von  einer  ie  ein  grusz  wart 
und  mich  anlacht  über  ein  zan. 

fastn.  sp.  260,  30 ; 
nfein  junger  narr  kau  wol  machen, 
das  mich  die  kelber  do  anlachen.    118,24; 

davon  sie  krenzlein  machen, 

und  schenken  sie  irem  schatf, 

den  sie  so  freundlich  anlachen, 

iiiiil  geben  im  ein  schmalz.    Ambras.  Ib.  18,6; 
hiernach  sind    bein   vierzigen    Studenten   versammelt  komen, 
die  ilmea  alle  unbekant  gewest,   und   die  annen  väter  «el 


389 


ANLACHEN — ANLANDEN 


ANLÄNDEN — ANLANGEN 


390 


spotte«  angelachet.  Melakchth.  1, 4S9 ;  wo  nun  etliche  seind 
ein  wenig  eergeitiger,  so  anlachen  sie  doch,  und  frewen  sich 
mit.  Frank  5; 

die  anlachend  gesprecblichkeit, 

die  in  den  kindern  wir  all  spüren. 

Fischart  lieder  92 ; 

im  kellerstüblein,  da  ihn  das  new  fasz  anlacht.  Garg.bl*; 
lacht  es  {das  krüglein)  an.  225";  höfischen  anlachens.  239'; 
wenn  die  fraw  einen  frembden  mit  einem  siiszen  blick  anla- 
chet,   pers.  haumg.  7,  22 ; 

die  zunge  musz  es  than,  soll  wer  die  purpurrosen 
des  mündleins  lachen  an  und  ihnen  liebekosen. 

LoGAü  2, 1,  3S ; 
das  äuge  lacht  die  wollust  an,  den  schmerz  beweint  es  drauf. 
3,6,  100; 
der,  denkt  sie,  der  ist  auch  gefangen, 
und  lacht  mich  schalkhaft  an.    Lessi^g; 
nahe  dem  Schenktisch, 
welcher  mit  obst  anlacht.    Lniie  3,  517; 

wo  uns  der  kleine  freundliche  ort  gar  anjnutig  anlachte. 
GöTHE  25,  321  (ille  terrarum  mihi  praeter  omnes  angulus  ri- 
det) ;  die  äpfel  auf  dem  bäume  lachen  mich  an ;  die  sonne 
lachte  freundlich  {nach  dem  gewilter)  die  erschrockene  erde 
an.  J.  Pacl  Tit.  1,  144;  eine  gasse  kleiner  häuser  mit  wel- 
schen düchern  voll  bäumchen  lachte  den  blick  freundlich  an. 
2,  50;  wie  er  die  treppe  herabläuft  in  die  anlachende  hoch- 
zeitstube  hinein,   uns.  löge  3,  158. 

ANLAGE,  f.  impositio,  dispositio,  tndoles.  im  16  jh.  fast 
nur  die  angelegte,  auferlegte  abgäbe  und  Steuer,  census,  sum- 
tus:  nachdem  solchs  on  hülf  und  zuthun  anderer  christli- 
chen gewalte,  dazu  einer  anläge  gemeiner  christgleubigen 
menschen  statlich  zu  thun  nicht  wol  miiglich.  Luther  2, 
435*;  dasz  man  in  keine  hülfe,  es  seien  denn  den  erbaren 
Städten  ihre  beschwerung  der  übermäszigen  anlagen  halb  ge- 
fingert, . . .  bewilligen  wollte.  .Meui.vchth.  2.  410 ;  ihrem  schutz- 
herm  mit  einigerlei  Steuer  oder  sonst  anlagen  zu  thnn  nicht 
verpflichtet.  Schweisichex  I,  390.  bürgerliche  anlagen,  wein- 
anlagen, bieranlagen,  es  {das  tributum)  war  eine  nach  den 
bedürfnissen  veränderliche  anläge.  Niebuhr  l,  418.  heute  redet 
man  von  abgaben,  auflagen  statt  anlagen,  doch  auch  noch  von 
Steueranlage,  der  vater  that  für  den  söhn  die  anläge,  legte 
die  kosten  aus,    sparte  keine  anläge,  keine  kosten. 

Dem  gegenwärtigen  Sprachgebrauch  ist  anläge  sowol  das  an- 
gelegte als  anliegende,  die  anläge,  beilage  eines  briefs;  die 
anläge,  der  entwurf,  werk  in  der  anläge  verfehlt,  die  anläge 
eines  gartens,  wegs,  einer  mauer,  laube,  eisenbahn,  und  ne- 
ben allen  stddten  gibt  es  neue  anlagen  {amoenitas  loci),  teenn 
die  alten  wälle  abgetragen  werden :  drüben  in  den  neuen  anlagen, 
versetzte  der  gürtner,  wo  sich  der  pfad  in  zwei  arme  theilte. 
GöTHE  17,  3.  4.  die  anläge  eines  Schlosses  vor  den  kästen, 
auch  das  blosze  fisen  oder  blech  daran,  klammer  oder  krampe; 
am  schieszijewehr  der  theil  den  man  an  die  backe  legt.  Au/"  anlie- 
gen orfer  anlegen  zurückzuführen  ist  die  anläge,  natürliche  an- 
läge: der  mensch  bat  gute  anlagen,  eine  anläge  zur  krankheit ; 
sein  mistrauen  ist  die  erste  anläge  zum  menschenfeind ;  eine 
ungemeine  anläge  zur  dichlkunst.  selten  für  nachstellung,  an- 
liegen, hinterhalt:  ich  faszte  den  entschlusz  in  keine  gesell- 
schafl  zu  treten,  welches  ich  auch  trotz  aller  anlagen  und 
nachstellungen  gehallen  habe.    Hippel  12,  103. 

ANLALLEN,  gleichsam  adlallare,  allallare,  anstammeln:  das 
kind  lallt  die  mutier  an: 

gern  hört  der  vater  aller  so 

«ich  vielfach  angelallet.    Voss  Luise  1,  418. 

ANLANDBAR,  gleichsam  appellibilis,  locus  ubi  appelli  po- 
lest: der  wol  anlandbare  hafen.   Voss. 

ANLÄNDE,  f  hau  appellendi,  statio  nacium. 
ANLANDEN,  appellere  navem,  nnl.  aanlanden,  mlat.  adri- 
pare,  arripare,  woher  das  franz.  allgemein  ftr  advenire  ge- 
brauchte arriver.  anlanden  ist  die  heulige  form,  früher  galt, 
und  richtig,  anlanden,  denn  die  anscheinend  intransitive  be- 
deutung  von  anlanden  erklärt  sich  durch  den  ausgelassenen  acc 
das  schif. 

hänget  gleich  sein  schif  an  banden 
strenger  pflichten,  die  er  ehrt, 
wird  ihm  deich  don  anrulanden, 
MollT,  selbst  von  dir  verwehrt.    BCrcer  2.  16; 
der  nenc  könig  schickt  den  Laertes  nach  Norwegen  mit    der 
nachricht,    dasz    die    flotte  bald    anlanden   werde.    Göthe  19, 
t63;    in  einem  lande  anlanden.  Klixcer  6,  249;  als  Victor  an^ 
landete  {arriva)   in   der  pfarre.   J.  Pacl  Hesp.  3,  157 ;    indem 


er  den  einen  pfeflierkuchen  asz,  landete  der  andere  ohne  lä- 
sionen  an.    uns.  löge  3, 142. 

ANLANDEN,  dasselbe,  nach  seiner  alten  gestalt,  ursprüng- 
lich, das  schif  zu  dem  lande  bringen:  alsbald  er  seim  reich 
angelendet.  Fischart  Garg. . .  .;  angelend.  223' ;  allen  anlen- 
denden  die  köpf  abhieb.  234*;  haben  sie  in  Estland  angelan- 
det   pers.  reiseb.  2,  3 ; 

da  aber  ich  vielleicht  mich  höher  möchte  wenden, 
als  dasz  mir  müglicb  sei  recht  wieder  anzulenden. 

Opitz  3,  264; 
sicher  ihren  fusz,  dasz  sie 

an  dein  Astrachan  mit  Sicherheit  anlanden,    Fliki.xg  578 ; 
da  holt  ich  an  den  stranden 

des  mächtigen  Derbeuts  mit  freuden  aniuländen.    646; 
ein  scbäfermägdlein  hat  so  schnelle  nie  gewendet 
den  fusz,  wann  eioe  schlang  ist  bei  ihr  angelendci. 

Werders  .4rios(  1.  11,  5; 
von  vielen  boten  kam  ein  bot  hier  angelendet 
die  Agramante  hatt  in  Frankreich  rumb  gesendet.    24,99; 
der  seinen  segel  hin  nach  Kngeland  gewendet, 
ist  manchmal  durch  den  wind  nach  Holland  angelendet. 

LoGAü  1,  1,  82; 
du  must,  Cleopatra,  begehrst  du  hülf  und  heil 
ans  kaisers  gnadenportdein  strandend  schif  anlanden 

LoHE?csT.  Cleop.  47,  461 ; 

sie  lendeten  im  tanfanischen  tempel  an.  Arm.  2,  595 ; 

denn  da  kein  port  erscheint,  so  länd  ich  meinen  kahn 
aus  furcht  vor  solcher  höh  am  nächsten  ufer  an. 

Gc.MHR»  72S.  967  ; 
als  im  baven  angelandet.  Brockbs  8,  105; 
dasz  sie  hier  angelandet:  sendet.    Wiela!«!)  2:5,  158; 

als  herr  Charles  auf  der  wiese  anlandete  (arriva),  liesz  er 
die  pfarrer  des  ortes  herbeirufen.  30,  73;  ich  wurde  einer 
strecke  landes  gewahr,  die  mir  zum  anlanden  bequem  schien. 
30,  79.     s.  landen. 

ANLANDUNG,  f.  appulsio  navis. 

ANLLNDüNG,  f  die  ältere  form:  Barselona,  ein  herlich 
statt  und  ein  thor  und  anlendung  des  meers.  Froxsp.  kriegsb. 
3,  ist' ;  nach  glücklicher  anländung  in  Europa.  Felsenb.  2, 574. 

ANLANGEN,  impctere,  aggredi,  nnl.  aanlangen,  einen  an- 
gehen, an  ihn  langen,  greifen:  umb  die  schuld  megens  dich 
nit  anlangen,  fastn.  sp.  848,  3 ;  da  sehet  ir  den,  umb  welchen 
mich  die  ganze  menge  der  Juden  angelanget  hat.  apostelgesch. 
25,  24 ;  aber  mein  lieber  bapst  und  der  heilige  römische  stuel 
stöszt  zu  boden  und  verdampt  solche  heilige,  geistliche  Ord- 
nung ganz  miteinander  durch  anlangen  {auf  antrieb,  bitte) 
der  priesterschaft.  Llther  l,  296*;  darumb  were  on  not  ge- 
we»t,  uns  noch  zur  zeit  umb  hülf,  beistand  . . .  anzulangen. 
2,106';  bin  auch  seincthalben  nicht  angelanget  worden.  3,415'; 
da  haben  wir  demütiglieh  mit  bitten  angelangt  den  durrh- 
leuchtigsten  fiirsten.  4,  334* ;  der  grosze  ernst  der  briefe,  mit 
welchen  ich  von  den  unsem  angelangt  .werde,  zwinget  mich. 
5,  147';  nu  hat  mich  gedachte  Else  mit  weinen  und  klagen 
angelangt.  LtrrBERS  br.  4,  273 ;  wir  sind  von  ime  selbst  an- 
gelangt uns  mit  ime  etlichermaszen  zu  vertragen.  Chmels 
Maxim,  s.  52;  damit  wir  von  ime  deshalb«!  weiter  unange- 
langt  beleiben,  s.  80;  du  wollest  uns  berichten,  wa  wir  die 
tausent  guldin,  als  du  waisl  finden,  oder  wen  wir  darumb 
anlangen  sollen,  s.  9~4 ;  und  bcgem  darauf  an  dich  mit  ernst, 
du  wellest,  so  gedachter  Ulrich  Smid  dich  anlangen  wirdet, 
ime  hilflichen  und  furderlichen  sein.  i.  15 ;  langt  uns  an 
{geht  uns  an),  s.  IS ; 

den  langt  er  an  umb  etlich  tausent.    B.  Walois  3,  92; 
du  must  sein  etwas  unverschampt 
und  auch  anlangen  umb  ein  ampt. 

FiscuAKTS  Eulensp.  hl.  258; 

der  künig  schampt  sich  nicht  mit  bilt  anzulangen,  ob  ich 
nit  künde.  Fra:<e  weltb.  215' ;  dann  ich  ward  teglich  angelangt 
von  den  unsem  umb  hilf  233';  es  habe  es  dann  die  ober- 
keit,  hieruinb  von  ihnen  angelangt,  vergünstiget.  KiBCHHor 
mtl.  disc.  224 ;  einen  umb  bezalung  hart  anlangen,  wendunm. 
259;  nnd  er  mich  ime  dieselben  aus  meinem  gerichtsbuche 
schriftlichen  mitzutheilen  begerl  und  angelangt.  REurrEU 
kriegsordn.  50;  hat  er  derhalben  nmb  günstigen  ahscbeid  ge- 
beten und  angelanget.  151;  derweil  du  grosze  lust  zu  der 
rosarznei  und  mich  bitlichen  angelanget  hast  dich  ru  berich- 
ten.  ZECnENDORFER  1,  29 ; 

derhalb  wo  unter  uns  ein  mann 
schon  anlangt  umb  ein  junpfraun.    Atrr«  t4'; 
als  ich  sie  umb  ein  dienst  langt  an.    92*; 
nachdem  uns  die  landschafl  langt  an.    133'; 
25* 


391 


ANLANGEN  — ANI.ASSEN 


ANLASSEN  — ANLASZ 


392 


dasz  uns  der  weitberühmte  heidnischer  orator  M.  T.  Cicero 
bittlich  angelanget.  Ayrer  proc.  3, 2.  dieser  gute,  unladeUiaße 
ausdruck  gerieth  im  17.  IS.jft.  auszer  gebrauch,  gleich  dem  transi- 
tiven ankommen,  während  intransitive  bedcutungcn  von  anlan- 
gen und  ankommen  sich  geltend  machten. 

Und  wie  ein  unpersönliches  es  kommt  mich  an  bestehen 
blieb,  erscheint  auch  ein  es  langt  mich  an  mit  der  bedeutung 
von  gelangt  an  mich,  kommt  mir  zu  ohren,  wird  mir  gemel- 
det: so  langt  uns  doch'  glaublich  an.  Frankf.  ref.  I.  40,  13; 
als  das  den  keiser  anlanget,  ward  er  in  einen  stall  verschaft. 
Frank  chron.  275*;  und  wiederum  mit  dat.  statt  des  acc:  in 
solichem  langt  mir  auch  gleuplich  ane.  Chmels  Maxim,  s.  29. 
a.  1494,  es  wird  mir  glaubhaft  berichtet,  glaubhafte  meidung 
gelangt  an  mich. 

Hieran  unmittelbar  grenzt  das  heutige  neutrum  anlangen, 
ankommen,  eintreffen,  an  den  ort,  an  die  stelle,  zur  stelle 
kommen:  wir  alle  sind  glücklich  angelangt;  der  böte  langt 
so  eben  an;  zu  dem  andern  Antiochien  langten  die  creuz- 
fahrer  erst  mit  dem  ausgang  des  junii  an.  Hahn  3,  305;  sie 
war  kaum  angelangt,  als  sie  ihn  zu  sich  rufen  liesz.  Wie- 
land 1,  227;  bis  sie  bei  anbruche  des  tages  weder  auf  dem 
landhause  der  Danae  anlangten.  1,  300;  als  der  befehl  zu 
ihrem  verhaft  anlangte.  7,  155;  nach  einiger  zeit  langte  die 
nachricht  von  dem  tode  des  königs  an.  7,  158;  in  einer  so 
ungeheueren  Stadt  wird  selbst  von  dem  auszerordentlichsten 
ereignis  nur  so  lange  gesprochen,  als  es  die  neuigkeit  des 
tages  ist,  und  gemeiniglich  langt  es  in  den  entfernteren  re- 
gionen  erst  alsdann,  wenn  es  in  der,  wo  es  sich  zutrug,^ 
schon  wieder  vergessen  ist,  . .  an.  32,  149 ;  langen  vollends 
die  festläge  selber  an  (kommen  sie  heran).  J.  Paul  Fibel  29; 
überhaupt  kann  man  mit  dem  lobe  nicht  zeitig  genug  an- 
langen,  teuf.  pap.  1,  39. 

Unpersönlich,  es  langt  mich  an,  geht  mich  an;  was  mich 
anlangt,  angeht,  anbelangt,  anbeiriß. 

ANLANGEN,  n.  impetitio,  petitio,  verlangen:  anlangen  und 
bitte,  reichsabsch.  von  1530.  §.  5;  cuweren  christlichen  anlan- 
gen und  häftigem  anmuten  zu  willen  werden.  Frank  lasier  An; 
al  mein  senlich  verlangen  unt  anlangen.  Melissüs  ps.  Q  4' ; 
auf  sein  ansehlich  anlangen.    Garg.  152*. 

ANLANGEND,  adv.  respeclu:  anlangend  ihre  übrige  auf- 
führung.  ehe  eines  mannes  240 ;  die  Schyrer  anlangende  wer- 
den sie  vom  Piinio  am  baltischen  meere  gesetzet.  Micrälius 
1,  103. 

ANLAPPEN,  assuere  pannum,  nnl.  aanlappen.  weidmän- 
nisch, tuch  -  und  federlappen  anheßen  und  aufrichten.  Döbel  2. 

ANLASCHEN,  arborem  cortice  signare,  forstmännisch,  mit 
dem  waldhammer  zeichnen,  scheint  verderbt  aus  anlachen,  an- 
lochen, von  dem  ahd.  lach,  hläh  incisio,  vgl.  RA.  544.  s.  ab- 
laschen,   doch  das  nnl.  aanlasschen  heiszt  anheßen,  annähen. 

ANLASSEN,  immittere,  etwas  an  etwas  lassen,  nnl.  aanla- 
ten,  ahd.  analäjan  (Graff  2,  305)  mit  doppeltem  acc,  das  was- 
ser  anlassen,  den  teich  anlassen;  das  rad,  die  uhr  anlassen, 
in  gang  setzen;  die  bälge  anlassen, -an  die  kohlen  blasen  las- 
sen; die  hunde  anlassen,  an  das  wild  lassen,  einen  anlas- 
sen, locken,  reizen:  damit  sie  andere  desto  besser  anlassen 
(an  das  spiel  fassen  lassen),  verspielen  sie  oft  freiwillig  et- 
was weniges.  Simplic.  1,  300.  verschieden  hiervon  ist  ein  an- 
lassen mit  dem  dat.  der  person:  das  kind  ist  vor  müde  ein- 
geschlafen, wir  wollen  ihm  die  strumpfe  anlassen  und  es 
gleich  niederlegen;  man  soll  in  der  rauhen  luft  ihm  den 
mantel  noch  anlassen;  du  hast  mir  treulos  gedient,  ich  kann 
dir  meine  livree  nicht    länger   anlassen,   d.  i.  an  dir  lassen; 

hie  hab  ich  piiicr  wnrfel  drei, 
"die  mir  so  treulich  bei  gcstan, 
das  sie  mir  oft  kein  Tadcn  anlan. 

fasln,  sp.  701,  25, 

an  mir  keinen  faden  lassen.  Einen  mit  worlen  und  reden  übel, 
hart,  rauii,  zornig,  aber  auch  freundlich,  höflich  anlassen, 
anfahren,  asperius,  benignius  appellare:  diesen  kerln  mit  so 
viel  Schmachworten  anzulassen.  Weise  kl.  leute  227 ;  icii  fuhr 
über  seinem  anblick  zusammen  und  fürchtete  hart  von  ihm 
angelassen  zu  werden.  Wieland  30,  358 ;  wenn  meine  launc 
dich  übel  anliesz.  Lessing;  sie  lie.sz  das  frilulein  mit  iiarten 
Worten  an.  Musaeus  3,  156;  als  sie  im  hauplquarliere  übel 
angelassen  wurden,  weil  sie  nicht  so  reinlich  erschienen. 
GÖTHE30,  88;  als  ihr  ihn  neulich  etwas  hart  angelassen  habt. 
TiECR  nov.  6,  62;  er  ist  darüber  mit  manchem  spotte  ange- 
lassen worden.   Kant  3,  391;   unser  held  wurde  von  der  für- 


stin  noch  freundlicher  angelassen,  als  vom  fürsten.  J.  Paul 
Hesp.  3,  81.     vgl.  veranlassen. 

Sich  anlassen,  speciem  habere,  incipere,  se  gerere,  zumal 
von  aufwachsenden  hindern  und  blumen:  besundirn,  da  er 
noch  ein  junger  man  was,  er  sich  suiberlichen  in  der  kunst 
anliesz.   urk.  von  1405  in  Fichards  Wetteravia  s.  185; 

es  losEt  sich  eben  sorglich  an.    Brant  narrensch.  261; 

welcher  vater  wolt  nit  freud  han, 

wenn  sich  seine  kind  so  wol  lassen  an?    fastn.  sp.  691, 10; 

unser  hänlin  liesz  sich  wol  an.  Fischart  Garg.  Hl' ;  der  knabe 
hat  sich  so  wol  angelassen,  pers.  rosenth.  l,  5;  und  wenns 
geschieht  wie  sichs  anläszt.  Luthers  br.  2,  597 ;  wie  ihr  aber 
euch  mit  geberden  anlasset.  Kirchhof  wendunm.  139'; 

die  veil^en  brechen  aus,  doch  lassen  sich  ingleichen 
das  bleiche  sorgeukraut  und  scharfe  senf  wol  an. 
Opitz  1,422; 

wie  sich  der  himmel  pflegt  im  frühling  anzulassen. 
Werders  Ariost  li,%b; 

wo  die  tragödi  so  anmuthig  wie  sich  der  anfang  anlasset. 
Gbyphiüs  1,  731 ;  es  läszt  sich  fast  so  an  (sieht  beinahe  so  aus). 
GlJNTUER  812 ;  mülstein  aus  dem  Albertshügel,  als  welcher 
stein  sich  am  allertüchtigsten  dazu  anliesz.  Fetsenb.  2,  319 ; 
nach  einer  trüben  nacht  läszt  es  sich  doch  zu  einem  heitern 
tage  an.  Müsaeüs  4,  168 ;  der  wirt  war  ein  feiner  höflicher  mann, 
der  sich  gegen  fremde  gaste  sehr  wol  anlassen  konnte.  Weise 
crzn.  8 ;  wir  wollen  sehen,  wie  sich  der  neunde  tag  anläszt 
(bei  dem  kranken).  360 ;  vielleicht  lass  ich  mich  desto  besser 
als  kuppler  an.  Schiller  201 ;  der  geistliche  erzählte  ihm, 
dasz  der  alte  sich  schon  recht  gut  anlasse  und  dasz  man 
hofnung  zu  seiner  völligen  genesung  habe.  Göthe  19,  246; 
meine  kinder  lassen  sich  zu  gescheidten  jungen  an.  20,  135; 
es  liesz  sich  an  als  müste  der  mann  endlich  sein  weih  mit 
gewalt  entführen.  Klinger  4, 108;  und  gerade  jetzt  läszt  sichs 
zum  interesse  an.  J.  Paul  I^ epomukkirch e  i21;  alles  läszt  sich 
jetzt  wieder  zum  frieden  an;  es  läszt  sich  an,  als  wenn 
keine  arznei  mehr  helfen  wollte.  Man  darf  auch  hier,  wie 
in  ähnlichen  redensarten  einen  sinnlichen  Ursprung  voraus- 
setzen, das  getraide  läszt  sich  heuer  gut  an,  der  wein  läszt 
sich  herlich  an  konnte  bedeuten:  an  die  halme,  äkren,  an  die 
reben;  das  kind  läszt  sich  wol  an,  an  die  knochen,  beine. 
der  abgezogne  gebrauch  weisz  davon  nichts  mehr,  und  fügt 
andere  praepositionen,  wie  zu,  bei. 

ANLÄSSIG,  invectivus.    Frisch  1,  579'  ^at  ohne   beleg    an- 
lässige .wort,   vei-ba  quac  rixam  movere  possunt,    womit  man 
einen  hart  anläszt. 
ANLASTER,  n.  vitium,  macula,  mhd.  älaster: 

iust  aber  allen  wol  erkant, 

daj  niemen  also  saclec  ist, 

der  al  der  werlde  und  alle  vrist 

so  wol  ze  willen  müge  geleben, 

im  werde  älaster  gegeben.    Trist.  300,  14 ; 

siben  älaster,  Septem  vilia.    attd.  hl.  1,  3(i2. 

wie  vil  ein  ros  müg  anlastcr  hän 

das  wiset  diser  spruch  hie. 

ein  Spruch  des  Conrad  Schlapp eritzin,  wahrscheinlich  vom  j. 
1445,  gedr.  in  Mones  anz.  3,  175;  obwol  der  brenner  (das 
wetterleuchten)  ein  gemeinsames  anlaster  ist  den  gewachsen, 
so  greifet  er  doch  am  meisten  das  geträid  an.  Murai.t  eidg. 
s.  57.  wir  sahen  unter  den  Zusammensetzungen  mit  ab  mhd. 
ä  ößer  dem  nhd.  ab  entsprechen,  hier  steht  es  dem  an  zur 
seile  und  älaster  ist  auch  dem  sinne  nach  ein  an  etwas  fal- 
lendes lasier,  nicht  anders  würde  mhd.  Ssanc  adustio  aus  an 
sengen  zu  deuten  sein,  aber  noch  näher  in  der  bildung  liegt 
anmal,  nnamäli. 

ANLASZ,  m.  occasio,  ansa.  sinnlich,  der  anlasz  des  Was- 
sers, balgs,  radcs,  hundes.  man  könnte  auch  sagen,  obschon 
für  beides  keine  bcispicle  verzeichnet  sind,  das  war  ein  har- 
ter, rauher  anlasz,  der  anlasz  des  korns,  des  kindes  ist  gut. 
gewöhnlich  aber  ist  anlasz  gelcgenheit,  und  es  heiszt  einem 
anlasz  geben,  machen,  benehmen,  anlasz  haben,  bekommen: 
anlasz  und  exempel.  Kirchhof  wendunm.  576 ; 

wer  ihr  anlasz  auch  zu  rechtem  zorne  gibt, 
crfiihrt  was  sie  vermag.  Opitz  1,92; 

fahre  fort  und  mache  mir 
anlasz  künftig  uiolir  zu  schreiben.    2,  33; 
aus  belrübnüs  kummen  ihrencn,  die  doch  sind  so  hfell  und  klar, 
ob  sie  klar,  »o  siht  doch  keiner,  w.is  ihr  eigner  anlasz  war. 
LoßAU  2,  9,  97  ; 

dU  alles  gibt  uns  fug  und  anlasz  gnung  zu  freuen. 
Fi,B«mol22; 


393 


ANLASZ— ANLAUFEN 


ANLAUFEN. 


ZU 


warum  will  man  dem  neid  zu  lästern  anlasz  geben* 
GRrPHiLs  t,  14; 

der   hat   gar   wenig   anlasz    auf  zeitliches   glück   zu  denken. 

Weise  */.  leute  293; 

wo  soll  man  echte  freundschaft  finden? 

das  lockwon  klingt  doch  gar  zu  fein, 

und  kann  die  herzen  zu  verbinden 

der  anlasz  schönster  hofnung  sein. 
HAGEDOR.f  2,  33 ; 

so  musz,  da  anlasz  ihm  zu  dieser  wähl 

der  richter  gibt,  sich  David  fiir  sein  volk 

dem  tode  weihn.    Klopst.   10,  "0; 

dies  war  der  anlasz  zu  dem  gesetze.  12,92;  der  dichter  hatte 
wol  gewust,  dasz  in  erholungsstunden  auch  kleine  anlasse 
zu  zwecken  führten.  12,  184;  nicht  den  geringsten  anlasz 
wird  er  verrathen,  wenn  er  seinen  vortheil  versteht.  Lessing 
6,  270;  er  hatte  noch  keinen  anlasz,  und  die  Wahrheit  zu 
sagen,  auch  kein  verlangen  gehabt  sich  darnach  zu  erkundi- 
gen. WiELA>D  1,  22t ;  auf  der  andern  seile  lieszen  die  bonzen 
. .  diesen  anlasz  ihre  verfallenen  angelegenheiten  herzustellen, 
nicht  unbenutzt.  7,  90  ;  und  unsrer  gebieterin  ist  zum  schmäh- 
ten der  anlasz  benommen.  4,97;  nach  dem  anlasz  dieser  Ur- 
bilder die  räume  auszumahlen.  Göthe  17,  211 ;  übrigens  waren 
diese  tage  zwar  nicht  reich  an  begebenheiten,  doch  voller 
anlasse  zu  ernsthafter  Unterhaltung.  17,  212;  der  einen  wie 
der  andern  zu  folgen  fühlst  du  eine  art  von  innerm  beruf, 
und  von  beiden  seilen  sind  die  äuszern  anlasse  stark  ge- 
nug. 19,  127 ;  so  brachte  ich  manche  vergnügliche  stunde 
durch  anlasz  solcher  auftrüge  zu.  24,  238.  Im  reckt  wird  von 
der  that  selbst  ihr  anlasz  unterschieden.  Fischart  gebrauchte 
das  wort  weiblich:  der  mann  sollte  seiner  frawen  keine  an- 
lasz dazu  geben,   ehz.  67,    oder  wäre  es  der  acc.  pl.  m.  ? 

ANL.\SZBRIEF,  m. .-  notdürftig  compromiss  und  anlaszbrief. 
Luther  3, 106'. 

AIS'L.\TSCHEN,  talipedare,  ein  gutes,  bezeichnendes  wort: 
die  schuhe  anlatschen,  anschleifen,  nachlässig  an  die  füsze 
streifen;  sie  kommt  angelatscht,  angeschlerfl,  mit  halbange- 
lognen  pantoffeln  gegangen,   s.  latschen. 

ANLAUF,  tn.  incursiis,  assullus,  ahd.  anaJilouf  und  ana- 
hlouft,  nnl.  aanloop :  ziehet  an  den  hämisch  gottes,  dasz  ir 
bestehen  könnt  gegen,  die  listigen  anlaufe  des  teufeis.  Ephes. 
6,  11;  gott  behüte  uns  für  alle  listige  anlaufe  und  gesuche 
des  teufeis.  Luthers  br.  3,  456 ;  anlauf.  Rihel  Liv.  12 ;  den 
feindlichen  anlauf  in  festungen  envarten.  Kirchhof  disc.  mil. 
rorr.;  da  man  sich  des  feindlichen  anlaufs  am  meinsten  be- 
sorget. 133;  sie  laufend  starks  anlaufs  in  einandren.  Mün- 
ster 747;  dasz  sie  die  von  Lacedemon  des  ersten  anlaufs  (im 
e.  a.)  erschlugen.  Fronsp.  3,  240";  zum  ersten  anlauf  füren. 
Gorg.  264*;  wider  alle  anlaufe  der  laster.  Aue.  Buchners* /roi<- 
schrißen  s.  80; 

des  meers  anlauf  und  ablauf.    Wkckberlin  227 ; 
hier  weisz  er  nichts  von  leid,  von  anlauf,  von  bescbwerden. 
Canitz  52; 

wegen  täglichen  anlauf(s)  der  Schuldner.  Salinde  167;  ich 
fürchte  mich  vor  niemand  mehr  als  vor  einem  Ihoren,  der 
einen  anlauf  nimmt  klug  zu  werden.  Göthe  U,  71 ;  nur  mit 
ihnen  wollt  ich  leben,  ineine  Jugend  nutzen,  genieszen  und 
80  das  alter  im  treuen  redlichen  anlauf.  21,  161;  (nac/i  der 
ersten  ausg.  der  tcandeij.  von  1821  stellt  die  neuste  ablauf 
her,  dem  doch  die  subjecliven  adj.  minder  zusagen);  er  nimmt 
immer  erst  einen  anlauf  durch  bewegung  der  lippen  und 
nachhelfen  der  bände  und  arme,  bis  er  denn  endlich  was  er 
gedacht  herausstöszt.  27,  14S;  das  ist  gut  für  den  ersten 
anlauf.  in  der  baukunst  heiszl  ein  emporlaufendes  glied  der 
teule  anlauf  und  in  den  gewerken  ein  Iheil  des  schräg  in  die 
höhe  steigenden  heides  auch  der  anlauf.  Das  geschleckt  des 
Wortes  erscheint  nicht  überall  männlich,  wie  akd.  anahlouft 
weiblich  war:  ist  es  eiti  anlauf  da;  (die?)  Undankes  geschiet, 
die  stet  einen  Schilling  pfening.  weisth.  1,  515. 

ANLAUFEN,  assilire,  incurrere,  offendere,  nnl.  aanloopen, 
an  einen,  an  etwas  laufen,  von  gewässer  und  flut  (wie  ange- 
hen), wider  den  berg  anlaufen,  gegen  das  wilde  thier  anlau- 
fen, kauptsäehlich  aber  ein  kriegerischer,  darum  sehr  gangba- 
rer ausdruck,  im  stürme  wider  den  feind,  wider  die  bürg, 
wider  die  mauer  anlaufen,  zurückprallen  und  nichts  ausrich- 
ten, mil  blutigem  köpf  anlaufen ;  im  (Instern  lauft  man  überall 
an;  das  schif  ist  (ani  felscn)  angelaufen;  welche  in  ansehen 
und  anlaufen,  der  ange.sicht  wird  nicht  zu  schänden,  pj.  34,  6; 
müssen  sie  anlaufen  und  fallen.  27, 2 ;  so  werde  ich  in  las* 


sen  anlaufen.  Ez.  3,  20 ;  sind  sie  darumb  angelaufen,  dasz  sie 
fallen  sollen?  ROm.  11,11;  dasz  ich  teglich  werde  angelaufen. 
2  Cor.  11,  28 ;  hiermit  wil  ich  iederman  verwarnet  haben,  das 
er  nicht  durch  römischen  handel  und  doctor  Ecken  beschie- 
szen  an  mir  anlauf.  Luther  1,  345' ;  so  aber  das  iemand  sich 
vermisset  zu  wagen,  der  sol  wissen,  das  er  anlaufen  wird 
in  die  ungnade  des  allmechtigen  gottes.  2,  56';  warumb  ich 
wolt  still  schweigen  und  sie  getrost  anlaufen  und  sich  ergern 
lassen.  3,142";  da  laufen  sie  denn  recht  an  und  versündigen 
sich  auch  an  gott.  3,  235' ;  an  TertuUiani  spruch  hat  er  an- 
gelaufen und  sich  daran  gestoszen.  3, 472' ;  weil  sie  an  in 
gelaufen  und  kein  recht  haben.  4,  28";  wenn  sie  fületen, 
das  sie  so  oft  angelaufen  und  gefeilet  betten.  5,  54';  wie 
auch  Salomon  spricht,  du  soll  nicht  allzugerecht  sein,  das 
du  nicht  anlaufest.  5,  246";  anliefe  und  feilete.  5,251';  wie 
gar  schendlich  laufen  doch  solche  lügener  an?  5,  300";  die 
Schrift  uberal  strafet  auf  menschen  trawen  (drohen)  und 
zeigt,  das  sie  feilen  und  anlaufen  sollen.  6,  66';  wirst  aber 
weidlich  mit  dem  köpf  anlaufen  und  dich  stürzen.  6,  188"; 
aber  man  sihet  auch,  wie  sie  gar  weidlich  drüber  anlaufen 
und  nichts  schaffen.  6, 131' ;  da  liefen  sie  an  und  verbrandten 
sich.   6,  238' ; 

so  oft  es  (das  Heer)  lof  ein  stürm  an.    H.  Sachs  I,  146'; 

die  pawrenhund  mich  laufen  an.    II.  4,  2'; 
man  leret  si  kriegskunst  und  anschläg,  schickt  sie  an  slurm- 
stett  anzulaufen.    Frank  wellb.  98';  dise  stat  ist,  so  das  mör 
anlauft,   ein  insel,   so  es  ablauft,   gehet   man  zu  fusz  in  die 
statt.   189';   so    nun   der  feind  begert  ein  stürm  anzulaufen. 
Fronsp.   kriegsb.  1,  132';   deswegen  diejenigen  angelaufen  und 
erstummet  sein,  die  es  vor  das  moly  erstlich  ausgeben  haben. 
Tabernaemontanüs  s.  686 ;  bei  groszen  anlaufenden  gewässern. 
Garg.  133';  wasser  so  anlauft.  287";  dapfer  den  stürm  anliefen. 
147".  265' ;  dasz  sie  so  übel  angeloffen  waren.  199" ;  der  anlau- 
fend stram.    238";   sie  (die  reichen)  werden  von  allzu  vielen, 
die  etwas  bitten,  angelaufen,  pers.  rosenlk.  7,  20 ; 
nud  die  grimme  noth 
uns  mit  entblosztem  schwert  schon  anlauft.    Gbtphiüs  1, 13; 

willst  du,  dasz  er  übel  anlaufe,  vertrieben  werde  ?  1,  938 ; 
einen  jedwederen,  wie  unvernünftige  thiere  thun,  ohne  un- 
terscheid anlaufen.  Opitz  poe/ere»  24; 

ein  wildes  grimmes  thier  läuft  alle  menseben  an; 
angeloffen  wasser  (angeschwollnes,  gestiegenes).  Zinrgr.  2,  35; 
urab  eine  zehrung  anlaufen.  2, 11 ;  den  generalsturm  anlau- 
fen lassen,  2, 116, 18;  der  die  wasser  anlaufend  machet.  Atrer 
proc.  3,  6 ;  er  ist  gleichwol  dreimal  angelaufen.  Weise  kl.  leute 
95;  ich  wolle  vil  ehe  beflissen  sein,  meinen  abgesagtesten 
feind  anzulaufen.  Jucund.  27 ; 

für  meinen  pari,  mit  groszen  herrn 

und  meister  L'rian 

äsz  ich  wol  keine  kirscben  gern. 

man  läuft  verdammt  oft  an.    Bcrckr  24' ; 
niederhangenden  hauptes,  die  wangen  von  thränen  befeuchtet, 
wandert  es  dürftig  einher,  lauft  an  die  freunde  des  vaters.    241*; 

der  mensch  läuft  mich  auf  allen  straszen  an.  Hippel  br.  13, 
19;  ohne  auf  das  äuszerste  hart  anzulaufen.  Herder  1,  181; 
wenn  einer,  der  friedliebende  leute  gerne  neckt,  endlich  ein- 
mal anläuft  und  schlage  bekommt.  Kant  4,  169 ;  der  verdient 
es  freilich  auch,  dasz  er  übel  anläuft.  Tieck  9,  129;  da  der 
hügel  am  höchsten  anlief  (hoch  empor  ließ.  J.  Paul  flegelj.  1, 
54 ;  die  fläche  läuft  sanft  an ;  die  schulden  laufen  täglich  hö- 
her an,  mhd.  schulde  ligent  und  fCtIent  niht,  rü^ent  niht. 
anlaufender  schade.  Haltaus  34.  angelaufene  fallen  in  fraucn- 
kleidern.  Leipziger  stadtordnungen  1544.  4.  D  ii".  die  füsze  lau- 
fen an,  schwellen. 

Wie  sonst  die  hunde  das  thier  anlaufen,  der  Jäger  sie  das 
thier  anlaufen  läszt,  läuft  umgedrekt  auch  das  thier  an, 
kommt  dem  Jäger  zu  schusse  und  anlaufen  lassen  gilt  vom  wilden 
sehwein,  wenn  es  auf  das  fangeisen  anläuft,  einen  anlaufen  las- 
sen, heranlassen,  um  ikn  bald  abzuwekren,  ablaufen  zu  lassen. 

!^icbt  zu  übersehn  unsre  trefliche,  lebendige  redensart:  das 
glas,  der  spiegel  läuft  an,  wenn  ein  hauch  an  ihn  läuß,  über 
ihn  fliegt;  das  fenster,  die  Scheibe  läuft  an  vom  frosl;  es 
keisit  eben  wol,  das  glas  ist  angelaufen,  angeflogen,  der 
wein  ist  angelaufen,  mit  kahn,  schimmct,  wird  anbrüchig; 
den  stahl  blau  anlaufen  lassen,  franz.  bleuir  l'acier;  der  an- 
gelaufene glänz  seines  glucks,  hebelatus  nilor;  das  feld  ist 
schon  angelaufen  von  grüne,  ohne  zweifei  alte  ausdrucks~ 
weise,  für  welche  sich  zufällig  kein  älterer  beleg  bietet  als  aus 


395 


ANLAUFEN— ANLEGEN 


ANLEGEN 


396 


pers.  batitng.  9,  19:  obschon  ein  spiegel  anlauft,  wenn  man 
ihn  anhauchet,  sie  gehOrl  unter  die  von  J.  Paul  gcmisbrauch- 
ten:  der  Silberblick  des  himmels  liiufl  mit  zertragenen  dun- 
keln flocken  an.  Hesp.  3,  138;  der  leidenkelch,  nasz  und 
schwarz  angelaufen.  Tit.  3, 142 ;  da  nach  den  tkeologen  die 
mohren  Chams  enkel  blosz  durch  den  fluch  Noahs  so  schwarz 
angelaufen  sind,  biogr.  bei.  1,  127;  gesiebt  eines  gehängten 
schwarz  angelaufen.  Fibel  44. 

Ganz  transitiv  läszt  Bürger  ein  weih  dem  manne  die  hür- 
ner  wieder  anlaufen,  {die  stelle  steht  unter  ablaufen.) 

AiSLAUFEN,  n.  incursus,  assultus :  sie  haben  sich  gestoszen 
an  den  stein  des  anlaufens.   Rom.  9,  32. 

ANLÄUFERN,  weidmännisch  was  anrühren,  läufervögel,  ruhr- 
vögel  auf  dem  hcrd  haben  und  die  wilden  vögel  damit  an- 
locken,    s.  anrühren,  ansilen. 

ANLAUFT,  was  anlauf:  das  sind  nu  solche  anlaufte,  da- 
mit er  (teufel)  die  ganze  Christenheit  angreifet.  Luther  5,  515*. 
könnte  beides  m.  oder  f.  sein. 

ANLAUT,  «I.  initium  vocis,  der  laut  oder  buchstab,  mit  dem 
ein  wort  anhebt. 

ANLAUTEN,  das  wort  beginnen,  binden  lautet  an  mit  b,  an- 
lautendes b. 

ANLÄUTEN,  campanam  pulsare,  campana  signum  dare  in- 
choandi:  ein  metten,  vesper  wol  an-  und  eingelitten.  Garg. 
246' ;  die  kirche,  den  feiertag,  feierabend,  die  arbeit,  mahlzeil 
anläuten;  es  läuten  sie  {die  stunde)  an  grauenvolle  geister. 
Fr.  Müller  2,  151;  glocke,  die  von  einem  faulen  küster  ange- 
läutet wird.    Bettine  hr.  2,  243; 

bald  ich  anleutl,  die  pforl  aufgieng.    H.  Sachs  I,  275'. 

ANLEBEN,  vivere  incipere,  gebildet  wie  aufleben,  ein  selt- 
nes wort,  dessen  sich  Jon.  Riemer  bedient:  in  dieser  bestür- 
zung  getröstete  er  sich  damit,  dasz  sein  überwundener  wie- 
derumb  ein  anleben  von  sich  merken  lassen  {lebenszeichen 
von  sich  gab),  pol.  stockßsch  s,  289;  die  erste  liebe  war  die 
unschuldigste,  welche  noch  in  meiner  kindheit  gegen  ein  an- 
der kind  anlebete,   pol.  colica  344. 

ANLECHZEN,  gegen  etwas  lechzen: 

ha,  dann  blick  und  lechz  ich  mit  entzücken 
jede  bhime  deiner  Schönheit  an.    Bürger  99". 

ANLECKEN,  allambere:  die  ziegen  lecken  die  steine  an. 

ANLEG,  f.  ahd.  analegi?  bedeutete  an  einigen  orten  eine 
angelegte  klammer ;  anderswo  ein  zum  ausschenken  niedergeleg- 
tes weinfasz  (Schmeller  2,  449) :  ein  anleg'  wein  ausschenken. 
Chmei.s  Maximilian  s.  372. 

ANLEGEN,  apponere,  imponere,  tnferrc,  inslruere,  goth. 
anala^an,  ahd.  analeckan,  mhd.  anlegen,  nnl.  aanleggcn.  viel- 
fache bedeutungen,  wobei  von  den  sinnlichen  ausgegangen  wer- 
den musz. 

1)  an  den  leib  und  theile  des  leibs  legen:  die  mutter  legt 
das  kind  an  {an  die  bftist);  die  kette  anlegen  {an  den  hals); 
das  armband  anlegen ;  den  gürtel  anlegen  {an  den  leib) ;  das 
Schwert  anlegen  {an  die  hüße);  die  walTen  anlegen,  ahd. 
wieder  mit  doppeltem  acc.  du  legilös  dih  ana  suert,  nhd.  leg- 
test dir  das  schwert  an.  lasset  uns  anlegen  die  wafl'en  des 
Hechts.   Rom.  13, 12 ; 

alle  diese  liebeswafTen  leg  ich  an.    Goitf.r  3,  520; 
dem  gefangnen  die  fessel  anlegen,   ahd.  haftan   man   fejarön 
analeckan ; 

dir  wirl  der  strick  selbs  angeleit.  fastn.  sp.  55,  1 ; 
dem  missethäter  die  schrauben  an  den  daumen  anlegen,  dem 
pferde  den  zäum,  zügel  anlegen;  legt  die  senncn  {sehne)  an. 
Garg.  180'.  Zumal  geht  dies  anlegen  an  den  leib  auf  das 
anziehen  des  gewands  und  einzelner  kleidungsstücke :  niid  legt 
im  den  leinenrock  an.  3  Mos.  8,  7 ;  und  sol  den  heiligen  lei- 
nen rock  anlegen.  16, 4 ;  lege  dein  kleid  an.  Rulh  3,  3 ;  der 
den  hämisch  anlegt.  1  kön.  20,  11 ;  du  menschcnkind  sihe, 
man  wird  dir  stricke  anlegen.  Ez.  3,  25 ;  du  soll  deinen 
schmuck  anlegen.  24,  17  {Luise  3,  194.  385) ;  heule  wie  eine 
jungfraw,  die  einen  sack  anleget  umb  iren  breutigam.  Joel 
1,  8 ;  und  legten  ihm  einen  purpurmantcl  an.  Matth.  27,  28 
(ahd.  r6t  lahhan  umbi  bigAbun  inan) ; 

Tewrdank  legt  »ich  in  sein  zeug  nn 

und  reit  hinfur  hin  auf  die  pan.     Teuerd.  54,  39; 

wir  wollen  in  {den  mnntel)  ir  anlegen,    fasln,  sp.  670,  24 ; 

das  Diöcht  er  sunst  nit  legen  an.    Dkant  narrensch.  250; 

die  kind  waren  mit  leichtem  gewand   angelegt.    Frank  weltb. 
86*;  die  andern  des  adels,  so   noch   übrig  und  in  schoOden 


kleidern  angelegt  waren.  117* ;  du  soll  den  Aaron  anlegen  mit 
den  heiligen  kleidern.  Reiszner  Jerus.  43* ;  habe  ich  das  ge- 
bürliche  und  gebräuchliche  klagekleid  angeleget.  Schweini- 
chen  1,  61; 

kleidung  ist  der  mann, 

wer  sie  hat  zu  legen  an.    Fischart  Garg.  112'; 

etliche  in  leidkleidern  angelegte  diener.    Atrer  419'; 

sie  hat  diesmal  ihren  ganzen  Staat  angelegt;  das  mäntelchen 
mag  sie  nicht  mehr  anlegen,  auch  ohne  beifügung  des  klei- 
des  heiszl  anlegen  ankleiden,  sich  anlegen  sich  ankleiden: 
sorget  nicht  was  ir  essen,  trinken  und  anlegen  solt,  sucht 
zuvor  gottes  reich  und  sein  recht.  Luther  2, 173* ;  es  was  ein 
hüpscher,  groszer  man,  woU  angelegt  {angekleidet).  Tho.  Pla- 
ter  s.  75 ; 

ich  lig  oft  drei  wochen  angelegt  (nnausgezogen  in  den  kleidern). 
fastn.  sp.  564,  3  ; 
wie  war  er  angeleget? 
mit  purpur  und  er  trug  mit  gold  gestickte  schuh. 
Gryphius  1,  54; 
ich  liesz  mich  als  ein  weih  durch  meine  freund  anlegen.    1,  200; 
auf  denn  und  legt  euch  an  als  priester.    1,67; 

der  keiser  gieng  heim  und  legt  sich  anders  an.  seh.  und 
ernst  9";  komm  mit  mir  in  die  kammer  und  hilf  mir,  das 
ich  mich  anleg.  48'; 

ich  will  heim  und  mich  legen  an 
auf  morgen  nach  dem  allerbesten.    Atrer  8' ; 
so  steht  er  auf  mit  ihr  {der  morqcnröthe),  sein  haupt  ist  ihm 

nicht  schwer 
von  einer  frembden  last,  er  pflegt  sich  anzulegen 
zwar  sauber  doch  nicht  stolz  mit  seinem  morgensegen. 
Opitz  1,62; 

ich  hatte  mich  besser  angelegt.  Opitz  Arg.  1,  618 ; 

nicht  anders  leget  sich  die  blumengöltin  an 
als  meine  Magdalis.  Gönther  561 ; 

dasz  er  sich  niedersetzte,  zu  verharren,  bis  sie  sich  angele- 
get. Simplic.  2, 102 ;  sie  legt  sich  von  heute  schwarz  an ;  der 
hof  hat  trauer  angelegt,  die  beispiele  lehren,  dasz  statt  des 
älteren  einen  das  kleid  anlegen  gesagt  wurde  einem  anlegen 
oder  einen  mit  dem  kleid  anlegen,  zu  einfachem  legen  läszt 
sich  an  mit  acc.  fügen,  nicht  mehr  zu  anlegen:  ich  lege 
das  kleid  an  mich,  aber  ich  lege  mir  das  kleid  an,  doch  je- 
nes drückt  nur  sinnliches  an  den  leib  legen,  nicht  anziehen, 
ankleiden  aus. 

2)  band  anlegen,  manum  inferre,  feindlich  anlegen:  lege 
deine  band  nicht  an  den  knaben,  und  thu  im  nichts.  1  Mos. 
22, 12 ;  legt  die  band  nicht  an  ihn.  37,  22 ;  aber  aller,  die  in  dei- 
nem hause  sind,  so  eine  band  an  sie  gelegt  wird,  so  sol  ir 
blut  auf  unserm  heubt  sein.  Jos.  2,  19;  denn  sie  legen  ire 
hende  an  seine  friedsamen,  ps.  55,  21;  da  traten  sie  hinzu 
und  legten  die  hende  an  Jesum  und  griffen  in.  Matth.  26,  50 
{ahd.  legitun  iro  hant  in  then  heilant  ana).  für  manum  in- 
ferre sihi  sagen  wir  die  band  an  sich  legen,  nicht  anlegen. 
Da  aber  der  begrif  manus  leicht  übertritt  in  den  von  potestas, 
so  hciszt  es  auch  gewalt  anlegen:  sie  versprach  ihrem  eige- 
nen leibe  keine  gewalt  anzulegen  {vim  inferre).  Weise  kl. 
leule  164.  folglich  auch  den  tod  anlegen  {mortem  infene) : 
dasz  man  eben  für  die,  so  den  tod  anlegen,  stirbt.  Luthers 
br.  3,  67; 

was  aber  wilt  du  ihr  für  einen  tod  anlegen*    Opitz  1,  186 ; 

(sie)  hatte  jämmerlich  den  tod  ihr  angeleget, 

sich  an  ein  tucli  gehenkt.    1,  198; 

wann  dir  die  ganze  well  auch  schon  den  tod  abschlägt, 

so  kan  er  dir  von  dir  selbst  werden  angelegt. 

Werdkrs  Ariost  4,  36  ; 

ob  ir  solches  (unglück)  durch  einen  selbst  angelegten  tod 
vertreiben  könnet.  Weise  kl.  leute  162.  Man  sagt  desgleichen 
in  anderm  guten  sinn  band  anlegen  für  ans  werk  greifen, 
etwas  anfassen,  z.  b.  die  band  anlegen  an  den  pflüg,  an  den 
wagen ;  in  den  weislhümern  bei  der  hilfe,  die  dem  abziehen- 
den geleistet  werden  soll:  einen  fusz  aus  dem  Stegreif  thun 
und  band  anlegen,  weisth.  3,  368.  die  letzte  band  anlegen, 
ciiier  Sache  die  letzte  Vollendung  geben;  band  mit  anlegen, 
arbeiten  helfen,  goth.  handuns  analagjan,  segnend  und  hei- 
lend die  hdndc  auf  einen  legen. 

3)  ein  gerülh  anlegen,  die  axf,  das  beil  anlegen  (an  den 
bäum,  an  die  wurzel) ;  ein  schlosz,  eine  klammer  anlegen  {an  die 
thür);  die  sichel  anlegen  {an  das  getraide) ;  die  reife  anlegen  {an 
das  fasz)  vgl.  antreiben;  den  hammcr  anlegen  (an  die  reife); 
das  fasz  zum  ausschenken  anlegen ;  das  gcwehr  anlegen  (an  den 


397 


ABLEGEN 


ANLEGEN 


398 


backen);  die  flinte  anlegen  und  zielen,  tum  schusz  anlegen; 
absolut,  anlegen  auf  etwas,  zielen,  absehen,  es  war  darauf 
angelegt,  visiert;  das  schif  anlegen  {ans  land),  mit  dem  schif 
anlegen. 

4)  bolz  anlegen,  an  das  (euer,  damit  es  fortbrenne:  schlag 
mir  feuer,  leg  holz  an,  stell  wasser  beil  Götbe  13, 148.  um- 
gekehrt, feuer  anlegen,  an  das  holz,  haus,  dach: 

was  hast  du  für  ein  feur,  o  Saul,  nicht  angelegt  I  Griphius  1,  559; 
gestern  ist  im  schlosz  feuer  angelegt  worden. 

5)  ein  gespinst  und  gewebe  anlegen,  telam  ordiri:  die 
spinne  legt  ihre  feinen  fäden  an  das  fenster  an;  die  raupe 
hört  auf  zu  fressen  und  legt  ihr  gewebe  an,  spinnt  sich  ein; 
den  rocken  zum  spinnen  anlegen;  es  ist  mein  rat,  das  man 
ieglichem  ein  kunkel  anieg,  das  er  spin.  seh.  und  ernst  360; 
der  webende  legt  den  faden  an,  zettelt  an:  du  hast  den  fa- 
den wol  angelegt,  oder  auch  blosz:  du  hast  es  wol  angelegt; 
ich  habe  den  faden  wieder  aufgefaszt,  den  dein  vater  ange- 
legt hatte,  raubbegierige,  unwissende  diener  hatten  ihn  zer- 
rissen. Ki.iNGEB  5,  195.  auch  der  nistende  vogel  webl  gleich- 
sam, legt  sein  nest  an  die  zweige  an,  der  zeisig  am  gipfel 
hoher  erlen : 

ein  zeisig,  der  sein  nest  nur  eben  angelegt.  Hagedorm  2,  123. 
Wie  der  vogel  baut,  legen  sich  menschen  häuser,  dürfer  und 
Städte  an,  das  haus  ist  schon  angelegt,  der  grund  an  den  bo- 
den  gelegt;  äcker,  wiesen,  felder,  gärten,  Weinberge,  hüfen 
anlegen ;  eine  lebendige  hecke,  eine  mauer  soll  hier  noch  an- 
gelegt werden;  so  unschädlich  und  geschickt  für  äcker  und 
wiesen  sind  die  fruchtbäume  angelegt.  Klixger  S,  37;  spar- 
geln  auf  dem  beete  anlegen,    sich  anlegen,  sich  anbauen : 

dann  legt  der  mensch  sich  an,  verbringt  i^uf  seinem  gründe 
und  ackern  detAeruf,  worzu  er  ist  bestimmt.    Opitz  3,  1"5. 

eine  kirche.  bürg,  festung  anlegen,  zu  bauen,  zu  errichten  an- 
fangen, alles  wurde  so  künstlich  ausgeführt,  wie  es  angelegt 
war.    vgl.  anläge. 

6)  anlegen  noch  von  andern  dingen,  die  gelegt,  hingelegt, 
gespreitet  werden :  locken  anlegen,  das  haar  kräuseln ;  die  gar- 
ben  anlegen,  in  der  tenne  zum  dreschen  ausbreiten;  den  mist 
auf  dem  acker  anlegen,  ausspreilen:  wann  der  mi»t  faul  ist, 
ist  er  gut  anzulegen.  Fischart  groszm.  20;  den  mahlern,  die 
erste  schwache  färbe  anlegen,  außragen,  den  wald  grün,  die 
berge  braun  anlegen,  etwas  anlegen,  entwerfen,  minen  anle- 
gen, die  gesprengt  werden ;  zülle,  steuern,  samlungen  anlegen; 
die  meisten  bibliotheken  sind  entstanden,  nur  wenige  angelegt 
worden.  Lessi.vg.  anlegen  =  ansetzen :  er  legt  fett  an ;  rost 
legt  sich  an  das  eisen  an,  der  brei  an  den  topf;  salz  legt 
sich  an,  schieszt  an.  * 

')  figürlich,  ein  verbrechen,  einen  betrug,  mord  anlegen: 
ohne  einigen  anschein  eines  angelegten  betrugs.  Kant  3,  89 ; 
der  angelegter  buberei  unwrissender  Junker.  Kirchh.  wendunm. 
"6* ;  durch  angelegte  meuchelmorde.  Scbiller  1078.  einem 
leid,  trübsal,  plage  anlegen,  wo  wir  heute  sagen  anthun,  bei 
Luther  häufig:  du  aber,  der  du  den  Juden  alles  leid  anle- 
gest. 2  Mace.  7,  31 ;  Tergelten  trübsal  denen,  die  euch  trübsal 
•  anlegen.  2  Thess.  1,  6 ;  die  tyrannen,  so  das  evangelium  Ter- 
fulgen  und  mir  alles  leid  anlegen.  Lcther  4,  434';  der  für- 
sten  und  tyrannen,  die  ire  weltlichen  untertlianen  flugs  unver- 
hürt  gefangen,  geschätzt,  verjagt  und  alle  plage  angelegt  ha- 
ben. 2.237*;  die  so  den  tod  anlegen.  3,28';  die  leidigen  pre- 
diger,  die  den  leulen  alles  herzenleid  anlegen.  3,  305' ;  seinem 
neclisten  alles  leid  anlegen.  3,  327';  wie  wils  denen  gehen, 
die  den  armen  noch  dazu  nemen  was  sie  haben  und  legen 
in  alle  plage  an?  3,  394;  es  haben  könige  und  fürsten  den 
dienern  Christi  alle  plage  und  Unglück  angelegt.  4,472';  bis- 
her haben  sie  für  ketzer  alle  die  verfolget  und  alle  plage  an- 
gelegt. 5,  279*;  wenn  sie  sehen,  wie  es  ihnen  gehet  in  der 
weit,  die  inen  alle  plage  anlegt  und  nicht  einen  bissen  hrols 
günnet.  5,  410';  das  es  kriegen  die  eiscnfresser,  den  es  nie 
gedacht  ist,  und  dazu  den  leuten  alle  plage  dafür  anlegen. 
5,  413' ;  da  wehet  es  erst  sawer  unter  äugen,  wenn  ich  dem 
sol  hold  sein,  guls  thun  und  wündschen,  der  mir  alles  herz- 
leid anlegt.  6,45»';  ir  fület  und  klaget,  das  ir  mitten  in  der 
Welt  bleiben  müsset,  die  euch  nicht  leiden  wil  und  alles  Un- 
glück anlegt.  6,195';  gegen  denen  müssen  wir,  dfe  da  wollen 
Christen  sein,  allerlei  plag  und  unglück  haben  und  müssen 
nur  leglich  des  ergeslen  warten,  was  uns  der  leufel  und  die 
weit  kan  anlegen.  6,  227";  aber  das  die  Juden  uns  armen 
Christen  alle  herzeleid  anlegen.  8,  96*. 


8)  einem  ehre  und  schände,  schmach,  gleichsam  wie  dtren- 
zeichen  oder  fessel  anlegen,  heute  wiederum  anthun: 

welche  frau  in  (den  stein)  bei  ir  tregt, 
die  wirt  grosz  wird  und  eer  angelegt. 

fastn.  tp.  765,  3 ; 

wer  einem  narren  ehre  anlegt,  das  ist  als  wenn  einer  einen 
edlen  stein  auf  den  rabenslein  würfe,  spr.  Sal.  26,  8 ;  und  die 
uns  dünken  die  unehrlichsten  sein,  denselbigen  legen  wir  am 
meisten  ehre  an.  1  Cor.  12,  23;  ich  acht  es  sei  übrig  cnug, 
das  ich  eins  menschen  wort  so  viel  ehre  anlege,  das  ich  be- 
kenne es  sei  war.  Lltueh  1,  129*;  weil  sie  mir,  dem  wirt, 
keine  ehre  anlegte  (keinen  guten  morgen  böte),  so  wäre  ich 
auch  nicht  schuldig  sie  zu  grüszen.  ScHWEtsicuEs  2,  S5;  dasz 
sie  die  edel  ci'eatur  so  übel  anlegten.  Garg.  232' ;  als  er  den 
andern  göttern  der  fruchte  allerlei  ehre  anlegte,  und  Dianen 
auszeu  liesz,  ward  die  göttin  ergrimmet.  Opitz  1,  277 ; 

(das  du)  an  im  töcbtern  und  an  im  frauen 
grosz  schand  und  schmach  hast  angelegt. 
fastn.  sp.  299,  18; 

Strafe  die  uns  alle  schände  anlegen.  2  Macc.  1,  28 ;  die  schwer- 
mer,  die  dem  evangelio  nur  schände  anlegen.  Llther  3,  165; 
und  wissen,  das  die  in  (den  ehstand)  verachten,  nicht  allein 
für  der  weit  schände  anrichten,  sondern  auch  der  hohen  hei- 
ligen hochzeit  Christi  und  der  Christenheit  unehre  und  schmach 
anlegen.  6,  357' ;  sie  werden  sich  billicher  annemen  der  schmach, 
so  der  cardinal  mit  der  that  dem  stam  anlegt.  6,  358'.  br.  5, 35 ; 

kernt  euch  mein  bmder  auf  dem  weg, 

er  legt  euch  an  ein  schände.    Uhla.^o  tolksl.  432; 

sie  wissen  nicht,  das  sie  auch  gott 

sambt  dem  künig  anlegen  spot.    Schxelzsl  Saul  8*. 

9)  leben,   tage,  jaiire,   zeit,   dienst,   fleisz,   ernst  anlegen: 
0  heiT,  ich  hab  mein  leben  übel  anlegt.  Lltiiee  4,  488' ; 

der  hat  sin  tag  geleit  basz  an, 

dan  Hercules^ie  hat  getan.    Bra-M  narrensch.  s.  129; 

der  leg  sein  leben  also  an.    Atrer  34"; 

(ich  klage)  dasz  ich  meine  junge  tag  so  übel  angelegt  habe. 
Frey  garieng.  60';  ihr  die  ihr  nun  allbereit  50  jähr  verloren 
habt,  mögt  die  fünf  übrige  die  ihr  vielleicht  noch  habt,  vor 
gewinst  rechnen  und  selbige  wol  anlegen,  pers.  baumg.  9,  1; 

die  keiser  ...  die  mit  last 

zu  aller  freiubdigkeit  anlegten  zeit  und  kost.    Opitz  376; 
so  zeugst  du  auch  nicht  wenig, 

wie  wo!  du  deine  zeit  bei  dem  hast  angelegt, 

der  unscrs  landes  last  auf  seinen  achseln  trägt. 
FLEMi.<<e  47 ; 

wer  nichts  tbut  der  hat  viel  gethan, 

dasz  er  die  zeit  so  schlecht  legt  an.    Logau  3,  6,  91; 

schreib  mir  bisweilen  . . . 

ob  wol  die  Jungfer  braut  anleget  ihre  zeit.   Grtpbius  2,  76; 

wie  rühmlich  du  die  Zeit  auf  schulen  angeleget.  Caxitz  57; 

da  ich  solchs  hörete,  that  mirs  ser  wehe,  das  mein  herzlicii 
treuer  dienst  so  übel  angelegt  were.  Li:tber  1, 143' ; 

Aleides  hat  im  jagen 
den  ernst,  mit  welchem  er  die  riesen  lodi  geschlagen, 
nicht  minder  angelegt.  Opitz  1,  7  ; 

der  mensch  pflegt  zwar  mit  vielen  dingen 
die  zeit  das  kurze  pfand  des  lebens  zu  vollbringen 
und  leget  allen  witz  bei  schönen  künsten  an.   1,  23; 

wenn  zu  dem,  was  hiebevor  in  diesem  buche  erzehlt  ist  wor- 
den, die  vornemlich  ihren  fleisz  werden  anlegen,  welche,  poe- 
lerei  71 ;  fleisz  anlegen,  fastn.  sp.  887,  33 ;  allein  wird  es  zeit 
brauchen,  in  welcher  ich  geduld  und  du  fleisz  anzulegen  nö- 
thig  haben  werden.  Simpl.  l,  37 ; 

der  so  sein  pfund  wol  angelegt 

wird  zweifach  mehr  bekommen.  Günther  34 : 

dasz  er  solche  gäbe  gottes  und  groszen  verstand  in  der  schrift 
schuldig  sei  anzulegen.  Luthers  br.  5,  511 ;  solches  geld  legte 
meistens  an  lauter  waaren.  Felsenb.  1,  35 ;  weil  die  gute  so 
übel  angelegt.  Gryphiüs  1,26; 

wie  war  ein  theil  der  guter 

so  köstlich  angelegt.    Götbe  9,  254. 

wir  sagen  heute  sein  geld,  sein  vermögen,  capitai,  sein  pfund 
anlegen,  doch  lieber  seine  zeit,  seine  jähre  anwenden,  verwen- 
den, mühe,  arbeil  anwenden,  obschon  anlegen  statthaß  bleibt: 
ich  habe  mich  vom  niiisziggange  losgearbeitet  und  in  der  stille 
hergesetzt,  um  meine  zeit  edler  anzulegen ;  diese  gaben,  diese 
wulthaten  sind  gut  angelegt,  franz.  employer,  implicare,  im- 
mitlere.    in  'dm  «eislhümem  oß:  frage  anjefen,  sUHtn. 


399 


ANLEGEN  — ANLEHREN 


ANLEIDEN  — ANLEITUNG 


400 


10)  nicht  selten  steht  bloszes  anlegen,  z.  b.  in  den  weislhü- 
mern  angelegt  =  gefragt;  es  wol  oder  übel  anlegen,  es  mit 
einem  anlegen,  es  auf  etwas  anlegen :  das  es  dennoch  unver- 
loren sei,  sondern  wol  angelegt  und  viel  guts  damit  geschaf- 
fet werde.  Luther  5,  413' ;  es  gibt  oft  einer  etwas,  da  ers  übel 
anleget,  dargegen  gibt  einer  da  ers  ser  wol  anleget.  Sir.  20, 
10;  warum  legtest  du  es  so  heimlich  an?;  mit  seim  knecht 
het  ein  wirt  angeleget  (verabredet),  welches  weins  er  in  hiesz 
bringen,  so  solt  ers  nicht  thun,  er  geh  im  denn  ein  warzei- 
chen. Pauli  schimpf  cap.  138.  5l';  der  arzt  legt  mit  ihm  an. 
6';  derhalben  sie  mit  einander  anlegten,  welcher  zum  ersten 
kratzt,  der  soll  den  fuhrlohn  für  sie  bezahlen,  wegkürzer  11* ; 
er  legt  sich  mit  bösen  leuten  an  {gibt  sich  damit  ab);  wie 
gefahrlich  es  sei,  mit  der  weit  sich  anzulegen.  Speej.  <.  445; 
sich  mit  einem  anlegen  bedeutete  auch  einem  beiliegen,  con- 
cumbere  (SciiMEi.i.En  2,449);  in  Lappenland  anlegen  (mildem 
schif).  Garg.  224*;  es  ist  gegen  euch  angelegt,  ich  weisz  es 
gewis.  Fr.  Mt5i.LER  3,  393 ;  ich  brauchte  es  nicht  so  künstlich 
anzulegen,  als  ich  es  gcthan  hübe,  und  ich  überredete  ihn 
doch.  GöTHE  14,  144 ;  er  glaubt  es  sei  auf  kleine  prellereien 
angelegt.  14, 165 ;  kein  mann,  auf  den  sies  anlegte,  hätte  sich 
verwahren  können.  30,  4  ;  dasz  ichs  auf  etwas  anlege.  .1.  Paul 
biogr.  bei.  1,  50 ;  wenn  es  die  natur  bei  den  frauen  nicht  auf 
den  character  anlegte,  . .  so  hat  sie  ihnen  die  schönsten  lu- 
genden gegeben.  Klinger  12, 100;  plane,  die  (es)  blosz  auf  den 
verstand  anlegen,  sind  jederzeit  verrechnet.  Hippel  12,  295. 
natürlich  können  auch  substanliva  ausgedrückt  sein:  ich  hoffe 
meine  verstandesthätigkeit  auf  die  übrigen  gegenstände  vor- 
theilhafter  anlegen  zu  können.  Kant  3,  87;  den  kleinen  an- 
schlag  zu  vereiteln,  den  der  Zisterne  alte  sünder  auf  die 
schwarzen  äugen  und  runden  arme  der  korbmacherin  ange- 
legt zu  haben  schien.  Wieland  8,  273 ;  übrigens  schien  der 
Unterricht  nur  auf  prellerei  und  beschämung  der  Scholaren 
angelegt.  Götiie  24, 233 ;  es  ist  ein  angelegter  (abgekarteter)  han- 
del ;  die  ganze  sache  war  schon  längst  angelegt,  man  kann  sich 
leicht  dabei  irgend  ein  sinnliches  anlegen  im  hintergrund  denken. 

AN'LEGESCHLOSZ,  sera  pcnsilis,  ein  angehängtes,  ange- 
legtes schlosz,  was  sonst  blosz  anleg  oder  anlege  hiesz,  auch 
vorlegeschlosz. 

ANLEGUNG,  f  insidiae:  die  sollen  die  brunnen  aus  an- 
legung  und  heimlicher  practik  vergift  haben.  Frank  weltb.  157'. 

ANLEHN,  n.  mutuum,  foenus,  ahd.  analehan  (Graff  2, 124), 
die  anleihe:  ein  anlehn  suchen,  abschlieszen,  bewilligen. 

ANLEHNE,  f  reclinatorium,  avaxXwfiös,  die  lehne,  an- 
lehne der  drechselbank. 

ANLEHNEN ,  acclinare,  reclinare,  avatcXiveiv,  accumbere, 
tncumbere,  ahd.  anahlinen,  nnl.  aanleunen,  zuweilen  noch  in- 
transitiv: der  rechte  flügel  des  heers  lehnt  an  den  wald 
an,  ein  rasensitz  lehnt  an  die  wand  an;  Julie  lehnt  an,  ent- 
schlummert. Fr.  Müller  3,  335;  lehnt  er  doch  überall  an. 
Göthe  bei  Scholl  233.  Gewöhnlich  transitiv,  die  thür  anlehnen, 
den  pfal  an  die  mauer  anlehnen,  den  stab  an  den  boden ;  sich 
anlehnen:  die  Schlachtordnung  lehnte  sich  an  den  berg  an; 
lehnet  sich  mit  der  band  an  die  wand.  Arnos  5, 18 ; 

wir  sahen  drei  ruhige  hülten  ans  steile  gesiade 
angelehnt,  und  freundhcli  genetzt  von  der  schmeiclielnden  welle. 

Stolberg  1,  140; 

lehne  dein  ohr  an  seinen  mund  an  und  lausche  seinen  er- 
sterbenden Worten ;  sich  an  den  stab  anlehnen  gilt  zumal  von 
müden  Wanderern,  von  greisen  und  von  umschauenden  schd- 
fern.    wenn  der  schäfer  bei  Göthe  sagt: 

da  droben  aufjenem  berge 
da  steh  ich  tausendmal, 
an  meinem  stabe  gel)ogen 
und  scliaue  hinab  in  das  thal, 

könnte  es  auch  hciszen  angelehnt  an  meinen  stab  und  schon 
FiscHAHT  Carj;.  155*  steht:  ein  guten  schafer  geh  ich,  ich  läne 
mich  wol  an,  aber  ich  müst  auch  ein  guten  hund  haben, 
die  langen  angelehnten  leitern.  Kirchhof  disc.  mil.  42 ;  sie 
wollte  die  tliür  unverschlossen  anlehnen,  maulaffe  39.  figür- 
lich, bei  einer  aufgestellten  behauptung  sich  an  einen  gcwührs- 
mann  anlehnen ;  das  deutsche  recht  lehnt  sich  ans  römische  an. 

ANLEHNEN,  ein  anlehn,  gewöhnlicher  eine  anleiiie  machen, 
dies  anlehnen  (ahd.  analehanön)  vom  vorausgehenden  anlehnen 
{ahd.  anahlinen)  gänzlich  verschieden. 

ANLEHKEN,  docere,  lehren,  anweisen:  einen  knaben  an- 
ichren;  da&z  die  letzst  not  uns  feischlich  zu  bitten  anleert. 
Agkicola  $pr.  210'; 


so  soll  der  pfarherr  in  anlehrn, 

dasz  er  den  geist  besprechen  soll.    Ayrer  64" ; 

mit  falschem  dat.  statt  des  acc.  der  person :  wird  den  weibern 
statt  der  milde  die  wilde  angerathen  und  angelehrt.  J.  Paul 
ästh.  3,143,  wenn  man  den  dat.  nicht  blosz  auf  anrdüien  beziehen 
will,    das  nnl.  aanleeren  bedeutet  addiscere,  vgl.  anlernen. 

ANLEIDEN,  vexare,  taedere:  waren  lustig  und  trunken  gute 
rausche  und  muste  mich  wegen  der  Jungfrau  (der  braut)  wol 
anleiden  (hatte  viel  zu  leiden,  auszuhalten,  muste  mich  vexieren, 
mir  leid  sein  lassen).  Schweinichen  3,  275,  hernach  folgt  277 
derwegen  ward  ich  sehr  geplaget  wegen  der  Jungfrau. 

das  mein  buch,  sagt  mir  mein  mut, 

noch  ganz  böse  noch  ganz  gut; 

kummen  drüher  arge  (liegen, 

wird  gesundes  bleiben  liegen 

und  das  \au\e.  leiden  an, 

kummen  aber  bienen  dran, 

wild  das  faule  sein  vermieden 

und  gesundes  recht  beschieden.    Logau  1,  6,  30. 

Ramler  und  Lessing,  welche  dies  anleiden  {zuwider  sein,  wi- 
derstehen, ein  ärger  sein)  nicht  faszten,  setzten :  und  das  faule 
findet  man. 

ANLEIHE,  /".  mutuum,  pecunia  mutua  credita,  eine  anleihe 
machen;  alle  Staaten  werden  zu  groszen  anleihen  genöthigt; 
gezwungene,  freiwillige  anleihe. 

ANLEIHEN,  mutuo  accipere:  geld  anleihen,  gegenüber  dem 
darleihen,  credere.  doch  steht  es  auch  für  commodare:  wenn 
der  anleihende  ein  vermögender  mann  wäre.  Kant  5, 109. 

ANLEIHER,  bald  der  erborgende,  bald  der  dargebende:  der 
schaden  fallt  auf  den  anleiher,  casum  sentit  dominus.  Kant 
5,  HO. 

ANLEIMEN,  agglutinare,  nnl.  aanlijmen  ^  ein  bret  dem  an- 
dern anleimen;  wo  er  sich  anleimt  mit  dem  eignen  blut. 
Schiller. 

ANLEINEN,  acclinare,  galt  früher  für  anlehnen :  angelaint 
auf  iren  liebsten,  angelaint  irem  liebsten.  Keisersb.  seh.  der 
penitenz  124. 

ANLEITE,  f.  inductio,  ahd.  analeita  (Graff  2,  187),  'mhd 
aneleite,  später  auch  anleit,  das  wort  männlich  zu  gebrauchen 
ist  Sünde  gegen  die  spräche,  vor  alters  galt  analeita,  anleite 
technisch  für  den  grenzbegang,  wenn  schaffen,  geschworne  und 
zeugen  feierlich  an  die  grenze  und  die  grenzzeichen  leiteten, 
von  dieser  anleite  reden  die  weisthümer  oft  (z.  b.  3,  25) ;  an- 
leide hat  eine  urk.  von  1220  bei  GtJNTHER  2, 142,  vgl.  Haltaus 
34.  ex  genüge  hier  stellen  aus  der  Frankfurter  reformation 
beizubringen:  gebürt  dem  obersten  richter  allein  zu  den  an- 
leiten oder  undergengen  für  zu  gebieten.  1.  7,  3 ;  so  oft  ge- 
richt,  auch  anleiten  durch  die  scheffen  gehalten  und  begangen 
werden.  1.  8,10;  von  einer  anleit  zu  begehen.  1.  41,  12;  für- 
gebietgelt  zu  den  anleiten.  1.41,36;  irrungen  von  wegen  der 
bäuw  und  nachbariichen  dienstbarkeiten,  so  bei  uns  anleiten, 
sonst  undergänge  genannt  werden.  1.43,11;  von  anleiten  oder 
undergängen.  8,9;  zur  anleit  fürgebieten.  8.  9,  7;' anleiten  so 
zu  feld  oder  der  feldgüter  halben  zwischen  nachbarn  zu  füh- 
ren. 8.  9,  14 ;  einer  anleit  ins  feld  begehrte.  9.  2,  1 ;  da  die 
anleit  gehalten  soll  werden.  9.  2,  2;  der  so  die  anleit  füret,* 
ehe  sie  ausgeendt.  9.  2,  3;  welchen  parteien  die  anleit  ent- 
fället oder  deren  verlustigt  wird.  9.  2,  3.  auszcr  solcher  greni- 
bcsichtigung  hiesz  anleite  auch,  wenn  der  gläubiger  gerichtlich 
in  besitz  einiger  guter  des  Schuldners  gewiesen  oder  gesetzt 
wurde.  Haltaus  35.  es  könnte  figürlich  auf  die  einführung  in 
jeden  gegenständ  angewandt  werden,  wir  sagen  aber  heute  an- 
leitung. 

ANLEITEN,  inducere,  nnl.  aanleiden,  einftihren,  anweisen, 
ahd.  analcitan  (Graff  2,  184.  1S7),  ags.  onlajdan,  engl,  lead 
on,  an,  zu  etwas  leiten  oder  einführen:  verstehest  du  auch 
was  du  lisest?  wie  kan  ich,  so  mich  nicht  jemand  anleitet? 
apost.  gesch.  8,  30.  31 ;  diejenigen,  welche  andere  in  einer  Wis- 
senschaft, in  der  sie  kaum  buchstabieren  können,  zur  redehal- 
tung  anleiten  wollen.  Ki.opst.  12,87;  leite  mich,  o  heir,  an  zu 
allem  guten;  einen  blinden  anleiten;  die  hopfenranken  anlei- 
ten, an  die  stangen  führen;  zu  der  grenze  anleiten. 

ANLEITSBRIEF,  wi.  für  einen  anleitsbrief  sechs  Schilling. 
Frankf  ref,  1.  41,  24. 

ANLEITSWEISE,  adv.  inductive:  solches  anleitsweis  an 
unsere  schultheisz  gebracht.  Frankf  ref.  8.  U,  4;  anleitsweis 
klagen.  8.  12, 1. 

ANLEITUNG,  f  inductio,  introductio :  du  gibst  mir  gute  an- 
leitung  dazu,  leitest  mich  wol  dazu  an. 


401 


ANLENDEN — ANXIEGEN 


ANLIEGEN 


402 


ANLENDEN,  s.  anlanden. 

ANLENKEN,  adrertere:  die  aufmerksamkeit  ablenken  und 
anderswohin  anlenken. 

ANLEH.NEN,  addiscere:  das  alles  habe  ich  mit  vieler  mühe 

angelernt,    aeit  häufiger  aber  steht  es  ßr  anlebren,  durch  lehre 

miU  heilen : 

der  tcufel  lernt  dich  solches  an.    fastn.  sp.  41,  43 ; 

und  Uctl  einen  angelehrni,  er  solle  fliehen.  Fbossp.  3,  231* ; 

ich  bin  schuldig  an  diser  that, 

die  mich  gewalt  anglernet  hat.    Atrer  419'; 

er  habe  nicht  anders  gethan,    dann  ihn  sein  mutler  angeler- 
net  und  unterwiesen.    Avrer  proc.  1,  S ;    da  bin  ich  bei  dem 
Caiphas  und  Hannas  gewest  und  sie  angclernet,  dasz  sie  die  j 
landsknccht  vor^sich  fordern  sollen.  2,  5.    der  meisler  musz 
sich  einen  neuen  lebrling  anlernen,     s.  lernen. 

ANLESE.N ,  an  ettcas,  aus  etwas  lesen :  ich  kanns  seiner 
stime  anlesen  (ansehen);  den  slemen  anlesen,  an  den  sler- 
nen  lesen;  einem  buche  sinn  anlesen,  in  dem  keiner  ist. 
Kunger  11,251;  die  kränkliche  empfindsamkeit  und  empfind- 
lichkeit,  jene  aus  bächern  angelesene  kmnkheiL  12,  10.  man 
sagte  mhd.  an  dem  buoche  lesen,  gramm.  4,  S52.  vir  sagen 
heute  aber  auch  anlesen  ßr  anfangen  zu  lesen:  das  büchei- 
chen halie  ich  nur  angelesen,  und  dabei  genug  gehabt.  GOtue 
an  Knebel  315.     gegensats  ist  dann  auslesen. 

ANLEUCHTEN,  allucere,  nnl.  aanlichten:  einen  mit  dem 
licht  anleuchten;  die  sonne  leuchtet  die  erde  an;  beten  und 
fasten  ist  gut,  dann  sie  treiben  die  teufel  aus,  klopfen  und 
anleuchten  ist  auch  gut.  1'aracelscs  114';  Astarte,  die  nacht 
und  tag  anleuchtet.  Lorenst.  Sophon.  41,  73 ;  ein  mensch  von 
dem  sonnenglanz  der  tugend  angeleuchtet,  kan  änderst  nit 
thun,  als  ehre  von  sich  schatten.  Sicx.  .r.  Birkex  osll.  l.  o; 
die  fürstin  überwältigte  alles  gewölke  um  sie  her  immer  glück- 
licher, um  den  freund  nur  aus  einem  blauen  himmcl  anzu- 
lachen und  anzuleuchten,  i.  Paul  Tit.  3,  1$5;  landslrasze,  die 
einen  knabenkopf  anleuchtet  und  befruchtet.  Filiel  30. 

ANLIEBELN,  einen  mit  verliebten  äugen  ansehen.  Stieler 
115S  schreibt  anlieblen. 

ANLIEGEN,  im  16  jh.  noch  oß  und  richtig  geschrieben  ßr 
anlügen,  was  m.  s. 

A.NLIEGEN,  adjacere,  incumbere,  nnl.  aanliggen,  ahd.  ana- 
ligan,  an  einem  liegen,  nahe  liegen,  von  enge  anschlieszenden, 
sich  anschmiegenden  kleidungss'.ücken,  der  rock  liegt  wol  an, 
die  hosen  liegen  knapp  an ;  dasz  das  schildlin  auf  dem  leib- 
rock hart  anlige.  2  Mos.  2S,  2S;  das  es  fein  anlige  auf  dem 
leibrock.  39, 19 ;  stifei,  die  man  von  fuszen  schüttelt,  und  an- 
ligen  wie  ein  glock  dem  Schwengel.  Garp.  24o';  dasz  der  aus- 
druck  dem  gedanken  anliege,  wie  dem  mSdchen  das  gewand 
anliegt,  wenn  es  aus  dem  bade  kömroL  Klopstock,  ico  sich 
zugleich  die  figürliche  anicendung  zeigt;  alles  das  lag  ja  Klo- 
tilden wie  angegossen  an.  J.  Fall  Hesp.  2,  238 ;  medisance, 
die  den  weibem  recht  knapp  und  schön  am  Innern  menschen 
anliegt,  biogr.  bei.  1, 110.  das  liegt  mir  an,  liegt  dicht  an  mir, 
dasz  ich  es  lebhaß  empfinde,  engt  und  drängt  mich;  was  ligt 
dir  an?  H.  Sachs  II.  4,  1';  u-as  liegt  dir  im  sinn,  was  quält 
dich?;  wann  ihr  etwas  braste  oder  anläge.  Frey  jar/enj.  8S ; 
dasz  sie  ihnen  diese  sache  herzlich  anliegen  lassen.  Melanchth. 
1,549;  es  ligt  mir  beides  hart  an.  Philipp.  1,23;  lants  üch 
ligen  an.  fastn.  sp.  S32,  31 ; 

ein  ander  krankheit  mich  anfleht, 

ich  wer  gern  grosr.  das  ligt  mir  an, 

drurob  ich  kein  friden  haben  kan.    Albercs  150; 

das  mir  warlich  schwär  aniigl.  Ca/my  250;  was  gebricht  euch? 
was  mir  anligct,  das  kanst  du  mir  nicht  helfen.  Pauli  schimpf 
11''; 

es  wird  ihm  etwas«  ligen  an.    Antca  17"*; 

mich  sendet  hin,  wem  hg  es.nnber  an.    .Schiller  524; 

da  ligt  mir  nichts  an.  Ca/.  2,  6;  denn  es  sei  ebreisch  oder 
nicht,  dar  ligt  nichts  an.  Lctiie'r  3,  5l';  ob  wir  diesem  geist 
nicht  gnug  ibun,  der  auf  euszerliche  werk  sihet  und  nichts 
Bebtet  gewissen,  da  ligt  nichts  an.  3,  5S.  wie  liegt  an  heiszt 
ts  auch  unfersOnlich  es  ist  angelegen  {vgl.  angelegen): 

was  drriUstu  lieber  goit«  wann  wir  so  sehr  uns  regen 
und  sagen  doch  gar  kaum  was  uns  ist  anzelegen. 
LocAU  2,  5,  39 ; 

es  ist  uns  angelegen,  das  worl  slH  in  den  höchsten  ehren 
zu  ballen.  Göthe  38,  184.  den  unpersönlichen  ausdruck  kön- 
nen sodann  wirkliche  subjecte  vertreten :  darumb,  lieben  herrn, 


laszt  euch  das  werk'anligen  (angelegen  sein),  das  gott  so  hoch  von 
euch  foddert.  LtrraER  2,  478* ;  die  sache  liegt  mir  an ;  sein  anli- 
gende  sache  erzelt.  Pauli  jf/iim/i/"5';  zum  vicrden  sol  man  be- 
ten, nicht  gewonheit  ist,  viel  bletter  oder  kömlin  zelen,  sondern 
etliche  anligende  not  für  nemen.  Lltoer  1,  237*;  das  ist  der 
Christen  kunst,  das  wir  auf  das  wort  sehen  und  thun  weit 
aus  den  äugen  alle  anligende  und  beschwerende  not  und  lei- 
den. 5,  313*;  so  empfehet  er  gewis  sterke  und  trost  wider 
alles  Unglück,  das  im  anligt.  6,347*;  sie  sollen  die  sünde  ab- 
legen, die  inen  anligt.  1,  1S6*;  wo  sünd  und  tod  nicht  were, 
so  müste  mich  beide  weit  sampt  dem  fleisch  und  der  teufel 
wol  mit  frieden  lassen,  das  sind  aber  die  rechten,  die  uns 
am  hertesten  anligen  und  welche  durch  die  andern  uns  drücken 
und  drengen.  6,  24ü';  Fridericü,  welchem  der  herzogin  leid 
nicht  wenig  anlag,  anfieng  und  sprach.  Gu/my  278.  bei  Luther 
oß:  da  alle  macht  anligt,  worauf  viel  ankommt :  da  alle  macht 
anlege.  3,  56*;  da  keine  macht  anligt.  3,  61;  sonderlich  so 
mans  an  den  orten  thel,  da  macht  anligt,  an  andern  orten 
lege  nicht  so  grosze  macht  daran.  3,  65.  Wenn  nun  personcn 
einem  anliegen,  gleichsam  sich  an  ihn  legen,  so  heiszt  es,  dasz 
sie  ihn  mit  bitten  drängen,  dringend  bitten :  aber  sie  lagen  im 
an  mit  groszem  geschrei  und  forderten.  Lmc,  23,  23;  das  er 
dem  keiser  bitlich  anleg.  Aimon  Bi; 

nun  lag  der  muuer  an  der  sühn.  Albercs  1G2*; 
das  mnuslia  lag  der  mutier  an.    163; 
zwar  wcre  wOuscIien  können 
und  were  wollen  lliuii, 
du  sollest  nicht  von  hinnen 
und  so  den  ruckzu^  Ihuu, 
ich  lege  dir  stets  an, 

damit  mein  lauger  weg  nicht  würd  ohn  dich  gelban. 
Fle»i.n6  47; 

so  vereinigte  sich  die  ganze  gcsellscbaft  ihm  anzuliegen,  dasz 
er  ihre  Ungeduld  nach  der  versprochenen  gescbicbte  befrie- 
digen müchle.  Wielasd  12, 158 ; 

lag  sie  mir  an  mit  iinnlilnszgem  Oehn, 
ihr  dieses  Testes  anblick  zu  gewähren. 
Schiller  503; 

der  minister  liebt  mich  seit  langer  zeit,  hatte  lange  mir  an- 
gelegen, ich  sollte  mich  irgend  einem  gescbäfle  widmen.  GAthe 
16,79;  ich  lag  der  mutier  an  und  diese  suchte  den  vater  zu 
bereden.  18, 18 ;  als  ich  den  eitern  anlag  nunmehr  ernst  zu 
machen.  24, 184. 

Es  lassen  sich  aber  noch  andere  sinnliche  anliegen  denken: 
dem  buche  liegt  ein  bild,  dem  briefe  ein  blatt  an ;  der  sladt 
die  mauer,  der  wall,  das  dorf;  dem  hause  der  stall,  dem 
fenster  das  dach,  dem  boden  der  tauhenscblag:  nichts  von 
einem  halben  dutzend  katem  zu  gedenken,  die  auf  dem  dache, 
das  an  meinem  fensler  anliegt,  der  jungen  katze  vom  hause, 
wie  ich  mir  einbilde,  eine  serenade  brachten.  Wielasd  11, 
352.  ungewöhnlich  setzt  Lessing  l,  3  anliegen  für  beiliegen, 
accumbere : 

als  Zevs  Ruropen  lieb  gewann, 

nahm  er  die  schöne  zu  besiegen,  ^ 

verschiedene  gestalten  an, 

verschieden  ihr  verschiedhch  anzuliegen. 

während  er  hier  doch  den  persönlichen  dat.  hinzufügt,  verwen- 
det er  ein  andermal  tadelhaß  den  acc. :  hier  lag  Antonio  den 
könig  sehr  an,  ihm  mit  einer  summe  von  26000  tbalern  bei- 
zuspringen. 6, 163 ;  nicht  anders  Klopstock  :  sollte  er  auf  un- 
sern  bevorstehenden  landtag  kommen,  so  wird  man  ihn  ge- 
wis nicht  wenig  anliegen,  nun  auch  von  den  künftigen  vor- 
fallenheilen unsrer  republik  zu  prophezeien.  12,  122.  allein 
das  intransitive  neutrum  liegen  erträgt  keinen  acc,  und  scJton 
ahd.  steht  nur  der  dat.  bei  analigan  (Graft  2,  86). 

A.NLIEGEN,  n.  id  quod  ineumbit,  premit,  wie  das  rerfrunj 
neben  bresten  gestellt  erschien,  kann  auch  das  subsl.  ein  ge- 
brechen anzeigen  und  findet  sich  frülterhin  ßr  einen  innern 
manget  und  fehler  verwandt:  dann  disc  krankheit  nimpt  oft 
bei  einem  rus  uberiiand,  ehe  dan  mans  nit  recht  war  nimbt, 
vermeint  elwan  einer  das  ros  habe  sonst  ein  anligen  am 
husten  und  athem.  Secteri.  49;  wie  aber  der  husten  an  ihm 
selbst  ein  äuszerlicbes  kennzeichen  eines  innerlichen  anligen(s) 
ist.  PixTER  Pferdeschatz  s.  401 ;  weilen  ja  solches  heimliche 
und  inneriiche  anliegen  {mit  lausen  behaßet  zu  sein]  einen 
menschen  ganz  trag  machet.  Simj>l.  l,  222.  Gewöhnlich  aber 
bedeutet  es  den  innern  drang,  der  sich  auch  als  gesuch  und 
bitte  äuszert:  wirf  dein  anligen  auf  den  herrn,  der  wird  dich 
versorgen,  ps.  55,  23 ;  und  belet  stets  in  allem  anligen.  Efh. 

26 


403 


ANLIEGENHEIT —ANLÜGEN 


ANMACHEN — ANMAHNEN 


404 


6,  18;  (der  unverheiratete)  hat  niemands,'  dem  er  sein  nolh 
klaget,  der  ihm  sein  anligen  abnimbt.  Garg.  68*;  also  habt 
ir  sein  durstig  anligen  {den  ihn  quälenden  dursL)  verstanden. 
110" ;  sein  anliegen  offenbaren  und  klagen,  pcrs.  rosenth.  3,  5 ; 
was  eures  herrn  gewerb  und  anliegen  sein  werde.  Schweini- 
CHEN  1,  381; 

es  ist  noch  etwas  mehr  das  seel  und  sinnen  nagt. 

vergibt  der  fürst  dem,  der  um  sein  anliegen  fragt? 
Grtphius  1,  52; 

kein  ander  anliegen  hatte  ich,  als  dasz  ich  wusle,  dasz  es 
nicht  ewig  wären  würde.  Simpl.  1,  227;  Wilhelm  der  stille 
weiht  sich  dem  groszen  anliegen  der  freiheit.  Schiller  775 ; 
solange  ihre  vorigen  beherscher  kein  höheres  anliegen  hat- 
ten als  ihren  wolstand  abzuwarten.  784.  unter  dem  volk  hört 
tnan  ein  anliegens  (wie  ein  Schreibens  und  ähnliches)  und 
schon  Albekus  iiat:  scrupulus  ein  anligens,  wellerauisch  on- 
laies,  anlicges.  Keisersberg  sagte  post.  2,  7  gott  weisz  mein 
anligcnd  vorhin. 

ANLIEGENHEIT,  f.  was  das  vorige  anliegen:  man  müsse 
es  {das  orahel)  nicht  aus  scherz  und  frevel,  sondern  nur  in 
wahren  anlicgenhciten  befragen.  Güthe  25,  281.  vgl.  angele- 
genheit. 

ANLIEGER,  m.  adjacens,  viciniis:  auch  solche  anlicger 
(am  flusz),  welche  die  früheren  geringen  beitrage  verweigert 
halten,  verlangten  ihren  theil  an  dem  eroberten  boden.  Göthe 
81,  56. 

ANLIEGIG,  aslriclus ,  corpori  haerens ,  bene  scdens :  glat 
anligig.  Garg.  157*. 

ANLIEGLICH,  inslans:  das  würk  anliglich,  heftigklich.  Kei- 
SERSB.  seh.  der  penitenz  57 ;  anliglich  betten,  post.  3,  70. 

ANLISPELN,  blaeso  sono  alloqui: 

mir  scheint  die  einsamkeit  zu  winken,  mich 
gefniiig  anzulispcln.  Göthe  9,  133; 

kühlender  wind  lispelt  uns  an. 

ANLOBEN,  früher  für  angeloben,  spondeie:  bis  sie  hinfort 
in  ruhe  zu  stehen  anlobeten.  Micrälius  2, 189;  die  für  sich  und 
anstatt  der  Soldaten  mit  einem  handstreich  anloben  müsten. 
5,  257.  heule  bedeutet  es  allaudare :  er  will  mir  die  sache  recht 
aniobcn.  anpreisen. 

ANLOCKEN,  allicere,  nnl.  aanlokken  :  ein  anlockendes,  rei- 
zendes wesen ;  die  fische,  die  vögel  anlocken ;  blühende  ufer 
mit  bäumen  süszer,  anlockender  fruchte  besetzt.  Kli.nger  6, 1J3 ; 

der  schöne  morgen  hat  5ur  fernen  jagd 
ihn  angelockt.  J.  E.  Schlegel. 

ANLÖSEN,  pecuniam  pro  re  oppignorala  numerare,  einlösen: 
aufnemmen,  anlösen.  Fischart  Garg.  19l'.  die  gegebne  erklä- 
rung  ha.1  Stieler  1177. 

ANLÖTEN,  applumbare,  plumbo  conglutinare :  den  eisernen 
ring  anlöten;  das  ist  nicht  fest  genug  angelötet. 

ANLUDEK.N,  feras  carne  allicere,  anäsen,  anködern,  s.  an- 
kühnen. 

ANLÜGEN,  blande  aspicere:   sie  lugt  mich  schelmisch  an. 

ANLÜGEN,  mentiri  adversus  aliquem,  an  {auf)  einen  lügen,  ahd. 
analiugjin  (Graff  2, 131),  mhd.  und  bei  Luther  noch  anliegen: 

s6  het  ir  tievcniciien  an  Rüedegcr  gelogen.   Nib.  2167,  3; 
«wie  gar  unscliuldic  ist  ein  man 
man  mac  in  dannoch  liefen  an, 
ej  lachet  dicke  unscliuldic  man, 
swenne  man  in  liugct  an.   Freid.  170,  4; 
log  den  armen  bunt  an.    fastn.  sp.  737,  5; 
du  leugst  dich  selber  an.    815,  5; 

aber  wg^  ists  wunder,  das  du  mich  anleugest  und  schmehest, 
wenn  du  s.  Paul  und  Christum  lesterst?  Luther  1,  342'; 
denn  so  leret  ir  keiner,  er  leuget  sie  feischlich  an.  3,  407; 
und  wir  unter  wolfen  und  wilden,  unvernünftigen  Ihicren  wo- 
nen,  die  uns  betriegen  und  feischlich  anliegen.  4,  530*;  das 
er  flugs  forn  nn  im  tilel  und  im  anfang  mich  und  mein  buch 
gehendlich  anleuget  und  lestert.  5,  303" ;  ilzl  musz  ich  abbre- 
chen und  aufs  concilium,  so  der  bapst  mit  den  seinen  an- 
gelogen und  villeicht  auch  ausgclogen  hat.  C,  544' ;  damit  sie 
uns  doch  öffentlich  anliegen.  8,  286*;  golt  und  die  heilige 
Schrift  anliegen  und  lestern.  8,287*; 

80  haben  sie  mich  angelogen, 

das  ich  sei  meiner  sinn  beraubt.    II.  Sachs  1,  139'; 

ja  jene  taube  leugt  mich  an, 

sie  sieht  mich  für  ein  andern  an.    Uuland  142; 

du  hast  die  fromme  herzogin  als  ein  Verräter  und  büscwichl 
angelogen.    Galmy   321;    dasz   sie   mich   als    die   ciirendiebe, 


Schelmen  und  böswichter  andichten  und  anliegen.  Thürneis- 
SER  ausschreiben  1,  69 ;'  der  geist,  der  diese  asche  belebte, 
steht  vor  den  äugen  des,  dem  es  keine  mühe  macht,  das 
eigene  von  dem  angelogenen  zu  unterscheiden.  Lessing  10, 
222;  lüge  dir  keine  empfindung  an.  Klingers  ///.  2,370;  ge- 
schwätz  von  barbaren,  die  sich  gern  kunstsinn  anlögen,  für 
barbaren  die  sich  durch  andere  ihn  anlügen  lassen.  Fichte 
grundz.  der  g.  z.  204;  etwas  sich  ankünsleln  und  anlügen. 
nachg.  werke  1,  5. 

ANMACHEN,  machinari,  moliri,  excitare,  nnl.  aanmaken :  das 
feuer  anmachen,  anzünden,  mache  feuer  in  dem  ofen  an,  es 
ist  kalt;  ein  schön  hell  fewer  anmachen  liesz.  Garg.  185'; 

befiehl  auch,  dasz  stracks  wird  der  schorstein  angemacht, 
dasz  uns  geglühter  wein  nicht  fehle  durch  die  nacht. 
Flehimg  3&; 

es  dampfet  ein  metallischer  geist,  welcher  das  wasser  an- 
macht. Lohenst.  Arm.  2,739;  den  kalk  anmachen,  mit  was- 
ser befeuchten;  beeren  anmachen,  mit  zucker;  das  mehl  an- 
machen, zum  backen;  den  teig  anmachen,  anrühren,  anmischen: 

ihu  ein  küchleintaig  anmachen.    H.  Sachs  1,  451'; 

den  wein,  das  hier  anmachen  heiszt  aber  sie  durch  zuthat  fäl- 
schen, angemachter,  verfälschter,  fabrizierter  wein;  ein  recept 
anmachen,  die  arznei  nach  dem  recept  machen.  Garg.  189*. 
Dann  vom  festigen,  anlegen  anderer  dinge:  eine  schnalle  an- 
machen, das  segel  anmachen,  das  schlosz  vor  die  thür  an- 
machen, ein  band  anmachen,  anbinden,  wie  abmachen  los- 
binden; die  thür  anmachen,  anlehnen,  verschieden  von  zuma- 
chen, schlieszen.  ehmals  auch  kleidcr  anmachen,  an  den  leib 
verfertigen,  anschneiden,  anmessen :  doch  halt  si  zimiich  gute 
kleider  iren  selbs  angemacht.  Pl.\ter  60 ;  die  leut  machen 
heut  die  kleider  stäts  weiter  dann  die  glider  ...  sie  kan  ohn 
mich  einer  milben  ein  par  reutstifel  anmachen.  Garg.  120"; 
so  man  sonst  dem  unstäten  mon  kein  kleid  anmachen  -kan. 
135'. 

Eins  einem  anmachen",  entweder  anrühren,  einrühren  oder 
anhängen,  anthun :  wie  sie  ihrem  nächsten  möchten  eines  an- 
machen. PniLAND.  1,  9;  welche  ihrem  nächsten  hinderwerts 
eines  anmachen.  1,  051 ;  ich  hab  meinem  gesellen  eines  ange- 
macht bei  der  herschaft.  1,  446 ; 

was  gclis?  ich  hab  ihm  eins  angmaclit.    Atrer  97*,- 

ob  nun  wol  der  Belial  dem  könig  Salomon  als  unterriculern 
gern  eins  angemacht  und  ein  schimpf  bewiesen  hett.  Avrer 
proc.  2, 1 ;  wie  sie  mir  eins  anmachen  möchten.  Simpltc.  2,  86  ; 

wie  kan  dann  nun  ein  mann  solch  acht  ■ 
wol  haben,  dasz  ein  weih  nicht  einem  an  eins  macht? 
da  wir  zwcen  diese  nicht  recht  haben  können  hegen, 
und  ist  doch  zwischen  uns  uns  ruhrhart  angelegen. 
Werders  Ariost  26,  61 

sich  anmachen,  sidi  heranmachen,  zudrängen. 

ANMACHT,  f.  deliquium,  mhd.  äinaht,  Lcther  schreibt  assi- 
milierend ammacht:  und  da  er  mit  mir  redet,  sank  ich  in  eine 
ammacht  zur  erden.  Dan.  8, 18 ;  in  den  schriflen  und  tischredtn 
steht  anmacht:  funfzchnmal  in  anmacht  fiel,  tischr.  230';  die 
späteren  ausgaben  setzen  ohnmacht; 

ach  es  geht  uns  zu  ein  anmacht, 

halt  uns,  dasz  wir  nicht  fallen  umb.   Avrer  290'. 

s.  amacht  und  ohnmacht. 

ANMÄCHTIG,  deliquium  passus:  er  aber  entschlummert, 
w^rd  ammcchtig  und  starb,  rieht.  4,  21;  sie  haben  dir  dein 
mutter  zum  hier  gefürt,  du  anmechtiger  plauderer.  Luther 
4,  440'. 

ANMAHLEN,  appingere,  ein  bild,  eine  wand  anmablen,  mii 
färbe  anstreichen;  sicli  anmablen,  schminken:  sie  mahlt  sich 
an,  mahlt  sich  ihr  gcsichl  an;  angcinahlte  wangcn ;  mit  lilgen 
angemalt.  Garg.  204'. 

ANMAHLEN,  diem  in  judicio  praefigere,  vom  ahd.  mahal 
Judicium :  angcmalete  ordentliche  tage,  weisth.  2, 299. 

ANMAHNEN,  adhortari,  nnl.  aanmanen:  zur  gegenwehr  an- 
mahnen. Schweinichen  2,  115;  zum  guten  anmahnet.  Simpl. 
1,419; 

Hu  hast  mich  dergleichen  leichte  waaren 
zu  meiden  angemahnt.      Grtpuius; 

am  tag  der  guten  ding  sol  ich  mich  anmanen  und  gedenken  der 
bösen  ding.  Hans  Jac.  Velr  vergisimeinnit.  Regensp.  1525  n  ii ; 

dasz  du  uns  zu  bczüiimcn  sie  Anmahnst.  Voss: 
wenn  du  zum  essen  und  trinken  ...  mich  anmahnit; 


405 


ANMAHMJNG — ANMASZEN 


ÄXMASZEN 


406 


des  ewigen  ernstes  ange  schaut  anmahnend  auf  uns  herab. 
TiECK  8,  39. 

ANMAHNL'NG,  f.  admonilio,  adhortatio,  nnl.  aanmaning: 

und  halten  nur  der  sonnen  stich 
für  anmannuDg  zu  rördern  sich. 

FiscHARi  gl.  seh.  645; 

der  blasbalg  strenger  anmanung.  Garg.  173";  in  dessen  munde 
also  auch  die  kindliche  anmahnung  kein  sich  brüstender,  über- 
hobener  rath  sein  wird.  Herder  14,  26;  immer  erhalte  ich 
noch  briefe  und  anmahnungen  mich  ihnen  wieder  anzuschlie- 
szen.  TiECK  ges.  nov.  6, 14. 

Ä.N.MAL,  ANMAHL,  n.  macula,  naeius,  cicalris,  ahd.  ana- 
mäli  (Graff  2,715):  bin  ich  einest  in  ein  groszen  kessel  mit 
heiszer  milch,  die  ob  dem  fewT  war,  gefallen  und  mich  der- 
moszen  verbiendt,  dasz  die  anmäler  min  lebenlang  von  dir 
und  andern  gsechcn  sind  worden.  Plater  12;  schickten  mich 
die  andren  hüben  in  kilchen  umb  ein  liecht,  das  siiesz  ich 
also  brinnend  in  errael,  verbrand  mich,  das  ich  noch  das  an- 
mall  hau.  14 ;  wie  die  zwei  gegen  einandem  stehend,  also  stehen 
auch  die  multcrmall  und  anmall  gegen  denen  dingen,  darvon 
sie  kommen  seind.  "Paracelscs  l,  9a";  solche  anmäler,  so  in 
mutterleib  empfangen  (seind).  l,  1094';  sollen  im  die  anmähler 
oder  muttermähler,  so  er  an  sich  hat,  abgehn.  Thcrneisser 
inß.  wirk,  aller  erdg.  s.  36 ;  ein  jeder  haft  gibt  ein  sonder- 
bares anmal  oder  narben,  daraus  ein  grosze  ungestalt  nachma- 
len entsteht.  WCrtz  Kundarzn.  s.  11 ;  oder  (das  si)  ein  anmal 
der  natur  haben  und  nit  die  glider  ganz  seind.  Fraxk  tcellb. 
194' ;  darumb  in  gemeinklich  ein  schellen  und  ein  angeprents 
anmal  und  prandzeichen  mit  angeprent  von  der  schrift.  chron. 
87';  sein  gall  nimpt  hin  die  flecken  und  anmäler.  Forer 
fischb.  29';  das  mandelöhl  von  auszen  aufgelegt  heilet  die 
von  den  kinderblattern  hinderlassenen  narben  und  anmähler. 
McRALT  eidg.  s.  111 ;  nur  so  vil  als  es  die  erst  angeborn  flecken 
und  mütterlich  anmal  belangt.  Fiscdart  bienenk.  9S'.  Hemsch 
83, 19  hat  noch  anmal,  Dasypodius  anmaal  naevus; 

dein  herz  u^gt  das  ammabl  der  muiter. 

BoDiER,  Rahel  ges.  2, 

durch  welche  stelle  Stalder  1, 100  in  den  irrthum  verfällt,  die 
erste  silbe  ton  ammahl  aus  amme  mutier  zu  deuten,  da  doch 
ammal  assimilation  von  anmal  ist.  das  gute  wort  verdient  in 
der  gestalt  anmal  gebrauch  und  beibehallung. 

ANMARSCH,  m.  accessus,  nnl.  aanmarsch,  yegensatz  zu  ab- 
marsch:  der  feind  ist  in  vollem  anmarsch,  im  anrücken;  wa- 
ren solche  graue,  mehr  nebel-  als  Wolkenzüge  im  anmarsch. 

GöTHE  51,  219. 

ANMAKSCHIEREN,  accedere,  anrücken,  heranziehen :  Aon 
kommen  sie  schon  anmarschiert. 

AN.MÄSTEN,  pinguefacere :  jährlich  zwölf  rinder  anmästen 
und  zu  geld  machen;  sich  anmästen: 

hatte  sich  ein  ränzlein  angemäst 

als  wie  der  doctor  Luther.    Göthe  12, 106. 

ANMASZEN,  imitari,  usurpare,  sibi  arrogare,  nnl.  aanraa- 
tigen.  ahd.  und  mhd.  uiivorhanden,  auch  nicht  bei  Lcther  er- 
scheinend; aber  Fra.nr  und  Fiscbart  gebrauchen  es  mit  bloszem 
acc,  und  ohne  sich,  in  der  bedeutung  von  nachlhun,  nachah- 
men :  anmaszen  und  äftisch  nachthun.  Frank  spr.  123 ;  was 
ein  warhaftig  ding  anmaszt,  und  doch  dasselbig  ding  nit  ist, 
.als  conterfei  und  mess  [messing]  silber  und  gold  anmaszen, 
aber  nit  sind,  das.;  der  bös  gcist  got  äffisch  anmaszende. 
das.;  wann  sie  sich  underiiengen  das  leben  Christ*  anzuma- 
szen.  57;  das  anmaszen  und  nachthun.  60;  alle  ding  sind 
besser  in  der  natur,  als  die  künst  anmaszen.  2, 107 ;  das  bös, 
dasz  ers  ausz  dem  exempel  fliehe,  das  gilt,  dasz  ers  anmasz 
{annehme,  vornehme,  nachahme)  und  aus  anderer  fal  sich 
fürchten  leere,  chron.  vorr.  aiii*;  den  bloszen  teil  ires  ge- 
satzcs,  den  si  nach  deh  buchstaben  anmaszen  (dem  sie  buch- 
ttäblich  folgen)  und  darauf  si  füszen.  weltb.  113";  wer  eines 
jeden  person  kan  anmaszen,  sich  strecken  kan  nach  der  decke. 
AcaicoLA  spr.  107*;  hierzu  fieng  auch  mcister  Janotus  von 
Mattbruch  weidlich  an  zu  lachen,  ebenso  sehr  als  sie,  das 
inen  das  wasser  in  den  äugen  gestund  . . .  dannit  sie  fein 
augenscheinlich  den  heraclitisenden  Democritum  und  demo- 
critisenden  Heraclitum  anmaseten  (d.  i.  aam;iSilen,  nachahmten). 
Fiscbart  Garg.  156'.  Zugleich  erseheint  aber  auch  ein  sich  anma- 
szen mit  gen,  der  sache,  und  dem  tinn  ton  sich  annehmen,  un- 
terfangen, sich  wenden  an  etwas :  die  frommen  bischof  zu  Rom 
haben  sich  keiner  gewalt  angemaszt,  sondern  unrecht  gelitten. 


Agricola  spr.  n*  218 ;  Tangius  aber  and  Sido  haben  sich  der 
regierung  angemaszt.  Micbälius  1,  81 ;  sich  drumb  anmaszen 
Garg.  285* ; 

der  freundschaft  musz  ich  mich  anmaszen, 
unser  bluigwanten  sprechen  an.    B.  Waldis  2,  4; 
und  sich  der  arbeit  Ihun  anmaszen  (sie  vornehmen) 
und  goties  willen  gfallen  lassen.    2,  n ; 
wer  sich  seins  wilns  nit  wil  anmoszen. 
ttaut  m  abgrund  zur  bell  verstoszen. 

Waldis  päpst.  reich.  A4'; 
das  ihr  ein  keisenhumb  wolt  lassen, 
euch  diser  heidin  thun  anmaszen. 
gleich  als  wenn  sonst  kern  weiber  weren.    Atrkr  206'; 

daraus   leichtlich  wird  zu  sehen  sein,   wie  hoch  sich  selbige 
vornehme   männer,   ungeachtet  ilu-er   adelichen   ankunft   und 
Standes,  der  poeterei  angemaszet  (angenommen).    Opitz  poet.  15 ; 
Hügens   und  Vondelen,   so  gar  einer  hohen  art  zu  schreiben 
sich  angemaszet.  Hoffmaxsswaldac  roir.; 
dasz  er  aufs  euszerst  dann  sich  meiner  woll  anmaszen  (ann«Amen) 
und  mich  von  ihnen  nicht  gefangen  nehmen  lassen. 
Werders  .4r.  9,  54; 

er  erscbrack  heftig,  wie  wol  er,  weil  er  sich  unter  seiner 
feinde  bänden  befand,  sich  dergleichen  nicht  anmaszete  (mer- 
ken liesz).  Opitz  Arg.  2,  210;  Livia  m-aszle  sich  dieses  dings 
ängstig  an.  Lobe^st.  Arm.  l,  1252;  der  fürst  musz  sich  der 
herschaft  selbst  anmaszen  (unterziehen).  2,  772 ;  ungeachtet  die 
vornehmsten  frauen  in  der  Stadt  sich  durch  vorbitte  seiner 
anmaszten  (annahmen).  2, 1153.  Seit  dem  IS  jh.  ungefähr  ver- 
bindet sich  aber  stets  die  Vorstellung  eines  stolzen  oder  unbe- 
rechtigten Unterfangens  damit:  jene  munterten  die  Jünglinge 
von  Athen  auf,  sich  der  regierung  des  Staats  anzumaszen. 
WiELAXD  1,  64 ;  sich  einer  Unabhängigkeit  anzumaszen,  deren 
schädliche  folgen  sie  sich  selbst  unter  dem  reizenden  namcn 
der  freihei^  verbargen.  2,  108;  das  recht  dieses  jungen  men- 
schen an  die  königliche  gewalt,  deren  er  sich  nach  seines  va- 
ters  tode  anmaszte.  2,  247;  Dschengis,  wiewol  sie  alle  seine 
Sklaven  gewesen  waren,  maszte  ach  keiner  herschaft  über  sie 
an.  7,  lOS ;  kraft  eines  Vorrechts,  dessen  sich  die  geschicht- 
schreiber  von  jeher  angemaszt  haben.  11,  279 ;  könnt  es  auch 
einem  Peter  Aretin  einfallen  sich  des  amtes  anzumaszen.  13, 
273;  der  mitbesitzer  sich  besondrer  Vorrechte  anmaszt.  14, 
122 ;  die  akademie  ist  weit  entfernt,  sich  einer  besondem  und 
genauem  einsieht  in  geheimnisse,  welche  unergründlich  blei- 
ben sollen,  anzumaszen.  20,  251 ;  er  maszte  sich  der  fischerei 
mit  gewalt  an.  Hippel  11,  427;  nur  betrug  maszt  dieser  macht 
sich  an.  Gotter  2,52;  die  scheu  Ottiliens,  sich  jener  heiligen 
gestalt  anzumaszen.  Göthe  17,  271;  wenn  die  geistliche  band 
der  weltlichen  zügel  sich  anmaszL  40.  303 :  so  mögen  wir  den 
Zeitgenossen  nicht  gern  erlauben,  sich  einer  gleichen  begün- 
stigung  anzumaszen.  50, 112 ;  wer  von  den  groszen  liest  den  Sit- 
tenrichter, der  sich  der  Zurechtweisung  anmaszt?  Klincer  ^,  8 ; 
deiner  heiligen  zeichen,  o  Wahrheit,  hat  der  betrug  sich 
angemaszt.  Schiller,  im  Spaziergang ; 

nicht  unwürdig  hab  ich  mich 
des  bundes  angemaszt  mit  deiner  tochter. 
Schiller  5S8; 

der  mensch  maszt  sich  eines  willens  an,  der  u.  s.  w.  Kam 
4,  86 ;  der  sich  des  verlags  anmaszende  nachdrucker.  5,  350 ; 
in  ansehung  dieses  Vorzugs,  dessen  ich  mich  anmasze.  8,  204 ; 
der  leere  räum  könnte  sich  sonst  des  tilels  eines  grundsatzes 
anmaszen.  8,  514.  Zuweilen  tritt  auch  wieder  der  sächliche  ace. 
des  alten  anmaszen,  aber  mit  persönlichem  dat.  tor :  ich  masze 
mir  ein  recht  an;  was  sie  sich  mehr  anmaszen  wollte,  wäre 
Usurpation.  Wielaxd  29,  349  ;  < 

was  maszest  du  dir  an,  mir  falsch  orakel 
beirüglich  zu  verkündigen?    Schiller  473; 

wo  der  Soldat  sein  angebomes  recht  auf  alle  weit  mit  ra- 
schem schritt  sich  anmaszt.  Göthe  8,275;  so  ri'iszt  den  wall 
der  tyrannei  zusammen,  und  schwemmt  ersäufend  sie  von 
ihrem  gründe,  den  sie  sich  anmaszt,  weg.  8,  297.  Das  part. 
praet.  hat  früher  die  bedeutung  ton  angenommen:  endlich 
liesze  ich  den  angemaszten  zom  fallen.  Simpl.  2,  384 ;  später 
die  von  usuipiert:  jeder  angemaszte  kennen  Lessixc  1,  51; 
aus  angemaszter  macht,  l,  lOS;  als  ein  angemaszter  dichter. 
3,  299 ;  mein  angemaszter  richter  (der  sich  das  urlheil  an- 
maszt). Ka^t  3,  307;  wie  von  einem  angemaszten  Statthalter 
gottes  die  bürgerliche  Ordnung  zerrüttet  wurde.  6,  307.  über- 
schauen wir  die  geschiciUc  dieses  anmaszen,  so  scheint  es  ur- 
sprünglich ei*  an  sich  messen,  sich  zumessen,  beilegen,  erst 
in  gutem,  ailmälich  in  Tibelm  sinn.    vgl.  anmessen. 

26* 


407 


ANMASZEND  —  ANMERKEN 


ANMERKENSWERTH— ANMÜSZIGEN  408 


ANMASZEND,  anogans:  ein  antnaszender  mensch;  sich  in 
der  anmaszendslen  weise  aussprechen. 

ANMASZER,  vi.  imilalor,  Usurpator:  die  Verachtung  empört 
die  eigene  eitelkeit  gegen  den  anmaszer.  Kant  10, 11. 

ANMASZEßlN,  f.  imUatrix:  die  kunst  ist  ein  affin  und  an- 
maszerin  der  natur.  Frank  2,  107. 

ANMASZLICH,  arrogans,  dünkelhaft,  anmaszcnd,  angemaszt, 
angeblich:  ein  anmaszlicher  kenner;  und  folglich  läszt  sich  aus 
diesem  punkte  der  anmaszliche  Sebastian  nicht  verdammen, 
aber  wenn  man  ihn  selbst  näher  betrachtet,  findet  sich  auch  da 
keine  spur  des  betruges?  keine.  Lessing  6,  151;  raistrauen  in 
die  absiebten  ihrer  anmaszlichen  beschützer.  Wieland  3,  69 ; 
die  alte  Krobyle  fand  nicht  für  gut,  ihrer  pflegetochter  zu  ent- 
decken, wie  theuer  sie  dem  Alcibiades  ihre  anmaszlichen  rechte 
über  sie  verhandelt  habe.  3,  269 ;  wenn  wir  ihre  anmaszlichen 
Vorzüge  auf  ihren  wirklichen  werth  herunter  setzen.  3,  309 ; 
vor  der  abhüngigkeit  von  einer  anmaszlichen  hauptstadt  be- 
wahren. 29,  350 ;  vor  diesen  anmaszlichen  gerichtshof.  Schil- 
ler 409 ;  da  er  [Innocenz)  den  kaiser  unerbittlich  fand,  diese 
anmaszlichen  rechte  der  kirche  für  die  zukunft  in  Sicherheit 
zu  setzen.  1038 ; 

als  knalje  verschlossen  und  Irutzip, 
als  jün^liiig  anmasziich  und  slulzig.    Göthe  2,  291 ; 
der  tollen  jiigend  anmaszjiclies  wesen.    3,248; 
ein    hegünstigter   freund    triumphiert  über  den  anmaszlichen 
nebenbuhler.  25,  38  ;  anmaszliche  unkenner.  31,  216 ;  die  theil- 
nahme  halbfühigcr  anmaszlicher  naturen.  36,  187. 

ANMASZÜNG,  f.  imilalio,  iisurpalio.  Fischart  nennt  die 
kindcr  gegenüber  dem  vater  schön:  Spiegel  seiner  vergangenen 
Jugend,  anmasung  {d.  i.  anmaszung)  seiner  geberden,  ange- 
sicht  und  angeslalt.  Garg.  67';  (Gargamelie  war)  wolgeberdig, 
holdseliger  anmaszung  (vüene?)  und  anmutiger  redbescheiden- 
lieit.-  77*.  heule  stolzer  ansjiruch:  die  anmaszungen  Sigis- 
nuinds  auf  den  schwedischen  thron.  Schiller  020 ;  der  adei, 
da  er  wenig  hofnung  hat,  seine  rechte  auf  der  seile  des  thro- 
nes  zu  erweitern,  sucht  sich  für  seine  ergebenheit  gegen  den- 
selben durch  anmaszungen  über  die  rechte  des  volkes  zu 
enlschSdigen.  Wieland  7,  61;  die  deduction  eines  urtheils, 
d.  i.  legitimafion  seiner  anmaszung.  Kant  7, 134; 
wo  anmaszung  mir  wol  gefällt? 
an  kindern:  denen  gehört  die  weit.    Götue. 

ANMAUEHN,  jüngere  muros:    noch  ein  stück  anmauern. 

ANMÄL'LEN,  ringi,  os  apei'ire,  ululare  versus  aliqucm,  wäre 
mhd.  ane  niiulen  und  kann  das  franz.  miauler,  miauen  er- 
klären :  (die  schwermer)  sollen  dieselbigen  (sprüche)  wol  an- 
meulen  und  flugs  überhüpfen.  Luther  3,  305';  die  bilder  haben 
(die  schwermer)  ein  wenig  angemeulet,  aber  doch  nicht  gebissen. 
461;    anmeulen  und  plaudern  beisze  ich  nicht  beiszen.  480'; 

ihr  kalzen  und  ihr  hund,  ihr  kauzen  und  nachteulen 
helft  mir  zu  tag  und  nacht  anmiiulen  und  anheulen! 
friedens  welieklage  1 640. 

ANMAUZEN,  ANMAUNZEN,  acclamare  instar  fdium,  gkich- 
iam  frrquentativa  von  anmiauen,  anmauen,  s.  das  vorige  wort. 

ANMECKEHN,  adboare  instar  caprarum,  balarc,  balitare 
{Plaut,  hacchid.  V.  2,  5,  wo  Ritschl  palitare  vorzieht). 

ANMELDEN,  annuntiare,  denuntiare,  nnl.  aanmelden:  was 
unser  gnadigster  fürst  uns  in  dem  arliculbrief  hat  anmelden 
und  zusagen  lassen.  Kirchhof  mil.  disc.  79;  also  dasz  sich 
in  wenig  tagen  ein  hitziges  fieber  anmeldete.  Weise  erzn.  359 ; 
sich  zu  einem  besuch  anmelden  lassen ;  es  melden  sich  we- 
nig Studenten  bei  ihm  an ;  wenn  die  dielen  oder  wände  im 
ximmcr  krachen,  sagen  abergläubische  es  hat  sich  ein  todter 
oder  ein  Vd  angemeldet,    vgl.  Haltaus  37. 

ANMELDUNG,  f.  annuntiatio. 

AN.MENGEN,  admiscere,  nnl.  aanmengen :  das  futter  mit 
Schrot,  kicie,  den  leimen  mit  stroh  anmengen,   s.  angemenge. 

A^.MEHKEN,  annotare,  notam  apponere,  nnl.  aanmerken,  zu 
dem  text,  während  bemerken  keinen  voraussetzt,  doch  kann  auch 
ein  aninerker  von  sich  selbst  beginnen,  Lessinc,  und  seine  zeit, 
setzt  öfter  anmerken  für  bemerken,  observare  z.  b.  4, 166,  gewöhn- 
lich aber  heiszt  ich  merke  es  ihm  an  ich  bemerke  es  an  ihm.  da 
die  leule  seine  weisheil,  Vorsichtigkeit  und  gute  vernunft  anmer- 
kend ihn  mit  herrlichem  gewand  bekleideten,  weil  er  sonsten 
arm  war.  pers.  baumg.  4,  2;  ich  habe  angemerkt  {bin  inne 
worden),  dasz  sie  mit  ihm  wie  mit  der  Offenbarung  umgehn. 
Klopst.  11,  233;  sie  gestehen  also  zu,  dasz  es  glückseligkeit 
gebe?  das  habe  ich  gleich  vom  anfange  zugestanden,  nur  habe 
ich  zugleich  angemerkt  u.  s.  w.  II,  285;  damit  man  dies  wort 
ja  im  rechten   verstände   nehme,    so   merken    wir   an,    dasz. 


12, 19 ;  was  Reicbard  von  dem  kreuzgange  sagt  ist  besonders 
anzumerken.  Lessing  9,  249 ;  wobei  einer  seiner  scholiaslen 
anmerkt,  dasz  der  dichter  Agathon  einen  guten  tisch  geführt 
habe.  Wieland  1,  12;  ich  werde  es  hoffentlich  nicht  erst  an- 
merken dürfen.  Schiller  102 ;  setzen  sie  hinzu,  was  auch  der 
Sicilianer  anmerkte,  dasz.  731 ;  wie  es  denn  gewis  angemerkt 
zu  werden  verdient,  dasz.  Göthe  26,  254 ;  den  tag  im  kalen- 
der  anmerken ;  ich  habe  es  in  einem  buche  angemerkt  ge- 
funden, wir  wollen  diese  schöne  kunst  nicht  so  gar  verwer- 
fen, angemerkt  {attendu),  dasz  doch  eine  grosze  kraft  mitwür- 
kend  sei.    Simpl.  1.  200. 

ANMERKENSWERTH,  notatu  dignus. 

ANMERKER,  m.  notator:  sie  selbst  gehen  einem  anmerk'ir 
mit  öftern  exempeln  vor.    Hagedorn  1,  xxv. 

ANMERKUNG,  f.  annotalio,  observatio,  nnl.  aanmerking: 
ich  habe  die  anmerkung  gemacht.  Rabener  4,  207 ;  ich  habe 
oft  anlasz  gehabt  die  anmerkung  zu  machen.  Klopst.  11,  241 ; 
und  vielleicht  gestehen  sie  mir,  nach  einer  anmerkung,  die 
ich  gleich  machen  will,  diese  kenntnis  zu.  11,  248 ;  es  ist 
eine  allgemeine  anmerkung,  dasz  wir  grosze  thiere  durch- 
gängig eine  gewisse  kleine  Schwachheit  an  uns  haben.  Les- 
sing 1,131;  man  spricht  selten  von  der  tugend,  die  man  hat, 
aber  desto  öftrer  von  der  die  uns  fehlt,  siehst  du,  Fran- 
cisca,  da  hast  du  eine  sehr  gute  anmerkung  gemacht.  1,  527 ; 
das  allgemeine  scheinet  uns  in  allen  anmerkungen  anstüszig 
zu  sein.  8, 16.  17 ;  allein  diese  anmerkung  {erfahrung)  bekräf- 
tigte ihn  nur  in  seinen  gedanken.  Wieland  1,106;  einer  von 
ihnen  machte  die  anmerkung.  7,  97 ;  aber  was  wird  diese 
wolweise  anmerkung  an  unserm  handel  verbessern?  Schiller 
195;  sie  machte  einige  scherzhafte  anmerkungen.  Göthe  24, 
312 ;  (hatten)  die  frauenzimmer  wechselsweise  über  den  an- 
zug,  vorzüglich  über  die  hüte  ihre  anmerkungen  gemacht. 
10,  28 ;  ein  ernster  verständiger  mann,  der  über  die  genialisch 
tolle  lebensweise  unserer  kleinen  gesellschaft  gar  wunder- 
liche anmerkungen  im  stillen  wird  gemacht  haben.  26,  344 ; 
unsere  oft  erwähnte  anmerkung  {bemerkung).  Kant  8, 194. 

ANMERKUNGSWÜRDIG,  notatu  dignus.  Lessing  9,  480  ;  Kant 
8,  172. 

ANMESSEN,  modum  vestis  ex  corpore  alicujus  metiri,  das  masz 
nehmen:  einem  ein  kleid,  neue  schuhe  anmessen,  bruch  anmes- 
sen. Garg.  237';  hemd  und  bruch.  15;  mit  anmessen  zugreifig 
und  schweilig.  15.  figürlich,  anmessen,  adaptare,  eine  alte  ein- 
richtung  neuen  umständen  anmessen ;  dieser  glaube,  der  das 
moralische  Verhältnis  der  menschen  zum  höchsten  wesen  vom 
anihropomorphismus  gereinigt  und  der  echten  Sittlichkeit  eines 
Volkes  gottes  angemessen  hat.  Kant  6,  318.  doch  wird  haupt- 
sächlich das  pari,  angemessen,  aptus  verwendet:  so  wenig  ist 
unsere  spräche  den  bunten  und  vieltrittigen  griechischen  vers- 
arten angemessen.  Bürger  177';  eine  der  frage  angemessene 
antworl.  Spee  scheint  es  im  sinne  von  anmaszen  zu  brau- 
chen: obschon  nur  die  priester  sich  dieser  weis  eigentlich 
anzumessen  {anzunehmen)  haben,  tugendb.  687. 

ANMLNN,  früher  ANMINNE,  amabilis,  graliosus,  in  Scna- 
ters  glossar  5t'  aus  Steinhowel  128  angezogen :  so  lieplich, 
so  suszlich,  und  so  anmin  beschribel.  entspriciU  dem  nnl. 
aanminnig,  aanminnelijk,  und  wäre  ahd.  anaminni. 

ANMISCHEN,  admiscere:  dem  wein  wasser  anmischen,  bei- 
mischen; ein  brei  von  nusz,  öpfel  und  bim  mit  wein  ange- 
mischt. Frank  weltb.  147';  den  sorgen  mische  dir  bisweilen 
freuden  an  (intcrponc  tuis  interdum  gaudia  curis).   Opitz  1,  307. 

ANMIT,  adv.  für  hiermit,  mil  diesem. 

ANMÖRTELN,  caemento  firmare:  an  jeder  allen  ruine  ein 
kleines  Schwalbennest  von  menschenwohnung  angeinörlelt. 
Bettine  tagcb.  160. 

ANMUNDEN,  jucundi  esse  saporis:  die  speise  will  nicht 
anmunden,  der  wein  mundet  an. 

ANMÜNDLICH,  ort  suavis,  jucundus:  es  ist  wol  war,  dis 
wenig  ist  anmüntlicher  als  des  andern  geschmei8z(es)  gar  vil. 
Garg.  22". 

ANMUNTERN,  adkortari,  excitare:  «ur  kenntnis  und  nach- 
bildung  der  Griechen  angcmuntert.  Herder  2,  133. 

ANMURREN,  ndmurmurare:  manche  salyriker  murren  die 
fehler  der  menschen  an,  anstatt  dasz  sie  mit  ihnen  lachen 
sollten.    Radexer  t,  »8. 

ANMÜSZIGEN,  adigere,  cogere:  wie  man  billich  zu  aller 
würde,  oberkeil  und  ämpicrn  angesucht,  berufen,  crwöhlet 
und  angemttsziget  werden  soll.  Frank  weltb.  76*.  gcgentheil 
von  abmüszigcn. 


409 


ANMUT 


ANMUT— ANMUTIG 


410 


ANMUT,  m.  affeetus,  appetitus,  die  begier,  lust,  der  an  et- 
«as  gesetzte  mut,  so  icenig  als  das  folgende  f.  alid^  und  mhd. 
nacJizuireiseti,  auch  hei  Luttieb  nicht  vorhanden.  Gregor  ton 
Tours  10,  5  überliefert  einen  mannsnamen  Animodus,  der  doch 
aus  Aunimodus  könnte  entstellt  sein,  auch  erscheint  kein  ahd. 
Anamuut.  '  zum  erstenmal  zeigt  sich  anemuot  in  einem  El- 
sdsscr  hofrotel  von  133S  (irm/A.  1,  729):  die  badebütt  sol  man 
Wien  kindbetleren,  und  wer  es  bedarf,  darumb  bette  der 
keller'das  stuck  zu  anemute  (zur  ergetzlichkeit?  für  seine 
mühevaltung  hat  er  ein  grundstück  zu  nutzen).  Keisersbebg 
geicdhrt  das  icort  oß,  noch  ößer  Frank,  icb  bab  noch  ein 
anmut  ?u  disen  alten  büsern,  zu  lust,  zu  gut  und  eer.  hrü- 
samlin  Vi';  nie  dick  kumpt  es,  daz  du  ein  anmut  hast  zu 
dem,  du  wollest  gern  der  metzen  da  nachlaufen.  35';  oder 
wültest  du  ee  verdampt  sein,  dann  das  du  bei  der  frauwen 
ein  nacht  legest,  zu  deren  du  ein  anmut  hast?  hell,  leue 'i3' ; 
du  zeuchst  die  ding  nit  in  dein  anmut ;  begird  und  anmut 
zu  zeitlichen  dingen,  hase  im  pfeffer;  si  haben  kleinen  zu- 
kere  zu  got,  kurzen  amiiüt.  das.;  inen  klebt  das  berz  an 
iren  freunden  mit  fleischlichem  anmut.  das.;  so  groszen  an- 
mut hund  si  zu  der  weit,  siben  sdiw.;  in  allen  anmuten 
(lüslen)  lebendig  sein,  trostsp.  11;  die  bösen  anmuten  und 
begirden.  ehr.  bilg.  99;  dem  frommen  ist  gott,  dem  bösen 
sein  anmut  ein  gesatz.  Fr.\\k  spr.  63 ;  mit  disem  zeichen  er- 
kennen von  dem  thoren  den  weisen,  das  diesen  sein  anmut, 
den  andern  sein  rernuft  regiert,  chron.  24;  peripatetici  mei- 
nen, die  alTect  und  anmut  seien  von  der  natiir  darzugebeh ; 
in  gott  ist  kein  anmut  oder  ziifull;  dann  ie  der  willos  gott 
gar  nichts  wil  und  on  allen  anmut  ist.  paradoxa  lo';  musz 
also  in  begirden,  willen  u.  anmßt  ersticken.  42 ;  weil  nun 
der  onwandelbarlich  gott  keinen  neuen  anmut  an  sich  niinpt. 
79 ;  derhalb  wil  ich  hie  geschweigen  den  streit  mit  iren  la- 
sfern, anmut  und  begirden.  119';  weil  schier  iederman  aus 
eignem  anmut,  begird  und  willen  sündigt,  icellb.  lo' ;  dasz 
ich  mein  vattcrlich  anmut  und  lieb  gegen  meinem  eigen 
fleisch  und  blut  umb  golles  willen  auszeuch.  2l';  auf  das  er 
[der  künig)  iu  balsgerichten  nit  allein  urtheil  und  niemand 
aus  etwa  einem  anmut  (einer /eirfen5cAa/?l  verkürzt  werd.  87"; 
aller  menschlicher  afl"ect  und  freunthch  anmut  ist  bei  in  auf- 
gehuben.  117*;  ein  iedcs  seinem  abgott  geweicht,  dem  si  nach 
irem  anmut  raeer  knift  und  Würdigkeit  zuschreiben.  23l' ; 
Oppianus  besdireibt  den  anmut  der  delphinen  gegen  den 
fischern  {den  affect,  die  Zuneigung  zu  den  f.).   Forer  95' ; 

ir  .«eil  unvernfiiiflige  lliier 

und  leliei  nach  ewer  begier 

nach  ewrem  anmui  und  alTect, 

darinn  ir  uoferscliainet  steckt.    II.  Sachs  1,  240*. 

tn  der  einen  stelle  ist  schon  von  freundlichem  anmut  die  rede, 
merkwürdig  aber  haßete  noch  bei  GöniE  die  männliche  form 
für  die  heutige  bedeutung :  er  belebt  durch  seinen  anmut  jede 
gesellschaft,  in  der  er  sich  befindet,   an  Knebel  349. 

ANMUT,  /".,  auch  das  weibliche  wort  zeigt  im  IC.  l' jh.  noch 
jene  bedeutung  des  männlichen,  begierde  und  lust:  dieweil  die 
menschliche  natiy  von  jugent  auf  ein  sonderliche,  geistliche 
anmut,'  begierd  und  liebe  bat  zu  den  metallis.  Tuurneisseb 
ton  wassern  5 ;  die  frau  sol  sich  anschicken  nach  seiner  (des 
mannes)  anmut,  «eis  und  willen.  Fischart  ehz.  17 ;  dasz  sie 
aus  verschmühung  nicht  ^'p'  ires  ehwirts  anmut  oder  unmut 
(lust  oder  unlusi)  achte.  IS;  ein  natürliche  Zuneigung  und 
anmut  zu  derselbigen.  Garg.  66'; 

was  anmut  bat  mir  deioe  red  erregt?    Opitz />«.  119; 
wie  ein  palast  mit  nnmut  wird  gescli.iuet, 
der  anselin  liat  und  künstlich  ist  gebauet,    pi.  144; 
was  anmut  gaben  vor  die  sorgenTreien  nnchie! 

Grtpuics  1,  209; 
hör  ich  den  klang  der  beherzten  trompeten, 
so  wacht  mein  anmut  zu  rechten  und  tödten.    l,61ü; 
0  anlilick,  der  mich  Tröhlich  macht, 
mein  weinstock  rein  und  Doris  lacht, 
und  mir  zur  aomut  (tust)  wachsen  beide. 

IUgedor:«  3,  93. 
^1«  der  tortlellung  begierlieher  lust  gieng  aber  später  die  heute 
allein  geltende  einer  anziehenden,  reizenden  lust  hervor,  und 
schon  Stieler  (1891) /^jr  anmut  aus  ainahilitas,  venustas;  an- 
mut ist  uns  nicht  mehr  das  begehrende,  sondern  das  begier 
anregende  und  befriedigende,  die  grazie:  anmut  des  lebens. 
Gellebt  ; 

und  anmut,  holder  engel, 
dein  anilitz  überzieht.    bÖRCtRS'; 
und  anmut  leuchtete  ringsum.    Voss  //«*.  Theog.  576; 


das  was  wir  sinnliche  Schönheit  oder  anmut  nennen.  Göthe 
38,  38,  was  der  weltweise  seiner  pflicht  abspricht:  ich  kann 
dem  pQichtbegrif  gerade  um  seiner  würde  willen  keine  an- 
mut beilegen.    Kayt  6,  1S2. 

ANMCT,  gratus,  acceplus,  früher  anmute:  nun  ist  einem 
doch  ein  hüpsch  mensch  anmüter  dann  ein  ungeschafTens 
Keisersb.  has  im  pfeffer. 

.ANMUTEN,  txpetere,  sollicitare,  zumuten,  ansinnen :  das 
ist  war  und  ist  also  angemutet  den  unsem.  Litther  5,  278*; 
sihe,  das  sind  die  gesellen,  die  über  goltes  wort  richter  sein 
wollen,  die  dürfen  uns  anmuten,  das  wir  unser  lere  sollen 
widerrufen.  5,  288';  sie  thüren  uns  anmuten,  ja  mit  drewen 
und  gewalt  darauf  treiben,  das  wir  iren  menschentand  für 
nötig  halten.  5,  373' ;  das  beiszt  ja  zumal  eine  grobe,  grosze, 
unverschample  unketischhcit  angemutet.  8,4';  solche  böse 
I  stück  und  greuel  e.  g.  anzumuten,  br.  3,  50ö.  andere  aber 
mit  dem  acc.  der  person :  wie  solches  an  i.  f.  gn.  gemutet 
worden.  Schweimcuen  l,  176;  als  er  zu  letst  von  Decio  die 
aligötter  zu  ereu  angemutet  ward,  litte  er  den  tod.  Frank 
c/iron.  273*;  und  es  jetzt  von  dem  marschalk  an  in  gemut 
ward.  Galmy  295;  als  ich  aber  zu  ir  kam  und  solches  an 
sie  mutet.  326; 

was  routst  du  mich  an,  allers  frecheD, 
leichtfertigen  und  losen  mann?    Atrkr  251», 

wo  dem  reim  zu  gefallen  oder  noch  als  die  alterthümliche  form 
mann  ßr  manns  sieht,  zu  diesem  gen.  aber  die  vorausgehen- 
den adjecUra  gehören  (s.  allers); 

dnna  gar  manch  ding  verbleiben  Ihut, 
dieweil  es  nicht  wird  angemut.    95*. 

Später  überwiegt  der  dat.  bald :  schemt  ihr  euch  sein  nicht,  das 
ihr  mir  der  gleichen  anmuten  möget?  Heisr.  J.  tos  Br.  Sus.  2, 2 ; 

damit  ihr  die  gans  wolt  beschweren 
und  ihr  anmuten  auch  desgleichen, 
dasz  sie  soll  aus  dem  himaiel  weichen. 
ganskönig  E  iii' ; 
Stiniia  wehrt  ihrer  ehren,  wer  ihr  was  wil  muten  an, 
ei  der  musz  es  schwer  entgellen,  sie  erzeigt  sich  als  ein  mann. 
LociL-  2,  3,  9; 
er  wird  mehr  nicht,  als  ich   kan, 
mir  muten  an.        pLEai.iiG  285; 

für  wen  sehet  ihr  mich  an?  vor  eine  alte  kuppeiUure?  solt 
ihr  mir  dis  anmuten?  Gbyphics  1,  771;  du  hast  mir  mehr 
treue  erwiesen,  als  ein  berr  seinem  knecht  anmuten  darf. 
Simplie.  1,  319 ;  anfangs  waren  die  Griechen  Conrado  anmu- 
ten, dasz  er  ihrem  keiser  die  knie  küssen  solle.  Hahn  3,230; 
der  geistlichkeit  die  Übernahme  eines  theils  der  abgaben  an- 
muten. Försters  ansiditen  1,  344 ;  wer  sich  dafür  interessiert, 
dem  wird  angemutet,  dasz  er  alles  vom  anbeginn  lesen  soll. 
TiECK  nov.  kr.  4.  304 ;  nun  mutest  du  ferner  diesen  satz  allen 
vernünftigen  wesen  an.  Fichte  sonnenkl.  /»er.  113;  eine  solche 
Selbständigkeit  mute  ich  mir  wirklich  an.  über  die  bestimmung 
d.  m.  187.  Zu  einem  andern  anmutea  aber  fügt  Göthe  den 
acc.  in  der  bedeutung  des  ansprechens  oder  gefallens: 

sie  sagen,  das  mutet  mich  nicht  an. 
und  meinen  sie  hatleos  abgeihan.    2,245; 
geist  und  kunst  auT  ihrem  höchsten  gipfel 
muten  alle  menschen  an.    3,  124; 

die  mystik  konnte  ihn  nicht  anmuten.  6,  67;  dasz  er  dem- 
jenigen, den  solche  dinge  anmuteten,  genns  beifall  abgewann. 
26,  77;  seine  gegenwart  mutete  mich  nicht  an.  32,  151;  da- 
gegen finden  wir  einen  absoluten  monströsen  beiden  (den 
serbisclien  Marko),  der  uns,  so  sehr  wir  ihn  auch  anstaunen, 
keineswegs  anmuten  mag.  46,  326 ;  diese  staatsdaroe  aber 
wollte  ihn  keineswegs  anmuten.  48,  164 ;  wie  eine  so  zer- 
stückelte art  die  natur  zu  behandeln,  den  laien,  der  sich 
gern  darauf  einliesze,  keineswegs  anmuten  könne.  60,  256. 
dies  anmuten  hat  nur  einen  acc.  der  person,  keinen  der  sache, 
jenes  anmuten  einen  dat.  (und  früher  auch  acc.)  der  person 
neben  dem  acc.  der  sache.  ganz  ungewöhnlich  und  alleinste- 
hend ist  endlich  ein  sich  anmuten  mit  gen.  der  sache,  im  sinn 
von  sich  anmaszen: 

vermess  sich  keiner  untugendlicb 

dies  Schwertes  onzumuten  sich.    Wielako  18,  17. 

ANMUTEN,  fi.  postuhtum:  ich  suchte  mich  zwar  diesem 
anmuten  zu  entziehen.  Plesse  3, 13 ;  aber  man  sah  dieses  an- 
muten für  50  hlcberlich  an,  dasz  man  ungeachtet  der  schul- 
digen hocbachtung  es  keiner  beantwortung  würdigte.  J.  E. 
Schlegel  3, 497;  freund,  welches  anmuten!  Stolberc  10,  416. 

ANMUTIG,  früher  cxcitans,  expelibilis,  spalrr  renustus:    er 


411 


ANMUTIG— ANMUTUNG 


ANMUTÜNG — ANNAGELN 


412 


ist  anmutiger  und  williger  beicLl  zu  hören  ein  frawen,  we- 
der einen  man.  Keisersd.  Iias  im  pf. ;  was  im  (gott)  einmal 
an  im  selbs  gefallt  und  anmUtig  ist,  das  bat  im  allweg  und 
musz  im  allweg  bisz  an  das  end  gefallen.  Fraxk  parad.  6' ; 
unter  denen  {priestern)  allen  wollt  ihm  keiner  anmutig  sein. 
WicKRAM  rolltv.  93';  dann  es  sich  ansehen  lasset,  als  ob  es 
der  Vernunft  anmutiger  sei,  dasz  dise  ding,  welche  do  coa- 
gulieren,  vil  eher  disem  morho  widerstehn  solten.  Tiiurneis- 
SER  infl.  wirk,  aller  eräg.  49;  wenn  eines  dinges  nutzen  und 
frucht  etliche  menschen  sehen,  weren  inen  wol  dieselbigen 
anmutig,  die  arbeit  aber  und  gefahr  wil  inen  nicht  schmecken. 
Kirchhof  wendunm.  120*;  vergleichet  und  einiget  er  sich  {der 
mann)  mit  einer  im  anmutigen  {gefallenden, .  zusagenden)  ge- 
hülfin.  FiscHART  Garg.  64";  dann  er  der  werdest  und  anmü- 
tigest  kerles  war,  der  in  seiner  haut  und  kappen  Stack.  240' ; 
habt  ihr  nicht  gesehen,  wie  andechtig  er  {der  hund)  das  mark- 
bein,  wann  er  eins  find,  verschiltwachtet,  . . .  wie  anmutig 
{cupide)  vernag,  saug  und  zerbeisz?  2l';  dises  was  dem  mann 
am  anmutigsten  ist.  ehz.  29 ; 

anmülitig,  schön  und  rein.  Weckberlin  447  ; 
man  beachte,  dies  ältere  adj.  hat  den  umlaut,  das  jüngere 
nicht,  ein  anmutiges  reh.  pers.  rosenth.  5,  10 ;  der  anmutige 
geruch,  die  anmutige  morgenrüte.  5,  15;  anmutig,  wenn  sie 
weint.  Grvphiüs  1, 123;  das  neueste  der  anmutigen  gelehrsam- 
keit ,  ein  buch  von  Gottsched  ;  auf  einer  anmutigen  ebne. 
WiELANU  1,  303 ;  also  Luis  anmutig.  Luise  3,  700 ; 

anmutig  thal,  du  immer  grüner  hain !  Göthe  2,  145 ; 
eine  anmutig  heran  gewachsene  tochter.  6,  213;  verkäufliche, 
dem  liebhaber  anmutige  und  liebliche  blätter  hervorzubringen. 
22, 218  ;  ein  unschuldiges  vergangenes  mit  anmutiger  trauer  wie- 
der h^ran  fordern.  26, 156 ;  anmutige  freundinnen.  31, 100 ;  die 
beste  bewirtung,  der  anmutigste  umgang,  belehrendes  gespräch. 
31, 226 ;  die  anmutige  gesellschaft.  31, 229 ;  wodurch  er  für  das 
äuge    schön,  das  heiszt  anmutig  wird.  38,  37.     ein  lieblings- 

WOrt    GÖTHES. 

ANMUTIGEN,  excilare,  nnl.  aanmoedigen :  so  vil  sich  ein 
mensch  in  lügenden  me  übet,  ie  me  liebent  si  im,  und  an- 
mütigent  in.  Keisersb.  sieben  scheiden  4. 

ANMUTIGKEIT,  f.  früher  appetitus,  affeclus,  später  vemistas  : 
der  hunger,  der  durst  und  dergleichen  anmütigkeit  der  un- 
vernünftigen thier.  Spalatixs  Verdeutschung  von  Melanchth.  iii- 
stitutio.  Augsb.  1523  bl.  8 ;  alle  anmutigkeit  und  angeborner 
Wille.  Frank  pararf.  24;  von  keiner  welllichen  anmütigkeit  be- 
fleckt werden,  verz.  Pasquinus.  1543.  8.  a  7 ;  alle  böse  an- 
mütigkeit abschneiden.  g6;  den  fleischlichen  anmütigkeilen 
under%vorfen.  g3';  des  Engellands  anmuhtigkeit.  Weckheri.. 
351;  und  lieszen  sich  durch  die  anmutigkeit  der  schönen  ge- 
dichte  zu  aller  lugend  anführen.  Opitz  poeterei  3 ;  wie  alles 
mit  lust  und  anmütigkeit  geschrieben  wird,  so  wird  es  auch 
nachmals  von  jedermann  mit  der  gleichen  lust  und  anmütig- 
keit gelesen.  71;  dieses  besuchen  hat  wenig  anmutigkeit. 
jetzt  entbehrlich.' 

ANMUTIGLICH,  adv.  venuste : 

Tcrraäblet  spil  und  stim  anmuhiiglich  zusammen 

WECKHERLlfi  180; 

wie  lieh  frei  das  haupt  anmutiglich  bewegelc. 
GöTHK  40,  404. 

ÄNMUTLEER,  venustatis  expers: 

ist  diese  brüst,  die  vor  ein  köcher  seiner  freudcn, 
sein  irdisch  bimmel  war,  geist-  trieb-  und  anmutleer? 
LoHENST.  Ibrah.  suU.  59,  245. 

ANMUTREICII,  Brockes  4,  277.  304.  5,  16;  ein  miidchen 
anmutreich  wie  Hebe.  Gotter  1,  440 ;  anmutreiche  blume.  3, 149. 

ANMUTSBILÜ,  n.  Brockes  6,  78. 

ANMUTSELIG,  jucundus. 

ANMUTSELIGKEIT,  f.  jucundilas.    Stieleb  1993. 

ANMUTSKNOSPE,  f.  viryo  venusta.   Ettners  hebammc  808. 

ANMUTSVOLL,  Gotter  i,  113.  3,  147;  an  diesem  anmuts- 
vollen orte.  Wieland  11, 193 ; 

ihr  anmutsvollen  bettlerinncn 
gebietet  selbst  im  Hehn.    Götz  2,  31. 

anmutsvolles  geOüster.  3,  214;    ein  anmutsvoller  landesstrich. 
BORGER  104'; 

ordnete  anmutsroU  um  das  haupt  ihr  Pallas  Athene. 
Voss  Wo».  Theog.  570. 

hei  Göthe  83,  232  steht  «nmutvoll. 

ANMUTUNG,  f.  postulatio,  affeclus,  ineitatnentum :  die  eife- 
rung ist  ein  verderblich  anmfitung  und  bewegung  des  gemüts 


oder  begirde;  darnach  auf  anmütung  der  Hunger  ist  er  zu 
Regensburg  auf  ein  schif  gesessen,  uf  der  Thonaw  gen  Ofen 
gefaren.  Frank  chron.  199";  der  jud  bewilligt  ihr  anmutung 
aufs  fleiszigste  auszurichten.  Wickram  rollw.  87';  dem  ritter 
Galmyen  war  wenig  an  solcher  anmutung  {ausfordei-ung  zum 
kämpf}  gelegen.  Galmy'2;  dasz  ihm  den  ersten  ritt  schier  zu 
eng  auf  seinem  guul  gewesen  war,  in  wol  halb  gerewen  war, 
dasz  er  dem  ritter  eine  solche  aninutung  getan  hett.  das.; 
was  bösen  geists  dir  solchen  rat  geben  hat,  dasz  du  uns 
allen  ein  solche  anmutung  thun  darfst.  164;  wo  ihr  mit  sol- 
cher schändlicher  anmutung  nicht  nachlassen  wollet.  222; 
dann  es  hat  gott  der  allmechtig  einem  menschen  ein  beson- 
dere begirde,  lust  und  anmutung  zu  einem  ding  mehr  dann 
dem  andern  geben.  Fronsp.  kriegsb.  2,  1";  die  freundlichkeit 
und  anmutung  {zuneigung)  gegen  den  menschen  sol  auch  got 
wol  gefallen.  Forer  fischb.  95';  die  Weintrauben  haben  eine 
sondere  anmutung  zu  den  feigen.  Sebiz  feldb.  350 ;  etliche 
bäume  haben  eine  besondere  anmutung  zusammen.'  luslg.  89 ; 
natürliche  anmutung  zwischen  dem  granat-  und  myrtenbaum. 
308 ;  die  liebe  hab  dann  das  herz  dermaszen  eingenommen, 
das  sie  zu  beiden  seilen  auf  gleiche  anmutung,  sitten,  ein- 
mütigkeit  und  willen  gegründet  werde.  Fischart  ehz.  8 ;  ire 
eigene  und  besondere  anmutungen  und  neigungen.  18 ;  alle 
Christen  haben  böse  anmutung  nicht  der  bösen  einfäll  übrig. 
RiNGw.  /.  warb.  181 ;  viel  guter  anmutungen  verursachen.  Spee 
lugendb.  73 ;  zu  andachl,  mitleiden  lind  dergleichen  liebrei- 
chen anmütungen  bewegen.   524 ; 

dan  ja  ein  jeder  mensch,  dem  gröszten  könig  gleich, 
hat  der  onmulitungen  und  der  begirden  reich, 
die  seine  Vernunft  stets  soll  meistern,  zu  regieren. 
Weckhkrlin  515; 

geschmack  für  die  musik  und  die  besondere  anmutung  (nei- 
gung)  für  ein  gewisses  Instrument.  Wieland  3,  26;  da  sie 
nicht  grund  genug  hatten,  die  unschuldige  anmutung,  welche 
sie  für  einander  fühlten,  der  Sympathie  des  blutes  zuzu- 
schreiben. 3,  199;  jene  lehrsätze,  zu  denen  mein  herz  eine 
so  besondere  anmutung  hatte.  3,  378 ;  wenn  der  Instinkt  nicht 
betrüglich  wäre,  so  würde  ich  geneigt  sein,  die  anmutung, 
die  icii  beim  ersten  anblicke  für  sie  empfand,  für  die-stimme 
des  blutes  zu  halten.  12,152;  die  anmutung,  welche  ihm  ihre 
ähnlichkeit  mit  ihm  einflöszte.  14,  46 ;  die  für  alles  mensch- 
liche und  also  auch  für  die  spiele  der  menschen  einige  an- 
mutung haben.  24, 119 ;  anfangs  erstarrte  der  gouverneur  über 
diese  anmutung  {forderung).  Schiller  833;  auf  diese  anmu- 
tung des  wolwollenden,  vorsorglichen  mannes.  Göthe  21,184; 
nur  da  ich  jedermann  mit  leib  und  seele  in  Norden  gefes- 
selt, alle  anmutung  nach  diesen  gegenden  verschwunden  sah, 
konnte  ich  mich  entschlieszen  einen  langen  einsamen  weg 
zu  machen.  27,  201;  dasz  "er  (Rousseau)  zu  blumen  und  pflan- 
zen andere  anmutungen  gehabt  als  solche,  welche  eigentlich 
nur  auf  gesinnung  hindeuteten.  58,  98 ;  dasz  er  geschafl'en 
sich  in  die  tiefen  der  natur  zu  versenken,  zu  der  oberfläch- 
lichen, wechselnden  färbe  wenig  anmutung  haben  konnte. 
53,  170 ;  es  waren  örtliche  beschreibungen'von  Luzern  und 
von  schweizerischen  berggegenden ,  für  den  Vaterländer  nicht 
ohne  anmutung.  Ulr.  Hegner  4, 178.  weidmännisch,  die  an- 
mutung {incitamentum)  des  Wildschweins,  weidwerksbuch  58'. 

ANMUTZEN,  comere,  veslire,  zustutzen:  ein  gewonheit  ist  in 
diser  statt  {Halbersladt),  d;  si  all  jar  den  grösten  sünder,  so  si 
wissen  in  irer  acht,  in  ein  klüglich  {so  1534,  kläglich  1567) 
kleid  anmulzen,  und  am  ersten  tag  in  der  fasten  in  die  kir- 
chen  füren,  darnach  als  ein  bannigen  wider  ausstoszen,  der 
müsz  die  ganze  fasten  in  der  statt  und  auszerthalb  leglich 
umb  die  kirchen  gcen,  bisz  auf  den  grünen  dornslag,  so  fü- 
ren si  in  wider  in  die  kirch,  und  nach  bcschehcnem  bett  ab- 
solvieren si  in,  der  ist  nachmals  aller  sünden  rein  und  wird 
Adam  geheiszcn,  dem  si  vil  gelts  gehen,  das  er  doch  der 
kirchen  ini'isz  lassen  und  wider  opfern,  so  ist  er  der  Sünden 
frei,  wie  ein  hund  der  fluch.  Frank  weltb.  50*.  *.  abmulzen, 
aufmutzen  und  mutzen. 

ANNAGELN,  clavis  affigere,  mhd.  annegelen,  nnl.  aannagelen: 
sie  nagten  die  zeiiul  ollentliatbcn  an.    Ayrer  168'; 
den  decke!  an  (auf)   den    sarg   nageln;    den   feuersegen   ans 
haus  annageln;  das  schlosz  an  die  tl^lr;  er  sitzt  da  wie  an- 
genagelt, weicht  nicht  vom  platze; 

zwölf  dlckbiiuchigc  herrn  und  zwölf  breiihüftlgc  damen 

saszon  wie  angenagelt  mit  gierigen  augcn  am  spiellisch.    Voss; 

die  auf  die  acbsel  eingeschlagene  band   nagelte  den  kleinen 


413 


AKNAGEN — AMÄSSLNG 


AMEBEN  —  ANNEHMEN 


414 


zierling  an  den  sesscl  an.  J.  Pacl  Hesp.  2, 56.  im  deutschen 
recht  gehört  noch,  icas  niet  und  nagel  hat,  zum  boden,  und 
unangcnegelt  ist  mobilis.  tceislh.  3,  791. 

ANNAGEN,  anodere:  die  maus  hat  die  schwelle  schon  an- 
genagt; 

von  liunger  angenagt,  ton  heiszera  dursi  gequält. 
WiEtA>D23,  34; 

wird  dort  keine  ameise  mehr  deine  ruhe  annagen  ?  Fr.  MCl- 
LEB  3,  319. 

A.NXAHEN,  appropinquare :  der  feind  naht  an;  der  liebe 
Sommer,  der  leide  winter  nahet  an,  steht  vor  der  Ihür;  die 
zeit  naht  an; 

aber  zuerst  sah  jene  der  edle  Telemachos  annalio. 
Voss  Od.  1,  114; 

als  ich  nunmehr  annahte  dem  zwiefach  rudernden  schiffe. 

10,  156; 

aber  auch  dir  ja  zu  fiüfa  must  ach  annähen  des  lodes 
hartes  geschick.        24,28; 

aber  wofern  mir  soll 
annahn  der  nahm.  Platen  117; 

■ 

das  annahende  alter  hält  niemand  auf.     auch  sich   annähen: 
einen  moment,  worin  sie  jenem  obern  führer  und  Vermittler  sich 
angenaht,  ja  sich  mit  ihm  vollkommen  vereinigt.  Göthe  45,  330. 
ANNAHEN,  n.  appropinqualio  : 

wie  doch,  Kirfce,  begehrst  du  von  mir  ein  freundliches  annahn? 

Od.  10,  337 ; 

in  halb  willigem  halb  unwilligem  und  doch  nothwendigem 
annähen.    Göthe  17,  327. 

ANN.VHEN,  a^sM^re^  nnl.  aannaajen:  nähe  mir  doch  das 
band  an ;  der  orden  ist  nicht  recht  angenäht. 

ANNÄHEBN,  appropinquare,  nnl.  aannaderen,  mehr  in  prosa, 
-annahen  mehr  in  der  poesie  gebraucht:  dessen  gewohnte  fcr- 
tigkeit  der  annähernde  tod  überwältigt  hatte.  ScntLi.ER  946 ; 
des  lieben  mädchens  immer  mehr  annäherndes,  zutrauliches 
betragen.  Göthe  26,  24.  Doch  trird  es  richtiger  sein,  annä- 
hern transitiv  zu  verwenden :  den  tisch  dem  ofen,  der  wand 
annähern,  näher  rücken ;  und  sich  annähern  =  annahen  zu 
setzen:  durch  meine  vorjährige  reise  hatte  ich  mich  an  Fritz 
Jacobi  mehr  angenähert.  Göthe  31,  37;  zu  höheren  zwecken 
ward  die  grosze  Zenobia  von  Calderon  studiert  und  der  wun- 
derbare magus  durch  Griesens  Übersetzung  uns  angenäliert. 
32,  75;  nicht  eben  so  gelang  es  mir,  mich  den  Kantischen 
anzunähern,  sie  hörten  mich  woi,  konnten  mir  aber  nichts 
erwidern,  nocli  irgend  förderlich  sein.  50,52;  wenn  wir  durch 
den  glauben  an  gott,  lugend  und  Unsterblichkeit  uns  in  eine 
obere  region  erheben  und  an  das  grosze  wesen  annähern 
sollen.  50,  56 ;  er  trat,  wie  sie  sich  annäherte,  in  die  kirche 
zurück.  TiECK  4,  395 ;  so  würde  die  menschheit  sich  zu  ihrem 
groszen  ziele  alimälich  annähern.  Ficute  fr.  rev.  101.  ror  dem 
part.  annähernd  l:ann  das  sich  Kegbleiben. 

ANN.\HERND,  adv.  appropingunndo :  der  umfang  des  w  erks 
läszt  sich  nur  annähernd  {approximativ)  bestimmen,  zu  fas- 
sen wie  die  gerundien  schlafend,  wachend,  lesend,  selbstre- 
dend M.  5.  «f.    mlui.  släfendc,  ahd.  sldfando. 

ANNÄHERUNG,  f  appropinqualio,  nnl.  aannadering,  das 
annahen:  stufenweise  annäherung  gegen  ein  vielleicht  uner- 
reichbares ziel ;  so  bin  ich  überzeugt,  dasz  die  gcwohnheit 
annähcrnng5brillcn  zu  tragen  an  dem  dunkel  unserer  jungen 
leute  hauptsächlich  schuld  ist.  Göthe  21, 184. 

ANNÄHERUNGSWEISE,  adv.,  wc}  annähernd:  es  kürinte 
sein,  dasz  beide  theil»  recht  haben,  denn  jene  mögen  mark- 
ten wie  sie  wollen,  müssen  sie  doch  meistens  mehr  zahlen 
als  billig  ist,  und  dieses  mehr  geht  denn  alimälich  und  an- 
näherungsweise auf  andere  reisende  über.  Ui.n.  Hecner  4, 174. 

ANNAHME,  f.  aceeptio,  susceptio:  die  annähme  des  gc- 
schenks,  almosens.  des  gelds,  des  briefs;  die  annähme  eines 
bedienten,  des  amtes,  dienstcs;  die  annähme  an  kindrsslall; 
die  annähme  einer  mcinung.  annähme  oß  auch  .tii/poii/io ? 
diese  annähme  ist  ungegriindet,  das  ist  eine  schöne  an- 
nähme.    }.  annehmung. 

ANNAME,  cognomen,  beiname,  zuname,  mhd.  Anainc  Trisl. 
10,3,  vgl.  unjame  und  anmacht,  ohnmachl. 

ANNAMEN,  nomine  interpellare :  so  haslu  doch  uns  als 
dr-inrn   ungnedigen  herm  angenamet.  Luther  3, 189*. 

.\NN\^SEN,  madefacere,  anfeuchten:  den  trocknen  sand 
arin;i^M  u.    s.  annetzcn. 

ANNÄSSUNG,  f.  madefaclio.  vorr.  tu  KKrrrELS  poel.  sinn- 
früchten  1677. 


ANTiEBEN,  ANNEBENS,  ANNEBST,  ungeschitite  mehrung 
von  neben,  das  schon  aus  en  eben,  in  eben  entsprang:  doch 
annebens  denen  gefängnushütern  kein  speis  und  trank  hinein 
zu  lassen.   Abele  3,101.    vgl.  benebst. 

ANNEHM,  gratus,  angenehm:  dise  zwen  sprüch  sollen  dir 
dester  lieber  und  annemer  sein.  .Melaxchth.  hauplart.  der  h. 
sclir.  58. 

ANNEHMBAR,  accipi  dignus:  annehmbare  bedingung;  an- 
nehmbares geschenk;  der  kürzeste  weg,  auf  welchem  der 
hauptsatz  aller  praclischer  wissenschaftslehre  als  annehmbar 
erwiesen  wird.  Fichte  grundl.  223. 

ANNEHMBARKEIT,  f. 

ANNEH.MEN,  accipere,  recipere,  sumere,  assumere,  ahd.  ana 
neman,  nnl.  aannemen: 

1)  die  dargereichte  band  annehmen;  das  mädchen  willigte 
ein  und  nahm  seine  band  an ;  das  gebotene  geld  annehmen ; 
er  empfieng  die  gäbe  und  nahm  sie  an ;  und  der  knecht  nam 
Rebeca  an  {nahm  sie  in  empfang)  und  zoch  hin.  1  Mos.  24,  61. 

2)  weidmännisch  und  kriegerisch,  die  sau  nimmt  den  hund 
an,  setzt  sich  zu  wehr;  der  hirsch  nimmt  den  jäger  an,  steht 
und  vertheidigt  sich;  die  feldhüner  nehmen  den  schild  an, 
fliehen  nicht  mehr  davor,  werden  seiner  gewohnt;  der  hund 
nimmt  die  fährte  an,  verfolgt  die  spur;  so  nun  auch  der  feind 
nahm  die  schlacht  an,  hielt  stand;  nimmt  den  gebolnen  kämpf 
nicht  an,  detreclat  pugnam;  den  Zweikampf  annehmen;  ob 
fcldschlachten  anzunemmen  und  zu  thun  sein  oder  nicht. 
Kirchhof  mil.  disc.  148 ;  wir  haben  den  schild  von  inen  ange- 
nommen. 1  Macc.  15,  20. 

3)  der  magen  nimmt  die  speise  an ;  was  der  mund  an- 
nimmt zu  kauen,  daran  hat  der  magen  zu  dauen.  Garg.  173*; 
das  zeug  nimmt  die  färbe  an,  die  färbe  haftet  darauf;  mast- 
vieh  nimmt  an,  gedeiht,  nimmt  die  mast  nicht  an,  gedeiht 
nicht;  der  dichte  mantel  nimmt  keinen  regen,  das  glatte  pa- 
pier  keine  dinte  an ;  das  eisen ,  wasser  nimmt  kälte  oder 
wärme  an. 

4)  einen  fangen  und  annehmen,  an  die  hand  nehmen,  fest- 
halten :  angenommen  und  gefangen  werden.  erA7.  des  landfr. 
von  1522  §.24;  das  sie  genanten  .Martin  Luther  sampt  seinem 
anhang  und  folgern  gefenglich  anncmen  und  wol  verwaret  dir 
zuschicken  wollen.  Luther  1,  103*;  wie  er  sol  herr  Lconhar- 
ten  gefenglich  annemen  lassen.  3,410*;  daraufhat  der  richtet 
in  gefenglich  angenommen ;  zu  dem  soll  Hans  Schanz  auf  der 
Morizburg  gefänglich  angenommen  sein.  Luthers  br.  4,  677 
wie  du  ine  gefenklich  angenomen  und  uher  das  er  ursacb 
soiichs  annemens  nit  wisse.  Chmel  Maxim,  s.  4  (a.  1493); 
aber  als  man  die  vier  an  nam  {verhaßete)  und  in  eisen  schmi- 
del.  Frank  f//ron.  223";  ob  der  profos  oder  seine  knecht  einen 
oder  mehr  gefengklich  annemen  würden,  so  sol  sie  niemand 
daran  verhindern.  Fronsp.  1,  23*;  also  dasz  er  mittel  kriegt, 
den  papst  Joannen  gefenglich  anzunemmen.  Fischart  bicnenk, 
214*;  man  solle  ihn  gefänglich  annemmen.  Zixkcr.  72,18; 

damit  wolt  er  sein  dienern  sagen, 
das  sie  mich  sollen  nemen  an  (festhalten,  ergreifen), 
froschm.  1.  2,  2. 

b)  einen  zum  mann,  söhn,  kind,  hruder,  frennd,  diener, 
knecht  annehmen ;  und  nam  Maccabeum  an  zum  freund.  2  Macc. 
13,  24 ;  und  haben  angenomen  andere  götter.  1  kün.  9,  9 ;  dazu 
nam  er  an  aus  Israel  hunderttausent  starke  kriegsleute.  2  chron, 
25,6;  und  nam  fremde  knechte  an  aus  den  insulen.  l  Macc. 
6,  29 ;  reiter,  schützen.  Soldaten  annehmen ;  das  dorf  nimmt 
einen  hirten,  nachtnächtcr.  Schulmeister  an;  hernach  lieszen 
i.  f.  gn.  durch  Heinrich  Schweinichen,  damals  marschall,  Vol- 
lend  mich  annehmen.  Schweimche.n  l,  119.  was  heute  heiszt 
mit  einer  ri'de  empfangen,  hiesz  ehmals  annehmen :  darauf 
Heinrich  Schweinichen  i.  f.  gn.  mit  einer  zierlichen  rede  an- 
nahm, und  blieben  i.  f.  gn.  im  annehmen  auf  der  kutschen 
sitzen.  1,  298;  ich  ritt  anstatt  i.  f.  gn.  dem  bräutigam  mit 
30  pferden  entgegen  und  nahm  ihn  an.  l,  301. 

6)  auf  Sachen  angewandt,  etwas  annehmen,  gern,  mit  fireu- 
den,  zu  dank  annehmen:  weldis  er  tu  dank  annam.  Garg. 
159*; 

fünf  oder  sechs  man, 
die  die  sach  annemen  auf  deiner  selten,   fattn.  $p.  514,  23; 
du  solteti  ein  andern  rei«n  nemen  an.   823,  21 ; 

das  gericht  nimmt  die  saclie,  den  rechtsslreit  an,  er  wird  an' 
hdngig ;  der  process  ward  von  dem  hofgfriciit  angenommen» 
da  hangt  es  noch.  Garg.  158*;  entscliuidigungen  und  aus- 
fluchte werden  nicht  angenommen ;   den  befelil,  die  wamung 


416 


ANNEHMEN 


ANNEHMEN 


416 


nicht  annehmen ;   den  satz,   Vordersatz  annehmen ;    ein  aner- 
bieten, gesucb,  eine  bitte,  bedingung,  einen  auftrag  annehmen  ; 
das  er  der  frawen  biu  annamb.    II.  Sachs  1,  525'; 

einen  namen  annehmen;  du  soll  den  namen  deines  gottcs 
nicht  unniilziich  annemen  {?annamen).  Luther  1,  320';  den 
christlichen  glauben  annehmen ; 

als  unser  ■vaiter  Abraham 

aiifäneklich  goUes  eli  aiiuam.   Scuwarze.nb.  150,  1 ; 

den  irthura  abschwören  und  die  evangelische  lehre  annehmen ; 
die  nun  sein  wort  gerne  annahmen,  apost.  gcsch.  2,  41 ;  so 
jemand  hat  das  maalzeichen  seines  namens  angenommen. 
offenb.  14,  11;  einen  sterblichen  leib  annehmen;  Zeus  nahm 
die  gestalt  eines  schwans,  eines  rindes  an ;  nahm  knechtsgeslalt 
an  sich.  Philipp.  2,1;  ein  feierliches,  unnatürliches  wesen  an- 
nehmen. Klinger  8,  272;  den  schein  annehmen;  leben  anneh- 
men; besserung  annemen.  Braxt  narrensch.  237;  üble  silten 
und  gewohnbeilen;  unarlcn  annehmen.  Göthe  25,  63;  eine 
meinung,  ein  system;  die  angenommensten  Systeme.  Lessing 
8,179;  eine  weise  annehmen;  angenommener  weise.  Kirchhof 
mil.  diso.  96. 

7)  dies  annehmen  gehl  über  in  die  bedeulung  des  voraus- 
selzeiis,  der  supposiUon  und  ßclion:  annehmen  ===  den  fall 
annehmen,  nimm  an,  ein  zaubrer  brächte  dir  den  wunder- 
stein. Kunger  ö,  194;  er  nahm  in  seinem  betragen  kälte, 
wärme  an ;  ja  freilich,  antwortete  ich  mit  angenommener  kälte. 
Göthe  19,283.  Gotter  3,54; 

die  ziege  hört  des  liasen  klagen 

iDit  angenommner  U'aurigkeit.    Hagedorn  2,  35; 

den  schein  von  etwas  annehmen,  was  jenem  annehmen  frem- 
der gestall  begegnet,     angenommen,  suppose. 

8)  es  mit  einem  annehmen,  den  kämpf,  den  lanz,  das  spiel 
mit  ihm  wagen,  wir  sagen  heute  lieber  aufnehmen :  wolan,  so 
nimms  an  mit  meinem  herren.  Es.  3C,  8 ;  mit  ihm  annemen 
und  wagen.  Agricola  spr.  178' ;  mit  denen  nam  ers  an  in 
allen  passen  und  süfTen.  Gary'.  17l'; 

mit  dem  es  auch  kein  gott  nicht  nah  hat  angenommen. 
Opitz  1,  221; 
wer  wolle  nicht  viel  lieber 
an  einen  sichtbarn  Teind,  Cur  dem  er  stehen  kan, 
und  auT  gut  ritterlich  es  mil  ihm  nehmen  an  ? 
Fleming  134; 

sie  sind  ein  kerl,  der  es,  hol  mich  der  teufel,  mit  manchem 
cantor  annehmen  könnte.  Lessing  2,  441. 

9)  jenem  den  schein  annehmen  nah  'verwandt  ist  ein  sich 
annehmen,  sich  anstellen,  den  schein  geben,  ohne  beigefügten 
acc,  aber  mit  folgendem  abhängigem  satz:  Ciszka  nam  sich 
an  als  wolt  er  fliehen.  Pavu  seh.  und  c.  U' ;  da  nun  der  narr 
meint  es  were  vergessen,  da  gieng  er  wieder  in  den  saal  und 
nam  sich  nichts  an  (Ihat,  als  wäre  nichts  vorgefallen)  und 
gieng  umb  den  tisch.  72';  der  knecht  nam  sich  an,  als  ob 
ers  nit  bet  gesehen.  106';  damit  aber  das  er  in  möcht  ent- 
laufen, nam  er  sich  an,  er  wer  von  Vernunft  komcn.  75'; 
80  wil  ich  mich  annehmen,  ich  sei  todt.  83'; 

der  prosze  böswicht  nimpt  sich  an, 

er  liab  mir  nie  kein  leid  gethan.    Alberus  23' j 

wer  sich  annimpt  willig  arm  zu  sein,  kein  fleisch  isset.  Frank 
weltb.  209';  jagen  die  feind  in  die  flucht,  oder  neinen  sich  an, 
als  wollen  sie  fliehen.  Froj^sp.  kricgsb.  3,150';  die  dise  kunst 
der  bandwürkung  nie  gesehen  noch  getriben  haben,  und  sich 
doch  annemen  zu  zeiten  in  groszen  schweren  Sachen,  das 
in  ganz  unkuntlicb  und  darzu  verborgen  ist.  Braunschweig 
Chirurg,  vorrede;  andere  sind,  die  ungeachtet  ihres  alters,  na- 
tur,  neigiing  und  lüsten  sich  in  liebe  gegen  alle  badcrmätzen 
und  kupplerinnen  annehmen.  Philand.  1,  28 ;  ich  zwar  nehme 
mich  an,  oh  in  ihrem  betrübten  zustand  ich  ihnen  mittel  und 
hnderung  verschafl'en  wolle.  1,  125;  der  baur  nahm  sich  an, 
er  were  nicht  bei  geld.  Zinkcr.  2,  03, 12 ; 

wer  bei  hof  auf  allen  wegen  fort  zu  kommen  «ich  nimt  an, 
nehme  nur  den  .siab  vom  holze,  das  der  escl  nennen  kan. 
I.OGAU  3,  zugäbe  28; 
und  nimt  sich  ernstlich  an, 
der  bosheit  auf  den  dienst  zu  warten,  wie  er  kan.    3,  218; 
was  die  und  die  . . .  für  fremde  mienen  an  sieh  nahm. 
LessiNG  1,  116; 

doch  die  Icttle  stelle  Idszt  tweifelhaß,  ob  ein  sich  annehmen 
oder  an  sich  nehmen  gemeint  sei,  und  bei  Logau  heiszl  sich 
annehmen    mehr   sich  unterfangen  als  sich  anstellen,     in  sol- 


cher bedeulung  .ist  das  wort  heute  ungebräuchlich,  sich  unter- 
fangen hciszt  CS  aber  auch  mit  ausgedrücktem  acc. 

ich  han  mich  \^eibs  dienst  angenumen.    fasln,  sp.  267,  16. 
sich  etwas  annehmen  meint  auch  sich  es  zu  herzen  nehmen, 
auf  sich  beziehen,  zumal  bittern  tadel:  du  must  dir  das  nicht, 
nicht  so  sehr  annehmen. 

10)  sich  annehmen  mil  dem  gen.  der  person  oder  sache  drückt 
aus  an  sich  nehmen,  sich  unterfangen,  sich  darum  bekümmern 
und  ist  bis  auf  heute  in  vollem  gebrauch: 

wer  arzenie  sich  niinei  an 

und  docli  kein  presien  heilen  kan, 

der  ist  ein  guoter  goukelman. 

Uhant  narrensch.  169  j 

nemen  sich  auch  stelens  an.    295; 

das  ich  mich  eur  nit  rast  aniiira.  fastn.  sp.  387,  2; 

was  nimst  dich  solclies  zoubers  an?  823,  13; 
sihe  mein  berr  nimpt  sich  nichts  an  für  mir,  was  im  bause 
ist.  1  Mos.  39,  8 ;  und  er  nam  sich  keins  dings  an.  39,  6 ; 
und  er  sähe  drein  und  nam  sich  irer  an.  2  Mus.  2,  25 ;  bin 
ich  denn  from,  so  thar  sichs  meine  scele  nicht» annemen.  Hiob 
9,  21 ;  also  wil  ich  mich  gnediglich  annemen  der  gefangenen 
aus  .Inda.  Jer.  24,  5 ;  und  nemen  sich  keines  regierens  noch 
strafens  an.  Baruch  6,  54 ;  man  musz  nicht  auf  die  güler  got- 
tes  fallen  und  sich  ir  annemen,  sondern  durch  sie  hinauf  zu 
im  dringen.  Luther  1,  485';  so  nimpt  er  sich  sein  nichts  an. 
4,  3;  bapst  und  bischove  nemen  sich  des  lerens  und  predi- 
gcns  wenig  an.  5,169";  darumh  gilts  nicht,  das  du  es  wollest 
lliun,  da  ers  thun  soll,  und  nicht  harren,  bis  er  dichs  heiszet, 
und  dennoch  dich  solcher  verhciszung  annemen  und  darauf 
trotzen.  5,  353';  aber  gleichwol  sollen  die  herzen  in  solcher 
unterscheid  gleich  gesinnet  sein  und  sich  derselben  ungleicheit 
nichts  annemen.  5,429';  mir  ist  warlich  euer  scbwacheit  von 
herzen  leid  und  viel  leider,  das  ihr  euch  solcher  scbwacheit 
so  hart  annehmet.  Luthers  br.  4,  546 ;  von  einem  bösen  men- 
schen, der  sich  aller  bosheit  annimpt.  Frank  weltb.  3' ;  dann 
si  namen  sich  so  groszer  heiligkeit  an,  das  si  sich  auch  der 
wunderzeichen  berümpten.  13&'; 

man  lindt  o/l  einen  solchen  man, 
der  sich  nimpt  groszer  leiiidscliart  an 
umb  seines  nutzens  willen.    Alberus  96; 

schweigen  siill 
und  nemmen  sich  des  scimoprens  an.    119, 

geben  vor  den  schnupfen  zu  haben;  daruinb  wenn  die  frauwe 
iiernach  sich  voriger  faulheit  annam,  drouwet  er  ir  mit  er- 
zehlter  arznei  zu  helfen.  Kirchhof  wendunm.  114';  der  sieb 
dessen  allen  annemmen  wolle,  würd  nichts  denn  unfruchtbare 
warheit  darvon  tragen.  226' ;  und  darumb  dörfen  wir  uns  des- 
sen nicht  annemmen.  Fischart  biencnk.  172' ;  die  sich  annem- 
men zu  verstehn  das  hochlatin.  Garg.  231' ;  oder  nem  dich  eins 
ämptleins  an,  so  heist  das  jar  durch  herr  fortan.  48';  der  nam 
sich  aller  wollust  an.  Ringwald  tr.  Eckh.  K8';  nim  dich  der  de- 
mut  an.  P.  1';  nimm  dich  nicht  mehr  an  als  du  bist.  Leh- 
mann 57;  nehme  sich  keiner  Verwunderung  oder  Schreckens 
an.  ZiNKGR.  2,  37 ; 
ich  glaube,  welcher  sich  nimpt  solcher  lOgcn  an, 
ein  leder  und  papier  auch  schamruth  machen  kan.    Opitz  2,  162; 

er  nam  sich  solcher  gedanken  an.  Arp.  l,  439 ;  es  ist  auch  keiner 

gemeint  als  wer  sichs  annehmen  will.  Weise  erzn.  vorr.;  nahm 

sich,  gleich  Epikurs  göttern,  keines  dinges  an.  Wieland  15, 156; 

0  matter,  nimmst  du  so  dich  meines  clends  an?  Gottbr  2,  20; 

so  lang  sie  der  Wirtschaft  sich  annimnn*  Göthe  40,  314 ;  wenn 
ich  der  Wirtschaft  mich  als  wie  der  meinigen  annehme.  40, 
317;  ich  nehme  mich  der  armen  waisen  an,  unterstütze  sie, 
stehe  ihnen  bei. 

11)  anstatt  des  gen.  setzt  die  ältere  spräche  oft  die  praeo, 
um:  und  nam  mich  umb  die  Christin  an.  H.  Sachs  III.  3,  7  ; 
das  ir  euch  umb  die  redekunst  so  crnsilich  anneinet.  Luther 
4,377';  wo  aber  ein  könig  oder  fürst  oder  adel  ist,  die  sieb 
mit  ernsl,  ja  mil  ernst  sage  ich,  umb  golt  und  sein  wort  an- 
nemen, die  magstu  wol  für  wundcrleulc  golles  halten.  6, 
143' ;  doch  niemand  sich  drumb  angenommen  zu  erfaren,  was 
Mahmels  glaube  were.  8,  ll';  und  haben  sich  auch  alle  umb 
in  angcnoinincn.  8,  80';  es  ist  die  ebräische  Icclion  ledig 
worden,  darumb  sieb  vielleicht  etliche  werden  annehmen.  Lu- 
thers br.  5,  606 ;  würden  etliche  fürsten  aufwachen  und  sich 
umb  die  religion  annemmen.  Melanciith.  decl.  von  Sigesmundo, 
deutsch  durch  Lauterreck  bl.  19;  und  sich  umb  aller  men- 
srhm  not  aN  ihrer  eignen  annemmen.  Frank  «fcZ/i.  45' ;  wenn 


417 


ANNEHMER  —  ANNEHMüNG 


AN'NEHMUNGSFÄHIG  —  AN^NOCH 


418 


nu  die  bischof  mit  gott  und  der  schrift  nichts  erhalten  kondten, 
so  hengeten  sie  sich  an  die  höfe  oder  namen  sich  umb  die 
Even  und  Herodiasen  an.  Mathesics  86'; 

bin  scfilechter,  armer  lenl  ein  söhn, 
darr  mich  umb  euch  nicht  nemen  ao.    Atrbr  174'; 
derselb  ha!  mir  auch  war  gesagt, 
.  mich  anzunemen  umb  kein  weib.  243'; 
und  ihren  Valentiu  zu  lan, 
sich  umb  den  köng  zu  neraen  an.    2S6*; 
ich  auch  nicht  gsiaiten  kan, 
dasz  er  sich  umb  das  weib  annem. 

Atrer  fastn.  15'. 

diese  ßgung  ist  abgekommen,  vietcol  man  etwa  nodi  sagen 
könnte:  er  nimmt  sich  darum  nichts  an,  kümmert  sifh  nichts 
darum. 

ANNEHMER.  m.  pers.  baumg.  10, 1.    nnl.  aannemer. 

ANNEHMLICH,  gralus,  acceptus,  nnl.  aannemelijk:  wohin 
ich  auch  sonsten  gebeten,  bin  ich  gezogen,  und  mich  den 
Jeuten  annehmlich  gemacht.  ScnwEixicHEX  1,  73;  dieweil  wir 
aber  sehen,  das  euch»  der  fried  mit  den  vier  sünen  Aimonts 
nit  annemlich  ist.  Aitnon  bogen  S ;  diese  vestung  ist  wol  an- 
nehmlich, ich  kan  aber  nicht  sehen,  dasz  sie  so  gar  stark 
sei.  pers.  bniimg.  1,  26;  zwitscherten  als  die  nachligalen  an- 
nehmlich wie  die  aufgegangene  rosen.  9,  2 ; 

auch  Selbsten  wol  vemie^rkt  und  spürt,  dasz  ganz  und  gar 
sein  dienst  und  liebe  nicht  bei  ihr  annehmlich  war. 
Werders  Ariost  5,  21 ; 

annehmliche  gaste.  Lohexst.  Arm.  l,  731;  bald  eine  annehm- 
liche allusion,  bald  einen  sinnreichen  gedanken  in  sich  hal- 
ten. Gt.MHER  vorr.  s.  11;  gezwungen  der  annehmlichen  ge- 
sellschaft  zu  entrathen.  Weise  erzn.  13;  in  den  backen  spie- 
lete  eine  annehmliche  röthe  durch  die  braunen  milchhärgen. 
kl.  leute  24 ;  liebesbrief  an  die  annehmliche  madame.  Menax- 
TES  1,  259 ; 

annehmlich,  wenn  du  schreibst,  doch  wenn  du  redst  noch  mehr. 
Wer.mke  217 ; 

ich  bot  allen  meinen  mutterwitz  auf,  dem  alten  Sadik  mei- 
nen anlrag  annehmlich  zu  machen.  Wieland  8,  406.  annehm- 
lich und  angenehm  sind  der  ableitung  nach  dasselbe  und  wur- 
den auch  sonst  so  gebraucht,  heute  ist  uns  angenehm  mehr 
das  anmutige,  annehmlich  das  annehmbare ;  wir  sagen  an- 
nehmliche bedingungen,  vorschlage,  hingegen  angenehme  gaste, 
angenehmes  miidchen. 

AY\EH.MLICHKE1T,  f.  anmut,  reiz:  der  alte  mann  ant- 
wortete ihr  mit  sonderbarer  annehmlichkeit.  pers.  baumg.  3, 
10;  der  junge  herr  ..  hat  das  herrliche  ansehn  mit  überaus 
groszer  geschicklichkeit  und  sonderbarer  annehmlichkeit  be- 
gleitet. Leibmtz  330;  wilde  annehmlichkeiten.  Lessing  1.  396; 
du  liebest  das  landleben,  und  du  wirst  gelegenheit  haben 
alle  seine  annehmlichkeiten  zu  schmecCen.  Wielaxd  1,  223; 
annehmlichkeiten  des  mondscheins.  2,50;  nichts  übertraf  die 
annehmlichkeit  seines  Umgangs.  3, 18 ;  annehmlichkeit  und  ge- 
schmackloses wesen,  freiheit  und  aufpassen.  Gothe  19,  177; 
annehmlichkeit  gilt  auch  für  vemunfllose  thiere,  Schönheit  nur 
für  menschen.  Kant  7,  51.  dies  annehmlichkeit  hat  also  mehr 
die  alte  bedeulung  von  annehmlich  =  angenehm  behauptet. 

ANNEILMU.NG,  f.  acceptio,  nnl.  aanneming:  gefiingliche  an- 
nebmung.  erkl.  des  landfr.  von  lö22  §.  24 ;  dieser  siebend  vers 
sogt  von  der  annemung  der  beiden,  und  das  gott  die  beiden 
richtet.  Luther  1,96';  das  es  nicht  ein  weniger  wunder  ist, 
wie  sie  sich  der  hoffart  und  annemung  enthalten,  denn  das 
sie  solche  guter  überkommen  hat.  1,481";  gnade  heiszet  auch 
barmherzigkeit  und  gnedige  annemung.  Melanchthon  haupt- 
art.  ».455;  annehmung  des  christlichen  glaubens.  Fbet  gar- 
teng.  11*;  doch  ist  er  endlich  zu  annemung  des  bisthumbs 
genötiget  worden.  Zinkcr.  8,  9;  die  annehmung  des  könig- 
lichen praedicats.  Hahn  3,  ISS;  hatte  auch  um  so  viel  we- 
niger Ursache  die  annchmung  derselben  (freundsdiaß)  zu  be- 
reuen, flesse  1,  4 ;  AIceste  aber  findet  den  antrag  der  annch- 
mung eines  ehrlichen  mannes  unwürdig.  Lessinc  4, 394 ;  alles 
das  kann  damals  zur  annehmung  seiner  lehre  wichtig  gewe- 
sen sein,  itzt  ist  es  zur  erkennung  der  wahrlieit  dieser  lehre 
80  wichtig  nicht  mehr.  10,  322;  so  hart  das  gesetz  war,  so 
schmeicheile  sich  der  französische  mcdiateur  noch  immer  den 
kurfiirsten  zur  annebmung  desselben  vermögen  zu  können. 
Schiller  944 ;  sondern  die  wirkliche  annchmung  derselben 
{der  Offenbarung)  als  einer  solchen  noch  unter  andern  be- 
dingungen stehen  müste.  Fichte  kr.  der  offenb.  109 ;  die  nolh- 
wendigkeil  der  annehmung   eines   künftigen  lebens.    Kant  2, 


;  324;  die  annehmung  des  daseins  gotlcs.  4,21";  diese  anneh- 
mung gehört  für  die  theoretische  Vernunft,  das.;  der  innere 
;  grund  der  annchmung  aller  seiner  maximen.  6.  214.  fast  überall 
j  gilt  heute  annähme  statt  annehmung,  das  sich  bei  den  philo- 
I  sophen  zulangst  erhielt,  die  darin  den  ad  des  annehmens  stär- 
ker ausgedrückt  finden. 

ANNEHMUNGSFÄHIG ,  einen  begrif  als  annehmungsfähig 
rechtfertigen.  Kant  7,  270. 

AN.NEH.MUNGSWÜRDIG,  annehmungswürdige  gründe.  Kant 
8,  236 ;  annehmunsswürdigste  bedingungen.  8,  381. 

A.YNEHMUNGSVvÜItDlGKElT,  f.  die  annehmungswürdigkeit 
einer  hypotliese.  Kant  2,  580. 

ANNEIDEN,  iniidere,  subinvidere: 

gar  nicht  kan  er  zu  lang  der  armen  leiden  leiden, 
dan  offen  ist  sein  ohr,  w^ie  ihr  leid  olTöubar, 
so  nimmet  er  auch  deren  wahr 
die  feindlich  sie  anneiden.    Weckherlin  93. 

ÄNNEIGEN,  inclinare,  vergcre:    die  dichtkunst  Italiens  hat 
etwa«  sich  anncigendes.  Herder,    kaum  gebraucht,  s.  annicken. 
j       ANNEIGLICH.     eine    anneiglichkeit    die  ^dweden   atomen 
durchwandelt.  Clacdils  7,  42. 

ANNEN  ?  Fiscuart  Garg.  137'  hat  den  ausruf:  hui  nun  an- 
nenl  und  annen  scheint  ein  dem  freudig  auffordernden  hui 
zugefügtes  rcrbum,  gleichviel  ob  in  erster  oder  zweiter  person 
des  pL,  da  auch  die  letzte  auf  -en  ausgeht  (z.  b.  halten  den 
dieb!  198*,  hallen  den  schelmenl  231").  sollte  es  aus  der  par- 
tikel  an,  wie  sonst  mlid.  vonen  aus  von,  änen  aus  dne,'  üjen, 
ahd.  i'ijon  aus  üj  entspringen  ?  denn  der  sinn  hui  nun  daran ! 
würde  entsprccJien.  aber  sonst  erscheint  noch  keine  spur  eines 
solchen  anen,  annen,  das  doppelte  n  zur  hegung  der  allen 
kürze  des  a  begegnet  genug,  z.  b.  oben  in  anmannung  f.  an- 
manung. 

ANNESTELN,  adstringere,  affibulare,  mit  einer  nestel  an- 
heften. 

ANNETZEN ,  madefacere,  anfeuchten,  anndssen :  die  zunge 
annetzen;  etwas  mit  weine  annetzen;  den  finger  beim  spin- 
nen mit  Speichel  oder  wasser  annetzen; 

des  creuzes  heilig  bäum  mit  thrfinen  angenetzt 
bat  lausend  ernten  uns  ann  blumcn  beigesetzt. 
LoHENST.  Iiofm.  223. 

ANNETZLNG,  f.  ohne  dessen  annetzung  ich  den  wachs- 
thum  von  keiner  idee  begreifen  könnte,  i.  Pacl  lit.  nachl. 
4, 133. 

ANMCKEN,    oculos,    capul   inclinare   versus   aliquem:    sie 
nickte  mich  freundlich  an,  schw.  med  ögonen  neg. 
ANNIESEN,  slemuere  versus  aliquem,  vgl.  anwiehern. 
ANMETEN,  affigere:  ein  blech  annieten. 
AN.NISTELN.  entweder  fnrthildung  des  folgenden  annisten  oder 
verderbt  aus  annestein :  ich  und  mein  kamerad,  wies  der  herr 
befohlen   hatte,   nislelten    uns  an  ijin  an,   als  wären  wir  zu- 
sammengewachsen, dasz  er  sich  nicht  regen  und  rühren  konnte. 
Göthe. 

ANNISTEN,  nidum  adsiruere:  die  schwalben  nisten  sich 
oben  an;  und  die  menschen  sich  in^üuslein  zusammen  sichern 
und  sich  annisten,  und  herschen  in  ihrem  sinne  über  die 
weite  weit.  Göthe  16, 75. 

ANNOCH,  adhuc,  etiamnum,  betont  ännüch  und  ann6cb: 
indessen  dasz  der  Mars  bei  zweimal  sieben  jähren 
annocb  nicht  grausam  sau  berenol  und  angeTahren 
mein  werthes  Vaterland.  Flesinc  70; 

die  w.nrme,  die  annoch, 
seitdem  der  winter  von  uns  entnohn,  kein  regen  gemildert. 

E.  VON  Kleist  2,  39; 
wo  nicht,  ihm  annoch  abzusiegen.    Lichtwer  2,  2; 
die  annoch  dicker  sind,  als  drei  von  unserm  leibe.    2,  22; 
der  annoch  übergelassenen  müszigcn  zeit.  Wernuk  rorr.; 

umwölkt  annoch  der  unmut  unsern  blick.    L'z  1,  54; 
also,   ohne  weitere  einleitung,   zu  den  anmerkungen,   die  ich 
bei    gelegenheit    der   ersten  Vorstellung  der  brüder  des  herrn 
Romanus  annoch  Ober  dieses  stück  versprach.  Lessing  7,  429 ; 
alle  handschriften,  die  von  den  nemlichen  fabeln  hin  und  wie- 
der in  bibliotheken  annoch  verborgen  liegen.  9,  8 ;  in  gleichem 
falle    mochte  sich  ohne  zweifei  auch  Hakluyt  in  England  be- 
finden, welcher  in  seine  samlung  von  reisen  annoch  1589  eine 
englische  Übersetzung  dieses  texles  brachte.  9,  211; 
ich  freue  mich,  herr  Nathan, 
euch  annoch  wol  zu  sehn.    2,319; 


die  göiterstimm  umklang  annoch 
sein  ohr.  Uürssr  ISO*; 


27 


4id 


ANNÖTHIGEN — ANPFEIFEN 


ANPFEISEN  —  ANPLÄRREN 


420 


aber  verweil  annocli,  wie  sehr  auch  die  reise  dich  dränget. 
Voss  Od.  1,  310 ; 

ruht  auf  ihnen  annoch  mein  herscheramt?    11, 115; 

wenn  ihr  im  tode  annoch  fest  steht.    Scuiller  139; 

doch  traue  meinem  wort,  das  annoch  gilt.    Tieck  2,  C5. 

ANNÖTHIGEN,  cögere,  oblriidere.  Lohenst.  Arm.  1,  389. 

ANÖHUEN,  ansam  afßgerc:  der  angeöhrte  pathenpfennig. 
J.  Paul  Tit.  3,  146;  diese  an  seinen  eignen  köpf  angeührlen 
zwei  ohren.  uns.  /oi/e  3,131;  an  seinen  glücklichern  arm  war 
die  Britin  und  an  den  linken  Agathe  angeührt.  Hesp.  2,  22; 
um  durch  die  protestantische  mutier  die  katholische  braut 
sich  anzuöiiren.  flegelj.  2, 130. 

ANÖLEN,  oleo  inungere:  angeöltes  tiich,  papier. 

ANORDNEN,  ordinäre,  disponere:  es  anordnen,  einrichten; 
ein  gastmal  anordnen  ;  einen  tag,  ein  fest,  eine  hochzeit,  leiche 
anordnen ; 

wie  es  die  niutter 
mit  nachsinnendem  geist  anordnete.    Luise  3,  509; 

dasz  nicht  nur  jeder  häuptling,  sondern  auch  jeder  angeord- 
nete seine  Selbständigkeit  festhielt.  Gothe  31, 40. 
ANORDNUNG,  f.  höhere,  höcliste  anoidnung. 
ANPACKEN,  allrectare,  arripere,  nnl.  aanpakken,  hart  an- 
greifen, antasten:  einen  mit  gewalt  anpacken;,  die  häscher 
packten  den  dieb  auf  offener  strasze  an;  der  mann  packt 
mich  wieder  mit  seinem  geschwätz  an ;  das  fieber  packt  mich 
an;  dieses  bild  packte  seine  phantasie  gewaltsam  an.  .1.  Paul 
flegclj7l,AQ.  das  wort  erscheint  kaum  vor  dem  M  jh.:  etliche 
jungen  die  hatten  das  fortgelaufene  pferd  angepackt.  Weise 
erzn.  387;  eine  Jungfer  anpacken,  rapere  virginem.  Stieler 
1410.    s.  packen. 

ANPAPPEN,  was  ankleistern,  ankleben,  s.  pappe. 
ANPASSEN,  adaptare,  nnl.  aanpassen :  ein  kleid,  schuhe 
anpassen;  eme  sache  der  andern  anpassen;  eine  rede  der 
fassungskraft  der  liörer;  meistens  intransitiv,  passen,  passend 
setn:  der  liarnisch,  der  des  pygmäen  schmächtigen  körpcr 
zwingt,  sollte  der  einem  riesenleib  anpassen  müssen?  Schil- 
ler 162;  als  dasz  ihm  die  formen  überall  ungezwungen  an- 
passen konnten.  1200;  weil  ihr  (der  er  fahrung)  ein  gegenständ 
nidit  afipast.  Kant  2,386;  begriffe  des  Verstandes,  sofern  sie 
der  Vernunft  anpassen  sollen.  2,415;  den  manigfaitigslen  sin- 
nen zubereitet,  dem  geriiusch  und  prunk  anpassend.  Tieck 
4,  82 ;  zierrathen,  die  mehr  der  munterkeit  des  Jünglings  an- 
zupassen scheinen.   J.  Paul  teuf  pap.  1,  100. 

ANPATSCHEN,    accederc   per   humida:    der  frosch  patscht 
an;  die  ente  kommt  angepatscht,    s.  patschen  und  platschen. 
ANPECHEN,  pice  inducere:  weil  aller  äugen  theils  auf  den 
sterbenden  bardcn,   theils  auf  die  entzückte  Ziwolane  gleich- 
sam angepecht  waren.  Loiienst.  Arm.  2,  '88.    besser  anpiclicn. 
ANPEITSCHEN,  flagello  incilare:   die  pferde  anpeitschen. 
ANPESTEN,    labe   inficcre:   die   luft  ist  angepestet;   ange- 
pcstet  von  dem  hauch  der  fremden  sitte. 

ANPFÄHLEN,  palis  affigere :  den  bäum  anpfählen ;  den  mis- 
sethäter  anpfählen,    das  nnl.  aanpalen  ist  angrenzen. 

ANPFEFFEHN,  pipere  condire:  die  speise  ist  zu  stark  an- 
gepfeffert ;  er  pfeffert  seine  reden  noch  mit  spott  an. 

ANPFEIFEN,  assibilare,  ovoit,eiv:  die  gänse  pfeifen  an; 
der  wind  bat  uns  stark  angepfiffen ; 

plif  sie  mich  an  wie  ein  alter.  H.  Sachs  1,440': 
daher  ist  der  zorn  des  herrn  über  Juda  und  Jerusalem  kernen, 
das  man  sie  anpfeift.  2  chrun.  29,  8 ;  und  Babel  sol  zum  Stein- 
haufen und  zur  drachcnwonung  werden,  zum  wunder  und 
zum  anpfeifen.  1er.  51,  37;  alle  die  für  über  gehen,  klappen 
mit  henden,  pfeifen  dich  an.  klagl.  Jer.  2,15;  alle  deine  feinde 
sperren  ir  maul  auf  wider  dich,  pfeifen  dich  an,  blecken  die 
zahn.  2,16;  die  kaufleut  in  lendern  pfeifen  dich  an.  Ez.  27, 
36 ;  werden  dich  anpfeifen.  33,  31 ;  aber  wenn  ich  hie  widerumb 
spreche,  ich  lasz  mir  den  leib  Christi  vom  wort  nicht  scheiden, 
so  sollen  sie  mich  wol  anpfeifen  und  pfislcn.  Luther  3,  377 ; 

denn  die  kelzRr  auf  deinen  bann 

lind  (leeret  nicliis  mehr  geben, 

als  ob  rIc  ein  gani  |illtT  an.    Soltau  volksl.  464; 
kein  mensch  ist  der  dich  sieht,   der  in  die  band  nicht  klopfe, 
und  pfeife  dich  nicht  au  und  winke  mit  dem  köpfe 
dir,  kind  Jerusalems.  Opitz  3,35; 

mein  wci-thes  valerland,  vor  {ehmals)  aller  Innder  krön, 
ilzt  ihr  verdammter  hasz  und  anv'eiilifner  höhn. 
Flkming  7u. 

man  musz  nicht  jedem  narren  geben,  der  einen  anpfeift.  Clau- 
dius 1.  2,  137;  wie  ein  wind  allemal  in  den  obein  luflgegcn- 


den  sauset,  eU  er  unten  an  unsere  fenster  anpfeift.  J.  Paul 
Hesp.  4, 105.  auf  einen  pfeifen  bedeutet  aber  ihn  verleumden, 
ein  lied  auf  ihn  pfeifen,  fastn.  sp.  758,  27.    s.  anpipen. 

ANPFEISEN,  gleichfalls  assibilare,  von  einem  verlornen  star- 
ken pfisen  pfeis,  aus  dem.  auch  das  vorhin,  nach  Luther  3, 
377  angeführte  pfisten  stammt,  vgl.  sl.  piskati,  pisnuti  pfeifen, 
(Schmeller  1,  324  hat  pfeiscn  stridere,  sibilare  aus  dem  prompt. 
1618):  morndes  gsach  ich  gens,  deren  ich  nie  keini  gsächen 
halt,  do  meint  ich,  do  si  mich  .anpQseten,  es  weri  der  tüfel.  Tn. 
Plater  15  {nusg.  von  Baldinger  anpfeiserten).    vgl.  äpfelpfeiser. 

ANPFETZEN,  atlrectare,  vellere:  einem  die  backen  an- 
pfetzen ;  die  lüwcn  tapfer  anpfetzen.  Garg.  147".  s.  ankneipen. 

ANPFISTEN,  s.  anpfeifen  bei  Luther  3,  377. 

ANPFLANZEN,  conserere  plantis,  arboribus,  nnl.  aanplan- 
ten:  das  land  anpflanzen;  den  garten  anpflanzen  mit  bäumen 
und  gesträuch;  einen  wald  anpflanzen;  sich  anpflanzefi,  nie- 
derlassen; schon  lange  war  Ernst  in  dieses  idealische  land 
gedrungen,  schon  hatte  er  sich  dort  angepflanzt.  Klinger  8,14. 

ANPFLANZER,  m.  colonus,  agricola;^ 

sondern  ohn  anpflanzer  und  ackerer  steigt  das  gewächs  auf. 
Voss  (kl.  9,.  109. 

ANPFLANZUNG,  f.  colonia,  plantatio:  felsen  und  gemäuer 
sind  zur  anpflanzung  von  reben  benutzt.  Gothe. 

ANPFLÖCKEN,  paxillo  affigere:  das  rad,  die  sohle  an- 
pflocken ;  die  leinwand  auf  der  bleiche  anpflöcken ;  sie  wur- 
den in  die  garstigsten  kerker  angepflöckt.  Lohen'st.  Arm.  2, 
121;  wie  die  angepflöckten  krähen.  1,408;  verdntzt,  angepflöckt 
stand  ich  am  treppengeländer.  Tieck  3,  7. 

ANPFLÜGEN,  attingcre  aratro,  nnl.  aanploegen  :  einen  frem- 
den acker  anpflügen  (s.  abpflügen) ;  eine  furche  der  andern 
anpflügen. 

ANPFRIEMEN,  deßgere  subula,  slilo,  mit  der  pfrieme  anließen. 

ANPFROPFEN,  inserere:  ein  reis  einimpfen. 

ANPFUEN,  ß,  phy  clamare,  exsecrari,  pfui  dich  an!  d.  i. 
an  dich,  rufen:  sehen  dir  aber  die  menschen  nach,  pfuen 
dich  an,  so  denk  mit  was  äugen  dich  gott  vielmehr  ansehe. 
Andr.  Musculus  hosenleufel.  Ff  a.  0.  1556.  D4.  anpfuien  wäre 
noch  heute  ein  kräftiges  wort. 

ANPICHEN,  picare:  die  fässer  anpichen;  er  sitzt  angepiclit 
an  seine  arbeit,  wie  angepicht,  erpicht; 

man  ist  darauf  (auf  dem  pferde)  wie  angepicht, 
will  immer  ab.  und  Uabl  in  einem  slücke 
nur  weiter  fort.  Gökingk  1,  105; 

ein  hölzerner  weihnachtshahn  mit  angepichten  federn.  J.  Paul 
uns.  löge  3,125;  eh  ich  weiter  gehe  in  der  geschichte,  will  ich 
eine  digression  anpichen,  biogr.  bei.  1, 151.    s.  anpechen. 

ANPICKEN,  rostro  tundere:  die  Vögel  picken  die  kirscben 
an ;  alles  picket  er  an.  Götz  1,  74. 

ANPINKEN,  igncm  excudere,  feuer  anschlagen,  unhochdeutsch, 
aber  durch  pinkepank  eingeführt,  s.  pinken. 

ANPINSELN,  penicillo  allinere,  anstreichen,  meist  verächt- 
lich, schlecht  anmahlen. 

ANPIPEN,  pipire  versus  aliquem,  nnl.  aanpiepen:  die  Vögel 
pipen  uns  von  frühem  morgen  an;  die  hüner  anpipen,  an- 
locken,   s.  anpfeifen. 

ANPISCHEN,  einem  pisch,  psch  zurufen,  ihn  heimlich  locken, 
gebildet  wie  anpfuen.  man  hört  auch  anpeschen,  wenn  dies 
nicht  ein  anderes  anpöschen,  anposchen  ist. 

ANPISSEN,  commingere:  die  hunde  pissen  die  wand  an;  pis-- 
sen  an  die  wand,  i  Sam.  25,  22.  1  kün.  14,  10.  16,  11;  er  bei 
männiglich  so  veraclit  ward,  dasz  ihn  die  hunde  iWitten  an- 
pissen mögen.  Simpl.  1, 195;  so  unwerth,  dasz  mich  die  hunde 
anpisten.  1,  375; 

den  pisse  has  und  escl  an.  Pfkffki  1,  121 ; 

der  kreuzherr,   sagte  dieser,  trägt  sein  kreuz  nicht  umsonst, 
es    thul  ihm  eben  so  viel  dienste,   wie  den  häusern  in  Rom 
ein   daran   geschmierles,   es  darf  beide  keine  seelc  anpissen, 
ob   maus  gleich  in  Rom  vor  jedem  voi-ziinmer  mag.   J.  Paul 
Tit.  2,  25.    deutscher  ist  anseichen. 
ANPLAPPERN,  was  anplaudern. 
ANPLÄRREN,  acclamare  objurgando,  anschreien: 
ricliier,  ich  klag  euch  über  den  narren, 
tut  nrith  stets  vor  dem  volk  anplärren. 
fasln,  sp.  269,  12; 
der  windhals  und  auch  der  widhopf 
die  waren  des  konips  bofnnrren 
ilieten  einander  olt  anplärren.    II.  Sacih  1,426*. 

$.  anblärren,  anblerren,  anplerren  und  die  einfachen  rcrba. 


421 


ANPLATSCHEN — ANPRANGEN 


ANPRASSELN  —  ANRALNEN 


422 


ANPLATSCHEN,  cum  strepitu  aeeedere?  der  tod  selbst  weisz 
die  stund  nicht,  wann  er  soll  angreifen  und  töJten  ...  dasz 
er  sich  selbst  dafür  acht,  die  zeit  sei  hie,  er  soll  anplatschen 
und  angreifen.  Paracelscs  1,  44'.  vgl.  anpatschen.  der  iod 
wird  aber  sonst  mehr  als  schleichend,  plötzlich  nahend  gedacht, 
vielleicht  hat  anplatschen  den  transitiven  sinn  des  anpackens, 
ergreifens,  anplatzens?    doch  s.  anrauschen. 

ANPLÄTSCHEKN,  /ei'»/er  astrepere:  anplätschemde  welle; 
der  bach  plätschert  an;  der  regen  plätschert  an  das  fenster  an. 

ANPLATTE.N,  franz.  applanir,  aplatir:  einen  grundoderboden 
anplatten,  abplatten ;  bei  gärtnern,  zweige  verschiedner  pflanzen 
glatt  auf  einander  passen  und  umwinden,  dasz  sie  miteinan- 
der verwachsen. 

.\NPLATZ,  m.  assultus:  und  werden  durch  die  reiszenden 
Wulf  zerrissen  werden,  d.  i.  mit  denen,  die  ihnen  gleich  sind, 
werden  sie  gestraft  werden,  und  ist  der  erst  angrif  und  an- 
platz.  Paracelsls  2,  5S2'. 

ANPLATZEN,  aggredi  cum  impelu,  einen  anfahren,  angrei- 
fen :  da  sie  des  herrn  Christi  gewar  wird,  denkt  sie  nicht  wei- 
ter, platzt  in  an,  und  meinet,  alle  weit  sei  mit  ir  gleich  ge- 
sinnet. Luther  5,  31ö' ;  weil  die  Christen  der  weit  ketzer  seind, 
die  sie  anplatzt  und  umbringt.  Frank  chron.  457';  welcher 
kriegsleut  diese  seind.  die  euch  anplatzen.  Webxstreit  kriegb. 
153;  also  müssen  wir  den  feind  anplatzen.  156;  was  sich  regt, 
das  platzen  wir  an  und  den  beweger  lassen  wir.  15S ;  ich 
Matz  an.  ich  fall  an.  Garg.  227';  die  gelehrten  haben  Ste- 
phanon  angeplatzt.  Reiszner  Jerus.  1,27*; 

so  soll  in  die  Yernuiifl  aufhalten, 

anblaizeu,  Iahen  und  vergwalten.    H.  Sachs  1,  250*; 

ihr  habt  der  sacha  zu  vil  gethan, 

das  ihr  den  Juden  angeplatzt.    Ayrer  fastn.  20*. 

Stieler  hat  noch  14G2:  was  darfstu  mich  so  anplatzen?  quid 
mc  increpas  ?  auf  einen  anplatzen,  subito  impetere.  wir  sagen 
heule,  auf  einen  los  platzen,    mehr  unter  platzen. 

ANPLATZEN.  nach  Frisch  2,  63*,  aufene  parum  corlicis, 
ut  Signum  saltuarii  in  arbore  locum  habeat:  um  einträchtig 
mit  waldhämmern  ihr  gnadenholz  anzuplätzen.  J.  Paci.  flegelj. 
4,13;  mit  dem  streit-  und  waldhammer  ausholen,  um  damit 
einen  wie  einen  bäum  anzuplätzen.  holzschn.  10,122;  nahmen 
mich  für  einen  zu  nah  aufstoszenden  basen,  den  der  jäger 
erst  auslaufen  lüszt,  bevor  er  ihn  anplälzt.  anh.  zum  Tit.  2, 
68.    doch  ist  diese  anwendung  auf  das  thier  wol  unbegründet. 

ANPLAUDEUN,  garrire,  blalerare  versus  aliquem.  s.  an- 
blättern. 

ANPLERREN,  ore  hianle  inclamare,  s.  anplärren. 

ANPOCHEN,  pulsare,  anklopfen:  an  die  thür  anpochen; 
wer  pocht  an?;  da  pocht  es  an.  Gotter  1,  S9 ;  starker  an- 
pochen. 

ANPOLTERN,  astrepere,  lärm,  gepolter  machen. 

ANPOSCHEN,  weidmännisch,  vOgel  mit  hingeworfnem  fulter 
kirren. 

ANPOSZEN ,  impulsarc.  vocab.  ine.  teuton.  richtiger  an- 
boszen. 

ANPRACHT,  f.  splendor:  die  mittele  oder  gleiche  art  zu 
reden  ist,  welche  zwar  mit  ihrer  zier  über  die  niedrige  stei- 
get, und  dennoch  zu  der  hohen  anpracht  und  groszen  worten 
noch  nicht  gelanget.  Opitz  poeterei  s.  41,  ein  auszer  dieser 
stelle  weder  bei  Opitz  noch  seinen  Zeitgenossen  sonst  gebrauch- 
tes wort,  zu  welchem  vielleicht  anbrechen  illucescere  zu  halten 
ist,  denn  prachl  selbst  gehört  zu  brechen  und  breben  (Be:«. 
1,  213').    man  erwäge  auch  anprangen,  abprangen. 

ANPRAGE.N,  iniprimere,  gewöhnlich  einprägen:  dessen 
schmachtende  äugen  in  betrachlung  vertieft  der  seelengröszc 
nachzufeuern  schienen,  die  Guido  seinem  göttlichen  ideal  an- 
geprfigt  hatte.  THtsrntLS  reisen  8, 246. 

.\M'RALL,  m.  assultus,  allisio,  anslosz:  der  anprall  des 
Sturms,  des  windsloszes ;  anprall  der  kugcl,  des  steins;  an- 
prall (choc)  der  reiterei ;  unterschieden  von  abprall. 

ANPRALLEN,  a55i/«re,  allidere,  ansloszen :  der  stein  prallt 
an  die  wand  an,  der  hagel  an  die  fenster;  der  ball  prallte 
an  das  fenster  an;  es  ist  etwas  in  deinen  begriffen,  das  alle 
augenblicke  wider  die  meinen  anprallt.  Wielaxd  8,  t2S ;  die 
kugeln  kommen  alle  angeprallt  an  die  mauer.  einige,  wie 
Rabener  und  Lessixc  setzen  daßr  anprellcn,  das  doch  rich- 
tiger transitiv  ist. 

ANI'RALLICHT,  aisullans,  verzeichnet  Stieler  1473,  wir  sa- 
gen anprallend. 

ANPRANGEN,  omare,  insiruere:  es  ist  ja  heilsamer,  gute 


und  honigsüsze,  als  schlimme  und  gall  angeprangte  wort  zu 
verkaufen.  Schmelzel  s.  148.  auszer  berührung  steht  das  geth. 
anapraggan,  affligere,  welchem  ein  hochd.  anpfrangen  entspre- 
chen würde. 

ANPR.\SSELN,  astrepere:  der  niederstürzende  stein  pras- 
selte heftig  an. 

ANPREISEN,  s.  anbreisen. 

ANPREISEN,  allaudare,  franz.  apprecier,  nnl.  aanprijzen: 
die  waare  anpreisen ;  ein  oft  angepriesenes  mittel ;  sich  als 
treuen,  redlichen  diener  anpreisen.  • 

A.NPREISUNG,  f:  was  helfen  alle  anpreisungen  einer  schlech- 
ten waare  auf  die  länge? 

A.NPRELLEN,  allidere,  illidere:  einen  stein  an  die  mauer 
anpreilen;  die  geistlichen  haben  gemeiniglich  das  unglück, 
dasz  der  witz  satyrischer  köpfe  auf  sie  am  meisten  anprellt. 
Radexer  1, 101.    s.  anprallen,  abprellen. 

ANPRESSEN,  apprimere,  andrücken,  nnl.  aanpersen:  tücher 
anpressen. 

ANPROBIEREN,  induere,  applieare:  neue  schuhe,  kleider 
anprobieren,  anpassen. 

.\.NPRL'GELN ,  verberibus  inculcare,  einprügeln :  wenn  uns 
sogenannten  thieren  noch  erst  die  spräche  angeprügelt  würde. 
TlECK  5, 179. 

ANPüDERN,  pulvere  farinaceo  aspergere,  einpudern,  franz. 
poudrer:  angepuderte  locken;  eine  sache  anpudern,  ihr  eiu 
mäntelchen  umhängen,  sie  verstellen. 

ANPUMPEN,  exantlare  aquam,  wasser  hervorpumpen.'  figür- 
lich, anborgen. 

ANPURRE.N,  ineitare,  stimulare,  man  könnte  versucht  sein, 
dies  doch  nur  in  niederd.  gegenden  vernommene  rerbum  pur- 
ren  an  die  seile  zu  stellen  dem  ahd.  purian,  purran  (Graft 
3,  163.  164),  mhd.  bürn  (Bex.  1,  153),  Schweiz,  bünen  (Stald. 
1,  244),  welche  erheben,  in  bewegung  setzen  ausdrücken,  so  selt- 
sam das  p  ßr  b  erschiene,  allein  es  ist  vielmehr  das  nnl. 
aanpoiren,  porren,  mnl.  porren,  dte  wahrscheinlich  aus  dem 
franz.  poindre  entspringen-  und  das  anstechen,  antreiben,  an- 
spornen des  rosses  bezeichnend  in  die  Vorstellung  des  ausrei- 
sens,  ausziehens,  übergehn,  womit  zufällig  jenes  ahd.  purran, 
sich  erheben,  auf  den  weg  mächen  einstimmt.  Fisciiart  ge- 
braucht das  einfache  wort:  schnurrt,  murrt  und  burrt  wie  dort 
der  beiden  häuf.  Garg.  227'. 

ANPCTSCHEN,  illidere,  Schweiz,  anbütschen,  anstoszen 
(Stald.  1,  250),  gehört  zu  anposzen,  anboszen  :^  die  brausenden 
wellen  putschen  mit  gewalt  an  die  steinwände  an.  Scheüchzer 
1,27.  76.  HO.  2,100. 

ANPLTZ,  f».  oniatus,  comptus,  ankleidung: 

du  must  das  wichtigste,  den  aiiputz  nicht  vergesse«. 

ZachariI  1,  107  ; 
und  hurtig  ward  der  anpulz  vorgenommen.    1,  42; 
kaum  dasz  der  zoTe  band  den  langen  anpulz  endet.    1,  134; 
es  ist  der  vollkommne  Aja.\,  nur  dasz  ihm  sein  anputz  fehlt. 
Lessixc  3,57;  Excel  3,66.    s.  putz. 

ANPUTZEN,  comere;  die  braut  anputzen;  die  mutter  putzt 
ihr  kind,  das  kind  seine  puppe  an.  maurer  putzen  die  wand  an. 
ANQUAKEN,  coassare  versus  aliquem:  die  frösche  quakten 
uns  bis  um  mittemacht  an. 

ANQUALMEN,  fumo  implere:  die  ganze  Stube  mit  cigarren 
anqualmen.. 

ANQUARKEN,  was  anquaken: 

wir  iubeln  auT  dem  markt, 

wird  einer,  wegen  unmaszen, 

gar  selten  angequarki.    GöinE  3,  202. 

A.NQUELLEN,  scalurire:  hier  quillt  es  mächtig  an  aus  dem 
mose,  es  quoll  immer  stärker  an ;  im  ritter  war  das  vertrock- 
nete bette  des  lebens  wieder  reidilich  angequollen.  J.  Padl 
Tit.  4,108. 

ANQÜERDERN,  inescare,  anködern:  im  januario  wird  wenig 
gefischt,  auszer  mit  schnüren  und  angequerderten  angeln. 
HoHBERC  2, 490*.    s.  köder,  querder. 

ANQUETSCHE.N,  tundere:  den  finger  anquetschen. 

ANQUICREN,  erze  mit  quecksilber  vermengen,  mctalle  mit 
quecksilber  grundieren,    t.  quick  und  abquicken. 

ANQUICKU.NG,  f. 

ANQUIEKEN,  fritinnire  versus  aliqtiem,  wird  von  vögeln  und 
ferkeln  gebraucht. 

ANRAI.NEN,  confinem  esse,  angrenzen :  alle  mit  fremden  her- 
schaftcn  anrainenden  grenzenstein  und  march.  Hohberc  1.  13; 
alle  nächst  um  gelegenen  und  anrcinenden  dorfschaften.  2,  579*. 

27* 


423 


ANRAMMELN — ANRECHNEN 


ANRECHNUNG  —  ANREGEN 


424 


ANRAMMELN,  oppilare,  einrammeln  :  das  pflaster  anrammeln. 

ANRANKEN,   ramulis  adltaeresccre :   die  erbsen  ranken  an. 

ANRANZEN,  objurgare,  increpare,  einen  anfahren:  blitz,  ich 
musz  fort,  sonst  ranzt  er  mich  um  seine  nichten  an.  Fr.  Mül- 
ler 2,  66.    ScHMELLER  3, 116  einen  ranzen,  ihm  übel  milspiclen. 

ANRASEN,  furere  incipere  und  impelere:  wenn  der  nord- 
wind   mich   anraset.   Dav.  Schirmers  singende  roscn.    Med  33. 

ANRASPELN,  lima  arrodere,  anfeilen:  angeraspeltes  brot, 
raspelbrot;  holz  anraspeln. 

ANRASSEL'N,  intonare:  der  wagen  rasselt  über  die  slrasze 
an,  kommt  angerasselt. 

ANRATEN,  consiliari,  suadere,  nnl.  aanraden,  zu  etwas  ra- 
ten :  ich  riet  immer  den  frieden  an ;  er  riet  ihm  das  mäd- 
chen  an ;  ich  der  es  euch  anrät  und  befiehlt,  mhd.  hiesz  es 
an  etw.  raten :  an  siner  swester  minne  riet  er  im.  Greg.  148 ; 
dö  er  an  die  schoenen  Adelheit  die  fürsten  raten  hurte.  Ernst 
173 ;  riet  im  an  vrouwen  Kr.  klage  34.  zugleich  aber  bedeu- 
tete es  gefahrvollen,  bösen  rat  geben,  verraten :  si  raten  an 
die  geste  began.  Nib.  1961,  4  und  diesen  sinn  hatte  vorzugsweise 
das  ahd.  anarätan:  ubile  rieten  mih  ana,  cogitaverujit  adversum 
me  (Ghaft  2,  460),  nhd.  ist  das  erloschen,  vgl.  gramm.  4,  843. 

ANRATEN,  n.  consilium :  auf  mein  anraten  geschah  es.  ahd. 
bildete  sich  ein  besseres  subst.  anaräli  proditio  (Graff  2,  467). 

ANRÄTIG,  consilians :  einem  anrätig  sein  =  anraten ;  eben 
;iarum  würde  ich  allen  anräthig  sein,  die  tugend  nicht  in  ih- 
rer hoheit  zu  zeigen.  Hippel  lebensl.  1,  2S8;  es  ist  ein  gro- 
szer  unterschied  zwischen  dem  wozu  man  uns  anräthig  ist 
und  dem  wozu  wir  verbindlich  sind.  Kant  4,  138 ;  diesen 
weg  gleichfalls  einzuschlagen  . .  kann  uns  jenes  beispiel 
anräthig  sein.  Kant  4,  289 ;  dieses  ist  ihm  nicht  blosz  die 
tecimischpraklische  Vernunft  anräthig,  sondern  die  moralisch- 
praktische gebietet  es  ihm  schlechthin.  5,  212.  anrälig  ma- 
chen =  anraten :  dasz  gewisse  Vorzeichen  die  nothwendigkeit 
einer  reform  anräthig  machen  musten.  l,  203.  dem  ist  an- 
rätig gleicht  ein  mhd.  wart  anraetec  Wh.  308,  8  in  der  form, 
nicht  der  bedeutung. 

ANRÄTLICH,  commendabilis,  ulilis:  anrätliche  bedingung. 

ANRATLNG,  /".  suasio :  behaupten,  dasz  es  gar  keine  prak- 
tischen gcsetze  gebe,  sondern  nur  anratungen  zum  behufe 
unserer  begierden.  Kant  4, 125 ;  anratungsgründe,  rationes  sua- 
soriae.  Hippel  11,  153. 

ANRAUCHEN,  fumum  haurire  und  fumo  afßare,  fuscare: 
eine  pfeife  anrauciien,  in  brand  setzen;  dasz  er  sich  seine 
Zigarre  von  mir  anrauchen  liesz.  Bettine  br.  2,  205 ;  meer- 
schaumköpfe anrauchen,  durch  das  erste  rauchen  einrichten; 
eine  slube  mit  taback  anrauchen,  die  wände  anrauchen;  worauf 
die  angerauchten  kupfcr  befeuchtet  und  der  sonne  ausgestellt 
wurden,  (jöthe  24,  194 ;  nach  der  sonne,  wenn  man  vorher 
ihre  mächtigen  strahlen  durch  eine  angerauchte  Scheibe  ge- 
mäszigt  hat.  58,  281. 

ANRÄL'CHER.N,  fumigare:  das  fleisch  im  Schornstein  an- 
räuchern ;  die  würste  sind  schon  angeräuchert ;  wie,  und  diese 
perennierende  balsamstaude  (die  eilelkeil),  die  den  innern 
menschen  immerwährend  anräuchert,  sollte  man  sich  aus- 
ziehen oder  beschneiden  lassen?  .1.  Paul  Tit.  1, 122. 

ANRAUMEN,  statuere:  die  tribune  räumten  einen  neuen 
tag  an.  Stolberc  8,  56.  gewöhnlich  anberaumen,  doch  hats 
auch  Stieler  1535. 

ANRAÜSCHEN,  cum  murmure  affinere,  mhd.  aiie  rftschen : 
Ermerich  wollte  lieber  durch  einen  freiwilligen  tod  dem  an- 
rauschenden Unglück  zuvorkommen.  Mascou  1,  286; 

denn  als  des  todesadlers  schwingen 
anrauschten.  Herder  3,  102; 

als  er  noch  redeie,  schlug  die  entsetzliche  woge  von  oben 

hoch  anrauschend  herab.    Voss  Od.  5,  313. 

man  sagt  es  auch  vom  knittern  (crepare)  nahender  gewändcr, 
anrausciiender  rocke. 

ANRECHEN,  rastro  congerere.  Fischart  ßhrl  unter  den 
spielen  309  eins  an  köpf  zu  köpf  anreclien,  dessen  nähere  be- 
schreibung  ausweisen  müste,  irelches  verbum  gemeint  ist. 

ANRECHNEN,  impulnre,  annumerare,  anschlagen,  nnl.  aan- 
rckenen:  das  pfund  ist  zu  zehn  groschen  angerechnet;  zu 
hocii,  zu  niedrig  anrechnen ;  er  rechnet  es  ihm  als  ein  ver- 
brechen an;  Engländer  und  Franzosen  rechnen  es  sich  ein- 
ander hoch  an,  wenn  sie  einige  lebende  sprachen  gelernt  ha- 
ben. Klincer  11,106;  das  musz  man  ihm  nicht  so  hoch  an- 
rechnen, keinen  so  groszen  Vorwurf  daraus  machen;  es  sich 
zur  ehre  anrechnen. 


ANRECHNUNG,  f  impulatio. 

ANRECHT,  n.  conditio  polivr,  anspruch,  anwartschaß,  ver- 
schieden von  Vorrecht,  conditio  prior,  eigentlich  recht  an  eine 
Sache,  weshalb  anrecht  auf  eine  sache  die  praeposition   häuß. 

ANREDE,  f.  allocutio,  früher  auch  wol  besprechung:  kais. 
maj.  hat  verheiszen  nichts  wider  e.  k.  f.  gn.  fürzunehmen 
ohn  vorgehende  anrede.  Luthers  br.  5,  248.  anrede  in  brief 
und  predigt. 

ANREDEN,  alloqui,  ansprechen,  anwerben,  einreden  (vgl. 
an  einen  reden,  oben  sp.  287) :  er  begegnete  mir  und  ich  re- 
dete ihn  an;  unser  Schwester  ist  klein,  und  hat  keine  brüste, 
was  sollen  wir  unser  Schwester  thun,  wenn  man  sie  nu  sol 
anreden?  (i«?i  sie  werben)  hohclied  8,  8  {vutg.  in  die,  quando 
alloqucnda  est,  LXX  dav  XaXrj&Ti  iv  avrfj) ;  es  haben  e.  f. 
gn.  zu  Torgaw  mich  angeredt  umb  ein  Schrift.  Luther  3, 
399;  derselbe  superattendens  soll  alle  pfarrherrcn  anzureden 
und  zu  strafen  haben.  Luthers  br.  5,  795 ;  der  jud  redet 
manchmal  umb  bczahlung  an.  Kirchhof  wendunm.  72*;  er 
muste  die  zehen  gebot  gottes  anreden  (hersagen).  Philand. 
1,  310 ;  ihr  tretet  alle  ungcwis  zurück  von  einer  schwarzen 
ahndung  hart  angeredet.  Tieck  8,  90;  die  superstition  läszt 
sich  dem  Neueuropäer  allenfalls  durch  unermüdliches  pre- 
digen anreden  und  als  ein  fremdes  bestandtheil  anheften. 
Fichte  grundz.  426.  Wenn  aber  Voss  in  der  weihe  43  die  jo- 
nische spräche  eine  lioldanredende  Jungfrau  nennt,  meint  er 
die  uns  mit  holden  lauten  anredende,  ansprechende. 

ANREGE,  f.  incilatio,  impulsus,  ahd.  anaregi?  mhd.  anercge? 

denn  ja  viel  lausend  kiiid  fürwar 
ir  stimm  zu  dir  erhoben  hon 

ausz  anreg  vaier  und  muter  schon  (impulsu  patris  matrisque). 
CiRiACUs  ScHNAUsz  lobspruch.  Nürnb.  1552.2'; 

wodurch  das  von  Campe  aus  neueren  schrißslellern  angezogene 
etwas  in  anrege  bringen  gerechtfertigt  wird. 

ANREGEN,  incitare,  ein  unsrer  spräche,  gleich  dem  einfa- 
chen regen  eignes,  gcwis  uraltes  wort,  das  golh.  anaragjan, 
ahd.  anareccan,  reggan.  (tt'a>  lagjan  =  leccan,  leggan),  mhd. 
aneregen  lauten  würde  und  von  sinnlicher  bedeutung  ausgeht 
(mehr  unter  regen) :  der  vogel  musz  seine  flügel,  der  Wan- 
derer seine  füsze  anregen  =  rühren,  man  sagte  mhd.  daj 
swert  regen,  dag  ors  regen,  das  schwert  ziehen,  zücken,  das 
Pferd  antreiben ;  die  sie  selbs  mit  keinem  finger  anregen  (an- 
rühren), ja  zu  tragen  nit  vermögen.  Frank  weltb.  145';  die 
selbig  (frau)  regt  einmals  iren  mann  an  gest  einzuladen,  wie 
geschach.  Kircuuot  wendunm.  2U'; 

das  aller  best  dut  man  anregen.    Brant  narrensch.  291; 

und  dich  vielmehr  bei  ihr  zu  bleiben  angeregt.  Opitz; 
sogleich  regte  Felix  sein  pferd  an,  sprengte  auf  die  stelle  los. 
Göthe  21,  104 ;  der  geist  und  seele  dadurch  (durch  volle  löne) 
angeregt  wünscht.  21, 125 ;  desto  mehr  ward  unsere  einbildungs- 
kraft  angeregt  und  das  herz  uns  erhoben.  24,  28 ;  er  wüste  mich 
mit  maszen  zu  necken  und  anzuregen.  25,  88 ;  ein  entschie- 
den anregendes  bad  (das  Pyrmonler).  31,  106;  umgeben  von 
allem  was  mich  früh  zu  den  naturwissen'schaften  angeregt 
und  gefördert  hatte.  31, 137 ;  einen  schlafenden  anregen  (auf- 
wecken, excilare).  Häufig  im  16.  17  jh.  für  anführen,  beriüi- 
ren,  citieren,  erwähnen:  welche  doch  Tacitus  obenhin  anregt. 
Frank  tt'fWi.  22';  ettüch  tragen  mäntelin  on  hemdher,  wie  do- 
ben  angeregt  ist.  214";  eben  in  vorangereglem  krieg.  Kirch- 
hof wendicnm.  102';  denn  von  angeregter  zahl  fehlets  nicht 
weit.  119';  sasz  neben  angeregtem  doctor  einer  seiner  mit- 
legaten.  133';  will  ich  euch  bisz  auf  angeregte  zeit  gern  bor- 
gen. 193';  anno  1517  hat  angeregter  bapst  Leo  brief  ausge- 
schickt. 372';  wie  sich  in  angeregten  kriegssachen  zu  verhal- 
ten. Reutter  kricgsordn.  vorr.;  deswegen  solche  scliif  auch 
fast  für  diese  angeregten  gebraucht  werden.  Fronsp.  kriegsb. 
161' ;  / 

seit  angeregten  Zeilen 
sind  nrmnt,  iippigkeii,  betrug,  gcwalt  und  streiten 
und  krankhoii  und  der  tod  gellogeii  umb  und  an 
(lureli  alles.  Opitz  1,  54; 

bei  den  angeregten  umständen.  Kant  s,  189 ;  niemand  zweifelt 
iin  dem  angeregten  erfolge.  8, 19t.    s.  beregen. 

ANREGEN,  h.  incilatio,  incilamenlum:  und  kam  aus  an- 
regeji  des  geistes  in  den  tempel.  Luc.  2,  27 ;  also  ward  den 
fürsten  kein  antwort  auf  ir  anregen.  Luther  3, 129';  ich  vcr- 
mone  dich  zum  übernüssigslen  anregen.  143';  e.  k.  gn.  ha- 
llen mir  antwort  auf  mein  anregen,  die  pfarrhen  allenthalben 
zu  vers<'lien.  170' ;  das  die  lieben  enget  da  sind  und  durch 
inwendige   anregen   plötzlich   einen    rat   oder   sinn    eingeben. 


425* 


ANREGER — AÄTIEITEN 


ANREIZ  — MRICHTE 


426 


407 ;  dise  schickten  mr  all  in  Hispaniam  dem  künig  zu  ansz 
seinem  anregen.  Frank  icellb.  223';  der  nicht  {nichts)  kan 
brauchen,  das  er  nit  mit  seinem  anregen  {attaäu)  besudel. 
3,  125;  da  er  aus  des  heiligen  geists  anregen  (antrieb)  eben 
zu  der  zeit  in  den  tempel  kommen  war.  Ayrer  proc.  2, 10. 

ANREGER,  m.  incitator,  motor:  daher  auch  der  heilig  geist 
heiszt  paracletus,  ein  anreger,  der  do  reizt  und  anhelt  zum 
guten.  Li:ther  auslegung  der  epistel.  Witlenb.  1522  ß  2';  durch 
öffentliche  anreger  und  predigen  Luther  3,  437*.  br.  3,  229 ; 
im  Sprichwort,  anreger  genug,  aber  wenig  arbeiten 

A.NREG.NEN,  appluere:  es  regnet  an  die  eiae  seile  des 
hauses  an. 

ANREGUNG,  f.  incitatio :  so  sol  der  profos  ein  standrecht 
bestellen  und  anregung  thun,  dasz  mit  der  scherf  fortgefah- 
ren werde.  Reütter  kriegsordn.  68 ;  aus  anregung.  Garg.  235* ; 
in  allen  fallen,  wo  der  naturtrieb  die  erste  anregung  macht. 
Schiller  1219 ;  er  (.Yapo/eon)  gefällt  sich  zu  bekennen,  dasz 
er  dem  weltgange  eine  frische  anregung,  eine  neue  richtung 
gegeben  habe.  Göthe  49,91;  wir  wollen  geliebt  sein  wo  wir 
anregung  zur  liebe  haben.   Bettixe  tageb.  2,  103. 

ANREIBEN,  atlerere,  affricare:  eine  semmel  anreiben ;  einem 
rothe  backen  anreiben;  einem  die  kratze  anreiben;  im  hüt- 
tenuerk,  den  goldschlich  mit  quecksilber  anreiben. 

ANREICH,  »j.,  eine  krankheit  der  pferde,  die  unter  dem 
folgenden  itor/  beschrieben  wird:  ist  aber  der  anreich  alt. 
Secter  Tosarzn.  s.  313.  vgl.  anrühren. 

ANREICHEN,  attingere,  mhd.  Bari.  111,  40,  nnl.  aanreiken.  an 
etwas  reichen,  angen,_ anbelangen:  die  zeit,  welche  dazu  nicht 
anreichet.  Opitz  Arg.  2,  256 ;  unsere  reise  aber  anreichend,  wir 
fielen  ihnen  vom  himmel  auf  den  hals.  Lohenst.  Arm.  l,  606 ; 
was  der  künftigen  dinge  vorbewust  anreichet,  weisz  ich  zwar. 
1, 1352.  anreichen  oder  sich  anreichen  bedeutet  ein  gehrechen 
der  Pferde :  anraichen  ist  anders  nichts  als  wann  sich  ein 
pferd  mit  den  hindern  fiieszen  in  die  vordem  tritt  oder 
schlegt,  welches  ein  gefahrlich  ding.  Secter  rosarzn.  313;  so 
ein  ros  sich  angereicht  hett,  nimm  ein  gut  theil  roten  wein 
und  reib  dem  ros  den  schaden  wol  darmil.  Tabers.\exonta- 
NUS  13. 

ANREICHERN,  ditare,  im  hütleniaerk,  wenn  geringhaltiges 
erz  durch  Zuschlag  oder  wiederholtes  rösten  reicher  gemacht 
wird.    rgl.  bereichem. 

ANREICHEROFEN,  m.  der  zum  anreichern  gebrauchte  ofen. 

ANREICHERSCHLACKE,  f. 

ANREICHERUNG,  f.  die  besserung  und  reinigung  des  ge- 
ringhaltigen erzes. 

ANREICHLICH,  n.  das  angereicherte  erz. 

ANREICHUNG,  f.  was  anreich :  so  wasch  die  anreichnng 
mit  dem  essig.    Selter  s.  317. 

ANREIFEN,  maturescere,  heranreifen  :  anreifendes  kom,  obst ; 
das  alles  war  nichts  als  anreifen  zur  seligsten  frucht  der 
hebe.    Fr.  Miller  1,  94;  anreifende  Vernunft. 

ANHEIHEN,  alligare,  anneclere:  perlen  einem  faden  anrei- 
hen, ringe  einer  schnür;  die  zwei  jungen  herzen  wurden  an 
ein  drittes  angereiht.  J.  Paul  Hesp.  3, 189  ;  s\f  h  anreihen,  an- 
sehlieszen.  in  folgender  stelle  scheint  angereiht  so  viel  als 
drohend,  imminens: 

mich  diinkt,  ich  höre  noch  den  zom  der  tollen  wellen, 
den  grimm  der  wilden  Hut,  dasz  mir  die  ohren  gellen, 
mir  ist,  als  seh  ich  noch  die  angereihte  noth, 
die  augeDblicklich  euch  gesamten  schwur  den  tod. 
FLK«i.>»r.  79. 

oder  ist  es  angereit  =  bereit,  paralus  ?  er  schrieb  gern  ht  /ür  L 

ANREINEN,  s.  anrainen. 

ANREISEN,  anfallen,  gegensatt  von  abreisen,  abe  risen. 
s.  anries. 

ANREISEN,  anlangen,  ankommen,  heran  reisen,  gegensatz 
von  abreisen.  Stieler  1589:  die  allmählich  angereisten  ab- 
geordneten.  Dahliia;<x  fr.  rev.  190. 

ANREISZEN,  scindere  incipere:  ein  papier,  ein  leug  an- 
reiszen,  einreiszen,  wenn  der  Jüdin  ihr  mann  stirbt,  reiszt  sie 
ein  tuch  an ;  den  rock,  die  schuhe  anreiszen ;  angerissen  sein, 
abgerissen,  in  abgenutzten  kleidem  gehn,  man  braucht  es  auch  für 
angetrunken  sein;  angerissene,  zerbrochene  schiffe.  J.  Pacl 
Kampan.  65;  einen  häufen  holz  oder  getraide,  eine  geldsuinmc 
anreiszen,  gewöhnlich  anbrechen. 

ANREiSZER,  m.  ein  Werkzeug  der  goldschmiede. 

ANREITEN,    heranreiten,    geritten  kommen,    nnl.  aanrijden: 
und  die  jungen  kommen  auf  dein  stocke 
angeritten.  Göki.ick  1,  218; 


als  sie  lieb  Willm  und  seine  braut 
anreitend  ward  gewahr.    Herder  8, 16 ; 

ich  sah  ihn  heut  früh  auf  einem  scbimmel  anreiten.  Fr. 
Müller  2,  66;  im  reiten  anstoszen,  an  einen  bäum,  an  die 
mauer  anreiten ;  daher  übel  anreiten,  übel  ankommen,  un- 
terwegs anhalten:  beim  Wirtshaus  anreiten,  transitiv,  ein 
pferd  anreiten,  zureiten. 

ANREIZ,  m.  instigatio,  incitamentum :  durch  anreiz  des  teu- 
feis. 11.  Sachs;  durch  anreiz  falscher  rät.  Braxt  narrensch.; 
aus  anreiz.  Lohenst.  Ibr.  25;  der  anreiz  zur  bestimmung  des 
begehrens,  concupiscentia.  Käst;  ach  meine  lippenl  auf  kei- 
nen andern  hab  ich  je  diesen  anreiz  und  dieses  hinstreben 
entdeckt.  Thcxmel  3,  224. 

ANREIZEN,  instigare,  allicere,  art  etwas  reizen,  anspornen: 
die  böse  lust,  die  begier  anreizen ;  die  gedanken  zur  sünde ; 

wan  mir  ab  der  abgötterei, 
damit  man  mich  aureizet,  grawet. 

Weckherli.x  114; 
was  reizet  uns  zur  hofTart  an?  der  leute  heuchelet, 
die  alles  preisen  was  wir  Ibun,  es  sei  gleich  wie  es  sei 
LoGAC  3,  9,  67 ; 
den  alten  Adam  ich  noch  spür, 
der  mich  anreizet  für  und  für.    kirchentied ; 

so  reizte  mich  doch  deren  vortreflichkeit  an.  Felsenb.  1,  239; 
welche  positur  den  wirt  nebst  den  umbstehenden  zu  gleichem 
gelächtere  anreizete.  unw.  doct.  11;  die  ergibigkeit  derselben 
hatte  etwas  so  anreizendes,  dasz  man  täglich  auf  die  Ver- 
vollkommnung dieses  edlen  zweiges  der  finanzen  bedacht  war. 
WiELAXD  7,  82; 

durch  euer  beispiel  angereizt 

bekehre  sich,  wer  schon  allinälich  an  der  küste 

des  hagestolzeneilands  kreuzt.    Götter  1,177; 

was  für  ein  dämon  reizt  euch  an, 

des  alten  zwistes  flammen  anzublasen?    Schiller. 

ANREIZIG,  incitans:  also  ist  dem  magen  auch,  so  im 
nun  solche  ding  zustehnd,  die  ihm  seltzam  sind,  widerwer- 
tig,  anreizig,  so  versucht  ers  in  viel  weg,  '.vie  es  darumb 
stand.  Paracelscs  1,  53S'. 

ANREIZLICH,  dasselbe:  beiwonung  der  personen,  die  im 
anreizlich  sind.  Keisersb.  7  schw.;  das  anreizlich  fleisch  kc- 
stigen.   post.  1,  13. 

ANREIZUNG,  f.  instigatio:  anreizung  zur  raanheit.  Kirch- 
hof mil.  disc.  74 ;  des  anwesenden  höchstgeehrten  frawenzim- 
mers  süszc  anreizung.  Weckuerlix  867;  alle  begierden  und 
sinnlichen  anrcizungen.  Kaxt  4,  SC. 

ANREKELN,  segniter  accumbere.  Wielaxd  hatte  Mercken 
antheil  an  recensionen  übertragen  und  schreibt  ihm :  dasz  icii 
mich  nun  so  mit   völliger  hingebung  an  sie  anrekcle.   Merck 

I,  86.   vgl.  sich  hinflegeln. 

ANRENNEN,  incunere,  aggredi,  ahd.  anarennan  (Graff  2, 
51S),  mhd.  ane  rennen,  eigentlich  transitiv:  und  rennet  die 
feinde   wiederamb    an   und   schlug  sie  in  die  flucht.    1  Macc. 

II,  72;  darnach  ward  Landsberg  angerennet.  Micrälics 
5,  289; 

wir  theten  sie  firölich  anrennen 

auf  einer  beiden,  die  ist  breit.    Soltac  417; 

ist  jemand  angerent?  —  schaut  meine  wunden  an. 

Grtphiis  1,  73 ; 
das  ruszvolk  strebt  den  wilden  häufen  anzurennen. 

Günther; 
ob  mich  gleich  viel  trflbsal  angerennet.    Opitz; 
an  irgend  einen  bäum  die  nase  anzurennen. 
WiELAXD  9,  235 ; 

voraus  sich  nun  leicht,  wie  beim  einfachen  rennen,  intransi- 
livbedeutung  entfaltete,  anrennen  =  anlaufen  : 

ich  bin  gar  oft  ferennei  an, 
wile  ich  disz  scbif  gezimbert  han. 

Braut  narrensch.  273 ; 
und  jeder  freund  kam  angerannt.    Hagedorn  2,  30; 
man  rennt  wol  öfters  an, 

und  wer  viel  drüber  sinnt,  ist  noch  weit  übler  dran. 
Göthe  7,  75; 

der  barsche  jüngling,  dessen  stolze  Offenheit  so  oft  gegen  den 
verdeckten  hofstolz  anrennte.  J.  Paul  Tit.  3, 185. 
ANRICHTBANK,  f.    s.  das  folgende. 

•  ANRICHTE,  f.  mensa  instnictoria  coquorum,  lisch  oder  bank, 
worauf  die  speisen,  vor  dem  auftragen,  angerichtet  werden, 
platz  in  der  küche,  wo  man  leicht  zu  eszwaaren  kommen  und 
davon  naschtn  kann,  nnl.  aanrcchtbank,  aanrechttafel,  niederd. 


427 


ANRICHTEIN 


ANRICHTEN 


■428 


ricUtebaok ;  engl,  dressboard.  schon  der  nibelungische  küchen- 
tneister  hat  seine  anrihte  (ahd.  anarihta?),  denn  im  Hede 
von  Bilerolf  und  Dietlicb  heiszt  es  12016 : 

eg  niüese  im  vil  iibele  gczemen, 

dem  Hiinolt  schände  da  den  win, 

lind  dem  zer  anrihic  sin 

Riimolt  gab  die  braten. 

Fischart  Garg.  8l'  unter  andern  Wirtshäusern  nennt  auch  eins, 
das  zur  anrieht  hiesz,  in  allen  alten  kochbüchern  und  kü- 
chenmcislereien  wird  das  wort  zu  suchen  sein:  streu  ingbcr 
an  der  anrieht  darauf  und  gibs  hin  lautet  die  formet  oß. 
steht  ferner  bei  G.  F.  Messersciimid  von  des  esels  adel.  Straszb. 
1617  s.  125.  bemerkt  ich  erst  wie  architektonisch  klug  anrichte, 
gossenstein,  topf-  und  telierbreter  angebracht  seien.  Götiie 
30,  111 ;  in  der  nähe  der  küehe,  der  Speisekammer,  der  an- 
richten. 39,  103 ;  schlimmer  als  der  speisedampf  von  mön- 
chischer anrichte.  39, 108. 

ANRICHTEN,  appararc,  inslrucre,  nnl.  aanrechfen,  und 
hauptsächlich  wieder  die  fertig  gekochten  speisen  auf  schusseln 
und  teller  anrichten,  aus  den  tupfen  nehmen  und  ordnen,  da- 
mit sie  aufgetragen  werden  können,  gleichsam  hafen  und  pfanne 
an  die  Schüssel  richten,  wie  gerade  Nib.  720,  1  gesagt  tvird, 
dasz  Römolt  seine  unterthanen,  nemlich  kessel,  haven  und 
pfannen  rihtet,  (Lacumanns  interpunclion  und  auslegung  ist 
verwerflich),  riierej  denne  mit  eiertotern  und  strauvve  würze 
doröf,  so  manj  anrihten  wil.  von  guter  sp.  s.  25;  dasz  man 
im  dreimal  pfeffer  anrieht.  Fischart  Garj.  249'; 

ich  wolt  gern  mit  den  zenn  dan  zu, 
so  wil  der  koch  nit  richten  on.    H.  Sachs  1,  27"; 
geh  Hanna,  rieht  das  essen  an.    1,34'; 
es  wird  der  koch  gleich  richten  an.    I(.  4,  1"; 
das  essen  ist  schier  angericht.    ScanzLZL  hochz.  16'; 
gott  hat  sein  gnadenmaiil  vorlängst  anrichten  lassen. 
Crtpuius  2,  411 ; 

man  hats  lang  gekocht,  hats  nur  nicht  können  anrichten. 
Lehmann  25;  hab  ich  dem  butterkopf  nicht  neulieh,  da  er 
sich  so  malade  anstellte,  einen  eignen  braten  anrichten  müs- 
sen? Tieck3,  52;  es  ist  immer  noch  nicht  angerichtet,  meine 
frau  läszt  heute  so  spät  anrichten ;  dem  kranken  wurde  be- 
sonders angerichtet,  vgl.  franz.  dresser  le  buffet,  und  dres- 
ser ist  aus  directiare,  directare. 

Gleich  der  speise  und  den  topfen  wurden  aber  noch  andere- 
dinge  sinnlich  angeordnet  und  gerichtet,  z.  b.  holzstOsze.  Götue 
21,  54  sagt  vom  kohlenmeiler :  wie  verfahrt  man,  um  ihn  an- 
zurichten? man  stellt  scheite  an  und  übereinander;  der  Zim- 
mermann richtet  das  holz  an.  H.  Sachs  braucht  sieh  an- 
richten für  sich  anlegen,  ankleiden: 

stund  auf  und  mich  anrieht.    II.  1,2'; 

ich  kan  wol  anrichten  mein  karren. 

fastn.  sp.  118,  20,  ■ 

ich  kann  meine  sache  zurecht  bringen,  ein  gastmal  anrichten 
heiszt  es  anstellen,  halten:  wenn  sie  banket,  fullerei  und 
prassen  tag  vor  tag  anrichten.  Kirchhof  wendunm.  50';  er 
hat  für,  ein  wolleben  anzurichten.  AmserisS;  ein  gräblin 
darbei  anzurichten.  Fischart  bienenk.  242*;  die  schifl'e  anrich- 
ten.   Opitz  1,  545. 

Hier  folgen  nun  auch  zahlreiche  beispiele  für  den  abstrac- 
ten  gebrauch:  das  volk  anrichten  und  anwiscn.  Keisersb.  posl. 
1,  17;  durch  ein  geschwetz,  damit  er  sie  fein  wolt  anrichten. 
2  Mos.  32,  25 ;  von  seinem  bund,  den  er  anrichtet.  2  kön.  15, 
15;  das  Hosea  einen  bund  anrichtet.  17,4;  seine  zungcn  rieht 
mühe  und  erbeit  an.  ps.  10,1;  der  hcrr  sitzt  eine  Sintflut  an- 
zurichten. 29,  10;  richtet  hadder  an.  spr.  Sal.  6,14;  wer  mit 
äugen  winket,  wird  mühe  anrichten.  10,  10;  ein  heuchelmaul 
richtet  verderben  an.  26,  28;  das  er  hcuchclei  anrichte.  Es. 
82,  6;  recht  und  gerechtigkeit  anrichten  auf  erden.  Jer.  33, 
15;  zu  der  zeit  wird  der  herr  ein  grosz  getümmel  unter  inen 
anrichten.  Zach.  14,  13;  richte  nicht  aufrur  an  in  der  Stadt. 
Sir.  7,  7;  richteten  eine  aufrur  in  der  Stadt  an.  aposl.  gcsch. 
17,  5;  richteten  eine  Verbitterung  an.  Hehr.  3,  16;  ich  wolt 
still  schweigen,  zufrieden  sein  und  gerne  zugeben  und  hel- 
fen, das  bessers  und  ehristliehers  aus  der  heil,  schrifl  gcle- 
rct  und  angerichtet  möcht  werden.  Luther  1,  340';  ich  hab 
dich  in  Creta  gelassen,  das  du  sollest  vollend  anrichten,  da 
ichs  gelassen  hab.  2,  151';  denn  wir,  die  wir  mitten  in  So- 
doma  und  Gomorra  und  ßabylonia  woncn,  nicht  sehen,  wie 
wir  möchten  ein  solchen  feinen,  züchtigen  wandcl  auswendig 
anrichten.  2,  23l';  darumb  richtet  er  inünch  und  pfaffen  an, 
das  die  schreien.    2,  360';   ist   hülfe   und   rat,    das   man    die 


werk  kan  anrichten,  wo  des  glaubens  lere  fest  und  rein 
bleibt.  3,  36;  das  beweiset  auch  die  that,  das  sie  gützen- 
dienste  haben  angericht.  3,42';  das  sie  aufrur  anrichten,  rau- 
ben und  plündern.  3,  124";  bis  er  das  königreich  Israel  wi- 
der aufgerieht  und  angericht.  3,  198';  so  wird  niinerinehr 
kein  eateehismus  angericht  werden,  es  kerne  denn -dazu,  das 
man  eine  sonderliche  gemeine  anrichtet.  3,279;  eine  solche 
feine  herliche  schule  zu  stiften  und  anzurichten.  5, 171' ;  schu- 
len und  pfarrhen  anzurichten.  5,172';  gleichwie  auch  in  welt- 
lichem reich  nicht  genug  ist  ein  regiment  anrichten,  sondern 
gehört  auch  dazu,  das  ers  erhalte.  6, 1-29' ;  das  Christus  komen 
ist  und  sein  reich  in  der  weit  angerichtet  hat.  6,  246' ;  darnach 
er  gewislich  auch  dermaszen  sein  thun  und  lassen  wird  an- 
richten. Alberus  2;  darum  hat  es  gott  gefallen,  durch  Chri- 
stum ein  verkürzt  wort  anzurichten.  Frank  wellb.  123";  weit 
man  mir  die  schul  vertruwen,  die  anzurichten  und  regieren. 
Tn.  Plater  101 ; 

viel  böse  practik  si  erdichten, 
selb  über  einander  anrichten.    II.  Sachs  1,  350'; 
mit  ir  ich  ein  solichen  schimpf  anrieht. 
fastn.  sp.  859,  4 ; 

das  er  durch  gute  leut  ein  christliche  und  berümpte  schule 
hie  hat  anrichten  lassen.  Mathesius  1';  mögt  ir  es  leiden, 
so  wil  ich  ein  fein  fasznaehtspiel  mit  diesem  öden  künden 
anrichten.  Wickram  rollw.  85';  dasz  er  sich  sonder  zweifei 
unterstehen  werde  allerlei  mutwillige  handlungen  anzurich- 
ten. ScHWEiNicHEN  1,  x ;  der  richtet  in  der  statt  allen  hader 
und  Unwillen  an.  Kirchhof  wendunm.  224';  dasz  unsere  Ru- 
gianer  ein  newcs  Rugenland  und  reich  hätten  angerichtet. 
MicRÄLiüs  1,  89;  das  auch  die  Sachsen  ein  gesefz  anrichteten. 
2,  151 ;  und  hat  den  christlichen  glauben  überall  angerichtet. 
2,240;  sein  studieren  anrichten.  Fischart  Gar^.  172'; 

die  schand,  die  sie  selbs  angerichtet.    Weckhebl.  141; 

die  fahlen  melden  uns,  dasz  Cyhele  der  löwen  grim  und  wut 

zu  dem  zug  des  wagens  angerichtet.    674; 

der  fried  ist  nun  gemacht,  die  einigkeit  verjilTichtet, 

die  treu  ist  nun  veiknüplt,  die  freundschalt  angerichtet. 

LoGAU  1,  3,  44  ; 
wenn  feuer  umb  ihn  her  wird  eiwan  angericht.    1,  70; 
dieses  richtet  frieden  an.    1,  6,  65  ; 

was  ist  die  mode  für  ein  ding?  wer  kennt  sie  von  gesiebt? 
ich  weisz  nicht,  wer  sie  kennen  kan,  sie  ist  ja  angericht 
nie  morgen,  wie  sie  heute  war.    3,5,62; 

so  hab  ich  meine  feldgüter  nach  vermögen  angerichtet.  Chr. 
Weise  erzn.  67 ;  bergwerke  anrichten.  Mascou  1, 110;  die  mauern 
und  thürme  wieder  anzurichten.  2,  31;  den  sitz  des  gothi- 
sehen  rciehs  wieder  anzurichten.  2,120;  die  Stadt  wieder. an- 
zurichten.   2,  121;    liesz    die   bürg  daselbst  wieder  anrichten. 

2,  121;  richtete  den  gottesdienst  in  ihrer  spräche  an.  2,220; 
Carolus  magnus  hat  hin  und  wieder  schulen  gestiftet  oder 
dieselbe  anzurichten  befohlen.  Hahn  1, 17 ;  bischof  Hilto  rich- 
tet ein  capitul  zu  Weihenstephen  an.  1,  167 ;  ein  königreich 
anrichten.  1,  216;  Henricus,  auf  den  muth  seiner  ncuange- 
riehteten  regulierten  miliz  sich  verlassend.  2,  27 ;  die  mark 
Istrien  anrichten!  2,  35 ;  das  alte  crzstift  Lorch  wieder  an- 
richten. 2,  86 ;  vorhaben  der  Römer  den  patriciat  anzurichten. 

3,  205 ;  verbot  neue  mönchsorden  anzurichten.  4,  90. 

In  den  meisten  dieser  fälle  ist  das  untadelhaft  gebrauchte 
anrichten  yleichwol  heule  vei-allet  und  wird  durch  die  verwand- 
ten einrichten,  aufrichten,  errichten,  anlegen,  anstellen,  an- 
ordnen, stiften  vertreten,  es  bleibt  fast  nur,  wenn  etwas  wi- 
derwärtiges oder  schlimmes  bezeichnet  werden  soll:  was  hast 
du  alles  angerichtet?  etwas  schönes,  ein  unheil  anrichten, 
groszen  schaden  anrichten,  die  seuche,  der  krieg  richtet 
grosze  Verheerung  an;  auf  immer  sollte  derjenige  die  beloh- 
nung  der  republik  entbehren,  der  ein  wort  aufbringt,  das 
nur  ein  jähr  und  nur  in  einer  Wissenschaft  Verwirrung  an- 
richtet. Klopst.  12,  95 ; 

das  ärgste  was  Ovid  uns  angedichtet 

ist  ärger  nicht  als  was  wir  aiigerichfot.    Wieland  5.  193; 

sie  muste  dem  bilde  der  schönen  Aruja,  welches  allen  die- 
sen unfug  in  der  fantasie  sr.  hoheit  anrichtete,  eine  andere 
Schönheit  entgegen  stellen.  8,448;  händel  anrichten,  Verwir- 
rung, aufruhr.  selten  in  gutem  sinn:  ich  werde  damit  eine 
grosze  freudc  anrichten,  man  kann  sich  bei  vielen  dieser 
abgezognen  anwendungen  einbilden,  dasz  sie  von  einem  sinn- 
lichen anrichten  der  speise  ausgegangen  sind,  Unglück  anrich- 
ten =  es  auftischen,  als  gericht  vorsetzen. 


429 


ANRICHTER  —  AiXRLCHIG 


ANRÜCHTIG  —  ANRUFEN 


430 


ANRICHTER,  m^  in  der  küehe  ein  groszer  löffel  zum  schöpfen 
aus  den  liäfen;  im  hültenwerk,  der  das  melall  probierende 
Schichtmeister,  ahslract,  instruclor,  inslitutor:  stirbt  ein  fürst 
und  kuir.pt  ein  anderer  anrichter  des  glaubens.  Frank  v:ellh. 
37';  also  ist  Christus  ein  end  und  ein  anfang  des  gesetzs, 
ein  aufhcber  und  anricliter.  124". 

ANHICHTIG,  agilis,  habilis:  und  zwar  war  unser  jungfraw 
so  geschcflig  und  anrichtig,  dasz  sie  jedem  wüst  arbeit  ge- 
nug zu  geben.  Asdbe.\e  chym.  hochz.  1,  lOS. 

ANRICHTLOCH,  n.  in  der  stubenicand,  wodurch  die  spei- 
sen gereicht  werden. 

ANRICHTLÖFFEL,  m.,  jüngeres  vcorl  anstatt  anrichter. 

ANRICHTSCHÜSSEL,  f.:  als  welches  (mädchen)  gleich 
eine  anrichteschüssel  voll  gesalzenen  hecht  auf  den  tisch  trug. 
maula/fe  9. 

ANUICHTTISCH,  m.  was  anrichtbank. 

ANRICHTLNG,  f.  instilulio:  anrichtung  dreier  öffentlichen 
hauptschalen.  H.\hx  l,  95. 

ANRIECHEN,  ex  odore  agnoscere,  tentare,  dann  auch,  odore 
inftcere,  movere:  der  hund  riecht  alles  an,  schnüffelt  an;  man 
riechts  ihm  an,  dasz  er  trinkt ;  man  riecht  es  ihr  an,  wo  sie 
grosz  geworden  ist ;  denn  ich  habs  etwa  auch  ein  wenig  an- 
gerochen {tenliert).  Luther  1,149*; 

betastet  sarg  und  wände  und  riecht  den  schädel  an. 

GÜMHER  lOSö; 

das  ncnbackene  brot  riecht  mich  gut  an;  der  käse  riecht 
mich  stark  an.    s.  anduften,  anstinken. 

ANRIES,  n.  das  einem  über  den  zäun  auf  seinen  gnind 
fallende  obst,  was  an  einen  riset,  gerisen  ist,  gegensalz  von 
abries :  welcher  dem  andern  sin  anris  wider  «inen  willen 
nimt,  da  ist  die  buosz  fünf  Schilling  pfening.  weislh.  1,  223. 
Zellwegers  appenz.  urk.  n'  459  s.  394.  Touler  365*.  Stai.d. 
2,  270,  der  das  worl  männlich,  doch  abries  neutral  ansetzt, 
vgl.  Bi.cNTScnn  Zürch.  rechlsg.  2,  101.  102. 

ANRINGELN,  circulo,  orbiculo  affigere. 

A.NHINGEN,  luctari,  anstreben,  ankämpfen: 

unmutsvoll  dann  trägt  er  sein  losz,  anrinsendes  geisies. 
Voss  Od.  IS,  135  ; 
ob  auch  rerkeanende 
dort  anringen.  Voss  3,  200. 

ANRINNEN,  afßuere:  ein  gewundner  strausz  rann  im  bäcli- 
lein  an.  mhd.  schön:  die  zähere  in  anerunnen,  die  zähren 
liefen  ihn  an,  flössen  an  ihn.    fundgr.  2,  66. 

ANRITT,  m.  accessus.  incursio  equitis,  nnl.  aanrid :  er  wun- 
det  in  den  ersten  anritt,  beim  ersten  anritt;  pfalzgrof  Con- 
rad bat  den  keiser,  dasz  er  im  gestatt,  den  ersten  anritt 
flugs  zu  tlrun.  Jac.  Vocei.  ungr.  schlacht.  1026  s.  5«.  heute, 
die  ankunfl  zu  pferde.     anrittgeld.    KiRcnH.  disc.  mil.  53. 

ANRITZEN,  pauxillum  scindere:  die  haut  anritzen:  den 
bäum  anritzen.  , 

ANROLLE.N,  heranrollen,  nnl.  aanrollen:  der  anrollende 
donner;  die  anrollende  kugel; 

da  kommt  ein  muschelwagen  auf  leichten  rädern  angerollt. 

WlF.LA.XD. 

weidmännisch,  anbellen,  die  bunde  rollen  das  wild  an,  fah- 
ren es  an,  oder  verfolgen  es  nicht?  dies  anrollen  hal  wol 
andern   Ursprung  als  das  erste. 

ANROSTE.N,  aerugine  tangi:  das  Schwert  rostet  an,  ist  an- 
gerostet ;  der  ring  ist  angerostet. 

ANROTH,  subruber,  röthlich,  böhm.  näcerweny,  nacerwenal^. 

ANRoTHEN,  subrubere:  die.traube  rotliet  schon  an. 

ANRUTHE.N,  Ifviler  rubefacere :  häb  kais.  maj.  darauf  von 
solchem  ihrem  begehren  mit  nichte  stehen  wollen  und  sich 
darob  etwas  angeröt  und  erhitzt.  Kre>z  ie»  Melancht«.  1,  107; 
also  dasz  ich  mich  im  angesicht  anröthete.  Simpl.  2,  212; 
dasz  der  llusz  von  dem  blute  der  erschlagenen  angcröthet 
ward.  LoiiENST.  Arm.  1.  896 ;  in  welchem  gefocbte  Augtist  mit 
seinen  . .  wunden  selbigen  ström  und  ihm  zugleich  seine 
ehrenfahn  annithete.  1, 1043. 

ANRÜCHIG,  subolens,  male  olens,  levis  notae  maculam  in- 
currens,  der  anriecht: 

wo  sie  aber  Tünden  ein  ladel, 

da«  einer  wer  an  ehren  rüchic. 

ein  rauber  oder  kirchenbrüchig.    H.  .Sach»  1,  3.50'. 

die  gewöhnliche  form  ist  anriicktig,  obgleich  heute  anrüchig 
vorgezogen  wird,  ein  anrüchiger  mensch;  keine  fremdlinge 
und  anrüchige  menschen  in  ihren  familien  zuzulassen.  Tiec» 
nr'V.  8,  85.     dies    anrüchig   Idszl   sich   nicht   von   geriicht  = 


gerüeft  ableiten,  es  sei  denn  verderbt  aus  anrüchtig.  s.  das 
folgende. 

ANRÜCHTIG,  leviter  notatus,  tnfamis,  lurpis:  anriichtige 
und  bescholtene  leute,  schaltbar  und  anrüchtig  werden,  gl. 
zu  Ssp.  1,  39,  das  rechtsbuch  selbst  enthält  den  ausdruck  nicht, 
vgl.  BcDDE  über  rechtlosigkeit.  Bonn  1S42  s.  14S.  149;  dann  da 
sind  sieben  kinder  mit  vater  und  mutter  verstoszen  und  müs- 
sen dazu  anrüchtig  und  untüchtig  vor  jederman  sein,  dazu 
gar  zu  betlern  werden.  Lltbers  br.  5,  30;  wenn  man  buben 
fodst  . .  und  anrüchtige  leut  greifen  das  erz  an.  Mathesils 
38* ;  er  soll  für  einen  Wucherer  und  anrücbligen  gehalten 
werden.  Scheplitz  in  constit.  marchicam ;  dieser  hcrliclie  Vor- 
schlag gefiel  diesem  anrüchtigen  monstro.  ehe  eines  weibesiSl. 
dies  anrüchtig  kann  nun  freilich  auf  geriicht  bezogen  werden 
und  einen  beschrienen,  der  in  übelem  ruf  oder  leumund  steht 
bezeichnen,  gleich  passend  wäre  der  in  üblem  geruch  steht, 
mehr  unter  berüchtigt  und  gerücht. 

ANRÜCHTIGKEIT,  f.  levis  nolae  macula. 

ANRUCK,  m.  accessio,  assultus:  der  erst  anruck.  Keisersb. 
has  im  pf.     s.  anrucks  und  ruck. 

ANRUCKEN,  sp.  arrullar,  franz.  roucouler,  sonst  auch  ru- 
ckern, rucksen,  vom  girren  der  tauben  geltend: 

da  kommt  routwillig  durch  die  myrtenäsie 

daher  gerauscht  ein  tauhenjiaar, 

läszt  sich  herab  und  wandelt  nickend 

über  goldnen  sand  am  bach 

und  rukt  einander  an.    Göthk  2,  77. 

vgl.  ruckediguck.     dem  folgenden  worte  ganz  unverwandt. 

ANRÜCKEN,  admovere,  nnl.  aanrukken,  accedere,  anmar- 
schieren :  der  feind  rückt  an,  ist  angerückt,  der  sommcr  rückt 
an ;  deine  todesstunde  wird  bald  anriicken ;  weil  der  mittag 
anrückte  (heran  rückte),  unw.  doct.  133;  rücke  nur  näher  an! 
dann  auch  transitiv,  den  tisch  anrücken,  an  die  wand;  den 
stul  anrücken,  an  den  tisch;  die  füsze  anrücken,  an  einen 
andern,  das  intransitivum  läszt  sich  aus  weglassung  eines 
solchen  acc.  erklären. 

ANRUCKS,  adv.  e  vestigio:  der  gaist  ist  anrucks  hinweg 
geflogen.  Keisersb.  has  im  pf;  nun  flogst  du  anrucks.  post. 
3,  12;  es  were  dann,  dasz  ich  den  hercn  für  uch  hett  ge- 
betten,  so  wolt  ich  uch  anrucks  zugefügt  haben,  dasz.  3,  20. 

A.NRUDERN,  adremigare,  nnl.  aanroeijen:  ans  land  anru- 
dern ;  an  einen  bäum  anrudern ;  sie  kommen  angerudert. 

ANRUF,  m.  invocatio,   acclamalio,  zuruf:  anruf  der  gütter; 

doch  nun  in  dem  anruf  inniger  rührung 
seid  mir  gegrQszt.  Voss  Od.  13,  355. 

ANRUFEN,  invocare,  nnl.  aanrocpen:  richtet  daselbs  einen 
altar  zu  und  rief  an  den  namen  des  starken  gottes.  1  Mos. 
33,  20 ;  und  rief  in  an,  das  sie  im  auch  nachfolgeten.  rieht. 
6,  35;  da  in  aber  seer  dürstet,  rief  er  den  herrn  an.  1.5.  18; 
der  dem  vieh  sein  futter  gibt,  und  den  jungen  raben,  die  in 
anrufen,  ps.  147,  9 ;  und  steinigten  Stephanum,  der  anrief  und 
sprach,  apost.  gesch.  7,  59 ;  da  man  die  liebe  mutter  Maria 
an  seine  statt  gesetzt  und  als  eine  mitlcrin  angeruft  zwischen 
im  und  uns.  Lcther  6,  7t";  es  sollen  die  heiligen  Tür  sich 
sclbs  nicht  angeruft  werden  in  keinen  weg.  6.329';  der  könig 
von  Bühem  zohe  für  Wien  und  licsz  einen  frid  anriifen. 
Frank  cAron.  209';  das  er  gott  anrufle.  Fischart  6>>nen&-.  139*; 

den  liirel  rfien  gar  mancher  an, 

das  er  der  krankheil  mucht  engan. 

I  Bra:^t  naiTensch.  146; 

die  thrnnen  ruf  ich  zeugen  an, 

damit  ich  dich  nicht  zwingen  kan, 

die  thränen,  so  ich  dir  zu  schand 

hier  lass  als  meiner  liebe  pfand. 
Opitz  2,  169; 

ich  ruf  euch  zeugen  an, 

ihr  grimmen  götter  ihr.     I,  230; 

hatte  gütt  um  unsere  glückliche  zurückkunft  angeruft.  Felsenb. 
I,  29t ;  den  beistand  der  gesetze  anrufen.  Gotter  3,  89.  Kti.x- 
GER  1,  469.     auch  adcocare,  heranrufen : 

ein  Winzer  der  am  tode  lag. 

rief  seine  kinder  an  und  sprach.    Bl'ar.F.R  "7' ; 

und  für  ausrufen,  recitare:    eben  jetzt  ruft  der  nachtwäcbtcr 
zwei  an.  Schiller  137.     Beides  aber,  starke  und  schwache  form 
sind  schon  in  der  älteren  spräche  gerechtfertigt,   Litiier  scheint 
jene  zuletzt  ßr  die  bibel  zu  behaupten,     mehr  bei  rufen. 
ANRUFEN,  n.  invocatio: 

dann  strafts  die  oberkeit  schon  wol 

auf  anrufen  so  balden  nicht, 

«ooder  eiwan  durch  die  flnger  sieht.    Atrcr  189*; 


431 


ANRUFER — ANRÜHREN 


ANRÜHREN  — ANSAGEN 


432 


der  dichter  weissagt,  dasz  graben  und  mauer  nicht  mehr 
schützen  sollen,  weil  sie  übereilt,  ohne  anrufen  der  götter, 
erbaut  worden.  Göthe. 

ANRUFER,  wi.  invocalor:  darumb  heiszt  er  noch  hcutes 
tags  des  anrüfers  brun,  der  im  kinbacken  ward  (vulg.  fons 
invocantis  de  maxilla).  rieht.  15,  9. 

ANRUFUNG,  f.  invocalio,  appeüalio :  gericht,  von  dessen 
ausspräche  keine  anrufung  stattfindet.  Gotter  3,  371.  anru- 
fung  gottes,  der  heiligen. 

AMtÜGEN,  accusarc,  deferre:  da  er  einen  muttermord  an- 
rüget. Hippel  lebensl.  2,  306. 

ANRÜHMEN,  collaudarc,  anpreisen:  du  rühmst  mir  verge- 
bens das  landleben  an;  wozu  das  anrühmen  solcher  waare? 

wie  prahlend  rühmt  er  {der  hase)  mir  der  läufle  Vorzug  anl 
Hagkdorn  2,  135; 
liebhabcr,    die   des   mädchens  reizungen  aus  erfahrung  anzu- 
rühmcn  wissen.  Wieland  l,  149. 

ANRUHR,  f.  ausdruck  der  vogehlcllcr.  s.  rühr  und  anrühren. 

ANRÜHREN ,  längere,  aüingcre,  nnl.  aanroeren,  an  etwas 
greifen,  fassen,  das  ohr,  die  band  anrühren  ist  gleichviel  mit 
an  das  ohr,  an  die  band  rühren,  nur  dass  wir  jenes  mit  dem 
dat.,  dies  mit  dem  acc.  der  person  construieren :  einem  das 
ohr  anrühren ,  einen  an  das  ohr  rühren,  die  ahd.  spräche 
«lürde  auch  haben  setzen  dürfen :  ih  hruorta  dih  din  öra  ana, 
dina  hant  ana.  beispiele  sinnlichen  anrührens:  rüret  im  seine 
füsze  an.  2  Mos.  4,  25 ;  wer  den  berg  anrüret,  sol  des  tods 
sterben.  19,12;  keine  band  sol  in  anrüren.  10,13;  wer  ir  aas 
anrüret,  wird  unrein  sein.  3  Mos.  14,  27 ;  der  eines  todten  bein 
angerürct  hat.  4  Mos.  19, 18 ;  und  sihe,  eine  band  rürte  mich 
an.  Dan.  10,  10;  einer  rüret  meine  lippen  an.  10,  16;  wenn 
jemand  heilig  fleisch  trüge  in  seines  kleides  geren  und  rürete 
darnach  mit  seinem  geren  brot,  gemüse,  wein,  öle  an.  Hag- 
gai  2,  13 ;  weicht,  weicht,  rüret  nichts  an !  klag!.  1er.  4,  15 ; 
und  baten  in,  das  si  nur  seines  klcidcs  säum  anrüreten. 
Matlh.  14,  36;  und  er  rüret  sein  or  an  und  heilet  in.  Luc. 
22,  51 ;  das  mich  niemant  an  sol  rücrn.  fastn.  sp.  401,  2 ; 
der  federbusch  rührt  oben  an ;  darumb  sol  das  haus  also 
weit  sein,  dasz  der  spiesz  {des  zum  dinghaus  reitenden  herrn) 
nirgend  anrüre.  weislh.  2,  730;  alle  die  der  regen  anrüret. 
Pauli  seh.  «.  ernst  70*;  das  rührt  nicht  an,  reicht  nicht  hin; 
mit  einem  zänglein,  nicht  der  bloszen  band  anrühren.  Leben- 
dig aber  gebraucht  icnsre  spräche  nicht  rühr  an!  n'y  louche 
pas,  noii  längere,  um  verbot,  Saumseligkeit  oder  verschmähung 
dargebotner  gäbe  auszudrücken :  A.  so  wollen  wir  sie  {die 
Schafe)  schlachten.  W.  nicht  rühr  an!  wenn  euch  das  leben 
lieb  ist.  AnxlM  schaub.  2,  248 ;  noch  ein  tag  w^ar  ihm  gestat- 
tet seine  arbeit  zu  tliun,  aber  nicht  rühr  an !  er  liesz  auch 
ihn  umsonst  verstreichen ;  die  tochter  sollte  die  stube  auf- 
räumen, ja,  nicht  rühr  an!  als  die  mutier  heimkehrte,  stand 
noch  alles  wie  vorher  untereinander; 

Nathan:  mach,  nimm  weg, 

trag  deine  siebensachen  fori.    Doja:  Versucher, 

nein  waren  es  die  ke$tbnri<eitcn  auch 

der  ganzen  well,  nicht  rühr  an  !    Lessing  2,  317, 

sehr  bezeichnend,  iceil  vom  empfangenden  theil  das  geschenk 
musz  berührt  werden,  der  nicht  anrührende  es  zurückweist. 
ein  kraut,  die  impatiens  herba,  noii  me  längere  heiszt  rühr- 
michnichtan,  nnl.  kruidje  roer  mij  niet,  engl,  touch  me  not, 
sp.  no  quieras  tocarme.  in  solchen  formein  und  namen  er- 
hält sich  das  alte  du,  nur  der  Franzose  sagt  nc  me  touchez 
pas.  Einem  anrühren,  mit  btoszein  dat.  der  person,  hiesz  früher 
einem  geloben,  man  kann  den  acc.  die  liand  oder  vielleicht  die 
reliquien  hinzu  denken: 

wolt  ir  mir  beide  des  anrüren  ?  fasln,  sp.  256,  6 ; 

wer  mir  also  wöll  beigcstan 

der  .schol  mir  rrölicli  rürcn  an.    636,  27; 

drumb  so  scliüll  ir  mirs  iiit  verübel  linn, 

ob  icb  euch  {voliis)  nit  tliii  rüren  an.    637,  1 ; 

bisz  die  tbeil  an  aids  statt  anriirn. 

dasz  sie  das  gar  nicht  wollii  brechen.    Avrer  fustn.  48*. 

den,  der  einen  cid  schwören  sollte,  forderte  man  mit  den  war- 
ten auf:  rülir  an!  und  noch  H.  Sachs  verbindet  anrüren  und 
geloben ;  allen  Slaren  hiesz  der  cid  anrührung,  böhm.  piisaha, 
po/n.  przysicjga  h.  s.  w. 

Noth,  übel,  kranklicil  rühren  den  menschen  an : 
uns  hat  kein  übel  noch  nie  angcrürl.    fasln,  np.  293,5; 
Ihn  rührte  unsre  nolh  nicht  an  —  ihm  dank?    Sciiillkr  540; 
vergifte,  anrürendc  seuchc.  Melanchtm. /lau/i/ar/.  96;  aber  auch 
freuden   und   hofnungen :    wenn    dabei    die   prüchtigen  klUngc 


salatzeit,  kirschcnzeil  das  herz  anrühren.  J.Paul  flegelj.  1,27. 
endlich  heiszt  anrühren  blas:  berühren,  anführen,  anregen,  er- 
wähnen: 

(hl  hast  mein  leid  am  höchsten  angerührt.    Opitz  1,  188; 

weil  wir  auch  solche  erbare  thaten  kürzlich  haben  angerurt. 
FiscHAUT  bienenk.  217';  dasz  er  ein  einigen  zeugen  anrüren 
oder  benennen  könd.  Ayrer  proc.  2, 11. 

In  der  küche  ist  melil  anrühren,  einrühren,  mit  wasser  oder 
milch  mischen;  eier  anrühren,  an  die  suppe  rühren;  den  brei 
anrühren,  einrühren :  ich  weisz  schon,  wer  den  dummen  brei 
angerührt.  Fr.  Müller  2,  98.  weidmännisch,  da  kommt  der  edel 
hirsch  einher,  da  hat  er  angerührt!  auf  dem  vogelherd,  an- 
rühren, den  vogcl  an  die  rühr   festigen,    s.  rühr  und  anruhr. 

ANRÜHREN ,  n.  ein  gebrechen  der  pferde.  anlaster  z.  60. 
s.  vorhin  anrührende  seuche  und  anreich. 

ANRÜHRIG,  altingens:  so  genahet  und  anrürig.  H.  J.  Velr. 
Regensb.  1525.  b4. 

ANRÜHRLICH,  altingens :  es  ist  auch  ein  ding  in  der  nähen 
allwegen  würklicher  und  anrürlichcr.  Paracelsus  1,  927'. 

ANRUMPELN,  strependo  accedere :  ein  alter  karrn  rumpelt  an. 

ANRUNZELN,  caperando  intueri: 
unseliger  geisl,  was  runzelst  du  mich  an?    Hüuger  276'. 

ANRUPFEN,  parumper  vellere:  der  fuchs  trägt  das  ange- 
rupfte liulin  mit  sich  fort. 

ANRÜSTEN,  instruere,  inslituere,  zurüslen,  anrichten:  denn 
so  ich  nach  frideh  tracht,  rüste'n  sie  einen  krieg  an.  Zürcher 
bibel  ps:  119 ;  Cham,  ein  sun  Noah,  hat  das  reich  Rachiana- 
rum  angerüst,  und  (ist  gewesen)  erster  anfanger  mit  gewall 
zu  herschcn.  Frank  chron.  212'. 

ANRUNDEN,  rotundare,  zurunden, 

ANRUTSCflEN,  reptando  accedere:  ich  werd  nächstens  bei 
ihr  angerutscht  kommen.  Rettine  1,  32;  der  verwundete  bar 
kommt  angerutscht. 

ANS ,  m.  tignum,  jugum,  goth.  ans,  Soxöe,  altn.  äs,  schw. 
äs.  dies  uralte,  auch  mit  einer  bencnniing  der  götter  {mylhol. 
22)  zusammenhängende  und  in  viele  mannsnamen  iibergegangne 
wort  hat  sich  noch  in  Baiern  und  Tirol  bewahrt,  ans  pl.  ens 
heiszen  die  balken  der  fässer.  Lori  Lechrain  s.  140.  Scnji.  1, 
84.    s.  ansbaum. 

ANS  für  an  das,  mhd.  anj,  anj  ende  Nib.  205,  2.  anj  ven- 
sler  Parz.  437,  19;  mnl.  ant,  nnl.  aant:  kam  ans  fenster, 
drückte  ans  herz,  hielt  ans  liciit,  nun  gehts  ans  leben. 

ANSÄRELN,  parum  secare,  eingeschickt  anhauen,  anschnei' 
den,  anmurzeln. 

ANSÄCKELN,  anstecken,  aufbewahren,  an  sich  behalten :  die 
frawen  haben  auch  gewalt  sich  des  zu  entschlahen  und  in 
fremde  art  zu  fallen,  welcher  arzt  kau  das  alles  ansecklen, 
oder  den  verquenten  bossen  auf  ein  end  kommen?  Paracel- 
sus  Chirurg,  sehr.  137*. 

ANSACKEN,  implerc  saccum,  sich  ansacken,  sich  anfüllen. 
einen  ansacken,  anpacken. 

ANSÄEN ,  conserere,  böhm.  nasyti,  nnl.  aanzaaijen :  den 
acker  ansäen; 

Aurora  sät  die  fliir  mit  perlen  an.    Pfeffel  1,  53. 
den  gcrbcrn,  die  feile  ansäen,  mit  mehl  bestreuen. 

ANSAFTEN,  humectare,  anfeuchten. 

ANSAGE,  f.  enuntiatio,  afftrmatio,  ahd.  anasaga  (Graff  6, 
106),  ags.  onsagu :  weil  uns  durch  ansage  der  hochgelertsten 
und  geistlichsten  leute,  fürnemlich  des  geliebten  sons,  unsers 
heiligen  palasimagisters  bewust  ist.  Luther  l,  lOl';  ein  insel 
U  tausent  welscher  meil  lang  n^ich  der  einwaner  ansag.  Frank 

wellb.  226'; 

und  befindt  (t)estäti(jt]  sich  die  ansag  dein, 
so  solst  du  frei  und  ledig  st-in.    Avhkr  72*; 

sie  licthewerten  die  warhcit  ihrer  ansage.  Opitz  Arg.  2,  379. 
für  ankündigung,  indictio:  als  könig  Waldemar  ohne  Warnung 
und  ansage  das  reiche  Wisby  angrif.  Daiilm.  dän.  gesch.  2,  7. 
ANSAGEN,  edicerc ,  enunliarc,  annuntiare,  indiccre,  nnl. 
aanzoggcn,  ahd.  anasagcn.  am  einfachsten  in  der  an  boten 
und  diencr  gerichteten  imperativformel  sag  an!  was  meldest  du? 
dann- aber  an  jeden  gegenwärtigen  und  mitredenden:  sage  an, 
weist  du  solciis  alles?  Iliob  38,18;  nu  sag  an.  Judith  11,  3; 
mcistcr  sage  an.  Luc.  7,40;    lieber  Weidmann,  sag  mir  an! 

sag  an,  was  halt  ir  von  der  seien?    fastn.  sp.  24,  1; 

sag  an,  wo  ist  drin  kümmertoin?    Bürger  t,  60; 

wer  sagt  mir  nn,  wo  Weinsberg  liegt?    DtiRGER. 

sagt  mir  an,  was  schmunzelt  Ihr?    beginn  einet  liedes  von  Voss. 


J 


433 


ANSAGEN— ANSATZ 


ANSATZÜNG  —  ANSCHAU 


434 


Aber  auch  sonst  häußg :  da  kam  einer  der  entrannen  war  und  | 
sagets  Äbram  an.  l  Mos.  14, 13 ;  die  dirne  lief  und  sagt  solchs  i 
alles  an.  24,  2S ;  am  dritten  tage  wards  Laban  angesagt,  das  | 
Jacob  Oöhe.  31,  22;    Grünenwald  gieng  in  des  Fuckers  haus, 
liesz  sich  den  herren  ansagen.  Wickram  roUw.  6S ;  dies  Wun- 
derwerk wird  Mabomet  angesageU  pers.  rosenlh.  ',  20 ; 

den  söhn hiesz  der  herr  gehn  nahe  vor, 

dasz  die  muuer  er  sagt  au  oben  in  der  engel  chor. 

LocAU  2,  47 ; 
Pseudo  leugt  so  treflich  sehr,  dasz  ich  ihm  nicht  glauben  kan, 
wann  er  da  gleich,  wann  er  leugt,  dasz  er  lüge  saget  an. 

3,  4,  21 ; 

dem  könig  anzusagen, 
wie  seine  königin  mit  ihrem  schönen  freund 
die  nachte  braucht.    Wielaxd  10,  279  : 
so  nöihigt  ihn  ein  ding,  noch  leerer  als  sein  magen, 
sein  beutel,  sich  beim  marschall  anzusagen.    Gotter  1,  199; 
0  weh  I  mein  leiden  sei  gott  angesagt.    Tieck  13,  128. 

eine  hochzeit,  kindtaufe  ansagen,  anmelden ;  eine  leiche  ansagen, 
zur  leiche  bitten;  die  uhr  sagt  an,  kurz  vor  dem  schlage  hört 
man,  dasz  sie  gleich  schlagen  uerdc ;  land  ansagende  vögei. 
J.  Paul  Tit.  2,  49;  zuckung  des  korkholzes,  welche  das  an- 
beiszen  des  fisches  ansagt.  3, 121 ;  Ökonomen  wissen,  dasz  ab- 
teien  und  maulwurfshügel  frachtbares  land  ansagen,  biogr.  bei. 
1, 156.  sein  Termögen  ansagen,  angeben,  zur  besleueruug.  einen 
wozu  ansagen  ßr  einem  entbieten,  einem  etwas  ansagen,  ist 
gewagte  ßgung :  sollte  eins  (der  drei  reiche)  angegriffen  wer- 
den ,  so  kommen  ihm  die  beiden  andern,  wenn  sie  dazu  an- 
gesagt sind,  zu  hülfe.  Dahlx.  ddn.  gesch.  2,  73. 

A.NSÄGEN,  serrare  ineipere:  ein  bret  ansägen. 

ANS.\GEU,  m.  delator,  nuntius,  nnl.  aanzegger:  diese  neue 
mere  und  der  ansager  haben  mich  ser  und  höchlich  erfreuet. 
Lliher  1,121';  da  würdest  du  dem  ansager  antworten,  bistu 
thöricht?  8,  12S';  dem  ansager  und  kuntschafter  zweinzig 
Schilling  zu  Ion.  Frank  weltb.  36*. 

ANSALBEN,  inungere:  sich  mit  öl  und  wolgerach  ansalben. 

ANSALZEN,  sale  .condire,  einsahen,  auch  ein  wenig  salzen, 
die  butter  ist  nur  angesalzen,  leicht  gesalzen. 

ANSÄMEN,  besamen,  ansäen:  schon  der  tausendste  theil 
des  jährlich  gereiften  waldsamens  ist  hinreichend  einen  neuen 
wald  anzusämen. 

ANSAMMELN,  colligere,  anhäufen :  das  wasser  sammelt  sich 
an,  ftieszt  nicht  ab;  eine  zwölf  monate  nach  des  mannes  tQd 
kindes  entbundne  witwe  meinte:  das  hat  sich  noch  vom  seli- 
gen manne  her  angesammelt,  ist  noch  altes  sammelsuriwn. 

ANSANDEN,  sabulum  aspergere,  nnl.  aanzanden. 

ANSANDUNG,  f.  nnl.  aanzanding.  die  ansandung  der  canäle. 

A.NSÄNFTIGEN,  mitigare :.ic]i  wollte  deinen  zorn  ansänfligen. 

ANSANG,  m.  aduslio,  mhd.  äsanc  Tit.  91,  2,  rgl.  awsang 
bei  Obeblis  82. 

IlSüKSZIG,  fundumpossidens,  angesessen,  figürlich,  wenader 
fürst  auf  dem  paradebett  ansäszig  wird.  J.  Paul  teuf.  pap.  1, 102. 

ANSÄSZIGKEIT,  f 

ANS.\TZ,  m.  admotio,  appositio,  in  mehrfachen  bedeutungen 
des  ansetzens,  anlegens.  bei  blasinstrumenten,  er  hat  einen 
guten  ansatz,  setzt  seine  lippen  ansclilieszend  an  das  mund- 
ttück.  beim  springen,  er  nimmt  den  ansatz  zu  kurz,  davon 
auf  kriegerischen  angrif  angewandt,  der  erste  ansatz  war  der 
heftigste,  vorzüglich  von  dem  was  sich  duszerlich  oder  inner- 
lich im  menschen  ansetzt,  von  anläge,  lügenden,  krankheiten 
und  gebrechen :  ansatz  des  fettes,  von  fett ;  ansatz  von  Schwind- 
sucht, sich  festsetzende  Schwindsucht:  der  geldbeulel  bekam 
nach  und  nach  den  stärksten  ansatz  von  Schwindsucht.  Fel- 
tenb.  2,  191;  ein  ansatz  zur  zweiten  leber  {sehwangerschaß). 
irrg.  der  liebe  356;  und  da  kriegt  ich  den  ansatz  (von  dickem 
backen).  Göthe  an  fr.  v.  Stein  1,113;  Ernstens  husten  beun- 
ruhigt mich,  sorge  doch  auch  für  Fritzen,  der  auch  einen 
ansatz  hat.  2,  87 ;  Plato,  der  bei  aller  erhabenheit  seiner 
grandsälze  einen  kleinen  ansatz  zum  hofmanne  hatte.  Wie- 
U!iD  2,  308 ;  wie  du  siehst,  Agathon,  hatte  die  junge  Myris 
einen  feinen  ansatz  zu  eben  dieser  schönen  Schwärmerei.  3, 
254;  ein  glücklicher  ansatz  zu  einem  guten  manne.  Lessinc 
1,  345 ;  er  hat  allen  ansatz  zu  einem  liiderlichen  menschen. 
1,  473 ;  dasz  er  einen  so  herrlichen  ansatz  zum  scbelinen  hat. 
Schiller  läS;  aber  leider  darf  ich  wenig  hoffen,  diese  feld- 
züge  mehr  als  erträglich  darzustellen,  so  gern  ichs  für  mich 
wünschte,  da  eine  solche  darstellung  allerdings  einigen  an- 
satz in  mir  zum  gencral  hoffen  liesze.  J.  Paul  äoppelheerschau 
1>7.    In   manchen    andern  fällen  keitzt  ansatz  das  angesetzte. 


sich  ansetzende  stück,  knochenansatz,  die  epiphysis,  ansatz  an 
der  thürangel,  an  der  kanone ;  ansatz  auf  der  rechnung,  über- 
haupt ansatz,  annähme,  richtiger,  falscher  ansatz.  einen  an- 
satz, neuen  ansatz,  anlatif  nehmen:  der  könig,  über  die  erste 
niederlage  empfindlich,  wagte  einen  neuen  ansatz.  Hahn  3,  7. 

ANSATZL'NG,  f.  statutum,  Satzung:  ja  warlich,  wir  haben 
leider  mit  unsern  äugen  gesehen  und  gelesen  viel  und  manch- 
feltige  irrthum,  etliche  durch  concilien  und  ansatzung  unse- 
rer vorfaren  verdampt.  Lcther  1,  256'. 

ANSAUEN,  polluere,  inquinare. 

ANSAUER,  subacidus,  säuerlich,  hihm.  nakysly. 

ANS.\ÜERLICH,  acidulus :  mein  valer  hatte  einen  kleinen 
beigeschmack,  er  war  etwas  ansauerlich.  A.  W.  Schlegel  im 
kaufm.  V.   Venedig  2, 2. 

ANSÄUERN,  subacescere,  sauer  werden.  Stieler  1697  ansauren. 

ANSÄUERN,  acidum  reddere,  nnl.  aanzuren :  den  teig  an- 
säuern, wasser  ansäuern  mit  citronensaß. 

ANSAUFEN,  polare,  perpotare: 

und  thut  darnach  fein  widerkommen 
setzt  sich  zu  tisch,  seult  wider  au. 

Ri:<GWALD  laut.  warh.  s.  63; 
Udus  seufl  den  ganzen  tag,  wenn  er  drüber  wird  besprochen, 
spricht  er,  einen  halben  tag  hab  ich  mich  am  durst  gerochen, 
drauf  den  andern  halben  tag  pUeg  ich  zu  tof  anzusaufen, 
wann  mich  ja  des  durstes  trotz  wolte  wieder  überlaufen. 

LoGAU  3,  zugäbe,  86; 
man  sof  sie  (die  Weisheit)  mit  zwölf  gläsern  au. 

GCXTHKR  163; 

sich  ansaufen,  voll  saufen. 

ANSAUGEN,  assugere:  der  blutigel  halfest  angesogen,  hat 
sich  angesogen;  das  kind  saugt  an; 

nicht  zu  liebeln  leis  mit  augeo, 

sondern  fest  uns  anzusaugen 

an  gelieble  lippen.    Göthe  1,140; 

Viktor  sog  sich  mit  laubfroschfüszen  an  jedes  blumenblatt  der 
freude  an.  J.  Pacl  Hesp.  1, 133 ;  die  Apollos  und  Venusgestal- 
ten, denen  sich  mein  äuge  ansaugt,  uns.  löge  3, 153. 

ANSÄUMEN,  praesuere:  ein  halstuch  ansäumen. 

ANSÄUSELN,   leniler  affiare: 

mich  säusehs  an  wie  geistergetön.  Voss. 

ANSAUSEN,  cum  strepiiu  afflare:    der  wind  saust  uns  an. 
ANSB.\UM,  m.  asser  jugalis,  bair.  ensbaum.    Schmeller  1, 
84 ;  gemarkt  ensbaum.  weisth.  3,  739. 

ANSCHABE.N,  arradere:  den  käse  anschaben. 
ANSCHAFFEN,  increare,  anerschaffen: 

dasz  er  nach  so  vielen  Jahrhunderten  seit  der  erschalTung 
in  der  herlicbkeit  strahle,  die  ihm  der  donnerer  anschuf. 

Klopst.  Hess.  2,  242 ; 
damals  besprachen  sie  sich  mit  angeschafner  enizückung 
untereinander.  2,650; 

mit  der  leisen  bewegung  der  uikraft, 
wie  in  dem  bimmel  sie  gott  anschuf.    16,  449 ; 

die  allmächtige  band,  die  ihr  anstand  und  grazie  anschuf. 
Herder  1,  33.    s.  anscböpfen. 

ANSCHAFFEN,  apparare,  parare,  nnl,  aanschaffen :  kleider, 
schuhe,  geld,  bücher  anschaffen,  zumal  mit  persönlichem  dat. : 
die  frau  will  sich  alle  wochen  ein  neues  kleid  anschaffen ;  er 
hat  sich  schöne  bücher  angeschaft ;  er  soll  sich  einen  schätz, 
etwas  liebes  angeschaft  haben ;  du  must  dir  geduld,  mehr 
gemütsruhe  anschaffen,  vgl.  abschaffen,  früher  auch  ßr  in- 
stituere,  anstißen:  dasz  ja  kein  schein  hätte,  als  durch  euch 
angeschaft.  Lctber  br.  4,523; 

Deutschen  haben  zwo  naturen,  dann  die  moHe  schaffet  an, 
dasz  man,  was  man  gleich  nicht  wäre,  durch  die  mode  werden  kan. 
LoGAU  3,  10,  84. 

ANSCHAFFER,  m.  oeeonomus,  dispensator,  schafner:  item 
Pharao  gebot  auch  seinen  bawmeistern  oder  anschaffera,  das 
si  den  Israeliten  die  speis  mindern  sollen.  Frank  ehren.  43". 

ANSCHAFFUNG,/,  apparatus,  institutio :  anscbaffung der  klei- 
der, des  geldes;  also  wurd  dis  ganz  land  aus  anscbaffung  Lycurgi 
in  neun  und  dreiszig  mal  tausent  teil  geteilt.  Frank  weltb.  84*. 

ANSCHÄFTEN,  adaptare  scapos :  Stiefel  anschäften,  eisen 
anschäften.  Stieler  1716.    tgl.  anschiften. 

ANSCHÄLEN,   parum  deglubere:    bäume,   üpfel  anschälen. 

ANSCHALMEN,   arburem  signare,  anlaschen. 

ANSCHÄHFEN,  praeacuere.  Stieler  1736. 

ANSCHARREN,  affricare:  die  hüner  scharren  den  sand  an. 

ANSCHAU,  m.  aspectus,  Melisscs  in  den  psatmen  Fl*  ge- 
braucht das  wort  männlich  und  auch  bei  Schneller  3,  303  be- 
gegnet der  schau,    doch  fordert  die  analogie  von  schau  und  heer- 

28 


435 


ANSCHAUBAR  —  ANSCHAUEN 


ANSCHAUEN — ANSCHEIN 


436 


schau  ein  f.,  wozu  das  mhd.  schouwe  und  anescLouwc  stim- 
men, aber  das  nnl.  aanschouw  ist  m. 
diu  rose  ist  in  dem  toiiwe 
ein  lielitiu  aneschouwe.    Geo.  4027; 
fiöuwc  dich  der  aneschouwe, 
die  du  in  dem  himel  hast.    43S5; 
in  solher  schoener  anschaw.    Ottoc.  175'. 
dies  schöne  worl  sollte  neu  eingeübt  und  als  sinnlichci'  begrif 
dem  abgezognen  anschauung  zur  seile  gestellt  urrden. 

ANSCHAUBAR,  aspeclabiUs:  wenn  dies  werk  an  sich  und 
in. allen  seinen  folgen  anschaubar  gemacht.  Herder. 

ANSCHAUBARKEIT,  f.:  dasz  man  die  gesammte  Sinnlich- 
keit begreifen  lerne  als  blosze  anschaubarkeit  des  übersinn- 
lichen. Fichte  ihats.  des  bewusts.  116;  das  leben  ist  die  an- 
schaubarkeit, die  erscheinung  des  endzwccks.  172 ;  das  rein  in- 
tellectuelle  oder  denkbare  ist  also  durchaus  nicht  anschaubar 
und  sein  Charakter  besteht  eben  in  der  nichtanschaubarkeit. 
nachg.  werke  1,  455. 

ANSCHAUEN,  aspicere,  contemplari,  inlueri,  ahd.  anascou- 
wön  (Graff  6,  554),  mhd.  ancschouwen,  nnl.  aanschouwen, 
ansehen,  betrachten :  schaue  mich  recht  an,  sich  mich  an,  be- 
trachte mich!  doch  ist  anschauen  feierlicher,  inniger  als  an- 
sehen, sinnlicher  ah  betrachten,  und  diesem  vorausgehend,  erst 
wird  angeschaut,  dann  länger  betrachtet,  aber  auch  die  Sachen 
schauen  uns  an,  blicken  uns  entgegen :  die  wiese  schaute  mich 
freundlich  an; 

des  morgens  in  dem  tawc 

die  megdlein  grasen  gnn, 

gar  lieblich  sie  (eas)  anschnwen 

die  schöne  blümlein  schon.    Ambras.  Ib.  18,  6; 

wie  uns  die  blumen  anlachen,  meistentlieils  geht  anschauen 
auf  den  schauenden  menschen:  und  das  weih  schawet  an,  das 
von  dem  bawm  gut  zu  essen  were.  1  Mos.  3,  6 ;  und  Mose 
verhüllet"  sein  angesicht,  denn  er  furchte  sich  gott  anzuscha- 
wen.  2  Mos.  3,  6;  schaw  gen  himel  und  sihe  und  schaw  an 
die  wölken,  lliob  35,  5 ;  gehet  er  aus  und  schawet  an.  hohel. 
Sa/.  3,  11;  und  da  si  sähe  Petrum  sich  wärmen,  schawet  si 
in  an  und  sprach.  Marc.  14,  (»7 ;  wiewol  uns  dassclbig  lecher- 
lich  anschawet  (voikommt,  erscheint).  Paracelsus  1,117'; 

demnach  du  nu,  mein  got,  mein  leid  und  meine  reu 
anscliawend  mein  gebet  barmherziglich  erhöret.    Wecku.  124; 

ich  wollte  wünschen,  dasz  sie  ein  anschauendes  erkentnis  da- 
von hätten.  Gellert;  zusammengesetzt  hingegen  ist  die  fabel, 
wenn  die  Wahrheit,  die  sie  uns  anschauend  zu  erkennen  gibt, 
auf  einen  wirklich  geschehenen,  oder  doch  als  wirklich  ge- 
schehen angenommenen  fall  weiter  angewendet  wird.  Lessing 
5,  359 ;  die  philosophische  spräche  ist  seitdem  {nach  Breilin- 
ger)  unter  uns  so  bekannt  geworden,  dasz  ich  mich  der  Wör- 
ter anschauen,  anschauender  erkenntnis  gleich  von  anfange 
als  solcher  Wörter  ohne  bedenken  habe  bedienen  dürfen,  mit 
welchen  nuu  wenige  nicht  einerlei  begrif  verbinden.  374 ;  oder 
erleichtert  er  uns  auch  nur  im  geringsten  die  mühe,  uns  ihrer 
auf  eine  lebhafte,  anschauende  art  zu  erinnern?  6,  494;  das 
gegentheil  von  solchen,  zu  aller  moralischen  anwendung  un- 
geschickten kleinen  erzehlungen  sind  diejenigen,  welche  zwar 
ohne  alle  betrachtung  und  folgerung  vorgetragen  werden,  aber 
an  und  für  sich  selbst  eine  allgemeine  Wahrheit  so  anschauend 
enthalten,  dasz  es  nur  übertlusz  gewesen  wäre,  sie  noch  mit 
ausdrücklichen  worten  hinzuzufügen.  8,  439 ;  von  dem  an- 
schauenden begriffe  der  kleinen  kolonie,  in  welcher  er  aufge- 
wachsen war.  WiELAND  7,  132;  eine  ausführliche  und  an- 
schauende kenntnis  von  allen  den  misbräuchen.  7,133;  selten 
spricht  ein  frauenzimmer  das  wort  thränen  aus,  ohne  es  an- 
schauend zu  machen,  was  liirancn  sind.  Hippel  lebensl.  1, 178 ; 
das  niusz  die  seele  erweitern,  reinigen  und  ihr  zuletzt  den 
höciislen,  anschauenden  iiogrif  von  naiur  und  kunst  geben. 
GüTiiE  29,  7;  gründe  fasziich  und  anschauend  deutlich  dar- 
stellen. Kant  I,  52 ;  ein  verstand,  in  welchem  durch  das  selbst- 
bewuslsein  zugleich  alles  uianigfallige  gegeben  würde,  würde 
anschauen,  der  unsere  kann  nur  denken  und  musz  in  den 
sinnen  die  ansciiauung  suchen.  2, 131 ;  etwas  anschauend  (an- 
schaulich) machen.  2,  547  ;  ein  anschauender  begrif.  0,  74 ;  ein 
anschauender  und  crfahrungsbegiif.  3,  71 ;  anschauende  gewis- 
lieit  d.  i.  evidenz.  2,  553.  Dies  uorl  haben  die  philosophcn 
dem  sprarhgelirauch  ohne  nolh  erschwert,  anschauen  erstreckt 
sich  zuerst  auf  sinnliche,  dann  auf  iihersinnliche,  geistige  ge- 
genstände, gerade  wie  inlueri,  conleinplari ;  anschauend  drückt 
aus  intuens,  contemplans  und  nicht  anschaulich,  anschaubar, 
der  anschauende  raensch  ist  ver.ichiedni  von  dem   anscbauba 


ren.    anschauender  begrif,  anschauend  machen  f  anschaulich 
scheint   darum   ungenau,     blosz  ein  adv.  oder  gerundiu7n,  an- 
schauend {ahd.  anascouwöndo)  darstellen  wäre  sprachrichtig.. 
ANSCHAUEN,  n.  aspectus :  ich  war  ganz  in  ihrem  anschauen 
{anblick)  versunken ; 

räum  und  zeit,  ich  empflnd  es,  sind  blosze  formen  des  anschauns, 
da  das  eckchen  mit  dir,  liebchon,  unendlich  mir  scheint. 
GöTHE  1,  395; 
wenn  ich  mir  früher  das  anschauen  der  Stadt  zu  verschaffen 
WUStC.   24,  234. 

ANSCHAUEND,  s.  anschauen. 

ANSCHAUER,  m.  contemplator,  spcctator,  nnl.  aanschouwer. 
denn  wir  haben  nicht  den  klugen  fabeln  gefolget,  da  wir  euch 
kund  than  haben  die  kraft  und  .zukunft  unsers  herrn  Jesu 
Christi,  sondern  wir  sind  anschauef  gewesen  seiner  majestet. 
Luther  2,  401* ;  bei  der  Stadt  Spalal  genant,  soll  ein  raeer- 
mensch  gesehen  sein  worden,  welcher  die  anschawer  {an- 
sciiauenden)  sehr  erschreckt.   Forer  fischb.  104'. 

ANSCHAUERN,  horrorem  incutere:  wenn  kein  gesetz  mehr 
vorhanden  ist,  wird  uns  Medea  noch  anschauern.  Schiller  703 ; 

ha,  schauerte  nun  auch  die  menschlichkeit 
wie  llektorn  vor  dem  Ajax  und  Achill 
vor  dir  mich  an.  USrger  41'. 

ANSCHAUFELN,  pala  projicere:  schaufelt  sand  an,  dasz 
sich  ein  hügel  auf  dem  grabe  hebe ! ;  schaufelt  erde  an,  der 
bäum  hat  keine  nahrung. 

ANSCHAUüELN,  oscillando  accedere:  anschaukelnde  kühne 
belebten  das  ufer. 

ANSCHAULICH,  aspeclabihs,  nnl.  aanschouwelijk : 

anschawlich,  prechtig  und  groszmütig, 
aber  dabei  leutselig,"gütig.    froschm.  2,  5,  1. 

soll  aber  die  slatur  der  göttin  der  grösze  des  Steins  nicht 
angemessen  sein,  so  entstehet  eine  anschauliche  unwahrschein- 
lichkeit  in  dem  gcmählde.  Lessing  6,452;  in  anschaulichster 
Ordnung  sind  die  grabstcine  aufgestellt,  etwas  anschaulich  ma- 
chen, veranschaulichen,  anschaulicher  Unterricht,  seil  Basedow. 

ANSCHAULICHKEIT,  f 

ANSCHAUNSELIG,  aspeclu  bealus: 

das  ^ewand  weisz,  blulhell,  hub  zum  thron 
sie  sich  empor,  stand  ernst,  anschaunselig  da, 
schimmerte  die  braut.    Ki.opst.  Hess.  20,  962. 

ANSCHAUUNG,  f  contemplaüo,  instuitio,  experientia :  ich 
lernte  den  unterschied  zwischen  dem  gesang  der  nachtigall  und 
einem  halleiujah  aus  menschenkehlen  erst  kennen,  ich  verbarg 
meine  frcude  über  diese  neue  anschauung  meinem  oheim  nicht. 
GöTME  19,  330;  diese  geheimen  anschauungen,  diese  entzücken- 
den gesiebte.  21,193;  übrigens  lebte  er  meistens  mit  oflicieren 
der  garnison,  wobei  ihm  die  wundersamen  anschauungen,  die 
er  später  in  dem  lustspiel  'die  Soldaten'  aufstellte,  mögen  ge- 
worden sein.  26,  250 ;  indem  ich  mich  auf  den  jedesmaligen 
einzelnen  punct  concentrierte,  der  umnitteliiar  in  die  an- 
schauung treten  sollte.  31,144;  der  grad  der  gewisheit  ist  in- 
sofern gröszer,  als  die  erkentnis  der  nothwendigkeit  mehr  an- 
schauung {evidenz)  hat.  Kant  1,83;  die  anschauung  dieser  er- 
kentnis ist  in  der  mathematik  gröszer  als  in  der  weltweisheit. 

1,  85 ;  vermittelst  der  Sinnlichkeit  werden  uns  gegenstände  ge- 
geben und  sie  allein  liefert  uns  anschauungen.  2,  59 ;  die 
reine  form  der  siniilichkeit,  in '  der  nichts  was  zur  empfindung 
gehört  angetroffen  werden  kann,  wird  auch  selber-  reine  an- 
schauung lieiszcn.  2,60;  anschauung  ist  eine  sich  unmittelbar 
auf  den  gegens'tand  als  einzelnen  sich  beziehende  erkenntnis 

2,  294 ;  anschauung  ist  eine  Vorstellung  so  wie  sie  unmittelbar 
von  der  gegenwart  des  gegenständes  abhängen  würde.  3, 196 ; 
eine  ästhetische  idee  kann  keine  erkentnis  werden,  weil  sie 
eine  anschauung  (der  cinbildungskraft)  ist,  der  niemals  ein  be- 
grif adäquat  gefunden  werden  kann.  7,  209 ;  ein  unmittelbares 
bewustsein  hciszt  anschauung.  Fichtk  sitlenl.  50 ;  sie  sollen 
es  fassen  nicht  im  denken,  sondern  in  lebendiger  anschauung. 
nachgcl.  werke  3,  258 ;  die  anschauung  des  uniuittelbarcn  le- 
bens.  259. 

ANSCHEIN,  m.  species,  apparentia  bei  Tertullian,  inifä- 
veta,  franz.  apparence,  nnl.  aansclüjn :  es  ist  aller  anschein 
dazu  tia ;  es  hat  vielen  anschein  zum  krieg;  es  gewinnt  den 
anschein,  das  ansehen;  es  geliürl  sich  gar  nicht  der  menschen 
hendel  nach  solchem  leirlitferligeii  Icclierliclien  anscliein  zu 
scliälzen.  Carg.  21';  dasz  diese  spräche  sich  aus  der  bariiarei 
etwa  niicli  iieraus  arbeite,  dazu  ist  kein  anschein;  ileii  ein 
anschein  von  griindlichkeil  zu  glänzenden  iiTtluhnern  dahin 
reiszi.  Lkssing; 


437 


ANSCHEU^EN — ANSCHICIfTEN 


ANSCniCK  —  ANSCHEINEN 


438 


das  unrecht,  das  er  ihm  vom  anschein  hintergangen 
gethan.  Wiela.nd  10,  2SS; 

die  furcht  verbreitete  über  sie  einen  liebenswürdigen  anschein 
von  sorge  und  schaui.  Göthe  IS,  13;  er  redete  mit  dem  an- 
schein völliger  ruhe  und  gelassenheit. 

AIS'SCHEl.NEN ,  apparere,  nnl.  aanschijnen,  ahd.  aber  nicht 
anascinan.  sondern  scinan  ana:  da^  skinet  tir  ana,  also  da- 
rana  schinet  (Graff  6,  501);  das  nrichs  oft  wundert  hat,  wie 
ein  mensch  möcht  solchen  hasz  tragen  und  leben,  wiewol  es 
deinem  leibe  nicht  wenig  anscheinet.  Luther  1,  360'.  heule 
gilt  von  dieser  intransitiven  Vorstellung  fast  nur  das  part.  an- 
scheinend: bei  der  geringsten  anscheinenden  hofnung.  Lessimg 
12,  299;  er  sagte  das  mit  anscheijiender  Zufriedenheit;  sie 
zeigte  eine  anscheinende  reue;  versetzte  mit  eben  so  viel  an- 
scheinendem kaltsinn.  WIeu^nd  3,  352 ;  auch  in  diesen  Sonder- 
barkeiten, auch  in  dieser  anscheinenden  Unschicklichkeit  liegt 
ein  groszer  sinn.  Götiie  19,  92 ;  sie  führt  ihn  auf  ein  anschei- 
nendes kanapee,  wo  nur  von  beiden  seilen  sessel  sind,  die 
mitte  ist  leer.  Hippel  8,  356.  dieser  schrißsleller  setzt  auch 
das  praesens :  ein  verfall,  so  klein  er  beim  ersten  anblick 
anscheinet.  2, 291.  Desto  üblicher  ist  ein  Iransilives  anscheinen, 
allucere,  bescheinen,  an  einen  scheinen: 

ich  bitt  dich,  ghe  von  mir  hind.in, 
das  mich  die  sonn  müg  scheiuen  an. 

SCHWARZENEEBG   117,  1  ; 

Verräter,  welcher  du  nicht  wirdig  bist,  dasz  dich  die  sonne 
anscheinet.  Galmy  320;  wer  wolt  doch  gern  lenger  leben  und 
sich  die  sonn  lenger  lassen  anscheinen?  Fbonsp.  Iriegsb.  1,  204*; 

schon  unter  seinen  küssen  scheinen 
ihn  ihre  sonnen  wieder  an.    Göki.nck  1,127; 
(land),  das  die  himmelumwandelnde  soonc 
anscheint  mit  immer  freundliclier  helle.    Schiller; 

im  ewig  frohen  leben  von  glänzenden  stunden  angeschienen. 
TiECK  Stentb.  1,  70 ;  jeden  morgen  schien  ihn  der  gedanke  wie 
tageslicht  an.  J.  Paul  uns.  löge  3, 154. 

ANSCHEINEND,  adt.  anscheinend  gutmütig,  der  marm,  an- 
scheinend ein  geistlicher. 

ANSCHEINLICH,  apparens,  anscheinend,  scheinbar:  in  die- 
ser anscheinlichen  kieinigkeit.  Herder  13,  41 ;  unter  einem  an- 
scheinlichen vorwande.  Tieck  ges.  nor.  10, 1S2. 

ANSCHEINüNG,  /.  apparilio,  der  pl.  von  Wielasd,  nach  dem 
franz.  les  apparences,  oft  verwandt  in  fällen,  wo  wir  heute  den  sg. 
anschein  sagen :  er  war  unschuldig,  aber  die  anscheinungen  wa- 
ren gegen  ihn.  2, 96 ;  bei  so  starken  anscheinungen  zu  einer  voll- 
kommenen Sinnesänderung  des  tyrannen.  2,  26S ;  die  anschei- 
nungen lieszen  ihn  den  vollkommensten  erfolg  hoffen.  2,275; 
Plato  selbst  liesz  sich  von  den  anscheinungen  betrügen.  2, 27S ; 
mit  allen  anscheinungen  des  vollkommensten  Zutrauens.  2, 301 ; 
diese  anscheinungen  lieszen  nicht  zweifeln.  12, 34 ;  dasz  dermalen 
dazu  noch  keine  anscheinungen  vorhanden  sind.  15,  3S ;  aus  ge- 
wissen anscheinungen  ihre  verborgnen  bewcgungen  vorhersagen. 
16,  264 ;  auf  blosze  anscheinungen  hin.  24,  2$S ;  ich  sage,  dasz 
ich  zu  beiden  immer  durch  anscheinungen  verleitet  wurde. 
28,100;  sie  Qberlieszen  sich  den  verführenden  anscheinungen 
von  aufrichtigkeit.  28, 150 ;  wegen  einer  geringen  anschciaung 
vom  gegcntheil.  Kant  S,  56.  anscheinung  collustralio  begegnet 
frühe:  so  die  würz  ohne  anscbeinung  der  sonnen  gederrct 
wird.  TuLRMEissER  infl.  wirk.  t.  32;  heule  würde  vorgezogen 
werden  das  anscheinen. 

ANSCHEITERN,  naufragium  facere:  die  auf  unfruchlbaren, 
wellebedroliten  dünen  angescheiterte  mannschaft.  Güthe  45, 
264,  eine  dem  sinn  von  scheitern  unetitsprechende  Wortbildung. 

A.NSCHELLE.N,  die  hüngel,  schelle  ziehen,  nnl.  aanschellen: 
geh  hin,  es  hat  jemand  angeschcllt. 

ANSCHELLEN,  allidere,  adfrangere:  an  einer  mauer  die 
Leine  anschellen,  verletzen,  weniger  als  zerschellen. 

ANSCHELLEILN,  frequentativ  des  vorigen:  die  heilung  mei- 
nes zerbrochenen  amis,  wie  auch  der  angeschellerten  bcinc. 
Felsenb.  1,  65;  war  aber  so  unglücklich  mit  dem  pferde  zu 
-lürzen  und  die  rippen  der  linken  seile  anzuschellern.  2,150; 
dasz  ich  wciior  keinen  schaden  nahm,  als  nur  den  linken  arm 
•  in  weni»!  anschellerte.   irrg.  der  liebe  600. 

ANSCHEKE,  f.  actus  atlondendi,  bei  webem  und  wollesche- 
rem,  besser  nnschur.    tgl.  anschirren. 

A.NSCHEKEN,  atlondere:  das  schaf  ist  schon  ausscheren; 
den  wehem,   das  tuchsclieren  beginnen. 

ANSCHEKGEN.  fehlerhaß  für  anschürgen. 

ANSCHICHTE.N,  disponere,  instruere,  in  schichten  theilcn,  fast 
etns  mit  abschichten,  nach  schichten  theilen,  anstapcln,  anhäufen. 


ANSCHICK,  m.  dispositio,  accommodatio :  sölichs  zu  vol- 
füren  ist  dem  redner  nit  möglich,  er  habe  dann  fünf  stück 
artlicher  schicklichkeit  an  ihm.  nämlich  vindung,  ordentlichen 
anschick,  gesprech,  gedechtnüs  und  zierlich  red.  Biedrer  spiegel 
der  waren  rhetoric.  Straszb.  1509.  bl.  4.  vgl.  beschick,  Ungeschick. 

ANSCHICKEN,  disponere,  accommodare,  einrichten,  veran- 
stalten, nnl.  aanschikken :  damit  er  sein  kriegsrüstung  dar- 
nach könne  anschicken  und  viel  groszen  Unkosten  verhüeten. 
Fronsp.  kriegsb.  1,  57*;  der  auf  dem  rechten  weg  geht,  dem 
geht  sein  handel  basz  ab  statt,  als  dem  auf  dem  unrechten 
weg,  und  ist  doch  nicht  glucks  schuld,  dann  glück  ist  nicht, 
es  ist  auch  kein  unglück,  es  ist  ein  anschicken  und  ein  ding, 
dem  der  mann  selbst  nachstellt,  der  in  dornen  gehn  will, 
wie  kan  er  ohnzerrissen  herausz  kommen?  Paracelsls  2,  204'; 
nam  ihm  in  sinn,  nach  des  Rhumprechts  urtheil  sein  studie- 
ren anzuschicken.  Garg.  159'; 

jelzt  gehst  du  ärger  noch  mit  kleidern  angeschickt. 

Opitz  2,  470 ; 
indessen  war  nun  alles  angeschickt, 
die  Schwestern  zu  suchen.    Wiela:<d  4, 113; 

alles  von  weitem  zu  einem  künftigen  groszen  Staatskörper  an- 
schicken. Kayt  4,  307.  Heute  fast  nur  sich  anschicken,  sich 
rüsten :  damit  ich  es  kurz  sage,  wie  ich  mich  auf  das  alter 
anschicke.  J.  E.  Schlegel  3,  390 ;  sie  sagte  ihr  von  dem  gan- 
zen vertrage  nichts,  als  dasz  sie  sich  anschicken  sollte,  noch 
diesen  abend  vor  Aspasien  zu  erscheinen.  Wiela.xd  3,  269; 
als  Danischmend  sich  zu  gewöhnlicher  zeit  anschickte  seine 
erzählung  fortzusetzen.  7, 131 ; 

dnim  schick  zur  freude  dich  recht  an, 
vermag  gleich  küch  und  keller  wenig. 
GöKi.tci  1,  -202; 
und  du  zu  einem  kleinen  zanke 
dich  anschickst.    2,3; 

ohne  zaudern  und  blindlings  schickt  Abraham  sich  an,  den 
befehl  zu  vollziehen.  Göthe  24,  216 ;  um  mich  hiezu  anzu- 
schicken, führte  ich  ihn  zu  meinen  eitern.  26,  319;  da  bisz 
Egmont  die  zahne  zusammen,  warf  seinen  mantel  und  nacht- 
rock nieder,  kniete  auf  das  kissen  und  schickte  sich  zum  letz- 
ten gebet  an.  Schiller. 

ANSCHICKUNG ,  f  dispositio :  darnach  kam  Casanas  auf 
des  Sultans  anschickung.  Reiszser /er.  2, 174';  dasz  reiterund 
knccht  zugleich  augreifen,  doch  mit  anschickung,  dasz  fusz- 
knecht  auf  fuszknecht  stoszcn,  die  gereisigen  auf  die  reisigen. 
Frossp.  kriegsb.  1,  52';  ausz  gottes  anschickung.  KiRCRnor 
wendunm.  409*. 

ANSCHIEBEN,  protrudere,  nnl.  aanschuivcn:  einen  schwe- 
ren stein  anschieben,  anwälzeit;  das  kind  schiebt  schon  ein 
zähnchen  an;  wer  schiebt  an?  diekugel,  beim  kegeln;  das  brot 
ist  angeschoben,  im  backofen,  wodurch  kleberdndchen  entstehn ; 
es  ist  bei  der  stelle  ein  andrer  angeschoben  worden. 

ANSCHIEBEB,  m.  gerälh  oder  Werkzeug,  was  angeschoben  wird 

ANSCHIEBLING,  m.  intrttsus,   ein  eingeschobner. 

ANSCHIEBSEL,  n.  das  angeschobne  stück. 

ANSCHIELEN,  oculis  limis,  ludibundis  intueri: 

Diane  scbieh  defa  erdkreisz  an  mit  halbem  angesiebt. 

Grtpbics  1,  225; 
Philemon  schielt  ihn  an.    Hageoor.-«  2, 102; 

tliu  das  mäulchen  einmal  auf,  schiele  mich  holdselig  an.  Me- 
sa.ntes  1,114;  mit  welchen  äugen  Tiinokrales  die  frohlocken- 
den regungen  der  nation  angeschielt  haben  werde.  Wieland 
3,  72 ;  er  hatte  sich  vorgenommen  donna  Felicia  gar  nicht  an- 
zusehen, er  konnte  sich  aber  doch  nicht  enthalten,  sie  ein 
wenig  von  der  seile  anzuschielen.  12,  82; 

doch  anschielend  den  weg  miitvandelnder  nennst  du  ihn  imreg. 
Voss  6,  333 ; 

Klotilde  verbaute  dem  süugling  den  angeschielten  mond  (schob 
etwas  vor,  damit  das  mondlicht  dem  schlafenden  nicht  ins  äuge 
scheine).  J.  Paul  Hesp.  1, 115.  früher  hiesz  es  anschilhen,  an- 
schlichen :  wenn  die  sunne  dem  mon  beisiezt  ansdiilhent  oder 
anscheinenl.  buch  der  natur.   Augsb.  1483. 

ANSCHIENEN,  laminam  imponere,  addere:  die  achsen  an- 
schienen, wird  von  J.  Pacl  allzuoft  figürlich  angewandt:  so 
geben  und  schienen  die  Franzosen  morgenländischkeck  der 
hofnung,  der  zeit,  der  liebe  bände  an.  Vorschule  2,  30;  bei 
solchen  diebsdaumen,  die  man  meinem  eignen  schrcibdaumcn 
anschient.  Tit.  l,  66 ;  das  verdienst  wollte  seinem  mallen  arme 
den  weltlichen  anschienen,  teuf.  pap.  S,  239;   der  Staat  lasse 

28* 


439 


ANSCHIESZEN  ~  ANSCHIRREN 


ANSCHLACKEN  —  ANSCHLAG 


440 


doch  einmal  den  inneren  menschen  sich  die  lebendigen  glied- 
maszen  selber  zubilden,  eh  er  ihm  später  die  nöthigen  hoiz- 
beine  und  goldnen  üüften  anschienet,  [reih,  bucht.  105 ;  in  der 
Überrumpelung  sollt  er  den  namen  des  metzgers  anschienen. 
paiing.  2,  33  «.  s.  w_. 

ANSCHIESZEN,  nnl.  aanschieten,  1)  transitiv,  feram  levilcr 
vulnerarc:  ein  wild,  den  hirsch  anschieszen;  wie  ein  ange- 
schossen reh.   Fr.  Müller  3, 163 ; 

ein  andrer  von  dem  pfeil  des  liebens  angeschossen. 

Canitz240; 
bei  zween  von  Amorn  angeschosznen  leuten.    Wieland  ; 
fünf  gecken  alle  zugleich  von  Amorn  angeschossen.    5,  132. 

angeschossen  überträgt  man  von  dem  verwundeten,  getroffenen 
auf  den  berauschten  oder  närrischen,  bei  den  schneidern,  den 
erm'el  anschieszen,  anhängen,  annähen;  bei  buchbindern,  pa- 
pier  anschieszen,  anheften;  bei  den  beckern,  ein  brot  an- 
schieszen, wenn  es  im  ofenschub  das  andere  berührt^  ein  an- 
geschossener laib ;  itn  bauwesen,  ein  gebäude  anschieszen,  ans 
andere  bauen. 

2)  intransitiv,  repenle  ferri:  das  wasser  schieszt  an;  die 
flut  kommt  angeschossen;  er  schieszt  an  wie  ein  pfeil;  er 
schosz  an  den  bäum  an;  der  Khein  schwillt,  gegen  den  rif 
anschieszt.  Bettine  fer.  l,  275;  wie  der  hagel  anschieszt.  Her- 
der 4,  55.  zumal  von  ansetzendem  erz,  krystall  und  salz: 
hier  schieszt  krystall  an ;  dort  ist  salz  angeschossen ;  die 
bildung  geschieht  alsdann  durch  anschieszen  d.  i.  plötzliches 
festwerden,  nicht  durch  allmälichen  Übergang  aus  dem  flüssi- 
gen in  den  festen  zustand,  sondern  gleichsam  durch  einen 
Sprung.  Kant  7,  216;  die  eisblumen  schieszen  am  fenster  an. 
ebenwol  von  schnell  sprossenden  äugen  oder  knospen  der  ge- 
wächse:  in  wenig  tagen  werden  neue  äugen  anschieszen. 
figürlich,  so  werd  ich  ja  aber  auf  der  einen  seile  nur  krank, 
wenn  auf  der  andern  die  gesundheit  anschieszt.  Tieck  5,  48 ; 
im  alten  manne  schieszet  oft  ein  liebhaberherz  unter  dem 
Stern  an.  J.  Paul  Tit.  3,  59;  das  gefühl,  das,  sowie  e.s  sich 
mit  der  Oberfläche  des  lebens  berührt,  gleich  zur  eitelkeit 
anschieszt.  Bettine  tageb.  136.  Zuweilen  auch  für  angrenzen, 
anstoszen:  erstlich  schieszen  an  den  häusern  kleine  nette 
gärten  an.  Brockes  4,  313 ;  hinter  den  gärten  schieszt  der  be- 
rühmte grasbrock  an.  4,  315. 

ANSCHIFFEN,  adnavigare:  am  gestade  anschiffen;  schiffet 
bei  der  insel  an !  mhd.  einschiffen  : 

ze  Misenburc  der  riehen  da  schiften  sie  sich  an. 
Nib.  1317,  1. 

ANSCHIFTEN,  institueie,  anordnen,  anslißen,  vgl.  alln. 
.  skipta,  dän.  skifte  dislribucre,  ahd.  untirsciftan  interscpire: 
[Otto  1),  der  in  seinem  alter  Othonem  zu  einem  mitregierer 
des  keiserthumbs  anschiftet.  Frank  chron.  175*;  die  erzählung 
nimmt  ein  kahles  ende,  der  hausfreund  fühlt  es,  fast  soll  er 
noch  was  anschiften.  Hebel  s.  430.  scheint  sich  auch  mit 
anschdften  zu  berühren. 

ANSCHIFTUNG,  insiructio,  impulsio:  Nero  hat  das  kciscr- 
thumb  erobert  durch  anschiftung  seiner  mutier.  Frank  chron. 
130  ;  die  kluge  fraw  von  Thekoha  Davids  muhme  überschleicht 
auch  also  ihren  vettern  den  könig,  da  aie  auf  Joabs  anschif- 
tung Absolon,  den  bösen  buhen,  wider  einbat.  M.^thesius  132'. 

ANSCHILDERN,  weidmännisch,  feld-  und  rebhüner  an  den 
Schild  (ein  auf  leinwand  gemahlles  bild)  gewöhnen. 

ANSCHIMMELN,  mucorem  contrahere:  das  brot  schimmelt 
an,  ist  angeschimmelt. 

ANSCHIMMERN,  micare,  coruscare  ad  aliquem:  noch  le- 
ben wir,  noch  schimmern  die  Sterne  uns  an;  will  denn  keine 
hofnung  anschimmern?;  das  ist  doch  gewis  ein  träum  von 
der  insel  der  Vereinigung,  die  so  oft  bisher  den  nebel  des 
Schlafs  mit  Straten  durchschnitten  und  himmlisch  und  ziehend 
meine  seele  angeschimmert  hat.    J.  Paul  Hesp.  4,  174. 

ANSCHIRREN,  jugum  equis  imponere,  auch  angeschirren : 
die  rosse  anschirren;  das  geschütz,  den  wagen  anschirren, 
bespanntn:  feld-  und  ander  geschütz  angeschirret.  Kirchhof 
mit.  disc.  84;  hat  so  wacker  als  der  best  gespan  anschirren 
können.  Garg.  286'; 

Ihm  hat 
nicht  umsonst  der  tag  die  zeltcr  angeschirrt. 

l'tATEN  83. 

unter  geschirr  mrd  aber  dargethan  werden,  dasz  dies  worl 
ursprünglich  von  scheren,  luchscheren  und  weben  ausgegangen, 
dann  auf  anderes  teug  und  gerdth  {inslrumentum)  übertra- 
gen  ist,    anschirren  -=>  anscheren,    anzetteln,    wie   sich  auch 


durch  anschere  und  anschur  bestätigt,  darum  steht  anschirren, 
ohne  allen  gedanken  an  rosse,  figürlich  für  anordnen,  anzet- 
teln: eine  gferlichkeit,  dasz  üppige  buhen  gar  bald  ange- 
schirren mögend,  dasz  ein  frommer,  wolhabender  mit  fal- 
schem zügnus  überwunden  wirt.  Zwingli  1,  358;  auf  geheisz 
Caroli  M.  hat  er  die  historien  und  lectionen  durch  das  ganze 
jähr  angeschirrt.  Hedion  kirchenhist.  334'.  nicht  anders  geht 
das  mlat.  attelare,  franz.  atteler  au/' tela  zurück,  und  das  an-- 
spannen  der  pferde  gleicht  dem  anspannen  der  faden  beim 
gewebe. 

ANSCHLACKEN,  scoriam  admiscere,  induere:  glimmerscbie- 
fer  mit  angeschlackter  Oberfläche.  Göthe  51, 101. 

ANSCHLAG,  ntil.  aanslag,  nach  den  verschiednen  bedeutun^ 
gen  des  sinnlichen  anschlagens,  woraus  sich  dann  einige  ab- 
stracte  festsetzten,  ahd.  anaslag  verber,  doch  gerade  so  steht 
das  nhd.  anschlag  nicht,  ebensowenig  für  das  antreiben,  an- 
schlagen der  Pferde  mit  der  gerte,  obschon  es  den  umständen 
nach  diesen  sinn  gleich  empfangen  konnte,  der  anschlag  der 
wellen  ans  gestade;  anschlag  der  hunde,  der  wachtel,  der 
nachtigall :  wir  konnten  mitternachts  den  anschlag  der  hunde 
vernehmen;  endlich  erfolgt  der  nachtigall  langersehnter  an- 
schlag. ich  höre  den  anschlag  der  uhr,  der  glocke ;  den  an- 
schlag der  trommel,  pauke;  den  anschlag  an  die  thür,  ans 
fenster.  Zumal  sind  es  zweierlei  anschlage,  die  in  belracht 
kommen,  aus  welchen  die  häufigste  abslraclion  sich  entfaltete, 
der  anschlag  mit  nagel  oder  hammcr  und  der  anschlag  zum 
zielen,  mit  dem  hammcr,  dem  nagel  wird  ans  bret,  an  die 
seule  geschlagen,  angeheftet,  was  öffentlich  bekannt  werden 
soll,  anschlag  ist  bekannimachung,  laxe: 

es  ist  ein  anschlag  geschehn.    fastn.  sp.  §30,  7; 
es  ist  ein  anschlag  hie  gemacht.    818,  14; 

doch  letzlich  des  burgermeisters  anschlag  folg  zu  thun  be- 
schlossen. Kirchhof  wendunm.  163';  nach  gemeinem  anschlag 
zahlen.  Garj.  198';  etwas  in  anschlag  bringen,  taxieren;  das 
kommt  nicht  in  anschlag,  wird  nicht  beachtet;  anschlag  des 
Vermögens,  der  Steuer,  der  abgäbe ;  Servius  hat  einen  an- 
schlag (census)  des  bürgerlichen  Vermögens  aufgebracht.  Rihel 
Liv.  39 ;  ein  paar  reimlein  zum  anschlag.  Rollenhagen  wun- 
derb, reisen  88 ;  wann  er  seine  meinung  und  anschlag  darzu 
geben  solle.  Simplic.  i,  66 ;  die  leiden  unserer  freunde  brin- 
gen wir  nicht  in  anschlag.  Göthe  20,  90;  dasz  ich  dies  noch 
mit  in  anschlag  bringe.  Tieck  14,  167;  das  ei  des  Columb  in 
dem  anschlag  nicht  zu  vergessen.  Platen  278.  Das  gewchr, 
die  armbrust,  flinte  wird,  um  zu  zielen,  an  die  wange  ge- 
schlagen, gehalten,  angelegt,  und  anschlag  heiszt  sotiol  der 
angelegte  theil  des  gewehrs  selbst,  als  vorzüglich  das  zielen: 
die  flinte  liegt  im  anschlage,  wird  im  anschlage  gehalten;  er 
trang  (drängte  beim  schieszen)  den  anschlag  nicht  zu  viel. 
Garg.  180'.  aus  diesem  zielen  ßicszt  einfach  und  ungezwun- 
gen die  bedeutung  von  plan,  absieht,  vorhaben,  Vorschlag  in 
gutem  oder  bösem  sinn :  er  macht  zu  nicht  die  anschlege  der 
listigen.  Hiob  b,  12;  meine  tage  sind  vergangen,  meine  an- 
schlege sind  zutrennet,  die  mein  herz  besessen  haben.  17,  11; 
die  zugenge  seiner  habe  werden  schmal  werden  und  sein  an- 
schlag wird  in  feilen.  18,  7 ;  er  gebe  dir  was  dein  herz  be- 
geret  und  erfülle  alle  deine  anschlege.  ps.  20,  5;  sie  sind 
küne  mit  iren  bösen  anschlegen.  64,6;  sie  machen  listige 
anschlege  wider  dein  volk.  83,  4 ;  da  ich  ein  kind  war,  da 
redete  ich  wie  ein  kind  und  war  klug  wie  ein  kind  und  hatte 
kindische  anschlege.  1  Cor.  13,  11 ;  oder  sind  meine  anschlege 
fleischlich?  2  Cor.  1,  17; 

so  ist  ganz  ab  der  anschlag  mein,    fastn.  sp.  32,  14; 

beineben  fielen  alle  anschlage  dahin.  Scuweinichen  I,  264; 
dieser  anschlag  nicht  gehen  wollte,  l,  264;  ihnen  were  be- 
folhen,  das  sie  mich  mit  zt"i  schif  brächten,  des  sollen  sie 
alle  anschlege  brauchen.  H.  Staden  n  3 ;  betten  manchcriwnd 
anschlag  und  wünschnngen.  Frex  garteng.  (>i* ;  aber  hab  sorg, 
das  wir  früh  in  der  küle  reiten,  wie  unser  anschlag  ist.  Pauli 
seh.  u.  ernst  20*;  wann  euch  mein  anschlag  gefeilt.  Ga/my  99; 
ir  soll  wis.sen,  dasz  mich  der  anschlag  sehr  erfrewet.  116; 
der  abt  zuliand  ein  anschlag  erdacht,  dadurch  sie  solch  sach 
wol  zu  wegen  brächten.  29.1;  ich  besorg,  dasz  all  diser  an- 
schlag werd  ausschlagen  wie  dem  einsidler  im  j)uch  der 
weisen.    Garg.  224' ; 

sein  nnschleg  (MoTtmitians)  seind  wunderbarliche, 

daruinb  ich  in  vergleiche 

Julio  dem  kaiscr  reiche.    Soi.tau  213 ; 


441 


ARSCHLAG — ANSCHLAGEN 


ANSCHLAGEN 


442 


der  hässer  fluch,  anschläg  und  rat.    Weckh.  198; 
deio  anschläg  ist  zu  frech,  zu  schwach  dein  widerstand.    657; 
macht  nicht  den  anschläg  gar  zu  spitzig.    Grtphics  1,  14; 
die  Tögel  fängt  man  so,  nach  dem  man  auf  sie  stellt, 
der  ausschlag  fällt  nach  dem,  nach  dem  der  anschläg  ßllt. 
LOCAC  2,  6,  30 ; 

dein  anschläg  werde  dir  nicht  anfangs  gleich  zu  nichte .' 
Ca.mtz  215;  • 

euch  wollen  Rhein  undjiosel  winken, 

sie  heiszen  euch,  nach  alter  zeit, 

treu,  anschlae,  Wahrheit,  lapferkeit 

in  ihrer  trauben  blute  trinken.  Hagedors  3,  120; 

geheimer  anschläg  gegen  die  lugend  unsers  helden.  Wiel.v5D 
1,  174;  er  machte  noch  an  demselbigen  tage  anstalt,  seinen 
anschläg  auszuführen,  l,  ITS;  ein  anschläg  auf  ihre  lugend 
war  so  schwer  zu  bewerkstelligen,  als  die  bestrafung  eines 
solchen  Verbrechens  streng  war.  2,  234;  zu  welchem  ende 
er  Brederodes  anschläg  auf  Utrecht  und  Amsterdam  nach 
allen  kräften  zu  befördern  gesucht  hatte.  Schiller  S43;  man 
schmiedete  neue  anschlage,  den  grafen  noch  mehr  kirre  zu 
machen.  Göthe  IS,  319 ;  es  war  ein  eines  scharfsinnigen  man- 
nes  würdiger  anschläg  des  Aristoteles,  diese  grundbegriffe 
aufzusuchen.  Kam  2,  111;  was  soll  man  von  dem  anschlage, 
das  was  man  nicht  begreift,  aus  dem  was  man  noch  weni- 
ger begreift,  zu  erklären  denken  ?  4,  328 ;  der  herr  von  Mai- 
ren ist  auf  den  anschläg  gekommen,  die  kraft  eines  körpers 
nach  den  nicht  überwundenen  hindernissen  zu  schätzen.  8, 
147;  das  sind  edle,  kluge,  sinnige,  böse,  listige,  schlaue  an- 
schlage, man  rergleidie  Vorschlag  und  rathschlag.  anschläg  der 
kosten,  Voranschlag;  die  kosten  laufen  im  anschläg  auf  — . 
Der  ableitung  aller  ton  sinnlichem  anschlagen  kommt  zu  statten, 
dasz  man  conslruierl  ein  anschläg  auf  die  tugend  «-ie  auf  das  thier 
anschlagen ;  freilich  geht  in  den  meisten  fällen  der  anwendung 
das  bewustsein  des  Ursprungs  verloren,  denn  sonst  hätte  man 
nicht  sagen  können  anschlüge  schmieden,  wie  plane,  oder 
einen  anschlug  zu  boden  fallen  lassen,  in  einzelnen  fällen 
darf  anschläg  vielleicht  auf  die  unter  anschlagen  ganz  zuletzt 
gezeigte  hedeutung  des  sich  vertragens  und  paciseierens  zu- 
rUckgehn.  ?ioch  ist  zu  bemerken,  dasz  auch  auf  der  mühle 
ein  anschläg  des  holzes,  bei  den  schneidern  ein  anschläg  des 
heftfadens  ifbrkommt. 

ANSCHLAGEN,  ahd.  anaslahan  (Graff  6,  766),  nnl.  aaaslaan. 
1)  intransitiv,  ohne  acc,  anschlagen,  rocem  edere:  der  hund 
schlägt  an,  schlügt  laut  an; 

er  hört  die  wachsamen  bunde 
laut  anschlagen.  Zacuariä  2,  74; 

er  {der  hose)  drückt  sich  oft,  so  gut  er  kann, 
doch  alle  hunde  schlagen  an.    Uagedor.n  2,  34  ; 
die  buode  schlagen  au,  die  scheuen  rchc  fliehen  an. 
WiELASD  10,  19S; 

als  die  hunde  auf  ihn  anschlugen.  Klixger  4, 129;  der  kleine 
spitzhund  auf  dem  verdeck  schlägt  von  zeit  zu  zeit  an.  Bet- 
TisE  br.  2,  29;  hat  der  hund  mir  angeschlagen,  es  nahe  sich 
einer  auf  heimlicher  fahrte.  Bettine  lageb.  53.  der  hahn 
schlägt  an,  kräht:  kaum  kann  es  vier  uhr  sein,  da  schlagen 
die  hähne  an  von  ort  zu  ort  in  die  runde  bis  Miltelheim. 
br.  1,  243.  einer  nachtigalen  nachsingen,  die  ich  lefztmalen 
also  hab  anschlugen  hören.  Spee  267;  hörst  du  den  nachte- 
gall?  wie  lieblich  schlügt  er  an.  Rachel;  lausche,  wie  die 
Wachtel  im  körn  munter  anschlägt,  man  darf  aber  den  ace. 
die  stimme  hinzu  denken  oder  setzen,  es  heiszt  auch :  die 
saite  schlägt  rein  an  {vgl.  angeben) ;  dieser  ton  schlägt  in  mir 
an ;  töne  die  einst  an  den  gehörnerven  angeschlagen  haben. 
Klinger  12,  246 ;  es  thut  mir  nichts  weher,  als  wenn  mein  we- 
sen  an  deines  falsch  anschlagt,  mit  oder  ohne  meine  schuld. 
Göthe  an  fr.  r.  St.  2,  93. 

2)  intransitiv,  anstoszen,  aUidere:  wenn  nun  dieses  ge- 
schrei  mit  dem  gewinsel  der  ermordeten  an  das  gewölbe  des 
himmels  anschlägt.  Klincer  3,  250 ;  er  kam  aus  der  ohnmacbt 
turück,  sem  herz  schlug  wieder  langsam  an ; 

das  herz  hebt  an  zu  tagen, 

schlagt  an  so  sitiiglich 

und  fahret  fort  zu  schlagen.    Sftt  301. 

ein  glücklich  wind  und  wetter  zu    schiffen    anschlug.    Galmy 
209;  die  v^elle  schlägt  heftig  an;  die  kugel  schlagt  über  uns 
an ;  CS  schlägt  drauszen  an  ;    der  hagel  schlägt  an,  fährt  ans 
fensler;  er  stürzte  und  sdilug  auf  dem  boden  hart  an.     an- 
schlagen,  mit    dem  getcehr  anschlagen  {vgl.  unter  4): 
and  sie  zii  strafen  und  zu  plagen, 
wird  zornig  er  behend  anschlagen 
und  auf  (ie  plötzhch  Schlesien  los.   Wickh.  23. 


3)  intransitiv,  gedeihen,  zu  statten  kommen,  wirken,  helfen, 
prodesse:  das  futter  schlägt  dem  vieh  nicht  an;  die  milch 
schlägt  b«  dem  kind  an;  die  tropfen  des  doctors  schlagen 
auch  nicht  an.  Gellert  3,  366;  ich  freue  mich,  dasz  meine 
arznei  so  gut  angeschlagen  hat ;  hoffen,  dasz  seine  besse- 
rung,  die  durch  eines  andern  zunge  nicht  anschlagen  wollen, 
durch  seine  eigne  groszmütigkeit  endlich  von  sici  selbsten 
erfolgen  werde,  per*,  baumg.  4,  6 ;  um  die  zweite  probe  mit 
ihrem  opiat  zu  machen,  welches  zum  ersten  male  so  wol  an- 
geschlagen hatte.  WiELASD  6,  52 ; 

Verachtung  ist  ein  mächtiger  talisman, 

nur  schlägt  er  nicht  so  gut  in  allen  lallen  an.    5,  202; 

doch  wenn  ich  recht  berichtet  bin, 

schlägt  dies  rccept  nicht  an  bei  einer  priestcrin.    9,  109; 

sonnenklar,  dasz  alle  leiblichen  mittef  vergebens  sind  und 
weiter  nicht  anschlagen.  Fr.  Mllleb  3,  343;  ich  freue  mich 
deines  verstände?,  mein  söhn,  aber  er  schlägt  nur  hier  nicht 
an.  Klinger  l,  437 ;  ich  habe  manches  von  diesen  dingen  ge- 
hört, aber  niemals  eine  Wirkung  gesehen,  lassen  sie  mich 
versuchen,  ob  es  mir  nicht  auch  anschlägt,  sie  nahm  den 
faden  in  die  band  u.  s.  w.  Göthe  17,  339;  die  beste  begeg- 
nung  schien  nicht  anzuschlagen,  man  muste  sie  einsperren. 
17,  405 ;  mein  pDaster  schlägt  bei  dir  nicht  an,  deins  nicht  bei 
mir,  in  unsers  vaters  apotheke  sind  viel  recepte.  Göthe  an 
Latater  152 ;  hat  diese  teuschung  bei  dem  leser  angeschlagen. 
Kant  3,  336 ;  mit  ihm  ists  vorbei,  nichts  will  bei  ihm  an- 
schlagen, es  fällt  nicht  leicht  über  diese  redensart  zu  urthei- 
len.  natürlich  schiene  zwar  von  einem  anschlagen  des  ge- 
wächses,  der  wurzel  an  die  erde  auszugehn:  zeigte  er  der- 
gleichen Stecklinge  gar  wol  angeschlagen  in  seinem  garten. 
Göthe  58, 112 :  rfocA  heiszt  es  sonst  nie  der  bäum  schlägt  an, 
das  kraut  schlägt  an  (aol  aber  geht  an),  auch  nicht  das  vieh, 
das  kind  schlägt  an,  nur  das  futter,  das  essen  schlägt  bei 
ihm  an,  was  denn  meinen  könnte,  schlägt  ihm  an  den  leib, 
setzt  bei  ihm  an.  das  von  ädelcng  herangezogne  östr.  slaw- 
nen,  mhd.  sliunen  hat  gar  nichts  mit  anschlagen  zu  schaffen. 

4)  transitive  anschlagen  mit  beigefügtem  acc.  sind  vielfach 
denkbar,  in  der  küche  heiszt  die  keule,  den  Schinken  an- 
schlagen, das  gehackte  fleisch  mit  eiern  vermisdtt  wieder  an 
die  knocken,  zum  backen,  legen ;  angeschlagne  kalbskeule,  an- 
geschlagner hecht.  der  tuchscherer  schlägt  das  tuch  am  rah- 
men an.     der  reiter,    der  fuhrmann  schlägt  die  rosse  an: 

da;  si  desie  balder  koemen  über  fluot, 
diu  ros  si  an  sluogen.    Hib.  1511 ; 

und  wie  es  der  fuhrmann  anschli^e,  also  gieng  es.  Pauli 
seh.  und  ernst  5*,  und  man  könnte  auch  daher  ein  abstractes 
anschlagen  ableiten,  der  jäger  und  soldat  schlägt  die  bnchse, 
das  gewehr  an,  an  den  backen,  couche  en  joue,  zielt  und 
schieszt:  schlug  bald  an,  zielt  kurz.  Garg.  ISl'.  die  Sturm- 
glocke anschlagen,  fasln,  sp.  858,  14.  feuer  mit  dem  stahl 
anschlagen,  den  stahl  an  den  stein  schlagen,  um  feuer  her- 
vor zu  locken,  die  bienen  schlagen  junge  an,  setzen  brut 
in  den  zellen  an.  die  zahne  anschlagen :  ir  z^inlein  die  bien- 
lein  schlagen  an.  Spee  trutzn.  129.  die  bände  anschlagen, 
zum  klatschen  und  beifall,  aber  auch  an  etwas  schlagen,  es 
in  beschlag  nehmen:  mögen  beide  herm  bände  lassen  an- 
schlagen, weisth.  3,  762 ; 

wers  mit  mir  helt,  schlaff  an  die  band! 
damit  er  nach  dem  bloch  sich  wend 
und  streckt  daran  sein  beide  hend. 

froschm.  2,  4,  5. 

das  bret  an  die  wand,  das  papier  ans  bret  anschlagen;  die 
edlen  in  dem  land  hatten  ein  turnier  angeschlagen,  seh.  und 
ernst  e.  88 ;  das  urtheil  soll  am  galgen  angeschlagen  werden ; 
Luther  schlägt  die  artikel  gegen  den  pabst  an ;  der  ausrei- 
szcr  wird  angeschlagen,  ketten  und  fesseln  anschlagen : 
den  Schenkeln  schlug  man  fesseln  an.    Opitz  p».  105,  10. 

zeit  und  lagcr  anschlagen  :  dishalb  des  wassers  schlug  man  das 
geleger  an.  Uhland  volksl.  458 ;  was  man  für  statJiche  zelten 
angeschlagen  habe;  Spee  lugendb.  281.  erz  anschlagen,  eine 
reiche  ader  anschlagen,  der  stürm  schlägt  die  schiffe  an, 
verschlägt  sie:  sind  aber  durch  ungewitter  an  Schonen  ange- 
schlagen, pers.  reiseb.  3,  4.  die  saite,  den  ton,  die  glocke, 
die  stunde  anschlagen:  die  wachlel,  die  ihren  silberschlag  so 
hell  gellend  anschlug.  R-miler  1,  18 ;  du  schlägst  eine  falsche 
saite  an;  wenn  sie  doch  nur  wenigstens  einen  einzigen  ton 
anschlagen  wollten.  Tiec«  nov.  4,  «6 ;  die  uhr  schlägt  mitter- 
nacht  an; 


443 


ANSCHLAGEN  —  ANSCHLÄGIG 


ANSCHLÄGISCH  — ANSCHLINGEN    444 


CS  brummt  die  glocke  noch, 

lue  elf  schon  angeschlagen.    Bürgf.r  1,  65. 

schlahet  die  sicheln  an,  denn  die  ernd  ist  reif,  ^oel  3,  19 ; 
schlag  an  mit  deiner  sicliel  und  ernde.  offenb.  14,  15 ;  schlach 
die  fingen  an  die  gunkel!  Keisersb.  pe!4</.  gunkel ;  den  faden 
beim  gewebe  anschlagen ;  den  maszstab  anschlagen :  wenn 
man  sie  (die  ISibelungen)  nach  einem  maszstabe  miszt,  den 
man  niemals  bei  ihnen  anschlagen  sollte.  Göthe  6,  111;  bei 
beurtheilung  dessen  was  der  kiinstler  geleistet  hat  den  gro- 
szen  maszstab  anzuschlagen,  der  nach  dem  besten  was  wir 
kennen  eingetheilt  ist.  39,  81.     hier  gleichviel  mit  anlegen. 

5)  abstraclioncn,  wie  bei  anschlag.  anschlagen,  üffenllich  be- 
kannt machen,  schätzen,  taxieren:  ein  gebot  ward  angeschla- 
gen. Esther  3,  15 ;  so  aber  die  priester  ein  steur  oder  zoll 
anschlagen.  Frank  tveltb.  1S3';  musz  mein  dienst  dir  höher 
anschlagen.  Garg.  191';  er  beredet  die  krämerin,  das  sie  das 
wammes  umb  ein  gelt,  wie  sie  eins  würden,  anschlüge.  Kirch- 
hof wendunm.  303 ; 

wer  buwen  wil,  der  schlag  vor  an, 

was  kostens  er  dar  zu  musz  han. 

Brant  narrenscli.  s.  111; 

wer  all  sin  rät  schlecht  öflich  an, 

vor  dem  hüet  sich  wol  iederman.    s.  148;     * 
schlagt  nun  dis  unrecht  an  und  den  erlitinen  schaden, 
doch  so  dasz  ihr  die  straf  auch  mäszigt  mit  genaden. 

GRTPHfus  1,  559; 
dasz  haus  und  hof  schon  angeschlagen  sind.  GeLlert  1,  73; 
wenn  du  den  häuslichen  nutzen  dieser  armen  weit  so  hoch 
anschlügst.  Tieck  Sternb.  1,  344;  ich  schlage  meinen  schaden 
auf  hundert  thaler  an;  das  ist  viel  zu  hoch  angeschlagen, 
anschlagen,  auf  etwas  zielen,  es  beabsichtigen,  vorhaben:  das 
soll  da  am  morgen  bei  dir  selber  anschlahen,  was  du  zu 
ietlicher  stund  thon  wollest.  Keisersp.  sieben  scheiden  4;  als 
sie  in  nu  sahen  von  ferne,  ehe  denn  er  nahe  bei  sie  kam, 
schlugen  sie  an,  das  sie  in  tödten.  1  Mos.  37,  18;  des  men- 
schen herz  schiebet  seinen  weg  an.  spr.  Sal.  16,  9 ;  was  hilfts 
denn  viel  sorgen  und  anschlahen,  wie  es  mit  uns  werden 
soll.  Ll'thers  br.  2,  609;  ihr  habt  wol  böses  über  mich  an- 
geschlagen, aber  nicht  than  und  ausgericht.  Frank  parad.  25 ; 
wie  er  es  anschlug,  also  gieng  es.  seh.  und  ernst  c.  220 ;  und 
weisz  noch  nicht  was  sie  anschlagen  werden.  H.  Staden  k  2 ; 
wie  wollen  wirs  aber  anschlagen  (das  wir  der  Susanna  bei- 
kommtn)?   H.  Jli..  v.  Br.  Sus.  l,  5; 

denn  die  welch  schnell  und  unbewagen, 
doch  listig  werden  angeschlagen, 
die  werden  gntcinlich  übereilt. 

ß.  Waldis  Esop  4,  97. 

mit  einem  anschlagen  heiszt  vertrag  schlieszen,  was  durch 
handanschlag  geschah :  wir  wollen  nun  zufahren  und  mit  un- 
«erm  herrgott  einen  kauf  anschlagen  und  im  unser  werk  ver- 
keufen.  Luthers  tischr.  352";  auch  haltend  mitlerwil  etlich 
edellüt  mit  bischof  Walthern  angeschlagen,  die  statt  Colmar 
wider  inzenemmen.  Tschudi  1,  162;  dieser  schlaget  bulschaft 
mit  der  Jungfrauen  an.  Schweinichen  1,  97.  schön  heiszt  es 
im  schimpf  und  ernst  eap.  153:  sie  schlugen  ein  fridmal  an, 
vertrugen  sich,    vgl.  friedmal  und  ags.  fridma.'l  pactum. 

ANSCHLÄGER,  m.  kann  nach  den  verschiedncn  bedcutungcn 
des  anschlagens  mancherlei  aussagen,  es  waren  nachts  auf- 
rührische  zettel  angeschlagen,  aber  kein  anschläger  zu  er- 
mitteln ;  wie  ihm  gott  in  einer  weiszen  hirzin  gestalt  zu  hülf 
kommen  und  sein  anschläger  (eingeber,  ratschläger)  wcre. 
Fronsp.  kriegsb.  1,  174*;  im  bergwerk  heiszt  der  knappe  an- 
schläger, welcher  durch  anschlagen  das  zeichen  zum  hinauf- 
ziehen der  kübel  gibt,  ohne  umlaut  findet  sich  das  wort  für 
glockenschwengel :  was  ist  die  liebe  ohne  gehör  der  verlieb-' 
len?  eine  Stundentafel  ohne  zeiger,  eine  glocke  ohne  an- 
schläger. Riemers  pol.  Stockfisch  s.  279. 

ANSCHLxVGIG,  prudens,  callidus,  versutus:  wiewol  die  Tür- 
ken ein  fast  listig,  anschlegig  volk  sind.  Frank  weltb.  113'; 
dis  Volk  dalierumb  ist  geschwind  und  anschlegig.  228";  er 
ward  ein  kitig,  anschlegig,  in  waffen  gestreng  mann,  chron. 
192';  wird  ratgebigen,  anschlügigen  krirgsicuten  überlassen. 
Kirchhof  mil.  disc.  187;  kluge  und  ansclililgige  Römer.  191; 
er  hat  einen  anschlagig<'n  köpf,  wenn  er  die  treppen  hinun- 
terfSIlt.  Gryphius  1,  720;  es  war  der  kühnste,  der  anschlä- 
gigstc  und  entschlossenste  unter  den  üiirigen.  VVieland  28, 
252;  du  hast  immer  ein  anschiiigig  köpfchen  gehabt;  es  gab 
einmal  in  alten  zeilen  eine  junge  zeit,  wo  der  alerte  an- 
schlägige i'ogcl  leicht  herauf  hatte,  wo  der  hase  liegt.  .1.  Paul 
Tit.  5,  28.  das  Wortspiel  bei  Grypuius  xiell  auf  leiblichen  anschlag. 


ANSCHLÄGISCII,    dasselbe:   dem  Schulmeister  stund  mein 
anschlägischer  köpf  vor  allen  andern  sehr  wol  an.    Felsenb. 
2,  321;  du  bist  ein  anschlägischer  köpf.   Arnim  schaub.  2,261. 
ANSCHLÄGLICH,  prudens,  cogitatus. 
ANSCHLÄGLICH,  adv.  consulto:  anschläglich  was  der  hcrr 
gesant  zfi  den  Juden.     Keisersb.  post.  2,  32. 
ANSCHLÄMMEN,  s.  anschlemmen. 
ANSCHLARFEN,  s.  anschlfirfen. 

ANSCHLEICHEN,  adrepere,  heimlich,  langsam  herankommen : 
kömmt  dann  der  winter  angeschlichen.    Gijnther; 
als  er  droben  einen  geier, 
drunten  einen  Vogelsteller 
schweben  und  anschleichen  sieht.    Herder  3,  50; 

ich  sah  die  zeit  hinter  ihm  (dem  genius  der  menschheit)  an- 
schleichen.   Klinger  10,  229. 

ANSCHLEIERN, /Jn/eo,  fep/o  velarc:  eine  nonne  anschleiern, 
einschleiern  ;■ 

man  schleire  zicgen  an,  man  putz  ein  grobes  holz. 

GÜNTHER  445. 

ANSCHLEIFEN,  parum  acuere,  polire :  einen  .edelslein  an- 
schleifen; der  Spiegel  ist  nur  angeschliffen;  der  klinge,  dem 
messer  die  spitze  anschleifen,     vgl.  abschleifen. 

ANSCHLEIFEN,  traha  advehere,  nodo  jüngere,  nnl.  aansle- 
pen :  das  holz  musz  angeschleift  werden ;  die  waaren  an- 
schleifen; das  tuch  anschleifen;  dem  gefolterten  wird  die 
schnür  angeschleift,    s.  abschleifen. 

ANSCHLEMMEN,  coenum  alluere. 

ANSCHLENDERN,  accedere  gradu  plumbeo:  er  kommt  an- 
geschlendert,    scheint  das  nnl.  aanslingeren. 

ANSCHLENKERN,  luto  illinere:  die  räder  schlenkern  den 
koth  an  den  wagen,  die  fusztritte  den  koth  an  die  wand, 
s.  schlenkern. 

ANSCHLEPPEN,  vi  et  dam  trahere: 

schwere  stein  anschleppend.    Voss  Od.  14,  10 ; 
mühsam   schleppt   das   wichtel  eine  kornähre  auf  der  treppe 
an ;  alles  wimmelte  von  anschleppenden  ameisen ;  die  räuber 
schleppten  geld  und  kostbarkeiten  in  ihre  hole  an. 

ANSCHLERFEN,  mil  den  schuhen  am  boden  her  streichen, 
anschlerfend  kommen.    «.  abschlerfen. 

ANSCHLEÖDERN,  ferire  jactu  fundae:  einen  stein  an- 
schleudern. 

ANSCHLICHTEN,  applanare:  eine  wand  anschlichten,  sc/i/icA- 
ten,  glätten;  holz  an  die  wand  anschlichten,  denwebern,  mit 
schlichte  bestreichen. 

ANSCHLIEFEN,  adrepere,  nnl.  aansluipen.  der  fuchs  schlieft 
an. 

ANSCHLIESZEN,  compedes  indere,  annectere:  einen  an  die 
kette,  an  den  block,  an  den  wagen  anschlieszen ;  einen  brief 
dem  andern  anschlieszen;  den  blick,  das  äuge  an  einen  an- 
schlieszen, auf  ihn  heften;  auch  hielt  er  sich  bei  allen  stür- 
men der  faction  unwandelbar  an  den  könig  angeschlossen. 
Schiller  1080.  häufig  sich  anschlieszen,  anreihen :  sich  der 
menge,  dem  groszen  häufen  anschlieszen ;  er  schlosz  sich 
innig  diesem  mann  an ;  so  schlieszen  wir  uns  denn  gleich 
an  dasjenige  wieder  an,  was  wir  oben  schon  benannt  und 
besprochen  haben.  Göthe  17,  53;  flächen,  woran  sich  sanft 
aufsteigende  hügel  anschlössen.  31,  225.  gleichviel  mit  sich 
anschlieszen  auch  bloszes  anschlieszen  intransitiv:  die  züge 
auf  der  eisenbahn  schlieszen  an ;  die  thür  schlieszt  nicht  an ; 
das  kleid  schlieszt  an;  ein  enganschlieszender  ermol;  sanft 
anschlieszend.   Luise  3, 176 ; 

die  haube  schlieszt  nicht  an  und  flieht  aus  dem  gesichle. 
Zachariä; 

ein  herzliches,  warmes,  anschlieszendes,  treues  geschöpf.  Kni«- 
ger  9,  251,  was  auch  auf  sich  anschlieszen  bezogen  werden 
darf,  da  fiirs  particip  das  reflexive  pronomen  unterbleiben  mag. 

ANSCHLIESZLICH,  anncxtis. 

ANSCHLIESZLICH,  adv.  annexe:  anschlieszlich  mag  ich 
hier  gern  bemerken.  Göthe  44, 162. 

ANSCHLINGEN,  injicere,  innectere.  die  ältere  und  die  heu- 
lige spräche  verwenden  dies  worl  nur  in  starker  form,  schwache 
erscheint  im  n  jh.  bei  Lohenstein  und  noch  andern:  welche 
mit  ihrer  aninut  im  ersten  anblicke  gleichsam  aller  anschauer 
Seelen  bezauberten  und  iiinen  das  band  der  Zuneigung  an- 
schlingelen.  Armin.  1,  196;  die  Gallier,  welche  wie  die  ange- 
pflöckten krähen  auch  denen  Deutsciien  den  ihnen  ange- 
schlingten  strick  der  dienstbarkeit  an  den  hals  zu  werfen  be- 
müht waren,  l,  408 ;  mit  dem  gewissenszOgel  wie  oft  hat  uns 


., 


,445 


ANSCIILITZEN  —  ANSCHMIEGEN 


das  pabslum  angesclilingt.  Mich.  Wiedemanx  hist.  poet.  gefqn- 
genschapen  SO;  Agiaja,  an  die  arme  ihrer  schönen  Schwestern 
angeschlungen.  Wielaxd  10,  S4;  im  chriÄtenthum  schlang  sie 
sich  dem  jungem  platonismus  an.  Herdeb  16,  24 ;  zwei  so 
weiche  blumen  wie  seine  frau  mit  dem  ihr  angeschlungenen 
epheu,  mit  Lianen.  J.  Paul  TU.  1,  131.  sich  anschlingen,  t-er- 
schlingen,  haflen. 

AiN'SCHLITZEN,  ferro  sauciare:  einen  bäum  anschlitzen. 
Stieler  1S39. 

A.NSCHLÜRFEN,  ineipere  sorbere:  dürfte  ich  nur  anschlürfen ! 

ANSCHLCSSIG,  annexus:  das  anschlüssige,  angeschlossene 
schreiben. 

ANSCHLL'SZ,  /.  annexio:  der  anschlusz  des  gartens  an 
das  haus,  zweier  wälder  aneinander;  der  anschlusz  eines 
briefes ;  anschlusz  nach  Spandau  heiszts  im  postbericht;  der 
anschlusz  Belgiens  an  Holtand. 

ANSCHMACHTEN,  länguide  inlueri: 

ach,  wie  du  ruhtest  neben  mir 

und  schmacbletest  mich  an.    Göthe. 

ANSCHMARRE.N,  leiiter  tulnerare:  einen  im  gesicht  an- 
schmarren.  ihm  eine  schmarre  versetzen. 

ANSCHMAUCHEN,  fumo  fuscare,  anrauchen:  ein  an  der 
ecke  angeschmauchtes  couvert  eueres  letzten  briefes,  zum 
Zeugnis  dasz  er  mit  auf  dem  Vesuv  gewesen.  Göthe  2S,  25; 
das  gebäude  durch  bivouacs  angeschmauchl  und  verunreinigt. 
43,  253.  angeschmauchtes  erz  ist  weniger  als  angeflognes. 
Stieler  1S6S  gibt  dem  anschmauchen  die  bedeutung  von  adre- 
pere,  occulte  se  immergere,  s.  anschmiegen  und  anschmei- 
chen. 

ANSCHMAL'SEN,  comedere,  comissari : 

fleischbrinke,  wo  die  schmeiszen  hausen, 
die  ietten  braten  anzuschmausen. 

ANSCHMECKEN,  guslando  tenlare,  praeguslare.  veidmän- 
nisch,  die  hunde  schmecken  an,  spüren  das  wild,  die  speise 
anschmecken,  verschieden  von  der  speise  anschmecken,  an 
der  speise  merken; 

mein  söhn  soll  mein  gut  nicht  anschmeckea.     Äther  450*, 
nichts  davon  zu  kosten  kriegen. 

AN9CHMEICHELN,  gleichsam  adblandiri :  in  ihrer  anschmei- 
chelnder andacht  rein  ausplündern.  Abele  3,  336;  ob  er  ihm 
die  würde  des  seraphs  anschmeicbcln  wollte.  Herder  15, 124; 
sich  anschmeicheln  an  jemand. 

ANSCHMEICHEN,  fumo  adrepere,  offenbar  ßir  anschmäu- 
chen,  dem  transitiv  von  anschmauchen :  an  etlichen  spenlein 
hab  ich  selber  angeschmeicht  oder  angeflogen  silber  gese- 
hen. Mathesius  62*;'  angeschmeicht  oder  angeflogen  glaserz. 
63'.    *.  anschmiegen. 

ANSCHMEISZEN.  pulsart,  allidere,  projicere,  foedare,  nnl. 
aansmijten:  anschmeiszen  an  die  thür,  heftig  schlagen,  wer- 
fen ;  einem  kielten  anschmeiszen,  anwerfen ;  die  fliegen  sciimei- 
szen  die  wand  an,  vgl.  schmcisze,  schmeiszflicge.  5.  an- 
schmitzen. 

ANSCHMELZEN,  liquefieri:  der  schnee  schmilzt  an,  ist 
angeschmolzen ;   der  talg  ist  an  den  lenchler  angeschmolzen. 

ANSCHMELZEN,  liquefaeere,  pinguefacrre,  nnl.  aansmel- 
ten:  den  brei  besser  anschmelzen;   angeschmelztes  blei. 

ANSCHMETTERN,  affringere:  mit  dem  köpf  an  den  stein 
ansclimettem ;  ein  bäum  vom  blitzslnihl  angeschmelferf. 

ANSCHMIEDEN,  accudere,  nnl.  aansmeden :  einem  die  kelle 
anschmieden ;  einen  an  den  fcisen,  block  anschmieden ;  ein 
eisen  dem  andern  anschmieden;  angeschmiedet,  ange fesselt, 
wie  angeschmiedet  sitzen : 

hier  schmiedet  man  micli  nicht  zu  halben  lasen 
and  ganze  nAclii  am  Spieltisch  an.    Gökixck-3,  7; 

vor  dem  stolzen  göitersohne,  den  sein  Unglaube  und  seine 
einsame,  mensthenleere  brüst  an  einen  ewigen  unverrückten 
schmerz  anschmieden.    J.  Pacl  Tit.  1,  M. 

ANSCHMIEGEN,  arctc  jüngere,  insinuare,  zumal  von  eng 
anscblieszendem  kleide: 

wie  sie  im  scliwunfr  der  wciszcn  band 
anschmiegt  dem  leibe  hell  gewand.    TttCK  4,  24S,' 

fgl.  ahd.  smoccho,  ags.  smoc,  altn.  smockr  colobium,  inte- 
rula,  die  grundbedeulung  von  schmiegen  ist  aber  repere,  sanf- 
tes bewegen  drr  schlänge,  das  geuand  ringelt  sich  wie  eine 
schlänge  um  den  leib,  den  arm,  liegt  angeschmiegt  oder  an- 
gescbmogen.  anschmiegende  umailnung.  sich  anschmiegen, 
insinuare  se: 

vergeben«  schmiegte  sie  an  meine  knie  sich  an.    Wiblard; 


ANSCHMIEGSAM— ANSCHWELLEN   446 

meine  sehnsacht,  mein  gefühl  sind  melodien,  die  sich  ein  lied 
suchen,  dem  sie  sich  anschmiegen  möchten.  Bettixe  br.  l, 
121 ;  mich  deinem  andenken,  deiner  freundlichen  neigung  aufs 
innigste  anzuschmiegen,  i,  227.  angeflogen  und  angeschmogen 
schneeweisz  silber.  Matbesils  2S'.    *.  anschftieichen. 

ANSCHMIEGSAM,  adreplans,  anschmiegend,  geschmeidig: 
anschmiegsame  schlänge. 

ANSCHMIEGUNG,  f 

ANSCH.MIELEN,  s.  anschmollen. 

ANSCH.MIEREN,  illinere,  imputare,  nnl.  aansmeren:  die 
färbe  anschmieren,  mit  färbe  anschmieren ;  den  wein  anschmie- 
ren, fälschen;  eine  grosze  zeche  anschmieren,  anschreiben. 
Stieler  1S81;  einen  anschmieren,  schlecht  behandeln,  betrie- 
gen.    einem  etwas  anschmieren,  zur  last  legen: 

dem  schmirt  er  aufruhr  an,  der  hat  das  volk  verhetzt. 
■  Crtphius  1,  7S. 

einem  seine  waare  anschmieren,  aufdringen;  er  hat  mirs  an- 
geschmiert, angeschmiert!  (oben  s.  335).  sich  anschmieren,  sich 
bei  jemand  hervorstreichen,  in  gunst  setzen  durch  schlechte  mittel. 
A.NSCHMINKEN ,  fucare,  pingere  genas:  sie  schminkt  sich 
an,  trägt  schminke  auf;  weil  der  göttliche  schlusz  dich  hesz- 
lich  geschaffen  hat,  so  ists  ein  vergebliches  vornehmen,  dasz 
du  dich  mit  rother  färbe  anschminkest,  pers.  baumg.  5,  8. 
figürlich : 

er  ist  der  weit  entwischt,  da  nichts  als  krieg  nnd  streit, 
als  angescbminkte  (es  stellt  angeschmünckte)  lieb, 

als  hasz  und  grimmer  neid, 
als  schand  und  böse  lösten  in  vollem  schwänge  gehn. 
Opitz  2,  US; 

des  pöfels  lob  begern  das  ist  ein  armes  leben 

und  angeschminkler  schein.    2,  15S. 

schminkt  tagend  sich  mit  ehre  an?    Haller  s.  35. 

ANSCHMIRMELN,  rancescere:  die  butter  schmirmelt  an, 
rancidulum  est.  Stieler  1SS3.    5.  schmirmeln. 

ANSCHMITZEN,  allidere,  maculare,  was  anschmeiszen,  nur 
leichter,  hurtiger:  schaw,  wer  thut  an  der  thür  anschmitzen. 
H.  Sachs  III.  3,  39';  die  rosse  mit  der  peitsche  anschmitzen ;  die 
fliegen  schmitzen  alles  an;  einem  etwas  ansclimilzen,  einen 
fehler  anhängen:  damit  er  jedem  konte  eines  anschmitzen. 
Philand.  I,  253 ;  und  nun  nachdem  ich  ihn  von  diesem  ange- 
schmitzten  flecke  gcreiniget,  höre  man  seine  nacheifercr.  Les- 
siNG  S,  471 ;  die  tolle  frechheit.  womit  du  dich  erkühnst,  die 
lugend  meiner  princessin  anzuschmitzen.  Wielaxd  11,  223;  die 
Verleumdungen,  womit  sein  Charakter  angeschmitzt  wurde. 
24,296;  unzeitige  eifersucht  halte  ihre  unbefleckte  ehre  ange- 
schmitzt. 27,  93;  der  ruf  hat  deine  jugci\d  mit  andern  noch 
weniger  schmeichelhaften  beinamen  angeschmitzt.  27,  54  ;  dasz 
er  iiircn  unbescholtenen  ruf  anschmitze.  J.  Paul  flegelj.  3, 12S. 

ANSCHMOLLEN,    inimicc   intueri,    leviter   succensere;    was 

sc4imollst  du  mich  an? 

launet  wol  gar,  und  maulet  und  schmollt  das  duldende  weih  an. 
SroLiERe  3,  272. 

H.  Sachs  aber  hat  IV.  3,  3l'  freundlich  anschmöllet,  was  offen- 
bar dem  mhd.  anschmielen  nahe  kommt,  aucli  anschmollen 
musx  ursprünglich  ein  zweideutiges  maulrerziehcn  bedeuten, 
was  sich  in  gutem  oder  bösem  sinn  auslegt. 

ANSCHMCCKEN,  comerc,  anputzen:  die  braut anschmtlcken ; 
sich  festlich  anschmücken. 

ANSCHMUNZELN,  lene  arrtdere,  anlächeln,  doch  minder 
edel  als  dieses,  das  schlafende  kind  kann  nur  anlächeln,  nicht 
anschmunzeln,  aber  ein  mitwissender  schmunzelt  rerstolcn  an. 

ANSCHMUTZEN,  leniter  arrtdere,  anlächeln: 

ir  wolt  in  all  winke!  gutzen 

und  tut  die  schon  weiber  anschmutzen,  fastn.  tp.  142,23; 
ich  «ach  in  eins  die  kirch  diircbgutzen 
und  ie  zu  Zeiten  eine  an  schmutzen.    544,  S; 
mit  freunilichem  lachen,  mit  lieplichem  anschmutzen. 

749.  7 ; 

nun  ist  mir  änderst  nit  lu  sinn. 

dann  sei  mein  leben  halb  von  liinn. 

Woltrost  schmutzt  mich  ein  wonig  an. 

SCRWARZKXIF.R«    15t. 

ANSCHMUTZEN,  maculare:  die  schuhe,  kleider  anschmulzrn. 

ANSCHNÄBELN,  rostra  jüngere: 
das  luftvolk  (getdgel)  auch,  da  manche  Trau  nnd  mann, 
sich  schnabebi  zücbiiglich  innm  sOsze  hochzeit  an. 
Flemi^^c  153. 

ANSCHNALLEN,-  affibulare,  jüngere  fibulnm,  gegensitiz  von 
abschnallen :  den  dcgen  nnschnallrn,  die  ricnnn.  sporen,  di< 
schuhe  anschnallen,    figürlich,  ankeßen,  anbinden: 


447    ANSCHNALLEN  — ANSCHNAUZEN 


ANSCHNEIDEN — ANSCHNURREN    448 , 


siets  anfcsclinallt  an  seinen  siechen  leib 
darf  sie  ihm  tag  und  naclit  nicht  von  der  seile  weichen. 
Wieland  22,  273 ; 

ich  sah  den  haflbefehl  für  mich  auf  den  ganzen  abend  ausge- 
fertigt, und  mich  der  bunten  schiieszerin  angeschnallt.  J.  Paul 
jubeh.  102;  er  hat  sich  eine  liebste  angeschnallt. 

ANSCHNALLEN,  ferire,  fehlcrliaß  für  anschnellen,  das  im 
praet.  und  part.  anschnallte,  angeschnallt  bekommen  konnte, 
nicht  im  praesens: 

wie  hohe  beutn  und  ihurne  fallen, 
wenn  sie  ieos)  blitz  und  donner  anschnallen. 
frosclim.  2,  2,  3. 

ANSCHNALZEN,  garrire,  blaterare  versus  aliquem. 
ANSCHNAPPEN,  captare :  der  hund  schnappt  die  fliegen  an. 
ANSCHNARCHEN,    acriter,    proterve   inclamare:    einer  von 
ihnen  fragte  mich,  und  schnarchte  mich  stracks  an.   Simplic. 
1,  13; 

was  dränget  ihr  euch  um  die  kranken  herum, 
und  scheltet  und  schnarchet  sie  an?    Bürger  56'; 

nun  eilte  er  zu  Rose  und  schnarchte  sie  an.  Klinger  10, 179; 
dasz  die  bildseulen  von  thieren  am  tage  der  allgemeinen  auf- 
erstehung  den  künstler  anschnarchen  werden.  Kant  10, 189. 
ANSCHNARREN,  dasselbe,  trotzig,  heßig  anfahren: 

was  darfst  du  uns  also  anschnarren?    H.  Sachs  1,  473'; 

was  darfstu  mich  also  anschnarren  \   IL  4,  128' ; 

lieber  hauswirt,  ich  wil  euch  nimmermehr,  wie  ich  leider  ge- 
than  habe,  bitter  anschnarren.  Kirchhof  wendunm.  333'; 

ich  bin,  thut  verharrn, 
und  mich  doch  nicht  so  hart  anschnarrn.    Atrer  96" ; 
0  hett  er 
euch  nur  mit  worten  angeschnart.    266*. 

mir  zu  liebe,  bruder,  schnan-  ihn  nicht  an.  Fr.  Müller  3, 28. 
doch  auch  von  vögeln:  die  ente,  die  drossel  schnarrt  mich 
freundlich  an.    s.  schnanen  und  anschnei-zen. 

ANSCHNATTERN,  garrire:  die  Störche,  die  enten  schnat- 
tern einander  an;  die  Schwätzerin  schnattert  alle  leute  an. 

ANSCHNAUEN,  adkalare,  afflare,  increpare,  durius  alloqui : 
dasz  der  husvatter  die  mueszig  stonden  tagener  angeschnawet 
hat  und  gesprochen  zu  inen,  wes  stond  ir  hie  mueszig?  Kei- 
SERSB.  post.  t,  31;  schnaw  an  dein  sei  hertiglichen  umb  ... 
den  wolgefallen,  den  si  halt  in  süntlichen  fröden.  bäum  der 
seligk.  33'.    s.  die  folgenden. 

ANSCHNAUBEN,  afflare.  intransitiv,  die  rosse  schnauben 
an,  kommen  angeschnaubt,  anschnaubend; 

ihr  habt  malt  mir  gemacht  die  glut  anschnaubender  stiere. 

Voss. 

transitiv,  anfahren,  schnaubend  anreden:  David  hat  boten  ge- 
sand  aus  der  wüsten  unsern  herrn  (Nabal)  zu  segenen,  jer 
aber  schnaubet  sie  an  {vulg.  aversatus  est  eos).  1  Sam.  25, 14 ; 

■  er  schnaubt  mit  flammendem  gesiebt 
den  riller  an.        Wieland  17,72; 
hinweg,  du  hund!  schnaubt  fürchlerlich 
der  graf  den  armen  pllüger  an.    Bürger  70'; 

Gianettino  schnaubt  ihn  trotzig  an,  donner  und  Dorial  Schil- 
ler 147;  Ferdinand,  schnaubte  er  ihn  an,  wirst  du  unter- 
schreiben? Schiller  900. 

ANSCHNAUBEN,  n.  afflatus:  so  ist  uns  auch  umgekehrt 
mitten  in  der  warmen  üeude  das  kalte  anschnauben  des  win- 
digen Schicksals  am  schädlichsten.  J.  Paul  paling.  1,  9. 

ANSCHNAUFEN,  andere  form  ßr  anschnauben: 

sein  baur  ihut  ihn  anschnaufen.    Ayrer  57*. 
s.  schnauben,  schnaufen. 

ANSCHNAUZEN,  gleichviel  mit  anschnauen  und  anschnau- 
ben, für  deren  frequentativum  es  gellen,  nicht  auf  schnauze 
rostrum  zurückgeführt  werden  musz ,  welches  schnauze  aber 
selbst  mit  schnanen  und  schnauben  unmittelbar  verwandt  ist. 
{mehr  unter  den  einfachen  Wörtern.) 

sie.  reden  alle  durch  die  nasen, 
haben  wansie  sehr  aurgcbluscti 
und  schnauzen  jeden  Christen  an.    Göthk; 

da  musz  man  einen  anlaciien,  einen  anschnauzen.  Tieck  3, 
60 ;  der  kutscher  schnauzte  die  pferdc  an  und  fuiir  im  trabe 
davon.  J.  Paul  Tit.  l,  90;  das  gedachte  Journal  will  geloht 
und  geachtet  sein,  nicht  aber  angeschnauzt,  vorsch.  der  aesth. 
363. 

ANSCHNAUZEN,  n.  inveclio:   Amalia  gieng  mit  gefaszteni 


muthe  nach  der  hausthüre,  selbige  dem  vater  zu  eröfnen  und 
scheuete  sein  anschnauzen  gar  nicht,  maula/fe  18. 

ANSCHNEIDEN,  incidere,  admordere,  delibare :  brot,  fleisch, 
käse,  kuchen  anschneiden;  auf  dem  kerbholz  anschneiden, 
das  körn,  das  gelraide  ist  schon  angeschnitlerf.  .kleider  an- 
schneiden, anmessen,  nimb  arznei,  lasz  dir  kleider  anschnei- 
den. Thurneisser  magna  alch.  1, 113 ;  er  ir  vil  herlicher  klei- 
der anschneiden  liesz.  Bocc.  196;  er  wolle  im  einen  beiz  an- 
messen und  anschneiden.  Witzenbijrger  74; 

die  narrenkappen,  die  im  der  Schmeichler  thut  anschneiden. 

B.  Waldis  ; 
wil  ich  mir  ein  pilsner  anschneiden,    fastn.  sp.  106,24; 
sol  im  ein  narrenkleit  anschneiden.    705,  28; 


mhd. 


sun  will  du  kleiden  dine  jugenl, 

daz  si  ze  hove  in  ören  gS, 

snit  an  dich  zuhl  und  reine  -lugent.    Winsbeke  22, 


also  auch  wol  sich  ane  sniden  daj  kleit,  ane  sniden  län. 
schön  vom  anspielen  des  Saiteninstruments: 

auf  harf  und  lauten  tastet  frei, 
schneidt  an  die  süsze  geigen! 

Spee  trutiu.  126  (1841,  115); 
und  die  seilen  scbneidsn  an.    298  (1841,  271), 

weil  der  anhebende  fiedelbogen  gleichsam  an  die  saitcn  sehnet' 
det,  sie  anschneidet,  die  saite  beim  spiel  entzwei  geschnitten 
wird: 

heiä  nu  hei,  des  iidelieres  seite  der  ist  enzweü. 
MS.  2,  61'. 

ANSCHNEIDHAUS,  n.  gewandhaus,  wo  tuch  geschnitten,  ver- 
kauß  wird?  beim  rathaus,  gegen  dem  anschneidhaus  über. 
Mathesics  118. 

ANSCHNEIEN,  adningere,  nive  adspergi:  bäume  und  dächer 
sind  schon  angeschneit ;  es  schneiet  ans  fenster  an ;  ich  lasse 
mich  die  flocken  gern  anschneien,  weil  sie  so  sanft  nieder- 
fallen; er  kommt  auf  einmal  angeschneit. 

ANSCHNELLEN,  vibrare,  nnl.  aansnellcn :  den  ring  an- 
schnellen ;  der  stürm  schnellt  die  bäume  an  {s.  anschnallen), 
schnellt,  prallt  an  die  bäume;  das  wild  schnellt  den  bäum  an, 
figürlich,  einen  mit  worten  anschnellen,  anfahren. 

ANSCHNERZEN,  anbrummen,  anfahren:  die  armen  lüth  em- 
pfahend  wenig  trosts,  dürfend  wol  alsbald  angeschnerzt  werden. 
BüLLiNCER  3,  321.  Stald.  2,  340.  frequentativum  von  anschnarren. 

ANSCHNIEBEN,  adhalare,  sanßer  als  anschnauben,  gegen 
einen  atlimen. 

ANSCHNIEGELN,  comcre,  ornare:  sie  hat  sich  angeschnie- 
gelt, zierlich  geschmückt,  die  locken  anschniegeln,  s.  schniegeln. 

ANSCHNIFFELN,  ringi,  cavillari,  beschniffeln,  wenn  zu  an- 
schnieben  gehörig,  anschniebeln,  ansclmiefeln  oder  mit  abtaut 
anschnübeln,  anschnüfl'eln  zu  schreiben,    s.  letzteres. 

ANSCHNIPPELN,  frustatim  discerpere. 

ANSCHNITT,  m.  incisio.  was  zuerst  abgeschnitten  wird, 
der  anschnitt  des  brotes ;  der  anschnitt,  prandium,  caput  coe- 
nae.  Stieler  1901;  der  anschnitt  des  kleides;  anschnitt  ans 
kerbholz.  im  bergwerk,  die  rechnung,  welche  der  scluchtmei- 
ster  am  schlusz  der  woche  dem  bergmeister  ablegt,  mittelst  des 
kerbhohes :  kommet  der  teufel  sichtigklich  zu  einem  hergkmann 
und  begert,  er  solle  alle  seine  sünde  herzelen,  er  wolle  sie 
aufschreiben  und  in  anschnitt  bringen.  Mathesius  17*;  und 
also  werd  ihr  für  gott  bestehen  können,  wenn  ihr  im  letzten 
anschnitt  erscheinet.  20';  damit  sich  niemands  am  jüngsten 
tage  zu  entschuldigen  habe,  wenn  er  wider  in  anschnidt  gehen 
und  ein  klare,  richtige  rechnung  von  seiner  venvallung  und 
diensten  wird  vor  Jesu  Christo  und  aller  weit  äugen  thun 
müssen.  150'.  auch  andere  handwerkcr  halten  ihren  anschnitt, 
ihre  abrechnung. 

ANSCHNITZEN,  incisuram  facere.  einem  eins  anschnitzen, 
etwas  anthun :  entschlossen  mir  eins  anzuschnitzen,  damit  mir 
solches  Iheuer  genug  ankommen  sollte,   gespenst  33. 

ANSCHNÜFFELN,  odorem  explorarc,  anriechen,  beriechen: 
hundc  schnüffeln  alles  an.    vgl.  anschnifl'eln,  anschnieben. 

ANSCHNÜREN,   funiculo  vincire,  illaqueare,   nnl.  aansnoc- 
ren :  sie  {die  weit)  hat  manchen  angeschnürt,  pers.  rosenth.  1,  2 ; 
wird  er  gleich  geköpft,  gerädert,  angeschnürt.    Opitz; 
dem  hat  dos  landes  heil  den  hämisch   angeschnürt. 
GS.nthkr. 

ANSCHNURREN,  increpare,  anfahren,  anbrummen: 
also  sie  mich  anschnurri  und  schnaufet.  H.  Sachs; 
Ihn  in  mit  worten  anschnurren.    1,231'; 


449 


A^'SCHOBERiN— ANSCHREIEN 


ANSCHREIER— ANSCHÜREN 


450 


dich  nimmermer  also  anschnurren.  III.  3,  69* ; 
und  unter  den  leuten  stund  er  fast  alle  anschnurrend.  ge- 
spenst  349 ;  oft  scjinurrte  er  ihn  auch  an  als  ein  fliegender 
käfer.  Arnim  I,  178.  von  diesem  sinnlichen  schnurren  und 
summen  geht  die  redensart  aus,  und  wird  auch  auf  ein  an- 
betteln atigeu-andt. 

ANSCHOBERN,  congerere,  acervare:  heu  anschobern.  s. 
Schober. 

ANSCHÖNTN,  conciliare  formam,  pulchriorem  reddere,  ver- 
schönen, verschönern.  Stieleb  1755;  und  mit  dem  zepter  an- 
geschünet. 

ANSCHÖPFEN,  increare,  anerschaffen :  die  gaben,  soimgott 
geben  hat  und  angeschöpft.  Keisersb.  Äas  imp/".  «Jij  pos<.  3,44. 

ANSCHOPPEN,  infarciendo  opplere:  angeschopte  kapauner 
und  geraeste  gens.  Geg.  Scherers  kunsl-  und  wundsegcn.  In- 
golst.  1595.  H2;  obschon  der  magen  wol  verdauet,  werden 
doch  die  zu  sehr  angefüllten  ädern  belästiget,  ausgedehnet, 
zersprengt,  verstopft,  angcsclioppt  und  beschweret  (von  zu  viel 
essen).  Hohberg  1, 172' ;  dann  als  er  nach  dem  tod  schon  lang 
auf  der  bühn  kalter  gelegen  und  bereits  die  specereien  bei- 
gebracht worden,  worniit  man  den  cörper  anschoppe.  Abr.  a.  s. 
Ci..  Judas  2, 125.  ScHMELLER  3.  376  hat  einen  anschoppen  wan- 
zenvoll, «nd  geschuppt  voll.    vgl.  anschobern  «nrf  ausschoppen. 

ANSCHRAMMEN,  leviter  vulnerare :  das  bein,  die  haut  ist  nur 
angeschrammt,  da  kommt  er  angeschrammt,  gleichsam  angerissen. 

ANSCHR.\UBEN,  intorquere,  nnl.  aanscbroeven :  ein  schlosz 
anschrauben ;  den  gefolterten  anschrauben,  figürlich,  anschrau- 
ben, schrauben,  urgere,  decipere. 

ANSCHRECKEN,  excitare,  erschrecken,  weidmännisch,  ein 
laufendes  wild  anschrecken,  zum  stehen  bringen,  wie  durch 
pfeifen  und  rufen  geschieht,  der  arme  mensch  stand  ganz  an- 
geschreckt. 

ANSCHREIBEN,  ndscribere,  inscribere,  notare,  nnl.  aan- 
schrijven :  denn  sie  waren  auch  angeschrieben.  4  Mos.  11,  26 ; 
sie  sind  angeschrieben  im  buch  der  könige.  1  ckron.  10,  1; 
du  schreibest  mir  an  betrübtnis.  lliob  13,  26 ;  tilge  sie  aus  dem 
buch  der  lebendigen,  das  sie  mit  den  gerechten  nicht  ange- 
schrieben werden,  ps.  69,  29 ;  das  die  übrigen  beume  seines 
waldüs  mügen  gezelel  werden  und  ein  knabe  sie  mag  an- 
schreiben. Es.  10,  19;  zu  der  gemeine  der  erstgebornen,  die 
im  himmel  angeschrieben  sind.  Hebr.  12,  23;  denn  wir  sind 
schon  angeschrieben  unter  das  beer,  das  da  unter  Christo 
kriegen  sol.  Luther  S,  1S7" ;  was  wir  schuldig  sein,  das  schreibt 
uns  an.  fasln,  sp.  647,  22;  ein  wirt,  der  gar  nit  anschreibt. 
Kirchhof  wendunm.  192';  wir  lassen  anschreiben.  Lessinc  1, 
525 ;  was  einige  hingegen  tadeln,  wäre  ich  sehr  versucht,  dem 
dichter  als  einen  vorzüglich  schönen  zug  anzuschreiben.  Schil- 
ler 234;  ihr  seid  übel  genug  angeschrieben.  Göthe  8,206; 
bei  vielen  par  gut  angeschrieben 
lind  ich  hier  manch  bekannt  gesicht.  13,  198; 
seine  freunde  sind  übel  bei  ihr  angeschrieben.  20,  65 ;  sie  war 
doch  sehr  gut  angeschrieben  bei  der  gräfin.  Lexz  l,  310.  ahd. 
und  mhd.  wurde  zu  schreiben  die  praep.  an  gefügt,  den  um- 
ständen nach  mit  dem  dat.  oder  acc.  {gramm.  4,  773.  852),  an- 
schreiben entsprang  folglich  aus  an  dem  buch,  an  der  tafel, 
an  das  buch,  an  die  tafel  schreiben,  anschreiben  hiesz  sonst 
auch  das  gehörte  aufschreiben,  niederschreiben,  einzelne  von 
Keisersbercs  predigen  schrieb  eine  Jungfrau  im  j.  1495  nieder 
und  auf  dem  titel  des  zu  Straszb.  iä20  gedruckten  buchs  steht : 
angeschriben  von  einer  ersamen  junkfrawen  und  die  erbeten, 
das  sie  solchs  in  den  druck  gelassen  hat  in  hofnung  zu  gut 
allen  menschen,  in  anderm  sinne  sagen  wir  die  feder  an- 
schreiben, anfangen  mit  der  feder  zu  schreiben:  mit  einer 
neuen,  kaum  angeschriebenen  feder.  Götbe  4, 183. 

ANSCHREIEN,  acclamare,  inclamare ,  nnl.  aanschicijen. 
weidmännisch,  das  jagen  anschreien,  den  hirscb,  die  sau  an- 
schreien (s.  anschrecken).  von  vögeln,  deren  angang  unheil 
bringt:  der  rabe  hat  mich  zur  linken  seile  angeschrien;  die 
krähe  schrie  ihn  morgens  an.  einen  laut,  auf  der  gasse  an- 
schreien; die  wache,  der  soldat  .schrie  ihn  an;  gebet  hin  und 
schreiet  die  götter  an.  rieht,  lo,  14;  ich  schrei  (prael.)  euch 
an,  aber  ir  hilft  mir  nicht  aus  iren  henden.  12,  2;  schrei 
iprarl.)  das  volk  an.  1  Sam.  26,  11;  und  schrei  (praet.)  den 
mann  gottes  an.  l  kOn.  13,  21 ;  und  da  der  könig  fiiruber  zoch, 
schrei  er  den  kOnig  an.  20,39;  und  da  der  könig  zur  inaurcn 
gieng,  schrei  in  ein  weih  an.  2  kön.  6,  26 ;  da  kam  eben  dazu 
das  weih,  des  son  er  hatte  lebendig  gemacht  und  schrei  den 
könig  an.  2ilcün.  8,5; 


Abia  schrei  die  feinde  an.  H.  Sachs  1,  50*; 
wanneh  mein  herr  zu  Tholey  sulchs  nit  mechtig  were,  so  solt 
mein  h.  z.  Th.  den  hochrichter  anschreien,  der  solt  meinem 
h.  z.  Th.   seine   gerechtigkeit   und   freiheit  helfen  handhaben 
und  behalten,  weisth.  3,  765 ; 

ein  narr  den  andern  schriget  an.    Brant  narrensch.  206; 
wenn  sie  ein  dürniger  um  hülf  und  Irost  anschreit. 

Grtphils  ; 
weil  ich  mir  die  geJanken  mache, 
das  reine  blut  schrei  himmel  an.    Camtz  206; 

eine  halbe  million  hungernder  menschen  schrie  den  sultan 
um  brot  an.  Wielaxd  7,  72 ; 

mit  diesem  kus  sei  aller  groll  vereessen, 
den  mir  die  bösen  leuie  angeschrien. 

.\h.>ii  schaub.  1,  317. 

mhd.  got  unscrn  herren  er  ansclirei.  Bari.  204, 12. 

ANSCHREIER,  m.  acclamator. 

ANSCHREITE.N ,  gradum  inire,  tngredi:  langsam  ansdirei- 
teu ;  immer  anschreiten. 

ANSCHRIFT,  f  das  angeschriebene,  vorgeschriebene. 

ANSCHRÖPFEN,  scari/icarc,  blut  lassen,  figürlich,  einen  an- 
schröpfen, anzapfen,  emungere  argenlo,   einem  zur  ader  lassen. 

ANSCHROT,  m.  bei  Frisch  2,  229'  ora  panni,  gleichsam  an- 
schnitt, rand,  von  schroten,  schneiden,  wie  abschrot,  abschnitt. 
J.  Paul  braucht  es  aber  oß  ßr  ansatz,  besatz,  anhang:  der 
puderanschrot  und  Spielraum  des  zopfs  hinten  auf  dem  rocke. 
uns.  löge  9;  der  mann  hatte  das  an  sich,  dasz  er  den  ko- 
thigen  anschrot,  womit  sich  sein  Überrock  besetzte,  niemals 
ausrieb.  13;  mit  einem  besatz  und  anschrot  fremder  gegen- 
stünde, jubeis.  178;  wollt  ihr  einer  den  ehcrcif  und  anschrot 
applicieren.  107;  Schönheit  ist  bei  uns  nie  etwas  anders  als 
anschrot  und  beiwerk  des  vortheils.  Tit.  1,  42. 

ANSCHROTE,  f  ora  panni,  der  angeschrotene  rand  des  wol- 
lenluchs, die  tuchleiste. 

ANSCHROTEN,  anschneiden,  ansetzen:  wenn  die  jungen 
sind  in  die  orden  gestoszen,  hat  man  inen  die  kuttcn  ange- 
schroten.  Zwixgli  2,  246.  es  gilt  aber  auch  vom  anschroten, 
anschleifen  der  wein-  und  bierlasser;  ein  paar  Haschen  wein 
anschroten.    s.  schroten. 

ANSCHRUMPFE.N,  rugas  contrahere,  beginnen  zu  schrumpfen. 

ANSCHUB,  m.  protrusio.  anschub  der  zahne;  anschub  der 
knospen;  anschub,  anschieben  der  kugel  beim  kegeln. 

ANSCHUHEN,  aptare  calceos,  nnl.  aanschoeijen.  einen  an- 
schuhen, ihm  die  schuhe  anziehen;  sich  anschuhen,  sich  schulte 
anlegen : 

sie  lief  barfusz  neben  an. 

doch  sprach  er  nie  so  hold  ein  wort: 

0  liebcheu  schuh  dich  an!   Bürccr  So'; 

angeschuht,  unangeschuht  gehen,  in  schuhen,  ohne  schuhe 
gehen,  calceos  indutus,  exutus.  zuweilen  auch  anschuhen,  ror- 
schuhen,  die  «tiefel  anschuhen,  pfähle  anschuhen,  ror«e  mit 
eisen  beschlagen. 

ANSCHULDIGEN,  aecusare,  anklagen,  zeihen,  beschuldigen: 
einen  eines  Verbrechens  anschuldigen. 

ANSCHULDIGUNG,  f  accusatio. 

ANSCHULDUNG,  f  dasselbe:  indessen  wäre  es  leichter, 
den  guten  Sokrates  gegen  diese  beiden  anschuldungen,  als 
die  redselige  göttin  gegen  den  Vorwurf  der  schikanc  zu  vcr- 
tbeidigen.  Wielaxd  5, 178. 

ANSCHÜiVDEN,   illicere,    sollieitare,   ein  gutes,    alles,  aber 
nun  erloschenes  wort,  B.  Waldis  hat  es  noch  einmal: 
da  scet  er  krieg,  die  herrn  anschündei, 
durch  ha!>z  zum  krieg  werden  entzündet. 
pdbst.  reich  CA\ 
$.  schünden. 

ANSCHUR,  /■.  attnnsio,  den  webem  das  anscheren  des  tuchs. 
s.  anschere  und  anschirren. 

ANSCHUREN,  trudere.  incilare.  stimulare,  xumal  vom  feuer 
gebraucht;  die  kohlen  zusammenschieben,  dasz  es  heller  brenne, 
vom  ahd.  scurian,  scungan,  mhd.  schürn  und  schUrgen  (mehr 
unter  dem  einfachen  wort),  vgl.  Schneller  3,  397 ; 

«chürt  mit  kleim  holz  ein  fewer  an.     H.  Sachs  I,  454'; 
also  lustig  und  arilich,  als  ob  die  h.  kirch  ihr  fcgfeur  daher 
aufgeplasen,   angeschiret  und   geholt   hab.    Fischart  bienenk. 
lll'; 

aber  die  zwcrg  ganz  ungeheur 

«ohirten  in  dem  berg  an  ein  fear.    Atkcr  220»; 

der  opTerbrand  wird  angcsrhürl, 

die  priester  stellen  sich  in  reihen, 

29 


451 


ANSCHÜRER — ANSCHWATZEN 


ANSCHWEBEN— ANSCHWÖREN    452 


es  wird  ein  bock  herbei  ffeführt, 
den  sie  mit  mehl  und  salz  bestreuen. 

Hagedorn  3;  128 ; 
sie  flammte  noch  von  Eris  angeschürt 
die  fehde.  Wieland  10,  155  ; 

der  gute  Duban  steht  als  wie  vom  blitz  getroffen, 
er  sieht  dasz  ihm  der  neid  dies  wetier  angeschürt.    10,  341 ; 
von  solcher  hofnung  angeschüret 
verdoppelt  er  die  schritte.    18,  213 ; 

sein  ingrimm  über  die  schöne  Aruja  schien  die  leidenschaft 
mehr  anzuschüren  als  auszulöschen.  8,  413.  die  lesart  an- 
schiren,  wenn  sie  sich  behaupten  kann,  liesze  an  scheuem, 
scheiern,  goth.  skeirjan,  reinigen  denken. 

ANSCHÜRER,  m.  excitalor,  motor:  wobei  erzbischof  Ebo, 
fremder  und  eigener  leiden  Stifter,  den  anschürer  machte. 
Dahlmann  dän.  gesch.  1,  41;  riethen  doch,  auszer  dem  an- 
schürer Heinrich,  Ubbo  und  Hagen  zu  einem  raschen  unter- 
nehmen. 1,  227. 

ANSCHUSSIG,  was  anschieszt. 

ANSCHUSTERN,  sich  anbiedern  (was  s.  294  fehlt). 

ANSCHUSZ,  m.  nach  den  verschiednen  bedeutungen  des  an- 
schieszens :  anschusz  des  wildes,  des  wassers,  des  salzes,  der 
krystalle.    auch  der  erste  schusz. 

ANSCHÜTT,  f.  alluvio,  aggestio,  zuvial  das  angeschüttete, 
vom  flusz  angelriebne  land:  bei  der  anschüt,  als  die  Tunaw 
geschüt  hat.  MB.  12,  203  (a.  1366) ;  daran  in  das  wasser  die 
Tunaw  ein  anschütt  gemacht  hat  und  hächt  (hängt)  doch  an 
der  vorbenanten  alten  anschütt.  12,  266  (a.  1471) ;  swaj  die 
Tunaw  geschult  hat.  13,  250  (a.  1328. 1331).  vgl.  RA.  548.  gilt 
aber  auch  von  anhdufung  der  erde  zu  bollwerk:  si  machen 
Steinhaufen,  pasteien,  anschüt  wider  die  feind.  Frank  weltb. 
98';  durch  siben  höf  und  wachten,  ee  man  zu  disem  künig 
kumpt,  alles  mit  schlügen,  zeunen  und  anschütten  gemacht. 
215' ;  dieweil  machten  die  Babilonier  das  erdrich  mit  anschüt- 
ten der  maur  gleich,  chron.  30".  38';  pasteien,  anschütten, 
bollwerk.  Agricola  spr.  209';  gewan  er  inen  ein  anschüt  ab. 
Fronsp.  3,  233*. 

ANSCHÜTTELN,  paulum  movere:  das  haupt  anschütteln; 
die  arznei  anschüfteln;  einen  schlafenden  anschütteln,  anre- 
gen; vom  bäum,  der  nur  angeschüttelt  war,  fielen  die  tropfen 
nieder,     nnl.  aanschudden,    der  form  nach  das  folgende  wort. 

ANSCHÜTTEN,  affundere,  aggerere:  der  ström  schüttet  erde 
an ;  mit  dem  eimer  dem  feuer  wasser  anschütten ;  körn  auf 
dem  boden  anschütten;  uns  haben  unser  getrewn  burger  an- 
bracht, wie  si  an  traid  ...  groszen  mangel  haben  und  uns 
angerufen  und  gebeten,  in  das  in  unserm  fürstenstumb  . . 
anzuschütten  und  zu  iren  hewsern  und  wonungen  zu  fürn 
vergunnen.  Ciimel  Maxim,  s.  125  (a.  1496). 

ANSCHÜTZEN,  itn  gegensatze  des  abschützens,  das  wasser, 
das  rad,  den  balg  wieder  anlassen. 

ANSCHWÄNGERN,  mlat.  impraegnare,  gilt  doch  nur,  wie 
franz.  impregner,  von  künstlicher  befruchtung  und  Vermischung : 
wasser  mit  salzen,  silber  mit  kupier  anschwängern,  es  hciszt 
aber  ein  mädchen  schwängern,  nicht  anschwängern. 

ANSCHWÄNZELN,  cauda  blandiri,  anwedeln:  der  hund 
schwänzelt  ihn  an;  kommt  angeschwänzelt. 

ANSCHWÄRMEN,  citato  agmine  invehi:  lästige  mucken 
schwärmen  an;  gegenüber  dem  bäum  haben  die  bienen  an- 
geschwärmt. 

ANSCHWÄRZEN,  denigrare:  die  haut  anschwärzen;  band, 
finger  anschwärzen;  aus  zwei  angeschwärzten,  zu  einander 
gerichteten  spiegeln.  Göthe  55,  22.  oß  figürlich,  verleumden, 
anklagen : 

du  bist  ein  söhn  des  glucks,  versetzt  Tithonia, 
und  ferno  seis  von  mir,  sie  bei  dir  anzuschwärzen. 

WiELANO  10,213; 
meint  ihr,  es  gelte  nur,  olin  ausnahm,  ohne  wähl 
das  schöne  volk  so  häsziich  anzuschwärzen?    10,221; 

eine  lugend,  die  dich  verdunkelt,  angeschwärzt  zu  haben.  13,140. 

ANSCHWÄRZER,  m.  dcniyrator,  Verleumder.  Lessinc  8,  207. 

ANSCHWÄRZUNG,  f.  denigralio :  auf  einer  durch  anschwür- 
zung  der  einen  seile  zum  . . .  convexspiegel  verwandelten  glas- 
linse.  GöTiiE  55,  24. 

ANSCHWATZEN,  blandis  vcrbis  alloqui,  affari,  dann  auch 
alicui  probare,  tribuere,  gegensatz  von  abschwatzen,  aonst 
auch  aufschwatzen:  das  kind  schwatzt  den  valer  an;  einem 
ein  weih  aiischwatzen;  schlechtes  geld  anschwalzen;  der  an- 
getrunkene läszt  sich  leicht  schlechteren  wein  für  besseren 
anschwalzen ;  ich  wollte  den  zeplcrlrägern  menschlichkeit  an- 
schwalzen. Tuümmel;   äffet  aber  eigentlich  das  volk,   dem  er 


sie  auf  diese  art  anschwalzt.  Stolberg  6,  338;  wäre  dieses 
geselz  nicht  uns  gegeben,  wir  würden  es  nicht  der  Willkür 
anschwalzen.  Kant  6, 185 ;  die  last  kann  mir  durch  keine  be- 
weisgründe  angeschwatzt  werden.  7, 142. 

ANSCHWEBEN,  molliter  advolare,  heranschweben :  sanft  an- 
schwebende geister;  des  hoch  anschwebenden  adlers.  Voss  1, 
207.  Luise  3,  817 ;  sie  kam  wie  angeschwebt. 

ANSCHWEFELN,  sulphure  suffumigare:  das  fasz  anschwe- 
feln; angeschwefelter  wein. 

ANSCHWEIDEN,  calce  cinereque  corium  parare,  bei  den 
gerbern,  schlecht  geschr.  anschwöden,  ein  uraltes  wort,  trans- 
itivum  vom  altn.  svlda  urere,  schw.  svedja  adurere,  Biörn  hat 
ein  altn.  svedja,  svaddi  ferro  excoriare,  schweiden  aber  wäre 
ein  altn.  sveidja,  sveiddi.    mehr  unter  schweiden. 

ANSCHWEIF,  m.  den  webern,  kette,  aufzug  des  gewebes. 

ANSCHWEIFEN,  allexere,  assuere  limbos.  aber  auch  in  an- 
dern bedeutungen  des   schweifens. 

ANSCHWEISZEN,  feram  cruentare,  vulnerare:  ein  ange- 
schweiszler  hirsch.  Brockes  6,  218.  ferruminare,  plumbare, 
eisen  zusammenschmieden,  löten: 

was  hier  der  dichter  seiner  akte  jedem  angeschweiszt. 
Platen  252. 

ANSCHWELLEN,  incipere  tumere,  nnl.  aanzwellen,  gelind 
aufschwellen,  empor  schwellen:  zur  zeit,  wo  dem  mädchen  die 
brüste  anschwellen  und  sich  drehen ; 

dö  sich  ir  brüstet  dra;ten  unde  ir  reit  val  här  begunde  brünen. 
WoLFRA«  im  Tit.  36,  2 ; 

im  herbst,  wann  die  traube  anschwillt ;  im  mai  schwellen  die 
knospen  an;  wölken  schwellen  am  himmel  an: 

angeschwollnes  gewölke  zog  von  mittag  und  abend 
dunkel  am  himmel  aut  und  donnerte.    Stolberg  3,  324; 

gewässer  schwillt  durch  regen  an:  aber  so  ein  träum  stürzt 
wie  ein  angeschwollner  slrom  über  den  dämm.  Bettine  br 
1,  241 ;  töne  schwellen  an :  je  stärker  ich  den  ton  anschwel- 
len liesz,  je  näher  kam  sie.  1,  303 ;  der  leig  im  tröge  schwillt 
an;  der  leib  des  wassersüchtigen  schwillt  an.  figürlich,  das 
herz  schwillt  mir  an,  wird  mir  grosz;  sein  mut  schwoll  plötz- 
lich an;  er  redete  mit  angeschwollnen  worlen;  mag  doch 
auch  Gambriv  wo  hervorbrechen  und  ihr  beer  anschwellen, 
ich  halte  stand  bis  zum  letzten  Schwerte,  das  gezückt  wird. 
Klopstock  10,  ISO;  wenn  wir  unser  ich  unter  das  mikroskop 
setzen,  so  schwillet  es  zum  glück  plötzlich  an.  J.  Paul  lit. 
nachl.  4, 141. 

ANSCHWELLEN,  schwellen  machen:  der  unaufhörliche  re- 
gen schwellte  die  kleinsten  bäche  an ;  Sonnenhitze  und  kühler 
thau   schwellen   die   traube   an;    wenn   die  fülle  des  herbsls 
die   gefäsze   (des  winzers)   anschwellt.   Göthe  39,  351; 
dann  schwellt  der  wind  die  segel  sanfter  an.   9,  98; 

aus  den  entlegenem  provinzen  fiengen  schon  kleine  häufen 
an  zu  marschieren,  welche  immer  mehr  anschwellten  (rich- 
tiger sich  anschwellten,  orfer  anschwollen),  je  näher  sie  ihrem 
Standorte  kamen.  Scuiller  1049;  auch  dadurch  hab  ich  ihn 
angeschwellt  (den  entwurf  vom  platonischen  gespräch  Menon). 
Engel  9,  21; 

aber  der  nacht  Sängerin  hallet  im  busch 
nach  wehmütiger  stimm  den  ton  anschwellend  in  Sehnsucht. 

Voss. 

ANSCHWELLUNG ,  f.  tumor,  inlumescentia,  incrementum, 
geschumlst:  anschwcllung  der  bände  und  füsze. 

ANSCHWEMMEN,  secundo  flumine  advehere,  nnl.  aanzwein- 
men:  der  ström  schwemmt,  schüttet  land  an;  holz  auf  dem 
flusz  anschwemmen,  anflöszen;  das  gewässer  schwemmte  eine 
wiege  an,  in  der  ein  kind  schlief 

ANSCHWEMMUNG,  f  alluvio,  anschiUt. 

ANSCHWIMMEN,  adnare :  er  schwimmt  dem  ufer  an ;  eine 
angeschwommnc  Icichc;  die  schwane  kommen  angeschwommen. 

ANSCHWINDELN,  vertiginem  creare:  der  jähe  abgrund 
schwindelte  ihn  an ; 

blasz  wie  geister  schwindeln  sie  mich  an.    Schillkk  152; 
man   sagt   auch   einem   etwas  anschwindeln,   betrügerisch  an- 
schwalzen. 

ANSCHWINGEN,  vibrarc  incipere,  in  Schwung  setzen:  das 
pcndel  anschwingen,  den  knüttel  anschwingen. 

ANSCHWIRREN,  astrepere:  pfeile  schwirrten  mich  an;  heu- 
schrecken  kamen  angeschwirrt. 

ANSCHWÖREN,  vovere,  angeloben:  einem  räche  an  schwören, 


453 


ANSCHWUNG — ANSEHEN 


ANSEHEN 


454 


xuschirören,  drohen,  in  anderm  sinne  ist  anschwören,  ein  verbre- 
chen fälschlich  auf  einen  schwüren :  könig  Erich  erklärte,  jenen 
münnern  sei  schwer  unrecht  geschehen,  weil  man  ihnen  das 
verbrechen  angeschworen  habe,  statt  ihnen  zu  gestatten  sich 
durch  geschlechtseide  davon  zu  reinigen.  Dablx.  dän.  gesch.  1,424. 
ANSCHWLNG,  m.  ribralio,  das  anschwingen: 

hurtig  umfaszt  er  die  klipp  in  dem  anscbwung'. 
Voss  Uli.  5,  428. 

ANSEGELN,  adnatigare,  heransegeln,  nnl.  aanzeilen:  zehn 
ansegelnde  schiffe  wahrnehmen  können;  ßgürlich,  er  kommt 
endlich  angesegelt,  ansegeln  auch  einem  felsen,  einer  klippe 
nahe  kommen. 

ANSEHEN,  aspicere,  intueri,  ahd.  anasehan  (goth.  aber  in- 
saihvan),  mhd.  anesehen,  nnl.  aanzien,  an  einen  oder  etwas 
sehen,  vom  unterschied  zwischen  ansehen  und  anschauen,  die 
oß  gleichbedeutig  sind,  war  schon  unter  anschauen  die  rede, 
sagen  könnte  man  auch,  dasz  ansehn  unwillkürlicher,  an- 
schauen mit  absieht  und  anhält  erfolge;  wer  oß  ansehn  musz 
was  er  nicht  will,  braucht  es  doch  nicht  anzuschauen,  an- 
blicken geht  aber  noch  schneller  vorüber  als  ansehen. 

1)  leibliches  ansehen:  einen  mit  starren,  unverwandten 
äugen  ansehen,  mit  lachenden,  weinenden,  funkelnden,  blin- 
zelnden, schielenden  äugen,  mit  prüfenden,  forschenden;  de- 
ren Verhältnis  sie  denn  doch  mit  neidischen  äugen  ansah. 
GöTHE  20,  231;  ich  sehe  ihm  den  tod  an  seinen  äugen  an; 
siehst  du  mir  nicht  die  freude  an?;  einen  starr  und  steif 
ansehen;  sieh  mich  nur  nicht  immer  so  an!; 

siebt  nietnan 
mit  ganzen,  vollen  ougen  an.     Bram  narrensch.  167; 

über  die  achsel  {s.  achsel),  von  der  seile,  seitwärts,  schlimms, 
mit  aufgesperrtem  munde  ansehen ;  einen  vom  köpf  bis  zu  den 
füszen  ansehen,  von  oben  bis  unten ;  lieblich,  freundlich,  fröh- 
lich, traurig,  zornig,  mürrisch  ansehen ;  einen  mit  dem  rücken 
ansehen,  ihn  verlassen,  von  ihm  scheiden  müssen;  durch  die 
finger  ansehen:  den  man  nicht  einmal  durch  die  linger  an- 
sihet.    Simplic.  1,  66. 

2)  einander  gegenüberstehende  kihinen  sich  wechselsweise  an- 
sehn, d.  h.  der  ansehende  wird  auch  angesehn,  woraus  sich 
der  doppelsinn  von  gesicht,  angesicht,  anblick  erklärt,  es  liegt 
in  der  menschlichen  natur,  dasz  bei  bedeutsamen  Vorgängen 
die  gegenwärtigen,  ehe  sie  das  wort  finden,  oder  weil  es  ih- 
nen versagt,  einander  ansehen: 

iysXaaaav,   is  aij.r'kas  Si  XSovro.    Od.  18,  320  ; 

sah  ein  zi  anderemo,  joh  rorahtun  in  sliumo.    0.  V.  10,  23; 

si  sähen  zuo  einander, 

des  nam  si  gröj  wunder.    iTchr.  242; 

die  übermüeten  degene  sähen  alle  einander  an. 

Nib.  1730,  4 ; 
dö  sähen  zuo  einander  die  küenen  riitere  geraeit.    S04,  4; 
dö  sähen  die  herren  einander  an.    ISenn.  228öS; 
wir  sähen  vaste  einander  an.    Helbl.  15,  630; 
zesamen  begunden  alle  sehen.     Wi<;a<.  SI,  2; 
ej  erplateret  wip  unde  man 
und  sähen  raste  einander  an.     G.4.  2,449: 
ir  einer  sah  den  andern  an.    II.  Sicns  li.  4,  111'; 

und  einer  sähe  den  andern  an.  weisth.  1,  828 ;  da  sahen  sich 
die  jünger  unter  einander  an,  und  ward  ihnen  bange  von  wel- 
chem er  redete.  JoA.  13,  22;  sobald  sich  diese  freunde  allein 
auf  ihrem  zimmcr  befanden,  sahen  sie  erstlich  einander  an, 
endlich  brach  Eibenstein  das  stillschweigen  und  sagte,  irrg. 
der  liebe  159.    der  stumme  blick  redet  im  voraus. 

3)  Sachen  ansehen:  und  golt  sähe  an  alles  was  er  ge- 
macht hatte.  1  Mos.  1,  31 ;  darumb  sol  mein  bogen  in  den 
welken  sein,  das  ich  in  ansehe.  9, 16 ;  kompt  her  und  sehet 
an  die  werk  gottes.  ps.  66,  5;  ich  sähe  die  berge  an  und 
sihe  die  bebeten  und  alle  hügel  zitterten.  Jer.  4,  24 ;  sehet 
die  Vögel  unter  dem  himmel  an.  Matth.6,26;  tuen  cbunt 
allen  den,  die  disen  prieve  ansehen!.  Chxel  fontes  1,  169 
(a.  1274).  192  (a.  1278); 

der  schlaT  hat  disen  brauch,  dasz  in  nicht  sehen  kan 
wer  sibt,  und  dasz  in  der,  der  nicht  siht,  sihei  an. 
LoGAU  1,  5,  96; 

ich  habe  Opheliens  rolle  wieder  angesehen,  ich  bin  zufrieden 
damit.  Göthe  19,  92 ;  ich  wollte  mir  einmal  die  neue  brücke  anse- 
hen ;  sieh  nur  die  stelle  ordentlich  an,  da  wirst  du  sie  verstehen. 

4)  inf  mit  zu  nach  adj.  hat  nichts  unedles,  wie  Adell;«c 
meinte:  die  frau  ist  schön  anzusehn;  der  mann  ist  herrlich 
anzusehn;  das  tbier  ist  wunderbar  anzusehn;   lustig  war   es 


anzusehn,  wie  alle  nach  der  reihe  einschliefen ;  der  herr  liesz 
aufwachsen  aus  der  erden  allerlei  bewme  lüstig  anzusehen. 
1  Mos.  2,  9 ;  und  das  weih  schawet  an,  das  von  dem  bawm 
gut  zu  essen  were  und  lieblich  anzusehen.  3,  6;  alle  gleich 
anzusehen.   Ez.  23, 15. 

5)  statt  des  heutigen  imp.  seht  ihn  an!  sieh  dir  das  ein- 
mal an!  zog  die  frühere  spräche  vor  zu  sagen  seht  an  ihn, 
seht  zu  ihm!  was  indessen  auch  könnte  genommen  werden 
seht  auf  ihn! 

sehet  alle  an  mich.'    fastn.sp.  596,  23; 
secht  an  zu  dem  pfarrerl    614,  34; 
seht  zu  dem  katzenschinder!    61S,  25. 

höhnisch,  spöttisch  verwundernd  sagen  wir:  sieh  doch  an  den 
klugen  mann!  ei  sieh  doch  an,  wie  gescheidt!  seht  doch  an 
die  Verwegenheit !    seht  einmal  an ! 

6)  einem  einen  vorzug  oder  fehler  ansehn,  ich  seh  euch 
an  der  nasen  wol  an,  ir  werd  nie  kein  ei  under  den  uch- 
sen  gewärmt  haben.  Fiscdart  Garq.  22S';  alsobald  sieht  man 
eim  an  der  nasen  an,  was  er  im  schilt  fürt.  148';  man  siehts 
ihm  an  der  rothen  nase  an,  dasz  er  trinkt;  man  sieht  ihm 
den  dichter  gleich  an,  den  narren,  den  Schneider; 

wie  schön  und  gelb  ist  sein  gelieder, 

drum  singt  er  auch  so  schöne  lieder. 

dem  andern  sieht  mans  gleich  an  seinen  federn  an, 

dasz  er  nichts  kluges  singen  kann.    Gellert  1,41; 

an  seinen  kleidern  sieht  man  ihm  die  annut  an ;  seinem  ge- 
sicht sieht  man  keinen  kummer  an; 

allein  man  sah  ihr  noch  der  Jugend  Unschuld  an.    Rost; 

ich  sah  dir  schon  die  Unsterblichkeit  an.    Kiopst.  ; 

ich  sehe  es  ihm  an  seinen  äugen  an  {vrjl.  absehen);  be- 
schenkt sie  mit  allem,  was  er  ihr  an  äugen  ansehen  kann. 
WiEuixD  22, 268 ;  sonst  kennt  ich  ihm  alles  an  den  äugen  an- 
sehen, aber  jetzt  war  es  vergebens,  selbst  seine  äugen  spra- 
chen nicht  mehr.  Göthe  20,  52;  handlungen,  denen  für  sich 
selbst  wir  nichts  moralisches  ansehen.  Kam  6,  360. 

7)  etwas  mit  ansehn,  es  mit  andern,  in  gegenwart  vieler 
ansehn :  ich  sah  die  hochzeit,  das  Schauspiel,  die  hinrichtung 
mit  an;  wer  mag  alle  paraden  mit  ansebn?  woraus  sich  aber 
die  bcdeutung  des  ertragens  und  leidens  entfaltet:  eine  weile 
noch  will  ich  die  sacbe  mit  ansehn;  meinst  du,  ich  werde 
es  so  ruhig  mit  ansebn?  d.  h.  unter  euch  andern  mich  nicht 
regen,  dawider  außehnen?  würde  es  so  mit  ansehn.  Lessi.-^g 
1,  243 ;  länger  will  ich  es  nun  nicht  mit  ansehn,  nüch  nicht 
länger  leidend  verhalten,  seht  ihr  es  länger  an,  ich  nicht 
mit  euch,  freunde,  wir  können  es  nicht  mehr  mit  ansehen, 
dasz  die  guten  unterdrückt  werden. 

8)  es  auf  etwas  ansehen,  es  darauf  ansehen,  darauf  hin- 
zielen, anlegen,  scheint  wie  letzteres  von  sinnlichem  zielen  und 
visieren  mit  dem  bogen  ausgegangen  und  berührt  sich  mit  ab- 
seben, dessen  gegensatz  sonst  ansehen  ist.  ich  habe  es  auf 
die  Sache  angesehn  ist  gleichviel  mit  darauf  ahgesehn. 

als  goit  die  weit  erschuf,  schwebt  er  still  auf  der  flut, 
jetzt  kommt  er  in  dem  stürm  die  erde  zu  erneuen, 
dort  war  es  angesehn  auf  ein  vergrinelich  giu, 
itzt  baut  er  was  da  soll  die  ewigkeit  erfreuen. 
Grtphius  2,  357; 

diese  Versammlungen  waren  zwar  nur  auf  gastmShIer  und 
freundschaftliche  ergetzungen  angesehen.    Wiei.ai«d  1,  287 ; 

hier  ists  darauf  angesehen, 

uns  in  ein  labjrinth  zu  winden.    22,  69; 

lasz  uns  den  versuch  machen,  das  einzige  was  ich  dich  bitte, 
es  sei  nur  auf  kurze  zeit  angesehen.  Göthe  17,  26 ;  einer  nach 
dem  andern  gieng  nunmehr  zu  dem  vegt  hinein  und  Wil- 
helm konnte  wel  bemerken,  dasz  es  auf  eine  abrechnung  an- 
gesehen sei.  23,  8 ;  nicht  auf  besitz,  sondern  auf  Wirkung  war 
es  angeschen.  37,  6;  es  ist  ja  doch  unter  uns  diesmal  nicht 
auf  complimente  angesehen.  38,  150;  dabei  ist  alles  zuletzt 
aufs  spielen  angesehen.  43,  51 ;  zu  einer  zeit,  wo  es  nur  auf 
pracht  und  prunk  angesehen  war.  44,  73;  dasz  es  nur  auf 
einen  besuch,  auf  eine  aufwartung  für  kurze  zeit  angesehn 
sei.  48, 192 ;  ich,  der  ihm  ablauerte,  worauf  es  angesehen 
war.  Klixger  3, 154 ;  sollte  es  darauf  angesehen  sein,  mit  der 
Vernunft  in  religionsdingen  nichts  zu  schaffen  zu  haben.  Kaut 
6, 169.  sirar  gewähren  alle  diese  beispiele  nur  den  passiven 
ausdruck,  warum  sollte  aber  der  cuUive,  es  darauf  ansehen, 
unstatthaß  erscheinen?  In  früherer  teil  findet  sieh  statt  der 
praep.  auf  auch  zu  verwandt: 

29* 


455  ANSEHEN 

darumb  soll  keins  sein  joch  verschmehen, 
alles  ist  zu  was  guts  angsehen.    Fischart  ehz.  58; 
feilt  dieses  nun  für  mich,  so  ist  mirs  sondre  gunst, 
wo  nicht,  so  siehts  dahin,  zu  Übung  meiner  sinnen 
ist  altes  angesehn.    Logau  3,  itig.  s.  241,  131 ; 

deine  Wahrheit  ist  zu  nichts  gutes  angesehen,  pcn.  rosenth. 
1,  1;  fragte  derowegen  meinen  cameraden,  worzu  dieses  ra- 
sende tippen  und  trappen  {das tanzen)  angesehen  sei?  Simpl. 
1,  108. 

9)  wenn  der  herr  seinen  knecht,  der  höhere  den  geringen 
ansieht,  auf  ihn  herabsieht,  so  wird  den  umständen  nach  ein 
gnädiger,  erbarmender,  freundlicher  blick,  oder  ein  zorniger, 
tadelnder  geworfen :  und  der  herr  sähe  gnediglich  an  Habel 
und  sein  opfer.  1  Mos.  i,  4 ;  der  herr  hat  angesehn  mein 
elende.  29,  32;  herr,  wirst  du  deiner  magd  elend  ansehen? 
1  Sam.  1, 11 ;  er  sähe  den  jamer  Israel  an.  2  kön.  13,  4 ;  gott 
sieht  uns  in  gnaden  und  barmherzigkeit  an ;  sage  gott  dank, 
wenn  du  reich  bist,  dasz  er  dich  so  gnädig  angesehen,  pers. 
rosenth.  8,  4 ;  die  reichen  sehen  niemand  an,  es  sei  dann  mit 
einem  sturrischen  und  übermütigen  äuge.  7,  20;  dasz  er  ge- 
fahr  lief  verrathen  und,  wie  Behrisch,  von  seinem  patron  übel 
angesehen  zu  werden.  Güthe  25,  191.  daher  geht  dies  anse- 
hen bald  in  den  begrif  des  crbarmens,  bald  des  ahndens  und 
strafens  (animadvertendi)  über:  abt  Wala  traget  zu  des  kai- 
sers  erster  absetzung  nicht  wenig  bei,  davor  er  mit  gebüh- 
render strafe  angesehen  wird.  Hahn  1,  94 ;  wie  kann  der  her- 
ausgeber  eines  freigeisterischen  buches  eine  alindung  von  ihr 
zu  besorgen  haben,  mit  der  sie  nicht  einmal  den  Verfasser 
desselben  ansehen  würde?  Lessing  10,  197;  ich  werde  ihn 
um  seiner  Unachtsamkeit  willen  hart  ansehen;  er  wird  des- 
wegen angesehen,  alles  ernstes  angesehen,  umgekehrt  aber: 
es  ist  wol  angesehen  {wird  gut  aufgenommen),  allzeit  drei 
keller  auf  ein  koch.    Garg.  lOl'. 

10)  sehr  hdußg  verliert  sich  ansehen  in  die  abstraction  eines 
bloszen  berücksichtigens,  franz.  avoir  egard,  regarder,  denen 
ja  auch,  gleich  dem  tat.  considerare,  die  Vorstellung  des  Se- 
hens unterliegt:  du  solst  auch  keine  person  ansehen.  5  Mos. 
16, 19 ;  sihe  nicht  an  seine  gestalt,  noch  seine  grosze  person 
...  ein  mensch  sihet  was  für  äugen  ist,  der  herr  aber  sihet 
das  herz  an.  1  Sam.  16,  7 ;  gott  der  herr  wird  das  recht  an- 
sehen. 2  Macc.  7,  6;  wer  gottes  gerichte  nicht  ansihet,  der 
fürchtet  sich  nicht.  Luther  3,  2l';  die  frommen  Christen  ba- 
ten in,  er  wolt  bei  inen  bleiben  und  ansehen,  wie  das  evan- 
gelium  noch  fast  schwach  were.  3,  32 ;  die  papisten  aber  bitt 
ich  wollten  ansehen,  dasz  ich  in  kein  unrecht  thue.  Luthers 
br.  2,  56;  er  sähe  keinen  sontag  und  kein  heiligen  tag  an, 
jaget  und  vöglet  allwegen.    Pauli  schimpf  und  ernst  140'; 

mir  ist  es  leider  oft  geschebn, 

dasz  ich  hab  niemand  angesehn.    Alberus  36; 

und  die  sehl  wird  gebraclit 

für  Minos,  der  kein  flehen 

mehr  pfleget  anzusehen.    Wecku.  388; 

nun  erfahr  ich  wol  und  recht, 

dasz  der  herr  nicht  ansehn  kan  {unparteiisch  ist), 

und  ohn  unierscliicd  sich  gibt 

dem,  der  fromm  ist  und  ihn  lieht.    Opitz  3,  118; 

die  wage  reisiii  entzwei,  wenn  man  kein  recht  sieht  an. 
Gryphius  1,  38; 

seht  stand  noch  alter  an.    2,202; 
sie  sollen  thun  was  recht  wäre,  ihn  und  sein  land  nicht  an- 
sehn.  ZiNKGR.  143,  11; 

der  lod  sieht  keinen  vorzug  an.    Hagedorn  3,  107; 

so  hat  er  zu  seines  sohncs  besten  keine  Unkosten  angesc- 
hen. Lessinc  3,  31;  das  wüllen  wir  nicht  ansehen,  das  ist 
schon  verschmerzt.  Güthe  15,  28;  einen  groschen  nicht  an- 
sehen.  J.  Paui.  4,  203. 

11)  vor  allers  konnte  ein  doppelter  acc.  oder  im  passivum 
doppelter  nom.  zu  ansehen  construiert  werden,  wo  wir  heute 
ein  als  oder  für  zwischenschieben:  ich  sehe  es  als  meine 
pflicht  an,  für  meine  pdicht  an,  erachte  es  ßr  meine  pflicht; 
ich  sehe  iiin  für  meinen  freund  an ;  er  wird  allgemein  als 
mein  freund,  für  meinen  freund  angesehn.  Luther  6,  155' 
sagte  noch :  das  seine  lieben  Christen  lauter  kinder,  nairen 
und  belller  gegen  sie  anzusehen  sind,  anderwärts  aber  braucht 
er  schon  für:  du  sihest  die  schallen  der  lierge  für  Icute  an. 
rieht.  9,  30;  hab  ichs  für  gut  angcselien.  Luther  3,  2S';  wo 
es  für  noth  angeschen  würde,  br.  5,  03;  es  haben  alle  ver- 
stendige  leul  für  gut  angesehen  und  gelobt.  Albebus  s.  iii  ; 
darumb  hat  mich  für  notwendig  angesehen.    Fbonsp.  kriegsb. 


ANSEHEN 


456 


1,  dedic. ;  wanns  euch  dann  thut  für  gut  ansehn.  Ayrer  25* ; 
er  hat  für  gut  angesehen,  eine  mittelmäszige  Stadt  zu  seinem 
aufenthalte  zu  wählen.  Rabener  3,  130 ;  ich  sähe  vor  besser, 
an,  demselben  ein  ansehnliches  capital  in  die  bände  zu  lie- 
fern. Felsenb.  2,  612 ;  hören  sie,  für  was  sie  Lisetle  ansieht. 
Lessing  1,  259 ;  für  was  siehst  du  die  fremden  an?  Göthe  12, 
108 ;  sie  wollten  nicht  dafür  angesehen  sein.  Wieland  19, 164. 

12)  obschon  ansehen,  wie  anschauen  und  anblicken,  mei- 
stens auf  das  sehende  subject  gehn,  kann  es  doch  auch  als  ein 
angeschautes  erscheinen : 

und  marmorbilder  stehn  und  sehn  mich  an, 
was  hat  man  dir,  du  armes  kind,  gethan? 
GöTUE  18,  233, 

SO  gut  die  bilder  stehend,  dürfen  sie  auch  sehend  gedacht  wer- 
den; lebendige  bäume  und  pflanzen  sehen  uns  an,  davon  ist 
nur  ein  schritt,  tim  selbst  unbelebte  dinge  uns  ansehen  zu 
lassen,  die  sache  sieht  mich  an,  bedeutet  abgezogen,  sie  er- 
scheint mir  so,  mihi  videtur,  es  sieht  mich  an,  kommt  mir 
vor,  dünkt  mich,  diese  redensart  war  sonst  häufiger:  herr, 
als  mich  die  sache  ansieht,  so  bist  du  ein  prophet.  Keisersb. 
post.  2,  71;  was  aber  anders  sie  ansiehet,  da  fliehen  sie  von. 
Luther  1,44';  wie  michs  ansihet.  1,114';  denn  michs  fast 
ansihet,  als  wolt  gott  unser  herr,  gar  balde  unser  ein  teil 
von  hinnen  nemen.  3,  171';  mich  sihet  die  sache  an,  als  such- 
ten sie.  4,  466*;  und  sihet  mich  ir  scharren  und  pochen 
gleich  an,  als  wollen  sie  gott  trotzen.  5,  46';  daher  mich 
dieser  psalm  ansihet,  als  sei  er  auf  solch  Osterfest  gemacht. 
5,  203';  das  sihet  uns  nicht  anders  an,  denn  als  sei  es  nu 
gar  aus.  6,  257";  wie  mich  die  sache  ansihet.  8,  191';  und 
sihet  mich  an,  dasz.  8,198*;  diese  historien  sihet  mich  an, 
als  wollt  sie  ein  exempel  werden,  br.  2,  14 ;  denn  sichs  an- 
sihet, als  habe  ihn  gott  weggezuckel.  2,  663;  weil  sichs  an- 
sihet, dasz  euch  gott  hiermit  versuchen  mll.   5,98; 

die  köstlich  speis,  als  michs  ansieht, 

die  ist  mit  honig  zugericht.    Alberüs  28'; 

du  sihst  mich  an  (mihi  vidcris)  durch  diesen  risz, 

als  ob  du  habsl  eins  wolfs  gebisz.    42 ; 

drumb  siht  mich  an  für  gut,  dasz  ich.    160; 

dann  dises  weiter  sieht  mich  an, 

das  es  kein  ruow  noch  rast  wird  han. 

RuEFs  Adam  6229 ; 

distilliert  negelöl,  so  viel  dich  für  gut  ansiebt.  Seuter  rosz- 
nrzn.  162;  so  vil  als  dich  ungefährlichen  für  gut  wird  anse- 
hen. 350 ;  dicweil  mich  dann  diser  träum  etwas  schröcklich 
ansihet.  Fronsp.  kriegsb.  3,  296*;  alle  die  anschlage,  so  bis- 
hero  vorgebracht,  sehen  mich  also  aii,  als  wollte  man  das 
pflaster  nicht  auf  die  brüst  legen,  so  ausgefressen,  sondern 
auf  den  arm.    J.  V.  Andreae  ref  der  ganz,  weit  157 ; 

eine  festung  und  ein  fürst  sehn  mich  an  für  eine  sache, 
die  da  stets  darf  vorralh,  geld,  mannschafl  und  bestellte  wache. 
Logau  2,  4,  23, 

was  Ramler  und  Lessing  verderben  in  sehn  sich  an ;  es  sah 
mich  wol  nit  übel  an.  Scumei.zl  lobspr.  66;  dcrohalben  sihet 
mich  vor  gut  an  zu  erzehlen.  Simpl.  l,  39 ;  so  dasz  es  bei 
ihm  gleichsam  einen  ansähe,  als  ob  er  eine  freie  lafel  ge- 
halten hätte.  1,  362.  heule  wird  diese  ausdrucksweise  gemie- 
den, und  obenhin  kann  es  zweifelhaß  erscheinen,  ob  z.  b.  in 
jener  stelle  Logaus  sehn  mich  an  aspiciunt  me  oder  videntur 
mihi  bedeute,  der  Zusammenhang  löst  jede  ungewisheit,  auch  das 
einfache  sehen  oder  aussehen  gellen  ja  den  umständen  nach 
für  transitiv  oder  intransitiv,  unter  dem  volk  hört  man :  die 
speise  sieht  midi  gut  an,  gefällt  mir,  lockt  mich,  was  ja 
ebenso  zulässig  zu  sagen  isl,  als  sie  lacht  mich  an.  wider 
das  siebt  sich  an,  sieht  sich  gut,  schön  an  hat  niemand  et- 
was einzuwenden:  er  {der  ström)  sieht  sich  von  hier  aus  eben 
so  gut  an,  wie  die  gegend  von  dort  her.  Göthe  21,  166. 

13)  das  part.  pnjct.  angesehen  wurde  sonst,  wie  der  beige- 
fügte acc.  lehrt,  in  activer,  transitiver  bedeutung  als  advcrb, 
zttmal  aber  int  geleit  anderer  conjunclionen  oder  für  sich  al- 
lein als  conjunclion  verwandt:  niemands  angesehen,  wie  Lu- 
cas schreibt  von  Paulo.  Luther  3,  243 ;  ich  wil  mich  aber 
von  dein  guten  Vorsatz  nicht  binlerziehen  lassen,  angesehen 
sonderlich  das  verstendigc  urlheil,  so  e.  f.  gii.  iiicrühcr  fäl- 
let. Opitz  1,  o';  ein  igliclier  sei  zufrieden  mit  der  weltlichen 
oberkeil  und  vergreife  sicli  nicht  dran,  angesehen  das  welt- 
liche obeikeit  der  seelen  nielil  kan  schaden  thun.  Luther  3, 
321* ;  e.  eh.  gn.  wollen  dein  armen  man  gnedig  sein  und 
los  geben,  angesehen,  das  er  guter  redlicher  frcundschafl  hie 


457 


AKSEHEN 


A>'SEHELICH— ANSEffis'LICH 


458 


zu  Wittemberg  ist.    436';  angesehen  das  er  also  daher  redet  j 
aas  seinem  köpf.   47S';    nicht  angesehen,    das   es   menschen  , 
begangen  haben.    4,  112";    nicht   angesehen,    wie   lang,    grosz  j 
oder  schwer  es  {das  «erk)  ist.    das.;    so   were    dennoch    ein  j 
trew   unterthenigs  verraanen   nicht   zu   verachten,   angesehen 
dasz.    S,  24S';    angesehen,  das  so  viel  betrübt  und  beangslet 
gewissen  gefunden,  br.  1,  3S7 ;  angesehen,  das  derselben  dinge 
begeben  zu  der  Seligkeit  unschedlich  sei.  I,  598;  euer  predi- 
ger  wollten  das  volk   dannen  wenden,    angesehen,    dasz   des 
Iragens  kein  ende  sein  wird.   2,  221;  dis  unangesehen.    Garg. 
217*;  unangesehen  alle  landgrüben.    223'; 

doch,  ansesehn  das  volk  noch  durch  dies  allzumal 
7U  keiner  busze  kam,  hat  letztlich  gott  die  schänden 
der  Christen  kund  gemacht.  Opitz; 

angesehen  in  diesen  fragmenten  im  geringsten  nicht  Ton  der 
raeinung  des  Scotus,  sondern  von  der  eigenen  des  Berenga- 
rius  die  rede  sei.  Lessixg  S,  364 ;  angesehen  dem  allgemeinen 
selbst  in  unserer  einbildungskraft  eine  art  von  existenz  zu- 
kömmt, derselbe.  Auch  dies  angesehn  gilt  heute  für  verpönt, 
obgleich  das  franz.  \u,  attendu,  considere  gerade  so,  das  ent- 
gegengesetzte abgesehn  unbedenklich  rerwandt  wird,  ein  sol- 
ches angesehn  «st  beholfner  als  die  Umschreibungen  in  anse- 
hen, in  rücksicht,  in  erwägung,  betrachtung,  die  man  an  seine 
stelle  setzt. 

A^'SEHEN,  n.  nnl.  aanzien,  nach  den  rerschiednen  bedeu- 
tungen  des  ansehens,  1)  aspectus,  forma:  ihr  neues  ansehn 
war  beinah  nicht  der  sterblichen.  Klopst.  ;  die  feine  lilien- 
farbe  und  das  schwächliche  ansehen.  Wielasd  7,  Hl ;  da  sie 
ihre  kräfte,  ihr  äuszeres  anselien  so  lange  erhallen  haben. 
GöTHE  14,  19S ;  der  andere  hatte  ein  weniger  wildes  ansehen. 
IS,  143;  ein  negiigee,  das  ihr  ein  häusliches  und  bequemes 
ansehn  gab.  18,  145 ;  ein  kästchen  von  prächtigem  altem  an- 
sehn. 21,  60;  jedes  ansehn  geht  über  in  betrachten,  jedes 
betrachten  in  ein  sinnen.  52,  iii;  welcher  das  ansehn  eines 
mannes  von  einigen  dreiszig  jähren  hatte.  Tiecs  nov.  kr.  l,  2 ; 
ich  kenn  ihn  blosz  von  ansehen. 

2)  schein,  anschein :  solchs  bedenken  möchte  ein  ansehen 
haben.  Froxsp.  kriegsb.  3,  ISO* ;  wer  mit  bösen  und  laslerhaf- 
tigen  leuten  umbgehet,  wird  das  ansehen  haben,  als  wenn  er 
mit  ihnen  gleiches  sinnes  wäre.  pers.  rosenth.  8,  116;  ein 
Jüngling,  der  ein  gutes  ansehen  von  frömmigkeit,  Weisheit 
und  wackerheit  hatte,  pers.  baumg.  2,  14;  dasz  es  ein  solch 
ansehen  gehabt.  Garg.  214' ; 

ich  hatte  von  gebart  viel  ansehen, 
nach  meiner  väter  art  ein  starker  gelst  zu  werden. 
GCxTBBR  700; 
bat  es  das  ansehn  nicht, 
so  hat  es  doch  die  schmecke.    9S0; 

dasz  er  allem  ansehen  nach  selbst  zurück  müste.  Weise  kl. 
leule  20 ;  scheinet  dem  ersten  ansehen  nach  ein  spiel  des 
witzes  zu  sein.  Lessixg  6,  277 ;  menschlichem  ansehen  nach. 
Claldics  3,  III ;  nach  menschlichem  ansehen.  Stolbebg  10, 
211;  allem  ansehen  nach.  Kaxt4,  27t;  diese-  beobachtungs- 
gabe  bat  das  ansehen  eines  paradoxen  satzes.  S,  95 ;  wenn 
die  Schlüsse  scheinbar  sind  und  das  ansehen  der  allerbekann- 
testen  Wahrheiten  an  sich  haben.  8,  lOS;  so  hat  das  ding 
eher  ein  ansehen; 

und  weisz  dabei  das  ansehn  sich  zu  geben, 
als  liesz  er  augenblicki  Tür  euren  dienst  sein  leben. 
GOTTE«  1, 167. 

3)  anbclrachl,  rücksicht :  ansehen  der  person ;  dieser  art 
sind  alle  die,  die  umb  ansehen  der  Ungerechtigkeit  oder 
torheit.  die  inen  selbs  oder  andern  widerferet,  mit  dem 
köpf  hindurch  wollen.  LctberI,  77';  das  sie  dich  im  ansehen 
für  der  weit  gar  zu  nichte  machen.  3,  290 ;  in  ansehen,  dasz 
er  auch  ein  mensch.  Simpl.  l,  131; 

du  meer  der  wunder  und  der  wonne, 
es  ist,  in  ansehn  deines  lichts, 
die  sonne  selbst  ein  punct,  ein  nichts: 
nur  gou  der  berr  ist  schild  und  sonne. 
IIagkdor.1  1,  9; 
den  armen  gibt 
er  zwar,  und  gibt  vielleicht  trotz  Saladln, 
wenn  schon  nicht  ganz  so  viel,  doch  ganz  so  gern, 
doch  ganz  so  sonder  ansehn.    Jud  und  Christ, 
und  Muselmann  und  i'arsi.  alles  ist 
ihm  eins.  Lkssixg  2,  239. 

4)  ansehen,  auctoritas:  bat  herr  Leonhart  ein  rede  gcthan 
den  fürsten  zu  erlindcrn,  aber  kein  ansehen  gehabt.  Lutueb 
3,  4tS ;  das  volk  zu  bezaubern  und  irer  geistlichkeil  ein  an- 
sehen zu  machen.    Fraxk  veltb.  22C';  diejenigen,  welchen  die 


knnst  zu  singen  ein  ansehen  machet  perf.  rosenth.  3,  27; 
die  natur  macht,  wenn  sie  sich  selbst  gelassen  ist,  weit  un- 
mäszigere  bewegunsen,  als  wenn  sie  von  dem  zäume  der  er- 
ziehung  oder  von  der  ernstbaftigkeit  eines  zu  beobachtenden 
ansehens  zurückgehalten  wird.  Lessixg  4,  195;  sie  erdreisten 
sich  das  ansehn  eines  vaters  zu  lästern?  Gotter  3,  89;  sich 
über  jemand  ein  wichtiges  ansehn  geben.  Klixger  10,  87; 
himgespinsten  ein  ehrwürdig  ansehn  geben.  Kaxt  6, 125 ; 

dasz  meine  diener 
vor  seinem  ansehn  mehr  als  meinem  zittern.    Schiller  434, 

welche  letzte  stelle  doch  lieber  den  bloszen  anblick  meint,  wie 
insgemein  die  bedeutungen  in  einander  greifen. 

A.NSEHEL1CH,  spectabilis :  und  der  bock  hatte  ein  an- 
sehelich  hom  zwischen  seinen  äugen.  Dan.  8,  5 ;  zubrach  das 
grosze  hörn,  und  w  uchsen  an  des  stat  anseheliche  viere.  8,  8 ; 
dazu  (war  Paulus)  nicht  ein  anseheliche  person,  gering  und 
mager  von  leibe.    Lcther  6,  220*.    s.  ansehlich. 

ANSEHEND,  risibilis:  die  hellische  marter  und  ein  anse- 
hend leid.  ÄGRICOLA  spr.  103".  mhd.  ditz  ansehende  leit.  Reinh. 
1199;  ansehendes  leides  hdn  ich  vil.  MS.  1,  39";  in  rou  da; 
ansehende  leit.  Lanz.  3714 ;  da?  anesehende  herzesär.  7454. 
tgl.  gramm.  4,  65. 

ANSEHENLICH,  spectabilis,  nnl.  aanzienlijk:  da  richte  ein 
ansehenlicher  magister  die  brandslete  an,  legte  holz  zu  häu- 
fen und  zündets  an.  Lctbeb  1,  353' ;  ein  feiner,  gravitetischer, 
ansehenlicher  mann.  Witzenb.  3,  85.  ahd.  galten  sehantlih 
und  sehanlih  beide,  so  dasi  auch  nhd.  ein  ansehentlich  statt- 
haß  icäre. 

ANSEHENS,  adv.  primo  obtutu:  zwar  ansehens  hatte  ich 
gedacht.  Philaxd.  1,  229.    vielleicht  ansehends,  «rie  zusehends  ? 

ANSEHENS,  n.  es  hab  ein  ansehens  wie  es  wolle.  Albe- 
Rcs,  und  noch  heute  in  der  Wetterau  onsibns.  vgl.  ein  Schrei- 
bens, Wesens,  prahlens  u.  a.  m. 

ANSEHER,  m.  spcctator,  ahd.  anasehari  (Graft  6, 118) :  das 
gott  nicht  ein  anseher  der  personen  sei.  Melaxcbth.  corp. 
doctr.  ehr.  p.  363;  gott  sei  ein  anseher  und  beloner  aller 
ding.  Fraxk  weltb.  143' ;  weil  er  kein  anseher  weder  der  zeit 
noch  menschen  ist.  parad.  6';  gutt  ist  kein  anseher  der  per- 
sonen. Axt.  CoBMXCS  bericht.  Erfurt  löZ9.  H* ;  gott  ist  nit  an- 
seher der  person.  Werxstreit  friedenb.  78;  gott  wird  der- 
mahleins  nicht  ein  anseher  der  person,  sondern  ihrer  werke 
sein.   pers.  rosenth.  7,  9 

ANSEHLICH,  visibilis,  spectabilis:  ansehliche  hülfe,  die 
man  sehen,  greifen  und  fühlen  kann.  Lcthebs  tischr.  37'  (er 
selbst  schrieb  ansehelich) ;  würd  nit  einer  aus  hasz  und  gnun- 
schaft  der  menschlichen  ding,  einer  aus  vorcht  des  glucks, 
einer  aus  eei^eiz,  einer  aus  lieb  der  gerusamkeit  zu  solchem 
ansehlichen  (conlemplaiiren)  leben  gereizt  und  bewegt.  Mt- 
LAXCHTH.  aniffijung  übers,  von  Spalatix  22 ;  so  dann  die  übuug 
und  der  geprauch  der  feldarbeit  von  den  heiligsten,  frömb- 
stcn,  klugesten,  herrlichsten,  ansehlichsten  ist  jederzeit  so 
hoch,  lieb  und  werd  gehallen  worden.  SEBrrz  feldb.  4';  des 
roanns  rhat  als  kräftiger  und  ansehlicher  trifl  dem  weiblichen 
vor.  Fischart  ehz.  13 ;  erbar,  ansehlich  und  erwürdig.  73 ;  seine 
kinder  werden  erhücht,  steigen  anschlich  auf.  groszm.  92 ;  das 
anschlichest  gescböpC.  Garg.  66*;  ein  ansehlicher,  erbarer 
mann.  198';  ihrer  ein  ansehlich  theil.  214';  die  ansehlichsten 
vom  adel.  Opitz  Arg.  2,  195 ;  ein  ansehliches  alter.  2,  212 ; 
eine  ansehliche,  aber  wenig  kostbare  pracht.  Lobexst.  Arm. 
2,  83;  ansehlich  verstärkt.  2,  186.  Melisscs  schreibt  in  sei- 
ner iceise  anselig  und  gelangt  su  einetn  Wortspiel  mit  unselig: 
bin  geschikt  so  unselig,  das  änselig  mit  mir  wird  hinken 
gan.  ps.  Q  5'. 

ANSEHNLICH,  dasselbe,  aus  ansebenlich  hervorgegangen: 
man  inusz  keine  sauere  geberden  auf  einem  platze  machen, 
der  da  vor  ansehnliche  leute  ist.  pers.  baumg.  4,  5;  damit 
er  sich  nun  bei  seinen  eitern  und  hausgenossen  angenehm 
ond  ansehnlich  machen  möchte.  5,  12 ;  unserer  alten,  reinen 
und  ansehnlichen  spräche.  Opitz  l,  8*;  ein  moralischer  salz, 
den  man  durch  eine  kette  von  beweisen  bündig  und  durch 
die  Zeugnisse  berühmter  männer  ansehnlich  machen  will.  tU- 
BEXER2,  25;  ein  ansehnliches  landgut,  bans;  fin  ansehnlicher, 
wolgewachscner  mann,  ro»  gutem  ansehen,  schön  anzusehen; 
der  wolansehnlicbc  pfarrer.  Luise  3,  528 ;  die  leiche  wurde  auf 
das  ansehnlichste  begraben ;  ein  ansehnliches  geschenk,  das  sich 
sehen  lassen  kann;  einen  ansehnlichen  thaler  geld  dabei  ge- 
winnen, beträchtliches  geld;  ein  ansehnliches  amt  bekleiden; 
ansehnliche  Verheiratungen.  Götbe24,  274;  zu  welchem  junge 


459 


ANSEHNLICH — ANSETZEN 


ANSETZEN — ANSEUFZEN 


460 


officiere  aus  der  gegend,  so  wie  sehr  ansehnliche  und  schöne 
forstbedienten  eingeladen  waren.  Tieck  ges.  nov.  3,  7;  der 
bernouillische  fall  ist   einer   der   ansehnlichsten.   Kant  8,  102. 

ANSEHNLICH,  adv.  einen  ansehnlich  bewirten;  er  hat 
recht  ansehnlich  gelogen.  Hippel  13, 15. 

ANSEHNLICHKEIT,  f.  ml.  aanzienlijkheid,  die  ansehnlich- 
keit  seiner  gestalt,  seines  wuchses. 

ANSEHUNG,  f.  consideralio :  die  ansehung  der  person,  ohn 
einige  ansehung  der  person;  sie  haben  ihr  irrige,  ungegrün- 
dete bücher  darmit  gezieret,  dardurch  sie  etliche  ansehung 
erlangt  haben.  Paracelsds  1,  367*.  zumal  steht  in  ansehung 
gleichbedeutig  mit  in  ansehen,  in  rücksicht,  angesehen :  die, 
die  in  ansehung  ihres  reichthumbs  und  venueineter  Überflüs- 
sigkeit alier  nothdurft  ihren  stand  weit  über  den  unserigen 
eriieben.  Opitz  poeterei  74 ;  sie  haben  ihn  in  ansehung  mei- 
ner bezahlt.  Radener  3,  29 ;  sie  sind  neu  in  ansehung  ihrer 
abstraction,  aber  sehr  alt  in  ansehung  der  muster,  aus  wel- 
chen sie  abstrahieret  worden,  sie  sind  neu  in  betrachtung, 
dasz  seine  Vorgänger  nur  immer  auf  das  gegentheil  gedrun- 
gen. Lessing  7,  218;  obgleich  hier  in  ansehung  der  kraft 
nichts  verändert  worden  ist.  Kant  8,  189.  man  sagt  heute 
auch  in  hinsieht,  bezug  auf,  oder  hinsichtlich,  bezüglich  mit 
folgendem  gen. 

ANSEICHEN,  commingere,  anpissen:  so  werden  wir  nicht 
so  gut  sein,  dasz  uns  die  hunde  anseichen.  Weise  co- 
möd.  255;  so  dasz  die  hund  schier  an  sie  seichen  mögen. 
Simpl.  2,  467. 

ANSEIFEN,  sapone  illinere,  einseifen.  Stieler  1999  setzt 
anseifnen,  franz.  savonner. 

ANSEILEN,  illaqueare,  weidmännisch  anhalsen:  den  hund 
anseilen,  oß  figürlich  ßr  betriegen,  anführen:  wie  ich  dich 
sonst  angeseilt  und  betrogen  habe.  Simplic.  2,  126 ;  da  er 
dich  schon  dermaszen  angeseilet  hatte.  2,  481.  einem  etwas 
anseilen,  anheßen,  außängen:  dem  einen  haben  sie  fremde 
bücher  zuerkennt,  aufgehenkt,  angeseilt,  zugelegt  und  zu- 
geeignet.   Fischart  bienenk.  36*.     vgl.  ansilen. 

ANSEIN,  gegenüber  dem  absein,  adesse,  adhaerere,  nnl. 
aanzijn :  der  gehauene  finger  ist  noch  an,  hängt  noch  an  der 
haut;  es  ist  kein  fleisch  daran,  an  dem  knochen;  da  ist 
nichts  an,  daran  ist  nichts,  das  hat  keinen  werth;  es  ist  an 
dem,  in  eo  {oben  s.  276);  an  dem  seind,  dasz  sie  ersaufen 
wollen.  Garg.  252".  ahd.  samilih  willo  ist  ouh  ana  demo 
arzatgote,  Aesculapio  quoque  non  dispar  affectio.  N.  Marl. 
Cap.  8,  obwol  in  allen  diesen  beispielen  loses,  ungebundnes 
an  stattfindet,  er  ist  wol  an  {geschrieben,  vgl.  s.  449),  Schweiz,  er 
ist  binem  verzwant  wol  a.  Tobler  29*.  für  adest,  domi  est 
hat  sich  in  unsrer  spräche  nie  ein  er  ist  an  entfaltet,  so  denk- 
bar es  wäre,  nur  im  part.  gilt  anwesend  {w.  m.  vgl.),  jetzt 
ists  an  mir.  Garg.  247*,  jetzt  ist  an  mir  die  reihe,  führt  ebenso 
wenig  auf  ansein,  man  verwechsle  damit  nicht  das  häufigere 
an   sein  «=  ohne  sein,  carere. 

ANSEIN,    fl.   praesenlia,    bei  Stieler  173  aufgeführt. 

ANSENGEN,  adurere :  das  kleid  beim  ofen  ansengen ;  die 
gans  über  den  kohlen  ansengen.    «.  ansang. 

ANSESZ,  m.  domicilium:  dasz  die  person  keinen  gewissen 
ansesz  noch  enthalt  hctt.    Frankf.  ref  1.  12,  14. 

ANSETZEN,  apponere,  imponerc,  statuere,  nnl.  aanzetten, 
ahd.  anasezan  (Graff  6,  107),  gegensatz  von  absetzen,  wenn 
die  redensarl  voll  ist,  mit  doppeltem  acc.  das  glas  an  den 
mund  ansetzen,  ursprünglich  nur  an  den  mund  setzen;  die 
flöte  an  den  mund,  den  topf  ans  feuer,  den  sful  an  die 
wand,  die  feder  an  das  papier,  den  pinscl  an  die  Icinwand, 
die  axt  an  den  bäum,  den  crmel  an  den  rock,  die  klaue  an 
das  fleiscii,  die  leiter  der  maiier  ansetzen,  die  Janze  gegen 
den  feind,  das  pferd  gegen  den  ritter  ansetzen ;  dem  rork 
die  knöpfe  ansetzen,  einem  nn  den  rock  ansetzen :  knöpflin 
setzen  an.  Brant  narrensch.  250.  häufig  aber  unterbleibt  der 
zweite  acc.  und  es  heiszt  blosz:  das  glas  ansetzen,  die  flöte, 
den  stui,  die  feder,  die  axt,  das  messer,  den  ermel,  die  klaue, 
die  lanze,  das  pferd  ansetzen,  schwänzlcin  ansetzen,  unw. 
doct.  672.  cssig,  dinte  ansetzen  will  sagen  entweder  in  ein 
gefäsz  gieszen,  wo  sie  liegen  bleiben,  oder  an  das  feuer,  an 
die  sonne  zum  destillieren   stellen,    vgl.  anstellen. 

Unterbleibt  auch  der  erste,  eigentliche  nrc,  so  gewinnt  das 
blosze  ansetzen  intransitives  ansehen  und  musz  aus  dem  sub- 
ject  und  dem  Zusammenhang  verständigt  werden,  ansetzen  be- 
deutet trinken  wollen,  wenn  das  glas,  blasen  wollen,  wenn  die 
flöte,    hauen    wollen,    wenn    die   axl    angesetzt   wird,     dem 


Schreiber  ist  es  nichts  anders  als  die  feder,  dem  bader  die 
schröpflcöpfe,  dem  Schneider  die  ermel  ansetzen:  die  armen 
bauren  erfahren  es  besser,  als  man  es  alhier  ansetzen  {zu 
papier  bringen)  kan.  Simpl.  1,  229;  versuche  es  doch  der 
künstler  und  setze  weder  kohle  noch  pinsel  an.  Göthe 
22,  219. 

Der  reif  setzt  an  {erscheint  an  gras  und  blumen) ;  wo  die 
eisige  luft  mir  den  athem  an  den  haaren  zu  reif  ansetzte. 
Bettine  tageb.  120 ;  erz,  salz,  rost  setzt  an.  land  setzt  an,  schüt- 
tet an,  alluit;  der  brei  im  topf,  der  schimmel  setzt  an;  die 
rinde  setzt  an ;  das  körn  setzt  an,  gewinnt  glieder  im  halm, 
schieszt;  die  pflanze  setzt  an,  treibt  knospen;  die  rebe  setzt 
an,  geivinnl  blute  und  trauben :  der  wein  wird  im  Schwarz- 
wald übel  geraten,  aber  in  guten  weinländern  ziemlich  an- 
setzen. FiscHART  groszm.  123  {bei  Henrichman  :  in  aliis  vero 
pluribus  locis  copiam  vini  dabunt  vites) ;  durch  sonn  und  re- 
gen blüht  der  weinstock  und  setzt  trauben  an;  das  obst  hat 
gut  angesetzt,  das  thier  setzt  fleisch,  fett  an.  die  stute  hat 
angesetzt,  ist  trächtig;  das  junge  setzt  an  im  ei,  das  ei  ist 
bebrütet. 

Der  reiter  setzt  {das  ros)  auf  den  feind,  auf  den  sprung 
an;  kommt  angesetzt;  in  vollem  ansetzen  auf  sie  war.  unw. 
doct.  658 ; 

ich  auch  setz  in  vollem  bfigel 

auf  das  schöne  Wesen  an.    FLEmNG459; 

wenn  ein  starker  mit  macht  angesetzt  kompt.  pers.  rosenth, 
7,  18;  den  schönen  lauf,  den  ihr  söhn  gerade  zum  gehei- 
menrath  und  gesandten  ansetzte,  so  auf  einmal  halte  zu  se- 
hen. GöTiiE  16,  108;  er  setzte  dreimal  hinter  einander  an; 
der  posse  thut  seine  Wirkung,  gleichwol  ist  auch  hier  der 
Sprung  nicht  völlig  unvorbereitet,  in  der  pompösen  erwar- 
tung  mangelt  es  nicht  ganz  an  burlesken  ausdrücken,  durch 
die  wir  unmerklich  auf  ihn  ansetzen.  Lessing  8, 454.  ab- 
stract,  es  darauf  ansetzen :  und  da  ers  nun  einmal  auf  Schil- 
derung angesetzt.  Herder  13,  220;  ich  pariere,  dasz  ich  dich 
und  all  euch  leute  hier  in  sack  stecke,  wenn  ichs  darauf  an- 
setze {anlege).  Lenz  1,  278. 

Mit  dem  kahn,  dem  schif  ansetzen,  anlegen,  anlanden:  a. 
852  setzten  die  Normänner  mit  252  schiffen  wiederum  in 
Friesland  an.  Hahn  1, 173.  einen  ansetzen,  an  die  seile  setzen, 
aussetzen : 

ach  soll  mich  der  fürst  setzen'an, 

dem  ich  hab  so  vi]  guis  gethan?    Atrer438*; 

einem  horner  ansetzen,  von  den  frauen:    ' 

sie  setzen  manchem  hörner  an.    LogauI,  37; 

und  jeder  floh 

setzt  an  die  braut  sich  an.    Gökingk  3,  86. 

Ansetzen,  angreifen,  dringen:  der  teufel  weisz  seine  argu- 
ment  wol  an  zu  setzen  und  fort  zu  dringen.  Luther  6,  82"; 
kein  unglück  allein,  ein  exempel  findslu  im  Job.  wan  es 
wol  ansetzt,  kompt  kein  glück  allein.  Frank  s;)ricW.  2,63'; 
das  ficber,  die  krankheit  setzt  an ;  die  schmerzen  setzten  hef- 
tiger an.  unw.  doct.  21;  und  wahriich,  herr  pastor,  der  zu- 
dringlichen griffe,  mit  welchen  sie  an  mich  setzen,  werden 
allmälich  zu  viel.    Lessing  10, 130. 

Tag,  zeit,  frist  ansetzen:  begeren,  dasz  er  der  frawen  und 
dem  marschalk  ein  bestimpten  tag  ansetzen  wolt.  Galmy  277 ; 
ja  dasz  ihr  heiratstag  bestimmt  und  angesetzt. 
Gryphius  1,200; 

endlich  kam  die  angesetzte  stunde.  Wieland  1,  243;  es  war 
ein  ziemlich  naher  lag  zur  ausführung  dieser  schönen  hel- 
dcnlhat  angesetzt.  8,  415;  schon  war  der  tag  zu  einer  all- 
gemeinen volksversamlung  angesetzt.  8,  429;  wenn  die  natur 
seine  lebensfrist  kurz  angesetzt  hat.  Kant  4,  295. 

Einen  ansetzen,  an  ein  aml  setzen,  anstellen:  herzöge,  die 
über  den  ganzen  sächsischen  hecrbann  angesetzt  wurden.  Mo- 
ser 1,266;  es  gibt  einen  lehrer  im  ideale,  der  diese  alle  (rfen 
mathematiker,  logiker  u.  s.  w.)  ansetzt,  sie  als  Werkzeuge  nutzt. 
Kant  2,  621.  einen  ansetzen,  auf  grund  und  bodcn  niederlas- 
sen,   eine  Steuer  liocii  ansetzen,  einen  hoch  ansetzen,  bestetiern. 

bergmännisch,  das  eisen  ansetzen,  anfangen  zu  schürfen; 
in  der  landwirtschaß,  das  körn,  den  waizen  ansetzen,  anfan- 
gen zu  schneiden  oder  mähen. 

ANSETZKOLHE,  m.  heim  geschütz.    Garg.  201". 

ANSETZIJNG,  f  appositio,  in  den  meisten  fällen  des  an- 
sctzens  gilt  das  subst.  ansatz,  doch  sagen  wir  die  anselzung 
neuer  beamlen,  ansetzung  der  letzten  frist,  und  nicht  ansatz. 

ANSEIIFZEN,  suspirare  versus  aliquem:  er  redete  nicht,  er 
seufzte  sie  an. 


461 


A>'SHERZLEGUXG  —  A.NSICHTIG 


ANSICHTIGWERDUNG — ANSILEN 


462 


ANSHERZLEGUNG,  f.  eommendatio :  die  ansherzlegung  die- 
ser idee.  Kam  1,  260.  solch  e»n  heranziehen  anderer  icörter, 
die  sich  dem  terbum  zu  verbinden  pflegen,  in  festere  substan- 
tirgestall  ist  sparsam  angewandt  zulässig,  obgleich  bildungen 
vie  anslichtlretung,  inslandsetzung,  inbetrachtziehung,  auszer- 
aclitlassung  in  der  rede  steif  und  selten  beholfen  sind;  die 
grenze  des  statthaßen  tcird  leicht  überschritten  und  der  mis- 
brauch  terfäUl  auf  maszlose  hdufungen,  die  dem  leben  der 
spräche  fremd  bleiben,  das  gilt  gleich  auch  von  dem  folgen- 
den Kort  und  allen  ähnlichen,  die  nur  mangel  an  gedanken 
und  Unfähigkeit  des  ausdrucks  darlegen. 

Ä.NSICHHALTUNG,  f  retentio :  dieses  hätte  auch  der  nichts 
weniger  kluge  als  tapfere  Arpus  allhier  zu  beobachten  und 
eine  heilsame  ansicbhaltung  der  eitelen  ehre  eines  schädlichen 
Sieges  vorzuziehen.  Lohenst.  Arm.  2,  352. 

ANSICHT,  f.  aspeclus,  intuitus,  ahd.  anasiht,  sovol  das'an- 
schauen  als  angeschaut  werden,  die  ansieht,  der  anblick  des 
himmels,  des  meeres,  ahd.  in  anasihte  meres,  t»  facie  maris, 
en  face  de  la  mer,  im  angesicht  des  meers.  eine  groszar- 
tige,  überraschende  ansieht;  der  berggipfel,  das  schif  kommt 
in  ansieht,  zu  gesicht.  ansiebt  ist  was  uns  im  bilde  entgegen 
tritt,  aussieht,  wie  irir  es  ton  unserm  räume  her  entnehmen. 
die  ansieht  poetischer  und  plastischer  werke.  Schiller  487. 
eine  ansieht  des  lebens,  d^  natur,  der  weit ;  den  dingen  eine 
heitere  ansieht  abgewinnen,  nach  meiner  ansieht,  wie  ich  die 
Sache  ansehe;  nach  einer  verbreiteten  ansieht,  wie  die  mei- 
sten sie  betrachten,  in  ansieht  deiner,  in  rücksicht,  hinsicJil 
auf  dich;  in  ansieht  seiner.  Wielasd  5,  50.  die  buchhdndler 
schicken  bücher  zur  ansieht. 

ANSICHTB.\R,  conspicuus,  spectabilis:  ein  alter  ansichtba- 
rer mann.  Phila>d.  1,  575;  schöne  ansichtbere  ding.  Keisersb. 
ausg.  der  jüden. 

ANSICHTIG,  visibilis,  speeiabilis,  ahd.  anasihtic  (Graff  6, 
125),  ansehnlich:  Marcus  Fabius  war  in  Rom  ein  wolverdien- 
ter  ansichtiger  mann.  Rihel  Lir.  193;  det  Griech  von  Athen 
achtet  in  {den  narren)  für  ein  hochgelerten  man,  wann  er  was 
ansichtig  (anselmlich  ton  geslalt).  seh.  und  ernst  cap.  66; 
manch  erwirdig  und  ansichtig  person.  Tbcrseisser  nrchidoxa 
27 ;  von  keisern  und  konigen  erhöcht,  gewaltig  und  ansichtig 
gemachL  ders.  von  den  harnen,  vorr.  bl.  1 ;  die  warheit  mit 
recht  ansichtigen  gründen  wider  alle  Sophisterei  befestigen. 
BccERCs  bei  Melanchth.  3,  779 ;  die  klag  was  so  ansichtig,  das 
euch  die  herren  deputaten  mit  zu  schaffen  musten  han.  Th. 
Plater  103.  gilt  auch  von  ansehnlichem  vieh:  bruder,  nemen 
das  pferd  und  verkaufents,  es  ist  ansichtig,  man  sprach :  ge- 
sicht es  w  ol  ?  der  bruder  sprach :  nit  fast  wol.  seh.  und  ernst 
bl.  21  (ist  hier  ein  Wortspiel  zwischen  ansichtig  und  unsichtig, 
änsihtig?);  wan  aber  ein  ochs,  der  sonst  schSn  und  ansich- 
tig ist,  sich  schwärlich  wolt  lassen  anfiiren.  Sebitz  feldb.  125. 
bei  FiscBART  Garg.  56'  steht  aber  nicht  von  einem  ansichtigen, 
sondern  anßchtigen  himelsstQrmer.  Keisersberg  eonslruierl 
ansichtig  aller  absolut,  vor  aller  äugen,  so  dasz  es  alle  an- 
sahen. Frisch  2,  272'  aus  post.  160',  wo  ahd.  gestanden  ha- 
ben würde  anasebantem  alÜm  oder  anasehanto. 

Heute  gilt  ansichtig  nur  noch  in  der  Verbindung  mit  wer- 
den ßr  conspicere,  gewahr  werden,  und  pflegt,  jene  IransUiv- 
bedeutung  des  particips  behaltend,  gleich  diesem  gewahr  und 
andern  adj.  sowol  den  acc.  als  gen.  bei  sieh  zu,  haben,  vgl. 
Hacpt  I,  207.  der  acc.  ist  lebendiger  und  setzt  noch  die  reetion 
ton  ansehen  fort,  wie  man  einen  ansieht,  an  einen  sieht,  wird 
man  ihn  auch  ansichtig  oder  sichtig  an  oder  blosz  sichtig, 
m/i J.-  bij  ich  da?  tier  ansibtic  wart.  Ls.  2,  294 ;  gol  den  wirl 
er  sihtic  nimmerme.  A/S//.  3,  463';  als  si  die  veind  wdrn  sihtig 
an.  Behim  299, 11 ;  andere  beispiele  sind  gramm.  4,  756  ausge- 
schrieben,    so  nun  auch: 

als  pald  er  mich  wirf  sicfalig  an.   fattn.  tp.  2S0, 11; 
alspald  man  denselben  wird  aosichüg.    Teverdank  33,25; 

welcher,  sobald  er  ihn  ansichtig  ward,  rufet  er  ihm  zu.  Garg. 
317*;  als  ein  hirsch  sein  bildnis  im  wasser  ansichtig  ward. 
Lokman  fab.  2 ;  als  er  mich  in  solcher  unlustigeo  arbeit  an- 
sichtig ward.  pers.  rosenth.  2,27;  als  ihn  der  vater  ansichtig 
wird.  3,  27 ;  Agathon  erinnerte  sich  dieses  umstands  nicht  eher, 
bis  er  einsmals  dies  bildnis  von  ungefähr  ansichtig  wurde. 
WiELA?tD  3,^2;  sobald  er  ihn  ansichtig  wurde.  7,257;  als  er 
ihn  mit  seinem  langen  harte  ansichtig  wurde.  8,  7 ;  indem  er 
diesen  gedankrn  nachhieng,  ward  er  in  einiger  entfemung  sei- 
nen känuncrling  Kcrim  ansichtig.  8,  413 ;  wie  sie  den  Pedhllo 


ansichtig  w  urden.  11, 259 ;  er  ward  ihn  ansichtig.  E.vgel  3, 145 ; 
ein  gedanke  den  Geddes  nie  ansichtig  wird.  Herder  1,  1S7; 
die  geliebte  ansichtig  werden.  Mcsaecs  3,  24. 

Luther  hingegen  und  andere  setzen  den  gen.  dazu:  nnd 
wenn  er  sein  ansichtig  wird,  schwinget  er  sich  dahin.  Biob 
40,  2S ;  und  so  dein  die  herzogin  ansichtig  wird.  Galmy  109 ; 
wann  ich  weisz,  das  ich  ewer  nit  meher  ansichtig  werd.  Aimon 
B  i ;  alle  die  des  kerls  ansichtig  w  urden  erschraken.  Kirchhof 
wendunm.  iöS* ;  als  er  eines  wunderschönen  sommervogels  an- 
sichtig wurde.  Wiela5d  11,  44 ;  da  sie  eines  jungen  menschen 
in  einem  solchen  aulzug  ansichtig  wurde.  11,  227 ;  als  der 
herre  mein  ansichtig  ward.  Schiller  533 ;  dasz  sie  des  ritters 
mit  den  silbernen  schlüsseln  wieder  ansichtig  werden  möchte. 
TiECK  4,303. 

ANSICHTIG\\"ERDUNG,  f.  diese  freudige  ansichtigwerdung. 
gespenst  230. 

ANSICHTUNG,  f.  forma.  Pabacelscs  2,  2'  (s.  abwerf). 

ANSICKERN,  guttatim  affluere,  destillare.    s.  sickern. 

A.NSIEDEL,  n.  habitalio,  domitilium,  ahd.  anasidiü  (Graff 
6,  310),  mhd.  daj  ansidel.  Schw.  sp.  14S  Lassb.,  der  ansedel. 
128  Wackern.,  wie  ahd.  anasedal.  schönes  wort,  das  wir  fah- 
ren lassen,  doch  noch  die  ableitungen  davon  behallend. 

ANSIEDELN,  accolere,  gewöhnlich  sich  ansiedeln,  nieder- 
lassen : 

wie  mancher  auf  der  geige  fiedelt. 

mein:  er,  er  habe  sich  angesiedelt.    Göthe  4,359; 

die  Rheininseln  waren  denn  auch  öfters  ein  ziel  unserer  was- 
serfahrten und  wir  hätten  uns  hier  in  den  traulichen  fischer- 
hütten  vielleicht  mehr  als  billig  angesiedelt,  hätten  uns  nicht 
die  entsetzlichen  Rheinschnaken  nach  einigen  stunden  wieder 
weggetrieben.  26,  29 ;  unübersehbare  blumenmassen,  die  sich 
auf  dem  überbreiten  wege  angesiedelt  hatten.  2S,  15S.  trans- 
itiv: ein  bürgerlicher  verein,  der  ihn  {den  ausgewanderten 
Deutschen)  bald  zu  einem  Völkchen  ansiedelt.  Kam  10,  357. 

ANSIEDELN,  n.  in  unsers  vaters  reiche  sind  riel  provinzen, 
und  da  er  uns  hier  zu  lande  ein  so  fröhliches  ansiedeln  berei- 
tete, so  wird  drüben  gewis  auct  für  beide  gesorgt  sein.  Güthe 
an  grdßn  Stolberg  186. 

A.NSIEDEN,  coquere  incipere:  das  fleisch  nur  wenig  ansie- 
den ;  und  wann  es  wol  angesotten  ist,  so  nimbs  heraus.  Thlrn- 
eisser  magn.  alch.  1,  136.  färber  sieden  ihre  zeuge,  metall- 
arbeiter,  beim  versilbern,  die  metalle  an;  in  der  schinelzhütte 
wird  das  erz  angesotten. 

ANSIEDLER,  m.  accola,  colonus.  ThCmmels  re«e  6,  3SL 
ANSIED LING,  m.  dasselbe,  ahd.  anasidilinc 
ANSIEDLUNG,  f.  colonia,  aTiotxia. 
ANSIEGELN,  cera  vincire:  ein  loses  blatt  ansiegeln. 
ANSIEGEN,  vicioriam  reportare,  mit  dat.  der  person,   mhd. 
anegesigen :  gewalt  noch  manegem  an  gesiget.  MS.  1,  26' ;  auch 
nhd.  noch  angesiegen  {oben  s.  351),  woßr  hier  einige  stellen  nach- 
zuholen :  allen  gebresten  angesigen.  Keisersb.  ausg.  derjud.  6 ; 
der  dem  andern  oblig 
und  der  mit  rechter  mpislerschan 
dem  andern  anijesig.    ÜHLik.'to  toikst.  337; 
wie  er  heti  manchen  kämpf  gcthan 
darinn  im  niemand  gsiget  an.    Teuerd.  77,  5 ; 
David,  ein  kleiner  ploszer  man 
Goliain  hat  gesiget  ao.    Schwarzem.  107,  1 ; 

das  ire  junkfrawen  vermeinten,  ir  het  der  tod  angesigen  (/.  ange- 
siget).  Aimon  B  i ;  der  ritter,  welchem  Galmv  den  vorigen  tag  an- 
gesiget  hat.  Galmy  71 ;  damit  sie  Christum  einnam  und  sieget 
ihm  an  als  ein  rechte  und  ^geistliche  Israelitin.  MatuesicsS*; 
die  band  so  den  feinden  anzusiegen  gewchnet  war.  Orrrz  l,  204 ; 
da  diesen  volkern  bat  Trajanus  angesicgeu    1,  128; 
du  schöner  .\pulus,  an  dessen  grünem  rande 
Trajanus  vor  der  teil  mit  einem  festen  bände 
ihm  dieses  land  verknüpft,  da  mancher  Römer  liegt, 
der  ritterlich  und  steif  den  Völkern  angesiegt.    2,46; 
und  fleng  an  solchen  tag  tu  schmähen  und  zu  schänden, 
-da  er  den  riitern  hau  und  damen  angesiegt. 

Wf  RDEis  .4rio«t  20,  64 ; 
ihr  werdet  ihn  {eis)  doch  nicht  ansiegea, 
weil  ihr  wedr  stoszen  könt  noch  flieeen. 

frotehm.  III.  3,  12. 
der  riese,  ist  er  wieder  aufcrweckt, 
vergebens  würdet  ihr  ihm  aniusiegen  hoffen. 

WlILA.fD. 

ANSILEN,  ansillen,  alligare,  bei  den  Vogelstellern  noch  er- 
halten ßr  das  anbinden  des  Icckrogels  an  kleine  riemen,  in 
welchen  er  herumlaufen  kann  {s.  anläufern).  nahverwandt  mit 
anseilen,   vgl.  sil,  sille,  aftersil. 


463 


ANSINGEN— ANSITZEN 


ANSITZER— ANSPEIEN 


464 


ANSINGEN,  canere  incipere,  gesang  anheben: 
der  übel  singet,  der  singe  an.   Morolf  70; 

nu  dar,  sing  an  I  Bon.  54, 17 ; 

sing  an,  sing  nn,  frau  nachligal! 
du  kleines  vögeiein  vor  dem  wald, 
sing  an,  sing  an,  du  schöns  mein  lieb 
wir  bede  müssen  uns  scheiden  hie. 

(JIILAND  264. 

Dann  aber  transitiv,  mit  gesang  bewillkommen,  grüszen,  feiern : 

der  stiglitz  mit  seiner  witz 

der  wolt  die  braut  ansingen,    ühland  36; 

man  musz  uns  ansingen  und  anblasen,  das  wir  den  herrn 
sollen  preisen.  Luther  5,  462';  zu  nacht  legt  man  si  {die 
braut)  zä  und  singt  sie  an  mit  einem  christenlichen  lied. 
Frank  wellb.  128'; 

singt,  wer  mag  und  kan, 

unsern  könig  an.    Opitz  ps.  47,  3; 
das  rege  federvolk  das  sang  mit  süszen  stimmen 
den  jungen  tag  laut  an.  Fleming  52 ; 

das  leichte  fedcrvieh  singt  schaf  und  schäfer  an.    149; 

Sariza  sung  uns  an.   203; 

die  sie  auf  beiden  seilen  bedeckenden  länder  sang  er  also 
folgender  weise  an.  Lohenst.  Arm.  2,  511 ; 

schon  sang  das  hohe  lied  der  lerche 

zum  zweitenmal  den  fiühling  an.   Pfeffel  5,20; 

haben  euch  die  blumen  sonst  nie  angesungen?  TieckIO,  268; 
muste  sich  mit  nürnbergischen  meistergesängen  ansingen  las- 
sen. J.  Paul  fa/ing.  2,  37 ;  weil  ihn  die  fürstin  an  jedem  mor- 
gen mit  einigen  Strophen  aus  dem  busz-  und  eulenliede  über 
aufruhr,  Ankerströme  und  Propagandisten  ansang.  Hesp.  4, 
133 ;  angesungen  von  der  singschule  der  musen.  Tit.  1,  73. 

ANSINNEN,  postulare,  anmuten,  mhd.  an  einen  sinnen, 
einen  um  etwas  angehen,  an  einen  gehen,  mit  der  alten  bc- 
deutung  von  sinnen  =  gehen;  statt  des  persönlichen  acc.  mit 
gen.  der  sache  entfaltete  sich,  wie  in  andern  Wörtern  ein  dativ 
mit  acc.  der  sache.  es  hat  mir  Caspar  Müller  auf  zwei  stück 
antwort  angesonnen.  Luther  3,  90; 

und  da  wir  kommen  sind  heraus 
hat  uus  ein  ries  kampls  angesunncn. 
Ayrer  220'; 
es  steh  uns  übel  an, 
das  wir  sie  angesunnen  han, 
das  sie  sol  unsers  willens  sein.   391'; 

habe  Temommen,  was  dieselbe  an  mich  gesinnet.  Simpl.  1,286; 

wie  nenn  ich  dich,  halb  oder  ganz  gescheidt, 

da  du  es  wagst  mir  dieses  auzusinnen?  Hagedorn; 

doch  was  der  kaiser  da  dem  Hüon  angesonnen. 
Wieland  ; 

ich  weisz  was  dir  die  königin  angesonnen.    Schiller  421 ; 
herr,  welches  ungeheure  sinnet  ihr 
mir  an?  ich  soll  vom  haupte  meines  kindes  u.  s.  w.    Teil 3,  3; 

jemandem  einstimmung  ansinnen.  Kant  7,  56;  der  solchen 
glaubenseid  dem  parten  ansinnele  (für  ansünne).  5,  116;  das 
wolthun  als  pflicht  jemandem  ansinnen.  5,  289 ;  so  kann  man 
auch  dem  Spieler  nicht  ansinnen,  dasz  er  die  gesetze  wisse. 
J.  Paul  teufelspap.  1,  77 ;  einen  andern  angrif  auf  ihre  starre 
freiheit  machte  könig  Erich,  indem  er  auch  ihnen  seinen  pflug- 
pfennig  ansann.  Dahlm.  dän.  gcsch.  1,  407. 

ANSINNEN,  n.  postulatio,  anmutung:  sie  erschrackcn  über 
diesem  ansinnen.  Weise  kl.  leute  05 ;  er  liesz  sich  dadurch 
nicht  abschrecken,  ihm  das  ansinnen  des  monarchen  mit  der 
möglichsten  Schonung  vorzutragen.  Wieland  8,  397. 

ANSIMEHN,  scoria  obduci,  sinter  ansetzen,    s.  sinter. 

ANSIPPEN ,  cognalione  Mingere,  fast  nur  im  pari,  ange- 
sippt,  durch  sippe  verwandt,  brduchlich. 

ANSITZ,  m.  domicilium,  habilatio.  weidmännisch,  der  ort 
wo  die  Vögel  gewöhnlich  sitzen,  vgl.  anfliegen,  fester  sitz,  burg- 
sitz, angesessenheit.  Haltaus  41. 

ANSITZEN,  habitare,  possidcre,  nnl.  aanzitten,  angesessen 
sein,  festsitzen,  vgl.  ansitz,  anselz,  ansicdel.  auch  von  Sachen, 
der  stein,  das  hörn  sitzt  fest  an,  die  färbe,  der  schmutz  sitzt 
fest  an,  dasz  tnon  sie  nicht  ablösen  kann,  bergmännisch,  vor 
ort  ansitzen,  die  grubenarbeit  beginnen,  von  hiinern  und  gän- 
sen  heiszl  es,  dasz  sie  die  eier  ansitzen,  bebrüten  und  ange- 
spssene  eier  sind  angebrütete:  in  einem  solchen  falle  bin  ich 
gar  ein  ordentliches  windei  olme  doller,  es  ist,  auszer  dem 
was  ich  schuldig  bin,  nichts  aus  mir  heraus  zu  liringcn,  der 


wirt  mag  mich  mit  seiner  brüst  ansitzen  und  anbrüten,  wo 
er  will.  J.  Paul  biogr.  bei.  1, 133.  sich  etwas  ansitzen,  durch 
langes  sitzen  zuziehen:  man  mag  auf  der  grasbank  sich  ein 
fieber  ansitzen. 

ANSITZER,  m.  possessor,  sessor:  der  ansitzende  nachbar, 
bergmann.  auch  ein  unberechtigt  im  Stollen  ansitzender,  ar- 
beitender. 

ANSLICHTTRETUNG,  /".  das  erscheinen,  die  publication  eines 
Werks:  vielleicht  kann  ich  ihre  (der  kupferplatte)  anslichttre- 
tung  nicht  abwarten.  Mercks  briefs.  1,  222.    vgl.  ansherzlegung. 

ANSOMMERN,  vom  annähern  der  Sommerzeit,  es  sommert 
an,  der  sommer  steht  vor  der  thür. 

ANSOMMEHUNG,  f.  appropinqualio  aestatis.  Stieler  2060. 

ANSONST,  alias,  alioquin,  aliter,  erweitertes  sonst:  was 
liesz  sich  nicht  ansonst  förderliches  zur  naturgeschichte  durch 
sie  erwarten?  Mercks  briefs.  1,398.    vgl.  anjetzt. 

ANSPALIEREN,  alligare  pergulae,  ans  spalier  {franz.  espa- 
lier)  binden: 

das  bäumciien  zart  ist  anspalicrt 

nach  Ordnung  und  verstand.    Göthe  4,  132. 

ANSPALTEN,  incipere  findere :  die  feder  ist  schon  angespal- 
ten ;  ein  holz  vorn  auspalten. 

ANSPANGEN,  afßbulare,  eine  spange  ansetzen. 

ANSPÄNIG,  s.  anspenig. 

ANSPANN,  m.  jugum,  gespann,  dann  auch  Spanndienst, 
frohne. 

ANSPÄNNEN,  intendere,  jugare,  gegenüber  dem  abspannen 
und  ausspannen:  das  seil,  den  faden,  die  saite  anspannen, 
straf  anziehen;  ein  tuch  anspannen;  den  bogen,  den  halm 
am  gewehr: 

der  feind  schon  spannet  an 
und  zielet  los  zu  schieszen.    Weckherl.  41; 

die  allzu  stark  angespannte  schnür  reiszt.  rinder,  rosse  an- 
spannen, die  rinder  an  den  pflüg,  die  rosse  an  den  wagen 
spannen,  dann  auch  den  pflüg,  den  wagen  anspannen,  sowol 
mit  doppeltem  acc,  den  knecht,  die  ochsen  an  den  pflüg,  die 
pferde  an  den  wagen  anspannen,  oder  den  pflüg,  den  kut- 
scher  den  wagen  anspannen  lassen,  als  den  umständen  nach 
ohne  acc,  wo  er  von  selbst  zu  verstehen  ist:  lasz  nur  anspan- 
nen und  zu  acker  fahren;  lasz  anspannen,  wir  wollen  spa- 
zieren fahren;  lasz  nur  nach  Berlin  anspannen;  wer  nicht 
anspannt,  dem  kann  man  nicht  fürspaunen.  Lehmann  s.  23; 
da  spannet  .Joseph  seinen  wagen  an.  l  Mos.  46,  29 ;  und  er 
spannet  seinen  wagen  an  und  nam  sein  volk  mit  im.  2  Afos. 
14,  6 ;  und  spannet  sie  (die  küe)  an  den  wagen.  1  Sam.  6,  7 ; 
spann  an  und  fahre  hinab !  1  kön.  18,  44 ;  wenn  sie  mich  etwa 
zu  einem  bubenstück  anspannen  wollen.  Schiller  210 ;  indem 
der  haushciT  anspannen  liesz,  um  seine  gattin  holen  zu  las- 
sen. Göthe  21,  208;  die  zweite  melhode  {in  der  historie)  ist 
die  chronologische  oder  die  vorn  anspannende.  J.  Paul  Tit. 
1,117;  wer  sich  laszt  anspannen,  der  musz  ziehen.  Lehmann  94. 

Dem  anspannen  des  bogens  oder  des  seils  entnommen  ist 
eui  häufiger  figürlicher  gebrauch:  spannen  sie  vielmehr  ihren 
verstanil  an  etwas  auszusinnen.  Lessing  1,  241 ;  sobald  nichts 
mehr  auszer  uns  ist,  das  uns  sonderlich  anspannt.  J.  E.  Schle- 
gel 3,  368 ;  die  Senatoren  spannten  ihren  witz  an,  den  gasten 
zu  hofieren.  Klinger  3,  74 ;  er  spannte  alle  seine  aufiiieiksam- 
keit  an,  ihr  zu  gefallen.  8,245;  in  dieser  allgemeinen  stuinm- 
iieit  der  öde  glaubte  das  angespannte  geistige  ohr  manchmal 
einen  rälhsellaut  zu  vernehmen.  Tieck  ges.  nov.  2,  244. 

sinnlich  aber  ist  das  anspannen  der  nuiskeln  und  nenen : 
ich  fühlte  das  anspannen  meiner  wangen.  Fr.  Müller  1,  17, 
und  ebenso  das  des  olirs,  des  auges,  wenn  man  ein  anstren- 
geti  der  nerven  des  gehürs  und  gvsichts  versteht; 

hier  spannt,  o  sterbliche,  der  scele  sehnen  anl 
Haller. 

man  verwandte  sonst  auch  anspannen  vom  überschwemmen  durch 
Wasser :  der  mit  wasser  lnuh  angespannte  renneplatz.  Lohknst. 
Arm.  1, 1224.  ."!.  spannen. 

ANSPANNER,  ANSP.\NNER,  «i.  jumentarius,  ein  baue/,  der 
xugviehhält:  die  fuhrlcule,  anspanner  aus  dem  nächsten  dürfe, 
spannten  aus.  GöthkIS,  253;  slüdle,  worin  auch  noch  acker- 
höfc  liegen  und  anspänucr  wohnen.  Mösek  l,  99.  s.  vollspün- 
ner,  halbhüfncr. 

ANSPANNUNG,  f.  intensio,  sinnliches  anspannen  oder  gei- 
stiges anstrengen,    anspannungskraft  (clasliciliil).  Kant  9,  55. 

ANSPEIEN,  aspuere,  inspuere,  verachten:  die  ainme,  wenn 


465 


ANSPEIEN— AXSPINN 


ANSPINN  —  ANSPORNTN 


466 


ihr  eine  alte  fraa  das  kind  lobt,  soll  sie  gleich  anspeien;  1 
wenn  er  denn  stehet  und  spricht,  es  gefeilet  mir  nicht  sie  zu 
nemen,  so  sol  sein  schwegerin  zu  im  tretten  für  den  ehesten 
und  im  einen  scLuch  ausziehen  von  seinen  füs/en  und  in  an- 
speien. 5  Mos.  25,  9;  spotteten  in  und  sprachen,  gegrüszet 
seist  du  Jüdenkönig !  und  speieten  in  an.  Mallh.  27,  30 ; 

speudt  es  mich  an  wie  ein  brutgans 

pf  pt  pfl  und  thut  auch  schauern, 

mit  armen  samb  mit  fliigel  flattern.   H.  Sachs  III.  3,  44" ; 

der  speit  die  Sündengreuel  an.    Grtphius; 

ein  Spiegel  weiset  uns  der  narben  beszliehkeit, 

doch  wird  er  oflermals  deswegen  angespeit.    Caüitz  95; 

ja,  wenn  mich  nur  jemand  anspeien  wolle,  ich  gäbe  ihm  gerne 
einen  groschen.  Weise  comöd.  179 ;  spinnenfeind  gewesen, 
so  dasz  wir  sie  nur  immer  alle  augenblicke  anspeien  mögen. 
Felsenb.  i,  305 ;  ich  eines  Saracenen  bastard,  getauft  und  ge- 
rettet aus  dem  blinden  heiligthum.  angespien  in  der  Jugend 
von  jung  und  alt.  Klingers  theal.  i,  162;  die  dracben  speien 
mit  gift  an ;  zum  anspeien  ekelhaft. 

ANSPEISEN,  incipere  cibare,  inslruere:  die  armen  anspei- 
sen,  zum  erslenmat,  insofern  entgegenstehend  dem  abspeisen. 
man  sagt  aucli  bäder  anspeisen,  besorgen,  einrichten ;  die  bürg, 
die  festung  anspeisen.    s.  anspicken. 

A.NSPE.MG,  conlroversus,  litigiosus :  selbs  personlichen  hin- 
der  sinem  landsiedel  stehen  und  sal  boren,  obe  sin  gut  an- 
spenig  wäre  oder  wurde,  das  er  das  verantworten  mocht. 
veisth.  3,  358.  häufiger  begegnet  das  einfache  spenig,  spennig, 
spännig  in  gleichem  sinn.  Haltacs  169S.    rgl.  abspenen. 

ANSPICKEN,  lardare,  saginare :  den  hasen,  den  braten  an- 
spicken, mit  speck  bestcdien;  seinen  geldbeutel  anspicken, 
spicken ;  eine  bürg,  ein  festes  haus  anspicken,  mit  speise  und 
rertheidigungsmitteln  ausstatten :  es  soll  auch  das  schlosz  allent- 
halben mit  Stroh,  holz,  pulfer  und  anderm  zu  dem  brennen 
angespickt  sein.  Froxsp.  kriegsb.  1, 12S'.    s.  anspeisen. 

ANSPIEL,  n.  allusio :  'berühmt  als  maaruF,  das  anspiel  und 
arllichkeit  bestehet  allein  in  den  worten,  als  wenn  man  sagte, 
so  berühmt  als  berühmt,  weil  maaruf  in  der  arabischen  spräche 
diese  bedeutung  hat.  pers.  baumg.  4,  11. 

ANSPIELEN,  incipere  ludere,  alludere.  wer  spielt  an?  rolhe 
färbe  anspielen,  beim  kartenspiel; 

wehre  mit  spielender  band  dem  schwach  anspielenden  weiblein. 

Voss  2,  1S2 ; 

um  sein  instruroent  damit  anzuspielen.  Schiller  732;  ich 
hörte  eine  flöte  anspielen.  TiECt  Stemb.  2,  81 ; 

auf  tannenbnumen,  die  vom  winde 

sanft  angespielt  erklangen  linde.    Tieck  4,  136. 

wo  blosses  anspielen,  ohne  acc,  steht,  ist  das  lied  oder  in- 
stnmenl  hinzuzudenken,  z.  b.  uenn  Spee  s.  192  (Jungm.)  singt : 

will  ich  von  Jesu  spielen  an. 

Diesem  anspielen  schliesil  sich  die  Vorstellung  der  allusion  un- 
millelbar  an,  und  kann  den  acc.  beibehalten,  z.  b.  andeuten 
mag  er  jene  ideen,  anspielen  jene  emplindungen,  doch  aus- 
führen soll  er  sie  nicht  selbst.  Schiller  1243.  gewöhnlich  aber 
wird  die  praep.  auf  gesetzt,  auf  etwas,  auf  einen  anspielen. 

ANSPIELUNG,  f  allusio.    ahd.  zuospilunga.  Graff  t>,  333. 

ANSPIESZE.N,  infigere  hastam,  nnl.  aanspeten  :  einen  hascn 
anspieszen,  zum  braten ;  käfer  anspieszen,  mit  der  nadel  fest- 
stecken; das  fleisch  mit  der  gabel  anspieszen.  Leibgeber 
hebt  eine  tischrede  an:  unter  allen  herren  Christen  und  na- 
men,  die  hier  sitzen  und  anspie<zen,  wurde  wol  keiner  mit 
solcher  mühe  dazu  gemacht  als  ich  selber.  J.  Paul  Siebenk.  3, 112. 

ANSPIN.N,  ni.  verticillus,  inslrumentum,  quod  fuso  adhibe- 
tur  ul  facilius  vertalur,  ar^öfiy^,  also  zum  leichten  anspin- 
nen, ahd.  anaspin,  vofür  aber  die  glossen  anspin  geben  (Graff 
1,  392.  6,  340),  ohne  dasz  ein  gen.  anaspinnes  erschiene,  der 
alle  bedenken  lösen  würde.  Frisch  2,  302'  nennt  es  einen 
unten  an  die  spindel  gesteckten  ring,  Hemscr  27,  59  die  ku- 
gel,  durch  welche  sich  die  spindel  leichter  umdreheti  Idszt, 
OfövSvXoe.  CoxEMi  orbis  picti  pars  prima  cap.  58  hat:  spin- 
del, woran  der  einspann  oder  wirte  umdrehet,  fusiim  in  quo 
verticillus  vcrsat.  Fischart  nenni,  wo  er  mn  seltsamem  back- 
werk  handelt,  geröst  anspin  und  würten.  Garg.  19*';  den  an- 
spin und  würten  treiben.  226';  H.  Sachs  dagegen  bei  auf- 
zdhlung  des  hausrals  i,  440'  rocken,  spindel  und  ehnspa,  ira5 
sich  detn  terdcrhten  einspann  des  orbis  pietus  nähert,  auch 
andere  stellen  bieten  die  umlautende  furm: 


der  schönst  falk  lidrein 

ein  taub  und  ein  enspin.  wachtelmaere  185 ; 

der  enspin  wedewiet  (bedeutet)  uns  die  fron  (frauenh 

Diut.  3,  409 ; 
und  welcher  dan  ein  ensnen  erwischt, 
do  dann  sein  spindel  in  hat  räum,    fastn.  sp.  386,  M; 
spindel  und  enspin  ( :  gewiui.    576,  17  ; 
belangt  sie  zu  spinnen  an  einer  Stangen, 
da  zwen  enspen  au  banden.    749,  17; 
darnach  hat  er  weder  muMcr  noch  den  trok,_ 
enspin,  spindel;  wa  ist  noch  der  gamrok?  Uhlano  718; 

so  sind  lüt,  die  beswem  ein  brot,  und  stechen  darein  driü 
messer  in  driü  crütz,  und  ein  spindel  und  einen  enspin. 
Hartlieds  buch  aller  verboten  kunst  (a.  1455)  cap.  50  {anhang 
zur  mythol.  s.  n) ;  er  soll  heimziehen  und  der  wollen,  enspin 
und  spindel  warten.  Frask  chron.  160*.  Hemsch  27,  59.  897, 
11  schreibt  anspin,  enspin,  äspin,  sie  dictum  quasi  ein  spinn, 
wie  rocab.  161S  wirklich  ainspe,  ainspin  setzt,  bair.  anspe, 
aspe,  espe  bei  SchmeLler  3,  570,  der  das  woH  ßr  unklar, 
vielleicht  undeulsch  hält  und  ans  it.  aspo  und  häspe  erinnert, 
doch  ist  der  bezug  auf  spinnen  schon  nach  dem  folgenden  rer- 
bum  und  dem  reim  auf  -in  nicht  zu  verkennen,  enspin  bildet 
keine  oblique  form,  ein  nom.  espe,  aspe  war  die  jüngste,  leicht 
zu  erklärende  Verderbnis,  das  niasc.  wird  überall  festgehalten, 
eine  sphondylische  kugelgestalt  scheint  auch  nach  den  gemach- 
ten anspielungen  unzweifelhap.  östr.  asperl.  Höfer  1,  47.  19/. 
auch  andrehe. 

ANSPIN.NEN,  plum  anneclere,  stamen  ordiri,  nnl.  aanspin- 
nen :  die  spule  ist  schon  angesponnen,  die  raupe  spinnt  sich 
an,  die  spinne  spann  sich  an  der  mauer  an.  o/T  figürlich, 
eine  sache,  einen  liebeshandel,  einen  betrug  anspinnen; 

nun  ist  die  sach  gewonnen, 

angesponnen 

durch  unser  heuchelei.    Soltac  volksl.  506; 

seinem  Teind,  eh  ers  nird  innen, 

scband  und  schaden  anzuspinnen.    Loöac  1,4,63; 
bald  ward  ein  wapenrecht  mit  regeln  ausersonnen, 
das,  weil  es  im  gehirn  der  Schwärmer  angesponnen.  1«.  «.  r. 
Ck^nz  141; 

das  ganze  werk  ist  vom  neide  und  misgunst  angesponnen  wor- 
den. Irrgarten  der  liebe  259 ;  andre  Ursachen,  warum  man 
einen  process  anspinnet.  J.  E.  Schlegel  4,  289 ;  seine  absieht 
scheint  anfangs  nichts  weniger  gewesen  zu  sein,  als  neuerun- 
gen  in  der  religion  seines  landes  anzuspinnen.  Wieland  6, 
274;  »ie  sie  meuterei  angesponnen.  Güthe  24,  235;  der  graf 
und  die  marquise  spinnen  den  unerhörtesten  betrug  an.  14,  221 ; 
wehe  mir  doch!  dasz  nicht  der  unsterblichen  eine  mir  anspinn 
anderen  trug.  Od.  5,  356. 

.\öf/i  häufiger  sich  anspinnen:  dasz  sich  auch  ein  Sprichwort 
daher  angespunnen.  Garg.  125*;  darauf  hätten  sich  die  Ursa- 
chen also  angesponnen,  dasz  sie  giengen,  wie  i.  f.  gn.  anitzo 
vernommen  hätten.  Schweimche!«  1,  387 ;  pfaffenhändel,  die 
sich  aufs  neue  wieder  anspinnen  wollten.  3, 70 ; 

so  het  sich  auch  ein  streit  bei  ihnen  angesponnen. 
Weckhrrl.  721 ; 

wenn  sich  da  nur  nichts  anspinnt.  Lessing  1,  543 ;  als  sich 
eine  epoche  in  mir  entwickelte,  die  sich  schon,  als  ich  den 
Werther  schrieb  . . .  nothwendig  anspinnen  muste.  Göthe  26, 
312;  sie  merken,  dasz  sich  in  meinem  herzen  ein  faden  an- 
gesponnen hat,  der  ihnen,  wenn  auch  nicht  zum  leiten,  doch 
wenigstens  zum  ziehen  dienen  kann.  Klinger  4,  87 ;  im  grabe 
soll  ruhe  sein,  und  wenn  sich  dann  ein  faden  zu  neuer  dauer 
anspinnt,  wer  steht  dir  dafür,  ob  es  nicht  darum  geschieht, 
um  dich  an  ein  neues  juch  zu  knüpfen?  5,  23;  wenn  zwei 
menschen  vertraulich  werden,  so  spinnet  sich  für  beide  ein 
neues  dasein  an.  5,  25.  vgl.  anschirren,  anzetteln,  anfädeln. 
ANSPITZEN,  esacucre,  zuspitzen :  ein  messer,  bleistift,  eine 
schere  anspitzen,  den  mund  anspitzen;  man  sagt  von  zor- 
nigen und  sterbenden,  dasz  sie  gesiebt  und  nase  anspitzen: 

wie  ibut  ir  angsicht  sie  anspitzen.    H.  Sachs  1,  481'; 
srchl  nur  wie  sich  anspiizt  sein  nnsen.    Hl.  3.  61'; 
sich  anspitzet  sam  sie  woll  Sterin.    IV.  3,  16*; 

deßnitionen  anspitzen,  lahme  beweise  mit  neuen  knicken  ver- 
sehen. Kant  3,  :t08 ;  er  ist  angespitzt,  hat  einen  rausch. 

ANSPLITTEKN,  affringere:  den  knochen  ansplitlem. 

ANSPAREN,  fonciMrf  calcaribus,  compcllere:  zur  tugend 
angespörct  und  angcflammet.  von  Biske."«  Ol.  0.  ungewöhn- 
lich, statt  des  folgenden. 

ANSPORNEN,  das  pferd  anspornen,   «Am  die  spornen  ge- 

30 


467 


ANSPOMÜNG — ANSPRECHEN 


ANSPRECHEN 


468 


ben,  und  davon  oft  figürlich,  zur  eile,  zur  räche,  zur  tugend 
anspornen ;  durch  die  immer  nahe  gefahr  des  mangels  ange- 
spornt. Wieland  7,  229 ; 

thorheit  und  unruh  waiens,  deren  ralsche  hast 
mich  nach  dem  norden  angespornt.    Plaien  123. 

man  kann  auch  sagen,  einen  anspornen,  ihm  die  spornen  an- 
legen. 

ANSPORNUNG,  f.  incilatio :  sich  durch  fremde  anspomung 
zu  etwas  groszcm  erheben.  Klinger  12,  32. 

ANSPOTTELN,  Icviter  irriderc:  männlicher  Albrecht  Dürer, 
den  die  neulinge  anspötteln.  Götiie  39,  350. 

ANSPOTTEN,  irriderc:  einen  gebrechlichen  anspotten. 
ANSPRACHE,  f.  actio,  condictio,  alloculio,  nnl.  aanspraak, 
in  verschiednen  bedeulungen  des  ansprcchens:  er  bricht  ein 
hader  ab  einem  zun,  das  er  inüg  an  mich  setzen  und  ein 
ansproch  haben  wider  mich.  Keisersb.  posl.  2,  46;  ab  eim 
zun  ein  ansprach  brechen,  fastn.  sp.  893,36;  einlagen,  zunft- 
gerechtigkeiten,  ansprachen,  buszen,  strafen  und  koren  sind 
und  sollen  allenthalb  in  gemeinen  kästen  geschlagen  und  mit 
eingebracht  werden.  Luther  2,  262';  das  er  damit  bezalet  und 
niemand  kein  anspräche  (keinen  anspruch)  mehr  zu  im  hat. 
6,  75';  einsmals  ward  der  abt  von  einem  guten  freund  ver- 
warnt, das  er  nit  so  vil  ansprachen  und  hadersachcn  suchen 
wölte.  Stumpf  2,  34";  er  lag  noch  in  seinem  end  mit  denen 
von  Costanz  in  span  und  ansprach.  2,  38';  er  hat  wider  in 
etwas  ansprach  und  mishell  gehabt.  Plut.'O;  was  klagst  du? 
was  hastu  für  ansprach  an  uns?  Puiland.  1,539; 

die  andre  aber  allzumahl 

in  solches  ampt  sich  weiten  dringen, 

und  fiengen  an  umb  dise  wähl 

ihr  ansprach  also  für  zu  bringen.    Weckuerl.  337. 

später  und  heule  immer  nur  im  sinne  von  anrede:  es  war  ihm 
unmöglich,  einen  dermaszen  lieben  freund  sonder  anspräche 
vorbei  passieren  zu  lassen.  Pasquini  staatsphanlasicn  1697 
s.  337;  er  redete  den  fremden  an,  dieser  antwortete  auf  die 
anspräche.  Musaeus  3, 118 ;  anspräche  eines  höheren  an  seine 
untergebnen,  anspräche  des  gutsherrn,  des  kömigs  an  das 
Volk. 

ANSPRACH,  affabilis,  gcsprächi:  Octavianus  war  iedennan 
freuntlich  und  ansprech,  nam  aber  wenig  vcrwant  und  ver- 
traut in  sein  freuntschaft  an.  Frank  chron.  18*. 

ANSPRÄCHIG,  affabilis,  gesprächig. 

ANSPRANK,  m.  lenligo,  sommerflecken,  sprossen.  Stieleu 
2098.    s.  sprenkeln. 

ANSPRECHEN,  affari,  alloqui,  nnl.  aanspreken,  in  vcr- 
schiedner  bedeutung. 

1)  freundlich  und  grüszend  ansprechen,  anreden,  das  worl 
an  einen  richten:  du  hast  mich  getröstet  und  deine  magd 
freundlich  angesprochen.  Ruth  2,  13;  wir  wollen  frieden  mit 
einander  machen,  ich  und  ir,  und  wil  mit  v\enig  volk  kom- 
men friedlich,  dasz  ich  dich  anspreche.  1  Macc.  7,  28 ;  und 
sie  empfiengen  und  sprachen  einander  friedlich  an.  7,  29 ;  da 
wollen  sie  einander  selbst  ansprechen.  10,  56;  da  sprachen 
sie  einander  an  und  blieben  über  nacht  da  bei  einander.  11, 
6;  eure  boten  sind  zu  uns  gekommen  und  haben  uns  ange- 
sprochen. 14,  21;  umb  der  ursach  willen  hab  ich  euch  gebe- 
ten, das  ich  euch  sehen  und  ansprechen  möchte,  apost.  gesch. 
28,20;  sie  wollten  i.  f.  gn.  ansprechen.  Sciiweiniciien  3,32; 
wer  er  ein  gut  gesell,  so  solt  er  zu  uns  kommen  und  uns 
selbs  ansprechen,  lebensb.  Götzens  v.  Berl.  Nb.  1731.  s.  45; 
aber  dise  ketzer  wis.scn  wol  bessens,  ja  ihre  alte  bein  wissen 
wol,  dasz  die  propheten  die  Juden  und  nicht  uns  angespro- 
chen haben.  Fiscuart  bicnenk.  172';  der  khalifc  sprach  ihn 
in  dem  mildesten  tone  seines  herzens  an.  Klinger  7, 139 ;  der 
feldhcrr,  vor  dem  beginn  der  schlacht,  sprach  sein  beer  an ; 
der  könig  sprach  das  versammelte  volk  an.  doch  gebrauchen 
wir  heule  lieber  anreden,  wo  blosze  warte  und  grüsze,  keine 
bitte  an  jemand  gerichtet  werden :  ich  begegnete  ihr  auf  der 
straszc,  grüszie  und  redete  sie  an ;  der  graf  stand  vor  mir 
und  ich  wagte  nicht  ihn»  anzureden ;  ansprechen  würde  hier 
ein  gesuch  oder  anliegen  auszudrücken  scheinen,  oft  wird  man 
eins  wie  das  andere  sagen  können:  rede  midi  nicht  vor  den 
leuten  an,  oder  sprich  nicht  an.  bestimmte  falle  fordern  aber 
ansprechen :  einen  ansprechen,  so  viel  als  zauberisch  bespre- 
chen, einen  segen  über  ihn  sprechen;  ein  bekannter,  ein  lands- 
mann  in  der  fremde  wird  bcgrüszt,  angesprochen,  nicht  ange- 
redet; Zeitungen  der  Seestädte  machen  täglich  bekannt,  welchen 
tchiffen  auf  der  see,   wo  man  sich  durchs  Sprachrohr  verstän- 


digt, begegnet  worden  sei:  schiffe  in  see  angesprochen.  Achil- 
les, hannov.  schooner,  am  9  merz  auf  48*  34'  NB.  14'  40'  WL. 

2)  häufig  aber  hat  ansprechen  die  absieht  eines  gesuchs, 
einer  bitte,  und  zum  persönlichen  acc.  tritt  die  praep.  um  mit 
dem  acc.  des  gegenslands,  der  auch  unausgedrückl  leicht  ver- 
standen wird,  sprich  deinen  nähesten  darumb  an.  Sirach  19, 
13 ;  sprich  deinen  freund  drumb  an.  19, 15 ;  mir  ist  leid,  dasz 
ich  euch  in  solchen  nöten  ansprechen  soll.  Galmy  318.  der 
bettler  spricht  an,  d.  h.  um  almosen  und  gäbe,  der  dürftige 
um  geld: 

nicht  gar  nichts  und  nicht  alles  und  auch  von  allen  nicht 
sol  gab  und  ehrung  nehmen,  der  den  man  an  drumb  spricht. 
LoGAU  2,  zug.  27  ; 
ein  junger  mensch,  der  viel  studierte, 
sprach  einen  greis  um  Schriften  an.    Geileri  1,200; 

er  hätte  ihm  noch  keinen  boten  geschickt,  der  ihn  um  freund- 
schaft  ansprechen  sollte.  Weise  erzn.  390;  der  freier  spricht 
den  vater  um  die  tochter  an,  hall  an,  wirbt  um  sie: 

den  riltersmann  veracht  ich  nicht, 

wenn  er  den  vater  erst  anspricht, 

brauch  ich  mich  nicht  zu  grämen. 

den  vater  hah  ich  längstens  schon 

persönlich  angesprochen.  Soltau  s.  511; 
ein  junger  mensch  sprach  einen  wackern  mann 
durch  einen  guten  freund  um  seine  tochter  an. 
Gelleri  1,  201; 

der  einkehrende  fremdling  spricht  an  um  herberge,  er  spricht 
bei  dem  wirt  grüszend  ein;  der  soldat  den  andern  um  die 
parole : 

sein  losung  nicht  weisz  nachzusagen, 

alsbald  er  darumb  angesprochen. 

RiNGw.  laut,  warli.  52; 

umb  Unzucht  mich  das  weih  ansprach.    AragR  96'. 

3)  steht  jedoch  der  angesprochne  gegenständ  im  blcszen  acc. 
ohne  um,  so  ist  kein  bitten  gemeint,  sondern  berechtigtes  for- 
dern und  verlangen,  postulare,  vindicare.  der  arme  spricht  die 
Unterstützung  an,  die  ihm  gebührt,  der  freier  die  tochter, 
welche  ihm  feierlich  verlobt  war,  der  gläubiger  den  ihm  ver- 
pfändeten acker,  der  eingeborne  die  ihm  zuständigen  heimats- 
rechte;  die  herschaft  über  die  ostsee  ansprechen.  Dahi.m.  diu. 
gesch.  2,  5;  auszer  der  allgemeinen  ritterpflicht,  alle  damen, 
die  seinen  arm  ansprechen,  gegen  alle  gewalt  zu  schützen. 
Wieland  4,  49.  dies  ansprechen  heiszt  dann  ansprüche  erheben 
und  auf  dem  wege  rechtens  geltend  machen  wollen,  beanspruchen, 
anklagen  und  zur  Verantwortung  ziehn:  wie  sie  da  klagt  und 
spricht  dich  an.  fastn.  sp.  864,  4;  der  würde  sie  in  kurzem 
darumb  ansprechen.  Luther  5,  9' ;  wo  sichs  begibt  im  zank, 
das  ein  öffentlich  verlöbnis  oder  hochzeit  durch  ein  heimlich 
Verlöbnis  wird  angesprochen  und  angefochten,  sol  man  den 
anspruch  nicht  gestatten.  5,243';  sie  solle  mich  der  ehe  an- 
sprechen. Thurneisser  nothg.  ausschr.  2,  75 ; 

oh  ich  herzog  Cunraden  ansprach, 

der  mir  mein  bruder  hat  ermordt.    Äther  116'. 

mhd.  ein  guot  ansprechen  (mit  den  rehten).  Schwabensp.  81 
Laszb.  einen  ansprechen  umbe  den  llp,  umbe  sin  houbet 
(Haltaus  42.  Oberlin  52) ;  einen  kempflich  ansprechen,  pro- 
vocarc  ad  pugnam  (Oberlin  757.  758)  gleichviel  mit  kempflichen, 
kampnkhc  grüejen  (Ben.  1,  583). 

4)  diese  einstimmung  der  Wörter  grüejen  und  ansprechen 
zeigt  sich  noch  weiter,  wie  man  mhd.  sagte  die  hundc  grüejen, 
daj  ros  grüejen  mit  den  sporn,  und  von  dem  wild  mit  sei- 
nem löwen  jagenden  Iwcin  es  heiszt: 

dö  gruojlern  als  ein  suochhunt.    Iw.  3894, 

wozu  man  Beneckes  anm.  s.  308  vergleiche;  gerade  so  gilt 
nhd.  ansprechen,  der  Weidmann  spricht  seineu  hund  an,  for- 
dert ihn  auf,  die  fährte  zu  verfolgen,  er  thut  es  mit  warten 
und  zurufen,  die  der  hund  versteht;  aber  auch  das  gejagte 
thier,  der  hirsch,  die  sau  wird  mit  bestimmtetn  rufe  angespro- 
chen, der  hund  spricht  das  wild  an,  bellt  es  an,  ja  alles  was 
auf  weidmännisch  von  den  thiercn  zu  sagen  ist,  heiszt  ange- 
sprochen und  ansprechen  (Döbel  1,  17.  2,  100.  3,  160),  den 
jagdbaren  hirsch  ansprechen  (wcidspr.  195),  die  saubeller  oder 
linder  sprechen  die  sau  auf  ihrem  lager  an,  fordern  sie  gleich- 
sam zum  kämpfe  heraus: 

sag  an  mein  lirher  Weidmann, 
wifl  spricht  der  wolf  den  edlen  liirsrli  im  winter  an? 
wolanf.  wolniif,  du  diirror  kn.nli,  du  mtist  in  meinen  magen, 
da  will  ich  dich  wol  durch  den  rauhen  wald  hintragen. 
wcidspr.  22.  vgl.  50.  07. 


469 


A.\SPRECHEN 


ANSPRECHEREI  —  ANSPRINGEN 


470 


Wie  trir  noch  heute  einen  bei  seinem  namen,  mit  seinem  na- 
men  grüszen,  bei  namen  nennen,  verden  Keidmdnnisch  die 
vHden  thiere  gegrüszt  und  angesprochen,  im  drillen  jähre  tcird 
ein  schvein  nicht  mehr  frischling  sondern  keuler,  im  vierten 
angebendes  scbwein,  im  fünßen  bauptscbwein  angesprochen,  in 
der  brunst  die  sau  bache  angesprochen,  d.  i.  genannt,  der 
hirsch  wird  für  jagdbar,  für  einen  zehnender  angesprochen 
«.  s.  V.  Aber  auch  auszerhalb  des  veidmännischen  Sprachge- 
brauchs heiszt  es  bei  begegnungen :  ich  sprach  ihn  als  herrn 
N.N,  für  herrn  N7J  an;  ich  sprach  ihn,  seiner  schönen  per- 
son  halber,  Tor  den  Mansfelder  selbst  an.  Simplic.  1,  79 ; 
rauber  und  mörder  mügen  heimlich  und  finster  in  frembder 
herschaft  sitzen,  aber  man  spricht  sie  warlich  an  als  die  nicht 
unterthan  daselb  sind.  Luther  4,  322'. 

5)  GöTHE  bedient  sich  oß  eines  ähnlichen  ansprechen  für 
oder  als  etwas  in  fällen,  ico  man  es  durch  nennen  oder  in 
ansprach  nehmen,  fiir  etwas  erklären  auslegen  kann,  wörtliche 
anspräche  oder  anrede  aber  kaum  irgend  stattfindet:  aus  allen 
gestalten  blickte  nur  das  reinste  dasein  henor,  alle  muste 
man  wo  nicht  für  edel,  doch  für  gut  ansprechen.  17,210;  er 
ward  in  einen  sessel  gebracht  und  man  muste  ihn,  ungeach- 
tet aller  augenblicklichen  beihülfe,  für  todt  ansprechen.  17, 
302 ;  das  erste  grosz  geborne  kind  der  Schöpfung,  das  löwen 
und  äffen,  schafe  und  elephanten  anstaunt  und  sie  treuherzig 
als  seines  gleichen  anspricht,  weil  sie  eben  auch  da  sind  und 
sich  bewegen.  19,  96;  er  wollte  angesprochene  regeln  fest- 
setzen, bestimmen,  was  recht,  schön  und  gut  sei.  19,  122; 
Terschiedene  euren,  die  der  aufmerksame  beobachter  selbst 
nicht  erklären  und  auch  nicht  geradezu  als  betrug  ansprechen 
konnte.  20,  2S0;  unter  solchem  gespräch  zog  Wilhelm  etwas 
aus  dem  busen,  das  halb  wie  eine  brieftasche  halb  wie  ein 
besteck  aussah  und  von  Montan  als  ein  altbekanntes  ange- 
sprochen wurde.  21,  56;  eine  höhle,  die  man  als  naturwerk- 
statt  mächtiger  krjstalle  oder  als  den  aufenthalt  einer  fabel- 
haft furchtbaren  drachenbrut  ansprechen  konnte.  22, 127 ;  dasz 
der  Skeptiker  zuletzt  alles  für  grund-  und  bodenlos  ansprach. 
25, 11 ;  man  konnte  ihn  fjir  das  hübscheste  milglied  der  gan- 
zen kleinen  gesellschaft  ansprechen.  26,  255 ;  man  steigt  einen 
berg  herauf,  den  man  für  graue  lava  ansprechen  möchte.  27, 
196;  eine  gebirgsart,  die  man  für  thonschiefer  ansprechen 
konnte.  28,  97 ;  in  demjenigen  organ  der  pflanze,  welches  wir 
als  blatt  gewöhnlich  anzusprechen  pflegen.  29,  46 ;  hatte  man 
dieser  ungewohnten  speise  erst  einigen  geschmack  abgewon- 
nen, so  ist  nicht  zu  leugnen,  dasz  man  sie  gern  genosz  und 
sie  auch  wol  als  gesund  ansprechen  durfte.  31,  223 ;  wie  we- 
nig in  der  geschichte  als  entschieden  ausgemacht  kann  ange- 
sprochen werden.  49,  93 ;  diese  gänge  sprechen  wir  als  gleich- 
zeitig mit  der  gebirgsmasse  an.  51,  68  und  noch  öfter. 

6)  endlich,  wie  unbelebte  gegenstände  angesprochen  verden, 
Aunne»  sie  umgekehrt  uns  auch  ansprechen,  gleichsam  irird 
ihnen  spräche  geliehen,  wie  sonst  blick  und  lachen  (*.  an- 
blicken, anlachen) ;  ihr  ansprechen  bedeutet,  dasz  sie  auf  uns 
einwirken,  uns  zusagen,  gefallen,  dasz  zwischen  ihnen  und  uns 
Verständnis  obwalte,  zumeist  wird  das  von  bild  odtr  ton  gel- 
ten, aber  auch  von  andern  dingen: 

in  allem,  was  ihn  jetzt  umlebet, 
spricht  ihn  das  holde  gleichmasz  an.  Schiller  24; 
tödlich  lieblich  sprach  aus  allen  zügen 
sein  geliebtes,  iheures  bild  mich  an.    1,  S8; 
und  ein  harmonisch  hoher  geist  spricht  uns 
aus  dieser  edlen  seulenordnung  an; 
sie  müssen  sie  recht  im  geiste  fassen. 
es  ist  wol  gut,  doch  so  nicht, 
dasi  es  einen  ron  dem  lucb  anspricht. 
GöTBE  13, 151 ; 

wie  oft  eilte  das  gute  mädchen  aus  dem  hause,  in  dem  sie 
sonst  alle  ihre  glückseligkeit  gefunden  hatte,  ins  freie  hinaus, 
in  die  gegend,  die  sie  sonst  nicht  ansprach.  17, 182 ;  eröfnete 
ihnen  einen  saal,  der  sie  ernsthaft  ansprach.  21,  175;  zum 
erstenmal  sprach  die  musik  mich  an.  23,  88 ;  selbst  das  un- 
gehörige, wenn  es  an  unsere  ganze  kraft  mit  ernst  anspricht, 
regt  sie  zu  einer  unglaublich  gcnuszreichen  th£4igkeit  auf.  33, 
196;  dieses  bild  spricht  uns  am  wenigsten  an,  wie  man  in 
der  conversationsspracbe  zu  sagen  pflegt.  39,  253 ;  so  müssen 
wir  auch  dieses  bild,  wolgedachl,  in  seiner  art  bedeutend, 
charakteristisch  und  gehörig  ansprechend  anerkennen.  39,  257 ; 
in  reger  geistesthätigkeit,  ton  allem  angesprochen,  doch  ohne 
sonderbare  reisevorfälle,  kamen  die  beiden  reisenden  in  die 
nähe  Augsburgs.  Abmiii  kronenw.  1,189.     es  heiszt  auch  ohne 


aee.  der  person:  das  buch,  gemäUde,  gedieht  spricht  an,  ar- 

ridet,  und  dann  klingt  der  ausdruek  intransitiv. 

aS'SPRECHEREI,  f.,  besprechung,  segen:  keine  segen-  und 
ansprecherei  soll  eine  christliche  hausmutter  weder  an  men- 
schen noch  viehe  gedulden.    Hohberg  1,  187'. 

A.NSPRECHUNG,  f.  o/fa6i7i7ai .- freuntlichkeit  in  ansprechung 
jederman.  Fbanr  weltb.  104*,  noch  mit  dem  aec.  des  vcrbums. 

ANSPREIZE.N,  anniti,  fulcire,  anstemmen:  sich  mit  den 
fuszen  an  die  wand  anspreizen;  die  äste  anspreizen,  an  die 
wand  festigen. 

ANSPRENGEN,  aspergere,  eoncilato  equo  aggredi. 

1)  wasser  ansprengen;  das  tuch  ansprengen,  befeuchten; 
mit  Weihwasser  ansprengen,  besprengen;  nur  einen  tropfen 
ansprengen;  siebenmal  mit  öl  und  mit  blute  ansprengen. 
Loh  ESST.  Arm.  2,  203. 

2)  das  pulver  bat  die  mauer  schon  angesprengt,  ein  släck 
davon  gerissen. 

3)  die  rosse  ansprengen,  wider  einen  springen  machen:  da 
springen  die  Portugaleser  ie  zu  nacht  aus  auf  das  land,  anspren- 
gen etlich  dörfer  und  lischcr  daselbs,  füren  hinweg.  Frank  weltb. 
213';  häußg  im  buch  von  Aimon:  lasset  uns  sie  ansprengen; 
unterwies  sie,  wie  sie  ire  feind  ansprengen  sollen;  wir  ver- 
ziehen zu  lang  Rulanden  anzusprengen;  er  wirt  euch  on 
alle  forcht  ansprengen;  ich  will,  sprach  er,  understen,  den 
keiser  in  seinem  gezelt  anzusprengen;  die  berren  gewunnen 
all  ire  Schwerter  und  sprengten  die  keiserischen  an ;  es  seind 
ihren  zebenmal  mehr  als  wir,  wollen  wir  sie  ansprengen? 
Garg.  254";  hält  {zu  pferde)  in  einem  hölzlin,  da  der  Jude 
durchziehen  musz  und  sprengt  den  Juden   an.   ScHWEt5iceEx 

1,  270;  bis  ich  auf  dem  Wassigin  in  dem  Holderloch  von 
einer  partei  angesprengct  (ward).    Phiui.nd.  2,  930 ; 

dasz,  wenn  er  angesprengt  je  werden  solt  des  Orts, 
dasz  er  erwehren'sich  dann  könie  solches  mords. 
WiRDERS  Ariost  5,  44; 
danimb  zu  wissen,  was  es  sei, 
sprengt  er  stracks  an  sein  pferd.    11,  78; 

die  liebe  hat  mich  ehe  bemeistert,  als  angesprengt,  welcher 
man  nicht  wie  der  schleichenden  widerstehen  kann.  Lohesst. 
Arm.  2,  145 ; 

da  sprengt  aus  dem  wald  ein  unwillkommner  dritter 

mit  rennenden  zügeln  ihn  an.    Wielaso  4,  88; 

sprengt  endlich  selbst  den  prinzen  an.    18,  252; 

sie  sprengten  ihn  mit  ihren  Speeren  an.    18,285; 

sah  riiter  und  vasallen  ansprengen  durch  das  kom. 
kam  angesprengt,  ansprengend. 

i)  im  16.  17  jh.  oß  abstract  für  aggredi,  compellere:  son- 
derlich ist  Augspurg  allein  angesprengt  worden  vor  den  an- 
dern antwort  zu  geben,  weil  sie  doch  hie  wSren.  Melanchth. 

2,  407;  und  sprenget  den  mit  worten  an.  H.  Sachs;  do  ward 
er  (Papirius)  einsmals  von  seiner  muter  angesprengt,  was 
beimlichs  in  dem  ralh  wer  gehandelt  worden.  Fra:«i  cÄron. 
70';  wenn  ich  dann  oft  angesprengct  war,  wer  ich  wäre? 
gab  ich  bescheid.  Scdweimcbe.x  1, 264 ;  umb  bezahlung  ange- 
sprengt. Frank f  ref.  2,  35,  11;  mich  sprengen  freche  zungen 
an.  Opitz  ps.  35 ; 

eisen  schützet  zwar  den  mann, 
wann  gewalt  ihn  sprenget  an.    Lo«ad3,  8,  90; 
ich  werd  gar  sehr  verfolget  und  bedrenget, 
an  meinem  ansehn,  ampt  und  ehr 
gewaltig  angesprenget.    Ri.^gwald  102'; 

flreOe  zeugen  sprengten  mich  an,  mich  unbewust  zeiend. 
Meliss.  ps.  0  5' ;  dieser  gute  herr  ward  von  einer  unbeschei- 
denen frawen  oft  angesprengt.  Ziükgr.  2, 60.  heuie  hört  diese 
anwendung  auf,  so  vortheilhaß  sie  ein  stärkeres  ansprengen 
ton  dem  gelinderen  angehen  unterscheiden  IdszL 

ANSPRENGUNG,  f  aggressio,  assullus:  die  ansprengnng 
des  Unglücks.    Oprrz  Arg.  i,  218. 

A.NSE'RING,  IM.  crusta  lactea,  milchsehorf,  eine  kinderkrank- 
heit.    Acricola  spr.  n*  593.    sonst  auch  ansprang. 

ANSPRINGE.N.  assilire,  ahd.  ana  springan,  an  einen,  an 
etwas  springen:  ein  wolf,  ein  hund  sprang  an;  das  hündleia 
springt  wedelnd  an  meine  beine  an ;  das  pferd  kommt  an- 
gesprangen;  die  kinder  kamen  alle  angesprungen,  der  ge- 
worfne  stein  sprang  ans  fenstcr  an.  «er  springt  an?  wer 
thut  den  ersten  sprung  ?  auf  der  reitbahn,  anspringen.  Schnellauf 
anheben ;  anspringen  lassen,  das  pferd  in  schneilauf  setzen. 
milchsehorf  ist  angesprangen,  springt  die  haut  an.  das  glas 
ist    angesprangen,    hat    einen  sprung,    risz.     ungewöhnlicher: 

30* 


471 


ANSPRITZEN  —  ANSPRUCH 


ANSPRUCHBRIEF—  ANSTALT 


472 


ich  sprang  hiigel,  aiien,  felsen  an.  Fr.  Mtai-ER  1,  18 ;   sei  ein 

unigekelirter  fuclis,  der  saure  trauben.  blosz  weil  er  sie  nicht 

mehr  anspringen  kann,  für  süsz  ausgibt.    J.  Paul  Hesp.  3, 125. 

ANSPIUTZEN,  aspergere,  vian  schreibt  auch  ansprützen: 

ein  köstlich  wein, 
damit  solt  ilir  ochsen  und  trachen 
anspritzen.        Avrer245*; 
welchen  jetzt  von  der  hufe  geslamnf  anspritzten  die  tropfen. 
Voss ; 

ein  brennendes  haus  mit  wasser  anspritzen;  die  wunde  an- 
spritzen; der  wagen  spritzt  die  kleider  an;  der  koth  spritzt 
den  wagen  an;  plagen  sprützen  uns,  wie  spaszhaft  gehende 
Wasserkünste  an,  und  feuchten  uns  ein.  J.  Paul  uns.  löge  3, 
135;  hierauf  versetzte  er  mit  einigem  vom  wein  ansprützen 
vergrüszerlen  feuer.  komet  3,  12 ;  wer  ihn  von  den  irrthümern 
seiner  Jugend  reuig  erzählen  hörte,  übeiredete  sich  gern,  die- 
sem manne  gehörten  blosz  seine  lugenden,  seine  laster  wä- 
ren ihm  äuszerlich  angesprützl.    Dahlm.  franz.  rev.  187. 

ANSPRUCH,  m.  nach  einzelnen  bedeulungcn  des  ansprechens. 
am  seltensten  für  anrede,  alloculio,  was  anspräche  heiszt,  doch 
braucht  es  Grypiiius  im  sinne  von  Zuspruch: 

des  priesters  sagen  und  anspruch.    167; 

kein  irost  mochte  mich  erquicken, 

aller  anspruch  ward  zur  pein.    2,  130. 

auch  weidmännisch  tst  anspruch,  nicht  anspräche,  vom  an- 
sprechen der  thiere  üblich.  Gewöhnlich  aber  bedeutet  es  die  mit 
oder  ohne  grund  erhobene  behauptung,  pretcntion,  eines  rechts 
oder  Vorzugs,  lat.  vindiciae: 

also  Ruggiero  auch  hoch  auf  von  zorne  Tahrt, 
als  er  das  erste  wort  von  diesem  anspruch  hört. 

Wkrders  ^riost  25,  131 ; 

ihr  gebt  euch  für  des  czaren  Iwans  söhn, 
nicht  wahrlich  euer  anstand  widerspricht 
.  .  .  diesem  stolzen  anspruch.     Schiller  662; 

regiert  in  frieden, 
jedwedem  anspruch  auf  dies  reich  entsag  ich ; 

nichts  leidet  weniger  Übertreibung  und  lauten  anspruch,  als 
die  tugend.  Klinger  5,  228 ;  allen  anspruch  auf  erfindung 
hatte  er  aufgegeben  und  hielt  sich  an  seine  umrisse.  Göthe 
17,  216 ;  unsere  ansprüche  sind  erioschen.  Gotter  3,  69  ;  das 
schlechthin  gute  enthält  nicht  blosz  anspruch,  sondern  auch 
gebot  des  beifalls  für  jedermann  in  sich.  Kant  7,  179.  Man 
sagt  nun :  anspruch  haben  auf,  an,  früher  zu  etwas ;  anspruch 
erheben  an  oder  auf  etwas;  anspruch  machen  an  etwas;  et- 
was in  anspruch  nehmen,  es  vindicieren,  fordern,  einen  in 
anspruch  nehmen  um  oder  wegen  etwas,  ihn  belangen,  zur 
rede  stellen,  hat  aber  Demetrius,  und  die  mit  im  sind  vom 
handwcrk,  zu  jemand  einen  anspruch.    apost.  gesch.  19,  38 ; 

mein  ihr  verpflichtet  leben 
hat  nichts,  zu  dem  sie  nicht  schon  anspruch  haben  kann. 

Grvphius  2,  387 ; 
der  dazu  den  gröszien  anspruch  hat.    Liciitwer  ^aft.  2,  24; 

bat  seine  Schwester  nicht  gleiche  ansprüche?  Gotter  3,  7. 
wie  kann  man  einen  anspruch  an  Schönheit  machen,  ohne 
einen  feinen  fusz  zu  haben?  Wieland  l,  99 ;  unter  allen  die- 
sen Schäferinnen  halte  keine  mehr  anspruch  an  den  preis  der 
Schönheit  zu  machen  als  Fyllis.  10,  62 ;  nun  denke  dir  einen 
bürger,  der  an  jene  Vorzüge  nur  einigen  anspruch  zu  machen 
gedächte?  Göthe  19,152;  sobald  der  mensch  an  manigl'altigc 
thäligkeil  oder  manigfalligcn  genusz  anspruch  macht.  20,  249 ; 
dosz  der,  welcher  an  das  einträgliche  schafneramt  anspruch 
machen  wollte,  ein  handwerk  ausüben  muste.  21,  21.  dieses 
stück  ist  ohne  zweifei  das  lieste  was  Regnard  gemacht  hat, 
aber  Rivierc  du  Freny,  der  bald  darauf  gleichfalls  einen  Spie- 
ler auf  die  bühne  brachte,  nahm  ihn  wegen  der  ertindung  in 
anspruch.  Lessi?<g  7,  64;  einige  kunstrichter,  die  mehr  den 
buchstaben  als  den  geist  anzufechten  verstehen,  hallen  die- 
sen ausdruck  in  anspruch  genommen.  Bürger  133'; 

als  die  Icute  von  dem  gotleshaus 
Einsifideln  uns  die  alp  in  anspruch  nehmen.    Schiller  520; 

als  bei  so  mancherlei  baulichkeiten  der  Zimmermann  oft  von 
uns  in  anspruch  genommen  ward.  Götiie2I,22;  Fichte  halle 
über  goll  und  gülllichc  dinge  auf  eine  weise  sich  zu  äuszern 
gewagt,  welche  den  hergebrachten  ausdrücken  über  solche 
geheimnisse  zu  widersprechen  schien,  er  ward  in  anspruch 
genommen,  seine  vertheidigimg  besserte  die  sache  nicht.  31, 
151 ;  die  philosophische  facultäl  kann  alle  lehren  in  anspruch 
nehmen,  um  ihre  wahrheil  der  prüfung  zu  unterwerfen.  Ka.it 


1,  224.  zahlt  der  Schuldner  nicht,  so  nimmt  der  gläubiger 
den  bürgen  in  anspruch ;  wird  einem  eine  sache  entfremdet, 
so  nimmt  er  sie  als  sein  eigenthum  in  anspruch;  einen  viel 
in  anspruch  nehmen,  durch  besuche  und  bitten  belästigen,  an- 
sprüche machen,  von  sich  eingenommen,  eingebildet  {preten- 
tieux)  sein. 

ANSPRUCHBRiEF,  m.  libellus.    vocab.  ine.  teut. 

ANSPRUCHFREI,  ab  actione  tutus. 

ANSPRÜCHIG,  litigiosus,  gerichtlich  angesprochen:  so  das 
verkauft  gut  ansprüchig  würde  gemacht.    Frankf.  ref.  2,  10,  3. 

ANSPRUCHLOS,  modestus,  ohne  pi-ctentionen :  so  anspruchlos 
als  schön.  Güthe  13,  231.    Gotter  l,  254  schreibt  anspruchslos. 

ANSPRUCHLOSIGKEIT,  f.  modcstia,  simplicitas  morum. 

ANSPRUCHSREICH,  ansprüche  zu  machen  befähigt:  vor 
vielen  die  älter,  gebildeter,  glänzender  und  anspruchsreicher 
waren  als  sie.    Göthe  17,  325.    gebildet  wie  mhd.  muotes  riebe. 

ANSPRUCHVOLL,  arrogans:  wir  wiesen  den  anspruchvol- 
len mann  zuletzt  ganz  ab. 

ANSPRUDELN,  ebullire  versus  aliquem:  ein  rauschendes 
bächlein    sprudeile  uns  an. 

ANSPRÜHEN,  emicare,  gleichsam  admicare:  das  feuer,  die 
kohle  sprüht  an.    Göthe  setzt  es  transitiv  für  anfachen : 

auf  dem  und  jenem  köpfe  glüht 

ein  nämmcbed    das  ich  angesprüht.    41,  47. 

ANSPRUNG,  m.  assultus:  mit  des  rehes  ansprung.  Ki.opst. 
2,  33;  weidmännisch,  des  Jägers  ansprung  auf  den  balzenden 
auerhahn ;  dem  ansprung  (fiero  assalto)  des  unseligen  bösen 
glucks  widerstehn.  Bocc.  197. 

als  er  hierauf 
schier  wie  ein  gott  den  vierten  ansprung  ihat.    Bürger. 

dann,  wie  anspring,  mentagra,  crusta  laclea,  ein  ausschlag  der 
Säuglinge,  der  an  den  ohren  beginnend  oß  den  ganzen  leib 
überzieht,  der  ansprung,  der  erste  sprung  und  beginn:  die 
lugend  leidet  keinen  grenzstein  und  das  ziel  der  vorweit  soll 
sein  der  ansprung  der  nachkommen.  Lohenst.  Arm.  1,  375; 
weil  nun  der  erste  ansprung  entweder  der  irnveg  oder  die 
rechte  bahn  des  ganzen  lebens  ist.  1, 1261 ;  der  fall  des  Ser- 
vilius  an  der  feindlichen  grenze  und  am  ansprunge  des  krie- 
ges.    2,   377. 

ANSPRÜTZEN,   s.  anspritzen. 

ANSPUCKEN,  inspuere,  anspeien. 

ANSPULEN,  fila  convolvere  in  glomum,  das  garn  anspülen. 

ANSPÜLEN,  alluere,  nnl.  aanspoelen :  das  meer  spült  an, 
hat  leichen  an  den  Strand  angespült ;  das  meer  habe  ehemals 
diese  Stadt  angespült.  Stolrerg  7,  241;  das  flache,  unermü- 
detc  anspülen  unbedeutender  mitlelmäszigkeil.    Göthe  44,  13; 

des  reichen  erwerbs 
quellen  füllt  anspülender  schlämm.    Platen  130. 

ANSPÜLUNG,  f.  alluvio. 

ANSPÜREN,  sentire,  an  einem  spüren,  ansehen:  man  spürt 
dirs  doch  immer  an,  dasz  du  ein  gelehrter  bist.    Göthe  10,  81. 

ANSPÜTZENi  auch  anspeuzen  f.  anspeien. 

ANSTACHELN,  stimulare:  vieh  zu  rascherem  lauf  ansta- 
cheln, mit  dem  stächet  antreiben;  zur  räche,  zum  mord  an- 
stacheln; den  armen  gegen  den  reichen  anstacheln,  die  be- 
gehrlichkeil anstacheln. 

ANSTÄHLEN,  ferruminare,  stahl  anschweisien. 

ANSTALL,  m.  statio,  induciae.  ein  anstal  oder  fride,  der 
auf  gewisse  zeit  beslimpt  ist.  Dasypodics  58';  da  verlor  er 
{Karl  8,  am  6  juli  1495)  sein  hörleger  (hcerlager),  geschülz 
und  gezelt,  nit  on  ein  blutige  nideriag,  doch  flöhe  er  nach 
erlangtem  anstal  des  kriegs  (erlangtem  wa/fen  still  stand)  zag- 
haft wider  in  Galliam.  Frank  f/i;on.  313';  die  mütter  (auf  den 
balearischen  inseln)  stecken  in  (rfcri  hindern)  für  ein  ril  auf 
ein  holz  ein  stück  brol,  das  dürfen  si  cc  nit  essen,  dan  si 
es  an  einem  anstal  {von  einem  bestimmten  anstand  her?)  herab 
werfen.  Frank  weltb.  69* ;  diese  stelle  hat  Fischart  im  augc, 
wenn  er  sagt:  gleichwie  in  balearischen  insuln  die  muter  dem 
kind  ein  zil  steckt  und  ein  stuck  brois  oder  schüssel  mit 
mus  aufs  zilholz,  welchs  es  nicht  che  essen  dorft,  es  würfs 
dan  am  anslall  herab.  Garg.  ISO*,  wie  der  krieg  anstall  ita- 
ben,  auf  gesetzte  frist  anstehen  soll,  wird  auch  anslall  die 
stelle  bezeichnen,  die  der  nach  einem  ziel  werfende  nicht  über- 
schreiten darf,  den  ort,  wo  er  anstehen  musz.  ahd.  also  ana 
slal?  ähnlich  gebildet  u'or  beislall,  bislal,  fulcrum.  später  er- 
löschen beide  Wörter. 

ANSTALT,  f.  apparatua,    inslruetio,    das  angestellte,   einge' 


473 


ANSTALT — ANSTAND 


ANSTAND 


474 


richtete,  sotcol  das  beginnende  ah  das  vorgeseltriltene  fertige: 
du  must  endlich  anstalt  machen,  hand  anlegen  und  das  ist 
eine  schöne,  saubere  anstalt,  das  ist  schlecht  eingerichtet,  zu- 
gerüstet; es  isl  noch  keine  anstalt  da,  wird  nichts  aus  der 
Sache;  anstalt,  anstalten  zum  essen,  zur  reise  machen; 

so  gut  man  auch  die  anstalt  macht.    Geliert  1,  S3; 

geh  gleich,  mach  anstalt!  Lessi^g; 

die  anstalt  ist  schon  getroffen.    Schiller  423; 

weil  du  für  meine  anstalt  keine  achtung  zeigtest.  157;  o, 
was  diese  heirat  betrift,  die  ist  auch  ein  wenig  meine  an- 
stalt. 653;  aber  ist  es  nicht  eine  barbarische  anstalt,  den 
kindern  mord  und  todschlag  zu  verbieten?  Göthe  it.  401; 
es  {das  gemähldc)  war  nicht  etwa  durch  einen  privatmuthwil- 
len,  sondern  aus  öffentlicher  anstalt  verfertigt  worden.  24, 
236;  man  jammert,  dasz  der  grosze  gott  gar  keine  anstatt 
machen  will  (zu  gutem  welter).   27, 13 ; 

was  ich  angab,  emsig  betrieben  und  so  auch  die  anstatt 
redlicher  männer  vollführt,  die  sie  unvollendet  verlieszen. 
40,  260 ; 

es  wäre  wunderbar,  wenn  das,  was  sonst  so  viel  anstalt  er- 
fordert ....  hier  so  gerade  zu  gegeben  würde.  K-^."«!  2,  315 ; 
der  bau  der  pflanzen  und  thiere  zeigt  eine  solche  anstalt. 
6,  71.  Die  belege  ergeben,  dasz  unter  anstalt  nicht  blosz  die 
Veranstaltung,  einrichtung  selbst,  sondern  auch  das  eingerich- 
tete, der  Sache  und  dem  orte  nach,  zu  verstehn  ist:  eine  öf- 
fentliche anstalt,  erziehungsanstalt,  lehranstalt,  heilanstalt,  tum- 
anstalt,  wofür  man  oß  auch,  ohne  alle  noth,  den  fremden  aus- 
druck  Institut  oder  gar  etablissement  verwendet,  wo  einflusz 
oder  betrieb  gemeint  wird,  sagen  wir  lieber  Veranstaltung,  frü- 
her hiesz  auch  das  anstalt,  z.  6.  durch  dessen  anstalt  ich 
zu  unserer  bagage  gebracht  wurde.    Simpl.  2,  S8. 

ANSTAMMELN,  balbe  alloqui,  stammelnd  anreden. 

ANSTAMMEN,  natura  insitum  esse,  einem  anstammen,  wie 
anerben ;  angestammte  guter ;  angestammte  tugend ;  wenn  das 
Tögelchen   in  seinem  angestammten   luftreicbe  umherschweift. 

WlELASD  ; 

für  alle  die  ihm  angestammt, 

für  uns  war  es  gethan.    Göihe  13,  316. 

ANSTÄMMEN,  s.  anstemmen. 

ANSTAMMUNG,  /".  origo,  indoles.    Stieler  2119. 

ANSTA.MPFEN,  tundere,  calcare,  erde  mit  den  füszcn  an- 
stampfen,   nnl.  aanstampen. 

ANSTAND,  ni.  nach  vcrschiedner  bedeulung  des  anstehcns, 
1)  cessatio,  mora,  induciae.  im  16.  17  jh.  vorhersehend  Waf- 
fenstillstand, anstehen  des  krieges,  gleichviel  mit  dem  seltne- 
ren anstail:  dhainen  chrieg  noch  angrif  anfahen  noch  trei- 
ben, noch  uns  damit  gegen  den  veinden  nicht  betriden  oder 
fridlichen  anstand  annemen.  Cbmel  Maximil.  s.  212  (a.  1500); 
als  wir  euch  den  jungst  gemachten  anstand,  auf  fünf  jar 
laug  zwischen  unser  und  den  Venedigern  aufgericht,  ver- 
kundt.  i.  355  (a.  1519);  dasz  die  kriegshändel  zu  frieden  oder 
zum  wenigsten  in  anstand  bracht  werden  mögen,  rcichsabsch. 
von  1529  §.  26 ;  die  Römer  haben  mit  den  Juden  einen  friede 
und  anstand  gemacht.  Lltuer  8,  87";  im  Nicderland  soll  ein 
anstand  sein  zwischen  den  Burgundern  und  herzogen  von 
Jülich.  Llthers  6r.  5,  559;  ein  listiger  ebenthewrer  machte 
in  kriegsleuften  einen  friedlichen  anstand  auf  etliche  tage 
und  plünderte  doch  nichts  deste  weniger  bei  der  nacht  sei- 
nes gegentheils  (lecke  und  dörfer.  Melanciitii.  tergleichunq  in 
der  rel.  übers,  ton  Jonas  bl.  4 ;  die  Tbraces  machten  anstand 
im  kriege  dreiszig  tage,  aber  bei  nacht  überfielen  sie  die 
feinde,  sagten,  im  anstände  sind  tage  ernennet.  Melaschth. 
hauptavt.  im  eorp.  doctr.  ehr.  s.  522 ;  gott  gebe,  das  es  ein 
friedliciicr  abschied  sei,  wie  noch  zu  hoffen,  denn  der  keiser 
halt  selb  fürgeschlagen,  der  noribergisch  anstand  soll  kräftig 
bleiben.  Melancuth.  an  Albrecht  ep.  10.  ed.  Faber;  in  dem- 
selbigen  jar  rüsteten  sich  die  Hetrurier  wider  den  anstand 
zum  krieg.  Rihei.s  Liv.  205;  haben  si  markgraf  Albrecht 
Temiorht,  mit  keis.  mai.  kriegsvolk  umb  ein  frid  tind  an- 
stand zii  handien.  Fräs»  chron.  23.3';  dieweil  ich  keinen  fri- 
den  oder  ani<tand  bei  im  erlangen  mag.  Aimon  bogen  i;  die 
Versicherung  des  anstand»  oder  fridens  zu  nemen.  bogen  T; 
keiser  Friderich  macht  ein  anstand  und  frid  mit  dem  sultan. 
Keiszner  Jerus.  2,  174';  zuweilen  werden  die  heim  und  für- 
slen  des  langen  zu  feld  ligcns  und  unfreundlichen  nassen 
kalten  wetlers  verdrossen,  machen  darumb  einen  anstand  auf 
etliche  monatcn.  Kirchhof  ml.  disc.  200 ;  anstand  beschlieszen 


und  annemraen.  205;  wo  er  mit  andern  herren  und  poten- 
taten  in  Unwillen  stünde,  dasz  er  mit  denselbigen  fried  oder 
zum  wenigsten  anstand  mache.  FR0^JSP.  kriegsb.  1,  57*;  bisz 
entweder  ein  fried  oder  anstand  gemacht  »irt.  3,  150';  auf 
Nimmerlei  tag,  wann  der  otter  mit  dem  fisch  eins  wird,  aber 
es  musz  kein  Reinickes  fuchs  anstand  sein,  die  hüner  keh- 
ren sonst  über  sich  die  bein.  Fischart  groszm.  55;  die  ge- 
sellschaft  Jesu,  so  mit  dem  teufel  einen  verstand  (einrer- 
ständnis)  und  anstand  treffen  können,  bienenk.  25*;  mit  dem 
Mercurio  ein  anstand  treffen.  Garg.  64';  also  kan  man  ein  an- 
stand mit  dem  durst  treffen.  84* ;  sie  vergiszt  auch  bald  alle 
Schmach,  fürnemlich  wann  die  federen  stieben,  allda  die  recht  vir- 
gaplaca,  der  rechte  bettanstand  und  rutenfridigung  regiert.  75' ; 

vertreib  der  wölken  dunst,  mach  anstand  mit  den  winden! 

Opitz  2,  154; 
vom  anstand  und  vom  Tried  und  vielen  schönen  dingen 
wil  fama  dieser  zeit  ein  neues  liedlein  singen. 

LoGAU  1,  1,  4  [iiberschr.  walTenanstand) ; 
drumb  machet  sie  (die  liebe),  dasz  weit,  wol  einen  bogenschusz, 
die  Zwietracht  sampt  der  stolz  zurücke  bleiben  musz, '^ 
ob  diesen  beiden  es  gleich  noch  so  sehr  verdrossen, 
ward  von  den  rittern  doch  der  anstand  so  ffeschlossen. 

Werders  .iriost  24,  106; 
es  klaget  Rodomoni,  dasz  so  von  .Mandricard 
ihr  anstand  und  vertrag  zweimal  gebrochen  ward.    25.  134  ; 

Augspurg  hat  mit  Friderico  und  Leopoldo  einen  anstand  auf 
sechs  jähre  gemacht.  Hahn  5,  270.  Dies  anstand,  gefüger  als 
das  heutige  Waffenstillstand,  mag  davon  ausgegangen  sein, 
dasz  die  waffen  ruhig,  unergriffen  an  der  «and  stehn,  wo 
nicht  die  folgende  Vorstellung  des  Stillstehens  zum  sielen  oder 
eines  bloszes  anstehens,  hallmachens  darunter  lag. 

2)  stalio,  wiederum  gleich  anstail,  der  ort,  wo  der  jäger 
oder  krieger  ansteht  «ein  ziel  ins  äuge  fassend,  das  wild,  den 
feind  entartend,  dann  überhaupt  ausgangs,  anhaltspuncl :  der 
Jäger  ist,  geht  die  ganze  nacht  auf  anstand,  steht  ruhig  und 
wartet;  er  hat  das  wild  auf  dem  anstände  geschossen;  dar- 
nach kam  ich  in  sein  anstand  (trard  ich  ihm  schuszgerecht). 
Götz  v.  Berl.  lebensb.  1731  *.  191;  d^  ich  erst  widerumb  zu 
ruck  vom  zil  an  den  anstand  und  malstatt  laufen  soll.  Fraxk 
chron.  111* ;  vom  anstand  bisz  zum  zil ;  verlosz  deinen  kinden 
ein  erbere  narung,  domit  sie  wol  ein  anstand  mögen  haben, 
anzufohen  ein  gewerb,  das  sie  auch  hinkommen  (fortkommen). 
Keisersb.  post.  III,  93.  Daraus  ftiesst  natürlich  wieder  der  begrif 
des  zauderns,  wartens,  aufenthalts,  der  frist  oder  schwierigkeil, 
des  bedenkens:  die  sache  hat  anstand,  steht  an,  d.  h.  es  isl 
noch  nicht  der  augenblick  zum  schusz  oder  angrif;  blieb  es 
im  anstände.    Schweimchen  2,49; 

lasz  dich  kein  bit  umb  anstand  . .  verhindern.    Wecsh.  459; 

wir  sind  nicht  hierher  kommen  trauriger  zu  werden,  sondern 
dem  kummer  einen  anstand  zu  geben.  Grvpbius  2,  494;  ich 
bitte  um  einen  geringen  anstand.  Weise  comOd.  83;  was 
vor  seltzame  anstände  ich  nun  etliche  tage  gehabt.  Simplic. 
1,  76; 

und  will  ihm  auch  vergönnen, 

nebst  ihr  noch  einen  wünsch  ohn  anstand  thun  zu  können. 
IIagedorm  2.  103; 

er  endlich  keinen  anstand  nahm 

sich  selber  auTdas  spiel  zu  setzen.    L•^sI^sü  t,  22; 

rieth  ich  meinem  freunde,  die  geforderte  summe  ohne  an- 
stand zu  bezahlen.  Göthe  19,  105;  in  der  that.  sehr  lobens- 
würdige  anstalten,  ohne  anstand,  recht  schnakische  anstal- 
ten. Schiller  106;  vortheil  soll  euch  mein  anstand  (zaudern) 
zuziehen  und  landübliche  Zinsen  tragen.  Hippel  lebcnsl.  4, 
399 ;  ich  hoffe  gänzlich,  die  sache  hat  gar  keinen  anstand. 
J.  Palt  leufelsp.  t,  12;  ob  der  Turiner  hof  anstände  (bedenken)  ge- 
gen lierm  von  Abel  (einen  baltischen  gesandten)  erhoben  habe, 
musz  dahin  gestellt  bleiben,  allg.  zig.  anstand  geben  heisit 
am  gericht  frist,  aufschub  bewilligen  (Haltals  43).  anstand  des 
gerichts  Justitium,  prolalio,  induciae.  zuweilen  drückte  es,  wie 
sonst  anhang,  die  einer  sache  beigeßgte  bedingung  aus :  so  wolt 
doch  s.  eh.  gn.  doctori  Jonae  noch  ein  jar  zu  Hall  zu  blei 
ben  vergönnen,  doch  mit  diesem  anstand,  dasz  er  hie  einen 
legalen  substituiert  Melaschth.  5,  269. 

3)  decor,  honestas,  was  einem  wol  ansteht,  ahd.  war  ana- 
stantida  constanlia  (Graff  6,  607),  was  sieh  eher  auf  die  vor- 
hergehende bedeutung  statio  jurürkleitel,  anständig  aptus,  com- 
modus  findet  sich  bei  Stieler  2132.  doch  erst  seit  dem  19  jh. 
hat  man  anstand  für  das  schickliche  in  dem  dnszcren  betra- 
gen verwandt,  von  einem  guten  oder  schlechten  anstände  ge- 


475 


ANSTAND  —ANSTÄNGELN 


ANSTAPELN  —  ANSTATT 


476 


sprochen:   er  tanzt  mit  anstand;   in    seiner  kleidung  herscbt 

ein  unverbesserlicher  anstand; 

welch  edler  anstand  herschl  in  seiner  jungen  miene. 
Ch.  f.  VVeisze  ; 

er  hat  gewust  in  kurzer  zeit  sich  den  ganzen  anstand   eines 

hofmanns  anzueignen; 

der  sphwarzen  aiigcn  schlauer  scherz, 

der  anstand  lockender  gebärden 

bezauberten  ein  jedes  herz.  Hagedorn; 

unmerklich  wird  ihr  anstand  immer  freier. 
Wieland  23,  237; 

in  seinem  ton  und  anstand  ist  die  spur 

von  dem  was  er  .  .  verbergen  will.    23,  256 ; 

manches  natürliche,  das  man  sonst  gegen  einen  andern  aus 
anstand  zu  verheimlichen  pflegt.  Götue  18,  89 ;  indem  es  dem 
edelmann  zur  pflicht  wird,  sich  selbst  einen  vornehmen  an- 
stand zu  geben,  indem  dieser  anstand,  da  ihm  weder  thür 
noch  thor  verschlossen  ist,  zu  einem  freien  anstand  wird. 
19,  151;  der  gute  ehrbare  anstand  ist  ein  schein  der  andern 
achtung  einflüszt.  Kant  10, 151.  zumal  oft  gefültl  und  scheu  in 
menschlich  natürlichen  und  geschlechtlichen  beziehungen.  Seit 
diese  dritte  bedeutung  um  sich  grif,  konnte  sich  die  erste  nicht  län- 
ger und  kaum  die  zweite  behaupten,  etwas  ohne  anstand  thun 
wird  erst  aus  dem  Zusammenhang  klar,  da  es  bezeichnen  kann 
actutum  wie  indccore  und  beidemal  gleich  betont  wird. 

ANSTANDFRIEDEN,  m.  induciae,  die  Zusammensetzung  drückt 
nichts  anders  aus  als  was  anstand  und  friede  getrennt:  also 
ward  darzwüschent  geredt  und  ein  anstandfriden  gemacht 
bisz  uf  Michaelis.   TscnuDi  1,  58. 

ANSTÄNDIG,  a/)<i/s,  decorus,  honestus,  geziemend:  ob  meiner 
person  anständig,  dergleichen  Sachen  ans  liecht  zu  lassen,  musz 
ich  das  urtheil  leiden.  Logaus  rorr.  s.  3 ;  das  hauswesen  be- 
stehet in  guter  nahrung,  in  einer  anständigen  liebste  und  in 
ordentlicher  hauszucht.  Weise  kl.  leutc  371 ;  gar  zu  viel  leim 
oder  zu  viel  sand  ist  ihnen  beederseits  {den  kestenbäumen) 
nicht  anständig.  Hohberg  1,  433" ;  oh  das  beiwort  . . .  ihm 
nicht  weit  anständiger  sei.  Lessing  3,  410 ;  schön !  seiner  (/ür  ihm) 
sehr  anständig.  lO,  149 ;  seid  doch  hübsch  anständig,  ihr  leute ! 

wäre  mirs  anständig,  lieber  vater,  dir 

zu  folgen,  wie  glücklich  würd  ich  sein !    Schiiler  222 ; 

bleib .'  das  ist  anständiger  für  dich  und  mich !    233 ; 

diese  römischen  manuscripte  sind  dem  Merkur  sehr  anstän- 
dig. Wieland  bet  Merck  2,  261 ;  sollten  sie  ihnen  vordersamst 
zum  besichtigen  anständig  sein.  1,397;  edle  kaufherren,  seht 
das  wunderschöne  kind,  das  ich  habe,  ist  es  euch  anständig 
es  zu  kaufen?  Tieck  1,  127;  eine  der  höchsten  Weisheit  an- 
ständige maszregel.  Kant  6,  398. 

ANSTÄNDIG,  adv.  apte,  decenter:  sie  antwortete  mir  sanft 
und  gefällig,  wie  es  einer  anständig  betrübten  ziemt.  Göthe 
21,  29 ;  der  späte  mond,  der  zur  nacht  noch  anständig  leuch- 
tet, verblaszt  vor  der  aufgehenden  sonne.  22, 109 ;  jemanden 
anständig  zum  henker  jagen.  J.  Paul  holzschn.  10,  161. 

ANSTÄNDIGKEIT,  f.  decor,  convenientia:  tugend  und  an- 
ständigkeit.  Lessing  1,  238;  eine  grosze  und  fruchtbare  regel 
der  anständigkeit,  nutzbarkeit  nnd  Übereinstimmung.  Kant  6, 
81;  ich  rede  von  der  Ordnung,  Schönheit  und  anständigkeit 
{der  Welteinrichtung).  6,  94;  die  anslilndigkeit  der  wähl  got- 
tes.  8,274;  es  gibt  anständigkeit  ohne  ehrbarkeit  (sj7/en  o/ine 
tugend).  7,  52 ;  die  erwägung  dieses  gesefzes  gibt  der  theorie 
einen  neuen  zug  von  anständigkeit.  8,  329.  in  fast  allen  die- 
sen beispielen  wäre  das  einfache  anstand  besser  gesetzt. 

ANSTÄNDLEIN,  n.  gleichsam  statiuncula:  das  si  ein  klein 
anstendli  oder  anhab  haben  anzufohen  ir  handwerk  zu  Iri- 
ben.  Keisersb.  post.  3,  83.  wir  könnten  anständchen  sagen, 
doch  anstundli  ist  lieblicher. 

ANSTANDSBRIEF,  m.  literae  moratoriac:  jedem  tag  gab 
er  einen  ablaszbrief  ihres  Schweigens  mit,  später  wurden  an- 
slandsbriefc  daraus.  J.  Paul  Tit.  3,  50.  die  spätere  Schrei- 
bung des  Verfassers  anstandbricfc  ist  hier,  wie  immer,  zu  über- 
sehen. 

ANSTANDSDAME,  f.  eine  rollenkalegorie  im  schautpielwcsen. 

ANSTANDSMASCHINE,  f.:  müssen  denn  die  armen  Prin- 
zessinnen zu  anstandsmaschinen  entseelt  und  in  säle  gleich- 
sam als  eisöfen  hingesetzt  werden.   J.  Paci.  37, 111. 

ANSTANDVOLL,  decore  plcnus: 

die  anslandvolle,  unTcrstcIlie 

glcichgültigkeit  und  ungezwungne  kfiltc.    Wieland. 

ANSTÄNGELN,  s.  anstcngein. 


ANSTAPELN,  struere,  anschickten,  aufstapeln,  s.  stapeln. 
unhochdeutsch  auch  für  das  folgende:  er  kommt  angestapelt, 
angeschritten,  sollte  heiszen  angestapfelt,  angestaffelt. 

ANSTAPFEN,  inyredi,  anschreiten,  s.  stapfen,  nnl.  aan- 
stappen. 

ANSTÄRKEN,  amylo  paulisper  firmarc:  die  wasche  nur  an- 
stärken. 

ANSTARREN,  rigentibus  oeulis  intueri,  ahd.  anastaren,  mhd. 
anestaren.   Alex.  361,  nnl.  aanstaren: 

ich  starrte  jedes  ding  als  fremde  wunder  an.    Hallkr; 
und  starret  sie  aus  groszen  äugen  an.    Wieland; 
also  starrt  ihn  das  wartende  volk  an.    Klopst.  Hess.  6,  426 ; 
er  starrt  den  leichnam  an.    Götter  2,  10 ; 
bewegungslos  starr  ich  das  wunder  an.    Scuiller. 

s.  anstieren,  ansturen. 

ANSTATT,  praep.  und  conj.  pro,  loco,  eigentlich  in  loco, 
in  locuni,  franz.  au  lieu,  engl,  instead. 

1)  Umschreibung  der  praeposition,  mit  dem  von  statt  abhän- 
genden genitiv.  bei  Luther  erscheinen  an  und  statt  gewöhn- 
lich durch  diesen  gen.  von  einander  getrennt :  nara  den  wider 
und  opfert  in  zum  brandopfer  an  seines  sons  stat.  1  Mos. 
22,  13;  darumb  lasz  deinen  knecht  hie  bleiben  an  des  sons 
stat.  44,  33 ;  und  woneten  an  ir  stat.  5  Mos.  2, 12.  doch  tre- 
ten sie  auch  zusammen  und  der  gen.  folgt  nach :  so  sol  deine 
selc  an  stat  seiner  sele  sein.  1  kön.  20,  39 ;  an  stat  deiner  ve- 
ter wirst  du  kinder  kriegen,  ps.  45, 17 ;  hat  dich  zum  priester 
gesetzt  an  stat  des  priesters  Jehojada.  Jer.  29,  26 ;  der  so  an 
stat  des  leien  stehet.  1  Cor.  14,  16.  als  Salomonius  ihm  an 
statt  der  ganzen  römischen  bürgerscliaft  die  fösz  küssete. 
ZiNKGR.  apophth.  1,  14;  an  statt  des  aufgeputzten  elephanten. 
Rabener  5,  73 ;  an  stat  der  handreichung  und  rettung.  Garg. 
252' ;  aber  die  klöster  braucht  man  an  statt  der  bei  den  bei- 
den geheiligten  felsen,  darüber  sich  die  leut  aus  verzweife- 
lung  stürzen  möchten.  273" ;  zieht  frisch  hembder  an,  das  ist 
an  statt  vil  badens.   287'; 

anstatt  der  Jugend  milch  ein  lebhaft  männlich  braun. 
Hagedorn  2,  82 ; 

sauget  meine  milch  anstatt  der  galle.  Schiller;  wo  man  die 
Übersetzung  dem  original  identisch  machen  möchte,  so  dasz 
eins  nicht  anstatt  des  andern,  sondern  an  der  stelle  des  an- 
dern gelten  solle.  Göthe  6,  2S9.  die  letzte,  nicht  eben  glück- 
lich getvdhite  phrase  will  ausdrücken,  dasz  die  Übersetzung 
keinen  vollen  ersatz,  nur  annäherung  gewähre,  nicht  gleich 
dem  original,  pour  l'original,  sondern  au  lieu  de  l'original 
sei.  anstatt  ist  uns  etwas  abstracter  als  an  der  stelle,  ur- 
sprünglich aber  dasselbe.  Den  gen.  kann  übrigens  auch  ein 
possessivum  vertreten:  welcher  an  seine  statt  priester  wird. 
2  Afos.  29,  30 ;  ward  könig  an  seine  stat.  1  Mos.  36,  22 ;  an 
seine  stat.  2  chron.  1,  8 ;  zu  einem  mönch  an  mein  statt  ma- 
chen. Fischart  Garg.  251* ;  in  den  übrigen  provinzen  regierten 
herzöge  an  seine  statt.    Hahn  1,  72 ;  mhd. 

sante,  als  si  in  bat 
sin  selbes  tohter  an  ir  stat.    Iw.  5776; 
der  sante  mich  her  an  ir  stat.    6047  ; 
gebietet  ir  an  mine  stat.    MS.  1,  69". 

wir  unterscheiden  heute  den  acc.  vom  dat.  und  sagen:  er  triJt 
an  seine  statt,  an  des  vaters  statt,  aber  er  herschte  an  sei- 
ner statt,  du  fühlst  dich  glücklich  an  meiner  statt,  an 
dessen  statt  oder  an  seine  statt,  ejus  loco,  au  lieu  de  cela, 
de  lui. 

2)  in  conjunctioncller  Verbindung  mit  da,  dasz  oder  folgen- 
dem  infinitiv,    franz.   au   lieu  que,    au  lieu  de,    lat.  tantum 

abest  ut. 

anstat,  dasz  wir  sie  itzund  könten  küssen, 
so  sehn  wir  hier  mit  seufzenden  verlangen. 

FlKiiiNG  102  (1085,  105); 

die  brtrger  freuen  sich  nnsiat  da  andre  irauren, 
dasz  sie  ein  solcher  priiiz  iu  sein  gebiete  bracht, 
anstatt  dessen  (dasz)  nun  Hunnus  mit  ihr  niillciden  haben 
sollte,  rief  er.  Lohenst.  >lrm.  I,  152;  er  darf  ühenill  vonvärls 
dringen,  anslnlt  dasz  dem  hürger  nichts  besser  ansteht,  als 
das  reine  stille  gefühl  der  gienzlinie,  die  ihm  gezogen  ist. 
Göthe  in,  1,'.2;  deswegen  wir  auch  heute  an  dein  heitersten 
tage  das  nieer  dunkelblau  fanden,  anstatt  dasz  es  bei  Neapel 
immer  heilerer  glänzt.  28,  9t.  sie  freuen  sich,  anstatt  zu 
trauern;  sie  schweigen,  anstalt  sich  zu  beklagen;  pemählde, 
wie  sie  Homer  selbst  würde  ausgeführt  haben,    wenn  er  an- 


477 


AiNSTÄUBEN  —  ANSTECHEN 


ANSTECHEN — ANSTECKEN 


478 


statt  mit  Worten  (zu  mahlen)  mit  dem  pinsel  gemahlt  hätte. 

I.£SSING    S,  5 ; 

scheint  stolz  auf  seine  scbmach,  anstatt  beschämt  zu  zein. 

WiELASD  ; 

Wie  die  neuere  spraclie  mandien  andern  parlikeln  ein  an 
vorschiebt  oder  abnimmt  (anher  her,  anwo  wo,  ansonst  sonst) ; 
hat  sie  gemeint  der  bei  anstatt  wesentlichen  praep.  entralhen 
zu  können  und  ein  bloszes  statt  eingefülirt,  das,  weil  es  kei- 
nen dat.  ah  sich  selbst  deutlich  verkündet,  dem  tat.  loco  nicht 
verglichen  werden  kann.    s.  statt. 

ANSTÄUBEN,  leviter  pulvere  aspergere,  leicht  bestäuben: 
die  flügel  des  Schmetterlings  sind  unten  mit  gold  angestäubt ; 
man  thut  nur  einige  schritte,  so  sind  die  schuhe  schon  an- 
gestaubt,   s.  anstieben. 

ANSTAUCHEN,  leviter  obstruere,  inhibcre:  ein  wasser  durch 
rasen  und  schlämm  anstauchcn ;  der  flusz  wird  durch  diesen 
engpasz  angestaucht  und  gehemmt.  Schubert  reise  ins  mor- 
genl.  1,  90;  den  arm  leicht  anstauchen,  luxare.  s.  das  fol- 
gende. 

ANSTAUEN,  in  gleichem  sinn,  wie  man  stauen  ßr  stau- 
chen sagt.     nnl.  aber  ist  aanstouwen  antreiben. 

ANSTAUNEN,  cum  slupore,  cum  admiratione  inlueri: 

dasz  ringsher  die  Völker  den  kommenden  all  anstaunten. 
Voss  Od.  2,  13 ; 
was  äugen  hat,  läuft  scharenweis  herbei, 
den  prächtgeu  kirchgang  anzustaunen. 

WlKLA-ND  ; 

sprich,  was  staunst  du  lächelnd  an? 

GoTTBR  3,  471 ; 
oft  noch  steh  ich  an  de«  Ätna  rande, 
staune  seine  wolkenseulen  an. 

Seläk  (1S35)  s.  624; 

misfiel  es  nun  dem  jungen  aulor  keineswegs,  als  ein  litera- 
risches mcteor  angestaunt  zu  werden.  Götue  26,  236.  vgl. 
franz.  etonner  ßr  estonner. 

ANSTAUNENSWCRDIG,  admirabilis: 

anslaunenswürdig  mitten  im  tempelhain 

stand  der  ambrosische  lebensweinbaum.    Voss. 

ANSTAUNUNG,  /.  Stupor:  anstaunung,  maulaufsperre,  fröh- 
nung  und  räucherei.  Klopst.  12,  85. 

A.NSTECHEN,  incilare,  stimulare,  infigere,  carpere,  nnl.  aan- 
stcken,  s.  das  einfache  stechen  figere,  pungere. 

1)  das  pferd  mit  dem  sporn,  den  ocbsen  mit  dem  Stachel 
anstechen,  antreiben :  da  sasz  er  auf  ein  ungesattelts,  ein  ge- 
saltelts,  mit  sporen,  ohn  sporen,  auf  ein  licht  ros,  ein  hart- 
traber,  ein  hochhebet-,  ein  hocbstampfer,  ein  sanftzeltner,  ein 
jungfrawdiener,  ein  rennros,  da  stach  ers  an,  da  must  es 
traben.  Garg.  176*;  stach  damit  sein  pferd  an,  wischt  hin- 
über, wie  ein  tartarpferd  übers  mur.  233';  stach  er  das  pferd 
noch  an.  251* ; 

wie  wann  ira  wettelaufen 
sich  einer  ganz  bemüht  vor  dem  gemeinen  häufen 
zu  treffen  auf  den  zweck,  sticht  seinen  klepper  an, 
der  siegeshofnung  voll.  Opitz  3,  194; 

er  säumte  nicht,  den  rappen  anzustechen,  und  zack  zack! 
war  er  zum  thor  hinaus.  Musaels.  bei  dem  häufigen  gebrauch 
dieses  Worts  heiszt  nun  aber  angestochen  kommen  so  viel  als 
angeritten  kommen  und  überhaupt  in  verächtlichem  sinn  her- 
ankommen, sich  nähern,  mit  etwas  außrelen,  beispiele  schon 
oben  unter  angestochen,  hier  noch  andere:  wann  eines  von 
uns  angestochen  käme  und  sagte,  ich  bin  der  geiz.  Simpl. 
1,565;  du  bcltelhund,  wer  wärest  du,  als  du  in  deinem  lau- 
siciiten  inäntelchen  angestochen  kämest?  Weise  erzn.  11; 
kommt  einer  mit  etwas  angestochen,  als  etwa  vom  weiter... 
so  ward  ihm  schlechtweg  widersprochen.  Wiei.and2I,  12;  ver- 
zeihen sie,  dasz  ich  schon  wieder  mit  einem  wisch  angesto- 
chen komme.  Wieland  bei  Merck  2,  S6;  das  blättchen  schosz 
mir  gleich,  da  sie  angestochen  kam.  C.  F.  Weisze;  damit 
d-irfst  du  mir  nicht  angestochen  kommen ;  da  kommen  schon 
wieder  ein  paar  angestochen.  Fb.  .Mür.iEH  3,  244. 

2)  das  fasz,  den  wein  anstechen,  dolium  aperire: 

»o  wil  ich  in  den  keller  gan 
und  anstechen  den  besten  wein, 
darbei  da  wöll  wir  frölich  sein. 

H.  SacusII.  4,  f; 

schmeckt  dir  der  wein  nicht,  so  stich  ein  ander  fasz  an. 
WicsBAM  ro//ir.  55';  und  stachen  das  best  vasz  weins  an, 
aszcn  und  trunken  mit  einander,  seh.  und  ernst  cap.  153; 


wirt  hast  nit  ein  volles  vasz? 

dasselb  anstechen  lasz, 

wir  wollen  zechen  bei  der  glut, 

darzu  sind  kitten  und  kästen  gut.   Garg.  97*. 

Vielleicht  ist  hiemach  auch  ein  abstractes  anstechen  auszule- 
gen, das  milder  scheint,  als  das  hernachfolgende  anstechen: 
ich  wiis  nur  itzt  kürzlich  anstechen  (altingere)  und  zeigen, 
was  von  der  ganzen  Hcinzen  schrift  in  den  andern  sacramen- 
tcn  zu  halten  sei.  Lcther  2, 159';  ich  wil  dismal  dise  sachen 
allein  angestochen  und  entworfen  haben,  damit  ichs  nicht  ver- 
gesse. 6,  544';  meinen  gnädigen  herrn  dorft  ich  nicht  anste- 
chen. Luthers  br.  4,  523. 

3)  anstechen,  reizen,  pungere,  lacessere,  in  verschiednem 
sinn,  meist  ungünstig  und  feindlich:  das  hat  David  wul  ver- 
standen und  alhie  der  eins  angestochen.  Luther  1,  473' ;  nach 
dem  der  Jude,  so  mich  bewegt  hat,  nehest  mal  von  den  jüden 
zu  schreiben,  auch  dis  stück  anstach  (urgierle),  es  konte  nicht 
beweiset  werden.  S,  119';  es  sind  auch  wol  etliche,  die  da 
meinen,  das  es  wider  die  Phariseer  von  Christo  ironice  oder 
spöttisch  geredt  sei,  das  also  Christus  etwas  herbe  und  hö- 
nisch  ansteche  ire  phariseische  heuchelei.  J.  Jonas  bei  Luther 
6,  40S';  er  hat  uns  durch  seine  stichlichle  rede  angestochen. 
Witzesb.  3,  202 ; 

Lindus  ward  in  einem  glach  oA  mit  wonen  angestochen, 
gleichwol  aber  bat  er  sich  noch  mit  wort  noch  that  gerochen. 

LoGAC  1, 10,  9; 
ei  ich  wils  ihm  ein  noch  reihen,  dieses  ding  musz  sein  gerochen  I 
einer  bat  mich,  spricht  Peninna,  spöuisch  unlängst  angeslocbeo. 

2,  1,  41 ; 
Quadruncus  sticht  gemein  gelehrte  manner  an, 
aus  diesem  hör  ich  wol,  dasz  er  gcwis  nichts  kan.   2,  5,  1 ; 
den  kein  wehklagen, 
kein  schel  gesiebt 

noch  neid  ansticht.    Grtph(CS  2,  152; 
wenn  uns  der  ström  der  angst  bis  in  den  abgrund  reiszet, 
wenn  uns  der  feind  ansticht.    2,  157; 

dasz  auch  die  alten  beiden  (womit  er  den  geschichtschreiber 
Strabo  höflich  ansticht)  sogar  davon  gefabulieret.  Simplic.  1, 
10;  als  mich  aber  auch  diejenigen,  die  sich  um  das  frauen- 
zimmcr  umthun  konten,  meiner  holzböckischen  art  und  Un- 
geschicklichkeit halber  anstachen,  l,  292 ;  die  Schädlichkeit  des 
weiblichen  geschlechts  anstechen.  Lohenst.  Arm.  2,  735 ;  dasz 
der  komödienschreiber  Phrjnichus  ibn  in  einem  seiner  stücke 
angestochen  {auf  ihn  gestichelt)  habe.  Lessing  6,  303 ;  Aristo- 
phanes  hat  mit  dieser  komischen  benennung  die  flötenspieler 
anstechen  wollen.  8,  72 ; 

geschwind,  herr  pfarrer,  dann.' 

stiehl  sie  das  mädchen  an?  Göthk  13,  15, 

sticht  es  ihnen  in  die  äugen?;  ich  bemerkte,  dasz  sie  mit 
weniger  Offenheit  als  sonst,  mit  einiger  Verlegenheit  mit  mir 
redete,  das  fiel  mir  auf.  ist  sie  auch  wie  alle  das  volk? 
dachte  ich,  und  war  angestochen  (piquiert)  und  wollte  gehen. 
16,  104;  dieses  war  eine  von  den  Übeln  eigenheiten  des  so 
treflich  begabten  mannes  (Basedows),  dasz  er  gern  zu  necken 
und  die  unbefangensten  tückisch  anzustechen  beliebte.  26, 
278;  ich  kann  seine  blicke,  seine  äugen  nicht  vergessen!  es 
hat  dich  angestochen,  mich  auch.  Klincers  th.  3, 164 ;  ange- 
stochen sein,  einen  leichten  rausch  haben;  schon  oft  hat  mich 
herr  Gawein  angestochen.  Tieck  5,  5S7;  ich  wäre  gar  loll  ge- 
worden und  stäche  boshaft  das  widernatüriiche  Verhältnis 
ihres  amtmanns  und  seines  actuarius  an.  J.  Paul  teufelsp. 
1, 137. 

4)  nocA  anderes  sinnliches  anstechen:  einen  bissen,  das 
fleisch  an  die  gabel  anstechen;  die  butler,  eine  tonne  butler 
(wie  vorhin  das  weinfasz)  anstechen ;  eine  tonne  beringe,  einen 
häufen  heu  anstechen ;  ein  halsluch  anstechen,  bestechen,  säu- 
men; der  apfel  ist  vom  wurm  angestochen;  die  rose  welkt, 
sie  ist  angestochen,  mhd.  sagte  man  auch  den  ring,  daj  rin- 
geriin  an  stt-chen,  statt  des  heutigen  stecken: 

ein  vincerlin  kleine 

mit  einem  guoten  steine 

löchs  ab  der  hant,  da?^  nieraan  sacb, 

hern  .Mauritien  sie  e^  stach 

an  siner  vinger  einen.    Maur.  605. 

AN'STECHUNG,  f  punctio,  stimulatio:  dasz  ihnen  solche 
anslecbungcn  (mit  slacbrlschripen)  nicht  nur  im  herzen  weh 
thaten.  Lobexst.  Arm.  2,  517. 

ANSTECKEN ,  •  unterscheidet  sich  der  form  nach  ton  anste- 
chen, wie  das  starke  stechen  stach,    ahd.  stecban  stah,    mhd.    . 
stechen  stach  rom  sciiwaclten  stecken   steckte,   ahd.   steccban 


479 


ANSTECKEN 


ANSTECKUNG  —  ANSTEHEN 


480 


stahta,  mhd.  stecken  staete,  vergleichbar  dem  rechen  rah  und 
recken  racte.  da  aber  schon  stechen  stach  transiiive  bcdcu- 
tuiig  haben  kann,  in  stecken  steckte  diese  Iransition  erhöht 
wird,  von  stechen  pungerc  stecken  ßgere  nur  in  bestimmten 
anivcnditngen  abweicht,  so  müssen  auch  anstechen  und  an- 
stecken verwandten,  oß  überschwankenden  sinn  gewähren,  nicht 
anders  als  abstechen  und  abstecken. 

1)  anstecken,  affigere:  eine  blume,  einen  strausz  anstecken, 
vorstecken;  den  ring  an  [den  finger)  stecken;  ein  band  an 
(den  arm)  stecken,  mit  nadeln  anheften;  das  rad  an  (die  achse) 
stecken ;  den  degen  an  (die  seile)  stecken ;  den  braten  an 
(den  spiesz)  stecken:  wie  man  die  ferkiin  ansteckt.  Garg.iOö"; 
nur  ein  häufen  paternosler  angesteckt.  240".  Gotiie  sagt  auch 
den  wein,  das  fasz  anstecken,  wofür  ivir  vorhin  anstechen 
gebraucht  sahen :  wir  sendeten  unsere  leeren  gefäsze  zu  dem 
schenken,  der  uns  ersuchen  liesz  geduld  zu  haben,  bis  die 
vierte  ohm  angesteckt  sei.  43,  209. 

2)  anstecken,  accendere,  wofür  mhd.  wiederum  anstechen: 

als  man  daz  vür  darane  stach  (:gcschach). 
Herbort  15812, 

und  noch  heule  mancher  orten:  das  feuer  anstechen,  es  ist 
schon  angestochen,  doch  auch  myst.  148,  7 :  unde  iiej  Rome 
an  vier  enden  anstecken  zu  burnende,  in  einem  nicht  rein 
mhd.  denkmal,  die  stelle  lehrt  zugleich,  dasz  anstecken  eigent- 
lich nicht  das  unmittelbare  anzünden,  anbrennen  des  feuers, 
sondern  das  anlegen,  anschüren,  stochern  des  holzes  bezeich- 
net, allmälich  aber  drückt  es  geradezu  das  zünden  und  ent- 
brennen aus.  nnl.  unterscheidet  sich  aansteken  und  ontsteken 
fast  wie  bei  uns  anzünden  und  entzünden,  doch  ist  auch  aan- 
stoken  zu  erwägen,  ein  guter  funke  von  gott  angesteckt. 
Luther  3, 10  tcnd  br.  3,  71 ;  wenn  ir  die  stad  eingenomen  habt, 
so  steckt  sie  an  mit  fewr.  Jos.  8,  8 ;  und  eiieten  und  steck- 
ten sie  mit  fewr  an.  8, 19 ;  da  steckten  die  knechte  Absalom 
das  stück  mit  fewr  an.  2  Sam.  14,  30 ;  so  wil  ich  ein  fewer 
unter  iren  thoren  anstecken.  Jer.  17,  27 ;  ich  wil  die  hewser 
der  gütter  mit  fewr  anstecken.  43, 12 ;  und  ich  wil  die  maurcn 
zu  Damasco  mit  fewr  anstecken,  das  es  die  palast  Benhadad 
verzeren  sol.  49,  27 ;  wie  jener  toringisch  jungherr  die  scheur 
von  wegen  der  gruszen  meus  ansteckt.  Fisciiart  Garg.  185"; 
den  meidlin  die  agen  schütteln,  die  rocken  anstecken.  220'; 
wa  ichs  nicht  ansteckte  und  verbrennte.  230* ;  wer  der  heren 
von  Eiben  weide  anstigket.  weisth,  3,  321 ; 

wird  nun  ein  grüner  wald  hier  oben  angesieckt. 

Opitz  1,  42; 
komt  baut  mir  tempel  auf,  steckt  safigen  weirauch  an. 
LouENST.  Cteop.  31,  1002; 

mit  einem  kleinen  fünklein  kan  man  ein  groszes  feuer  an- 
stecken, fers,  baumg.  1,  6 ; 

wann  zeillich  auch  die  rosensiund 

den  tag  uns  an  kombt  stecken.    Spee; 

ein  reich  von  Soldaten  wollt  er  eründen, 

die  weit  anstecken  und  entzünden.    Scuiller; 

der  donner  hat  uns  sehr  erschreckt, 

der  blitz  die  scheunen  angesteckt. 

ein  licht,  die  pfeife  anstecken;  einem  das  haus  überm  köpf 
anstecken ;  das  haus  anstecken,  unter  dem  volk,  sein  wasser 
wider  ein  haus  abschlagen. 

4)  anstecken,  inficere,  wahrscheinlich  Übertragung  des  vori- 
gen, da  das  contagium  die  entzündung  verbreitet:  mit  einem 
heilsamen  gift  angesteckt  und  entzündet.  Opitz  1,7"; 

die  faule  luft  heckt  pesiilcnzen 

und  steckt  die  lander  an.    Gryphius  1,  18; 

ein  wallendes,  ein  angestecktes  bliit. 

Hagedorn  2,  106; 
dem  Jüngling  aber,  welcher  frühe 
durchs  beispie!  angesteckt  den  rechten  pfad  verlor. 
Götter  1,380; 

der  enthusiasmus,  womit  einer  den  andern  ansteckte.  Wie- 
land 2,  96 ;  diese  art  von  leuten  war  so  geschäftig,  dasz  es 
ihnen  gelang  den  gröszten  theil  des  volks  mit  ihrer  thorhcit 
anzustecken.  2, 101 ;  ihre  einbildungskraft  ist  angesteckt,  ihre 
stille  bescheidcnheit  athmel  eine  liebevolle  begierde  (Ophelia). 
GöTiiE  19,  78 ;  ich  filcckte  mit  dieser  liebhaberei  die  übrigen 
besten  geführten  an.  20,  212;  wenn  ich  mich  durch  seinen 
schmerz  anstecken  lasse.  Kant  5,  295;  die  schädlichen  Wir- 
kungen der  angesteckten  luft.  8,  32S.  man  unterscheidet  zwi- 
schen ansteckenden  und  nicht  ansieckenden  krankheiten,  strei- 
tet,   ob    die    Cholera  anstecke  oder  nicht ;    ein  räudiges  schaf 


steckt  die  ganze  herde  an;  ein  aberglaube  hat  oft  ganze  lan- 
der angesteckt;  gähnen  steckt  an. 

ANSTECKU.NG,  f.  contagium :  wen  die  ansteckung  der  weit 
crgrif.  Götter  3,  70;  ein  untrügliches  mittel  wider  Selbstbe- 
trug und  ansteckung  mit  fremder  thorheit.  Wieland  6,  xvii. 

ANSTEHEN ,  nnl.  aanstaan,  in  verschiednen  bedeutungen, 
die  alle  sich  auf  ein  nahes  stehen  oder  liegen  zuiüclcleitcn. 

1)  adstare,  prope  stare:  rücke  den  tisch,  dasz  er  anstehe; 
der  stul  steht  nicht  recht  an;  das  bette  steht  an  {der  wand); 
der  schrank  steht  an,  stöszt  an  die  mauer. 

2)  assistere:  antreten,  sich  anstellen:  er  steht  schon  an 
(zum  tanz);  ich  stehe  mit  an  (der  reihe);  du  wolltest  nicht 
mit  anstehen;  er  empfieng  (reichliche  gäbe)  nicht  nur  von 
uns  gerührten  fremden,  sondern  auch  von  den  anstehenden 
sonst  pfennigkargen  Hörnern.  Güthe  29,  307.  man  könnte  auch 
sagen:  der  Jäger  steht  an  (auf  das  wild,  zum  schusz),  doch 
heiszt  es:  ist  auf  anstand,  ins  reich,  amt  anstehen,  es  an- 
treten: da  Daniel  das  gesicht  sähe  und  Darius  ins  reich, 
Jhesus  ins  bischofampt  anstfind.  Frank  chron.  77* ;  witzbold 
kinder,  die  frü  anstehen  in  der  witz.  Agricola  spr.  146*. 

3)  sistere  cursum:  der  wagen  steht  an,  steht  Ml,  fährt 
nicht  weiter;  das  pferd  steht  an;  die  ochsen  stehn  an  (dem 
berge),  ziehen  nicht  fort,    praet.  ist  oder  hat  angestanden. 

4)  bergmännisch,  adesse,  prostare,  vgl.  anfliegen,  anschie- 
szen :  wenn  du  mich  an  die  stelle  bringst,  wo  er  (der  stein) 
ansteht.  Güthe  21,  47;  ein  dichter  kalkstein,  der  in  groszen, 
obgleich  unendlich  zerklüfteten  massen  anstand.  27,  23 ;  auch 
anstehend  als  gänge  fand  ich  hörn-  oder  feuersteine.  28, 154 ; 
wenn  granit  hier  wirklich  in  seiner  urlage  anstehend  gefun- 
den würde.  44,  57;  in  einem  gewissen  granit,  der  an  mehre- 
ren orten  zwischen  dem  anderen  ansteht.  51,  12 ;  dieses  ge- 
stein,  da  wo  es  von  altersher  der  luft  und  Witterung  ausge- 
setzt, frei  ansteht.  51,17;  eine  quarzmasse,  manchmal  trumm- 
weise  mit  anstehenden  amethystkrystallen.  51,  25. 

5)  sedere:  das  kleid  steht  mir  an,  steht  passend  an  dem 
leibe,  liegt,  sitzt  an,  schlieszt,  schmiegt  sich  an :  das  tuch 
steht  dir  gar  nicht  an;  die  gelbe  färbe  hat  dir  nie  angestan- 
den ;  und  werden  mir  meine  kleider  scheuszlich  anstehen. 
Hiob  9,  31 ;  was  ihm  für  kleider  wol  anstehn.  Garg.  72'.  atich 
blüsz  stehen :  das  kieid  steht  mir  gut,  steht  mir  nicht. 

6)  aus  dieser  sinnlichen  bcdeutung  entfaltet  sich  die  weit 
häufigere  dccere,  convenire:  das  steht  mir  an,  ziemt  mir. 
schickt  sich  für  mich:  es  stehet  einem  narren  nicht  wol  an 
von  hohen  dingen  reden,  viel  weniger  einem  fürsten,  das  er 
leugt.  spr.  Sal.  17,  7 ;  dem  narren  stehet  nicht  Wol  an  gute 
tage  haben,  viel  weniger  eim  knecht  zu  herschen  über  fürsten. 
19,  10;  und  die  (gheder  des  Icibs)  die  uns  übel  anstehen, 
die  schmücket  man  am  meisten.  1  Cor.  12,  23 ;  denn  die  uns 
wol  anstehen,  die  bedürfens  nicht.  12,  24 ;  es  stehet  den  wei- 
hern  übel  an,  unter  der  gemeine  reden.  14,35;  ja  so  stehets 
gott  an  zu  gedenken.  Luther  S,  18l';  stücklein,  die  ihm  wol 
anstunden.  Garg.  53";  die  sfhlittenglocken  möchten  seinem 
kammelthier  wol  anstehn.  149* ;  wie  schön  ihnen  der  schwatz 
anstehet.  19l';  ich  liab  wol  bei  fünfluindert  sehen  henken, 
aber  keinen  nie,  dem  es  so  wol  angestanden,  und  stund 
es  mir  so  wol  an,   ich  hieng  all  mein  lebenlang  dran.   252'; 

der  degen  stand  mir  gleich  der  leichten  fcder  an. 

Gryphius  I,  194; 
ob  Chloris,  ob  Dian  nackt  einzuziehen  pflegt, 
stehts  dennoch  der  nicht  an,  die  nichts  als  knochen  trägt. 

2,  288 ; 
scherzen  steht  der  juijond  an, 
aber  nicht  dem  .-illenniiinn.   pcrs.  rosenth.  6,  5; 

du  denkest  stets  an  sie  und  auf  alles  was  ihr  wol  oder  Übel 
anstehet,  pers.  baumg.  3,  2;  solchem  buben,  wie  du  bist, 
stehet  nicht  an  einem  alten  mann  in  die  rede  zu  fallen. 
Simpl.  1,  30;  dann  es  stehet  ihnen  oft  an,  wie  dein  zaun- 
stecken menschliche  kleider.  2,  707;  wie  schlecht  hätte  ihm 
das  angestanden ;  den  göttern  kaum  ansteficnde  und  geziiu- 
liehe  noch  wertbc  reden  und  arten.  Weckuerl.  von.  zu  den 
weltl.  ged.; 

purtcllichkcjt  steht  götlern  übel  an. 

WiKLAND  10,  157; 
du  SOllK'St 
mit  ihm  iiicbl  zürnen,  ihn  zu  leiten  stünde 
dir  bes.ier  an.  Göthk  9,  108; 

s»'i  kcrkcrmcisicr,  sei  der  niarlerknccht, 
wie  wol,  wie  eigen  steht  dir  beides  an.   9,  2.19; 

anstatt,  dasz  dem  bürgcr  nichts  besser  ansteht,  als  das  reinc^ 
stille  gefühl  der  grenzlinie  die  ihm  gezogen  ist.  19,  152 ;  und. 


481 


ANSTEHEN 


ANSTEIFEN  —  ANSTELLEN 


482 


das  docieren  stund  ihm  gar  gravitätisch  an.  56,  232;  ihDen 
steht  es  an,  so  zart  zu  denken.  Schiller  339; 

dann  ist  es  zeit  und  steht  dir  rürstlich  an, 
dich  mit  der  liebe  myrten  zu  bekrönen.    453; 

wie  schön  musz  einer  so  kräftigen  gestalt  die  liebe  anstehen? 
J.  Pacl  Tit.  1,  27;  ein  reicheres  puppenkabinet,  als  der  ar- 
mut  dieses  erdgeschosses  anzustehen  schien,  paling.  2,  37. 

7)  weil  was  einem  ansieht,  ihm  auch  wünschensuerlh  er- 
scheinen musz,  so  entspringt  die  bedeutung  von  zusagen,  an- 
nehmlich, begehrenswerlh  sein,  gefallen,  franz.  convenir:  zwei 
verse  haben  mir  beinahe  die  seele  geraubet,  so  wol  stunden 
sie  mir  an.  pers.  baumg.  9,  7 ;  dem  Schulmeister  stund  mein 
anschlagischer  köpf  vor  allen  andern  sehr  wol  an.  Felsenb. 
2,  321 ; 

wie?  hebt  der  Städter  an,  kannst  du  auf  diesen  höhen, 
in  diesem  öden  wald  dich  so  zufrieden  sehen? 
stebn,  statt  der  wilduis,  dir  nicht  städt  und  menschen  an? 
Hagedorn  1,  26 ; 
für  dich,  für  dich  sind  meine  töne, 
stehn  sie  dir  an,  so  küsse  mich.    Lessi.ig  1,  57; 

und  sonst  hätte  ich  nichts,  was  dir  anstünde?  1,  150;  was 
steht  dir  von  meinen  sachen  an  ?  l,  535 ;  wenn  ich  ihr  an- 
stehe und  ich  stehe  ihr  an.  2,  412.  Verkäufer  rufen:  steht 
ihnen  nichts  an,  mein  herr?  steht  ihnen  vielleicht  noch  was 
an?  das  hat  mir  lange  schon  angestanden,  verächtlich,  das 
stände  mir  an!  hier  steht  mirs  nicht  an. 

8)  aus  der  dritten  sinnlichen  flieszt  die  abgezogne  bedeutung 
des  zweifelns,  wartens  und  aufhaltens:  ich  stehe  noch  an, 
das  steht  noch  an,  musz  vorläufig  anstehen; 

fürst  Antonin  steht  an  den  schlusz  zu  unterschreiben. 

Grtpuius  1,  390 ; 
ei  es  wird  bald  friede  sein,  freue  dich  du  deutscher  man, 
misrertraun  und  eigeunuiz,  ein  paar  wortlein,  stehn  nur  an. 

LoGAU  1,  8,  59; 
wenn  die  hülf  lenger  solt  anstehen.   Soltaü  467; 

als  ohne  welche  gewisheit  man  in  vielen  orten  heftig  anstehen. 
ja  gar  hocken  bleiben  (musz).  Phila.nd.  1,  507;  indessen  stand 
es  doch  eine  geraume  zeit  an,  bis  die  eifersucht  sich  sicht- 
bare ausbrijche  erlauben  durfte.  Wiela.nd  2,  99 ;  es  wird  nicht 
lange  mehr  anstehen,  so  wird  eine  neue  vermeinte  Danae 
sich  eben  so  betrogen  Onden.  3,  46 ; 

der  beiden  zahl?  hier  steht  er  wieder  an, 

der  kühne  vorsalz  bleibt  in  neuen  zweifeln  schweben.  9,  6. 

das  praet.  kann  sowol  mit  haben  als  sein  gebildet  werden: 
ich  habe  oder  bin  lange  angestanden. 

9)  zumal  gangbar  ist  etwas  anstehen  lassen,  morari,  sein 
lassen,  unterlassen,  aufschieben :  und  werdet  meinen  bund  las- 
sen anstehen.  3  Mos.  26, 15 ;  wer  aber  leszt  anstehen  das  pas- 
sah zu  halten.  4  Mos.  9,  13;  da  nu  Saul  angesagt  war,  das 
David  entrunnen  war,  liesz  er  sein  ausziehen  anstehen.  1  Sam. 
23,  13;  sol  ich  gen  Ramoth  ziehen  zu  streiten  oder  sol  ichs 
lassen  anstehen?  l  kün.  22,6;  gefeit  dirs  aber  nicht  mit  mir 
gen  Babel  zu  ziehen,  so  laäz  anstehen.  Jer.  40,  4 ;  ob  er  von 
namen  oder  schein  etwas  lerete  und  den  grund  im  herzen 
und  die  that  der  warheit  liesze  anstehen.  Luther  3,  53;  o  wer 
dem  menschen  raten  künde,  das  er  beide  predigen  und  schrei- 
ben liesze  anstehen.  3,  53;  wolan,  so  lasz  man  das  schwert 
anstehen  und  seien  freie  brüder.  3, 149 ;  was  er  (sabhalh)  aber 
bedeutet,  wil  ich  lassen  anstehen.  4,  15';  aber  gleichwol  wil 
ich  darumb  michs  nicht  lassen  uben^inden,  noch  die  liebe 
anstehen  lassen,  obs  wol  wehe  thut  und  verdriesziich  ist.  6, 
62";  und  sollen  die  hohen  unverstendiichen  gedanken  anste- 
hen lassen.  6,77';  aber  ein  clirist  leszt  solchs  alles  anstehen. 
6,233';  denn  wo  kein  ander  leben  sein  solt,  was  wolt  jemand 
predigen  oder  zur  predigt  gehen?  eben  so  mehr  liesz  er  got- 
tcs  won  gar  anstehen.  6,245*;  diser  stett  und  land  von  we- 
gen das  si  nit  zu  dem  heiligen  land  gehören  umb  weiter  be- 
schreibung  lasz  ich  ansteen.    Fham  weltb.  169*; 

gerechiigkeit  hat  es  lassen  anstan.    fasln,  sp.  524,  3; 
ich  aber  sage,  wers  auch  wol  kan,  solls  lassen  anstahn.  Garg. 
209*;    im    anfange  liesz  mein  vater  die  sache  noch  so  anste- 
hen. GÖTHE24,  240;  und  dabin  sie  am  ersten  denken  sollten, 
das  haben  sie  anstehen  lassen  bis  auf  das  letzte.  Tieck  15,  307, 

10)  aus  der  ersten  sinnlichen  bedeutung  ergibt  sich  die  den 
beiden  vorigen  fast  entgegengesetzte  des  anlretens  und  begin- 
nens,  dann  auch  des  eintretens  und  bevorslehens :  in  derselben 
zit  seidt  {sagte)  man,  es  wurde  ein  Schulmeister  von  Einsid- 
lea  kummen,   da   macht   ich   mir  ein  sitz  in  cim  winkel  nil 


wit  von  des  Schulmeister  stul  und  gedacht,  in  dem  winkel 
will  studieren  oder  sterben,  als  der  nun  kam  und  anstund 
(sein  amt  antrat),  sprach  er,  das  ist  ein  hüpsche  schul,  aber 
mich  bedunkt,  es  sigind  ungeschickte  knaben.  Te.  Plater  s.  35. 
1  36 ;  das  kam  mir  bei  dem  patre  Myconio  wol,  der  als  er  an- 
stund, las  er  uns  den  Terentium.  ebendaselbst. 

in  drang  die  anstehende  not  (nee.  instans), 
wolt  er  des  hungers  sich  erwehren. 

B.  VValdis  Esop  1,  57  ; 

magstu  diese  anstehende  (nächste)  woch.  Spee  g.  tugendb.  1 
und  oß.  schon  alid.  anastantan  insistere.  Gbaff  6,  599.  vgl. 
abstehen,  abtreten. 

11)  aus  der  fünften  sinnlichen  auch  die  des  anliegens,  am 
herzen  liegens:  er  schree  mit  heller  stimm  im  tempel,  wenn 
ihm  stund  hart  an  das  heil  der  menschen.  Keisersb.  post. 
2,  84.  so  sagen  wir,  es  steht  mir  nicht  an»  ist  mir  nicht  ge- 
legen, was  sich  dem  begrif  des  ziemens  nähert. 

12)  endlich  zustehn  und  zu  stehn  kommen:  ist  unser  han- 
del  nicht,  stehet  uns  auch  nicht  an,  solche  zusage  zu  ändern. 
Ldthers  br.  5,  62,  d.  i.  steht  uns  nicht  zu,  steht  nicht  bei  uns; 
die  herrliche  gelegenheiten,  die  mir  hiebevor  zu  beförderung 
meiner  wolfart  angestandeü.  Simpl.  l,  374 ; 

kein  hasen,  rephün  vahet  man, 
es  stat  ein  pfuat  den  Jäger  an. 

Brant  narrensch.  210, 

es  kommt  ihn  ein  pfund  zu  stehn.  vgL  lat.  constare  und 
unser  kosten. 

ANSTEIFEN,  rigidum  reddere,  ftrmare:  die  gewaschenen 
halsbinden  ansteifen;  sich  ansteifen,  innili:  sich  hartnäckig 
gegen  eine  sache  ansteifen;  sich  mit  den  füszen  ansleifen, 
anstemmen. 

ANSTEIGEN,   ascendere:    den   berg  ansteigen;    er  kommt 
auf  der  treppe  eben  angestiegen;  das  gebirge  steigt  sanft  an, 
erhebt  sich  mälic-h;  der  berg,  feis  steigt  hoch  an; 
schrof  ansteigend  starren  ihm 
die  felsen,  die  unwirtlichen  entgegen.    Scbillek; 

der  sand  steigt  merklich  an;  sein  capital  ist  allmälich  ange- 
stiegen ;  zu  so  einem  ansteigenden  vermögen  gelanget.  Leipz. 
avant.  1,  110. 

ANSTELLEN,  apponere,  instituere,  nnl.  aanstellen,  eigent- 
lich anstehen  machen,  wie  stellen  stehen  machen,  und  entge- 
gengesetzt den  abstellen,  sinnlich  aber  verwenden  wir  lieber 
das  einfache  worl:  den  tisch  an  die  wand,  den  topf  an  das 
feuer  stellen,  als  anstellen,  doch  heiszt  es  dinte,  essig,  hier, 
gebranntes  wasser  anstellen,  wie  ansetzen,  in  ruhe  stellen, 
an  die  sonne  stellen,  damit  sie  gährcn.  einen  diener,  beam- 
ien,  Verwalter  anstellen,  franz.  placer,  ihm  eine  stelle,  ein 
amt  geben,  arbeiter,  leute,  treiber,  gräber,  Schnitter,  drescher 
anstellen,  zur  Verrichtung  bestimmter  geschäße  bestellen,  in- 
struere  und  auch  subomare:  es  sind  noch  drei  neue  bahnwär- 
ter  angestellt  worden ;  die  rede  gieng,  dasz  er  einer  damen 
ein  kind  angestellt  hätte.  Zinkgr.  2,130;  sie  bat  mich  ange- 
stellt dich  also  zu  betrügen.    Gellert  3,  398. 

Was  bedeutet  aber  den  teufel  anstellen  bei  Fischart?  ja  in 
summa  gar  den  teufel  angestelt,  mit  solcher  zucht  man  fasznacht 
hell.  Garg.  51*;  die  leut  machen  heut  die  kleider  stäts  weiter  dann 
die  glider,  da  biliicher  wer,  die  glider  weren  gröszer  dann  die 
kleider,  zudem  wie  sie  den  teufel  heut  anstellen.  Garg.  120* ; 
auf  mein  elende  seel,  ich  hab  gesehen,  das  ich  den  teufel 
anstelt  mit  arguieren  und  disputieren.  154';  aber  ich  getrost 
mich  meiner  creuzstangen,  mit  deren  will  ich  den  teufel  an- 
stellen. 25l'.  offenbar,  ein  seltsames  werk,  einen  teufclsstreich 
verrichten,  vielleicht  mit  dem  neb  engedanken,  den  teufel  als  diener, 
gehalfen  zu  bestellen  ?  vgl.  mhd.  wunder  stellen  [gramm.  4,  603). 
Weit  häufiger  erscheint  bei  anstellen  ein  sächlicher  acc.  im 
sinne  von  anslihen,  wo  die  mhd.  spräche  entweder  bloszes  stel- 
len oder  antragen  verwandte,  es  anstellen,  es  klug,  fein, 
schlau,  listig  anstellen,  in  gutem,  zumal  aber  Übeln  verstände, 
die  weisthümcr  gewähren  anstellen  /ür  die  frage  stellen,  fra- 
gen, z.  b.  zum  ersten  ist  von  dem  zentgraven  angeslalt,  wie 
man  das  gericht  hegen  soll?  3,386.  ich  bab  es  also  fein  an- 
gestellct.  Garg.  136'; 

die  sach  Ist  itzund  angestellt  {vorgestelU).  fattn.  tp.  159,  15; 

wer  zu  ehren  was  stellt  an, 

mag  ersparen  was  er  kan, 

nur  dasz  er  an  ehren  nicht 

etwas  spart  und  abebricht.    LocAt;  3,  5,  19; 

wer  lust  bat  seine  sachen  so  anzustellen,  dasz  er  gerne  toü 
der  mühseligen  weit  will.  pers.  rosenth,  3,  38 ;  wie  willst  das 

31 


483 


ANSTELLEN 


ANSTELLEN — ANSTEUERN 


484 


anstellen?  GötheU,  14;  wenn  ich  nur  was  anstellen  könnte, 
was  sie  recht  verdrösse.  11,  96 ;  das  war  ein  angestellter  han- 
del;  in  Unordnungen  von  mancherlei  festen:  kaum  vergieng 
ein  tag,  dasz  nicht  etwas  neues  und  unerwartetes  angestellt 
worden  wäre.  17,  330 ;  heut  ist  eine  fahrt  nach  Ebeleben  an- 
gestellt. GöTHE  an  fr.  von  Stein  2,  36.  ein  fest,  einen  ball, 
tanz,  eine  gesellscbaft,  versamlung  anstellen: 

und  liab  das  bei  jungen  und  alten 
im  besten  wollen  nit  verhallen, 
weil  der  nasendanz  ist  angstelt, 
ob  ewer  einer  daran  wölt, 
der  mach  sich  auf  bis  morgen  fru. 

H.  Sachs  1,  530', 

und  hier  könnte  ein  wirkliches  anstellen  der  paare  und  reihen 

gemeint  sein; 

nicht,  wann  aufs  fünAe  jähr,  das  spiel  wird  angestalt. 
Opitz  1,  235; 

Schauspiel,  ball  und  muramereien 

stellt  er  ihreniwegen  an.    Gotter  1,  48; 

ein  angestellter  possen.    Göntukr  624; 

Phyllis,  ja  in  jenen  Zeilen 

waren  deinen  treflichkeiten 

gleichfalls  opfer  angestellt.    Haged.  3,  79; 

gesetzt,  es  würde  eine  allgemeine  versamlung  angestellt.  Wie- 
land 1,  150;  vernünftige  gespräche  anstellen;  eine  reise  an- 
stellen, pers.  rosenth.  7,  20 ; 

indessen  sei  bedacht  dein  reisen  anzustellen, 

dasz  eh  man  noch  den  merz  in  unsern  briefen| schreibt, 

du  deine  gegenwart  mir  mögest  zugesellen. 

Canitz  214 ; 

eine  jagd  anstellen.  Klinger  1,  23;  einen  Spaziergang  anstel- 
len. GöTHE  25, 102 ;  der  sich  sehr  tapfer  hielt  und  ungern  den 
rückzug  anstellte.  Tieci  13, 106 ;  die  seewinde  stellen  periodi- 
sche bewegungen  an.  Kant  8,  226 ;  freischwebende  kugeln  stel- 
len eine  bewegung  um  den  mittelpunct  an.  8,  233.  ein  hei- 
liges, gott  wolgefälliges  leben  anzustellen  {vitam  instituere). 
Simplic.  1,33;  vermittelst  (welcher  lehien)  du  dein  leben  an- 
stellen sollest.  1,  44 ; 

hilf,  höchster,  dasz  doch  jedermann 

sein  leben  so  anstelle, 

dasz  er  nach  seinem  tode  kann 

befreit  sein  von  der  hölle.    kirchenlied ;^ 

dieser  suchte  sein  leben  also  anzustellen,  dasz  jedermann 
darob  ein  woigefallen  haben  könte.  pers.  baumg.  1,  18 ;  die 
Worte  des  Sadi  sind  rathschlSge  und  Sprichwörter,  und  sollen 
dir  zu  passe  kommen,  wann  du  dein  leben  darnach  anstel- 
lest. 2,  21;  dasz  er  mit  Weisheit  begäbet  gewesen  und  hat  sein 
leben  nicht  darnach  angestellet.  pers.  rosenth.  8, 152 ;  wann  er 
also  sein  leben  anstellte  und  führte.  Zinkgr.  4,  20 ; 

stellt  da  sein  leben  an, 
da  seiner  Unschuld  selbst  der  himmel  zeugen  kan. 
Opitz  1,  158; 

wer  solches  wird  gelehret, 
der  spiegelt  sich  an  dem,  was  jene  zeit  gethan, 
und  stellet  so  hernach  auch  seine  besser  an.    1,  13; 
wenn  das  bewohnte  rund,  wenn  alle  königreiche, 
so  dieser  boden  halt,  beisammen  sein  zugleiclic, 
und  einen  solchen  dienst  dir  werden  stellen  an, 
der  nur  das  werthe  volk,  das  du  liebst,  leisten  kan. 
Fleming  24; 

weil  06  vor  rathsam  angesehen  wurde,  dasz  das  schreiben 
ihrer  majestüt  in  öffentlicher  audienz  übergeben  würde,  ist 
der  Michaelis  tag  dazu  angestellet  (anberaumt)  worden,  pers. 
reiseb.  1, 11 ;  Jammer  anstellen  und  wieder  jämmerlich  leiden. 
Simpl.  1,  59.  mhd.  blosz  jämer  stellen,  troj.  kr.  24167.  In 
bösem  sinn:  du  hast  was  schönes  angestellt  {angestiftet);  ein 
groszes  Unglück  ist  angestellt  worden; 

und  dennoch  stelltet  ihr,  mit  allem  guten  willen 
mehr  unheil  an,  als  zwanzig  Mnesillcn. 

WiKlAND  9,  231. 

Wie  anstehen  und  anstand  nehmen  aufenlhall  und  aufschub 
ausdrücken  können,  kommt  auch  anstellen  für  diffcrre  und  pro- 
craslinare  vor;  wie  wir  e.  w.  am  jüngsten  geschrieben,  dasz 
sie  sich  etlicher  arlicul  verglichen,  etliche  aber  angestellt  ha- 
ben. Kress  bei  Melanchth.  2,  290 ; 

Trajanus  da  der  kalser  frum 
von  Itoni  fiirt  volks  ain  grosze  summ, 
de«  siin  ertödt  mit  seinem  pfi-rd 
der  wilwe  nun,  die  recht»  begerl. 
dnim  solcher  zug  ward  ange.slelll, 
bisz  das  der  kaiser  uiiail  feil. 

SCHWARZBNBERC  117,  2; 


das  bleibt  noch  angestellt,  ausgestellt,  eingestellt,  dahin  ge- 
stellt, ausgesetzt. 

Sich  anstellen  heiszt  eigentlich  sich  benehmen,  se  gerere, 
geht  aber  leicht  über  in  sich  verstellen,  simulare:  du  stellst 
dich  gut  an  zu  dem  geschäft;  er  stellt  sich  linkisch  dabei 
an ;  der  Weidmann  stellt  sich  auf  ein  wildbret  an,  lauert  dar- 
auf; nach  disem  fürbild  soll  ihr  euch  weislich  wissen  anzu- 
stellen. Garg.  22"; 

wer  bei  hofe  dienen  wil,  wil  daselbst  genad  erringen, 
wie  musz  der  sich  stellen  an,  recht  zu  ratlien  seinen  dingen? 
LoGAU  2,  5,  33  ; 

stellet  sich  an,  als  wenn  er  krank  wäre.  Lokman  6; 

die  damen  stellten  sich  an,  als  wäre  des  fremden  gesiebt 
das  neueste  was  sie  sähen.  Wieland  5,  8; 

dann  ists  einerlei  wie  der  freiersmann  sich  angestellt  hat. 
GöTHE  11,30;  wer  sich  unbequem  erweist  wird  beseitigt,  bis 
er  begreift  wie  man  sich  anstellt  um  geduldet  zu  werden. 
23,  151;  von  Herdern  konnte  man  niemals  eine  billigung  er- 
warten, man  mochte  sich  anstellen  wie  man  wollte.  25,  305 ; 
meine  liebe  mutter  war  kränker,  so  leidlich  sie  auch  sich  ge- 
gen mich  anstellte.  J.  Paul  Tit.  2,56;  mag  er  sich  vornehm 
angestellt  und  zurückgezogen  haben,  so  viel  er  will.  Tieck 
ges.  nov.  1,  79.  in  den  meisten  fällen  kann  auch  gesagt  wer- 
den sich  stellen. 

ANSTELLEN,  n.  appositio,  inslitutio,  simulatio:  es  bewegte 
solch  kläglich  anstellen  die  räuber  nicht,  pers.  rosenth.  2, 15. 

ANSTELLER,  m.  instructor:  der  ansteller  eines  balls.  auch 
in  übler  meinung,   der  anstißer. 

ANSTELLIG,  habilis,  idoneus:  ein  anstelhger  mensch,  der 
sich  leicht  in  alles  schickt;  ein  unanstelliges  mädchen,  das 
sich  zu  nichts  schicken  will;  er  ist  recht  anstellig  und  be- 
hende. TiECK  nov.  kr.  4,  161;  der  frau  feinere,  zartere,  an- 
stelligere band.  .1.  Paul  37,  20 ;  da  fand  mein  schwager,  dasz 
ich  sehr  anstellig  war  und  lobte  mich.  Bettine  briefe  1,  6. 

ANSTELLUNG,  /".  institutio,  einrichtung,  Verrichtung,  an- 
stiflung,  anstatt:  nahmen  solche  anstellung  von  mir  auch  zu 
sondern  gnaden  an.  Schweinichen  3, 133 ;  wenn  ich  dann  nicht 
vvuste,  wo  doch  solcher  groll  auf  mich  herkommen  möchte, 
habe  ich  auf  allen  seilen  anstellung  gethan,  wie  ich  solches 
erfahren  könnte.  3,  162 ;  man  sagt,  es  sei  alles  nur  die  an- 
stellung eines  bösen  geistes.  Tieck  10,  8 ;  die  Vernunft  hat 
den  verstand  und  dessen  zweckmäszige  anstellung  zum  ge- 
genständ. Kant  11,  491.  häufig  für  anstellung  zum  amt,  em- 
placement:  zahlreiche  anstellungen  und  beförderungen  fanden 
statt,    auch  die  stelle  selbst. 

ANSTEMMEN,  applicare  pedes,  anniti :  er  stemmte  sich  hef- 
tig an  die  wand,  an  den  boden  an ;  er  stemmt  an  gegen  alle 
laster ; 

anstemmen  sich  in  Zuckungen  und  krämpfen.    RCckert  167. 

ANSTENGELN,  ad  palum  alligare:  bohnen,  erbsen  sind 
angestengelt;  die  an  szepter  und  thron  angestängelten  hof- 
leute.  .1.  Paul  komet  2,  xxxvii. 

ANSTERBEN,  morte,  hereditale  contingere,  nnl.  aansterven: 
das  gut  stirbt  mir  an,  ist  mir  angestorben,  früher  besser  mich : 
erbe,  das  in  {eum)  anestirbet.  weisth.  1,  749 ;  darum  lesen  wir, 
das  die  könige  und  herrn  viel  weiber  gehabt  haben,  das  meh- 
rer theil  daher,  das  sie  inen  angestorben  sind.  Luther  4,  200' ; 

werd  auch  auf  seinem  grund  erworbn 
und  sei  ihm  gleich  halb  angestorbn. 

Hingwald  laut.  warh.  330; 
hier  ist  mein  eigner  grund,  der  mir  selbst  angestorbcn. 

Canitz  118; 
0  selig,  wer  wie  ihr  mit  selbstgezognen  stieren 
den  angestorbnen  grund  von  eignen  ackern  pQügl! 
Hallbr  alpen  46; 

der  tummelplatz  des  seligen  Ziegra  musz  ihm  nicht  vei^ebcn« 
nun  ganz  angestorbcn  sein.  Lessing  10, 131.  s.  anerben,  an- 
crsterben. 

ANSTERBLICH,  morte  obtingcns:  die  wal  und  ansterblicb 
erb  gab  disen  sibeiizelienden  keiser  Marcuiu  Antoniuin  zuge- 
nampt  Veruui.  Frank  chron.  138'. 

ANSTEUERN,  anniti,  adr emigare:  zwen  äste  von  dem  sech- 
sten par  der  nerven  des  bims,  deren  einer  sich  an  der  pforl- 
adcr  ansteuwret,  bisz  in  die  hole  der  leber  hinein  erstreckt. 
Ukkemiacm  neues  rosbuch.  Frankf  1603.  1.  125;  an  das  creuz 
können  wir  uns  steuren.  predigtvon  1678  bei  Scu«.  8,  653. 
mit  dem  schif  ansteuern,  ans  land  rudern. 


485 


ANSTICH  —  ANSTI>'KEN 


ANSTIPPEN  —  ANSTOSZ 


486 


ANSTICH,  m.  nach  verschiednen  bedeutungen  des  anstechens : 
der  anstieb  des  rasens,  torfes ;  der  anstich  des  fasses,  des 
weins;  der  anstich  des  obstes  von  den  wespen;  der  anstich 
des  weins  «.   anzick. 

ANSTICHELN,  carpere,  aculeatis  dictis  attingere:  was  sti- 
chelst du  mich  an?  du  stichelst  immer  auf  dieselbe  sache 
an.    rgl.  anzapfen. 

ANSTICHELüNG,  /". :  ein  bofnarr,  der  dnrch  ansticbelung 
ihrer  vornehmen  diener  die  mahlzeit  würzen  soll.  Kaxt  10, 
293. 

ANSTICKEN,  aeu  appingere:   noch   eine   biume    ansticken. 

ANSTJpßEN,  pulvere  aspergi,  das  inlransiliv  zu  anstauben: 
alles  stiebt  hier  an,  man  kann  nichts  rein  behalten;  das 
mehl  stub  in  der  müle  an. 

A.NSTIEFELN,  ocreas  induere:  er  steht  schon  gekleidet  und 
angestiefelt,  in  andern  sinne:  er  kommt  angestiefelt,  ange- 
stupell,  1C0ZU  abd.  arstifulen  fulcire,  mhd.  understibeln  ge- 
halten werden  musz.    vgl.  Stiefel. 

ANSTIEG,  m.  ascensus :  ein  herlicher  weg,  breit,  bequemen 
ansliegs.    Göthe  28, 119. 

ANSTIELEN,  tnanubrium  aplare:  die  axt  anstielen. 

ANSTIEHEN,  rigentibus  oculis  inlueri,  mit  stieren,  starren 
äugen  ansehen:  mein  böser  geist  Terläszt  mich  nicht,  stiert 
mich  aus  allen  winkeln  an.  Klincer  l,  54 ;  während  die  gro- 
szen  äugen  des  vetters  ihn  verwunderlich  von  der  seile  an- 
stierten.   Arm«  2,  205.    s.  anstarren,  ansturen  und  stier. 

ANSTIFT,  n.  molimen,  machinalio:  das  unholt,  geschaffen 
durchs  leufels  anstift.    Thcr>eisser  archidoxa  148. 

ANSTIFTEN,  instruere,  macliinari,  subomare,  anstellen,  tri 
guttm  und  schlimmem  sinn :  einen  anstiften  etwas  zu  thun, 
er  war  angestiftet  von  andern.  Opitz  Arg.  l,  169 ;  falsche  zeu- 
gen anstiften; 

grosz  war  ihr  list,  betrug  und  kunst 

leid  anzustiften.    Weckherli.^  S4; 

Versöhnung  anzustiften, 

nahm  er  ein  deckelplas, 

da  floh  aus  allen  herzen 

der  wilde  mensebenhasz.    GiiiiO(ie41; 

der  hauptmann  war  auch  angestiftet  Eduarden  aufmerksam 
zu  machen.    Göthe  17,  21. 

ANSTIFTEN,  n.  machinalio:  auf  wessen  anstiften  geschah 
das  alles? 

ANSTIFTER,  m.  auetor,  machinator:  anstifter  des  betrugs; 
die  anstifter  zum  spiel.    Garg.  287'. 

ANSTIMME.N,  die  stimme  erheben,  erschallen  lassen: 

singt  gott  und  stimmt  die  saiten  an!    OnTzps.  68; 

wenn  Hermes  stimmet  an, 

so  schlau  auch  Argus  ein.    pLEictcSS; 

die  Zunge  stimmen  an.    Spee  (nitzn.  148; 

ihr  freunde,  zecht  bei  freudenvollen  chören, 

auf,  stimmt  ein  freies  Scherzlied  an. 

HiCEDOR.I  3,  99; 
angestimmt  den  gesang!    Voss  Luise  3,  616; 

der  esel  singt  darum  schlecht,  weil  er  zu  hoch  anstimmt. 
figürlich,  heftige  klagen  anstimmen;  den  ton  eines  verliebten 
anstimmen ; 

weh,  wenn  das  volk  zerreiszend  seine  kette  . .  . 
die  losung  anstimmt  zur  gewalt.    Schiller  2,  ISS. 

früher  sagte  man  auch  zu  angestimmter  stunde,  was  entweder 
vom  anschlagen  an  die  glocke  tu  rerstehn,  oder  pir  die  be- 
stimmte, festgesetzte  stunde  zu  nehmen  ist:  des  andern  tags 
zu  angrstimpter  stunde  kam  ich  da  die  sechs  frawen  schon 
vpr«amlel  waren,  meiner  wartend.  Spinnrockens  evangelia  1568. 
A  iii'.  ob  ich  den  slab  möchte  wieder  nemmen  und  sampt 
euch  weiter  urtheilen  und  richten,  wie  vormals  öffentlich  an- 
ge>timpl.  Kectter  tnejjordn.  42. 

ANSTINKEN,  früher,  als  stinken  noch  die  bedeutung  von 
duften  und  riechen  hatte,  gleichviel  mit  anduften,  odore  bono 
malove  replere:  die  blume  stank  (dußete)  uns  an;  mhd. 

da^  wa;;er  lurh  anestinrhe. 

8wa{  jr  well  trinchen,    fundgr.  99,  45; 
die  winde  musten  fleisch,  die  klippeo  wasser  geben, 
das  manna  stunk  euch  an.    Flkiikg  13. 

allmälich  nur  odore  malo  inficere,  anwidern,  den  gestank  an 
einen  gehen  lassen : 

die  erde  stinkt  mich  an.    GRiraiDS  I,  209; 

die  erden  stinkt  uns  an,  wir  gebn  zum  himmel  ein.    1,  100; 

Egypiens  speise  stinkt  micb  an.    derselbe; 


die  seele  selber  ist  in  unflat  eingehüllt, 

sie  stinkt  den  himmel  an  too  wegen  vieler  Sünden. 

LouEXST.  geislt.  ged.  5t,  962; 

der  käse  stinkt  mich  an,  riecht  mich  stark  an;  die  kriegs- 
dienste  stinken  mich  an;  er  stinkt  wol  gar  schon  seinen 
beamten  an.  Moser  p.  p/i.  2,  65,  wo,  wenn  beamten  doi.  p/.  ist, 
dieser  casus  den  richtigeren  acc.  vertritt,  den  auch  andere 
aufgeben : 

weg  edelgesindel !  pfui,  stinkest  mir  an! 
du  stinkest  nach  stinkender  botfart  mir  an. 
BiJRGKR  1,  163; 

denn  wer,  wie  ich,  die  scliurken  haszt, 
dem  stinkt  ihr  wein  auch  an.    Gökinck  3,  51. 

doch  ist  heute  wieder  der  acc.  üblich:  was  hat  einer  übrig, 
den  so  vielerlei  anstinkt?  J.  Paul  Ti/.  5,  21 ;  hofleuten  trau  er 
keine  band  breit  und  die  ganze  nation  stink  ihn  an.  uns. 
löge  1,  108 ;  unsere  umständliche  satire  wird  aber  jetzt  jeden 
anstinken,    lit.  nachl.  4,  127. 

ANSTIPPEN,  s.  antippen,  antupfen. 

ANSTOCHERN,  dentes  fodere. 

ANSTOCKEN,  palo  alligare:  die  reben  anstocken. 

ANSTOCKEN,  stockig  werden:  die  leinwand  stockt  an. 
s.  stocken  und  stockig. 

ANSTÖHNEN,  gemere,  plangere  versus  aliquem,  stärker  als 
anseufzen. 

ANSTOLPERN,  pede  labi,  offendere:  mit  dem  fusz  anstol- 
pern, er  kommt  angestolpert,  titubando  accedil. 

ANSTOLZIEREN,  süperbe,  cum  fastu  accedere,  heran  pran- 
gen :  er  kommt  in  rothem  gewande  anstolziert  wie  ein  br3u- 
tigam. 

ANSTOPFE.N,  implere,  infarcire:  das  bett  mit  federn  au- 
stopfen, den  sack  mit  wolle;  sich  mit  speise  anstopfen;  ein 
angestopfter  kröpf. 

ANSTÖREN,  excitare,  irritare:  feuer  anstören,  anlegen, 
ein  Wespennest  anstören ;  ein  pferd  anstören,  anspornen.  Stie- 
ler 2173.    heute  wenig  im  gebrauch,     vgl.  stören,  aufstören. 

ANSTÖRER,  m.  exeilalor. 

ANSTÖRLEN,  excitare,  frequeniativ  von  anstören,  verzeich- 
net Stieier  2174. 

ANSTÖRLER,  m.  instigalor. 

ANSTOSZ,  m.  allisio,  offensio,  offendiculum,  appulsio,  tm- 
petus,  propinquitas,  nnl.  aanstoot.  der  anstosz  mit  dem  fnsz 
an  den  stein,  mit  dem  köpf  an  die  wand;  anstosz  der  glä- 
ser  aneinander;  anstosz  der  wellen  ans  ufer;  anstosz  der 
äcker,  häuser,  länder  aneinander;  anstosz  der  zunge  an  die 
Zähne;  anstosz  des  pferdes.  den  schneidern  heiszt  anstosz, 
wenn  zwei  stücke  zusammengenäht  werden. 

Von  jenem,  zumal  biblischen  stein  des  anstoszes,  orfer  wie 
LcTHER  Es.  8, 14.  1  Pelr.  2,  6  verdeutscht,  stein  des  anstoszens, 
leitet  sich  die  häufige  abstraction  des  ärgemisses  und  hinder- 
nisses:  du  solt  für  dem  blinden  kein  anstosz  setzen.  3  Mos. 
19,  14,  nichts,  woran  er  sich  stosze  und  schädige;  reumet 
den  weg,  hebt  die  anstösze  aus  den  wegen  meines  volks. 
Es.  57,  14 ;  das  niemand  seinem  bruder  einen  anstosz  oder 
ärgemis  darstelle.  Rom.  14,  13;  es  ist  zwar  alles  rein,  aber 
es  ist  nicht  gut  dem,  der  es  isset  mit  einem  anstosz  seines 
gewissens.  14,  20 ;  sehet  aber  zu,  das  dise  ewre  freiheit  nicht 
gerate  zu  einem  anstosz  der  schwachen.  1  C^r.  8,  9 ;  die  Rö- 
mer hatten  allzeit  unfride  und  anstösze.  Luther  3,  431;  dar- 
umb  wir  gott  umb  hülfe  bitten  und  hoffen  sollen  in  allen 
anstOszen  in  der  ehe.  4.367";  anstösze  des  rcichs.  orrfn.ro» 
1012,  zu  eingang;  das  nichts  an  disem  fürwitz  mein  glaub 
gcschwechet  ein  anstosz  empfieng.  Fkk^k  weltb.  112";  andere 
anstosz  der  geleich.  H.  Sachs  l,  191*;  mocht  im  das  unstät 
glück  solche  freude  nimmer  vergunnen  und  begunt  im  mit 
widerwertigcn  anstöszen  durch  vil  weg  begegnen,  öalmy  177 ; 
kein  anstosz  leiden.    Garg.  269' ; 

fro  bin  ich,  das  wir  zu  land  kommen, 
gar  vil  aostösz  bab  wir  eingnommen. 
ATBER363'; 

obgleidi  einzelne  dieser  beispiele  statt  des  begrifs  der  irrung 
den  der  anfechtung  enthalten  können,  heute  sagen  wir  nicht 
mehr  anstosz  legen,  stellen,  nur  sein,  machen,  verursachen 
und  zumal  geben  für  irren,  ärgern,  hindern,  verletzen;  an- 
stosz empfangen,  zuma/  nehmen :  so  werden  wir  auch  Wit- 
tenberg und  die  hohe  schule  los,  die  immer  ein  leidiger 
anstosz  (=  stein  im  wege)  war.  Göthe  Ift,  163.  er  redete, 
sprach  ohne  anstosz,  ungehemmt  ohne  anzustoszen. 

31* 


487 


ANSTOSZ— ANSTOSZEN 


ANSTOSZEN 


488 


Gleich  häufig  ist  aber  anstosz  auch  antrieb,  anfall,  angrif, 
anfechtung  und  der  Zusammenhang  musz  weisen,  wie  anstosz 
geben  zu  fassen  sei,  durch  offendere  oder  impellere,  excitare: 
wir  müssen  dieses  Vorfalls  gedenken,  weil  er  verschiedenen 
dingen  einen  anstosz  (anregung)  gab,  die  sonst  vielleicht 
lange  geruht  hätten.  Güthe  17,  200.  der  die  kugel  in  bewe- 
gung  setzt,  gibt  ihr  den  anstosz,  in  ihrem  lauf  kann  sie  aber 
einen  hemmenden  anstosz  finden,  die  theorie  erleidet  einen 
nachtheiligen  anstosz  (impugnalur).  Kant  8,  302.  ein  weib  er- 
schüttert meine  mannheit  nicht,  es  ist  nur  ein  anstosz  vom 
weihe.  Schiller  142.  es  ist  keine  Weisheit  ein  haus  an  den 
weg  zu  bauen,  denn  ein  solches  leidet  viel  anstosz.  pers. 
baumg.  6,  12. 

kein  anstosz  kan  die  gast  aus  disem  reich  vertreiben. 

Weckherlin  96; 
ftreihend  mich  von  anklang  und  anstosz.    33t; 
je  gröszer  ist  sein  mut,  je  gröszer  der  anstosz.    620. 

die  weil  aber  unser  leben  von  gott  selber  ein  anfechtung  ge- 
nennet und  so  sein  musz,  das  wir  anstosz  haben  an  leib, 
gut  und  ehre.  1, 86*.  Ganz  besonders  galt  dieses  anstosz  vom 
anfall  der  s euch en  und  krankheilen,  was  hernach  auf  andere 
innere  gemütsregungen  angewandt  wurde:  hilf  mir  auf!  es  ist 
nur  ein  anstosz  von  Schwindel.  Schiller  137 ;  ihr  habt  durch 
diesen  fieberhaften  anstosz  den  schrecken  unter  eure  edeln 
gaste  gebracht.  571;  in  einem  verdoppelten  anstosz  des  wie- 
derkehrenden taumeis.  Wieland  1,  296 ;  Danae  und  Hippias 
selbst  lieszen  sich  leicht  bereden,  seinen  vorigen  anstosz 
einer  vorübergehenden  Übelkeit  zuzuschreiben,  l,  297 ;  aber 
die  Athener  waren,  im  ersten  anstosz  ihrer  erkenntlichkeit, 
keine  leute  welche  masz  zu  halten  wüsten.  2,  111;  vorüber 
fahrende  anstösze  von  lächerlichem  ehrgeiz.  2,  250 ;  im  er- 
sten anstosz  seiner  unbesonnenen  'hitze.  2,  298 ;  in  einem  an- 
stosz von  groszmut.  3,  8 ;  ich  liebe  diese  Lili,  rief  der  Sul- 
tan in  einem  anstosz  von  lebhaftigkeit.  6,  73 ;  dieser  anstosz 
von  sultanischer  laune.  6.  77 ;  in  einem  plötzlichen  anstosz 
von  empfindsamer  laune.  6,198;  in  einem  anstosz  von  Ver- 
zweiflung. 7,  68;  zumal  wenn  er  einen  anstosz  von  milzbe- 
schwerung  hat.  14,  106;  dasz  ich  in  einem  tollen  anstosz 
mich  hingesetzt  und  ein  postscriptum  hinzugethan  habe. 
Wieland  bei  Merck  1,  163  und  noch  sonst  oft. 

FiscHART  Garg.  63'  sagt^  dasz  der  hausherr  in  der  häuslichkeit 
erkenne  seiner  gibel  befestet  anstosz,  die  befestigten,  vorstoszenden 
ecken  seiner  hausgiebel;  allere  Schriftsteller  gebrauchen  anstosz 
für  das  anstoszcnde  land  oder  gebiet,  vicinia,  grenze :  ist  doch 
nit  das  recht  Ethiopia,  sunder  ein  anstosz.  Frank  weltb.  8'; 
mit  stetem  anlauf  und  Scharmützel  bekümmert  er  die  anstosz 
des  Türken  in  Natalia.  chron.  244';  zwischen  dem  kloster 
Lützel  und  der  probstei  Miserach,  an  der  frontier  und  an- 
stosz der  Sequaner  landschaft.  Thürneisser  von  wassern  119; 
in  dem  anstosz  und  grenz  der  brandenburgischen  mark.  280 ; 
Behem  hat  von  aufgang  Merhen  zum  anstosz;  Westphalen 
und  desgelben  anstösze.    Kirchhof  wendunm.  254. 

ANSTOSZEN,  nnl.  aanstooten,  in  mehrfachen,  ursprünglich 
transitiven  bedeutungen,  die  nur  wo  der  geläufige  acc.  ausge- 
lassen ist  intransitiven  schein  annehmen. 

1)  trudere,  inserere,  einen  ring  an  den  finger  stoszen,  was 
wir  heute  anstecken  nennen.-  stieg  dej  vingerl  wider  an  ir 
hant.    Parz.  270,  10 ; 

die  praut  die  wcl  sich  für  in  naigen 
und  im  an  ieden  linger  stoszen  ain  ring. 
fastn.  sp.  704,  7, 

hier  steht  zwar  blosz  stoszen  an,  woraus  aber  mit  Sicherheit 
auch  anstoszen  gefolgert  wird,  wie  es  heiszt  stecken  an  und 
anstecken. 

2)  incendere,  das  feuer  an  das  holz,  das  haus,  die  scheune 
stoszen,  und  dann  auch  das  holz,  das  haus  anstoszen,  wofür 
wir  wiederum  sagen  anstecken,    mhd. 

dA  kom  diu  rehle  minne, 

diu  wäre  vlura^rinne 

und  stiej  ir  scneviuwer  an.    Trist.  25,  11 ; 

al»  ob  des  breiten  werdcs  wise 

wfcre  angestrtjen  und  niizunt.    Iroj.  kr.  9674. 

ebenso :  der  rüter  stoszt  vil  schüren  an.    Brant  narrcnsch.  220 ; 

donner  stöszt  das  haus  an.    236; 

und  dut  sin  hacken  zerbloscn, 

als  «voll  er  cim  ein  schür  anstoszen.    287; 

wer  auch  die  mark  frevelich  anstiesze,  den  sa!  man  drü  male 


am  dickesten  in  das  füre  werfen,  komet  er  darusz,  so  hat  er 
damit  gebuszet.  weisth.  3,  489 ;  ein  kint  möcht  den  stall  an- 
stoszen und  verbrennen.  Keisersb.  post.  2,  11;  er  stiesz  sein 
haus  an  und  verbrant  es  von  Ungeduld,  seh.  und  ernst;  da 
komt  botschaft,  wir  sollen  schnell  uf  sein,  dann  man  wolle 
anstoszen  und  brennen.  Götz  von  Berl.  21;  thäten  pulver 
unten  zu  dem  thurn  hinein  in  die  kirchen  und  stieszen  es 
an,  da  musten  die,  so  darinnen  waren,  verbrennen.  42;  und 
so  es  nun  sein  nachkummer  im  regiment  mit  feür  hat  an- 
gestoszen,  lassen  sie  oben  ein  adler  auszfliegen.  Frank  weltb. 
76';  in  ettlichen  stetten  stieszen  die  Juden  -ire  heüser  sel- 
ber an.  157';  stieszen  ettlich  thürn  mit  feür  an.  ^30';  nie- 
man  sol  im  lande  brennen  oder  anstoszen.  Mencken  script. 
1193;  laszt  uns  die  backen  aufblasen,  als  wollen  wir  ein 
schewer  anstoszen.  Garg.  250*.  später  erlischt  diese  bedeu- 
tung,  Lother  kennt  sie  nicht,  Henisch  und  Stieler  führen 
sie  nicht  mehr  an,  nur  bergmännisch  heiszt  es  noch,  das  vor 
ort  gesetzte  holz  in  der  grübe  anstoszen. 

3)  inficere,  impugnare,  wo  sich  anstoszen  nochmals  mit  dem 
heutigen  anstecken  berührt,  wie  man  beim  contagium  ein  an- 
zünden annehmen  darf,  obgleich  sich  auch  ein  angreifen  und 
anfallen  denken  läszt.  zumal  von  fieber  und  pest  geltend,  dann 
auf  andere,  innere  empfindungen  angewandt:  so  aber  jemand 
das  grawen  und  schawen  (grauen  und  absehen)  für  den  kran- 
ken anstöszet,  der  sol  einen  mut  nemen.  Luther  3,394';  die 
leibliche  schwacheit,  die  (Luthern)  desselben  sonnabends 
auf  den  abend  umb  fünf  uhr  angestoszen  hatte.  3,  40l';  wo 
er  nur  etwas  fület,  das  in  anstöszet.  4,  415';  also  was  min 
vatter  gan  wullen  koufen,  stiesz  in  pestelenz  an,  starb.  Tho. 
Plater  5;  als  unser  kindlin  uf  eim  abend  halt  lernen  fünf 
dritlin  gan,  stiesz  (es)  pestelenz  an  und  starb  am  dritten  tag, 
und  als  die  gelebt  (krämpfc)  hatten  ouch  angestoszen  . .  do 
es  verschied,  weinten  wir  bede  von  leid  und  ouch  freud,  das 
es  der  marter  ab  was  kummen.  71;  alsbald  si  hinweg  ist 
kummen,  hat  pestelenz  min  frowen  angestoszen.  71 ;  die  rothe 
rühr  bette  ihre  fürstl.  gn.  angestoszen.  Götz  von  Berl.  77 ; 
hat  mich  ein  fieber  angestoszen.  Schweinichen  3,295;  da  hat 
in  angestoszen  der  schwere  siechtage;  zu  aller  anstoszenden 
not  wol  gerüst.  Frank  weltb.  211";  aus  forcht,  es  möcht  in 
also  anstoszen,  dasz  er  (an  haut  und  flecken)  verändert  würde. 
Fischart  bienenk.  233' ;  oder  wie  jener  signor,  der  nicht  durch 
Neapolis  wolt  reisen,  aus  sorg,  es  stosz  ihn  die  neapolita- 
nisch sucht  an.  Garg.  6';  es  hat  euch  ein  frost  angestoszen. 
84';  wa  dich  ein  wee  anstiesz.  103';  stiesz  in  das  eiferfieber 
blötzlich  an.  203';  wann  uns  im  alter  etwan  ein  andacht  an- 
stiesz. 221';  dasz  kein  wunder  gewesen,  es  hett  sie  aller 
Schwindel  angestoszen.  237',  wo  das  adj.  aller  nicht  zu  über- 
sehen und  mit  den  oben  220  unter  aller  gesammelten  beispie- 
Icn  zu  vergleichen  ist;  die  pest  stoszt  die  am  ersten  an,  die 
ein  gut  diät  han.  249';  der  auf  gott  thut  bawen,  denselbigen 
stoszt  nichts  an  von  grawen.  260";  ob  mich  ein  träppelcnde 
scheisz  anstiesz.    286'; 

dasz  stosz  sie  an  das  herzenleid.    Atrer325*; 
ich  wolt,  dasz  ihn  die  plag  anstiesz, 
wenn  er  wider  herkommen  solt.    350'; 
wer  gottlos  ist,  zu  diesem  saget  gott: 
was  stöszt  dich  an?    Opitz  ps.  s.  Ö8; 
kein  ekel  und  verdrusz  des  reisens  stiesz  mich  an. 
Fleming  47; 
wie  sich  die  seel  besan 
und  jene  jähr  betracht,  stiesz  uns  ein  schluramcr  an. 

Grtphius  1,  71 ; 
welch  Unfall  stöszt  uns  an?    1,  117; 
erschreckte  sterblichen,  welch  zittern  stöszt  euch  an  ? 
1,  161; 

darüber  sonst  manchen  das  kalte  wehe  angestoszen  hätte. 
Stmp/ic.  2, 146 ;  wann  einem  (/.einen)  die  krankheit  anstiesze, 
soll  er  von  stund  an  zur  ader  lassen.  Hohrerg  3, 105';  wann 
ein  füllen  die  gelbsucht  anstöszet.  3,  106'.  hetite  heiszt  es 
nicht  mehr  das  fieber  stöszt  an,  sondern  entweder  steckt  an 
oder  fällt  an,  jenachdem  contagium  oder  accessio  gemeint  wird. 

4)  trudere  gemmas,  die  pflanze  stöszt  knospen  an,  wie  Int. 
pampinus  frudit  gemmas  et  frondes  explicat  omnes,  sonst 
anschieben,  hervorsloszen :  der  blflst,  wann  er  erstlich  ange- 
stoszen, gar  bald  verbittet.  Thürneisser  wirk,  der  erdgewdchse 
s.  34. 

5)  trudere,  impellere  navem,  zur  abfahrt,  mhd. 

so  wart  daj  schif  gestöjen  an, 

alsus  sd  vuoron  si  von  dan.    Tri«/.  41,23, 


489 


ANSTOSZExN 


AiXSTÖSZER  —  ANSTREBUNG 


490 


und  so  nhd.  den  kahn,  Dachen  anstoszen,  abslosien  zur  fahrt, 
dann  Sber  auch  mit  dem  schif  anstoszen,  impingere,  an  kup- 
pen und  felsen:  da  furchten  sie  sich,  sie  würden  an  harte 
örter  anstoszen.  apost.  gesch.  27,  29;  stiesz  sich  das  schif 
an.  27,  41.  endlich  jenseits  anlanden:  mit  dem  kahn  zu 
lande  anstoszen;  stiesz  bald  am  jenseitigen  ufer  an. 

6)  impingere  pedem,  offendere  pede:  ich  wil  dich  auf  rech- 
ter bahn  leiten,  wenn  du  leufest,  das  du  dich  nicht  ansto- 
szest.  spr.  Sal.  4,  12;  mit  häufigem  Übergang  in  den  begrif 
der  hemmung,  des  ärgemisses :  du  hast  wo  angestoszen.  Göthe 
11,  27;  sie  sagen  zwar  auch  mit  mir,  dasz  der  Seitenblick 
auf  Klopstock  einen  augenblick  anstosze.  Göthe  an  Lavater 
70;  man  stöszt  leicht  bei  ihm  an,  kann  ihn  leicht  verletzen; 
ich  stosze  hier  an,  nehme  anstosz,  haesito. 

7)  collidere  scyphos,  die  gläser  anstoszen,  anklingen  und 
mit  wegfallendem  acc.  blosz  anstoszen; 

auf  in  der  holden  stunde 
stoszt  an  und  küsset  treu!    Göthe  1, 130; 
darum  soll  man  hier  am  ort 
aDZustoszeo  eilen.    1,  135  ; 

da  in  dem  stücke  selbst  sehr  viel  getrunken  und  angestoszen 
wurde.    18, 198.    auf  eines  wolsein,  auf  einen  anstoszen. 

8)  attingere,  allidere,  incitare,  leise  oder  hart  anrühren: 
sie  stiesz  mich  heimlich  mit  dem  fusze  an ;  ich  will  ihn  mit 
dem  ellenbogen  anstoszen  und  aufwecken ;  mit  dem  köpf 
an  die  wand,  mit  der  stim  an  die  mauer  anstoszen ;  was  sol- 
len die  geschirr,  da  man  mit  der  nasen  anstoszt?  Garg.  85';  da 
ein  gröszerer  körper  einen  kleineren  anstoszt.  Kant  S,  73 ;  die 
kraft,  womit  er  die  ihm  unterliegenden  Dächen  anstoszen 
würde.  8,  95.  und  oß  figürlich :  wird  nu  der  beichtfater  je- 
mand forschen,  ob  er  mein  büchlin  hab  oder  lese?  und  da- 
mit sein  blödigkeit  anstoszen,  sol  er  im  antworten  mit  de- 
mütigen Worten  also.  Lctber  l,  39S' ;  denn  fürwar  die  christ- 
liche kirche  auf  erden  nicht  gröszer  macht  noch  werk  hat, 
denn  solch  gemein  gebet  wider  alles  was  sie  anstoszen  mag. 
1,  240' ;  do  stiesz  mich  unterwegen  an  mort,  rauben,  fastn. 
sp.  34,  13 ;  es  hat  das  ansehn,  als  ob  er  den  ersten  der  ihn 
anstoszen  möchte,  umgekehrt  in  die  erde  pflanzen  wollte. 
Götbe  8,  97;  seine  begierden,  sein  unmut  brauchten  nur 
einen  neuen,  äuszeren  reiz,  um  ihn  über  die  grenzen  zu  trei- 
ben, gegen  die  er  so  wild  anstiesz.  Klixger  3,  7 ;  diese  Behaup- 
tung stöszt  gegen  alle  analogie  an;  das  stöszt  zu  stark  wi- 
der meine  grundsätze  an,  verstOszl  dawider. 

9)  assuere,  annectere,  kleidungsstücke  aneinander  nähen: 

bab  manchem  schön  weib  gmachet  kleider, 
tU  rock  und  brüstlein  gstoszen  an. 

Atrer  fastn.  sp.  85 ; 

der  Schneider  sagt  seinem  gesellen:  stosz  nun  den  ermel  anl 
doch  dem  Eulenspiegcl  rief  sein  meister  zu :  wirf  die  ermel  noch 
an  den  rock,  darnach  geh  auch  schlafen  I  dieser  aber  ver- 
brannte zwei  lichter  und  warf  die  ermel  an  bis  es  tagte, 
dies  anstoszen  braucht  J.  Pacl  gern  ßr  anfügen,  anhängen: 
ich  wollte  noch  eine  geschichte  aus  den  fürstenporträts  an- 
stoszen. Hesp.  2,  30;  es  mäste  denn  Viktor  noch  einen  vier- 
ten pfingsttag  als  nachsommer  anstoszen.  3,177;  so  wollt  ich 
. . .  nur  noch  ein  letztes  kapitel ,  aber  nicht  dieses,  als 
schluszstein  und  schwanengesang  anstoszen.  4, 165 ;  da  ich 
zu  diesem  billet  noch  ein  postscript  anstoszen  will.  Fixlein 
s.  XI ;  ein  sonderbares  annexum,  das  ich  noch  an  das  klage- 
libell  anstiesz.    biogr.  bei.  1,  108. 

10)  attingere,  vicinum  esse,  anstoszen,  angrenzen,  eins  an 
das  andere,  wozu  sich  leicht  ein  acc.  die  ecke,  die  seile,  den 
giebel  denken  läszt:  gegen  dem  garten,  welcher  an  die  gas- 
sen  anstöszet.  Gryphics  l,  834.  wir  sagen  eine  laube,  halle 
stöszt  an  das  haus;  die  schönsten  zimmer  stoszen  rei- 
henweise einander  an;  der  anstoszende  saal ;  Deutschland 
stöszt  unmittelbar  an  Ungern  an.  es  heiszt  auch  einen  stall 
anstoszen,  an  das  haus  anbauen ;  lehrgebäude,  an  welches 
der  scharf,  tief,  und  vielsinnige  Oken  eine  schöne  sacristei 
angestoszen.    J.  Pacl  38,  70.     s.  anstöszer. 

11)  anstoszen,  «n  hom  anblasen,  ins  hom  stosxen:  der 
postillon  stöszt  an;  die  jagd  wird  mit  dem  hifthom  ange- 
stoszen, angeblasen. 

12)  anstoszen  mit  der  zunge:  er  stöszt  die  zunge  an  die 
Zähne  an,  redet  undeutlich,  stottert. 

13)  anstoszen,  stipulari,  pacisci,  wie  Haltaus  45  glaubt, 
contactu  pollicum  paciscentium :  da  ward  zwischen  dem  röm. 
kaiser  und  dem  erweiten  zn  Böheimb  aber  ein   tag  angesto- 


szen zue  halten.  Sexke.sberc  sei.  5,  73;  ward  zwischen  bei- 
den teilen  ein  thädung  angestoszen  umb  ein  frid,  darin  sich 
beide  teil  gaben.  5,  139;  er  rieth  ihm  mit  dem  könig  einen 
frieden  anzustoszen.  Fischart  Garg.  263'. 

ANSTÖSZEK,  m.  ein  persmlicher  begrif  flieszt  zumal  aus 
der  zehnten  bedeulung  des  anstoszens,  der  angrenzende  nach- 
bar  heiszt  der  anstöszer,  accola,  finitimus,  oß  in  den  weis- 
thümern,  z.  b.  1,  515;  auch  die  anstöszere  darzu  erfordern. 
Frankf.  ref.  I.\.  3,  13 ;  unserer  nachbaurn  und  anstöszer,  der 
Böhem,  Ungern  u.  s.  w.  Frask  chron.  5';  mancherlei  krieg, 
so  die  Teütschen  under  in  selbs,  allermeist  mit  den  Römern 
und  andern  anstöszern,  als  Crabaten,  Engellendern,  Italianem 
gehabt  haben,  weltb.  34';  wiewol  er  etliche  anstöszer  hett, 
die  zuzeiten  sich  im  widersetzten.  232*;  zwischen  ihn  und 
ihren  anstöszern.  Fronsp.  3,  237';  summa,  er  {Carl  von  Bur- 
gund)  was  ein  ruten^gottes  über  alle  seine  anstöszer.  STüMPr 
i,  248';  diewil  si  zu  Hitzkilch  allen  fintlichen  willen  an  iren 
anstöszern,  und  insonder  an  denen  von  Hochdorf,  den  Lu- 
zernern zugehörig  befunden.  Bcllinger  3,  86 ;  etliche  fürsten, 
die  dem  land  Macedonien  nahe  gelegen  und  anstöszer  waren, 
kamen  in  das  lager  der  Römer.  Rihel  Liv.  391;  seinen  hin- 
dersassen  und  anstöszern.  Phil.\nd.  2,  376;  die  Österreicher 
und  ihre  anstöszer.  Simplic.  2,  724;  man  musz  sehen,  was 
die  müle  vor  nachbarn,  angrenzer  und  anstöszer  habe.  Hoh- 
BERG  3,  67'.  später  veraltend.  Denkbar  wäre  auch  ein  älteres 
anstöszer  ßr  mordbrenner,  incendiarius,  mhd.  viuraere;  doch 
bietet  sich  kein  beleg  dar. 

ANSTÖSZIG,  quod  offensionem  habet,  turpis,  obseoenus: 
anstöszige  sitten,  reden,  worte;  anstösziges  benehmen,  betra- 
gen :  dasz  er  darüber  nicht  anstöszig  werde.  GC.xther  8 ;  das 
ist  bei  der  Unterhandlung  ein  anstösziger  punct  und  vor 
allem  zu  beseitigen,  hin  und  wieder  heiszt  auch  angehendes, 
anbrüchiges  obst  anstöszig. 

A.NSTÖSZIGKE1T,  f,  eine  anstöszige  sache:  er  sagte  eine 
anstöszigkeit,  etwas  anstösziges,  unanständiges. 

ANSTOSZLICH,  was  anstöszig,  nnl.  aanstootelijk :  würde  es 
männiglichen  sehr  anstoszlich  vorkommen  sein.  Leibsitz  2,  370. 
ist  ungebräuchlich. 

A!SSTOSZN'AHT,  /.  die  naht,  womit  kleidungsstücke  ange- 
stoszen werden. 

ANSTOTTERN,  balbutiendo  alloqui,   anstammeln. 

ANSTR.AHLE.N,  irradiare,  nnl.  aanstralen :  die  sonne  strahlt 
den  mond,  der  mond  die  erde  an;  sanft  angestrahlt.  Brockes 
2,  148.  287;  der  herliche  anblick  des  von  der  morgensonne 
angestrahlten  meerbusens.   Wielasd  3,379; 

und  um  die  runden  hüften  wallen 

gewänder,  rosen  gleich  in  angestrahltem  tbau.    5,  195; 

von  deinen  äugen  angestrahlt.    12,29;    - 

wie  der  herbsitag 
klar  aus  nebelgedün  sich  hervorringt, 
thränendes  laub  anstrahlend  mit  licht.    Voss; 
ach  nur  einmal  sirahle 
ihn,  der  mich  nicht  fassen  kann, 
nur  von  fem  und  einmal  strahle 
diesen  kalten  tadler  an.    Bcrgeii74*; 

die  beschattete  wange  färbte  sich  ebenso  roth  als  die  an* 
gestrahlte.  J.  Pacl  heiml.  klaget.  32. 

A.NSTRAHLÜiNG,  f,  wärmendes  anseheinen,  anleuchten: 

hin  ihn  wärmend  und  her  in  der  glut  anstralung. 
Od.  2t,  246. 

ANSTRANDEN,  allidere  ad  litora,  nnl.  aanstranden:  nach- 
dem ich  an  dem  marsilischen  ufer  angestrandet.  Opitz  Arg. 
2,  460.  477 ;  ein  groszer  walfisch,  so  im  wollinischen  werder, 
zwischen  WoIIin  und  Camin  angestrandet  ist.  Micrälics  a.  P. 
4,  120. 

ANSTRAUCHELN,  pede  offendere,  nnl.  aanstniikelen. 

ANSTRAUSZEN,  aggredi,  einen  strausz  wagen,  bestehn: 

wie  von  deiner  kühnen  Taust 

mancher  Teind  ward  angestrauszt.    Flibinc  304. 

ANSTREBEN,  anniti,  aufstreben,  emporstreben,  erstreben,  nnl. 
aanstreven :  jede  insel,  jeder  stein  ist  mit  üppig  anstrebenden 
waldbäumen  geschmückt.    Humboldt  ans.  der  nat.  1,  278. 

doch  prächtig  schwillt  der  bäum  des  lebend 
und  strebt  den  hohen  wölken  an.    Plats!«  61 ; 

der  höher  anstrebende  geist,  das  geschick  seinen  lehrer  an 
zierlichkeil  und  Zartheit  zu  übertreffen.  Göthe. 

ANSTREBUNG,  f  bestrebung,  streben:  in  dieser  galeric 
verschiedener  denkarten,  anstrebungen.  Herder  16, 174. 


491 


ANSTRECKEN — ANSTREICHEN 


ANSTRECKEN,  intendere,  moliri:  das  seil  anstrecken,  an- 
spannen ;  alle  seine  kräfte  anstrecken.  Lohenst.  Arm.  1,  41 ; 
mit  angestreckter  kraft.  Haller  190; 

die  köpfe  streckten  drauf  den  gröszten  eifer  an.    Günther  653; 

wie  haben  nicht  beinahe  alle  abendländische  Christen  ihre 
tapferkeit  und  andacht  gegen  sie  angestrecket?  Mascou2,  243; 
ach  wie  oft,  wenn  ich  die  Schönheit  dieses  orts  zu  beschrei- 
ben, köpf  und  feder  angestreckt.  Brockes  7,  7 ;  als  wenn  wir 
alle  Seelenkräfte  ihn  recht  zu  ehren  und  zu  lieben  uns  oft 
bemühen  anzustrecken.  6,  665 ;  die  kunst  des  geistes .  ange- 
sfreckt.  8,  354.  heute  veraltet  und  man  sagt  entweder  daran 
strecken  oder  anspannen,  anstrengen. 

ANSTREICH,  vi.  linimentum,  salbe:  ein  satz  oder  anstreich 
(überschriß),  nim  guten  Weinessig  etc.  knete  es  wol  durch 
einander  und  streich  solchen  dem  gauUauf  die  nieren.  Pin- 
TER  Pferdschatz  s.  415.     s.  anstrich. 

ANSTREICHE,  f.  cerussa,  fucus.   s.  anstrich. 

ANSTREICHELN,  molliter  palpare.    s.  streicheln. 

ANSTREICHEN,  illinere,  inungere,  attingere,  nnl.  aanstrijken, 
früher  mit  dopp.  acc,  dann  mit  dat.  der  person: 

1)  fliissigkeiten,  salbe,  öl,  fett,  essig,  wein,  wasser  anstrei- 
chen, mhd. 

da  hicj  si  si  strichen  an, 

so  enivriche  diu  suht  dan, 

und  er  waer  le  hant  genesn.    Iw.  3445; 

daj  hiej  si  an  in  slrichen.    3449. 

streicti  icli  euch  (acc.)  die  salben  an, 

so  werd  ir  ein  gesunder  man. 

fasln,  sp.  505,  3  ; 

der  meister  gab  ir  ein  etzwasser,  das  streich  sie  an  und  etzt 
haut  und  bar  hinweg,    seh.  und  ernst  cap.  177; 

das  (bergin  schmer)  stricht  ein  gsell  dem  andern  an. 
Brant  narrensch,  206 ; 

ich  kan  dir  den  krysam  anstreichen.  Fischart  Garg.  86' ;  ohn- 
mächtige wurden  mit  wasser  bestrichen:  Philis  kommt  mit  dem 
wasser  und  labung,  man  streicht  sie  (die  ohnmächtige)  an. 
Ayrer  419*; 

ein  plötzliches  geschrei  bewegt  das  ganze  haus, 
man  bricht  der  frau  die  daunien  aus, 
man  streicht  sie  kräftig  an,  kein  baisam  will  sie  stärken. 
Gellert  1,  84; 

dem  knechte  ward  (ibel. .  ich  strich  ihn  an,  gosz  ihm  in  der 
angst  selzerwasser  und  wein  in  den  mund  und  dachte  wirk- 
lich er  stürbe,     vgl.  auch  Gotter  3,  21. 

2)  färbe  anstreichen :  das  geländer,  die  treppe,  das  haus 
anstreichen  lassen,  galt  zumal  vom  anstreichen  der  schminke 
an  die  icangen:  der  wein  streicht  ein  färblin  an  (gibt  rothe 
backen).  Garg.  97';  wie  sich  die  weibcr  daselbst  durchleuch- 
tig anstreichen.  54';  quecksilber  hat  man  lassen  drein  ge- 
hen {zur  schminke),  darumb  den  weibern,  so  sich  anstreichen, 
gerne  die  zene  ausfallen.   Mathesiüs  106'; 

den  angestrichnen,  kranken  huren.    Weckh.  534; 
gemeiner  Schönheit  stolz,  sprach  sie,  mag  sich  anstreichen. 

737; 
ich  weisz,  wie  zu  hof  die  frawen  sich  anstreichen.    790; 
der  zQmpferlin,  dem  mit  anstreichen, 
mit  falschen  haaren,  kraus  und  lang 
die  huren  von  Rom  müssen  weichen.    804; 
ich  biege  keine  knie  und  rücke  keine  kappen 
für  aufgeputzter  ehr  und  angestiict)ner  gunsi. 

LocAU  1,  5,  3; 
falschbeit  streicht  sich  zierlich  an,  ist  auf  mnntel  gar  beflissen. 
2,  zugäbe,  122 ; 

wem  die  natur  nicht  ein  ansehen  gibt,  der  kans  mit  keiner 
kunst  anstreichen.  Leumann  37;  die  sonne  streicht  auch  ir- 
dischen dingen  ein  licht  an.    Lohenst.  Arm,  1,  620 ; 

starben,  ..  wans  ..  mit  zu  starken  färben 
ihr  stimlein  streichen  an.    Spek  trulm.  115; 
ihm  streicht  der  eitle  rühm  der  tugcnd  färben  an.    Haller; 

die  fixe  luft  des  zomes  strich  jetzt  die  rosen  seiner  lippen, 
wie  die  chemische  die  botanischen,  blau  an.  J.  Paul  Tit.  2, 
169;  wie  lampenfeuer  aus  brantewein  allen  umstehenden 
todtenfarbe  anstreicht.  Nepom.  kirche  141 ;  dies  ists  eben, 
was  ihr  einen  solchen  schein  von  gründlichkeit  anstreicht. 
Hesp.  2,  161. 

3)  notare:  gelesene  stellen  anstreichen;  mit  dem  bicistift 
anstreichen;  einem  etwas  anstreichen,  gedenken;  ich  will  dir 
das  lügen  anstreichen. 


ANSTREICHERIN— ANSTRENGEN    492 

4)  aptare,  laevigare,  anschmiegen:  die  haare  glatt  anstrei- 
chen; handschuhe  an  den  arm  streichen,     mhd. 

zwo  scharlaches  hosen  streich  er  an 

mit  gröjem  flije  an  diu  bein.    VKtgoJ.  107, 24 ; 

seht  wie  diu  frowe  sich  strichet  an, 

si  tuotj,  ich  Wien,  üf  fremde  man. 

LiECUTENST.  603,  15; 
woßr  es  Lohengr.  22  heiszt: 

zwo  scharlaches  hosen  an  sine  bein  man  schuohte; 
und  die  hosen  gestrichen  an  sein  bein, 
geleich  sara  sie  gefallen  sein,    fastn.  sp.  786, 14, 

d.  i.  zur  strafe  nicht  glatt,  sondern  in  falten  angezogen,  ftgür-r 
lieh,  dasz  ich  sie  der  unmenschlichen  behandlung  eines  markt- 
schreiers  üherliesz,  der  sich  bei  mir  anzustreichen  (anzu- 
schmiegen, einzuschmeicheln  oder  heraus  zu  streichen  ?)  gewust 
hatte.    Göthe  11,  54. 

5)  leviter  attingere,  anstreifen:  Philine  hatte  beim  heraus- 
gehen aus  dem  theater  ihn  mit  dem  eilenbogen  angestrichen 
und  ihm  einige  worte  zugelispelt.  Göthe  19,  225.  man  sagt 
auch,  die  geige  (mit  dem  bogen)  anstreichen,  leicht  berühren, 
weidmännisch,  der  hirsch  hat  angestrichen,  auf  bethautem 
grase  spur  hinterlassen,  seine  füsze  an  das  gras  gestrichen. 

ANSTREICHERIN,  f.  die  schminkende  magd.    nach  Fischart~ 
Garg.  281'  darf  man   annehmen,    dasz  vornehme   frauen    eine 
solche  für  ihren  putz  hielten. 

ANSTREICHFARRE,  f.  pigmentum,  fucus,  mhd.  geriben 
varwe,  badstuben  varwe: 

ohn  anstreichfarb,  ohn  fürwitz  und  ohn  kunst. 
Wkckherlih  661. 
ANSTREICHFÄRBLEIN,  n. 

die  morgenrötin  ..  musz  alle  morgen^ 

sich  zu  beschönen 

aus  dem  lieblichen  rosenkram 
all  ihre~anstreichfärblein  borgen. 

Weckherlin  582. 

ANSTREICHUNG,  /.  palpalio:  die  ädern  geschickt  durch 
die  äuszere  anstreichung  nur  sichtbarer  zu  machen,  da  die 
gröbere  haut  sie  vorher  verhüllte.  J.  Paul  teuf.  pap.  2,  193. 

ANSTREIFEN,  leviter  attingere:  mit  den  füszen  das  gras 
anstreifen ;  im  vorübergehen  anstreifen ;  die  buchstaben  und 
bedeutungen  vieler  Wörter  streifen  an,  an  einander  (wie  an- 
streifen selbst  und  das  vorausgehende  anstreichen,  oder  schon 
die  einfachen  streifen  und  streichen),  ein  kleidungsstück  an- 
streifen, gegenüber  dem  abstreifen: 

win  machet  usz  eim  wisen  man, 

das  er  die  narrenkapp  streift  an.    Brant  113; 

sie  (die  Studenten)  hant  die  kappen  vor  zu  stür, 

wann  sie  aliein  die  streifen  an, 

der  Zipfel  mag  wol  naher  gan.    130; 

du  teist  nach  meinen  gülden  schnappen, 

ich  streift  dir  an  die  narrenkappen. 

H.  Sachs  1,527'; 

der  betrogen  ist,  der  hat  die  narrenkap  angestreift.  Leh- 
mann 107;  wie  man  die  hendschu  angestreif,  anziehe,  an- 
streiche. Kecsersb.  ehr.  bilg.  109 ;  er  het  den  kugelhut  ange- 
streift (es  steht  angestreüft).  das.;  er  kokettierte  nicht,  wie 
witzige  Säuglinge,  mit  allen  idecn,  sondern  er  wurde  von  ih- 
nen entweder  angepackt  oder  gar  nicht  angestreift.  J.  Paul 
Tit.  1,  163 ;  wenn  ein  kleiner  Unfall  neben  sie  anstreift,  stellt 
sie  sich  todt.   grönl.  proc,  werke  5,  108. 

ANSTREIT,  m.  impugnatio,  bellum,  läszt  sich  nach  dem 
folgenden  verbum  und  nach  dem  mhd.  anestrit,  bei  dem  von 
Gliers,  vermuten,  Ben.  beitr.  127 : 

si  prisent  alle  sunder  strit 

den  sumer  mit  den  bluomen  rdt, 

und  hant  des  winters  anestrit, 

welches  Hacen  1, 104'  vgl.  3,  596  ohne  grund  ändert  in  alle  nlt. 
ANSTREITEN,  impugnare,  bestreiten,  anfechten,    mhd.  sagte 
man  an  einen  stritcn,  ;.  b.  striten  an  die  heidenschaft ; 

an  die  burg.-cre  striten.    Maurit.  61 ; 

streiten  an  einen  wilden  bereu,    fastn.  sp.  857,  13. 

heute  selten:  da  neuerlichst  die  Originalität  der  bürgerschen 
Lenore  anpestritten  ist.  Herder  20,  404.    s.  angcstrcilcn. 

ANSTRF^NGEN,  intendere,  anspannen,  anziehen,  eigentlich, 
das  Zugvieh  in  den  sträng  spannen,  die  pferde  anstrengen, 
heftig  ziehen  lassen,  dann  nöthigen,  angreifen,  abmühen :  er 
wart  vi!  angestrengt  mit  fregen.  Keisersb.  po.tt.  3,85;  sie 
waren  als  heftig  angestrengt,  das  sie  nit  durch  die  beiden  kö- 
rnen mochten.  Fierabr.  2;  den  köpf,  die  äugen  anstrengen; 


493 


A.NSTRENGUNG— ANSTRÖMEN 


ANSTÜCKELN— ANSUCHEN 


494 


ir  habt  mich  auf  gestrigen  tag 

gebeterr  und  hoch  gestrengt  an, 

meiner  tochier  zu  geben  ein  man.    Teuerd.  2,  6; 

mich  schreciiliche  furcht  anstrenget.  Melissüs  M5': 
wa  er  angestrenget  würde,  sich  in  disen  halt  zu  hindergeben. 
Fischart  Garg.  20S*;  das  meer,  wenn  es  von  den  starken 
winden  zum  ungewitter  angestrenget  wird.  Spee  ij.  tugendb. 
410;  ob  nun  wol  also  in  Hinterpommern  sich  auch  polnische 
kriege  wider  die  Pommern  anstrengeten.  Micrälics  2, 172 ;  der 
Schulmeister  soll  die  kinder  nicht  zu  sehr  anstrengen;  er 
strengte  seinen  verstand,  seine  kräfte  an.  man  sagt  auch 
einen  process  anstrengen  gegen  jemand,  gleichsam  anspannen, 
in  sug  oder  gang  bringen;  die  klage  anstrengen,  unw.  docl. 
660 ;  den  angestrengten  rechtsstrtit  abbrechen,  sich  anstren- 
gen, sehr  bemühen. 

ANSTRENGUNG,  f.  anspannung:  mit  groszer  anstrengung 
aller  kräfte  arbeiten ;  mit  mehr  als  menschlicher  anstrengung ; 
endlich  lassen  diese  anstrengungen  nach. 

ANSTRICH,  m.  nach  verschiednen  bedeuiungen  des  anslrei- 
chens.  vorerst  heiszt  so  die  salbe,  womit  man  ein  krankes 
Pferd  anstreicht,  icofür  oben  schon  anstreich  aufgeßhrt  wurde, 
anstrich  steht  bei  Houberg  2, 184'.  185".  193'.  194'.  229" ;  einen 
anstrich  den  man  für  die  karpfen  macht,  beschreibt  Dobel  3, 
226'.  Weit  häufiger  ist  es  die  angestrichne  färbe,  der  an- 
schein,  meist  in  übelm,  doch  auch  in  gutem  verstand:  der  an- 
strich, die  tünche  des  hauses;  die  wand  erhielt  neuen  an- 
strich; si  treiben  grosze  hoffart  mit  irem  har  und  hart,  nit 
on  ein  anstrich  geel  oder  brun.  Frank  icellb.  193';  one  zwei- 
fei hat  das  lateinische  wort  fucus,  welches  ein  anstrich  heiszt, 
vom  hebreischen  fuch  den  namen.  M.athesiüs  106';  sie  glau- 
ben genug  gethan  zu  haben,  wenn  sie  il'rer  schändlichen  auf- 
fiihrung  einen  guten  anstrich  geben.  Rabeser  l,  87 ;  anstrich 
Ton  Schwermut,  schein,  anflug,  engl,  touch; 
die  tugend,  der  emplindungslose  herzen 
den  ansU'ich  ihres  schwarzen  bliiles  leihn. 
CoTTER  1,  384; 

bji  allen  anstrichen  und  bemäntelungen  der  sache  gestehen 
sie  doch  ein.  HrppEL /eten^/.  2,  304;  ehe  ich  mich  eröfne,  wie 
man  einer  homerischen  Übersetzung  den  anstrich  von  alter- 
thum  geben  könne.  Bürger  136';  auszendinge  sind  nur  der 
anstrich  des  mannes.  Schiller  135;  die  sorge  gab  ihm  einen 
anstrich  von  traurigkeit,  der  ihm  sehr  wol  anstand.  Göthe 
15,  116;  es  (das  gedieht)  war  mehr  als  ein  abschied  von  die- 
sen lebensfreuden  verfaszt,  wodurch  es  zwar  einen  gefühlvol- 
len anstrich  des  heiler  durchlebten  gewann.  22,  S2;  seiner 
Unwissenheit,  ja  auch  seinen  vorsätzlichen  blendwerken  den 
anstrich  der  Wahrheit  geben.  Ka>t  2,  96;  durch  eine  popu- 
läre spräche  seinen  grundlosen  ansprächen  einen  anstrich  ge- 
ben. 3,  234 :  den  schlechten  moralischen  gehalt  der  gesinnting 
durch  einen  betrügerischen  anstrich  verdecken.  6,  3S6;  die 
neigung  gibt  einer  schlimmen  sache  den  schönsten  anstrich. 
8, 140 ;  diese  neigungcn  haben  den  anstrich  der  Vernunft.  10, 
299 ;  es  gäbe  dem  werke  keinen  lächerlichen  anstrich.  J.  Paul 
flegelj.  1,  131;  übrigens  werden  die  färben,  die  auf  «'en  wis- 
senschaftlichen feinen  und  menschenliebendcn  anstrich  des 
äuszern  verbraucht  werden,  nolhwendig  vom  Innern  abgekratzet. 
Hesp.  2,  52 ;  goldanstrich,  tinctura  auri.  Vom  anstrich  des 
fiedlers  heiszt  es  schon  Sib.  1941,  4 : 

ej  ist  ein  röter  anstrich,  den  er  zem  videlbogen  hat; 

jugendlich  froh  der  musik,  taktfest  und  von  krünigem  ansirieb. 
Voss  I,  183.  (Luise  3,  577) ; 

der  anstrich  des  geigenden  ist  besonders  zu  loben,  der  an- 
strich mit  dem  bleistift,  mit  der  kreide,  weidmännisch,  die 
fährte  des  wildes  auf  dem  grase,  der  thausrhiag.  Ihauslrich. 

ANSTRICK,  m.  cuneus  altextus,  angestrickter  zwtckel:  wer 
bezahlet  ihnen  den  anstrick?  mägdelob  64. 

ANSTRICKEN,  tllaqueare,  altexere,  nnl.  aanstrikken:  es  ist 
besser,  seih  ros  an  des  feindes  zäun  binden,  als  dasz  der 
feind  es  an  unsern  bäum  anstricket.  Hippel  lebensl.  4,  351 ; 
endlich  keuchten  zwei  kinder  daher,  davon  eines  als  Zugvieh 
an  einen  schiebekarren  angestrickt  war.  J.  Fall  //esp.  1,170; 
mit  nichts  strickt  uns  eine  schöne  mehr  an  sich,  als  wenn 
sie  uns  anlasz  gibt,  ihr  eine  gefalligkeit  zu  thun.  uus.  löge 
2,  71 ;  er  strickte  den  Schlafrock  knapper  an.  Hesp.  1,  125. 
einen  strumpf,  den  zwickel  an  den  strumpf  anstricken. 

ANSTRIEGELN,  strigili  pectere,  dem  pferde  die  haare  glatt 
anstrie):ein. 

ANSTROM,  m.  affluxus:  anstroia  des  wassers,  der  wellen. 

ANSTRÖMEN,  affinere,  nni.  aaoslroomen;  das  wasser  strOmt 


an;  das  volk  strömte  in  häufen  an;  in  die  zeit  zurück,  da 
uns  der  weltgeist  noch  jugendlich  neu  anströmte.  Herder 
17,  47. 

ANSTÜCKELN,  frustillatim  assuere,  frequentativ  des  folgert' 
den:  und  stückeln  keinen  wünsch  ans  blatt  Günther  523; 
eine  thätigkeit  läszt  sich  in  die  andre  verweben,  keine  an  die 
andre  anstückeln.  Göthe  17,  297. 

ANSTÜCKEN,  annectere,  assuere:  hier  musz  noch  etwas 
angestückt  werden. 

ANSTUDIEREN,  künstlich  und  gesucht  sich  aneignen: 

der  grosze  mann 
legt  die  systemata  und  seinen  ernst  bei  seile, 
studiert  sich  heitre  mienen  an, 
und  sorgt,  dasz  jede  viel  bedeute.    Gieseke  ; 

das  betragen  ist  ihm  nicht  natürlich,  es  ist  alles  anstudierL 
ANSTUND,  ade.  illico,  von  stund  an,  nnl.  aanstonds,  ter- 
stond,  mhd.  sdzestunl,  alzestunt,  begegnet  noch  im  16  jh.  hin 
und  wieder:  das  auch  also  anstund  geschehen.  tcm/A.  2,  24ü ; 
da  Reinhart  sich  auf  der  erden  sähe,  anstund  sprang  er  wider 
auf  seinen  braunen.  Aimon  V2  und  in  diesem  buch  oß.  vgl. 
Frisch  2,420. 

ANSTUPFEN,  s.  anstippen,  antupfen. 
ANSTÜREN,  was  anstieren,  anstarren: 

er  spitzt  die  nase,  er  sturt  «ie  an, 

betracbt  sie  herüber  hinüber.    Göthe  2,  194; 

vgl.  Klingers  th.  2,  127 :  was  sturst  du,  als  wärst  du  Ton 
sinnen? 

ANSTUTIM,  m.  tumuUus,  impetus:  tobender  anstorm  der 
reiterei  in  der  Schlacht,  besser  als  sturmangrif. 

ANSTÜRMEN ,  impetu  aggredi,  adoriri,  nnl.  aanstonnen : 
sie  stürmten  gegen  die  thür  an;  anstürmen  gegen  alles  be- 
stehende ;  laszt  sie  anstürmen  I ;  diese  gegen  Überlieferung  und 
autorität  anstürmenden  gesinnungen  Bacons.  Göthe  53, 148 ; 

des  sultans  mäcbtge  flotte  ist  gelandet 
anstörmend  zu  Venedig.    Tieck  1,  227; 
sieh,  ich  stürme  dich  an.    Borger  238*; 
weil  du  grad  anstürmtest  im  vordergewühl  der  entschlosznen. 

Voss. 

ANSTURZ,  m.  impetus,  assuUtu,  procella:  ansturz  der  wo- 
gen, ansturz  der  reiterei; 

. .  aber  die  schiffe  zerschlug  an  den  kuppen  der  ansturz 

brandender  flut.  Voss  Orf.  3,  298; 

die  den  rehbock  vor  dem  ansturz  des  gebells  rasch  wie  er 

forischosz 
in  den  saod  warf.  Voss  3,  169. 

ANSTÜRZEN,  was '  anstürmen : 

wie  wenn  dunkel  das  meer  aufwallt  mit  stummem  gewoge 
noch  vorahndend  der  wind  im  gesaus  anstünenden  wandet. 

Voss ; 
spähend,  wie  bald  vom  gestad  anstürzte  das  volk  der  Achaier 

II.  2,  794. 

ANSTÜTZEN,  anniti,  innili,  anlehnen:  die  füsze  an  di«.' 
wand  anstützen.  Wielands  Klelia  3,  44;  sich  an  etwas  au- 
stülzen. 

ANSTÜTZPUNCT,  m.  stützpunct,  würter,  die  man  nach  dem 
franz.  poinl  d'appui  gebildet  hat  und  häufig  anwendet,  wo  das 
einfache  stütze  besser  stände. 

ANSUCH,  m.  weidmännisch,  der  ort,  wo  man  zuerst  nach 
dem  schweisze  des  angeschossenen  wildes  sucht.  Abr.  a.  s.  Clara 
2,  123  braucht  es  auch  anders :  die  herrn  bäunier  haben  auf 
dem  reicbstag  einen  ansuch  gethan  an  den  Ölbaum,  ilime  die 
krön  anerbottcn.  besuch,  gesuch  erscheinen  gleicitfalls  männ- 
lich. 

ANSUCHEN,  petere,  rogare,  angehen,  ersuchen,  früher  gleich 
allen  diesen  mit  dem  ace.  der  person,  noch  früher  wahrschein- 
lich auch  der  sache,  ßr  welchen  doppelten  acc.  (an  einen  eine 
sache  suchen)  doch  beleg  gebricht:  wollest  auch  Hansen  Ren- 
ner, Zigler  und  andere  ansuchen  (angehen)  und  des,  so  uns 
Renner  in  dieser  sachen  vertröstet,  erinnern.  Llther  1,  134'; 
wie  wol  ich  verachter  mensch  mich  zu  gering  halle,  das  ich 
solle  so  grosze  fürtrefliche  herrn  ansuchen  und  ansprechen. 
2,  143'  {br.  2,  225);  do  habt  ir  den  bischof  von  Meissen  an- 
gesucht und  gebeten,  br.  2,  349;  mit  hier  inliegender  schrift 
hat  Calixlus  uns  angesucht  und  sein  noth  angezeigt.  5,  301 ; 
und  sollen  sonderlich  an  disem  ort  die  kciserliche  maj.  an- 
gesucht haben.  Melanchth.  apol.  conf  Aug.  im  corp.  doctr. 
ehr.  p.  1S3.  beispiele  des  passivums:  ich  werde  gebelen  und 
angesucht.  Pontus  43 :  ich  bin  zum  oftermai  von  dem  wirdigea 


495 


ANSUCHEN  — ANTAG 


ANTAGEN  — ANTASTEN 


496 


hcrin  angesucht  an  e.  w.  zu  schreiben.  Melanchth.  an  die 
slaiH  Bonn.  1543  bl.  1 ;  wie  man  biiiich  zu  alier  würd,  ober- 
licit  und  ämptern  angesucht  werden  soit.  Frank  wellb.  76'; 
^eapülis  von  Hanibaie  und  andren  angesucht,  allweg  auf  der 
Rünier  seilen  beliben.  cliron.  20*.  Später  werden  solche  fügun- 
gen  seltner: 

auf  deinen  hochzeitlag,  mein  freund,  dir  was  zu  machen  (dichten) 
basl  du  mich  angesucht.  Logau  1,  8,  14. 

im  18  jli.  findet  sich  nur  bei  einem  um  etwas  ansuchen: 
erinnern  sie  sich  eines  briefes,  da  sie  mir  die  ehre  anlhalen, 
bei  meinem  vater  um  mich  anzusuchen?  Babener  3,  209.  262; 
wenn  ihre  hoheit  dies  im  ernste  meinen,  so  bin  ich  genü- 
thigt  demütigst  um  meine  entlassung  anzusuchen.  Wieland 
7,169;  dasz  man  theiis,  wenn  man  ja  anzusuchen  gezwungen 
wäre,  zu  strenger  mäszigkeit  entschlossen,  es  oft  nur  um 
solche  ämler  thäte,  die  gewöhnlich  ungelehrte  bekämen. 
Klopst.  12, 163. 

ANSUCHEN,  n.  petitio,  ersuchen:  weil  ir  in  dem  bei  sei- 
ner eh.  gn.  als  einem  leien,  der  der  schrift  nicht  bericht,  an- 
suchen gethan.  Luther  2,  5';  ich  wende  mich  hierdurch  auf 
befelil  meiner  zunft  an  die  republik  mit  dem  ansuchen,  die 
polemik  aus  der  zahl  der  Wissenschaften  auszuschlieszen. 
Klopst.  12,  301 ;  die  ansuchen  um  freitische.  Heynes  briefe  an 
Joh.  Müller  61;  heule  komme  ich  mit  einem  kleinen  ansu- 
chen.   GüTHE  an  Bochlitz  4. 

ANSUCHUNG,  {.  petitio,  Werbung:  weil  wir  nun  solcher 
ansuchung  und  dermalen  bepstlichen  mandaten  aus  pflicht 
des  gehorsams  folgen  wollen.  Luther  1,  359';  wie  er  denn 
bei  dem  herzog  von  Baiern  derowegen  ansuchung  durch  mich 
thun  liesz.  Schweinichen  1,  182;  ansuchung  thun  um  hülfe, 
um  dreijährigen  stillstand  u.  s.  w.  Hahn  1, 101.  278.  2, 156.  205 ; 
bat  inständig,  Florindo  möchte  auf  gethane  ansuchung  die 
kleinen  sechszehn  meilen  nicht  ansehen.  Weise  kl.  leute  13; 
wann  die  garstigen  ihre  jungferschaft  behalten,  so  geschieht 
es  aus  mangel  der  ansuchung.  gespenst  332;  that  jedoch  im- 
mer neue  ansuchung  ihm  seinen  lasterhaften  willen  zu  erfül- 
len. Felsenb.  3, 154 ;  so  hat  doch  diejenige  prinzessin  die  Ver- 
mutung für  sich,  dasz  sie  die  ältere  sei,  um  welche  schon 
lange  zeit  vor  ihren  andern  Schwestern  ansuchung  gethan 
wird.  J.  E.  Schlegel  4,  315 ;  dazu  hätte  er  eine  erlaubnis  ha- 
ben müssen,  welche  ausnähme  gewesen  wäre,  und  die  konnte 
vielleicht  auch  nicht  gegeben  werden,  es  war  also  mislich 
mit  der  ansuchung.  Klopst.  12,  206. 

ANSUD,  m.  coctura  levis,  ein  fdrberausdruck. 

ANSURREN,  susurrando  advolitare:  im  wald  surrten  mich 
käfcr  an. 

ANSÜSZ,  subdulcis,  vnoyXvxvs,  nd.  ansöte,  süszlich. 

ANSÜSZEN,  aliquantulum  dulcem  reddere:  das  wasser  an- 
süszen ; 

dir  ekelt  für  dem  safl,  ders  paradis  ansüszet. 

LoHENST.  Ibrah.  43,  467. 

vgl.  Arm.  1, 1130.  2,  685. 

ANT,  im  16  jh.  zuweilen  geschrieben  für  and,  z.  b,  wie  tustu 
mir  so  ant  im  pauch  bei  Uhland  s.  394 ; 

mich  wundert  fast  und  thut  mir  ant, 
wann  vierzig  jar  würt  alt  genant. 

SCUWARZEKBERG  141,  1. 

vgl.  oben  ahnd  und  and. 

ANT,  Überrest  einer  uralten,  ursprünglich  freien  partikel, 
die  sich  uns  nur  in  wenigen  Zusammensetzungen  mit  dem  no- 
men,  zu  ent  geschwächt  in  vielen  mit  dem  verbum  erhalten  hat. 
das  goth.  and  war  noch  selbständige  praeposition,  gleich  dem 
gr.  avrl  und  tat.  ante,  aus  dem  sanskrit  können  zwei,  nur 
als  pracfix  und  ohne  nasallaul  erscheinende  partikeln  ati  und 
adln  herangezogen  werden,  das  litt,  ivit  lebt  als  praeposition. 
an  verba  gefügt  lautet  gotlu  and  gleichfalls  and,  vor  Substan- 
tiven aber  zeigt  es  meistens  die  vollere  gcstalt  anda,  und  die- 
sem anda  entspricht  nun  ahd.  ant  vor  dem  nomen,  während 
vor  dem  verbum  die  ältesten  denkmdler  ant  behaupten,  die  spä- 
teren schon  in  ent  oder  int  schwächen,  ja  selbst  dieses  vor 
stummen  consonanten  zu  bloszem  in,  vor  labialen  zu  im  wer- 
den  lassen,  mhd.  hat  sich  die  zahl  der  nominalzusammen- 
setzungen  mit  ant  (t;or  labialen  am)  schon  sehr  verringert, 
nhd.  ist  sie  auf  wenige  Wörter  gesunken,  von  den  verbalzu- 
sammenseizungen  ist  unter  ent  zu  handeln,  jener  nomina  sind 
nur  drei  übrig:  anllitz,  antwort  und  das  fast  unkenntliche 
amt  =  goth.  andbahti.    antlasz  und  antwcrk  sind  veraltet. 

A.NTAG,  m.  dies  octava  a  feslo,  der  achte  tag  nach  einem 
groszen  feicrtag  oder  auch  nach  dem  fest  der  heiligen,  den  man 


im  mittelalter  noch  zu  begehn  pflegte,  vgl.  Ducange  unter 
octava  2.  ahd.  anllag  und  anttago  (Graff  5,  358),  worin  sich 
kaum  die  eben  verhandelte  parlikel  ant  =  gegen  suchen  läszt, 
da  es  sich  um  einen  nachfolgenden,  nicht  vorausgehenden  tag  han- 
delt, eher  hegt  die  Zusammensetzung  ein  altes,  unumgelautetes 
ant  =  anli,  goth.  andeis  ende,  uf  anlag  des  heiligen  oster- 
dages.  Günther  cod.  dipl.  3,774  (a.  1373);  anlach  oisterdags. 
weisth.  2,521  (a.  1298);  mnl.  andach.  de  Klerk  cod.  dipl.  1, 
679  (a.  1292).  diese  belege  reichen  also  über  die  nhd.  zeit 
zurück,  wahrscheinlich  aber  bieten  sich  noch  spätere  dar,  und 
deshalb  wird  das  wort  hier  aufgestellt. 
ANTAGEN,  allucere: 

von  morgens  angesichte 

hast  du  mich  angetagt.   Rückert  263. 

ANTAGGEBUNG,  /".  editio  in  lucem:  anlaggebung  der  bu- 
chen 'die  verteutscht  bulle,  wider  M.  Luther  ausgangen.'  (1520) 
4.  vii'. 

ANTAKELN,  gegensalz  des  abtakelns:  ein  schif  anlakeln. 

ANTANZEN,  choream  ducere,  vortanzen,  man  sagt  aber 
auch  sich  antanzen,  sich  durch  den  tanz  zu  wege  britigen: 
sie  hat  sich  die  Schwindsucht  angetanzt;  dasz  sich  die  toch- 
ter  doch  wol  irgend  einmal  einen  reichen,  angesehenen  manu 
antanzen  würde.  Tieck  15,  211. 

ANTAPPEN,  incondite  palpare,  lentare: 

der  bawr  den  pfalTen  stark  andappet, 

und  meint,  er  habe  den  dieb  erschnappet.  H.  Sachs; 

tappet  an  allen  orten  an.  Garg.  12s'. 

ANTAST ,  m.  attrectalio,  palpatio,  angrif.  in  den  weisthü- 
mern  wird  oft  gefragt  und  bestimmt,  wer  den  anlast  habe, 
den  anlast  tliue,  den  ersten  anlast;  und  damnter  das  recht 
des  grundherrn '  verstanden,  einen  missethäler  anzugreifen  und 
vor  gericht  zu  ziehen.  1,  832.  2,  386.  484.  525.  529.  66L  663.  695. 
706.  3, 12.  743.    s.  angrift. 

ANTASTEN,  attrectare,  palpare,  angreifen,  anpacken,  an- 
rühren, nnl.  aantaslen,  meistens  hart  und  freventlich,  wer 
disen  man  oder  sein  weih  antastet,  der  sol  des  todes  sto- 
ben. 1  Mos.  26,  11;  wie  wir  dich  nicht  angetastet  haben.  26, 
29 ;  wir  haben  inen  geschworen,  darumb  können  wir  sie  nicht 
antasten.  Jos.  9, 19 ;  wo  sie  schneiden  im  felde,  da  gehe  ihnen 
nach,  ich  hab  meinem  knaben  geboten,  das  dich  niemand  an- 
taste. Ruth  2,  9;  wer  wider  dich  redet,  den  bringe  zu  mir, 
so  sol  er  nicht  mehr  dich  antasten.  2  Sam.  14, 10 ;  tastet  meine 
gesalbcten  nicht  an.  1  chron.  17,  22 ;  recke  dein  band  aus  und 
taste  an  alles  was  er  hat.  Hiob  1, 11 ;  recke  dein  band  aus 
und  taste  sein  gebein  und  fleisch  an.  2,  5;  taste  die  berge 
an,  das  sie  rauchen,  ps.  144,  5 ;  wer  euch  anlastet,  der  tastet 
seinen  augapfel  an.  Zach.  2,  8 ;  und  der  arge  wird  in  nicht 
antasten.  1  Joh.  5,  18;  demnach  hab  ich  e.  f.  gn.  mit  harter 
und  scharfer  schrift  angetastet.  Luther  3,  171* ;  das  ich  auf 
alle  arlikel  kurz  zu  antworten  angelastet  worden  bin.  3,  410' ; 
ich  hab  frisch  anlastet  den  romischen  hof.  br.  1,  508 ;  keinen 
burger  antasten  oder  angreifen,  weisth.  1,  728;  het  aber  ein 
burger  binnen  Welmich  die  höchst  wette  verbrochen  und  nit 
den  leib,  sal  ein  amptman  nit  antasten  oder  turnen.  3,  744; 

lasz  mich  gern  die  knaben  antasten. 

fastn.  sp.  521,  4.  737,  23 ; 

lasse  mich  von  den  kn.  antasten;  sunder  auch  die  Römer 
aller  Völker  stolze  überwinder  mit  krieg  angetast.  Fran«  weltb. 
183";  dasz  i.  eh.  gn.  mit  ewerer  gethancr  rede  unfreundlich 
angetastet  werden.  Kirchhof  itcjidunm.  379';  mit  injurien  und 
ehrenrührigen  Schriften  unfürstlich  angetastet.  »n7.  disc.  89; 
ob  ich  schon  etwan  die  geistlichen  oder  welllichen  angetast. 
Frey  gar/cnj;.  vorr.;  ich  habe  dich  nur  ein  wenig  mit  werten 
und  der  warhcit  angetast.  4l';  er  hätte  mich  an  meinen  ehren 
genugsam  angetastet.  Schweinichen  1,350; 

last  an  die  berg,  so  rauchen  sie.    Fischaris  g.  lied.  74; 
wie   köntc  aber  die  ubcrhimlische  majcstat  lästerlicher  ange- 
tastet sein  und  heiszen?  Garg.  66";  soll  uns  einer  anlasten. 
204';  an  seiner  ehr  angelastet.  26l'; 

daher  wird  sie  der  herr  mit  groszem  grira 
und  ganz  trostlosem  zorn  antasten.    Wecku.  4; 

kan  dann  die  heiice  grufl 
nicht  sicher  sein  und  ich  in  der  nicht  rasten? 
must  du  mich  hier,  auch  nun  ich  hin,  antasten! 
Gryphius  1,  247  ; 

bätteätu  mich  nur  mit  der  band  angetastet.  Lokman  27 ;  welche 
beide  sie  bei  der  verhör  mit  ziemlich  harten  wortcn  antaste- 


497 


ANTASTER— ANTHEIL 


ANTHEILIG  — AxXTHÜN 


498 


ten.  LoHE.NST.  Arm.  1,  537 ;  da  jene  mit  grimm,  diese  mit  Ver- 
nunft den  feind  antasteten.  1,  994;  wer  micli  anrührete,  der 
tastete  meines  vaters  augapfel  an.  Weise  erzn.  76 ;  die  höiie- 
ren  stände  herabzusetzen  und  sie  meiir  oder  weniger  anzu- 
tasten. GöTHE  26,  195;  einen  wild  antasten.  Klinger  2,  374; 
kühn  antasten.  2,389;  den  könig  aufrührisch  antasten.  2,426; 
mit  dem  grimmigen  froste  der  schandstrafen  anzutasten,  j.  Paul 
36,  126.  anfühlen  ist  weich  und  gelind,  anrühren  kann  leise 
oder  hart  sein,  angreifen,  anfassen,  anpacken  noch  härter,  an- 
tasten das  härteste,  doch  liegt  das  nicht  im  begrif  des  tastens, 
wie  auch  das  antasten  der  berge  ps.  144,  5  leises  berühren 
meint  und  den  puls  tasten  sanftes  ßhlen.  goth.  sagte  man 
tekan,  attekan,  ahd.  hrinan,  pibrinan.  antasten  kommt  auch 
für  anfangen  in  dem  sinne  vor,  den  dieses  bei  der  vijidica- 
tiun  hat.     Ringwald  evang.  Ji  S"  reimt: 

kurzumb  ich  fühl  an  meiner  kraft, 
es  tiat  mich  jemand  angetan. 

steht  das  für  angetast  oder  für  angetapt?  der  sinn  fordert  an- 
gerührt. Marc.  5,  30.  31. 

ANTASTER,  m.  atlreclalor :  bin  allezeit  unwillig  gerissen 
und  getrieben  von  nützlichen,  heilsamen  gescheften  mich  zu 
wehren  und  schützen  gegen  meine  lügenhaftige  und  böswil- 
lige antaster.  Luther  1,  362'. 

AIN'TASTLICH,  adv.:  der  licentiat  tritt  zu  ihr  und  beginnt 
gleich  etwas  antastlich  zu  scharmieren.  Göthe  45, 171. 

ANTATSCHEN ,  angreifen,  autasten,  denn  tatschen,  tätsche- 
len  ist  auch  was  tasten,  palpare;  von  einem,  der  stahlwaaren 
befühlt  und  sieh  zuletzt  daran  verbrennt: 

so  tatscht  er  dem  geduldgen  mann 

die  blanken  waar^n  sämllicli  an.    Görns  2,  21S. 

ANTAUMELN,  prolabi,  titubando  accedere: 

es  taumelt  hier  kein  ihor,  berauscht  von  stolzem  wahn, 
berauscht  von  seinem  glück  an  ihn  beschwerlich  au. 

L"z  2,  16. 

ANTEL,  n.  ein  ungrisches  weinmasz,  dreieimerfas:  nehmen 
die  Wörterbücher  auf,  und  Frisch  2,  367'  hält  es  für  das  deut- 
sche antheil.  ungr.  findet  sich  geschrieben  altalag,  antalag 
und  atalag.    vgl.  antlang. 

ANTHAUEN,  regelare  incipere:  der  schnee  thaul  an;  diese 
Schneemassen  thauen  in  den  wärmeren  Sommermonaten  auf 
ihrer  Oberfläche  an.  Göthe. 

ANTHEIL,  m.  und  n.  pars,  portio,  nnl.  aandeel.  da  schon 
die  einfachen  theil  und  deel  ausdrücken,  was  die  lat.  Wörter 
enthalten,  so  scheint  antheil  ursprünglich  den  theil  hervorzuheben, 
welchen  jemand  an  eine  sache  hat,  der  ihm  neben  andern  dar- 
auf zusteht,  zufällt  {s.  anrecht).  ein  ahd.  anateil  wäre  denkbar, 
läszt  sich  aber  nicht  nachweisen,  mhd.  anteil  ergibt  sich  in 
den  bei  Oberli.n  53  angezognen  stellen  des  Straszburger  Sta- 
tuts und  aus  devt  adj.  anteilic.  doch  ist  das  wort  selten  und 
wenig  gebraucht.  Luther,  Pictoriüs,  Dasypodius,  Hemscu  ha- 
ben kein  anteil.  Stieler,  Stei.nbach,  Frisch  führen  es  aber 
auf,  im  IS  jh.  wird  es  wieder  ganz  üblich,  allgemeiner  bei- 
fall  ist  gemeiniglich  das  antheil  {lepartage)  der  mittelmüszig- 
keit.  Wieland  13,  264 ;  seine  Vollkommenheit  war  zu  rein  und 
grosz,  als  dasz  sie  jemals  das  antheil  von  millionen  sein 
könnte.  2S,  121 ; 

was  wird  dein  antheil  sein,  wenn  er  auch  hier 
den  sieg  dir  abgewinnt?        Schiller  600; 

er  zog  vor,  an  den  groszen  unübersehlichen  vortheilen  sein 
antheil  zu  nehmen.  Göthe  21, 121 ;  dir  und  den  deinigen  möge 
jetzt  und  künftig  das  wünscbenswertheste  zum  antheil  gelan- 
gen. Göthe  an  Knebel  66t. 

Antheil  steht  nun  aber  auch  häufig  ßr  das  franz.  int^ret, 
und  während  jenes  antheil  portio  oft  neutral  gesetzt  wifd,  ist 
es  in  diesem  sinne  überwiegend  männlich,  man  sagt  warmen 
antheil,  den  gröszten  antheil  an  etwas  nehmen,  etwas  mit 
vollem,  oder  ohne  den  geringsten  antheil  hören,  lesen ; 
schien  es  doch  fast,  ihr  nähmt  an  dem  töchierchen  antheil. 
Voss  Luise  3,  751 ; 

sie  waren  ihm  nicht  gleichgültig,  seinen  antheil  hatten  sie 
längst.  Schiller  302;  ich  zog  meine  tage  ohne  freude  und 
ohne  antheil  hin,  meine  ehe  war  kinderlos  und  dauerte  nur 
kurze  zeit.  Göthe  19,  101;  die  schönen  Französinnen  hat- 
ten ihn  nicht  ohne  antheil  gelassen.  30,  S ;  von  deutschen 
productionen  war  mir  Olfried  und  Lisena  eine  höchst  will- 
kommene erscheinung,  worüber  ich  mich  auch  mit  antheil 
aussprach.  .32,175;  die  herzogin  hat  oft  nach  dir  mit  aufrich- 
tigem antheil  gefragt,  an  Knebel  91;  es  freut  mich  sehr,  dasz 


mein  letztes  heft  dir  einen  freundlichen  antheil  abgewennea 
633.  LESsrNG  sagte  noch  neutral:  das  antheil,  welches  die 
leser  daran  nehmen.  3,  159.  es  heiszt  in  gleicher  bedeutung 
theil  nehmen  an  etwas,  und  theilnahme  ist  was  antheil,  doch 
antheilnahme  wird  so  wenig  gesagt,  als  statt  ohne  anflieil,  mit 
antheil  bloszes  ohne  theil,  mit  theil  erlaubt  wäre. 

ANTHEILIG,  parliceps,  franz.  participant,  wovon  sich  bean- 
theiligen  =  betheiligen,     mhd.  aneteüic,  anteilic: 

der  pfenninc  der  kan  solche  kunst, 

die  niemen  kan  weder  dirre  noch  der, 

barfuozen  unde  bredier, 

txte  icti  si  sin  anteilic, 

si  spraecben  ich  waere  heilic.    von  dem  pf.  60. 

diesem  mhd.  anteilic  steht  treffend  entgegen  äteilic  expers.  letz- 
teres fehlt  uns  heute  ganz  und  ersteres  wird  kaum  verwandt. 

ANTHEILNEHMLNG,  f  schreibt  einmal  Wielaxd  ßr  theil- 
nahme, es  ist  aber  steif  und  unüblich,    s.  theilnehmung. 

ANTHUN,  afficere,  iiigerere,  injicere,  nnl.  aandoen.  das  ver- 
bum  thun  geht  fast  mit  allen  partikeln  Verbindung  ein,  wor- 
aus die  manigfaltigsten  begriffe  entspringen,  anthun  kann  zu- 
meist als  gegensatz  von  abthun  betrachtet  werden,  es  bedeu- 
tet etwas  an  einen  thun,  wie  abthun  etwas  von  einem  thun, 
und  forderte,  gleich  allen  solchen  Wörtern,  ursprünglidi  dop- 
pelten acc,  den  der  sache  und  person,  welcher  letxtere  aber  in 
den  dat.  überzutreten  pflegt. 

1)  anthun,  anzaubern,  bei  abthun  brach  das  alte  thun  = 
opfern  vor,  so  erscheint  bei  anthun  ein  thun  =  zaubern 
(mythol.  984);  die  spräche  anstand  nehmend,  die  böse  sache 
beim  wort  zu  nennen,  sagt  es  einem  anthun  und  schon  mhd. 
war  ez,  tuon  ganz  geläufig,  ßr  diese  bedeutsame  ausdrucks- 
weise mangeln,  wie  bei  abthun  =  schlachten,  alte  belege, 
sie  darf  nichtsdestominder  uralt  scheinen,  mit  unrecht  stem- 
pelte sie  Adelcxg  zur  gemeinen  und  niedrigen,  ihr  adel  wurde 
durch  die  poesie  bald  hernach  bestätigt,  es  ist  mir  angethan 
worden,  mala  manu  hoc  mihi  objectum  est,  carmine  decan- 
tatus  sum.  Stieler  2355 ;  einem  etwas  durch  Zauberei  an- 
thun, veneficio  alicui  nocere.  Frisch  374.  der  zauber  wird 
angeworfen,  angehängt,  angelegt  und  in  diesem  sinn  könnte 
sich  das  folgende  anthun  =  ankleiden,  anlegen  damit  beriUi- 
ren.    es  gilt  aber  zumal  vom  liebeszauber': 

ily  aug  ist  schwarz  wie  reifer  schlee, 

schier  komm  ich  in  den  wahn. 

wann  ich  ihr  lang  ins  auee  seh, 

sie  hat  mirs  angethan.    Iucedorx  3,  75; 

in  keinem  Städtchen  langt  er  an, 

wo  ers  nicht  mancher  angethan.    Göthe  1,  201; 

entzückt,  erstaunt,  wer  dies  ihm  angethan  ?  3,  22 ; 

du  hattest  längst  mirs  angethan.    4, 118; 

den  wölken  zu  vertrauen 

wie  lieb  sie  mirs  angethan*    5,  59; 

und  hat  man  mirs  nicht  angethan, 

so  seh  ich  warlich  ein  theaier.    12,  219; 

low  und  löwin,  hin  und  wieder 

schmiegen  sich  um  ihn  heran, 

ja  die  sanften,  frommen  lieder 

babens  ihnen  angethan.    15,  326; 

mir  hat  sies  ganz  eigens  angethan.    20,  226; 

doch  ist  mirs  seitdem  angethan,  dasz  ich  mich  oft  nach  der 
thfire  wende  in  der  meinung  du  kommst  meinen  irrthum  zu 
berichtigen.  Bettine  br.  2,  133;  es  musz  euch  was  angethan 
sein.  Bürger  2,  52;  ich  weisz  nicht,  ob  sie  es  allen  menschen 
anthun  will.  Arnix  2,  40.  auch  volksmäszig,  es  ist  ihm  than, 
angethan  (Schm.  1,  420),  vgl.  das  einfache  thun  und  machen. 
2)  anthun,  induere,  ivSveiv,  ivSvvew,  was  sogar  den  an- 
schein  einer  wirklichen  verwandtschaß  der  lat.  und  gr.  Wörter 
gründen  könnte,  so  unähnlich  beide  selbst  einander  sind,  da 
exuere  von  ixSvetr,  ixSvreiv  absteht,  die  nähere  Untersu- 
chung musz  auf  das  einfache  thun  verwiesen  werden,  anthun 
aber  unterscheidet  sich  von  umthun,  aufthun,  das  kleid  wird 
angethan,  der  mantel  umgethan,  der  hut  aufgethan.  ahd.  ana- 
tuon,  anagituon  (Graff  5,  315.  316);  mhd.  ane  getuon:  den 
rok  ane  getet.  myst.  193,1;  legeten  ein  vrowen  hemedc^uffe 
sin  bette,  da^  her  ij  ane  tete  vor  sin  korrockelin.  210,  37.  nhd. 

weno  er  in  (den  rock)  bat  angetan. 

.  fastn.  «p.  441,  5; 

dem  mSsz  man  andun  rock  und  hosen. 

Brant  narrensch.  250; 

doch  duont  wir  vor  zwen  socken  an, 
das  uns  die  herscbaft  nii  hör  gaa.  223; 

und  legt  im  den  leinenrock  an  und  gürtet  in  mit  dem  gür- 

32 


499 


ANTHUN 


ANTHÜRMEN— ANTUT 


500 


tel,  und  zock  im  den  seidenrock  an  und  thet  im  den  leib- 
rock an  {vulg.  vestivit  pontiücem  subucula  linea,  accingens 
eum  balteo  et  induens  eum  tunica  liyacinthina  et  desuper 
humerale  imposuit).  3  Mos.  8,  7 ;  und  thet  im  das  schiltlin 
an.  8,  8 ;  und  sol  sein  eigen  kleider  anthun.  16,  24 ;  und  sei 
die  leinenkleider  anthun.  16,  32 ;  ein  man  sol  nicht  weiber- 
kleider  anthun.  5  Mos.  22,  5 ;  mit  secken  angethan.  2  kön.  19, 
2 ;  lasz  deine  priester  mit  heil  angethan  werden.  2  chron.  6, 
41 ;  thet  keine  kleider  an.  Luc.  8,  27 ;  bringet  das  beste  kleid 
hervor  und  thut  in  an.  15,  22;  gürte  dich  und  thue  deine 
schuh  an.  aposl.  gesch.  12,  8 ;  angethan  mit  dem  krebs  des 
glaubens  (induti  loricam  fidei).  1  Tliess.  5,  8 ;  weisze  kleider 
(käufest),  das  du  dich  anthust.  offenb.  3, 18 ;  und  es  ward  ihr 
gegeben  sich  anzuthun  mit  reiner  und  schöner  seiden.  19,  8 ; 
und  war  angethan  mit  einem  kleide.  19,  13;  angethan  mit 
weiszer  und  reiner  seiden.  19, 14 ;  ich  soll  mich  anthun,  dasz 
ich  ein  wenig  sauber  leg.  Götz  von  B.  77 ;  Galmy  seine  kut- 
ten  anthat.  Galmy  306 ;  einen  henker  in  der  neuen  kleidungs- 
weis  anthun  hiesz.  Garg.  5 ;  meint,  wann  man  in  neu  an- 
that, es  wer  sonntag.  131';  under  des  war  er  angethan,  ge- 
strält  vom  schuh  bis  zum  hut.  173';  anthun  und  schmucken. 
217';  sich  mit  frischen  kleidern  anthun.  235';  das  sie  viel 
weil  mit  der  rüstung  zubrachten,  als  wann  man  eim  Baier 
ein  hämisch  soll  anthun.  282';  er  hat  sich  also  bischoflich 
angethan.  Zinkgr.  7, 17 ; 

mit  gewebter  luft  leichtflatiernd  angethan.   Wieland; 

angethan  mit  einem  sterbekleide 

schlummert  Röschen.      Höltt; 

seht  meine  lieben  bäume  an, 

wie  sie  so  herlich  stehn 

auf  allen  zweigen  angethan 

mit  reiTen  wunderschön.    Claudius  4,4; 

in  sammel  und  in  seide 

war  er  nun  angethan.    Göthe  12,  111; 

seht,  frölich  hat  der  tag  sich  angethan.  Tieck  2,  50. 

Man  pflegt  heute  zu  sagen:  die  sache  ist  ganz  danach  ange- 
than, die  frage,  die  erklürung  ist  nicht  danach  angethan  =» 
beschaffen,  eigentlich  angekleidet.  Übrigens  zeigen  schon  frühe 
belege  bei  diesem  anthun  neben  acc.  der  sache  dat.  der  per- 
son:  sin  selbes  fuojen  teta  er  ana  sine  suftelara,  pcdibus 
tiectit  subtalares,  tviewol  sich  ein  noch  älteres  sine  fuo;e  den- 
ken liesze,  gleichsam  ad  pedes,  ana  sine  fuojl  teta  .scuoha. 
thun  scheint  aber  hier,  wie  sonst  oft,  an  die  Vorstellung  des 
gebens  zu  rühren,  welchem  geben  stets  ein  persönlicher  dat. 
gebührt,  und  es  hiesz  gerade  so  mhd. 

ein  scharlaches  mentelin 
daj  gap  si  mir  an.    Iw.  326, 

=  that  sie  mir  an,  was  wol  auch  noch  heute  gesagt  werden 
kann.    vgl.  anlegen. 

3)  einem  etwas  gutes  anthun: 

man  dut  wisheit  kein  ere  me  an.  Brani  narrensch.  227 ; 

dann  kunst  gespiset  wirt  durch  ere, 

und  wann  man  ir  kein  ere  dut  an, 

so  werden  wenig  darnach  stan.    270; 

wir  hätten  euch  den  dienst,  die  ehr  auch  angethan,  ' 

wenn  ihr  schon  weret  nicht  bei  uns  allhier  gewesen. 

Fleming  51 ; 
was  wolte  Karlen  von  seiner  treue  melden, 
so  sie  hat  angethan  den  hocbgeiiebten  beiden  (acc.  sg.), 
mit  dem  es  gleiche  lebt.  138  (1685,  140) ; 

weil  sie  ihm  seine  gebührende  ehre  nicht  anthun  wollen,  pers. 
rosenth.  7,  20 ; 

ich  thät  euch  eseln  eine  ehr  an, 
wie  mein  vater  Jupiter  vor  mir  gethan. 
GöTBB  13,  101; 

einem  eine  höflichkeit,  sein  recht  anthun. 

4)  noch  häufiger  einem  übles  anthun,  wohin  der  lauber  unter 
1)  gezogen  werden  könnte  {vgl.  thun).  Opitz,  zu  den  warten 
ganz,  nimmer  wandelbar  seines  Vesuvius  sagt  1,  24 :  angesehen 
die  natürlichen  dinge  oder  cörpcr,  welche  den  himmel  weder 
ändern,  noch  ihm  etwas  anthun  können,  d.  h.  etwas  zu  leide 
thun,  aliquid  mali  facere;  thut  inen  das  gebrandte  leid  an. 
Luther  8,  63';  der  den  Juden  das  gebrandte  leid  anthut.  8, 
74*;  ob  sie  uns  todten  oder  alles  unglücks  anthun.  Lutuers 
br.  2,  165 ;  als  sie  sahen,  das  niemands  als  der  mOnch  da 
war,  der  inen  solche  schinach  anthat.  Garg.  2:>b' ;  einem  kein 
gröszer  straf  anthun  können.  53';  indem  man  nu  zu  rutc 
gehet,  was  für  einen  tod  man  ihm  anthun  soll.  pers.  rosenth. 
7,20; 


wenn  ihm  ein  schimpf  wird  angethan.  Fleming  19; 
genesen  seid  ihr  nun,  und  denkt  nicht  einmal  dran, 
was  euch  der  arge  feind  für  dampf  hat  angethan.  131; 

welche  (dragoner)  den  unserigen  daselbst  viel  dampfs  anthä- 
ten.  Simpl.  1,  278 ;  die  übel,  die  sie  sich  unter  einander  an- 
thun. Kant  10,  373;  er  that  ihm  so  viel  grobheiten  an,  als 
vonnöthen  waren.  J.  Paul  uns.  löge  2,  14;  einem  verdrusz, 
Unehre,  gewalt,  zwang,  leid  anthun :  ich  habe  mir  alle  gewalt 
angethan,  um  zu  schweigen;  wenn  sie  nur  die  gewalt  hätten 
sehen  sollen,  die  sie  ihrem  herzen  anthat.  Gellert  ;  sie  wollte 
sich  ein  leid,  ein  leides  anthun  =  sich  umbringen,  ersäufen ; 
seht  darum  thu  ich  mir  mein  leid  an.  J.  Paul  TU.  2,  94. 
hierzu  stimmen  die  lat.  verba  infligere,  ingerere,  imprimere, 
inurere,  irrogare  fürs  ahd.  anatuon  bei  Graff  5,  315.  316. 

5)  ganz  fremd  ist  unserm  anthun  die  bedcutung  des  nnl. 
aandoen  =  besuchen,  aller  trouver:  iemand  bij  den  avond 
aandoen,  heimsuchen;  ik  kau  die  haven  niet  aandoen,  in  dem 
hafen  nicht  anlanden;  ik  zal  Frankrijk  op  mijne  reis  niet 
aandoen,  nicht  berühren,  auch  niederdeutsch  bei  den  schiffem, 
de  Weser  andon,  in  die  Weser  einlaufen,  den  haven  andon, 
im  hafen  anlegen,  um  wasser  einzunehmen. 

ANTHÜRMEN,  montis  instar  erigere,  sich  anthürmen.  tollt. 

ANTIK,  antiquus,  franz.  antique.    s.  antikisch. 

ANTIKE,  f.  opus  antiquum,  artis  opus,  nach  dem  franz. 
antique,  das  doch  mehr  männlich  als  weiblich  gebraucht  wird: 
soll  der  deutsche  Übersetzer  flecken,  die  sich  an  dieser  vor- 
treflichen  antike  (am  Homer)  finden,  wegschaffen?  Bürger 
138';  ein  Standbild  nach  der  antike  gearbeitet. 

ANTIKISCH,  antiquus,  classicus: 

mich  widern  schon  antikische  collegen.    Göthe  41,  109; 

antiquische  geschirr.  Fischart  Garg.  271';  kunstreiche  anti- 
quische bilder.  Lvcosthenes  lustg.  18.  wenn  aber  Fischart 
Garg.  38'  altiqua  ßr  anliqua,  30'  altiquitet  für  antiquitet, 
32'  sogar  altdickwitet,  33'  altwibitet  komisch  setzt;  so  darf 
auch  das  oben  sp.  275  aus  ihm  zugelassene  altwilisch  nichts 
sein  als  scherzhafte  Verdrehung,  wo  nicht  gar  eingeschlichner 
druckf  für  altwibisch. 

ANTIPPEN,  levi  digito  attingere:  ich  musz  ihn  einmal  be- 
scheiden antippen.  Arnim  sciiaub.  2,  268.  s.  antupfen,  an> 
stippen. 

ANTLANG,  ein  theil  des  zauns  auf  der  feldfiur  in  östret- 
chischen  weislhümern:  alle  die  panzeun,  antlangen  und  luck- 
hen,  die  man  nit  bessert  und  schad  dardurch  geschieht,  den 
sol  der  büszen,  der  es  befriden  sol.  Kaltenbäck  1,  34';  all 
die  panzaun,-  antlag  und  lukhen,  die  man  nit  pessert.  1,  231'. 
dies  wort  musz  zu  dem  dunkeln  andilang  gehören,  dessen  un- 
ter andeln  gedacht  wurde,  und  kann  es  vielleicht  erläutern  hei' 
fen.    auch  gemahnt  es  an  das  unter  antel  erwähnte  ungr.  antalag. 

ANTLASZ,  m.  remissio,  auszer  dem  gewöhnlichen  ablasz  er- 
scheint im  16  jh.  noch  einigemal  die  frühere  form  antlasz,  vgl. 
ahd.  antläjan,  intläjan  remitiere  und  unser  heutiges  entlassen, 
antläj  myst.  330,  24.  Obermn  53  gewährt  antlasz,  antlaszamt, 
antlasztag,  ein  fastnachtsspiel  541,37  antlaszfart: 

es  irr  sie  an  ir  antlaszfart. 

ANTLICH,  n.  facies  erscheint  nur  in  einer  Verdeutschung  von 
Bebels  facetiae:  da  wendt  er  sich  mit  dem  antlich  hinweg. 
die  geschwenk  Henrici  Bebelii  1558.  8  J  6 ;  ir  schön  und  wol- 
gestalt  des  antlichs.  L  6'.  entwed^  ist  darin  noch  die  neben- 
form  antlihte  für  antlit  nachwirkend  oder  das  mhd.  Ikh  f. 
corpus,  caro. 

ANTLIT,  n.  facies,  vultus,  diese  mit  dem  folgenden  antlilz 
leicht  vermischbarc,'  doch  davon  grundverschiedne  form  ent- 
sprich^ dem  ahd.  antlutti  (Graff  201),  worin  das  golh.  ludja 
f.  enthalten  ist,  vollkommen  würde  ein  goth.  andludi  gleichen. 
antlutti  lautete  mhd.  antlüt  und  erscheint  bei  elsdszischen, 
südschwäbischen  dichtem,  deren  herausgeber  es  mit  unrecht 
durch  das  gewöhnliche  antlütze  verdrängen,  vgl.  Gotfrieds 
lobg.  auf  Maria  88,  9.  Trist.  33,  28.  330,  24.  Flore  3431.  Bari. 
C4,  7.  96,  30,  einigemal  steht  antlühte,  antlihte  geschrieben. 

durch  früntschaft  eim  ins  antlit  sieht.  Brant  narrensch.  157. 

vier  antlit  sagt  Brant  noch  in  einer  andern  zeile  des  gedichts; 
küchel  in  ir  antliL  ^eisersb.  6rösam/.  88';  antlit,  antlüt.  post. 
2,2.2,60;  butzen  antlitter.  irr.  schaf  IS;  breite  anlliter.  Mün- 
ster 1387.  fehlerhaft  antzlit.  Fierabr.  Eh.  antzlet  DS;  antz- 
lit.  Frank  spr.  25;  antzlit.  Melissus  ps.  Li'.  F4'.  Ms',  ne- 
ben antlilz  Li'.  Ml'  und  im   gen.   deines  antlits  Fl*.     Dies 


501 


ANTLITZ— ANTOSEN 


ANTRABEN —ANTRAGEN 


502 


antlat,  verderbt  anüit  gehört  der  goth.  vürxel  liudan,  ahd. 
liotan  crescere  und  seheint  ursprünglidi  forma,  fades  auszu- 
drücken. 

ANTLITZ,  n.  vultus,  würde  goth.  andavlits  lauten  von  der 
Wurzel  vleitan  aspicere,  erhalten  ist  aber  nur  das  gleichbedeu- 
tige  andavleizns ;  ags.  andvlite  n,,  pl.  andvlitu,  altn.  andlit  n., 
ahd.  antluzi,  assimiliert  annuzi  (Graff  2,  322),  mkd.  antlütze 
und  anllitze,  z.  b.  Parz.  119,  21,  woneben  Lachm.  im  Tit.  130,  2 
antlütze  schreibt,  vielleicht  antlütte  hätte  schreiben  sollen. 
KoN-RAD  setzt  stets  antlitze.  Hacpt  zu  Engelh.  244.  das  auch 
im  nhd.  antlitz  wieder  durchgeführte  i  verdient  den  vorzug  vor 
dem  u,  da  die  würzet  vleitan  nur  auf  i,  nicht  auf  u  führt. 
u  schlich  sich  eben  aus  anllutti  ein,  wie  umgekehrt  aus  ant- 
litz das  i  in  antlit.  Luther  verwendet  das  wort  in  der  bibel 
sehr  oß  und  schrieb  unhochdeutsch  andlitz,  was  die  späteren 
ausgaben  richtig  mit  antlitz  vertauschten:  da  nu  seine  brüder 
zu  im  kamen,  fielen  si  für  im  nider  auf  ir  andlitz.  1  Mos. 
42,  6;  und  ire  (der  cherubim)  andlitz  sollen  auf  den  gnaden- 
stuel  sehen.  2  Mos.  25,  20 ;  und  ire  andlitz  stunden  gegenan- 
der und  sahen  auf  den  gnadenstuel.  37,  9 ;  frolocketen  und 
fielen  auf  ir  andlitz.  3  Mos.  9,  24 ;  und  welcher  mensch  irgent 
blut  isset,  wider  den  wil  ich  mein  andlitz  setzen.  17, 10 ;  gott 
sei  uns  gnedig  und  segene  uns,  er  lasz  uns  sein  andlitz  leuch- 
ten, ps.  67,  2 ;  gott  tröste  uns  und  lasz  leuchten  dein  and- 
litz. 80,  4.  doch  im  N.  T.  steht  immer  angesicht,  z.  b.  Matth. 
17,  2.  offenb.  1, 16  sein  angesicht  leuchtet  wie  die  helle  sonne, 
mit  aufrechtem,  sittigem  antlitz.  Garg.  144";  butzen  andlitz.  272*; 

darfst  unters  antlitz  kommen  ?   Soltad  473  (a.  162S) ; 

wann  jemand  aber  auch  sein  antlitz  weiter  schickt. 
Opitz  1,  40; 

goU  gebeut  uns  ihn  schnell  von  dem  antlitz  der  erde  lu  tilgen. 
Klopst.  Mess.  4,  58; 

und  er  sähe  der  erd  antlitz  mit  götzenaltären, 

sah  es  mit  sündern  bedeckt.  5,  291; 

(Verwüstung),  die  auf  den  wink  verfluchter  ehre 

das  antlitz  der  natur  verderbt.        Uz  1,  203; 

und  in  dem  glatten  see 

weiden  ihr  antlitz 

alle  gestirne.    Göthk  2,  59  ; 

ach  neige, 

du  schnierzenreiche, 

dein  antlitz  gnädig  meiner  noth.   12, 189; 

ihr  antlitz  wenden 

verklärte  von  dir  ab.    12,  201 ; 

laut  auch  weinte  Luis,  und  barg  an  dem  vater  das  antliz. 
Voss  Luise  3,  307  ; 

verfluch  ich  jeden  tropfen  im  antlitz  des  offenen  himmels. 
Schiller  136.  Heute  klingt  uns  antlitz  feierlicher  und  poeti- 
seltei-  als  angesicht  oder  gesicht,  und  wenn  beides  gesagt  wer- 
den kann,  auf  sein  antlitz  oder  angesicht  niederfallen,  würde 
bei  waschen  fast  nur  zulässig  sein  angesicht,  wie  auch  Ulfilas 
Matlh.  6, 17  setzt  ludja  j)vahan,  26,  27  speivan  ana  andavleizn, 
tn  welchen  beiden  stellen  der  ahd.  T.  freilich  annuzi  gewährt, 
doch  in  der  letzten  das  allere  bruchstück  antlutti.  der  spätere 
FiscHABT  unbedenklich  antlitz  mit  brunz  weschen.  Garg.  282*. 
ANTLITZFLECKEN,  pl.  Garg.  77'. 

ANTLITZTL'CH ,  n.  nach  dem  vocab.  ine.  teuton.  faciletum, 
faeiteigium,  taschentuch. 

ANTOBE.N ,  cum  impetu  accedere.  Stieler  2284.    Voss  sagt 
anlobende  Windsbraut,  und:  wann  gedrängt  antobte  der  Sturm- 
wind. 
ANTÖNEN,  leniter  sonare,  zu  tönen  anheben,  entgegen  tönen : 
selber  die  kleinen 
grölten  schliesz  ich  mir  nicht, 
welche  den  kaum  antönenden  laut  mir  bringen,  der  müden 
leiseren  klagen  so  viel.       Klopst.  2,207; 
tönte  der  (leib) 
sie  (die  teelen)  nur  an,  so  erschien  leere  gestalt.  2,  223 ; 

Lessings  prosa  tönt  uns  mit  eigenthümlichen  reizen  an.  J.  Paul 
aesth.  2,  220. 

ANTONIUSFEUER,  n.  erysipelas,  Antonsfeuer,  Töngesfeuer 
(».  oben  sp.  386  unter  ankommen):  von  dem  beiszen  brand, 
ganct  Antonie  feur  genant.  Gersdorf  feldbuch  77;  von  dem 
natürlichen  brand,  der  nachfolgend  s.  Antoniusfewr  geheiszcn 
ist  worden.  Paracelsüs  1,  93';  also  predigt  einmal  ein  schlim- 
mer luderbruder  und  argumentiert  ex  loco  conlrariorum,  das 
sant  Anthoni  das  glockfewr  eim  ins  bein  schick.  Fischart 
Garg.  258',  denn  der  legende  nach  soll  der  heilige  das  heilige 
/euer  heilen,  bei  Dastpodiüs  s.  Anthoni  raach  (kohle)  oder 
fewr.  sacer  ignis,  anlhrax.    auch  engl.  s.  Anthony's  fire. 

ANTOSEN,  cum  fremitu  adventare:  antosende  woge. 


ANTRABEN,  appropinquare  cursu,  nnl.  aandraven:  reiter 
trabten  an. 

ANTRACH,  m.  anas  mas,  anetus.  während  sich  die  ahd. 
form  anut,  anot  (Graff  1,  335)  als  allgemeine  benennung  in 
nhd.  ente  abschwächte,  verblieb  dem  männchen  länger  noch  ant- 
rach,  antrech,  ahd.  antrecho  (Graff  1,  336),  mhd.  anlreche, 
i?enn.  2157,  bis  zuletzt  auch  daraus  enterich  wurde,  ein  weis- 
thum  von  1408  (1,  573)  stellt  dem  ganser  den  antracher  zur 
seile;  Fischart  nebeneinander  antrach  und  enten.  Garg.  201', 
Alberus  antrach  anas  mas  und  noch  heute  wetterauisch;  altn.  an- 
driki,  engl,  drake  für  andrake,  schw.  ankebonde,  gotländ.  an- 
drakä.  nd.  hin  und  wieder  arpel,  erpel,  was  an  den  challischen 
Ärpus  und  Gandestrius  mahnt,  die  sich  zu  heldennamen  eignen 
wie  Genserich  und  noch  spät  Drake.     vgl.  antvogel  und  ente. 

ANTRAG,  m.  propositio,  rogatio,  ein  heute  gangbares,  in  der 
älteren  spräche  seilen  erscheinendes  wort:  einem  einen  antrag 
thun,  machen,  einen  antrag  stellen,  billigen,  annehmen,  ab- 
werfen, verwerfen,  zurückweisen  ;  dein  antrag  gefällt  mir  nicht; 
es  sind  mir  schon  oft  dergleichen  antrüge  geschehen ;  welche 
antrag  (antrage)  Gurgelstrotza  weder  abschlug  noch  gar  an- 
nam.   Garg.  263*; 

du  redst  schon  sehr  vertraut,    soll  dies  ein  antrag  sein! 
Gellert  3,  312. 

einem  mädchen  antrage  machen,  meist  in  schlimmem  siim. 
auf  antrag,  aliquo  rogante. 

ANTRAGEN,  apporlare,  gestare,  ajferre,  nnl.  aandragen. 

1)  an  sich  tragen,  am  leibe,  ßnger  tragen,  anhaben,  ahd. 
die  harrun  tragen  sie  ana,  cilicium  portent.  N.  ps.  34,  26.  mhd. 

er  truoc  an  seltsaeniu  kleit 
zwo  hiute  hei  er  an  geleit.    Iw.  465; 
zwene  brisschuoch  er  an  truoc.    Wigal.  41,  10; 
welch  wip  w«r  s6  tumplich  gemuot, 
swaj  ir  gaeb  vater,  bruoder,  man. 
da;  si  daj  niht  gern  trüege  an.  Lichte:«st.  603,  7. 
nhd.    si  muosten  grawe  mäntl  antragen,    fastn.  sp.  440,  5; 
ich  trag  gern  an  ein  hübsches  kleit.    519,  23; 
ich  hoff  es  sol  euch  pas  ergan, 

den  der  künigln,  die  in  (den  mantel]  hat  tragen  an.  670,  28; 
ich  wolt  mich  Schemen,  soll  ich  in  an  tragen.    673, 16; 
er  tregt  ein  seidin  hemmat  an, 
darein  so  preist  er  sich.    Uhland  58; 

da.  das  volk  diese  böse  rede  höret,  trugen  sie  leide,  und  nie- 
mand trug  seinen  schmuck  an  im.  2  Mos.  33,  4 ;  war  priester 
des  herm  und  trug  den  leibrock  an.  1  Sam.  14,  3;  weil  er 
das  fleisch  antregt  (so  lange  er  lebt),  musz  er  schmerzen  ha- 
ben. Hiob  14,  22;  und  sagte  zu  im,  wann  her  er  und  seine 
brüder  Letten  das  kleid,  das  sie  antrügen?  Luther  1,  I6l'; 
unser  geistlichen  haben  keuscheit  gelobt,  heren  hemde  ange- 
tragen. 4,  488';  die  teglich  nicht  einen  bissen  essen,  noch 
einen  faden  antragen,  den  sie  uns  nicht  gestolen  haben.  8, 
84* ;  die  weltfromen  gehören  nicht  hieher,  die  saubere  kleider 
antragen.  Luthers  br.  3,  356;  dis  sqtisch  volk  tregt  durch- 
ausz  schwarz  an,  davon  si  des  namen  haben  (Melanclilaeni). 
Frani  wellb.  94';  dasz  es  vom  schweisz  und  arbeit  dessen, 
der  die  haut  antregt,  nicht  erschlaffen  kan.  Fro:»sp.  kriegsb. 
3,  149';  es  seind  nicht  all  koch,  die  lang  messer  antragen. 
Garg.  21*;  dis  kleid,  das  ich  antrage,  pers.  rosenth.  7,11; 

ein  rubin  er  allein  antregt.   Atrer  fasln,  tp.  t'; 
leget  solche  kleider  an, 

gleichwie  sie  anträgt  mein  knecht  Jan.    116*; 

dasz  sie  ein  närrisches  kleid  antragen  können.  Simpl.  1,  l; 
weil  er  seinen  gürtel  nicht  artig  und  lustig  antrug.  1,  149. 
heule  wird  das  einfache  tragen  vorgezogen,  oder  die  praep.  ge- 
setzt: er  trägt  ein  sammetkleid,  sie  trägt  einen  ring,  am 
finger,  an  der  hand: 

er  treg»  ein  ring  an  seiner  hand.    Uhlano  123. 

2)  antragen,  herantragen,  auftragen:  zu  essen  antragen  (an 
den  tisch),  seh.  und  ernst  bl.  396 ;  vielleicht  mit  bezug  hierauf 
figürlich : 

du  tragest  unverdecket 

den  wünsch  des  herzens  an.    Rachel  39. 

gleichsam,  tischest  ihn  auf;  steine  zum  bau  antragen  lassen, 
holz  zum  brand.  bergmännisch,  antragen,  die  Zimmerung  zur 
stelle  tragen. 

S)  antragen,  anstellen,  ansüßen,  ursprünglich  wol  an  die 
stelle  tragen,  dahin  bringen,  wo  es  wirkt. 

ich  trouwe  ej  heinliche  alsA  an  getragen.   iVi6.  816,  2; 
(di  vor  bewam),  da;  (i  dö  truogen  an.   824,  3. 

32* 


503  ANTRAGEN  — ANTREFFEN 

des  wil  ich  ewern  rat  haben  dazu, 

wie  wir  dem  sollen  thun, 

das  wir  das  auf  das  best  antragen. 

fastn.  sp.  915,  24. 

4)  antragen,  dcferre,  criminari,  anbringen  Haltaüs  46;  hei- 
szen  das  beilig,  das  sie  für  unheilig  antragen.  Luther  2,  512' ; 
endlich  ist  er  für  den  bischof  zu  Passaw  angetragen,  auch 
geladen  und  ins  gefengnis  des  officials  komen.  3,  410 ;  welcbs 
er  an  e.  k.  g.  wol  wird  anzutragen  wissen.  Lltiiers  br.  5,  421 ; 
das  er  durch  etliche  bei  der  k.  maj.  unscrn  allergnedigsten 
hern  hoch  angetragen  und  verunglimpft  werd.  Lanz  staalsp. 
Karl  des  5.  s.  255 ;  wo  ich  widerkeret,  so  mocht  man  dem 
kaiser  antragen,  ich  bei  in  falschlich  verraten.  Aimon  bogen  0; 

wer  reine  tugend  liebt  . .  achtet  kein  verklagen, 
dafero  er  hinderrücks  wird  giftig  angetragen. 
GnTi'uios  1,  446; 

der  mich  beim  gnädigen  hcrrn  angetragen.  Simplic.  2,  300 ; 
dasz  sie  dan  Verleumdungen  und  Übels  antragen  gehasset, 
des  angetragenen  partei  gegen  den  anbringer  genommen. 
Leibn.  363.  man  sagte  demnach  einen  einem  oder  bei  einem 
antragen,  etwas  antragen. 

5)  antragen,  proponere,  namentlich  zur  ehe,  zur  frau: 

heur  trug  man  mir  ein  alts  weib  an.    fastn.  sp.  702, 12; 

und  wagts  sich  selbst  ihm,  zum  ersatz 

der  falschen  freunthn  anzutragen.    Gotter  1,440; 

sich  einem  frauenzimmer  antragen.  Klinger  1,  437 ;  darum  hat 
er  mir  noch  heute,  so  arm  ich  auch  bin,  seine  tochter  an- 
gelragen. TiECK  Sternb.  1,  366;  er  trug  ihr  seine  band  an. 
aber  auch  in  jedem  andern  sinn:  einen  dienst,  ein  amt,  die 
freundschaft,  eine  ehre  antragen;  wollen  wir  recht  mess  hal- 
ten und  verstehen,  so  müssen  wir  alles  farcn  lassen,  was  die 
äugen  und  alle  sinne  in  diesem  handel  mögen  zeigen  und 
antragen.  Luther  1,  330';  das  ich  denselben  son  bewegt  bette, 
mein  not  und  gewerb  dem  fürsten  anzutragen.  1,336';  da 
nu  Mose  dem  volk  angetragen,  das  im  der  herr  befolhen 
hatte.  4,495';  widerstattung  erbieten  und  antragen.  Garg.  21o'; 

ich  rufe  golt,  ich  rufe  dir  bei  tage, 

du  hörest  nicht,  bei  stiller  nachtzeit  trage 

ich  auch  mich  an.    Opitz  ps.  s.  43; 

eine  trefliche  Ursache !  und  doch  ist  auch  das  noch  nicht  die 
eigentliche  abfertigung,  die  sich  mir  hier  antragt.  Lessixg 
8,  232; 

voll  edlen  zornes  schwillt 
das  herz  in  mir  den  kämpf  ihm  anzutragen. 
Gotter  1,373; 

auf  einen  Spaziergang  antragen.  Göthe  25,  352 ; 

mein  schönes  fräulein,  darf  ich  wagen, 
meinen  arm  und  geleit  ihr  anzutragen?    12,  133. 

6)  was  bedeutet  die  antragende  band  in  schweizerischen 
weislhümern  ?  1,  262.  294.  297. 

ANTRAGEN,  n.  propositio:  derhalbcn  wolt  euer  heiligkeit 
ire  veterliche  obren,  so  an  Christus  stat  dis  mein  antragen 
boren,  mir  irem  armen  scheHin  ganz  gnediglich  darreichen. 
Luther  1, 143*. 

ANTHAGSTELLEB,  m.,  im  geschäßsleben  heule  oß  gebraucht. 

ANTHAGUNG,  f.  propositio :  durch  antragung  dergleichen 
zeitlichen  glückseligkeit.    Plesse  3,  341. 

ANTRAMPELN,  cum  strepitu  adventare. 

ANTRAMPEN,  dasselbe. 

ANTRAMPSEN,  ANTRAMPSCHEN,  dasselbe,  s.  trampsen. 

ANTRAUEN,  animo,  matrimonio  jüngere:  er  hat  sich  das 
mädchen  gestern  antrauen  lassen;  freilich  hat  er  alles  an 
eine  innig  geliebte,  ihm  durch  neigung  angetraute  freundin 
zu  berichten.  Gothe  45,  359 ; 

aber  wir  sollien  doch  sehn,  wie  es  aussieht,  wann  dich  der  vater 
morgen  bei  uns  antraut,  in  dem  stattlichen  ehrengewande. 

Voss  Luise  3, 130. 
vgl.  antreuen. 

ANTRÄUFELN,  gutlalim  aspergere. 

ANTRÄUFEN,  dasselbe,    s.  antriefen. 

ANTREFFE,  f.  die  traditiones  fuldenses  (bei  Pistorius  3,  544. 
64S)  nennen  ein  flüszchen  anatrcfa,  das  man  versucht  sein 
könnte  aus  dem  folgenden  verbum  zu  deuten,  wie  sich  ein  altn. 
ädrepa  tactus  findet,  leicht  aber  ist  hier  -efa,  wie  anderemal 
dem  -aha  in  flusznamen  entsprechend. 

ANTREFFEN,  nach  der  sinnlichen  bedcutung  von  trefTcn 
ferire,  percutcre  musz  es  ausdrücken  an  einen,  an  etwas  tref- 
fen, wie  anschlagen,  ansloszen,   folglich  auch   anreichen,  an- 


ANTREFFEN 


504 


rühren,  altn.  ddrepa  langete,  vgl.  drepa  fingri  ä,  mit  dem  fin- 
ger  anrühren,  drepa  a  dyr,  fores  pulsare,  die  thür  anschlagen, 
daran  klopfen,  so  heiszt  es  nun :  und  dasz  nicht  reuter  auf 
fuszknecbt  antreffen  (stoszen).  Fronsp.  kriegsb.  1,  52';  wann 
das  geschütz  m  einer  Schlachtordnung  recht  antrift  (gut  Irifl). 
1,135';  unterwegen  ehe  sie  den  feind  antrafen  (auf  ihn  slie- 
szen).  Garg.  253";  das  eisen,  welches  zwar  wol  antraf  (traf). 
Lohenst.  Armin.  1,  97 ; 

wann  ihm  gleich  nun  zwanzig  fauste  maul  und  nase  treffen  an. 
LoGAU  1,  8,  60; 

das  urtbeil  hat  wol  angetroffen  (zugetroffen,  ans  ziel).  Opitz  Arg. 
2,423  und  so  liesze  sich  sagen,  der  hammer  hat  genau  angetrof- 
fen, den  nagel  getroffen,  daraus  folgt  unmittelbar  die  Vorstellung 
des  findens,  begegnens,  weil  auf  einen  stoszen  ein  rcncontrer, 
antreffen  ist:  darumb  so  gehet  hinauf,  denn  itzt  werdet  ir 
in  eben  antreffen.  iSam.  9, 13;  so  wirst  du  kommen  zu  der 
eichen  Thabor,  daselbs  werden  dich  antreffen  drei  menner. 
10,  3;    und   es   traf  in    an    der  prophct  Ahia  auf  dem  wege. 

1  kön.  11,  29;    und    sie   trafen  in  an  auf  dem  ackcr  Naboth. 

2  kön.  9,  21 ;  trafen  in  an  bei  dem  groszen  wasser.  ]er.  41,  12 ; 
alles  was  sie  antraf,  das  frasz  sie  (omnes  qui  invenerunt,  com- 
ederunt  eos).  50,  7 ;  ich  wil  versuchen,  ob  ich  vielleicht  das 
glück  antreffen  kondte,  das  ich  im  garten  einmal  möchte  al- 
lein sein.  Hei.nr.  Jul.  v.  Braunschw.  Susanna  1,  3 ;  und  auf 
den  fall  gesetzt,  dasz  ihr  etwas  lustiges  darinnen  antreffen. 
Garg.  21';  eine  hole  antreffen,  pers.  rosenth.  1,  6;  ein  buch, 
so  ich  in  der  bibliothec  angetroffen.    7,13; 

ich  traf  ihn  schlafend  an,  gleich  zwischen  diesen  bäumen. 
Geliert  3,  327; 

ich  bin  ein  verunglückter  künstler,  der  seinen  eigentlichen 
beruf  nicht  angetroffen  hat.  Tiecr  Sternb.  2,  117;  ich  habe 
ihn  nicht  zu  hause  angetroffen,  nicht  die  geringste  spur  von 
ihm  angetroffen,  doch  bezieht  man  antreffen  meist  auf  per- 
sonen  und  zieht  bei  suchen  finden  vor. 

Wie  aber  das  pertingere  in  perlinere,  das  atlingere  in  atti- 
nere  übergeht,  ist  auch  antreffen  ein  betreffen  und  angehen: 
ahd.  trifet  tih  tero  deheinej  ana,  attingit.    Graff  5, 527 ; 

trift  es  euch  nit  an  *    fasln,  sp.  20,  10 ; 

schände,  die  uns  antrift.    30,  14  ; 

alles  das  das  sein  antrift.    277,6; 

es  trift  an  den  seinen  stam.    278,30; 

trift  euch  die  sach  dan  an?    541,20; 

als  vil  das  ungeisllich  recht  antrift.    887,35; 

wiewol  diese  materia  nicht  antrift  glauben,  Seligkeit,  not  oder 
gebot.  Luther  1,  51';  denn  wo  es  uns  angehet,  sollen  wir 
es  leiden,  aber  wo  es  die  lere  antrift,  die  sol  man  verant- 
worten und  entschuldigen.  3,  24l';  denn  es  trift  nicht  das 
leben,  sondern  die  lere  an.  4,  60*;  aufs  erste  sollen  sie  die 
warheit  miteinander  reden,  das  trift  die  lere  an.  4,  283" ;  es 
treffe  seinen  leib  oder  recht  an.  4,409";  Paulus  redet  von 
Christen,  die  itzund  gnugsam  Unterricht  sind  im  glauben, 
und  in  dem  das  gott  antrift.  4,  518';  es  treffe  an  gut,  ehre 
oder  was  es  sei.  4,  530';  nu  das  trift  die  lehre  an.  Luthers 
6r.  2,  547;  es  treff  an  leben  oder  sterben.  1,597;  so  achten 
wir,  es  sei  auch  unser  und  treff  auch  uns  an.  2,  410;  in 
geistlichen  Sachen,  die  ewiges  leben  antreffen.  5, 613 ;  was 
seel,  leib,  ehr  und  gut  antrift.  Murner  *f/ic/mefi3. 19, 10 ;  das 
die  gotseligkeit  fürnemlich  fürdcrt  und  antrift.  Frank  chron. 
vorr.  a";  die  weil  es  antrift  leib  und  leben.  Alberus  160;  die 
natur  hat  zween  scinvcisz,  den  sie  auszgibt,  einen  durch  die 
porös,  einen  durch  die  emunctoria.  der  durch  die  porös 
auszgeht,  trift  die  pestem  nichts  an.  Paracelsus  1,  371';  so 
vil  als  gotts  ehr  rein  trift  an.  Fischart  e/iz.  25;  was  den  ina- 
gen  antrift.  Garg.il*;  welche  es  auch  zum  grösztcn  thcil  an- 
trift. Garg.  67'.  wir  pflegen  heute  für  dieses  antreQen  meistens 
zu  setzen  betreffen,  anbetreffen  oder  angehen. 

Aus  lat.  perlinere  ad  aliquem    entsprang  franz.  appartcnir, 
angehören  und  diese  bedeutung  halte  sonst  auch  antreffen : 
ein  groszes  viech,  das  ihn  antraf.    IL  .Sachs  II.  1,  1"; 

nirgends  begehet  man  eine  schalkheit  lieber,  als  wann  es 
(die  entwendete  suche)  geistlichen  und  goltesdiencrn  gehöret 
oder  anlrift.  Simplic.  1,  245.  Anderemal  bedeutete  es  aber  et- 
was ausmachen,  ausschlagen,  franz.  importer:  das  trift  viel 
oder  wenig  an,  macht  viel  oder  wenig  aus;  alle  ding  inson- 
derheit die  etwas  antreffen  und  ru  bedeuten  haben.  Fisch&rt 
ehz.  2.'); 


505  A.MREFFEN  — AxMRETEiN 

dan  es  in  (ihnen)  lu  gewio  antrifl  (ausschlägt). 
Bbant  narrenscli.  191 ; 

dann  diese  sach  und  rechtfertigung  trift  nicht  wenig  an. 
Ayreb  pToc.  1, 12 ;  weil  diese  sach  treflich  viel  antrefife.  1,  13, 
was  doch  tcieder  nah  sich  berührt  mit  angehen. 

Stärkeres  sinnliches  angreifen,  adoriri  liegt  in  folgender 
stelle:  wo  die  märker  und  die  marke  not  antriffet.  veisth. 
1,  515,  nolh  und  gefahr  an  die  mark  geht,  stöszt.  tgl.  anbe- 
treffen, betreffen. 

AMREFFEN,  u.  das  anlangen  beim  ziel.    Garg.  22'. 

ANTREIBEN,  impellere,  incilare,  nnl.  aandrijven.  da  dieser 
begrif  schon  in  dem  einfachen  treiben  und  pellere  liegt,  so 
kann  die  beigefügte  partikel  nur  den  bezug  auf  eine  sache 
oder  den  fortgang  und  anhält  der  bewegung  ausdrücken. 

1)  den  böttnem  oder  bOttichem  heiszt  antreiben  die  reife  an 
das  fasz  schlagen,  immer  höher  hinauftreiben,  wozu  sie  sich 
des  triebe!,  mhd.  tribelslagc,  tribelwegge  bedienen:  im  keller- 
stüblein,  da  ihn  das  new  fasz  aniacht,  welchs  hielte  der  fu- 
der  zwenzig  siben,  welche  im  recht  die  reif  antribcn.  Garg. 
57';  ach,  die  eisernen  reifen,  mit  denen  mein  herz  eingefaszt 
wird,  treiben  sich  täglich  fester  an.  Güthe  an  fr.  r.  Stein  1, 
169.  einer  frau  die  reife  treiben,  sie  schlagen.  Stephans  stoß. 
141;    die  hauptreif  triben.    Moes  schausp.  2,  277.  301; 

im  sint  die  reife  also  vertriben.    Walih.  106,  21. 

2)  das  schif,  den  kahn  antreiben,  ans  ufer.  aber  auch  in- 
trannitiv,  wie  treiben  steht  für  getrieben  werden: 

endlich  sinket  sie  ihm  aus  einem  nachen,  der  aDtreibl, 
an  das  schlagende  herz.    Klopst.  2,  142; 

hier  wars,  wo  Odysseus  bei  nacht  angetrieben  ward.  Stol- 
berg 8,  413.  das  holz  wird  auf  dem  ströme  angetrieben  und 
treibt  an.  das  eis  treibt  an  und  wird  angetrieben,  man  sagt 
auch,  ein  bäum,  ein  reis  treibt  an,  hebt  sich  und  wächst. 

3)  das  vieh  mit  der  gerte  antreiben,  an  die  weide;  aber 
auch  schon  gehende  ochsen,  pferde  mit  der  peitsche  antrei- 
ben, rascher  antreiben,  kinder  zum  lernen,  lesen  antreiben, 
wie  ich  neulich  den  Hippocras  meisterlich  antrieb  mit  den 
renken,    froschm.  1.  2,  8. 

4)  in  der  hütte,  das  werk  auf  dem  treibeherd  in  flusz  bringen. 

5)  abstract  ßr  treiben,  üben,  fortsetzen: 

mit  singen  und  mit  saitenspil, 

das  sie  antreiben  dick  und  \\\.    fasln,  sp.  735,  17; 

das  habt  ir  lang  da  angetriben.    772,  17; 

was  ir  bittet,  gleubet  das  irs  haben  werdet,  so  habt  irs  ge- 
wis,  sonst  wo  man  solch  gebet  imerzu  umb  ein  sach  antrei- 
bet, ists  ein  zeichen,  das  wir  gott  nicht  gieuben.  Lutheb  2, 
469*.  br.  2,  398;  welchs  klagen  und  seufzen  sie  die  ganze 
nacht  angetriben  hat.  Octavian  3 ;  vi!  reden  antreiben.  Ficiabr. 
5;  so  mustu  die  brenneisen  von  neuwem  vor  die  band  nem- 
men  und  die  bug  zum  anderninal  erOfnen,  und  dasselbig  so- 
lang antreiben  oder  widerholen,  solang  das  pferd  einigen 
schmerzen  empfindet.   Uffenbach  roszbuch  2,  224 ; 

und  solchs  antreiben  lange  jähr.    Atber91'; 
ich  werds  ^wislich  nicht  lang  antreibn. 
ich  kan  mein  krankheit  nicht  bescbrcibn.    143'; 
er  sagte  dasz  sie  nur  da  sicher  solt  verbleiben, 
mit  seiner  Wiederkunft  wolt  ers  nicht  lang  antreiben. 
Werders  .4r«o*t  5,  SO ; 

das  hast  du  schon  zu  lang  angetrieben;  sollst  du  nicht  län- 
ger antreiben,     mhd.  ich  tribej  kurz  ode  lanc.   Iw.  7992. 

AMKEIBER,  m.  incitator:  ein  guter  antreiber  ist  besser 
als  zehn  faule  arbeiter.  an  einigen  orten  heiszt  das  antrei- 
bende holz  antreiber. 

A.NTRETE.N,  aggredi,  adirt,  inire,  gegenüber  dem  abtreten. 

1)  kampQich  antreten,  ein  wildes  thier  antreten,  an  es,  (jc- 
gen  es  treten:  den  eher  laszt  mich  treten  an.  H.  Sachs  ill. 
2, 178* ;  si  ziehen  lang  haar  wie  die  frauwen  und  tretten  mit 
eingebundenem  haar  die  fcind  an.  Fra.nk  weltb.  70';  darnach 
traten  si  die  andern  ausziendischen  Völker  mit  krieg  so  tapfer 
und  gliickiich  an.  95';  als  Pitacus  ein  fürst  ward  und  Al- 
cheum  den  poeten  seinen  bittem  todfeind  antrat,  der  sich 
ab  im  entsetzet,  chron.  25';  die  gewafneten  leut,  die  Iren 
feind  gegen  dem  spitz  antrelten,  soll  jeder  ein  solch  röhr  in 
seiner  band  haben.  Fbomsp.  Atic9»(;.  2, 191*;  rasch  tritt  der 
tod  den  menschen  an.    Scbillek  547. 

2)  von  anderm  angang:  ßiirleigh  und  Raleigh  treten  sie 
(die  königin)  um  erlauhnis  an,  ihn  des  hochverraths  anklagen 
zu  dürfen.   L£ssi:<g  7,  243 ; 


ANTRETEN  —  ANTRIEFELN 


506 


ich  trat  ihn  jeden  tag  von  neuem  an, 

liesz  jeden  tag  von  iieuem  mich  verhöhnen.    2, 169 ; 

Graf  Walter  rief  am  marstallsth9r: 

knapp  schwemm  und  k.imm  mein  rosz! 

da  trat  ihn  an  die  schönste  maid, 

die  je  ein  graf  genosz.    Bcrger; 

am  fiühen  morgen  trat  mich  ein  altes  weih  an;  der  bahn 
hat  die  henne  angetreten  (getreten). 

3)  auf  die  sache  bezogen:  den  kämpf  antreten,  an  den 
kämpf  treten :   kämpf  antretten.    Garg.  73* ; 

einen  streit  antrat.  H.  Sachs  1,52*; 
die  Schlacht  antretten.  Garg.  251*.  den  tanz  antreten,  an  den 
tanz  treten :  dasz  wir  einen  tanz  mit  ihnen  würden  antreten 
müssen  (ein  gefecht  bestehen).  Plesse  1,  352.  die  kanzel  an- 
tretten, an,  auf  die  k.  treten,  sie  betreten.  Garg.  160".  den 
weg,  die  reise,  die  fahrt  antreten :  Hagar  genothigt,  den  weg, 
den  sie  auf  einer  freiwilligen  Ducht  eingeschlagen,  nunmehr 
wider  willen  anzutreten.  Göthe  24,  211 ;  so  haben  wir  unsern 
ländlichen  aufenthalt  angetreten.  17,  10 ;  das  übel  freilich 
war,  dasz  bedeutende  Vorsätze  nicht  einmal  angetreten,  manch 
löbliches  unternehmen  in  stocken  gelassen  wurde.  60,  300 ; 
eh  ich  meine  visiten  antrete,  komm  ich  sie  zu  sehn.  Göthe 
an  fr.  v.  Stein  2, 48 ;  wer  wollte  wol  das  leben  unter  den- 
selben bedingungen  aufs  neue  antreten?  Kant  kritik  der  ur- 
theihkr.  395;  ein  amt,  die  regierung,  ein  kQnigreich,  ein  le- 
ben, die  erbschaft  antreten,  vor  gericht,  den  eid,  den  beweis 
antreten,  ein  neues  jähr,  eine  neue  woche,  das  siebenzigste 
jähr  seines  lebens  antreten,  bemerkenswerth  ist  mhd.  Ion 
anetreten,  lohn  in  ansprueh  oder  empfang  nehmen,  myst.  131, 
37.  40. 

4)  scheinbar  intransitiv,  sobald  dieser  ace.  bei  häufigem  ge- 
brauch der  redensart  unterbleibt:  der  levit  trat  (das  amt)  an 
zu  bleiben  bei  dem  man.  rieht.  17,  11;  ehe  er  antrat  (den 
kämpf).  Garg.  251* ;  die  blümlein,  schaw,  wie  tretens  an  (das 
licht  hervor,  an  die  reihe).  Spee  trulzn.  120;  wil  tapfer 
treten  an.  52 ;  was  erwartet  nun  der  (sein  amt)  antre- 
tende gehülfe?  Göthe  14,  178.  er  wird  bald  (die  stelle)  an- 
treten, er  hat  (oder  ist)  schon  angetreten,  auf  dem  fechtbo- 
den,  beim  tanz,  antreten,  sich  einem  gegenüber  stellen,  an- 
getreten I  wird  Soldaten  zugerufen,  tretet  an  die  reihe,  stellt 
euch  in  reihe  und  glied,  tretet  aneinander!  tretet  an!  tretet 
vor,  näher!,  was  sich  auch  aus  6/ossem  an  =  ror,  fort  deuten 
liesze.  wer  weisz,  ob  ich  nicht  diesen  abend  bei  ihm  an- 
trete (vortrete,  anspreche).  Hippel  br.  13,  116 ;  da  kam  er  an- 
getreten, angestiegen. 

5)  den  Vogelstellern  heiszt  antreten,  wenn  die  wilden  vögel 
nahen  und  sich  auf  die  antritte  um  den  vogelherd  herum  setzen, 
vgl.  anfallen,  anQiegen. 

AMRETUNG,  f  bei  antretung  der  päpstlichen  regierung. 
ZiNKGR.  ap.  1,  4 ;  bei  anlretung  meiner  jetzigen  stelle.  Lessi:«g 
12,  260 ;  die  antretung  der  erbschaft,  des  beweises.  üblicher 
ist  heute  antritt. 

ANTREUE.N,  für  antrauen,  anvertrauea: 

dann  die  angetreute  trew 
herschet  über  leid  und  zeit,  wird  auch  alt  sein  immer  new. 
LoGAu2«.  46; 
ich  gönne  Schwester  dir  den  rühm, 
die  freiheit  sei  dir  angetreuet. 

Lobe:<st.  Arm.  2,  446. 

ANTRIEB,  m.  impulsus,  Stimulus,  sowol  der  innere  trieb 
als  die  nach  auszen  gehende  bewegung:  etwas  aus  eignem 
antrieb  (aber  auf  fremden)  thun;  sinnlicher  antrieb;  das  ein- 
zige band,  das  die  verschiedenen  antriebe  ihres  eifers  in 
einem  lebendigen  gemeingeist  zusammenhielt.  Schiller  954; 
der  körper  ist  den  antrieben  der  schwere  ausgesetzt.  Ka^t 
8,  52.    nnl.  aandrift. 

ANTRIEFEN,  guttatim  afftuere,  stillare,  aspergi:  das  gras 
trieft  an  von  thau ;  wolgcrüche  troffen  uns  an ;  ahd.  truffun 
sia  ana.  defluebant.    Graff  5,  529. 

ANTRIFELN,  ANTRIEFELN,  dies  nicht  ganz  aufgeklärte 
«ort  wurde  oben  sp.  316  unter  andriefeln  aufgestellt. 

traten  einander  mit  den  siiflen, 

ich  dacht  es  wird  sich  noch   andriflen 

ein  hader  bei  dem  trutt  und  tratz. 

U.  Sachs  I.  5,530"; 

also  ward  aus  des  bapsts  decret  und  des  thorechten  weih» 
antriflen  ganz  Grecia,  Germania,  Gallia  und  Italia  verleit. 
Frank  chron.  493* ;  schmachwort,  so  der  kläger  fürwirft  und 
antrifelt.  sprichw.  2,  166* ;  welches  der  sathan  in  Adams  herz 
anspann  und  antriflet.   3,  130 ;   er   triefelt  wegen   einer  klei- 


507 


ANTRINKEN — ANTWERK 


ANTWORT — ANTWORTEN 


508 


nigkeit  einen  kostbaren  process  an.  Schm.  1, 480 ;  desto  meh- 
ren eingespiehen  und  angclriefelt  haben.  Simplic.  2,  566,  in 
welcher  letzten  stelle  eingespiehen  vielleicht  eingespannt  lauten 
sollte.  ScHMELLER  führt  auszerdem  an  abtrifeln,  auftrifeln, 
zertrifeln,  durch  umdrehen  auflösen^  welche  für  anlrifeln  die 
bedeulnng  andrehen  nicht  bezweifeln  lassen. 

ANTRINKEN,  priorem  bibere:.  der  grave  sol  andrinken  und 
darnach  die  gemeine  merker.  weislh.  1,  580; 

trinkt  anl  ich  thu  sein  nit  vor  euch. 

fastn.  sp.  275,  32 ; 

sich  einen  rausch  antrinken,  angetrunken  sein;  sich  einen 
mut  antrinken;  viele  der  Streiter  zogen  nur  mit  angetrunke- 
nem mute  aus.   Arnim  kronenw.  1,  455.    i.  angetrunken. 

ANTRIPPELN,  pede  curto,  trepidulc  adventare,  nnl.  aan- 
dribbeien:   angetrippelt  kommen. 

ANTRITT,  m.  aggressus,  ingressus,  introilus.  der  antritt 
zum  spiel,  zum  tanz,  zum  fechten,  zur  waffenübung;  auf 
reilbahnen  der  antritt  des  pferdes,  pass  oder  dreischlag,  der 
sanße  zeltgang;  der  antritt  des  amtes,  dienstes,  der  reise, 
des  Jahrs : 

unser  antritt  in  die  zeit,  unsre  thür  ins  erste  jähr. 
LoGAü  2, 10,  31 ; 
der  geweihte  künstler 

kommt  zum  gipfel,  wo  ihr  im  antritt, 

gehet  ihr  einmal,  schon  sinkt.    Klopst.  2,  66. 

antritt  der  treppe,  Vorstufe,  Vorzimmer: 

ein  antritt  oder  vorgemach  des  himmels. 

Spee  goldn.  tugendb.  44 ; 

die  Stange  um  den  vogelherd,  worauf  die  angelochten  vögel  sich 
niederlassen. 

ANTRITTREISER,  pl.  n.,  dürre  um  den  vogelherd  aufge- 
steckle  reiser  für  den  antritt  der  vögel.  Döbel  2,  20S'.  224'. 
225'.  240*. 

ANTRITTSGRUSZ,  m.  dies  alles  und  mehr  noch  wurde 
von  der  jungen  frau  zum  antrittsgrusze  fröhlich  erzählt.  Göthe 
21,  211;  der  vogel  nahm  mit  dem  antrittsgrusze  filoul  ab- 
schied.  J.  Paul  Fibel  42. 

ANTRITTSPREDIGT,  f.  eine  neue  rolle  des  lebens  spielt 
der  mensch  am  wärmsten  und  besten,  über  unsern  antritts- 
predigten  schwebt  der  heilige  geist  brütend  mit  taubenflügeln, 
nur  später  liegen  die  eier  kalt. 

ANTRITTSREDE,  f 

ANTROCKNEN,  stccescere,  abtrocknen:  nach  dem  regen  trock- 
nete  es  schnell  an. 

ANTROMMELN,  mit  der  trommel  ein  zeichen  geben. 

ANTROMPETEN,  unter  trompetenschall  empfangen. 

ANTRÖPFELN,  antriefen,  fein  antropfen. 

ANTROPFEN,  in  tropfen  an  etwas  fallen :  es  tropft  heftig  an. 

ANTRUNK,  m.  soll  der  obgemeldte  wolgeborne  herr  den 
antrunk  thun  und  haben,   weisth.  1,  589.  590. 

ANTUMMELN,  ayitando  accedere:   ein  pferd  antummeln. 

ANTUPFEN,  pangere,  pacisci,  beim  vertrag  Stupfen,  an- 
stupfen,  antippen,  vgl.  RA.  151.  604.  605.  s.  andupfen,  abdupfen. 

ANTVOGEL,  m.  anas,  bis  ins  16.  17  jh.  die  übliche  bchen- 
nung  der  zahmen  ente,  mit  erhaltung  des  alten  a  von  anut, 
wie  in  antrach.  unsere  spräche,  solche  Zusammensetzungen 
liebend,  bildete  auch  brachvogel,  eisvogcl,  nachtvogel,  schmal- 
vogel,  auf  dieselbe  weise,  'mhd.  antvogel.  Haupt  7,  342.  anl- 
fogele  grifen.  weislh.  1,  557  (o.  1453);  mit  hennenschmalz 
und  antfogels  schmalz.  Rraunschweig  chir.  101 ;  antvogel. 
Aimon  Liii;  antvogelstellwerk.  Schweinicuen  1,  46;  12  ant- 
vogel. 2,  218 ;  einen  gebratenen  antvogel.  Kirchhof  wend- 
unm.  213';  antvogel,  kranchen  sammeleten  sich.  B.  Waldis 
Esop  1,  60;  nicht  mehr  als  ein  katz  eim  antvogel  glei- 
chet. Fischart  bienenk.  177';  wild  enten,  antvogel  {=  zahme 
enlen).  Garg.  236' ;  wie  ein  antvogel  beropfen.  251' ;  antvo- 
gel zerlegen.   Philand.  1,  403. 

ANTWERK,  n.  machina,  inslrumentum,  Werkzeug,  gerälh. 
ags.  scheiden  sich  andveorc  materia,  mclallum,  causa  und 
handveorc,  handgevcorc  opus,  manufactura  genau  von  einan- 
der; ein  goth.  andavaurslv  fehlt,  iianduvaurstv  aber  Idszt  sich 
aus  handuvaurhts  =  agi.  handvorht  manufactus  folgern;  ahd. 
kein  antwerah,  wol  aber  hantwerah,  hantwerrh  opus  manuum. 
mhd.  antwerk  machina  Nib.  894,  3.  Trist.  364,  38.  Wigal.  279, 
31;  verschieden  von  hantwerk,  welsch,  jasl  8166,  dock  jetzt 
beginnt  auch  die  Verwechselung,  i.  b.  MS.  2,  201*  bei  Konrad 
steht  antwerk  für  hantwerk   creatur,    sei  es   ihm  selbst  oder 


dem  Schreiber  beizumessen.  Slraszburger  Urkunden  von  1263. 
1304  in  Gacpps  stadtrechten  1,  91  haben  antwerk  für  handwerk. 
so  nun  auch  Keisersberg  oder  wer  seine  postille  aufnahm, 
sagt  3,  81  antwerk  triben,  antwerksman,  mit  seinem  antwerk 
noher  kummen  für  hantwerk,  hantwerksman,  welche  dem  mlat. 
manopera,  manuoperarius,  x^i'Qorixvrjs  entsprechen,  nicht  ma- 
china, machinator  ausdrücken,  obschon  die  begriffe  sich  nähern, 
andere  belege  liefert  Oberlin  54.  das  vocab.  1482  gibt  noch 
antwerch  vasa  et  instrumenta  bellica,  Tschudi  l,  474  aber  re- 
det von  katzen  und  anderm  handwerkszüg  zur  belagerung. 
später  erlischt  die  wortform  antwerk  und  die  bedeutung  ma- 
china, Dasvpodids  dennoch  schreibt  zu  handwerk  artificium 
manuarium  alias  mechanicum.  Will  man  den  erfinderischen 
mechaniker  mit  dem  handwerker,  andveorc  mit  handveorc  zu- 
sammenfallen lüssen,  so  musz  jedenfalls  handwerk  dem  ant- 
werk an  alter  vorausgehn.  gleiche  Schwierigkeit  hatte  andeln 
und  andelang. 

ANTWORT,  responsum,  aTiöy.Qiais,  bescheid,  altn.  andsvar, 
schw.  dän.  blosz  svar  (ansvar,  gensvar,  gjensvar  ist  Verantwor- 
tung), ags.  andsvare,  engl,  answer,  mehr  über  diese  ausdrücke 
unter  antworten,  antwort  schwankt  von  allersher  zwischen  n, 
und  f.,  golh.  andavanrdi,  alts.  andwordi,  nnl.  antwoord,  fries. 
ondwarde,  onderde  sind  stets  neutral,  auch  bei  den  meisten 
ahd.  antwurti,  nur  schweift  0.  ins  f  (Graff  1,  1023);  mhd. 
lassen  die  stellen  das  geschlecht  oß  ungewis,  doch  hat  man 
den  stumpfen  nom.  antwurt  für  weiblich,  antwürte  für  neutral 
zu  nehmen,  zweifelhaß  sein  kann  obliques  antwürte:  spürte,  ant- 
würte :  gurte.  Parz.  246,  25.  Mar.  155,  34. 164,  32. 173,  41  f.  ant- 
würte. Lanz.  4574.  troj.  kr.  1904.  22636.  24172.  Engelh.  3725.  ein 
senfte;  antwürt.  Bo.v.  41,  69;  antwurt  Iw.  6319.  Greg.  2778 
(504  aber  gegenwart).  Freid.  9,  11.  Lichtenst.  598.  2.  allmä- 
lich  überwiegt  das  f.,  wie  noch  entschiedner  im  nhd.  ant- 
wort. Süso  setzte  entwürt.  Luther  scheint  von  natur  für  das 
neutrum:  das  antwort  des  heiligen  geists.  3,  362;  solch  sei 
gesagt  vom  stumpfen  und  rauchen  antwort.  8,  124';  wolle 
ihm  ein  gnädigs  guts  antwort  lassen  widerfahren,  br.  3,  184; 
solchs  antwort  mus  ich  und  die  meinen  uns  itzt  auch 
lassen  gelten  und  gesagt  sein,  warnunge  an  seine  lieben  Deut- 
schen. Witt.  1531.  A2';  da  er  sie  mit  irem  eigen  antwort  ein- 
getrieben und  geschweigt  hatte,  sermon  vom  zinsgroschen.  Witt. 
1535.  B  4* ;  ein  richtiges  antwort  ist  wie  ein  lieblicher  kus. 
spr.  Sal.  24,  26;  wie  das  göttliche  antwort  zu  Mose  sprach. 
Hebr.  8,  5;  legten  in  gefangen  bis  inen  klar  antwort  würde. 
3  Mos.  24,  12 ;  wie  ratet  ir,  das  wir  dem  volk  ein  antwort  ge- 
ben ?  1  kün.  12,  6 ;  aber  es  war  da  keine  stimme  noch  ant- 
wort. 18,  26;  mein  antwort  wird  noch  recht  bleiben.  Hiob 
6,  29,  doch  darf  in  den  drei  letzten  stellen  ein  und  mein  bei 
Luther  auch  weiblichen  Wörtern  zustehn.  deutliches  f.  schreibt 
er  in  folgenden:  und  der  könig  gab  dem  volk  ein  harte  ant- 
wort. 1  kün.  12, 13 ;  man  wartet  der  antwort  von  dir.  Hiob  34, 
33 ;  eine  linde  antwort  stillet  den  zorn.  spr.  Sal.  15,  1.  spä- 
tere ausgaben  führen  das  f.  noch  weiter  ein.  Mei.anchthon 
aber  und  andere  hochdeutschere  schrißsteller  brauchen  das 
wort  immer  weiblich,  z.  b.  christliche  antwort.  vorr.  zur  apol. 
der  augsb.  conf  Wenn  aber  späterhin  Wieland  9,  97  schreibt 
an  antworts  statt.  Lessing  2,  164  und  sicher  noch  ößer,  ich 
glaubte  das  sei  antworts  genug;  so  zuckt  darin  das  alte  neu~ 
trum  nach  oder  etwas  niederdeutsches. 

Mhd.  hiesz  es  antwürte  geben,  bieten,  ja  werfen,  zuo  antwürte 
grifen;  ftct</e  antwort  geben,  sagen,  crtheilen,  .senden,  veraltet 
ist  thun:  er  soll  mir  noch  antwort  thuu;  nachdem  die  ge- 
sandten ihre  antwort  gelhan  {wie  frage,  rede),  pers.  reiseb. 
1,  4.  alts.  andwordi  sprocan;  alln.  andsvör  vcita,  responsa 
dare.  antwort  erhalten,  empfangen,  bekommen ;  es  soll  ihm 
antwort  werden  ;  ward  ihm  zur  antwort.  Garg.  158'.  antwort  wei- 
gern, versagen,  vorenthalten,  schuldig  bleiben,  gute  oder  schlimme 
antwort;  kurze,  runde,  feine,  höfliche,  pünktliche  orfer  lange, 
weitläuftige,  grobe,  rauhe  antwort.  mhd.  guot  antwürte  vreut 
den  eilenden  man;  boesc  antwürte;  wir  sagen,  gute  antwort 
bricht  den  zorn.  frage  und  antwort,  rede  und  antwort 
gehören  nebeneinander,  red  und  antwort  geben,  rede  und 
antwort  stehen;  es  braucht  nicht  auf  alle  fragen  antwort; 
keine  antwort  ist  auch  eine  antwort.   Simrock  369. 

ANTWORTEN,  respondere,  d.  h.  vicissim  spondere,  reprn- 
mittere.  dem  lalein  zunächst  steht  altn.  andsvara,  ags.  and- 
svarian,  engl,  answer.  altn.  auch  bloszcs  svara  (sverja  schwö- 
ren nahverwandt,  aber  unterschieden),  and  drückt  gegen,  re 
aus.     der  geläufige  gotbische  ausdruck  ßr  cmoxQivea&ai  ist 


509 


ANTWORTEN 


ANTWORTEN 


510 


andhafjan,  entheben,  gegen  die  rede  und  frage  heben,  ein 
paarmal  steht  usbairan,  erheben,  proferre.  doch  andvaurdjan 
Rom.  9,  20  verdeutscht  ävraTtoy.oivsad'ai,  stärkeres  entgegnen 
und  contradicere.  ahd.  zuerst  antlengan,  antlingan  (Gbaff  2, 
225),  hernach  antwurtan,  praet.  antwurlita  (Geaff  1, 1023.  1024) ; 
mhd.  antwürlen,  praet.  antwurte.  alts.  andwordian,  fries. 
ondwardia,  onderdia,  andria,  mnl.  antwerden,  »in/,  antwoor- 
den.  die  fries.  und  mnl.  form  mengen  goth.  andvaurdi  und 
andvairj)i,  tr je  sich  auch  ahd.  antwarti  mit  antwerdi  praesentia 
(Gbaff  1,  1002)  mischte,  im  Ssp.  antwert  bald  antwort,  bald 
gegenwart  und  auch  das  mhd.  antwurte  zuueilen  gegemcarl 
bedeutete,  doch  leiten  andvaundjan,  antwurtan  nothwendig  auf 
Taurd,  wort  zurück  und  bezeichnen  entgegenreden.  ähnlich  un- 
serm  antworten  sind  erwidern  und  entgegnen,  welches  letzte 
den  schon  in  gegen  {wie  wider)  enthaltnen  begrif  nochmals 
durch  ent  hervorhebt,  von  entsprechen  hernach  noch,  ver- 
setzen hat  nur  den  sinn  des  franz.  repliquer  (replicare)  und 
geht  nicht  auf  die  sache,  er  versetzte,  versetzte  darauf  bedeu- 
tet wol  was  antwortete,  man  £agt  aber  nicht,  was  versetzest 
du  darauf  stall  antwortest? 

^eben  dem  dat.  der  person  steht  was  man  antwortet  im 
acc,  die  sache,  worauf  man  antwortet^  vurde  ahd.  und  mhd. 
in  den  gen.  gesetzt  {gramm.  4,  669) : 

des  antwurte  dem  künege  von  Metzen  Ortwin.    fiib.  82,  I ; 

doch  galt  auch  die  praep.  zi  (Graff  1,  1024):  niowibt  ni  ant- 
wurtis  zi  tben.  tbiu  Ibese  widar  tbir  redinönt?  Matth.  26,  62 ; 
inti  ni  anllingita  imo  zi  nob  einingemo  worte.  2",  14;  und 
ebenso  Lctheb:  antwortest  du  nichts  zu  dem,  das  dise  wi- 
der dich  zeugen?  Matlli.  26,62.  Marc.  14,  60.  Ulfilas  icAn>6 
Malth.  27. 14  jab  ni  andbüf  imma  vij)ra  niainhun  vaurde,  rroö; 
ovSe  ef  Qp^fia,  vulg.  non  respondit  ei  ad  ullura  verbum.  wir 
unterscheiden  heule:  was  sagst  du  dazu?  was  antwortest  du 
darauf?  obwol  nocli  gestaltet  wäre:  was  antwortest  du  dazu? 
LcTHER  braucht  gleichfalls  sclion  auf:  hat  er  lust  mit  im  zu 
haddem,  so  kan  er  im  auf  tausent  nicht  eins  antworten. 
Hiob  9,  3;  es  ist  nicht  not,  das  wir  dir  drauf  antworten. 
Dan.  3,  16 ;  darauf  antworten  sie.  1  Macc.  2,  34 ;  antworteten 
drauf  und  schrien.  13,  ';  und  er  antwortet  im  nicht  auf  ein 
wort.  Malth.  2',  U.  Anderemal  ziehl  er  zu  ror.-  wir  Christen 
können  biezu  fein  antworten.  Luther  8,  147*;  wollt  ich  gern 
richtig  und  klar  zu  diser  frag  antworten,  br.  l,  3S1;  denn 
Christus  wird  bald  dazu  antworten.  2,514.  jetzt  immer  auf: 
ich  will  auf  eine  solche  frage  gar  nicht  antworten;  er  hatte 
viel  darauf  zu  antworten; 

ihm  antwortete  draiiT  der  mutige  renner  .\chi)leus; 

itim  antwortete  drauf  der  herscher  des  volks  Agamemnon; 

drauT  antwortetest  du  ehrwürdiger  pfarrer  von  Grünau. 

Man  sagt :  ja  und  nein  antworten ;  verkehrtes  antworten ;  we- 
der singen  noch  beten  können,  schwarzes  für  weiszes  ant- 
worten. Simplic.  1,  31 ;  was,  wie  wirst  du  antworten  ? ;  mit 
kraut  und  lolh  antworten,  auf  den  feind  schieszen.  unw.  doct. 
803.  einige  setzen  antworten  ßr  beantworten,  auf  etwas  antwor- 
ten :  zwo  sind  der  fragen  nur,  antworte   sie !   Klopst.  9,  117 ; 

könnt  ich  nur  noch  stammeln!  ihr  treuen  wenigen  würdet 
mirs  antworten,  ob  ihr  ihn  sähet,  als  er  zu  goU  rief. 
Mets.  11,  743. 

antwortete  und  sprach  begegnet  in  der  bibel  allenthalben. 

Gleich  dem  franz.  repondre  steht  auch  antworten  ßr  cor- 
Tcspondre,  entsprechen :  weil  die  worte  den  sacben  antworten. 
Leib:«itz  463;  weilen  die  Schrift  bei  ihnen  der  spräche  nicht 
antwortet.  470 ;  zu  allem,  was  die  natur  in  sie  gelegt  hat, 
auch  in  der  auszern  well  die  antwortenden  gegenbildcr  zu 
suchen.  Göthe  37, 18 ;  der  weite  kreis  des  fenstcrs,  der  dem 
schiffe  der  kirche  antwortet.  39,  3l6 ;  hier  linden  wir  die  po- 
ren,  das  innere,  das  dem  äuszem  antwortet.  53,  2t ;  dem 
feuer,  den  säuren,  dem  hocbrothen  soll  gnld  und  eisen,  den 
alcalien,  dem  blauen  soll  vorzüglich  kupfer  antworten  und 
gemäsz  sein.  51,  248;  aus  zwei  zu  einander  gerichteten,  ein- 
ander antwortenden  spiegeln.  55,  22;  jedem  alter  des  men- 
schen antwortet  eine  gewisse  philosopbie,  das  kind  erscheint 
als  realist.  56,  139 ;  dieser  im  gefübl  des  glucks  nach  einer 
»einen  wünschen  antwortenden  Unterredung  mit  der  base. 
Hecner  molkenk.  3,  156.  Diese  Vorstellung  des  anlwortens  und 
enltprechens  kann  man  sich  am  Widerhall  der  glocken  und  am 
echo  verdeutlichen,  sobald  ein  zeichen  erschallt,  folgt  das  an- 
dere gleichsam  antwortend  nach,  die  kldnge  antworten  ein- 
ander; 


bange  zeichen 
antworteten  den  restlichen  gebeten.    Gottkr  2,  278. 

ifie  einer  in  den  wald  ruß,  ruß  es  ihm  wieder  heraus,  das 
echo  ist  eine  waldstimme,  felsenstimme  {mythol.  s.  421),  dän. 
det  svarede  fra  skoven,  gav  gienlyd: 

dasz  leis  antwortet  der  buchwald.    Luise  3,  7S6: 
responsat  Athos,  Haemusque  remugit. 

Claudia.-«  in  Eutrop.  2,  162 ; 
mhd.  dö  antwurte  im  sin  dön.    Reinh.  880; 
von  liuten  und  von  bunden  der  schal  was  so  grö;, 
da;  in  da  von  antwurte  der  berc  und  ouch  der  tan.  Nib,  8S3,  3; 
vil  lüt  diu  krä  scbrigen  began, 
si  schrei,  da;  ir  der  walt  entsprach, 

d.  h.  gegen  sie  sprach,  ihr  antwortete,  wie  sich  diese  wil- 
den töne  entsprechen,  so  können  einander  auch  einzelne  laule 
und  buchstaben  verschiedner  sprachen  oder  andere  dinge,  auf 
die  das  bild  übertragen  wird,  antworten,  repondre,  correspondre. 
Schwieriger  zu  entfalten  bleibt  noch  eine  weitere  bedeulung 
des  Wortes,  dasz  der  angeklagte  auf  die  wider  ihn  erhabne 
klage  antworten,  sich  verantworten,  rertheidigen  müsse,  ver- 
steht sich  von  selbst,  die  klage  erscheint  ■  gewissermaszen  als 
frage,  auf  die  sich  antwort  gehört,  ich  werde  dir  antworten 
drückt  auch  aus  ich  will  dir  rechenschaß  ablegen,  mich  recht- 
fertigen: das  gott  strenge  geboten  und  aufgelegt  hat,  wel- 
chem du  auch  dafür  wirst  müssen  antworten.  Luther  4.  399"; 
welcher  einen  gewalt  fürbringt  und  als  anwalt  ze  clagen  oder 
ze  antwurten  vermeint.  ?iümb.  reform.  1484.  2,  2 ;  in  recht  ze 
clagen  oder  ze  antwurten.  2,  3.  irie  hängt  aber  mit  diesem 
verantworten  zusammen  ein  antworten  ==  einantworten,  über- 
antworten, überliefern  ?  dasz  sich  dieser  sinn  mit  dem  ein- 
fachen antworten  verbinde,  lehren  folgende  stellen :  uns  bat 
unser  lieber  oheim  etlicb  ochsen  an  der  schuld,  die  uns  sein 
lieb  zu  thund  ist,  zu  geben  zugesagt;  verkünden  wir  deiner 
lieb,  so  pald  solch  ochsen  geantwort  werden,  dasz  wir  dir 
. .  hundert  derselben  ochsen  schicken  wellen.  Chmel  Maxim, 
s.  11  (a.  1493) ;  das  ein  gescheft  ist  geben  zu  Wurms  . . .  den 
stathaltern  auf  ir  erfordern  zu  widerstand  der  Türken  fürder- 
lichen  zehentausent  gülden  zu  antwurten.  40  {a.  1494);  du 
wellest  denselben  wappenbrief  fertigen . .  und  uns  zuschicken, 
damit  wir  den  dem  valkner  furter  antwurten  mugen.  94 
(a.  1496) ;  sechstawsent  guldin  . . .  der  kunigl.  raaj.,  oder  wem 
dieselb  das  bevilbet,  geben  und  antwurten.  200  (a.  1498) ; 
es  möchte  auch  der  pott  söllichen  ladbrief,  verkündbrief  oder 
anpietbrief  an  das  haws  oder  herberg  anschlahen  oder  ant- 
wurten den  insessen  desselben  haws  oder  wonung.  .Vürni. 
reform.  1,  4 ;  sein  seel  got  antwurten.  Keisebsb.  anheb.  mensch 
2;  der  mich  dir  geantwurt  hat.  schif  der  penitenz 'iS ;  er 
antwurt  im  den  Schlüssel.  Boccat.  10;  und  ist  darauf  unser 
beger,  du  wollest  den  brief  er  Carl  auf  sein  Zukunft  gen 
Aldenburg  antworten.  Luther  1, 140';  dieselben  drei  pfarrherr 
in  euem  gehorsam  zu  antworten.  2,106*; 

den  brier  zu  antworin  dem  soldan.    ATBEn272^; 
der  Büber  endlich  an  dem  ende  des  landes  Schlesien  seinen 
Strom  und  namen  der  Oder,  dem  baupt  und  regenten  der  scble- 
siscben  flusse  antwortet.  Opitz  2, 260.  heute  sagen  wir  nicht  mehr 
antworten,  aber  in  gleichem  sinn  überantworten,  überliefern. 

mhd.  er  antwurt  sich  in  sine  pflege.    /».  3877; 

dö  antwurt  er  und  sin  wip 

beidiu  guot  unde  lip 

beide  in  sine  gewalt.  5097: 
da;  guot  in  sin  gewalt  mit  rehtem  gcriht  geantwurt  ist. 
Chxel  fontes  1,  282  (a.  1298) ;  antwurten  in  des  vogtes  gewalt. 
1,  284.  nicht  anders  hiesz  es  ahd.  antwurtan,  giantwoitan  red- 
dere,  tradere,  sistere  bei  Graff  1,  1002,  welcher  es  von  antwur- 
tan respondere  scheidet  und  statt  zu  wort  zu  wart  schlägt, 
sicher  mit  unrecht,  wie  schon  die  analogie  des  altn.  svara, 
schw.  svara,  dän.  svare  lehrt,  die  genau  wie  unser  antworten 
erst  respondere,  dann  praestare,  sistere  ausdrücken,  -der  ver- 
klagte Schuldner  hat  zu  antworten  und  zu  leisten,  zu  gewäh- 
ren, XU  geben,  auf  die  forderung  dem  gISubiger  zu  antwor- 
ten, und  dieser  verhalt  von  antworten  kann  neues  licht  wer- 
fen auf  die  hernhrung  zwischen  wehren  und  währen. 

ANTWORTER,  m.  responsor,  reus :  es  gebricht  einem  fer- 
tigen frager  seilen  an  einem  fertigen  antworter.  WiEui.tD  29, 
471;  ich  bin  ein  fauler  antworter  {antworte  auf  briefe  nicht 
gern),  antworter  =  beklagter.  Haltaus  47 ;  der  antworter  in 
rechten,  reus.  rocali.  ine.  teut. ;  der  antwurter.  jVümft.  reform. 
1,  4.  6 ;  von  des  antworters  oder  beklagten  wegen.  Frankf.  ref. 
1.  6, 10 ;  dies  ward  der  antworter  ione.  Zuiici.  3&1,  6. 


511       ÄNT\S^ORTLICHEN— ANVERTRAUEN 


AN  VERWANDT — ANWACHSEN 


512 


ANTWORTLICHEN,  adv.  respondendo :  einer  der  geister  sagte 
mir  antwortlichen.  Philander  1,  383. 

ANTWORTSCHREIBEN,  n.  anhvorlender  brief. 

ANTWORTSCHRIFT,  f.  schrißliche  verlheidigung  des  be- 
klagten. 

ANTWORTSDANK,  m.  antworlsdank  für  die  ehre.  Herder 
bei  Merck  1,  22. 

ANTWORTSWEISE,  adv.  in  modum  defensionis :  klagweis 
und  antwortsweise.  iVwnifc.  reform.  1,  7 ;  klag  und  anwurtweise. 
5,  6.  diese  reformalion  setzt  sonst  antwurt  immer  weiblich, 
in  antwortsweise  kann  das  neiUrum  haßen. 

ANTWORTUNG,  f.  defensio,  Verantwortung:  über  das  ver- 
mag sie  niemand,  das  sie  ans  Hecht  wollen  und  zur  antwor- 
tung stehen,  on  bei  ires  gleichen.  Luther  2,  455*.  br.  2,  537 ; 
weiters,  was  etliche  gaile  stücke,  die  leider  in  diesem  büch- 
lein  hin  und  her  auch  mit  laufen,  betriffet,  darf  ich  alhie  für 
solcher  antwortung  und  beschützung  nicht  so  khün  sein. 
Weckherlin  vorr.  zu  den  weltl.  ged. 

ANÜBEN,  excrcere  incipere,  schwächer  als  einüben :  wer  mit 
angewohnheiten  des  dialekts  zu  kämpfen  hat,  suche  das  neu 
anzuübende  recht  scharf  auszusprechen.  Göthe  44,  297;  in 
Fichtes  sprachschiirfe  erscheint  das  anüben  der  rousseauschen. 
J,  Paul  aesth.  2, 15. 

ANVATERN,  im  gl.  ine.  tculon.  anvattern  patrisare,  bei  Du- 
CANGE  patrixare,  patrizare,  imitari  patrem.    vgl.  anvettern. 

ANVERDINGEN,  facicndum  dare,  was  sonst  andingen; 

ein  werk,  das  inutli  erheischt,  soll  man  dem  anverdingen, 
der  in  die  bände  kau  auch  vvol  den  löwen  bringen. 
pers.  roseng.  7,  18. 

ANVERLANGEN,  expetere,  verlangen,  an  einen  wie  abver- 
langen von  einem  verlangen:  die  anverlangle  abschrift;  etwas 
gerichtlich  anverlangen.    vgl.  anbegehren. 

ANVERLOBEN ,  despondere,  inniger  als  bloszes  verloben, 
gleichsam  an  die  hand: 

denn  er  fiel  im  kämpf  erschlagen 
der  mein  anverlobler  war.    Plaien2; 
könig  Odos  anverlobte.    12; 
um  galten,  väter  und  um  anverlobte. 

A.  VV.  Schlegel  kön.  Ueinr.  5.  act  2  sc.  4. 

ANVERMÄHLEN,  matrimonio  jüngere,  vermählen : 

es  hat  ihm  {sich)  Cornutus  zwei  weiber  anvermählt, 
von  einer  wird  getrost,  von  andrer  er  gequält. 
LoGAü  1,  5,  13; 
ha,  ein  lied  des  neubeseelten 
von  der  süszen  anvermähllen.    Bürger  2,  76; 

SO  wie  sie  gröszer  wurde,  mochte  sie  dem  jungen  oder  alten 
grafen  anvermählt  werden.  Tieck  ges.  nov.  4,  12;  der  ein 
schuldlos  mädchen  deines  sohnes  hand  anvermählt  hat.  Pla- 
TEN  132 ;  wo  eine  wahre  oder  scheinbare  mehrzahl  sich  einem 
grundworte  (wie  eine  Vielweiberei)  anvermählt.  J.  Pauf,  dop- 
pelw.  87. 

ANVERNÜNFTELN,  argumentis  probare :  und  was  er  gegen- 
wärtig hat  und  fühlt,  braucht  er  sich  nicht  erst  anzuvernünf- 
tcln.  Fichte  grtindz.  der  g.  z.  521. 

ANVERSPRECHEN,  polliceri: 

weil  gott  sein  reich  den  lindern  anverspricht. 
LocAü  1.  2, 10. 

ÄNVERSUCHEN,  anprobieren,  induerc,  an  benc  sedeat  ve- 
slis,  calceus,  schon  bei  Opitz  Arg.  1,  Gl ;  er  versucht  es  ihm 
an  den  leiii,  an  die  nase.  Witzenb.  20C ;  ich  küsse  ihnen  die 
hand,  wenn  sie  mir  die  freude  machen  und  diese  andrienne 
anversuchen.  Gellert  3,  368 ;  das  kind  probiere  oder  versuche 
sich  spielend  sein  künftiges  leben  an.  J.  Paul  Levana  1, 198 ; 
statt  seine  lehrmethode,  wie  Pestalozzi,  nur  bettclkindern  an- 
zuversuchen.  Fibel  130. 

ANVEHTRAIIEN,  nnl.  aanverlrouwen,  früher  confidere,  heule 
fidci  alicujus  commiltere:  aber  der  bub  hielt  sich  so  gcschick- 
lich,  dasz  ich  es  kaum  hinter  ihm  gesucht  oder  ihine  anver- 
traut hätte.  Götz  von  Bewl.  101.  einem  das  beer,  sein  kind, 
sein  geld,  gcheimnis  anvertrauen,  nachdrücklicher  als  blosz 
vertrauen:  dieser  dem  schwung  seines  rosses anvertraut.  Schil- 
ler 125;  damit  er  seinen  anvertrauten  niciit  falsch  rathe. 
Fichte  sonnenkl.  bericht  VI;  den  provinzialsländcn  die  wähl 
der  reichsstände  zu  überlassen  hätte  die  nachlhciligen  folgen, 
dasz  das  Wahlrecht  einer  sehr  geringen  zahl  von  wäiilern  an- 
vertraut würde,  denkschr.  des  frh.  vorc  Stein  190;  ein  anver- 
trautes erblheil  der  nalur  pflegen.  Bettike  br.  1  zueign. 


ANVERWANDT,  cognatus,  nnl.  aanverwant: 

ist  ein  esel  zu  erstreiten,  ei  so  suche  dir  zur  hand 
einen  richler,  der  nicht  selbsten  ist  dem  esel  anverwand. 
LoGAU  2,  zug.  174. 

Keisersberg  sagte  angewandt:  er  ist  dein  siptblut,  er  ist  (dir) 
angewandt,  geistl.  gunkel  8 ;  ire  angewandten  propinqui.  Kirch- 
hof wenrfunm.  233;  was  Charlotte  anbelanget,  so  hat  sie  hier 
ihre  anverwandten.  Pierot  1,  244 ;  er  ist  mein  nächster  anver- 
wandter;  ist  mir  gar  nicht  anverwandt; 

da  drang  ein  dutzend  anverwandten 

herein,  ein  wahrer  menschenstrom.    Göthe  1,  211. 

Opitz  Arg.  2,  33  gebraucht  auch  anverwandte  beschäftigung  = 
angewandte,  was  ein  anvenvenden  folgern  läszt. 

ANVERWANDTIN,  f.  propinqua,  kommt  bei  Gellert,  Les- 
siNG,  Schiller  676  for. 

ANVERWANDTNIS,  f.  propinquitas,  cognatio :  die  anverwand- 
nüs.  Lohenst.  Arm.  153. 160.    jetzt  unüblich. 

ANVERWANDTSCHAFT,  f.  dasselbe:  er  hat  eine  starke  an- 
verwandtschaft; es  war  natürlich,  dasz  sie  in  gegenwart  frem- 
der Personen  ihrem  betragen  gegen  mich  den  freundschaft- 
lichen ton  der  anverwandlschaft  gab,  welche  zwischen  uns 
vorausgesetzt  wurde.  Wieland  2,  60. 

ANVERWEISEN,  verweisen  und  zugleich  anweisen,  von  sich 
an  einen  andern  verweisen.  Lohenst.  Arm.  1,  804. 

ANVETTERN,  zum  veltcr  machen:  warum  hätten  sie  ihn 
bei  der  heutigen  familiengesellschaft  denn  sonst  ungebeten  mit 
angevettert?  Gotter  3,357.   vgl.  die  vetterstrasze  gehn. 

ANVOR,  adv.  imprimis,  praecipue.  Stieler  584,  unüblich, 
wäre  aber  gleichviel  mit  voraus,  vorab,  voran. 

ANWACHEN,  observare  cum  cura  et  insomnia.   Stieler  2396. 

ANWACHS,  ni.  incremcntum,  augmentutn,  nnl.  aanwas,  was 
anwachst,  fortwächst,  steigt,  und  mehr  das  wachsen,  steigen 
ausdrückend,  wahrend  in  anwuchs  das  gewachsensein  liegt,  man 
sagt  also  der  anwachs  der  flut,  des  gewässers,  nach  solchem 
anwuchs  muste  es  wieder  sinken ;  ein  frischer,  junger  an- 
wachs, ein  alter  anwuchs,  doch  mischen  und  vertreten  sich 
beide  ausdrücke,  der  anwachs  meiner  jähre,  des  Vermögens, 
geldes,  des  volkes ; 

und  dachtest  dann  vielleicht  an  ein  gedieht, 
und  lieszest  ihm  den  fremden  anwachs  nicht. 
Hagedorn  1,  69; 

dieses  beneidenswürdige  Vorrecht  der  ersten  Jugend  verliert 
sich  unvermerkt  mit  dem  anwachs  unsrer  jähre.  Wieland  3, 
187;  die  bewohner  hatte  ihr  anwachs  genöthigt  sich  auszu- 
breiten. 25,  115;  ich  meine  dieses  nicht  blosz  in  ansehung 
ihres  (der  bibliothek)  gegenwärtigen  zustandes,  in  ansehung 
des  anwachses,  den  sie  in  den  letzten  dreiszig  jähren  erhal- 
ten. Lessing  9,  1 ;  sie  fürchten  sich  vor  dem  anwachse  ihrer 
jähre.  J.  E.  Schlegel  3,390; 

nun  ragt  um  Manas  heiligthum 

der  anwachs  schlank  und  stolz.    Voss; 

durch  harmonien  dann  zähm  er  des  vaterlands 

anwachs.  3, 14 ; 

dieser  frühe  anwachs  carthagischer  macht  hätte  das  junge  Rom 
erstickt.  Stolderg  9,  28 ;  er  sann  darauf  den  anwachs  dersel- 
ben zu  befördern.  Niebuhr  kl.  sehr.  1,69;  so  beobachtete  er 
die  phaenomene  der  nacheinander  entstehenden  und  sich  ver- 
drängenden Vegetationen  auf  dem  allmälich  reifenden  an- 
wachse. 1,  70. 

ANWACHSEN,  adolcre,  adolescere,  inolescere,  crcscere,  nnl. 
aanwasscn,  sowol  an  etwas  festwachsen,  als  aufwachsen,  fort- 
wachsen, ahd.  anawahsan,  aiiagiwahsan  (Grafk  1,685):  es  ist 
mir  angewachsen,  natura  insitum ;  der  reitcr  sitzt  wie  ange- 
wachsen (vgl.  angegossen);  der  abgehaune  finger  wächst  wie- 
der an;  die  pflanze  ist  an  den  stein  angewachsen,  die  lunge 
an  den  rücken ;  das  gold  unter  dem  draciien  wächst  an ;  das 
Wasser  wächst  seit  diesem  morgen  I)esländig  an;  Carolus 
sammelte  auch  bei  seinen  schon  ziemlici»  angewachsenen  jäh- 
ren die  alte  teutsche  heldenlieder.  Hahn  t,  74 ;  hohes  sehr 
angewachsenes  aller  (adulla  aetas).  2,  2;  die  bevölkcrung  ist 
seit  dreiszig  jähren  aufs  doppelte  angewachsen;  so  wächst 
mein  reichthum  an; 

crdiiidcls,  laszt  die  rechnung  der  tyrannea 
anwachsen,  bis  ein  tag  die  allgemeine 
und  die  besondre  schuld  auf  einmal  zahlt. 
Schiller; 

vnrwimdrungsvoll  »eh  i(',h  den  zwtst, 
di^r  UMKir  dorn  gdlohrlen  häufen 
vom  sriimfihcn  bis  zum  bartausraufen 
beinahe  angewachsen  ist.    Dkrling; 


513 


ANWACHSEN — ANWAND 


ANWAND — ANWANDLUNG 


514 


argwöhn,  dasz  sie  ihn  wol  liebe  vrie  sie  alles  liebe,  da  sie 
an  alles  gute  gleichsam  lebendig  anwachse.  J.  Pacl  Tit.  3, 
22;  so  drückt  der  erfrischte  mensch  seinen  fusz  tiefer  in 
seine  erde  ein  und  wüchset  mit  neuem  lebensepheu  fester  in 
seinen  pianeten  an.  Hesp.  1, 164 ;  er  schlosz  seine  äugen  vor 
entzückung  und  bestürzung  zu  und  blind  und  liebetrunken 
und  kühn  und  bange  wuchs  er  mit  seinen  trinkenden  lippen 
an  ihre  an.  3,  37. 

A.NW.\CHSEN,  n.  haulsträng  oder  anwachsen,  eine  fferde- 
krankheU :  spannet  sich  die  haut  über  den  leib  wie  eine  trom- 
mel.  PiNTER  s.  420.  nach  Adelung,  tcenn  das  pferd  abmagert 
und  zu  beiden  seilen,  vom  geschröte  bis  zu  den  rippen  einen 
nerven  ßhll.  Nemnich  fiihrt  auch  ein  anwachsen  der  kinder, 
cardialgia  infantum  an. 

A.N\V.\CKELN,  vacillando,  titubando  accedere:  die  alte  kommt 
angewackelt. 

A.NW.\HT,  m.  afflalus  ?  nur  aus  drei  stellen  des  Paracelsus 
ersichtlich:  so  nun  auszwendig  zauberische  fewr  und  anwaht 
gesehen  werden,  so  sind  sie  auch  in  bergen.  1,  667';  darbei 
auch  wissent  vom  anwaht  und  drackenschusz,  so  sich  in  den 
bergen  auch  begeben,  in  alle  arznei  auricuiam  muris  (mäu- 
seohr)  zu  thun.  1,  670" ;  dann  corporalisch  und  uncorporalisch 
musz  alles  gessen  und  getrunken  haben,  aus  der  Ursachen 
kommen  stein  von  der  erden,  aber  ausz.  dem  gleichmeszigen 
geist  ihrer  natur,  dann  ein  jegiiclier  hat  an  sich  das  sein  ge- 
zogen, die  anwath  (so)  kommen  ausz  solchen,  die  fewrenden 
tracken  werden  darausz  und  änderst  dergleichen.  2,  19*.  die 
rede  scheint  von  einem  elbischen  anhauch,  anblast,  hier  an- 
waht t'ort  anwehen  genannt,  norweg.  alveblaast,  alvgust  (Aasen 
norsk  ordbog  s.  3.  4),  wie  auch  alveld  (elbfeuer)  und  aivskot 
{elbschusz)  für  ähnliche  krankheilen,  meist  an  der  haut  von 
menschen  vorkommen  und  dem  drachcnschusz  neben  dem  an- 
waht begegnen,  nachzuweisen  bleibt  nur  das  m.  waht,  Stal- 
»ER  2,  426  hat  ein  f.  wähete,  wächti  stürm,  Gbaff  1,  622  ein 
ahd.  f.  giwdda  afflalus,  spiritus,  einem  m.  wät  orfer  wäht  sieht 
kaum  etwas  entgegen,  sicher  meint  aber  Thlrneisser  in  fol- 
gender stelle  dasselbe  wort:  sol  ein  gewis  reraedium  nicht 
allein  für  die  pestilenz,  sunder  auch  für  alle  andere  giftige 
luft  und  anwotten  sein.  infl.  Wirkung  aller  erdg.  21. 

AN'W.\LLE.N,  effervere,  aestuare,  vom  ahd.  wallan  wial :  das 
wasscr  wallet  an. 

ANWALLE.N,  admeare,  vom  ahd.  wallön  wall6ta:  die  pil- 
ger  wallen  an,  heran. 

, ANWALT,  m.  causae  palronus,  advocatus,  procuralor,  ahd. 
anawalto  (Graff  1,  S13),  d.  h.  anawalt  (potestas,  Graff  I,  S12), 
gewalt  habend;  diese  beziehung  beider  Wörter  auf  einander  ist 
uns  erloschen,  anwalt  =  gewalt  besieht  nicht  mehr  und  an- 
■walt  =  gewalttrdger,  gesctiäßslrdger,  Sachwalter  erhält  starke 
form:  Haltacs47;  bisz  dasz  ein  erzbischof  oder  sein  anwald 
kommt.  Kirchhof  u-encfu/im.  362';  hat  er  keinen  anwaldt  noch 
hauslieulenant.  Fischart  Garg.  6'j' ;  widersprecher  und  anwait. 
Ramler  1,  31.  Klopstock  setzt  noch  den  pl.  anwalden,  doch 
üblich  ist  anwalte. 

AiNVV.\LTEN,  procurare  hat  nur  Stieler  2424.  ahd,  anawal- 
tan  Graff  1,  SOS.  mhd.  aber  einem  anewalten,  obsiegen,  an- 
gesiegen : 

gejustiert  ich  wider  den  man, 
dem  gewielt  ich  ie  an.    Greg.  1446, 

nach  der  hs.  B  bei  Hadpt  5,  49. 

ANWALTSCHAFT,  f  amt  und  Verrichtung  eines  Anwalts. 
ANWÄLZEN,  advolvere:  steine  anwalzen,  heran  wälzen,  sich 
mühsam  anwalzen. 

ANWAND,  /.  confinium,  collimitium,  ager  in  limine  positus, 
ahd.  anawanta  versura  (Graff  1,  762),  mhd.  anewande  und 
anewant : 

er  unt  jener  Engelher 

tribent  micti  mit  wigeif  her 

ab  ininer  anewande.    Ncion.  bei  Ben.  427; 

da;  des  abj?riiniles  anewant 

berg  und  tal  iiT  waj^er  sitzet.    TcRt.  Wh.  2'; 

ager  dictus  anewand,  urk.  von  130S;  anwand  und  radwcnd 
ligen  lassen,  weislh.  1,  207 ;  wo  och  ackeren  anenandem  ligend, 
da  sol  och  je  ainer  dem  andern  anwand  und  radwcndc  und 
für  fcllig  geben,  wellicher  aber  dem  andern  nit  für  fellig  git, 
der  mag  dasseib  nemen.  1,  207 ;  wer  den  andern  umb  lehen- 
guot  anspricht,  da  sol  man  nit  umb  sprechen  ...  es  were 
dan  umb  ain  anwand  oder  umb  ainen  hag  oder  ain  hagniarrh. 
1,212;  (hubenbegang)  bis  an  die  anwend,  die  anwend  hin  bis 
an  frauen  Heusdien,  die  anwend  herab  bis  auf  Michels  Her- 


manns garten,  l,  603 ;  sol  er  drie  stunt  ruefen  den  huobem, 
die  da  niht  sint  und  so  iegeliche  stunde,  das  ein  man  möchte 
drie  anewanden  gegan.  l,  632 ;  die  zugehörungen  auch  anwan- 
den. Frankf  reform.  2, 15,  4 ;  ich  hab  selbs  hundert  und  fünf- 
zig Hispanier  das  land  zubesichtigen  von  mir  geschickt,  die 
haben  an  kein  anwandt  oder  grenz  mögen  bekummen.  Fraxk 
weltb.  232' ;  die  alten,  die  mit  dem  einen  füsz  schon  an  der 
anwand,  zilstadt  {zielstätte)  und  grab  slehn.  Frank  spr.  5 ;  man 
sehe  auch  die  bei  Haltaüs  4S  und  Schmeller  4, 102  verzeich- 
neten beispiele.  Alle  diese  stellen  lassen  einen  urallen  ein- 
fachen ausdruck  vernehmen,  der  in  erster  zeit  des  aekerbaus 
entsprang,  enden  und  wenden  bedeuten  die  grenze,  die  ahd. 
formet  dö  dar  niwiht  ni  was  enteo  ni  wenteo  umschreibt  das 
nirgend,  an  keinen  enden  und  wenden,  Otfried  IV.  20,  27  rer- 
bindct  nist  thes  gisceid  noh  giwant,  es  hat  keine  grenze  und 
kein  ende,  der  vicinus,  propinquus  ist  uns  ein  affinis,  ange- 
wandter, anverwandter.  anawanta  heiszt  aber  ausdrücklich  ver- 
sura, die  stelle  wo  der  pflüg  wendet,  anwendet  und  der  acker 
ein  ende  hat.  anwand  und  radwende  stehen  verbunden,  gleich 
dem  dement  des  feuers  sollen  sie  dem  nachbar  mitgetheilt  wer- 
den oder  er  darf  sie  sich  nehmen,  d.  h.  auf  der  grenze  seinen 
wagen  wenden;  der  rorgerufne  hubner  soll  so  lange  frist  ha- 
ben, bis  ein  mann  an  drei  anwanden,  d.  i.  drei  benachbarten 
ackern  vorübergehe,  in  Westfalen,  wo  man  heutzutage  ane- 
wanne  spricht,  legt  man  sie  aus  durch  einen  qtier  und  der 
länge  nach  vor  den  schmalen  spitzen  anderer  äcker  gelegenen, 
es  musz  aber  unabhängig  von  so  bestimmter  läge  allgemein  für 
confinium  gegolten  haben,  das  mhd.  gedieht  von  Elisabeth  setzt 
für  angewande  bloszes  gewande:  si  volgete  ime 

über  die  gewande 

duringescber  lande.    Diu/.  1,401; 

Duringer  herre  Ludewig 

lautgrave  der  gewande  "(marib?).    1,404; 

alumme  in  der  gewande 

Babenberger  lande.    1,42S; 

bi  Marcburg  der  gewande.  1,  457. 
s.  angewende,  anwende  und  Schsieller  4, 102.'103  un/^rgewand. 
ANWANDELN,  accedere,  incedere,  irrumpere,  angehen,  anfal- 
len, anstoszen,  doch  leichter  als  diese,  oß  nur  vorübergehend, 
launenhaß,  richtiger  mit  dem  acc,  häufig  aber  auch  mit  dem  dat. 
der  person:  es  wandelt  mich  schlaf  an  (opprimor  somno);  ihn 
wandelte  die  lusl  an  den  apfel  zu  brechen ;  es  wandelte  ihr 
gähling  eine  kleine  Schwachheit  an.  Lessixc  2,  49 ;  dasz  mir 
ganz  gewis  eine  ohnmacht  anwandeln  würde.  Liscov  171;  er 
hatte  zu  viel  lebensart,  um  dem  trieb  zum  lachen,  der  ihn 
anwandelte,  freien  lauf  zu  lassen.  Wieland  6,  215 ;  eine  kleine 
Ungeduld  wandelte  den  söhn  der  Venus  an.  10,  64;  ihr  bis- 
weilen anwandelt.  Klopst.  12,  HO ; 

wie  anwandelnder  stürm  hinier  dem  herbsigewölk. 
Voss  3,  16 ; 
wer  jung  Treif,  den  wandelt 
die  reue  nicht  an.    Gotter  3,  txivnr; 

ich  habe  einen  gekannt,  den  dergleichen  abwesenheit  der  ge- 
danken  zuweilen  anwandelte.  3,  3S5;  es  wandelt  mir  zuweilen 
an.  Hippel  14, 159 ;  mir  wandelte  ein  groszer  Widerwillen  an« 
12,  42;  so  wandelt  auch  jeden  der  pfaffengeist  an.  KuNCEa 
11,  35 ; 

und  färbet  gleich  auch  unser  blul 

das  feld  des  krieges  roih, 

so  wandelt  furcht  uns  doch  nicht  an. 
UeRCKR  112'; 

was  wandelte  den  ritler  an?    Sciiillkb; 

es  schien  ihn  gleich  nur  anzuwandeln, 

mit  dieser  dirne  grade  hin  zu  handeln. 
GöTBR  12,  165; 

du  bist  mir  heute  ganz  fremd,  was  ist  dir  angewandelt?  Tieck 
no».  Ar.  3, 112;  ein  bedüifnis  der  speculation,  welches  ihr  (dn- 
gemeinen  rcmunß)  niemals  anwandelt.  Kamt  4,  24. 

ANWANDEN,  anstoszen,  angrenzen  kommt  in  Baiern  vor. 
Schneller  4, 102.  weisth.  3,  627. 

ANWANDER,  ni.  ricinus,  anstöszer,  nachbar.  nach  dem  vO- 
cab.  ine.  teuton.    die  grenze  selbst. 

ANWANDERN,  aggredi,  incedere,  antreten,  außreten: 

leiserer,  laulerer  milausdruck  der  gedanken  des  liedes 
»el  die  bedinsung  des  verses.  so  oR  er  diesem  gesetz  nicht 
treu  und  hold  ist,  (rehet  er  nur  um  zu  gehii,  uml  vürirrter 
tritt  er  einher,  wenn  er  gar  anwandelt  gegen  den  iiihalt. 
Klopst.  7,  322. 

ANWANDLUNG,  ineessio,  irruptio,  anfall,  engl,  a  fit :  fem  <^ar 
nnserm  frennde  jede  anwandlung  des  lachens.  GdrnB  19, 131 ;  er- 

33 


515 


ANWANDUNG — ANWEG 


ANWEG  — ANWEHRER 


516 


Jiegend  vor  der  anwandlung  des  todes.  Stolbehg  7,  56 ;  da  sie 
anwandlungcn  von  triibsinn  an  mir  spürte.  GottehS,  36;  die 
kleine  anwandlung  des  Schreckens  bei  ihr.  Klingers  i/i.  2,  204; 
eine  kleine  anwandlung  von  Wahnsinn.  Kant  6,  382;  grund- 
sätzc  müssen  auf  begriffe  gegründet  werden,  auf  alle  andere 
grundlagc  können  nur  anwandlungen  zu  stände  kommen,  die 
der  person  keine  Zuversicht  auf  sich  selbst  verschaffen  kön- 
nen. 4,  2S2;  meine  erste  anwandlung  war  furcht.  Abut  vom  ver- 
dienst 2,1;  anwandlung  von  schamröthe,  von  heimweh  u.  i.  w. 

ANVVAiNDLNG,  f.  vicinitas:  anwandungen,  loca  finitima. 
Stiei.er  2430. 

ANWANKEM,  tiltibando  adventare,  heranwanken,  anwackeln; 
der  kranke  wankte  langsam  an. 

ANWAPüNG,  f.  eine  kranklieit  des  pferdes:  anwapung  des 
geschröts  {scrolum).  Seuiz  feldbau  152. 

ANWAÜMEIV,  iiicalefacere,  anheben  zu  erwärmen:  den  ofen, 
den  treibeberd  anwärmen ;  Viktors  seele  war  wie  die  natur 
{im  winler),  o  der  himmel  wärme  bald  in  beiden  die  blumen 
des  irühlings  an.  J.  Paul  Ilesp.  2,  192;  und  vielleicht  kein 
mensch  blieb  in  so  finstere  kalte  ehrlosigkeit  eingegraben, 
welchen  nicht  irgend  eine  seele  durch  anwärmendes  kleines 
werthhalten  errettet  hätte,  nachdämm.  78;  Bella  vom  festen 
schlafe  rölhlich  angewärmt.  Arnim  1,  132. 

ANWAH.N'EN,  adnwnere,   leicht  warnen. 

ANWAitNLiNG,  f.  ndmonitio:  es  geschehen  allerlei  zeichen 
und  anwarnungen.  Platen  212. 

ANWAHTEN,  exspectare  diulius,  in  spem  venire:  er  soll 
noch  anwarten;  auf  ein  lehen  anwarlen.  auch  anheimfallen, 
bevorstehen:  sein  anwartend  land  beschirmen.  Garp.  20y';  der 
anwartendc  erbfürst.  Loiienst.  Arm.  2,  126.  ahd.  anawarten 
intcndere,  inniti  (Graff  1,  952). 

ANWÄRTEU,  m.  der  eine  anwartschafl  hat:  so  wären  e.  eh. 
gn.  ältester  söhn,  als  der  anwärter  der  chur  zu  Sachsen,  noch 
ein  kind.  Melanciitiion  3,  367. 

ANVVÄKTEUIN,  f.,   eine  zur  anwarlschaft  berechtigle  frau. 

ANWÄUTIG ,  praesens,  gegenwärtig,  ahd.  anawartic  (Grafk 
1,999):  alle  anwärtigen,  anwesenden,  aber  golh.  ist  andvairjis 
praesens,  anavair{)s  fulurus,  wozu  das  ahd.  adv.  anawartes 
stimmt. 

ANWAKTS,  adv.  sursum,  in  die  höhe,  gegentheil  von  abwärts : 

gegenüber  die  Troer  auf  anwnrts  laufendem  felde. 
ÜÜRGF.H  230'; 

WO  der  säum  der  küste  ein  wenig  anwärts  steigt.  ScnunEnr 
reise  267.  das  ahd.  anawartes  gehl  auf  die  zeit  und  bedeutet 
poslea,  deinccps.  Graff  1,  998. 

ANWAUTSCHAFT,  f.  anrechl  auf  eine  stelle,  auf  ein  lehen, 
exspectanx:  mir  ist  die  anwarlschaft  auf  eine  erhabenere  stelle 
Terliehen.  Fr.  Müller  2,  58;  und  warum  spräche  der  geist 
aus  meinen  äugen  diesen  oder  jenen  an,  wenn  er  nicht  vom 
himmel  war  und  die  anwarlschaft  auf  ihn  hätte.  Bettine  br.  l,  266. 

ANWAHTSCHAFTEB,  m.  für  anwärter. 

ANWAHTL'.NG,  f.  der  ältere  ausdruck  für  anwarlschaft,  aber 
auch  für  crwartung,  exspectatio  allgemein:  dasz  er  auch  her- 
zog Barnimb  die  anwartung  seines  landes  vorlängst  zugesaget 
habe.  Micrälius  a.  P.  2,  288 ;  damit  er  aber  unlerwegcs  nicht 
tergehe,  zwinget  das  volk  den  Simon  die  last  auf  sich  zu 
nehmen  und  den  zerrissenen  leib  auf  anwartung  einer  grüsze- 
ren  marter  zu  erleichtern.  Opitz  3,255;  Conradus  giebct  Hu- 
goni  die  anwartung  auf  das  umliegende  temtorium.  Hahn  2, 
265 ;  kruft  habender  anwartung.  Leiiinitz  334  ;w  ic  er  die  stärkste 
anwartung  auf  einen  ofliciersdienst  in  einer  benachbarten  guar- 
nison  hätte.  Felsenb.  2,  382. 

ANVVASCHEN,  alluere,  anspülen,  bespülen:  die  klippen  sind 
Tom  meer  beständig  angewaschen ;  der  kleine  bach  steigt  bei 
rcgenwctter  und  wäscht  die  wiesen  an. 

ANWÄSSEHN,  irrigare,  benetzen :  dieser  garten  war  von  vie- 
len lebendigen  quellen  angewässert.  Loiienst.  Arm.  2,  427. 

ANWEDE.N,  atlexere,  nnl.  aanwcven :  dem  tuch  einen  prach- 
tigen rand.    auch  wol  was  anlegen,  ordiri  lelam, 

ANWEDELN,  cauda  blandiri:  der  hund  wedelt  seinen 
bcrrn  an ; 

doch  nicht  suirzton  sie  wild  nuTdic  tnfinncr  sich,  üondern  wie 

5('hinficlieliul 
standen  mit  langem  schwänze  die  rinßs  anwedelnden  auTrecht. 
Voss  Od.  10,  215. 

ANWEG,  adv.  mhd.  enwec,  ags.  onweg,  engl,  away,  heute  hin- 


weg: 


wie  ich  das  pelili  han  empfangen, 

als  ist  et  wider  anweg  gangen,  fatln.  $p.  847,  8. 


ANWEG,  n».  via  adilum  patefaciens:  dasz  niemand  als  durch 
jenen  ersten  anweg  zu  dem  zauberschlosse  gelangen  könne. 
GüTHE  15,  323.    vgl.  aufweg. 

ANWEGHOLZ ,  n.  in  mühten  und  bergwerken,  was  sonst 
angewege,  anwagholz  heiszt.     s.  auch  anwelle. 

ANWEHEN,  afßare,  aspirare,  ahd.  anawähan  (GiiAFr  1,  622), 
mhd.  anwsejen,  nnl.  aanwaaijen : 

stä  bi,  lä  mich  den  wint  anwaejen, 

der  kumt  von  mines  herzen  küneginne.    MS.  1,6*, 

lasz  den  wind  an  mich  wehen!    auch  Keisersberg  schrieb  noch 

anweien :  ein  leichter  anweiender  wind,  irrig  schaf  18 ; 
kalt  wehien  entsetzen  und  grausen  sie  an.    Bürger  62';  ■ 
lauschen  den  zwillingstönen  des  Waldhorns,  welche  vom  see  her 
nah  und  enii'ernt  anwehn,  dasz  leis  antwortet  der  buchwald. 

Luise  3,  786 ; 

die  Zukunft  weht  uns  aus  unfaszlichen  namenlosen  gegeaden 

an.  Klinger  12, 170 ; 

wo  euch  (Jungfrauen)  reitzung  anweet, 

es  sei  mit  werten  oder  werken.    H,  Sachs; 

frisch,  der  wein  soll  reichlich  tlieszen, 

nichts  verdriesziichs  weh  uns  anl    Göthe  1,  154; 

wer  sie  (die  menschliche  Schönheit)  erblickt,  den  kann  nichts 
übles  anwehen,  er  fühlt  sich  mit  sich  selbst  und  mit  der  weit 
in  Übereinstimmung.  17,  68 ;  in  diesem  angesehnen  hause  wehte 
ihn  zuerst  die  weit-  und  bofluft  an.  32,  238 ;  eine  unmittel- 
bare wärme  scheint  uns  anzuwehen.  52,  313;  von  groszen  klee- 
feldern  angeweht.  J.  Paul  Hesp.  l,  260.  man  sagt,  einen  {nicht 
einem)  etwas  anwehen  lassen,  ihm  von  fern  zu  verstehen  ge- 
ben, der  Sturm  weht  hohe  häufen  von  sand  an.  «n/roniJ<Jt>  ; 
Schnee  weht  an. 

ANWEHEN,  n.  afßatus,  vgl.  anwaht: 

die  feineren  saiten  sie  sind  gestimmt 

dem  anwehn,  das  sie  rührt.    Klopst.  2,  93; 

dieses  anwehen  der  nahen  liebe.  J.  Paul  Fibel  108. 

ANWEHREN,  rccipere  in  se,  in  sich,  an  sich  oder  an  andere 
bringen,  anbringen,  in  die  gewer  bringen,  sich  zu  nutz  ma- 
chen, verthun,  Stieler  2415  schreibt  anwären,  andere  anwäh- 
ren, tt'i'e  gewähren :  ein  solcher  (fresser)  misbrauchet  die  ga- 
ben gottes,  er  verschwendet  sein  eignes  vermögen,  indem  er 
oft  auf  einmal  so  viel  verzehret,  anwehret  und  zu  sich  nimmet, 
dasz  er  wol  drei  oder  vier  davon  leben  lassen  könnte.  Simpl. 
1,  42;  im  krieg  musz  man  nicht  alles  wieder  so  anwehren 
und  lüderlich  fortjagen,  gleichwie  man  es  gering  und  leicht- 
fertig empfangen,  l,  285 ;  der  wird  für  einen  frommen,  wackern 
und  aufrichtigen  kerls  gehalten,  der  ein  schwingsgütlein  ab- 
giebet,  das  maul  schwenket  und  was  er  heute  nur  möglich 
verthun  und  anwehren  kann,  nicht  auf  morgen  sparet.  1,  332 ; 
wenn  dieser  seine  wahre  zu  theuer,  jener  sein  geld  zu  hoch 
anwehret  (anschlägt)  und  einer  den  andern  ven'ortheilt.  Lo- 
henst.  Arm.  1,  1059;  die  darwider  angewehrten  klügsten  an- 
staltcn.  1,285;  es  ist  dieses  eine  feine  art  des  rauches,  wel- 
chen zwar  gemeine  leute  auch  um  nichts  anwehren  können, 
kluge  fürsten  aber  theuer  genug  zu  verkaufen  wissen.  1, 1060 ; 
dasz  unser  urhcber  {autor)  viel  desjenigen,  was  er  nicht  bei 
den  geschichtschreibern  gefunden,  theils  aus  seinen  alten  mün- 
zen, theils  aus  den  Überschriften  und  gedächtnüsmalen  zusam- 
mengesucht, solche  gehöriger  orten  klüglich  angewehrel  und 
also  den  mangel  damit  hin  und  wieder  ersetzet  hat.  Abschatz 
Vorbericht  zu  Loiienst.  Arm.; 

der  dis  für  klugheit  hält, 
vermumter  lasier  schäum  für  lupend  anznwehren. 
LoHRNST.  Epich.  t)6,  507; 

umb  nicht,  was  die  (fremden  dichter)  niedergeschrieben  nach- 
zuschreiben, sondern  nur  derer  art  und  cigenschaft  zu  beob- 
achten und  solches  in  meiner  muttersprache  anzuwehrcn. 
HoFFMANNswALDAU  lor». ;  da  man  die  andern  stücke  so  gut 
wie  jenes  nöthig  hätte  und  auch  mit  vielem  vortheil  anwäh- 
ren könnte.  GCnther  vorr.  17;  die  waaren  fein  theuer  anzu- 
wahren.  508; 

wnrlet  er  (der  apfel)  auf  einen  mund  ...  ihn  zu  veriehren, 
und  also  weisz  ich  ihn  niclil  besser  anzuwAliren.    985. 

später  ganz  veraltet,  man  könnte  versucht  sein,  in  den  aus  Simpl. 
beigebrachten  stellen  anwehren  für  anwerdcn  =«=  los  werden  zu 
nehmen;  doch  sträubt  sich  die  form  wie  das  Verhältnis  der 
übrigen  belege,  aber  auch  ein  bei  Sciimei.ler  1,  62  aus  Arraha« 
angeführtes  anweriing  ist  dann  anwchrung.  nicht  anwerdung. 

ANWEHHEH,  m.  dissipator:  und  wil  immer  der  ersparcr 
wieder  einen  anwekrer  haben  [der  das  gut  an  die  leute  bringt). 
Simpl.  1,  SM. 


517 


ANWEHRT — ANWEISEN 


ANWEISER  —  ANAVENDEN 


518 


ANWEHRT?  wer  sonst  mit  seinem  getraid  sauber  und  recht 
umgehet,  findet  allzeit  anwerlit.  Hohberc  2,  60".  der  sinn  ist  klar 
absalz,  gehört  es  zu  anwehren?  oder  leidet  es  andere  auslegung? 
AISVVEIBEN,  matrimonio  jungi: 

bin  ich  ihm  auch  nicht  angeweibt, 

er  mir  der  liebste  buhle  bleibt.    Göthe  41,  273. 

ANWEICHEN,  praemollirc,  ein  wenig  erweichen:  den  Zwie- 
back in  milch  anweichen;  angeweichte  schwämme. 

ANWEIDE,  f.  jus  pascui,  anrechi  auf  die  tceide:  wer  in  der 
vogti  nit  seszhaft  ist,  der  enhclt  anweid  in  die  esz.  weisth.  l,  55. 

ANWEIDEN,  pascere,  an  die  weide  füJiren:  wie  die  kinder 
die  butten  anfademen  und  die  weiber  die  äschenrüszlein  an- 
weiden.  Fiscuart  Garg.  55'.  s.  das  vorausgehende  anweid  in 
die  esz,  aber  auch  äschenroslein. 

ANWEIDIG,  weideberechtigl :  die  von  Bersikon  süllent  ouch 
anweidig  sin  zu  dien  ab  Oisten,  unz  zu  des  Kellers  hag,  sat 
nnd  mat  unscbedlich,  item  die  ab  Oisten  send  ouch  anwei- 
dig sin  zu  dienen  (denen)  von  Bersikon  in  das  holz  unz  an 
die  Reptisch.  Weislh.  1,  51. 

ANWEIFEN,  ßa  in  ylomerum  ducere,  agglomerare,  anhas- 
peln,  gegensalz  von  abweifen,  abhaspeln. 

ANWEINEN,  afftere:  thränen  nur  dich  anzuweinen; 

ach  warum  klagt  allein  die  arme  poesie  ? 

sie  kömmt,  sie  fällt  und  Taszt  dein  välerllcbes  knie, 

und  weint  dich  freundlich  an,  und  sucht  in  deinen  armen 

und  sucht  und  hoftes  auch  ein  köuiglich  erbarmen. 

GÜ.-^THER. 

ANWEIS,  m.  institulio,  consilium  {wie  ausweis,  nachweis) : 
derbalb  ich  rat  und  anweis  gib.    Äther  255*. 

ANWEISEN,  instituere,  monstrare,  assiijnare,  nnl.  aanwijzen, 
erst  mit  acc.  der  person  und  sache,  einen  den  weg  anweisen 
=  an  den  weg  weisen,  hernach  mit  doppeltem  an,  einen  an 
den  weg  anweisen,  zu  devi  weg  anweisen,  oder  mit  persönli- 
chem dat.  einem  den  weg  anweisen;  hingegen,  wo  die  sache 
unausgedrückt  ist,  kann  der  persönliche  acc.  bleiben:  und  er 
sandte  Juda  für  im  hin  zu  Joseph,  das  er  in  anweiset  zu 
Gosen  und  kamen  in  das  land  Gosen.  1  Mos.  46,  28 ;  viel  sind 
die  von  den  lugenden  schreiben,  mehr  die  namen  preisen,  denn 
ir  natur  anweisen.  Lltuer  1,25'; 

wei:i  deinen  sun  das  pest  an.   fastn.  sp.  602, 1 ; 

das  Venusbild  stund  auf  einer  scbildkrottschalen,  anzuweisen, 
das  ein  wcibsbild  still  und  verschwiegen  sein  solle.  Fiscuart 
ehz.  40;  wer  weist  in  also  an?  Garg.  20S'; 
weg,  weg  trübes  weinen  ! 
mich  deiichl,  da^z  ich  diesen  geist 
seh  am  himmel  scheinen; 
mich  deuchi,  dasz  er  angeweist, 
er  sol  bei  der  sonnen  stehen 
und  mit  auf  und  nieder  gehen. 

Ha.i>samn  tu  Opitt  t.  214  ; 
gott  bleibt  gott,  er  lei'et  ab  und  hat  menschen  weg  gennmmen, 
gott  bleibt  gou,  er  weiset  an  und  läszi  menschen  wieder  kummen. 
LoGAU  2,  7,  7; 

ich  könnte  keine  recension  über  poetische  sacben  anfertigen, 
weil  mir  solches  von  den  eigentlich  angewiesenen  Verfassern 
derselben  übe!  genommen  werden  würde.  Hippel  13,  19 ;  an 
diesen  wurde  die  herzogin  als  an  ein  untrügliches  orakel  der  i 
majcstät  angewiesen.  Sciiii.ier  709 ;  der  Spaziergang  in  emeiii 
Ziergarten,  wohin  die  tochler  mir  den  weg  begleitend  anwies. 
es  heiszt  zumal,  einem  holz  anweisen,  einen  bäum  im  waUlc, 
einen  platz  zum  bauen  anweisen;  dem  flus.se  seinen  lauf, 
dem  vogei  sein  nest,  die  luft  anweisen;  einem  geld  anwei- 
sen, mlal.  assignare,  einem  gehalt,  besoldung,  Zahlung  anwei- 
sen; eine  wohnung,  ein  zimmer,  ein  bell,  einen  silz  anwei- 
sen; folge  mir,  ich  will  deiner  Ihütigkcit  ein  rühmlicheres  feld 
anweisen,  beispiete  der  unausgrdrückten  sache:  der  schulinci- 
slcr  weiset  die  knaben  an,  der  hausknecht  den  gast,  der  auf- 
sichlcr  die  arbeiter.  der  ausgedrückten:  die  tagelöhner  zitr 
feldarheit  anweisen,  die  kinder  zur  lugend,  zu  allem  guten 
anweisen ;  sollte  man  nicht  denken  du  wiirest  zu  lauter  bos- 
heilen  angewiesen  worden;  alle  sind  angewiesen  dich  zu 
schützen,  auch  mit  auf:  wir  sind  von  natur  darauf  angewie- 
sen; das  geld  ist  auf  die  casse  angewiesen;  ich  bin  auf  meiner 
bände  nrbcit  angewiesen;  auf  den  umgang  mit  ihm.  bcmerkeni- 
werth  die  sinnliche  Verwendung  des  worts  in  der  landwirtschn/t, 
wenn  es  heiszt:  der  hopfen  wird  gestangell  und  angewiesen,  sci- 
nenranken  die  gehörige  richlung  gegeben,  das  ist  das  eigentliche 
weisen,  leiten,  führen,  ahd.  wisan  ducere.  die  ahd.  und  mhd. 
Jltxion  war  aber  stets  die  schwache,  prael.  wista,  wiste,  wovon 


sich  im  pari,  angeweist  der  stelle  bei  Han5MA5  eine  spur  zeigt, 
nhd.  risz  ein  starkes  wies,  part.  gewiesen,  angewiesen  ein. 

ANWEISER,  m.  institutor,  instructor,  mhd.  anwiser.  an- 
weiser,  informalor,  eruditor.  voeab.  ine.  teuton.;  anweiser, 
curator.    0  Berlin  56. 

ANWEISUNG,  f.  informatio,  institulio,  instruclio,  doctrina, 
assignatio,  nach  allen  bedeutungcn  des  anweisens,  z.  b.  geld- 
anweisung,  holzanweisung ;  ich  habe  eine  anweisung  auf  ihn, 
er  soll  mir  zahlen;  dadurch  geschieht  es,  dasz  eine  Ordnung 
unter  unsern  Vorstellungen  wird,  in  welcher  das  gegenwärtige 
auf  irgend  einen  vorhergehenden  zustand  anweisung  gibt. 
Kant  2,  203 ;  eine  idee,  welche  nur  auf  eine  gewisse,  ob  zwar 
unerreichbare  Vorstellung  anweisung  gibt.  2,  456.  hervorzuhe- 
ben die  bergmännische  redensart:  das  erz  hat  gute  anweisung, 
verheiszt  ergibige  ausbeute,  ist  auf  gute  gänge  gewiesen. 

ANWEISZE.N,  dealbare:  die  Stuben,  die  wände  neu  an- 
wciszcn. 

ANWELKEN,  languere  ineipere,  ßaccescere:  eine  anwelkende 
blume;  ihre  Schönheit  welkt  schon  an. 

ANWELLE,  f  axis  mulae,  das  holz,  worauf  der  klotz,  die 
welle,  mit  ihren  zapfen  ruht,  in  den  pochwerken  angewege,  an- 
gewelle.  zu  den  Wasserrädern  krümling  anwellen.  Kirchhof 
mil.  disc.  25. 

ANWE.NDBAR,  franz.  applicable,  nutzbar:  anwendbar  auf 
alle  fälle. 

ANWENDBARKEIT,  f. 

ANWENDE,  f  was  sonst  anwand,  anwande :  suilent  einen  wech 
ader  eine  anewende  fursniden.  weisth.  1,  911 ;  auf  den  reinen 
oder  den  dahier  so  genannten  anwenden.  Moser  patr.  ph.  3,  214. 

ANWE.NDEL,  n.  sonst  gcwende,  die  stelle,  wo  der  fuhrmann 
mil  den  pferden  wendet.  Stielep.  2500. 

ANWENDE.N,  advertere,  inrertere,  applicare,  nnl.  aanwenden, 
ursprünglich  an  einen  oder  etwas  wenden,  wie  mhd.  noch  fast 
überall  steht: 

Sit  deich  die  sinne  sd  gar  an  sie  wände. 

Walth.  110,  15; 
ich  hän  den  muot  und  die  sinne  gewendet 
an  die  reiuen,  die  lieben,  die  guoten.    110,20; 
«wer  an  rehie  güele 
wendet  sin  gemUeie.    Iw.  1. 

durch  die  Verknüpfung  des  an  mit  dem  verbum  erwächst  wie 
in  allen  ähnlichen  fällen,  z.  b.  bei  anfallen,  angehen,  angrei- 
fen, anstüszen  eine  mehr  transitive  bedeutung. 

1)  anwenden,  ani  sinnlichsten,  wenn  es  auf  personen  gehL 
den  feind  anwenden  bedeutele  sonst  sich  an,  gegen  den  feind 
wenden,  den  feind  angreifen: 

wa  ich  mein  feind  selbs  anewend. 

.McR.tRR  schelment.  24,  10; 
so  darf  er  alle  bisrhöf  sehenden 
und  die  cardinal  anwenden,    luth.  narr  2134; 

der  adel  ist  ein  unruwig  volk,  das  der  kirchengüler  gefar  ist, 
und  auch  die  geistlichen  oft  anwendet.  Frank  welth.  46*;  so 
dicselbigen  durch  die  feind  oder  iren  gegcntheil  ersucht  und 
angewendt  werden.  Fronsp.  Är/ejjfc.  i,  53' ;  ehe  sie  sich  in  den 
anzug  begaben  oder  den  feind  anwendeten  und  ersuchten. 
Fiscuart  Garg.  201' ;  mulwill,  damit  du  uns  . . .  räuberisch 
und  tyrannisch  anwendest.  216*.  eine  leiche,  einen  todlen  an- 
wenden, rofi  thieren  gebraucht,  hiesz  sonst  ihn  angehn,  an- 
rühren, anfressen :  ihr  leich  begraben  si  nit  ce,  si  seind  dann 
vorbin  vun  hundcn  oder  vögeln  angewendet.  Frank  ife/Ift.  I9a*; 
bauienhuben,  die  vom  ro<zhütcn  an  bisz  sie  irgcnds  einen 
graben  füllen  oder  sonst  hinter  einer  hecken  verschmachten 
und  von  den  raben  oder  hundcn  noch  halb  lebendig  ange- 
wendet und  gefressen  werden,  von  ihrem  christcnihuin  we- 
niger als  nichts  zu  sagen  wissen.  Simpl.  2,  467.  mhd.  würde 
statt  den  feind  anwenden  gesagt  sein  den-  sin  oder  muot  an 
den  vient  wenden,  einen  anwenden  mag  aber  aucli  bedeutet 
haben  cognalione  attingere,  wenigstens  kommt  angewandt  vor 
im  sinne  von  propinquus. 

2)  anwenden,  auf  sachen  bezogen,  applicare:  das  sie  die 
profandt  nicht  anwenden  {verwenden)  und  verkaufen,  bisz  sie 
durch  den  profosen  geschätzt.  Frumsp.  kriegsb.  1,68"; 

sott  ich  mein  gelt  aus  meiner  hnnd 
mein)  valier  wenden  an  {tuwenden).    Atrik  142'; 
so  llndet  sich  in  mein«r  bnist 
doch  gar  kein  lu<l,  mit  frechen  hiindcn 
ein  unverdiente  frucht  noch  blust 

unwenhen  gasten  aniuwenden  {tuiuwenden).  Wkckb.  542; 
Cnotpus  hat  iirei  tausent  golden  auf  «ein  lernen  <Dgewao<L 
LocAU  3,  2.  6; 

33  ♦ 


519 


ANWENDER  —  ANWERDEN 


ANWERFEN — ANWESIG 


520 


sie  war  an  Schönheit  reich, 
an  vielen  gaben  hold,  der  liehen  {aclor.  9,  39)  zu  vergleichen, 
der  weisen  künstlerin,  ein  ausgesteckies  zeichen 
der  angewandten  zucht.  Fleming  133; 

waseer  anwenden  um  das  feuer  zu  löschen,  feuer  anwenden, 
um  etwas  in  asche  zu  vcfwandeln,  ahd.  fiur  anawentau  (an 
den  bäum).  0.  1.  23,  54 ;  gute  lehre  und  unlerrichtung,  so  an 
einem  ungeschlachten  tölpcl  angewandt  wird.  f>eis.  roscnth. 
8,75;  fleisz  und  mühe  anwenden;  nach  der  strenge  auch  die 
gute  anwenden,  das  isl  jenes  mlid.  an  giiele  sin  gemiiete  wen- 
den ;  die  gesetzc  anwenden,  appUqucr  Ics  bis;  angewandte  rege!, 
Wissenschaft,  angewandte  bedeutung;  ob  Salinasius  schon 
selbst  das  beste  davon  hin  und  wieder  angewendt  hat.  Les- 
sing 8,  505  (auf  derselben  seile  steht  gewandt) ;  sein  geld  an- 
wenden, employer;  bei  ihm  ist  es  gut  oder  übel  angewendet, 
gar  nicht  angewendet,  gute  bei  ihm  nicht  angewandt,  einen 
acker,  ein  grundstück  anwenden  für  anstoszen,  angrenzen  galt 
in  dem  sinn,    der  bei  anwand  erläulert  wurde. 

3)  sich  anwenden,  ahd.  sih  anawentan.  0.  1.  15,  34;  das 
wir  uns  anwenden.  Melissus  ps.  E  3'.  G  5*. 

ANWENDER,  m.  ein  auslegcr,  ein  anwender  der  zeiten. 
HEItDER  10,  318. 

ANWENDLICH,  was  anwendbar. 

ANWENDUNG,  f.  applicatio.   vgl.  nutzanwendung. 

ANWERBEN,   ambire,  procare,  conscribei-e,  nnl.  aanwerven. 
werben  ist  ursprünglich  versari,  circumire  und  gilt  zumal  von 
entsandten  boten,  die  ein  geschäß  für  einen  andern  ausrichten 
und   XU   Staude  bringen  sollen,    botschaft  werben,     man  liesz 
werben  um  leute  und  nach  sachen  (gramm.  4,  841),  aber  auch 
an  leute  oder  an  leuten,  denn  beide  casus  gelten: 
ouch  warp  diu  küneginne  sint 
mit  bete  an  Hüedegere.   kl.  1925; 
warp  ij  späte  und  vruo  an  die  vrowen  scöne; 

haben  an  den  bischof  suchen  und  werben  lassen.  Müllers 
reichst,  theat.  III.  1,  628  (a.  1459),  woraus  sich  beides  ansuchen 
und  anwerben  verständigt,  mhd.  sagte  man  eine  frouwen  und 
umb  eine  frouwen  werben,  nhd.  blosz  um  eine  frau  werben 
oder  anwerben,  dagegen  hciszl  es  mannschaft  anwerben,  ein 
beer  anwerben :  der  alte  ritlcr  Hans  will  uns  allen  eine  feier- 
liche rede  halten  und  um  mich  anwerben.  Tieck  5,  70  (vgl. 
anhalten);  es  ist  hier  verboten  Soldaten  anzuwerben;  plane, 
die  der  mensch  anwirbt  und  abdankt.  J.  Paul  Tit.  3,  51. 

ANWERBER,  m.  procus,  freier. 

ANWERBUNG,  f.  procatio,  expetitio:  der  berr  noch  von 
keiner  anwerbung  gegen  sie  gedenken  wollte,  maulaffe  74 ;  die 
probe  seiner  deutschen  beredsamkeit  in  einer  mündlichen  an- 
werbung ablegen.  Liscov  426 ;  er  nahm  seine  anwerbung  wie- 
der zurück.  Lessing  . . . ;  froh  darüber,  dasz  sie  wenigstens  in 
dem  augenbücke  der  anwerbung  und  des  ersten  einlrittes  des 
verehrten  mannes  nicht  zugegen  zu  sein  brauchte.  Tiecr  ges. 
nov.  3,  56 ;  mit  deiner  anwerbung  ums  fräulein.  Schiller  114. 

ANVVERDEN,  dem  ahd.  anawerdan  (Graff  1,  995)  entspre- 
chend, an  einen  kommen,  gelangen,  isl  schon  mhd.  geschweige 
nhd.  völlig  erloschen,  und  hier  nur  aufgestellt,  um  es  dem  fol- 
genden ganz  verschiedncn  anwerden  entgegen  zu  setzen. 

ANWERDEN,  privari,  expcitcm  esse,  los  und  ledig  werden, 
in  dieser  worte  haß  hat  sich  noch  die  alte,  sonst  in  nhd.  ohne 
verderbte  praep.  äne  erhalten,  vgl.  oben  unter  ahne  und  ebenso 
in  angfcr  für  ohngefähr,  ungefähr,  in  der  allen  spräche  ver- 
band sich  diese  parlikel  häufig  mit  den  abslracten  begriffen 
sein,  wesen,  werden,  bleiben,  thun  und  der  von  ihr  abhän- 
gige gen.  ]ißegte  voraus  zu  gehn,  bisweilen  auch  nachzufolgen, 
ahd.  föne  diu  nc  was  er  iro  äna.  JV.  ps.  35,  5;  er  ist  äne 
Worten  des  muolcs  tugede;  der  gnüda  er  wart  ine  (Graff  1, 
283).     mhd.  der  sorge  isl  nieman  äne.  Freid.  116,8; 

da;  wir  niht  mohtcn  äne  s6  gr6jes  schaden  sin.  Nib.  9S2,  2; 

Sit  ich  sin  änc  komen  bin.    Iw.  4735; 

die  des  küneges  gerna  wceren  äne.    Waltii.  29,  15; 

er  wart  vi!  frcudcn  jmic    Parz.  805,5; 

welches  ine  doch  stets  für  die  parlikel,  nicht  für  ein  unßeclier- 
les  adj.  =  aenec  21«  gellen  hat,  wenn  schon  wir  ledig  und  los 
in  gleichem  sinn  zu  werden  fügen. 

Ühd.  stellen  setzen  anfangs  noch  den  gen.,  bald  aber  den 
acc,  wie  bei  los  werden :  welcher  geschickiigkeit  so  man  an- 
siiicl,  scheinet  es  wol,  das  ir  lichter  zuviel  zeit  und  papir  ge- 
liabt,  derselben  nicht  liat  gewust  bas  anznwerden.  Luther  1, 
4S';  alle  ir  gut  mit  den  erzlen  war  anworden,  tisclir.  349"; 
alles  bringen  wir  also  umb  und  werdens  unnütz  an.  429"; 


der  wil  sein  sun  werden  an  {=  los  werden,  verheiraten), 
fasln,  sp.  571,  15  ; 

wenn  sies  allein  nur  theur  anweiden. 

P.  Rebhuhn  klag  des  armen  manns  s.  7; 

besser  ists  gwonnen  dann  anworn  (anworden). 
AyRER  129', 
alln.  betra  er  hafa  enn  an  vcra; 
ir  seit  mir  eben  recht  mit  kommen, 
ich  weisz  sie  schon  zu  werden  an.    213'; 
wie  eim  frommen  vatler  gebiu't, 
der  seine  kiiider  gern  wol  an  wird  (verheiratet).  229'; 

waare,  die  man  nicht  so  leicht  wieder  anwerden  kann.  Ettners 
hebamme  290 ;  ist  auch  so  glücklich  binnen  zwei  jähren  allein  in 
Frankreich  vor  20000  th.  dergleichen  falsche  münze  anzuwerden. 
■  Felsenb.  2,  243.  auch  in  dieser  letzten  stelle  ist,  wie  in  denen 
bei  Ayrer,  das  loswerden  zugleich  ein  anbringen,  an  den  mann 
bringen,  woraus  sich  doch  kein  an  =  ana  folgern  läszt.  Seit 
dem  18  jh.  ist  in  der  schrißsprache  dies  anwerden  erloschen 
(Stieler  führt  es  174  noch  an),  niemals  aber  dafür  ohnwerden 
gesagt  worden  oder  statthaß.  unterm  volk  lebt  aber  das  an- 
werden noch  hin  und  wieder,  zumal  in  Baiern:  i  ha  mei  war 
nit  aworn,  hast  dei  geltl  wider  a  worn,  du  lump  ?  Scumeller 

I,  62.    vgl.  anwehren. 

ANWERFEN,  adjicere,  injicere,  nnl.  aanwerpen,  eins  an 
das  andere  werfen,  ein  kleid  anwerfen,  schnell  überwerfen, 
umwerfen;  den  Schlafrock,  mantel  anwerfen,  an  sich,  an  die 
schultern;  ihm  meine  kultenhalfter  anzuwerfen.  Garg.  25l'; 
einen  mit  augcn  anwerfen.  H.  Sachs  IV.  3,  39',  oculos  injicere 
in  aliquem; 

ihr  habt  ihn  lieber  als  eurn  man, 

habt  ihn  mit  äugen  gworl'en  an.  Ayrer  fastn.  79'; 

die  brücke  anwerfen  (an  das  ufer),  injicere  pontem,  brücke 
schlagen.  Garg.  226";  die  änker  anwerfen  (an  dengrund),  an- 
choras  jacere.  Garg.  238' ;  die  leiter  anwerfen  '(an  die  mauer, 
an  den  galgen) :  es  ist  keine  einzige  seile,  kein  einziger  noch 
so  versteckter  winkel,  dem  er  seine  Sturmleitern  nicht  ange- 
worfen. Lessing  10,  48 ;  mit  ihm  dem  galgen  zu  eileten,  die 
leiter  anwürfen  und  den  armen  Schwaben  hinauf  führten. 
wegkürzer  14';  das  schif  anwerfen,  anstoszen,  antreiben  an  das 
gcstade;  der  ström,  der  stürm  warf  das  schif  gewaltsam  an; 
lüsgespült  wie  ein  sandkorn  und  an  ein  fremdes  gestade  an- 
geworfen. TiECK  8,  59;  eine  sehr  kalte  steinart,  an  die  sich 
bei  eintretendem  thauwetter  die  feuchtigkeit  häufig  anwirft. 
GöTHE  31,88;  einem  eine  klette  anwerfen;  kalk,  leim  anwci- 
fen  (an  die  mauer);  als  zugäbe,  als  einen  angeworfenen  zier- 
rat. TiECK  Sternb.  1,246.  Dann  aber  auch  abstracl:  bei  einer 
Jungfer  anwerfen,  virginem  ambire  (vielleicht  f.  anwerben);  der 
bischof  liesze  anwerfen  (gab  zu  vcrstchn),  das  man  im  den 
münch  schicken  wolt.  Luther  3,  31;  bisz  auf  die  heutige  stund 
hastu  auf  der  andern  selten  angeworfen,  gezogen  und  gerei- 
zet sich  bei  dir  anzukleben.  Spee  g.  lugendb.  260;  wer?  wer 
sagte  dir,  was  so  kühn  du  mir  anwirfst  (vorwirfst)?  Herder 

II,  57 ;  eine  irgend  woher  angeworfene  Schwärmerei.  Fichte 
best,  des  men.'^chen  233;  daher  wirft  sich  der  heiligenschein 
einiger  glänzenden  recensionen  so  vortheilhaft  einer  ganzen 
anstalt  an.  J.  Paul  acsth.  3,  47.  beim  spiel  heiszt  es  auch  an- 
werfen, den  ersten  warf  haben,  und  den  schneidern  etwas  an- 
nähen,   s.  anstoszen  unter  9. 

ANWESEL,  s.  awesel. 

ANWESEN,  n.  praesentia,  gegenwart,  aufenthalt,  nnl.  aan- 
wezen:  er  (Friedrich  2)  hat  erstlich  zu  Mcinz  sein  hof  und 
anwesen,  ein  liebhaber  der  Schwaben  und  Teutscben.  Frank 
c//ron.  188*;  daher  bair.  und  östr.  hauswescn ,  grundbesitz, 
grundstück,  ein  schönes  anwesen  zu  verkaufen;  zu  Alhena  bei 
sein  anwesen.  H.  Sachs  1,  239*;  in  ihrem  anwesen.  Garg.lh2'; 
rede  von  meinem  geinüt  also,  dasz  du  es  in  meinem  anwe- 
sen verantworten  kansf.   pers.  baumg.  7,15; 

ach  wcrs  bei  seim  anwesen  gschehenl    .\trer361"; 
Lotharius   bekräftigt   bei   seinem   anwesen   in  Rom   die  freie 
pabstwahl.  Hahn  1,  142;  fünftens  reden  die  auctores  von  des 
kaisers  anwesen  zu  Rom.  3, 1S6.    vgl.  abwesen. 

ANWESEND,  praesens,  nnl.  aanwezend,  m  dieser  spräche 
hat  sich  auch  das  vcrbum  aanwezen  adesse  reg  erhalten. 

ANWESENHEIT,  f.  praesentia,  jetzt  üblich  statt  des  veral- 
teten anwesen. 

ANWESENVERKAUF,  m.  vcnditio  praedii.  deutsche  allg. 
zeit.  1852  s.  1146. 

ANWESIG,  jiracscns,  nnl.  aanwczig:  den  meistern  und  gesel- 
len, welche  durch  ausschusz  anwesig.  Schmclzel  239.  s.  abwesig. 


521 


ANWETTERN — ANWUCHERN 


ANWUCHS  — ANZAHL 


522 


ANWETTERN,  wie  ein  weiter  anfahren,  anschlagen:  er 
kommt  angewettert,  wettert  an. 

ANWETZEN,  acuere:  dem  messer  eine  spitze  anwetzen; 
mit  dem  sübel  auf  den  steinen  anwetzen. 

ANWICKELN,  invohere,  gewöhnlich  einwickeln. 

ANWIDERN,  repugnare,  zuwider  sein,  schwächer  als  an- 
ekeln :  weil  ihn  jede  andre  art  zu  rauchen  {als  aus  thöner- 
ner  pfeife)  anwiderte.  Göthe  31,  232;  dichterwerke,  leider 
solche,  die  mich  äuszerst  anwiderten.    60,  253. 

ANWIEHERN,  adhinnire:  der  soll  könig  werden,  den  das 
ros  bei  Sonnenaufgang  anwiehert,  er  wieherte  mich  an,  ton 
fferdemäszigem  gelochter. 

ANWILLE,  ffl.  induclio  animi,  bei  Stieler  2536,  bedarf  bes- 
serer beglaubigung. 

AN"\VI.M.MELN,  scatere,  abundare,  franz.  fourmiller:  unter 
der  üchle  wimmelt  es  an  Ton  ameisen ;  der  käse  wimmelt  an 
Ton  milben. 

ANWIMMERN,  obvagirc:  das  kind  wimmerte  seine  mut- 
ier an. 

ANWINDEN,  alligare:  der  ephen  windet  sich  an.  nn/.  aan- 
winden. 

ANWINKEN,  atmulare:  im  Torübergehen  schnell  und  heim- 
lich anwinken;  niemand  bemerkte,  dasz  ihn  das  mädchen 
anwinkte;  das  gestade  winkt  die  im  schif  vorübergleitendcn 
freundlich  an;  von  keinem  ufer  jemals  wieder  angewinkt  zu 
werden.    Tieck  8, 103. 

ANWINNEN,  vicloriam  reportare,  nnl.  aanwinnen:  und  da- 
mit gewann  er  auch,  und  ist  genennet  ein  mann,  der  gott 
angewonnen  hat,  das  ist  Israel.  Luther  1,  51s*.  doch  be- 
rechtigt dies  pari,  nicht  auf  den  inf.  anwinnen  zu  schlieszen, 
kann  auch  zu  angewinnen  gehören,  was  man  nachsehe. 

ANWINSELN,  was  anwimmern. 

ANWINTERN,  hieme  adventare,  hibernare: 

doch  eh  regen  und  stürm  anwjnterte.    Voss  3, 140. 

ANWIRBELN,  turbine  adventare:  Schneeflocken  wirbeln  an. 

ANWIRKEN,  attexere,  nnl.  aanwerken :  eine  blume  an  die 
andere  anwirken;  das  stück  ist  zu  kurz,  es  soll  noch  etwas 
angewirkt  werden;  auch  anfangen  zu  arbeiten,  bei  den  salz- 
siedem,  anfangen  zu  sieden. 

ANWISCHEN,  affricare,  allinere:  redlichem  namen  einen 
flecken  anwischen.  auch  ein  fechterausdruck,  ich  hab  ihm 
eine,  angewischt,  ausgewischt. 

ANWISPELN,  assibilare,  anzischen,  von  schlangen. 

ANWISPERN,  dasselbe,   anflüstem. 

ANWITTERN  wird  gesagt  bergmännisch  von  sich  anlegen- 
dem, anfliegendem  erz,  angewittertes  erz;  weidmännisch  aber 
vom  anmelden  des  wildes: 

lieber  Weidmann, 

was  wiuert  dich  heut  an? 

ein  edler  hirsch  und  ein  schwefn, 

was  mag  mir  besser  gesein  ? 

weidspr.  fr.  1.  35.  40.  119. 

ANWITTERUNG,  f.  bergmännisch,  vom  anlegen,  anfliegen 
des  erzes:  steine,  die  ich  ihrer  schwere  und  anwittcrung  nach 
für  eisenstein  hielt.    GOthe  2S,  153. 

ANWO,  adv.  verstärktes  wo. 

ANWOH.NE.N,  accolere,  mit  dem  iat.,  den  auch  das  lat. 
4)erbum  zuweilen  statt  des  besseren  acc.  braucht : 

ganz  am  ende  des  feldes,  dem  Dicht  anwohnet  ein  nachbar. 
Voss  Od.  5,  4S9 ; 

dem  Rhein  und  Main  anwohnen.  Götue  25,  57 ;  die  vortheile 
derer,  welche  der  see  anwohnen.  26,  241.  auch  einem  fest 
anwohnen,  beiwohnen. 

ANWOHNER,  m.  accola :  anwohner  des  Rheins;  wie  un- 
ter allen  diesen  neben-  und  anwobnern  eine  familiennach- 
barschaft  sei.  Herder  1, 40. 

ANWOHNUNG,  f :  es  fragt  sich,  ob'  ein  Tolk  in  neuent- 
dccklen  ISndern  eine  anwohnung  {accolatus)  und  besitzneh- 
mung  in  der  nachbarschaft  eines  volkes,  das  in  einem  sol- 
chen landstriche  schon  platz  genommen  hat,  auch  ohne  seine 
einwilligung  unternehmen  dürfe?  Kant  5,  191. 

ANWOLKEiV,  sich,  nubes  colligere:  es  wölkt  sich  an,  be- 
wölkt sich,  nubes  globantur;  der  hiramel  erscheint  angewölkl, 
bewölkt. 

ANWORFELN,  venlilare,  etannare,  was  da*  einfache  wor- 
feln, qetraide  mit  der  schaufei  werfen. 

A.NWUCHER.N,  adaugeri,  nnl,  aanwoekeren:  das  unkraut 
wuchert  an. 


ANWUCHS,  m.  inerementum:  anwuchs  des  jungen  holzes, 
anwuchs  des  volkes;  nach  dem  masze  des  anwuchses  des 
klumpens  eines  körpers.  KArrr  8,  271 ;  mit  dem  anwüchse  der 
zeit  iprocedente  tempore).    J.  Pacl  Fibel  46.     s.  anwachs. 

ANWÜHLEN,  fadere  incipere:  der  maulwurf  wühlt  die 
erde  an. 

ANWUNSCH,  m.  der  form,  nicht  der  bedeutung  nach  dat 
lat.  adoptio,  welches  von  optare  =  eligere  abstammt,  doch 
scheint  eben  die  vei'deutschung  des  adoptare  in  anwünschen 
auch  jenes  anwunsch,  kaum  vor  demlijh.,  nach  sich  gezogen 
zu  haben: 

es  glichen  den  tagen  die  näcbte, 

auch  dann  nahm  sein  argwöhn  nicht  ab, 

noch  wann  er  die  frostige  rechte 

zum  anwunsch  des  schlafes  ihr  gab. 

IIagbdorm  2,  88; 

0  schicke  durch  die  lüfte 

viel  tausend  süsze  düfle 

lum  anwunsch  sanfter  ruh 

Lucindens  fenster  zu.    Zachariä  2,  278. 

ANWCNSCHEN,  adoptare,  aber  nicht  in  der  rechtlichen  be- 
deutung, vielmehr  votis  conceptis  optare  alicui,  in  gutem  oder 
bösem  sinn :  in  summa  aller  und  jeder  orten  und  teilen,  so 
von  gott  und  der  natur  dem  menschlichen  cörpel  angewünscht 
und  mitgetheilt  worden.  Thurxeisser  infl.  wirk,  aller  erdgew. 
vorr.  II ;  ein  jede  krankheit,  welche  da  von  dem  teufel  dem 
menschen  aus  göttlicher  verhenknus  angewünscht  wird,  des- 
sen prob,  der  harnen.  76. 

weil  alter  eine  krankiieit  ist,  so  kan  man  dem  vergeben, 
der  uns  den  tod  bat  angewüoscbt  und  nicht  ein  langes  leben. 
LOGAü  2,  5,  42  ; 

als  sie  der  königin  erschien,  welche  keine  kinder  hatte,  und 
die  fee  Fanferlüsch  beschuldigte,  dasz  sie  ihrs  angewünscht 
habe.    Wieland  11,  34 ; 

segen  und  heil  anwünschend  dem  neu  rermäbleten  brautpaar. 

Voss  1,  195; 

ihren  fluch  gab  und  ihm  anwünschte,  dasz  er  ganz  im  was- 
ser  leben  und  dort  wohnung  und  aufenthalt  finden  möge. 
TiECK  ges  nov.  1,  58. 

ANWÜNSCHUNG,  f.  häufig  formelhaft:  mit  anwünschung 
langwieriger  regierung,  unter  anwünschung  einer  geruhigen 
nacht,  alles  heils  und  segens. 

ANWURF,  m.  nach  verschiednen  bedeutungen  des  anwerfens : 
anwurf  des  kleides,  des  ankers,  der  leiter;  anwurf  des  kal- 
kes:  an  einigen  stellen  dieser  rotunda  ist  etwas  vom  anwurf 
der  mauer  gehlieben.  Stolrerg  7, 178 ;  häuser,  welche  äuszcr- 
lich  einen  glänzenden  anstrich  und  anwurf  hatten.  J.  Pall 
flegelj.  4,  40;  anwurf,  alluvio,  vom  icasser  angeschwemmtes 
land;  bei  mehrem  handwerkem,  was  sonst  anstosz,  anschrot 
heiszt;  beim  Würfelspiel  der  erste  wurf  bildlich  für  antrag, 
anschlug,  entwurf:  weil  sie  sähe,  dasz  ich  die  anwurf,  so 
hierauf  zieletcn,  gar  kalisinnig  annahm.  Simpl.  2,  131;  lange 
vor  ankufift  ihres  briefs  war  schon  von  mir  ein  anwurf  ge- 
macht. Hev.nes  br.  an  Joh.  Müller  23 ;  der  erste  anwurf  des 
frühüngs  lag  an  den  bergen.  J.  Pacl  paling.  1,  66. 

ANWCRFELN,  den  ersten  wurf  thun. 

ANWURZELN,  radices  agere,  würzet  schlagen,  nnl.  aan- 
wortelen:  die  pflanze,  der  bäum  wui-zelt  an  {die  erde),  ist 
angewurzelt;  der  keim  konnte  nicht  anwurzeln,  aber  auch 
transitiv  figere,  würzet  schlagen  lassen,  an  den  boden  heften: 
jeder  blick  wurzelte  mich  staunenden  an.  Fr.  Müller  t,  i^ ; 
da  hat  michs  angewurzelt,  dasz  ich  nicht  fliehen  kann.  Schil- 
ler 132;  bromberstaud,  die  auf  der  erden  kreucht  und  sich 
anwurzlet.    Geskers  namenbuch  aller  erdgew.  Zürich  1542  bl.  10. 

ANWURZLN,  leviter,  subtiliter  condire:  die  niedlichsten 
speisen  anzuwürzen.  Lobenst.  Arm.  1, 1390 ;  aagewürztcr  duft. 
Brockes  1,  60.  4,182; 

zephyrs  säszer  ödem, 

den  ein  feiner  geist  von  tausend  blumen 

angewürzet  und  Teredelt  baue.    Götz  3,  179. 

ANZACKEN  vettere,  stimulare:  zum  zom  anzacken.  Stie- 
ler 2600. 

ANZACKERIN,  f  femina  sollicitans,  lorquens. 

ANZ.MIL,  f.  numerus,  nnl.  aantal,  verhält  sich  zu  zahl, 
wie  antheil  zu  theil,  und  will  nicht  die  volle  zahl,  nur  eine 
bestimmte  zahl,  pars  rata  ausdrücken,  wiederum  steht  kein 
ahd.  anazala,  noch  mhd.  anczal  aufzuweisen,  die  frühsten  be- 
lege bietet  Orerlin  56  aus  dem  i$jh.  zahl  bezeichnet  den  ge- 
tarnten inbegrif  einer  geringen  oder  groszen  menge,  anzahl.nur 


523 


ANZAHL— ANZAPFEN 


ANZAPPELN — ANZEIGEN 


524 


einen  Iheil  davon:  du  bist  unter  dieser  zahl  {nicht  anzabl) 
auch  begrififen;  er  wurde  in  die  zahl  (nicht  anzahi)  der  göt- 
ter  aufgenommen;  es  fehlt  noch  eine  anzahi  {franz.  bon 
nombre)  gaste;  ich  kann  dir  eine  anzahi  {nicht  zahl)  bäume 
überlassen,  doch  kommen  Verwechselungen  beider  Wörter  vor. 
stro  sol  man  euch  nit  geben,  aber  die  anzal  ziegel  seit  ir 
reichen.  2  Mos.  5,  18 ;  etliche  anzal  der  tage.  4  Mos.  0,  20 ; 
ich  wil  dir  aber  die  jar  irer  missethat  zur  anzal  der  tage 
machen.  Ez.  4,  5 ; 

und  mocht  durch  anzal  böser  leut 

ir  lob  in  werden  ausgereui.    Scuwarzenberc  152,  1 ; 

item  allerlei  kleidung  findt  man  in  dapferer  anzal  feil.  Frank 
weltb.  229';  mehret  sich  disz  nit  alles  nach  anzahi  und 
menge  der  leut,  die  es  gebrauchen?  Garg.  65';  gegen  diser 
anzal  zu  rechenen.  80";  ein  anzahi  ihren  {ihrer)  enlran  diser 
seichschwämme.  118'; 

so  grosz  ist  ewres  lobs  anzahi, 

dasz  auf  eiumalil  es  nicht  zu  zöhlen. 
Weckherl.  548; 

eine  runde  anzahi  ungefehr  angeben.  Lessing  8,  488 ;  sind  uns 
in  anzahi  {besser  zahl)  doch  überlegen.  SciiiLLEn  327.  Luther 
verwendet  auszer  dem  weiblichen  anzal  auch  noch  ein  männ- 
liches im  sinne  von  frohndienst :  und  Salomo  legt  einen  an- 
lal  auf  ganzes  Israel  und  der  anzal  war  dreiszig  tausent  man. 
ikön.  5,13;  und  sandte  sie  auf  den  Libanon  ...  und  Ado- 
niram  war  über  solchen  anzal.    5,  14. 

AISZAHLEN,  praenumerare,  etwas  im  voraus  oder  in  erster 
frist  zahlen;  während  der  gröszte  Iheil  nachzuzahlen  ist. 

ANZANNEN,  ANZÄNNEN,  ringcre  denies  versus  aliquem, 
parare  dentes  ad  mordendum,  die  zahne  weisen,  angrinsen,  an- 
fletschen, ahd.  zäunen  ringere  (Graff  5,  686),  was  entsprungen 
scheint  aus  zanien :  das  gesalz  zäunet  mich  nit  an,  straft 
mich  nit  und  verdammet  mich  die  zeit  nit.  Melanchthons 
anweisung  in  der  h.  sehr,  verdeutscht  von  Spalatin  73;  haben 
die  Zungen  aus  den  halsen  gestackt,  sie  angezant.  Thurneis- 
SER  nolhg.  ausschr.l,S3;  sintemal  ein  aller,  ehrlicher  man  ehe 
zu  lieben  ist  denn  ein  alts  weib,  denn  es  lassens  die  allen 
weiber  nicht,  sie  zannen  die  jungen  menner  an.  Agricola 
$pr.  n*.  673; 

die  pewrin  mich  grob  anzannen.    H.  Sachs  [I.  4,  2°; 

thut  mich  scheutzlich  anzannen.    il.  4,  3'; 

von  zöpfnonnen  und  alten  mannen, 

die  das  evangeli  anzannen.    IL  1,  88'; 

der  plleger  in  sehr  zannet  an.    1,  498*; 

der  häufe  der  lyrannen, 

welch  meine  seel  anzannen.    B.  Waidis  ps.  153' ; 

Torm  Schwert  des  grewlichen  tyrannen, 

der  sie  on  aufliörn  ihut   anzannen. 

11.  VValdis  Tlieurilank  c.  117  hl.  108"; 

auf  dasz  der  kinderfresser  Saturn  das  ächzen  und  krächzen 
«einer  berekyntischer  frawen  Opsrhea  im  kindergebären  nicht 
hörte,  noch  vcrnem,  wann  der  jung  herfür  kriechend  bastart 
Jupiter  mit  weinen  und  greinen  den  tag  anzännet.  Garg.  103*. 
dies  anzannen  des  tags  entspricht  dem  geforderten  beschreien 
der  wände  von  dem  lebensfähigen  hinde.  Stiei.er  2596  t»er- 
xeichnet  noch  anzannen,  später  erlischt  das  kräftige  wort,  den 
Umlaut  hat  auch  ein  aus  der  ewigen  weish.  bei  Oberi.in  56 
angeführtes  früheres  anzennen :  wie  dicke  hastu  dem  anzen- 
nenden  vigende  isenin  gebisse  anegeslagen.  mhd.  stellen  sind 
noch  nicht  aufgefunden,  aber  zu  vermuten. 

ANZAPFEN,  ANZAPFEN,  dolium  aperire,  anstechen,  ein 
fasz  anzapfen: 

(rriinspecht  die  lagel  an  tbet  zepfen, 
dem  norgsind  schenkten  ein  zwo  Schnepfen. 
H.  Sachs  1,  426'. 
häußg  aber,  wie  anstechen,  pungere,  lacessere,  und  man  darf 
es  in  dieser  bedeutung  nicht  von    einem   verwandten   anzupfen 
herleiten:  die  Juden  zepflent  inwiteran.  Keisersb.  poi/.  2,28; 
do  hat  er  sie  angezepft.    3,  90; 

der  Schnepfe,  der  Schnepfe 

der  wolt  die  braut  anzcpfen.    Uhland37; 

wie  heftig  das  hofleben  von  vielen  ansehenlichen  männcm 
angezapft  und  durchgezogen.  Phii.and.  1,  522;  Ticck  hatte  ihn 
beinahe  in  allen  seinen  schriflcn  auf  eine  sehr  empfmdliche 
weise  durch  wahren  tief  eingreifenden  witz  angezapft.  Fichte 
Nicolais  leben  59;  einen  mit  Sticheleien  anzapfen,  dann  auch 
tinnliches  anzapfen  auf  andere  dinge  angewandt:  glauben  sie 
es  nur  im  ernst,  dasz  dergleichen  ideen  bisweilen  angezapft 
werden.  Hamann  7,  393 ;  indem  ich  die  alten  teiche  und 
sümpfe  meiner  Studien  wieder  anzapfe.  Göthe  an  Knebel  510 ; 


jetzt  leider  scheint  man  in  beiden  Städten  {Ulm  und  Nürn- 
berg) das  fasz  des  Staates  unten  einen  zoll  hoch  über  der 
hefe  des  pöbeis   angezapft   zu  haben.    J.  Palt.  Siebenk.  1,  75. 

ANZAPPELN,  motando  pedibus  adventare,  angezappelt  kom- 
men. 

ANZAUBERN,  maleficium  alicui  inferre,  einen  festbannen: 
ich  will  ihn  lenken,  ihn  anzaubern,  ihn  am  fädchen  herum- 
ziehen ;  standen  wie  angezaubert  und  wichen  nicht  von  der 
stelle ;  einem  eine  kränkelt,  die  liebe  anzaubern. 

ANZÄUMEN,  frenum  injicere:  ihm  meine  kuttenhalfter  auf- 
nesteln, anwerfen,  aufsatteln  und  anzäumen.  Garg.  25l'. 

ANZEHHEN,  adedcrc,  attcrere:  von  leisem  ödem  angezehrt. 
Stolberg  5,  229. 

ANZEICHEN,  n.  nota,  indicium,  omen,  merkmal,  zeichen; 
das  ist  anzeichen  eines  bösen  gemütes;  eines  frühzeitigen  genies, 
eines  schönen  tagcs,  einer  sich  entwickelnden  krankheit  {versch. 
von  den  zeichen  einer  entwickelten);  sie  erschrecken  mich  durch 
ihren  Unglauben  fast  ebenso  sehr,  als  ich  über  das  anzeichen  mit 
der  Schüssel  erschrocken  bin.  Gellert  3, 148 ;  die  geschichte  von 
einem  anzeichen,  das  es  gegeben  hätte,  da  sie  mit  Christianchen 
in  den  wochen  gelegen  hätte.  3, 166;  die  fruchtbare  materie  von 
Vorbedeutungen,  ahnungen  und  anzeichen.  Wieland  U,  323. 
ein  zeichen  das  an  uns  tritt,  sich  ankündigt,  als  indicium 
freilich  mit  anzeige  zusammentreffend,  darum  auch  zuweilen 
fehlerhaß  geschrieben  anzeigen,     s.  «.  d.  wort. 

ANZEICHNEN,  notare,  annotare,  memoriae  mandare,  nnl, 
aanleekenen,  anschreiben,  anmahlen,  anmerken:  ich  zeichne 
mir  beim  lesen  gewisse  stellen  an;  er  ist  angezeichnet;  die 
hinter  jedem  bilde  angezeichneten  römischen  zahlen.  Göthe 
39,  7;  was  den  herculanischen  alterthümern  und  neuern 
künstlern  angehört,  ist  gleichfalls  angezeichnet,  daselbst. 

ANZEICHNER,  m.  annolator,  in  der  schule,  decurio. 

ANZEICHNUNG,  f.  annotatio. 

ANZEIG,  m.  indiculus,  indicium:  werden  auch  nach  vieler 
{mullorum)  anzeig  bis  zum  ende  verbleiben.  Reltter  kriegs- 
ordn.  vorr.;    dem  anzeig  nach.    Simplic.  1,  202. 

ANZEIGE,  f.  indicium,  meidung,  nach  analogie  von  ahd. 
zeiga,  forazeiga  wäre  auch  anazeiga  statthaft,  wir  sagen  an- 
zeige geben,  thun,  machen ;  es  geschieht  anzeige,  kommt  zur 
anzeige;  ohne  dasz  wir  nöthig  finden,  jedesmal  besondere 
anzeige  zu  thun,  wer  die  redende  person  sei.  Wieland  6,  53 ; 
gibt  also  anzeige  auf  den  satz  des  zureichenden  grundes. 
Kant  3,  370 ;  der  verstand  gibt  anzeige  auf  ein  übersinnRches 
Substrat  der  natur.  7,  37 ;  die  zweckmäszigkeit,  ob  sie  gleich 
auf  naturzwecke  anzeige  gibt.  7,  240.    gelehrte  anzeigen. 

ANZEIGEL,  m.  indiculus.  nach  dem  voc.  ine.  teut.  occasio, 
ursach. 

ANZEIGELICH,  manifestus:  und  darüber  ufgebot  anzeige- 
lich  gegen  mir  hat.    Cumel  Maxim,  s.  31. 

ANZEIGEN,  indicare,  melden,  ankündigen,  sehr  häußg  bei 
Luther,  z.  b.  du  hast  mir  heute  angezeiget,  wie  du  gutes 
an  mir  gelhan  hast.  1  Sani.  24,  29 ;  das  du  inen  anzeigest, 
wer  auf  dem  stuel  nach  im  sitzen  sol.  1  kön.  l,  20 ;  der  herr 
hat  mirs  verborgen  und  nicht  angezeiget.  2  kön.  4,  27 ;  gieng 
im  entgegen  und  zeiget  im  an.  4,  31 ;  und  sie  zeigeten  im 
an,  6,  13;  durch  dise  meine  protestation  ist  klar  genug  an- 
gezeiget, das  ich  zwar  t<ol  irren  kan,  doch  kein  kelzer  wil 
erfunden  werden.  Luther  1,12';  trewen  dienst  reichlich  anzei- 
gen. 5, 14* ;  magister  Philippus  wil  nicht  schriftlich  dem  Herz- 
heiiner  anzeigen  und  hat  seine  Ursache.  6, 115' ; 
ein  pnr  lierlich  irogedl, 

zeigt  an  von  schönen,  ktlnen  wescn.    Atrer  187'; 
dem  winl  jeder  gerne  schweigen, 
der  im  nur  nichts  an  wird  zeigen.    Logau  2,  0,  08. 

einen  der  Obrigkeit  anzeigen,  rfenunci'eren;  ein  aderlasz  war  hier 
angezeigt.  Hufei  and  kl.  sehr.  321 ;  ein  buch  anzeigen,  sowol  von 
Seite  des  Verlegers  als  des  beurtheilers :  wären  die  arbeiten  unsers 
dichtcrs  (Giitbel)  in  reinem  deutsch  geschrieben,  so  brauchte  es 
weiter  keiner  anzeigenden  enipfehlung.  Göthe  (in  Hirzels  fragm. 
s.  12).     sich  anzeigen  bedeutet  sich  darstellen,  vorstellen: 

dasz  ich  micli  in  dem  rath  zeig  an.  Avrkr97*; 
ehe  dann  er  gen  On  zöge,  soll  er  sich  zuvor  bei  ihm  wider 
anzeigen.  Ayrer  proc.  2,  9.  Göthe  braucht  es  von  knospenden 
blumen  und  von  erscheinenden  geistern:  mit  welchen  empfin- 
dungen  betrachtete  Ottilic  die  späteren  blumen,  die  sich  erst 
anzeigten  deren  glänz  und  fülle  dereinst  u.  s.  w.  17,  181; 
Marie  stirbt  und  zeigt  sich  mir  an.  8, 156.  42,  156.  442 ;  Franz 
(zeigt  sich  an).  Adelheid!    42,  227. 


525 


ANZEIGEN — AN7EIGUNG 


ANZEIHEN— ANZIEHEN 


526 


ANZEIGEN,  n.  indieium,  merkmcl: 

er  errot  (erröthet)  nie  unter  den  äugen, 
I  das  gibt  mir  gar  ein  guis  anzaigen, 

die  Treiber  wolln  in  sust  uberfaigen. 

fasln,  s^i.  545,  26  ; 

welches  ist  ein  anzeigen,  inen  der  verdamnis,  euch  aber  der 
Seligkeit.  Philipp.  1,  28 ;  diesen  aber  ein  anzeigen  geschehe. 
weish.  Salom.  16,  4 ;  weisz  ers,  so  ists  ein  bubenstück,  weisz 
ers  nicht,  ein  anzeigen,  das  er  noch  wol  ein  weil  eins  Schul- 
meisters bedarf.  Lltheb  3,  465';  welcher  statt  kein  anzeigen 
meer  vor  äugen  ist  {von  tcelcher  sladt  kein  zeichen  mehr  üb- 
rig ist).  Frank  uelib.  65';  du  kannst  so  in  dir  sein  und  aus- 
wendig so  verstört  und  albern  aussehen,  und  das  sind  gute 
anzeigen.    Cl.\udils  3,  103.     richtiger  wäre  anzeichen. 

ANZEIGER,  m.  index,  nuntius,  anmeldet:  und  vielleicht 
sind  die  orgeln  derselben  senger  und  beter,  figur  und  an- 
reiger.  Lltber  1,  74*.  oß  die  benennung  ülfenllicher  bldtler 
und  leilungen:   der  reichsanzeiger. 

ANZEIGERIN,  f. 

ANZEIG.MS,  f.  indicalio:  ein  ieglich  ding,  das  da  soll  dem 
Hecht  der  natur  gemesz  ausgelegt  werden,  das  soll  genom- 
men werden  aus  der  anzeignus  der  ersten  Schöpfung.  Para- 
CELSCS  1,  103'. 

ANZEIGUNG,  f.  indieium,  indicalio,  demonstratio,  der  eh- 
mals  gangbare  ausdruck  ßr  das  heutige  anzeige :  sieben  an- 
zeigung  unsers  elends  und  dürftigkeit.  Lutber  l,  69';  wer 
nicht  gnugsam  anzeigung  darumb  kan  thun.  3,  112';  die 
Römer  meineten  auch  ir  reich  soll  ewig  stehen  und  hatten 
des  viel  anzeigunge  und  ratschlege,  aber  es  ist  alles  daliin. 
3,  249 ;  das  ist  alles  ein  anzeigung  des  alten  brauchs  der 
kirchen.  6,  45S';  redlich,  gnugsam  anzeigung.  peinl.  haisqer. 
ordn.  ton  1532  ar/.  18 — 42;  welchs  ein  gnugsame  anzeigung 
ist  Fra."«k  ttcltb.  22';  die  allen  gebeuw  daselbig  geben  wol 
anzeigung  der  gröszc  und  feste  diser  Stadt  bis  auf  disen 
tag.  166*;  aus  disen  und  vil  merem  anzeigungen.  Aimonrorr.; 
ihre  gestalt  gibt  anzeigung,  als  ob  sie  gebrüder  werent.  D4; 
gab  wol  ein  anzeigung,  das  er  der  best  ritter  der  weit  wcre. 
B. ;  ein  anzeigung  unmenschlicher  grausamkeit.  Kircueiof 
vendunm.  7";  denn  seine  mores  nit  solcher  herlichkeit  anzei- 
gung von  sich  gaben.  155';  dieses  gibt  ein  gewisse  anzei- 
gung. 237*;  welches  ein  anzeigung  gibt  heuliger  unvolkom- 
menheit.  Garg.  41';  bei  solchem  see  sind  auch  noch  etliche 
anzeigungen  eines  gar  alten  gebäudes.    Micrälils  a.  P.  1,  26; 

und  i.st  mir  (rniig  anzeigung  gebn.    AtrirS*; 

so  ists  ein  anzeigung  lurwalir, 

es  krig  ein  andern  herrn  disz  jar.    33$'; 

CS  ist  eine  anzeigung  eines  unverschäinlen  sicheren  gemütcs, 
einen  jedweden,  wie  unvernünftige  Ihiere  thun,  ohne  unter- 
scheid anlaufen.  Opitz  poe/e/e»  24;  unsere  etliche  hiellen  diesz 
für  eine  böse  anzeigung  {bOses  anzeichen)  unser  angehenden 
schifliirt.  pers.  reiseb.  2,  2;  und  disz  ist  keine  schlechte  an- 
zeigung des  wahren  Ursprunges  der  Grönländer.  3,  4 ;  0  wie 
viel  fürtrefliche  und  weiland  ansehnliche  leute  liegen  unter 
diesem  erdboden,  von  welchen  auch  nicht  eine  einzige  spur 
und  anzeigung  mehr  vorhanden,  dasz  sie  gewesen  sind.  pers. 
rosenlh.  1,  3 ;  richtige  anzeigung  geben.  3,  5 ;  also  ist  auch 
eine  krankheil  nicht  stracks  eine  gewisse  anzeigung  eines 
gegenwärtigen  todes.  6, 1 ;  eine  anzeigung  seines  gar  schlech- 
ten Verstandes  zu  erkennen  geben.  7,  14 ;  anzeigungen  des 
Sieges.    LocauI,  8,  46;  anzeigungen  oder  abmerkungen: 

das  m.TuI  lielreugi, 

die  nnse  leiigl : 

ihr  klugen  leute 

wijt  was  ich  denic.    2,  iiufabe  17; 
nam  auch  den  gfirtcl  ihr  alsbald  ab  von  der  lenden, 
und  als  der  alt  ihn  wol  besah  in  seinen  hnnden, 
erkaot  er  ihn  und  hielt  di>r  alten  leugniH  «ar, 
weil  all  anzeigung  ihm  dünkt  olTerihar  und  klar. 

Werders  i4ru»>l  23,  49; 

die  traurigen  anzeigungen  bei  den  Römern  für  der  Schlacht. 
LoRENST.  irm.  t,  3,  5;  kön.  maj.  solches  zu  wissen  theten  mit 
der  anzeigung  dasz  u.  s.  w.  uegkürzer  \0 ;  ohne  einige  an- 
zeigung von  lies«erung.  Weise  erzn.  361;  vermerkte  sie  bald 
darauf  die  anzeigungen  ihres  eigenen  herannahenden  todesl 
FWsen&.  1,78;  es  ist  keine  gulc  anzeigung  vor  mich,  dasz 
ihr  das  erstemal  auf  meiner  stube  mit  einem  körhgen  er- 
scheinet, gewis,  dieses  solle  mich  fast  abschrecken  euch  einen 
vertrag  meiner  aufrichtigen  und  ehrlichen  liebe  zu  thun. 
1,  396;   auch   er  legt  es  uns  so  nahe,  dasz  wir  unserm   le- 


set nnd  ihm  durch  anzeigung  mehrerer  stellen  unfehlbar  ver- 
drieszlich  fallen  würden.  Lessing  6,  62.  verschwindet  später 
und  wird  durch  anzeichen  orfer  anzeige  ersetzt. 

ANZEIHEN,  accusare,  anschuldigen,  zeihen,  nnl.  aantijgen : 
da  Yonet  sich  von  Constans  einen  Verräter  anzeihen  bort ; 
Constans,  es  ist  unrecht,  das  ir  die  velter  und  mich  anzei- 
hent,  wir  sollen  wissen  u.  s.  w.   Aimon  D. 

ANZEILEN,  ordinäre,  componere,  reihen-  und  leilenveise 
anßgen:  das  sie  als  kluge  bawmeister  den  grund  zum  tem- 
pel  gottes  werklich  angeleget,  darauf  nun  andere  kirchendie- 
ner  lebendige  steine  anzeilen  und' versetzen  sollen.  Mathe- 
SILS97';  ir  bergleut  seid  die  lebendigen  steine,  die  wir  kir- 
chendiener  polieren,  aushawen  und  bessern  und  durch  den 
geist  gottes  anzeilen  und  verbinden.    98'. 

ANZERREN,  attrahere,  heßig,  gewaltsam  anziehen:  die 
handschuhe,  strumpfe  anzerren,  dafür  wird  in  folgender  stelle 
geschrieben  anzarren :  der  könige  gemüte  wird  bisweilen  von 
vielen  widerwärtigen  geschäften  so  verworren,  dasz  sie  nicht 
allezeit  der  Völker  anlaufen  und  anzarren  mit  gedult  ertragen 
können,    pers.  rosenth.  l,  15. 

ANZETTEL,  m.  stamen  lextorum,  trama,  zetlel,  anschere, 
anwurf,  böhm.  osnowa.     hiernach  das  folgende  terbum. 

ANZETTELN,  ursprünglich  alteiere,  anweben,  ein  gewebe 
festigen,  ordiri  tramam,  in  häufiger  anwendung  auf  das  begin- 
nen und  anstiften  anderer  dinge:  sie  haben  in  angezeigter 
nacht  als  wahre  meutmacher  unter  sich  verabredet,  zu  einer 
ausländischen  gelehrtenrepublik  überzugehn  und  allda  so- 
fort nach  beiderseitiger  ankunft  gar  manches  einzufädeln  und 
anzuzetteln.  Klopst.  12,  307;  durch  einen  krieg,  den  er  selbst 
ingeheim  angezettelt  hatte.  Wiela.nd  7,  356;  dasz  ein  solcher 
mann  eine  verrälherci  gegen  den  Staat  angezellelt.  8,42;  das 
resultat  dieser  beratschlagung  war,  er  müste  etwas  zwischen 
dem  alten  Kassim  und  seiner  frau  anzuzetteln  suchen.  8,  258  ; 
wenn  er  einen  geheimen  bund  gegen  sie  anzettelt.  16,  207; 
von  hof-  und  schulfüchsen  ist  es  ihnen  angezettelt  Herder 
18,  175;  einen  gar  einseiligen  briefwechsel  die  neuste  litera- 
tur  betreffend  anzuzetteln.  Hanann  7,  77;  keinem  schlauen 
Perikles  nird  es  in  der  Schweiz  gelingen  einen  krieg  anzu- 
zetteln.   Stolberg  6, 110 ; 

der  ewigen  weberin  meisterstück 

das  hat  sie  nicht  zusammen  gebettelt, 

sie  hals  von  ewigkeit  angezetlelt.    Göthi  3,  100; 

meine  räche  sei  lusl  und  freude  an  dem  handel,  den  ich 
nun  anzetteln  will.  Klincer  1,  IflS ;  eine  Verschwörung  anzet- 
teln. II,  271 ;  um  einen  zweiten  kämpf  zwischen  vater  und 
Sohn,  den  das  schweigen  des  lords  angezettelt,  abzuwenden. 
J.  Fall  Hesp.  4,  136;  revolulion,  die  sie  doch  selbst  angezet- 
telt hallen.    Bettine  br.  2,  228. 

ANZETTEN,  in  gleicher  bedeutung:  unlang  nach  jetzt  be- 
schriebener unrüwiger  handlung  zeltete  sich  noch  ein  anders 
spiel  an.    Stettler  2,  59. 

ANZETTLER,  m.  impulsor,  auclor,  anheber,  stißer. 

ANZICK,  m.  f  acor  et  mucor  tini,  anstich,  stich :  der  wein 
hat  einen  anzick,  zick,  nd.  tik ;  für  anzick  der  weine,  damit 
man  die  anzick  {acc.  sg.  f.  oder  pl.  m.  ?)  vertreibt.  Scd«.  4, 
223;  diese  kräuler  bewahren  das  bier  vor  anzick  und  allen 
bösen  zufallen.  Hohberg  2,  47'. 

ANZICK,  aeidus,  subacidus,  umschlagend  ins  saure :  an- 
zicker  wein,  vinum  acetosum.  rocab.  ine.  teut. ;  wein  wenn 
er  anzick  wird,  absteht  oder  vorderben  will,  kann  man  zu 
gutem  Weinessig  machen.  Hohberg  1,  375*;  sauren  und  an- 
zickwein  süsz  zu  machen.  1,  372'.'.  Sch».  4,  223  führt  auch 
anzickig,  nulans  in  rcligione  an,  gleichsam  anttichip  ton 
ketzeret,  das  adj.  anzick  könnte  aus  anzicke  oder  anzickend 
gekürzt  sein.     s.  das  folgende. 

ANZICKEN,  ansloszen,  anriihren,  anslechen,  nd.  antikken, 
mit  schnellem,  kurzem  slosz  anrühren,  nnl.  aantikken :  die  ku- 
gel  hat  nur  angezicki,  den  kegel  leicht  berührt;  seine  krank- 
beit  zickl  ans  fauliieber;  das  gelrank  zickt  an  {das  saure). 
ScRM.  4,  223;  der  wein  zickt  an,  subaeescit;  wann  ein  wein 
essigt  oder  anzickt.  Tabernaehont.  604.  ein  gutes  worl,  das 
mehr  gebraucht  zu  werden  verdient,    s.  zick  und  verzickea. 

ANZIEGEL,  s.  da*  folgende,  oder  anzügcl? 

ANZIEHEL,  m.  induelorium:  der  lupfcr  soll  also  gefonnl 
sein  wie  ein  anziegel ,  dar  man  die  schuh  mit  anzeucht. 
Fronsp.  krieqsb.  2, 189'.    *.  anziehen 

ANZIEHEN,  allrahere,  gegensatz  des  abziehen»,  in  mehrfa- 
chem sin». 


527 


ANZIEHEN 


ANZIEHEN 


528 


1)  kleidungsslücke  anziehen,  sich  oder  andern,  oft  gleich- 
viel mit  antliun  und  anlegen,  doch  ein  wirkliches  ziehen  oder 
schieben  an,  über  den  leib  oder  das  glied  des  leibs  voraus- 
setzend, darum  Itciszt  es  den  mantel  anlegen,  nicht  anziehen 
{iviewol  es  Luther  sagt  Zachar.  13,  4),  weil  er  an  die  Schul- 
ter gelegt,  gehangen,  nicht  gezogen  wird;  umgekehrt  hand- 
schuhc,  schulie,  strumpfe  anziehen,  nicht  anlegen,  anlhun  ist 
allgemein  und  für  beides  gerecht,  den  mantel  anthun,  die 
schuhe  anthun;  für  anziehen  überhaupt,  ohne  bezug  auf  die 
einzelnen  stücke,  gilt  ankleiden,  und  gott  der  herr  machet 
Adam   und   seinem   weihe  rücke  von  feilen  und  zog  sie  an. 

1  Mos.  3,  21;  und  nam  Esaus  köstliche  kleider  und  zog  sie 
Jacob  an,  irem  kleinern  son.  27, 15 ;  so  gott  wird  mit  mir  sein 
und  hrot  zu  essen  geben  und  kleider  anzuziehen.  28,  20 ;  und 
sie  macht  sich  auf  und  gieng  hin  und  legt  den  mantel  ab 
und  zoch  ire  witwenkleider  wider  an.  38,  19;  und  er  liesz 
sich  bescheren  und  zoch  andere  kleider  an.  41,  14;  und  den 
sönen  Aaron  soltu  rücke,  gürlel  und  hauben  machen  und 
soll  sie  deinem  bruder  Aaron  sampt  seinen  sönen    anziehen. 

2  Mos.  28,  41;  Aaron  anziehen  den  engen  rock.  29,  5;  zogen 
alte  kleider  an.  Jos.  9,5;  darumb  ziehet  secke  an,  klagt  und 
heulet.  Jer.  4,  8 ;  zeuch  secke  an  und  lege  dich  in  die  aschen. 
6,26;  gele  seiden  und  purpur  zeucht  man  im  an.  10,9;  und 
er  sei  im  Egyptenland  anziehen,  wie  ein  hirt  sein  klcid  an- 
zeucht. 43,  12 ;  setzet  den  heim  auf  und  ziehet  panzer  an. 
46,  4 ;  man  soll  ihnen  ehe  hosen  und  doppelsocken  anziehen. 
FiscnART  Garg.  153";  zogen  frische  hemder  an,  newe  kleider 
über  alte  filzläus.  174*;  einen  trauerschleier  anziehen,  pers. 
rosenth.  5, 10 ; 

der  gleich  erfrcuie  himmel 
sieht  mit  ergötzung  zu  dem  lustigen  gelümmel, 
legt  stürm  und  wölken  ab,  zeucht  gold  und  purpur  an. 

tLEMIMG  64; 

Sinesen,  dio  sich  für  die  freude  schwarz  und  für  die  trauer 
weisz  anziehen.  J.  Vwi  Tit.  2,79.  Oft  aber  figürlich:  zeuch 
macht  an,  du  arm  des  herrn!  Es.  öl,  9;  mache  dich  auf  Zion, 
zeuch  deine  sterk  an.  52,  1 ;  denn  er  zeucht  gerechtigkeit  an 
wie  ein  panzer.  59,  17;  er  wird  gerechtigkeit  anziehen  zum 
krebs  {als  seinen  panzer).  weish.  Sal.  5,  19 ;  folgestu  der  ge- 
rechtigkeit nach,  so  wirst  du  sie  kriegen  und  anziehen  wie 
einen  schönen  rock.  Sir.  27,  9 ;  denn  dis  verweslichc  musz 
anziehen  das  unverwesliche  und  dis  sterbliche  musz  anziehen 
die  Unsterblichkeit.  1  Cor.  15,  53  {goth.  skula  ist  auk  l)ata 
riurjo  gahamon  unriurein  jah  J)ata  divano  gahamon  undiva- 
nein) ;  denn  wie  viel  euer  getauft  seind,  die  haben  Christum 
angezogen.  Gal.  3,  27 ;  und  ziehet  den  neuen  menschen  an. 
Eph.  4,  24  {goth.  jäh  gahamo})  Jiamma  niujin  mann);  und  nicht, 
wie  in  vielen,  das  worl  Christi  allein  auf  der  zungen  und  in 
den  obren  schwebe,  sondern  ernstlich  und  gründlich  im  her- 
zen wone,  also  das  es  auch  sein  art  angezogen,  und  sogar 
freidig  und  unschüchter  macht  dasselbig  zu  preisen  und  zu 
bekennen.  Luther  2,  89';  must  Christus  bereit  alda  in  der 
jungfrawen  leib  die  menscheit  anziehen.  3,353; 

dann  sieh,  es  liaben  rath  gepflogen 

viel  liönig  und  sich  angezogen, 

und  vermeint  mit  ihrer  macht 

sei  schon  alles  durchgebracht.    Opitz  ps.  s.  93; 

einen  neuen  menschen  hat  er  angezogen. 
Schiller  323; 
er  habe   daselbst   die   gcstalt  eines  schlechten  bettlers  ange- 
zogen. GöTHE  16,  279. 

2)  anziehen,  von  andern  dingen :  die  glocke,  das  glockenseii 
anziehen,  zum  lauten;  die  schelle,  klingel  anziehen;  dio  thür 
anziehen  an  diepfostcn;  die  saiten,  stränge  straffer  anziehen ; 
den  zilgel  anziehen,  dasz  das  pferd  stillhalte;  die  hopfenran- 
ken an  die  stange,  die  weinrcben  an  die  pfalc  anziehen ;  das 
gcwehr  anziehen,  bei  den  Soldaten;  die  hiinde  nach  allem  aus- 
strecken, was  sie  erreichen  und  an  sich  anziehen  können. 
Ki.i!«CER  11,  199;  damit  nicht  das  wasserlechzend  pferd  mit 
durstgirigcm  übertrinken  verfang,  musz  ich  euch  die  erste 
brunst  anziehen  {anhalten)  und  einzäumen.  Garg.  25*;  der 
magnct  zieht  das  eisen  an ;  papier,  wasche  ziehen  (das  feuchte) 
an,  saugen  es  ein.    das  pHastcr  zieht  an. 

3)  anziehen  =  aufziehen,  erziehen,  grosz  ziehen,  den  sehn 
anziehen:  also  ward  Gargantua  angezogen  und  gubcrniert. 
Garg.  192' ;  darmit  er  zeitlich  zur  reuterei  angezogen  würde. 
132';  gleich  erstmals  dahin  sich  zu  gewenen  und  anzuziehen. 
ehz.  7; 

der  bunte  heucbelmann, 
dor  sonst  für  sich  ist  nichts  als  wie  ihn  nur  zeucht  an 
«ein  gi'oszer  gunsipalrob.  I.ogau  «.  216; 


ebenso  heiszt  es,  kälber,  schafe,  hüner  anziehen,  blumen  an- 
ziehen, ziehen. 

4)  anderes  anziehen,  in  bezug  auf  menschen,  gefänglich  ein- 
ziehen: an  etlichen  orten  verjahen  (bekannten)  dis  die  Juden 
darumb  angezogen  und  gefoltert.  Frank  «'cZ/ö.  157*.  das  schöne 
mädchen  zog  alle  Jünglinge  an;  ein  sanftes  anziehen  versam- 
melte alle  männcr  um  sie  her.  Göthe  17,  247 ;  die  gegenwart 
der  alten  kunstwerke  zog  ihn  an  und  stiesz  ihn  ab.  20,  245 ; 
das  buch  zieht  alle  an,  die  es  zur  band  nehmen ;  ist  es  ein 
mann,  wie  Jean  Paul,  als  talent  von  werth,  als  mensch  von 
würde,  so  befreundet  sich  der  angezogene  leser  sogleich.  6,115; 

der  Sterne  prächtiges  gewimmel 
den  angezognen  geist  mit  stolzer  ahnung  schwellt. 
Wie  LAND  10,  279. 

5)  häufig  bedeutet  anziehen  beibringen,  anßhren,  nnl.  aan- 
halen,  citieren:  und  ward  allein  der  brauch  und  gewonheit 
des  ablas  angezogen.  Luther  1,5';  zum  ersten  wird  der  name 
gottes  verunheiliget  in  uns  durch  den  misbrauch,  als  wenn 
wir  in  anziehen  oder  brauchen,  nicht  zu  nutz,  bcsserung,  fro- 
men  unser  seelen.  1,  70';  daher  kümpts,  wenn  ich  den  glau- 
ben so  hoch  anziehe  (anschlage)  und  solche  ungleubige  werk 
verwerfe,  schuldigen  sie  mich,  ich  verbiete*  gute  werk.  1,225*; 
wolan,  so  wisset  ir  ja  auch,  das  gottes  namc,  wort  und  titel 
sol  nicht  vergeblich  noch  unnütze  angezogen  werden.  3,  116; 
das  Müntzer  hat  dürfen  mit  lügen  gottes  nanien  so  unver- 
schampt  anziehen.  3,  126;  hat  nicht  solchs  alles  Christus  im 
evangelio  selbs  gelobet  und  für  recht  angezogen?  3, 148';  dar- 
umb auch  gott  haben  wil,  das  du  solche  not  und  anligen 
klagest  und  anziehest.  4,415';  ich  neme  es  als  in  Davids  per- 
son  geredt  und  vor  seinem  volke,  wie  er  denn  im  anfang  des 
psalmen  Israel  und  Aaron  anzeucht.  5,  54';  es  mus  ie  ein 
groszes  iaster  sein,  weil  es  der  prophet  hie  für  ein  sonder- 
lichen greuwel  des  endechrists  anzeucht,  nebest  der  abgöt- 
terei.  5,  8S';  darumb  auch  Christus  am  jüngsten  tage  solch 
unbarmherzigkeit  allein  für  das  hüheste  wird  anziehen,  als 
wider  in  selbs  gethan.  5,  356';  das  er  danket  und  anzeucht, 
was  im  der  vater  gegeben  habe,  und  rauschet  damit  in  die 
ganze  weit.  6,  174";  es  hat  herr  Carolus  von  Miltitz  gestern 
hoch  angezogen  die  unehr  und  frevel.  Luthers  br.  1,207;  so 
auch  das  gelübde  der  keuscbeit  so  viel  ehebruch  hat  ange- 
richt,  das  auch  etliche  unter  thunibherrn,  euch  etliche  cur- 
tisan  zu  Rom  solches  oft  selbs  bekent  und  kleglichen  ange- 
zogen. Melanchth.  augsb.  conf.  s.  22;  suchten  auch  etliche 
die  ganze  christliche  confcssion  mit  mancherlei  gesuchten  nach- 
reden zum  ärgerlichsten  anzuziehen,  zu  verkleinern  und  zu 
verunglimpfen.  Melanchth.  ed.  Bretschn.  9,  491;  so  ziechens 
selber  an  (proferant,  citent).  fastn.  sp.  8 12, 13 ;  mehr  denn  oft 
habe  ich  meinen  vatter  diesen  schäfer  hören  anziehen  (nen- 
nen). Kirchh.  wendunm.  240';  darumb  will  ich  nur  statt  der 
andern  aller  vier  heilige  männer  und  beiden  thaten  anziehen. 
disc.  mil.  5 ;  wie  aber  das  feldlägcr  vorzunemmen,  darvon  ist 
droben  . . .  etwas  angezogen.  124 ;  und  weil  ich  bei  der  Sa- 
chen, so  ich  mit  angezogen,  selbst  gewesen  bin.  Schweini- 
CHEN  1,  12;  die  braut  frau  anziehen  (nennen).  3,  07;  mängel 
auszuschreien  und  hoch  anzuziehen.  Fischart  ehz.  71;  zcug- 
nus  anziehen.  Garg.  126* ;  den  spruch  anziehen.  159' ;  aus  die- 
sen ist  sonderlich  Mecenas  anzuziehen.  Opitz  1,  3' ; 

ich  habe  mir  erkiest, 
sonst  nichts  hier  an  zu  ziehn,  als  was  unlaupbar  ist.    1,3'; 
weil  ich  nun  nicht  sein  kan,  was  ich  zu  sein  bekehr, 
so  kränkt  michs,  dasz  ich  nicht  des  lobes  würdig  bin, 
das  jemand  mir  für  spoit  gedenket  anziizichn.    2,  28; 
wil  der  gesandt  ihm  dies  für  eine  schmach  anzieho. 

Grypuius  1,  173; 
und  trat  ihr  ins  gesiebt  auf  olTcnilichcn  wegen 
und  zog  mein  Unschuld  an,  sie  wegerte  gehör.    1,  200; 
es  ist  zwar  sollen  klug,  wer  nichts  versteht  und  kan, 
doch  minder,  wer  sich  selbst  und  seine  witz  zeucht  an. 

LoGAU  2,  8,  1 ; 
eh  will  ich  alle  sie  erschlagen  mit  der  band, 
als  dasz  ich  von  hier  soll  .-luT  solche  weis  entfliehen, 
dio  man  für  eine  furcht  mir  irgend  könt  anziehen. 
W'EnnERs  Ariost  20,  76; 

wicwol  nun  Drusus  die  lioheit  des  römischen  Volkes  und  das 
ansehn  des  kaiscrs  für  sich  anziehen  liesz,  entbot  ihm  doch 
Marobod  zurückc.  Lohenst.  Arm.  1,  44 ;  wenn  er  schon  zehn- 
mal so  viel  Verdienste  für  sich  anzuziehen  hätte.  1, 1144 ;  der 
dergleichen  beispicl  zwar  anziehet.  Günther,  vorr.  5;  da  er 
angezogene  (erwähnte)  briefe  so  lange  in  bänden  behielte,  ehe 
eines  mannes  W^  ;  mil  mehr  angezogenem  einträglichem  dienst 


529 


ANZIEHEN  --A^■ZIELEN 


\ 


▼ersorgt  ehe  eines  weibes  192;  das  lebendig  Tcrbrennen  ist 
wol  kaum  glaublich,  weil  denen  Hohenslaufen  von  Innocen- 
tio  III  und  andern  ihren  feinden,  die  wol  geringere  dinge  hoch 
angezogen  (aufgerückt),  niemals  dergleichen  vorgeworfen  wor- 
den. Hahn  4,  4 ;  und  diese  fragmente  wenigstens  «idersprä- 
eben  der  angezogenen  Versicherung  ihres  Verfassers.  Lessi.ng 
8,  364 ;  der  mann,  dessen  zeit  als  das  goldne  alter  der  rausen  in 
allen  künftigen  Jahrhunderten  angezogen  werden  wird.  Wie- 
land 1,  141;  Lessing  hat  die  emestische  ausgäbe  hierbei  an- 
gezogen. Herder  13,  ICS.    he\üe  ist  anführen  mehr  im  gebrauch. 

6)  icie  das  einfache  ziehen  und  wie  abziehen,  aufziehen, 
ausziehen  empfängt  auch  anziehen  die  intransilitbedeutung  des 
nahens,  kommens:  das  beer  zieht  an.  feirideshaufen  sind  schon 
angezogen ;  immer  mehr  ieute  ziehen  an ;  stolz  zogen  sie  an. 
schmählich  musten  sie  abziehen;  wirte,  kramer,  handwerker 
und  dergleichen  neu  angezogene  Ieute.  Moser  1,  6 ;  jeder  neue 
knappe,  der  hier  anzieht.  Tieck  11,  10;  seind  die  knechl  zu 
underrichten,  dasz  sie  im  anziehen  zum  treffen  weil  in  den 
gliedern  sich  ausbreiten.  Kibchbof  mit.  diso.  156;  als  wir  in 
den  hafen  anzogen.  Rollexhage:«  icunderb.  reisen  90.  zumal 
slelU  das  pari,  neben  kommen: 

indessen  kommen  auch  gleich  lauten  meereswogen 
TOD  der  galanterie  die  scbaaren  angezogen. 
Zacuariä; 
indessen  war  von  club  zu  club 
die  irauerpost  geDogen, 
schon  kommt,  nach  liebem  braueb,  ein  trupp 
Visiten  angezogen.        GottejiI,  94; 
kämen  sämtlich  angezogen 
dieser  stamme  frohe  lichter.    Göthe  4, 136; 

und  nun  erscheint  der  herr,  kommt  angezogen  mit  seiner  trip- 
pelnden, kleinen,  hohläugigen  Französin.  10, 100 ;  wenn  einer 
mit  einem  unbedeutenden  gemeinspniche  angezogen  kommt. 
16,  67 ;  wenn  er  noch  ein  mal  mit  solcher  geschichte  angezo- 
gen kommt.  TiECKlö,  75;  ein  schweres  gewitter  kam  angezo- 
gen, dies  angezogen  kommen  ist  zu  deuten  tcie  angeflogen, 
angeritten  kommen  und  ticle  ähnliche,  schwerlich  kann  dem 
angezogen  die  Iransitice  kraß  des  angestochen  beigelegt  Ver- 
den, denn  das  pferd  anziehen  bedeutet  stehn  und  halten  ma- 
chen, nicht  antreiben,  iciewol  es  heiszt,  das  pferd  zieht  an, 
sieht  angestrengt. 

7)  anziehen  t=:  steigen,  in  die  höhe  gehn:  die  weinpreise 
hatten  schon  etwas  angezogen,  sind  aber  wieder  gefallen. 

-ANZIEHEND,  in  allen  bedeutungen  des  anziehens,  haupt- 
sächlich in  der  ton  oblectans,  jucundus:  ein  anziehendes  ge- 
siebt, bild,  buch  u.  5.  w. 

ANZIEHER,  m.  norus  hospes,  advena,  wofür  man  doch  lie- 
ber tagt  anzügling.  dann  auch  anzieber,  Stiefelanzieher  ($.  an- 
ziebel);  sind  es  diese  oder  anderes  geräthe,  daiman  sonst  an- 
band? den  seckel  band  man  ihm  an,  wie  den  Lindem  die 
rotzglocken  und  an  die  springend  bronnen  die  wasserpfannen 
und  in  den  Wirtshäusern  die  messer  und  anzieber.  Garg.  US', 
was  doch  vielmehr  propfenzieher  sind. 

.\.\ZIEHSTUBE ,  /".  garderobe,  ankleidezimmer :  die  ebene 
und  küste  um  mich  sab  v>ie  eine  anziebstube  der  frühlings- 
göttin  aus.  J.  Pacl  Hesp.  1,  21. 

ANZIEHUNG,  f.  attractio:  der  magnet  bat  eine  starke  aa- 
ziehung  zum  eisen,  die  pottascbe  zum  wasser. 

ANZIEHUNGSKRAFT,  f  vis  atlractiva :  anziehungfkraft  ist 
diejenige  bewegende  kraft,  wodurch  eine  materie  die  Ursache 
der  annäberung  anderer  zu  ihr  sein  kann.  Kant  8, 4S0.  9,  22 
(a.  1754);  nach  wie  vor  übten  sie  (die  liebenden)  eine  unbe- 
schreibliche, fast  magische  anziehungskraft  gegen  einander  aus. 
Göthe  17,  39S ;  durch  manigfaltige  fragen  suchte  er  (Herder) 
sich  mit  mir  und  meinem  zustande  bekannt  zu  machen  und 
seine  anziehungskraft  wirkte  immer  starker  auf  mich.  25,  302. 

A.NZIEHUNGSPUNCT,  m.  sein  eignes  gewicht  oder  seinen 
anziehungspunct  verlieren.  Kt.iNCER  12, 124 ;  die  höbe  und  tiefe^ 
zwischen  welchen  der  mensch  durch  einen  unbcgreiOichen  an- 
ziehungspunct und  ein  sehr  begreitliches  gewicht  nur  schwebt 
und  flattert.  12,241. 

ANZIEHU.NGSMiR.MÖGEN,  n.  das  anziebungsvennögen  einer 
masse.  Kam  8,323. 

ANZIELEN,  intendere,  proponere,  alt  siel  tetxen,  beabsich- 
tigen: er  wäre  versichert,  dasz  Augustens  versorge  zu  seinem 
besten  angezielet  sei.  Lobexst.  Arm.  I,  398;  dasz  sie  ihrer 
königlichen,  kein  gesctze  vertragenden  hoheit  etwas  zu  ent- 
ziehen anzielten.  1,  713 ;  wegen  des  angezielten  krieges.  1, 1027 ; 
der  angezielte  streit.  1,1369; 


ANZIELOf  G  —  A>'ZÜGLICH 

denn  alles  dies,  was  nachmals  ist  geschehen, 
bat  gottes  scblusz  vor  angezielt. 

geislt.  ged.  92,  1691. 


530 


heute  ungebräuchlich,  nnl.  aanteelen  bedeutet  aufziehen,  erztelen. 
ANZIELUNG,  f.  dahero  schiene  ihm  der  anzielung  gött- 
licher Vorsehung  gemäszer  zu  sein,  aus  der  milden  band  ihres 
Überflusses  lieber  aufsuchen,  als  selbles  ohne  gebrauch  ver- 
derben lassen.  Lohenst.  Arm.  1, 107  Stieler  2618. 
ANZIEMEN,  decere,  anstehn: 

das  Zimt  uns  oit  wol  an.    fasln,  sp.  666, 10. 
tnkd.  da;  zimet  in  (eis)  an.    ifS.  2,  216' ; 

da;  der  jugent  wol  an  zimet.    GA.  3,  43. 

ein  gutes  wart,  zwar  dem  einfachen  ziemen  gleichbedeutig,  aber 
fähig  es  den  umständen  nach  günstig  zu  vertreten. 
ANZIFFERN,  inscribere,  anschreiben: 

es  ist  kein  steiler  fels,  kein  bäum  in  dieser  höh, 
da  beider  namen  nicht  Test  angeziffert  steb. 
Gktphics  1,  657. 

ANZI.M.MERN,  aedißcando  jüngere,  nnl.  aantimmeren. 

ANZIRPEN,  astridere,  von  der  grille,  die  ihre  fiügeldeekem 
aneinander  streift. 

ANZISCHELN,  assibilare,  leiser  als  das  folgende. 

ANZISCHE.N,  von  schlangen,  gänsen.  meinen  Sigmund  hat 
sein  vater  die  schlänge  von  neuem  angezischt,  dasz  er  sein 
Vaterland  zum  zweitenmal  verlassen  hat  Klopst.  9,  330 ;  gänse 
zischten  den  unwillkommnen  gast  an. 

ANZITTERN:  da  kommt  der  greis  angezilterL 

ANZUCHT,  f.  cullura,  des  ciehes  und  der  pflanxen,  notel- 
lae  eaprae,  arbores:  einige  pflanzen  können  nicht  leben  ohne 
anzucht,  wie  die  gewächse  des  ackerbaues,  eiTteo  ivia  ftij 
Svvarai  ^t^v  atsrte^  rä  yecogyovtuva  fir,8^  o)m>;  St'xerat 
d'soamiav.  Theophr.  hist.  pl.  I.  3,  6.  dann  aber  auch,  wie 
abzucht,  ein  ort  der  feuchtigkeit  anzieht  und  ableitet;  berg- 
männisch, anzüchte,  anzüchten  kanäle  hinter  den  Schmelzöfen ; 
sonst  cloaca  überhaupt,    s.  anzug. 

ANZUCKERN,  verzuckern,  mit  xucker  anmachen: 

die  ärgste  räche  deckt  mit  ascbe,  zorn  und  flammen, 
und  zuckert  scfaümmstes  gift  durch  bisam  an  und  wein. 
Lobe.nst.  Ibrah.  7S,  245. 

ANZUG,  m.  nni.  aantogt,  nach  verschiednen  bedeutungen  des 
anziehens. 

1)  anzug  testitus,  die  tolle  kleidung,  ein  neuer,  kostbarer, 
reicher  anzug,  aber  auch  ein  anzug  spitzen,  soviel  davon  zum 
anzug  nOlhig. 

nur  einer  (ein  mantel)  ist  jeglichem  manne  zum  anzug. 

Voss  Od.  14,  514 ; 
was?  unartiges  kind,  langschlärerin!  träumst  du  noch  jetzo, 
dasz  die  wangen  dir  glubn?  und  sogar  in  völligem  aniug? 

Luise  2,  271 ; 
aber  du  hast  mich  doch  lieb,  mein  bräutigam  I  steht  mir  der  anzug 
gut  ?  3,  226. 

auch  binde,  die  über  die  wunde  gezogen  wird:  diese  habe  ich 
mit  diesem  pQaster  verbunden,  auch  dick  und  hart  mit  star- 
ken gebänden  und  anzügen.  Wcstz  wundarzn.  179. 

2)  anzug  der  glocke,  des  Strangs,  gewehrs. 

3)  anzug  =  anzüglichkeit,  maligni(as,  zum  Vorwurf,  zur  be- 
schuldigung :  damit  dieser  beschwerliche  anzug,  als  waren  die 
stände  der  augsbui^schen  confession  in  den  hauptartikela 
nicht  eins,  gebührenderweise  verantwortet  und  abgelehnt  werde. 
Meuincutb.  9,  492 ;  ewre  Sachen  mit  glimpf,  ohne  anzug,  für- 
bringen. Ayrer  proe.  1,  9. 

4)  anzug,  sug  des  haufens:  sich  in  den  anzug  {gegen  den. 
feind)  begeben.  Garg.  201*; 

do  fuert  man  grosze  vasi  mit  wein 
dem  anzug  zu  und  stunt  von  fem. 

ScHMKLZL  tobtpr.  69 : 
des  boten, 
der  mir  die  künde  bringt  von  ihrem  anzug. 
Schiller  490; 

einen  roman  im  anzuge  sehn.  Klixger  9, 168 ;  alles  ist  schon 
in  vollem  anzug;  ein  gewitter  ist  im  anzug;  anzug  in  eine 
stelle,  antritt. 

5)  anzug,  cloaca:  dieses  leben  ist  ein  ^oist  aller  unfläterei, 
eine  gösse  und  anzug,  da  alle  Sünden  zusammen  flieszen. 
Ai'C.  BccHXERs  trostschr.   Wittenb.  1644  s.  49.    s.  anzuchU 

ANZÜGIG,  anziehend:  des  herm  wort,  werk  und  wisen 
worend  also  anzfigig.  Keisersb.  post.  i,  28 ;  mein  wandel,  wi- 
sen und  geberden  sind  anzügig.  3, 18. 

ANZÜGLICH,  ad  te  rapiens,  periculosus,  malignut,  aeerbus : 

34 


531    ANZÜGLICHKEIT  — ANZÜNDEN 


ANZÜNDER  — APFEL 


532 


eine  anzügliche  und  gefahrliche  insul  vor  lüsterne  und  geld- 
hahcnde  Seeleute.  Felscnb.  2,  575;  mit  allerhand  anzüglichen 
reden.  4,  222;  anzügliche  reden  führen.  Hesse  1,118.  3,103; 
vieles  von  dem  anzüglichsten  {reizendsten)  der  Schönheit  liegt 
ganz  auszer  den  grenzen  der  kunst.  Lessisg  2,  117;  die  an- 
mut,  die  ihre  kleinsten  bewegungen  anzüglich  machte,  war 
eben  so  natürlich  und  ungeschminkt  als  ihre  gesichtsfarbe. 
Wieland  12,  128 ;  die  kühle  des  orts,  das  hat  alles  so  was 
anzügliches,  was  schauerliches.  Güthe  16,  9;  ich  weisz  nicht 
was  ich  anzügliches  für  die  menschen  haben  musz.  16,  11; 
die  ruiie  dieses  ortes  ist  für  mich  sehr  anzüglich,  an  fr.  von 
Stein  3,  22. 

ANZÜGLICHKEIT,  f.  reiz,  und  mederum  sowol  angenehmer 
als  herber:  es  ist  eben  so  unstreitig,  dasz  schädliche  häsz- 
lichkeit,  so  wie  in  der  natur,  also  auch  im  gemühlde  schrecken 
erwecket,  und  dasz  jenes  lächerliche  und  dieses  schreckliche, 
welches  schon  vor  sich  vermischte  empflndungen  sind,  durch 
die  nachahmung  einen  neuen  grad  von  anzüglichkeit  und  ver- 
gnügen erlangen.  Lessisg  6,  514;  aus  allerlei  anzüglichkeiten 
und  stichelreden  hätte  man  schlieszen  sollen,  sie  habe  sich 
um  die  gunst  des  anführers  der  bände  bemüht.  Götue  19,  49. 

ANZUGSPREDIGT,  f.  mein  neuer  pfarrer  thut  die  anzugs- 
predigt.  Rabener  4,  43. 

ANZUGSTAG,  m.,  an  dem  das  gesinde  anzieht. 

ANZÜNDBAR,  was  anzündlich. 

ANZÜNDEN,  inccndere:  wenn  ein  fewr  auskompt  und  er- 
greift die  dornen  und  verbrend  die  garben  ....  sol  der  wider- 
statten, der  das  fewr  angezündet  hat.  1  Mos.  22,6;  und  solt 
den  ganzen  wider  anzünden  auf  dem  altar.  29,  18 ;  ir  solt 
kein  fewr  anzünden  am  sabbathtag.  35,  3 ;  das  fewr  auf  dem 
altar  sol  brennen  und  nimer  verleschen,  der  priester  sol  alle 
morgen  holz  drauf  anzünden.  3  Mos.  6,  12 ;  zündet  das  fewr 
des  herrn  unter  inen  an.  i  Mos.  U,  1;  zundten  die  stad  an. 
rieht.  1,  8 ;  und  sein  heiliger  wird  eine  flamme  sein  und  wird 
seine  dornen  und  hecken  anzünden  und  verzeren  auf  einen 
tag.  Es.  10, 17 ;  man  zündet  auch  nicht  ein  liccht  an  und  setzt 
es  unter  einen  scheflfel.  Matth.  5, 15 ;  zündet  ire  stad  an.  22,  7 ; 
da  zundten  sie  ein  fewT  an  mitten  im  palast.  Luc.  22,  55; 
wenn  du  also  mit  dem  worle  umbgehest  und  trachtest  im 
nach  wie  du  kaust,  so  wirstu  sehen,  das  Christus  bei  dir  ist 
und  dein  herz  anzündet.  Luther  3,  164';  auf  das  ich  nicht 
durch  mich  vieleicht  viel  andere  vergiften  und  anzünden  möchte. 
3,396';  und  die  schlangen  mit  irem  giftigen  beiszen  die  ieute 
anzündeten.  Mathesius  72'; 

oder  wer  Tackeln  zündet  an 

und  wil  der  sunnen  glast  zu  stan. 

Brant  narrensch.  131 ; 
ich  wolt  im  den  schlot  mit  schaub  anzinden. 

fastn.  sp.  789,  13; 
0  wie  grosz  ist  der  lust, 
den  dieser  held  emplindet, 
weil  ein  so  schöne  brüst 
die  lieb  in  ihm  anzindet.    Wbckb.  360; 
wan  unsre  Sünden  schon,  herr,  deinen  zorn  anzünden.  181; 
auch  derjenige,  dem  albereit  die  bitze  vergangen,  hätte  durch 
ihre  gesellschaft  müssen  zur  liebe  wieder  angezündet  werden. 
pers.  roscnth.  2,  28 ; 

den  krieg,  den  sie  allein  doch  angezündet  haben. 

Schiller  333; 
hier  zündete  sich  froh  das  schöne  licht 
der  Wissenschaft,  des  freien  denkens  an. 
GöTHR  9,  104; 

als  sei  die  sonne  nur  darum  von  der  band  des  allmächtigen 
angezündet  worden,  um  ein  solches  Schauspiel  zu  beleuchten. 
Klincer  12,  5 ;  komm,  deine  mutter  wartet  deiner,  zünde  ihr 
leben  von  neuem  an.  Klingers  th.  3,  338;  die  starken  und 
groszen  will  ich  mit  meiner  allmacht  anzünden.  3,  412;  wie 
würde  sich  am  schmerz  der  mut  anzünden.  J.  Paul  dämme- 
rungen  78;  die  eisberge  waren  angezündet  {von  der  abend- 
röthe).  Fixlein  54.  Wir  unterscheiden  anzünden  von  entzün- 
den, dieses  ist  inwendiger,  jenes  auswendiger,  anzünden  accen- 
dere,  entzünden  inccndere,  ein  haus  wird  angezündet,  ein  herz, 
geist  entzündet,  das  fieber  cnizündet,  das  blut  ist  entzündet, 
die  berggipfel  stelm  von  der  ahcndsonne  wie  angezündet,  an- 
zünden fiüll  in  die  sinne,  entzünden  lautet  feierlicher  und  vor- 
nehmer, allein  aus  der  alten  spräche  ist  kein  anzünden  auf- 
zuweisen, immer  verwendet  sie  entzünden,  fitr  accendere  wie 
inccndere,  goth.  intandjan,  ahd.  inzunlan,  mhd.  cnzünden, 
man  könnte  sagen,  das  sinnliche  accendere  bezeichnete  dann 
bloszes  zünden,    die  gegebnen  belege  zeigen  jedoch,  dasz  auch 


anzünden  für  entzünden  stehn  kann,  ungefähr  wie  sich  nnl. 
aansteken  und  ontsteken  mischen,  wir  aber  gebrauchen  nur  an- 
stechen oder  anstecken,  kein  entstecken.  anzünden  lieiszt  nun 
sowol  den  brennbaren  stof  in  flamme  setzen,  bolz,  dorn,  wald, 
haus,  Stroh,  papier  anzünden,  als  das  brennende  feuer  wecken, 
feuer,  licht,  flamme,  glut  anzünden  und  an  jenen  stof  gelin 
lassen,  gleichsam  das  feuer  an  das  holz  gehn,  schreiten  las- 
sen, vgl.  angehn,  anlegen,  anstecken,  mehr  noch  unter  ent- 
zünden «nd  zünden  selbst,    s.  auch  anbrennen,  entbrennen. 

ANZÜNDER,  m.  incensor,  incendiarius,  hausanzünder,  mord- 
brenner;  librator  tormentarius ;  auctor,  fax,  anstißer. 

ANZÜNDLICH,  anzündbar:  diese  liecht  {die  irrlichler,  tho- 
renliechter,  ignes  fatui)  werden  gemeinlich  in  warmen  landen 
und  stetten,  da  viel  pföle  sein,  warm  wasser  und  feiszt  er- 
den, von  welchen  so  auszgezogen  wird  die  feuchtigkeit,  die 
anzündlich  ist.  auslegung  der  zeichen  in  lüßen,  1520  zu  Wien 
gesehen,  von  Jon.  Virdung  von  Haszfurt  Oppenheim  a'  Dii'. 

ANZUPFEN,  vcllere,  anzupfen  beim  rock,  beim  ohr,  haar; 
erlöse  mich  von  dem  unbillichen  anzupfen  und  ziehen  der  men- 
schen. Keisersb.  c/ir.  6%.  195 ;  was  zupfst  du  mich  immer  an? 

ANZÜRNEN,  iracundc  inlueri,  alloqui:  Fiesco  zürnt  sie 
dumpfig  an:   du  verhaszte!  Schille«  177. 

ANZVVACKEN,  admordere,  invadere: 

des  pfarrers  Mutlie  schimpft  aus  neid, 
und  zwackte  mich  gar  an. 
ich  sprach,  mensch,  laszt  mich  ungeheit 
und  kneipt  den  leiermann.    Hagedorn  3,  76; 

die  Unschuld  anzuzwacken.  Günther. 

ANZWÄNGEN,  enge  handschuhe  anzwängen,  anzerren;  elwas 
gewaltsam  an  eine  stelle  bringen. 

ANZWECKEN,  clavulis  affigere:  das  leder  anzwecken  an 
den  leisten. 

ANZWEIFELN,  addubitare,  den  zweifei  an  etwas  wenden: 
nachdem  man  ihn  {den  Saxo  gramm.)  im  einzelnen  angezwei- 
felt. Dahlmann  ddn.  gesch.  1,  13. 

ANZWEIFLUNG,  f.  das  gute  recht  gegen  jede  anzweife- 
lung  venvahren. 

ANZWEREN,  admiscere,  atlerere,  attemperare,  anrühren,  an- 
quirlen, ein  uraltes,  seltnes  wort,  dessen  anlautendes  zw  sich 
verhält  wie  in  zwagen,  zwerch  {quer)  u.  a.  m.  nach  dem  ahd. 
starken  dueran  duar  duoran  (Graff  5,  278)  dürße  man  ein 
goth.  l)vairan  J)var  |)vauran  mutmas'zen,  das  nach  der  lautver- 
schiebung  dem  lal.  lerere  {für  tverere)  entspricht,  und  hernach 
in  ahd.  tueran,  mhd.  twern,  endlich  nhd.  zweren  entstellt 
wurde;  ein  starkes  praet.  zwar,  pari,  gezworen  musz  dennoch 
denen,  die  das  wort  zuletzt  gebrauchten,  erloschen  gewesen  sein: 
alles  pulverisiert  und  under  einander  vermischt,  darnach  mit 
bräntem  wein  an  einander  angezweret,  so  dick  als  ein  teig  ge- 
macht, darnach  im  ofen  gedört.  Seuter  rosarznei  s.  85 ;  wann 
es  {das  sdlblin)  etwan  stark  {dick)  worden,  so  zwere  es  wider 
mit  einem  baumül  an,  dasz  es  wider  flüssig  werde,  s.  261. 
vgl.  Schneller  4,  307,  der  ein  abzweren,  abzwöhren  beibringt. 

ANZWICKEN,  vellicare.    nah  verwandt  mit  abzwacken. 

ANZWINGEN,  cogere,  obtrudere,  aufzwingen,  vgl.  anzwän- 
gen, aufdringen:  so  jemand  mit  geboten  wolt  anzwingen.  Lu- 
ther tischr.  317';  du  solltest  doch  deine  freunde  nicht  mir 
anzwingen  wollen.  Tiecks  junger  Uschi.  1,  276. 

ANZWIRNEN,  agglomerare,  advolvere:  ein  unheil  anzwir- 
nen,  anstißen,  wol  durch  abergläubisches  verknüpfen  der  fdden. 

ANZWITSCHERN,  trissando  advolare:  anzwitschernde  schwal- 
ben. 

APART,  aus  dem  franz.  h  part,  seorsim,  bei  seile,  spasz  apärt, 
bildeten  wir  ein  adj.  singularis:  das  ist  ein  aparter  mensch; 
du  must  immer  was  apartes  haben.  Göthe  im  Götz;  all  sein 
thun  hat  doch  so  was  apdrtcs.  Tieck  1,  213 ;   apartes  wesen. 

APFEL,  m.  pomum.  ahd.  aphul  aphol,  pl.  epfiiS,  mhd.  apfel, 
pl.  epfel,  heule  schreiben  wir  den  pl.  äpfel,  das  16.  17  jh. 
häufig  öpfel;  fries.  appel  m.;  nnl.  appel  m.,  ags.  äppel  pl. 
äpple;  engl,  apple;  alln.  epli  n.,  schw.  äplc,  ddn.  äble  n. 
den  goth.  ausdruck  würde  uns  erst  die  Verdeutschung  des  hohen- 
liedes  lehren,  nach  der  ahd.  form  wäre  apuls,  pl.  apuleis  im 
gewarten,  nach  der  altn.  apii,  pl.  apija.  litt,  obolys,  zem. 
abolis  m.,  lett.  ahbols.  altsl.  jahl'ko,  russ.  jabloko,  poln. 
jablko,  bölim.  gablko,  immer  n.,  nur  das  serb.  jabuka  f,  das 
k  als  diminutivzeichen  zutretend  (=  äpfelchen),  die  Böhmen 
kennen  auch  noch  gablo.  ir.  ubhal,  abhal,  gal.  ubhall,  welsch 
afal,  armor.  aval. 

Ein  für  die  europäische  Sprachgeschichte   bedeutsames  wort 


533 


APFEL 


APFELBAUM —APFELDORN 


534 


unserer  urzeit,  denn  es  erweist,  wie  äffe,  Zusammenhang  zwi- 
schen Kellen,  Deutschen,  LiUauern  und  Slaven,  auszerhalb  des- 
sen grenze  Griechen,  Römer  und  Romanen  liegen;  viel  gäbe 
man  darum,  der  goth.  benennung  sicher  zu  sein,  noch  mehr, 
die  getische,  dakische  zu  wissen,  das  neulrum  der  nordischen 
sprachen  scheint  für  frucht  und  erzeuynis  am  passendsten, 
wozu  auch  fiijkov,  pomum  stimmen;  Kelten  und  Littauer,  des 
jieulrums  insgemein  entrathend,  griffen  zum  m.,  Spanier  und 
Franzosen  bei  poma,  pomme  (Seiben  bei  jabuka)  zum  f.,  Ita- 
liener bei  pomo  zum  m.  ßir  unser  apfel  war  das  m.  freie  wähl, 
keine  noth,  oder  führte  es  das  ableitende  l  heran?  von  der  würzet 
musz  dies  1  ausgeschlossen  bleiben,  dann  aber  bietet  sich  zu- 
nächst die  verwandtschaß  von  obst,  ahd.  oba^  opa;,  mhd.  obej, 
ags.  ofät,  nnl.  ooft,  da  der  begrif  pomum  {für  opomum  ?)  wie 
glans  (eichapfel)  in  frucht  allgemein  übergeht,  altsl.  OYOSchtsch, 
poln.  owoc,  wozu  sich  auch  örrcioa,  herbst  und  obst  nehmen 
liesze;  gerade  vom  litt,  obolys  bedeutet  der  pl.  obolei,  lett. 
ahboli  obst,  lat.  poma,  und  russ.  stehn  ovoscbtschi,  böhm. 
owoce  im  pi,  die  Störung  der  labialstufen  in  ovoschtscbi  und 
jabloko,  obst  und  apfel  darf  bei  so  allem  wort  ausnahmsweise 
entschuldigt  werden  und  die  verschiedensten  anlasse  gehabt  ha- 
ben, nun  aber  empfienge  man  mut,  das  gr.  xiJTtos  garten, 
das  sonst  unleugbare  ähnlichkeit  mit  unserm  hof  hat,  auch 
hier  zu  verglichen  und  in  apfel,  abhal,  jabloko  einen  abge- 
brochnen  kehlanlaut  anzusetzen,  wie  dem  äffe  ein  xr^ßos.  xij- 
Ttos,  }<eT7ios  zur  seile  stand,  ohne  dasz  darum  apfel  und  äffe 
selbst  einer  wurzel  zu  sein  brauchten,  apfelgarten,  dän.  abil- 
gaard  bezeichnen  garten  überhaupt,  pomarium,  pometum,  xr,- 
nos,  doch  ist  auch  aTtiov  birne  anzuschlagen,  finden  diese 
etymologien  anklang,  so  bleibt  freilich  immer  noch  in  dunkel 
gehüllt,  was  die  wurzel  kap  =  ap  aussage;  einer  verglei- 
chung  von  apfel  mit  avalun,  alln.  afla  sich  zu  enthalten  ist 
der  vorsieht  gemäsz,  so  dasz  altn.  apli,  besser  aDi,  thierjun- 
ges  nichts  zu  schaffen  hätte  mit  apli  pomum. 

Apfel  ist  uns  im  eigentlichsten  sinne  malum,  tm  allgemei- 
nen auch  andere  rund  und  voll  hängende  frucht  (quae  pulpam 
habet),  wie  die  Zusammensetzungen  eichapfel,  gallapfel,  flcht- 
apfel,  tannapfel,  kienapfel,  granatapfel,  schlafapfel,  erdapfel 
darlhun.  an  der  blume  nennt  man  apfel  den  samenbehälter : 
an  jedem  Stengel  kompt  ein  schöne  weisze  blumen  heraus 
mit  zwölf  oder  dieizehn  blätlein  umb  den  apfel  besetzt.  Ta- 

BERXA£«0NT.    S.    93. 

In  spräche  und  poesie  heiszen  äpfel  die  weiblichen  brüste, 
deren  andrehen,  anschwellen  durch  fta^öi  xvScoviä,  apfell 
sich,  bezeichnet  wurde,  rä  fiä).a.  .\ristoph.  Lys.  155.  toTs 
/iTjloti.    Ecclesiaz.  903 ; 

finXa  rea  TTocöziara  räSt  x^oäovra  StSä^o).  Theokr.  27, 4S  ; 
ICO  doch  überall  der  dualis  ruf  u.r;}.ci},  xoXp  firikoiv  an  seiner 
stelle  und  noch  schöner  wäre.    mhd. 

dö  sach  er  siän  ir  bnistelin 

alsam  zwei  pardispprelin.    CA.  3,  114; 
nhd.  warum  auch  schlich  er  diese  wage 

nach  einem  solchen  npfelpaar, 

das  freilich  schon  im  muhlgehege, 

so  wie  im  paradiese  war. 

GoTHE  1,210,  vgl.  21,79; 

einst  halt  ich  einen  schönen  trauin, 

da  sah  ich  einen  aprelhaum, 

zwei  schone  nplel  ginnzien  dran, 

sie  reizten  mich,  ich  stieg  hinan.    Faust. 

minnet  einer  niht,  man  gibt, 

daj  er  niht  apfel  e»en  mac. 

Lt  3,  328.  fastn.  *p.  222,  5; 

Tisch hrt  sagt :  apfel  bedeut  meidlinspil. 

Auch  für  augapfei  Arann  bloszes  apfel    gesetzt   werden:   glut 
in  deinen  äugen  I  was  drehst  du  die  Spfel?  Klincers /A.  2, 145; 
so  wie  der  mensch  sich  des  auges 
kdsilichen  apfel  bewahrt.    Gothk40,  212; 
mir  verwandter,  meines  auges  apfel.    Plate?!  323. 
Redensarten  und  Sprüche:  in  den  sauem  apfel  beiszen,  sich 
eines  harten,  schweren  dinges  unterziehen :  obgleich  e.  k.  gn. 
ein  wenig  hat  mflssen  wermut  essen  und  in  einen  sawren  apfel 
beiszen.  Luther  5,  485*;  habe  ich  doch  in  einen  sauren  apfel 
beiszen  müssen.  ScHWEi^icnE^f  3,  203;  in  einen  sauren  apfel 
beiszen.  Lessirtc  2,  402.    der  apfel  fällt  nicht  weit  vom  stamm ; 
der  apfel  feit  nicht  weit  vom  bäum.    Mathesius9';  altn.  sial- 
dan  fcllr  epiit  längt  frA  eikinni.     der  apfel  sieht    rotb,    doch 
sitzt  ein  wurm  darin;  rolhe  äpfel  sind  auch  faul;  ein  fauler 
apfel  steckt  hundert  an;    es  sind  süsze  äpfel,   die   der  hüter 
übersieht;  ein  apfel  der  runzelt,  fault  nicht  bald; 


da  kund  man  mir  mitöpfeln  locken,    fastn.  tp.  345,  16; 

es  stand  alles  so  gedrängt  von  leuten,  dasz  kein  apfel  nie- 
derfallen, zur  erde  konnte; 

voient  pafens  venir  ä  grant  huee, 

qu'entraus  eust  une  porae  jeiöe, 

Hue  ne  cbaist  sor  lance  o  sor  esp^e, 

ou  sor  bauberc,  sor  ventaille  ferm^e.    0<;»«r  2285; 

de  terre  vuide  Irover  n'i  peussies, 

ou  hon  jetast  un  baston  de  pomier, 

qua  ne  caist  sus  teste  ou  sus  destrier.    8G07. 

Liebende  pflegten  sich  äpfel  zu  schenken  und  darein  zu  bei- 
szen (vgl.  anbeiszen).  da  sol-  dir  die  erde  allerlei  lust  brin- 
gen, das  wenn  du  zu  eim  bawm  sagtest,  müste  er  eitel 
silbern  blettcr  und  gülden  öpfel  und  birn  tragen.  Lcther  6, 
244';  den  goldnen  apfel  wieder  kriegn,  so  euch  derTürk  ge- 
nommen hat.  Ri.vGWALD  laut.  warh.  349 ;  der  künstler  müsse 
goldne  äpfel  in  silbernen  schalen  seinen  gasten  reichen.  Göthe 
19,  15S;  ich  wüste  die  goldnen  äpfel  des  göttlichen  wortes 
auch  aus  irdenen  schalen  unter  gemeinem  obste  heraus  zu 
finden.  19,  324;  faul  öpfel  werfen.   Garg.  75*. 

.\PFELB.\UM,  m.  malus,  nnl.  appelboom,  statt  welcher  Zu- 
sammensetzung aber  ahd.  aphulträ,  affaltri,  ags.  apnldre,  beide 
weiblich,  dem  lat.  malus,  gr.  fir^)Ja  im  geschlecht,  dem  litt. 
obelis,  welschen  afall  pl.  efyll  in  geschlecht  und  wort  entspra- 
chen, doch  das  altn.  apaldr,  dän.  abild,  schw.  apel  sind  männ- 
lich, in  diesen  Zusammensetzungen  apaldr  (trenn  der  gen. 
apaldrs,  nicht  apalds  lautete)  und  apuldre  scheint  sich  die 
lingualmedia  des  gr.  So^v,  sl.  drevo  erhalten  zu  haben,  die 
ausserdem  im  goth.  triu,  altn.  trie,  ags.  treov,  engl,  tree  fort- 
geschoben wurde,  zu  apuldre  aber  verhält  sich  ahd.  apholterä, 
wie  der  regel  nach  zu  ags.  d  ahd.  t.  dies  affolter  dauert  in 
vielen  hd.  Ortsnamen,  nachdem  es  für  malus  längst  ausgestor- 
ben, oder  auf  andere  gewächse,  zumal  viscus  und  opulus  an- 
gewandt worden  war.  auch  die  galische  spräche  umschreibt 
malus  durch  craobh  ubhall,  die  armorische  durch  gwezen 
avalou.  gefüger  ist  das  altsl.  jablan',  rrtss.  jablon',  poln. 
jablon  f. 

APFELBEIN,  n.  os  malae,  genae,  backenbein,  Wangenbein 
scheint  auf  gelehrtem  wege  nach  dem  lat.  ausdruck  in  der 
meinung  gebildet,  dasz  mala  zu  malum  gehöre,  da  es  doch 
aus  maxilla,  wie  ala  aus  axilla,  entspringt,  richtiger  also  das 
ahd.  chinnipein  maxilla.   s.  apfelkinn,  apfelwange. 

ÄPFELBISZ,  m.  admorsus  pomi,  nnl.  appelbeet: 

.\dam  must  in  apfel  beiszen,  kunt  es  nicht  verbessern, 
weil  man  noch  xa  salbten  zeiten  nichts  gehabt  von  messern. 
LoGAu  3,  3,  7ü, 

mit  der  überschriß  der  apfelbiesz;  da  wir  aber  leider  durch 
den  apfelbisz  unsem  geschmack  verderbt  haben,  so  bist  du 
freilich,  liebe  freundschaft,  kein  besonderes  essen  mehr  für 
uns.   J.  Pacl  vorsch.  der  aeslh.  3,  24.     vgl.  Adamsapfel. 

APFELBLLTE,  f  nnl.  appelbloesem.  prächtig  sieht  apfel- 
blüte  aus,  blauen  himmel  dahinter;  Klotilde,  auf  deren  wan- 
gen  er  bisher  die  apfelblüten  der  gesundheit  auf  kosten  sei- 
ner seele   gesehen.    J.  Paol  Hesp.  2,  199.     früher  apfelbluot. 

ÄLTSCHWERT  24,  27. 

APFELBOHRER,  m.  curcuHo  pomorum,  ein  der  apfelblüle 
feindlicher  rüsselkäfer. 

ÄPFELBRATER,  m.  puer  moUiter  et  delieale  nutritus,  homo 
ignavus,  in  re  futili  occupatus:  aber  so  ein  mensch  möcht 
sich  leicht  unter  den  äpfelbratern  verlieren.  Weise  erin.  205; 
obs  allein  öpfl  praten  (ob  sie  sich  nur  mit  unbedeutenden 
dingen  abgeben).  Westenrieder  beitr.  8,  153;  der  kann  mehr 
als  äpfel  braten; 

zeuch  hin  und  wasch,  so  wil  ich  bleiben, 
mein  zeit  vor  dem  ofen  vertreiben, 
öpCel  und  pirii  timbkern  vermessen, 
und  welche  pOlTeu,  die  wil  ich  essen. 

II.  Sachs  111.  3,  82>; 

Karl,  und  ftir  mich  zum  nachlisch  bat  die  tante  einen  apfel 
gebraten.  Götz,  kannst  du  sie  nicht  roh  essen?  Karl,  schmeckt 
so  besser.  Göthe.  herr  Nicolai,  gehn  sie  hintern  ofen  und 
essen  ihren  gebratenen  apfel!  Voss  gegen  Nicolai,  s.  apfel- 
pfeiser. 

APFELBRECHER,  m.  Stridor  pomorum,  sowot  ein  brechen- 
der mann,  als  das  «erkzeug  zum  brechen. 

APFELRREI,  m.  pulmentum  e  pomis,  apfelmus. 

ÄPFELCHEN,  n.  pomulum,  Spfelein. 

APFELUOR.N,   m.   nd.    appeldören,    appeldörel,   acer  eam' 

34* 


535   APFELFÖRMIG— APFELPFLÜCKER 

pestre,  entstellt  aus  dem  ahd.  aphuUra  und  vermischt  mit 
majaltra,  maszholder. 

APFELFÖRMIG,  formam  pomi  referens,  wie  ein  apfel  ge- 
staltet. 

APFELFRASZ,  m.  apfelbisz,  apfelgenusz: 

ei  zupfte  sich  herr  Erdeniilosz 
doch  nur  an  eigner  nase! 
denn  was  man  ist,  das  ist  man  blosz 
von  seinem  apfelfrasze.    Bürger  48'. 

ÄPFELFRAU,  f.  Obstverkäuferin,  nnl.  appelvrouw. 
APFELGARTEN,  m.  pomarium: 

Pinea  darf  gar  nöthig  heller, 

will  verpfänden  ihren  keller, 

den  zu  weisen  endlich  ein 

dem  sie  möchte  schuldig  sein, 

will  dazu,  geld  eh  zu  heben, 

auch  den  apfelgarten  geben.    Logau  2,  6,  57. 

APFELGOTT,  m.  was  ist  das  anders,  dann  aus  gott  einen 
götzen,  ja  einen  apfelgott  gemachet.  Luther  4,  390'.  s.  apfel- 
kaiser,  apfelkönig. 

APFELGRAU,  equus  scutulatus,  von  den  apfelrunden  ßecken, 
die    sich    an    grausckimmebi    zeigen,    ahd.    aphelgrd    glaucus. 
Graff  4,  397;  mhd.  apfelgrä,  nnl.  appelgraauw : 
manich  appelgrä  march.    Roth.  860; 
diu  eine  gotfe  was  apfelgrä.    £n.  5229; 
vil  schöne  gris  und  apfelgrä 

so  schein  das  ros  von  sneller  art.    schwanritt.  864 ; 
nhd.  do  sitz  ich  uf  mein  apfelgrows  ros.    UHLAND387i 
er  Ijesz  im  satteln  sein  apfelgraw  pferd.    677 ; 

sali  uf  obgemelte  dri  jairgedinge  komen  der  erbvogt,  sitzende 
uf  einem  apfelgrahen  hengst  und  sali  Laben  in  seiner  band 
einen  weiszen  falken.  weisth.  2,  730 ;  apfelgraue  pferde.  pers. 
reiseb.  1,  6.  ags.  äppelfealo  {apfelfahl}.  Beov.  1724 ;  altn.  apal- 
grär,  apaldgrär,  schw.  apelgrä,  dän.  abildgraa;  engl,  dapple 
grey ;  allfrant.  gris  pommele ;  le  destrier  pomele.  Ogier  1, 155. 
le  bai  pomele.  1,  232.  den  Serben  aber  heiszt  ein  solches 
Pferd  zelenko,  verkürzt  zeko  (s.  Scheck),  d.  i.  apfelgrün. 
s.  apfelschimmel. 

APFELGRIEBS,  m.  Capsula  nucleorum  malt. 

APFELGRÜN,  blaszgrün,  vgl.  fii^livos,  luteus,  nnl.  appel- 
groen. 

APFELKAISER,  m.  absolviern  die  forsten  von  irer  gelübd, 
gehorsam,  sc.  das  er  nicht  mer  dann  ein  apfelkeiser  ist. 
Frank  chron.  515'.     s.  apfelkönig. 

APFELKERN,  m.  granum,  nucleus  mali. 
nimb  du  schlechter  öpfelkern  zwen.    Ayrer  fastn.  sp.  29". 

APFELKINN,  n.  mala,  gena,  die  Vorstellung  der  wange  und 
des  kinns  mischen  sich,  kinn  ist  dem  worle  nach  gena  und 
ein  bezug  von  mala  auf  malum  wurde  unter  apfelbein  gewie- 
sen, schön  gerundetes  kinn,  vgl.  apfelwange : 

in  das  apfelkinn  gebissen  eines  liebchens. 
Platen  16ü. 

APFELKOCH,  m.  ein  backwerk  aus  äpfeln.  wol  entstellung 
von  apfelkuchen. 

APFELKÖNIG,  m.  was  worens  sonst  für  könige  oder  herrn? 
apfelkönige  oder  gemalte  herrn  müstens  sein.    Luther  5, 128'. 

APFELKUCHEN,  m.  backwerk  mit  äpfeln. 

APFELMÄNNCHEN,  n.  desgleichen,  nnl.  ist  appelman  und 
appelmannelje  ein  Verkäufer  von  äpfeln. 

APFELMOST,  m.  frischgepreszler  apfelwcin. 

APFELMUS,  n.  apfelbrei,  nnl.  appelmoes. 

hast  du  zum  apfelmus  auch  kaneel  gesioszen  im  mörser» 
Luise  3,  427. 

ÄPFELN,  könnte  das  gr.  xvSmviSv  ausdrücken,  apfelgleich 
schwellen,  geapfclt,  pommeld  heiszt  aber  das  graue  pferd, 
an  dem  runde  flecken  erscheinen. 

APFELNÄSCHEREI,  f.  apfcinäscherci  der  ersten  eitern. 
J.  Paul  teufelsp.  2,  57. 

ÄPFELPAAR,  n.  fii,loj.     s.  apfel. 

ÄPFELPFEISER,  m.  was  iipfelbrater,  nur  ausdrucksvoller, 
der  die  äpfel  pfeisen,  d.  i.  fingen,  zischen  macht.  Fischart 
flohhatz  74'  hat  äpfelpfeiser,  vgl.  pscisig,  zischend  39';  wer 
wolt  nicht  der  ftpfcl,  wann  sie  pfeisen?  Garg.  49'.  in  der 
vorhin  aus  H.  Sachs  angezognen  stelle  könnte  f\i,r  pfiffen  ge- 
lesen werden  pfissen,  doch  liefert  jenes  gicichgulen  sinn.  s.  an- 
pfcisen. 

APFELPFLÜCKER,  m.  was  apfelbrechcr :  R.  halle  unschul- 
digerweise dem  hause  einen  der  gröszlen   zanküpfcl   dagelas- 


APFELROTH — APOSTÜTZLER 


536 


sen,  den  je  der  minister  für  die  fruchtschale  mit  seinem  apfel- 
pflücker  sich  geholet  hatte.   J.  Paul  Tit.  3,  84. 

APFELROTH,  rofA, /'nscA  üie  ein  apfel:  empfieng  mit  einem 
apfelrothen  und  runden  gesiebte  den  miethmann.  J.  Paul 
flegelj.  1,  124. 

APFELRUND,  rund  wie  ap/ei;  apfelrunde  brüstlein.  Garg.  76'. 

APFELSAFT,  m.  succus  pomi. 

APFELSAUER,  säuerlich,  wie  apfelsaft. 

APFELSÄURE,  /".  acidum  melinum. 

APFELSCHALE,  f.  die  abgeschälte  haut  der  äpfel:  das  ist 
keine  apfelschale  werth.  nnl.  appelschel. 

APFELSCHELBE,  f.  scheibenförmiger  abschnitt  des  apfels. 

APFELSCHIMMEL,  m.  equus  scutulatus,  böhm.  gablecnjk, 
poln.  jablkowity  kon;   s.  apfelgrau: 

zwölf  knaben,  alle  in  grün  ' 
und  reich  gestickt,  sein  Waldhorn  jeder  am  munde, 
sieht  man  in  paaren,  zuerst  auf  apfelschimmeln  ziehn. 
Wieland  4,  13. 

APFELSCHNITT,  m.  APFELSCHNITTE,  f.  segmentum  maU 

loslum. 

APFELSCHNITZ,  m.  dasselbe:  komm,  empfah  den  apfel- 
schnitz von  mir.    seh.  tmd  ernst  cap.  30. 

APFELSINE,  f.  malum  sinicum.   nnl.  appelsina. 

APFELSÖLLER,  m.  tabulatum  pomis  servandis  construclum : 
ein  beschlossen  getäfel  zu  eim  opsgaden  (obstgadem)  oder 
apfelsolder.    Sebiz  35.   nnl.  appelzolder. 

APFELSTAMM,  m. 

APFELSTECHER,  m.  apfclbohrer,  zum  atisslechen  des  griebses. 

APFELSTIEL,  m.  petiolus  pomorum,  nnl.  appelsteel. 

APFELTRANK,  m.  hydromelum,  ahd.  epfiltranc  (Graff  5, 
539) ;   äpfeltrank  aus  Hessen.    Garg.  59'.    nnl.  appeldrank. 

APFELWANGE,  /.  mala:  zerspielt  (spa//e/e)  ihnen  die  apfel- 
wangen  und  kiefel  (kiefer).  Garg.  205'.  s.  apfelbein,  apfel- 
kinn. 

APFELWEIN,  m.  äpfeltrank :  hast  du  auch  obst  und  äpfel- 
wein  parat?  Fh.  Müller  1,  273.    nnl.  appelwijn. 

ÄPFLEIN,  n.  pomulum,  mhd.  epfelin,  nnl.  appeltje. 

APOSTEL,  m.  anöaroXos,  goth.  apaustaulus,  ags.  apostol, 
ahd.  bei  T.  156,  4  (Schm.  154,  16)  postul,  mhd.  apostel,  doch 
wird  noch  gern  dafür  das  einheimische  böte  verwandt:  die 
zwölf  boten,  die  heiligen  zwölfboten.  es  gibt  aber  auch 
falsche  apostel,  lügenapostel. 

APOSTELAMT,  «.  aTtoaroXr;,  goth.  apaustaulei  f  apostel- 
ampt.  Rom.  1,  5.  Gal.  2,  8 ;  das  der  bapst  nicbt  darf  predigen 
noch  beten  noch  einig  apostelampt  halten  oder  beweisen. 
Luther  3,  523. 

APOSTELGESCHICHTE,  f.  acta  apostolorum,  früher  das 
bütenbuch. 

APOSTELZUNFT,  f  genug  von  der  apostelzunft  {der  alhei- 
sten).    Götter  1,  411. 

APOSTOLIEREN,  gleich  den  aposteln  zu  fUsz  waiideim,  wie 
man  noch  sagt,  per  pedes  apostolorum :  derhalben  soll  er  {der 
pabst)  billich  nit  zu  fusz  in  die  kirch  apostolieren.  Fischart 
bienenk.  135*. 

APOSTÜTZLER,  m.  superstiliosus,  hypocrita  erscheint,  wie 
die  beiden  folgenden  ableitungen,  seit  der  zweiten  hälße  des 
15  jh.  nur  bei  schwäbischen,  elsäszischen,  schweizerischen  schriß- 
stellern,  nicht  bei  bairischen,  nicht  bei  Luther,  und  taucht  hin 
und  wieder  im  16.  17  jh.  auf  Pictorius  und  Henisch  geben 
apostützler  superstiliosus,  Dasypodius  läszt  es  schon  aus; 
Steinhövel  schreibt  postuczler,  mit  abgelegtem  anlaut,  wie  in 
jenem  postul  für  apostel :  sie  sprach,  sie  hette  einen  po- 
stuczler, der  nit  mannes  wert  wäre,  waichs  gemütcs.  weiber- 
chronik  s.  07  (Oberlin  1237) ;  Keisersberg  setzt  bald  die  volle, 
bald  die  gekürzte  form:  und  ist  emans  von  oberkeit  oder 
von  der  gemaind  desselben  klosters,  der  da  anders  sagen 
oder  leren  wolt,  und  sich  dawider  stellete,  der  wird  ge- 
schätzt vor  ainen  posteuilzlcr  und  fanlaslcn.  Zacheusbavm  143 
(Oberli.n  2,  1237);  wenn  ich  nit  an  unerlich  ort  gieng  mit 
den  gesellen,  so  würd  ich  verachtet,  ein  zagmetz  genant  und 
ein  apostützler.  schif  der  penitenz  12;  ander  verrucht  und 
sellos  Icut  hassen  sie  und  reden  inen  übel,  ir  gut  fürnem- 
men  verkeren  sie  inen  und  nennen  sie  pastuitzler,  gleiszncr, 
lufet.schen.  narrensch.  1 3 ;  haltestu  silenlium,  so  bistu  ein 
bastuitzler,  isscstu,  so  bistu  ein  frasz.  n3;  und  also  seind 
ir  aposluitzler,  hipocriten.   postille  2,  64. 

er  will  alluin  sin  ein  carthuser, 
und  tribt  ein  apostoizer  siodt. 

Urakt  narremch.  274, 


537        APOSTCTZLEREI  — APPELLIEREN 


APPER— ARBEIT 


538 


was    doch    bedeuten   musz,    treibt   eines  apostützers  siute,    hat 
eines  Heuchlers,  fantaslen  weise?  verkehrt  mit  ihm? 
du  lidenloser  apostätzler!    Rcefs  ildain41Sl; 

wirt  auch  durch  die  bockslützler,  zwangzapfen,  widerteufer, 
so  sie  ein  neuwe  müncherei  aufrichten  und  den  menschen 
ins  bockshorn  zwingen  wend,  nit  verhindert.  Spreters  in- 
struction  angef.  in  Schmids  schwäb.  wb.  6;  die  andern  sind 
gut  abergleubig  mönch  und  aposteitzler  gewesen  von  natur. 
Fba.\k  sprichw.  1, 123' ;  mit  zauberischen  zaichen  und  gebetlin, 
die  etwa  ein  narreter  aposteitzler  von  andacht  wegen  oder 
zu  aim  gehinetz  hat  erdacht,  sich  trösten.  34;  glaubet  die- 
sen an  liimmel  gehenkten  apostitzlern  (calenderpropheten)  nicht. 
Fischart  groszm.  38. 

APOStÜTZLEREI,  f.  superstitio,  hypocrisis:  nl  apostuitz- 
lerei  und  aberglauben  haltet  dis  volk.  Stumpf  Schweizerchr.  7 ; 
daraus  der  weit  unsinnigkeit  zu  merken,  in  was  grosze  apo- 
stülzlerei  und  Irrtum  sie  geraten.  Wlbstisen  Basler  ehr.  ad  a. 
1349;  die  aberglaubnarren  geben  acht  auf  vergebenliche  apo- 
stützlerei.  Keisersb.  narrensch.  241;  in  andern  postutzlerien 
und  aberglauben.  hell,  lew  25;  der  setzet,  da^  kein  christ 
Ton  einicher  geistlichkeit ,  aposteützlerei  oder  angenumner 
heiligkeit  wegen  einich  speis  soll  ausschlagen.  Frank  chron. 
2"l';  aber  was  trit  ich  in  das  mör  der  abergleubigen  und 
apostötzlerei?  35;  es  ist  auch  aposteitzlerei,  das  man  die  tag 
der  monat  hell  für  unglückhaft.  Thub>eisser  archidoxen  51 ; 
wo  einer  aus  der  h.  schrift  etwas  meldet,  das  rauh  und  hert 
ist  wider  menschliche  pockstelzlei,  der  hüte  sich,  ßugschr. 
ton  1522  bei  Frisch  1,  21' ;  mit  solcher  apostuzlerei  und  sonst 
dergleich  \iel  gleisznerei.    Strubels  neue  beitr.  zur  lit.  5,  254 ; 

wenn  man   creutz,   characteres   und   zeichen    macht  . ist 

solches  ein  rechte  offene  abergleubische  apostutzlereL  gut- 
achlen  eines  Ulmer  geistlichen  von  163»  bei  Scbmid  schwäb.  wb.  6. 

APOSTLTZLERISCH,  superslitiosus,  ßctitius,  abergläubisch, 
gleisznerisch :  das  aposteützlerisch  büchlein  von  der  kintheit 
Christi  beschriben  halten  sie  für  glaubwirdig.  Fra.nk  wellb. 
121';  die  mit  aposteilzlerischen  gebeten,  aberglauben,  segcn, 
kreutern  umbgehn.    chron.  417'. 

Was  soll  man  diesen  offenbar  von  der  geistlichkeit  aufge- 
brachten ausdrücken  unterlegen?  dar  bietet  sich  das  it.  apo- 
sticcio,  posticcio  spurius,  prov.  apostit,  sp.  apostizo,  franz. 
postiche,  mlat.  apostizus,  it.  aposticciare  simulare.  diese 
aber  scheinen  entstellt  aus  appositius,  zugefügt,  erdacht,  sp. 
apostia  betrug,  rerläumdung.  dem  abgestumpften  postützler  such- 
ten einige  in  bockstelzer,  bockstöszler  deutschen  anstrich  und 
nebensinn  zu  geben,  mit  recht  erlosch  uns  das  unnütze,  schiefe 
wort. 

APOTHEKE,  f.  eigentlich  behälter,  Speicher  überhaupt,  wurde 
iHk  mittelalter  eingeschränkt  auf  die  niederlage  ton  spezereien 
und  arzneien:  von  dem  süejen  geruoche  wart  diu  kirche  als 
ein  apoteke.  myst.  168,  40.  früher  ofl  entstellt  in  apteke, 
appenteke,  appentech  z.  b.  ring  26*,  10;  bei  Fischakt  Garg.  19' 
abecedek.    litt,  aptyka. 

APOTHEKER,  m. 

den  stillen  wassern  ist  am  wenigsten  zu  trauen, 
wiszt,  dasz  man  viel  von  ihr  und  dem  aptheker  spricht. 
Caxitz202; 

ich  ritt  neben  dem  fräulein  her,  wir  sprachen  von  dingen, 
mit  denen  kein  apotiieker  bandelt  {noi  ragionavamo  di  quelle 
cose  che  non  rende  lo  speziale).  Götbe  34,  263. 

APOTHEKERBLEICH:  derhalben  aus  mit  disen  langschau- 
bigen ,  apothekerpleichen ,  gespenstmageren ,  scichstinkigeo. 
Garg.  161'. 

APOTHEKERISCH:    aMeckerische  zäpfleinlüller.    Garg.  17*. 

APOTHEKERGESCHIRR,  n.  hanfgebulzte  apothekergeschirr 
und  weinbüchsen.    Garg.  19*. 

APOTHEKERRECHNUNG,  f.  hohe,  übertheuemde. 

APOTHEKGATTUNG,  f.  all  andere  gewürz  und  apoteck- 
gattung.    Frank  weltb.  192*. 

APPELLIEREN,  zu  oder  an  etwas:  ist  bös  wann  man  von 
einem  schläferigen  fürsten  musz  appellieren  zu  dem  wachen- 
den.   Fiscuart  groszm.  66 ; 

du  lassest  mich  dao,  berr,  ron  dir  voll  hirti^eh 
und  voll  gerechten  zorn  an  dich  voll  eiiiigkeit, 

lieb  und  pnad  appellieren.    Weckh.  332; 

meinst  du,  dasz  ich  müszig  sitze,,  wenn  ich  nicht  mit  seufzem 
ans  Sternenchor  hinauf  appelliere?  Fr.  MCllek  3,  l.so.  appellie- 
ren, nach  Speier  oder  an  den  h.  Ulrich   appelUeren,  vomere. 


APPER,  APPERICH,  n.  die  rollgesponnene  spindel,  im  gegen- 
salz  zu  andrehe,  der  halbbesponnenen :  wiltu  gern,  so  far  ne- 
ben usz  in  das  pater  noster  und  spinn  ein  apperich,  vater 
unser  der  du  bist  in  den  himeln.  Keisersb.  geisll.  Spinnerin; 
ich  bab  manig  abbrich  an  der  gunkel  gespunnen.  ebend.; 
approch,  vertebrum  quod  pendet  in  fuso.  tocab.  1482.  vgl. 
Jägers  Ulm  s.  652.  der  herkunß  nach  dunkel,  denn  abbre- 
chen, worauf  die  Schreibung  abbrich  leitet,  verbietet  der   sinn. 

APPETIT,  m.  appetilus,  zumal  eszlust,  aber  gelinder  als 
hunger:  der  gelust  und  appetit  kompt  allweil  man  iszt.  Gary. 
lOl',  l'appelit  vient  en  mangeant.  appetit  haben,  machen,  stillen, 
hab  appetit  auch  ohne  da<.    Götue  12,  135. 

APPETITLICH,  reizend,  lustmachend:  appetitlicher  hangen 
Garg.  249' ;  appetitliche  stelle.  Lessing  2,  408 ; 

glücklicher  künsller,  in  himmlischer  luft 
bewegen  sich  ihm  schöne  weiber. 
versteht  er  sich  doch  auf  rosendufl 
und  appetitliche  leiber.     Götue  3,  134. 

APPETITSBISSEN,  m.  appetitsbiszchen,  n.  leckerbissen. 

APRIL,  m.  aprilis.  mhd.  abrille,  abrelle  in  schwacher  form 
{gesch.  der  d.  spr.  84),  woher  die  Schreibung  aprill  bei  einigen, 
doch  lautet  uns  der  gen.  heute  aprils,  nicht  mehr  aprillen, 
welches  nur  einige  Zusammensetzungen  wahren,  einen  zum 
april,  in  den  april  schicken,  führen,  (J.  N.  Götz  sagt  blosz: 
aprilführen)  ihn  am  ersten  april  vergeblichen  gang  Ihun  lassen 
oder  sonst   auf  irgend   eine   weise  teuschen. 

am  ersten  april 
schickt  man  die  narren  wohin  man  will; 

dergleichen  druckfehler  sind  bei  hr.  Klotzen  sehr  hänfig,  so 
dasz  besonders  von  seinen  anführungen  der  klassischen  schrift- 
steiler unter  zwölfen  gewis  immer  achte  uns  zum  april  schi- 
cken.   Lessing  8, 47 ; 

willst  du  den  merz  nicht  ganz  verlieren 

so  lasz  nicht  in  april  dich  fuhren.    Götbe  3,  154; 

ich  habe  sie  auch  nicht  verrathen,  vielmehr  habe  ich  die  her- 
ren  in  den  april  geschickt.  Arnim  2,  2S3.  der  brauch,  unserm 
alterthum  unbekannt,  scheint  uns  erst  in  den  letzten  jhh.  aus 
Frankreich  her  zugeführt,  ist  aber  auch  dort  seinem  Ursprung 
nach  unaufgeklärt,  jedenfalls  hängt  er  mit  dem  beginn  da 
neuen  jahrs  im  april  zusammen. 

APRILLENBLUT,  f.  blute  der  bäume  im  april: 
aprillenblut  thul  selten  gut. 

APRILLENWETTER,  m.  herrengunst  und  aprillenwetter 
sind  veränderlich;  aprillenwetter,  männerschwüre.  Fr.  .MiJl- 
LER  1,  292. 

APRILLENWETTERISCH,  inconslaiu:  des  prinzen  aprilen- 
wetterische  gunst.    Simpl.  1,  85. 

APRILLENZEIT,  f. 

dein  liebster  war  ein  junges  blut, 
und  junges  hlut  hegt  wankelmut 
wie  die  aprillenzeit.'       Bcrger  4T*. 

APRILLSNARR,  m.  poisson  d'avril,  engl,  april's  fool,  april- 
fool :  selbst  die  übrigen,  die  man  hier  als  lacherlich  hinter- 
gangne  aprilsnarren  (dupes)  bezeichnet.  Götbe  46,  161.  m 
nördlichen  England  sagt  man,  aprilgouk,  aprilsgauch,  kukuk. 
Brand  populär  anliquitics  ed.  Hailiwell.  Lond.  1S4S.  1,  139. 

ABBE,  f.  pinus  cembra:  lerchen,  thannen,  arben  und  tä- 
nen  oder  forenen.  Münster  485.  die  arben,  so  man  pinus 
nennt  486.  Stald.  1,  109  ßhrt  auszer  arbe  auch  die  formen 
arve,  araf,  orfe,  arOe  an.    s.  arfel. 

ARBEISZ,  f.  pisum,  cicer,  ahd.  araw'i^,  mhd.  arw5?,  erewei; 
(Ben.  1,  56),  nnl.  erwt,  ert  für  erwet,  gr.  oooßo?,  lat.  ervum, 
enilia.  die  volle  gestalt  arbeisz  hat  noch  H.  Sachs  l,  511* 
und  die  bairitehe  mundarl  (Schm.  1,  101),  Hohberg  schreibt 
immer  arbeis,  Abraham  vo.n  s.  Cu  arbes,  die  fastn.  sp.  346, 19 
kifarbeis,  wie  bei  H.  Sachs  anderemal  steht  erbeis,  kiferbeis 
X.  b.  IV.  3,  4l'.  46'.  die  nhd.  schriflfbrm  lautet  erbse  für 
erbesz,  erwesz.     mehr  unter  erbse. 

ARBEIT,  f.  labor,  ein  uraltes,  viel  merkwürdige  seilen  dar- 
bietendes wort,  schon  das  geiius  schwankt,  «eiblich  sind  im- 
mer golh.  arbait)s,  ahd.  arapeit,  mhd.  arebeit,  arbeil.  bald 
weiblieh,  bald  neutral  alts.  arhii  und  arb^di,  ags.  earfod  und 
earfode,  earfede,  engl,  ist  das  wort  erloschen  und  dafür  werk 
mitgeltend,  mnl.  arbed  n.  und  m.,  nnl.  arbeid  nur  m.  überall 
neulral  sind  fries.  arbeid,  arb(\d,  altn.  erfidi  {nicht  anridi), 
schw.  arfoete,  ddn.  arbeide,  arbeid. 

Der  Wurzel  gehört  arb,  der  ableitung  eil,  weshalb  auch  die 
erste  $ilbe  den  haupUon,   die  zweite  noch  tieflon  hat  (ärb^it), 


539 


ARBEIT 


ARBEIT 


540 


Otfried  accentuierl  ärabeiti,  aber  tnhd.  taugt  arbeit,  arbeiten 
ju  stumpfem  und  klingendem  reim,  der  Volkssprache  wird  die 
zweite  silbe  tonlos:  drbet,  erbet,  vgl.  ämse,  emse  /«»•  ameise, 
mhd.  ämeije.  Luther  und  andere  seiner  zeit  schrieben  erbeit 
und  erbet,  Schwarzenberg  ärbet,  Logaü  arbt,  und  arbten, 
arbter  für  arbeiten,  arbeiten 

Dem  wurzelhaften  arb  liegt  aber  kein  andres  wort  so  nahe 
wie  das  goth.  arbja  heres,  ahd.  aripeo,  arpeo,  alln.  arfi  he- 
res,  filius,  und  beiden  entspringt  dadurch  wichtiger  aufschlusz, 
den  uns  aber  die  sl.  spräche  zumal  eröfnet.  wie  nun  die  Sla- 
ven  überhaupt  die  deutsche  dem  vocal  folgende  liquida  ihm  vor- 
ausrücken, z.  b.  unser  an  in  na,  unser  elbe  in  labe  wandeln, 
zeigen  sie  rab",  poln.  böhtn.  rob  und  rabota,  poln.  bühm.  ro- 
bota,  welche  jenem  arbja  und  arbaij)S  {nhd.  erbe,  arbeit)  der 
form  nach  auch  im  männlichen  und  weiblichen  geschlecht  genau 
entsprechen,  rabota  bedeutet  arbeit,  knechtsarbeit,  frohndienst, 
rab  einen  knecht,  leibeignen,  diener,  das  buhrn.  rob  einen 
knecht  und  knaben,  das  f.  roba  eine  magd  und  dirne,  das  n. 
robe,  robatko  kind  und  knabe.  es  musz  für  das  wort  erbe 
aufgespart  bleiben  näher  zu  erörtern,  wie  die  Vorstellungen  der 
Hörigkeit,  angehörig keit,  kindschaß  und  knechtschaß  tn  einander 
ftieszen;  hier  haben  wir  •  es  blosz  mit  rabota  und  arbeit  zu 
thun,  die  unbedenklich  dasselbe  wort  sind,  selbst  das  sl.  t 
deckt  sich  mit  dem  goth.  J)  in  arbaij)s  und  ahd.  d  in  arapeid, 
wie  die  ältesten  glosscn  mehrmals  gewähren,  sogar  ein  mhd. 
dichter  MS.  2,  91*  reimt  noch  arbeiten :  gesebeiden.  aber  die 
goth.  asp.  wurde  bald  in  d  erweicht,  folglich  ahd.  med.  mit 
der  ten.  vertauscht. 

T^icht  genug  an  dieser  bedeutsamen  einslimmung,  auch  das 
lat.  labor  ==  labos  und  weiter  ==  Jabots  (vgl.  arbor,  arbos, 
arbots,  arbutus)  scheint  dem  sl.  rabota,  nach  dem  Wechsel 
zwischen  1  und  r,  zu  begegnen,  und  labor,  rabota,  arbeit  wä- 
ren alle  drei  ßr  dasselbe  wort  anzuerkennen. 

Man  hat  arbeit  verschiedentlich  auf  die  würzet  arjan,  arare 
bezogen  und  den  an  fang  aller  arbeit  im  ackerbau  gesucht;  in 
der  that  bedeutet  ahn.  ar  sowol  aratio  als  labor,  das  it.  lavo- 
rare,  franz.  labourer  ist  colere  agrum  vorzugsweise,  und  die 
meisten  frohnen  gehn  auf  feldbestellung.  doch  läszt  alln.  er- 
fidi  sich  keineswegs  auflösen  in  arvinni,  und  vinna,  unser  vvin- 
nen,  gewinnen  landbauen  hat  wörtlich  nichts  zu  schaffen  mit 
arbeiten,  jene  auslegung  beseitigt  aber  den  labiallaut  b,  der, 
wie  rabota  lehrt,  im  wort  wesentlich  mitspielt,  arbeit  ist  kein 
zusammengesetztes,  nur  ein  abgeleitetes  wort,  eine  höher  lie- 
gende verwandtschaß  der  würzet  arb  und  ar  soll  nicht  abge- 
leugnet werden,  in  unsrer  spräche  musz  arb,  in  der  slavischen 
rab,  tn  der  lat.  lab  als  würzet  festgehalten  bleiben. 

Das  goth.  arbaiJ)S  übersetzt  meistens  xoTtos,  im  abstracten 
sinne  von  labor  und  molestia,  das  ahd.  arapeit  gleichfalls  la- 
bor, tribulatio,  adversitas,  molestia,  auch  tempestas  und  pro- 
cella.  0.  IL  14, 10  zu  den  Worten  bora  erat  quasi  sexta.  Joh. 
4,  6  erläutert  : 

tba;  ist  dages  heijista  joh  arabeito  meista, 

die  zeit,  wo  der  tag  am  heiszesten,  die  arbeit  am  schwersten, 
härtesten  ist.  hier  meint  arbeit  doch  thätigkeit,  werk,  nicht 
noth  und  mühe.  Ben.  1,  53  geht  wiederum  zu  weil,  wenn  er 
fürs  mhd.  arbeit  nur  diese  leidende,  nicht  die  thälige  Vorstel- 
lung will  gelten  lassen,  Walther  sang  103,24  von  einem  gärt- 
ner,  der  das  unkraut  jäten  solle: 

und  merke,  ob  sich  ein  dorn 
mit  kündekeit  dar  breite, 
daj  er  den  Turder  leite 
von  siner  arheite: 
sist  anders  gar  verlorn, 

das  will  sagen,  den  dorn  von  seinem  beet,  seiner  hände  arbeit 
entferne;  mühe  und  ermüdung  setzen  eine  aufgewandte  arbeit 
und  anstrcngung  voraus. 

Man  musz  sich  so  ausdrücken :  während  in  der  älteren  spräche 
die  bedeulung  von  molestia  und  schwerer  arbeit  vorherschte, 
die  von  opus,  opera  zurück  trat,  tritt  umgedreht  in  der  heu- 
tigen diese  vor  und  jene  erscheint  seltner,  jede  derselben  war 
aber  in  dem  wort  selbst  begründet,  seitdem  allmdlich  die  thä- 
tigkeit der  menschen  unknechtischer  und  freier  wurde,  war  es 
natürlich  den  begrif  der  arheit  auf  leichtere  und  edle  geschäße 
auszudehnen,  dies  wird  aus  dem  aufzahlen  der  einzelnen  be- 
deutunqen  sich  näher  ergeben,  in  allen  aber  ist  arbeit  bald 
das  arbeiten,  bald  das  gearbeitete,  bald  das  zu  arbeitende. 

1)  ursprünglich,  wie  wir  sahen,  war  arbeit  die  auf  dem  knecht 
lastende,  vorzugsweise  was  für  die  feldbestellung,  um  tagclohn 


gewerkt  werden  muste:  und  machten  inen  ir  leben  säur  mit 
schwerer  erbeit  im  tbon  und  zigeln.  2  Mos.  1,  14;  und  die 
kinder  Israel  sufzeten  über  ire  erbeit.  2,  23;  wenn  du  deine 
erbeit  einsamlet  hast  vom  felde.  23,  16 ;  die  drauben  so  on 
deine  erbeit  wachsen.  3  Mos.  25,  5 ;  du  wirst  dich  neren  dei- 
ner hende  erbeit.  ps.  128,  2;  andere  haben  geerbeitet  und  ir 
seid  in  ire  erbeit  komen.  Joh.  4,  38 ;  ein  ieglicher  aber  wird 
seinen  Ion  empfahen  nach  seiner  erbeit.  1  Cor.  3,  8.  vgl.  alts. 
manarbedi,  thiodarbedi. 

2)  allmdlich  heiszt  alles  arbeit,  was  von  den  sogenannten 
handwerkern  verrichtet  wird,  wofür,  wie  dieser  name  selbst  be- 
zeugt, ursprünglich  lieber  werk  gesagt  wurde,  obschon  tagewerk 
auch  den  dienst  des  taglöhners  bezeichnen  kann,  arbeit  der 
zimmerleute,  maurer,  schmiede  u.  s.  w.  dann  ebenwol  die 
feinere  arbeit  der  künstler  und  bildner:  allerlei  künstlich  er- 
beit. 2  Mos.  35,33;  eingelegt  arbeit.  Garg.  loo';  erhabne  bild- 
arbeit;  arbeit  in  elfenbein; 

die  arbeit  ist  so  rein  und  überkönstlich  klar, 
dasz  man  es  halten  mocht  für  lebendig  und  wahr. 
Weckherli.n  727 ; 

der  mahler,  des  mahlers  pinsel,  des  kupferstechers  griffel  hat 
eine  schöne  arbeit  geliefert,  feine  arbeit  der  frauen  »1(7  der 
nadel,  näbarbeit,  Stickarbeit,  putzarbeit.  Pariser  arbeit,  ein 
paar  pantüffelchen  von  so  feiner  schöner  arbeit.  Göthe  19, 169. 
auf  solche  arbeiten  gehn  die  redensarten:  etwas  in  arbeit  ge- 
ben, verdingen,  dem  meister  aus  der  arbeit  gehn  ;  die  arbeit 
lobt   ihren   meister;  die  arbeit  flicken  und  ausbessern. 

3)  kopfarbeit,  geistige  arbeit,  bücherarbeit,  gelehrte  arbei- 
ten: er  hat  eine  neue  arbeit  unter  der  band,  unter  der  feder; 
Plautus  musz  sehr  zeitig  comödien  zu  schreiben  angefangen 
haben,  wenn  alle,  die  man  für  seine  arbeit  ausgegeben  hat, 
wirklich  von  ihm  sind.  Lessing  3,  3;  der  buchhändler  bittet 
ihn  in  der  Zueignung  um  Verzeihung,  dasz  er  ohne  seine  er- 
laubnis  alles,  was  er  von  seiner  arbeit  auftreiben  können, 
zusammen  gedruckt  und  der  weit  mitgetheilt  habe.  4,  212. 

Von  allen  diesen  bedeututigen  unter  1.  2.  3  heiszt  es  nun :  die 
arbeit  wird  mir  schwer  oder  leicht,  fleckt;  es  ist  eine  sauere, 
süsze  arbeit;  an  die  arbeit  gehn,  sie  gut  oder  schlecht  ver- 
richten, ausführen ;  saubere,  reine  arbeit  liefern ;  arbeit  über- 
nehmen und  leisten  (Garg.  284');  einen  in  arbeit  setzen;  die 
Sache  ist  in  arbeit;  nach  gethaner  arbeit  ist  gut  ruhen;  ar- 
beit gebiert  ruhe;  arbeit  schlägt  feuer  aus  dem  stein;  arbeit 
ist  unser,  gedeihen  steht  bei  gott.  einzelne  der  vom  handwerk 
geltenden  redensarten  leiden  auch  auf  die  geistesarbeit  anwen- 
dung:  dieses  dichters  werk  ist  flickarbeit;  mit  neuen  bewei- 
sen oder  ausgebesserter  arbeit  alter  beweise  würde  ich  bit- 
ten mich  zu  verschonen.  Kant  2,  488. 

4)  noch  allgemeiner  übertragen  wir  arbeit  auf  andere  Ver- 
richtungen, ohne  dasz  ein  bestimmtes  werk  hervorgebrMt 
und  aufgestellt  wird:  du  enthältst  dich  zu  lange  der  speise, 
gib  deinen  zahnen  arbeit;  mit  der  aufgesetzten  speise  machte 
er  schnell  reine  arbeit;  sauber,  rein  arbeit  im  becher  ma- 
chen {rein  austrinken).  Garg.  43';  gehst  ein  guten  gold- 
schmid,  machest  sauber  arbeit  87';  der  busar  machte  kurze 
arbeit,  hieb  ihm  den  köpf  vom  hals  herunter;  in  diesen 
Sachen  bemüht  man  sich  nicht  gern  mit  so  genauen  be- 
rechnungen  und  macht  lieber  kurze  arbeit  (verrichtet  sie  als- 
bald, thut  sie  aufs  schnellste  ab).  Wieland  15,  245;  der  macht 
kurze  arbeit,  ist  resolut.  Schiller  326 ;  das  glück  hat  bereits 
schon  zu  viel  für  uns  gethan,  wir  müssen  uns  selbst  auch 
noch  arbeit  geben  {selbst  etwas  schaffen).  164 ;  wir  erfreuen 
uns  über  die  macht  des  Pflichtgefühls,  welche  die  erfindungs- 
kraft  eines  Verführers  so  sehr  in  arbeit  setzen  kann.  1137; 
er  habe  sein  bedeutend  leben  in  kfiegcrischer  arbeit  {ft^xV 
növoe)  aufgewendet.  349 ;  in  arbeit,  in  voller  arbeit  sein,  an- 
gelegentlich beschäßigt : 

und  er  war  zu  beginnen  ein  hohngclnchter  in  arbeit. 
Klopst.  Mess.  Iti,  452. 

5)  die  Vorstellung  der  arbeit  wird  an  einzelne  zustände  ge- 
knüpß,  die  anhallende  anslrengung  oder  naturlhdligkeit  zu  er- 
kennen geben,  namcnllieh  lieiszl  reise  eine  arbeit,  das  franz. 
travail  hat  im  engl.  Iravel  geradezu  diesen  sinn  überkommen; 
so  drückt  unser  arbeit  wo  nicht  die  reise  selbst,  doch  die  an- 
slrengung und  ermattung  der  reisenden  aus :  eine  sauere  arbeit 
{bei  besteigung  des  Vesuvs).  Güthe  28,  22;  aber  der  arl>eit  dieser 
pferde  und  lt!ule  kunle  ich  mich  nicht  gnugsam  verwundern, 
dann  ich  ward  so  müde,  dasz  ich  tausentmni  lieber  geschlafen 
hutte,  wie  woi  sie  alle  noch  frische  äugen  hallen  wie  die  falken. 


541 


ARBEIT  — ARBEITEN 


ARBEITEN 


542 


I 


Philasd.  2,  597 ;  gegen  nacht  zogen  wir  weiters  . . .  und  be- 
gunten  sowol  die  pferd  als  wir,  wegen  der  arbeit,  jetzt  müde 
lu  werden.  2,  599.  eine  viederkehrende  eddische  redensart 
stellt  erfidi  und  önndi,  arbeit  und  bolschaß,  Werbung  und  ge- 
schäß  zusammen  und  gilt  zumal  von  reitenden  boten :  befir  {)U 
erendi  sem  erfidi?  beü  ek  erfidi  ok  örindi,  ich  habs  geworben 
und  ausgerichtet ;  böfura  erfidi  ok  ecki  örindi,  wir  haben  die 
arbeit  gehabt  und  nichts  erlangt,  es  war  verlorne  arbeit.  ?iichl 
anders  als  das  lat.  labor,  gr.  növoi,  altn.  verkr  dolor  {neben 
verk  opus)  bezog  sich  arbeit  auf  anhaltenden  schmerz,  beson- 
ders gebärender,  labor  parturientium :  tha?  wib,  tbanne  siu 
gibirit  tben  knebt,  iu  ni  gibugit  tbera  arbeiti  (non  meminit 
pressurae).  T.  174,5  nach  Joh.  16.  21;  die  frau  liegt  in  arbeit, 
in  kindsnüthcn :  ein  fraw,  die  in  kindsarbeit  Iigt.  Keisersb.  post. 
3, 17 ;  twen  wiven,  de  ire  bulpen  to  irme  arbeide.    Ssp.  l,  33 ; 

eleicbwie  eio  hochscbn'angrer  leib,  der  die  herbe  zeit  erkanat, 
die  ibm  zu  der  arbeil  ruft,  schmachtet  ia  der  vrehmut  band. 
Grtphics  2,  41)7 ; 

her  liegr  Borgny  ofborin  Terkjom.  Saem.  239*. 
so  ist  die  rede  von  einer  arbeit  der  natur  (beim  erdbeben) 
Käst  9,  31,  wie  man  sie  auch  kreiszen  und  gebären  Idssl;  das 
tobende  meer,  die  wellen  sind  in  arbeit  und  hierhin  darf  je- 
nes ahd.  arapeit  =  procella,  tempestas  genommen  werden,  ja, 
wir  legen  gährenden  Stoffen,  bevor  sie  zur  ruhe  gelangt  sind, 
arbeil  bei:  der  wein,  das  bier  ist  nocb  in  der  arbeit;  was 
auch  die  chemie  auf  ihre  mischungen  anwenden  könnte. 

6)  hieran  grenzt  nun  unmittelbar  die  von  schwerer  kncchts- 
arbeit  zuerst  aljgeleitete  abstraction  groszer  mühe  und  anstren- 
gung.  alle  arbeit  ist  verloren  kann  nichts  sagen  sollen  als 
alle  aufgewandte  mühe  war  vergeblich,  der  wird  uns  trösten 
in  unser  mübe  und  erbeit  auf  erden,  l  Mos.  5,  29 ;  unser  le- 
ben wehret  siebenzig  jar,  und  wenns  köstlich  gewesen  ist,  so 
ists  mühe  und  erbeit  gewesen,  ps.  90,  10;  ich  habe  sie  (die 
h.  schriß)  über  zwelf  jar  geieret  und  mit  groszer  schwerer 
erbeit.  Luther  6,  24';  ir  habent  vorhin  wol  gebort,  was  ar- 
beit und  not  die  \\er  gebrüder  in  dem  thal  Vacolür  erlitten. 
Aimon  r3;  ein  widwe,  die  nun  ihrn  eigen  sinn  gefaszt  hat, 
soltu  die  nach  deinem  sinn  ziehen,  das  wil  arbeit  nemen 
(kosten).  Albebcs  ehbüchlein  E4'. 

wa  der  poet  mit  süszen  bogen 
durch  übermenschliche  arbeit 
sie  uicht  der  parken  band  einzogen.   Weckh.  355 ; 

wie  hat  in  unaussprechlicher  arbeil 
seine  seele  gerungen  !    Klopst.  Hess.  13,  244. 
tages  arbeit!  abends  gäsie, 
saure  wochen  ;  l'rohe  feste !    Götue  1,  199. 

ARBEITEN ,  laborare,  goth.  arbaidjan,  ahd.  arapeitan  und 
arapeitön,  mhd.  arebeiten,  arbeiten,  nnl.  arbeiden,  doch  altn. 
wird  von  erfidi,  ags.  von  earfod,  earfede  kein  verbum  geleitet. 
Letuer  schrieb  erbeilen,  was  nicht  zu  verwechseln  mit  dem 
häufigen  erbcilen  =  erwarten,  mhd.  erbiten  und  erbeilen.  Lo- 
CAO  gestallet  sich  arblen.  Das  goth.  arbaidjan  bedeutet  xontät', 
Matlh.  6,  28  von  den  lilien:  nih  arbaidjand  nih  spinnand,  ov 
xOTiiöJatv  ovSi  vTid'ovaiv,  non  laborant  neque  nent,  ahd.  si 
ni  arbeitenl  noh  ni  spinnent,  zur  deutlichen  bestätigung  des 
vorhin  bei  arbeil  erörterten  alten  begriffes  thdtiger  werhsamkeit. 

1)  intransitives  arbeilen,  «rerAen,  schaffen,  streben,  viel  ar- 
beilen oder  wenig,  leicht  oder  schwer,  schnell  oder  langsam, 
gern  oder  unlustig,  freiwillig  oder  gezwungen,  umsonst  und 
vergebens;  arbeiten  im  hause,  felde,  walde,  auf  dem  acker; 
bei  tage,  bei  nacht,  bei  liebte;  auf  eigne  band,  bei  einem 
meisler;  allein  oder  in  gesellscbafL 

Den  gegenständ  der  arbeit  bezeichnet  an,  den  stof  in:  an 
einem  schuh,  kleide,  ring,  bild,  buch,  lied  arbeiten,  daran  ar- 
beitete ich  schon  lange,  in  leder,  lurh,  seide,  Silber,  gold, 
mannor  arbeilen,  in  der  classischen  literalur,  in  der  elegi- 
schen dicblarl;  in  der  sache  will  ich  nicht  länger  arbeiten; 
in  jeder  andern  malerie  arbeilen.  Lessinc  8,  496;  warum  noch 
kein  tragischer  dichter  in  diesem  Stoffe  gearbeitet  bat.  Schil- 
ler 144.  i  n  mit  acc:  aber  doch  ist  auch  so  viel  wahr,  dasz 
es  einem  kOnstler  weit  anständiger  ist,  den  slof,  in  den  er 
arbeitet,  seinen  gedanken,  als  seine  gedanken  dem  Stoffe  zu 
unterwerfen.  Lessinc  S,  159.  man  darf  nie  aufliören  an  sich 
selbst  zu  arbeiten ;  die  sache  arbeitet  in  sich  selbst  fort.  Den 
iweek  der  arbeil  gibt  auf  an:  wir  arbeilen  auf  eins  und  das- 
selbe ;  he,  aller  Pasquino,  du  maciitesl  es  gut,  das  nemliche 
that  ich,  und  so  arbeiteten  wir  auf  eins.  Klisgers  /A.  2,  233; 
so  hatten  wir,  ohne  uns  zu  kennen,  auf  einen  zweck  gearbeitet. 
Kli:<cer  4,  258 ;  auf  die  höchste  Wirkung  ihrer  kunst  arbeiten. 


Lesswg  6, 435 ;  so  wenig  auch  die  hetrurischen  künstler  auf  das 
schöne  gearbeitet.  6,  437.  neuere  pflegen  ein  h  i  n  beizußgen : 
auf  die  edelsten  zwecke  hinarbeiten,  weidmännisch  heiszt  aber  auf 
Wildbret  arbeiten,  es  mit  dem  leilhunde  suclien  und  bestätigen, 
die  kreiszende  frau  arbeitet  zum  kind :  einer  zum  kind  ar- 
beitenden frauen  einer  baselnusz  grosz  bibergail  in  bier  zu 
trinken  geben.  Hohberg  2,  550' ;  schwangere  weiber,  wann  sie 
zur  gehurt  arbeiten.  3,  503'.  für  und  um  etwas  arbeilen: 
für  das  vaterland,  für  seine  multer;  um  geld,  um  ehre  arbei- 
ten; Polygnotus,  der  kein  gedungener  künstler  war,  sondern 
blosz  um  die  ehre  arbeitete.  Lessixc  6,338.  mit  etwas  ar- 
beiten :  er  arbeitete  mit  bänden  und  füszen.  um  sich  los  zu 
machen ;  mit  der  feder,  mit  dem  spaten  arbeiten ;  mit  dem 
köpf  arbeiten ;  handwerker,  die  sonntags  auf  der  geige  arbei- 
ten. J.  Paul  Hesp.  2,  91. 

Bloszes  arbeilen  =  ringen,  sich  mühen :  da  er  lang  in  sol- 
chem jamcr  arbeitet.  Aimon  X. ;  er  arbeilet  seitdem  noch  lebhaf- 
ter durch  das  gesträuch,  um  herauf  zu  kommen.  Klopst.  8,131; 

du  der  Hiob  erhörte,  da  er  von  Jammer  umgeben 
strebt,  arbeitet  uod  rang  zu  glauben  und  dennoch  nicht  glaubte. 

Hess.  12,  459 ; 

die   pferde   hatten   in    dem   leimigen  boden  zu  arbeiten,   um 

den  wagen  fortzuziehen. 

2)  inlransilires  arbeiten  in  anderer  anwendung.  es  arbeilet 
in  mir;  der  köpf  arbeitet:  mein  herz  arbeitete  und  blutete; 
sein  in  zweifeln  verwickelter  geisl  arbeitete,  sich  loszuwinden. 
WiELASD  1,  56 ;  er  schlosz  daraus,  dasz  el^vas  in  seinem  ge- 
müt  arbeitete.  2,  294 ;  der  bruder  marquis  verzog  gewaltig  die 
miene,  man  sah,  dasz  ein  verdammt!  unter  seinen  zahnen 
arbeitete.  Klinger  1, 121 ;  ein  seufzer,  der  erste,  der  mit  wol- 
lüstigem schmerz  aus  ihrer  errölhelen  brüst  empor  arbeitete, 
sagt  ihr,  sie  liebe.  Wielasd  10,  24 ;  dem  schwer  arbeilenden 
busen  entrissen  nur  einzelne  stammelnde  laute  sich  noch. 
Kosegabte.s  ; 

ihm  arbeilet  die  seele, 
sich  aus  diesen  tiefen,  die  stets  mehr  sanken,  zu  heben, 
uod  arbeitet  umsonst.  Klopst.  Hess.  14,  S67; 

sein  äuge  arbeitet  mit  scbarfem, 
untersuchendem  blick,  die  stolze  siadt  zu  erkennen.  9,  53; 
mit  einem  äuge,  in  dem  man  die  sehnsüchtig  an  einem  bilde 
Emanuels  arbeitende  seele  sah.  J.  Pacl  Hesp.  l,  76 ;  ich  spare 
keine  schätze,  was  ich  habe,  arbeitet  zum  besten  eures  reiclis. 
Klinger  2,  71.  ich  war  in  eine  batlerie  getreten,  die  eben  ge- 
waltsam arbeitete.  Göthe  30,  31;  der  ofcn  arbeitel.  34,  HO; 
die  quelle,  die  unterm  boden  arbeitet  und  nirgends  ausgang 
finden  kann.  Klincers  th.  3, 126 ;  überall  war  lebensmost  aus- 
gegossen und  arbeitete  brausend.  J.  Pall  Tit.  4,  ICO;  hafen- 
ketlen,  die  den  Jünglingen  die  fahrt  ins  arbeilende  meer  ver- 
hängen. 2,10;  das  bier,  der  wein  arbeilet,  gährt;  das  Geber, 
die  krankheit  arbeilet;   der  lelegraph  arbeitet; 

der  melancholische  rabe 
mit  arbeitendem  flug  nach  alten  mosichien  eichen 
seine  reise  beginnt.  ZiCütRiI  2,  64. 

3)  transitives  arbeiten  mit  acc.  der  sadie:  das  feld,  den 
acker,  die  erde  arbeilen,  bauen,  bearbeiten;  so  erbeite  im  nu 
seinen  acker,  du  und  deine  kindcr  und  knechte.  2Sam.  9, 10; 
erbeile  deinen  acker.  spr.  Salom.  24.  27 ;  die  der  scbrifl  nach 
die  erden  erbeilen  und  ir  narung  daraus  suchen.  Lctber  1, 
314';  der  boden  ist  fruchtbar  und  gut  gearbeitet.  Götbe  43, 
163;  das  bild  ist  flüchtig,  das  buch  ist  vortreflicb  gearbei- 
tet; die  leule  arbeiten,  abarbeiten,  strapazieren;  das  militJr, 
der  fürst,  die  regierung  würden  uns  schön  zusammen  arbei- 
ten. Göthe  15,  26 ;  Hallers  vortrefliche  physiologie  hätte  mich 
beinahe  nieder  gearbeitet.  J.  Pall  mumien  3,  54;  zugvieh  zu 
tod  arbeiten ;  ein  pferd  arbeiten,  anstrengen  mit  reiten :  und 
gib  im  nichts  anders  zu  essen  als  rogg^nstro  und  arbeite  es 
zirolich.  Seuter  rosarznei  20 ;  weidmännisch,  den  hund  arbei- 
ten, abrichten:  ein  rein  gearbeiteter  hund,  der  nur  zu  einerld 
«ildbret  gewöhnt  ist.  ein  kleid,  einen  schuh  arbeiten ;  einen 
korb,  einen  geldbeulel  arbeiten;  ein  budi,  ein  gedieht  ar- 
beiten, an  dem  b.,  g.  arbeilen,  seine  ehre,  seine  schände  an 
etwas  arbeiten :  ich  glaube,  dasz  einer  seine  und  Homer» 
schände  an  hcxametem  arbeiten  würde.  Bürger  ISl'.  bei  aus- 
gelassenem acc.  streift  die  bedeutung  in  intransitive:  wer  nicht 
erbeilen  wil,  sol  auch  nicht  essen.  Luther  6,  29* ; 

welch  eine  zeit  i»t  jetzt»  man  spannt  die  drescher  an. 

und  frissei  den  wol  gar,  der  nicht  mehr  arbien  kan.    I.ocao  1,  6,  37; 

gewöhnlich,  sagte  er,  ist  nichts  lustiger,  als  wenn  Schauspie- 
ler von  studieren  sprechen,  es  kommt  mir  ebenso  vor,  als 
wenn  die  Ireimäurer  von  arbeiten  reden.  GOthe  19, 183. 


543 


ARBEITEN — ARBEITSCHEU 


ARBEITSCHULE  —  ARBEITSKRAFT   544 


4)  sich  arbeiten,  sich  anstrengen,  verhall  sich  zu  bloszem 
arbeiten  wie  Tioveouai  zu  novico :  ich  hab  mich  gemühet  oder 
geerbeitet  mit  laufen,  mit  scLiahen,  also  hie  auch,  ich  er- 
beite  mich  mit  seufzen.  Luther  1,  20'.  3,  3';  s.  Augustin  viel 
sich  drinnen  erbeitet.  3,  492';  ich  höre,  das  wol  fünfmal  dis 
edict  sei  verendert  und  haben  viel  sich  dran  geerbeitet.  5, 
291' ;  dieweil  sich  nun  der  künig  ernstlich  arbeitet,  das  schlosz 
dem  Türken  abzutringen.  Frank  chron.  210"; 

ein  frosch  gern  grosz  gewesen  wer, 

drumb  arbeit  er  sich  mächiig  selir, 

dasz  er  möclit  werden  wie  eip  kuh.    Er.  Albkrus  149; 

wann  ihr  euch  arbeit  noch  so  sehr, 

noch  werdt  ihr  kein  kuh  nimmermehr.    150'. 

sich  heraus,  herauf  und  hinein  arbeiten :  die  sich  selbs  her- 
aus arbeiten.  Luther  3,  5 ;  er  hat  sich  mutig  aus  dem  grösz- 
ten  elend  heraus  gearbeitet;  wie  sich  die  rasende  Jugend  in 
ihr  elend  hinein  arbeitet;  die  bestrebung,  die  er  anwendete, 
sich  heraus  zu  arbeiten.  Wieland  1,  304;  ich  arbeitete  mich 
mit  ihr  ans  ufer.  13,  78 ;  das  meer  arbeitet  sich  in  andere 
gegenden  hinein.  Kant  9,  17;  der  mond  arbeitete  sich  aus 
einem  blutmeer  von  dünsten  ohne  stralen  herauf.  J.  Paul  uns. 
log.  2,  139 ;  er  arbeitet  sich,  noch  zu  tode. 

5)  arbeiten  lassen :  ich  lasse  bei  meister  NN  arbeiten ;  er 
liesz  ihr  bild  arbeiten;  machte  sich  ein  hübsch  kapitälchen 
und  liesz  es  brav  arbeiten  und  durch  Interessen  vermehren. 
Klinger  1, 123 ;  mehrere  meinungen  im  briefwechsel  gegenein- 
ander arbeiten  lassen.  Göthe  45,  307 ;  die  maschine  a.  1. 

ARBEITER,  m.  operarius,  opifex,  nnl.  arbeider,  sowol  der 
tagelOhner  als  handwerker  (goldarbeiter,  Silberarbeiter),  ja  je- 
der arbeitende :  er  ist  ein  guter,  schneller  arbeiter.  unter  den 
arbeitern,  der  arbeitenden  classe  denkt  man  sich  vorzugsweise 
Landarbeiter  im  haus,  im  felde,  in  den  fabriken,  das  gesinde. 
Luther  schrieb  erbeiter,  Logau  arbter.  also  machten  alle 
weise  menner  unter  den  erbeitern  am  werk.  2  Mos.  36,  8 ;  so 
hastu  viel  erbeiter,  Steinmetzen  und  zimmerleut.  1  chron.  23, 15 ; 

der  fried  ist  zwar  gestift,  die  krieger  handeln  linde, 
die  Steuer  trillt  uns  noch,  uoch  arbter  und  gesinde. 
Logau  3,  s.  227,  51. 

ARBEITERBEWEGUNG,  f.  aufruhr  der  arbeiter,  arbeiterkra- 
wall. 

ARBEITERIN,  f.  operalrix. 

ARBEITEBISCH,  industrius,  arbeitsam. 

ARBEITERLOHN,  m.  arbeitslohn.  Rabener  3,  314.  nnl.  ar- 
beidsloon. 

ARBEITERNOTH,  f. 

ARBEITGEBER,  m.  der  ßr  sich  arbeiten  läszt,  die  arbeit 
bestellt  und  zahlt. 

ARBEITLEER,  vacuus  a  labore,  miAelos.   arbeitleere  stelle. 

GöKINGK    1,  3. 

ARBEITLOS,  laboris  expers,  nicht  arbeitend,  weichlich  und 
arbeitlos.  Voss  Od.  21, 151. 

ARBEITMÜDE,  fessus  labore. 

ARBEITNEHMER,  m.  gegenüber  dem  arbeitgeber,  der  die 
aufgetragne  arbeit  annimmt. 

ARBEITRCSTIG,  promtus  in  labore. 

ARBEITSAM,  laboriosus,  aerumnosus,  ahd.  arbeitsam.  Graff 
1,410;  mhd.  arbeitsam  und  herte.  Trist.  429,  6;  nnl.  arbeid- 
zaam;  das  erbeitsame  verlangen  nach  der  gnade  und  trost. 
Luther  3,  17';  pferd,  qchsen  und  ander  erbeitsam  viehe.  4, 
515';  arbeitsame  bienc; 

mit  arbeitsamer  noih  und  mit  gar  viel  bemühen 
sie  miteinander  fort  durch  ein  gewälde  ziehen. 
Werdkrs  Ariost  7,  8. 

heute  ist  uns  arbeitsam*  nur  fleiszig,    anhaltend  in  der  arbeit. 

ARBEITSAMKEIT,  f.  assiduus  labor.  handvesl  arbeitsam- 
keit.  Fischart  glückh.  schif  28. 

ARBEITSANSTALT,  f.  in  dieser  und  den  folgenden  Zusam- 
mensetzungen ist  das  s  nicht  aus  einem  n.  zu  erklären,  son- 
dern wie  bei  andern  angefügten  f.  zu  nehmen. 

ARBEITSAL'FSEHER,  m.  operis  exactor. 

ARBEITSBEDÜRFNIS,  n. 

ARBEITSBESTELLUNG,  f. 

ARBEITSBEUTEL,  m.,  worin  die  frauen  zeug  zum  nähen 
und  stricken  tragen,    s.  arbeitskörbchcn. 

ARBEITSBIENE,  f.  apis  mellifica :  eintragende,  bauende  ar- 
beitsbiene. 

ARBEITSCHEU,  fugicns  laborem:  arbcitsclicuc  flüchtigkeit. 
Wieland  2, 10 ;  arbeitscheu  zum  schreiben.  Wielands  Ihr.  1, 124. 

ARßElTSCHEU-,  f.  fuga,  taedium  laboris. 


ARBEITSCHÜLE,  f.,  in  der  kinder  zu  gewerben  angezogen 
werden. 

ARBEITSELIG,  mühselig,  aerumnosus,  nnl.  arbeidzalig,  mhd. 

wan  er  leider  arbeitsselec  was.    Trist.  55;  10 ; 

nhd.  sich  rauch  gegen  einen  arbeitsäligen  halten.  Maaler  209' ; 

ein  arbeilseligs  ihier.    fastn.  sp.  875,  33; 
ich  arbeitselige  bürde!    876,20; 

die  arbeitseligen  menschen.  Keisersb.  schif  der  pehitenz  15; 
arbeitsälige  sorg.  Frank  spr.  8 ;  mein  arbetselige  müwe.  chron. 
vorr.  aii";  deren  narung  ist  arbcitselig,  leben  von  nussen. 
weltb.  198';  arbeitsälig  joch  der  leibeigenschaft.  Stumpf  1,  285"; 
in  die  arbeitselig  well  gesetzt.  Aimon  r. ;  ich  mein  das  arbeit- 
sälig fleisch  und  die  baufellig  hütten  des  Christen.  Wernstreit 
kriegb.  des  fr.  30 ;  machet  ihr  das  arbeitsälig  leben  noch  seu- 
rer.  83;  so  würden  die  lastschif  nicht  mehr  besetzet  sein  und 
also  (welches  ein  arbeitseliger  handel)  den  feinden  müssen  zu 
theil  werden.  Fhonsp.  3,  156";  ein  verdrieszlich  mühsam  und 
arbeitseliger  handel  ist  es  (bei  nacht  ins  lager  kommen).  Kirch- 
hof mil.  disc.  131 ;  zu  einem  arbeitseligen  und  mühsamen 
leben  geboren,  wendunm.llä^ ;  wie  ein  arbeitseliges  und  elen- 
des geschüpf  es  umb  ein  menschen  ist.  Thurneisser  archid. 
vorr.  1 ;  kommet  zu  mir,  die  ir  arbeitselig  und  beschwert  seid. 
Reiszner  Jerus.  1,  5l'.  2,  91'  (Matth.  11,  28  wo  Luther  mühse- 
lig und  beladen);  waren  sonst  ein  hart  und  arbeitselig  volk. 
MicRÄLius  a.  P.  2,  180;  ach  arbeitselige  glückseligkeit.  Simpl. 
1,  147 ;  manche  provinz  unserer  arbeitseligen  nation.  Herder 
16,  157 ;  leidengeübte,  arbeitselige  Psyche.  Kosegarten,  heule 
wird  mühselig  vorgezogen,  weil  in  arbeit  der  leidende  begrif 
zurücktritt. 

ARBEITSELIGKEIT,  /".  aerumna:  gedenk  dein  aigen  arbait- 
seligkeit.  Keisersb.  sieben  Schwerter  u.  scheidend;  schwacheit 
und  arbeitseligkeit  auf  erden.  Agricola  spr.  136' ;  dasz  du  dich 
segnen  und  unsers  eilends,  blindheit  und  arbetseligkeit  erbar- 
men wirst.  Frank  chron.  vorr.  aiii';  wir  wollen  aber  hie  nicht 
allein  von  der  arbeitseligkeit  menschlicher  affecten,  anligen 
und  gepresten  reden.  Thurneisser  proft.  der  harnen  82;  nider- 
trechtigkeit,  arbeitseligkeit,  Verfolgung.  Puiland.  1,  667; 

0  Jammer,  arbeitseligkeit, 

wie  ist  mir  das  ein  grosz  herzleid! 

ÜERCHTOLD  redw.  103; 

warum  schenkest  du  mir  zuvor  wermuth  und  gallen,  ehe  ich 
eine  lieblichkeit  geschmecket,  warum  sind  anderseits  so  lange 
und  unendliche  arbeitseligkeiten,  so  viel  leiden,  bemühungen 
und  thränen!  Gryphius  1,  897;  dasz  wir  keine  Ursache  mehr 
hatten  uns  über  einige  arbeitseligkeit  zu  beschweren.  Simpl. 
1,  652 ;  vorher  hatte  ich  die  menschliche  thätigkeit,  diese  mit- 
leidswürdige arbeitseligkeit  vei'achtet.  Tieck  Sternb.  2, 135. 

ARBEITSFÄHIG,  laboris  capax,  zur  arbeil  geschickt. 

ARBEITSFÄHIGKEIT,  f  habilitas. 

ARBEITSFEIND,  m. 

ARBEITSFLEISZ,  m.  assiduilas  laboris. 

ARBEITSFLUCHT,  f  fuga  laboris. 

ARBEITSFRAU,  f.  operaria,  taglöhnerin,  die  sich  zur  häus- 
lichen arbeit  verdingt. 

ARBEITSFREUND,  m. 

ARBEITSGELEGENHEIT,  f. 

ARBEITSGENOSSE,  m.  laboris  socius.  Schottbliüs  anlei- 
tung.  Braunschw.  1676.  8.  s.  118. 

ÄRBEITSGERÄTH,  instrumentum,  utensile. 

ARBEITSGEWINN,  m.  lucrum  ex  labore. 

ARBEITSHAUS,  «.  ergastulum,  mhd.  wercgaden* 

nil  saher  inrehalp  dem  tor 

ein  wiiej  wercgadem  stdn, 

dn;  was  gesialt  undc  getan 

als  armer  liiito  gemach, 

darin  er  durch  ein  vcnster  sach 

wurkon  wol  driu  hundert  wip.   Iw.  6187. 

ARREITSHERR,  m.  was  arbeitgeber. 

ARBEITSKÄSTCHEN,  n.,  frauenarbeil  zu  bewahren. 

ARBEITSKÖRBCHEN,  n.  desgleichen,  lauter  ungescliickte, 
schwerfällige  Zusammensetzungen,  statt  deren  die  einfachen  Wör- 
ter beutel,  kästchen,  körbeben  besser  gebraucht  werden;  es  ist 
unnüthig  an  dem  einzelnen  gerdlh  immer  auch  den  zweck  auszu- 
drücken, für  den  es  dient,  und  den  der  Zusammenhang  bestimmt. 

ARBEITSKRAFT,  /".  man  betrachtet  den  menschen  mit  sei- 
ner arbeitskraft  wie  eine  waarc,  deren  preis  mit  der  menge 
des  augebots  und  der  nachfrage  danach  steigt  und  fiült. 


545 


ARBEITSLAST  —  ARG 


ARG 


546 


ARBEITSLAST,  f.  moles  laboris. 

ARBEITSLELTE,  pl.  operae,  operarii,  ig.  arbeitsmann. 

AHBEITSLIEBE,  f.   arbeiUlust. 

ARBEITSLOHN,  m. 

ARBEITSLOS,  was  arbeitlos:  dem  arbeiulosen  arbeit  ver- 
scbaffen.  Fichte  sillenl.  398. 

ARBEITSLUST,  f.  fdoTiovia. 

ARBEITSLUSTIG,  fdoTtovos. 

ARBEITSMÄNGEL,  m.  mangd  an  arbeit. 

ARBEITSMANN,  m.  operarius,  pL  arbeilsleute. 

ARBEITSMITTEL,  n. 

ARBEITSNOTH,  f.  mangel  an  arbeit. 

ARBEITSRÄUM,  m. 

ARBEITSSTAUB,  m.  dann  würde  ich  mein  leben  in  frölich- 
keit  zubringen  und  den  arbeitsstaub  ferne  von  mir  abschüt- 
teln, pers.  baumg.  1,  32.  in  dieser  und  den  fünf  folgenden  Zu- 
sammensetzungen fordert  der  Kollaut  lilgung  des  einen  s. 

ARBEITSSTRAFE,  f.  verurllieilung  zur  Zwangsarbeit 

ARBEITSSTUBE,  f  des  gesindes,   des  gelehrten. 

ARREITSSTUCK,  n.  tcas  in  arbeit  ist. 

ARBEITSSTUL,  m. 

ARBEITSSTUNDE,  f. 

ARBEITSTAG^  m.  werkellag,  dem  feiertag  entgegenstehend. 

ARBEITSTISCH,  m. 

ARBEITSUNFÄHIG,  ungeschickt  zur  arbeil. 

ABBEITSUNTERNEHMER,  m.  arbeilgeber. 

ARBEITSVERDIENST,  n. 

ARBEITSVERGÜTUNG,  f. 

ARBEITSVERTRAG,  m.    Fichte  franz.  rev.  150.  241. 

ARBEITSWEG,  «i.  arbeitswege,  arbeitsmitlel  erüfnen. 

ARBEITSWILLIG,  zur  arbeit  bereit. 

ARBEITSZEIT,  f. 

er  dacht,  ^ott  geb.  der  herbst  aDkumm, 
dcDQ  ist  die  arbettszcit  herumb. 

B.  Walois  1548, 145'. 

ARBEITSZEUG,  n.  arbeitsgerälh. 
ARBEITSZIMMER,  n. 
ARBEITSZW.\NG,  m. 
ARBEITVGLL,  aerumnosus,  mühevoll: 

des  dulders  laufbahn  sei  voll  schweisz, 
sein  kämpf  sei  arbeiivoll  und  heisz. 

Kr.opsT.  ",  126; 
auf  der  tugend  arbcitvoller  baho.    Schiller  1,  168. 

ARRTER,  m.  ßr  arbeiter. 

ARCHE,  f.  cista,  arca,  goth.  arka,  ahd.  archa  (Graff  1,  467), 
mhd.  arche  (Bex.  1,  5<>),  nnt.  ark.  aqs.  earc,  engl,  ark,  alln. 
örk;  vgl.  sl.  raka  reconditorium,  behälter,  kästen;  in  unserer 
heutigen  spräche  vorzugsweise  für  die  arche  Noah  beibehalten; 
das  stammt  noch  aus  der  arcbe  Noah,  das  ist  uralt.  Doch 
heisit  beim  vasserbau  arcbe  auch  ein  holzeingefasztes,  käslen- 
ähnliches  gerinne,  an  mülilen  und  (eichen  zunx  ablassen  des 
Wassers,  ein  canal  zum  durchfahren  der  schiffe.  bairL<iche  und 
tirulische  versthümer  nennen  verschiedentlich  solche  zum  ßsch- 
fang  eingerichtete  archen  (3,  677.  734.  735),  vgl.  Schneller  1, 103. 

der  miiller  sjiirzt  mich  ins  wa.«ser  frech, 

llesz  uhr  mich  zum  drillpo  m.-)l 

seiner  ark  voiraih  llleszen  all.    froschm.  1.  2,  19. 

vgl.  altn.  n'ik  wasserrinne,   und  freiurche. 

ARCHITRAB,  n.  epislylium,  hauplbalke,  nach  dem  it.  franz. 
arcbilrave.  das  hybridisch  genug  ist,  um  auch  untrer  spräche 
ihre  afsimilntion  zu  gvslallen,  in  trave  steckt  lat.  trabs.  ar- 
chilrab  haben  Stieler  1692  und  Lessinc  10,235. 

ÄRECHTIG,  spiceus,  spicatus:  am  obern  theil  der  Stengel 
erscliiinen  hreclitige  blumen.  Tadernaexo^t.  s.  509.    s.  übre. 

ARE.V,  GEAREN,  pari,  praet.  des  folgenden,  wcisth.  2,  326 
a.  1315,  wie  abgearen  von  aberen.    vgl.  äbren,  eren,  aberen. 

AREN,  arare .-  zu  Gerisow  so  viel  ackers,  als  ein  halber 
plli'g  eins  tags  geeren  mag.  Tschldi  1, 15.    s.  eren. 

ARFEL,  f  pinus  cembra:  aufgebrochenen,  zerrissenen  pfa- 
den  steigend  und  staunend  aus  dem  buden  der  friiriitbüunie 
den  tunuMald  hinauf  durch  den  gelben  enzian  zu  arfeln  und 
bergrosf-n.  Jdk.  MTller  Schw.  gesch.  1,344.    s.  arbe. 

ARFEL,  bei  Herel  auch  Srfcli.  5.  armvoll. 

ARG,  malus,  pravus,  in  der  ältesten  zeit  aber  vorzugsweise 
timidus  und  avarus,  veil  feigheil  und  unmilde  ihr  das  gröszte 
lasier,  die  hefligsle  schelle  waren,  langob.  arpa !  iners  et  inu- 
lilis.  Pall.  Diac.  6,21;  ahd.  arac,  arc  avarus,  ignavus,  nequam 
(Graft  1,  412) ;  ags.  earg  vecort,  iners,  pavidut,  $tupidus ;  altn. 


in  doppelter  gestalt  argr  und  in  sl.  «eise  umgestellt  ragr,  6«'- 
des  piger,  deses,  pavidus;  mhd.  arc  nichtswürdig  und  geizig 
(Ben.  1,  54.  55) ;  nnl.  arg,  schw.  arg,  dän.  arg  und  arrig,  tners, 
malus;  engl,  arrant,  vgl.  arch  {erz),  im  sinne  von  abgefeimt. 
Wörllich  nah  zu  liegen  scheint  ahd.  cbarc  nequam,  astutus, 
mhd.  karc  astutus,  avarus,  nhd.  karg,  altn.  kargr  piger,  igna- 
vus, avarus,  mit  vortretendem  kehlanlaut,  der  in  arg  (icie  in 
aflfe  und  andern)  abgeworfen  sein  kütinte.  im  heutigen  karg 
erhielt  sich  die  besondere  bedeutung  des  geizes,  die  in  arg 
sammt  der  der  feigheit  allmälich  verschwand,  wofür  mehr  die 
allgemeine  des  bösen,  Übeln  und  schlimmen  waltet. 

1)  auf  personen  angewandt:  so  denn  ir,  die  ir  doch  arg 
seid  {ahd.  ubiie  birut),  könnet  dennoch  euren  kindem  gute 
gaben  geben.  .Matlh.  7,  11;  nimet  zu  sich  andere  geister,  die 
erger  (ahd.  wirsiron)  sind  denn  er  selbst.  12,  45;  dis  ist  ein 
arge  art,  sie  begert  ein  zeichen.  Luc.  U,  29 ;  der  uns  errettet 
hat  von  diser  argen  weit  {goth.  aiva  ubilinj.  Gal.  1,  4 ; 

nun  will  keiner  der  ergest  sein.    H.  Sachs  1,  227'; 
so  seind  wir  ihm  zu  grosz  und  argk.   AtRER  130*; 

ihnen  und  andern  argen  buhen.  Garg.  270*;  soll  Judas  dar- 
umb  des  ärger  sein?  108';  arg  läszt  ärger  kind; 

arg  werd  ich  scheinen,  das  ists,  was  mich  quäh. 
Stolberg  It,  307 ; 

je  ärger  der  schalk,  je  besser  das  glück ;  es  ist  niemand  seihst 
der  ärgste  bösewicht.  Kam  4,  S2.  in  vielen  fallen  kann  dies 
arg  gleichbedeutend  sein  mit  übel,  böse,  schlimm:  das  sind 
arge,  schlimme,  böse  leute  oder  gesellen;  wieuol  jedes  wort 
etwas  anders  färbt,  wenn  Gellert  3,  39S  den  Myrtill  zur  Ga- 
lathee  sagen  läszt  du  bist  doch  gar  zu  arg,  oder  Miller  im 
Siegwart  1,  45  eine  frau  zum  mann :  je  mann,  sei  doch  nicht 
arg,  ich  wollt  ihm  ja  nur  ein  stücklein  brot  geben ;  so  dürße 
beide  mal  stehen  schlimm  und  böse,  obschon  arg  und  schlimm 
olijccliver  sind,  böse  subjectire  gesinnung  ausdrüc-kt,  also  wie 
feindlich  den  persönlichen  dat.  neben  sich  haben  mag,  den 
schlimm  und  arg  ablehnen,  dachte  Miller  6e»  arg  hier  noch 
an  karg?  im  16j/i.  erscheint  diese  Vorstellung  hin  und  wieder 
offenbar:  nu  was  der  schmid  ein  arg  man,  nam  ihn  auf  und 
gedacht,  in  acht  tagen  kan  er  mich  nicht  arm  essen,  des 
morgens  begunden  sie  zu  schmiden.  ilenspiegel,  Erf.  1538. 
hist.  40.    Fischarts  gereimter  Eulenspiegel  bl.  119  sagt  dafür: 

der  schmid  der  war  ein  arpcr  mann, 

gedacht,  er  kan  mich  in  acht  tagen 

nit  arm  essen,  ich  wil  es  wagen, 

du  kanst  in  hallen  wol  also, 

dasz  er  nit  viel  wird  deinen  {tui]  fro.    blatt  265 

nun  als  er  gschickt  ward  auf  ein  zeit 
ins  dorf  nicht  von  der  statt  sehr  weit, 
dasz  er  eim  argen  kargen  lauren, 
wie  soll  ich  sagen,  eiiiiem  bauren 
gelt  heischen  soll,  da  frewt  er  sich. 

in  etnem  Hede  des  16  jh.  heiszt  et  noth  detUlichet  vom  «et».* 

dein  kraft  wunder  Ihut, 

dem  zagen  glb<I  du  mut, 

dem  argen  kargen  mildes  plut; 

das  beigeßgte  zweite  adj.  will  den  schon  tm  ersten  enlhaltnen 
sinn  sichern.  Locad  stellt  umgedreht  die  beiden  Wörter  einan- 
der im  reim  entgegen : 

doch  wird  man  auch  wol  sehen, 
dasz  mancher  etwas  .irgers 
geschrieben,  mancher  kaigers.    3,  9,  45. 

2)  arg  auf  sachen  bezogen :  also  ein  ieglicher  guter  bäum 
bringet  gute  fruchte,  aber  ein  fauler  bäum  bringet  arge  friichle 
{ahd.  tuot  uhilan  wahsmon,  goth.  akrana  ubila).  Matlh.  7.17; 
aus  dem  herzen  koiniuen  arge  gedanken  {ahd.  nbile  gidancha). 
Matlh.  15, 19 ;  sehet  zu,  lieben  briidcr,  dasz  nicht  iemand  un- 
ter euch  ein  arges,  ungiiiubiges  herz  habe.  Hebr.  3,  t2 ;  und 
es  warJ  eine  böse  und  arge  drüse  (f/xoi  xaxöv  xal  noyr;- 
q6p)  an  den  menschen,  offenb.  Joh.  16,2;  durch  des  leufels 
argen  lisl.  Sciiwarzekrerg  147,  I ;  diese  fisch  sollen  auch  nit 
ein  arg  fleisch  {kein  übles  fleisch)  haben,  sonder  gut,  gesund, 
vest.  Forer  25*; 

so  ist  das  arge  gold  ein  goti  der  götter  worden. 
Opitz  1,  55, 

wir  würden  heute  sagen,  das  feige  gold. 

misgun«!,  das  arge  ihier.    Wickusriii«  382; 
iea  wurden  die  schal  dürr  und  ark  (mager). 

ir.  Sachs  11.  1,  85». 

35 


547 


ARG— ARGDENKLICH 


ARGDENKLICHKEIT — ÄRGERN 


548 


man  sehe  hernach  die  zusammenselzungen  argdenklich,  arglist 
und  argAvohn.  das  kind  folgt  der  ärgern  hand,  manum  se- 
quiiur  deleriorem;  da  sicher  die  ungleichen  ehen  häufig  wa- 
ren, wo  denn  das  kind  der  ärgeren  hand  nachschlechtete. 
NiEBuiiR  1,  585.  2,  93 ;  die  blutrichter  verürtheilten  ihn  am  argen 
bäum  gehenkt  zu  werden.  1,  386  (infelici  arbore,  fries.  oppa 
enne  norlhhaldne  bäm). 

3)  häufig  dient  arg  allein,  ohne  beigefügtes  subst.,  zur  bil- 
dung  von  redensarlen.  das  ist  arg,  wenn  du  ausbleibst;  das 
wäre  zu  arg,  bräche  er  sein  wort;  ärger  als  arg; 

es  war  zu  arg,  es  gieng  unmöglich  an.    Wieland  18, 136; 
freilich  arg,  wenn  heute  gesang  und  klang  bei  der  hochzeit 
unsers  töclitercheus  fehlte.  Luise  3,  610. 

es  arg  haben,  schlimm,  übel  daran  sein  : 

ein  reicher  hat  es  arg,  ist  keine  zeit  nicht  frei, 
dasz  morgen  er  vielleicht  der  aller.nrmsie  sei. 
LoGAU  1,  4,  2. 

ein  arg,  kein  arg,  gewöhnlicher  ein  arges,  kein  arges  haben  an 
oder  aus  etwas,  sich  schlimmes  oder  nicht  dabei  denken:  denn 
diese  haben  kein  arg  aus  dem  groszen  unterschiede,  der  zwi- 
schen knechten,  freien  und  männern  ist.  Klopst.  12,  44 ;  Lu- 
ther hatte  hier  kein  arges.  Lessing  8,  320 ;  ich  hatte  nimmer 
arges  gegen  ihn.  ScHiLi.En  383;  sie  hatten  eine  grosze  freude 
und  dabei  gar  kein  arges.  Göthe  24,  76 ;  die  übrige  weit  aber 
merkte  nichts  oder  hatten  kein  arges  daran.  29,  135.  arg 
wollen,  meinen :  wenn  ich  arg  wollte,  hätte  ich  völlige  frei- 
heit  zu  sagen  u.  s.  w.  Liscov  3,  22,  vgl.  argwillig;  er  meint 
es  so  arg  nicht,  arg  machen :  übel  ärger  machen ;  er  machte 
es  schon  arg,  du  machst  es  noch  ärger ;  damit  macht  ers 
nur  ärger;  auch  damit  ihre  Sachen  nicht  besser,  sondern  är- 
ger machten.   Schweinichen  1,  309 ; 

doch,  machst  dus  ihr  zu  arg,  gib  acht,  sie  wird  dich  hassen. 

GöiUK  7,  31 ; 

ich  wüste  nicht,  wie  mans  einem  ärger  machen  wollte.  19,  29 ; 
doch,  dasz  ich  es  nicht  zu  arg  mache,  eigentlich  hatte  ich 
mich  ganz  in  die  absieht  meines  bruders  ergeben.  19,  101; 
wenn  sie  es  euch  nur  nicht  gar  zu  arg  machten.  24,  161. 
arges  thun,  etwas  schlimmes,  böses  thun:  ohne  zu  glauben, 
dasz  er  daran  arges  Ihue.  Wieland  30,  477.  im  argen  lie- 
gen :  und  die  ganze  weit  ligt  im  argen  (dp  reo  novr.oM  xel- 
Tac).  1  Joh.  5, 10.  Kant  6,  177 ;  deswegen  liegt  die  menge  wol 
so  im  argen,  weil  sie  sich  nur  im  dement  des  miswollens  und 
misredens  behagt.  Götiie  22, 13 ;  die  bibliothek  lag  hofnungs- 
los  im  argen.  32, 117 ;  die  deutsche  rechtschreibung  wird  so- 
lange im  argen  liegen,  als  unser  volk  seiner  politischen  ein- 
heit  entbehrt,  eines  im  argen  gedenken:  das  ein  jeder  ihm 
wolle  verzeihen  und  nach  seinem  lüde  in  keinem  argen  mer 
gedenken.  ]\EVTrtR  kriegsordn.  06;  also  das  sie  den  frommen 
dienen  zum  besten,  den  bösen  zum  ergsten.  Luther  4,  15'; 
würde  mans  gleich  in  argem  aufnemen.  wegki:irzer  20* ; 

dasz  wir  euch  dieses  brieüein  senden, 
das  wird  man,  hoffen  wir,  uns  nicht  zum  argen  wenden. 
Fleming  51. 

es  steht  am  ärgsten,  pessime:  ja  wans  zum  ärgsten  mit  ihr 
Stat.    Garg.  285. 

ARG,  n.  malum,  gleich  dem  lat.  subst.  aus  dem  adj.  ge- 
bildet, doch  nur  im  sg.  üblich,  in  den  von  Graff  1,  413.  414 
beigebrachten  beispielen  des  ahd.  subsl.  widerstreitet  nichts  dem 
neutrum,  ein  von  Ben.  1,  55  angesetztes  mhd.  masc.  beruht 
blosz  auf  Er.  5141,  wo  doch  allen  arc  vom  Herausgeber  her- 
rührt, man  l.  alle?  arc,  die  andern  belcgslellen  stimmen  zum 
n.,  welchem  auch  an  alle;  arc.  Lohengr.  76;  öf  sin  arc.  Ma- 
rienlrg.  161,  258 ;  durch  arch.  pass.  44,  90.  323,  80,  so  wie  die 
nhd.  form  zur  bestdtigung  gereichen : 

seither  des  Krieges  arg  das  gute  fast  vertrieben. 
LoGAü  1,  8,  98; 
weil  das  from  geschwächt  dadurch  und  verstärket  wird  das  arg. 

2  «.  46 ; 
wer  sich  fleiszet  auch  das  arg,  wie  das  gut,  so  hoch  zu  ehren. 

2,  3,  56 ; 

und  die  vorhin  bei  arg  haben  aufgeführten  stellen  lassen  sich, 
wenn  ihnen  das  -es  fehlt,  substantivisch  fassen,  er  ist  ohne  alles 
arg  (falsch),  es  ist  kein  arg  {falsch)  in  ihm.  doch  ziehen  neuere 
vor  ohne  arges:  die  zufriedene  micnc,  mit  der  sie  den  bricf  ein- 
steckte, bewies  dasz  sie  ganz  ohne  arges  war.  Schiller  747. 
ARGDENKLICH,  suspiciosus,  argwöhnisch:  pfui,  schämet 
euch,  argdenklicher  tyrann!  Leipx.  avantur.  1,  236;    sie   sind 


wol  gar  ein  wenig  argdenklich?  Rabeners  briefe  s.  42.  auch 
bei  Opitz  Arg.  2,  29.    s.  arggedenklich. 

ARGDENKLICHKEIT,  f.  lieszen  sich  merken,  dasz  sie  sich 
damit  von  ihrer  argdenklichkeit  nicht  abbringen  lieszen.  J.  E. 
Schlegel  3,  400. 

ARGER,  m.  indignatio,  ira,  verdrusz,  zorn,  eine  befremd- 
liche, vor  dem  letzten  jh.  nicht  erscheinende  Wortbildung,  de- 
ren Umlaut  zur  annähme  eines  schwachen  ahd.  ergiro,  mhd. 
erger  gen.  ergern  nüthigen  würde,  die  sich  nirgend  darbieten; 
das  heutige  wort  ßccliert  stark,   gen.  ärgers: 

rinder  für  andere  hütend  mit  unaulhörlichem  ärger. 
Voss  Od.  20,  221 ; 

er  lacht  seinen  ärger  gegen  (auf,  über)  ihn  weg.  Klinger  1, 100 ; 
er  schüttete  seinen  ärger  aus ;  sprach  mit  verbissenem  ärger ; 
ein  ärger  folgte  auf  den  andern;  ich  bin  vor  ärger  krank. 

ÄRGERER,  m.  offendiculum  ponens:  der  ärgerer  will  dem 
geärgerten  immer  übel.   Lichtenberg. 

ÄRGERLICH,  offendens,  franz.  scandaleux,  anstOszig:  hebe 
dich,  satan,  von  mir,  du  bist  mir  ergerlich  {vulg.  es  mihi 
scandalum).  Matth.  16,  23 ;  seid  nicht  ergerlich  (sine  offensione  , 
estote)  weder  den  Juden  noch  den  Griechen.  1  Cor.  10,32; 
das  ist  eine  ärgerliche  (verdrieszliche)  sache,  geschichte,  be- 
gebenheit;  ärgerliche  chronik,  chronique  scandaleuse.  gleich 
verdrieszlich  geht  das  wort  auch  über  in  die  subjeclive  em- 
pfindung  des  ärgers:  er  ist  immer  ärgerlich,  im  ärger,  em- 
pfindlich; wird  gleich  über  alles  ärgerlich,  verdrieszlich. 

ÄRGERLICH,  adv.  faslidiose,  zum  verdrusz: 

auf  herr,  straf  unsern  feind,  dasz  er 
nicht  länger  ärgerlich  slolzier.    Weckh.  182  ; 
sie  (die  Schäferin)^  die  mir  so  ärgerlich  nachkreucht. 
Grtphius  1,  665. 

ÄRGERN,  eigentlich  gegensatz  von  bessern,  also  verschlech- 
tern, verschlimmern,  deleriorem  facere,  ahd.  argirön  (Graff 
1,414: 

was  vil  der  frumracn  machen  gut, 

das  ärgert  oft  der  pöscn  mut. 

SCHWARZENBERG  139,  1  ; 

so  sie  ohn  bewegliche  Ursachen  dem  gesinde  urlaub  geben 
und  andere  aufnemen,  so  pflegen  sie  es  gemeiniglich  nicht 
zu  verbessern ,  sondern  zu  ergern.  P.  Glaser  gesindleufel 
1564.  G4'; 

dieses  weisen  kncchtes  gOte, 

die  dich  billig  bessern  soll, 

ärgert  dein  verstockt  gemüte. 

LoHENST.  geistl.  ged.  13,  234; 

etwas  an  den  Statuten  mehren  oder  mindern,  bessern  oder 
ärgern.  Witzenb.  3,  204.  Gewöhnlich  aber  bedeutet  es  offendere, 
einen  ärgern,  ihm  ärger  und  vei-drusz  machen:  so  ein  prie- 
ster,  der  gesalbet  ist,  sündigen  würde,  das  er  das  volk  er- 
gert.  3  Mos.  4,  3 ;  ir  aber  seid  von  dem  wege  abgetreten  und 
ergert  viel  im  gesetze.  Maleachi  2,  8  ;  ergert  dich  aber  dein 
rechtes  äuge,  so  reisz  es  aus  und  wirfs  von  dir  {golh.  jabai 
marzjai  |)uk,  ahd.  oba  dih  pisuiche).  Matth.  5,  29.  30.  18,  8.  9 ; 
wer  wird  geergert  und  ich  brenne  nicht?  (goth.  hvas  af- 
marzjada  jah  ik  ni  tundnau  ?)  2  Cor.  IX,  29 ;  also  werden  sie 
allenthalben  verstockt  und  geergert,  das  solcher  fluch  uns 
wol  durch  bein  und  mark  gehen.  Luther  3,  312 ;  sie  würden 
min  {an  mir)  geergert.  Keisersb.  ehr.  bilg.  182;  ordensleut, 
die  elwan  hohe  ros  reiten,  dardurch  denn  die  edlen  zu  zel- 
ten geergert  werden.  Pauli  seh.  und  ernst  119';  und  so  sol- 
ches die  Juden  und  die  beiden  sehn,  werden  sie  dadurch  ge- 
ergert. 140';  ihr  sucht  geflissentlich  alles  hervor,  mich  zu  är- 
gern und  zu  reizen;  einen  zu  tode  ärgern,  krank  oder  todt 
ärgern;  ihn  ärgert  die  fliege  an  der  wand;  du  ärgerst  mich 
mit  deiner  bloszen  miene. 

Sich  ärgern,  ursprünglich  verschlimmern,  verschlechtern:  in- 
dem es  sich  mit  den  kranken  ärgerte.  Simpl.  1,  657.  meislen- 
theils  aber  anslosz,  drgernis  nehmen,  franz.  sc  scandaliser, 
s'offcnser:  und  ist  ein  verachtet  liechllin  für  den  gcdankcn 
der  stolzen,  stehet  aber,  das  sie  sich  dran  ergern.  Hiob  12,  5 ; 
das  sich  viel  über  dir  ergern  werden.  Es.  52,  14 ;  und  erger- 
ten  sich  an  im.  Malth.  13,  57 ;  darumb  soll  ir  euch  meines 
tods  nicht  ergern.  Luther  3,  136';  das  ist,  dal  sich  niemand 
an  mir  stoszen  noch  ergern  kan.  6,  54';  wenn  ich  mich  aber 
an  den  grillen  Piatos  ärgere,  so  bewundere  ich  um  so  mehr 
sein  weises,  groszes,  herliches.  Klincer  12,  58.  man  sagt 
auch:  sich  zu  tode  ärgern,  sich  die  schwindsucht,  ein  gal- 
lenfiebcr  an  den  hals,  das  herz  aus  dem  leibe  ärgern;  ich 
will  mich  aber  auch  über  nichts  mehr  ärgern. 


549 


ÄRGERNIS — ARGLISTEM) 


ARGLISTIG  —  ARGWÖHMG 


550 


Die  belege  veisen,  dasz  der  gegenständ  des  ärgemisses  frü- 
her durch  den  gen.,  spater  durch  die  praep.  an  und  über  ausr 
gedrückt  wurde. 

ÄKGEK.MS,    offendiculum,    scandalum,    anslosz,    n.  und  f., 
doch  jenes  herscht  vor  und  gilt  bei  Lctheh:  denn  wo  du  iren 
göttern  dienest,  wird  dirs  zum  ergernis  geraten.  2  Mos.  23,  33 ; 
und  geriet  seinem  haus  zum  ergernis.    rieht.  8,  27;    und  die- 
nelen  iren  gützen,  die  gerieten    inen    zum    ergernis.   ps.  106, 
36;  ein  feis  des  ergernis.    Es.  14,  3;  weicher  mensch  hell  ob 
dem    ergernis    seiner   missethat.    Ez.  14,  3;    und    sie    werden 
sammeln  an  seinem  reich  alle  ergernisse.    Mnlth.  13,  41 ;  zum 
ergernis.    ROm.  11,  9 ;    so  hätte  das  ergernis  des  creuzes  auf- 
gehört.   Gal.  5,  II ;  spätere  ausgaben  der  bibel  haben  verschie- 
dentlich   das   f.   eingetragen,    z.  b.  Mallh.  18,  7.    Rom.  9,  33; 
darumb,  das  sie  nicht  allein  irren,  sondern  auch  andern  des 
irrtbums  ergernis  machen  und  bekreftigen.   LctherI,  17'; 
mich  soll  von  dir,  herr,  glaube  mir 
kein  .irgernüs  abzwingen.    Gkiphius  2,  204; 
eh  als,  spracli  er,  der  siernen  beer 
wird  vor  dem  lag  erbleichen, 
wild  eure  ireu  von  mir  roll  scheu 
und  nrgernüs  abweichen.    2,  203 ; 
gar  selten  Ist  ein  tag,  da  nicht,  mit  ärgemus, 
ein  frembder  rittersmano  im  terapel  sterben  musz. 

Werders  .iriust  20,  59 ; 
sie  bat  ihn  in  verdacht  und  ist  voll  ärgernis. 

Gellert  3,  392; 
ich  bin  zum  ärgernis  und  zum  verdrusz  geboren.    3,  402 ; 
vor  unzeitig  genommenem  ärgernis  verwahren.  Wielaüd  1,  xviii . 

Hans,  du  gibst  mir  den  lauten  ein  ärgernis! 
Luise  3,  714; 

kein  wunder,  wenn  die  katholischen  eiferer  daran  ärgernis 
nahmen.  Schiller  lü74;  er  konnte  dem  baron  nicht  ohne 
ärgernis  zuhören,  der  ohne  barmherzigkeit  fortfuhr.  Göthe 
IS,  286;  ich  horchte  sehnsüchtig  auf  die  wagen,  ein  gewisses 
ärgernis  wollte  sich  regen.  23,  133.  Fürs  f.  liefert  ein  frü- 
hes beispiel  .Melanchtho.n  :  dieser  grimm  beiszt  eine  phari- 
seische  ergernis.  hauplartikel  ehr.  lehre  im  corp.  doctr.  christ. 
Lp.  1560  p.  751,  doch  folgt  p.  753  von  phariseischem  ergernis ; 
die  absieht  war,  alle  üflenlliche  ärgernis  zu  vermeiden.  Göthe 
20,  270 ;  in  den  französischen  urtheilen  über  deutsche  litera- 
tur  erscheint  eine  anmaszungsvolle  ärgernis  {ein  verdrusz). 
J.  Paul  dämmerungen  35.  auch  Klisgeh  setzt  die  ärgernis. 
3,  8.  11,  199.  259. 

ÄKGEHLNG,  f  depravatio,  Verschlechterung:  hab  ich  doch 
in  dem  selben  buch  nichts  von  dem  bapsthum  geschrieben, 
sondern  nur  von  seiner  besscrung  und  ergerung.  Llther  1, 
376';  das  man  sie  mit  dem  munde  nur  gemummelt  oder  ge- 
plappert hat,  on  alle  frucht  und  besserung,  ja  mit  ergerung 
des  herzens.  l,  69';  denen  auch  Christus  und  alle  aposlel 
ergerung  machten,  br.  1,  309 ;  ärgerung,  deterioration.  Frankf. 
reform.  II.  13,  4.  14,  10; 

sie  häh  für  sünde  nicht,  was  niemand  ärgrung  gibt. 
We»."«he  10. 

ÄRGERYOLL,  taedii  plenus,  voll  verdrusz: 

er  hofl,  ihm  schneide  goil  Apoll 
ob  dieser  unsch  m  argenoll 
die  langen  obren  ab.        Hacg. 

ARGGEDENKLICH,  was  argdcnklich:  Opitz  Arg.  1,  296;  die 
arggedenklichen  und  die  sich  tief  besinnen.  Wiedemasx  juli 
21;  die  arggedenklichen  Serer.    Lohe.-^st.  ilrm.  1,  642; 

er  macht  uns  arggedenklich 
und  furchtsamer  als  vor.    Lohenst.  Ibrah.  59,  268. 

ARGHEIT,  f.  pravilat,  malitia,  mhd.  axcbeit:  .Melisscs 
ps.  B4*; 

und  wer  ist  seines  feinds  argheit 
auch  friedeosxeit  so  oft  eniioimen? 

WeCKHERLIM  365. 

ARGHERZIG,  pravus  corde,  böshnzig.  FKOT^sr.  kriegsb.  i,7h'. 

AHGITEL'MSCH:  leunisch.  Melissus  pj.  0  6" /Br  arghönisch. 

ARGLIST,  f  rersutia,  calliditas,  astutia,  ahd.  arclist  (Graff 
2,  285),  mhd.  arclist;  zuweilen  noch  unzusammengeselzt : 

es  hilfei  nicht  euer  arger  lisi.    fattn.  $p.  öOd,  6 ; 
bei    H.  Sachs  II.  2,  62*  eine   personificierte   fraw  Arglist ;    es 
gilt  kein  arglist.    Garg.  253';    arglist,   der    köpf  zur   intrigue. 
Kam  10,  209;    er   steckt  voller  arglist;    groszmut  und  arglist 
zu  verbinden.  Göthe  12,  90. 

ARGLISTEND,  callidus:  die  götter  entrissen  mir  die  öf- 
fentliche Verehrung  mit  arglistender  band.  Stulberc  15,  235. 
tonst  bietet  sich  kein  verbum  argliden  dar. 


ARGLISTIG,  callidus,  astutus:  arglistiger  has.  «etdaerk- 
buch  1,  S5'.  87'. 

ARGLISTIGKEIT,  f.  calliditas,  Schlauheit:  arglistigkeit  ist 
nicht  Weisheit.  Sirach  19,  19.  Kirchhof  trenJunm.  128";  argli- 
stigkeit und  bosheit  der  wölf.  weidwerkbucJi  1,  68';  arglistig- 
keit und  geschwindigkeit  der  hasen.  l,  86'. 

ARGLOS,  innocens,  ohne  falsch:  ein  argloser  mensch,  ein 
argloses  herz; 

ich  komme  so  ganz  unschuldig  und  arglos.    Lui«e  3,  410; 

denn  tvenn  der  mSchiige  des  Streits  ermüdet, 

wirM  er  behend  auf  den  geringen  mann, 

der  arglos  ihm  gedient,  den  hlutgen  mantcl 

der  schuld.  Schiller  braut  r.  M. 

ARGLOSIGKEIT,  /".  candor.  mit  deutscher  arglosigkeit 
Thümmel  10,  27. 

ARGWILLE,  m.  malignitas.    Haltads  52. 
ARGVVILLIG,  malevolus,    böswillig,  übelwollend :   damit  sin 
gwalt    und    arg^villig    fürnemmen    etwas     geschwecht    werde. 
BüLLiNGER  2,  343.     ahd.  argwilüg  malignus.    Graff  1,  828. 

ARGWILLIGE.N,  infestare,  beschädigen,  befeinden:  wann  er 
besorgt,  Reichart  würde  Focks  von  .Morillon  sfln  argwilligen, 
A/mon  E3;  aber  het  Griffon  meine  vetter  zu  arg%villigen  un- 
derslanden.  das.;  und  da  ich  erkannt,  das  er  mich  also  arg- 
willigt, das.  P;  und  wo  ir  mich  argwilligent,  kein  stat,  schlusz 
oder  bevesligung  möchten  euch  gefristen.  das.  R2:  andere 
belege  gibt  Haltacs  52. 

ARGWOHN,  m.  suspicio,  mhd.  arcwdn,  nnl.  argwaan,  ver- 
dacht, tnistrauen:  halt  keinen  rat  mit  dem,  der  einen  arg- 
won  zu  dir  hat.  Sirach  37,  11 ;  weil  aber  der  hohepriester 
besorget,  der  könig  würde  einen  argwon  auf  die  jüden  ha- 
ben. 2  Macc.  3,  32;  lästening,  böse  a^g^von  {rulg.  suspicio- 
nes  malael.  l  Tim.  6,  4 ;  argwon  scbepfen.  Luther  3,  91 ;  ich 
weisz  treOiche  leute,  so  itzt  anfahen  zu  zweiveln  und  mit 
argwan  werden  angefochten.  4,  533';  wenns  nicht  verboten 
were  nach  argwan  zu  urteilen,  das.  (ohne  Zusammensetzung : 
dem  gemeinen  mann  böse  blut  und  argen  wan  machen.  5, 
124');  der  dritte  grad  ist,  ungegrundten  argwöhn  tragen.  .Me- 
lanchth.  im  corp.  doctr.  ehr.  523;  den  falschen  arg^vahn  des 
flaiscbs,  das  in  verdacht  vil  bei  uns  zu  suchen.  Fra.nk  pa- 
rad.  7 ; 

bist  bei  mancher  person 

der  sach  halb  in  argkwon.    H.  Sachs  II.  2,  63'; 

dann  der  argwohu  der  ist  ein  schalk.    Atrer371'; 

und  dennoch  ritten  sie  im  wald  hin  ihre  siraszcn, 

und  wolten  keiner  nicht  vom  andern  argwöhn  fassen. 
Werders  Ariost  1,  22; 

einen  kleinen  fehler  und  argwöhn  von  einem  prediger.  pers. 
rosenth.  2,  32;  allen  bösen  ai^wabn  aus  dem  weg  thun. 
Simplic.  1,  G43;  argi^ohn  folgt  auf  mistrauen.    Lessing; 

der  blick,  in  welchem  schlau 

der  argwöhn  gleich  der  finstem  spinne  lauscht     Wiisii ; 

umarmt  vom  argwöhn  hat  der  eifersucht 

das  dasein  liebe  selbst  gegeben.     Gottes  1,66; 

schon  seh  ich  deine  secle 

vom  gingen  sclilangenbisz  des  argwohns  bluten.    Schiller. 

es  heiszt,  in  argwöhn  sein,  stehen ;  in  argwöhn  fallen ;  arg- 
wöhn fassen,  schöpfen,  wecken,  auf  einen  werfen,  haben,  arg- 
wöhn ist  des  teufeis  hure,  das  organische  a  bricht  noch  hin 
und  wieder  in  der  form  argwahn  ror.    s.  wahn. 

ARGWÖHNEN,  suspicari,  ahd.  arcwänan,  mhd.  arcwaenen, 
nnl.  argwanen;  den  umlaut  mit  vielen  zu  unterlassen,  der 
doch  auch  in  w.ihnen  «ra//e/,  scheint  tadelhaft:  den  si  ark- 
wonet  voller  beiligkeit,  ja  die  heiligkeil  selbs  sein.  Fra.m 
weltb.  135';  von  den  guten  weiblin  argwonen.  Garg.  67'; 

frau  Trix  besucht  sehr  oft  den  jungen  doctor  Klette, 
argwöhnet  nichts!  Ihr  mann  liegt  wirklich  krank  zu  bette. 
Lessi.>'g  1,  6; 

der  gute  könig  Aior  war  weit  entfernt,  den  elenden  instand 
»einer  provinzen  auch  nur  von  ferne  zu  arg^«'ohnen.  Wieu.id 
6,  221.  statt  ich  argwöhne  auch  unpersönlich  mir  argwöhnt : 
solch  gesuchc  arg^vöhnet  mir  fast  sehr.   Luthers  br.  5,  205. 

ARGWOHNIG,  suspicax,  suspiciosus,  suspectus,  argwöhnisch, 
verdächtig,  mhd.  arcwaenic,  nnl.  argwanig:  bis  argwenig.'  Kei- 
SERSR.  hell,  lew  29 ;  es  wurdent  ouch  etlich  von  den  bürgern 
erschlagen  do  zu  stutze,  die  man  argwenig  {im  verdacht)  hatte. 
Close.'ver  ».  64 ;  wann  iemant  einer  missethat  mit  etlichen 
argkwonigen  {terddchligen)  Iheilen  oder  stucken  verdacht  wird. 
peinL  halsger.  ordn.  28;   so  find  er  doch  in  im  einen  unlust 

35* 


551 


ARGWüHNIGKEIT  —  ARM 


ARM 


552 


auf  etliche,  auf  die  er  argwönig  ist.  Lcther  1,  85' ;  wer  wolt 
itzt  niclit  merken,  das  daraus  erfolgte,  das  seine  lere  arg- 
wönig were  der  ketzerei.  1,  162' ;  den  giftigen,  argwünigen 
deutern.  br.  4,  72 ;  und  naciidem  das  jetzige  kammergericht 
diesem  theil  zum  böclisten  argwülinig  worden  ist.  Mei.anciitii. 
1,  473 ;  dasz  kein  argkwenig  [verdächtig)  weib  bei  den  prie- 
stern  wone.  Frank  chron.  357";  si  pflegen  ein  solche  reinig- 
keit  zu  brauchen,  das  in  alles  argwönig  ist  eins  unflats. 
vH'llb.  104';  besahen  das  gebrech  am  insigel  gar  argwenig. 
TscHUDi  1,  634;  also  ward  der  brief  geschätzt  für  argwönig  und 
faltsch.  das.;  er  sölte  argwünige  rede  von  dem  keiser  ge- 
trieben haben.  Micylls  Tac.  3l';  vermaid  er  die  neuwe  er- 
fahrung,  wann  er  gewan  si  argwönig  (liielt  sie  für  verdächtig). 
Braunschweig  Chirurg.  40 ;  sobald  mein  gnadiger  herr  ein  we- 
nig auf  dich  argwelmig  wird.  Galmy  46 ;  aber  nun  zumal  reit 
wider  in  die  statt,  damit  man  nicht  argwönig  werd.  Sil ;  dasz 
sie  das  magdlein  nit  mit  begangner,  übelthat  argwöhnig  (der 
ü.  für  verdächtig)  halten  sollen.    Kirchhof  wendunm.  Ali' ; 

mit  der  argwönigen  eifersuclit.    Atrer  431'. 

ARGWÖHNIGKEIT,  f.  suspicio :  dadurch  wider  sie  ein  vor- 
dacht und  argwanigkeit  als  ungehorsamen  und  widerstrebern 
der  heil,  kirchen  erwachsen.  Luther  2,  72'.  heute  nur  argwöhn. 

ARGWÖHNISCH,  gleichviel  mit  argwöhnig,  nach  beiden  be- 
deutungen,  der  activen  und  passiven:  kam  zum  bischof,  zeigt 
an,  aber  mit  lugen,  ich  wurde  nit  kummen,  denn  ich  hette 
gseit,  ich  mechte  nit  in  die  abgötteri,  so  fresse  ich  fleisch 
an  verbottnen  tagen  und  vill  mer  anders,  do  gloubls  der  bi- 
schof gären,  den  ich  was  vorhin  bi  im  argwönisch  der  reli- 
gion  halb.  Tno.  Plater  85;  schon  keiner  statt  nicht,  es  sei 
im  haupt  oder  andern  argwänischen  stellen.  Paracelsus  1, 
724';  es  sol  aber  weder  die  sonn  noch  Mars  von  sonslen 
keinem  planelen  übel  angesehen  oder  an  argwonischen  orten 
stehn.  Thurneisser  wirk,  der  erdg.  s.  4 ;  dasz  solches  auf- 
schieben und  wegern  argwönisch  sein  wolt.  Fronsp.  3,  230*. 
1»  diesen  vier  stellen  meint  es  verdächtig,  heute  sagen  wir  aber 
ein  argwöhnischer  mensch,  suspiciosus;  die  well  ist  argwöh- 
nisch, ich  werde  argwöhnisch. 

ARGVV'OHNLOS,  frei  von  argwöhn. 

ARGWOHNVOLL,  erßlll  davon,   pers.  rosenth.  2,  32. 

ARIE,  f.  erst  im  iSjh.  nach  dem  it.  aria  eingeführt  und 
ganz  zu  entbehren,  da  wir  schon  weise  haben,  ahd.  wisa,  mhd. 
wise.    weise  schiede  sich  vom  lied  so  gut  wie  arie. 

ARKELEI,  f.  machinae  bellicae,  in  büchern  des  16,  auch  noch 
17  Jh.,  zumal  bei  Fronsp.  kriegsb.  1,  2l',  von  feuerw.  16"  und 
Reutter  139;  Hortleder  s.  590  schreibt  arkelerei,  s.  601  ar- 
thalerei,  Wurstisen  Basel,  chron.  ad  a.  1499  artelarei,  Fisciiart 
Garg.  201'  arkeleiwagen,  Stiei.er  52  arkelei,  nach  Sciimeller 
1,  106  noch  ein  würlerb.  von  1735.  später  kam  dafür  artolle- 
rie,  artillerie  in  gebrauch,  dessen  Ursprung  selbst  dunkel  bleibt, 
man  hat  arkelei  gedeutet  aus  tat.  arcuarius,  arcualis,  weil 
die  bogen  sonst  den  hauptbestandlheil  des  kriegsgeräths  bilde- 
ten; desto  eher  sollte  man  das  wort  im  15.  U  jh.  erwarten,  wo 
es  doch  noch  nicht  aufgefunden  ist.  wegen  artillerie  vgl.  Du- 
CANGE  unter  arlillaria,  beide  formen  sind  undeutsch. 

ÄRKER,  m.  s.  erker. 

ARL,  f.  culter  aratri,  noch  heute  in  Sleier  und  Kärnten 
gangbar,  könnte  zwar  dem  sl.  n.  oralo,  ralo  aratrum  nach- 
gebildet sein,  ihm  aber  auch  von  aller  zeit  an  entsprechen  und 
der  deutschen  würzet  arjan  zufallen,  die  laute  arl  und  ralo 
verhalten  sich  wie  arbeit  rabota,  arm  ramo.  mhd.  nerat  die 
arl  in  die  haut.  Haupt  2,  88. 

ARLAS,  m.  pannus  arelatensis,  ein  zu  Arles  in  Burgund 
gewebtes  zeug:  parchat,  arlas  und  salin.  H.  Sachs  5,  380*; 
trcn  dem  pfaffen  sein  fuler  aus  dem  rock,  es  sei  pelz  oder 
arlas,  und  mach  dir  ein  underrock  daraus,  de  fide  concubi- 
narum  in  sacerdotes;  arlusgarn,  arelalensc  fllum.  Henisch  1357, 
60;  plab  und  weisz  arlesen  gefrens.  Westenrieder  beitr.  5, 
164.  nicht  zu  vermischen  mit  alias,  einem  indischen  sto/fc. 
arles  von  Arles,  eulen  zu  Athen.    Fischart  groszm.  135. 

ARLESBAL'M,  m.  Crataegus  aria,  bei  Nemnicii  arlasbaum, 
arlsbaum,  und  wieder  allasbeerbaum,  sonst  mehlbaum,  mehl- 
beerbaum,  seine  wolligen  zweige,  wenn  sie  der  wind  bewegt, 
tehen  mehlbestdubt.  aber  auch  sorbus  silvestris  heiszt  zuweilen 
mehlbaum  und  aricsbaum.  ahd.  arlejpaum,  crlijpauro.  Graff 
1,  474. 

ARLESBEERE,  f.,  die  beere  von  Crataegus  oder  sorbus. 

AR.M,  m.  brachium,  goth.  arms,  ahd.  aram,  mhd.  arm,  ags. 


earm,  engl,  arm,  fries.  erra,  mnl.  aerm,  nnl.  arm,  altn.  armr, 
schw.  dän.  arm,  durch  alle  mundarten  deutscher  spräche  ge- 
hend, und  schon  darum  dem  höchsten  alteilhum  zu  überweisen, 
zunächst  stimmt  nun,  mit  umgesetzter  liquida,  sl.  ramo,  n. 
humcrus,  lat.  armus,  m.  humerus  und  brachium,  vielleicht 
auch  ramus,  mit  verlängertem  a,  wie  unser  arm  von  baum- 
ästen,  palma  von  liand  und  zweig  gilt,  vgl.  armilla,  ahd. 
armpouc.  berührung  mit  kelt.  lamh,  hand  und  arm,  wäre 
nicht  unmöglich,  mit  humerus,  umerus  abzulehnen,  da  dies  auf 
umesus,  goth.  amsa,  skr.  ansa,  ansa,  gr.  wfios  zurückleitet, 
das  gr.  a^fios  aber,  fuge,  gelenk  und  dann  armfuge,  schul- 
ler, weist  nach  aofto^o)  und  a^noeiv  fügen. 

Den  pl.  bildeten  die  Gothen  armeis,  acc.  armins,  also  dal. 
armim,  ahd.  aber  lautet  er  aramä,  armd,  mhd.  arme,  wie 
heute;  auch  altn.  armar,  acc.  arma,  dai.  örmum.  arme,  wo 
es  im  dialecl  auftaucht,  könnte  man  sich  dennoch  gefallen  las- 
sen :  von  beiden  seilen  kamen  arme  hervor,  auf  welchen  lich- 
ter brannten.  Hippel  lebensl.  3,  37 ;  ladelhafter  ist  ein  schwa- 
ches armen :  beide  armen  ausreichen,  unw.  doct.  684 ; 

kein  äuge  regen  sie,  kein  armen  und  kein  bein. 

Werders  Ariosi  2,  18; 
seht,  wieder  eppich  isan  die  grünen  armen  schlingen. 
Fleming  153 ; 

auch  pers.  rosenlh.  7,  20.  «.  94'.  schön  ist  beim  sl.  ramo 
der  dual,   ramje  abstehend  vom  pl.  rama  oder  ramena. 

Bedeutungen,  das  goth.  arms  drückt  ßaa^ioiv  und  ayxdXt], 
arm  und  einbogen  aus,  das  ahd.  aram  brachium,  lacertus,  cubi- 
tu$,  ulna;  nur  aufrecht  gehenden  thieren,  wie  den  äffen,  wol 
auch  den  baren  stehen  arme  zu,  den  andern  blosz  füsze ;  dock 
gilt  arm  für  den  vordersclienkcl  des  pferdes,  von  der  schütter  zum 
knie,  und  braucht  Luther  arm  =>  Schulterblatt  auch  von  opfer- 
thieren :  das  man  dem  priesler  gebe  den  arm  und  beide  backen 
und  den  wanst.  5  Mos.  18,  3.  arm  in  arm:  freunde  gehen 
arm  in  arm  {gelegt,  geschlungen);  arm  in  arm  hängen,  arm 
und  bein :  vor  einer  solchen  gewaltthätigkeit  zittern  mir  arm 
und  beine.  Güthe  15,  26 ;  jeder  wirds  von  sich  schieben,  kai- 
ser  und  reich  zu  gefallen  arm  und  bein  daran  zu  setzen.  8, 
84 ;  halten  sie  das  maul  oder  ich  breche  ihnen  arm  und 
bein  entzwei.  Lenz  1,  305 ;  mhd.  die  arme  und  diu  bein, 
blö^  an  beinen  und  an  armen,  den  arm  ansetzen,  erheben, 
auflieben,  niederlegen,  niederlassen,  die  mutler  legt  das  kind 
an  den  arm,  trägt  es  am  oder  im  arm,  nimmt  es  in  die  anne, 
schlieszt  es  in  die  arme,  der  alten  spräche  war  hier  an  zu- 
sagend, der  neueren  in,  goth.  ana  armins  niman;  mhd.  du 
hast  an  dem  arme  diu  diu  schoene  wib,  an  ir  arme  lac,  an 
liebes  arme  ligen,  ich  lege  si  an  den  arm,  ir  IrCll  si  an  ir 
arm  nam.  nhd.  einen  in  armen  haben,  in  die  arme  ziehen, 
heben,  sich  in  eines  arme  werfen,  in  den  armen,  in  armen 
hallen,  sich  in  den  armen  liegen;  komm  in  meine  arme! 

was  mag  er  im  arme  denn  liaben  ? 

was  bringet  er  unter  dem  mantel  geschwind  »    Göthe  3,  3 ; 

er  hat  den  knaben  wol  in  dem  arm, 

er  fuszt  ihn  sicher,  er  hält  ihn  warm,    erlliönig ; 

der,  sein  kind  immer  fester  in  armen  haltend,  des  rein- 
sten, unbeschreiblichsten  glückes  genosz.  18,  230 ;  glücklicher 
vaterl  rief  sie  laut,  indem  sie  das  kind  aufliob  und  es  ihm 
in  die  arme  warf.  20,  299.  aber  0.  1,  15,  13  huab  inan  in 
sinan  arm,  und  beide  prneposilionen  sind  gerecht,  weil  die 
arme  sowol  an  sich  ziehen,  an  sich  nehmen,  als  in  sich 
schlieszen,  fassen,  die  arme  ausbreiten,  spreiten,  öfnen, 
mArf.  die  arme  zertuon,  aufthun,  auseinander  Ihun.  ausstrecken 
und  im  gegentheil  schlieszen,  zuthim,  an  sich  hallen,  zurück- 
ziehen; mit  ofnen  oder  geschlossenen  armen  entgegengehn: 
lauft  ihm  {die  frau  dem  heimkehrenden  mann)  mit  zugetha- 
nen  armen  entgegen.  Garg.  73',  wo  der  sinn  doch  fordert  auf- 
gelhanen  oder  zerthanen,  wenn  es  nicht  ironisch  steht; 

es  stellet  sich  das  glück  mit  ofnen  armen  ein.    IIagkoori; 

der  dieses  liclie  paar  zu  beiden  armen  nahm 

und  druckt  an  seine  brüst.    1''lkiii.'>iu  156. 

es  heiszt  auch  auf  dem  arm  haben,  tragen;  das  kind  sitzt 
ihr  auf  dem  arm;  die  lüchlerlin  sitzen  ihren  {ihr)  auf  dem 
arm,  wie  die  meerkätzlin,  die  sönlin  henken  am  rock.  Garg. 
73'.  das  buch,  den  stock  unter  dem  arm  haben,  tragen; 
mhd.  undcr  den  arm  sluoc  er  daj  sper;  under  arm  er 
besloj  die  edeln  küneginne.    A'i6.  1932,  1; 

under  arme  si  in  nam,' 

si  balselen,  si  kuslen.    Tristr.  356,  4. 

heule,  zwischen  die  arme  nehmen,    einen  unter  den  arm  fas- 


553 


ARM 


AMI 


554 


sen,  ihn  stützen,  geleiten;  einem  unter  den  arm  greifen,  ihn 
unterstützen,  ihm  beistehen:  manciiem  armen  Studenten  unter 
die  arme  grif.  ehe  eines  mannes  2S0.  ich  dächte,  jeder  nähme 
sein  mädchen  unter  den  arm.  Göthe  20,  23".  einem  den  arm  ge- 
ben, reichen,  bieten,  ihn  geleiten,  einer  frau,  einem  mädchen 
den  arm  geben,  es  höflich  führen,  begleiten :  man  reichte  den 
frauenzimmern  den  arm,  sie  nach  hause  zu  führen.  Güthe 
19.  213 ;  den  arm  zum  tanze,  zum  ball  geben,  eine  zum  tanz 
führen.  Kli:<ger  1,  374.  Lexz  1,  231.  die  frau  sagt  einladend  : 
geben  sie  mir  den  arm  (donnez  le  brasy.  den  arm  geben, 
anbieten  ist  aber  weniger  als  die  band  geben,  anbieten,  und 
drückt  niclit,  gleich  diesem,  einen  eheantrag  aus.  Carlos  em- 
pfängt ohne  bewustsein  die  arme  des  künigs.  Schiller  301 ; 
hierauf  warf  der  künig  seinen  arm  um  Vieilleville.  10S2.  den 
arm  anstrengen,  seine  arme  gebrauchen ;  die  arme  ermatten, 
entfallen  ihm;  die  arme  ruhen  lassen,  ausruhen; 

legen  ein  gerubteo  arm 

auf  ein  hungrigen  darm.    H.  Sachs  1,  534'. 

du  bist  mein  rechter  arm,  meine  stütze;  er  versehe  dessen 
{des  prinzen)  geheimste  geschäfte  und  werde  für  dessen  rechten 
arm  gehalten.  Güthe  18, 261 ;  meine  ledige  Schwester  war  bisher 
mein  rechter  arm  gewesen.  19,  349.  dem  alterthum  galten  ge- 
schwister  für  glieder,  häade,  arme  und  füsze  des  leibs  (Haupts 
zeitschr.  3, 156. 157),  wie  im  recht  die  stufen  der  sippe  an  glie- 
dern des  leibs  bezeichnet  werden,  überall  drückten  auch  arm 
und  band  macht  oder  gewalt  aus:  ich  {der  herr)  will  euch 
erlösen  durch  einen  ausgereckten  arm.  2  Mos.  6,  7;  erken- 
net seine  mechtige  band  und  ausgereckten  arm.  5  Mos.  11,  2 ; 
sie  werden  hören  von  deinem  groszen  namen  und  von  deiner 
mechtigen  band  und  von  deinem  ausgereckten  arm.  1  kön.  8, 
42;  du  hast  einen  gewaltigen  arm,  stark  ist  deine  band  und 
hoch  ist  deine  rechte,  ps.  89,14;  er  übet  gewalt  mit  seinem 
arm.  Luc.  1,  51 ;  doch  wie  verkürzen  sie  in  Wien  ihm  nicht 
den  arm.  Schiller  332 ;  könige  haben  lange  arme. 

Figürlich,  im  arm  der  liebe,  der  freundschaft,  des  glanbens : 

und  schlummern  sie  gelassener  hinüber 
als,  in  des  glaubeos  arm,  der  Christ? 
GoTTEB  1,  399; 
er  stürzte  sich  in   die   arme   der  wollust,    des   lasters.     der 
arm  der  gerechtigkeit  ereilte  ihn. 

Bedeutsam  ist  die  anwendung  von  arm  (nie  von   band,    fin- 
ger)  auf  äste  und  zweige  der  bäume,  wie  beim  lat.  brachium: 
tum  fortes  lata  ramos  et  brachia  tendens.    Virg.  geoi-g.  2,  298 ; 
siebe,  schon  sireckt  der  sprösziing  der  ceder  den  gninenden 
arm  aus.  Klopst.  Kes«.  1,  65 ; 


der  (schlief)  unter  dem  Ölbaum, 
wo  er' seinen  bedeckenden  arm  am  lielsten  herab  liesz. 


3,  541 


dort  hängen  traucrbirken  die  arme.  J.  P.\ul  Hesp.  4,  174.  nicht 
anders  haben  meer,  ftusz  und  gebirg  arme:  ein  arm  dieses 
meeresstroms.  Hlmboldt  ans.  der  nal.  1,  19 ;  ein  arm  des  mäch- 
tigen Rheins  Terliert  sich  im  sand;  arme  des  mächtigen  ge- 
birges  dehnen  sich  ostwärts;  Wegweisern  auf  der  heerstrasze 
werden  arme,  mit  vornen  angeschnitzter  band  eingefügt ; 
wandleuchter,  kronlcuchter  haben  arme,  am  anker,  am  wa- 
gebalken  ragen  arme,  die  arme  am  gesteile  des  vorderwa- 
gens;  arm,  armlehne  des  stuls.  der  rechte  oder  linke  arm 
{flügel)  des  hcers  in  der  Schlachtordnung,  wirlshausschild : 
einkehren,  wo  der  ben^ott  den  arm  ausstreckt. 

AH.M,  m(4er,  pauper,  elend  und  dürßig,  golh.  arms,  ahd. 
aram,  mhd.  arm,  alls.  arm,  mnl.  arem,  aerm,  nn/.  arm,  ags. 
earm,  fries.  erm,  altn.  armr,  schw.  ddn.  arm,  also  gleich  dem 
vorausgehenden  subst.  allen  deutschen  sprachen  gemein,  hier 
liegt  einer  der  seltnen  falle  vor,  dasz  zwei  in  laut  und  buch- 
ttaben  einstimmige  Wörter  ganz  verschiednen  wurzeln  anzuge- 
hören scheinen;  es  wird  aber  vielleicht  gelingen  einen  innem 
Zusammenhang  beider,  so  sehr  er  sich  dem  ersten  blick  ver- 
birgt, aufzudecken,  was  haben  die  begriffe  brachium  und  mi- 
ter  mit  einander  zu  schaffen?  während  nun  arm  brachium  zu 
dem  sl.  ramo  traf  begegnet  merkwürdigirweise  unser  arm  mi- 
ser,  goth.  armaiü  miserieordia  dem  lappischen  armes  misera- 
bilis,  armo  miserieordia,  finnischen  armas  gratus,  elemens, 
arme  gratia,  dementia;  die  abweichung  der  finnischen  bedeu- 
tvng  ist  doch  so  zu  fassen,  dasz  armas  mitleidig,  lappisches 
armes  dagegen  bemitleidet  ausdrückt,  jenes  acliven,  dieses  pas- 
siven sinn  zeigt,  ungefähr  wie  in  unsrer  Volkssprache  nieder- 
trächtig herablassend,  gnädig,  in  der  Schriftsprache  elend  meint, 
das  goth.  arms,  überhaupt  das  deutsche  arm  bezeichnen  wie 
das  tapp,  armes  und  lat.  miser  den  elenden,  der  unglück  oder 
abteheu  auf  nch   zieht.     Lappen  und  Finnen    vermögen    aber 


die  abstraetion  dieses  worls  in  den  sinnliehen  begrif  nicht  auf- 
zulösen, wie  wenn  unsre  spräche  es  vermöchte?  armen  hiesz 
amplecti,  in  manus  tollere,  umarmen,  das  grenzt  geradezu  an 
erbarmen,  bemitleiden ;  wie  gefühlvoll  erschiene  die  spradie, 
welcher  der  anne  ein  solcher  ist,  den  man  mitleidig,  liebreich 
aufnimmt  und  in  die  arme  schlieszl.  arm  miser  stammte  hiernach 
unmittelbar  aus  arm  brachium,  musz  nur  einen  hernach  schwin- 
denden ableitungsvocal  besessen  haben  und  jenes  läpp,  armes, 
finn.  armas  könnten  ein  früheres  goth.  arraus  erraten  lassen, 
das  sich  hernach  in  arms  verdünnte,  fast  entscheidende  be- 
stäiigung  dieser  subjeeliven  dentung  des  worles  arm  wird  sieh 
hernach  unter  armut  ergeben,  volles  licht  empfangen  kann  sie 
erst  bei  annen  iinrf  erbarmen ;  festzuhalten  ist,  dasz  arm  einen 
unglücklichen  ausdrückt,  dem  mitleid  und  gnade  zu  theil  wer- 
den sollen. 

Bei  der  Steigerung  verwendet  die  goth.  spräche  6  armuza,  ar- 
mösts,  die  ahd.  i  armiro,  annist ;  mhd.  findet  armer  statt  ne- 
ben ermer,  ermest,  nhd.  nur  ärmer  ärmst.    Die  bedeutung  tritt 

1)  am  klarsten  vor  neben  personen.  das  golh.  arm?  drückt 
nur  dleeivoi,  miser  aus,  niemals  TTe'rrs,  titco^o^,  pauper, 
wofür  unleds  gesagt  wird,  das  mitleid  wendet  sich  zu  den  un- 
glücklichen, nicht  zu  den  dürfligen.  das  ahd.  und  mhd.  arm 
öfter  gelten  nicht  blosz  dem  aerumnosus,  sondern  auch  dem 
pauper  und  inops  (wie  umgekehrt  das  lat.  pauper  im  it.  po- 
vero,  franz.  pauvre  den  sinn  von  miser  annahm),  gleichwol 
herscht  noch  in  vielen  redensarten  die  Vorstellung  des  elends 
vor.  So  beziehen  sich  auch  heute  die  arisrufe  und  anrufe  ar- 
mer! stets  auf  elend,  das  freilich  von  der  dürßigkeit  unab- 
trennlich  ist:  ich  armer!  ich  bemilleidenswerther ;  ich  ärmster! 
GellertI,  68;  ich  ärmster  auf  der  weit!  3,425;  mich  ärm- 
sten. 1,  252.  neben  mann,  frau,  leute  waltet  zwar  die  bedeu- 
tung der  dürßigkeit  vor,  oß  aber  wird  auch  im  gegensatz  zum 
vornehmen  blosz  der  geringe,  gemeine  mann  verstanden,  ein 
armer  mann,  ein  dürßiger,  ein  bettler ;  eine  arme  frau,  ein  bet- 
lelweib.  ich  aber  bin  ein  armer  geringer  man.  1  Sam.  18, 23 ; 
armer  mann,  unwertber  gast;  arm  mann  lecker  hat  seinen, 
willen  nicht,  im  mittelalter  heiszen  die  armen  leute,  gegen- 
über dem  ßrslen,  die  unterlhanen,  die  bauem,  z.  b.  weisth.  3, 
328.  329.  354.  356  und  in  den  Urkunden  allenthalben,  wi  aerme 
liede.  Reinaert  556.  armer  leute  pfeffer,  lepidium  latifolium. 
man  sagt,  das  steht  wie  armer  leute  kom,  nicht  üfpig,  dünn; 
arme  leute  kochen  dünne  grütze; 

armer  leute  pracht  währt  über  nacht, 

zween  tage  weisz  broi,  darnach  Jammer  und  notb ; 

armer  leute  boffart  währt  nicht  lange ;  an  armer  leute  hofTart 
wisclit  der  teufel  den  arsch ;  arme  leute  haben  weit  heim ; 
armer  leute  reden  gehen  viel  in  einen  sack;  in  armer  leute 
mund  verdirbt  viel  Weisheit;  es  ist  viel  speise  in  den  fur- 
chen der  armen;  arme  leute  haben  bald  abgespeist;  arme 
leute  schlafen  wol  für  essen ;  armer  leute  witz  gilt  nicht, 
wasserkrug  ist  nicht  klug;  ein  armer  mann  ist  selten  ein 
graf  (arm  man  mac  niht  grave  sin.  altd.  wäld.  2,  140.  arem 
man  nes  ghen  grave.  Reinaert  564);  ein  armer  wicht;  die 
armen  wieble  =  armen  leute ;  die  arme  wichter  und  onder- 
saissen.  weisth.  3,  868 ;  arme  wiclile.  Wieland  14,  238.  weil 
aber  wicht  in  die  bedeutung  des  teufeis  übergeht  {mylbol.  409. 
410.  940),  heiszt  es  ebenso  ein  armer  teufel.  Garg.  229';  was 
für  ein  armer  teufel  müste  der  sein.  Wiela.>d  13,  4;  was 
willst  du  armer  teufel  geben?  Göthe  12,  85;  und  solche 
Vorstellungen  drücken  wechselsweise  abscheu  oder  mitleid  aus, 
ja  dieses  überwiegt  in  den  benennungen  ein  armer  scbelm. 
Wiela.xd  13,  6 ;  du  armer  wicht,  blutarmer  wicht !  ein  junges 
armes  blut,  eine  arme,  ehrliche  haut;  arme  schwarte,  noch 
lebendiger:  ein  armer  schwartenhals; 

wo  soll  ich  mich  hinkchren  ich  armes  brüderlein?; 

die  arme  hutzel.    mägrfe/ofr  4,  49.  59.  60 ;  das  gute  arme  tram- 
pelein. 29 ;  die  arme  dirne ;  ich  bins  ein  armer  reutersknab. 
ÜHLA-fD  380 ;  ein  armer  buh,  ein  armer  hirtenbub ; 
ein  armer  pub  auf  einem  ros.    fa.^tn.  sp.  557,  IG ; 

ein  anner  mensch,  ein  armes  mensch ;  kein  ärmer  mensch 
als  du.  pers.  baumg.  5,  7 ;  das  arme  m.ldchen  {vgl.  alts.  idis 
armscapan,    armhugdig).     ein   armer   kerl,   armer   tropf; 

ich  ward  mit  leichtem  mut  und  köpf 

zwar  arm,  doch  nicht  ein  armer  tropf.    Göthr  18,291; 

die  anne  tröpHn  ;  derann  tropf.  Carj.  266';  du  anner  narr!  ein 

armer,  nnverslendiger,  wankelmütiger  mensch,   der  nicht  wol 

TarnOnltig  ist.  Reciteb  kriegtordn.  21; 


555 


ARM 


ARM  — ARMBRUST 


556 


bist  du  es,  der  so  mich  in  schände  gebracht, 
so  bring  auch  mich  wieder  zu  ehren! 
arm  narrchen,  versetzt  er.    Bürger  2,  34; 
da  ruh  du,  mein  armes  (kind),  da  ruh  nun  in  gott.    2,  37. 
ein  krankes,  elendes,  unglückliches  kind  hciszl  ein  armes : 
was  hat  man  dir,  du  armes  kind,  geihan? 

ein  gekränkter,  betrogner  vater  im  voraus  der  arme:  verdrusz 
der  meinem  armen  vater  bevorsteht.  GorrEii  3,  22;  was  soll 
die  arme  mutter  dazu  sagen?  der  gefangne  und  venirlheilte 
missetliäter  wird  genannt  der  arme  gefangne,  der  arme  Sün- 
der, in  der  peinlichen  halsgcrichlsoi  dnung  auch  schlechtweg 
der  arme;  kömpt  letzlich  der  profos,  führet  den  armen  ge- 
fangenen in  ring.  Kirciifiof  mil.  disc.  222;  der  arm  gefan- 
gene bittet  auch  umb  einen  der  ihm  sein  wort  Urne.  224;  auf 
die  erste  anklage  des  profusen  und  Verantwortung  des  armen 
gefangnen.  224;  wird  von  den  spieszen  eine  gassen  gemacht, 
also  dasz  der  arme  gegen  aufgang  der  sonnen  laufe.  225; 
empfaiiet  der  arm  trost  aus  gottcs  wort.  225;  also  dasz  dem 
schullheiszen  die  sonne  auf  den  rücken  scheine  und  der 
arme  beklagte  gegen  aufgang  gestellt  werde.  231;  das  stühl- 
chen riecht  so  nach  armen  Sündern.  Göthe  8, 119.  der  aus- 
druck  wird  aber  auch  auf  unverurtheille  angewandt:  wie  die 
lange  reih  arme  reiche  sünder  daher  zog  (die  adlichen  vor 
den  bauern).  Göthe  8, 137 ;  wie  manches  armesündergesichte 
(richtiger  armensündersg.)  niusz  darunter  gewesen-  sein.  Les- 
sing 7,  164 ;  verdiente  mein  hingefalines  wort  eine  so  mühse- 
lige armensündersentschuldigung.  Herder  bei  Merck  1,  6.  vgl. 
hernach  armensündersglöckchen. 

2)  neben  Ihiernamen,  die  dann  oß  auf  menschen  gezogen 
werden,  kann  nur  die  bedeutung  von  vilis,  miser,  nicht  von 
pauper  gelten:  das  arme  thier,  du  armes  thierl  ich  armes 
keuzleia  kleine.    Uiiland  45.  46 ;  der  arme  kauz ! 

sogar  im  dache 
auch  nicht  ein  armes  käuzchennest.    Wielano  18,214; 

der  arme  wurm;  ich  kann  nichts  als  jammern  und  klagen, 
ich  schäme  mich  wie  ein  armer  wurm  vor  ihnen  zu  liegen. 
GüTFiE  19,  88 ;  das  arme  manschen. 

3)  neben  Sachen,  vorgingen,  handlungen  bedetUel  attributives 
arm  immer  nur  was  gering,  schlecht,  elend,  bemitleidenswerth 
ist.  darnach  kam  er  wider  mit  armen  kleidern  angethan. 
Aimon  V ;  Ibh  sehen,  das  er  in  armer  kleidung  von  hinnen 
gescheiden  ist.   Fl; 

den  armen  rock 
des  pilgers  oder  schäl'ers  zieh  ich  an.    Göthe  9,  233 ; 

als  das  gerücht  in  meine  heimat  gekommen,  ich  müsse  über 
meer,  hätten  meine  jungen  Schwesterchen  all  ihr  armes  ge- 
wändli  dahin  geben  wollen,  mich  los  zu  kaufen,  der  arme 
mann  im  Tockenburg  98 ;  eine  arme  (ärmliche)  mahlzeit.  Got- 
ter 1,  17 ;  des  tischcs  arme  kost.  1, 275 ;  wer  wollte  sich  noch 
lange  besinnen,  ob  er  einen  so  groszen  vortheil  um  eine 
arme  band  voll  goldes  erkaufen  wollte?  Wieland  13,  132;  es 
ist  ein  armes  verächtliches  wort.  Sciiii.i.er  209;  ein  knecht, 
ein  armer  name.  225;  nein,  meine  armen  lippen  sollen  nim- 
mermeür  einen  vater  ermorden  I  104 ; 

da  brach  mein  armes  herz  vor  bctrübnis. 
VossOd.  4,  481; 

golt  sei  deiner  armen  seele  gnädig ! ;  gott  verzeihe  ir  armen 
Seelen.  Ca/my  331;  wann  nun  der  arme  sünder  verscheiden 
ist,  so  kniet  man  nider  und  betet  ein  valterunser  und  gebet 
zu  trost  seiner  armen  seelen.  Reutter  kriegsordn.  67 ;  wenige 
arme  seelen  unter  den  calvinisten  feierten  den  tag,  wo  der 
feind  von  ihnen  gewichen  war.  Schiller  849;  ein  armer  ort, 
ein  armes  dorf,  die  wenig  nahrungsquellen  haben;  du  be- 
trittst unser  armes  haus; 

viel  gute  riticrsleute 
die  hatten  ...  ihr  leben  aufgesetzt, 
und  in  der  Walachei  das  arme  feld  genetzt.    Opitz  1,4; 
■0  singt  er  in  der  wiriterstundc, 
wo  nicht  ein  armes  hälmchen  grünt.    Göthe  1,213; 

dasz  solch  crrnhrncn  mann 
mein  arm  gespräch  nicht  uiiierhalten  kann.    12, 160; 
doch  ach,  ein  gott  versagte  mir  die  kunst, 
die  arme  kunst,  mich  künstlich  zu  beiragen,    2,149; 

erhöre  mein  armes  gebet.  Judith  9,  14 ;  wer  ein  arme  hebe 
(ein  geringes  opfcr)  vermag.  Es.  40,  20 ;  bergmännisch,  ein  ar- 
mer gang,  ein  armes  crz ;  den  armen  letzten  trost.  Wiei.and 
22,  5 ;    ob    es    schon   anne   Vergeltung    für  ihre  vortrcnichen 


seebriefe  wäre.  Merck  l,  177 ;  es  wer  funvar  ein  armer  han- 
del.  Fischart  bienenk.  202*;  zu  armen  tagen  kommen  iarm 
werden).  Keisersb.  brösaml.  59',  man  musz  ehmals  armlage 
pauperlas,  wie  reichtage  diviliae,  siechtage  morbus,  nackttage 
nuditas  gesagt  haben. 

4)  praedicatives  arm,  wozu  die  sache  im  gen.  oder  mit  der 
praep.  an  gesetzt  wird:  er  ist  nit  arm  des  gfits,  aber  arm 
des  mfits  und  geists.  Keisehsd.  seh.  d.  penit.  b' ;  selig  sind  die 
da  geistlich  arm  sind.  Matlh.  5,  3  (ahd.  arme  sind  in  geiste); 
ich  aber  bin  elend  und  arm.  ps.  70,  6;  das  du  bist  elend 
und  jemerlich,  arm,  blind  und  blosz.  offenb.  Joh.  3,  11 ;  ich 
aber  der  dieser  ding  ganz  arm  bin,  weisz  kein  andern  trost. 
Luther  1,  43'.  3,24';  ist  gott  so  dürftig  arm?  8,27'; 

dasz  er  nicht  weisz,  arm  in  der  wähl, 

was  er  soll  nemen,  was  weglegen.    Weckueri.  380; 

arm  an  glück.    Gökingk  3,  182; 

arm  am  beutet,  krank  am  herzen.    Göthe; 

das  herz  war  nicht  an  freuden  arm.    Schiller; 

sie  werden  die  geschenke  meiner  liebe, 

wie  arm  sie  sind,  darum  gering  nicht  achten.    441 ; 

alle  nnsre  dienste  ...  blieben  noch 

zu  arm,  die  grosze  ehre  zu  erkennen.    561; 

bald  muste  der  anwachsenden  menschenmenge  der  acker  zu 
arm  werden.  691.  einen  arm  machen ;  er  hat  sich  arm  ge- 
soffen; die  mutter  arm  fressen.    Garg.  4l'. 

ARM,  n.  paupertas,  gebraucht  Logau,  wie  arg,  jung,  alt 
substantivisch:  unter  der  Überschrift  Sprachlehrer  dichtet  er: 

es  ist  ein  tolles  volk,  das  in  dem  Wörterkriege 

als  Türken  um  die  weit  ist  eifriger  zum  siege,' 

wanns  um  und  um  nun  kümmt,  so  ist  ein  wort  erstriten, 

indessen  kruch,  gebruch  und  bittres  arm  geiidten.    2,7,59; 

Canus  geht  gar  krumm  gebückt, 

weil  ihn  arm  und  alt  so  drückt.    2,9,20; 

welches  letzte  arm  oben  sp.  264  adjectivisch  gefaszt  wurde. 
ARMADER,  f.  vena  brachii. 

ARMARTIG,  brachiatus:  zwanzig  dieser  dünnen  und  lan- 
gen armartigen  sehnen.    Tieck  ges.  nov.  1, 34. 

ARMRAND,  n.  brachiale,  nnl.  armband:    steckte  dem  lieb- 
sten bald  ihr  armband  an  den  hals.   Weise  kl.  leute  18. 
ARMRELN,  n.  os  lacerti,  ulna,  armröhre. 
ARMRIiNDE,    f.   binde  in   der    ein   verletzter   arm  getragen 
wird. 

ARMRLUTADER,  f.  vena  brachii. 

ARMRRUCH,  m.  fractura  brachii.  ein  (echter ausdruck.  Garg. 
188'. 

ARMRRUST,  f.  und  n.,  eine  seltsame,  zuerst  im  zwülßen  jh. 
erscheinende  assimilation  des  mlat.  arcubalista,  arbalista,  prov. 
arbalesta,  albaresta,  it.  balestra,  sp.  ballesta,  porl.  besta,  fram, 
arbaleste,  arbalete.     hier  sind  mhd.  belege: 

mit  armbruslen  und  mit  bogen.    En.  5512.  troj.  kr.  24980; 

die  armborst  unde  die  phile.    Alex.  2101; 

(bolze),  so  si  armbrustes  span 

mit  senewen  swanke  tribet  dan.    Parz.  181, 1; 

mit  armbrusten  üf  gezogen.    Herb.  2591.  Dietr.  1588; 

kocher,  armbrost  und  bogen.    8707; 

mit  bogen  und  armbrusten.    Gudr.  1384,2; 

daj  über  si  kein  armbrust 

geschiejen  mohte  noch  kein  böge.    troj.  kr.  17343; 

die  künden  wol  genützen 

den  bogen  und  aa;  armbrust.    24788; 

die  vuorten  ärmst  und  bogen.    Helbl.  15,  323; 

als  ein  phil  van  eime  arembroste.    Roths  denkm.  86, 101; 

ein  armbrost  truog  er  in  der  hanl.    Bon.  3,  17; 

noch  sneller  ist  des  argen  wort, 

denne  von  der  armbrost  si 

der  phil.    3,  57. 

die  armbrust  neutral  setzten,  konnten  keinen  gedanken  weder 
an  brüst  peclus  haben  noch  an  brüst  scissnra,  nur  spurweise 
risz  das  fem.  ein.  das  noch  stärker  gekürzte  ärmst  zeugt 
wiederum  für  ein  fremdes  wort,  vielleicht  hatte  das  byzanti- 
nische ;^£<(»o/9rtA<'«;T()«,  das  doch  handschleuder,  nicht  bogen 
ausdrückt,  einßusz  geübt  auf  die  enlslcllung  von  arcubalista. 
fries.  armburst,  crmborst,  nnl.  armborst,  dän.  armbörst,  schw. 
armborst,  armbost,  isl.  armbrysti  sind  entlehnt  von  uns,  keine 
sl.  spräche  nahm  das  wort  auf.  Auch  die  früheren  nhd.  schriß- 
steller  ziehen  das  n.  vor,  Luther  verwendet  armbrust  nirgend. 

nembt  mit  euch  das  pirscharmbrost  mein.    Teuerd.  30,  8; 

und  gebt  ein  armnnisi  im  in  sack, 

und  tausent  faldubel  auf  sein  nack.    fastn.  sp.  47,  21 ; 


557 


ARMBRUSTER  — ARMEN 


ARMEN  — ARMFESSEL 


558 


auch  wer  auf  unserm  guet  gel  mit  einem  geladen  armbst. 
fceisth.  3,  691;  ein  gespanls  ärmst.  3,  696,  so  auch  bei  Kal- 
TENBÄCR  1,  251'.  2ö&" ;  icU  bracht  das  armbrust  im  rennen  auf 
{spannte).  Götz  tos  Berl.  64 ;  nun  wolt  ich  das  armbrust  wie- 
der ufbraclit  haben,  das.;  hett  wieder  ein  pfeil  uf  dem  arm- 
brust. 66;  dasz  er  mir  mein  armbrust  wieder  herausbringen 
wolt.  das.;  das  armbrust  überspannen.  Agricola  5pr.  9t';  do 
schicszt  man  mit  dem  armprust  ab.  Tuleneisser  archidoxa 
15;  wer  recht  abkommen  wolte,  der  soite  selber  die  bolze 
schiften  und  lldem  und  das  armbrust  stechen  können.  Ma- 
THESIUS  153'; 

bistu  der  Unnsel  schülze, 

was  ist  dir  dein  arrabrost  nüUe, 

wann  dus  nicht  spannen  kansi?    Garj.  93'; 

er  spannt  von  freier,  sperriger  band  des  Herculis  armbrust. 
Garg.  ISO';  das  armbrust  ernstlicher  anspannung  bisweilen 
nachlassen.  185*;  ein  stählines  armbrust.  VVeckherl.  69;  man 
musz  nicht  zu  lang  im  armbrust  oder  bogen  liegen.  Leu- 
jiANs  "2.  später  und  heute  gilt  das  f.;  wer  die  armbrust  über- 
spannt, dem  springt  sie. 

AR.MBHLSTER,  ni.  balislarius,  armbruslmacher,  in  einer  urk. 
von  1423  hei  Oberlin  59 ;  die  armbruster  befedern  auch  ire  bolze 
mit  solchen  federn.  SEBiz/e/rf6.  606;  wäre  der  alte  armbrust 
etwas  galanter,  so  halt  er  wol  selbst  herüber  rücken  und  mich 
etwa  abholen  können.  Fr.  Müller  3, 59,  steht  das  für  armbruster? 
oder  meint  ers  im  sinne  von  haudegen,  der  alle  schütz,  lognert 

AHMBRUSTKAIN,  «i.  ort  wo  nach  dem  ziel  geschossen  wurde: 

am  künstlichen  gheiis, 
welches  den  armprostrain  umfieug.    Fiscbart  gl.  seh.  SSö. 

ARMBRUSTSCHLSZ,  m.  bezeichnet  ferne:  ich  bleib  wol  ein 
armbrustschusz  weit  dahinden.  Aimonk;  hierauf  zog  sich  Ot- 
gier  eines  annbrusts  schusz  weit  zurück.  Ol;  der  nur  ein 
armbrustschusz  vom  meer  entspringet.    Matbesius  2'. 

ARMBRtSTSCHLTZE,  m.  arcubalistarius,  amibrusler.  schon 
mhd.  Dielr.  2992. 

ARMBRUSTVVI.NDE,  f.  lum  spannen  der  armbrust. 

ARMBÜCHSE,  /".  die  städte  borgten  ihm  6  büchsen,  32  arm- 
bücbsen,  6  tonnen  pulvers.    Dablm.  ddn.  gesch.  2,  57. 

ÄRMCflEN,  n.  brachiolum,  ärmlein. 

AR.MEE,  f.  it.  armata,  sp.  arraada,  ein  mit  dem  feind  überall 
vorgedrungnes,  völlig  entbehrliches  wort,  das  unsere  spräche 
längst  mit  beer  und  häufen  hätte  zurückschlagen  sollen. 

ARMEISEN,  n.  manica,  armfessel. 

ÄRMEL,  m.  manica,  ahd.  armilo  (Graff  1,  426),  mhd.  ermel 
(Ben.  1,  57'),  bei  H.  Sachs  erbel,  bair.  erwel ;  man  schreibt 
auch  heute  besser  ermel,  ursprünglich  alles,  was  den  arm  um- 
fpindet,  also  auch  fessel,  armkette,  lange  oder  kurze  ermel, 
weite  oder  enge,  bei  der  arbeit,  beim  essen  die  ermel  zu- 
Tückstreifen,  dasz  die  arme  freier  werden:  der  salat  war  be- 
reit, das  fleisch  darein  schmückt  sich,  er  streift  die  armel 
liinder  sich,  grif  darein  und  asz  es  also  mit  öl,  essig  und 
salz  hinein.  Garj.  23'';  die  ir  erbel  hinder  sich  streift.  H.  Sachs 
1,  265'.  einem  etwas  auf  den  ermel  binden,  auflinden,  auf- 
heften, seine  leichlgläubigkeit  misbrauchen ;  er  lüszt  sichs  auf  die 
£rmel  biegen.  Rachel  19,  eine  sicher  alle  ausdrucksweise,  die  noch 
vom  biegen  des  goldes  um  den  arm  herrührt,  vgl.  mhd.  armbouc. 
einen  am  eiinel  fassen,  ziehen,  zupfen,  leise  auffordern  oder 
warnen,  dasz  er  sich  einhalte,  nicht  zu  weit  gehe :  mein  Verleger 
hat  einen  sehr  demütigen  brief  an  mich  geschrieben  und  mich 
wegen  des  vierten  theils  am  ännel  gezupft.  Rabe.ner  briefe  161 ; 
lue  nachricht  ist  gemacht,  unsere  überlreibeiide  schriftsteiler 
am  ermel  zu  zupfen.  Claudius  6,  vii.  etwas  aus  dem  crrael 
schütteln,  aus  weitem  ermel  plötzlich  hervorholen :  einen  Cicero 
schüttelt  man  nicht  so  aus  dem  ermel,  der  te.xt  musz  berich- 
tigt werden.  REiskEMs  lebensb.  84;  auf  jede  frage,  so  uner- 
wartet und  unbequem  sie  ihm  sein  mag,  eine  antwort  aus 
«lern  ärmel  zu  schütteln.  Wielaxd  6,  44. 

ÄRMEIXHEN,  n.  kleiner  ermel. 

ÄRMEI.ERLEUCHTET,  am  ermel  glänzend.  Garg.  1|2'. 

ÄRMELPOPPERLE,  n.,  ein  zierrat,  ßitter,  den  man  am 
ermel  trug  und  der  am  ermel  zitterte,  flatterte?  schlug  bald 
an,  zielt  kurz,  bawt  nit  lang,  acht  nit  das  ärmelpopperle, 
truckt  schnell  ab.  Garg.  180'.    vgl.  achselband,  achselzierde. 

AR.ME.N,  in  mehrfachem  sinn,  das  altn.  arma  heiszl  ergrei- 
fen, umfassen,  in  die  arme  nehmen,  bann  armadi  skiöldinn, 
clypeum  arripuit,  ahd.  mhd.  nhd.  scheint  das  einfache  armen 
ausgestorben,  doch  sagen  wir  umnrmen,  in  die  arme  fassen, 
nach   dem  unter  arm  miser  aufgestellten  Übergang  der  begriffe 


kann  auch  das  goth.  arman,  gaarman  ilesn;  misereri  ur- 
sprünglich bedeutet  haben  amplecli  und  gleichen  sinn  gibt  kund 
unser  erbarmen,  d.  i.  erbearmen,  von  arm  pauper  wurde  ab- 
geleitet ein  mhd.  armen,  arm  werden  |Bex.  1,  59'),  nhd.  die 
salzsole  armet  am  halte,  verarmt;  crmen,  arm  machen,  wofür 
nhd.  gleichfalls  armen,  franz.  appau\Tir,  ein  verbreitetes  Sprich- 
wort lautet  almusen  geben  armet  nicht.  Acricola  172'  n*  295. 
ZiNKGR.  260,  11.  Hippel  lebensl.  4,  72,  wer  armen  gibt  wird 
nimmer  arm.  Lohessteis  kennt  noch  sich  armen  für  in  die  arme 
nehmen :  sprang  in  den  flusz  und  schwamm  gerade  mitten  in 
den  Strom,  drinnen  er  denn  alsofort  etwas,  das  selbter  herab 
trieb,  zu  gesiebte  bekam,  also  sich  mit  demselben  armte  und 
ans  ufer  brachte.  Arm.  1, 1291;  wie  oft  armt  aug  und  ohr  nur 
mit  gespensten  sich.  1,  1291;  er  befahl  demnach,  dasz  die 
helfle  seiner  zum  hinterhalt  verbliebnen  Deutschen  sich  mit 
etlichen  schütten  stroh  und  reisiggebündern  armen  und  von 
seihten  unter  der  eroberten  mauer  gleichsam  einen  tamm  auf- 
richten sollen.  2,  245 ; 

wenn  er  mit  dem  sich  armt  und  küst, 

was  nicht  kann  küssen  und  umarmen.    2,  1406. 

im  part.  praet.  hat  sich  gearmt  brachiatus  und  langgearmt, 
kurzgearml  erhalten :  weitgebrüstet  und  langgearmet.  Stieler  54. 

ARMENA\STäLT,  f  TircaxoSoyüov. 

ARMENANWALT,  m,  advocatus  pauperum. 

ARMENARZT,  m. 

ARMENALFSEHER,  m. 

ARMENBECKEN,  n.  armenbüchse. 

ARMENBEHÖRDE,  f. 

ARMENBEITRAG,  m.  zur  Unterstützung  der  armen. 

ARMENBÜCHSE,  f.  Rabener  2,  75.  nnl.  armbus.  almo- 
senbüchse. 

ARMENEID,  m.  juramentum  paupertatis. 

ARME.NDE,  n.  das  gegen  den  arm  gerichtete  obere  ende  dei 
mittclhandknochcns.  vgl.  fingerende. 

ARMENGABE,  f.  almosen: 

auszuspenden  alle  habe, 

zu  verbluten  mit  geduld, 

war  ein  scherflein  armengabe 

ITir  der  miune  dank  uud  huld.    Bchgeb  17*. 

ARMENGELD,  n. 

ARMENGESETZ,  n. 

ARMENHAUS,  n.  Tt-cco/ßToofEior,  nnl.  armhuis. 

ARMENHERBERGE,  f  7irco/,elov,  bettelherberge. 

ARMENKASTE.N,  m. 

ARMENKIND,  nnl.  amikind.  ich  bin  ein  armenkind,  kind 
armer  ellern,  armer  leute  kind. 

ARMENORDNLNG,  f. 

ARMENPFLEGE,  f.  almosenpflege. 

ARMENRECHT,  n. 

ARMENSCHULE,  /".  nnl.  armschool. 

ARMENSTEUER,  f 

ARMENSÜNDERGLÖCKCHEN,  n. 

ARMENSUNDERSTUHL,  m.    Klinger  11,156. 

ARMENSUNDERSTÜHLCHEN.  n.  auf  dem  armensünder- 
stühlchen  hat  er  den  richter  zum  narren.  Göthe  8,  245. 

ARME.NSTOCK,  f?i.  armenkasten,  ein  holer  klotz  in  kirchen. 

ARMENVATER,  m.  armenpfleger. 

ARMENVERSORGUNG,  f. 

ARMENVOGT,  m.  bettelvogt. 

ARMENVVESEN,  n. 

ARMER,  f  armarium,  Hemscq  120.121  gibt  die  armergen 
und  dns  armerglin.    s.  almer. 

ARMEREI,  /■-  miseria:  unsere  gebrechlichkeit  und  armerei 
teglich  erkennen.  .Melissus  ps.  Xs'.     druckf.  ßr  annelei? 

ARMERITTER,  pl.  ein  altes  backwerk:  man  sol  ein  hun 
braten  mit  spec  gevult,  und  snit  denne  aht  snitlen  atme  ril- 
ter  und  backe  die  in  sroalze  niht  zu  trüge,  von  guter  spise 
$.  19.  nach  Frisch  1,  35  in  teig  gedrückte  und  mit  butter  ge- 
backene  semmelsclinitten.  Stieler  1601.  A.  W.  Schlegel  könig 
II.  d.  vierte  IL  2,  4. 

ARMESUNDERBLUME,  f.  Heine  buch  der  lieder  160. 

AR.METEI,  f.  paupertas: 

nun  weisz  ich  doch,  das  er  oft  ketvt 

in  armetei,  die  ia  besessen.    B.  Waldi«  Esop  4,  S2. 

vgl.  armut  und  armuleL 

ARMFÄHIG,  ampleclent,  in  die  arme  fassend.  Garg.  6(5*. 
s.  anbiegig. 

ARMFEILE,  f  schwere  feile,  mit  grobem  hieb. 

ARMFESSEL,  f.  manica,  armeisen. 


55d 


ARMFLÄCHE  —  ARMMÜSKEL 


ARMPOLSTER  —  AR3ISTEIN 


560 


ARMFLÄCHE,  f.  superficies  brachialis. 

ARMFLEISCH,  n.  Andreas  Hofer  gebot  den  Tirolerinnen, 
brüst  lind  armfleisch  zu  bedecken.  Beckers  weltg.  U,  19. 

ARMFÜRMIG,  brachiformis. 

ARMFREI,  manumissus.  Frisch  1,  34*.  Stieler  558.  frei 
vom  arvi  des  herrn. 

ARM  GEIGE,  f.  die  grosze  geige,  die  mit  ausgestrecktem  arm 
musz  gehalten  werden,  viola  da  braccio. 

ARMGEISTIG,  pauper  spirilu:  denn  es  kann  nicht  anders 
sein,  die  reichgeistigen  müssen  verfolgen  die  armgeistigen,  wie 
Esau  Jacob.  Luther  l,  28 ;  die  armgeistigen,  die  do  sind  rein 
von  herzen,  mit  keinen  wahn  und  kunst  bemaiiget.  Frank  2, 
81 ;  Christus  ist  dem  armgeistigen  ein  schätz,  dem  wehrlosen 
ein  Schwert,  paradoxa  72'.     heute  geistesarm. 

ARMGESCHMEIDE,  n.  monile  bracliii,  nnl.  armgesmijde: 
keten,  armgeschineide,  ringe.  4  Mos.  31,  50 ;  nam  das  armge- 
schmeid  von  seinem  arm.  2  Sam.  1, 10.  H.  Sachs  III.  1,  74°;  der 
erste  morgen  des  sommers  warf  über  die  wühlenden  buche 
das  zitier  und  glanzgold  des  herabgeschwommenen  morgen- 
roths  und  legte  den  huschen  das  armgeschmeide  von  bren- 
nenden tropfen  an.  J.  Paul  Hesp.  4,  62. 

ARMGESCHRENK,  n.  Fischart  Garg.  99'.  mhd.  arme  schren- 
ken.    Fr  IB.  Trist.  711. 

ARMGEWALTIG,  manu  fortis: 

zu  liülfe,  bruder,  armgewallger  eile  her!    Göthe  40,  395. 

ARMGEWUNDEN :  armgewundene  mäntel  und  kappen.  Garg. 
177'. 

ARMGLOCKEN,  sallando  manibus  molum  campanarum  imi- 

tari?  da  danzten,  schupften,  hupften  gaukelten,  redJeten, 

bürzleten,  balleten,  jauchzeten,  gigageten,  armglocketen,  hend- 
ruderten,  arnilaufeten.  Garg.  82". 

ARMGRUBE,  f  ala  sub  brachio  hominis,  uao/n^.Tj,  arm- 
hOle:  man  siht  unter  dem  arm  die  gruoben.  Altswert 50, 27. 

ARMGURGELN,  pl.  armschnürstiefeln  und  armgurgeln.  J. 
Pauls  briefe  102. 

ARMHANDSCHUH,  m.  langer,  zum  arm  hinauf  reichender. 

ARMHEBER,  m.  armmuskel. 

ARMHÖLE,  f.  ala,  armgrube,  achselhöle. 

ARMHOLZ,  n.,  aus  dem  die  arme  des  mülrads  gefertigt 
werden :  geschnittene,  dicke  holen  zu  kämmen  oder  kopf- 
rädern, armholz  zu  denselbigen.  Kirchhof  disc.  mil.  25. 

ARMIG,  gearmt,  in  den  Zusammensetzungen  langannig,  kurz- 
armig, krummarmig,  vielarmig,  siebenarmig. 

ÄRMIGLICH,  adv.  misere,  ärmlich,  mhd.  armecliche: 
er  für  vil  ermiklich.    fastn.  sp.  190,  28 ; 
sie  sprach,  fiirwar  ganz  kümmerlich, 
behelfen  uns  oll  ermiglich.    B.  Waldis  Esop  4,  30. 

ARMKETTE,  f  armgeschmeide. 

ARM  KISSEN,  n.  zum  auflehnen  des  arms. 

ARMKORB,  m.,  der  am  arm  getragen  wird,  handkorb. 

AR.MLAHM,  am  arm  gelähmt. 

ARMLAUFEN,  beim  tanzen,    s.  armglocken. 

ARMLEHNE,  f  an  hank  und  stuhl  zum  auflegen  des  arms. 

ÄRMLEIN,  n.  brachiolum,  ärmchen: 

dann  ich  Hg  jetzt  so  liefe 

ins  andern  arnielein.    Garj.  28'; 

gerade  volle  ärmiin,  weisz  wie  topos.  77". 

AR.MLEUCHTER,  m.  ein  gcarmter  leuchter.  so  heiszl  auch 
die  chara,  eine  wasserpßanze,  deren  Stengel  einem  arnileuchter 
gleichen,  scliw.  Ijusann,  dän.  armstagc.  sonst  auch  wasscr- 
katzenzagel,  pferdeschweif. 

ÄRMLICH ,  miser,  miserabilis,  ahd.  armalih  (Graff  1,  421), 
mhd.  ermelich,  gewöhnlich  aber  ermeclkh,  armeclicli,  nnl.  ar- 
melijk:  ärmlich  ;mgcllian  und  gerüst,  i4inio7ig4;  ärmlich  bc- 
cleidct.  fl;  ärmliche  kleidung;  wenn  dich  diese  hültc  nicht 
abschreckt,  die  nicht  ärmlicher  aussieht  als  Rie  ist.  Wieland 
8,  350.  ärmlich  ist  uns  heute  weniger  als  arm,  es  drückt  gleich- 
sam nur  die  beginnende,  anhebende  armut  aus:  ein  reines, 
aber  ärmliches  kleid;  sie  leben  nicht  gerade  arm,  aber  ärmlich, 
behelfen  sich  ärmlich,    s.  ärmiglicli. 

ÄRMLIING,  m.  ein  kurzer  ermel  zum  anstreifen. 

ARMLOCH,  n.  die  öfnung  im  hemd  oder  kleid,  in  welche 
die  arme  gesteckt  werden,  ähnlich  war  das  mhd.  houbelloch, 
zum  durchstecken  des  halses  oder  haupts. 

ARMLOS,  rfej  arms  beraubt. 

ARMMÄUSLEIN,  n.  die  ältere,  deutschere  benennung  des  ann- 
muskels,  musculus  humeri. 

ARMMUSKEL,  ni.  was  dcu  vorangehende  und  armbeber. 


ARMPOLSTER,  n.  was  armkissen. 

ARMRIEME,  m.  Ttöonai,  oxavov.   Lessing  8, 124  125. 

ARMRING,  «1.  armilla,  ahd.  arampouc,  um  den  arm  gebog- 
nes, gewundnes  gold.  kann  aber  auch  die  mit  dem  eingestemm- 
ten arm  gebildete  öfnung  ausdrücken,  gr.  xV^Vt  durch  welche 
geschaut  werden  muste,  um  geister  zu  erblicken,  {deutsche  myth. 
s.  891.) 

ARMRITZE,  f  scissio  brachü :  das  blutet  verteufelt  für  eine 
armritze!  Göthe  57,176. 

ARMROHRE,  f  libia  braehii,  armbein.    nnl.  armpijp. 

ARMROST,  m.  in  den  schmelzhütlen  des  harzes  ein  rosl, 
worauf  der  armstein  geröstet  wird. 

ARMSCHIENE,  f  libia  braehii.  die  zergliederer  nennen  so 
das  obere,  kleinere  bein  des  ellenbogens,  was  sonst  Speiche, 
Spindel,  spille,  radius  heiszt.  dann  aber  bezeichnet  es  ein  die 
armschiene  deckendes  blech:  dasz  mir  das  halbe  theil  (des 
Schwertknopfs)  in  arm  gicng,  und  drei  armschienen  damit, 
und  lag  der  schwertknopf  in  armschienen.  Götz  von  Berl. 
lebensb.  78;  dieweil  die  armschienen  ganz  blieben,  daselbst. 

ARMSCHILD,  «j.  clypeus;  da  jeder  schild  ursprünglich  am 
arme  hieng,  so  musz  die  benennung  aufgekommen  sein,  seit 
man  auch  grosze,  die  füsze  deckende  setzschilde  einführte. 

ARMSCHLAGÄDER,  f  arteria  braehii. 

ARMSCHLINGE,  f  mitella,  band  um  den  arm  geschlungen. 

ARMSCHMALZ,  n.  adeps,  vigor  braehii,  ein  kraßvoller  alts- 
druck :  armschmalz  thuts.  Simrock  460 ;  schweiszwasser  macht 
oder  rürt  guten  mürtel,  armschmalz,  den  rucken  darhinder 
thün,  th&ts.  Frank  sprichw.  2,163';  aber  so  ein  gut  braucht 
händ  und  armschmalz,  der  arme  mann  im  Tockenburg  14. 

ARMSCH.MUCK,  m.  armgeschmeide. 

ARMSCHNALLE,  f  ßbula,  zum  festigen  des  armbands. 

ARMSDICK,  dick  wie  ein  arm,  von  der  dicke  des  arms :  der 
bäum   ist  schon  armsdick;  mit  armsdickem  knüttel  schlagen. 

ARMSELIG,  miser,  ein  nachdrücklicheres  arm,  «n/.  armza- 
lig,  von  personen  wie  suchen:  als  sich  nun  der  armselige  bub 
so  köstlich  anlieng  heraus  zu  butzen.  Galmy  228; 

armselige  I  musz  ich,  weil  ich  dich  wil  befreien, 

zum  Werkzeug  deiner  quäl  mich  selbst  unwissend  leihen? 

Grypuius  1,  J7U; 
armseiger  Wentwort!  ach  du  hast  durch  unser  wollen 
ein  unverdiente  slraf,  ich  steh  es  zu,  erlitten.   1,  330. 

blünderten  ihm  seine  kleider  und  gaben  ihm  darfür  ein  ge- 
blelzten  armseligen  küttel.  Garg.  266';  ihre  eigne,  ländliche, 
kunstlose  kleidung,  die  ihnen  nun  so  armselig  vorkommt. 
WiELANL  8,  297 ;  ihre  armseligen  aus  koth  und  stroh  zusam- 
mengeplackten  hütten  stehen  jedem  anfall  der  demente  offen. 
7,  48 ;  wie  oft  sehen  wir  die  gröszten  Wirkungen  durch  die 
armseligsten  Ursachen  hervorgebracht.  3,50;  wenn  er  endlich 
die  erwartung,  worin  man  so  lange  geschwebt  hatte,  mit  einem 
armseligen  'das  weisz  ich  nicht'  betrog.  6,41;  armseliger  tropf! 
Gerstenb.  Ugol.  It;  der  armselige  druck  dieses  armseligen 
dings.  Sciiii.LER  134;  vor  der  armseligen  kirche,  in  dem  küm- 
merlichen orte  selbst.  Tieck  ges.  nov.  1,  194.'  s.  armutselig. 

ARMSELIGKEIT,  f  miseria:  des  spartanischen  Chitons 
Spruch,  die  armseligkcit  sei  des  processes  und  rechtfertigena 
gefertin  und  ehgemahl  und  alle  rechtfertiger  seien  armselig 
oder  Werdens.  Garg.  159'  [der  spruch  musz  aber  anderwärts 
stehn,  als  bei  Diodor  9,  8 — 10  und  bei  Diogenes  Laertius^  ;  die 
Christen  glauben  mehr  armseligkeilen,  als  dasz  sie  die  nicht 
auch  noch  glauben  könnten.  Lessinc  2, 230;  o  armseligkeit  aller 
armseligkeit!  10,  79;  die  armseligkeit  unserer  gewöhnlichen 
Schlüsse.  Kant  2,  229 ;  der  reiche  stof  der  Sinnlichkeit,  woge- 
gen die  abslracten  begriffe  des  Verstandes  oft  nur  schimmernde 
armseligkeiten  sind.  10, 142.    s.  armulseligkcit. 

ARMSESSEL,  m.  mit  annlehnen  rersehner.    s.  armstuhl. 

ARMSINNIG,  was  aimgeistig:  wo  ein  armsinniger  mensch 
bedarf  eins  meisters,  da  bedarf  ein  reichsinniger  zehen  niei- 
ster.  Luther  1,  92'. 

ARMSLANG,  von  der  länge  eines  arms:  armes  lang  hieng. 
Garg.  206*. 

ÄKMSPANGE,/".  armilla:  dieketelin,  die armspangen.  Es.  3, 19. 

ARMSPINDEL,  f  tibia  braehii,  armröhre:  danzt  ihnen  auf 
den  kniescheiben  und  arnispindeln.   Garg.  205'. 

ARMSTARK,  armsdirk:  ein  indianisches,  armstarkes,  spa- 
nisches röhr.  Leipz.  avant.  2,  48. 

ARMSTEIN,  m.  in  den  schmelzhülten,  der  nach  seehsmaligem 
schmelzen  des  kupfererxes  erfolgende  stein,  von  armem  sirter- 
gehaU. 


56t 


ARMSTUHL— ARMUT 


ARMUT— ARMUTEI 


562 


ARMSTUIIL.  m.  armsessel.    Göthe  20, 122. 
AILMLMSCHLUNGEN. 

ARMLT,  pauperlas,  ein  vort,  dessen  bildung  und  geschleehi 
manchem  bedenken  unterliegen,  die  Golhen  tencenden  für  die- 
sen begrif  unledi  n.,  tcogegen  ihnen  annaiü  f.  misericordia  aus- 
drückt, ahd.  führt  ardmuoli  f.  inopia,  paupertas  zunächst  auf 
ein  adj.  aramuoti  inops,  deren  uo  wie  das  in  heimuoli  patria 
aufzufassen  wäre,  dem  auch  mhd.  armuote  n.  (Ben.  5S')  ent- 
spricht, altn.  gilt  aber  armödr  m.  paupertas  und  armoedi  f. 
aerumna,  welches  letztere  aus  ar  labor  und  moedi  molestia  = 
ahd.  mnodi  (Gbait  2,  603)  zusammengesetzt  scheint ;  schwerlich 
läszt  sich  ahd.  aramuoü  als  aramuodi  fassen,  diese  mundart 
kennt  kein  einfaches  ar  labor,  noch  bedeutet  ihr  aramuol'i  mo- 
lestia,  vielmehr  immer  nur  inopia.  aramuoti  =  arammuoü 
schiene  zwar  dem  sinn  von  muoti  nach  seltsam,  obschon  bei 
N.  ausdrücklich  armmuotig  geschrieben  steht;  wie  wenn  das 
muot  hier  tollkommen  begründet  und  ßr  arammuoü  nur  eine 
^ältere,  der  des  goth.  armahairtei  gleiche  hedeutung  zu  behaup- 
ten wäre?  dadurch  empfienge  die  bei  arm  entfaltete  annähme, 
dasz  es  ursprünglich  subjectiv  gewesen  sein  müsse,  neuen  halt; 
wie  arm  müleidig,  erbarmend  übertrat  in  arm  pauper,  ebenso 
wurde  armmuoti  misericordia,  erbarmender  mut  zu  paupertas, 
obgleich  nun  der  sinn  von  mut  zu  passen  außörte.  tgl.  her- 
nach armütig. 

Mhd,  halten  einander  das  n.  armuote  und  f.  armuot  6«- 
nahe  das  gleichgewicht,  seken  ist  das  m.  armuot  (ein  beleg 
dafür  Diut.  1, 419).  Er.  1578  zeigt  sich  frowe  Armuot  perso- 
nißciert. 

nicht  anders  schwanken  nhd.  schrißsteller  zwischen  beiden 
geschiechtem.  Luther  schreibt  das  f.  in  folgenden  stellen: 
sihe,  ich  habe  in  meiner  armut  verscliaft  zum  hause  des  herrn 
hundert  fausent  centner  golds.  1  cbron.  23,  14;  betrübe  den 
dürftigen  nicht  in  seiner  armut.  Sir.  4.  2 ;  auf  das  ir  durch 
seine  armut  reich  würdet.  2  Cor.  8,  9 ;  ich  weisz  deine  werk 
und  deine  trübsal  und  deine  armut.  offenb.  2,  9.  das  n.  hin- 
gegen ößer  in  andern:  so  wird  dich  das  armut  übereilen  wie 
ein  fuszgenger.  spr.  Sal.  6,  11 ;  das  gut  des  reichen  ist  seine 
feste  stad,  aber  die  armen  macht  das  armut  blöde.  10,  15; 
mancher  ist  reich  bei  seim  armut.  13,  7;  wer  seinen  acker 
bawet,  wird  brots  gnug  haben,  wer  aber  müsziggang  nach- 
gehet, wird  armuts  gnug  haben.  28,  19;  wir  wären  wol  zu- 
friden  gewest  mit  unsenn  armut.  Tob.  5,  27 ;  diese  arme  witwe 
hat  von  irem  armut  (de  penuria  sua)  alles  was  sie  hat,  ire 
ganze  narung  eingelegt.  Marc.  12,  44 ;  wenn  ein  fürst  dir  sein 
gut  beschiede  und  gebe  dir  zu  einem  pfand  ein  geschrieben 
testament  seines  letzten  willen  und  thet  das  aus  seiner  milde 
und  gute  umb  deines  armuts  willen.  Luther  2,  24*;  also,  was 
gelobt  ein  münch  mit  seinem  armut?  6,29*;  der  apostel  werk 
war  eine  geselschaft  und  nicht  ein  orden  des  armuts.  6,29*; 
das  e.  a.  sol  umb  gelds  willen  ein  böse  geschrei  haben,  son- 
derlich weil  e.  a.  sonst  gnug,  und  dieses  armuts  nicht  be- 
dürfen. 6.  506* ;  klagte  über  das  armut  und  elend  der  theolo- 
gen.  tischr.  396*.  der  sinn  begründet  hier  keinen  unterschied 
zwischen  f  und  n.  Bei  H.  Sachs  herscht  das  f,  er  schildert 
1,  443  die  armut  mit  ihrem  überlangen  schwänz,  und  Idszt  sie 
den  menschen  reiten,  leiblich  auf  ihn  niedersitzen: 

und  ob  armut  dich  reiten  wolt.    1,  245'; 

da  ihn  wird  reiten  die  armut.    ],  485*; 

schaw  als  denn  in  die  armut  reil.    11.  4,  114*; 

weil  in  die  armut  reit  dermaszcn.    III.  3,  72*; 

anderemal  stellt  er  sie  auch  als  frau  dar: 

hierin  wohnt  fraw  armut  leider.    III.  3,  28*, 
wenn  er  aber  sagt: 

in  armut  liegen  unter  der  baok.    III.  3,  36*, 

10  läszt  aus  diesem  dat.  das  gescitlecht  freilich  sich  nicht  ent- 
nehmen, auch  M&THESiis  und  Fischart  ziehen  das  f.  vor:  die 
nimpt  sich  als  ein  vernünftige  und  barmherzige  fraw  der  ar- 
mut trewlich  an.  Math.  14*; 

ein  klosier  wollen  wir  bawen, 

ligt  gar  in  groszer  armut.    Garg.  48'; 

doch  viele  andere  das  n.: 

des  groszeo  armuts  moclii  ich  nie.    Al>k*cs27*; 

wer  ich  in  meinem  armut  blieben, 

ich  wurd  ieut  nit  iimbtier  getrieben.    27*; 

Franciscus  hat  sein  haus,  das  ist  seinen  orden  auf  einen 
feisen,  das  ist  auf  das  armut  -gehawet   Alberus  barf  eulen- 


spiegel  n*  471;  nnd  kami  iUo  dem  aimnt  wol  gdiolfen  wer- 
den. Mela-xchth.  1,  553;  fürwar  lagen  wir  zwen  am  armut 
schwerlich  krank.  Huttex  5,  316 ;  erhalten  ir  unrein  leben  mit 
dem  ingeweid  unseres  armut*.  5,  319;  also  sei  das  armut 
(die  armen  leute)  verursachet  worden  ire  hohe  noth  zu  kla- 
gen, weislh.  3, 443 ;  und  ist  ein  sehr  theuer  jähr  gewesen,  da- 
von das  armut  sehr  bedrängt  worden.  Schweixiches  1,  68 ;  den 
Tortheil,  welchen  das  armut  in  rechten  hat.  sächs.  procest- 
ordnung  1622.  i,  3 ; 

der  wald  bringt  gar  schönes  wild, 
das  nicbt  fürs  armut  ist.    Opitz  1,  132: 

wer  nimpt  das  armut  nun 
io  seinen  milden  schütz,  wer  wird  ihm  gutes  thtin 
mit  einer  reichen  faust  ?  2,  98 ; 
ist  schon  das  armut  weg,  so  bleibt  doch  die  begier.  3,  2S6 ; 

man  solte  ihm  sein  edles  armut  nit  nehmen.  Oprrz  Arg.  1,  S98 ; 

du  wirst  des  armuts  schall.    Fleming  555;   • 
dasz  du  (tod)  vielmal  mehr  das  armut  angelacfaet. 
Grtphics  2,  31 ; 

ihr  seid  ein  lieber,  redlicher  herr,  ihr  sorget  allein  für  das 
liebe  armut.  1,  771; 

mein  grösztes  armut  ist  zu  leben  ohne  dich. 

HOFFKAK.XSWALDAV  11; 

mein  ganzes  trachten  war  mein  armut  zu  Tcrhölen.    88; 
schien  der  Schickung  dies  dein  armut  noch  zu  reich. 

GC5THER  868; 
an  der  das  armut  sog.    10S9; 
wann  uns  das  armut  speist  und  tränkt. 

WiEDEHAjrx  mai  35 ; 
was  man  aus  dem  armut  z:wioget.    64; 

dasz  etlichen  das  liebe  armut  nahe  genug  wäre.  Weise  ersn. 
89;  lieber  in  grösztes  armut  als  gefahr  der  seelen  geraten 
wollen.  Felsenb.  1,  11;  wende  die  helfte  deines  Schatzes  an 
das  armut.  2,  273 ;  es  sind  räuber,  nun  werden  sie  dein  bis- 
chen armut  zu  sich  nehmen,  irrgarten  172 ;  bei  täglich  zuneh- 
mendem armut.  Leipz.  armenordn.  1704  s.  16 ;  sich  gegen  das 
armut  milde  erweisen,  s.  17 ;  zu  des  armuts  bestem.  *.  18 ; 
das  armut  unterstützen.  Rabexer  3,  73 ;  eine  gar  zu  gefällige 
nachsieht  gegen  das  armut  des  contribuenten.  3,  95 ;  das  sind 
die  thränen  des  armuts  nicht.  3,  99  ;  lassen  sie  nicht  zu,  dasz 
sich  meine  feinde  meines  armuts  misbrauchen.  3,  100;  der 
besitzer  des  ritterguts  empfindet  das  armut  seiner  ausgesaug- 
ten untertbanen  zuerst.  3, 137 ;  ihre  gemahlin  nimmt  sich  des 
armuts  und  ihrer  untertbanen  an.  4, 131 ;  mein  bischen  armut. 
Gellert  3,  149;  wollen  wir  etwa  dem  armut  etwas  geben? 
3, 160 ;  mag  das  armut  sehn,  wies  fertig  wird.  Lessixc  2,  305 ; 
ja,  wenn  ich  mein  bischen  armut  gestolen  hätte.  Tiecs  3,  374. 
Die  heutige  spräche  ist  zu  dem  schon  der  mhd.  gebildeten 
dichtkunst  gemäszen  f.  zurückgekehrt,  und  das  n.  braucht  nicht 
einmal  für  die  collectivbedeutung  ton  armut  =  liie  armen  leute, 
oder  ßr  die  redensart  mein  bischen  armut,  dein  bischen  ar- 
mut (irrg.  der  liebe  172)  torbehalten  zu  bleiben,  da  jener  auch 
das  f.  zusagt  {mhd.  diu  arme  diet)  und  mit  bischen  gerade  sa 
Schönheit,  klugheit  verbunden  werden  darf,  doch  soll  es  kein 
fehler  sein,  in  beiden  hergebrachten  fällen  auch  das  n,  zu  ver- 
wenden, schon  Gellert  setzte,  von  ihnen  ahgesehn,  das  f.: 
ich  verlange  den  reichthum  ebenso  wenig  als  die  armut.  3, 
158.    die  armut  der  deutschen  literatur.  Götbe  26,  8 ; 

stolz  auf  diesen  könig  gab  der  baner 
freudig:  seine  armut  bin.    Scbilli«  922. 

auch  nnl.  erseheint  armoede  =  ahd.  aramuoti  immer  weiblich, 

Sprichwörter:    armut   ist   des   reichen  kuh.     armut  ist  des 

reichthuins   band   und  fusz.     zwischen  armut  und  reichthum 

ist  das  beste  leben,    armut  ist  ein  frOhUch  ding,  macht  lustig. 

armul  ist  ein  leidfr  esKt. 
armut  ist  fiir  thorheii  guL 
armiii  ist  Hirs  podagra  gut. 
armut  aller  thür  znthiit. 
junges  blul,  spar  dein  gut, 
armut  im  alter  webe  tbut. 

armut  ist  keine  schände;  armut  ist  auslagefrei. 

ARMLTTI .  f.  was  armut,  seheint  aus  der  alten  weiblichen 
form  aramuoti  entstellt  und  in  eine  spdlere  ableilung  überge- 
sprungen : 

drumb  könd  ir  uns  nicht  wohnen  bei, 

wann  da  ist  nichts  denn  armutei.   H.  Sucus  5,  230*. 

bei  Fra?<k    steht  bald  arm&lei,  bald  armalei  geschrieben:    wirt 
eliendiglich  in  ann&tei  zu  Bethlehem  gebom  84 ;  mit  diser  ar- 

36 


563 


ARMÜTIG—ARNEN 


ARNER— ARSCH 


564 


matei  vermeint  der  gut  keiser  soll  der  römisch  stul  content 
sein,  chron.  521';  und  ist  docli  alles  narretei,  thorheit,  bet- 
lerei,  Unwissenheit,  blindheit  und  armatei.  paradoxa  120'.  ar- 
metei  uiurde  oben  aufgeführt,  noch  heute  hört  man  in  ver- 
schiednen  gegenden  unter  dem  volle  armetei,  armutei. 

ARMÜTIG,  gleichviel  mit  armgeistig,  armsinnig,  den  buch- 
staben  nach  ganz  das  ahd.  armmuotig  pauper  und  sehr  zu 
beachten,  weil  es  unverkennbaren  bezug  auf  mut,  sinn  kund 
gibt:  nein,  spricht  er,  sondern  mein  geist  wonet  in  einem 
armütigen,  demütigen  geist,  der  mein  wort  ehret.  Luther  l,  391*. 
ARMÜTLEIN,  n.  recula,  Patrimonium  exiguum,  das  bischen 
armut:  etliche  haben  kirchen  und  klöstergüter  geplündert,  in 
welche  arme  leut  ir  armütlein  geflöhet.  Fronsp.  kriegsb.  1, 
112'.    hier  ist  das  n.  an  seiner  stelle. 

ARMUTSELIG,  was  armselig:  armetselige  menschen.  Kei- 
WRSB.  irrig  schaf  9 ; 

ich  bi/i  das  armutseligst  weih, 

beide  an  seel  und  auch  an  leib.    H.  Sachs  1,  10*; 

in  armutseliger  gebor.    3,  1,  200'; 

das  er  in  sorg  und  en<rslen  schwebt, 

unsicher,  armutselig  lebt.    3,  3,  36'; 

nach  disem  armutselign  leben.    5,  61'; 

haben  gemeiniglich  am  wengsten  gelt 

und  sein  gar  armutselig  briider.   Ayber225'; 

in  armutseliger  zerrissener  wat.    341'; 
die   elenden,   zerlumpten  und  armutseligen  verachteten  men- 
schen auf  der  erden  sitzende.  Kirchhof  wendunm.  3";  haben 
ein  armutselig  jämmerlich  leben,  mil.  disc.  115 ;  armutseligen 
kranken  und  halb  todten  menschen.  US ; 

so  kommt  doch  plötzlich,  man  weisz  nicht  wie, 
eine  trübe,  armutselige  stund.    Tieck  13,  280. 

ARMUTSELIGKEIT,  f.  in  groszer  armütseligkeit  und  betrüb- 
nis.  Keisersb.  post.  3,  84 ; 

seitdem  erlitt  sie  still  mit  freudi^keit, 

den  frost,  die  blösze,  armütseligkeit.    TiEcr  2,  215. 

ARMUTSPFEIL,  m. 
Zevs  trifl  nie  den  lorberbaum  mit  den  dreigeeckten  keilen, 
aber  die,  die  dieser  krönt,  tritt  er  oft  mit  armutspfeilen. 
LoGAu  3,  9,  43. 

ARMUTSSCHEIN,  m.  ARMUTSZEUGNIS,  n. 
ARMUTVOLL: 

wer  gott  hat,  der  hat  was  er  soll, 

und  war  es  sonst  gleich  armutvoll, 

kann  ihm  doch  kein  gut  mangeln,    kirchenlied. 

ARMVOLL,  quanlum  brachio  capi  potest,  in  der  Volkssprache 
armfel,  arfel  (Stalder  1,  111.  Tobler  26),  wie  für  handvoll 
Lampfel,  für  mundvoll  mumpfel.  ein  armvoll  holz,  armvoU 
ruthen ;  man  kann  auch  den  gen.  hinzu  fügen :  ein  arm  voll 
holzes;  im  pl.  scheiden  sich  nom.  und  gen.  nicht  mehr:  lief 
mit  einem  ganzen  arm  voll  späne.  unw.  docl.  747. 

ARM  WURF,  m.  amplexus,  insultura  in  brachia:  sie  warf 
sich  ihrer  mutler  in  die  arme,  dieser  arrawurf  — .  Hippel 
lebensl.  4,  351. 

ARMZEUG,  n.  armatura  brachii:  dasz  ich  denk,  die  stang 
und  das  ander  theil  vom  Knopf  (des  schwerts)  hab  mir  zwi- 
6chen  dem  handschuh  und  dem  arinzeug  die  band  herab  ge- 
schlagen. Götz  von  Rerl.  lebensb.  79 ;  gute  stählin  kragen, 
armzeug,  rucken  und  krebs.  Garg.  200*. 

ARN,  m.  aquila,  eine  schon  mhd.  auftauchende  form,  von 
welcher  oben  unter  aar  gehandelt  wurde,  nhd.  braucht  sie  zu- 
mal Waldis: 

er  rief  ihm  nach  und  sprach,  herr  arn, 

ich  bitt  lasz  meine  kinder  fahrn.    Esop  1,  59, 

doch  setzt  in  derselben  fabel  er  auch  adlet  und  adelar.  Stie- 

LER  30  führt  am  noch  auf; 

wer  aber  bleibt,  der  wird  zerrissen, 

der  arn  fiiszt  ihn  für  leckerbissen.    froschm.  2,  2,  6. 

ARNE,  f.  messis  bei  Stiei.er  18.  die  aren,  ernc  im  vocab. 
ine.  teut.,  ahd.  arn,  aran,  mhd.  crne.    s.  ernte. 

ARNEN,  mereri,  lucrari,  eigentlich  meiere,  obsclwn  Graff  ahd. 
am^n  mereri  1,  426,  ags.  earnian,  von  arnön  meiere  1,  4S0  getrennt 
aufstellt,  jenes  zur  uuriel  ar  orarff,  dieses  zu  as  stellend;  rich- 
tiger werden  aber  beide  zurückgeleitet  auf  das  golh.  asans  »les- 
sis  {mehr  unter  ernte),  arnen  mereri  erscheint  mhd.  tioch  oß 
(Ben.  1,  6l'),  nhd.  selten:  die  doch  gol  selbs  so  thcwcr  durch 
seines  lieben  sons  blut  und  tod  arnt  hat.  Luther  5,  224,  m 
der  bibel  braucht  er  das  wort  nicht.  Ai.bebus  stellt  noch  auf 
am  vindico,  mit  dem  (altdun  iu$alx:   hinc  Arnold  i.  e.  vin- 


dex.  die  im  chron.  spirense  ed.  1698  abgedruckte  Speirer  ge- 
richlsordn.  von  1328  sagt  s.  286  §.  39 :  wer  aber  in  krieges  wis 
sprichet  zu  ieman  'du  arnest  es'  oder  'ich  gelasse  es  nimer 
davon,  du  must  es  arnen',  oder  spricht  zu  iemanne,  der  in 
eime  huse  ist,  'gang  herusz,  so  helf  mir  gott,  du  arnest  es*. 
länger  dauerte  das  zusammengesetzte  erarnen,  w.  m.  s. 

ARNER,  m.  mcssor,  ahd.  arnari,  Schnitter  in  der  aren.  vo- 
cab. ine.  teut. 

ÄRNTE,  /".  messis.    s.  ernte. 

ARNWEIHE,  m.  falco  milvus.  Frank  chron.  120*  schreibt 
arenwjer. 

ARPUSE,  f.  Cucurbita  cilrullus,  Wassermelone,  aus  dem  russ. 
arbus",  poln.  arbuz,  als  undeutsches  wort  hier  blosz  zum  Ver- 
ständnis einer  dichterstelle  angeführt: 

so  heisze  bringen  auch  melonen  und  arpiisen, 
die  angenehme  kost  für  mutter  Amathusen. 

Fleming  92. 

ARSCH,  m.  culus,  anus,  podex,  pl.  ärsche,  ahd.  mhd.  ars, . 
pl.  erse,  ags.  ears,  engl,  arse,  mnl.  aers,  nnl.  aars  und  naars 
(wie  narm,  noom,  nelleboog  f  arm,  oom,  ellebog),  nd.  ars 
und  mars,  schw.  ars,  dän.  arts,  alln.  aber  umgestellt  rass  {ana- 
log dem  ragr  für  argr).  wir  haben  das  rohe  wort  roher  und 
breiter  gemacht  durch  Wandlung  des  rs  in  rsch  {wie  uns  mh.d. 
birsen  zu  birschen,  kerse  zu  kirsche,  hersen  zu  herschen  ward), 
Luther  schrieb  noch  ars,  erse  1  Sam.  6,  4.  5.  11,  das  alle 
neueren  ausgaben  hätten  unangerührt  lassen  sollen,  so  an  der 
stelle  war  hier  der  archaismus;  auch  Brant,  Frank,  Alberüs, 
H.  Sachs  ( :  erfars),  Fischart,  Henisch  und  andere  behalten 
ars,  Stieler  will  arsch  aus  dem  albernen  gründe,  ne  cum  arte 
Latinoruni  confundatur,  aber  das  wort  muste  dem  slrom  der 
hochdeutschen  ausspräche  folgen,  etymologien  spricht  Mephislo- 
phelcs : 

Ars  Ares  wird  der  kriegesgott  genannt, 
ars  heiszt  die  kunst  und  arsch  ist  auch  bekannt. 
GÖTHE  56,  31. 

etymologisch  am  nächsten  liegt  das  gr.  o^^os  ßr  o^aos,  {wie 
d'äQQOs  &äQaos),  was  die  Zusammensetzung  o^QaydrjS  furcht- 
sam, neben  dem  altn.  rassragr  (=  arscharg,  arschfeige)  fatt 
sichert,  dürfte  man  nun  oqoos  deuten  aus  OQWfic,  dessen 
fut.  und  aor.  o^aco,  toooa  lauten,  so  entspränge  die  Vorstel- 
lung reger  beweglichkeil,  wie  sie  sich  mit  dem  sterz  kleiner 
Vögel  verbindet,  auf  welchen  oqqos  und  o^QOTtvywv  gerade 
gehn.  motacilla  oder  oeiaovQa,  oetaonvyis  heiszt  auch  uns 
wipstert,  quikstert,  weil  sie  unauflivrlich  den  schwänz  rültrt 
(vgl.  ackei-männchen)  und  Fischart  Garg.  237'  sagt  treffend: 
unmüsziger  (unruhiger)  als  einer  reiberin  oder  wasserstelzen 
ars;  groszm.  54  nennt  er  unter  den  unßndbaren  dingen:  bach- 
stelzen,  atzein,  Wäscherin  und  reiberin,  die  mit  dem  ars  nicht 
schnappen;  und  früher  schon  Keisersb.  geistl.  lewe  53':  clap- 
perecht  als  einer  Avasserstelzen  der  ars.  vom  sterz  oder  bür- 
zel  der  vögel  wäre  hernach  das  wort  übertragen  worden  auf  den 
menschlichen  after.  wie  aber,  wenn  nach  gewöhnlicher  Umstel- 
lung des  r,  auch  das  bölm.  rjt,  poln.  rzyc,  serb.  rijsch,  slov. 
rit,  welche  bürzcl  und  arsch  ausdrücken,  diesem  unmittelbar 
entsprächen  und  dem  altn.  rass  nahe  träten?  nach  Staldeb 
1,  111  soll  in  Obcrsimmenthal  arsch  bedeuten  scheune,  was^ 
wenn  es  beglaubigt  ist,  auf  manche  weise  auszulegen  wäre. 

In  einer  groszen  anzahl  von  derbkräßigen,  oß  sinnreichen 
und  poetisch  gewandten  rcdensarten  des  rolks,  welche  die  feine 
weit  scheu  abweist,  spielt  dies  wort  eine  hauptrolle;  viele  der- 
selben sind  so  alt,  auch  unsrer  spräche  gemein  mit  andern, 
dasz  sie  hier  nicht  übergangen  werden  dürfen,  das  alterthum. 
war  natürlich  und  gerade  heraus,  heute  hält  man  ßir  anstän- 
dig, sich  nur  abgezogner  ausdrücke  wie  der  after,  der  hinlere, 
das  gesäsz,  der  sitzer,  die  silztheile  oder  gar  des  euphemis- 
mus  der  allcrwerlhesle  21«  bedienen: 

must  all  die  garstigen  Wörter  lindern, 
aus  schciszkcrl  schurk,  aus  arsch  mach  hinlern. 
GöTUE  56,  66, 

es  gibt  aber  augenblickc,  wo  der  rede  noch  immer  das  unver- 
hüllte Wort  entschlüpfen  musz,  in  manchen  redensarten  wird  es 
noch  jetzt,  vordent  aber  viel  ößer,  arglos  und  gleichgültig  aus- 
gesprochen. 

Breitarsch  nXnrvTxvyos,  dünnarscli,  nacktarsch,  l)lcckarsch 
drüdien  die  leibliche  gestalt  oder  kleidung  aus.  ahd.  so  daj 
rfclipocthili  (liet,  so.  plecchfit  iino  der  ars  (GbafkI,  LXiii); 

KÖ  geborn  wirt  da;  rA, 

irae  wi{el  der  an  alt  der  an«.  MorolfiX-, 


565 


AfiSCH 


ARSCHBACKE —ARSCHKITZEL 


566 


sehen  icb  eime  den  ars  blecken, 

wie  sol  ich  da;  bedecken?    433; 

davon  ir  der  ars  so  biudea  bleckei.  alld.  bl.  2,  238. 
in  dem  (ungedrucklen)  terieichnisse  der  zu  HansuursU  hochseü 
eingeladenen  personen  (von  Göthe)  stchn  unter  andern  folgende 
herschaßen:  Hans  Arscli  von  Rippacb,  Hans  Ärscheben  von 
Rippacb.  Reckärscbchen,  nichte.  Leckarscb,  patbe  der  braut. 
Lapparscb,  original.  Heularscb.  Jungfer  Arschloch,  heularsch 
für  jemand,  der  bei  allen  anlassen  ßenni,  ist  bekannt,  kaul- 
arsch  ein  junger  frosch  oder  ein  huhn  ohne  Schwanzfedern; 
quengelarscb,  ein  peinlicher  geschäflsmann,  kleinigkeitskrämer, 
quengler  in  der  höclisten  potenz.  in  der  Wetlerau  nennt  man 
gebbarsch  und  nommarsch  einen  der  gern  gibt  und  gern  ge- 
schenktes nimmt  oder  wiederfordert.  Aiberls,  ein  Wetterauer, 
sagt  AegjptJi  sunt  reposcones  {nach  Ammian  22,  16),  gebars 
nemars.  diese  redensart  musz  sehr  gangbar  gewesen  sein,  denn 
Fischart  nennt  n'  169  ein  alles  gesellschaßsspiel,  das  lange 
schon  nicht  mehr  gespielt  wird,  'gebars  nemmars*.  Stieler  5S 
schreibt  gebarscb,  nehmarsch.  feiner  in  gleichem  sinn :  gebhart 
nemhart.  nd.  vergetern  eers,  tergeszUcher  mensch,  der  teufel 
hol  den  letzten,  den  hindersten  faulen  ars  wollen  wir  dem 
Mars  opfern.  Garg.  227'. 

Der  ars  wird  sich  am  ersten  niedersetzen.  Fischabt  groszm. 
40;  setz  dich  dahin,  wo  dein  groszvater  gesessen  hat.  nd. 
sitt  up  den  eers,  so  loopt  daar  kene  muus  in;  an  sittend 
eers  kan  vel  bedenken;  derhalb  dürfen  sich  die  herren  nit 
viel  auf  den  gemeinen  pöfel,  sonderlich  ir  hofgesind  verlas- 
sen, denn  sie  habens  oftmals  in  der  noth  stecken  und  aufm 
ars  sitzen  lassen.  Frank  weltb.  39';  das  ros  beim  ars  auf- 
zeumen.  Fra5k  lob  der  thorheit  143;  des  andern  morgens 
muste  ich  den  ars  desto  fhiher  aufheben.  Simplic.  2,  276 ;  das 
dir  das  blut  vom  arse  flösse.  Luther  S,  23S';  bis  wir  ihnen 
die  streu  unterm  arsch  (in  neuem  ausg.  steisz  oder  hintern) 
angezündet  haben.  Scbili.er  121;  sich  geliehen  rehte  als  ars 
und  mäne.  Walth.  18,  10;  den  ars  zukneifen,  zuklemmen, 
roh  für  sterben,  die  seele  ausblasen;  den  ars  verrenken.  Garg. 
97*;  wann  er  auf  den  ars  ful,  so  schads  ihm  nicht  am  köpf; 
dasz  er  arsch  über  köpf  in  die  ewige  tiefe  hinunder  fiele. 
Philasd.  1,  400 ;  schäm  dich  in  den  arsch  hinein  I ;  aus  ver- 
tagtem arsch  fährt  kein  fröhlicher  furz; 

so  schlegt  man  mit  der  tbür  fürn  ars, 

wers  nit  wil  glauben,  der  erfars.  11.  Sachs  11.  4, 101*.  III.  1, 199* ; 
ir  zwo  klagt  ungebleuten  ars.    I.  510^; 
du  klagest  ungebleuten  ars.    II.  4,  1', 
du  klagst   toreilig,    bevor  du    schlage    bekommen    hast;    hau 
ihm  den  arsch  aus ;  er  ist  ihm  in  den  arsch  gewachsen,  gänz- 
lich ergeben;  kriecht  ihm  in  den  arsch; 

unser  magd  hat  bummeln  im  ars, 
icb  bab  sie  horeu  brummen; 

SO  waren  auch  diese  rumpelscheiter  überaus  stolz  und  hoch- 
mütig und  glaubten  sie  trügen  den  arsch  um  eine  gute  spanne 
höher  als  andere  leute.  Jucundiss.  20S;  ein  groszer  ars  musz 
eine  grosze  bruch  (hose)  haben.  Garg.  4l';  dann  an  fersen 
sieht  man,  ob  eine  mit  dem  ars  kan  zundel  schlagen.  149*; 
sich  den  arscü  verbrennen,  /ür  seinen  voncitz  besiraß  werden; 
er  will  sich  den  arsch  zerreiszcn,  ist  vor  zom  auszer  sich; 
das  schintmesser  im  ars  hun.  Brant  narrensch.  96 ;  der  hund 
reitet  mit  ihm  auf  dem  arsch,  er  ist  ganz  zurück  gekommen; 
den  ars  ins  fenster  recken,  fastn.  sp.  6il,  ";  du  kannst  dirs 
am  arsch  abfingern,  kannst  es  selbst  wissen. 

Es  galt  ßr  höchste  beleidigung,  sich  cor  einem  andern  auf- 
zudecken und  ihn  zu  gaste  zu  laden,  ihm  den  hintern  zuzu- 
kehren und  zu  reisen;  als  Horolf  den  könig  Salomo  auf  falsch« 
spur  nach  einem  teilde  verlockt  hatte, 

er  lle^  sin  bruoch  nider 

und  den  ars  her  ü;  wider.    Morolf  lil9 ; 

die  liiiidem  si  enplacien, 

du  soll  in  dise  »piegel  schauen.  Behass  Wien  103,  13; 

das  heiszt  Simpl.  1, 464  mit  dem  beweisthum  selbst  antworten, 
bei  Frank,  den  ars  und  die  feigen  bieten.  Üie  geschickte  des 
mittelallers  liefert  mehr  als  ein  beispiel,  dasz  solche  schmach 
vorüberziehenden  feinden  vom  strande  aus  oder  ron  der  burg- 
maucr  herab  angelhan  wurde.  Das  lingere  calum  {Calull  95, 
12.  96,  4),  lambere  naies,  altfranz.  je  li  ferai  mon  cul  baisier 
(Jf^on  4,  226.  227.  230.  2931  kommt  bei  allen  neueren  tölkem, 
in  manigfaltem,  grohem  und  kalbterschleiertem  ausdruck  vor, 
natürlich  ureigerten  sich  die  belege  der  aufzeichnung  und  selbst 
die  lexicographen  hallen  sie  meistens  turick  (litt,  isziupk  sub- 


bin;;  iszgrauszk  mano  subbin;;  böhm.  poUb  rane  w  panj 
mandu).  nur  aristophanische,  fischartische  naturen  kennen  hier 
keine  Blodigkeit  und  müssen  sich  frei  auslassen,  da  schrie  er 
der  amtmann  oben  heraus,  da  schrie  ich  wieder  zu  ihme  hin- 
auf, er  solle  mich  binden  lecken  I  Götz  vox  Beri..  lebensb. 
170 ;  er  aber,  sags  ihm,  er  kann  mich  im  arsch  lecken.  Götbes 
Götz  1  ausg.  1773  s.  133;  sie  het  rucken  aus  Braband,  händ 
von  Cüln,  den  ars  aus  Schwaben,  küst  ir  gselnl  Garg.  76'. 
es  heiszt  auch,  im  ermel  lecken,  den  hobel  ausblasen,  man 
tgl.  Fischart  Garg.  zumal  94*,  der  2S0'  das  «ort  leckars  braucht. 

Die  meisten  der  folgenden  Zusammensetzungen  stehn  im  nach- 
theil gegen  die  beigefügten  ausdrücke  fremder  sprachen,  teeil 
sie,  vas  in  einfachen,  behenden  «örtem  gleich  verständlich  ist, 
mit  platter  deutlichkeil  umschreiben. 

ARSCHBACRE,  m.  dunis,  im  pl.  arschbaeken  nates:  konl 
nicht  darauf  (auf  dem  mantel)  sitzen,  er  zog  ihn  dann  aus, 
dasz  man  fein  den  arsbacken  binden  zitteren  sah.  Garj.  lis'; 
macht  ein  panzerfleck  auf  die  hirszhäutin  arsbacken,  meint 
das  herz  steck  daselbs,  da  der  leib  am  weichsten.  251*;  sechs 
und  zwenzig  musketen  schützen,  denen  die  zilgebelchen  bin- 
den im  gürtel,  wie  dem  Wilhelm  Teil  der  bolz  im  goUer 
Stacken,  oder  wie  den  Schweizern  und  scherem  die  tolchen 
auf  dem  arsbacken.  263*. 

ARSCHBELL ,  f.  clunis,  ahd.  arspelli  nates  (Graft  3,  94), 
mhd.  arsbelle  (Bes.  1,  US*),  eine  grenzbesehreibung  hat:  in 
das  bachtal,  das  man  nempt  in  der  arsbell.  «eisth.  l,  81,  wie 
solche  ausdrücke  öfter  auf  vrler  und  stellen  der  feldßur  ange- 
icandl  werden,  nd.  eersbille,  dän.  artsbild.  Fischart  Garg. 
197'  schreibt:   schöne  arsbollen. 

ABSCHBÖLLER,  schlage  auf  den  hintern,  wol  vom  voraus' 
gehenden  abgeleitet.   ■ 

ARSCHBÜSZEN,  ferire  eulum,  catdere: 

ich  weit  dich  ee  selber  arsposzen.    fastn.  tp.  172,  13; 

das  in  der  wirt  icht  arsposz.    715,  23; 

die  weiber  würdn  mich  sonst  arsboszen.    H.  Sachs  5,  370*; 

binden  die  leut  ans  bett,  strecken,  arsboszelen  sie.  Garj.  161'; 
arsboszelieren.  7S'. 

ABSCHDARM,  n».  culus,  extalis,  ahd.  arsdarm  (Graft  5, 
226) ;  desgleichen  haben  sie  den  arsdarm  zugeheilt,  dasz  sie 
also  mangels  halben  der  stulgäng  haben  löcher  eingeboret. 
Paracelscs  1,  S17* ;  das  sant  Tönigis  feur  dem  goldsehmid  in 
arsdarm  schlag!  Garg.  136';  dasz  der  arsdarm  armeslang  rot 
vor  dem  ßdloch  hieng.  206';  wolt  der  könig  in  Frankreich 
(Henri)  seine  arzet  alle  versenken,  weil  sie  dem  groszen  ars- 
darm langheri  sagen.  109*.  dem  hirtenbuben,  der  am  pfingst- 
sonntag  mit  seinem  rieh  zuletzt  auf  die  weide  kommt,  ruß  man 
entgegen  arschdarm  I  (Schhelier  1, 110). 

ÄRSCHEN,  lambere  nates. 

ÄRSCHEiN,  sich  ärschen,  franz.  reculer :  des  sie  sich  ärsten 
und  nit  wollen.  H.  Sachs  1,  209*.  mnl.  aerselen,  hinten  aus 
gehn.  lekenspiegel  buch  3,  500. 

ARSCHFINGER,  m.  digitus  medius,  impudieus:  am  prang- 
finger  oder  (verzeicht  mir)  am  arsfinger  der  rechten  band  hell 
er  ein  ring.  Garg.  120*.    auch  Stieler  4S5. 

ARSCHFUSZ,  »?i.  coli/mbus  cristatus,  nnl.  aarsvoet,  ein  tau- 
chertogel,  podiceps,  it.  fisolo  niarino. 

ARSCHGREIFER,  m.    Bebams   Uien  295,9. 

ARSCHHUBE,/'.;  es  sind  nit  allein  arshurn,  sondern  auch 
maulhurn,  diebisch  hurn.  Fr.\nk  spr.  2,  20l'.  Fiscbart  im 
chsuchtb..  157s  K  S'  verfeinert  leibshuren. 

ÄRSCHICHT,  was  das  folgende. 

ARSCHIG,  natibus  instnictus,  in  den  lusammensetzungeti 
dickuischig,  kicinarschig,  breitarschig  u.  s.  w. 

ARSCHKAPPE,  f  als  Schimpfwort  ßr  mdnner.  Garg.  197*. 
vgl.  it.  chiappa  clunis. 

ARSCHKERBE,  f.  culus,  clunium  Stria,  frans,  fesse,  iL  tacca 
dei  culo: 

dem  ran  schmalz  aus  der  arskerben.   fastn.  sp.  M,  15; 
ein  pader  und  ein  scbimlige  arskerb.    70S,  13; 
die  arskerben  Tegen.    SöC,  11. 

ARSCHKITZEL,  m.  die  frucht  des  hagedoms,  woßr  unsrer 
Sprache  sonst  ein  edles  wert  tu  gebot  stand,  ahd.  hiofa,  mhd. 
hiefe,  ags.  heope,  engl,  hep,  das  auch  noch  in  der  Volkssprache 
lebt,  jener  ausdntek  scheint  dem  franz.  graltecu,  grateeul  nach- 
gebildet, doch  hat  ihn  schon  Aoa«  Loxiceb  (f  1586)  %md  noch 
früher  vocab.  von  1482:  byffen  arskutzel  oder  bagenputz,  an 
zwei  stellen. 

36* 


567 


ARSGHKLITSCH— ARSCHWISCH 


ARSCHWOLF  — ART 


568 


Henning,  herr  GräfT,  wie  häszt  dann  hier  die  frucht? 

Gräff.  hainbutien. 

Henning,  die  leut  sage  als  ärschkitzele. 

Gräff.  das  ist  der  gemeine  name.    Ghäfp  27. 

ARSCHKLITSCH,  m.  it.  sculacciata,  leiser  schlag. 

ARSCHKNIF,  m.  vellicatio. 

ARSCHKRAPFEN,  p/.  scA/äge,  stüsie  auf  den  hintern,  Schmel- 
lER  2,  393. 

ARSCHKRATZEL,  was  arsthkitzel. 

ARSCHKRATZER,  m.  ein  Schimpfwort.  Garg.  197*.  auch  heiszt 
so  der  breite  rüciccnmuskel,  musculus  dorsalismagnus,  aniscalptor. 

ARSCHLEDER,  n.  succinctorium  fossorum  in  fodinis,  unan- 
stöszige  benennung  des  leders,  das  die  bergknappcn  bei  ihrer 
arbeit  anschnallen. 

ÄRSCHLEIN,  n.  sasz  neben  den  scherael  mit  seim  zarten 
ärslin  auf  den  harten  boden.   Garg.  128*. 

ÄRSCHLICH,  adv.  was  das  folgende:  die  krebse  gehen 
ärschlich. 

ÄRSCHLING,  adv.  TtvyrjSöv,  mhd.  erslingen,  retrorsum: 
crslingen  gen  dem  viure  gan,  reculer  vers  le  feu; 

so  geht  beide  ärsling  hinaus 

und  steigt  auch  är&iing  auf  die  dillen. 

H.  Sachs  II.  4,  20', 

weil  für  beschwörungen  solcher  schritt  vorgeschrieben  war; 

ich  wil  mich  ersling  von  euch  wenden, 
das  man  mir  kein  pos  wort  tut  nachsenden. 
fnstn.  sp.  561,  25. 

man  sagt  auch,  etwas  arschling  angreifen,  verkehrt  behandeln. 
ÄRSCHLINGS,  adv.  dasselbe: 

die  phimpen  schlagen  rad  auf  rad 

und  stürzen  arschlings  in  die  holte.    Göthe  41,  328; 

müsten  all  arschlings  zum  teufet  gehn.    13,  59. 

ARSCHLOCH,  n.  culus,  anus.  ahd.  arsloh  (Graff  2,  141) ; 
mhd.  arsloch.  Mornlf  1526.  musz,  wie  arsbell,  Ortsname  ge- 
wesen sein,  bei  Pistobius  3,  157  erscheint  im  j.  1112  ein  Ar- 
nuiphus  de  Arsloh.  nnl.  aarsgat.  häufig  steht  loch  allein  in 
gleichem  sinn. 

ARSCHLOCHIG:  ja  betten  sie  den  arslochigen,  äoUschen 
stinkenden  sack  aufknipft  und  windmäszig  drein  geblasen,  da 
wers  gangen,  wie  ein  alt  weih  am  stecken.    Garg.  lll'. 

ARSCHLULLENBÜCHER:  man  stellet  inen  heut  so  sehr 
nach,  wie  den  übercelsischen  arslullenbüchern.  Garg.  80',  Fi- 
schart meint  die  des  Raimundus  Lullus  und  übercelsisch  scheint 
auf  Paracelsus  anzuspielen. 

ARSCHMEIER,  m.  ja  es  sollten  alle  löbliche  universiteten 
darzu  thun,  dasz  solche  gesellen  wie  die  arsmeier  abgefer- 
tiget  würden.    Tabermaemomanus  s.  676. 

ARSCHPAUKER,  in.  ludimagister,  der  auf  den  arsch  paukt. 
reinen  arsch,  sagte  der  praeceptor,  oder  ich  thu  keinen  schlag 
drauf,     burschikos,  überhaupt  ein  Ichrer,  weil  er  einpaukt. 

ARSCHPFEIFE,  f  clistier.  also  werden  die  wind  vertrie- 
ben, nicht  mit  cristiersecken  oder  arspfeifen,  nicht  mit  pur- 
gieren noch  speien.    Paracelsus  1,  56r> 

ARSCHPRELLER,  was  das  folgende,  oder  arschkrapfe. 

ARSCHPRCGEL,  wi.  verber,  ein  zumal  soldatisches  worl, 
und  in  militärischer  amtssprache  nach  Schweden  vorgedrungen 
(arsprygel). 

ARSCHPUTZE,  m.  aniscalptor,  musculus  dorsalis,  arsch- 
kralzer,  franz.  torchecul :  also  weiter  vom  gcnick  hinab  bisz 
durch  den  rückgrat  in  den  arschputzen,  so  oft  ein  gleich 
oder  hüle,  als  oft  ein  statt  des  podagrams.  Paracelsus  l,  579*. 

ARSCHRÜTSCHELN,  dunes  agitare:  zahelen,  strabelen, 
zitteren,  witteren,  zänknarspelen,  toben,  dauben,  strampelen, 
arschritschelen.    Garg.  lu'. 

ARSCHSPÜLKÄMMERLEIN,  n.  latrina:  abgesondert  stehn 
Ton  aller  politischer  gemeinschaft,  wie  die  arsspulkümmerlin 
in  häusern  und  die  hurenkauten  in  statten.    Garg.  245*. 

ARSCHWISCH,  m.  franz.  torchecul,  russ.  trjapka :  weil 
denn  e.  c.  h.  dem  keiscr  in  sein  kamergerichte  scheiszt,  der 
Stadt  Halle  die  freihcit,  tmd  dem  schwert  zu  Sachsen  sein 
recht  nimpt,  dazu  alle  well  und  Vernunft  für  faule  arsch- 
wische hell,  und  alle  ding  so  gar  hepstlich,  römisch  und 
cardinalisch  handelt;  so  wirds,  ob  gotl  wil,  unser  herr  gott 
durch  unser  gehet  schicken  einmal,  das  e.  c.  h.  den  dreck 
selbst  wird  müssen  ausfegen.  Luther  6,  361*;  spöttisch  für 
trügliche  Schuldverschreibung  deren,  denen  kein  gcld  auf 
arschwisch  aufzunemcn  zu  hoch  ist.  Fischart  groszm.  27 ; 
ich  wags  so  dürr  als  im  sommcr  die  Schneider  ziun  arsch- 
wisch.  Garg.  94*;  wie  sind  das  reuterkerles,  wie  ein  igel  ein 


arswisch?  Garg.  135';  kaum  so  viel  kahle  mark  baares 
geld,  dasz  man  aiswische  darvon  kaufen  kann.  Gryphius  i, 
820 ;  wische  den  ars  an  feuermäuerkehrer.  1,  784.  vortreßich 
ist  cap.  16  im  Garg.,  wie  Grantgusier  an  erfindung  künstlicher  ge- 
seszwisch  seins  sörilins  Gargantua  wunderlichen  geist  erwischt. 

ARSCHWOLF,  m.  Intertrigo,  wenn  man  sich  frat  oder  wund 
reitet:  mit  demselben  saft  den  arswolf,  so  von  reiten  verur- 
sacht wird,  bestrichen.    Taber.naemontanüs  s.  253. 

ARSCHWOLFREITER,  m.  intertriginosus :  hei  der  ars- 
wolfreuter!  Gorj.  135*. 

ART,  /".  natura,  genus,  indoles,  modus,  die  geschichte  die- 
ses Worts  hat  ihre  Schwierigkeit,  so  verbreitet  es  heute  bei  uns 
'ist,  geht  es  doch  der  golh.  fries.  nord.  spräche  völlig  ab,  denn 
das  von  Biörn  aufgeführte  art,  6art,  vanart  sind  aus  dem 
dän.  hergeholt,  das  dän.  und  schw.  art,  wie  schon  rt  lehrt, 
aus  dem  deutschen,  ein  ahd.  art  kommt  nur  mit  der  bedcu- 
tung  aratio  vor,  ist  es  dasselbe  wort?  etwas  gezwungnes  hat 
es  doch,  die  angegebnen  begriffe  auf  die  würzet  arjan,  arare 
zurückzubringen,  häufiger  erscheint  ahd.  artön  colere,  exer- 
cere,  habitare,  und  land  bauen  gienge  leicht  über  in  anbauen, 
wohnen,  niemals  aber  begegnet  ahd.  art  habitatio,  noch  we- 
niger genus,  modus,  allein  die  armut  ahd.  sprachquellen  kann 
uns  diese  bedeutungen  vorenthalten,  in  der  einzigen  stelle, 
die  ein  alts.  ard  darbietet.  Hei.  33,  22,  drückt  es  wieder  aus 
mansio,  aufenthalt;  desto  öfter  gebraucht  ist  ags.  eard  /ia6i- 
laculum,  patria,  solum,  grund  und  boden,  wo  einer  wohnt,  und 
den  Übergang  in  die  Vorstellung  natur  zeigen  einige  stellen  im 
Bocihius,  die  hier  ausgeschrieben  zu  werden  verdienen:  sumra 
vyrta  odde  sumes  vuda  eard  bid  on  dftnum,  einiger  kräuler 
oder  bäume  art  ist  auf  bergen  (montibus  oriuntur).  34,  10 ; 
nim  {)onne  svä  vudu  svä  vyrl  of  {)a;re  stove,  |)e  bis  eard  and 
üdelo  bid  on  tu  veaxanne,  nimm  einen  bäum  oder  ein  kraut 
von  der  stelle,  an  der  zu  wachsen  seine  art  und  natur  ist. 
ebenda;  hväder  {)U  nu  ongite  forhv>'  J)ät  fyr  fundige  up  and 
sio  eorde  of  dune,  forhvy-  is  {)üt,  buton  for  {)y  |)e  god  gesceop 
bis  eard  up  and  hire  of  düne,  for  })y  fundad  aelc  gesceaft 
Jiider  svidost,  {)ider  bis  eard  and  bis  haelo  svidost  biod,  er^ 
kennst  du  nun,  warum  das  feuer  auf,  die  erde  nieder  strebe, 
warum  ist  das?  darum,  dasz  gott  ihm  {dem  feuer)  seine  art 
aufwärts,  ihr  {der  erde)  niederwärts  schuf,  darum  strebt  je- 
des geschöpf  zumal  dahin,  wo  seine  art  und  sein  heil  zu- 
mal sind  (quod  cuique  consentaneum  est,  id  unumquodque 
conservat).  in  allen  diesen  stellen  könnte  man  für  eard  noch 
wohnsldtte  festhalten,  doch  auch  art  =  natur,  indoles  ßgL 
die  engl,  spräche  hat  hernach  das  wort  eingebüszt.  mnd.  aber, 
wie  es  uns  der  Sachsenspiegel  zeigt,  tritt  die  örtliche  bedeu- 
tung  von  grund  und  boden  hervor:  binnen  swavischer  art,  in 
Suevia.  1,  19,  2 ;  swenne  de  koning  uppe  sessische  art  kumt, 
cum  rcx  ßnes  Saxoniae  attiqerit.  1,  34,  3;  so  he  erst  kumt 
in  sessische  art,  cum  primum  in  saxonicam  advenerit  natio- 
nem.  2,  25,  2 ;  uppe  der  art,  dar  he  ut  geboren  is,  in  suis 
oriundis  parlibus  (in  seinem  stammland).  3,  33,3;  swelk  man 
von  ridderes  art  nicht  is,  cingulo  militiae  carens.   1,  27,  2. 

Wie  nun  kein  ahd.  denkmal  die  begriffe  genus,  indoles  durch 
art  ausdrückt,  sondern  dafür  chunni,  slahta  setzt,  so  mangelt 
den  mhd.  dichtem  art  für  habitatio,  solum,  und  im  12  jh. 
zeigt  sich  das  wort  überhaupt  sparsam,  das  frühste  beispiel 
gewährt  das  alte  bruchstück  aus  Reinhart- 1660 : 

Reinhart  der  künde  manigen  ubil  art, 

und  z.  190  mag  dasselbe  schon  im  echten  ttxt  gestanden  ha- 
ben, belege  aus  dem  13  jh.  verzeichnet  Be\.  1,  50  und  zwar 
gab  Wolfram  dem  m.  art  den  gen.  ardes,  dat.  arde,  während 
andere  dem  gleichbedeutigen  f.  art  oucA  in  der  ßexion  arte 
lassen,  rd  gemahnt  aber  an  erde  terra,  goth.  air|)a,  ags. 
eorde,  ahd.  ßrda,  dessen  begrif  dem  von  grund  und  boden  näher 
rückte  als  art  aratio,  denn  höher  aufsteigen  müste  erst,  wer 
air{)a  und  arjan  einigen  wollte,  tnnl.  aert,  nnl.  aard  stim- 
men zu  allen  bedeutungen  des  mhd.  und  nhd.  worls. 

Wichtiger  und  beinahe  entscheidend  schlägt  eine  sl.  Ver- 
wandtschaft an.  wie  unser  arbeit  dem  rabota,  robota,  arm 
dem  ramo,  wie  arg  dem  rngr,  ars  dem  ras,  seheint  auch  art 
zu  entsprechen  dem  sl.  rod  genus,  indoles,  modtui,  böhm.  rod, 
poln.  rodzaj.  rod"  aber  leitet  auf  die  lebendige  wurxel  roditi 
parere,  gencrare  und  offenbar  weg  von  orati  arare. 

Besinnt  man  sich  auf  die  goth.  asdingi,  astingi,  d.  i.  az- 
digpös  nobiles,  generosi;  so  könnte  es  gar  wol  ein  goth.  azds 
genus  gegeben  haben,    von  welchem  azdiggs  stammt,   wie  von 


569 


ART 


ART 


570 


kuni  knniggs  {ahd.  chuninc),  dies  azds,  dem  man  aueb  be- 
Tührung  mit  azets  facilis  zutrauen  möchte,  entspräche  dem  mhd. 
art  (if  le  gazds  dem  gart),  dem  sl.  rod  aufs  haar,  noch  mehr, 
azds  und  art  hätten  altn.  zu  lauten  addr,  und  ein  berühm- 
tes Kort,  edda,  sagt  aus  groszmuttcr,  mutier,  edda  =  30^/1. 
izda,  ahd.  erta  lenkt  aber  auf  die  vurzel  izdan  azd,  ahd.  er- 
tan  art,  die  im  fernen  alterthum  unsrcr  spräche  ausgesagt  ha- 
ben müste  parere,  gleichstehend  dem  sl.  roditi.  selbst  das 
malbergische  leodardi,  vofür  einigemal  leodasdi  geschrieben 
vorkommt,  liesze  sich  auslegen  tolksart,  rolksgeschlecht,  rolks- 
gebrauch.  alta,  ato  pater,  uota,  oda  avia,  von  andrer  icurzel, 
scheinen  sich  zu  verhalten  wie  azd  und  izda,  und  adal  pro- 
sapia,  uodal  praedium  avitum  sind  ein  gegenstück  zur  dop- 
pelbedeutung  des  ags.  eard,  genus  und  praedium,  die  Ver- 
knüpfung von  eard  and  ädelo  m  der  ausgehobnen  stelle  tcäre 
vollkommen  gerechtfertigt. 

Dies  alles  weiter  auszuführen  gehört  nicht  hierher,  aus  dem 
vorgetragnen  folgt  aber,  dasz  art  genus  und  art  aratio,  art 
genus  und  erde  terra  etymologisch  unvereinbar  sind,  verlangt 
roditi  ein  goth.  izdan,  so  musz  ihm  goth.  liudan  crescere  ^ 
skr.  ruh  ßr  rudh  crescere  (Bopp  293")  fremd  bleiben,  noch 
sehe  man  hernach  ast,  cultura. 

Jetzt  werden  aus  der  wurzel  ertan  parere,  gignere,  die  be- 
deutungen  unseres  heutigen  art  sich  leicht  darlegen  lassen. 

1)  genus,  nobilitas,  adel.  mhd.  von  arte  böhgeborn. 
fiib.  5, 1  {var.  von  arde  höhe  erborn,  von  adel  höhgeborn) ; 
Ton  arte  der  sinen  mdge.  29,  2;  got  grüsz  den  wirt  von  ho- 
her art  (den  edeln  wirt).  fastn.  sp.  97,  4;  ein  künigssohn  von 
edler  art,  in  diesem  sinn  sagt  man  heute  von  hohem  stamm 
oder  geschlecht,  von  hoher  abkunft  und  nur  ein  dichter  könnte 
noch  art  setzen. 

2)  genus,  geschleeht,  abkunft  überhaupt,  auch  ge- 
ringe, gerade  wie  adel  gebraucht  wurde,  älberds  hat:  ex 
hac  natione,  ausz  der  art,  i.  landschaß,  wie  in  den  stellen 
des  Ssp.  sächsische,  schwäbische  art; 

freiheil,  holdes  wesen, 

gläubig,  kühn  und  zart, 

hast  ja  lang  erlesen 

dir  die  deutsche  art.    Sche.>'ke?(oorf  ; .  74; 

das  ein  anzeichen  gab,  das  dise  insel  etwas  der  art  ist  des 
landes  India.  Fra>k  re//6.  221' ;  die  böse,  ehbrecherische  art 
suciiet  ein  zeichen.  Matth.  12,  39.  es  bedeutet  auch  junges 
geschlecht  und  zucht  der  thiere:  den  adeler,  den  habicht,  den 
fiscbar,  den  geier,  den  weihe  und  alle  raben  mit  irer  art. 
3  Mos.  11,  15 ;    den  reiger,  den  heher  mit  seiner  art.   11,  19  ; 

die  feisten  nnder 
sambt  ihrer  jungen  art.    Logau  1, 1,  4; 
heute  ward  das  neue  jung,  gestern  starb  das  alte  jähr, 
so  ergeht  es  aller  art,  drüber  zeit  die  mutier  war.    3,  5,  38; 

alle  die  Judas  art  an  sich  haben.  Luther  3,  306';  0  du  Cains 
art  und  nicht  Judae,  die  schöne  hat  dich  bethüret.  H.  Jet.  vox 
Br.  Sus.  4.  3.  aus  der  art  schlagen,  degenerare:  dasz  etliche 
von  ihnen  etwas  aus  der  art  schlagen.  Opitz  poeterei  10 ;  ich 
schätze  meine  ehre  nicht  so  geringe,  dasz  ich  aufs  wenigste 
wolle  aus  der  art  meiner  vorfahren  schlagen.  Gryphics  1,  907. 

3)  natura,  indoles,  angeborne  art,  natürliche  be- 
schaff enheit:  gute,  edle  art;  züchtige  art,  ingenium  pu- 
dieum;  bäurische,  knechtische  art; 

di»  bant  an  ir  natur  und  art.    Bkaxt  narrerweh.  247 ; 
wann  du  pist  von  art  ein  pöswicbl.    fastn.  sp.MO,  7; 
wann  ich  mag  Ton  art  nicht  anders  begem.    625,  9.  6*29,  8; 
ein  fiesz  von  an.    riny  i.lü; 

▼on  art  [natura  sua)  steigt  der  lew  auf  die  berg  und  felsen. 
Keisersb.  IT  staffeln  51*;  ist  dein  sun  ein  stum  von  der  art 
(ron  natur)  oder  von  einem  siechtagen?  seh.  und  ernst  203; 
es  ist  ein  rauhe  art  {natur)  umb  dise  statt.  MI'xster  820; 
fruchtbare  bewme.  da  ein  iegiicher  nach  seiner  art  frucht 
trage,  l  Mos.  1,  11 ;  und  gott  machet  die  tier  auf  erden,  ein 
iglichs  nach  seiner  art.  7,  14 ;  da  müssen  die  wort  nicht  zu 
»erstehen  sein,  wie  sie  von  art  (an  sich)  lauten.  Lcther  3, 
286';  welcbs  macht  der  ebreischen  rede  art.  3,  495;  in  dcud- 
scher  zungen  gibts  die  art  der  spräche,  das,  wenn  wir  auf 
ein  ding  deuten,  das  für  uns  ist,  so  nennen  und  deuten  wirs 
ein  das.  3,  67';  nu  Christus  spricht,  das  ist  mein  leib,  ver- 
mag kein  mensch  aus  art  der  sprachen  anders  verstehen. 
3,  69*;  es  heiszt  aber  von  art  nichts  denn  kraft  oder  ver- 
mögen.  3,183';  weil  denn  ir  soichs  künnet  thun,  die  ir  von 


art  nicht  gut  seid  und  keine  gute  ader  in  each  ist  gegen 
gott,  wie  solt  denn  gott  ewer  himlischer  vater,  der  von  art 
eitel  gute  ist,  nicht  euch  auch  gutes  geben,  so  ir  in  darumb 
bittet?  5,  435'; 

darümb  ist  mir  der  adel  gut, 
ja  das  ich  hab  ain  thummen  mut. 
gewaltthat,  gotsschwur  ist  mein  art, 
wild  ist  mein  klaidung  und  der  part. 

SCHWABZENB.  135,  1 ; 

so  ein  streitbar  volk  von  art.  Fra.m  weltb.  29';  ich  bin  hie- 
nenarl,  mit  öl  tödt  man  mich.  Garg.  24';  bist  häringsart  oder 
krebsart,  stirbst  von  plitz  oder  donnerknall?  ISl'; 

dis  Unkraut  wachset  weit  und  fern 

von  art  in  Adams  acker  gern. 

Eulensp.  reimweis  bl.  218 ; 
bin  ich  wahrer  gott  von  art.    Riägwalo  evang.  N3'; 
du  hast  verloren  gottes  art.    Ol'; 

das  inn  oder  neben  Äsers  stamm  viel  minerischer  art  musz 
gewesen  sein.  .Mathesics  2';  ein  stuf  oder  handstein,  der 
schön  ist,  doch  one  erz,  heiszet  ir  bergkleut  eigentlich  ein 
berg  oder  metallische  art.  27';  Nero  war  von  art  zur  poete- 
rei geneiget.   Opitz  1,  4' ; 

wann  die  glut,  erzeuget  von  den  winden, 
von  feuers  art  genehrt,  sich  selber  auf  musx  zünden.    1.45; 
wird  ärger  noch  als  arg,  kreucht  gar  ins  teufeis  art. 
LoGAD  1,3,80; 
der  hart 
hielt  weiland  man  dafür,  rermehret  männlich  art.    2,3,38; 
sein  eigenschaft  und  art  bekam  ein  jedes  thier, 
und  wie  sie  einmal  war,  so  bleibt  sie  für  und  för: 
der  low  der  bleibt  beherzt,  der  hase  der  bleibt  schew, 
der  fuchs  der  bleibet  schlaw,  der  hiind  der  bleibet  trew, 
der  mensch  nur  wandelt  sich,  vermummt  sich  immerdar, 
ist  diese  stunde  nicht  der,  der  er  jene  war.    2,  2,  47 ; 
unter  thieren  ist  kein  narr,    dasz  die  äffen  gaukeln  können 
ist  bei  ihnen  ernst  und  art,  ist  nur  thorheit  unsren  sinnen, 
bleibt  dabei,  dasz  menseben  nur  thorheit  bei  vernunH  beginnen. 

3,  4,  80 ; 
doch  ihr  seid  eisenart,  euch  kann  doch  nichts  erweichen. 

Fleming  13; 
das  kinn  ist  perlen  art.    154; 

die  art  einer  perl  bringt  niemal  etwas  böses  hervor,  pers. 
baumg.  2,  15;  ein  agat  hat  die  art,  dasz  er,  was  hinein  ge- 
schnitten wird,  etlichermaszen  vorstellen  kann.  pers.  baumg. 
1,  33; 

ihr  liebt  die  Bacchusfeste  auch  nicht  sehr  — 
sist  nicht  in  meiner  art.    Schiller  354; 
ein  sultan  und  ein  bauer  gleich  von  arte. 
GöTHE  4,  53. 

von  art  lassen,  seine  natur  aufgeben :  art  leszt  von  art  nicht. 
LtJTHER  3,  212.  5,  59".    AcBicoLi  spr.  131 ; 

wie  man  spricht,  art  lasz  nicht  von  art.     H.  Sachs  II.  4,  112'; 
wann  art  die  leszt  selten  von  art.    5,  360* ; 

denn  art  leszt  von  art  nicht.    Kircbbot  wendunm.  270'; 

Auret.    die  kinder  fallen  uns,  wo  nicht  die  mutter  bei. 
priester.    art  laszt  nicht  art.   es  legt  ein  rab  ein  rabenei. 
Grtphils  1,  487; 

ein  traom  läszt  nie  von  art.  Wiela^d  22,  149.  andere  Sprich- 
wörter: böse  art  nie  gut  ward;  diebische  art  erbet  ins  ge- 
schlecht; je  edler  art,  je  leichter  zorn. 

4)  species,  franz.  e s p  e c e ,  mit  davon  abhängigem  subst., 
das  entweder  unflectiert  oder  im  gen.  steht  oder  durch  die 
praep.  von  verknüpft  wird,  gilt  zur  bezeichnung  von  thier-  und 
pflanzenarten,  häufig  aber  auch  im  absiracten  sinn:  eine  art 
äffen,  Schnecken,  eine  art  birnen,  äpfel,  eine  art  hier,  wein, 
eine  art  von  blumen;   eine  neue  art  zanks.  Lessinc  1,  403; 

dich  bewundrich,  wo  ich  dich  versieh, 
Matthissonl  doch  deine  basrelieffer, 
die  am  sarge  sprieszen  in  die  höh, 
ist  das  eine  an  von  maucrpfelTer? 

A. W.  Schlecel; 

es  kann  aber  auch  zusammengesetzt  werden:  steinarl,  holzart, 
menschenart,  affenart.  auch  das  freiwilligste,  leichteste  ge- 
lübde  ist  eine  art  von  vermessenheit.    Götter  3,  64 ; 

ich  sah  dabei  wo!  so  ein  ding, 
als  wie  eine  an  von  perlenschnüren. 
GoTBE  12,193; 

aber  eine  recht  gote  art  volks.  16,  12;  er  kommt  mit  ihr  zn 
uns,  um  eine  art  von  abschied  zu  nehmen.  20,  180;  von 
dieser  ver%virrung,  von  dieser  art  von  beslürzung.  20,  203; 
ich  lasse  dir  meinen  diener  hier,  eine  art  von  kammerdiener 


571 


ART 


ART 


572 


und  taiisendkünstler.  22,  47;  der  major  legte  sich  zu  bette 
mit  einer  art  von  unangenehmer  empfindung.  22,  49;  dahin- 
gegen der  käufer  mit  einer  art  Unschuld  herein  tritt.  22,  72; 
wenn  sie  eine  art  von  herz  und  gemüt  haben,  so  denken  sie, 
wie  mir  zu  mute  ist.  23,  107 ;  ruhe,  aber  eine  art  todten- 
ruhe  war  über  die  straszen  des  orts  gekommen.  23,  227 ; 
mit  den  menschen  hab  ich  jetzt  ein  leidlich  leben  und  eine 
gute  art  Offenheit.  29,  8 ;  diese  erleuchtete  zone,  welche  eine 
art  eines  thierkreises  vorstellt.  Kant  8,  254 ;  der  niedere  be- 
grif  heiszt  in  ansehung  seines  höheren  art.  1,  426;  wesent- 
lich, d.  i.  der  art  nach  {specifisch)  unterschieden.  5,  374.  nicht 
anders  drückt  auch  das  sl.  rod  species  aus,  vgl.  Jungmann  3,  836*. 
5)  modus,  weise,  manier,  was  mit  natur  und  beschaf- 
fenheit  unter  3  nahe  berührung  hat.  wenn  denn  ein  fürst 
den  Carlstad  auf  der  art  fünde,  das  er  sich  zu  den  rotten 
und  mordgeistern  hielte.  Luther  3,  47 ;  die  art  und  natürliche 
folge  der  wort.  3,  69 ;  die  mich  ganz  holdseliger  art  lieb  hat. 
H.  Sachs  III.  3,  21';  als  die  Teutschen  nach  gepflegter  art 
[sueto  more)  unser  röm.  volk  thäten  überfallen.  Fronsp.  3, 
232";  nach  aller  land  art  und  gelegenheit.  Garg.iS';  so  wird 
der  leser  bei  ihnen  oft  schlechte,  harte  und  rawe,  und  den 
güttern  kaum  anstehende  und  gezimliche  noch  werthe  reden 
und  arten  finden.   Yi'eckuerlis  vorr.  zu  den  weltl.  ged.; 

dan  deine  art  und  all  dein  weg  und  weis 
sind  so  geü-ew,  als  du  gerecht,  gut,  weis.    109; 
verachten  weder  klein  noch  grosz 
und  eines  jeden  art  erkennen.    365; 

indem  ich  ein  ding  auf  vielerlei  art  zu  geben  mich  befleisze. 
Opitz  1, 152 ; 

kömpst  du  uns  in  den  köpf,  du  rückst  uns  von  der  erden, 

dasz  unser  herz  und  sinn  voll  art,  volLgeistes  werden.    1,  445 ; 

der  krieger  art  und  werk  biszher  war  rauben,  stehlen,' 

der  Väter  art  und  werk  erkaufen  und  verholen.    Logau  1,  3,  5; 

wer  eines  dinges  art  nie  recht  erfahren  hat. 

wil  ordnen  aber  dran,  wil  g:eben  rath  und  that, 

dem  kümmt  die  schände  früh,  die  reue  viel  zu  spat.    1,  6,  82 ; 

Venus  soll  man  nicht  mehr  sprechen,  nur  Lustinne  soll  man 

sagen, 
als  wann  nanie  zu  der  sache  künt  ein  ander  art  beitragen. 

2,  8,  47 ; 
christenlieb  ist  reformiert,  abgedanket  sind  bei  ihr 

werk  und  that,  die  sonsten  doch  sind  ihr  art  und  ihr  gebühr. 

3,3,82; 
man  sagt,  dasz  Türken  reich  werd  ehstens  untergehen; 
was  hilAs  ?  weil  türkisch  art  bei  Christen  wil  entstehen. 

3,  6,  33 ; 
so  viel  uns  tag  entfahren, 

so  vielmal  ändern  wir,  von  tausend  arten  reich, 
von  tausend  thränen  blöd  und  keine  stund  uns  gleich. 
Gryphius  2,  25; 

Ton  der  persianischen  münche  art  und  sitten.  pers.  rosenth. 
buch  2 ;  von  art  und  weise  wol  wissen  mit  leuten  umbzuge- 
hen.  buch  8;  Hugens  und  Vondelen,  so  gar  einer  hohen  art 
zu  schreiben  sich  angemaszet.  Hoffmannswaldad  vorr. ;  lieb- 
reich mit  gelaszner  art.  Gellert  1,  134;  köntest  du  nicht 
ctwan  mit  einer  gescheiten  art  auf  seine  heirat  zu  reden 
kommen?  Lessing  2,  395;  er  hielt  es  also  seiner  nicht  un- 
würdig, mit  guter  art  die  neigung  des  prinzen  zu  ihr  mehr 
zu  unterhalten,  als  zu  bekämpfen.  Wieland  3,  60 ;  mit  der 
besten  art  von  der  weit.  3,  114 ;  warum  willst  du  von  deiner 
strengen  art  noch  nicht  nachlassen,  da  sie  dir  nichts  hilft? 
J.  E.  ScHLEGEi.  2,  24;  ziemte  bescheidenheit  minder  jung  und 
alt,  jung  besonders,  und  war  sie  nicht  deutscher  art  und 
eigenschaft  sonderlich  gcmäsz.  Klopst.  12,  76 ;  wie  gerade  sie 
sich  hiilt,  welche  feine  arten  {manieren)\  Hippel  lebensl.  1, 
189;  seinem  nebenbuhlcr  den  spotl  auf  die  schönste  art 
beimgeben.  Schiller  185';  will  ein  volk  nicht  lieber  nach 
seiner  art  von  den  seinigen  regiert  werden,  als  von  fremden. 
GöTHE  8, 185 ; 

und  sage,  alles  nach  seiner  dnl  12,  191 ; 
eigentlich  sollte  ich  sie  mit  guter  art  bitten,  diesen  saal  zu 
verlassen.  14,  18 ;  so  laszt  den  sechsten  (act)  spielen.  A. 
das  ist  auszcr  niler  art  {gegen  alle  weise).  14,  65;  dagegen 
erlaubte  er  ihnen,  ich  möchte  wol  sagen,  alles  und  es  fehlte 
nicht  an  arten  und  unurten  in  seinem  hause.  15,  20C;  wie 
wir  auf  eine  gute  art  auseinander  kommen  sollen ;  diese 
kirche  stand  seit  mehrern  Jahrhunderten,  nach  deutscher  art 
und  kunst,  in  guten  maszen  errichtet.  17,  208 ;  diesem  hcrrn, 
der  immer  auf  seine  art  mit  dem  lianm  zu  scherzen  pflegte. 
18,  295;  ersann  sich  die  haronesse  einen  scherz,  der  völlig 
in  ihrer  art  war.   18»  303;  sodann  warf  sie  ihm  auf  eine  an- 


genehme art  sein  betragen  vor.  18,  304;  deine  art  zu  sein 
und  zu  denken  geht  auf  eine  leichte  lustige  art  zu  genieszen 
hinaus.  19,  150  ;  er  müste  desto  unglücklicher  werden,  je  mehr 
sein  naturell  ihm  zu  jener  art  zu  sein  fähigkeit  und  trieb 
gegeben  hätte.  19,  152 ;  da  ich  seine  art  kannte,  sich  selbst 
in  geringen  dingen  nicht  gern  zu  erklären.  19,  301;  der 
mensch  kann  in  keine  gefährlichere  läge  versetzt  werden,  als 
wenn  durch  äuszere  umstände  eine  grosze  Veränderung  sei- 
nes zustandes  bewirkt  wird,  ohne  dasz  seine  art  zu  empfin- 
den und  zu  denken  darauf  vorbereitet  ist.  19,  141;  weil  in 
unserm  vaterlande  keine  allgemeine  bildung  durchdringen 
kann,  so  beharrt  jeder  ort  auf  seiner  art  und  weise.  25,  59; 
um  nach  meiner  art  den  aufenthalt  nutzen  zu  können  und 
ihr  wiszt,  ich  kann  nichts  auf  andre  art.  29,  6 ;  sie  zeichnete 
sich  durch  ihre  natürlichkeit,  ihre  gute  art  sehr  vorlheilhaft 
vor  den  Römerinnen  aus.  29,  114;  ich  mochte  gern  die  folge 
der  gegend,  die  abwechselung  der  landesarl  bemerken,  nicht 
weniger  den  character  der  städte,  ihre  arten  und  Unarten. 
31,  95;  jeder  der  eine  kleine  bibliothek  deutscher  art  und 
kunst  sich  angeschaft  hat.  33,  222 ; 

denn  er  redet  gar  manches  in  seiner  heftigen  art  aus, 
das  er  doch  nicht  vollbringt.  40,  275; 

doch  es  fiel  der  gefährte  mit  seiner  gesprächigen  art  ein. 
40,  301 ; 
er  haue  die  munteren  werte 
mit  behaglicher  art  in  gutem  sinne  gesprochen.    40,  325; 

denn  wenn  ein  archiv  Zeugnisse  von  der  art  eines  Zeitalters 
aufbehalten  soll,  so  ist  es  zugleich  seine  pflicht  auch  dessen 
Unarten  zu  verewigen.    45, 127 ; 

doch  unnatürlich  war  und  neuer  art 

die  kriegsgewalt  in  dieses  mannes  bänden. 

Die  belege  zeigen,  wie  art  und  unart,  alte  und  neue  art 
einander  gegenübeistehn,  in  der  letzten  bedeulung  ist  art 
gleichviel  mit  mode,  was  man  früher  auch  alte  band  und  neue 
band  nannte,  wammesz  von  damasch  nach  art  (nach  der 
mode)  gemacht,  wie  sonst  art  und  werk  zusammengeslelU 
wurden,  verbinden  sich  heute  art  und  kunst.  art  und  weise 
bezeichnet  mit  zwei  wörtein  dasselbe,  es  ist  seine  art  so, 
seine  weise,  in  oder  an  der  art  haben  bedeutet  pflegen:  ja 
wir  habens  in  der  art,  wenn  wir  eine  hübsche  melodie  fin- 
den, singen  wir  sie  meist  todt.  Göthe  14,  25;  indem  die  er- 
zähler  durch  —  die  lebendigkeit  des  vorgetragenen  zu  erhö- 
hen an  der  ärt  haben.  33,  173 ;  weil  es  doch  allezeit  die  art 
mit  den  leuten  hat  {die  leute  doch  pflegen).  Weise  erzn.  7. 
in  der  art,  in  dieser  art,  solcher  art,  ejusmodi,  hujusmodi: 
die  abbildungen  betreffen  alles  was  man  bis  jetzt  in  der  art 
{dans  ce  genre)  gesehn  hat;  der  art  leute.  auf  was  art,  auf 
welche  art,  quomodo:  sie  sollen  nur  sehen,  auf  was  art  ich 
im  sinne  gehabt  habe  zu  studieren.  Merck  briefs.  l,  517 ;  auf 
was  art  ich  mich  mit  dem  bekannt  gemacht  habe.  1,  518. 
vgl.  1,  319.  2,  204. 

6)  art,  manier,  geschieh,  lüchtigkeit,  ohne  dasz 
erst  ein  adj.  beigefügt  zu  werden  braucht,  so  doch  gott  sonst 
e.  f.  gn.  vil  mehr  lügend  und  art  in  andern  sachen  gegeben 
hat.  Luthers  br.  3,  57 ;  ein  gerader  ungestümmeltcr  leib  hat 
sein  art  an  henden  und  füszen.  kcMcoik  spr.  445;  der  poet. 
musz  von  sinnreichen  einllillen  und  erfindungen  sein,  soll 
anders  seine  rede  eine  art  kriegen  und  von  der  erde  empor 
steigen.    Opitz  poetcrei  7; 

freude,  die  gezwungen  ist,  geht  in  schwerer  farl, 
reime,  die  gezwungen  sind.  Iiaben  wonig  art. 
LoGAu2,  3,  99; 

sie  hat  gar  keine  art  noch  geschick,  ihren  zustand  zu  ver- 
bergen. Göthe  19,  4  ;  und  mit  welcher  stirne  wüste  sie  sich  in 
ihr  Schicksal  zu  linden,  ja  mit  welcher  art  diese  schändlichen 
fesseln  zu  tragen.  19,  87 ;  ist  das  eine  art  I  hat  das  auch  eino 
art!  hat  das  nur  die  geringste  art?  Oft  wird  blosz  das  ad- 
verb  gehörig  oder  tüchtigmt<  den  warten  dasz  es  eine  art  hat 
umschrieben:  so  zweifelt  mir  auch  nicht,  ein  jeder  kricgs- 
mann,  so  einem  ampt  gedenkt  vorzustehen,  werde  auch  so 
viel  hegriflVn  haben,  das  er  sich  verantworte,  das  sidi  nach 
seinem  ainpl  iTumet,  und  eine  art  hat,  und  nicht  alle  be- 
felchhalter  eine  antwort  s|)rechen,  wie  die  sperlinge  nur  einen 
schre  schyirb  schreien.  l\tVTrEn  kriegsordn.  34;  es  regnet  heute 
vom  himmel,  dasz  es  eine  art  hat;  er  schreibt,  dasz  es  eine 
art  hat;  sie  holten  sich  prügel,  dasz  es  eine  art  halle; 
«chmeiszet  die  thür  zu,  dasz  es  eine  ort  halte,  zehn  Wien 
eines  mannes  i.  iii.  in  solchem  sinn  hiesx  es  püker  auch:  er 


573 


ART  — ARTIG 


ARTIG— ARTLICH 


574 


Iflgt,  dasz  es  taug  (taugi);  er  kann  trinken,  dasz  es  taug; 
und  unter  dem  schwäbisehen  volk  hürt  man  s  bot  a  höamet 
(heimat),  hat  eine  art,  s  bot  koan  hoamet.  hat  keine  art. 
erinnert  das  nicht  an  die  alte  bedeutung  von  art  =  patria? 
{unter  2).  nun  ist  es  doch  keine  art  {manier),  dasz  man 
mich  so  lange  warten  läszt. 

Alle  mattieren  und  weisen  gehn  von  angeborenheil  aus,  kön- 
nen aber  nachher  aufs  ervorbne  übertragen  uerden.  vgl.  anart. 

ART,  f.  aratio,  hat  sich  nach  der  beim  vorausgehenden  art 
gepfiognen  Untersuchung  damit  unrericandt  erwiesen,  jenes  würde 
goth.  azdä,  dieses  ar|)s  gelautet  haben  und  dem  altn.  ardr  ara- 
trum  zunächst  stehn.  hierher  zu  ziehen  ist  die  örtliche  benen- 
nung  eines  hofes  ze  Arta,  Arte  im  habsb.  urbarbuch,  ed.  Pfeiffeb 
192,  13.  193,  10.  die  ueisthümer  scheinen  einigemal  noch  ein 
nhd.  art  aratio  darzubieten:  einen  ruck  zu  eren  zu  iglicber 
art  3,  3S0;  und  ob  der  ime  zu  nahe  füre,  so  mag  der  erst 
dem  zweiten  in  seine  arte  faren.  3,  771.  vgl.  die  beiden  fol- 
genden Wörter. 

ARTACKER,  m.  ager  arabilis,  vgl.  artfeld,  artland. 

ARTBAR,  tragbar,  urbar:  einen  acker  artbar  machen. 

ARTEN,  indolem  referre,  in  die  art  schlagen,  anschlagen., 
gedeihen:  aus  dem  gspräcb  spürt  man,  wohin  die  gmüter 
arten.  Fischart  ehz.  40;  rüben,  welche  im  kochen  gar  weich 
und  wolgeschmacksam  werden,  der  same  aber  will  an  an- 
dern orten  nicht  so  wol  arten,  pers.  reiseb.  2,  3;  befeuchte 
meinen  garten,  so  wird  er  besser  arten.  Gryphios  ; 

ihr  artet  mehr  nagh  eures  vaters  geist.  Schiller  374; 

0  in  der  weichen  Liane  musten  diese  rührungen  ja  zu  leiden 
arten.  J.  Paul  Tit.  2,  225 ;  die  tochter  artet  nach  der  nuitter. 
aber  auch  transitiv  formare,  bilden:  die  feder  zu  führen  und 
die  alte  römische  schrift  recht  zu  arten  und  zu  formieren. 
Garg.  175*;  ein  kraut  kann  ihm  sein  speis  auch  arten,  lob 
des  feldb.  bei  Seuiz;  sich  arten,  sich  bilden,  gestalten:  also 
artet  sich  Adam  in  uns  wo  er  wonet.  Agricola  s/jr.  13';  salz. 
eis,  Schnee  kompt  von  wasser  und  artet  sich  immer  zu,  und 
hat  keio  ruw,  bisz  wider  zu  wasser  würt,  alsft  artet  sich  Adam 
in  uns  wo  er  wonet,  und  Christus  spigelt  sich  auch  in  sein 
gleubigen.  Frank  spr.  J,  6' ;  weil  sie  sich  zimlich  darzu  arten 
und  geberden.  Fischabt  Garg.  vorr.  5 ;  Artsichwol  ist  für  einen 
eigennamen  im  Garg.  gebraucht,  z.  b.  271*  und  öfter;  wie  sie 
sich  arten  und  stellen.  Philand.  1,  423 ;  wie  würde  es  sich  ge- 
artet haben.  1,  696 ; 

des  forsten  diener  sind  also  wie  sie  der  fürst  wil  haben, 
sie  arten  sich  nach  seiner  art,  sind  äffen  seiner  gaben. 
LoGAU  1,  10,  44 ; 
'     die  blümlein  wunderschön  sich  arten.    Speb  trutzn.  120 

vgl.  abarten,  anarten,  ausarten  und  geartet. 

ARTFELD.  n.  terra  arabilis,  artacker,  pflugfeld. 

ARTHAFT,  arabilis,  urbar,  schon  ahd.  arthaftu  erda,  ara- 
bilis terra  (Graff404;;  arthafles  land.  Casseler  icochenbl.  1815 
j.  243  und  oß  so. 

ARTHAFT,  indolem  referens,  natürlich,  eigenthümlich :  nur 
was  wild  aufwächst  in  gottes  Sonnenlicht  und  freier  luft,  ge- 
deiht zu  vollständiger  ausbildung  und  recht  arthaftem  ge- 
schmacke.  Augsb.  allg.  zig.  1S45  ji.  250*. 

ARTIG,  adj.  und  adv.,  art  habend,  in  den  Zusammensetzungen 
steinartig,  sandarlig,  thonartig,  kalkartig,  scbilfartig  «.  s.  w., 
nicht  mit  dem  abstracteren  steinicht,  sandicht,  thonicht  zu  ver- 
wechseln ;  dann  auch  gutartig,  bösartig,  groszartig.  steht  artig 
unxusammmgeselzt,  so  ist  es  ton  der  sechsten  bedeutung  des 
vortes  art  abzuleiten  und. meinte  bei  LtintiR  uptus,  concinnus: 
war  alles  artig  in  einander  gefügt.  Ez.  41,  21 ;  heute  drückt  es 
uns  aus  geschickt,  hübsch,  manierlieh,  niedlich,  zierlich,  elegant. 
em  artiges,  frommes,  geschicktes  kind,  morem  gerens,  obsequens; 
ein  artiges,  hübsches  mädchen ;  ein  junger  artiger  jägerbur- 
sche.  GöTUE  20,  45 ; 

kein  weib  ist  jetzt  so  gut  und  artig.    GCitTRES  429; 

Eosz  willst  du,  und  auch  artig  sein  » 
arull,  was  artig  ist,  ist  klein.    Lessiüo  1,  2; 
lieb  kiod ;  mein  anig  her» !  mein  einzig  wesen : 

GöTHE  2,  12; 
bin  ich  dann  artig?  Luise  3,  84t. 

sei  hübsch  artig!  soyet  sage!  die  herren  waren  ganz  artig  (ni<:7i/ 
tudringlich).  Wnd  aber  sehr  oß  auf  suchen  angewandt:  ein  arti- 
ges gesiebt.  G.JTHE  43,  33 ;  die  frage  ist,  welche  unter  etlichen 
tänzerinnen  die  artigsten  füsze  hat.  Wieland  1, 139 ;  ein  sehr  arti- 
fx,  kleiner  fusz.  l,  201 ;  wie  artig  steht  das  kleid.  Gkypurs  l,  222 ; 


süitt  liebliche  syren  ihr  artiger  gesang 
mit  ihrem  barfenspiet,  mit  ihrer  lauten  klang. 
Gbtphics  1,  24ä; 

eine  artig  gestickte  weste.  Götoe  IS,  267;  er  erinnerte  sich 
eines  artigen  dörfchens.  Wieland  S,  344;  er  blies  die  flöte, 
mahlte  ganz  artig  und  tanzte  zum  bezaubern.  6,  157;  Pafos! 
der  hof  der  liebesgöttin !  nach  Amom  davon  zu  urtheilen 
must  es  dort  sehr  artig  sein.  10,  36;  ein  artig  haus.  Götoe 
9,  233 ;  dieser  kaufte  sich  ein  artiges  gut  in  der  nachbarschaft 
20,  262 ;  Darmstadt  hat  eine  artige  läge  vor  dem  gebirge..  43, 
59;  Neckargemünd  ist  eine  artige,  reinliche  Stadt.  43,  66; 
drauszen  links  liegt  ein  artiges  kloster.  43,  69 ;  an  einem  ar- 
tig besetzten  tisch.  16,  2;  der  einige  sehr  artige  und  ge- 
fühlvolle verse  zu  sagen  hatte.  IS,  273;  einen  recht  artigen 
liebesbrief  in  versen.  24,  263 ;  manche  die  das  legen  des  grund- 
steins  versäumt  hatten,  wovon  man  so  viel  artiges  erzählte. 
17, 155 ;  es  wird  sich  artiger  davon  erzählen  lassen,  als  sichs 
schreibt.  29,  296;  wo  er,  nicht  ohne  die  angenehmsten  und 
artigsten  abenteuer  blieb.  19, 121 ;  eine  gesellschaft  —  ofliciere 
—  unterhielten  sich  heiter  und  in  ihren  verschiednen  Verhält- 
nissen des  alters  und  der  grade  ganz  artig.  43,  64 ;  sich  gar 
artig  schmeicheln.  24,  222;  ich  dachte  mir,  wie  artig  es  sein 
müste,  wenn  irgend  ein  hübsches  kind  mir  wirklich  gewogen 
wäre.  24,  263;  ein  amt  mit  einem  artigen  auskommen.  16, 
64;  hinterliesz  ihr  das  kleine  freigut  und  ein  artiges  capital 
zum  Vermächtnis.  20,  6S ;  mit  dem  geistlichen,  der  eine  ar- 
tige bücher-  und  kartensammlung  besasz.  19,  64;  das  ist 
eine  artige  geschichte,  belle  histoire,  eine  saubere  geschichte; 
blüht  ein  artig  weilchen  (eine  hübsche  zeit  hindurch);  mit 
der  artigsten  art  zur  thüre  heraus  stoszen.  Lessing  2,  411; 
ob  das  feld  der  möglichkeit  gröszer  sei  als  das  feld,  was 
alles  wirkliche  enthält,  das  sind  artige  fragen,  die  der  ge- 
richtsbarkeit  der  Vernunft  anheim  fallen.  Kant  2,  228;  der 
Vorschlag  zu  einem  allgemeinen  Völkerstaat  mag  in  der  theo- 
rie  noch  so  artig  klingen.  5,  410;  wir  sind  in  dem  miltel- 
puncte  der  artigsten  aufgaben,  welche  die  abstracte  mechanik 
vormals  niemals  hat  gewähren  können.  8, 176.  was  uns  heute 
die  schönen  Wissenschaften  (heiles  lettres)  heiszen,  nannte  He- 
derich in  der  vorrede  seiner  anleilung  zu  den  vornehmsten 
historischen  Wissenschaften  die  artigen    Studien. 

Wie  von  hart  bärtig,  von  fart  fertig,  könnte  von  art  ertig 
gebildet  werden  und  mhd.  hiesz  es  auch  ertic,  unertic  (Ben.  1, 
51*),  wozu  H.  Sachs 'stimmt  ; 

das  kund  ich  verglosieren  artig.'    I,  541; 

ein  artig  land  an  Weinreben  und  fruchtbaren  bäumen.  MO"»- 
STER  126,  in  welchem  letzten  doch  die  bedeutung  von  artbar, 
arthaft  anrührt. 

ARTIGKEIT,  f.  geschielt,  manier:  artigkeit  geht  vor  Schön- 
heit ; 

der  glieder  artigkeit.    GöniBBt  175 ; 
und  eines  zwerges  bild  die  artigkeit  verliert, 
wenn  es  wird  in  gestall  des  riesen  aufgeführt 
Camtz  97. 

einem  mädchen  artigkeiten  sagen  (artiges,  schmeichelhaßes) ; 
alle  die  artigkeiten,  die  sie  mir  sagten,  nahm  ich  stolz  für 
schuldigen  Weihrauch  auf.  Göthe  19,  270 ;  widenvillige  artig- 
keit. 28, 2SI.  in  den  Zusammensetzungen  gutartigkeit,  bösar- 
tigkeit,  kalkartigkeit  ist  artig  wie  in  dem  zum  grund  liegen- 
den adj.  zu  fassen,  mittelgut  von  menschen,  die  weit  und 
eine  fabrikartigkeit  besitzen.    Hippel  6,  259. 

ARTLICII ,  aptus,  concinnus,  veniistus,  im  adv.  apte,  con- 
cinne,  die  gewöhnliche,  ältere  form  für  artig,  ohwol  Luther  schon 
letzteres  braucht:  die  ricbter  werden  götl  genant,  aber  nit  art- 
lich oder  wesentlich,  sunder  teilhaftigklich.  Keisersb.  post.  2, 
100 ;  die  erzelung  der  empter  der  lieb,  durch  ein  künstliche 
und  artliche  zusamensamlung  und  Verfügung.  Melanchtdo.n 
1  Cor.  13  verdeutscht;  diser  einred  begegnet  und  kompt  er  art- 
lich vor.  dessen  anm.  zu  dem  br.  an  die  Römer  verdetitscht ; 
wie  sie  in  iren  bflchcm  und  mappis  gar  artlich  anzeigen. 
Frank  weltb.  1*;  dis  inseWolk  ist  zu  scliifkriegen  und  schiF- 
kunst  artlich  gerüst  und  wol  geschickt.  20';  sie  werfen  art- 
lich und  gnaw  mit  der  schlingen.  1S9*;  und  von  gemäld  und 
bildwerk  so  artlich  conterfeit,  als  lebte  es  alles.  231";  art- 
lich und  tüglich  {dasz  es  eine  art  hat).  H.  Sachs  I,  54* ;  ganz 
artlich  grünen.  H.  1,  54'; 

Tereniiiis  der  hoch  noet 

ein  comedi  beschreiben  Ihet 

artlich  in  lateiniseher  sprach.  V,  213' ; 


575  ARTLICH  — ARTSCIIAFFER 

denn  artlich  ist  geziert  dein  leib. 

Ambr.  Uederb.  s.  330 ; 
in  gutem  schein  mit  bösem  grund 
den  schaliv  er  artlich  decken  kund.   Soltau  365; 

sollen  von  den  fischern  mit  spieszen  artiich  gestochen  wer- 
den. Forer  ßschb.  103';  im  gespräch  nit  unhöflich,  sondern 
ganz  artlich.  Fischart  ehz.  30 ;  Sapho  ist  von  wegen  ircr  art- 
licher und  sinnreicher  Stellung  der  reimen  der  maszen  kün 
worden.  "8 ;  wann  auch  schon  Bonaventura  artlich  so  argu- 
mentiert, bienenk.  38';  gar  gratiöslich  und  artiich.  51';  also 
lustig  und  artlich.  Hl';  auch  alle  die  wappen  und  panir  von 
iren  vorfaren  so  artlich  und  bescheidenlich  weisen  kan.  222' ; 
artliche  beschreibung  der  ungewonten  und  doch  glückfertigen 
schifFart  etlicher  burger  von  Zürich  gen  Straszburg.  rubrik  des 
gl.  schifs;  artlich  gekerbet.  Gary.  54';  fein  artlich  zerfetzelt. 
116'; 

ist  es  nicht  artlich,  andre  leut 

der  Seelen  Seligkeit  berauben, 

und  doch  nicht  wissen  selbs  den  streit, 

noch  was,  wie  und  warum  zu  glauben  t 

Weckherlin  416; 
also  durch  der  lieb  rechte  kunst 
Wirt  sie  ihr  aitliclie  Ungunst 
nach  und  nach  artlicher  verkehren.  460; 
vil  thewrer  ist  ein  edler  stein 
artlich  und  rein  in  gold  versetzet.   547; 

was  Augustus  für  ein  artlicher  und  sinnreicher  poet  gewesen 
sei.  Opitz  1,  2';  zwar  heidnisch,  aber  doch  artiich  gesegnet. 
5*;  ein  artliches  lied,  ein  artlich  haus; 

sie  (Flora)  streicht  so  artlich  an 
den  schönen  rittersporn,  als  w.oI  kein  mahler  kan. 
Fleming  151 ; 

hör  ich  nicht  von  fern 
ein  artlich  saitenspiei?    Grypuius.I,  672; 
die  musen  würklcn  zwar  durch  kluge  tlchtersinnen, 
das  Deutschland  solle  deutsch  und  artlich  reden  künnen. 

LoGAU  1,  3,  57; 
freundin  des  ochsens,  Pasiphae,  höre, 
wie  man  dir  böslich  stahl  weiland  dein  ehre, 
üblich  ists  heute  noch,  artliche  kinder 
wehlen  zu  männern  wie  esel  so  rinder.   3,  3,  64; 
ich  hab  es  durch  witz  und  kunst 
so  artlich  ausgedacht.    Lohenst.  Agripp.  50,  353; 

weistu  nicht,  wie  artlich  ein  cameeltreiber  gegen  seinen  söhne 
sprach,  pers.  baumg.  2,  II;  hüte  dich  vor  den  stillen  scor- 
pionen  und  zertretenden  tigern,  wenn  sie  schon  ein  artlich 
feil  haben.  4,  12;  Lokman  war  ein  sehr  weiser  und  artlicher 
mann.  4,  20;  eine  artliche  rede  war  es.  7,  17;  einen  eignen 
pallast,  so  artlich,  dergleichen  ein  jeder  könig  zu  bauen  nicht 
vermag.  Simplic.  1,  2 ;  denn  er  war  ein  überaus  artlicher  mann, 
als  ich  noch  einen  auf  erden  gesehen.  Jucundissimus  129 ; 
diese  artliche  erzehlung  des  studentens  hatte  uns  ziemlich 
ergetzet.  134 ;  man  musz  bekennen,  dasz  die  verse  artiich  ge- 
nug. Leibn.  2,  405 ;  artlich  in  lateinischer  sprach  beschreiben. 
HouBERG  1,  4;  die  bienen  mit  ihrem  schönen  und  artlichen 
wachsgeb'au.  1,  20 ; 

manch  artlich  buch,  vergüldt  im  schnitt.   Wermke  20; 

artliche  phantasie  und  einbildung.  Wiedemann  mai  81;  du 
hast  artliche  lieder,  magst  du  mir  einige  davon  ablassen? 
TiECK  2,  160.  in  einzelnen  dieser  stellen  und  zumal  in  der 
gemeinen  Volkssprache  empfängt  es  die  bedeulung  von  sonder- 
bar, seltsam,  curios :  ich  hatte  die  rose  am  beine  und  dachte 
es  wäre  mir  davon  so  artlich,  und  ich  glaubte  nicht,  dasz  es 
mit  der  niederkunft  so  geschwind  zugehen  könnte,  scliles. 
prov.  blälter  1794  2, 111.  Seit  dem  letzten  jh.  weicht  artlich 
dem  gleichbedeutenden  artig,  wie  die  jüngere  spräche  überhaupt 
geneigt  ist  licii  in  ig  zu  wandeln  (adlig  für  adellich,  billig  /". 
billich,  völlig  f  völlich),  das  erklärt  uns  den  unumlaul  von 
artig. 

AHTLICHKEIT,  f.  qualitas,  aptitudo:  so  die  nucha  {cervix, 
der  nacken)  vcrwunt  ist,  bedeutet  den  tod,  durch  seiner  ard- 
lichait  willen,  das  er  fleuszet  von  dem  hirn.  Braunsciiweig 
Chirurg.  (H;  Sachen  von  widerwertigen  qualitetcn  und  artlich- 
keiten.  Seriz  10 ;  poelcn  bcfleiszen  sich  durch  artlichkcit  schö- 
ner erfindung  den  leser  zu  crgelzcn.  Fischart  ehx.  37;  das 
anspicl  und  artlichkeit  {dieendi  vis,  feslivitas).  pers.  baumg.  4, 11. 

AUTLOHN,  m.  ackerlohn,  was  für  die  bestellung  des  ackers 
gezahlt  wird. 

ARTOFFEL,  f  an  einigen  orten  für  kartoITel,  Solanum  tu- 
berosum, entstellt  atis  crdapfel,  nnl.  aardappel. 

ARTSCHAFFEK,  m.  creator,  conditor  generis  humani :  warum 


ARTVERWANDT —ARZNEIEN 


576 


wolt  sonst  ein  solche  unerschöpfliche  lieb  und  lust  kinder 
zu  tragen  in  ihr  (der  frauen)  herz  eingestigen  sein  ohn  durch 
des  vorsichtigsten  artschaffers  Verordnung?  Garg.  66*. 

ARTVERWANDT,  ingenio  convenieiis :  sinn-  und  artvenvandt. 
GöTHE  32,  74. 

ARÜT,  f.  eine  der  vielen  entslellungen  von  abrotanum :  wird 
von  den  gemeinen  gärtnern  arutken  oder  abroten  genennt. 
Hohberg  1,  630'. 

ARZEN,  rudus  cffodere,  nur  bei  Mathesius  gebraucht:  weil 
aber  des  bergkmans  sinn  nur  nach  gelt  stunde  und  arlzet 
stetigs  nach  goldertz.  14*;  stetigs  und  on  unterlasz  nach  ertz 
artzen  und  umb  ein  eigen  himlisch  beer  auf  erden  oder  wie 
jener  geitzhals  umb  hundert  tausent  gülden  und  umb  ein  fuder 
zehrpfennig  darzu  bitten,  stehet  nicht  im  vatterunser.  40".  dies 
arzen  scheint  zurückführbar  aufs  ahd.  aruj  oder  aruzi  metal- 
lum  (Graff  1,  465),  in  welchem  selbst  man  eine  Umstellung  des 
lat.  rudus  erblicken  darf,  vocab.  ine.  teut.  schreibt  artz  ßr 
ertz,  mehr  bei  erz. 

ARZEN,  curare  vulnus,  morbum,  aegrum,  mederi  vulneri, 
morbo:  artzet,  artz  dich  selbs  I  Keisersb.  po«<.  2,  62 ;  ich  habe 
wül  ein  stich  geartzet,  der  nicht  erschworen  ist.  Fel.  WtJBTZ 
practica  der  wundarzn.  153;  aubeia,  es  hat  sich  wol  geartzet 
Garg.  249*; 

ein  doctor  thet  ein  kranken  artzen. 

B.  Wald  IS  Esop  3,  62. 

üblicher  ist  arznen,  arzten,  die  man  sehe,  westfälisch  arsten, 
ARZENEI,  ARZNEI,  f  mediana:  eine  starke,  schwache, 
kräftige,  langsame  arzenei ;  das  ist  für  dich  die  rechte  arze- 
nei;  arznei  geben,  nehmen,  einnehmen,  eingieszen,  ausschüt- 
ten, zuerst  erscheint  dies  wort  in  einem  gebet  der  Windberger 
psalmen  s.  183,  als  glosse  neben  lAchentuom,  in  der  form  ar- 
cenie.  mhd.  arzenie,  erzenie  (Ben.  1,  64"),  sowol  für  heilmit- 
tel,  als  heilkunde,  die  betonung  ist  arzenie,  nhd.  arznei,  Opitz 
und  LoGAü  werfen  aber  den  ton  auf  die  erste  silbe:  der  äugen 
arznei.  Opitz  2,  289; 

die  muuer  unsrer  ruh,  die  arznei  vieler  sorgen. 

•  LoGAU  1,  1,  7; 

merkt  und  rühmt  die  edle  raute, 
neiget  euch  für  ihrem  kraute, 
das  für  so  viel  landesgiften 
kan  so  heilsam  arznei  stiften.    1,6,91; 
des  lebens  aufcnthalt,  die  arznei  des  genesens.   2  s.  68. 

Luther  schreibt  erznei :  ire  frucht  wird  zur  speise  dienen  und 
ire  bletter  zur  erznei.  Ezech.  i',\2;  die  gallen  und  leber  be- 
halt dir,  denn  sie  sind  ser  gut  zur  erznei.  Tob.  6,^;  der  herr 
leszt  die  erznei  aus  der  erden  wachsen.  Sir.  38,  4;  such  du 
hilf  bei  der  ärzenei.  H.  Sachs  1,  108'.  arznei  bedeutet  nicht 
blosz  ein  dem  leib  oder  der  seele  heilsames,  sondern  zuwcileii 
auch  ein  schädliches,  verderbliches  mittel:  des  weines  arzenei, 
Verfälschung.  Keisersb.  narrensch.  363;  arznei  der  liebe  (an- 
tidotum,  gegen  die  liebe,  Ovids  remedia  amoris).  Logau  3,  4, 
26.  die  krankheit  spott  der  erznei.  Luther  br.  1,  509 ;  an 
disem  ihrem  vihemetzlen  leren  sie  fast  ir  arznei,  künden 
sunst  nichts.  Frank  weltb.  15l';  mäszigkeit,  eine  wahre,  stär- 
kende arzenei  des  lebens.  J.  Paul  Tit.  3,  167.  das  baden  ist 
mir  arznei;  arznei  ist  galgenfrei;  arznei  hilft  nicht  für  allen 
schaden. 

ARZNEIBEREITUNG,  f  confectio  medicinae. 

ARZNEIBRÜTLER,  m.  arzneiauskocher,  von  brütlen  fovere, 
ein  wort,  das  Fischart  noch  mit  einem  buchstab  verstärkt:  des 
bapstes  Leo  arsneiprütler.  Garg.  161'. 

ARZNEIEN,  mcdicinam  adhibere  und  curare  morbos,  was 
arzen  und  arznen :  er  heilt  und  artzniet  die  schaden  der  Sün- 
den. Keisersb.;  sie  anhub  ihn  zu  artzneien.  Bocc.  71;  die 
krankheit  zu  erzncien.  H.  Sachs  1,  108';  dafür  kein  arzt  nit 
kund  gearzneien.  fastn.  sp.  345,  21;  aber  es  ist  umb  sonst, 
das  du  viel  crzneiest,  du  wirst  doch  nicht  heil.  Jer.  46,  11; 
hilf  dir  vor  selber,  elie  du  andere  erzneiest.  Sir.  18,  20 ;  dann 
von  den  unwissenden  stolpein  mancher  um  das  geld  geartz- 
neict  wird.  Paracelsus  1,  787';  wenn  du  das  ros  von  ober- 
zcllen  beiden  kelsuchlcn  schon  gcärtzneiet  hast.  Seuter  3«; 
daruinb  rate  ich  nicht,  dasz  du  junger  angehender  arzet  dich 
allein  understehcn  sollest  ein  knie  zu  arzncien.  Würtz  pract. 
183;  artzneit  ein  herr  ein  pferd,  er  thuts  nit  aus  gütlicher 
lieb.  Frank  sprichw.  2,  26' ;  wann  in  den  siechtagen  der  gro- 
ben dann  soll  man  artzneien  am  vordcistcn  teil  zu  beiden 
silcn,  und  in  den  »irchtagen  der  kleinen  dilrm  bei  den  siten. 
Gersdorf  11 ;  er  wird  sie  artzneien  und  erlösen  von  irem  ver- 
derben. BeiszNER  Jcrus.  2, 114' ;  wie  man  den  kranken  aus  der 


577 


ARZNEIFINGER — ARZTFINGER 


ARZTGELD— ASCHE 


578 


kflche  artzneien  soll.  Zinrgr.  2,  44, 14 ;  blöde  äugen  mit  che- 
lidonio  arzneien.  Simpl.  1, 153 ;  als  half  ich  ihm  auch  stets  in 
seinem  laboratorio  arzneien.  1,  360;  sich  zu  tod  arzneien. 
Wieland  24,  62;  hilf  dir  selber,  ehe  du  andere  arzneiest. 
Hippel  1,  224 ;  die  menschen  arzneien  und,  wenn  das  glück 
gut,  sie  heilen.  9,  206 ;  unter  den  bänden  einer  arzneienden 
oder  reinigenden  kunst.  Herder  IT,  219. 

ARZNEIFLNGER,  m.  richtiger  arztünger,  digitus  tnedicus. 
i.  Paul  Fibel  75.    biogr.  bei.  1,52. 

ARZNEIGELEHRT: 

so  sprechen  wir,  zwar  nicht  arznei^elehrt. 

A.  W.  Schlegel  im  könig  Richard  2,  1, 1. 

ARZNEIGELEHRSAMKEIT,  f. 

ARZNEIGLAS,  n.    Götter  3,400. 

ARZiNEIISCH,  medicinalis,  arti  conveniens :  dasz  wir  euch 
hie  nit  erzehlen,  wie  in  eim  ieglichen  stern  das  gift  ligt, 
wann  es  ist  astronomisch  mehr  dann  artzneiisch.  Paracelsus 
1,  S' ;  ich  heisz  sie  {die  lustseuche)  Franzosen,  von  wegen  ihres 
vatterlands.  solt  ich  sie  blatern  heiszen,  were  nicht  artzneiisch, 
dann  blatern  hat  ein  andern  Ursprung,  derselbe  (GöU.  gel.  anz 
1841,  920). 

ARZNEIKRAFT,  f.    arzneikräfte  des  Wermuts. 

ARZNEIKLNDE,  f. 

ARZNEILÖFFEL,  m.  zum  einnehmen. 

ARZNEIMITTEL,  n.  besser  heilmittel. 

ARZNEIVERSTÄNDIG,  was  arzneigelehrt :  über  die  Ursachen 
dieser  krankheit  sind  die  arzneiverständigen  unter  einander 
noch  sehr  streitig.  Rabexer  2,  235;  wir  haben  einen  einl'all 
wider  die  arzneiverständigen,  einen  wider  die  rechtsgelehrten. 
J.  E.  Schlegel  3,  400.     ein  steifes,  wieder  abgekommnes  u-ort. 

ARZNEIWISSENSCHAFT,  f. 

ARZNE.N,  curare,  mederi,  ahd.  erzinan,  mhd.  erzinen:  die 
wunden  liesz  man  all  verbinden  und  arznen.  Tschüdi  1,  359; 
er  ward  von  viel  arzten  gearznet,  ehe  dann  er  zu  mir  kam. 
WüRTZ  pracl.  261.    vgl.  arzen. 

ARZT,  ffl.  medicus,  ahd.  arzät  (Graff  1,  477),  mhd.  arzat, 
arzet ;  mnl.  aersatre,  aersater,  crsater,  ersetre  [Diut.  2,  223') 

ic  ben,  seit  hi,  arsatre  goet.  Esop  bei  Clifjnett  221, 
WO  andere  stellen  aus  Maerlant  beigebracht  sind;  nnl.  arts, 
platld.  arst.  die  mnl.  wortgestalt  führt  deutlich  aufs  mlat. 
archiater,  gr.  ao/iaTQos,  wie  bereits  Hüydecüper  op  Stoke  2, 
187  einsah,  mit  artista  hat  die  benennung  keine  gemeinschaß, 
die  ausspräche  des  clii  oder  ci  führte  den  Zischlaut  heran,  ganz 
wie  in  erzengel  archangelus  u.  s.  w.  in  arznei  und  arzen, 
arznen  mangelt  das  t  von  arzt,  kaum  fiihlle  man  das  Verhält- 
nis von  iaroös  zu  iairw  und  inouai,  für  arznei  fand  sich 
aber  auch  die  form  arzetie,  erzetie,  erztei,  vgl.  ärzlei. 

Der  mhd.  pl.  lautet  arzäte,  kann  aber  für  den  vers  in  arzte 
gekürzt  werden  (Lachh .  zu  Iw.  1553) ;  nhd.  ärzte : 

ir  ärtiet  spotten  der  gesund.   ScHWARZEftB.  153,  1;  ertzt.  9«,  2; 
was  darr  ich  hab  und  gut  mit  ärzten  gar  verzehren? 
sie  kränken  manchmal  mehr  als  sie  gesund  gewehren. 

LOGAU  1,  9,  66; 
Snte  bauen  ihre  mülen  an  die  menschenflüsse; 
seilen  sind  sonst  wassermülen  die  man  so  genüsse.    3,  8,  96. 

doch  setzt  Fischart  noch  alte  arzet.  Garg.  249',  Keisersberc 
den  arzoten,  medicis.  omeisz  36'. 

Wie  arznei  auch  unleibliches  heilmittel  ausdrückt,  kann 
ein  seelenarzt  gedacht  werden: 

Nikias,  treflicher  mann,  du  artzt  des  leibs  und  der  seele. 
GöTUK  1,  323. 

Dem  eindringling  muste  das  heimische  wort  mit  allen  seinen 
ableitungen  weichen:  ahd.  lichi,  goth.  lekcis,  ags.  laece,  engl. 
leech,  altn.  lajknir,  schw.  läkare,  ddn.  läge;  litt,  lekorus  {letl. 
aber  ahrste,  nach  dem  nd.);  sl.  Ijekar',  russ.  lekar',  poln. 
I^karz.  characleristisch  bezeichnen  das  engl,  leech,  russ.  lekar' 
nur  noch  den  wundarzt,  während  für  den  feineren  innerlichen 
arzt  das  fremde  wort  sich  geltend  machte. 

ARZTBLCH,  n.  fastn.  sp.  683,  21. 

ARZTEI,  /".  medicina,  mhd.  crzel'ie,  nd.  arstedie :  wenn  ma" 
die  ganze  schul  der  ärzlei  austrieb.  Hlttes  5,  205. 

ARZTEN,  curare: 

sonst  ich  dich  widder  arltten  must, 

dazu  hab  ich  itzund  nicht  lust.   froschm.  1,  1,  6. 

ARZTFINGER,  m.  digitus  medicus :  das  gleich  (glied)  an  dem 
on  ein  den  letzten  {vorletzten  oder  vierten)  finger,  sonst  der  arzet- 
finger  genannt.  Sebiz  79 ;  Garg.  120".  ags.  Iscefinger,  ddn.  läge- 
fingcr. 


ARZTGELD,  n.  arzllohn.    2  Mos.  21,19. 
ÄRZTLN,  f. 

nach  du"  zu  warten  ist  ümmsonst, 
0  ärztinn  meiner  seelen.  Fleming  525. 

ÄRZTLICH,  medicinalis:  ärztliche  behandlung,  Verordnung. 

ARZTLOHN,  m.  merces  medici,  arzlgebühr. 

ARZUNG,  f.  medicatura.    überschriß  bei  Logad  2,  s.  215. 

AS,  n.  kurz  und  scharf  auszusprechen,  unio  vel  canis,  franz. 
as,  ahd.  mhd.  esse  (Ben.  1,  44S),  15/.  as,  dän.  es,  engl,  ace; 
auch  Stieler  3S8  führt  noch  es- {wie  er  schreibt  esz)  auf.  as 
werfen ;  weder  as  noch  daus ;  ses  {sechs)  oder  es,  aul  Caesar 
aut  nihil,  daus,  es.  fastn.  sp.  294, 16 ;  machen  den  menschen 
nit  um  ein  äss  gott  angenemmer  oder  frummer.  Frank  3, 134 ; 
ein  trümpfel  von  esz  oder  unterbüblein.  Lehma:«s  1S2. 

ASCH,  m.  fraxinus,  die  cschc.  den  buchstaben  nach  stimmt 
aber  das  lat.  esculus,  aesculus,  im  festen  sc  war  der  laut  vor 
Verschiebung  bewahrt,  ahd.  asc,  mhd.  asch,  ags.  äse,  altn. 
askr,  schw.  ddn.  ask.  da  sich  nun  das  holz  dieses  schönen 
baums  treßich  schnitzen  und  drechseln  liesz,  lagen  schon  dem 
hohen  alterthum  lebhaße  und  poetische  Übergänge  des  worles 
auf  das  gefertigte  gerät  unmittelbar  nah.  das  ags.  äse  bedeu~ 
tet  zugleich  hasta,  den  eschenschaß,  und  ein  krieger  heiszt  äsc- 
berend,  haslifer.  im  salischen  geselz  aber  21  ist  ascus  navi- 
gium,  der  aus  eschenholz  gezimmerte  nachen,  vgl.  aschmann; 
in  Baiern  hat  sich  asch,  hailasch  für  salzschif  bis  auf  heute 
erhalten  (Schm.  1, 122)  und  auch  das  ags.  äse  {engl,  ash)  steht 
für  naviginm.  darf  man  an  den  lederschlauch  aoxöi  denken  ? 
er  müste  hölzern  und  lederbezogen  gewesen  sein,  das  altn. 
askr  ist  vasculum  ligneum  insgemein,  zugleich  gilt  daßr  askja, 
eskja  f.,  dän.  äske ;  im  passional  351,  67  drückt  asch  den  tel- 
ler  aus,  auf  welchen  Johannis  haupt  gelegt  wird,  bei  uns  dauert 
asch  m.  pl.  äsche  1«  den  Zusammensetzungen  blumenasch, 
blumengefäsz,  topf,  milchasch  milchgefäsz,  milchnapf,  reibasch 
u.  a.  m.,  was  alles  ursprünglich  holzgedrehte  meint,  dann  auf 
andere  übertragen  wurde:  ich  bitte  dich  um  einen  von  den 
kleinen  blumenäschen,  ich  will  etwas  säen.  Güthe  an  fr.  von 
Stein  3,  140.  Steinbach  schreibt  aasch  pl.  äsche,  sinum,  vas 
ventricosum,  und  in  Schlesien  soll  heule  ein  groszes  irdenes 
gefäsz  mit  zwei  henkeln  so  heiszen,  aber  auch  aschach  in  Ost- 
reich, Kärnten  sclieinl  ein  holzgefäsz,  s.  assach.  schade,  das: 
uns  das  einfache  asch  m.  ßr  den  bäum  selbst  fast  erlosch  und 
esche  f.  an  'seine  stelle  getreten  ist.  wenn  Güthe  schreibt:  der 
wind  spielt  gar  schon  in  meinen  äschen.  an  fr.  von  Stein  1,  312, 
sieht   das  wol  =  eschen,    und  geht  auf  kein  m.  asch  zurück. 

ASCH,  m.  salmo  Ihymallus,  ahd.  asco  (Graff  1,  492),  mhd. 
asche  (B£n'.  1,  65*),  heule  auch  äsche,  ascher,  vgl  aschling. 
soll  nach  der  aschgrauen  färbe  benannt  sein,  in  Schjielzls 
lobsptuch  92  wird  aschn  als  nom.  angesetzt,  bei  Hohberg  2, 
465'.  468'  äschen.  kaufen  vorhen  und  äschen.  H.  Sachs  III. 
1, 198'.  238*. 

ÄSCH,  n.  feldfhir,  verderbt  aus  ahd.  ejzisc,  und  richtiger 
geschrieben  esch  (Sch».  1,  123.  124) :  in  dem  äsch  ein  haust 
heues  machen,  weisth.  2,  571. 

ASCHBACKEN,  in  cinei'e  pistus  panis. 

ASCHBALLE,  m.  in  schmelzhütten,  eine  masse  ausgeschlämm' 
ter  asche. 

ASCHBAUM,  m.  fraxinus,  asch,  esche. 

ASCHBLEI,  n.  wismut,  von  seiner  fahlen  färbe. 

ASCHBLEICH,  cinereuj,  aschfarbig,  aschfahl:  aschbleichen 
angesichts.  Schiller  729. 

ASCHBRENNER,  s.  aschenbrenner. 

ASCHE,  f.  cinis,  goth.  azgo,  ahd.  ascä,  mhd.  asche,  esche, 
auch  im  16. 11  jh.  oß  noch  äsche,  esche,  ags.  axe,  nnl.  asch, 
altn.  aska,  schw.  aska,  ddn.  aske.  bei  H.  Sachs  steht  asche 
männlich,  z.  b.  1,  501*,  wie  auch  mhd.  mitunter  (Lachm.  zu  Sib. 
900,  4).  jenes  äsche  ist  analog  dem  gleichfalls  üblichen  Qäscbe 
und  täsche  für  Hasche,  lasche,  alle  umlautenden  formen  setzen 
ein  ahd.  askia,  taskia,  flaskia  roroi«.  ags.  axe  stellt  asce  um 
in  acse.  die  gröszte  aufmerksamkeil  verdient  aber  das  goth. 
zg  in  azg6.  sk  sagt  dem  goth.  organ  anderwärts  zu  (gal)rask, 
fisks,  hruskan);  es  musz  ein  wesentlicher  grund  vorhanden 
sein,  dasz  der  Gothe  nicht  ask6  schrieb  und  sprach,  goth  z 
ist  so  weich  oder  blöde,  dasz  es  nur  vocal,  liquida  oder  me- 
dia, keine  tenuis  hinler  sich  duldet,  zg,  zd  (folglich  auch  zb) 
sind  möglich,  nicht  aber  zk,  zt,  zp,  sondern  nur  sk,  st,  sp. 
die  ahd.  mundart  sehen  wir  goth.  sk,  st,  sp  festhalten,  hin- 
gegen goth.  zd  in  rt  wandeln,  folglieh  hätte  sie  auch  zg  in 
rk  (und,  wenn  es  vorkäme  zb  in  rp)  umzusetzen. 

37 


579 


ASCHE 


ASCHE 


580 


Wohin  zielen  diese  nachweise?  sie  sollen  einen  aufschlusz 
heranführen,  der  oben  bei  dem  worte  arg  noch  aufgespart 
wurde,  die  goth.  sprachresle  gewähren  uns  dies  adj.  nirgend, 
wie  wenn  es  den  Golhen  azgs  gelautet  und  bleich  bedeutet  hätte? 
azgö  cinis  wurde  ganz  ruhig  zu  ahd.  ascä,  aber  azgs  zu  arac, 
arc;  in  ascd  und  arac  ständen  sich  s  und  r  zur  seile  wie  in 
was  und  wärun,  ch6s  und  churiin. 

Dem  Worte  arg  sahen  wir  die  Vorstellung  der  feigheit  we- 
sentlich ankleben,  der  feige,  sowol  der  furchtsame  als  dem  tode 
nahe,  erbleicht,  in  der  edda  heiszt  er  neffölr  {nasenfahl}  und 
gefragt  wird:  hvi  ertu  svA  fölr  um  nasar?  {wie  bist  du  so 
fahl  um  die  nase?)  wenn  nun  azgs  oder  arg  schon  dem  wort- 
begrif  nach  fahl,  blasz,  bleich  ausdrückt,  musz  jener  vorwarf 
desto  bedeutsamer  scheinen,  einen  feigen  können  wir  ebenso 
gut  asclibleich,  aschfahl  nennen. 

Sichtbar  aber  wäre  arg  und  azgs  zugleich  das  gr.  a^yrjs  und 
nqyös,  man  hätte  nicht  weiter  nöthig,  davon  ein  a^yog  trag 
und  fqge  abgesondert  aus  as^yös  zu  deuten,  da  sich  der  feige 
von  selbst  als  einen  bleichen  und  fahlen  darstellt. 

Wir  lassen  diese  kühne  etymologie  des  Wortes  arg  liegen  und 
kehren  uns  zu  der  von  asche. 

dasz  auch  azgu  die  fahle,  weisze,  bleiche  ausdrückt,  folgt 
aus  aUen  analogien.  mit  einem  andern  ahd.  worte  heiszt  sie 
falawisga,  mhd.  valwische,  altn.  folski,  was  wiederum  zu  falo, 
fahl  gehört  und  dem  litt,  pelenai,  tat.  pallere  begegnet,  aber 
auf  die  würzet  des  sl.  paliti  brennen  zurückführbar  scheint, 
wie  das  reduplicierende  sl.  pepel",  böhm.  popel,  poln.  popiol 
selbst:  asche  ist  die  brennende,  glimmende,  glühende  oder  die 
abgebrannte,  verglommene,  graue,  nicht  anders  läszt  sich  dnis 
deuten  aus  cio,  cieo  ignem  und  xaico  brenne,  wozu  xaivös 
funkelneu  und  goth.  haiza  lampas  wie  unser  heisz,  ahd.  lieij 
calidus  fallen,  ein  dritter  ausdruck,  ags.  ysele  favilla,  mhd. 
üsele,  altn.  usli  ignis,  eysa  cinis  verbindet  sich  mit  tat.  uro 
==  uso,  praet.  ussi,  part.  ustus  und  skr.  ösa  ardor,  ja  das 
abslracte  goth.  iflsila  ävsais  darf  man  wagen  als  ein  verglim- 
men aufzufassen,  usilvar  ist  wiederum  gilvus,  fahl,  für  azgo 
selbst  endlich  wäre,  nicht  jenes  6sa,  vielmehr  das  skr.  ra- 
dschata  albus  und  argenlum,  gr.  uQyv^os,  zcnd.  erezatam, 
sirjän.  eszys  zu  vergleichen,  immer  also  die  Vorstellung  des 
weiszen,  glänzenden  zu  entnehmen,  und  lat.  ardere  (ard  = 
arg)  könnte  unmittelbar  hinzu  treten. 

Alle  unsere  Sprichwörter  bezeugen,  wie  nahe  der  glut  die 
asche  liegt:  es  glimmt  noch  unter  derasche;  von  der  asclien 
in  die  glut;  du  blasest  so  lange  in  die  asche,  bis  dir  die 
funken  unter  das  augc  stieben,  so  eben  vernehme  ich,  dasz 
jemand  von  meiner  bekanntschaft  nach  Weimar  geht,  das  bläst 
die   asche  von  der  glut  {eiregl  die  Sehnsucht).   Bettine  briefe 

2,  79.     die  asche  ist  noch  warm,  heisz ; 

dieses  räumt  seckel  und  täschen, 

dasz  uns  kaum  bleibt  die  warme  äschen.   Garg.  97"; 

denvegen  solchen  mut  nicht  under  der  aschen  erstöcket  ligen 
zu  lassen,  sondern  mit  dem  blasbalg  strenger  anmanung  auf- 
zublasen. 173";  das  stille  entzücken  Albanos  glühte  unter  der 
asche  des  Schlafes  noch  fort.  .1.  Pacl  Tit.  2,  223. 

In  asche,  in  die  asche  legen  heiszt  holz,  bäume,  hduser  an- 
zünden und  in  asche  verwandeln:  und  hat  die  städle  Sodonia 
und  Gomorra  zu  aschen  gemacht.  2  Petr.  2,  fi;  und  wollen 
schlecht  gottes  haus  zu  boden  und  zu  aschen  haben.  Luther 

3,  389;  manche  feste,  wehrliche  Stadt  in  die  aschen  gelegt. 
KiRcunoF  disc.  mil.  1 ; 

eh  als  gou  Zeboim  liesz  in  die  aschen  legen. 

Grvphius  2,  303j 
und  laszt  euch  nicht  mit  gehl  bewegen, 
das  gewissen  in  die  asch  zu  legen. 

RiNCWALD  tr.  Eck.  H7'; 

heute   nacht  brach  heftiges  feuer  aus  und  legte  das  ganze 
schlosz    in   asche ;    der  feind  warf  bomben   und  nach  einer . 
stunde   lag  die  prächtige  kirchc  schon  in  asche.     die  leichte, 
weisze,    bei  der  geringsten  bewegung  auffliegende   asche   heiszt 
lodcrasche  oder  flockasche. 

Zumal  bezeichnet  asche  die  des  leichenbrandes,  und  rifqa 
[von  d'dnro),  was  ursprünglich  verbrenne),  cinis,  pl.  ciucres 
haben  denselben  sinn:  und  das  ganze  tal  der  Icichcn  und  der 
aschen  wird  dem  hcrrcn  heilig  sein.  Jcr.  31,40;  unib  drei  oder 
vier  lasier  willen  Moab  wil  ich  ir  nicht  schonen,  darumb  das 
sie  die  gebeine  des  königs  zu  Edom  haben  zu  aschen  ver- 
brannt. Arnos  2,  1.  aus  seiner  asche  erhebt  sich  der  phoc- 
Dix  zu  neuem  leben;   kriechet  nit  aus  des  phönichs  itscben 


ein  anderer  phönichs?  Garg.  105'.     die  Vorstellung  der  asche 
wurde   aber  leicht  übertragen  auf  den  verwesenden  staub  auch 
unverbrannter  leichen,  wir  reden  von  der  asche  unsrer  vorfah- 
ren,  vom   zerfallen  des  leibs,    des  herzens  in  asche,   seitdem, 
längst   das    begraben   der  todten  an  die  stelle  des  verbrennens 
getreten   ist:    die   asche  der  freundin  ruhe  sanft,    wir  wollen 
blumen   auf  ihr  grab  streuen.    Göthe  20,  80 ;    doch  liegt  den 
dichtem  dabei  der  gedanke  an  das  feuer  immer  nah: 
es  rufet  noch  natur  aus  unsrer  gruft,  es  lodert 
ihr  feuer  unverlöscht,  wenn  unsre  asctie  modert 
Götter  1,  141. 
sonst  aber  sind  asche  und  staub  beinahe  gleichviel  und  schon 
Helbmng  1,1201  sagt:  wie  stiubet  der  asche? 

Den  brauch  des  allerthums  sich  in  tiefer  trauer  das  haupt 
und  gewand  mit  staub  und  asche  zu  bestreuen,  darf  man  am 
natürlichsten  von  diesem  leichenbrand  herleiten;  die  umstehen- 
den verwandten  gaben  dadurch  ihre  gemeinschaß  mit  dem  todten 
zu  erkennen,  zwar  könnte  blosz  an  die  heilige  erde  gedacht 
werden  und  Achilleus  auf  die  künde  von  Patroklos  tod  greiß 
alsbald  den  staub  von  der  erde;  doch  steht  gerade  das  bedeut- 
same rBfQjj  {II.  18,  25)  und  dichter  wie  sitte  gestatteten  statt 
der  asche  leicht  den  staub,  und  die  anwcndung  des  Symbols 
auf  andere  anlasse  der  trauer:  warf  Thamar  aschen  auf  ir 
heubt  und  zureisz  den  bunten  rock,  den  sie  anhatte  und  legt 
ire  band  auf  das  heubt  und  gieng  daher  und  schrei.  2  Sam. 
13, 19 ;  0  tochter  meines  volks,  zeuch  secke  an  und  lege  dich 
in  die  aschen.  Jer.  6,  26 ;  fasteten  und  zogen  secke  an,  streueten 
asche  auf  ire  heubter  und  zerrissen  ire  kleiden  l  Macc.  3,  47  ; 
bestreueten  sie  sich  mit  aschen  und  riefen  gott  an.  2  Macc. 
14, 15.  Wenn  es  aber  von  Hiob  heiszt  2,  8  sasz  in  der  aschen, 
und  buszfcrlige  sich  auf  asche  legen,  ist  das  nur  ein  zeichen 
der  reue  und  demut,  ohne  bezug  auf  verbrannte  leichen  oder 
opfer. 

Die  catholische  kirche  hat  einen  solchen  busztag  als  jahresfest 
eingeführt,  den  dies  cineris  et  cilicii,  aschermitwoch,  aschen- 
tag,  an  dem  sich  die  gläubigen  mit  geweihter  asche  bestreuen 
lieszen  oder  selbst  bewarfen:  es  ist  euwer  gewonheit  (oder 
potius  corruptela)  am  haubt  der  fasten,  am  eschermilwochen, 
so  die  heilig  kirch  uns  ermant  mit  andacht  zu  der  kirchen 
die  eschen  zu  empfahen  und  der  priester  dir  die  auf  dein 
haubt  legt  und  spricht  'mensch  gedenke,  das  du  eschen  bist 
und  wider  zu  eschen  wirst',  darzu  so  man  die  altar  verbeugt 
und  dich  zu  hohen  dingen  ermant,  so  seind  wir  {d.  i.  seid 
ihr,  die  erste  person  für  die  zweite  gesetzt)  am  allerverruch- 
testen,  sie  laufen  darafter  und  seind  so  nerrisch,  machen  usz 
der  Ordnung  gots  und  der  heiligen  kirchen  ein  gespöt  und 
verachtens.  die  hübschen  frawen  und  die  edlen  berümen  sich 
und  werfen  einander  mit  eschen,  und  sol  gar  ein  hübsch  ding 
sein.   Keisersb.  omeisz  9'; 

brechen  das  houbt  der  vasten  ab, 
domit  sie  minder  kreflen  hab, 
wenig  sich  zu  der  äschen  nahen, 
das  sie  mit  andacht  die  entpfahen, 
förchten  die  asch  die  wenl  sie  biszen. 

Bbant  narrensch.  294 ; 

bei  der  heiligen  äschen.  Fischart  Garg.  104*;  wiewol  er  {der 
pabst)  dem  erzbischof,  als  er  für  ihme  am  eschcrmitwoch  um 
anstrcichung  der  äschen  nider  kniete,  die  Sschen  ins  gesiebt 
warf,  bienetik.  12^* ;  secht  da,  der  ist  genug  gestäubt,  als  kam 
er  vom  eschcrmitwoch.  Garg.  253*.  in  Sachsen  haßel  noch  der 
brauch,  dasz  die  kinder  auf  diesen  tag  mit  einem  tannenreis 
die  asche  den  eitern  abkehren,  welche  sich  dann  mit  einer 
gäbe  lösen. 

In  ganz  anderm,  weltlichen  sinn  steht  asche  mit  bezug  auf 
hcrd  und  küche :  karloffel,  äpfrl  in  der  asche  braten  (öpfel 
in  der  asch.  Garg.  154');  den  deckcl  des  topfs  mit  hciszer 
ascTie  belegen;  in  die  asche  blasen;  in  die  gemartert  äschen 
blasen.  Garg.  247';  der  topf  stürzt  um  und  die  speise  fällt  in 
die  asche,  gehl  verloren,  das  leidet  häufig  bildliche  anwen- 
dung:  ich  bin  der  hofnung,  gott  werde  je  euer  etliche  er- 
wecken, das  mein  Ireuer  rat  nicht  gar  in  die  aschen  falle. 
Luther  2,  47s';  ja,  ich  habe  dennoch  etwa  gesehen,  das  der 
gerechte  hat  müssen  unterliegen  und  ist  seine  sache  gar  in 
die  aschen  gefallen  für  den  gottlosen.  3,  293';  also  ligt  der 
Zwingel  mit  seiner  dcutelei  in  der  aschen.  3,  344';  Davids 
geschlecht  lag  gar  unter  und  in  der  aschen.  3,  427 ;  der  hof- 
nung immer  stehet,  es  solle  sich  verziehen  und  zuletzt  da- 
durch in  die  aschen  fallen,  br.  5,  197;  insuuuna,  alles  lieng 
an  in  die  äschen  zu  fallen.  Fischart  {umeni.  4'.     Wiewol  das 


I 


581 


ÄSCHEL —ASCHENBRÖDEL 


ASCHENbRÖDLEIN— ASCHENGRITTEL     5S2 


liegen  in  der  asche,  statt  von  dem  verschütteten  essen,  sieh  auch 
verstehen  Idszt  vom  liegen  in  schmutz  und  Verachtung,  sei  nun 
ein  armer  küchenjunge  (aschenbrödel)  oder  ein  büssender  ge- 
meint:  micli   verachteten   und  gar  in   der  asche   gelegenen. 

SCHWEISICHEN    2,275; 

durch  rrunibkait  bleibst  dein  leben  lang 

in  dem  aschen  under  der  bank.   H.  Sachs  1,  259*. 

wie  viel  haben  sie  nur  sind  der  zeit,  da  das  evangelium  ist 
angangen,  ratschleg  fürgenomen  und  noch  heutigs  tags  für 
und  für,  einen  über  den  andern,  die  alle  zurück  sind  gangen 
und  zu  aschen  worden.  Lltber  5,  314";  wer  nu  mit  im  dis- 
putieren wil,  den  stöszet  er  gewislich  in  die  aschen  (zu  bo- 
den),  er  sei  denn  sehr  wol  gerüst.  5,  335'.  unter  alten  na- 
men  des  biers  führt  Fischart  Garg.  59'  auch  einen  an,  der 
stampf  in  die  aschen  lautete,  neben  störz  den  kerl,  also  be- 
deutete, dasz  die  stärke  des  getränks  den  trinker  zu  boden  stürzte. 

Ein  prügel  wird  volksviäszig  umschrieben  durch  ungebrannte 
asche :  man  soll  ihm  den  vogt  von  Eichensten  mit  seiner  un- 
gebrenten  eschen  ubers  leder  schicken.  Spangexbergs  tust- 
garten  453 ;  mein  buckel  hat  bisher  brache  gelegen,  nun  wird 
er  mit  ungebrannter  asche  gedünget  werden,  causenmacher 
144.  dichterischer  heiszt  es:  mit  einem  ast  klopfen,  auf  dem 
schon  fünf  jähre  der  vogel  gesungen  hat. 

ÄSCHEL,  m.  eine  feinere,  bleichere  smalte,  gegenüber  dem 
geringeren  blauen  kobald. 

ASCHENAUSWÜRF,  m.  qectamentum  cineris.  Homboldt  ans. 
der  nat.  2,273. 

ASCHENBAD,  n.  Chemikern  die  aschenkapelle. 

ASCHENBEHÄLTER,  m.  nnl.  aschbak. 

ASCHENBERG,  m.    Göthe  28,22. 

ASCHENBLÄSER,  m.  ciniflo,  der  in  die  asche  bläst,  um 
das  feuer  anzufachen  oder  um  ein  eisen  zu  erhitzen,  dessen 
sich  die  haarkräusler  bedienen.  Horat.  sat.  I.  2,  98.  gilt  auch 
für  aschenzieher. 

ASCHENRRENNER,  m.  äscherer,  der  für  glashütten  oder 
sehmelzwerke  im  valde  holz  zu  asche  brennt,    böhm.  popelar. 

ASCHENBRODEL,  m.  cinerarius,  ein  küchenjunge,  der  in 
der  asche  brodelt  und  sudelt,  brodeln,  brudeln,  brutzeln  «rird 
gesagt  vom  geräusch  kochendes,  wallendes  wassers;  im  gedieht 
von  Oswald  heiszt  es  (Haupt  2, 100) 

kaeme  er  in  daj  kocbebüs, 
dai  in  niht  herwider  üi 
iriben  die  aschenbrodele, 
sluegenn  üf  sin  getidere, 

nemlich  den  weisen,  ausgesandten  raben.  dies  wort  enthält  eine 
uralte,  in  den  märchen  ständige  und  reicher  entfaltung  fähige 
Vorstellung,  von  drei  söhnen  gilt  der  jüngste  für  dumm  und 
wird  verachtet,  weil  er  seine  erste  jugend  im  schmutz  und  in 
der  asche  der  küche  zubringt  {altn.  liggr  heima  i  ösku) ;  als 
endlich  seine  zeit  erscheint,  tritt  er  auf,  thut  es  seinen  brüdem 
weit  zuvor  und  erreicht  das  höchste  ziel,  einen  solchen  nen- 
nen schwedische  märchen  askefis  tqui  cineribus  oppedii),  nor- 
wegische askeladd  {das  wäre  altn.  asklatr,  öskulatr,  folglich 
wieder  aschfeig,  ahd.  ascla;).  litt,  heiszt  er  pelenus,  der  asch- 
farbige oder  pelenmsis,  letl.  pelnu  ruschkis,  der  in  der  aschen- 
grube  liegt,  böhm.  popelwäl  orfer  verkl.  popelwälek,  pecywäl 
und  pecywalek,  poln.  popieluch.  fabel  und  name  gehen  aber 
gleich  häufig  auf  die  dritte  oder  jüngste  tochter  über,  die  im 
sehmutz  der  küche  schwere  arbeit  verrichtet,  der  zuletzt  ftr  ihr 
aschengewand  königlicher  schmuck  zu  theil  wird,  farillae  pleno, 
min  armes  südeli.  Uhlajid  1,  274 ;  franz.  la  cendrillon,  neapol. 
la  gatta  cennerentola,  böhm.  popelka,  popelwalka,  pecywalka, 
serb.  pepeljuscha,  pepeluscbnitza ,  wendisch  popelawa.  die 
deutschen  weiblichen  benennungen  folgen  unter  ihren  eigenen 
Wörtern,  ich  russichter  ascbenprüdel.  Luther  3,  333 ;  ein  gering 
ganz  verachtet  aschenbrödel.  . . . ;  das  sie  in  {den  Lot)  nicht 
anders  gehallen  haben,  denn  für  einen  aschenbrödel.  4,  lOS'j 
gott  fragt  nicht  solcher  reinigkeit,  sondern  wil  das  herz  rein 
habenj  ob  es  gleich  auswendig  ein  aschenbrödel,  in  der  küchen 
schwarz,  rustrig  und  bestoben  ist.  5,357';  man  erferet  oft,  das 
in  einem  geschlechlc  vil  leben  auf  einmal,  der  tod  kompt 
darunder  und  nimpl  die  alle  hin,  darauf  man  gedacht  bette, 
das  sie  die  guter  erben  sollen,  und  beleibt  irgend  ein  aschen- 
brödel, darauf  niemant  gedacht  bette.  Acricola  spr.  n".  515; 
Jacob  war  der  aschenprodel,  der  mutter  son,  daraus  auch 
weise  leute  werden,  n*  593 ;  das  ist  das  beste,  wenn  ein  mäd- 
chen  in  einen  ansehnlichen  elirenstand  kömmt,  dasz  nicht 
alle  aschenbrödel  über  sie  geben.  Weise  erin.  135 ;  oder  wenn 


der  unachtsame  aschenbrödel  (das  bauermädchen)  das  kiad  an 
die  thüre  legte.  208 ;  aschenprodel  und  fuszhader.  Oberlw  62. 

ASCHENBRÖDLELN,  n.  aber  die  dritte,  das  arme  aschenpröd- 
lin,  hat  nichts  denn  eitel  mangel  und  ungemach.  Luther  1,  482*. 

ASCHENBROT,  n.  subcinericius  panis,  was  ahd.  derpi;pr6t 
(Graff  5,  221)  und  fochanza  (3,  441),  it.  focaccia,  serb.  poga- 
tscha  heiszt,  auf  dem  herd,  in  warmer  asche  gebacken  und  un- 
gesäuert; anderwärts  aschenkuchen.  mit  dem  torausgehenden 
aschenbrödel  wol  unverwandt. 

ASCHE.NFALL,  m.  im  feuerkasten,  die  öfnung  zum  durchfall 
der  asche. 

ASCHENFARB,  colore  cinerea,  mhd.  aschenTar:  eschenfarb 
und  leberfarb.  Garg.  88". 

ASCHENFARBE,  f.  color  cinericeus. 

ASCHENFABBIG,  colore  cinericio :  ihre  haare  waren  aschen- 
farbig. J.  E.  Schlegel  3,488.    vgl.  ascherfarbig. 

ASCHENFIDLE,  n.  schwäbische  benennung  des  aschenbrödel, 
bei  Ernst  Meier  n*  43  eschenfidJe,  von  fidle,  füdle  podex,  wie 
Matbesiüs  ascherprödel  und  abersel  verbindet,  ßr  welches  letz- 
tere doch  auch  andere  deutungen  zulässig  scheinen. 

ASCHENFISTER ,  m.  ciniflo,  homo  sordidus.  Sheleb  490. 
nnl.  aschevijster.    vgl.  schw.  askefis. 

ASCHENFLOCKE,  f  fliegende  asche,  floekasche. 

ASCHENFUNKE,  m.  scintilla  sub  cinere  latens. 

ASCHENFCNKCHEN,  n. 

gegenliebe  nähret  liebe 

und  eniflammt  zur  feuersbrunst," 

was  sonst  aschenfünkcben  bliebe.    BCkger  27*. 

geschichte  eines  aschenfunkens  (neisti),  der  los  ward  und  haus, 
Stadt  und  land  verzehrte,  bis  ein  vom  himmel  fallender  thau 
ihn  nöthigte  wieder  in  asche  aufzugehn  (med  öskum  fara). 
altd.  wäld.  3,  2S4. 

ASCHENGEHALT,  m.  der  ehemische  gehalt  der  asche. 

ASCHENGRITTEL,  n.  eine  andre  schwäbisdie  benennung  ßr 
aschenbrödel,  bei  Ernst  Meier  n*  4,  man  hört  auch  aschen- 
gretel,  Gretchen  in  der  asche.  Keisersbergs  sieben  scheiden 
gleich  zu  anfang  steht  geschrieben  äschengrütel,  im  paradies 
der  Seelen  bl.  187  heiszt  es:  desgleichen  ein  muter,  die  vil 
kind  hat,  und  etwan  ein  eschengrüdel  darunter  ist,  wann  das- 
selb  nüraen  den  gürtel  letz  ummleit,  si  gibt  im  eins  an  einen 
backen  und  spricht  zu  im,  du  wüster  unQot !  aber  das  kind, 
das  sie  sunderlich  vast  lieb  hat,  so  es  schon  ouch  den  gür- 
tel letz  umm  het,  dem  zartlet  si.  hier  also  ist  eschengrüdel 
das  von  der  mutter  zurückgesetzte,  hart  behandelte  kind.  Geileb 
übersetzte  aber  auch  in  seinem  irrigen  schaf  Straszb.  1510  4' 
eine  schrifl  Gersons  von  schmachvoll  erniedrigten,  zuletzt  er- 
höhten menschen  unter  dem  titel  der  eschengrüdel,  von  den  an- 
fahenden  mönschen  in  dem  gotsdienst,  daselbst  heiszt  es  u.  a. : 
das  entpfindent  die  guten  anfahenden  mönschen,  die  sind  La- 
zarus und  eschengrüdel,  ligent  mit  dem  todten,  aber  erstand- 
nen  Lazaro  vol  eschen,  was  die  esch  sei,  darin  sie  grüdlen, 
würt  harnach  geofifent.  A  2 ;  der  mönsch  ist  Martha,  ein  zu- 
nemender  mönsch,  und  gefalt  got,  wie  wol  er  auch  grüdlet 
in  der  eschen  zeitlicher  ding.  A2';  in  klöstren,  da  die  kor- 
schwestren    die    leischwestren   verachten,    und    sie   halten  als 

fusztücher    und    eschengrüdel   die    erst   eigenschaft   des 

eschengrüdels  ist,  das  er  in  der  eschen  grüdelt,  dannanhar 
er  auch  den  nammen  hat.  er  grüdlet  in  der  eschen  und 
steckt  voll  eschen  in  allem  dem,  damit  er  umbgat,  kleider 
und  sein  brot,  sein  ougen,  hend,  ist  alles  sammen  eschig. 
A3;  also  ist  die  erst  eigenschaft  des  geistlichen  eschengrü- 
dels . .  klarlich  erkennen  seine  sündep,  ■  in  der  eschen  sich 
südlen.  A4.  Die  deutlichsten  stellen  finden  sich  in  den  brö- 
samlin:  du  müst  thun  als  ein  eschengridel  (so)  thut,  und 
must  ein  eschengrüdel  sein,  es  ist  selten  ein  haus,  es  ist 
ein  eschengrüdel  darin,  was  thut  ein  eschengrüdel?  ich  find 
sechs  oder  siben  stück  die  er  thut,  die  must  du  geistlichen 
thun,  nun  merk  die  nacheinander,  eigenschaft  des  eschen- 
grüdels :  zS  dem  ersten  so  hangt  er  fol  eschen,  und  alles  das 
an  im  ist,  nas,  äugen,  cleidcr,  Schleier  seind  berOmt.  zu  dem 
andern  so  müsz  er  das  feuer  machen  und  gat  im  der  bitler 
rauch  etwann  dick  in  die  nasen.  zu  dem  dritten,  so  musx 
er  wischen,  geschirr  reiben,  kessel,  pfannen,  schusseln,  und 
etwann  so  reibt  er  es  durch,  zfi  dem  vierten,  so  mösz  er 
braten,  die  jungfrawen  in  dem  haus,  die  braten  nicht,  ja  wol, 
der  eschengrüdel  musz  es  als  thun.  zum  fünften,  so  müsz 
er  den  katzen  weren.  wann  sie  beschlecken,  was  man  neben 
lieb  setzt,    zu  dem  sechsten,  so  musz  er  vil  in  dem  bus  lei- 

37* 


583 


ASCHENGRUBE —ASCHENRUHE 


den.  zu  dem  sibenden  so  ist  der  eschengrüdel  dem  hausvat- 
ter  an  dem  allerliebsten,  er  nimpt  in  etwann  zu  der  ee.  79'. 
obgleich  Keisersberg  das  wort  männlich  gebraucht,  versteht  er 
doch,  wie  der  schlusz  zeigt  das  mädchen  darunter,  das  sich  der 
könig  zur  braut  auserkiest,  die  sieben  stücke  werden  nun  wie 
ein  evangelium  in  der  predigt  ausgelegt  und  angewandt,  es 
gehören  noch  folgende  stellen  hierher:  das  sol  ein  mensch 
gedenken  und  mit  der  eschen  umbgon,  darin  grüdlen.  79*; 
der  eschengrüdel  müsz  vil  erleiden,  sie  handien  in  übel,  man 
flucht,  und  was  alle  weit  in  dem  haus  thüt,  das  niusz  der 
eschengrüdel  alles  haben  gethon.  'entruwen,  sprechen  sie, 
wer  wolt  es  gethon  haben,  denn  der  eschengrüdel'.  81'.  in 
der  eschen  grüdeln  musz  aber  dem  Keisersberg  bedeutet  haben 
in  der  asche  schüren,  stochern,  im  irrenden  schaf  sagt  er  auch 
eitimal  ungeruwige,  grüdlechte  menschen  i.  scrupulosi.  Mür- 
NER  in  der  geuchmatt.  Basel  IblQ  e'  sagt:  es  sol  ein  gouch  sin 
wib  regieren  lassen  und  meister  sin.  nit  das  du  sie  al- 
wegen  für  ein  fusztuch  wollest  halten,  denn  sie  ist  dem  man 
usz  der  siten  genummen  und  nit  usz  den  füszen,  das  sie 
soll  ein  äschengiyddel  sin.  im  karsthans  {ed.  Kurz  185,  21) 
heiszt  es:  vil  sorglicher  stück  seind,  darin  lasset  man  grüd- 
len recht  und  letz  {verkehrt)  machen ;  was  bedeutet  hier  grüd- 
len? ScHMELLER  2,102.  124  hat  gredern,  gi'äten  satagere,  was 
zum  ahd.  grätac  inhians,  goth.  gredags  fallen  könnte,  und 
dann  schiene  eschengridel,  grittel  die  richtige  Schreibart. 

ASCHENGRUBE,  f  ausgemauerte  grübe  zur  asche. 

ASCHENHAüFE,  m.  acervus  cineris,  nnl.  aschhoop.  nach  ver- 
brannten Städten,  häusern,  leichen  erheben  sich  aschenhaufen. 
seinen   kröpf  mit   seinen   feddern  sol  man  neben  dem  alter 
gegen  den  morgen  auf  den  aschenhaufen  werfen.  3  Mos.  1,  16. 
und  blast  die  kümmerlichen  flammen 
aus  eurem  aschenliäufchen  raus.    Göthe  12,  36. 

ASCHENHÄÜPT,  n.  der  herliche  Vesuv  mit  dem  grauen 
aschenhaupt.   J.  Paul  TU.  4, 166. 

ASCHENHERD,  «i.,  in  der  berghütte,  zum  abtreiben  des  Silbers. 

ASCHENHÜGEL,  m.  was  aschenhaufe. 

ASCHENKASTEN,  tn.  zum  ansammeln  der  asche. 

ASCHENKEGEL,  m.  Humboldt  ans.  der  nat.  2,  273. 

ASCHENKRAUT,  n.  cineraria,  auch  artemisia  vulgaris. 

ASCHENKRUG,  tn.  urna,  zum  bewahren  der  asche  ver- 
brannter leiche.    Gotter  2,  37 ;    böhm.  popelnjk ; 

das  Verhängnis 
gibt  die  Unschuld  oft  der  bosheit,  dem  betrug 
preis  und  lohnt  die  treu  mit  einem  aschenkrug. 

WiEtAND  9,  308. 

ASCHENKUCHEN,  m.  was  aschenbrot. 

ASCHENLOCH,  n.  öfnung  am  herd  zum  durchfall  der  asche: 
sie  bedeckte  also  den  hafen  aufs  neue  und  stiesz  ihn  in  der 
küche  ins  aschenloch  unter  dem  feuerherd.  Fr.  Mijller  1,  301. 
nnl.  aschgat,  was  auch  persönlich  den  aschenbrödel  bezeichnet. 

ASCHENPÄTER,  m.  begegnet  im  nordöstlichen  Deutschland 
für  aschenbrödel.     päten  ist  nd.  quetschen,  rühren. 

ASCHENPESEL,  m.  die  niederd.  bencnnung,  an  askefis  ge- 
mahnend, im  froschmeuseler  aschenpössel.  vgl.  hennenpfosl 
bei  ZiNGERLE  n*  16. 

ASCHENPÜSTER,  ein  andrer  niederdeutscher  name,  von  pu- 
sten, blasen,  also  ciniflo.  Lisch  meklcnb.  jb.  5,  84.  nnl.  asche- 
poester :  gij  zijt  cene  rechte  aschepoester.  verkl.  asche  poestertje. 

ASCHENPUTTEL,  n.  der  hessische  name,  vom  putteln  in 
der  asche,  wie  hühner,  tauben  sich  im  staube  pultein,  wälzen, 
vgl.  nd.  askenbüel. 

ASCHENREGEN,  m.  Humboldt  ans.  der  nat.  280.  Göthe  28, 39 ; 
der  feuerregen  der  entzückung  war  nun  als  ein  finsterer  aschen- 
regen  in  seine  offene  seeie  zurückgefallen.   J.  Paul  Tit.  3,  49. 

ASCHENREST,  f.  requies  cinerum,  wenn  rest,  alts.  resta 
für  rast,  rust  steht,  doch  lieber  kann  rest  m.  auch  reliquiae, 
Überrest  ausdrücken. 

und  auch  dann  zerfällt  mein  staub  hier,  zwischen 
ausgelöschter  herzen  aschenrest.    Uöhger  98*. 

ÄSCHENRÖSLEIN,  wurde  schon  unter  anweiden  aus  Garg. 
65'  beigebracht,  die  Schwierigkeit  der  stelle  liegt  in  anweiden. 
denn  escbrüsel,  eschrüssel  wird  bei  Nemnich  für  sorlius  sil- 
veslris,  Vogelbeere  angegeben,  aschröslcin  bei  Schmid  schw.  wb., 
und  es  scheint  wie  vom  anfadmen  der  buttrn  von  einem  an- 
heßen  der  Vogelbeeren  die  rede,  wenn  anweiden  bedeuten  kann 
anwcten,  anbinden?  s.  äschlösloin. 
ASCHENRUHE,  f.  was  aschenrest: 

und  dein  heiz        aus  aschennili        zu  flammcngnnlrn 
wieder  aufgeschalfän       bebt  auf!  üötue  12,  200. 


ASCHENSACK— ASCHERLEGELEIN   584 

ASCHENSACK,  m.  für  büszende. 
ASCHENSALZ,  n.  aus  der  asche  gelaugtes  salz: 

laszts  mit  aschensalz  durchdringen, 

das  befördert  schnell  den  gusz.    ScnaiEn  2, 158. 

.     ASCHENSCHiCHT,  f.  Humboldt  ans.  der  nat.  277. 

ASCHENSPUR,  f  die  aschenspur  seiner  Vorgänger  bemer- 
kend, war  er  geschäftig  ein  prasselndes  feuer  zu  unterhalten. 
Göthe  21,  59. 

ASCHENTUCH,  n.  grobe  leinwand  zum  durchseihen  der 
lauge. 

ASCHENWEDEL,  m.  äschwedel,  eigentlich  aschbesen,  hen- 
nebergisch  aber  für  aschenbrödel.    Reinwald  2,  23 

ASCHENWEIHE,  f.  benedictio  cinerum: 

wie  ein  abt,  der  blühend,  wolgenährt 
vom  fastnachtsschmaus  zur  aschenweihe  fährt. 
•     Götter  1,  249. 

ASCHENWOLKE,  f.  ausgeworfnc  aschenmasse:  steine,  grö- 
szere  und  kleinere,  zu  lausenden  in  die  luft  geschleudert, 
von  aschenwolken  eingehüllt.    Göthe. 

ÄSCHER,  m.  es  musz  schon  ahd.  und  mhd.  neben  dem  ge- 
wöhnlichen f  asca,  asche  ein  in  der  bedeulung  ihm  nahe  lie- 
gendes m.  ascari,  ascheere,  ascher,  escher  gegeben  haben,  das 
sich  alleinstehend  nicht,  nur  in  den  mhd.  Zusammensetzun- 
gen aschervar  und  ascherkuoche  aufzeigen  läszt.  die  Schwei- 
zersprache kennt  es  aber  noch  heute,  denn  nach  Stalder  1, 
114  bedeutet  äscher  die  schon  ausgelaugte  asche  oder  auch  das 
zwilchene,  in  der  lauge  über  die  asche  gespannte  tuch.  den 
lohgerb ern  dagegen  heiszt  äscher  der  gelöschte,  durchgesiebte, 
mit  asche  vermischte  kalk,  dann  auch  ein  in  die  erde  gegrab- 
nes  fasz,  worin  die  häute  mit  kalk  und  asche  gebeizt  werden: 
die  haut  in  scharfen  äscher  legen.  Keisersb.  has  im  pf  H.  Sachs 
1,  50l',  die  geschichte  einer  roshaut  erzählend,  nachdem  er 
vorausgeschickt  hat: 

und  stiesz  mich  in  ein  alten  aschen, 
der  stank  gleich  wie  ein  schelmengruben, 
da  sich  mein  leiden  erst  anhüben, 
der  aschen  auch  vermischet  wart 
mit  kalg  und  bisz  mich  grausam  hart, 
fügt  hinzu: 

und  mich  ausz  dem  escher  aufschlug, 

wo  escher  offenbar  jene  mit  kalk  und  asche  gefüllte  beizgrube 
bezeichnet.  Seifensieder  nennen  äscher  den  einsatz  von  asche 
und  ungelöschtem  kalk,  woraus  sie  ihre  lauge  bereiten,  an 
die  zuthat  von  kalk  zu  denken  ist  unnothw endig,  ascher  oder 
äscher  scheint  ursprünglich  nichts  als  die  getroffene  Vorkehrung 
zum  auslaugen  und  benutzen  der  asche,  ßr  wasche  oder  beize ; 
in  den  folgenden  Zusammensetzungen  hat  es  darum  ganz  den 
sinn  des  einfachen  worles  asche  und  wechselt  damit. 

■  ASCHER,  wi.  salmo :  gründling,  ascher,  barben,  Schmerlen. 
Brockes  1,  308.    s.  äschling. 

ASCHERBRÖDEL,  was  aschenbrödel,  s.  abersei.  Frisch  38' 
hat  ascherlegelein,  ascherprudel,  focarius. 

ÄSCHERER,  m.  der  aschenbrenner. 

ASCHERFARBIG,  cinereus,  was  aschfarbig,  aschenfarbig. 
mhd.  askervare.  Diemer  60,  3 ;  ein  schwarz,  braun,  lebcrfarb, 
graw  ascherfarb  erz.  Mathesius  63*.  Wolfram  sagt:  nach 
aschen  var.    Parz.  184,  2. 

ÄSCHERFASZ,  n.  lohgerbern  das  fasz,  welches  auch  blast 
ascher  genannt  wird. 

ÄSCHERICH,  m.  wiederum  gleichbedeutend  mit  äscher.  Stal- 
der 1,  114 :  es  ist  in  diser  weit  kein  lauge  oder  ascherich  so 
scharpf,  das  uns  von  Sünden  rein  machen  könne.  Mathe- 
sius 120'.  der  heutige,  nicht  unseltne  eigenname  Ascherich, 
Escherich  wird  aber  anderswoher  zu  deuten  sein  und  die  Wur- 
zel asch  fraxinus  in  sicli  enthalten. 

ASCHERICHT,  m.  was  das  vorige:  niter  und  borras,  daraus 
Ächarpfe  wassor  und  aschcricht  gössen  werden.  Mathesius 
120' ;  lauge  oder  aschricht.  121'. 

ÄSCHERIG,  cinereus,  cinere  conspersus:  ob  ein  Egipler 
dem  leben  Urlaub  gibt,  klagen  alle  freund  mit  äscherigem 
haupt.  F'ranr  wellb.  u' ;  schlugen  sie  mit  einem  äschcrigen 
sack.    51".     einige  schreiben  auch  äscliericht. 

ASCHERKLEH),  n.  vcstis  cinerea:  von  der  priester  kleid, 
bar,  schurb,  bann,  busz,  asclierkJeid.    Frank  chron.  358'. 

ASCHEKKUC'HEN,  Hl.  was  aschenkiichen :  wie  ein  vcrbran- 
ter  und  dcrgcszner  ascherkuchen.  Mathesius  157'.  mhd.  ascher- 
kuochelln.    Haupt  8,  225. 

ASCHERLEGELEIN,  ».  ascherbrödel. 


5S5      ASCIIERMITTWOCHE— ASCHLAUCH 


ASCHJ.EIFIG— ASETZE 


586 


ASCIIEKMITTWOCHE,  der  unter  dem  tcort  asche  schon  ge- 
schilderte dies  cinerum.  hier  geht  die  r  form  durch,  und  man 
sagt  nie  aschenniittwoch.  davon  lis  Taulerum  senn.  auf  den 
äscherigen  mitwoch.  Fraxk  parad.  165\  poln.  popielec,  bühm. 
popelec,  franz.  jour  des  cendres  benites,  engl,  ashwednesday, 
tn  tcelchem  wort  der  alte  Wodan  sogar  asche  auf  sein  haupt 
nehmen  musz. 

so  sei  die  zeit  in  fröhlichkeit  verthan, 
und  ganz  erwünscht  kommt  aschermittwoch  an. 
GöTHE  12,  270. 

ÄSCHEfUV,  cinere  lavare,  macerare,  purgare:  das  gespon- 
nene garn  äschern  und  gefrieren  lassen.  IIohberg  1,  lOS' ; 
dann  das  blei  auch  mit  salz  soll  calciniert  und  geäschert 
werden  und  nachmals  mit  einem  eisen  gerüret.  Paracelscs 
1,  S94";  äschern,  cinere  aspergere: 

der  tod  will  den  gebrauch  der  fastnachtzeit-  behalten, 
er  äschert  unser  haupt  mit  moder  aus  der  gruft. 

GÜIHTBER  613. 

tgl.  abäschem,  abeschem,  einäschern  incinerare,  macerare, 
Teräschern,  wobei  bald  die  Vorstellung  des  bloszen  arbeitens, 
steciens  in  staub  und  asche,  bald  des  legens  in  asche,  bald 
des  waschens  und  beizens  vorwaltet:  wenn  ich  so  in  den  ofen 
blase  und  mich  abäschere.  Tieck  3,  276. 

ÄSCHEROFEN,  m. 

ÄSCHERRADE,  /".  ausgelaugte  asche,  äscher,  äscherich: 
nimm  eberwurz,  kreuzkraut,  freudicht  und  ascherrade,  diese 
drei  kräuter  lasse  man'  wol  sieden  und  thue  sie  samt  der 
ascherrade  den  Schweinen  in  den  trog.   Hohberg  3,  263*. 

ASCHERSATZ,  m.  was  das  vorige. 

ASCHERSCHRIMPF,  m.  palpebrarum  asperilas,  palpitatio: 
das  beiszen,  jucken  und  krimraen  der  angen  nennet  der  ge- 
meine man  den  augenschrimpf  und  die  gelerten  roäxcoua, 
aspretudinem.  und  vermeinen  dieselbigen  leute,  wenn  sie  ge- 
hen über  einen  ort,  dahin  man  einen  ascher,  danon  lauge 
gemacht  ist,  hat  ausgeschüttet,  so  sei  es  desselben  schuld 
und  ursach.  Bartiscu  augendienst  108.  s.  schrimpf  und 
schrimpfen,  rimpfen,  zucken. 

ASCHERSTaS'GE,  /■.  deren  sich  die  gerber  beim  äschern  be- 
dienen. 

ÄSCHERl'NG,  /".  der  gebein  mortification  ist  die  calcination 
und  äscherung.  Paracelsüs  1,  895'. 

ÄSCHERTUCH,  n.  das  beim  beuchen  der  wasche  über  sie 
gebreitete  grosze,  grobe  tuch,  worauf  der  äscherich  sich  be- 
findet. 

ASCHERWELLIG,  es  musz  aber  stahel  und  eisen  wol  und 
recht  an  einander  geweit  oder  geschweiszt  sein,  das  es  kein 
bruch  oder  schifer  behalte  und  nicht  aschenvellig  werde. 
Mathesics  79". 

ASCHEVOLL,  cinere  plenus: 

ihr  haupt  ist  aschevoll,  wenns  in  den  Schlummer 
des  todes  sinkt.  Klopst.  10,  111. 

ASCHFAHL,  pallidus,  fuscus. 
ASCH  FARBE,  f  color  cinereus. 
ASCHFARBIG,  colore  fusco.  mhd.  aschvar,  aschervar: 
ein  schwarze  thür 
und  aschfarbe  bender  dran.    Atrer  fastn.  sp.  77*. 

ASCHGESICHT,  n.  facies  pallida: 

und  aschgesicht  und  schwindelnd  hirn?    Voss  6,  108. 

ASCHGRAU,  die  vier  lagen  des  winkelmannschen  Steines 
sind  in  ihrer  folge  schwarzbraun,  braungelb,  weisz  und  asch- 
grau. Lessing  8,  171 ;  aschgrauer  staub.  Göthe  28,  29 ;  asch- 
graue dämmerung,  vor  den  äugen  steht  mir  alles  aschgrau; 
das  gebt  ja  ins  aschgraue,  in  graue  ferne,  über  den  horizont 
hinaus,    nnl.  aschgrauw. 

ASCHGRUBE,  f  aschengrube. 

ASCHHUHN,  n.  rallus  aquaticus. 

ÄSCHIG,  cinereus,  nnl.  aschig:  aber  mit  dem  äschigen 
grund  isis  böser  {als  mit  dem  sandigen).  Sebiz  24 ;  der  äschi- 
gen, güldenen,  fewrigen  sonnen  staubechte  kinder.  F'ischabt 
groszm.  77; 

(berg),  der  sein  aichiges  haubt  in  den  eigenen  dampr  verbirgt. 

PtATRM  120. 

ASCHKERN,  aschdberreste  vom  treibherd,  mit  silberhaltigem 
hlei. 

ASCHKNECHT,  m.  der  arbeiler  beim  treibherd. 

ASCHKRAHER,  m.  eorvus  comis. 

ASCHKRAUT,  n.  senecio  jaeobaea. 

ASCHLAUCH,   n.   allium  aseaioitiiHH.    schon  ahd.  Giurr  2, 


143.  im  ersten  theil  also  fremd,  und  weder  zu  asch  noch 
asche  gehörig,  oft  in  den  alten  kochbüchern :  salsen  von 
aschlauch;  weiche  brot  in  wein  und  stosz  den  aschlauch  in 
demselben. 

ASCHLEIFIG,  s.  aslaipfig. 
ASCHLERCHE,  f  alauda  cinerea. 

ÄSCHLING,  m.  salmo  thymallus,  in  Schjielzls  lobspruch  92 
geschrieben  eschling ;  dieser  fisch,  wann  er  gar  klein  ist,  wird 
von  den  fischern  spränzling,  wann  er  spännig  wird,  mailing, 
wann  er  etwas  mehr  sich  erstrecket  äschling,  endlich  aber 
äsche  genennet.     Hohberg  2,  519".    s.  asch. 

ÄSCHLÖSLEIN,  n.  sorbus  silvestris,  woßr  oben  äschrös- 
lein,  mit  bemerkenswerthem  Wechsel  des  r  und  1:  de  succis 
fructuum  sorbilium,  von  saft  der  frucht  des  äschlöszlinbaums. 
Thürneisser  magn.  alch.  2,  1S6  kaum  ein  druckfehler. 

ASCHMANN,  m.  scheint  mhd.  die  einfache  benennung  des 
aschenbrüdels : 

des  nahtes  wart  er  geleit 

wider  sin  gewonheit 

in  ein  so  armej  hiuselin, 

da;  e;  niht  armer  mohte  sin, 

da;  was  zevalien,  äne  dach. 

man  schuof  dem  fürsten  solch  gemacb, 

da;  vil  gar  unmapre 

sinem  aschman  waere.    Greg.  2S66, 

seinem  niedrigsten  küchenknecht.  denn  ans  ahd.  ascoman  Schiffer, 
Seemann,  Seeräuber  ist  hier  doch  nicht  zu  denken,  weisth.  1,  56 
imj.  1572  tritt  ein  Hans  Aschman  auf,  es  könnte  auch  einen 
aschenhändler ,  böhm.  popelär  bedeuten,  wie  apfelmann  ein 
apfelhändler  ist.  nnl.  heiszl  aschman,  bei  uns  aschenmann 
einer    der  die  asche  in  den  häusem  abholt. 

ASCHMEISE,  f.  parus  palustris,  böhm.  popelnjk,  von  ihrem 
grauen  gefieder. 

ASCHMESSER,  tn.,  hüttenarbeiter  ßr  den  aschenvorral. 

ASCHNITZ,  nach  Nemnich  eine  benennung  der  alchemilla 
vulgaris,  wahrscheinlich  ein  entstelltes  wort. 

ASCHOFEN,  m. 

ÄSCHSCH.MALZ,  n.  fett  des  fisches  asch?  gänsescbmalz, 
äschschmalz,  hasenschmalz.    Pimer  pferdesch.  SSO. 

ASCHTAG,  m.  dies  cinerum,  nnl.  aschdag.  s.  aschermitt- 
woche. 

ÄSEN,  gleichviel  mit  aasen,  vom  weiden  und  fressen  gra- 
sender thiere,  zumal  der  hirsche:  wo  der  hirsch  äset,  da 
lauert  auch  der  woIf;  wann  wir  den  Jägern  und  forstknech- 
ten glauben  wollen,  so  soll  der  hirsche  und  rothen  wildprets 
äsen  in  den  saaten  und  feldern  nicht  sonderlich  schädlich 
fallen.    Hohberg  2,  50'; 

ho  ho  ho,  mein  lieber  weidmann, 
was  hat  der  edle  hirsch  heut  zu  Felde  gethan? 
jo  ho  ho,  mein  lieber  weidmann, 
das  will  ich  dir  bald  sagen  an  : 
er  hat  geäset  den  haber  und  das  körn, 
das  bat  erweckt  den  bauern  manch  groszen  zorn. 
weidspr.  199. 

ÄSER,  m.  loculus,  erumena,  pera :  des  burgers  eser,  mit 
siden  genejet  und  edelstein  darin  gewurket  ...  er  wollen  im 
gern  geben  oder  einen  andern  eser,  der  vil  beszer  wäre.  Clo- 
sexer  40 ;  da  gap  ich  mim  herrn  vier  albus  in  sinen  eser. 
a.  1431.  Oberli>  358.  aus  dem  vocab.  von  1445  hat  Scumel- 
ler  1,  116  aser  und  einem  den  aser  antuen,  ihn  belästigen. 
Stai.der  1,  113  schreibt  aser,  aaser,  oser,  Pictorics  l"  aaser, 
darin  man  ässigs  gehalt,  lineus  fiscus ;  schuloser,  worin  sich 
die  kinder  speise  mit  in  die  schule  nehmen;  aser  weidtasche, 
speisesack  der  jdger,  schleckerbiszlin  aus  seinem  weidöser 
werfen,  weidw.  buch  69';  jetzt  auch  blosz  tasche  in  den  kleidem; 
besehent  dem  worle  Petri  den  aser  basz,  er  treit  etwas  an- 
ders, denn  ir  meinent.   Zwingli  1,  444. 

ÄSERLEIN,  n.  diminutiv  des  vorigen: 

künt  sie  da  aber  freuntlich  mit  mir  leben, 
ich  künt  ir  wol  eins  ins  cserlein  geben. 
fastn.  Kp.  772,  11; 

do  stund  ich  uf,  nam  usz  mim  äserlin  ein  stücklin  brot  und 
asz.  Tno.  Plater  65.  beide  Wörter,  aser  und  äserlein  sind  auf  äs 
esca,  cibus  zurückzufüliren  {vgl.  ags.  metebealg,  metefdtels, 
jcAif .  matsäck,  ddn.  madepose) ;  doch  hat  sich  ein  ahd.  4sari, 
mhd.  aser  bisher  nicht  dargeboten. 

ÄSERN,  osem,  tm  freien  das  jägermahl  halten,  aus  der 
weidlasche  zehren.    Staldeb  1, 113. 

ASETZE,  vacuus,  non  occupatus,  mhd.  äsae^e :  und  vnrt  ein 
hof  hie  asezze  (mansus  absus),  das  in  einer  wil  verkoufen 
ande  einen  andern  gewinnen,  weisth,  1,  «71 ;  Asetze  stdn,  un- 


587 


ÄSIG— ASSEL 


ASSORTIEREN— AST 


588 


besetzt.  Schöpflin  Als.  dipl.  2,  345 ;  ist  ouch  dehein  schöffel 
osetze  da,  den  sol  der  herre  do  setzen  an  die  stat,  do  er 
billicli  sitzen  sol.  weislh.  1,  700  das  worl  erscheint  hier  blosz 
im  Elsasz  und  noch  vor  dem  nhd.  Zeitraum. 

ÄSIG,  edax,  cibi  appetens,  esculentus,  sapidus :  der  mensch 
ist  äsig,  hat  guten  appctit;  wo  fehlts,  dasz  du  so  unäsig 
bist?  so  wenig  issest;  äsiges,  schmackhaßes  brot,  unäsiges, 
verdorbenes;  er  hat  viel  äsiges,  äsige  mittel,  lebensmittel. 
Stald.  1, 113.  ToBLER  29'.  7nehr  schweizerisch  und  schwäbisch, 
als  hochdeutsch,  doch  schreibt  Fischart:  da  war  ein  wilder 
mönch,  ein  waldbien,  ein  bruder  Claus  in  der  clausen,  aber 
ein  äsiger,  doch  kein  heuschreckenäsiger,  sonder  honigfräsi- 
ger.    Garg.  225; 

die  Schafe  sollen  salz  lecken : 

es  hält  sie  äsig  und  gesund.    H.  Sachs  1,  87'. 

besser  vielleicht  zu  schreiben  äszig  wie  fräszig,  obschon  as  und 
asz  schwanken,    s.  äszig. 

ASLAIPFIG,  desolatus :  das  die  guter  nicht  öd  noch  aslai- 
pfig  werden,  in  einer  Tiroler  öfnung  (weisth.  3,  735) ;  die  heu- 
lige form  würde  aschleifig,  die  mhd.  äsleilic  fordern.  Schmel- 
LER  3,  435  hat:  ein  landgut  abschleifen  abnutzen,  und  man 
darf  aschleifig  aus  abschleifig  erklären,  wiewol  auch  das  ahd. 
mhd.  a-  darin  fortdauern  kann,  übrigens  ein  kraßvoller,  be- 
zeichnender ausdruck. 

ASLE,  s.  assel. 

ASPARGES,  asparagus,  spargel,  noch  bei  Olearius  pers. 
reiseb.  3,  2  und  sonst  in  ISiederdeutschland,  franz.  asperge, 
nnl.  aspersie  (dreisilbig),  dän.  asparges,  engl,  spcrage  und  gar 
sparrowgrass. 

ASPE,  f.  populus  tremula,  espe.  ahd.  aspa  (Graff  1,  491), 
altn.  espi  n.,  ags.  äspe,  engl,  asp : 

der  mund  ist  blasz  wie  blei,  wie  aspen  ihre  leiber. 

Fleming; 
zwischen  schwarz-  und  weiszdorn,  asp  und  schieben. 
Brockes  6,  49 ; 

du  zitterest  wie  ein  aspenlaub.  Spangenb.  lustg.  443,  man 
sagt  auch  zitterespe,  flatterespe,  beberesche.  der  würzet  nach 
können  sich  aspe  und  asch  berühren,  sk  mit  sp  verlauschend, 
wofür  spricht,  dasz  das  volk  in  manchen  gegenden  esche  für 
espe  und  flitteresche,  zitteresche  sagt. 
ASPERLEIN,  n.  eine  türkische  münze: 

ein  guete  peut  sie  darvon  brachtn, 
ducateo,  taier,  asperlein.    Schmelzl  «ug  7'; 
setz  dir  ein  äsperl  an  drei  burger.    Saul  26'. 

ASS,  unio.   s.  as. 

ASSACH,  n.  hölzernes  gerdth  und  gefäsz ,  für  aschach, 
s.  oben  asch.  wie  von  alter  her  nicht  komen,  von  stueln, 
penken,  reitern  etc.  und  dergleichen  klain  assach  mawt  zu 
geben.  Chmel  Maximil.  s.  370 ;  item  welcher  perggenosz  sein 
assach  oder  pitting  [hülte)  in  dem  lesen  in  dem  perg  läszt, 
das  soll  im  niemand  on  willen  sein  weg  fueren  noch  tragen. 
weisth.  3,  709;  welcher  ainem  wirt  oder  aim  andern  frumen 
man  seine  assech,  gläser  oder  schliem  fräflich  zewurf.  Kal- 
tenbäck  1,  5';  so  sol  man  im  das  perkrecht  in  ain  schons 
assach,  das  ainen  poden  hab,  gieszen  . . .  wirdet  denn  das 
assach  verlorn  oder  unibkert,  so  ist  man  dem  pergherren 
furbas  darum  nichts  mer  schuldig.  150*.  160" ;  item,  wer  einem 
sein  assach,  es  sei  potigen,  tretschaf,  putten,  underselz, 
muelter  nimpt  an  sein  willen.  156';  wer  zu  ainem  wein  mit 
ainer  kandl  oder  anderm  assach  wirft.    174'.  18l'.  190*  u.  s.  w. 

ASSEL,  m.  oviaxos,  asellus,  multipes,  kelleresel,  bei  Al- 
BERüs  die  assel  oder  esselwurm;  man  nimmt  der  asseln 
imillepedum),  so  viel  man  will.  Hohberg  1,  253';  engering, 
haarwürme,  assel  und  anders  ungezifer.  1,  637'.  H.  Sachs, 
alle  krankheiten  aufführend,  sagt 

der  aszl  und  wurm  bleib  nit  dahinden.    1,  456', 

indem  man  wol  ein  übel  mit  diesetn  insect  in  Verbindung 
brachte.  Nemnich  unter  oniscus  asellus  gibt  auch  die  formen 
ossel,  atzel,  nassel  an.     bair.  asti,  nasti  (Schm.  1, 124). 

ASSEL,  f  tignum,  trabs,  unmittelbar  mit  uns  und  anshaum, 
altn.  äs  verwandt:  rnsz,  so  an  den  sciiindlen,  sirouw  oder 
aszlcn  unter  den  decbern  in  den  bauwrenheuscrn  durch  lange 
zeit  sich  anhangt.  Thurneisskr  magn.  alch.  54.  andere  spra- 
chen für  aslen  wol  asncn,  und  das  von  Stai.b.  1,  114  aufgc- 
leichnete  asni,  aszni  f,  rauchfang  der  alphütte,  gebälk  zum 
räuchern  des  fleischet  in  der  küche   scheint  umgestelltes   ansi, 


wie  noch  dadurch  bestätigt  wird,  dasz  im  Berner  oberland 
asnibaum  =  bair.  ansbaum,  ensbaum  gilt,  asle  oder  assel 
konnte  leicht  hervorgehen  aus  asne  (vgl.  goth.  asilus,  lat. 
asinus). 

ASSORTIEREN  ist  wie  sortieren  und  sorte  jetzt  eingebür- 
gert, ein  altdeutsches  ohr  würde  durch  den  bloszen  klang  die  ■ 
ser  Wörter  beleidigt  worden  sein,  an  allen  ecken  liest  man 
heute:  wolassortiertes  cigarrenlager,  das  fremde  steht  minde- 
stens vornen  und  hinten  noch  deutsch  eingefaszt.  wenn  ich 
sie  aber  zusammen  sehe,  kann  ich  sie  nicht  für  ein  wol 
assortiertes  paar  halten.    Göthe  21, 147. 

AST,  m.  ramus,  goth.  asts  pl.  astos,  ahd.  ast  pl.  esti,  mhd. 
ast  pl.  este,  nhd.  pl.  äste,  denn  keine  nachahmung  verdienen 
Flemings 

halbbegrünte  äster.    149. 

allen  übrigen  deutschen  sprachen  geht  in  dieser  reinen  gestalt 
das  wort  ab,  weder  ist  es  alts.  noch  nd.  nt.  fries.  oder  nor- 
disch, denn  das  bei  Biörn  aufgeführte  iastr  ramus,  wenn  es 
sich  wirklich  in  alten  denkmdlern  findet,  bildet  den  gen.  iastrs 
und  sein  ia  würde  gothischem  i,  ahd  e  entsprechen,  wie  das 
norwegische  ister  salix  (Aasen  197')  bestätigt,  das  ags.  ost 
bedeutet  aber  nodus,  nd.  ost,  oest,  was  freilich  im  sinne 
von  OS  arboris,  rami  pars  latens  dem  ast  nahe  tritt,  beide 
Verwandtschaften  zugestanden  liesze  sich  auf  eine  würzet  istan 
ast  ustan  cresccre,  germinare  (unterschieden  von  der  bei  art 
vermuteten  izdan  azd  uzdun?)  rathen,  .aus  welcher  alle  diese 
Wörter  entsprössen,  altn.  äs  trabs  heranzuziehen,  mahnt  das 
goth.  ans  ab,  denn  kaum  stände  asts  für  ansts,  obschon  ge- 
rade ansts  ;^a()ts  altn.  äst  lautet,  o^og  aber,  wenn  aus  oaroe 
hervorgegangen,  stimmte  zu  asts;  man  hat  oaxoe,  coaxos  zu 
erwägen,  doch  die  wurzel  vahsan,  so  geeignet  ihr  sinn  wäre, 
erreicht  unser  ast  nicht. 

Wie  nun  dem  stamm  der  ast,  entwächst  dem  aste  der  zweig, 
erst  dem  zweige  das  laub,  obwol  sich  sagen  läszt  ein  belaub- 
ter ast,  stamm,  bäum,  da  dem  gröszeren  alle  kleinen  theile 
sich  aneignen,  ast  ist  der  aus  dem  holz  vorbrechendc  wuchs, 
ast  stärker  und  dicker,  zweig  schmäler,  dünner;  ast  kann  durch 
ramus,  o^os,  zweig  durch  surculus,  xXäSos  (golh.  hlauts,  ahd. 
hlo;)  übertragen  werden,  oben  wurde  arm  gehalten  zu  ramus, 
die  äste  dürfen  arme,  die  zweige  finger  heiszen,  Hesiod  nannte 
die  hand  na'vro^ov,  fünfast.  doch  Ulfilas  verdeutscht  xkäSoe 
immer  mit  asts,  wie  auch  die  vulg.  ramus  bietet,  o^os  kommt 
nicht  vor;  selbst  das  orißaSas  exonrov  (lat.  honies,  ramos) 
Marc.  11,  8  wird  gegeben  astans  maimaitun,  ahd.  aber  hiewun 
zwig.  T.  116,  4,  und  a/<s.  streidun  mid  bömo  tögun.  Hei.  m,  20. 

dir  zollt  der  ast,  lautet  es,  mir  nur  der  zweig; 
du  bist  eines  weitausgebreiteten  astes  jüngster  zweig;  wie  ein 
verlassen  ast  und  zweig.  Es.  17,  9j  behieng  an  eim  vei-wirr- 
ten,  kraspeligen  ast.  Garg.  25l';  am  fürstlichen  hofe  wurde 
Prinzessin  Sophronie  als  mündel  erzogen,  sie  der  letzte  zweig 
ihres  astes.  Göthe  23,  137;  dasz  der  orangebaum  sich  bald 
über  der  wurzel  in  zweige  trennt,  die  mit  der  zeit  zu  ent- 
schiedenen ästen  werden.    28,  201. 

Fruchttragende  unterscheidet  man  von  falschen  ästen,  was- 
serästen, Wasserschossen,  unfruchtbaren  auswüchsen.  haupt- 
äste, holzäste  heiszen  die  stärkeren,  aus  denen  die  frucht- 
zweige entspringen.  Aber  auch  des  astes,  der  getrieben  hat, 
spur  im  holz,  im  geschnittnen  bret  führt  den  namen  ast  (s. 
astloch),  und  hier  erreicht  ast  jenes  ags.  osl,  den  harten  kno- 
ten und  knarren,  wofür  hin  und  wieder  noch  naSl,  knast  und 
knost  gesagt  wird,  im  laut  anschlagend  zugleich  an  quast 
laubbüschel,  queste  «nd  quist,  qvistr  ramus.  wie  nest  und 
nidus,  könnten  also  nast,  ost  und  nodus  sich  genau  berüh- 
ren, alst  für  ast  wurde  oben  262  angeführt.  Spee  und  andere 
verwenden  die  form  nast  auch  für  den  lebendigen,  belaubten  ast: 

die  bäum  und  nest  bereichen  sicli  mit  schatten; 

da  sauset  auch  so  mancher  nast; 

girren  und  brechen  der  äste.    Göthe  im  Foiwt; 

ganz  wie  altn.  iastr  strepitus  foliorum  et  ramorum,  iaslra 
slrepere,  rauschen  und  sausen  meint,  astiges,  knotiges  holz 
ist  schwer  zu  spalten  und  fordert  den  keil :  auf  harten  ast 
gehört  ein  harter  keil,  von  einem  verwundeten,  regungslosen 
heiszt  es:  er  blieb  sitzen  wie  ein  ast.  Felscnb.  4,  83.  er  hat 
einen  ast,  auswuchs,  buckel;  sich  einen  ast,  buckel  lachen. 

Figürliche  anwendung  erfahren  ast  und  zweig  auf  altes  was 
sich  in  spitzen  und  ecken  lersprcitet,  auf  geschlcchler  der  men- 
schen, thiere,  auf  das  gefleckt  der  adem,  die  zacken  des  homs, 


589 


AST  — ASTLOCH 


ASTLÜCKE  — ATHAM 


590 


auf  ilrüme  und  flösse :  in  einer  heiteren  fläche,  von  der  Maas 
in  mehreren  ästen  durchströmt.    Göthe  30,  30. 

nach  esten  faren.  fastn.  sp.  565,  31  bedeutet  zu  «aide  fahren 
und  reisig  holen,      auf  dem  ast  sitzen,  im  freien,  ohne  haus. 

AST,  »71.  cultura,  vom  vorangehenden  ast  in  der  bedeulung 
abstehend  und  vielleicht  doch  damit  zu  vereinigen,  da  der  ast 
spriesil  und  treibt  wie  die  frucht  des  bodens.     schon  mhd. 

dem  walt  und  gerilde 
ast  und  bonr  ist  undeHän. 

kindh.  Jesu  bei  Hahs  79,  6. 

(den  grund)  in  wesentlichem,  guten  ast  erhalten.  Erbacher 
landrecht  s.  97. 100.  dasz  hier  keine  Schreibfehler  ßr  art  wal- 
ten, Ihun  die  häufigeren  belege  hernach  unter  asten  dar,  ober- 
flächlich würde  art  oratio,  folglich  cultura  allerdings  passen, 
wir  ermittelten  jedoch  ßr  art  natura,  indoles  oben  ein  goth. 
azds,  folglich  ahd.  ast  =  art,  und  es  bedarf  nur  weiterer  Ver- 
ständigung, um  die  dort  und  eben  bei  ast  ramus  vorgeschlag- 
nen vcrschollnen  wurzeln  izdan  und  istan  zusammenrinnen  zu 
lassen,  denn  die  ihnen  zuerkannten  bedeutungen  von  gignere, 
generare  und  crescere,  germinare  vertragen  sich  sichtbar  und 
das  skr.  Tridh  crescere  wäre  dabei  kaum  zu  umgehn,  Übergänge 
in  ardh  ergäben  sich  von  selbst,  höchst  beachtenswerth  er- 
scheint in  der  angezognen  stelle  die  Verknüpfung  von  ast  und 
bau,  weil  auch  ast  ramus  und  bäum  arbor  zusammenstehn 
und  bäum  ton  bauen  abieitel. 

ASTBLÄTT,  n.  rameum  folium. 

ÄSTCHEN,  n.  ramulus,  ramusculus,  ästlein. 

ASTELN,  franz.  ramifier:  geästelet  und  geschärtelet  auf 
alle  eck,  wie  die  ähern  am  körn.    Garg.  146'. 

ASTEN,  colere,  in  wetterauischen  weisthümern :  wer  sein 
gut  nicht  ast  oder  buwet.  3,  372.  393 ;  der  sein  gut  estet  und 
bauet.  3, 413 ;  solche  guter  asten  und  bawen.  3,  456 ;  einen 
hof  asten  und  under  banden  han.  3,  494;  guter  die  er  nit 
selber  astet  oder  buwet.  3,  495.  einmal  ist  gesetzt:  buwet 
und  eret.  3,  452.  hof  zu  Elma,  den  itzunt  Clas  Kaihart  ast 
und  bewet.  urk.  von  1472  in  Brammerell  laszgüter.  Hanau 
1790.   2,  95. 

ÄSTEN,  propagari,  äste  treiben,  gewinnen,  mhd.  esten,  sich 
ästen,  propagare  se:  ein  tüchtiger  meister  weckt  brave  Schü- 
ler und  ihre  thätigkeit  ästet  wieder  ins  unendliche.  Göthe 
37,  51 ;  der  alte  stamm  ästet  sich  zu  einem  ungeheuren  nar- 
renbaume.  36,  136;  wie  ein  hirsch,  der  ohne  rücksicht  des 
territoriums  sich  ästet,  denk  ich,  musz  auch  der  mineraloge 
sein.    Göthe  bei  Merck  1,  267. 

ASTER,  m.  und  f  Sternblume,  von  astern  kränze  drehen. 
GöKiNCK  1, 180.    asterblume.  Göthe  17,  410. 

ASTHAKEN,  m.  uncus  rami.    Garg.  252*. 

ASTIG,  ramosus,  nodosus:  krumm  und  ästig  holz,  buch 
der  weish.  13,  13 ; 

wie  dem  meerpolypen 
häufige  kiesel  die  ästigen  g'lieder  umhangen. 
Voss  Od.  5,  433  ; 
in  euer  {der  vögel)  ästig  Sommerhaus.    Plate!»  19; 
um  schlanke  päppeln  oder  um  ästige  maulbeerbäume.    Stol- 
berg 8,  129;   ästige,   knorrige  dielen  (nrf,  ostige,  nastige  de- 
len). 

ASTKNORRE,  m.  im  holt  sitzende  astwurzel. 

ASTKRAHE,  f  eorvus  comix,  enlslelU  entweder  aus  asch- 
krähe, oder  aster,  agiasterkrähe. 

ASTKREUZ,  n.  heraldisch,  ein  kreuz  mit  auswüchsen,  ästen, 
franz.  croix  clavel^e. 

ASTLEER,  ohne  äste. 

ASTLEIN,  fi.  ramusculus,  dslchen. 

ASTLING,  ffl.  junger  vogel,  der  schon  von  ast  zu  aste  fliegt, 
zumal  junger  sperber  und  habicht,  engl,  brancher.  es  ist  je- 
doch schwer  zu  sagen,  wie  die  begriffe  ästling,  näslling  und 
neslling  {nidasius)  hier  in  einander  greifen.  Sebiz  s.  606  un- 
terscheidet eslling  und  nistling :  die  estling  sein  die  von  einem 
ast  auf  den  andern  fliegen  und  begerea  nil  hinweg  zu  kom- 
men,  s.  nestling,  nistling. 

ASTLOCH,  n.  foramen  nodi  exemti  in  asseribus:  die  sonne 
scheint  durch  ein  aslloch  ins  dunkle  breterhaus;  wenn  du 
aus  jedem  astloch  ein  äuge  stecktest.    Schiller  181; 

sieh  plötzlich  flauen  ein  täubrhen 
aus  einem  astiocli  empor,  mit  wandelbarem  irefleder. 
Chr.  Ew.  v.  Kleist  (1765)  22«; 

er  machte  seinem  offenherzigen  reisegefährten  nicht  eine  fuge 
oder  ein  astloch  in  das  Tcrhältnis  mit  ihnen  auf.  J.  Paol. 


ASTLCCKE,  f  dasselbe :  in  den  bretern  des  verschlags  eine 
astlücke.    Göthe  30,  220. 

ASTLOS,  der  äste  beraubt. 

AST.MAL,  n.  knorre  im  bret.    Claus  narr.  1592.  s.  458. 

AST.MOS,  n.   hypnum. 

ASTNARBE,  f,  durch  abbrechen  des  astes  im  stamm  ver- 
ursacht. 

ASTRENZ,  f.  astrantia:  meisterwurz,  kaiserwurz,  magistrat 
und  astrenz.  Hohberg  3,  456'.  das  ahd.  astrenza  wird  bei 
Graff  1,  503  ßr  aristolochia  angegeben,  welche  aber  Osterlu- 
zei heiszt. 

ASTSTüMPF,  ni.  asthaken :  henkt  ihn  an  einen  aststum- 
pen.    Hebel  schatzk.  201. 

ÄSTUNG,  f.  extensio  ramorum :  engstehende  menschen  und 
bäume  haben  zwar  einen  schlankem  stangenschusz,  aber  keine 
Wetterfestigkeit,  keine  so  reiche  kröne  und  ästung,  wie  frei- 
stehende.   J.  Pacl  Tit.  1,  154. 

ASTAOLL. 

ASTWERK,  n.  complexus  ramorum:  der  bäum  hat  ein 
prächtiges  astwerk. 

ASTWURZEL,  f.  radix  rami,  die  stelle  im  holz,  wo  der 
äst  ansetzt. 

ASZ,  ablaut  von  essen,  mit  langgedehntem  a,  wie  vielleicht 
schon  golh.  et,  ahd.  mhd.  ag,  altn.  ät;  schw.  ät,  dän.  aad. 

ASZ,  n.  esca,  cibus,  cadaver,  mhd.  äg  (Ben.  1,  700):  und 
soln  mit  in  bringen  ir  brot  und  asz.  weisth.  3,  541;  eichein 
der  sew  asz,  und  bucheckern.  Frank  spr.  1, 130* ;  ebenso  hund- 
asz,  futter  ßr  die  hunde,  mhd.  huntä;;  baldrianwurzel  zu 
pulver  gestoszen  und  mit  semelmehl  ein  pappen  oder  asz 
darausz  gemacht,  tödtet  ratten.  Tabernaemont.  568.  dann  aber 
ßr  cadaver,  gewöhnlich  aas  geschrieben. 

du  schelmiges  asz.    fastn.  sp.  255,  13; 

und  das  gevogel  fiel  auf  die  asz,  aber  Abram  scheuchet  sie 
davon.  1  Mos.  15,  11 ;  feilet  ein  ochs  oder  esel  hinein  (in  die 
gruben)  ...  das  asz  aber  sol  sein  sein.  2  Mos.  21,  34 ;  so  sei 
er  einen  ochsen  vergelten  und  das  asz  haben.  21,  36;  die 
Juden  hatten  eckel  an  den  beiden  umb  irer  götzenopfer  und 
blut  und  asz  essen  und  hurerei.  Luther  3,  520 ;  ein  eheweib, 
die  für  und  für  krank  und  siech  ist,  und  sie  nur  ein  leben- 
dig asz  ist,  als  were  sie  todt.  tischr.  317*;  ein  todt  asz  von 
einem  jungen  kinde.  329';  Rom  ist  wie  ein  todt  asz  gegen 
deii  vorigen  gebewden.  434'.    vgl.  atz. 

ÄSZE,  vcscus,  eszbar,  ahd.  äji,  mhd.  aeje:  äszes  brot,  pa- 
nis  grali  saporis ;  äszes  fleisch,  caro  vesca.  Steinbach  1,356. 
im  heuligen  Schlesien  geht  das  in  die  Vorstellung  von  schön 
und  angenehm  über:  äsze  semmel,  schmackhaße,  äszes  brot, 
weiszes  brot;  ein  äsze  gesiebt,  anmutiges. 

ASZEN,  praet.  pl.  von  essen,   goth.  ^tun,  ahd.  mhd.  4jen: 

drei  gäns  im  haberstro, 

sie  aszen  und  waren  fro.    Garg.  91". 

ÄSZIG,  cibi  appetens,  esculentus,  was  äsig:  ihr  wollet  mir 
verzeihen,  ob  icht  so  äszig  were,  als  es  sich  zimpt.  Pauli 
seh.  und  ernst  105*;  also  auch  von  dem  fleisch,  vom  trank 
und  anderer  speis,  äszigs  und  unäszigs,  guts,  reines,  böses 
und  wüstes.  Paracelscs  1,  792" ;  man  wird  desto  weniger  be- 
trogen, wann  man  das  vieh,  ob  es  gesund,  stark,  äszig,  wol- 
gestaltet,  milchreich  sei,  selbsten  kennet.  Hohherg  2,  274'. 

AT,  s.  heimat,  monat 

ATAUBE,  f 

der  taubenfalk  ein  teubin  sliesz, 
die  ataub  in  ein  läppen  hiesz,      ' 
darumb  sie  der  meiispeier  slach, 
die  hollaub  bald  ir  mummen  räch, 
wiewol  sie  ward  zu  lod  geschlagen, 
die  turteltaub  thet  traurig;  klagen. 

H.Sachs  1,426'; 
welche  tnuhenart  kann  unter  ataub,    ätöhe   gemeint   sein?  wie 
wenn  hier  noch  eine  spur  des  goth.  aliaks  columba  auftauchte? 
ätaube  ßr  ahachtüba,   wie  im  folgenden  wort  älum  ßr  aha- 
tum. 

ATHAM  [atam],  m.  Spiritus,  diese  volle,  dem  ahd.  ütam, 
ätum  nahstehende  wortgestalt,  hat  sich  bei  alemannischen  schrifl- 
slellcrn,  namentlich  bei  Keisersberc  und  Fischart  oß  erhal- 
ten :  dg  sie  kaum  zeit  haben  ir  zeit  ze  betten  und  den  atham 
zu  nemen  (a.  zu  schöpfen),  omeisz  23';  der  leuwe  ist  auch 
ein  heisz  thier,  sein  atham  stinket  auch,  geistl.  lewe  bl' ;  der 
heilig  geist  ist  erscbinen  in  dem  atham,  da  der  herr  sprach 
nach   seiner  urstende    zu    seinen  jungern    und    kücbet    in  ir 


591 


ATHEM 


ATHEM 


592 


antlit.  brösamlin  88" ;  das  ich  wider  atham  hol.  Garg.  33" ; 
bisz  das  er  wider  atham  holet,  lll";  bisz  der  atham  zu  kurz 
wird.  99';  seinen  heiligen  aliiam  wol  verbinet.  1C2';  atham- 
vcrkaufer.  189';  und  ihm  den  luft  verschlug  atham  zu  schöp- 
fen. 233';  erstickt  ohn  atham.  262';  ohn  hinder  sich  sehen 
und  atham  holen.  270';  der  (bechcr)  darf  so  starken  atham 
nicht.    91*.     von  dem  wort  selbst  gleich  unter  athem! 

ATHEM  [atem],  m.  Spiritus,  halitus,  ahd.  ätam,  alum  (Graff 
1, 155),  mhd.  atem  (Ben.  1,  66'),  alts.  äthom,  nnl.  adem,  ags. 
ffidm,  fries.  ethma,  adema,  omma  (Richth.  72l');  den  nordi- 
schen und  der  goth.  spräche  fremd,  jene  setzen  dafür  andi, 
ande,  aande  (wovon  oben  unter  ahnd),  diese  ahma.  ne- 
ben athem  hat  sich  aber  auch  in  der  schrißsprache  die  ur- 
sprünglich gleiche  form  ödem,  neben  dem  nl.  adem  ein  asem 
erhalten,  ödem  auf  der  ausspräche  von  adem  beruhend,  asem 
auf  der  zischenden  von  athem. 

Schwerer  ist  es  über  die  abslammung  des  worles  selbst  zu 
urtheilen.  Alle  sprachen  leiten  aus  den  sinnlichen  begriffen  des 
wehens,  hauchens,  blasens,  athmens,  da  die  seele  dein  men- 
schen eingeblasen  und  wieder  von  ihm  ausgeblasen  wird,  auch 
die  Vorstellung  des  geistes  und  der  seele  her.  vom  lat.  flare, 
halare,  spirare  bildet  sich  flatus,  halitus,  spiritus,  doch  nur 
das  letzte  wird  auf  den  animus  bezogen,  animus  und  anima 
selbst  fallen  zu  arjfit^und  dem  goth.  anan,  der  würzet  auch 
unseres  ahnden  wie  des  altn.  andi.  aus  nvslv  flieszt  nvev/ia, 
ursprünglich  hauch  und  luß,  dann  seele  und  lebcnsgeist.  seit 
durch  das  chrislenthum  die  abstraction  des  geistes  gehoben 
wurde,  gewann  selbst  dieses  neulrum  7tvev/ia  persönliche  kraß, 
das  goth.  ahma  geht  nun  zwar  auf  ahjan  cogitare  und  aha 
mens  zurück  {wie  manna  und  manniska  auf  man  memini),  im 
Untergrund  aber  musz  dennoch  ein  verbum  des  wehens  liegen, 
das  wieder  an  uT^fii  stöszt.  geist,  ags.  gast  entspringt  aus 
gisan,  goth.  geisan,  das  vermutlich  bedeutete  bullire,  spirare. 
nach  allen  diesen  analogien  aber  scheint  in  ätam,  atum,  des- 
sen ableitendes  m  dem  in  ahma  gleicht,  dessen  langer  vocal- 
anlaut  zusammenziehung  verrdth,  nichts  als  ahatum,  mit  dem 
sinn  von  flatus,  enthalten,  wobei  noch  das  gr.  azfiös  rauch 
und  dampf,  skr.  dtman  mens,  anima  in  betracht  kommen,  zu- 
gleich weisen  diese  letzten  formen,  dasz  das  ags.  aedm  der  laut- 
verschiebung  strenger  entspricht,  als  das  ahd.  atum,  wofür 
ädum,  folglich  ahadum  =  goth.  ahj)ms  oder  ahj)ums  stehn 
sollte. 

Eine  Zeitlang  schwankte  die  ahd.  kirche  zwischen  ätum  und 
geist  für  den  spiritus  sanctus,  bald  aber  waltete  letzteres 
vor,  und  schon  mhd.  erscheint  dtem  nie  mehr  in  dieser  ab- 
stracten  bedeutung.  um  so  mehr  darf  dem  nhd.  athem  insgemein 
nur  die  sinnliche  beigemessen  werden,  während  sie  umgekehrt  bei 
geist  erlosch,  ödem  für  athem  wurde  von  Luther  überall  in 
der  bibel  gesetzt  und  ist  dadurch  wie  unter  das  volk  auch  in  die 
höhere  dichtersprache  eingegangen;  doch  behält  allmälich  wie- 
der athem  die  oberhand.  gottes  lebendiger  ödem  durchdringt 
die  natur  lautet  poetisch;  einfacher  und  darum  besser  setzt 
man  athem,  denn  niemand  sagt  odmen  ßr  athmen  und  die 
beziehung  zwischen  athem  und  athmen  gienge  verloren. 

Es  heiszt  nun  tiefer  und  kurzer  athem,  leichter  und  schwe- 
rer; starker  und  schwacher;  freier,  gehemmter,  beklommener; 
frischer,  warmer,  süszer,  balsamischer  athem: 

lieber  Weidmann  sag  mir  fein, 

was  geht  vor  dem  adeln  hirsch  gen  holz  hinein? 

sein  warmer  athem  fein, 

gehet  vor  dem  edlen  hirsch  gen  holz  hinein. 
weidxpr.  65; 

ihr  süszer  athem  könnte  einen  kranken  heilen;  der  athem 
(and.  ausg.  atham)  war  recht  balsamkräftig.  Garj.  76';  im  ge- 
gensatz,  ein  stinkender,  fauler,  verpesteter,  giftiger,  unerträg- 
licher athem;  Dietrich  von  Bern  hatte  einen  feurigen  athem; 
des  drachen  feuriger  athem.  athem  haben  =  leben:  so  lang 
ich  athem  habe,  hofle  ich,  dum  spiro,  spero; 

«0  wird  die  tochicr  mir  nicht  sterben? 

A.  so  lang  ich  athem  habe,  nicht.    Schiller  231 ; 

ich  habe  fast  keinen  athem,  kann  nicht  mehr  leicht  athmen; 
der  athem  bleibt  mir  aus,  vergeht  mir ;  der  athem  geht  leicht, 
schwer,  mühsam,  ängstlich,  gedrückt;  warum  geht  mein  athem 
80  ängstlich?  Schiller  198.  druck,  schwere,  hemmung  des 
atliems:  wenn  ihrer  Verschuldung  masz  auch  nur  um  eines 
nthcms  schwere  steigt.  ScIiiller  287.  athem  drückt  auch  freien 
athem,  freiheit,  aufhören  des  drucks  aus :  der  feind  zieht 
ab,  unser  athem  wird  frei;    Vaterland  und  guter  im  stichc 


lassen,  um  nichts  als  athem  und  freiheit  zu   retten.   Schil- 
ler 858. 

Auszer  oder  aus  dem  athem  sein:  du  bist  ja  ganz  auszer 
athem,  so  hast  du  gelaufen ;  sie  war  auszer  athem  und  konnte 
kein  wort  sagen.  Gothe  20,  203;  die  verzückten  Zuschauer 
frohlocken  sich  fast  auszer  athem.  33,  20 ;  du  eiferst  dich  ja 
ganz  aus  dem  athem.  Lessisg  7,  258;  sich  auszer  athem  re- 
den, schreien,  lachen. 

In  einem  athem,  hintereinander,  ohne  Unterbrechung,  franz. 
tout  d'une  haieine:  in  einem  atheme.  Lohenst.  Arm.  1,  842; 
in  einem  athem  drei  namen  nennen;  mhd. 

ich  nanie  ir  wol  in  einem  ätemen  viere.  MS.  2, 128"; 
sie  lacht  und  weint  in  einem  athem ;  du  leugnest  sie  dreimal 
in  einem  athem  hinw'eg.  Schiller  202' ;  er  schwätzt  in  einem 
athem  mehr  als  ich  in  zehn  wochen.  Lenz  1,  231 ;  da  sind  bei 
uns  kapuziner  andere  leute,  die  können  trauen  und  taufen 
in  einem  athem.  Arnim  schaub.  2, 326. 

Athem  ziehen,  schöpfen,  holen,  gleichsam  aus  dem  brunnen 
der  brüst,  aus  der  luß,  spiritum  ducere,  haurire: 
0  lag,  berühmter  tag, 
den  dis  was  athem  zeucht,  was  künftig,  preisen  mag. 
Gkvphiüs  1,  25; 
solang  ich  den  athem  ziehe,  werde  ich  deiner  gedenken ;  mit 
dem  athem  ziehe  ich  wieder  die  luft  des  geliebten  Vaterlan- 
des; es  schöpften  aufs  neue  leichten  athem  diese  länder. 
Schiller  342;  dasz  in  einer  gi'oszen  Stadt,  in  einem  weiten 
kreis  auch  der  ärmste,  der  geringste  sich  empfindet,  und  an 
einem  kleinen  orte  der  beste,  der  reichste  sich  nicht  fühlen, 
nicht  athem  schöpfen  kann.  Göthe  29,  87;  wie  wir  die  spa- 
nischen besatzungen  los  waren,  holten  wir  wieder  athem.  8, 
178 ;  der  graf  liesz  so  auszerordentliche  kenntnisse  sehen, 
dasz  alle  standen  und  kaum  athem  zu  holen  sich  getrauten. 
18,  239 ;  endlich  sah  man  von  weitem  eine  laterne  kommen 
und  holte  frischen  athem,  allein  die  hofnung  verschwand  auch 
wieder.  18,  255;  auf  der  Rheinbrücke  holte  man  noch  frischen 
athem,  wie  vor  alters,  und  betrog  sich  einen  augenblick  als 
wenn  jene  zeit  wiederkommen  könnte.  30,  327 ;  wenn  einer 
von  seinen  frostigen  beschäftigungen  athem  holen  will.  Lenz 
1,  236 ;  0  lasz  mich  athem  schöpfen  an  dieser  brüst  I  Schil- 
ler 192'. 

Den  athem  lassen,  von  sich  lassen,  fahren  lassen,  aussto- 
szen,  aufgeben,  von  sich  geben  =  sterben,  exspirare,  ausath- 
men,  goth.  uzanan.     der  athem  will  nicht  mehr  zurück,   e?i/- 
flieht.    den  athem  anhalten,  an  sich  halten,  einhalten,  zurück- 
halten, respirare,  sich  erholen;  auch  den  athem  schonen,  sparen : 
sparet  den  aten  I    fastn.  sp.  877,  30 ; 
wann  ein  böser  gute  schmäht,  wann  ein  kind  den  wind  verbläst, 
gilt  CS  gleich,  ob  unten  dis,  jener  oben  athem  läszt. 
LocAU  2,  1,  94. 

Einen  in  athem  setzen,  heßig  anstrengen,  laufen  lassen,  warm 
erhalten :  o  geduld,  ich  will  sie  auch  nur  erst  in  athem  setzen. 
Lessing  6,  230;  Melina  überlegte,  wie  er  noch  geschwind  durch 
einige  Vorstellungen  den  einwohnern  des  Städtchens  etwas  geld 
abnehmen,  zugleich  die  gesellschaft  in  athem  setzen  könne. 
18,  243.  in  athem  erhalten,  nicht  zu  athem  kommen  lassen : 
vertheidigungskunst  . . .  welche  wenigstens  dazu  dienen  konnte, 
den  angreifenden  theil  in  athem  zu  erhalten.  Wieland  15,  21; 
ihr  habt  uns  in  athem  erhalten,  Weisungen.  Göthe  8,  24  (42, 
29.  262.  gehalten);  es  werden  wöchentlich  neue  opern  gege- 
ben, die  meinen  alten  Winter  sehr  in  athem  erhalten.  Bet- 
TiNE  6r.  2,  11;  sie  scheinen  getheilt,  man  musz  sie  nicht  zu 
athem  kommen  lassen.  Göthe  14,  98;  wo  ein  einfaches  thema 
auf  die  künstlichste  weise  durchgeführt,  endlich  durch  sein 
natürliches  wiedererscheinen  den  hörcr  zu  athem  kommen  liesz. 
29, 140 ;  0  lasz  mich  nur  erst  zu  athem  kommen !  athem 
geben,  luß  geben,  machen,  erschallen  lassen: 

gebt  athem  allen  kriegiischcn  trompeten!  Schiller  580; 
ich  will  schweigen,  denn  wenn  ich  dem  schweren  leiden  athem 
gäbe,  es  würde  dein  groszes  herz  so  tief  durchdringen  wie 
das  meine.  Klincer  2,  418.  gcgensatz,  den  athem  rauben, 
nehmen,  benehmen:  das  nimmt  mir  den  athem.  den  athem 
verkaufen,  damit  theuer  thun,  ihn  hemmen  und  sparen :  da  (an 
fürstenhöfen)  verkauft  man  den  athem,  schleift  die  Wörter. 
Frank  2;  zungendrescher,  die  den  athem  verkaufen.  30.  Die 
Sache  ist  den  athem  nicht  wertli,  den  man  daran  setzen  soll, 
nicht  werth,  dasz  man  ein  worl  dazu  spreche; 
der  raub 

lohnt  od  des  atheus  uicbl,  den  man  um  ihn  verschwendet. 
Gott^hI,  241{ 


593 


ATHEMUOLEN  —  AimiEN 


ATHMEN — ATLASVORHANG 


594 


ich  Terschwende   den  athem,  wenn  ich  ihn  auf  andere  mei- 
nung  bringen  wollte,    einem  den  athem  versetzen,  beengen :  der 
Schwefel  lersetzt  mir  den  athem,  athemversetzende  träume. 
ATHEM  BAR,  spirabilis:  athembare  lufL 
ATHEMHOLEN,  n.  halilus,  athemsug: 
mein  hiersein 
ist  athemholen  unter  henkersband.    Schillbk. 

ATHEMHOLUNG,  f.   pers.  baumg.  8,11.    nn/.  ademhaling. 
ATHEMKRÄFT,  /.  vis  spirandi: 

verschwinde  mir  des  lebens  atbemkraft.    Göthb  41,  87. 

ATHEMLOS,  auszer  athem: 

bedöcket 
von  meiner  Sünden  flut,  die  mächtig,  streng  und  gron 
mich  überwältiget,  dasz  ich  schier  atbemlos. 

Wkckherli.n  151 ; 

hüben  die  band  und  lachten  sich  atbemlos. 
Voss  Od.  IS,  100, 

yt>Uj>  ix&avov,  wie  es  heiszl,  vor  lachen  sterben,  sich  todt 
lachen,  atbemlos  kann  auch  entseelt,  todt  meinen,  sich  atbem- 
los laufen ;  athemlose  stille,  athemloses  schweigen,  dasz  man 
nicht  einmal  athmen  hört,  in  der  Schweiz  ist  atbemlos  unbe- 
haglich,  untro/.  Stald.  1, 115. 

ATHEMLOSIGKEIT,  f. 

ATHEMSADER,  f.  pulsader:  ein  ufgeschwollen  fleisch,  wel- 
ches da  ist  gleichsam  als  ein  unterlag  unter  den  atherasadern 
und  unter  den  andern  blutadern.  THCRXEissERmajn.  a/cA.  2,111. 

ATHEMSWERKZEUGE,  vasa  respirationis. 

ATHE.MVERKALTER,  m.  nennt  Fischart  Garg.  189'  sack- 
pfeifer,  die  für  geld  ihren  athem  terblasen. 

ATHEMZIEHE.N,  n.  athemholen: 

nur  einen  kleinen  Seitenblick 

beim  athemziehn.   Wiela^ds  Klelia  1, 173. 

ATHEMZUG,  m.  nn/.  ademtogt,  aamtogt :  ein  leiser  athem- 
zog;  der  letzte  athemzug,  abschiedshauch  ,• 

ganz  war  mein  herz  an  deiner  seite 
und  jeder  athemzug  für  dich.    Göthe. 

ATHEMZtNGLEIN,  n.  epiglottis. 

ÄTHER,  m.  die  reine,  höhere  luft,  der  himmlische  luflraum, 
chemisch,  ein  flüchtiger,  geistiger  stof.  Vossens  verdeutschungeti 
haben  das  fremde  «ort  gangbarer  gemacht  vnd  man  bildet  damit 
eine  menge  Zusammensetzungen  tcie  ätherflur,  äthermantel,  äther- 
harfe,  ätherkreis,  ätherrein,  die  ßr  unsre  spräche  ohne  aerth  sind. 
Klopstocs  setzte  in  seinen  öden  heitre  (serenitas)  ßr  äther. 

ATHMEN,  spirare,  halare,  bei  Lohesstei:«  Arm.  1,  34  noch 
atbemen,  ein  und  aus  alhmen. 

l)  intransitiv,  leicht,  ruhig,  schwer,  unruhig  athmen;  so- 
lange ich  athme,  lebe;  er  athmel  noch,  lebt  noch; 

noch  athmest  du  {kiad),  frei  von  der  erde  sorgen. 

GOTTEB  1, 173; 
und  furchtbar  musz  Orest,  so  lang  er  athmet,  sein.  2,29; 

ach  mit  ofnen  armen  stand  ich  gegen  den  abgrund,  und  ath- 
mete  hinab!  hinab!  Göthe  16,  152;  wir  in  reichen  geboren 
und  athmend  (lebend),  welche  sich  beständig  an  einander  rei- 
ben. Kli.nger  10,  4 ;  under  disem  last  ahtemen.  Weckrerl.  467 ; 
frei  athmeo  macht  das  leben  nicht  allein.    Göthe  9,  7; 

ein  eigentlicher  lebemann,  der  firei  und  practisch  atbmet,  bat 
kein  ästhetisches  gefühl.  6,  73 ; 

zerrissen  ist  der  bnnge  Schleier, 
der  UD?crn  bund  der  weit  entzog, 
und  deine  Lyda,  Ileinrich,  athmet  freier. 
GOTTEB  1,  2S7. 

flter  nicht  blosi  menschen  oder  thiere  athmen,  auA  der  übri- 
gen natur  wird  ein  athmen,  gleichsam  duften,  wehen,  leuchten 
beigelegt  und  selbst  abstracten  Vorstellungen: 
und  der  morgen  athmete  kalt. 

Klopst.  Hess.  7,54.  14,20; 

und  es  wehete  schon  leise,  als  athme  der  morgen  vor  der 
sonne  her.  J.  Paul  fiegelj.  3,  130 ; 
*         tü&z,  wie  die  athmende  \utl  {»pirant  ner). 
GöTBK  16,  173; 
wie  atbmet  rings  geflibl  der  stille.    12, 139; 
und  rosengedüft  ...  atbmete  ringsum. 

Voss  weihe  an  Slolberg  16 ; 
Mirjam,  sein  äuge  verlischt  und  schwerer  athmet  »ein  leben. 
KtopsT.  Steis.  10,  507; 

lieder,  aus  denen  Zufriedenheit  und  ruhiges  vergnügen  ath- 
mele.  Wielasd  6,  91 ;  seelenvolle  melodien,  aus  welchen  schöne 


gefuhle  athmen ;  aller  deutschen  dichter,  in  deren  werken  der 
geist  der  unvergänglichkeit  athmet.  1,  it  ; 

in  deinen  äugen  athmete  beredsamkeiu   Putkn  165. 

2)  transitiv,  wie  auch  lat.  spirare  aliquid: 
wenn  ich  dies  frische  leben  regsam  athme.    Klopst.  2,94; 
nur  einzelne  kalte  wort  atbmete  sie.    7,  19 ; 
gleich  einer  hebten  wölke  mit  goldnem  säum, 
erschwebt  die  dichtkiinst  jene  gewölbte  höh 
der  heitre,  wo,  wen  sie  emporbub, 
reines  gefühl  der  entzückung  athmet.    2,25; 

doch,  was  er  noch  athmete,  waren 
fluche  wider  sich  selber,  dasz  ihn  ein  schauer  so  täusche. 

Hess.  6,  326 ; 
aller,  die  sterbhchkeit  athmen.    16,  14S; 

in  einem  hause,  wo  alles  freude  athmete.  Wiela>d  1,  75 ;  zu 
den  füszen  einer  lauter  liebe  und  wollust  athmenden  Danae. 
1,257;  ich  athme  reine  luft,  freiheitsluft,  freiheit; 

es  athmet  der  bain  • 

balsamische  düne.    Gottes  3,  431 ; 

nichts  ist  bezaubernder  als  der  eintritt  in  diese  heiligen  mauern, 
alles  athmet  ruhe.  3, 10 ;  ihre  stille  bescheidenheit  athmet  eine 
liebevolle  begierde.  Göthe  19,  78;  er  soll  freier  luft  athmen. 
7,  133 ; 

und  eine  frische  gäbe,  die  auf  langer  fart 
beklommnen  reisenden  erfrischung"  athmet.   9,381: 
mir  schlug  das  herz,  ich  athmete  turnier.    41,268; 
aber  kühnheit  athmend  . .  zogen  die  Griechen. 

BÜRGER  206*. 

aus  dieser  fügung  entspringen  die  Zusammensetzungen:  blut- 
athmend,  himmelathmend,  liebeathmend,  racheathmend,  rosen- 
athmend,  wollustathmend  6ei  Wieulxd,  wellenathmend  bei 
Göthe. 

Beide  ausdrucksweisen  können  einigemal  tauschen:  in  dem 
garten  athmet  es  stille,  oiier  der  garten  athmet  stille,  auch 
läszt  die  intransitive  weise  sich  der  transitiven  oß  gleichstel- 
len, sobald  man  den  acc.  Infi  hinzudenkt,  vgl.  ausathmen, 
einathmen. 

Ganz  transitiv  wurde  athmen  in  einem  jetzt  erloschnen  sinn 
gebraucht  ßr  trocknen,  der  luft  aussetzen:  darumb  man  auch 
ofen  und  spor  wol  abdrücknen,  athmen  und  abderren  lesset, 
damit  im  gestübe  nichts  feuchtes  bleibe.  Mathesics  148*. 

ATHMEZE.N,  frequentativ  des  vorigen,  anhelare,  in  einem 
rocab.  von  1429  bl.  24'  admiczen  spirare,  im  vocab.  ine.  teul. 
atmeatzen.    ahd.  ätumazan,  atimizan.  Graff  1, 156'. 

ATHMIG.  auszer  athem,  schwerathmend ,  nnl.  aamachtig: 
hartschlechtig,  herzschlechtig,  bauchschlechtig  oder  athmich. 
dise  vier  krankheiten  ist  alles  ein  ding,  allein  das  sie  mit  dein 
namen  unlerschidlich,  ist  aber  vil  heftiger  als  wann  ein  res 
einen  schweren  athem  hat,  dann  über  das  keuchen,  trensgen 
(traurig  schreien,  trensen)  und  husten,  so  laszt  es  noch  einen 
rauch  und  dampf  aus  den  .naslöchem,  erhebt  die  brüst,  schlecht 
in  die  flanken,  und  ist  in  summa  eben  die  krankheit,  so  man 
wälsch  puisive  nennt.  Selter  rosarzn.  19.  offenbar  wird  aber 
hier  dem  deutlichen  wort  athmig  zu  viel  aufgebürdet. 

ATHMUNG,  f.  respiraiio,  nnl.  ademing.  man  hört  wol  ath- 
mungsbeschwerde,  athmungsnoth.  rechnet  die  wenige  athe- 
mung  (lebensfrist),  die  ihr  noch  habt,  theuer,  selbige  wol  an- 
zuwenden, pers.  baumg.  9, 1. 

ATLAS,  m.,  gen.  des  atlasses,  pl.  die  allasse,  ein  glattes, 
rauschendes  seidenzeug,  pannus  subsericus.  atlas  arabice  gla- 
ber  et  cinercus,  seu  ad  nigrum  colorem  Verdens,  eodem  no- 
mine denotatur  tramoserica  vestis  propter  glabritiein.  Htde 
ad  Perilsolii  Hin.  mundi  p.  23.  seit  dem  16  jh.  unter  uns  gang- 
bar (s.  atlasseckel),  Hemsch  137,  25  schreibt  attlasz ; 
von  reichem  atlesz  jeder  segel.   Wecuihl.  568L 

ATLASAPFEL,  m.  pomme  salin. 
ATLASRAM),  w. 
ATLASERZ,  »i.  malachit. 
ATLASKLEII),  ri.    Göthe  17,  254. 
ATLASMLCKE,  f  tipula  sericea. 
ATLASSECKEL,  m. 

an  iden  fanen  dazu  benken 
ein  atlasseckel  und  darinnen 
fiünf  denkpfenning,  solchs  lang  zu  sinnen. 
Fischart  gl.  seh.  970. 

ATLASSEN,  tericeus :  ein  atlassen  band,  kleid.  bei  Hknisci 
aüasin. 

ATLASVORHANG,  m. 

38 


595 


ATLAS  WEBER— ATZ 


ÄTZBRET  — ÄTZEN 


596 


ATLASWEBER,  m. 

ÄTSCH,  interjeclio  irridentis,  gedehnt  und  gezogen  auszu- 
sprechen, im  zeilverlreiber  1668  s.  235  etscb ! ,  schwäb.  ätsch, 
ätschi,  ägschägst!  (Schmid  x.  12);  scheint  in  der  Schweiz,  in 
Ostreich  und  Baiern  unbekannt,  denn  Sciim.  1,  130  verzeichnet 
es  blosz  aus  Franken  und  Schwaben;  Wetterau  und  Hessen 
kennen  es,  in  Thüringen  hört  man  itsch!  gewöhnlich  begleitet 
den  ausruf  noch  die  gebärde  des  rübcschabens,  in  l'oscana  ru- 
fen die  kinder  bei  ähnlicher  gebärde  lima!  limal  die  wciber 
und  mädchen  werfen  einen  blick  auf  Tbryaiiis,  als  ob  sie  sa- 
gen wollten  ätscb!  er  bat  uns  aucb  scbün  gebeiszen.  VVie- 
I.AND  19,  309.  vgl.  ausätscben.  dem  neckenden  ausruf  ätscb 
verwandt  in  der  bildung  scheint  der  schmerzensausruf  autscb, 
und  da  früher  für  ihn  bloszes  auscbl  erscheint,  tiesze  sich 
auch  äscli  mutmaszen  und  an  aiscb,  hdszlich  denken.  Stalder 
1,  346  hat  ein  escbelen  schrnollcn. 

ATTER,  /■.  vipera,  coluber  berus,  für  nalter,  goth.  nadrs, 
ahn.  nadr  und  nadra,  ajid.  natra,  wie  viele  andere  Wörter  n 
dem  anlaut  bald  zufügen,  bald  nehmen;  nnl.  addcr  f 

so  pfif  sie  mich  an  wie  ein  alter.    H.  Sachs  I,  449'; 

die  altem  bannen,  den  wurm  segen.    1,532'; 

lieb  hat  oft  rechten  anefang, 

das  wert  ein  zeit  und  docli  nit  lang, 

so  wird  sie  giftig  als  ein  atter.    III.  3,  4'; 

0  du  giftige,  mördische  alter!    111.3,79'; 

giftig  altern  und  schlangen.    V,  47*; 

ein  taube  auer.    V,  47'; 

auch  manche  krot,  äder  und  schlang. 

ScHMELZL  lobspr.  79. 

Luther  schrieb  Otter  (was  man  sehe),  wodurch  sich  natter  und 
oUer  (lutra)  schädlich  mengten,  darum  wird  heule  natter  allge- 
mein vorgezogen. 

ÄTTER,  fl.  campus,  statt  des  üblicheren  etter  (w.  m.  s.): 
Cbristus  bat  inen  (den  aposlcln)  das  älter  witer  gemacbt,  da 
er  zu  inen  am  tage  der  urstände  sprach :  wie  mich  min  vatcr 
gesendt  bat,  also  send  ich  ucb.  Zwingli  2,  311. 

ÄTTI,  m.  paler,  avus,  statt  des  goth.  atta,  ahd.  atto,  mhd. 
atte  (Haupt  1,  25)  begegnet  in  späteren  schwäbischen,  schweize- 
rischen quellen  stets  die  umgelauletc,  auch  im  i  der  letzten 
silbe  begründete  form;  gehl  sie  auf  ein  ahd.  attio,  ettio  neben 
atto  zurück  ?  bair.  der  ätt,  ätten  =  ätt,  ättn  (Sciim.  1,  126) : 

so  da;  chindel  wirl  von  not 

singent  älli,  gib  mir  proll    ring  s.  99,  27; 

ir  alten  minne  und  eilen 

ir  sulient  vasicn  und  sullent  betten,    namenbuch  112; 

eins  ist  din  minne,  eins  ist  din  eile.    120; 

jo  fünf  Schilling  nam  din  lieber  eile, 

die  verspielt  er  nebten  im  breite.    125; 

hinüber  zu  dem  tauben  eilein.    fastn.  sp.  96,  33; 

das  wisz  ros, 
das  min  elti  allweg  in  die  stad  in  Iruog.    822,  17; 

die  jungen  wiber,  die  COjerige  mann  haben,  dieselben  spre- 
chen 'wo  ist  der  ett?  wellen  ir  zum  etten?  der  ett  ist  dob- 
nen'.  Keisersb.  posl.  1,  21.  22;  ein  snn  oder  ein  tocbler  die 
sprechen  'wo  ist  mein  ett?  wo  ist  mein  minn?'  nit  sprechen 
sie  'wo  ist  mein  vatter?'  oder  'wo  ist  mein  muter?'  das  soll 
nit  sin,  ist  ungeschaffen,  nit  eererbietlich.  2,  64.  4,  37;  (die 
mütter)  lehren  sie  (die  kinder)  dem  vatter,  den  sie  sonst  nicht 
kenten,  ette  rufen,  das  schmutzbändltn  reichen.  Garg.  68* ; 
der  alt  etti  war  auch  schier  verzagt.  Frey  garteng.  75*.  im 
armen  mann  von  Tockenburg  ist  ätti  gleichbedeutend  mit  vater, 
groszülti  mit  groszvater. 

ATTICH,  m.  sambucus  ebulus,  ahd.  atuh,  atah  (Graff  1, 153, 
der  nur  ungehörig  das  nicht  verwandte  ags.  ätih  zizania  heran 
zieht);  wol  aus  atcre'a,  aitr^,  flieder,  hollunder,  falls  es  ihm 
nicht  urverwandt  und  assimiliert  ist  aus  abtib,  ablab.  Schnurr 
16G4  p.  228  ;  hollundcrattich.  HoiinERC  1,  249*,  sonst  auch  acker- 
holunder:  über  mauern  wirft  sich  der  attig  lebhaft  herüber. 
GöTHE  27,  35.  attig  für  atlich,  wie  cssig,  billig  u.  a.  m.  für 
cssicb,  billicb. 

ÄTTICH,  m.  tabes,  fcbris  hectica,  der  fressig  eltich,  atlich, 
das  freszßeber,  die  zehrung,  auszehrung.  scheint  entsprungen 
aus  ixTixöe.    vgl.  Tuui.kr  162  und  hernach  atzinann. 

ATZ,  m.  cibus,  nahverwandt,  in  der  form  aber  verschieden 
von  asz.  die  Icllerschlecker  soll  man  umb  den  atz  üben. 
Garg.  131';  dann  solcher  alz  und  wanne  brü  erweicht  den 
Schweinen  auch  die  andere  speise.  Seriz  131 ;  alz  und  j.'lger- 
zcbning.  Stieier  901.  AnEi,u?(C  setzt  ein  f.  alz  an,  wofür  keine 
belege  zuhanden  sind. 


ÄTZBRET,  n.  gerät  der  kupferstecher  zum  ätzen,  s.  ätzwiege. 
ATZE,  «1.  asinus,  aus  esel  gebildet  in  der  weise  von  Matz, 
Götz,  Lutz,  Fritz: 

und  bell  mich  albeg  für  ein  atzen, 

und  heiszt  mich  sletigs  schanlkatze.    fastn.  sp.  47,  16; 

in  welchem  sinne  schon  Walthers  G^rhart  Atze  82, 18.  104,  7 
genommen  werden  könnte. 

ATZEL,  m.  oniscus,  statt  des  üblichen  assel. 

ATZEL,  f.  sehr  gewöhnliche,  trauliche  form  für  agalaster, 
eisten  ein  wagen  vol  holzes,  schwer  und  vol  und  übel  ge- 
laden, das  ein  atzel  aufrecht  dardurch  gefliegen  mag.  weisth. 
1,  523 ;  ein  atzel  in  eim  keffig,  die  spottet  iederman  und  kan 
reden,  wie  man  sie  gelert  bat.  Keisersd.  omeisz  23' ;  der  ge- 
scheiden  atzlen  sind  dennoch  ir  eir  gestoln.  Frank  spr.  1,  86'; 
ein  atzel  oder  agalaster.  Kirchhof  wendunm.  185' ;  die  atzel 
sprach  zu  einer  tauben.  B.  Waldis  2,  37 ;  bachstelzen,  atzein. 
Fischart  groszm.  54 ;  man  musz  einmal  der  batzel  die  ent- 
lehnte federn  ausrupfen.  Lehmann  21 ;  die  atzel  läszt  das 
hüpfen  nicht.  28.  man  gebraucht  auch  atzel  für  perücke,  deren 
haar  bunt  aussieht,  wie  das  geßeder  der  eisler;  aus  demselben 
grund  scheint  perruque  nach  dem  bunten  papagei  (perroquet) 
oder  der  papageiin  (perruche)  zu  heiszen. 

ATZELN,  bunt  machen,  bunt  sein?  ein  atzlet  gemüt,  eine 
hierhin  dorthin  schwankende  Sinnesart.  Keisersberg,  oder  adj.  ? 
in  Schlesien  bedeutet  mich  atzelt,  ätzeit :  gelüstet  nach  einer  speise. 

ATZELWERK,  n.  geschwälz,  geplauder. 

ATZEN,  in  doppelter  bedeutung, 

1)  vesci,  comedere,  abweiden:  so  aber  die  gersten  erwach- 
sen, haben  die  vier  dorf  der  mark,  nemlich  groszen  Garben, 
klein  Garben,  Burggrevenrod  und  Kaichen  samphaft  mit  ihrem 
vehe,  kühen  und  pferten  dieselbige  frucht  geatzet.  Carber 
markbuch  von  1643. 

2)  cibare,  speisen,  beköstigen,  nach  gesetzlicher  aufläge:  die 
nach  Aquitanien  und  Septimanien  entflohene  Spanier  wurden 
nicht  härter  als  andere  freie  leute  tractiret,  sie  durften  nur 
die  wachen  auf  den  grenzen  thun,  die  königl.  commissarios 
atzen  und  beherbergen,  mit  Vorspann  oder  andern  notbwen- 
digkeiten  dienen,  davor  sie  von  allen  übrigen  dienstlasten 
exempt  waren.  Hahn  1,101;  Hcnricus  wurde  auf  seinen  reisen 
von  herzogen,  grafen  und  bischöfen  aufgenommen,  bedienet 
und  nach  seinem  höchsten  königl.  stände  geatzet  oder  bewir- 
tet. 2,  36.    s.  das  folgende. 

ÄTZEN,  goth.  atjan  aus  itan,  ahd.  ezan  aus  ejjan  gebildet, 
das  z  und  tz  durch  das  nachstehende  i  geschützt,  wie  in  setzen, 
goth.  satjan.    zwei  hauplbedeutungen, 

1)  pascere,  cibare, ^  allicere,  füttern,  durch  speise  locken,    gilt 
zumal  von  vögeln,  wofür  wir  s.  279  schon  ammen  kennen  lern- 
ten :  Vögel  lock  machen  und  ätzen.  Garg.  249' ;  dasz  Christus 
uns,  da  wir  noch  nicht  flück  waren,  geätzet  habe,  bienenk.  99'; 
die  w.Tohtcl  liesz  sich 
aus  den  lippen  der  trauten  wirlin  ätzen.    Rasler  1, 19; 

tödtet  ihr  die  vögel  die  ihr  fangt?  wies  kommt,  die  meisten 
ätz  ich  auf  meiner  kammer.  Fr.  Müller  3,  65 ;  unter  und  ne- 
ben ihm  riefen  und  llatlerlen  die  kanaricnvögel,  Singdrosseln, 
Anken  und  nachtigallcn  und  die  geätzte  brut  schlief  gedeckt 
unter  der  brücke.  J.  Paul  Tit.  2,  50 ;  gepaarte  tauben  ätzten 
sich  vor  liebe.  2,  219.    vgl.  anätzen,  aufätzen. 

Dann  auch  von  menschen:  lieber,  lasz  meine  Schwester  Tha- 
mar  komen,  das  sie  mich  etze.  2  Sam.  13,  5;  goll  hett  die 
Juden  geätzt,  gespiset  und  getrenkt.  Keisersb.  post.  2,  25 ; 
gott  etzete  den  Jacob  mit  dem  cinkommen  des  ackers.  Acri- 
COLA  spr.  80;  den  leib  etzen  und  trenken.  130; 

CS  hcit  ein  weih  ein  kleines  kind, 
wie  rnan  derselben  noch  wol  lindt, 
das  kundls  mit  cizen  oder  scugen 
von  seinem  weinen  nimmer  schweigen. 

II.  Waldis  Eso/j  1,86; 
der  studier,  der  den  gast  auf  piirpiir  hingcsclzet, 
und  alles  sucht  und  walill,  was  lellerlerker  »izet. 
IIaokdorn  1,  26; 

(der  knabe),  wenn  er  nicht  immer  geätzt  wird,  sich  erbost. 
Wieland  24,  251 ; 

und  uns  mit  ntlschereien  filzen, 

bis  uns  der  sinn  l'ür  sie  gebricht.    Stolurc  9,  335; 

den  herzpolypen  er  so  gut  wie  ich  den  meinigen  mit  kaltem 
kaffee  grosz  geätzel.  J.  Paul  uns.  löge  3,  40;  dasz  die  edio 
menschliche  seclc  den  körper  warten  und  ätzen  soll,  teufels- 
pap.  t,  35. 


597 


ÄTZER— AU 


AU— AUCH 


598 


2)  mordere,  rodere,  sculpere,  bäzen,  d.  i.  beiszen  machen  : 
dem  Petrus  waren  löcher  in  den  backen,  das  die  zäher  im 
also  auf  atzten.  Keisersb.  seh.  der  penit.  S6;  ein  hauptmanns- 
fluch  etzt  durch  neun  hämisch.  Garg.  244'; 

ich  will  zwar  ihr  gemüt  aus  dem  peschenke  schätzen, 
dies  wort  doch,  das  sie  hesz  auf  dieses  silber  eizen, 
ist  was  den  kränz  recht  ziert  und  mich  allein  erquickt. 

Grtpbiüs  2,  3S6; 
insonderheit  sind  in  Frankreich 
beid  alt  und  neu  krieger  zugleich 
oftmals  so  eeaizi  und  gefangen,  • 

wenn  ihn  die  proviant  entgangen,    /roichm.  3,  1,  14; 
und  dieses  alles  mahlte  sich 
so  unverkennbar  in  geberden,  mienen,  Zügen, 
als  hau  ihm  auf  die  stirne  sichtbarlich 
natur  geätzt:  kehr  ein  mit  deinem  trosz  vergnügen! 

•        GoTiER  1,  321 ; 
Verwünschung  dessen,  der  gefühl  und  recht  verletzt 
hat  weise  die  natur  in  Jede  brüst  geätzt.  2, 112; 

ich  kenne  meine  pflicbt, 
und  ewig  hat  natur  sie  mir  ins  herz  geätzt.    2,343; 

es  ätzte  sich  in  dein  herz  am  tiefsten,  dasz  gerade  dein  trener 
Emanuel  noch  glaubte,  du  würdest  von  seiner  freundin  ge- 
liebt. J.  Paul  Tit.  2,  241;  das  ätzende  sublimat  seines  Spot- 
tes. Tit.  1,  39.  dies  ätzen  gilt  heute  zumal  vom  einfressen- 
lassen  durch  säure  und  scheidewasser  in  kupfer,  glas  u.  s.  ic. 
die  platte  ist  sorgsam  geätzt,  nur  halb  geätzt. 

ÄTZER,  ni.  nach  den  bedeutungen  des  ätzens  ein  speiser, 
fülterer,  ein  künsller,  der  in  kupfer  einätzt :  der  mann  ist  ein 
geschickter  ätzer,  liefert  schön  radierte  blätter. 

ÄTZERIN,  f. 

tochter  der  Zeichnung,  wie  es  die  maierei  und  des  bildners 

kunst  ist,  ätzerin,  die  mit  dem  stähle  gestallen  in  erzt  gräbt. 

Klopst.  2,  236. 

ÄTZGRO'D,  m.  wachsüberiug  der  kupferplatte. 

ÄTZKRAFT,  f. 

ÄTZLAUGE,  f. 

ATZM.\iNN ,  m.  phthisis,  Schwindsucht,  personißciert :  der 
atzmann  hätte  mich  ohnehin  an  die  kehle  gegriffen.  J.  Paul 
Tit.  2,  94.    rgl.  ättich,  eltich. 

ÄTZNADEL,  f.  radiemadel. 

ÄTZPFL.\STER ,  n.  ziehendes,  dlzendes:  der  argen  etzpQa- 
ster.  H.  Sachs  IL  2, 65' 

ÄTZPLATTE,  f  am  dritten  tage  gieng  er,  dessen  gesiebt 
eine  ätzplatte  des  Schmerzes  war.  J.  Paul  uns.  löge  1,  4S. 

ÄTZPULVER,  n. 

ÄTZSTEIN,  n>.  höllenstein,  wundheilend. 

ATZUIS'G,  f.  cibus,  alimentum: 

ihr  als  gaste  guter  art 

kamt  nicht  her  um  atzung.    Voss. 

atzunge  wird  oft  in  den  weisthümern  als  ein  bestimmtes  recltt 
genannt,  das  dem  herrn  auf  futler  und  mahl  bei  den  unter- 
thanen  zusteht,  z.  b.  3.  471.  479.  4SI.  494.  542.  546.  567.  577,  rgl. 
RA.  360  und  Bex.  1,  760.  je  nun,  von  solcher  atzung  kann 
auch  wol  eben  kein  feiner  geist  in  die  dickköpfe  kommen. 
.Moser  patr.  ph.  1,  159.  es  bedeutet  aber  auch  futler  für  die 
vügel:  sie  (die  adler)  waren  ausgeflogen  atzung  zu  holen. 
NiEBUHR  rüm.  gesch.  1,  547. 

ATZUNGSBEFEHL,  ni.  alles  v»as  von  hofe  käme,  erschliche 
spann-  und  alzungsbefehle.  Moser  1,  225. 

ATZUNGSREICHUNG,  f.  alimentatio:  dem  arrestbegehrer 
die  gebührliciie  ätzungsreichung  auferlegt.  Abele  3, 109. 

ÄTZWASSER,  n.  ätzendes  wasser. 

ÄTZWIEGE,  f  was  ätzbref,  auf  welchem  die  mit  scheide- 
wasser begossene  kupferplalte  gewiegt  wird,  damit  das  wasser 
gleicJimäsiig  und  nirgends  zu  stark  fresse:  manche  Schreiber 
machen  die  wiege  eines  beiden  zu  dessen  ätzwiege  und  giesz- 
grube.  J.  Paul  vorseh.  der  aesth.  2,  113;  die  bruttafel  und 
auwiege  glorwürdiger  regenten.  uns.  löge  3, 141. 

Aü,  diphlhonq.  da  nach  dem  ältesten  lautgesetz  unsrer  spräche 
au  und  ai  sich  in  ganz  gleicher  läge  befinden  und  au  zu  u 
steht  wie  ai  zu  i,  sollte  nhd.  eigentlich  so  wenig  ton  au  als 
von  ai  die  rede  sein,  mindestens  nach  der  reinen  ahd.  und  mhd. 
Tegel  gibt  es  gar  kein  au  mehr,  sondern  an  die  stelle  des  golh. 
au  ist  ou  oder  dessen  Verdichtung  in  (>  getreten,  nhd.  aber  gilt 
nun  wieder  au  neben  o,  nemlich  in-  und  auslautend  vor  tocalen, 
vor  m,  b,  f,  g  und  ch :  hau,  thau,  frau,  aue,  schaue,  hauen,  ver- 
dauen, tmuen,  schauen,  bäum,  säum,  träum,  zäum,  iaub,  raub, 
ücbaub,  stauh,  taub,  glaube,  zauber,  kauf,  raufen,  augc,  lauge, 
taugt,  auch,  gauch,  lauch,  rauch,  o  hingegen  Irin  ein  vor  n, 
r,  ch,  b  und  sämtlichen  lingualen :  bohne,  höhn,  lohn,  schon, 


schone,  frohn,  fror,  verlor,  ohr,  röhr,  hoch,  floh  pulex,  floh 
fugil,  zog  =  zoh,  lohe  ßamma,  hode,  tod,  bot,  brot,  loth, 
nolh,  roth,  blosz,  ambosz,  verdrosz,  flosz,  gosz,  grosz,  losz, 
genosz,  schosz  pr.  von  schieszen,  schosz  gremium,  schlosz, 
sprosz,  sprosse,  stosze,  slosz,  bosheit,  kose,  los,  osten,  ostern, 
kloster,  rost,  trost.  auszerdem  auch  in  den  praet.  schob, 
schlof,  trof,  bog,  log,  trog,  roch,  welche  mhd.  lauteten  schoup, 
slouf,  trouf,  bouc,  louc,  trouc,  rouch,  während  die  nhd.  subst. 
staub,  schaub,  traufe,  rauch  den  diphlh.  festhalten. 

Abgesehn  aber  von  diesem  au  =  mhd.  ou  hat  der  nhd.  di- 
phthong  noch  eine  weit  gröszere  ausdehnung  auf  das  mlid.  ü 
empfangen,  ähnlich,  nicht  gleich  dem  wandet  des  mhd.  i  in  nhd. 
ei,  überall,  welche  consonanten  auch  nachfolgen  mögen :  bau, 
sau,  faul,  gaul,  maul,  kaum,  räum,  schäum,  daume,  gaume, 
pflaume,  braun,  zäun,  laune,  raunen,  staunen,  auer,  bauer, 
lauer,  mauer,  sauer,  schauer,  Iraner,  haube,  taube,  traube, 
klaube,  auf,  häufe,  saufe,  sauge,  bauch,  brauch,  hauch,  Strauch, 
schlauch,  stauche,  tauche,  rauh,  braut,  haut,  traut,  laut,  laute, 
Staude,  aus  für  ausz,  strausz,  braus,  daus,  haus,  laus,  maus, 
saus,  klausp.  organischerweise  hätte  statt  dieses  au  =  ü  vielmehr 
eu,  analog  dem  für  5  geltenden  ei,  sollen  eintreten,  wie  auch 
nnl.  ui  =  eu  gilt,  vgl.  gesch.  der  deutschen  spräche  s.  S43. 

Zwischen  beiderlei  au  macht  unsre  heutige  spräche  keinen 
unterschied  mehr,  löst  man  sie  aber  auf  in  niederdeutsche  laute, 
so  erscheint  ihre  ursprüngliche  Verschiedenheit,  da  für  das  erste 
au  ein  o,  für  das  andere  ein  u  vortritt:  bäum  icird  bom, 
räum  wird  rum.  Dennoch  ist  einzugestehn,  dasz  dieser  di- 
phthong  au  helle  zugleich  und  liefe  in  die  nhd.  spräche  gebracht 
hat  und  wir  seiner  auf  keine  weise  verlustig  gehn  möchten,  s.  äu. 

AU,  ein  schtnerzensruf,  dem  sich  schon  mhd.  wie  heute  ein 
we  zugesellt,  in  welchem  eigentlich  die  Vorstellung  des  leides 
und  wehes  liegt,  au  scheint  also  aus  dem  vorangestellten 
ruf  6  diphthongisch  entfaltet,  mhd.  ouwe  Wh.  5S,  21  für  owe 
Parz.  8,  25.  28.  9,  26.  10,  18;  ouwS  gieng  von  selbst  über  in 
nhd.  auweh,  wenn  schon  die  casus  sangall.  bei  Pertz  2,  98  au 
we  mir  we  haben,  so  waltete  hier  wie  in  andern  ahd.  denkmälern 
au  ßr  ou.  Göthe  wie  er  den  wehruf  ai  gebraucht,  setzt  auch 
au  ohne  gelcit  von  weh:  au  au,  ich  liege  schon  unten!  14, 
79  und  ein  heftig  ausgestoszner  schmerz  hätte  kaum  zeit  zum 
anhang.    s.  aubeia,  aubi,  auweh,  autsch. 

Aü,  f.  abgestumpftes  aue,  pratum,  campus,  ganz  gleich  dem 
durchgedrungnen  frau,  schau  /".  fraue,  schaue,  auch  brauchen 
wir  es  stets  so  it\  den  Ortsnamen  Grünau,  Ilmenau,  Lindau, 
Meinau,  Nassau,  Rheinau,  Schönau,  Wetterau  (und  Glogau, 
Spandau,  wo  doch  sl.  ow  unterliegt);  schon  Ottocar  hat  im 
reim  enou  (f.  enowe,  enouwe)  61';  Na^^ou:  herschou.  731. 
darum  untadelhaß  bei  Fischart:  schwäbisch  au.  Garg.  174", 
oder  bei  Güthe: 

wie  Feld  und  au 
so  blinkend  im  thau.    1,  88. 
vgl.  aub,  aue. 

ÄU,  Umlaut  des  vorhin  geschilderten  diphthongs  au:  bäum 
bäume,  räum  räume,  mhd.  hingegen  wurde  der  umlaut  des  ou 
durch  öu,  des  ü  durch  iu  bezeichnet:  loup  löuber,  stoup  stöube- 
lin,  gouch  giiuchelin;  brön  briunen.  hfts  hiuselin,  müs  miuse. 
heute  einförmig  Iaub  läublein,  staub  stüublein,  braun  bräunen, 
sausen  säuseln,  maus  mause,  wo  der  umlaut  ungefühlt  ist, 
Inil  sich  oß  noch  eu  behauptet:  freuen,  streuen,  seule,  ana- 
log dem  e  statt  ä.  einigemal  entstellt  in  ei:  ereignen/",  erüug- 
nen.    nieAr  davon  unter  eu. 

AUB,  f.  was  au,  auw,  aue,  mit  b  ßr  vi: 
eröfiie  doch  got  deines  herzens  aub.    Wbckbrrlin  309. 

AUBEIA ,  ausruf  bei  Fischart  für  auweh,  auweih,  in  erwi- 
derungen:  aubeia  eia,  sagt  Kampfkeib,  laszt  euch  disz  nicht 
grawen.  Garg.  233';  aubeia,  antwort  der  mönch,  es  hat  sich 
wol  gearzet!  249*.    klingt  darin  eia  nach?    s.  hotteia. 

AUBI,  der  vorige  ausruf:  aubi  unser!  Witze.nb.  161;  aubi 
meiner!  258;  aubi  ja!  277. 

AUCH,  conjunclion,  etiam,  quoque.  goth.  auk,  ahd.  ouh, 
mhd.  ouch,  alts.  6k,  nnl.  ook,  ags.  eäc,  engl,  eke,  fries.  ik. 
man  darf  die  durchsichtigkeil  dieser  partikel  nicht  fahren  las- 
sen, wie  Graff  1,  120  thut,  offenbar  hängt  sie  zusammen  mit 
goth.  aukan  augere,  ahd.  ouchün,  ags.  eäcan,  altn.  auka,  und 
soll  ausdrücken,  dasz  in  der  rede  noch  etwas  hinzugethan 
werde,  wie  sich  deutlich  ergibt  aus  dem  ags.  t6  eäcan  tn- 
super,  von  eäca,  fries.  äka  additamentum,  altn.  at  auki,  so 
wie  aus  der  ags.  fast  praepositionalen  anvendung  eines  tic 
bei  Zahlwörtern:  gar  |>at  sixte  eäc  feovertigum  meint  das  sechs 

38* 


599 


AUCH 


AUCH 


600 


und  vierzigste  jähr,  das  sechste  zu  vierztgen,  über  vierzig  hin- 
aus. Mit  der  Vorstellung  und  wird  verknüpft,  mit  a  u  c  h  hin- 
zugefügt, man  könnte  und  eine  erste,  auch  die  zweite  anfügung 
nennen,  doch  in  allen  sprachen  laufen  beide  partikeln  inein- 
ander, berühren  sich  auszerdem  noch  mit  andern  conjunctionen. 
immer  aber  ist  bei  auch  der  begrif  einer  zuthat,  eines  dazu- 
kommenden anzunehmen. 

Dem  lat.  et  {und)  steht  etiam  (et  jam,  und  noch)  unmittel- 
bar zur  seile,  den  begrif  auch  kann  aber  bloszes  et  ausdrücken; 
ebenso  entspringt  mit  dem  sufßx  que  ein  quoque  {ad  id,  to 
eäcan).  7iichl  anders  bedeutet  das  gr.  y.ai  bald  und,  bald  auch : 
xa?.6s  xai  aya&os,  ov  fiavov  . . .  alla  xai,  non  solum,  sed 
et;  xai  ov  sl  ixsivcav,  xal  av  rexvop;  auch  du  bist  einer 
von  ihnen,  auch  du  mein  söhn?  es  darf  aber  5^  oder  te  an- 
gehängt werden,  xai  Sr],  xal  re,  oder  re  vorausgehn  re  xai. 
das  litt,  h;  lett.  ir,  ar  bezeichnen  sowol  und  als  auch,  irgi, 
arri  und  auch;  das  litt,  bey  ist  mehr  und  als  auch,  die  sl. 
sprachen  unterscheiden  ihr  i  und  von  tako  auch,  russ.  takzhe, 
poln.  takze,  böhm.  take,  worin  gelegen  ist  sie,  ita,  das  auch 
im  franz.  aussi,  engl,  also,  isl.  ogso  f.  oks\a,  schw.  ocksä, 
ddn.  ogsaa  erscheint. 

Zwar  das  goth.  auk  drückt  in  der  regel  aus  yaQ  oder  os, 
zuweilen  xai,  jah  auk  xai  yaQ,  wie  lat.  et  übergeht  in  ete- 
nim,  denn  yäq  oder  enim  enthalten  wiederum  den  begrif  einer 
zufügung,  eines  anhangs.  dagegen  steht  das  wörtlich  unver- 
wandte goth.  jah  beides  für  et  und  etiam;  diesem  jah  möchte 
7nan  altn.  ok  und  og,  schon  des  kurzen  vocals  wegen  lieber 
gleichstellen,  als  dem  auk,  es  bedeutet  et  und  mit  sva  {sie) 
verbtmden  oksvä,  ogso  etiam.  Schweden  unterscheiden  och 
und  von  ock  auch. 

Von  diesen  allgemeinen  betrachtungen,  die  sich  noch  weiter 
verfolgen  lieszen,  wenden  wir  uns  zum  nhd.  auch,  das  von 
selbst  manchen  rückblick  auf  die  ältere  spräche  gestatten  wird. 

1)  in  auch  liegt  ein  zusatz,  der  weniger  erwantet  wurde, 
als  die  durch  und  ausgedrückte  anknüpfung :  himmel  und  erde 
gehorchen  ilim,  auch  die  hölle;  die  ganze  familie  erklärte 
sich  zu  beitragen  bereit,  auch  die  diener;  es  könnte  heiszen 
himmel,  erde  und  hölle,  familie  und  diener,  aber  das  auch 
hebt  einen  unterschied  heiror.  wie  und  zwei  Wörter  verknüpft, 
fügt  ihnen  auch  häufig  noch  ein  drittes  hinzu:  ich  und  du 
wir  sind  da,  auch  er  ist  da ;  vater  und  mutter  kommen,  auch 
das  kind  kommt;  es  scheint  dir  und  ihm  so,  auch  mir  {xai 
ufia  ifioi) ;  mit  äugen,  mund,  auch  anmut  der  gestalt  {voce, 
motu,  forma  etiam  magnißca);  über  feld  und  wiese,  auch 
durch  den  wald  schweifen;  reichlhum  und  ehre,  auch  ver- 
gnügen, alles  ist  eitel.  Es  braucht  aber  nur  ein  begrif  vor- 
herzugehn,  dem  sich  mit  auch  der  zweite  hinzu  thut:  die 
thür  war  einfach  von  holz  gearbeitet,  auch  der  riegel  hölzern; 
ein  grüner  hut,  auch  das  band  daran  grün;  so  jemand  mit 
dir  rechten  will  und  deinen  rock  nehmen,  dem  lasz  auch  den 
mantel  {afss  avriö  xai  rb  ifiänov,  remitte  ei  et  pallium, 
aflet  imma  jah  vastja).  Matth.  5,  40 ;  ziehet  hin  und  forschet 
lleiszig  nach  dem  kindlein  und  wenn  ihrs  findet  saget  mirs, 
dasz  ich  auch  {xaycö,  et  ego)  komme.  2,  8;  jenes  auch  du? 
in  des  sterbenden  Caesars  Worten  ergänzt  sich  gleichsam :  die 
und  die,  auch  du?  zu  ihnen  gesellst  du  dich?  man  pßegt  bei 
litelhäufungcn  den  letzten  mit  auch  anzuhängen:  regierungs- 
rath  und  professor,  auch  ritter;  liebe,  andachtige,  auch  gute 
freunde!  in  berichten  an  fürsten  folgten  postscripte  eingeleitet 
mit  den  warten:  auch  gnädigster  herr,  wie  es  in  kanfmanns- 
briefen  heiszt :  auch  melde  ich.  in  vielen  fällen  der  rede  darf 
aber  das  auch  vorausgehn  und  woran  es  sich  anschlieszl  un- 
ausgedrückt  bleiben:  auch  ich  {auszer  dir)  werde  kommen, 
auch  du  {auszer  mir)  weist  es. 

2)  auch  nimmt  in  der  rede  eine  viel  freiere  Stellung  ein  als 
und,  kann  dem  worte,  das  es  hinzuthut,  vorausgehn  oder  nach- 
folgen, während  und  fast  immer  zwischen  den  Wörtern  haftet, 
die  es  knüpft,  man  sagt  auch  ich  oder  ich  auch ;  alle  tanzen, 
könnte  ich  auch  tanzen!  wenn  auch  ich  tanzen  könnte!  für 
und  ich  darf  aber  nie  stehn  ich  und.  die  ahd.  und  mhd. 
spräche  gaben  dem  ouh  gern  eine  vordere  stelle  im  salz,  wo 
wir  es  heute  nachrücken,  z.  b.  als  ouch  si  gerne  woldcn.  Jw. 
6084,  wie  sie  auch  gern  wollten ;  i;  ouh  wola  so  gizam.  0. 
III.  16,  68,  es  ziemte  sich  so  auch  wol ;  ir  ouh  tha/,  ni  wollet. 
0.  111.14,103,  ihr  wollt  das  auch  nicht;  ih  ouh  sie  irkrnnu. 
0.  HI.  22,23,  ich  erkenne  sie  auch;  wir  ouh  i/,  firnäniun. 
0.  IV.  .">,  66,  wir  vernahmen  es  auch;  Ihara  ouh  zua  gifuagi. 
0.  III  M,  71,  dazu  füge  auch,  in  welchen  worten  man  eine  er- 


weiterung  des  ouh  sehen  kann,   wie  Walther  statt  ouch  setzt 
dar  zuo : 

vil  saelic  si  der  walt,  dar  zuo  diu  beide!    35,22. 
auffallend  sind  folgende  einschaltungen  des  ouh:    thaj  det  er 
ouh  thö  suntar.  0.  III.  20,  158 ;    worton  ouh  thö  bilden.  III. 
23,  42 ;  joh  folk  ouh  heidinero.  V.  6,  4  u.  a.  m. 

3)  bei  solcher  frciheit  mag,  wie  wir  eben  sahen,  von  zeit  zu 
zeit  ein  gewisser  brauch  obwalten,  im  ganzen  besteht  fast  un- 
beschränkte man^g faltigkeit  der  Stellung,  wonach  sich  ton  und 
bedeutung  richten,  der  salz:  auch  morgen  will  ich  zu  dir 
kommen,  würde  dasselbe  ausdrücken,  wenn  er  lautete :  morgen 
auch  will  ich  zu  dir  kommen,  aber:  morgen  will  auch  ich 
zu  dir  kommen,  morgen  will  ich  auch  zu  dir  kommen,  mor- 
gen will  ich  zu  dir  auch  kommgn  bedeuten  verschiednes ;  mor- 
gen will  ich  zu  dir  kommen  auch,  sagt  man  in  prosa  nicht, 
doch  im  gedieht  wäre  es  zulässig,  die  conjunclion  leitet  im- 
mer einen  gewissen  nachdruck  auf  das  wort,  dem  sie  unmit- 
telbar vorangeht  oder  folgt. 

4)  nachdrucksam  zumal  steht  auch  neben  dem  persönlichen 
pronomen:  (du  has  tJacob  gesegnet),  segne  mich  auch  mein 
vater.  1  Mos.  27,  34 ;  meine  geliebten  sind  alle  todt,  ich  auch 
bin  lebensmüde;  sie  verlassen  mich,  er  auch  ist  entflohen, 
auch  ihn  hatten  sie  mir  abspenstig  gemacht,  ohne  gewicht 
aber  findet  sich  auch  neben  dem  interrogativ  und  dessen  ab- 
Icitungen:  wer  es  auch  sei,  wer  auch  komme,  er  wird  nichts 
ausrichten;  rufe. alle  heran,  auf  wen  auch  du  stoszen  wirst; 
ich  treffe  ihn,  wie  er  auch  «ch  berge;  was  auch  erfolge,  es 
musz  geschehn.  in  welchen  fällen  mhd.  stelin  würde:  swer 
ouch,  swen  ouch,  swie  ouch,  swaj  ouch. 

dasz,  wo  sie  immer  irgend  auch  des  weges  sich 
begegnen,  jede  der  gegnerin  den  rücken  kehrt. 
GöiHE  41,  189. 

5)  und  auch  ein  stärkeres  und:  Heinz,  Kunz  und  auch 
Albrecht;  eine  schöne  und  auch  (=  dazu,  dabei)  gute  frau; 
ein  redlicher  und  auch  grundgeseheider  mann;  man  nennt 
ihn  gelehrt  und  er  ist  es  auch;  seine  lippen  flössen  über 
von  deinem  lob,  und  so  meint  ers  auch  im  herzen ;  ich  sage 
und  betheure  es  auch;  haut,  fleisch  und  auch  knochen  ist 
versehrt,     auch  und  =  und  auch: 

entnervend  beide,  kriegers  auch  und  bürgers  kraft. 
GÖTHE  41, 190. 

sie  erblickt  niemand  am  ufer,  und  auch  was  hätte  es  ihr  ge- 
holfen, jemanden  zu  sehen.  17,  361  =  aber  auch,  oder  blo- 
szes und. 

6)  mehr  ausführend  ist  die  redeweise  nicht  nur,  nicht 
allein,  sondern  auch:  nicht  nur  Heinz  und  Kunz,  sondern 
auch  Albrecht;  nicht  allein  haut  und  fleisch,  sondern  auch 
knochen.  ahd.  nieht  ein,  sunder  joh;  nicht  ein,  nube  joh; 
dies  joh  ist  das  goth.  jah,  ahd.  joh,  welches  noch  bei  Keisersb. 
neben  auch  erscheint:  ich  hab  es  etwan  von  carthüsern  ge- 
hört, oder  joch  auch  von  vätern  unsers  ordens  gunkel  5; 
man  sag  joch  von  dem  christallin  himel,  joch  auch  von  den 
groszen  freuden.  has  im  pf  mhd.  niht  ein  genöte,  sunder; 
niht  ein  genöte,  wan,  und  noch  anders,  das  schleppende  sondern 
kann  wegbleiben :  nicht  nur  haut  und  fleisch,  auch  der  knochen ; 

nicht  deinen  arm  blosz  will  ich,  auch  dein  aug. 
Schiller  667. 

7)  eben  auch,  nur  auch  =  bair.  halt  auch: 

sie  denken,  dukt  er  da,  folgt  er  uns  eben  auch. 
GÖTHE  12,  185; 

wenn  deine  worte  nur  auch  wahr  sind;  ach  wenn  ich  heuto 
nur  auch  lust  dazu  hätte! 

8)  aber  auch  steht  dem  und  auch  noAe,  nur  dasz  es  ein- 
schränkendes zumischt:  eine  schöne,  aber  auch  {aber  dazu) 
gute  frau.  gelindern  sinn  empfängt  es  in  den  anmahnenden, 
verweisenden  redensarten:  du  must  mir  aber  auch  folgen; 
du  must  es  aber  auch  Ihun ;  das  ist  aber  doch  auch  gar  zu 
arg;  sei  aber  auch  vernünftig;  warum  läufst  du  aber  auch 
80?   hier  wäre  kein  und  zulässig. 

9)  oder  auch: 

einsam  oder  auch  selbandcr 
unter  lieben,  unter  leiden.    Götiir; 

du  magst  essen  oder  auch  trinken ;  reiten  oder  auch  fahren ; 
es  gern  thun  oder  aucii  nicht,  blnsze  Verstärkung  des  oder, 
die,  wie  bei  5  nach  und,  unterbleiben  kann. 

10)  zuweilen  erhält  auch  die  gesteigerte  bedeutung  eines  no- 
gar   oder  selbst:    auch   nicht   einen  heller  von  dem  gelde 


6<M 


AUCH— AUE 


AUE —AUF 


602 


wirst  du  wieder  kriegen;  es  regnet  heftig,  auch  durch  die 
fenster  dringt  das  wasser;  tugend  macht  auch  den  armen 
reich;  willst  du  mir  auch  meinen  letzten  rühm  rauben?;  ich 
fordere  mit  keiner  silbe,  sollt  ich  auch  ein  jalu-  darauf  war- 
ten müssen;  gründliche  philosophen,  die  so  tief  in  alle  Sa- 
chen einschauen,  dasz  ihnen  auch  nichts  verborgen  bleibt. 
Kant  1,  59 ;  ich  hab  da  auch  nicht  einen  bekannten  gesehen ; 

an  diesem  öden  ort,  dabin  kein  thier  auch  kommet, 
den  sonn  und  mond  nicht  weisz,  da  nie  kein  stero  nicht  glimmet. 

Flesing  2 ; 
dein  schönes  vaterJand, 
das  edle  Nürmberg  lacht  auch  mitten  in  dem  weinen.    4S. 

It)  betontes  auch  vor  a  dj.  oder  a  d  v.  auch  recht,  sprach 
er  =  schon  recht;  auch  gut,  dachte  ich.  Lessi.ng  1,  520  = 
immerhin  gut;  auch'  wahr,  versetzte  ich,  =  schon  tcahr. 

12)  unbetontes  auch  in  fragen:  bist  du  mir  auch  gut? 
ist  dirs  auch  lieb?  ist  es  denn  auch  so,  wie  du  sagst?  hast 
du  mich  auch  noch  lieb?  geht  dirs  auch  nahe?  soll  ichs 
auch  glauben,  oder  betrügen  mich  meine  äugen?  Gellert; 
ist  es  ihnen  auch  zuwider,  wenn  ich  zu  ihnen  komme?  aber 
weist  du  denn  auch,  dasz  die  ganze  geschichte  erfunden  ist? 
verschieden  davon  sind  die  fragen  mit  betontem  auch :  ich  bin 
dir  gut,  bist  du  mir  auch  gut?  mir  ists  lieb,  ist  dirs  auch 
lieb? 

13)  unbetontes,  ironisches  auch:  das  thäte  jetzt  auch 
noth!  jetzt  ist  auch  zeit  zum  weinen!  was  der  kerl  auch  für 
einfalle  hat!  das  weisz  auch  der  teufell  das  ist  auch  wahr, 
du  hast  immer  recht. 

14)  von  Verbindung  des  auch  mit  den  conjunclionen  b  b  und 
wenn  s.  unter  diesen  Wörtern. 

ÄUCHEN,  n.  pratulum,  kleine  aue,  gebildet  wie  fräuchen 
von  frau:  hinter  der  groszen  aue  log  noch  ein  äuchen,  ganz 
von  weiden  eingefaszt. 

AUDIENZ,  /■.  ein  ganz  entbehrliches  fremdes  worl,  wofür  wir 
gehör  und  verhör  haben: 

eh  als  er  audienz  (verhör  ist  viel  zu  scblechi) 
zu  wege  bringen  kan.  Opitz  1, 136; 

man  sagt  aber,  einen  zur  audienz  lassen,  ihm  audienz  geben ; 

gleich  morgen 
verlang  ich  audienz  bei  meinem  valer.    Schiller  ; 

er  leidet  an  gicht,  eine  krankheit,  die  allen  bösen  launen 
und  melancholie  audienz  gibt.  BErriNE  br.  2,  8. 

ALE,  f  wasserumflossenes  land,  feuchter  ijrund,  wiese,  in- 
sel,  ahd.  ouwa,  mhd.  ouwe,  gekürzt  in  ou,  nhd.  au,  das  vor- 
hin schon  aufgestellt  war.  das  goth.  wort  gebricht,  deutlich 
aber  hängt  ouwa  zusammen  mit  aha  flusz,  goth.  ahva,  lat. 
aqua,  und  nach  analogie  des  goth.  mari  maujüs  =  mhd. 
mouwe,  ahn.  mey  Idszt  sich  ein  goth.  ari  aujüs  vrjaos  rathen, 
dem  auch  altn.  ey  entspricht,  altn.  stehen  sich  i  flutius  und 
ey  insula  zur  seile  ganz  wie  schwed.  §,  dän.  aa  fluvius,  ö  in- 
sula,  folglich  wie  ahd.  aha  ßuvius  und  ouwa  insula.  in  ouwa 
ist  aber  das  ableitende  i  geschwunden,  wie  in  frouwa,  wofür 
doch  ein  goth.  fravi  oder  fraujö  anzusetzen  wäre,  denn  dem 
männlichen  frauja  entspricht  altn.  freyr  statt  freyji.  doch  zeigen 
ahd.  lateinische  Urkunden  volleres  augia  =  auwia  und  goth. 
avi,  vielleicht  aujo,  mit  g  für  j,  vergleichbar  dem  in  Visurgis 
=  Wisuraha,  Wisurauwia.  nacA  dieser  ganzen  auseinander- 
setzung  aber  müste  das  vermutete  goth.  avi  hervorgegangen  sein 
aus  einem  älteren  ahvi  orfer  ahvju,  beinahe  wie  mavi  puella 
aus  magvi,  ton  magus  puer.  auch  das  neutrum  gavi  regio 
und  m.  gauja  incola  erwäge  man.  merkwürdig  heiszt  es  noch 
mhd. 

dar  «chif  flö?  enowe  (stromab).    Nib.  1503,  2; 

elllchej  ouwei  (trieb  stromab).    1511,  4; 

was  doch  nur  auf  die  Vorstellung  aha  und  nicht  ouwa  bezo- 
gen werden  kann,  und  so  steht  späterhin  naufart  ßr  das  schif- 
fen im  Strom. 

Fischart  in  der  (unter  au)  angeführten  stelle  setzt  das  (nieder- 
rheinische?)  grün  bruch  dem  schweizerischen  matte,  rheinischen 
wiese,  schwäbischen  au  an  die  seite.  aus  bruoch,  broc  palus, 
nnl.  veen,  fenne,  ergab  sich  wie  aus  aue  insel,  wasserland 
die  Vorstellung  grasiger  weide  und  wiese,  aue,  grüne  weide 
geht  aber  leicht  über  in  grünes  feld,  auch  ackerfeld,  das  un- 
ter den  bergen  liegt:  das  land  hat  berge  und  awen,  die  der 
regen  vom  hirael  trenken  musz.  5Afoj.  11,  U;  er  weidet  mich 
auf  einer  grünen  awen  und  füret  mich  zum  frischen  wasser. 
fs.  23,  2;    die   anger   sind  vol  schafen  und  die  awen  stehen 


dick  mit  kom.  65,  14;  und  dein  rihe  wird  sich  za  der  zeit 
weiden  in  einer  weilen  awe.  Es.  30,  23;  die  tochter  Zion  ist 
wie  eine  schöne  und  lustige  awe.  ]cr.  6,  2 ;  ein  man  sasz  auf 
cim  rolen  pferde  und  er  hielt  unter  den  myrten  in  der  awe. 
Zach.  1,  S ;  denn  weil  e«  ein  schöne  und  lustige  awe  war, 
die  am  gebirge  Libano  lag.  Mathesius  2";  so  lindt  man  in 
den  awen,  so  zwischen  hohen  gebirgen  ligen,  vil  geschüb  und 
fletz,  so  die  sündOut  von  gengen  und  stocken  abgestoszen 
und  in  die  gründe  geflöszt  und  über  einander  geschoben  hat. 
2';  wie  die  ganze  lustige  awe,  darin  die  fünf  königreich  als 
ein  paradeis  des  herrn  lagen,  ins  tode  meer  und  gesalzen 
wasser  verwandelt  wurde.  134*.  schmückt  wisen  und  awen. 
Agricola  spr.  n  1.  jene  bergschhtchten  mögen  denn  auch  wild 
und  wüst  bezeichnet  werden:  der  reiche  ist  weder  auf  dem 
felde  noch  berge,  wildnis  oder  awen  frembde.  pers.  rosenth.  3,  27 ; 
glück  zu  du  ödes  leid,  glück  zu  ihr  wüsten  auen  ' 
die  ich,  wann  ich  euch~seb,  mit  threnen  musz  betauen. 
LoGAu  1,  3,  4. 
aus  GöTHE  nur  folgende  stellen: 

verlassen  hab  ich  feld  und  auen, 
die  eine  tiefe  nacht  bedeckt.    12,  64 ; 

es  ist  nur  ein  theil  desselben  {des  Rheins),  die  voi  liegende 
aue  beschränkt  ihn.  43,250;  die  aue  im  flusz.  43,251;  flusz- 
aufwärts  sieht  man  von  hier  die  bewachsenen  auen.  43,252; 
der  siromstrich  wirkt  hier  stark  auf  das  linke  ufer,  nachdem 
er  eine  vorliegende  aue  weggerissen.  43,  301. 

AUE,  /".  0115,  gr.  ois,  skr.  avi,  litt,  awis,  lett.  aws,  ags. 
eovu,  engl.  e\v,  nnl.  ooi,  fries.  ey,  altn.  a,  ahd.  ouwi  (Graft 
1,  505).  goth.  entweder  aus  gen.  avais  oder  avi  aujös  (wie  mavi) 
oder  avei  aveins  (iric  gaitei)?  alle  diese  formen  begehren  äl- 
tere, vollere  mit  g,  avi  =  agvi,  oris  =  agvis,  was  dem  agnus 
und  agna  näher  treten  würde,  man  erwäge  goth.  mavi  = 
magvi,  neben  magus.  aber  mhd.  und  nhd.  ist  ouwe,  aue 
längst  erloschen,  nach, dem  westfälischen  au  und  aulamm  wagt 
SiOLBEHG  3,  340 :  sie  hüpfte  blökend  mit  den  lämmem,  denen 
die  auen  oft  blökend  folgten.     Schweiz,  au,  äuli.  Stald.  1, 117. 

AL'ER,  f.  uhr,  gebildet  wie  bauer,  mauer,  sauer,  aber  nicht 
durchgedrungen,  noch  heute  spricht  der  Welterauer  die  auer 
und  Alberls  schreibt  aur  horologium,  sonnawer  (sonnenuhr), 
anderemal  aber  uhr;  auch  im  kunkelevangelium  steht  um  7 
oder  8  auren,  vgl.  engl,  hour  (spr.  aur).  Fischart  setzt  ur: 
ich  trink  nicht  dan  nach  meinen  horis,  uren  und  paternostem. 
Garg.  S4*. 

AUER,  m.  einer  aus  aue,  mhd.  ouwarre,  nocA  heute  ist  Auer 
eigenname.  ebenso  in  den  zusammengesetzteti :  ein  Nassauer, 
Schönauer. 

AUEK,  m.  urus,  mhd.  ör  Wh.  335,  9.  Aifc.  SSO,  2,  liesze  sieh 
noch  erwarten,  begegnet  doch  fast  nur  in  den  folgenden  Zu- 
sammensetzungen, das  schwäbische  landrolk  spricht  Aurich 
Aurach  f.  Urach,  Auerbach  fftr  Urbach  und  verschiedentlich  er- 
scheinen die  Ortsnamen  Aueralp,  Auersberg,  Auerswalde  u.  a.  m. 
die  in  der  vorzeit  nach  diesem  thier  gegeben  wurden,  engl,  owre 
(spr.  aur),  gr.  ovpos. 

gewohnt  den  wilden  ur  zu  greifen.    Schiller  66". 

AUERHAHN,  m.  tetrao  urogallus,  bei  Fiscbart  Garg.  236* 
urhan;  grosze  fasanen  nennt  man  awrhanen.  MIIssteb  489; 
aurhan  Hemsch  155; 

aurhanen,  vögel  und  schwanen.    Atrer3^S5*: 
als  wie  ein  taumelnder,  lusttrunkner  auerhahn. 

WiELA.'HD  22,  301. 

man  sagt:  der  auerhahn  balzt,  steigt,  springt  an,  tritt  zu 
bäume. 

AUERHAHNBALZ,  /".  coitus  tetraonis  cum  gallina,  der  an- 
spmng,  dann  auch  die  danach  benannte  jahrszeit :  von  derauer- 
hahnbalz  bis  zum  zweiten  schnepfenstrich.  Göthe  22,  81;  selbst 
örter  und  Waldgegenden  führen  den  namen.    s.  balzen. 

AüERHEN.NE,  f.  gailina  tetraonis. 

AUEROCHS,  m.  bos  urus,  ahd.  ürohso  (Gkaff  1, 141),  aur- 
ochs.  Hemisch  155. 

AUERWILD,  »I.  Jägern  ßr  auerhahn  und  auerbenne. 

AUF,  Partikel,  die  ursprünglich  nur  adverb  war,  allmdlich 
zur  praeposition  gedieh,  goth.  iup  äpoy,  ahd.  uf?  oder  immer 
schon  üf,  anzusehn  als  verdichtetes  iuf?,  mhd.  ftf;  aber  altn. 
upp,  alts.  ags.  engl,  up,  fries.  nl.  dän.  op,  mit  entschieden 
knrzem  vocal,  der  auch  im  nahverwandten  alid.  oba,  obana, 
goth.  hingegen  iupa,  iupana,  waltet,  diese  ablaute  berechtigen 
noch  mehr  als  bei  ab  auf  iban,  bei  an  auf  inan,  einen  stamm 
goth.    iupan   aup   upun,   ahd.   iofan  ouf  ufun  anzusetzen  mit 


603 


AUF 


AUF 


604 


den  bedcxilungen  tollere,  erigere,  pandere,  wie  sieh  ofan,  offen 
ex]m)isus,  apertus  deutlich  als  part.  praet.  darstellt,  dem  die 
goth.  form  upans  orfer  schon  in  adjectivischer  anwendimg  upns 
dürße  zugetraut  werden,  vgl.  nachher  aufen.  demnach  drückt 
auf  aus  das  in  die  höhe  strebende,  sich  aufrichtende,  entfal- 
tende und  bildet  den  natürlichen  gegensatz  zu  nieder,  nieden, 
ahd.  auch  noch  nida,  dem  niederwärts  gerichteten,  vom  stamm 
nijjan  na{)  ne{)un,  für  den  unser  gnade,  ahd.  ginäda,  altn. 
näd  gratia,  d.  i.  neigung,  propensio  gewähr  leisten,  und  wie- 
derum entsprang  hier  praepositionskrafl,  wie  noch  heute  die 
Schweizer  nidsi  und  obsi,  nid  dem  wald  und  ob  dem  waid 
einander  entgegensetzen. 

Das  goth.  adv.  iupana  drückt  aus  avcod'ev,  von  oben  her, 
entspricht  dem  ahd.  obana,  unserm  oben  und  musz  vom  ahd. 
ufan,  uffan,  worin  sich  uf  und  ana  binden,  unterschieden  wer- 
den, diesem  ufan  steht  gleich  das  altn.  uppä,  schw.  pä,  dän. 
paa  {sp.  285),  welche  letztern  nur  den  auslaut  von  upp  behal- 
ten, während  nhd.  die  Verschmelzung  des  auf  mit  an  wieder 
ausstarb  und  an  wie  auf  uns  rührige  praepositionen  sind. 
Schweden  und  Dänen  entgehn  sie  als  solche  beide,  ihnen  gilt 
für  unser  an  überall  jenes  pä,  paa  und  ihr  up,  op  ist  blosz 
adv.,  nie  praeposition. 

Auf  und  an  verhalten  sich  wie  gipfel  und  seile,  wie  höhe 
und  nähe;  dem  auf  steht  das  nieder,  dem  an  das  ab  entge- 
gen, wer  an  dem  berg  ist,  ist  noch  nicht  auf  ihm,  die  stüle 
werden  gestellt  an  den  tisch,  die  teller  auf  den  tisch,  die 
stüle  abgerückt,  die  teller  heruntergenommen;  weil  aber  der 
niedersteigende  sich  zugleich  von  der  höhe  entfernt,  an  die  er 
gelangt  war,  steigt  er  auch  ab  und  die  teller  werden  in  die- 
sem sinn  abgenommen,  oft  können  an  und  auf,  noch  ößer 
ab  und  nieder  sich  begegnen,  an  oder  auf  der  erde  liegen, 
der  vogel  ist  an  das  dach  oder  auf  das  dach  geflogen  meint 
dasselbe;  der  apfel  fallt  nieder  oder  ab,  der  abfallende  musz 
nach  dem  gesetz  der  schwere  niederfallen,  er  sei  denn  schnell 
aufgefangen.  In  der  abstraclion  pflegt  an  den  beginn,  auf 
das  ende  auszudrücken,  und  so  steht  anbrennen  neben  auf- 
brennen, anheben  neben  aufheben,  ansagen  neben  aufsagen, 
abbrennen  jedoch  würde  mit  niederbrennen  beinahe  zusam- 
mentreffen und  es  heiszt  nur  abheben,  absagen,  nicht  nieder- 
hehen,  niedersagen. 

Bei  dieser  partikel  ist  voraus  die  adverbiale  bedeutung,  her- 
nach die  praepositionale  zu  erwägen. 

I.  Auf  als  adv  erb,  lat.  sursura,  in  die  höhe,  empor,  ahd. 
inpor. 

1)  am  deutlichsten,  wenn  es  ermunternden  ausruf  bildet,  den 
sonst  häufig  imperative  ausdrücken:  auf,  und  jage  den  men- 
nern  nach !  1  Mos.  44,  4 ;  auf,  und  mach  uns  götter,  die  für 
uns  her  gehen!  2  Mos.  32,  1;  auf!  das  ist  der  tag,  da  dir  der 
herr  Sissera  hat  in  deine  band  gegeben,  rieht.  4, 14 ;  auf,  laszt 
uns  zu  ihnen  hinziehen!  18,19;  auf  laszt  uns  fliehen !  2  Sam. 
15,  14;  anfang  vieler  geistlichen  wie  weltlichen  lieder: 

auf  auf  ihr  reichsgenossen! 

auf  auf,. mein  geist  erhebe  dich! 

auf  Seele  auf,  und  säume  nicht!; 
freund,  auf!  und  lasz  uns  gehn, 
auf!  es  ist  hohe  zeit.    Fleming  106; 
auf,  ihr  reisigen  Troer  wolauf!    Voss  II.  4,  509; 

da  heiszt  es  auf,  auf  ins  schif!  lasz  die  sachcn  zurück. 
Weise  kl.  leule  269;  auf  auf!  an  an!  die  waffen  erklirrten. 
GöTHE  8,  52 ; 

auf  auf  ihr  brüdcr  und  seid  stark!    Schubart; 
auf!  sprenge  dieses  schhimmers  bände, 
der  deinen  geist  gefesselt  hält.    Götter  1,223; 
auf  maiunlüftchen,  nus  den  blumenbeeten !    Üürger  4* 
auch  mit  angefügtem  denn  oder  vorausgeschicktem  wol: 
auf  denn!  die  gl.iser  gefüllt.    Lui«e3,  615; 
auf  denn!  werd  o  lied  laut.    Bürger  4*; 
im  beginn  vieler  alten  Volkslieder: 

wolauf,  ir  landsknecht  alle! 
wolaiif  gut  gesell  von  hinnen, 
wolauf,  wir  wollcns  wecken! 
„  wolauf  mit  reicliem  schalle! 

wol  auf  und  wol  her!    fasln,  «p.  403,  9; 
wol  auf  zum  wein!    Garj.  87'; 

unprünghch  zumal  ein  wecken  aus  dem  schlaf  zum  kämpf, 
aus  der  ruhe  zur  arbeit; 

wolauf,  kameraden,  aufs  pferd,  auf«  pferd, 
ins  feld,  in  die  freiheit  gezogen! 


ebenso  frisch  auf  und  anderes  ähnliche: 

frisch  auf,  mein  seel  und  traure  nicht  I 
frisch  auf,  gut  gsell,  lasz  rummer  gan! 

frisch  auf  ihr  gesellen!  Garg.  82';  frisch  auf,  doli  auf!  88*. 
man  wandte  das  wol  auf  und  frisch  auf  a/*cr  auch  auszer  dem 
ausruf  an:  ich  befinde  mich  noch  gesund  und  wol  'auf;  du 
bist  immer  frisch  auf;  hat  es  mir  als  einem  jungen  men- 
schen gar  wol  gegangen,  bei  gesund  und  wolauf.  Scuweim- 
CHEN  1,  62.  noch  häufiger  sind  die  Verbindungen  herauf!  hin- 
auf! wofür  auch  heran!  hinan!  gerufen  werden  kann,  wie  für 
wolauf  wolan !  und  wie  auf  und  an !  sich  knüpfen,  glück 
auf!  ist  der  bergleute  grusz.  damit  auf  und  holla!  der  arme 
mann  im  Tockenburg  90. 

2)  dem  frischauf  gleichen  vollauf,  hellauf,  lautauf,  in  wel- 
chen voll,  hell  tmd  laut  adverbia  sind:  schenk  ein  vollauf; 
die  Jäger  blasen  hellauf;  die  mutter  schrie  lautauf,  als  sie 
ihr  kind  wieder  fand;  er  schluchzte  lautauf; 

und  laut  auf  lachten  die  m.'idclien, 
laut  auf  lachten  die  knaben.    Göthe  40,  255. 

doch  wird  man  das  auf  besser  zum  verbum  ziehen  und  die  redens- 
art  fassen:  voll  aufschütten,  hell  aufljlasen,  laut  aufschreien. 
Nuu  folgt  aber  auch  ein  au^  adjectiven,  denen  \on'vorausgeht:  von 
frühauf  arbeiten,  von  frischauf  überlegen,  von  jung  auf  gehor- 
chen, von  klein  auf  an  dem  ort  wohnen,  was  doch  eigentlich 
heiszen  sollte  von  frühem,  frischem,  jungem,  kleinem  auf. 
in  einem  lande  von  klein  auf  erzogen  werden.  Kant  10,  82. 
Denn  dasz  von  einen  abhängigen  casus  verlangt,  geht  aus  der 
analogen  fügung  von  Substantiven  hervor:  von  meiner  Jugend 
auf.  Marc.  10,  20;  von  Jugend  auf,  o  pueritia.  Sirach  7,  25. 
Göthe  24,  274;  von  kindheit  auf,  von  kindesbeinen  auf:  ich 
hatte  von  kindheit  auf  die  wunderliche  gewohnheit.  Göthe 
24,  249.  hier  steht  auf  wieder  gleichbedeutend  mit  an,  da  eben- 
wol  gesagt  wird  von  Jugend,  von  kindesbeinen  an.  verschie- 
den ist  das  von  unten  auf,  wenn  man  sagt:  von  unten  auf 
dienen,  von  unten  auf  rädern;  oder  mit  subst.  von  der  hölle 
auf,  vom  tiefsten  grund  auf  seufzen,  anderemal  verbindet 
sich  jiuf,  gleich  dem  an  und  ab,  auch  mit  dem  acc.  der  Sub- 
stantive: wir  fahren  jetzt  stromauf,  Rheinauf,  bergauf;  die 
seele  schwingt  sich  himmelauf; 

Christus  ist  gefahren  himmel  auf.    Opitz; 

warf  die  äugen  den  himmel  auf.    .4rgenis  2, 103 ; 

himmel  auf  und  selbst  zu  gott 

ist  der  reine  geist  geflogen.    Fleming  338; 

und  heulte  himmel  auf.    Zachariä; 

welch  geliimmel 

slraszen  auf!    ScuiliehTS; 

das  wird  die  letzte  thrän  nicht  sein., 

die  glühend  herz  auf  quillet, 

das  mit  unsäglich  neuer  pein 

sich  schmerzvermehrend  stillet. 

Göthe  in  Hirzels  fragm.  s.  4 ; 

den  Strom  hinauf,  den  himmel  hinauf,  das  herz  hinauf  folgt 
der  acc.  nach,  so  ist  auf  praeposition: 

was  zagt  ihr,  tapfre  Franken?  auf  den  feindl    Schiller  458. 

3)  Verbindung  mehrerer  partikeln.  lebendig  und  unübersetzbar 
in  andere  sprachen,  sagen  wir  auf  und  davon,  was  ursprüng- 
lich von  einem  vogel  entnommen  scheint,  der  sich  aufschwingt 
und  die  weite  sucht;  die  redensarl  hat  sicher  ein  hohes  alter: 

auf  und  darvon! 

laszt  den  zeiter  gon.    Fischart  Garg.  39"; 

ist  auch  damit  auf  und  darvon.  42';  auf  und  danon,  bereit 
und  beschoren.  249';  auf  und  davon  reisen,  irrg.  der  liebe  35. 
498 ;  meine  zwei  geiszen  seien  auf  und  davon,  der  arme  m.  im 
Tock.  198;  wenn  es  gefiihriich  wird,  geh  ich  morgen  früh  auf 
und  davon.  Göthe  15,  6;  wegen  einer  gequetschten  nase,  mit 
der  so  viele  kinder  auf  und  davon  springen.  15,  55;  ich  ent- 
schlosz  mich,  als  es  nacht  wurde,  kurz  und  gut,  auf  und 
davon  zu  gehn.  23,101;  ich  war  indessen  hei  den  ersten  an- 
stalten  auf  und  davon  gegangen.  32, 123  ;  unter  andern  giengst 
dn  auch  auf  und  davon.  57,129;  und  gieng  endlich  auf  und 
davon.  57,  154.  eigentlich  fügt  sich  die  formet  nicht  recht 
nach  gehn,  blosz  nach  fliegen,  springen  {aufs  pferd).  bei 
den  hexen  heiszts  auf  und  davon !  nemlich  auf  die  gabel 
oder  den  bock,  auf  und  darab  würde  dasselbe  sein  mit  auf 
und  davon,  begegnet  aber  nicht,  häufig  auf  und  ah  in  der 
bedeutung  von  hin  und  her,  einen  gang  hinauf,  den  andern 
zurück,  auch  im  sinne  von  zu  oder  ab:  lang  in  dem  garten 
auf  und  ah  gieng.  Galmy  25 ;  die  fahrend  hab  gaht  auf  und 
ab.   Garg.  80' ; 


605  AUF 

hier  musz  ich  auf  und  ab  durch  wild  gestrüpe  reisen. 

Fleming  HS; 
sie  frug  den  zug  wol  auf  und  ab.    Borger  13'; 

sie  schweben  auf,  sie  schwebeu  ab 

in  seltsam  fremder  weise.    Heise  ; 

in  diesem  bad  auf  bad  ab  ziehen.  Klixcer  1,  94 ;  sie  sind 
wol  viel  in  der  weit  auf  und  ab  gereist?  1,  141;  icb  will  dort 
unter  den  bäumen  auf  und  ab  schleichen  und  passen  bis 
er  kommt.  Fr.  Müller  3,  161;  lasz  uns  derweil  auf  und  ab 
schlendern.  3,  162 ;  ein  oder  zwei  worte  auf  und  ab  werden 
nicht  viel  austragen,  causenmacher  78 ;  es  ist  nöthig,  dasz 
nichts  gepflückt  werde,  ehe  es  reif  ist,  und  vierzehn  tage 
auf  oder  ab  thun  viel.  Göthe  16,  155;  wenn  man  ein  wenig 
vorurtheii  auf  oder  ab,  mehr  oder  weniger  lebhaftigkeit  oder 
bedaclU  nicht  eben  in  anschlag  bringt.  38,  85 ;  weil,  das  vor- 
hergesagte zugegeben,  auf  oder  ab  die  heilung  immer  bereitet 
ist.  56,172;  wenig  tage  auf  ab.  Göthe  an  fr.  von  S/einl,  137  ; 
die  Wissenschaft  steigt  daher  ewig  zwischen  theil  und  gan- 
zem, oder  besonderem  und  allgemeinem  auf  und  ab.  J.  Paul 
bücherschau  1,  ISl; 

es  war  die  zehnte  stunde  oder  später, 
ein  wenig  auf  und  ab  hat  nichts  zu  sagen. 
TiECK  2,  37. 

auf  und  nieder,  mnl.  op  ende  neder:  so  gehts  schlag  auf 
und  nider.    Garg.  86";  gasse  auf  gasse  nieder.    Schiller  120'; 

er  der  auf  und  nieder  geht.   Gotter  1,  54; 

-die  niedliche  gesialt, 

die  schlanken  zarten  glieder 

besah  er  auf  und  nieder.    Bürger  21'; 

ich  aber  habe  nun  die  alten  lieder 

der  schmeicbelei  genugsam  hören  müssen, 

wie  man  sie  ganz  vergöttert  auf  und  nieder. 
RiJCKERT  142. 

auf  und  dran,  »m  ausrtif,  gleicht  dein  wolauf  und  wolani 

auf  und  dran, 
spannt  den  hahn .' 

auszer  dem  ausruf:  ich  war  drauf  und  dran  es  zu  thun, 
mitten  darin  begriffen;  er  ist  drauf  und  dran  zu  sterben, 
liegt  im  sterben,  auf  und  an,  bald  so,  bald  so,  beinahe: 
ein  schöner  und  würfelter  markasith  oder  brennender  kis, 
sihet  wie  ein  gold  oder  auf  und  an  wie  ein  messing,  der 
mit  trippel  abgerieben  ist.  Mathesics74';  andere  schöne  berg- 
kart,  die  auf  und  an  sihet  wie  ein  gutes  erz.  113'.  vor  dem 
terbum  gehduß:  auf  und  annehmen.    Garg.  64'. 

4)  wann  ist  die  tersldrkung  der  conjunclion  dasz  durch  auf 
entsprungen  und  wie  zu  verstehn  ?  bei  Luther  begegnet  dieses 
auf  dasz  allenthalben,  z.  b.  (nim  zu  dir)  das  menlin  und 
sein  frewlin,  auf  das  same  lebendig  bleibe  auf  dem  ganzen 
erdboden.  1  Mos.  7,  3 ;  darnach  liesz  er  eine  tauben  von  sich 
ausfliegen,  auf  das  er  erfüre,  ob  das  gewesser  gefallen  were. 
8,8;  liefier  so  sage  doch,  du  seist  meine  Schwester,  auf 
das  mirs  deste  basz  gehe.  12,  13 ;  auf  das  der  herr  auf  Abra- 
ham komen  lasse  was  er  im  verheiszen  hat.  18, 19 ;  ehre 
vater  und  mutter,  auf  das  dirs  wol  gehe.  Eph.  6,  3  «.  s.  w. 
durch  die  bibelsprache  wurde  nun  diese  partikel  auch  bei  an- 
dern schriflslellem  des  16  und  17  jh.  verbreitet :  und  halte  sie 
(fräulin  Loisam)  Philip  Marnix  aus  Holland  herauf  nach  Dil- 
lenberg geführt,  auf  dasz  man  sie  in  der  nähe  haben  möchte. 
Ba>ce  Ihür.  chron.  {Mülh.  1599)  206*;  an  einem  könige  wird 
erfordert  die  freundlichkeit,  auf  dasz  die  leute  zu  ihm  kom- 
men, billigkeit,  auf  dasz  sie  geruhsam  und  sicher  unter  sei- 
nem regimenl  wohnen  können,  pers.  rosenth.  1,  8 ; 

auf  dasz  ich  nichts  begehe  wider  pflicht.    Opitz, 

der  noch  Oper  in  gleichem  sinn  um  dasz  verwendet,  s.  b.  von 
der  nachtigal,  die 

mit  singen  lustic  ist,  umb  dasz  sie  los  und  frei 
von  ihrer  dieosibarkeit  und  nun  ihr  selber  sei. 
Ztatna  3. 

im  18  jh.  und  heute  teilen,  nur  im  biblischen  Ion  oder  zur 
versfüllung : 

nimm 
die  peiuch  und  fahr,  auf  daiz  ich  fechten  mag. 

BÜRCEii  161'; 
auf  dasi  erwarten  sie  möchten  ihren  köni«?. 

SloLteRG  12,  5; 

dies  auf  dasz  hat  nun  den  sinn  des  franz.  afin  que,  wie  urfl* 
dasz  dem  pour  que  entspricht,  wofür  nhd.  dur  Aaz,  gesetzt 
wurde,     nie  aber  erscheint   ein    mhd.  (if  daz,    mit   unmittelbar 


AUF 


606 


der  conjunclion  vorangehendem  ftf,  wol  aber  einmal  die  volle, 
unser  nhd.  auf  dasz  erhellende  redensart:  also  wil  ouch  du, 
öf  da^  daj  wir  dir  gar  gelich  werden,  myst.  376,  6.  hiemach 
ist  also  auf  dasz  zu  ergänzen  in  auf  das  dasz,  in  eum  finem 
ut,  folglich  auf  Ai'er  stets  die  praeposition,  von  welcher  das 
erste  das  abhängt.  Ungleich  häufiger  begegnet  die  redensart 
schon  mnl.,  z.  b. 

ons  en  derf  roeken  wal  wi  hier  doghen, 

op  dat  wi  hemelrike  behben  moghen.    lekensp.  1.  37,  1^4; 

ende  daer  helpt  hi  ons  gherne  toe, 

op  dat  wi  selve  willen  alsoe.    II.  40,  176; 

ghi  sijt  mine  vrint,  op  dat  ghi  doet  dat  ic  u  ghebiede.  Jesus 
cap.  215;  doch  hat  es  in  diesen  stellen  mehr  die  bedeutung 
von  wofern  dasz,  indem  dasz,  und  de  Vries  erklärt  es  im 
glossar  zum  lekensp.  s.  547  op  voorwaarde  dat,  unter  der 
bedingung  dasz.  einfacher  wäre  op  dat  dat,  fcie  rorAin  üf  daj 
da?,  die  nl.  spräche  wirß  gleichfalls  das  erste  dat  weg.  man 
darf  in  Lltuers  auf  dasz    niederdeutschen    einflusx   erblicken. 

5)  schon  ahd.  fügte  sich  uf  oder  öf  selten  an  nomina  und 
die  Zusammensetzungen  ufhimil,  ufhüs,  ufchiricha,  ufwec, 
womit  der  hohe  himmel,  ein  hohes  haus,  eine  hohe  kirche,  ein 
hoher  weg  bezeichnet  wurde,  starben  allmälich  aus.  desto  öf- 
ter hingegen  verbindet  sich  die  partikel  mit  dem  verbum,  aus 
dessen  Zusammensetzung  hernach  wieder  nomina  geleitet  wer- 
den können,  aufgang,  aufsieht,  aufzug  u.  s.  w.  stammen  von 
aufgehen,  aufsehen,  aufziehen. 

Während  die  mit  ab  und  an  zusammengesetzten  verba  in 
vielen  fällen  noch  die  alte  praeposition  verkündigten  und  getrach- 
tet wurde,  sie  darauf  zurückzuftthren ;  wird  bei  den  Zusam- 
mensetzungen mit  auf  ein  solches  verfahren  unthunlich  sein, 
da  wir  erkannten,  dasz  es  keine  alte  und  ursprüngliche  prae- 
positim  auf  gab,  sondern  sie  erst  im  verlauf  der  zeit  erwuchs, 
die  composita  mit  auf  müssen  demnach,  wo  nicht  alle,  doch 
die  meisten  und  ältesten  für  ihre  partikel  den  begrif  des  ad- 
verbs ,  nicht  der  praeposition  entfalten,  d.  h.  diesem  auf 
«5/  nicht  ein  im  salz  ausgedrücktes  oder  zu  ergänzendes  no- 
nien  angehörig,  sondern  es  fügt  zu  dem  verbum  selbst  und  un- 
mittelbar die  Vorstellung  empor,  sursum,  so  wie  ausnahmsweise 
einzelne  composita  mit  an  statt  der  praeposition  das  adverb 
an,    t'n    der   bedeutung    des  fortschritts  oder  anhalts  enthielten. 

Hauptsächlich  also  drückt  es  die  in  seiner  würzet  selbst  ge- 
suchte richlung  von  unten  nach  oben  aus,  ein  aufwärts  und 
in  die  höhe,  der  aufstehende  richtet  sich  empor,  der  aufhe- 
bende nimmt  vom  boden  zu  sich  auf  und  aufhängen,  auffüh- 
ren, aufbauen,  aufbinden  bedeuten  in  die  höhe  hängen,  füh- 
ren, bauen,  binden.  Je  einfacher  das  verbum  ist,  zu  welchem 
auf  tritt,  desto  fnscher  und  lebendiger  erscheint  der  sinn,  und 
in  vielen  fällen  bringt  die  partikel  natürliche  und  treffende 
Vorstellungen  zu  wege.  sowol  Ulfilas  als  Llther,  iceni»  sie 
Luc.  19, 5  verdeutschen  insaihvands  iup  und  sähe  er  auf,  über- 
bieten das  gr.  avaßltxfias  und  lat.  suspiciens,  denn  insai- 
hvands iup  tpärc  avaß)Jxpas  ttvco,  wie  es  auch  Joh.  11,  41 
heiszt  uzuhhof  augüna  iup,  /ii<0  seine  äugen  empor,  rjgev 
rovi  ofd'akuovs  ävco,  vulg.  elevatis  sursum  oculis,  iup  und 
auf  erhöhen  die  schon  in  den  partikeln  avtu,  in,  ex,  us  gf 
legne  Vorstellung,  so  nahe  sich  avä  und  äfoi  selbst  liegen. 
Wie  treffend  und  anmutig  bezeichnen  wir  das  erscheinen  des 
himmlischen  lichts  am  horizont  und  das  hervorbrechen  der 
blute  ganz  mit  denselben  warten:  die  sonne  {die  gehende)  geht 
auf,  die  blume  geht  auf,  sie  richten  sich  empor,  slehn  nun 
oben,  sind  aus  ihrer  Verborgenheit  und  hülle  getreten;  hier 
wird  die  Verwandtschaft  zwischen  auf,  oben  und  offen  recht 
sichtbar,  wie  kurz  und  tüchtig  ist  die  redensart  auf  sein : 
die  sonne  ist  auf,  der  mond  ist  auf,  die  blume  ist  auf;  ich 
bin  auf  kann  meinen,  ich  bin  aus  dem  bette,  ich  bin  wol 
auf,  frisch  auf,  stehe  aufrecht  und  gesund,  bin  gerüstet  zu  that 
und  handlung;  flugs  laszt  uns  auf  sein  und  dahin  ziehen! 
Garg.  224*;  ein  behend  erzählender  darf  es  unmittelbar  hinters 
persönliche  pronomen  stellen  und  das  verbum  unterdrücken: 
er  auf,  und  folgt  mit  blitzesschnelle ;  kaum  war  sie  entwi- 
chen, ich  auf,  als  trieb  mich  ein  wespenschwann,  fuhr  in 
den  kaftan  und  komm  ihr  nachgeschlichen.  Wieland  18,  224; 
sie  auf,  und  streckt  den  fusz  von  sich.  Fiscuart,  vgl.  da 
Kampfkeib  discn  vortheil  ersähe,  er  vom  pferd,  zeucht  von 
leder.  Garg.  231*.  noch  kühner  steht  auf  derselben  blattseite: 
sie  vergaszen  die  mäuier  auf,  vergaszen  dasz  ihre  mäuler 
offen  standen,  vergaszen  sie  zuzumachen,  woraus  man  dock 
kein    zusammengesetztes    aufvergessen  folgere,    es    ist    die  frei 


607 


AUF 


AUF 


608 


geschaltete  parlikel.     aber  gott  helfe  dir  bald  auf!  {vom  belle, 
krankenlager)  ist  schon  von  aufhelfen. 

An  dies  empor  schlieszt  sich  von  selbst  die  Vorstellung  des 
üfnens,  die  aufgehende  blume  öfnet  ihren  kclch.  darum  hciszt 
es  zugleich  von  der  aufgehenden  knospe  sie  bricht  auf,  ber- 
stet auf,  platzt  auf  und  dasselbe  aufbrechen,  anbrechen  kann 
wiederum  von  tag  und  sonne  gellen,  die  nusz  aufbciszen  ist 
sie  vfnen  und  nicht  anders  verhalten  sich  den  brief  aufbre- 
chen, aufmachen,  das  eis  aufhauen,  den  knoten  aufknüpfen. 
Leicht  ergänzen  sich  die  ausrufe  den  gürtel  aufl  die  thür 
auf!  in  den  gürtel,  die  thür  aufgethan:  den  giirlel  auf,  lasz 
dem  bauch  seinen  gang  wie  ein  fromme  fraw!  Gorg.  99'. 

Wiederum  aber  bezeichnet  die  erreichte  höhe  zugleich  gipfel 
xtnd  Vollendung,  wer  aufgeklommen  ist,  hat  sein  steigen  zu 
ende  gebracht  und  so  entspringen  die  Vorstellungen  des  auf- 
essens,  aufzehrens,  aufkaufens,  ohne  dasz  man  steh  dabei  noch 
ein  empor  zu  denken  hat,  obschon  der  aufkaufende  zugleich 
auch  aufhäuft,  wie  in  aufbauen  fertig  bauen  und  in  die  höhe 
bauen  gelegen  ist. 

Das  auf  kann  auch  vor  verba  treten,  die  schon  mit  andern 
Partikeln  zusammengefügt  sind  und  von  auf  unterscheidet  sich 
aufbe  Mild  aufer,  jenes  stärker,  dieses  schwächer,  auflialten 
weicht  ganz  von  aufbehalten,  aufstellen  von  aufbestellen  ab. 
aufwachen  und  auferwachen,  aufwachsen  und  auferwachsen, 
aufstehn  und  auferslehn  liegen  einander  näher:  aufwachen 
vom  schlafe,  auferwachen  vom  tode;  aufstehen  vom  bette, 
surgere,  auferstehen  vom  tode,  aus  dem  grabe,  resurgere; 
das  kraut  wächst  auf,  geht  in  die  höhe,  einwächst  auf,  sprieszt 
aus  der  erde,  aus  dem  samenkom.  durch  er  kommt  in  die 
Zusammensetzung  der  begrif  des  wieder,  den  wir  doch  auch 
schon  ins  blosze  auf  legen,  vgl.  aufliündigen,  aufsagen,  re- 
nuntiare,  widersagen. 

II.  Auf  als  praeposition,  nhd.  von  sehr  groszem  um- 
fang, weil  es  als  solche  den  platz  der  älteren  praepositionen 
an  und  in  eingenommen  hat,  die  sich  ursprünglich  zur  her- 
vorhebung  des  empor  iind  in  die  höhe  mit  dem  adverb  auf 
verbanden,  nachher  von  ihm  aus  einem  theil  ihres  gebiets  ver- 
drängt wurden,  oß  also  verwenden  wir  nhd.  die  praep.  auf, 
wo  die  mhd.,  noch  öfter,  wo  die  ahd.  spräche  an  und  in  ge- 
braucht hätte,  statt  unseres  auf  dem  stul  sitzen  hiesz  es  goth. 
sitan  ana  stula,  ahd.  sizan  ana  stuole;  statt  unseres  auf  al- 
len vieren  gehn,  auf  sechs  beinen  stehn  mhd.  noch  an  allen 
vieren  gän,  an  sehs  beinen  stau;  der  ausdruck  forderte  nicht, 
dasz  hier  schon  immer  die  Vorstellung  aufwärts  äuszei'lich  und 
lebhaft  beigefügt  würde,  da  sie  innerlich  und  still  dem  an 
seihst  beiwohnte.  Dennoch  fahren  wir  auch  heule  fort,  in  man- 
chen fällen  an  und  auf  zu  unterscheiden:  an  den  berg  und 
auf  den  berg  gehn,  an  dem  thurm  stehn  und  auf  dem  thurm 
ist  nicht  dasselbe;  der  faden  reicht  an,  aber  nicht  mitten  auf 
die  tiiür;  die  füsze  an  einander  und  aufeinander  stellen,  an 
den  wagen  treten  und  auf  den  wagen  steigen  sind  ganz  et- 
was anderes,  es  wird  aber  gleichviel  sein  zu  sagen  an  den 
ambosz  schlagen  {in  ambosz  selbst  steckt  schon  an)  oder  auf 
den  ambösz,  den  finger  an  die  nase  legen  oder  auf  die  nase, 
die  biälter  kleben  an  einander  oder  auf  einander,  der  vogel 
fliegt  an  das  dach  oder  auf  das  dach,  die  rose  wächst  an 
oder  auf  dem  stock,  einigemal  zeigt  sich  auch  die  Verschie- 
denheit des  auf:  der  herr  sitzt  in  dem  wagen,  der  kutscher 
auf  dem  bock,  der  missethüter  wird  in  oder  auf  die  wange 
gebrennt,  aber  es  heiszt  sicii  in  den  finger,  in  die  band 
schneiden,  nicht  auf,  umgekehrt  eine  Zeichnung  auf  die  platte 
tibertragen,  weder  in  noch  an ;  eine  Stadt  in  die  ebene,  auf 
den  berg,  an  den  flusz  bauen,  da/ier  cuc/i  Frankfurt  am  Main, 
an  der  Oder,  Francofortum  ad  Moenum,  allein  franz.  sur  Ic 
Main,  ebenso  Stadt  am  hof,  Lutter  am  Barenbergc,  Steinau 
an  der  strasze.  nicht  selten  vertritt  auf  die  praepositionen 
nach  und  gegen,  oder  wechselt  mit  ihnen,  in  vielen  der  her- 
nach angeführten  beispiele  liegt  in  auf  die  mehr  oder  weniger 
starke  richtung  hin  zu.  Zwischen  auf  und  zu  wallet  die  we- 
sentliche Verschiedenheit,  dasz  auf  {wie  an  und  in)  bewegung 
durch  den  acc,  ruhe  durch  den  dal.  ausdrücken,  in  beiden 
riehtungen  zu  aber  nur  den  letzten  casus  neben  sich  hat:  zu 
berge,  zu  walde  heiszt  sowol  auf  den  berg,  wald  als  auf  dem 
berge,  walde;  sich  zu  pferde  setzen  ist  gleichviel  mit  sich 
aufs  pferd  setzen,  zu  pferde  sitzen  mit  auf  dem  pferde  sitzen. 
die  praeposition  zu  ist  ungelenker  als  auf  und  an. 
■    A.  bewegung  und  acc. 

1)  mit  den  sinnlichen  wurtcm  des  selzcns,   legens,   stellcns 


M.  a,  m.  verbindet  unsere  spräche  doppelten  acc,  der  sache  wie 
des  orts,  in  fällen,  wo  die  lateinische  den  abl.  des  orts  vor- 
zieht: den  fusz  auf  die  erde  setzen,  den  stul  auf  den  boden 
stellen,  sich  auf  den  stul  setzen,  einen  bäum  auf  den  hügel 
pflanzen,  eine  Stadt  auf  den  berg  bauen,  sich  auf  das  bett 
legen,  es  scheint  lebendiger  eine  einwirkung  auf  den  räum 
auszudrücken,  als  zu  sagen,  dasz  etwas  auf  dem  räume  ge- 
schieht, in  der  Volkssprache  wird  sogat  das  intransitive  sitzen, 
stehen,  liegen  gleich  jenen  transitiven  construiert:  er  sasz  auf 
das  pferd,  sasz  auf  den  harten  boden.  Garg.  128',  steh  auf 
das  brett!  lieg  auf  das  bett!  besser  doch  ist  zu  sagen  sich 
setzen,  stellen,  legen.  Luther  verdeutscht:  den  vergleiche 
ich  einem  klugen  mann,  der  sein  haus  auf  einen  felsen  bauet. 
Matth.  7,  24 ;  ahd.  gizirabröta  sin  hüs  ubar  stein,  doch  die  äl- 
tere Übersetzung  hat  oba  steine,  Ulfilas  gatimrida  razn  sein 
ana  staina.  hierher  gehört  nun  eine  menge  ähnlicher  Wörter: 
ein  kind  auf  die  weit  bringen,  den  strausz  auf  (an)  den  arm 
binden,  das  pflaster  auf  die  wunde  legen,  die  leinwand  auf 
die  wiese  breiten,  das'  tuch  auf  den  rahmen  spannen,  das 
körn  auf  den  häufen  schütten,  den  knaben  auf  das  pferd 
heben,  etwas  auf  die  lange  bank  schieben  u.  s.  w. 

2)  gleich  häufig  folgt  auf  nach  intransitiven :  auf  die  uhr 
sehen,  auf  das  wort  hören,  auf  den  berg  klimmen,  die  raupe 
kriecht  auf  den  bäum,  der  vogel  fliegt  auf  das  dach,  auf  den 
köpf  fallen,  auf  das  pflaster  stürzen,  nebel  hängen  herab  auf 
die  thäler. 

3)  liegen,  sitzen,  siechen  auf  den  tod :  er  liegt  auf  den  tod, 
sitzt  auf  den  tod,  auf  den  hals: 

in  London  sasz  ein  böser  buhe 

nebst  einem  andern  auf  den  tod.    Geliert  1, 208 ; 

dn  nun  begab  sichs,  dasz  einsmais 

ob  vielem  teufeisspasz 

ein  lumpenhexchen  auf  den  hals 

in  kett  und  banden  sasz.    Bürger  24*; 

er  stach  meinen  Karlo  auf  den  tod.  Klingers  th.  2,  248,  so 
dasz  er  auf  den  tod  lag,  verschieden  von  stach  ihn  zu  tod, 
so  dasz  er  gleich  todt  war.  ebenso  verwunden  auf  den  tod, 
Schiller  104",  siechen,  ermüden,  ermatten  auf  den  tod. 

4)  trinken,  zutrinken,  zubringen,  abschied  nehmen  :  ich  trinke 
das  auf  deine  gesundheit;  ich  bring  dir  ein  auf  siben  stein. 
Garg.  92* ;  Eckart  liesz  ihm  ein  friscii  glas  mit  hier  reichen, 
brachte  es  dem  berggeschwornen  auf  reiches  glück  zu.  unw. 
docl.  3;  freund,  ich  trinke  dirs  zu  auf  frohes  wiedersehen! 
auf  du  und  du ! ;  auf  kundschaft  und  du !  Garg.  84' ;  leben 
sie  wol  auf  wiedersehen  beide!  Gothe  14,  164;  auf  bessere 
Zeiten !  auf  bessere  tage  warten,  hoß'en. 

5)  sterben,  verscheiden  auf  etwas,  mit  festem  glauben  an 
seine  Wahrheit:  er  starb  auf  Christum,  auf  das  evangelium; 
er  bekannte  und  starb  auf  seine  aussage;  in  dem  fehl  auf 
Christum  wird  erschossen.  Ringwald  laut.  warh.  443 ;  auf  Mcs- 
sic  bitter  leiden  sanft  verscheiden,  tr.  Eck.  K  7" ;  auf  Messiam 
sein  vorschidn.  M  6" ;  bisz  wir  auf  dich  unsein  mund  be- 
schlieszen.  r2';  sie  liesz  sich  auf  alles,  was  sie  bekannt 
hatte,  foltern  und  martern,  ähnlich  bei  taufen:  wir  sind  auf 
Christum  getauft,  auf  Christi  namen;  das  kind  ist  aufihn(a/s 
arigebiichen-  vater)  getauft  worden ;  auf  seinen  namen  getauft. 

6)  wagen,  unternehmen,  beginnen:  es  auf  gott,  auf  gut 
glück,  auf  abenteuer,  auf  gerathewol  wagen;  das  ich  nicht 
auf  gottes  versuchen  {um  gott  auf  die  probe  zu  stellen)  in 
die  fahr  mich  wagte.  Luther  5,  13";  wer  etwas  guts  anfahea 
will,  der  schawe  zu,  das  ers  auf  got  anfahc  und  wage  es 
auf  seine  gute  und  beilcib  ja  nicht  auf  menschlichen  trost 
oder  hülfe.  5,  53";  und  fahe  nichts  an  auf  menschentrost ; 
auf  ein  gerathewol  wagen,   irrg.  der  liebe  46 ; 

wie  viele  freiten  nie 
die  jcizl  auf  Rutos  gluck  es  wagen.    GottrrI,  80; 

es  steht  bei  ihnen,  versetzte  Wilhelm,  wenn  sie  es  auf  meine 
Zerstreuung  hin  wagen  wollen.    Göthe20,  210; 

man  wagts  auf  sein  gcsichi  sich  ihm  zu  überlassen. 
WlRLAND  17,89; 

ich  wage  es  auf  ein  gleich  günstiges  Schicksal.  Kant  8,  427; 
sich  mit  jemanden  auf  diese  wafl'en  einlassen.  8,  112;  mutig 
sich  auf  den  kämpf  einlassen;  keine  die  durch  das  land  auf 
abenteuer  umher  schweift.  Güthe  40,  281;  diesen  nimmt  man 
nur  so  auf  glück  und  zul'all  ins  haus  ein.  40,  314;  dann  ich 
hatte  zuvorne  gesagt  auf  chcalhcwr  {auf  gerathewol),  die  feind 
würden  uns  begegnen.  Hans  Staden  M2;  bei  Icbzciten  des 
!  vorigen   füisten    trieb  man   das   geschüft  auf   hofnung,   jetrt 


609 


AUF 


AUF 


610 


fragte   man    nach   dem    unmittelbaren    nutzen.      Göthe    25, 

332. 

7)  kochen,  brauen,  münzen,  spitzen,  den  zahn  wetzen:  es 
ist  auf  dich  gekocht,  gebraut,  gemünzt,  abgesehn,  in  bösem 
sinn,  aber  auch  in  gutem,  für  einen  kochen: 

koch  nicht  auf  mich.    H.  Sachs  IV.  3,  9*; 

die  frau  soll  heute  auf  zwölfe  kochen,  /ür  zwölf  gaste;  die 
person,  auf  die  sie  es  gemünzt  {abgesehn)  haben,  hebamme 
293,  aber  auch  in  gutem  sinn:  alles  geld  wird  umgeprägt 
und  auf  den  jetzigen  könig  gemünzt;  es  war  längst  auf  dich 
gespitzt ; 

schon  wetzte  meister  Urion 

auf  diesen  braten  seinen  zahn.    Bürger  24\ 

8)  verstehn,  meinen,  deuten,  zielen,  drohen,  verstehst  du 
es  auf  mich  oder  einen  andern?;  ist  es  onzweifellich  auf 
den  pabst  zu  Rom  zu  verstehn.  Fischart  bienenk.  122'; 
schweige,  weil  nichts  auf  häuslichkeit  verstohst.  ehz.  49,  weil 
du  dich  nicht  auf  häuslichkeit  versiehst,  als  war  es  nicht  auf 
sie  gemeint.  Wiel.\nd  21,  15;  man  mag  die  form  der  dinge 
auf  den  zufall  oder  blinde  nothwendigkeit  deuten.  Kam  7, 
316 ;  arbeiten  auf  ein  ziel  (s.  sp.  541) ; 

kommst  nicht,  so  must  in  thurm  hinein  — 
es  steht  so  übel  nicht  mein  sacb, 
dasz  ir  mir  trohet  auf  den  thurn. 

Atrer  fastn.  129'; 

ivir  sagen  heute  drohen  mit  dem  thurm,  doch  mhd.  hiesz  es 
ebenwol:  üf  ir  friunde  drüent.    Renn.  7506.    vgl.  aufdrohen. 

9)  schreien,  klagen :  ich  werd  auf  hülfe  schreien.  Lohenst. 
Ibr.  9,  d.  i.  hilfio  schreien,  heute  um  oder  nach  hülfe;  schrie 
auf  gewalt.  unw.  doct.  311 ;  sie  klagt  gegen  ihren  Verführer 
auf  die  ehe;  ich  klage  auf  entschädigung. 

10)  zürnen,  sorgen,  leid  sein,  verdrieszen: 

mir  ist  auf  den  tanawässchel  zorn.    fasln,  sp.  470,  28; 

dasz  uns  auf  in  ernst  sei.    461,  36; 

es  tut  mir  auf  dich  zorn.    58<},  5; 

es  thul  der  matter  auf  in  weh.    H.  Sachs  IFI.  1,  43"; 

iederman  grosz  sorg  auf  mich  hat.    HI.  3,  64*; 

darumb  thut  mir  auf  ihn  gar  wehe.    Atrer  262'; 

es  thut  ihr  leid  auf  dich;  es  hat  sie  stark  auf  dich  verdros- 
sen; was  ihn  am  meisten  auf  den  söhn  verdrosz.  Engel  im 
Lor.  Stark;  sollte  es  ihn  nicht  auf  dich  ärgern?  nicht  anders 
mhd.  den  goten  was  üf  mich  zorn.  Geo.  2117 ;  im  was  zorn 
üf  den  diep.    flenn.  7258. 

11)  wenn  sonst  nach  sein  auf  folgt,  lassen  sich  eUipsen, 
aber  verschiedenartige,  hinzudenken,  er  ist  schon  auf  die 
reise,  auf  die  fahrt  (gegangen);  er  ist  aufs  feld,  aufs  land, 
auf  den  fechtboden,  auf  die  strasze;  du  bist  auf  Urlaub. 
Göthe  U,  11 ; 

ist  sie  schon  auf  den  flug 
die  seele,  so  ists  aus.       FtEii.NGSO; 

mhd.  sagte  man  noch  an: 

uns  ist  unsers  sanges  meister  an  die  vart.    Waith.  108,  6. 

das  ist  baisam  {triefend)  auf  seine  wunde;  wasser  {flieszcnd) 
auf  meine  mühle. 

12)  gehn:  auf  die  jagd,  auf  beule  gehn,  auf  raub  gehn; 
auf  die  stmsze  gehn;  das  haus  geht  auf  die  gasse  {donne 
sur  la  rue);  auf  die  jetzige  strasze  steht  es  {das  thor)  ganz 
falsch.  GöTiiE  27,  Ol;  sein  leben  geht  schon  aufs  ende  (zu 
ende);  der  wein  geht  auf  die  neige;  es  geht  stark  auf  die 
nacht,  mhd.  e;  was  vcrre  öf  die  naht,  üf  den  tac;  es  geht 
auf  die  ernte,  niArf.  da?  snit  ist  öf  uns  (steht  uns  bevor). 
HtLLL.  1,  828;  die  uhr  geht  auf  drei,  auf  ein  viertel  nach 
drei;  dreiszig  groschen  gehn  auf  den  thaler,  zwölf  pfennigc 
auf  den  groschen.     aufs  feld,  aufs  land  gehn ; 

wir  gehn  hinaus  aufs  Jägerhaus.  Götbb  12,  48; 
Görge  ist  aufs  feld  und  Rose  zu  ihm.  14,  265 ;  und  mit  aus- 
gelasxnem  gehn:  ich  will  aufs  nächste  dorf  (nacA  dem  dorfe). 
8,  93;  Ottiiie  sollte  mit  auf  die  lust-  und  Schlittenfahrten, 
sie  sollte  mit  auf  die  balle.  17,246.  auf  die  hohe  schule 
{Universität)  gehn,  verschieden  von  in  die  schule  gehn,  und 
das  beiwort  hoch  könnte  dem  auf  zur  erklärung  gereichen, 
obschon  bei  aufs  feld,  aufs  land,  aufs  dorf  kein  gedankt  mehr 
an  hinauf  ist.  man  sagt  auch  auf  den  markt,  auf  die  messe, 
aufs  schlosz,  auf  die  bürg,  auf  den  kirchhof  {doch  nur  in 
die  kirche)  gehn ;  sogar  hiesz  es  auf  die  apotbeke  gehn.  Fel- 
tenb.  3,  144. 145,  heule  in  die  a.,  nach  der  a,  gehn,   doch  auf 


die  bibliothek.  ich  will  gleich  an  die  arbeit  (gehn);  ich 
musz  flugs  auf  die  that  {los  gehn).  Schiller  146*.  der  Sprachge- 
brauch hat  sich  im  einzelnen  ßr  diese  oder  jene  praep.  entschieden. 

13)  sich  rüsten,  kleiden,  anschaffen:  alles  rüstet  sich  auf 
den  krieg;  wir  sind  auf  alle  angriffe  gerüstet  oder  vorberei- 
tet ;  auf  ein  brillantes  fest,  bei  dem  er  nicht  zugegen  war, 
konnte  ich  mir  etwas  neues  anschaffen.  Göthe  19,  289 ;  sie 
kleidete  sich  geschmackvoll  auf  den  -bevorstehenden  ball. 

14)  bitten,  einladen:  auf  die  hochzeit,  kindtaufe,  leiche 
bitten;  auf  den  schmaus  einladen;  auf  die  suppe,  .auf  ein 
glas  wein,  auf  hausmann^kost,  auf  ein  freundschaftliches 
mahl;  du  mögest  heute  auf  ein  gern  gesehn  mein  gast  sein; 
auf  den  ball  [zum  ball)  einladen.  Klopstock  lädt  Glcim  l&juni 
1750  ein :  vergessen  sie  nicht  zu  mir  auf  einen  kaffec  und  auf 
einen  kus  zu  kommen.  Klopst.  und  seine  freunde  1,  16.  auf 
pistolcn  fordern. 

15)  denken,  sinnen,  trachten :  er  denkt  auf  mittol,  sinnt 
auf  eine  lüge,  auf  eine  entschuldigung;  er  gerälh  auf  den 
seltsamen  einfall;  ist  auf  den  gedanken  gekommen;  denkt 
auf  alles,  was  ihm  vortheil  bringt;  erinnert,  besinnt  sich  auf 
die  vergangnen  dinge,     man  sagt:  auf  einen  doctor  studieren. 

16)  dienen,  sich  ergeben:  dienten  auf  genade.  Ri.vgwald 
evang.  K  2' ;  auf  hofnung  dienen.  Wielaxd  19,  302 ;  sich  auf 
gnade  oder  ungnade  ergeben.  I3,  61;  meine  Sachen  dem  lie- 
ben gott  auf  gnad  oder  ungnad  übergeben,  arme  mann  im 
Tockenb.  19S.  gerade  so  mhd.  dienen  öf  genäde,  öf  minne, 
vgl.  aufdienen. 

17)  sagen,  offenbaren :  sage  mir  auf  dein  gewissen ;  auf 
vertrauen  saget  man  je  einem  guten  freunde  wol  was.  H.  Jcl. 
vo.\  Br.  Siwanna  1,  5;  ich  glaube  dirs  auf  dein  wort;  ich  sage 
das  auf  meine  ehre;  ich  offenbare  dirs  auf  deine  treue. 
ähnlich,  auf  treu  und  glauben  verheiszen,  zusagen,  anneh- 
men, beischlafen: 

und  wenn  ich  schlaf  auf  glauben  bei, 
bei  wem  kond  das  vt-rdächlig  sein. 

der  deutsche  schlemmer.  Magdeb.  15S8  E  1* ; 

sich  in  mantel  und  kleidern  zu  der  Jungfrau, ins  bette  legen 
(wie  beim  kiltgang),  das  heiszen  sie  auf  treu  und  glauben 
beischlafcn.  Schweimchex  1,  77 ;  bei  einander  auf  glauben 
ligen.  LoRicHS  anm.  zu  Wicrrams  Albr.  von  Halberst.  s.  219 ; 
auf  glauben  ein  liebe  lange  nacht  in  liebesarm  schlafen. 
s.  231 ;  vgl.  Hltten  5.  343.    Rommel  hess.  gesch.  4,  444. 

18)  vermischte  beispiele :  ich  thue  es  auf  meine  band;  thu 
das  auf  deine  faust;  auf  meine  faust  bestellt.  Schiller  164"; 
und  wüste  er  einen  mord  auf  dich,  er  sagte  es  nach.  Sirach 
6,  9;  auf  wen  willst  du  sparen?  man  spart  das  schwarze 
kleid  auf  ein  andres  leid  {auf  neuen  trauerfall).  Gotter  1,  95 ; 

und  leg  auf  vorrat,  wenn  was  übrig  bleibt. 
Lessi.ig  2,  305 ; 

er  spielet  förder  aufs  gewisse.    Fle]iixg501; 
das  dauert  auf  dein   ganzes   leben;    in  jenen    Verhältnissen, 
die  sehr  selten  eine  dauernde  folge  auf  das  leben  bewirken. 
Göthe  25,  27. 

19)  sehr  oft  verwenden  wir  auf  im  sinne  von  nach  (versus) 
und  damit  abwechselnd: 

do  schleich  ich  zu  in  auf  ein  ort.  fastn.  sp.  562,  9; 
auf  disen  (flusz)  lauft  die  Pregora  (Pregel),  nach  disem  Me- 
mula  (Memel),  die  Niemen  genant.  Frank  wcltb.  33" ;  der  her- 
zog eilcte  mit  leichten  pferden  auf  Venedig.  Micrälius  3,  472; 
giengen  von  dar  auf  Rotterdam.  Weise  erzn.  438 ;  ich  will  ih- 
nen entdecken,  dasz  meine  reise  auf  den  Harz  war.  Göthe 
an  fr.  v.  St.  1, 139 ;  ich  will  morgen  auf  Gotha  reisen.  3,  203, 
doch  steht  gewöhnlicher  heute  nach,  ohne  dasz  auf  darum  ein 
fehler  ist. 

ihr  Ilrlax  will  auf  den  verwegnen  schäfer  springen.    Rost; 

rasch  auf  ein  eisern  giiterthor 

giengs  mit  verhängtem  zügel.    Bürger; 
auf  Doroihcen  sprangen  sie  dann  und  gnisztrn  sie  freundlich 
Göthe  40,  312. 

20)  auch  bei  der  kraßrollen  Wiederholung  oder  folge  dessel- 
ben Substantivs  hat  das  zwischen  sie  tretende  und  das  zweite 
regierende  auf  die  bcdeutung  von  nach,  doch  mehr  im  sinne 
des  franz.  sur  als  vers:  es  folgte  blitz  auf  blitz,  krach  auf 
krach,  schlag  auf  schlag,  gusz  auf  gusz ;  mann  folgt  auf 
mann,  bild  auf  bild; 

wir  zeugen  kind  auf  kind, 
ein  denkmal  hinter  uns  das  ({.  dasz)  wir  gewesen  sind. 
Logau  1,8,98; 

39 


611 


AUF 


AUF 


612 


und  wagen  nur  wagen  mit  allem  gerälh.    Göthk  1, 196; 
bis  endlich  ihrän  auf  thrnne  flieszt.    3,31; 
sorg  auf  sorge  schwankt 
mir  durch  die  brüst.    9,63; 

leider  hab  ich  nichts  zu  erzählen  als  irrthümer  auf  inthü- 
mer,  verIrrungen  auf  verirrungen.  20,  46 ;  so  fall  ich  streich 
auf  streich,  stürm  auf  stürm  dieses  leben  an.  Scmi-LEn  113 ; 
schuld  auf  schuld  hänfen,  sünde  auf  sünde; 

die  schollen  rollten,  schusz  auf  schusz, 
die  schollen  reihen,  stosz  auf  stosz.    BÜRGEn36'; 
und  jach  durchzuckte  sie  weh  auf  weh. 
aber  die  formet  crmallcl  bei  mehrsilbigen  Wörtern,  sie  verlangt 
einsilbige,    männliche.     Diesem    auf   gleicht   das   an   zwischen 
wiederholten  Substantiven  {sp.  287),  drückt  aber  nähe,    das  auf 
folge  aus:    die  leute  standen  mann  an  mann,    sanken  mann 
auf  mann;    wölke  an   wölke   thiirmtc  sich,    straiil  auf  strahl 
schosz  nieder,     mit    demselben   unterschiede   des   an    und  auf 
sagen  wir:  dörfer   lagen  an  einander  (dorf  an  dorf)  oder  auf 
einander  {dorf  auf  dorf),   jenes   meint   ihre   dichte  nähe,    dies 
ihre  rasche  folge. 

21)  noch  auszerhalb  solchen  Wiederholungen  steht  auf  = 
nacii:  auf  solche  red  (nach  solchen  worlen,  his  dielis)  warf 
er  seine  weite  kleidung  von  ihm.  Garj.  204';  auf  solche  that 
{hoc  facto)  gab  der  mönch  seim  pferd  die  sporen.  256'; 

wir  kämen  auf  den  krieg  wol  wieder  was  zu  rechte, 
wenn  nur  nicht  aug  und  mund,  piaclii,  schwiilgerei  uns 
schwächte.  Logau  3,  9,  95  ; 

der  richter  ward  auf  anhörung  dieses  gcsprächs  dermaszcn 
ins  enge  gebracht,  pcrs.  baumg.  4,  5;  dieses  gcspräch  wunle 
des  königes  söhne  hinterbracht,  der  auf  anhörung  desselben 
erschütterte.    4,  6 ; 

er  ward  auf  sein  geschrei  von  Fischern  aufgenommen. 

Hagedorn ; 
wir  wollen  auf  den  streit  auch  heule  hisiig  sein. 

Geilert  3,  407; 
erbarmt  hast  du  dich  meiner  klagen, 
auf  wunden,  die  du  mir  geschlagen, 
mit  neuen  freuden  mich  getränkt.    Gotter  1,9; 
Ännchen  lauft  auf  ihr  geschrei 
athemlos  zum  neuen  thurme.    1,  54; 
auf  schweres  gewitter  und  regengusz 
blickt  ein  philister  zum  beschlusz 
ins  weiter  ziehende  grause  nach.    Götue  3,  199; 

der  tod  der  beiden  hofleute  auf  den  Uriasbrief.  19,  ICI;  nur 
Wilhelm  hielt  für  schimpflich,  einen  plan,  in  den  man  mit 
so  viel  Überlegung  eingegangen  war,  nunmehr  auf  ein  blo- 
szes  gerücht  aufzugeben.  19,  32;  ich  bin  in  dem  augenbiicke 
so  für  Michel  Angelo  eingenommen,  dasz  mir  nicht  einmal  die 
natur  auf  ihn  schmeckt.  27,235;  dasz  auf  ankunft  der  neuen 
herzogin  lady  Milford  den  abschied  erhalten  soll.  SciiiLLEtt 
185;  der  bäum  fällt  nicht  auf  den  ersten  hieb:  auf  eine 
solche  rede  müssen  die  andern  das  maul  halten ;  auf  den  Spa- 
ziergang soll  man  ein  Schläfchen  thun ;  auf  diesen  fisch  gehört 
sich  ein  schluck  wein,  was  man  auch  fassen  kann  wie  auf  gro- 
ben klotz  gehört  ein  grober  keil,  d.  h.  dahinter  her,  oben  darauf 

22)  bei  Zeitbestimmungen  pflegt  detn  acc.  die  praeposition 
auf  vorgesetzt  zu  werden,  ist  aber  oft  auch  entbehrlich,  er- 
lauben sie  mir,  Danae,  auf  einen  augcnblick  {pour  un  mo- 
ment)  diesen  rückfall  in  meine  grille.  Wiei.am)  10,  91;  ich 
komme  auf  die  minute;  sei  auf  die  stunde  da.  GötiieS,  208; 
kein  Berüngcr  der  auf  den  tag  bei  der  Schlacht  ist  gewest; 
Rom  ward  nicht  auf  einen  tag  gebaut; 

gou  fragt  nit  viel  nach  irem  klagen, 
sie  schreien  auf  den  heutigen  lag.    Aibrrijs22; 
sie  leben  beid  auf  diesen  tag.    46'; 
auf  den  heutigen  tag.  Carg.  269* ;  auf  nachmittag ; 

ich  hab  nie  ghabt  solch  grosze  freud, 
als  ich  auf  den  tag  hnb  erlebt.    Atreh423'; 
sein  Vorrat  ist  auf  heule, 
auf  morgen  hat  ihn  gott.    Fleming  73; 

goil  geh  euch,  was  auch  wir  euch  sämtlich  wönschen  sollen, 
auf  heut  und  alle  zeit,   llzt  aber  wünschen  wir, 
dasz  ihr  auf  diesen  lag  noch  muget  sein  allhior.    77; 
auf  heute  (d.  i.  auf  den  lag  von  Itcule)  kommen  wir.    173; 
Ilaldus  führet  alle  Sachen,  die  er  führet,  aufs  vorschieben, 
wil  sie  bei  dem  Weltgerichte  dann  auf  einen  tag  ausüben. 
I.OCAII  :t,  13S,  5  ; 

pavillon,  in  welchem  er  alle  jähr  auf  seinen  gcburlslag  die 
ältesten  freunde  und  die  neusten  bekannten  einlud.  Göthk 
22,  75;  Charlotte  war  ülieizeugt,  Ollilie  werde  auf  seinen 
geburtstag  wieder  zu  sprechen  anfangen.  17,390; 


so  darfst  du  mirs  nur  auf  Walpurgis(lag)  sagen.    12, 132; 
ich  mag  ie  auf  licint  nit  mer  schwatzen. 
II.  Sachs  1,  453' ; 

auf  die  dritte  nacht.  Schweinichen  1,  260 ;  auf  eine  nacht 
sähe  er  seinen  vater  im  träum,  pers.  baumg.  5,  13 ;  ich  sasz 
auf  eine  nacht  zur  zeit  meiner  Jugend  bei  andern  jungen 
burschen.  9,  2 ;  vielleicht  lauf  ich  auf  die  nacht  alsdann 
zu  ihnen.  Götiie  an  fr.  v.  St.  1,  39 ;  es  wird  regen  geben  auf 
die  nacht.  Lenz  1,  216 ;  auf  morgen.  Garg.  136* ;  er  könne  auf 
die  woche  die  verlangte  summe  nicht  schicken.  Göthe  8,  211 ; 
kan  man  andere  neuwe  regiinenter  auf  den  frähling  wieder 
bewerben.  Kirchhof  nti7.  disc.  200; 

Neptun  kann  keinem  gut  für  seinen  schaden  sagen, 
der  sich  in  seiner  flut  auf  speten  herbst  will  wagen. 
Fleming  79; 

ein  haus  auf  drei  jähre  miethen ;  auf  zehn  jähre  warten ; 
alt  auf  hundert  und  vierzig  jähr.    II.  Sachs  1,454'; 
es  begab  sich  aber  auf  ein  zeit  (quodam  tempore), 

ÄLBERUS  5; 

auf  ein  zeit  begab  sichs.    12; 

die  händ  und  füsz  und  alle  glider 

warn  auf  ein  zoit  dem  bauch  zuwider.    32; 

man  sagt  der  teufel  auf  ein  zeit 

fast  reizet  durch  seinen  allen  neid 

ein  abt  zu  einer  nunnen  gier, 

bis  er  sie  bracht  zusammen  schier.    Schwarzknb.  142,  1 ; 

CS  hatten  auf  eine  zeit  etliche  räuber  sich  zusammen  ge- 
than.  pers.  rosenth.  1,  5;  als  ich  auf  eine  zeit  bei  des  h.  .lo- 
hannis  grabe  sasz.  1,  12;  auf  eine  zeit  sasz  ich  die  ganze 
nacht  in  gegenwart  meines  vatftrs.  2,  7;  er  fragt  auf  ein  zeit 
seiner  bekanfen  einen.  Zinkgr.  263,  8;  auf  zeitlebens  {auf  im- 
mer). Göthe  an  fr.  v.  Stein  2,  247 ; 

auf  eins  {auf  einen  schlag)  in  zweien  tagen 
sind  zwei  geschwister  hin.    Fleming  330; 

wil  volk  und  ich  auf  eins  (auf  einmal)  zu  gründe  gelin.    115; 

auf  einmal  (tout  d^un  coup)  schien  die  sonne  durchzudringen. 
Göthe  1,  4 ; 

so  hatte  ich  das  vergnügen,  sie  beim  ersten  blick  auf  Einmal 
in  ihrer  ganzen  anmut  zu  sehn.  25,  349 ;  wenn  wir  auf  ('in- 
mal  aus  einem  ruhigen  dache  eine  flamme  gewaltsam  aus- 
brechen sähen.  25,  304;  als  sie  aber  auf  einmal  das  fremde 
gesiebt  erblickte.  25,  366 ;  aufs  nechst  (proxime).  Garg.  138' ; 
damit  er  aufs  künftige  (imposlerum)  solchen  gefahren  nicht 
mehr  ausgesetzt  wäre.  Ki.inger  6,  244 ;  lasset  uns  auf  dismal 
(hac  vice,  pour  cetle  fois)  weichen.  1  Macc.  9,  9 ;  doch  auf 
dismal  wollen  wir  ein  wenig  davon  sagen.  Luther  1,  66.  statt 
auf  einmal  auch  auf  einen  schlag,  hieb,  sitz,  welches  letxtere 
auch  im  dat.  stehen  kann: 

hat  nechton  verspielt  hundert  ducaten 
fast  auf  eini'  sitz,  ich  stund  dabei. 

IL  Sachs  III.  3,  71'; 

von  jenen  wunderlichen  Sprüngen  ist  mir  eine  dunkle  erin- 
nerung  auf  mein  ganzes  leben  geblieben.  Göthe  18,  17;  ich 
bin  elend,  auf  mein  ganzes  leben  elend.  18,  64;  sie  auf  ihr 
ganzes  leben  elend  zu  wissen.  Gotter  3,  56 ;  sie  glauben 
mich  aufs  leben  zu  haben  und  nun  entwisch  ich  ihnen. 
Ki.inger  8, 182.  Bei  diesem  zeitbestimmenden  auf  scheint  der 
Sprachgebrauch  oft  ungenau,  eigentlich  sollte  auf  den  abend 
ausdrücken  gegen  abend,  franz.  vers  le  soir,  sur  le  soir,  hin- 
gegen den  abend  oder  an  dem  abend  vespere,  le  soir,  au  soir, 
wann  der  abend  eingetreten  ist;  wir  setzen  öfter  auf  den  abend 
auch  im  letzten  fall,  und  auf  drei  jähre  miethen  bedeutet  uns 
nicht  gegen,  sondern  für  drei  volle  jähre,  und  aufs  ganze  le- 
ben pour  tonte  la  vie.  besser  sagt  man :  was  heute  wahr  ist, 
ist  es  auch  morgen,  als  was  auf  heute. 

23)  unentbehrlich  wird  auf  sobald  b  i  s  vorausgeht  oder  ver- 
standen werden  musz:  der  erbe  ist  unter  den  Vormunden  und 
pllegern  bis  auf  die  bestiuuute  zeit  vom  vater.    Gal.  4,  2 ; 

dann  Lolh  und  sein  gesind  genas, 
bis  aufsein  weih,  die  sich  vergasz. 

SniWAHZEMlKRG  156*; 

ich  bleibe  von  monlag  bis  auf  donnerslag,  von  heute  bis 
morgen,  tadelhaß  von  heule  bis  morgen.  Ja  auch  hin- 
ter tat.  usque  nicht  ad,  /i;»i/er  franz.  jusquc  nicht  i^  fehlen 
darf,  und  mhd.  hiesz  es :  unz  ftf  den  tac.  Iw.  5467.  wol  aber 
kann  das  bis  unterbleiben: 

traurig  die  lange 
nach!  von  gestern  auf  heul.    Göthk  1,322; 
wie  lang  ists  noch  auf  Ostern  I   11,  9; 


613  AUF 

XU  Quinsa;  hat  es  biroen  die  wägen  auf  zehn  pfund. 
LocAC  3.  zugäbe  133; 

als  Mahomet  auf  die  50  jähre  alt  war.  pers.  haumg.  von. ; 

fand  in  der  zahl  von  zwöITen  alle  treu 
auf  einen  nach  (bis  auf  eiaen). 

A.  W.  Schlegel  im  Richard  2.  act  i  sc.  i; 

man  riecht  den  brand  auf  eine  stunde  weit ;  er  quälte  mich 
aufs  blut.  GöTHE  setzt  meistens,  uo  nicht  immer  auf  den  grad 
für  bis  auf  den  grad :  die  weit  noch  grosz  genug  und  die 
menschen  nicht  auf  den  grad  soi^ältig.  24,  207;  personep, 
die  sich  einmal  auf  einen  gewissen  grad  verbunden.  29,  126; 
hoffe  ich  noch  auf  einen  grad  im  zeichnen  zu  kommen.  29, 
64;  wenigstens  musz  man  Tieles  und  zwar  auf  einen  bedeu- 
tenden grad  mitgemacht  haben.  Klinger  11, 185. 

24)  ähnlich  den  mit  auf  und  dem  acc.  gebildeten  zeitadver- 
bien  sind  andere,  die  art  und  beschaffenheil  ausdrückende: 
das  geschieht  auf  diese  oder  jene  weise  (hoc  illove  modo,  in 
hunc  modum),  ahd.  aber  in  dia  wis,  in  andra  wis,  in  desa 
wlsön  «.  s.  u:;  auf  gewisse  weise  {quodammodo) ;  auf  solche 
oder  andere  art ;  man  ist  auf  diese  art  bald  auf  einem  warum, 
worauf  keine  anlwort  gegeben  werden  kann.  Kant  3,  94;  ich 
sehe  nicht  ab,  auf  was  art  (auf  welche  art)  das  herausge- 
bracht werden  könne.  Hahs  3,  177;  auf  diese  oder  solche 
masze  igcteisser  maszen).  Liscov  rorr.  s.  40.  bei  liedern  und 
gcsängen  heiszts:  auf  die  weise  vom  Benzenauer,  auf  den 
schwarzen  ton,  auf  den  langen  .Mamer  u.  s.  w. ;  fieng  Philine 
ein  liedchen  auf  eine  sehr  zierliche  und  gefällige  melodie  zu 
singen  an,  Göthe  19,  195;  ich  brech  immerhin,  auf  das  alt 
liedlein  (nach  dem  alten  lied).  Garg.  77'.  die  euszersten  Indi 
haben  büchsen  und  allerlei  wor  auf  unsern  brauch.  Frank 
ice//&.  191' ;  auf  allen,  auf  jeden  fall ;  meine  gewohnheit  bleibt 
auf  jeden  fall  um  fünf  uhr  abends  spazieren  zu  gehen.  Göthe 
36,  3 ;  es  gab  scandal  auf  alle  fölle.  48,  94 ;  was  uns  auf  alle 
fälle  nicht  berechtigt.  Kant  7,  265;  auf  die  länge  (d  /a  lon- 
gue)  kann  dieses  märchen  nicht  halten.  Götue  14,  144.  Die 
tceise  der  kleiderlrachl,  welche  wir  jetzt  mode  neunen  (s.  dies 
wart)  hiesz  mhd.  der  alte  oder  niuwe  site,  diu  alte  oder  niuwe 
haut,  später  auch  der  alte  orfer- neue  schlag;  unser  heuliges 
adv.  nach  der  mode  (d  la  mode)  lautete  also  mhd.  nach  dem 
Site,  nach  dem  hovesite,  üf  den  site,  üf  die  niuwe  haut ;  nhd. 
uf  die  alten  hant  zierlich  gemacht.  Götz  von  Berl.  herausg. 
von  Zupft  s.  14;  kieioet  iim  fein  auf  den  neuen  schlag.  Garg. 
112* ;  ein  närrisches  kleid  auf  die  neue  mode.  Simpl.  l,  l. 

25)  hieran  unmittelbar  reiht  sich  die  redensart  auf  deutsche 
spräche  und  auf  deutsch,  nur  dasz  der  letzte,  gleichfalls  den 
acc.  enthaltende  ausdruck  nicht  allein  auf  spräche,  sondern, 
wie  mode,  auf  jede  andre  gewohnheit  und  sitte  gehn  kann,  er 
aber  antwortet  auf  seine  spräche  (in  seiner  spräche).  2  Mace. 
7,  8 ;  schmähet  ihn  auf  ire  spräche.  7,  24 ;  redet  heimlich  auf 
ihre  spräche  mit  im.  7,  27 ;  lobelen  gott  auf  ire  sprach.  15, 
29 ;  und  es  war  geschriben  auf  ebreische,  griechische,  latei- 
nische spräche  (ißoaiari  e/J-r^viari  ocouaiort).  loh.  19,  20'; 
warumb  sotten  wir  Deudschen  nicht  mess  lesen  auf  unsere 
sprach,  so  die  Latinischen,  Griechen  und  viel  andere  auf  ire 
sprach  mess  ballen?  Ldtbeb  1,  333' ;  so  dasz  man  auf  unsere 
sprach  sagen  möchte,  pers.  baumg.  8,  3;  sprach  sie  auf  ihre 
spräche,  unw.  doct.  399.  ahd.  galt  statt  auf  in,  doch  ebenso 
mit  dem  acc: 

nu  i;  lilu  raanno  mthihit,  in  sina  zongün  scribil.    O.  I.  1,  31 ; 
Di  sie  in  freDkiskün  biginnen.    I.  1,  34; 

t6  scribent  (totes  thcgrana  in  frenki^kdn  thia  regnia.    I.  J,  46; 
s6  wir  DU  hiar  bigunnun  in  frenkisga  zungün.    I.  1,  114: 
Ihaj  wir  imo  hiar  gisun^run  in  frpnki>ga  ziingün.    I.  1,  122; 
Iha;  wir  Krisle  sungun  in  unsera  zungün.    I.  1,  125; 

wirteol  Ottbied  selbst  in  den  angezognen  rersen  34.  46  in  fren- 
kisgon  schrieb,  erst  die  strengahd.  Freisinger  hs.  frenkiskAn 
daraus  machte;  sein  frenkisgon  musz  acc.  m.  sein  rön  fren- 
kisgo  (mos  francicus),  gleichviel  mit  dem  f.  frenkiskd.  Notkeb 
sagte  stets  in  diuliskön  teulonice,  in  ciiriechiskön  graece,  in 
bimelskAn  supeta  lege,  auf  himmlisch,  wie  Gryphics: 

dann  wird  die  pracbl  zutreten, 
die  von  dem  pövel  sich  auf  bimnilisch  an  liesz  beten.   1,  298. 

tekon  mhd.  scheinen  die  schwachen  f.  diutisclie,  himelscbe  rer- 
»Itet  und  durch  das  unßcctierte  neulrum  in  diutsch  Eiu  13277 
»■  xe  diutsrhe  13271  ersetzt,  nhd,  trat  an  die  stelle  des  in  auf, 
der  ace.  blieb.  Fischart,  w-ie  er  sagt :  auf  schweizerisch,  köl- 
nisch, auf  niderländisch,  auf  französisch,  auf  gut  engellendisch. 


AUF 


614 


Garg.  77* ;  auf  duarenisch,  alciatisch,  ochslinisch,  fiuf  Duarens, 
Alciats,  Ochslins  weise,  musz  audi  gesagt  haben  auf  griechisch, 
französisch  (graece,  gallice);  wir  steigen  auf  geistlich  gen  Jeru- 
salem. Keisehsb.  schif  der  penit.  bl.  1;  wie  man  vom  hasen 
auf  gut  weidmännisch  reden  soll,  weidwerkbuch  92'; 

lasz  uns  unverdmsziich  leben, 

recht  auf  gut  philosophisch  (  v./  _  \^  _  ).  Weckherl.  412 ; 
dann  zlato  das  heiszt  gold  auf  windisch.    Opitz  Zlatna  10; 
wir  wollen  brot  und  wein,  und  was  sie  mehr  uns  heiszen, 
mit  räuchern  ehr  anthun,  auf  jüdisch  einher  gehn. 
Griphius  1,  501 ; 

der  redet  etwas  auf  persisch,  pers.  roseng.  6,  1;  diese  wort 
verdolmetschte  ich  auf  arabisch,  ebenda;  weil  das  haus  auf 
stättisch  (m  städtischer  weise)  gebauet  war.  Simpl.  1,  238 ; 

sie  legte,  ja  doch,  nur  gemach! 
schlagt  euern  I'lalo  selber  nach, 
es  läszt  sich  nur  auf  grieeliisch  sagen. 

WlELAND  10,  150; 

und  fieng  auf  polnisch  schön  zu  tanzen  an. 
Gelirrt  1,  42; 

die  hymnen,  die  auf  gut  israelitisch  dem  herm  der  heerscha- 
ren  gesungen  werden.  Kant  ö,  431.  irie  auf  gut  philosophisch, 
auf  gut  weidmännisch,  auf  gut  israelitisch  heiszt  es  auch  auf 
gut,  rein,  gemein,  schlecht  deutsch  und  die  beigefügten  ad- 
jecliva  lassen  über  den  acc.  keinen  zweifei,  denn  ebenwol  sagt 
man  auch :  auf  reines,  gutes  deutsch,  stände,  ohne  auf,  blosz 
deutsch,  französisch,  so  wäre  es  das  adv.  ==  theotisce,  gallice. 
neben  lateinisch  aber  erscheint  zugleich  latein  (ir«c  mhd.  neben 
ze  diutsclie  zc  diute) :  bei  solchen  talenten  konnte  er  seinen 
beruf  zum  Journalisten  von  profession  nicht  lange  verkennen, 
er  ward  es,  doch  auch  nur  erst  auf  latein.  Lessing  8,  201. 

26)  bei  den  unter  22  angeführten  zeiladverbien  erschienen 
schon  einzelne  mit  dem  adjectiv  gebildete:  aufs  nächste,  aufs 
künftige,  welchen  manche  hinzugefügt  werden  können:  aufs 
schnellste,  aufs  baldigste,  aufs  schierste,  apost.  gesch.  17,  15. 
ausserdem  gibt  es  eine  grosze  zahl,  die  nicht  zeitliche,  sondern 
andere  beschaffenheiten  ausdrücken,  und,  zumal  im  16  jh.  das 
adj.  lieber  stark  als  schwach  setzen,  obschon  der  vorausste- 
hende artikel  schwache  form  zu  bedingen  scheint,  bei  Lltheb 
3,|140'  findet  sich  aufs  erst,  Bindseils  ausg.  des  .V.  T.  wird 
zeigen,  ob  er  es  auch  da  schticb,  wo  die  gangbaren  texte  be- 
reits schwache  form  haben:  aufs  erste,  apost.  gesch.  15,  14. 
Rom.  1,  8.  1  Cor.  12,  28.  Ebr.  7,  2;  indessen  steht  aufs  erst 
Jac.  3,  17.  aufs  schierst  Ebr.  13,  19.  Frank  spr.  1,  87'  hol 
auf  erst,  ohne  artikel,  womit  unser  zuerst  und  vorerst  stim- 
men, aufs  best,  apost.  gesch.  25, 10  in  mehrern  ausgaben; 

so  wollest  doch  bis  an  das  Ie<t 
gott  dien  und  lieben  auf  das  pest. 

SCHWARZe.NBERG  155,  2; 

darnach  behend,  aufs  best  ihr  wiszt, 
die  Wagenburg  zusammen  schlieszt. 

RiNCWALO  laut.  waHi.  383; 

aufs  freundlichst.  Garg.  257'.  AUmälich  aber  wird  die  flexion 
mit  recht  hergeslelll:  sie  verwahrten  es  aufs  beste  sie  konn- 
ten. Opitz  Arg.  1,612;  sie  hatten  sich  ansgezieret  aufs  beste 
möglich  gewesen.  2, 189 ;  du  aber  bringest  aufs  höchste  zwei 
kinder  zur  weit.  Lokman  fab.  10;  wartete  seiner  aufs  beste 
er  kan.  fab.  22; 

denn  er  verfolget  mir  aufs  euszersie  mein  leben. 
Fleii.ng  26 ; 

ich  bat  ihn  anfs  inständigste.  Wielanb  1, 46 ;  sich  aufs  eilfer- 
tigste zu  verbergen.  1,49; 

doch  schlürfl  es  und  schlaraplt  es  aufs  beste.  GdTHS  1,  208; 

anmutig  thal.'  du  immergrüner  hain, 

mein  herz  begrüszt  euch  wieder  auf  das  beste.    2,  145; 

auf  das  behendeste.  24,  230 ;  bis  aufs  letzte.  25,  59 ;  alles  auf 
das  fleiszigste  und  bunteste  gemahit.  26,33;  Vorzüge,  die  sie 
so  eben  aufs  freiste  vor  mir  entwickelte.  26, 12 ;  sah  ich  eine 
meiner  hurerinnen  aufs  äuszerste  verzaubert.  26,  5.  die  be- 
lege ergeben  in  dieser  fügung  beincJie  lauter  Superlative,  wie- 
wol  der  positiv  stalthaß  ist:  aufs  neue  {von  neuem)  =  auf 
ein  neues  (Garg.  95') ;  aufs  wiederholte  (itcrum),  aufs  andere 
(zweitens) ;  man  fuhr  aufs  ungewisse  fort,  in  hofnung  die  ver- 
lornen wieder  zu  finden.  Göthe  17,  334.  auch  hier  ohne  flexion 
auf  ewig  (pir  immer)  : 

nein  ihr  seid  herscber  auf  ewig.  Voss  Od.  15,  534 ; 
lisch  aus  mein  licht,  auf  ewig  aus !    Bürger. 

39* 


615 


AUF 


AUF 


616 


27)  beachlenswerlh  sind  die  lagen,  in  welchen  die  praep.  auf 
unmillelhar  hinter  einem  nomen,  sowol  subst.  als  adj.  erscheint, 
wobei  sich  aber  ausgefallne  verba  hinzudenken  lassen  oder  die 
nachwirkende  verbalbcdenttmg  des  nomens  in  betracht  kommt: 
rede  auf  Friedrich  den  groszen,  gedieht  auf  den  frühiing,  an- 
trag  auf  freisprechung,  eiischeidung,  gastmal  auf  zwanzig  Icute ; 
vorrede  und  Unterricht  auf  alle  bücher  und  Schriften  D.  M.  L. 
LüTUERl,  1*;  meinung  und  gutdünken  auf  die  artikel.  Luthers 
br.  1,  575 ;  Melanchthon  bedenken  aufs  Interim ;  schade  auf 
das  buch,  schade  auf  das  weiter  sagt  Lessing  im  jungen 
gelehrten  und  in  der  alten  Jungfer  für  schade  ists  um  das 
buch,  um  das  wetter;  was  hiervon  im  druck  erschienen, 
vermehrte  nur  die  bcwegung  im  publicum  und  die  neugierde 
auf  den  Verfasser.  Götiie  26,  239;  ich  habe  einen  wünsch 
auf  den  Vollmond.  Göthe  an  fr.  von  Stein  1,  133.  139 ;  die 
erfahrung  hat  uns  den  werth  dieser  Wahrheit  auf  das  all- 
gemeine und  recht  im  groszen  kennen  gelehrt.  Klingeii  11, 
192;  ein  Verbrecher  auf  den  tod  {vgl.  sitzen  auf  den  tod). 
Kant  5, 167 ;  deutung  ästhetischer  urtheile  auf  Verwandtschaft 
mit  dem  moralischen  gcfühle.  7,  lüO ;  in  bezug,  in  rücksicht 
auf  das  gesetz.  hinter  adjectiven:  gierig  auf  essen,  neugierig 
auf  alles;  hund  auf  den  hasen  begierig,  wcidwerkbuch  89*; 
stolz  auf  beifall;  wund,  krank,  müde  auf  den  tod  (bis  auf 
den  tod,  vgl.  siechen  auf  den  tod); 
ein  maul 

schnell  auf  schraach,  auT  loben  faul.    Fleming  460; 

drum  ist  er  stets  bereit  aufsamcn  zu  erwecken. 
LoGAU  1,  5,  84, 

wo  das  auf  von  bereit  abhängt,  nicht  mit  erwecken  zu  verbin- 
den ist;  bei  allem  diesem  zeigt  sich  die  junge  gräfin  ent- 
schieden heftig,  parteiisch  auf  ihren  stand,  hartnäckig  auf 
ihren  besitz.  Güthe  15,49; 

auf  eigne  fehler  streng  und  gegen  freunde  billig.    56,  58. 

bei  participien,  wie  erhitzt,  erpicht,  versessen  u.  a.  m.  versteht 
sich  das  folgende  auf  von  selbst. 
B.  ruhe  und  dativ. 

1)  sinnliche  Vorstellungen:  auf  der  erde,  auf  dem  boden 
liegen,  ein  stein  liegt  mir  auf  dem  herzen ;  auf  dem  feld, 
auf  dem  acker,  auf  dem  tisch  stehn ;  auf  einem  fusz  siehn ; 
auf  dem  stul,  gras,  stein,  berg  sitzen,  die  praep.  meint  so- 
wol den  grund,  als  was  ihn  berührt,  der  auf  der  erde  sie- 
bende steht  zugleich  auf  seinen  füszen,  der  auf  dem  gras  lie- 
gende liegt  zugleich  auf  seinem  rücken,  das  mädchen  sitzt 
auf  der  stube,  auf  der  kammer  und  spinnt,  weil  fraueiistubcn 
und  katnmern  hoch,  d.  i.  oben  im  haus  gelegen  waren,  heute 
ist  üblicher  zu  sagen  in  der  stube,  in  der  kammer; 

und  sasz,  wenn  alles  schlief,  und  wacht, 
und  weint  auf  ihrer  zelle.    Gökingk  3,  143 

die  sinnlichen  verba  können  oft  unausgedrückt  bleiben :  ich  sehe 
den  vogel  auf  dem  ast  (sitzen) ;  so  doch  jener  künig  den 
zwerg  auf  seiner  frawen  (liegen)  fand.  Garg.  29'. 

2)  bei  sein,  das  dann  meislentheils  die  bcdeulung  von  ma- 
uere, wesen  hat:  das  kind  ist  auf  der  weit  (crxc/ifoie)/) ;  er  ist 
auf  dem  meer,  auf  der  see,  auf  dem  lande,  er  ist  eben  auf 
dem  landhause,  wohin  die  betrieger  gehen.  Göthe  14,  222 ;  er 
ist  auf  der  holten  schule  {aber  in  der  schule,  in  der  niede- 
ren), auf  der  Universität;  er  ist  auf  der  reise,  auf  dem  wege 
(untcrweges) ;  auf  dem  ball,  dem  schmaus,  auf  der  bühne, 
auf  der  kanzel  {aber  im  sciiauspiel,  in  der  kirche,  im  haus), 
auf  der  hochzeit,  kindtaufe;  er  ist  {steht)  auf  meiner  seite. 
ich  bin  {stehe)  auf  dem  Sprunge,  auf  der  warte,  lauer,  ich 
bin  auf  meiner  hut.  es  ist  doch  auch  nichts,  wenn  man  so 
ganz  auf  dein  sand  ist. 

3)  auf  dem  pfcrde  reiten,  auf  dem  stecken  reiten ;  auf  der 
geige  spielen,  auf  der  geige  arbeiten.  J.  Padi,  Hesp.  2,91;  auf 
dem  Waldhorn  blasen ;  auf  dem  eis  laufen. 

4)  auf  den  bänden,  armen  tragen,  auf  beiden  achseln,  auf 
dem  rücken ;  das  kind  wird  auf  dem  arm,  der  korb  am  arm 
getragen;  kein  kleid,  keinen  trocknen  faden  auf  dem  leihe 
babcn;  eine  spanische  fliege  auf  der  brüst  haben;  du  hast 
das  herz  auf  der  rechten  stelle;  auf  beiden  Iheilen  ist  mir 
weh.  H.  Sacus  IIL  2,  6*;  der  fürst  bat  ein  groszes  beer  auf 
den  beinen. 

5)  wir  trinken  caffce  auf  dem  weinberg,  hier  auf  dem  fel- 
senkeller;  wir  nehmen  unser  inillagsnialil  auf  der  niüiilc. 
Göthe  18, 146 ;  sie  wollten  an  einem  andern  orte,  auf  einem 
benacbbarlen  jügcrbause  ihr  niittagsmahl  einnehmen.  18,  154. 


auf  den  alpen  lebt  sichs  frei,  auf  dem  wald  {Waldgebirge) 
lebt  sichs  gesund; 

kannst  du  von  Veilchen  dir  im  lenze, 

im  herbst  von  astern  späte  kränze 

auf  einem  stillen  dörfcnen  drehn.  Gökinge  1,  180; 

bin  auf  dem  holz  beraubet  wem.  II.  Sachs  V,  359' ; 

die  unser  töchter  haben  genommen 

mit  gwalt,  als  mörder  auf  dem  wald, 

den  raub  ihn  mit  dem  schwert  bezaU.  Y,  256*, 

d,  h.  als  waldräuber,  Strauchdiebe,  man  darf  auf  dem  wald 
nicht  zu  genommen  construieren.  auf  dem  walde  wohnen  ist 
gleichviel  mit  zu  walde  wohnen,  briefe  an  gutsbesitzer  pflegen 
ein  auf  und  zu  vor  dem  Ortsnamen  zu  häufen:  freiherr  von 
Maitzahn  zu  Penzlin  auf  Rothenmoor;  auf  und  zu  NN. ;  sonst 
aber  heiszl  es,  mit  Unterscheidung  jeder  praeposition :  wohn- 
haft auf  dem  schloszplatze  zu  Berlin,  auf  der  messe  zu  Leip- 
zig, auf  dem  ersten  turnier  zu  Magdeburg. 

6)  hier  sei  einer  Sünde  gegen  die  spräche  bei  Schriftstellern  aus 
Niederdeutschland  gedacht,  welchen  ihr  to  {sp.  607)  im  sinne  liegt 
und  die  nun  auch  auf  mit  dem  falschen  casus  construieren: 
als  wir  nun  auf  der  höhe  von  China  kamen.  Claudius  3,  50 ; 
der  niangel  der  vernunft  würde  uns  auch  auf  dem  fall  dienste 
thun.  Liscov  s.  533 ;  erträglicher  scheint  bei  Hippel  7,  86  auf 
einem  haar  wissen,  doch  auf  ein  haar  besser,  auch  Luther 
verfällt  in  den  fehler  mit  auf  stücken :  er  wolt  sich  auf  stücken 
zureiszcn  lassen,  ehe  er  die  messe  wolt  lassen  faren  oder 
endern.  5,295';  wenn  man  es  auf  stücken  zurisse.  br.  2,62. 
zu  stücken  wäre  richtig  {wie  5,  295'  gleich  folgt),  oder  auf 
stücke,  in  stücke. 

reiszet  mich  auf  etlich  tausend  stück  entzwei. 

Ringwald  Ir.  Echh.  (jiii'; 
doch  falsch 

grosze  macht  auf  stücken  springt,    laut.  warh.  341 ; 

in  der  bibel  aber  unterscheidet  Luther  vollkommen  recht  zwi- 
schen in  stücke  und  zu  stücken,  doch  auch  Opitz  setzte:  auf 
stücken  schneiden.  Argenis  2,  305  und  Gryphius  : 

wo  mein  herz  auf  tausend  stücken  bricht.    286; 
risz  und  bisz  alles  auf  stücken,    froschm.  II.  1,  5. 

7)  auf  sich  selbst  sitzen,  sagte  man  im  15. 16  jh.  für  allein, 
in  sich  gekehrt  und  von  andern  zurückgezogen  sitzen:  wenn 
du  doheimen  uf  dir  selber  säszest  und  betrachtetest.  Keisebsb. 
post.  3,  91 ;  ein  mensch  mag  nit  ahvegen  also  in  gezogen  sein 
und  uf  im  selber  sitzen ; 

wie  sitzt  du  also  auf  dir  seih, 

bist  so  crschlucbzct,  bleich  und  gelb? 

11.  Sachs  III.  1,107'; 

später  aber  veraltete  die  ausdrucksvolle  redensart. 

die  gralien  stehn  tief  betrübt  auf  diesem  falle. 
Fleming  137, 
über  den  tod  eines  knabcn; 

0  du  verletzte  cliaritinne 

bist  noch  auf  deinem  harten  sinne.    502; 

mein  vater  bleibt 

auf  dem  verhaszten  ton.    Göthe  7,  112; 

alle  meine  hofnung  steht  nun  auf  dir;  du  gehst  auf  dem 
grabe ;  man  fährt  rechts  und  hat  auf  derselben  liand  garten- 
häuser  und  Weinberge  neben  sich.  43,  150 ;  Philibert  ertappt 
den  Joachim  über  den  Schmeicheleien  und  nimmt  sie  auf  der 
schlimmsten  seile.  Lessing  2,  475 ;  ich  erstaune  über  ihre  ge- 
schickHchkeit  alles  auf  der  schlimmsten  seite  zu  betrachten. 
Lessing  im  freigeist.  auf  der  stelle,  confeslim;  auf  der  sttttU 
Garg.  257.    mhd.  ze  stete. 

8)  auf  sich  haben,  sinnlich  genommen,  bedeutet  auf  oder  an 
sich  tragen,  abstract  aber  ertragen,  werth  sein,  gelten,  impor- 
ter: das  hat  viel  oder  nichts  auf  sich,  summi  aut  nullius  mo- 
menti  est. 

der  weisen  Romer  volk  das  lern  hinfort  verstehn, 
was  ihre  {der  Christen)  sabbnitag  und  märlein  auf  sich  haben. 
Gripuius  1,  501 ; 

bislu  ein  weiser  mann,  so  durcbgründe  das  innerste  aller 
Sachen,  sintemal  dieses  und  nicht  die  euszerliche  gestalt,  was 
es  auf  sich  hat,  anzeiget.  ;)ers.  baumg.  2, 1 ;  lasz  mich  gehen, 
mein  unglück  ist  gcwis,  sie  hat  es  sogar  in  meiner  band  ge- 
lesen —  was  bat  das  auf  sich?  unterbnich  ihn  Pedrillo,  wenn 
man  es  nur  nicht  an  ihrer  stirne  liest.  Wieland  tl,  234;  du 
wirst  CS  erfahren,  was  es  auf  sich  hat,  eine  hübsche  frau  zu 
haben.  11,  236;   was  hat  das  auf  sich?  qu'iinporte?  Lkwz  1, 


617 


AUFACHT  —  AUFBAHREN 


AUFBALLEN  —  AUFBÄUMEN 


GiS 


1C8;  diese  Schwierigkeit  hat  weniger  auf  sich.  Käst  2,  584. 
ich  habs  auf  andern  leuten.  Garg.  89'  will  sagen,  ich  habe 
mein  geld  bei  andern  leulen  stehen. 

9)  auf  mit  dem  dat.,  unmittelbar  hinter  dem  nomen,  kommt 
«eit  häufiger  vor,  als  mit  dem  acc.,  :.  b.  ein  haus  auf  dem 
berg.  ein  TOgel  auf  dem  bäum ;  blind  auf  beiden  äugen,  taub 
auf  einem  ohr,  lahm  auf  der  rechten  seite,  tceil  dadurch  blosze 
oft  geschilderte  zustände  bezeichnet  werden. 

AL'FACHT, /■.  cura,  sollicitudo,  aufmerksamkeit,  obacht:  die 
anfacht  der  bekandlen.  Opitz  1,  5.  Arg.  78;  so  wird  nicht 
leichtlich  nur  ein  haus  mit  solcher  fürsichtigkeit  und  anfacht 
venvaltet.  Opitz  vorr.  zu  Hugo  Gr.  s.  1^2 ;  ein  fürst  soll  jeder- 
zeit solche  anfacht  haben.  Lohenst.  Arm.  l,  1103 ;  das  gebete 
hätte  der  andacht  und  göttliche  zeichen  einer  vorsetzlichen 
anfacht  ron  nöthen.  2,  376.  heute  auszer  gebrauch,  obgleich 
kürzer  als  aufmerksamkeit. 

AUFACHTE.N,  atlendere,  gewahren :  wobei  er  wol  aufachten 
möchte,  welche  geschlechter  und  arten  hier  einheimisch  sind. 
GöTHE  60,55. 

AUFACHTSAM,  attendens,  aufmerksam:  von  seinem  mehr 
aufachtsamen  söhne  des  reichs  entsetzet.  Louexst.  Arm.  l,  118. 
233 ;  der  aufachtsamste  feldherr.  1,  1010. 

AüFACHTLNG,  f.  was  aufacht:  demnach  habe  ich  mich  in 
ansehen  und  aufachtung  etlicher  meiner  herren  und  freunde 
mit  der  ehrbaren  Jungfrau  Anna  M.  verlobt.  Karlstadt  bei 
Melanchth.  1,  539;  welche  schreiben  in  langen  röhren  haben 
aus  Liegnitz  getragen  werden  müssen,  solche  aufachtung  halte 
man  gehabt.  Schweimchex  1,  263 ;  beantwortet  nur  seine  eige- 
nen einwürfe  ohne  kenntnis,  anhörung  und  aufachtung  seines 
gegenredners.  Tieck  nov.  kr.  1, 138. 

AUFÄCHZEN,  alte  suspirare:  der  kranke  ächzte  auf. 

AUFACKEltN ,  exarare,  iterare,  land  mit  dem  pflüge  auf- 
lockern, in  die  höhe  ackern:  wurzeln,  steine  aufackern,  bei 
kupferstechern,  die  platte  rauh  schaben. 

AUFACKERUNG,  f.  iteratio  arationis. 

AUFANGELN,  hämo  excipere,  einen  fisch  herauf  angeln; 
dann  neuigkeiten  aufangeln,  aufgabeln,  auffangen. 

AUFARBEITEN,  conficere,  fertig  arbeiten:  bis  ich  aufgear- 
beitet hatte.  Lltiier  5,  528'.  dann  für  außrauchen:  der  hung- 
rige ruhte  nicht,  eh  er  den  ganzen  vorrat  von  speise  aufgear- 
beitet hatte ;  das  ganze  leder  ist  Sthon  aufgearbeitet ;  ich  habe 
nun  alles  papier,  alle  samlungen  aufgearbeitet,  renovare: 
alte  kleider,  eingesessene  sessel  aufarbeiten,  endlich  auch 
für  mühsames  aufmachen,  üfnen:  den  versandeten  graben,  das 
schlosz  aufarbeiten,  sich  aufarbeiten,  sich  aufraffen,  ange- 
strengt in  die  höhe  bringen:  der  kranke  wollte  sich  im  bette 
aufarbeiten;  der  mann  schien  verloren  und  arbeitete  sich 
doch  wieder  auf. 

AUFATHMEN,  respirare,  alte  spirare: 
athme  nun  auT  und  trink!    Klopst.  1,  114; 
die  saDflern  schmerzen,  welche  zum  wiedersehn 
hinblicken,  welche  zum  wiedersehn 
tief  aufatbmeo.    1,115; 

der  mensch  sah  schweraurathmeDd  gen  himmel. 
Mets.  8,  404 ; 
der  feind  ist  geschlagen,  wir  atbmen  frei  auf;  sie  küste  mich 
und  athmete  auf. 

AUFÄTZEN,  nach  den  verschiednen  bedeutungen  des  älzens. 
das  vöglein,  das  kind  aufätzen,  auffuttern :  dasz  ich  ein  junger, 
zart  aufgcätzter  edelmann  bin.  J.  Paul  teuf.  pap.  2,  CO;  das 
futter  verbrauchen :  weistu  nit,  welchen  groszen  häufen  schaf 
ich  habe  und  dasz  das  futter  und  hew  gar  aufgeätzt  ist? 
KiRCUu.  uendunm.  240*.  ein  geschwür  aufätzen,  durch  aufge- 
legte, bciszende  pflaster.  eine  kupferplatte  aufätzen.  s.  aufclzen. 

AUFBACKEN,  verbacken,  aufbrauchen,  nnl.  opbakken :  alles 
mehl  aufbacken,  dann  wieder  backen,  recoquere,  alles  gebäck 
aufbacken ;  auch  wol  festbacken,  anbacken :  der  kuchen  ist 
aufgebacken. 

AUFBÄHEN,  refovere,  durch  warmen  Umschlag  aufbahn. 

AUFBAHREN,  feretro  imponere,  auf  die  bahre  legen: 
wolt  Heber  sehen 
ihn  aufbahren  und  einnchen.    Atrer323'; 
er  tritt  herein  und  sieht,  man  bahrt  den  Dämon  auT. 
Gellert  1,  213; 

der  mensch  liegt  aufgebahrel,  liegt  im  sarge,  mhd.  gerfwet. 
J.  Paui.  verwendet  es  lu  allgemein  für  auflegen:  die  allen 
schreibhücher  der  kinder  lagen  auf  dem  italienischen  dache 
eines  gitterbellcs  anfgebabret.  jubeis.  155;  der  name  ward  in 
den  thurmknopf  eingesargt  und  aufgebahrel.  Fizl.  200 


AüFBÄLLEN,  globare,  globos,  globulos  formare.  von  den 
Pferden,  wenn  sich  an  ihren  huf  erde  setzt :  die  erden  so  man 
unter  den  vordem  hufeisen  findet,  wann  die  pferde  in  wei- 
chem weiter  aufballen.  Pister  s.  408 ;  ton  wölken,  von  schv.ee 
und  anschwellendem  eis: 

auf  berges  ferne  ballt  sich  auf 

ein  alpenheer,  beeist  zu  häuf.    Göthe  4,119; 

die  knaben  ballen  schnee  auf  und  werfen,  von  polster  und 
waaren:  zu  hoch  aufgeballtes  bette.  J.  Paul  biogr.  bei.  1,146; 
knoten  seiner  stim,  den  sie  ihm  durch  alle  sorgen  aufgeballt 
hatte.  Herder  19,  83.  waaren  aufbauen  kann  heiszen  sowol 
binden  als  lösen. 

AUFBANSEN,  getraide  aufbansen,    s.  banse. 

AUFBASZ,  adv.  altius:  iemer  me  über  sich  uf  und  ofbasz 
gon.  Keisersb.  ehr.  bilg.  156.  andere  belege  bei  Oberlin  65. 
richtiger  getrennt:    auf  basz,  mhd.  6f  hoher  baj.    s.  basz. 

AUFBAU,  t?i.  aedificatio,  substructio,  nnl.  opbouw:  die  auf- 
richlung  eines  gebäudes,  eingeäscherter  kirchen;  der  aufbau 
des  Vaterlandes  unter  ihren  bänden  ist  mislungen;  sei  daher 
jeder  wacker  und  unverzagt  bei  dem  neuen  aufbau  Deutsch- 
lands. J.  Pacl  nachdämmerungen  70.  bildlich:  unter  einem 
aufbau  lieblicher  blumen  und  frftchle.  Thümmel  10,  369. 

AUFBAUCHE.N,  tumere  instar  ventris:  sah,  wie  des  reiters 
weiszer  mantel  im  winde  gleich  einem  segel  aufbauchle.  Armü 
kronentr.  1. 19  erster,  1,  23  zweiter  ausg. 

AUFBAUEN,  aedificare,  substruere,  restaurare,  nnl.  opbouwen, 
das  pari,  aufgebawen  bildet  noch  Fiscoart  Garg.  2S0*,  heute  heiszt 
es  nur  aufgebaut :  ein  haus,  eine  kirche  aufbauen,  aufrichten, 
in  die  höhe  führen;  luflschlösser  aufbauen;  es  ist  leichter 
einzureiszen  als  aufzubauen;  haben  feste  thürm  drinnen  auf- 
gerichtet und  pallast  aufgebawet.  Es.  23,  13;  einen  holzstosz 
aufbauen.  Götter  3,  512 ;  meine  blumenbeete  tragen  den  auf- 
gebauten regenbogen  und  sinken  nicht.  J.  Pacl  Hesp.  2,  246 ; 
der  aufgebauetc  himmel  vor  ihm.  uns.  löge  3, 139 ;  mit  sitzen 
eingefaszt,  die  sich  in  mehrern  reihen  hintereinander  aufbau- 
ten. Göthe  24,  147.  dann  auch  vom  aufrichten  des  leibes ; 
eine  leicht  aufgebaute,  nett  gebildete  gestalt.  Göthe  16,  152 ; 
er  rüstete  sich  zum  reisen,  das  am  besten  seinen  eigensin- 
nigen körper  auf-  und  nachbauete.  J.  Pall  4,108;  Reinhard 
suchte  seine  schon  sehr  zerrütlele  gesundheil  an  der  heiszen 
quelle  wieder  aufzubauen.  Göthe  32, 16.  endlich  von  geistigem 
bilden,  erwachsen  und  stärken:  dasz  wir  uns  einen  deutliche- 
ren begrif  von  verlornen  bildern  aufzubauen  wagen.  39,  174; 
Moritz  ist  dadurch  wirklich  aufgebaut  worden,  es  fehlte  gleich- 
sam nur  an  diesem  werke  {Herders  gott),  das  nun  als  schlusz- 
stein  seine  gedanken  schlieszt,  die  immer  auseinander  fallen 
wollten.  29,  79;  eine  naturgemäsze  darsicllung  aufbauen.  50, 
56 ;  diese  werden  eben  diese  Überzeugung  auf  eben  dem  wege 
in  ihnen  aufzubauen  suchen,  auf  welchem  sie  in  ihnen  selbst 
aufgebaut  wurde.  Fichte  kr.  der  otfenb.  130.  im  theologischen 
sinn  lieber  sich  erbauen,  auferbauen. 

AUFBAUER,  m.  aedificator,  restaurator,  erbauet. 

AUFBAULICH :  das  wäre  christlich  und  löblich  und  aufbau- 
lich, da  würden  alle  nationen  desto  lieber  zu  dieser  religion 
sich  begeben,  landgr.  Philipp  bei  Melanchth.  9,  702. 

AUFBAUMELN,  diminutiv  von  aufbäumen,  sich  aufbäumein, 
weidmännisch  vom  hasen,  wenn  er  sich  auf  die  hinterfüsxe 
setzt,  in  die  höhe  richtet  und  umschaut. 

AUFBÄUMEN,  weidmännisch  von  wilden  kletterthieren  und 
groszen  vögeln,  die  gejagt  zu  bäume  fallen,  springen,  fliegen, 
was  auch  blosz  bäumen  heiszt:  der  luchs,  der  marder,  das 
eichhörnchen  baumel,  bäumet  auf,  das  haselhubn  bat  aufge- 
bäumt. 

AUFBÄU.MEN,  erigere  instar  arboris,  sich  aufbäumen,  erigi, 
ein  lebhafter  ausdntck,  der  sich  ahd.  und  mhd.  nicht  aufwei- 
sen läszt,  aber  vorhanden  gewesen  sein  kann,  da  das  einfa- 
che, gleichbedeutige  boumen  bereits  vorkommt:  dag  ors  be- 
gunde  sich  boumen.  Lohengr.  130,  außäumen.  es  gilt  zu- 
mal von  Pferden,  wie  aufbäumein  von  hasen,  wenn  sie  sich 
auf  die  hinterßtsxe  stellen,  männerchen  machen,  bair.  manne! 
machen,  wird  aber  auch  gesagt  vom  kinde,  das  sich  im  mutterleib 
bewegt,  aufrichtet,  von  der  bewegung  des  herzens,  vom  aufrich- 
ten, sträuben  der  haare  und  mahnen,  des  wassers,  der  flamme, 
des  Schattens,  und  steht  überhaupt  für  auflehnen.^  sich  empor- 
richten und  erheben:  Helisabet  das  ufböumen  in  inrueriib  befand 
Keisebsb.  post.  1,  4 ;  sich  heben  und  aufbewmen.  Luther  3, 111  ; 
doch  komb  nimmer,  das  rat  ich  dir, 
dich  aufzubäumen  gegen  mir.    H.  Sachs  ; 


619 


AUFBÄUMEN —AUFBEGEHREN 


AUFBEHALT — AUFBEUTELN 


620 


die  armut,  die  sich  irulziglilich 
nie  darf  aufbäumen  wider  mich. 


III.  2,  71 ; 


die  wil  du  dich  so  frävenlich  dem  heiligen  stäl  zu  Rom  wi- 
dersetzst  und  dich  ufbömpst  wider  din  ordenliche  oberkeit, 
so  thfin  ich  dich  in  höchsten  bann.  Bullinger  1, 17 ;  Rupertus 
künde  sich  aufbäumen  wie  ein  groszer  Christoffel;  so  einer, 
der  von  des  herrn  wegen  uneelich  bleibt  und  sich  wider  die 
eelichen  aufljewmt,  der  sei  verbannt.  Frank  chron.  32l';  die 
durch  vil  subtililet  der  künst  sich  aufbäumen  und  fallen  in 
die  herschaft  des  teufeis.  Frank  2,  82;  Avie  sich  das  herz 
daran  aufbäwmt  und  darauf  verlaszt.  2,  98 ;  die  herzogin  die 
rede  sobald  nicht  vernommen  halt,  alles  ir  geblüt  von  groszer 
freuden  empören  thet,  ii-  herz  von  groszen  freuden  sich  auf- 
bäumet. Galmy  83;  dann  sobald  solchs  geschieht,  sich  mein 
herz  in  meinem  leib  aufbäumet.  163;  der  flusz  hat  sich  auf- 
gebeumt  und  geschwellt ;  wenn  sich  das  hirn  aufbeumet  oder 
aufwirft.  WiJRTZ  wimdarzn.  90 ;  wirt  sich  aufbäumen  wider  den 
fürsten.  Wernstreit  friedensb.  222; 

also  wil  ich  nemen  das  leben 

allen  die  lliun  auHaumen  sich.    Atrer63'; 

gleich  als  köntestu  dich  wider  got  aufbäumen.  Ayrer  proc. 
3, 1 ;  der  kerl  beumt  sich  gewaltig  auf,  cristas  erigit.  Stieler 
115 ;  wer  sich  zu  sehr  aufbeumt,  schlägt  desto  schwerer  nie- 
der; nachdenkend  betrachtet  er  des  todten  aufgebäumte  brüst. 
Fr.  Müller  1,  102 ;  o  nun  rufst  du  hoch,  bäumst  auf  die 
wilde  brüst.  1,  176 ;  die  pest  mag  mit  aufgebäumten  (aufge- 
häuften) leichen  den  Oeta  übergipfeln.  Schiller  14;  als  ein 
wahrer  lianenwald  aufgebäumt.  J.  Paul  Ilesp.  vorr.  viii;  als 
ich  bei  einem  ihor  in  Hof  vorbeigehe,  auf  dem  ein  gemahlter 
löwe  sich  und  seine  mahnen  aufbäumt.  4,  1;  er  sah  einen 
hoch  aufgebäumten  wald.  TU.  2,  50;  neben  dem  zauberwald 
bäumte  sich  der  hohe  schwarze  tartarus  auf.  3, 103 ;  die  mäd- 
chen  sahen  hochroth  dem  aufbäumen  (aufrichten  eines  baums) 
zu.  ßegelj.  3,  72;  hell  klang  drauszen  das  abendläuten  unter 
den  aufgebäumten  rauchseulen.  4, 112 ;  eine  sich  aulbäumende 
sinnenweit.  Fixlein  43;  als  eine  gebogene  flamme  sich  zwi- 
schen den  grünen  gipfeln  aus  einander  rollte  und  aufbäumte. 
biogr.  bei.  1,  28 ;  nun  blickte  sie  nach  ihrem  schatten  um, 
der  aufgebäumt  an  der  wand  gegenüber  stand.  Tieck  9, 167. 

Den  Webern  bedeutet  aufbäumen  das  garn,  den  zettel  um 
den  weberbaum  winden,  außringen,  nd.  bömen,  upbömen,  nnl. 
boomen,  opboomen,  den  ketting  op  den  weefboom  brengen. 
opboomen  auch:  een  schip  met  een  boom  tegen  stroom  op- 
duwen.  dagegen  fehlt  diesem  dialect  das  Vorausgehende  nhd. 
aufbäumen  erigere. 

Bergmännisch,  es  bäumt  sich  ein  knauer  auf,  kommt  hartes 
gestein  zu  tage. 

AUFBAUSCHEN,  AUFBAUSEN,  anschwellen,  aufblasen,  auf- 
treiben: segel,  gewänder  bauschen  auf;  sogar  meine  kürbisfla- 
schen  klotzen  mich  an,  pauszen  sich  auf.  Fr.  Müller  1, 128 ; 
aufgebauschte  backen :  ein  gutes,  wackres  weibsen,  das  auch 
seine  schmucken  pfennige  und  aufgebauschte  rothe  backen  hat. 
Tieck  ges.  nov.  4, 180.    s.  hausbacken  und  aufpausen. 

AUFBEBEN,  tremule  erigi:  das  herz  bebte  mir  auf  in 
der  brüst; 

da  waren  um  mich  aufbebende  gräber. 

KiopsT,  Mess.  7,  437  ; 
in  bangen  entzückungen  bebte  das  herz  auf.    Voss; 
in  süszem  schrecken  bebt  die  sultanstochter  auf. 

Wieland  ; 
welch  kingliches  geschrei 
bebt  zu  den  fenstern  auf?    C.  F.  Weisze. 

AUFBEFINDEN,  sich,  surgerc,  valere,  aufgestanden  sein  und 
sich  befinden,  sich  gehaben:  er  befindet  sich  schon  auf;  i.  f.  gn. 
befänden  sich  gar  flbcl  auf.  Schweiniciien  3,125;  er  befindet 
sich  wo!  auf  und  sieht  doch  blasz.  Rabener  1, 123;  die  schäfer 
belindcn  sich  niemals  besser  auf,  als  wenn  sie  von  gift  und 
dolchc  reden,  ein  unverwerfliches  wort,  dessen  man  sich  heute 
wenig  bedient. 

AUFBEFINDEN,  n.  habitus,  status,  valetudo:  ich  habe  B. 
gebeten,  dasz  er  von  meinem  aufbefinden  ihnen  mündlich 
nachricht  geben  möchte.  Rareneh  ß,  12&;  das  aufbefinden  der 
Prinzessin,  wenn  sie  aufwachte,  inüste  allein  entscheiden,  ob 
sie  sich  im  stände  bcHinde,  ihn  vor  oder  nach  der  tafel  an- 
zunehmen. J.  E.  Schlegel  3,  497. 

AUFBEGEHBEN,  insnlescere,  mehr  ah  billig  fordern,  zornig 
auffahren :  sie  wollen  hier  noch  aufbegehren !  in  anderm  sinn, 
aufverlangen. 


AUFBEHALT,  für  aufenthalt,  slalus  ?  die  Verwendungen  und 
öftere  wiederkehren  des  aufbehalts  der  dementen  (ces  ren- 
versements,  ces  mutuels  retours  des  rcgions  clementaires). 
Brockes  3, 152. 

AUFBEHALTEN,  servare,  franz.  garder;  conscrver,  auße- 
wahren,  aufheben,  sinnlich,  den  hut  auf  (dem  köpfe)  behalten. 
Göthe  25,  367;  es  regnet  noch,  du  must  den  schirm  aufbe- 
halten, wie  den  mantel  anbehalten,  fruchte.  Heisch  aufbehal- 
ten, aufbewahren,  aufheben,  dann  in  häufiger  anwendung: 
gott  hat  mich  dazu  aufbehalten,  dasz  ich  noch  enkel  erblicken 
soll; 

so  wirt  doch  deiner  gute  schätz 

für  dein  volk  aufbehalten.    Weckii.  142; 

da  sie  fast  nichts  können  vor  raub  und  plünderung  recht  ge- 
sichert haben  oder  aufbehalten.  Simpl.  l,  15;  die  guter  eines 
verstorbenen  prälaten  wurden  so  lange,  bis  sein  successor 
kam,  aufbehalten.  Hahn  2,  165;  aus  dem  Saturio  aber  hat 
uns  Festus  unterschiedene  stellen  aufbehalten.  Lessing  3,  4; 
es  gibt  in  der  that  auch  hier  paduanische  münzen,  die  zwar 
falsche  aber  doch  von  so  schönem  und  dem  wahren  so  nahe 
kommenden  Stempel  sind,  dasz  sie  gar  wo!  aufbehalten  zu 
werden  verdienen.  8,  456 ;  wer  weisz,  was  ich  ihm  aufljehalten ! 
er  war  meine  erste  liebe.  Schiller  305 ;  Strada  hat  uns  einige 
artikel  aus  der  geheimen  Instruction  aufljehalten,  die  ihr  das 
spanische  ministerium  gab.  797;  dasz  classische  Schriften  die 
schätze  ihrer  spräche  aufbehalten  sollen.  Herder  1,  130;  ich 
verfolgte  einen  alten  lieblingsgedanken,  dasz  Myrons  kuh  auf 
den  münzen  Dyrrhachiums  dem  hauptsinne  nach  aufbehalten 
sei.  Göthe  32,  137;  dank  dir,  dasz  du  mich  dieser  stunde 
aufbehalten  hast.  Klingers  th.  2,  364 ;  o  Rinaldo,  zu  was  bin 
ich  aufbebalten !  3,  259 ;  o  boshaftes  Schicksal,  ward  es  mir 
aufljehalten,  den  schrecklichsten  von  deinen  kelchen  zu  leeren? 
Tieck  15,149;  flüchtige  schritte,  von  denen  die  zeit  nicht  die 
mindeste  spur  aufbehält.  Kant  2,  548. 

AUFBEHÄLTNIS,  n.  brüder,  die  das  aufbehältnis  einer  ge- 
heimen Wahrheit  zu  menschen  macht.  Hippel  10, 171. 

AUFBEISZEN,  dentibus  effringere,  nnl.  opbijten : 

kanstu  das  nüszia  aufbeiszen?  H.  Sachs  1,424*; 

das  er  vor  zorn  ein  nusz  mit  dem  ars  aufgebissen  hett.  Garg. 
253' ;  allein  er  hat  nüsse  \^rher  aufzubeiszen.  J.  Paul  ßegelj. 
1,  12 ;  beiszt  mir  disen  verknipften  knöpf  auch  auf,  habt  ihr 
änderst  spitze  zän.  Garg.  286".  die  säure  beiszt  die  haut 
auf.    sich  eine  ader  aufbeiszen.  Göthe  16, 108. 

AUFBEIZEN,  corrodere:   ein  geschwür  aufbeizen. 

AUFBEKOMMEN :  du  wirst  schlage  auf  (den  rücken)  bekom- 
men; bürgerkrone,  die  er  auf  (das  haupt)  bekäme.  J.  Paul 
jubeis.  100.    Schüler  bekommen  arbeiten  auf. 

AUFBELLEN,   alle  lairare: 

graunvoll  aufbellende  haupier.    Voss; 
Scylla  von  hunden  umtobt  aufbell  in  sikulischen  wässern. 

derselbe. 

AUFBEREITEN,  zubereiten,  bergmännisch,  erz  durch  waschen 
und  pochen  zum  schmelzen  aufbereiten. 

AUFBERGEN,  aufrücken,  im  landbau,  die  beete  in  der  mitte 
erhöhen,  bei  Stieler  164  ist  aufbergen,  cumulare  montes,  berg 
auf  berg  setzen,    s.  aufl)irgen. 

AUFRERSTEN,  rumpi,  nnl.  opbersten ;  die  erde  birslet  auf; 
dasz  .ludas  sich  selbst  erhcnket  und  der  bauch  im  auflterstel 
(f.  birstct).    Luther  tischr.  300"; 

oder  im  wölbenden  bäum  und  in  nufgeborstenon  fcisen. 
ZACUARIÄ2,  63; 
aufgeborslene  lippen. 

AUFRESCHWÖREN,  durch  beschwOrung  m  die  höhe  rufen: 
einen  stürm  aufbeschwören. 

AUFRESSEBN,  sensim  cmendare:  er  hat  seine  fehler,  einen 
nacii  dem  andern,  aufgebessert ;  sobald  (ein  erziehungsbuch) 
sogar  prinzchen  aufljessert.  J.  Paul  Fibel  130. 

AUFBF^TEN,  prcces  recilarc,  herbeten,   aufsagen. 

AUFBETTELN,  nnl.  opbeddelen:  aufgebettelles  brot.  Klin- 

CER    1,  176. 

AUFBETTEN,  lectum  alte  sterncre:  mein  neustes  opuscu- 
lum,  das  so  verdammt  hoch  vor  uns  aufgebettet  stand  wie 
ein  sierncnkegpl.  J.  Paul  lIcsp.  4,166;  es  ist  schon  aufgebet- 
tet, die  betten  sind  schon  gemacht. 

AUFBEUTELN,  consumere:  dieweil  der  unnütz  und  freszig 
häuf  die  profeand,  so  den  streitbaren  inOcht  genugsam  sein, 
aufbcutlet.  Frank  chron.  30\    die  beutet  öfnen  und  verlhun. 


621 


AUFBEWAHREN  —  AUFBINDEN 


AUFBINDEN  —  AUFBL  AFFEN 


622 


AUFBEWAHREN,  conservare,  aufbehalten. 


Araor, 

der  dem  geprürien,  dessen  heldenglaube 
fest  an  ihm  hält,  ein  weLbchen  guter  art 
zum  schönsten  erbtheU  aufbewahrt.    Goitkr  1,253; 
nach  jenem  wolbekannien  kloster  hin, 
das  einen  iheuren  schätz  mir  aufbewahrt.    Scüilier; 

ihr  wolltet  uns  aufbewahren  der  schmach,  der  schände.  Ki.ixger 
4,  173;  ein  ältlicher  mann,  der  im  hause  aufbewahrt  wurde. 
TiECK  Sternb.  2,  62. 

ALFBE\V.\HRER,  m.  conservalor :  die  alleinigen  kenner  und 
aufbewahrer  solcher  Wahrheiten.  Kaxt  2,  2S. 

AUFBEWAHRUNG,  f.  conservalio,  custodia :  die  beslimmung 
und  sorgfaltige  aufbewahrung  des  ausdruckes,  an  dem  der  be- 
grif  hängt.  Kam  2,  298; 

in  dieser  windeln  stiller  aufbewahrung 
schläft  ....  ein  knabe.    I'laten  287. 

AUFBEZAHLEN,  integrum  solvere,  nnl.  opbelalen:  haar 
aufbezahlen. 

AÜFBICKELN,  außlopfen,  aufhämmern :  auf  und  ab  bickeln. 
Keisersb.  XV  staffeln  38'.    nnl.  opbikken. 

AUFBIEGEN,  sursum  fleclere,  nnl.  opbuigen:  die  Oberlippe 
war  bis  zur  nase  aufgebogen,  pers.  rosenth.  1,  42 ;  die  rinde 
aufbiegen. 

AUFBIETEN,  evocare,  proclamare,  demintiare,  offerre: 

1)  das  beer  gegen  den  feind  aufbieten,  uoftr  auch  aufge- 
bieten und  entbieten  gesagt  wird  (welchem,  s.):  alles  aufliieten, 
was  Stab  und  stange  tragen  kann ;  den  zehnten  mann  aufbieten ; 

und  aufbieten,  das  iederraan 

gerüstet  sei  mit  gewehrter  band.    H.  Sachs  III.  1,  71"; 

ich  habe  alle  fürsten  aufgeboten, 

mich  aus  unwürdgen  banden  zu  befrein.   Schiller  443' ; 

botschafi,  dasz  die  natur  längst  unsrer  müde  worden, 

die  dort,  geschäftig  im  ermorden, 

der  aufgebotnen  pest 

die  giftgen  schwingen  schütteln  läszt.    Lessing  1,  S9; 

dann  aber  auch  andere  mittel  anwenden,  gleichsam  heran  ru- 
fen :  der  schar»  erksdienst,  dazu  die  spräche  aufgeboten  wird. 
Herder  i,  51 ;  allen  meinen  witz  aufzubieten  und  alle  meine 
kunst  zu  verwenden.  Göthe  24,  269 ;  ohne  zweifei  bot  man 
die  letzte  der  weiblichen  listen  auf?  Götter  3,  lOS ;  ich  wollte 
so  eben  meine  letzte  stärke  aufbieten.  Klixgers  theater  2,  360. 

2)  bekannt  machen,  darlegen,  darbieten :  nun  hie  beut  ich 
auf,  ein  anderer  solvier,  ich  bin  Davus,  nit  Oedipus,  ich  lege 
die  Schwerter,  ein  anderer  fecht.  Fraxr  rerbütschiert  buch, 
rorr.  4";  ein  räterschafl  aufbieten  {rätsei  aufgeben).  Frank 
spr.  112 ;  darin  verzeichnet  werden  die  getauften  und  die  man 
aufbieten  {proclamicrcn)  solle.  Mathesics  136';  die  verlobten 
haben  sich  von  der  kanzel  aufbieten  lassen,     etwas  feilbieten. 

3)  auffordern: 

der  feind  dacht  im  triumph 

bald  in  das  schlosz  zu  steigen,  wenn  ers  ilzt 

aufbieten  liesz.  E.  ton  Kleist  2,  117  ; 

der  knecht  kam  dorthin,  die  gerichte  aufzubieten.  Tieck  ges. 
nov.  2,  208 ;  eine  zum  tanz  aufbieten,  auffordern. 

4)  höhnen,  beschimpfen,    vgl.  aufblasen. 

5)  höher  bieten,  überbieten,  diese  bedeutung  hat  das  nnl. 
ophieden. 

AUFBIETER,  m.  proclamator : 

wo  ist  dann  der  aufbieter  dein  ?   Atrer  fastn.  sp.  23'. 

AUFBIETUNG,  f:  mit  aufbietung  aller  kräfte. 

AUFBINDEN,  nnl.  opbinden,  in  verschiednem,  oß  entgegen- 
gesetztem sinn: 

1)  in  die  höhe  binden :  die  haare  aufbinden ; 
heu  ich  ein  bulen  als  mancher  hat, 
ich  wolt  im  aufbinden  sein  gelbes  har 
mit  eitel  brauner  seiden,    ühlano  89; 

die  hosen  aufbinden,  in  die  höhe  ziehen  und  nesteln.  Fischart 
podagr.  trotlb.;  eingenestelt,  die  stumpf  (/.  strumpf^  aufge- 
bunden. Garg.  173'.  geschnittenes  oder  gehauenes  getraide  auf- 
binden und  in  garben  aufstellen; 

ein  baurcnlochlprlein  wolt  gersten  aulbinden, 

Ha  stachen  »ie  die  distcl  in  die  flnger.    Garg.  88*; 

blumen,  Stengel  aufbinden,  dürres  laub  aufl.inden,  in  bündel 
sammeln,  die  schwänze  der  pferde  aufliindon;  die  pferde 
{mit  den*  köpf  hoch)  aufbinden :  und  solts  aun>inden,  das  sie 
nicht  mist  oder  kol  aufnaschen.  Secter  s.  13;  ehe  du  den 
gaul  will  laufen  lassen,  so  gib  irae  ein  gaufen  oder  zwo  mit 


geseubertem  futler,  darnach  bind  den  gaul  auf  und  decke  ihn 
zu.  s.  8 :  die  nacht  zuvor,  wann  es  am  andern  tag  zu  morgens 
soll  laufen,  lasz  es  ungessen,  steh  aufgebunden,  s.  11.  den 
mantclsack  aufbinden;  gepäck  und  koffer  aufbinden,  auf  die 
kutsche:  der  diener  ersuchte  ihn  einzupacken,  weil  sie  noch 
diese  nacht  aufbinden  wollten,  um  mit  anbruch  des  tages 
wegzufahren.  Göthe  20,  148.  er  bindet  bald  auf.  Eyring  2, 
217  musz  bedeuten,  er  ist  jähzornig,  reizbar,  fängt  schnell  bän- 
det an;  das  du  dorumb  nit  strackes  mit  inen  ufbindest  und 
glichs  im  hämisch  seiest.  Keisersb.  post.  4,  37 ;  damit  ich  nicht 
mit  ihm  bald  aufbinde.  Zinkgref  138,  4,  in  streit  gerathe,  vgl. 
anbinden,  kurz  angebunden  sein.  Hemsch  386  hat  aufgebun- 
den petulans,  dissolutus. 

2)  aufbinden  mit  dat.  der  person,  alligare,  imponere:  soltu 
inen  die  hauben  aufbinden.  2  Mos.  29,  9 ;  darumb  musz  uns 
der  bapst  gesetze  aufbinden.  Luther  5,  219';  nachdem  sie 
dem  Xenophon  von  Athen  ihrer  beimfart  sorg  aufgebunden 
betten.  Fronsp.  3,276"; 

ist  jemand  hier  zu  finden, 
dem  man  verrätcrei  mit  Wahrheit  köiin  aufbinden? 
Grtphics  1,  66, 

d.  i.  zur  last  legen,  schuld  geben,  gegen  das  18  jh.  heiszl  aber 
allgemein  einem  eins  aufbinden,  ihm  etwas  unwahres  weis  ma- 
chen, ihm  eine  lüge  aufheften,  gleichsam  auf  den  arm  ließen, 
auf  die  nase  binden,  dasz  ers  glaube.  Stieler  157  hat  schon 
dies  inducere  in  falsam  opinionem,  auch  Frisch  1,  9»',  nicht 
der  ältere  Hexisch,  ja,  ich  war  einsmals  so  verwegen  eben 
dieses  dem  kaiser  selbst,  da  er  bei  guter  laune  war,  aufzu- 
binden. Felsenb.  3, 120 ; 

wer  hat  dir,  Kunz.  das  aufgebunden  ?  — 
sei  drum,  so  ward  mir  doch  nichts  aufgebunden. 
Lessing  1,  2t ; 

er  hat  ihr  einen  vater  aufgebunden.  2,  357;  ihr  habt  immer 
solche  familiengeheimnisse,  doch  mir  wird  man  in  solchen 
fallen  nichts  aufbinden.  Göthe  20,  293  ;  indessen  meine  schöne 
diese  worte  ganz  treuherzig  vorbrachte,  sah  ich  sie  bedenk- 
lich an,  weil  es  schien  als  ob  sie  lust  habe  mir  etwas  auf- 
zubinden. 23,  92 ;  unter  uns  jungen  leuten  hatte  sich  ein  ge- 
wisser kilzel  erhalten  einander  etwas  aufzubinden  und  wech- 
selsw.eise  zu  mystificieren.  25,  238 ;  wo  das  versammelte  con- 
cilium  einer  predigt  des  Jesuitengenerals  zuhört,  ich  möchte 
wol  \»issen,  was  er  ihnen  aufgebunden  hat.  27,  37;  so  hat 
uns  Lessing  aufgebunden,  dasz  die  alten  nur  das  schöne  ge- 
bildet. 38,  94;  der  verstand  will  sich  nichts  unechtes  aufbin- 
den lassen.  53,  115;  dasz  er  sich  abendlicht  für  morgenlicht" 
aufbinden  lassen.  J.  Paul  kämet  3,  122;  schade,  dasz  dieser 
sich  die  vermeinten  bedingungen,  die  hirngeburt  eines  der 
elendesten  annalisten  hat  aufbinden  fassen.  Niebuhr  2,  279; 
auch  hatte  es  keine  gefahr,  dasz  sie,  wenn  die  leiche  des 
tribunen  Genucius  nicht  gefunden  worden  wäre,  sich  hätten 
aufbinden  lassen,  dasz  er  gen  himmel  entrückt  worden  sei.  3, 204. 

3)  endlich  heiszt  aufbinden  auch  losbindeti,  entbinden,  den 
knoten  aufbinden,  außnüpfen,  lösen;  die  haare  aufbinden, 
die  verschlungnen  locken  wnl  zöpfe  lösen  und  der  Zusammen- 
hang hat  zu  entscheiden,  ob  ein  mädchen  mit  aufgebundnem 
haar  ausdrücke  mit  zierlich  aufgeputztem  (nach  1)  oder  mit  frei 
und  los  fliegendem  (nach  3). 

ich  sag  dir  warlich,  wiltu  nit  schweigen, 
ich  wil  dir  erst  die  rechten  punt  aufpinden. 
fastn.  sp.  36,  27, 

das  bündel  deiner  Untugenden  öfnen,  aufmachen. 

wo  du  {teufd)  mit  toller  brunst  die  sinne  kanst  entzünden, 
und  wäre  lieb  aufbinden  (außöscn,  dissolvere). 
Grtphics  1,  60. 

den  sack  aufbinden,  öfnen,  mhd.  enbinden.  myst.  293,  27.  di:s 
nnl.  opbinden  hat  blosz  die  bedeutung  von  1,  nicht  von  2  und 
3:  het  haar,  de  broek,  de  kousen,  den  wijnstok  opbinden. 

AUFßIRGEN,  ßir  aufbergen,  im  sinne  von  aufthürmen, 
schreibt  Wiei.axd: 

das  meer  so  fürchterlich 
kaum  aufgebirgt,  sinkt  wieder  bis  zur  gläue 
des  hellsten  teichs.    23.23; 
am  fusz  der  aufgehirgien  zacken.   23,61. 

AUFBLAFFEN,  was  aufbellen,  hoch  außellen: 

wie  maus  herz  fleiszig  soll  abrichten, 

d.'isz  es  Wien  Jagdhund  schnülTelnd  spart, 

unsichtbar  gut  uns  apportierf. 

umschleicht  und  nach  dem  himmel  gaft, 

wenns  clienib,  engcl  merkt,  auftlaft.    Tibc«  1,  343. 


623 


AUFBLÄHEN — AUFBLASEN 


AUFBLASEN 


624 


AUFBLÄHEN,  inßare,  turgidum,  tumidum  reddere,  sich  auf- 
blähen intumescere,  inflari:  es  blehen  sich  etliclic  auf.  l  Cor. 
4,  18;  sicli  gegen  dem  mann  aufbläiien.  Garg.  "T";  zur  was- 
sersüchtigen sackpfeifen  aufplehen.  82';  dasz  in  ein  frosch 
aufblehet.  221* ;  aufbleen  das  gemüt.  H.  Sachs  I,  250'; 

so  thut  dich  aufblehen  die  lügend.    I,  252'; 
mein  brüder  reden  mich  nicht  an, 
sonder  thun  sich  vor  mir  aufblehen.    AvnER204''; 
noch  blähen  sie  sicii  auf  und  dörfen  sich  erheben, 
als  jeder,  gebe  goti,  müst  ihrer  gnade  leben.    Opitz  1,  137; 
sie  bläht  sich  eilends  auf,  und  wird  auch  eilends  wind ; 
so  hiebt  sich  auf,  als  aufgespannte  segel, 
sein  geist.  Schönborn  bei  Gryphius  2,  504  ; 

wie?   soll  ich  mich  denn  auf  für  deiner  hochheit  blöhn, 
ein  phariseer  sein,  mein  nichtigs  thun  erhöhn! 
Flkming  553; 

Tiberius  zerrisz  mit  aufgeblehtem  rächen 

wer  ihm  vor  äugen  kam.    Sculteius  bei  Lessing  9,  284; 

der  du  mit  flammender  lohe  den  aufgebläheten  Xanthus 

halb  verraucht  in  seiu  lager  zurückzwanpst. 
Hamler  1,  16 ; 

die  in  verborgenem  über  die  thaien  der  könige  herschen, 

wenn  sie  damit  triumphierend  als  ihrer  schöi)fiing  sich  auihlähn. 
Klopst.  Mess.  1,  651 ; 

wie  sehr  auch  die  stolzen  sich  aufblähn.    7,  466; 

die  volle  brüst,  mutwillig  aufgebläht.    Wieland; 
markte  reizen  dich  zum  kauf, 
doch  das  wissen  blähet  auf.    Göthe  5,  73; 

ein  maulwurfshaufen,  der  sich  schwerlich  zum  berg  aufschwel- 
len wird,  wenn  ihn  nicht  sonst  ein  politisches  erdbeben  dazu 
aufbläht.  Klinger  12,  148 ;    ein  aufgebläheter  bauch.    Rabener 

1,  119;  und  \yenn  er  sang,  blähte  er  sich  stolz  auf,  so  dasz 
sich  seine  fedlern  noch  prächtiger  zeigten.  Tieck  4,  154;  das 
eingebildete  wissen  bläht  auf.  Kant  1,  370  ;  hochfliegende,  auf- 
blähende anmaszungen.  4,  282 ;  sich  vor  ihnen  aufzublähen 
zur  befriedigung  seines  stolzes.  Fichte  kr.  der  offenb.  246 ; 
der  aufgeblähete  wipfel  (des  baumes).  .1.  Paul  TU.  1,29;  sein 
so  oft  aufgeblähtes  und  zusammengefallenes  herz.  2, 127. 

AUFBLÄHEN,  n.  inßalio.  2  Cor.  12,  20.  golh.  ufsvalleins. 

AUFBLÄHIEHEN  bildet  Fischart  Garg.  79':  wie  die  ente- 
christ  gebärend  jungfraw  zu  Eszlingen  aufblähiren. 

AUFBLÄHUNG,  f.  inßalio,  sufßalio. 

AUFBLASEN ,  inßare,  sufßare,  in  die  höhe  blasen,  anfa- 
chen, schwellen  machen,    nnl.  opblazen. 

1)  sinnlich,  federn  aufblasen :  bis  an  {sei  an)  und  wandere 
immer  zum  thor  hinaus,  wenn  du  naus  kommst,  so  nimm 
drei  federn  in  die  band  und  blas  sie  auf  in  die  höhe,  die 
eine  wird  fliegen  über  die  Stadtmauer,  die  andere  wird  fliegen 
über  das  wasser,  die  dritte  wird  fliegen  gleichaus,  welcher 
nilstu  nachfolgen?  grusz  der  schmiedegesellen,  man  sagt:  ich 
weisz  nicht  wohin  aus  ich  meine  feder  aufblasen  soll,  fcuer 
aufblasen,  erst  wird  angeblasen,  dann  aufgeblasen,  bis  es  hoch 
steigt:  es  wird  in  ein  fewr  verzercn,  das  nicht  aufgeblasen 
ist.  IHob  20,  26 ;  der  schmid  so  die  kolcn  im  fewr  auft)leset. 
Es.  54,  16 ;  ich  wil  das  fewr  meines  grimmes  über  dich  auf- 
blasen. Ez.  21,  31 ;  wie  man  silber,  erz,  eisen,  blei  zusamen 
thut  im  ofen,  das  man  ein  fewr  drunder  aufblase.  22,  20 ; 
also  lustig  und  artlich,  als  ob  die  h.  kirch  ihr  fcgfeur  daher 
aufgeplasen,  angeschiret  und  geholt  hab.  Fischart  bienenk.  Hl"; 
derwegen  solchen  mut  nicht  under  der  aschen  crstöcket  (er- 
stickt) ligen  zu  lassen,  sondern  mit  dem  biasbalg  strenger  an- 
manung  mehr  aufzublasen.  Garg.  173";  die  guten  tropfen  be- 
sehen, die  das  feuer  im  Vesuvio  aufblasen.  22l' ;  als  wollen 
wir  dem  teufel  das  fewr  auflilasen.  250";  der  dis  fewr  auf- 
geblasen. 270';  bei  welchem  feuer  auch  die  unholden  mit 
holzanlegen   und   aufblasen  geschäftig  waren.   Lohenst.  Arnu 

2,  1430;  der  kaiser  war  so  erbittert,  dasz  er  auf  anstiften 
einiger  personen,  die  das  feuer  beständig  aufbliesen,  Henrico 
Leoni  sehr  aufsätzig  wurde.  Hahn  4,  25 ; 

sie  bläst  der  räche  fcucr  in  ihm  auf.    Göthr  9,  47; 
Selinde  weil  sie  selbst  mein  feuer  aufgeblasen. 
Uz  2,  87 ; 

in  seinem  busen  glüht  längst  ein  stilles,  eingeschlossenes  wil- 
des feuer  der  grenzenlosen  liersciibegierde,  Ebu  Amru  blies 
es  nun  zu  flammen  auf.  Klinger  7, 107.  ein  eben  erloschnes 
licht  wieder  aun)lasen;  bläst  vielmehr  auf  der  lugend  licht. 
Lohenst.  Arm.  2, 1426.  unter  den  spielen  nennt  Fischart  eins 
n'  229  kolen  auflilasen. 

Sehr  oft  das  hörn,  die  trompete  aufblasen,  zum  hecrzug, 
zum  außruch  der  krieger,  zur  jagd,  auch  mit  weglassung  der 


accusalive,  die  sich  von  selbst  verstehn :  drumb  blies  man  auf 
und  ordnet  den  zeug.  Luther  3,129'; 

werdn  uns  die  thor  langsam  aufblasen.    H.  Sachs  IIL  1,  26; 

geh,  heisz  aufblasen  dem  hofgesind.    IH.  2,  121'; 

blas  auf!  da  kommens  mit  gefär, 

lerman,  lerman,  her  her  her  her!    IIL  1,  60"; 

man  hat  schon  aufblasen  und  umbgescblagen.  IH.  1,  120% 

die  pauken,  trommeln  geschlagen;  zu  band  die  trommeler  auf- 
blasen thelen.  Galmy  323 ;  der  herzog  von  stund  an  eine 
stille  aufblasen  liesz.  324;  dasz  man  diesen  werbern  zum  pott 
{zur  Schüssel,  zur  mahlzeit)  aufplies.  Garg.  152',  wie  wir  heule 
sagen  zur  tafel,  zum  tanz  aufblasen;  hört,  wie  die  hinterpo- 
saun so  schön  zu  häufen  aufplaset.  137';  trommeter  blas  aufl 
227';  ein  alter  gaul  regt  die  obren,  wann  er  hört  aufblasen. 
259'; 

drumb  soll  ir  in  allen  gassen 

lermen  schlagen  und  aulhlasen.    Ayrer  152'; 

dasz  ich  ihm  zu  teulsch  singen  und  wie  andere  reuterjungen 
aufblasen  muste.  Simpl.  l,  tß2 ;  hurtig  bruder,  frisch,  lasz  auf- 
blasen! vorm  thor  vor  Pfälzel  erwart  ich  dich.  Fr.  Mijller 
3,  10.  an  dies  zum  kämpf,  zum  stürm  aufblasen  schlieszt 
sich  ein  aufljlasen,  erregen  des  sturms,  es  heiszt  stürme  auf- 
blasen, aufbeschwören,  aus  der  ecke,  woher  der  wind  weht, 
heran  rufen:  ich  weisz,  dasz  ihr  es  versteht  stürme  aufzu- 
blasen, doch  wenn  sie  nun  drohend  daherrauschen,  sucht  ihr 
euch  schnell  die  winkel,  die  euch  bergen  mögen.  Klinger  2, 
338 ;  ich  sehe  in  dem  fernen  norden  einen  wirbel  von  dem 
Schneegebirge  herfahren,  er  sauset  in  diese  stille,  bläst  sie 
zum  wütenden  stürme  auf.  7,  140 ;  intransitiv : 

da  bläst  das  segel  auf,  da  kommt  ein  schif  in  noth, 
wann  ihn  (den  wind)  der  Bolus  aus  seiner  weilen  holen 
herfür  läszt.  Opitz  1,  38. 

schnauben  und  hochmütig  die  backen  aufblasen :  blies  die 
backen  so  grosz  auf,  dasz  man  geschworen  hätte,  er  wäre 
ein  doctor.  Weise  erzn.  235;  sollten  sie  den  kleinen  mann 
nicht  kennen?  er  blaset  immer  die  backen  auf.  Lessing  1,  255; 
athmen  und  den  busen  aufblasen;  auch  von  vögeln,  die  ihre 
federn  aufblasen,  zumal  der  eule,  dem  welschen  liahn  und  dem 
Schwan,  der  auf  dem  wasser  fährt  und  die  federn  aufbläst, 
aufgeblasene  hosen.  Garg.  157",  weile,  bauschende;  bcfleisze 
dich  auch,  dasz  du  den  schaden,  da  du  ihn  aufschneiden  will, 
hoch  aufblasend  machest.  Würtz  wundarzn.  279 ;  hofleute, 
welche  {durch  Schmeichelei)  fürstcn,  wie  kuchinnen  tauben 
aufblasen.  J.  Paul  Fibel  144 ;  die  metzger  blasen  fleisch  und 
braten  auf,  um  ihnen  mehr  ansehen  zu  geben; 

man  hat  jetzt  aufgeblasnen  zuckor,  der  ist  zwar  süsz,  ist  aber 

leichte, 
wie,    wann   des   hofes  süsze   zunge    gar   selten    etwas    ernst 

erreichte.  Logau  3.  zug.  67, 

2)  ßgürlich,  zumeist  vom  aufblasen  des  feuers  und  der 
backen  entnommen,  auf  das  sich  nicht  einer  wider  den  an- 
dern uinb  jcmands  willen  aufblase.  1  Cor.  4,  6 ;  das  wissen 
blaset  auf  (s.  aufl)lähen),  aber  die  liebe  bessert.  8, 1 ;  auf  das 
er  sich  nicht  aufblase.  1  Tim.  3,  6 ;  es  hilft  nicht,  das  man 
wil  aufblasen  (zum  kämpf?  zur  mahlzeit?),  es  hab  ein  guten 
anfang  und  sei  ein  gut  werk.  Luther  1,  305';  das  (Carlstad) 
die  geringsten  stücke  so  aufbleset,  als  lege  der  well  Seligkeit 
mehr  dran,  denn  an  Christo  selbs.  3,37';  es  gehet  on  euszer- 
liclie  worl  nicht  zu,  welches  der  heilige  geist  wol  weisz  im 
herzen  zu  erinnern  und  aufzublasen,  obs  gleich  für  zehen 
jaren  gehöret  wäre.  5,  50';  im  sterben  oder  im  todbette,  da 
ist  er  (der  teufel)  ein  meisler  mit  Sünden  aufblasen  und  got- 
les  zorn  anzeigen.  5,  60';  der  teufel  kan  einem  herzen  den 
tod  so  gewaltig  fürhilden,  nicht  schlecht  wie  ein  mensch  da- 
her sagen,  du  wirst  verbrennet,  ertrenket,  sondern  kann  es 
aufblasen,  wie  ein  schrecklich,  greuwlich,  ewig  ding  der  lod 
sei.  5,63';  kanstu  nun  aus  dem  evangelio  auflilasen  kindlichen 
ungehorsam,  so  kan  man  wideruiiib  daraus  aufblasen  deinen 
unvcterlichen  frevel.  5,252';  es  ist  am  tage,  das  sie  Christus 
blut  und  gottes  gnaden  nicht  gcpreisel  noch  geleret,  sondern 
allein  des  bapsts  gewall  damit  aufgeblasen  haben.  5,220';  ja 
sie  haben  ire  lügen  noch  weiter  aufgehlasen.  6,  28";  wie  sie 
es  denn  haben  können  grosz  auflilasen.  8,  266';  so  hat  sich 
gemeiniglich  mit  diesem  capilel  niemand  so  fast  aufgeblasen 
als  eben  dieselben.  Luthers  br.  2,  364 ;  darein  dann  die  wei- 
ber  mit  schönen  wackensteinen  zuwürfen  und  mit  herben 
schmechworlen  aufliliesen  (musicierten).  Cary.  195';  die  lieben 
eheniänner  bliesen  sich  von  dem  lobe  auf,  welches  ihre  wci- 


625 


AUFBLÄTTEM — AUFBLICK 


AUFBLICKEN— AUFBOHREN 


626 


ber  erhielten  und  verüienten.  Moser  patr.  ph.  1,  133 ;  diese 
leidenschaft  ists,  die  uns  aufblasen  wird  zum  brand.  Güthe 
an  Auguste  Slolberg  7 ;  die  eitelkeil  jemandes  aufblasen.  Kus- 
GER  10, 104. 

Häufig  steht  das  pari,  aufgeblasen  von  übermütigen,  innerlich 
leeren  menschen,  vom  frosch  der  fabel.  schon  Ulfilas  1  Cor.  4,  6 
ei  ains  faur  ainana  ana  an{)arana  ufblesans  ni  sijai  (infletur).  tt-r»- 
iro/ ufljlesans  dem  aufgeblasen  nicA/ genau  en^ipnc/i/,  su/flaltis, 
nicht  inflatus  meint,  aufgeblasen  =  stolz.  Er.  Xlberls  gesprdch 
vom  interim.  154S.  E  l" ;  ein  feister,  dicker,  aufgeblasener  cardi- 
nal.  Frey  garteng.  63 ;  der  aufgeblasene  geselle.  Schwei.mches  3, 
102;  ein  solcher  aufgeblasener  mann.  3,  116;  keiner  hat  je- 
mals etwas  in  der  ersten  visite  bei  diesem  aufgeblasenen 
mann  erhalten,  gespenst  347 ;  als  ob  Plato  an  dem  sjTakusi- 
schen  hofe  vielraeiir  die  rolle  eines  aufgeblasenen  pedanten 
gespielt  habe.  Wieland  2,  274 ;  er  ist  von  seinem  glück  auf- 
geblasen ; 

unversuchien  stolzen  kriegern 
aurgeblasnen  federsiegern.    LESsi.fc  1,  77  ; 

SO  dasz  der  arme  mensch  zuletzt  aufgeblasen,  ja  beinahe 
verrückt  wurde.  GötbeIS,  296;  ein  aufgeblasener  mensch  kann 
sehr  schwindsüchtig  aussehn.  Lichtenberg  1,  21S ;  ihr  habt  mit 
nichts  weniger  als  einem  aufgeblasenen  manne  zu  thun. 
J.  Pacl  Tit.  2,  36.     aufgeblasene  worte ; 

icb  wei$z  noch  zeit  und  ort, 
an  dem  ich  auch  ertrug  das  auTseblasnc  dräuen. 
Opitz  1,  21S. 
j.  aufgeblasen. 

AL'FBL.\TTER.\,  expandere,  explicare,  entfalten,  gilt  von 
blnmen  und  vom  gefieder.  die  glimmende,  aufgeblätterte  rose. 
J.  Pacl  Hesp.  3,  195.  mhd.  rösen  gebletert  frisch  und  wol 
gevar.  Lichtenst.  frauend.  228,  24 ;  da  er  in  einen!  freien  halb- 
haus  am  hause  sitzen  und  die  ganze  sich  aufblätternde  weit 
umher  haben  konnte,  flegelj.  3,  65;  liebe,  die  nicht  wie  ein 
auffjlättemder  zephyr,  sondern  wie  ein  schüttelnder  Sturm- 
wind die  armen  blümchen  umfasset,  uns.  löge  8 ;  wie  gc- 
wächse  durch  nahrungsmangel  sich  in  bunte  färben  aufblät- 
tern, heiml.  klaget.  IC;  und  wenn  dann  die  zephjre  der  me- 
lodien  die  duftige  landschaft  wehend  aufzublättern  und  zu 
bewegen  schienen,    flegelj.  1, 103  ; 

auf  dem  zweis  sasz  ruhig  der  aar,  und  die  ceder 

beugte  voll  Sehnsucht  zu  «lfm  sän^rer  herab 

ihr  im  luflraum  schwelgendes  haubt, 

während  seinem  ton  sich  sanft  aurblätterten  rosen. 

PL.tTE.'<  130. 

SO  Stand  er  wie  ein  Sturmvogel  mit  aufgeblättertem  gefieder 
auf  dem  blühenden  borst.  J.  Pacl  Tit.  1, 13 ;  der  kleine  knabe 
trieb  ihm  einen  aufgeblätterten  (aufgespreizlen)  truthalin  ent- 
gegen. 2,  218 ;  kuppel  jenes  tempels,  unter  dessen  gebälk  die 
Vögel  sich  bargen,  denen  der  stürm  das  gefieder  aufblätterle. 
Bett\se  tageb.  17.  für  eine  miene  entfalten:  eine  miene,  die 
unsere  sanft  und  selig  entschlummerte  tante  autblätterte, 
wenn  wir  auf  ihrem  schosze  keine  bleibende  statte  fanden, 
sondern  durch  thränen  unsere  mutter  suchten.  Hippel  ehe  5, 
196.  endlich,  ein  buch  aufblättern,  entfalten,  die  klebenden 
bldtter  lösen. 

ALFBL.\TTER\,  n.  das  entfalten,  außlüJien  der  blumen: 
eine  ebene  von  papillonblumen  bewegte  sich  wie  eine  ernte 
und  unter  dem  aufblättern  wurde  ein  leuchtender,  gestirnter 
fu'zboden  enlblöszet.    J.  Pacl  paling.  1,  85. 

ALFBLEIBEN,  non  ire  cubitum,  non  claudi,  nn/.  opblijven : 
nachts  lange  auflileiben  schwächt  den  leib.  Stieler  193;  der 
abendwind  blieb  die  ganze  nacht  auf  J.  Pacl  unsichtb.  löge 
3,  90;  beide  blieben  auf  und  erfrischten  sich  durch  streife- 
reien in  der  bethauten  insel.  Ti/.  1,  54;  kinder  lieben,  wie  die 
Pariser,  langes 'aufljleiben.  Fibel  23.  die  thür  soll  aufldei- 
ben,  das  thor  bleibt  bis  um  zehn  uhr  abends  auf;  das  fcn- 
8ter  blieb  die  nacht  auf  (offen)  und  diebe  stiegen  ein.  rer- 
sehieden  ist  bleiben  auf  etwas,  persistere.  nnl.  auch  pir  wäh- 
ren, dauern:  die  kaars  kan  niet  lang  opblijven,  die  kerzc, 
das  licht  kann  nicht  lang  brennen. 

AUFBLICK,  m.  suspectus,  aväßjiefts,  mhd.  ftfblik: 

und  b6t  sich  an  siniu  knie 

mit  Tonje  vil  dicke. 

mit  mancgem  üOjIicke  (6Jidk  gm  Himmel).    Greg.  2222 ; 

din  kniu  diu  neige  dicke 

mit  menigem  iifblicke.    atld.  bt.  1,344. 

aufblick  für  blick  in  die  hohe  verwendet  auch  ThCmmel  S,  99  und 
S04;  andern  aber  ist  es  ein  schneller  blick,  gleicJisam  ein 
aufblitzender  und  wieder  verschwindender:  sein  leben  war  ein 


glanzvoller  aufblick ;  aufblicke  von  galanterie,  neigung.  Göthe 
4, 1S6.     vgl.  Silberblick. 

AUFBLICKEN,  suspicere,  die  äugen  aufschlagen,  aufwärts 
blicken:  unter  heiszen  thränen  bhckte  sie  auf;  der  könig 
zieht  ein,  alles  blickt  auf;  schon  blickt  der  morgen  auf, 
bricht  an  und  leuchtet;  ein  aufblickendes  und  verschwinden- 
des licht.  Göthe  52,  xi ;  in  der  ferne  sahen  wir  ein  feuer 
aufblicken;  wo  nur  im  lande  etwas  neues  aufblickt,  ist  er 
alsbald  dahinter  her;  sie  wagte  nicht  aufzublicken; 

und  wie  sie  rieselnd  nieder  rann, 

der  drach  im  grund  aurblickte  dann.     Rcckert. 

eigenthümlich,  aber  schön,  transitiv,  ßr  mit  den  blicken,  mit 
den  äugen  verzehren,  verschlingen,  vorare  oculis :  er  las  den 
brief  nicht,  er  blickt  ihn  auf,  die  beilage  ward  wörtlich 
abgelesen.  Hippel  lebensl.  2,  55;  dann  hast  du  mich  auf- 
getrunken, aufgesaugt  und  aufgeblickt.  Tieck  tischler  2,  251. 
vgl.  anblickfresser. 

AUFBLINKEN,  emicare,  nnl.  opblinken :  hier  blinkt  silber 
auf;  aufblinkender  thau. 

AUFBLINZELN,  verstolen  aufblinzeln. 

AUFBLINZEN:  nun  darf  ich  wol  wieder  aufbliozen  (sie 
sieht  erst  durch  die  finger).  Göthe  11,  299. 

AUFBLITZ,  m.  micatus:  der  aufblitz  des  pulvers  von  der 
pfanne;  der  aufblitz  eines  gedankens,  noch  weniger  als  auf- 
blick. 

AUFBLITZEN,  instar  fulguris  apparere  et  evanescere0  ein 
aufblitzender  schein,  gedanke. 

AUFBLÖKEN,  balare,  in  die  luß  blöken;  das  lamm  war 
krank,  es  mochte  nicht  einmal  aufblöken. 

AUFBLÜHEN,  florere,  florem  pandere:  die  knospe  blüht 
auf,  geht  auf;   ist  über  nacht  aufgeblüht; 

neu  aufblühcade  kräuier.    Voss; 
was  kümmert  mich  die  nachiigall 
im  aufgebluhteu  hain  ?    DErger  118". 

dann  von  aufwachsenden,  blühenden  menschen,  blühendem 
antlitz : 

meine  tage 
sind  nicht  eines  sterblichen,  der  aurblühct  und  staub  wird. 

Klopst.  Mess.  5,  40 ; 
die  zart  aufhirihende  Schönheit  der  werdenden  Jugend.  4,682; 

sie  bückte  sich,  um  eine  frisch  aufgeblühte  rose  zu  pQücken. 
Wieland  30,  325;  der  stolz  aufblühende  Jüngling.  J.  Pacl  Ti/. 
1,1;  wenn  du  für  irgend  einen  abblühenden  menschen  ein 
abendstern,  für  irgend  einen  aufblühenden  ein  morgenstcrn 
würdest    J.  Pacl  Hesp.  vorr.  xxvii ; 

rosen  aufgeblühter  wangen.    Hacedor.'«  3,  79, 

vgl.  anblümen ;  mit  unschuldiger  hofnung  im  neu  aufblühen- 
den angesicht.  J.  Pacl  Hesp.  2,87;  lange  stand  Schoppe  wie 
todt,  plötzlich  stürzte  er  mit  autblühendem  gesiebt,  mit  fun- 
kelnden äugen  anf  die  knie.  Titan  5,  134 ;  Moor,  aufltlühend, 
in  ekstatischer  wonne :  sie  vergibt  mir.    Schiller  142. 

Bildliche  anwendungen:  unter  dem  aufgeblühten  himmel. 
J.  Pacl  ;  aufgeblühte  wolkenkränze.  Hesp.  4,  02 ;  gen  osten, 
woran  das  gewölke  zu  einem  rothen  vorgebürge  des  tage» 
anfieng  aufzublühn.  flegelj.  3, 130 ;  auf  einmal  sah  er  im  lich- 
ten morgenrauchc  des  sees  ein  fahrzeug  rudern,  —  das  se- 
gel  blühte  auf  im  morgenbrand.  Tit.  4, 199 ;  in  die  fülle  auf- 
blühender träume  versunken.  Hesp.  1,  53 ;  der  erste  tag  der 
liebe  begann  in  meinem  herzen  aufzublühn.  Klingers  Ih.  3, 
375 ;  noch  eine  schöne  freude  blüht  mir  auf;  ackerbau,  han- 
del  und  gcwcrbe  blühen  auf;  unsere  aus  gottschedischer  ver- 
Wässerung  wieder  aufldühende  spräche. 

AUFBLÜHEN,  n.  florum  emissio,  aetas  florida: 

umfasit  Tnn  dem  vaipr 
und  an  das  herz  gedrOckt  stirbt  ach  der  jtingling  im  aufblübn. 
Klopst.  Vm$.  5,  226; 

dasz  im  laufe  des  lebens  mir  jenes  erste  aufblühen  der 
auszenwelt  als  die  eigentliche  originalnatur  vorkam.  Götue 
22,198. 

AUFBLÜTE,  f.  dasselbe.  Hippel  7, 164 ;  zur  frischesten  auf- 
blüte  und  zum  vollwnchs.  J.  Paul  34,  221;  der  autor  ist  eine 
art  bienenwirt  für  den  Icserschwarm,  dem  zu  gefallen  er  die 
flora,  die  er  für  ihn  hält,  in  verschiedene  Zeiten  vertheill 
und  die  aun>lüle  mancher  blumen  hier  beschleunigt,  dort 
verschiebt,  damit  es  in  allen  kapiteln  blühe.  Fixlein  248. 

AUFBOHREN,  aperire  forando,  denuo  forare:  himschalen 
aufboren.  Garg.  161";  ein  fasz  aufbohren. 

40 


627 


AUFBORGEN—  AUFBRECHEN 


AUFBRECHEN— AUFBRENNEN 


628 


AUFBORGEN, "pecwniam  foenore  accipere,  geld  aufnehmen: 

wann  ich  in  schulden  gar  besteck, 
vil  porg  ich  auf  und  zeucli  hinwegk. 

SCIIWARZÜNBERG  137,  2 ; 

so  wil  wol  heut  oder  morgen 

wider  ausspeen  und  aufborgen.    H.  Sachs  HI.  3,  SO'; 

was  nur  mochte  und  konnte  aufgeborget  werden.  Sciuveini- 
CHEN  2,  72;  besser  ist  betteln  als  gefährlich  aufljorgen;  auf- 
borgen ist  kein  schand,  sondern  nicht  zu  rechter  zeit  wie- 
dergeben ;  wer  mehr  aufljorgt  als  er  zahlen  kann,  verscherzt 
sein  freiheit.  Lehmann  122; 

mit  der  wangen  frischem  purpurbiut 
aufgeborgt  von  mürben  modern.    Schiller. 

AUFBOHGUNG,  f.  auiborgung  geldes.  Scbweixicuen  2, 124. 
231. 

AUFBOT,  n.  und  m.  evocalio,  proclamalio,  nnl.  opbod,  gc- 
wühnlicher  aufgebet,  nach  verschiedncn  hcdmliuujvn  des  auf- 
biclens,  voraus  aufgebot  zur  heerfolge:  wenn  er  gleich  aus 
gehorsam  und  durch  aufl)Ot  seines  herrn  krieget.  Lutheii  3, 
327';  den  aufbot  von  Friesen  und  Sassen.    MüsEn  1,209; 

das  vieh  bleckt  in  dem  slolle, 

das  musz  der  aufbot  sein  zu  ihrer  bulerei. 

HoFFMANNSWALDAU  yctj".  scliüfcr  8; 
ein  süszer  seufzer  war  der  aufbot  ilirer  tust. 
huclizeilijcd.  15 ; 
ein  kus  verbleibet  doch  ein  aufbot  unsrer  brunst.    23; 
.das  aller  bleibet  doch  der  aufbot  zu  der  bahre. 
'  begräbnisged.  32. 

in  vergantungen  ist  aufljot  das  höhere  gebot. 
AUFBRACHEN,  proscinderc:  aufgcbrachet  wald. 
AUFBRÄMEN,  fimbriare,  limbum  addere,  oben  verbrämen: 

das  oberkleid,  das  goldne,  schlage  drüber, 
auch  diesem  goUl  ist  mit  geschmack  und  wähl 
der  bluraen  schmelz,  metallisch,  aufgehrämt. 
Götue  9,  298. 

*  AUFBRANDEN,  ad  scopulos  allidi,  öfter  bei  Voss: 

hinein  in  den  wild  aufbrandenden  Strudel; 

und  um  den  vorstrand 
hängt  sie  (die  woge)  krumm  auflirandcnd»  ■<'•'  ^'•"- 

AUFBRANDUNG,  f.  allisio  fluctmm  ad  littus:    >       .  i. 

wie  von  des  meers  aufl)randung,  wenn  feruher  einer  es  hörcl, 
schallt  das  geräusch. 

AUFBRATEN,  denuo  assare:  eine  kiiibskcule  aufljraten. 

AUFBRAUCHEN,  usu  consumere,  verbrauchen:  das  papier 
ist  schon  halb  aufgebraucht;  alles  was  in  den  tag  eingreifen 
soll,  musz  ein  frisches  ansehen  haben,  und  hier  wird  kein 
werk  zum  aufbewahren,  sondern  zum  auflirauchcn  verlangt. 
GöTHE ;  dasz  keine  echte  sympalhie  mehr  in  der  weit  zu  iia- 
ben  ist,  obgleich  so  wenig  aufgebraucht  wird.  Tieck  15,  330. 
uutbrauchen  ist  stärker  als  verbrauchen,  die  papiermasse  wird 
gleich  von  an  fang  an  \crbrai\dit,  aber  erst  zuletzt  aufgebraucht. 

AUFBRAUf^N,  denuo  braxarc:  aufgebrautes  hier. 

AUFBRÄUNEN,  nnl.  opbruinen,  die  braune  färbe  auffri- 
schen. 

AUF"BBAUSCHEN,  nd.  upbrusken,  brüsken,  ein  frcquenta- 
tiv  von  upbrusen,  aiiflirausen,  rauschen:  sie  können  sich  nicht 
rüliren  und  kaum  recht  atheni  holen,  so  aufgebrauscht  {auf- 
getrieben von  fett?)  ist  das  liebe  vieh.    Tieck  not'.  Ar.  2,  31. 

AUFBRAUSEN,  exaestuure:  der  gährende  wein  brauset  auf; 
die  woge  brauset  auf;  ein  auflirausen  sich  gegenseitig  durch- 
schneidender und  überschäumender  wellen.  Hl'.mhoi.dt  ans. 
der  nat.  1,  254 ;  der  wind  brauset  auf.  figürlich,  ich  Ii3l)c 
aber  stunden,  wo  ich  auflirausen  kann  gegen  ein  paar  ver- 
liebte billge.  J.  Paul  flegelj.  2,  87 ;  wie  er  im  feucr  der  rede, 
welche  er  mit  groszer  Zuversicht  hielt,  aufbrauste.  Bettine 
tr.  2,  255;  aufbrausende  hilze.    der  a.vi.  im  Toclccnb.29i. 

AUFBRAUSIG,  aestuans,  strepcns:  aufbrausige  rede,  t»- 
erepatio. 

AUFBRAUSUNG,  /".  exacslualio:  in  leidenschaftlichen  auf- 
brausungen.  WieiaM)  S,  2S0 ;  alb;  Volker  werden  nur  in  ge- 
nicinschaftlicher  auflirausung  hell.  J.  I'ali, //«;>.  2,  227;  in  sei- 
ner seele  halte  jetzt  die  erste  eifersüchtige  aufbrausung  einem 
schmerzlichen  mitleiden  platz  gemacht..  77/.  5,  Iü6. 

AUFBRECHEN,   e/fringere,   nnl.  opbrcketi,  erbrechen. 

1)  transitiv,  ein  haus  auflirechen ;  die  Ihiir,  das  Ihor  auf- 
brechen, l  Mos.  19,  9.  Garg.  2.j9' ;  der  keller  war  aufgebro- 
chen; sie  brachen  kisten  imd  kästen  auf;  fand  ich  das  liid- 
Icin  aufgebrochen.  Schwei.nicue.'»  1,  38S;    sclilosz,  siege!,  brief 


aufbrechen;  das  pflaster  aufljrechen ,♦  die  brache  mit  dem 
pflüg  aufbrechen,  weidmännisch,  das  wildbret  aulbrechen, 
öfnen  und  ausweiden  (s.  aufschärfen),  das  hier,  das  ge- 
schmolzne  erz  aufbrechen,  mit  der  stangc  umrühren,  das 
lager,    die  zelte  aufbrechen,  gleichviel  mit  abbrechen. 

2)  intransitiv,  mit  weglassung  des  acc.  von  der  transitivbe- 
deulung.  statt  das  lager  aufbrechen  hiesz  es  blosz  aufbre- 
chen, abreisen :  darnach  brach  Abram  auf  von  dannen  an 
einen  berg.  1  Mos.  12,  8 ;  wenn  das  heer  aunjiicht.  4  Mos.  4, 
5.15.  10,2;  wenn  ir  aber  drometet,  so  sollen  die  lager  auf- 
brechen. 10,  5.  6 ;  da  brach  der  hinderhalt  auf  eilend  aus  sei- 
nem ort.  Jos.  8, 19 ;  Sanherib  brach  auf,  zog  weg.  Es.  37,  37 ; 
wenn  er  auffjrechen  wird  von  der  hochzeit.  Luc.  12,  36 ;  haben 
(heute,  sind)  noch  in  Babylone  nit  aufgebrochen  und  hoffen  thör- 
lich,  wir  seien  schon  daheim.  Fraxk  laster  b  iiii ;  der  herzog  von 
München  sampt  andern  fürsten  aufljrechen  wollen.  Wickram 
rollw.  66 ;  was  die  Ursache  war  seines  auflirechens.  90' ;  zu- 
vor und  ehe  aus  einem  alten  lager  aufgebrochen  wird.  Kirch- 
hof mit.  disc.  99 ;  ja  dasz  ich  geschweig  des  verreisens,  ver- 
ruckens  und  aufbrechens  etwan  ganzer  länder  und  Völker. 
Garg.  27" ;  auf  morgen,  nachdem  sie  gesuppet  betten,  brachen 
sie  auf.  146';  als  wir  uns  wieder  zu  unserer  reise  geschicket 
und  willens  waren  den  morgen  frühe  aufzubrechen,  pers. 
roscnih.  5,  10 ;  da  den  academisten  die  weiszen  släbe  schon 
waren  gereicht  worden,  ...  so  brachen  sie  auf.  Klopst. 
12,  395; 

grabgefährlen,  brecht  zum  riclitplatz  auf.    Schillehö'; 

aufzubrechen,  den  sessel  zurückzustoszen.  146';  brich  auf! 
es  wird  mitternacht.  147'. 

3)  intransitives  aufbrechen,  rumpi,  scatere,  dissolvi  der 
quellen,  blumen,  geschwüre:  das  ist  der  tag,  da  aufbrachen 
alle  brünne  der  groszen  tiefen  und  thelen  sich  auf  die  fen- 
sler des  himmels.  1  Mos.  7,  11;  dasz  in  alle  ewigkeit  die  in 
ihm  aufgebrochene  quelle  der  göttlichen  liebe  nicht  versie- 
gen werde.  Fichte  anw.  zum  sei.  leb.  304.  die  knospe,  blume 
bricht  auf,  geht  auf,  birstet,  steigt  in  die  höhe;  mein  herz 
brach  auf  gegen  dir  als  eine  rose,  die  zu  blühen  beginnet. 
pers.  rosenlh.  5,  16.  die  wunde  bricht  wieder  auf;  der  fusz 
ist  ihm  aufgebrochen ;  dasz  im  die  zung  aufbrach  dem  stum- 
men, seh.  und  ernst  cap.  47 ;  die  gräber  brachen  auf.  Fleming 
12 ;  das  verborgen  gehaltne  bricht  auf; 

da  brach  es  auf!  da  lag  es  kund  und  offen, 

aus  welchem  bculcl  ich  gewirtschafit  halte.    Scuiller  343. 

wie  der  stürm  aufbrach  (begann  oder  aupwrte?)  envachte  er 
aus  seiner  betäubung.  Tieck  4,  1S7.  in  den  seltenen  flecken 
oder  Städten,  denn  dürfer  sind  fast  überall  aufgebrochen  (er- 
blüht, entsprungen).  NiEnuiin  lebensnachr.  1,  256. 

4)  was  bedeutet  aufbrechen  in  folgender  stelle  Luthers?  da 
er  von  Maria  redet:  thut  doch  eben  wie  vorhin,  da  sie  der 
keins  hatte,  fragt  auch  nicht  mehr  nach  ehren  denn  vorhin, 
brüst  sich  nicht,  bricht  nicht  auf,  ruft  nicht  aus,  wie  sie 
gottes  mutter  worden  sei.  1,  489'.  dem  Zusammenhang  nach 
gleicliviel  mit  sich  brüsten,  sich  erheben,  also  wol  auch  sich 
auflirechen?  und  das  ist  freilich  der  tilel  aller  keiserthum 
auf  erden,  die  sich  mit  krieg  aufbrechen  (se  efferunt  ?)  3,  234' ; 
so  ein  arzt  will  nüchtern  sein,  so  soll  er  nit  beladen  sein 
mit  andern  bändeln,  das  ist,  mit  sprachen  sich  aiifl)rechen 
(se  cfferre),  mit  groszen  frcmbdcn  argumentcn  infallen.  Paba- 
CELSUS  chir.  sehr.  53l'. 

AUFBREISEN,  relaxare,  solvere,  aufschnüren,  gegensatz  von 
anbreisen :  da  hucket  sich  herr  Abuer  den  schuch  aufzuprei- 
sen.    ScuM.  1,  345.    s.  aufprcisen. 

AUFBREITEN,  sternere,  superponere,  auf.^preiten :  tischtucU 
aufljreilen,  teuer  auflueiten,  manlel  auflireilen,  der  leiter 
brcilele  seinen  mantel  auf  und  setzte  sich  nieder. 

AU'FBRENNEN,  ardescere,  ßammam  concipere,   m/irf.  ftf  brin- 
nen,    auflodern,    das   praet.    nur  noch  im  15.   16  jh.   zuweilen 
aufljrann,  bald,  wie  heute  immer,  aufbrannte,    mhd. 
si  bran  ilf  schöne  sani  der  nbent  röt.    MS.  1,  34*. 
nhd.  wann  bahl  das  opfer  sich  zündt  an, 

auf  dem  aliar  int  hoch  aufhran.    11.  .Sachs  III.  1,49'; 

wo  unlängst  eine  gliil  so  hoch  ist  aufgebraut.  Opitz  2,  iä2; 
einige  diirfer  brannten  zwar  vor  uns  auf.  (ÜiriiK  30,  5";  bei 
diesem  namen  brennt  der  sloiker  auf  (wird  er  in  u-ut  ent- 
brannt). WiKiANi)  9.  250;  ich  habe  der  kammerjuiigfer  unter 
dem  Siegel  des  geheimnisses  alles  vertraut,  die  lirannte  auf! 
Kmnckii  1,  393 ;  da  er  alles  mit  lelihaflem  gefühl  uinfaszte, 
80    brannten    seine    cmpllndungen   wie   lichlkugeln    auf,    die 


629 


AUFBRENNEN— AUFBRINGEN 


AUFBRINGEN — AÜFBRÜCKEN 


630 


einen  aiigenblick  die  finslernis  erleuchten,  dann  zerplatzen. 
3, 150 ;  bei  golt,  versetzte  er  aufljrennend.  J.  Paul  Hesp.  3. 12 ; 
genug,  dasz  Albano  einem  erdballe  glich,  an  welchem  schwanz- 
sterne  sich  brausend  anwerfen  und  der  mit  ihnen  gemein- 
schaftlich aufbrennt.  Tit.  1,  129.  bei  den  Jägern,  das  zünd- 
kraut ist  aufgebrannt,  abgebrannt. 

AUFBRENNEN,  igne  consumere,  innrere,  mhd.  öf  brennen: 
alle  lichter  aufbrennen,  verbrauchen :  die  köcbin  hat  alles  holz 
aufgebrannt;  schon  war  er  in  gefahr,  die  Weisheit  und  stärke 
seines  geistes  an  der  sträQichen  glut  seines  herzens  aufzu- 
brennen. Klincer  5,  263;  o  dann  ist  ja  noch  nicht  alle  hof- 
nung  aufgebrannt.  Tiecr  S,  164.  der  feind  brannte  das  dorf 
auf,  liesz  es  in  flammen  aufgehn. 

eine  ader  aufbrennen,  durch  ein  heiszes  eisen  Gfnen:  so 
diser  kinder  vier  jar  erreichen,  scheren  sie  deren  gipfel  (haupl) 
und  brennen  in  alda  ein  ader  auf,  das  in  kein  rotz  oder 
Unflat  nimmerme  ausgee.  Frank  weltb.  12*.  ein  zeichen  auf- 
brennen aber  geschieht  mit  glühendem  Stempel,  auf  den  huf 
des  Pferdes,  auf  die  daube  des  fasses.  das  aus-  und  aufljrcn- 
nen  der  Weinfässer  durch  schwefel.  Göthe  54, 144.  einem  et- 
was aufbrennen  bedeutet  auch  sou-ol  weis  machen,  lüge  auf- 
binden, als  heßigen  schlag  versetzen,  tceidmännisch,  einem 
vnlA  aufbrennen,  es  anschieszen. 

AUFBRINGEN,  eletare,  sursun^  lerare,  excUorie„  proferre^ 
nn/.  opbrengen,  in  die  höhe  bringen,  vorbringen,  davon  bringen. 

1)  kinder,  thiere,  pflanzen  aufbringen,  grosz  ziehen: 

da  risz  sich  auf  der  bäum  ffirwar 

und  ein  schön  zart  knebk'in  gebar. 

das  aber  das  kind  nictit  nein  schaden, 

theten  es  die  meergöuin  b.ideii 

und  legten  es  auf  wache  (weiche)  kreuler, 

seugten  es  auf  ireni  bruslcuier, 

und  ihm  deckleia  .ins  biiiszcu  llacliieo, 

und  also  das  kindieio  aarbraehieo. 

n.  Sachs  I,  15G*; 

die  arme  frau  wird  das  kind  schwerlich  au{>»ringen ;  die  mut- 
ier starb  nach  der  gehurt  und  das  kind  muste  mit  milch 
aus  der  flasche  aufgebracht  werden ;  von  fünf  kühen  wnirden 
nur  zwei  kälber  aufgebracht,  die  andern  geschlachtet;  vier 
welsche  hüner  hatten  42  junge  aufgebracht.  Felsenb.  2,  7S; 
disz  h.  bienengeschlechtc  vun  escin,  kälbern  oder  säucn  (ans 
deren  verwesendem  leib)  wiederum  erstatten,  aufbringen  und 
erv^ecken.  Fiscuart  biencnk.  245*.  verwandt  ist  einen  kranken 
aufljringen,  retten,  herstellen :  davon  dersclbig  Kab  uinb  das 
leben  kommen  müssen,  der  doch  sonst  wol  helle  erhalten 
und  können  aufgebracht  werden.  Wübtz  wundarzn.  23 ; 

hab  von  den  erzien  vernummeu, 
dasz  sie  mit  ibreii  künsicn  allen 
ihn  nicht  können  wieder  aufbrlngfn.    ArRER203"; 

2)  den  feind,  den  landstreicher  aufbringen,  gefangen  neh- 
men: desselben  gleichen  geschieht  auch,  so  die  feinde  eine 
stad  überfielen,  da  verdienet  der  ehre  und  dank,  der  die  an- 
dern am  ersten  auflmnget.  Luther  1,  292';  in  diesem  gefecht 
wurden  dreizehn  feindliche  reiter  aufgebracht ;  wird  dem 
baillif  gemeldet,  dasz  man  die  zigeunerin  aufgebracht  habe. 
Schiller  686.  ähnlich,  schiffe  aufliringen:  die  Engländer  ha- 
ben sich  eines  französischen  schifTes  bemächtigt  und  es  ru 
Gibraltar  aufgebracht 

3)  die  armhrust  aufbringen,  in  die  höhe  spannen  zum  los- 
sehieszen:  und  bracht  das  annbrust  im  rennen  auf.  Götz  vo.n 
Berl.  lebensb.  04 ;  und  schosz  ihn  uf  den  rucken  hinweg,  nun 
Wült  ich  das  annbrusl  wol  wieder  ufliracht  haben ;  da  er  sähe, 
dasz  ich  das  armbrust  nit  uf  bracht,  daselbst;  da  sich  dann 
der  handel  so  kurz  zutrug  und  begab,  dasz  ich  und  sie  die 
feinde  unsere  armbrust  nit  ufbring.n  kunten.    6S. 

4)  der  kranke  wollte  sprechen,  konnte  aber  den  athem 
ilazu  nicht  aufbringen;  er  war  "betrofl^en  und  brachte  kein 
wurl  auf;  es  hat  auch  bis  auf  diesen  tag  niemand  ein  wörl-, 
lin  aufliringen  können  und  Vermögens  auch  noch  nicmer. 
Luthers,  3l';  wenn  herr  Simon  wiederkommen  wird,  so  ge- 
ben sie  nur  achtung,  ich  kann  kein  wort  aufltringen.  Gel- 
lert  3,  I(J»i;  ich  kann  nicht  sagen,  wie  mir  ward,  so  viel 
weisz  ich.  dasz  ich  kein  worl  aufliringen  konnte.  4.  24!). 
dies  aufl>ringen  ist  krnßiger  als  das  heute  gewöhnliche  vor- 
bringen und  henorbringen. 

5)  aufl>nngen,  auf  die  bahn  als  etwas   neues:    eine    trachl, 
eine  Sitte  aufliringen;  eine  Ihumiersordnung.  Garg.l'i*;  neue 
moden  aulhringen.    unir.  dort,  lob;    es    ist    auch   in    der  weit 
nunmehr  fast  aufgebracht,    dasz    man    die    narren    ehr»,    ein   | 
weiser  wird  veracht.   pers.  rosenth.  1,  -U ;  derjenige  erhalt  die  { 


belohnungen  der  republik  schwerer  als  andre,  der  solche 
modewörter  aufbringt.  Klopst.  12,  94 ;  der  ein  wort  aufbiingt, 
das  nur  ein  jähr  Verwirrung  anrichtet.  95;  wenn  uns  der 
markgraf  so  nannte.  TV.  der  bischof  von  Würzburg  hatte  es 
aufgebracht.  Göthe  42,  29. 

6)  aufbringen,  bloszes  proferre,  eilare,  anregen,  anfuhren, 
anholen,  vorbringen,  übergehend  in  herbei  holen,  hervotsuchen, 
ermitteln:  aber  d.  Eck  macht  sich  seiner  bücher  verlustig, 
wo  die  authoritet  in  aufgebrachtem  buch  nicht  geschrieben. 
LuTUER  1, 14S' ;  endlich  bracht  der  prior  einen  brieve  oder  ge- 
bot  auf  an   den   pfarrherm.    3,  32*;    sie    füren   den   spruch 

Christi da  sihe,  wie  sie  den  sprach  so  übel  aufbringen 

5,  24l';  was  kan  man  doch  dagegen  aufbringen?  Melaxchth. 
Augsh.  conf.  im  corp.  doci.  ehr.  J).  31 ;  da  die  schärfste  Unter- 
suchung nichts  gegen  ihn  aufgebracht  halte.  Wieland  3, 13S ; 
hierwider  kann  nichts  aufgebracht  werden.  Kant  5,  402 ;  hie- 
gegcn  liesz  sich  nach  strengem  recht  nichts  aufbringen.  Dahl- 
MANN  ddn.  gesch.  1,  409. 

7)  an  citare  grenzt  excilare,  aufliringen,  aufregen,  empör- 
ren,  erzürnen :  um  den  schmerz  nicht  aufzubringen,  nicht  zu 
erneuem.  Hippel  lebensl.  3, 173 ;  zank,  streit  aufbringen  ; 

indessen  halte  kaum  die  aurg-ebracbten  wogen 
des  rilters  haupl  berührt,  so  legt,  o  wunder,  sich 
des  ungewiiters  grimm.        Wieland  23,  23 ; 

höre,  junger  mensch,  bringe  mich  nicht  auf.  Schiller  1S6'; 
der  aufgebrachte  ehemann.  Götter  3,  23;  sie  sind  zu  aufgc- 
bradit,  als  dasz  sich  ein  vernünftiges  wort  von  ihnen  envar- 
ten  liesze.  3,  296;  dasz  ihr  mich  selbst  durch  dergleichen  re- 
den nicht  aufbringen  könnt.  Tieck  5,  02 ;  nur  aber  zu  aufge- 
bracht auf  sämtliche  menschen.  J.  Paul //ejc//.  l,  49;  fruchte 
die  das  äuge  betriegcn,  den  geschmack  aufbringen  (beleidi- 
gen).  Herber  1, 133;  ekel  aufbringen  (erwecken,  erregen). 

»)  aufbringen,  werben,  anschaffen:  zeugen  aufbringen,  es 
wurden  falsche  zeugen  aufgebracht;  schnell  ein  beer  aufbrin- 
gen, auf  die  beine  bringen,  aufstellen; 

Ost,  west  und  mitternacbt 
hat  für  und  wider  uns  die  wallen  aufgebracht.     Opitz  1,50; 
wir  halten  sechzehn  fäbnlein  aufgebracht, 
lothringisch  volk.  Scuillsr. 

gcld  und  kleider  aufbringen,  herbeischaffen:  zu  seinen  bünd- 
schuhen wurden  aufgebracht  (verwendet)  vierhundert  sechs 
ballen  sammat.  Garg.  115';  beim  burgermeister  geld  aufbrin- 
gen. Schweimchen  1,  154;  als  die  letzte  und  kostbarste  flüs- 
sigkeit,  die  aufzubringen  ist.  Tieck  4,  70 ;  der  landmana  weisi^ 
die  hoben  steuern  kaum  aufzubringen. 

9)  aufbringen,  in  gang  und  blüle  bringen :  handel  und  gc- 
werbe  auflmngen ;  das  sie  {die  bergstadt)  gott  auflirncht  oder 
bergkwerk  allda  enegct  hat.  Matuesius  2";  verblendete  gru- 
ben wieder  aufliringen. 

10)  aufbringen,  erwerben,  erheben,  comparare,  extoll  er  c : 
rhum  und  preis  aufliringen.  Luther  6,  52";  sol  ich  deine  her- 
lichkeit,  ehre  und  preis  aufbringen.  6,  ISO*;  klage  aufbrin- 
gen. 6,  56*. 

11)  bei  den  webem  heiszt  aufliringen  was  aufbäumen,  den 
Zettel  am  weberbaum  in  der  höhe  festigen. 

12)  man  verwendet  aufbringen  noch  in  manchem  andern 
sinn:  ich  kann  den  engen  hut  nicht  auf  {den  köpf)  bringen, 
icie  die  engen  Stiefel  nicht  anbringen;  den  knoten  nicht  auf- 
bringen, lösen  u.  s.  w. 

AUFBRINGUNG,   f.  nach   dem    verschiednen   sinne  des  auf- 
hringens :  die  aufbringung  des  kindes,  des  geldcs. 
AUFBRODELN,  evaporare: 

so  wie  brausei  ein  kessel  gedr.ingi  von  gewaltigem  feuor. 
«■.inn  er  das  reit  aiisschmuUl  des  wolgenShreien  mastschwciiis, 
rini;»  umher  aullirodclnd.        Voss. 

AUFBRUCH,  m. 

1)  des  kasteus,  des  briefes,  des  wildbrcls,  der  brache. 

2)  des  beers,  des  reisenden :  beklagte  der  knabe  meinen 
eilfertigen  auflirucli.  pers.  rosenth.  5, 16 ;  zum  aufbruch  bereit. 
ehe  eines  mannes  410-;  machten  freundschaftlichen  aufbruch. 
f e/icnfc.  4,  209 ;  sie  machen  auflinich.  Schiller  353;  als  man 
den  lärmen  zum  auflinich  schlug.  1^9*;  Irompetenstosz :  zum 
aufbrach  I  Fr.  MPller  3.  IS ;  man  hatte  noch  eben  zur  rech- 
ten zeit  zum  aiifliruch  geblasen,  so  dasz  die  gesellschafl  in 
dem  besten  Verhältnis  auseinander  gieng.  Göthe  26,  ISS. 

31  auflirucli  der  wunde,  des  geschwürs.  man  könnte  uu€h 
aufbruch  der  hhiine.  der  knosipe  sagen. 

AUFBBUCKEN,  Iramitem  lignis  sierntre.  aggerare:  es  muste 
ein  breterweg  aufgebrückt  werden.  QOruE  24,  318. 

40» 


631 


AUFBRÜUEN — AUFDÄMMERN 


AUFBRÜHEN,  bulliendo  coquere:  fleisch  aufbrühen. 
AUFBRÜLLEN,  allerugire:  der  löwe  brülltauf; 
da  brüllte  die  hölle  trlumph  auf.    Klopst.  Mess.  11,  890. 

AUFBRUMMEN,  obmurmurare :  nnl.  opbrommen:  der  bär, 
stier  brummt  auf.  studenlisch,  einem  einen  dummen  jungen 
aufbrummen. 

AUFBKÜSTEN,  den  metzgern,  die  brüst  des  geschlachtelen 
Ihiers  öfnen.     da?in,  prahlerisch  herausstreichen,  superbire: 

pater  Beraldus  gardian 

derhalb  gesetzt  ward  obenan, 

sein  geistlichkeit  thel  hoch  aufbrüslen. 

B.  Waidis  Esop  4,  4; 

er  brüstet  sich  über  die  masien  auf.  Stieler  169.  s.  brüsten. 

AUFBUDEN,  tabernas  exstruere,  buden  aufschlagen,  s.  bude. 

AUFBÜFFEN,  inßare,  Ittmidum  rcddere;  ein  bett  aufbuffen, 
Icctum  ad  pompam  stcrnere.  Stieler  259 ;  den  halskragen  auf- 
buffen.   s.  büffen. 

AUFBÜGELN,  ferramento  denuo  laevigare:  halstücher,  man- 
schetten  aufljügeln ;  der  Schneider  bügelt  die  knopflöcher  auf. 

AUFBÜHNEN,  bergmännisch,  bühnen  errichten,  ein  aufge- 
bühnter  zug,  wenn  viele  zechen  imd  halden  auf  einem  gang 
nach  der  reihe  fortgelrieben  werden. 

AUFBULLERN,  ebullire,  fcrvendo  btillas  emiltere,  vgl.  bul- 
lern und  bullerborn,  so  wie  nnl.  opbulderen. 

AUFBUND,  m.  religamen,  aväSeais: 

sanft  umschlang  ihn  (denkranz) 
welliges  haar  ringsum,  es  verbarg  ihn  hinten  der  aufbund. 
Voss. 

AUFBÜRDEN,  onus  imponere:  sich  eine  last,  sorge,  arbeit 
aufbürden,  besser  ohne  den  acc,  weil  der  begrif  von  bürde 
im  wort  selbst  liegt,  sich  etwas  aufbürden,  du  bürdest  mir 
zu  schwer  auf;  eine  schuld,  ein  verbrechen,  einen  fehler  dem 
andern  aufbürden : 

wie  grämt  sie  sicli,  dasz  in  der  nächsten  Stadt 

ein  iästcrmund  ihr  aufgebürdet  hat, 

auch  sie  sei  eine  buhlenn.    Göki.ngk  3,  251 ; 

0  über  die  leichtgläubigen  männer!  wenn  nur  etwas  auf  ih- 
rem wcgc  ist,  so  kann  man  es  ihnen  leicht  aufbürden.  Göthe 
20,  107;  man  musz  niemanden,  der  zu  irren  scheint,  eigen- 
sinn  und  tücke  aulbürden.  33, 101. 

AUFBÜRDUNG,  /".  praegravatio :  aufljürdung  eines  ander- 
weitigen geheimen  liebesverständnisses.  Leipz.  avanlurier  1, 
270;  ich  habe  nicht  lust,  mich  durch  niederträchtige  aufbür- 
dungen ihnen  gleich  zu  stellen.  Lessing  3,  444. 

AUFBÜRSTEN,  sursum  pectere:  die  haare  glatt  aufbürsten, 
in  die  höhe  streichen. 

AUFBUSELN?  Fischart  Garg.  79*,  unter  vielen  Wörtern,  die 
vom  schif  gelten,  hat  auch  aufgebuselt,  heiszt  das  aufgenäht? 
mit  aufgenähten  segeln  ?  Stieler  gibt  262  büseln,  büseln  coti- 
suere,  sarcinare  und  schon  ahd.  war  bösön  suere  (Gkakf-S, 
217);  kaum  ists  das  nnl.  opbossen,  aufraffen. 

AUFBUTZEN,  s.  aufputzen. 

AUFDACHEN,  tectum  elevare. 

AUFDACHUNG,  f.  jene  flache  aufdachung,  die  auf  dem 
Schindeldach  gen  himmel  steigt.  Herder  19,  82. 

AUFDAMEN,  im  bretspiel  einen  stein  an  die  stelle  bringen, 
wo  er  dame  wird. 

AUFDÄMMEN,  aggerare,  nnl.  opdammen. 

AUFDÄMMERN,  lucescere,  dämmernd  aufsteigen,  anbrechen, 
ein  schönes,  vor  noch  nicht  hundert  jähren  gebildetes  wort, 
das  Adelung  erst  in  die  zweite  ausg.  mit  einem  einzigen  bei- 
spiel  aus   Werther  eintrug: 

ihr  d.'immern  lieblich  verworrene  gcsiniten 

im  iiiiiern  auf.  Wikland; 

ein  funke  hofnung  fiel  in  meine  brusi, 

ein  schwacher  lichtstrabl  dämmerte  mir  auf. 
GoTiKR  2,  226; 

ach  dem  jünpling,  der  belohnet  wimmert, 

sonnen  sind  ihm  autgedämmert.    Schiller  4*; 

fern  dämmert  schon  in  eucrm  Spiegel 

das  kommende  Jahrhundert  auf.    Scuiller; 
die    genossenen    lenze    der   liebe    dämmerten    auf   mit    der 
stimme.   132' ; 

der  morgen  dämmert  auf.    Götiib  12,  216; 
ich  einen  wiederschein  der  goldenen   zeilcn   der  Jugend   und 
liebe  in  meiner   seele    aufdäininern    sah.    10,  116;    manchmal 
will  wol  ein  freudiger  blick  des    Icbens   wieder   aufdäninicrn. 
16,  HO;   ahnungen   dämmern   in   mir  auf.     Gütiie   bezieht  es 


AUFDÄMMERUNG— AUFDEGKER  632 

auch  auf  die  pcrson:  morgens,  wenn  ich  von  schweren  träu- 
men aufdämmere  (mich  ermuntere,  zu  mir  komme).  16,76. 

AUFDÄMMERUNG,  /".  aufklärung:  ein  volk  kommt  unver- 
merkt von  einer  stufe  der  aufdämmerung  zur  andern.  Wie- 
land 29,  256. 

AUFDAMPFEN,  evaporare,  nnl.  opdampen:  feuchte  wiesen, 
sümpfe  dampfen  auf;  das  warme  bad  dampft  auf;  der  auf- 
dampfende caffee,  punsch; 

der  himmelaufdampfende  holzstosz.    Zachariä  2,  42; 
und  die  schalen 

ihres  räuchwerks  dampften  vor  gott  mit  wölken  von  duft  auf. 
2,  166 ; 
die  flamme  ....  durch  den  holzstosr 

knatterte,  finsteren  rauch  seitwärts  aufdampfend  zum  himmel. 

Voss. 
in  der  letzten  stelle  steht   es    transitiv,    wie  man   auch  sagt: 
taback  aufdampfen,  rauch  aus  der  pfeife  aufdampfen. 

AUFDAMPFÜNG,  /".  evaporatio,  ausdünstung,  aufwallung: 
bald  aber  schlug  ihr  ihm  vorkommendes  bild  in  der  Vorstellung 
ihrer  angebornen  lügend  und  unversehrlichen  treue  alle  diese 
aufdampfungen  zu  boden.  Lohenst.  Arm.  2,  131;  weil  dieser 
geist  gewohnt  ist  die  aufdampfungen,  wormit  die  erde  seine 
schönen  gestirne  zu  verdüstern  bemüht  ist,  in  fruchtbare  re- 
gen zu  verwandeln.    2,  452 

AUFDAUERN,  in  der  höhe  dauern,  aufrecht  stehn,  aufblei- 
ben: ich  bin  todmüde  und  kann  nicht  länger  aufdauern; 
mein  schätz,  führen  sie  mich  wieder  in  mein  Schlafzimmer, 
ich  kann  nicht  länger  aufdauern.  Gellert  3,  357;  dieser 
brachte  es  so  weit,  dasz  die  streu  um  neun  uhr  zurechte  ge- 
macht wurde;  ich  war  krank  und  konnte  nicht  länger  auf- 
dauern. 4,  84;  ich  bin  heut  für  niemand  sichtbar  und  fühle 
mich  so  unwol,  dasz  ich  nicht  aufdauern  und  am  wenig- 
sten mit  jemand  sprechen  kann.  Tieck  nov.  l,  157. 

AUFDECKELN,  opcrculum  tollere:  den  becher,  das  glas, 
den  sarg  aufdeckein;  ich  will  dir  dein  töpfchen  aufdeckein, 
deine  schuld  offenbaren. 

AUFDECKEN,  nnl.  opdekken. 

1)  detcgere,  die  decke  wegnehmen,  mhd.  immer  endecken, 
entdecken:  du  seit  auch  nicht  auf  stufen  zu  meinem  altar 
steigen,  das  nicht  deine  schäme  aufgedeckt  werde  für  im. 
2  Mos.  20,  26 ;  niemand  soll  seines  vaters  weih  nehmen  und 
nicht  aufdecken  seines  vaters  decke.  5  Mos.  22,  30;  verflucht 
sei,  wer  bei  seines  vaters  weihe  ligt,  das  er  aufdecke  den 
fittich  seines  vaters.  27,  20 ;  des  erdbodens  grund  ward  auf- 
gedeckt von  dem  schelten  des  herrn.  2  Sam.  22, 16 ;  wenn  er 
sich  denn  leget,  so  merk  den  ort,  da  er  sich  hinleget  und 
decke  auf  zu  seinen  füszen  und  lege  dich.  Ruth  3,  4;  wer 
kan  im  sein  kleid  aufdecken?  Hiob  41,  4;  da  wird  der  fur- 
hang  Juda  aufgedeckt  werden.  Es.  22,  8;  das  deine  schäm 
aufgedeckt  und  deine  schände  gesehen  werde.  47,  3;  ich  wil 
dir  dein  gebreme  aufdecken  unter  dein  angesichL  Nahum3,5; 
und  da  sie  nicht  konlen  bei  in  kamen,  deckten  sie  das  dach 
auf,  da  er  war.  Marc.  2,  4  (golh.  andhulid^dun  hr6t,  enthüllten 
das  dach);  ich  wil  dir,  ob  gut  wil,  den  teufel  aufdecken  in 
disem  propheten  (Carlstad).  Luthers,  60; 

der  crdball  ändert  sich,  das  meer  entfliehet 
und  deckt  uns  wunder  auf.    Rahler; 

ich  will  diesem  volke  licht  und  recht  aufdecken.  Klincer  2, 
260;  nehmet  an,  die  natur  sei  ganz  vor  euch  aufgedeckt. 
Kant  2,  383;  einem  tief  eindringenden  verstände,  selbst  wenn 
ihm  die  ganze  natur  aufgedeckt  wäre.  3,  257 ;  eine  nach  ita- 
lienischer silte  aufgedeckt  getragene  leiche.  J.  Paul  Tit.  l,  4  ; 
die  siernwarle  lag  auf  einem  zwischenberge  zwischen  der 
Stadt  und  Bhimcnbühl  und  deckte  beide  auf.  3,  57;  dort 
decket  die  nacht  alle  hinter  einander  ruhende  himmel  auf. 
Hesp.  1,  274 ;  meine  ganze  seele  schmachlct  nach  den  aufge- 
deckten knospen  und  Munien  dos  frühlings,  lit.  noc/i/.  4,  254; 
den  Schleier  aufdecken,  au  fliehen;  ein  grab  aufdecken:  der 
gräbcr  wird  mir  einmal  aufdecken  zur  ruh.  Fr.  Müller 
3,  324. 

2)  superimponcre,  slernere,  zumal  vom  aufdecken  des  tisch- 
tuchcs  und  gegcnsatz  vom  abdecken :  ich  hofle  immer,  es 
würde  die  niagd  kominen  und  aufdecken.  Jucundissimus  127; 
die  wirlin  liesz  alsbald  aufdecken,  unw.  doct.  bOi ;  den  freund- 
lichen haiiswirt  iiiaciien  und  zum  aufgedeckten  mahl  beglei- 
ten.  Fn.  Mt'Li.ER  ;i,  27**.  gewöhnlich  nur  decken. 

AUFDKtKER,  m.  delector:  ein  kosak  führt  den  Pallas  zu  der 
groszen    masse    gediegenen  eisens,   jener   ist  erfinder,  dieser 


633 


AUFDECKUNG — AUFDONNERN 


AUFDOPPELN  —  AUFDRINGEN 


634 


der  aufdecker  zu  nennen,  es  trägt  seinen  namen,  weil  er  es 
uns  bekannt  gemacht  hat.  Göthe  50, 165. 

AUFDECKUNG,  f.  detectio,  manifestatio :  ich  will  dein  ge- 
wissen nicht  foltern  mit  aufdeckung  deiner  Verblendung. 
Klinger  1.  ISO. 

AUFDEUNEN,    extendere,    aufziehen,    in   die   höhe  dehnen: 
ich  meint,  ich  hett  ihn  aufgedehnt, 
het  in  bald  zum  heulsen  gewehnt.    Atrer  155'; 
hör  an,  sagt  sie  zu  ihm,  der  du  dich  so  aufdehiiesl, 
und  mich  aus  Übermut  verspottest  und  verhönest. 
Werders  Ariost  20,  134 ; 

das  leder  dehnt  sich  auf,  zieht  sich  in  die  höhe. 

AUFDEICHE.N,  aggerare,  aufdämmen. 

AUFDICHTE.N,  falsa  Iribuere,  afßngere:  wie  mag  aber  dem 
podagram  mit  fug  aufgedichtet  werden,  was  man  von  den 
eitern  da  ererbet?  Philand.  2,  471;  es  ist  lauter  anfgedichte- 
tes  wesen.  Stieler  297.    heute  lieber  andichten. 

AUFDIEMEN,  heu  oder  stroh  aufschobern,  ist  nd. 

AUFDIENEN,  ministrare,  praesto  esse,  aufwarten,  nnl.  op- 
diencn,  gleichsam  auf  den  tisch  dienen,  die  speisen  außragen, 
gegensatz  ton  abdienen. 

es  schaut  und  wartet,  herr,  mit  gläubigem  verlangen 
dis  was  hier  schwebt  und  lebt  auf  deine  guligkeii, 
es  dient  dir  sehnlich  auf,  und  hoftet  zu  empfangen, 
die  speise,  die  du  schafst  zu  rechter  essenszeit. 

Opitz  3,  175; 
der  dient  so  fürsten  auT,  den  andern  hat  besessen 
ein  hur  und  ärgers  noch.  derselbe; 

wolan,  der  vierte  dient  auch  noch  zu  seinem  friede, 
der  für  die  braut  gehört  und  die  ihr  aufgedient. 
Fleii.ng  175, 

d.  h.  für  die,  die  ihr  aufic arteten ; 

die  güldnen  cherubinnen 

bemühn  sich,  was  sie  können, 

und  dienen  stets  dir  auf.    332; 

ja,  ihrer  majestät  nach  wünschen  aufzudienen. 

LoHE.NST.  Ibrah.  bassa  46,  217. 
das  ist  der  lohn,  das  ist  die  frucht, 
dasz  ich  dir  aufgedienet  habe.  • 

Chr.  K.MTTELspoet.  sinnenfr.  1677  s.  49; 

nnl.  dat  het  hondeken  opdiendc  {aufwartete)  en  hem  dankte. 
VosDEL.  Heule  ist  uns  aufdienen  in  diesem  sinne  veraltet, 
dagegen  bedeutet  sich  aufdienen,  sich  von  unten  in  die  höhe 
dienen:  er  diente  sich  auf  vom  gemeinen  zum  hauptmann;  das 
pari,  kann  des  sich  entrathen:  ein  vom  gemeinen  aufgedienter 
französischer  ofiizicr.  Niebchb  */.  scAr.  1,  25;  ein  aufgedientcr 
factor.  1,  28. 

AUFDIENUNG,  f.  cura,  ministratio,  pflege  und  aufwartung : 
die  gute  wart  und  aufdienung.    Simpl.  1,  77. 

AUFDINGEBHIEF,  m.  Urkunde  über  das  erfolgte  aufdingen. 

AUFDLNGEGELD,  n.  das  dabei  entrichtete  gcld. 

AUFDI.XjEN,  tironem  tradere  in  disciplinam,  bei  einem 
handwerk  aufdingen,  schon  mhd.  im  Augsb-  stadtbuch  von  1276 : 
antwerk  lät  oder  dingt  ein  chint  üf  dur  lernungc  (ig/,  auch 
dingen  öf,  hoffen,  uarlen  auf  etwas.  Ben.  1,  336'):  den  kna- 
bcn  aufdingen;  der  lehrling  ist  noch  nicht  aufgediingen ;  auf- 
und  abgedungene  meisler  einer  kunst.  Wieland  24,  59;  ich 
sage,  dasz  sie  entweder  schon  eine  wirkliche  mitinacherin  sei 
oder  bei  diesem  unerlaubten  handwerk  sich  ehestens  werde 
aufdingen  lassen,  ehe  eines  ueibes  29.  bei  Lodessteis  ist  auch 
aufdingen,  einen  für  bcdungnen  lohn  zu  schiffe  fortschaffen. 
Arm.  2,  S73. 

AUFDINSEN,  inflare,  tumescere  gebrauchen  wir  nicht  mehr, 
nur  das  pari,  praet.  aufgedunsen,  aufgeschwollen,  aufgetrieben 
(ff.  ni.  s.).  mehr  unter  dinsen,  goth.  jjinsan,  ahd.  dinsan,  tra- 
here.   vgl.  auch  aufdumsen,  aufdunsen. 

AUFDOCKEN,  ein  unsicheres  uorl,  da  docke  selbst  mehr 
ah  eine  bedeutung  hat,  in  keiner  aber  rein  hochdeutsch  scheint, 
und  tocke  lauten  sollte,  allen  älteren  Wörterbüchern,  selbst  bei 
Stieler  und  Frisch  fehlend.  Adelung  kennt  es  nur  als  jä- 
gerausdrucJe  für  aufseilen,  das  hdngeseil  aufwickeln,  allein  we- 
der die  alten  wetdwerkbücher  noch  Döbel  wissen  davon,  und 
erst  seitdem  docke  für  hund  einrisz,  kann  es  gebildet  worden 
sein,  oder  entspräche  es  dem  nnl.  opdokken  außningen,  be- 
zahlen (auch  prügeln),  von  dokken  geben?  doch  dies  nl.  op- 
dokken ist  nie  jngerisch.  nach  Campe  soll  aufdocken  heiszen 
die  Wäsche  aufmangeln,  um  das  mangelholz  winden,  s.  docke 
und  tocke. 

AUFDONNEKN,  fragorem  tdert  graviorem: 

und  es  sank  fürcblerlicb  aufdonnernd  Jericho. 

KiorsT.  Mets.  20,  234  ; 


es  donnerte  laut  auf  am  bimmel ;  das  erbrochne  thor  don- 
nerte auf.  transitiv,  einen  aufdonnern,  aus  seiner  ruhe,  aus 
dem  Schlummer  gewaltsam  wecken; 

sogleich  macht  des  gerüchtes  mund 
die  grauenvolle  thai  mit  lausendsiimmgem  heulen 
dem  aufgedonnerten  Karthago  kund.    Schiller  46'. 

unter  dem  volk  auch,  in  einigen  gebenden,  sich  flatterhaft  an- 
kleiden, in  rauschendes,  krachendes  gewand?  die  hat  sich  heute 
recht  aufgedonnert,  donnert  sich  gewaltig  auf.  vgl.  verdon- 
nern. 

AUFDOPPELN,  den  Schuhmachern,  die  sohle  ans  Oberleder 
nähen. 

AUFDORREN,  torrescere,  uri:  in  der  groszen  hitze  dorrt 
alles  gras  auf. 

AUFDÖRREN,  torrere:  die  hitze  dörrt  die  kräuler  auf;  das 
obst  aufdörren. 

AUFDRÄNGELN,  diminutiv  oder  frequentaliv  des  folgenden: 
sich  leise  aufdrängeln,  wiederholt  aufdrängeln. 

AUFDRÄNGEN,  urgere,  comprimere,  empor  drängen:  die 
thür  mit  gewalt  aufdrängen ;  ich  fand  das  nicht  in  der  weit 
und  so  fuhren  die?e  gefühle  immer  wieder  in  mich  zurück, 
drängten  die  brüst  auf,  trübten  meine  seele.  Klincers  th.  3, 
2S7 ;  die  kraft  das  zu  ertragen,  was  die  politische  weit  auf- 
drängt. Klincer  12,  129;  sein  herz  war  durch  ein  erdbeben 
aufgedrängt  und  aufgehoben  {empor  gehoben),  i.  Paul  Tit.  5, 14. 
einem  etwas  aufdrängen,  vi  imponcre:  einem  seine  freund- 
schaft  aufdrängen.  Klixger  l,  370;  den  fliehenden  fusz  fesselt 
ein  tyrann,  den  uns  erziehung  aufdrängt.  2,  355;  ich  diiinge 
euch  mein  glück  nicht  auf,  warum  wollt  ihr  mir  das  eure 
aufdrängen?  4,91;  auch  bin  ich  weit  entfernt  meine  meinung 
dir  aufzudrängen.  5,  34.  doch  sagen  wir  lieber  in  diesem  sinn 
aufdringen,  welches  ebenfalls  transitiv  gesetzt  werden  kann. 
sich  aufdrängen,  empordrängen  =  aufdringen:  sieh,  wie  die- 
ser marinorweisze  busen  sich  aufdrängt.  Klixgers  th.  3,  167. 
sich  einem  aufdrängen,  aufnölhigen:  er  drängt  sich  mir  immer 
auf;  eine  andere  ansieht  drängt  sich  mir  auf,  hat  sich  mir 
aufgedrängt,  hier  darf  wiederum  c^esetzt  werden  aufdringen: 
es  dringt  sich,  drang  sich  mir  auf,  hat  sich  mir  aufgedrungen. 
vgl.  aufdringen,  dringen  und  drängen. 

AUFDRECHSEL!S'  steht  zuweilen  ßr  andrechseln  und  gleich- 
bedeutig  damit,     s.  auch  das  folgende. 

AUFDREHEN,  nnl.  opdraajen, 

1)  tomando,  torquendo  imponere,  ßrmare :  der  thür,  dem 
k;isten  eine  schraube,  ein  schlosz  aufdrehen; 

wers  nechsicn  fehl  hoch  aufdreht  (aufscliraubl), 

sein  eigen  roangel  nicht  versteht.    Kirchhof  tcendunm.  229'; 

nnl.  hij  moet  er  voor  opdraajen,  er  musz  dafür  büszen. 

2)  torquendo  apcrire:  er  suchte  die  thür  aufzudrehen,  er 
fand  sie  verschlossen.  Göthe  17,  129;  den  zopf,  ein  geflecht, 
stricke,  faden  aufdrehen;  ich  kann  die  dose  nicht  aufdrehen, 
aufschrauben. 

3)  sich  aufdrehen  gebrauchte  H.  Sachs  ßr  oriri,  im  sinn 
unsers  heutigen  sich  anspinnen,  und  wol  auch  vom  drehen  der 
Spindel  zu  verstehn 

botz  marter,  was  will  sich  dort  aufdrehen?    I,  231'; 
thut  aber  ein  Unglück  sich  aufdcehen.    Ui.  3,  10'; 
vgl.  andrehen. 

AUFDRESCHEN,  trituram  absolvere:  es  ist  schon  aufgedro 
sehen;  wir  dreschen  dies  getraide  schnell  auf. 

AUFDRIEFELN,  aufdrehen,  aupösen.   s.  andriefeln,  anthfeln 

AUKDRIESELN,  ersciteint  aber  in  demselben  sinn,  so  dost 
Schreibfehler  walten  könnten,    s.  aufdröseln. 

AUFDRINGEN,  nnl.  opdringen, 

1)  intransitiv  empor  dringen,  aufsteigen:  der  tag,  die  mor- 
genröte   dringt   auf;    aus  dem  gras  dringen  die  blumen  aaf; 

mhd.  ein  wölken  gräwei  g^n  dem  tage, 

ich  silic  in  schöne  üf  dringen.    MS.  1,27'; 
man  siht  dur  das  gras  iif  dringen 
vil  der  bluomen  ine  zai.    1,  26'; 

nhd.  aus  der  feiszten  kuchen  aufdringen  {aus  der  fetten  küchc 
steigen).  Garg.%0*;  hier  dringt  wolgeruch  auf;  ein  kühles  was- 
scr  dringt  durch  das  gesicin  auf;  eine  aufdringende  wasser- 
scule  hob  ihn  mit  sich  empor.  J.  Paul  Tit.  1,  51 ;  auf  seiner 
kalt  aber  stark  aufdringenden  lebensquclle  üesz  er  die  weit 
wie  eine  kugel  spielen  und  schweben.  4,  74 ;  seine  seufzer 
konnten  aus  dem  engen  kerker  nicht  aufdringen ;  sein  zurück- 
gehaltncr  geist  drang  jetzt  mächtig  auf; 


635  AUFDRINGEN  — AUFDUGKEN 

Henn  mäclilig  ist  des  mimen  hcllre  kunsl! 
niclil  IjIosz  dem  eilein  sonnciiljlici»  der  giinst 
will  sie  die  bluten  liolder  scliöpfiing  bringen, 
zur  höclisten  spbäre  wagt  sies  auCztidringmi. 
GöTHE  4Ö,  04; 

was  dieser  zng  beweist, 
er  kommt,  gcslalt  gestalten  aufgedrungen.    4,  27. 

2)  transitiv,  repugnanti  dare,  obtrudere,  aufiwlliigen,  auf- 
zwingen: sie  drang  mir  den  ring  auf;  dieser  mann  wurde  mir 
als  lehrer  aufgedrungen;  sie  drangen  ihm  die  braut  auf; 

wenn  hat  und  wo  die  fromme  raserei, 
••.iVjViji       «l^"  bessern  gott  zu  haben,  diesen  bessern 
der  ganzen  weit  als  besten  aufzudringen, 
in  ihrer  schwärzesten  gesialt  sich  mehr 
gezeigt  als  hier,  als  itzt?    Lessing  2,  249; 

so  sieht  es  leider  mit  gar  vielen  opfern  aus,  die  uns  als 
grosze,  erhabene  tliaten  aufgedrungen  werden.  Kli?(ger  9,  39 ; 
mit  der  langenweile  eines  langen  schmauscs  und  aufgedrung- 
ner karten.  Stolberg  9,  456. 

3)  sich  aufdringen,  se  obtniderc,  wofür  auch  aufdrängen  ge- 
sagt werden  kann  {wie  neben  bringen  brengen  galt) :  wenn  sich 
ihm  etwas  aufdringt,  das  ihn  nütbigt  zu  gestehen,  seine  zeit 
.sei  vergangen.  GOthe  20,  29;  es  drangen  sich  ihr  unzählige 
fremde  w^orle  auf.  25,  72 ;  in  diesen  gegenden  musz  man  zum 
künstler  werden,  so  dringt  sich  alles  auf.  29, 107. 

AUFDIUNGLICH,  imporlitmis,  s/drto-  a/s  zudringlich,  der 
sich  einem  auf  den  hals  dringt. 

AUFDRINGLICHKEIT,  f.  importunilas. 

AüFDHINGLlNG,  m.  homo  moleslus:  schmeichelnde  auf- 
diinglinge. 

Al'FDIlOHEN,  minari:  er  hat  dir  auch  sehr  aufgedreht. 
Millers  Siegwart  3,  676.  mhd.  ftf  ir  friunde  droent.  Renn. 
7506,  wie  an  diu  ongen.    vgl.  androhen. 

AUFDRÖHNEN,  alte  rcsonare,  creparc,  nnl.  opdreunen :  die 
hölle  dröhnt  auf. 

AUFDRÖSELN,  resolvere,  auffädmen,  was  aufdrieseln  nnd 
aufdriefeln : 

aufgedröselt  bei  meiner  ehr, 
siehst  ihn  (den  siralil),  als  obs  ein  stricklein  war. 
GÖTHE  56,  9S; 

um  das  in  worten  noch  recht  aufzudröseln,  was  der  bildende 
künstler  in  darstellungen  zusammengewoben  hat  15,  274 ;  zähle 
dir  das  nicht  vor,  drösele  dirs  nicht  auf,  schweig  und  ent- 
schliesze  dich.  21, 149 ; 

wir  waren  zwei  verschiedenfarbge  fäden, 

was  hat  uns  aufgedröselt  nur? 

RÜCKERTS  Schiking.  226. 

die  herkmft  unsicher,  an  driesen,  triescln  stillare  kaum  zu 
denken,  eher  an  drehen,  vgl.  Iröseln,  trosseln. 

AUFDRUCK,  «(.  pressura,  preisio,  impressio,  Stempel: 
die  besser  lebenswcrlh,  und  deren  redlichkelt 
als  wie  ein  aul^ruck  ist  den  leuten  dieser  zeit.   Opitz  2,  129; 

aufdruck  eines  Stempels,  ringes. 

AUFDRUCKEN,  imprimerc,  nnl.  opdrukken,  gilt  wie  ab- 
drucken, vom  kunstfertigen  aufpressen  der  formen  auf  papier 
ttnd  zeug:  typen  dem  feuchten  papier,  musler  dem  zeug,  dem 
katlun,  titel  dem  buch  aufdrucken ;  die  ncmliche  bildsamkeit 
macht  den  menschen  gleich  fähig,  sich  die  form  eines  goltcs 
oder  die  misgcstalt  eines  Ungeheuers  aufdrucken  zu  lassen. 
Wieland  7,  145. 

AUFDRÜCKEN,  imprimere,  wenn  sonst  von  drücken  eines 
gegenslands  auf  den  andern  die  rede  ist:  einen  kus  den  lip- 
pen  aufdrücken;  die  iippen  aufgedrückt.  Göthe  7,5; 

gram 
drückt  der  Schwermut  siebenfaches  sieget 
den  Iippen  auf,  von  denen  juhel  (losz. 
Gotter  1,32S; 

eine  nusz  mit  der  band  aufdrücken;  ein  geschuür  mit  den 
Ungern ;  Engclliard  iiat  mein  (zahn)  geschwürchon  aufgedrückt. 
GöTiiE  an  fr.  v.  St.  3,  151.  gleichwol  ist  in  dem  imterschied 
zwischen  aufdrucken  «nrf  aufdrücken  etwas  willkürliches  und 
gemachtes,  der  umlaul  schwankt  wie  in  rücken  und  rucken, 
stücken,  stucken  oder  dem  folgenden  ducken,  diN'ken;  bei 
WiELAND  ',  145  könnte  ebenwol  gesetzt  sein  aufdrücken. 

AUFÜUCKEN ,  repenle  surgrre,  richtiger  auftucken  und  ge- 
gentatj  von  untcrtucken,  niedcrtucken : 
<>'.\f)'.   ■    .  und  risz  nnd  bisz  alles  auf  sitieken, 
1^-.,  ^,t,  -,  das  iiir  ihm  niemamls  diirll  aufdürkcn. 

/■roschmcusflcr  II.  1,5; 

CS  lasse  nur  einer  ein  würtchen  von  der  erzichung  aufducken. 
Hermes  in  Soph.  reise  3,  230 ;  es  duckt  oft,  wie  der  liase,  an 


AUFDÜFTEN  —  AUFENTDECKEN 


636 


stellen  auf,  wo  man  es  am  wenigsten  vermutet.  Tieck  nov. 
kr'.  4,160. 

AUFDUFTEN,  alte  fragrare,  duß  empor  strömen:  abends 
duften  alle  blumcn  auf;  welcher  schwcfel  ins  gehirn  aufzu- 
düftcn  pdegct.  von  Rirken  OL.  55. 

AUFDUMSEN,  turgere,  intumescere,  aufschwellen.  Stieler 
349.    s.  das  folgende. 

AUFDUNSEN ,  turgere,  für  aufdinscn,  mit  dem  ins  praes. 
getretnen  ablaut  des  part. :  Seifenblase,  die  sich  vor  unserm 
hirne  aufdunset.  Fr.  Müller  3, 117.    s.  aufgedunsen. 

AUFDUNSTEN,  vaporcm  emiltere  sursum: 

wiiz  und  weisheil  dunsten  auf 
aus  gefüllter  wampe.    üühger; 

denn  unsre  thorheit  dünstet  in  nebeln  auf.  Stolberg  4,  21. 

AUFDÜPFEN,  s.  auftupfen.  Fisciiart  unter  den  spielen  n°  17 : 
dupf  auf. 

AUFEGGEN,  occa  proscindere,  perfringere  glebam,  das  land, 
die  erde  aufeggen. 

AUFEINANDER,  Schweiz,  ufenänd,  ufenändere,  ursprünglich 
ein  auf  das  ander,  ein  auf  den  andern,  ein  hinter  dem  an- 
dern, allmälich  mit  Unterdrückung  der  ßexion  unver inderlich 
ander:  stieszen  auf  einander  am  teich  zu  Gibetjn.  2  Sam.  2, 13 ; 
sie  waren  schlecht  auf  einander  gesetzt.  Ez.  42,  6;  wie  sie 
die  Schwert  zuckten  und  auf  einander  schössen.  2  3/acc.  5,  3; 
berge  auf  einander  setzen.  9,  8 ;  solchs  gibt  natur  und  art  der 
rede  auf  einander.  Luther  3,  74'.  Die  spätere  zeit  pflegte  nicht 
nur  aufeinander  zu  verbinden,  sondern  es  auch  gern  an  das 
folgende  verbum  zu  rücken:  aufeinändcrstöszen,  aufeinander- 
setzen,  was  sich  bei  directer  Wortfügung  wieder  löst:  wir  slo- 
szen  aufeinander,  am  härtesten  aber  verknüpß  sich  aufeinan- 
der mit  Substantiven  und  wird  dann  untrennbar:  die  aufein- 
anderfolge, aufeinanderhäufung  «.  s.  w.  geschichte  erzählt  be- 
gcbcnheiten  und  ereignisse  in  ihrer  aufeinanderfolge.  Wolfs 
7nus.  der  alterth.  wiss.  1,  55 ;  aufeinänderklcckung  widriger  fär- 
ben. Lessixc  3, 130.  getrennt  aber:  aufeinander  schieszen,  auf- 
einander vertrauen. 

AUFEISEN,  glaciem  effringere,  tollere:  weg  und  strasze  auf- 
eisen, vom  eise  befreien. 

AUFEMPFINDEN,  verstärktes  empfinden :  wenn  er  ihre  fehler 
vermieden  und  gröszcre  Schönheiten  aufempfunden.  Götue 
33,  269.    ähnlich  dem  anempfinden. 

AUFEMPÖREN,  verstärktes  empören,  aufrichten': 

sieht  man  da  auf,  wann  man  hat  jetzt  zu  sitzen  aufgehört?   . 
oder  wann  man  zu  dum  slehn  sich  hat  erstlich  aufempöit. 
LosAU  2,  1,  12. 

AUFEN,  exallare,  aufbringen,  in  die  höhe,  gebildet  wie  anen, 
bien,  vonen,  ahd.  öfun  (Graff  1, 169),  ags.  uppian,  mhd.  üfen  : 

sin  loh  begunder  alzehant 

an  höhen  ercii  üfen  (:  liüfen).    lurneivon  N.  148. 
da  wurd  eim  hurger  ich  {roshaiil)  verkaufet, 
der  mich  gar  wol  schmuckei  und  aufel  {Iwch  hielt). 

II.  Sachs  I,  500'' ; 
mein  reich  zu  aufcn  und  zu  mehrn.    111.  1,  77*; 

es  gilt  nit,  das  man  des  menschen  witz  als  gottes  Weisheit 
aufe  und  grosz  mache.  Frank  3,  137;  das  unachtbar  babylo- 
nisch reich  sei  nach  1305  jaren  zu  grund  gangen  und  erst 
undcr  dem  könig  Merodach  wider  gcaufct,  atiQuimmen.  Frank 
Chronik  2S';  die  delphin  haben  die  alten  gcaufet  (hochgehal- 
ten). 121*.  nachher  veraltet,  tnan  könnte  sich  auch  ein  äufcn, 
mhd.  iufen,  in  gleichem  sinn  denken,  die  Schweizersprache  hat 
äufnen,  üfnen,  empor  bringen,  urbar  machen.  Staldeh  1,  118. 
vgl.  aufung  und  öfncn. 

AIFENRLATT.  n.  ruscus  hypoglossum,  uvularia,  sonst  lun- 
gcnblatt,  kehlblall,  halskraut,  waldglöckiein,  hockcnblatt  ge- 
nannt, vielleicht  entstellt  aus  uvularia.    vgl.  IIuhhkrc.  1,237'. 

AUFENT,  Verknüpfung  der  partikcln  auf  und  etil  in  mehrern 
Zusammensetzungen,  vielmehr  anschlusz  des  auf  an  eine  schon 
bestehende  Zusammensetzung  mit  ent,  das  vor  labialen  in  rmp 
überlrill,  folglich  aufeinpliuden  =  aufenlündeii.  iütrigens  u( 
dies  auf  nhd.  auch  vor  dem  verbum  untrennbar  geworden,  es 
heiszt  ich  aufcnlhalle,  nicht  mehr  ich  enthalte  auf,  oder  man 
läszt  das  ent  weg  und  sagt  ich  halte  auf. 

AUFENTDECKEN,  detegere,  verstärktes  entdecken: 

ja  die  verschwiiuie  Iriiiikenheil 
eröfnct  hcrzens  lieinilichkeli, 
und  alles  was  ilarinnen  sieckl 
an  gm  und  bösen  niirenideckl. 

i'iiiLANDKR  2,  752  «1«  Hingwalds  la'Jl.  warh.  61. 


637   '  AUFENTHALT  — AUFENTHALTEN 

AUFENTHALT,  m.  domieilium,  mansio,  mora,  reeepiaculum, 

refugium,  sustentatio,  rast,  unterhalt. 

i)  der  ort,  die  statte  wo  einer  wohnt,  sich  aufhält,  enthal- 
ten, geborgen  ist,  weilt,  wofür  man  steif  sagt  der  ort  des 
aufentbalts.  aufenthaltsort :  der  wald  ist  ein  aufenthalt  der  j 
wilden  lliiere;  hier  soll  mein  aufenthalt  sein,  u-ill  ich  wohnen  | 
und  bleiben ;  dahin  liefen  die  abtrünnigen,  denn  daselbst  hat- 
ten sie  ihren  aufenthalt.  \Macc.  10,  14;  da  er  verhofte  einen 
aufenthalt  zu  linden.  2  Macc.  5,  9 ; 

werd  ich  des  daseiüs  wonne  schmecken 

in  diesem  bangen  aufenihalt?    GötiKR3,  4>1; 

geht  der  wilde  durch  das  leben 

ohne  rast  und  aufenthalt.  Schiller; 
ein  gewisser  la  Regnaudie  legte  um  den  aufenthalt  des  kiinigs 
fünfhundert  pferde  herum.  Schiller  1102;  sein  stiller  aufent- 
halt Jjlickle  ihm  aufs  freundlichste  entgegen.  Göthe  17,  345; 
dieses  jähr  brachte  ich,  ohne  auswärtigen  aufenthalt,  Iheils 
in  Weimar  theils  in  Jena  zu.  32,  42. 

2)  weil  der  aufgenommene  auch  genährt  und  unterhalten 
wird,  heiszt  aufenthalt  zugleich  sustentaculum,  alimentum: 
einem  pfarrherr  seinen  zimlichen  aufenthalt  geben  im  und  den 
seinen.  Luther  3,  Hl';  schütz  und  aufenthalt.  H.  Sachs  II. 
2,47";  wird  im  {dem  ßsch)  allein  nachgestelt  von  seines  löb- 
lichen fleisches  wegen  zu  narung  und  aufenthalt  der  men- 
schen. Fürer  fischb.  51*;  ein  metall,  damit  man  alles  dasje- 
nige bezahlen  kündte,  so  den  leuten  zu  aufenthalt  ihres  leibes 
und  lebens  nöthig.  J.  V.  Andrea  reform,  der  weit  s.  132;  als 
ich  neben  meiner  hütle  sasz  und  zugleich  neben  dem  gebet 
gelbe  ruhen  zu  meinem  aufenthalt  im  feuer  briet.  Simpl.  1,  51. 

3)  erhallung,  aufrechthallung,  Unterhaltung  in  anderm  sinn, 
ohne  bezug  auf  die  speise:  zu  beschirmen  aufenthalt  und 
bandhabuug  des  christlichen  giaubens.  Llther  2,427'; 

dann  ich  kein  aurenihalt  nit  hab  (kann  mich  zu  pferde  nickt 

erhallen).  Teuerd.  4,' ,  bO ; 

da  doch  das  menschlich  geschiccht  hat 
sein  aufenihalt  wol  von  den  weihen.    Atrer  14'; 
sie  sielln  auf  euer  wort  das  urlhel  ihres  wesens, 
des  lebens  aufenihalt,  die  arznei  des  genesens. 
I.OGAU  2  s.  68; 

suchten  ihres  lebens  aufenthalt  in  der  apolheke.  Simplic.  I,  S5. 

4)  freude,  trost,  Zuflucht,  was  sich  leicht  aus  dem  begrif 
der  Wohnung  entfaltet: 

ein  aufenthall  irs  mannes  leben.    H.  Sachs  I,  44S'; 
mein  aufenthalt  war  got.  MelissijsFS*.  P6';  mhd.  mein  üfent- 
halt!    (anrede  der  geliebten).    Be.^.  1,  623";    s.  Hoffm.  gesell- 
schaflsl.  39 ; 

ach  du  herzallerliebster  mein, 

mein  einig  freud  und  aufenthalt.    Atrer  244'; 

ach  schau  doch,  die  eöltlich  geslalt 

ist  meines  herzen  aufenihalt.    254'.    tgl.  Hälzterin  1,  100,  1. 

5)  mora,  Interruptio,  außalt:  das  Tcrursaclite  neuen  aufent- 
halt, geschah  ohne  aufenthall.  Heule  sind  die  2.  3.  4  bedeu- 
tungeti  erloschen  und  bloss  die  erste  und  letzte  dauert,  zu  bemer- 
ken ist' noch,  dasz  das  wort  früher  auch  weiblich  verwandt  wurde: 

er  ist  die  nufentlialt  meins  lebens.    Atrer  254';    . 
was  er  begehren  kan  zu  seiner  atifenthali.    Wecrh.  27. 

AI  FENTHALTEN,  nach  den  vier  ersten  bei  aufenthalt  ent- 
wickelten bedeutungen. 

1)  herbergen,  ins  haus  aufnehmen,  aufnehmen :  das  erdrich, 
das  dich  treit  und  ufenthaltet.  Keisersf.  pa/ern.  11;  dasz  solche 
r*isige  nicht  sollen  gcdullet  oder  aufenlhallen  werden,  landfr. 
roM  tö2l  arl.  15 ;  darumb  soll  man  dise  ofTenlliche  taclirauber 
nit  also  müszig  auf  den  bolstern  neren  und  iedennan  zum 
Schilden  in  dein  land  aufenthalten.  Frank  ueltb.  154';  die 
auftiiihelt  man  frei  an  fürstenhöfen  in  eeren.  155';  seinen 
feinden  nieinmor  zu  helfen  noch  sie  an  keinem  ort  irer  land- 
schaft  zu  aureiiihailen.  Aimon  d ;  man  befand  es  für  ftbe!  ge- 
Ihaii.  dasz  ihn  der  könig  aufenihielt.  (Ipitz  Arg.  2,  379»  sich 
auh-nlhalten  bedeutet  wohnen,  rerweilen,  sich  aufhalten :  darin 
aiifinthielt  er  sich  so  lang.  Hugscha]>ler  1. 

21  speisen,  niXhren,  aiiferhalten,  sustenlare:  sie  wurden  mit 
schnfikenfleisch  aufenlhallen.  Frank  ueltb.  1<<2';  wie  wir  die 
speis  kennen,  die  uns  den  leih  aufenihalt.  Paracklsis  2.  323'; 
ein  narung.  damit  er  sich  und  die  seinen  aufenlhallen  künde: 
AcRicoLA  ICo'  {spr.  258);  dasz  er  sich,  sein  weih  und  kinder 
mit  eim  klein  arkerle 'aufenlhallen.  Fronsperc  3,276". 

3)  aufrecht  hallen,  schttixen,  erhallen,  conserrare:  der  be- 
schirmt und  ufenthalt  alles.  kEisERSB.  patem.  0  5; 


AUFENTHALTER  —  AUFERBAUEN    638 

das  Schneckenhaus  zerfall, 
wann  es  die  scbneck  nicht  aufenthall.    Fischart  «ns.  44; 

damit  sie  sich  vor  der  sunnenhitz  aufenthalten  und  be- 
schützen Franr  wellb.  14' ;  doch  aufenthielt  er  sich,  bisz  inen 
Scipio  zu  hülfe  kam.  Rihel  Lfi>«s  323;  ufenthielte  ine  des 
falls.  Fierabr.  Eä. 

4)  trösten :  und  wenn  sie  sich  durch  die  predigt  des  h. 
erangelii  trösten  und  aufenthalten,  das  sie  alsdenn  ge«is  und 
warhaflig  vom  heiligen  gciste  gezogen  werden.  .Melaschth.  im 
eorp.  doctr.  ehr.  932. 

Jetzt  besteht  das  wort  längst  nicht  mehr  und  wird  vertretek 
durch  aufhalten,  erhallen,  auferhalten,  aufrecht  erhalten,  auf- 
richten,   beispiele  des  mhd.  ftf  enthalten  gibt  Ben.  1,  621. 

AUFENTHALTER,  oi.  susceplor:  Verfolger  der  frommen, 
aufenthaller  der  bösen,  ein  pfeiler  der  pfnindenkräraer,  Spie- 
gel der  Unredlichkeit,  ein  gefasz  aller  laster  (pabst  Johann  XX\% 
Fischabt  bienenk.  20S'.  aber  bei  Fronsp.  3,  231  heiszt  aufent- 
haller der  Fabius  max.  cuncJator. 

AUFENTH ALTSKARTE,/-.  AUFENTHALTSORT,««.  AUFENT- 
HALTSZEIT, f.  lauter  neue,  schlechte  und  in  guter  rede  ent- 
behrliche Wortbildungen. 

AUFENTHALTUNG,/:  sustentatio,  SKSceplio,  cmstrvaüo:  wo 
sie  nicht  von  allem  ralh,  hülf,  gunst  und  aufenthaltung  des 
vorgedachten  Luthers  und  seines  anhaugs  sich  ganz  und  gar 
enthalten  werden.  Lctuer  l,  103';  es  ist  dir  not  zu  deiner 
aufenthaltung.  Keisersb.  siben  sclieiden  und  Schwerter;  ein  ieg- 
licher  mensch  neme  speis  und  trank  als  viel  im  not  ist  zu 
seiner  aufenthaltung.  Palli  seh.  und  ernst  cap.  2S5;  haben 
ein  herd  lauter  waldhund,  die  seind  ires  lebens  aufenthaltung. 
Frank  wcltb.  14";  nun  aber  zukünftig  ist  noth  etlich  arznei 
zu  wissen,  ncmlich  den  wein,  so  ich  e.  g.  gemacht  liab,  und 
salben  zun  füszen,  mit  den  zweien  stücken  wird  e.  g.  aufent- 
haltung gewehret  sein  und  weiter  nichts  noth  sein.  Paracelscs 
1,  62S';  wie  kann  mens<-hlich  leben  auch  des  viehe»  aufent- 
haltung haben  ohne  wasser?  Kibcubof  mi/.  rfwc.  165;  also  sols 
haus  und  die  haushaltung  sein  des  weibs  Zuflucht  und  aufent- 
haltung. Fischart  ehz.  44;  als  ein  notwendige  lebensfrist  und 
menschlichem  geschlecht  unvermeidliche  aufenthaltung.  Garg. 
Gl';  (kinder  sind)  des  valem  aufenthaltung.  67";  dem  schickt 
der  könig  zu  aufenthaltung  seins  lebens  allzeit  sein  speis. 
225* ;  und  sich  aller  anderer  erschaffenen  dinge  zu  seines  nab- 
rung  bedürftigen  leibes  aufenthaltung  bedienen  solle.  Simpl. 
1,  501.     später  erlöschend,  schon  bei  Stieleb  fehlend. 

AUFENTLEUNEN,  regelari,  solri,  außhauen,  ein  seltnes  wort, 
das  wir  uns  noch  wünschen  sollten: 

ein  man,  der  frauen  dienen  wil, 

der  bedarf  gsangs  und  seitens|>il, 

damit  er  hoch  und  nider  reicht, 

wan  süesz«  slim  Trauen  erweicht,' 

das  sie  geio  dem  man  auf  enileunt, 

der  vor  Dicht  gwesen  ist  ir  freunl. 

fasln,  sp.  743,  17 ; 

bnirisch:    aufs  gassl  bin  i  gangn,  wars  fensler  verfrom, 
nie  de  recht  bue  is  keinen,  is  aufentleint  worn. 
Scuseller  2,  472. 

vielleicht  gabs  noch  ein  mhd.  liunen  lepere,  calescere,  und  ahd. 
hliunen  =  altn.  Iilyna  ==  gr.  yliaiveiy,  auf  diesem  wege 
möglicherweise  erklärt  sich  die  noch  ungedeutete  ahd.  partikel 
liuni  (Graff  2,222),  nahe,  beinahe,  allgemach? 

AUFER,  die  Verknüpfung  dieser  partikeln  erscheint  noch  vor 
mehr  Wörtern  als  aufent,  bleibt  aber  untrennbar  wie  dieses, 
doch  kann  wiederum  die  trennung  erfolgen,  sobald  man  er  ireg- 
läszt:  auferstehn,  ich  stehe  auf;  auferwacben,  ich  wache  auf  == 
ich  auferstehe,  aufenvache.  o/I  erscheint  durch  die  zutretenden 
Partikeln  der  sinn  nur  unmerklich  verändert  und  wecken  sagt  ßr 
sich  schon  aus  was  aufwecken,  erwecken  und  auferwecken. 
die  nnl.  spräche  hat  keine  Zusammensetzungen  op-er,  und  be- 
gnügt sich  mit  opstaan,  opwekken  «.  s.  w.  das  vortretende 
auf  verleugnet  auch  hier  seine  natur  nicht,  und  bindet  sich, 
wie  mit  an,  mit  ent  und  er,  welche  sich  ^doch  nitlU  vo»  ihm 
verdrängen  lieszen,  gleich  dem  an. 

AUFERBAUEN,  funditus  exttruere,  aedificare,  von  grund  auf, 
von  griind  aus  erbauen,  mangelt  noch  bei  Stieleb  und  Frisch, 
obuol  die  ßr  anferbaulich  beigebrachten  belege  es  früher  vor- 
aussetzen, selbst  Adelung  nennt  es  aterdeulscb  und  versagt 
ihm  volle  anerkeunung,  Götue  hat  ihm  aber  seinen  siempel 
aufgedrückt  : 

wer  golt  vertraut  ist  schon  auferbaui.    2,  227 ; 
wenn  andre  staunen,  wenn  verwirrt  sie  beben, 
da  Uxbl  ich  mich  von  gruod  aus  auferbaui.    4,  23 ; 


639   AUFERBAÜLIGH  — AUFERSTÄNDNIS 


AUFERSTEHEN— AUFERWEGKEN 


640 


so  wird  der  beste  trank  gebraut, 

der  alle  weit  erquickt  und  auferbaut.    12,  14; 

was  sollt  aus  dem  dichter  werden,  wenn  es  nicht  hohe  mäch- 
tige menschen  gäbe,  an  deren  Vorzügen  er  sich  auferbauen 
kann.  6,  55 ;  welch  ein  unterschied  ist  nicht  zwischen  einem 
menschen,  der  sich  von  innen  aus  auferbaucn,  und  einem  der 
auf  die  weit  wirken  und  sie  zum  hausgebrauch  belehren  will. 
28,  53 ;  ähnliche  absiebten,  ähnliche  zustände  nöthigen  den 
menschen  in  gleichen  maximen  sich  aufzuerbauen.  29,  127 ; 
man  würde  nicht  endigen,  wenn  man  alle  die  demente  her- 
zählen wollte,  aus  welchen  der  Verfasser  seinen  mutwillen  auf- 
erbaut. 38,  236 ;  wird,  wo  auch  nicht  gerade  von  dieser  seite, 
doch  von  einer  andern  sich  ausbilden  und  auferbauen.  39,  214 ; 

die  Jugend  selbst,  wenn  man  ihr  nur  vertraut, 

stellt,  eh  man  sichs  versieht,  zu  männeru  auferbaut.  41,  290; 

es  wird  dich  gewis  vergnügen  und  auferbaucn  es  durchzu- 
gehen, an  fr.  v.  Stein  3,  74;  ich  (der  kategorische  imperativ) 
setze  die  Vernunft  auf  den  thron,  den  diese  ewige  gesetzge- 
berin  sich  selbst  auferbauet  hat.  Klinger  10, 145 ;  nicht  wahr, 
der  erdgeist  hat  ihn  grosz  und  schlank  auferbaut?  Iieck  ges. 
nov.   6,  236. 

AUFERBAULICH:  christlicher  und  auferbawlicher  ist  im 
klaghaus  als  im  schlaghaus  zu  sein.  Philand.  2,  488 ;  zu  mei- 
nem geistlichen  fortgang  auferbaulich.  Simpl.  1,  555 ;  etwas  so 
rührendes  und  auferbauliches.  Wieland  la,  325;  da  sie  ihren 
geschmack  an  dem  seinigen  schärften,  mit  ihrem  geistigen  ver- 
mögen seinem  geiste  nachzudringen  suchten  und  sich  also  im 
höheren  sinne  auferbaulich  bereicherten.  Göthe  31, 198 ;  noch 
während  dieser  auferbaulichen  Unterhaltung.  32,65;  du  sollst 
mir  zuweilen  dergleichen  auferbauliche  reden  halten. 

AUFERBAUUNG,  f.  aedißcatio.  auch  gern  im  geistlichen 
sinn :  das  müssen  wir  uns  wol  gefallen  lassen,  dasz  junge 
leute  nicht  mehr  an  einem  orte  ausdauern  und  etwas  zur 
auferbauung  dieses  ortes  leisten.  Götiie  an  Knebel  347;  das 
schlanke  miserable  wesen  grenzt  an  den  kläglichen  „aal,  das 
ist  keine  auferbauung.  Tieck  ges.  nov.  6,  339. 

AUFERBEN ,  hereditate  transfcrre,  durch  die  gehurt  mit- 
Iheilen,  auf  einen  bringen,  gleichviel  mit  anerben :  denn  solche 
böse  tück  und  stück  sind  uns  von  Adam  aufgeerbet  und  an- 
geboren von  mutterleibe.  Lutuer  1,  76*;  und  wie  uns  unser 
vorfaren  haben  aufgeerbet.  S,  44";  die  eitern  können  eim  kinde 
auferben  haus,  hof  und  groszcn  reichthum.  Agricola  spr.  n'  36  ; 
als  möge  ein  vater  seinem  son  Weisheit  auferben,  n  265 ;  ihr 
bruder  hat  ihr  {der  frau)  viel  aufgeerbet.  Mich.  Neander  syl- 
loge  locut.  p.  49.     heute  lieber,  auf  einen  erben,  vererben. 

AUFERBRECHEN,  efjfringere:  das  siegel,  den  brief  aufer- 
brecken ; 

das  wenig  oder  viel,  so  ich  daraus  gelöst, 
hab  ich  tneils  angewandt,  die  wacht  mit  zu  bestechen, 
auf  dasz  sie  hülfen  ihm  den  kerker  auferbrechen. 
Werdeiis  Ariusl  9,  47. 

AUFERLEGEN,  imponere,  auflegen:  busze,  strafe,  pflicht, 
zwang  auferlegen ;  ich  lege  mir  stillschweigen  auf,  stillschwei- 
gen ist  mir  auferlegt;  davon  e.  eh.  gn.  und  den  andern  ihren 
mitverwandten  ständen  auferlegt  würde,  dasz  sie  ihrer  lehre 
nit  gewis,  auch  unbeständig  wären.  Melanciitii.  3,366;  ich 
wollte  bitten,  dasz  sie  sich  selber  eine  strafe  auferlegten. 
Gellert;  der  priester  auferlegte  ihm  eine  leichte  busze.  Auer- 
bach dorfgesch.  1,  292  =  legte  ihm  auf. 

AUFERMANNEN,  verstärktes  ermannen : 

heil  dem  geweihten  geist, 

der  so  sich  aufermannel.    Tiedce. 

AUFERNÄHREN;   groszzlehen. 

AUFERQUICKEN,  verstärktes  erquicken :  aufcrquicken  cwren 
mut.  Ringwald  evang.  i  8*. 

AUFERREGEN,  excitare,  aufregen  : 

ein  falscher  eifer,  furcht 

zerstören  Mekkas  aufcrregien  kreis.    GötBR  7,  150. 

AUFERSTAND,  «.  resurrectio,  auferstehung :  dieser  wind 
und  das  feur  ist  nach  Christus  auferstand  in  die  weit  vom 
himel  komen.  Luther  l,  463';  als  nernlich  die  Saduccer  banl 
kein  teufe),  hell  noch  auferstand.  Tiiurneisser  archidoxcn  4Ö. 
heute  auszer  gebrauch,  da  doch  aufstand  allgemein  üblich. 

AUFERSTÄNDNIS,  f.  und  n.  resurrectio:  bisz  zur  aufer- 
stcnlnus  aller  crcaturen.  Aimon  c;  durch  dein  auferslcnlnus 
beiiut  iieut  mein  leib,  daselbst  n  ;  dem  reich  golli's,  wclciics 
uns  Christus  durch  sein  anferslendnus  erworben.  Thurneisser 
archid.  vorr    1;  uferstendnis.  Aibekvs  gegen  WitzelCi'.  Ki'. 


AUFERSTEHEN,  surgere,  resurgere,  sich  erheben,  erscheinen, 
goth.  usstandan,  ahd.  arrisan. 

l)  von  den  todten,  aus  dem  grab :  aber  deine  todten  wer- 
den leben  und  mit  dem  leichnam  auferstehen.  Es.  26, 19 ;  er 
ist  von  den  todten  auferstanden.  Matth.  14,  2 ;  getödtet  werden 
und  am  dritten  tage  auferstehen.  16,  21 ; 

denn  was  man  hier  verweslich  sät, 

was  hier  verdirbt  Im  dunkeln, 

das  wird,  sobald  es  aufersieht, 

voll  glänz  und  Schönheit  funkeln,    geisit.  lied; 

auferstehn,  ja  aufei-stehn  wirst  du 

mein  staub  nach  kurzer  ruh.    Ki.opst.  ; 

bist  du  vom  rad  auferstanden?  Schiller  119*. 

3)  von  sonne  und  tag:  dann  wird  der  heutige  tag  noch  ein- 
mal auferstehn.  Klinger  2,  414;  als  die  sonne  nun  im  osten 
in  ihrer  ganzen  herrlichkeit  auferstand.  8,  123;  noch  ehe  die 
sonne  auferstanden  war.  .1.  Paul  Tit.  4, 199.  • 

3)  von  andern  dingen:    vil  inrede  der  Widersacher,    ob  die 
uferston  wurden,  zu  vermeiden.  Reüchlin  augensp.  7' ; 
so  mag  uns  ehre  auferstan.   fasln,  sp.  908,  21 ; 
wenn  die  glock  soll  auferstehen, 
musz  die  form  in  siücken  gehen.    Scuiller  79'. 

AUFERSTEHEN,  n.  resurrectio. 

AUFERSTEHUNG,  f  dasselbe,  goth.  usstass,  ahd.  urrist, 
nnl.  opstandinge :  die  Sadduceer,  die  da  halten,  es  sei  keine 
auferstehung.  Matth.  22,  23 ;  es  wird  dir  aber  vergolten  werden 
in  der  auferstehung  der  gerechten.  Luc.  14,14; 

das  rauschende  feld  voll  auferstehung.    Klopsi.  JUess.  5,  710; 
als  weit  um  ihn  her  das  todesgelilde 

rauschte  vön  auferstehung.    11,  1168; 

geld  ist  dir  zwar  zu  gestorben,  dran  hat  niemand  keine  beule, 

dann  du  wirst  doch  keinem  helfen,  hast  es  in  den  sack  vergraben, 

wild,  wann  du  wirst  sein  gestorben,  erst  die  auferstehung  haben. 
LoGAU  3,  zugäbe  88  ; 

bei  der  auferstehung  der  todten.  Schiller  192*. 

AUFERSTEHUNGSFELD,  n.  kirchhof:  eine  summe,  wovon 
er  das  äuszere  der  kirche  sowol  als  das  innere  herzustellen 
und  mit  dem  davor  liegenden  auferstehungsfelde  zur  Überein- 
stimmung zu  bringen  gedachte.  Göthe  17,  209. 

AUFERSTEHUNGSGEIST,  m. :  ein  herrlicher  auferstehungs- 
gcist  arbeitet  und  glühet  jetzt  (1808)  im  vorigen  rcichskirch- 
hof.  J.  Paul  dämmerunqen  s.  119. 

AUFERSTEHUNGSGESCHiCHTE,  f 

AUFERSTEHUNGSMÄNNER:  der  zeitungsleser  findet  artikel 
interessant  und  lustig  beinah,  wenn  er  von  auferstehungsmän- 
nern  erzählen  hört.  Göthe  23,  37;  das  furchtbare  der  aufcr- 
stehungsmänner  in  England.  44,  62. 

AUFERSTEHUNGSMORGEN,  m. 

AUFEBSTEHUNGSTAG,  m. 

AUFERSTERBEN,  gleichviel  mit  anersterben,  durch  den  tod 
zufallen.  Frankf.  reform.  V.  8, 11. 12.  VI.  1, 1.  2,  4. 

AUFERWACHEN,  expcrgisci,  aus  dem  schlafe,  tode: 
wenn  denn  der  könig  auferwacht.    H.  Sachs  III.  1,  132'; 
auferwacht  ist  der  krieg. 

AUFERWACHSEN,  surgere,  alte  crescere: 

das  dir  nicht  in  zukünftig  zeit 

s|)ot  zu  dem  schaden  auferwachs, 

wie  diesem  bawren,  spricht  Hans  Sachs.  IL  4,  76"; 

das  ihm  nicht  weiter  auferwachs 

schaden  aus  schaden,  räth  Hans  Sachs.    IF.  4,  77*; 

auf  das  darvon  herz  mut  und  sinn 

in  zinilirher  frewd  auferwachs 

von  schwermütigkeil,  siiricht  Hans  Sachs.    H.  4,  80"; 

dadurch  spott  und  Verachtung  kau  aulerwachsen.  Philand.  1, 639. 
AUFERWECKEN,  excitare,  resuscitare,  aus  dem  schlafe,  lode: 
wenn  denn  der  herr  lichter  auferweckel,  die  inen  holfen  aus 
der  reuber  band,  rieht.  2, 16;  denn  mein  son  iiat  meinen  knecht 
wider  mich  auferwecket.  1  Sam.  22,  8 ;  alier  ich  weisz,  das 
mein  erlöser  Icliet  und  er  wird  mich  hernach  aus  der  erden 
aufwecken  {.spätere  ausg.  auferwecken).  Hiob  19,  25;  aber  der 
herr  aller  weit  wird  uns  auferwecken  zu  einem  ewigen  leiten. 
2  Marc.  7,  9 ;  das  ist  ein  groszer  Irost,  das  wir  liolFeii,  wenn 
uns  die  mensciien  erwürgen,  das  uns  gott  wird  wieder  aufer- 
wecken, du  aber  wirst  nicht  auferwecket  werden  zum  leben. 
7, 14 ;  denn  wie  der  vater  die  todten  auferwecket  und  machet 
nie  lebendig,  also  auch  der  son  machet  lebendig  welche  er 
wil.  Joh.  5,  21 ;  ein  ungenannter  hat  1702  S.  v.  G.  auferweckle 
gcdichtc  herausgegeben,  dieser  tilel  ist  beweis,  dasz  diese 
Sinngedichte  damals  schon  begraben  gewesen  sind.  Rahi.ers 
und  Lessings  vorr.  zu  Locau  s.  xiii  : 


641  AUFERZIEHEN  — AUFF  AKEN 

dann  wird 
kein  reuevoller  tbränengusz 
mich  treuen  todien  auferwecken.   Gökingk  1,  86. 

AUFERZIEHEN,  educare,  erziehen,  grosz  ziehen:  ich  habe 
kinder  auferzogen  und  erhöhet.  Es.  l,  2 ;  das  sie  {die  knaben) 
also  drei  jar  auferzogen,  darnach  für  dem  könige  dienen  soll- 
ten. Dan.  1,0 ;  ein  füllen  auferziehen.  Lokman  fab.  19  ;  kräuter 
und  blumen.  fab.  15;  seinem  meister,  der  ihn  auferzogen. 
pers.  rosenih.  1,  30 ;  das  kind  auferzogen.  Lessing  2,  295.  301. 
AUFERZIEHLNG ,  f.  educatio,  heule  blosz  ei-ziehung:  sein 
geburt  und  auferziehung  wunderlich  und  voller  gefahr  gewe- 
sen. Kirchhof  wenduum.  l';  die  auferziehung  der  Stiefmutter. 
Lokman  fab.  15 ;  die  auferziehung  der  kinder.  pcrs.  rosenth.  7,  4  ; 
mein  herkommen  und  auferziehung.  Simpl.  1,  2 ;  welchermaszen 
er  dein  bruder  ist  und  einer  auferziehung  mit  dir  genossen 
hat.  Weise  kl.  leule  340 ;  so  einer  herlichen  auferziehung  ge- 
nossen, ehe  eines  mannes  Alb ;  das  sind  die  glücklichen  folgen 
der  auferziehung  eines  vernünftigen  onkels.  Rabener  6,  12. 

AUFESSE.N,  inlegrum  edere,  exedere,  nnl.  opeten:  wo  ir 
aber  in  einem  hause  zum  lamb  zu  wenig  sind,  so  neme  ers 
und  sein  nehester  nachbar  an  seinem  hause,  bis  ir  so  viel 
wird,  das  sie  das  lamb  aufessen  mögen.  2  Mos.  12,  4.  isz  auf, 
dasz  gut  Wetter  wird;  ich  kann  nicht  aufessen,  man  sagt: 
einen  vor  liebe  aufessen,  vgl.  Haupt  G,  294  und  freszlieb ;  sie 
ist  so  niedlich,  dasz  man  sie  roh  aufäsze ;  die  ich  ungekocht 
gerne  in  einem  bissen  verschluckt  hätte,  ehe  eines  weibes  213 ; 
he  is  lecker  nüdlik  darto,  ik  wolin  gans  wol  upfrcten  roh  ut 
reinem  water.  Aa/ienreierei  1618  D  2' ;  kwoln  halt  hebben,  wen- 
ken  ok  scholl  roe  upfreten  hebben.  Teweschen  hocht.  1663  A  6' ; 
mhd.   für  zucker  gaejen  in  diu  wip.    Parz.  50,  16 ; 

für  zucker  möhten  in  diu  wip 

dur  sine  friheit  niejeu.  turnei  von  N,  189; 

disen  sumer  hat  er  si  gekouwen 

gar  Tür  bröt.    Nithart  bei  Ben.  395 ; 

wände  er  kou  si  tegelich  vür  schcene;  bröt.    897 ; 

möhtes  in  also  gej^en  hAn, 

daj  bete  si  sicherlichen  getan.    GA.  1,  296. 

in  nnderm  sinne  sagt  .1.  Pacl:  er  war  zwei  stunden  früher 
aufgestanden,  um  beide  (stunden)  minute  für  minute  aufzu- 
essen, uns.  löge  3,  159.  £5  heiszt  aber  auch  in  übler  bedeu- 
tung :  aufessen  müssen,  was  andere  eingebrockt  haben ;  die 
gröszern  richten  solche  suppen  an  und  die  kleinern  müssen 
sie  aufessen,  arme  mann  im  Tockenb.  US ;  noch  haben  sie  es 
nicht  alles  aufgeessen.  Acnic.  spr.  2. 

AUFETZEN,  consumere,  auffressen:  und  nicht  viel  groszer 
herrn  und  fürslen  schetze  durch  solche  lose  freszwürme  auf- 
geetzet.  Lcther  5, 41l'.    s.  aufätzen. 

ALFFÄCHELN,  flando  excitare,  vgl.  anfächeln; 

1)  blumen  entfalten,  aufwehen: 

rosenknospe,  aufgefächelt  vom  lüsternen  zephyr. 
Karschim. 

2)  glut  und  flamme  anfachen,  aufwehen: 
bei  jenem  liebesfeur, 

welch»  aufgefechelt  hat  der  kluge  lieberwecker. 

G.  Hbvmakx  poet.  luslieäldchen  Hamb.  1652.  s.  163; 
verlachte  diese  glüht,  die  Amor  fechelt  auf.    s.  169; 
soll  die  erstickte  glut  recht  geben  einen  schein, 
so  musz  sie  nach  und  nach  recht  aufgefachelt  sein. 
Fle«i>-6  97. 
Al'FFACHEN,  was  anfachen: 

der  durch  schmarutzen  nur  der  mordlust  flamm  auffachet. 
LoHEnsT.  Ibr.  bassa  14,  435. 

AUFFÄCHERN,  des  vorigen  frequentativ :  welches  das  fraucn- 
volk  mit  den  langen  kleidern  aufgcfadicrt.  \Viedeiia.n  dec.  114. 

AUFFACKELN,  in  ßammam  surgere,  auflodern:  unter  einer 
hirnschale  wie  seiner,  zu  welcher  den  ganzen  tag  die  weisze 
flamme  der  phanlasie  auffackelte.  J.  Paul  uns.  löge  1,  65. 

AUFFÄDELN,  was  anfadeln:  jedes  von  seinen  werten  auf- 
fädeln. Herder  2,  91;  aufgefädelte  vylieble  herzen,  J.  Paul 
aesth.  2, 142. 

AUFFAD.MEN,  richtiger  als  das  torige.  auszer  anHidmen 
bedeutet  es  aber  auch  die  faden  auflösen. 

AUFFAHEN,  sursum  Irahere,  intercipere,  was  später  auf- 
fangen :  die  Her  fleuszt,  nachdem  sie  vil  andere  flü.sz  auffahet, 
bei  Fillzhofen  in  die  Thonaw.  Frask  wellb.  32' ;  den  schwcisz 
von  der  slirne  auffallen;  dasi  man  dich  {frosch)  zur  speise 
auffahe.  Fischart  ehz.  46; 

und  gchn  nicht  aus,  so  lang  als  Hecht  am  himmcl  steht 
die  weil  der  zaubrer  sie  gewislii  h  all  aufläht. 

Werders  Ariost  4,  G. 


AUFFAHREN 


642 


AUFFAHREN,  sursum  ferri,  vehi,  nnl.  opvaren. 

1)  in  die  höhe,  gen  himmel  fahren,  von  gotl  und  engein: 
und  er  höret  auf  mit  im  zu  reden  und  gott  fuhr  auf  von 
Abraham.  1  Mos.  17,  22 ;  also  fuhr  gott  auf  von  im  an  den  ort, 
da  er  mit  im  geredt  hatte.  35,13;  gott  feret  auf  mit  jauchzen. 
ps.  47,  6;  und  es  geschah,  da  er  sie  segnet,  schied  er  von 
inen  und  fuhr  auf  gen  himmel.  Luc.  24,  51;  wenn  ir  denn 
sehen  werdet  des  menschen  son  auffaren  (golh.  ussteigan)  da- 
hin, da  er  vor  war.  Joh.  6,  62 ;  rühre  mich  nicht  an,  denn  ich 
bin  noch  nicht  aufgcfaren  zu  meinem  vater.  Joh.  20,  17;  der 
hinunter  gefaren  ist,  das  ist  derselbige  der  aufgefaren  ist 
{schöner  gothisch :  saei  atstaig,  sa  ist  jah  saei  usstaig).  Eph. 
4, 10.  ferner,  und  da  die  lohe  auffuhr  vom  altar  gen  himel, 
fuhr  der  engel  des  herrn  in  der  lohe  des  allars  auf.  rieht. 
13,  20 ; 

sie  sei.  wie  man  denn  sagt,  vor  jarn 

von  mund  gen  himel  aufgelarn.    H.  Sachs  I,  52S', 

2)  von  andern,  oß  persönlich  gedachten  suchen,  zumal  de- 
menten: durch  welchen  weg  teilet  sich  das  liecht?  und  auf- 
feret  der  Ostwind  auf  erden?  Hiob  38,  24;  wenn  des  mäd- 
chens  gewand  in  der  luft  spielt,  ihr  haar  hoch  auffahrt.  Klin- 
gers th.  2, 131 ;  aber  die  stürme  fahren  doch  auf  und  greifen 
nach  dem  herzen.  J.  Pacl  Hesp.  1, 128.  das  feuer,  die  flamme 
fährt  auf;  die  blendenden  Schönheiten  eines  auffahrenden 
feuers.    Lessing  3,  178 ; 

wenn  den  forst  zu  verbrennen  es  auffuhr.  Voss ; 
andere  dinge  fahren,  gehen  im  feuer  auf  (icie  vorhin  der  engel 
in  der  lohe) : 

verwünschtes  haus 
in  geilem  feuer  aufgefahren.    Günther  129; 

als  jene  flammen  waren, 
worinnen  haus  und  hof  und  guter  aufgefahren.    450; 

staub,  erde  fahren  auf,  ein  gewaltiger  staub  fuhr  auf,  er/106 
sich;  also  wird  Ire  wurzel  verfaulen  und  ire  sprossen  auf- 
faren wie  staub.  Es.  5,  24 ;  der  gewalt  des  auffahrenden  grun- 
des  {des  von  der  hitze  empor  getriebnen  erdbodens).  Kant  9, 37 ; 
der  Wasserstrahl  fährt  auf;  blasen  im  wasser  fahren  auf;  der 
fisch  fährt  im  wasser  auf. 

3)  aufsprieszen,  aufwachsen,   aufsteigen,  aufschieszen : 
das  ist  ein  wilder  stock  von  selber  aufgefahren.    Fleming; 

über  nacht  fahren  zahllose  pilze  aus  dem  boden  auf;  blät- 
tern im  gesiebt  fahren  auf; 

ob  iemant  ichz  (etwas)  auf  wer  eefarn  undern  üchseu 
fasln,  sp.  768,  3 ; 

das  über  ganz  Egyptenland  steube  und  böse  blättern  auffa- 
ren. 2  3/05.  9,  9;  da  füren  auf  böse  schwarze  blättern,  beide 
an  menschen  und  an  vieh.  9,  10 ;  wenn  einem  menschen  an 
der  haut  seines  fleisches  etwas  aufferet.  3  Mos.  13,  2 ;  wenn 
derselb  sihet,  das  weisz  aufgefaren  ist  an  der  haut.  13,  10; 
wenn  uns  nur  ein  bein  wehe  tbut,  oder  ein  klein  bletterlein 
aulferet,  so  können  wir  himel  und  erden  voll  schreien.  Luther 
5, 45" ; 

kein  blälterchen  fuhr  auf,  die  rausche  must  es  decken. 
Zachariä. 

4)  angewandtes  aufsteigen:  der  wein  fährt  auf,  steigt  zu 
hirne,  zu  köpfe;  keinen  guten  starken  auffahrenden  wein.  Pa- 
RACELScs  1,  701*.  gedanken  fahren  auf:  da  ich  diesen  kom- 
menden tod  empfand,  da  fuhr  eben  so  schnell  der  gedanke 
in  meiner  seele  auf,  dasz  ich  heute  sterben  würde.  Klopst. 
8,15;  schon  etlichemal  ist  mirs  so  aufgefahren,  ich  wollte  dir 
schreiben  und  dem  minister.  Güthe  16,  77. 

5)  auffahren,  aufspringen  vor  furcht,  schrecken,  zom:  da 
fuhr  die  ganze  gemeine  auf  und  schrei.  4  Mos.  14, 1 ;  Leonore, 
aufgefahren  {erschreckend),  horch!  Schiller  145;  sie  fuhr  auf 
und  fiel  auch  sogleich  vor  ihm  nieder.  Göthe  18,  228;  was 
hat  der  held,  den  eine  thrüne  auszer  sich  bringt,  an  innrer 
würde  vor  dem  weibe  voraus,  das  vor  einer  spinne  auffährt. 
Leisewitz  J»/iu5  r.  T.  3,  3;  der  hase  fuhr  aus  dem  kraut  auf; 
sein  herz  fuhr  auf  J.  Paul  Tit.  2,  50 ;  im  schlafe,  träum,  De- 
ber  auffahren  :  einen  mit  träumen  durchbrochnen  auffahrenden 
schlaf  J.Paul  biogr.  bei.  1,  142;  damit  die  auffahrenden  klei- 
nen in  einem  festeren  schlafe  bleiben.  Kampanerth.  16; 

aus  entzückungen 
des  hehren  traums  auffahrend.  Voss  3,  76. 
er  fuhr  auf  vor  wut  und  zuckte  den  dolch;  ffir  er  mit  gflh- 
lingcr  röte  auf  Aimon  c;  do  entsalzt  sich  der  könig  Ncbu- 
cadnezar  und  fuhr  eilends  auf  Dan.  3,  24;  meine  tage  so 
öde,  meine  nachte  so  auffahrend.  Herder  an  Karol.  Flachs- 
land t.  98.     wenn   sich  nur  der  geringste  Widerspruch  regte, 

41 


643 


AUFFAHREN — AUFFALTEN 


AUFFANGEN— AUFFASSEN 


644 


konnte  er  gleich  auffahren;  wenn  ich  gewust  hätte,  dasz  sie 
so  auffahren  würden,  so  hätte  ich  kein  wort  sagen  wollen. 
Gellert;  an  allem  war  sein  auffahrendes  wesen  schuld;  wenn 
er  in  einem  solchen  jählingen  anstosz  von  Unwillen  oder  mis- 
mut  gegen  irgend  einen  seiner  nebenmenschen  auffuhr.  Wie- 
land 8,  242 ;  der  graf  hielt  einen  augenblick  inne,  dann  aber 
fuhr  er  mit  wut  auf.  Gothe  24, 151. 

6)  vom  heftigen  stürm  fuhr  das  fenster  auf;  er  stiesz  mit 
gewalt  an  die  thür  dasz  sie  auffuhr;  hammerschläge  ertön- 
ten, das  schlosz  fuhr  auf. 

7)  der  bergmann,  nach  vollendeter  arbeit,  fährt  auf,  aus 
dem  Schacht  zu  tage,    ein  schif  fährt  auf,  fest. 

8)  auffahren  mit  dem  wagen,  vorfahren,  zumal  feierlich: 
der  wagen  fährt  schon  auf;  in  Regensburg  fuhr  der  gesandte 
auf,  wenn  er  zum  ersten  male  aufs  rathhaus  fuhr;  ich  sehe 
nach  der  strasze  um  meinen  bruder  mit  den  hengsten  im 
pomp  auffahren  zu  sehn.  Klinger  1,  30 ;  dort  kommen  sie 
aufgefahren.  1,34;  morgen  fährt  der  brautwagen  auf ;  die  bat- 
terie  Tährt  auf  gegen  den  feind. 

9)  transitiv,  den  weg  auffahren,  löcher  und  tiefes  geleise 
hinein  bringen;  der  kutscher  hat  das  thor  aufgefahren;  berg- 
männisch, ein  feld  auffahren,  es  mit  grubenarbeitcrn  belegen, 
aufgefahrene  strecken,  einen  Stollen  auffahren;  erde  auffah- 
ren, heranfahren  zum  auffüllen;  sand  ist  schon  aufgefahren 
worden  und  doch  bleibt  der  weg  grundlos. 

AUFFAHREN,  n.  dasz  ihr  das  orakel  stört  und  durch  eine 
unnütze  frage  oder  ein  hastiges  auffahren  vernichtet.  Tieck4,  398. 

AL'FFAHRIG,  was  das  folgende. 

AUFFAHRISCH,  hastig,  leidenschaßiich:  sie  hatte  ein  auf- 
fahrisches  wesen,  fuhr  leicht  auf. 

AUFFAHRT,  f.  ascensus,  himmelfahrt,  mhd.  öfvart,  nnl.  op- 
Taart:  insonderheit  sol  man  halten  den  Christag,  beschneidung, 
epiphanie,  die  osterfeier,  auffart,  pfingsten.  Luther  7, 13";  von 
der  auffart  des  herrn  hat  David  geweissaget.  Reiszner  Jer.  1, 
117*.  dann,  die  feierliche  auffahrt  der  gesandten,  der  braut 
M.  s.  w.  nachdem  die  ankunft  der  gesandten  und  ihre  erste 
solenne  gesamtauffahrt  stattgefunden,  so  bewunderten  wir 
nachher  die  ankunft  der  kaiserlichen  commissarien  und  deren 
auffahrt.  Götiie  24,  288.  bergmännisch,  die  auffahrt  aus  dem 
Schacht,  im  recht,  an  einigen  orten,  cntriclilung  einer  abgäbe: 
der  hauptmann  zog  dafür  bei  der  einführung  des  erben  eine 
erkenntlichkcit,  welches  jetzt  die  auffahrt  oder  der  weinkauf 
genannt  wird.  MösERp.  p/t.  2, 105. 

AUFFAHRTSTAG,  m.  dies  ascensionis:  am  auffartstag. 
TnuRNEissER  archid.  56;  rcgnets  nicht  am  auffartstag,  so  be- 
deuts  döri'ung  des  futers.  Fischart  groszm.  105;  wa  sind  die 
königskuchen,  die  pfaffenparet,  die  pfingstvögel,  auffartstagge- 
flügel?  Garg.  5l'. 

AUFFALL,  m.  heiszt  in  der  Schweiz  der  concurs  der  gläu- 
biger Bluntschli  Zürch.  rechtsg.  1, 440.  2, 183.  vgl.  der  arme 
mann  im  Tockenb.  194.  J.  Paul  bildet  aber:  dumpfer  auffall 
unten  im  grabe,  biogr.  bei.  1,  80.  auffall  der  mutze.  1,  146, 
beides  unberechtigt  und  ohne  gewähr. 

AUFFALLEN,  incidere,  afficere,  nnl.  opvallen, 

1)  niederfallen:  der  platzregen  fällt  stark  auf,  schlägt  auf 
den  boden;  auffallende  tropfen;  hier  kann  der  gefällte  bäum, 
ohne  zu  schaden,  auffallen;  naschwerk,  das  süsz  auffällt  (au/ 
die  zunge),  allein  den  magcn  verdirbt.  Hippel  lebensl.  4,  lü7. 

2)  ansloszen,  verletzen,  befremden:  dein  betragen  fiel  auf, 
muste  auffallen  ;  es  fällt  mir  auf,  verwundert  mich;  ich  darf  das 
buch  nur  auffallen  lassen,  wo  es  auffallen  will.  Lessing  6,  229. 

3)  transitiv,  auffallen,  oß'en  machen:  er  hat  die  thür  auf- 
gefallen, sich  den  köpf  aufgefallen. 

AUFFALLEND,  in  der  zweiten  bedeutung  des  auffallens: 
das  ist  sehr  auffallend;  eine  auffallende  Unwahrheit. 

AUFFALLEND,  adv.  insigniter:  der  die  Verletzung  der  ma- 
jestät  auffallend  zu  ahnden  beschlossen  hat.  Schiller  199'. 

AUFFALLENHEIT,  f.  befremdliches  wesen :  durch  Sonderbar- 
keiten und  auffallenhciten  sich  auszeichnen.  Fichte  wes.  d. 
gel.  109. 

AUFFÄLLIG,  bemerkbar:  sich  aufDlllig  machen  durch  schim- 
pfen, zanken. 

AUFFALTEN,  expandere,  explicare,  nnl.  opvouwen:  ein  tuch 
auffalten,  bände,  blältcr  auffallen,  entfalten; 

laut  weinte  die  hand  aulTaltcnd  dio  muitor.    Luise  3,  300; 
diu  knospe  spnItRt 
die  voll«  brii.st, 
die  blume  fallet 
sich  aur  zur  lusl.   Bürger  1,  44. 


fürchterlich  steht  die  einsamkeit  vor  ihm  und  fallet  ihm  ein 
groszes  schwarzes  gemälde  mit  zwei  frischen  gräbern  auf. 
J.  Paul  Ilesp.  4, 101. 

AUFFANGEN,  interciperc,   excipere,  nnl.  opvangen,  haschen. 

1)  den  flüchtling,  den  dieb,  den  boten  aufTangen ;  das  pferd, 
das  wilde  thier,  den  iiund  auffangen;  die  flöhe  im  bett  auf- 
fangen; der  fuchs  sagt: 

aus  räche  fiel  mir  ein 
ein  überflüssigs  liiilin  zu  zeiten  abzulängen, 
untreue  hennen  aufzufangen, 
und  in  das  taubenfleisch  grausam  verliebt  zu  sein. 
Hagedorn  2,  136; 

einen  fallenden  mit  den  armen  auffangen;  als  mich  Ännchen 
eines  tags  auf  der  strasze  auffieng.  der  arme  mann  im  T.  72 ; 
zu  tisch  komm  ich,  wenn  mich  nichts  auffängt.  Göthe  an  fr. 
V.  St.  1, 100 ;  Zimmer,  auf  dessen  schwelle  sie  der  von  Albano 
kommende  Schoppe  auffieng  und  anhielt.  J.  Paul  Tit.  2,  77. 

2)  die  niederfallenden  tropfen  mit  dem  regenschirm  auf- 
fangen ;  das  aus  dem  arm  strömende  blut  mit  dem  becken 
auffangen;  die  Sonnenstrahlen  mit  dem  brennglas  auffangen; 
mit  dem  äuge  der  erinnerung.  Bettine  tageb.  51;  die  schwan- 
kenden strahlen  der  Wahrheit  auffangen.  Klinger  10,  225 ;  der 
Zunder  fängt  den  funken  auf;  die  vorhänge  fiengen  das  licht 
auf;  die  nase  fieng  den  duft  auf. 

3)  den  ball  mit  der  hand,  den  hieb  mit  dem  stock  auffangen ; 

der  slosz  gieng  fehl,  der  mantel  fieng  ihn  auf. 
Schiller  431*; 

nach  und  nach  leitete  ich  dich  zum  gehen,  das  war  freude, 
als  du  das  erstemal  mit  furcht  und  ungewisheit  drei  schritte 
taumeltest,  ich  fieng  den  fall  auf,  drückte  dich  ängstlich  an 
mein  herz.  Klingers  th.  3,  350 ;  die  wand  hatte  den  schusz 
aufgefangen ;  die  mahlerischen  ansichten  des  parks  in  einer 
tragbaren  dunkeln  kamraer  aufzufangen  und  zu  zeichnen. 
Göthe  17,  316. 

4)  er  fieng  alle  meine  worte  auf;  dasz  du  das  wort  so  auf- 
gefangen hast.  Göthe  16,  155 ;  solche  predigte  sind  durch  an- 
dere gelerte  aufgefangen  und  allhie  zusammen  bracht.  Luther 
4,  1",  wir  sagen  heute  aufnehmen,  in  die  feder  aufnehmen, 
früher  hiesz  es  auch  anschreiben;  nichts  von  unsern  reden 
auffangen.  Lessing  3,  39 ;  da  fieng  nun  einer  die  erste  anfangs- 
silbe  ohne  Zusammenhang,  vor-  und  nachsinn  auf.  Herder; 
die  abgesandten  briefe  wurden  aufgefangen ;  jede  von  mir  auf- 
gefangne Silbe. 

5)  er  fleug  zween  seufzer  auf,  die  aus  der  brüst  verirrten. 

Zachariä  ; 

zweifei  und  sorgen,  die  er  aufgefangen.  J.  Paul  Tit.  2,  152; 
dasz  mein  Vorschlag  nicht  flugs  von  einem  sajnmler  aufgefan- 
gen werde.  Herder  2,  266;  eine  ansteckende  kiankheit,  die 
blättern  auffangen. 

AUFFÄRBEN,  denuo  tingere,  nnl.  opverwen:  du  trägst  auf- 
gefärbte kicider ;  aufgefärbte  freuden.  J.  Paul  lit.  nachl.  4, 128 ; 
Jugenderinnerungen  anfrischen  und  auffärben. 

AUFFÄSELN,  auseinander  zupfen,  s.  das  folgende. 

AUFFASERN,  fila  diducere,  in  fasern  aufziehen. 

AUFFASSEN,  rccipere,  retinere,  nnl.  opvallen,  von  auffan- 
gen verschieden,  worte  auffangen  heiszt  sie  schnell  und  heim- 
lich wegnehmen,  auffassen  sie  mit  bedacht  aufnehmen  und  er- 
greifen; das  Schwert  auffanget,  den  hieb  schnell  abwehren, 
das  Schwert  auffassen,  es  in  die  hand  nehmen,  im  einzelnen 
fall  können  beide  dennoch  dasselbe  aussagen. 

1)  fassen,  greifen  und  außeben: 

so  faszt  der  Jahn  die  llasclicn  auf.    Ayrer444'; 
und  jeder  faszt  bei  ihren  runden  wadcn 
zwo  nymphen  auf.  Wiklaxd  ; 

'faszt  alle  Schwerter  auf!'  alle  stürzen  sich  auf  die  wafTen. 
Schiller  169' ;  ich  will  auftassen  für  dich  jeden  tropfen  aus 
dem  bccher  der  freude,  dir  ihn  bringen  in  der  schale  der 
liebe.  184' ;  ich  habe  den  faden  wiederum  aufgefaszt,  den  dein 
vater  angelegt  hatte,  raubbegierige  und  unwissende  diener  hal- 
ten ihn  zerrissen.  Klinger  5, 195. 

2)  er  wcisz  den  manigfaltigen  historischen  stof  deutlichst 
aufzufassen.  Göthe  46,  226;  der  verstand  kann  nicht  vereinigt 
denken,  was  die  Sinnlichkeit  ihm  gesondert  überiieferte  und 
so  bleibt  der  widerstreit  zwischen  aufgefasztein  und  ideierlem 
immerfort  unaufgelösl.  Göthe  50,  CO ;  fasse  die  kraft  auf,  die 
ich  dir  eingeboren  und  eingclehrt  habe.  Klinker  2,  51;  Faust, 
der  alle  häusliche  und  innige  Verbindung  zerrissen  hatte,   in 


645 


AUFFASSUNG — AUFFLEIEN 


AÜFFLEIUNG — AUFFORDERN 


646 


dem  laufe  seines   ferneren   lebens   keine  melir   aufzufassen 
strebte;    blickte   düster  in  die  weit.  Klinger  3,  258;    es  war 
freilich  leichter  die  feder  nach  aufgefaszten  oder  aus  büchern 
gezogenen  meinungen  zu  führen.  11, 143.  es  auffassen.  Garg.  26". 
AUFFASSUNG,  f.  eine  lebendige  und  innerliche  auffassung 
des  historischen  Stoffes.  Dahlm.  ddn.  gcsch.  1,  viii. 
AUFFASSUNGSGABE,  KRAFT,  VERMÖGEN. 
AUFFECHELN,  s.  aufTächeln. 
AUFFEGEN,  sursum  excitare,  verrere: 

bald,  wenn   es  {das  meer)  gelblichen  sand  auffegt  aus  dem 

untersten  abgrund, 
ist  es  gefärbt  wie  der  sand.  Voss. 

AUFFEILEN,  litnando  solvere,  nnl.  opvijlen :  die  kette,  fes- 
sel  auffeilen. 

AUFFEUCHTEN,  denuo  iumectare,  den  rasen  auffeuchten. 
AUFFICKELN,  ferfricare,  den  ohnmächtigen  reiben  und  klo- 
pfen :  er  feilet  in  einer  anmacht  die  stiegen  hinunder,  unterdes 
aber  seine  mitgesellen  gelaufen  kommen,  mit  ihm  handeln 
und  ihn  auffickeln  und  erquicken.  Mich.  Neander  vom  sei. 
absterben  s.  29.    J.  das  folgende. 

AUFFICKEN,  leviter  perculere.  Stieler  481.  s.  ficken. 
AUFFIEDELN,  fidibus  ludere:  ein  stück  auffiedeln,  auf- 
geigen; sahen  sie  eine  grosze  menge  wölfe  an  einem  breiten 
wege,  den  sie  gehen  musten,  nahmen  ihre  geigen  und  fidelen 
eins  auf,  richten  sich  die  wölfe  in  die  höhe,  schhngen  die 
pfoten  in  einander  und  fangen  einen  tanz  an.  Ettners  unw. 
doct.  670; 

Ulrich,  Johann  und  der  gärtner  die  fiedeln  uns  auf.  Voss. 
AUFFINDEN,  adinvenire: 

wo  sichs  versteckte,  wüst  ers  aufzufinden.    Göthk; 
er  zerarbeitete  sich  den  köpf,   um  etwas  aufzufinden,  das  er 
lernen  und  wissen  möchte.  Klinger  10, 135. 

AUFFIRNISSEN,  denuo  certtssa  oblinere.    s.  anfirnissen. 
AUFFISCHEN,  expiscari,  nnl.  opvisschen :  die  laiche  wurde 
aufgefischt,    bildlich,    nachrichten,  neuigkeiten  auffischen ;  auf- 
gefischte einfalle  anbringen. 

AUFFLACKERN,  tremule  sursum  flagrare,  nnl.  opflakkeren, 
opflikkeren :  die  herzen  müszen  aufflackern  zu  gott  in  feures 
weis.  Keisersb.  Aas  im  pf.;   das   feuer  flackert  im  ofen  auf; 
das  aufflackernde  wilde  krankenauge.  J.  Paul  uns.  löge  2, 128. 
AUFFLAMMEN,  alle  flagrare: 

der  heilige  brand  bei  mir  aufflammte.    Hess.  9,289; 
voll  freude  dich  zu  sehn,  flammt  ich  oft  auf, 
ein  sterbend  licht,  das  dennoch  bald  erlosch. 

Klopsi.  9,  61; 
ein  liebt,  das  schnell  noch  einmal  aufflammt,  schnell 
erlöscht.  9,72; 

bei  jenen  sehnsuchtsthränen, 
mit  denen  unser  geist,  aufflammend,  in  die  scenen 
der  Zukunft  strebt.  Gotter  2,  40; 

die  hofnung  ein  altes  glück  wiederherzustellen  flammt  immer 
einmal  in  dem  menschen  auf.  Güthe  17,  382. 

AUFFLATTER.N,  sursum  volitare,  nnl.  opfladderen  :  die  Vögel 
sind  aufgeflattert,  auf  und  davon;  drauszen  flatterte  schon 
leben  auf  J.  Pah  ßegelj.  3, 130;  wie  nach  einem  weggeschmolz- 
nen  nochwinter  auf  einmal  die  grüne  erdendecke  in  blumen 
und  bluten  hoch  aufflattert.  Tit.  2,  121;  himmelhoch  aufflat- 
tern. 0.  m.  i.  Tockenb.  274. 

AUFFLECHTEN,  nnl.  opviechten,  doppelsinnig  wie  aufbinden, 

1)  sursum  pleclere,  haare,  locken  hock  flechten,   aufwärts. 

2)  resohere,  das  gefleckt  lösen :  haare,  zöpfe  aufflechten ; 
die  schnür,  den  strick  aufflechten. 

AUFFLEHEN,  sursum  precari: 

hoch  aufflchend  zu  Zeus.    Voss. 
AUFFLEIEN,  redimire,  aufschmücken.  Stiele»  501; 
ein  reiches  kleid  man  ihr  her  auf  befehl  auch  brachte, 
das  sie  mit  eigner  band  selbst  aus  einander  machte, 
und  mich,  als  wenn  ich  wer  ein  wcib,  damit  bckleid, 
und  in  ein  gülden  netz  mir  meine  haar  aufllpiclit. 
Werders  Ariost  25,  55. 

auffleicbt  ist  schon  dem  reim  nach  falsch  und  in  aufflcit  lu 
bessern,     italienisch  lauten  diese  übel  verdeutschten  verse: 

poi  fauasi  arrccare  una  sua  veste 

adorna,  e  ricca,  di  sua  man  la  spiega, 

e,  come  io  fossi  Temminn,  mi  veste, 

e  in  reiicella  d'oro  il  crin  mi  lega. 

das  nnl.  »leijen,  schmeicheln,  mct  woordcn  streelen,  streicheln 
geht  iro/  auf  ein  sinnliches  streelen  kämmen,  glattkdmmen  zu- 
rück, und  das  war  des  Wortes  Urbedeutung,  ein  opvleijen  wird 
sich  ohne  xweifel  darbieten,    vgl.  aufleihcn. 


AÜFFLEIUNG,  f.  redimiculum,  fasciola  capillaris.  Stieler 
a.  a.  0. 

AUFFLICKEN,  assuere,  nnl.  opfllkken,  fast  eins  mit  an- 
flicken, da  das  aufgenähte  zugleich  angenäht  wird:  wenn  unser 
einer  seine  eigenheiten  und  albernheiten  einem  beiden  auf- 
flickt, und  nennt  ihn  Werther,  Egmont,  Tasso.  Göthe  an  fr. 
von  St.  2, 183. 

AUFFLIEGEN,  evolare,  nnl.  opviiegen,  in  die  luft  fliegen: 
alle  Vögel  fliegen  auf;  der  pulverthurm  ist  aufgeflogen;  das 
haus  muste  im  feuer  auffliegen;  seine  haare  flogen  wild  auf ; 
es  ist  noch  kein  khu  aufgeflogen.  Garg.  101';  weistu  nicht, 
dasz  ein  mann,  wenn  er  gleich  hundert  äugen  hätte,  in  einem 
hause,  darinnen  der  staub  aufgeflogen  ist,  nicht  wol  sehen 
kan?  pers.  baumg.  5,  16;  ich  dachte  sie  kämen,  um  zugleich 
auch  noch  unser  theater  zu  sehen,  welches  auf  ostern  gleich- 
falls auffliegt.  Lessing  12,  203 ;  wenn  sie  ihre  rechnung  nicht 
dabei  finden,  so  lassen  sie  nur  den  quark  auffliegen.  12,  223  ; 

und  unser  pärchen  ?  —  ist  den  gang  dort  aufgeflogen, 
mutwillge  sommervögel  —  er  scheint  ihr  gewogen. 
GöiuE  12,  167  ; 

leicht  wie  der  vogel  von  dem  wirthbarn  zweige, 
wo  er  genistet,  fliegt  er  von  mir  auf.  Schiller; 
die  flügel  (des  thors)  flogen  klirrend  auf.    Bürger  Lenore  29 ; 

A.  euer  herr  ist  in  Diegos  bänden. 

B.  aber  ihre  herzen  die  sind  mein,  und  fliegen  auf,  wenn 
sie  meine  stimme  hören.  Klinger  2,  35;  lege  meine  herschaft 
über  die  demente,  Unsterblichkeit,  ewigblühende  jugend,  leg 
alles  dieses  in  eine  schale  und  gegenüber  seine  liebe ;  auf- 
fliegen alle  diese  Seligkeiten.  2,  184;  Viktor  lief  mit  aufgeflo- 
genen armen  an  hangende,  die  der  eigner  in  der  angst  nicht 
erheben  konnte.  J.  Paul  Hesp.  3,  43;  nebel  aufgeflogen  aus 
thau.  3,138. 

AUFFLIEHEN,  sitrsum  effugere:  die  gequälte  seele  floh  auf; 
da  das  morgenrotb  auffloh.  J.  Pacl  ;  die  besiegten  flohen  auf 
ins  gebirge. 

AUFFLIESZEN,  cffluere: 

wuchs  ihm  das  herz  im  leib  so  grosz, 

das  auch  der  bauch  weiter  aufflosz.    froschm.  D3'; 

bis  von  neuem   wieder  aufflieszt  ihres  Jammers  quelle.  Fr. 
Müller  1, 101. 

AUFFLI.MMERN ,  micare,  coruscare:  aufflimmernde  sterne, 
blitze. 

AUFFLIRREN,  flatterhaft  aufputzen: 
die  heueiin,  der  braune  hirt 
sind  nicht  arkadisch  aufgeflirrt.    Voss  5,  223. 

AUFFLÖSZEN,  flumine  adverso  vehere:  holz  aufilöszen. 
AUFFLÖTEN,  alle  fistulare,  nnl.  opfluiten: 

ein  nachtigallmänncben  wird  locken  die  braut 
mit  lieblichem,  tief  aufflötendem  laut.    üi;RUBR  61'. 

AÜFFLUCHEN,  exsecrari,  nnl.  opvloeken:  der  fubrmann 
fluchte  laut  auf;  einem  alle  teufel  aufflucben,  auf  den  hals. 
Stieler  522.   vgl.  anfluchen. 

AUFFLUG,  m.  volatus:  leicht  und  stark  dein  aufflug  son- 
der zwang.  Bürger  123';  auch  der  junge  aufflug  des  holzes. 
s.  anflug. 

AUFFLUNKERN,  scintillare,  nnl.  opQonkeren.    s.  flunkern. 

AUFFODERN  schreiben  manche  niederdeutsche  dichter  für 
auffordern,  um  auf  lodern,  modern  zu  reimen,  Luther  setzte 
sogar  foddern.    mehr  unter  fodern  und  fordern. 

AUFFOLGE,  f.  successio,  folge,  nachfolge:  Unmündigkeit 
des  erblings  oder  ancrben  genügt  für  sich  allein  nicht  den 
vater  zu  berechtigen,  denselben  von  der  auffolge  in  das  erbe 
auszuschlieszen.  gesctzsaml.  für  Hannover  1840  1,  83.  scheint 
einem  nd.  upvoige  nachgebildet. 

AUFFOLGEN,  succedere,  begegnet  kaum  nhd.;  nnl.  opToIgen. 

AUFFORDERN,  evocare,  deposcere,  invitare, 

1)  zum  spiel,  zum.  tanz  auffordern:  eine  Jungfrau  zum 
tanze  auffordern.  Stieler  540;  der  tanz  sollte  nun  angehen, 
ein  schmucker  zimmergeselle  führte  Eduarden  ein  flinkes 
bauermüdchen  zu  und  forderte  Ottilicn  auf.  Güthe  17, 156. 

2)  die  festung  auffordern,  franz.  sommer,  nnl.  opeiscben: 
voraus  crsciiien  ein  herold,  der  das  schlosz  aufforderte.  Scbil- 
LER  415 ;  die  Stadt  ist  ohne  Schwertstreich  unser,  rief  er  jetzt 
voll  vcrw  underung  seinen  obersten  zu  und  liesz  sie  unverzüglich 
durch  einen  trommlcr  auffordern.  949;  die  bürg  ergab  sich 
erst  nach  der  dritten  aufforderung. 

3)  einen  zu  seiner  pflicht,  zum  kämpf  auffordern  (vgl.  aus- 
fordem);  der  ganze  adel  ist  in  mir  aufgefordert,  der  ganze 
adel  musz  meine  räche  tlieilcn.    Schiller  155 ;   gegen  die  ge- 

41* 


647    AUFFORDERUNG  — AUFFRISCHEN 


AUFFRÖREN  —  AUFFÜHREN 


648 


fahr,  die  die  gröszte  geistesgegenwart  des  wachenden  auf- 
fordern würde.  699;  sein  äuge  fiel  auf  den  armen  oder 
schwächern,  der  seinen  schütz  aufforderte.  1011;  gift  trinkt 
der  freche  bürger,  der  aufriihrisch  die  obrigkeit  auffordert. 
Klincter  2,  431. 

AUFFORDERUNG,  f.  evocalio,  invitatio. 

AUFFRAGEN,  erfragen,  ausfragen:  ich  habe  diesen  men- 
schen noch  nicht  auffragen  können. 

AUFFRESSEN,  devorare,  vorarc,  nnl.  opvreten. 

1)  vom  viah  wie  von  gierigen  menschen :  die  rosse  haben 
ihr  heu  schon  aufgefressen ;  das  schwein  friszt  auf  was  man 
ihm  vorwirft;  da  kamen  die  vögel  und  fraszens  auf.  Mattli. 
13,  4.  Marc.  4,  4  (goth.  qemun  fugl6s  jah  fretun  l)ata);  und 
die  sieben  magere  küe  fraszen  auf  die  sieben  fette  küe. 
1  Mos.  41,  20 ;  und  die  heuschrccken  fressen  alles  kraut  im 
lande  auf.  2  Mos.  10, 12 ;  du  lessest  uns  auffressen  wie  schafe. 
ps.  44, 12 ; 

und  ich  behaglich  unterdessen 

hält  einen  hatinen  aufgefressen.    Götue  2, -283; 

das  männiken  soll  eine  tonne  butter  auffressen,  unw.  doct. 
7S2;  es  wird  dem  konige  vor  den  äugen  so  voll  meuterei, 
aufruhr  und  tollkühnheit,.  dasz  er  sich  vorstellt  sie  fräszen 
sich  hier  einander  auf.  Göthe  8,  229 ;  frisz  auf  und  scheisz 
es  wider  (?  nider),  das  bringt  das  verloren  gut  wider!  Fischart 
Garg.  93';  man  soll  lieber  die  wolthaten  der  reichen  leute 
missen,  als  die  schmähworte  ihrer  thürhüter  auffressen,  pers. 
roscnlh.  3,  11.    auch  vor  liebe  auffressen,  wie  aufessen. 

2)  angewandt  auf  feuer,  zorn,  räche,  die  gleich  thieren  fres- 
sen: da  die  gottlosen  durchs  fewr  aufgefressen  wurden,  buch 
d.  weish.  IG,  16 ;  und  nu  lasz  mich,  das  mein  zorn  über  sie 
ergrimme.  2  Mos.  32,  10 ;  du  bist  ein  halsstarrig  volk,  ich 
möcht  dich  unterwcgen  auffressen.  33,  3;  denn  sie  haben 
Jacob  aufgefressen  und -seine  heuser  verwüstet,  ps.  79,  7; 

so  hat  mich  ihre  wul  schier  gänzlich  aufgefressen. 
Weckhekmn  270; 

mich  auch  allgemach  darin  ergab,  dasz  der  hunger  meinen 
geist  auffressen  würde,  pers.  roscnlh.  3, 17 ;  rächer  im  himmel, 
was  kannst  du  dafür,  wenn  deine  Wasserfluten  den  gerech- 
ten mit  dem  bösewichl  auffressen.    Schiller  121*; 

die  kirche  hat  einen  guten  magen, 
hat  ganze  länder  aufgefressen; 

aus  der  tiefe  der  erde  faiire  das  eingekerkerte  feuer,  fresse 
auf  der  unfreundlichen  wohnung!  Klinger  2,219;  die  krunk- 
lieit  friszt  meine  Jugend  auf.  th.  2,  182.  thränen  fressen  die 
wangen  auf,  scheidewasser  friszt  die  haut  auf,  doch  in  diesen 
beiden  ausdrucksvjeisen  steht  besser  anfressen. 

AUFFRESSUNG,  f  devoratio,  corrosio:  das  ausz  kraft  des 
corrosivischen  salz  eine  etzung,  auffressung  geschieht.  Para- 
cELsus  c/«r.  sc/tr.  82';  den  langsamen  tod  des  alters  von  an- 
dern thieren  durch  ihre  auffressung  abwenden.  J.  Paul  teufelsp. 
2,  44. 

AUFFRETZEN,  verhält  sich  zu  auffressen,  wie  aufetzen  zu 
aufessen :  nu  wird  dieser  häufe  auffretzen  was  uinb  uns  ist, 
wie  ein  ochs  kraut  auf  dem  feldc  auffretzet.  4  Mos.  22, 4. 
bedeutet  auch  junge  Ihiere  auffüttern,  auferziehen,  und  wunden 
schweren  machen,  exulcerare. 

AUFFRIEREN,  regelare,  auflhauen:  also  ist  er  mehr  als 
fünf  stund  hinter  dein  ofen  im  satlel  gesessen,  sampt  den 
Stegreifen,  ehe  er  aufgefroren  ist.   Frey  garleng.  92' ; 

zum  kaclielofen  warf  ers  (die  schlänge)  nider, 
auf  das  sie  möcht  aufdauwen  wider, 
als  sie  nun  aufgefroren  war, 
ir  macht  und  gifl  hctt  wider  gar. 

B.  Waldis  Esop  1,  7. 

könnte  auch  gesetzt  werden  für  festfrieren,  anfrieren. 

AUFFRISCHEN,  nahverwandt  mit  anfrischen  und  erfrischen, 
gilt  doch  vorzugsweise  von  auffdrbung  des  verblichnen,  erneue- 
rung  des  verschollenen,  dann  vom  anregen  und  ermuntern: 
was  können  die  groszen  an  solciien  leuten  erMicken,  das  ih- 
nen im  geringsten  iihnlich  würe  und  sie  auffrischen  könnte, 
diese  ihre  reprüsentarii  in  einen  bessern  und  geachtetem  stand 
zu  setzen?  Lessinc  6,214;  kritik  ist  das  einzige  mittel  mich 
zu  mehrerem  aufzufrischen  oder  vielmehr  zu  hetzen.  12,355; 
märchen  auffrischen.  Göthe  25,  370;  vcil)lichene  gestalten  auf- 
frischt, den  behauenen  stein  wiederbelebt.  26,47;  ein  lange  be- 
standenes gutes  Verhältnis  mit  jemand  auffrischen.  31,  142;  das 
andenken  eines  mannes  auffrischen.  51,  244 ;  ich  will  sein  ge- 
dächtnis  ein  wenig  wiederum  auffrischen.  Klisger  1,  395;  ich  will 


dir  das  gedächtnis  auffrischen.  1,  398.  9,  3;  so  gut  nun  die 
kultur  für  die  kühlem  und  vernünftigem  ist,  so  ist  es  doch 
nicht  übel,  dasz  wir  uns  zu  zeiten  aus  dem  stände  der  wild- 
heil  etwas  rekrutieren  oder  auffrischen,  wir  würden  sonst 
gar  zu  artig,  gar  zu  duldsam  werden.  12,  39 ;  unter  der 
menge  von  bekanntschaften  haben  wir  einige  sehr  interes- 
sante gemacht,  einige  habe  ich  von  meiner  vorigen  reise  auf- 
gefrischt. Tieck  6,  45.  in  der  thierzucht,  den  stamm  auffri- 
schen durch  edles,  männliches  blut. 

AUFFRÖREN,  auffrieren  machen,  das  zu  auffrieren  gehö- 
rige transitivum,  heute  erloschen:  die  fasz  allenthalben  mit 
wein  erfruren,  also  das  mans  kaum  mit  undergemachtem 
fewer  mocht  auffrören.  Frank  chron.  188';  bisz  solche  von 
der  wärme  des  feuwers,  so  man  sie  kochet,  aufgefrört  und 
bewegt  werden.    Forer  fischb.  T.  ■ 

AUFFÜHRRAR,  ad  scenam  apttis :  indem  ich  das  kleine  ar- 
tige stück,  als  bei  uns  nicht  aufführbar,  zurücksende.  Göthe 
31,  147. 

AUFFÜHREN,  erigere,  adducere,  introducere,  anführen,  ein- 
führen, vorführen,  nnl.  opvoeren. 

1)  aufführen,  empor,  in  die  höhe  führen,  aufrichten,  errich- 
ten, aufbauen,  erigei-e,  exstntcre,  gebäude,  häuser,  thürme, 
wälle,  dämme :  denn  ich  wil  dich  belagern  rings  umbher  und 
wil  wallen  umb  dich  auffüren  lassen.  Es.  29,  3 ;  und  er  sol 
auffüren  den  ersten  stein,  das  man  rufen  wird  glück  zu, 
glück  zu.  Zach.  4,  7;  und  den  grund  noch  eins  so  hoch  auf- 
füret. Sirach  50,  2 ;  mit  den  nachbarn  soll  man  heuser  auf- 
führen. Garg.  153";  dasz  einer  dem  andern  zu  weit  einrucket 
oder  den  zäun  zu  hoch  aufführt.  194';  so  musz  man  kein 
maur  darunib  aufführen.  272' ;  wohnungen  und  scheuern  auf- 
führen. Göthe  24,  213;  die  erde  um  einen  bäum  hoch  auf- 
führen; die  kanonen  aufführen,  man  sagt  auch,  erde,  ka- 
nonen  auffahren,  in  gold-  und  Silberfabriken,  den  lahn  auf- 
führen, mit  der  hand  auftragen;  beim  spinnen,  den  faden 
aufführen,  auf  die  sich  drehende  spule  leiten. 

2)  menschen,  tbiere  aufführen,  extollere,  adducere,  feier- 
lich, pomphaß  vorführen,  das  erstemal  einführen: 

fedenke,  dasz  erbarmen 
ner  schar  dir  desto  mehr  gebührt, 
je  mehr  die  götter  dich  hoch  haben  aufeefübrt  (erhoben). 
Opitz  1,232; 

ein  wacht  auf  und  abführen.  Kirchh.  disc,  mil.  Sb ;  die  wache 
aufführen.  Opitz  Arg.  -1,  457  ;  regimentcr  im  paradeschritt  auf- 
führen; besiegte,  sciaven  im  gepränge  aufführen;  um  in  rö- 
mischen fesseln  sich  periodisch  im  triumph  aufführen  zu  las- 
sen. Herder  2,  324;  grosze  beiden  aufführen,  auf  der  bühne; 
auf  der  jagd  das  wild  vorführen;  hast  du  dem  fürsten  das 
wild  aufgeführt  nach  seines  herzens  lust?  Klingers  <A.  3,  265 ; 
Friedrich,  der  erste  könig  von  Würtemberg,  üesz  sich  die 
eher  gebunden  aufführen  und  wühlte  mit  dem  spiesz  in  ihre 
brüst;  er  versprach  beim  abschied  zur  bestimmten  zeit  die- 
sen wunderbaren  jüngling  aufzuführen.  Wieland  1,  190;  als 
Aristippus  des  folgenden  morgens  wieder  kam,  um  ihn  im 
namcn  des  Dionysius  einzuladen  und  bei  diesem  prinzen  auf- 
zuführen. 3, 15 ;  der  groszvizicr  ärgerte  sich,  dasz  er  ihn  {bei 
dem  sultan)  aufgeführt  hatte.    Klinger  6, 111 ; 

wir  sind 
gesandt  als  herolde  dich  bei  ihm  aufzuführen. 
Schiller  558; 

nun  geh  ich,  einen  andern  Starrkopf  euch  aufzuführen.  Klin- 
ger 2,  40;  er  führte  seinen  gast  hei  einigen  seiner  freunde 
auf.  6,  298 ;  zeugen  werden  aufgeführt.  Schwächer  steht  es 
für  bloszcs  anführen:  in  einer  rechnung,  im  Verzeichnis  auf- 
führen ;  ich  erlaube  mir  den  baron  an  meiner  statt  aufzu- 
führen und  diese  lücke  durch  auszüge  aus  seinen  briefen  zu 
ergänzen.    Schiller  730. 

3)  leicht  erklart  sich  nun,  warum  man  sagte,  ein  stück 
aufführen,  auf  die  bühne  bringen,  wie  in  dem  stück  die  Hel- 
den vorgeführt  wurden;  die  oper  ist  schon  hundertmal  aufge- 
führt; wenn  sie  das  lied  {der  schäfer  putzte  sich  zum  tani) 
singen  und  aufführen  wollen,  an  mir  soll  es  nicht  fehlen. 
Göthe  48,  207;  die  messe  aufführen;  um  ihnen  eine  kleine 
höflichkeit  aufzuführen.  Hippel  br.  13, 1.  in  aiuhrm  sinn  sagte 
Keisersiikrg,  ein  gebet  aufführen,  empor  zum  himmel  richten: 
du  suit  ein  stark  andechlig  gehet  auffüren  zu  got  dem  ber- 
ren.    sieben  scliw. 

4)  sich  aufführen,  sc  prodiicere,  gerere: 

im  kiitel,  wie  im  sammt,  wcisz  er  sich  nufkarahren. 
Canitz  291 ; 


649 


AUFFÜHRUNG — AUFGABELN 


AUFGAFFEN — AUFGANG 


650 


rween  hunde  dienten  einem  herrn. 

der  eine  von  deu  beiden  lliieren, 

Joii,  verstund  die  Isunst  sich  lustig  aurzufübren, 

und  wer  ihn  sah,  vertrug  ihn  gern. 

Gellert  1,  lOS; 

führen  sie  sich  hier  nicht  als  einen  tückischen  schulknaben 
auf?  Lessisc  3,  415;  bei  der  würde  führt  sich  der  geist  in 
dein  körper  als  herscher  auf.  Schiller  1122;  die  geometer 
haben  sich  in  ansehung  dieser  ausfluchte  ebenso  aufgeführet. 
Kant  8,  112;  die  töchter  führeten  sich  galant  und  propre  in 
kleidung  auf.  Schelmcfsky  2,  47. 

AUFFÜHUUNG,  f.  nach  verschiednen  bedeutungen  des  auf- 
führeus, 

1)  die  aufführang  des  palastes,  der  kanonen. 

2)  die  aufführung  im  triumph,   der  gesandten,   der  braut. 

3)  Vorstellung  des  Stückes:  genug,  dasz  das,  was  dem  Eu- 
rikles  Voltaire  selbst  in  den  mund  legt,  hinreichend  gewesen 
wäre,  die  aufführung  seiner  Merope  zu  rechtfertigen,  wenn 
er  sie  als  die  gemahlin  des  Polyphontes  eingeführet  hätte. 
Lessinc  ",  214. 

4)  betragen,  franz.  conduite:  dasz  ihre  freie  aufführung 
dem  amimann  endlich  selbst  verdacht  erwecken  muste.  Fel- 
seub.  1, 114 ;  er  hat  eine  frau  ohne  Schönheit,  ohne  geld,  ohne 
aufführung  (sans  conduite),  ohne  verstand  geheuratet.  Rabe- 
NER4, 192;  ist  das  eine  aufführung?  schämst  du  dich  nicht?; 
wie  deine  aufführung  das  vaterherz  foltert.  Schiller  103'; 
wie  sie  ist,  bin  ich  ihr  dank  schuldig,  versetzte  Wilhelm,  ihre 
aufführung  ist  zu  tadeln,  ihrem  charakter  musz  ich  gerech- 
tigkeit  widerfahren  lassen.  Göthe  19, 19S ;  ein  ungesittetes  be- 
tragen und  eine  gewisse  aufführung,  die  man  pedantisch 
nennt.    Kam  8,  150;  eine  saubere,  unverzeihliche  aufführung. 

ALTFÜLLE.N,  implere,   replere. 

i)  auffüllen,  suppe  auffüllen,  aus  der  schüssel  auf  die  fei- 
ler geben,  vorlegen,  s.  aufgeben;  den  ballon  auffüllen,  mit 
luß  erßUen :  seinen  mit  dem  gas  der  liebe  aufgefüllten  und 
emporgehobnen  herzballon.  J.  Pacl  uns.  löge  3, 138 ;  aus  dem 
fasz  bier  in  flaschen  ßllen.     den  dämm  auffüllen. 

2)  denuo  implere:  das  fasz  auffüllen,  wenn  des  weins  durch 
zehren  weniger  geworden  ist. 

AUFFU.NKELS',  micare,  scintillare:  sein  äuge  funkelte  auf; 
der  wein  funkelt  im  glase  auf. 

AlFFURCHEN,  sulcare:  die  erde  auffurchen; 

erst  nun  stellt  er  die  äil  einher,  auffurchend  das  estrich 
allen  in  Einern  zug.  Voss  Od.  21,  120. 

AUFFÜSZE.N,   pede   slare,    außreten:    die    öfnung   war  so 
schmal,  dasz  man  nicht  auÖ'uszen  konnte; 
wo  nicht  auTzuruszen  hat 
räum  ein  fusz  der  mücke.    Rückert  76. 

AUFFUTTERN,  in  der  baukunsl,  ein  fiitter  befestigen:  auf 
die   grundslichbalkcn    eine   bohle    oder    halbholz    auffuttern. 

GiLLV. 

AUFFÜTTERN,  alere,  nnl.  opvoeden :  ein  kind,  einen  vo- 
gel  auffüttern;  hühncr,  gänse  auffüttern; 

so  blühend  und  so  frisch, 

als  hätten  für  Cytherens  bett  und  lisch 

die  grazien  mit 'lauter  jungen  rosen 

ihn  aufgelultert.  Wiklano  10,  330 ; 

einen  fremden  godanken  zu  einem  eignen  auffüttern.  J.  Paul 
aesth.  3,  114.  auch  das  fuller  verbrauchen:  allen  haber  auf- 
füttern,  verßtlem. 

AUFGABE,  f.' nnl.  opgaaf,  nach  verschiedenheil  des  aufge- 
gcbens, 

1)  propositio,  problema,  pensum,  leichte  oder  schwere  aufgäbe 
einer  frage,  eines  rülhsels,  preises.    aufgäbe  des  lebens. 

2)  aufgäbe,  auflegung  eines  briefs;  aufgäbe  des  erzes  auf 
den  ofen. 

3)  aufgäbe  einer  festung,  dedilio,  Übergabe:  Bautzen  bela- 
gert und  zur  aufgäbe  g»nötigel.  Micrälics  2,  192.  aufgäbe 
eines  amles,  diensies,  gutes. 

AUFGABELN,  furca,  fuscinula  excipere,  mit  der  gäbet  auf- 
nehmen: heu  aufgabeln,  fleisch,  brot  aufgabeln,  aufstechen, 
dann  überhaupt  aufgreifen,  arripere:  konnten  sie  dessen  ta- 
feln, die  sehr  kostbar  sind,  aufgabeln,  so  haben  sie  für  je- 
^es  rilzchen  am  menschlichen  skelet  eine  gute  sehr  genaue 
abbildung  und  bencnnung.  Süjimerisc  fcei  AfercA  1,  351; 
jeüt  könnt  ich  mit  dir,  in  titanischer  kraft,  aufgabeln  als  kugel 
den  erdball.  I'late:i  2(i5; 

die  Vogelscheuche,  die  sie  da  drauszen  aufgegabelt  haben. 
TiECK  jfj.  nof.  4, 1S9  ;  wo  ha^t  du  das  wieder  aufgegabelt? 


ÄÜFGAFFEN,  patefacere  ora,  aufsperren,  nnl.  opgapen: 

jedennoch  gaflen  wir 
das  maul  und  augeh  auf.    Opitz  3,  42. 

AUFGÄHNEN,  alle  hiare,  früher  aufginen,  aufgienen,  w.  m.  s. 

AUFG.\HREN,  ebullire,  aestuare,  aufbrausen :  der  wein,  das 
bier  gährt  auf;  ein  volk,  das  unter  dem  unerträglichen  joch 
eines  tyrannen  seufit,  darfst  du  das  schwach  heiszen,  wenn 
es  endlich  aufgährt  und  seine  ketten  zerreiszt?  Götbe  16,  68 ; 

weiblicher  stimmen  geschrei  und  vom  wein  aufgährender 
Wahnsinn.  Voss ; 

der  träum,  der  in  ihrem  brausenden  gehirn   aufgor.   Klinger 
10,  235;    Nodier  und  Balzac,    so   nahm  Alexander   das   wort, 
stehn  unter  den  neusten,  die  am  stärksten  aufgähren,  schon 
wie  talente  einer  älteren  zeit.    Tieck  not".  Ar.  4,  294. 
AUFGANG,  m.  ascensus,  nnl.  opgang. 

1)  ortus,  avaro).Ti,  aufsteigen,  sich  erheben,  zumal  der 
sonne,  des  monds,  der  gestirne,  des  tags  und  der  nacht,  golh. 
urruns,  dann  die  stelle,  gegend  des  aufgangs :  ziehen  gegen 
dem  aufgang  in  das  morgenland.  l  Mos.  25,  6;  lagerten  sich 
gegen  der  sonnen  aufgang.  4  Mos.  21, 11 ;  von  dem  gebirge  ge- 
gen dem  aufgang.  23,  7 ;  disseit  des  Jordans  gegen  der  son- 
nen aufgang.  Jos.  1, 15.  2  kön.  10,  33 ;  gott  der  herr,  der  mech- 
tige  redet,  und  rufet  der  weh  von  aufgang  der  sonnen  bis 
zu  nidergang.  ps.  50, 1 ;  denn  gleichwie  der  blitz  ausgehet  vom 
aufgang  und  scheinet  bis  zum  nidergang,  also  wird  auch  sein 
die  Zukunft  des  menschensons.  Matth.  24,  27;  der  aufgang 
aus  der  hübe.  Luc.  1,  78 ;  wir  haben  seinen  stem  im  aufgang 
gesehen.  Reisz.ver  Jer.  2,  114*;  von  dannen  ruckten  sie  ihr 
läger  gegen  Moab  auf  den  aufgang  sich  lenkende.  Fra\k 
weltb.  162';  im  aufgang  der  nacht,  incipiente  nocte.  Facics 
bei  Fronsp.  3,  234' ;  der  wind  von  nidergang  ist  regens  auf- 
gang, wind  von  aufgang  ist  schön  wetters  anfang.  Fischart 
groszm.  128 ;  morgenrüte  im  aufgang.  Jag.  Böume. 

man  list  von  Xene,  dem  beherscher 
des  aufgangs  und  der  edlen  Perser,    gl.  schif  1 ; 
gleich  gleich  indessen  kam  ihr  der  gedank  in  sinn, 
zu  nehmen  ihren  weg  wiedrumb  nach  aufgang  bin. 
Werders  Ariost  U,  12; 
von  lichten  gedanken  umringt,  als  wärens  des  aufgangs 
röthen.  Klopst.  Mess.  11,  1164; 

dieser  fremdiing,  ich  weisz  nicht  wer,  kam  irrend  ins  haus  mir, 
seis  von  des  niedergan?s  und  seis  von  Völkern  des  aufgangs. 
Voss  Od.  S,  29 : 

mild  wie  des  tages  thauiger  aufgang.  Fr.  Müller  l,  24;  da 
rollen  die  donner  im  aufgang,  dasz  die  seulen  im  niedergang 
beben.  1,  Hl.  zur  bezeichnung  der  himmelsgegend  bedienen 
wir  uns  heute  lieber  der  ausdrücke  Orient,  morgenland. 

2)  andere  aufsteige  und  aufgänge :  gieng  bisz  er  des  walds 
aufgangk  fand  (den  pfad,  wo  man  in  den  wald  aufsteigt). 
Aimon  F2;  doch  erfand  man  einen  leichtern  aufgang  auf  die 
höhe.  Göthe  17,  75.  aufgang  der  bühne,  ascensus  in  scenam, 
öfter  bei  .\yrer:  die  königin  lauft  zum  aufgang  und  sagt. 
220' ;  bei  dem  aufgang,  da  Wolfdieterich  sieht,  red  einer  ver- 
borgen und  sagt.  22S';  er  geht  zum  aufgang  und  schreit. 
Avrer  fastn.  sp.  114';  macht  darzu  auch  ein  durst  in  der  le- 
bcrn  und  gibt  aufgang  zur  Wassersucht  (hydropi  parat  adi- 
lum).  Paracelsü^  1,  689";  das  brot,  der  teig  hat  seinen  rech- 
ten aufgang,  steigt  in  die  höhe,  wie  es  soll. 

3)  aufgang,  eingang,  anfang,  aufnähme,  gedeihen:  ich  hab 
die  gemelt  grammatick  gemacht  zu  nutz  und  ufgang  der  heil, 
geschrifl.  Rel'chlix  augensp.  36';  begehret  aber  ein  fürst  und 
herr  aufgang  und  beharrlichen  wolstand  seiner  festung.  Kirch- 
hof disc.  mil.  16;  der  zwölf  patriarchen  kindskinder  (haben) 
noch  vil  mehr  gedachte  feldarbcit  geübet  und  in  aufgang  ge- 
bracht. Sebitz  feldb.  3",  «•«>  sagen  heute  in  gang  gebracht ; 

jedoch  rtir  stolz  und  lieder  neigen 
und  sterben  stracks  in  dem  aufgang. 
Weckuf.rlin  356; 
mitten  im  aufgänge  des  lebens.   J.  Pall  Tit.  2, 179. 

4)  aufgang,  apertura :  aufgang  der  thür,  der  jagd,  der  Wein- 
lese, des  eises,  des  geschwiirs. 

5)  aufgang,  aufwand,  kosten,  was  aufgeht,  aufgewandt  wird: 
wie  ich  aus  der  küchen  ein  kurz  Verzeichnis  des  aufganges 
liekommen.  Schweimchem  1.  320;  sonslen  hab  ich  ein  ziem- 
lich jähr  gehabt,  ohn  des  vielen  aufgangs.  2,  178;  inglcichen 
mich  auch  an  der  gicht  darnieder  geworfen  und  also  9  Wo- 
chen in  der  stuben  innen  behalten,  welches  mir  wegen  des 
vielen  aufgangs  groszen  kummcr  bracht.  3,  240 ; 

must  zahlen  allen  den  aufgang, 

den  uns  hat  kostet  diser  kneg.    Atrkr295'; 


651 


AUFGÄNGIG  —  AUFGEBEN 


AUFGEBER — AUFGEDUNSEN 


652 


dann  Unser  würdiges  gottshaus 
hat  vorhin  gnug  des  aufgangs, 
der  nicht  gewesen  ist  aul'augs.    Atrer  fastn.  103*. 

AUFGÄISGIG,  aufgehend: 

doch  dasz  die  Venus  sich  vergleicht 
vvol  mit  der  sunnen,  und  auch  sunst 
sei  unverhindert  durch  ihr  brunst, 
darzu,  das  si  aufgengig  sei 
in  gutem  wesen  darzu  frei. 

Thürneisser  archidoxen  78 ;  so  wird  der  krebs,  als  ein  haus 
des  mohns,  mit  seinem  zwenzigesten  grad  aufgengig  sein 
müeszen,  wan  der  Stengel  mit  sambt  seinem  mark  und  blet- 
tern  eingesamlet  werden,  inß.  wirk,  der  erdg.  5;  wann  Mars 
erfunden  wird  an  dem  himmelisclien  cörper  in  dem  Steinbock 
oder  wasserman,  welclie  da  sind  die  heuser  Saturni,  und 
darzu  auch  aufgengig  oder  ob  der  erden  sein  wird.  ders.  von 
wassern  107.  aufgängig  könnte  sehr  wol  auch  ausdrücken  in 
kosten  aufgehend. 

AUFGARBEN,  in  manipulos  coUigere,  in  garben  bringen: 
da  thut  man  es  (das  körn)  schon  schneiden, 
dort  garbet  man  es  auf  und  bindet  es  mit  weiden. 
Weckherlin  765. 

AUFGATTERN,  coUigere,  zusammenbringen,  ergattern,  niü. 
opgaderen :  was  sich  nur  auftreiben  und  aufgattern  liesz. 

AUFGAUMEN,  attendere.  fastn.  sp.  990, 1. 

AUFGEBÄUDE,  n.  aedificium,  structura:  das  zusammen- 
s.türzen  des  wundersamsten  aufgebäudes.  Göthe  46,  206. 

AUFGEBEN,  dedere,  tradere,  reddere,  vorgeben,  ausgeben, 
hingeben,  übergeben,  ergeben,  nnl.  opgeven. 

1)  proponere,  imponere:  ich  wil  euch  ein  retzel  aufgeben. 
rieht.  14, 12 ;  gib  dein  retzel  auf,  lasz  uns  hören.  14, 13 ;  denn 
seid  keine  pfaffen  noch  münche,  und  halt  des  bapsts  gc- 
setze  ja  nicht,  gleubt  im  auch  nicht,  das  es  siinde  oder  ge- 
wissen sei,  was  er  für  sünd  aufgibt  (ausgibt).  Luther  2»  Hl' ; 
warum  wollen  ir  nit  eben  so  vil  von  diser  kurzweiligen  Zei- 
tung und  newen  chronich  halten,  die  euch  vielleicht  eben  so 
vil  retersch  als  jenes  fabulieren  kan  aufgeben?  Garg.  23'; 
ein  durch  reine  Vernunft  aufgegebener  satz.  Kant  6, 165 ;  wenn 
das  bedingte  gegeben  ist,  ist  uns  eben  dadurch  ein  regressus 
in  der  reihe  aller  bedingungen  zu  demselben  aufgegeben. 
2,  394 ;  ein  frag  aufgeben,  ühland  10. 11 ;  aufgegebne  arbeit, 
sich  aufgeben,  sich  zur  aufgäbe  machen,  stellen:  er  (Walter 
Scott)  gibt  sich  auf,  die  geschichte  seiner  zeit  dergestalt  vor- 
zutragen. Göthe  46,  227;  eine  Untersuchung,  die  sich  den 
hohen  satz  aufgibt.    Herder  2,  56. 

2)  aufgeben,  bei  tisch  auf  die  teuer  geben,  vorlegen,  auffül- 
len: die  Zeitung  brachte  (verkündete),  dasz  der  tisch  bereits 
gedeckt,  und  die  frau  gleich  aufgeben  würde,   unw.  doct.  170. 

3)  sich  aufgeben,  in  die  höhe  ausdehnen,  erstrecken:  der 
Stengel,  welcher  sich  eilends  in  die  höhe  und  dicke  mit 
sambt  den  beistilen  und  iren  blettern  aufgibt.  Thürneisser 
infl.  wirk.  p.  25. 

4)  aufgeben,  hingeben,  übergeben,  ergeben,  fahren  lassen, 
dedere,  reddere:  das  wir  euch  gebeten  haben,  die  stad  dem 
Holoferni  aufzugeben.  Judith  7, 17.  8,  8 ;  daneben  sind  ir  viel, 
die  ein  lehen  dem  andern  aufgeben  nur  mit  dem  titel,  daran 
er  kein  heller  empfehet.  Luther  1,  296';  das'ich  mit  inen  re- 
den solt,  sie  sollen  sich  aufgeben.  H.  StadenN4;  wann  stete 
oder  Schlösser  sich  (dem  belagerer)  ufgeben.  Reutter  kriegs- 
ordn.  13 ;  mit  aufgeben  ewer  statt  und  der  scJilüssel  uber- 
liferung.    Kirchhof  mtl.  disc.  87 ;  den  hämisch.  Uhland  332. 

Nahas  mit  gwalt  ist  kommen  her, 
Legert,  solt  im  die  siat  aufgcbn. 

ScHMEi.zL  6'ou/ 24'; 
wollen  sie  das  schlosz  nicht  aufgebn, 
80  kosts  graf  Albrecbten  das  lehn.    Atrer  U9' ; 
die  statt  vor  bunger  aufgeben.    290"; 
ach  wer  hat  dir  das  schlosz  aufgeben, 
oder  wie  bislu  kommen  rein?    317'; 

den  geist,  die  sccle,  das  leben  gott  aufgeben,  deo  reddere: 
da  Ananias  dise  wort  höret,  fiel  er  nieder  und  gab  den  geist 
auf.  apost.  gesch.  5,5;  und  alsbald  fiel  sie  zu  seinen  füszen 
und  gab  den  geist  auf.  5,  10 ;  als  er  dis  gesagt,  gab  er  gott 
den  geist  auf  und  starb.    KiRcunoFttcnrfHnm.no'; 

ich  will  gott  meinen  geist  aufgeben.    Aviier351',- 
heut  mustu  mir  deinen  geist  aufgeben.    Galmy  323; 

die  Unschuld,  die  den  geist  in  solchem  höhn  aufgibt. 
GnrPMius  2,  377 ; 

hiermit  entfiel    ihm    die   spräche   und  gab    seinen   geist  auf 

{rendit  son  äme).  unw.  docl,  659; 


allein  was  ist  dies  schnöde  leben, 

die  kurze  wallfahrt?  mühe,  pein. 

musz  ich  nicht  immer  fertig  sein 

für  dich,  mein  kind,  es  aufzugeben  * 

Hagedorn  2,  108; 

das  leid  sull  wir  aufgehen,  fastn.  sp.  507,  4; 
du  hast  dein  gebet  aufgegeben  (betest  nicht  mehr).  Schiller 
207';  und  warum,  weshalb  hat  er  ihr  schönes  herz  so  leicht- 
sinnig aufgegeben?  Tieck  yes.  nov.  19,  241;  der  arzt  hat  sie 
aufgegeben ;  ich  gebes  auf  dich  zu  überzeugen ;  die  treu  auf- 
geben, brechen.  Uhland  384 ; 

so  vergönne  mir, 
dasz  ich  die  aufgegebene  beschütze.    Schiller; 
ich  lag  im  schif,  mit  stricken  festgebunden, 
wehrlos,  ein  aufgegebner  mann.    540; 

ich  warb  um  seine  freundschaft  zwar, 

mein  ward  sie  auch;  darauf 

gab  aber  mich  sein  gokidurst  gar 

für  einen  schurken  auf.    Gökingk3,  12; 

ein  frauenzimmer  aufgeben  (sitzen  lassen).  Klinger  1,  468; 
sein  vorhaben  aufgeben.  Gotter  3,  46;  da  ich  gern  alles 
übrige  in  dieser  weit  aufgeben  mag.  Tieck  Sternbald  1,  39. 
mhd.  so  geben  wir  unserm  herren  dem  bischolf  Bronnen  von 
Brihsen  ouf  ailej  dag  wir  haben,  eigen  und  lehen,  leut  und 
gut,  verchumbert  und  unverchumbert.  Chmel  fontes  1,  200 
(a.  1278).  der  Zusammenhang  wird  oß  zwischen  den  bedeu- 
tungen  entscheiden,  z.  b.  aufgegebene  arbeit  kann  meinen  auf- 
erlegte und  zurückgelegte. 

AUFGEBER,  m.  aulgeber  des  briefs,  des  pakets. 

AUFGEBIETEN,  was  auil>ieten :  bis  das  der  landsfürst  auf- 
geböte für  sich  selbs.    Luther  3,  329'. 

AUFGEBIG,  aufgebig  lehen,  feudum  aperibile. 

AUFGEBLASEN,  tumidus,  belege  schon  oben  unter  aufbla- 
sen 2,  denen  hier  noch  einige  zutreten  mögen:  sol  ein  weiser 
man  so  aufgeblasen  wort  reden  ?  Hiob  15,  2 ;  die  wort  der 
aufgeblasenen.  1  Cor.  4, 19 ; 

dick,  aufgeblasen,  frech  und  prächtig.    Weckh.  3; 

wir  wollen  unterdrücken 
den  aufgeblasnen  mut.  Grvphiüs  1,  504; 

der  aufgeblasene  minister,  ehe  eines  weibes  155 ;  sie  sind  kei- 
ner von  den  jungen  aufgeblasenen.  Lenz  1,  242;  der  aufge- 
blasene ist  ein  hochmütiger,  welcher  deutliche  merkmale  der 
Verachtung  anderer  in  seinem  betragen    äuszert.    Kant  7,  431. 

AUFGEBLASENHEIT,  f  die  gemeindeverfassung  schützt 
gegen  amtliche  willliür  und  aufgeblasenheit.  denksclir.  des 
freih.  von  Stein  45. 

AUFGEROREN.  Falk  über  Göthe  28. 

AUFGEBOT,   n.  evocatio  ad  arma,  ad  nuptias  u.  s.  w.    bei 
meinem  aufgebot  (zur  hochzeit).  Lessing  1,  530 ; 
vernehmt  von  euren  höhen 
der  räche  aufgebot.        Schiller  45; 

dann  auch  die  aufgebotene  mannschaß,  das  erste,  zweite  auf- 
gebot.    höheres  gebot:    die  Verpachtung  geschieht  durch  auf- 
gebot. Stolberg  8, 108. 
•     AUFGERRACHT,  s.  aufbringen. 

AUFGERUNG,  /.  deditio,  redditio,  renuntiatio:  die  aufge- 
bung des  geistes;  die  festung  durch  aufgebung  dem  feind 
überlassen.  Kirchhof  disc.  mil.  47  ;  aufgebung  des  eigenthums 
(derelictio  dominii),  des  willens.    Fichte  naturr.  160. 

AUFGEDINGE,  n.  traditio  in  discipliriam,  s.  aufdingen. 

AUFGEDUMPFT:  wer  kann  unbeobachtend  genug  sein,  um 
nicht  in  dieser  weder  stumpfen  noch  spitzigen,  weder  aufge- 
dumpften  noch  niederwärts  hängenden  nase  den  feinen,  tief- 
sehenden menschenkenner  zu  erkennen?  Lavater p/iys. /»af;»». 
1,  181.  aufgedunipft  ist  aufgebogen,  aufgestülpt  und  gehört 
zum  schweizerischen  tümpfen  beugen,  neigen.  Stald.  1,  326. 

AUFGEDUNSEN,  part.  pract.  des  verlornen  aufdinscn  efferre, 
also  aufgeschwollen,  aufgeblasen,  elatus  animo:  aufgedunsen 
mit  wind.  Wieland  4,  102;  aufgedunsene  perioden,  worin  ir- 
gend ein  alltäglicher  gedanke  in  einem  gothischen  putz  von 
schallenden  woiten  und  rednerischen  figuren  strotzt.  6,  170; 
eine  art  von  antipathie  gegen  alles  aufgedunsene  und  ge- 
zierte in  einpfiiwlungen,  begriiron  und  sitten.  7,  21;  nur  un- 
ter den  liänden  der  grazien  verliert  die  Weisheit  und  die  lu- 
gend des  sterblichen  das  übertriebene  und  aufgedunsene. 
10,  103;  müste  man  nicht  blind  sein  um  zu  leugnen,  dasz 
meine  backen  um  die  hälfte  aufgedunsener  sind  als  die  ih- 
rigen. 12,  272;  die  seelc  wirkt  den  aufgedunsenen  stof  bald 
ineinander.  Lessing;  durch  das  klare  gefübl  der  kräfte  wird 
die  standhaftigkcit  einer  wolgenährten  seele   von   der  sleifig- 


653        AÜFGEDUNSENHEIT  — AUFGEHEN 

keit  des  aufgedunsenen  stolzes  unterschieden.  Tn.  Abbt  ver- 
dienst 2,  2 ;  in  aufgedunsenen  vergleichungen.  Herder  2,  230 ; 
die  leutlein,  welche  bei  der  fahre  wohnen,  sind  blasz  und 
aufgedunsen.  Stolbebg  8,  169;  wir  sahen  nun  nicht  mehr  in 
jenen  gedichteu  ein  angespanntes  und  aufgedunsenes  helden- 
wesen.  Göthe  26, 145 ;  diesem  abgemessenen  und  aufgedunse- 
nen pathos.  60,  266 ;  das  aufgedunsene  herz  durch  verstand, 
spott  und  witz  erleichtern.  Klixger  8, 116;  eine  aufgedunsene 
einbildungskraft.  8, 129 ;  aufgedunsene  wetscher  {mantelsäcke) ; 
musz  denn  alles  am  menschen  schwülstig  und  aufgedunsen 
sein?  TiEci  7,  267;  wickelte  sie  in  die  hängenden,  aufgedun- 
senen priesterkleider  ein.  J.  Pacl  teuf.  pap.  I,  23 ; 

wenn  aufgedunsne  kleinheit 
misgünstig  sich  an  ihm  (meine/n  geiste)  empor  pbilistern. 

PLATE:t  46. 

AÜFGEDUNSENHEIT,  f.  tumor,  elatio. 

AUFGEHABEN,  echte  gestalt  des  part.  praet.  von  aufheben. 
die  sich,  wie  in  erhaben,  neben  dem  vorgedntngnen  aufgeho- 
ben, erhoben  lange  geborgen  hat:  der  du  Tormals  hast  alle 
deinen  zorn  aufgehaben,  ps.  85,  4;  die  werden  nicht  geklagt 
noch  aufgehaben  noch  begraben  werden.  Jerem.  25,  33;  über 
welchs  (iand)  ich  meine  band  aufgehaben  hatte.  Ez.  20,  28; 
denn  ich  hab  mein  band  aufgehaben.  47,  14;  und  habet  also 
gottes  gebot  aufgehaben.  Matth.  15,  6 ;  ward  er  aufgehaben  gen 
himmel.  Marc.  16, 19 ;  und  da  er  solchs  gesagt,  ward  er  auf- 
gehaben Zusehens,  apost.  gesch.  1,  9;  solcher  dornen  oder 
spitzen  hat  er  so  viel,  dasz  er  hart  mag  aufgehaben  werden. 
Forer  /ischb.  84' ;  stehn  mit  aufgehabnen  bänden.  Fleming  120 ; 
leute  sehen  mit  Verwunderung  und  aufgehabnen  bänden  nach 
dem  bilde.  Rabener  1,  222 ;  mit  aufgehabnem  arme.  2,  257 ; 
mit  aufgehabnen  fausten.  4,  305;  ein  stürm  ist  ihm  ein  stürm, 
er  mag  in  der  groszen  oder  kleinen  weit  entstehen,  es  mag 
ihn  dort  das  aufgehabene  gleichgewicht  der  luft  otler  hier 
die  gestörte  hamionie  der  leidenschaften  verursachen.  Lessinc 
5,  69 ;  in  der  aufgehabenen  belagerung  von  Ollmütz.  6,  34 ; 
unter  dem  aufgehabenen  vorderfusze  des  einen  centaur  lieget 
ein  krag  und  unter  des  andern  ein  hörn.  8,236;  eine  thräne 
fiel  aus  ihren  aufgehabnen  äugen.  Wielasd  34,  300.  heule 
herscht  aufgehoben,    s.  aufheben. 

AUFGEHEBE,  n.  bei  den  klopffechlem,  beginn  der  fechter- 
tlreiche,  aupteben  der  Schwerter: 

was  man  auch  df^r  girht  immer  schuld  gleich  gebe, 
ist  sie  rechtriscb  doch,  macht  manch  auTgehebe. 
LoGAU  3,  7,  24  ; 

woraus  sich  unsef\ie\  aufhebens  machen  erklärt,  prahlerisches 
außeben,  emporheben  der  waffen.  vgl.  das  mhd.  nu  heb  ich; 
an  mit  schirmensiegen,  ich  wilj  erheben,  e^  ist  wol  erhaben. 

ALFGEHE.N,  erigi,  surgere,  d.  i.  suberigere,  scandere,  nnl. 
opgaan.  eine  menge  von  einfachen,  schönen  bedeutungen,  de- 
ren durchsichtigkeit  unsrer  spräche  zum  vortheil  gereicht. 

1)  trie  natürlich  ist  es  zu  sagen,  die  pflanze,  die  blume, 
die  rose  geht  auf,  steigt  empor,  in  die  höhe,  wird  entfaltet: 
fand  er  den  stecken  Aaron  grünen  und  die  blüet  aufgangen 
und  mandeln  tragen.  4  Mos.  16,  8 ;  der  mensch  gehet  auf  wie 
eine  blume  und  feilet  abe.  Hiob  14,  2 ;  gleichwie  gewechs  aus 
der  erden  wechst  und  samen  im  garten  aufgehet.  £j.  61,  fl; 
etlichs  gicng  bald  auf.  Marc.  4,  5;  und  die  dornen  giengen 
mit  auf.  Luc.  8,  7;  und  es  gieng  auf  und  trug  hundertfältige 
frucbt.  8,  8 ;  da  das  grummet  aufgieng.  Arnos  7, 1 ; 

durch  erste  rrühlingslun  ein  rosenzweig  aufgeht. 
Ghtphii's  I,  52S; 
ein  zarte  blum, 
10  mit  dem  tag  aufgehet.    Weckh.  192. 

5)  die  letzte  stelle  verbindet  aufgang  des  tags  und  der  blume. 
sonne,  die  man  des  himmels  äuge,  steme,  die  man  seine 
blumen  nennt,  gehen  auf:  da  nun  die  sonne  aufgieng  (goth. 
at  sunnin  |)an  urrinnandin).  Marc.  4,6;  da  nu  die  morgenröte 
aufgieng.  1  Mos.  19,  15;  und  die  sonne  war  aufgegangen  auf 
erden.  19,  23;  ist  aber  die  sonne  über  in  aufgangen.  2  Mos. 
22,  3;  am  siebenden  tage  aber,  da  die  morgenröle  aufgieng. 
Jos.  6,  15;  er  spricht  zur  sonnen,  so  gehet  sie  nicht  auf. 
lliob  9,7;  morgenstem  der  vor  dem  tag  aufgel.  UntANOCe; 
jetzt  geht  gleich  aufdie  morgenröl.    H.  Sachs  IH.  I,  26; 

der  mond  geht  auf;  ein  stem  nach  dem  andern  geht  auf. 
Bettime  tageb.  15. 

3)  licht,  tag  gehen  auf:  über  welchen  gehet  nicht  auf  sein 
liecht?  Hiob  25,  3;  so  wird  dein  liechl  in  finsternis  aufgeben. 


AUFGEHEN 


654 


!  Es.  58,  10;   die   da   saszen   am   ort   und  schalten  des  todes, 
I  denen  ist  ein  liecht  aufgangen.  Matth.  4, 16 ; 

doch  gebt  dem  mörder  auf  ein  neues  licht  im  herzen. 
Grtphius  2,  234  ; 

i  es  sind  mir  tausend  lichter  aufgangen.  Göthe  bei  Merck  1, 139 ; 
ich  gebe  euch  die  entscheidendsten  winke  und  es  geht  euch 
kein  licht  auf.  14, 194 ;  wie  heiszt  der  pfnscher  von  arzt,  dem 
erst  in  diesem  augenblicke  ein  licht  aufgeht.  20,  302.  ihm 
geht  der  letzte  tag  auf,  ihm  geht  kein  tag  mehr  auf.  das 
neue  jähr  geht  auf,  geht  ein. 

4)  feuer  und  flamme  gehen  auf,  streben  aufwärts,  schlagen 
empor,  auf  in  die  höhe,  beim  angehen  des  feuers  konnte  die 
Partikel  praepositionell  gefaszt  werden,  obschon  sie  sich  auch 
als  adv.  deuten  liesze:  diais  feuer  geht  an,  hinan,  aufwärts; 
doch,  scheint  es,  verbinden  wir  mit  angehn  weniger  die  Vor- 
stellung des  aufschlagens  als  des  bloszen  entzündens,  wie  das 
angehende,  wachsende  kraut  sich  unterscheidet  von  der  aufge- 
henden blume.  da  gieng  auch  eine  flamme  auf.  2  Macc.  l,  32 ; 
gieng  ein  grosz  feuer  auf.  Schweimches  1,  100;  wann  das 
geschrei  grosz  würde  und  er  das  feuwer  aufgehen  sehe.  Kirch- 
hof mil.  disc.  192 ; 

der  mit  so  steifen  wangen 
so  lichte  kohlen  blies,  dasz  Teuer  aufgegangen. 
Grtphil's  1,  563 ; 

wir  haben  des  nachts  etlichemal  an  drei  und  vier  orten  zu- 
gleich das  feur  aufgehen  sehen,  pers.  reiseb.  3,  1;  wenn  ein 
feuer  in  alten  häusern  aufgehet,  so  ists  gefahrlicher  als  in 
neuen.  Leh*anx  12.  nicht  anders  gehn  rauch  und  nebel  auf: 
ein  nebel  gieng  auf  von  der  erden.  1  Mos.  2,  6 ;  und  der  rauch 
gieng  auf.  offenb.  8,  4;  und  der  rauch  gehet  auf  ewiglich. 
19,  3.  haus,  Stadt,  dorf  gehn  im  feuer,  im  rauch  auf:  da 
fieng  an  sich  zurheben  von  der  stad  ein  rauch  stracks  über 
sich  und  sibe,  da  gieng  die  stad  ganz  auf  gen  himel.  rich- 
ter  20,  40 ;  dasz  nicht  ein  monat,  ja  woche  hingehet,  in  wel- 
cher nicht  etliche  bäuser  im  rauch  aufgehen,  pers.  reiseb.  3, 1 ; 

das  baus  gieng  gestern  auf  im  feuer.    Gotter  1,  163; 
oft  nur  ein  schlaugeworfner  Schleier, 
und  Seladon  gieng  auf  in  feuer.    1,  443 ; 

nicht  ohne  bewegung  sah  er  diese  so  lange  bewahrten  hei- 
ligthümer  in  rauch  und  flamme  aufgehen.  Göthe  18,  125 ;  als 
er  den  groszten  theil  seiner  arbeiten  in  feuer  aufgehen  liesz. 
13,  246 ;  als  die  Stadt  endlich  im  rauch  aufgieng.  Klixcer  6, 
169.  im  gibt  klar  den  dat.  kund,  die  nach  bloszem  in  fol- 
genden substantiva  könnten:  ßr  dat.  oder  acc.  gelten. 

5)  aufgehn,  sich  öfnen:  die  blume  geht  auf  darf  auch  ge- 
nommen werden  geht  offen,  öfnet  sich,  der  mund,  das  äuge, 
herz  geht  auf: 

da  sollen  mit  der  morgenstund 

für  dir,  o  hcrr,  mein  herz,  mein  mund 

ja  meine  äugen  und  mein  flehen 

zugleich  aufgehen.       VVeckberl.  14; 

aber  nun  giengen  ihnen  plötzlich  die  äugen  auf.  Wiela^d  10. 
61 ;  ich  wusle  nicht  was  ich  an  euch  vermiste,  endlich  gien- 
gen mir  die  äugen  auf.  Götue  8,  73.  42,  91 ;  er  betriegt  sich 
eine  Zeitlang,  und  weh  uns,  wenn  ihm  die  angen  aufgehn! 
10,  167 ;  aber  und  abennal  gehen  mir  die  äugen  über  mich 
selbst  auf.  20,  304 ;  seine  äugen  giengen  unbeschreiblich  mild 
und  ohne  nacbtwolken  vor  .\gathen  anf.  J.  Pacl  Hesp.  2,  1 ; 
0  du  holdes  äuge,  geh  in  meinem  schlafe  wieder  auf  und 
sei  der  mond  meiner  träume.  2,  21.  das  herz,  die  seele 
geht  mir  auf: 

das  schwarze  schclmenaug  dadrein, 

die  schwarze  bnue  dr.mf, 

»eh  ich  ein  einziirmal  hinein, 

die  seele  geht  mir  auf.    Göiai  1,  19; 

denen  das  herz  aufgieng,  wenn  sie  viel  ihres  gleichen  bei 
sich  zu  tisch  sahen.  8,  111;  mein  herz  geht  mir  Ober,  meine 
seele  geht  mir  auf  in  hofnung.  10,  74;  ach  und  mein  herz, 
wie  geht  es  auf,  wie  schwillls  vor  ihnen.  10,  146;  man  kann 
unmöglich  etwas  zierlicheres  sehen,  als  diese  geschöpfc  {die 
Pferde)  hier,  es  ist  das  erstemal  in  meinem  leben,  dasz  mir 
das  herz  gegen  sie  aufgeht.  28,  24 ;  wo  mit  einemmal  sein 
herz  mir  aufgieng,  sein  vertrauen  wuchs.  Schiller  335,  d.  i. 
gegen  mich  sich  aufschlosz.  anderes  öfnen:  keinem  gehet  der 
gürtel  auf  von  seinen  lenden.  Es.  5,  27;  die  Ihür  geht  auf; 
das  fenster  gicng  von  selbst  auf;  es  begibt  sich,  dasz  das 
frauenzimmer  {das  getnach  der  frauen)  von  sich  selbst  aufgegan- 


655 


AUFGEHEN 


AUFGEHEN— AUFGERÄUMT 


656 


gen.  pers.  rosenth.  7,  20;  die  jagd  geht  auf,  wird  eröfnel; 
die  stelle  geht  auf,  wird  offen,  musz  besetzt  werden;  dasz  er 
euch  den  zweiten  marschallsstab  von  Frankreich,  der  auf- 
geht, gebe.    Schiller  10S2 ;    der  Vorhang  geht  auf,  üfncl  sich. 

6)  der  Vorhang  geht  auf  kann  aber  auch,  bedeuten  geht  in 
die  höhe,  wird  aufgezogen,  das  herz  geht  mir  auf,  schwillt 
mir;  der  östliche  berg  geht  steil  auf  {in  die  höhe).  Stillings 
leben  25.  in  diesem  sinn  heiszt  es:  das  brof,  der  kuchen, 
der  teig  geht  auf,  schwillt,  geht  in  die  höhe;  sieh,  wie  schön 
der  kuchen  aufgegangen.  Tieck  2,  333 ;  über  einer  krume,  die 
gar  nicht  einmal  aufgegangen,  sondern  teigig,  klitschig  ist. 
ges.  nov.  i,i02;  das  pfrundbrot,  das  macht  in  allen,  in  de- 
nen es  aufgebt  (gedeiht),  entweder  geistlich  fleisch  oder  fleisch- 
lichen geist.  Garg.  259';  da  gehn  die  Städte  auf  (gedeihen). 
75';  ferner  vom  wachsenden  haar,  wie  vom  aufgehenden  samen: 

ob  dir  auch  har  da  (auf  dem  köpf)  wurd  auf  gan. 

/"asfn.  s;).  524,  20; 
denn  eifersüchtig  sind  des  scliicksals  mächte, 
Toreilig  jauchzen  greift  in  ihre  rechte, 
den  samen  legen  wir  in  ihre  bände, 
ob  glück,  ob  Unglück  aufgeht,  lehrt  das  ende. 
Schiller  367  ; 

es  ist  mir  ein  gi-oszes  glück  aufgegangen;  indem  ich  auf- 
gieng  (heranwuchs).    Gryphius  2,  447. 

7)  die  wunde,  das  geschwür  geht  auf,  bricht  auf: 

die  thorheiiwunden  stinken, 

die  schwere  gehen  auf.    Fleming  19; 

hier  bemerkte  man  erst,  dasz  die  wunde  aufgegangen  war 
und  stark  geblutet  hatte.  Göthe  19,  55 ;  der  angelegte  verband 
war  aufgegangen;  die  blättern  gehn  schon  auf;  das  gleicht 
der  aufbrechenden  knospe,    knoten,  naht  geht  auf,  löst  sich. 

8)  nun  viele  abstractionen  dieser  sinnlichen  bedeutungen. 
es  geht  mir  auf,  es  geht  mir  hell  auf,  ich  werde  klar  über 
etwas : 

und  fehd  entbrannte  bald  darauf, 
und  heller  giengs  dem  Junker  auf, 
und  hurrah!  heisz  giengs  an.    Schiller  12; 

nun  aber  fühlt  sie  sich  aufgeregt,  es  geht  ihr  auf,  dasz  sie 
nur  mut  fassen  müsse.  Göthe  22, 141;  indem  ich  nicht  abliesz 
zu  modellieren,  gieng  mir  auf,  dasz  ich  nunmehr  Tasso  un- 
mittelbar angreifen  müste.  29,  322 ;  die  grosze  analogie  zweier 
vorzüglicher  dichterseelen  gieng  mir  lebhaft  auf.  46,  259  ;  jetzt 
wenn  ich  scheide,  werde  ich  nur  wissen,  welcher  sinn  mir 
noch  nicht  aufgegangen  ist.  29,  6;  wahrscheinlich  würde  ih- 
nen nach  und  nach  der  sinn  für  die  werke  selbst  aufgegan- 
gen sein.  18,  107 ;  der  pbilosoph  entdeckt  ihm  nichts  neues, 
dem  geometer  war  von  seiner  seile  der  grund  alles  denkcns 
aufgefangen.  23,  251;  doch  hat  uns  euer  entweichen  auf 
einen  guten  gedanken  gebracht,  der  uns  vielleicht  sonst  nie- 
mals aufgegangen  wäre.  24,  273; 

dann  geht  die  seelenkraft  dir  auf, 

wie  spricht  ein  geist  zum  andern  geist.    12,  31 : 

wie  war  mirs  vor  deiner  liebe?  aber  da  als  die  in  meiner 
seele  aufgieng.  10,  176;  ihm  war  auch  eine  neue  weit  auf- 
gegangen. 18,  46;  und  so  war  auch  mir  durch  den  anblick 
dieses  mädchens,  durch  meine  neigung  zu  ihr  eine  neue 
weit  des  schönen  und  vortreflichen  aufgegangen.  24,  272 ; 
am  ende  des  lebens  gehen  dem  gefaszten  gciste  gedanken 
auf,  bisher  undenkbare.  49,  87 ;  endlich  gieng  ihm  eine  ge- 
wisse mildigkeil  auf,  er  schien  sich  in  die  weit  zu  linden. 
21,  168;  ist  dir  nicht  da  wünsch,  hofnung,  glauben  aufge- 
gangen? 33,283. 

9)  da  Moses  gcsctz  und  das  evangelium  aufgieng.  Luther 
4,444";  das  sein  evangelium  mit  macht  würde  bei  euch  auf- 
gehen. 3,118';  das  das  evangelium  zu  Lübeck,  Lüneburg 
flugs  aufgehet.  Spalatin  fcei  Luther  .5,  35';  weil  nu  das  evan- 
gelium aufgehet,  das  des  teufeis  reich  antastet,  da  leget  sich 
alle  well  dawider.  3,  430';  wiewol  auch  sonst  darneben  viel 
rotten  aufgehen  (cntstehn).  3,  398'  und  br.  3,  200 ; 

0  goil,  dein  worl  und  reich  gieng  erstlich  auf  vom  morgen 
bisz  unsrer  grenzen  zu.        I^ogau  1,'  9, 12  ; 

da  sich  unser  leid  und  trübnus  endet  und  unser  ehr  und 
freude  wird  aufgehn.  Mathesius  94";  ich  glaubte  ein  plötz- 
liches vergnügen  in  ihrem  sciiönen  gesiebt  aufgehen  zu  se- 
hen.  Wieland  2,  35. 

10)  endlich  bedeutet  aufgehen  consumi,  verlhan,  verwendet 
weiden,  gewissermaszen  auch  ein  in  die  höhe  gehen,  wie  man 
tagt,  das  pulver  gelit  auf,  fliegt  auf  in  die  luß: 

dir  gieng  ein  grosze»  unkosl  auf.    H.  Sachs  IM.  I,  Ol"; 


und  die  zeit  deines  lebens  würde  aufgehen  wie  der  mittag. 
Hiob  11,  17;  was  täglich  an  fleisch,  körn  aufgehen  wolle. 
Kirchhof  disc.  mil.  30 ;  milch,  so  zu  seiner  narung  aufgieng. 
Garg.  UO';  die  stoischen  philosophen,  die  zwar  davor  halten, 
dasz  die  seele  nicht  gleich  alsbald  mit  dem  leibe  aufgehe 
(pereat,  consumatur),  dennoch  aber  sterblich  sei.  Opitz  1,265; 
in  dergleichen  fallen,  da  geld  aufgeht.  Schünborn  fcej  Gryphius 
2,  503 ;  derowegen  muste  ich  sorgen,  das  proviant  möchte 
mir  aufgehen.  Simpl.  1, 166 ;  gieng  uns  das  brod  auf.  1, 237 ; 
indem  zu  vielen  neuen  stücken  keine  und  zu  andern  nur 
wenige  Unkosten  aufgehen  und  also  eines  das  andere  über- 
trüge. .F.  E.  Schlegel  3,  255;  weil  er  ein  paar  monate  her 
nicht  prompt  bezahlt,  weil  er  nicht  mehr  so  viel  aufgehen 
läszt.  Lessing  1,  5. 12 ;  das  letzte  wird  aufgehn,  was  wir  noch 
gerettet  haben.  Lenz  1,  91 ;  was  der  mensch  unterwegs  musz 
für  glück  gemacht  haben,  dasz  er  so  viel  geld  kann  aufgehn 
lassen.  Tieck  3,  81 ;  so  kann  mein  buch  nie  der  Vorwurf  tref- 
fen, dasz  man  darin  wie  im  Grandison  zu  viel  thee  consu- 
miere,  eher  zu  viel  starkes  getränk  geht  auf.  J.  Paul  Tit.  2, 
133;  in  diesem  hause  geht  jährlich  ein  groszes  auf. 

Beim  rechnen  sagt  man,  dasz  zahlen  gegen  orfer  in  einan- 
der aufgehen,  ohne  dasz  etwas  übrig  bleibt.  7  geht  7mal  auf 
in  49.  es  waren  verständige,  geistreiche,  lebhafte  menschen, 
die  wol  einsahen,  dasz  die  summe  unsrer  existenz  durch  Ver- 
nunft dividiert  niemals  rein  aufgehe,  sondern  dasz  immer  ein 
wunderlicher  bruch  übrig  bleibe.  Göthe  19, 117.  in  jeder  gro- 
szen  haushaltung  musz  etwas  sein,  das  mit  dem  übrigen 
nicht  aufgeht.  Tieck  jung,  tischl.  1,  221 ;  die  sinne  gehn  auf 
im  geist  und  sind  eins  mit  ihm. 

Über  die  bedeulung  hat  oft  der  Zusammenhang  zu  entscheiden. 
das  brot  geht  auf  kann  hciszen  der  brotleig  schwillt  oder  der 
brotvorrat  ist  zu  ende;  Städte  gehn  auf,  entweder  sie  wachsen, 
gedeihetr  oder  verbrennen. 

AUFGEHEN,  n.  das  aufgehen  der  sonne,  der  saat  u.  s.  w. ; 
beim  aufgehen  der  jagd  hinken  die  hunde  noch.  .L  Paul  fle- 
gelj.  1,  67;  die  kost  und  das  aufgehen  des  keiserlichen  hofs. 
Philand.  2,  563. 

AUFGEIGEN,  fidibus  canere,  aufßedeln:  ein  lustiges  stück 
aufgeigen ;  wollt  dir  anders  aufgegeigt  haben  (anders  mit  dir 
verfahren  sein).  Fr.  Mijller  1,  270. 

AUFGELÄUFE,  n.  incursus,  auflauf,  zusammenlauf:  ein 
aufgeläuf  in  der  stad.  Münster  345. 

AUFGELD,  n.  xöVyvßos,  agio,  beim  einwechseln  besserer 
münze:  wer  gute  münz  haben  wil,  musz  aufgelt  geben.  Agri- 
coLAxpr.  226;  das  aufgeld  von  dieser  münzt.  Gryphius  1,  901 
dann  auch  arrha,   angeld. 

AUFGELEGT,  disposilus  und  bene  disposihis,  gestimmt,  auf- 
geräumt: wer  richtig  raisonniert,  erfindet  auch,  und  wer  er- 
finden will,  musz  raisonnieren  können,  nur  die  glauben,  dasz 
sich  das  eine  von  dem  andern  trennen  lasse,  die  zu  kei- 
nem von  beiden  aufgelegt  sind.  Lessing  7,  429;  wenn  der 
lehrer  scharfsinnig  genug  ist,  so  wird  er  die  genies  der  schu- 
ler bei  dieser  gelegenheit  leichtlich  prüfen  und  unterscheiden 
können,  zu  welcher  kunst  oder  Wissenschaft  ein  jedes  der- 
selben aufgelegt  ist.  6,  24 ;  Schwermut  und  traurigkeit  machen 
die  seele  nach  und  nach  schlaf,  weichmütig  und  mehr  als 
gewöhnlich  zu  zärtlichen  eindrücken  und  regungen  aufgelegt. 
WiELAXD  1,  313;  sein  herz  war  zur  dankbarkeit,  zur  freund- 
scbaft  und  zum  wolthun  aufgelegt.  7,  151;  die  eigenschaften 
durch  welche  die  luft  zur  erzeugung  der  winde  aufgelegt  ist. 
Kant  6,  76;  die  saiten  sind  so  innig  zum  beben  aufgelegt, 
dasz  sich  der  ton  von  der  saile  losreiszt.  Claudius  1  und  2, 
27 ;  die  Deutschen  sind  mehr  zu  philosophen  als  zu  kunst- 
genies  aufgelegt.  Hippel  11,  26;  du  bist  heute  ungemein  auf- 
gelegt über  andere  zu  spotten;  der  vater  war  nicht  gut  auf- 
gelegt. Tieck  2,  360;  legt  man  das  buch  weg,  so  fühlt  man 
sich  zu  nichts  aufgelegt.  Das  wart  scheint  dem  il.  disposto, 
franz.  disposc  nachgebildet,  doch  für  disporre  und  disposer 
sagt  man  nicht  auflegen,  die  parlicipia  der  anderen  bedeutun- 
gen  unseres  auflegens  gehören  nicht  hierher. 

AUFGELEGTHEIT,  f.  facilitas,  dispositio. 

AUFGEMENGE,  n.  gcmengsel. 

AUFGEKÄUMT,  e  squalöre  solutus,  eompositus,  eomptus. 
alacer,  geschmückt,  heiler,  gut  gelaunt,  nahvencandt  mit  auf- 
gelegt, doch,  wie  es  scheint,  mehr  von  der  ilnszeren  gestalt  aus- 
gegangen und  hernach  erst  auf  die  innere  stinnnung  übertra- 
gen. \'\^c.nsm  sagt :  angestrichen  ((;esc/imi»i/c-/)  und  aufgeräumt 
(aufgepulit),  wie  die  cortisancn.  bienenk.  146*.     aufräumen  ist 


657 


AUFGERÄUMT — AUFGIENEN 


AUFGIESZEN— AUFGRABEN 


658 


fcie  au^utzen  tccgscbaffen  alles  unrats,  reinigen,  man  siebt 
es  also  dem  mddehen  oder  dem  zimmer  an,  dasz  es  aufge- 
räumt ist,  während  d/e  aufgelegtheit  nicht  so  ins  äuge  fällt. 
es  ist  ihm  jetzo  wol  aufgeraumet,  curis  jam  vacat.  Stieler 
1535;  weswegen  ich  sie  mehr  als  100  mahl  kfissete,  wodurch 
sie  wieder  völlig  aufgeräumt  wurde.  Felsenb.  1,  43 ; 

du  liebst  ein  aufgeräumt  quartier.    Gc.nther  23S ; 
die  kuost  der  poesie  will  aurgeräumte  siuoen.    791 ; 
mein  aufgeräumt  gemüte.    857; 
ich  weisz  es  selber  nicht,  was  mir  im  sinne  liegt, 
ich  bin  nicht  aufgeräumt.    Gellert  3,  3S1; 
er  ist  nie  aufgeräumt.    3,  314; 
dort  blüht  bei  aufgeräumten  sinnen 
noch  alle  treu  und  redlichkeit.    Lessi.nc  1,  83; 
sie  sehen  sehr  aufgeräumt  aus.    Wielajid  4,  175; 
wie  sehr  sie  mühe  sich  gab,  ihn  aufgeräumter  zu  machen. 

5, 112; 

freund  Danischmend,  du  bist  heute  nicht  aufgeräumt,  wie  ich 
sehe.  S,  2SÖ;  nun  wie,  gnädiger  herr,  was  fehlt  ihnen?  sie 
sind  ja  gar  nicht  aufgeräumt?  II,  214;  ist  er  aufgeräumt? 
lacht  er?  Schiller  1^';  ich  will  davon  mit  dir  reden,  wenn 
du  mehr  dazu  aufgeräumt  bist.  Leisewitz  Jul.  r.  Tar.  3,  2.  s.  5G; 
will  euch  anmelden,  sie  ist  heute  recht  aufgeräumt.  Fr.  Mül- 
ler 3,  45 ;  was  sie  in  ihrer  aufgeräumten  spräche  gewis  nicht 
ausrichten  würden.  Herder  1,  S5.  baii  geraumsig,  gramsig, 
gramsi,  munter.    Schm.  3,  84.    s.  aufräumen 

AUFGERÄUMTHEIT,  f.  alacritas. 

AUFGERICHT,  erectus,  redus,  sincerus  =^  aufgerichtet,  ton 
LcTHER  gebraucht  für  aufriebt  und  aufrecht:  ein  frommer, 
aufgericbter,  redlicher  geist.  4,  203';  sie  handeln  aufgericht, 
recht  und  schlecht.  4,  227';  das  sie  {die  Juristen)  zusehen, 
recht  und  aufgericht  mit  den  sachen  umbgehen.  4,  404".  nicht 
anders  von  Ringwald:  derhalhcn  handel  aufgericht  {sincere). 
laut,  tcarh.  19 ;  ein  aufgerichten  lauf  zu  führen.  55 ;  Schlags 
ihm  ab  ganz  aufgericht.  44;  du  aufgerichter  christ.  47;  der 
aufgerichtes  herzens  ist.    108. 

AUFGERMEN.  fermentescere,  aufgähren.    Stieler  609. 

AUFGESCHIEBE,  n.  dilatio,  aufschub.    Gökixce  1, 171. 

AUFGESEHE,  n.  aufschauen:  was  war  vor  ein  aufgesehe 
▼on  dem  volke!  Schelmcfskt  1,  97. 

AUFGESCHWELLE.N,  inlumescere,  aufschwellen:  dasz  er 
davon  aufgescliwal.  Fiscuart  bienenk.  220'. 

AUFGESETZ,  ii.  mitella  feminarum,  bei  Stieler  2041  au.f- 
geselze ;  ihre  bände,  welche  sie  alle  augenblicke,  das  aufge- 
setz  recht  zu  machen,  auf  den  haaren  erblicken  liesze.  Phil- 
ander 1, 90.     heute  sagt  man  aufsatz.    vgl.  aufsetzen. 

AUFGETRUNSE.N,  erscheint,  gleich  aufgedunsen,  nur  im 
part.  prael.,  das  ein  verlornes  starkes  trinsan  Irans  trunsun 
zu  folgern  gestattet,  ungefähr  mit  der  bedeutung  von  strotzen, 
turgere,  tumere:  dicke  und  aufgelrunsene  blutadern,  venae 
turgidae.  Uffexrach  neues  rosbuch  2,  3.  ebenso  begegnet  zcr- 
trunsen:  indem  er  das  tuch  umb  den  hals  zuzohe,  wurd 
ihm  das  angesicht  durch  blut  zertrunsen.  Witzenb.  3,  42. 
vielleicht  gehören  dazu  trensen  rugire,  in  slösien  schreien 
und  Irense,  die  strotzende  schnür,     mehr  unter  diesen  Wörtern. 

AUFGE\V.\LT!GEN,  n  aperire,  mit  gewall  außhun, '  berg- 
männisch,  einen  verstürzten,  zugebühnlen  schacht  öfnen. 

AUFGEWECKT,  alacer,  citus,  munter,  lebhaß:  ein  aufge- 
wecktes mädcheii;  er  wollte  immer  von  aufgeweckten  geistern 
omgeben  sein.  Wielaxd  6,  17;  der  chHiche  Pedrillo,  aufge- 
weckt, «nnreich  und  spaszhaft.  12,  3G5;  von  lustigem  aufge- 
wccktem»bumor.    Fr.  MCller  3.  61.    «.aufwecken. 

AUFGEWECKTHEIT,  f  alacritas,  munterkeit. 

ALFGEWINNEN,  urgendo  aperire,  aufzwingen,  der  edlere 
ausdruck  ßir  das  heulige  aufkriegen:  ich  kann  die  Schublade, 
die  schachte!  nicht  aufgewinnen ;  der  wundrer  gewint  die  tur 
auf.  fastn.  sp.  549,  28 ;  ja,  mühe  und  arbait  kost  es,  Ver- 
leugnung sein  selb?,  will  man  disen  schätz  und  Christum 
finden  und  den  Silenum  aufgewinnen,  das  erschein  was  darin  i 
ist.  FhAJiK  paradoxa  vorr.  6'.  über  den  hier  gemeinten  Silenus 
s.  Garg.  18'  (fantastische  krüg,  laden,  büchsen  und  häfen,  wie 
wir  sie  heut  in  den  apolhekcn  stehen  sehen),  vgl.  abgewinnen, 
angewinnen. 

AUFGIENEN,    pandere    os,    guttur,    aufsperren,    aufgähnen, 
gilt  zumal  von  jungen  vögeln,  die  weit  aufginen  und  vil  begem; 
den  köpf  hat  er  also  i^ehienl, 
das  er  den  ganzen  lag  ufgienl, 
als  ob  er  fliegen  vohen  woli. 

Bhami  narrensch.  217; 


indem  die  faul  hausmagd  erwacht, 
aufgienet  weit  und  sach  uns  an. 

H.  Sachs  I,  509'; 

da  Gobandus  das  sah,  gieng  er  zu  dem  vatter  und  spräche, 
vatter  ich  thu  meinen  mund  auch  auf,  gebt  mir  auch  ein 
apfel.  der  könig  sprach,  du  bist  zu  spat  kommen,  ich  gib 
dir  weder  apfelschnitz  noch  land.  darnach  ist  ein  Sprichwort 
worden  in  Frankreich:  Gobande,  du  hast  zu  spat  aufgegient. 
Pauli  seh.  und  ernst  cap.  30;  der  mensch  gienet  nach  unflat 
auf,  wie  ein  stork  nach  fröschen  und  schlangen.  Agricola 
spr.  47';  ist  nfe  so  kuen  gewesen  aufzugienen.  Frank  17; 
denn  da  ein  scheulzlich  loch  und  kluft  aufgienet.  2t;  selig 
ist  der  reich,  der  on  mackel  nach  dem  gold  nit  schnappet 
und  aufgienet.  paradoxa  85*.  nicht  bei  Luther,  vgl.  angienen 
und  aufgünen. 

AUFGIESZEN,  superfundere ,  aufschütten,  nnl.  opgieten: 
Wasser  dem  thee,  dem  kafife  aufgieszen;  milch,  wein  den 
erdbeeren  aufgieszen;  er  war  gern,  da  man  mit  groszen 
löffeln  aufgieszet.  Garg.  45*;  der  lanlpe  öl  aufgieszen;  giesz 
auf!  der  mortel  musz  begossen  sein.  Garg.  100*; 
des  soniags  gosr  ich  inen  auf, 
macht  oft  ein  ganze  predigt  draus. 

RhiGWALD  tr.  Eck.  H7'. 
einen  aufgieszen,  gleichsam  der  kehle,  einen  trunk  thun. 
wird  die  sache  aus  dem  dat.  in  den  acc.  gesetzt,  so  bedeutet 
es  begieszen,  und  für  jenen  acc.  tritt  die  praep.  mit  ein:  den 
thee  aufgieszen  mit  wasser  ist  gleich  dem  thee  wasser  auf- 
gieszen (itie  einen  mit  dem  buch  beschenken  =  einem  das  buch 
seh.) :  grünen  thee  fünfmal  aufgieszen.  J.  Paul  biogr.  bei.  1,  69. 
man  sagte  auch  einen  aufgieszen,  wie  angieszen,  im  sinne 
von  verleumden,  anschwärzen:  und  wolt  si  darzu  vermögen, 
dasz  sie  Jesum  anders  aufgieszen  müsten,  als  die  vorigen 
zeugen  gethan.    Avrer  proc.  1, 16. 

AUFGIESZER,  m.,  der  im  eisenhammer  wasser  über  den 
glühenden  eisenstab  aufgieszt. 

AUFGIFT,  /■.  traditio:  über  liegend  gut  aufgift  und  wehr- 
schafl  thun.  Frankf.  ref  H.  3,  6.  7.  12.  14.  nach  Haltaus  58 
resignatio.    vgl.  aufgeben. 

AUFGISCHEN,  spumescere :  das  wasser,  das  hier  gisclit 
auf,  schäumt  auf. 

AUFGLÄNZE.N,  alle  splendere,  oriri,  nnl.  opglanzen: 
wer  ist,  die  aufglänzt  wie  das  morgenroth?    Hkrdeb; 
mein  schönster  stern  fieng  an  nun  aufzuglänzen. 
BiJrger  109'. 

früher  auch  sich  aufglänzen:  do  die  sonn  do  aufglenzet  sich. 
Mörin  44. 

AUFGLÄTTEN,  dentio  laevigare:  das  kleid,  papier  auf- 
glätten. 

AUFGLIMMEN,  ignescere,   scintillare: 

neu  aufgeglommner  liebeszunder.  Lorenst.  ; 
doch  wenn  ein  funken  seele  vielleicht  in  euch 
aufglimmei,  wenn  ihr  zürnt,  dasz  ihr  knechte  seid. 

Klopst.  7,  35; 
die  süsze  röthe  ist  aufgeglommen.    Tieck  Sternb.  2,  89; 

und  klar 
glomms  auf,  wie  gluten,  die  mich  wollten  packen. 
Werner  24  febr.  s.  57; 
die  ganze  hölle 
glomm  auf  in  mir.    er^starb  dort  auf  der  stelle,    s.  9t; 

und  eine  ahnung  drängte  seine  aufglimmende  thatigkeit  für 
Esther  zurück.    Arnim  2,  237. 

AUFGLOTZEN, /orreocuioser^ere.'  ich  erzählte  dem  bauer 
die  neuigkcit,  der  glotzte  auf. 

AUFGLUHE.N,   fulgescere,    affulgere,    nnl.    opgloeijen :    der 
morgen    glühte   auf;    eine    plötzliche   röthe  glühte  in  seinem 
bleichen  gesiebt  auf.    Wieland  3,  140 ;    unser    schnell  aufglü- 
hendes herz.    Kli.ncer  4,  72 ;  schon  RosenblCt  : 
recht  als  die  sonn  uf  glut  zu  orieni. 
roN  müsziggengern  und  arbeitern.    o.  j.  u.  o.  A3. 

AUFGR.ABEN,  effodere,  circumfodere,  nnl.  opgraven:  das 
land,  das  beet,  den  boden  aufgraben;  einen  weg,  gang,  ein 
loch  aufgraben;  einen  schätz,  sarg  aufgraben;  liesz  die  was- 
serbrünnc  wieder  aufgraben,  l  Mos.  26,  18;  ich  gieng  hin  an 
den  Pbralh,  und  grub  auf.  Jer.  13,  7;  deckten  das  dadi  ab 
und  grubens  auf  [golh.  usgrabandans).    Marc.  2,  4 ; 

darf  ich  hiniintersteigen,  den  haiii  besuchen,  in  dein  er 
mir  mein  grab  aufpräbtl     Kiorsr.  Mess.  16,  191; 
ich  brauche  w.ilirlieiu     ihre  stille  quelle 
im  dunkeln  srhiitt  des  irrihiinis  aiifziigrabcn 
ist  nicht  das  losz  der  könige.    {»chiller. 

42 


659 


AUFGRASEx\  —  AUFlIAMxN 


AUFHACKEN  —  AUFIlALTEiN 


660 


bedeutet  auch  insculpere:  bei  jeder  figur,  die  Vulkan  aufgräbt, 
bewundre  ich  den  schaffenden  gott.  Herder  13,  203. 

AUFGRASEN,  gleichviel  mit  dem  üblicheren  abgrasen :  wir 
haben  bald  aufgcgraset.    Stieler  695. 

AUFGRAUEN,  canescere,  albescere:   der   morgen  graut  auf. 

AUFGREIFEN,  arripeve,  surripcre,  nnl.  opgrijpen:  geld 
von  der  erde  aufgreifen ;  einen  fliehenden  Verbrecher  aufgrei- 
fen; ich  habe  ihn  unterwegs  aufgegriffen; 

ein  schwedischer  Iransport, 
den  grilTen  die  Croaten  mir  noch  auT. 
Schiller  331 ; 

werte,  die  einer  fallen  liesz,  aufgreifen ;  einen  recht  aufgrei- 
fen, richtig  fassen,  begreifen,  unw.  doct.  808 ;  der  lackei,  der 
das  Podagra  einhandelt  und  aufgreift.  .1.  Paul  holzschn.  10, 
ICO ;  leute,  die  ihren  beiden  warm  aufgreifen  und  ungemein 
kenntlich  abbosseln  in  wachs.  Fibel  195;  einen  streit  wieder 
aufgreifen,  erneuern,  weidmännisch,  die  leithunde  greifen 
scharf  auf,  ihre  nase  ist  auf  der  fährte. 

AUFGROLLEN,  recrudesccrc:  der  alte  Unwille  grollt  wie- 
der auf;  laszt  die  feindschaft  nicht  aufgrollen.  Stieler  707. 
vgl.  angrollen. 

AUFGRÖLZEN,  eruclare,  aufstoszen,  frequentaliv  des  vori- 
gen: so  ich  sie  bitten  würde,  mir  solches  in  argem  nit  auf- 
zuncmmen,  würd  ihnen  vielleicht  der  bauch  aufgrölzen.  Pa- 
RACELSüS  chir.  sehr.  162'. 

AUFGRÜNEN,  virere,  revirere,  revirescere,  nnl.  opgroeijen 
und  opgroenen : 

dies  dein  äpfelchenpaar,  das  zuerst  aufgrünte,  versuch  ich. 
Voss  Theokr.  27,  50; 
man  erzählt  von  einem  unserer  treflichsten  männer,  er  habe 
mit  verdrusz  das  frühjahr  wieder  aufgrünen  gesehn  und  ge- 
wünscht, es  möchte  zur  abwechselung  einmal  roth  erschei- 
nen. Göthe26,  212;  wenn  der  himmel  einen  Fibel  hätte  wol- 
len unter  den  Chinesen  aufgrünen  lassen.  J.  Paul  Fibel  si ; 
unsere  hofnungen  grünen  auf. 

AUFGRUNZEN,  grunnire:  ein  gewitter  grunzt  auf,  brüllt, 
dröhnt  von  weitem,  ahd.  aer  grunzet  fona  ungewitere.    Graff 

4,  329,  vgl.  Hiob  37,  4 ;  man  hört  die  schweine  aufgrunzen. 
AUFGUCREN,  aufschauen,  nnl.  opkijken. 
AUFGUMPEN,  catcilrare,  exsilire. 

lieber  esel,  leb  im  saus, 

gump  üf;  liederbuch  der  Hälzl.  s.  281,  159. 

5.  gumpen. 

AUFGÜNEN,  fehlerhafte  Schreibung  für  aufgienen,  aufgäh- 
nen, aufsperren :  das  alles  ungesettigt  gleichsam  nach  der 
warlieit  noch  aufgünt.  Frank  wellb.  vorr. ;  zanken  auch  aller- 
meist mit  denen,  die  auch  etwas  wollen  sein  und  die  gleich- 
wo!  umb  die  herschaft  aufgünen  {hianl  ad  regnum).  05';  ein 
arm  dürftig  herz,  das  nach  dieser  gnade  aufgün.  Wernstreit 
kriegbüchl.  15 ;  günt  auf,  wie  ein  rapp  nach  gwin.  159. 
Tobler  431'  hat  ein  andres  ufgöna,  vom  hund,  männchen  machen. 

AUFGURTELN,  nnl.  opgordelcn,  was  das  folgende. 

AUFGÜRTEN,  nnl.  opgorden,  in  doppeltem  sinn 

1)  succingere,  höher  gürten,  das  kleid  aufgürten,  aufschürzen. 

2)  discingere,  den  gurl  oder  gürtel  lösen. 

AUFGUSZ,  tn.  infusio,  suffusio,  sowol  die  Handlung  des  auf- 
gieszens,  als  das  aufgegossene:  aufgusz  von  thee,  von  lindenblüte. 

AUFGUSZTHIERCIIEN  verdeutscht  wan  die  infusionsthier- 
chen,  wie  oß  bei  J.  Paul  zu  lesen  ist;  bessern  behclf  hat  das 
franz.    les    infusoires,    engl,    infusorics.     etwa    aufgttsziinge? 

AUFHABF^N,  lertum  esse,  nnl.  ophebben,  auf  dem  köpf  ha- 
ben, gebildet  wie  anhaben  un'ä  abhaben :  er  hat  gar  nichts 
auf,  gehl  unbedeckt;  die  frau  hat  heute  ihre  schönste  liaiibe 
auf;  und  sol  den  leinen  hut  auf  haben.  3  Mos.  16,4;  sie 
giengen  ein  geisz  an,  die  ein  schleicr  atif  hat.  Garg.  259'; 
dasz  eine  jede  person,  die  einen  hut  aufliabe,  auch  reiten 
müsse.  E.  von  Kleist  2,  156;  dasz  mehr  als  19  der  besten 
köpfe  sich  in  den  groszen  breiten  lorbeerkranz  getheilet,  den 
ich  allein  aufliaben  wollte.  .1.  Paul  teuf  pap.  1,  xviii.  tritt  ein 
casus  zur  praeposition,  so  hört  aller  anschein  von  Zusammen- 
setzung auf:  ich  habe  den  iitit  auf  mir,  auf  dem  haupt,  wie 
et  heiszt:  icii  habe  die  pflicht  auf  mir,  niemand  sagt,  ich 
habe  die  pdirlit  auf.  doch  gestattete  sich  Raiiener  2,  196.  249 
eine  aufliabeude  pilicht,  was  klingt  wie  der  aiifliabende  hut, 
die  aufliabeude  haube ;  tri  der  Schweiz,  einen  bei  aiifliaiien- 
den  eiden  mahnen,  erforilern.  das  kind  hat  heule  viel  auf 
(zu  lernen).  Auszerdem  für  offen  stehn:  er  iiatte  den  iniiiul 
schon  auf  ihr  das  geheimnis  zu  erzählen.  Lessinc.  ;  kein  kauf- 
inann  hat  mehr  auf  (den  laden);   sie   dürfen   sonntags   nicht 


mehr  aufhaben,  er  hat  was  auf  (dem  dache),  nnl.  hij  heeft 
wat  op,  hat  zu  viel  getrunken. 

AUFHACKEN,  effodere,  nnl.  ophakken :  die  vögel  hacken 
mit  dem  Schnabel  die  beeren,  die  körner  auf,  picken  sie  auf: 

sie  (die  hidtner)  hacken  die  körner 
eilig  auf.  Zachariä  2,  18; 

das  eis  mit  der  haue  aufliacken;  das  pflaster  in  der  festung 
aufliacken.  Kirchhof  mil.  disc.  42  ;  die  kartoffeln  aufhacken,  d'Je 
erde  an  den  kaufen  auflockern,     alles  holz  aufhacken. 

AUFHÄKELN,  solvere  uncinos,  das  gehäkelte  öfnen.  nnl. 
ophekelen. 

AUFHAKEN,  solvere  uncos,  das  gehakte  öfnen,  nnl.  ophaken. 

AUFHALLEN,  resonare,  in  die  höhe  schallen: 
dumpf  aufliallte  der  grund.    Voss; 
die  geworfnen  erdschoUen  hallten  auf. 

AUFHALSEN,  collo  imponere:  einem  dienstbarkeit.  Lo- 
HENST.  Arm.  1,  22 ;  es  reden  die  von  euch  uns  aufgehalste  no- 
tlien.  Cleop.  114,  392 ;  um  derentwillen  er  sich  den  tödlichen 
hasz  aller  mollahs  in  der  weit  aufhalset.  Wieland  8,  335 ; 
wenn  sie  ihm  noch  mehr  grade  und  geheimnisse  auflialsen. 
TiECK  ^es.  nov.  6,  36 ;  hätte  ich  mir  nicht  kind  und  kegel  auf- 
gehalset,  bei  golt,  ich  zöge  selber  mit.  J.  Paul  Tit.  4,  96.  einen 
auflialsen,  auf  den  rücken  nehmen:  Arion  ward  von  denen 
ihn  aufhalsenden  delfmen  errettet.    Loiienst.  i4rni.  1,  316. 

AUFHALT,  m.  mora,  remora,  impedimentum :  wiewol  (Maxi- 
milian) hat  müssen  der  aufhalt  sein  bei  seinem  leben.  Lo- 
ther 3,  323 ; 

die  reiche  Weichsel  kan  zur  see  ohn  auflialt  flieszen. 

Opitz  1,  8; 
an  ihrem  {der  ohrtrommel)  gewölbe  die  ßserchen, 
sie,  auflialt  des  gelöns, 
dasz  es  sanft  sich  verliere.    Klopst.  2,  93; 

S.  aber,  Gambriv,  das  könnte  uns  ja  sehr  lang  auflialten ! 
G.  lasz  du  mich  für  die  zeit  des  aufhalts  sorgen.  10,  283. 
in  einer  vortreflichen  kürze  mit  auflialt  der  erwartung.  Her- 
der 20,  213 ;  ohne  weitern  auflialt  an  unser  geschäft  gehen. 
Fichte  grundz.  3  in  der  reilkunst  heiszen  auflialt  die  bewc- 
yungen  des  pferds  vor  dem  stillstand,    vgl.  aufenthalt. 

AUFHALTBAR,  quod  retineri  potest:  die  kugel,  der  wurf, 
das  ausgesprochne  wort  sind  nicht  aufhaltbar. 

AUFHALTEN,    sustineve,    detinere,  relinere,  nnl.  ophouden. 

1)  die  sinnlichste  bedeutung  ist  in  die  höhe  hallen,  aufhe- 
ben: der  bettler  hielt  seine  band  auf,  ein  almosen  zu  em- 
pfangen; halt  deine  schürze  auf,  mädchen,  dasz  ich  dir  kir- 
schcn  hinein  werfe  I  halt  auf  den  zippel  von  deinem  rock 
und  empfang  dieses !  pers.  rosenlh.  1,  15.  8,  38 ;  er  war  so 
vom  schlaf  überwältigt,  dasz  er  die  äugen  nicht  länger  auf 
halten  konnte ;  das  thor  wurde,  ihm  zu  gefallen,  die  nacht 
über  aufgehalten  (aufgelassen). 

2)  daran  schlieszt  sich  ein  abslractes  aufrecht  erhalten,  susti- 
nere,  erigere,  consenare,  behalten,  bewahren,  auferhallen,  aufbe- 
halten, aupieben:  ein  trosiprophet,  der  das  volk  sol  Sterken  und 
auflialten,  das  sie  nicht  vei-zweiveln  an  Christus  Zukunft.  Lu- 
ther 3,  220 ;  gleichwie  wir  auch  müssen  die  Christen  mit  got- 
tes  wort  auflialten  zum  jüngsten  tage,  das.;  damit  ist  nun 
aufgehalten  der  glaub  an  Christum.  3,242';  denn  in  der  zeit 
der  anfechtunge  musz  got  selbs  uns  zusprechen  und  mit  sei- 
nem wort  uns  trösten  und  auflialten.  1,  82';  also  kumpts 
dasz  das  herz  ein  steten  zorn  zwischen  im  selbs  crnert  und 
auflielt.  Mei.anchth.  l  Cor.  10 ;  gnädigster  lierr,  euer  leib,  seel, 
ehre  und  gut  wolle  der  allmächtige  gütige  golt  cnädiglich 
beschützen  und  bewahren  und  in  gnaden  lang  auflialten. 
Reüchi.in  bei  Melanchth.  1,  31 ;  o  wie  lierlich,  das  si>lclie  reiche 
herrn,  als  Fugger  und  Medices,  nicht  allein  stalllich  buch 
hallen,  sondern  auch  herliche  büchcr  auflialten  (aufltewahren). 
Garg.  275';  willu  es  aber  je  brauchen,  so  scheide  es  mit  gc- 
dislillieiten  essig,  wirf  das  stinkende  iiinweg,  das  reine  aber 
halte  auf  zur  notturft.    Wl-RTz;)r«c/ifa  449; 

du  selbs,  mein  gel,  will  mein  eibjrul  verwalten 
und  mich  zugleich  autliultcn  und  erlinllen. 

WecKiiKRLiN  53; 
der  du  allein  was  war,  ist,  wirt,  verwaltest, 
der  du  ohn  aurenihali  die  ganze  wkIi  aufliallest.    317; 
liebe,  die  uns  aufli.ill,  wenn  wir  sirauchcin. 

(invpnii.'s  2,  159; 

zu  Nimes  wird  des  groszen  Rolands  hörn  aufgehalten.  Piiil- 
AN-n.  2,  329;  köulest  allerhand  bilder  auflialten  und  sie  her- 
iiacher  zusaiiiiiieiibinden  lassen.  Si-ek  tugendh.  70 ;  soltii  auf- 
halten . . .  und  alsdan  niin  sie  wider  an  die  hand.  173 ;  schrieb 


661 


AUFHALTEN — AUFHÄ5IMER.N 


AUFHÄNGE  —  AUFHASCHUNG 


662 


und  hielt  es  auf  {hob  es  auf).  tnUxnacht.  324 ;  halte  sie  {die 
ducaten)  alle  gegen  den  marquis  auf.  Kli^ger  1,  146.  heute 
sagt  man  erhalten,  aufbewahren,  aufheben. 

3)  aufhalten,  zurückhalten,  abhalten,  morari,  delinere:  einen 
in  seinem  laufe  aufhalten;  den  flüchtling,  den  feind  aufhalten; 
halt  auf!;  sie  konnte  die  thranen  nicht  länger  aufhalten ;  hallet 
mich  nicht  auf,  laszt  mich,  das  ich  zu  meinem  herrn  ziehe. 
1  Mos.  24,  56 ;  wo  du  dich  des  wegerst  und  sie  weiter 
aufhellest.  2  Mos.  9,  2 ;  und  wie  das  wasscr  in  die  erden  ver- 
schleift, das  man  nicht  aufhelt.  2  Sam.  14, 14  ;  und  wenn  sein 
donner  gehört  wird,  kann  mans  nicht  auflialten.  Hiob  37,  4 ; 
er  wolt  sie  vertilgen,  wo  nicht  Mose  den  risz  aufgehalten 
hette.  ps.  106,23;  verflucht  sei,  der  sein  schwert  aufhelt,  das 
nicht  blut  vergiesze.  Jer.  48, 10 ;  und  das  volk  suchte  in,  und 
kamen  zu  im,  und  hielten  in  auf.  das  er  nicht  von  inen 
gienge.  Luc.  4,  42 ;  damit  ich  aber  dich  mit  meinem  schrei- 
ben nicht  lang  auflialt.  Galmy  2S2;  wir  werden  von  euszer- 
lichen  dingen  vom  reich  gotfes  nur  aufgehalten.  Fra>k  weltb. 
von.;  also  dasz  er  auch  eins  edelinanns  eheliche  hausfrau 
zur  Unzucht  aufliielle  (bei  sich  zurückhielt).  Fischabt  bienenk. 
213';  ich  süff  jelz  das  meer  aus,  wann  mir  die  wasser  auf- 
hieltest, die  drin  laufen.   Garg.  94';  das  hält  zu  lang  auf; 

haU  mich  nicht  fragend  auf.    Grtphius  1,  164; 

er  geht,  Claudine,  geht,  du  hältst  ihn  nicht? 

wer  gäbe  mir  das  recht  ihn  aufzuhallen  ? 

GöTHE  10,  206. 

4V  aufhalten,  unterftnlten :  märlcin,  damit  man  die  kinder 
aufhält.  Simpl.  1,  492.  hierher  könnte  auch  die  eben  unter  3 
aus  bienenkorb  213*  angeßhrle  stelle  passen,  früher  auch, 
einen  aufhallen,  unterhalten,  beherbergen,  sich  aufhallen,  sich 
unterhalten:  absonderlich  wusle  er  [der  gaslwirt)  sich  in  ge- 
sprächen  mit  jedennan  sehr  annehmlich  aufzuhalten.  Cur. 
Weise  erzn.  8. 

5)  da  sich  unterhalten,  s'entretenir  übergeht  in  se  divertir, 
sich  lustig  machen,  so  scheint  hieraus  die  unsrer  alten  spräche 
noch  fremde,  heute  sehr  gewöhnliche  bedeutung  des  sich  auf- 
hallens  =  spo//en5  abzuleiten,  teer  sich  über  einen,  über  et- 
was aufhält,  zieht  los,  spöttelt,  macht  sich  lustig  darüber:  er 
hält  sich  über  "alles  auf;  wer  hat  sich  darüber  aufzuhallen?; 
I'lularch  sagt^uns,  dasz  nur  die  ältesten  und  cmsthafteslen 
Athener  sieh  darüber  aufgehallen.  Wielajsd  2,  236 ;  freunde, 
die  sich  nur  desto  leiciilfertiger  über  ihn  aufhallen,  je  mehr 
er  sich  mühe  gegeben  hat  sie  zu  bewirten.  Götde  19,  146 ; 
indesz  sich  dieses  (das  publicum)  über  ihre  entschiedene  licb- 
haberei  gelegentlich  aufliielt.    10,  1S8.     ' 

0)  sonst  bedeutet  sich  aufhalten  ganz  gewöhnlich  auch  mo- 
rari, wohnen,  verweilen,  seinen  aufenthalt  nehnten:  seil  einem 
jähr  hält  er  sich  in  Leipzig  auf;  will  sich  nur  noch  einen 
monat  hier  aufhallen;  jetzt  kann  sie  nicht  bleiben,' bei  der 
rückreise  aber  wird  sie  sich  noch  eine  stunde  unter  uns  auf- 
hallen können,  divertere  aber  im  sinne  von  paulisper  com- 
morari  würde  nochmals  auf  it.  dirertire  divertirse,  sich  lustig 
macheti  bringen. 

',)  ganz  fremd  aber  ist  unserer  spräche  ein  intransitives  auf- 
halten, deaiuere,  welches  der  unter  3  entfalteten  Iransilivbe- 
deutung  zunächst  läge.  nnl.  ophouden,  schw.  uphälla,  ddn. 
opliulde  =  aupiören,  cessare:  nnl.  de  donder  houdt  op,  der 
donnei-  hört  auf;  de  boomen  bebhen  opgehouden  met  bloeijen, 
die  bäume  haben  zu  blüJten  aufgehört;  die  langdurige  oorlug 
hield  op,  der  langwierige  krieg  hörte  auf;  so  lange  de  aerde 
slaet,  en  sal  niet  ophouden  saeijen  ende  inoogsten,  vorsl 
ende  hille,  somer  ende  winter,  dach  ende  nacht.  1  Mos.  8,  22 
(ed.  betfl  i.^S2.)  ophouden  =  aufgehallen  werden,  mit  Über- 
gang der  aclirrn  in  die  passive  bedeutung. 

AL'FHALTEU,  m.  susceptor,  Unterhalter:  die  kelzer  aus  allen 
deudschen  landen  zu  jagen  und  vertreiben,  bei  den  aller- 
schwersien  penrn  wider  ire  beherberger,  aufhalter,  oder  die 
sie  nicht  vertreiben.  Llther  1,  257*.  aulhaller  heiszt  auch  der 
breite  rieme  am  hinterqeschirr  der  pferde,  oder  an  der  deichsei. 

AlTHÄLTLICH,  aufhaltend:  ein  aufhältliches  geschäft. 

AIFIIAI-TSAM,  was  aufliallbar. 

ALFHALTRI.NG,  m.  der  eisenring  am  brustblatt  des  pferdes, 
durch  welchen  der  aufhaller  fest  wird. 

AUFHALTUNG,  f.  nach  den  verschiednen  bedeutungen  des 
audiaitens. 

AUFHAMMERN,  malleo  apertre,  mit  hammersehldgen  Ofnen: 
nüsse  auniäinmern.  dann  aber  auch  ßr  anh3nimcm,  die  nSgcl 
der  fahne  aufhämmern,  accudere. 


AUFHÄNGE,  f.  tuchtcalkem  ein  rahmen  zum  aufhängen  des 
tuehs. 

AUFHÄNGEBAND,  n.  ligamentum  Suspensorium,  in  der  ana- 
tomie,  z.  b.  aufhängeband  der  leber. 

AUFHANGEN,  nnl.  ophangen,  verhält  sich  zu  aufhängen 
trte  abhangen  und  anhangen  zu  abhängen,  anhängen. 

1)  intransitiv,  suspcnsum  esse: 

mein  leib  so  dürr,  dasz  auch  ein  jedes  bein 
kaa  sichtbar  und  gezählei  seiu, 
aufhanget  ausgedöhnet.    Weckheri.  91; 

die  ende,  in  fruchtschnüren  und  biumenbändem  aufgehangen. 
J.  Paul  Hesp.  2,  247 ;  die  gesetze  der  in  der  Vernunft  des  men- 
schen aufgehangenen  tafeln.  Kli^iger  6,  30S,  wieirol  diese  par- 
ticipia  auch  aus  der  transitivbedeutung  folgen. 

2)  transitiv,  suspendere:  hieben  inen  hende  und  füsze  abe, 
und  hiengen  sie  auf  am  teich  zu  Hebron.  2  Sam.  4,  12;  die 
ire  Schild  und  heim  in  dir  aufhiengen.  Ez.  27,10; 

die  liebe  winkte,  schnell  entsagtest  du  dem  rühme, 

und  hiengst  den  lorberkranz  im  heiligthume 

der  musen  lächelnd  auf.    Götter  1,  1S9; 

gebettelt,  alter  kriegesmann  \ 

wo  nicht*  dich  aufgehangen.    Gökince  3,  128; 

er  wird  auf  jedem  Jahrmarkt  prangen, 

wird  in  wirtsituben  aufgehangen.    Göthe  2,  221 ; 

die  Pariser  hiengen  mir  einen  schoszhund  auf.  J.  Paul  pa- 
ling.  2,  65. 

AUFHÄNGE?^,  ungleich  häufiger  als  das  vorausgehende, 

1)  intransitiv:  der  dieb  hängt  schon  auf;  das  tuch  mnsz 
gleich  aufhängen. 

2)  transitiv,  suspendere:  und  soll  das  tuch  in  der  thür  der 
wonung  aufhengen.  2iVos.  40,  5;  samleten  wachleln  und  hen- 
geten  sie  auf  umb  das  lager  her.  4  Mos.  11,  32;  gebet  uns 
sieben  raenner  aus  seinem  hause,  das  wir  sie  aufhengen  dem 
herrn.  2  Sam.  21,  6 ;  und  Judith  hcngele  auf  im  tempel  alle 
Waffen  Holofernis.  Jud.  16,  22;  hengelen  die  vorhenge  auf. 
1  Macc.  4,  51;  und  liesz  beide  köpf  und  band  zu  Jerusalem 
aufhengen.  7,  47 ;  und  die  band  gegen  dem  tempel  über  auf- 
hengen. 2  Macc.  15,  33 ;  fegt  die  kleidcr  aus,  hengt  die  hosen 
auf.  Garg.  73'. 

Wir  sagen,  den  mantcl,  hut  aufhangen,  an  die  wand  hän- 
gen ;  die  wasche  zum  trocknen  aufliängen ;  das  fleisch  auf- 
hängen, in  den  rauch;  kifmze,  blumen  aufhängen,  an,  über 
die  thür;  bilder  aufhängen;  auch  ist  das  mein  erstes  thier- 
slück  von  belang,  das  ich  in  die  gänge  dieses  werks  aufhänge 
und  festmache.  J.  Paci.  flcgelj.  1,  S6 ;  einem  einen  orden  auf- 
hängen, umhängen,  überhängen.  Götter  3,  345. 

Der  dal.  bei  aufhängen  pflegt  aber  zu  stehn,  wenn  etwas 
schlimmes,  unrechtes  oder  eine  aufgeladene,  an  den  hals  ge- 
hängte last  gemeint  wird:  was  für  beweggründe  konnte  er  wol 
haben,  dem  ehrlichen  Paul  ein  so  unsinniges  märchen  aufzu- 
hängen {aufzuheften)?  \Vieu\>d  30,  244;  Vermutungen  dem  leser 
aufhängen.  Lessing  3,  6 ;  du  hast  ihm  die  Inge  aufgehängt ; 
ehe  ich  mir  eine  gelehrte  (frau)  aufhängen  liesz.  Lessimg  1, 
233;  soll  ich  meinem  söhne  ein  armes  mädchen  aufliängen? 
1,  277;  das  war  ein  angelegter  plan,  um  sie  dem  allen  kcrl 
aufzuhängen.  Tiecr  12,215;  wozu  mir  eine  solche  plage  auf- 
hängen I 

AUFH.\NSELN ,  in  dem  eben  entwickelten  begrtffe  des  auf- 
bängens:  der  dir  eine  friicht,  wer  weisz  wessen?  aufliänseln 
will?  Herder  18, 149.  sonst  ist  hänseln,  einen  womit  aufzie- 
hen, zum  besten  haben. 

AI'FH.XRKEN,  rastro  congerere,  effodere,  nnl.  opharken : 
misl  aufliarken,  den  boden  aufliarken,  lockern. 

AÜFHARTEN,  mollire.  die  härte  benehmen,  gilt  ßr  stahl- 
arbeit: durch  glühen  auniärlen,  die  härte  lösen. 

AUFHASCHEN,  raplim  tenere,  arripere,  das  fallende,  lau- 
fende, fliegende  erhaschen :  einen  sciimetlerling  mit  der  band 
aufhaschen ;  der  vogel  hascht  im  schnabel  eine  mUcke  auf. 
abstracl,  seine  phantasie  haschte  andere  Vorstellungen  auf. 
Klimceb  5,60;  wir  finden  in  kleislen»  gedichlen  von  solchen 
einzelnen,  glücklich  aufgehaschten,  obgleich  nicht  immer  glück- 
lich verarbeileten  bildem  gar  manches,  was  uns  freundlich  an 
die  naiur  erinnert.  Götiie  25, 101 ;  sie  wurden  ein  wenig  eilig 
so  durch  die  bank  aufgehascht.  Tikck  10,  242. 

AUFHASCHEN,  «.  wie  »ir  da  das  erste  glückliche  aufha- 
schen der  begeisterten  seele  des  idealischen  künstiei«  be 
lauschten.  Ki.imger  lO,  12.- 

AUFHASCHUNG,  f.  aufhaschung  zufälliger  Wahrnehmungen. 
Kamt  10,  54. 

42* 


663 


AUFHASPELN  —  AUFHEBEN 


AUFHEBEN 


664 


-  AUFHASPELN,  aijylomerare,  nnl.  opliaspelen,  auf  den  haspcl 
brinyen,  winden;  auch  zu  ende  haspeln,  alles  garn  aufhaspeln, 
sich  aufhaspeln,  wie  sich  aufwinden,  mühsam  vom  bodcn  auf- 
stehn,  aus  einer  krankheil  erholen. 

AUFHASPLER,   m.  prodigus:    iness    und    marklbesucher, 
liochzcitschiffer,  aufhaspler,  gulverlämmerer.  Garg.  17'. 
AUFHATZ,  «i.  irrilatio: 

der  aufliatz  hnt  die  scbel 
auf  unsern  köpf  geschärft.    Lohenst.  Ibrah.  bassa  37,  297. 

s.  aufhetzen. 
ALFllAUCHEN,  leniler  efßare,  sufflarc: 

wie  rosen  hliihen  sie  {die  wangen), 

von  fi'ühlingsodem  aul'gehauclit.    Uurckr  18'; 

und  der  püsiernde  balg  hauchet  die  flammen  auf.   Voss. 
ALFHAUEN,    cacdcndo,   fericndo    aperire,    nnl.  ophouwen: 
thor,  tiiür  niil  der  axt  aufiiaucn ;  etliche  hieben  die  thür  auf, 
das  der  ganze  häuf  hinein  konle.  2  Macc.  10,  37 ;  wagen  auf- 
hauen, straszenraub  treiben.  Kirch«,  tcendunm.  299.  Uhland  356; 

dein  wegen  (currus)  wurden  aulgeliawen.    H.  Sachs  I,  267''; 

kein  waar  {merx)  wurd  mir  nie  aufgeiiawen.  I,  441'; 

seit  mir  mein  wahr  (merx)  wurt  aufgchawen, 

lial)  icli  verlorn  glauben  und  trawen.    III.  3,  11'; 

lasz  mich  die  kisl  aufhawen.  UnLA?iD736; 
alle  kisfen  wurden  aufgehauen  und  geplündert;  mit  einem 
Schwertstreich  die  hirnschale  aufiiaucn.  den  zimmerleuten 
heiszl  ein  haus  oder  gebäude  aufliauen  es  in  die  höhe  arbei- 
ten, aufzimmern:  der  newlich  hat  ein  haus  helfen  aufliawen. 
Luther  8,  129".  den  fleischern,  einen  ochsen  aufliauen,  mit 
dem  beil  tödlen.  den  schlossern,  ein  loch  aufhauen,  mit  durch- 
schlag einhauen,  das  blech  aufliauen,  figuren  darauf  einbauen, 
forslmännisch,  die  Windbrüche  im  walde  aufliauen,  die  gebroch- 
nen  äste  zu  brennholz  hauen,  in  der  arlillcrie,  aufhauen,  die 
kanone  mit  der  lunte  abbrennen. 

AUFHAL'ER,  m.  den  schmieden  ein  meiszel  zum  eisenspalten. 
AUFHÄUFELN,  cumulos  facere,   circumfodere :  die  kartoffeln 
aufliüufeln ;  frisch  aufgehaufeite  artischockenländer.  Götiie  27, 
223. 

AUFHÄUFEN,  acervarc,  nnl.  ophoopen:  erde,  getraide, 
körn,  fruchte  aufhäufen,  zusammenschütten;  aufgehäuft  voll, 
geld,  reichlhümer,  verbrechen  aufliäufen. 

AUFHAUS,  n.  domus  superna,  längst  ausgestorben,  folgt  aus 
dem  verschiedentlich  vorkommenden  Ortsnamen  Aufliausen,  Of- 
hausen. 

AUFHEBEN,  elevare,  tollere,  nnl.  opheCfen.  was  die  form 
angeht,  so  sagte  man  früher  im  praet.  aufhub,  jetzt  aufhob, 
und  noch  Götiie  schwankt  zwischen  beiden,  nnl.  gilt  ophief. 
im  part.  praet.  wurde  das  alte  aufgehaben  allmälich  verdrängt 
von  aufgehoben,  Wiei.and  brauchte  bald  eins,  bald  das  andere. 
Mess.  4,  IGO  schrieb  Klüpstock  1751  mit  aufgehabenen  armen, 
1760  und  1780  mit  aufgehabcnem  arme,  zuletzt  aber  mit  hoch- 
erhobenem  arme,  statt  aufgehaben  brauchten  mehrere  schwa- 
ches aufgebebt :  aufgebebt  und  abgelhan.  landfr.  von  1521  §.  1 
und  oß  Luther,  z.  b. :  ist  damit  sein  keiserlich  öberkeit  nicht 
aufgehebcf.  6,  2';  Agricüi..\  62";  von  späteren  Spee  im  tugendb. 
99.  HouuERG  1,  570',  vgl.  mhd.  gehebet,  behebet  (Ben.  1,  043. 
G44.  G4ö). 
Bedeutungen. 

1)  aufheben,  in  die  höhe  heben,  erigerc,  elevare:  da  hub 
Lot  seine  äugen  auf  und  besähe.  1  Mos.  13,  10 ;  heb  deine 
äugen  auf  und  sihc.  13,  14 ;  und  als  er  seine  äugen  aufliub 
und  sähe.  18,  2;  am  dritten  tage  hub  Abraham  seine  äugen 
auf  und  sähe.  22,  4 ;  Jacob  hub  seine  äugen  auf  und  sähe. 
33, 1 ;  Esau  hub  seine  äugen  auf  und  sähe.  33,  5 ;  seine  ver- 
dunkelten äugen  fielen  schmerzhaft  vom  himmel  herab  auf 
Klotildens  ihre,  die  aufgehoben  seinen  gegenüber  standen. 
J.  Paul  Ilesp.  3,  86; 

f;anz  Eilrich  stand  um  ihn  hemm, 
lob  vor  crsiauncn  bis  zur  slirnc 
die  augenwimpcrn  aur.    Gökiihgk  2,  05. 

denn  du  wirst  dein  andlilz  zu  gott  auflieben.  Iliob  22,  2r> ;  der- 
halbcn  er  mit  begirigen  herzen  einen  Irunk  Ihel  mit  anlge- 
hebtein  angesicht.  Luther  3,  418 ;  b"b  die  idickc  gen  liiiuinel 
auf;  sehet  auf  und  hi-liet  eure  hcupter  auf.  Luc.  21,  2S;  und 
Aaron  hub  seine  band  auf  zum  volk.  3Mos.  9,  22;  und  Mose 
lilib  seine  band  auf  und  sciilug  den  fels.  4  Mos.  20,  11 ;  mit 
aufgehabnen  iiiindcn.  pers.  rosenlh.  1,20;  sie  hob  ihren  finger 
auf  und  drohte ; 

und  wer  mir  train'cn  hellen  will, 
der  heb  ein  ilnger  auf.       Uulamo06; 


mit  aufgehabnem  aim.  Gökingk  1,  226 ;  da  hub  Jacob  seine 
füsze  auf  und  gieng  in  das  land.  l  Mos.  29,  1 ;  der  adler 
hob  seine  flügel  auf  und  schwang  sich  in  die  luft ;  der 
Sturmwind  hebt  den  groszen  flügel  auf.  J.  Paul  Hesp.  2,  247 ; 
der  löwe  hob  seinen  schweif  zürnend  und  schlug  an  den 
boden;  das  pferd  hob  seinen  huf  auf  und  schlug  aus;  in  den 
meisten  dieser  beispiele  leitet  das  auflieben  die  folgende  eigent- 
liche bandlung  episch  ein:  er  hob  die  äugen  auf  und  sah, 
hob  die  band  auf  und  schlug,  hob  die  beine  auf  und  gieng 
drücken  das  nackte  aus  er  sah,  schlug,  gieng. 

2)  einen  liegenden,  knienden  auflieben,  vom  boden  in  die 
arme  nehmen:  und  sie  hüben  Asahel  auf  und  begruben  in. 
2  Sam.  2,  32 ;  hüben  in  auf  und  begruben  in.  rieht.  IC,  31 ; 
sie  drückte  seine  band,  aber  sie  hob  ihn  nicht  auf.  Göthe 
17,  139;  sie  hub  ihn  auf  und  ergrif  seinen  arm.  17,  140;  er 
hob  sie  auf  und  sie  fiel  auf  seinen  schosz.  18,  228;  mein 
kind,  rief  er  aus,  indem  er  sie  aufliob  und  fest  umarmte, 
mein  kind,  was  ist  dir?  das.  ein  kind  aufheben,  zur  taufe 
halten:  secht,  das  ihrs  hoch  genug  aufhebt,  das  es  auch  hoch 
wachs!  hebts  ihr  lieben  patenl  Garg.  lio';  das  kind  bei  den 
oren  auflieben  und  Rom  zeigen.  68*.  einen  auflieben,  auf 
das  pferd.  mhd.  Ben.  1,  643.  es  {das  öl)  hebt  auch  die  leut 
in  fallendem  siechtumb  auf  (relevat).  Paracelsus  1,  693'.  sich 
auflieben,  sich  erheben,  aufstehn:  endlich  hub  er  sich  wieder 
auf  {aus  dem  gras)  und  gieng  nach  haus.  Millers  Sicgw.  2,  315 

3)  geräth  auflieben,  in  die  höhe  heben,  voraus  glas,  becher, 
was  aber  wegbleiben  kann,  schon  im  mhd.  weinschwelg  heiszls 
wiederholt  {vgl.  Ben.  1,  644') 

dö  liuob  er  üf  unde  tranc; 
er  hub  auf  und  trank.  Uhland  578.  Forruna/i«  k  7',  wiederum  der 
epische  ausdruck  statt  des  prosaischen  er  trank,  dichterisch  aber  ist 
es,  bei  verstandnem  trinken,  blosz  zu  sagen:  er  hub  auf;  lasz 
uns  frölich  leben,  umbhin  geben,  oft  auflieben,  von  den  reben. 
Garg.  96';  du  hebst  zu  hoch  auf,  die  band  verstell  dir  die 
nas.  100'.  auch  war  derselbige  Friederich  grosz  und  stark, 
also  dasz  er  ein  ohm  weins  aufliub  und  trank  aus  dem  pon- 
ten  (spuntloch).  Limb,  chron.  §.  86.  teller  aufheben,  wir  sagen 
heute  abnehmen,  wechseln,  bei  der  maUlzeit;  ein  alles  Sprich- 
wort lautet:  heb  einen  teller  auf  und  zubrich  eine  schüssel. 
Luther  4,443'.    mit  löfleln  auflieben,  vom  teller  essen; 

man  hets  mit  lolFeln  aufgehaben.  fastn.  sp.  385,  8, 
man  Hätte  das  ausgespieene  mit  löffeln  aufnehmen  können.  Ua 
man  vor  allers  an  kleinen  tischen  speiste,  die  nach  geendetem 
mahl  bei  seile  gestellt  wurden,  so  entsprang  die  redensart  den 
tisch,  die  tische  bebCn  (Ben.  1,  643),  auflieben  =  das  mahl 
schlieszen,  vom  mahl  aufstehn;  als  nun  das  mahl  sich  ganz 
geendet  halle,  die  tisch  aufgehaben  wurden.  Galmij  60.  das 
blieb  auch  später,  als  an  schweren,  unaufgehobenen  tafeln  ge- 
speist wurde:-  die  tafcl  auflieben;  nach  aufgehobner  tafel. 
Götiie  31,  235.  das  klingt  vornehm,  der  gemeine  mann  iszl 
auf  festen  tischen;  noch  unpassender  scheint:  das  mahl,  die 
mahizeit  auflieben,  wenn  mans  nicht  vom  wegnehmen  der  spei- 
sen und  des  tischgeräthes  verstehn  will.  Moser  sagt  sogar  ein- 
mal: die  von  einer  schweren  mahizeit  aufgehobene  {sich  er- 
hebende?) freifrau.  venu.  sehr.  1,  85.  richtig  aber  heiszl  es, 
die  aufgehobnen,  abgenommnen  speisen,  gerichte,  brosamen ; 
was  vom  tisch  wird  aufgebebt.  Agp.icola  spr.  62'. 

4)  kleider  und  gewand  auflieben,  entdecken,  delegere:  den 
Vorhang  auflieben;  er  hub  den  Schleier  auf.  Göthe  20,  255; 
ich  hub  den  untern  teppich  auf.  18,  20;  frauen,  über  die 
strasze  gebend,  heben  den  ruck  auf,  um  ihn  nicht  zu  bestäu- 
ben, zugleich  schöne  füsze  blicken  zu  lassen ;  mhd. 

diu  magci  liuop  üf  ir  wät, 

sie  gieiic  über  den  liol'  in  ein  schfpne  kcmcnät. 

MoroU  2294 ; 
dö  hob  diu  maget  wolgeiän 
ir  wäi  lossam 
vnsic  an  diu  knie, 
sine  gedahie  der  zubt  nie, 
vrouwelicbcr  ganpo  sie  vergaj, 
wie  scbicic  sie  über  den  hof  peloiifen  was! 

iJo//icr20St, 

die  eilende  botin  wird  getadelt,  dasz  sie  zu  hoch  aufgehoben 
hatte,  zierliches  auflieben  war  geboten: 

ach  edle  zarle  schöne  fiau, 

wie  bebt  ihr  euch  auf  so  genau  I    Atrer  458*. 

von  männern  sagte  man  für  aufgürlen  wiederum  auflieben : 
gleich  wie  man  auf  deudsch  pflegt  zu  sagen  'du  inüslest  dich 
hoch   auflieben^   das   du  soltcsl  ciacni  schalk  entlaufen'.  Lü- 


665 


AUFHEBEN 


AUFHEBEN 


666 


THER  5,  523",  bei  schnetlem  lauf  galt  es  sich  hoch  :u  gürten, 
damit  das  geteand  nicht  an  die  ßsze  schlüge,  die  zelte  auf- 
heben, das  lager,  die  belagerung. 

5)  steine  aufheben,   vieder  mU  folgendem  und  werfen:    da 
buhen    sie    steine    auf,    das    sie   auf  in  würfen  (golh.  neraun 
stainans,  ei  vaurpeina  ana  ina).  Joh.  8,  59 ;  da  hüben  die  Juden 
abermal    steine    auf,    das  sie  in  steinigten  (nemun  aftra  stai-  | 
nans.  ei  vaurpeina  ana  ina).  10,  31 ;  hebt  auf  aus  dem  Jordan  j 
zwelf  steine.  Jos.  4,  3 ;  hat  er  den  stein  aufgehaben,  pers.  ro-  ] 
senth.  1,  24 ;    entschlosz    man    sich,    das    pflaster  aufzuheben   ; 
(aufzubrechen)  und  eine  sanfte  ab-  und  auffahrt  zu  veranstal- 
ten. GÜTHE24, 305;  hüben  die  böden  auf.  Garg.  202',  brachen 
sie  auf    erde  vom  boden  aufheben  und  über  einen  streuen; 
die    asche    des    brandopfers    aufheben    und   neben    den   altar 
schütten.  3  Mos.  6, 10. 

6)  Stab,  spiesz,  schwert  auflieben:  hub  den  stab  auf  und 
schlug  ins  wasser.  2  Mos.  7,  20 ;  du  aber  heb  deinen  stab  auf. 
14,  16;  er  wird  seinen  stab  wider  dich  aufheben.  Es.  10,  24; 
er  hub  seinen  spiesz  auf  und  schlug  dreihundert.  2  Sam.  23, 
18.  1  chron.  12.  11;  und  bette  mich  dein  volk  nicht  veracht, 
so  helle  ich  nie  keinen  spiesz  aufgehoben  wnder  sie.  Jud.  11,  2 ; 
denn  es  wird  kein  volk  \\ider  das  ander  ein  schwert  aufhe- 
ben. Es.  2,  4.  Micha  4,  3.  dann  mit  weggelassenem  acc.  auf- 
beben und  schlagen,  er  hub  auf  und  schlug,  und  uiederum 
ein  fechlerausdruck,  aus  dem  sich  unser  viel  aufhebens  machen 
deutet  {s.  das  subst.  aufheben). 

7)  sich  aufheben,  ron  wasser,  fluf.  meer,  wölke,  nebel,  wind 
bedeutet  aufsteigen,  aufschwellen,  sich  erheben:  und  wurde 
sich  das  mör  dermaszen  aufheben  und  geschwellen,  das  uns 
bcdaucht,  wir  schiften  oben  an  den  himmel.  Fra.nk  tce/(6.  218' ; 

hoch  zu  bergen  aufgehoben 
schwillt  das  meer,  die  brandung  bricbl. 
ScaiLLER  60'; 

wenn  die  wölke  sich  aufhub,  so  zogen  die  kinder  Israel. 
2  Mos.  40,  36 ;  und  nachdem  sich  die  wölke  aufliub  von  der 
hütten,  so  zogen  die  kinder  Israel.  4  Mos.  9,  17.  ebenso  der 
teig,  das  brot  hebt  sich  auf,  geht  auf  und  transitiv :  der  wind 
bebt  den  nebel  auf,  die  befe  (wörtlich  die  hebende)  hebt  den 
teig  auf. 

8)  in  rieten  fällen  wird  das  aufheben  gedacht  als  ein  davon 
tragen  (/^rons.  empörter),  behalten;  wie  der  vogel  aufpickt,  aiyf- 
hascht,  der  hund  auffängt,  hebt  der  ßndende  den  apfel,  das 
geld  vom  boden  auf  und  trägt  es  mit  sich,  in  diesem  sinne 
heisit  es,  den  flüchtling  nachts  im  bette  aufheben,  einen  feind- 
lichen posten,  eine  diebsbande  überfallen  und  aufheben ;  einen 
verdächtigen  abenteurcr  auflieben  und  verhaften ;  aufheben  und 
auf  die  festung  setzen  lassen.  Tiecr  ges.  nov.  3, 150.  abstracl 
aber,  spott  oder  undank  aufheben,  davon  tragen,  wo  man  lob 
oder  dank  erwartete: 

ir  wert  wo!  sehen,  was  Tür  spott 
mit  der  bochzeit  ir  werdt  aufheben. 

ScuiELZL  hochz.  II'; 
und  werdt  aufheben  groszen  spot.    Sau{  12*; 
der  wird  wenig  dank  auflieben.  Simpl.  1,  332. 

9)  noch  häufiger  ist  die  abstraction  des  aufliebens,  wegnelt- 
mens,  tilgens  und  abschaffens :  ich  werde  ir  gedechtnis  auf- 
heben unter  den  menschen.  5  Mos.  32,  26;  der  du  vormals 
hast  aufgehaben  alle  deinen  zom.  ps.  85,  4 ;  er  wird  aufheben 
die  Schmach  seines  volks.  Es.  25,  8 ;  und  ich  nara  meinen 
Stab  sanft,  und  zuhrach  in,  das  ich  aufliübe  meinen  bund, 
den  icU.  mit  allen  Völkern  gemacht  hatte.  Zach.  11,  10;  das 
alle  andere  gesetz  sollen  aufgehaben  und  allein  des  herrn 
gehalten  sol  werden.  2  Macc.  2,  23 ;  das  testamcnt  wird  nicht 
aufgehaben.  Co/.  .3, 17;  da  hebet  er  das  erste  auf,  das  er  das 
ander  einsetze.  Hebr.  10,  9;  es  ist  sehr  gut  und  nütz,  das 
gütt  so  mit  Jerusalem  umbgangen,  der  Juden  regiment  zu- 
risscn,  Mosen  aufgehaben  und  sie  verstöret  bat,  das  sie  nim- 
mermehr wider  aufkommen  werden.  LurnEH  5,  130';  jr  habt 
goltes  gebot  aufgehaben  durch  ewre  eigen  aufsetze.  0,  2''; 
so  ists  gewis,  das  im  solchs  wolgefellel,  das  die  sün<l  und 
lod  sollen  aufgehaben  werden.  C,  2J2';  der  überig  geruch  ist 
gleich  verdrieszlich  und  ungesund,  den  sie  mit  eim  leimrauch 
und  angezintcn  (angezündeten)  bocksbart  auflieben.  Frank  weltb. 
187';  Antiochus  hat  das  gesatz  aufgebebt.  Heiszxer  Jer.  1,  22' ; 
das  er  gar  wol  verdienet,  ime  das  handwerk  ganz  und  gar 
aufzuheben.  Ayrer /iroc.  1,9;  unter  denen  da  einer  liebet  und 
der  ander  geliebel  «ird,  wird  der  namc  hcrr  und  dicner  auf- 
gehaben, pers.  rosenth.  5, 1 ; 


wer  viel  geld  hat  wegzuleihen 

musz  der  freundschall  sich  verzeihen, 

dann  der  tag  zum  wiedergeben 

pflegt  die  freundschafl  aufzuheben.    Logid  1,7,34: 

die  liebe  süsze  Ordnung  meiner  tage  und  stunden  ist  ganz 
aufgehoben.  Göthe  an  fr.  r.  St.  2, 176 ;  wie  kinder  ohne  hasz 
geboren  werden,  wie  das  glück  der  ersten  jähre  darin  besteht, 
dasz  in  ihnen  mehr  die  neigung  als  die  abneigung  herscbt : 
so  sollte  ich  auch  bei  meinem  Wiedereintritt  ins  leben  dieses 
glucks  theilhaft  werden,  mit  aufgehobnem  Widerwillen  eine 
neue  bahn  anzutreten.  Göthe  an  Reichardt;  der  gänzliche 
müsziggang  behagt  mir  nicht  recht  und  doch  würd  es  mir 
schwer  werden  ihn  aufzuheben.  Tieck  6,  69 ;  eine  Universität 
wird  aufgehoben,  ein  gesetz  für  aufgehoben  erklärt;  aufge- 
schoben ist  nicht  aufgehoben,  dem  philosophischen  Sprach- 
gebrauch geht  das  aufheben  über  in  remeinen,  wie  das  setzen 
ein  bejahen  ist:  die  bewegung  eines  körpers  hebt  die  des 
andern  auf.  Ka!«?  1,  6t ;  die  aufhebende  form  der  Verknüpfung 
{modus  lollens).  1,  437. 

10)  mit  einem  aufheben  heiszt  ein  bisher  lu  ihm  bestandnes 
Verhältnis  brechen,  lösen,  was  wol  auf  eine  alle  exfestucation 
und  ein  auflieben  des  hairas  zurückgeht:  also  dasz  sich  sein 
Schreiber  der  nutzung  des  gutes  anmaszte,  mit  den  gärtnern 
aufhob,  und  das  gelraide  in  seine  Verwahrung  nahm.  Schwei- 
mchen  2,  146;  er  gab  mir  vollmacht,  diese  sache  mit  dem 
marchese  abzuthun  und  dann  sogleich  mit  dem  wucfaerer  auf- 
zuheben. Schiller  744; 

denn  damals,  sire,  als  ich  auf  immer  mit 
der  kröne  aufgehoben  {gebrochen  hatte).  277. 

gleich  aufheben  mit  einem  {gleiche  halme?)  meint  aber,  wenn 
beide  Ihcile  fahren  lassen,  auf  eine  linie  zu  stehn  kommen: 
ja  du  wirst  fro  werden,  das  du  gleich  (das  gleiche)  mit  dem 
andern  aufhebest.  Luther  5,  430*; 

ihr  bruder,  der  ein  auior  war, 
sah  sie  am  Spiegel  stehn  und  schmälte, 
herr  autor,  sprach  sie,  der  ihr  seid, 
hebt  mit  mir  auf!  denn  sich  gern  selber  lesen 
und  gern  im  spiegel  sehn,  ist  beides  eitelkeit. 
Geliert  1,  211. 

man  kann  auch  die  exfestucation  aus  dem  spiel  lassen  und 
nach  dem  bloszen  abrechnen  deuten:  zehn  gegen  zehn  hebt 
sich  auf;  sie  haben  auf  meine  Unkosten  gelacht,  ich  lache 
jetzt  auf  die  ihrigen,  und  so  heben  wir  gegen  einander  auf. 
Schiller  654;  sieh  nur,  eins  hebt  sich  mit  dem  andern  auf. 
Armk  schaub.  1,  39 ;  eins  hebt  das  andere  auf. 

gctheilter  schmerz  ist  halber  nicht, 

aufheben  sich  geiliuilte  quälen, 

als  wie  sich  aufhebt  ein  gewicht, 

das  man  rertheilt  in  beide  schalen.    RCcccrt  5,  75. 

11)  einem  etwas  aufheben  bedeutete  auch  vorwerfen,  zum 
Vorwurf  machen,  relevare,  exprobrare,  wobei  wieder  ein  symbol 
anzuschlagen  wäre:  Joseph  dorft  in  nit  anschauen  noch  an- 
sprechen oder  im  das  verwiszen  oder  ufheben.  Keisersb.  post. 
1.  2 ;  du  und  .Murnar  mit  vielen  andern  aufbebt  mir  fast  (reibt 
mir  unter  die  nase,  haltet  mir  vor),  das  ich  der  geistlichen 
laster  allein  rüre,  und  schweige  des  adels  und  der  weltlichen 
gewall  slreOich  lasier.  Luther  l,  389*  (gegen  bock  Emscr) ;  die 
schand,  die  sie  im  anihub  und  verweisz.  seh.  und  ernst  30; 
einem  seine  lüge  aufheben.  H.  Sachs  I,  542;  si  hüben  im  sein 
ladel  an  scel  und  leib  auf.  Aventin  cAr.  191;  unser  keiner 
dem  andern  viel  aufzuheben  halte,  weil  wir  allzumal  gemachte 
tropfen  gewesen.  A.ndreae  chym.  hochz.  1,  8.  vielleicht  dachte 
man  auch  dabei  an  ein  aufheben  des  deckeis  vom  topf,  da 
wir  heute  in  gleichem  sinn  sagen:  einem  seinen  topf,  seio 
töpfchen  aufdecken. 

121  auflieben  ==  erheben,  geld,  zins,  abgaben:  vrie  etliche 
geizige  blasen  thun,  die  auf  benante  tage  zinse  aufheben  und 
frisch  widerumb  dasselb  auch  auf  zinse  treiben.  Llther  1, 195* ; 
es  hat  je  der  bapsl  solch  grosze  guter  nicht  kauft,  das  er 
von  seinen  officiis  mag  aufheben  bei  zehnhunderl  tausent  du- 
caten.  1,  29S';  die  edelleut  mit  der  geistlichen  zehend  und 
pfründen  oder  vil  mehr  mit  deren  einkumraen  und  aufheben 
zu  begaben.  Frank  weltb.  36*;  aus  dem  tempel  Saturni  ma- 
chet er  gemeine  Schatzkammer  alles  aufliebens  der  statt.  76*; 
der  papst  zu  Rom  pflag  alle  jähr  bei  hundert  tausend  duca- 
ten  danon  (rom  häuschen  Loreto)  aufzuheben,  btenenk.  182 . 
Wie  hier  aufheben  =  erheben,  sagte  man  chmals  auch  die 
stimme  aufheben,  erheben:  und  sie  .salzte  sich  gegenüber  und 
hub  ire  stimme  auf  und  weinet,  l  Mos.  21,  16;  und  hub  auf 
seine  stimme  und  weinet.  27,  38 ;  hub  das  volk  seine  stimme 


667 


AUFHEBEN 


AUFHEBER —AUFHELFEN 


668 


auf  und  weineten.  rieht.  2,  4;  und  hub  auf  seine  stim,  rief 
und  sprach  zu  inen.  9,  7 ;  da  hüben  sie  ire  stimme  auf  und 
weineten.  Ruik  1,  0 ;  und  hüben  auf  ire  stimme  und  weineten. 
Hiob  2, 12 ;  Petrus  hub  auf  seine  stimme  und  redete  zu  ihnen. 
apost.  yesch.  2, 14. 

13)  entgegengesetzt  der  neunten  bedeutung,  dem  wegnehmen 
scheint  die  des  aufhebcns,  bewahrens,  behaltens ;  beide  aber 
kann  die  achte  vermitteln,  das  wegnehmen  ist  der  erste,  das 
behalten  der  zweite  acl  einer  zusammenhängenden  handlung. 
sage  Eleasar  das  er  die  pfannen  aufhebe  aus  dem  brand  (um 
den  allar  damit  zu  behängen).  4  Mos.  10,  37 ;  und  sie  aszen 
alle  und  wurden  satt,  und  hüben  auf  was  übrig  bleib  von 
brocken,  zwelf  korbe  voll.  Malth.  14,  20;  wie  viel  körbe  ihr 
da  aufhubt.  Mallh.  16,  9 ;  und  sie  hüben  auf  die  brocken  zwelf 
körbe  voll.  Marc.  6,  43;  und  wurden  aufgehaben,  das  ihnen 
überbleib  von  brocken,  zwelf  körbe  (goth.  jah  ushafan  varj) 
jialei  aflifpoda  im  gabrukö,  tainjöns  tvalif).  Luc.  9, 17.  in  allen 
diesen  steilen  ist  noch  mehr  das  aufnehmen,  erheben  bezeich- 
net als  das  aufbehalten,  was  schadet  es,  ob  alle  creaturen 
mir  die  sünde  aufliübcn  und  behielten.  Luther  1,40';  ich  hab 
aber  noch  ein  buchlin  doct.  Martini  bei  mir,  das  ist  etliche 
jare  für  der  bawrischen  ufrhur  ausgangen,  das  heb  ich  son- 
derlich uf  von  diser  lügen  wegen.  Alderus  wider  Jörg  Witzeln 
AS';  0  ihre  gnaden,  sie  könnte  in  dem  schosze  der  Seligkeit 
nicht  aufgehobner  sein.  Lessi.ng  2,  156 ;  meine  tochter  wird 
bei  ihm  so  gut  aufgehoben  sein,  als  bei  mir  selber.  Gellert 
3,191; 

mein  schwesierlein  klein 

hub  aur  die  bein 

an  einem  kühlen  ort.    Göthb  12,  237; 

hier  steht  meine  ganze  bibliothck,  es  sind  eher  bücher,  die 
ich  nicht  wegwerfe,  als  die  ich  aufliebe.  20,66;  die  Vermäh- 
lung bleibt  gelegeneren  tagen  aufgehoben.  Schiller  215. 

Vor  einem  auflicbcn,  behalten,  sichern:  man  kann  vor  kei- 
nem dieb  aufheben.  Acricola27'; 

ein  dieb  ist  dennoch  besser  mehr, 

vor  welchem  man  auflieben  mag.    H.  Sachs  1,  303'. 

14)  aufheben  für  auffangen,  aufhalten,  inlercipere:  Pontus 
hub  den  streich  auf  und  cmplieng  ihn  in  sein  schild.  Pontus  22. 

15)  bergmännisch,  den  Stollen  auflieben,  den  verschütteten 
wieder  vfnen.  gerichtlich,  aufheben  =  die  leiche  auflieben. 
landwirtschaftlich,  aulheben,  das  ausgedroschene  getraide  von 
der  tenne  heben,  tnessen  und  aufspeichern,  wir  haben  heute 
aufgehoben  kann  in  einer  dieser  drei  bedeutungen  gesagt  sein. 

AUFHEBEN,  ji.  denkbar  in  allen  entfalteten  lagen  des  auf- 
bebens,  hauptsächlich  aber  in  folgenden  : 

1)  aufheben  der  äugen,  bände,  des  Steins. 

2)  aufbeben  des  tisches,  der  tafel,  abdecken: 

als  nun  das  mal  volcndet  was, 
bei  das  münclilein  das  gracias, 
pirganisclicl  ihei  aufhebcns  warien. 
H.  Sachs  I,  426'. 

3)  auflieben,  ertrag,  einkunft  von  geld:  daraus  der  künig 
Ton  Portugal  ein  grosz  auflieben  hat  an  gold  und  öl.  Frank 
wellb.  8" ;  die  obrigkeit  im  Pinzgaw  und  Pangaw  behielten  die 
fürsten  von  Baiern,  das  auflieben  reichet  man  s.  Ruprecht  gen 
Salzburg.  Avemix  chron.  146.  307. 

4)  auflieben,  praeludium,  ein  fechterausdruck,  der  schon  bei 
aufgehebe  erklärt  wurde,  das  gefccht  begann  mit  Vorspiel: 

nu  heb  ichj  hie  mit  schirmsiegen.    MS.  2,  1*; 

nun  aber  zu  discm  meinem  schulrecht  hab  ich  euch  für  mein 
a  u  f  h  e  b  e  n  zum  richtcr  und  grieszwertel  erweit.  Frank  sprichw. 
vorr.i';  ein  aufheben  thun  oder  das  erst  schulrecht  tliun. 
1,  l';  man  tregt  ihn  zwei  fechtschw erder  entgegen,  Bechting 
nimmt  eins,  macht  ein  aufbeben  ts,  gibt  dem  jungen  auch 
eins,  thun  ein  gang  zusammen.  Ayrer  201*;  und  wider  zu 
seiner  kreuzstangen,  mit  der  macht  er  ein  aufliebens  und 
salzt  sich  wider  zu  pferd.  Garg.  253*.  Stieler  806  erklärt 
noch  richtig :  in  arte  pugillatoria  est  colligere  arma  cum  cere- 
moniis  (juibusdain,  quod  dicunt  ein  aufliebens  machen,  spä- 
tere nehmen  es  blnsz  für  prahlen  und  rühmen,  nur  bei  Lessing 
blickt  noch  der  alle  sinn  durch:  von  einem  gewonnenen  pro- 
cesse  viel  aufliebens  machen.  KAnENER  2.  272 ;  Dolce,  in  sei- 
nem gcspräche  von  der  inahlerei,  läszt  den  Arelino  von  den 
angeführten  stanzen  des  Arinst  ein  aiiszerordentliches  auflie- 
ben machen.  Lessing  6,  494 ;  endlich  scheini-t  der  lierr  liaiipt- 
paslor  Göze,   nach   so  langem  ärgerlichen  auflieben,   welches 


nur  bei  der  schlechtesten  art  von  klopffechtern  im  gebrauch 
ist,  zur  klinge  kommen  und  bei  der  klinge  bleiben  zu  wollen. 
10,  239 ;  kein  wunder,  dasz  diese  leute  so  viel  eifer  für  ihre 
maske  zeigen,  immer  so  viel  aufhebcns  und  prahlens  davon 
machen.  Wieland  8, 111. 

AUFHEBER,  m.  allevalor,  abrogator :  und  dann  hebe  es 
(das  bein,  den  knochen)  auf  mit  cim.  auflieber  und  zeube 
es  heraus  mit  den  fingern.  Braunschweig  chir.  43;  also  ist 
Christus  ein  end  und  anfang  des  gesetzs,  ein  aufheber  und 
anricblcr.  Frank  wellb.  124";  vermischt  mit  jüdischen  träumen 
von  einem  söhne  Davids  und  einem  auflieber  eines  alten  bun- 
des  und  einem  abschlieszer  eines  neuen.  Fichte  anw.  zum  sei. 
leben  169. 

AUFHEBSCHÜSSEL,Y.  manigfaUen  hausrat  aufzählend  nennt 
H.  Sachs  1,  440°  auch :  ein  aufliebschüssel,  ein  zerlegdeller. 

AUFHEBUNG,  f  mehrdeutig, 

1)  elevatio:  das  wesen  und  natur  des  gebets  sei  nicht  an- 
ders denn  ein  aufhebung  des  gemüts  oder  herzen  zu  gott. 
Luther  1,  69'. 

2)  erhebung  des  geldcs :  die  zehen  Vorsteher  sollen  mit  gan- 
zem vleisz  alle  zinse,  aufhebunge,  einkomen  und  schulde, 
beide  standbaftige  und  zufellige  manen  und  in  gemeinen  kästen 
einbringen.  Luther  2,  263*. 

3)  hcbung,  Steigerung:  dasz  gewerb  aufbebung  und  nahrung 
haben,  reichsabsch.  1518  §.  3. 

4)  aufliebung,  abschaffung:  aufhebung  der  .lesuiten,  der 
priesterehlosigkeit. 

5)  aufliebung,  Verneinung.'  Kant  6,  33. 

AUFHEFTELN,  difßbulare:  die  schnüre,  bänder  aufheftein. 
Maaler  33'  schreibt  auflieftlen  reßbulare. 

AUFHEFTEN,  affigere,  alligare.  in  den  alten  pferdebüchern 
vom  hochbinden  des  pferdes:  heft  es  auf,  das  es  sich  nit  legen 
kan.  Seüter  144 ;  geusz  es  dem  ^aul  ein,  hefte  ihn  auf,  gib 
ihm  in  sieben  stunden  nichts  zu  fressen  noch  zu  saufen. 
PiNTER'  416.  das  kleid  auflieften,  aufbinden,  rcplicare,  kürzer 
oder  länger  machen,  anheften  und  losheßen;  aufheften  das 
krenzelin.  Uhland  12.  Heule  zumal  einem  etwas  aufheften, 
centonem  sarcire:  man  konnte  nicht  lange  unter  den  Abde- 
riten  leben,  ohne  in  Versuchung  zu  gerathen  ihnen  etwas  auf- 
zuheften. VViELAND  19, 127 ;  was  für  beweggründe  konnte  der 
denvisch  haben,  ihm  so  viel  unsinniges  zeug  aufheften  zu 
wollen,  30,  270 ; 

was  hat  uns  der  lügner  nicht  alles 
aufgehenet!  Göthe40,  117; 

er  (Kant)  mochte  bemerkt  haben,  wie  anmaszend  und  nase- 
weis der  mensch  verfährt,  w  enn  er  ...  eine  grille,  die  ihm 
durchs  gehirn  läuft,  den  gegenständen  aufzuheften  trachtet. 
50,  56 ;  Plato  brauchte  einen  Schwätzer,  um  ihm  seine  grillen 
aufzuheften.  Klinger  12,  58  ;  sich  Wahrscheinlichkeit  für  gewis- 
heit  auflieften  lassen.  Kant  3,  402;  die  geidsorten  aussuchen 
und  die  falschen  heller  ausschieszen,  um  sie  handlangem 
und  tagelöhnern  aufzuheften?  Tieck  3,  81;  seit  jenem  ritt 
durch  feld  und  wald,  wo  ihr  mir  jenes  märchen  aufgeheftet. 
ges.  nov.  6,  318 ;  wir  suchen  dem  einzelnen  einen  allgemeinen 
sinn  aufzuheften.  Stonfc.  2, 124 ;  war  ich  nicht  gcnölhigt,  mei- 
ner heldin  wider  alle  Wahrscheinlichkeit  freundinneu  aufzu- 
heften ?  J.  Paul  Hesp.  3, 192. 

AUFHEITERN,  serenare,  exhilarare:  der  himincl,  das  wei- 
ter heitert  sich  auf;  die  geliebte  tochter  heitert  ihm  die  letz- 
ten tage  seines  umwölkten  lebens  auf; 

uiil  aiifgehciicrter  niione  . 

trat  er  zu  dem  Messias  uud  kiist  ihn.    Mess.  6,  78; 

geh  mein  söhn,  und  heitre  Selima  auf!  Klopst.  8,  21;  geh 
Kain,  und  heitre  dich  auf!  II,  165;  Theseus  eiuiuntert  ihn, 
sein  gesiebt  aufzuheutern  {so)  und  die  herabfallenden  thränen 
zurückzuhalten.  Lessing  4,237;  wie  du  immer  spasztcst  und 
mich  auflieitertest.  2,  486;  auch  alte  halb  erloschne  äugen 
heiterten  sich  beim  anblick  einer  so  zahlreichen  menge  junger 
schönen  auf.  VViei.and  2,  3t ;  Haroun  heiterte  sich  an  ihrem 
sanften  lächeln  auf  Klingkr  5, 175 ;  ich  merke  sehr  wol,  dasz 
mich  gcsellschuft  aufheitert.  Lichtenberg  1,  25;  seine  umwölkte 
Seele  begann  sich  aufzuheitern. 

AUFHEITKBUNG,  f  außlärung.  Wieland  6,  291. 

AUFHELFEN,  erigrre,  sublevare,  adminiculo  es.^e,  nnl.  op- 
helpen :  dem  strauchelnden,  grfallnen  in  die  höhe,  auf  die 
beine,  auf  die  knie  helfen:  wenn  du  deines  bruders  esel  oder 
ochsen  sihest  fallen  auf  dem  wege  . .  solt  im  aunieifeu.  5  Mos. 
32,  4;  du  aber  herr  sei  mir  gnedig  und  hilf  mir  auf.  ps.  4^ 


669 


AUFHELFER —ALFHILFE 


ALTHIMMELN— AUFHÖREN 


670 


11 ;  feilet  ir  einer,  so  hilft  im  sein  gesell  auf.  pred.  Sal.  4, 10 ; 
sie  ist  zu  boden  gestoszen  und  ist  niemand,  der  ir  auflielfe. 
Arnos  5,  2;  wer  wii  Jacob  wider  aufbelfen?  denn  er  ist  ja  ge- 
ringe. 7,  2 ;  er  hilft  seinem  diener  Israel  auf  {goth.  hleibida 
Israela  ))iumagu  seinamma).  Luc.  l,  54 ;  der  geist  hilft  nnsrer 
Schwachheit  auf.  Rom.  8,  26 ; 

führte  mich  von  frosl  und  arbeit  scbmaehlenden  heimwärts 
mit  aufhelfender  band.  Voss  Od.  14,  329 ; 

der  acteur  kann  hier  übertreiben,  so  viel  als  er  will,  weil 
die  Wahrscheinlichkeit  dadurch  mehr  aufgeholfen  als  verletzt 
wird.  Lessisg  4,  202 ;  wenn  ältere  geschwister  alsdann  für 
die  jüngeren  sorgen  und  das  haus  sich  in  sich  selbst  bedient 
und  aufhilft.  Göthe  17,  2S3;  und  kann  man  ein  exempel  auf- 
weisen, dasz  ein  einziger  kriimer  auch  nur  einen  einzigen 
handlanger  unter  seinen  mitbürgern  durch  seine  anlcitung  und 
einsieht  aufgeholfen  habe?  Moser p.  p/t.  1,  21.  nur  Lessixg  und 
Moser  gestalten  sich  hier  den  acc.  statt  d?s  dativs.    s.  helfen. 

AUFHELFER,  m.  adminiculator.  so  heisst  auch  ein  bett- 
quast,  an  dem  sich  kranke  aufrichten. 

AUFHELLEN,  eliquare,  illustrare,  unterschieden  von  aufhei- 
tern ifie  erhellen  von  erheitern  oder  wie  hell  ron  heiter  über- 
haupt, hell  ist  gegensalz  des  dunkeln,  heiter  des  umwölkten, 
der  himmel  erhellt  sich,  wenn  die  nacht,  erheitert  sich,  wenn 
das  gewülk  weicht;  lufl  und  tag  können  hell  oder  heiter  hei- 
szen,  das  wasser  nur  hell,  nicht  heiter,  das  trübe  oder  finstere 
wird  aufgehellt,  die  wölke  verscheucht,  vertrieben,  nicht  auf- 
geheitert, man  sagt  also:-  das  wasser  hellte  sich  nach  dem 
schütteln  wieder  auf;  der  wald  wurde  durch  ausgehauene 
günge  aufgehellt  i 

der  hügel  und  die  weide 

stehn  aufgehellt.    Hagedorn  3,  109  ; 

mein  verstand  verdunkelt  sich  immer  mehr  anstatt  sich  auf- 
zuhellen. Klinger  6,  231 ;    ein  dunkler  punkt  wird  aufgehellt ; 

auch  des  heileren  tags  weissagung 
hellet  den  trüben  mir  auf.  Klopst.  7,  37; 
bis  du  die  nebel  aufgehellt,  die  noch 
die  quelle  seines  bubeostückes  decken. 
Gotter  2,  248. 

AUFHELLUNG,  f.  aufklärung,  erleuchtung  : 

freies  sinns  aufhellung  gespnht  und  Wahrheit 
sonder  scheu.  Voss  3,  235; 

AUFHENKEN,  besteht  neben  aufhängen,  wie  anhenken  neben 
anhängen :  so  solchen  kindern  tuch  und  anderes  dergleichen, 
welches  sie  zu  gelt  machen  möchten,  aufgehenkt  würde.  Frankf. 
ref.  II.  11, 14 ; 

was  alt  und  scitznm  i^t  thust  du  ... 

in  dein  studierstübicin  aufhenken.    Weckr.  SOS; 

der  henkt  es  {das  geld)  einem  Italiäner  auf.  Weise  tT:n.  233 ; 
ein  groszes  glück  war  es  bei  unserm  unglück,  dasz  uns  der- 
selbe in  der  ersten  furie  nicht  gleich  aufhenken  liesz.  Fel- 
senb.  1,  7t. 

AUFHER  =  herauf,  im  16. 17  jh.  häufig,  z.  b.  H.  Sachs  IV. 
3,  lo';  den  ersten  fisch,  der  auflier  ferel,  den  nimm.  Matth. 
17,  27 ;  gsach  man  den  obresten  houptman  Laveter  unden 
durch  ein  matten  ufher  kommen.  Tno.  Pi.ater  79 ;  -  ist  aus 
dem  nieer  in  dieselbige  auflier  geschossen.  Fürer  fischb.  37'; 
secht,  ziecht  er  nit  schon  dort  aufher?    Atrer  130*. 

AUFHERSCHEN,  imperiose  praecipere,  clamare. 

AUFHETZEN ,  excitare  feras  cuiilibus.  irrilare,  nnl.  ophit- 
sen :  das  wild,  den  hasen  "mit  hunden  atiflietzen,  aufsprengen, 
ertehrecken.  dann  auch  einen  gegen  den  andern  feindlich  auf-  i 
heizen,  aufl>ringen :  die  misvergnügten  noch  mehr  aufzuhetzen. 
WiEi  AMD  7,  369;  ich  will  einen  spasz  daraus  machen,  dasz  er 
mich  auflielzen  wollte.  Schii.i.er  185";  die  klugen,  die  dich 
auflielzen,  fürchten  dich.  172';  da  bring  ich  den  schäfer,  der 
uns  alle  aufgeheizt  hat.  Tiec»  5,  401.    $.  heizen. 

AI'FHETZER,  excilator.  Fischart  Corg.  279'. 

AIFIIETZUNG,  f.  excilalio:  da  sein  geschrei  und  seine 
aunielziingen    einen    aufruhr   unter   dem    pöbel  verursachten. 

WiEI  ANÜ  6.  219. 

AUFHEULEN,  clamorem  tollere,  nnl.  ophuilen:  waisen  und 
wilwen,  unterdrückte,  geplagte  heulen  zu  ihm  auf.  Schiijer 
139';  heult  zum  mond  auf.  Gerstemb.  t/ji./iiio  f,2 ;  um  ihn  lie- 
fen die  kleinen  Ihiere  aufheulend.  Fr.  Ml'i  ler  «,  24. 

AUFHILFE,  s.  aufhülfe. 


AüFHIMMEL.N,  migrare  in  caelum.  Stieler  841.  nnl.  ophe- 
melen. 

AUFHIN  =  hinauf,  wider  aufhin  tragen.  Fret  garleng.  55*. 

AUFHISSEN,  ein  fremdes,  dem  plattdeutschen  uphissen,  dän. 
ophisse,  opheise,  schw.  uphissa,  diese  aber  dem  engl,  hoise, 
franz.  hausser  nachgebildetes  schi/ferwort,  das  man  erst  seit 
dem  letzten  jh.  ins  hochdeutsch  eingelassen  hat:  die  flagge, 
das  segel  aufhissen,  aufziehen,  aufspannen,  der  ausdruck  ist 
nicht  einmal  nnl.,  wo  man  richtiger  sagt  ophalen,  außolen. 
Wenn  aber  Berg.  Waldis  2,  30  reimt 

im  curs  sie  nach  Corintho  setzten, 
ir  segel  gegcm  wind  aufhetzten, 

vermischt  er  sogar  uphissen  mit  nnl.  ophilsen ;  richtig  unter- 
scheiden die  Dänen  zwischen  ophisse  und  ophidse. 

AUFHOCKEN,  intransitiv,  incubare,  in  Collum  dorsumve  alt- 
cujus  reptare,  Schweiz,  ufhocka:  hock  aufl  ruß  die  mutter 
dem  knäblein  zu,  das  sie  auf  sich  nehmen  will; 

bock  auf!  hier  in  die  bütte  rein.    Göthe  13,  79. 

transitiv,  einen  auf  sich  nehmen,  außocken  lassen:  der  ein- 
siedler  hockt  ihn  auf  und  trägt  ihn  in  die  hüUe;  er  habe 
die  fiTiu  aufgehockt,  sein  kamerade  den  söhn.  16,  292 ; 

er  eilt  zum  schwein,  nimmt  ab  den  trog, 
bockts  auf  und  fort  ins  weite.    Vo$$  6,  151. 

gegensatz  ist  abhocken,  vgl.  auflmcken  und  nnl.  huiken  und 
hurken,  sich  niederbücken  und  op  de  hurkjes  zitten.  ein  an- 
deies  aufhocken  bedeutet  die  garben  in  mandeln  setzen,  s.  hocke 
und  nnl.  hok. 

AUFHOCKER,  m.  incubo,  incubus:  hechsenreutige  mare- 
schrötlein,  aufhocker,  wichtelein,  erdmännlein.  Fischart  groszm. 
132;  ein  aufliocker.  Garg.  79*;  soll  auch  der  heut  verruft  Lu- 
ther von  eim  aufhocker  auszgeheckt  sein.  105';  komen  nicht 
die  Römer  von  geraubten  mütem?  die  Gölten,  wie  Jornandes 
hell,  von  aufhockem?  29*.  nicht  Gothen,  sondern  Hunnen  lei- 
tet Jornandes  cap.  24  von  aürunen  und  faunen  ab. 

AUFHOCKERN,  frequentativ  von  aufliocken.  Stieler  808. 
AUFHÖHEN,  elevare,  erhöhen,  nnl.  ophoogen,   nur  in  ein- 
geschränkler  anwendung :  die  erde  aufhöhen;  bei  mahlem,  die 
färbe,  die  lichter  auHiohen :  wie  man  auf  dunkelm  gründe  die 
lichter  aufliöht.  Göthe  43, 101,  nnl.  opklcuren. 

AUFHOLEN ,  höher  ziehen,  an  sich  ziehen,  nnl.  ophalen. 
ein  schifferwort  hol  auf!  zieh  das  boot  auf,  das  segel  auf  {vgl. 
aufhissen);  sonst,  etwas  aus  dem  wasser,  aus  dem  brunnen 
aufliolen.  auch  ein  alles  rechtswort:  ein  erklagt  liegend  gut 
mit  recht  aufliolen.  Frankf  ref  L  41, 11.  11.15,11;  andere  be- 
lege bei  Haltacs  79.  80,  der  es  erklärt  e.isecutione  judiciaria 
obtinere,  s.  auch  Oberlix  66. 

AUFHOLZ,  n.  nomen  loci.  Ubland  501.    nnl.  ophout. 
.\UFH0RCHEN,  auscullare,  arrigere  aures,  auflauschen,  bei 
Stieler  noch  fehlend,  bei  Frisch  1,  466'  aufgeführt :  hoch  auf- 
horchen ; 

und  ist  noch  irgend  ein  gröszrer, 
heiszerer  flach,  der  siebenfältig  Verwünschungen  hinströmt, 
dem  die  niitternacht  aufhorcht.     Klopst.  Hess.  6.  293; 
wallele  dann,  wie  ein  bach,  der  ftber  gegl.iitete  kiesel 
rinnt  durch  blumen  und  gras  und  umschatiungen,  wo  sich  die 

hirtin 
gerne  legt,  aufhorchend  im  lieblichen  träum  dem  gemurmel. 
Lutte  3,  804 ; 

ich  bin  gewohnt,  dasz  das  meer  aufliorcht,  wenn  ich  rede. 
Schiller  158*;  lassen  sie  hören,  sagte  Serlo,  ich  werde  ruhig 
aufliorchen,  aber  auch  desto  strenger  richten.  Göthe  19,160; 
(der  fürst)  darf  nur  aufhorchen,  wie  sie  ihn  um  gesinnungen, 
handlungen  und  thalen  lobpreisen,  die  man  andern  leuten  gar 
nicht  anrechnet.  Klinger  12,  5.    s.  horchen. 

.\UFH(IREN,  atlendere,  ohedire,  cessare,  desinere,  nnl.  op- 
hooren,  nach  deutschem  einflusz  auch  schw.  upliöra,  dän.  op- 
hüre.  das  goth.  ufliausjan  vTxaxoveiv  bleibt  aus  dem  spiel. 

1)  aufliören,  atlendere,  aufhorchen  ist  wenig  im  gebrauch: 
ein  andermal  must  du  feiner  aufliören ;  er  hörte  hoch  auf, 
als  ich  das  sagte;  wie  hörte  er  auf  bei  diesen  wortenl;  hör 
auf!  ausculta!   an  einigen  orten,  wie  horche!  ei  was  du  sagst! 

2)  für  die  desto  gangbarere  bedeutung  des  ablassens,  endi- 
gens  hat  man  eine  andere  würzet  gesucht  als  die  von  hören 
audire;  scheinbar  zunächst  läge  das  ahd.  gihirman,  mhd.  ge- 
hicmen,  mnl.  gehermen  quiescere,  subsislere.  doch  läszl  sich 
liören  audire  nicht  aufgeben,  obwnl  die  erklärung  Schwierig- 
keiten mitführt.  Wie  der  hörende  anhört,  <iM(/i<  ad  dominum, 
ihm   angehört,    (laL    mit  dem  sinne  des  auges  statt  des  okret 


671 


AUFHÖREN 


AUFHÖRLICH — AUFJAGEN 


672 


aufgefasxt,  spectat  ad  dominum) ;  ebenso  hört  er  auf,  atlendit 
ad  vocem,  paret  verbo,  verrichtet  das  gebotene,  tintcrläszt  das 
verbotene,  hör  auf!  desine!  Da  nun  hören  audire  und  hören 
(gehorchen)  obtemperare  zwei  momente  darbietet,  die  zusam- 
menfallen können,  mag  es  auch  hören  audire  und  aufliören, 
davon  ablassen ;  dieser  Vorstellung  zu  hülfe  kommt  aber,  dasz 
die  vihd.  spräche  der  partikel  gar  nicht  einmal  bedarf,  son- 
dern unser  aufhören,  cessare  durch  das  blosze  hören  aus- 
drückt : 

der  herzöge  hiej  dö  hoürcn.    Serra/.  2474 ; 

da  mite  was  da  gehoeret.    Er.  7550 ; 

geswigent  unde  hoereni  noch.    F(ore2511; 

vater,  hoere,  es  ist  genuoc.    Tübh.  Wli.  109'. 

folglich  musz  der  unterschied  der  bedeutungen  nicht  in  der 
partikel  auf  gelegen  sein,  sondern  jedes  der  beiden  Wörter,  hö- 
ren und  aufliören  sowol  audire  als  desinere  ausdrücken  kön- 
nen, jenachdem  sie  gehorsam  oder  Unterlassung  des  Verbots 
meinen. 

Auch  die  heutige  schweizerische  und  bairische  Volkssprache 
gebrauchen  noch  hören  für  aufhören:  nu  hör  einist  =  nun 
lasz  ab,  hör  auf;  er  cha  nit  höre  =  kann  nicht  ablassen, 
aufhören  (St.u.d.  1,  54) ;  hoir!  =  lasz  ab,  hör  auf  (Schm.  2,  233). 
dem  haupleindruck  nach  stimmt  das  zu  dem  hören  =  gehor- 
chen anderer  gegenden :  das  kind  will  gar  nicht  hören  =  nicht 
gehorchen,  denn  wenn  es  gehorcht,  Idszt  es  vom  vcrbotnen  ab. 

Befremden  kann  also  nicht,    dasz  hin  und  wieder  schon   im 
mhd.  die  partikel  üf  neben  hoeren,   ganz   im  heutigen  sinne, 
erscheint : 
'    hör  üf,  hör  üf  unde  erwint!    pass.  188,  42; 

nu  heij  den  Riujen  üf  hceren,  ir  liabet  gnuoc  gestriten! 
Urtnit  herawg.  von  Ettm.  s.  68  ; 

die  erste  stelle  läszt  sich  übersetzen,  wie  man  will,  audi,  audi 
atque  cessa  oder  desine,  desine  atquc  cessa,  in  dem  erwinden 
wird  das  aufliören  vollends  deutlich;  die  andere,  jubc,  Russus 
cesset  {oder  oblemperct),  affatim  pugnaslis,  und  in  der  aus 
TiJRH.  Wh.  angezognen  stelle  lautet  es  gerade  so  es  ist  genuoc, 
durch  welche  genuoc  die  nothw endigkeil  des  ablassens  bedingt 
erscheint. 

Wie  man  nun  die  partikel  selbst  fasse,  als  adv.  sursum, 
oder  vielleicht  noch  als  praeposition,  mit  weggefallncm  subsl. 
das  wort;  im  verlauf  der  zeit  setzte  sich,  bei  dem  häufigen  ge- 
brauch des  ausdrucks,  die  bedeutung  cessare,  desinere  fest, 
ohne  dasz  ein  vernommnes  gebot  oder  verbot  vorauszugehn 
brauchte,  ungefähr  wie  uns  heule  angehörig  und  angehören 
verpflichtet  und  verbunden  sein,  ganz  ohne  die  sinnliche  Vor- 
stellung von  hören,  bezeichnen.  Ja  frühe  schon,  nach  ausweis 
von  Er.  7550,  musz  dies  hören  und  aufliören  für  Unterlassun- 
gen gegolten  haben,  denen  gar  kein  verbot  vorausgieng :  an 
dem  elfenbein  stand  eingegraben,  wie  der  krieg  begann,  Troja 
eingenommen  und  zerstört  wurde,  weiter  nichts  =  damit  war 
da  aufgehört;  oder  will  man  deuten:  da  war  kein  räum  mehr, 
und  geboten  aufzuhören  ?  heute  aber  lassen  wir  auch  ganz 
unwillkürliche  thätigkeiten  aufhören  und  zu  ende  gehn:  das 
Wasser  hört  auf  zu  rinnen ;  der  puls  hat  aufgehört,  schlägt 
nicht  mehr;  das  glockengeläutc  hört  auf,  verstummt;  das 
Schauspiel  hörte  spiit  auf;  es  hört  auf  zu  regnen,  der  regen 
läszt  ab;  lauter  fälle,  in  welchen  die  eintretende  intermission 
nicht  mehr  aus  einem  gehorchen  verstanden  werden  kann,  nie 
bei  dem  kind,  das  zu  weinen,  dem  krieger,  der  zu  kümpfen 
aufliört.  dennoch  musz  das  aufliören  zweiter  potenz,  das 
blosze  zu  ende  gehn  nachgebildet  sein  dem  aufhören  erster 
potenz,  dem  gehorchen  und  folge  leisten,  denn  wie  wollte  man 
es  sonst  begreifen? 

Belege  für  dieses  nhd.  aufliören  ergeben  sich  bei  Luther 
allenthalben:  solange  die  erden  stehet,  so!  nicht  aufhören 
Samen  und  ernd,  frost  und  hitz,  sonimer  und  winler,  tag 
und  naclit.  l  Mos.  8,  22  (wo  nnl.  ophouden,  nicht  ophooren); 
also  zerstrcwet  sie  der  herr  in  alle  lender,  das  sie  niustcn 
aufliören  {nnl.  ophouden)  die  stat  zu  hawcn.  11,8;  und  er 
höret  auf  {nnl.  hielt  op)  niil  im  zu  reden.  17,  22 ;  und  hö- 
ret auf  {nnl.  hielt  op)  kinder  zu  gcbereii.  2!t,  35;  wil  icli 
meine  hende  ausbreiten,  so  wird  der  donner  aufliören  {nnl. 
aflaten).  2  Mos.  9,  29 ;  höre  auf  von  mir  {vulq.  parce  mihi, 
nnl.  hout  op  van  mij).  Hiobl,  Ifi;  und  als  er  hatte  aufgeiiö- 
rct  {nnl.  als  hij  afliet)  zu  reden.    Luc.  5,  4. 

Luther  fügte  aber  den  inf.  mit  der  praep.  zu  dabei,  andere 
tehriftsleller  des  iü  jh.  den   bloszen   inf.    ohne    zu :    aufliören 


weinen,  leid  tragen,  elugere.  Maaler  34" ;  nit  aufhören  arbei- 
ten, non  cessare  in  opere;  aufhören  hoffieren.  seh.  u.  e.  bl. 
204;  das  möhr  {meer)  hört  nit  uf  wüten.  288;  so  stirbt  er, 
so  er  nicht  aufhört  baden.  Tiiurneisser  von  wassern  102.  viel- 
leicht entsprang  dieser  inf  aus  dem  gen.  des  gerundiums,  denn 
man  findet  auch :  der  tod  macht  Sterbens  hören  auf.  Sciiwar- 
ZENBERG151';  bort  auf  fragens,  und  gebt  mir  gelt,  fastn.  sp 
501, 14 ;  wölt  gott,  das  er  nimer  aufliöret  des  regens  {pluendi). 
Boccaz  109 ;  er  ziiljand  seins  klopfen  (=  klopfens,  pulsandi) 
aufhört.  126 ;  und  dazu  stimmt  der  mhd.  gen.  er  liicj  hören 
der  marter  {cessare  martyrium) ;  wil  si  des  niht  hören  {davon 
nicht  ablassen).  Ben.  713'. 

Hier  noch  einige  bcispiele  des  nhd.  aufliörens:  demselben 
(ammeister)  klopft  man,  wan  er  anfangen  soll,  es  wer  auch 
gut,  dasz  man  im  klopft,  wan  er  aufhören  soll.  Garg.  241"; 
hör  uf,  du  hast  wol  gedienet  {es  ist  genug  damit),  weisth. 
3,  513 ;  hören  sie  nur  auf  damit,  ich  mag  sie  nicht.  Lessinc 
1,299;  hören  sie  auf  graf!  Schiller  170';  nun  hört  alles  auf, 
nun  ist  alles  vorbei. 

AUFHÖHLICH,  cessans:  ich  hab  das  ewig  leben  nit  für 
aufliörlich,  sondern  für  ewig  gehalten.  Frank  chron.  430*.  heute 
auszer  gebrauch,   unaufliörlich  aber  dauert  fori. 

AUFHÖRüNG,  cessalio:  derlialb  des  wischens,  weschens, 
fegens,  kerens  kein  aufhörung  bei  in  {den  Türken)  ist.  Frank 
weltb.  104';  das  mit  aufhörung  des  Vorbilds  die  warheit  in 
der  weit  offenbart  den  sieg  behielte.  Reiszner  Jer.  2,  176'; 
nach  aufliörung  des  menschlichen  lebens.    Kant  2,  319. 

AUFHOTZELN,  scheint  frequentativ  von  aufliockcn,  wie  an- 
gutzen  von  angucken:  darumb  liotzelt  der  ein  hernider,  das 
der  ander  aufhotzel  wider.  Garg.  45'. 

AUFHUCKELN,  derselben  bedeutung :  dasz  er  (rfer  (od)  gleich 
kommen  und  ilimc  aufliuckeln  werde.  Simpl.  1,  47. 

AUFHUCKEN,  was  aufhocken :  und  weil  das  calcschgcn  nicht 
übrig  grosz,  muste  sie  bisweilen  zu  fusz  nachlaufen,  bis- 
weilen huckte  sie  hinten  auf,  so  gut  sie  kunte.  Weise  kl 
leute  165. 

AUFHÜGELN,  elevare,  acervare,  außöhen:  ihr  habt  einen 
ehrenberg  mit  Verdiensten  aufgebügelt,  von  Birken  OL.  355. 

AUFHÜLFE,  f  elevalio. 

AUFHÜLLEN,  detegere,  revclare,  enthüllen: 

die  götlcr  hüllen  es  durch  Ihaten  auf.    C.  F.  Weisze  ; 

liüllt  er  sein  aiitlitz 
gegen  Gabriel  auf.  Klopst.  Mess.  6,  16; 

was  ich  mit  schweigen  bedeckie, 
hüllet  der  ausgang  auf.  6,332; 

die  meisten  häuser  in  den  beiden  aufgehülleten  straszen  der 
Stadt  scheinen  handwerkern  gehört  zu  haben.  Stoluerc  8,  79. 
AUFHÜPFEN,  exsilire,  aufspringen,  nnl.  ophuppelen :  und 
meinest,  Christus  habs  {das  sacrament)  umb  deinen  willen 
geordnet  und  solle  dir  allein  aufliüpfen,  und  seinen  leib  und 
blut  wandeln  lassen,  so  du  doch  nicht  sein  glied,  sondern 
sein  feind  bist.  Luther  6,  83'; 

ich  lät  mich  eins  zuo  einer  laden, 

die  mich  ir  lag  nie  hat  erkent. 

do  sie  mir  nit  aufhüpft  behent  {niciU  entg.  sprang), 

wolt  mich  ir  gleich  nit  mehr  gelangen. 

fastn.  sp.  283,  25 ; 

der  pfaf  erschrack,  das  er  aufliunft  (auffuhr). 

II.  Sachs  II.  4,  92«; 
wenn  du  wilt,  musz  ich  dir  autlnipfcn, 
du  wirst  mich  noch  brüen  und  zupfen.    AtnKR325"; 

hupf  auf,  Presinger!  Iiupf  Lipp  in  den  klee!  Garg.  89*.  vgL 
Uhland  507 ;  unter  den  spielen  führt  Fisciiart  »'  17  an :  hupf 
auf,  dupf  auf;  hupfauf  ist  der  namc  eines  tanzes  und  Mathis 
Hupfuf  hicsz  ein  Straszburger  buchdrucker  1498.  1499 ;  man- 
sagt:  das  herz  hüpft  mir  vor  freude  im  leib  auf;  der  mensch 
hüpft(!  vor  ireudeii  auf;  man  wird  ihm  nicht  gleich  aufhüpfen, 
zu  willen  sein;  das  wasscr  hüpft  im  kcsscl  auf; 

und  dem  gehöhlelcn  selilund  cnlrauscbt  aiinnipfendf.s  wasscr. 

Voss ; 
dasz  ich  liiillc   aufliüpfen    und    sie    umarmen    mögen.    Göthh 
27,275;  schrie  aus  lang  gemarterter  brüst  so  heftig  auf,  dasz 
der   kandidal    wie    vor    nahem   tudscblag   aufliüpfle.    J.  Paul 
flegelj.  1,  78.    vgl.  aufspringen. 

AUFIIUSTEN,  eromere  tussiendo:  der  kranke  konnte  den 
schleim  von  der  brüst  nicht  mehr  aufliuslen. 

AUFJAGEN,   vcnando    excitare,    nnl.  opjageii,    aufsprengen: 

mein  lieber  weidinann,  sag  mir  an. 

was  hast  du  dem  cduin  hiisch  zu  leid  gothnn  ? 


673 


AUFJA5IMERN— AÜFKETZERN 


AUFKICHERN — AUFKLÄRUNG 


674 


das  will  ich  dir  wol  sagen,  aus  rriscbem  freien  mut 
hab  ich  ihn  aufgejagt  den  edlen  hirsch  gut 
mit  meinem  leithund.  weiilspr.  49; 

hasen  aufjagen,  erschrecken;  aufgejagte  gemsen,  rebhüner; 
von  einer  edeln  art  pferde,  die,  wenn  sie  schrecklich  erhitzt 
und  aufgejagt  sind,  sich  selbst  aus  instinct  eine  ader  auf- 
berszen.  Göthe  16,  108 ; 

die  herren  kennen  kein  behaecn, 

als  ewig  fehler  aufzujagen.     Gotter  1,  452; 

liebe  schwelgerisch  aufjagend.  J.  Paul  TU.  2, 126. 
ALTJAM.MERN,  ejulare:  laut  aufjammern. 
AL  FJ.\UCHZEN,  ;uWare,  cxclamare:  aufjauchzend  vor  lust. 
s.  aufjuchen. 

AUFJOCHEN,  jugum  imponere,  nnl.  opjukken. 
AUFJUDELN,  juhilare. 

AUFJLCHE.N,  exsuUare,  juhilare,  aufjauchzen.  Keisersberg 
hat  ufjucken :  die  forcht  des  herren  ist  glori  und  glorierung, 
fröid  und  die  krön  des  frölichen  ufjuckens.  parad.  der  See- 
len 116;  und  mein  secl  wird  ufjucken  in  gott.  121.  Schweiz. 
uQocka,  ufjucka  aufspringen.  Tobler  431';  aus  dem  schlaf 
oder  bett  schnell  aufjucken,  e  sovmo  corripere  corpus.  Mak- 
ler 34".  Wurzel  ist  das  goth.  jiukan  siegen,  also  Urbedeu- 
tung Siegesgeschrei  erheben,  aufjauchzen,  aufjubeln,  vgl. H.kzpt 
&,  6 — 8.  jucken,  atifspringen  der  haut  könnte  verwandt  sein, 
s.  jucken  und  das  folgende. 

AUFJUCKE.N,  scalpere  culem,  die  haut  aufreiben,   s. jucken 
AUFJUCKUNG,  f  attritus.    Maaler  34*. 
AUFKÄMMEN,  repectere,    sursum  pectere,    nnl.   opkammen, 
in  die  hohe  kämmen. 

AUFKAPPEN,    nnl.  opkappen,    die  kappe  öfnen  und  setzen. 
AUFKARREN,  mit  dem  karren  auffahren,  anfahren. 
AUFKAUEN,    commandere,    nnl.  opkaauwen :    das  brot  auf- 
kauen.    Stieler  936  hat  auch  aufkaubem,  dem  doch  verbrei- 
teter  gebrauch    und    beglaubigung    abgehn.     adelspatent,    das 
motten  fast  aufgekäuel  hatten,    j.  Paul  uns.  löge  l,  23. 
AUFKAUF,  m.  coemtio,  nnl.  opkoop. 
AUFKAUFEN,     coemere:    kom,    getraide,    obst    aufkaufen; 
alles  fleisch  aufkaufen.  Schiller  107'.     in  der  gerichtssprache, 
einen   sprach,    ein   urteil,    ein   neu   recht    aufkaufen.    Ober- 
iix  66. 

AUFKÄUFER,  m.  coemtor,  propola. 

AUFKEGELN,  ein  fcuerwerkerausdruck,  kanonenkugeln,  gra- 
naten  aufkegeln,  in  kegelförmigen  häufen  aufsetzen. 

AUFKEHREN,  conrcnere:  wir  wollen  Genua  zusammen- 
schmeiszen,  dasz  man  die  gesetze  mit  dem  besen  aufkehren 
kann.    Schiller  163'. 

AUFKEHREN,  sursum  vertere,  aufschlagen:  den  hut  auf- 
kehren, in  die  höhe  wenden. 

AI  FKEHRICHT,  n.  purgamentum.  imbergwerk,  abspringen- 
des gekrätz. 

AUFKEILEN,  cuneis  aperire. 
AUFKEIME.N,  pullulare,  germinare,  nnl.  opkijmea. 
denn  bei  uns,  was  vegetieret, 
alles  keimt  getrocknet  auf.    Götue  1,  162; 
80  wie  auch  in  ihm  eine  stille    neigung   gegen   sie   aufzukei- 
men anüeng.    18,  2S5;  Scrlo,  der  auf  jede  spur  eines  aufkei- 
menden latentes  zu  achten  gewohnt   war,    suchte    sie    aufzu- 
muntern.   19,139;    eine    aufkeimende    leidenschaft.     25,302; 
darum  soll  dieser  Wahnsinn  vertilgt    werden,    um   nie   wieder 
aufzukeimen.    Kli.ncer  6,  353. 

AlFKEIMEN,  n.  beginn,  werden:  mein  vater  erfüllte  mein 
iinerfahrnes  herz  mit  dem  glänzenden  wahn  der  weit,  von 
dem  augenblick  meines  aufkeimen«.  Klincer  4, 118. 

AUFKEl.MUNG,  /".  vor  der  frühesten  aufkeimung  des  mensch- 
lichen vernunftvemiögens.    Kant  7,  314. 

AUF  KEINEN,  findi,  dissilire,  crcpare.  rocab.  1482.  mhd.  ü[ 
kinen.  Keisersberg  von  Judas:  und  der  hat  neiszwen  beses- 
sen den  acker  von  dem  Ion  di-r  bosheil,  und  do  er  erhenkt 
ist  gesin,  do  ist  er  mitten  ufgekuinen  (für  gekinen,  wie  oben 
aufgunen  für  aiifginen)  und  ist  herusz  geloufen  alles  das  in 
im  gewesen  ist.  pnst.  3,  27.  über  kinen  kein,  ginen  gein 
hiare,  findi  s.  Hauw  8,  19. 

AUFKERBEN,  incidere,  einschneiden,  nnl.  opkervcn: 
ja  schaut  itn    dnsr  er  nicht  nur  bliii  von  wunden  schwüret, 
die  eure  sunde  schl.Tgt  und  euer  grimm  niinicrbt. 

I.OHK>sT.  geisit.  ijeil.  i;iO,  19. 
ACFKETZEHN,    bergmännisch,    eine  wand  aufkclzcm,    auf- 
keilen,   aufspalten,    außrcibrn,    zrrslufen.     dies   wnrt    hat   mit 
ketzer  und  verketzern    keine   Verwandtschaft,    sondern    scheint 


frequentativ   von    ketschen   {was   man   sehe),    besser    also   zu 
schreiben  aufketschern. 

AUFKICHERN,  auflachen,    s.  kichern. 

AUP'KIPPEN,  nnl.  opkippen,  in  die  höhe  schnellen,  auffah- 
ren, zumal  vom  wagcbalken.  kein  hochd.  wort,  wofür  man 
besser  sagt  aufschnellen,    s.  aufküpfen. 

AUFKIRCHE,  f.  hochgelegne  kirche,  zu  folgern  aus  dem  dorf- 
namen  Aufkirchen,  vgl.  iifchirche  nomen  villae  in  La.vcs  re- 
gesten  2,  34  (a.  1209). 

AUFKITZELN,  titillando  excitare: 

die  seichte  kunst  m  witzein. 
und  die  noch  seichtere,  begierden  aufzukitzeln.    Alxincer. 

AUFKLÄFFE.N,    hiare,  nicht  mehr  als  das  einfache  klafTen : 

klaffe  auf  sein  herz  nach  einer  Unendlichkeit.    J.  Paul  /leaeli. 

I,  144.  ^  •' 

AUFKLAFTER.N,    forstmännisch,    holz  aufklaftern,    in  klaf 

lern  setzen. 

AUFKLAGEN,  ejulare,  aufjammern. 

AlFKLAMMERN,  compage  firmare,  nnl.  opklampen,  mit 
klammern  festigen,  gleichviel  mit  anklammem. 

AUFKLANG,  m.  concentus :  die  schönen  naturfeste  bedür- 
fen keines  aufklangs.    Hippel  7, 173. 

AUFKLAPPEN,  crepare,  scindi,  aufspringen:  die  kiste  klappt 
auf.  nnl.  opklappen,  auch  mit  der  uneigentlichen  bedeutung, 
langes  schweigen  brechen,  transitiv,  replicare,  in  die  höhe 
befestigen,  den  tisch,  den  hut  aufklappen,  in  beiden  gestal- 
ten forderte  die  hocJid..  mundart  ein  pf  ßr  pp,  und  man  hört 
auch  zuweilen  aufklopfen. 

AUFKLÄRE.N.    die   romanischen  sprachen  unterscheiden  zart 
zwei  reihen  1)  «7.  chiarire,    sp.  clarecer,   prov.    clarzir;   franz. 
claircir  erloschen.     2)  »7.  chiarare,   sp.  clarear,  prov.  clareiar; 
franz.  clairer   erloschen,     wiederum  1)  it.  schiarire,    sp.  escla- 
recer,  prov.  esclaizir,  /"rdn:.  cclaircir;  2)  «7.  schiarare,  sp.  escla- 
rear,    prov.  esclareiar,    fraiiz.  eclairer.     die   erste   reihe   weist 
(luf  lal.  clarescere,  die  zweite  auf  ciarare,  jene  sollte  intrans- 
itiv,   diese   transitiv  geblieben  sein,  doch  mischen  sich  die  be- 
deulungen.     unser  aufklaren,  wie  das  nnl.  opklaren,  beide  im- 
mer transitiv,  entsprechen  mehr  dem  schiarare,  eclairer  als  dem 
schiarire,  cclaircir,    welchen   vorzugsweise  die  sinnliche  bedeu- 
tung des  hellen  und  heiteren  gebülirl  (s.  aufliellcn,  aufheitern), 
während   schiarare    und    eclairer  in  abstradionen  übergiaigen, 
doch  mit  mancher  aitsnahmc.    in  einem kirchengesang  heiszt  es: 
horr  der  schönen  himmeislichter, 
kläre  deinen  himmel  auf.' 
ir  seid  noch  immer  dal  nein  das  ist  unerhört, 
verschwindet  doch  !  wir  haben  ja  aufgeklärt. 
Göthe  12,217; 
eine  dunkle  stelle,  ein  rätsei  aufklären;   das   geheimniä   auf- 
klären;   das  Volk,   die   leute   sollen    aufgeklärt  werden;    auf- 
geklärte Zeiten;  ein  aufgeklärteres  Jahrhundert,     was    die  ge- 
genstünde an  sich   selbst  sein  mögen,    würde  uns  durch  die 
aufgeklärteste  erkenntnis  der  erscheinungen  niemals   bekannt 
werden.    Kant  2,  78. 

o  laszt  mich  doch  bei  meiner  bibel, 
laszt  mich  in  meiner  dunkelheil, 
denn  ohne  horniing  wird  mir  übel 
bei  dieser  aufgcklnHen  zeit, 
und  ohne  horriung  hin  ich  hier 
ein  elend  aufgeklärtes  ihier.    wunderliorn  3.  169. 
Intransitivbedeulung  umschreiben  wir  mit  sich:   der  himmel, 
das    Wetter    klärt    sich    auf;    und    nun    genug    davon,    heute 
schenke    dich    mir,    komm    kläre    dich    auf  (mi7/e  jam  islaec, 
da   te   hodie   mihi,    exporge  frontetn).    Lessinc,  7,  323;    wenn 
man  diesen  begrif  festhält,    wird    man  sich  über  einen  selte- 
nen und  seltsamen  mann  am  ersten  aufklaren.   Göthe  48,  142. 
AUFKLÄRER,    m.    man    sehe  die  finslerlinge  gegen  aufklä- 
rung  und  aufklärer  sich    erheben.    Wieijind  29,  23;    sich    zu 
aufklärcrn  des  haufens  aufwerfen.  Klinger  8.  304. 

AUFKLÄREREI,  f.  anfklärung?  nein  aufklärerei.  Voss  6, 
228;  auch  mochte  vielleicht  jener  philosoph  einigen  wolgc- 
fallen  an  der  aullvlärerei  der  (allgein.  deutsch.)  bibliothekare 
gefunden  und  geäuszert  haben.  Fichte  Sicolais  leben  37;  so 
war  ihm  (Lessing)  die  aufklärBci  und  der  neologismus  in 
der  theologie,  wie  er  in  der  d.  b.  getrieben  wurde,  ein  wah- 
rer greuel.  99. 

AUFKLARUNG,  f.  aufklärung  ist  die  maxime  jederzeit  selbst 
zu  denken.  Kant  1,136;  befreiung  vom  aberglauben  heiszt  auf- 
klärung, weil,  ohschon  diese  benennung  auch  der  befreiung 
von  vorurliieilen  ülierhoupt  zukommt,  jener  doch  vorzugs- 
weise   ein    vorurlheil    genannt    zu    werden    verdient.    7,  153; 

43 


675    AUFKLATSCHEN— AUFKLINKEN 


AUFKLIRBEN  —  AUFKNÖPFEN 


676 


man  spricht  viel  von  aufklärung  und  wünscht  mehr  licht, 
mein  golf,  was  hilft  aber  alles  licht,  wenn  die  leute  entwe- 
der keine  äugen  haben,  oder  die,  welche  sie  haben,  vorsätz- 
lich verschlieszen.  Lichte.mierg  1,  201.  auch  nur  aufschlusz, 
crklärung:  kannst  du  mir  aufklärung  geben? 

AUFKLATSCHEN,  cum  strepitu  cadere:  der  regen  klatscht  auf. 
AUFKLAUBEN,  rostroj  digitis  legere,  glubere,  Schweiz,  uf- 
chluba:  Vögel  klauben  die  körner  auf;  im  walde  beeren, 
pilze  aufklauben;  würmlein,  welche  wir  {der  kukuk  spricht) 
hin  und  wider  von  den  bäumen  und  ästen  aufklauben.  Kirch- 
hof wcndunm.  86' ; 

den  (bauern)  schluogen  si  allzumal 
ire  tcnke  pnin  ab, 

die  ich  aufgeklaubet  hab.    fastn.  sp.  442,  32.  36; 
wann  klaubten  sie  all  brügel  auf, 
gar  bald  würd  unser  auch  ein  häuf. 
SoiTAU  volksl.  240. 
abslract,  passim  colligere:    wiewol    aber    die    arzt  ihre  kunst 
und  lehr  aufklauben  von  hadern  und  scherern,  die  doch  kei- 
ner werschaft  sind.    Paracelsüs  1,  85S'; 
wer  leut  fatzen  wil 
musz  falzwerk  wider  aufklauben.    A.\Rv.n  fasln,  sp.  104'; 

wird  durch  deine  leut  ein  ding  nicht  aufgeklaubt, 
so  ist  doch  Volk  genung,  das  für  und  auf  sie  raubt. 
Opitz  1,  106; 
die  kirchen  sind  beraubt, 
die  cammern  sind  erschöpft,  das  gold  ist  aufgeklaubt. 

3,  268 ; 
und  wann  sie  sich  genug  peraubct 
und  alles  sauber  aufgeklaubet.    Simpl.  1,  15; 

eine  seele,   die   beweissteilen   in    der  bibel  aufklaubt.    Götiie 
33,   92 ;    von   allen    Schimmelwäldchen  der  philosophen  klau- 
ben sich  die  theologen  die  abgefallenen  lesefriichle  auf.  J.  Paul 
flegelj.  2,  50;    wo    er  nur  das  alles  aufgeklaubt  hat? 
AUFKLEBEN,  nnl.  opkleven,  s.  aufkleiben, . 

1)  intransitiv  adhaerere,  ankleben:  das  pflaster  klebt  fest 
auf;  der  mensch  klebt  auf,  weicht  nicht  von  der  stelle. 

2)  transitiv  agglutinare :  Steinschaber  und  münzgaffer,  die 
auch  ein  gebuckleten  Schröter  (kdfer)  für  ein  antiquitel  auf- 
lieben und  jedes  misgewächs  aufkleben.  Garg.  33';  aber  der 
minister  haszte  dies  tödlich,  und  klebte  allen  politischen 
freidenkern  den  namen  Jakobiner  auf.  J.  Palt.  Hesp.  2,  155; 
alles  der  schenke  aufgeklebte  lob.    leuf.pap.  1,143. 

AUFKLECKEN,  in  verschiedncm  sinn, 

1)  intransitiv  ßndi,  frangi,  rumpi,  aufschellen,  zerschellen  : 
das  ei  kleckt  auf;  ein  knochen,  bein  kleckt  auf,  bricht:  ich 
nennen  aber  disz  einen  klcckbruch,  wann  durch  stoszen, 
schlagen,  werfen  oder  fallen  einem  an  eim  schenke!  oder 
andern  glied  ein  rhören  zerknelt  und  auflcleckct,  welches  auf- 
klecken  kein  rechter  bruch  ist,  sondern  nur  ein  spalt  oderrisz. 
WüRTZ  wundarzn.  256.  aufklecken  fatiscere,  hiscere.  Maaler  34'. 

2)  transitiv,  etwas  außropfen,  fallen  machen :  dinte,  schmutz 
aufklecken,   aspergcrc. 

AUFKLEIBEN,  gleichviel  mit  aufkleben. 

AUFKLEISTERN,  mit  kleister  aufragen,  befestigen. 

AUFKLEMMEN,  premendo  aperire:  die  thür  aufklemmen; 
ich  glaube,  der  bock  hiitle  sie  idie  slube)  sonst  mit  seinen 
hörnern  aufgeklemmt.  Bettine /ojeft.  167;  einen  markknochen 
mit  dem  messer  aufklemmen. 

AUFKF.,ETTERN,  sursum  scandere,  nnl.  opklauteren :  auf- 
kletlernde  ziegcn. 

AUFKLIEBEN,  findere,  nnl.  opklieven,  mhd.  üf  klieben. 
Parz.  hdG,  10.    vgl.  aufklauben. 

AUFKLIMMEN,  enili,  nnl.  opkiimmen :  ftfklimmcn  in  goL 
OnERi.iN  67 ;  lioiie  mawrcn,  wäll  aufklimmen.  KiRrinioF  mil. 
disc.  187 ;  nachdem  wir  etwa  zwei  stunden  mit  unendlicher 
mühe  und  beschwcrde  aufgeklimmt  {besser,  aufgcklomnien) 
waren,  gelangten  wir  an  den  rand  des  kraters.  Götiie  37,  2ü8. 

AUFKLI.MPEHN,  fidibus  stridere,  ein  stück  aufkiimpcrn, 
herklimpem. 

AUFKLINKEN,  fores  pandere,  durch  druck  auf  die  klinke 
vfnen:  so  klinke  ich  die  slubenthüre  auf.  causenmacher  6G; 
er  solle  nur  umb  eilf  uhr  an  die  hausthür  kommen,  auf- 
klinken, pol.  maulaffe  .39  ;      •'* 

und  vor  der  llifiro  will  er  nicht  sein, 

da  klinkt  er  auf,  tritt  ein  so  schnell. 
GöTiiK  2,  304; 
da  kam  mir  eine  thür,  die  dunkelheil  benutzend,    so  schnell 
entgegen,    das  ich  tinniOgiicii  ausweichen  konnte,    ich    klinke 
auf.    TiECK  gcs.  nov.  2,  204.     in  diesen  stellen  ist  das  ■u'ort  von 
lebendiger  Wirkung,     andern  .sinn  hat  das  nnl.  opkiinken. 


AUFKLIRREN,  crepitando  pandi: 

horch,  die  kirchenthüre  brauset 
und  die  ehrnen  angeln  klirren  auf.    Schcbart. 

AUFKLOPFEN,  pulsare,  nnl.  opkloppen, 

1)  intransitiv:  das  hochaufklopfende  herz. 

2)  transitiv :  nüsse,  eier  aufklopfen ;  ich  kan  sie  {die  eier) 
auch  wol  rho,  ungeschelet  und  unaufgeklopft  essen.  Garg. 
228'.  früher  auch  im  sinne  des  heutigen  den  feind  schlagen : 
hat  er  in  einem  streifen  in  das  culmische  land  alles  verhee- 
ret und  bei  600  mann  von  des  ordens  volk  aufgeklopfet. 
MicRÄLius  d.  P.  2,  281. 

AUFKNACKEN,  nuccs  frangere:  Philine,  auf  ihrem  koffer 
sitzend,  knackte  nüsse  auf.  Göthe  19,  54.  davon  überhaupt, 
etwas  hartes  vfnen:  gut  gesagt,  rief  der  rathsherr.  knacken 
sie  das  auf,  herr  Democritl  Wieland  19,  54 ;  eine  harte  nusz 
aufzuknacken  geben,  schwere  fragen  vorlegen. 

AtlFKNALLEN,  cum  fragore  rumpi :  ein  pulverwagen  knallte 
auf.  auch  wol  transitiv,  im  sinne  von  verknallen:  pulver  in 
die  luft  aufknallen,   besser,    aufknallen  lassen,    s.  aufknellen. 

AUFKNAPPEN,  cffringere  nuces,  aufknacken,  aber  auch  in- 
transitiv aufspringen,  aufschnappen,  H.  Sachs  III,  2,  28l'  von 
einer  dürren  haut: 

die  knappet  auf  an  allem  «rt. 

AUFKNAPPERN,  frequentativ  des  vorigen:  der  finke  knap- 
perl  den  hanfsamen  auf. 

AUFKNARPELN,  morsicare:  körner  aufknarpeln. 

AUFKNARREN,  cum  fragore  aperiri:  die  Ihüren,  wände 
knarren  auf. 

AUFKNATTERN,  sursum  crepitare,  zumal  vom  geräusch  pras- 
selnder flamme  oder  auffahrender  rebhüner:  rebhüner\ölker 
knattern  wie  rakelen  auf.  J.  Paul  biogr.  bei.  1,  8;  wenn  aus 
einem  halbtodten  pianissimo  plötzlich  ein  fortissimo,  wie  ein 
rebhun,  aufknattert,  flegelj.  2,  87;  das  feuer  knattert  auf. 
s.  aufkniltern.  aufprasseln. 

AUFKNAUPELN,  was  abknaupeln. 

AUFKNEBELN,  solvcre,  das  geknebelte  lösen. 

AUFKNELLEN,  disrumpi:  si  bläen  sich  solang  bisz  si  auf- 
knellen. Keisersb.  sieben  schw.  mhd.  geht  knellen  knal  cre- 
pitare stark,     s.  zerkncllen  und  Schm.  2,  373. 

AUFKNEUFELN,  gehört  zu  knauf  und  knüpfen,  stimmt  also 
mit  der  bedeutung  von  aufknüpfen,  Schm.  2,  372  hat  aufknäfeln 
für  auflinöpfen.  der  Gemser  sol  versuchen,  ob  er  dir  künd 
die  obren  aufkneufcin  {aufrichten,  aufmerksam  machen).  Lu- 
ther 3,  67' ;  da  must  man  (den  bauern)  die  obren  aufkneufeln 
mit  büchsensteinen,  das  die  köpfe  in  der  luft  Sprüngen.  3,  142'; 

du  weist,  sie  ist  ein  böser  teufel, 
die  dich  sonst  ubertng  aufkneufel  (suspendere  velit?) 
II.  Sachs  II.  4,  29' ; 
vgl.  I.  5,  521'  und  aufknöpfen. 

AUFKNICKEN,  infringere,  zerknicken.  Stieler  991. 

AUFKNIEN,  in  genua  procumbere:  er  weigerte  sich  aufzu- 
knien, auf  das  kissen,  den  teppich.  transitiv:  ich  habe  mir 
das  bein  aufgekniet,  «.'uiid  gekniet. 

AUFKNIRSCHEN,  infrcmere,  frendere  dentibus,  vor  wut  auf- 
knirschen. 

AUFKNISTERN,  aufprasseln,  vom  feuer. 

AUFKMTTERN,  was  anfknattern  und  aufknistem. 

AUFKNÖPFELN,  globulos,  nodos  solvere:  du  soll  uflösen 
und  ufknöpfelen  die  band  deines  hals.  Keisersb.  brösaml.  56'; 
ja  sie  fieng  an  meinen  schlafbclz  aufzuknöpfein.  Simpl.  1, 369. 

AUFKNÖPFEN,  dasselbe:  den  rock,  die  weste,  hose,  den 
hemdkrngen,  die  heindsermel  aufknöpfen,  dann  aber  auch, 
sich  frei  und  los  machen,  alles  zwangs  vertraulich  entledigen, 
franz.  se  deboulonner:  in  der  damaligen  zeit  halte  man  sich 
ziemlich  wunderliche  begriffe  von  freundschafl  und  liebe  ge- 
macht, eigentlich  war  es  eine  lebhafte  Jugend,  die  sich  ge- 
geneinander aufknöpfte  und  ein  talentvolles  aber  ungebilde- 
tes innere  hervorkehrte.  Göthe  48,  91 ;  es  ist  ein  wunderba- 
res stück  {Eymonl).  wenn  ichs  noch  zu  schreiben  liätle, 
schrieb  ich  es  anders  und  vielleicht  gar  nicht ;  da  es  nun 
aber  dasteht,  mag  es  sieben,  ich  will  nur  das  allzu  aufge- 
knöpfte, Studentenhafte  der  manier  zu  tilgen  suchen,  an  fr. 
von  Stein  2,  170;  lege  dich  an  des  vaters  aufgeknöpfte  {dir 
offen  stehende)  brüst.  J.  Paul  Tit.  1,  101 ;  nun  lieng  der  böso 
feind  auch  an,  alluiälich  seine  haut  aufzuknöpfen  (sich  zu 
enthüllen,  wie  er  war  zu  zeigen),  teuf  pap.  1,  84.  Eine  an- 
dere redrnsart  unter  dem  rotk  ist:  die  obren  aufknöpfen,  ar- 
rigcre  aures,    in  die  höhe  knöpfen,    dasz  sie  aufmerken,    oder 


677 


AUFKNOSPEN — AUFKOMMEN 


AUFKOMMEN — AUFKRATZEN 


678 


losknöpfen,  los  machen?  hör  biirsch,  jetzt  knöpf  die  obren 
auf!  Akm»  schaub.  1,  14;  knöpf  die  äugen  auf!  kannstu  die 
äugen  uicht  aufknöpfen? 

AUFKNOSPE.N,  gemmam  pandere: 

rosCD  knospen  dir  auf,  dasz  sie  mit  sOszem  dufl 
dich  umströmen.  Klopstock  1,  104; 

ein  aufknospendes  mädchen,  s.  anmutsknospe ;  der  ffühling 
streckt  sicii  mit  seinen  üppigen  treibenden  saften  auch  durch 
meine  aufknospende  seele.  J.  Pacl  Hesp.  3, 171. 

ALFKNLPFEN,  bei  Fischart  aufknipfen,  in  doppeltem  sinn, 

1)  suspendere,  nnl.  op  knoopen,  mit  umgesclilungnem  kno- 
ten aufhängen ;  den  dieb  aufknüpfen ;  sich  an  den  bäum  auf- 
knüpfen; da  {zu,  Bajonne)  die  leut  singen,  wan  man  sie  auf- 
knipft,  so  fro  sind  sie  der  himlischen  freuden.  Garg.  53'; 
hoch  aufknipfen.  2S6'. 

2)  solvere  nodum,  exlricare:  die  schuhriemen  aufknüpfen, 
den  knoten  aufknüpfen;  ja  betten  sie  den  aeolischen  sack 
aufknipft.  Garg.  in*;  nestel  aufknipfen.  2S6'. 

ALFKNLRHE.N,  mutire,  ringere:  ein  aufknurrender  huni 

AUFKOCHEN,  ebullire,  fervescere,  auftcallen,  nnl.  opkoken : 
künstlich  aufkochen  lassen.  Schiller  1S2';  lasz  mich  einen 
augenblick  in  die  luft,  eine  nie  gefühlte  glut  kocht  -in  meinen 
ädern  auf.  Klingers  th.  3,  313;  ist  das  die  ausübung  deines 
muts,  der  einst  in  deiner  jugendlichen  brüst  aufkochte?  3, 
333;  man  wird  es  nicht  errathen,  wer  über  Klotildens  Ver- 
lobung am  meisten  aufkochte.  J.  Faul  Hesp.  4,  8S ;  ich  eilte 
in  ein  nebenziinmer,  weil  ich  meine  wut  aufkochen  fühlte. 
Arnim  2,  116.  transitives  aufkochen  bedeutet  entweder  aufsie- 
den lassen,  z.  b.  kartoffeln  ungtschdlt  kochen,  oder  recoquere, 
auftcdrmen :  aufgekochter  kohl. 

AL'FKOLLER.N,  in  gt/rum  terti,  delirare:  lieb  ist  mirs,  dasz 
sich  der  könig  ärgert,  da  kollert  sein  blut  ein  wenig  auf, 
sonst  gefrierts.  Fr.  Müller  2,  U. 

AUFKOMMEN,  suryeie,  aufstehn,  nnl.  opkomen. 

1)  auferstehn,  in  die  höhe  kommen,  emergere,  evehi:  da  kam 
ein  newer  könig  auf  in  Egypten,  der  wüste  nichts  von  Joseph. 
2  Mos.  1,  8 ;  und  dis  volk  wird  aufkomen.  5  Mos.  31, 16 ;  kam 
nach  inen  ein  ander  geschlecht  auf,  das  den  herrn  nicht  ken- 
net, rieht.  2,  10;  es  gebrach,  an  bauren  gebrachs  in  Israel, 
bis  das  ich  Debora  aufkam,  bis  ich  aufkam  eine  mutter  in 
Israel.  5,  7 ;  wenn  sie  {die  kinder)  aufkemen,  das  sie  es  auch 
iren  kindern  verkündigten,  ps.  7«,  6 ;  ire  söne  komen  auf  (cr- 
vachsen).  spr.  Saloni.  31,*  2S ;  nach  disen  .wird  aufkomen  ein 
frecher  und  tückischer  könig.  Dan.  8,23;  ir  saat  sol  nicht 
aufkomen.  Hos.  S,  7 ;  rannt  ihn  zu  boden,  das  sein  gaul  mit 
der  nasen  auf  der  erden  lag,  aber  er  kam  allemal  wieder 
auf.  Götz  v.  Berl.  leben  65 ;  lasz  mich  nur  wieder  aufkom- 
men! ruß  der  i«  boden  liegende  seinem  gegner  zu; 

der  Täter  schuf  was  ist  und  was  gewesen, 
was  auf  der  runden  erd  jetzt  aufkorami,  jetzt  vergeht. 
Grtphils  2,  256; 

du  weists  auch,  wie  ich  aufkam  aus  der  kindheit.  Göthe  7, 
142;  das  soll  nun  wiihren,  hat  man  mir  gesagt,  bis  zwei  brü- 
der  in  der  familie  aufkommen,  von  denen  der  eine  den  an- 
dern ermordet.  Tieck  2,  40. 

2)  zun^al  viederaufslehn  vom  krankenlager,  genesen :  wen 
ich  den  ufkiiin,  soft  sie  mir  ein  gute  suppen  gen  (geben). 
Tho.  Plater  70 ;  die  frow  des  docters  kam  wider  uf.  77 ; 

der  hat  pthon  ein  schweres  leger, 

dasz  niemand  mehr  gemeint«  das  er 

dessen  wider  aufkommen  wer.    Airer /asjn.  sp.  29'; 

ist  auch  des  lägers  nicht  aufkommen.  Zixkgr.  205,  7 ;  wenn 
er  von  seinen  wunden  wieder  aufkäme.  Tieck  13,  140;  jelzo 
sah  man  wol.  dasz  die  aniie  nicht  wieder  aufkommen  würde. 
ge$.  not. !),  209 ; 

komm  ich  vom  lager  auf,  und  gibt  goit  fried  im  Staat, 
gelobt  der  kranke  Stax,  »o  werd  ich  ein  Koldal. 
LessiNG  1,  16. 

3)  neu  entspringende  krtege,  brauche  und  moden: 

es  i<t  neulich  aufkomen, 

als  ich  euch  iez  wil  sagen. 

die  pauren  wellen  nicht  vertragen, 

dasz  die  ritler  und  ire  kin4 

anders  den  si  gekleidet  sind.  ^n«/n.  «p.  439,  20 ; 
tun  diese  zeit  kamen  neue  trachten  auf  =  hüben  an,  began- 
nen, oder,  wie  die  Limburger  chron.  immer  sagt,  giengen  an; 
er  schrib  auch  alle  bücher,  dann  die  truckerkunst  war  noch 
nit  aufkommen,  der  Gulenbergcr  zu  Straszhurg  und  die  Schä- 
fer  von  Mentz  warn  noch  in  lumpis  {absichtlich  für  lumbis) 


Abraham.  Garg.  140';  dann  die  morenkübelitet  (morum  civi- 
litas)  Erasmi  war  noch  nicht  aufkomen.  159';  die  eier,  umb 
die  am  ersten  der  krieg  aufkam.  195*. 

4)  liebe  konnte  in  ihrer  brüst  nicht  aufkommen;  wo  man 
mitleid  fühlen  sollte,  dürfte  der  hasz  wol  nicht  aufkommen. 
Tieck  ges.  nov.  1,  195;  diese  Vorstellung  kommt  unter  uns 
nicht  auf;  wenn  der  begrif  der  häszlichkeit  aufkommen  soll. 
Herder  13,  223 ;  das  erforderliche  geld  kommt  nicht  auf,  wird 
nicht  aufgebracht;  aus  dem  verkauf  der  guter  kamen  nicht 
einmal  tausend  thaler  auf;  solche  zweifei  sollen  gar  nicht 
aufkommen. 

AUFKO.M.MEN,  n.  beginn,  anheben:  das  aufkommen  dieser 
raode  war  nacbtheilig. 

AUFKÖ.M.MLING,  «i.  emporkOmmling,  homo  novus,  franz. 
parvenu:  gern  gönnte  er  einem  aufkömmling  ein  glück.  Schil- 
ler 714. 

AUFKOMMüNG,  f.  was  aufkommen:  bei  aufkommung  die- 
ser leichten  kupfermünzen.  Zixkgr.  363,  5. 

AUFKÖ.NNEN,  non  ralere,  mit  leicht  zu  ergänzendem  in- 
finiliv:  er  kann  nicht  auf  ^stehen),  hilf  ihm  doch!  nnl.  opkun- 
nen:  ik  kan  er  niet  op  (komen);  kunt  gij.het  op?  kannst 
dus  aufessen? 

AUFKÖPFE.N,  bei  nadlern,  der  nadel  den  knöpf  aufstampfen. 

AUFKOPIEREN:  o  weh,  da  kopirt  man  bald  auf,  was  pro 
Widerpart  ausz  der  kannen  feit.  Garg.  44*. 

AUFKOPPEN,  eruclare,  aufsloszen:  alsdan  kopt  in  (ihnen) 
der  wein  auf,  stoszt  in  an  das  herz,  prennet  sie  der  sod. 
Fra.nk  laster  d4;  und  koppet  im  der  groll  und  büberei  des 
bapsts  noch  unverdeuwet  immer  auf.  chron.  328" ;  dann  noch 
vil  solcher  eiferiger  kuch  und  kircbgutschirmer  vorhanden, 
denen,  wann  sie  das  guts  kröpfstöpfig  genieszen,  der  gallen- 
koderig  eifer  auch  also  aufkoppet.  Garp.  207';  es  seien  dann 
unsere  heutige  schrapherbscharfschärcharpische  herren  von  der 
greifen  edlem  treck  entstanden,  welcher  inn  {ihnen)  etlichen 
noch  so  bitterkoderisch  aufkoppet.  267";  es  koppet  ihm  leicht 
auf  was  er  einem  guts  gethan,  er  wirft  den  letUen  seine  «ol- 
thaten  ror. 

AUFKRACHEN,  außnallen.    das  thor  krachte  auf. 

AUFKRÄCHZEN:  der  kranke  krächzte  auf. 

AUFKRÄHEN,  nnl.  opkraaijen :  der  bahn  kräht  auf.  trans- 
itiv, durch  krähen  aus  dem  schlafe  wecken: 

der  muntre  bahn  bat  schon  das  landvolk  atifgekräbt. 
Grtpbics  J,  549; 

als  kaum  der  baho  xum  grasmäbn  unsern  knecht 
aufkrähte.  Voss  2,  149. 

AUFKRAHNEN,  tollenone  exirahere,  mit  dem  krahn  aufzie- 
hen :  0  wie  köstlich  gut  wer  es,  das  jederman  sein  geburts- 
register  von  Staffel  zu  Staffel  und  stiegcnwcis  so  gewis  ausz 
dem  schif  Noe  schöpfen,  bronnenseilen,  aufkranen,  dänen  und 
ziehen  könte,  wie  wir.  Garg.  26*;  den  wein  aufwinden,  auf- 
kranen und  einladen.  53*. 

AÜFKRA.MEN,  nnl.  opkramen,  aufräumen,  einpacken,  gegen- 
satz  von  auskramen. 

AUFKRÄMPELN,  ic<w  das  folgende. 

AUFKRÄMPEN,  in  die  höhe  biegen,  stülpen:  den  ermel,  hut 
aufkrämpen,  eine  niederdeutsche  form  (upkrempen),  da  die  hd. 
aufkrämpfen  fordert,  was  man  nachsehe,  besonders  webten 
die  federn  von  den  alterthümlich  aufgekretnpten  hüten  aufs 
prächtigste.  Götiie  24,  300;  fahr  wol  narrengesiebt  mit  der 
aufgekrampten  nase  I  Tieck  3,  96. 

AUFKRÄMPEN,  die  krampe  {franz.  le  crampon)  aufdrücken, 
aufschieben,  aufziehen,   aufklinken : 

siehe,  da  sprang  Amalia  schnell  nach  der  thüre, 
lachend,   und  krompie  sie  auf;   und  der  br.luti^am  trat  in  die 
_  kamraer.  Luise  3,  203. 

auch  hier  wäre  krampfe  und  aufkrämpfen  allein  hocltdeutsch. 

AUFKRÄMPFEN,  in  die  höhe  krümmen:  der  wunn  krämpfte 
sieb  heftig  auf.  s.  aufkrämpen.  nul.  dauett  noch  das  starke 
wort  opkrimpen,  kromp  op,  opgckrompen  =  aufkrimpfen. 

AUFKRATZE.N,  perfricar'e,  su/fricare,  scalpere,  nnl.  opkras- 
sen:  die  baut,  die  blättern  aufkratzen;  die  hüner  kratzen  die 
erde  auf;  eine  alte  kupferplatte  wieder  aufkratzen;  ein  schlech- 
tes stück  aufkratzen,  aufgrigcn,  auffiedcln.  in  der  Volkssprache, 
aufgekratzt,  aufgeräumt,  lustig  sein,  die  wolle  aufkratzen,  auf- 
reiben; bei  den  tuchbereitern  ist  aufkratzen,  mit  disteln,  kar- 
den  rauh  machen,  um  es  besser  zu  scheren:  mir  ist  wol  in 
meiner  pcin,  solche  disteln  kratzen  uns.  nach  guten  mora- 
listen,  auf  und  bereiten  uns  zu.  J.  Pacl  Tit.  l,  190. 

4a* 


679 


AUFKRÄUSELN  —  AUFKÜSSEN 


AUFLÄCHELN  —  AUFLAGERN 


680 


AUFKOÄUSELN,  crispare  sursim :  mit  dem  kämm  die  locken 
aufkräuseln ;  der  wind  kräuselt  die  wellen  auf. 

AUFKRAUSEN,  früher  auch  AUFKIÜUSEN,  dasselbe:  mit 
heiszen  haarnadeln  aufkrausen.  Lohenst.  Arm.  2, 183 ; 

sein  haupl  ist  gold,  sein  haar  erhaben 
und  aufgekräust.  Opitz  3,  20; 

er  haue  vol  bestreut  die  aufgökreuslen  haare 
mit  woiriechendem  zeug.    Werders  Ariost  7,  55; 
uneeflochlenes  haar  krauste  vom  scheiiel  sich  auf. 
^  GöTHE  1,264; 

wenn   wallrosse   die   wogen   zerrissen   und   durch   die  aufge- 
krauste flul  zu  mir  herruderten.  Fr.  Müller  1,  27. 

AUFKREIDEN ,  creta  notarc:  ich  will  einen  beichtiger  ha- 
ben, '  der  die  Sünden  verzeiht  und  nachläszt,  und  nicht  einen, 
der  sie  auflcreidet.  Pestalozzi  Lienh.  u.  Gerlr.  1, 126. 

AUFKREISCHEN,  franz.  crier  haut,  nnl.  opkrijschen,  auf- 
schreien: das  kind  krisch  auf,  als  die  rute  geholt  wurde. 

AUFKRELLEN,  vi  sursum  projicere: 
wer  den  stein  zu  hoch  aufkrelt, 
desi  schwerer  er  hernieder  feit.    Etring  3, 151. 

AUFKREMPEN,  s.  aufkrämpen. 
AUFKRIECHEN,  sursum  repere,  nnl.  opkrieken. 
AUFKRIEGEN,  nnl.  opkrijgen,  mehrdeutig,  immer  aber  ge- 
mein und  unedel, 

1)  aperire,    aufgewinnen :  ich  kann    die   thür,   das  schlosz, 

den  mund  nicht  aun{ricgen: 

jetzt  schanzen  wir  uns  ein, 
ziehn  wall  und  maurcn  für,  und  wann  wir  diese  haben, 
so  werden  wir  mit  list  von  andern  untergraben 
und  unten  aufgekriegt.  Opitz  1,  50. 

2)  capili  imponcre,  den  engen  hut  nicht  aufkriegen,  auf- 
bringen, vgl.  ankriegen. 

3)  zur  aufgäbe  erhalten :  ihr  kinder  habt  heute  viel  zu  ler- 
nen aufgekriegt,    man  sagt  auch  aufbekommen. 

4)  schlage  empfangen:  du  sollst  prügel  aufkriegen. 
AUFKRITZELN,  ncgligenter  inscribere. 
AUFKRÖPFEN,  ingluviem  explerc,  den  kröpf  anßllcn: 

macht  bald  ein  suppen  diesem  hund, 
das  er  sich  weidlich  mög  aufkröpfen 
und  seine  Sterke  wider  schöpfen. 

B.  Waldis  Esop  3,  93  bl.  187'. 

mhd.  einen  guoten  kröpf  er  a;.  Parz.  132,  2. 

AUFKRÜMELN,  minutatim  conterere:  er  krümelt  sein  ver- 
mögen auf. 

AUFKRÜMMEN,  retorquere,  sursum  torquerc: 
wie  ein  wurm,  der  unter  des  Wanderers  fuszc  sich. windet, 
krümmt  er  sich  auf.  Klopstock  Mess.  6,  330. 

AUFKÜHLEN,    refrigescere,    »m/.-  opkoelen :    am   ufer   des 
mcers  kühlt  es  lieblich  auf;  gegen  abend  wird  es  aufkühlen. 
AUFKÜNDBAR,  quod  rcpeti  rcvocarique  polest. 
AUFKÜNDEN,  renuntiarc,  aufsagen :  könnte  er  hinfort  des- 
sen dienst  und  gesellschafl  wol  aufkünden.  Simpl.  1,  471 ; 
ein  kaiserlicher  brief  kam  uns  zu  banden, 
der  uns  beliclilt  die  pilicht  dir  aufzukünden. 
.Schiller  381. 

AUFKÜNDIGEN,,  dasselbe,  nnl.  opkondigen:  einem  den 
bund,  vertrag,  kauf,  pacht,  die  miolhe  aufliündigen ;  die  freund- 
ßchaft,  treue  aufkündigen;  als  wenn  er  mit  diesem  lachen 
der  menschheit  den  kauf  aufkündigen  wollte.  Tieck  7,  274. 
auch  absolut:  ich  liab  ihm  aufgekündigt. 

AUFKÜNDIGUNG,  /".  aufkündigung  des  gehorsams;  eine 
Wohnung  mit  halbjähriger  aufliündigung. 

AUFKUNFT,  f.  origo,  incrementum,  nnl.  opkomst:  bene- 
diktenwiirzcl  hat  ihre  aufkunft  (kommt  auf,  gedeiht)  in  den 
wassern  und  feuchten  orten.  Mi;rai,t  cidgcn.  s.  225.  Stieler 
1003  hat  aufkunft,  restitutio  sanitutis,  das  außommcn. 

AUFKÜl'FEN,  was  aufkippen  :  die  breter  sind  auf  dem  gange 
noch  nicht  aufgenagelt  und  könnten  leichllich  aufküpfcn.  fel- 
senb.  2,  314. 

AUFKUPPELN,  adimere  vincula  canibus,  die  Itunde.aus  der 
kuppel  lösen. 

AUFKÜSSEN,  o$culi$  exeipcre,  vgl.  abkUssen: 

ihr  sprecht :  in  stillen  linbesihränen 

ist  Wollust,  wahr,   doch  Scigt,  was  ist 

natürlicher  als  .sich  zu  sehnen, 

'0  würden  sie  mir  aufgekiLsiI'  Wibland  0,  199; 
hat  meinen  letzten  hauch  dein  miitid  einst  aufgeküsl, 
was  folget  uns  ins  öde  reich  der  sctialien  ?    0,302; 

dort  sitzt  sie  und  weint  thränen  de.s  kuinincrs.    ha,  und  ich 
sollte  sie   nicht  aufküssen  von  ihren  wangcn,   nicht  abtrock- 


nen! Klingers  (A.  3,  345;  ein  tropfen  thau,  den  der  erste  Son- 
nenstrahl aufküst.  Tieck  8,  62.  dann  auch,  osculo  imprimcre: 
ihrer  schleife  hab  ich  einen  schönen  guten  morgen  aufgeküst. 
GöTHE  an  fr.  von  Stein  1, 192. 

AUFLÄCHELN,  lene  ridere. 

AUFLACHEN,  cachinnum  tollere:  ich  muste  laut  auflachen ; 
lacht  grosz  auf.  Schiller  150';  boshaft  auflachen.  153'; 

aber  die  Jungfrau 
ihat  als  hörte  sie  nicht,  und  gewandt  ihr  erröthendes  antlilz, 
sprach  sie  ein  albernes  wort  zu  Araalia,  lachte  dann  laut  auf. 

Luise  3,  775. 

transitiv,  cachinnando  aperire:  der  grosz  spottvogel  Erasmus 
hat  über  den  cpisteln  obscurorum  virorum  also  gelacht,  das 
er  ein  sorgfeltig  {besorgliches)  geschwär,  welchs  man  ihm  sonst 
mit  gefahr  aufschlagen  müssen,  hat  aufgelacht.  Garg.  14. 

AUFLACHEN,  forstmännisch,  den  bäum  aufritzen,  s.  lach- 
baum  und  auflochen. 

AUFLADEN,  onerare,  onus  imponere:  holz,  heu,  steine, 
fässer  aufladen ;  höher  aufladen ;  bürde,  last  aufladen ;  eine 
tracht  schlage  aufladen;  aufladen  und  bringen  an  den  ort. 
5  Mos.  12,  26 ;  da  wir  auszogen,  luden  sie  auf  was  uns  noth 
war.  apost.  gesch.  28, 10 ;  kan  man  für  war  nicht  einerlei  allen 
aufladen  zu  tragen.  Luther  3,392;  nach  etlichen  jähren  iiei- 
ratete  sie  einen  schlingel,  der  ihr  ein  häufchen  jungens  auf- 
lud, der  arme  mann  im  Tockenb.  59 ;  warum  muste  sie  {die 
natur)  mir  diese  bürde  von  häszlichkeit  aufladen?  Schiller 
105';  zieh  hin,  lade  alle  deine  Sünden  auf,  lade  auch  diese, 
die  letzte,  die  entsetzlichste  auf.  207*;  einem  eine  geiselung  auf- 
laden lassen.  Klinger  6,  341.  friiher  auch  für  das  heutige 
auftragen  oder  befehlen,  franz.  charger:  wir  thfind,  wie  ir 
uns  aufgeladen  habent.  Aimon  d ;  da  rüstet  sich  ein  iglicher. 
so  er  best  mocht,  wie  in  aufgeladen  was.  1. 

AUFLADER,  m.  ein  packknechl. 

AUFLAGE,  f  nach  mehreren  bedeutungen  des  auflegens, 

1)  impositio,  mandatum :  und  sind  dem  recht  der  canonum 
oder  Satzungen  abgestorben  und  also  billich  von  derselben 
aufläge  entbunden.  Luther  1,  8';  es  ist  uns  die  aufläge  ge- 
schehn,  zu  berichten;  ich  hätte  mich  nicht  gehalten  und  mei- 
nes vaters  aufläge  geradezu  entgegen  gehandelt.  Hippel  lebensl. 
2, 132. 

2)  tribulum  imposilum,  Steuer,  abgäbe:  aufläge  auf  das  volk, 
auf  hier  und  wein,  auf  bestimmte  waaren; 

dieweil  auch  die  frcigeVigkeit 
bei  ihm  die  leut  durch  auflag  nicht  erschröcket. 
Weckherlin  425; 

in  allen  andern  Staaten,  oder  doch  beinahe  in  allen  pflegen  die 
auflagen  auf  das  volk  unvermerkt  zuzunehmen.  Wielamj  7,238. 

3)  inculpatio,  insimulatio,  anschuldigung :  daruinb  werdet 
ir  euch  derselben  aufläge  und  zumessung,  ewer  notdurft  nach, 
auf  das  ewer  Unschuld  vennarkt,  —  zu  verantworten  haben. 
churf  JoH.  Friedrich  bei  Luther  6,6*; 

0.    er  ist  ein  ehrnvergeszner  mann. 

Fr.  ei,  die  auflag  sei  von  im  ferr.    Ayrer  132*; 

E.  man  stell  Ihn  für  gerichte.' 

L.    wie,  wenn  er  wie  vorhin  die  klagen  macht  zu  nichte? 

E.    die  auHag  ist  zu  klar.    Grypuius  1,  12; 

der   arme  apotheker,   so  wider  diese  auflagen  nichts  beibrin- 
gen konnte.  Pmiland.  1,  317. 

4)  die  ausgäbe,  editio  eines  buchs,  in  einer  bestimmten  zahl 
von  abdrücken:  eine  aufläge  von  fünfliundorl,  von  tausend 
exemplaren.  aufläge  bezieht  sich  nur  auf  den  verlegvr  und 
drucker,  der  das  werk  zur  messe  auflegt,  den  kau  fern  vorlegt; 
ausgäbe  kann  auf  Verleger  und  Verfasser  gehn,  beide  geben 
aus,  ans  licht,  neue  aufläge  und  ausgäbe  unterscheiden  sich 
so,  dasz  jene  unverändert  sein  und  vom  Verleger  veranstaltet 
werden  mag,  diese  aber  zulhaten  und  Verbesserungen  des  Ver- 
fassers zu  enthalten  pßegt.  das  buch  erlebte  in  drei  jähren 
sieben  auflagen,  man  sagt  aber  die  erste  ausgäbe,  editio 
princcps,  nicht  aufläge;  vollständige  ausgäbe  letzter  band;  die 
ganze  aufläge  hat  sicii  vergriffen,  der  Verleger  möciite  gern 
eine  neue  aufläge,  der  Verfasser  eine  neue  ausgäbe  des  bu- 
ches  machen. 

5)  bei  den  handurrkcru  bedeutet  aufläge  auch  Zusammen- 
kunft, gelag,  entweder  gleichviel  mit  dem  letzten  ausdruck, 
oder  weil  ein  zunftgeräl  aufgelegt  oder  geld  als  beilrag  und' 
strafe  erlegt  wurde,  sie  bat  eine  aufläge  in  ihrem  hause,  sagt 
man  auch  von  einer  hurenwirtin. 

AlFL.XCiKRN,  sirui,  superimponi,  schichtweise  liegen,  von 
gestein  und  erde. 


681 


AUFLAGERUNG — AUFLAUERN 


AUFLAUF — AUFLAUFEN 


682 


AUFLAGERUNG,  f.  strues,  sti-uctura,  dispositio:  auflage- 
rung  von  zertrümmerten  steinen. 

AUFLÄMMERN,  ein  undeutliches  worl  bei  Tieck  nor.  7, 193 : 
seedrache,  ihr  wurm,  nennt  ihr  mich?  o  ihr  aufgelämmerte 
gänseblumel  lämmern  ist  lammen,  lämmer  werfen,  verläm- 
mern,  scheu,  verdutzt  machen,  belemmeren  nnl.  und  nd.  hin- 
dern, der  sinn  fordert  etwa  schmächtig,  elend,  kümmerlich  auf- 
gebracht,   vgl.  aufläppern,  aufpäppeln. 

AUFL.\>'GEN,  altius  prehendere,  mit  gestreckten  armen  hin- 
auflangen, aufgreifen,  nnl.  oplangen :  er  langte  auf,  grif  in 
die  hohe;  auflangen  und  erreichen;  steine,  holz  auflangen. 
Stieler  106S.    früher  auch  ptr  übergeben.  H.vltacs  60. 

AUFLA.NGER,  m.  im  bauwesen,  ein  angesetztes,  höher  rei- 
chendes holzstück. 

AUFLÄPPERN,  minutim  ac  paulatim  alere,  nulrire,  läppern 
ist  sorbillare:  das  kind,  nach  der  mutter  tode,  wurde  mit 
milch  aufgeläppert,  aufgebracht,  figürlich,  sein  geld  nach  und 
nach  aufläppern,  verläppern,  sich  aufläppern,  langsam  auf- 
wachsen. 

AUFLÄRMEN,  crcitare  clamorem :  die  Soldaten  lärmten  auf 
und  forderten  doppelte  löhnung.  transitiv,  excitarc  clamore, 
aufwecken :  musik  fSrme  die  mittemacht  aus  ihrem  bleiernen 
Schlummer  auf.  Schiller  14"'. 

AUFLASSE.N.  nnl.  oplaten,  mehrdeutig, 

1)  sinere  aliquem  surgere,  den  zu  boden  liegenden  wieder 
auflassen;  lasz  mich  auf,  ich  will  alles  eingestehn.    mhd. 

iir  lie^  er  doch  den  wisant 

äne  gesichene  hant.    Parz.  510,  1 ; 

er  liej  in  üf.    543,  2S; 

Parziväl  io  üf  verlief.    268,  1*. 
wir    sagen   wol    sich    herablassen,    niedersteigen,    nicht   mehr, 
sich  auflassen,  aufsteigen,  sich  auf  die  beine  lassen,  wie  mhd. 

dö  sich  der  harre  üf  gelie 

unt  Ton  im  selben  sten  begnn.    Tund.  42,  50. 

2)  von  thieren,  Sachen,  aufsteigen,  schwellen  lassen,  im  gegen- 
satz  des  niederlassens :  den  falken,  die  tauben  auflassen;  die 
segel  auflassen;   den  ballon  auflassen,  in  die  hohe  steigen. 

3)  sitzen  lassen:  lassen  sie  den  hat  auf,  behalten  sie  ihn 
auf  dem  köpf 

4)  offen  lassen :  die  thür,  das  fenster  auflassen ;  den  rock 
auflassen,   nicht  zuknöpfen. 

5)  lösen,  aufmachen ;  das  band,  die  schleife  auflassen,  öfnen  ; 
hat  officialis  im  die  band  aufgelassen.  Lcther  3,  407*. 

6)  ein  gut,  ein  grundstück,  leben  auflassen,  feierlich  auf- 
geben, in  eines  andern  hand  übergeben,  eine  grübe,  zeche 
auflassen,  nicht  weiter  bearbeiten,  mhd.  hiej  in  üf  läjen  sin 
Teterlich  erbe  und  wa;  ime  immer  gevallen  mochte  von  allen 
einen  vrunden.  myst.  214,  3.  diese  bedeutung  kann  aus  der 
vierten  oder  ßnßen  hergeleitet  werden,  allenfalls  auch,  wenn 
ihr  exfestucation  zum  gründe  lag,  aus  der  zweiten,  vgl.  Haltaus 
60.  Oberlin  67.  RA.  556. 

AUFLASZBRIEF,  m. 

AUFLASZGELD,  n. 

AUFLÄSSIG,  in  der  letzten  bedeutung  des  auflassens,  ein 
auflässiges  gut,  das  man  hingibt,  aufgibt:  auflässiges  gewerk, 
fodina  deserla:  ein  bergfreies  feld,  das  noch  nicht  gemutet 
oder  wieder  auflässig  ist;  wenn  einer  {ein  bergmann)  aufles- 
sig  wird,  sitzt  ein  ander  an.  Mathesics  37';  aber  etliche  herrn 
binderten  etwas  sonderlich,  weil  von  solchen  neuwen  alaun- 
werk besser  alaun,  denn  bei  ihrem  eignen  bergwerk  gemacht, 
zudem  hoften  sie  vielleicht,  die  gewerken  sollen  auflessig  wer- 
den, ob  sie  solch  bergwerk  gar  an  sich  bringen  müchlen, 
derhalben  sie  dem  sieder  an  seinem  fürgenomenen  gebcuw 
binderung  machten.  Thcrxeisser  m.  alch.  1,  71 ;  meine  übrigen  , 
liebhabereien  erhalte  ich  immer  durch  ein  oder  die  andere  I 
zubusze,  wie  man  gangbare -gruben  nicht  gerne  auflässig  wer- 
den lasset,  so  lange  als  noch  einige  hofnung  von  künftigen 
vorthcilen  scheinen  will.  Göthe  bei  Merck  2,  25S. 

AUFLASSU.NG,  f  feierliche,  gerichtliche  aufgäbe,  abdicaiio, 
resignalio,  Übertragung  der  gewere  vor  gericht.  Albbeciit  gew.  66. 

AUFLASTEN,  onerare,  aufladen,  aufbürden,  aufladen  ist 
sinnlicher,  es  heiszt  steine,  sand  aufladen,  nicht  auflasteii, 
aber  einem  mehr  auflasten,  als  er  tragen  kann,  sich  schulden 
auflaslen;  selbst  nicht  einmal  ein  dramatischer  schriflsteller 
würde  einem  zwischenact  so  viel  handlung  aufgelastet  haben. 
Schiller  73). 

AUFLAUERN,  insidiari,  atlendere:  man  ist  so  barbarisch, 
der   armen   kinder  (allen  Jungfern)  zu  spotten,   wenn  sie  bis 


in  ihr  vierzigstes  jähr  vergebens  aufgelauert  haben.  Rabexer 
4,  24S ;  unter  uns, ,  Schwester,  weil  doch  niemand  auflauert. 
Schiller  166*;  er  lauert  den  mädcben  auf;  ich  laure  hier 
längst  der  weit  auf.  J.  Paul  Hesp.  l,  93 ;  ich  sah  che  spinne 
in  ihrem  netz  allen  mflcken  auflauem. 

AUFL.\UF,  m.  accursus,  incursus,  tumor,  nnl.  opioop.  sinn- 
lich, auflauf  des  wasscrs,  der  wellen,  auflauf  einer  blatter, 
des  backens ;  auflauf  des  teiges,  brotes,  backwerks,  daher 
auch  die  benennung  eines  besonderen  gebäckes,  das  über  den 
kohlen,  im  ofcn  aufläuft,  schwillt  (Schweiz,  uflauf,  plinse.  Tobler 
431').  auflauf  des  hungrigen  magens:  sintenmal  er  der  speis 
nur  genosz,  den  widerspennigen  auflauf  des  magens  zu  stil- 
len. Garg.  184";  im  bauch  ein  auflauf  bringen.  25*;  auflauf 
des  kinds  im  mutterleib.  1»4'. 

Die  gewöhnliche  bedeutung  ist  aber  die  eines  auflaufs,  lu- 
mults  der  leute,  des  volks  auf  den  straszen :  volksauflaoL 
Scuiller  140* : 

da  ich  höret  ein  grosz  rumor, 

stund  ich  last  auf  ein  vierteil  uhr, 

gedacht  mir,  es  wer  ein  audaur.    H.  Sachs  I,  479'; 

cinfall,  auflauf,  Scharmützel.  Reutteb  kriegsordn.  36 ; 

Ir  herren,  laszt  uns  schauen  auT, 

das  oit  wer  ein  auflaui'.    Schmelzl  blindg.  s(An  10*; 

einen  auflauf  machen,  zusammenlaufen.  Scuiller  355.  auflauf 
ist  aber  weniger  als  aufruhr,  empörung,  nur  deren  beginn,  die 
sich  dann  weiter  ausbreiten  und  tiefer  wurzeln,  vgl.  aufge- 
läufe  und  auflauft,  man  redet  auch  von  einem  auflauf,  belauf 
steigender  kosten  oder  ausgaben. 

AUFL.\UFEN,  accurrere,  tumere,  nnl.  opioopen. 

1)  steigen  des  wassers,  der  flut,  des  sandes :  die  flut  läuft 
schon  hoch  auf;  zuvor  die  schiffe  in  den  linken  arm  der 
Dwina  eingelaufen,  weil  aber  durch  auflaufenden  sanJ  der 
mund  desselben  flach  worden,  hat  man  sich  des  rechten  arais 
mehr  gebrauchet,  pers.  reiseb.  3,  1;  das  wasser,  weil  es  ge- 
schwinde auflief,  pers.  rosenlh.  3,  23 ;  die  segel  laufen  auf  vom 
winde. 

2)  aufschwellen :  und  wenn  er  findet,  das  weisz  oder  röt- 
licht mal  aufgelaufen  an  seiner  glatzen.  3  Mos.  13,  43;  da 
iedermann  vor  Unwillen  aufgelaufene  und  Versehrte  herzen 
hette  (animis  tumentibus).  Fro.nsp.  3,  27S*; 

das  ir  ein  peul  auflier  als  ein  isalzscbeib. 
fasln,  sp.  345,  20; 

zur  Stillung  des  aufirhQrigen  gesehwollenen  welschhanenhals 
und  aufgelaufener  rotblawen  schlangenkäl.  Garg.  6o';  vom 
eingenommenem  gift  des  erbsündigen  Schlangenschwanz  auf- 
laufen. 77',  wie  lal.  inguina  tuntent;  die  adera  laufen  ihm 
auf;   seine  haut  läuft  auf;    die  leiche  ist  schon  aufgelaufen; 

der  Ifib  ist  beulenvoll,    geliofert  blul  und  ciler 
rinnt  bnuPig  von  ihm  weg.    die  wunden  brechen  weiter, 
die  Striemen  laufen  auf  in  ungezählter  zahl, 
da  ist  kein  pintzlein  nicht,  das  habe  nicht  ein  mahl. 
FLExi.tcO; 

hochroth  im  aufgelaufnen  gesiebt.  Tieci  ges.  nov.  4,  74 ;  welche 
wie  die  frösche  aufliefen.  J.  Paul  bingr.  bei.  1, 134. 

3)  aufgchn  des  teigs:  pfulwenbäuch,  darunder  man  den 
auflaufenden  deig  in  der  multer  kan  verbergen.  Garg.  63*; 
wuchs  und  lief  auf  wie  ein  teig  in  der  niuller.  247'. 

4)  aufgehen,  keimen  oder  schwellen  der  frucht:  der  same 
ist  noch  nicht  aufgelaufen,  keimt  noch  nicht;  die  auflaufende 
saat  im  herbst  . . .  von  dem  schon  aufgelaufnen  kom.  Brockes 
7,  465.    leir  sagen  heute  das  schwellen  der  saat. 

5)  aufwachsen,  in  die  höhe  wachsen  der  haare,  in  der  nach- 
richt  von  einer  Hildburghäuser  diebsbande  1755  i.  29.  31.  45.  46 
U.S.W,  heiszt  es  immer:  haare  nicht  aufgelaufen,  sondern  ab- 
geschnitten,   auch  in  diesem  sinn  heule  schwellender  haarwuchs. 

6)  zusammenlaufen,  tumultuari,  was  gleichfalls  von  tumere: 

als  sein  hesifirmi  pallast  slei'?  mit  lumult  bespninccn, 
als  leichler  hüben  srhaum  gleich  einer  flut  aunier, 
und  frech,  ich  weisz  nicht  was,  durch  alle  fenster  rief. 
Gryphils  1,  301. 

7)  auflaufen,  aufsteigen,  aufgeben:  wie  es  mir  kaum  mög- 
lich wurde,  nach  und  nach  so  viel  auflaufen  zu  lassen.  Tieck 
nov.  6,210;  so  läuft  der  loltoschlagschatz  meiner  ungedruckten 
manuscripte  täglich  hoher  auf.  je  mehr  ich  dem  leser  aus- 
züge  und  gewinste  gedruckter  daraus  gönne.  J.  Paul  Tit.  2, 1 ; 
ein  capilal  zunick  zahlen  nebst  den  aiifgelauSenen  Zinsen. 

8)  hinauf  laufen:  spintisiert,  wie  die  muck  die  wand  auf- 
lauf. Garg.  211*. 


683 


AUFLAUFT — AUFLEGEN 


AUFLEGEN 


684 


9)  auflaufen,  sich  öfnen:  denn  das  glockenspiel  tönte,  wenn 
die  thür  auflief.  J.  Paul  Hesp.  1,  244. 

10)  transitiv,  öfncn:  mit  dem  ars  ein  thor  auflaufen,  auf- 
rennen. Garg.  177' ;  die  füsze  auflaufen,  wund  laufen :  die  hund 
sollen  auch,  wenn  es  hart  gefroren  ist,  nicht  auf  die  hasen- 
jagt  gebracht  werden,  denn  sonsten  sie  ire  füsz  auflaufen. 
iceidwerkbuch  88';  in  den  schmelzhütten,  erz  und  kohlen  auf- 
laufen, aufschütten. 

AUFLAUFT,  m.  tumullus,  excursus,  aufiauf:  in  fewersnöten 
oder  andern  aufläuften.  Kirchhof  disc.  mil.  18 ;  andere  belege 
gibt  Orerlin  67  und  Haltaus  61.  dann  auch  ertrag,  reditus, 
was  aufläuft:  da  ein  junker,  der  thalgüter  hat,  sein  gut  sel- 
ber nicht  will  versieden,  so  Ihut  ers  aus  einem  andern  pfent- 
ner,  der  pfandwerk  hat,  und  er  nimmet  jerlich  den  aufleuft 
oder  wie  wir  reden,  die  ausbeut  oder  überlauft  darvon.  Ma- 
THESiDS  126*.    gebildet  wie  brautlauft,  überlauft  w.  a.  m. 

AUFLAUNEN,  hirquis  intueri.  Stieler  1089  schel  ansehen? 
s.  aufleunen. 

AÜFLAURER,  wi.  insidialor,  speculalor: 
wir  müssen  im  auflaurer  pstellen.  H.  Sachs  III.  2,  197'; 
die  freiheit  der  stimmgebung  war  dahin,  weil  sich  die  bischöfe, 
als  dienstbare  auflaurer  der  kröne,  jedem  fürchterlich  machten. 
Schiller  801 ;  dasz  es  in  dem  gange  der  hier  beschriebenen  po- 
lizei  keiner  spione,  keiner  heimlichen  auflaurer  bedarf.  Fichte 
naturr.  2,155.  Thümmel  10,  216. 

AUFLAUSCHEN,  auscullarc:  schweigen  und  auflauschen. 
s.  auflaustern,  auflösen. 

AUFLAUSCHER,  m.  auscuUator:  doch  wir  mögen  lieber 
denken,  was  er  ist  und  sein  könnte,  als  es  aussprechen,  was 
wir  von  ihm  denken,  es  gibt  der  auflauscher  genug.  Tieck  l,  50. 

AUFLAUSTERN,  auscullarc :  als  sie  vor  dem  fenster  ge- 
standen und  aufgelaustert  hatte.  Sitjjp/.  2,  254;  wo  ich  dieser 
damen  weiter  auflaustern  wolle.  2,  397.  vom  Verhältnis  zwi- 
schen auflauschen  und  auflaustern  wird  unter  den  einfachen 
Wörtern  die  rede  sein:  das  nnl.  opluisteren  ist_  illustrare,  nicht 
auscullarc. 

AUFLEBEN,  vitae  reddi,  reviviscere:  der  kranke,  von  die- 
sem tage  an,  begann  sichtbar  aufzuleben;  vor  freude  über' 
diese  nachricht  ist  sie  wieder  aufgelebt; 

schon  halb  gestorben,  lebet  von  neuem  mir 
der  müde  leib  auf.  Klopstock  1,  48  ; 

desto  feuriger  lebts  in  mir  auf, 
dich  als  gemahlin  in  mein  haus  zu  führen. 

SCHILLER,232; 

dasz  das  Vaterland  noch  einmal  auflebe!  Klinger  2, 120.  feh- 
lerhaft transitiv  für  beleben,  aufleben  lassen :  meine  thränen 
sollen  die  deinigen  von  diesem  leblosen  holze  wieder  aufleben. 
1,  316. 

AUFLEBEN,  n.  reditus  ad  vitam. 

AUFLEBUNG,  f  eine  geschichte  der  kunsl  von  ihrem  ver- 
fall bis  zur  auflebung  zu  schreiben.  Güthe  29,  39. 

AUFLECKEN,  calcitrare,  golh.  laikan  springen,  aufspringen: 

zwen  esel 

gunden  binden  und  vorn  auflecken.    U.  Waldis  4,  57. 

mehr  unter  dem  einfachen  lecken. 

AUFLECKEN ,  delingere,  lingendo  consumerc,  golh.  laigun : 
die  geisz  hat  das  salz  aufgeleckt ;  den  zucker  auflecken ;  da 
fiel  das  fewr  des  herrn  crab  und  frasz  brandopfer,  holz,  stein 
und  erden  und  lecket  das  wasser  auf  in  der  gruben.  1  kün. 
18,  38;  die  opfer  holocausta,  welche  das  feur  vom  himincl 
verzört  und  auflecket.  Frank  wellb.  177";  und  nun,  da  das 
ziehen  der  liurmonika  wie  das  wasserziehen  der  siechenden 
sonne  sein  herz  aufleckte.  .1.  Paul  Tit.  2,  212.  intransitiv,  die 
flamme  leckt  auf  gen  hiinmel.    s.  lecken. 

AUFLEEREN,  vacuare,  aufräumen,  ausleeren. 

AUFLEGE,  f  inid'Efin:  ein  gar  gut  auflege  oder  uinb- 
schlag  für  groszc  heubiwehc.  Bartiscii  äugend.  77.  Stieler 
1114  hat  auch  anlege  pensum,  angelegtes  gcspinst.  das  f.  be- 
stätigt durch  ahd.  analegi,  scafllegi  u.  a.  m.  vgl.  auflegewasser. 

AUFLEGEN,  imponere,  nnl.  opleggen,  häufig  nahe  grenzend 
an  das  legen  auf  einen,  auf  etwas,  doch  so,  dasz  der  von  der 
praep.  regierte  ncc,  sobald  blnsze  partikel  eintritt,  im  dativ 
steht:  ich  lege  die  band  auf  dich  =  ich  lege  dir  die  band  auf. 

1)  sinnlich:  wenn  die  apostel  die  bände  auflegten,  aposl. 
gesch.  8,  18;  so  ich  jemand  die  hünde  auflege.  8,  19;  den 
arm,  den  elenbogen  auflegen,  zumal  ausbreiten,  vorlegen:  das 
tuch,  die  decke  auflegen  ; 

die  tischlüchcr  man  da  auf  lait.    fnstn.  sp.  782,20; 


messer  und  gabel  auflegen;  das  brot  auflegen;  legt  brot  auf! 

1  Mos.  43,  31 ;  das  man  ander  frisch  brot  auflegen  soll.  1  Sam. 
21,  6 ;  zündeten  die  lampen  an  und  legten  die  schaubrot  auf. 

2  Macc.  1,  8 ;  folgends  ward  der  tisch  entdeckt  und  ein  tapet 
aufgelegt.  Garg.  163';  dem  ochsen,  das  joch  auflegen,  dem 
pferde  den  saltel;  mache  du  das  schwere  joch  leichter,  das 
er  uns  aufgelegct  hat.  l  kön.  12,  4;  kein  satel  nit  auflegen. 
Soltau  448 ;  dem  rücken  schwere  last  auflegen,  dem  arm  harte 
fessel.    waaren  auflegen,  auslegen,  ausstellen,  etaler: 

leg  auf  kneht!  lasü  schauen 

die  man  und  die  frauen.    fastn.  sp.  dSO,  4; 

bücher  auflegen,  vorlegen,  verlegen  {s.  hernach  unter  5);  Wür- 
fel auflegen.  Garg.  48'  (mhd.  für  legen.  MS.  2,  6') ;  karten  auf- 
legen, aufschlagen,  ausspielen,  in  verschiednem  sinn:  indem 
sie  (die  kartcnschlägerin)  die  karten  mischte  und  zum  zwei- 
ten mal  auflegte.  Götme  25,  279 ;  nachdem  er  seine  karten 
drei  jähre  vor  uns  verborgen  gehalten  hat  und  noch  verborgen 
hält,  sollen  wir  die  unsrigen  auflegen.  21,  109  (vgl.  karte); 
meine  erste  heschäftigung  war,  die  müllersche  Sammlung  {von 
mineralien)  wieder  vor  mir  aufzulegen.  Göthe  an  Knebel  547; 
briefe  und  Urkunden  auflegen ;  und  wer  will  dran  zweifeln, 
so  doch  der  papst  gut  brief  drum  auflegt,  dasz  im  die  hei- 
lige befohlen  haben.  Fiscuart  bienenk.  US',  den  äugen  die 
binde,  der  wunde  das  pflaster  auflegen :  auflegen  und  einge- 
hen (pflaster  auflegen  und  arznei  eingeben).  Gar^.  161';  schminke 
auflegen;  fett  auflegen,  fett  werden,  das  thier  will  nicht  auf- 
legen, fett  ansetzen,  legt  zu  viel  fett  auf;  holz  auflegen,  forsl- 
männisch  vom  bäum,  der  viel  äste  treibt. 

2)  figürlich,  einem  etwas  auflegen,  auferlegen:  man  legte 
dem  könige  auf,  sich  in  die  angelegenheilen  Deutschlands 
fernerhin  nicht  weiter  einzumengen.  Schiller  916;  ich  weisz, 
was  die  delicatesse  dem  prinzen  auflegt.  741 ;  ein  amt,  eine 
pDicht  auflegen;  ewer  aufgelegtes  ampt.  Luther  3,  324*.  einen 
namen  auflegen,  nomen  imponere,  gewöhnlicher  beilegen,  zu- 
legen :  legen  sie  mir  keinen  Spottnamen  auf.  Gotter  3,  279. 
eine  frage  auflegen,  vorlegen ;  eine  commission  von  theologen, 
denen  die  frage  aufgelegt  wurde.  Schiller  812.  ein  leid,  her- 
zenleid auflegen ;  ietz  sol  er  (der  Türk)  den  ein  not  auflegen, 
die  sein  glauben  nit  wollen  annemen  oder  bekennen.  Frank 
weltb.iOb*;  rücksichten  auflegen:  die  dritte  forderung  an  den 
menschen  zu  machen  und  ihm  rücksicht  gegen  die  gesell- 
schaft  aufzulegen.  Schiller  1126 ;  zins,  abgäbe,  Steuer  auf- 
legen ;  und  sol  man  in  umb  geld  strafen,  wie  viel  des  weibs 
man  im  auflegt.  2  Mos.  21,  22 ;  den  eid  auflegen :  wenn  jemand 
wider  seinen  nehcsten  sündigen  wird  und  wird  im  ein  eid 
aufgelegt.  2  chron.  6,  22. 

3)  zumal  bedeutete  auflegen  schuld  geben,  zur  last  legen, 
eine  schuld,  schände,  lasier  aufbürden,  -imputare:  wenn  jemand 
ein  weih  nimpt  und  wird  ir  gram  und  legt  ir  was  schend- 
lichs  auf.  5  Mos.  22,  14 ;  derhalb  wolle  euer  heiligkeit  bösen 
falschen  lestermeulern  nicht  glauben  geben,  die  vom  Luther 
anders  sagen  oder  im  auflegen.  Luther  l,  144';  soll  uns  zu- 
vor gesagt  und  vermanet  haben,  ehe  er  uns  solche  grosze 
laster  üffcnllich  für  aller  weit  auflegt.  3,  50';  was  heltestu  von 
dem  geist,  der  Christo  thar  (darfi  auflegen  und  sagen.  3,54'; 
wirdostu  auszen  bleiben  und  dich  aufgelegter  sache  nicht  ent- 
ledigen. 3,  133';  der  aufrhur  halben,  die  uns  der  nieuchler 
auflegt  und  böslich  ertichtet.  5,  307';  Verantwortung  der  auf- 
gelegten aufrhur.  6,  6 ;  das  ich  solchen  eid  nicht  erlichtet 
habe,  wie  mir  wird  aufgelegt.  6,  20';  wie  herzog  (Jeorg  sei- 
nem lieben  todten  vctter  auflegt.  6,32';  den  unsern  wird  mit 
unwarheit  aufgelegt,  das  sie  gute  werk  verbieten.  6,366';  und 
wiewol  im  gerne  [etwas  zur  Inst)  wäre  aufgelcget  worden,  so 
hat  er  zuletzt  mit  der  rechnung  ehrlich  bestanden.  Luthers 
br.  5,  411 ;  wir  streiten  nicht  aus  eignem  frevel,  fün\ilz  oder 
stolz,  wie  uns  von  etlichen  aufgelegt  wird.  IMelanchthon  be- 
denken  aufs  interim.  154S  bl.  1.    heule  veraltet. 

4)  auflegen,  zulegen,  adjicerc :  s.  Antonius  bolsrhaft  iial  an 
etlichen  orten  die  hecken  beredt,  das  ihn  (ilinen)  ieder  ein 
Schwein  zu  seinen  auflegt.  Frank  wellb.  13.5';  bei  einem  ge- 
thanen  gebot  noch  auflegen  (höher  bieten);  das  agio  auflegen. 

5)  auflegen,  wieder  auflegen,  errichten:  haben  die  abgötti- 
schen tempel  in  den  grund  verbrandt  und  über  30  kirchen  auf- 
legen lassen.  Micräliüs  a.  P.  2,  255.  gewöhnlich  heiszt  auch 
ein  buch  auflegen  es  von  neuem  drucken,  obgleich  erste  auf- 
läge .sonst  die  erste  ausgäbe  ist.  in  andcrm  sinne  Lichtenrerg  : 
wenn  es  der  hininiel  für  nöthig  und  nützlich  linden  sollte, 
mich  und  mein  leben  noch  einmal  aufzulegen.  1, 17. 


685 


AUFLEGEN — AÜFLEIERN 


AüFLEIHM — AUFLEUCHTEN 


686 


6)  aaflegen,  disponere,  begegnet  nur  im  pari,  praet.  : 
blos  weil  mich  die  uatur  zum  miileid  aufgelegt. 

GÜNTHER ; 

belege  des  adjeetivisch  vencandten  pari,  oben  unter  aufgelegt. 

7)  sich  auflegen  bedeutet  (wie  unter  1)  sich  auf  etwas  legen, 
sich  mit  dem  einbogen  auflegen,  auf  den  tisch  legen,  stützen; 

einem  armen  kleinen  kegel, 

der  sich  nicht  besonders  regt, 

hat  ein  ungeheurer  flegel 

heute  grob  sich  aufgelegt.    Göthe  1, 155. 

der  Übergang  in  sich  auflehnen,  das  auch  ein  aufstützen  ist, 
liegt  aber  nahe,  und  diesen  verstand  scheinen  andere  frühere 
stellen  mit  sich  auflegen  zu  verbinden:  warum  soll  ich  mich 
wider  in  als  einen  sterkern  auflegen?  ne  Hercules  quidem  con- 
tra duos.  Mich.  Neander  syll.  locor.  112* ;  leget  sich  aber  einer 
mit  im  auf  und  gibt  bö-:e  wort  für  verwendte  reden,  der  ma- 
chet ein  solchen  menschen  rasend.  Mathesics  119'; 

wan  auch  die  scbäflein  ubel  auf 

sich  jemal  sollen  legen, 

und  auf  dem  feld  mit  liolem 'bauch 

der  weid  noch  brunnen  pDegen.    Spek  trulzn.  210. 

sich  bei  einem  auflegen,  schmarotzen. 

AUFLEGEN,  n.  impositio,  in  mehrfachem  sinn :  so  ist  der 
verstand  dieses  textes  klar,  das  Jacobus  auflegen  nicht  das 
heubtstöck  ist.  Llther  3,  264';  er  habe  es  aber  durch  sein 
gebet  und  durch  das  auflegen  seiner  bände  wunderbar  am 
leben  erhalten.  Göthe  20,  300 ;  das  leise,  freundliche  auflegen 
der  linken  band  auf  die  schulter  des  in  purpur    gekleideten. 

AUFLEGER,  m.  auf-  und  abladcr  von  waaren. 

AUFLEGE\V.\SSER,  n.  und  dis  was>er  gehurt  zu  den  ob- 
angezeigten  auflegewassern.  Babtisch  augendienst  111. 

AUFLEGUNG,  /.  impositio:  das  du  erweckest  die  gäbe  got- 
tes,  die  in  dir  ist,  durch  die  auflegung  meiner  hende.  2  Tim. 
1,  6;  aus  dem  allen  sol  erfunden  werden,  das  mir  mit  bil- 
ligkeit  von  niemand»  einige  auflegung  {beschuldigung)  gesche- 
hen sol.  Luther  1,  2I0';  neben  auflegung  gnugsamer  schrift- 
lichen kundschaft    seines    Verhaltens.    Kirchbof  mil.  disc.  265. 

AUFLEHNEN,  inniti,  renitt,  acclinare,  reclinare,  vom  ahd. 
blinen,  y/.ntir,   Graff  4,  1094, 

1)  aufstützen :  die  band  auflehnen ;  auftauen  Garg.  l"6* ; 
den  Stab  gegen  den  boden  auflehnen. 

2)  sich  entgegensetzen,  empören,  iciderspenstig  sein :  das  rot 
mör  hat  sich  ufgelenet  als  zwo  muren.  Keisersb.  post.  3,  71 ; 
his  so  lang,  das  mein  herz  sich  als  ein  steinern  ufer  widder 
die  wellen  auflehnt.  Luthers  fcr.  2,  107;  darum  nennet  in  Mo- 
ses ein  Nimroth  und  rebellen,  der  sich  wider  alle  weit  und 
gottes  wort  auflehnet.  Mathesius  S2';  wer  wil  sich  wider  in 
auflehnen?  1  3/o5.  49,  9;  und  ir  soll  euch  nicht  auflehnen 
thüren  (dürfen)  wider  ewre  feinde.  3  Mos.  26, 37 ;  und  der 
herr  wird  deine  feinde,  die  sich  wider  dich  auflehnen,  für 
dir  schlahen.  5  Mos.  2S,  7 ;  zuschlage  den  rücken  dere,  die 
sich  wider  in  auflehnen.  33,  11;  von  der  band  aller,  die  sich 
wider  dich  auflehnen.  2  Sam.  IS,  31 ;  und  mein  widersprecher 
lehnet  sich  wider  mich  auf.  Hieb  16,  8 ;  die  könige  im  lande 
lehnen  sich  auf.  ps.  2,  2;  es  lehnet  sich  das  mcer  auf  gen 
berg  über  sich.  Acricola  spr.  711 ;  ein  lauter  wasser,  das  sich 
gegen  ihr  wie  ein  berg  uuflehnetc.    Opitz  2,  260 ; 

Kaphareus  verlacht  die  wellen, 

die  sich  an  ihn  lehnen  auf.     Flehinc  465; 

wann  man  sich,  wie  mancher  wolt, 

mit  einem  jeden  auflehnen  soll." 

bett  man  bei  tag  und  nacht  kein  ruh. 

Etri.^g  1,  410, 
«0  man  vergleiche  sich  auflegen;  der  ochse  lehnte  sich  auf, 
etiesz  mit  den  hfimern  an  das  hudendach.  unic.  doct.  777; 
jede  nachricht,  dasz  sich  wieder  eine  andere  insel  aufzuleh- 
nen anfange,  venirsaclifc  eine  allgemeine  freude.  \Viela>d  2, 
101 ;  wir  sahen  den  srblaghaum.  nnd  hinter  demselben  eine 
pnsze  masse  menschen,  die  sich  dort  auflehnten  und  an- 
drängten. Göthe  30,  311;  es  heiszt  die  Ordnung  der  dinge 
umsloszen  und  sich  gegen  die  gesetze  der  naiur  auflehnen. 
TiEC«  7,  2.^2. 

3)  aufreizen,  zur  empOrung  anregen : 

hat  euch  der  teufel  all  aufgelent?    fattn.  $p.  689,  5. 
t.  aufleinen. 

AUFLEHNIG,  renilens.  ttidertettlich. 

AUFLEHNISCH,  dasselbe. 

AUFLEIERN,  ein  lied  zur  leier  singen,  aufspielen:  leire 
mir  eins  auf!  Stiei.er  Uli. 


AUFLEIHEN,  leihen,  geld  aufleihen,  aufborgen. 
•MJFLEIHEN,  tcas  oben  sp.  645  aufleien : 

wie  sie  sich  schmückt  und  ziert,  gleich  also  nach  der  reibe 
zier  und  ausschmücke  dich,  uud  deine  haar  aufleibe 
gleich  eben  so  wie  sie.  Werders  Ariost  5,  25,  im  original' 

come  ella  s'orna,  e  come  il  crin  dispone 
studia  imitarla. 

AUFLEIME.N,  entweder  mit  leim  festigen  oder  den  leim  lösen. 

AUFLEINEN,  gleichbedeutig  mit  aufiehnen,  der  form  nach 
ahd.  hleinan  (GR.\rF  4,  1095),  mhd.  leinen:  sich  aufleinen, 
inniti.  Maaler  34';  so  sich  wider  ihne  aufleinen.  Fiscbabt 
bienenk.  126*;  sie  schleppen  (die  sacke)  zu  mark,  leinens  auf. 
ävrer  fastn.  sp.  SS* ; 

wan  man  dan  nicht  kan  verneinen, 

dasz  allhie        tausend  müh 
wider  uns  sich  stets  aufleinen.    Weceh.  600; 
wie  sie  sich  wider  dich  leinen  auf.    279; 
die  wider  mich  aufleinen  sich.    Spee  tugendb.iH. 

AUFLENZEN,  morari,  säumen,  zaudern:  damit  er  S.  Vei- 
ten nicht  mit  seinem  langen  auflenzen  unwillig  machte. 
Wickram  rollw.  16'.    s.  lenz  und  glenz. 

AUFLESEN,  legere,  colligere,  nnl.  oplezen,  von  beeren  {s.  auf- 
klauben), ähren,  reisern,  brosamen,  dann  aber  auch  angewandt 
auf  heimlich  und  unversehens  aufgeraßes,  aufgehobnes,  zumal  auf 
kitider  und  findlinge:  leset  steine  auf!  l  Mos.  31,46;  die  ab- 
gefallen beer  auflesen.  3  Mos.  19,  10 ;  wenn  ir  aber  ewT  land 
erntet  . .  soll  ir  nicht  alles  gnaw  auflesen,  sondern  solts  den 
armen  und  frembdlingen  lassen.  23,  22 ;  siebenzig  könige  mit 
verhawenen  daumen  irer  hende  und  füsze  lasen  auf  unter 
meinem  tisch,  rieht.  1,  7 ;  lasz  mich  aufs  feld  gehen  und 
ehern  auflesen.  Ruth  2,  2;  sie  gieng  hin,  kam  und  las  auf 
den  Schnittern  nach  auf  dem  felde.  2,  3 ;  laszt  mich  auflesen 
und  samlen  unter  den  garben  den  Schnittern  nach.  2,  7 ;  und 
laszt  liegen,  das  sie  es  auflese  und  niemand  schelte  sie 
drumb.  2,  16;  also  las  sie  auf  dem  felde  bis  zu  abend  und 
schlugs  aus  was  sie  aufgelesen  hatte  und  es  war  bei  eim 
epha  gersten.  2,  17 ;  da  las  der  knabe  Jonathan  die  pfeile 
auf.  1  Sam.  20,  3S ;  las  holz  auf.  1  kün.  17,  10 ;  ich  hab  ein 
holz  oder  zwei  aufgelesen.  17, 12 ; 

und  das  er  selber  die  speen  auflas,    fasln,  sp.  816,  16 ; 
wir  wissen  insgesamt  wie  weise  Pallas  ist, 
und  dennoch  zischelt  man  von  einem  feinen  knaben, 
mit  drachenfüszchen  zwar,  den  sie  aus  einem  zwist 
mit  Mulcibern  soll  aufgelesen  hsben.    WiELA.'tD  5,  185; 

wie  man  einen  schätz  findet  oder  den  schnupfen  aufliest, 
unversehens  und  ohne  zu  wissen  wie.  8,  22;  die  saubere 
waare  (ro«  menschen),  die  er  auf  den  slraszen  zu  Kischmir 
aufgelesen  hat.    8,  281 ; 

wie  Vastola  zwei  keimchen  (kinder)  aufgelesen.    18,  113; 
und  nun  würd  unser  einem  hinterbracbt, 
dies  mädchen  sei  des  Juden  loehter  nicht, 
er  hab  es  in  der  kindheit  aufgelesen, 
gekauft,  gestolen.         Lessimc  2,  301 ; 
vom  staube  hat  er  manchen  aufeelesea. 
Schiller  3i^; 

Ungeziefer  auflesen,  unvermerkt  an  sich  bekommen;  wo  sie  doch 
ihre  Weisheit  mögen  aufgelesen  haben.  Klincer  9, 13S ;  sofort 
sprangen  seine  zwei  hömer  in  die  stube,  die  ich  auflas.  J.  Paul 
teuf.  pap.  1,  82.  rorj  kindem  galt  auch  lat.  colligere:  quicumque 
puerum  vel  puellam  projecfam  de  domo  pafris  vel  domini  vo- 
luntate  scientiaque    collcgerit.  cod.  theodos.  1  de  exposilis. 

Dann  auch  namen  auflesen,  recilare,  herlesen. 

AUFLESEN,  n.  meine  tapferkeit  war  ein  auflesen  hinler 
euch  her,  wie  das  emtemädchen  hinter  des  meiers  sense. 
Fr.  MriiER  3.  223. 

AI  FLESER,  »1.  collector. 

AUFLETTERN,  adspergere,  aufsprengen:  im  louf  vrird  heim- 
lich die  kraft  golts  durch  den  priesler,  der  das  wasser  be- 
wegt, oder  wer  do  toufl  ein  kind,  indem  so  er  das  wasser 
uflettret  und  spricht,  ich  touf  dich  in  dem  namen  u.  s.  w. 
Keisersb.  post.  2, 26.  in  einer  andern  bei  Oberlix  918  angesognen 
stelle  sagt  Keisersrerc  :  das  was  gewonheit  der  Juden,  das  sie  ire 
hend  zum  dickern  mol  wuschen  und  iemer  meder  (mehr)  mil  was- 
ser letlerten  (besprengten),  elsäss.  im  wasser  letschen  (pßdt- 
schern),  sehwdb.  latschen,  latschen  (Schhid  338),  Schweiz,  lüdem, 
lauern,  triefen,  sudeln  (Stald.  2,  15t,  vgl.  lüttern  2,  188),  ein 
altes,  besserer  aupiellung  bedürßiges  wort. 

AUFLEUCHTEN,  alte  lucere:  aufleuchtende  flamme,  auf- 
leuchtende gedanken. 


687 


AUFLEUNEN— AÜfLüSELN 


AUFLEUNEN,    launisch    werden,    lustig    oder    übel   gelaunt 
sein?    s.  auflaunen ;  oder  gehörig  zu  aufentlcunen  («p.  638)? 
ir  wist,  die  nacht  ist  nicmnnils  freunt, 
ob  ich  zu  ser  wer  aufgeleimt 
und  liet  zu  grob  ein  teil  gcspiinnen, 
seit  ir  doch  weder  muncli  noch  nunnen, 
doch  bit  ich  mir  hie  zu  verzeihen. 

fnstn.  sp.  3S8,  19. 

AUFLICHTEN,  lucem  affundere,  außellen,  nnl.  opiichten: 
er  konnte,  nur  wollte  er  nicht,  dies  sein  entrc  chien  et  loup 
auflichten.  Hippel  10, 105 ;  um  ihren  verfinsterten  köpf  aufzu- 
lichten.  TiECK  ges.  nov.  2,  257 ;  es  beginnt  aufzulichten. 

AUFLIEFERN  ßr  aufgeben,  bei  den  poslcn:  es  sind  die- 
sen monat  tausend  briefe  mehr  aufgeliefert  worden. 

AUFLIEGEN,  mehrdeutig, 

1)  incumbere,  impositutii,  moleslum  esse:  der  balke  liegt 
auf  {der  mauer) ;  der  arm  liegt  auf  {dem  lisch) ;  fleisch  liegt 
auf  (dem  brot);  die  wölke  liegt  auf  {dem  hi'mmcl);  gelt,  die 
{spanischen  besalzungcn)  lagen  dir  am  schwersten  auf?  Götiie 
8,  178 ;  wenn  sie  {die  bursche)  nur  nicht  gleich  heiraten  woll- 
ten und  wenn  man  einmal  freundlich  mit  ihnen  ist,  einem 
darnach  den  ganzen  tag  auflagen.  Göthe  U,  G  ;  anstatt  uns 
nun  hieran  zu  trösten  und  als  grünes  holz  dasjenige  zu  er- 
trageii,  was  dem  dürren  auflag.  26,  54;  das  menschcnschick- 
sal  musz  demjenigen  am  schwersten  aufliegen.  26,  312 ;  doch 
erinnere  ich  mich,  dasz  {diese  alleren  dichter)  mir  als  kna- 
ben  und  jüngling  wie  ein  alp  beschwerlich  auflagen.  45,281; 
die  band  des  einsam  verschlossenen,  der  die  stimme  der 
liebe  nicht  hört,  drückt  hart  wo  sie  aufliegt,  an  fr.  von  Stein 
1,  34;  wenn  die  leute  in  eurem  lande  schlecht  sein  wollen, 
so  liegt  mirs  nicht  auf,  sie  davon  abzuhalten.  Klingers  Ih. 
4,  268 ;  der  schmerz  liegt  auf  den  weiblichen  herzen  mit 
gröszerer  last  als  auf  den  männlichen  auf.  .1.  Paul  uns.  löge 
3,  72 ;  die  witwe  liegt  mir  auch  auf  {drängt  mich).  Heyne  an 
Joh.  Müller  9S ;  was  Heinrichs  Untergang  möglich  machte,  war 
der  hasz  seiner  erzbischöfe  und  bischöfe,  denen  er  so  schwer 
aufgelegen,  denen  er  so  vieles  abgekargt  hatte.  Dahlm.  dän. 
gesch.  1,  306 ;  die  pflicht  liegt  uns  auf,  ob.    s.  obliegen. 

2)  das  gesinde  liegt  auf,  ist  dienstlos,  cnlweder  liegt  auf 
der  faulen  haut  oder  liegt  offen  {nach  3).  der  Schmarotzer  hat 
lange  bei  uns  aufgelegen. 

3)  of^cn  liegen :  das  buch  liegt  noch  auf  {aufgeschlagen) ; 
die  zeitung  liegt  auf,  liegt  zum  lesen  da,  liegt  auf  dem  tisch, 
ist  aufgelegt. 

4)  sich  aufliegen,  wund  liegen,  auf  dem  krankenlagcr. 
AUFLIEGEN,  s.  auflügen. 

AUFLIEGUNG,    das    aufliegen,     mit   aufiigung    der   lienJ. 
bienenk.  167,  das  aufgeleglsein,  oder  für  auflegung? 
AUFLISPELN,  orc  blacso  balbutirc: 
doch  lispelt 
stammelnde  freudc  mit  auf.    Kiopstock  1,  115. 

AUFLOBEN,   mercem  laudare,  ut  alter  emat.    Stieler  1172. 

AUFLOCHEN,  arborem  incidere,    s.  auflachen. 

AUFLOCHEHN,  aperluram  facere,  incidere:  das  muesz  lege 
auf,  so  weit  der  schad  reichet,  und  so  er  aber  das  ganze 
glied  umbgcbe,  so  nimb  für  dich  die  gescliicktigste  statt  und 
löciier  es  auf.   Paracelsls  1,  485*. 

AUFLOCKEN,  das  haar  auflocken,  in  locken  binden, 

AUFLOCKERN,  lerram  solvere,  agrum  mollire:  auflockern 
und  urbar  machen.  Bettink  lageb.  102.  das  bett  auflockern, 
aufschütteln;  schwämme  auflockern,  befeuchten  und  erweichen: 

nachdem  sie  die  tische  mit  aufgelockerten  scinviimmen 
s.TUbericn.  Voss  Od.  1,  111. 

AUFLODERN,  flammam  concipere:  affecten  lodern  auf  wie 
ein  feuer.  Lehmann  9;  meine  frau  in  zorn  aufloderte,  ehe 
eines  mann  es  195;  seine  ganze  seelc  loderte,  wenn  wir  so  sa- 
gen können,  in  einen  einzigen  gedanken  auf.  Wieland  2,  213 ; 
wenn  er,  empfänglich  wie  er  war,  leicht  aufloderte,  wenn 
sein  lebhaftes  begehren  zudringlich  ward.  Götiie  17,  10;  die 
man  kalte  leute  zu  nennen  pflegt,  weil  sie  bei  anlassen  we- 
der schnell  nocii  sichtlich  aullodern.  is,  91;  ihr  verstand  ist 
nicht  mehr  meister  ihres  herzens,  und  nur  zu  Zeilen  lodern, 
gleich  den  blitzen  in  einer  dunkeln  nacht,  iiellere  gefühic  in 
ihr  auf.  Klinceb  2,  323;  nun  erzählte  der  herzog  mit  auflo- 
dern.   Arnim  kronenw.  1,  438. 

AUFLÖSBAR,  solubilis. 

AUFLÖSBARKEIT,,  f. 

AIJFLÜSELN,  subauscultare,  diminutiv  des  folgenden.  Maa- 
ler  34*. 


AUFLOSEN  — AUFLÖSEN 


AUFLOSEN,  auscullare,  allendere,  auflauschen,  $chweis.  uf- 
losa,  ahd.  hlosen,  mhd.  losen: 

ein  ieilicher,  der  da  lioren  will, 

der  lose  uf  und  scliwige  still,    fastn.  sp.  820,  6; 

so  los  mir  uf!    827,  16; 

solt  sie  meiner  red  auflosen, 

wer  meines  herzen  begier.    Ambr.  Ib.  s.  223,  45; 

auflöse,  0  got,  meiiler  gerechten  sach. 

Mklissus  B  1* ; 
und  solchem  rechtgläubigem  spruch 
thut  gott  lleiszig  auflosen.  . 

W.  Spangenberg  fangbriefe  E  3'. 

AUFLÖSEN,  solvere,  resolvere,  ahd.  lusan,  mhd.  loesen,  nnl. 
oplossen. 

1)  sinnlich,  kanstu  das  band  des  Orion  auflösen?  /fio6  38, 
31;  wer  hat  das  wild  so  frei  lassen  gehen?  wer  hat  die 
bände  des  wilds  aufgelöset?  39,  5;  nicht  werth,  das  ir  der 
gurt  aufgelöset  würde.  Baruch  6,  44 ;  das  ich  mich  vor  im 
bücke  und  die  riemen  seiner  schuh  auflöse.  Marc.  1,  7.  Luc. 
3,  16.  Joh.  1,  27 ;  das  ich  im  die  schuh  seiner  füsze  auflöse. 
apost.  gesch.  13,  25 ;  löse  auf  die  vier  engel,  gebunden  an  dem 
wasserstrom.  offenb.  9,  14 ;  denn  er  {der  ochs)  kan  euch  fein 
leren,  das  ir  in  auflöset,  wenn  in  dürstet.  Luther  8, 198';  ihr 
habt  mir  die  bände,  damit  mein  trostlos  herz  gebunden  war, 
aufgelöset.    Galmy  50; 

lös  auf  mein  greises  haar!    Gbtphius  1,  59; 

die  sonne  in  ein  glanzgewölke  aufgelöset.  J.  Paul  Hesp.  1, 
168 ;  salz  in  wasser  auflösen. 

2)  schlaf,  tod,  krankheit,  hitze  lösen  die  glieder  auf: 

jedes  ihrer  glieder  lag  gefällig 
aulgelöst  vom  süszen  gölterbalsam  {schlaf). 
Götiie  2,  106; 

innig  verschmolzen  mit  musik  heilt  sie  {die  dichlkunst)  alle 
seelenleiden  aus  dem  gründe,  indem  sie  solche  gewaltig  an- 
regt, hervorruft  und  in  auflösenden  schmerzen  verflüchtigt. 
22,  91;  ich  begehre  aufgelöst  zu  sein.  Philipp.  1,  23  {sntd'v- 
fiiav  t'xcov  eli  xb  avaXvaai,  goth.  lustu  habands  andletnan) ; 
mitlerweile  sind  aus  diesem  leben  etliche  nutzliche  vornehme 
leute  aufgelöset.  Micrälils  4,  48;  die  kirche  gesammelt  aus 
den  geistern  der  aufgelösten  gläubigen.  Claudius  7,  118;  der 
brief  eines  aufgelöseten,  eines  verklärten  an  seinen  zurück- 
gebliebenen freund.  Hippel  14, 1;  Horion  lag  aufgelöst  in  den 
armen  des  lehrers.  J.  Paul  Hesp.  1,  248;  bis  er  sich  in  un- 
schuldige träume  auflöste.  1,  187;  ihre  aufgelöste  und  er- 
quctschte  seele  glich  der  bruchweide,  der  man  alle  zweige 
rückwärts  mit  der  bloszen  band  herunter  streichen  kann. 
2,40;  Anna  sah  zum  fensler  hinaus,  um  eine  gewisse  be- 
klemmung    ihres    herzens    aufzulösen.    Arnim  kronenw.  1,  399. 

3)  er  löset  auf  der  könige  zwang.  Iliob  12,  18 ;  sie  verste- 
het sich  auf  verdeckte  wort  und  weisz  die  rätzel  aufzulösen. 
weish.  Sah  8,  7 ;  ir  solt  nicht  wänen,  das  ich  koinen  bin,  das 
gesctz  oder  die  prophetcn  aufzulösen.  Matth.  5,  17;  wer  nun 
eins  von  disen  kleinsten  geboten  auflöset.  5,  19;  wer  der  ge- 
ringsten gebot  eines  auflöset,  der  sol  auch  der  geringste  im 
himel  sein.  Luther  3,  312';  welcher  geist  Christus  fleisch  auf- 
löset, der  ist  nicht  von  gott.  3,382';  warum  sind  sie  denn 
nicht  auch  so  keck  und  lösen  mir  meine  schrift  auf?  1,429'; 
und  disen  ernst,  reverenz,  schäm  und  crsamkeit  hat  sie  nie 
aufgelöset.  Frank  wellb.  106' ;  dieser  arme  jüngling,  weil  er 
nichts  hatte  und  ilim  die  bände  etwas  zu  geben  gleichsam 
gebunden  waren,  inusle  seine  zunge  auflösen  und  es  aufs 
bitten  legen,  pers.  rosenth.  3,  27 ; 

schwer  isis,  wie  maus  trcITen  sol,  dasz  mans  recht  auflöse. 
LoGAU  3,0,  70; 

des  ritlers  bczaiibening,  den  zauber  auflösen.  Wieland  5, 15. 
10,  272 ;  bloszgestellt  dem  neide  und  allen  leidenschaflen 
eines  zügellosen,  aufgelösten  volks.  Schiller  805 ;  es  war  als 
wenn  er  so  gut  durch  fröhlichkeit  als  durch  gefüiti  Olli- 
li(Mis  erstarren  wieder  beleben,  ihr  schweigen  wieder  auflösi'U 
wollte.  (Jötiie  17,  397 ;  der  mann,  der  die  heiligste  pflicht 
auflöst,  kennt  keine  mehr  auf  erden.  Ki.incer  2,  394;  stille 
lugend  löst  den  mann  auf,  nur  lapferkeit  ist  sein  werth. 
5,121;  die  ehe,  eine  gesellschaft,  freundschaft  auflösen;  die 
beobachtungen,  nachdem  sie  durch  malheuialik  aufgelöst  wer- 
den, haben  uns  die  kraft  der  anziehuiig  oireiibart.  Kant  3, 
109 ;  die  bedculung  eines  begrifs  durch  eine  erklörung  auf- 
lösen.   6,  10. 


689 


AUFLÖSLIGH  —  AUFMACHEN 


AUFMACHEN — AUFMEISZELN 


690 


AUFLÖSLICH,  auflösbar. 

AüFLÖSL-NG,  f.  solutio,  nach  allen  bedeutungen  des  auf- 
lösens,  s.  b.  auflösung  der  begriffe.  Kam  C,  14.  19 ;  ich  hätte 
der  auflösung  dieses  einwurfs  überhoben  sein  können.  8,52; 
der  kranke  geht  seiner  auflösung  entgegen. 

ALTLOTHEN,  ferruminare,  plumbare,  mit  blei  befestigen: 
einen  knöpf  auflöthen. 

ALTLÜFTEN,  ccn/i/are,  insolare:  das  bett  auflüften;  sich 
von  dem  zwange  auflüften.  Hippel  10,  208. 

AUFLL'GEN,  suspicere,  aspicere,  conlemplari,  aufschauen. 
Maalek  34*.     schaeiz.  ufluega.    Tobler  431'. 

ALTLCGEN,  tnenliendo  tribuere,  lügenhaß  außürden:  du 
richtest  eine  frembde  lere  in  uns  an,  die  du  uns  auflegest 
und  aufleugest,  und  nicht  unser  ist.  Luther  3,  85';  der  {ein 
knabe)  mir  aus  Engclland  ist  schaiklich  aufgelogen,  br.  5,  402. 
durch  lügen  außringen,  auftreiben: 

wo  hat  er  nur  geh  aufgelogen?    H.  Sxcas  III.  2,  118'. 

ALFLLFFEN,  levare,  aufheben,  Schweiz,  uflopfa:  es  sei 
dann,  dasz  er  zu  zeiten  ausz  sonderlichem  vorthei!  sfeinen 
hintern  auflupfe,  bienenk.  133';  mein  bursche  kehrt  zu  seiner 
bürde  zurück,  lupft  auf,  kratzt  hintenn  ohr.  Wiela.nd  18, 107. 
sich  auflupfen,  in  altum  eniti,  sich  aufschwingen: 

tliel  in  {den  adler)  gleich  wie  vorhin  berupren, 
das  er  sich  nicht  mehr  kund  auflupreD. 
B.  Waldis  Esop  3,  47. 

AUFMACHEN,  lei'are,  aufheben,  nnl.  opmaken. 

1|  üfnen,  aperire,  durch  aufheben,  außhun.  die  thür,  das 
thor  auCmachen,  mhd.  üf  luon;  macht  auf!;  macht  auf  das 
loch  der  hole!  ios.  10,  22;  wenn  er  jemand  verschleuszt, 
kan  niemand  aufmachen.  Hiob  12,  14 ;  ein  buch  aufmachen ; 
den  mund,  die  äugen  aufmachen;  den  schlag  am  wagen  auf- 
machen, hcbamme  26 ;  das  fenster,  den  verhäng  aufmachen, 
aufschieben;  die  schleuse  aufmachen;  den  knoten  aufmachen, 
außüsen;  den  schnürleib  aufmachen;  eine  quelle  des  Unter- 
haltes aufzumachen.  J.  Fall  teuf  pap.  1,  34.  genaueres  unler 
aufthun. 

2)  feuer  aufmachen,  anmachen,  es  aufsteigen,  sich  erheben 
lassen  : 

wie  bald  er  da  ein  feur  auTmacht.    Uhla.hd  343 ; 

sie  macht  ein  feuer  auf,  i«t  mühsam  und  geschwinde, 

laun  bin  und  milkt  die  küb.        Opitz  1,  157. 

Schweiz,  ufmacha,  anschüren,  reizen.  Tobler  431*.  ein  bild 
aufmachen,  aufrichten:  sie  machen  ein  bildnus  eins  men- 
schen, das  in  all  ircn  winkeln  und  gezelten  aufgemacht  stehet. 
Frank  weltb.  96' ;  von  neuem  aufmachen,  außauen.  Uhland  343 ; 

3)  aufmachen,  aufspielen,  spiel  erheben: 

mach  auf,  spieLmann,  ein  froling  tanz. 

H.  SachsII.  4,  3"; 

unter  währendem  diesem  gesang  bedunkt  mich  warhaftig  als 
wann  die  nachtigall  sowol  als  die  eule  und  echo  mit  einge- 
stimmet  hätten,  und  wann  ich  den  inorgenstern  jemals  ge- 
höret oder  dessen  melodei  auf  meiner  sackpfeifc  aufzumachen 
verinöclit,  so  war  ich  aus  der  hütte  gewischt,  meine  karten 
mit  einzuwerfen.  Simpl.  1,  28 ;  da  sie  aber  anficngen  zu  guin- 
pen,  dasz  der  ganze  bau  zitterte,  weil  man  eben  einen  trol- 
lichten  gasscnhaucr  aufmachte.  1,  109 ;  musten  die  spiclleute 
vor  der  tafel  aufmachen.  2,  279 ;  hürete  die  musicanten,  welche 
sich  mit  aufmachen  tapfer  lustig  macheten.  Salinde  329 ;  nicht 
wahr,  meine  herren,  wandte  er  sich  an  die  gescilschaft,  wir 
lassen  eins  aufmachen?  Tieci  tischler  1,  101.  angewandt  auf 
das  betlspiel: 

mein  man  ist  ein  lorecbier  ganch, 
der  sagt  des  tags  vil  von  sachen, 
wie  er  snaclits  oft  auf  wol  machen, 
wenn  wir  denn  zusamen  kumen  ins  pclt, 
so  ligt  er  slill  und  ist  versigen. 

fastn.  sp.  771,  27. 

4)  einen  hut  aufmachen,  anfkrämpen ;  das  kleid  aulinachen, 
in  die  hohe  stecken,  aufnehmen;  die  wolle  aufinachen,  zum 
sortieren  auflegen. 

5)  sich  aufmachen,  sich  erheben,  aufstehn,  auf  den  weg  machen : 

mhd.  m.icht  Incli  itf  dräte, 

vareiil  selbe  zuo  dem  mer.   Er.  7622; 

ein  paar  hundertmal  in  Luthers  bibel,  z.  b.  danimb  so  macli 
dich  auf  und  zeuch  durch  das  iand.  t  Mos.  13,  17 ;  machet 
euch  auf  und  gehet  aus  disem  ort.  19,  14;  mach  di-Ji  auf, 
niin  dein  weib  und  deine  zwo  töchter.  19,  15;  Abraham  aber 
macht  sich  des  morgens  früc  auf.  15,  27;  ich  wil  mich  auf- 
machen und   zu   meinem  valer    gehen.    Luc.  15,  18;    und    er 


machete  sich  auf  und  kam  zu  seinem  vater.  Luc.  16,  20; 
wenn  nu  hie  ein  zenkischer  sophist  sich  aufmacht  und  wi- 
der alle  weit  fechten  wolt.  Ldtuer  3,  79' ;  der  mach  sich  auf 
und  lauf  davon.    Garg.  8g'.    s.  auf  und  davon   sp.  604; 

sobald  der  tag  sich  auf  wird  machen, 
wil  ich  auch  munter  sein  und  wachen. 
Opitz  p«.  t.  210; 

der  moad  bat  sich  schon  aufgemacht,  pers.  rosenth.  1,  34 ;  der 
wind  machet  sich  gewaltig  auf.  Lokman  fab.  33 ; 

mach  dich  doch  auf,  o  herr!    WeCKUERLi.-«  167 ; 

Astree  kennt  das  ziel, 

wenn  sie,  o  trauerspicl !. 

sich  soll  mit  donnerkuall  und  stürm  zur  räch  aufmachen. 
Grtphius  1,  424; 

so  mach  ich  mich  auf  und  ziehe  mit  ihr  von  Florenz,  l,  908 ; 

willst  du  dich,  gou,  aufmachen,  zu  halten  über  der  erden 
ein  geriebt?  Klopstock  Hess.  5,  16; 

sage  dem,  der  mich  geschaffen  und  gerichtet  liat,  dasz  ich 
mich  auhnache  und  komme  und  anbete.  Klopstock  8,  23 ; 

mache  dich  auf,  Laomedons  söhn.   Voss //.  3,  250 ; 

mache  dich  auf,  heulender  stürm.    Gotter  2,  510; 

nachher  schien  regen  und  stürm  sich  aufzumachen.  Tieck 
ges.  nov.  6,  313 ;  Melina,  welcher  sich,  um  die  garderobe  zu 
übernehmen,  bei  zeiten  aufgemacht  hatte.    Göthe  18,  234. 

Da  sich  aufmachen  leicht  übergeht  in  sich  rüsten,  hört  man 
auch  unter  dem  volk:  die  hat  sich  heute  recht  aufgemacht, 
aufgeputzt;  in  welchem  sinn  schon  bei  Keisebsberg  vorkommt 
sich  mustern  und  aufmachen  =  aufputzen. 

AÜF.MACHERLN,  /".  lena:  wie  alti  wib  und  ufmacherin,  so 
sie  selber  zu  den  Sünden  zu  alt  sint  worden,  jungfi-owen 
und  dirnen  habent  abgeworfen.  Oberlix  67  aus  dem  hand- 
schriplichen  Belial  de  Leronis.    s.  mitmacherin. 

AUFMAHLEN,  appingere,  anmahlen.  auch  wol  auffi-ischen. 
die  färben  aufmahlen,  verbrauchen. 

AUFMAHNEN,  admonere,  anmahnen,  außieten,    auffordern: 

her  haublman,  wenn  ir  jetzt  aufmani 

die  Cananiter  in  ir  grenz.    II.  Sacus  III.  1,  34'; 

und  Oohe  sein  junker  dem  dorf  zu,  also  das  ich  gedacht,  er 
mant  die  bauren  uf.  Güt^  vos  Berl.  64 ;  gegen  abend  ist  es 
gleich  arg  "worden,  als  zuvor,  das  i.  f.  gn.  die  Stadt  wieder 
aufgemanet  und  das  schlosz  besetzet.  Schweixichen  Ij  72 ;  so- 
bald sie  aber  durch  ihre  kundschafter  aufgemahnet.  Froxsp. 
kriegsb.  3,  142';  dessen  ich  ^iel  beispiel  und  exenipel  anzei- 
gen könnte,  dasz  ich  in  groszer  eil  aufgemanet  wurde  und 
auch  bei  den  patienlen  unbeholfen  leut^halte.  WüRTztcimd- 
arzn.  242;  hiezu  wurden  durch  das  orlandisch  greuelhom 
aufgemanet.  Garg.  Sl';  und  gegen  sie  sich  stark  aufmanen. 
2S4';  das  ganze  Teutschland  wider  die  Ungarn  aufgainahaet. 
PuiLAXDER  2,  370 ;  als  er  wider  den  kaiser  aufgemahnet  ward. 
ZiXKGR.  166; 

dasz  man 

aufmalinet  das  ganze  kriegsbeer.    Atrer7S'; 

bald  mahnet  auf  zweihundert  mann.    216'; 

vor  Ungeduld  sein  herz  bald  aufzumahnen.  Wielaxd  21.  178 ; 
von  jedem  manso  den  eigenthiUiier  zur  rcichsvertheidigung 
aufzumahnen.  Moser  1,  rorr. ,-  wenn  ein  kaufmann  einen  pfef- 
fersack verliert,  soll  man  das  ganze  reich  aufinahneu.  Göthe 
8,  80.  42,  103.  312. 

AUFMAHNUNG,  f.  adhortaiio.  erki.  des  landfr.  von  1522.  §.  4. 

AUFMALEN,  molere.     das  ganze  getraide  aufmalen. 

AUF.MANDELN,  die  garben  in  mandeln  zusammenlegen. 

AUFMARSCH,  «i.  acies  instnicla  procedens. 

AUF.MARSCHIERE.N:  unser  gnädigster  landesherr  licsz  alle 
regimenter  auf  dem  paradeplatz  aufmarschieren.  Schiller  189' ; 
zwei  regimenter  standen  aufmarschiert. 

AUFMÄSTEN,  saginare,  neh  aufmästen;  ein  reich,  welches 
wie  ein  aufgemästeter  leib  an  seiner  eigenen  grösze  krank 
lüge.  LoHExsT.  Arm.  2, 371 ;  den  Schweinen  fett  und  fleisch 
aufmästen,    hannov.  mag.  1^44  s.  334. 

AUF.M.\SZ,  n.  was  von  frucht,  wegen  des  verspäteten  ein- 
messens,  oder  auch  als  xins  für  geliehenes  getraide  mehr  ge- 
geben werden  musz. 

AUFMAUERN,  in  die  höhe  mauern:  ein  haus,  eine  wand 
aufmauem;  poetische  geinählde,  worauf  die  färben  so  hoch 
aufgemauert  waren,  dasz  man  sie  ohne  zweifcl  fühlen  konnte. 
J.  Paul  teuf  pap.  2, 100. 

AUFMEISZELN,  celte,  malleolo  aperire  oder  auch  caelare, 
insculpere,  mit  dem  meiszel  üfnen,  oder  eingraben. 

44 


69 1    AUFMENGEN  —  AUFMERKSAMKEIT 


AUFMERKSAMLICH— AUFMUTZEN   692 


AUFMENGEN,  futter  untereinander  mengen,  schütten,  s.  auf- 
gemenge. 

AUFMERKEN,  altendere,  nnl.  opmerken :  merkt  auf  ir  hi- 
mel^  ich  wil  reden.  5  Mos.  32,  1 ;  höret  zu  ir  künige  und 
merket  auf  ir  fürsten.  rieht.  5,  3 ;  lasz  nun  deine  ohren  auf- 
merken aufs  gebet.  2  chron.  6,  40;  so  sollen  nu  meine  äugen 
offen  sein  und  meine  ohren  aufmerken  aufs  gebet.  7,  15; 
ich  habe  aufgemerkt  auf  ewren  verstand.  Hiob  32,  11;  merk 
auf  Hiob  und  höre  mir  zu.  33,  31;  merk  auf,  du  menschen- 
kind.  Dan.  8,  17;  sie  sahen  einander  an  und  schempten  sich, 
merk  auf.  schimpf  imd  ernst  cap.  148.  intransitives  aufmerken 
tst  merken  auf  und  wechselt  damit,  z.  b.  hiob  33,  1  heiszt  es, 
höre  doch  Hiob  meine  rede  und  merke  auf  alle  meine  wort; 
tt'O  bloszes  aufmerken  steht  ohne  casus,  könnte  es  wie  auf- 
lauschen, auflosen  ein  in  die  höhe  hören,  ohren  spitzen  sein; 
folgt  ein  casus,  so  verbindet  ihn,  wie  die  belege  zeigen,  Lu- 
ther nochmals  durch  die  praep.  auf.  spätere,  welchen  dann 
aufmerken  zu  transitivem  nolare,  anmerken  wird,  setzen  nur 
den  acc.  hinzu:  ich  will  mirs  aufmerken; 

dis  haben  aufgemerkt  als  uiierliörte  Sachen. 

Opitz  4,  358; 
ich  habe  nun  erkaiit  die  hochgcberztcn  Keuszen, 
ihr  wesen  aulgemcrkl.        Fleming  «26  ; 
geschäfte  der  weit,  welche  er  bei  seinen  reisen  aufgemerket. 
Opitz  Arg.  1,  71 ;    so    viel    ich    von  diesem  sultan  aufgemerkt 
halte.    Klincer  7,  210.     doch  behalten  einige  neuere  die  bcdeu- 
tung  von  attendere  mit    hinzugefügtem   dativ:    beim    studieren 
des  gedachten  Werkes  merkt  ich  mir  selbst  und    meinen   in- 
nern  geistesoperationen  auf.    Göthe  32, 175 ;    er  rechnete  dem 
herzen  des  sullans  als  gewinn   an,    was  er   seinem   verstand 
als  Verlust  aufmerkte.    Klingeb  7,  118. 

AUFMERKEN,  n.  altentio.  man  sagte  sonst  einer  sache 
sein  aufmerken  geben  im  sinne  des  heutigen  seine  aufmerk- 
samkeit  schenken :  er  sol  auch  weiter  sein  aufmerken  geben, 
wo  verletzte  knecht  (seien).  Fronsp.  kriegsb.  1,  65' ;  nach  sol- 
chem wird  die  bestallung  zu  verlesen  an  sie  vermanct  ihr 
aulmerken  zu  geben.  3,6';  wir  waren  überzeugt,  durch  treues 
aufmerken,  durch  fortgesetzte  beschäftigung  lasse  sich  allen 
dingen  etwas  abgewinnen.    Göthe  26,  63. 

AUFMERKER,  m.  observalor:  wolle  auch  hie  andere  auf- 
merker hierüber  verordnen  oder  selbst  am  andern  ort  den 
augcnschein  halten.  Kirchhof  mil.  disc.  184 ;  er  hat  auch  auf- 
merker verordnet,  die  alle  monat  musten  inquiriern.  Reisz- 
NER  Jerus.  2,  54' ; 

wo  purpn%  nicht  die  mauren  deckt, 
wild  kein  aufmerker  leicht  versleckt. 

Grypuius  1,  380; 
ein  sorgfältiger  aufmerker.  Kant  l,  71;  wenn  die  summierung 
der  pflichtübcrtietungen  durch  aufmerker  bevorstände.  5,  116 ; 
subtile  und  sorgfältige  aufmerker.    8,  256.    s.  merker. 

AUFMERKIG,  attentus :  aufmerkig  und  klarer  erkendnus. 
H.  Sachs  I,  369*;  man  musz  in  gottes  dienst  aufmerkig  sein. 
AcHicoLA  105';  so  haben  doch  wirTeutschen  nie  fast  auf  die 
werk  gottes  aufmerkig  leut  gehabt.  Frank  c/trora.  rorr.  a';  lei- 
den macht  aufmeikig.  Frank  spr.  139 ;  darumb  leser  sei  auf- 
merkig. Paracei.sls  1,  51* ;  grosze  ohren  zeigen  an  ein  gnts 
gehör,  gute  gedächtnis,  aufmerkig,  sorgsam.  1,  913';  so  bläst 
er  umb,  auf  dasz  man  sei  aufmerkig  und  horche  gar  still, 
was  der  oberst  gebieten  wil.  Fronsp.  kriegsb.  3,  67';  wacht- 
bar  und  aufmerkig.  Philander  2,  100;  meiner  bitt  aufmerkig 
sei.    MEiissulps.  Li*. 

AUFMERKLICH,  attentus:  alles  wird  im  menschen  praesa- 
giert,  in  einem  aufmerkiicher  dann  im  andern.  Paracelsus 
2,  421*. 

AUFMERKSAM,  attentus,  curiosus,  das  heutige  wart,  vor 
dem  aufmerkig  zurückgetreten  ist.  Stieler  1272.  aufmerksame 
zuliörcr;  einen  auf  etwas  aufmerksam  machen,  (jötiie  25,  56 ; 

aufmerksam  geschaut!    Voss  Lui«e  3,  208 ; 
mit   den   aufmerksamsten   fingern   forschte    dieser  grosze  ge- 
lehrte {Klotz)  diesem  niedlichen  gölte  durch  alle  kupferbücher 
nach.    Lessinc  8,  219;  ein  aufmerksamer  liebhaber. 

AUFMERKSAMKEIT,  f  attentw.  konnte  der  horcher,  nach 
einer  kurzen  aufmerksamkeil,  ungefähr  folgendes  verslehn. 
Götiie  18,  217;  es  gehört  unter  die  lobenswiirdigen  atifinerk- 
samkeiten  {franz.  altenlions),  dasz  wir  uns  sclinell  bücken, 
wenn  jemand  etwas  aus  der  band  fallen  läszt  und  es  eilig 
aulzuhehen  suciien.  17,  09;  was  soll  ich  euch  von  den  hun- 
dert aufinerksamkcilen  erzählen,  womit  ich  ihr  den  langen 
weg  über  angenelim  zu  werden,  sie  zu  zerstreuen  suchte.  21,  50 


AUFMERKSAMLICH,  adv.  allente:  meine  tochter,  die  dies 
alles  mit  angehört  und  aufmerksamlich  betrachtet  hatte,  ehe 
eines  weibes  282. 

AUFMERKUNG,  /".  altentio,  annotatio:  stond  also  mit  gro- 
szer  aufmerkung  zuzuhören  seinen  Worten.  Frank  wellb.  199*; 
aber  leider  solche  geographische  tabulen  und  aufmerkungen 
des  Tlieodori  sind  untergegangen.    Micrämcs  a.  i*.  1, 10. 

AUFMESSEN,  in  verschiednem  sinn:  einem  schlage,  prü- 
gel  aufmessen,  aufzählen;  Schweiz,  ufmessa  Todler  431'.  ilie«- 
messen,  imputare:  ihm  dergleichen  schuld  und  seumnus  nicht' 
mag  aufgemessen  werden.  Frankf.  ref.  1,  35,  7.  landwirt- 
schaßlich,  gedroschenes  getiaide  aullieben,  messen  und  auf- 
speichern. 

AUFMISCHEN,  denuo  miscere,  aufmengen,  aufschütten,  auf- 
schütteln: ein  fasz  wein,  ein  glas  arznei  aufmischen,  auch 
die  karten  aufmischen. 

AUFMÖGEN,  wie  aufkönnen,  doch  im  nhd.  sinne  des  mö- 
gens:  ich  mag  gar  nicht  auf,  aufstehen,  das  bell  verlassen; 
ich  möchte  gern  auf,  könnte  ich  nur.  s.  aufbegehren,  auf- 
sehnen, aufverlangen. 

AUFMORGELN,  procraslinare,  auf  morgen  verschieben,  hat 
Stieler  2375,  es  bedarf  aber  der  bestdtigung.  besser  wäre  auf- 
mornen  =  aufraorgnen.    s.  vennornen. 

AUFMUDDERN,.  aufschlemmen,  ist  halb  niederdeutsch:  er 
läszt  den  see  zwischen  der  Stadt  und  Goletta  aufmuddern. 
NiEBUHR  leben  Nieb.  1,  309. 

AUFMUNTERN,  excitare,  ermuntern,  erregen :  einen  vom 
schlafe  aufmuntern;  den  faulen  zur  arbeit,  den  bösen  zur 
lugend  aufmuntern ;  er  that  nichts  anderes,  als  dasz  er  sie 
aufmunteret,  nicht  in  der  predig  zu  entschlafen.  Garg.  82*; 
munter  dich  auf,  kinds  treck  I  129*.  sich  aufmuntern,  erheitern, 

AUFMUNTERUNG,  f  excitalio,  ermunterung. 

AUFMÜNZEN,  aufprägen:  ja  der  keiser  hatte  sein  bilde 
zu  seinen  ehren  aufgemünzet.  Luther  3,  42'.   auch  vermünzen. 

AUFMÜSSEN,  wie  aufliönnen,  aufwögen :  ich  musz  auf 
(stehen);  die  thür  musz  auf  (gemacht  werden). 

AUFMUSTERN,  exornare.  bei  Keisersberg  ist  muster  ala- 
cer,  vegetus,  gleichviel  mit  frisch,  munter,  wacker,  wie  auch 
Stieler  1241  munter  =  muster  setzt,  vgl.  litt,  mandrus  und 
mudrus,  «.-otoM  mehr  bei  munter,  nun  sagt  Keisersberg  auch: 
sich  aufmusteren  auf  das  allerkostlichest,  das  scheint  nicht 
sich  als  ein  musler  aufstellen,  sondern  auffrischen,  auf- 
schmücken, man  hört  heule  noch:  sich  heraus  mustern,  auf- 
putzen,    s.  das  folgende. 

AUFMUTZEN,  bei  Maaler  (Pictorius)  35*.  295*  aufmutzen. 
mhd.  fast  unerhört,  während  des  16  jh.  in  aller  mund,  später 
wieder  selten  werdend,  musz  doch  schon  im  14.  15  jh.  entsprun- 
gen sein,  man  hat  die  sinnliche  bcdeutung  von  der  abgezog- 
nen zu  unterscheiden. 

1)  aufmutzen,  comere,  ornare,  parare,  adornarc,  aufputzen,  auf- 
stutzen, bei  Dasypodil's  mangonizare,  feile  waare  aufschmücken  ; 
sich  erlich  aufinülzen  exornare,  sich  hübsch  machen,  wol  auf- 
gemutzter, wol  gcbutzter  hui,  culta  amica.  Maaler  33*.  nit 
sihe  an  ain  gezierte  frawen,  das  du  nit  einfallest  in  ir  strick, 
zemal  wan  si  sich  also  raisig  aufmutzen  und  zerzerren,  bu- 
.sen  offen  stand,  der  hals,  es  ist  als  gelitzt  und  gefetzt,  es 
seind  lauter  Sünden  strick.  Eck  pred.  5,46  bei  Oherlin  67; 
sich  zum  tanz  mutzen.  Keisersberg  post.  131;  mann  oder 
frau,  die  sich  aufmutzen.  132;  sie  zieren  sich  und  mutzen 
sich  auf.  schimpf  und  ernst  cap.  ih\\  so  lief  der  narr  zum 
reiswagen  und  besieht,  ob  man  in  auch  rüstet  und  aufiniilzet. 
cap.  198;  wie  hat  der  teufel  hie  todle  kiwchen,  kleidet 
und  geretc  für  der  heiligen  beine  und  gerele  aufgemutzt. 
Luthers,  287';  da  ward  er  zornig  und  kunds  nicht  leiden, 
das  ich  seiner  kreien  die  pfauenfeddern  ausrupft,  darein  er 
sich  geschmückt  halte  und  für  ein  vicarius  Christi  aufge- 
mutzt. 2,  14"';  sich  aufmutzen  zum  tanz.  Frank  spr.  289'; 
lär,  scliwelke,  hangende  brüst  aufmutzen.  26 ;  und  hat  ein 
jeder  sein  heiligen  aufgeimilzt,  damit  ein  Zulauf  gemacht. 
weltb.  129';  von  gold,  silber,  edlem  gestein,  seidiu  gewaiid 
seind  sie  schon  aufgemutzt.  193*;  wann  sie  in  den  krieg 
ziehen,  pflegen  sie  fie  bar  hoch  aufziimulzen  (in  alliludineni 
qiiandam  et  lerrorein  adituri  hella  coinpli,  iit  hosliuin  ociilis, 
ornantur).  Micvi.i.s  7'oci7u.?  449';  dieweil  wir  der  neuwen  ding 
unlleiszig  sein,  inulzeii  nur  das  alle  hoch  auf.  Avkntin  chron.  127 ; 
darnach  liebt  man  ein  lanzen  an, 
ilu  sich  unser  lochter  und  Trauen 
vor  niiilzen  auf  und  lassen  schauen 
in  pi-rleiu,  rockrn,  pilldin  krönen,     fastn.  sp.  380,  12; 


693  AUFMUTZEN 

und  auch  mit  kleiüung  sich  aurmuizt, 
mit  Worten  irem  ehman  irutzt. 

H.  Sachs  111.1,1:9'; 
mit  kleidung  sie  sich  schön  aufmutzt.    III.  3,  %; 
so  rat  ich  das  usz  minen  witzen, 
wir  ihüciend  post  also  ufmützen, 
in  lileidind.  rüstind  seltzamlich.    Rüefs  ^Idam  466; 

das  thicr  in  apocalipsin  ist  so  gewaltig  von  der  liuien  auf- 
geinutzet,  das  es  die  ganz  weite  anbettet.  Wernstreit  krieg- 
büchl.  25;  reiclilicli  gestaffiert,  geschmückt,  aufgemutzt  und 
gebutzt  werden.  Fischabt  bicnenÄ.  4';  dasz  man  die  kircli  mit 
schönen  bildern  aufmutzen  musz.  142';  man  kann  sich  nit 
vil  aufmutzen  und  pllänzlen,  wann  man  traurig  und  in  trüb- 
sal  ist  (immundas  fortunas  aequum  est  squalorem  sequi. 
Plaut.  Cist.  1,  2).  Berxb.  Heüpold  Plautus  reditnvus.  Augsb.  1628 
s.  35.    hieraus  ergibt  sich 

2)  ein  abslractes  erheben,  hervorslreichen,  übertreiben,  mei- 
stens in  schlimmer  meinung.  schon  in  der  erweiterunj  eines 
gedichts  ron  Süchenwirt,  jedenfalls  noch  aus  dem  beginn  des 
15  jh.  {bei  Prijiisseb  s.  167") 

teten  die  herren  nun  ietzund  da; 
den  schnopden  und  unnützen, 
ej  siiiend  in  sicher  dri  siunt  ba; 
denn  daj  sies  herfür  mutzen. 

wenn  ein  reicher  nicht  recht  gethan  hat,  so  sind  viel,  die  ihm 
ttbcrhelfen,  wenn  aber  ein  armer  nicht  recht  gethan  hat,  so 
kan  mans  aufmutzen.  SiracA  23,  27;  iglicher  christ  wolle  wis- 
sen, das  der  teufel  gerne  wolte  solche  geringe  stücke  hoch 
aufmutzen.  Luther  3,  37';  darumb  brüstet  und  mutzt  (der 
geist)  solche  grosze  wort  auf.  3,  S3;  das  ist  auch  nicht  der 
geringsten  stück  eins,  das  sie  aufmutzen.  3,  146*;  wie  denn 
die  gedenken,  so  nicht  beten,  sondern  allein  mit  frevel  ur- 
teilen und  iren  dünkl  aufmutzen.  4,  373".  br.  3,  369 ;  aber  also 
hat  man  gottes  gebot  nicht  müssen  aufmutzen,  sondern  ligen 
lassen.  4,395';  wie  es  Paulus  Rom.  i  hoch  aufmutzt.  4,498'; 
in  welchem  (brief)  ihr  mir  ewre  arbeit,  fahr,  weinen  so  auf- 
mutzet. 5,40';  die  schendlichcn  papisten  und  lesterer  mutzen 
hoch  auf,  das  die  kirche  sei  heilig  und  müge  nicht  irren.  5, 
292';  dis  mutzet  die  epistel  an  die  Ebreer  hoch  auf  {hebt 
hervor).  5,  317';  umb  des  hohen  rhums,  den  sie  hatten,  und 
treflichen  Scheins  willen,  den  sie  machen  und  grosz  aufmutzen 
kundten.  5,  371* ;  welchs  doch  ein  lauter  falscher  schein  ist, 
damit  sie  herkomen  und  ir  nichtig  leben  so  aufmutzen,  das 
alles  andre  verachtet  wird.  5,  446';  aber  weit  über  und  vor 
diesem  allen  hat  er  diesen  dienst  sonderlich  gepreiset  und 
aufgemutzt,  beide  dere,  die  sein  wort  hören  und  predigen. 
6,  33" ;  wie  er  (der  teufel)  denn  meister  ist  sunde  zu  machen 
und  aufzumutzen  und  aus  einem  funklin  ein  grosz  fewer  bla- 
sen kan.  6,  62';  sihe,  solches  edles  stuck  der  bejicht  haben 
die  papisten  ganz  gedempft  und  nichts  daraus  gemacht,  denn 
die  falsche  unlregliche  niarter  mit  Sünde  zelen,  und  das  alles 
zum  guten  werk  aufgemutzt,  damit  gott  versünet  solt  werden. 
6,  109';  trawen,  hie  solt  ich  mich  wol  selbs  in  die  backen 
gehawen  haben,  dazu  gefangen  und  geschlagen  sein  mit  mei- 
nen eigen  worten,  sonderlich  wo  die  scharfen  antilogisten  über 
das  buch  kemen,  die  mich  wie  den  öl  (al)  beim  schwänz  hal- 
ten, und  alle  meine  widerwertige  rede  wissen  aufzumutzen. 
6,  154';  also  hat  Paulus  bei  solchen  mit  seinem  euangelio 
auch  nichts  mehr  ausgericht,  da  er  mit  allen  trewcn  gepre- 
digt hatte,  denn  in  verachten  und  taddeln,  und  sich  so  auf- 
mutzen, lieben  freunde,  wir  sind  nicht  aus  einem  stein  ge- 
sprungen, ja  so  wol  gelauft  und  Christen  als  s.  Paulus,  c, 
220*;  sihe  also  kan  s.  Paulus  den  herrn  Christum  predigen, 
preisen  und  aufmutzen,  das  wir  sehfn  was  er  sei  und  thu. 
6,  24l';  weil  sie  solchs  mit  prechtigcn  worten  und  groszem 
geschrei,  das  sie  fürgeben,  aufmutzen,  als  leren  wir,  das  was- 
ser  die  seric  bade.  8,  278' ;  und  weisz  nit  allein  das  böse 
buch  aufzumutzen,  sondern  auch  die  tugend.  Lltmers  tischr. 
8';  die  ärgsten  buhen  dringen  hart  und  mutzen  ir  ding  hoch 
auf.  25';  die  sünde  so  hoch  aufnmizen  und  grosz  machen. 
Id7";  das  du  mir  volgcnd  die  lieb  der  cinsamkeit  so  hoch 
lobest  und  aufmutzest.  .Mei.anchth.  sendbr.  an  einen  kartheuser. 
Wittenb.  1524.  bl.  2;  sunder  fahen  an  sein  leben  als  tugent- 
reich  aufztlmutzen  und  erzüirn  all  sein  kunst,  redlicheit. 
Frami  «rltb.  il';  ein  ufgemutzt,  nichtig,  vermeint  fürbringen. 
ZüPFLS  Götz  von  B.  28  ; 

mit  wollen  lohen  und  nurmiilzen.    II.  Sachs  I,  258* ; 

was  thuts  helfen  oder  nutzen, 

da  nichts  dahinder  aiirzumulzen  ?  Httissvi  0.  Z.  163; 


AUFMUTZExN 


694 


hette  gern  die  sach  grosz  aufgemutzt.  Kirchhof  «pcnrfioim.  156'; 
und  tröstet  sich  eines  prechtigen  juristens,  der  ihm  den  han- 
del  rechte  wol  aufjnutzen  und  erlengern  sol.  Risgw.  laut, 
»arh.  272 ; 

der  Schwager  thut  sein  red  aufmutzen, 
die  ich  gleichwol  nicht  strafen  kan.    Atisr362'; 
man  mutzt  an  ihnen  alles  haarklein  auf. 
Gü.NiHER  4S7 ; 

diesen  punct  weisz  der  pabst  wiederum  sehr  hoch  aufzu- 
mutzen. Hahs  4, 150. 

3)  aus  diesem  aufmutzen,  preisen,  hervorheben,  vorhalten, 
wenn  ein  persönlicher  dat.  dabei  stand,  flosz  unmittelbar  die 
neuste  bedeutung  des  vorhaltens  =  zur  last  legens,  voncerfens. 
Atber  fastn.  sp.  27*  sagt : 

du  mutzest  mir  hoch  auf  mein  glück, 
und  seind  doch  Jauter  schlechte  stück, 

das  kann  heiszen,  du  preisest  mir  mein  gliick  zu  hoch,  oder 
maclist  mir  einen  Vorwurf  daraus,  ziehst  nachtheilige  folgen  für 
mich  aus  diesem  lob.  sie  scheniten  sich,  das  sie  so  viel  kin- 
der  haben  sollen,  der  herr  würde  ihnen  dies  aufmutzen  {ta- 
delnd hervorheben).  Widmanxs  fai«/  (Haupt  2,  263);  diese  rede 
ist  mir  so  sehr  aufgemutzt  worden,  dasz  ich  itzt  drei  tage 
in  dem  loche  stecke.  Weise  kl.  leute  93 ;  mit  vorbehält,  dasz 
er  bei  erster  gelegenheit  solches  aufmutzen  wolte.  erzn.  435; 
als  wolte  man  der  Jugend  {juventuli)  Unverstand  allzusehr  auf- 
mutzen. »id«/a/fe  193;  excusierte  das  mir  so  hoch  aufgemutzte 
verbrechen.  Felscnb.  2,  135;  ein  wolthäter,  der  den  undank 
zu  hoch  aufmutzt,  Liscov  26 ;  so  würden  sie  uns  den  mangel 
der  Vernunft,  den  sie  in  unsem  Schriften  bemerken,  nicht 
mehr  so  hoch  aufmutzen.  511 ;  dasz  wir  unsere  thorheiten  vor 
äugen  sehen  und  diejenigen,  welche  die  alten  begangen  haben, 
entweder  gar  nicht  wissen,  oder  doch  aus  ehrerbietung  gegen 
das  allerthum,  nicht  so  hoch  aufmutzen.  660;  must  du  aus 
einer  flüchtigen  anmerkung,  die  du  mir  gar  nicht  hättest  auf- 
mutzen sollen,  solche  folgen  ziehen?  Lessisg  1,  403;  wegen 
des  spöttischen  tones  habe  ich  nicht  zeit  dieses  'dein'  noch- 
mals aufzumutzen.  1,  572;  denn  je  gröszer  er  sich  selbst 
macht,  desto  unbarmherziger  wird  ihm  der  leser  sein  thörich- 
tes  unternehmen  aufmutzen.  6,  4;  ein  fehler,  den  man  so 
einem  stümper  kaum  aufmutzen  darf.  6,  115;  denn  ob  er 
schon  den  Griechen  sehr  hoch  aufgemutzt  hatte,  dasz  sie 
glaubten  der  genusz  des  abendmals  breche  das  fasten.  8,  409 ; 
daher  mag  ich  dem  nachbar  seinen  trumpf  auch  kaum  auf- 
mutzen. 10,  99 ;  oder  man  findet  es  zugleich  so  viel  sonder- 
barer und  unrechter,  dasz  ich  es  in  dem  tone  thue,  den  man 
mir  so  hoch  aufmutzt.  10,  22S ;  und  in  der  that,  seine  feinde 
hatten  unrecht,  ihm  solche  kleinigkeit  so  hoch  aufzumutzen. 
Wieland  S,  242;  einem  jeden  armen  menschen  wird  seine  In- 
dividualität, sein  beschränkter  zustand  aufgemutzt.  Göthe  45, 
1S4 ;  mutz  mir  doch  den  primas  nicht  auf.  Bettine  br.  l,  352. 
so  hat,  an  diesem  worl,  allmälich  die  Vorstellung  des  schmückens 
und  lobens  sieh  verwandelt  in  ladet  und  Vorwurf,  doch  hieng 
gleich  anfangs  auch  jenem  putzen  etwas  flatterhaftes  und  sträf- 
liches an. 

Fragt  es  sich  endlich  nach  der  Urbedeutung  des  worls,  so 
kann  sie  blosz  für  das  sinnliche  aufmutzen  gesucht  werden, 
und  hat  ihre  Schwierigkeit,  wir  werden  unter  mutz  sehen, 
dasz  auch  dieses  einfache  worl  putz  ausdrückt,  unthunlich  aber 
«ure,  in  mutz  und  putz,  aufmutzen  und  aufputzen  einen 
Wechsel  zwischen  m  und  p  anzunehmen,  vielmehr  wurde  schon 
bei  abinulzen  erkannt,  dnsz  es  entsprungen  sei  aus  abmurzen, 
abmurzeln,  abschneiden,  folglicti  musz  auch  aufmutzen  sein  auf- 
miirzen,  aufschneiden,  aufstützen  {was  man  sehe)  und  aus  schnitt, 
zustui:  der kleidertracht  erklärt  werden,  nach  der Limburger  chron. 
§.  36  waren  um  1350  die  mannerrOcke  um  die  brusi  oben  ge- 
mützert  und  gellülzert  (Herp  bei  Setikenberg  sei.  2,  II  schreibt 
gemotzert  und  gepflützert),  turnen  aufgeschlitzt  bis  an  den 
gürtel.  junge  männer  trugen  kurze  kleider,  die  waren  abge- 
schnitten auf  den  lenden,  gemützert  (Herp  12  gemotzert)  und 
gefallen  mit  engen  armen,  das  ganze  mittelalter  trug  zer- 
hauene, zerschnittene,  zerfetzte  kleider,  man  sagte  vestimenla 
incidcre,  cultcllare  (Caesar,  heisterb.  4,  151  und  tunica  cullel- 
lata  (5,  45),  mm  wird  das  vorhin  aus  Ecks  predigen  an- 
geführte aufmiilzen,  zerzerren,  fitzen  und  fetzen  verständlich 
sein,  aufmutzen  ist  aufschneiden,  aufstützen  und  dann  auf- 
schmücken. Da  aber  mutzen  ornare  aus  Suchenwirt  nachge- 
wiesen wurde  und  mm-zan,  niui-zilüu  beieits  ahd.  truncare,  eur- 
tare,  altn.  murlr  eurtus,  gestutzt  ausdrückt,  ein  pferd  mit  ge- 

■ii* 


695 


AUFMUTZER  —  AUFNEHMEN 


AUFNEHMEN 


696 


slutztem  schweif  gemutzt  und  mutz  liicsz;  so  kann  aufmutzen 
nicht  vom  it.  mozzare,   eher  umgedreht  dies  von  mutzen  her- 
geleitet werden,    mehr  noch  unter  mutzen. 
AüFMUTZER,  m.  bei  Dasypodius  mango. 
AUFMÜTZERIN,  f.  bei  Pictouius  ornatrix,  putzmacherin. 
AUFMUTZÜNG,  f.  ornalus:    doch  hilft  biszweilen  das,  was 
übrig  Jiinzu  gesetzt  wird,  auch  zu  aufmutzung  der  rede.  Opitz 
poeterei  34. 

AUFNAGELN,  clavis  affigere,  annageln,    dann  abp'  auch  in 
die  höhe  nageln  und  vom  hui  aufkrämpen: 
ist  es  niclil  fein,  eh  man  guts  tliut, 
oliu  bit  und  scliinieren  die  laut  hassen, 
mit  aufgenaglet  idummem  hut 
sicli  braiier  Inachen  rinn  die  gassen? 

WfiCKHERlIN  415. 

A11FN.\GEN,  arrodcre,  rodendo  solvere,  nnl.  opknagen:  die 
mause  nagen  den  strick  auf;  du  nagst  mich  auf  mit  deinen 
ewigen  klagen ;  qualvolle  gefangenschaft  nage  seinen  stolzen 
geist  auf.  Ki.inger  1,304. 

AUFNÄHEN,  assuere,  nnl.  opnaaijen :  dem  ermel  die  schleife, 
dem  hcmd  den  streif,  dem  but  die  cocarde  aufnähen,  allen 
zwirn  aufnähen,  consumcrc. 

AUFNAHME,  /".  susceptio,  receptio,  incrementum. 

1)  die  aufnähme  ins  haus,  eines  kranken  ins  spilal;  die 
aufnähme  eines  gastes,  eines  gesandten,  empfang  und  bewill- 
kommnung; die  aufnähme  war  sehr  herzlich,  sehr  kalt;  die 
aufnähme  auf  die  herrenbank  des  reichstages  zu  einer  viril- 
slimme  gebührt  dem  könig.  denkschr.  des  fr.  von  Stein  47; 
die  aufnähme  in  eine  gesellschaft.  die  aufnähme,  welche  ein 
buch,  ein  Schauspiel  im  publicum  findet ;  wo  zuletzt  bei  öffent- 
licher darstell iing  die  aufnähme,  welche  das  publicum  gewährt, 
den  ausschlag  cnlscheidct.  Götue  45,  101;  morgen  ist  auf- 
nähme der  Schüler. 

2)  die  aufnähme  des  geldes,  des  capitals. 

3)  aufnähme,  gedeihen,  aufbringen,  emporbringen:  der  ort, 
das  gasthaus  kommt  in  aufnähme;  Lessincs  beitrage  zur  histo- 
rie  und  aufnähme  des  tlieaters ;  ob  der  weg  zur  aufnähme 
oder  zum  verfall  führt,  läszt  sich  so  geschwind  nicht  beur- 
theilen.  Lichtenberg  1,256. 

AUFNÄHHEN,  alere,  nutrire,  aufziehen: 

ihr  wurdet,  gleich  dem  volke, 
gewiegt  und  aulgenäiirl.    Voss  5,  235 ; 
männcr  tur  reif  aufnähren.    Voss  lies,  tlicog.  340; 
untbicr  aller  gestalt,  wie  das  land  aufnahrt  und  die  mccrflut. 

575 ; 
wie  in  der  bonigkörbe  gewölbeiem  baue  die  bienen 
dronengezücht  aufnähren,  das  theil  an  bösem  gcsclinfl  lial. 

5S8. 

AUFNASCHEN,    ligimire,    avide   vorare:    die  frau  naschte 

alle  gcdürrten  zwetschen  aus  der  Speisekammer  auf;  die  rosse 

aufl)indcn,  das  sie  nicht  mist  oder  kot  aufnaschen.  Seuter  s.  13. 

AUFNASEN    hat    Stieler  1333    für  nares   corrtigare,    nasc 

rümpfen,    in  den  hültenwerken  isls  die  nasc  der  form  öfnen. 

AUFNEHMBAR,  receptibilis :  alle  Wörter  der  spräche  sind 
aufnehmbar. 

AUFNEHMEN,  susciperc,  accipcre,  recipere,  nnl.  opnemen, 
golh.  andniman. 

1)  von  unten  in  die  höhe:  der  valer  nimmt  das  kind  auf, 
auf  seine  knie;  die  mutter  das  schlafende  kind  auf  in  die 
arme;  er  nahm  sie  auf  und  trug  sie.  Es.  63,  9;  Christus  wird 
von  der  erde  aufgenommen  in  den  liimmel;  bis  an  den  tag, 
da  er  aufgenommen  ward,  apost.  gesch.  1,  2;  dieser  Jesus, 
welcher  von  ciicii  {von  euch  weg)  ist  aufgenommen  gen  himel. 
1,  II;  eine  wölke  nahm  ihn  auf  vor  iren  äugen.  1,  9;  der 
geist,  die  seele  des  sterbenden  werden  aufgenommen;  imd 
steinigten  Stephanum,  der  anrief  und  spracii,  herr  Jesu,  nimm 
meinen  geist  auf!  7,  59.  der  vogel  nimmt  ein  körn  mit  dem 
Schnabel  auf  von  der  erde ;  ich  sah  einen  ring  am  bodcn  lie- 
gen und  nahm  ihn  auf;  den  iiingeworfnen  handschiih  auf- 
nehmen tmd  dadurch  den  kämpf  annehmen;  und  das  {her- 
nieder gefahrene)  geflis/.  ward  wieder  aufgenommen  gen  liim- 
mel. apost.  gesch.  10,  16;  endlich  nahm  er  in  der  Verlegen- 
heit ein  buch  auf,  das  er- vor  sich  auf  dem  tischchen  liegen 
fand.  (Jötiie  19,  ft8.  ins  zimmer  verschiilteles  wasser  mit  dem 
tuch  aufnehmen  {aufwischen);  den  slaub  aufnehmen  von  der 
diele  mit  einem  tuch,  wofür  man  auch  sagt,  die  st  übe  auf- 
nehmen, nnl.  de  meid  nam  den  vioer  op.  das  kicid  aulneh- 
men, in  die  höhe  stecken  oder  blosz  außchen.  in  der  drtickc- 
rei,  den  bogen  aufnehmen,  um  lagen  zu  machen. 

2)  von   oben   nach  unten :   die  erde  nimmt  den  samcn  auf 


in  ihren  schosz;  die  mütterliche  erde  nehme  den  todten  auf; 
das  meer  nahm  alle  leichen  auf  in  seine  tiefe;  der  kleine 
weiher  kann  die  eingesetzten  fische  nicht  alle  aufnehmen; 
die  hölle  nahm  ihn  in  ihren  abgiund  auf;  der  stul,  das  bett 
nimmt  den  müden  auf. 

3)  anderes  aufnehmen,  wer  euch  aufnimmt,  der  nimmt  mich 
auf,  und  wer  mich  aufnimmt,  der  nimmt  den  auf  der  mich 
gesandt  hat.  Matth.  10,  40;  da  Jesus  wieder  kam,  nahm  ihn 
das  volk  auf.  Luc.  8,  40 ;  denn  mein  vater  und  meine  mutter 
verlassen  mich,  aber  der  herr  nimpt  mich  auf.  ps.  27,  10; 
kinder,  waisen,  fündlinge  ins  haus  aufnehmen ;  und  wer  ein 
solches  kind  aufnimmt  in  meinem  namen,  der  nimmt  mich 
auf.  Matth.  18,  5.  Luc.  9,  48 ;  gaste,  boten,  gesandte  aufnelmien ; 
da  sie  die  boten  aufnahm.  Jac.  2,  25;  flüchtlinge,  feinde, 
freunde  in  die  Stadt  aufnehmen,  susciperc;  wenn  dein  bruder 
verarmet  neben  dir,  so  soltu  in  aufnemen  als  einen  frcmbd- 
lingen  oder  gast.  3  Mos.  25,  35 ;  bürger  in  die  Stadt  aufneh- 
men, recipere;  kriegsvolk  aufnehmen  und  bestellen,  reichsabsch. 
1529  §.  17 ;  knechte,  arbeiter,  diener,  schüler  aufnehmen,  an- 
nehmen; einen  in  die  zunft,  das  amt,  als  mitglied  in  die 
gesellschaft  aufnehmen,  statt  des  acc,  lassen  hier  einige  den 
dat.  auf  in  folgen,  d.  h.  stellen  die  Sache  so  vor,  als  wenn  am 
orte  die  aufnähme  beschlossen  worden  sei:  ich  glaube  ein  frei- 
mäurer  zu  sein,  nicht  sowol  weil  ich  von  älteren  maurern 
in  einer  gesetzlichen  löge  aufgenommen  worden.  Lessing  10, 254 ; 

froh  hat  sie  ihn  aufgenommen 

in  der  labungsregion.    Bürger  72'; 

als  der  reisige  Peleus  mich  in  seinem  pallastc 

aufnahm.    242'. 

4)  kämpf,  krieg,  streit  aufnehmen,  unternehmen,  bestehen: 
in  kriegen,  die  er  ausz  nolwür  aufnemen  mfisz.  Frank  wellb 
187";  es  mit  einem  aufnehmen:  er  wurde  ganz  unwillig,  als 
eine  der  Sirenen  kühn  genug  war,  es  mit  seiner  göttin  auf 
zunehmen.  Wieland  1,  247;  der  arme  mann  im  Tockenb.  304; 

seine  freunde  jammerten  laut,  sie  baten  den  könig, 
aufzunehmen  den  kämpf.    Göthe  40,  221 ; 

es  wünsche  der  könig, 
aufzunehmen  den  kämpf,  den  zwist  geendigt  zu  sehen. 

40,  222, 

WO  auch  im  Reineke  den  kamp,  det  orlich  upncmen,  vgl.  den 
handschuh  aufnehmen  und  mit  einem  anbinden,  strafe  auf- 
nehmen, annehmen: 

weil  sie  kein  straf  aufnemen  will.    H.  Sachs  I,  509'; 
wir  sagen  heute,  auf  sich  nehmen,  spott  aufnehmen, /«nne/imen  ; 

den  spot  musz  ich  do  aufnemen.    fastn.  sp.  107,  25. 

5)  gelder  aufnehmen.  Göthe  17, 143;  was  für  capital  er  hin- 
ter mir  aufgenommen.  Fr.  Müller  1,  277.  zeug  aufnehmen, 
wir  sagen  heute  ausnehmen :  wurden  zu  seinem  hemd  aufge- 
nommen funfthalbhundert  ballen.  Garg.  112'  {hernach  lU'  zu 
dem  latz  nam  man  aus),  die  feldmesser  nehmen  eine  gegend, 
eine  ebene,  einen  wald  auf,  um  einen  risz  davon  zu  verfer- 
tigen;  nehmen  einen  risz,  plan  auf;  thii,  als  wenn  du  von 
den  rneublen  ein  inventarium  aufnähmest.  Tieck  12, 118. 

6)  das  wort,  die  rede  aufnebinen,  susciperc:  lasz  dein  herz 
meine  wort  aufnemen.  spr.  Sal.  4,  4 ;  wenn  jemand  das  wort 
höret  und  dasselbige  bald  aufnimpt  mit  freuden.  Mallh.  1), 
20 ;  wer  mich  verachtet  und  nimpt  meine  wort  nicht  auf. 
Joh.  12,48.  verschieden  davon  ist  das  worl,  die  rede  aufneh- 
men, excipere,  ein  vernommnes  wort  außchen  und  darauf  er- 
widern, ein  wort  ins  lexicon  aufnehmen ;  jedes  worl,  das  die 
spräche  hat,  soll  aufgenommen  werden. 

•7)  etwas  wol  oder  übel,  hoch  oder  gering,  günstig  oder 
ungünstig  aufnehmen;' der  könig  bats  hoch  aufgenommen. 
Fr.  Müllers,  223; 

nehmt  ja  nicht  übel  auf,  gestrenger  liiter! 
Lrssing  2,  25t ; 

dasz  man  die  gedrohte  mishandlung  dem  Achilles  hoch  auf- 
nimmt. Herder  15,  93.  früher  gelirauchte  man  dabei  adv.  und 
praepositionen :  du  nimmst  es  mir  in  gutem  auf;  nichts  in  ar- 
gem aufgenommen.  FnE\  garleng.vorr.;  seine  rede  wurde  nicht 
eben  zum  besten  aufgenommen;  der  nam  es  ihme  zu  gut  auf. 
Ayrkr  proc.  2,  11;  für  gut  aufnehmen ;  wie  nimmst  du  das, 
wofür  nimmst  du  es  auf?;  für  bekannt  aufnemen.  Garg.  212'; 
ich  hülle  es  vornussehcn  sollen,  wofür  mau  meine  freimütig- 
keit  aufnehmen  würde.  Lessing  6,  222;  lauiie  für  ernst  auf- 
nehmen. Schiller  187';  er  nimmt  das  alles  für  bares  geld 
auf  »»I  manchen  dieser  redcnsarten  steht  auch  blostes  nehmen 
statt  aufnehmen. 


697 


AUFiSEUMEN— AÜFNEN 


AUFNESTELN— AUFORDNEN 


698 


8)  beachlenswerth  ist  die  bedeulung  von  enlnehmm,  pereipere, 
inlelligere:  in  allem  leiden  und  anfechtung  sol  der  mensch 
zu  allerersten  zu  golt  laufen  und  erkennen  und  aufnehmen, 
das  alles  von  golt  zugeschickt  werde.  Luther  1. 19*. 

9)  treidmännisch,  der  leilhund  nimmt  die  fährte  wol  auf, 
erkennt,  unterscheidet  sie  durch  den  geruch.  bergmännisch, 
die  zeche,  grübe  wieder  aufnehmen,  bearbeiten;  es  möge  doch 
das  Ilmenauer  bergwerk  wieder  aufgenommen  werden.  GOthe 
30,  218.    ebenso  eine  zurückgelegte  arbeit  wieder  aufnehmen. 

10)  intransitive  bedeulung  tcird  erreicht  durch  beigefügtes  zu- 
rückleitendes sich:  der  wind  nimmt  sich  auf,  hebt  sich;  er 
nimmt  sich  auf,  seine  umstände  heben  sich,  bessern  sich. 

11)  sie  entspringt  aber  auch  ohne  das,  icobei  leicht  accusa- 
tire  hinzugedacht  verdcn  mögen:  der  mond  nimmt  auf,  auge- 
tur,  =  nimmt  zu;  wenn  der  mond  aufnimpt  und  abnimpt. 
buch  der  natur.  Augsb.  US3  weidmännisch,  der  hund,  das 
wild  nimmt  auf,  wird  trächtig,  d.  h.  nimmt  den  samen  auf, 
empfängt  (nach  2).  wil  der  mensch  aufnemen  in  lugenden  = 
zunehmen,  wie  der  mond.  Keisersb.  aufnemender  mond  E6; 
das  dienet  dir  zu  aufnemen  in  lugenden.  A3;  mhd.  nam  6f 
an  muote.  Mai  19,  40,  das  sein  nechster  basz  aufnimbt  an 
reichtumb,    ehr  und  glück.  H.  Sachs  l,  298 , 

einer  namb  auf,  der  ander  ab.    1,  441', 
wiewol   grosze  armut  vorhanden  war,    dennocht  hat  es  fiber- 
schwenkt  und  aufgenumen  zu  groszer  miltigkeit.  Mei-anchth. 
2  Cor.  8.     diesen   sinn   des  gedeihens  zeigt  das  subslanlicischc 
aufnehmen,  so  wie  aufnähme  unter  3. 

AUFNEHMEN,  n.  prosperitas,  das  gedeihen,  aufblühen,  nach 
der  zuletzt  entfalteten  intransitivbedeutung  des  aufnehmens : 
dasz  wir  des  heiligen  reichs  wolfahrt  und  aufnehmen  gnädig- 
lich  zu  fördern  allezeit  geneigt.  Regensb.  absch.  bei  MEiAncHrn. 
4,  627;  unserm  christlichen  glauben  zu  aufnehmen,  reichs- 
absch.  von  1526  eingangs;  dieser  hochberühmten  stadl  Colin 
zu  merklichem  besten  und  aufnehmen  laufet.  Schweimchex 
1,203;  die  sladt  soll  durch  den  Untergang  der  hauptstadt  in 
so  grosz  aufnehmen  gekommen  sein,  pers.reiseb.2,3;  seines 
Staates  ehr  und  aufnehmen.  Phiu^xoer  1,  556; 

m  hofnun^  stund  er  auch  durch  seine  tapferkeiten, 
die  er  erwiesen  hett  in  wafTen  und  mit  streuen, 
und  noch  erweisen  wolt  in  seines  königs  dienst, 
zu  seines  reiches  ehr,  aurt>ehmen  und  gewinst. 
Werders  Ariost  5,  34; 
Teutschland  finden  sie 
in  eim  solchen  aufnehmen, 
dasz  sie  sich  gleich  für  Welschland  Schemen.    Atiier102'; 

dasz  sie  der  underthanen  nutz  und  aufncmmen  sollen  beför- 
dern. Zi.fKGR.  apophth.  36,  36;  golt  bitten,  dasz  er  dero  re- 
gicrung  zu  der  gesamten  lande  besten  aufnehmen  ferner  ge- 
scgnen  wolle  Hahn  2.  Zueignung,  am  ende;  Magdeburg  hatte 
sein  aufnehmen  hauptsächlich  der  königin  Edith  zu  danken. 
2,93;  vor  des  Volkes  Sicherheit  und  aufnehmen  sorge  tragen. 
BC."«ADl,  51;  deren  aufnehmen  und  bestes  zu  befördern.  1,95; 
sie  ergötzte  sich  an  dem  aufnehmen  des  ganzen  geschlechts, 
an  welches  sie  durch  ein  doppeltes  band  der  freundschaft 
war  verknüpfet  worden  Ck^nz  91;  um  die  Ölmalerei  in  auf- 
nehmen zu  bringen.  Lessixg  9,  456 ;  er  sorgte  für  das  aufneli- 
racn  der  Staaten,  die  er  schon  hatte,  mit  ausnehmendem  fleisze. 
J.  E.  ScHLECEt  4,  296 ;  die  Sternwissenschaft,  deren  aufnehmen 
vorncmlich  auf  die  Vollkommenheit  der  Werkzeuge  ankommt. 
KATr  8,  304.    heute  sagt  man  aufnähme 

AUFNEHMER,  m.  receplor. 

AUFNEHMLLNG,  m.  recipiendus :  wenn  bei  den  freimaurem 
der  aufnehmling  während  der  aufnähme  alles  metall  von  sich 
legen  musz.  J.  Pacl  dämmemngen  s.  130. 

AUFNEHMU.NG,  f.  was  aufnähme  und  aufnehmen :  derhalb 
wir  zu  aufnehmung  desselben  bedacht,  reichsabsch.  von  1521. 
pr.;  es  ist  der  adel  und  fürstenstand  zwar  bei  den  F'ersern 
in  gutem  ansehen,  aber  ingemein  in  aufnehmung  und  befor- 
derung  einer  persohn  tugcnd  und  tapferkeit,  durch  welche  sie 
sich  für  andern  lierfür  thun  müssen,  beobachtet,  pers:  ro- 
senth.  7,  9. 

AUF"NEN,  ÄUFNEN,  augeri,  promotere,  aufbringen,  empor- 
bringen, bald  intransitiv,  bald  transitiv,  ein  gutes  Schweizer- 
wort, das  sich  mit  aufen,  mhd.  iiifen,  aber  auch  mit  öfnen 
berührt,  ältere  Schriftsteller  setzen  noch  ufnen,  vgl.  Stalo.  1,  HS. 
Toblei  431  (ufna): 

ufnen  alle  grechiipkeii.    Hotrs  Eiter  lleiai  KU; 
der  pwall  i^l  drumb  {reschafren  uf  erd, 
das  der  göuer  eer  geiiTnei  werd. 

lU.Ns  »0!«  RÜTi  fattn.  E  1 ; 


dan  sein  krankheit  die  ufnet  fast, 
er  hat  nienen  kein  niow  noch  rast. 

Jos.  Maurer  mannentp.  1,  1 ; 

nun  wil  ich  witer  ofTenbaren, 

wie  Babrloo  sich  gufnet  hat.    Malrer  ßa6.  2; 

von  dcshin  fieng  an  der  bischof  sine  brüder  merklich  ze  üfnen. 
TscHLDi  1,  G ;  (Waldman)  aufnet  und  fördert  liederliche  haus- 
halter. Stettler  1,304;  dest  leichtlicher  den  römischen  nam- 
men  und  stand  wideruinb  ze  aufnen.  Stl  «pf  1, 169" ;  in  disem 
berggelend,  bei  einer  meil  wegs  ob  s.  Gallen,  habend  die  äbt 
mit  der  zeit  geaufnct  den  zierlichen  fläcken  Abtszell  (Appen- 
zell). 1,  89 ;  mein  vater  halte  seine  wiesen  mit  dem  mist  geäuf- 
net.  der  arme  mann  im  T.  35;  dschuel  hed  si  güfnet,  die 
schule  hat  sich  gehöben. 

AUFNESTELN,  sohere  oder  eonstringere  ligulas,  was  der 
Zusammenhang  entscheiden  musz,  nnl.  opneslelen:  dieselben 
(lederhosen)  hatten  krappcn  einen  bei  dem  andern,  von  der 
groszen  zehcn  bisz  oben  aus,  und  hinten  aufgenestelt  halb 
bisz  auf  den  rücken.  Limb.  ehr.  §.  85 ; 

nestelt  mich  auf  vor  behend,    fastn.  sp.  333,  5; 

wo  das  nicht  helfen  wolt,  so  woll  ich  die  hosen  aufnesteln 
und  uberüin  springen.  Luther  346';  zohe  der  pfarrherr  die 
priesterlichen  kleider  aus,  nestelt  sich  auf.  Frey  garleng.  5l'; 
da  Tanten  beide  häufen  zusamen  und  nestleten  einander  der- 
maszen  auf  mit  stechen,  slahen,  schieszen.  Hugoschapler  39; 
da  bekompt  man  witwens  andacht,  die  wehret  bisz  sich  einer 
aufnestelt.  Carj.  73';  so  wolt  ich  im  meine  kuttenhalfter  auf- 
nesteln, anwerfen,  aufsatteln  und  anzäumen.  25l';  ich  meine 
aber,  wann  sie  (die  Holländer)  sich  zu  viel  räuspern  wollen, 
sie  sollen  von  theils  Hochteutschen  aufgenestelt  werden.  Phil. 
2,810;  einen  faulen  aufnesteln,  alacrem  reddere.  Stieler  1342; 
sie  nestelte  dem  grafen  das  wams  auf.  Musics  3,168;  einen 
dieb  aufnesteln,  aupiängen. 

AUFNESTLER.  m.  stimulator. 

AUFNIETEN,  affigere,  festnieten. 

AUETVÖTHEN,  sohere  nodos:  auch  können  die  fischer  mit 
ihren  salmenplötzen  sehr  fertig  die  notknöpf  (s.  dies  wort) 
aufnölen  und  auftödten,  wie  ein  nusz  mit  dem  ars.  Garg.  286'. 

AUFNÖTHIGEN,  oblrvdere:  einem  ein  mädchen  zur  frau 
aofnöthigen ;  geld,  speise  und  trank  aufnöthigen ;  bewirtete  er 
uns  mit  fetler  Schafmilch,  die  er  als  höchst  gesunde  nahrung 
pries  und  aufnölhigle,  Götbe  31,  223 ; 

so  trieb  sie  mich  durch  alle  gassen,  mir 
den  heim  aufnötbigend,  den  ich  nicht  wollte. 
Schiller  450". 

AUFNÜLEN,  suffodere,  aufwühlen:  den  wasen  aufnülen, 
wie  die  schwin  thiind  in  wisen,  cespites  excitare.  Maaler35'; 
meuse,  so  im  vcld,  wisen  oder  gärten  wonend,  fiirinen  auf- 
nülend,  daher  nülmaus.  Forer  thierb.  109'.  vgl.  ahd.  nuol, 
nuoil  runcina,  säge.  Graff  4,  1126,  Schweiz,  nüelen  wühlen. 
Stald.  2,  245. 

AUFOPFERN,  immolare,  sarrißcare,  nnl.  opoffercn, 

1)  mactare:  der  esel  ward  aufgeopfert,  seh.  und  ernst  c.  18; 
dise  rathen  der  verstorbnen  männer  wilwen,  das  si  sich  mit 
der  leich  des  manns  in  tod  aufopferen.  Fraxk  irc///).  191*;  als 
der  priester  Calchas  von  wegen  säiimung  der  schiffe  gefragel 
worden,  hat  er  zu  antworl  gegeben,  dasz  man  die  PoljTtena 
dem  Achilles  aufopfern  müsle.  Opitz  1,  209. 

2)  Offerte,  darbringen,  hingeben:  seine  seele  dem  Schöpfer 
«ufopfern,  sterben,  pers.  baumg.  1.  18.  9,  13 ;  dem  vaterlande 
das  leben  aufopfern;  geld  und  gut  aufopfern ;  im  kriege  men- 
schenleben  aufopfern;  ich  will  mich  aufopfern; 

ihm  Opfer  du  auf  dein  gesang.    Weckii.  421 ; 
aiifopfert  ihm  preis,  dank  und  ehr.    126; 

er  würde  selbst  nach  Delphis  nicht  grreiset  sein  und  dem 
Apollo  seine  andacht  aufgeopfert  haben.  Lohexst.  Arm.  1,  297 ; 
wil  auch  nit  was  ich  glaub  anzeigen,  sondern  dem  leser  zu 
urteilen  aufopfern.  Fraxk  chron.  vorr.  a';  aber  es  ist  nichts 
dahinter  als  ein  kaltes,  selbstisches  herz,  das  sich  alles  auf- 
zuopfern weisz.  Göthe  25,  2S5 ;  ich  habe  für  dich  die  schätze  der 
erde  geplündert,  du  hast  sie  der  wollust  und  dem  vergnügen 
aufgeopfert.  Klixcer  3,  271 ;  aufopfernde  (sich  aufopfernde), 
aufopfenidsle  liebe,  freundschaft. 

AUFOPFERUNG,  f.  darbringung,  hingäbe,  nnl.  opoffering: 
mit  aufopferung  seines  lebens  einen  andern  retten ;  anfopfe- 
ning  der  Unabhängigkeit. 

AUFGRD.NEN,  in  ordinem  redigere,  aufstellen:  ein  roinera- 


699 


AUFORGELN  —  AUFPFEIFEN 


AUFPFLANZEN — AUFPOLZEN 


700 


lügisches  cabinet,  das  bis  jetzt  der  bibliothek  nur  eingeschoben 
war,  wird  soeben  abgesondert  und  aiifgeordnet.  Göthe  43,  361. 

AL'FOHGELN,  an  der  drehorgel  aufspielen. 

AUFJ'ACKEN,  sarcinam  imponere,  aufladen,  nnl.  oppakken : 
waaren  aufpacken ;  dem  maulesel  den  sack  aufpacken ; 

sorge  sie  steiget  mit  dir  zu  ros,  sie  steiget  zu  scIiifFe, 
viel  zudringliclier  noch  packet  sich  Amor  uns  auf. 
Göthe  1,  395; 

hinter  mir  slehn  schwarze  klippen  furchtbar  aufgepackt  (auf- 
yelliürmt).  Tieck  8,  58 ;  er  läszt  sich  alles  aufpacken ;  einem 
grobheiten  aufpacken,  weil  nun  aufpacken  der  abreise  unmil- 
lelbar  vorausgeht,  drückt  aufpacken  aus  sicti  fertig  machen,  ab- 
gehn:  du  kannst  hier  aufpacken,  bist  entbehrlich  ;  der  kann  auf- 
packen, hat  ausgespielt,  häufig  auch  verbinden  sich  aufpacken 
und  abreisen  formelhaß:  packte  nacliliero  alles  mein  ver- 
mögen auf  und  gieng  nach  Lübeck.  Felsenb.  1,  80 ;  so  möchte 
man  nur  beizeilen  aufpacken  und  den  stab  weiter  setzen. 
tinw.  doct.  753;  das  beste  wird  sein,  wir  packen  auf  und 
ziehen  weifer.  Lessing,  aufpacken  kann  wiederum  hciszen 
entladen :  den  koffer  aufpacken,  wofür  doch  lieber  auspacken 
gesagt  wird;  die  ballen,  waaren,  kisten  aufpacken. 

AUFPÄPPELN,  pulle  alere,  mit  brci  aufziehen,  zärtlich  auf- 
bringen: die  milch  gieng  der  mutler  aus  und  das  kind  muste 
aufgcpiippelt  werden ;  ein  gebildeter,  übcrfüliter,  von  gelehr- 
ten Zeitungen  aufgepüppelter  mensch.  Tieck  5,  289. 

AUFPAPPEN,  dasselbe,  man  sagt  es  auch  vom  kinde  selbst, 
das  seinen  brci  aufiszl ;  das  kind  halte  das  gcld  dafür  auf- 
gepappt. Hippel  lebensl.  4,  202.  dann  bedeutet  aufpappen  auf- 
kleben, mit  pappe  festkleben,  congUUinare:  siegelkabinet,  das 
auf  den  adlichen  Schuldscheinen  zerstreut  aufgepuppt  sasz. 
J.  Paui.  Siebenk.  1,  5. 

AUFPASSEN,  altendere,  aptare,  nnl.  oppassen. 

i)  intransitiv,  aufmerken,  acht  geben:  pas  auf!  gib  acht! 
glaubt  ihr,  dasz  unser  einer  nicht  besser  aufpasic.  Göthe  14, 
297 ;  welch  ein  aufmerken,  welch  ein  aufpassen  auf  jede  be- 
dingung.  53,  25 ;  überiiaupt  hält  ich  den  leser  längst  bitten 
sollen  aufzupassen.  J.  Paul  Hesp.  2, 19G. 

2)  «1«/  beigefügtem  dativ,  auflauern,  insidiari,  oft  nur  al- 
tendere: 

wan  schon  mit  list,  gewalt,  macht,  schmach 

vil  hunderttausend  mir  aufpassen.    Wecküerl.  9; 

hätl  dieser  Schleicher  nicht  gewust 

in  ihier  krankheit  auTzupassen, 

uns  anzuscinvärzen.    Götiik  11,  124  ; 

die  räuberische  bände  nemlich  hatte  nicht  der  wandernden 
truppe,  sondern  jener  herschaft  aufgepasf.  19,  65;  der  pol- 
terer  spielte  ganz  im  sinne  des  unbekiinntcn  geisles  und  der 
pedanl  hatte  seinem  Vorgänger  gleichfalls  gut  aufgepast.  19, 
223 ;  ' meine  maximc  bei  der  natmforschung  ist,  das  gewisse 
festzuhalten  und  dem  ungewissen  aufzupassen.  22,  252;  eine 
schöne  past  ihm  langst  auf,  bemüht  sich  um  ihn.  23, 135 ;  dem 
jungen  möglichen  Universalerben  scharf  aufzupassen.  J.  Paul 
flegelj.  1, 14. 

3)  transitiv,  aptare:  der  dose  den  deckel  aufpassen,  an- 
passen; cosacken  mit  aufgepasten  (angelegten)  flinten.  pers. 
reiseb.  1, 4. 

AUFPASSER,  m.  cxploralor. 

AUFPATSCHEN,  pcrfe //«mjdo  sonilum  facere :  der  frosth,  die 
ente  patscht  auf;  am  ende  ists  und  bleibts  denn  doch  ein  stein, 
den  wir  in  des  nachbars  garten  werfen,  wenn  er  auch  ein  ))is- 
chen  aufpatsclit,  was  hals  zu  bedeuten?  Göthe  a«  Sc/»7/cr  269, 

AUFPAUKEN,  lympamim  perculere,  auf  die  pauke  schlagen : 
pauk  auT,  und  mach  ilic  seilen  klingen!    fasln,  sp.  b66,l ; 

ich  will  dir  was  aufpauken,  ironisch,  du  meinst  wol  ich  Ihue 
deinen  willen.  Stiei.er  107;  er  wird  ihm  schon  eins  aufpauken. 
AUFPAUSEN,  was  aufbausen,  aufbauschen : 

aiiszuposaiiiicii  in  allen  laiideii, 

ohne  just  die  hacken  nurzu|)au.sen.    Götiik  57,258; 

sogar  meine  kürbisfla.schen  pausen  sich  auf,  als  wollten  sie 
loben.  Fk.  Müller  1, 128. 

AUFPEITSCHEN :  ein  Ihier  durch  peilschenhicbc  vom  lager 
aufnülhigen. 

AUFPFAHLEN,  palo  infigere:  der  aufgepfählle  köpf  des 
mufli.  I>oiiknst.  Ibr.  lOG,  577. 

AUFPFEIFEN,  praecinere  libia,  tum  tanze  pfeifen:  pfeif 
auf,  lasz  hören  deine  knnst,  welchs  ist  der  schriftlich  und 
wclclis  der  geistlich  sinn  in  diesem  gebot  'non  conciipisccs'? 
LuTBEii  1,37"';  ob  er  müsse  uns  aufpfeifen  (zu  dienstc  sein), 


wenn  wir  wollen.  3,  74;  wolan,  pfeif  auf,  und  verderbe  den 
reigen  nicht.  3,  343';  da  lasz  die  jüden  aufpfeifen,  wer  die- 
selbige  giöszere  herlichkeit  gewest  sei?  8,  78';  pfeif  auf! 
Uhlanü  650 ; 

pfeift  auf,  ir  lieben  knecht, 

und  machet  mir  den  reien  recht!    fasln,  sp.  578,  14; 

so  pfeift  auf  und  laszt  es  umbhin  gan!  578,  19; 

pfeif  auf,  lieber  spilman, 

pfeif  mir  eins,  darnach  ich  kan  (nemlich  tanzen)'.   584,3; 

und  heiszt  aufpfeifen,  es  ist  zeit.    716,5; 

nu  pfeift  auf,  lieben  geselln!  78t,  14; 

das  der  tod  hinler  im  aufpfeift  (ihn  tanzen  liiszl). 

II.  Sachs  III.  1,  248'; 
laszt  dem  böswicht  nach  dem  hals  greifen, 
so  musz  er  uns  gar  bald  aulpfcilen.   III.  2,  112"; 

pfeif  auf,  so  wil  ich  vor  einmal  tanzen,  seh.  und  ernst  c.  224 ; 
pfeif  auf  bruderl  Garg.  49";  ehe  solcher  tanz  aufgepfiffen  (der 
Sturm  unternommen)  wird.  Kirchhof  mil.  disc.  181;  ich  will 
dir  was  aufpfeifen !  höhnisch,   nicht  zu  willen  sein. 

AUFPFLANZEN,  erigere,  hoch  aufstecken,  nnl.  opplanten: 
sich  aufpflanzen,  sich  aufschmücken  (s.  pflanzen,  pflänzlen): 

mein  frau  die  kan  sich  schon  aufpüanzen 

mil  neuem  siten  und  mit  tanzen,    fastn.  sp.  104,  17 ; 

sie  (die  weiber)  Ihun  sich  auch  gar  hübsch  aufpflanzen.  150,  31 

bäume  aufpflanzen;  die  fahne  aufpflanzen: 

was  kümmern  dich  die  hiigel  deiner  jeichen? 
hoch  pflanze  da  die  freiheiisfahne  auf.    Körner; 

das  bajonet  aufpflanzen,  mit  aufgepflanztem  bajonet ;  kanonen 
in  der  batterie  aufpflanzen ;  ich  will  über  den  gebeincn  mei- 
nes oheims  einen  galgcn  aufpflanzen.  Schiller  147';  Wein- 
flaschen auf  dem  tisch  aufpflanzen;  gläscr  standen  in  reihen 
aufgepflanzt,  ja  in  den  mist  von  Kauburg,  welchen  man  zu 
elirn  braucht  und  an  schuhen  in  die  schönsten  gemach  trcgt 
und  am  sonntag  aufpflanzt,  wie  ein  braut  von  Schwollen. 
Garg.  156';  man  soll  die  commentarios,  wa  die  seien,  zu 
banden  bringen,  ufpflanzen  und  in  guten  eern  halten,  als 
brunnen,  daraus  die  recht  warhait  der  sprachen  und  verstent- 
nus  der  hailigen  schrift  fleuszt.  Keuchlin  augensp.  13'. 

AUFPFLÖCKEN,  paxillo  firmare,  anpflöcken. 

AUFPFLÜCKEN,  vellere,  decerpere:  sie  pflückten  alle  blu- 
men  auf. 

AUFPFLÜGEN,  lerram  aralro  aperire,  nnl.  opploegcn.  dann, 
iji  die  höhe  pflügen,  einen  schätz  aufpflügen. 

AUFPFROPFEN,  inserere,  dem  ast  ein  edles  reis  aufpfropfen. 
nnl.  opproppen  »m  sinne  von  anfüllen. 

AUFPICHEN,  pice  firmare. 

AUFPICKEN ,  rostro  auferrc,  aperire,  nnl.  oppikken :  die 
Vögel  picken  körner,  tiauben  auf;  nnl.  de  vink  heeft  al  de 
zaadjes  opgepikt ;  er  schnappte  und  pickte  jeden  französischen 
fluch,  schwur  und  schimpf  sorgfällig  auf.  J.  Paul  komet  2,  63. 
man  sagte  auch  aufbecken,  von  bek  schnabel;  er  fahet  mit 
seinem  netze  die  vögel,  wann  sie  im  besten  aufbecken  untl 
essen  seind.  Ge.  Scherers  wundsegen.  Ingoist.  1595.  4.  H2. 
intransitiv,  der  vogcl  im  ei  pickt  (die  schale)  auf,  kommt  her- 
vor; auf  dem  levischen  llicater  pickt  ein  talent  auf,  ein  junger 
inensch  zieht  kenncr  und  licbhaber  dahin,  fräul.  von  Göcn- 
HAUSEN  in  Bölligcrs  lil.  zuständen  2,  241. 

AUFPIPEN,  pipire:  das  arme  vögelchen  pipt  auf. 

AUFPISI'EHN,-  dasselbe. 

ALlFPLATSCHEN ,  cadendo  strepitare:  der  regen  platscht 
laut  auf. 

AUFPLÄTTEN,  von  neuem  plätten:  ein  heind,  manschetlen 
aufplätten. 

AUFPLATZEN,  dirunipi,  dissilire:  die  grasbliimen,  rosen,  die 
kaslanien,  karlolTcln  platzen  auf;  eine  aufgeplaUle  naht;  die 
erde  platzt  (springt)  auf  vor  hilze;  die  brelcr  sind  aiifgeplalzl ; 
in  den  jahrhunderlen  \t>r  uns  scheint  uns  die  menschheil 
heran  zu  wachsen,  in  denen  nach  uns  abzuwelken,  in  unserm 
herlich  blühend  aufzuiilalzen.  ,1.  Paul  TU.  2,  3. 

AUFPLAUSTEUN,  aufspreizen:  dabei  plausleit  er  sich  dann 
manchmal  auf,  wie  ein  kollernder  Irulhahn.  Tieck  nov.  kr. 
4, 174.    nd.  de  höner  plustert  sik,  ordnen,  sireichen  ihre  federn 

AUFPLUMPEN,  i7/i(/t  cum  sonitu. 

AUFPOCHEN,  tundendo  aperire,  die  thür  aufpochen.  intr. 
sich  erheben,  in  die  höhe  schlagen :  mein  herz  porhie  auf. 

AUFPOLZEN,  turgere,  lumere:  das  Irüesechlig,  scliwaiiiinig, 
aufgepolzet  der  brüsten.  Thurnkisser  prob,  der  harnen  .'.40; 
ein   innerlichen,   aber  doch  unschwerenden  und  doch  aufpol- 


701 


AUFPRÄGEN  —  AUFPUTZ 


AUFPUTZEN— AUFQUETSCHEN 


702 


zenden  cancrum.  tn/f.  Wirkungen  aller  erdg.  119 ;  wann  das 
hirnnetzlein  geschwilt  und  wie  ein  gescbwer  oder  wie  ein 
Pfifferling  aufpolzent  wird,  alchym.  2,  27.  rgl.  ahd.  öjarpul- 
zan,  ebullire  (Graff  3, 115)  und  bolz,  piiz. 

ALTPR.\GE.\,  was  aufmünzen,  einprägen,  auch  abslract, 
wie  letzteres :  milde  war  seinen  gesichtszügen  aufgeprägt,  auf- 
gedrückt; der  so  glücklich  ist,  seinen  nachkommen  einen  ent- 
schiedenen character  aufzuprügen.  Göthe  24,  206. 

ALFPRÄLLEN,  allidi,  resilire:  die  kugel,  der  stein  prallt 
auf.  sonst  aufprellen  (wie  abprellen,  anprellen  für  abprallen, 
anprallen). 

AUFPKANGEN,  faslui  studere ,  aufprunken,  aufslolzieren, 
daher  prangen. 

AL'FPK.\SSELN,  alte  crepitare,  aufknattem,  und  gleich  die- 
sem vom  feuer  und  rebhun:  die  flamme  prasselt  hoch  auf; 
das  aufprasselnde  rebhun.  J.  P.\ll  3,  141 ;  ich  bin  nicht  ge- 
wohnt bei  jedem  anlasz  in  kindische  flammen  aufzuprasseln. 
Schiller  171 ;  doch  durfte  er  als  frommer  alchimist  nicht  auf- 
fahren, aufprasseln  oder  auszer  sich  kommen  vor  ingrimm. 
J.  PiLLAömW  2,  8S. 

AUFPREISEN,  relaxare  nodos,  aufbreisen,  aufschnüren,  dem 
anpreisen,  anbreisen  entgegenstehend : 

die  jungfraw  ihet  sich  zieren 

in  einen  mantei  weisz. 

ir  brüst  ihet  sie  einschnieren, 

vermachis  mit  ganzem  fleisz. 

auch  sprach  die  edle  Jimgfraw  schon: 

kein  man  sol  mich  aufpreisen 

dann  eines  grafen  söhn.    Ambr.  Ib.  s,  364. 

AUFPRELLEiN,  für  aufpralieji,  und  in  doppeltem  smn,  wie 
aufl^uhren : 

1)  cum  impetu  evolare:  auf  die  aufprellenden  reiger  wurden 
alsofort  so  viel  falken  ausgelassen.  Lohenst.  Arm.  1,  SS.  rgl. 
aufprasseln,  auflcnattern. 

2)  cum  impetu  aperiri:  ich  war  nicht  lange  hier,  so  prellte 
auf  einmal  die  thüre  bei  dem  gnädigen  fräulein  auf.  Lessing 
1,547.  ein  solches  äußersten  kann  zugleich  ein  auffahren  in 
die  höhe  sein. 

AUFPRESSEN,  ton  neuem  pressen:  zeuge,  tücher  aufpres- 
sen, auffrischen. 

ACFPRICKELN,  stimulnrc:  der  unbarmherzige  treiben  pri- 
clelte  das  müde  thier  auf.  intransitiv,  es  prickelt  in  mir  auf, 
das  siedende  wasser  prickelt  auf;  ein  aufprickelnder  puls- 
schlag. 

AUFPROBIEREN,  aufsetzend  anprolneren:  sie  probierte  die 
neue  haube  lange  zeit  vor  dem  Spiegel  auf;  einen  hut  auf- 
probieren,   anderwärts  auch  aufproben. 

AUFPROTZEN,  franz.  monier,  ein  stück,  eine  kanone  auf- 
protzen, gcgensatz  von  abprotzen,  figürlich,  im  zorn  auffah- 
ren: Sinnbilder  der  aufprotzenden  leute,  welche  sich  durch 
mückensliche  zum  zorn  alsbald  aufbringen  lassen,  colica  112. 

AUFPRÜGELN,  das  rieh  durch  schlage  außreiben.  s.  auf- 
prickeln. 

AUFPRUNKEN ,  prangen,  stolzieren,  nni.  oppronken :  het 
meisje  pronkt  zieh  vcrbaasd  op. 

AUFPUDERN,  die  haare  ron  frischem  pudern. 

AUFPUFFEN,  aufstoszen,  aufhausen,  außreiben:  die  haare 
aufpuffen,  in  die  höhe  treiben:  mit  gezierten,  aufgepüften 
haaren.  Zixücr.  apophth.  12,  11 ;  kleider  aufpuffen,  mit  puffen 
aufschmücken;  aufgepnfte,  schwülstige  reden  und  worte;  die 
ans  teuschen  und  in  ihrem  holen  aufgepüften  ton  nur  irgend 
Wahrheit  sprechen?  Tieck  nor.  4,  85. 

AUFPUMPEN,  aquam  e  puteo  exhaurire  anllia,  wasser  in 
die  höhe  pumpen. 

AUFPI. PPELN,  pupam  omare,  dann  überhaupt  aufputzen, 
aufschmücken;  hat  sich  das  weih  nicht  aufgepQppelt?  Stieleb 
2.->4.  2:>.'j. 

AlFPURREN,  excitare,  abigere:  die  vögel  aufpurren,  auf- 
jagen, s.  anpurren.  Stieler  14C7  hat  auch  aufpurren  iiirehi 
in  aliquem.    ahd.  ufpurian,  ufpurran  suscitare.  Graff  3, 107. 

AUFI'UTZ,  Hl.  comptus,  ornalus :  die  keu«chheit  hegt  die 
empfindlichste  ergetzlichkeit,  sie  ist  der  herlichsle  aufpulz  der 
Schönheit.  Lohevst.  Arm.  1, 619 ;  und  scherete  mich  nicht  na- 
gelsgrosz  nm  ihren  stolzen  aufbiilz.  Jucundiss.xd^;  dasz  ihm 
noch  niemals  ein  aufpulz  eines  frauenzimmers  hesser  gefal- 
len. fV/seni.  4, 137 ;  durch  einen  prächtigen  aufpulz  die  natür- 
liche Schönheit  noch  mehr  erhöhen.  Rabk>er  1,  212; 
ihn  nihrci  nicht  der  aurpuu  hohpr  biinlen. 

H*ceoo«5i  I,  12; 


ein  weiser  untersucht  der  hohen  recht  und  pflicht, 
entdecket  und  belacht  der  leidenscharien  hiOsze 
im  scfamucli  der  eitelkeit,  im  auTputz  falscher  grösze.  1,35; 
der  eine,- dessen  amt  der  locken  auTpiiiz  war. 
ZiCiiARiX  I.  lOS; 

ich  wurde  zu  der  ehre  bestimmt,  den  aufputz  ihres  schönen 
kopfes  zu  besorgen.  Wiela?!d  1,  42 ;  indessen  Laura  mit  Jacin- 
tens  aufputz  beschäftiget  war.  12,155;  aufputz  eines  gemähl- 
des,  retouche.  Göthe  39, 108. 

AUFPUTZEN,  comere,  omare,  mundare:  eine  braut  aufputzen; 
die  haare  einer  frau  aufputzen;  das  zimmer,  ein  geschirr, 
einen  degen  aufputzen ;  und  wiewol  mich  wolt  bedunken,  das 
papslum  were  bubenwerch,  hat  ich  denecht  im  sin,  ich  weit 
priester  werden,  wolle  froin  sin,  min  ampt  trüwlich  versächen 
und  min  altar  fin  ufbutzen.  Tuo.  Plater  3S  ; 

!  ich  biege  keine  knie  und  rücke  keine  kappen 

:  Tür  aufgeputzter  ehr  und  angestrichner  giinst.    Logac  1,5,3; 

hüpsche  Jungfern  dürfen  nicht  viel  aufputzens,  die  jungen  gesellen 
sehen  sie  gern  nackend,  ped.  schulfuchs  123;  so  könnt  ich  meine 
unmacht  zu  einem  verdienst  aufputzen.  Schiller  205;  flickte 
ein  System  zusammen  von  glänzender  wahrheil,  leuschenden 
irrthüraern,  aufgeputzt  mit  sinn  und  unsinn.  Klixger  5, 153. 

AUFPUTZERIN,  f.  zu  ausgang  der  säl  des  frawenzimmers 
waren  die  aufbulzerin,  aufeäumerin,  barkrauserin,  bisamreuche- 
rin,  hendschuchbeizerin,  halsseiferin,  anstreicherin.  Garg.  281*. 

AUFPUTZUNG,  f  die  aufputzung  der  zimmer.  Rabener  5, 151. 

ÄUFQUÄLEN,  cruciare,  hinquälen: 

so  leb  ich  fort,  entgegen  ewig  verwaister  zeit, 

gestärkt  an  meiner  tochter  zart  besorgtem  sinn, 

die  nun  bedurnig  meiner  vatersorge  wird, 

von  liebesjammer  unerträglich  aufgequält.   Götac  40,  410. 

AUFQUALL,  m.  scalurigo:  in  dem  rechten  aufqual  und 
flusz  des  pronncns.  Velr  rer<;isimeiiinic/i<  B4. 

AUFQUAL.ME.N ,  vaporem  exhalare,  nnl.  opkwaimen.  Stie- 
ler 14S8 : 

langsamen  schmauch  aufqualmend.  Voss. 

AUFQUELLEN,  scaturire,  tumere, 

1)  hervorspringen,  sprudeln:  hier  quillt  kühles  wasser  ia 
menge  auf;  ihre  thräne  quoll  auf; 

aUo  fest  in  das  aiige  den  glühenden  pfnhl  ihm  haltend 
dreheten  wir,  dasz  blut  siedheisz  um  den  laufenden  aufquoll. 
VossOd.  9,  388; 

eine  zeit  locales,  lebendiges  wesens  und  wirkens,  von  der 
man  wenn  sie  vorüber  ist,  nur  hoffen  kann,  dasz  sie  nach 
geraumen  jähren  an  fremden  orten  wieder  aufquellen  werde. 
Göthe  6, 40;  nicht  das,  was  er  für  mich  gethan  bat,  erschul- 
tert meine  mannheit,  die  Verbindung  uuserer  Jugend  quillt 
hier  auf.  Klixger  2, 18 ;  was  kann  ich  dafür,  dasz  niirs  immer 
noch  so  biller  aufquillt.  Klixgers  th.  2.  277;  dann  quollen 
alle  mit  alten  Ihränen  vollgegossenen  tiefen  seiner  seele  auf. 
J.  Pai;l  Hesp.  3,  87 ;  sein  Jammer  regte  sich  gewaltsam,  quoll 
auf,  überströmte  den  erdrückten  groll  und  das  bild  des  Jugend- 
freundes stand  auf.  4,  153;  für  eine  so  hoch  aufquellende 
masse  finde  ich  keinen  poetischen  reif,  der  sie  zusammen 
hält.  ScniLLER  an  Göthe  327. 

2)  schwellett,  anwachsen :  mitlen  unter  waffen,  auf  der  woge 
des  lehens,  ruht  ich  leicht  athinend,  wie  ein  aufquellender 
knabe,  in  deinen  {des  schlafes)  armen.  Göthe  8,  274;  eilig 
kamen  bediente  mit  lichtem  gesprungen  und  das  hera  der 
guten  Wanderer  quoll  über  diesen  aussiebten  auf.  18,253;  so 
quoll  mein  maniiscript  täglich  um  so  mehr  auf.  24.  225;  wenn 
ich  in  ihrer  almosphäre  erst  aufquelle,  so  will  alsdann  meine 
seele  nicht  mehr  in  das  enge  nuisz  der  geschäftlichkeit  pas- 
sen, an  fr.  von  Stein  2,  50;  mein  principal  mit  festem  an- 
stände, in  embonpoint  und  aufquellende  muskeln  gedrückt. 
J.  Paul  uns.  löge  1.107;  auf  einmal  quoll  ihre  bangigkeit  von 
der  mittleren  stufe  zur  höchsten  auf.  2,  86.  in  diesem  sinn 
sagt  man  aufquellendes  brol,  aufgequollner  kuchen,  aufquel- 
lendes pulsier,  der  hirse  quillt  im  kochen  auf,  das  getraide 
ist  von  der  nässe  aufgequollen. 

AUFQUELLEN,  sprudeln,  schwellen  lassen,  machen,  praet. 
aufquelllc,  part.  aufgequellt:  er  (der  see)  quellet  schwarz  bech 
auf,  das  oben  enlpor  schwimpl.  Fraxk  wcltb.  183';  der  erste 
frühlingsregen  wird  unsrer  Spazierfahrt  schaden,  die  pflanzen 
aber  wird  er  aufi|uellen,  dasz  wir  bald  des  ersten  griins  uns 
erfreuen.  Göthe  an  fr.  ton  St.  5,  51;  kartoffeln,  crbsen  auf- 
quellen, im  wasser  sieden  lassm,  aufgequeilte  kartoffeln. 

AUFQUETSCHEN,  confringere:  nüsse  aufquetschen,  auf- 
drücken. Garg.  176';  aufgequetschte  misse.  Stikler  1490. 


703 


AUFQUIEKEN  —  AUFRATH 


AUFRATHEN — AUFRÄUMEN 


704 


AUFOUIEKEN,  quirritare,  vaijire:    die  ferkel  quieken  auf. 

AUFQUITSCtlEN,  fritinnire,  aufzwitschern. 

AUFQUÖCHELN,  refovere,  refocillare,  in  Schlesien,  einem 
kranken,  schwachen  durch  sorgsame  pflege  und  gute  nahrung 
wieder  auf  die  beine  helfen,  vgl.  nnl.  opkvveeken,  opvoeden, 
opkoesteren  und  unser  erquicken. 

AUFRÄDELN,  auf  ein  rädchen  winden,  zwirn,  seide  auf- 
rädeln. 

AUFHAFFELN,  caplare,  corripere,  forlbilJung  des  folgenden  : 
aber  der  Carlslad  raffelt  auf  und  tregt  zusammen  alles  was 
Vernunft  bierinnen  zeigen,  leren,  ricbten  kan.  Luther  3,  78 ; 
wie  die  sew  auf  der  gassen  dreck  aufraffeln.  4,  530'. 

AUFRAFFEN,  corripere,  nnl.  oprapen,  hastig  wegnehmen: 
und  ein  reiner  man  sol  die  ascben  von  der  kue  aufraffen  und 
sie  scbütten  auszer  dem  lager  an  eine  reine  stete.  4  Mos.  19, 9  ; 
und  derselbe,  der  die  ascben  der  kue  aufgeraft  bat.  19,  10; 
und  meine  band  bat  fundeu  die  Völker  wie  ein  Vogelnest, 
das  icb  babe  alle  land  zusamen  geraft,  wie  man  eier  aufraft, 
die  verlassen  sind,  da  niemand  eine  fedder  regt  oder  den 
scbnabel  aufsperret  oder  ziscbet.  Es.  10, 14 ;  da  wird  man  eucb 
aufraffen  als  ein  raub,  wie  man  die  bewscbrecken  aufraft, 
und  wie  die  kefer  zuscbeucbet  werden,  wie  man  sie  uberfelt. 
33,  4 ;  und  beilige  leute  werden  aufgeraft,  und  niemand  acbtet 
drauf.  57, 1 ;  man  seit  der  lerer  wort  nicbt  so  unbedacht  auf- 
raffen und  sieb  darauf  gründen  on  gewisse  zeugnis  der  scbrift. 
Luther  5,  229";  da  er  ein  wenig  strob  neben  im,  sieb  im  nas- 
sen darauf  zu  selzen  aufrafte.  Kirchhof  mil.  disc.  26t ;  staub 
mit  bänden  aufraffen,  unw.  doct.  559 ;  wo  hast  du  das  zeug 
alles  aufgeraft? 

sieb  aufraffen,  vom  falle  hurtig  aufstchn;  nacb  der  schwe- 
ren krankbeit  rafte  er  sieb  bald  wieder  auf; 

sie  rafl  sich  auf  um  wegzugehen.   Hagkdorn; 
allein  kaum  halt  ich  mich  vom  lehnsuil  aurgerafl. 

WlELAND  ; 

so  raffe  denn  dich  eilig  auf!    Göthb  1,96; 

er  rafl  sich  auf  durch  wald  und  feld 

und  (lieht.  Ü(jrcer71'; 

der  geist  der  mnclitig,  wie  das  feuer 

im  Aetna  auf  in  dir  sich  raft.    Gökingk  1,  179; 

so  rafl  von  jeder  eitlen  bürde, 

wenn  des  gesanges  ruf  erschallt, 

der  mensch  sich  auf  zur  geisterwürde 

und  Irin  in  heilige  gewalt.    Schiller  8Ü' 

AUFRAGEN,  prominere,  hervorragen: 

zwar  ich  sih  dort  einn  langen  aufragen, 
der  hülf  euch  wol  wasser  an  eur  Stangen  tragen 
fastn.  sp.  650,  28 ; 

wie  han  die  felnd  zu  feld 

genisl  so  viel  der  zeit, 

um  wider  mich  aufragen.    Melissus  ps.  A6'; 

aufragende  scbifmaste,  aufragende  berggipfel. 

AUFRAINEN,  limites  delegere:  die  stein  zu  suchen,  aufzu- 
rainen  und  zu  entdecken.  Frankf.  ref.  9,  3, 12.    «.  abrainen. 

AUFRAMMELN,  sowol  fest  als  los  rammeln. 

AUFRANKEN,  propagines  in  altum  cmittere: 

du  auch  kamst  mit  geschlungenem  fusz,  aufrankender  efeu. 

Voss ; 
wo  in  lauhcn  die  rehe  sich  aufrankt.    Platen  121. 

AUFRÄNZELN,  bulgam  dorso  imponere,  das  ranzet  auf- 
nehmen. 

AUFRAPPELN,  unhochdeutsch  für  aufraffeln: 

da  rappelie  der  raih 
vom  millagsscnlaf  sich  auf  aus  seinem  bette 
Gökingk  2,  2U1. 

AUFRAPPEN,  ebenso  für  aufraffen.  Stieler  1497. 
AUFRASEN,  cum  impetu  furere: 

und  ringsher  lohen  die  winde, 
trotzig  mit  winden  im  kämpf,  dasz  zerwühlt  aufraset  der  abgruiid. 

Voss. 

AUFRASPELN,  corradere:  das  eichkürncken  raspelt  die  nüsse 
auf. 

AUFRASSELN,  crrpitare,  aufprasseln:  das  tbor  rasselt  auf ; 

dasz  schrecklich  der  leuclilendc  heim  um  die  schlafen 
rings  umprallt  vuin  geschosi  aufras-telte.    Voss. 

AUFRATH,  aenigma,  nur  in  einer  stelle  und,  wie  es  scheint, 
neutral  gebraucht: 

wunderlich  aufrat  gab  (Simsonl  darnach. 
11.  Sacus  III.  1,  5.V, 

er   könnte    es    nach    aufzurallirn    geben    gebildet    haben,    das 
ihm  bereits  geläufig  gewesen  $ein  musx,    bestand  aber  em  uuf- 


ratben  =  auflösen,  so  wäre  auch  aufratb  das  aufzulösende, 
was  durch  ratben  gelöst  werden  soll. 

AUFRATHEN  folgt  nicht  sicher  aus  der  hergebrachten  re- 
densart  einem  etwas  aufzuratben  geben: 

ei  Jungfer  ich  will  ihr 

was  aufzuraihen  geben,    wunderh.  2,  407  ; 

das  sind  sie  {die  finger)  gewohnt,  seit  zehn  jähren  habe  ich 
ihnen  schon  anders  aufzuratben  gegeben.  Götue  36,  34;  icb 
weisz,  dasz  sie  mir  aufzuratben  geben  könnten.  Gotter  3,  277 ; 
und  hat  schon  manchem  braven  offizier  was  aufzuratben  ge- 
geben. TiECK  Cev.  1,  34.  man  fasse  dies  nicht  wie  einem  etwas 
aufzubeiszen  geben,  sondern  als  auf  zu  ratben  geben,  zu  ra- 
theu aufgeben,  aufratb  für  räthscl  fand  sich  so  eben,  anfra- 
then  für  enträthseln  erscheint  nirgends,  wäre  gleichwol  denkhar. 
dagegen  heiszt  es  im  ähnlichen  fall  nicht  einem  etwas  aufzu- 
lernen geben,  sondern  nur  aufgeben  zu  lernen. 
AUFRAUCHEN,  in  fumum  surgere: 

sie  {die  locken)  rauchten  dampfend  auf 
gequetscht  vom  heiszen  stahl.    Zaciiariä; 

mir  wird,  als  rauchte  hinter  mir  die  weit  in  flammen  auf. 
Schiller  261;  unten  am  tiefblauen  biminel  rauchten  kleine 
nebel  auf.  J.  Paul  Hesp.  4,  46 ;  im  norden  raucht  vom  ewigen 
morgen  des  pols  eine  goldbelle  dämmerung  auf.  flegclj.  1,  29 ; 
die  von  wunden  aufrauchende  ebene  (des  Schlachtfeldes),  biogr. 
bei.  1, 18. 

AUFRÄUMEN,  vacuare,  amovere,  purgare,  nnl.  opruimcn, 
nahverwandt  dem  bloszen  räumen,  abräumen,  ausräumen,  ein- 
räumen. 

1)  scheinbar  intransitiv,  wenn  der,  leicht  verständliche,  acc. 
fehlt: 

ich  wil  mich  ein  weil  nider  secken, 

pisz  man  auf  räumt  in  allen  ecken,    fastn.  sp.  561,  17; 

man  raumbt  vor  mir  auf  wie  vor  rabn  und  wolfen. 

H.  Sachs  I,  232' ; 
so  geh,  räum  du  auf  in  dem  gmach.    Avrer  300*; 

ich  babe  noch  nicbt  aufräumen  können,  alles  liegt  unterein- 
ander; zurüsten,  aufräumen  und  behobeln.  Garg.  281';  herrn 
Kant  gebührt  gewis  das  nicbt  geringe  verdienst,  in  der  Phy- 
siologie unsers  gemüts  aufgeräumt  zu  haben.  Lichtenberg  l, 
101;  Anna  saug,  indem  sie  ein  wenig  da  aufräumte.  Arnim 
kroncnw.  1,  249.  ebenso  im  passiven  ausdruck:  es  wird  erst 
aufgeräumt,  ist  schon  aufgeräumt,  der  kaufmann  räumt  mit 
einer  waare  auf,  vcrkauß  sie  wolfeiler  als  sonst,  utn  sie  schnell 
los  zu  weiden. 

2)  mit  ausqedrücklcm  acc.  der  sacke :  alle  ecken  und  winkel 
aufräumen;  tische,  stüle,  bünke  aufräumen,  dasz  e$  platz  im 
Zimmer  gibt,  wegstellen;  ungebeten  dem  wirt  die  bänk  auf- 
räumen (d.  t.  Stelen).  Wickra«  rollw.  83 ;  alle  zimmer  im  ganzen 
hause  aufgeräumet.  Schweinichen  1,260;  haus  fein  aufgerau- 
rael.  Garg.  89';  wenn  als  getreid  nu  aufgeraumpt.  Rkuhuns 
arm.  mann  8 ;  er  bat  das  land  ufgerumpt  von  der  rouberei. 
Keisersd.  post.  2,  55;  brachen  ab  die  höhen  und  altar  aus 
dem  ganzen  Juda,  ])is  sie  sie  gar  aufreumeten.  2  chron.  31, 1 ; 
meine  zeit  ist  dabin  und  von  mir  aufgereumet,  wie  eins  bii- 
len  liütte.  Es.  38,  12;  machet  ban,  machet  bau,  reumet  die 
steine  auf.  62, 10 ;  denn  es  wird  nicht  allen  groszcn  und  rei- 
chen gefallen  haben,  das  er  (David)  alle  abgölterei  und  erger- 
nis  hat  aufgereumet.  Luther  6, 144".  den  winzcrn  heiszt  auf- 
räumen, die  erde  um  die  wcinstöcke  auflockern,  ehe  der  saß 
in  die  wursel  tritt. 

3)  mit  acc.  der  pcrson,  aus  detn  weg  schaffen,  tilgen,  lOdten: 
das  deine  seele  und  deines  hauses  sedc  nicbt  aufgereumet 
werde,  rieht.  18,  25;  gebet  Jiin,  weichet,  das  icb  euch  nicbt 
mit  im  aufreume.  \  Sam.  15,  0;  hiemit  wirstu  die  Syrer  std- 
szen,  bis  du  sie  aufrcumsl.  lAün.  22, 11;  sie  haben  Jacob  auf- 
gefressen und  verschlungen,  sie  haben  in  aufgereumet  und 
seine  wonung  verwüstet.  Jer.  10,  25 ;  und  wenn  ich  böse  thicre 
in  das  land  bringen  würde,  die  die  leute  aufrcuinclen.  Ez. 
14,  5;  und  wollen  beide  Christen  und  Römer  aus  der  weit 
aufreumcn.  Luther  8,  Sl';  denn  so  die  mörder  nicbt  aufge- 
reumet würden,  werc  niemand  sicher.  Melanchth.  Hauptart. 
im  corp.  dorlr.  ehr.  498.  in  diesctn  sinn  ist  aufräuuien  heute 
ungebräuchlich,  obgleich  man  noch  wegräumen,  wegschaffen  ver- 
wendet,   aus  dem  woge  räumen.  Opitz  Arg.  143. 

4)  einen  aufräumen  für  frei  machen,  erheitern  sagt  man 
nicht,  sondern  nur  im  pnrt.  praet.  aufgeiäunil :  ein  menscli, 
der  sich  nicbt  überisscl  und  immer  nüchtern  und  mäszig  bleibet, 


705 


AUFRÄUMEN — AUFRECHT 


ist  allezeit  fertiger,  seiaem  lieben  gott  zu  dieneH,  ja  er  blei- 
bet in  dem  gedechtuüs  und  capacilät  besser  aufgeräumet 
und  wirtl  also  zu  allen  werken  munterer  und  fähiger  als  so 
ein  angefüllter  fresznarr  sein.  Stmpl.  1,  42.  hier  ist  aufge- 
räumt frei  von  speisen,  icarum  sollte  es  nicht  auch  frei  von 
sorgen,  vergnügt  und  heiter  ausdrücken.?  mein  meister,  ein 
vernünftiger  und  stets  aufgeräumter  mann,  der  arme  inann 
im  Tuckenb.  58; 

dort  blüht  bei  aufgeräumten  sinnen 

noch  alte  treu  und  redlichlieit.    Lessix&I,  83; 

wenn  du  mehr  dazu  aufgeräumt  bist.  Leisewitz  Jul.  v.  T. 
3,  2;  aus  neugier  eilte  er  hin  und  traf  sie  alle  sehr  aufge- 
räumt und  getröstet.  Göthe  19,  82;  er  fand  den  könig  sehr 
■  aufgeräumt,  weil  er  eine  grosze  und  gute  jagd  gemacht  hatte. 
37,  262;  aufgeräumter,  gesprächiger,  toller  war  niemand  in 
Rom  als  er.  J.  Paul  körnet  1,  2;  ein  aufgeräumter  köpf,  ein 
heller,  klarer. 

ALTRÄL'MER,  m.  ein  tcerkzeug  zum  wegschaffen  der  erde, 
erweilerung  einer  öfnung,  enlfemung  der  asche  aus  der  ta- 
bakspfeife  (pfeifenaufräumer). 

AUFRAUSCHEN,  crepitare,    slrepere,    in  die  höhe  rauschen, 
ein  schönes  wart:   die  meereswellen  rauschen  auf;    das    laub 
rauscht  auf  im  winde;  aufrauschende  flehten;  aufrauschender 
adler;  ihr  gewand,  als  sie  sich  .erhob,  rauschte  auf; 
zu  beiden  selten  rauscht  der  reiche  goldstof  auf. 

Wie  LAND  ; 
dann  von  triumf  und  feslmelodien  aufrauschten  die  saiten. 

Voss. 

AUFRECHEN,  rastello  congerere,  außarken:  die  erde,  den 
rasen  aufrechen. 

AUFRECHNEN,  computare,  imputare,  aufzählen:  wir  wol- 
len gegeneinander  aufrechnen,  abrechnen;  allein  der  gewinst 
findet  sich  da,  wo  wir  ihn  jetzt  aufrechnen,  nicht.  Moser  2, 
118;  weder  sein  glück,  noch  seine  erniedrigungen,  die  ihm 
Diderot  sehr  hart  aufrechnet.  Göthe  36, 159 ;  ein  mann,  der 
im  elende  der  hungcrsnoth  seine  frau  neben  sich  in  der 
Scheune  sterben  sieht,  und  weil  sie  niemand  begraben  will, 
sie  selbst  einscharren  musz,  dem  dieser  Jammer  jetzt  noch 
aufgerechnet  wird,  als  wenn  er  sie  wol  könnte  ermordet  ha- 
ben u.  s.  w.    Göthe  an  fr.  v.  Stein  1,  339. 

AUFRECHT,  erccttts,  directus,  inleger,  gerade,  ahd.  mhd. 
üfrtiht,  nnl.  opregl,  engl,  upright,  ddn.  opret.  Wie  das  ein- 
fache recht,  golh.  raihts,  gleich  dem  lat.  reclus,  ein  pari, 
pract.  enthält,  aber  sich  von  dem  weiter  gebildeten  garaihti{)s, 
ahd.  girihtit,  nhd.  gerichtet  unterscheidet ;  ebensowenig  verken- 
nen läszt  sich  in  aufrecht  die  participialnatur,  obschon  im 
ahd.  üfanihtit,  nhd.  aufgerichtet  sie  nochmals  deutlicher  her- 
vorgehoben wird,  recht  und  aufrecht  empfangen  darum  in 
vielen  fällen  blosz  adjcctivgeltung,  während  anderemal  aufrecht 
und  aufgerichtet,  aufgereckt  zusammentreffen,  man  s.  die  ein- 
fachen Wörter  richten  und  recken,  aber  auch  aufriebt. 

1)  die  sinnliche  bedeutung  ist  gerad  in  die  höhe,  in  der 
höhe  : 

üfreht  sol  er  gen,  an  zuein  beinen  si&a. 
fundgr.  2,  13,  22 ; 

bi;  si  zc  Jungeste  dd 

zir  selber  kom  baj  und  ba^, 

und  üfreht  von  ir  selber  saj.    Trist.  38,  9; 

der  mensch  steht  und  geht  aufrecht,  die  thiere  gebückt;  die 
aufrechte  Stellung;  in  krummem  leibe  wohnt  selten  eine  auf- 
rechte seele;  eine  seule  aufrecht  gesetzt;  von  den  zwanzig 
seulen  stehn  nur  noch  drei  aufrecht ;  mit  aufrechten  und  um- 
gescblagnen  fahnen  ziehen  lassen.  Schärtlin  vos  Burtesbach 
227.229;  mit  aufrechtem,  sittigem,  antiitz.  Garg.iU';  wann 
schon  ein  ganz  dorf  verbrennt  und  nur  des  pfaffen  haus  auf- 
recht {stehen)  bleibt.  154*;  dann  si  achten  nit  von  wannen 
einer  sei,  wann  er  sich  nur  aufrecht  {auf  den  beinen)  bei 
ihn  helt.    Fra.xk  ae//6.  63'; 

wie  das  p.inz  ouomannisch  f^e<:chlecht 
sich  hat  gehallen  wol  und  aufrecht.  Atrer  147'; 
er  nebst  einer  Schwester  halte  für  eine  mutter  zu  sorgen, 
die  als  wilwe  solcher  kinder  bedurfte,  um  sich  aufrecht  zu 
erhallen.  Göthe  26,  255;  wenn  der  regenl  aufrecht  sterben 
soll,  d.  h.  in  der  ausübung  seines  amts  und  seiner  pdichf. 
Kii.ncer  12,  126;  der  sesziiaflc,  aufrecht  stehende  Schuldner 
musz  vor  seinem  natürlichen  richter  gesucht  werden.  Hexke 
öff.  recht  der  eidgenossensch.  s.  318 ;  drauszen  stand  eine  fm- 
sternis  aufrecht,  J.  Paul  Tit.  anh.  2,  47.  für  erhalten  conser- 
vare  sagen  wir  aufrecht  hallen  und  erlialtcn. 


AUFRECHT  — AUFRECKEN  706 

2)  rein,  edel,  schlicht,  sincerus,  genuinus: 

ein  üfreht  leben  da?  ist  guot.    Box.  43, 101; 

das  ist  die  gleisznerei  der  menschen,  die  doch  nit  ein  auf- 
rechts  herz  haben.  Melaxchth.  hauptart.  bl.  62 ;  und  soll  die 
mit  hübschen,  züchtigen  worten  und  guten  exemplen  reden, 
doch  das  sie  verstendlich,  klar  und  aufrecht  seind.  Bracx- 
schweig  Chirurg,  bl.  1;  ein  aufrechts,  warhaftigs,  ehrlichs  ge- 
müt.  Thcrseisser  archidoxen  vorr.  1;  unserm  jetzigen  herrn 
keiser  ist  Hungern  und  Behem  durch  alte  vertrege  und  auf- 
rechte {rechtsbeständige)  wählen,  und  als  einem  erben  von 
seinem  gemahel  heimgefallen.  JIatoesiüs  SS';  ein  auhrechter 
und  gelehrter  mann ; 

von  herzen  ganz  aufrecht.    Mehssüs|w.  K6"; 
und  schreib  uns  oft,  wie  es  dir  geh, 
und  leb  aufrecht  in  deiner  eh.    Atrer  201*; 
hingegen  wir,  des  henen  arme  kiiecht, 
besTehen  nu  durch  gottes  faust  aufrecht. 

WfiCKHE&LI.I  Si; 

mein  aufrechtes  herz.    259 ; 
also  ru  leben  und  zu  sterben 
gilt  dem  aufrechten  Teutschen  gleich, 
der  tod  und  sig  seind  schön  und  reich, 
durch  heed  kan  er  sein  heil  erwerben.    523; 
dasz  dis  zu  halten  sei  nicht  für  die  minste  klarhelt, 
die  uns  zwar  überzeugt  von  der  aufrechten  warheit. 
Opitz  351; 

treulich  und  aufrecht,  pers.  reiseb.  1,  1 ; 

er  lügt  nicht,  dasz  sich  balken  biegen, 

und  läszt  sich  mit  dem  schlechten  stände 

In  seinem  edlen  Spessenlande 

treuherzig  aufrecht  wol  vergnügen.    Simpl.  1,5; 

unangesehen  sie  einander  aufrecht  geehlicht.  2,  46;  es  solle 
ein  Schäfer  ein  sittsamer  gütiger  mensch  sein,  die  schäflein 
lieben  und  mit  aufrechten  natürlichen  stücken  umgehen.  Hoh- 
BERG  3,  249*.  statt  dieses  aufrecht  verwendet  die  heulige  spräche 
aufrichtig. 

AUFRECHTHALTER,  m.  conservator. 

AUFRECHTH.\LTUNG,  f  conservatio,  franz.  manutention: 
aufrcchthaltung  des  friedens,  der  öffentlichen  ruhe,  der  Ver- 
fassung. 

AUFRECHTIG,  erectus:  wird  die  wurzel  der  lenge  nach 
gespalten  und  aufrechtig  in  ein  verglasurten  krug  getan. 
Thurneisser  infl.  Wirkungen  10;  am  obern  theil  eines  jeden 
stengelein  gewinnt  es  sechs  oder  sieben  röslein.  ein  jedes 
auf  einem  langen  stielgen  über  sich  und  aufrechtig.  Taber- 
naemont.  p.  668. 

AUFRECHTSTELLER,  m. 

ruhmgenannier  väter  blume, 
aufrechtsteller  seiner  Stadt.    Herder  10,  3-26. 

AUFRECKEN,  erigere,  arrigere,  emporrecken,    emporrichten, 
1)  zumal  vom  leib  und  von  den  gliedern: 

und  dein  (dar  flehte)  gerader  leib  bleibt  immer  aufgereckei, 

kennt  keine  krümme  nicht.    LooAir  1,  8,  99  s.  192; 

und  tut  gar  pald  sein  köpf  aufrecken, 

und  zeuhl  sein  keplein  von  den  orn.    fasln,  sp.  226,  10; 

das  heiszt  mit  aufgerecktem  hals  dawider  gelaufen.  Luther 
4,  449"; 

mit  aufgerecktem  hals  schnauft  der  bekloninine  stier. 
HAaEPOR.t  2,  124; 
und  haschen  will  ich,  nvmphe  dich, 
0  fliehe  nicht  die  rauhe  "brüst, 
mein  aufgerecktes  ohr!    Göths  2,  187; 

die  menschen  stehn  mit  aufgereckten  mäulern  da  und  benei- 
den euch,  wenn  ihr  über  die  Wälder  dahin  fahrt.  14,108; 
ein  stillstehender  knabe,  der  den  fusz  aufgereckt.  39,  152; 
auf  türkisch  auf  die  runden  mosquekirchen  steigen  und  die 
fingcr  in  die  oren  stecken  und  das  maul  aufrecken  und  den 
leulen  zur  kirchen  rufen,  das  uns  der  hals  kracht.  Garg.  155' ; 
sasz  fein  lang,  doch  das  ein  has  mit  aufgereckten  ohrn  zwi- 
schen dem  Sattel  und  dem  gesäsz  unangcsloszen  wer  durch- 
geloffen,  wann  er  sich  im  siegreif  stellt  zu  stallen.  177".  wozu 
man  die  formein  RA.  93  halte,  am  meisten  band  und  linger: 
recke  deine  band  auf  gen  himel,  das  es  hagele  über  ganz 
Egyptenland.  2  Mos.  9,  22 ;  die  priesier  aber  reckten  ihre  bände 
auf  gen  himel.  2  Macc.  14,  34 ;  hende  aufrecken  zu  golt  be- 
deul  gebet  zu  gotl.    Luther  3,25'; 

bisz  sie  aufrecket  beide  hend, 

sich  mir  ergab.    H.  Sachs  HI.  3,  70* ; 

45 


707 


AUFRECKEN  —  AUFREIBEN 


AUFREIBEN  —  AUFREISZEN 


708 


das  er  seine  band  hefte  meineidig  gemacht  und  sie  unbillig 
gegen  seim  herrn  und  seiner  oberkeit  aufgestreckt.  Fischart 
bienenic.  124';  gehilfen  und  eideshelfer  reckfen  auf: 

und  wer  auch  des  mit  mir  sinn  hat, 
der  reck  ein  finger  auf  itzunt.    fastn,  sp.  813,  8; 
wer  mir  wil  helfen  Irauren, 
der  recke  zwen  lingcr  auf.    Uhland  94; 
ich  bin  bereit  zum  eid  die  finger  aufzurecken. 
Werders  Ariosl  5,  32; 

ich  stehe  allhier  mit  aufgereckten  fingern.  Reuttei»  krtegs- 
ordn.  23.  und  wie  den  staub  vom  rock  abblasen  übergeht  in 
den  rock  abblasen  heiszl  es  für  die  band,  die  finger  zum  eid 
aufrecken  auch  den  eid  aufrecken : 

doch  wöll  wir  sammen  scliweren  heid 
zusam  ein  aufgereckten  eid.    H.  Sachs  HI.  2,25'; 
ihr  wist,  das  ifir  uns  alle  heid 
schwüret  ein  aufgereckten  eid.    III.  2,  27' •, 
bezeug  wirs  mit  aufgrecklem  eid.    III.  f,  108*; 
in  den  weisthümern  oß:  bei  starken  aufgcrakten  eiden.  3,  699. 

2)  von  thieren,  die  sich  aufrichten :  wie  ein  aufgereckter 
löwe  jagest  du  mich.  Hiob  10,  16;  ein  drache  in  fürchterlichen 
Windungen  aufgereckt.    Götiie  39,  56. 

3)  von  entfalteten  fahnen:  er  redet  von  der  Sachen  mit 
solchen  worten,  die  man  pfleget  zu  brauchen,  wenn  man  sa- 
get und  rhümet  von  einem  groszen  prechtigen  heerzug  eines 
gewaltigen  mechtigen  königs  oder  keisers,  der  zu  felde  zeucht 
mit  aufgerecktem  panier.  Luther  2,  524*;  gehen  si  mit  auf- 
gereckten fanen  on  alle  tribut  ausz  und  ein.  Frank  weltb. 
137'.   s.  aufregen. 

AUFREDEN,  persiiadcre,  inducere,  bereden,  zureden, 

1)  mit  acc.  der  sache  und  dat.  der  person,  zum  anicauf  be- 
reden, aufschwätzen:  er  hat  ihm  das  pferd  aufgeredet. 

2)  mit  acc.  der  person,  durch  worlc  zur  Widersetzlichkeit 
antreiben:  in  summa,  es  wurden  die  leute  aufgeredt,  also 
dasz  das  bergkwerk  dabin  kam,  dasz  ein  kukis  200  gülden, 
und  der  gemeine  kauf  umb  180  thalcr  verkauft  ward.  Tuurn- 
EiscER  mai/n.  o/c/t.  1,'72;  einen  gesellen  aufreden,  j7in  reizen, 
von  seinem  meister  wegzugehn. 

AUFREFFEN  für  aufraffen  brattchl  B.  Waldis: 
aufrelTen  und  alsbald  verschlingen.    Esop  4,  99. 

AUFREGEN,  excitare,  erregen,  stärker  als  anregen,  sinn- 
lich, die  elemente  zur  thdtigiceit  reizen:  der  stürm  regte  das 
gewässer  auf,  der  wind  das  feuer,  den  staub; 

sie  stoppelt  scheit  und  siroh  schon  huriiger  zusammen, 
ein  biindel  reiser  wird  auf  dürren  kien  gelegt, 
und  als  sie  asch  und  kohlen  aufgeregt, 
facht,  bläst  und  hustet  sie  den  ganzen  siosz  zu  flammen. 
Hagedorn  2,  101. 

Worte,  reden,  töne,  musik  regen  die  menschen,  gemüt  und 
seele  auf: 

wo  du  den  jüngeren  mann,  mit  deiner  alten  erfahrung, 
durch  aufregende  werte  zum  ungestüme  verleitest. 
Voss  Od.  2,  190; 
wenn  den  kriegcr  wild  getöse, 
tromml  und  pauken  aufgeregt.    Götue  3,  71 ; 
so  aufgeregt  als  treulich, 
80  treusam  wie  erfreulich 

stimmet  zusammen  in  herzlichem  sang.    3,78; 

nenne,  wenn  du  es  darfst  vor  einem  sterblichen,  deinen 

güUlichen  namen.   wo  nicht,  rege  bedeutend  mich  auf, 

dasz  ich  fühle,  welche  du  seist  von  den  ewigen  töchlern 

Zeus,  und  der  dichter  sogleich  preise  dich  wüi'dig  im  lied. 

1,315; 

den  herrn,  den  ich  beschäftigt  vermuten  konnte,  wollte  ich 
nicht  aufregen.  25,  354;  wie  uns  irgend  ein  mangel  oder 
Hindernis  zu  thütigkeiten  aufregt,  denen  man  sich  sonst  nicht 
hingeneigt  hülle.  26,  13;  in  so  gestimmter  und  aufgeregter 
gesellsrhaft.  26,  78 ;  in  allen  wahrhaft  aufgeregten  geniülern 
sciiiägl  die  gute  ader.  Tieck  Cev.  1,  108 ;  als  es  23  uhr  schlug 
und  Albano  die  langweiligen  schlüge  addieren  wollte,  war  er 
so  aufgeregt.    .1.  Pai-i.  Tit.  1,  6. 

Im  weutwerkliuch  85'  steht  aufgeregte  ehren  f.  aufgereckte, 
doch  sind  beide  ausdrücke  einander  verwandt. 

AUFREGUNG,  f  excitatio:  so  .vertreibe  ich  die  ungedul- 
dige zeit,  die  mich  aus  einer  aufregung  in  die  andere  stürzt. 
Rettine  br.  2,  222. 

AUFREIBEN,  affricarc,  cnnlerere,   nnl.  opwrijven. 

1)  wann  sich  ein  pferd  fast  reibet . .  so  es  sich  alicr  schon 
aufgerieben  helle,  were  es  an  was  orten  des  Icibs.  Seuter 
237 ;  die  nas  aufreiben,  wie  ein  glusmacher,  wann  er  zu  stark 
in  die  gemartert  äschen  blast.  Garg.  247';    sie  wusch  ihr  ge- 


siebt mit  so  groszer  emsigkeit  und  heftigkeit,  dasz  sie  sich 
fast  die  backen  aufrieb.  Göthe  IS,  167. 

2)  darumb  sol  das  schwcrt  über  ire  stedte  komen  und  sol 
ire  rigel  aufreiben  und  fressen.  Uosca  11,  6 ;  ich  wil  sie  mit 
dem  Schwert,  hungcr  und  pestilenz  aufreiben.  Jer.  14,  62;  und 
wil  das  Schwert  hinder  inen  her  schicken,  bis  ich  sie  auf- 
reibe.  49,  37. 

3)  conterere  dentibus,  aufessen:  derwegen  ward  beschlos 
sen,  auf  das  der  plunder  nicht  unnützlich  verdürb  und  aus 
dem  weg  kern,  den  rücken  dahinder  zu  thun,  und  es  weid- 
lich und  neidlich  aufzureiben.  Garg.  8l' ;  da  frasz  er  auf 
mein  trew  wol  zu  nacht,  etwann  besser  als  der  grosz  keiser 
Carles,  welcher  wann  er  lustig  war,  ein  ganzen  pfawen  oder 
hammen  oder  schafquallen  gebraten  ringlich  kont  aufreiben. 
171";  ihm  so  vil  feind  ins  land  zu  führen,  als  vil  er  körn 
aus  dem  habersack  schütt,  die  doch  die  erhungerten  hüner 
bald  aufriben.  211";  ich  erschrack  alle  morgen,  wann  ichs 
(das  commisbrot)  empficng,  weil  ich  wüste  dasz  ich  mich  den- 
selben ganzen  tag  damit  behelfen  muste,  da  ichs  doch  ohne 
einzige  mühe  auf  einmal  aufreiben  konnte.  Simplic.  1,  392; 
war  froh,  dasz  uns  die  teufelischen  leute  nicht  gar  mit  haut 
und  haar  aufgerieben  hatten.  Jucundiss.  190;  der  betteljunge 
wusle  das  harte  brot  bald  aufzureiben. 

4)  wolle,  tuch  aufreiben,  aufkratzen :  rock  von  aufgeribener 
oder  aufgetribener  krausrauher  woll.    Garg.  159'. 

5)  färbe,  körner  mit  der  müle  aufreiben;  mit  dem  reib- 
eisen  alte  semmein  aufreiben. 

6)  häufig  abstract  für  tilgen,  vernichten,  zerreiben,  consumere : 
du  wirst  die  Syrer  schlahen,  bis  sie  aufgerieben  sind.  2  Äön.  13, 
17, 19 ;.  hiemit  wirst  du  die  Syrer  stoszen,  bis  du  sie  aufreibest. 
2  chron.  18, 10 ;  und  da  sie  die  vom  gebirge  Seir  hatten  alle 
aufgerieben.  20,  23;  ziichtige  mich,  herr,  mit  masze,  auf  das 
du  mich  nicht  aufreibest.  Jer.  10,  24;  es  wird  in  überfallen 
wie  ein  lewe  imd  aufreiben  wie  ein  pard.  Sir.  28,  27;  da  wir 
sehen  werden,  wie  er  den  tod  sogar  aufreiben  wird,  das  man 
in  nicht  mer  wird  spüren.  Luther  6,  241*;  wie  er  durch  ein 
geschwind  kriegsstück  allein  ein  ganz  herd  Bittergroller  auf- 
geriben  hab.  Garg.  232";  wann  man  bis  auf  den  letzten  man 
alles  bat  wollen  aufreiben.  255'; 

herr,  die  gottlosen  so  aufreib.    Weckherlin  39; 
(du  hast)  mehr  mittel  itzt  die  feind  a-ufzureibeu. 
Gryphius  1,  406; 

(der  musicante  Gaudimela),  welcher  auf  dem  schönen  beila- 
ger  zu  Paris  auch  jämmerlich  ist  aufgerieben  worden.  Opitz 
ps.  vorr.  9;  ein  System  metaphysischer  Wahrheiten  also,  und 
eine  sinnliche  rede,  beides  in  einem ob  diese  wol  ein- 
ander aufreiben  ?  Lessing  5,  4 ;  wenn  mich  die  last  des  elends 
endlich  aufgerieben  haben  würde.  Wieland  2,  68 ;  unsere  arme 
Schwester  indessen  schien  von  dem  einzigen  gedanken,  von 
der  beschränkten  beschäfligung  nach  und  nach  aufgerieben 
zu  werden.  Götiie  20,  277;  sie  {die  kraß  der  erregharkeit) 
nimmt  mit  dem  leben  ab,  bis  endlich  den  aufgeriebenen 
menschen  nichts  mehr  auf  der  leeren  weit  erregt  als  die 
künftige.  J.  Paui,  36,  27 ;  aufreibender  ärger. 

AUFREIBER,  m.  eine  art  holbohrer. 

AUFREIBUNG,  f  aufreibung  der  haut  u.  s.  w. 

AUFREICHEN,  sursum  tendere,  porrigerc:  wenn  man  irgend 
so  weit  aufreichen  konnte.  Herder  17,  93;  die  statt  reicht 
sich  auf  (porrigitur)  von  dem  wasser  gegen  dem  biihel.  Mün- 
ster 1142. 

AUFREIFEN,  maturesccrc: 

auch  die  unsterbliche  saat  sieht  hoch,  der  ewigkeit  ernte, 
schimmernd  reifte  sie  auf  im  frohen  garbcngelilde. 
Klopstock  Mess.  11,  637. 

AUFREIHEN,  ordine  jüngere :  perlen,  korallen  an  die  schnür, 
beeren  an  den  faden  aufreihen. 

AUFREISEN,  scandere,  surgere: 

nachdem  Messias  war  zum  vaier  aufgercist.    Opitz  342. 

AUFREISZEN,  scinderc,   lacerarc,  nnl.  oprijlen. 

1)  äugen,  maul  aufreiszen,  aufsperren,  plötzlich  öfnen,  dasz 
gleichsam  ein  risz  im  gesteht  entsteht,  ein  lebendiger  ausdnick : 
was  risz  die  ihre  äugen  auf!  ror  Verwunderung ;  tausend  sa- 
kerment,  da  hättest  du  den  kerl  sehen  sollen  die  äugen  auf- 
reiszen! Sciiii.iER  IIS';  auf  dem  anpesicht  des  valers  zeigte 
sich  die  röthe,  jenes  feuer  im  aufgerisznen  äuge.  Tieck  ges. 
uuv.  2,  3H ;  wo  ich  dem  leufel  ein  maul  stopfe,  da  reiszet 
er  zchen  meuler  zur  seilen  auf.  Luther  4,  319*; 

diu  rissen  auf  zwei  weite  maul.    II.  Sachs  I,  420*  { 


709 


AUFREISZEN  —  AUFRICHT 


AUFRICHTEN 


710 


menschen,  die  sich  entsetzen,  wenn  mir  ein  warmes  herz- 
liches wort  entwischt,  mund  und  nasen  aufreiszen,  als  sähen 
sie  einen  geist.  Schiller  ISS'. 

2)  leib,  brüst  aufreiszen :  die  unholdin  reiszt  dem  kinde 
die  brüst  auf  und  nimmt  ihm  das  herz;  am  dorn  risz  er 
sich  die  haut  auf;  was  hilft  es  alte  wunden  aufzureiszen ; 

dem  hast  du  seinen  leib  am  düDnen  aufgerissen.  Opitz; 
man  balgt  sich  in  comödien  und  romanen  mit  centauren, 
und  keiner  reiszt  dem  mächtigen,  reichen,  thoren  und  Ter- 
brecher  die  brüst  auf.  Klingers  th.  2,  112 ;  das  warme  bild 
drückte  er  an  das  aufgerissene  herz.  J.  Fall  Hesp.  3,  153 ; 
hier  gosz  Klotilde  das  erste  wundwasser  in  die  weit  aufge- 
rissene seeie  der  multer.  4,  101;  den  fisch  aufreiszen. 

3)  wer  hadder  anfehet,  ist  gleich  als  der  dem  wasser  den 
tham  aufreiszt.  spr.  Sal.  17,  14 ;  wer  zeun  vorm  gemeinen  nutz 
aufreiszt.  KiRcnn.  uendunm.  203';  es  meldet  auch  Monardes, 
dasz  man  den  bäum  zutor  mit  einem  messer  aufreisze,  als- 
dann fliesze  der  saft  heraus.  Tab£r.\aesio.\t.  1371 ;  die  erde 
mit  dem  pflüg  aufreiszen; 

doch  ein  geräusch  entsteht,  die  thür  wird  aufgerissen. 
Hagedorn  1,  27 ; 
den  schlag  am  wagen  aufreiszen.  Güringk  3,  65;  da  sie  selbst 
den  Vorhang  so  gewaltig  aufgerissen  haben,  dasz  er  beinahe 
gar  nichts  mehr  verbirgt.  Klingeb  11,  229 ;  hier  risz  er  freudig 
alle  seine  wunden  auf.  J.  Paol  Hesp.  2, 103 ;  einen  aus  seiner 
alltäglichkeit  aufreiszen. 

4)  kleider  schleiszen,  auftragen:  seine  kleider  sind  beinahe 
aufgerissen;  er  reiszt  monatlich  zwei  paar  schuhe  auf;  wann 
ich  denn  fragte,  warum  der  knabe  so  vil  schuhe  durchbrächte? 
bekam  ich  zur  antwort,  es  wäre  seine  eigne  schuld  und  zur 
strafe  müste  er  auch  in  aufgerissenen  brandsohlen  gehen. 
untp.  doü.  46. 

5)  aufreiszen,  delineare,  im  abrisz  zeichnen:  doch  aber 
{diese  bilder  und  figuren)  nicht  ohne  grosze  ursach  da  sind, 
und  von  den  alten  magis  aufgezeichnet  und  aufgerissen  wor- 
den. Paracelscs  2,  302";  darumb  man  sich  solches  aufrei- 
szens  oder  grundlegens  und  verjungens  mit  höchstem  fleisz 
ohn  unterlasz  underfahen  und  gebrauchen  soll.  Fronsp.  2, 
24*;  land  und  statt  in  grund  legen,  festungen  stellen  und 
aufreiszen.    Garg,  1S6'. 

6)  sich  aufreiszen,  in  mehrfachem  sinn:  als  die  thürc  mit 
heftigkeit  sich  aufrisz.  Göthe  20,  13;  das  weiter  reiszt  sich 
auf,  erheitert  sich,  die  wölken  bekommen  einen  risz ;  ach  welche 
wonne,  so  sich  aufzureiszen  von  dem  zurückziehenden  crdcn- 
fuszblock  und  sich  frei  und  getragen  in  den  weiten  äther  zu 
werfen.  i.Pwt  Tit.  1,85;  mit  erneuter  kraft  risz  er  sich  auf 
und  war  gerettet. 

7)  intransitiv  {gleich  dem  einfachen  reiszen) :  die  naht  reiszt 
TOD  selbst  auf;  die  wunde  risz  auf,  ist  aufgerissen. 

ach,  nun  reiszt  sie  von  neuem  mir  auf,  die  wund  in  der  seeie! 
Klopstock  Mess.  7,  488. 

AUFREITEN,  sursum  vehi,  prorehi,  vorreiten,  nnl.  oprijden : 
in  reih  und  glied  aufreiten; 

aber  ihn  mehr  zu  beiriieben 

reitet  ihm  auf  einmal  auf 

aller  lästern  groszer  häuf.    Weckiierlin  597. 

/ran5i7ir,  ein  thor  aufreiten,     sich  aufreiten,  wund  reiten. 

AUFREIZE.N,  irrilare,  anreizen :  werke  der  einbildungskraft 
haben  das  eigentbümliche,  dasz  sie  den  geist  des  bescbauers 
zur  Ihätigkeit  aufreizen.  Schiller  1227;  eben  darum  muste 
die  form  ihrer  Verfassungen  aristokratisch  sein  und  dieses  war 
es  was  die  volkspartei  gegen  sie  aufreizte.  Beckers  u-eltg. 
1,  393. 

AUFRENNEN,  in  doppeller  bedeutumj, 

1)  intransitiv,  sursum  currere,  zumal  in  der  formet  auf 
und  ab  rennen,  eigentlich  ohne  Zusammensetzung:  ich  kann 
dir  nicht  sagen,  was  in  meinem  herzen  auf-  und  abgerannt 
{besser,  auf  und  ab  gerannt)  ist.  Göthe  7,  141.  das  schif  ist 
aufgerannt,  auf  einen  felsen  gefahren. 

2)  cursim  effringere:  denvegen  erlasen  sie  gute  bewürtc 
starke  schwere  griine  und  dicke  rennsfang,  damit  rannten  sie 
ein  thor  auf.  Garg.  176';  er  ist  so  dumm,  dasz  man  ein  thor 
mit  ihm  aufrennen  kann. 

AUFRICHT,  erectus,  sineerus,  aufrecht: 

mein  füsz  gehn  aufriebt.    H.  Sachs  V,  21*; 
er  hub  sie  aufriebt  in   seinen   armen.    Aimon  x;    noch    dann 
behielt  er  als  vil  kraft,  das  er  aufriebt  bleib,  ebenda,    trcwcn 
aufrichten  herzens.    Luther  8,  ll*.   s.  aufgcricht. 


AUFRICHTEN,  erigere,  staluere,  errichten,  »n  die  höhe, 
empor  richten, 

1)  sinnlich,  die  äugen  gen  himmel  aufrichten;  mit  aufge- 
richteten äugen,  blicken;  aufgerichtete  und  feste  äugen. 
J.  Pacl  Hesp.  vorr.  xxvi ;  die  arme  aufrichten,  ausstrecken ;  der 
adler  richtet  seine  schwingen,  fittiche  auf;  flügel,  die  sich 
nach  einer  andern  weit  aufrichten.  J.  Fall  Hesp.  1,  175 ;  der 
schrecken  richtete  mir  die  haare  auf;  sie  zeigte  mir  künste, 
die  mir  die  haare  aufrichteten  und  mein  blut  in  eis  erstarr- 
ten. TiECK  2,169;  der  feind  richtet  sein  haupt  wieder  auf; 
mit  aufgerichtetem  haupt  näherte  sich  die  schlänge;  denn 
sihe,  deine  feinde  toben  und  die  dich  hassen  richten  den 
köpf  auf.  ps.  S3,  3 ;  einen  gefallenen,  zu  boden  liegenden 
aufrichten,     abstract,  einen  erheben,   ermutigen,  trösten. 

2)  und  Jacob  stund  des  morgens  früe  auf  und  nam  den 
stein,  den  er  zu  seinen  heubten  gelegt  hatte,  und  richtet  in 
auf  zu  einem  mal.  1  Mos.  28,  IS ;  da  nam  Jacob  einen  stein 
und  richtet  in  auf  zu  einem  mal.  31,  45;  soitu  grosze  steine 
aufrichten  und  sie  mit  kalk  tünchen.  5  Mos.  27,  2 ;  und  Josua 
nam  einen  groszen  stein  und  richtet  in  auf  daselbs  unter 
einer  eiche.  Jos.  24,  26;  denn  es  werden  in  seinem  lande 
heilige  steine  aufgericht  werden.  Zach.  9, 16 ;  und  die,  so  im 
lande  umbher  gehen  und  etwa  eines  menschen  bein  sehen, 
werden  dabei  ein  mal  aufrichten,  bis  es  die  todtengreber 
begraben.  Ezech.  39,  15;  richte  dem  herrn  einen  altar  auf. 
2  Sam.  24, 18 ;  und  richtet  Baal  einen  altar  auf.  1  kön.  16,  32. 
2  kön.  21,  3 ;  du  solt  dir  keine  seule  aufrichten,  welche  der 
berr  dein  gott  hasset.  5  Mos.  16,  22 ;  und  richtet  die  seulen 
auf  für  dem  tempel.  2  chron.  3,  17;  brach  auf  von  dannen 
und  richtet  seine  hütten  auf.  l  Mos.  12,  S ;  und  kauft  ein 
stück  ackers,  daselbs  richtet  er  seine  hütten  auf.  33, 19 ;  nie- 
mand richtet  meine  hütte  wider  auf.  /er.  10, 20;  in  derselben 
zeit  will  ich  die  zerfallen  hütten  wider  aufrichten.  Arnos  9, 11 ; 
und  liesz  die  mauren  wider  aufrichten,  l  Macc.  10,  11 ;  von 
des  hause  sol  man  einen  balken  nemen  und  aufrichten  und 
in  dran  hengen.  Esra  6,  11 ;  brechet  disen  tempel  und  am 
dritten  tage  wil  ich  in  aufrichten.  Joh.  2, 19 ;  und  haben  feste 
thürm  drinnen  aufgerichtet.  Es.  23,  13;  und  liesz  bollwerk 
und  geschütze  aufrichten.  1  Macc.  11,  20. 13,  43 ;  ein  schönen 
bauw  aufzurichten.  Kirchhof  vendunm.  144'.  wir  sagen  heule 
mehr  errichten  und  aufbauen,  erbauen,  doch  noch  die  seule, 
den  galgen  aufrichten. 

3)  und  hat  uns  aufgericht  ein  born  des  heils.  Luc.  1,  69 ; 
darumb  hat  auch  gott  das  schwert  und  weltliche  oberkeit 
aufgericht  und  verordent.  Lcther  3,  427';  bette  im  ein  sieg- 
zeichen aufgericht.  iSam.  15, 12;  einen  Schild  am  bäum  aufrich- 
ten, aufhängen;  die  fahne  am  dach  aufrichten,  aufstecken; 
einen  freiheitsbaum  aufrichten;  signalstangen  aufrichten;  die 
garbe  im  feld  aufrichten. 

4)  aber  mit  dir  wil  ich  einen  bund  aufrichten.  1^/os.  6, 18; 
sihe  ich  richte  mit  euch  einen  bund  auf.  9,  9;  und  ich  wil 
aufrichten  meinen  bund  zwischen  mir  und  dir.  17,  7 ;  und 
Josua  macht  frieden  mit  inen  und  richtet  einen  bund  mit 
inen  auf.  Jos.  9,  15 ;  hatten  ein  bündnus  mit  einander  aufge- 
richtet.   ZiNKCR.  87, 11 ; 

und  gib  uns  zeit  zum  bunde, 

den  wir  hier  richten  auf.    Fleming  623; 

ein  bfindnis  aufrichten.  Hahn  1,  45 ;  einen  frieden  aufrichten. 
1,  24;  fiiedens-  und  bündnishandlungen,  die  sie  zusammen 
aufrichten.  GCnther  rorr.  *.  12 ;  ein  geheimes  liebesvcrständnis 
mit  mir  aufrichten,  irrgarlen  der  liebe  274 ;  got  der  sein  reich 
aufgericht  hat.  Llther5,  9';  und  richtete  daselbst  ein  mäch- 
tiges reich  der  Wandalier  auf.  Micrälics  a.  P.  1,  62;  neue 
mönchsorden  aufrichten.  Hahn  4, 125 ;  gesellschaften  aufrich- 
ten, die  einen  ernsthaften  und  wichtigen  endzweck  haben. 
J.  E.  Schlegel  5,  422 ;  ich  wil  einmal  ein  kOnig  aufrichten  und 
setzen,  der  sol  bleiben.    Luther  3,  426'; 

als  sie  (nengen. 
das  grosze  beer  dem  kaiser  aufzurichten.    Scrillk>338; 

eine  summe,  mit  der  er  eine  compagnie  reitcr  aufrichten 
sollte.  1099;  richten  kluge  gesetz  auf.  Luthers  6r.  2,  604  ;  den 
gemeinen  reichszoll  aufrichten  lassen,  reicitsabsch.  t.  1524  §.  1 ; 
gesetze  und  landordnungen,  vertrage,  Urkunden  aufrichten; 
Instrument  aufrichten.  Atrer /iw/n.  *p.  49' ;  brief  mit  der  land- 
schaft  aufrichten.  344';  in  der  bullen  hierüber  aufgericht. 
bienenk.  123";  laut  der  Information  dariiber  aufgericht.  Garg. 
158';  verschreibung  und  vertragsarlicul  darüber  aufgericht. 
268';  ein  tcstament  aufrichten.    Luthers  <>r.  5, 10. 

45* 


711 


AUFRICHTIG — AUFRINGELN 


AUFRINGEN  —  AUFRÜGKEN 


712 


5)  auch  böses  wird  aufgerichtet,  aufgebracht,  erhoben:  viel 
falscher  gottesdienst  aufgericht.  Luther  6,  366';  misbreuch, 
zum  thcil  mit  gewalt  aufgericht.  Melanchth.  corp.  d.  ehr.  p.  19 ; 
das  der  thalmud  uns  cristen  zu  schmach  sei  ufgericht.  Reüch- 
LiN  attgensp.  4*. 

6)  sich  aufrichten,  nach  allen  vorhergehenden  bedeutungen  : 
er  huckt  sich  nach  eim  sirohalm,  vermeinend  es  wer  gold, 
und  richtet  sich  auf  wie  ein  giraffe.  Garg.  235';  meine  garbe 
richtet  sich  auf.  1  Mos.  37,  7 ;  der  stürm  richtet  sich  auf. 
.1.  Paul  IIcsp.  2,  248 ;  der  lenz  glüht  unter  dem  schnee  und 
richtet  sich  bald  auf.  2,  240;  in  einem  jähr,  wenn  mein  va- 
ter  kömmt,  sag  ich  mich  los  und  richte  mich  zu  etwas  bes- 
serem auf.  2, 168. 

AUFRICHTIG,  erectus,  reclus,  sincerus,  candidus. 

1)  aufrecht,  gerade,  mhd. 

die  füeje  sinwel,  diu  bein  sieht, 
üfrihtic  alle  vicre 

als  einem  wilden  tiere.    Trist.  168,  37. 
n/»d.  eim  risen  grosz  aufrichtig 

hilft  weder  sterk  nock  kraft.    B.  Waldis  ps.  33,  6; 

stehe  aufrichtig  auf  deine  fiisze.  apost.  gesch.  14, 10  ;  dasz  diese 
blumen  über  sich  gegen  der  sonnen  aufrichtig  stehen.  Ta- 
bernaemom.  467;  die  gestalt  des  menschen  ist  aufrichtig  gen 
himmel.  kricgb.  des  friedens  71;  auf  gradem  fusz  aufrichtig 
stehen,  froschmeus.  C  5*. 

2)  gerade,  offenherzig:  umb  deiner  gerechtigkeit  und  dei- 
nes aufrichtigen  herzens  willen.  5  Mos.  9,  5 ;  wandelst  mit 
rechtschaffenem  herzen  und  aufrichtig.  1  kön.  9,  4;  ich  hab 
funden,  das  gott  den  menschen  hat  aufrichtig  gemacht,  aber 
sie  suchen  vil  kunste.  pred.  Sal.  7,  30;  sei  mildreich,  denn 
es  kaufen  aufrichtige  leute  nichts  aus  denen  kramladen,  die 
viel  nahrung  haben,  pers.  baumg.  2,  5 ;  einen  ehrlichen  und 
aufrichtigen  namen  haben.  2,  22;  so  ist  unser  ehrlich  auf- 
richtig regiment  gestcrkt  und  nicht  geschwecht.  Reutter  kriegs- 
orrfH.  63;  in  einem  aufrichtigen  jahrbuche.  Mascou  1,  390;  wo 
anders  noch  eine  aufrichtige  medicinische  ader  in  ihm  wäre. 
unw.  docl.  662;  damit  diese  achtung  aufrichtig  und  nicht  er- 
heuchelt sei.    Kant  6,  139. 

AUFRICHTIG,  adv.  ingenue:  aufrichtig  gesagt,  gerad  her- 
aus; aufrichtig  zu  gestehen. 

AUFRICHTIGKEIT,  /".  sincerilas,  veritas:  die  aufrichtigkeit 
solcher  grabschrift.  Mascou  1,  383;  die  aufrichtigkeit  mit  und 
gegen  sich.  Klinger  12,  13;  Offenherzigkeit,  die  ganze  wahr- 
heil,  die  man  weisz,  zu  sagen,  aufrichtigkeit,  dasz  alles,  was 
man  sagt,  mit  Wahrhaftigkeit  gcsngt  sei.  Kant  6,  376. 

AÜFGERICHTS,  adv.  erecle: 

helfl  mir  den  riesen,  wie  ein  narrn 
aufgerichts  binden  auf  ein  kam.    Akrer  342". 

AUFRICHTUNG,  f  ereclio,  institulio:  bei  der  aufrichtung 
des  Stifts  Hamburg.  Zinkgr.  apoph.  10,14;  die  aufrichtung  der 
republiken  führte  eine  Ordnung  und  einen  unterschied  unter 
Obrigkeit  und  unterthanen  ein.  Liscov  656;  die  aufrichtung 
der  seulc. 

AUFRIECHEN,  evaporarc,  aufstoszen,  in  gutem  und  üblem 
sinn: 

zu  eim  süszen  gcrucb  des  herrn, 
das  es  aufriech  dem  schönfer  fron. 

11.  Sachs  III.  1,12; 

das  täglich  aufrüchend  opfer  unsers  bittenden  und  gott  lo- 
benden mundes.  Wernstreit  kriegsb.  220 ;  mit  einem  aufrie- 
chenden, stinkenden  athem  sicli  erzeigen.  Paracelsus  1,  693'; 
verschleimunge  des  magens,  darvbn  aufriechende  dünst  ins 
haupt  sich  ziehen.  Thurneisser  harnen  10 ;  wer  viel  wein  ge- 
trunken und  isset  bönig  darauf,  dem  lasset  es  die  starken 
aufriechenden  dampfe  nicht  über  sich  steigen.  Hüiiderg  2,  399'; 
aber  so,  rochs  mir  dann  wieder  auf,  darfst  du  Ännchen  nie 
mehr  unter  die  äugen  treten,    der  arme  mann  im  Tockcnb.  65. 

AUFRIEGELN,  pessulo  reducto  aperire:  die  thiir,  das  gittcr 
aufriegeln;  die  blimien  des  tags  hatten  sich  zugeriegelt  (ge- 
schlossen), die  der  nacht  auf  (geöfnct).  J.  Paul  anh.  zu  Tit.  1, 
60;  und  wie  unter  den  letzten  posaunen  erstand  seine  sccie 
unter  lauter  glänzenden  todten  aus  der  aufgeriegelten  erde. 
Tit.  1,  123.  Aventin  gibt  {nach  Sciimeller  3,  08)  sich  aufrigeln 
durch  surgcre,  und  bairisch  ist  den  strnsack  aufrigeln,  die 
arznei  im  glas  aufrigeln  aufschütteln,  einem  etwas  aufrigeln 
vorwerfen,  vorrücken;  pflanzen  und  kraul  aufrigeln  (auflockern) 
und  hauen  (hacken)  lassen.  HoiinERC  1,  125',  teas  alles  auf  die 
bedeutung  von  riegel  licht  spreitet. 

AUFRINGELN,  volvere  per  orbes,  circinare:    locken  aufrin- 


geln.     sich    aufringeln:    epheu,    geiszblatt   ringeln    sich   auf, 
laufen  in  die  höhe;  die  schlänge  ringelt  sich  auf. 
AUFRINGEN,  vi  anniti,  heftig  aufstreben: 
rang  aus  seinem  elend  sich  auf.    Mess.  8,  Si2; 
auf  iiir  herzen,  stille  blumen,  knospen,  rege  sinne, 
ringet  auf  in  lieb,  o  ringet  aufzugehn  iii  leuer! 

RÖCKERT. 

AUFRINKELN,  difßbulare,  die  rinke  aufthun:  schreiben 
auch  vil,  wann  die  fraw  kein  band  hett,  wie  si  den  schüch 
aufrinklen  müst.   Frank  weltb.  158'. 

AUFRINKEN,  fibulam  solvere:  die  doch  all  diesen  arcanen 
nicht  möchten  die  schuch  aufrinken.    Paracelsus  1,  604'. 

AUFRISZ,  m.  apertura,  delineatio,  aufzug  eines  gebäudes  und 
von  grundrisz  zu  unterscheiden,  die  wunde  wird  gefährlicher 
durch  diesen  aufrisz  (das  wegreiszen  der  binde).  Hippel  lebensl. 
3,  28.  er  verfertigte  grundrisz,  aufrisz  und  durchschnitt  des  hau- 
ses.  Güthe  26,  32;  ich  weisz  nicht,  ob^er  leser  mit  solcher  lust, 
wie  ich,  seine  marschrouten  in  gassen  nach  solchen  perspec- 
tivischen  aufrissen  macht.  J.  Paul  paling.  2,  24. 

AUFRITT,  m.  besuch  zu  pferd,  zumal  der  fürsten  und  herrn 
mit  ihrem  gefolg  im  kloster,  wovon  Haltaus  s.  63  beispiele 
gibt,  dann  besuch  überhaupt:  dieser  treibt  sein  lauter  mut- 
willen  mit  der  ehe,  hell  auch  sein  weih  und  kind  nicht  da- 
für, das  er  ehelich  bei  inen  wonen  und  bleiben  solle,  son- 
dern das  er  einen  gewissen  sichern  aufrit  wisse,  wenns  in 
gelüste  wider  zu  komen.    Luther  5,  3S3'; 

was  sie  nicht  kan,  lerens  ir  pspieln 

bei  den  sie  hat  iren  aufiilt.    H.  Sachs  I,  449'; 

bei  ihm  der  adel  auf  und  ab 

teglichen  het  seinen  aufiitt.    II.  4,  62'; 

das  dosier  hat  grosze  aufritt, 

beides  von  knechten  und  vom  adel. 

AvRER  fastn.  sp.  103*. 

AUFRITZ,  m.  scissura  levis,  ritz. 

AUFRITZEN,  leviter  scindere:  die  haut,  den  arnx  aufritzen. 
•    AUFRÖCHELN,  rhonchos  edcre,  sterlere: 

und  er  entsank  aufröcheind  dem  schöngebildctcn  sesscl. 
Voss  IL  5,  585. 

AUFROHREN,    verslopße   röhren    öfnen:    die    eingefrornen 
hähnc  an  den.  fässern  mit  glühenden  kohlen  aufröhren. 
AUFROLLEN,  convolvcre,  nnl.  oprollen. 

1)  in  die  höhe  winden,  drehen:  braune  locken  schnell  ge- 
trocknet rollten  sich  schon  wieder  auf  Gütue  23,  236;  den 
Vorhang  aufrollen ; 

die  schlänge  sonnt  sich  aufgcrolit  im  grün. 

Shakespenr  von  Tieck  im  TUiis  Andronicus  2,  3,  nach : 
the  Snakc  lies  roUed  iii  the  cheerful  sun. 

2)  entrollen,  öfnen,  franz.  derouler:  ein  gemählde,  ein  zeug 
aufrollen,  ausbreiten;  wie  die  sonne  die  bliitler  der  buchen 
so  hold  aufrollte,  entfaltete,    der  arme  mann  im  Tockenb.  242. 

3)  intransitiv:  der.  Vorhang  rollt  auf. 

AUFKUCH,  m.  exhalalio,  evaporatio,  was  aufriecht:  dann 
mache  ein  grosz  feuvver,  dasz  das  honig  in  der  pfannen  gar 
verbrennet,  reibe  das  gebrandte  ganz  klein  und  subtil,  dis 
croci  Martis  nim  ein  pfund,  darzu  ein  halb  pfund  salarino- 
niac,  vermische  es  wol  und  sublimiers  dreimal,  dann  nim 
den  aufruch  herab.    Thurneisser  m.  alchym.  1,  61. 

AUFRUCK,  «I.  exprobralio,  was  aufgerückt  wird,  Vorwurf: 
weil  das  der  nation,  aus  welcher  wir  nach  dem  fleisch  ko- 
men sind,  und  die  allzeit  bis  auf  die  nechste  jar  die  ge- 
lreuest und  gottfürchligsl  gewcst  ist,  ein  groszer  aufruck  sei. 
Luther  2,  181';  aber  des  aufrucks  der  unklugheit  weigere 
ich  mich  gar.  Melanchth.  sendbr.  an  einen  Karlheuser.  Wit- 
tcnb.  1524  bl.  1 ;  auch  ire  kinder  würdcns  (der  mutter  schände) 
einen  ewigen  aufruck  iiaben  müssen.    Luthers  tischr.  320'; 

von  siolzca  kiial)n 
des  cui  bcschwerlicli  nulruck  liabn. 

ii.  ItiNGWALD  laut.  waih.  220; 

spöttliche  höncrei  und  aufrtick  anderer  leutc  lasier   und  ge- 
brechen. Opitz  poeterei  s.  24  ;  aufruck  und  schände.  Arg.  1,  500 ; 

dorm  rcdiirhkeil 
als  wie  ein  aiifrnok  ist  den  louten  dieser  zeit; 
auch  ich  geh  gerne  narli,  dasz  ich  dnrrh  dein  erheben 
was  höher  kommen  sei,  doch  kannst  du  dem  was  geben, 
da.s  dieses  aufrucks  werih,  der  so  dein  gut  vermehrt, 
dasz  du  dis  gehen  kannst.        (iRyphii;.s  1,27. 

später  veraltend,  so  gut  es  neben  Vorwurf  bcsichn  würde. 

AUFRÜCKEN,  sursum  movere,  schon  ahd.  lUrucchau  gegen- 
über dem  nidarrucchan  (Graff  2,  434),  jnhd.  ftfrucken. 


713 


AUFRCCKE.X—  AUFRUFEN 


1)  die  frauen,    im   mittelaller,    rückten   ihr  gebende,    ihren 

kofiffulz  in  die  höhe,  streißen  auf: 

üf  nictes  ir  gebende,  ir  varwc  wol  getan 

diu  liilite  ir  üj  dem  golde.   i\i&.  1201,  1.    vgl.  Part.  515,  3. 

2)  fischer  rücken  angel  oder  hamen  auf. 

3)  grüszende  rucken  den  hut  auf,  wofür  man  heule  nur 
rücken  sagt. 

4)  fahnen,  im  kämpf,  werden  aufgerückt,  hoch  empor  ge- 
halten : 

des  riches  van  wart  üf  geruht.    Türh.  llTi.  23'. 

5)  figürlich,  das  herz  wird  erhoben,  aufgerückt: 

sin  herze  im   entspannen 

Wirt  höher  iTT  gerucket,    troj.  kr.  19033. 

6)  der  fallende,  strauchelnde: 

des  gesellen  ger  ich  niht, 

der  väret,  ober  mich  strüchen  siht, 

daj  er  mich  nider  drücke 

unt  niemer  üf  gerücke.    Frkid.  64,  11. 

figürlich,  wie  man  in  den  gegenden  fride  und  gemeinnulz 
wider  uf  rucke,  urk.  von  UU  bei  Haltacs  63;  damit  des  h. 
röm.  reichs  und  teutsches  gezunges  grosz  wirde  wider  auf- 
geruckt und  in  die  alten  achtperkeit  und  erber  stat  und  we- 
sen  gesetzt  werde,    daselbst. 

;)  etwas  neues  einführen :  unde  die  fursten  ruckten  nf  eine 
jtel  newe  münze,    daselbst. 

8)  einen  aufrücken,  befördern,  zu  höherer  stelle  erheben, 
fastn.  sp.  919, 13.    auch  intransitiv  hinauf  rücken,  arancieren. 

9)  einem  aufrücken,  auf  den  hals,  auf  die  stube  rücken. 

10)  einem  aufrücken,  vorrücken,  vorwerfen,  im  16  jh.  über- 
aus häufig:  rücke  dem  nicht  auf  seine  sünde,  der  sich  bes- 
sert. Sirach  S,  6 ;  er  narr  aber  rückts  einem  unhöflich  auf. 
18,  18;  er  gibt  wenig  und  rücket  einem  \i\  auf.  20,  15;  das 
man  im  aufruckt,  wenn  man  im  geliehen  hat.  29,  32;  gott 
gibt  einfeltiglich  iederman  und  rückets  niemand  auf.  Jac.  l,  5. 
Luther  1,  117';  schemestu  dich  nicht,  das  du  dir  so  lange 
leszt  aufrücken.  Luther  3,  '4;  die  sonst  iederman  gedult, 
sittigkeit  und  senfte  leren  und  aufrücken.  3,  332*;  rücke  im 
also  sein  wort  auf.  4,  52*;  rückt  im  seine  ehre  auf.  4,104*; 
solchs  kanstu  im  aufrücken  und  sprechen,  hie  kome  ich, 
lieber  vater.  4,  415* ;  so  wirstu  sehen,  wie  er  wird  sack  und 
seil  aufbinden  und  liechter  lohe  brennen,  schelten,  richten, 
aufrücken.  5,  70*;  kundt  ir  uns  unser  ehefrauwen  aufrücken. 
5,  90";  wo  die  herren  so  wol  gestraft  werden  als  der  pöbel 
und  der  pöbel  sowol  als  die  herren,  da  kan  keins  dem  an 
dem  etwas  aufrücken.  5,  151*;  in  unserm  fürstenthum  hats 
freilich  kein  not,  das  euch  jemand  solt  etwas  aufrücken  oder 
im  handel  hindern.  5,  508* ;  warumb  rückt  er  solch  hundert- 
tausent  gülden  dem  nicht  auf,  der  noch  lebt  und  auch  wol 
darumb  weisz?  6,  31*;  sondern  es  hciszet  liebe  aus  reinem 
herzen  und  gutem  gewissen,  das  in  nieman  schelten  noch 
etwas  böses  zeihen  und  aufrücken  kan.  6,38*;  biszweilen 
rückte  sie  mir  meine  armut  auf.   pers.  rosenlh.  2,  27 ; 

ruckt  uns  dies  jemand  auf,  uns?    Grtphius  1,63; 

bist  du  bekant, 

so  kan  dir  jeder  deine  feil  aufrücken.    2,  117; 

da  liesze  sichs  nicht  wieder  aufrücken,  was  einmal  TCi^eben 
und  Terziehen  wäre.    Weise  kl.  leule  164; 

ein  halber  advokat  und  dunkler  grillenfänger 
rückt  den  poeten  auf,  ihr  seid  nur  müszi^^nnger! 
J.  E.  Schlegel  4,  115; 

ein  pharis9er,  dem  die  sadducüer  das  gesetz  zu  machtig  auf- 
rückten. Moser  verm.  sehr.  1,  164 ;  man  wollte  die  Verbindung 
eines  hergelaufenen  menschen  mit  einer,  so  angesehenen  fa- 
milie  sich  durch  die  gegenwart  nicht  beständig  aufrücken  las- 
sen.  GüTHE  18,  83. 

AUFKLCKIG,  exprobrans,  illalae  injuriae  memoriam  reti- 
nens:  (die  rechte  hausfrau)  ist  nit  räszzüngig,  tachlropfig, 
widerbefsam,  aufruckig,  adelstolz,  treckbatzig,  zornkäuig,  klei- 
derprüchtig,  heiinsteuernihmig,  gallkaUig,  wortstichig.  Garg.  75*. 

Al.FRLCKU.NG,  f.  exprobratio. 

AUFRUF,  m.  proclamalio,  invoeatio,  nnl.  oproep :  aufruf 
zu  den  Waffen,  aufruf  des  königs  an  das  voIk,  aufruf  der  land- 
wchr;    verkauf  durch  öffentlichen  aufruf;    gerichtlicher  aufruf. 

AUFRUFEN,  inclamare,  proclamare,  nn/.  oproepen.  wie  in- 
transitives rufen  acclamare  den  dat.,  transitives  rufen  vocare 
den  ace.  der  person  fordert,  hat  auch  aufrufea  beiderlei  easut 
neben  sich, 


AUFRUFEN— AUFRUHR  714 

1)  einem  aufrufen,  ihm  zurufen  aufzustehn: 

der  mancher  sunst  die  mess  verschlief, 
wan  ich  im  nit  so  treulich  aufrief. 

fastn.  sp.  793,  31. 

2)  einen  aufrufen,  rerocare,  invoeare,  vocare: 

zu  hause,  für  dem  thor,  und  aus  des  grabes  kluA 
wird  von  des  lodes  schlaf  ins  leben  aufgcrufl. 
LoGAU  2,  4,  12 ; 
sieht  sie  gen  himmel  und  danket  dem,  der  vom  tode  sie  aufncf. 
Klopst.  Mess.  11,  392; 

ich  reizte  den  feurigen  Charikles  und  forderte  mit  ihm  den 
schon  zertretnen  pöbel  auf,  Damokles  mit  mir  aufzurufen. 
Klixger  2,  404;  Hoorn  und  Oranien  wurden  dabei  zu  richtem 
aufgerufen.  Schiller  819;  die  glaubensrichter,  noch  kürzlich 
erst  durch  einen  ausdrücklichen  befehl  zu  strenger  amtsübung 
aufgerufen.  S16 ;  einen  schüler  aufrufen ;  einen  zum  tanz 
aufrufen ;  alle  Jünglinge  über  1"  jähren  zur  landwehr  aufru- 
fen;   aufrufen  zu  erscheinen,  auffordern. 

3)  etwas  aufrufen:  die  baumgruppe  beschattete  kloster 
Bergen,  einen  ort,  der  mancherlei  erinnerungen  aufrief.  Göthe 
31,  210;  ich  könnte  das  gefühl  der  damen  aufrufen  {appel- 
lieren daran).  Götter  3,  376;  kommt  zu  Victoire,  um  ihren 
beistand  und  ihre  Verwendung  für  Adelaiden  aufzurufen.  Schil- 
ler 686;  jede  Schwierigkeit  (in  den  Wissenschaften)  ruft  ein 
hülfsmittel  auf.    Kakt  4,  220. 

AUFRUHR,  f.  und  m.  commotio,  seditio,  tumultus,  aufstand, 
empörung,  bei  Ulfilas  unsuti  orfer  dröbna,  nnl.  oproer.  der 
älteren  spräche  ist  das  wort  weiblieh,  wie  man  auch  die  rühr, 
in  mehrfachem  sinne,  sagt.  ahd.  hruora  motus  (Graff  4, 1178). 
es  ward  nur  gröszere  aufrur.  Keisersb.  schifderpcn.S9;  ge- 
dachter aufruhr  hauptsacher.  reichsabsch.  von  1526  zu  Speier 
§.  S; 

das  er  kein  sunder  aufrar  mach,    fastn.  sp.i,W; 

du  und  deine  ganze  rotte  macht  ein  aufrbur  wider  den  herm. 
4  Mos.  16,  11 ;  der  Arnos  macht  ein  aufrbur  wider  dich.  Amos 
7,  10 ;  nun  richtet  das  volk  in  der  Stadt  eine  aufruhr  an. 
l  Macc.  il,  45;  darurab  darfstu  nicht  begern  einer  leiblichen 
aufrbur.  Luther  2,  68*;  dienet  es  zu  frecher  aufrbur  unter 
dem  pöfel.  3,  47*;  in  der  nehesten  aufrbur  {im  bauemkrieg) 
5,46*;  dazumal  in  der  aufrbur.  47";  mit  welchem  ich  musz 
unschüldiglich  leiden  den  heszlichen,  feindseligen  namen  der 
aufrbur.  6,  8*;  das  ich  der  fürnemsten  einer  war,  der  wider 
die  aufrbur  lerete  und  schreib.  6,  9";  sondern  aufs  höhest 
wider  die  aufrbur  streite.  6,  9";  das  man  die  aufrbur  nicht 
stillen  kündle.  6,  31*;  die  aufrbur  stinkt  inen  zum  halse 
heraus.  6,  HO*;  wir  stewren  beide  den  irrthumen  und  auf- 
rhuren.  6,  316*;  kein  krieg  sondern  eine  rechte  aufrbur.  8, 
41*;  zur  aufruhr  zwingen,  br.  2,  143;  da  die  aufruhr  schon 
gestillet  war.  Melanchthoss  Daniel,  verdeutscht  von  Jo^AS. 
Wittenb.  1546  bl.  107 ;  da  Absolon  die  aufrur  erreget  hat.  .Me- 
lanchth.  lehr  und  trostr.  sehr.  Wittenb.  1588  bl.  28 ;  das  wir  zu 
keiner  aufrbur  lust  haben.  Melaxchth.  Augsb.  conf  368 ;  die 
ncchst  beurische  aufriV.  Fhaxk  weltb.  45*;  zu  morgens  be- 
wegt sich  die  ganz  statt  zu  rumor  und  aufrur.  190';  so  hat 
er  wollen  eine  aufruhr  anrichten.  Micrälius  a.  P.  2,  138 ; 
darauf  grosze  aufruren  und  blutvergieszen  gefolgt.  Reiszner 
Jer.  2,  74';  under  disem  Floro  hat  sich  die  aufruhr  der  Ju- 
den angefangen.  2,106'; 

0  könig  aufrur,  aufnir,  aufrur  {2kön.  11, 11).' 
das  volk  hat  mit  groszer  unfur 
Adoram  dein  rentmeisier  vereinigt 
in  dem  felde  zu  tod  gesteinigt.    H.  Sachs  III.  1, 105*; 
ungehorsam,  blutige  aufrur.    III.  1,  106*; 
müsz  wir  uns  förchten  einer  aufVur.    Atrem259*; 
in  dieser  heftigen  aufrur.    Schmelzl  Sauf  2'; 
warum  soll  dieses  baupt  der  aufruhr  weiter  leben? 
Grtpuius  1,  14; 

der  aufruhr  beschuldigen.  Zixrgr.  49,  25.  das  f.  bezeugt 
auch  der  plur.  aufrühren  {wie  fuhren  rou  fuhr,  ahd.  fuora), 
wie  es  in  einer  urk.  Maximilians  von  1494  (6et  Cbnel  5.  32) 
heiszt:  die  aufruren  und  empürungen. 

Allmälich  risz  aber  das  m.  ein,  und  die  späteren  ausgaben 
der  bibel  setzen  es  an  den  platz  des  f.  hin  und  wider;  das 
nnl.  oproer  ist  bald  männlich  bald  neutral,  sinnlich  bedeutet 
es  aufregung  und  toben  der  elemenle,  des  wassers,  feuers  und 
windes :  des  orkans  aufruhr.   Voss  Od.  12,  314 ; 

das  ermattete  pdugros 
trägt  zu  des  walls  aufhihr  sacke  mit  dämmendem  Schutt. 
Voss  3,  121 ; 


715 


AUFRUHR — AUFRÜHRISGH 


AUFRÜMPFEN  —  AUFRÜTTELN 


716 


wein,  den  die  bosheit  ausgedacht, 
in  dein  des  hetens  aiifrulir  tobt, 
den  niemand  als  der  wiri  uns  lobt. 

Hagedorn  3,  46. 

davon  ist  ein  leichter  Übergang  zu  inncrn  und  äuszefen  bewe- 
gungen  der  menschen :  sein  herz,  sein  gewissen  ist  in  aufrulir ; 
das  kommen  und  gehen,  das  reiten  und  laufen  vermehrte 
sich  immer  und  unser  haus  war  tag  und  nacht  in  aufruhr. 
GöTHE  24, 153 ;  mein  blut  ist  in  aufruhr ; 

aber  die  königin,  längst  zerrissen  von  innigem  aufruhr, 
blutet  an  wunden  des  herzens.       Bürger  244'; 
und  sie  entsprangen  den  thronen,  den  saal  durchlobend  mit 
aufruhr.  Voss  Od.  22,  23. 

man  sagt  intransitiv,  in  aufruhr  treten,  kommen,  transitiv, 
in  aufruhr  bringen,  setzen: 

und  gegen  ihn  in  aufruhr  trnt 

die  jüdische  gemeinde.    Bürger  45'; 

das  ganze  weibliche  Genua  kam  in  aufruhr  um  diese  schöne 

eroberung.  Schiller  145'; 

hurtig  hinein  mit  der  dirne  I  sie  bringt  mir  den  Hans  so  in  aufruhr. 

Luise  3,  494 ; 

ein  erhitztes  und  in  aufruhr  gebrachtes  blut.  Göthe  26,  22; 
den  gnädigen  herrn  in  verliebten  aufruhr  setzen.  Hippel 
lebensl.  2,  56;  Städte  und  provinzen  in  aufruhr  setzen.  Klin- 
CER  1,  321 ;  worte,  die  die  halle  in  aufruhr  gegen  mich  setzen 
könnten.    10,  233. 

AUFRUHRACTE,  f.:  die  aufruhracte  verlesen, 
AUFRÜHREN,  commovere,  suscitare,  turbare,  aufregen :  das 
wasser  aufrühren,  trüben,  den  grund,  boden,  salz  einer  flüs- 
sigkeit  aufrühren ;  man  soll  den  unrath  nicht  aufrühren;  fin- 
sternis  verlösche  sie  (die  unthat)  auf  ewig  und  der  tod  rühre 
sie  nicht  auf.  Schiller  132.  dann  auch  sittlich  erregen  und 
antreiben  : 

da  ich  .  .  alle  Staaten  dieses  weliiheils 
tu  meinem  schütz  aufrühre  und  bewege, 
Schiller  414; 

hauptsächlich,  das  volk  aufwiegeln,  zur  empürung  reizen;  wer- 
den wir  nicht  den  pöbel  aufrühren  müssen?  Schiller  152. 
leidenschaften,  stürme,  kriege  aufrühren : 

drum  gehts  jetzt  auch  so  fein,  wenn  krieg  der  herr  aufrührt, 
80  wcisz  der  bauer  schon,  dasz  ihn  sein  beute!  führt. 

LoGAU  1,  3, 18; 
für  In  Holt-  und  Engeland  aufgerührten  waffenszank. 

3,  zugäbe,  179. 

AUFRÜHRER,  m.  turbarum  eoncitator,  rebellator:  nachdem 
mir  etliche  aufrührer  mein  erbkönigreich  genommen  haben. 
1  Macc.  15,  3;  und  will  in  das  königreich  ziehen,  das  ich  die 
aufrührer  strafe.  15,  4;  auch  weist  du,  dasz  ich  dem  erst- 
gebornen  gegen  die  aufrührer  zum  thron  verlialf.  Klinger  5, 
204 ;  ein  geführlicher  aufrührer  gegen  die  gcrechligkeit.  8,  63. 

AUFRÜHRERISCH,  seditiosus,  rebellis:  der  aufrührerische  pö- 
bel.   wird  heule  neben  aufrührisch  gebraucht,  z.  b.  Klinger  8, 100. 

AUFRUHRFLAMME,  f 

AUFRUHRGENOSZ,  m.  mitverschworner. 

AUFRUHRGESETZ,  f. 

AUFRÜHRIG,  excitatus,  rebellis:  Stillung  des  aufrhührigen 
geschwollenen  welschhanenhals.    Garg.  60'; 

gar  zu  jach  und  gar  aufrürig.    Ayrer  fasln.  32" ; 

die  aufrürigen,  rebelles.  reichsabsch.  von  1529  §.  12 ;  mit  den 
ufrürigen.  Keisersb.  pass.  D4;  um  dieses  Wespennest  nicht 
aufs  neue  aufrührig  zu  machen.  Pierot  l,  308 ;  dreifacher 
krieg  mit  den  aufrührigen  einwohnern  von  Rretagne.  Hahn  1, 1. 
AUFRÜHRISCH,  seditiosus,  rebellis:  mein  kind  fürchte  den 
herrn  und  den  könig,  und  menge  dich  nicht  unter  die  auf- 
lUrischen.  spr.  Sal.  24,  21 ;  es  war  aber  einer,  genant  Rarra- 
bas,  gefangen  mit  den  aufrürischen  (goth.  dröhjandam).  Mure. 
15,  7;  Hübacuc  solle  auch  wol  aufrhüriscli  verdanipt  worden 
sein.  Luther  3,  230;  durch  den  aller  ufrhürischten  menschen 
Thomas  Münzer.  V.r.  Alberus  widderjiirg  Witzeln  mammelucken. 
A  8" ;  denselben  palast  hat  das  aufrürisch  kriegsvolk  verbrennt. 
Reiszner  Jer.  1,  3l';  wolt  ir  wider  den  könig  aufrürisch  sein? 

2,  34*; 

wie  «her  würd  es  gehn, 
wenn  wider  uns  das  beer  aufrührisch  wolt  aufstehn! 
Gryphius  1,  291 ; 

diejenige  aufrührische,  welche  mich  und  die  meinige  vom  Va- 
terland getrieben.  Schuppius  717 ;  aufrührisch  machen.  Ett- 
NERs  hcbamme  816 ;  wegen  dieser  aufrühriscbca  vermessenheit. 


Wieland  7,  68 ;  ist  noch  nicht  mächtig  genug,  sich  einem  auf- 
rührisch gemachten  volke  entgegen  zu  stellen.  29,  163;  drei 
aufrührische  bürgen  Schiller  144';  die  aufrührische  menge, 
ihre  aufrührischen  Unternehmungen.  Göthe  8,  81;  aufrührische 
gesinnungen.  14,  307;  von  den  aufrührischen  bauern.  42,407; 
dies  machte  ihr  verliebtes  herz  ganz  aufrührisch.  Fr.  Müller 
1,  295;  Klincer  10,  280.  11,  115.  12,  212. 
AUFRÜMPFEN,  fastidire,  distorqueie : 

mit  spötlich  aufgerümpfter  nasen.    Weckherun  35. 

AUFRUNZELN,  corrugare,  die  stirnc  in  falten  ziehen. 

AUFRUPFBAR,  exprobrabilis :  es  sei  aufrupfbar,  noch 
eine  weit  wissen  und  dieselbe  mit  unter  seinen  gehorsam 
bringen,    von  Birken  OL.  184. 

AUFRUPFEN,  exprobrare,  eigentlich  aber  vellere,  vellicare 
und  aus  einem  sinnlichen  aufrupfen  oder  pflücken  der  flocken 
und  federn  voin  kleid  abzuleiten,  was  ein  vorwerfen  und  vor- 
halten von  mangeln  oder  fehlem  ausdrückt;  man  sagt  aber 
auch  heute,  wir  haben  ein  hünchen  mit  einander  zu  pflücken, 
uns  vorwürfe  zu  machen,  etwas  unangenehmes  abzuthun  ? :  ein 
reiche  rupft  dir  teglich  auf,  was  sie  dir  zu  hat  gebracht. 
Keisersb.  narrensch.  192 ;  geschenk  und  gutthat  aufrupfen. 
347 ;  jetz  rupften  wir  einander  unsere  thorheit  auf.  Frank 
weltb.  225*;  diese  Ungeduld  wird  inen  auch  vom  herrn  auf- 
gerupft. Hedio  Tertuliian  14 ;  dasz  ihm  {dem  ehrlich  gemach- 
ten) derhalben  niemands  etwas  solle  zu  Unehren  fürwerfen 
oder  aufrupfen.  Kirchhof  wendunm.  104';  welcher  ainem  seine 
mängel  aufrupft.  Isengreins  beichtb.  cap.  9  (Schm.  3,  119);  auf- 
rupfen improperare.  Maaler  36";  die  etwan  einer  ganzen 
freundschaft  solcher  verbrachten  that  oder  andern  unfall  für- 
geworfen oder  aufgerupfet.  Fronsp.  kriegsb.  1,  3';  hett  ihnen 
oft  ihr  verzagt, und  unliebe  weis  aufgerupft.  Facius  frei  Fronsp. 
3,  273';  Spiels  wie  die  Italiener  in  hundstagen,  so  hat  der 
köpf  nichts  aufzuropfen  dem  magen.  Fischart  groszm.  22 ; 
wer  sich  bessert,  dem  ist  sein  fehler  nicht  aufzurupfen.  Leh- 
mann 101 ;  kein  tischgenosz  war  mir  zu  gut,  ihm  sein  laster 
zu  verweisen  und  aufzurupfen.  Simplic.  1,  140 ;  thät  Lucifer 
eine  scharfe  rede,  in  welchen  er  allen  aufrupfte,  dasz.  l,  563 ; 
dem  rupften  sie  auf,  dasz  ihm  die'  den  herren  Scholaren 
von  kaiser  Friederichen  gegönnete  freiheiten  nicht  angienge. 
Schuppius  546.  In  der  späteren  Schriftsprache  erlischt  das 
wort,  unter  dem  volk  in  Baiern  und  Schwaben  lebt  es  noch 
(Schm.  3,  119.  Schmid  440),  vgl.  auch  vorrupfen. 

AUFRÜPFLICH,  exprobrabilis:  aufrüpfliche  worte.  Keisersb. 
narrensch.  328 ;  ist  es  ihm  aufrüpflich,  dasz  es  einem  lands- 
knecht  nicht  kühn  sei,  ein  mummenschanz  zu  halten.  Kirch- 
hof mil.  disc.  139. 

AUFRUPFUNG,  f.  exprobratio:  die  trunkenheit  ward  kei- 
nem verarget,  nachteilig,  noch  ein  aufrupfung.  Frank  weltb. 
43';  aufrupfung,  scheltung,  opprobratio.    Maaler  36*. 

AUFRÜSSELN,  nach  Adelung,  stroh  aufschütteln,  aufrütteln. 

AUFRÜSTEN,  elevare,  exstruere,  aufbauen,  in  die  höhe  rü- 
sten, nnl.  oprusten,  in  der  anwcndung  oß  mit  ausrüsten,  niil. 
uitrusten  verflieszend,  bei  Maaler  36*  adornare,  aptare:  aufrü- 
sten, ein  gerüst  auffuhren,  aufschlagen ;  einen  wagen  aufrüsten, 
ihm  die  leitem  aufsetzen;  niemants  rüstet  stCillachen  ul'.  Kei- 
sersb. post.  2,  70 ;  brüstlein  aufrüsten,  hervor  schmücken : 

und  ihut  es  neunmal  flmb  einn  plapphart, 

in  einem  schönn  wciszen  tapphait, 

darin  ir  brüstlein  aulgerüst, 

das  ein  von  herzen  ir  gelüst.    fasln,  sp.  760,  12 ; 
hier  pflegt  in  stiller  ruh  der  sperling  aufzurüsten, 
sucht  für  sein  leichtes  ncst  ihm  einen  kleinen  räum, 
Opitz  3,  174. 

AUFRÜSTIG,  scheint  in  den  folgenden  stellen  unser,  heuti- 
ges enlrüsM,  aufgebracht,  zornig,  widerstrebend :  daruinb  wur- 
den si  an  weib,  kind,  eer  und  gut  schwerlich  belesligt,  wel- 
ches die  .luden,  so  von  natur  unleidlich  und  unvertreglich 
fast  ie  und  ie  erfunden  werden,  aufrüstig  gemacht  liat.  Frank 
chron.  36*;  denn  sie  sind  aufrüstig  und  abcnteurlich  in  des 
grafen  gezelt  kommen.    Ilugoschapler  35. 

AUFRÜSTUNG,  instructio,  exnrnatio,  acdiftcatio.  Maaler  36"; 
nun  rüstet  sich  künig  Hugo  solch  sciimach  zu  rechen,  aber 
er  starb  in  discr  aufrüstung.    Frank  chron.  292'. 

AUFRÜTTELN,  cxculere,  excitare,  aufschütteln:  einen  vom 
schlaf  aufrütteln,  einen  schmerz  aufrütteln,  renovarc  dolo- 
rem; dasz  ])c\  so  schöner  gelegenheit  von  unlersuchrn  meine 
allen  Stückchen  genauer  aufgerüttelt  und  fein  kostbar  am  tag 
revidiert  würden.   Fr,  Müller  3,  220. 


717 


AUFRCTTEN  —  AUFSÄSZIG 


AUFSATTELN — AUFSATZ 


718 


AUFRÜTTEN,  dasselbe,  nur  stärker: 

wann  mit  gebogenem  pdug  er  die  erd  aufrüuet  der  landmann, 
(agricola,  incurvo  terram  moliius  aratro). 

Voss  georg.  1,  494. 

AUFS  für  auf  das. 

AUFSACKEN,  sarcinam  instar  sacci  imponere,  suscipere: 
dasz  sie  ihn  {den  kranken)  aufsackten  und  wieder  hinauf  trügen. 
Weise  erifi.  303 ;  was  hast  du  denn  alles  aufgesackt?  Schoch 
slud.  leben  E3;  der  bärenhäuter  hat  schon  alles  aufgesackt. 
Arnim  1,  60. 

AUFSAGEN,  in  doppeltem  sinn, 

1)  recitaie,  hersagen :  wenn  nu  ein  kind  beginnet  solchs  zu 
begreifen,  das  mans  gewene  aus  der  predigt  sprüche  der  schrift 
mit  sich  zu  bringen  und  den  eitern  aufzusagen.  Lltiieb  3, 
279';  die  iectz  aufsagen,  aus  der  predig  behalten.  Garg.  6S"; 

soll  er  lection  aufsagen, 

wüst  er  lauter  nichts  davon.    Opitz  2, 196; 
der  allermeiste  häufen 
kommt  auf  die  tempel  zu  mit  heiszer  brunst  gelaufen, 
sagt  seine  Sünden  auf.  1,  3o; 

die  (zwei  bücher)  faszt  er  in  den  köpf,  die  kont  er  ehr  aufsagen, 
als  l'risca  zeblen  wird,  wie  viel  sie  hat  getragen. 

Grtphius  2,  99; 
zu  hören,  wie  rasch  und  beherzt  auf  sechzehnlausend  fragen 
der  kleine  papagai  die  anlwort  aufzusagen 
gelehrig  war.  Wiela.nd  4,  55 ; 

da  hatte  icli  nun  wieder  eine  neue  lection  aufzusagen-  Göthe 
19,  309. 

2)  renuntiare,  absagen,  aufkündigen :  den  vertrag,  kauf,  bund, 
die  liebe,  freundschaft  aufsagen;  das  regiment  aufsagen,  die 
regierung  niederlegen; 

gester  tet  ich  mein  dienst  aufsagen,    fastn.  sp.  565,  20 ; 

ja  als  es  (das  land)  alle  schuld  und  püicht  ihm  (dem  könige) 

aufgesagt.  Grtphius  1,  30S; 

nur  wünsch  ich,  dasz  ich  nicht  in  meine  grübe  fahre, 
eh  ich  dem  laster  schon  den  handel  aufgesagt. 
liAGEDORTf  1,  29; 

er  habe  eine  ungeheure  summe  seinen  Schuldnern  in  Britannien 
auf  einmal  aufgesagt.  Stolberg  10, 19 ;  ich  komme  ihnen  einen 
kauf  aufzusagen.  Lessi.nc  1,  2S2 ;  seiner  leidenschaft  aufsagen. 
Klingers  th.  4,  156 ;  zwölf  mühsame  jähre  sind  vorüber,  ihm 
ankündigen  musz  ichs,  so  heischt  es  unser  vertrag,  und  auf- 
sagen könnt  er  mir  dann.  Fr.  Müller  2, 171 ;  der  herzog  hat 
das  conseil  aufsagen  lassen,  weil  er  von  seinem  nachtrilt  er- 
müdet ist.  Göthe  an  fr.  von  Stein  2, 158 ;  wenn  solche  groszen 
massen,  die  sich  selbst  die  erleuchteten  nennen,  öffentlich 
allen  gehorsam  aufsagen.  Tieck  ges.  nov.  1,  88. 

AUFSÄGEN,  resecare  serra,  mit  der  säge  öfnen. 

AUFSALZEN,  aufschtcätzen,  aufhängen?  einem  einen  schätz 
(ein  mädchen)  aufsalzen,  der  arvie  mann  im  Tockenburg  1'ii. 
Schmeller  3,  240  hat  einem  (streiche)  aufsalzen,  ihn  prügeln, 
schlagen. 

AUFSAMMELN,  colligere,  recolligere:  geld  aufsammeln; 
regenwasser  aufsammeln ;  sah  man  einen  nach  dem  andern 
etlichemal  umbwerfen  und  sich  mit  seinem  geräthe  aus  dem 
Schnee  wieder  aufsamblen.  pers.  reiseb.  1,  3;  meine  mutter 
schlief  bei  einem  don,  und  sammelte  mich  da  auf.  Klingers 
th.  4,  222 ;  wahrhaftig  in  ganz  Castilien  findet  man  keine  Im- 
pertinenz mehr,  er  hat  sie  alle  aufgesammelt.  4,  193;  es  hat 
sich  allmalich  eine  ungeheure  Schuldenlast  aufgesammelt 

AUFSAM.MEN,  dasselbe: 

so  sein  wir  all  aufgesammet  knaben, 
die  der  Weisheit  nit  zu  vll  übrig  haben. 
fasin.  sp.  "00,  19. 

ADFSÄSZIG,  hostilis,  repugnans,  gebildet  wie  ahd.  antsdjic, 
mhd.  widersae-^ec  und  wie  ansäszig,  landsüszig,  obgleich  die 
Sehreibung  und  ausspräche  aufsässig  eingerissen  ist:  das  alter 
ist  denen  lösten  und  begierden  aufsessig,  die  es  selbsten  in 
der  kindheit  und  Jugend  getrieben.  Lehmann  7 ;  von  den  nach- 
barn  rührt  sich  keiner,  sie  sind  mir  alle  wegen  des  müdchcns 
aufsässig.  Göthe  ll,  23;  niemand  glaubte  Ursache  zu  haben 
ihnen  aufsässig  zu  sein.  38,135;  der  frömmelei  ist  er  beson- 
ders aufsässig.  45,  359 ;  alle  menschen  sind  mir  aufsässig  ge- 
worden. TiECR  3,  17 ;  wenn  jemand  in  gesellschaft  übel  von 
mir  redet,  zumal  wenn  es  nur  geschieht,  um  die  gesellschaft 
zu  belustigen,  so  kann  ich  ihm  deswegen  nicht  im  mindesten 
aufsässig  werden.  Lichtenberg  1, 12 ;  diese  kirchc  ist  mir  über- 
haupt aufsässig.  J.  Paul  lit.  nachlatx  4,  83.  s.  aufsatz,  8  und 
aufsutzig. 


AUFSATTELN,  sellam  imponere:  es  ist  schon  aufgesattelt, 
alles  reisefertig;  aufsatteln  und  anzäumen.  Garg.  251*.  bild- 
lich, einem  etwas  auflegen,  außaslen:  haben  sie  aller  nation 
ir  eigen  schrift  aufgesattelt.  Frank  2,  76;  und  den  glauben, 
der  ein  frei,  gott  ergeben,  willig  herz  erfordert,  mit  gewalt 
iemant  aufgesattelt,  wellb.  114";  ihre  guter  den  pQegkind«rn 
nicht  verkaufen,  vertauschen  noch  aufsattlen.  Frankf.  ref.  7, 
6,  3;  was  einer  selbst  nicht  leiden  wolt,  das  soll  er  einem 
andern  nicht  aufsatteln.  Lehmann  97;  dasz  sie  ihm  meine 
gchwester  ganz  vortelhaftiger  weise  aufgesattelt.  Simpl.  1,  469 ; 
den  namen  hat  mir  das  rabenaas  aufgesattelt.  2,  59. 

AUFSATZ,  m.  in  mehrfacher  bedeutung, 

1)  was  auf  den  tisch  gesetzt  wird,  tracht,  speise: 

um  vielen  aufsalz  darf  mein  tisch  mich  nicht  verklagen, 
der  gurgel  ess  ich  nicht,  ich  esse  nur  dem  magen. 

LoGAC ; 

er  besinnt   sich  noch   ganz  genau  darauf,   was  man  für  ge- 
richte  bei  dem  ersten  aufsatze  gebracht  hat.  Rabener  1, 123 ; 

prangte  geformt  vom  konditor  ein  anschaunswürdiger  aufsalz. 
Voss  2, -216; 

viel   güldne   schusseln,  teller,    aufsätz    und   silberae    gefäsze 

standen  auf  der  tafel.  Brockes  8,  294;    ein  aufsatz  von  por- 

cellan.  Gellert  3, 173. 

2)  kopfputi  der  frauen:  wird  verurtheilet,  mit  sechs  dau- 
men  hohen  spitzigen  schuhen  und  einem  achtzehn  daumen 
hoch  aufgethürmlen  aufsatz  von  Ziegenhaaren  zu  erscheinen. 
Wieland  13,207;  frisur  und  aufsatz  waren  gesuchter,  sie  war 
mit  allen  ihren  Juwelen  geschmückt.  Göthe  18,  320 ;  äuszert 
uns  der  bräutigam,  dasz  wir  ihm  in  einer  morgenhaube  bes- 
ser als  in  dem  schönsten  aufsatze  gefallen.  19,  287;  wollt 
eben  einen  aufsatz  probieren,  sah  einen  frauenkopf  auf  einem 
geschnittnen  steine,  der  haaraufsalz  gefiel  mir.  Fr.  Ml'ller  3, 139. 

3)  schmale,  aufgenähte  streifen  am  hemd  oder  kleid. 

4)  aufsatze  in  zimmern:  Verzierung  der  zimmer  durch  ta- 
peten,  aufsatze  und  alles  schöne  ameublement.  Kant  7,  IS"; 
ofenaufsatz. 

5)  aufsatz,  was  niedergeschrieben,  zu  papier  gebracht,  abge- 
faszt  wird:  kleiner  aufsatz,  zerstreute  aufsatze,  abhandlungen 
geringes  umfangs. 

6)  aufsatz,  Satzung,  außage,  impositio,  stattUum,  traditio: 
warumb  übertreten  deine  jünger  der  ehesten  aufsetze?  Malth. 
15,  2 ;  warumb  übertretet  ir  denn  gottes  gebot  umb  euer  auf- 
setze willen?  15,  3;  halten  also  die  aufsetze  (goth.  anafilh) 
der  ehesten.  Marc.  7,  3.  5.  S ;  in  solch  vergessen  und  unacht 
füren  uns  die  groszen  gebrenge  des  ablasz  und  das  engsten 
der  aufsetz  in  der  beicht.  Luther  1,  85* ;  wir  der  vicarius, 
priores  und  brüdere  des  ordens  s.  Augustini  zu  Witemberg 
versamlet,  haben  von  den  gelübden,  vom  bettel  und  andern 
aufsetzen  des  ordens  dermaszen,  w  ie  folget,  beschlossen.  2, 1* ; 
lesen  wir  doch,  das  die  apostel  haben  der  kirchen  aufsetze 
und  gebot  gegeben  über  die,  so  sie'  von  Christo  empfangen 
hatten.  3,518*;  und  gehet  also  dis  erste  concilium  gewaltiglich 
wider  der  menschen  aufsetze.  3,  519';  zu  dem,  so  ist  diser 
artikel  nicht  ein  lere  oder  aufsatz  auszer  der  schrift  von  men- 
schen ertichtet.  5,  490' ;  ir  habt  gottes  gebot  aufgehaben  durch 
eure  eigen  aufsetze.  6,27';  das  man  sie  aber  in  gnaden  müste 
halten,  das  war  ein  ubergebot  und  aufsatz,  damit  uns  gott 
über  seine  gebot  beschweret  und  brandschatzet.  6,  28";  ich 
hab  gehört,  wie  das  e.  f.  gn.  nach  abgang  dieses  aufsatzes 
wolle  eine  andere  (so)  und  vielleicht  schwerer  aufsetzen,  br.  1, 78 ; 

die  land  hart  beschweren  und  schetzen 

mit  gar  unbillichen  aufsetzen.    II.  Sachs  I,  255'; 

wies  unter  meim  herr  vatier  war, 

on  alle  aufsetz  ganz  und  gar.    III.  1,  76'; 

auch  zu  mehning  königlicher  sclietz 

hat  er  gemachet  viel  aufsetz.    III.  1,  101*; 

vil  tinnoiig  er  aufsetz  macht, 

damit  er  die  gemein  beschwert.    Athf.r  259*; 

ihr  rechtsgelehrte,   die    ihr   die   aufsetze  und  geböte  des  ge- 
setzes  verstehet,  pers.  baumg.  4,  5. 

7)  aufsatz,  aufgeld,  Zinsen  von  dargeliehenem  geld:  wenn 
dein  bruder  darbet,  so  leihe  im  on  aufsatze.  Luther  1,  50*; 
sie  leihen  on  aufsatz,  halten  gute  pollicei.  Frank  weltb.  227'; 
ohn  aufsalz,  betrieglichen  vorlheil.  Frankf  ref.  7,  6, 5. 

8)  aufsatz,  nachstellung,  feindschaß,  insidiae,  ursprünglich 
wol  aufgestelltes  netz  und  garn:  mir  ist  unverborgen  mit  was 
aufsatz  dir  heut  etliche  begegnet.  Galmy  139;  umb  seiner 
tyrannei,  geitzs  und  aufsatzs  ,willen.  Luther  3,  248' ;  darumh 


719 


AUFSATZ  —  AUFSÄÜERUNG 


AUFSAUGEN — AUFSCHÄUMEN 


720 


das  er  solchs  alles  mit  unrechtem  gut,  durch  aufsetz  und 
würgen  gewonnen.  3,  250;  aus  schalkheit  und  aus  aufsatz. 
Keisersb.  gunkcl  8 ;  mit  list  und  aufsatz.  Hkdio  com.  Ab ; 
denn  ihm  der  aufsatz  nit  ganz  verborgen  ist,  so  wir  lang 
gegen  ihn  gehrauciit  haben.  166;  von  stund  an  sich  zur  her- 
zogin  füget,  ir  solchen  aufsatz  und  hinderlist  zu  wissen  thet. 
1S3;  die  bedrächtliche  ufsetz  und  anschlege,  so  über  in  und 
seine  briider  angestalt  wurden.  Aimon  vorr.;  bucher,  die  mit 
ufsatz  und  stracks  mit  ufgeworfen  titel  wider  uns  geschrieben 
sind.  Reuchlin  augensp.  15';  wie  wol  er  mir  meine  wort  mit 
ufsatz  nit  recht  nachsagt.  38';  mit  ufsatz  oder  usz  fürsatz. 
Reuchlin  verst.  9';  wenn  das  gewächs  in  seinem  ersten  und 
zarten  alter  ist,  so  erleidet  es  groszcn  aufsatz  von  den  Wür- 
mern. MuuALT  eidg.  56 ;  sie  werden  zu  fliegen  bewegt,  so  sie 
gefahr  oder  aufsatz  anderer  groszen  fische  fürchten.  Fobeb 
fischb.  18*;  als  aber  Benedictus  den  groszen  ufsatz  und  Un- 
willen gespürt,  gab  er  das  pabstumb  uf.  Tschudi  1,  17 ;  die 
zu  Athen  haben  ihr  beste  burger  durch  neid  und  aufsatz  ver- 
trieben. RiHEL  Livius  857 ; 

tlict  vor  den  jungen  sönen  warnen, 

vor  iren  aufsetzen  und  garnen.    11.  Sachs  III.  1,  178'; 

sintemal  gar  oft  auch  verräterei  und  aufsatz  durch  markaten- 
der,  sudlcr  und  andre  ihres  gleichen  ist  gebraucht  und  zu- 
wegen  bracht.  Kirchhof  mil.  disc.  95;  sintemal  vor  irem  {der 
festungeii)  ausfall  und  aufsatz  sicher  weder  ins  läger  noch 
daraus  niemand  ziehen  kan.  197;  dasz  er  zu  dem  streit  all 
augenblick  gerüst  und  durch  kein  aufsatz  möge  von  den  bai- 
baren überfallen  werden.  Fronsp.  3, 134' ; 

sie  brauchen  auTsetz,  list  und  wiiz, 

wie  sie  mich  mögen  fangen.    Waldisps.  140,  2; 

denn  falken  und  die  leidig  katz 

thun  mir  Leide  groszen  aufsatz.    froschni.  D7*; 

dasz  du  mögest  ja  das  beer 

und  aufsatz  alles  leids  vermeiden. 

Weckherlin  199 ; 

er  ward  durch  aufsatz  gefangen.  Zinkgr.  ap.  48,  27. 

AUFSÄTZIG ,  insidiosus,  hostilis,  aufsäszig :  der  teufel  ist 
ufsetzig  dem  menschen.  Keisersb.  Iiell.  lewe  21 ;  du  wirst  uf- 
setzig  sein  irer  fersenen.  16 ;  ihr  werdet  mich  euch  ganz  auf- 
setzig machen.  Opitz  Arg.  2,  407 ; 

und  ob  mir  wol  die,  die  mich  hassen, 
aufsätzig  hin  und  her  aufpassen, 
so  stärket  mich  doch  deine  gnad. 

Weckhkhlin  117 ; 
witzlos  war  der  fürwitz,  aufsätzig  der  fürsatz.   702; 

bis  endlich  das  ganze  dorf  aufsätzig  war  und  ihm  in  einer 
nacht  der  stadel  bis  auf  den  grund  abgebrannt  wurde.  Jucun- 
dissimus  5;  aufsätzig  wurde.  Hahn  4,  25;  suche  anderswo 
flauen,  die  du  ihren  männern  aufsätzig  machen  kannst.  J.  E, 
Schlegel  2,  408.    s.  aufsetzig. 

AUFSÄTZIGKEIT,  f.  repugnantia,  hoslilitas,  animtis  infensus  : 
das  ward  aufsätzigkeit  gescholten  und  den  lictoren  befohlen 
ihn  zu  züchtigen.  Niebuhr  2,  239.    s.  aufsetzigkeit. 

AUFSÄTZISCH,  dolosus :  mit  aufsetzischen  gritfen  betriegen. 
Kirchhof  wendunm,  178'. 

AUFSÄTZLER,  m.  betrieger.  Kirchhof  uiendunm.  304. 

AüFSÄTZLlCH,  infestus,  hoslilis,  dolosus,  vorsälzlich:  auf- 
sätzliche beschädigungen.  landfr.  von  lb22  eingangs ;  ufsetelich. 
Reuchlin  au^cns/).  1,  6.    s,  aufsetzlich. 

AUFSATZMACHER,  m. 

ein  aufsalzmacher  on  erbarmen.    II.  Sachs  I,  350'. 

AUFSATZüNG,  f.  stalulum,  mposiUo:  haben  uns  mit  den 
ständen  einer  leidlichen,  möglichen  und  träglichen  gemeinen 
aufsalzung  auf  alle  stand  und  unlerthanen  des  h.  reichs  ver- 
einigt, rciclisabsch.  von  1512.  1, 1 ;  sie  meinen  man  bcdörf  zu 
der  /echtferligung  nichts  anders  dann  des  gesetzs,  darumb 
auch  so  vil  gesetz,  Statut  und  aufsatzung  vorhanden  sein ; 
das  die  aufsalzungen  oder  gepot  der  bischöf  nichts  gehören 
zu  dem  christlichen  wesen.  Melanchth.  l  Cor.  4 ;  ihr  {der  pha- 
riseer)  aufsalzung  hüben  sie  etwas  über  Mosen.  Frank  wellb. 
143";  ir  verlasset  golles  gebot  und  haltet  die  aufsatzung  der 
menschen.  Reiszner  Jer.  l,  53*. 

AUFSÄUBEREU,  m.  im  bcrgwerli,  ein  arbeiter,  der  das  los- 
yearbeitcle  geslein  tmd  erz  vor  ort  wegschoß. 

AUFSÄUBERN,  gcslein  und  erz  aufräumen:  da  sie  {die  bcrg- 
leule)  nun  schiebt  gemacht  und  aufgcsaubcrt.  Matiiesius  142'. 

AUFSÄUERN, 

AUFSÄUERUNG,  f.:  die  mclallischcn  farbcncrscbcinuagen, 


wie  sie  durch  säurung,  aufsäurung,  absäurung  und  entsäurung 
entstehen.  Güthe52,  217. 

AUFSAUGEN,  in  die  höhe,  aufwärts  saugen:  den  wein  durch 
das  röhr  aufsaugen;  die  sonne  saugt  alle  feuchtigkeit  auf; 
sein  herz,  das  gern  die  eilenden  töne  ohne  Störung  aufsog. 
J.  Raul  Hesp.  2,  94.     auch  wund  saugen,  die  lippcn  aufsaugen. 

AUFSÄUGEN,  nulricare:  ein  kind,  thier  aufsäugen; 

in  strengen  pflichten  war  ich  aufgewachsen, 
in  linsterm  hasz  des  pabstthums  aufgesaugt. 
Schiller  409'; 
ich  habe  kinder  aufgesaugt,  und  weisz, 
wie  allgewaltig  multerliebe  zwingt.    562*. 

AUFSÄUSELN,  lene  murmurare: 

Teuls  riesenhaum  ergrünt  am  stumpf 
und  säuselt  auf.  Voss. 

AUFSAUSEN,  alle  strepere :  die  flehten  sausen  auf  im  stürm. 
AUFSCHAREN,   radendo  aperire,  extenuare,  fricando  aspe- 
rare,   nnl.  opschaven. 

AUFSCHAFFEN,  creare,  erschaffen: 

der  ich  eine  wölke  nur  bin,  woraus  du  mich  aufschufst.  Mess.  5, 47 

(1751:  woraus  du  mich,  gotl,  schufst); 
blickte  zur  erde  nieder,  aus  welcher  ihn  einst  polt  aufschuf. 

10,  791 ; 
und  dein  herz  aus  aschenruh 
zu  flammenqualen  wieder  aufgeschalTen. 
Göthe  12,  200. 

bei  Stieler  1711  ist  aufschaffen  gleichviel  mit  anschaffen. 
AUFSCHALLEN,  resonare: 

scholl  da  die  hölle  nicht  dumpf  auf, 
■  voll  des  entsetzens  vor  ihm  ?   Mess.  19,  432; 

wo  gewählt  zur  heiligen  feier  Cvthäron 
laut  vom  gesang  aufscholl.  Voss. 

AUFSCHANZEN,  valla  exstruere:  sich  hoch  aufschanzen; 

umsonst  hat  die  natur  die  alpen  aufgeschanzt. 
J.  E.  Schlegel  4,  47. 

AUFSCHÄRFEN,  aufritzen,  aufschneiden :  die  haut  aufschär- 
fen, weidmännisch,  für  das  aufschneiden  einiges  vnldprels:  der 
bär  wird  aufgeschärft,  zerwirkt.  Döbel  1,  33'.  doch  andere 
thiere,  wolf,  fuchs,  hase  werden  gestreift  (gesträuft),  der  hirsch 
aufgebrochen  und  zerwirkt,  das  nnl.  opscherpen  bedeutet  an- 
reizen, aufreizen. 

AUFSCHÄRREN,  effodere  pcdibus:  so  oft  die  blinde  henne 
ein  körn  aufgescharret  hatte.  Lessing  1, 145 ;  er  könne  solche 
(extrablätler)  allezeit  viel  schicklicher  in  ein  besondres,  ehr- 
lich betiteltes  buch  aufscharren  und  aufschichten.  J.  Paul 
biogr.  bei.  1, 107. 

AUFSCHAUDERN,  cx/jorrere  .• 

aufschaudernd  gebot  der  greis.   Bürger  209'. 

AUFSCHAUEN,  contemplari,  suspicere:  wenn  wir  nur  die 
äugen  recht  auftliun  und  unsern  schaden  recht  aufschawen 
und  beherzigen  wollen.  V.  Dietrichs  vorr.  zur  übers,  von  Me- 
lanchthons  troslschriß  1547  bl.  1.    richtiger  intransitiv: 

schau  auf,  ob  mich  gewinn  dir  tlies  zu  sagen  zwingt. 

Opitz  ; 
noch  hielt  er  sein  herz,  das  in  himmlische  wehmut 
aufzuschauen  begann.  Klopst.  Mess.  8, 114 ; 

Mariane  schaute  mit  einem  traurigen  blick  nach  ihr  auf.  Göthk 
18,31.    aufgeschaut!  rufen  laslträger,  garde!  vorgesehn! 

AUFSCHAUERN,  contremiscere,  fQiaaeiv,  horrere,  gänse- 
haut  bekommen,  kaum  verschieden  von  aufschaudern  (s.  Schau- 
der und  schauer) : 

viel  zweig  und  sprosse  hat  auch  die  böse  that, 
vor  jedem  schauern  auf  die  empllndungen. 

Klopstock  7,  16; 
und  wie  der  farbige  bogen  in  sanft  aufschauernder  wallung 
wiederscheint.  Voss  3,  127  ; 

Gusmanns  fall  zwingt  mich  um  ihn  zu  trauern, 
und  still  zum  ewigen  vcrgelier  aufzuschaucrn. 
Götter  2,  458. 

AUP'SCHAUFELN,  -pala  egerere  vel  aggerere,  nnl.  opsciiof- 
felen:  gciraide,  erde  aufschaufeln;  der  todlengraber  schau- 
felte da  auf;  warum  lieg  ich  nicht  auf  jener  wiese,  als  ein 
glücklicher  schäfer,  und  schaufle  ein  bischen  erde  mit 
meinem  stab  auf  und  werfe  sie  nach  dem  Icilhammel?  1*la- 

TEN  210'. 

AUFSCHÄUMEN,  alle  spumare,  nnl.  opschuimen,  aufgischen: 

der  (.Tuscherin 
Kcnillt  ist  mit  gifllrunk,  srluiell  tödlond  schäumt 
dir  kelch  auf!       Klopstock  Mett.  20,  704 ; 


721 


AUFSCHEINEN— AUFSCHIESZEN 


AUFSCHIESZLING— AUFSCHLAGEN   722 


im  Attila  von  Werner  schäumen  alle  spieler  mitten  im  kochen 
des  leidens  zu  einem  freudigen  Lalleiujah  auf.  J.  Paul  aesth. 
3,97;  die  leicht  bewegliche,  sanft  aufschäumende  welle.  Hdm- 
BOLDT  ans.  der  nat.  1,  4;  aufschäumende  eher;  vor  wut  auf- 
schäumen. 

AUFSCHEINEN,  aufglänzen,  aufleuchten,  schein  werfen. 

AUFSCHEITELN,  discriminare  comas,  die  haare  in  die  höhe 
scheiteln:  aufgescheitelte  locken  lassen  dir  gut. 

AUFSCHENKEN,  aufgieszen,  aufschütten,  nnl.  opschenken. 
bei  Stieler  1750  ist  aufschenken  poturn  praebere,  einschenken. 

AUFSCHEREN,  aufschneiden,  bei  den  webern,  die  kette  bil- 
den,   nnl.  opscheren. 

AUFSCHEUCHEN,  fugare:  die  vögel,  das  wild,  ein  reh  auf- 
scheuchen. 

AUFSCHEUERN,  reinigen:  den  festrock  aufscheuern.  Wie- 
lands llorai  2,  45 ;  das  küchengeschirr,  die  stube  aufscheuern. 

AUFSCHICHTEN,  struere,  acervare:  holz  aufschicliten,  erde 
aufschichten;  bücber  vor  mir  aufgeschichtet  PlatekS; 

ein  Jubelfeuer 
aurgeschichtet  . .  aus  alten  scheitern.  322.   vgl.  aufschlichten. 

AUFSCHICKEN,  adornare,  nnl.  opschikken: 

mein  lisch,  mein  haus  und  stall  ist  kostbar  aurgeschickt. 

C.4MITZ  149. 

LoGAn  für  in  die  höhe  schicken,  entsenden: 

wie  viel  äugen  hat  der  himmel,  da  er  mit  die  erd  anblickt? 
was  für  äugen  bat  die  erde,  die  sie  auf  gen  himmel  schickt? 
LoGAü  2,  10,  68. 

AUFSCHIEBBAR,  aufschieblich. 

AUFSCHIEBEN,  protendere,  protrudere,  nnl.  opschuiven, 
höher  schieben. 

1)  den  riegel,  das  fenster  aufschieben,  öfnen. 

2)  hoch  wachsen: 

dein  beldenmut  ist  den  liebten  gleich 
in  kurzem  aufgeschoben.    Gü.ntuer  798; 

3)  differre,  procrastinare :  verzeuch  nicht,  und  schieb  es 
nicht  von  einem  tag  auf  den  andern.  Sir.  5,  8 ; 

was  sclieubest  du  viel  auf?  dein  heute  das  ist  hier, 
nicht  lebe  morgen  erst.  Opitz  1,58; 

aufgeschoben  ist  nicht  aufgehoben. 

AUFSCHIEBER,  m.  morator. 

AUFSCHIEBLING,  m.  propago,  aufschüszling,  zweig,  bäum- 
dien, das  schnell  in  die  höhe  geschoben  hat.  auch  heiszt  so 
auf  dein  dach  ein  vorragender,  gegen  weiter  und  regen  sdiützen- 
der  sparre. 

AUFSCHIELEN,  aufwärts  schielen. 

AUFSCHIESZEN,  adolescere,  schlank  und  schnell  in  die 
höhe  wachsen,  nnl.  opschieten. 

1)  ton  pflanzen  und  menschen:  das  gras,  die  saat,  die  pilze 
schieszen  auf;  er  scheuszt  auf  für  im  wie  ein  reis  und  wie 
eine  wurzel  aus  dürrem  erdreich.  Es.  53,  2;  die  jung  aufge- 
schoszne  beumlin.  Aimon  E  2 ;  am  ersten  wechst  die  form  und 
componiert  sich  und  schieszt  sich  auf.  Paracelsüs  2,  45* ;  wenn 
ihr  disem  rat  folgt,  so  werdt  ihr  sehen,  das  ihr  schöne  auf- 
geschossene grosze  buben  soll  werden.  Garg.ii'; 

\e  mehr  man  auf  den  stock  geuszt, 
je  mehr  er  aufscheuszt.  Garg.41'; 
die  dan,  recht  nach  der  götter  art, 
in  kurzer  zeit  so  hoch  autschieszen. 

VVeckuerlin  343; 
ein  harter  fluch  beschwert  das  land, 
wo  dieser  weinstock  aufgeschossen. 

IIagedork  3,  4C ; 
die  saat  Ist  aufgeschossen 
und  reizt  der  »chnitler  band.    3,  70; 

ein  schwärm  junger  aufschieszender  scribier.  Lessinc  8,  203; 
aufgeschossene  bengel.  der  arme  nu  i.  Tockcnb.  36 ;  bald  aber 
schieszt  er  auf  ins  leben.  Fr.  .Müller  1,  28;  kein  pilz  war 
jemals  so  frisch  aufgeschossen.  Tieci  12,  206 ; 

ihr  seid  in  frischer  Jugend  aufgeschossen.   Platbn318; 

2)  aufschieszen,  emergere,  auftauchen:  als  die  nodi  nicht 
verstockt  und  versunken  sind,  sondern  noch  aufschieszen  und 
schwimmen  und  gerne  zum  ufer  wollen.  Luther  3,  155;  die 
fische  schieszen  aus  der  tiefe  auf. 

3)  aufschieszen  vom  strahl,  feuer,  von  blitzen,  raketen: 

hui!  schosz  mirs  auf  wie  der  blitz.   Scbillek  127; 

und  als  die  sonne,  wie  eine  lodernde  well  am  gerichtslage, 
untersank  in  einer  aufschieszcnden  letzten  lohe.  J.  Paul  Hesp. 


4,  73 ;  in  Klopstocks  und  Göthens  Jugendzeiten,  worin  beider 
jung  aufschieszendes  kTaftfeuer  eine  gerade  flamme  war.  aesth. 
3,  97 ;    im  nordlichte  schieszen  die  strahlen  auf. 

4)  darum  auch  von  aufprasselnden  rebhünern:  ein  rebhun- 
flug  schosz  schwirrend  auf.    raubvügel  schössen  auf. 

5)  ich  sehe,  dasz  die  thaten  deiner  hoben  tugend  zur  thor- 
heit  aufgeschossen  sind.  Kli.nger  2,  347 ;  llammen,  wie  nun  in 
meinem  busen  brennen,  verkälten  nicht  des  weisen  trockne 
lehren,  sie  sind  mir  zu  hoher  tugend  auigeschossen.  2,  351; 
bitlere,  empörende  empfindungen  schössen  in  seinem  herzen 
auf.  5,  235 ;  weil  er  den  keim  zu  allem,  was  ibm  widerfahren 
mag,  in  sich  selbst  gelegt,  entwickelt  und  durch  die  that  zum 
aufschieszen  getrieben  hat.  12, 195 ;  ein  buch  war  für  ihn  eine 
gartenschere  seiner  üppig  aufschieszcnden  träume  und  freu- 
den.  J.  Paul  Hesp.  3,  183;  dasz  seilen  eine  neue  mode  auf- 
schosz.  teuf  pap.  2,  199. 

6)  transitiv,  eine  flinte  aufschieszen,  in  die  luft  abschieszen ; 
das  Ihor  mit  kanonen  aufschieszen;  sie  schieszen  das  Ihor 
auf.   AVRER  279'. 

AUFSCHIESZLING,  surculus:  mich  deucht  ich  sehe  schon, 
wie  sie  {die  brautlcute)  ihre  freude  haben  werden,  wenn  sie 
beide  in  einem  jähr  so  einen  feinen  jungen  lecker  und  auf- 
schieszling  kriegen  werden.  Sciiocn  stud.  leben  D4.  besser 
aufschüszling,  aufschüszling. 

AUFSCHIFTEN,  aufstecken:  wo  der  Jäger  das  thilmesser 
(dielmesser,  brettmesser  ?)  aufschift,  ein  gemszthier  zu  stechen 
und  kompt  im  gleich  zum  leib  anzusetzen.  Sebiz  570. 

AUFSCHIMMERN,  in  die  höhe  schimmern: 

wo  hell  muschel  und  kies  aufschimmerten.   Voss. 

AÜFSCHLACHTEN,  conficere  peeora:  ich  habe  alles  aufge- 
schlachtet. Stieler  ISOI. 

AUFSCHLAFFEN,  relaxare,  außhauen :  die  berge  oder  fel- 
sen  sein  zu  sommers  zeiten  von  der  kälte  aufgeschlaft  und 
ledig  gemacht.  Fronsp.  kriegsb.  3, 143*,  vgl.  ahd.  slaf  remissus, 
dissolutus,  moltis  (Graff  6,  802). 

AUFSCHLAG,  nj.  nnl.  opslag,  nacA  Verschiedenheit  der  be- 
deutungen  des  aufschlagens. 

1)  aufsclilag  des  rockes,  des  ermels,  wobei  oft  das  bunte 
fuller  heraus  gekehrt  wird,  von  gröszter  Wichtigkeit  bei  uniformen : 

in  Jena  liesz  dir  nur  ein  kurzer  ermel  schön, 
weit  besser  wird  dir  hier  ein  langer  aufschlag  stebn. 
Zachartä  1,  30. 

2)  aufschlag  heiszt  am  vogelherd  das  spannholz  des  netzes. 

3)  aufschlag  der  äugen,  aufblicL  der  erste  aufschlag  der 
Vernunft.  Hippel  11, 143. 

4)  aufschlag  eines  papiers  oder  buches :  mit  gedanken  über 
diesen  verlust,  und  ich  weisz  nicht  in  welcher  glücklichen 
ahndung,  suchte  ich  die  papiere  selbst  auf,  welche  herr  ßal- 
lenstedt  gebraucht  hat,  und  was  meinet  man,  dasz  ich  beim 
ersten  aufschlage  darunter  erblickte?  Lessinc  9,  314. 

5)  aufschlag  des  balls,  des  lagers,  der  karte. 

6)  aufschlag  der  wage: 

die  menschen  hier,  es  sei  ihr  stand 
schlecht  oder  hoch,  sind  lügentand, 
sind  eitclkeit  vor  allen  Sachen: 
wann  man  sie  auf  der  schale  wiegt, 
und.  eitelkeit  dargegen  liegt, 
so  werden  sie  den  aufschUg  machen. 

Onxips.p.  115. 

7)  aufschlag,  erhöhung  des  preises  der  frucht  u.  s.  ».,  der 
abgäbe,  des  metalls.  verkauf  mir  die  frucht  auf  aufschlag. 
Garg.  191';    das  gold  kam  in  den  aufschlag.  H.  Sachs  1,411' 

8)  aufschlag,  aufschub,  mora,  dilalio,  mhd.  ftfslac  Greg. 
2999.  Bon.  35,  20 : 

dein  aufschlag,  kaiser,  ist  mir  schwer 
rechts,  des  ich  Qmb  mein  sun  beger. 

SCHWARZE<(BERU  117,  2. 

andere  beispiele  gibt  Haltaüs  65.  in  bösen  sacben  sol  man 
allwegen  ein  ufschlag  nemen.  Keisersb.  posl.  4,  9.  vgl.  hernach 
aufschlagen. 

9)  aufschlag  des  tacts,  gegensatz  des  nicderschlags.  auch 
wol  ßr  hebung,  arsis  in  der  verskunst  gebraucht,  oder  für 
auflad. 

AUFSCHLAGEN,  bei  Lttther  fiocA  aufschlahen,  in  die  höhe 
schlagen,  nnl.  opslaan, 

1)  die  äugen  aufschlagen,  aufwärts  richten,  öfnen,  entgegen 
dem  niederschlagen,  schlieszen: 

schlag  auf  die  äugen!   Ghtprius  1,  691 ; 
46 


723 


AUFSCHLAGEN 


AUFSCHLAGEN 


724 


der  alte  schlug  die  äugen  auf.  pers.  rosenlh.  6, 1 ;  sie  schlug 
ihre  schönen  äugen  auf.  Wieland  1,  261 ;  da  er  die  äugen  auf- 
schlug. 1,303;  plötzlich  schlug  sie  ihre  festgeschlossenen  äugen 
auf.  Gotter  3,  32 ;  sie  schlug  die  äugen  auf,  sie  erblickte  den 
freund,  umschlang  seinen  hals  mit  ihren  himmlischen  armen. 
GüTHE  17,  332 ;  der  schlafende  tag  wird  schon,  wie  eine  schla- 
fende schöne,  in  der  die  morgentriiume  glühen,  roth  und 
musz  bald  das  aug  aufschlagen.  J.  Paul  uns.  löge  2,  64.  die 
schweren  äugen  beinahe  nicht  aufschlagen  können,  den  blick 
aufschlagen,  aufblicken. 

2)  das  haar  aufschlagen,  gegensalz  von  niederhängen  las- 
sen: nachlässig  waren  seine  blonden  haare  aufgeschlagen. 
GüTiiE  18,  261. 

3)  kleidungsstücke  aufschlagen :  sie  schlug  den  schleier  ein 
wenig  auf,  zurück;  den  mantel,  ermel  aufschlagen;  den  hut: 

der  erste,  der  mit  kluger  Iiand 

der  männer  schmuck,  den  hut  erfand, 

trug  seinen  hut  unaufgeschlagen.    Gellert  1,43; 

tugend  und  andacht  zum  zeuche,  frommes  gemüt  zum  unter- 
futter,  und  dann  noch  mit  reue  und  busze  aufgeschlagen. 
TiECK  nov.  2, 112. 

4)  die  fahne  aufschlagen,  entfalten,  gegensatz  von  zusam- 
menschlagen :  dann  schlagen  sie  ihre  fendlin  wieder  auf.  Reut- 
TER  kriegsordn.  66.  den  Vorhang  aufschlagen,  öfnen;  das  bett- 
tuch  aufschlagen. 

5)  den  tisch  aufschlagen,  umklappen,  ein  bett  aufschlagen, 
rüsten,  zelte  und  lager  aufschlagen,  figere  tentoria:  da  zoch 
Isaac  von  dannen  und  schlug  sein  gezelt  auf  im  gründe  Gerar 
und  wonet  alda.  1  Mos.  26, 17 ;  Jacob  aber  hatte  seine  hütten 
aufgeschlagen  auf  dem  berge.  31,  25 ;  Mose  aber  nam  die  hüt- 
ten und  schlug  sie  auf.  2  Mos.  33,  7 ;  die  Leviten  sollen  die 
Wohnung  aufschlahen.  4  Mos.  1,  51 ;  hatte  seine  hütten  aufge- 
schlagen bei  den  eichen,  rieht.  4, 11 ;  denn  er  hatte  ir  eine  hüt- 
ten aufgeschlagen.  2  chron.  1,  4;  das  auch  die  Araber  keine 
hütten  daselbst  machen  und  die  hirten  keine  hurten  da  auf- 
schlahen. Es.  13,  20;  die  werden  gezelt  rings  unib  sie  her 
aufschlahen.  Jer.  6,  3;  meine  gezelt  schlegt  niemand  wieder 
auf.  10,  20 ;  darnach  zogen  sie  fort  und  schlugen  ir  lager  auf 
an  Ammao.  1  Macc.  3,  57.    kühn  sagt  H.  Sachs  I,  99' : 

wie  ich  kam  in  ein  garten  weit, 

aufgeschlagen  vol  schöner  zeit, 
für  worin  schöne  zelte  aufgeschlagen  waren,  diese  ausdrucks- 
weise des  hirtenlcbens  erhielt  sich,  auch  wenn  für  zeit  oder 
hütte  spdler  wohnung,  quartier  gesetzt  wurde:  er  schlug  seine 
wohnung  in  Hessen  auf;  der  fein'd  schlug  sein  Winterquartier 
in  Westfalen  auf;  woselbst  sie  ihr  nachtquartier  aufschlugen. 
Hebamme  375;  die  Verwaltung  schlug  ihren  sitz  zu  Potsdam 
auf;  ob  die  tugend  allein  ihre  regierung  daselbst  aufgeschla- 
gen. Kant  8,  378.  Doch  im  ganz  entgegengesetzten  sinn  jenes 
quartier  aufschlagens  =  se  loger  gebraucht  Schiller  ein, quartier 
aufschlagen  für  deloger  {nach  7) ;  der  anschlag  wird  gefaszt,  die 
quartiere  der  Franzosen  in  Tuttlingen  und  den  angrenzenden 
dörfern  aufzuschlagen,  d.  h.  sie  unvermutet  zu  überfallen.  996. 

6)  es  kann  auch  ans  aufschlagen,  d.  i.  zurüsten  und  bauen  ge- 
dacht werden,  wobei  man  balken  auf  balken  in  die  höhe  schlagt. 
die  zimmerleute  schlagen  gerüste  und  häuserauf;  wenn  daher 
die  Limburger  chronik  §.  49.  51.  78  vom  aufschlagen  der  bürg 
redet,  ist  eine  gezimmerte  gemeint,  keine  gemauerte,  ein  schlosz 
aufschlahen  und  bawen.  weislh.  3,  333.  keine  gemauerte,  die  zim- 
merleute, die  da  drüben  einen  bau  aufschlagen,  haben  mich  auf- 
geweckt. Göthe  an  Aug.  Stolberg  3.  da  nun  der  tag  kommen 
war,  die  schranken  aufgeschlagen.  Galmy  65 ;  als  sie  ankamen, 
fanden  sie  das  gerüst  aufgeschlagen.  GütheIS,  150;  der  licule- 
nant  schlug  nunmehr  das  theater  auf.  18,  25.  bildlich,  die 
sonne,  die  am  himmel  ihre  weiszen  bluten  aufschlug.  J.  Paul 
Hesp.  3, 145.  diesen  sinn  des  aufheßens  hat  aufschlagen  auch 
in  andern  beziehungen,  der  schmid  schlägt  dem  pfcrde  eisen 
auf,  beschlägt  es; 

du  soll  mir  meim  ros  vier  eisen  aufschlagen.   Ubland  341. 

7)  aufschlagen,  öfnen:  nüsse  aufschlagen;  den  kern  mit 
dem  hammer,  eier  mit  der  band  aufschlagen;  kisten  und 
kästen  aufschlagen;  das  thor  aufschlagen ;  fasser  aufschlagen ; 
mild,  ein  kalb  6f  slahen,  aufschneiden: 

ich  slüng  in  üf  als  ein  veijtc  kalben.    MSN.  3,  190^ 
eine   adcr   aufschlagen,   schlagen;    ein   geschwär  aufschlagen. 
Garg.  14;    einen   graben    aufschlagen,     der   vogel    schlügt  die 
flügel    auf,   entfaltet   sie;   bildlich,    in    beiden    frühlingcn  {der 
natur  und  des  menschenlebcns)   schlagen   sich   die  flügel  des 


ideals  weit  auf.  J.  Paul  Tit.  2,  82.  ein  buch  aufschlagen, 
sowol  öfnen,  entfalten:  das  buch  liegt  aufgeschlagen,  unauf- 
geschlagen; meine  mutter  schlug  damals  in  der  äuszersten 
noth  ihres  herzens  ihre  bibel  auf  und  fand  — .  Göthe  an  fr. 
von  St.  1, 137 ; 

schau,  das  buch  wird  aufgeschlagen.  Gbtpbius  2,  258 ; 
als  etwas  in  ihm  aufschlagen,  nachschlagen:  wie  bei  dem  da- 
maligen religionsunterrichte  eine  der  hauptübungen  war,  dasz 
man  auf  das  behendeste  in  der  bibel  aufschlagen  lernte.  Göthe 
24,  230 ;  da  mir  denn  meine  alte  Übung  im  corpus  juris  auf- 
zuschlagen sehr  zu  statten  kam.  26,  44;  die  geschichte  der 
längst  staubgewordenen  aufschlagen.  Klinger  11,177;  schlagt 
die  französische  revolution  auf,  ihr  findet  es  auf  jedem  blatt. 
11,  ISO ;  ein  gesangbuch  aufschlagen.  J.  Paul  Fibel  25 ;  wollt 
er  dem  jüngling  einige  bauernregeln  im  hundertjährigen  ka- 
lender  des  hoflebens  aufschlagen?  Tit.  1,5.  bildlich,  in  sei- 
nem gesiebte  war  nichts  als  enthaltsamkeit  aufgeschlagen  (lag 
offen).  Hesp.  1,  156.  gleich  den  büchern  landkarten  und  ge- 
mählde  entfalten,  aufrollen:  das  ganze  aufgeschlagene  gemählde 
einer  landschaft.  Hesp.  2, 109.  befehle,  Verordnungen  aufschla- 
gen, mit  dem  naget  außeflen;  theses  aufschlagen,  an  das 
schwarze  bret,  anschlagen:  Picus,  der  sich  zu  Rom  zu  dispu- 
tiern  erboten  und  offenlich  ufgeschlagen,  hett  unter  ander 
fürtregen  und  conclusiones  auch  dise.  Reughlin  augensp.  12'. 

8)  wasser  aufschlagen,  über  das  mülrad  laufen  lassen,  ge- 
gensatz vom  abschlagen,  sperren,  weidmännisch,  das  wildbret, 
die  sau  schlägt  das  bad  auf,  räumt  seine  pfütze,  lache,  rührt 
darin  mit  dem  rüssel.  feuer  aufschlagen,  mit  dem  stahl  aus 
dem  stein,  dasz  die  funken  aufspringen:  namen  feuerstein 
und  schlugen  fewer  auf.  2  Macc.  10,  3 ;  ein  gut  gebet  sol  nicht 
lang  sein,  ist  gnug,  wenn  du  ein  stück  oder  ein  halbes  kanst 
kriegen,  daran  du  in  deinem  herzen  ein  fewriin  kanst  auf- 
schlahen. Luther  6,  314';  aus  zusammenschlagung  der  stein 
feur  aufschlagen.  Frank  weltb.  19l';  fewrzeug  der  selbs  im 
busen  ein  fewr  aufschlegt.  Garg.  193';  wir  hörten  gar  bald, 
dasz  man  ein  Hecht  aufschlüge.  Jucund.  146;  sie  mögen  den 
funken,  den  ich  aufschlagen  will,  selbst  in  flammen  bringen. 
Chr.  Fel.  Weisze;  umsomehr  als  er  einen  häszlich  dunsten- 
den schwamm,  nach  ausgerauchter  pfeife,  sogleich  wieder  auf- 
schlug und  jedesmal  mit  den  ersten  zügen  die  luft  unerträg- 
lich verpestete.  Götiie  26,  277. 

9)  ein  gelächter,  eine  lache  aufschlagen,  überlaut  lachen: 
schlägt  ein  gelächter  auf.  Schiller  187';  dreimal  schlugen 
sie  auf  ein  hohngelach.  Klopst.  ;  gezwungnes  gelächter  auf- 
schlagen, der  arme  mann  im  Tockenb.  73 ;  einen  Schmetterling 
aufschlagen,  lachen,  dasz  es  schmettert,  ähnlich  ist  zorn  auf- 
schlagen. Opitz  Arg.  1,  303.  621 ;  lärmen  aufschlagen.  J.  Paul 
//csp.  4,  44;  bittere  klagen  aufschlagen,  lit.  nachl.  4,78. 

10)  einen  tanz  mit  der  pauke  oder  trommel  aufschlagen: 

schlag  ein  reien  auf!   fastn.  sp.  552,  6; 
und  dort  erwarb-  er  sein  brot  mit  tanzaufschlagen.  Jucundis- 
simus  162. 

11)  auf  den  preis,  auf  die  waare  schlagen:  iedoch  namcn 
sis,  wie  ein  leben  von  der  kirchen,  dise  ir  gegebnen  gütter 
wider  ir  lebenlang  zu  besitzen,  doch  nit  on  ein  aufgeschlag- 
nen aufsatz.  Frank  weltb.  36'. 

12)  aufschlagen,  aufschieben,  differre  hat  ahd.  öfslagon, 
praet.  öfslagöla  (Graff  6,  774)  zur  seile,  kein  üfslahan,  üf- 
sluoh,  setzt  also  ein  siibst.  Afslag,  wie  handschlagen,  ratschla- 
gen ein  subst.  handschlag,  ratschlag  voraus,  indessen  wird 
auch  bei  aufschlagen  für  aufschieben  nlid.  wieder  die  starke 
form  angewandt:  schlach  nit  auf  deine  guten  werk  zu  Ihun. 
Keisersb.  ;  nit  schlag  es  uf,  das  es  dir  nit  zu  spot  werd. 
christl.  bilg.  39 ;  man  musz  ctwan  ein  Zeitlang  das  peichten 
aufschlahen.  seh.  der  peniU  23;  der  brautlag  ward  lang  auf- 
geschlagen. Münster  420; 

das  glicht  ward  aufgeschlagen 

wul  drei  und  vierzig  lag.    Umland  i'oIAs2.  306; 

ich  unJorstee  die  beiden  in  der  beliigorung  der  slalt  aufzu- 
schlagen {aufzuhalten).  Aimon  i ;  ich  gib  euch  einen  giilen  rat, 
schlahent  auf  dise  reis  fünf  jar  lang,  auf  das  die  ewern  ein 
weil  ruwcn  mögen,  ebenda;  schlahet  auf  ewcr  vorgenommen 
reis,  ebenda  k; 

wer,  wo  der  fluch  einbricht, 

noch  lange  zeit  aufschliigi,  cntwniclit  der  ülrafe  nicht. 
Grtphius  1,  327; 
nach  alifgeschlagncr  belägerung.  Simpl.  1, 160  scheint  dem  sinne 
nach  mehr  abgeschlagner,   zurückgeschlagner,  aufgehobner,  als 


725   AUFSCHLAGEN— AUFSCHLIESZEN 


AÜFSCHLIESZEX — AUFSCHLUSZ 


(26 


aufgesehobner.  überhaupt  veraltet  diese  bedeutung  des  auf- 
sclilagens  allmälkh  und  geht  schon  bei  Stieler  ganz  ab.  ohne 
ZKcifel  nntsz  sie  einen  sinnlichen  Ursprung  gehabt  haben,  der 
sich  nicht  mehr  deutlich  nachweisen  läszt.  die  gleichbedeutigen 
ausdrücke  aufschieben  und  aufschürzen  zeigen  schieben  und 
schürzen  an  der  stelle  des  aufschlags,  u-ar  ein  auflassen  der 
gerichlsschranke  gemeint? 

13)  in  manchen  der  bisher  angeführten,  vie  noch  andern  be- 
deutungen  steht  nun  endlich  auch  aufschlagen  intransitiv,  d.  h. 
ohne  acc,  der  sich  in  einen  nom.  umsiclll :  ihr  sterbendes 
äuge  schlug  zum  letztenmal  auf;  die  kugel  schlug  hart  auf; 
ich  bin  wie  eine  kugcl,  die  ricochet  aufschlagt.  Göthe  1.  360 ; 
das  bret  schlägt  auf,  kippt  um;  als  ein  unkraut  aufschlagen. 
Acc.  Büchners  trostschr.  82;  die  blume,  die  am  rauschenden 
quell  furchtsam  aufschlägt.  Hippel',  1S6;  (seltsam),  dasz  auf 
diesem  für  alle  cultur  unbrauchbaren  boden  weitläuftige  fich- 
tenwälder  haben  aufschlagen  können.  Kant  7,  238 ;  der  tam- 
bur  schlägt  auf;  schlah  aufl  fastn.  sp.  b22,  9  ; 

schlag  auT  und  lasz  tanzen  und  springen.    '38,36; 

darumb  schlaget  auf  ihr  spilleut.  Atrer412'; 
der  klavierspieler  schlägt  auf,  schlägt  zu  hart  auf;  die  Wach- 
tel im  körn  schlägt  hell  auf;  die  wellen  schlugen  auf;  das 
feuer  schlägt  lichterlohe  auf;  das  dürre  holz  schlug  prasselnd 
in  flammen  auf.  Göthe  IS,  257.  15,314;  ein  unendlich  ge- 
lächter  schlug  auf.  27,  119;  in  augenblicken  der  aufregung 
und  leidenschaft  schlägt  in  ihren  gesiebtem  eine  trotzige  wild- 
heil  auf.  ausländ  1846,  1396 ;  brot,  fleisch  schlägt  auf  im 
preise;  es  schlug  vast  auf.  Ubl.\nd  721;  von  nun  an  musz 
ich  sparsam  werden,  warum  denn  das?  der  wein  schlägt  auf. 
Lessing  1,82;  das  nachdenken  ist  auch  aufgeschlagen,   ders. ; 

itzund  da  alle  ding  schlegt  auf.    Kntn  fasln,  sp.  17*; 

ir  müler  dörfl  nun  niemnn  klagen, 

das  so  übel  die  kiud  aufsclilagen.    Fischart  flohatz  5, 

entweder  so  gering  im  werlhe  slehn  oder  so  übel  gedeihen. 

AlTSCHLÄGEK,  m.  bei  terschiednen  handwerken. 

AUFSCHLAGWASSER,  n.,  das  auf  die  rdder  gelassen  uer- 
dcn  kann. 

AUFSCHLÄNGELN,  sich  in  krümmungen  aufwärts  winden. 

ÄUFSCHLAPPEN,  escam  lambere:  ein  frasz,  der  aufschlapt 
wie  die  seuw.  Kirchhof  wendunm.  206*. 

AUFSCHLAPPEHN,  frequentaliv  des  vorigen:  die  hunde 
schlappem  vom  teller  auf. 

AUFSCHLEIERN,  detegere,  revelare,  entschleiern. 

AUFSCHLEIFEN,  hoch  schleifen:  aufgeschliffene  glüser, 
steine. 

AUFSCHLEIFEN,  sursum  trahere:  aufgeschleiftes  holz. 

AUFSCHLEISZEN,  resecare,  scindere :  aufgeschlissene  schuhe ; 
kleid  unten  aufgeschlissen.  Limb,  chron.  §.  37.  3S,  vgl.  auf- 
mutzen. 

AUFSCHLEMMEN,  heluari,  devorare:  umb  zwei  setzen  sich 
die  Juden  nider  und  schlemmen  die  gesotten  und  braten 
hüner  auf.  Frank  wellb.  149' ; 

aufschlempten  die  Hertens  gens.    H.  Sachs. 

AüFSCHLENKERN,  in  die  höhe  schlenkern. 

AUFSCHLEUDERN,  in  die  höhe  schleudern. 

AUFSCHLICHTE.N,  complanare:  die  haare  aufschlichten, 
glatt  in  die  höhe  kämmen,  neuere  scheinen  es  aber  auch  un- 
richtig ßr  aufschichten  zu  verwenden :  steine,  holz  aufschlich- 
ten; dann  nahm  er  diese  nackten,  rauhen  kolosse  und  schlich- 
tete sie  sämtlich  in  die  eine  wagschale  auf.  J.  Paul  Tit.  1, 119 ; 
das  ewige  büchcrschreiben  und  aufschlichten  des  scibile  hat 
kein  ende.  uns.  löge  2,  56 ;  in  ein  besonderes  buch  aufschar- 
ren und  aufschlichten,  biogr.  bei.  1, 107. 

AUFSCHLIESZEN,  recludere,  reserare,  apcrirc,  nnl.  opsluifen. 

1)  haus,  thor,  thür,  schrein,  kiste,  lade,  sarg,  grab  auf- 
schlieszen :  namen  die  Schlüssel  und  schlössen  auf  (die  thür 
der  sommerleube),  sihe,  da  lag  ir  hcrr  auf  der  erden  tod. 
rieht.  3,  25. 

2)  mund,  äugen,  herz  aufschlieszen : 

thut  eur  herz  auch  gen  mir  aurschlieszen.    Äther  174»; 

fühltest  du  nicht,  welch  heiligthum  sich  dir  eröfnele,  als  sich 
mein  herz  gegen  dich  aufschlosz?  Göthe  10,  183;  ihr  herz 
gegen  ihn  aufzuschlie.szen.  20,  17S;  wir  haben  gewünscht, 
durch  ihre  gcgenwart  das  arme  gute  herz  wieder  aufzuschlio- 
szen.  20,  179;  als  sie  sich  ihr  mit  aufgeschlossenem  herzen 
zu  füszen  warf.  26,  339 ; 


sclileusz  auf  den  hellen  Sonnenschein 
der  himmelblauen  augelein.    Bürger  30'; 

die  gute  mutter  schlosz  die  immer  leise  schlummernden  äugen 
langsam  auf.  J.  Pacl  Tit.  2,  57 ;  höret  den  bessern  engel,  der 
seinen  mund  aufschlosz.  2, 123. 

3)  samen,  knospe,  blume  aufschlieszen: 

der  blumen  ehr,  die  ros, 

da  sie  beut  der  taw  aurschlosz.    Wecehebi.  391, 

wie  den  mhd.  dichtem  sie  beständig  touwec  rose  heiszt; 

und  jede  blume  schlosz  den  holden  busen  auf. 
Wieland. 

für  mich  war  es  (das  Verhältnis  zu  Schiller)  ein  neuer  früh- 
ling, in  we'chem  alles  froh  nebeneinander  keimte  und  aus  aul- 
geschlossenen samen  und  zweigen  hervorgieng.  Göthe  31,  42. 

4)  wort,  rede,  buch,  rätsei  aufschlieszen: 

wenn  du  dein  wort  beginnest  aufzuscbliesien. 
Opitz; 

ein  geistreich  auTgeschlo^znes  wort 
wirkt  auf  die  ewigkelt.'  Göthe  3,  169; 
Beuchlinl  wer  will  sich  ihm  vergleichen, 
zu  seiner  zeit  ein  wunderzeichen, 
die  heiligen  bücher  scblosz  er  auf.    4,  366. 

.1)  geist,  sinn,  gemüt  aufschlieszen :  als  er  nach  dem  ersten 
erstarren  seinen  geist  aufgeschlossen  hatte.  J.  Paul  uns.  löge 
1,  42 ;  damit  ich  den  groszen  zirkus  und  paradeplatz  der  na- 
tur  auf  einmal  in  die  aufgeschlossene  seele  nehme,  rorr.  xiii; 
ein  angenehmes,  den  sinnen  schmeichelndes  und  sie  auf- 
schlieszendes  märchen.  Klingeb  10,  5 ;  genannte  damtn  hatten 
das  ernste  starre,  gewissermaszen  lieblose  wesen  Corneliens 
aufgeschlossen  und  erheitert.  Göthe  26,  285;  mein  gemüt  wollte 
nicht  geschulmeistert,  sondern  durch  freies  wolwollen  aufge- 
schlossen sein.  26,286;  alles  gute  und  liebevolle,  was  in  mei- 
nem gemüte  lag,  mochte  sich  aufschlieszen  und  henorbrechen. 
26,  2S9 ;  durch  die  liebe  zu  ihm  in  allem  guten  gestärkt,  um 
seinetwillen  freudiger  in  ihrem  thun,  aufgeschlossener  gegen 
andere,  findet  sie  sich  in  einem  himmel  auf  erden.  17, 149. 

6)  weit,  natur,  erde  aufschlieszen:  wa  nit  des  groszen 
Alexanders  und  der  Römer  g«alt  die  weit  betten  aufgeschlos- 
sen. Frank  welth.  rorr.;  die  sinnlichen  eindrücke  schlieszen 
die  moralische  weit  auf.  Klinger  12,  2S5 ;  das  medicinische  reizte 
mich,  weil  es  mir  die  natur  nach  allen  seilen  wo  nicht  auf- 
schlosz, doch  gewahr  werden  liesz.  Göthe  26,  7. 

7)  bergmännisch,  das  erzl  schlieszt  sich  auf;  ein  feld  auf- 
schlieszen, es  bauen,  gleichsam  üfnen. 

AUFSCHLIESZUNG,  f.  apertura,  reclusio :  die  aufschlieszung 
der  kasse.  Rarener  2,  122;  der  beste  geschmack  setzt  eine 
geistige  aufschlieszung  für  alle  arten  von  Schönheiten  voraus. 
J.  Paul  uns.  logei,  133. 

AUFSCHLINGEN,  nodum  fixere  und  solvere:  bände  anf- 
schlingen,  auflösen.  Lohenst.  Arm.  2, 1049. 

AUFSCHLITZEN,  scindere,  aufschleiszen : 

das  es  gibt  einen  widerbal, 

samb  der  ein  Frosch  het  aufgeschlitzt 

und  in  wider  den  boden  geschiizt. 

H.  Sachs  HI.  3,  15»; 
daselbst  hat  DIomed  der  göuin  aufgeschliizet 
die  weisze  zarte  band.    Opitz  1-,  97; 

die  aufgeschlitzten  larven  (masken).  J.  Paul  Tit.  2,  lOL 
AUFSCHLUCHZEN,  singultum  edere: 
aus  dem  schlaf  aufschluchzend.    Voss  //.  5,  413; 
endlich  begann  aufschluchzend  die  alte  verständige  hausn-au. 
LuueS,  311; 
dasz  nicht  Aigiaicia 
einst  vom  schlaf  aufschluchzend  des  hauses  genossen  erwecke 

KCRGER  22*. 

AUFSCHLUCKEN,  gltüire,  vorare,  nnl.  opslokken :  das  feuer 
schluckt  alles  auf;  wie  gierig  wird  das  dürre  land  den  regen 
aufschlucken;  nnl.  het  goed  van  weduwen  en  weezen  opslok- 
ken; so  darf  ich  nicht  gleich  ihre  dichterei  eben  so  begierig 
aufschlucken.  Herder  1,  84.  auch  intransitiv  aufschlucken, 
singulare. 

AUFSCHLCRFEN,  sorbendo  haurire,  ml.  opslorpen :  ein  ei 
aufschlürfen,  ein  glas  aufschlürfen. 

AUFSCHLUSZ,  apertura,  solutio:  aufschlusz  der  kiste;  auf- 
schlusz  des  rätseis;  was  eine  so  gering  scheinende  anmer- 
kung  aus  dem  wörterbuche  mit  eins  für  einen  aufschlusz  in 
die  geschichte  der  künste  geben  kann.  Lessi<«g  8,  57.  ricA- 
tiger  wäre  in  der  geschichte;  aufschlusz  eines  epigrainms. 
8,  451 ;  aufschlüsse  {auptldrungen)  finden.  7,  336 ;  einem  auf- 
schlusz geben;  einen  um  aufschlusz  bitten. 

46* 


727     AUFSGHMAUCHEN  — AUFSCHNATZEN 


AUFSCHNARCHEN— AUFSCHNELLEN      728 


AUFSCHMAÜCHEN,  fumando  impertirt: 

wirf  die 
meerschauraliöpfe  hinweg,  die  wie  Avern 
schwinde!  dem  hirn  und  pest 
dick  aufschmauchen.    Voss  3,  24. 

AUFSCHMAUSEN,  mit  behagen  aufessen;  alle  erdbeeren 
sind  aufgeschmaust. 

AUFSCHMEICHELN,  adulando  tribuerc:  der  kaiser  lasse 
sich  die  milde  gelindigkcit  seiner  flegmatischen  Sinnesart  für 
fürstliche  tugenden  aufschmeicheln.  Wieland  28,  194.  einen 
aufschmeicheln,  blanditiis  relevare:  kein  lüftchen  kann  dich 
dann  aufschmeiclieln.    Hippel  7, 137. 

AUFSCHMEISZEN,  aufwerfen,  nnl.  opsraijten :  die  thür  auf- 
schmeiszen,  aufschlagen. 

AUFSCHMELZEN,  resolvi:  der  schnee  schmilzt  auf,  das 
eis  ist  beinahe  aufgeschmolzen. 

AUFSCHMELZEN,    resolvcve,    liquefacere:    die   warme   luft 
schmelzt  den  schnee  auf,  hat  ihn  aufgeschmelzt; 
das  allerstarrste  frsudig  aufzuschmelzen 
musz  liebesfeuer  allgewaltig  glühen.    Göthe  2, 16. 

AUFSCHMETTERN, /rajorc  aperire:  ein  donnerstrahl  schmet- 
terte die  pforten  auf.  Stieler  1876  hat  auch  intransitives  auf- 
schmettern, riimpi,  collabefieri. 

AÜFSCHMIEDEN,  cudendo  firmare,  nnl.  opsmeden: 

weh  mir,  es  haben  die  Übermächtgen 

der  hcldenbrust  grausame  quälen 

mit  ehrnen  ketten  fest  aufgeschmiedet.   Göihe  9,  58. 

AUFSCHMIEGEN,  was  anschmiegen. 

AUFSCHMIEREN,  inungere:  butter  aufschmieren,  aufstrei- 
chen; pflaster  aufschmieren;  das  fleisch  dachten  viele  sei 
nur  wie  neue  schwedische  steinpappe  über  die  knochen  auf- 
geschmiert.  J.  Paul  Siebenk.  4,  77 ;  hierauf  salzte  sich  der 
graf  nun  hin,  nahm  feder  und  dinte  und  lieng  an  zu  dich- 
ten, was  er  damals  nun  aufschmierte,  waren  folgende  zeilen. 
Schelmufsky  1,  94 ;  einem  eins  aufschmieren,  einen  schlag  ver- 
setzen,   figürlich,  einem  etwas  zur  last  legen: 

auch  sind  in  ihrem  thun  viel  lasier  zu  ermessen, 
der  schmiert  so  fürsten  auf,  den  andern  hat  besessen 
ein  hur  und  ärgers  noch.    Opitz  Grolius  s.  330. 

AUFSCHMITZEN,  macula  conspergere. 

AUFSCHMÜCKEN,  exornare,  denuo  ornare,  nnl.  opsmukken : 

doch  indem  ich  so  behaglich 

aufgeschmückl  stolzierend  wandle.    Götue2,  109; 

da  die  braut  den  hochzeitskr-anz  aufsehmückte.  MusÄus4, 162; 
um  mit  ihnen  die  leichte  Jugend  einiger  närrinnen  aufzu- 
schmücken.  Tieck  ges.  nov.  2,  148;  es  war  ihm,  als  sah  er 
hinein  in  seine  weisz  und  roth  blühende,  mit  berg-  und 
fruchtgipfeln  aufgeschmückte  zukunft.  J.  Paul  Tit.  3,  2.  s. 
schmücken. 

AUFSCHNABELIEREN,  rostro  vorare,  aufpicken.  Stieler 
1895. 

AUFSCHNÄBELN,  dasselbe,  und  besser,  ohne  umlaul:  wie 
die  Vögel  körner  aufschnabelten.  Auerbach  dorfg.  l,  181. 

AUFSCHNALLEN,  fibulare  und  reßbulare:  einen  koffer  auf- 
schnallen, am  wagen  befestigen;  die  hosen  aufschnallen,  lö- 
sen; wir  wollen  uns  ein  gewissen  nach  der  neusten  fafon 
anmessen  lassen,  um  es  hübsch  weiter  aufzuschnallen,  wie 
wir  zulegen.    Schiller  106*. 

AUFSCHNAPPEN,  ore  caplare,  rictu  hiante  excipere,  nnl. 
opsnappen,  auffangen:  der  hund  schnappt  das  ihm  zugeworfne 
fleisch  in  der  luft  auf;  die  groszhcit  bestehet  nicht  in  viel 
zu  geben  oder  aufzuschnappen,  pers.  bauing.  4,  3;  du  magst 
das  bild  in  irgend  einem  elenden  kramladen  aufgeschnappt 
haben.  Göthe  18,  51;  so  imprimieren  sich  die  schüler  jene 
kurzen  forineln  sehr  gerne,  indessen  das  übrige  publicum 
diese  selige  Überzeugung  gleichsam  aus  der  luft  aufschnappt. 
59,  20;  was  der  junge  alles  aufgeschnappt  hat!  Arnim  schaub. 
2,  259;  jedes  bucii  aufschnappen,  der  arme  mann  im  Tockenb. 
187 ;  ein  troslwort  aufschnappen.  270 ;  worin  er  das  liebräi- 
sche  auch  mit  aufschnappif.  J.  Paul  flegclj.  1,  47.  intransi- 
tiv, das  bret,  das  schlosz  schnappt  auf,  fahrt  auf; 

tritt  an  ein  ort  darauf,  so  schnabt 
die  haut  am  andern  ort  »uf. 

U.  Sachs  ]Ii.  2,  281*; 

der  wird  hohl  aufschnappen  {sterben). 

AUFSCHNATZEN,  comere,  ornare,  aufputzen,  schmücken, 
in  Hessen  und  der  Wctierau,  aber  nur  von  leuten,  nicht  ton 
Sachen,    s,  schnalzen,  schnetzen. 


AUFSCHNARCHEN,  alte  stcrlere,  und  dann  minari,  gloriari, 
aufprahlen,  fast  eins  mit  dem  folgenden,  da  schnarchen  und 
schnauben  in  den  Volksliedern  nebeneinander  stehn.  Uhland  244. 

AUFSCHNAUßEN,  alte  spirare,  indignari,  fremere,  vor  wul 
schnauben. 

AUFSCHNEIDEN,  dissecare,  nnl.  opsnijden. 

1)  aufkerben,  dem  holz  einschneiden;  der  bank,  der  rinde 
des  baums  den  namen  aufschneiden. 

2)  einen  fisch  aufschneiden,  einem  thiere  den  bauch  auf- 
schneiden ;  eine  Iciche  aufschneiden ;  dem  armen  sünder  die 
eine  band  abhauen  und  an  den  stürz  eine  aufgeschnittene 
henne,  wegen  hemmung  des  Verblutens,  anstecken,  unw. 
doct.  948. 

3)  ein  buch  aufschneiden,  blätter  eines  buchs  aufschneiden ; 
einen  apfel,  eine  citrone  aufschneiden. 

4)  brot  aufschneiden,  vorschneiden,  damit  es  auf  einem  tel- 
ler  vorgelegt  werde;  überhaupt  bei  tische  aufschneiden,  was 
geschnitten  werden  musz,  vorlegen,  außischen. 

5)  hieraus  scheint  sich  die  gangbare  Vorstellung  des  prah- 
lens  und  vorlügens,  meistens  doch  in  einem  leichten,  heiteren 
sinn,  zu  entfalten: 

disz  und  jenes  schneidt  man  auf  von  der  hochzeit  ersten  naclit, 
mich,  sagt  Elsa,  schreckt  es  nicht.    Logaü  2,  6,  23; 

der  köpf  thut  mir  weh  ül>er  dem  unrfiäszigen  aufschneiden 
unsers  capitains.  Gryphius  l,  783;  wenn  ältere  thiere  als  ich 
so  wol  als  ich  reden  könten,  sie  würden  euch  wol  änderst 
aufschneiden  (hier  vorlegen,  zu  dienen  wissen,  iiichts  schuldig 
bleiben).  Simplic.  1, 152 ;  als  zweifele  ich  nicht,  es  werden  sich 
etliche  finden  die  sagen  werden,  Simplicius  schneide  hier  mit 
dem  groszen  messer  auf.  mit  denselben  begehre  ich  nun 
nicht  zu  fechten,  weil  aufschneiden  keine  kunst,  sondern 
jetziger  zeit  fast  das  gemeinste  handwerk  isL  1,  169 ;  als  der 
teufel  so  grosz  aufschneidens  machte,  dasz  Hiob  noch  nicht 
recht  probiert  sei.  Schuppius  162;  von  groszen  reisen  auf- 
schneiden. Weise  erzn.  06;  da  wüste  der  wirt  vil  aufzu- 
schneiden, was  er  unlängst  vor  gaste  beherberget,  kl.  leide 
166;  er  war  von  lügen  und  aufschneiden  so  fruchtbar,  dasz 
er  uns  zu  keinem  worte  kommen  liesz.  maulaffe  244 ;  ei  sap- 
perment,  was  schnitte  der  kerl  dinges  auf,  wo  er  überall 
gewesen  wäre.  Schelmufsky  2,  51;  Lucifer  entsendet  einen  teu- 
fel aus  der  hülle  auf  die  weit,  ein  groszes  messer  alda  ein- 
zukaufen, damit  man  weidlich  aufschneiden  könne,  ß.  blalt 
von  1621  bei  Schcible  91.  unter  dem  groszen  messer  hat  man 
sich  am  ersten  das  wcidemesser  zu  denken,  da  bei  lustigen 
jägcrmablen  prahlerische  Jagdgeschichten  vorgetragen  wurden. 

AUFSCHNEIDER,  m.  pralUer,  lügner:  dem  aufschneider, 
dem  capitain  lügner  von  der  bernkäuterei.  Gbyphiüs  1,  765; 
was  es  für  ein  unterscheid  sei  zwischen  einem  freund  und 
einem  aufschneider.  Schuppius  223;  kopfstüsze,  welche  der 
aufschneider  schwerlich  werde  vertragen  haben.  Weise  erzn. 
40 ;  er  war  ein  allerliebster  kleiner  aufschneider.  Göthe 
24,  144. 

AUFSCHNEIDEREL  f 

wie  möcht  ich  aber  wo!  so  falsch  erdachtes  sagen, 
und  grosz  aufschneiderei  mit  langmut  nur  ertragen? 
Opitz  2,  162; 

wenn  ich  diese  geschichte  niciit  in  wahrhaften  Schriften  ge- 
funden, würde  ich  sie  vor  eine  von  den  grüsten  aufsclinei- 
dereien  von  der  weit  halten.  Hoffmam.nswaldau  heldcnbr.  s. 
13;  man  macht  oft  grosze  aufschncidcrei  von  groszer  herren 
qualitäten.  Schuppius  110;  als  die  außchneiderei  zu  lang 
währcte.  Weise  erzn.  199 ;  unter  allerhand  dergleichen  auf- 
schncidcrei. maulaffe  244;  ich  mochte  ihn  nur  nicht  be- 
schimpfen und  auf  seine  aufschneidcreien  antworten.  Schel- 
mufsky 2,  54 ;  eine  gewisse  aufschneiderei  durfte  dem  divan 
nicht  fehlen.  Göthe  0,  144 ;  der  junge  Dorunes  war  auszer 
seinen  aufschneidereien  ein  knabe  von  guten  silten  und  recht 
artigem  betragen.    21,  145. 

AUFSCHNEIDERISCH,  prahlerisch:  so  wären  solche  auf- 
schneiderische anfange  gewis  uicht  ohne  schlimme  folgen  für 
mich  geblieben.    21,  77. 

AUFSCHNEITELN,  pularr,  falsa  et  superßua  a  ferlilibus  rc- 
secare:  er  befahl  seinem  forstmeister  die  jungen  liäuiuc  auf- 
ziischneileln,  wo  ihrer  viele  beieinander  stehen  müsten.  Mo- 
ser patr.  ph.  3,  2  »9. 

AUFSCHNELLEN,  sursum  librare,  vibrare:  einen  ring,  ball 
aufschnellen.  »»i/r(ins«;»t),  aufschnellen,  impetu  snrsum  librari: 
der  ball  schnellt  auf; 


729       AUFSCH.MEGELN— AUFSCUOCHEN 

vier  bäum, 
die  lasz  u-h  aufschnellen  mit  räum.    AiBEa  2öl* 

Stieler  1904  hat  es  für  auffahren,  zürnen. 

ÄLTSCHNIEGELN,  aufputzen,  aufsclmalzen. 

AUFSCHMPPELN,  klein  rupfen,  zerschnippeln,  hodideut- 
scher  scbnipfelo. 

AUFSCHNIPPEN,  micare  digilis,  Schnippchen  schlügen. 

AUFSCHNITT,  m.  disscctio,  nach  den  mehrfachen  bedeu- 
tungen  des  aufschneidens  (aufschnitt,  spalte  des  ermels,  der 
pfeife  oder  flöte),  zumal  auch  der  letzten,  ßr  prahlerei  und 
lüge,  Übertreibung:  und  wie  man  in  den  redlichen  alten  zel- 
ten einen  rechtschaffenen  mann  am  gemüt  und  am  hart  er- 
kennet, also  musz  man  hingegen  heutiges  tags  einen  mann 
Dur  am  fluchen  und  gottslästern,  am  boldern  und  bochen, 
an  unzüchtigen  garstigen  zotten  und  aufschnitten  erkennen. 
Phila.ndeb  1,  227.  22S;  was  neues  zu  hof?  der  Schalksnarr, 
indem  er  viel  närrischer  aufschnitte  und  tischereien  für- 
brachte^  hub  letztlich  an.  1,  531.  gehört  dies  tischerei  zu  auf- 
tischen, so  wird  dadurch  die  von  aufschneiden  und  aufschnei- 
derei  vorgelragne  erklärung  bestätigt. 

AUFSCHNITZ,  m.  proseissio.   Maaler  36'. 

AUFSCHNITZELN,  praecidere,  excidere:  eichen  zustutzen 
und  aufsckniueln.  Moser  vemi.  sehr.  1, 183.  papier  aufschniUeln, 
aufschnippeln,    vgl.  abschnitzeln  und  abschnippeln. 

AUFSCHNOPER.N,  gleichsam  naribus  vorare,  abripere  von 
fressenden  pferden:  unglücklicherweise  waren  die  futtersäcke 
gefault,  so  muste  der  hafer  von  der  erde  aufgesehnopert  wer- 
den. GöinE  30,  172,  richtiger  zu  schreiben  aufschnobern  von 
schnauben,  andere  sagen  aufschnuppern,  Plates  aufschnop- 
pern  und  gebraucht  es  für  naribus  percipere,  uie  ein  spürliund 
wittern,  aufspüren:  dasz  er  {der  kritikus)  in  ihnen  (Schillers 
tragüdien)  ein  revolutionäres  princip,  ein  beständiges  aufleh- 
nen gegen  alles  bestehende  aufschnoppert.    359.  s.  das  folgende. 

AUFSCHNÜFFELN,  naribus  senlire,  indagare,  von  Spür- 
hunden: er  weisz  alles  aufzuschnüffeln ;  schnüffelt  die  trüffeln 
auf.    wiederum  von  schnauben,  schnaufen  abzuleiten. 

AUFSCHNUPFEN,  dürße  in  demselben  sinn  genommen  ifer- 
den,  da  schnupfen  gleichfalls  mit  der  nase  einziehen  bedeu- 
tet, gewöhnlich  gilt  es  vom  aufziehen  des  labaks,  und  auf- 
scbnupfen  kann  dann  meinen,  allen  vorral  von  tabak  ver- 
sehnupfen.  Ayrer  aber  verwendet  es  auch  gans  richtig  in- 
transitiv für  zornig  auffahren,  fremere: 

so  zöra  ich  oft  und  schnupf  bald  auf.    fasln,  sp.  37', 

wozu  auch  die  folgenden  adjectiva  stimmen. 

AUFSCHNUPFISCH,  auffahrend,  von  aufschnupfen:  wie  so 
gar  unverschämt,  schweinhaftig  und  aufschnüpfisch  sie  in  re- 
den oft  sind.  Sim/)/ic.  1,347.     j.  aufschnüppig  K/id  schnipfisch. 

AUFSCHNUPPEn.N,  s.  aufschnopern. 

AUFSCHNÜPPIG,    auffahrend  oder   schnippig,    schnippisch? 

zeokisch,  aufschnüppig,  bös  und  murret. 

H.  SiCHS  J,  447«; 

unbescheiden,  hertmeulig,  üppicb, 

mit  werten  stolz,  frech  und  aufscbnüppicb.    1,449*; 

ich  bin  gewesen  stolz  und  üppich, 

hochmütig,  rauch  und  gar  aurschnüppich.    III.  3,  34*. 

ScRMELLER  3,  494  Aal  aufgeschuüpfig,  empfindlich,  leicht  zu  be- 
leidigen,   was    die  wahre   meinuny    sein   kann,     da  man  aber 
tagt,  es  verschnupft  mich,   verdrieszt  mich,   bleibt   die  wurzel 
immer  schnupfen,    doch  vgl.  schnippig,  schnippisch. 
AUFSCHNCREN,  nnl.  opsnoeren,  in  doppeltem  sirM, 

1)  ligare,  vineire:  korallen  aufschnüren;  einem  die  bände 
aufschnüren,  auf  den  rücken  binden;  den  Vorhang,  die  segel 
aufschnüren,  in  die  höhe  ziehen: 

wie  Pluto  die  segel  aufgeschnürt.    Gümtbkh  759. 

2)  laxare,  schere :  die  schuhe,  Stiefel  aufschnüren ;  das 
corset  aufschnüren ;  eine  ohnmächtige  schnell  aufschnüren ; 
die  brüste  aufschnüren,  5o/rere  ubera.  Stieler  190S ;  das  mäd- 
chen  konnte  sich  abends  nicht  selbst  aufschnüren. 

AUFSCH.NURREN,  in  die  höhe  schnurren: 

nu  schnurr  auf  und  lasz  prellen!    fasln,  tp.  620, 18; 

eine  saite  ist  aufgescbnurrt ;  eben  schnurrte  ein  käfer  auf. 
(.  aufsnrren. 

AUFSCHOBERN,  tu  5eAo6er  setzen :  beu,  stroh  aufschobern, 
aufdiemen.    t.  schober. 

AUFSCHOCHEN,  exslruere  stramenta  in  acervum.  Haaler36\ 
t.  das  folgende. 


AUFSCHOClCEN— AUFSCHREITEiN        730 

AÜFSCHOCKEN,  garben  auf  dem  felde  zusammenlegen.  $. 
schock. 

AUFSCHOLLEN:  glebas  frangere,    Maaler  36': 
wie  sie  zuerst  aufschollte  das  land  und  mildere  nahrung 
scbuf.  ^'oss- 

AUFSCHÖPFEN,  sursum  haurire:  wasser  aus  dem  brau- 
nen aufschöpfen;  beilmhe,  suppe  aufschöpfen,  aus  der  Schüs- 
sel auf  die  teller  geben. 

AUFSCHOSSEN,  gleichviel  mit  aufschieszen,  aufwachsen,  von 
krdutem  und  menschen:  unkraut  sehoszt  allenthalben  auf; 
der  junge  ist  schnell  aufgeschoszt,  empor  geschossen. 

AUFSCHÖSZLING,  m.  surcultis,  propago,  von  krdutem 
und  leuten :  da  ich  mit  ihm  sowol  und  auch  mein  vetter  Sie- 
gemund als  junge  aufschöszlinge  mitgeritten.  Schweimchen' 
1,  48 ;  nunmehro,  da  ich  ein  ziemlicher  aufschöszling  wurde. 
Leipz.  arant.  1,  46 ;  wie  heiter  werde  ich  die  Verlegenheiten 
der  jungen  aufschöszUnge  {der  jungen  mädchen  in  der  pen- 
sion)  betrachten.  Göthe  17,  377;  der  aufschöszling  des  glucks, 
der  parvenu.  Klisger  11,  239;  der  fall  dieses  aufschöszlings 
mag  eine  lehre  und  wamung  für  alle  ähnlichen  glücksritter 
werden.  TiECt  nov.  kr.  2,  459 ;  ich  habe  jetzt  noch  obendrein 
gehäufte  correspondenzen  mit  jungen  aufschöszlingen  derkunsL 
Bettine  briefe  2,  128.    s.  aufschieszling,  aufschüszling. 

AUFSCHRA.MMEN,  leviter  effringere,  aufritzen:  die  haut 
leicht  aufschrammen. 

AUFSCHRÄ.NKE.N,  kreuzweise  übereinauder  legen  und  auf- 
schieliten,  damit  die  lufl  durchstreiche:  breter,  dielen  auf- 
schränken.    Döbel  3,  77*. 

AUFSCHRAUBEN,  in  die  höhe  schrauben,  aufdrehen:  habt 
ihr  auch  je  ein  fläschen  aufgeschraubet  oder  mit  eim  diterich 
erbrochen  ?  Garg.  2l' ;  eine  dose  aufschrauben,  oß  auch  an- 
schrauben, die  schraube  erhöhen,  höher  spatuieu:  die  saiten 
aufschrauben ; 

um  meine  neugler  aufzuschrauben.    Wieland  22,  63; 
das    so   schön    aufgeschraubte  institut.    Heynes  briefe  an  Jok. 
Müller  216. 

AUFSCHRECKEN,   excitare,    erschrecken,    aufjageu,  machen 

dasz  einer  aufspringt:    das  wild   aufschrecken;    und    würdest 

dich  legen  und  niemand  würde  dich  aufschrecken.  Hiob  11, 19 ; 

und  aufgeschreckt  vom  schlaf  scbaun  göiier  aus  dem  himmel. 

Wieland  ; 

habt  ihr  nicht  selbst  mich  aus  dem  frieden 
der  rohen  einfalt  aufgeschreckt?   Goiter  1,446; 

dasz  mehrere  schon  anfiengen  über  die  Verwegenheit  ihres 
Unternehmens  aufgeschreckt  zu  werden  und  vor  der  alimacht 
des  kaisers  zu  erbeben.  Schiller  928 ;  der  sympathetische 
trieb  schreckt  den  erhaltungstrieb  aut    1129; 

ich  bitte  dich,  dasz  du 

aus  dem  träume  mir  ihn  auf  nicht  schreckest. 
REcKERT  338. 

iftlransiliv,  aufspringen,  auffahren:  ich  gieng  jjen  ersten  feld- 
weg,  die  feldhüner  schreckten  vor  mir  auf,  so  früh  wars  noch. 
Bettine  tageb.  30.  dies  geht  auf  ein  ahd.  screcchon,  das  transi- 
tiv aber  auf  screcchan  zurück,    s.  aufsclmcken. 

AUFSCHREI,  m.  clamor  alte  sonans :  jauchzender  aufscbrei ; 
hörst  du  der  Völker  staunenden  aufschreit  Schlbart. 

AUFSCHREIBEN,  literis  mandare,  notare:  er  schreibt  sich 

alles  auf;  hat  sich  einzelnes  aufgeschrieben,  das  beste  weisz 

er  auswendig; 

der  eine  macht  geschichten, 

der  andre  schreibt  sie  auf.    Eich£ndorff  ged.  390. 

itueribere,  den  titel  aufschreiben.  iNan  gebraucht  auch  aufschrei- 
ben ßr  aufkündigen,  aufsagen:  ich  habe  ihm  aufgeschrieben; 
will  mein  dienst  ihm  aufscbreibn.  Avrer  123*. 
AUFSCHREIBER,  m.  notator:  besitzen  wir  doch  aus  frü- 
herer zeit  kein  poetisches  und  kein  heiliges  blich,  als  inso- 
fern es  dem  auf-  und  abschreiber  solches  zu  überliefern  ge- 
lang oder  beliebte.    Göthe  33,  205. 

AUFSCHREIEN,  alte  clamare,  in  den  himmel  schreien: 
aufschrei  der  wachter,  was  ein  han.    H.  Sacbs  I,  4J6*; 
ir  blut  schreit  auf  umb  racb.    Unland  375; 
jener  sprachs,  aufschrieen  die  Djnaer  l.mt. 

Voss  //.  2,  394 : 

und   es   hat  Abner  zum   Joab   aufgeschrien.    Schuppics  692 ; 
sie  würde  vor  Verwunderung  laut   aufgeschrieen  haben.    Bet- 
tine br.  1,  67.    transitiv,    aufwecken  durch  geschrei :    sie  haben 
mir  das  kind  aufgeschrieen. 
AUFSCHREITEN,  sursum  gradi:   die  treppe   aufschreiten; 


731       AUFSCHRICKEN  — AUFSCHÜSZLING 


AUFSCHÜTTELN— AUFSCHWELLEN       732 


er  liesz  die  einzelnen  aufschreiten ;  um  sie  aufschreiten  zu 
lehren.  J.  Paul  teuf.  pap.  1,  150.  tapfer  aufschrciten,  beim 
wandern. 

AUFSCHRICKEN,  aufspringen:  die  agresten  und  sauren 
weinbeer  werden  also  eingemacht,  man  bricht  sie  fein  ge- 
mach von  dem  Stengel,  dasz  sie  nicht  aufschricken.  Hob- 
BERC  1,  216*. 

AUFSCHRIFT,  f.  inscriplio,  adresse,  vgl.  inschrift. 

ÄUFSCHRITT,  m.  ingressus,  das  auftreten:  blosz  der  laute 
aufschritt  und  die  Stiefel  waren  dem  Zöglinge  nicht  zu  neh- 
men {nicht  abzugewöhnen  vom  tanzmeister).  J.  Paul  Tit.  1,  121. 

AUFSCHROTEN,  bei  den  schlossern  mit  dem  schrolmeiszel 
spalten,    dann  in  die  höhe  wälzen,  hier  oder  wein  aufschroten. 

AUFSCHRUNDEN,  hiscere,  crepare:  die  erde  schrundetauf, 
bekommt  spalten,     die   richtige  form  war  früher  aufschrinden. 

AUFSCHUR,  m.  mora,  dilatio,  mhd.  üfschup.  da  machte 
ich  keinen  aufschub.  apost.  gesch.  25,  17 ;  da  nam  er  einen 
aufschub  und  frist,  drei  tage  sich  darauf  zu  bedenken.  Lu- 
ther 6,  175';  ich  bäte  aber  noch  auf  zwei  tage  aufschub. 
SciiwEiNicHE.N  1,  275;  bittet,  dasz  des  rechtes  ihm  ein  auf- 
schub bisz  auf  den  andern  rechtstag  geben  mücht  werden. 
Kirchhof  mil.  diso.  245 ;  aufschub  (induciae).  Rihel  Liv.  429 ; 
es  leidet  keinen  aufschub.    Götde  14,  221. 

AUFSCHULTERN,  auf  die  schütter  nehmen. 

AUFSCHÜREN,  excitare,  in  die  höhe  schüren,  die  flamme, 
den  zorn,  die  leidenschaft  aufschüren,  gewöhnlicher  anschüren. 

AUFSCHÜRER,  m.  incentor,  stimulator:  was  aber  den  streit 
beträfe,  das  hätten  anfangs  die  aufschürer  und  der  wein  ge- 

than.     SCHWEINICHEN  2,  338. 

AUFSCHÜRZEN,  succingere,  aufgürlen,  aufwinden,  nnl.  op- 
schorten.    sich  aufschürzen,  um  behender,  leichter  zu  werden: 

als  er  die  albcn  überstürzt, 

ein  laienbruder  in  aufschürzt.    H.  Sachs  IL  4,93'; 

aufgeschürzt  eng  gürtel.  Garg.  63";  schürze  dich  auf,  ihm  zu 
dienen,  pers.  baumg.  2,  20 ;  damit  schürzte  er  sich  auf,  stieg 
den  bäum  hinauf.  6,  6;  er  wird  sich  aufschürzen  und  wird 
sie  zu  tische  setzen,  und  vor  inen  gehen  und  inen  dienen. 
Lue.  12,  37 ; 

läuft  emsig,  wie  ein  wirt,  der  sich  die  mühe  kürzt, 
und  hurtiger  zu  sein,  sich  lustig  aufgeschürzt. 
Hagedorn  1,  26 ; 

die  junge  Hebe,  wenn  sie  halb  aufgeschürzt  den  güttem 
nektar  einschenkte.  Wieland  12,  175 ;  mit  dem  aufgeschürzten 
arm.  9,  262.  man  gebraucht  aber  aufschürzen  sowol  von  dem 
entblöszten  theil  des  leibs  ah  von  dem  aufgestreiften  gewand: 
den  arm  aufschürzen  und  den  ermel,  das  hemd  aufschürzen ; 
die  beine  aufschürzen  und  den  kittel.  blumen,  die  sie  in  ih- 
rem aufgeschürzten  gewande  trägt.  Götter  3,  426 ;  aufge- 
schürzte nase,  nasus  resimus.  den  kessel  aufschürzen,  über 
das  feuer  hängen. 

ein  aufgesclnirztes  pferd  heiszt,  das  eingefallene  seilen, 
einen  sogenannten  hechlsbauch  hat.  gcschröte  (scrotum)  wol 
aufgeschürzet   Prizelics  pferdewissensch.   s.  144. 

figürlich  bedeutet  aufgeschürzt  kurz  und  behend: 
im  reden  vor  dem  volk 
war  jener  aufgeschürzt  und  kurz,  doch  scharf. 
UiJRCER  153,  6, 

redete  iniXQOxäSrjv.  blieb  bei  diesem  kranken  treulich  und 
thät  alles,  was  er  ihm  befahl,  aufgeschürzet  {succincte).  pers. 
baumg.  4,  11.  Aus  dem  sinn  des  außängens  entfaltet  sich  aber 
auch  der  des  außaltens  und  aufschiebens,  hemmens  und  hin- 
dems:  wie  kund  er  aber  mich  bas  ufschürzen  dann  mit  mei- 
nen bekannten  Schriften?  Reuchlix  augensp.  SH* ;  dannocht 
oh  ich  gleich  also  geschriben  iiette,  so  were  ich  doch  nicht 
ufzeschürzen  mit  voriger  missif,  als  ob  ich  mir  selbs  solt 
widerwertig  <?rrunden  werden.  39'.  das  gericht  soll  wegen 
der  ernte  aufgeschürzt  werden,  diese  frage  soll  noch  aufge- 
schürzt, in  suspenso  bleiben. 

AUFSCHÜSSELN,  nnl.  opschotelen,  auftischen,  obgleich 
beide  Wörter  ganz  verschieden  gebildet  sind,  jenes  meint  die 
tchüssel  auf  den  tisch  tragen,  gut  aufschüsseln,  reiches  gast- 
mal geben;  man  wird  ihm  nicht  gleich  aufschüsseln;  in 
Städten  wird  zu  ungelegener  zeit  aufgeschüsselt.  Witzenb.  3, 
193;  sicherlich  war  es  seine  meinung  nicht,  dasz  er  uns  jene 
märchen  aufschüsseln  sollte.    Schiller  732. 

AUFSCHÜSZLING,  m.  surculus,  propago:  dasz  derselbig  ir 
einiger  sun  ein  jüngling  oder  ein  ufschüsziing  was.  Keisers- 
BERG  post.  3,  84 ;  er  klagt,  dasz  man  etwas  nicht  mer  teutsch 


bekreftigcn  kan,  sondern  es  musz  heiszen  par  ma  foi,  par 
dieu,  welches  unsere  ufschüszlinge  und  junge  schrannen  fast 
zu  jedem  ding  brauchen.  Chorion  ehrenkranz  s.  8 ;  lieng  der 
wirt  hünisch  zu  dem  grafen  an  zu  lächeln  und  meinte,  ich 
würde  es  unmöglich  können  bescheid  thun,  weil  der  herr 
graf  ein  dicker  corpulenter  herre  und  ich  gegen  ihn  nur  ein 
aufschüszling  wäre.  Schelmufsky  1,  18.  s.  aufschieszling,  auf- 
schüszling. 

AUFSCHÜTTELN,  excutere:  dem  kranken  das  bett,  das 
kopflvüssen  aufschütteln  (bei  Caesarius  heisterb.  4,  26  capitale 
vertere  et  mollificare) ;  das  fieber  schüttelte  ihn  heftig  auf; 
der  Postwagen  kann  einem  die  glieder  aufschütteln,  aufrüt- 
teln; er  schüttelte  ihn  aus  dem  morgenschlaf  auf;  der  bär 
schüttelt  sich  auf.  Fr.  Mijller  1,  23 ;  ob  es  gleich  nur  ein 
trauriger  dienst  ist,  wenn  man  uns  aus  einem  lieblingstraume 
aufschüttelt.  Göthe  20,  82;  Herder  schüttelte  mich  kräftiger 
auf  als  er  mich  gebeugt  hatte.  26,  8 ;  die  natur  macht  den 
menschen  abhängig  zur  erde,  trag  und  schwer  und  schüttelt 
ihn  immer  wieder  auf.    50,  6. 

AUFSCHÜTTEN,  superfundere,  aggerere,  nnl.  opschudden: 
das  sie  getreide  aufschütten  in  Pharao  kornhäuser.  1  Mos. 
41,  35;  also  schüttet  .loseph  das  getreide  auf,  über  die  masz 
vil.  41,  4ö ;  schüttet  dapfer  auf.  Garg.  43' ;  den  honig,  wie 
Joseph  auf  die  siben  magere  jar  aufgeschüttet.  225"; 
ich  schütte 
die  losze  auf.       Schiller  275*; 

den  wein  aufschütten;  in  der  müle  körn  aufschütten;  erde 
aufschütten,    vgl.  aufgieszen. 

AUFSCHÜTTERN,  was  aufschütteln,  nur  stärker: 
aufgeschüttert  von  des  milleids  triebe.    Borger  101'. 

AUFSCHÜTZEN,  in  der  müle,  an  teichen,  das  wasser  auf- 
schützen, die  multer  schützt  ihre  müle  auf,  entsendet  die  kin- 
der  zur  schule,    s.  abschützen. 

AUFSCHWÄLL,-m.  tumor. 

AUFSCHWANKEN,  in  die  höhe  fahren:  eine  diele,  über 
den  bach  gelegt,  schwankte  beim  betreten  leicht  auf. 

AUFSCHWÄNZEN,  dem  pferde  den  schweif  in  die  höhe  bin- 
den;  die  fische  beim  kochen  aufschwänzen,  so  dasz  sich  köpf 
und  schwänz  berühren;  der  aufgeschwänzte,  rauchende  hecht. 
J.  Paul  Hesp.  2,  122.  sich  aufschwänzen,  den  schwänz  aus- 
breiten: ein  ungewisse  färb,  wie  ir  am  turteltaubenhals  se- 
hen, oder  am  pfawen  in  der  sonnen,  wann  er  sich  auf- 
schwänzet und  spiegelet.  Garg.  118*. 

AUFSCHWÄRZEN,  schwarz  auffärben:  aufgeschwärzter  hut. 

AUFSCHWATZEN,  verbis  inducere:  da  sie  Aurelien  die 
sorge  für  des  kindes  erziehung  aufgeschwatzt  hatte.  Göthe 
20,  111 ;  was  ihr  da  seit  zehn  jähren  dem  armen  publicum 
habt  aufschwatzen  wollen.  Fichte  phil.  journ.  5,  96. 

AUFSCHWEREN,  sursum  ferri:  der  adler  schwebt  auf; 
die  göttin  schwebte  auf. 

schweben  auf,  schweben  ab,  neigen  sich,  beugen  sich. 
GöiHE  12,  236. 

AUFSCHWEIMEN,  in  allum  evolare,  mhd.  M  sweimen. 
schweimen  noch  bei  Stieler. 

AUFSCHWEISZEN,  ferruminare. 

AUFSCHWELGEN,  deglutire:  wilde  phantasien  haben  mei- 
nen schlaf  aufgeschwelgt  (aufgezehrt).  Schiller  162.  so  nimmt 
das  wort  auch  Stieler  1969,  unrichtig  aber  Dietrich  von  dem 
Werder  in  folgender  stelle  für  aufschwellen : 

gleichwie  das  wasser  pflegt  hoch  aufgesrhwelgt  tu  stehen, 
wenn  es  mit  einem  scnutz  und  lamme  wird  vorsehen. 
Ariost  18,  142. 

AUFSCHWELLEN,  intumescerc,  nnl.  opzwellen,  praet.  auf- 
schwoll, part.  aufgeschwollen,  goth.  svillan  svall:  die  traube 
schwillt  auf;  sein  herz  schwoll  auf  von  unmut;  der  auf- 
schwellende reichthum;  dasz  er  darvon  aufgesclnval.  Fischart 
bicnenk.  220';  20  pfund  silbers  mit  allem  aufgeschwollenen 
Interesse  (den  aufgewachsncn,  aufgelaufnen  xinsen).  Schuppius 
169  ;  aufgeschwollene  hcrrcngcfälle  abtragen.  Leipz.  avant.  2, 32 ; 

zu  der  schar  der  lodien  ward  der  stolzcsion  einer 
nnier  den  menschen  geniliri.   der  aufpeschwollne  verbrechet 
b.itto  seinem  volk  die  heiligen  rechte  der  frciheit 
sie  mit  sclilangcneuiwürfen  und  kinun  des  löwen  cnirisse'n. 
Klopsiock  Uess.  16,  438; 
weich  du  von  hier,  der  selbst  nicht  bemerkt  und  nur  nachspricht, 
eben  darum,  weil  du  dies  nur  und  niclils  mehr  ihust, 
aufschwillst,  weich!  werke  1,  267; 

wo  gleich  blendendem  schnoc  aufschwillt  ihr  heiliges  lagcr. 

Voss  3,  116: 
die  von  Ihrüncn  aufgeschwollenen   äugen.   Gotter  3,  56 ;  die 


733 


AUFSCHWELLEN — AUFSEHEN 


ALTSEHEN — AUFSEILEN 


734 


wange  war  durch  eine  Terkältung  aufgeschwollen.  Klincer 
9,  43 ;  dasz  schöpfungskraft  im  künstler  sein  müsse,  auf- 
schwellendes gefülil  der  Verhältnisse,  masze  und  des  gehöri- 
gen. GöTHE  44,  14;  die  fliisse  schwollen  von  wasscr  auf  und 
traten  über  ihre  ufer.  Kaxt  9,  32 ;  er-  konnte  niemand  verach- 
ten und  hassen,  weil  seine  geistigen  äugen  in  seinem  auf- 
geschwollenen ich  so  tief  saszen,  dasz  er  damit  gar  nicht 
über  das  geschwollene  ich  herausschauen  konnte.  J.  Paul  Tit. 
1, 109 ;  im  gründe,  sagt  ich,  schwillet  ein  Schriftsteller  so  gut 
auf  als  ein  Schriftsetzer,  nur  jeder  mit  dem  leidenden  theil. 
jubeis.  162 ;  dieses  aufschwellen  und  wieder  sinken  (des  tons). 
Bettise  br.  1,  304.  Lessing  in  folfjender  stelle  setzt  aufschwäl- 
let  für  aufschwillt :  dieses  epigramm  soll  rier  epigramme  ent- 
halten, und  es  ist  zur  höchsten  noth  kaum  eines;  nur  dasz 
der  schale  aufschlusz  desselben  in  jeder  zeile,  wie  eine  Was- 
serblase, mehr  und  mehr  aufschwället,  bis  er  endlich  in  ein 
wahres  nichts  zerstiebet.  8,  451. 

AUFSCHWELLEN,  tumidum  reddere,  inflare,  praet.  auf- 
schwellte, part.  aufgeschwellt,  goth.  svalljan,  svallida:  wasser 
aufschwellen.  Kirchhof  diso.  mil.  37;  wurde  aber  dis  wasser 
Ton  feinden  aufgeschwellet.  168 ; 

wie  seine  miuter  kocht,  die  zwischen  furcht  und  klagen 

ihr  aufgeschwelltes  leid  mit  kummer  kann  ertragen. 
ScüLTETüs  bei  Lessiiig  8,  266; 

als  der  erzürnte  ström  die  wellen  aufgeschwellet.- 

LoHENST.  Cleop.  2,  380; 

ein  berühmter  held  im  fressen, 

den  das  schlemmen  aufgeschwellt.    Hacedor!«  2,  150; 

einen  kleinen  gedanken  durch  weitschweifende  redensarten 
aufschwellen.  Lessinc  6, 136 ; 

ein  mund  von  Amorn  selbst  sanft  aufgeschwellt  zum  küsse. 

GoTiKR  1,320; 
wenn  die  Ungeduld  den  mut  aufschwellet.  Kj.inger  2, 159 ;  da 
musz   ich   lachen,    wenn    ich    mit   den  zahnen   knirsche,    die 
galle   mir    das    herz    aufschwillt   (/.  aufschwellt),    th.  3,  145. 
sich  aufschwellen,  inflari: 

das  wasser  schwellt  sich  auf.    Werders  Ariosl  11,  34; 
wie   würden    sich   alsdann   die    fluten  thürmen  und  der  aus- 
druck  aufschwellen.  Herder  13, 121 ;  ein  maulwurfshaufen,  der 
sich  schwerlich  zum  berg  aufschwellen  wird.  Klixger  12, 148. 

ALTSCHWELLU.NG,  f.  tumor:  in  einer  steten  und  der  auf- 
und  abschwellung  des  meers  gleichen  bewegung.  Lohexst. 
Arm.  2,  257 ;  wäre  nicht  die  aufschwellung  der  erde  unter  der 
linie  ein  so  gewaltiger  berg.  Kant  2,  521;  die  aufschwellung 
des  oceans.  8,  211. 

ALTSCHWEMMEN',  flumine  advehere,  icas  anschwemmen, 
aufgeschwemmt,  aufgedunsen. 

ALTSCHWENKEN,  empor  schwenken,  die  fahne,  den  but. 

ALTSCHW  l.M.MEN,  supernatare,  empor  schwimmen :  der  er- 
trinkende suchte  vergebens  aufzuschwimmen ;  ach,  wann  musz 
ich  aufhören,  über  diesem  glänzenden  stillen  meere,  über  die- 
sem schönen  ankerplatz  des  lebens  aufzuschwimmen.  J.  Paul 
flesp.  1,143;  aufschwimmender  schäum. 

AUFSCHWINGEN,  atiollere,  erigere:  ein  tuch  aufschwingen ; 
den  geist  aufschwingen,  erheben,  mhd.  diu  ougen  üf  swingen. 
sich  aufschwingen: 

war  ich  ein  wilder  falke, 

ich  wollt  mich  schwingen  auf.    wunderh.  1,  63; 
schwing  dich  auf,  frau  nachtigall, 

grüsz  mir  mein  liebchen  zehntausendmal.    Göthe  12,  104; 
der  adel  gut,  aus  freien  mut 
tet  sich  gar  stark  aufschwingen.    Ühiajcd  512; 
er  hatte  sich  bald  vom  gemeinen  zum  hauptmann  aufgeschwun- 
gen: schwang  sich  schnell  vom  lager  auf  und  entfloh. 

AUFSCHWIRIIE.N,  slrepere  sursum:  vögcl,  küfer  schwirrteo 
auf. 

AüFSCHWOREN,  digitis  impositis  jurare,  nnl.  opzweren : 

den  Stammbaum  Herwalds  hatten  heute 
beim  Stift  drei  alte  cdelleute 
als  richtig  aufgeschworen.    Gd«i?»cK  3.  243. 
AUFSCHWÖHER,  conjuratores,  eonsacramentales.  Moser  pair. 
fÄ.  4,289. 

AUFSCHWUNG,  m.  nisus,   volatus   in  altum:    aufschwung 

des  Vogels,  des  menschlichen  geistes ;  nie  geahnter  aufschwung. 

AUFSEGELN,  navi  in  arenas  invehi:  das  schif  ist  aufgescgelt. 

AUFSEHEN,  respicerr,  altendere,  nnl.  opzicn. 

1)  in  die  höhe,  empor  schauen,  goth.  ussaihvan,  nvaßXtTtetv : 

darumh  bin  icii  aufgewacht,  und  sähe  auf,  und  habe  so  sanft 

geschlafen.  Jer.  31,26;  hat  er  gutes  im  sinn,  so  sihet  er  frö- 

lieh  auf.  Sir.  13,  32;  sähe  auf  gen  himel  und  danket.  5Iatth, 


14,  19.  Marc.  6,  41.  Luc.  9,  16;  sähe  auf  gen  himel,  seufzeL 
Marc.  7,  34 ;  und  er  sähe  auf  und  sprach.  8,  24 ;  freilich  sagt 
mir  das  der  erste  blick,  wenn  er  wieder  aufsieht.  Göthe  7, 
131;  alle  leute  sahen  auf,  als  sie  eintrat. 

2)  aufmerken,  aufachten,  attendere,  animum  adrertere :  ich 
bit  euch,  lieben  brüder,  ir  wollet  ja  aufsehen  auf  die  da  ma- 
chen secten  und  ergernisse  neben  der  lere,  die  ir  gelernet 
habt.  Luther  1,  504';  da  sihe  auf,  das  du  den  grund  nicht 
nachgebest  denen  die  wollen  gewalt  haben  gottes  gebot  zu 
endern.  3,  263 ;  einem  gotgelerten,  aufsehenden  menschen  pre- 
digen all  creaturen.  Fr.\xr  chron.  vorr.  a  3' ; 

laszt  uns  verachten  nit  den  feind, 
sonder  aufsehen  in  den  sachen. 

H.  Sachs  lU.  1,  45». 

3)  auf  jemand  warten,  erwarten,  franz.  attendre :  sie  ent- 
schuldigte sich,  weil  sie  mit  Lianen  spazieren  gehe,  auf  die 
sie  jede  minute  aufsehe.  J.  Paul  Tit.  2,  53;  als  sie  auf  das 
vierte  kind  jede  stunde  aufsah,  komet  1,  6. 

AUFSEHEN,  n.  aufschauen,  s.  aufgesehe. 

1)  sinnliches  blicken  und  schauen:  die  hübschen  frewlin, 
die  so  ein  grosz  ufsehen  haben  uf  iren  leib.  Keisersb.  omeis 
79*;  er  gedacht,  wie  er  sich  von  dannen  machen  könnt,  die- 
weil  auf  in  alles  volk  ein  aufsehens  hatte.  Galmy  329 ;  da  du 
igott)  ein  aufsehen  hast  auf  uns  deine  arme  kinder.  Schcp- 
piüs  431;  aufsehen  macht  die  ros  feist.  Froxsp.  1,  149',  wie 
das  Sprichwort  lautet:  des  herrn  äuge  füttert  das  ros;  auf- 
sehen ist  im  spiel  die  beste  schanz,  und  wer  nicht  wil  die 
äugen  aufthun,  der  thu  den  beutel  auf.  spielteufel.  Ff.  1564. 
B  3' ;  Alcibiades,  der  in  unsern  Zeiten  so  viel  aufsehens  ge- 
macht {so  viel  blicke  auf  sich  gezogen)  hat.  Wielaxd  1,  143; 
die  Sache  machte  in  der  Stadt  ein  groszes  aufsehn  {alle  blick- 
ten, richteten  ihre  äugen  darauf) ;  ich  meide  gern  aufsehn, 
kann  aufsehn  nicht  leiden. 

2)  cüra,  attentio,  acht,  aufsieht,  riicksicht:  leben  und  wol- 
that  hastu  an  mir  gethan,   und  dein  aufsehen  bewahret  mei- 

•nen  ödem.  Hiob  10,  2;  er  hat  ein  aufsehen  auf  seine  auser- 
welten.  weish.  Sal.  3,  9.  4,  15;  das  sie  allen  iren  vleis  und 
aufsehen  dahin  keren.  Lcther  1,  251';  gleichwol  dringt  mich 
die  hohe  grosze  sach,  kein  aufsehen  weder  auf  e.  g.  hoch 
wird  und  achtbarkeit  noch  auf  mein  unwirde  zu  haben.  2, 
143';  nu  ab«r  weil  der  streit  weret,  so  lang  musz  imer  ein 
aufsehen  sein.  2,  348';  wie  gott  so  gnaw  aufsehen  het  auf 
die  seinen.  4,  90';  man  hat  mer  aufsehens  auf  die  groszen 
gewaltigen  bansen,  denn  auf  die  armen  leute.  4,529';  so  sol- 
len wir  uns  nu  also  in  unsern  leiden  halten,  das  wir  das 
gröszte  und  meiste  aufsehen  auf  die  verheiszungen  haben. 
5,  312';  denn  es  darf  aufsehens.  Luthers  br.  4,  547;  fleiszig 
aufsehens  haben,  not.  ordn.  von  1512  §.  14;  haben  ein  grosz 
aufsehen,  dasz  sollich  kuchen  nit  ersauren.  Fraxk  fcW/6.  147'; 
das  sind  die  geist,  vor  den  uns  Christus  gebeut  aufsehen  zu 
han  und  zu  wachen.  Paracelsüs  2,  253';  denen  allen  gut  auf- 
sehens zu  haben  gebüret.  Kirchhof  dw.  »ni/.  145;  es  gilt  auf- 
sehens mit  den  guS'en  {nadeln),  dasz  sie  eim  nicht  bestecken. 
Gorj.  136'; 

es  schadet  nicht  ein  gut  aufsehen, 

dann  die  weiber  sind  wunderlich.    Atrer343*; 

seines  aufsehns  hat  er  kein  gwin. 

Atrer  fastn.  sp.  11'; 
da   sali  u.  gn.  h.  einen   buschhueler  haben,   der  sali  darauf 
ein  aufsehens  haben,  weisth.  2,  674.    in  dieser  andern  befleu- 
tung  zieht  man  heute  aufsieht  vor. 

AUFSEHER,  m.  inspector.    vgl.  oberaufsehcr,  sittenaufseher. 

AUFSEHERIN,  f  inspectrix. 

AUFSEHIG,  altentus:  Carneadcs  ein  geliemig,  behend,  auf- 
sehig mann.  Fraxk  chron.  9l'. 

AUFSEHNEN,  surgere  cupere,  aufverlangen:  der  kranke 
sehnt  sich  auf,  verlangt  aus  dem  bette;  das  zu  seinem  schöpfet 
sich  aufschnende  gemüt  des  menschen.  Göthe  24,  63.  s.  sehnen. 

AUFSEHUNG,  attentio,  inspeclio:  ist  der  halben  an  euch 
unser  beger,  ir  wollet  auf  diese  sache  gut  aufsehung  haben. 
Luther  2,  73*;  sollen  die  gemelten  unterthanen  ein  getrewe, 
vieiszige  aufsehung  habeti.  3, 107. 

AUFSEILEN,  was  anseilen,  illaqueare,  alligare,  aufbinden, 
aufbürden : 

man  hat  mir  über  dank  aufgeseilt,   fastn.  sp.  235,  4; 
der   den   occidentischen    kirchen    den  römischen  glauben  mit 
gewalt  hat  aufgeseilt.  Frask  weltb.  35';  welcher  weit  ein  an- 
dere ursach  alles  flbelstands  der  weit  aufseilt.  37*;  die  oren-' 
beicht   sei   von   pfalTen   erdicht  und  der  weit  aufgeseilt.  79'; 


735 


AUFSEIN  — AUFSESZ 


AUFSETZBAR  —  AUFSETZEN 


736 


des  ursach  die  einwoner  uns  aufseilten.  223';  ist  etwas  nit 
so,  wie  du  wünschest,  herfürbrachl,  also  das  ich  dir  an  vil 
orten  nit  genug  thii,  und  noch  vil  begerst,  so  bitt  ich  dich 
wollest  dis  meiin  Unvermögen  aufseilen,  das  ich  nit  iner  ver- 
mögt hab,  sunder  geben  was  ich  hab.  cliron.  vorr.  a  2' ;  wann 
gott  uns  aus  seiner  Ordnung  disen  tyrannen  aufseilet.  177'; 
erbub  sich  ein  grosze  scisma  wider  Symmachum  von  wegen 
einiger  laster  im  aufgeseilet.  282";  nu  ist  das  auch  ein  gnade 
und  gäbe  gottes,  das  gott  euch  den  sawren  nasenschweisz, 
so  von  der  sünde  wegen  menschlichem  geschlechte  aufgesei- 
let, dennoch  mit  nützlichen  Instrumenten  und  künsten  lindert. 
Mathesius  145';  mit  brächtigen  träworten  und  vvaffen  wolle 
der  weit  kuntbar  machen  und  aufseilen.  Wernstreit  kr.  buchl. 
des  fr.  115;  mir  lasz  ich  nichts  aufseilen,  v.  Birke.n  OL.  414; 
lieszen  den  groszen  frisischen  hengst,  sampt  den  jungen  fül- 
len, die  er  in  aufgeseilt  {ihnen  als  geschenk  aufgehängt  hatte), 
hinab  rumpeln.  Garg..iZb*; 

ir  jog  unt  aufgesailte  last.    Melissus  A4'; 
was  du  einem  andern  thust  und  aufseilest.  Avrer  proc.  1,  9 ; 
er   hat   ihm   eins   aufgeseilet,   fucum  ei   fecit.   Stieler  2000. 
kommt  .später  auszer  ijcbrauch. 

AUFSEIN,  nnl.  opzijn,  keine  wahre  Zusammensetzung,  son- 
dern mit  noch  fühlbar  loser  parlikel,  hauplsdclilich  in  folgen- 
den lebendigen  anwendungen: 

1)  aufgehen,  die  sonne,  der  tag  ist  schon  auf;  weil  der 
mond  noch  nicht  auf  war.  J.  Paul  uns.  löge  3, 116 ;  der  lichte 
morgen  ist  auf.  weidschreie  S2;  der  morgenstern  ist  auf.  ge- 
gensatz  von  unter,  nieder,    man  ergänze:  gegangen. 

2)  aufgehen,  sich  öfnen:  die  blume  ist  noch  nicht  auf ;  das 
fenster,  die  thür  ist  auf.     die  schiffart  ist  wieder  auf. 

3)  aufstehen,  aufbleiben  aus  dem  bette:  wenn  ich  aufwache, 
horch  ich,  ob  der  bruder  schon  auf  (gestanden)  ist.  Göthe 
7,  29 ;  nach  einer  meist  durchwachten  nacht  war  ich  früh 
auf.  23,73;  weg  zu  sein,  eh  man  auf  war.  J.  Paul  Hesp.  1, 
163;    den  abend  wöll  wir  noch  auf  sein.  H.  Sachs  III.  1,57'. 

4)  sich  befinden,  auf  den  beincn  sein:  wie  bist  du  auf? 
(mhd.  wie  verstu?);  ich  bin  wol  auf,  valeo;  er  ist  besser  auf; 
bei  gehendem  leib  übel  auf  sein.  Schweinichen  2,  266.  3, 11 ; 

Rom  war  nie  besser  auf,  als  wie  die  hohen  sinnen 
ein  niedrigs  dach  bewohnt.  Opitz  1,  133; 

wegen  des  erschrecknisses  nicht  wol  auf  sein.  Schweinichen 
2,  124;  weil  sie  vermerkten,  dasz  die  hennen  nicht  wol  auf 
waren.  Lokmans  fabel  32 ;  bin  ich  übel  auf  gewesen.  Schwei- 
nichen 2,  266 ;  mein  liebs  weib  auch  zu  unterschiedlichen  ma- 
len ganz  übel  auf  und  ungesund  gewesen.  3, 173. 

5)  sich  rüsten  und  aufmachen,  auf  die  bcine  machen,  sich 
erheben,  zu  pferde  steigen,  mhd. 

Sit  üf  und  vait  mit  mir!  Mai  171,  21; 
das  alles  von  Insbruck  an  bis  gen  Trient  rege  und  auf  ist. 
Luther  3, 151' ;  wenn  gottes  wort  kompt,  da  ist  alle  weit  auf 
(empört),  da  hebt  sich  toben  und  wüten  an  allen  enden.  5, 
54';  darumb  spricht  gott,  ich  musz  auf  sein,  die  armen  sind 
verstöret.  8,  364';  wie  die  unsern  zu  Augsburg  wollen  auf 
sein.  br.  4,  174;  wa  nit  das  creuz  disen  lendern  zu  hilf  wer 
worden  und  alles  Europa  wer  aufgewesen  (sich  gerüstet  hätte). 
Frani  weltb.  30';  obwol  der  Türk  rachselig  zu  widergeltung 
oftmals  ist  auf  gewesen.  100'; 

der  Türk  ist  aber  gwaliig  auf.    üuland  521 ; 

CS  ist  ein  groszes  gescl)rei, 

das  der  Tiirk  also  siark  auf  sei, 

Constaniinopcl  zu  überziehen.    Avrer  149*; 

wir  sollen  schnell  uf  sein.  Götz  von  Berl.  21;  bin  ich  nach 
der  Steinau  und  von  dannen  nach  Gänschdorf  auf  gewesen. 
Schweinichen  2,  260. 

6)  aufgehen,  aufgezehrt  sein:  da  aber  das  fleisch  noch  un- 
ter ihren  zencn  und  eh  es  auf  war.  i  Mos.  11,  33;  und  liesz 
im  des  tagcs  ein  leblin  brol  geben  aus  der  beckcrgassen,  bis 
das  alles  brot  in  der  stad  auf  war.  Jer.  37,  21;  Judith  ant- 
wortet, ich  darf  noch  nicht  essen  von  deiner  speise,  sondern 
ich  habe  ein  wenig  mit  mir  genommen,  davon  wil  ich  essen, 
da  sprach  Holofernes,  wenn  das  auf  ist,  das  du  mit  dir  bracht 
hast.  Jud.  12,  3.    nnl.  a!  het  brood  is  op. 

AUFSENDEN,  resignarc:  das  leben  aufsenden.  IIai.taus  66.  07. 

AUFSENKELN,  bergmännisch,  mit  scnkdn  festigen :  die  rip- 
pen  am  treibehut  aulsenkcln.    s.  senkel. 

AUFSESZ,  n.  ein  fränkischer  ortsname,  mhd.  ftfsa.'jc.  Lasc 
reg.  2,  71  (a.  1216).    gebildet  wie  aufkirchen,  aufliauscn. 


AÜFSETZBAR,  was  aufgesetzt  werden  kann, 

AUFSETZEN,  imponcre,  apponere,  instituere,  nnl.  opzelfen : 

1)  leiblich  aufsetzen:  dem  liaupte  hu(,  kränz,  kröne  auf- 
setzen ;  und  er  liesz  des  königs  son  hervor  komen  und  setzt 
im  eine  kröne  auf.  2  kün.  11, 12 ;  setzen  inen  krönen  auf.  ßa- 
ruch  6,  8 ;  flochten  eine  dornenkrone  und  salzten  sie  im  auf 
(goth.  atlagidedun  ana  ina  jiaurneina  vipja).  itfarc.  15, 17;  setzt 
einen  heim  des  iieils  auf  sein  heubt.  Es.  59,  17 ;  setzt  die 
heim  auf  und  scherft  die  spiesze.  ier.  46,  4 ; 

als  aber  wiederum  der  sonnen  heller  glänz 
dem  erdenkreisz  aulsutzt  den  groszen  griiiien  kränz. 
VVehdeks  Ariosl  11,  77; 
solt  ich  im  nit  ein  nipThauben  aufsetzen? 

fasln,  sp.  357,  32 

(sollt  ich  ihm  nicht  sein  haar  zerraufen  ?) ;  flocht  ire  haar  ein 
und  setzte  eine  hauben  auf.  Jud.  10,  3;  dann  wiszt  ihr  nit 
von  jenem  philosopho,  der  sich  ab  eines  äffen  bossen  gesund 
lacht,  als  er  sähe  ine  sein  doctorhäublein  und  überparetlein 
vom  nagel  ziehen  und  es  so  ordenlich  wie  der  best  dorfcal- 
mäuser  aufsetzen?  Garg.  13;.  wie  der  wittebergisch  magister, 
der  seines  preceptors  schlafliaub  aufsatzt.  71*;  wie  die  jung- 
frawen  die  Schleier  aufsetzen.  74';  wie  wolt  ein  huter  eim 
jeden  narren  ein  rechten  hut  aufsetzen?  118';  ich  wil  dir 
jetzund  also  par  mit  meiner  band  ein  roths  liütlin  aufsetzen. 
256',  d.  h.  dich  blutig  hauen,  altfranz.  faire  rouge  chapel 
Rcinh.  fuchs  s.  390) ;  wie  wir  einem  stolzen  aufgeblasenen  kerl 
in  unsrer  compagnie  möchten  .die  hille  (hülle,  schleier,  kappe) 
aufsetzen.  Weise  erzn.  450.  zumal  gilt  aufsetzen  vom  ordnen  des 
barts  und  haares  (vgl.  aufsatz  und  aufschlagen,  aufschnatzen) : 
den  hart  aufsetzen,  den  knebelbart  schnieren  und  in  die  höhe 
streichen;  das  haar  aufsetzen,  über  dem  wirbcl  zusammen- 
stecken; ein  frauenzimmer  aufsetzen,  ihren  haarputz  besorgen; 
die  Mexicanerin,  wenn  man  sie  abgeschmackt  fände,  weil  sie 
nicht  il  la  rhinoceros  oder  a  la  coraefe  aufgesetzt  war.  Wie- 
land 14,  79 ;  sie  w-ar  nicht  zu  ihrem  vortheil  aufgesetzt.  19, 
269 ;  sie  war  immer  mit  geschmack  aufgesetzt  und  ihrem 
Stande  gemasz  gekleidet.  30,  159 ;  die  schalen  köpfe,  deren 
empörung  gegen  die  religion  zunimmt,  sobald  sie  des  mor- 
gens gut  aufgesetzt  sind.  Abrt  verdienst  2,2;  wie  schön  legt 
sie  (Aronens  stadl)  Lünens  blanc  d'Espagne  auf  und  scheint 
sich  im  umgeworfnen  pudermantel  des  mondscheins  für  mor- 
gen aufzusetzen  und  zu  putzen.  J.  Paul  Tit.  1,  11.  früher 
brauchte  man  aber  aufsetzen  vom  anlegen  (imponcre)  des  gan- 
zen gcwandes: 

bringe  mir  das  kleid 

das  wil  ich  ihn  (eis)  aufsetzen,   fasln,  sp.  912,  27 ; 

setzet  auf  dis  newe  gewant!  913,  7. 
o/I  musz  die  gewohnheit  entscheiden  zwischen  aufsetzen  oder 
anlegen,  es  hciszt  nicht  den  ring  aufsetzen,  sondern  anlegen, 
aufstecken,  wol  aber  die  brille  aufsetzen :  setz  brillen  auf  und 
sihe!  seh.  und  ernst  cap.  20.  die  thiere  setzen  hörner  auf, 
schieben  hörner:  der  hirsch  setzt  auf,  bekommt  neues  geweih; 
am  höchsten  ist  der  hirsch  im  juni,  so  er  aufgesetzt,  weidspr 
198;  die  frau  setzt  ihrem  manne  hörner  auf  (s.  hörn),  die 
hörner  aufsetzen  bedeutet  auch  kampffertig,  wie  den  köpf  auf- 
setzen hartnäckig,  eigensinnig  sein:  weil  sie  (die  gottlosen) 
ire  hörner  aufgesetzt  haben.  Luther  4,  357' ;  weil  herzog  Georg 
seinen  köpf  aufsetzt.  4,  315* ;  er  setzt  seinen  köpf  auf,  wider- 
strebt,    einem  eine  nase  aufsetzen,  ihn  anfiihren. 

2)  tische,  bänke,  stüle,  speisen,  schusseln,  teller,  gläser, 
leuchter,  kcgel,  schcilcr,  holz  aufsetzen:  wenn  du  die  lampen 
aufsetzest.  4  Mos.  8,  2 ;  die  letzten  lichlerchen  aufsetzen.  Lks- 

siNG  12,  522 ; 

ein  ungekämmter  knab 
erschien  die  lafcl  aufzusetzen.    Wiki.and  9,  50; 

unter  den  spielen  führt  Fischaut  n  422  eins  an  was  setzt  ihr 
den  gasten  auf?  und  s.  171*  ein  anderes  hirt,  setz  geisz  auf, 
was  vielleicht  zu  3)  gehört. 

die  schwarze  nacht,  setzend  mit  stillom  gang 
des  liiniincis  lichter  aiif.-  Wkckhrrmn  225; 
anstat  deines  worts  hat  er  zu  deinem  spol 
bildslöck  und  götzcn  aufgesötzct.    1S3; 

waarcn  aufsetzen;  holzhaufen  aufsetzen,  aufschichten;  wenn 
man  puIver  auf  die  pfannc  schüttet  und  die  luntc  aufsetzet, 
so  giiit  es  einen  groszen  knall.  Schuppius  225;  eine  Schleu- 
der aufsetzen  (aufrichten),  pers.  rosenth.  7,  20;  häuser  auf- 
setzen, pers.  reiseb.  3,  1.  sich  aufsetzen,  zu  wageit  oder  zu 
Pferde  steigen,  zweige  aufsetzen,  einsetzen,  inserere,  pfropfen: 
du   solt  dich  auch  fürsehen,   das  du  keine  zweige  eben  den- 


I 


737 


AUFSETZEN 


AUFSETZEN— AUFSETZLICH 


738 


selbigen  tag,  welchen  du  sie  aufsetzen  will,  lassest  abprechen. 
Sebiz  328. 

3)  aufsetzen,  aufs  spiel  setzen,  einsetzen,  wagen:  das  wir 
getrost  wagen  und  aufsetzen,  wo  es  die  not  foddert.  Luther 
3,398;  seinen  leib  aufzusetzen.  Kirchhof  tfenrfunm.  54';  aller 
unser  vermögen,  auch  gut  und  blut  nach  dem  willen  und 
wolgefallen  des  allmächtigen  aufzusetzen  und  zu  wagen  schul- 
dig, mil.  disc.  90;  desgleichen  wil  ich  auch  meiner  rautter 
söhne  einen  bei  euch  aufsetzen.  Redtter  kriegsordn.  33 ; 

dann  die  meinung  ist  auch  bei  vielen, 

wann  sie  das  volgend  jar  wölln  spielen, 

dieselben  prennig  setzen  auT, 

auf  das  sie  nimer  rew  der  kauf. 

B.  Waldis  p.  Reich  Gg 2': 
welches  Streits  doch  der  arme  kranke  nicht  gelachen  mag,  die- 
weil  er  die  haut  aufsetzen  musz.  Fel.  WLrtz  prad.  24; 

ich  setz  mein  blut  und  leib 

für  euch  auf  liebe  brüder.    Weckherlis  627 ; 

viel  guter  riiiersleute 
die  hatten  ihr  leben  aufgesetzt, 
und  in  der  Walachei  das  arme  feld  genetzt. 
Opitz  1,  4; 
Ober   diser  unglaublichen   ergetzung  haben  ihrer  viel  hunger 
und   durst   erlidten,    ihr  ganz   vermögen   aufgesetzt  und  fast 
ihrer  selbst  vergessen,  poeterei  75 ; 

wer  in  händel  ein  sich  läszt,  wer  sich  einläszt  in  ein  spiel, 
jeder  musz  hier  setzen  auf,  welcher  was  gewinnen  wil. 

LoGAü  2,  t,  31 ; 
Cardenio  hat  frei  was  höher  mich  geschätzet, 
ja  vor  mich  ehr  und  rühm  und  leben  aufgesetzet. 

Grtphids  1,  21S; 
«unst  musz  der  setzen  auf  der  hier  gewinnen  wil. 

FtBMiJtG  49; 
wer  ehre  wil  gewinnen  der  musz  blut  setzen  auf.    220; 
wer  fürs  vaterland  setzt  auf  schweisz,  kräfie,  blut  und  geist. 
LouENSl.  Arm.  1,  &41 ; 

wie  Süll  ein  soldat,  der  nichts  zu  fressen  hat,  leib  und  leben 
im  streit  aufsetzen?  pers.  baumg.  1,33;  ein  könig  hat  macht 
über  seine  feinde,  wann  sein  beer  vergnügt  und  gesättiget  ist, 
sintemal  es  umbs  brot  seine  köpfe  aufsetzet,  das.;  welcher 
rechtschaffene  held  bei  dem  gemeinen  wesen  land  und  leut 
aufgesetzt.  Simpl.  2, 158 ; 

du  siehst,  man  will  dich  übertäuben, 
doch  gib  nicht  nach,  setz  alles  auf, 
und  lasz  dem  handel  seinen  lauf, 
denn  recht  musz  doch  recht  bleiben. 

Geliert  1,  70; 
an  die  ich  leib  und  leben  aufeesetzt. 

\ViELA.iD  23,  309 ; 

mich  hat  das  Unglück  so  herum  und  so  müde  gezaust,  dasz 
ich  mein  leben  gegen  eine  Stecknadel  aufsetze,  um  es  da- 
durch entweder  zu  verbessern  oder  zu  verspielen.  Bürger  2S9'; 
für  denselben  alles  das  unsrige  bis  auf  den  letzten  bluts- 
tropfen  aufzusetzen.  Schiller  351;  für  ihn  den  letzten  bluts- 
tropfen  aufzusetzen.  979. 

4)  aufsetzen,  aufzeichnen,  literis  mandare:  eine  rechnung, 
die  kosten  aufsetzen ;  von  solchen  zügen  der  alten  ist  leider 
nichts  aufgesetzt.  Micrälils  a.  P.  1,  47;  mit  flüchtiger  feder 
aufgesetzet.  Weise  erzn.  vorr.;  nun  war  der  Schreiber  ge- 
schwind über  das  dinlenfasz  her  und  setzte  folgenden  wun- 
derschönen brief  innerhalb  sechs  Viertelstunden  auf.  121 ;  vor- 
Irefliche  werke  aufgesetzet  haben.  J.  Paul  teuf.  pap.  1,  127. 
ebenso  beim  nähen,  aufsetzen,  aufnähen. 

5)  aufsetzen,  insliluere,  einsetzen :  es  müst  auch  dem  bapst 
verboten  werden,  mehr  solcher  orden  aufzusetzen  oder  be- 
eletigen.  Luther  1,  302';  darumb  sol  auch  keiner  von  im  selb 
auftreten  und  in  der  gemein  predigen,  sondern  man  musz 
einen  aus  dem  häufen  erfürzihen  und  aufsetzen,  den  man 
müge  wider  absetzen  wenn  man  wolle.  2,  341*;  nu  hat  got 
Ann  sibenden  tag  ausgesondert  und  aufgesetzt  zu  feiern.  4, 
393';  festläge  oder  andere  ceremonien  ein  Zeitlang  aufzu- 
setzen. 5,  lo';  darumb  ist  die  ehe  aufgesetzt,  dasz  man  nit 
falle  in  den  strick.  Frank  cAron.  374';  von  wem,  warumb  und 
zu  was  sie  (die  olympischen  spiele)  aufgesetzt  worden.  Seüter 
rosarzn.  6;  in  der  gemein  ist  einer  aus  den  eltesten  erweit 
und  aufgesetzt  worden.  Meijvnchth.  2  Cor.  2 ;  die  bischuf  ha- 
ben darzii  keinen  gewalt  zu  gepieten  oder  aufzusetzen.  1  Cor.  4; 
wenn  man  art  oder  manier  des  lebens  zum  petteln  aufsetzt. 
2  Cor.  8 ;  bisz  sein  söhn  Seliin  zum  türkischen  keiser  aufge- 
setzt worden.  Froüsp.  3,  298" ; 

lasi  auch  kein  Schmeichler  sich  aufsetxen.  H.  Sachs  I,  489', 
$ich  eindrängen,  festsetsen? 


6)  namen,  ziel,  preis  aufsetzen,  vorstecken,  aufrichten:  und 
misfalt  unsem  gnaden  auch  nicht,  das  man  von  eim  sonde- 
ren unversehenem  fall  eim  kind  den  namen  aufsetze.  Garg. 
106';  ir  herren,  nit  stellet  in  vergesz,  auf  das  aufgesetzte  zil 
zu  kommen.  AimonL;  das  der  mensch  sein  aufgesetztes  ziel 
schwerlich  überschreiten  mag.  Simpl.  1,  205 ;  aus  eben  dieser 
Ursache  hätte  Önomaus  seine  eigne  tochter  Hippodamia,  Pi- 
sander  seine  Schwester  als  einen  preis  dem  tapfersten  beiden 
aufgesetzt.  Lohesst.  Arm.  1, 1405 ;  ich  würde  darüber  den  auf- 
gesetzten preis  verlieren.  Rabe.ner  5,  44.  52.  wir  sagen  heute 
den  preis  aussetzen. 

7)  aufsetzen,  nach  der  bei  aufsatz  unter  7  nachgewiesenen 
bedeulung,  ist  übersetzen,  steigern,  wuchern  im  darlehn  oder 
fruchtverkauf :  als  bette  der  herr  Christus  drin  geboten  also 
zu  leihen,  das  niemand  nichts  aufsetzt  oder  gewinst  daran 
sucht,  sondern  frei  hin  leihen  solt.  Luther  1,  192';  wir  be- 
triegen  und  teuschen  unternander,  setzen  auf  und  machen 
tewrung.  5,463*;  gleichwie  itzt  die  bawm  und  edelleute  iren 
mutwillen  treiben  mit  irem  aufsetzen,  sie  haben  den  boden 
imd  die  fruchte  innen,  wollen  nu  auch  das  gelt  haben.  5,  466': 
ich  hab  gehört,  wie  dasz  e.  f.  g.  nach  abgang  dieses  aufsatzes 
wollte  eine  andere  (aufläge,  abgäbe)  und  vielleicht  schwerer 
aufsetzen.  Luthers  6r.  1,  78;  aber  was  geht  er  mich  an?  ich 
will  prave  aufborgen  und  die  leute  aufsetzen  helfen.  Schoch 
stud.  leben  J  5. 

8)  aufsetzen,  insidiari,  nachstellen,  verleiten  {wie  aufsatz  S) : 
laszt  euch  Hiskia  nicht  aufsetzen  (fallere).  2  kön.  18,  29 ;  lasz 
dich  deinen  gott  nicht  aufsetzen.  19,10;  die  schlänge  hat  mich 
also  aufgesetzt,  dasz  ich  asz.  Luther  4,  23' ; 

du  folgst  ihm  und  bist  lieb  den  andern  göttern  allen, 

ich  nehme  Ceres  aus,  weil  sie  dich  sehr  verletzt 

vor  diesem,  wie  man  sagt,  und  heftig  aufgesetzt.   Opitz  1,  434; 

ich  mag  nicht  sagen,  was  er  für  andere  beutelschneiderpos- 
sen  mit  mir  triebe  und  wie  er  so  viel  ehrliche  leut  an  an- 
dern orten  hab  aufgesetzt  und  sie  überredet,  dasz  ich  und  er 
freunde  seien.  Schuppius  255;  Plautus  sagt:  man  sehe  sich 
so  wol  vor,  als  man  immer  wolle,  so  wird  man  doch  oft,  auch 
wo  man  meinet,  dasz  man  am  allerbesten  sich  vorgesehen, 
betrogen  und  aufgesetzet  werden.  Hohberg  3,  48';  ein  mäd- 
chen  aufsetzen,  verführen;  er  hat  schon  viel  leute  aufgesetzt, 
betrogen,     heule,  in  diesem  sinne,  veraltet. 

9)  intransitives  aufsetzen:  der  holunder  setzt  schon  auf, 
treibt  knospen ;  der  hirsch  setzt  auf,  nemlich  das  geweih  {s.  un- 
ter 1) ;  das  pferd  setzt  auf,  setzt  die  torderzähne  auf  die  krippe 
und  schluckt  die  laß  heftig  nieder  (s.  krippenbeiszer) ;  berg- 
männisch ist  aufsetzen  zu  mittag  ruhen,  von  eilf  bis  zwölf, 
welche  stunde  daher  die  aufsetzstunde,  liegestunde  heiszt.  viel- 
leicht vom  aufsetzen,  hinstellen  des  Werkzeugs? 

ALTSETZER,  m.  nach  verschiednen  bedeutungen  des  auf- 
setzens.  aufsetzer,  junge,  der  die  kegel  aufsetzt;  im  bergwerk, 
der  das  holz  schichtet,  aufsetzer,  ein  krippenbeiszer.  auf- 
setzer, eintreiber  oder  exactor.  Luther  3, 178' ;  es  sind  solche 
gebot  der  apostel  gewest,  die  den  aufeetzern  wehren  und  ver- 
bieten etwas  über  das  evangelium  aufzulegen.  3,  519'.  auf- 
setzer, institutor:  dasz  gott  sei  ein  aufsetzer,  behQter  and 
beschirmcr  der  ee.  Fr.\sk  chron.  374'.  aufsetzer,  belrieger, 
nachsteller. 

AUFSETZERIN,  f.  magd,  person,  die  der  frau  das  haar 
ordnet,  noch  bei  Lessing  2,  396.    s.  aufsalz  2. 

AUFSETZIG,  was  aufsätzig,  insidians,  infeslus:  wenn  sie 
{die  Juden)  die  armen  Christen  nicht  mit  iren  aufsetzigen, 
finanzischen  wuchergriflein  betriegen.  Kirchhof  wendunm.  72; 
keinerlei  volk  aber  under  allen  war  den  hasen  aufsetziger 
denn  die  Schlesier.  243";  warum  die  flöh  den  weibem  in  der 
kirchen  am  aufsetzigsten  sein.  Carg.  202';  den  gelehrten  aof- 
setzig.  142*;  was  bedeutet  es  aber  in  folgendem  tpruekt 

im  rat  sei  ein  schweizer, 

im  belt  ein  pfetzer, 

über  dem  ti<ch  ein  ketzer, 

zu  der  arbeit  sei  kretzig. 

zum  fressen  aufsetzig.    Garg.  45*, 

der  hinter  dem  essen  tapfer  her  ist,  daran  bleibt? 

AUFSETZIGKEIT,  f.  dolus,  insidiae:  mit  dein  viehe  umb- 
gangen,  darumb  keiner  arglistigen  aufsetzigkeit,  änderst  denn 
nein  und  ja  gewohnet  hett.  Kirchhof  wendunm.  2C3*. 

AUFSETZISCH,  s.  aufsätzisch. 

AUFSETZLICH,  dolosus :  aufselzlicher  weis,  retchsordn.  1530 
§.  31, 1 ;  aufsetzliche  todsQnd.  Spee  goldn.  tugendb.  675.  s.  auf- 
saizlich,   vorsätzlich. 

47 


739 


AUFSETZUNG — AUFSITZEN 


AUFSITZEN — AUFSPANNEN 


740 


AUFSETZUNG,  f.  inserlio,  das  pfropfen:  mit  Setzung,  im- 
pfung  und  aufselzung.  Fischart  anmanung  v.  3. 

AUFSEUFZEN,  alte  suspirare:  aufseufzende  abendwinde. 
Bettine  tageb.  52 ; 

als  von  der  obersten  höhe  Saturnius  schauet  die  greuel, 
seuTzet  er  auf.  Voss. 

AUFSICH?  so  wol  im  mai  als  in  diesem  mönat  {juni)  pfle- 
gen die  Schafe  gerne  übergäilig  oder  sonsten  aufsich  zu  wer- 
den. HoiiBERG  3,  252*.  bei  ScHMELLER  uiid  in  den  andern  idioli- 
ken  ist  kein  solches  wort,  das  eine  krankheit  der  schafe  be- 
zeichnen tnusz.  man  darf  weder  einen  druckfehlcr  für  auf- 
stützig vermuten,  noch  an  aufsiecii  denken,  wäre  es  auf  sich? 
altn.  ist  ofs,  ofsi  aestus,  violentia,  norw.  ofse,  opse  (Aasen 
344.  348),  welche  aber  von  of  nimis  stammen,  nicht  von  upp. 
es  müssen  also  bessere  aufschlüsse  abgewartet  tverden. 

AUFSICHT,  f.  inspectio,  attentio,  vorsieht,  nnl.  opzigt:  was 
hilft  es,  dasz  man  an  deiner  euszeriichen  kleidung  sehen  kan, 
ob  du  ein  geistlicher  oder  weltlicher  mann  bist,  sintemal  bei- 
des nur  zur  aufsieht  des  pöbels  geschiehet.  pers.  baumg.  5,1t; 

für  diszmal  aber  hat  die  freundschaft  mich  bewogen, 
dasz  so  viel  aufsieht  ich  dir  tragen  wil  nnheut, 
zu  warnen  dich,  dasz  du  verschiebest  deinen  streit. 
Werders  Ariust  26,  65 ; 

kein  sonderbarer  streit  ist  noch  zur  zeit  geschehen, 
die  weil  sie  beide  wol  in  guter  aufsieht  stehen.    29,  46; 

ich  folgte  mit  höchster  sorg  und  aufficht.  Simpl.  2,  362 ; 

in  aufsieht  soll  sie  bleiben  bis  zum  grab.    Schiller  610, 

gewöhnlich,  unter  aufsieht;  ich  musz  noch  viel  herumgetrieben 
werden  und  dann  einen  augenblick  an  ihrem  herzen !  das  ist 
immer  so  mein  träum,  meine  aufsieht  {aufsehen,  halfen  ?)  durch 
viel  leiden.  Gothe  an  Aug.  Stolb.  6 ;  mancherlei  aufsichten  und 
Verantwortlichkeiten  zu  übernehmen.  Fichte  reden  an  die  d.  n.  78. 

AUFSICHTIG,  attentus,  sollcrs:  lehrt  sie  auch  im  hause 
fein  aufsichlig  und  getrew  zu  sein.  Ringwald  tr.  Eckh.  J  5*; 
bündnis  zu  machen  war  er  langsam,  aber  selbige  zu  erhalten 
aufsichtig,  von  Birken  OL.  221;  aufsichtig,  aufmerksam.  Lohenst. 
Arm.  1,1224;  gar  ein  aufsichtiger  Jäger.  Schuppius  737. 

AUFSICKERN,  gutlatim  incidere,  außröpfeln,  außropfen. 

AUFSIEBEN,  denuo  cribrare:  das  körn  aufsieben. 

AUFSIEDEN,  in  doppeltem  sinn, 

1)  intransitiv,  eßervere:  gelinde  aufsieden;  das  wasser  hat 
schon  aufgesotten. 

2)  transitiv,  fervefacere:  milch,  eier  aufsieden;  Silber  auf- 
sieden. 

AUFSIEGELN,  sigillum  solvere,  entsiegeln:  den  brief,  eine 
Weinflasche  aufsiegeln. 

AUFSINGEN,  canere:  ein  lied  aufsingen;  sing  auf!,  lasz 
dein  lied  hören;  er  muste  alle  kinderspiele  mit  mir  spielen, 
die  ich  nur  aufsingen  konnte.  Klingers  th.  4,  254. 

AÜFSITZ,  m.  ascensio  equi  vel  currus: 

'       dasz  sie  (mein  pferd) 
durch  mich  zum  aufsitz  stehen  gelernt.    Klopstock  2,  32. 

AUFSITZEN,  insidere,  nnl.  opzitten. 

1)  aufrecht  sitzen,  im  bell  wachend: 

schien  hell  in  meine  kammcr 

die  sonne  früh  herauf, 

sasz  ich  in  allem  iammer 

in  meinem  bett  schon  auf.    Göthe  12,  190. 

2)  aufbleiben,  nicht  zu  bett  gehen: 

gesetzt  die  königin  sei  oft  ein  wenig  lang 

bei  ihrem  mcntor  aufgesessen, 

entschuldigt  dies  auch  nur  den  leisesten  verdacht? 

Wieland  10,  279 ; 
die  nacht  hab  ich  beim  beten  aufgesessen. 
TiECK  2,  187 ; 

ich  bin  in  voriger  nacht  bis  gegen  morgen  aufgesessen,  um 
die  Jubelperiode  bis  zum  letzten  wort  zu  entzilTcrn.  J.  Paul 
Tit.  2,  44. 

3)  festsitzen :  ich  sitze  auf  und  kann  nicht  weiter ;  der  na- 
chen  sitzt  auf;  endlich  kam  das  hinlerstc  rad  {des  wagens) 
an  ein  stück  holz  aufzusitzen.  Weise  kl.  leute  64  ;  die  auf  dem 
granit  aufsitzenden  basalte.  Göthe  31,  268;  das  bergicder  sitzt 
zwischen  den  klüften  der  erzhaltigen  steine  auf. 

4)  aufsteigen,  ascendere,  vgl.  sitzen  auf  {sp.  608) : 

wlltu  dich  eriicrcn, 

du  junger  edelman, 

folg  du  meiner  lere, 

sitz  uf,  drah  zum  ban.    Uhland339; 

durch  solchen  fund  macht  er  das  pferd  nach  seim  willen  bün- 
dig, leilig  und  zauiugerecht,  alsu   das  es  auf  die  knie  fül, 


wann  er  aufsitzen  wolt.  Garg.  139';  beide  in  keiserthumen 
und  königreichen  sihet  man  nichts  mehr  denn  abfallen  und 
aufsitzen,  grade  als  sei  die  ganze  weit  mit  irer  oberkeit  got- 
tes  tornier  und  reuterei.  Luther  3,  230' ;  da  hat  Esau  gedacht, 
nu  habe  ichs  in  der  band,  ist  sicher  und  gewis.  so  lesset  in 
gott  aufsitzen  und  prangen.  4, 150* ;  Wolfdieterich  welzet  sich, 
bisz  er  aufsitzen  kan.  Avrer  227';  aufsitzen,  an  bord  gehn. 
Opitz  Arj.  2,  204 ;  in  einen  nachen.  2,401; 

er  sasz  krank  auf  und  mit  abfur.  II.  Sachs  I,  172*, 
er  sasz  krank  auf  das  schif  und  fuhr  damit  ab;  hinter  wel- 
cher (hütte)  am  ufer  eines  kleinen  baches  bedeckte  netze  ge- 
leget, dann  am  selben  wasser  sich  viel  federwild  aufhalten 
soll,  als  sie  aber  bisz  gegen  abend  gesessen,  und  kein  vogel 
recht  aufsitzen  wolle,  ritten  sie  wieder  zum  nachtlager.  pers. 
reiseb.  4,  43 ;  wenn  ihm  die  nacht  zu  lang  wurde  und  er  nicht 
schlafen  kunle,  ist  er  aufgesessen  {aufgestiegen  aus  dem  bett). 
pers.  rosenth.  6,  2;  aufsitzen  und  nach  dem  schlösse  fahren. 
unw.  doct.  458 ;  die  pferde  stehn  gesattelt,  ihr  könnt  auf- 
sitzen wann  ihr  wollt.  Schiller  132";  der  bräutigam  hatte 
schöne  pferde  und  sogleich  muste  man  aufsitzen.  Göthe  17, 
228;  sattelt  pferde!  sitzt  auf!  Klinger  1,  77;  in  einem  kriege, 
wozu  mehr  mut  gehört  als  zu  dem,  zu  welchem  ich  aufsitze. 
Klinger  8,  255 ;  meinen  schweiszfuchs  parat  I  sollen  zum  auf- 
sitzen blasen.  Fr.  MiJLLER  3,  24 ;  aufgesessen  I ;  das  pferd  läszt 
nicht  gerne  aufsitzen  {sich  besteigen) ;  die  hüner  wollen  auf- 
sitzen,   auf  ihre  stange  steigen,  sich  aufsetzen. 

3.  4  fordern  im  praet.  sein,  1  fordert  haben,  2  schwankt  zwi- 
schen haben  und  sein,  doch  mit  vorgewicht  des  letzten. 

Das  part.  aufgesessen,  feindlich  gesinnt,  läszt  sich  kaum 
aus  der  vierten  bedeutung  des  aufsitzens  durch  gerüstet,  im 
heer  gegenüberstehend  erklären,  da  aufsitzen  niemals  diesen 
sinn  zeigt;  es  scheint  blosz  aus  aufsätzig,  aufsetzig  entsprun- 
gen, insofern  wer  sich  einem  aufsetzt  ihm  auch  aufgesessen  ist. 

AUFSITZGELD ,  n.,  das  dem  bereiter  beim  ersten  aufsitzen 
vom  Schüler  entrichtet  wird. 

AUFSITZSTANGE,  f.  hünerstange,  mhd.  hanboum: 
hanboume  stuonden  blöj, 
der  zadel  hüener  abe  in  schöj.    l'or«.  194,  7. 

AUFSITZUNG,  f  heergebot:  krieg,  welcher  eine  allgemeine 
aufsitzung  erfordert  hätte.  Moser  1,  62.    ungewöhnlich. 

AUFSPÄHEN,  üblicher  ausspähen,  erspähen,  investigare. 

AUFSPÄHUNG,  /■.  investigatio :  die  aufspähung  empirischer 
gesetze  der  geinütsveränderungen.  Kant  7, 133. 

AUFSPALTEN,  ßndendo  aperire,  nnl.  opspouwen:  ein  stück 
holz  aufspalten;  die  erde  ist  aufgespalten;  den  heim  auf- 
spalten ; 

er  sah  Ollmpio,  den  armen  jungen  tropf, 
vom  pferde  fallen  lab  mit  aufgespaltnem  (gedr.  aufgespaltrem) 
köpf.  Werders  Ariost  16,  50  (16,  71). 

der  frühling  streckt  sich  mit  seinen  üppigen,  treibenden  saf- 
ten auch  durch  meine  aufknospende  seele,  und  der  mai  spal- 
tet an  ihr,  wie  ich  jetzt  an  den  nelken,  alle  knospen  auf. 
J.  Paul  Hesp.  3, 171. 

AUFSPANNEN,  sursiim  extendere,  aufziehen,  nnl.  opspannen. 
ein  seil,  tuch,  bild,  netz,  Schmetterlinge  aufspannen;  zu  einem 
werd  im  meer,  darauf  man  die  fischgarn  aufspannet.  Ez.  26, 
5.  14 ;  von  Engeddi  bis  zu  Eneglaim  wird  man  die  fischgarn  auf- 
spannen. 47, 10 ;  die  segel  aufspannen,  das  schif  zur  abfahrt 
rüsten;  die  sailen  an  der  geige,  an  der  folter  aufspannen, 
den  hahn  an  der  flinle  aufspannen,  bildlich,  alle  segel  auf- 
spannen, alle  mittel  anwenden;  gelindere  saiten  aufspannen, 
in  der  strenge  nachlassen,  den  ton  herabslimmen.  einen  teich 
oder  flusz  aufspannen,  das  wasser  durch  hemmung  aufschwellen. 

In  häufiger  anwendung  auf  das  innere:  überraschende  vor- 
falle, neue  Verhältnisse  gaben  den  aufgespannten  gemütern 
manchen  stof  zu  scherz  und  lachen.  Göthe  15,  82;  die  auf- 
merksamkeit  nur  durch  seltsame  und  keineswegs  lobenswür- 
dige  kunsIgrilTe  aufzuspannen.  15,  144 ;  wenn  nach  und  nach 
alle  meine  sinnen  aufgespannt  werden.  16,79;  alles  halte 
mich  zu  einer  unbedingten,  ja  ich  möchte  fast  sagen,  zu  einer 
aufgespannten  fröhlichkeil  gestimmt.  16,  207 ;  diätetische  und 
medicinische  behandlung  der  unglücklichen,  aufgespannten 
Aurclie.  19,252;  ich  bin  sehr  aufgespannt,  fast  zu  sagen  über. 
an  Lavaler  14 ;  ich  weisz  nicht  wies  ist,  dasz  ich  just  in  mir 
so  ganz  anders  aufgespannt  bin.  Klingers  //i.  2,27«;  ich  will 
dich  aufspannen,  und  wenn  du  brechen  solltest,  deine  glut 
soll  entweder  dich  oder  meine  feinde  aufzehren.  3,  314 ;  die- 
ser  entfernte   sich  mit   seiner  aufgespannten   enisthafligkcit. 


741 


AUFSPANNUNG — AUFSPERREN 


AUFSPIEGELN — AUFSPREIZEN 


742 


TiECK  pov.  kr.  4,  70;  in  aller  aufgespannten  leidenschaft  wird 
der  mensch  in  ein  unerklärliches,  aber  meist  schreckliches 
wunder  verwandelt.    C^vennen  1,  26. 

AUFSPAiN.NlJNG,  f.:  bald  .verwies  er  sich,  dasz  er  durch 
aufspannung  und  drang  des  augenblicks  ein  solches  verspre- 
chen gethan  hatte.  Göthe  19,  70;  dasz  in  meinem  glück  und 
Unglück,  in  dieser  aufspannung,  in  welcher  mir  alle  gedan- 
ken  entgehen,  es  aller  kräfte  und  anslrengung  bedarf.  Tieck 
ges.  nov.  3,  193. 

AUFSPAKEN,  reeondere,  asservare,  aufheben,  zurücklegen: 

1)  von  Sachen,  geld,  capital,  getraide  aufsparen: 

nir  feldmaus  kam  einmal  die  siadtmaus  in  den  wald, 

in  ihren  dürftigen,  gehölten  auTenthait, 

hier  lebte  sie  genau,  um  Vorrat  aufzusparen. 

Hageook.'«  1,  23; 

die  mutter  zog  sich  alles  ab  und  sparte  -für  die  kinder  aut 
ich  spare  mir  dies  vergnügen,  diesen  genusz  noch  auf. 

2)  von  leuten:  das  Schicksal  spart  ihn  noch  zu  groszem 
auf;  will  uns  bis  zu  einem  noch  kritischeren  moment  auf- 
sparen. Gotter  3,  24;  sparte  mich  das  Verhängnis  nur  darum 
auf?  Klincer  4,  212 ;  das  verderben,  für  das  sie  aufgespart 
wurden.  Kam  6,  245. 

ALTSPEICHERN ,  in  horreo  reponere,  reeondere  r  kom, 
fruchte  aufspeichern;  sämtlicher  Jahreszeiten  aufgespeicherte 
schätze.    Götz  2,  117. 

ALTSPEISEN,  consumere,  nnl.  opspijzen,  behaglieh  aufzeh- 
ren, wie  aufschmausen,  nicht  aber,  wie  Adelung  meint,  an- 
ständiger als  aufessen: 

ich  war  indesz  nicht  weit  gereist, 
halte  ein  stücli  salmen  aufgespeist. 
GöTUE  2,  2S2; 

bei  genauer  betrachtung  scheint  es,  als  wenn  jeder  schal- 
punkt  sich  eile,  die  nächsten  aufzuzehren,  sich  auf  ihre  ko- 
sten zu  vergröszern,  und  zwar  in  dem  augenblicke,  ehe  sie 
zum  werden  gelangen,  eine  schon  gewordene  noch  so  kleine 
schale  kann  von  einem  herankommenden  nachbar  nicht  auf- 
gespeist werden,  alles  gewordene  setzt  sich  mit  einander  ins 
gleichgewicht.    55,  329. 

ALTSPEHREN,  pandere,  disiendere,  zumal  von  mund,  äugen, 
nase,  uhreii:  sie  haben  iren  mund  aufgesperret  wider  mich. 
Jliob  16,  10;  sie  warteten  auf  mich  wie  auf  den  regen  und 
sperreten  iren  mund  auf  als  nach  dem  abendregen.  29,  22; 
alle  die  mich  sehen,  spotten  mein,  sperren  das  maul  auf 
und  schütteln  den  köpf.  ps.  22,  8;  iren  rächen  sperren  sie 
auf  wider  mich,  wie  ein  brüllender  und  reiszender  lewe. 
22,  14;  und  sperren  ir  maul  weit  auf  wider  mich  und  spre- 
chen da  da.  35,  21 ;  daher  hat  die  belle  die  seele  weit  auf- 
gesperret und  den  rächen  aufgethan  on  alle  masze.  Es.  5, 14 ; 
und  meine  band  hat  funden  die  Völker  wie  ein  Vogelnest, 
das  ich  habe  alle  land  zusammen  geraft,  wie  man  eier  auf- 
raft,  die  verlassen  sind,  da  niemand  eine  fedder  regt,  oder 
den  Schnabel  aufsperret  oder  zischet.  10,  14 ;  über  wen  wolt 
ir  nu  das  maul  aufsperren  und  die  zunge  heraus  recken? 
57,  4 ;  alle  deine  feinde  sperren  ir  maul  auf  wider  dich. 
klagl.  Jer.  2,"  16.  3,  46 ;  welcher  seine  seele  aufsperret  wie  die 
helle.  Hab.  3,  5;  wenn  du  bei  eines  reichen  mannes  tische 
sitzest,  so  sperre  deinen  rächen  nicht  auf  und  denke  nicht, 
hie  ist- vil  zu  fressen.  Sir.  31,  12;  o  das  were  ein  tredich 
dinge,  das  giciszet  und  kan  äugen  aufsperren  und  sich  rüh- 
men lassen  über  alle  lügend.  Lither  5,  153*;  das  mans  umb 
rhums  willen  thut  und  den  leuten  mit  solchen  sonderlichen 
geberden  die  äugen  aufsperret.  5,  406';  so  hat  der  grawe 
rock  und  barfüszer  kappe  den  preis,  das  wer  darin  begra- 
ben wird,  der  müsse  gen  himel  faren,  es  sei  gott  lieb  oder 
leid,  denn  solchs  kan  das  maul  aufsperren,  das  es  leucht 
und  gleiszet    6,  76'; 

also  schickt  er  mir  nicht  den  gau), 
und  heit  mir  aufge.spert  das  maul, 
dasz  ich  nun  erst  köm  nach  mittag. 

WoLFH.  SrA:<CE.<«BiBG  fangbrlefe  LT; 

den  bauren  die  mäuler  aufsperren  machen.  Garg.  19';  schu- 
weit  die  gurgel  aufsperren.  229';  die  kehle  als  ejoen  schlauch 
aufsperren.    Philaüder  1,  15; 

gleichwie  ein  Idw  mit  UDgestOm 
begirig  den  raub  zu  zerstörren 
die  klawen  pfleget  aufzuspörren. 
WEciHEaii!«  57 ; 
Riza  klagt  den  buhler  an,  dasz  er  wil  kein  nemer  «ein, 
tagt,  er  sperr  ihr  auf  das  maul,  geb  ihr  aber  wenig  drein. 
LocAU  2,  7,  8; 


da  musle  unsere  compagnie  maul  und  nase  aatsperren,  dasz 
sie  alles  recht  betrachten  und  einnehmen  könten.  Weise  erzn. 
319;  sperreten  sie,  der  tebelbohlmer,  alle  maul  und  nasen 
drüber  auf.  Schelmufsky  1,  101;  so  sperreten  sie,  der  tebel- 
bohlmer, allemal  die  mäuler  auf  und  sahen  mich  an  und  lach- 
ten.  2,  2 ; 

und  da&  herz  ist  unersättlich, 

es  sperrt  die  äugen  ganz  gewaltig  auf.    Göthk  11, 137; 

sperrt  maul  und  äugen  auf,  der  matz.    13,71; 

sperrt  die  obren  a^I  sperrt  die  äugen  aufl  14,  265;  in  einem 
fort  den  Schnabel  aufsperren  zum  gelächter.  J.  Paul  Hesp.  1, 
76.  meistens  ist  aufsperren  des  eignen  mauls  gemeint,  einige- 
mal, ifi'e  der  Zusammenhang  lehrt  [bei  Spangenberg  und  Lo 
GAC)  das  eines  fremden,  dem  man  vergebliche  hofnung  machen, 
den  man  hinhalten  icill. 

Veraltet  ist  sich  aufsperren  für  sich  aufblasen:  der  frosch 
bläet  und  sperret  sich  noch  mer  auf.  Keisersb.  siben  Schwerte, 
auszcrdem  sagt  man,  die  thür,  das  thor,  das  fenster  aufsper- 
ren, a«c/i  mit  dem  sinn  des  gewaltsamen  öfnens:  ein  schlosz 
mit  dem  haken  aufsperren,  überhaupt  aufsperren,  aufschlie- 
szen :  er  brauchte  einen  hauptschlüssel,  um  den  geldkasten 
aufzusperren.    J.  Paul  lit.  nachl.  4,  79. 

AUFSPIEGELN,  vorspiegeln?  was  ist  ewer  kunst  anders 
gewesen  biszher,  dann  auf  ewern  faulen  grund,  damit  ihr 
ewer  weib  und  kind  aufspiegelten?    Paracelscs  1,  201*. 

AUFSPIELEN,  fidibus  canere,  nnl.  opspelen,  ein  stück,  ein 
lied  aufspielen;  höre  zu,  ich  will  dir  eins  aufspielen;  alwo 
ich  in  dem  hof  eines  aufspielete.   Jucundiss.l62; 

singt  gott  und  stimmt  die  saiteo  an, 
spielt  herlich  auf! 

AUFSPIESZEN,  Iransßgere,  mit  speer,  hom,  gabel  aufste- 
chen :  der  hirsch  geht  auf  den  Jäger  los,  ihn  aufzuspieszen ; 
einen  frosch  aufspieszen. 

AUFSPl.NDELN,  gam  auf  die  spindel  winden,  bei  Stieler 
2092  cuspidari. 

AUFSPINNEN,  linum  conficere,  nnl.  opspinnen :  aller  flachs 
ist  aufgesponnen,     auch  sich  die  ßnger  wund  spinnen. 

AUFSPITZEN,  mucronem  addere:  ein  bleistift,  eine  fedcr 
aufspitzen,  der  hund  spitzt  auf,  macht  die  ohren  spitz,  lauscht, 
zweideutig  bleibt  der  nusdruck  in  folgender  stelle: 

Helfrich.  Jungfer  Susännchen  wird  mich  wo!  zum  schätze 
annehmen,  wann  ich  ihr  was  bessers  als  der  junker  gehe. 

Susännchen.  da  spitze  er  sich  nur  auf.  er  gehe  hin  zu 
seiner  wirtin. 

Helfrich.  ich  verstehe  nicht,  was  ihr  saget,  jüngferchen. 
ped.  schulfuchs  147.  es  kann  meinen,  darauf  spitze  er  sich, 
mache  sich  hofnung,  von  sich  spitzen  auf  etwas,  oder  er 
spitze  sich  auf,  mache  sich  spitz. 

AüFSPLEISZE.N,  findere,  aufspalten,  nnl.  opsplijten: 

kläwlein,  gar  sittlich  aufgesplissen.    Speb  tntltn.  194. 

AUFSPLITTEUN,  in  spittem  auffliegen,  auffahren,  zersplit- 
tern: er  hieb  so  gewaltig  auf  den  klotz,  dasz  p.s  aufsplitterte, 
dasz  die  splitlir  flogen. 

AUFSPRECHEN,  schwankender  bedeulung.  die  weit  kan  itzt 
den  segen  aufsprechen.  Lltheb  1,  501*,  was  heiszt  das?  ver- 
sprechen, vituperare  ?  die  arme  dirne  bekandte,  sie  were  durch 
gute  wort  der  landsknechte  aufgesprochen  (beredet,  gereizt) 
und  also  ton  inen  verderbet  worden  und  nu  elendiglich  ton 
inen  verlassen.  Axdb.  Hoppe^fod  hurenteufel  Eisl.  1565.  8.  F7*; 
die  sie  zu  gehulfen  mit  aufsprachen  (aufforderten,  beredeten). 
MiCRÄLiüS  a.  P.  1,  62 ;  einen  zum  kriege  aufsprechen,  ad  arma 
impvllere.  Stieler  2100;  sie  hatten  neun  barden  aufgespro- 
chen (aufgefordert)  die  freude  zu  besingen.  Lohenst.  Arm.  2, 
1527.  Adelu:<c  hat  auch:  ein  schlosz  aufsprechen,  es  durch 
abergläubische  Sprüche  öfnen. 

AUFSPREISZEN,  was  aufspreizen. 

mit  lüg  und  listigs  maul  aufspreiszen.    H.  Sachs  II.  4,  IS*; 
sich  aufspreiszend.       MtLissnsp«.  HS'. 

AUFSPREITEN,  evohere,  entfalten,  nnl.  opspreiden:  ein 
tuch  aufspreiten,  aufdecken. 

AUFSPREITIG,  elalus,  superbus,  tielleieht  aofspreiszig  ? 

si  aufspreitig  sich  rumen  meins  ungefels.    Mslissds  Q&'. 

AUFSPREIZEN,  turgidum  facere:  ein  geschlachtetes  kalb 
aufspreizen,  mit  einem  querholz  ausdehnen;  die  thfir,  das 
maul  aafspreizen,  aufreisten,  aufsperren;  die  federn  aulsprei- 

47* 


743 


AUFSPRENGEN— AUFSPRITZEN 


AUFSPRÖDEN — AUFSTAND 


744 


zen,  emporsträuben,  dio  reise,  die  reden  des  vaters  hatten  an  un- 
serm  vogel  rock  die  fltigelfedern  so  aufgespreizet,  dasz  sie  im 
eqghäusigen  Blumenbülil  sich  nur  verstauchen  konnten.  J.  Paul 
Tit.  i, 11.  sich  auk^relzen,  intumescere,  superbire :  laszt  nie  das 
glück  eines  aufgespreizten  Schwächlings  euch  hinreiszen.\Di/ano- 
5o»'el,5q  ;  spottende  entwafnung  des  aufgespreizten  stolzes.  1,116. 
AUFSPRENGEN,  excitare,  aufspringen  machen.» 

1)  weidmännisch,  einen  hirsch,  hasen,  vogel  aufsprengen, 
erschrecken,  aufjagen. 

2)  bei  den  handwerkern,  einen  geseliea  aufsprengen,  zum 
mitwandern  verleiten. 

3)  aufreizen :  denn  a.  1093  sprengte  man  seinen  ältesten  söhn 
Conradum  wider  ihn  auf.  Hahn  3,  86;  ein  fanatischer  eifer 
sprengt  den  verschlossenen  westen  wieder  auf.  Schiller  1032. 

4)  aufreiszen :  ein  schlosz  aufsprengen ;  mit  einem  starken 
tritt  sprengte  er  die  thür  auf;  mit  welcher  anstrengung  ein 
durstiger  arbeitet,  den  feuchten  boden  aufzusprengen,  unter 
dem  er  eine  quelle  wittert.   Klinger  8, 102. 

5)  Wasser  aufsprengen. 
AUFSPRENZEN,  was  aufspreizen: 

ich  bin  gewest  bei  allen  lenzen, 
und  let  mein  prüst  gar  lioch  aufsprenzen, 
die  sein  als  bert,  sie  mochten  knacken. 
fastn.  sp.  250,  25. 

AUFSPRIESZEN,  pullulare,  germinare,  in  die  höhe  sprie- 
szen,  nnl.  opspruiten:  unter  den  füszen  der  göttin  sprossen 
lilien  und  rosen  auf; 

0  seht  auf  den  wiesen 

die  blümchen  aufsprieszcn.    Fr.  Müller  2,  387; 

nicht  weniger  sieht  man  die  lebendig  vorstehenden,  voran- 
tretenden, gebildeten  meister  . . .  von  den  neu  aufsprieszen- 
den  mit  kraftvoller  selbstschätzung  und  würdiger  demut  ver- 
ehrt. GöTHE  33,  158 ;  die  Völker,  .  welche  ja  immer  verjüngt 
auf  den  gräbern  ihrer  Staaten  aufsprieszen.  J.  Paul  dämme- 
ruvgen  9.    s.  aufsprossen. 

AUFSPRINGEN,  exsilire,  in  die  höhe  springen^  aufhüpfen, 
nnl.  opspringen. 

1)  sprang  auf,  konte  gehen  und  stehen,  apost.  gesch.  3,  8 ; 
und  er  sprang  auf  und  wandelte.  14,  10;  er  springet  für 
freuden  auf.  Luthers,  68'; 

do  tanzt  ich  mit  meim  pulen  im  meien, 
do  sprang  ich  auf,  dasz  ich  mich  siiesz. 
fastn.  sp.  520,  24  ; 

cameraden,  aufgesprungen,  frisch  auf,  cameraden!  Schiller 
110 ;  spring  an  mir  auf,  wurm !  211 ;  da  ein  kriegcr  immer, 
wenn  er  den  abschied  bekommt,  zu  einer  höhern  stufe  auf- 
springt.   J.  Paul  nac/u/.  83;  ein  hase  sprang  auf. 

2)  einem  aufspringen,  assurgere  alicui,  einem  zu  ehre  sich 
erheben  (s.  aufstehen  4):  sonst  müst  man  einem  jeglichen 
aufspringen.    Luthers  tischr.  260*.   mhd. 

üf  spranc  der  wirt  vil  schiere.    Parz.  83,  7; 
nlwan  ein  Kälogreant, 
der  spriinc  engegen  ir  zehant, 
er  neic  ir  unde  enpfienc  si.    Iw.  106. 

8)  eine  quelle  sprang  auf;  das  wasser  springt  auf; 
wenn  dein  bejahrter  wein 
springt  in  der  schalen  auf  und  einer  spielet  drein, 
Fleming  58; 

blnmen  springen  auf;  springauf  name  der  maiblume;  Isal- 
den  pferd  trat  in  einen  tiefen  hufschlag,  da  wasser  innen 
war,  also  dasz  ihr  das  wasser  unter  dem  hemde  aufsprang 
bis  zu  dem  knie.    Tristan  cap.  39. 

4)  die  thür,  das  schlosz,  die  feder  springt  auf;  wenn  beide 
federn  aufspringen.  Kant  8,  58;  spring  auf  geistcrpforte! 
J.  Paul  Tit.  2,  112;  die  haut,  die  erde  springt  auf;  die  pul- 
vemiüle  ist  aufgesprungen,  aufgeflogen;  man  möchte  auf- 
springen {bersten)  vor  lachen. 

5)  sein  iicrz  vor  freud  aufspringen  thät.  Spreng  //.  138'; 
jetzo  sprang  dem  beiden  der  trost  wie  eine  quelle  auf. 
J.  Paul  llesp.  1,  154;  aufspringende  Vermutungen. 

AUFSPRINGEN,  n.  der  feder,  des  thurms. 
AUFSPRINGUNG,  f  der  feder.    Kant  8,  58.  71. 
AUFSPRITZEN,  in  altum  spargere  et  spargi: 

timb  einen  hera;  sah  man  droimal  drei  «chwesiern  sitzen, 
von  eines  pferdes  fusz  ein  waoscniuell  aul'spritzen. 
Wkckhkblin  724; 

ein  geschwür  aufspritzen;  der  walfiscb  spritzt  wasser  auf. 
vgl.  aufstritzen. 


AUFSPRÖDEN,  außrockncn,  den  hanf  in  spitze  kegelförmige 
trockenhaufen  zusammen  setzen. 

AUFSPROSSEN,  germinare:  mein  herz  öfnete  sich  gegen 
dich  wie  eine  rose,  die  eben  aufsproszt.    pers.  rosenth.  5,  16; 

gesonderte  pfade  gehen  zum  hohen  ziel, 
zu  der  glückseligkeit; 
einige  krümmen  sich  durch  einöden, 
docli  selbst  an  diesen  sproszt  es  von  freuden  auf. 
Klopstock  2,  104; 

habt  ihr  die  blumen  gesehn,  die  vor  ihm,  —  ach  eden  des 

himmels, 
dich  erblickt  ich!  —  vor  ihm  aufsproszten.    Mess.  16,  666. 

verhält  sich  zu  aufsprieszen  wie  aufschössen  zu  aufschieszen. 

AUFSPRÖSZLING,  m.  surculus. 

AUFSPRUDELN,  scalurire,  ebuUire:  aufsprudelnde  quelle; 
das  wasser  sott  bis-  es  hoch  aufsprudelte. 

AUFSPRÜHEN,  in  altum  scintillare. 

AUFSPRUNG,  m.  exsuUatio,  insuUatio,  auch  rima,  ßssura. 
die  aufsprünge  sind  kaum  zählbar,  in  die  ein  armer  liebha- 
ber  zu  setzen  ist.  J.  Paul  acstli.  3,  147.  bei  Maaler  37'  auf- 
sprang des  hengsts  auf  die  Stute. 

AUFSPRÜTZEN,  s.  aufspritzen. 

AUFSPULEN,  garn  auf  die  spule  laufen  lassen :  gam,  wolle 
aufspulen. 

AUFSPÜLEN,  eluerevasa:  schusseln  und  teuer  aufspülen; 
das  wasser  spült  sand  auf. 

AUFSPÜLER,  m.  homo  vilis,  aschengrüdel :  sonst  ist  er  nur 
ein  sudelkoch  und  suppenwust  und  ein  aufspulen  Paracel- 
sus  1,  22l'. 

AUFSPÜNDEN,  relinere  dolium:  denn  mein  schreiben  wird 
wenig  newes  bringen,  on  das  ich  im  gedenk  die  nasen  auf- 
zuspünden,  die  er  so  fest  zugespundet  hat,  und  nicht  rie- 
chen wil,  wie  er  stinkt,  auf  das  ers  riechen  müsse.  Lutuh« 
6,  358'.  br.  5,  35;  das  fasz  aufspünden.  MusÄus  4,  173. 

AUFSPÜREN,  investigare,  aufsuchen,  nnl.  opspeuren,  op- 
sporen:  die  hunde  spüren  das  wild  auf;  es  gelang  mir  noch 
eine  verloren  geglaubte  handschrift  aufzuspüren. 

AUFSTACHELN,  stimulo  elevare, 

1)  .'opinis  aculeisve  affigere:  der  igel  wälzt  sich  über  die 
äpfel  und  stachelt  sie  auf. 

2)  slimulare,  irritare:  den  ruhenden  ochsen  aufstacheln; 
einen  zur  räche  aufstacheln,    s.  aufsticheln. 

AUFSTAFFIEREN,  instruere,  aptare:  einen  aufstaffieren, 
mit  kleidern  ausstatten;  einen  hut  aufstaffieren. 

AUFSTALLEN,  stabulare:  pferde  aufstallen;  vieh  zur  mast 
aufstallen. 

AUFSTAMMELN,  halbulire: 

0  erhör  du  mein  entzuckt  flehn  von  dem  grablhal  her! 
von  der  nacht  stammelts  auf  zu  des  chors'halleluja. 
Klopstock  Mess.  20,  621 ; 

vor  seinen  knien  stammelt  nimmermehr 
bei  froher  rückkehr  aus  der  sauern  schlacht 
sein  knäbchen  vater,  vater.'  zu  ihm  auf.    JJOrger. 

AUFSTÄMMEN,  s.  aufstemmen. 

AUFSTAMPFEN,  pedibus  calcarc,  auf  die  erde  stampfen, 

1)  intransitiv,  die  pferde  stampfen  auf;  er  stampft  auf  vor 
zorn. 

2)  transitiv,  calcando  fadere:  die  pferde  haben  den  boden 
aufgestampft. 

AUFSTAND,  m.  actus  surgendi,  surrectio,  nnl.  opstand. 
wenn  ein  einzelner  sich  aus  rfen»  bell  oder  vom  stul  erhebt, 
so  heiszt  rfa*  aufstehen;  erheben  sich  aber  mehrere  zusammen, 
sei  es  um  einen  in  die  gescllschaß  eintretenden  zu  ehren 
{s.  aufspringen  2),  orfer  utn  wegzugehn,  ein  aufsUmd.  ich  bitte 
meinetwegen  keinen  aufstand  zu  machen !  redet  Richard  die 
sich  erhebende  gcsellschaft  an.  ped.  schutfuchs  145;  die  ge- 
wöhnliche formet  lautet:  bleibt  sitzen!,  bitte  platz  zu  behal- 
ten, es  erfolgte  ein  allgemeiner  aufstand,  alle  begaben  sich 
weg.  Aber  auch  bei  andcrm  anlasz:  die  anstalten  sollen  mit 
vorsieht  getroffen  werden,  dasz  kein  aufstand  erfolgt  (rfoxx 
sich  keiner  rühre).  Schiller  196*.    Fleming  sagt  von  Christus: 

0  alles  ("iborail.  o  mehr  als  alles  alles, 

vor  allem  allzeit  da,  ein  ntirsland  alles  fallos!    35; 

früherhin  galt  auch  aufstand  von  auferstehung  der  todten,  re~ 
surrectio  {z.  b.  Hätzlerin  II.  65,  91),  wofür  man  sich  heule 
technisch  des  letztem  ausdrucks  bedient,  dagegm  verwenden 
wir  allgemein  aufstand  für  aufruhr,  empörung,  erhebiing,  se- 
ditio,  so   jedoch,    dast    aufstand,    auflauf   und    aufruhr    mehr 


745 


AUFSTÄNDIG — AUFSTECHEN 


AUFSTEGHER  —  AUFSTEHEN 


746 


den  beginn  und  ausbrueh,  empörung,  erhebung  das  Umsich- 
greifen der  Unruhen  bezeichnen. 

AL'FSTÄiSDIG,  insurgens:  die  aufslündigen,  die  iniurjen/en; 
unter  dem  vorwande  einer  kleinen  Unternehmung  gegen  auf- 
ständige versammelte  er  3000  mann.  Stolbebg  9,  97.  ganz 
andern  sinn  verbindet  damit  folgende  stelle:  das  gebäu  des 
bmuhauses  anlangend  lasset  sich  solches  nicht  also  vorstel- 
len, dasz  es  einem  jedem  ort  aufständig  sein  (an  jedem  platz 
stehn)  könnte.    Hohberg  3,  54'. 

AUFSTÄNDISCH,  was  aufständig:  die  aufständischen,  In- 
surgenten. 

■  ALFSTANDSKRIEG,  m. :  eine  epische  Schilderung  der  auf- 
standäkriege  Serbiens.    Götbe  46,  334. 

AI  FST.\NGELN,  ad  palum  alligare,  anstängeln:  der  hopfe 
stüngelt  sich  auf;  mit  diesem  gedulde  er  sich,  bisz  ich  den 
abgott  der  Vernunft  werde  aufstängeln,  denn  da  soll  er  hö- 
ren, dasz  ihm  die  obren  gellen  werden,  ob  ich  ein  abgötte- 
rer,  oder  er  ein  thor  und  golteslästerer  ist.  Joh.  Scheffers 
kehrwisch.  Neisz  1664.  4.  s.  31 ;  jedes  Stückchen  holz  ist  ein 
lackierter  blumenstab,  an  welchen  die  fantasie  hundertblätl- 
rige  rosen  aufstängeln  kann.    J.  Padl  Levana  1, 181. 

AL'FSTÄNKERN,  investigare,  aufscimüffeln,  auswittern:  wo 
hast  du  das  aufgestänkert? 

AUFSTAPELN,  ein  wort  der  kaufleute,  nnl.  opstapelen: 
waaren  aufstapeln; 

Torüber  leichte  schiffe  ziehn,  um  hier  und  dort 

kaufmännisch  aulzusiapeln,  was 

an  poraeranzen  senden  mag  Sicilien, 

an  fremden  weinen  Genua.      I'late."?  123*. 

AÜFSTAIIREN,  oculos  arrigere,  oculis  rigidis  intueri: 
anfs'.arrender  pfaffen  chortanz.    Voss3,  23S; 
leise  mit  kus  und  gelispel  erweck  ich  sie,  und  wenn  sie  aufslarrt, 
'schmiicke  dicti',  spott  ich,  'mein  kind.'    Luise  1,  235; 

seine  äugen  starrten  auf  gen  himmei.  Klingeb  4,  242.  ;.  star- 
ren und  aufstieren. 

AUFSTÄUBE.X,  wie  bei  Plautus  pulverare,  intransitiv: 

die  weite  laufbahn  stäubte,  wie  wölken,  auf. 
Klopstock  1,  102; 

es  stäubt  gewaltig  auf,  pulvis  cielur,  excitalur.  richtiger  wäre 
aufstieben  (was  man  sehe). 

AL'FSTÄLBERN,  s.  aufsteubern,  aufstöbern. 

AUFSTAUCHEN,  obstruere,  den  wasserstrom  aufliallen,  zu- 
rückdrängen, dasz  es  anschwillt,  bei  den  schmieden,  eisen 
aufstauchen,  kürzer  und  dicker  schmieden,  dann  auch  auf- 
stoszen :  den  fusz  aufstauchen,  verstauchen. 

AUFSTAUEN,  dasselbe:  dasz  das  aufgestaute  wasser  zu 
flieszen  aufliört.   Tieck  ges.  nov.  2,  253. 

AUFSTECHEN,  pungendo  aperire,  excitare. 

1)  ein  geschwür,  eine  blatter  aufstechen;  der  wundarzt  hat 
ihm  den  schwären  aufgestochen;  heiT  marschall,  ich  habe 
nach  euch  geschickt,  euch  den  schwär  aufzustechen.  Schwei- 
MCHEN  2.  322 ;  nieinstu  nicht,  sie  werden  ihine  den  eisz  (ulcus) 
aufstechen.  Avrer  proc.  2,  6;  stach  säuren  (milben  in  der  haut) 
auf.  Garg.  160';  jedoch  was  sagt  ihr  von  müsziggchn?  min- 
der als  der  seircn  (besser  seuren)  aufsticht.  21ü'.  vgl.  seure, 
ahd.  siuro. 

2)  ein  gespanntes  tuch,  papier  aufstechen,  durchstechen; 
eine  nusz,  auster  aufstechen. 

3)  einen  apfel,  ein  stück  fleisch  mit  der  gabel  aufstechen, 
aufnehmen;  ein  gebund  heu  aufstechen,  aufgabeln. 

4)  weidmänniscit,  einen  hasen  aufstechen,  auftreiben,  auf- 
schrecken. 

5)  die  erde,  das  land  aufstechen,  lockern,  aufgeschüttetes 
kern,  malz  aufstechen,  umschaufeln. 

6)  eine  abgenutzte  kupferplatte  wieder  aufsiechen. 

1)  abttract,  in  verschiednem,  nicht  immer  deutlichem  sinn. 
es  einem  aufstechen,  den  schwüren  aufstechen,  einen»  rf<dl;- 
sirhlhs  die  Wahrheit  sagen,  den  fehler,  irrthum  entdecken  oder 
verweisen;  ich  will  gerne  alls  thun,  alles  leiden,  das  ich  nur 
nit  weiter  aufzustechen  (das  übel  zu  offenbaren)  verursacht 
werde.  Luthers  br.  1,  20S;  wiewol  der  böse  geist  ein  anders 
drin  angesehen  hat,  daran  im  mehr  gelegen,  denn  an  des 
bapsts  geitz,  er  liet  es  sonst  iengsl  aufgestochen  (aufgerührt). 
LUTBER  1,  507'; 

gedenk  erloschuen  streit  nicbi  wieder  aufzustechen. 
OUTZ  1,306; 

eine  kleine  Unwissenheit  will  ich  ihm  nur  aufstechen,  die 
denn   am   ende  doch   nicht   so  gar  klein  isL    Tieck  ges.  nov. 


2,  247;  so  soll  er  vor  einer  menge  von  kennem,  wissenden 
und  aufstechenden  sich  über  die  natürlichkeit  controlieren  las- 
sen. GöTHE  39,  237.  Stieler  2154  hat  auch  die  bedeutungen 
adulando  nocere,  promissis  fallere,  perfide  prodere,  wofür  bei- 
spiele  mangeln. 

AUFSTECHER,  m.    der  alles  anzeigt,    meldet,    hinterbringt. 

AUFSTECKEN,  affigere,  praefigere,  anstecken,  vorstecken. 

1)  das  haupt  des  getüdteten  aufstecken:  sein  haupt  wurde 
zu  ewigem  schimpf,  schänden  und  spott  aufgesteckt.  Schcp- 
piüs  562;  sein  (Herders)  gepudertes  haar  war  in  eine  runde 
locke  aufgesteckt.  Göthe  25,  297 ;  derjenige  theil  ihrer  haare, 
der  noch  aufgesteckt  ist,  mildert  durch  weibliche  Zierlichkeit 
ihr  sprödes  ansehen,  dagegen  der  herabhängende  das  mäun- 
lichwilde  vermehrt.  39,  24 ;  blumen  am  haar,  schleifen  am 
arm  aufgesteckt;  hanenfedem,  die  darnach  beiderseits  haus- 
herm  einander  zu  leid  aufsteckten.    Garg.  194'. 

2)  einen  hut  an  der  Stange  aufstecken;  ein  kreuz  am 
kirchthurm,  eine  fahne  am  dach  aufstecken,  ein  licht,  einen 
kränz  aufstecken,  eine  rute  am  spicgel  aufstecken,  ein  kleid 
mit  nadeln,  vorhänge  am  fenster  aufgesteckt;  den  pferden 
heu  aufstecken,  auf  die  raufe; 

Priapus  hat  das  zeit  mit  grünem  aufgesteckt. 
Flemimg  615. 

3)  feuer  aufstecken,   wte  anstecken:    ein  liecht  aufstecken, 

anzünden,    seh.  und  ernst  129 ; 

Prometheus  hat  uns  wol  ein  klares  liecht  gegeben, 
ein  feuer  aufiresteckt,  dem  rechten  nacbzustreben. 
Opitz  1,54. 

4)  ein  ziel  aufstecken:  dasz  diejenigen,  welche  frömmig- 
keit  als  zweck  und  ziel  aufstecken,  meistens  heuchler  wer- 
den. Göthe  22,  236 ;  heute  dank  ich  deiner  heiligen  asche, 
dasz  du  mir  ein  ziel  der  ruhe  und  gniigsarakeit  aufgestcikl 
hast.  Klingers  th.  2,  139 ;  er  bleibt  weit  hinter  dem  aufge- 
steckten ziel. 

5)  aufstecken,  einhallen,  feierabend  machen:  es  ist  schon 
spät,  da  wollen  wir  aufstecken ;  noch  eine  nadel,  dann  kannst 
du  aufstecken  sagt  die  matter  zur  strickenden  tochter.  stu- 
dentisch, ein  colleg  aufstecken,  aufgeben,  an  nagel  hängen; 
und  allgemein,  das  werd  ich  wol  aufstecken  müssen. 

6)  nichts  aufstecken,  nichts  erreichen;  er  hat  den  handel 
mit  der  und  der  waare  aufgegeben,  weil  er  findet,  dasz  er 
nichts  dabei  aufstecke,  kaum  vom  aufstecken  des  kranzes 
am  ziel  und  am  gtpfel  entnommen,  sondern  von  dem  des  lohns 
oder  Verdienstes  bei  der  arbeit. 

AUFSTECKKLEID,  n.  langes  kleid,  das  aufgesteckt  werden 
musz. 

AUFSTECKN.\DEL,  f. 

AUFSTEHEN,  surgere,  stare,  nnl.  opstaan,  sich  erheben. 

1)  aufstehen  von,  aus  dem  bett,  lager:  so  stehet  ir  mor- 
gens früeauf  und  ziehet  ewr  strasze.  l  .Vo*.  19,  2;  da  stund 
Abimelech  des  morgens  früe  auf  und  rief  allen  seinen  knech- 
ten. 20,8;  und  stund  auf  in  der  nacht  und  zoch  an  den 
fürt.  32,  22.  das  wild  steht  auf  vom  lager,  erhebt  sich,  episch 
verbunden  mit  essen:  stehe  auf,  setze  dich  und  isz  von  mei- 
nem  wildbret.  1  Mos.  27,  19;  stehe  auf  mein  vater  und  isz 
von  dem  wildbret  deines  sons.  27,  31 ;  legt  sich  und  schlief 
unter  der  Wacholdern,  und  sihe,  der  cngel  rüret  in  und 
sprach  zu  im,  stehe  auf  und  isz.  1  kün.  19,  5.  7;  und  er 
stund  auf  und  asz  und  trank.  19,  8.  so  wird  auch  einem 
baren  zugerufen:  stehe  auf  und  frisz  viel  fleisch.  Dan.  7,  5 
und  dem  entzückten  Petrus:  stehe  auf,  schlachte  und  isz. 
apost.  gesch.  10,  13.  gleich  häufig  folgt  dem  aufstehn  ein  gehn, 
wandeln,  ziehen  nach,  als  die  eigentliche  durch  das  aufstehn 
bedingte  handlnng :  des  morgens  aber  stund  Laban  früe  auf, 
küsset  seine  kinder  und  zoch  hin.  1  ^fos.  31,55;  sprach  der 
herr  zS  im,  stand  auf  und  gang  in  die  statt.  Fra."««  «ellb.  149* ; 

wenn  der  pfaf  aufstehet  und  gebet  zur  metten 
und  der  edle  birscb  gen  boli  gehet  und  thut  ihm  selber  betten. 
weidtpr.  8. 

ich  steh  aber  erst  auf,  dcrhalben  ein  guten  morgen.  Garg.  56'; 

frii  aufstehen  ist  nicht  gut, 

frä  trinken  noch  das  best  thul.     160^. 

man  sagt  aber  einem  sich  verspätenden,  des  erfolgs  verlustigen : 

da  hättest  du  früher  aufstehen  müssen. 

2)  aufstehen  vom  boden,  von  der  erde,  vom  stui,  von  der 
bank :  da  stunden  die  niänner  auf  von  danncn  und_  wandten 
sich.  ItfoJ.  18, 16;  stehe  auf,  nim  den  knaben.  21,' 18 ;  und 
stunden  auf  und  neigten  sich.   2  Mos.  33, 10 ;  da  stund  er  auf 


747 


AUFSTEHEN 


AUFSTEHEN  —  AUFSTEI  GEN 


748 


von  seinem  stuel.  rieht.  3,  20 ;  da  stund  David  auf  von  der 
erden  und  wusch  sich.  2  Sam.  12,  20 ;  weiber,  die  zum  evan- 
geli  {in  der  kirche)  aufstunden.  Garg.  15l'.  mit  diesem  auf- 
stehn  verknüpft  sich  wiederum  episch  das  sprechen,  weil  der 
redende,  um  gehör  zu  erlangen,  vorher  sich  erhebt:  da  stund 
Paulus  auf  und  winket  mit  der  hand  und  sprach,  apost. 
gcsch.  13,  16;  da  man  sich  aber  lang  gezanket  hatte,  stund 
Petrus  auf  und  sprach  zu  inen.  15,  7;  und  etliche  stunden 
auf  und  sprachen.  Marc.  14,  57. 

3)  aufstehen  vom  mahl,  vom  tische :  und  er  asz  und  trank 
und  stund  auf  und  gieng  davon.  1  Mos.  25,  34;  stund  er  vom 
abendmahl  auf.  Joh.  13,  4 ;  und  der  könig  stund  auf  vom 
mahl  und  vom  wein.  Esther  1,1;  die  entsetzliche  mahlzeit, 
woran  diese  gepriesenen  glücklichen  schwelgen,  von  der  sie 
betrunken  aufstehen.  Schiller  187';  sie  sind  noch  nicht  von 
tische  aufgestanden; 

aufstund  der  könig  und  sehi  adel, 
ein  (i.  eim)  rittorspil  zusclien  wohen. 
H.  Sachs  f,  42ü'. 

4)  entgegen  einem  aufstehen,  sich  ihm  zu  ehren  erheben, 
assurgen;  (s.  aufspringen  2) :  und  da  er  die  engel  sähe,  stund 
er  auf  inen  entgegen  und  bücket  sich  mit  seinem  angesicht 
auf  die  erden.  1  Mos.  19,  l ;  für  eim  grawen  heubt  soltu  auf- 
stehen. 3  Mos.  19,  32.    auch  mit  dem  daliv  : 

für  Zeiten  stunden  junge  den  alten  höflich  auf, 
jetzt  heiszts,  junger  sitze,  und  alter  greiner  lauf! 
L0GAU2,  7,22; 

dem  neuen,  der  hereintrat,  wenn  er  würdig  genug  war,  stan- 
den sie  auf  und  neigten  ihm  einen  willkommen.  Göthe  17, 
224 ;  bis  endlich  die  freunde  kämen,  denen  du  aufstündest,   das. 

5)  aufstehen  vom  tode,  wie  vom  schlafe,  resurgere,  aufer- 
stehen: weichet,  denn  das  mägdlein  ist  nicht  tod,  sondern 
schläft,  und  sie  verlachten  in.  als  aber  das  volk  ausgetrie- 
ben war,  gieng  er  hinein  und  ergreif  sie  bei  der  hand,  da 
stund  das  mägdlein  auf  {goth.  urrais  so  mavi,  ahd.  arstuont 
dag  magatin).  Matth.  9,25;  die  todten  stehen  auf.  11,5;  die 
gräber  thäten  sich  auf  und  stunden  auf  viel  leibe  der  heili- 
gen, die  da  schliefen.  27,  52;  mägdlein  ich  sage  dir,  stehe 
auf  (goth.  mavilö  urreis).  Marc.  5,  41;  so  werden  sie  auch 
nicht  gleuben,  objeman  von  den  todten  aufstünde.  Luc.  16,  31; 

aufzustchn  zu  jenem  lehen, 

wirst  du,  gott  mein  gott,  mir  geben.  Klopstock7,  199; 
staub  du  ruhest,  steh  auf  in  das  leben!  Mess.  11,  903; 
ach,  dasz  ich  ihn  nur  seh,  wenn  er  aufstellt.    13,  494. 

6)  aufstehn  von  der  krankheit,  aus  der  ohnmacht,  sich  er- 
heben: da  nun  der  hirsch  von  seiner  krankheit  wieder  auf- 
stund.   Lohmans  fab.  3;    er   ist  schon  aufgestanden,   genesen. 

7)  aufstehn,  oriri,  surgere,  exislcre,  aufkommen,  entstehn,  ent- 
springen :  aber  das  sind  fehrliche  Sachen,  wo  irrunge,  zwntracht 
und  secten  unter  den  Christen  aufstehen.  Luther  3,  103'.  br. 
2,  575;  aufstehen,  sich  erheben,  empören,  insurg'ere,  einen 
aufstand  machen;  wie  oft  einem  ein  glück  aufstehet.  Agricola 
spr.  111";  da  frawcn  nemmen  meister  zu  machen  aufstund, 
da  käme  die  arznei  in  das  eilend.  Paracelsüs  c/uV.  sc/ir.  5. 1; 
da  sind  sie  nach  der  hand  auf  ein  andere  art  aufgestanden 
(hervorgekommen).  Fischart  ftj'enenfc.  236';  man  vernimmt  teg- 
lich,  wie  umb  ein  jedes  kloster  bald  ein  statt  aufstehet,  dann 
der  has  ist  gern,  da  er  geheckt  wird.  Garg.  260'; 

die  häuser  stehen  auf,  die  mawren  seind  beschlossen. 
Weckherlin  253; 

wann  aber  ein  solcher  practicant  aufstehet  und  ein  groszes 
Unglück  auf  einen  gewissen  lag  verkündiget.  Schüppius  614; 
dasz  nit  alle  jähr  Aristoteles  aufstehen,  das  kompt  daher, 
weil  keine  Alexandri  magni  leben.  795;  weil  mir  eine  gele- 
genheit  in  Italien  zu  reisen  aufgestanden,  maula/fe  109 ;  so- 
bald diese  einen  gesang  zu  spielen  anheng,  so  stunden  die 
begierden  auf.  Wieland  34,  33;  indem  nun  das  deutsche 
theater  sich  völlig  zur  ven^'eichlichung  hinneigte,  stand  Schrö- 
der als  schriftsteiler  und  Schauspieler  auf.  Göthe  26, 194 ; 
und  gedächte  jeder  wie  ich,  so  stünde  die  macht  auf 
gegen  die  macht,  und  wir  erfreuten  uns  alle  des  friedens. 

40,  337  ; 
wie,  wenn  nun  ein  neuer  Luther  aufstünde?  Lichtenberg  1,  48; 
er  glich  langsam  aufsteigenden  gebirgen,  die  stets  mehr  aus- 
beute abwerfen  als  schnell  aufstehende  {sich  erhebende).  J.  Paul 
Tit.  I,  163;  in  der  schwülen  stille  stand  gegen  vier  uhr  ein 
fächelnder  abendwind  auf  {erhob  sich).  Hesp.  4,  47 ;  im  düslcrn 
haine  stand  ein  wilder  fcls  auf.  Tit.  2,  67;  und  es  ist  der 
verwegene  gedanke  in  mir  aufgestanden.  GOtue  an  Schiller  280. 


8)  weidmännisch,  die  vögel  stehn  vor  dem  hunde  auf,  er- 
heben sich,  fliegen  auf.  die  fische  stehn  auf,  tauchen  unter 
dem  eis  hervor  an  die  lufllöcher.  bergmännisch,  der  Schwa- 
den steht  auf,  steigt  in  die  höhe. 

9)  aufstehen,  offenstehen:  die  thür  steht  auf;  das  fenster 
stand  die  ganze  nacht  auf;  als  ich  hörte,  einem  sei  durch 
Zufall  das  maul  aufstehn  geblieben.  Tieck  3,  19.  während 
alle  unter  1 — 8  verzeichneten  aufstehen  mit  sein,  bildet  dieses 
das  praet.  mit  haben :  das  thor  hat  aufgestanden. 

10)  aufstehen,  feststehen:  das  schif  sieht  auf;  der  wagen 
steht  auf,  hält  still;  das  eine  tischbein  steht  nicht  auf;  ich 
stehe  fest  mit  dem  fusz  auf.  die  Frankf.  ref.  IL.  24, 10  ver-i 
bindet  fallieren  und  aufstehen  von  einem  kaufmann  der  seine 
Zahlungen  einstellt,  heiszt  dies  festsitzen  ? 

11)  aufstehen  vom  wein  gebraucht  bedeutet  trüb  oder  schal, 
anzick  werden,  einen  stich  bekommen,  was  sonst  abstehen,  ab- 
ständig heiszt.  so  sie  mit  einem  wein  umbgehn,  derselbig 
bald  aufstehet  und  seiger  wird.    Paräcelsus  1,  883'. 

12)  ähnlich  ist  das  aufstehen,  stumpf  werden  der  zahne, 
nach  genossener  herber  und  saurer  speise,  was  sonst  ilgern, 
eilen  oder  auch  lang  werden  heiszt. 

AUFSTEHEN,  n.  nach  verschiednen  bedeutungen  des  vor- 
ausgehenden verbums :  das  frühe  oder  späte  aufstehn ;  das 
aufstehn  vom  stuhl,  vom  tische;  das  aufstehen  {sich  erheben) 
des  zur  erde  gedrückten  wilds;  da  die  gemeine  zu  Rom  ein 
aufstehen  machet,  beredt  ein  kluger  mann  die  aufgewigelten, 
dasz  sie  wider  einzogen.  Schüppius  831;  gröszere  freiheit  be- 
günstigt das  aufstehen  aller  ideen ;  das  aufstehen  des  wei- 
nes,  wenn  ei;  nachdem  er  hell  war,  wieder  in  gährung  kommt; 
das  aufstehen  der  wolle  an  den  thieren  im  frühjahr. 

AUFSTEIFEN,  rigere  facere,  nnl.  opstijven: 

die  aufgesteifle  stirn  wird  billich  ausgelacht 

Gryphius  2,  313; 
der  erbe  weisz  den  runden  hut 
nicht  recht  geinäclilich  anzugreifen, 
er  sinnt  und  wagt  es  kurz  und  gut, 
er  wagts  zwo  krempen  aufzusteifen. 

Gellert  1,  44; 
der  schuh  ist  niedrig  stumpf  mit  aufgesteifier  lasche. 
Zacuariä  1,  23; 

eine  kröne  von  federspulen,  welche  nach  art  der  Amerika- 
ner in  einer  rundung  aufgesteift  waren.  Rarener  2, 109 ;  wie 
werden  diese  Puritaner  und  jene  aufgesteiften  tugendhaften 
dein  andenken  lästern.  Tieck  nov.  6,  215 ;  der  minister  steifte 
mit  alten  galanterien  den  erotischen  sklaven  (rf.  h.  sich)  auf. 
J.  Paul  Tit.  3,  105;  ein  eingepfarrter  kleiner  köpf  um  den 
andern  schlich  mit  einem  kranzknauf  und  überhaupt  mit 
güldflittern  gestickt  und  aufgesteift  an  ihm  vorüber.  Hesp,  3,  204. 
AUFSTEIGEN,  ascendere,  sich  in  die  höhe  erheben,  nnl. 
opstijgen. 

1)  mit  den  füszen  aufsteigen:  und  sihe  eine  leiter  stund 
auf  erden,  die  rüret  mit  der  spitzen  an  den  himel,  und 
sihe  die  engel  gottes  stiegen  dran  auf  und  nider.  1  Afos.  28, 
12;  sähe  er  ander  siben  küe  aus  dem  wasser  aufsteigen. 
2  Mos.  41,  3;  die  siben  magere  küe,  die  nach  jenen  aufge- 
stigen  sind.  41,  27 ;  und  sähe  einen  andern  engel  aufsteigen 
von  der  sonnen  aufgang.  offenb.  Joh.  7,  2;  das  tbier,  das  aus 
dem  abgrund  aufsteiget.  11,  7.  man  sagt  auch  aus  dem  bette, 
vom  tische  aufsteigen,  oder  beidemal  blosz  aufsteigen  für  auf- 
stehen :  heute  habe  ich  dir  schon  lange  für  deine  liebe  und 
treue  gedankt,  ich  stieg  eine  stunde  früher  auf  als  gewöhn- 
lich. Göthe  an  fr.  von  Stein  2,  261 ;  darauf  stiegen  wir  ver- 
dricszlich  vom  tische  auf.  34,227.  aufsteigen,  auf  pferd,  schif 
und  wagen. 

2)  angewandt  auf  sinnliche  gegenstände,  die  man  sich  er- 
heben sieht:  die  sonne  stieg  prachtvoll  am  himmel  auf;  der 
luftballon  ist  aufgestiegen;  das  gebirge  steigt  vor  uns  auf; 
sanft  aufsteigende,  von  huschen  und  bäumen  überschaltete 
hügel.  Göthe  31,  228;  der  boden  ist  aufsteigend,  erhebt  sich; 
die  landschaft  stieg  bald  rüstig  auf  und  ab.  J.  Paul  flegelj. 
1,  53 ;  das  meer  stieg  lebendig  auf.  1,  73 ;  wir  sahen  die 
wellen  höber  aufsteigen;  stolze  eichen  stiegen  auf;  wenn  sie 
unter  cypressen  gelagert  den  lorbeer  aufsteigen  und  fruchte 
zugleich  aus  dem  dunkeln  laube  hervorglüliend  erblickten. 
Göthe  22,128;  eine  hohe  flamme  steigt  auf;  dichte  rauch- 
seulen  sind  aufgestiegen;   ein  gewitter  steigt  auf  am  himineL 

3)  angewandt  auf  innere  oder  abgezogene  zustände:  das  hert 
stieg  mir  auf,  schwoll;  bei  inen  stieg  auf  diser  wohn.  Spreng 
IL  118';   der  gedanke   ist  in  mir  aufgestiegen;   wann   solche 


I 


749 


AUFSTEIGEN— AÜFSTERBEN 


AUFSTEUBEN — AUFSTIMMEN 


750 


gedanken  treuen  lelirern  auch  aufsteigen.  Schcppics  681; 
stieg  keiner  jungen  dirne  der  einfail  auf,  gefall  ich  auch? 
WiELAJiD ;  faszt  mein  geist  die  worte,  aus  denen  ein  so  schwar- 
zer, fürchterlicher  sinn  aufsteigt?  Klincer  5,  363 ;  seinen  auf- 
steigenden stolz  durch  eine  heilsame  rückerinnerung  nieder- 
zuschlagen. Schiller  714 ;  der  schmerz  stieg  höher  auf  bis 
zum  herzen ;  diese  speise  steigt  mir  noch  im  magen  auf  (slöszt 
auf);  wann  die  mutler  aufsteiget.  Ettners  hebamme  69;  der 
rauch  irer  quäl  wird  aufsteigen  von  ewigkeit  zu  ewigkeit. 
offenb.  loh.  14, 11 ;  mit  wachsendem  alter  und  immer  aufstei- 
gender ehr.  ScHCHpics  7S6;  wenn  die  wellen  der  lachgier  in 
eurem  herzen  aufsteigen,  so  wolt  ihr  alles  überschwemmen. 
2S3 ;  hier  steigen  so  viele  Schwierigkeiten  auf.  Klinger  9,  li9 ; 
erschienen  die  wahjbotschafter  nach  aufsteigender  linie.  Gothe 
24,  304 ;  erbfolge  in  aufsteigender  linie. 

4)  wo  ein  acc.  dabei  ausgedrückt  wird,  gewinnt  aufsteigen 
die  transitivbedeulung  von  besteigen : 

Husa,  Venus,  Charis  schauet, 

wie  Amoena  siafTeln  bauet, 

aufzusteigen  euien  thron.    Locau  1,  1,  3; 

wer  vermag  wol  einen  ber^ 

ohne  Schwachheit  aufzusteigen?    GC.mther; 

den  thurm  aufsteigen,  ascendere  turrim.  doch  ist  die  fügung 
unüblich  und  wol  dem  latein  nachgeahmt,  bei  diesem  transitiven 
aufsteigen  fordert  auch  das  praet.  haben  statt  sein,  obwol  die 
ältere  spräche  jenes  zuweilen  mit  dem  intransitiven  verknüpfte, 
in  der  Limburger  chronik  §.  76  heiszt  es  z.  b.  auch  hatte  es 
sich  also  verwandelt  mit  dem  pfeifenspil  und  hatten  aufge- 
stiegen in  der  musica  {waren  höher  aufgestiegen). 

AUFSTEIGEN,  n.  ascensus:  darumb  ist  gesang,  reden, 
pfeifen,  wenn  das  herzlich  aufsteigen  nicht  da  ist,  gleich  ein 
gebet,  als  die  butzen  in  der  menschen  garten  sind.  Luther 
1,  69";  war  diese  Volksfeierlichkeit  von  den  jähren  1780  bis 
etwa  1793  in  ihrem  aufsteigen  und  in  der  Vollkommenheit. 
Tieck  yes.  nov.  2, 13 ;  die  ideen  dienen  zum  aufsteigen  in  der 
reihe  der  bedingungen  bis  zum  unbedingten.  Ka.nt  2,  305. 

AUFSTEIGUiN'G,  f.  ascensio,  ein  technischer  ausdruck  in  der 
Sternkunde,  gerade  und  schiefe  aufsteigung. 

AUFSTELLE.N,  apponere,  imponere,  nnl.  opstellen. 

1)  tische  aufstellen;  teller,  schusseln,  gläser  aufstellen; 
schränke,  waaren,  bücher,  bilder  aufstellen.  Logac  2,  4,  7  sagt 
auch  brillen  aufstellen  statt  aufsetzen. 

2)  netz,  garn,  sprenkel,  falle  aufstellen,  oft  mit  dat.  der 
person.  ein  geiziger  mönch,  der  hat  sein  herz  aufgestellet, 
die  einraltigen  zu  fangen,  pers.  baumg.  7,  29.- 

3)  sich  aufstellen ;  ein  heer  zur  Schlacht  aufstellen ;  Solda- 
ten, zeugen  aufstellen ;  einen  zum  muster  aufstellen ;  die  leule 
zum  hofstaat  aufstellen.  Klinger  2,  375;  in  reihen  aufstellen. 

4)  einen  satz,  eine  lehre,  ein  beispiel  aufstellen;  den  be- 
weis, die  behauptung,  die  frage  aufstellen ;  eine  rechnung  auf- 
stellen, auch  blosz  aufstellen,  behaupten,  annehmen,  propo- 
nere;  aufgestelltermaszen,  u/t  propositum  est. 

5)  aufstellen,  attendere,  einer  suche  nachstellen :  Herder  soll 
doch  aufstellen  (acht  haben),  er  sieht  vielleicht  in  einem  ka- 
talogus  dies  interessante  werk.  Göthe  29,  292.  gleichsam  netze 
aufstellen,  meine  frau  gemahlin  hatte  schon  lange  aufgestel- 
let {geachtet,  dem  nachgestellt),  damit  sie  erfahren  nlochte,  wo 
mehrgedachter  cavalier  seinen  gewöhnlichen  abtritt  zu  haben 
pflegte.  eÄe  eines  man« w  338. 

AUFSTEMMEN,  inniti,  aufstützen: 

'ist  es  ihre  thüre»  wärs  die  meine.' 
sasz  ich  aufgestemmt  in  meinem  bette. 

GoTue  2,  103; 
'die  ursach  ist  leicht  zu  erdenken' 
sprach  ich  mit  aufgestemmten  (so)  arm. 
I.Essinc  t,  74; 
er  hielt  »ich  kaum 
die  starke  band  dem  boden  aulgesiemmt. 

liÜ'RGKR  162*. 

tausend  schneidende,  flehende  zungen,  röchlen  der  sterben- 
den, gegrinz,  gcwirr,  gebad  im  blul,  letztes  aufstemmen  zu 
rächen,  tobt  über  den  gräbern.  Klincers  Ih.  4, 130. 

AUFSTEMPELN,  mit  dem  Stempel  aufdrücken,  aufprägen: 
den  namen  aufstcmpeln. 

AUFSTENGEL.N,  s.  aufstängeln. 

AUFSTEPPEN,  steppend  aufnähen. 

AUFSTEHBEN,  morte  obtingere,  was  ansterbcn :  der  kaufte 
ein  weib  von  Spunheini,  der  [cui)  starb  ein  gut  land  auf,  das 
im  hernach  ward  von  seinem  weib.  Limb,  chron.  §.  is2;  das 
zu   der  zeit   des   geistlichen  rechts  nicht  den  freunden  hätte 


können   aufsterben  ohn  sonderlich  testament.  Lcthers  br.  4, 

403 ;  es  ist  ihr  viel  aufgestorben.  Mich.  Neander  syll.  loe.  49. 

AUFSTEUBEi^,  concitare  feras :  das  gwild  aufstöuben.  Maa- 

LER   37*. 

AÜFSTEUBERN,  sagacius  odoran,  tnvestigare,  aufjagen, 
Weiterbildung  des  vorausgehenden :  nu  aber  solche  Jagdhunde, 
ja  teufel  hinder  uns  sind,  und  uns  aufsteubem,  so  müssen 
wir  wol  munter  werden.  Lcther  5, 19S'.    s.  aufstöbern. 

AUFSTEUEKN,  in  doppeltem  sinn, 

1)  aufstützen,  fulcire,  nili,  aufstemmen :  den  arm  aufsteuem, 
sich  mit  dem  arm  aufsteuern;  das  dritte  bein  ist  dreieckicht 
und  einem  Stegreif  gleich,  auf  welchem  sich  die  gröszte  ecke 
des  ambosz  aufsteuwert.  Uffenbach  rosbuch  s.  19. 

2)  aufwärts  steuern,  segeln:  eh  er  zum  troischen  landauf- 
steuerte. Voss. 

3)  Stieler  2152  hat  auch  aufsteuem,  pre/«o  rerum  intendere, 
in  die  höhe  treiben,  wofür  belege  mangeln. 

AUFSTICHELN,  frequentatives  aufstechen,  mit  kleinen  und 
wiederholten  Stichen  angehen:  eines  mannes  fehler  aufsticheln, 
aufstechen;  einen  aufsticheln,  aufregen,    s.  aufstacheln. 

AUFSTICKEN,  aufnähen:  zierlich  aufgestickte  blumen. 

AUFSTIEBEN,  in  sublime  ferri.  mAd.  üfstieben,  nn{.  opstuiven  : 

dö  sach  er  allenthalben 
die  moiien  üf  stieben.    Rot.  119,  4. 
nhd.  ein  windspraut  mich  entpor  aufhub, 

darmil  ich  in  die  luft  aul'stub.    H.  Sachs  I,  285'; 

verschwunden,  lieszen  laufen  ir  pferd, 

das  hinder  den  aufstob  die  erd.    Teuerd.  101,28; 

da  sähe  man  erst  manchen  sper  gen  himmel  aufslieben. 
Galmy  146;  es  stob  mächtig  auf,  wölken  von  staub  bewegten 
sich,  weidmännisch,  das  kleine  geflügel  steubt  auf,  fliegt  plötz- 
lich empor,  aus  dieser  dritten  pers.  des  praes.  steubt,  mhd. 
stiubet  erklärt  sich,  wie  der  inf.  ein  eu  stall  ie  annehmen  und 
sich  dann  mit  dem  transitiven  aufstäuben  (mhd.  üfstouben) 
mischen  konnte,    s.  aufstäuben. 

AUFSTIEFEN,  aufwiegeln,  aufregen?  böse,  lose  leute,  die 
dir  aus  falschem  herzen  den  giftigen  angel  mit  honig  bestrei- 
chen, und  dich  allerlei  unterweisen  und  aufstiefen  werden. 
Thcrneisser  nothgedr.  ausschr.  s.  59;  nun  siht  man  was  es 
für  ehrliche  leut  zu  Basel  hat,  die  einem  mann  sein  weib 
also  aufstüefen.  s.  70.  Wechsel  zwischen  ie  und  üe  erscheint 
oft,  z.  b.  ungestiem  f  ungestüem,  doch  in  aufstiefen  scheint 
umgekehrt  das  ie  besser,  Stalder  2,  398  hat  stiefeln,  antreiben, 
anspornen,  das  wart  bedarf  näherer  aufklärung.  vgL  aufstiften. 

AUFSTIEG,  m.  ascensus  (über  die  Wortbildung  s.  stieg  und 
steig):  sie  durfte  nur  die  eine  felsenecke  wegbrechen,  so  er- 
langte sie  eine  schön  geschwungene  wendung  zum  aufstieg 
und  zugleich  überflüssige  steine.  Göthe  17,  34 ;  macht  er  sich 
auf  den  weg,  so  ist  jeder  aufstieg  die  quäl  des  Sisj-phus,  je- 
der niederstieg  der  stürz  Vulkans.  23,  266;  jene  gegend  in 
felsen  und  bäumen,  auf-  und  abstiegen,  stillen  seen,  beleb- 
ten bächen.  29,  132;  am  fusze  des  aufstiegs.  31,  245;  was 
jetzt  als  Untersatz  eines  kleineren  bergcs  erscheint,  musz  ehe- 
dem in  einem  aufstieg  bis  zum  gipfel  fortgegangen  sein.  37, 
210 ;  der  aufstieg  ist  steil,  aber  der  weg  gut.  43,  209 :  endlich 
gewinnt  man  einen  aufstieg,  gleichfalls  durch  ein  kieferwäld- 
chen.  51, 173.  Thurneisser  archid.  82  hat  aufstig  für  ascensus 
im  astronomischen  sinn. 

AUFSTIEREN,  was  aufstarren,  mit  welchem  es  sich  auch  in 
der  Wurzel  berührt  (s.  stier  und  starblind). 

AUFSTIERE.N  für  aufstören:  aber  desto  grüszer  musz  auch 
alsdann  die  Vorsichtigkeit  sein,  um  einen  funken,  durch  all- 
ziigrosze  geschäftigkett  ihn  zu  ersticken,  nicht  erst  zu  einer 
flamme  aufzuslieren.  VVieland  6,  248. 

AUFSTIFTEN,  instigare,  anstiften:  was  sie  nicht  mögen  mit 
der  tliat  begehn,  Ibun  sie  doch  solches  mit  aufstiften  und 
anreizen.  Keisersberc  braucht  es  aber  für  sühen :  da  die  do- 
sier erst  aufgcstift  wurden,  hos  im  pf. 

AUFSTIFTU.NG,  f  instigatio:  die  misvergnOgten  Insulaner 
durch  geheime  aufstiftungen  übermütig  und  zu  billigen  bedin- 
gungen abgeneigt  machen.  Wiela.-^d  2,107;  durch  ihre  gehei- 
men riinke  und  aufstiftungen.  6,  16. 

AUFSTI.MMEN,  altiut  intendere  ehordas,  die  saiten  aafstim- 
mcn,  höher  stimmen : 

und  Liglich  stimmte  das  gemi'it  sich  schöner 
lu  immer  reinem  barmonien  auf.    GötbeS,  179; 

die  schlafenden  kräfle  im  menschen  aufstimmen.  Kuncus  Ik 
3,  275. 


751 


AUFSTINKEN— AUFSTOSZEN 


aufstosze;n — aufstrauben 


752 


AUFSTINKEN,  in  sublime  spargi,  vgl.  scliw.  stänka  und  auf- 
duften: ihre  sünde  stinkt  auf  zum  himmel;  greuliche  frevel, 
die  bis  zum  himmel  hin  aufstinken  (oder  hinauf  stinken). 
Schiller  122'. 

AUFSTIPPEN,  aufstipfen,  digito  tundere,  quasi  inßgendo. 
Haltaus  68.    s.  aufstupfen. 

AUFSTÖBERN,  aufregen,  aufsteubern :  das  wild  aufstöbern, 
ein  seltnes  buch  aufstöbern;  das  ernste  wort  gemahl  stöbert 
alle  zweifei  in  ihrem  busen  auf.  VVieland  21,  273;  jagte  ihn 
diesmal  selbst  voran,  alles  drüben  in  Pfülzel  aufzustöbern. 
Fr.  MiJLLER  3,  9 ;  ein  glück  für  ihn,  dasz  die  fürslin  düs  tolle 
einschiebsei  der  uhr  gar  nicht  aufgestöbert  habe.  .1.  Paul  ücsji. 
3, 109 ;  wo  man  lauter  alte  schaden  aufstöbert.  3, 156. 

AUFSTÖBERER,  m.  die  aufstöberer  von  unterschieden  und 
neuen  personen  sind  als  au&'ührer  zu  betrachten.  Tieck  ges. 
nov.  5,  98. 

AUFSTOCHERN, /bdicare;  die  zahne  aufstochern ;  das  Zünd- 
loch mit  einer  feder  aufstochern. 

AUFSTOCKEN,  suffodere?  er  fieng  an  rings  um  die  Woh- 
nung alle  noch  unbepflanzten  platze  aufzustocken  und  um- 
zugraben. Wieland  30,  328. 

AUFSTÖHNEN,  alle  suspirare:  er  stöhnte  laut  auf. 

AUFSTOLZEN,  AUFSTOLZIEREN,  superbire,  vullum  sus- 
tollere. Stieler  2178. 

AUFSTOPFEN,  doppelsinnig, 

1)  aperire,  die  flasche  aufstopfen;  zu  dem  so  pflegt  das 
weiblin  (der  kaninchen)  ir  eigen  loch  aufzustopfen  und  aufzu- 
machen. Sebiz  537. 

2)  adimplere,  ein  polster,  ein  bett  mit  federn,  haaren  auf- 
stopfen, anfüllen,  wieder  ausstopfen. 

AUFSTOPPELN,  colligere,   ähren  aufstoppeln. 
AUFSTÖREN,    irritare,    excilare,  lurbare:    ein  Wespennest 
aufstören;   aus  dem  schlaf  oder  träum  aufstören; 

aufgestört  durch  eigene  stimm  und  des  mannes  erscheinung 
fährt  sie  empor.  Voss ; 

auch  Geron  ist  zu  sehn,  wie  ihn  sein  gutes  schwert 
aus  pflichtvergesznem  träum. enlsetzlich  aufgestört. 

Alxinger  ; 
ein  welterleuchlender  glänz  von  hundert  bloszen  wehren 
scheint  stracks  in  jeder  brüst  die  mordlust  aulzustören. 

Wieland  ; 
und  hätte  nicht  das  Schicksal  ihm  gewehrt, 
jetzt  hätte  den  betrug  sein  eisen  aufgestört.    Schiller  29"; 

aufgestört  wurden  alle  die  ungewissen  phantome.  Tieck  14, 
146 ;  der  miserable  kleine  fratz  läge  bei  unserm  elend  nur 
kalt  da,  mir  nichts  dir  nichts,  wenn  ich  ihn  nicht  aufstörte. 
J.  Paul  Hesp.  1,  93.    s.  aufstieren. 

AUFSTÖRLEN,  eine  verkleinerte  aber  gute  form  des  vorigen. 
Stieler  2174,  der  ein  ahd.  sturilön,  storilön  entspräche,  s.  an- 
störlen. 

AUFSTOSZ,  m.  collisio:  aufstosz  oder  zweiung.  Haltaus 
69;  aufstosz  krankheil:  diser  harter  aufstosz.  Opitz  Arg.  2, 
450;  aufstosz,  gdhrung:  der  rheinische  wein  kann  hitze  und 
frosl  ausstehen,  er  kan  wasser  und  alles  was  nur  hineinge- 
than  wird,  verdauen,  ja  er  kan  alle  aufstösze,  so  ihm  wider- 
fahren, vertragen  und  bleibet  doch  allezeit  guter  wein,  Fer- 
dinand \.  tafelreden  übers,  von  Dav.  Schirmer.  Dresd.  1674.  s.  133. 

AUFSTOSZEN,  nnl.  opstoofen. 

1)  transitiv,  die  thür,  das  fenster,  das  liaus,  das  fasz  auf- 
stoszen,  öfnen,  pulsando  aperire;  er  sticsz  die  thür  auf  und 
sprang  davon.  Susanna  39 ;  sich  die  liaut  aufstoszen,  auf- 
ritzen, meidmännisch,  aufjagen,  aufsprengen:  der  liund  liat 
ein  wild,  einen  hascn,  gellügcl  aufgestoszen.  den  staub  mit 
den  füszen  aufstoszen,  erregen,  auftreiben,  feist,  geswollen 
und  ufgcstüszen  (aufgestrichnes)  har.  Muskatiilut  61,  37.  den 
Bcheiterhaufen  aufstoszen,   errichten,  schichten. 

stoszt  ihr  den  holzstosz  auf.    Grtpuius  1,  39, 

kaum  ist  es  hier  entzünden,  ansloszen.  die  giäser  aufstoszen, 
auf  einen  anstoszen:  sie  greifen  wieder  nach  ihren  gläsern 
um  aufzustoszen.  Gotter  3,  489. 

2)  intransitiv,  aufstoszen,  außeimen,  auftreiben,  gemmas 
trudere:  wiltu  das  der  gestijct  coriander  bald  soll  aufstoszen, 
80  must  du  den  grund  zwen  tage  vorhin  tüngcn.  Sebiz  246 
und  öfter. 

3)  intransitiv,  aufstoszen,  erkranken:  das  vieh  slöszt  auf; 
die  iiüncr  sind  aufgestoszen;  das  kind  stöszt  auf;  unter  disen 
{türkischen  heiligen)  scind  zwcn,  deren  nanicn  man  weist  Goy 
und  Bartschumxassa  (/.  passa,  d.  i.  pascka),   von    den    man 


wunder  saget  in  ihren  gegenden,  wie  sie  fürbündig  gewest 
seind,  das  vihe  zu  bewaren  vor  allen  zufeilen  und  anstoszen, 
darvon  der  Sibenbürger  seines  herren  fraw  ihm  oft  gesagt 
haben  schreibt,  dasz  si  vil  guts  von  disem  heiligen  empfangen 
hab,  zuvoran  in  hüttung  des  vihes,  darumb  si  im  all  jar  ein 
anzal  masz  bulter  bezalt,  und  wa  sie  etwa  in  dem  opfer  zu- 
reichen seumig  gewesen,  sei  ihr  ziihand  ein  Unglück  zuge- 
standen und  das  vihe  aufgestoszen,  damit  er  si  gleich  gemant 
hab,  und  sobald  si  die  verheiszen  gab  gelegt  hab,  sei  das 
vihe  widerkummen  (genesen,  zurecht  gekommen).  Frank  weltb. 
111*.'.    vgl.  anstosz  und  aufstöszig,  aufstützig. 

4)  intransitiv,  aufstoszen,  gdhren,  prolrudere  faeces:  der 
wein,  das  hier  stöszt  auf,  stöszt  in  die  höhe,  beginnt  zu  gdhren: 
ohne  eine  solche  immer  gährende,  brausende,  aufstoszende 
harmonie  sollen  Livius  und  Polybius,  Dionys'ius  und  Tacitus  nicht 
glaubwürdige  geschichtschreiber  sein  können?   Lessing  10,51. 

5)  intransitiv,  aufstoszen,  ructus  movere:  es  stöszt  mir  auf, 
der  rettich  stöszt  mir  im  magen  auf;  dasz  ihm  (dem  Saturn) 
der  gefressen  stein  aufstoszt.  Fischart  groszm.  56 ;  denen  der 
rohgefressen  narr  noch  aufstoszet.  Garg.  17';  nicht  also  die 
Orthodoxie,  sondern  eine  gewisse  schielende,  hinkende,  sich 
selber  ungleiche  Orthodoxie  ist  so  ekel,  so  widerstehend,  so 
aufstoszend !  Lessing  to,  25 ;  es  stöszt  mir  oft  dick  auf,  wenn 
ich  so  hin  in  die  weit  schaue.  Fr.  Mlller  3,  64.  bildlich: 
zwar  stiesz  ihm  die  wegnehmung  der  Thusnelda  etlichemal 
nicht  ohne  unmut  des  herzens  und  tiefgcholete  seufzer  auf. 
Lohenst.  Arm.  2,  368 ;  ihre  meinung  stiesz  mir  so  auf.  Hippel 
4,349;  aufstoszende  zweifei.  Klinger  3, 163;  dem  scandal  vor- 
beugen, der  über  kurz  oder  lang  dem  volke  aufstoszen  musz. 
Kant  2,  28.    vgl.  aufkoppen. 

6)  intransitiv,  aufstoszen,  mit  dat.  der  person,  auf  einen 
stoszen,  einem  begegnen: 

der  pfarherr  ist  ein  ehrlicher  man, 

ist  mir  da  uiiglehr  aufgestoszn.    Atrer  fastn.  63'; 

bis  dir  ein  besser  glück  aufstoszt.  Simpl.  1,431;  was  für  ein 
abenteuer  mir  hier  aufgestoszen.  Lessing  2,  565; 

und  hörst  du,  trift  sichs,  dasz  dir  unterwegs 
der  wagen  aufstoszt.  Schiller  216*; 

und  an  diese  chimären  masz  sie  alle  wirkliche  menschen, 
die  ihr  aufstieszen.  Tieck  7,  78;  es  kann  mir  der  fall  auf- 
stoszen, sag  ich.  J.  Paul  Tit.  l,  68 ;  will  er  ihr  im  park  auf- 
stoszen, so  reiset  sie,  wie  die  sinesischen  kuriere,  doppelt. 
2,  45;  misdeutungen,  welche  scharfsinnigen  männern  in  der 
beurtheilung  dieses  buchs  aufgestoszen  sind.  Kant  2,  30. 

7)  intransitiv,  aufstoszen,  collidere,  rixari,  gleichsam  wie 
Widder  mit  den  hörnern  aufeinander  stoszen,  Idszt  sich  aus 
aufstosz  und  aufstöszig  folgern. 

AUFSTÖSZIG,  collidens,  eructans,  aegrotus. 

1)  discors:  ist  der  markgraf  und  die  von  Nürnberg  uneins 
und  aufstöszig  worden.  Frank  chron.  218';  aber  wenn  ich  schon 
um  sie  (die  unfldter)  war,  bin  ich  doch  mit  ihnen  niemals 
aufstöszig  worden  (in  zank  gerathen).  Schweinichen  1,  67. 

2)  eructans:  wann  es  sich  begab,  das  er  zornig,  rasend, 
hirnbrünstig,  treckaufstöszig  ward.  Garg.  lU'. 

3)  aegrotus,  morbidus,  zumal  von  thieren:  zu  erfragen,  ob 
die  schafo- gerne  aufstöszig  werden.  Hohberg  1,10;  wann  ein 
pferd  aufstöszig  wird  und  nicht  fressen  mag.  2, 195' ;  die  zic- 
gen  achtens  auch  im  sommer  nicht,  wann  ihre  weide  gleich 
ganz  überthauet  ist  und  werden  davon  nicht  aufstöszig  wie 
die  Schafe.  2,  30l'.  doch  auch  ein  aufstösziges  kind.  s.  auf- 
stützig. 

4)  aufstösziger,  gährender  wein. 

AUFSTOSZIGKEIT,  f  krankhcit  der  schafe,  des  federviehs. 
AUFSTOSZUNG,  f  protrusio:    diese  aufsloszung  aus  dem 

Schlund  des  bergs.  Opitz  1,  36. 

AUFSTRAHLEN,  radios  emittere,  refulgcre: 
sobald  aufstrnlilio  die  sonne.    Voss; 
niclit  sch.im  ist  giistfrciindschaft  der  Sänger, 
die,  am  liellei)isi:hcn  tage  der  fruiheit, 
zu  liuchverklärter  meiischlichkuit  aufgestrahlt,    ders.; 

wir  rilumlen  das  buschige  ufer  und  den  aus  dem  wasser  an 
seine  blätter  aufgestrahlten  Widerschein.  J.  Paul  uns.  löge  3, 107. 

AUFSTRÄHLEN,  sursum  peclere,  aufkämmen. 

AUFSTRANDEN,  alUdere  ad  litora,  ad  scopulos:  das  schif 
ist  aufgestrandet. 

AUFSTRAUBEN,  rigere: 

und  wenn  in  starrenden  borsten  mir  rings  aufstrauben  di« 
gliodcr.  Voss. 


753    AUFSTRÄUBEN— AUFSTREITEN 

AUFSTRÄUBEN,  rigefacere,  in  die  höhe  sträuben :  der  vogel 
sträubt  sein  geßeder  auf  (vgl.  aufstrobeln) ;  das  kann  einem 
die  haare  aufsträuben. 

AUFSTREBEN,  sursum  tendere,  supera  petere,  m  die  hvlie 
streben,  ragen,  nnl.  opstreven: 

drinnen  im  speerverschlosz.  dem  getärelien,  wo  auch  die  andern 

lanzen  gedrängt  aufsuebten  des  unerschrocknen  Odysseus. 
Voss  Od.  1,  12» ; 

aufstrebende  pfeiler;  mein  ultes  herz  strebt  auf.  Kliscers  «/i. 
3,  33S ;  aufstrebende  Staaten,  Jünglinge,  kräfte. 

AUFSTUEBUNG,  f.  des  geistes.  Hippel  S,  191. 

AUFSTRECKEN,  protendere,  empor $tr ecken : 

welcher  seine  hand  und  stirn 
zu  der  gerechligkeil  eeslirn 
unschuldig  und  sündfrei  aufströcket. 

Weckherlin  103 ; 

ich  möchte  den  unzeitlicli  fragenden  nicht  stillen,  streckte 
derohalben  den  finger  auf  dieses  zu  lesen.  Schcppius  762. 

AUFSTREICH,  ni.  subhaslatio,  vergantung,  audion :  mochten 
einander  vergiften  um  ein  Unterbett,  das  ihnen  im  aufstreich 
überboten  wird.  Schiller  107';  es  ist  ein  aufstreich  in  mei- 
nem köpf.  110';  er  rielh  dir  deinen  adelsbrief  im  aufstreich 
zu  verkaufen  und  deine  strumpfe  damit  flicken  zu  lassen.  113'. 

AUFSTREICHEN,  i//incre,  aplare,  allingere,  nnl.  opstrijken. 

1)  dem  brot  butter,  den  wangen  schminke,  färbe,  dem  stein 
gold  aufslreichen :  die  menschen  streichen  sich  recht  auf  mir 
auf,  wie  auf  einem  probierstein.  Gothe  an  fr.  von  St.  1, 136 ;  du 
hast  dich  auf  dem  schwarzen  probiersteinc  des  todes  als  ein 
echtes  geläutertes  gold  aufgestrichen,    an  Zelter  IST. 

2)  aufstreichen,    mit   dem   bogen    auf  die   saiten-  streichen, 

aufspielen:     streicht    auf,    ihr   spielleute;    eins    aufstreichen, 

einen  neuen  tanz  aufstreichen  (mhd.  strichen.  Parz.  639,  10); 

nahm  einen  pfarrer  hinler  sich 

und  auf  die  Offenbarung  strich.    GöTas  2,  2S2, 

spielte  die  Offenbarung  auf,  trug  sie  vor. 

3)  die  pistole  aufslreichen,  vorhalten:  sähe  er,  dasz  der 
führer  auf  ihn  zurannte  mit  aufgestrichener  pistole  {le  pistold 
au  poing).  unic.  dod.  6ö7.    s.  aufpassen. 

4)  die  haare  aufstreichen,  aufkämmen,  mit  dem  kämm  in 
die  höhe  sireichen;  er  strich  sich  den  Schnurrbart  auf. 

5)  den  luchscherern  ist  aufstreiciien,  tcider  den  strich  scheren. 

6)  dem  pferd  den  zäum  aufslreichen :  die  Irunkcnheit, 
welche  zu  allen  lästern  die  thür  willig  auflhut  und  dem  pferd 
den  zäum  aufstreicht.  Kirchhof  irendunm.  S'. 

7)  sich  aufstreichen,  sich  schmücken?  eins  mit  4? 

ich  bin  der  man  der  weisz  und  kan 

mich  XU  dem  mutz  aufstreichen.    Uhla.<«o  643. 

s.  aufmutzen. 

8)  intransitiv,  aufstreichen,  einhergehen,  vorbeigehn :  je  län- 
ger ich  vor  den  grünenden  seitenlogen  des  irrhains,  dessen 
front-  und  mutterloge  ein  belaubtes  labyrinlh  war,  auf-  und 
abstrich.  J.  Fall  paliny.  1,  7.  das  kleid  streicht  auf,  rührt 
auf  die  erde,  streicht  an  dem  boden  her. 

Hiermit  sind  die  bedeutungen  nicht  erschöpft,  das  subst. 
aufstreich  mu»z  ein  sinnliches  aufstreichen  zur  grundlage  ha- 
ben, urodurch  mehrgebot  oder  Zuschlag  bei  der  vergantung  aus- 
gedrückt wurde.  Schm.  3,  679  hat  aufstreichen,  ein  mehrgebot 
schlagen,  ohne  die  art  und  weise  dieses  schlageas  anzugeben. 
s.  auch  aufslrich. 

AUFSTHEIFELN,  for.bildung  des  folgenden,  bei  dem  nähen 
oder  putzen  etwas  aufslreifeln,  fälteln,    s.  streifein,  striffel. 

ALFSTREIFEN,  repltcare,  restringere,  aufwinden,  empor, 
turückstreifen,  aufslürzen,  nnl.  opslroopen: 

er  nimmt  den  weif^zen  arm  und  streift  ihn  ünestlich  auf, 
und  torscht,  Ton  lieb  und  ahnduiic  eingenommen, 
mit  tillern  nach  der  ädern  laut, 

und  streift  in  irunkner  angst  d^n  arm  noch  rielmal  auf. 
GeLLCRT  1,  154; 
ein  mädchen, 
mit  aiifgpstreiriem  runden  arm.    Göiijigk  1,  202; 

er  streifte  zugleich,  indem  er  das  sagte,  ihren  rechten  arm 
auf.  GöTHE  20,  2.'>6.  es  heiszt  aber  auch  das  hemd  aufstreifen, 
den  ermel  aufstreifen.  Stieler  2206  und  metonymisch,  sidi 
aufstreifen,  dies  sich  aufstreifen  kann  xugleidi  ausdrücken 
sich  die  haui  aufritzen,  verletzen. 

Intransitiv,  die  kugel  streift  auf,  berührt  im  /7upe  die  erde; 
der  säum  des  klcides  streifte  auf,  rührte  an  die  erde;  lange 
gcwänder  streifen  auf.    rgl.  aufstreichen  8. 

AL'FSTREITEN,  litigando  Iribuere,  nnl.  opstrijden,  gegensatz 
von  abstreiten:    das   buch   fiel   auf  als   schlecht  und  darum 


AUFSTREUEN  —  AUFSTÜRZEN     754 

stritt   man   ihm   hier  die  autorschaft  auf,   die  man  dort  ihm 
abstritt.  Fichte  Sicolais  leben  54. 

AUFSTREUEN,    aspergere,    inspergere,     nnl.    opstrooijen: 
zucker  aufstreuen,  sand  aufstreuen;  punctum,  streu  sand  auf! 
wenn  man  Tosel  fangen  wil,  streut  man  auf  die  beste  kost. 
LooAO  2,  10,  39. 

AUFSTRICH,  fli.  nach  den  bedeutungen  des  aufstreichens : 
aufstrich  der  schminke ;  aufstrich  einer  neuen  färbe ;  aufstrich 
des  fiedelbogens ;  aufstrich  der  haare. 

AUFSTRICKEN,  laqueos  solcere,  Parz.  155,  25;  einem  die 
schuhriemen  aufstricken;  sich  aufstricken,  von  den  stricken 
frei   machen : 

ich  bin  mit  solcher  lieb  behafl, 
das  ich  mich  nit  aufstricken  kann. 

H.  Sachs  III.  2,  217*. 

dann  auch  aufstricken,  das  slrickgam  verbrauchen,  den  strumpf 
aufstricken,  fertig  stricken.  , 

AUFSTRIEGELN,    strigili  tergere,    dann  überhaupt   omare: 
das  pferd  aufstriegeln;  so  hat  sich  rechts  und  links  die  auf- 
gestriegeite  mode  verbreitet.    Her,der  19,  83. 
AUFSTRIFFELN,  was  aufstreifein. 

AUFSTRITZEN,  was  aufspritzen,  denn  strilzen  ist  in  Schwa- 
ben spritzen.  Schmid  schwäb.  wb.  514.  Scuji.  3,  690 :  das  es  lau- 
tet, als  wann  ein  vierzig  baurenmeidlin  auf  der  alb  stro  in 
leimen  tretten,  das  inen  das  leimwasser  zur  quinternen  hin- 
auf stritzet.  Garg.  55*,  vgl.  Heinrichs  Trist.  3778.  Ulrichs  40t. 
AUFSTROBELN,  frequentaliv  von  aufsträuben,  die  haare 
oder  federn  sträuben,  stnippich  aufrichten  {vgl.  strobelkopf) : 
weil  er  aber  wie  ein  hänfling  in  der  mausze,  wie  ein  huhn 
ist,  das  den  pips,  und  alle  federn  aufgestrobelt  hat.  Tieck 
3,  251. 

AUFSTRÖMEN,  afßuere:  die  flut  strömt  auf,  assurgit; 
transitiv,  sand  aufströmen  im  felde. 

AUFSTROTZEN,  tumescere:  aufstrotzende  brüste,  tumidae 
mammae;  aiifstrotzen  vor  stolz,  superbire.  Stieleb  2214. 
AUFSTCCKE.X,  assuere,  ein  stück,  einen  läppen  aufsetzen. 
AUFSTUFE.N,  gradatim  exlollerc :  erst  gieng  der  stieg  durch 
abgestürzte  kalkfelsenstücke  hinauf,  die  durch  die  zeit  vor 
die  steile  felswand  aufgestufet  worden  sind.  Güthe  16,  241 ;  in- 
dem das  Volk  noch  auf  den  hoch  aufgestuften  sitzen  sasz. 
Stolberg  7,  105. 

AUFSTUFUNG,  /".  er  wird  die  aufstufung  eines  organs  aus 
dem  andern  und  deren  gesteigerte  entwicklung  gewahr  wer- 
den.   GoTHE  58,  231. 

AUFSTÜLPEN,  replicare,  aufkrämpen:  den  hut,  die  stiefeln 
aufstülpen,  aufschlagen;  aufgestülpte  nase  (vgl.  aufgedumpft) ; 
.  das  aufgestülpte  kinn  und  die  ganze  stämmige,  feste  figur.  J.  Paul 
Tit.  2,  32 ;  muttermal,  von  der  geslall  eines  aufgestülpten  ko- 
melenschwanzes.  Siebenk.  1,  32;  was  hilfts,  ihr  romantischen 
autoren,  dasz  ihr  eure  unterirdische  blattseite  gegen  den  him- 
mel  aufstülpet,  ßegelj.  1,  145.  man  gebraucht  es  aber  auch 
ßr  aufdecken,  aufsetzen :  den  deckel  aufstülpen,  den  topf  zu- 
decken; den  hut  aufstülpen,  aufsetzen. 

AUFSTUPFEN,  digito  tundere,  was  zumal  beim  eingehen  von 
vertragen  geschah,  vgl.  rechtsalt.  604:  entstehet  alle  aufrur 
ausz  trunkenhait,  do  stupft  man  auf,  machet  bünd.  Fra!«i 
laster  E  ii ;  dasz  die  styptica  specifica  zusammengezogen  den 
mund,  dasz  er  hat  müssen  mit  Instrumenten  wider  von  ein- 
ander aufgestupfl  werden.  Paracelscs  1,  817*.  s.  aufslippen, 
auftupfen. 

AUFSTCRMEN,  cum  impetu  ineedere, 

1)  intransitiv,  grassari,  furere:  das  meer  stürmt  auf,  der 
feind  stürmte  dreimal  auf; 

irou  den  göuem  entfloh  er  des  meers  aufstürmenden  wogen. 

Voss. 

2)  transitiv,  effringere,  eoneitare,  turbare:  die  Stadt  auf- 
stürmen, mit  Sturm  nehmen;  guldnes  saitcnspiel,  slünn  ihn 
auf  mit  lautem  donner.  Rajiler  2,  53 ;  ein  leidenschaftlicher 
und  aufgestürmter  mann.  J.  Paul  aesth.  3,  114 ;  Drotlas  freu- 
dig aufgestürmtes  herz.  Fibel  105 ;  das  reizende  wallen  und 
beugen  ihres  aufgestürmten  blumenOors  (am  busen).  TiL 
3,  152. 

AL'FSTGRZEN,  etwas  umdrehen,  wenden,  und  dann  umge- 
dreht aufstellen,  aufgieszen,  erigere,  verlere,  fundere,  nnl.  op- 
storten. 

1)  die  arme  aufslürzen,  aufstreifen:  ja,  sprichslu.  ist  denn 
sünd  da  in  essen  und  trinken?  nein,  es  ist  nit  sünd,  aber 
fressen  und  suffen  ist  nil  recht,   und   da    sich   einer  dana 

48 


755 


AUFSTUTZ  —  AUFSTUTZEN 


AUFSTÜTZEN — AUFTHAUEN 


756 


richtet  mit  armen  ufslürzen  und  mit  messenvetzen,  eben  als 
wolle  einer  ein  ku  metzgen.    Keisersb.  weltl.  lewe  55*. 

2)  scliiisseln  und  teller  aufstürzen,  aufsetzen.  Stiei.er  2230. 

3)  man  stürzte  die  wallen  der  beiden  in  tempeln  auf.  Lo- 
iiENST.  Arm.  1, 1349 ;  inwendig  waren  eitel  feurige  mahlvverke 
{get)}ältlde)  aufgestürzt  (aufgesleUl).    1,  1204. 

4)  den  deckel  aufstürzen  {auf  den  lopß.    s.  stürze. 

5)  die  liaube  aufstürzen,  aufsetzen,  umschlagen;  den  heim, 
den  hut  aufstürzen. 

6)  wasser  aufstürzen,  aufgieszen,  nnl.  water  opstorten.  den 
hegvif  des  heßigen,  unordenllichen  enthalten  alle  diese  anwen- 
dungen  nicht,  doch  heute  sind  sie  beinahe  veraltet  und  wir 
nehmen  aufstürzen  für  gewaltsames  hinstellen  oder  setzen. 

AUFSTUTZ,  m.  ornatus,  aufputz. 

AUFSTÜTZEN,  offendere,  stupcre,  percclli,  nnl.  opstuiten. 
stutzen,  intransitiv  genommen,  gehört  zu  stoszen  und  bedeutet 
anstoszen,  stillstchn,  betroffen  sein,  aufstutzen  also  auf  etwas 
gestoszen  sein,  erschrecken,  mhd.  erscheinen  diese  Wörter  nicht, 
mangeln  auch  bei  Dasypodius,  Pictorius,  IIenisch,  Luther, 
doch  Keiseusberc  hat  erstutzen  (was  m.  s.),  ältesten  beleg  für 
aufstutzen  gewährt  B.  Waldis  Esop  3,  98: 

der  manu  stutzt  auf,  ward  halber  scbellig; 

dann  Kirchhof:  ob  etliche  (fliehende)  biszweilen  an  verdäch- 
tigen enden  aufstutzen  und  sich  wenden,  disc.  mil.  49 ;  die 
kriegskncchte  im  laufen  etlichmal  aufstutzen  (sollen),  damit 
sie  nicht  aus  dem  athem  kommen.  15G.  aus  späterer  zeit: 
ich  stutzte  auf  und  erblickte  eine  feurige  kugel  in  der  Juft, 
die  weit  höher  als  der  mond  zu  schweben  schien.  Wieland 
11,  7C.  bei  Adelung  ist  dies  aufstützen  gar  nicht  einmal  auf- 
geführt; wir  brauchen  heule  lieber  das  einfache  stutzen,  stutzig 
sein,  in  gleichem  sinn. 

AUFSTÜTZEN,  adaptare,  adornare,  ornare,  comere,  auf- 
putzen, aufmutzen,  zustutzen,  transitiv  genommen,  das  ein- 
fache stutzen  caedere,  schneiden,  wiederum  ahd.  und  mhd. 
mangelnd,  musz  gleichwol  ein  altes  worl  sein,  da  auch  alln. 
slytta  amputare,  decurtare,  stuttr  brevis,  curlus,  norw.  stytta 
und  stutt,  altschwcd.  aber  mit  eingeschaltetem  n  stunta  und 
slunt  auftreten,  man  darf  dies  transitive  stutzen  ebenfalls 
auf  stoszen,  goth.  stautan  zurückleiten,  stautan  ist  =  tudere, 
tundere  (mit  n,  wie  jenes  stunt  für  stutt),  tutudi,  da  der  be- 
grif  des  stoszens  auf  der  einen  seile  in  den  des  hauens,  auf 
der  andern  seile  in  den  des  Schneidens  übergeht,  nicht  anders  ist 
caedere  sowol  tundere  als  praccidere,  amputare.  die  gegebnen 
erklärungen  von  aufstutzen  und  aufmutzen  bestärken  einander 
gegenseitig,  hiernach  ergibt  sich  für  aufstutzen  und  zustutzen 
die  auf  haar  und  bäum  anwendbare  bedeutung  des  zuschnei- 
dens,  pulzens,  schmückens  (mehr  noch  unter  dem  einfachen 
wort).  Lessing  schrieb  fehlerhaft  aufstützen,  wol,  weil  er  es 
von  stützen  niti  ableitete,  wir  sagen,  einen  bäum,  haarwuchs, 
liut,  ein  kleid  aufstutzen,  ihm  den  rechten  oder  einen  neuen 
schnitt  und  zuschnitt  geben  und  wenden  es  dann  auch  abstract 
an.  wiederum  reichen  die  belege  für  dies  aufstutzen  nicht 
über  das  18  jh.  hinaus,  Stiei.er,  Steinrach  und  Frisch  ver- 
zeichnen abstutzen,  kein  aufstutzen :  der  dichter  musz  sehr 
arm  sein,  der  seine  spräche  nur  durch  ein  einziges  mittel 
aufzustützen  weisz.  Lessing;  alle  die  lustigkeit,  mit  welcher 
er  seine  fabeln  aufzustützen  gesucht.  6,  188;  als  kritikus 
dürfte  unser  Verfasser  ganz  anders  sprechen,  was  er  hier  so 
sinnreich  aufstützen  zu  wollen  scheinet,  würde  er  ohne  Zwei- 
fel als  eine  misgeburt  des  barbarischen  geschmacks  verdam- 
men.   7,  315; 

ein  jedes  aurgestutzle  bäumcbcn  liölmt  micli  an. 
CÖTHE2,  92; 

Dicht  mich  eitel  aufzustützen.    47,63; 

den  phantastisch  aufgestützten  Studenten.  19,99;  weil  er  Sinn- 
lichkeit und  abstruse  denkweison  durch  bildende  kunst  zu 
veredeln  und  aufzustützen  unternahm.  60,  253 ;  eine  von  an- 
dern geschriebene  geschichte  durch  die  kunst  des  slils  und 
die  macht  der  gedanken  aufstützen  zu  wollen.  Moser  vcrm. 
sehr.  2,  141 ;  ein  gewisser  Ephorus  erfand  das  marchen  oder 
stutzte  CS  auf.  Stolbehc  8,  83 ;  die  dialektische  gewaiidtheit, 
womit  berr  Fichte  seine  philosopbeine  aufzustützen  weisz. 
Aico/ai«  leben  von  GDkinck  ».  UH;  Imnt,  lilank,  aufgestützt 
wie  ein  haselant.  Tiecr  3,  45;  das  von  Leibnitz  in  gang  ge- 
brachte und  durch  Donnct  trellicli  aufgestützte  gesctz  der 
continuierliclien  Stufenleiter  der  geschüpfe.  Kant  2,  508 ;  alle, 
abgenutzte  erkenntnissc  neu  aufgestützt  sehen.  3,  172. 


AUFSTÜTZEN,  inniti  in  cubitum:  ich  habe  Kain  gefunden, 
er  lag  auf  der  erde  ausgestreckt,  da  er  mich  sah,  stützt  er 
sich  auf.    Klopstock  8,  40.     den  köpf,  einbogen  aufstützen. 

AUFSTÜTZIG,  gleichviel  mit  aufstöszig, 

1)  streitend,  zankend,  uneinig,  widerspenstig :  das  man  und 
weih  oft  mit  einander  aul'stützig  werden.  Luther  5,  340* ;  di 
aufstutzig  wider  mich  warn.  Melissus  ps.  S  2" ;  mein  leute 
wollen  abermals  weder  vom  stillstände  noch  geldgeben  hören 
und  wurden  nochmals  aufstützig.  •  Felsenb.  4,  64. 

2)  unpäsziich,  krank:  meldete,  dasz  sein  pferd  aufstützig 
worden  wäre.  irrg.  der  liebe  53 ;  der  bursch  sei  gestern  auf- 
stützig geworden  (erkrankt). 

AUFSTUTZUNG,  f.  ornatus,  adornalio :  lassen  sie  die 
neumodischen  aufstutzungen  für  ihre  gelehrte  gcsellschaft. 
TiECK  3,  6. 

AUFSUCHEN,  investigare,  inquirere:  der  hund  sucht  das 
wild  auf;  sechs  reifer  sind  ausgezogen,  den  llüchtling  aufzu- 
suchen; ein  mensch  sucht  den  andern  gern  auf;  du  kommst 
nicht,  man  musz  dich  aufsuchen ;  er  suchte  alle  angenehmen 
genüsse  auf;  die  tauben  suchen  alle  körner  auf. 

AUFSUCHE!«,  m.  indagator. 

AUFSUCHEHLN,  f  indagatrix. 

AUFSUMMEN,  susurrare,  susurrando  evolare :  alles  war  still, 
nur  ein  bienchen  summte  auf. 

AUFSUMSEN,  dasselbe:  und  ein  schöner  schwärm  wespen 
sumsten  dir  ein  brautlied  auf.  Fr.  Ml'ller  1, 141. 

AUFSUHREN,  dasselbe,  vgl.  aufschnurren. 

AUFSCSZEN,  in  der  chemie,  haftende  rückstdnde  mit  was- 
ser auflösen. 

AUFTACT,  m.  einigen  die  hebung,  arsis,  andern  Vorschlag 
einer  oder  mehrerer  silben.     auch  in  der  musik. 

AUFTAFELN,  in  mensam  apponere,  außragen,  außischen. 

AUFTAGEN,  dilucescere:  es  tagt  schon  auf,  der  tag  bricht 
an.  Stieler  2248.  transitiv,  an  den  tag  bringen:  damit  sein 
und  seiner  verwandten  teuflischer  irrthumb,  gotteslesterung, 
verzweivelt  schalkheit  und  bosheit  nicht  für  den  leuten  öf- 
fentlicher aufgetaget  und  er  zu  der  reformation  gedrungen 
werde.  Luther  6,  329*. 

AUFTAKELN,  nnl.  optakelen,  gegensalz  von  abtakeln, 
was  m.  s. 

AUFTANZEN,  nnl.  opdansen,  vor  einem  tanzen:  die  hunde 
tanzten  auf;  dann,  wie  aufliüpfen,  einem  zu  willen  sein;  ich 
will  dir  was  auftanzen.  Stieleh  2256.  transitiv,  sich  die 
schuhe  auftanzen. 

AUFTAPPEN,  gravi  pede  incedere,  plump  auftappen. 

AUFTAUCHEN,  emergere,  emportauchen,  nnl.  opduiken: 

kaum  tiatt  ich  mich  in  die  weit  gespielt 
und  fieng  an  auCzutauclien.        Göihk2,  252; 

0  glücklich,  wer  noch  lioiren  kann 

aus  diesem  mcer  des  irrihums  auTzutauchen  .'    12,  59 ; 

nach  einiger  zeit  aber  tauchte  er  wieder  auf.  21,  60 ;  Schwie- 
rigkeit in  Frankreich  überhaupt  für  den  tag  aufzutauchen.  46, 
180;  das  frühste  auftauchen  meines  talents  im  Göltinger  mu- 
senalmanach.  48,  90 ;  einmal  wollte  der  gedanke  tröstend 
auftauchen,  eine  der  fremden  damen  sei  die  Verfasserin  des 
unglückseligen  billels.  Tifck  ges.  nov.  1,  147. 
AUtTAUMELN,  titubanter  surgere: 

man  taumelt  auf  und  sucht  stock,  klcider,  hut  und  degen. 

Zacuariä; 
und  sie  tanniclien  auf  von  ihren  silzen  und  standen 
starr,  denkmale  des  Schreckens.    Klopstock  Aitss.  13,  932  ; 

auftaumeln  wird  sie,  die  fürstliche  drahtpuppe.    Schiller  205. 
AUFTHAUEN,  in  doppeltem  sinn, 

1)  intransitiv  rcgelari,  liqueßeri,  nnl.  opdooijen,  (vgl.  auf- 
leunen) :  das  eis,  der  schnee  thaut  auf;  es  thaut  auf;  vom 
odcm  gottes  kompt  frost  und  grosze  wasser,  wenn  er  auf- 
thawen  leszt.  //iofr  37,  10;  er  leszt  seinen  wind  wehen,  so 
thawets  auf.  ps.  147,  18 ; 

wie  auf  der  giiifei  lioli 
der  nufgclhaiiie  srhiiiie 
schmulzt  in  dem  strahl  der  sonnen. 

Grvimiius  2,  289, 

obschon  dies  pari,  audi  transitiv  gefaszt  werden  könnte; 

lasz  uns  zusnmmengoschniiegl  im  behaglichen  kSmmerlcin 
aullliaunl  Voss; 

glücklich  ist  immer  die  epoclic  einer  literalur,  wenn  grosze 
werke  der  Vergangenheit  wieder  einmal  auftliauen  und  an  die 
lagcsordnung  küinmen.  Götiie  26, 145;  der  fürst  licsz  an  seinem 


757 


AUFTIIEILEN— AUFTHUN 


decemhergesicht,  ohne  aufzulhauen,  die  warmen  iobreden  vor- 
iiberslreichen.    J.  I'acl  !«<.  2,  9S;    sie   musz   erst  aufthauen, 
fiilill  sicli  noch  fremd. 
2)  liquefacere,  solrere: 

durch  einen  kus  wird  euch 
es  leicht  sein,  liebe  trauen, 
wnr  ich  auch  eis,  sogleich 
mich  wieder  aurzuthauen. 

GöKi^GK  1,  249; 

nur  nach  und  nach  thaute  sein  freundlicher  blick  ihr  herz 
auf.  Klixcer  3, 111 ;  es  ist  wunderbar,  wie  der  blick  des  grau- 
kopfs  meine  verstockte  cmpfindungen  aufthaule.  Klogers  //». 
3,  267. 

AUFTHEILEN,  prorsut  dispartiri,  ganz  verlheilen:  dasz  er 
den  gesammlen  ager  publicus  zwischen  Römern  und  den  bei- 
den verbündeten  Völkern  habe  auftheilen  wollen.  Niebchr 
2,  190. 

AUFTHRÖNEN,  collocare  in  solio:  Arminius  bleibt  nun 
ohne  zweifei  unter  die  beiden  aufgethrönel.  LonE>sT.  Arm. 
zuschr.  doch  in  anderm  sinn:  ein  neuer  stuhl,  mit  purpur 
aufgethrönt  {durch  purpur  zum  thron  erhoben).    Ibrah.  3. 

AUFTHL.N,  hinauf  thun,  empor  thun,  elevare,  voraus  zwei 
bedeulungen,  des  üfncns  und  auflegens,  sich  entfalten,  jene  bei 
veitem  vorhersehend. 

1)  aufthun,  nnl.  opdoen,  pandere,  aperire,  wer  eine  kiste 
auflhut,  hebt  den  decket  in  die  höhe,  wer  den  mund  aufthut, 
hebt  die  tippen  empor,  das  ahd.  uf  tuon,  alts.  upp  diian, 
mhd.  üf  luon  halten  viel  engere  schranke,  als  unser  heutiges 
Wort,  denn  für  vfnen  galt  das  mit  untrennbarer  partikel  gebil- 
dete ahd.  anttoan,  intoan  (Graff  5,  317.  318),  alts.  antduan, 
mnl.  ondoen;  üftsete  aperuisti  erscheint  zuerst  in  den  Wind- 
berger  ps.  des  12  jh.  (Graff  5,  315)  und  Notker  verband  uf 
mit  intuon  (Graff  5,  31S),  nicht  mit  tuon,  das  alts.  segel  upp 
dädun  Hei.  6S,  12  heiszt  noch  deutlich  zogen  die  segel  auf, 
lösten  sie.  nachdem  aber  jenes  intuon  erloschen  war,  kein 
mhd.  entuon,  geschweige  nhd.  entthun  fortdauerte,  mehrte  sich 
die  Verknüpfung  des  üf  und  auf  mit  tuon,  thun. 

2)  zunächst  eingetreten  scheint  sie  für  das  öfnen  von  thür, 
Ihor,  fenster,  wobei,  wie  am  kästen  der  deckel,  etn  riegel  auf- 
gehoben, aufgeschoben  wurde,    mhd. 

im  w.irt  daj  tor  üf  getan.    Iw.  5591 ; 

dd  wart  bi  iine  niht  fiber  lanc 

ein  türlin  üf  getan.    1151; 

und  wurde  de  porie  üf  getan.    1264; 

ern  tset  im  iif  die  porte.    6173 ; 

wände  si  nach  siner  bete 

ein  venster  ob  im  üftete.    1450; 

porte,  diu  nie  wart  üf  getan.    Walth.  55,  31; 

diu  burc  ze  Bechelärcn  diu  was  üf  geiäa.    Nib.  125S,  2; 
und  mit  weggelassenem  acc.  heiszt  dieses  üf  tuon  pandere  ja- 
nuam:  tuot  üfl  Pari.  433,  1;  tuon  üfl  Wältb.  55,  34;  sä  tuot 
out:  TüftH.  Wh.  7S*; 

tue  üfl  ich  klopf  an  mit  Worten, 

lä  mich  in,  so  bisiu  j;uoi, 

sliuz  ür  schire  mir  die  porten.    frauend.  515,  24. 

nhd.  theten  sich  auf  die  fenster  des  himeis.  1  Mos.  7. 11;  thet 
Noah  das  fenster  auf  an  dem  kästen.  8,16;  niemand  thet  die 
thür  der  leuben  auf.  rieht.  3,25;  da  nu  ir  herr  des  morgens 
aufstund  und  die  thür  anfthet  am  hause.  19,  27;  und  solt 
die  thür  aufthun  und  fliehen.  2kön.O,^;  thu  das  fenster  auf 
gegen  morgen.  13,  17 ;  haben  sich  dir  des  todes  thor  je  auf- 
gethan?  Hiob  3«,  17 ;  thet  auf  die  thüre  des  himeis.  ps.  7S, 
23;  Ihut  die  thor  auf!  Es.  20,  2;  thu  deine  thür  auf  Liba- 
non! Zach.  11,  1;  that  sie  das  thor  nicht  auf  für  frcuden. 
apusl.  gesch.  12,  U;  und  von  stund  an  wurden  alle  thürcn 
aufgetlian.  16,  27;  und  sihe  eine  thür  ward  aufgethan  im  hi- 
mei.  offenb.  4,  1 ;  thet  ein  thürlin  auf  an  eira  kensterlin.  seh. 
und  ernst  cap.  59; 

die  bürg  ist  aufgelon.    Ubla.id  1S9; 

da  that  er  das  thor  auf.  Garg.  134";  das  zeughaus  zum  un- 
friden  aufthun.  200';  die  Ihür  der  freigebigkeil  aufthun.  pers. 
Totenth.  1,  15 ;  die  strasz  aufthun,  lassen  passieren.  Maai.£R  37' ; 

kaum  aber  hat  dem  lag  in  seiner  goMncn  bahn 
Aurorens  rosenhand  dio  pforten  aufgctban.     Wielakd; 

als  hinter  iiim  die  thür  sich  aufthat.  Göthe  IS,  306.  mitaus- 
bleibendcni  acc. ;  herr,  herr,  thu  uns  auf!  Matlh.  Vt,  11 ;  thalen 
demnach  den  kürissern  auf.    Garg.  266";    der    thet    mir    auf. 

SCHWARZ£>'DERC  150,  2; 


AUITHUN 

anf  steckt  die  lichter  an,  umgürtet  eure  landen, 
dasz,  wenn  der  herr  kommt,  man  alsbald  auftbu! 
Grtphiüs  2,  429; 


758 


holla  bolla,  thu  auf  mein  kind!  Bürger.  | 
wir  können  heute  ßr  aufthun  auch  sagen  aufmachen :  die  thür, 
das  fenster  aufmachen,  doch  ist  aufthun  edler  und  lebendiger 
und  kann  in  gewissen  fällen  nicht  durch  aufmachen  vertreten 
werden,  z.  b.  für  die  gnadenpforte  aufthun,  die  thür  der  frei- 
gebigkeit  aufthun  liesze  sich  nicht  setzen  aufmachen,  noch 
unedler  als  aufmachen  icäre  aber  aufkriegen,  das  nicht  blosz 
aufthun,  sondern  gewaltsam  öfnen,  die  öfnung  erzwingen  aus- 
drücken würde. 

3)  dem  öfnen  der  thür  und  des  thors  ganz  nahe  steht  das 
des  munds,  den  man  als  ein  thor  des  leibs  betrachtete,  darum 
sagte  schon  Notker:  ih  indeta  uf  minea  munt  (Graft  5,  318) 
und  mhd.  heiszt  es: 

der  trache  viurin, 
der  gen  dem  man  üf  tet  den  munt.    Bart.  119,  33; 
her  wolf,  tuont  üf  den  munt.'    Box.  11,  3t. 

nhd.  bedeutet  nun  den  mund  aufthun,  ihn  öfnen,  um  etwas 
zu  verschlingen,  und  so  immer  wenn  daßr  Schlund  und  rächen 
gesetzt  wird,  oder  ihn  öfnen,  um  zu  reden,  das  schweigen  zu 
breelten:  verflucht  seist  du  auf  erden,  die  ir  maul  hat  auf- 
gethan. l3/os.  4, 11;  das  die  erde  iren  mund  aufthut.  4  Afos. 
16,  30 ;  und  thet  iren  mund  auf  und  verschlang  sie.  16,  32 ; 
und  er  thet  seinen  mund  auf,  leret  sie  und  sprach.  Matth. 
5,  2  (ahd.  intteta  sinan  mund) ;  wie  ich  meine  lippen  hab  auf- 
gethan und  mein  mund  gercdl  hat.  ps.  6o,  14;  ich  thu  mei- 
nen mund  auch  auf.  seh.  und  ernst  cap.  30;  thet  das  maul 
auf.  cap.  45 ;  der  freisam  bär  mit  aufgethanctn  rächen.  Galmi) 
143;  schweigen  bisz  so  lang  einer  das  maul  aufthet.  Kirch- 
hof ttcnrfunm.  257';  dieser  that  den  mund  ziemlich  weit  auf. 
pers.  rosenlh.  7,  20 ;  auch  der  söhn  gottes  und  seine  prophe- 
len  haben  ihren  mund  gerne  aufgethan  in  schönen  gleich- 
nissen.  Schcppius  S45;  ich  will  selbst  mein  maul  aufthun. 
Schiller  192'; 

erdschlünde  thun  sich  auf.    Götiie4,  20t; 

es  ist  ein  angenehmes,  unterhaltendes  mädchen.  unterhal- 
tend? versetzte  Charlotte  mit  lachein:  sie  hat  ja  den  mund 
noch  nicht  aufgethan.  17,  65;  als  er  den  mund  aufthat  und 
in  einer  art  von  recitativ  den  andern  schalt.  18,  148 ;  auf  ein- 
mal stockt  meine  geschwätzige  laune  und  ich  getraue  mir  den 
mund  nicht  weiter  aufzuthun.  19, 102 ; 

da  versetzte  der  vntcr  und  that  bedeutend  den  mund  aul. 

40,  282. 
den  mund  aufmachen  ist  wieder  etwas  anders  als  aufthun. 
mache  den  mund  auf!  würde  die  mutter  zum  kinde  sagen, 
dessen  zahne  sie  sehn  will;  er  kann  den  mund  nicht  aufkrie- 
gen, heiszt  es  von  einem,  der  die  mundklemme  hat.  doch  in 
beiden  fällen  wäre  auch  aufthun  zulässig,  wie  es  Iliuh  41,  5 
heiszt:  wer  kan  die  kinbacken  seines  andlitzs  aufthun? 

4)  leicht  gebrauchte  man  auch  aufthun  vom  öfnen  der  äugen, 
die  sich  aufrichten,  emporrichten,  aufschlagen  und  aufblicken: 
welchs  tags  ir  davon  esset,  so  werden  ewre  äugen  aufgethan. 
1  jVos.  5,  5;  darnach  thet  der  knabe  seine  äugen  auf.  2  tön. 
4,  35;  wie  sind  deine  äugen  aufgethan?  Joh.  9,  10;  thut  die 
äugen  auf  und  die  hend  zu!  Garg.  227*;  das  unglttck  hat 
mir  die  äugen  aufgethan; 

schnell  tlinten  sich  die  äugen  auf. 
die  äugen!  nein  der  bimrael  ihat  sich  auf. 
l.Kssi.ic  1,  5$; 

thue  doch  nur  ein  einziges  mal  die  äugen  auf.  Gotter  3,  413; 
wie  er  die  äugen  auflhut.  Göthe  7, 129;  so  erwartete  ich  den 
augenblick  (dies  wort  ist  hier  übel  gebraucht),  worin  der  un- 
sterbliche geist  in  die  gefilde  jener  weit  sich  schwingen 
würde,  wo  diese  (gebletidelen)  äugen  wieder  aufgethan  wür- 
den. Klincer  4,  34.  wir  sagen  nicJit:  der  schlafende,  erwa- 
chende macht  seine  äugen  auf  ßr  thut;  wol  aber  heiszt  es 
von  dem  schlaprunknen,  augenkranken :  er  kann  die  äugen 
nicht  aufmachen.  Wie  dem  blinden  die  äugen,  werden  dem 
tauben  die  obren  aufgeliian.  .Varc.  7,  35  und  zur  aufmcrksam- 
keit  wird  durch  den  zuruf  thue  die  äugen  auf!  thue  die  ob- 
ren auf!  ermahnt,  sich  auflhun  und  zerlhun  als  die  blumen 
und  rosen,  hiare.    Maaler  37'. 

5)  band  und  arme  aufthun :  so  soltu  deine  band  nicht  zu- 
halten gegen  deinem  armen  bruder,  sondern  solt  sie  im  auf- 
thun. 5  Mos.  15,  8  ;  ein  herr  musz  seine  milde  band  gegen  die 
seinen  auflhun.   der  lahme  könnte  sagen:  ich  kann  die  krumme 

48* 


759 


AUFTHUN 


AUFTHUN  —  AUFTISCHEN 


760 


band  nicht  aufmachen  für  aiiflhun.  mit  aufgethanen  (offenen) 
armen,  manibus  expansis.    Aimon  d.  e.  g. 

6)  einem  das  herz  auflhun,  erschlieszen :  und  ein  gott- 
fürchtig  weih  hörele  zu,  weicher  that  der  herr  das  herze  auf. 
apost.  gesch.  16,  14 ;  alsdann  thue  sich  sein  herz  auf.  Scriup- 
pius  113;  so  Ihut  gott  der  heilige  geist  solchen  leuten  das 
herze  nicht  auf,  wie  Lydiae  der  purpurkrämerin.  599; 

mit  hellem  geist,  mit  aufgcihnncm  sinn. 

SCIIILLEK  27 ; 

jetzt  lag  es  kund  und  auf^'ethnn, 

wie  Danaer  auf  treu  und  glauben  halten.    32; 

was  für  gedanken  sich  in  jener  zeit  vor  uns  aufthaten.  Güthe 
29,308;  welch  einen  hlick  thul  ilir  mir  aufl  Scuili.er  531; 
so  tiiat  sich  doch  eine  aussieht  auf.  Göthe  32,  179;  durch 
wunder  und  gleichnisse  wird  eine  neue  weit  aufgethan.  22, 
23;  weiter  hrauch  ich  mich  der  weit  nicht  aufzuthun.  J.Paul 
flegelj.  1,  17  j  ich  biet  ihm,  er  soll  den  zauber  aufthun. 
Göthe  42,  177 ; 

nun  sing  o  licd  und  sag  mir  an, 

wer  hab  das  wunder  aurgelhan, 

dasz  so  in  tausend  liebespracht 

das  mndel,  das  ich  meine,  lacht?    DÖRGEnll9*; 

eben  war  er  im  begrif  hiernach  zu  fragen,  als  noch  eine 
wundersamere  bemerkung  sich  ihm  aufthat.  Göthe  22,  4 ; 
sonst  möchten  sich  vielleicht  wunderliche  erscheinungen  auf- 
lhun. TiECK  4,  76 ;  ihr  regelmäsziges  gesiciit  wäre  angenehm 
gewesen,  wenn  sich  ein  zug  von  theilnahme  darin  aufgethan 
hätte.  Göthe  26,  339 ;  der  unterschied  zwischen  ihm  (Swe- 
denliorg)  und  den  andern  besteht  darin,  dasz  sein  innerstes 
aufgethan  ist.    Kant  3,  9S; 

warum  versclimnhte  sies,  den  weg 

aus  diesem  kerker  schnell  sich  aufzuttiun 

mit  einem  federsirich»        Schiller  406; 

nun  aber  hatte  ich  mich  schon  jähre  lang  auf  dem  bisheri- 
gen wege  vergebens  abgequält,  «b  nicht  ein  anderer,  viel- 
leicht der  rechte,  sich  vor  mir  aufthun  wollte.  Göthe  55,  312 ; 
vor  dem  unendlichen  folde  der  botauik,  das  sich  nach  der 
zeit  aufthat.   17,  305; 

und  an  dem  ufcr  merkt  Ich  scharf  umher, 
wo  sich  ein  vorthcil  aullhät  zum  entspringen. 
Schiller  540; 
die  festung 
soll  sich  euch  aufthun  morgen  wann  ihr  kommt,  ders.; 

dasz  der  kriegsschauplatz  sich  auch  in  unsern  gegenden  auf- 
thun könne.  Göthe  34,  74 ;  man  versprach  ihm  das  erste  an- 
sehnliche amt,  das  sich  aufthun  würde.  10,  09 ;  die  blume 
hat  sich  aufgethan :  bergmännisch,  das  gcstein  tliut  sich  auf, 
löst  sich  ab;  der  abgrund  hat  sich  unter  mir  aufgethan; 

von  der  erde  sich  nährend,  die  weit  und  breit  sich  aufthut. 

4Ü,  287. 

in  allen  diesen  fällen  kann  aufthun  nie  mit  aufmachen  i'cr- 
tauschl  werden,  sich  aufthun  bedeutet  sich  öfnen,  offenbaren; 
sicii  aufmachen,  fortgehen. 

7)  ein  buch  aufthun,  öfnen,   aufschlagen,    mhd. 

wer  hat  mich  guotcr  üf  geiän? 

läszl  Wirst  zu  eingang  sein  buch  selbst  fragen,  nhd.  und  Esra 
thet  das  buch  auf  für  dem  ganzen  volk.  Nehem.  8,  5 ;  das 
gcricht  ward  gehalten  und  die  bücher  wurden  aufgethan.  Dan. 
7,  10 ;  und  niemand  im  himel  noch  auf  der  erden  kont  das 
buch  aufthun  und  drein  sehen.  offenb.h,Z;  und  die  bücher 
wurden  aufgethan.  20,  12 ;  du  bist  würdig  zu  nemen  das 
buch  und  aufzuthun  seine  sigel.  5,9;  und  ich  saiie,  das 
das  lamm  der  sigel  eins  auflhet.  6,  1 ;  da  thet  sie  auf  einen 
milchtopf  und  gab  im  zu  trinken,  rieht.  4,  19 ;  wann  ich 
mein  nestel  aufthat.  Garj.  286';  seinen  geldbcutel  aufthun; 
sihe  icii  wil  cwre  gre])er  auflhun.  Ezech.  37,  12.  fast  überall 
würde  sich  hier  heule  auch  aufmachen  für  aufthun  setzen 
lassen. 

8)  etwas  zur  allgemeinen  Iheilnahmc  auMmn  und  freigeben  : 
als  nu  im  ganzen  lande  thewrung  war,  thet  .Joseph  allenl- 
balben  korniieuser  auf  und  verkaufte  den  Kgyptern.  1  Mos. 
41,56;  ein  fest,  einen  markt  aufthun;  die  weinlese,  die  masl 
aufthun;  die  jagd  aufthun;  die  wildhahn  auf  und  zu  thun. 
Kcislh.  3,  491 ;  ein  spiel  auflhun ;  den  wein,  das  hier  aufthun, 
anzapfen; 

mein  herr  hal  ain  wein  aurgninn. 

da  sult  ir  all  zu  gaa.    fastn.  sp.  449,  8.  484,  20, 


was  freilich  für  ein  eröfnen  des  fasses  genommen  werden  kann ; 
den  keller,  den  boden  aufthun,  allen  daraus  verkaufen,  hier- 
her gehört  auch  das  schon  alte  ein  land,  ein  lehen  auf- 
thun, mhd. 

min  Jant,  min  liut  und  swaj  ich  hän, 

trüt  nele,  daj  si  dir  üf  getan.    Trist.  113,  21, 

sei  dir  zur  nachfolge  eröfnet,  ein  ofnes  lehen. 

9)  endlich,  die  andere  hauptbedeutung  war  die  des  aufle- 
geiis  und  aufselzens  oben  auf  etwas,  ein  tuch  aufthun  heiszt 
freilich  es  entfallen,  zugleich  aber  auflegen  und  ausbreiten  über 
den  tisch,  wcislh.  2,  298.  das  segel  (s.  vorhin  unter  1),  die  fahne 
aufthun,  sie  entfallen,  öfnen,  in  die  höhe  lassen,  die  haube,  die 
mutze  aufthun,  entfallen  und  auf  das  haupt  setzen:  dort  den 
heiligen  ßorromaeus,  der  den  mond  als  eine  frischgewaschene 
nachtmütze  aufthat  {die  vom  mond  beleuchtete  bildseule  des  B.). 
J.  Paul  Tit.  1,  11.  Wie  dies  aufthun  sich  berührt  mit  anthun, 
heiszl  es  nun  auch  in  abslractem  sitme  einem  ehre  oder  Un- 
ehre, schände,  spott  aufthun,  wofür  wir  heule  sagen  anthun: 
denn  wir  müssen  Noahs  erben  als  den  eltestcn  in  der  an- 
dern weit  diese  ehre  aufthun,  das  land  und  inseln  in  der 
heidenschaft  von  ihnen  besetzt  sein.  Mathesius  18';  und  wol- 
let unserm  evangelio,  das  gottlob  itzt  widerumb  blühet,  ja 
kein  Unehre  aufthun  durch  euern  abfall.  Luther  2,  145".  br. 
2,  228;  warumb  thut  er  im  die  schände  auf?  4,  116';  und 
also  dem  evangelio  ein  sonderliche  schände  auftheten.  8,4t'; 
und  thut  dem  evangelio  die  schände  auf.  br.  3,  80 ;  sind  inen 
sogar  statuae  aufgericht  und  nach  irem  tod  stattlich  begra- 
ben und  grosze  ehren  aufgethon  worden.  Seuter6;  und  mir 
selbst  so  vil  mühe  aufthun.  5 ;  solle  mir  und  den  meinigen 
keinen  spott  aufthun.  Scuweinicuen  2,  2ül ;  sich  keinen  spott 
aufthun  lassen.  2,  335 ; 

im  schol  niemant  kein  sorge  autthan. 

fasln,  sp.  674,  15 ; 
weil  uns  der  ries  hell  also  übel 
und  aufthut  so  viel  jammcr  und  plag.    Atrer  329' ; 

wiewol  manchmal  zweifei  entspringt,  ob  unter  'aufthun  impo- 
nerc  oder  aperire  gemeint  sei, 

gute  dink  hat  er  aufgetan,    fastn.  sp.  599,  28, 

begonnen,  aufgelegt,  entfaltet,  eröfnet  ?  also,  dasz  er  ihm  we- 
der zu  schlagen  noch  zu  fliehen  fug  aufthet  {facultatem  dedit). 
Fronsp.  3,  242'.  den  segen  aufthun,  in  den  beiden  folgenden 
stellen,  bedeutet  offenbar  lösen,  auflösen,  entbinden,  also  öf- 
nen: so  haben  si  irem  heiligen  nit  recht  gedient  und  iren 
Segen  nit  recht  gesprochen,  oder  man  hat  in  den  segen  auf- 
gethon, sunst  soll  es  nit  sein  geschehn.  Frank  weltb.  134'; 
es  möcht  mir  sonst  gehn  wie  dem  Spanier,  der  wie  die  Sach- 
sen sagen,  ein  schuszsegen  hat,  aber  kein  buszsegen,  da  ihn 
der  hofman  mit  dem  fäustling  über  dem  caball  abschmisz, 
der  koiit  im  den  segen  aufllnin.    Garg.  25t'. 

AUFTHÜRMEN,  turris  in  moduni  elevarc,  erigere:  das  meer 
thürmt  wogen  auf;  der  slurin  thürmt  den  schnee  auf;  die 
pest  thürmt  leichen  auf;  beim  gastmal  die  speisen  aufthürmen ; 

der  seit  der  erschaffung  empöningcn  autlhürmt. 
Hess.  6,  448 ; 

von  unsern  hrüdern  ward  dies  bollwerk  autgethürmt. 

Götter  2,  385; 
er  thürmt  ihm  einen  ehrenhügel  auf.    Bürger  174*; 
unsre  stolz  aulthürmeiiden  pnlnste.    Schiller  4, 
aufthürmenden  =  sich  aufthürmenden ; 

hat  ein  kühn  geschlecht  sich  ani^eslcdelt, 
und  uuersteiglich  feste  bürg  sich  aurgethürmt. 
GÖTHF.  41,202; 

dasz  er  sich,  den  himmel  und  das  Verhängnis  verwünscht,  in 
aufgethürmten  bildern  spricht.  Tieck  11, 4 ;  er  music  hinaus 
ans  ufer  des  lago,  in  welqhein  die  aufgethürmten  inseln  wie 
meergutter  aufstehen  und  herschen.  J.  Paul  Tit.  1,  6;  Alhano 
sah  an  den  aufgethürmten  morgenden  tag  iiinauf,  der  voll- 
hieng  entweder  von  frühlingsregcn  oder  hagelkörnern.    2,  90. 

AUFTIEFEN,  nnl.  opdiepcn,  wenn  die  melalle  kalt  geschla- 
gen- und  ihnen  mit  dem  hammer  vertiefte  gestallen  aufgeprägt 
werden,  kupferplatten  werden  aufgelieft  und  zu  kesseln  ge- 
schlagen. 

AihTlPPEN,  digitis  attingere,  vgl.  aufslippen,  aufs  lüpfen, 
auftupfen. 

AUFTISCHEN,  I«  mensam  apponerc,  niciitiam  exstruere,  nnl. 
opdisschcn:  einem  stattlich  auftischen;  ich  kann  dir  nicht 
viel,  keine  leckereicn  auftischen; 


i61 


AUFTOBEN — AUFTRAGEN 


AUFTRAGEN— AUFTREIBEN 


762 


hierauf  wird  warme  milch,  nebst  fcid-  und  gartenfrücbten 
in  irdnen  schusseln  aufgetischt.    Hagedorn  2,  101 ; 
der  Zufall  pflegt  io  bergen  und  öden  gebüschen 
uns  irrenden  rittern  gar  oft  noch  schlechter  aufzutischen. 
WiEiASD  5,  44; 
was  heimlich  oft  das  herz  erfrischt, 
wird  endlich  allen  aufgetischt.    1'laten  81 ; 
soll  ich  die  {künden  alter  zeit)  zur  lust  auftischen 
neu  fiirs  alte  lesekind?    Rückert21$; 

will  ich  hier  etwas  auftischen,  das  euern  gaumen  reizen  soll. 
Fr.  Miller  2,  153;  der  leselusligen  weit  ein  buch  auftischen. 
AUFTOBEN,    anheben  zu  toben:    der  stürm  tobt  auf,   tobt 
von  neuem  auf. 

AUFTÖNEN,  in  die  höhe  schallen,  aufschallen,  nnl.  op- 
deunen : 

wie  am  ufer  der  stolzen'  Elbe 
der  spreen  schwarze  wölke 
vom  gesträuch  auftönt, 

zum  gesträuch  niederiöntl    Klopstock  8,  203; 
doch  lauter  tönen  klagen 

zum  thron  des  weltregierers  auf.    Gotteb  1,  62 ; 
wie  wenn  bell  auflönel  der  kriegsruf  auf  der  drommete.    Vos«. 

AUFTOSEN,  resonare: 

am  ufer  des  hoch  auftosenden  meeres.    Bübgek; 
felsengestad  auAosen.    Voss. 

.\l'FTRÄBEN,  tolutim  incedere,  nnl.  opdraven :  den  berg 
auflraben. 

AUFTRAG,  nnl.  opdragt,  nach  den  bedeulungen  des  auftra- 
gen s, 

1)  illitus,  sowol  actus  illiniendi  als  illinimentum :  auftrag 
des  kalkes,  mürtels  auf  die  wand;  auftrag  der  färbe :  hier 
konnte  man  den  auftrag  der  färben  nicht  loben.  Göthe  38, 
123;  der  erste  auftrag  ihrer  färben  war  licht.  38,  224;  das 
überhandnehmen  des  rothen  grundes  über  den  schwächern 
auftrag.  3S,  225 ;  dasz  man  sich  immer  der  besten  farbestoffe, 
des  reinsten  auftrags  bediene.  51,  81. 

2)  mandatum:  bei  meiner  zunft  anzufragen,  ob  sie  mir  jetzo 
andre  auftrage  zu  thun  habe.  Klopstock  12,  175 ;  einen  auftrag 
geben  (wie  thun),  ertheilen;  den  auftrag  haben,  empfangen, 
erhalten,  bekommen ;  im  auftrag  von  A.  übersende ;  den  auf- 
trag überbringen,  besorgen,  ausrichten,  das  nnl.  opdragt  be- 
deulel  auszer  anbefehlung  auch  Zueignung. 

AUFTRAGEIV,  imponere,  aufsetzen,  nnl.  opdragen: 

1)  cibos  mensae  imponere,  schusseln,  teuer,  speise  auf  den 
tisch  tragen:  und  er  trug  auf  butter  und  milch,  und  von 
dem  kalbe,  das  er  zubereit  hatte  und  satzts  inen  für.  l.Vo5. 
18,  8;  und  man  trug  im  besonders  auf  und  jenen  auch  be- 
sonders. 43,  32 ;  da  trug  der  koch  ein  schulder  auf  und  das 
daran  hing,  und  er  legt  es  Saul  für.  l  Sam.  9,  24;  und  da 
er  wider  heim  kam,  hiesz  er  im  brot  auftragen.  2  Sam.  12,  20 ; 
schlachtet  ir  vieh  und  trug  iren  wein  auf.  weish.  Sal.  9,  2 ; 
ein  landstreicher  oder  lolterbub  kam  in  ein  herberg  und  liesz 
im  tapfer  auftragen.  Uüla>d  618  ;  an  einem  ort  tregt  man  wüst 
gift  auf,  am  andern  geschmückt  gift.  Garg.  46' ;  tregt  das  beste 
aus  dem  hackstock  auf.  73*;  trag  auf  mit  schalle!  91';  trag 
auf  vier,  fünf,  sechs  maszenl  92';  als  nun  disz  Tür  über, 
trug  man  karten  auf,  nit  zu  spilen,  sondern  vil  hundert  ge- 
schwindigkeitcn,  kurzweil  und  newe  fündlin  zu  leren.  175"; 
fiihrt  sie  in  ein  saal  und  liesz  ihnen  auftragen.  260'; 

er  kann  die  littet  mästen, 
trägt  stets  den  feisten  auf,  zeucht  stets  herffir  den  besten. 
LoGAü  3,  ZW),  s.  215; 

sie  liesz  alsbald  auftragen  und  war  alles  aus  der  maszen 
Hol  zugerichtet,  unw.  doct.  337;  es  ist  schon  aufgetragen. 
LESsi.tc  1,  266;  auftragen,    dasz  der  tisch  knackt,    sich  biegt. 

2)  inducere:  kalk  auf  die  wand  auftragen;  färben  auftragen; 
schminke  auftragen;  stark,  grob  auftragen,  übertreiben;  grob 
und  ungeschickt  sind  alle  färben  aufgetragen.  Tieck  6,  192; 
der  mond  trug  allmälich  einen  grund  von  silber  auf.  J.  Padl 
Hesp.  3,  84 ;  die  fürstin  hatte  das  empfindsame  gesiebt  mit 
der  reisekleidung  weggelegt  und  ein  festes,  feines  gallagesicht 
dafür  aufgetragen.   2,  44. 

3)  capili  imponere,  tragen  auf  dem  haupl,  aupiaben : 
soll  auftragen  schneeweisze  haubcn.    H.  Sacb»  III.  1, 131'; 
micn  {tagt  der  bHchsbaum)  tregt  auf  manche  schöne  jungfraw 
mit  freuden  zu  dem  tanze.        üula.id  32; 

sie  trug  ein  allerliebstes  schlafliäubchen  auf.  früher  hiesx 
es,  stall  des  heuligen  die  kröne  tragen,  die  kröne  auftragen: 


mit  eurn  worien  ir  mich  nött, 

das  ich  dise  krön  auftrag.    fostn.  sp.  656,  23; 

er  ist  wol  werd,  das  er  die  krön 

nach  euch  im  reich  auftrage.    Ambr.  Ib.  s.  313; 

4)  lerere  vestem,  schleiszen  und  stärker  als  abtragen:  sie 
tragt  jährlich  drei  kleider  auf;  ist  die  aufgetragen,  schaft 
man  wol  rath  zuner  neuen.  Tieck  2,  331. 

5)  congerere,  aufschütten :  erde  auftragen,  bergmännisch, 
einen  Schacht  auftragen,  erhöhen;  erz  und  kohlen  auftragen, 
in  die  höhe  tragen ;  das  seil  auftragen,  es  um  den  korb  legen. 

6)  mandare,  demandare ,  committerc:  menschen  die  ganz 
frei  und  ledig  bleiben,  alle  ire  ehre  und  namen  golt  zu  rech- 
nen, im  allein  auftragen.   Luther  1,  233'; 

es  ist  ein  gröszcr  lob,  dasz  gute  laute  fragen, 
warumb  nicht,  als  warumb  dir  was  wird  aufgetragen. 

Opitz  1,  56; 
von  seinen  vettern  wüst  er  viel  zu  sagen, 
viel  grusze  hat  er  uns  an  jeden  aufgetragen.    Göthe  12,  109; 

einem  ein  amt,  ein  geschäft,  eine  arbeit  auftragen,  zumal 
einem  reich,  land  und  leben  auftragen :  dasz  ich  meinen  leib 
und  meine  seele  mit  allem  was  ich  bin  und  habe  dir  in 
deine  göttliche  Vorsichtigkeit  und  väterliche  sorge  vollkömlich 
auftrage.  Scbuppics  451;  sie  war  also  gezwungen  diese  ge- 
schäfte  an  andere  abzugeben,  oder  nach  der  spräche  jener 
Zeiten,  sie  musle  ihnen  solche  zu  leben  auftragen.  Scuil- 
LER  1035 ; 

wir  wissen  .\bas  dank, 

dasz  er  nach  so  viel  ach 

uns  seine  cron  aul'irägt.    Grtphiis  1,  156; 

nach  den  römischen  grundsätzen  gieng  das  grundeigenthum 
von  der  republik  aus,  die  welche  bürger  wurden,  trugen  es 
dem  Staat  auf  und  nahmen  es  zu  dessen  bänden  zurück. 
Niebchr  1,  332 ;  dasz  communen,  welche  das  bürgerrecht  ein- 
pfiengen,  dem  römischen  Staat  ihr  land  auftrugen  und  von 
dessen  bänden  zurück  erhielten.  2,  179 ;  die  böotischen  di- 
stricte,  welche  sich  an  Athen  aufgetragen  hatten,  genossen 
die  vortheile  des  landrechts.  l,  451 ;  hierauf  ward  einmütig- 
lich  beschlossen,  dasz  man  uns  ihr  ganz  gebiet,  land  und 
leut  für  eigen,  damit  nach  unserm  gefallen  zu  schalten  und 
zu  walten  auftragen  solle.  Garg.  268'. '. 

7)  einen  auftragen,  emportragen: 

da  mich  das  glück  auftrug, 
hett  ich  der  freunde  mehr  denn  gnug. 

B.  Waldis  ksop  1,  12. 
AüFTR.\GER,  m.  der  essen  oder  trinken  außrdgt,  einen  auf- 
trag gibt. 

AUFTRAMPELN  und  AUFTRAMPEN,  pcdibus  calcare,  auf- 
stampfen, zwar  alle,  aber  unhochdeutsche  Wörter,  wovon  mehr 
unter  den  einfachen  formen. 

AUFTRAPPEN,  hart,  schwer  außrelcn,  aufstapfen. 
AUFTRÄUFELN,  außriefen,  außröpfeln  lassen:  liquor  dem 
Zucker  aufträufeln  und  eingeben;  baisam  aufträufeln. 
AUFTRECHEN,  in  sinnlicher  und  abslracter  bedeutung, 

1)  in  die  höhe  ziehen,  excilare,  movere:  im  teutschen  krieg, 
welchen  der  Julius  Civilis  aufgetrochen  hett.  Fronsp.  3,276'; 
der  staub,  so  das  nachfolgend  viech  aufgetrochen  hett.  3,  2S0'. 

2)  crimini  dare,  ■  auf  einen  schieben,  ihm  zur  last  legen: 
das  unserm  reich  nit  etwan  ein  grosze  schmach  und  schand 
auftrochen  werde,  ne  qua  huic  imperio  macula  atque  igno- 
tninia  suscipiatur.  Maaler  37';  man  kan  mirs  nit  auftrechen, 
tnea  culpa  non  est;  dann  dise  ollentliche  lugin  {des  gemem- 
habens  der  weiber)  wird  unverschampt  auftrochen  nit  allein 
dem  Dulcino  und  seinem  anhang,  sunder  auch  den  fraticel- 
lis.  FRA?fR  chron.  365';  etlich  münch  Ircchen  im  (dem  Eras- 
mus)  alhie  auf,  er  verleugne,  rathbrech,  inarler,  beb  auf  oder 
bieg  alle  auctoritet  und  schrift.  39l';  dann  wie  kan  man 
das  leben,  die  seligkait  und  das  liccht  die  ursach  des  tods, 
finsternus  und  verdaninus  auftrechen?  paradoxa  20';  die 
schmächllchen  Ursachen,  so  im  der  pabst  fälschlich  uftriiche. 
werden  sich  mit  warbeit  nit  belinden.  Tsciiloi  1,  142.  später 
veraltend,  s.  trechcn.  das  nnl.  optrekken,  aufziehen,  hat  diese 
bedeutung  des  beschuldigens  nicht. 

AUFTREFFEN,  illidere,  aufschlagen :  wo  die  bomben  auf- 
trafen, wirkten  sie  verheerend.  auftreCFen  bei  den  buchbin- 
dem,  wenn  beim  beraufen  eines  buchs  auch  die  vier  letzten 
blätter  der  bogen  beschnitten  werden. 

AUFTREIBEN,  exagitare,  emportreiben,  nnl.  opdrijven. 

1)  excitare  feras  e  cubilUms ,  aufjagen ,  aufsprengen .  er- 
schrecken, aufspüren :  den  hasen  auftreiben,  weidwerkbuch  85*. 
86';   er  war  ein  Weidmann,   trieb  auf,   eh   er  zu    gam   lauf 


763 


AUFTREIBEN—  AUFTREIBUNG 


AUFTRENNEN — AUFTRIFT 


764 


Garg.  52';  wild  in  schieiern  auftreiben.  171*.  man  sagt  aber 
auch  einen  auftreiben,  einen  aus  dem  belle,  von  dem  sluhl 
treiben,  endlich  überhaupt  ausforschen,  auffinden:  ich  will 
wissen,  ob  sie  für  meine  tochter  einen  mann  aufgetrieben 
haben?  irgendwo  aufgejagl,  aufgefangen. 

2)  zumal  hiesz  bei  den  handwerkern  auftreiben  einen  an- 
rüchlig  machen,  schellen,  schmähen,  gleichsam  aus  der  zunfl 
treiben,  dasz  er  auch  austedrls  unzugelassen  bleibe,  in  der 
reformation  gulcr  policei  von  1530,  39,  1:  schmähen,  auftrei- 
ben, unredlich  machen,  wo  aber  einer  einen  meislcr  oder 
gesellen  aufzutreiben  oder  unredlich  an  seinem  handwerk  zu 
schelten  vermeinet.  Erfurter  stadiordn.  Q  3' ;  auch  keineswegs 
aufgetrieben,  gemeidet  oder  gar  unredlich  geacht  werden. 
ebenda. 

3)  auf  Sachen  oder  personen  angevjandl  bedeutet  auftreiben 
erivischen,  auffinden:  wo  hast  du  das  wieder  aufgetrieben? 
er  liest,  wo  er  nur  ein  blatt  papier  auftreiben  kann;  geld 
auftreiben,  ich  kann  keinen  kreuzer  mehr  auftreiben: 

mein  pselln  habn  mir  prctzu  leihen, 
ietz  khunl  ich  nit  ein  heller  auftreibn. 

ScHMELZL  hochzeit  10'; 
wann  der  satan  gieng  von  Job,  ist  sein  anwalt  dennoch  blieben 
Jobs  sein  weib,  er  haue  nie  keinen  bessern  aufgetrieben. 
LoGAU  3,  2,  49  ; 

SO  terdrieszlich  mir  dieser  umstand  war,  so  gab  ich  doch 
die  hofnung  nicht  auf,  durch  die  maszrcgeln,  die  ich  deswe- 
gen nahm,  die  alte  noch  endlich  aufzutreiben.  Wieland  12, 
142 ;  aber  es  will  sich  noch  nichts  auftreiben  lassen.  Tieck 
15,  329 ;  ich  hoffe,  wenn  ich  sie  dadurch  unterhielte,  wol  so 
viel  erfindung  auftreiben  zu  können,  ges.  nov.  1,  54 ;  ein  bei- 
spiel  auftreiben.  Kam  4, 152 ;  endlich  habe  ich  ein  solches  sub- 
ject  aufgetrieben.    J.  Paul  ßegclj.  1, 11. 

4)  sinnliches  auftreiben,  in  die  höhe  treiben  von  gegenstän- 
den :  die  reife  auftreiben,  wie  antreiben  (sp.  505) ;  die  nestel, 
haften  und  kneiflein  (knäuflein)  auftreiben.  Garg.  163';  eine 
thür  auftreiben,  gewaltsam  öfnen;  keile  auftreiben; 

Jungfern  mündchen  sind  die  mülcn,  drauf  man  sQszen  zucker 

reibe, 
jeder  will  hier  sein  ein  müUer,  dasz  er  stein  auf  stein  auftreibe. 
LOGAU  3,  7,  54; 

in  welchen  brunnen  würt  das  wasser  also  versamlet  und  auf- 
getrihen.  Frank  weltb.  164';  Springbrunnen  treiben  das  was- 
ser, das  meer  die  wellen,  der  wind  den  sand  auf;  mein  ge- 
hirn  treibt  öfters  wunderbare  blasen  auf.  Schiller  262 ;  scheue 
das  blut  nicht,  es  ist  der  thau,  der  die  pflanze  des  ruhms 
auftreibt.  Klinger  5, 121.  zumal,  anschwellen,  in  die  höhe  ge- 
hen machen:  die  hefe  treibt  den  teig  auf;  das  wasser  die 
blase,  der  wind  den  balg;  trieben  ein  geschwulst  auf.  Garg. 
136';  wenn  einer  mit  seiner  natürlichen  grösze  nicht  zufrie- 
den, auf  stelzen  einher  schritt,  oder  sich  vor  eigendünkel 
blähte  und  auftrieb,  bis  er  hätte  platzen  mögen.  Wielanu 
8,  244;  ein  aufgetriebner  leib  bei  kranken,  den  staub  auf- 
treiben. 

5)  abstractionen.  widerumb  alle  die  solchen  glauben  nicht 
haben,  sondern  vermessen  sich,  die  mess  als  ein  opfer  auf- 
zutreiben, und  ir  ampt  gott  für  tragen,  das  sind  ölgötzen. 
Luther  1,  336';  ein  frölichkeit,  mit  welcher  das  gemüt  aufge- 
triben  und  grosz  wird.  Melanchtho.n  annot.  zum  br.  an  die 
Römer,  verdeutscht  923; 

eitle  sinnen 
2u  treiben  auf  mit  dem  was  sie  nicht  fassen  können. 
LoGAU  3,  zugäbe  s.  315 ; 

nur  das  gefühl  räche  an  dem  zu  nehmen,  der  diese  leiden 
verursacht  hatte,  trieb  die  von  schmerz  erdrückten  kräfte 
auf.  Klinger  4,  44;  ich  treibe  die  geister  von  neuem  auf. 
<A.  3,  369;  einen  krieg  auftreiben,  erregen. 

6)  eigenlhümlich  steht  auftreiben  für  depascere,  mit  dem 
vieh  abtreiben,  abweiden,  fertig  weiden,  man  sehe  die  unter 
nbweiden  ausgezogne  stelle  von  Opitz. 

7)  intransitives  auftreiben:  der  ertrunknc  leichnam  treibt 
am  ufer  auf,  treibt  in  die  höhe;  der  same,  die  fruclit  treibt 
auf:  laszt  uns  den  saiiien  auswerfen,  sehen  wir  ihn  aucii 
nicht  reifen,  so  wird  er  zu  seiner  zeit  schon  auftreiben. 
Klincer  4,  257 ;  die  frucht,  die  in  meinem  iierzen  aufzutrei- 
ben beginnt.  5,  25 ;  das  schif  treibt  auf,  gerälh  auf  den  grund. 

AIJFTIIEIBLICH,  auffindbar:  die  anfireibliche  zahl"  guter 
kunstrichter  oder  künstler.    J.  Paul  aesth.  3,  4S, 

AUFTREIBUNG,  f.  galt  sonst  lumal  für  die  exagitatio  opi- 
ficum. 


AUFTRENNEN,  dissuere:  ein  kleid  an  beiden  seilen  auf- 
trennen. 

AUFTRETEN,  pedem  figere,  nnl.  optreden, 

1)  intransitiv  auftreten,  vortreten,  vor  der  weit  erscheinen: 
und  alle  seine  söne  und  töchter  traten  auf,  das  sie  in  trö- 
sten. 1  Mos.  37,  35;  ir  seid  aufgetreten  an  ewr  veter  stat. 
A  Mos.  32,  14;  es  sol  kein  einzeler  zeuge  wider  iemand  auf- 
trelten.  5  Mos.  19,  15 ;  wenn  ein  freveler  zeuge  wider  iemand 
auftrit.  19,  16 ;  es  tretten  frevel  zeugen  auf.  ps.  35,  11 ;  aber 
der  herr  ist  aufgetretten  die  Völker  zu  richten.  Es.  3, 13 ;  und 
die  zween  ältesten  traten  auf,  mitten  unter  dem  volk.  Sus. 
34;  die  königin  von  Ninive  wird  auftretten  am  jüngsten  ge- 
richte.  Matlh.  12,  42 ;  aber  am  letzten  tage  des  festes  trat  Je- 
sus auf  und  rief  {golh.  stö{)  .Jesus).  Joh.  7,37;  und  in  den 
tagen  trat  auf  Petrus  unter  die  jünger,  aposl.  gesch.l,ih;  da 
trat  Petrus  auf  mit  den  eilfen.  2, 14 ;  was  für  propheten  her- 
nach aufgetreten  sein.  Mathesius  74";  wenn  ich  auftrete,  zit- 
tert ein  herzogthum.  Schiller  187';  als  ich  zum  erstenmal 
vor  dem  publicum  als  Schriftsteller  auftrat.  Gökingk  1  rorr.  1; 
die  fürsten,  die  in  diesem  werk  auftreten.  Klinger  3,  125; 
wenn  man  die  argumente  der  Vernunft  gegeneinander  auftre- 
ten läszt.  Kant  2,  400;  die  erden  der  nacht  (die planeten)  tra- 
ten schon  auf.    J.  Paul  Hesp.  4,  49. 

Man  pflegt  die  art  und  weise  des  auftretens  durch  die  adv. 
still  oder  laut,  derb  oder  leise,  stark,  fest,  hart  oder  gelind, 
behutsam  u.  a.  m.  zu  bezeichnen:  wer  das  falsche  vertheidigcn 
will,  hat  alle  Ursache  leise  aufzutreten  und  sich  zu  einer 
feinen  lebensart  zu  bekennen,  wer  das  recht  auf  seiner  seile 
fühlt,  musz  derb  auftreten,  ein  höfliches  recht  will  gar  nichts 
heiszen.  Göthe  56, 150 ;  dieses  leise  auftreten,  dieses  schmie- 
gen und  biegen.    19,167;  er  tritt  hoch  auf,  brüstet  sich; 

sein  fusz  tritt  grimmig  auf,  dasz  die  allee  erzittert. 
Zacuariä; 

gleich  auftreten  heiszl  die  füsze  gleich  heben  und  setzen  zu- 
mal von  Pferden;  die  Schönheit  des  gewebes  hängt  vom  glei- 
chen auftreten  des  webegeschirres  ab,  vom  gleichen  schlag 
der  lade.  Göthe  23,  65.  mit  etwas  auftreten,  etwas  anbringen, 
vorbringen:  die  leute  sind  mit  einer  klage  gegen  ihren  amt- 
mann  aufgetreten. 

Im  auftreten  liegt  ursprünglich  emporlrclen,  der  auftretende 
redner  orfer  Schauspieler  besteigt  kanzel  oder  bühne  und  der 
zeuge  musz  vor  gericht  treten,  aufsteigen,  am  deutlichsten 
wird  dies  empor  beim  auftreten  zum  galgen: 

und  da  der  hübsche  Schreiber 

die  erste  sprossen  auftrat, 

er  sprach,  ir  siben  landsherrcn, 

gebt  mir  eins  Wortes  macht!    Umland  229, 

doch  läszl  es  sich  hier  auch  nehmen  als  treten  auf  die  erste 
sprosse  wie  es  heiszl:  ich  kann  nicht  auftreten,  auf  die  füsze 
treten.  Es  heiszl  aber  auch :  mir  sind  die  füsze  aufgetreten, 
angeschwollen;  der  leib  tritt  ihm  schon  auf,  schwilll  ihm. 

2)  transitiv,  calcando  fiangere,  aperirc :  eine  nusz,  die  thür 
auftreten,  das  pferd  tritt  den  fuszbodcn  auf. 

AUFTREUFEN,  außriefcn,  außropfen:  es  treuft  hier  auf, 
es  fallen  tropfen. 

AUFTREUGEN,  außrocknen,  aufdünen:  aufgetreugte  pfir- 
sichblüeten.  unw.  doct.  463;  aufgedrcugtc  trauben.  874.  vgl. 
abtreugen. 

AUFTRIEFEN,  was  auftrcufen,  tropfen,  bei  Stieler  2328 
inspergi. 

AUFTRIFELN,  auffädmen,  die  fdden  außösen,  auffdseln: 

und  als  (alles)  was  sie  beim  lag  thut  wilTeln, 
tliut  sie  bei  nacht  wider  nultriirelii. 

H.  Sachs  III.  2,  92', 

nemlich  Pcnclope  Od.  2,  105.  10, 150  akXveoxs.  alte  sailer  ge- 
nommen, dii'sclben  aiifgetrilTelt  und  gewaschen.  Fronsp.  kriegsb. 
1,144';  mag  leichtiichen  sich  begeben,  dasz  es  [das  fleisch  des 
hufcs)  der  wein  mit  seiner  kraft  auftriflc  und  zertasle.  Fo- 
rer Ihierb.  51'.  hierzu  halle  man  das  folgende  und  antrifeln, 
so  wie  die  abweichenden  Schreibungen  andriefeln,  ausdriefeln ; 
ohne  zweifei  gehört  dazu  das  altn,  tiefja  implicarc,  treija  filum 
lineum,  trefill  lacera  vcslis,  ddn.  trevel. 

AUFTRIFEN,  dasselbe,  altn.  treija,  dän.  plukke  i  trevler: 

viel  pcuicl  hab  ich  mit  zorkilTcl, 
viel  gellseck  darmil  aiirgetrilTi't. 

H.  Sachs  I,  531«. 

AUTTHIFT,  f  das  treiben  des  viehcs  auf  die  weide  (vgl. 
auftreiben  G),  hin  und  wieder  auch  das  umpflügen  zur  herbtl- 
teit  in  rauher  furche. 


1 


765 


AÜFTRINKEN— AUFTROCKNEN 


AUFTROMMELN— AUFWACHEN 


766 


AÜFTRINKEN,  consumere  polando:  alles  bis  zum  letzten 
tropfen  gierig  auftrinken ;  dieser  karge  tliaulropfe  zeit,  schon 
ein  trauui  von  Ferdinand  trinkt  ihn  wollüstig  auf.  Schiller 
1S4;  auch  wollt  ich  die  nahe  Christnachtsmusik  näher  und 
voller  auftrinken.  J.  Pacl  jubeis.  las.  austrinken  heiszl  ein 
glas,  einen  becber  leeren,  auftrinken  den  ganzen  vorral  trinken. 

AUFTRISTEN,  exslruere  stramenla  in  acervum,  anfschochen, 
tristen  machen.  Maaleb  37'. 

AUFTRITT,  m.  accessus,  das  empor,   hervor  treten, 

1)  sinnliches  aufsteigen:   der  auftritt  auf  die   kanzel,    auf 

die  bülme,  auf  die  anhuhe: 

wie  nun  die  rrösch  ans  urer  kamen, 
aus  dem  wasser  den  auftritt  naiimen. 

froschm.  CS'. 

dann  die  stufe,  auf  welche  man  schreitet,  der  stein  vor  dem 
haus  um  ju  pferde  zu  steigen,  franz.  perron. 

2)  vom  u^chselnden  auftritt  der  Schauspieler  bildete  sich 
leicht  eine  benennung  der  abschnitte  des  gespielten  Stücks,  das 
Schauspiel  zerfällt  uns  in  aufzüge  oder  acte,  jeder  aufzug  in 
auftritte  oder  scenen,  je  nachdem  personen  abgehn  und  neue 
zutreten.  Hans  Sacbs  und  äyrer  zerlegten  ihre  Schauspiele 
zwar  in  actus,  diese  aber  noch  nicht  in  einzelne  scenen,  son- 
dern begnügten  sich  die  zugehenden  personen  zu  nennen,  auch 
bei  Opitz  sind  nur  acte  angegeben  und  dann  die  auftretenden 
personen  genannt,  bei  Gryphil*s  heiszen  die  acte  abhandlun- 
gen  {bei  Schoch  handlungen),  die  scenen  eingange,  im  ISjh. 
drang  seit  Christ.  Weise  und  Gottsched  ßr  scene  auftritt 
durch,    die  Dänen  sagen  optrin. 

3)  gleich  dem  frans,  scene  fieng  nun  auftritt  an  ein  einzel- 
nes, wechselndes  bild  oder  abenteuer  auch  auszerhalb  dem 
Schauspiel,  jeden  auffallend  herbeigefüiirten  hergang  und  han- 
del  zu  bezeichnen: 

mein  äuge  durchirret  den  auftritt  noch  einmal. 
E.  V.  Kleist  2,  17; 

wird  mich  der  lod  auf  schwarzen  schwingen 
zu  einem  bellern  aurtrilt  bringeu.      L'z  1,  137; 

kann  der  riuerslolz 
des  herzogs  .Alba  diesen  aurtritt  hören?    Schiller  2.>4; 

wohin  ich  nun  trete,  wiederhole  ich  den  bangen  auftritt  un- 
serer trennung.  752;  ohne  zu  überlegen,  dasz  sie  mir  einen 
auftritt  bereiten,  der  meiner  standhaftigkeit  gefdhrlich  werden 
kann.  Gotter  3,  72;  auch  machten  die  groszen  hunde  dieses 
herm  schlimme  auftritte.  Guthe  IS,  139;  sachte  fiengen  die 
öffentlichen  auftritte  an.  24,  301;  solche  auftritte  spannen 
seine  imagination  zu  sehr.  Fr.  Mlller  3,  259 ;  die  Schöpfung 
ist  immer  geschäftig,  mehr  auftritte  der  natur,  neue  dinge 
und  neue  weiten  henorzubringen.  Kam  8,  324;  die  natur 
ziert  die  ewigkeit  mit  veränderlichen  auflritten  aus.  8,  329 ; 
ein  ärgerlicher  auftritt  folgte  dem  andern;  nur  keinen  auftritt! 

4)  im  16  ;A.  begegnet  auftritt,  ohne  allen  bezug  auf  das 
sdiauspiel,  für  betrug:  ein  auftrit,  ein  falsch  betrug,  ein  hin- 
derlist  Thlhneisser  magn.  alchym.  2, 12(5.  im  17  jh.  für  di- 
gression :  weil  ich  im  vorigen  capite!  der  Grünländer  gedacht, 
als  achte  Ichs  nicht  gar  unbequem  zu  sein,  ailhier  eine  di- 
gression  oder  von  unser  reise  einen  kleinen  auftritt  zu  neh- 
men und  die  grünlandischen  Völker  in  etwas  zu  betrachten. 
pert.  reiseb.  3, 4. 

AUFTROCKNEN,  in  doppeltem  sinn, 

1)  5iccarf,  abstergerc,  arcfacere:  nasses  auftrocknen;  die 
lütze  trocknet  alles  auf;  apfel,  kirschen  auftrocknen;  den 
ausgeloffenen  wein  mit  mel  auftrocknen.  Garg.  159';  ein 
iieinilicber  abend  trockne  die  pfützen  eines  schlüpfrigen  ta- 
ge« auf.  LoHEftsT.  Arm.  1,  70;  seine  traurigen  nacliforschungen 
trockneten  sein  herz  auf.  Kli?«cer  5, 17;  die  neueste  Philoso- 
phie der  Teutschen  trocknet  das  herz  ganz  auf.    12, 197. 

5)  stccescere,  ganz  trocknen :  in  der  heiszen  sonne  trocknet 
es  schnell  auf; 

indem  eri>laüzt  die  wang  und  «inkl,  es  trocknen 
die  letzten  tbränen  auf.    Klopstock  1,  91 ; 

mancherlei  aufgetrocknete  blumencrinnerungen  früherer  Spa- 
ziergänge. 17,  399;  es  gehört  hohe  moralische  kraft  dazu, 
den  verstand  durch  v*clterfahrung  aufzuklären,  ohne  dasz  das 
herz  in  dieser  schule  auftrockne.  Klincer  11,  85;  die  gcrecbtig- 
keil  wird  in  den  gesetzbUchem  aufgetrocknet  ziemlich  erhal- 
len. J.  Pacl  lit.  nachl.  4, 139.  di>  part.  praet.  sind  zweideutig, 
aufgetrocknet  kann  sein  teas  von  selbst  trocknete  oder  getrock- 
net wurde,  ahd.  würde  sich  artruccbani-t  ton  artrucchanit 
scheiden. 


AUFTROMMELN,  tympanum  pulsare,  aufwirbeln:  der  tam- 
bur  trommelt  auf;  generalmarsch  wird  aufgetrommelt;  der 
tambur,  so  zum  tanze  aufgetrummelt  hatte.  Felsenb.  1,  36. 
auch  einen  auftrorameln,  aus  dem  schlafe  trommeln. 

AUFTROMPETEN,  tuba  canere,  außlasen,  frülier  auch  auf- 
trommeten,  auftrummeten ,  auftrumpten:  da  herzog  Naime 
und  Otgier  sahen,  das  es  zeit  was  anlaufen  zu  lassen,  si 
theten  auftrummeten,  also  ranten  sie  all  dahin.  Aimon  k4; 
eins  auftrompeten,  ein  stüek  aufblasen,  wiederum  auch  mit 
der  trompete  aufwecken. 

AUFTRÖPFELN,  instillare.  intransitiv,  es  tröpfelt  auf,  « 
fallen  kleine  tropfen,  transitiv,  in  tropfen  auf  etwas  fallen 
lassen:  wein  auf  zucker  auftröpfeln,     s.  aufträufeln. 

AUFTROPFEN,  dasselbe,  in  beiden  bedeutungen:  es  tropft 
stärker  auf,  es  fallen  grosze  tropfen. 

AUFTRÖSELN,    filatim  sohere,    altn.    trosa  solrere,    trosna 
solvi,  rumpi,  womit  selbst  das  goth.  ufartrusnjan  {überspreilen, 
überfädmen?)  verglichen  werden  darf: 
aber  tage  wnhrt.s, 

jähre  dauert«,  dasz  ich  neu  erschaffe 
tausendräliig  deiner  Verschwendungen  fülle, 
auDrösle  die  bunte  schnür  meines^glücks 
geklöppelt  tausendfadig 
von  dir,  o  Suleika.    Göthe  5, 159; 
deine  briefe  wandern  mit  mir,  die  ich  wie  eine  buntgewirkte 
schnür  auftrösle,    um  den  schönen  reichthum,-    den    sie   ent- 
halten, zu  ordnen.  Göthe  bei  Bettine  I,  229.    j.  aufdrieseln. 

AUFTROSSE.N,  imponere  sarcinis,  aufpacken  :  mit  den  Wor- 
ten gebot  er,  dasz  manigklich  sein  kleinoten,  gered  und  pro- 
viand  auftrossen  und  den  negsten  gen  Dordon  ziehen  solL 
Aimon  y  3.    s.  trosz. 

AUFTRÜBEN,  turbare,  das  wasser  aufregen  und  trüben: 
von  der  turteltaube: 

trübet  zuvorhin  der  klaren  brunnen  flusz 
mit  ihren  füszen  auf,  im  fall  sie  trinken  musi. 
Opitz  2,  SO. 

AUFTRUMPFEN,  eolorem  praeeipuum  chartae  lusoriae  emit- 
tere,  trumpf  ausspielen:  ich  hält  dem  major  besser  auftrum- 
pfen sollen.  Schiller  ISl;  die  kränzelherren  trumpfen  mir 
niedergearbeiteten  manne  nach  gefallen  auf.  J.  Pacl  Aomel  2, 90. 
vgl.  abtrumpfen. 

.\UFTRUMPTEN,  was  auftrompefen :  Hug  sprach,  lasset 
auftrumpten  und  sich  das  volk  der  Stadt  zuwenden,  hernach : 
man  trumpt  auf,  der  graf  legt  seinen  spiesz  ein.  Hugosehapler 
35.  57. 

AUFTUCKEN,  s.  aufducken. 

AUFTÜNCHEN,  inducere,  tünche  außragen:  so  hast  du  dei- 
nen bedürfnissen  einen  schein  von  Wahrheit  und  Schönheit 
aufgetüncht.    Götue  39,  34L 

AUFTUNKEN,  intingendo  exhaurire:  mit  brot  die  brähe 
auftunken. 

AUFTUPFEN,  in  doppelter  bedeuiung, 

1)  digitis  leviter  attingere,  was  auftippen,  aufstüpfen.  Stik- 
LER  225S  auflüppen. 

2)  attingendo  siccare,  betupfend  auftrocknen:  das  wasser 
mit  einem  tüchlein  auftupfen,  bei  Tobler  430'  uftopfa.  Fi- 
schart unter  den  spielen  n*  17  führt  an:  hupf  auf,  dupf  aufl 

AUFUNG,  f.  awgmentum,  incrementum:  Germania  ist  züch- 
tiger worden  und  in  grosze  aufung  kummen.  Frask  weltb.  48' ; 
Venedig  hat  zur  zeit  des  grausamen  Überzugs  Athile  (Attilae) 
merklich  aufung  und  anfang  genummen.  chron.  157'  und  noch 
einigemal,     sonst  aber  ungebräuchlich,    s.  aufen. 

AUFVERLA.NGEN,  auf  wollen,  aufstehn  wollen,  sich  aufseh- 
nen: der  kranke  verlangt  immer  auf.  Schweiz,  iifbiangera. 
Tobler  430',  auflielangen,  vgl.  mhd.  belangen  und  aufbegehren. 

AUFVERSP.\REN,  rcservare,  aufsparen:  vermutlich  verspart 
er  mir  dieses  vergnügen  auf^  um  mich  damit  zu  überraschen. 
Klinger  10,  6r>. 

AUF\V.\CHE.N,  expergisct,  erwachen,  nnl.  o()waken.  beide, 
aufwachen  und  erwachen  sind  uns  fast  gleichbedeutig,  wie  sie 
sich  auch  in  auferwachen  häufen;  docit  sagt  aufwachen  dem 
gemeinen  Sprachgebrauch  mehr  zu  und  envachen  klingt  gebil- 
deter, vornehmer,  eine  mutttf  wird  nicht  leicht  sagen,  das 
kind  ist  erwacht,  sondern  aufgewacht,  aus  einem  schweren 
träum,  von  dem  geräusche  aufwachen,  da  nu  Jacob  von  sei- 
nem schlaf  aufwachte.  1  Mos.  28,  16 ;  er  aber  wachet  auf  von 
seinem  schlaf,  rieht.  16,  14 ;  wachet  auf  ir  trunken  und  wei- 
net. Joe/ 1,5;  und  so  du  rein  und  froin  bist,  so  wird  er 
aufwachen  zu  dir  {vutg.  evigilabit  ad  te).  Iliob  8,  6.  es  heiszl 
sowol  von,  und  früher  ab  etwas  aufwachen,    als  über,  durch, 


767 


AUFWACHEN — AUFWACHSEN 


AUFWAGEN  —  AUFWALLUNG 


768 


zuweilen  an  etwas :  Kronhelm  hürle  ihre  stimme  früh  im  haus 
und  wachte  dran  auf.  Millers  Sie(ßv.  2,  24G.  stall  für  oder 
zu  etwas  aufwachen,  zu  einem  andern  leben,  zur  Unsterblich- 
keit aufwachen,  sclzt  Klopstock  den  bloszen  daliv: 

ja  bei  unserem  slaube,  der  einst  der  Unsterblichkeit  aufwacht. 
A/ess.  U,  1240. 

Bildlich,  die  seele,  wie  sie  schläft,  wacht  auf:  die  nun  mit 
allen  heiligen  kräften  aufgewachte  seele  Albanos.  J.  Paul  TU. 
2,  09 ;  aber  jetzt  war  zu  viel  in  Albano  aufgewacht  (rege  ge- 
worden). 1,  56 ;  wach  auf  meine  ehre,  wach  auf  psalter  und 
harfe!  ps.  57,  9;  das  volk  wacht  auf;  aufgewachte  Völker. 
Hesp.  2,  222 ;  Albano  und  Liane  kamen  vor  eine  aussieht,  wo 
der  mond  aufwachte  [aufgieng).  TU.  2,  244,  was  doch  unge- 
wöhnlich zu  sagen  isl.  schlummernde,  verborgne  leidenschaf- 
ten  wachen  auf;  ein  unersättlicher  geiz  war  in  ihm  aufge- 
wacht; aufwachende  bedürfnisse.  Gotter  3,465;  aufwachende 
schmerzen.  Felsenh.  2,  92 ;  der  alte  schaden  auf  meiner  brüst 
schien  aufzuwachen,  ich  hustete  heftig.  Göthe  19,  349;  alte 
schulden  wachen  auf;  bald  ausgehenden  1569  Jahres  ist  i.  f.  g. 
Schuldwesen  aufgewacht,  dasz  also  auf  allen  orten  gemahnet 
ist  worden.  Sciiweimchen  1,  61;  das  fürstliche  schuldwesen 
ist  dies  jähr  sehr  aufgewacht.  1,  67, 
Wenn  Opitz  3,  306  sagt: 

ein  aurgewachies  herz  und  prächtiger  verstand 
begehrt  gerühmt  zu  sein  durch  die  geehrte  band, 

SO  läszt  sich  zwar  aufgewacht  ßr  das  pari,  von  aufwachen 
ansehn;  andere  stellen  aber  zeigen,  dasz  er  es  von  aufwecken 
bildet  und  für  aufgewackt  schreibt,   s.  aufwecken. 

AUFWACHEN,  n.  erwachen:  sie  schlummerten  zu  einem 
fürchterlichen  aufwachen.    Tu.  Abbt  verdienst  2,  2. 

AUFWACHS,  m.  incremenlum,  verhält  sich  za  aufwuchs 
wie  anwachs  zu  anwuchs :  es  wärind  die  irrsäl,  misbruch, 
falscher  geist,  böse  sitten  zu  sölichem  ufwachs  nie  kommen. 
ZwiNGLi  1,  589 ;  zu  ufwachs  der  wurzel.  Rute /(J5in.  M  2 ; 

er  (der  weise  mann)  Kann  aus  vielen  Sachen, 
die  er  erfahren  hat,  ihm  einen  auszug  machen, 
dardurch  ein  iianzes  land  nicht  schlechten  aufwachs  nimmt, 
wenn  es  zugleich  mit  ihm  bisz  ans  gcsiirne  klimmt. 
Fleming  62. 

AUFWACHSEN,  adolescere,  excrcscere,  nnl.  opwassen.  steht 
zu  erwachsen  ivie  aufwachen  zu  erwachen,  vgl.  auferwachsen. 

1)  sinnlich,  und  gott  der  herr  liesz  aufwachsen  aus  der 
erden  allerlei  bewine  lustig  anzusehen  und  gut  zu  essen. 
1  Mos.  2,  9 ;  hielt  einen  rat  mit  den  jungen,  die  mit  im  auf- 
gewachsen waren.  1  kün.  12,  8  ;  kan  auch  die  schilf  aufwach- 
sen, wo  sie  nicht  feucht  stehet?  HiobS,U;  das  unsere  süne 
aufwachsen  in  irer  Jugend  wie  die  pflanzen,  ps.  144,  12;  ich 
bin  aufgewachsen  wie  ein  palinbaum  am  wasser.  Sir.  24,18; 
«tliches  fiel  unter  die  dornen  und  die  dornen  wuchsen  auf 
und  ersticktens.  Matth.  13,  7 ;  das  nicht  etwa  eine  bittere  wur- 
zel aufwachse,  //efcr.  12, 15;  da  er  aufgewuchs.  Seb.  Münster  71; 
sintemal  auch  kleine  steine  zu  einem  berge  aufwachsen  kön- 
nen,  pers.  baumg.  1, 15; 

wo  Venus  weiland  sasz  und  den  Adonis  kfiste, 
wuchs  gras  und  blumen  auf,  obgleich  der  jirt  war  wüste. 
LocAU  1,  5,  cl ; 

daher  wuchs  ich  auf  wie  ein  narr  im  zwiebellandoder  kraut- 
garlen.  Simpl.  1,  160;  die  andere  kinder  wachsen  auf,  er 
müsse  denselbigen  auch  helfen.  Schuppius  802 ;  als  ich  vor 
den  schwellen  das  gras  aufgewachsen  sah.  Klinger  4,  212; 
das  walzen  und  drehen  war  anfang,  mittel  und  ende,  alle 
waren  zu  diesem  nationaltanz  aufgewachsen.  Göthe  26,  22. 

2)  abstract,  denn  sihe,  ich  wil  ein  ncwes  machen,  itzt  sol 
es  aufwachsen.  Es.  43,  19 ;  die  in  kurz  also  in  ein  sollich 
macht  aufgewachsen  und  so  vilfeltig  sig  gehabt.  Frank  weltb.  99' ; 

zum  icliaden  im  der  spott  aufwachs.    H.  Sachs  I,  535', 

eine  häufige  schluszformcl  seiner  gedichte;  jetzt  sehet  ihr  wo!, 
in  was  hohen  ehren  Galmy  der  riltcr  aufwachsen  tliiit.  Gnlmy 
165;  nun  ist  zu  sorgen,  er  wachs  noch  mehr  und  mehr  an 
dem  hüf  auf.  166;  alle  tiefe  wilnsche  der  Iirusl  standen  auf 
einmal  aufgewaciiscn  in  Walter  da  und  blühten  voll.  J.  Paul 
flegelj.  1,  114 ;  das  gespriich  war  offenbar  im  poetengange  auf- 
gcwaciisen.  1,150;  was  überkommt  aber  denn  sonst  das  gute 
arme  volk  für  staatsclirc,  indesz  in  höiiern  ständen  täglich 
alle  tilel  höher  aufwachsen,  nachddmm.  b2;  die  Zinsen  wuch- 
sen über  das  capilal  auf. 

Im  pari,  erzeigt  sich  wol  einige  Verschiedenheit  twischcn  auf- 


gewachsen und  erwachsen,  wir  sind  zusammen  aufgewachsen 
isl  zwar  dasselbe  mit  erwachsen,  doch  ein  erwachsner  mann, 
homo  adultus  drückt  mehr  aus  als  aufgewachsen,  den  zum 
ziel  seines  wachsthunis  gelangten. 

AUFWAGEN,  in  aleam  dare,  aufs  spiel  setzen :  habe  ich  also 
über  mein  vermögen  viel  aufwagen  und  aufwenden  müssen. 
SciiwEiNicuEN  3,  291 ;  ich  will  noch  ein  goldstück  aufwagen,  sich 
aufwagen,  sich  in  die  höhe  wagen,  aufzustehn  wagen:  der  kranke 
wagt  sich  noch  nicht  auf;  als  wir  in  den  mit  zwei  hohen 
nuszbäumen  überschatteten  pfarrhof  traten,  sasz  der  gute 
alte  mann  auf  einer  bank  vor  der  hausthür,  und  da  er  Lot- 
ten sah,  ward  er  wie  neu  belebt,  vergasz  seinen  knotenslock, 
und  wagte  sich  auf,  ihr  entgegen.    Göthe  16,  42. 

AUFWÄGEN,  pendere,  expendere,  nnl.  opwegen, 

1)  eine  last,  einen  stein  aufwägen;  menschen  wägen  auf 
deinem  dolch  keine  luftblase  auf.  Schiller  122 ;  durch  bünd- 
nisse  unter  einander  eine  macht  aufzuwägen  sTlchen,  gegen 
welche  sie  einzeln  nicht  bestanden.    881. 

2)  sie  mögen  mich  gegen  meine  landslcute  oder  gegen 
ausländer  aufwägen,  ich  habe  ihnen  nichts  vorzuschreiben. 
Lessing  2,  4;  damit  man  gründe  und  gegengründe  desto  be- 
quemer gegen  einander  aufwagen  könne.    5,  64 ; 

t'a  wenn  selber  mit  golde  dich  aufzuwägen  geböte 
'riamos,  Dardanos  sobn.      Voss  //.  22,  351 ; 

dein  blick  wägt  ein  leben  eitler  lugend  auf,  die  man  nur 
mit  leeren  worten  lohnt.  Klinger  2,  390 ;  die  thränen,  die  ihr 
nun  in  meine  äugen  zieht,  wägt  die  herrlichkeit  der  weit 
nicht  auf.  2,  419 ;  in  meinem  Wahnsinn  wünscht  ich,  euch 
mit  einem  verbrechen  beladen  zu  sehen,  um  das  meine  ge- 
gen das  eure  aufzuwägen.  4,  124.  das  pari,  lautet  aufgewägt 
und  aufgewogen,  man  sehe  aufwiegen  und  die  analogie  von 
abwägen,  abwiegen. 

AUFWÄHLEN,  eine  karte  auf  gut  glück  aufschlagen. 

AUFWALL,  «1.  fervor:  aufwall  des  heiszen  wassers,  der 
leidenschaft;  die  erinnerung  dieser  geschichte  verbitterte  mir 
jeden  aufwall  freudiger  empfindung.    ThIjmmel. 

AUFWALLEN,  aesluare,  fervere,  agitari.  die  alte,  starke 
form  wallen  wiel  gewallen  verrälh  im  16  jh.  zuweilen  noch 
wellt  oder  wällt  für  das  heutige  wallt,  wallet,  und  das  pari, 
praet.  gewallen  für  gewallt,  gewallet. 

1)  von  siedendem,  brausendem  wasser:  das  meer  wallt  auf; 
der  gieng  einmal  spaciern  in  seinen  garten,  darinn  hett  er 
ein  brunnen,  der  wället  auf.  seh.  und  ernst  cap.  166;  das 
schlosz  auch  in  der  mitten  ein  schönen  aufwallenden  brun- 
nen hett.  Aimonii;  das  blut  wallt  auf;  ha  was  ruft?  was 
wallt  in  diesen  zarten  ädern  auf?  Klinger  l,  49. 

2)  von  glut  und  hitze:  aufwallendes  feuer,  -aufwallender 
brodem;  man  sah  den  dampf  hoch  aufwallen. 

3)  herz  und  busen  wallen  auf: 

aber  was  ist  es  in  mir,  dasz  zu  so  zärHichen  sorgen 
für  die  unbekannte  mein  herz  mit  emplindunprcn  aufwalh? 
Klopstock  Mess.  6,  364; 

hüllete  schnell  in  die  seide  den  schön  aufwallenden  busen, 
Luise  2,  339 ; 

auf  dem  wege  dahin  walletc  Gottwalts  herz  wie  ein  angewe- 
hetes  blumenbect  bei  dem  gedanken  auf.  J.  Paul  flegelj.  2,  94. 

4)  das  kornfeld  wallt  auf;  der  staub  wallt  auf; 

wie  unter  dem  fiisze  des  wandrers 
leichter  staub,  von  gewürmen  bewohnt,  aufwallet  und  hinsinkt. 

Klopstock, 

5)  die  leidenschaften  wallen  auf;  aufwallende  räche;  auf- 
wallende hitze  der  rachbcgicrde.  RabenerI,  95;  wie  wir  als- 
dann aufwallen  und  ihn  umarmen.    Herder  1,  97. 

6)  transitives  aufwallen  isl  zu  tadeln,  so  sagt  Hippel  10, 
236 :  die  Jugend,  in  welcher  die  reife  natur  gewisse  triebe 
aufwallt,    s.  aufwellen. 

AUFWALLEN,  n.  aufwalt,  aufwallung:  vielleicht  ist  dies 
der  freiheit  letztes  aufwallen.  Klinger  2,  340;  letzteres  liel 
mir  einmal  bei  sehr  gioszen  schmerzen  bei  und  bewirkte  ein 
kurzes  aufwallen  von  lachen.  Lichtenberg  1, 15;  er  iialte  da- 
von nichts  im  köpfe  behalten  als  ein  schmerzlich  süszes  tie- 
fes aufwallen.  ,1.  Paul  J(i<.  1, 3. 

AUFWÄLLEN,  s.  aufwellen. 

AUFWALLUNG,  /".  scatebra.  Maaler37';  die  anziehung  des 
inondes  hält  das  gewässer  des  occaas  in  unauniOrlichcr  auf- 
wallung.   Kant  8,  211 ; 

(Uürmos)  ichwebie  daher  durch  viel  aufwallungen. 
Vosi  Od.  b,  54 ; 


769 


AUFWALZEN — AÜFVV.VRT 


ein  junger  mensch,  dem  man  den  zügel  in  seinen  begierden 
und    auh»allung    der    geister   schieszen    lassen.    Wixselmaxs 
3,  223 ;  man  musz  nicht  der  ersten  aufwallung  folgen. 
AUnVÄLZEN,  subvohere, 

1)  emponcälzen,  außhürmen: 

ihn  (den  marmor)  von  der  au  aurwähend  zur  berghöh. 
Voss  Od.  11,596; 

ein  klausner,  der 

von  dem  lierg  der  aufgewalzten  jähre 
hinabsieht  in  das"  aufgelöste  spiel 
des  unverständlich  krumm  gewundnen  lebens. 

SCdILLER  60S'; 

wölken  gössen  sich  gedrängt  und  düster  von  den  bergen  herab, 
in  hohen  unendlichen  gebirgen  aufgewalzt.  Tiecr  8,  58. 

2)  auf  einen  wälzen:  dem  gerichtshalter  und  mir  ist  das 
ganze  geschäft  aufgewälzt.    Göthe  20,  245. 

AUFWAND,  m.  sumtus,  impensa,  tcas  aufgewandt  icird,  itn- 
pendiliir,  erst  seit  dem  18  jh.  im  yang  und  bei  Stieleb  feh- 
lend, der  daßr  mit  derselben  bedeulung  das  jetzt  ungeicühn- 
liche  hinwand  2505  verzeichnet,  der  pl.  aufwände  hat  kein  be- 
denken und  folgt  ganz  dem  einwände  von  einwand,  groszer, 
geringer,  unmäsziger,  übertriebner,  unnützer,  vergeblicher, 
täglicher,  jährlicher  aufwand;  aufwand  machen ,  bestreiten, 
aushalten,  einschränken;  aufwand  von  geld,  von  geist; 

selber  uns  einzuladen  gedachten  wir.  aber  kein  aufwand! 
Luise  3,  41; 

lächeln  sie  nur,  lachen  sie  nur  über  den  theatralischen  auf- 
wand von  leidenschaft  I  Göthe  19,  131 ;  weil  er  als  ein  unter- 
richteter mann  mit  auszeichnung  empfangen  wurde,  und  den 
aufwand  des  gesprächs  recht  gut  zu  bestreiten  wusle.  25,  S5 ; 
es  erfordert  einen  gröszem  aufwand  von  verstandeskraft. 
Kam  1,  3S2 ;  wenn  dies  wirklich  der  unterschied  ist,  den  die 
krilik  mit  so  groszem  aufwände  macht.  3, 345. 

ALTWANDEL.N,  aufwärts,  empor  wandeln:  auf  und  nieder 
wandeln;  ach  wenn  einst  die  seele  aufwandelt  über  die  Ster- 
nenbahn. Fr.  Müller  2, 151. 

ALFWANDELN  heiszt  den  katholiken  die  verwandelte  hostie 
lur  anbetung  in  die  höhe  hallen  (Scum.  4,  95),  den  kelch  em- 
por heben,  der  ausdruck  kommt  mhd.  noch  nicht  vor,  und 
schhnt  unrichtig  gebildet,  da  die  Wandlung  nicht  im  aupieben 
erfolijl,  schon  vorher  geschah,  auch  nennen  dieses  aufwandeln 
die  l'olen  podzwignac,  die  Böhmen  pozdwjhati,  die  Slovenen 
in  Sieier  povsdigovali.  d.  i.  erheben,  die  Franzosen  elever. 

ALFWANDSGESETZ,  n.  lex  sumtuaria. 

.\LTWANDSVOLL,  sumtuosus:  aufwandsvolle  Staatsämter. 
Fichte  über  die  franz.  rev.  272. 

AUFWÄRMEN,  recaleßeri,  erwarmen,  ahd.  arwaramen: 

mit  solchen  äugen  und  einer  so  glatten  haut 
und  solchen  alabasterarmen, 
in  denen  sie  den  alten  Triton  sogar, 
wie  alt  und  kalt  er  auch  in  Aurorens  armen  war, 
versuchen  konnte  zum  Jüngling  aufzuwärmen. 
WlELA.tD  5,  47. 

AUFWÄRMEN,  recalefacere,  recoquere,  ahd.  arwaraman,  nnl. 
opwarmen:  w;y-um  wärmet  ihr  nicht  alle  altvaterische  worte 
wieder  auf?  Weise  erzn.  128^  von  einem  manne,  der  eben 
versucht  halte,  über  einen  kohl,  den  er  zum  siebenündsieb- 
zigstenmale  aufwärmte,  eine  deutsche  brühe  zu  gieszen,  ward 
herr  Klotz  urplötzlich  zum  allgemeinen  kunstrichler  der  schö- 
nen Wissenschaften.  Lessinc  8,  204 ;  die  sitt  und  weise  der 
Scholastiker  wieder  aufwünnen.    Klopstock  12, 154  ; 

ihnen  hau  in  der  eile  mama  den  bra'en  vom  mittag 
aulgewvnit  in  der  pfann  und  gewürzt  mit  kräftigen   zwiebeln. 
Luise  3,  532 ; 

knaben  sinds  die  wir  gerettet 

aus  der  brandung  grirainem  zahn, 

sie  auf  «chilf  und  nioos  gebeUet 

aufgewärmt  zum  licht  heran.    Götbk  41,  175;' 

ihre  freundschaft  hat  mich  zu  einem  autor  aufgewärmt,  und 
aufgefordert.  Hippel  14,  184 ;  so  wenig  fühlst  du  der  liebe 
niaclil,  dasz  sie  deinen  chrgeiz  nicht  mehr  aufwärmen  kann. 
Klincer  2,  389;  o  mein  geist  begehrt  etwas  anders  als  eine 
aufgewärmte,  neu  aufgelegte  erde.  J.  F»ai;l  uns.  löge  2,  170; 
aufgewärmte  spielwaaren  voriger  Chrisiiage.  jubels.  191 ;  die 
alle  geschichte,  einen  allen  wilz  aufwärmen. 

AUFWART,  f.  was  aufwartung,  und  ßr  aufwarte  stehend, 
ganz  wie  warte,  ahd.  warta,  blosz  in  der  Schweiz  gebräuch- 
lich: ich  bin  zur  aufwart,  herr  unlenogtl  Pestalozzi  L  und 
G.  1,  55;  diese  war  ziemlich  hübsch  und  ich,  vermutlich 
darum,  eine  Zeitlang  sterblich  reriicbl  in  sie.  hätte  sie  meine 


AÜFWARTEBURSCH  — AUFWARTEN   770 

aufwart  williger  angenommen,  war  ich  wirklich  an  ihr  zum 
narren  worden,    der  arme  mann  im  Toekenb.  102. 

AÜFWARTEBURSCH,  m.  puer  ministrans,  aufwdrler. 

AUFWARTEGELD,  n.  merces  famuli  famulaete. 

AUFWARTELOHN,  m.  dasselbe. 

AUFWARTEMÄDCHEN,  n.  ancilla,  famula,  dienstmddchen : 
die  bei  einer  vornehmen  dame  als  aufwarlemägdgen  in  dien- 
sten  stand.  Felsenb.  2,  247 ;  vergessen  sie  zu  keiner  zeit,  dasz 
ihr  aufwartemädchen  niemals  ihre  vertraute  fireundin  ist  R\- 
be.ner  3,  2S2. 

AUFWARTEN,  speclare,  exspeclarc,  attendere,  minislrare. 

1)  die  eigentliche  bedeulung  ist  aufschauen,  in  die  höhe 
schauen,  wie  das  einfache  warten  schauen,  franz.  regarder 
ausdrückt. 

um  dich,  o  herr,  stehn  aller  äugen  her 
und  warten  auf.        Oenz  ps.  145, 

bei  Luther  ps.  145,  15  aller  äugen  warten  auf  dich,  vulg.  oculi 
omnium  in  te  sperant  domine.  daher  aufwarten  zu  gott, 
hinauf  zu  gott  schauen,  regarder  ä  dieu: 

wenn  mir  das  aufwartn  ist  geriebt 

zu  gou  nach  dem  ewigen  liecbh    Atkek  131*. 

2)  dies  aufwarten  gehl  über  in  attendere,  aufmerken,  einem 
dinge  warten,  es  abwarten,  curare:  ich  legte  mich  an  die  hei- 
lige stelle,  damit  ich  alsbald  mit  der  sonnen  aufgang  auf- 
warten könte.  Rollexhages  wunderb,  reisen  25.  einem  aufwar- 
ten hiesz  einem  aufpassen,  nachstellen: 

darumb  müsz  wir  aufwarten  dem, 

und  ihm  den  weg  mit  volk  verlegen,    .\trer226'; 

und  ward  Ton  obristen  Schlangen,  der  ihm  an  einem  holze 
aufwartete,  umbgeben  (umringt)  und  muste  viel  seines  volkes 
einbüszen.  Micrälics  a.  P.  5,  365.  aber  auch  bloszes  warten, 
erwarten,  exspectare:  wären  aber  bisz  zu  ankunft  Hanns 
ThurnmejTs  aufzuwarten  bescheiden  worden.  Pdiland.  2,  234 ; 
dasz  ich  v(ol  anderlhalbe  stunde  vor  seinem  quartier  aufwar- 
ten muslc.  Simpl.  1,  439 ;  dasz  sie  ihr  gewohntes  geschrei 
nicht  den  aufwartenden  adlern  verrathe.  Lohexst.  Arm.  1,  609 ; 

weidet  {der  esel),  dieweil  er  must  aufwarten, 
bisz  sie  ihr  blumen,  wurzeln,  kraut  gesamlet. 
froschm.  2,  4,  4. 

3)  auf  des  herrn  und  gebieters  äuge,  blick  warten,  ihm 
aufwarten  bedeutet  sodann,  wie  aufliören  gehorchen,  ihm  an- 
gehören, zu  willen,  dienste  sein,  von  seinem  worte  abhängen. 
Wenn  der  hund,  auf  seinen  hinter ßszen  sitzend,  nach  des 
Herrn  äuge  unverwandt  schaut,  ihm  gewärtig  ist,  wartet  er 
ihm  mit  allem,  was  er  zu  thun  gelehrt  wurde,  auf: 

du  siehst,  ein  hund  und  kein  gespenst  ist  da, 

er  knurrt  und  zweifelt,  legt  sich  auf  den  bauch, 

er  wedelt,  alles  hunde  brauch. 

es  ist  ein  pudelnärriscb  thier,    ' 

du  stehest  still,  er  wartet  auf.    Götbe  12,  63. 

In  solchem  sinne  des  aufschauens,  aufpassens  ist  also  aufwar- 
ten dienen,  famulari,  namentlich  groszen  herrn,  vornehmen 
und  eitern,  vorzugsweise  ßr  knaben  und  junge  leule  geltend: 
in  der  Wirtschaft  meinem  herrn  vater  zugesehen  und  ihm 
aufgewartet,  mit  ihm  geritten  und  gefahren  und  sonst,  wie 
einem  jungen  gvhühret,  mich  bezeiget.  Schweixichex  1, 47; 
bin  ich  von  ihro  f.  gn.  jungenweise  zum  aufwarten  erfordert 
worden,  l,  50;  dergleichen  Jünglinge  hallen,  wie  es  sonst 
ausdrücklich  heiszt,  dem  herrn  auf  den  leib  zu  warten  und 
bildeten  eine  art  garde.  wie  sich  ein  diener  aufschürzet  oder 
geschickt  macht,  seinem  herrn  aufzuwarten  oder  etwas  zu 
tragen.  Kirchhof  nu7.  disc.  114;  schmorotzcr,  die  ihm  aufwar- 
teten, weil  {solange)  er  etwas  hat.  Garg.  131*;  Reinmar  von 
Zweier,  der  ein  pfälzischer  vun  adel  und  bei  keiser  Friedri- 
chen dem  ersten  und  Heinrichen  dem  sechsten  aufgewartet 
hat.  Opitz  poeterei  15 ;  ich  habe  die  ehre  gehabt,  dem  tapfern 
und  groszmüligen  beiden,  herrn  landgraf  Johannsen  aus  dein 
hessendarmslällischen  haus  {als  hofprediger)  aufzuwarten,  ich 
habe  ihm  oft  des  morgens  etliche  stunden  aufgewartet.  Schlp- 
PIC3  28;  er  hat  zweien  vornehmea  fürslen  für  einen  kam- 
merdiener  aufgewartet  und  einem  andern  vornehmen  fürslen 
hiebevor  auch  als  laquei  gedienet.  6t;  dasz  ihm  allzeit  6000 
reisiger  oder  einspänniger  leute  haben  aufwarten  müssen, 
welche  den  könig  begleilel,  wann  er  hat  ausreisen  wollen. 
108;  er  ist  ein  Schöpfer  himmels  und  der  erden  und  du 
wohnest  hier  auf  seinem  grund  und  boden,  darumb  bist  du 
schuldig  ihm  zu  dienen  und  aufzuwarten.  207 ; 

die  ihm  getrew  aufwarten.    WECKBERLin  252; 
49 


771 


AUFWARTEN — AUF  WÄRTER 


AUFWÄRTERIN— AUFWARTUNG    772 


es  wäre  ein  guter  mensch,   der  bei   hohen   personen    suchte 
vor  einen  iiurzweiligen  rath  aufzuwarten.  Weise  erzn.  125 ; 
sechs  aufwartende  diener.    Voss  Od.  16,  24S. 

4)  sichtbar  liegt  in  diesem  aufwarten  etwas  feineres,  milde- 
res als  im  dienen  überhaupt^  beim  aufwartenden  wird  ein  ge- 
schieh zti  besvnderen  Verrichtungen  vorausgesetzt,  und  der  auf- 
wärter  im  wirtshatis,  bei  gastmal  oder  ball  unterscheidet  sich 
von  dem  zu  jeglichem  dienst  bereiten  knecht,  vor  dem  tische  aufwar- 
ten heiszt  ministrare  pucula,  einschenken ;  das  aufwartemäd- 
chen  hilß  bei  putz,  beim  betten,  bei  tische,  dient  nicht,  gleich 
der  magd  überall:  sag  es  dem  kellner  und  hilf  aufwarten! 
GöTUE  18,  177;  ich  habe  mich  verpflichtet  ihnen  zu  dienen, 
aber  nicht  allen  menschen  aufzuwarten.  18,  176.  aufwarten 
bezeichnet  zumal  die  höfliche  aufmerksamkeil,  welche  vorneh- 
men und  frauenzimmern  erwiesen  wird  und  sich  in  verbind- 
lichen kleinen  dicnstleistungen  äuszert.  einer  frau  aufwarten, 
um  sie  dienen,  werben,  ihr  den  hof  machen,  zu  ihren  befeh- 
len stehn.  wie  mancher  tugendhafter  Jüngling  wird  dem  Hiob 
und  seinem  weihe  aufgewartet,  ehre  und  respect  erwiesen  ha- 
ben, ihrer  schönen  und  wol  erzogenen  tüchter  halben.  Schlp- 
pius  150 ;  warte  jedermann  fleiszig  auf,  begegne  ihm  höflich. 
236;  wenn  das  gold  wird  blasz  werden,  so  werde  ich  auch 
aufliören  ihr  aufzuwarten.  Weise  erzn.  147. 

5)  einem  aufwarten  heiszl  ihm  besuch  abslallen,  eine  stunde 
zu  benennen,  in  welcher  sie  ihm  ohne  grosze  verhindernis 
aufwarten  könten.  Weise  erzn.  44;  herr  von  Waller  will 
aufwarten.  Gotter  3, 53 ;  und  haben  fast  die  hülse  gebro- 
chen, um  die  ehre  zu  haben  ihm  aufzuwarten.  Göthe  14,  83 ; 
ihre  nichte  fragt,  ob  sie  aufwarten  kann?  14,  149;  nun  war 
die  bekanntschaft  gemacht.  Narciss  wartete  mir  und  meinen 
Schwestern  auf.   19,  277; 

augenblicklich  aufzuwarten 

schicken  freunde  solche  karten.    47,206; 

nein,  will  sie  denn  jetzt  nicht  stören,  warte  lieber  ein  an- 
dermal auf.  Fr.  Müller  3,  45;  wenn  wünschen  Wirklichkeit 
wäre,  in  dieser  minute  sollte  sie  schon  vor  euch  stehn  und 
euch  aufwarten.  3,  53 ;  wenigstens  waren  die  banquiers  dar- 
über irrig,  weil  sie  den  andern  tag  der  polizei  aufwarteten. 
J.  Faul  Tit.  2,  26.  Selbst  eine  sache  wartet  auf,  stellt  sich  bei 
iemand  ein,  wird  ihm  verehrt,  gegeben,  geliehen:  den  beson- 
dern abdruck  einer  humboldtischen  Übersetzung  habe  ich  be- 
sessen, vielleicht  findet  sie  sich  und  so  soll  sie  gleich  auf- 
warten. Göthe  an  Knebel  290;  abdrücke  sollen  baldmöglichst 
aufwarten  {zu  dienstcn  stehen).    339. 

6)  die  leistung  kann  in  den  acc.  zu  stehn  kommen:  einem 
eine  lasse  cafl'ee  aufwarten  (servieren),  wie  ein  buch  verehren, 
geben,  gewöhnlich  aber  wird  die  praep.  mit  verwandt,  gerade 
wie  man  sonst  auch  sagte,  einen  mit  einem  buche  verehren. 
der  hund  wartet  mit  der  pfote  auf; 

aU  und  jung,  man  und  fraw,  der  leser  groszer  häuf 
mit  kübeln,  körblin,  zain  und  bullen  warten  aul\ 
Wkckueriin  772; 

sage  dem  könige,  er  soll  seine  hofnung  zur  dienstbarkeit, 
mit  welcher  er  will  aufgewartet  sein,  auf  die  setzen,  welche 
u.  s.  w.  pers.  rosenth.  1,  31 ;  da  must  ihm  mein  mann  auf- 
warten mit  der  posaun.  Schuppius  169 ;  maij  sagt,  dasz  auch 
weltkiuge  leut  bei  der  kirchen  ihre  diener  mit  laternen  ha- 
ben aufwarten  lassen,  damit  sie  ihnen,  wann  das  finsternus 
käme,  aus  der  kirchen  nach  haus  leuchten  könten.  289 ;  bei 
der  liochzeit  mit  musik  aufwarten;  einer  frau  mit  einem 
schönen  blumenstrausz  aufwarten;  mit  einem  gläschen  wein, 
mit  einer  prise  aufwarten. 

7)  so  sinkt  das  wort  zur  leeren  hüflichkeitsformel  herab: 
kann  ich  dir  damit  aufwarten?  womit  kann  ich  aufwarten? 
man  bejaht  mit  aufzuwarten,  oder  ihnen  aufzuwarten,  wie  mit 
ihnen  zu  dienen,  ä  votre  Service,  nicht  anders  nnl.  u  op  te 
wachten,  ik  zal  de  eer  hebbcn  u  morgen  op  te  wachten,  wozu 
teiiw.  upvakta  stimmt,  ddn.  aber,  nach  dem  deutschen,  opvartc. 

AUFWAHTEH,  m.  minister:  Hauciielsen  aufwarter.  Garg. 
40';  seine  hofschmeichler^.  seine  aufwarten  131";  pers.  rosenth. 
7,20;  sie  hatte  ein  halb  dulzel  rechtschaffener  und  wol  qua- 
lificierlcr  aufwarler,  deren  jeder  ilire  liehe  zu  erwerben  vcr- 
hofte.  Simpl.  2,  396 ;  die  heiligen  engel  sind  meine  diener  und 
aufwarter.  Scuuppius  177 ;  noch  Stieler  2441  ohne  umlaut  auf- 
warter. 

AUFWÄRTEH,  m.  dasselbe:  Georgius  brach  auch  mit  et- 
liclien  aufwärtern  (hopeulen,  ministrrialen)  ajf,  benanllich 
doclore   Georg   Valltin   Wintern,    welchem    die   dircction   der 


reise  anbefohlen  war,  Antonio  Bonin,  Michel  Manteufelo 
u.  s.  w.  MicRÄLius  4,  32;  wiewol  auch  ein  stolz  abgeführte 
dame,  dann  also  nennen  sie  unsere  aufwärter  (curtisane), 
die  nirgend  schöner  ist  als  in  ihrem  eignen  spiegel,  oftmals 
mit  gleicher  münze  bezalt  wird.  Opitz  2,  252 ;  mein  eisgrauer 
aufwärter  (courmacher).  ehe  eines  weibes  22.  heute  zumal  im 
sinn  eines  den  gasten  aufwartenden  burschen  in  haus  und 
keller:  vieje  wurden  betrunken,  gästfe  und  aufwärter  ohne 
unterschied. 

AUFVVÄRTERIN,  f.  famula:  sampt  unsern  aufwärterinen, 
den  stunden.  Weckherli.n  868 ;  die  schöne  aufwärterin,  la 
belle  chocolatiere. 

AUFWARTETE,  m.  famulus,  gebildet  wie  bediente  =  einer 
der  bedient,  aufgewartet  hat:  nachmittag  als  Eckarth  abge- 
speiset  hatte,  liesz  er  dem  wirt,  weiln  er  kein  geld  nehmen 
wolle,  einen  recompens  geben,  um  denen  aufwarteten  einige 
ergötzlichkeit  zu  machen.  Eckarths  hebamme  s.  6;  das  übrige 
wenige,  so  noch  in  denen  schachteln  verblieb  wurf  er  unter 
die  aufwarteden  (so),  mcdic.  maulaffe  291. 

AUFWARTIG,  AUFWARTIG,  promlus  ad  ministerium,  qui 
praesto  est,  gewärtig,  aufzuwarten  bereit: 

es  seint  in  zal  deines  frauenzimmers  aufwartig 
der  künig  döchtcr.        Melissus  ps.  Ta  ; 

lasz  uns  dir  aufwürtig  sein,  von  Birken  OL  295 ;  die  tänzerin- 
nen  müssen  den  gasten  nicht  nur  im  tanzen,  sondern  auch 
zu  andern  begierden  aufwärtig  und  zu  dienste  sein.  per,?. 
reiseb.  A,  iä ;  dasz  er  (der  fuchs)  sich  allezeit  so  gesellig  und 
aufwärtig  umb  den  löwen  finden  liesze.  rosenth.  1,  16;  nim 
diese  geringe  gäbe  von  der  band  deines  bruders,  welcher  dir 
bis  in  den  tod  getreu  und  aufwärtig  bleiben  wird.  Schuppiüs 
481.     später  veraltend  und  schon  bei  Stieler  mangelnd. 

AUFWÄRTS,  adv.  sursum,  nnl.  opwaarts  :  wer  weisz,  ob 
der  ödem  der  menschen  aufwerts  fare  und  der  odera  des 
vihes  Unterwerts  unter  di§  erden  fare?  pred.  Sal.  3,21; 

das  er  uns  in  dem  land  aufwerts 

leszt  umbziehen  so  lange  zeit.    11.  Sachs  III.  1,98*; 

wann  du  her  fehrst  aufwärts, 

so  thu  hinweg  den  segel  schwarz.    Avrer253';  • 

denen  aufwärts  fahrenden  schipfern.    Scnuppios664; 

froh  des  neuen  ungewohnten  strebens 
fliegt  er  aufwärts,  und  des  erdenlebens 
schweres  traumbild  sinkt  und  sinkt  und  sinkt. 
Schiller  73" ; 

als  sein  wieder  aufwärts  geworfenes  äuge  in  den  himmel  ver- 
sank. J.  Paul  uns.  löge  1, 112.  gegensdtze  sind  abwärts,  nieder- 
wärts, unterwärts,    vgl.  aufwert. 

AUFWARTSAM,  Studiosus,  officiosus,  dienstfertig:  der  kam- 
inerdiener  versprach  sich  gegen  einen  solchen  groszmütigen 
cavalier  dergestalt  aufwartsam  aufzuführen,  als  man  von 
einem  rechtschaff'enen  kammerdiener  verlangen  könnte,  irrg'. 
der  liebe  367 ; 

er  will  sich  aufwartsam,  ja  dienern  gleicher  weisen, 
und  bringet  und  kredenzt  die  nufgeiragnen  speisen. 
Hagedorn  1,  27 ; 
er  igolt)  gab  ihr  (dar  erde)  den  mond«dann 
zum  getreuen  gefahrien  der  nacht,  der  folgt  ihr  aufwartsam. 
Zachariä  2,  171 ; 

als  die  aufwartsame  Beatrix  hereintrat,  um  die  Unterhaltung 
mit  einem  groszen  korbe  voll  frischer  und  eingemachter 
fruchte  zu  beleben.    Wieland  It,  118 ; 

wir  selber  wollen  uns  bald  hier  bald  dort 
in  die  gesellschaft  mischen  und  das  amt 
des  aufwartsamen  hauswiris  fibernehmen. 

SCHILLKH  569'. 

AUFWARTSAMKEIT,  /.  ofßciositas,  diensifertigkeil. 

AUFWARTUNG,  f  nach  der  verschiediien  bedeutung  des 
aufwartens :  dieser  kamuierherr,  kammerdiener  hat  heule  die 
aufwartung  bei  dem  forsten ;  herrn  grafen  Anton  Günther  zu 
Oldenburg,  dessen  hoflialtuug  in  aufwartung  eines  vornehmen 
königlichen  legati  ich  ein  einigmal  gesehen.  Schuppius  3t; 
gute  aufwartungen.  pers.  msenth.  2,  28 ;  die  aufwartung  mit 
der  musik,  mit  den  speisen  und  getränken ;  ein  knahe,  der 
das  ab(!ndessen  hraciite,  und  hei  der  aufwartung  von  der 
Ordnung  des  hauses  erzählte.  Göthe  20,  8 ;  seine  aufwartung 
war  nicht  die  schnellste ;  ich  konnte  vor  der  menge  der  auf- 
wartungen kaum  zu  mir  selber  kommen.  Geliert;  ich  werde 
morgen  meine  aufwarliing  machen  (den  schuldigen  besuch  ab- 
statten), s.  aufwart,  in  der  Schweiz  die  ufwartete :  das  ist  en 
unpliüri  ufwaricte  gsi,  von  einem  groszen  gastmal.  aufwar- 
tung bedeutet  auch  aufwärter  oder  aufwärterin. 


773 


AUFWASCHEN— AUFWECKEN  , 


AÜFWECKER  —  AUF^VEINEN 


774 


AUFWASCHEN,  eluere,  aufscheuern,  nnl.  opwasschen:  schus- 
seln und  teller  aufwaschen;  das  küchengerät  aufwascben;  die 
blutflecken  sorgsam  aufwascben.  sich  die  bände  aufwascben, 
teund  waschen,  sich  aufwascben,  lebendig  waschen:  sie  hätte 
sich  gar  gern  mit  fremdem  blut  zum  leben  wieder  aufgewa- 
schen.   GüTUE  57,  S5. 

AUFWASCHEN,  n.  elutio:  es  ist  ein  aufwascben,  es  geht 
in  einem  hin;  was  ist  besser,  seine  Seligkeit  schaffen  mit 
furcht  und  zittern  oder  wider  besser  wissen  und  gewissen 
bandeln?  'es  ist  ein  aufwascben'  bringt  ihr  leichtsinnige  bei. 
Hippel  3,  155. 

AUFWÄSCHERIN,  f. 

AUFWATSCHELN,  anatis  in  modum  surgere:  es  war  mir 
so,  dasz  ich  aufwatscblen  wollte  und  zu  ihr  sagen  'schöne 
Prinzessin'.    Rlingers  Ih.  4, 125.    s.  watscheln. 

AUFWEBEN,  retexere:  das  geweben  (gewobene)  auflösen. 
Maaler  37'; 

das  webt  keiner  der  denker  auf, 

was  vor  irren  sie  damals  gieng.    Klopstock  1,  IM. 

aufweben,  das  garn  zum  weben  verbrauchen,    intransitives  auf- 
weben, moveri,  tigere: 

wie  jener  silbersee  dort  mit  lebendigem  aufwebt.    Herder. 

AUFWECHELN,  efflare,  incendere:  sondern  das  er  durch 
heiszere  seiifzer  und  teglicb  lesen  oder  predighören  solchen 
{den  heiligen  geist  in  ihm)  aufwecheln  und  aufblasen  helfe. 
Mathesics  124",  welche  abstraciion  ein  sinnliches  wind  oder 
feuer  aufwecheln  voraussetzt,  diese  merkwürdige  form  gemahnt 
nicht  blosz  an  aufPacbeln  und  anfacheln,  wo  schon  einer  sla- 
vischen  Verwandtschaft  gedacht  wurde,  auf  polnisch  heiszl  nun 
ein  fächer  wacblarz  und  fächeln  wachlowäc.  kaum  zu  denken 
ist  an  unser  wecken  und  aufwecken,  obschon  ags.  gerade  äied 
veccean,  das  feuer  wecken  gesagt  würde,  zu  erwägen  bleiben 
auch  aufweben  und  aufwiegeln,     mehr  noch  unter  fiicbeln. 

AUFWECHSEL,  m.  agio  beim  wechseln  des  gelds,  franz. 
le  rompu:  münzordn.  von  1524  §.  22;  umbsunst,  on  einicberlei 
dauschel  noch  gelts  wert  oder  ufwechsel.  Keisersberg  ;  aber 
er  {der  handel)  wird  auch  mit  anderm  zusatz  gefelschet,  das 
er  nicht  rein  bleibet,  sonderlich  mit  aufwechsel.  Agricola 
spr.  n.  226. 

AUFWECHSELN,  peimutando  coUigere,  nnl.  opwisselen : 
das  golt  wird  tbewr  sein,  angesehen  dasz  man  das  best  golt 
dem  armen  mann  aufzuwechseln  verbotten  hat.  Fischart 
groszm.  28;  den  armen  werden  die  engellotten  (engl,  gold- 
münzcn)  aufzuwechslen  verbotten  sein.  55;  dann  er  in  der 
landschaft  das  gute  geld  aufgewechslet,  bös,  nichtswerthes  geld 
daraus  gemacht.    Schcible  fl.  bl.  51. 

AUFAVECKEN,  evigilare,  excitare,  nnl.  opwekken, 

1)  aus  dem  schlafe  wecken:  also  kam  Gideon  und  hundert 
man  mit  im  und  weckten  sie  auf.  rieht.  7, 19 ;  das  ir  meine 
freundin  nicht  aufweckt  noch  reget,  hohel.  2,  7;  das  ir  meine 
liebe  nicht  aufweckt  noch  reget.  8,  4;  und  der  cngel  kam 
■wider  und  wecket  mich  auf,  wie  einer  vom  schlaf  erweckt 
■wird.  Zach.  4,  i ;  und  werden  denn  iren  herrn  aufwecken  zur 
Schlacht.  Jud.U,  3;  und  die  jünger  traten  zu  im  und  weck- 
ten in  auf.  Matth.  8,  25;  schlief  auf  einem  küssen  und  sie 
weckten  in  auf.  .Varc.  4,  38;  Lazarus  unser  freund  schläft, 
aber  ich  gebe  hin,  das  ich  in  aufwecke.  Joh.  11,  11;  der  en- 
gel  schlug  Petrum  an  die  seilen  und  wecket  in  auf.  apost. 
gesch.  12,  7;  denn  indem  der  landsknecht  so  herumb  zeucht, 
den  bawren  die  hund  aufzuwecken  und  ein  par  wurst  zu 
samlen.    Kirchhof  disc.  mil.  215. 

2)  aus  der  Ohnmacht:  wenn  sie  nur  erst  das  eiserne  hals- 
Land  um  hat,  wird  man  sie  schon  mil  steinwürfen  aufwecken. 
Schiller  194". 

3)  vom  lade:  wecket  die  todten  auf,  treibet  die  teufel  aus. 
Malth.  10,  8  ;  vgl.  auferwecken. 

Sophus  kan  die  Kunst,  todten  aufzuwecken, 
nemlich  die  im  grab  Unverstandes  stecken. 
LocAU  2,  tO,  10. 

4)  antreiben,  anregen,  tuscilare:  ich  werde  hirten  im  lande 
aufwecken.  Zach.  11,  16;  das  unglOck  weckte  ihm  freunde  auf, 
die  ihm  in  seinem  glücke  geschwiegen  hatten.  Schiller  909; 
den  krieg  aufwecken  [alln.  bildi  vekja),  beiden  aufwecken: 

las«  ab  zu  jubilieren,  krie?  zu  führen. 

gou  weckt  ein  andern  auf.    Soltau  rolksl.  506; 
der  herr  wird  ausziehen  wie  ein  rise,  er  wird  den  eiver  auf- 
wecken, wie  ein    kriegsman.    Es.  42,  13;    der    innere  verk<-br 
weckte   bald   einen   geist   des  bandeis  in  diesen  Völkern  auf. 


Schiller  781;  künste  und  Wissenschaften  aufwecken;  dieser 
umstand  schien  seine  ganze  verrostete  tbeilnabme  an  einem 
andern  aufzuwecken.  Klinger  9,  43 ;  der  anblick  einer  frem- 
den entzückung  weckt  den  alten  eindruck  der  unsrigen  auf. 
J.  Pacl  Tit.  1,  15;  sie  ist  nicht  allein  selbst  aufgeräumt,  son- 
dern sie  besitzt  auch  die  verborgene  eigenscbaft,  alle  dieje- 
nigen, die  um  sie  sind,  aufzuwecken.  J.  E.  Schlegel  3,  472. 
zum  pari,  aufgeweckt  slehn  schon  belege  sp.  657,  hier  noch 
andere:  Gebal  ist  ein  aufgeweckter  köpf.  Wieland  6,192; 
des  freilich  nicht  sehr  aufgeweckten  menschen.  Götue  24,  266 ; 
aufgeweckte  geister  . .  dergleichen  anlasse  lebhaft  ergreifen 
würden.  45,  100 ;  ich  wünsche,  dasz  ein  aufgeweckter,  guter, 
.  besonders  aber  liberaler  köpf  zur  sache  greife.  60,  64 ;  Lich- 
tenberg sagt  in  seiner  aufgeweckten  und  gedankenreichen 
manier.  Kant  9,  121.  ob  sich  aufgewacht  bei  Opitz  für  auf- 
geweckt nehmen  lasse?  wurde  sp.  767.  gefragt,  es  gewinnt  um 
so  mehr  den  anschein,  als  er  Argenis  1,  291.  306  aufgewackt 
setzt,  aufwecken  und  aufwachen  werden  dialectisch  mehrfach 
verwechselt. 

AÜFWECKER,  m.  evigilalor :  in  dem  vertrauen,  dasz  weil 
der  himmel  sein  aufwecker  gewest  wäre,  würde  er  auch  sein 
Wegweiser  sein.  Lohe.\st.  Arm.  1, 1290.  aufwecker  heiszt  auch 
eine  art  wachtelpfeife.    Döbel  2,  197". 

AUFWECKLICH,  excitalivus :  wiewol  die  salia  in  ihnen 
selbs  ein  hitzige  und  aufweckliche  art  haben.  Paracelscs 
chir.  sehr.  86*. 

AUFWECKL"NG.  f.  excitalio,  erweckung. 

AUFAVEG,    m.  via  in  montem.     alts.  upweg  via  in  caelum. 

AUFWEGEN,  concitare,  erregen,  bewegen,  aus  dem  folgen- 
den adj.  zu  entnehmen,  aber  ungebräuchlich. 

AUFWEGIG,  qui  facile  commovelur,  reizbar,  leicht  aufge- 
bracht: die  Franzosen  seind  von  art  ein  parteisch  aufwegig 
volk.  Frank  wcllb.  65';  der  gemein  mann  ward  aufwegig  in 
disen  dreien  stellen.  157';  under  Domiciano  ist  alles  aufwe- 
gig wider  die  Christen.  39';  das  der  gmein  man  aufwegig 
ob  solcher  burd  auf  stund,  chron.  216'  und  oß;  der  aufwegig 
bofel  {aufrührische  pübel).  weltb.  39;  die  feind  aufwegig  ma- 
chen, lacessere,  concitare.  Froxsp.  3,  239*.  Rihel  L«r.  11;  da- 
mit er  die  seinen  zu  frid  oder  krieg  aufwegig  zu  machen 
vermag.  Frank  weltb.  105';  ein  ganz  künigreicb  aufwegig  ma- 
chen. 112;  brüder  und  angesipten  zu  krieg  und  verheren 
aufwegig  machet.  Kirchhof  ti-enrfunm.  368' ;  etwann  die  fürsten 
aufwegig  machen,  das  man  die  ketzer  überziehen  soll.  Wern- 
STREiT  kriegsb.  12 ;  die  alle  weite  mit  krieg  aufwegig  machen. 
56 ;  andere  zu  kriegen  aufwegig  machen.  165.  im  18  jh.  er- 
loschen. 

AUFWEGUNG,  /".  commotio:  Conslantius  schicket  Julianum 
wider  etlicb  aufrürisch  in  Galliam,  welcher  der  Teutscbea 
und  Gallier  aufwegung  mit  seiner  tugend  und  kraft  bald  stil- 
let.   Frank  chron.  152'. 

AUFWEHEN,  efflari,  efflare,  nnl.  opwaaijen: 

das  pferd  lief  witler  den  wind  zur  last, 
der  maen  und  schwänz  aurtveben  must. 
froschmcuseter  3,  1,5; 
nein,  meine  flammen  wird  vernunfl  und  zeit  aufwehen. 
LoHKXsT.  Sophon.  31,  372; 
ein  schlummerndes   fünkchen   zur   flamme   aufzuwehn.    Wie- 
land 4, 194 ;  ein  froh  aufwehender  gedanke.    J.  Pacl  Fibel  58. 
AUFWEICHEN,    emoUire,    emolliri:   sie   hett   aber  viermal 
die  harten  schwärn  mit  gebraten  zwibeln  aufgeweicht.  Kirch- 
vior  wendunm.  120";  die  Ouvertüre  ist  der  Staubregen,  der  das 
hirz   für  die   groszen   tropfen    der  einfachen  töne  aufweicht. 
J.  Pacl  Uesp.  2,  96;    in    die  jähre    trat,    wo  der  gesang  der 
dichter  und  der  nachtigallen  tiefer  in  die   aufgeweichte   seele 
dringt.    Tit.  1, 126 ;  die  brocken  weichen  in  der  milch  auf. 

AURVEIDEN,  depascere,  pastura  gramen  absumere,  ab- 
weiden. 

AUFWEIFEN,  ßla  glomerare  in  alabrum:  garn  aufweifen. 
AUFWEILE.N,  detinere,  mnrari,  hinhallen  ?  ein  nur  hei  Fle- 
ming   stehendes   wort   von   nicht    sichrer    bedeulung,    die    doch 
transitiv  sein  darf,  wie  in  kurzweilen,  intransitiv  sein  könnte, 
wie  in  verweilen : 

was  wünschet  ihm  wol  mehr  ein  aufgeweilter  geist. 
der,  wie  dann  wir  auch  ihun,  den  hinitnel  vater  heiszt, 
als  dasz  er.  wenn  er  itzt  sein  leben  auf  sei  geben, 
von  neuem  in  der  weit  sei  fangen  an  zu  loben 
durch  ein  berühniies  lob.  108  (1685,  111). 

AUFWEINEN,  planctus  in  caelum  tollere: 

was  d'T  hocherhnbene  schrieb,  verehr  ich  im  staube, 
weine  gen  himmel  nicht  auf.     Klopstock  1,  20. 

49'' 


775 


AUFWEISEN  —  AUFWERFEN 


AUFWERFEN 


776 


neben  ihm  stand  sein  anderer  söhn  und  weinie  zu  gott  auf. 
Hess.  2,  nO; 

die  mutter,  als  ihr  töchlerchen  ins  grab  gesenkt  wurde, 
weinte  laut  auf. 

AUFWEISEN,  firoduccre,  exhibere:  ich  habe  darüber  brief 
und  Urkunde  aufzuweisen ;  handwcrksbursche  müssen  am  tlior 
geld  aufweisen;  er  hat  nicht  viel  (geld),  nichts  aufzuweisen; 
seine  vollmacht  aufweisen;  was  hast  du  wider  mich  aufzu- 
weisen? dann  subornare,  submiltere:  der  künig  hat  sie  in  ver- 
dacht, si  bettend  in  (herzog  Hansen)  ufgewisen,  Tschudi  1,  234. 
Maaler  3"'. 

AUFWEISER,  m.  hortator:  auf  anstiflung  ihrer  rathge- 
bern,  aufweisern  und  kuplerin,  die  eben  so  ehrlos  seind  als 
sie  ist.    TnuHNEissEn  notgedr.  aussclir.  s.  15.  Maaler  37'. 

AUnVEISZEN,  dealbare:  die  ganze  wand  ist  aufgeweiszet 
worden. 

AUFWELLEN,  fervefacere,  aufwallen  machen,  mhd.  wellen: 
fleisch  in  siedendem  wasser  aufwellen;  eier  aufwellen,  auf- 
quellen, sieden  machen. 

AUFWELLEN,  volvere,  volulare,  mhd.  wellen:  aus  demsel- 
bigen  teig  mag  man  deine  fledlein  machen  aufgewollen  mit 
einem  prot.  küchenmeislerci  c.  4. 

AUFWENDEN,  erogare,  impendere:  mühe,  fleisz,  kosten  auf- 
wenden ;  er  wendet  viel,  alles  auf;  was  ich  mit  meiner  mühe 
und  schweisz  werde  können  erhalten,  das  will  ich  zu  dersel- 
Jien  {meiner  kinder)  notdurft  aufwenden.  Scnuppius  732;  wie 
oft  wendet  er  seinen  ganzen  gcist,  seine  ganze  neigung  auf. 
GöTHE  17,  223;  nachdem  der  künstler  stein  hatte  oder  der 
Imperator  metall  aufwenden  wollte.  Herder  19,  125;  da  sie 
ihr  genie  nun  gar  für  eine  ungerechte  sache  aufwenden. 
Tieck  C,  116.    s.  aufwand. 

AUFWERFEN,  in  sublime  projicere,  nnl.  opwerpen,  früher 
in  häufigerem  gebrauch. 

1)  äugen,  haupt,  mund,  nase,  arme,  bände  aufwerfen,  auf- 
thun,  üfnen,   emporslrecken : 

der  von  Abensperg  wart  die  äugen  auf, 
nach  herzog  Clirislor  was  im  gadi.    Uhiand  433; 
der  iandgraf  warf  die  äugen  auf.    Scuärtlin  35.  Soliau  35G; 

aufgeworfne  äugen,  unw.  doct.  45.     blicke  aufwerfen  gen  him- 

mel; 

der  todt  sich  auf  der  par  aufriebt, 
und  .warf  gar  friscli  auf  sein  gesicht. 

11.  Sachs  1,70'; 

wie  herrlich  ist  der  sehein 
der  edlen  sonnen  doch,  noch  wirft  man  das  gesiclite 
gar  selten  zu  ihr  auf.  Opitz  1,  47; 
sie  wurden  halsstarrig  und  würfen  ein  heubt  auf.  Neh.  9,  17. 
seinen  köpf  wird  er  schütteln  und  in  die  faust  lachen,  dein 
spotten  und  das  maul  aufwerfen.  SiV.  12, 19;  da  rümpften  sie 
die  nasen,  schüttelten  den  köpf  und  würfen  das  maul  auf. 
Luther  3,  314 ;  ir  solt  auch  wol  das  maul  aufvverfen  und  sa- 
gen. 3,  352 ;  er  gehet  und  siliet  über  sie  hin,  als  legen  nichts 
anders  denn  strohjilmcr  da  im  wcge,  wirft  das  maul  gegen 
sie  auf  und  spricht.  5,  51";  was  schadets,  sie  würfen  iren 
phariseischen  sewrüssel  auch  also  auf  wider  die  taufe.  C,  320'; 
daher  dann  etliche,  sobald  sie  etwas  dergleichen,  sonderlich 
teutsche  gedichte  lesen  oder  hören  lesen,  gleich  das  maul 
aufwerfen,  ganskünig  vorr.  (i";  die  lippen  aufwerfen,  er  schmollt 
mit  aufgeworfnen  lippen ;  er  warf  hochmütig  die  nase  auf; 
ruft  getrost  wider  sie,  werft  die  band  auf.  Es.  13,  2;  che 
sollte  die  ganze  Stadt  zu  trümmern  gehen  und  werfen  alle 
die  bände  auf.  Schweiniciien  2,101;  und  der  es  tbun  wolle, 
solle  eine  faust  aufwerfen.  2,  281 ; 

mit  aufgeworfen  armen.    H.  Sachs  JI.  4,  113*.  III.  3,  C; 
da  stund  ein  pfaw  zierliciien  ganz 
mit  einem  aufgeworfnen  schwänz.    1, 102*. 

2)  bandschuh,  fahne,  panier,  hut  aufwerfen,  einige  geben 
Tor,  wann  der  begehrte  dem  (IcHflischen)  bock  (der  ihn  ab- 
holen will)  nur  ein  striiuipfliand  oder  iiandschuch  aufwürfe, 
begnügte  er  sich  und  briirhte  das  geschcnke  der  unholdin, 
die  ihn  ausgeschickt.    Ett.nhrs  hebamme  230. 

wirf  uf  den  riiieriiehen  van!    Muskatblüt  02,  34  ; 
der  wider  uns  aiifwirfl  sein  sireilf.innen. 
II.  Sachs  III.  I,  I2U'; 

im  namen  unsers  gottes  werfen  wir  panier  auf.  ps.  20,  C; 
du  hast  aber  doch  ein  zeichen  gegeben  denen,  die  dich  furch- 
ten, welchs  sie  aufwurfen  und  sie  sicher  machet.  f.O,  0;  denn 
er  wird  ein  panier  aufwerfen  ferne  unter  den  iieiden.  Es.  5, 
20;    werft  panier  auf,  auf  hoben   bergen.    13,  2;    im    namen 


unsers  gottes  werfet  panier  aufl  Scnuppius  378;  ob  einer 
dem  feind  frisch  unter  die  äugen  tritt  oder  das  hasenpanier 
aufwirft.  Simp/.  1,  C3;  mit  aufgeworfnen  hüten.  Schiller  lll'; 
seinen  schilt,  stamm  und  nammen  hoch  aufwerfen.  Frank 
wellb.  46'. 

3)  thür  und  thor  aufwerfen,  vfnen,  im  gegensalz  von  zu- 
werfen wird  heute  nicht  gesagt,  es  bedeutet  uns  gewaltsam, 
durch  steinwürfe  öfnen.     mhd.   war  aber  auch  jenes  gangbar: 

würfen  üf  diu  burgetor.    Kehr.  4408.  Diemer  45G,  20.  512,  6; 

würfen  üf  da;  burgetor.    Greg.  1981 ; 

dö  warf  man  üf  diu  burclor.     IVijom.  3209  ; 

üf  die  porten  warf.    Wernber  vom  Niederrh.  20, 18; 

warf  M  die  Iure.   myst.  162,  22. 

4)  graben,  hügel,  dämm,  wall,  schanze  aufwerfen:  zeigten 
im,  wie  die  toten  leichnum  hin  und  her  zerstreuet  lagen  und 
hügel  aufgeworfen  waren  am  wege,  darunter  man  die  er- 
schlagenen mit  häufen  begraben  hatte.  1  Macc.  11,  4 ;  wenn 
man  die  schütt  (vulg.  aggerem)  aufwerfen  wird.  Ez.  17,  17; 
nu  hatten  die  bawren  ein  tiefe  Wolfsgruben  aufgeworfen. 
Wickram  rollw.  58 ;  der  maulvvurf  wirft  häufen  auf;  im  kriege 
werden  graben,  schanzen,  batterien  aufgeworfen,  auf  abge- 
sonderten und  rings  umher  aufgeworfnen  büfen.   Moser  1,  4. 

5)  wellen,  schäum,  blasen,  blättern,  beulen :  das  meer  wirft 
schäum  auf; 

was  warf  das  böse  meer  für  freche  wellen  auf. 
Fleming  10: 
der  siedende  kaffee  wirft  blasen  auf;  hier  wirft  sich  kein  bläs- 
ciien  auf,  das  ich  nicht  merkte.    Schiller  184";    da  es  denn 
zwischen   haut   und   fleisch   grosze    und  kleine  puckeln  oder 
hügel  aufwirft,    unw.  doct.  137. 

6)  lichter  aufwerfen:  und  wann  sie  es  ersehen,  selbs  auch 
liechter  aufwerfen.  Fronsp.  3,  268'.  das  gefilde  begann  zu 
kreiszen  und  aufzuwerfen  schädel  und  rippen.  Schiller  138 ; 

Romulus  der  l<önig  hat 

dem,  der  im  kam|(f  das  beste  tliat, 

aufgeworfen  diese  ketten  gut.    Ayrer  16*, 

dem  Sieger  die  ehrenkette  ausgesetzt,  die  karten  aufwerfen, 
offen  vorlegen;  die  Würfel  aufwerfen,  würfeln. 

7)  den  stein,  den  ball  aufwerfen,  so  auch  den  vogel,  den 
falken  aufwerfen,  in  die  lufl  aufsteigen  lassen:  wenn  man 
die  Sperber  aufvverfen  will,  so  soll  man  sehen,  das  sie  nicht 
zu  weit  fliegen.  Seiuz  607.  wirf  uf  den  adelare  I  Muskatrl.  92, 60. 

8)  das  wasser  aufwerfen,  von  dem  kniend  trinken,  im- 
Kvxpas  TiiEiv,  serb.  nikom  vode  piti  (Vuk  1,  149), 

Günther  sich  dö  neigte  nider  zuo  der  vluot.    A'ift.  920,  2, 

Gunnar  slaer  ser  nidr  ok  dreckr  (Vilk.  saga  cap.  323),  unter- 
schied das  alterthum  ein  trinken  des  mit  der  hand  geschöpf- 
ten Wassers,  und  danach  soll  sich  Gideon  seine  Streiter  aus- 
lesen (rieht.  7,  5.  6).  Rudolfs  weltchronik  nennt  die  zweite  weise 
da;  wa;;er  in  den  munt  ftfvverfen  mit  der  hant,  Bertuoi.d 
s.  221  blosz  werfen,  nhd.  denkmäler  bieten  kein  solches  auf- 
werfen dar  und  würden  aufschöpfen  vorziehen,  aber  das  mül- 
rad,  sagen  wir,  wirft  das  wasser  auf. 

9)  aufschlagen  und  umschlagen  der  bldtler  eines  buchs  hicsi 
mhd.  üf  weifen  und  umbe  werfen,  vgl.  Amis  239.  241  und  in 
dem  Spiegel   (aus    dem   schlusz  des  14  oder  anfang  des  15  jh.) 

S.  173,  20 : 

sus  fieng  ich  an  geswinde 
und  warf  schnell  uf  ein  blat. 

wahrscheinlich  ergeben  sich  noch  spätere  beispiele:  wann  du 
gleich  alle  heilige  bücher  und  lerer  stätigs  lisest,  wider- 
lisest,  aufwirfest,  widerumh  bewegest,  hörest  und  lerest.  Me- 
lanchth.  anweisung  in  die  h.  schrifl,  deutsch  von  Spai.atin. 
Augsb.  1523.  bl.  9,  es  käme  auf  das  hier  gebrauchte  lat.  wort 
an;  bücher  die  mit  ufsatz  und  stracks  mit  ufgeworfen  litel 
(wie  man  das  titelblatt  aufschlägt)  wider  uns  geschriben  sind. 
Ueuchlin  augensp.  15*. 

10)  zorn  aufwerfen,  zorn  auf  einen  werfen: 

komm  wider  zu  ilir  selbst,  wirf  mit  den  poldnen  sierncn 
nicht  zorn  auf  ohne  schuld,  sie  gleiszen  dir  von  fernen. 
TscuF.RNlNO  (1642)«.  227, 

rf.  t.  zürne  nicht  auf  die  slerne,  sei  niclU  böse,  dast  die  nacht 

kommt. 

11)  wir  sagen  eine  frage  aufwerfen,  quaestionem  proponrre, 
eine  Vermutung  aufwerfen.  aufstellen,  eine  hypolhese  aufwer- 
fen. Kants,  325.  in  solchem  sinne,  für  aufstellen,  hinstellen, 
vorlegen,  darlegen,  vorwerfen  verwendet  es  Luther  viel  häufi- 
ger:  es  iiat  auch  s.  Johannes  zu  wenig  gethan  und  nur  an- 


777 


AUFWERFEN 


AUFWTRFEN— AUFWICKELN 


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gefangen  das  evangelium  aufzuwerfen.  1,  426';  welche  nu 
wollen  aufwerfen  Ire  gute  werk  und  rhiiraen  den  freien  wil- 
len, das  sind  die  nicbt  wollen  Moses  angesiclit  lassen  klar 
leuchten,  l,  3S0';  wiewol  sie  ir  alter  hoch  aufwerfen,  als 
solts  damit  genug  sein,  das  sie  die  alten,  die  lerer,  die  ober- 
sten sind.  1,  524';  das  sind  die  falschen  ertichten  wort,  da- 
mit sie  den  schein  gutes  lebens  aufwerfen  und  verleugnen 
doHi  den  grund  der  warheit.  2,  123';  und  wiewol  unser  lei- 
den und  kreuz  nicht  sol  also  aufgeworfen  werden,  das  wir 
dadurch  selig  werden  oder  das  geringst  daijüil  verdienen  wol- 
len. 5,311';  das  ist  nu  ein  stück,  damit  er  die  rottengeistcr 
widerlegt,  das  sie  ir  eigendünkel  on  schrift  aufwerfen.  6,  218' ; 
wer  etwas  anders  für  des  evangelien  lere  aufwirft,  oder  da- 
neben leret  und  dazu  setzet  von  unserm  thun  und  eigener 
heiligkeit,  der  verführet  gewislich  die  leute.  6,  218';  die  hei- 
lige christliche  kirche  on  solch  heupl  (den  pabsl)  wol  bleiben 
kan  und  wol  besser  blieben  were,  wo  solch  heupt  durch  den 
teufel  nicht  aufgeworfen  were.  6,  514';  wie  komen  denn  un- 
sere lügener  darauf,  das  sie  die  exempel  des  alten  opfers, 
das  lengest  aufgehöret,  nu  widerumb  aufwerfen.  5,  103';  wo 
sie  {die  müiiche)  das  wüsten,  wie  und  wozu  sie  von  golt  ge- 
schaffen weren,  würden  sie  nicht  solche  stende  verachten, 
noch  ir  ding  allein  aufwerfen,  sondern  dieselhigen  als  gottes 
werk  und  geschepf  lassen  rein  bleiben  und  ehren.  5,  35S'; 
da  jederman  sein  ding  für  das  beste  aufgeworfen  und  andere 
geurteilet  hat.  5,  429';  und  ist  auch  noch  nie  keine  falsche 
lere  oder  ketzerei  aufkomen,  sie  hat  das  warzeichen  mit  sich 
gehabt,  das  sie  ander  werk  aufgeworfen  haben,  denn  gott 
geboten  und  geordnet  hat.  5,  44S';  wer  nu  anders  predigt 
und  wirft  unser  eigen  werk  auf.  4,  60";  welche  (rfie  uerAe)  sie 
nicht  allein  on  gottes  wort,  sondern  auch  zu  Verachtung  und 
Schmach  der  lieben  taufe,  ja  zu  grewlicher  lesterung  gottes 
Damen  und  seiner  werk  aufgeworfen  haben.  6,  292'  ;  das  man 
.  nicht  weisz,  was  gottes  oder  unser  werk  sind,  ja  dise  gar 
vertunkeln  und  ligen  lassen  und  menschen  werk  an  irer 
statt  aufwerfen.  6,  293';  denn  wir  sollen  uns  solche  herlich- 
keit  und  trost  nicht  so  lassen  aus  den  äugen  und  herzen 
nemen,  noch  in  einen  winkel  werfen,  wie  die  mönche  und 
nonnen  gethun  haben,  so  es  allein  zu  sich  gezogen  und  ire 
falsche,  selbertichte  geistlichkcit  dafür  aufgeworfen  und  dar- 
gegeben, als  weren  sie  allein  die  breute  Christi,  zu  Verach- 
tung und  Verkleinerung  des  ehelichen  Standes.    6,  357'. 

12)  an  die  sechste  sinnUche  Vorstellung  schlieszt  sich  ein 
abgezognes  erhöhen  und  erheben :  er  hat  den  Esau  erfür  ge- 
zogen und  aufgeworfen.  Lctiier  4,  184';  also  sehen  wir  in 
allen  historien  und  erfurung,  wie  er  ein  reich  aufwirft,  das 
ander  nidert.  1,  495';  damit  spottet  Habacuc  des  babyloni- 
schen gottes,  welchen  die  Babylonier  so  hoch  aufwerfen.  3, 
237;  es  ist  ein  torrcchts  ding  umb  den  adel,'wie  ihn  die  weit 
aufwirft.  Frank  iceltb.  46';  der  ist  als  ein  sighafter  held  in 
groszen  eeren  gehalten  und  aufgeworfen.  66';  die  Juden  wer- 
fen mich  hoch  auf.  Relcblis  augensp.  40'.  zumal  gilt  dies 
aufwerfen  ßr  erheben  zum  golt,  künig  und  hauptmann :  sie 
{die  Arianer)  gleuben  nur  an  einen  gott,  der  himel  und  er- 
den geschaffen  hat  und  umb  des  artikels  willen  uns  Christen 
verdammen,  als  die  wir  einen  andern  Izwetten)  gott  aufwer- 
fen. Luther  6, 176';  das  beweiset  auch  die  that,  das  sie  göt- 
ter  haben  aufgeworfen.  3,42';  und  haben  andere  und  newe 
götter  in  aufgeworfen.  Mathesils  29';  der  reichest  under  in 
ist  ihr  fürst  aufgeworfen.  Frank  iccllb.  213' ;  last  uns  einen 
heubtman  aufwerfen.  4  Mos.  14, 4.  statt  des  acc.  reiszen  aber 
bald  die  praepositionen  für  oder  zu  ein:  solche  menschen 
habend  die  beiden  für  ire  gütter  ufgewurfen,  dero  bildnussen 
ufgericht.  Zwincli  1, 600 ;  darumb  machten  sie  der  götter  schmide 
drausz,  und  warfen  ihn  (den  Tubalcain)  für  einen  götzen  auf. 
Mathesiüs  0";  wie  die  beiden  Jovem  Hammonium,  welches 
dieser  Cham  ist,  für  einen  gott  hernach  aufgeworfen.  82'; 
dasz  sie  das  kalb  in  der  wüsten  für  ein  gott  aufgeworfen. 
Ayrer  proc.  2,  5;  die  beiden  würfen  iren  Jupiter  zum  höhe- 
sten  golt  auf.  Lither  4,  38«';  do  sagt  er,  er  weit  für  mich 
der  künigin  von  minctwägen  schriben,  si  wurde  mich  zu 
einem  gott  ufwerfen  (hochhalten).  Tho.  Plateh  56 ;  den  sie 
zum  fürslen  dieses  zuges  aufwurfen.  Micrälius  l,  68;  also 
würfen  sie  ihn  bald  zu  einem  herren,  herfürer  und  haupt- 
mann auf.  Frank  tcc//6. 118*; 
ilas  Tolk, 
das  dich  tum  h.iupt  aufwarf.  Crtpiiids  1,  27; 
dasz  sie  ein  losen  mann  zum  rcgcnten  aufwarfen.   Sciioppids 


827 ;  die  Franzosen  warfen  den  grafen  Endes  zum  könige  auf. 
Haos  1,  282 ;  der  tod  des  von  den  misvergnügten  zum  köuige 
aufgeworfenen  Rudolfs.    Moser  2,  43. 

13)  ganz  üblich  ist  auch  heute  noch  sich  aufwerfen,  sieh 
eigenmächtig  und  oft  anmaszend  ßr  etwas  erklären:  aber  Je- 
robeam  warf  sich  auf  und  ward  seinem  herrn  abtrünnig. 
2  chron.  13,  6;  und  wirf  dich  selbst  nicht  auf,  das  du  nicht 
fallest.  Sir.  1,  34 ;  da  vernahm  er,  das  sich  Philippus  aufge- 
worfen hatte  für  einen  konig.  1  Macc.  6,  63 ;  der  könig  wird 
thun  was  er  wil  und  wird  sich  erheben  und  aufwerfen  wider 
alles,  das  gott  ist.  Dan.  11,  36 ;  weil  sich  bereit  solch  teufels- 
gesinde  allenthalben  geregt  und  gefunden  hat,  die  sich  auf- 
warfen als  gelerter  und  heiliger  denn  die  apostel  selbs.  Lu- 
ther 6,  45*;  diese  briefe  können  nur  die  beleidigen,  welche  ein 
recht  haben,  sich  für  die  originale  dazu  aufzuwerfen.  Rabe- 
NER  3,  324 ;  hochvcrrat  ist  es,  wenn  sich  einer  zum  beher- 
scher  aufwirft.  Ki.opstocr  12,  98 ;  der  priester  Theogiton,  der 
sich  zu  meinem  mentor  aufgeworfen  halte.  Wieland  2,  13 ; 
derjenige,  der  sich  zum  kläger  wider  mich  aufwarf.  2,  123; 
er  warf  sich  zum  erklärten  feinde  aller  freuden  und  Vergnü- 
gungen des  lebens  auf.  6, 125 ; 

cio  frevler  wirft  sich  auf  zu  A^amemnons  söhn. 
Götter  2,  167 ; 

sich  zum  weiberadvocaten  aufwerfen.  3,23;  sich  zum  gesetz- 
geber  aufwerfen.  Kant  5,  139 ;  da  ich  mich  zum  kämpfe  für 
die  unglücklichen  aufwarf.  Ki.ingek  4,273;  ein  rechtschaffner 
tiefdenkender  mann,  der  sich  zum  schriftsteiler  aufwirft.  11, 
192;  ich  wollte  mich  erst  zum  denker  aufwerfen.  Tieck  3, 
191;  wer  setzt  mich  hier  zum  Schiedsrichter  und  wie  darf 
ich  es  wagen,  mich  als  einen  solchen  selber  aufzuwerfen? 
ges.  nov.  4,  HO.     sich  zum  führer,  zum  herrn  aufwerfen. 

14)  intransitives  aufwerfen,  bei  ausgelassenem  acc,  das  meer 
wirft  auf,  schlägt  wellen;  die  milch  wirft  auf,  schäutnt  sie- 
dend: topf,  weidling  und  geschirr,  die  milch  hinein  zu  thun, 
und  darin  aufwerfen  zu  lassen.  Hohberg  2,  263.  der  pfau 
wirft  prächtig  auf,  entfaltet  seinen  schweif;  der  maulwurf  wirft 
im  fehle  stark  auf. 

15)  was  bedeutet  von  einem  kranken  pferde:  man  soll  ihm 
oft  aufwerfen,  auch  die  bugadern  öfnen.  Pinter  pferdschalz 
385?   kaum  futler  vorwerfen. 

äUFWERKEN,  conficere,  aufarbeiten,  aufessen,  aufknaupeln: 
als  die  köchin  kam  etwas  aus  dem  keller  zum  frühstück  zu 
holen,  wischte  ich  mit  hinunter,  liesz  mich  von  ihr  hinein 
sperren,  und  als  sie  mich  beschlossen,  werkte  ich  einen  hal- 
ben nierenbraten  auf,  der  vorigen  abend  auf  dem  tisch  ge- 
wesen. Simplic.  2.  241.  Tobler  432'  ufwercha.  das  nnl.  op- 
werken  bedeutet  aber  aupragen,  aufsticken,  aufsetzen:  hij  liet 
er  nog  meer  ranken  opwerken.    vgl.  aufwirken. 

AUFWEItT,  adv.  sursum,   mhd.  üfwert: 

als  ich  lang  stund  und  sach  aufwert.    H.  Sachs  I,  251' 
vgl.  aufwärts,   das  einige  aufwerts  schreiben. 

AUFVVETZEN,  refricare:  eine  wunde  aufwetzen.  Stiblbr 
2519. 

AUFWICHSEN,  superioris  labri  pilos  eera  replicare,  den 
Schnurrbart  aufwichsen,  wie  man  wichsen  für  wechsen  sagt, 
doch  in  Hessen  hört  man  richtiges  wechsen,  aufwechsen.  nacA 
diesem  aufstreichen  und  putzen  des  barts  galt  nun  aufwichsen 
überhaupt  für  putzen:  er  ist  heute  sehr  aufgewichst,  sauber 
geputzt,  und  für  stattlich  bewirten,  außragen  lassen,  largas 
praebcre  epulas,  er  wichst  heute  auf,  selbst  transitiv,  Cham- 
pagner aufwichsen. 

AURVICKELN,  mehrfacher  bedeutung, 

1)  die  haare  aufwickeln,  abends  vor  dem  schlafengehn  in 
papier  einwicJceln,  damit  sie  sich  morgens  in  locken  käm- 
men lassen:  Mignon  fragte,  ob  sie  ihn  aufwickeln  dürfe? 
Götiie  18,  227;  die  nacht  ist  ganz  herrlich  durch  das  weite 
thal.  die  jungens  sehr  lustig  und  vergnügt  ihrer  Wanderung, 
sie  wickeln  sich  auf  und  bereiten  sich  zu  bette,  an  fr.  von 
Siein  1,  107.  vgl.  aufrollen. 

2)  seide,  zwirn,  gam  aufwickeln,  glomerare,  auficinden. 

3)  entwickeln,  lösen:  so  gut  es  gieng  suchte  Siebenkfls, 
indem  dessen  innerer  mensch  seine  im  grabe  des  freundes 
starr  gefromen  glieder  allmälich  wieder  aufwickelte,  den  sanf- 
ten schmerz  zu  gevrinnen.  J.  Pacl  Tit.  5,  74.  die  fahne  auf- 
wickeln, entfallen;  ein  papier  aufwickeln;  ein  kind  aufwickeln, 
aus  der  wickelschnur  lösen,    vgl.  wieder  aufrollen. 

4)  im  16.  17  jh.  bedeutete  aber  aufwickeln  was   das    heutige 


779 


AUFWICKELUNG  —  AUFWIEGEN 


AUFWIEGLER  —  AUFWISCHEN 


780 


aufwiegeln :  weHn  eine  kiiegsbewerbung  sicli  aufwickelt.  KmcH- 
HOF  wcndunm.  86';  darauf  er  gleich  den  herzog  Ott  von 
Braunschweig  wider  in  hat  aufgewickelt.  Fiscuart  hienenk. 
127';  die  sich  hatten  lassen  aufwickeln.  Zinkgr.  2.  12,  10; 
als  solle  er  das  volk  aufgewicklet  haben.  Spee  güldn.  tu- 
gendb.  101;  der  teufel,  welcher  zu  Lutheri  Zeiten  die  bauren 
wider  ihre  obrigkeit  aufgewickelt  hat.  Schuppids  331;  wie  er 
knechte  wider  ihre  huren  und  frauen  aufwickeln  könne,  dasz 
sie  denselbigen  widerstehen,  widerbellen;  allerlei  untreu,  al- 
lerlei verdrusz  erweisen,  daselbst,  s.  die  folgenden  wörler. 
die  Vermischung  des  aufwickelns  tind  aufwiegelns  lag  nah, 
weil  inlricare  leicht  auf  concitare,  turbare  führte. 

AUFWICKELUNG,  f.  bei  Maaler  37'  explicalio,  wie  heule 
die  entfaltung,  auflüsung :  was  bei  einem  trauerspiele  die  auf- 
wickelung  des  knotens  heiszt,  das  ist  in  dem  ehestande  der 
tod  unsrer  weiber.  JUbener  1,  218.  im  16. 17  jh.  aber  meistens 
aufregung,  aufwiegelung,  empörung :  befunden  sie  die  ganze 
landschaft  daselbs  heruinb  ganz  still  und  sicher,  ohn  einige 
aufwickelung,  vergaderung  oder  widerstand.  Garg.  20l';  man 
suchet  ehe  allerhand  grüblereien  und  aufwicklungen  selbsten, 
damit  man  nur  oft  fein  bald  einen  wolgetroffenen  frieden 
wiederum  umstöszig  und  selbstbrüchig  machen  möge.  Simpl. 
1,  507;  wollen  dann  die  unruhige  und  blutdürstige  Esauwite 
fernere  aufwickelung  machen  und  mehr  blutvergleszung  an- 
richten. Sciiuppios  378. 

AÜFWICKLER,  m.  concilator,  aufwiegler:  aufwickler  des 
lasters  de&  wiedertaufs.  reichsabsch.  von  1529  §.  6 ;  unglück 
müsse  den  ufwickler,  den  schriftensteller  treffen,  der  mir  zu 
diesem  process  rath  und  that  gegeben.  Philander  1,  201.  auch 
bei  Lohenstein  Ibr.  sitltan  5,  519. 

AUFWICKLEREI,  f.  dahingegen  diese  krummacher  und  po- 
litische nasendreher  allerlei  kunstgriflein  und  aufwicklereien 
Lenorsuchen.    Simplic.  1,  566. 

AUFWICKLERIN,  f.  concitatrix:  anstifterinne,  aufwickle- 
rinne,  fuchsschwänzerinne.   Philander  1,  266. 

AUFWIEGELN,  concitare,  instigare,  bei  Maaler  37*  aufwig- 
len  und  gesondert  von  aufwicklen  explicare,  extricare,  das 
anfache  wiglen  kennt  er  nicht  mehr,  mhd.  findet  sich  noch 
wiegeln  vacillare,  wiegelönde  gän,  wankend  gehn  MS.  2,  lOS', 
aufwiegeln  bedeutet  also  wanken  machen,  betvegen,  erregen. 
do  was  einer,  der  wiglet  mich  uf,  wir  weiten  mit  einandren 
gen  Straszburg  zien.  Tno.  Plater  31;  wie  sich  Josaphat  von 
dem  gottlosen  Achab  zu  einem  mutwilligen  kriege  aufwiegeln 
liesz.    Matuesius  22' ;  ein  aufgewiegelt  volk.   Weise  erzn.  267 ; 

er  wiegelle  die  schaaren 

zum  ungehorsam  auf.    Günther  988; 

die  nachbarn  gegen  ihre  nachbarn  aufwiegeln.  Wieland  8, 158  ; 
und  wider  dieses  verbot  will  er  selbst  zu  der  zeit,  da  die 
landgemeine  beisammen  ist,  unsre  jungen  leute  aufwiegeln? 
Klopstock  12,  105 ;  die  geistlichen  lieder,  als  das  probatste 
mittel  mein  aufgewiegeltes  herz  zu  beruhigen.  Hippel  1,  191; 
was  gilts,  den  haben  sie  auch  schon  gegen  mich  aufgewie- 
gelt!   Schiller  129'; 

um  neue  wut  nicht  in  mir  aufzuwiegeln.    Gotter  2,434; 

wir  aufgewiegelten  verschworneu.    Göthe  5,  262. 
AUFWIEGEN,   praet.  aufwog,   part.  aufgewogen,   nnl.  op- 
wegen, 

1)  intransitiv,  pondere  praevalere:  diese  sache  wiegt  hier 
auf,  überwiegt;  der  gedanke  wog  auf,  praevaluit. 

2)  transitiv,  pondere  superare,  aequare,  pendere,  wofür  sonst 
aufwegen:  eins  wiegt  das  andere  auf;  sie  wiegen  einander 
auf;  seine  schuld  wird  durch  sein  unglück  aufgewogen ; 

ich  bin  bereit  mit  gohl  es  aufzuwiegen.    Lessing; 

und  müst  icli  sie  mit  gold 
aufwiegen,  groszer  manu,  ich  nehme  sie  iu  sold. 
Gottkr  1,201; 

dieser  fremde  mann  macht  mich  besorgt,  wie  ich  ihn  ansehe, 
getrau  ich  mich  nicht  ihn  aufzuwiegen,  frühere  rechte  zu  ver- 
drüngen  vermag  ich  nicht.  Gütue  23, 195 ;  er  wird  in  mir  eine 
geweiiite  person  erblicken,  die  nur  dadurch  ein  ungeheures 
übel  für  sich  und  andere  vielleicht  aufzuwiegen  vermag,  wenn 
sie  sich  dem  heiligen  widmet.  17,  37S ;  das  bestreben  beider 
religionsparteien,  sich  einander  wo  nicht  aufzuwiegen,  doch 
im  gleichgewicht  zu  erhalten.  26,  130.  früher  auch  für  auf- 
heben, erwegen :  er  hatte  das  thor  schon  aufgewogen.  Louenst. 
Arm.  1,  803. 

AUFWIEGEN,  praet.  aufwiegte,  part.  aufgewiegt,  in  cunis 
tducare,  grosz  wiegen,  nnl.  opwicgcn :  seine  eitern  hatten  ihn 


in  pracht  aufgewiegt,  nnl.  zijne  ouders  hadden  hem  in  alle 
weelde  opgewiegd;  der  held  wurde  unter  fahnen  eingewin- 
delt, neben  helmen  aufgewiegt;  im  hasse  der  tyrannen  auf- 
gewiegt, jam  inde  ab  incunabulis  imbuius  odio  tyrannorum; 
darumb  das  wir  diser  fantasei  aller  gewonet  sind  und  damit 
aufgewiegct.    Frank  weltb.  135'. 

AUFWIEGLER,  t?i.  concilator:  gedachter  aufruhr  aufwich- 
1er.  reichsabsch.  von  Speier  1526  §.  8 ;  die  aufwigler  gestraft. 
Ayrer  25'; 

bisz  dasz  des  frieden 

sie  sich  erbieten, 

den  dies  aufwiegler 

auszm  land  woltn  spielen.    Soltau  489; 

aufwieglern  und  empörern  zu  steuren.    Klopstocr  12, 105. 

AUFWIEGLERIN,  f  vgl.  aufwicklerin. 

AUFWIEGLERISCH,   aufrührisch. 

AUFWIEHERN,  alte  hinnire:  die  rosse  vor  beginn  der 
Schlacht  wieherten  auf. 

AUFWIMMERN,  ejulare,  vagire:  das  kind  der  armen  frau 
wimmerte  auf. 

AUFWIMMERN,  n.  vagilus:  gegen  dieses  aufwimmern  fal- 
scher bildung.    Tieck  lischler  1, 176. 

AUFWINDELN,  infanlem  fasciis  evolvere,  aufwickeln. 

AUFWINDEN,  involvere,  nnl.  opwinden, 

1)  glomerare,  garn  aufwinden,  band  aufwinden  zu  schleifen: 

dieses  band  sei  auch  sein  seine, 

das  wir  haben  auf":ewunden, 

darmit  sei  er  angebunden.    Fleming  42; 

dis  band,  das  wir  selbselbst 

so  haben  aufgewunden.    39; 

und  an  ewig  gleicher  spindel  winden 

sich  von  selbst  die  moiide  auf  und  ab.    Schiller. 

2)  sursum  torquere :  die  schlänge  windet  sich  auf;  der  weg 
windet  sich  auf;  es  hob  sie  ein  sanft  aufgewundner  weg  auf 
das  höhe  gestade  des  thals.  .1.  Paul  uns.  löge  2,  30.  den  wein 
aufwinden  zum  laden,  was  Fischart  auf  den  trinker  anwen- 
det: und  dieselbigen  rachenkitzel  und  weinhaspeln  (d.  i.  Sa- 
chen die  den  durst  aufregen)  waren  gewis  auserlesene  stück- 
lein, die  ihm  wol  anstunden,  und  den  wein  wol  aufwinden, 
aufkranen  und  einladen  konfen.  Garg.  53";  den  knüttel  auf- 
winden, erheben.  R.  Waldis  4,  98. 

3)  figürlich,  ein  einsamer  ort,  den  er  sich  gewählt  hatte, 
um  daselbst  zu  zeiten  die  kräfte  seiner  seele  wiederum  auf- 
zuwinden. Klinger  7,  204 ;  der  sultan,  der  dir  ein  mensch  zu 
sein  schien,  da  er  nichts  als  ein  durch  deine  Sprüche  und  die 
gewohnheit  deines  Umgangs  aufgewundener  herscher  war. 
7,  232 ;  seine  secle  und  sein  herz  durch  edle  grundsälze  auf- 
winden. 12,  123 ;  es  ist  einerlei,  woran  eine  kindliche  phan- 
tasie  sich  aufwindet,  ob  an  einem  lakierten  Stäbchen  oder 
an  einer  lebendigen  ulme.   J.  Paul  uns.  löge  1, 184. 

AUFWINDEN,  n.  glomeratio  slaminis,  anzetteln :  ich  sehe,  an 
diesem  stuhl  ist  man  beim  aufwinden,  ich  betrachtete  nun 
sorgfältig  das  aufwinden.    Göthe  23,  02. 

AUFWINSELN,  gemere,  aufwimmern. 

AUFWIPPEN,  enxicare,  aufkippen,  aufschnappen,  aufschnel- 
len, nnl.  opwippen: 

gleichwie  zwei  kinder  sich  gebaren, 
wenn  sie  aufvvip|ien  und  niderfaren 
mit  eim  gleichwichtigen  bawholz. 

froschmeus.  2,  6,  5. 
AUFWIRBELN,  evolvere,  evolvi, 

1)  der  staub  wirbelt  auf;  eine  feucrseule  wirbelte  auf. 

2)  den  staub  aufwirbeln,  in  die  höhe  treiben;  der  tambur 
wirbelt  den  generalmarsch  auf;  das  fenster  aufwirbeln. 

AUFWIRKEN,  aufarbeiten,  vgl.  aufwerken. 

1)  weidmännisch,  das  wild  aufschneiden,  zcrwirken. 

1)  den  brolteig  bereiten  und  gestallen. 

3)  garngewirke  außösen. 

AUFWIRREN,  evolvere,  explicare,  entwirren,  bei  Alderus 
ufwerren :  es  ist  besser,  dasz  man  das  verworrn  seuberlich 
ufwerr,  dann  (luchs  zerschneiden. 

AUFWISCHEN  hatte  früher  vorhersehend  die  intransitivbc- 
deutnnq  sursum  elabi,  erumpere,  wie  sie  noch  in  unserm  ent- 
wischen und  hervor  wischen,  prorumpcre  liegt  und  galt  zumal 
vom  raschen  auffahren,  auffliegen  der  vvgel.  vom  aufvasrheln 
der  schlänge,  dann  auch  vom  schnellen,  heimlichen  auftreten 
der  menschen,  so  findet  sich  schon  tm  liederb.  der  Hätzlerin 
IL  4,  49  aufwischen  für  auffahren. 

bich,  was  aufwischcns  bebt  sich  dort! 

fasln,  sp.  275,  31  ; 


781 


AUFWISCHEN— AUFWÜHLEN 


AUFWUHNEN— AUFZERREN 


iS2 


die  Römer  hetten  ein  hauptmann,  der  lag  auf  einem  weiten 
feld  mit  seinem  zeug,  da  sah  er,  das  aus  einem  wald  auf- 
wischten alle  Vögel,  so  darinnen  warn,  er  sprach,  da  ligt 
ein  zeug  verborgen,  das  erkenn  ich  an  den  vögeln,  das  sie 
einsmaJs  aufwischen,  seh.  und  ernst  cap.  52;  also  wischt  {es 
steht  wuscht)  der  mönch  auf  {aus  dem  bett)  und  wolt  kein 
metten  nier  verschlafen,  cap.  291;  das  kind  wischt  geschwind 
in  der  wiegen  auf.  Wickrah  rollw.  2"' ;  und  zuweilen  urplötz- 
lich aus  dem  schweren  träum  aufwischt.  Fiscbabt  bienenk. 
15S';  die  so  im  schlosz  waren,  als  sie  dis  vorgedacht  ton- 
nerend  geschrei  vernamen,  wischten  auf  was  hand  und  fusz 
hat.  Garg.  233";  unter  den  spielen  n'.  124  'msch  auf!';  wel- 
chen friden  er  aber  nicht  lang  gehalten,  sondern  unverse- 
henlich  wider  aufgewüscht,  von  leder  gezückt.  Fronsp.  1,  9'; 
di  wider  mich  aufwischeien.    Melissus  ps.  G4'; 

die  afTecten  v\ischen  auf,  wie  ein  has  aus  »den  Stauden.  Leh- 
ULXK  7 ; 

sobald  er  war  zur  erd  dem  donner  gleich  gefallen, 
sobald  wischt  er  auch  auf  mit  schallen,  prallen,  knallen. 
Werders  Ariost  9,  77  ; 

wann  ein  gaul  niderfelt  (erkrankt)  und  die  wiirm  hat,  so  gib 
ihm....,  von  stund  an  v\ischt  er  auf  und  wird  gesund. 
Secter  ist ;  es  begibt  sich  oft,  dasz  den  pferden  beutzelen 
{blättern  ?)  aufwischen  (auffahren),  darnach  beiszen  sie  es  auf 
und  reiben  sich.  253. 

Die  heulige,  gleichfalls  schon  alte  bedeutiing  von  aufwischen 
ist  transitiv  abslergere,  u-ischend  außeben,  aufnehmen :  wasser, 
blut  von  der  erde  aufwischen. 

ScHMELLER  4,  190  hat  einem  aufwischen,  praesto  esse,  einem 
zu  diensle  sein,  dies  könnte  von  beiden  bedeutungen  abgelei- 
tet werden,  cito  assurgere,  sich  schnell  erheben  oder  detergere, 
den  schmutz,  flecken  abwischen.,  vgl.  aufpfeifen,  aufpauken, 
aufwitschen. 

AUFWITSCHEN  darf  als  frequentativform  des  vorigen  auf- 
wischen angesehen  werden,  da  man  auch  enlwitschen,  erv^it- 
schcn  ßtr  entwischen,  erwischen  hört.  Stalder  2,  461.  dieser 
und  Maaler  506*  schreiben  wüschen  für  wischen,  folglich  auf- 
wütschen  37*  consurgere,  aufwütschen  auf  sein  einen  anzu- 
greifen, sich  rasch  aufmachen;  dasz  ich  sei  ein  wunderlicher 
köpf,  nicht  einem  ieglichen  aufwütsch  nach  seinem  gefallen. 
Paracelscs  1,  261". 

AUFWOGEN,  exaestuare,  aufrauschen: 

eme  der  Inseln  liegt  in  dem  weiiaufwo^enden  meere. 
Voss  Od.  4,  354. 
AUFWÖLBEN,  fomicare: 

die  decke,  welche  dir  dies  hohe  haus  musz  tragen, 
und  du  hast  aufgewölbt,  ist  unerschOpftes  meer.    Opitz. 

AUFWOLKEN,  nubilare:  es  wölkt  auf,  wölkt  sich  auf,  es 
bewölkt  steh,  liehen  wölken  auf; 

die  nachtviole,  die  kräftiger 
duftet,  wenns  aufwölkt.    Voss  2,  234 ; 
aufg&wölkter  rauch.    Uz  1,  101, 
labaksrauch,  der  sich  in  wölken  aufgezogen  hat. 

AUFWOLLEN,  re//e  surgere,  eniti,  aufverlangen:  weil  denn 
die  elenden  verstöret  werden,    und    die   armen   seufzen,   wil 
ich   auf,    spricht   der   herr  {vulg.  nunc  exsurgam).    ps.  12,  6; 
der  kranke  will  gern  auf,  aber  kann  nicht;   und   meine  auf- 
wollenden arme  triebe  der  Sargdeckel  nieder.  J.  Pacl. 
AUFWOHFELN,  frumentum  ventilare. 
AUFWUCHERN,  luxuriari:  aufwuchemde  reben ; 
WO  man  . . .  aufwuchern  talent  an  talcnl  sah.    I'lateh  137. 

AUFWUCHS,  m.  incremenlum,  aufwachs. 
AUFWÜHLEN,  suffodere,  aufnülcn: 

aber  der  weg  ist  weil  und  holperich,  dasz  man  im  dunkeln 
wol  der  leuchte  bedarf;  denn  die  pna»(erpr  haben  ihn  garstig 
aufgewühlt.  Luise  3,  557  ; 

ruhctcn  fünfzig  Tersperrt  der  crdaufwühlonden  schweine. 
Voss  Od.  14,  15; 

wenn  die  schweine  einen  wurm  aufwühlen.  LicnTENBERC  2,  75 ; 
man  sitri  bei  seines  freundes  scherzen, 
und  ist  sehr  billig  noch,  wenn  man  sie  blosz  nicht  fühlt. 
oH  wird  wol  selbst  in  guten  herzen 
die  galle  dadurch  aufgewählt.    Gökinci  1,  1S7 ; 

die  wogen  des  meers,  die  der  stürm  aufwühlt.  Ki.iscer  5, 
365;  umsonst  kflmpflen  die  frischen  braunen  äugen  gegen 
den  aufwühlenden  schmerz.   J.  Paul  Tit.  2,  %7 ;   die  Silberpap- 


peln, ewigen  maischnee  tragend  flatterten  mit  aufgewühltem 
glänz.  3,  47;  ich  mag  den  alten  schmerz  nicht  wieder  auf- 
wühlen. 

AUFWUHNEN,  was  aufeisen:  den  teich,  flusz  aufwuhnen. 
s.  wuhne. 

AUFWURF,  m.  terra  egesta,  agger,  aufgeworfne  erde,  Hügel. 

AUFWÜRGEN,  constringendo  aperire,  aufdrücken :  die  grosz- 
mutter  würgte  die  thür  auf  und  blinkte  durch  ein  ritzchen. 
Hippel  lebensl.  2, 164.    s.  würgen  und  abwürgen,  abstreifen. 

AUFWÜTEN,  was  auftoben :  die  gnod  gotts  löschet  den 
inbrunst  der  glüst  und  bösen  begirden  zu  unküscheit,  hoch- 
fart,  grjt  und  zu  andern  bösen  sachen,  die  in  der  seel  dos 
menschen  steckent  und  ufwüten.   Keisersb.  postill  2,  71. 

AUFZACKEN,  serrare,  incidere,  auszacken: 

hat  natur,  nach  ihrem  dunklen  walten, 
hier  sich  bergreihn  hingezogen,  droben 
felsen  aufgezackt.        Gotue  U,  259. 

AUFZÄHLEN,  enumerare,  dinumerare,  nnl.  optellen,  auf 
die  bank,  das  bret,  auf  den  tisch,  auf  den  rücken: 

so  zel  ich  ir  pald  auf  mein  gelt,    fasln,  sp.  232,  12; 

erlauben  sie,  dasz  ich  das  geld  aufzähle.  Lessi.vg  1,  517. 
schlage  aufzählen,  rutenschläge  in  bestimmter  zahl  zumessen; 
gekaufte  sachen  aufzählen,  zuzählen;  gründe,  lugenden,  feh- 
ler aufzählen,  herzählen. 

AUFZANNEN,  ringere,  gebildet  wie  anzannen: 
han  ir  munt  weit  gen  mir  aufgezant.    Melissus  ps.  06'. 
H.  Sachs  braucht  es  aber  kühn  von  aufstehenden  nasenlüehem : 

mein  nas  ist  breit,  bluntsch.  murk  und  kurz, 

daran  die  naslocher  aufzannen, 

breiten  sich  aus  wie  ein  futterwannen.    IIL  3,  16*, 

AUFZAPPELN,  palpitare,  pedes  jactare :  wenn  es  nicht  wie- 
der einmal  in  lust  und  freude  recht  aufzappeln  kann.  Tiecs 
nov.  2,  HI. 

AUFZÄRTELN,  molliter  educare:  ein  aufgezürtelles  kind, 
weniger  als  verzärteltes,  emoUitus. 

AUFZÄUMEN,  infrenare,  nnl.  optoomen: 

ein  braunseapfelt  paar  wird  prächtig  aufgezäumet. 
Uz  2,  206. 

das  ros  beim  ars  aufzeumen.  Frank  lob  der  thorh.  143 ;  manche 
zäumen  das  pferd,  so  zu  reden,  von  binden  auf.  Simpl.  l,  37 : 
und  verkehr  ihm  allwegen  das  tüechlin  im  maul,  so  oft  du 
es  aufzämest.  Selter  405.  aufzäumen  scheint  auch  auf  einen 
theil  des  weibliehen  putzes  angewandt  worden  zu  sein  [s.  auf- 
zäumerin);  in  der  küche  werden  die  hüner  beim  braten  auf- 
gezäumt, eine  keule  in  den  zurückgebognen  Schnabel,  die  an- 
dere in  den  leib  gesteckt,  gen  markt  aufzäumen  =  reiten,  wie 
man  auch  sagt  aufsatteln. 

AUFZÄU.MER,  m.  palefrenier. 

AUFZÄU.MERIN,  f.  ehmals  eine  der  pulzmägde.  s.  anslrei- 
cherin. 

ÄUFZACSEN,  vellere  crines :  ein  kind  aufzausen. 

AUFZECHEN,  epulis  eonsumere,  abligurire,  aufzehren : 

so  pawren  ir  sewseck  aufzechen, 
einander  sie  hawen  und  stechen.    H.  Sachs  I,  336'; 
alles,  hier  und  wein,  aufzechen. 

AUFZEHREN,  eonsumere,  nnl.  opleren: 

ihr  gfiiler,  die  mit  flammender  gewalt 
ihr  schwere  wölken  aufzuzehren  wandelt. 
GoTHE  9,  60; 
dasz  Charlottens  Wintervorräte  nun  bald  aufgezehrt  seien,... 
so  lassen  sie  es  uns  auf  polnische  art   halten,    kommen    sie 
nun  und  zehren  mich  auch  auf.  17,  257 ;    dasz  das  kind  von 
wenigen  liefen  empfmdungen  nach  und  nach  aufgezehrt  wurde. 
20,  155 ;  es  war  mir  angst  und  bange,  er  möchte  sich  in  die- 
sen ergieszungen  aufzehren,  jedoch    liesz   er  sich  ganz  mun- 
ter   zu    bette    bringen.    23,  1S7;    das    wort  'fein'  wird  so  oft 
wiederholt,  dasz  es  seine  bedeutung  am  ende  selbst  aufzehrt. 
33,  12S;    etwa    acht    tage    wird   meine  zeit  durqh  äuszere  ge- 
schafle    aufgezehrt    werden.     Göthe  a«  Sc/(i7/er  176;    ob    ein 
fiebcr  meine  kraft  aufzehrt.  Gotter  3, 105 ;  drei  feuersbrünste 
hintereinander  haben  die  halbe  Stadt  aufgezehrt. 

AUFZEICHNEN,  designare,  nnl.  opteckenen :  merkwürdige 
begebenheilen   aufzeichnen. 

AUFZEICHNUNG,  f  annotatio,  dcsignatw. 

AUFZEIGEN,  exhibere,  ostendere,  aufweisen:  so  dasz  etwas 
zu  Stande  kam,  was  sich  aufzeigen  liesz.    Göthe  26,  43. 

AUFZERRE.N,  distorquere,  aufreisxen:  die  schleife,  die  binde 


783 


AUFZIEHBRÜCKE  —  AUFZIEHEN 


AUFZIEHEN 


784 


gewaltsam  aufzerren ;  das  halstuch  aufzerren ;  die  äugen  auf- 
zeiTcn.    Frank  parad.  3l\ 

AUFZlEHßRÜCKE,  f.  pons  duclarius,  versalilis,  besser  zieh- 
brücke, Zugbrücke :  die  aufziehbrücke  der  gesiebter,  worauf 
sonst  beide  seelen  zusammenkamen,  stand  hoch  auseinan- 
dergerissen  in  die  luft.   J.  Paul  TU.  3, 182. 

AUFZIEHEN,  sursum  habere,  elevare,  revohere, 

1)  thor  und  brücke:  da  die  tbor  zu  Jerusalem  aufgezogen 
waren.  A'e/».  13,  19 ;  die  brücke  wurde  schnell  aufgezogen ; 
ebenso  den  scblagbaum,  den  anker,  die  last  aufziehen. 

2)  bogen  Mndj)feil  aufziehen:  er  führete  einen  so  starken 
bogen,  dasz  ihn  zehn  männer  fast  nicht  hätten  aufziehen  kön- 
nen,  pers.  rosentli.  7,  18; 

mit-  diesem  aufgezogen  pfeil.    II.  Sachs  III.  3,  65' ; 

die  Saiten  auf  die  geige  ziehen :  du  solltest  mir  bald  andere 
Saiten  aufziehen.  Lenz  1,  HO.  .  die  feder  aufziehen :  zwar  das 
hat  nun  herr  Dusch  gewis  nicht  sagen  wollen,  sondern  seine 
feder,  die  einmal  aufgezogen  war,  hat  es  wider  seinen  willen 
hingeschrieben.    Lessing  6,  98. 

3)  seil,  segel  aufziehen:     , 

damit  er  mit  kelierzier  band 

mög  seine  scgel  schnell  aufziehen.    Weckherlin  353 ; 

die  vorhänge  aufziehen;  der  Vorhang  ist  schon  aufgezogen, 
sogar,  das  theater  wird  aufgezogen.  J.  E.  Schlegel  5,  312 ; 
den  vogel  im  kälich,  den  kronleuchter  aufziehen,  das  gewebe 
aufziehen,  aufspannen : 

aucli  webslüle  von  stein  sind  drinnen  gestreckt,  wo  die  nymfen 
schone  gewand  aufzichn,  meerpurpurne,  wunder  dem  anbiick. 
Voss  Od.  13,  107. 

kragen  {mit  draht?)  aufziehen:  dis  eichenlaub  umb  den  hals 
zu  bauchen,  zu  pläuweln,  zu  schlegeln,  zu  reiben,  auszuwin- 
den,  zu  stärken  und  aufzuziehen.  Garg.  113*;  hosen  mit  brau- 
nem hämisch  (?)  aufgezogen.  Schweinichen  1,  46.  auch  für 
anziehen :  zieh  ein  paar  weisze  handschuh  auf,  solch  eine 
rede  verdient  es.    Hippel  lebensl.  2, 104. 

4)  rücke  üf  gezogen.  7w.  463;  die  achseln  aufziehen,  zucken; 
äugen,  nase,  lippcn  aufziehen :  so  mitleidig  er  auch  die  äugen 
aufzog.   J.  Paul  ßegelj.  3,  38 ; 

leicht  schwebend  fühlte  sieb  der  blick 
vom  schlanken  wuchs  der  ceder  aufgezogen. 
Schiller  23'; 

den  athem  aufziehen,  ziehen,  schöpfen: 

wer  wünschte  langer  nun  den  alliem  aufzuziejin, 
wann  er  vor  äugen  sieht,  dasz  alles  mit  ihm  stirbet? 

TSCHEBNING  311. 

5)  die  uhr  aufziehen,  franz.  monier,  wieder  in  die  höhe 
ziehen,  dasz  sie  von  neuem  ablaufen  kann,  räder  aufziehen, 
die  maschine  aufziehen,  den  bahn  am  geweht,  die  pistole 
aufziehen. 

6)  wasser,  dünste;  nebel  aufziehen  :  die  sonne  zieht  das  was- 
ser  aus  der  erde  auf;  zeucht  die  nebel  auf.  Jer.  10,  13.  51,  16; 
die  wölken  werden  aufgezogen,  das  pflaster  zieht  ein  ge- 
Bchwür  auf. 

7)  aufziehen  auf  papier,  pappe:  kupferstiche,  landkarfen; 
ich  habe  das  zeug  beute  früh  durchgeblättert,  es  dünkt  einen 
sonderbar,  wenn  man  die  altabgelegten  schlangenhäute  auf 
dem  weiszen  papier  aufgezogen  findet.  Göthe  an  fr.  von  Sl. 
1,  220;  lasz  nur  das  weisze  papier  aufziehen,  wir  wollen  es 
auf  dem  rahmen  färben  lassen.    3,  117. 

8)  pflanzen,  blumen,  bäume  aufziehen,  aus  dem  samen  in 
die  höhe  ziehen;  den  weinstock  aufziehen,  ebenso  hüner, 
thiere,  vieh  und  zumal  kinder,  menschen  aufziehen,  educere, 
educare,  erziehen:  ich  bin  nicht  mehr  schwanger,  ich  gebere 
nicht  mehr,  so  ziehe  ich  keine  Jünglinge  auf  und  erziehe 
keine  jungfrawen.  Jes.  23,  4;  derselbigen  {jungen  lewcn)  eines 
zog  sie  auf.  Ez.  19,  3 ;  als  er  (Moses)  hingeworfen  war,  nam 
in  die  tochter  Pharaonis  auf  und  zog  in  auf  zu  einem  son. 
apost.  gesch.  7,  21 ;  und  ir  väler  reizet  ewre  kinder  nicht  zu 
Zorn,  sondern  ziehet  sie  auf  in  der  zucht  und  vcrinanung  zu 
dein  herrn.  Eph.  0,  4 ;  so  sie  kinder  aufgezogen  hat.  1  Tim. 
6,  10.  aufziehen  und  erziehen  sind  uns  heute  in  manchen 
fallen  gleichbedeulig,  meistens  aber  unterscheidet  sich  leib- 
liches aufziehen,  groszziehen,  educere  und  geistiges,  sittliches 
erziehen  educare.  thiere  werden  nur  aufgesäugt,  aufgezogen, 
nicht  erzogen,    vgl.  das  verbundne  auferziehen. 

9)  einen  aufziehen  hicsz  ehmals  einen  niederfallenden  auf- 
heben, vom  boden  in  die  höhe  ziehen.  Ayrer  fasln,  sp.  10''; 
darauf  liesz   er   ihn  ins  wasser  werfen  und  Lernach  bei  den 


haaren  wieder  aufziehen,  pers.  rosenth.  1,  8.  einen  dieb  auf- 
ziehen, sowol  auf  die  foller  als  an  den  galgen.  ein  tag  drei- 
zehn mal  aufgezogen,  gefoltert.    Scheible  kl.  6,  990. 

10)  eine  oder  einen  aufziehen  war  sonst  der  übliche,  edle 
ausdruck  für  zum  tanze  holen,  auffordern.  Wickram  roi/«'.  47'; 
welcher  sehr  oft  meine  gesundheit  getrunken  und  bei  dem 
angestellten  ball  fast  stets  mich  aufgezogen  hatte,  ehe  eines 
weibes  197; 

und  Netteben  ward  von  Zabren  aufgezogen 

zum  tanze.  Gökingk  2,  213; 

zog  dich  ein  schäfer  auf,  sogleich  verdrosz  es  mich.    Rost  ; 

die  jungen  stunden  zogen 

ihn  (den  tag)  auf  zum  frühlingstanz.    Uz  1,  346. 

es  ist  sehr  passend,  zu  den  zügen  und  verschlingungen  des 
tanzes  ein  mädchen  von  seinem  sitze  aufzuziehen. 

11)  einen  aufziehen  heiszt  auch  einen  höhnen,  vexieren  und 
verspotten,  mit  etwas  hervorziehen,  gleichsam  auf  die  spöttcr- 
bank  ziehen,  oder  will  man  es  und  das  folgende  aufziehen 
hinhalten  für  eins  nehmen  ?  der  uns  hinhält,  spottet  unser  auch : 

mich  aufzuziebn,  das  bilde  dir  nicht  ein, 
ich  beim  Olvmpus  selbst  will  dir  den  höhn  verderben. 

Opitz  1,186; 
lang  gnug  ich  euch  aufzogen  ban, 
secTit  eur  vertraute  doch  recht  au.    Atrer  423'; 
der  herr  will  mich  aufziehen.    Schmelzl  2,  178; 
es  wäre  viel  besser  dasz  du  schliefest,  als  dasz  du  der  leute 
laster  wilt  viel  aufziehen,   pers.  rosenth. '1, 1 ;    hierüber  wurde 
er    von   vielen   heftig   aufgezogen  und   verlachet.    5,  9;    man 
sieht  alle  und  weiset  niemand  ab,  man  wählt  sich  einen  aus 
und   zieht   indessen    die  übrigen  auf,    bis    die    reihe   an   sie 
kommt.   Wieland  12,  97 ; 

das  sagen  sie  nur,  mich  aufzuziebn.  4,  43; 
weist  du  noch,  wie  tausendmal  du,  die  flasche  in  der  band, 
den  alten  filzen  hast  aufgezogen  und  gesagt,  er  soll  nur 
drauf  los  schaben  und  scharren,  du  wollest  dir  dafür  die 
gurgel  absaufen.  Schiller  107';  wenn  er  fortfährt,  uns  mit 
dem  groszcophta  aufzuziebn.  Göthe  14, 155;  sich  wechselseitig 
zu  plagen  und  aufzuziebn.  15,  82;  wenn  ein  alter  guter  freund 
mich  etwa  scherzhaft  darüber  aufzog.  19,  289 ;  man  wollte 
ihn  wegen  seiner  cifersucht  aufziehen.  25,  363. 

12)  einen  oder  etwas  aufziehen,  auflialten,  hinhalten,  auf- 
schieben (wie  verziehen,  verschieben),  auf  die  lange  bank  schie- 
ben: da  aber  Felix  solches  höret,  zog  er  sie  auf  (distulit 
illos).  apost.  gesch.  24,  22 ;  darumb  ich  auch  gedacht,  mit  mei- 
nen freunden  not  sein,  davon  zu  bandeln,  ob  wir  gottes  ur- 
theil  möchten  wenden  oder  aufziehen.  Luther  2,  83'.  br.  2,  113; 
das  es  gewis  sei,  wie  der  vater  oder  freunde  nichts  wollen 
dazu  thun  oder  mit  vergeblichen  worlen  imer  und  imer  auf- 
ziehen. 2,  444';  dazu  bat  er  uns  das  sehen  auch  nicht  ver- 
sagt, sondern  zugesagt,  alleine  das  es  aufgezogen  und  ge- 
spart wird  bis  auf  den  jüngsten  tag.  3,  303' ;  kompt  es  nicht 
so  bald,  wie  du  sihest,  das  gott  Abraham  aufgezogen  hat, 
so  lasz  nicht  abe.  4,  75";  gott  zeucht  in  (den  glauben)  auf 
und  machts  lang.  4,77';  ein  gut  gebet  sol  nicht  lang  sein, 
auch  nicht  lange  aufgezogen  werden,  sondern  oft  und  hitzig 
sein.  6,  314";  das  irer  viel  die  taufe  der  kinder  aufgesparet 
und  aufgezogen  haben,  tischr.  159';  die  hochzeit  lang  aufzie- 
hen und  aufschieben  ist  sehr  fehrlich.  307';  die  Sachen  für- 
setzlicb  aufziehen  und  verschleifen.  406';  die  vertrüg,  welche 
wol  auf  diesen  tag  vorgenommen  aber  lange  aufgezogen  wor- 
den bis  herum  ins  andre  jähr.  Melanciitiion  S,  942 ;  wiewol 
zwischen  zulassen  und  verwerfen  ain  mittels  inöcht  sein,  ob 
sich  ainer  wölt  uf  ain  sacb  bedenken  oder  züg  sie  uf  oder 
verliesz  sie  als  gieng  sie  in  nit  an.  Heuchlin  versl.  8';  nun  aber 
das  ich  dich,  leclor,  nit  zu  lang  aufzeuch,  was  mich  ursacht, 
das  vernimb.  Paracelsus  cAi'r.  sehr.  625' ;  ob  aber  eine  wun- 
den, die  schon  angefangen  hat  zu  fauien,  so  leichtlich  zu 
heilen  seie,  das  gib  ich  einem  jeden  zu  rathen,  aufs  we- 
nigste wird  hiemit  die  heilung  aufgezogen.  Würtz  46;  damit 
nit  die  wunden  auf  ein  neuwes  anfange  zu  bluten  und  hiemit 
nicht  allein  die  heilung  aufgezogen,  sondern  auch  etwas  bö- 
ses verursacht  werde.  S7 ;  mich  mit  der  hochzeit  !)is  nacii 
osU'in  aufziehen.  Schweinichen  2,  82;  und  gott  derhalben 
seinen  gefasztcn  zorn  aufziehe  bis  zum  jüngsten  tage.  H.  Mus- 
culus/ioic»/cM/('/ E  3';  ihnen  auch  Verzeihung  zugesagt,  aucii 
zuweilen  die  straf  aufgezogen.  Heutter  kriegsordn.  vurr.;  die 
Lacedemonicr  zogen  die  sclilacht  auf.  Fronsp.  3,  243*;  und  hell 
als  ein  iangniüliger  gott  aus  und  zeucht  die  straf  auf,  ob  die 
gefesz  des  zorns  wollen  buszc  thun.    Mathesius  u'; 


785 


AUFZIEHExN — AUFZISCHEN 


AUFZITTERN —AUFZUG 


786 


was  zeuchst  du  mich  dana  auf?    Opitz  1, 179; 
wie  lange  hastu  uns  veruieinet  aurzuziehen, 
zu  halten  diesen  schätz,  den  wir  dir  nur  geliehen, 
du  reiches  Dacien?    2,8; 
ich  habe  keine  macht,' das  urtheil  auTzuziehn. 
GCnther  1027 ; 

dasz  bis  nach  gebrachtem  kinde  man  die  cur  aufziehe.  Ett- 
NE8S  hebamme  525 ;  Werner  hörte  von  mir,  wie  sehr  man  sie 
mit  ihren  forderungen  an  die  generalkriegeskasse  aufzieht. 
Lessing  1,  515 ;  da  sind  wir  nun  ihrer  drei,  ich,  du  und  Char- 
lotte, die  wir  auf  seinen  tod  lauern,  ist  es  wo!  erlaubt,  dasz 
einer  ihrer  drei  so  lange  aufziehen  darf?  2,  549.  heute  un- 
gebräuchlkh,  man  sagt  hin,  in  die  länge  ziehen. 

13)  zuletzt  intransitives  aufziehen,  einhergehen,  incedere, 
procedere:  das  beer  zieht  auf;  die  wache  zieht  auf.  Göthe 
29,  270;  der  mond  zieht  auf,  gehl  auf;  wölken  ziehen  am 
himmel  auf;  ein  gewitter  zieht  auf; 

bis  auf  am  himmelsbogen 

die  goldnen  sterue  zogen.    BÖRcn; 

ich  musz  aufzie^n  alle  tage 

in  der  klage 

und  in  schwarzen  kleidern  gehn.    Opitz  ps.  75; 

er  zeucht  zwar  nicht  mit  purpur  auf.' 

Grtphius  1,  3S5; 

es  sind  canonici  aus  dem  stifl,  das  e.  k.  m.  hiebevor  gestif- 
tet haben,  der  kaiser  sagte:  warum  ziehen  sie  dann  so  auf 
in  kleidungen,  als  wann  es  courlisane  aus  Frankreich  weren  ? 
ScHcppics  75;  ziehet  ihr  denn  in  solchem  habit  auch  auf, 
wann  ihr  in  die  kirche  gehet  und  betet?  76;  wer  närrisch 
aufziehet.  Simpl.  l,  179;  auf  schweizerisch  aufzog  {gekleidet 
gieng).  unw.  dort.  521;  jene  spotteten  der  sokratischen  Weis- 
heit, die  nur  in  einem  schiechten  manlel  aufzog.  Wielaxd  I, 
64;  sie  pflegten  bei  den  orgien  in  ihrem  schönsten  putz  auf- 
zuziehen. 1,  34;  der  erste  der  mit  einem  neuen  project  auf- 
zog, beredete  ihn,  er  wisse  es  besser  als  seine  Vorgänger. 
6,  24 ;  wie  ärmlich  (lumpig,  stattlich)  zog  er  damals  auf.  und 
gern  verbindet  sich,  in  diesem  sinn,  das  pari,  aufgezogen  mit 
kommen:  das  beer  kam  aufgezogen;  wann  die  alten  in  den 
krieg  zogen,  kamen  sie  aufgezogen  mit  ihren  armbrüsten. 
ScHCPpics  94 ;  da  komme  er  aufgezogen  mit  einem  kleid  von 
cameelhaaren.  243;  als  er  einsmais  mit  solchen  worten  auf- 
gezogen kam.  243;  wer  mit  seinen  abgeschmackten  pickels- 
heringpossen  aufgezogen  kömmt.  Weise  erzn.  352;  dem  ohn- 
geachtet  kömmt  herr  Klotz  mich  zu  widerlegen  mit  ein  paar 
münzen  aufgezogen.  Lessing  S,  19.  bei  naturerscheinungen  ßr 
aufziehen  auch  sich  aufziehen:  ein  gewitter  zieht  sich  auf; 
0,  schreit  der  wanderer,  zog  sich  ein  weiter  auf! 
Lessisg  1,  126. 
aufziehen,  im  gegcnsatz  zu  abziehen,  bedeutet  auch  antreten: 
der  neue  gutsherr,  der  neue  pfarrer  ist  aufgezogen,  hat  sein 
gut  in  besitz  genommen,  sein  amt  angetreten :  was  nu  e.  k.  g. 
Schaft,  beide  mit  dem  vorigen  pfarrer  abzuziehen  und  mit 
diesem  genannten  aufzuziehen,  lasz  ich  gott  walten.  Li;thers 
br.  3,  49. 

AUFZIEHEREI,  f.  irrisio,  Spötterei:  was  soll  diese  ewige 
aufzieherei?;  und  die  aufzieherei  damit  Fichte  »<ao/i/.  129. 

AUFZIEHIG,  s.  aufzügig. 

AUFZIEH UNG,  f.  nach  verschiednen  bedeulungen  des  aufzie- 
hens,  z.  b.  die  wehren  der  pasteien,  so  die  welschen  bawmcister 
bollwerk  (baluardo)  nennen,  werden  im  grund  acht  schuch  dick 
angelegt,  aber  in  der  aufziehung  bis  auf  zehen  schuch  wer- 
den sie  eingezogen.  Fro.nsp.  2,  2S';  die  aufziehung  der  kinder. 
aufziehung  =  aufzug,  tracht:  aus  meinem  magern  und  aus- 
gehungertem anblick  und  hinterlässiger  aufziehung.  Simpl.  l,  69. 

AUFZIELEN,  educare,  elerare:  junge  Weingärten  aufzielen; 
birnbäume  vom  kern  aufzielen ;  also  hat  gott  allmahl  ein  an- 
fang  geben,  das  ist  den  samen,  und  denselbigen  samen  auf- 
gezielt, das  er  gewachsen  ist  in  ein  bäum.  Paracelsus  2,  225*; 
ist  ein  Sommergewachs  und  musz  järlich  vom  samen  widenimb 
aufgczicifl  werden.  Tabernaemontanus  s.  58;  wo  bliben  aber 
dise  schöne  spröszijn,  wann  man  sie  nit  aufzilete?  wer  kan 
sie  aber  besser  aufzilen  als  die  von  nalur  dazu  geschaffene,  die 
eh-  und  betigenossc  weiber?  Garg.  67'.*.    vgl.  zielen,  erzielen. 

AÜFZIEBE.N,  cfimere,  aufschmücken: 
f  wer  die  lerrassen  einsam  abspaziert, 

gewahrt  die  schönste  herrlich  aiifgezieri, 
ein  aug  verdeckt  vom  stoßen  pfauenwcdel. 
GoTiiK  41, »;«. 

AUFZIRPEN,  alte  slridere^  aufzirpende  heiinchen. 
AUFZISCHEN,  alte  tibilare,  aufzischende  schlangen 


AUTZITTERN,  tremule  surgere :  zittert  vom  sessel  auf.  Schil- 
ler 193^  schwer  aufzitternde  seufzer.  Voss. 

AUFZOGERN,  detinere,  aufhallen:  der  pfarrer  zögerte  mich 
auf  in  seinem  losament  bis  10  uhr.  Simpl.  1,  Sl;  jemandes 
bildung  aufzügern,  verzögern.  Wielasd. 

AUFZLCHT, /".  educatio:  ein  weich  aufzucht  und  nachlessig- 
keit  ist  ein  urlaub  zur  sünd.  Frank  cAron.  136';  alsbald  üben 
si  die  kinder  zur  aufzucht  hin  geschickten  leuten.  veltb.  84'. 

AUFZUCKE.N,  agitart,  micare,  aufflackern :  die  flamme  zuckt 
auf;  ein  blitz  zuckte  auf ;  der  sterbende  zuckt  noch  einmal  auf; 

des  erobererschwerts 
blitzartig  aufzuckenden  glänz.    Plate.n132; 
aufzuckt  im  gemüt  mir  ein  graunvorsatz.   2S7; 
s  cha  si,  es  zuckt  e  streifli  morgeroth 
sehe  an  de  berge  uf  —  i  weisz  es  nit.    Hkbkl  «.  188; 
aufzuckende  gedanken;  aufzuckendes  eingeweide.    • 

AUFZÜCKEN,  sursum  stringere,  agitare:  das  schwer!  auf- 
zucken, aufeinen  zücken;  mit  aufgezOcktem  messen  doch  frühere 
schriftsteiler  erlassen  noch  den  umlaut :  hierein  sich  mischen 
ist  so  viel  als  in  aufgezuckte  Schwerter  greifen.  Leibnitz  171 ; 
bitt  derhalb,  es  wöll  mirs  niemant  für  ein  grollen  aufzucken. 
Frank  «W/fi.  forr. ;  vil  zucken  zu  auszgang  des  sabbats  schnell 
das  tischtuch  auf.  146*;  sie  haben  die  jungen  kriegsleut  nicht 
also  angenommen,  wie  wirs  aufzucken  {agitamus).  Fronsp.  3, 199*. 
AUFZUG,  m.,  nach  Verschiedenheit  des  aufziehens, 

1)  aufzug  der  brücke,  der  saite,  des  gams. 

2)  aufzug  des  Vorhangs,  und  danach  die  benennung  des  acts 
im  Schauspiel,  Grtphils  aber,  der  ßr  diesen  abbandlung  setzt, 
bedient  sich  einigemal  des  vortes  aufzug  ßr  scene  oder  das 
heutige  auftritt,  z.  b.  1,  474  und  Schocb  (1657)  hat  aufzüge  in 
fünf  handlungen.  in  diesem  sinn  bedeutet  des  aufzugs  lachen. 
unw.  doct.  743  der  scene,  des  auftritts.  dann  aber  erscheinen  auf 
der  scene,  procession:  aufzüge,  ballet,  mascaraden.  Weckher- 
LiN  836 ;  aufzug  des  winters,  der  weltalter.  Göthe  13, 195. 197. 201- 

3)  aufzug  zum  tanz  läszt  sich  ohne  Zweifel  sagen. 

4)  aufzug,  spott  und  höhn :  wenn  du  mir  ein  andermal 
einen  solchen  aufzug  machen  wirst,  wie  heutigen  morgen. 
Grtphics  1,  899 ;  raitzung,  angrif  und  aufzug.  Weckherlin  365 ; 
falsche  flucht,  angrif,  aufzug.  459;  wer  aufzüge  machen  will, 
der  wage  sich  an  verständige  leute.  Weise  erzn.  41 ;  indessen 
ich  mich  doch  für  den  höflichen  aufzug  bedanke,  ped.  schul- 
fuehs  126. 

5)  aufzug,  aufschub,  verzug,  mora,  dilatio:  Verhinderung 
oder  aufzug.  kammerger.  ordn.  von  1521.  19,  4;  ohn  langem 
aufzug.  reichsabsch.  zu  Speier  von  1526  §.  1;  ohn  aufzug  be- 
zahlt werden,  von  1530  §.  S2 ;  das  macht  der  aufzug  göttlicher 
gnaden  und  hülf,  das  die  seel  sorget,  sie  sei  veriassen  und 
verdampt.  Luther  l,  44*;  on  weiter  aufzug  oder  bedenken. 
5,241';  alle  ander  wegerung,  aufzug,  hinderung.  6,330';  auch 
das  uns  zur  concordia  oder  vergleichung,  wie  sie  es  nennen, 
nicht  ernst  sei,  sondern  suchen  allein  ufzug.  Melancbthon  an 
Albrecht  ep.  6.  ed.  Faber;  ich  bäte  aber  noch  auf  zwen  tage 
aufschub,  wollte  noch  versuchen,  ob  i.  f.  gn.  zu  erreichen 
sein  möchten,  solches  zu  verrichten,  dies  thät  ich  nur  zum 
aufzug,  dasz  ich  könte  davon  kommen.  Schweimchen  1,276; 
allerlei  ausflucht  und  aufzug  suchen.  Kirchhof  fni/.  dwc.  82; 

das  gar  kein  anfzug  helfen  wird.    H.  Sachs  II.  1,  36»; 
nur  bald;  der  aufzug  mehrt  und  schärft  die  rauhe  pein. 
Grtphius  1,  155; 
er  woll  uns  nur  nicht  länger  quälen 
mit  aufzug  unsers  lods.    Loiienst.  [brah.  bassa  59,  256; 
mit   langen   kostbarlichcn  aufzügen.  Philaxder  1,  8;    aatüge 
machten.  Opitz  Arg.  2,  34.  73. 

6)  aufzug,  anzug,  kleidung :  die  spartanischen  Jungfrauen 
scheuen  sich  nicht  in  einem  aufzüge  gesehen  zu  werden,  wo- 
durch in  Athen  die  geringste  mctze  sich  entehrt  hielte.  Wie- 
land 1, 148 ;  einen  jungen  menschen,  den  er  in  einem  so  we- 
nig versprechenden  aufzug  unter  einem  bäume  liegend  gefun- 
den. 2. 72 ;  ihr  aufzug  gefiel  dir  doch  nicht,  will  ich  hoffen  ?  8, 2^4 ; 
ungeachtet  .«eines  nicht  sehr  schimmernden  aufzugs.  11,  259;  da 
er  mich  nach  meinem  aufzug  für  einen  armen  schlucker  halten 
mochte.  Göthe  25,  352,  auch  55.  ein  feierlicher,  prächtiger, 
dagegen  ein  lächerlicher,  possierlicher,  annseliger  aufzug. 

7)  aufzug,  aufßug  der  tögel:  die  vögel  in  ihrem  unversehe- 
nen  aufzug.  Rollenhacen  wunderb,  reisen  208. 

8)  aufzug,  in  der  baukunst  ein  aufrisz  des  gebdudes  von  der 
seile  her.  Fr.  Miji.ler  3,  317.  den  webern  heiszt  das  aufgespannte 
gam,    tonst  anscher,    werft,  kette  genannt,  gleichfalls  aufzug. 

50 


787 


AUFZÜGIG— AUGAPFEL 


AUGAPFEL —AUGBRAUNE 


788 


AUFZÜGIG ,  tabidus,  efßorescens,  ausgefahren :  auf  einmal 
was  ein  bulerin,  die  het  ein  rot  aufzügig  angesiciit,  des  be- 
schämet sie  sich  und  kam  zu  einem  schercr  ...  der  gab  ir 
ein  etzwasser,  das  streich  sie  an  und  etzt  haut  und  har  hin- 
weg, seh.  und  ernst  cap.  177;  ein  scheuziich  aufziigig  gesichf, 
als  ob  es  malzig  wer.  Ryff  spieyel  der  gesundh.  144' ;  vertreibt 
das  rot  aufziehig  scheutzlich  angesicht.  Tabernaemont.  109; 
gemeldter  saft  heilet  auch  die  roten  aufziehige  angesicht  und 
die  roten  blättcrlein  und  buckeln  derselben.  432. 

AUFZÜNDEN,  incendere,  anzünden:  an  vielen  örtern  knien 
die  leute  für  den  steinern  und  hölzern  bildern,  zünden  inen 
Hehler  auf.  Melanchth.  im  corp.  doclr.  ehr.  268 ;  was  eben 
umb  die  zit,  das  man  die  iicchter  ufzündet.  Tiio.  Plater  77 ; 

wann  die  glut,  erzeuget  von  den  winden, 
TOn  feuers  ait  genelirt,  sicli  selher  auf  niusz  zünden. 
Opitz  1,  45; 

also  legte  sie  es  auf  wacholderbolz  und  eisenkraut,  darbei  un- 
gebrauchter Schwefel  und  weihrauch  war,  zündete  es  auf,  und 
wie   die  lohe  in  die  hübe  schlug,   redete  sie.  2,  281.     gerade 
so  sagte  man  mhd.  öf  brennen  für  anbrennen,  anzünden: 
ein  vackel  wart  uf  gebrant  (angezündet).    Wigal.  142,  33. 

AUFZLTFEN,  evellere,  ausrupfen,  pßücken:  eine  schleife 
aufzupfen,  auflösen: 

viel  pränsoblümchcn, 
die  ich  im  ausländ  weit  und  breit 
einst  aufgezupft  und  hier  gestreut.    Bürger  94'; 

die  rosse 
zupften  den  loios  auf  und  eppich.    204*. 

AUFZÜRNEN,  iracundia  exardescere:  er  zürnte  auf. 

AUFZWACKEN,  arripere,  raplim  colligere,  aufschnappen :  nun 
hat  Scbwenkfeld  noch  kein  ganz  corpus  doctrinae  gemacht, 
zwacket  nur  auf,  wo  er  ein  stücklein  mit  einem  schein  repre- 
hendieren  kan.  Melanchth.  9,  326 ;  von  zwein  heiniliclien  ge- 
fangnen, so  wir  aus  diser  statt  iietten  aufzwackt,  zii  erkün- 
digen ir  fürnemmen.  Frank  tt-'t'/ib.  230";  dasz  zehentausend  Boicr 
auf  die  Römer  gehalten  und  sie  also  aufgezwagt  (l.  aufge- 
zwackt) haben  wolten.  Fronsp.  3,  231' ; 

den  storch  ihn  zu  eim  künig  gab. 

derselbig  thet  die  fiösch  aufzwacken.    H.  Sachs  II.  4,  53'. 

'  AUFZWÄNGEN,  urgendo  aperire,  aufkriegen:  die  thür  auf- 
zwängen, dann  auch  aufdrängen:  dasz  man  sie  mit  kennt- 
nissen  quält  und  ihnen  talcnte  aufzwängt.  Tieck  nov.  kr.  4,  305. 
s.  aufzwingen. 

AUFZWICKEN,  veUicare:  mit  der  schere  aufknippen. 

AUFZWINGEN,  nnl.  opdwingen.  verhält  sich  zu  aufzwängen 
wie  aufdringen  zu  aufdrängen,  d.  h.  in  allen  diesen  formen 
ist  gleiche  transitivkraft  gelegen,  man  kann  sagen  die  thür 
aufzwingen  wie  aufzv^ängen.  hauptsächlich  aber  gilt  aufzwin- 
gen für  einem  etwas  aufdringen,  aufnvthigen: 

den  fremdgebornen  herrn 
uns  aufzuzwingen.  Schiller  458; 

Verzweiflung   und  schände  hatten  mir  endlich  diese  Sinnesart 

aufgezwungen.  708 ; 

jene  lehren  die  pflicht  in  schwer  aufzwingenden  Sprüchen. 
Herder  10,90; 

ihr  zwingt  mir  eine  schuld  auf,  die  ich  willig  übernehmen 
wollte,  wenn  mich  das  reinste  bewustsein  nicht  frei  spräciie. 
Göthe  19,  51 ;  der  erziehungskünstler,  der  selbst  dem  göttlich- 
sten seinen  gemeinnützigen  Stempel  aufzwingt.  37,82;  eben- 
Süwol  must  du  dem  thier  seinen  aufgezwungenen  instinct  zum 
Vorwurf  machen,  wenn  du  den  menschen  tadeln  willst,  dasz 
er  seinen  bedürfnissen  nachgeht.  Klincer4,  70;  in  dem  ersten 
augenblick  der  ihm  aufgezwungnen  ruhe.  4,  267;  der  erste, 
welcher  mir  den  gedanken  aufzwang,  die  menschen  müsten 
nicht  so  gut  sein,  als  uns  idealisierende  moralisten  bereden 
wollen.  9,30;  wenn  uns  auch  zu  Zeiten  einige  zweifei  darüber 
aufgezwungen  werden.  11,  265. 

AUFZWIRNEN,  ßla  involvere:  um  welches  wickelpapicr  eine 
frau  ihre  garnkugel  aufgezwirnt  hat.  .1.  Paul  Fibel  42. 

AUFZWITSCHERN,  alte  frilinnire:  aufzwitschernde  vögcl. 

AUGADER,  f  rena  oculi :  für  das  wcisz  in  den  augöpfeln 
treuf  im  (dem  kind)  naciitschattcnsaft  hinein,  für  die  röt, 
schebigkeit  und  geschwulst  salbe  im  die  augadern  mit  gemcl- 
tem  saft.  Röszlins  hebammenbüchlin.  Frankf  1505.  92'. 

AUGAPFEL,  m.  pupilla,  globus  oculi,  ahd.  ougaphul,  ags. 
eagäppel,  engl,  cyeapple,  nnl.  oognppel ;  altn.  aber  augasteinn, 
ddn.  öjestecn,  sc/m',  ögnastrn,  wie  man  edelstcinc  aus  augäpfvin 
werden    licsz.     poln.  aber  jablko  oka,    litt,  akies  obolys,    Icti. 


azzu  ahbols,  wie  hei  uns;  finA.  silmän  muna,  et  des  auges. 
lasz  tag  und  nacht  threnen  herabflieszen  wie  ein  bach,  höre 
auch  nicht  auf  und  dein  augapfel  lasse  nicht  abe.  klaget.  Jer.  2, 18. 
Gilt  nun  in  der  spräche  für  das  unantastbarste  und  liebste, 
das  man  am  sorgfältigsten  hütet,  für  den  liebling  des  herzens : 
er  behütet  in  wie  sein  augapfel.  5  Mos.  32,  10 ;  behüte  mich 
wie  einen  augapfel  im  äuge.  ps.  17,  8 ;  behalt  mein  gebot,  so 
wirst  du  leben,  und  mein  gesetz  wie  deinen  a«gapfel.  spr. 
Sal.  7,  2;  wer  euch  antastet,  der  tastet  seinen  augapfel  an. 
Zach.  2,  8 ;  er  hebelt  die  wolthat  des  menschen  wie  ein  sigel- 
ring  und  die  gute  werk  wie  ein  augapfel.  Sir.  17, 18 ; 

der  rüret  sein  augapfel  an.    II.  Sachs  I,  54"; 
wo    der  herzog   keine   scheu   trüge   und   es  vor  seinen  aug- 
äpfeln   und   rälbcn  wagen  dürfte.    Schweinichen  1,  393 ;    der 
du  mir  so  lieb  bist  als  mein  augapfel.  pers.  baumg.  2,  2 ; 

wie  der  augapfel  des  auges  kind, 
alsbald  ein  stosz  sich  anerbietet, 
schnell  wird  mit  zarter  sorg  behütet. 

Weckherlin  h^; 

wer  mich  anrühretc,  der  tastete  meines  vafers  augapfel  an. 
Weise  erzn.  76 ;  nehmet  hin,  mein  augapfel,  dieses  kleine  an- 
denken und  liebet  mich.  Felsenb.  1,  44;  bewahre  und  liebe 
sie  wie  deinen  augapfel.  Wieland  8, 133 ;  sie  ist  der  augapfel 
ihrer  groszmuttcr.  Lessing  1,  396 ; 

das  paradics  der  Linder 

das  gott  liebt  wie  den  apfel  seines  auges.    Schiller  451'; 

nehm  er  sie  hin,  mein  söhn,  das  kind  ist  sanfter  gemülsart, 

mein  augapfel,  mein  herz.  Voss  Luise  3,  361 ; 

in  ketten  meine  augapfel!  ihr  lieben  jungen.  Göthe  8,  117; 
Berlicbingen  ist  sein  augapfel  und  ihr  werdet  inskünftige  das 
schwarze  drinn  sein.  42,  79 ;  das  recht,  dieser  augapfel  gottes. 
Kant  5,  426. 

AUGARTEN,  m.  viridarium,  hebt  durch  Zusammensetzung 
hervor,  was  schon,  und  schöner,  im  einfachen  wort  aue  liegt. 

AUGBRAUE,  AUGBRAUNE,  schwankend  in  bedeutung,  ge- 
schlecht Jind  gestalt  des  zweiten  worts.  skr.  bhru  supercilium, 
gr.  ofQvs,  ir.  gal.  ablira,  armor.  abrant,  altsl.  br  'v ,  russ, 
brov',  poln.  brwi,  goth.  brahv  n.,  ahd.  präwa  f.,  pra  n.,  mhd. 
bräwe  und  brä;  altn.  brä  /".  cilium,  brfin  f.  und  br^n  n.  pl. 
supercilium.  Dasvpodius  setzt  augbraw  cilium,  ober  augbraw 
supercilium,  augbrawenhaar  palpebrae,  Maaler  38''  augbrawen 
beides  palpebrae  und  supercilium,  wie  schon  ahd.  oucpra  pal- 
pebrae, mhd.  bra  bald  supercilium  bald  palpebrae.  Luther 
6,500*:  ich  bin  als  lange  nie  on  pein  gewesen,  als  ein  augen- 
braw  zu  der  andern  möcht  kommen.  Fischart  schreibt  den  pl. 
augbroen  {wie  pfo  für  mhd.  pfä,  pfawe,  nhd.  pfau);  Luther 
aber  3  Mos.  14,  8  an  den  augbrunen  und  kühn  Hiob  3,  9  die 
augenbrün  der  morgenrote,  vulg.  ortus  surgentis  aurorae,  LXX 
'EmsipÖQOs  arars'/.lcov,  augcnlieder  der  morgenrote,  vgl.  Hiob 
41,  9.  schon  nach  dem  altn.  brün  neben  brd  musz  man  der 
form  braune  neben  braue  ihr  recht  lassen,  sie  scheint  auszer- 
dcm  bestätigt  durch  das  gr.  TtQcov  hügel,  anhöhe,  das  lal.  frons 
frontis  und  jenes  abrant;  mehr  davon  U7id  über  die  wurzel  un- 
ter dem  einfachen  braue,  braune. 

Das  nhd.  neutrum  neben  dem  fem.  bezeugen  folgende  stellen: 
strich  dem  heiligen  das  kinn, 
das  augbran.  Herder  6,  63.  19, 12; 

sein  finsteres,  überhangendes,  buschiges  augenbraun.  Schiller 
129 ;  mit  verdrusz  und  Unwillen  sieht  man,  wie  Priestley  in 
seiner  geschichle  der  optik,  und  so  manche  vor  und  nach 
ihm,  das  heil  der  farbenweit  von  der  epoche  eines  gespalten 
sein  sollenden  lichtes  her  datieren  und  mit  hohem  augbraun 
auf  die  älteren  und  mittleren  herabsehen.  Göthe  52,  xvii.  ge- 
wöhnlich aber  gilt  weibliches  augbraue  oder  augbraunc  in  der 
bedeutung  von  supercilium  unterschieden  von  vNimper  {d.  i.  wint- 
brä)  palpebra:  zarte  dunkle  sanftgezogeuc  augenbrauen.  Güthk 
19,  85 ;  meine  aughrauen  sind  versengt.  Gütuk  an  fr.  v.  Stein 
1,  317.    s.  augenbraune. 

Von  alters  her  waren  die  aughrauen  nicht  nur  ein  tcesent- 
lichcr  beslandthcil  der  Schönheit,  sondern  auch  in  ihrer  reg- 
samkeil zeichenhaß  und  bedeutungsvoll,  die  dichter  vergleichen 
ihre  krümmung  dem  bogen  und  der  schlänge,  in  den  serbi- 
schen gesdngcn  heiszen  die  augbraucn  egel  (pijavilze),  die  augcn- 
lider  schwallicnßügel;  schwarze  brauen,  als  säszen  zwei  krähen 
über  den  äugen  ist  ein  altnordisches  bild  {Vilk.  saga  cap.  1), 
fast  wte  skr.  kAkapaksa.  krähenßügel  die  locke  bezeichnet,  be- 
kannt ist  ihr  winken,  inn-fVFiv  ofQvat  und  das  superriliiun 
gercrc,  jenes   herabsehen   mit  hohem  augbraun,  sie  aufziehen, 


7S9 


AUGE 


ÄUGE 


790 


Kerfen  oder  sinken  lassen  drückt  vechsclswetse  slolt,  ernst, 
zom,  trauer,  viüde  und  heilerkeit  aus,  bhriiksepäläpa  heiszt 
skr.  die  augbrauensprache.  Riga  laelr  j)u  bnn  for  brär,  fallen 
lassest  du  brauen  auf  wimper,  sagt  die  edda,  du  bist  dem 
schlafe  nah.  meine  augbraunen  sollen  über  euch  herhangen 
wie  gewitterwolken.  Schiller  117;  zuweilen  die  frümetlliche 
augbroen  oder  das  vespasianisch  cacantis  faciein  ablegen.  Garg. 
15;  ir  augbroen  waren  wie  ein  gewelb  von  ebenbolz.  76'; 
regt  die  stirn,  augbroen  und  obren.  230';  mit  sawrgerünzclten 
augbrawen.  Weckherl.  557;  mord  sasz  in  den  düjtern  winkeln 
ihrer  borstigen  augbrauen.  Fr.  Müller  3,  2S3.   ryl.  augenblick. 

AUGE,  n.  ahd.  ougä,  v>hd.  ouge,  golh.  augö,  alln.  auga, 
schw.  öga,  ddn.  oje,  ags.  eägc,  engl,  eye,  fries.  age,  nnl.  oog. 
hierzu  stimmt  nun,  auch  im  neutralen  genus,  das  sl.  oko,  pl. 
vielmehr  dl.  otschi,  pl.  otscbesa,  poln.  oczy,  böhm.  oci;  litt. 
akis,  lell.  azs,  altpr.  ackis/".  {weil  diesen  sprachen  das  n.  fehlt); 
gr.  oxos,  oxxos,  beide  ungewöhnlich,  aber  mit  dem  üblichen 
dl.  oaae,  dessen  Zischlaut  sich  zum  tc  in  oxos  verhält,  wie 
der  slavische  und  lettische;  lat.  oculus,  einfaches  ocus  vor- 
aussetzend, it.  occhio,  sp.  ojo,  port.  olho,  prov.  olh,  hueih, 
franz.  oeil,  der  koseform  oculus  und  ocellus  (das  duglein, 
liebe  äuge,  wie  soleil  die  liebe  sonne)  entsprach  auch  ein  gr. 
oxxafj-os,  oxrafJ.os,  tgl.  ofd'a'/.fiö'i  =  oTtraXfiös,  und 
o^is,  {o\p.  endlich  skr.  aksi  =  a.\i.  der  hier  dem  kehllaut 
anrückende  zisch  gleicht  wieder  jener  modification  des  oko  in 
otschi,  des  oxos  in  oaae,  dem  y  i«  twp  wtcos,  und  ist  der 
Wurzel  ebenso  fremd,  als  das  die  lat.  flexion  bestimmende  si 
»n  scribo  scripsi,  nubo  nupsi,  rego  rexi  =  regsi,  duco  duxi 
»=  ducsi.  das  skr.  pflegt  ihn  auch  in  andern  Wörtern  zu  ent- 
falten, z.  b.  in  riksa  =  rixa,  irxa  bär,  litt,  lokis  ßr  olkis,  orkis, 
lett.  Jahzis,  ahd.  elah,  elaho,  lat.  ursus  ßr  urcsus,  gr.  äoxros 
für  aoxaos  =  a^^os  {wie  jenes  6xra/.kos  für  ösaXlos),  ir. 
gal.  art  ßr  arct,  welsch  arth. 

Die  deutsche  spräche  in  ihrem  ougä,  äuge  wie  in  elaho, 
eich,  die  litt,  in  akis  wie  in  lokis  hegen  reinen  kehllaut,  im 
lett.  azs  und  lahzis  ward  er  zischend,  gleich  den  sl.  und  gr. 
dualen,  im  skr.  aksi  durchgängig,  man  kann  nicht  annehmen, 
dasz  der  zisch  in  äuge,  oko,  oculus  geschwunden,  sondern  nur, 
dasz  er  in  aksi  zugetreten  sei,  wurzelhaß  ist  also  ak,  nicht  aks. 
dieser  würzet  zunächst  gelegen  scheint  aber  lat.  acuo,  acies, 
acus,  vielleicht  axis;  acies  oculi  bezeichnet  gerade  die  sehe 
des  augs,  die  pupille,  acus  könnte  spitze  oder  auch  öhr  der 
nadel,  axis  auszer  dem,  worum  das  rad  sich  dreht,  dessen  loch 
gemeint  haben;  verwandt  sind  ahd.  achus,  goih.  aqizi  axt,  mit 
angeßglem  s,  aqizi  tritt  nah  zur  form  aksi.  nicht  stammt 
aksi  ton  5ks  videre,  spectare,  umgekehrt  iks,  wie  akli,  von 
der  vnlornen  Wurzel  ak ;  nicht  unmöglich,  dasz  zu  diesem  iks 
unser  sehen,  golh.  saihvan  gehörte  {vgl.  sehen),  wie  spähen, 
specere  dem  skylhischen  spu  äuge  gleichen;  noch  eine  andere 
skr.  benennung  des  auges  tschaksus  leitet  auf  tschaki  dicere, 
indicare,  vielleicht  golh.  teihan.  deutlich  fällt  aber  unserm 
äuge  zu  das  golh.  augjan  oslendere,  ahd.  ougan,  mhd.  ougen ; 
wie  Sks  sehen  ist  augjan  sehen  lassen,  bemerkenswerth  end- 
lich ist  auch  das  allpr.  ackiwisl  publicus,  augenscheinlich,  ahd. 
agawis,  akiwis,  augiwis  publicus,   publicanus  (Graff  1,  136). 

Oko,  öxog,  oculus  zeigen,  nach  häufigem  Übergang,  o  ßr 
a,  das  sich  in  aksi  und  akis  rein  erhielt;  wie  zu  deuten  ist 
aber  der  diphthong  in  augö,  ougä,  eäge  und  dessen  verdicli- 
lung  ägc,  oog,  öga?  schwankte  doch  selbst  ahd.  agawis,  des- 
sen a  rein  und  kurz  geblieben  war,  über  in  augiwis.  dies  au 
ßr  a  gleicht  dem  des  golh.  haubij),  ahd.  houpit,  nhd.  haupt 
gehallen  zum  kurzen  a  das  lat.  caput,  ja  des  altn.  hüfud  = 
hafud,  wie  noch  das  golhldndische  geselz  hafuj)  schreibt  {gramm. 
1,  442  anm.)  und  aufrecht  steht  der  Zusammenhang  mit  capere, 
goth.  haljan.  vielleicht  gieng  dem  golh.  äu  in  äugo,  häubi{) 
ein  aü  aügö,  haübi|)  voraus,  das  dem  kurzen  o  in  oko  und 
oculus  anfangt  entsprechend  sich  allmälich  in  die  länge  zog. 

fiach  diesen  erörterungen  wäre,  in  seinem  urbegrif,  äuge 
das  sehende,  sehen  lassende,  zeigende,  die  sehe,  scharf,  schnei- 
dend, siechend,  durchbohrend,  man  sagt:  mit  sehenden  ougen. 
Gudr.  1510,  3;  mit  gcscbndcn  ougen.  Iw.  1277.7058;  mnl.  mit 
sienden  oghen;  nhd.  wir  sehen  mit  sehenden  äugen  (recht 
pleonastisch).  i  Mos.  26,  28 ; 

bald  aber  erblickpi  er  sehendes  ange« 
leuchtende  menschengestnlien.    Kiopstoci  M««.  17,  752; 
bei  sichtlichen  äugen,  «rrj.  356;  ein  scharfes  augc ;  sein  äuge 
sem  blick  schnitt  mir  ins  herz;  sein  äuge,  sein  blick  durch- 
bohrt« den  elenden. 


Von  äuge  bilden  wir  nhd.  den  unorganischen  gen.  auges 
{wie  von  ohr  ohrs,  von  herz  aber  herzens)  statt  des  mhd. 
ougen.  diesem  letztem  geinäsz  setzten  noch  einzelne  schrißsteller 
des  16  jh.  z.  b.  Braünsciiweig  in  seiner  chirurgia  Augsb.  1539 
bl.  47  des  äugen.    Wecrherli.ns  harter  nom.  pl.  auch : 

ihr  auch  liebäugleten  mir  sehr.    SOI 
liesze  sich  dem  mhd.  pl.  ouge  ßir  ougen  an  die  seile  stellen. 

Zu  äuge  sind  eine  menge  bedeutsamer  redensarten  anzuführen. 

1)  andere  adjecliva  und  participia  daneben:  grosze,  kleine, 
schwarze,  blaue,  graue  äugen,  mhd.  spilndiu  ougen.  Flore 
6S01,  oculi  laeti,  ludibundi;  üz,  spunden  ougen.  Walth.  27,  26. 
109, 19.  Frib.  Trist.  1966 ;  spilnder  ougen  schin.  Wolfr.  lieder 
10,6;  mit  spilnden  ougen.  iNeifes  6,  2.  jVar.  189,  33;  ir  spiln- 
der ougen  funt.  MS.  l,  47';  diu  ougen  stänt  spillichen.  Er. 
8099;  die  äugen  spielen  ihr  im  köpf;  spielte  mit  den  äugen, 
wie  eine  meerkatze  auf  den  apfelkram.  Weise  erin.  2S6 ;  ime 
viureten  diu  ougen.  Rol.  78,  19 ;  mit  viurendcn  ougen.  Kehr. 
3671;  fiwerniwe  ougen.  urstende  lll, '0 ;  funkelnde  äugen.  Fel- 
senfc.  1,46;  mit  rollenden,  blitzenden,  strahlenden,  micantibus 
oculis;  mit  blinzelnden  äugen;  blinzender  ougen  pflac.  Parz. 
788,  22;  bebende,  krankhaft  blinzende  äugen;  mit  klaren, 
lichten,  glänzenden,  hellen  äugen ;  mit  liebten  ougen.  Walth. 
110,  1 ;  ouge  wise  und  dar.  Iw.  7264 ;  schoeniu  ougen.  Gudr. 
1446,4;  einnehmende,  hinreiszende,  entzückende  äugen;  scow6a 
lüteren  ougon.  0.  III.  20,  86 ;  scowön  frawalichen  ougon.  III 
20, 23;  mit  lachenden  ougen.  Kehr.  4777;  mit  weinenden  ougen. 
Nib.  2075,  2.  Gudr.  1293,  2 ;  weindiu  ougen.  Wolfr.  lied.  3,  26 ; 
weinendiu  ougen  hänt  süejen  munt.  Pari.  272,  12; 

mit  zeherden  ougen.  Ä'c/ir.  5966;  mit  zäherenden  ougen.  Lica- 
tenst.  367, 10 ;  ougen  rot,  zornvar.  Iw.  451 ;  diu  ougen  trüebe 
unde  naj.  Iw.  6301;  im  truobeten  diu  ougen.  2965;  dunkle, 
trübe,  rothe,  verweinte  äugen;  mit  riejenden  ougen.  Trist, 
153,  8 ;  mit  Dienenden  ougen.  Parz.  25,  25 ;  du  trahenten  siniu 
ougen.  Gudr.  1343, 1 ;  mit  trehenden  ougen.  MSH.  1, 166* ;  mit 
wazjerrichen  ougen.  Parz.  133, 12 ;  do  wurden  naj5iu  ougen. 
Serval.  2738 ;  nhd.  da  setzte  es  nasse  äugen ;  mit  naj^en  ou- 
gen. Pars.  190,  1;  niemand  konnte  ihn  mit  trocknen  äugen 
anhören;  mit  voWeo  {Ihränenvollen)  ougen.  gute  frau  iOäi ;  mit 
spehenden  ougen.  Gurfr.  1510,  3;  ofenen  ougon.  0.111.20,81; 
dasz  diese  die  zeit  über  mit  offenen  äugen,  als  säszen  sie 
nicht  da,  da  gesessen  hätten.  Göthe  16,  30;  ginädlichen  ou- 
gon. 0.  V.  20,  59 ;  mit  trürenten  (niedergeschlagenen)  ougon ; 
aufgeschlagene,  niedergeschlagene,  gesenkte  äugen;  mit  zu- 
machenden äugen.  Schweimche?c  3,  254;  mit  geschlossenen 
äugen;  mit  gelphen  ougen.  Greg.  3221.  3266 ;  glotzende,  glolzige 
äugen;  flerrichte  äugen.  Ettxers  Ae6amme937;  hürischc  augcn. 
£3.6,9;  blutdürstige,  untreue  äugen;  falsche  äugen ;  mit  ver- 
ächtlichen äugen.  Weise  erzn.  104 ;  mit  äugen  des  hasses  se- 
hen. Schiller  202';  mit  äugen  der  liebe;  zärtliche  äugen 
brannten  wilder.  Schiller  145*;  scheles,  schielendes  äuge ;  mhd. 
twerhejouge;  ein  bcesej  ouge  sich  dran  versneit.  Porj.  71,16; 
möhte  ich  dir  din  krumbe;  ouge  üj  stechen!  A/S.  1,  95';  den 
blick  mit  halben  äugen  schieszen.  Gellert  1,  93;  miszt  ihn 
mit  groszen  äugen.  Schiller  179';  mit  ruhigen,  gelassenen 
äugen  ansehen,  irrg.  143;  mit  unverwandten  äugen.  346  und 
ehe  eines  mannes  144;  er  hat  trübe  äugen  (ist  betrunken). 
Lichtenberg  3,  74 ; 

ich  hab  zwei  frische  äugen, 
und  kann  dem  DJinden  vaier  keinesgeben.  Schule»  523". 

2)  den  dualis,  wie  ihn  das  sanskrit  vermag,  die  gr.  und 
sl.  formen  noch  zu  erkennen  geben,  icena  schon  nicht  mehr 
rein  anwenden,  vermist  die  unsere  und  lateinische  empfindlich 
gerade  bei  Wörtern  wie  äuge,  und  sucht  ihn  durch  zugesetztes 
beide  oder  durch  paar  mindestens  zu  umschreiben,  mhd. 
mit  beiden  sinen  ougen.  Kehr.  14746;  mit  beiden  minen  ou- 
gen. Bes.  beitr.  372;  sach  im  under  sin  beidiu  ougen.  GA. 
1,495;  im  begundcn  übergän  diu  sin  beden  ougen.  Rab.lOil; 
nicht  anders  allfr.  ambes  dex  les  oex.  nhid.  die  hat  ein  paar 
äugen  I,  macht  ein  paar  äugen  I;  ein  prächtig  augenpaar; 
was  sperrte  der  wirt  vor  ein  paar  äugen  auf!  Schelmufsky  I, 
18;  ich  sah  es  mit  beiden  meinen  äugen; 

ich  verlasse  mich 
auf  mich  und  meine  beiden  ofnen  äugen.    Schiller  421; 
in  seine  beiden  äugen.   523' ; 

wie  man  auch  nachdrucksam  das  demonstrativum  beißgt:  das 
sah  ich  mit  diesen  meinen  äugen.  Schiller  129";  gewöhnli- 
cher mit  meinen  eignen  äugen  (wie  mit  eignen  bänden)  oder 

50* 


791 


AUGE 


AUGE 


792 


dem  bloszen  possessiv:  ich  musz  mit  meinen  äugen  sehen. 
0  sähst  du  diesmal  nur  mit  den  meinigen,  freund,  weil  du 
sie  offen  hast,  glaubst  du,  du  siehst.  Güthe  8,  224.  schon 
das  mit  äugen  sehen  erkannten  wir  für  einen  lebendigen  pleo- 
nasmus  der  sprachen: 

du  zweifelst  noch?  du  wirsis  mit  äugen  sehn! 

SCUILLER  477. 

mehr  beispiele  unter  10. 

Wir  pfleijen  von  todcsfall  und  erbe  redend,  zu  sagen:  das 
land  steht  auf  zwei  äugen,  auf  vier  äugen,  statt  auf  einem 
mann,  auf  zwei  männern  ;  zwei  äugen  zu  =  einer  todt;  wenn 
zwei  äugen  sich  schlieszen,  so  fällt  das  reich  heim,  das  ge- 
schlecht aus ;  es  sei  umb  zwei  äugen  zu  thun,  wann  die  zu- 
gethan  seien,  so  sei  Absolon  könig.  Schuppiüs  302; 

dasz  barbarei  die  Völker  drückte, 
und  dasz  es  helle  zelten  gab, 
das  bieng  oft  von  zwei  äugen  ab. 

LiCHTWER  4,  30. 

das  geheimnis  fordert  vier  äugen  oder  zwei  menschen:  ich 
will  mit  ihm  unter  vier  äugen  reden;  lesen  sie,  es  ist  mein 
wille,  dasz  der  Inhalt  nicht  unter  vier  äugen  bleibe.  Schil- 
ler 205 ;  die  frauen  haszten  sie  {Philine)  durchgängig  und  die 
männer  hätten  sie  lieber  unter  vier  äugen  als  auf  dem  thea- 
ter  gesehen.  Göthe  19,  237;  Albertine  war  eine  von  den 
frauenzimmern,  denen  man  unter  vier  äugen  nichts  zu  sagen 
hätte,  die  man  aber  sehr  gern  in  groszer  gesellschaft  sieht. 
23,  144. 

3)  ein  äuge,  kein  äuge,  nur  ein  äuge  voll,  mhd.  ein  blic. 
Ben.  beitr.  365 ;  man  musz  ein  äuge  zudrücken ;  unterdessen 
hast  du  recht,  dasz  du  ein  ange  zuthust  und  mit  dem  an- 
dern neben  ausblickst.  Gotue  57, 151 ;  es  thun  mit  einem  la- 
chenden und  emem  weinenden  äuge;  einem  ein  äuge  ver- 
kleistern, das  hat  kein  äuge  gesehn,  keines  menschen  äuge; 
dasz  kein  ange  dies  gewahr  wird.  Schiller  131' ;  und  seitdem 
sei  sie  mit  keinem  äuge  mehr  gesehn  {gar  nicht).  12?';  ich 
habe  ihn  mit  keinem  ange  gesehen;  als  der  künig  sich  ver- 
wundert, dasz  im  disz  seins  heiligen  münchs  kein  aug  mocht 
werden  {dasz  er  ihn  gar  nicht  mehr  erblicken  konnte).  Frank 
wellb.  HO";  einem  nicht  die  äugen  im  köpfe  gönnen,  gar 
nichts  gönnen,  kein  augweh  {nicht  das  geringste,  was  im  äuge 
weh  thun  könnte).    Schmeller  1,  37. 

4)  gottes,  des  herrn,  des  freundes  ange:  gottes  äuge  sieht 
alles,  leuchtet  über  den  menschen,  die  sonne,  des  himmels 
äuge  schaut  alles  auf  erden  an.  des  herrn  äuge  macht  die 
Lerde  fett,  fiätcrt  das  vieh;  l'oeil  du  seigneur  paist  les  brebis; 

aufsehen  macht  die  rosse  feist  (oben  sp.  734); 

auch  so  werd  das  vieli  allermeist 

von  seines  henen  äugen  feist.    H.  Sachs  J,  443" ; 

der  mutier  äuge  ruht  auf  dem  schlafenden  kind; 

al  diu  werll  tiuoc  im  an 

vriundes  ouge  und  holden  muot.    Trist.  55,  24 ; 

SU  den  göltern  flehte  der  heide,  dasz  sie  mit  milden,  un- 
nenden  äugen  niederschauen  möchten:  lita  vinar  augom,  Uta 
öreidom  augom.  eine  blume  hiesz  ahd.  friudiles  ouga,  äuge 
des  friedeis,   freundes. 

5j  der  lebendigen  formel  unter  äugen  bediente  sich  die  alte 
spräche  ößer  als  die  heutige,  da  wo  wir  ins  gesiebt,  im  ge- 
eicht sagen,  sie  (ana  ivavziov,  iv  oxjjei,  coram,  und  augc, 
gleich  diesem  gesiebt,  hat  dann  den  zwiefachen  sinn  des  Se- 
hens tmd  gesehenwerdens ;  eigentlich  bezeichnet  das  unter  den 
äugen  die  wange.  ahd.  dannan  bist  tu  s6  under  ougon  brin- 
nende  niet  (hinc  tibi  nam  Ilagrans  ore  cupido  micat).  N.  Marl. 
Cap.  4 ;  erglei;  tiu  crda  föne  bluomon  under  ougon  (nam  et 
tellus  lloribus  luniina  renidebat).  38;  daj  man  sie  under  ou- 
gon zeichendi  (notas  insigniret  frontibus).  N.M.  21;  siu  speh 
tcmo  lyranno  under  diu  ongen  (in  os  tyranni  abjecit).  89. 
alls.  endi  im  undar  is  ögun  spiwun.  Hei.  Üb,  16;  so  liuem 
60  ina  muosta  undar  is  ogon  scawon.  171,  130,  vgl.  that  Ihu 
UQÜar  is  brdwon  gisehes,  haim  an  is  ogon.   51,  18. 

mhd.  wir  in  sluogen  under  sinlu  ongen. 

Karaja?(  denkm.  100,  2 ; 

wan  do  got  pilcden  began 

den  allär.sien  man, 

nu  sehet  welich  ein  wundir  dA  gescach, 

da;  er  dem  jungistcn  undir  diu  ougcn  sach.    13,25; 
wie  rehto  vientliche  si  im  under  dougen  sach.    Kih.  1802,  2; 
er  rauo;  lachen  swcr  ir  under  ougcn  siht.    MSH.  1,  2VJ*; 
giejct  mir  den  meieu  under  ougen.    MS.  2,  74'; 
der  Itöte  uoder  ougen  siht.    Trist.  209,  lö ; 


daj  er  im  under  ougen  sach.    102, 15 ; 

dag  iegelich  dem  geiihte  under  ougen  sach.    281,37; 

verboten,  daj  ich  in  nlht  läje  under  min  ougen  sehen. 

Mor.  1463 ; 
enwolde  du  nlht  under  min  ougen  sehen.    1524; 
scharavar  wan  er  undern  ougen.    Er.  111; 
ich  bin  zebrochen  under  minen  ougen.    1037 
verwijjeuj  im  under  sinen  ougen.    6529; 
schöne  under  den  ougen.    Alex.  5898; 
under  den  ougen  er  also  ein  vlur  bran.    Diemer  53,  20; 
under  diu  ougcn  spiren.    256,26; 

spoien  under  diu  ougen  und  In  den  munt.    Haupt  7, 374; 
warf  mir  under  ougen.    Emjetli.  4441 ; 
getar  manj  in  niht  under  ougen  werfen,    flenn.  992; 
daj  Ich  mich  under  den  ougen  ranph.    MS.  1,  73'; 
ein  varw  ir  under  diu  ougen  schö;.    C.4.  1,  196; 
under  siner  ougen  blicke  im  künden,    pass.  350,  24. 

nhd.  werden  die  beispiele  allmdlich  seltner:   einem  under  Ott- 
gen  gebieten,  fürbieten,  veiJcünden.  weisth.  1,  210.  226.  227 ; 

er  errot  (errölliet)  nie  under  den  äugen,    fastn.  sp.  545,  26; 

(die  miicken)  krochen  under  die  äugen  mein.    565,  17; 

mir  den  siaub  under  die  äugen  blies.    789,  11 ; 

er  sach  ir  under  die  äugen.    Uiiland  148; 

das  eilend  schlug  ir  unter  äugen.    H.  Sachs  I,  525«; 

bringt  mir  die  jungfraw  unter  äugen.    III.  1,  232°; 

ich  wil  dich  strafen  und  wil  dirs  unter  äugen  stellen,  ps.  50, 
21;  und  ire  eigen  Sünden  werden  sie  unter  äugen  schelten. 
weish.  Sal.  4,  20;  denn  es  kan  dir  weder  könige  noch  tyran- 
nen  unter  äugen  treten.  12, 14 ;  etliche  würfen  sie  mit  aschen 
unter  die  äugen.  2  Macc.  4,  41 ;  da  aber  Petrus  gen  Antiochiam 
kam,  widerstund  ich  im  unter  äugen.  Gal.  2,  11;  ich  gehe 
denn  dem  menschen  der  unfall  unter  die  äugen.  Luther  1, 
19' ;  wie  mir  auch  Carlstad  selber  zu  Jhene  unter  äugen  für- 
warf. 3,56;  bis  so  lang  man  im  richtig  und  klerlich  unter 
äugen  gehe.  4,315';  aber  bist  du  im  ampt,  und  wilt  deine 
götter  nicht  öffentlich  und  under  äugen,  wie  dein  ampt  fod- 
dert,  strafen,  so  lasz  auch  dein  heimlich  afterreden.  5,151"; 
das  man  trötzlich  dem  mörder  und  reuber  unter  äugen  sage. 
6,  4' ;  denn  wo  du  für  gericht  soll  komen  und  die  well 
sampt  deinen  eigen  gewissen  dich  überweisen  kan  deines  un- 
reinen lebens,  so  wird  dir  bald  das  blut  unter  äugen  schie- 
szen.  6,  61" ;  es  würde  euch  nach  absterben  N.N.  sauer  un- 
ter äugen  gehen.  Luthers  br.  4,  397 ;  so  ungleich  wir  einan- 
der sehen  under  äugen,  so  seind  und  sehen  wir  in  Adam 
all  einander  gleich.  Frank  wcltb.  vorr.;  recht  den  Sachen  un- 
ter äugen  gehen.  Schweinichen  2,  117;  i.  f.  gn.  wollten  der 
Sachen  unter  äugen  gehen.  1,  189;  unlängst  dornach  sah  er 
seinen  bruder  Alarten  under  äugen  an,  den  fand  er  ganz 
bleich.  Aimon])-2;  ganz  erscheinet,  sähe  auch  keinen  men- 
schen under  äugen  an.  L;  bisz  ihnen  das  glück  solch  trüb- 
sai  wieder  unter  äugen  stellet.  Galmy  164 ;  der  möncli  auf 
zu  rosse  sasz,  mit  begierigem  herzen  dem  marschalk  unter 
äugen  ritt.  Galmy  322;  wie  ich  euch  jetzt  nicht  allein  under 
augcn  nachsage,  sondern  künftig  in  alle  weg  nachsagen  musz 
und  wil.  Kirchhof  na'/.  rf«c.  209;  nachdem  sie  ihm  nun  nach 
dem  freundlichsten  als  einem  müden  under  äugen  gicngen. 
wendunm.  419";  sondern  ich  bin  jedennan  grad  unter  äugen 
gangen.  Mathesius  19';  ich  dir  jetzt  unter  äugen  trit.  Spreng 
11.  140';  wa  sich  aber  einer  genieid  und  so  kühn  bedunkt, 
das  er  im  under  äugen  zur  gegenwehr  dorft  Iretten.  Garg.  206"; 
welche  nicht  wissen,  was  unglück  und  creuz  sei,  sonder 
wann  ihnen  ein  geringer  wind  unter  augcn  wehet  u.  s.  w.  Sciiüp- 
pius  135;  gehe  jedermann  mit  freundlichkeit  und  höflichkeit 
unter  augcn.  229;  du  werdest  dem  Elia  Prätorio  trutz  un- 
ter äugen  bieten.  498;  dasz  wir  so  viel  vornehme  poeten, 
so  heutiges  tages  bei  uns  erzogen  worden,  unter  augcn  kön- 
nen stellen.  Opitz  poet.  14 ; 

unter  augcn  dem  zu  gehn,  was  mir  Icizlich  kummon  soll. 
LoGAU  2,  6,  23; 
Furvus  lobt  mich  unter  äugen,  hinter  rückcns  schimpft  er  mich. 
3,  tugabo  77 ; 

wie  mir  mancher  die  beste  wort  unter  äugen  gab,  der  mich 
lieber  todt  gesehen  hätte.  Simpl.  1,  291;  die  die  resolution 
haben,  der  weit  unter  die  äugen  zu  gehen,  unw.  dort.  377 ; 
die  Hunnen  giengen  Ottoni  lieherzt  unter  die  augcn,  erlitten 
aber  eine  bedeutende  niedeilage.  Hahn  2,  59;  die  grOszlcn 
grobhciten  unter  die  augcn  sagen.  Gem-ert  3,  190;  wenn  sie 


793 


AUGE 


die  freimüligkeit  kennten,  so  würden  sie  mir  alles  unter  die 
äugen  gesagt  haben.  Lessing  1,  390;  unter  die  äugen  stellen 
(confrontieren).  Hildburghduser  diebsbande  1755  s.  31 ; 

der  ist,  ihr  groszen  glaubts,  ein  groszer  mann  auf  erden, 
und  darf  monarchen  selbst  frei  unter  äugen  gehn. 
Hagedorn  1,  29; 

der  schlaue  Jupiter  entgieng  durch  diese  flucht 

der  alten  Juno  eifersucht, 

die  ihm  den  neciar  langst  vergällte, 

und  was  er  als  ein  stier  und  schwau 

und  in  der  Jugend  sonst  geihan 

ihm  täglich  unter  äugen  stellte     2,  99, 

unter  die  nase  schob,  ins  gesicht  vorhielt; 

wie  seilen  ist  ein  mann,  der  nie  vergeblich  zittert, 
nicht  hebt  sobald  er  nur  ein  kommend  übel  wittert, 
und  unverwirri  von  furcht  ihm  unter  äugen  sieht. 
üz  2,  40 ; 

dasz  ich  dir  dieses  schmeichelhafte  nur  gerade  unter  die  äu- 
gen sage.  GöTHE  1",  20;  und  um  meinem  vater  mutig  unter 
die  äugen  treten  zu  können,  steh  ich  beschämt  vor  den  ih- 
rigen. 19,  7 ;  er  sagte  ihm  eine  grobheit  nach  der  andern  un- 
ter das  äuge,  auszer  diesem  unter  die  äugen  gehn,  treten, 
sagen  versäumen  wir  heute  die  redensart  und  vermeiden  jenes 
ältere  unter  die  äugen  sehen,  loben,  unter  den  äugen  errö- 
then,  leuchten. 

6)  vor  äugen,  ante  oculos,  einigemal  gleichviel  mit  unter 
äugen,  bei  Lltuer  noch  für  äugen :  lasz  mich  gnade  für 
deinen  äugen  finden.  1  Mos.  30,  27 ;  das  du  thust  was  recht 
und  gut  ist  für  den  äugen  des  herrn.  5  Mos.  6,  18 ;  darumb 
das  ir  übel  gethan  habt  für  den  äugen  des  herrn.  31,  29; 
we  wirs  schon  letzt  sehen  für  äugen  gehen  {sich  zutragen). 
LcTHER  6,  209';  legte  die  stehe  in  die  rinnen  für  die  äugen 
der  herde.   1  Mos.  30,  40.    . 

ein  tuchlein  vor  deu  äugen  haben,    fastn.  sp.  859, 1 ; 

ich  mein,  ir  habt  vorn  äugen  das  pler.    H.  Sachs  II.  2,  27»; 
gedenkt  mein  ehre  vor  äugen   haben.    Aimon  Z 1 ;    gleich   ob 
ichs  vor  meinen  äugen  sehe,  vorr-.; 

»or  äugen  ist  der  Untergang.    Spre.ng //.  125'.  145'; 
es  steht,  schwebt  mir  deutlich  vor  äugen  ;  es  schwindet  mir  vor 
den  äugen ;  wird  mir  grün  und  gelb  vor  den  äugen ;   die  er- 
fahrung  vieler  bei  unser  zeit  und  gedenken   verhandelten  ge- 
schichten  noch  immerdar  frisch  vor  äugen   schwebet   Kirch- 
hof mtl.  diso.  92 ;  er  stellete  ihnen  ihre  'untugend  vor  äugen. 
ScHLPPiüS  230;    solchen    leuten    will   ich  bald  etwas  vor  die 
äugen  legen.  331 ;  der  bruder  ward  ihm  vor  seinen  äugen  er- 
mordet ; 
was  zu  thun?   an  ihm  und  andren  wil  mich  redlich  rächen  ich, 
dasz  im  rucken  er  soll  lügen  und  für  aug^n  reden  wahr. 
LoGAU  3,  zufj.  77  ; 

gehet  mir  vor  meinen  äugen  weg!  Felsenb.  4,  210;  ich  habe 
nichts  vor  äugen,  als  ihre  ruhe.  Gotter  3,  75; 

als  mir  zum  ersten  mal 
der  rürchterliche  vor  äugen  kam.    Schiller  246; 
und  warum  stellte  man  ihn  mir  nicht  lebend 
vor  äugen  ?    413; 

es  wird  dem  künige  vor  den  äugen  so  voll  meuterei,  auf- 
ruhr  und  tollkühnheit,  dasz  er  sich  vorstellt  sie  fi-äszen  sich 
hier  einander  auf.  Güthe  S,  229;  er  hatte  im  stillen  Ottilien 
vor  äugen  und  im  herzen.  17,  285;  man  möchte  oft  lieber 
ein  gespenst  als  einen  alten  liebhaber  zur  unrechten  zeit  vor 
äugen  sehen.  19,  234 ;  lassen  sie  mir  ihn  ja  nicht  vor  die 
äugen  kommen.  20,  39 ;  der  aintmann,  den  vortheil  seiner 
herschaft  «nd  seinen  eignen  immer  vor  äugen  habend.  23, 
225;  der  Schwiegersohn  durfte  ihm  nicht  wieder  vor  äugen. 
24,  251 ;  warum  gibt  uns  die  betrachtung  unseres  einheimischen 
eicbhörnchens  so  viel  vergnügen?  weil  es  als  die  höchste 
ausbildung  seines  geschlechtes  eine  ganz  besondere  geschick- 
lichkeit  vor  äugen  bringt.    55,  320. 

')  in  den  äugen,  in  die  äugen,  eine  thräne  im  äuge; 
thronen  standen  ihr  im  äuge.  Göthe20,  34;  das  ziel  im  äuge; 
den  gipfel  im  augc  wandeln  wir  gerne  auf  der  ebene.  20, 
126;  die  puppe,  der  stcrn  im  äuge;  der  balken  im  äuge; 
ormr  1  auga,  icurvt  im  äuge,  alln.  beiname;  ein  dorn,  ein 
Stachel  im  äuge:  er  ist  mir  ein  rechter  dorn  im  äuge,  sticht 
mich,  thut  mir  weh  im  äuge,  ist  mir  unerträglich;  er  ist  mir 
in  den  ougcn  nicht  ein  dorn  (ich  habe  ihn  sehr  lieb).  AfS.  1,  lo'; 

er  was  ir  in  den  ougen  nihl  ein  dorn.    2,9S*; 

ob  ej  ir  eteslichen  taste  in  den  ougen  w{.    1,68*; 

ich  tuon  dir  in  den  ougcn  wol.    Winsbekin  34,  4; 

li  tuoi  mir  in  minen  ougen  wol.    3/5.  t,  59*-, 


AUGE 

min  friunt,  den  ich  in  minen  ougen  gerne  bürge. 
Wolfram  lieder  8,  4, 


7Ö4 


mein  augapfel,  den  ich  im  eignen  äuge  hegen,  aufheben  möchte; 

und  möht  ich  dich  bergen  in  den  ougen  min, 
friunt,  daj  taet  ich.        Lichtemst.  512,  21 ; 
den  gewiu  trüeger  bin  ze  Meinze  in  sinen  ougen. 
Des.  6et/r.  78; 

äugen  in  äugen  wurzelnd.    Schiller  202*; 

seine  braut  war  schön  in  äugen,  scheusziich  aber  sonst  verholen. 
LoGAU  2.  zug.  29  ; 
mägdlin,  die  gern  in  der  thür  stan, 
und  viel  weiszes  in  den  äugen  han, 
mich  dunkt  i^  meinen  sinnen, 
dasz  sie  uicht  gerne  spinnen.    HE.tiscH  146; 

die  gegner  waren  sich  so  nahe,  dasz  sie  einander  das  weisze  im 
äuge  sahen;  du  must  im  äuge  behalten,  dasz  du  einen  eid  lei- 
sten sollst;  und  so  in  meinen  äugen  und  in  den  äugen  der  weit 
wieder  zum  ehrlichen  mann  zu  werden.  Göthe  10,  81 ;  aber  sie 
musz  gleich  in  der  ersten  woche  ernst  und  geduld  und  Ordnung 
mehr  als  sonst  üben  und  im  äuge  haben.  17,  143;  das  was 
ich  will,  was  mir  unentbehrlich  ist,  halte  ich  fest  im  äuge. 
17,  349 ;  so  kam  der  pedant  zum  rufe  eines  witzlings,  und  in 
den  äugen  derer,  die  dem  baron  günstig  waren,  eines  pas- 
qtiillanten  und  schlechten  menschen.  tS,  296 ;  dagegen  die  in- 
duction  verderblich  ist,  die  einen  vorgesetzten  zweck  im  äuge 
trägt.  22,  239 ;  da  er  mich  denn  beschäftigen,  beruhigen  und 
wie  ich  wol  merken  konnte,  im  äuge  behalten  sollte.  25,  6; 
den  Verlust  hinter  sich  lassen  und  den  gewinn  im  äuge  be- 
halten. 31,  129 ;  in  den  äugen  liegt  das  herz ;  ich  kanns  in 
deinen  äugen  lesen. 

Deihalben  ists  nicht  niMz,  das  man  demut  lere  auf  die 
masze,  das  man  in  die  äugen  bildet  geringe  verachte  ding. 
Luther  1,  484';  darumb  beschleuszt  er  nu  und  spricht,  lie- 
ber vater,  die  weit  kennet  dich  doch  nicht,  und  wil  dich 
nicht  kennen,  obs  ir  gleich  öffentlich  gepredigt  und  so  klar 
fürgetragen  wird,  das  es  ir  in  die  äugen  stöszet.  6, 204* ; 
einem  ins  äuge  greifen,  mhd.  ich  grife  ir  in  da;  ouge.  MSH. 
3,  320';  als  oft  du  {Schneider)  zu  viel  geren  geschnitten  und 
ins  aug  geschoben  hast.  Wickram  rollw.  99';  man  hat  etwas 
angenehmes  in  die  äugen  gefasset.  Weise  kl.  leute  268 ;  wer 
kan  nun  der  weit  thorheit  sich  immer  lassen  in  die  äugen 
schlagen?  pol.  maulaffe  vorr. ;  da  die  sonne  mir  bereit  in  die 
äugen  schien,  unw.  doct.  370;  das  kalb,  wie  man  zu  sagen 
pflegt,  zu  sehr  in  die  äugen  zu  schlagen.  Lessinc  10, 194 ;  ich 
werde  bei  den  buchhändlern  das  kalb  in  die  äugen  geschla- 
gen haben.  12,  230;  unter  andern  schönen  neigungen  hatte 
er  auch  einen  besondern  geschmack  an  allem,  was  gut  in 
die  augcn  fiel.  Wielanü  1,  68 ;  aber  wenn  ihr  der  junge  kerl 
in  die  augcn  gestochen  hätte?  S,  265;  die  erste  beste,  die 
ihm  in  die  äugen  stäche.  8,  309 ; 

,      ein  fräulein  reizend,  wenn  es  schwieg  und  sprach, 
das  unserm  prinzeu  in  die  äugen  stach.    Platen  1S5; 

ich  dächte  doch,  das  gewebe  eines  meisters  sollte  künstlicher 
sein,  als  dem  einfältigen  anfänger  so  geradezu  in  die  äugen 
zuspringen.  Schiller  149';  faszt  ihn  scharf  und  lange  ins  äuge. 
das.;  mein  herz  trat  in  meine  augec.  201';  wie  werden  sich 
die  thoren  dann  ins  aug  geschlagen  haben,  die  ihn  jetzt  ver- 
lieszen  I   391 ;   den  hut  ins  äuge  drücken.  Goiter  1,  54 ; 

drum  thu  wie  ich,  und  schaue  froh  verständig 
dem  augenblick  ins  äuge,  kein  verschieben! 
Gotub3,  28; 

thr3nen  traten  ihm  ins  äuge ;  er  kann  keinem  menschen  in  die 
äugen  sehn ;  sie  trat  mit  einem  hohen  edlen  anstand  vor  ihn  hin 
und  sah  ihm  sehr  ernsthaft  in  die  äugen,  so  dasz  er  den  blick 
nicht  ertragen  konnte.  19,  216 ;  geniählde,  das  wirklich  kunst- 
reicher und  mehr  in  die  äugen  fiel.  24,  244 ;  dasz  sein  reich- 
tlium,  wirklich  oder  durch  groszthun  gesteigert,  vielen  ins  aiige 
stach.  31,222;  dem  tode  gerade  ins  äuge  schon.  Kant  10,  285; 
graf  Konrad  fiel  frau  Annen  gar  nicht  unangenehm  in  die  äugen. 
Ahm«  kronenw.  1,  407;  ein  volk  sieht  gern  einem  frischen  prin- 
zengeschlcchte  ins  äuge,  üahlm. /r.  rei\422;  das  beiszt,  schnei- 
det ins  äuge.  Wolfra«  sagt  mit  bloszem  acc.  dougen  sneit. 
Wh.  55,  17.     Wie  in  auch  an : 

man  sieht  dirs  an  den  äugen  an, 

gewis  du  hast  geweint.    Götui  1,9<); 

ich  sah  es  ihm  sogleich  an  seinen  äugen  an, 

dasz  du  ibm  wolgeflelst.    Host  ; 

man  kann  dirs  an  den  äugen  sehn,  was  du  für  ein  gesell 
bist;  an  die  äugen  {der  leute)  gehn,  sich  sehn  lassen. 


795 


AUGE 


AUGE 


796 


8)  aus  den  äugen,  ex  ore,  e  conspeäu:  der  herr  müsse 
?ie  nimer  aus  den  äugen  lassen,  ps.  100,15;  aber  solch  dreuen 
ist  zu  weit  aus  den  äugen.  Sir.  16,  21 ;  denn  sie  sind  willig- 
licli  und  christlich  dem  zorn  aus  den  äugen  gewichen.  Lu- 
ther 6,  20';  denn  mit  solcher  irer  rede  werden  die  wort 
Christi  aus  den  äugen  gethan,  und  frei  hin,  on  wort,  in  die 
luft  gegleubet  nach  eigenen  gedanken.  6,  lov';  ich  sehe  wol, 
das  es  wil  not  sein,  das  man  imer  anhalte  euch  zu  vorma- 
nen  des,  das  ich  euch  erstlich  gepredigt  habe,  das  ir  euch 
nicht  lasset  dasselbe  aus  den  äugen  setzen,  noch  aus  dem 
herzen  nemen  durch  ander  predig  und  lere.  6,  211*;  discr 
(Zalmoxis)  ist  bald  aus  der  Thracer  äugen  gangen  und  vor 
irem  angsicht  mit  groszer  begird  un3  nachsenen  aller  ver- 
schwunden.  Frank  86'; 

und  gee  mir  aus  den  äugen  drall    fastn.  sp.  669,  7 

einem  etwas  aus  den  äugen  schwören,  ihn  glauben  machen, 
dasz  er  falsch  sehe: 

ja  will  dich  keren  an  sein  jehen, 
,  so  Schwert  er  dirs  ja  aus  den  atipen. 

II.  Sachs  II.  4,  12» ; 
ich  habs  oft  aus  den  äugen  geschworn 
meim  mann.        II.  4, 18" ; 

ach  wann  der  lieben  ehegespilin  etwan  einmal  ihr  ehegespan 
aus  den  äugen  kommet  und  über  feld  zihet.  Garg.  73' ; 

wie  selig  selig  ist  ein  sterblicher  zu  schätzen, 

dem  gott  den  sündenrest  fern  aus  den  äugen  setzen, 

ja  gänzlich  schenken  kann.      Fleming  17; 

man  gibt  mir  ferner  schuld,  dasz  ich  der  götter  ehr 

als  aus  den  äugen  seiz.    Griphius  1,  376; 

wirst  du  mir  aus  den  äugen  gehen?  Lessing  1,  303;  geh  mir 
aus  den  äugen !  1,  342.  399 ;  ja,  herr  Leander,  wenn  sie  glück- 
lich sein  wollen,  so  müssen  sie  diesen  Dämon  einige  zeit 
aus  den  angen  setzen.  2,  372 ;  wahr  ist  es,  dasz  die  epigram- 
men,  welche  in  der  anthologie  von  ihm  vorkommen,  ein  we- 
nig aus  andern  äugen  sehen.  9,  138;  Schaft  ihn  aus  meinen 
äugen!  Schiller  123';  pack  dich  aus  meinen  äugen!  134"; 
ewig  aus  meinem  aug!  abscheuliches  geschlecht.  153;  weil 
iiim  die  fröhlichkeit,  das  freie  leben,  die  gute  meinung  aus 
den  äugen  sieht.    Göthe  8,  172; 

ja,  aus  den  äugen,  aus  dem  sinn !    12,  161 ; 

seit  der  trauung  meiner  Schwester  sah  dem  oheim  die  freude 
aus  den  äugen.  19,  345;  thränen  drangen  aus  seinem  äuge. 
20,  10 ;  dasz  wir  den  bruder  nicht  aus  den  äugen,  noch  we- 
niger aus  dem  schlösse  lassen  wollten.  20,  268 ;  wir  hatten 
unterdessen  unsern  bruder  nicht  aus  den  äugen  verloren. 
20,  276;  wenn  wir  unsere  altvordern  nicht  aus  den  äugen 
verlieren.  23,  278;  ich  liesz  sie  nicht  aus  den  äugen.  24, 
278 ;  jBerthold  sagt  wenig,  aber  seine  liebe  sieht  ihm  aus 
den  äugen.  Arnim  kroncnw.  1,  224.  auszer  acht  lassen  für  aus 
der  acht  lassen  ist  erträglich,  fehlerhaß  aber  Göthes  auszer 
äugen  lassen.  20,  66.  man  sagt:  es  sieht  ihm  etwas  rech- 
tes, nichts  gemeines  aus  den  äugen;  da  er  spürete,  dasz 
mir  was  sonderliches  aus  den  äugen  heraus  funkelte.  Schcl- 
mufshy '2,  IS ;  aber  auch:  es  sieht  ihm  nichts  gutes,  derschalk 
sieht  ihm  aus  den  äugen ;  welches  ser  g&t  wer,  wa  nit  das 
aug  ein  schalk  wer.    Frank  weltb.  154*. 

Ähnlichkeit  des  kindes  bezeichnet  eine  höchst  lebendige  re- 
densart:  die  mutter  sieht  der  toehter  aus  den  äugen;  die 
tochter  ist  der  mutter  aus  den  äugen  geschnitten;  ihr  glei- 
chet iiir  so  eben,  als  wenn  ihr  ihr  aus  den  äugen  geschnit- 
ten wäret.  Gryphius  1,  780 ;  sihet  seinem  vatter  so  gleich, 
als  wenn  er  ihm  aus  den  äugen  geschnitten  wäre.  Simpl.  l, 
475:  da»  kind  siehet  gar  zu  schön  aus,  eben  als  wenn  es 
Jungfer  Charlottchen  aus  den  äugen  geschnitten  wäre.  Fcl- 
senb.  3,  432;  er  hat  es,  so  wie  aus  den  äugen  gerissen,  ge- 
troffen. Ilii'pEL'lO,  117;  ein  alter  mann,  der  unscrni  beiden 
wie  aus  den  äugen  geschnitten  war.  Fichte  Nicolais  leben  59. 
litt,  kudikis  kaip  isz  akifk  jam  iszplesztas,  das  kind  ist  ihm 
wie  aus  den  äugen  gerissen.  Nesselmann  308' ;  Ictt.  dem  va- 
ter  wie  aus  dem  munde  gefallen,   letl.  mag.  6,  72.   mkd. 

ni  heilet  Jocundlll«, 

und  ist  ir  lip  Achillc 

8Ö  gar  gclich  an  allen  sitien, 

als  ob  si  von  im  si  gcsnittcn 

und  allererst  ab  im  gchouwon.    Iroj.  kr.  15284. 

•)  Ton  den  äugen  gebrauchte  man  sonstwie  aus  den  augcn: 

bald  tut  sie  von  meinen  äugen!    fastn.  sp.  597,  8; 


mkd.  da;  alter  im  von  den  ougen  gie.  fundgr.  1, 147,  20.  Die- 
mer 236,  22  {er  ward  verjüngt),  bei  Maaler  noch  ab :  sich  ab 
den  äugen  machen;  bin  ich  etwan  dir  ab  den  äugen  gangen? 

10)  mit  äugen,  auszer  den  schon  unter  1  gegebnen  beispie- 
len :  dasz  man  sie  mit  äugen  werfen  solle  und  sagen  'das 
ist  ein  prediger'.  Lcthers  br.  2,  224 ;  mit  rechten  äugen  an- 
sehen. Schweinichen  2,  107;  indem  das  schwein  die  eine  ei- 
chel  zerbisz,  verschluckte  es  bereits  eine  andere  mit  den  äu- 
gen. Lessing  1,  136 ;  du  hast  einen  groszen  begiif  von  seinen 
cigenschaften,  fast  sollte  man  denken,  du  sähest  sie  mit  an- 
dern äugen.  Göthe  8,  129;  aber  mit  wie  andern  äugen  sah 
sie  den  freund  an,  den  sie  verlieren  sollte.  17,  119;  ich 
schwöre,  niemand  soll  gegen  meinen  und  meiner  freundin 
willen  dieses  liebenswürdige  geschöpf  mit  äugen  sehen.  19, 
134;  ob  es  ihm  gleich  sehr  paradox,  und  hätte  er  es  nicht 
mit  äugen  gesehen,  gar  unmöglich  scheinen  muste.  22,  269; 
früher  und  von  mir  kaum  noch  mit  äugen  gesehen.  24,  115; 
so  habe  ich  denn  auch  das  meer  mit  äugen  gesehen.  27,139; 
ich  pries  den  genius,  dasz  er  mich  diese  so  wol  erhaltenen 
reste  mit  äugen  sehen  liesz.  28,  74;  das  kann  man  mit  äu- 
gen sehen,  ja  man  möchte  sagen,  mit  bänden  greifen.  59,  69 ; 
der  lebensverlauf  solcher  geschöpfe  ist  ein  fortwährendes  um- 
bilden, mit  äugen  zu  sehen  und  mit  bänden  zu  greifen.  68, 
14;  einen  mit  den  äugen  begleiten,  einem  nachschauen. 

11)  zu  äugen,  in  conspcclum: 

zum  andern  soll  auch  ein  bofman 

seim  herren  recht  zu  äugen  gan.    Atrer  272»; 

das  geht  zu  äugen  und  herzen;  beide  ausgaben  sind  uns 
nicht  zu  äugen  gekommen.  Göthe  38,  439,  statt  vor  äugen, 
wie  zu  banden,  ahd.  ze  ougon  chomen,  bringen.  Graff  1, 123. 
'bei  den  äugen'  verbieten,  sub  poena  e/fodiendorum  oculorum. 
Oberlin  72 ;  praecipio  tibi  sub  interminatione  oculorum  tuo- 
rum.  Caesariüs  oeisterb.  9,  38 ;  mnl.  gebot  hen  bi  baren  ogen. 
Lanc.  38457;  mhd.  aber :  er  gebot  ir  an  diu  ougen.  G/1.  3,735, 
wie  man  auch  sagte  einem  an  diu  ougen  drohen:  ich  drie 
ime  an  diu  ougen.  Reinh.  626,  drohe  ihm  die  augcn  auszu- 
reiszen,  und  sonst  an  den  leib  drohen,  mni.  drechdem  an  sin 
vel.    Rein.  774. 

12)  äugen  haben,  seine  äugen  haben,  richten:  die  hat  ein 
paar  äugen !  er  hat  prächtige  äugen ; 

die  schiele  Theslylis  hat  äugen  in  dem  köpfe, 
so  hat  ein  luchs  sie  nicht.    Lessing  1,  30; 

nun  mylord,  wo  hattet 
.ihr  eure  lausend  äugen,  nicht  zu  sehn, 
dasz  dieser  Mortimer  euch  hiniergieng? 
Schiller  435. 

häufig  das  äuge,  äugen  haben  auf  etwas,  für  etwas :  das  Heva 
und  auch  Adam  ein  äuge  auf  den  ersten  son  gehabt  haben. 
Luther  4,  33';  als  auf  die  gott  ein  äuge  hat.  4,  23t*;  ein 
vleiszigs  äuge  haben.  4,  349";  die  auf  die  andern  ein  aug 
sollen  haben.  Mathesius  126';  ich  möchte  docii  wissen,  was 
diese  jungen  gecken  an  der  einbildischen  Timnndra  sehen, 
dasz  sie  sonst  für  niemand  äuge  haben  als  für  sie.  Wielanü 
1,99;  dasz  Agathon  für  sie  allein  äugen  halle.  1,  202;  aber 
Kalaf  war  ehrgeizig,  er  hatte  ein  äuge  auf  die  würde  eines 
oberbonzen.  6,277;  indessen  wirst  du  nicht  übel  thun,  freund 
Kassim,  wenn  du  ein  äuge  auf  den  jungen  Faruk  hast,  s, 
265;  den  einem  andern  schelme  gedungen,  der  auf  Lamans 
amt  ein  äuge  hat.  13,  34 ;  dero  herr  söhn  haben  ein  aug  auf 
meine  tochter.  Schiller  182';  er  habe  ein  aug  auf  das  ding 
{mädchen).  185*;  der  auf  die  fehler  seiner  milbürger  überall 
ein  wachsames  äuge  hat.  Göthe  18,  149 ;  so  jung  er  war, 
hatte  er  ein  äuge  auf  die  hei-vorkcimende  hofnungsvolle  Ju- 
gend .seines  Vaterlandes.  19,  107 ;  Melin.i  ulicrnabin  die  regio, 
und  seine  frau  versprach  auf  die  kinder  ein  mütterliches 
äuge  zu  haben,  von  denen  sich  Wilhelm  ungern  losrisz.  19, 
261 ;  habs  äuge  aufs  geld,  es  ist  mein  sauer  erworbentr 
schweisz.  Klincer  1, 130;  halte  («'le  habe)  das  äuge  auf  meine 
ducätchens!  1,  M5;  besonders  auf  den  reichen  schönen  gra- 
ten halte  sie  ein  äuge.  J.  Paul  Tit.  2,  77. 

13)  augcn  machen,  verwundert  stehen  mit  starren  äugen: 
wie  die  kirchcnculcn  finstere  äugen  machen.  Garg.  273*;  die 
wilden  machten  sehr  groszc  augcn,  als  sie  unser  haus  sahen 
Pierol3,  319; 

sie  madit 
an  ihren  crrelicr  mit  seiner  krono  von  binscn 
zwei  groszu  augcn.        Wirlano  4,  80; 

Danischmcnd  und  Scridasch  machten  groszc   äugen.    8,  282; 


J97  AUGE 

mein  Netlchen  ^asi  im  schütten, 
blinzt  um  sieh  her,  wie  alles  ausen  macht, 
als  sie  dahin,  schnell  wie  auf  schliitsehuhn  glitten. 
GÖKINGK2,  202; 

du  wirst  gaffen,  du  wirst  äugen  machen.  Schiller  tOS"; 
da  guckt  ich  der  eule  ins  nest  hinein, 
die  macht  ein  paar  äugen.    Göthb  12,  20S ; 

nnd  jetzt  macht  der  fratze  grosze  äugen,  da  der  andere  nun 
wirklich  kommt  und  ihm  das  madchen  wegnimmt.  16,  60; 
Philine,  die  zu  dieser  erscheinung  grosze  äugen  machte.  19, 
43;  ich  bin  nun  nach  meiner  art  ganz  stille  und  mache  nur, 
wenns  gar  zu  toll  wird,  grosze,  grosze  äugen.  28,  IS ;  was  sie 
da  sollten  für  äugen  gemacht  haben.  Fr.  Müller  3,  224.  es 
heisxl  auch,  äugen  schneiden,  icie  ein  gesiebt,  gesiebter  schneiden. 
14)  die  äugen  aufthun  {sp.  158),  aufschlagen,  werfen,  schwin- 
gen; die  äugen  umgehen,  weiden,  fliegen,  schieszen  lassen: 
Ihu  die  äugen  auf;  ich  musz  die  äugen  selbst  aufthun  und 
sehn  was  ich  zu  schaffen  hab.  Göthe  8,  8" ; 

drumb  Teutschland  thu  die  äugen  auf!    Soltad  volksl.  477 ; 
lasz  die  äugen  nicht  fliegen  dahin,  das  du  nicht  haben  kansf. 
spr.    Salom.  23,  5;    sein    äugen   schieszen  wie   ein    schlang. 
H.  Sacds  II.  2,  9l'  (riß.  ormr  i  auga  unter  7) ; 

leszi  si  ir  äugen  Hechte  dar 

in  rnintschaft  zu  im  schieszen.    Muskatbiüt  47,  9  ; 

sie  liej  ir  ougen  umbe  gän 

als  der  valkeüf  dem  aste.     Trist.  277,  2; 
ja  brinnent  ime  diu  ongen  sin 
rehte  in  sime  houbte  als  einem  wilden  relkelin. 

Uor.  2166 ; 
falkenäuglein  schieszen  lassen.    Grobianus  109' ; 
so  lasz  dein  au^en  umbher  gehn, 
gleichwie  man  tbut  vom  falken  sehn.    233' ; 

augcn,  die  vormals  als  die  falken  hier  und  dorthin  geflogen. 
Ettsebs  Äefcamme  802;  franz.  oeil  emerillonne;  er  liesz  seine 
äugen  weiden,  oculos  pascere.  Rudi.  1,  52  {vgl.  augenweide), 
oculis  epulas  dare.  Plaut.  Poenul.  V.  4,  2.  sie  wirft  die  äugen 
im  köpf  herum,  läszt  ihre  äugen  rollen;  mhd.  diu  ougen  boln, 
schleudern,  werfen: 

maneger  siniu  ougen  holt, 

er  möhts  üf  einer  slingen 

ze  senflerm  w^urfe  bringen.    Parz.  510,  2; 

da  von  an  den  Waleis  wart  vil  blicke  geholt 

von  liebten  zarten  clären  spilden  ougen.    Lohengr.  157; 

ir  äugen  scharf  sie  gen  mich  warf.    Müskatblut  36,  40 ; 

warf  sie  mich  stets  mit  äugen  an.    H.  Sachs  II.  4,29*; 

und  warfst  ihn  stets  mit  äugen  an.  1(1.3,7'; 

so  twang  in  des  diu  siechheil, 

da;  er  dougen  üf  swanc.    Parz.  788,  27; 

diu  liebten  ougen  üf  dö  swanc.    Wh.  65,  6; 

swanc  diu  ougen  üf.    Hacpt  5,  523 ; 

ach  wirf  dein  aug  auf  mich.    Weckherlin  203 ; 

da  warf  ich  gleich  ein  aug  auf  die  paslcte.  Wieland  11,212; 
wir  bitten  e.  m.  unterthänigst,  auf  unsere  bedrängten  um- 
stände ein  mitleidiges  äuge  zu  werfen.  Göthe  42,312;  halten 
sies  denn  nicht  der  mühe  werth  ein  äuge  auf  mich  zu  wer- 
fen? Lesz  1,  119;  endlich  schlug  Otlilie  die  schönen  äugen 
auf  (blickte  auf).  Göthe  17,  389 ;  die  äugen  aufreiszcn,  aufsper- 
ren :  da  ich  zum  ersten  das  ablasz  angreif  und  alle  well  die 
äugen  aufsperrete.  Lctber  5,  53*;  die  äugen  im  köpf  herum 
wälzen.  Göthe  12,  232. 

15)  die  äugen  wenden,  richlen,  heften,  legen,  stellen,  heben, 
sdilieszen,  zudrücken :  wende  deine  äugen  auf  mich ;  wende  deine 
äugen  von  mir.  hohelied  6,  4 ;  er  verwendet  kein  äuge  von  ihr, 
betrachtet  sie  mit  unverwandten  äugen;  ich  habe  von  jugend 
auf  die  äugen  meines  geistes  mehr  nach  innen  als  nach  auszen 
gerichtet.  Göthe  19,  95 ;  ich  weisz  recht  gut,  dasz  er  von  den 
ersten  zelten  her  ein  äuge  auf  mich  richtete.  23,  190 ;  aller 
äugen  waren  auf  ihn  gerichtet.  24,  290 ;  er  schlosz  seine  äugen 
(itt  schlaf  oder  tod);  sobald  der  kaiser  die  äugen  zugcthan 
halle.  Guthe  42,  208;  ein  äuge  zuthun,  connivere;  ich  sehe 
dich  deine  äugen  stellen  {mit  dem  tode  ringen),  der  o.  m.  im 
Tockenb.  228 ;  ich  mache  kein  äuge  zu,  so  schlage  ich  mich 
mit  ihm  herum.  Lessinc  1,  509 ; 

■ie  sagt,  sie  hab  die  ganzen  nacht 

kein  aug  gar  zu  dem  andern  pracht.    11.  Sachs  11.  4,30*; 

ich  hab  kein  aug  zum  andern  bracht.    Atrer460'; 
dem  valer,  der  mutter  die  äugen  zudrücken;   niemand  ruckt 
(nieman    dnickt?)    ihm    mit  tiefgesuchten  turlcltaubenseufzen 
die  augcn  zu.    Garg.  68*.  {rgl.  anrucken),     die  augcn  nieder* 
schlagen,  senken ;  die  augcn  ducken.  .Muskatbl.  76,  73. 


AUGE 


798 


16)  eines  äuge  suchen,  tAn»  unter  die  äugen  treten,  ins  äuge 
blicken : 

euch  kams  zu, 
das  äuge  eures  königes  zu  suchen.    Schillbk  277 ; 

er  sucht  die  äugen  des  marquis.  299.  einem  die  äugen  öfnen 
{den  Star  siechen):  der  aufstand  gewann  eine  solche  gestalt, 
dasz  man  sich  gezwungen  sab,  Isfandiam  die  äugen  zu  er- 
öfnen.  Wieland  7,  94 ;  wie  leicht  werden  dem  domherm,  wie 
leicht  der  ganzen  schule  die  äugen  zu  öfnen  sein.  Göthe  14, 
155;  soll  ich  dem  betrogenen  domherm  die  äugen  eröfnen? 
14,  221;  auf  eine  schreckliche  weise  hat  gott  mir  die  äugen 
geöfnet,  in  welchem  verbrechen  ich  befangen  bin.  17,  370.  die 
äugen  geben:  mhd. 

si  begunde  im  ouge  und  ouge  geben. 

rrwi.  29,  4; 
das  Opfer,  so  du  liebest, 
dem  du  die  augcn  giebest, 
ist  ein  zermalmter  sinn.    Opitz  3, 169: 

Ämilcar  gab  beiden  ein  geneigtes  äuge.  Lohenst.  irm.  1,  803 ; 

die  äugen  aus  dem  köpf  gegeben 

mit  freuden  hättest  lieber  du, 

und  beide  obren  noch  dazu.    Wieland  18,  330. 

die  äugen  ausstechen,  aushacken,  ausreiszen.  Garg.  6l',  aussto- 
szen,  ausbeiszen :  es  beiszt  kein  rab  dem  andern  die  äugen  aus. 
Lehmann  186;  auskratzen:  ich  kratz  ihm  die  äugen  aus.  Lenz 
1, 110 ;  ausbrechen :  der  ältest  sun  brach  auf  ein  nacht  seinem 
vatter  und  muter  und  allen  bruedem  die  äugen  aus.  Frank 
ueltb.  190";  die  äugen  blenden;  ausweinen,  verweinen:  ich  hab 
schier  meine  äugen  ausgeweint,  klagl.  Jer.  2, 11 ;  sich  die  äugen 
aus  dem  köpf  weinen,    die  äugen  halten,  verhalten: 

weh  ihnen,  die  dem  volk  die  äugen  halten, 

dasz  es  dem  wahren  besten  widerstrebt.    Scrilikk  525. 

den  äugen  trauen,  nicht  trauen:  Wilhelm  gieng  ihm  mit  er- 
staunen entgegen,  er  traute  seinen  äugen  nicht,  es  war  Wer- 
ner. Göthe  20,  132.  diese  worte  setzten  meine  äugen  ins 
wasser  {brachten  mich  zu  thränen).  Simpl.  1,  44.  habt  das 
spiel  in  guter  acht  und  steckt  die  äugen  nicht  in  beutel,  da- 
mit nicht  solche  prediger  bei  euch  sein.  Lcther  6,111*;  steckt 
die  äugen,  die  nase  ins  buch;  du  must  deine  äugen  an- 
strengen, aufknöpfen,  es  ihnen  sauer  «erden  lassen  hiesz 
mhd.  du  muost  ej  den  ougen  enblanden.  Parz.  23t,  25.  Flore 
457.  7751,  trie  sonst  den  banden,  dem  libe  enblanden.  die 
angen  verstemen,  blenden,  starblind  machen  ?  Mcskatblct  38, 
12.  der  Jäger  streicht  dem  hunde  die  äugen  heraus,  schmei- 
chelt ihm.   Becher  46. 

17)  intransitira.  die  äugen  stehn  ihm  auf,  offen,  gehn  ihm 
auf:  dem  Studenten  standen  die  äugen  offen  wie  einer  eule 
(rp/.  13).  Jucundiss.llO;  es  ist  als  ob  mir  die  äugen  auf  ein- 
mal aufgiengen.  Lessing  1,333;  o  ich  unglückseliger!  wanim 
gehn  mir  so  spät  die  äugen  auf?  warum  erkenne  ich  erst  im 
alter  jene  guter?  Göthe  15, 147;  aber  und  abermal  gehen  mir 
die  äugen  über  mich  selbst  auf.  20,301;  da  giengen  ihm  die 
augcn  auf  und  er  sah  ein,  in  welcher  gefahr  sie  beide  gewe- 
sen wären.  37,  239 ;  so  gilt  dies  von  allen  Sammlungen  und 
jeder  besitzer  wird  gern  gestehen,  dasz  er  manches  lehr- 
geld  geggben,  bis  ihm  die  äugen  aufgegangen.  39,  316;  wem 
hier  Ober  die  newtonische  verfahningsweise  die  angen  nicht 
aufgehn,  dem  möchten  sie  wol  schwerlich  jemals  zu  öfnen 
sein.  59,74;  seit  drei  tagen  kein  augc  zu.  Schiller  134'; 

giengen  mir  die  angen  xu.    II.  Sachs  I,  256*; 

bald  giengen  im  die  äugen  zu.    11.4,  113*; 

die  augcn  mir  zugiengen.    II.  4,  129'; 

dö  liefen  über  diu  ougen  sin.    Part.  3S3,  12; 

Salomön  liefen  über  diu  ougen  sin.    Mor.  3326; 

Morolf  liefen  diu  ougen  über  tougenliche.  3511; 
diesen,  dasz  das  glas  kracht,  den,  bisz  die  äugen  uberlaufed' 
Garg.  99*;  er  setzet  mir  hart  zu,  die  äugen  gehn  mir  über. 
93';  dasz  mein  urane  ob  dieser  einfältigen  gutwilligkeit  die 
äugen  anfiengen  über  zu  gehen.  269*;  da  uns  dann  beiden, 
mir  aus  mitleiden  und  ihm  aus  freude  die  augcn  übergiengcn. 
Simpl.  1,  446;  dem  ambtmann  giengen  die  äugen  über.  unw. 
doct.  121.  131;  die  augcn  giengen  mir  wol  über.  363;  hierauf 
giengen  der  frau  die  äugen  über.  3St ;  die  äugen  giengen  ihm 
über.  766;  die  alltägliche  redensart  gewinnt  im  lied  bedeutung: 

die  äugen  giengen  ihm  über, 
so  on  er  trank  daraus.    Göthe  12.  142: 
0  mir  sind  auch  gar  oft  die  äugen  übergangen.  7.  106: 
die  vorquellenden  thränen  treten  über  den  rand.    mhd.  im  cr- 
wiclen    siniu   ougen.    Gudr.  416,  3,   wallten   über;    die  äugen 


799 


AUGE 


AUGE— ÄUGELCHEN 


soo 


stehn  ihm  voll  wasser;  es  wird  viel  nasse  äugen  setzen,  viel 
geweint  werden,     das  äuge  weint,  thränt,  lacht,  lächelt : 

wenn  mir  dein  äuge  lacht,  wenn  deine  hand  mich  drückt. 
Göthe7,  23; 
seht,  wie  froh  den  Phantasien 
neuer  tust  sein  äuge  lacht.    Borger  1*; 

das  äuge  glänzt,  spielt,  funkelt,  leuchtet,  blitzt,  rollt;  die 
äugen  trüben,  dunkeln,  erblinden: 

wären  von  weinen  vil  nach  bunt.    Parz.  98, 14 ; 

das  äuge  erblaszt,  erlischt,  starrt,  stiert,  stirbt,  bricht: 

die  äugen  brechen  ein.    Fleming  12; 

sind  schon  gebrochen,  das  äuge  blutete  mir;  schwur,  die 
äugen  hätten  ihm  bluten  mögen.  Weise  kl.  leule  30.  die  äugen 
haften,  wurzeln:  sein  äuge  haftet  auf  mir;  ihr  aug  an  seinem 
hieng;  alle  äugen  wurzelten,  ruhten  auf  mir.  Schiller  127'. 
die  äugen  schmerzen,  thun  weh,  beiszen:  ist  ihm  das  helle? 
dasz  mich  die  äugen  beiszen.  Schiller  185'. 

18)  andere  redensarten  und  Sprüche:   alles  was  man  einem 
an  den  äugen  absehen  kann;  alles  was  das  äuge  begehrt; 

ihr  seht,  wir  haben  wein 

und  was  die  äugen  nur  verlangen.    Wieland; 

schau  um  dich,  was  nur  dein  äuge  absehen  kann.  Schiller 
122";  böse  äugen  sehen  nie  nichts  gutes;  ein  bös  äuge  ver- 
derbt das  andere;  das  äuge  sieht  sich  nimmer  satt;  seine 
äugen  sind  gröszer  als  sein  magen ;  ihm  sind  die  äugen  wei- 
ter als  sein  bauch ;  das  schickt  sich  wie  die  faust  aufs  äuge ; 
mit  einem  blauen  äuge  davon  kommen ;  äuge  um  äuge,  zahn 
um  zahn;  man  soll  hinten  und  vorn  äugen  haben;  wer  mit 
fremden  äugen  sieht,  betrügt  sich  oft;  er  ist  sein  rechtes 
äuge ;  er  war  des  herzogs  rechtes  äuge,  schön  und  gut  (questo 
era  l'occhio  diritto  del  duca).  Göthe  35,  29G. 

19)  oß  geht  die  Vorstellung  des  sinnlichen  auges  über  in  die 
des  geistigen,  äuge  bedeutet  dann  verstand  und  urtheil.  ich 
sehe  die  sache  jetzt  mit  andern  äugen  an,  urtheile,  denke  an- 
ders davon,  in  seinen  äugen  =  nach  seinem  urlheil,  seinen 
gedanken.  viel  leichtsinn  hat  sie,  aber  auch  versfand  und 
äuge.  Klopstock;  er  hat  für  die  meisten  dinge  ein  feines 
äuge,  unterscheidet  genau;  er  (Dante)  faszte  die  gegenstände 
so  deutlich  ins  äuge  seiner  cinbildungskraft,  dasz  er  sie  scharf 
umrissen  wiedergeben  konnte.  Göthe  46,  279 ;  diejenigen,  de- 
ren äugen  der  Vernunft  etwas  dunkel,  pers.  rosenth.  (am 
schlusz};  sollte  er  blosz  verdammt  sein  fremde  werke  nacli- 
zukritzeln,  so  kriegt  er  doch  immer  äuge,  begrif  und  bieg- 
samkeit.  Göthe  bei  Merck  1,  230 ;  sein  äuge,  die  sehkraß,  ein- 
sieht schärfen. 

20)  umgekehrt  tritt  äuge,  wie  ohr,  über  in  die  noch  sinn- 
lichere Vorstellung  der  üfnung,  des  lochs.  für  fensler  bediente 
sich  die  ahd.  spräche  des  ausdrucks  augatora,  ags.  eagdurc, 
gleichsam  schaut  das  haus  durch  ein  fenster  wie  der  mensch 
durch  sein  äuge.  sl.  okno  d-voi's,  fenestra.  noch  heute  nen- 
nen wir  eine  art  von  dachfenstern  Ochsenaugen,  weil  sie  sich 
krümmen,  gleich  dem  äuge  des  rindes.  äuge  heiszt  das  loch 
in  der  thür  zum  durchschauen,  oder  das  astloch  im  bret.  der 
Schmelzofen  hat  vornen  ein  äuge,  eine  üfnung.  Mathesius  lOO'; 
im  käse,  im  brol  sind  augen.  das  nadelloch  wird  bald  nadel- 
öhr,  bald  nadelauge  genannt:  altn.  nalarauga,  schw.  nälsüga, 
ddn.  naaleöje,  nnl.  naaldenoog,  engl,  eye  of  thc  needle.  bei 
Luther  aber  nadelöhr,  wie  lilt.  ausis  (selten  ackis)  adattis,  russ. 
uschko,  poln.  ucho  igiy ;  ahd.  loh  niildün,  golh.  jiairkö  no|)lus. 
ein  kleiner  fisch,  petromyzon  ßuviatilis,  führt  den  namen  neun- 
auge,  engl,  seven  cyes,  weil  man  sieben  lußlücher  oder  kiemen 
an  ihm  wahrnimmt,  beide  augen  hinzugerechnet  neun  lücher. 
so  wurden  im  mittclaller  dem  menschlichen  leib  sieben  löcher 
nachgewiesen,  fundgr.  3, 13,  36. 

21)  die  pßnnze  schlägt  ihre  knospe  auf,  wie  der  leib  das 
augc,  daher  die  knospe  gemma  (augenstein)  und  augc  genannt 
ist:  das  wir  frühe  aufsleiicn  zu  den  Weinbergen,  das  wir 
sehen,  ob  der  weinstock  blühet  und  augen  gewonnen  habe. 
Hohelied  7,  12;  augen  drücken,  protrudere  gemmas;  die  rebe 
schieszt,  setzt  augen ;  im  merz  soll  der  winzcr  die  reben  auf 
drei  augen  abwerfen,  nur  drei  augen  stehn  lassen;  der  Bur- 
gunder trägt  auf  den  vordem  augen  lieber  als  auf  den  hintern. 

und  der  weinslock  h.lll  sich  kaum, 

kriogei  augen  von  der  sonnen.    Opitz  3,  13; 

milder  wclicn  /cphyrsflügel, 

augen  treibt  das  junge  reis,   Schiller  61' ; 


von  den  augen  und  ihrer  entwickelung.  Göthe  58,  61;  läszt 
sich  nun  aber  ein  blatt  nicht  ohne  knoten,  und  ein  knoten 
nicht  ohne  äuge  denken.  58,26;  sie  (die  brüdergemeine)  Imüe 
sich  nur  in  unbemerkten  ranken  durch  die  rohe  weit  hin- 
durch gewunden,  nun  schlug  ein  einzelnes  äuge,  unter  dem 
schütz  eines  frommen  mannes  wurzel.  26,  305. 

22)  da  auf  der  strasze  und  im  koth  stehen  gebliebne  pfülzen 
hervorscheinen  und  leuchten,,  sagte  man  von  dem  der  unver- 
sehens in  sie  gerälh,  dasz  er  ihnen  die  augen  austrete  (vgl. 
äugelecht) :  das  eis  brechen,  dem  koth  und  lachen  die  augen 
austretten.  Lehmann  181;  oft  bei  regen  und  ungewitter  durch 
die  strasze  laufen  und  mancher  pfütze  die  augen  austreten. 
ScHUPPiüs  662;  mancher  pfützen  die  augen  austreten,  /ranz. 
Simplic.  3,  40 ;  mancher  pfütze  die  augen  austreten,  manchen 
sauren  wind  sich  unter  die  nase  wehen  lassen,  unw.  doct. 
440 ;  allen  pfitzen  die  augen  austreten,  maulaffe  192 ;  itzt  hiel- 
ten sie  sich  so  zärtlich,  als  wann  sie  nie  keinem  kuhfladen 
ein  äuge  ausgetreten  hätten.  Simplic.  3,  756.  Auf  der  suppe 
schwimmende  tropfen  fett  nennt  man  gleiclifalls  augen,  fettaugen : 
ein  ermiiche  suppen,  die  nit  gesiebt,  kein  augen  hat.  Keisersb. 
ehr.  bilgr.  17,  ^eine  magere  suppe,  ohne  fett,  augen  sind  die 
im  Pfauenschwanz  glänzenden  ründungen,  vgl.  pfauenauge. 

23)  ebenso  heiszen  die  schwarzen  runden  flecken  auf  dem 
Würfel  augen: 

do  saszen  drei  gesellen  gut, 

die  spielten  mit  den  würl'eln, 

und  wem  die  meisten  augen  kämen, 

der  soll  beim  Eislein  schlafen. 

der  alleijüngest  der  unter  ihn  war, 

der  warf  die  meisten  augen.   Uhland  676; 

indem  der  spieler  Plif  (erzürnte  götterl) 

durch  einen  schlimmen  wurf  ein  äuge  jüngst  verlor: 

'brav  kanierade',  riefeln  spötter, 

'du  gibst  uns  jedem  nun  ein  äuge  vor.'   LkssincI,  28; 

auf  die  meisten  augen  spielen;  mhd.  eines  ougen  wager  han. 
Er.  925,  beim  spiel  um  ein  äuge  im  vortheil  stehn;  wie  es  bei  Fi- 
schart groszm.  56  ähnlich,  doch  in  anderm  verstände  heiszt ;  es 
fehlet  umb  ein  aug,  das  pferd  wer  blind,  nemlich  es  war  ein- 
äugig, nach  den  augen  der  geworfnen  würfet  pflegt  man  einen 
rechthaberischen,  widerspenstigen  zu  bezeichnen :  hielten  nicht 
vor  rathsam  diesem  einfältigen  tropfen  zu  widersprechen,  lie- 
szen  ihn  derowegen  bei  seinen  fünf  augen.  Felsenb.  1,  199 ; 
die  unbescheidenen  leute  blieben  bei  ihren  fünf  augen.  Plesse 
1,  8 ;  mithin  bleibe  er  immer  auf  seinen  fünf  augen.  3,  49 ; 
Theodor  blieb  auf  seinen  fünf  augen.  westf  Robinson  2i5;  so 
bleiben  solche  lumina  mundi  doch  auf  ihren  neun  augen  und 
ändern  es  der  geringen  person  zum  trotze  nicht.  Weise  erzn. 
165;  in  den  andern  adiaphoris  einen  jeden  bei  seinen  neun 
augen  lassen.  330;  das  mustu  dann  leiden,  oder  must  dich 
immerdar  mit  ihr  schlagen  und  bleibt  sie  doch  uf  ihren  eilf 
augen  und  wird  nur  boshaftiger.  Alrerüs  ehbüchlcin  E3'; 
bestünde  er  für  und  für  auf  seinen  eilf  augen,  wolt  von  sei- 
ner meinung  umb  einiges  haar  nicht  weichen.  Wickram  rollw. 
93';  er  bestund  auf  seinen  zwelf  augen.  Kirchhof  wendunm. 
323;  der  gegeniheil  fehet  wider  an  zu  triplicieren,  aber  der 
bergkman  stehet  auf  sein  achtzehen  augen.  Mathesius  21*. 
die  erzählung  schwankt  in  den  zahlen. 

24)  der  keim  im  ei,  ein  gediegnes  körn  in  der  erzsiufe 
wird  wiederum  äuge  genannt:  wovon  sehr  schöne  mit  jedem 
andern  gestein  dem  äuge  nach  wetteifernde  beispiele  gefunden 
weiden.  Göthe  51,  22.  am  diamant  heiszt  das  fcuer  und  der 
schein  äuge,  an  tüchern  der  glänz:  das  tuch  hat  kein  äuge, 
glänzt  nicht;  beim  stricken  die  masche.  endlich  ist  äuge  der 
Späher,  spion:  Albanos  nächtliche  besuche  wurden  von  nach- 
geschickten augen  immer  seines  edlen  Charakters  würdig 
befunden.  J.  Paul  Tit.  4,  100;  I  have  eyes  under  my  Ser- 
vice, which  look  upon  bis  removedness.  Shakesp.  winter's 
tale  4,  1. 

AUGE,  orfer  äuge,  enge,  adj.  patens,  apcrtus,  cvidens,  ge- 
bildet wie  ahd.  anaougi,  urougi,  glasougi,  sörougi  (Graff  1, 
123);  ein  mhd.  ouge  möglich,  nicht  aufzuzeigen,  nur  in  fol- 
gender stelle:  wovon  einem  dann  mag  ein  geschwulst  an  ein 
glied  kommen,  als  von  kratzen,  kindsblattem,  zu  augen  (zu 
weit  offen  gelassenen)  kleidern  oder  von  harter  arbeit.  Würtx 
practica  s.  251. 

ÄUGEI.CHEN,  fl.  ocellus,  duglein:  doch  Trau  basc,  ich  habe 
den  hüpsrheslon  schätz?  aber  Jungfer  Christine  will  mir  ihn 
gern  abspannen,  ich  sehe  wol,  wie  sie  ihr  augeichen  machet, 
ich  leide  es  aber  nicht,  ped.  schulf.  130. 


801 


ÄUGELEIN— ÄUGEN 


AUGENADER— AUGENBLICK 


802 


ÄÜGELEIN,  n.  ocellus,  äuglein,  nnl.  oogelijn: 
wo  zwei  herzenliebe  an  einem  danze  gaii, 
die  lassen  ir  eigelein  schieszen,  sie  sehent  einander  an. 
Uhla.nd  80, 

die  enlstelUe  Schreibung  wie  in  ereignen  f.  ereugnen,  eräugnen : 

ei  schliesz  dein  äueelein. 

ei  liebchen  schlaf  doch  ein.    Fr.  Müller  2,  371. 

ÄÜGELECHT,  äugen  habend:  wa  der  grund  leimecht  und 
bimsecht  ist,  auch  dörre  lächiin  hat,  da  ist  kein  wasser  zu 
hoffen,  aber  wa  der  giund  äugelecht,  rot  und  murecht  ist, 
der  unten  ein  festen  küsz  (kies)  hat,  da  find  man  gut  bestän- 
dig wasser.  Sebiz  16. 

ÄUGEL.N,  blicken,  blinken,  zumal  freundlieh,  liebäugeln,  ein 
gutes,  erst  seit  dem  16  jh.  eingeführtes  tcort: 

der  feiste  küsier,  äugelte  keck  nach  uns 
durchs  lange  röhr.        Klopsiock  2,  232; 

wir  schenken  aufs  wol 

der  weiblein  Ulis  voll 

und  äugeln  mit  ihnen.   Voss  4.  116* 
licmt  es  sich,  Hans,  liebkosend  mit  händedrücken  und  äugeln 
mir  die  braut  zu  beihoren,  da  wir  nun  eben  getraut  sind  ? 
Luise  3,  489 ; 

purpurisch  zuckt  durch  düstrer  tannen  ritzen 

das  junge  licht  und  äugelt  aus  dem  Strauch. 
Schiller  S"; 

sie  äugelt  nach  dem  spiegcl  hin, 

belauschet  meiue  neckerein.    Bürger; 

in  den  blättern  äugelte  goldnes  obst. 

SCHLBART  1,  438; 
es  äugelte  der  wein  in  dem  pokale.    2,  89; 
nur  vom  tüchieen  will  ich  wissen, 
heiszem  äugten,  derben  küssen.    Götbe  2,  2S7  ; 
über  meines  liebchens  äugeln 
stehn  verwundert  alle  leuie.    5,60; 
das  mädchen.  das  an  meiner  brüst 
mit  äugeln  schon  dem  nachbar  sich  verbindet.  12,  83; 
die  eine  schalkisch  äugeile 
vom  Schleiersaum  her.    40,  40S; 
spät  kam  Aphrodite  herbei,  die  äugelnde  göltin.    40,  346 ; 
Hudhud  auf  dem  palmensteckchen 
hier  im  eckcheu 
nistet  äuglend,  wie  charmant! 
und  ist  immer  vigilant.    56, 119; 

jetzt  brach  die  liebliche  sonne  her%or  und  äugelte  mit  glühen- 
dem funkeln  durch  den  dichten  wald.  Tieck  4,  32S ;  oft  lag 
ich  in  seiner  (des  baums)  kühlen  umwölbung  und  sah  hinauf, 
wie  das  licht  durch  ihn  äugelte.  Bettine  tageb.  49;  ich  war 
auch  einsam  damals  in  der  kindheit,  die  Sterne  äugelten  mich 
an.  66. 

Weidmännisch,  der  hund  Sugelt  gut,  blickt  gut  um,  wie  äugt 
gut.  in  beiden  seheint  aber  noch  die  bedeulung  des  alten  ougan 
ostendere  nachzuhalten:  er  weist  auf  die  fährte,  zeigt  die  spur 
des  wildes,  bei  den  gärtnern,  äugeln,  oculieren,  ein  reis  mit 
äuge,  knospe  in  die  rinde  eines  baumes  setzen,  vgl,  liebäugeln, 
beäugeln,  anäugeln. 

ÄUGELWEIDE,  f  was  angenweide,  mhd.  öugelweide.  Fbib. 
Trist.  575 ; 

meins  herzen  augelwaide.   Uhlakd  642. 

AUGEN,  ostendere,  sehen  lassen,  goth.  augjan,  ahd.  ougan, 
mhd.  ougen,  öugen.  von  dieseni  treflichen  wort  sind  nur  noch 
die  letzten  spuren  in  reiner  gestalt  erkennbar,  desto  häufiger 
herscht  das  verderbte  ereignen  ßr  eräugen,  eräugnen,  ereugen, 
ereugnen,  und  der  gedanke  an  äuge  ist  uns  dabei  entfremdet : 

frau  Kusche,  euge  din  art.    Altschwert  s.  69; 

din  triuw  du  eugest  offenbar,   s.  105; 

ich  musz  ie  auch  einmal  zu  euch  kumen 

und  musz  mich  eugeu  gegen  euch,    fasln,  sp.  53,  6, 

musz  mich  euch  einmal  zeigen,  vor  äugen  stellen;  darinn  ein 
ganz  sciiif  voll  ceremoni  werden  geeiget,  von  den  aposteln 
picndert  angeregt.  Frank  chron.  262";  Joseph  von  Arimathia 
ist  auch  allain  in  haimlicher  junger  Christi,  des  sich  an  drin 
aigt,  das  er  für  Pilatum  trilt.  Frank  guldin  arch.  176' ;  es  würl 
sich  in  kein  ander  art  glieder  äugen  dann  im  haubt.  para- 
doxe 84;  nun  was  nit  jederman  dem  könig  hold,  dann  vil 
grafcn,  herren  und  stell  im  ungünstig,  dorfend  sich  aber  nit 
öugen.  TscHUDi  1,226;  machetend  gemeinlich  in  der  statt,  dasz 
sich  dero,  so  der  herschafl  anbangetend,  keiner  regen  noch 
Sagen  bedorft.  1,  323 ; 

darnach  der  träum  sich  wider  eigt, 
und  ward  d.inehen  aiieezciKt 
zeit,  steu  mit  aller  umb-^iand  f^m 

b.  Waldis  E$op  4,  32. 


die  Jäger  gebrauchen  es,  wie  äugeln,  vom  Spürhund,  nnl.  aber 
bedeutet  oogen  intransitiv  schauen,  ausschauen. 

AUGENADEH,  f.  was  augader. 

AUGENARZT,  m.  arzt  für  äugen. 

AUGENB.\D,  n.  laratio  oculorum,  bad  kranker  äugen. 

AUGENß.\LL,  m.  augapfel,  nnl.  oogbal: 
die  klare  sonn  . .  der  himlisch  augenball.   Spee  Irutzn.  133. 

AUGENBALSAM,  m. 

AUGE.NBEISZIG,  mordens  oculos :  augenbeisziger  mürrettich. 
Garg.  72'. 

AUGENBINDE,  f.  ahd.  oucpinta. 

AUGENBISZ,  ni.  niorsus  oculorum:  weinender  augenbisz. 
Garg.  72'. 

AUGENBLENDE,  f.  corium  ad  oculos  equi,  nnl.  oogenblinde, 
augenieder,  scheuleder:  so  unangenehm  wie  eine  augenblende. 
Herder  1. 191. 

ALGENBLENDER,  m.  obcaecator  oculorum:  weil  er  der 
augenblender  und  vergaukler  kein  gnad  will  haben.  Garg.  190*. 

AUGENBLENDIG.  obcaecans:  augenblendig  hier.  Garg.  59*. 

AUGENBLEND.NIS,  f  obcaecatio,  blendwerk:  es  ist  ein  uugen- 
blendnis  und  illusio  daemoniaca.  Ettners  hebamme  295.  in 
diesen  Wörtern  allen  steht  äugen  pleonastisch,  da  blenden  an 
sich  schon  auf  das  äuge  geht. 

AUGENBLICK,  m.  ictus  oculi,  momentum,  nnl.  oogenblik, 
mhd.  ofigenblic,  eine  treffende,  lebendige  Zusammensetzung: 

mit  lieben  ougenblicken  einander  sähen  an 

der  herre  und  euch  diu  frouwe,  dar  wart  vil  tougen  getan. 

m.  292,  3 ; 
din  röter  munt,  din  liebten  ougenblicke 
hänt  mich  verwunt  in  ir  minne  stricke.    MS.  2,  150*; 
ir  vil  minneclichen  ougenblicke  rüerent  mich. 

Walth.  112,  17 ; 
manch  augenblick  sende  ich  im  an  smerzen. 

MuSKATBLUT  37,  74; 

snellcr  denne  der  ougenblic  Myst.  1,  385.  nhd.  hat  sich  die 
sinnliche  bedeutung  selten  erhalten  und  man  sagt  dann  statt 
augcnblicke  blicke  der  äugen ;  doch  heiszt  es  noch :  das  man 
wol  greifen  mag,  wie  gar  einen  besondern  augenblick  gott  auf 
die  selb  kirchen  habe.  Lither  1, 166' ;  wie  sehr  er  durch  den 
ersten  augenblick  in  sie  verliebt  ward.  Lohenst.  Arm.  1,  845 ; 
zuletzt  benutzte  ich  einige  augenblicke,  die  sie  auf  mich  warf. 
Güthe  21,  74.  Desto  häufiger  ist  die  abgezogne  anwendung  für 
den  enteilenden  puncl  der  zeit,  die  qititj  oder  auch  öoTtt) 
ofd'aXuov,  ags.  beorhtmhvile,  goth.  brahv  augins,  ahd.  in 
slago  dero  bräwo.  N.  ps.  2, 12 ;  mhd. 

ä  ich  die  haut  umbkdrte 

oder  zuo  geslüege  die  brä.    Er.  5172; 

also  schiere  so  ein  brdwe  den  andern  slahen  mac,  oder  wie 
sich  Caesarics  beisterb.  12,  5  ausdrückt,  antequam  superct- 
lium  superius  inferiori  jungi  posset;  als  lange  ein  augenbraw 
zu  der  andern  möcht  komen.  Luther  6,  500' ;  meislentheils  im 
bloszen  adv.  momento,  puncto  lemporis,  das  bald  gen.  und 
acc,  bald  praepositionen  bezeichnen:  und  die  freude  des  hcuch- 
lers  weret  ein  augenblick.  Hiob  20,  5;  sie  erschrecken  kaum 
ein  augenblick  für  der  helle.  21, 13 ;  sein  zorn  weret  ein  augen- 
blick. ps.  30,  6 ;  verbirge  dich  ein  klein  augenblick.  Es.  26,  20 ; 
ich  hab  dich  ein  klein  augenblick  verlassen.  54,  7;  in  einem 
augenblick.  2  Mace.  8,  18;  weiset  im  die  reich  der  weit  ia 
einem  augenblick  (goth.  in  stika  melis).  Luc.  4,  5 ;  und  das- 
selbige  plötzlich  in  einem  augenblick  zur  zeit  der  letzten  po- 
saunen (goth.  suns  in  brahva  augins  in  spedistin  ))uthaurna). 
iCor.  15,  52;  ja  alle  augenplich.  Fischart  öienenA.  107'; 

ich  geh  den  augenblick  zu  holen  trost  vollauf. 

GRTPUtus  1,  664; 
misdeut  auch  du  nicht  mein  erstaunen,  suItan, 
verkenn  in  einem  augenblick,  in  dem 
du  schwerlich  deinen  Assad  je  gesehen, 
nicht  ihn  und  mich!  Lessinc  2,  339; 

so  gibt  es  keinen  augenblick,  in  welchem  das  gewand  im  ge- 
ringsten eine  andere  falte  machte,  als  es  der  itzige  stand  des 
gliedcs  erfodcrt;  sondern  läszt  man  es  eine  andere  falte  ma- 
chen, so  ist  es  der  vorige  augenblick  des  gcwandes  und  der 
itzige  des  gliedes.  6,  47S ;  das  köstliche  geschenk  des  hiinmcls, 
entschlusz  in  dem  geltenden  augenblick.  Schiller  193'; 

und  der  mächtigste  von  allen 
herschern  ist  der  augenblick.    49'; 
jedwede  tilgend 

ist  fleckenfrei  bis  auf  den  augenblick 

der  probe.    284* ; 

51 


803   AUGENBLICKCHEN  — AUGENBLICKS 

hast  du 
denn  nicht  im  augenbiick  gelesen?    2S4'; 
nur  um  zwei  augenbliclie  bittet  er, 
er  hab  ein  dringendes  geschärt.   365'; 
hier  ist  kein  augenbiick  zu  harren.    Göthe  9,  214; 
musz  ich  schon  wieder  warten  ?  Rüse.  den  augenbiick.  14,  259 ; 
der  augenbiick  nur  entscheidet 
über  das  leben  der  menschen  und  über  sein  ganzes  gcschicke. 

40,  279 ; 

du  sagtest  mir  einst,  es  begegne  den  menschen  in  ihrem  leben 
oft  ähnliches  auf  ähnliche  weise  und  immer  in  bedeutenden 
augenblicken.  17,  369 ;  so  ruhen  die  liebenden  neben  einan- 
der, welch  ein  freundlicher  augenbiick  wird  es  sein,  wenn  sie 
dereinst  wieder  zusammen  erwachen.  17,  414 ;  im  augenbiick 
der  Vollstreckung  gnade  erhalten.  Gotter  3, 12 ;  dasz  die  men- 
schen ihr  Stückchen  marktfleck  und  ihr  Stückchen  augenbiick 
von  jeher  mit  welttheil  und  Weltgeschichte  entweder  fürchtend 
oder  hoffend  verwechselt  haben.  J.  Paul  sphinxe  153 ;  gebt  mir 
das  feinste  stärkste  gift  der  ideale  ein,  damit  ich  meinen 
augenbiick  doch  nicht  verschnarche,  sondern  verträume.  TU. 
2,  73.  auf  einen  augenbiick,  für  den  augenbiick,  nach  dem 
franz.  pour  le  nioment ;  bis  zum  letzten  augenbiick,  jusqu'au 
dernier  vxoment.  ich  komme,  entscheide  mich  im  augenbiick. 
AUGE.N'BLICKCHEN,  n.  minimum  momcnlum:  nur  ein  klei- 
nes augenblickchen.  Lessin-g  1,547;  wollt  ihr  ein  augenblick- 
chen mit  herüberkommen?  Fr.  Müller  3,  375.  nn/.  oogenblikjc. 
AUGENBLICKEN,  oculos  jacere,  mit  den  äugen  blicken: 

alle  ursach  fliehen  der  lieb, 

die  anfenklich  hat  iren  trieb 

durch  beiwonung  und  augenblicken, 

freundlich  geberd  und  grusz  heimschicken. 
H.  Sacus  IH.  2,  130". 

AUGENBLICKLICH,  momenlaneus : 
in  dunkelm  genusz 
und  trüben  schmerzen 
des  augenblicklichen 
beschrankten  lebens.    Göthe  2,  61. 

AUGENBLICKLICH,  adv.  momento,  gleich,  eben,  quovis  mo- 
mcnto,  immer: 

sagts,  sagts  in  was  für  angst  ich  augenblicklich  bin. 

Fleming  652 ; 
ihr  meint  durch  langes  recht  die  schnelle  pest  zu  dämpfen 
die  augenblicklich  wächst.  Guyphius  1,  14; 

so  wird  es  um  uns  nur  trüber  und  dunkler,  je  mehr  wir  ihn 
{Hamann)  studieren  und  diese  finsternis  wird  mit  den  jähren 
immer  zunehmen,  weil  seine  anspielungen  auf  bestimmte,  im 
leben  und  in  der  literatur  augenblicklich  herschende  eigen- 
heiten  vorzüglich  gerichtet  waren.  Göthe  26, 110;  unsicher  aber 
blieb  die  ausübung  auf  jeden  fall,  und  es  war  keiner,  auch 
der  besten,  der  nicht  augenblicklich  irre  geworden  wäre.  48,  85. 
AUGENBLICKS,  ein  kräftiges  adv.,  mil  dem  gen.,  besser  als 
die  mil  der  praep.  gebildeten: 

auch  so  got  augenblicks  im  leben 

dem  menschen  sunst  all  kunst  mag  geben,    fastn.  sp,  14,20; 

das  Clement  luft  ist  also  trocken,  dasz  es  indorret  alle  was- 
ser  eines  augenblicks.  Paracelsds  2,  lo' ;  dasz  dieser  sich  augen- 
blicks aus  dem  zimmer  entbrach.  Lohenst.  Arm.  l,  260 ; 

was  mir  der  kaiser  schaft,  soll  augenblicks  geschehen. 

Ibrali.  35,  240 ; 
recht  so!  fängt  augenblicks  ein  junger  momus  an. 

Günther  519; 
damit  sie  augenblicks  Zum  opfer  fertig  sei. 

i.  E.  Schlegel  1,  31 ; 
geh,  hol  ihn  I    A'at/mn.  augenblicks  I    Lessinc  2,  284; 
und  augenblicks  verschwinden.    Wielasd  18,  156; 
doch  faszt  er  augenblicks  sich  wieder.    23,  262; 

alle  jene  widrigen  zügc  werden  augenblicks  verschwinden. 
Herder  15, 79; 

und  weisz  dabei  das  ansehn  sich  zu  geben, 

als  liesz  er  augenblicks  Tür  euren  dienst  sein  leben. 

Gotter  1,  107; 
sie  sollen  sich  ziirückzichn,  augenblicks.    Schiller  3S4; 
und  jeder  fühlt  an  deiner  holden  seite 
sich  augenblicks  den  gunsiliug  des  gusriiickcs. 

Göthe  3,  -28; 
nur  augenblicks  möcht  ich  den  jammcr  dämpfen, 
der  stechend  schwer  mir  auf  dem  busen  liegt.    4,56; 
augenblicks  verlor  ich  mich.    5,  161 ; 
diese   Wirkung   licsz  sich  augenblicks  in  der  gesellschaft  em- 
pfinden. 17,  109;   er  sprang  in  die  kammer,  und  augenblicks 
liel  ibm  ein,  dasz  er  die  uhr  noch  auf  dem  tisch  gelassen. 


AUGENBLITZ — AUGENBRAUNE 


804 


17,  386;  man  floh  sich  um  sich  einander  augenblicks  wieder 
zu  finden.  22, 100 ;  der  alte  erblaszte  und  die  wut  band  augen- 
blicks seine  zunge.  KlincerI,  57;  dasz  augenblicks  das  ganze 
werk  still  steht.  Tieck  5,  226 ; 

schnell  thuts,  doch  augenblicks  I 

A.  W.  Schlegel  im  kdn.  Lear  5,  3; 
wer  augenblicks  sah  jedes  glück  verschwinden. 

Platen  99; 
aber  augenblicks  befragt  der  prinz  ihn.    329. 

AUGENBLITZ,  m.  fulgur  oculorum,  scharfer  blick: 
mit  seltnem  augenblitz  vom  hohen  thurra 
uniherzuschaun  bestellt.    Göthe  41,  211 ; 

den  schärfern  augenblitz.  J.Pavi  Tit.  5,  i. 

AUGENBLÖDE,  f  hebetudo  visus,  schwäche  der  sehkraß. 

AUGENBLOSZ,  nudus,  apertus :  aus  dem  regen  kommt 
fruchtharkeit,  wormit  das  durstige  feldgebäu  begraset,  die 
steinöde  äcker  geschwängert,  die  augenblosze  auen  mitjäger- 
kleid  gezieret  . . .  'werden.  Adele  5, 151.  blosz,  nackl  wie  das 
ofne  äuge,  vgl.  mhd.  hendebluj  Nib.  1066,  3,  blosz  wie  die 
band,     oder  stände  es  für  augenlos,  blind,  kahl  ? 

AUGENBLÜTE,  /.  anagallis  arvensis,  gewöhnlich  gauchheil, 
ackergaUchhcil,  zuweilen  auch  augenzier. 

AUGENBLUTEN,  n.  haemorrhagia  ex  oculis. 

AUGENBOGEN,  m.  iris,  circulus  in  pupilla. 

AUGENBBAN,  AUGENBBANE,  f.  scheint  sich  neben  dem 
alten  ougbra  gebildet  zu  haben,  wie  neben  augbraue,  augen- 
braue  auch  augbraune,  augenbraune  vorkommt:  zornrunzeln 
über  den  augenbranen  zusammengezogen,  pers.  rosenlh.  5, 19, 
vgl.  3,  27 ; 

als  er  auf  diesen  schlag  sich  wieder  wolt  ermahnen, 
traf  er  zum  andernmal  ihn  auf  die  augenbranen. 

Werders  Ariost  13,  35; 
Brunello  war  der  ein,  und  führt  aus  Tingitan 
sein  volk,  und  hielt  hinab  betrübt  die  augenbran.    14,  3. 

Brockes  reimt  augenbranen :  bahnen  3,  702.  5,  390 ;  sein  augen- 
bran belebt  sie  treu  und  zart.  Herder  19,  12,  vgl.  oben  aug- 
braue. 

AÜGENBRAND,  m.  anthracosis,  exulccratio  oculi. 

AUGENBRAUNE,  f  supercilium,  ist  die  heute  vorhersehende 
gestalt  dieses  schwankenden  worts,  dessen  oblique  casus  brau- 
nen sowol  auf  ein  n.  braun,  als  f.  braune  zurückgehn  können, 
das  n.  wurde  unter  augbraue  und  eben  unter  augenbran  be- 
legt, gewöhnlicher  ist  das  f. 

zween  {liebesgölter)  saszen  in  den  äugen, 

und  in  den  augenbraunen 

versteckten  sie  die  bogen.    E.  von  Kleist  1,  52; 

augenbraunen  schreibt  Rabener  1,  118.  4,  169.  Winkelmasn  3, 
81.82; 

strich  Wolf 
sogar  die  augenbraunen  mit  der  band.    Lessing  2,  254 ; 

unter  den  buschigen  augenbraunen  des  sofisten.  Wielano  3, 
141;  sein  finsteres,  überhangendes,  buschiges  angcnbraun. 
Schiller  129 ;  meine  augenhraunen  sollen  über  euch  herhan- 
gen wie  gewitterwolken.  117'; 

fiirchten  hinter  diesen  launcn, 

diesem  ausstaffierten  schmerz, 

diesen  trüben  augenbraunen 

leerheit  oder  schlechtes  herz.    Göthe  1, 158; 

wir  mil  heitern  augenbrnunen 

segnen  sie  von  ort  zu  ort, 

das  versiummcn.  das  erstaunen 

bildet  sich  als  liebe  fort.    4.  78; 

die  siirne  voller  falten, 
die  augenhraunen  tieT,  die  äugen  düster  wild.    7,5; 

diese  schramme  die  ihm  hier 
die  augenhraune  spaltet.    9,95; 
sie  sitzen  schon,  mit  hohen  augenbraunen 
gelassen  da,  und  möchten  gern  erstaunen.    12,9; 
ists  auf  seinen  düstern  augenhraunen, 
im  vcrschlosznen  blicke!    14,44; 

der  major  muste  sich  also  gefallen  lassen,  dasz  seine  augen- 
braunen !)epinselt  und  seine  lippen  betupft  wurden.  22,  48 ; 
Sorgfalt  für  haut  und  liaare,  für  augenbraunen  und  zahne, 
für  bände  und  nägel.  22,  77 ;  auch  seine  augenbraunen 
scheinen  den  sinn  seiner  gesänge  auszudrücken,  nach  dem 
inhalt  beweglich.  44,  137.  Göthe  allein  zeigt  also  fünferlei 
gestalten  des  ausdrucks :  augbraue,  augenbraue,  augbraune, 
augenhraune  und  augbraun  n.,  warum  sollte  ihm  nicht  auch 
die  sechste  augenbraun  n.  {deren  sich  Schiller  bedient)  mund- 
gereclU  geweien  $ein?  augbra  oder  augenbran  lagen  ihm  ab. 


805  AüGENBRAUNBU>7LER— AUGENFLECK 

Al'GENBRAUNRUNZLER,  m.  musculus  comigatoT  superci^ 
liorum,  muskel,  der  die  augenbraunen  zur  nase  herabsieht. 

AUGENBRüNNE,  noch  eine,  und  zwar  schlechte  form  fiir 
augenbraune,  das  doch  mit  brunne  fons  nichts  gemein  hat: 
solch  verdorren  der  äugen  geschieht  auch  durch  Ungeschick- 
lichkeit des  Schneidens  der  augenbrunnen,  als  wenn  man  einem 
die  untern  und  obem  augenbrunnen  schneidet,  und  die  thren- 
löchlin  mit  verschneidet.  Bartisch  s.  125.  das  genus  hier  nicht 
:u  ersehen,  da  aber  auch  mehrere  ausgaben  der  lutherschen 
bibel  Hiob  3,  9  die  augenbrunn  der  morgenrüt  setzen,  ßr 
^ugenbrün,  so  ist  das  f.  unzweifelhaft. 

ÄlGENBUTTER,  f  gramiae,.  lemae,  gr.  lirur;,  y^uTj  = 
gramia  (mit  Wechsel  des  1  und  r),  bei  Dasvpodiüs  augenziger, 
augkotzen,  augenbutzen,  bei  .Maaler  39'  augenziger,  bei  Stie- 
LEa  263  augenbutter,  sonst  auch  augenkäse.    nnl.  oogendragt. 

AUGENDE,  n.  horizon:  äugend,  der  cirkel  am  himel,  so 
ferr  wir  in  mit  unsern  äugen  erlangen  künden.  Alberus,  wo. 
das  äuge  sein  ende,  seine  schranke  findet. 

AUGENDECKEL,  m.  was  augenlied. 

AUGENDEUTLICH, per5/)ic«us;  ich  verkannte  ihn  sowenig, 
dasz  ich  ihn  vielmehr  augendeutlich  vor  mir  sah.  Hippel  le- 
bensl.  4,  307. 

AUGENDIENEN,  oculis  servire,  adulari:  so  ich  der  weit 
anhang,  augendiene,  mit  heuchel,  und  förcht,  ich  könne  mich 
on  sie  nit  neren,  so  bin  ich  ir  eingefangener  knecht.  Frank 
parad.  182;  seine  stinkende  gerechtigkeit,  damit  er  etwa  vor 
den  menschen  augendient,  heuchlet  und  gleiszet,  29 ; 

den  Herren  wend  wir  ougendienen, 
wir  tbuond  das  sie  uns  heiszend  nicnen. 
trag.  Johannis  H  8. 

mhd.  ze  blicke  dienen,  jüngling  191.  201.  Renn.  18090. 

AUGENDIENER,  adulator,  nnl.  oogendienaar,  mhd.  ougen- 
schalc.  Amgb.  35";  oigendiener.  Schüress  chron.  s.  264;    das 
beer  geschäftiger  augendiener.  Lessisg. 
AUGENDIENEREL  f.  of&aXuoSovXeia. 
ÄUGENDIENERSCHAFT,  f.  dasselbe: 

beruft  uns  an  den  hof  ein  herr  von  legionen 

zur  augendienerschaft,  wer  mag  bei  löwen  wohnen? 

sogar  ihr  streicheln  schrecist.       Hagedorn  1,  36. 

AUGENDIENSCHAFT,  adulatorius :  das  eseltreibig,  lonsor- 
gig,  augendienschaft  gesind  ist  ihm  kaum  gehorsam.  Garg.  68', 
man  darf  nicht  lesen  augendiensthaft,  gegen  alle  verglichenen 
ausgaben,  dienschaft  scheint  also  ßr  servilis  zu  nehmen,  wie 
ahd.  friuntscaf  für  amicus  persönlich  steht. 

AUGENDIENST,  m.  sowol  adulatio,  als  auch  sertitium  ocu- 
lis {dat.)  praeslilum,  wie  der  titel  des  buches  von  Bartisch  und 
der  name  einer  heilsamen  blume  lehrt,  augendienst  oder  augen- 
trost  ist  die  euphrasia  officinalis. 

AUGENDRÜSE,  f  glandula  ocularis. 

AUGENENTZÜNDUNG,  f. 

AUGENERFAHRENHEIT,  f.  practisches,  durch  ansehn  mit 
den  äugen  erworbenes  geschieh:  darauf  sich  ein  jeglicher  in 
die  ubung  und  augenerfahrenheit  geb.  Paracelscs  l,  626*. 

AUGE.NFÄLLIG,  in  oculos  eadens,  manifestus:  dasz  jener 
farbenschmuck  sich  durch  so  manche  Jahrhunderte  klar  und 
augenfiillig  erhallen.  GGthe  44,  164 ;  hier  werden  zwei  hypo- 
tliesen  ausgesprochen,  dann  aber  zwei  augenfällige  reine  er- 
scheinungen.  55,  77 ;  die  vollkommen  wolkenlose  atmosphäre 
liesz  die  ganze  gegend  überschauen,  ohne  dasz  irgend  ein 
augenfälliger  gegenständ  sich  hie  oder  da  henorgelhan  hätte. 
60, 141 ;  doch  hält  man  viel  aufs  augenfällige.  Pi.ate.'^  282. 

AUGENFEDERN,  pili  palpebrarum.  HemschHO. 

AUGENfTiHLER,  m.  vitium,  error  »culi:  physiologe  färben 
—  anstatt  dasz  man  sie  vorher  als  flüchtige  augenfchler  be- 
trachtete. Göthe  60,  3S. 

AUGENFELL,  n.  plerygium,  tunica  oculorum,  sonst  auch 
nagelfcll,  it.  ungola ;  bei  .Maaler38'  geschrieben  augenfäl:  die 
längste  .schürze  fürThümmels  adamitische  grazie  ist  das  augcn- 
fell  der  menge.  J.Vau.  freiheilsb.  119. 

AUGENFEUER,  n.  die  schwarzäugige,  die  freudig  und  hell 
in  fremdes  augenfeuer  blickte.  J.  Paul  Tit,  4^  127.  Nenmch 
und  schon  das  vocab.  1482  haben  auch  augenfeuer  für  die 
pflanze  berberis. 

AUGENFISTEL,  f.  thrdnenfistel. 

AUGENFLAMME,  f.  die  augenflamme,  das  ToUe  leben,  fle- 
gelj.  1,107. 

AUGENFLECK,  m.  augenpunct,  an  kleinen  thieren  und  er,-»- 
bryonen   die  stelle  des  auges,  wo  das  unbewafnete  menschliche 


AUGENFLECKEN — AUGENKLAR 


806 


nur  einen  fleck,  nicht  das  ausgebildete  organ  wahrnimmt,    ein- 
facher, äuge  ßir  keim. 

AUGENFLECKEN,  m.   albugo,  leucoma. 

AUGE.NFLÜGEL,  m.  Fama  schwingt  die  augenflügel.  Fle- 
ming 45. 

AUGENFLUSZ,  m.  Ophthalmia  eatarrhalis,  lippiludo.  augen- 
flüsse,  thränen.  Spee  ed.  Junkm.  187. 

AUGENFÖRMIG,  oculalus. 

AUGENFRAGE,  f  wink  mit  dem  äuge:  nach  einer  augen- 
frage  Lianens,  ob  sie  es  solle.  J.  Paul  Tit.  2,  68. 

AUGKNFÜLLE,  f.  quod  oculos  implet,  occupat,  was  die 
äugen  einnimmt,  triegt:  darin  nichts  ist  als  ein  augenfülle, 
und  weiter  ein  ganzer  betrug.  Paracelsus  1,  626". 

AUGENFÜLLIG,  oculos  implens,  teuschend:  augenfüUige, 
scheinbare  sigszeichen.  Garg.  267*. 

AUGENGEFÄLLIG,  oculis  gratut:  eine  augengefällige  ran- 
dung.  Hippel  ehe  5,  86. 

AUGENGERSTE,  f    s.  augenhaber. 

AUGENGESPENST,  n.  nach  einer  schnft  von  Robert  Wa- 
ring  Darwin  on  the  ocular  spectra:  wir  haben  bei  recension 
des  danvinischen  aufsatzes  den  ausdruck  augengespenst  mit 
fleisz  gewählt  und  beibehalten,  theils  weil  man  dasjenige  was 
erscheint  ohne  körperlichkeit  zu  haben,  dem  gewöhniichea 
sprachgebrauche  nach,  ein  gespenst  nennt,  theils  w«il  dieses 
wort  durch  bezeichnung  der  prismatischen  erscheinung  das 
bürgerrecht  in  der  farbenlehre  sich  hergebracht  und  erworben. 
GüTHE  54, 244.    s.  augentäuschung. 

AUGENGESPRÄCH,  n. :  während  diesem  augengespräch  traf 
uns  mein  vater  wie  ein  blitz.  Hippel  lebensl.  1, 149. 

AUGENGESTELL,  n.  albugo.    s.  augstal. 

AUGENGIER,  f  oculorum  aridilas,  stärker  als  angenlust : 
in  hoffart,  flaisch  und  augengir 
vil  menschen  leben  als  die  thier.    Sckwabzesb.  157*. 

AUGENGIFT,  n.  was  die  äugen  vergiftet  und  durch  die  äugen 
den  menschen,  vgl.  ohrengift. 

AUGENGLANZ,  m.  splendor  oculorum,  mhd.  ougenglast,  dat 
auch  Maaler  38*  noch  angibt. 

.\UGENGL.\S,  n.  vitrum  oculare,  oculus  armalus: 
ich  sehe  heut  durchs  augenglas  der  liebe.    Göthe  5,  198. 

AUGENGLEF,  n.  so  heiszt  in  der  Wetterau  das  augenlied, 
der  augendeckel,  eigentlich  augenlippe,  von  glef  labium,  la- 
brum,  was  man  sehe. 

AUGENGLIED,  n.  eine  schlechte  form  ßr  augenlied,  augen- 
lid,  die  auf  Verwechselung  des  ahd.  hlit  opcrculum  (Graff  4, 
1115)  mit  lid  artus  (Graff  2,  1S9)  beruht,  schon  im  vocab. 
1482  augengelied  und  bei  H.  Sachs  I,  401*  meiner  äugen  gelie- 
der ;  die  augenglieder.  pers.  rosenth.  2, 14. 

AUGENGLUT,  f  fulgor  oculorum:  die  larve  beschaute  ihn 
nahe  mit  einer  Ungewissen  dunkeln  augenglut.  J.  Paul  Tit.  2, 106. 

AUGENGREIFLICH,  oculis  palpabilis,  gebildet  wie  hand- 
greiflich: er  war  mir  augengreiflich  ähnlich.  Hippel  lebensl. 
2, 412,  icie  aus  den  äugen  geschnitten. 

AUGENGREUEL,  m.  horror  oculorum,  gegensalx  ton  augen- 
weide:  mannlose,  gebrochene,  unnütze  augengrewel.  Garj.  273' 

AUGENGRIMM,  wi.  oculorum  truculentia:  Heinrich  nahm  an 
augcngrimni  zu  und  fuhr  an  Rosas  sommerhasenbalg  von  geh- 
ler seide  mit  gehlsüchtigen  blicken  auf  und  ab.  J.  Paul  Ste- 
benji.  3, 145. 

AUGENGRUBE,  /".  eavema  oculi,  augenhüle,  franx.  sali^re 
(salzfasz),  wird  zumal  von  pferden  gesagt. 

AUGENHABER ,  m.  hordeolum,  gerstenkom :  geschwür  der 
augenliedc,  gerstenkom  oder  augenhaber  genant.  Bartisch  163. 

AUGENHAUT,  f  tunica  oculi. 

AUGENHÄUTCHEN,  n.  tunicula  oculi. 

AUGENHEILKUNDE,  f  ars  medendi  oculis. 

AUGENHOLE,  f  cavum  oculi,  augengrube.  nnl.  oogenhol. 

AUGENHÖLENBLUTADER,  f. 

AUGENHOLENR.\ND,  m. 

AUGENHÖLENSCHLAGADER,  f 

AUGENHUFIG,  nennt  Seuter  148  und  es  scheint  ungulis 
raris,  wenn  der  huf  löeher,  äugen  hat.  gebildet  me  ToUbafig, 
harlhüfig,  flacbhüfig,  zwangfaüfig  u.  s.  w. 

AUGENKAMMER,  f  camera  oculi. 

AUGENKÄSE,  m.  lemae,  augenbutter. 

AUGE.NKITZEL,  m.  oculorum  tititlatio,  was  die  äugen  reizt, 
kitzelt. 

AUGENKLAR,  n.  candor,  purilas  oculorum,  gebildet  wie 
eierklar: 

51* 


807 


AUGENKNECHT  —  AÜGENLIED 


die  stirne,  dieses  haar, 
der  hals,  disz  augeiililar, 
die  rothen  wangen, 
der  stiiönheit  reiche  last, 
die  du  jetzt  an  dir  hast, 
ist  bald  vergangen. 

ScHiRMERS  singende  rasen,   lied  44. 

nnl.  ist  oogenklaar  name  eines  hrauts. 

AUGENKNECHT,  m.  augendiencr,  augenschallc:  das  letzte 
kleine  gedränge  feiler  augenknechte  zerflosz  um  seine  person. 
Schiller  807. 

AUGENKNOCHEN,  m.  backenknochen. 

AUGENKRAMPF,  m.  telanus  oculi,  spasmus.  mhd.  ougen- 
krimpf.  Herb.  1537.    vgl.  augenschrimpf. 

AUGENKRANK,  oculorum  morbo  laborans.  Göthe  31, 100. 

AUGENKRANKHEIT,  f.  morbus  oculorum. 

AUGENKRAUT,  n.  chelidonium  majus,  schellwurz.  man 
wähnte,  dasz  die  schwalben  damit  die  äugen  ihrer  jungen  stärken. 

AUGENKREBS,  m.  cancer  oculi,  ein  am  äuge  fressender  schade. 

AUGENKREIS,  m.    orbita,  augenhöle. 

AUGENKRIMMEN,  n.  pruritus  oculi,  s.  augenkrampf. 

AUGENLEDER,  ?i.  was  augcnblende,  scheuleder, 

AUGENLEIDEN,  n.  morbus  oculi. 

AUGENLICH,  adv.  evidenlet,  perspicue:  weil  nun  solche 
Weissagungen  wir  betrangle  Teutschen  an  ew.  kün.  maj.  augen- 
lich  erfüflet  sehen.  Christoph.  Andreae  Roseliüs  ratisponen- 
sis  trewherzige  buszposaune.  Amstcrd.  1643,  in  der  Zueignung 
an  Gustav  Adolf  {die  schriß  erschien  zuerst  1632).  kommt  sonst 
vicht  vor,  Oberlin  72  hat  äuglich  consenlaneus,  ahd.  galt 
oucsiunlc  evidens,  oucsiunigo  evidenter  (Graff  6,  128). 

AUGENLICHT,  n.  lumen  oculorum,  die  sehkraß:  er  liesz 
sich  durch  das  abnehmen  seines  augenlichts  nicht  davon  ab- 
halten. NiEBUHRs  kl.  sehr.  1,  71.  dann  auch  was  in  die  äugen, 
den  äugen  leuchtet: 

und  lebe  wol  mein  augenlicht! 

Schirmers  sing,  rasen  lied  68; 

licht  meiner  äugen,  geliebte!    häufig  aber  für  äuge: 

mein  klares  augenlicht  sol  stets  dir  gehen  für 

und  eine  fackel  sein.  Fleming  18; 

und  was  das  härlste  war,  so  halte  keiner  nicht 

von  uns  so  viel  der  zeit,  dasz  er  das  augenlicht 

der  liebsten  liönte  vor,  wie  sichs  gebührt,  gesegnen.    53; 

man  spüret  aus  dem  augenlichte 

ort  der  gedanken  tiefsten  giund.    Canitz162; 

0,  öfnet  euch,  ihr  lieben  augenlicbter! 

erwärmet  euch,  ihr  bände  I       Schiller  509. 

AUGENLIED,  n.  palpebra,  ß)J(paQov,  wörtlich  augendeckel, 
vom  ahd.  hlit,  ags.  hlid  operculum,  und  eäghiid  ist  aus  dem 
engl,  eyelid  zu  folgern,  nnl.  ooglid.  doch  erscheint  weder  ahd. 
ougahlid  noch  mhd.  ougelit,  sondern  palpebra  wird  durch  oug- 
brawa,  ougbrd  ausgedrückt,  auch  noch  bei  Dasvpodius  und 
Maaler;  Keisersberg  hat:  ir  ouglid  underschlagen.  seh.  der 
penitenz  53;  die  ouglidder.  ehr.  bilgr.  8;  Henisch  145  stellt 
neben  augendeckel  auch  augenlieder,  das  er  freilich  aus  Lu- 
ther entnehmen  konnte,  seit  welchem  das  wort  allgemein  in 
gang  kam.  mein  andlitz  ist  geschwollen  von  weinen  und 
meine  augenliede  sind  vertunkelt.  Hiob  16,  16;  sein  niesen 
glenzet  wie  ein  liecht,  seine  äugen  sind  wie  die  augenliede 
der  morgenrüte.  41,  9  {vgl.  augcnbrün  3,  9);  des  herrn  stucl 
ist  im  himel,  seine  äugen  sehen  drauf,  seine  augenliede  prü- 
fen die  menschenkinder.  ps.  11,4;  ich  wil  meine  äugen  nicht 
schlafen  lassen,  noch  meine  augenliede  schlummern.  132,  4; 
lasz  deine  äugen  stracks  für  sich  sehen  und  deine  augenlied 
richtig  für  sich  hin  sehen,  spr.  Sal.  4,  25;  lasz  deine  äugen 
nicht  schlafen,  noch  deine  augenlied  schlummern.  6,  4;  lasz 
dich  ire  schöne  nicht  gelüsten  und  verfahe  dich  nicht  an  iren 
augenliedcn.  6,25;  eine  art,  die  ire  äugen  hoch  liegt  und  ir 
augenlied  empor  helt.  30,  13;  das  unser  äugen  mit  thrcnen 
rinnen  und  unser  augenlider  {so)  mit  wasser  flieszen.  Jer.  9, 18  ; 

früh  eröfne  dich  ein  jedes  augenlied.    Weckuerl.  180; 

du  (sonne)  bist  jn  nufpcpnngen,' 

du  lages  augenlied.    Opitz  1,  168, 

nach  Sophokles  Anlig.  103  w  x^vasas  äfitQas  ßXscpaQov. 
meiner  äugen  schlafbcgierge  lieder.   Brockes  6, 175; 
denn  glaube,  Sapnho  konnte  iichicr 
nicht  mehr  nach  t'haon.  als  nach  dir  {dem  gcUlafe) 
mein  schweres  augenlied  verlangen.    Gokingk  2,  74; 
Unschuld  ruht  auf  ihrem  augenliede.    Cottkr1,75; 
cank  je  ein  schlaf  auf  meine  augenlicderl    Schillir; 
und  meine  augenliede 
geschlossen  hielt  der  friede.    Hückf.rt. 


AUGENLIEDERBRAND —AUGENMERK      808 

die  belege  zeigen,  dasz  der  pl.  bald  augenliede,  bald  augen- 
lieder gebildet  wird.  Weit  schöner  als  die  deutsche  Zusammen- 
setzung sind  die  lat.  und  gr.  ausdrücke,  palpebra  von  palpare, 
palpitare  {vgl.  augengreiflich),  ßXefaqov  von  ß}.snsiv. 

AUGENLIEDERBRAND,  m.,  enlzündung  der  augenlieder. 

AUGENLIEDERKRAMFF,  m. 

AUGENLIEDERROSE,  f.  und  ähnliche  Zusammensetzungen. 

AUGENLOCII,  n.  augenhöle:  haltet  ihr  die  bände  vor,  mag 
ihre  leeren  augenlöcher  nicht  sehen.  Fr.  MiJller  3,  385. 

AUGENLOS,  luminibus  orbus,  nnl.  oogenloos,  engl,  eyeless, 
mhd.  ougenvri:  blind  und  augenlos.  Keisersb.  ome>s37*; 

ach  sag,  warumb  das  kind 
ist  augenlos  und  blind?  H.  Sachs  I,  433'; 
nichts  als  den  stab  dem  augenlosen  greis.  Schiller  523'; 

du  so  sinn-  als  augenloser  mensch!  Niobe,  München  1688. 
s.  36;  die  augenlose  Liane  wurde  an  die  pforte  gestellt.  J.  Paul 
Tit.  3, 167.    auch  von  pflanzen  ohne  knospen. 

AUGENLUST,  f  oculorum  voluptas,  augenweide:  du  inen- 
schenkind,  ich  wil  dir  deiner  äugen  lusl  nemen  durch  eine 
plage.  Ezech.  24,  16;  der  äugen  lust  und  hoBartiges  leben. 
iJo/i.  2, 16; 

mein  tausendschön  und  augenlust!    Atrer381': 

wenn  fleisch,  wenn  augenlust,  wenn  hoffart  dich  ergeizet. 

Gryphius  2,  433; 
da  war  dieses  euer  zeichen,  euer  eigen  augenlust 
hat,  weil  so  der  herr  befohle,  zum  exempel  fort  gemust. 

LoGAU  2,  7,  7  ; 

es  gaben  auch  die  nach  Ordnung  gesetzte  bäume  anmutiges 
durchsehen  und  augenlust.  pers.  rosenlh.  2,  28 ;  eine  lumpichte 
augenlust.  Weise  kl.  leute  311 ; 

wenn  ich  augenlust  zu  finden 

unter  schatllcht  kühlen  linden 

schielend  auf  und  nieder  gehe, 

und  ein  schönes  mädchen  sehe, 

möcht  ich  lauter  äuge  sein.    Lessing  1,53; 

die  lugend,  die  durch  Psychens  ofne  brüst, 

wie  durch  krystall,  ihm  in  die  seele  schimmert, 

läszt  für  gemeine  augenlust 

ihm  keinen  sinn.  Wieland  9,  299 ; 

und  suchtest,  deinen  geist  zu  letzen, 

ja  nicht  aus  augenlust,  der  jüngsten  mädchen  kreis 

Götter  1,  245; 
und  setzt  die  kunst^etriebenen  geschirre 
zur  augenlust  auf  ihre  rechten  stellen.    Göthe  10,7; 

es  ist  eiije  behagliche  augenlust,  die  sich  im  allgemeinen  über 
die  sinnliche  weit  aufthut.  43,  408. 

AUGENLUSTIG :  die  augcnlustigen  und  die  vom  hoflartigen 
leben.  Hippel  lebensl.  3,  42  nach  1  Joh.  2, 16. 

AÜGENMAL,  n.  macula  in  oculo,  flecken  im  äuge. 

AUGENMASZ,  n.  oculorum  Judicium:  ein  richtiges,  gutes, 
schlechtes  augenmasz ;  ein  bild  nach  dem  augenmasze  fassen. 
LoGAü  3,  7,  31;  das  gelt  ist  heut  einig  und  allein  der  weit 
augenmasz.  Philand.  1,  245.    s.  augenraesz. 

AUGENMÄSZIG,  oculis  gralus,  commodus:  augenmüszige 
gegend.  med.  maulaffe  842. 

AUGENMATZ,  n.  lemae,  augenbutler. 

AUGENMERK,  n.  quo  attendunt  oculi,  scopus:  augenmerk 
des  Schiffers,  jiiger?,  reisenden;  sein  augenmerk  haben,  neh- 
men, sein  lassen ;  die  liebe  zum  vaterlande  sein  augenmerk 
sein  lassen.  Rabener  1, 174 ; 

erde,  wie  oft  warst  du,  in  deiner  niedrigen  ferne 
mein  erwähltes,  gelicbteres  augenmerk; 

Klopstock  Mess.  1,  105; 
du  königin  unter  den  erden, 
augenmerk  der  geschaincn,  vertrauteste  frcundin  des  himmels. 

1,522; 
die  flucht  sag  ich,  die  flucht  ist  nur  sein  augenmerk! 

J.  E.  SCIILEGRL  1,  88; 

nur  eine  einzgc  frau.  die  sich  zum  augcnmnrke 
der  himinci  nahm,  cnirinnet  der  gefalir.    Wirland  ; 

dies  ist  gewis,  dasz  Danae  in  der  erzählung  ihrer  geschichte 
mehr  die  gcselze  des  schiinen  und  anstilndigen,  als  die  pdich- 
tcn  einer  genauen,  liistorischen  treue  zu  ihrem  augenmerke 
genommen  hatte.  2,  166 ;  wenn  es  weniger  gewis  wilre,  dasz 
diese  herrcn  insgesamt  kein  höheres  augenmerk  hatten,  als 
ihr  glück  zu  machen.  7,21;  jeder  solle  nur  auf  seine  rollen, 
auf  die  kunst  sein  augenmerk,  seine  neigung  richten.  Gothb 
18,  262;  Pope  war,  wo  nicht  sein  nuister,  doch  sein  augen- 
merk. 25,85;  die  bcmüliung  des  freundes,  der  die  gesrhichtc 
des  colorits  zum  vorzüglichen  augenmerk  behielt.  54,  30S ;  in 
betrarktung  des  ganzen,  darauf  er  bestündig  sein  augenmerk 


809 


AUGENMERKUNG  —  AUGENREIZ 


hat.  Fr.  Müller  3,  344.     das  woH  kommt  auch  wol  männlich 
vor,  teenifistens  geslattet  sich  Göthe  31,  211  der  hauptaugenmerk, 
ACGESmEKRUNG,  dasselbe: 
dann  nichts  ist  drauf  nicht  der,  von  welchem  alles  hanget, 
mit  seiner  gegen>?art  und  augenmerkung  langet. 

Upitz  Hugo  Grot.  s.  298. 

AüGE>'MESZ,  n.  tcas  augenmasz: 
doch  nach  dem  augenraesz  allein 

Dtmpt  kein  gescheider  nicht  bald  ein  {eine  frau  zur  ehe). 
Fischart  e/is.  32. 

AUGENMILCH,  f.  beim  pferde:  über  den  obersten  aiig- 
brawen  in  oder  auf  dem  bein  der  stirn  ist  eine  hole,  welcbe 
insonderheit  wol  zu  merken,  denn  man  findet  sie  weder  in 
den  menschen  noch  sonsten  in  etlichen  vierfüeszigen  thieren. 
in  dieser  hole  pflegt  sich  ein  fett,  so  einem  truoslein  gleich 
scheinet,  zu  versamblen  und  wird  gemeiniglich  die  augenmilch 
genennet.  Uffenbach  rosbuch  s.  18.  verschieden  von  feifei, 
der  halsdrüse  des  rosses. 

AUGENMITTEL,  n.  medicatnen  oculorum. 
AUGENMUSKEL,  m. 

AUGENNEBELER,  m.  qui  lumini  nebulam  offundit:  liecht- 
scheue  augennebeler.  Garg.  n'. 
AlGENNEKV,  m. 

AUGENMCHT,  n.  ein  weiszer  metallischer  rusx,  der  sich 
itber  Öfen  ansetzt,  in  welchen  kupfer,  messing  oder  glocken- 
speise  geschmelzt  wird  und  gut  für  die  äugen  sein  soll,  heiszt 
auch  galmeiQug,  graunicht,  weisznicht,  s.  nicht. 

AUGENPAAR,  n.  une  paire  d'yeu.x,  a  pair  of  eyes,  unbe- 
holfner ersatz  des  allen  dualis  (s.  äuge  2): 

ein  funkelnd  augenpaar.    Chr.  Kmttbl  ».  132; 

ein  zauberisches  augenpaar.    Gotter  1,17; 

ein  augenpaar,  verklärt  in  tbränenschimmer.    3,418; 

das  süsze  wort  'ich  liebe  dich' 

sprach  aus  dem  holden  augenpaar.    Schiller. 

AUGENPAPPEL,  f.  malva  alcea. 
AUGENPEIN,  f.  augenqual,  augenschmerz. 
AUGENPFERDCHEN,  n.  iTtTtoi,  ein  fehler  der  äugen,  wenn 
sie  immer  Hinzen  und  springen,    s.  augstal. 
AUGENPFLEGE,  f.  cura  oculorum. 
AUGENPRACHT,  f.  splendor  oculorum: 

still  und  hehr  die  nacht, 

des  himmels  augenpracht  (die  Sterne) 

bat  nun  den  reihn  tegangen.    Fr.  ML'ller  3, 121. 

AUGENPULVER,  n.  poudre  aux  yeux,  eine  feine,  augenblen- 
dende schriß  im  buchdruck:  die  kleine  ausgäbe  ist  ein  rechtes 
augenpulver. 

AUGENPUNCT,  m.  punctum  in  quod  acies  oculorum  inten- 
ditur,  augenmerk,  gesichtspunct :  man  kann  die  sache  zur  ent- 
schuldigung  des  ungenannten  aus  einem  ganz  andern  augen- 
puncte  betrachten.  Lessixg  6,  273;  die  perspectiv  erfordert 
einen  einzigen  augenpunct.  6,  488 ;  eine  schilderei  wird  immer 
noch  ähnlich  befunden,  wenn  sie  auch  nicht  aus  ihrem  rech- 
ten augenpuncle  betrachtet  wird.  J.  E.  Schlegel  3,148;  facta 
sind  alles  was  man  daraus  machen  will,  aus  jedem  neuen 
augenpuncle  scheinen  sie  etwas  anders.  Wieland  8, 103 ;  eine 
Preisfrage  unter  den  wahren  augenpunct  bringen.  Hippel  10, 
137 ;  ihr  verliert  den  augenpunct,  denn  das  äuge  wird  von 
dem  visier  geblendet.  Schiller  10S6;  dadurch  geht  der  augen- 
punct verloren.  Göthe  33,  8 ;  den  augenpunct,  woraus  sie  die 
gellertsche  moral  betrachten.  33, 13.  in  der  anatomie  hriszt 
augenpunct,  wie  augenlleck,  der  bildungsanfang  des  embryo: 
die  augenpuncle  waren  an  diesem  embrjo  mit  weiszen  ringen 
umgeben.  Mecrel.    s.  augpunct. 

AUGENQUAL, /■.  augenpein:  du  schCpfer  meiner  augenqual ! 
TbCmnel  10,  56. 

AUGENQUELL,  m.  thränenquelle : 

der  schmerz  hat  meinen  augenqnell  versiegt, 
ich  habe  keine  Ihrüne  für  die  frcude.    Körper. 

AUGENRANÜ,  m.  margo  oculorum:  Ihränen,  am  augcn- 
rande  gereifet.  Fr.  M(}ll£R  1,  61;  sein  augenrand  quoll  wei- 
nend über.  J.  I'aul. 

AUGENRECHNUNG,  f.:  auch  verstieg  er  sich  in  derselben 
plättcrkunst  und  augenrechnung  also  hoch,  dasz  er  beides  in 
der  theorie  und  practic,  in  erturung  und  erbrechung  dersel- 
bigen  vorlreflich  ward  berühmt.  Garg.  175*. 

AUGENREIZ,  tn.  was  die  äugen  reizt,  schmerzlich  oder  wol- 
thuend.  den  Griechen  hieszen  reizende  frauen  ofd'aÄuwy 
cdyijSöves. 


AUGENTtEIZEXD  —  AUGENSCHEIN         810 

AUGENREIZEND,  ocuUs  placens:  gänge,  die  sich  augenrei- 
zend  schlängelten.  Hippel  9, 184. 

AUGENRING,  m.  circulus  oculi,  streifen  um  das  äuge:  da 
blickts  (das  lastet)  schrecklich  durch  den  gelben  bleifarbenen 
augenring.    Schiller  111. 

AUGENRÖTHE,  f.  haemalops,  blutunterlaufnes  äuge. 

AUGENRUHE,  f.:  die  sonne  blendete  ihn — .  —  als  er  bei 
hergestellter  augenruhe  Lucinden  und  Antoni  vor   sich   sähe. 

GüTHE   21,   148. 

AUGENSALBE,  f.  collyrium:  und  salbe  deine  äugen  mit 
augensalbe,  dasz  du  sehen  mügest.  offenb.  ioh.  3,  18.  ahd. 
oucsalpa,  ags.  eägsealfe. 

AUGENSALVE,  f.  schusz,  blitz  aus  den  äugen,  zombliek: 
zwei  auf  L.  geworfene  augensalven.  J.  Paul  Tit.  3,  78.  s.  au- 
genschusz. 

AUGENSCHADE,  m.  vitium  in  oculo :  Schriften,  die  er  we- 
gen eines  augenschadens  einem  Schreiber  in  die  feder  sagte. 
GösiNGK  im  leben  pücolais  s.  44. 

AUGENSCHÄDLICH,  oculos  laedens:  augenschädliche  Si- 
nope.    Garg.  62'. 

AUGENSCHALK,  m.  augendiener. 

AUGENSCHEIN,  m.  conspectus,  res  praesens,  avrorfia,  nnl, 
oogenschijn,  ein  m/jd.  ougenschin  A-aum  aufzuweisen;  auchLv- 
THER  braucht  das  wort  nicht,  wol  aber  andere  seine  Zeitgenossen  : 

wie  man  es  sieht  im  augenschein.   IL  Sachs  IL  2,  72'; 

dienn  sie  mir  gleich  im  augenschein, 

sinds  doch  heimlich  die  feinde  mein.    III.  3,65*; 

das  edle  kraul  wegwarten 
macht  guten  augenschein  (t/»at  den  auqen  wol). 
Uhlaxd  114 ; 

sihest  du  den  augenschein  seiner  not.  Agricola  jpr.  71' ;  wolle 
auch  hie  andere  aufraerker   hierüber  verordnen,    oder   selbst 
am  andern  ort  den  augenschein  halten.  Kirchhof  mtl.  disc.  134 ; 
und  es  weists  klar  der  augenschein.     Soltad  votksl.  466 ; 

0  herr,  worauf  ich  richte 
den  ganzen  sinn,  das  ist  dein  augenschein. 

Opitz  p«.  s.  53; 
ich  halte  den  für  todt,  für  unweis  und  verkehret, 
der  eine  Jungfrau  sieht,  und  ihm  doch  nicht  begehret 
derselben  huld  und  -gunst;  er  ist  ein  klotz  und  stein, 
den  nicht  bewegen  kann  der  lieblich  augenschein.    2, 147  ; 
so  wil  ich  auch  mit  steten  versen  ehren 
dein  hohe  zier  und  edlen  augenschein.    2,  173; 

wie  wir  den  unerschöpften  lauf  der  gewässer  bestürzt  in  au- 
genschein genommen.   2,  261; 

da  zeigt  der  augenschein  die  last.    Grtphids  1, 10; 

da  wir  in  augensch«in  die  höchste  schuld  genommen.  1,51; 

wer  weisz,  wer  unter  uns  beiden  besser  sei?  dem  augen- 
schein nach  gleiche  ich  wol  besser  zu  sein.  pers.  baumg.  4, 
21;  der  augenschein  hat  solches  von  etlich  jahrea  her  ziem- 
lich mitgebracht.    Simpl.  1,  21; 

gleich  trat  ein  junger  geck  herein, 
und  nahm  das  bild  in  augenschein. 

Gellkht  1, 136; 

um  über  ihre  Schönheit,  welche  einer  aus  der  gesellschaft  als 
unbeschreiblich  angepriesen  hatte,  den  augenschein  einzuneh- 
men. WiELAXD  2,  240;  Alcibiades  behauptete  die  Unmöglich- 
keit so  zuversichtlich,  dasz  kein  anderes  mittel  ihn  zu  wi- 
derlegen übrig  blieb  als  der  augenschein.  3,291;  der  augen- 
schein zeigt  ja,  sagte  man,  dasz  die  quellen  sich  mit  den 
abgaben  zugleich  vermehren.  7,  348 ;  dasz  dem  so  sei,  bewei- 
set der  augenschein.  8, 105 ;  das  zeigt  der  augenschein.  9,  91 ; 

ich  mag  nicht  vorgestellt 

bei  deinem  fiirsten  sein. 

weil  ers  für  gros/e  gnade  hält 

in  hohen  angen^rlieiii 

von  ihm  genommen  sein.    Göki.hgk  3,  51 ; 

ein  jeder  wollte  die  gesellschaft  in  augenschein  nehmen. 
Göthe  18,  263 ; 

ich  miisz  die  puppen  ordnen,  deren  augenschein 
sie  nehmen  können.       1'late;«  281', 

welche  phrase  doch  tadelhaß  ist,  da  man  nur  sagt  etwas  io 
augenschein,  n»c/i<  einer  sache  augenschein  nehmen,  berg- 
männisch heiszt  auf  augenschein  fahren  eine  grübe  besichtigen, 
im  gericht,  ein  beweis  auf  augenschein,  durch  augenschein; 
wie  der  augenschein  (die  evidenz  der  beweisführung)  darthut. 
KA.-HT  4,  223. 


8 1 1  AUGENSCHEINLICH — AUGENSEUZFER 

AUGENSCHEINLICH,  manifestus,  praesens  ante  oculos,  evi- 
dens,   avTomixös : 

lasz  dich  augenscheinlich  schawen.    H.  Sachs  V,  245'; 

darumb  gehört  in  die  arznei  ein  guter  verstand  und  ein  au- 
genscheinliche erfahreirlieit,  so  weisz  der  arzt  was  er  redt, 
das  also  ist,  nicht  nach  gedünken,  noch  wenen,  noch  hören 
sagen,  noch  bücher  lesen.  Paracelsus  1,  288';  augenschein- 
lich ist  es.  KincHBOF  tvendunm.  1,  171* ;  jene  Zeugnisse  seihst 
musten  so  glaubwürdig  nicht  sein,  dasz  ihnen  die  augen- 
scheinliche aussage  des  künstlichen  Schildes  niclit  vorgezogen 
zu  werden  verdiene.  Lessing  6,  487 ;  es  ist  augenscheinlich, 
dasz  die  ganze  gattung  sich  vereinigen  musz,  um  ihre  na- 
türliche herschaft  über  den  erdboden  zu  behaupten.  Wieland 
7, 126 ;  practisch  oder  augenscheinlich.  Hippel  11,  72 ;  durch 
sichere  erfahrung,  d.  i.  ein  unmittelbares  augenscheinliches 
bewustsein.  Kant  1,  78. 

AUGENSCHEINLICH,  adv.  evidenter,  vgl.  augensichtlich: 

das  man  innerhalb  zweinzig  jähren 
augenscheinlichen  wird  erfahren.    H.  Sachs  III.  1, 18'; 

die  fruchte  davon  zeigten  sich  augenscheinlich.  Wieland  6,  24. 

AUGENSCHEINLICHKEIT,  f.  evidentia:  des  Anaxagoras 
sonne,  welche  die  schüler  wie  ihre  meister  für  einen  stein 
hielten,  wider  alle  empfindliche  augenscheinlichkeit.  Winkel- 
MANN  3,  418 ;  mit  genügsamer  augenscheinlichkeit  aus  den  grün- 
den einsehen.   Kant  1,  54. 

AÜGENSCHIESZER,  m.,  einer  der  vielen  namen  der  li- 
bellula,  entweder  von  ihrem  schnellen  flurj,  mit  dem  sie  den 
äugen  vorüberschieszt,  oder  von  ihren  groszen  äugen,  die  ihr 
gleich  perlen  aus  dem  köpf  schieszen.     vgl.  augenstecher. 

AUGENSCIIIRM,  m.  umhella  ocularis. 

AUGENSCHLAG,  m.  ictus  oculorum.  aufschlag  der  äugen, 
ahd.  slag  der  ougen,  slag  dera  brawo  (Graff  6,  772) :  er  war 
so  gefällig,  mir  sogleidi  auf  meinen  ersten  augenschlag  aus 
dem  träume  zu  helfen.  Hippel  lebensl.  2, 117. 

AUGENSCHLÄGADER,  f.  arleria  ocularis,  nicht  mit  dem 
vorausgehenden  worte  zusammengesetzt,  sondern  ein  zu  Schlag- 
ader tretender  gen.  pl.  äugen. 

AUGENSCHLECHT,  f.  margo  oculorum,  augenrand:  der 
überflüssige  weinflusz  durchbrache  die  augensehlecht.  Abele 
4,  2.  scheint  heschlag,  einfassung  der  äugen,  vgl.  beschlächt, 
geschlächt  bei  Schm.  3,  427.  man  dürße  auch  ein  n.  augen- 
schlacht  mit  dem  pl.  augenschlecht  ansetzen,  oder  es  mit  au- 
genschlag verbinden. 

AUGENSCHLEIM,  m.  gramiae,  Icmae. 

AUGENSCHMALZ,  n.  dasselbe,  vgl.  Ohrenschmalz. 

AUGENSCHMAUS,  m.  deliciae  oculorum,  aiigenweide:  so 
einen  augenschmaus  haben  sie  noch  nicht  gehabt.  Gütiie  IG, 
216.     vgl.  Ohrenschmaus. 

AÜGENSCHMERZ,  m.  oculorum  dolor,  augenqual: 

vor  schlechtem  gebilde  jedem  graut, 

das  ein  augenschmerz  ihm  ist.    Göthe  3,  125; 

doch  uns  sterbliche  nöthigl,  ach 

leider,  trauriges  misgeschick 

zu  dem  unsäglichen  augenschmerz, 

den  das  verwerfliche,  ewig  unselige 

schönheitliebenden  rege  macht.    41,  189. 

AUGENSCHMERZEND,  oculos  laedens:  augenschmerzend 
nasz,  thräne. 

AUGENSCHÖN,  vegctis  nitidisque  oculis.   Stieler  1754. 
AUGENSCHRIMPF,  m.  augenkrampf.    s.  asefierschrimpf. 
AUGENSCHULD,  /.  culpa  oculorum: 

den  henker  scheut  Tast  jedermann,  Tast  niemand  sein  gewissen, 
da  Jener  doch  nur  augcnschuld,  dis  herzcnschuld  mag  büszen. 
LoGAu  1,  9,93. 

AUGENSCHUSZ,  m.  impetus,  ictus  oculi. 

AUGENSCHWACH,  infirmus  oculis. 

AUGENSCHWÄCHE,  /.  infirmitas  oculorum. 

AUGENSCHWAMM,  m.  spongia  oculata. 

AUGENSCHWARZ,  n.  der  färbeslof  des  auges 

AUGENSCHWEISZ,  m.  Spek  trutzn.  89. 

AUGENSCHWER,  m.  dolor  oculorum.  Gersdobf  wundarm. 
100.    ahd.  oucsuero.    Graff  6,  888. 

AUGENSCHWERE,  f.  gravitas,  lassitudo  oculorum.  wäre  ahd. 
,  oucsuüiri. 

AÜGENSCnWINDEN,  n.  tabes  oadorum:  augcnscbwinden 
wird  Icichtlich  erkennet  in  und  nachdem  sie  kleiner  werden. 
Pl.vTER  fferdcsch.  381. 

AUGENSEUFZEH,  m.  J.  Paul  aeslh.  1, 130. 


AUGENSICHTIG— AUGENTRIEFIG         812 

AUGENSICHTIG,  conspicuus:  die  ding,  so  verborgen  sind 
und  augensichtig  werden.   Paracelsüs  1,  25'. 

AUGENSICHTLICH,  adv.  aperte,  evidenter:  wir  sehen  au- 
gensichtlich.   Frank  2,  97. 

AUGENSONNE,  f.  deliciae  oculorum.  Stieler  2059;  leuch- 
tendes, groszes  äuge: 

er  klagt  der  schönen  seine  quäl, 
er  redt  von  strengen  liebeskerzen, 
von  augensonnen,  heisz  an  pein, 
von  tigermilch,  von  diamantnen  herzen 
Gelleri  1,  101 ; 

deiner  augensonnen  wälzen  brennt  mich  an  vom  köpf  zur  zeh. 

Voss. 

AUGENSPEISE,  f.  paslus  oculorum.    Stieler  2078. 

AUGENSPERRE,  f.  ein  krampf,  der  das  schlieszen  der  au- 
genlieder  hindert,  die  äugen  offen  stehen  macht. 

AUGENSPERRIG,  oculos  late  pandens:  die  albere  weit  ge- 
scheuder  und  augensperriger  zu  machen.  Fischart  (/roszm.  4 ; 
übersichtig  und  augensperrig  wie  ein  stier.  Garg.  19';  augen- 
sperrige stierköpfe.  145'. 

AUGENSPIEGEL,  m.  eine  schöne  frau,  an  der  sich  das 
äuge  spiegelt,  die  es  mit  lust  anschaut,  in  anderm  sinne, 
perspicillum,  brille:  wie  sollen  wir  die  augenspiegel  an  die 
nasen  stecken?  Paracelscs  c/ur.  ic/o-.  318'.  Lessing  11,  619. 

AUGENSPIEGEL,  m.  papilio  Apollo,  wegen  seiner  augför- 
migen  flecken. 

AUGENSPIEL,  n.  lusus  oculorum,  vgl.  die  äugen  spielen  lassen. 

AUGENSPRACHE,  f.  nictatio,  redende,  winkende  äugen, 
bhrüksepaläpa  (sp.  789). 

AUGENSPROSSE,  m.  die  untersten  spitzen  am  Hirschgeweih. 

AUGENSTECHEN,  n.  dolor  oculorum  pungens. 

AUGENSTECHER,  m.  UbeUula.  Stalder  1, 119.  wähnte  man 
dasz  sie  den  menschen  nach  den  äugen  fahre,  steche?  denn 
sie  heiszl   auch  teufelsnadel,  teufelsbolz.   vgl.  augenschieszer. 

AUGENSTEIN,  m.  stein  mit  augfürmigen  flecken,  runder 
eiförmiger  stein,  namentlich  ociclus  beli.  altn.  aber  bedeutet 
augasteinn  die  pupille,  gemma  oculi,  schw.  ögnasten,  ddn. 
öjesteen  und  es  besteht  vielfach  ein  mythisches  Verhältnis  zwi- 
schen äuge  und  edelstein. 

AUGENSTERN,  m.  pupula,  den  dichtem  aber  für  das  äuge 
selbst:  und. geschieht  dir  eben,  wie  man  sagt,  das  du  dich 
fürchtest  für  deinem  eigen  augenstern.  Luther  1,  514' ;  darum 
suchte  ich  in  ihrem  {der  menschen)  augenstern  auf,  was  sie 
etwa  wünschten.  Lenz  1,  214 ; 

das  kitzelt  unsern  augenstern, 
das  schmeichelt  unsern  obren  gern.    Schillkb; 
Narzisse  schaut  dich  an  mit  goldnem  augenstern.    R8ckert'.34; 

zu  nah  nicht,  noch  zu  fern 

der  muttt-r  augenstern.    405. 

AUGENSTRAHL,  m.  radius  oculi.  Spee  trutzn.  90. 
ein  mädchen,  so  von  angesicht, 
von  Stirn  und  augenstrahlen.    BijrgerSO*; 
augenstrahl  ist  mir  verliehen 
wie  dem  luchs  auf  höchstem  bäum. 
Göthe  42,  212. 
AUGENSUCHT,  f.  morbus  oculorum. 
AUGENSÜCHTIG,   inßrmus    oculis:    macht    den    menschen 
übermütig,  aigenliebig,  aigennützig,  augensüchtig,  frech,  üppig. 
Frank  3, 134. 

AUGENSÜSZ,  oculis  gratus,  engl,  eyesweet. 
AUGENTÄUSCHUNG,  f  ludibria  oculorum.  Göthe  54, 245, 
nachdem  er,  für  seinen  zweck,  den  ausdruck  augengespenst 
erwählt  hat,  fälirl  fort:  das  wort  augeiitäuschuugen  wünsch- 
ten wir  ein  für  allemal  verbannt,  das  äuge  täuscht  sich 
nicht,  es  handelt  gesetzlich  und  macht  dadurch  dasjenige  zur 
reaiitiit,  was  man  zwar  dem  worte,  niclit  dem  wesen  nach 
ein  gespenst  zu  nennen  bcreciiligt  ist.  Gleichwol  redet  der 
Sprachgebrauch  längst  vom  blenden,  täuschen,  triegcn  des  ge- 
siciils  und  der  äugen,  gespenst  /iber  ist  seinem  Ursprung  nach 
ebenfalls  fallacia,  suasio,  suggestio,  leibliche  oder  unleibliche, 
und  das  wort  soll  doch  wol  im  Faust  stehn  bleiben: 

ich  sehe  nichts  als  einen  scliwarzen  pudcl, 
es  mag  bei  euch  wol  aiigcnlauschung  sein.    12,  62. 
$.  augentrug. 

AUGENTHAUWETTER,  n.  lacrimae:  der  billige  wird  es  mit 
dem  augenthauwetter  meiner  tochter  nicht  so  genau  nehmen. 
J.  F'aul  lit.  nachl.  4, 191.  einfacher  sagen  mhd.  dichter  öugen 
saf,  ougen  regen  für  Ihrdnen. 

ALGENTHRÄNE,  f.  lacrima:  ir  würdet  die  bette  und  lu- 
stige lager  mit  augcnthrenen  waschen.  Luther  1,  21*. 

AUGENTRIEFIG,  lippus. 


813 


AUGENTROPFE  —  AÜGEMVEIDE 


AUGENWEIDE —ÄÜGICHT 


814 


AUGENTROPFE,  m.  lacrima: 

kein  augentropf  im  nie  empfiel.    Schsielzl  verl.  söhn  '*. 

AUGENTROST,  m.  euphrasia,  eine  den  äugen  wolthuende, 
heilsame  tciesenblume,  sonst  auch  augendienst  genannt,  nnl. 
oogentroost,  schw.  ögontröst,  dän.  öientröst,  altn.  augnafro 
{augenruhe),  ags.  eäg^yrt,  engl,  eyebright,  wie  mhd.  der  hlee 
ougenbrehende  heiszt  und  die  euphrasia  mit  noch  andern  na- 
men  die  tageleuchle,  die  weisze  leuchte,  der  lichte  tag,  vgl.  ags. 
däges  eage  {tages  augc)  primula  teris,  engl,  zusammengezogen 
in  daisy.  schottisch  sagt  man  ee  o'  day  {äuge  des  tags)  schön 
ßr  mittag  (Jahieson  1,  350  und  suppl.  1,  361).  troesten  abei-  wurde 
mhd.  mehr  gebraucht  für  wolthun  in  den  äugen: 

ze  sumere  diu  ougen  trösten  schoene  wise.    Senat.  822. 
schöne  wiesen  thaten  den  äugen  im  sommer  koI,  und  blumen- 
trost  begegnet  als  eigenname.     den   gegensatz   bildet  der  dorn 
im  äuge  (s.  äuge  '). 

gilgen,  augentrost,  narciss,  vergiszmeinnicht. 

Weckherlin  759; 
es  stunde  quendel  zwar,  auch  augentrost  die  fülle 
und  viel  mehr  kräuter  da.        Fleming  641 ; 
augentrost  ist  ein  kraut,  das  soll  da  slehn, 
wer  getrost  es  mit  äugen  an  darf  sehn, 
dem  musz  lust  zum  herzen  gehn.    Rückert  384; 

gelber  augentrost.  Schxcbr  1664  p.  22S  juni.  eine  andere 
euphrasia  pratensis  rubra  oder  odontites  hiesz  Zahntrost.  Wie 
nun  aus  blumen  insgemein  kosenamen  für  frauen  gewonnen 
werden,  deutet  sich  leicht  die  anwendung  von  augentrost  auf 
geliebte,  den  äugen  wolgeßllige  frauen,  obschon  sie  auch  ohne 
bezug  auf  das  kraul  gefaszl  werden  mögen,  doch  hat  dies 
WECKnERLiN  I»»  sinn,  weil  er  ehrenpreis,  veronica  damit  ver- 
bindet : 

mein  augentrost,  mein  ehrenpreis !    821 ; 
allgemeiner  sind  folgende  stellen: 

wann  ihm  sein  augentrost  den  hohen  sinn  gekommen. 
Opitz  2,  146 ; 
dadnrch  {durch  ihren  ausgesuchten  anzug)  ward  sie  den  män- 
nem,  wie  Ton  anfang  so  immer  mehr,  dasz  wir  es  nur  mit 
dem  rechten  namen  nennen,  ein  wahrer  augentrost.  denn 
wenn  der  smaragd  durch  seine  heriiche  färbe  dem  gesiebt 
Kol  thut,  ja  sogar  einige  heilkraft  an  diesem  edlen  sinn  aus- 
übt, so  wirkt  die  menschliche  Schönheit  noch  mit  weit  grö- 
szerer  gewalt  auf  den  äuszem  und  inneren  sinn,  wer  sie  er- 
blickt, den  kann  nichts  übles  anwehen.  Göthe  17,  68. 

AUGEiNTROSTGRAS,  n.  die  sternpßanze. 

AUGENTRUG,  wi.  fallacia  oculorum: 

herschl  zufall  blosz  und  augenirug?    Göthe  3,  117; 
ergetz  am  augentrug  den  blick,    daselbst; 
wenn  wir  uns  die  Vergangenheit  Jahrhunderte  weit  zurückma- 
len, so  erscheint  sie  uns  durch  einen  augentrug  morgendlich 
frisch  und  grün.  J.  P.4cl  34, 152. 

AUGENÜREL,  n.  infirmilas,  vitium  oculi. 

AUGENVERRLE.NDER.  ni.  praestigialor. 

AUGENVERBLENDERIN,  f  praesligiatrii. 

AUGE.NVERBLENDMS,  f  was  das  folgende. 

AUGENTERBLENDUNG,  f  oculorum  error:  das  schlug  Si.xt 
rund  ab,  weil  er  auf  die  mahlerei  Albrecht  DüreN  gar  nichts 
hielt,  sondern  das  wolgefallen  der  leute  an  dessen  magern 
gestalten  für  eine  augenverblendung  ausgab.  Ar.M)i  kronenw. 
1,  294. 

AUGENWASSER,  n.  lacrimae:  ich  wollte,  ich  könnte  die- 
sem undankbaren  könig  sein,  was  ein  fruchtl)arer  regen  einem 
dürren  lande  ist.  und  wenn  ich  mich  ganz  ausgösse,  bei  gott. 
ich  wollte  auf  das  letzte  samenkornchcn  mein  augcnwasser 
schütten,  um  es  zum  schusz  zu  bringen.  Ki.ingers  Ih.  4.  206. 
diu  ougen  guj^en  wa^^er  nidcr.  Tlrl.  Wh.  102';  ire  äuglein 
gaben  wasser.  Ambr.  liederb.  s.  132.  in  anderm  sinn,  ein  die 
äugen  keilendes,  stärkendes  wasser. 

AlGENWEH,  n.  dolor  oailorum.   der  äugen  wee.  H.  Sachs 

1,  456*. 

_    AUGE.NWEIDE,  f.  paslio  oculorum.   mhd.  engen  weide: 
»I  was  ze  ougen  weide  mancgem  recken  geborn. 
Nib.  200,  4 ; 
mtnes  llbes  ougen  weide, 
dast  diu  liebiii  Trouwe  min.    MS.  1,90*; 
da  gesach  ich  mir  vi!  leide 
eine  swire  ougen  weide.    Iw.  404; 
sin  vater  unde  muoier  sähen  an  ime  ir  liebten  ougen  weide. 

Cudr.  23,  4 ; 
daj  ich  dich  sihc  so  selten  in  der  minen  ougen  weide.    27  4; 
SU»  hej  ich  weiden  miniu  ougen  dar.    MS.  1,201'; 


si  lie^  ir  ougen  umbe  gän 

als  der  valke  üf  dem  aste, 

ze  linde  noch  ze  vaste 

hxtens  beide  ir  weide, 

si  weideten  beide 

als  ebene  und  als  lise.    Trist.  277,  2 ; 

vgl.  oben  äuge  14.     nhd.  bedankten  sich  nicht  sowol  vor  die 
bewirtung  als  vor  die  schöne  augenweide    gespenst  192 ; 

die  Felder  bringen  dir  des  segens  augenweide.    Gij.ntbii; 

kurz,  gar  ein  gutes  kind,  das  seine  augenweide 

an  andrer  wonne  sah.        Wieiand  9,  2S5; 

eine  bezaubernde  augenweide.    Gerstexberc  Ugol.  17; 
süszer  anblick,  seelenfreude, 
augenweid  und  herzensweide.    Göthe  11, 136; 
augenweid  und  seelenweide.    11,  138; 
des  reilers  augenweide, 
heraus  mein  schwert  heraus!    KöRi^Es. 

*.  äugelweide. 

AUGENWEIDEN,  n. 

zuletzt  im  blauen  blieb  ein  augenweiden 

an  fernentwichnen  lichten  linsternissen.    Göthe  2,  9.' 

AUGEN'WEISZ,  n.  das  weisze  im  äuge,  gebildet  wie  eier- 
weisz  und  eierklar:  es  zersprangen  die  glasaugen  der  furien- 
larve,  hinter  welchen  ein  grausend  aufgedrehtes  augenweisz 
seellos  starrte.    J.  Pacl  herbstbl.  3, 10. 

AUGENWEITE,  f.  conspectus,  so  weit  das  äuge  schaut. 

AUGENWERREN,  morbus  equorum.  Pinter  s.  381. 

AUGENWIMPER,  f.  cilium,  pili  palpebrarum,  ahd.  wint- 
prdwa,  mhd.  wintbra.   mehr  unter  wimper. 

hob  vor  erstaunen  bis  zur  stirne 

die  augenwimpern  auf.    Gökingk  2,  95. 

AUGENWINK,  m.  nutus  oculi,  augenblick,  m/id.  ougen  wanc : 

ich  wil  euch  Wunderdinge  sagen, 

wie  sich  die  liebe  pflegt  zu  jagen 

und  wachset  jeden  augenwink. 

Venus  oder  liebeslieder  von  Filidor  dem 
dorferer  Hamb.  1660  s.  266; 
der  weise,  dem  die  natur  zu  ihrem  magazin 
den  Schlüssel  gab.  thut  dies  und  gröszre  sachen 
in  einem  augenwink.  Wieland  4,  204 ; 

so  wie  die  heiligen  der  wüste  lächelnd 
mit  augenwink  die  leun  und  tiger  zähmten.     Tieck  3,  346. 

AUGENWINKEL,  m.  angulus  oculi,   hirquus. 

AUGENWÖUKCHEN,  n.  nubeaila  ociilaris. 

AUGENWONNE,  f  voluptas  oculi,  augenlust. 

AUGENWURZ,  f.  allgemeine  benennung  verschiedner,  den 
äugen  heilsamer  krduler,  als  leontodon  taraxacum,  Valeriana 
ofßcinalis. 

AUGENWURZEL,  n.  die  würzet  solcher  kräuter. 

AUGENZAHN,  m.  dens  caninus,  spitzzahn. 

AUGENZEUGE,  m.  teslis  ocularis,  avTÖxrr;?:  epische  Schil- 
derung der  aufstandskriege  Serbiens,  deren  wichtigste  momente 
er  als  augenzeuge  am  besten  darzustellen  vermochte.  GOtbe 
46,  328. 

AUGENZEUGNIS,  n. 

ein  augenzcugnis,  ein  erhaschtes  wort, 
ein  blatt  papier.       Schiller  265. 

AUGENZIEL,  n.  scopus,  meta  oculi,  augenmerk:  sich  von 
dem  bescheiden  zurückziehen,  was  ein  würdiger  zu  seinem 
augenziele  hätte.  Lohenst.  i4 rm.  2, 450;  wenn  man  nicht  blosz 
das  eingehenlassen  mittelmasziger  anstalten  zum  augenziei 
hätte.    Heyne  an  Joh.  Müller  220. 

AUGENZIER,  f  was  den  äugen  zierlich  erscheint,  auch  name 
eines  krauls.  der  anchusa  offtcin.,   die  sonst  licbäuglein  heiszt. 

AUGENZIGER,  m.  lemae. 

AUGENZUCKEN,  n.  augenkrampf. 

AUGERQUICKLICH,  oculum  recreans: 
also  sag  ich,  dasz  die  färbe 
grün  und  augerquicklich  sei.    Görai  5,  93. 

AüGESCHAUEN,  n. 

all  ihr  künstler  in  der  weit, 

derer  kfihnes  augcsch.iuen 

euch  so  vi.'l  kan'h.iuser  bauen 

in  das  blaue  gölterfeld.    Logau  1,  1,  13. 

AUGGCLBEN,  n.  eolor  luteus.  Garg.  77',  besser  auggilben, 
gelb  werden. 

ÄUGICHT,  EUGICHT,  was  das  folgende.   Stieier  69 ; 
wenn  sie  schon  mehr  als  Areiis  aufzieht  sein. 
LouEMsT.  hrah.  47,  566, 


«15 


ÄUGIG— AUGSTAL 


AUGSTAL— AUKE 


816 


ÄüGIG,  oculatus,  äugen  habend,  in  den  Zusammensetzungen 
einäugig,  dreiäugig,  groszäugig,  trieraugig. 
ÄUGLEIN,  n.  ocellus,  euglein,  s.  äugelein: 

zwei  braune  euglein  schieszen 
der  lieben  zum  fenster  ein.    Uhi-a!<d  182; 
sein  äuglein  liesz  er  sinken.    236; 
sie  sitzt  auf  ihrer  kammer, 
weint  ihre  äuglein  seidenrolh.    km.  38 ; 
0  weine  nicht  die  äuglein  rolh, 
als  ob  nicht  trost  und  hoTnung  bliebe.    Körker; 
schlaf  kindelcin,  äuglein  zu!; 
im  schatten  sah  ich  ein  blümchen  siehn, 
wie  Sterne  leuchtend,  wie  äuglein  schön. 
GöiHE  1,  27. 

im  kniUelvers  wagt  Gothe  den  pl.  äugleins: 

ihäten  mit  äugleins  sich  begäffeln.    13,  62. 
ÄÜGLEINSILBER,    n.,    bergmännisch,    das   an   dncsen  und 
erxstufen  angeschmauchte. 

ÄUGLEN  ßr  äugeln:  ich  sehe  schon,  wie  sie  auf  dich  al- 
leine sieht,  wie  des  äuglens  ist  kein  ende,  von  Birken  OL. 
280.     auch  bei  Hohberg  1, 123'.  125". 

ÄÜGLER,  ff!,  adulator,  augendicner,  nd.  ügeler: 

van  denie  kanine,  deme  ögeler.    ileinefce  4359  ; 
das  kaninchen,  der  äugler  verleumd(/t  mich. 

GöTHE  40,  148; 
Reinhart .  .  faszle  den  äugler.    40, 149. 
im  hallischen  salzwerk   heiszt   der   aufsichter  über    die   born- 
knechle  äugler,   gleichsam  der  sie  im  äuge  hat. 

ÄUGLICH,    ociilaris,    augenscheinlich:    dasz    sie    aus  ihren 
sinnen    geschriehen    haben    und   nichts    aus  der  erfahrenheit 
und  äuglichem  anzeigen.   Paracelsüs  1, 117'. 
ÄUGLICH,  adv.  mit  den  äugen: 

nach  solchen  werten  stund  er  stif 
wachen  oben  uf  dem  schif 
und  sah  die  Sternen  ei^klich  an. 

Murners  Virtjil.  Straszb.  1515.  75", 

nach  Aen,  6,  853  oculosque  sub  astra  tenebat; 

die  würstu  darnach  mögen  spehen 
und  on  schaden  eiglich  sehen.    78*. 

eiglich  ßr  euglich,  anglich,  wie  in  ereignen. 

AUGLIPPE,  f.  palpebra.    s.  augenglef. 

AUGLIPPENHAARE,  pl.  cilia:  die  linie,  an  welcher  die 
auglippeniiaare  stchn.   Lavater  fragm.  1,  216. 

AUGPUNCT,  m.  wag  augcnpunct:  das  bild  ist  mit  hohem 
augpunct  gemahlt  und  eine  ort  perspective  dabei  angebracht. 
GöTHE  39,  19 ;  deshalb  denn  auch  hohe  augpuncte  gewählt 
wurden.  44,  239.  auch  bei  Fichte  oß  augpunct  ßr  stand- 
punct,  gesichtspunct. 

AUGSATZ,  m.  ein  reis  mit  äuge  oder  knospe:  man  beizet 
auch  in  diser  monatzeit  die  Ölbaum  mit  zweigen  und  aug- 
«atzen.   Seriz  54. 

AUGSCHWARZ,  m.  eine  Burgunder  weinrebe,  auch  augst- 
klävner  genannt. 

AUGSPRIESZEL,  m.  was  das  folgende. 

AUGSPROSSE,  was  augensprosse. 

ÄUGST,  m.  mcssis,  nril.  oogst,  mhd.  ougest  und  ouwest, 
ernte  und  crntemouat,  august,  welsch  awst,  armor.  eost,  vgl. 
alln.  iiaust  auclumnus,  schw.  ddn.  höst.  aUgustus  und  auctum- 
nus  stammen  von  augcre.  wann  der  früling  erst  im  äugst 
seit  kommen,  so  hiesz  er  wol  Spätling.  Fisciiart  groszm.  29 ; 
vom  äugst,  sextil  und  obsmonat.  113 ;  im  keiserischen  augst. 
daselbst ; 

wer  tiMS  Tür  Unkraut  hält  und  wil  ims  bald  vertreiben, 
thiit  nichts  als  dasz  er  sich  sam  uns  noch  auf  wird  reiben; 
er  warte  bis  zum  augst,  da  wird  man  deutlich  kennen, 
wer  tüglich  sei  zur  erni  und  würdig  zum  verbrennen. 

LoGAU  1,  9,  17; 
obschon  für  grimmen  frost  des  daches  nagel  springt, 
«pricht  jener  'mir  ist  kalt';  obgleich  die  tropfen  zwingt 
die  hilz  aus  seiner  haut,  so  wird  er  dennoch  zittern, 
und  liesz  ihm  auch  im  augst  sein  kicid  mit  filchsen  füttern. 

3,  zugäbe  s.  216. 

t.  augslmonat.    augst,  aust,  august  heiszt  auch  der  haß,  die 
ephemera. 

AUGSTAL,  n.  albugo,  eine  augenkranhheit  der  pferde,  ahd. 
cucstal  (Graff  C,  676)  und  ougisal,  hougesnl,  howisal,  housal 
(1,  424.  4,  709);  für  den  augslail:  es  hat  ein  jedes  ros  das 
augstall,  und  so  es  mangnl  daran  uberkompt,  das  geschieht 
von  wegen  harter  arbail,  laufen  und  reiten  in  groszer  hitz. 
di«em  zu  helfen  nimb  ein  nadel,  darein  zeuch  ein  sciden- 
iudea  und  stich  oben  durch  das  heutlen  des  augs  und   lasz 


darinnen,  alsdann  so  nimb  eine  andere  nadel  mit  seiden  wie 
zuvor,  und  stich  sie  durch  das  heutlen  unden  am  aug,  und 
fasz  die  baidc  durchgestochne  nadeln,  und  zeuch  das  aug 
ein  wenig  von  einander,  damit  es  offen  stehe,  darnach  nimb 
noch  ein  eingefadnete  nadel  und  stich  sie  durch  das  inwen- 
dig heutlen  im  aug,  zeuch  es  an  dich  und  leg  es  fein  subtil 
auf  ein  finger,  so  wirst  du  in  dein  aug  an  dem  heutlen  ein 
dicks  und  zechs  ding  finden,  hart  wie  ein  kruspel,  als  grosz 
wie  ein  pfennig,  dasselbig  schneid  herausz.  Seuter  s.  176; 
von  dem  augstal.  Albrecht  rosarznei  Frankf.  1570.  s.  95 ;  aug- 
staal  oder  nagel.  Pinters.  381;  H.  Sachs,  als  er  die  roszhaut 
redend  einführt: 

die  rewden  bracht  mir  auch  grosz  quel, 

der  feifei,  darzu  die  augstel, 

da  must  ich  mich  beim  schmid  erst  leiden 

mit  elzen,  brennen  und  mit  schneiden.    I,  501'; 

nach  ScHM.  1,  37  heiszt  das  augengestell  eine  krankheit  des 
rindviehes,    wodurch  es  dumm  wird  und  gegen  die  wand  geht. 

Es  hält  schwer  über  dies  alle  wort  aufs  reine  zu  kommen. 
albugo,  Xevxco/ia,  ist  ein  weiszer  fleck  im  äuge,  ein  fehler 
der  hornhaut,  der  weisze  star,  schw.  ögnehinna,  dän.  binde 
(feil)  i  öiet,  ags.  eägfleä  (floh  im  äuge)  und  fleah  albugo,  in 
der  Schweiz  heiszt  die  hippobosca,  die  pferdebremsc,  gerade  aug- 
stahler  m.  (Stald.  1, 119).  vgl.  oben  augenpferdchen.  noch  ein 
andrer  ahd.  name  lautet  zinko,  cincho  (Graff  5,  681),  mit  der 
erklärung:  aegilopium,  vulnus  quod  inter  oculum  nascitur, 
aiyilcotfr  aber  bezeichnet  ein  unkraul,  das  zicgen  lieben,  und 
ein  augengeschwär.  bei  oucstal  dachte  man  sicher  an  äuge 
und  vielleicht  an  stal  stelle,  oder  an  stal  furtum,  musz  jedoch 
mit  howisal  eine  andere  Vorstellung  verbunden  haben,  cincho 
ist  das  bühm.  cink,  cink  na  oku,  augenfleck,  poln.  luszczka. 
mehr  noch  unter  star. 

AUGSTEICHE,  f  quercus  pedunculata. 

AUGSTEIN,,  wi.  succinum,  gewöhnlich  agstein,  und  ganz  ab- 
liegend von  augenstein:   als   der   magnet   an  sich  zeucht  das 
isen  und  nit  anders  dan  als  der  augstein  z"i   im   zeucht   die 
hälm  und  die  fasen.  Gersdorf  feldb.  66 ;  wann  man  den  aug- 
stein bei  das  feur  thut,  hebt  er  an  und  brennt.  Micylls  Tac. 
452* ;  augstein  in  Preuszen.    Fischart  groszm.  135 ; 
drei  höllische  syrenen, 
die  mit  augsteinen  reich  die  haar  und  arm  beschönen. 
Weckherlin  613. 

AUGSTER,  m.  eine  traubensorte  mit  groszen,  süszen,  schwärt- 
blauen  beeren,  äugstier,  bei  Stalder  1,  119  überhaupt  frührei- 
fendc  fruchte. 

AUGSTERN,  m.  was  augenstern,  äuge: 

zween  augstern,  ein  geslirn  ganz  schein  und  Schönheit  reich. 

Weckhkrlin  670. 
AUGSTMON,  m.  mensis  auguslus: 

den  sex  und  zwainzigi.^ien  tag 

im  augstmon  ist  geschehen.    Soltaü  369; 

im  augstmon  spate 

im  Torgemelden  jar.    420. 

AUGSTMONAT,  m.  dasselbe:  nu  was  es  in  dem  augslmo- 
nat. schimpf  und  ernst  cap.  Mi;  augstmonat.  Logaü  2, 10,  38. 

AUGUSTAPFEL,  m.  spliltapfel,  calville  blanche  d'ili. 

AUGUSTRILZ,  m.  boletus  luteus. 

AUGUSTEICHE,  f  augsteiche. 

AUGUSTHABER,  m.  avcna  saliva. 

AUGUSTHEISZ,  calidissimus.   mhd.  ougeslheij.  Pari.  3,  9. 

AUGUSTLINDE,  f  tilia  folio  majore. 

AUGUSTSCHEIN,  m.  netimond  im  aug'nst. 

AUGWENDLEIN,  ri.  minimum  7nomentum,  kein  augwendlein, 
dasz  man  das  äuge  nicht  wentlen  kann,  keinen  augenblick. 
SCHM.  4,  106. 

AUGWUNDE,  f.  vulnus  oculi:  dieweil  es  sehr  geCihrlich 
ist  mit  den  augwunden.  Fei..  Würtz  s.  111. 

AUGZWEIGUNG,  f  inoculalio:  sovil  die  augzweigung  be- 
langet,   ist    dicsclbige    diszfalls   nicht  zum   gewissesten.    Se- 

BIZ   307. 

AUH,  wcheruf,  entweder  gedehntes  au!  oder  gedrängtes  au- 
weh ! 

AUHIRSni,  m.,  ein  hirsch  auf  aue  und  waldebenc. 
AUJURKE,  f.  cucumis,  i\g\nkc,gurke: 

hat  ein  richier  nur  von  dir 

fünf  aiijurkcn  in  den  bänden, 

so  wird  er  gewis  darfür 

zehn  mclonen  dir  zuwenden,    pers.  rosenih.  8, 149. 

AUKE,  f.  rana  bufo  führt  Lkssinc  II,  619  aus  einer  Ver- 
deutschung der  gesta  Rom.   an,    und   die  von  Keller  bekannt 


817 


AUL— AUS 


gemadile  cap.  44  s.  68  gewährt  aukh,  acc.  aukhen,  noch  heute 
sagt  man  in  Sleier  auke,  die  bairischen,  Ostreich,  idiotica  ken- 
nen es  nicht;  mhd.  erscheint  es  nur  im  Tundalus  i2,  21: 

da  eaist  diu  oucche  noch  diu  cbrot, 
da    gibt    es   ueder  früsche  noch  krölen.     es  ist  das  ags.  ^ce 
rana  und   mit  übertritt   in  den  Zischlaut  das  nd.  ülze  (brem. 
«b.  5,  14S),  im  froschmeuselcr  eulze,  anderwärts  ütsche  krüte. 

AUL,  m.  olla,  fcetALBERUs:  ein  weit  milchdüpfen,  ein.aul; 
im  weislh.  ton  Altensladt  a.  14S5  (3,  455):  der  ulner  halben 
weisten  sie,  das  die  ulner,  die  in  der  marg  gesessen  sein, 
irer  sei  vile  oder  wenig,  die  mögen  alle  jare  und  eins  ieg- 
licben  jars  dreizehen  male  aiden  (brennen)  ire  dopfen  oder 
aulen,  und  nit  mhc.  noch  heute  begegnen  in  der  Wetterau  die 
eigennamen  Aulenpfad,  Aulenweg  «.  a.  m.,  allgemein  aber  gilt 
eulner  für  löpfer,  ßgulus.  anl  stammt  aus  dem  tat.  olla  und 
wurde  schon  in  der  ROmerzeit  dem  westlichen  Deutschland  zu- 
geführt, auch  gleicht  der  vucalwechset  in  aul  und  ulner  dem 
lat.  in  aula,  aulula,  olla.  in  Schwaben  und  in  der  Schweiz 
hat  sich  das  wort  nicht  erhallen. 

AULAMM,  n.  agnus,  s.  aue  agna,  ovis. 

AULNSPIEGEL,  m.  schreibt  Albercs,  dem  jenes  aul  geläufig 
war,  für  Eulenspiegel:  es  hat  der  reformierer  zeitlich  ange- 
fangen in  Düringen  zu  reformiern  und  gemahnt  mich  sein 
eben  wie  des  Aulnspiegeis.  wider  Jörg  Witzeln  mammcluken. 
F4*;  da  legt  Aulnspiegel  die  beiz  in  ein  büd  vol  wassers. 
ebenda,  doch  auf  dem  tilel  des  zu  Wittenberg  bei  Hans  Luß 
1542  gedruckten  'der  barfuszer  münche  Eulenspiegel  und  Al- 
coran'  folgt  er  {oder  des  tilels  abfassei)  der  gewülinlichen  weise. 

AUMAT,  n.  foenum  auclumnale,  grummet,  ahd.  ämdt  (Graff 
2,  653),  vielleicht  uomät  (gramm.  2,  '85),  mhd.  uomet  odei- 
oumet:  auch  die  matten  und  wiesen  zu  diser  zeit  wässeren, 
wo  es  aumat  tragen  soll.  Sebiz  58.    s.  afterheu  und  grummet. 

AUMEISZ,  AUMEISE,  f.  formica:  ein  häuf  von  aumeisen. 
FiscHAET  ehz.  56;  stellen  aus  Garg.  schon  unter  ameise  beige- 
bracht,    das  au  für  ä  oder  o  wie  im  vorhergehenden  worl. 

AUN,  f.  minutia  Uni.  Alberüs;  gersfen  sprewer,  gersten 
aun.    heute  in  der  Wetterau  an,  äne,  gerstenän.   s.  oben  ahne. 

AUß^  f.  hora,  uhr: 

dann  da  lief  sclion  die  reisend  aur 
die  ewigiilich  nimmer  stil  stot. 

WicKKA«  irr.  bilg.  14. 
s.  oben  auer. 

ALKENKRALT,  n.  AURLN,  ALRIAN,  m.  gentiana  centau- 
rium,  sonst  tausendgüldenkraut  und  erdgalle,  rother  aurin,  wo- 
gegen unter  weiszem  aurin  die  digitalis  minima,  gratiola  oder 
gralia  dei  verstanden  wird,  bei  Houbebg  1,  566*  wilder  aurin, 
'die  Friauler  nenncns  stancacavallo',  womit  sich  der  poln. 
biihm.  name  konitrud  berührt. 

ÄLRLEIN,  fl.  diminutiv  von  aur,  uhr,  also  ührlein,  ühr- 
then.  Garg.  173'. 

AUS,  diese  partikel  hält  denselben  gang  ein  mit  auf;  beide 
erscheinen  ursprünglich  nur  als  adv.  und  werden  allmälich 
auch  zu  praepositionen.  das  goth.  ut  drückt  immer  e^co  aus, 
niemals  ix,  i|,  und  das  gilt  ebenso  vom  ags.  alts.  üt,  engl. 
out,  altn.  üt,  schw.  ut,  dän.  ud  bis  auf  heute,  im  ahd.  ia, 
hebt  sich  schon  die  praepositionsanwendung,  doch  ist  sie  sel- 
ten (Gbaff  1,  534),  mhd.  und  nhd.  entschieden  und  häufig, 
nicht  anders  im  fries.  mnl.  fit,  nnl.  uit. 

Für  die  dem  gr.  ix,  lat.  ex  entsprechende  praeposition  diente 
goth.  US,  ahd.  ar  ir  ur,  altn.  or,  ur  {isl.  ör),  begann  aber 
bald  zu  veralten  und  findet  sich  mhd.  und  nhd.  als  er  nur  in 
zusantmenselzungen.  wie  erreichte  man  den  begrif  der  prae- 
position auf  andern  wegen? 

Schon  die  Gothen  pflegten  ihre  praep.  us  gern  durch  beige- 
fügtes ut  zu  stärken,  usiddja  ut  us  J)izai  baurg,  i^tTtootiero 
i^oj  T^s  7iö).co)t.  Marc.  11, 19 ;  usgagg  ut  us  |)amma,  t^et-d-e 
i^avrov,  J/arc.  1,  25 ;  usvairpandans  ina  ut  us  })amnia  veina- 
garda,  ixßaXtyyzts  avr'op  tkia  rov  du7te).cävos,  Luc.  20,15; 
uskusun  imma  ut  us  baurg,  i^tßaXov  avT(n>  £^(a  t^ä  tio- 
i-eois,  Luc.  i,  29;  anderema!  steht  bloszesas :  usiddja  us  imma, 
i^f/Xd-ev  an'  ainov,  Marc.  1,  26;  usgagg  us  ))amma  mann, 
i?£/5'e  ix  Tov  avd^QÜnov,  Marc.  5,  8.  diesem  ut  us  gleicht 
ein  ahd.  ö;  ar,  doch  nur  mit  partikelbedeutung,  nicht  als  prae- 
position, wol  aber  als  solche  altn.  fit  ur:  fit  ur  hüsi,  e  domo; 
tchw.  dagegen  werden  utaf,  dUn.  udaf,  ags.  fit  of,  engl,  out  of 
verbunden,  um  die  praep.  ex  auszudrücken,  ahd.  erscheint  kein 
ft;  aba,  so  wenig  als  goth.  ut  af,  zuweilen  aber  ahd.  öj  fona 
(Graff  1,  531),  mhd.  fij  von : 


AUS  818 

dm  vor  liebe  als  ein  tou 

mir  ü;  von  den  ougen  dranc.    MS.  1,  SO*; 

der  mäne  üj  von  den  wölken  steic.     Wigal.  7055; 

disen  schilt  hän  ich  dan  verstoln 

üj  von  andern  kinden.    Parz.  349,  13 ; 

da j  her  ü;  von  Naroklin.    IFh.  371,  2 ; 

doch  bleibt  die  formet  selten  und  nhd.  kommt  aus  von  nim- 
mer vor.  alts.  fit  fon  them  aiaha.  Hei.  6,  2  und  in  der  be- 
schwürung des  nesso :  üt  f;in  themo  flesge  an  thia  hfid,  fit  fan 
thera  hfid  "an  thesa  sträla  1 

Statt  dieser  Verknüpfung  des  öj  mit  andern  praepositionen 
war  es  dem  wesen  der  hd.  spräche  angemessener,  die  praepo- 
sitionskraß  in  das  blosze  fij  zu  legen,  wie  statt  ufan  in  das 
blosze  uf  oder  üf,  und  unsere  praeposition  fij,  nhd.  aus,  nnl. 
uit  unterscheidet  sich  von  dem  engl,  out  of,  schw.  utaf,  Jan. 
udaf  gerade  so  wie  mhd.  fif,  nhd.  auf  vom  engl,  upon,  schw. 
pä,  dän.  paa.  hochdeutsch  und  niederländisch  wurden  aus  und 
auf,  uit  und  op  praepositional,  den  nordischen  sprachen  ruht 
die  praep.  in  af  und  a,  welchen  die  parlikeln  ut  und  up,  letz- 
tere nur  mit  ihrem  consonantauslaul  vorantreten,  hat  nun  das 
deutsche  auf  ein  an,  das  aus  ein  ab  fahren  lassen,  während 
im  nordischen  jeder  nachdruck  auf  der  zweiten  partikel  haf- 
tete; so  stimmt  diese  erscheinung  zu  der  hochdeutschen  begün- 
stigung  aller  praefixe,  zu  der  nordischen  aller  suffixe  insge- 
mein, aus  nord.  utaf  itdre  taf,  wie  aus  uppa  pd  geworden, 
halte  nicht  die  länge  des  u  in  ut  den  vocal  erhallen. 

Goth.  US  gewährt  den  gegensatz  zu  in,  ganz  wie  af  den  zu 
ana,  folglich  unterscheidet  sich  us  von  af,  wie  in  von  ana. 
wer  aus  dem  hause  geht,  musz  in  ihm,  wer  ab  dem  berge 
sleigt,  musz  an  ihm  gewesen  sein;  der  vogel  fliegt  aus  dem 
nest,  a6er  ab  (von)  dem  bäum ;  man  hebt  den  decket  ab  (von) 
dem  becher,  trinkt  aus  dem  becher.  ut  gesellt  sich  zu  bei- 
den, US  und  af,  goth.  ut  us  razna,  altn.  fit  ur  hftsi,  ags.  fit 
of  huse,  engl,  out  of  the  house,  ir je  sich  altn.  upp  mit  bei- 
den praep.  a  und  i  verträgt,  uppä,  uppi. 

Mislang  es  nicht,  für  an,  ab,  auf  lebendige  wurzeln  in  der 
spräche  zu  suchen,  so  erscheint  ein  solches  bemühen  vergeblich 
bei  aus,  den  buchstaben  nach  wäre  Verwandtschaft  zwischen  goth. 
al  und  ut,  ahd.  a;  und  fij  möglich,  nhd.  aus,  d.  i.  ausz  mit 
goth.  US,  d.  i.  nhd.  er  zusammenzustellen  ist  ein  grober  fehler. 
US,  ahd.  ar  ir  ur,  begegnen  dem  sl.  \z\  litt,  isz,  letl.  is,  wahr- 
scheinlich auch  dem  lat.  ex,  gr.  ix,  «I,  tcoron  näher  unter  der 
Partikel  er  zu  handeln  sein  wird.  Verwandtschaft  zwischen  goth. 
US  und  ut  läszt  sich  kaum  darthun,  wenn  schon  gr.  i|  und 
e^co,  wie  eis  und  ei'oo}  eines  Stammes  sind,  dem  skr.  ut  s«r- 
sum  liegt  goth.  ut,  dem  begrif  und  der  mangelnden  lautier- 
schiebung  nach,  unverwandt,  die  nhd.  Schreibung  aus  für  aüsz 
=  mhd.  uj  wurde  durch  Ldther  gefestigt,  obschon  viele  schrift- 
steiler des  16  und  17  jh.  es  noch  bei  dem  ausz  belassen,  die 
aber  auch  hausz,  mausz  für  haus,  maus  setzen  und  von  dem 
unterschied  zwischen  s  und  sz  aller  richtigen  Vorstellung  ent- 
behren, aus  wird  wie  es  und  das  schon  durch  den  häufigen 
gebrauch  gerechtfertigt,  wiewol  beide  letztere  kurzen  vocal  vor 
dem  s  haben,  und  der  lange  sonst  sz  nach  sich  zieht,    siehe  sz. 

Auch  bei  aus  musz  wie  bei  auf  die  adverbiale  anwendung 
der  praepositionalen  vorangehen. 

I.  Aus  als  adverb  und  interj eetion. 

1)  aus  im  sinne  von  weg,  fort,  foras,  apage  hat  heute  ge- 
ringeren umfang  und  pflegt  durch  hinaus,  heraus  ersetzt  oder 
erweitert  zu  werden,  pfui  aus  I  Garg.  62',  wie  sonst  pfui  dich 
an!  hinter  einem  solchen  aus  folgt  dann  die  praep.  mit: 
darumb  nur  aus,  aus  mit  den  buben!  Lcther  1, 395";  aus 
mit  den  wüsten  sewen !  3, 161' ;  aus  mit  dem  folgern  und  gau- 
keln! 3,529';  aus  zum  teufel  mit  solcher  heiligkeit!  4,487'; 
aus  zum  teufel  mit  den  guten  werken  I  4,521";  pack  dich, 
troll  dich,  ausz  mit  dir!  Albercs  {wetterauisch  ousmitdir!); 
es  ist  ausz  mit  dem  heil,  ausz  mit  dem  zeug.  Maaler  39*; 
ausz  mit  disem  feindsäligcn  golt,  der  den  menschen  so  übel 
will!  Frank  f ararf.  rorr.  2' ;  ausz  ausz  mit  solchen  patientenl 
Waldis  £jop  4,  23;  o  ausz  mit  arzenei,  zuckerei  und  zaube- 
re!, die  die  leut  tödten !  Fischart  groszm.  140 ;  ausz  mit  sol- 
chem schleck  I  Garg.  42*;  ausz  mit  dieser  bibliothec,  die  sich 
nicht  zu  meinem  beruf  reimet.  Zixkcr.  apophth.  9,  18 ;  aus 
damit!;  und  damit  aus.  mann  im  Tockenb.  20.  heute  meistens : 
hinaus  oder  fort  mit  ihm!  hinaus  mit  dem  kerll  engl,  out 
wilh  bim!  out  with  it!  es  kann  aber  auch  der  nom.  oder 
voe.  gesellt  sein:  laut  schreien,  ausz  du  lecker,  du  bubl 
WiCKtAJt  rollw.  97' ; 

52 


819 


AUS 


AUS 


820 


ausz  ausz  ausz,  nur  immer  aiisz 

was  nit  gelt  hat,  ausz  meinem  haus.     H.  Sachs  III.  1, 116'. 

mhd.,  geschweige  ahd.  beispielc  dieser  fügung  liegen  nicht  vor. 

2)  aus  und  aus,  omnino,  prorsus,  von  anfang  zu  ende: 

wo  find  ich  dann  deins  vatters  haus, 
seuberliches  mägdlein? 
'ge  das  giiszlein  aus  und  aus, 
schweig  still  und  lasz  dein  fragen  sein'. 
(JuLAND  678 ; 

diser  flusz  lauft  durch  Preuszen  ausz  und  ausz.  Frank  weltb. 
66' ;  der  hat  sich  besunder  in  dem  dritten  buch  fortahcii  usz 
und  usz  hin  für  sich  und  uns  des  thalmuds  wol  und  ge- 
schicklich beholfen.    Reuchlin  augensp.  9' ; 

er  hat  den  tempel  dir  verwüstet  ausz  und  ausz. 
Opitz  3,295; 

Marcus  kunte  baun  ein  haus 
auf  von  grund  und  aus  und  aus.    Logaü3,  9,  90; 
der  ist  aus  und  aus  geblendet.    Chr.  Kniiiel  sinnenfr.  2i 

3)  aus  und  ein,  mhd.  dz,  und  \a: 
ej  gie  üi  unde  in.    Reinh.  589 ; 
daj  üj  gät  und  aber  in.    590 ; 

ein  schar  vert  üj,  diu  ander  in.    Walth.  20,  8; 
du  wilt  gewalteclichen  gän  In  minem  herzen  üi  und  in. 

55,11. 
n/»d.  du  fleugst  den  grünen  wald  aus  und  ein.    Uhland47; 
er  get  zu  Lüneburg  aus  und  ein.    122; 
er  reit  zu  Nürnberg  aus  und  ein.    341; 
wenn  wir  in  höchsten  nöthen  sein 
und  wissen  nicht  wo  aus  noch  ein.    Kirchenlied. 
wo  adel  und  ehr  beisammen  sein, 
darbei  gehet  ehr  aus  und  ein.    Lehmann  155; 
wo  ausz  wo  ein  waisz  ich  schier  nicht. 

ScHMEtzL  Verl,  söhn  6'; 
nun  weisz  ich  nicht,  wo  ausz  noch  ein.    AYnER66'; 
der  sonnen  Schwester  hetzt  durch  alle  hole  wälder 
und  jagt  pusch  ausz  pusch  ein.    Flebi.nü  65; 

aus  und  eingehen,  aus  und  einfahren,  weislh.  2,  172.  183 ; 
ich  bin  heute  hundert  und  zwenzig  jar  alt,  ich  kann  nicht 
mehr  aus  und  eingehen.  5  Mos.  31,  2;  aus  und  eingieszen. 
A  Mos.  4,  7;  ich  bin  die  thür,  so  jemand  durch  mich  einge- 
het, der  wird  selig  werden  und  wird  ein  und  ausgehen  und 
weide  finden  (^o//;.  ingaggij)  jah  utguggij)).  Jo/t.  10,  9;  zum  tau- 
benschlag  aus  und  ein  ^lilzen  (wischen).  Garg.AO*;  euer  excel- 
lenz sind  hiebevor  eine  geraume  zeit  in  meinem  haus  aus  und 
eingangen.  Sciiuppius  788 ;  weder  aus  noch  ein  wissen,  vnw.  doct. 
796;  so  weist  du  weder  aus  noch  ein,  wenn  nun  noth  an 
den  mann  geht.  Ki.opstock  12, 122 ;  und  wenns  nun  gar  recht 
zu  dem  geht,  woraufs  allein  ankommt,  so  wissen  sie  vollends 
weder  aus  noch  ein.  12,  150;  so  wurde  dadurch  den  Zwerg- 
lein gar  grosze  noth  und  kummer  bereitet,  dergestalt  dasz 
sie  nicht  mehr  wüsten  wo  aus  noch  ein.  Göthe  23,  91 ; 

da  ich  ein  kind  war, 

nicht  wüste  wo  aus  noch  ein.    2,79; 

da  wurden  erst  die  söhne  klug 

und  gruben  nun  jähr  ein  jähr  aus 

des  Schatzes  immer  mehr  heraus.    Bürger  77'; 

jähr  aus,  jähr  ein,  nnl.  jaar  uit,  jaar  in ;  ecuw  uit,  eeuw  in. 

4)  aus  und  an: 

hui  oben  aus  und  nirgend  an! 
wüst  nit  wo  ansz  oder  wo  an.  Uhland  021.     aus  und  davon 
(ähnlich  dem  auf  und  davon  sp.  604):  aus  und  darvon  kom- 
men.   Maria  wunderzeichen.    Ilegcnsb.  1522  n'  128 ; 

sie  läun  und  weisz  nicht  eben 
woher  und  wohin  ausz.    Fleming  106. 

6)  aus  hinter  Substantiven,  mhd.  an  sime  tage  und  alle 
die  Wochen  6;.  myst.  72,  2.  nhd.  das  land  aus,  den  wald 
aus  {wie  vorhin  bei  aus  und  ein);  trumpf  ausi;  besser  ein 
fenster  aus  als  ein  ganz  haus.  Öarg.  8 ;  die  kleidor  aus  und 
drauf  getanzt!  Garg.  99',  welches  abziehen  der  kleider  beim 
schlemmen  sich  erklärt  aus  Uhland  s.  578.  579  und  franz. 
Simpl.  1,  60. 

6)  ähnlich  dem  von  anfang  an,  von  stunde  an,  von  kinds- 
beinen  an  (oben  296)  heiszl  es : 

bisz  dasz  der  wein  in  im  erhitzt, 
dasz  er  im  zom  liuls  usz  switzl. 

MusKATBLUT  91,  39; 
den  die  grimme  well 
vom  höchsten  himmcl  aus  bis  in  das  grab  gefallt. 
Fi.KiiN«  3; 

er  ist  ehrlich  Ton  grund   aus,    taugt  nichts  von  der  wurzcl 
aus,  ist  ein  scheint  von  haus  aus;  von  haus  aus  bat  er  gor 


kein  vermögen;  eine  solche  heiterkeit  von  natur  aus  ist  mir 
unbegreiflich.  Götme  25,  349 ;  die  treulichste  Versicherung,  dasz 
wir  uns  von  grund  aus  liebten.  26,  22 ;  von  Leipzig  aus  wird 
mir  geschrieben,  dies  von  aus  reicht  wieder  ans  alle  ft;  von 
oder  das  engl,  out  of. 

7)  heraus  und  hinaus,  wie  wir  unter  1  sahen,  ist  Verstär- 
kung oder  nähere  beslimmimg  des  einfachen  aus,  in  welchem 
an  sich  selbst  schon  ein  bewegen  von  innen  nach  auszen  lag. 
in  daraus,  woraus,  hieraus  nähert  sich  aus  setner  pracposi- 
tionalgellung,  da  man  sie  wnselzen  darf  in  aus  dem,  aus  wel- 
chem, aus  diesem,  durchaus  gleicht  sowol  dem  durch  und 
durch  als  aus  und  aus.  voraus  bedeutet  wie  voran,  vorab 
inprirnis,  überaus  eximie.  er  ist  immer  obenaus,  will  oben- 
aus ;  von  unten  aus  wie  von  gründe  aus,  vornenaus,  hinten- 
aus,  nebenaus.  gerade  aus,  ganz  aus,  garaus,  halbaus.  gar- 
aus  und  voraus  werden  auch  substantivisch  genommen  wie 
kehraus,  saufaus,  wischaus,  reiszaus,  die  doch  von  auskeh- 
ren aussaufen  auswischen  ausreiszen  herzuleiten  sind,  wegen 
garaus  s.  ausmachen. 

8)  eine  menge  verba  setzen  sich  zusammen  mit  aus  und  die 
erste  frage  entspringt  hier  nach  dem  verhalten  dieses  aus  zum 
älteren  er.  in  der  goth.  spräche  erscheinen  nur  drei  fälle  des 
ut:  utbaurans  vas  naus.  Luc.  7,  12;  inngaggi})  jah  utgaggij). 
Joh.  10,  9;  Jiata  utgaggando  us  mann.  Marc.  7,  15;  hiii  ut! 
Joh.  11, 43.  usbairan  ist  ixtpioeiv,  ngofä^eiv,  warum  sollte 
nicht  auch  Luc.  7, 12  usbairan  stehn  dürfen  für  utbairan  dxy.o~ 
fiit,Biv?  usgaggan  verdeutscht  unzähligemal  e^aQxeod'ai,  ix~ 
TioQsvsad'ai,  utgaggan  blosz  in  jenen  zwei  stellen;  allein  Ul- 
FiLAS  häuß  auch  gern  beide  partikeln  in  ut  usgaggan  oder 
usgaggan  ut,  wie  in  usdreiban  ut,  usvairpan  ut,  uskiusan  ut. 
solchem  golh.  ut  us  entspricht  nun  ahd.  ü^ar  in  üjargangan, 
üjartripan,  üjanverfan  und  andern  mehr,  bei  Graff  1,  533  ver- 
zeichneten, woncben  aber  das  blosze  öjgangan,  üjtripan,  üj- 
werfan  gleichbedeutig  galt.  mhd.  wird  die  composilion  mit 
üjer  immer  seltner  {gramm.  2,  930),  heute  ist  sie  bis  auf  we- 
nige Wörter  (ausersehen,  auserlesen,  auserkiesen)  erloschen, 
wogegen  sich  die  mit  bloszem  mhd.  üj,  nhd.  aus  bedeutend 
mehrte.  Wenn  das  ahd.  argangan  noch  exire  ausdrückt  neben 
ftjgangan  (Graff  4,  89.  87) ;  so  haben  sich  mhd.  ergen  «iid  üj- 
gen,  nhd.  ergehn  und  ausgehn  dem  sinne  nach  weiter  von 
einander  entfernt,  und  nicht  anders  unterscheiden  sich  ertra- 
gen, erfahren,  erlangen  u.  s.  w.  von  austragen,  ausfahren,  aus- 
langen, wenn  auch  hin  und  wieder  beiderlei  bildungen  noch 
zusammentreffen  können,  die  trennbare  partikcl  aus  hat  diese 
Wörter  vieldeutiger  gemacht,  als  es  das  festgebannte  er  t;er- 
mochtc,  welchem  ursprünglich  jenes  aus  sich  nur  anlehnte,  bis 
es  endlich  der  stütze  nicht  mehr  bedurfte,  wie  die  praeposi- 
lionskraß  von  aus  durch  ö;ar  eingeleitet  sein  musz,  lassen  uns 
eben  die  Zusammensetzungen  mit  dem  verbum  ahnen,  das  ur- 
sprüngliche einfache  erblühen  ward  zu  auserblühen,  dies  zu 
ausblühen,  so  begegnen  sich  erheitern  ausheitern,  erhellen 
aushellen,  erosen  ausüsen,  erörtern  ausürtern. 

9)  a  u  s  neben  dem  verbum  bedeutet,  bald  positiv,  bald  privatiu 

a)  regen  und  bewegen  von  innen  her,  zumal  bei  in- 
transitiven, jenem  er-  zunächst  stehend:  feuer  bricht  aus,  was- 
ser  läuft  aus.  ebenso  bei  ausgehen,  ausfliegen,  ausflieszcn, 
auskommen,  auskriechen,  ausschliefen  u.  s.  w.  transitiv  von 
auszen  her:  vögel  ausheben,  ausnehmen. 

b)  entfernen,  weil  mit  dem  austritt  meistens  auch  ein 
weg  und  fort  stattßndet,  der  ausfliegende  vogel  zugleich  fort- 
fliegt, zumal  gehören  hierher  die  transitiva  ausgeben,  aus- 
tragen, ausdrücken,  ausbürsten,  ausklopfen :  den  staub  aus 
dem  hat  klopfen,  den  dotier  aus  dem  ei  blasen,  und  dann 
den  hut  ausklopfen,  das  ei  ausblasen. 

c)  bei  manchen  transitiven  bezeichnet  aus  ein  aus  vie- 
len, unter  der  menge  suchen  und  wählen:  auserlesen, 
auscrwählen,  auswühlen,  ausersehen,  ausscheiden,  aossucben, 
ausheben,  ausnehmen  «.  s.  w. 

d)  noch  häufiger  fertig  sein,  ende,  Vernichtung, 
intransitiv  und  transitiv:  alles  ist  aus,  das  lied  ist  aus,  zu 
ende  gesungen;  das  feuer  ist  aus,  the  firc  is  out,  erloschen, 
ausgegangen,  die  kerze  ist  ausgebrannt,  das  brot  ausgehackcn, 
der  sturin  hat  ausgerast,  der  gesell  hat  ausgebuht,  das  buch 
ausarheilen,  vollenden;  aushallen,  ausdauern;  ausgreifcn,  a&- 
greifen. 

In  allen  vier  richtungen  berührt  die  partikcl  sich  mit  er, 
ent,  vcr:  ausbitlcn  erbitten,  austragen  ertragen,  ausgraben 
ergraben,  ausgehen,  sich  ergehen,  ausgrübeln  crgrübelu,  aus- 


821 


AUS 


AUS 


822 


löschen  erlöschen,  ausgründen  ergründen ;  ausfliegen  entflie- 
gen, ausblättern  entblättern;  ausgeben  vergeben,  ausblühen 
verblühen.  Sehr  oß  steht  der  composilion  mit  aus  eine  mit  an 
entgegen:  anfaulen  und  ausfaulen,  angrünen  und  ausgrünen, 
anmachen  und  ausmachen,  anfertigen  und  ausfertigen,  um  beginn 
oder  Vollendung  zu  bezeichnen.  ?iicht  selten  aber  kann,  au- 
szerhalb  des  Zusammenhangs,  zureifelhaß  sein,  ob  die  positive 
bedeutung  gelte  oder  die  privative,  z.  b.  ob  ausgehen  egredi 
oder  deficere  (feuer  geht  aus  =  bricht  aus  und  geht  aus  = 
erlischt),  ausblühen  efßorere  oder  deßorcrc,  ausbrüten  parcie 
oder  desinere  parere,  ausflecbten  ßectere  oder  dissolvere,  aus- 
feuem  feuer  schlagen  oder  aufhören  zu  feuern  seien,  ähnli- 
cherweise Kar  auch  auf  in  der  Zusammensetzung  sowol  ein 
heftendes  als  lösendes,  man  darf  nur  in  den  Wörterbüchern 
die  privativen  aus  nicht  übertreiben,  denn  es  gäbe  kein  ver- 
bum,  das  nicht  durch  vorgeschobnes  aus  privativ  gemacht  wer- 
den könnte,  in  dem  sinne  dasz  ein  außören  seines  begrifs  be- 
zeichnet werden  sollte,  der  Sprachgebrauch  hat  ein  privatives 
ausleben,  ausschlafen  geheiligt,  kein  privatives  ausführen,  aus- 
wachen =  rfesinere  ducere,  vigilare,  wie  umgekehrt  aufwachen, 
kein  aufschlafen. 

10)  subslantiva  mit  aus  xusammengeselzt  stammen  meisten- 
theils  ab  von  rerben  gleicher  art:  ausfall,  ausbund,  ausfahrt, 
ausflug,  ausflusz,  ausgang,  auskunft,  ausschusz,  ausschlusz 
«.  s.  if.  ton  ausfallen,  ausbinden,  ausfahren,  ausfliegen,  aus- 
flieszen,  ausgehen,  auskommen,  ausschieszen,  ausschlieszen. 
nur  bei  wenigen  wie  ausacker,  ausbürger,  auseisen,  ausländ, 
ausmann,  ausmärker,  ausweg  u.  s.  w.  ist  die  partikel  unmit- 
telbar und  allein  dem  subst.  vorgetreten. 

II.  Aus  als  praeposition  bindet  sich  durchgehends  nur 
mit  dem  dativ,  stellt  also  immer  bewegung  von  einem  orte  her 
dar;  adverbiales  aus  konnte  sieh  auch  mit  der  richtung  hin 
vertragen  und  einen  acc  vor  sich  haben:  den  weg  aus,  das 
jähr  aus. 

1)  da  aus  dem  in  entgegensteht,  wie  von  dem  an;  so 
musz  auf  die  frage  woher?  aus  geantwortet  werden,  wenn  auf 
wo?  wohin?  in  erschallt  und  auf  woher?  von,  wenn  auf  wo? 
wohin?  an  oder  auf  cu  sagen  ist.  es  heiszt  also  kommen 
aus  dem  bette,  steigen  aus  dem  wasser,  gehn  aus  dem  gar- 
ten, aus  dem  walde,  aus  der  kammer,  gieszen  aus  dem  be- 
cher,  den  kern  aus  dem  obst  nehmen,  erstehn  aus  dem 
grabe,  weil  man  im  bette  liegt,  im  wasser  schwimmt,  im  gar- 
ten, im  walde,  in  der  kammer  ist,  der  wein  im  becher,  der 
kern  im  obst  ist,  weil  man  ins  grab  gelegt  wird,  ins  bette 
steigt,  in  den  wald  geht,  hingegen  vom  tische  aufstehn,  vom 
felde  kommen,  vom  dache,  vom  pferde  steigen,  den  apfel 
Tom  bäume  brechen,  weil  man  am  tische  sitzt,  auf  dem  felde 
ist,  auf  dem  dache,  auf  dem  pferde  sitzt,  der  apfel  am  bäume 
hängt,  daher  ist  ein  unterschied  zwischen  aus  dem  hause  und 
von  hause,  zwischen  aus  dem  hofe  und  von  hofe,  zwischen 
aus  dem  berg  und  von  dem  berg  kommen,  der  geht  aus 
dem  hofe,  der  in  dem  hofe  war,  der  gehl  von.  hofe,  der  zu 
hofe  war;  ein  knappe  steigt  aus  dem  berg,  ein  wandersmann 
von  dem  berg.  der  vogel  fliegt  aus  dem  ncst,  aber  von  dem 
bäum,  weil  er  im  nest  sasz,  auf  oder  an  dem  bäume  stand, 
der  reiter  steigt  vom  pferde,  aus  dem  sattel. 

2)  bei  land  und  ort  schwankt  schon  die  ältere  spräche,  doch 
scheint  für  land  die  praep.  aus,  für  den  ort  von  angemesse- 
ner, »eil  man  in  dem  land,  aber  an  dem  orte  wohnt,  ich 
bin  aus  Hessen,  von  Hanau;  aus  dem  Elsasz  gebürtig  (Güthe 
25,  339),  von  Straszburg.  es  heisit  in  ein  land,  an  einen  ort 
reisen,  gehn,  wie  franz.  aller  en  Italie,  cn  France,  aller  ä 
Roma,  ä  Paris,  beidemal  aber  venir  de  France,  venir  de  Paris, 
da  diese  spräche  den  unterschied  unseres  aus  und  von  nidit 
faszt,  also  unser  aus  einem  lande,  von  einem  orte  kommen 
niclit  erreicht,  mhd.  Gere  ög  Burgundenlant.  ?iib.  68S,  2 ;  der 
fürste  ö?  Osterriche.  MS.  2,  2" ;  der  hell  öz;  Osterrich.  2,  2' ; 
A;  Pcicrlanl  ein  fürste  wert  MS.  2,  65* ;  des  küneges  kint  Aj 
Ungerlunt.  .WS.  2,  2iu';  der  künec  usz  oberlanden.  Mcskatclut 
32,  60  und  noch  Lutheb  der  könig  aus  Syrien.  2  kön.  6,  8, 
viel  ößer  zu  Syrien,  in  Syrien,  nicht  von  Syrien;  die  königin 
aus  Arabia.  Schuppils  95.  96;  herzog  Herman  aus  Lothringen. 
387.  Vor  den  namen  einzelner  sladle  und  bürgen  findet  mit 
recht  von :  von  Troneje  Hagene,  von  Netzen  Ortwin,  Wolfram 
von  Eschenhach,  herzöge  Heinrich  von  Presselu,  marcgräve 
Olle  von  Brandenburg,  der  herzöge  von  Anehalten,  woraus 
sieh  das  allmälich  sinnlos  gewordne  von  in  den  namea  der 
edelleute  entfaltete.     Wider  die  regel  setzt  aber  Wolfbam  voq 


Bürgen  fürste  Herman.  Parz.  297,  16;  lantgraf  von  Bürgen 
Herman.  Wh.  3,  S.  417,  22  und  nicht  üj,  wie  es  auch  in  den 
überschrißen  der  minnelieder  künec  Wenzel  von  Behein,  von 
Tenemarke  der  künec  Liudgast.  Sib.  139,  3  heiszt  und  niemand 
anstosz  daran  nahm,  umgekehrt  ist  uns  heute  beides  gleich 
geläufig  zu  sagen,  ich  wohne  zu  Berlin  oder  in  Berlin,  waruni 
sollte  unverstattet  sein  ich  komme  aus  Berlin?  Lichtexsteiv 
im  frauendienst  s.  162.  163  schrieb  nicht  nur  ze  Wiene,  ze 
Villach,  sondern  auch  ze  Stire,  ze  Langparten,  er  wird  also 
vor  ländem  und  örtem  von  gesetzt  haben  und  mhd.  ist  ze 
Burgonden  so  richtig  wie  in  Bürgenden,  folglich  auch  von 
Walhen,  obgleich  man  ahd.  vorzog  in  Walhum  und  üj  Wal- 
hum.  lat.  in  Sabinis  natus  und  e  Sabinis  redire,  nicht  a  Sa- 
binis. 

3)  die  nahe  berührung  zwischen  aus  und  von,  wie  sie  uns 
selbst  die  Verknüpfung  ü;  fona,  üj  von  anzeigt,  tritt  noch  in 
manchen  andern  lagen  vor,  wo  beide  praepositionen  tauschen, 
wir  sagen  heute:  nicht  von  der  stelle  gehn  oder  weichen, 
sonst  galt  auch  aus :  du  kannst  nicht  aus  der  stelle  gehen. 
Lenz  1,207;  weder  wagon.  noch  masken,  noch  Zuschauer  wei- 
chen aus  der  stelle.  Güthe  29,  271.  ßr  aus  dem  wegel 
apage,  schw.  ur  vagen  I,  aus  dem  wege  gehn,  decedere  de  via, 
wäre  auch  heute  ungebräuchlich  von  dem  wege,  wol  aber  heiszt 
es  von  der  strasze,  nicht  aus  der  strasze.  einsmals  ritten 
etzliche  kaufleute  aus  der  Leipziger  messe.  Schlppics  361, 
heute  von  der  messe. 

4)  dem  lat.  unus  aliquis  e  multis,  aliquis  ex  vobis  gleicht 
unser  einer  aus  {von)  vielen,  einer  aus  dem  häufen,  aus  der 
zahl,  aus  eurer  mitte ;  fieng  er  einen  knaben  aus  den  leuten. 
rieht.  8,  14;  etliche  aus  inen.  1  chron.  10,  28;  viel  aus  inen 
fallen.  2  Mos.  19,  21 ;  iemand  aus  den  stemmen.  4  Mos.  36,  3 ; 
einer  aus  denen.  Matth.  26,  51;  einer  aus  dem  volk.  Marc. 
9,  17 ;  zween  aus  inen.  16,  12 ;  einer  aus  inen.  Luc.  22,  50 ; 
etliche  ander  aus  inen,  apost.  gesch.  15,  2 ;  einer  aus  den  al- 
ten. H.  Sachs  iv.  3,  48';  welche  nicht  allein  einen  oder  an- 
dern aus  dem  ministerio,  sondern  auch  wol  gar  aus  dem 
rathestul  mit  pasquillen  beschweren  und  schänden.  Schcp- 
P1ÜS623;  0  elendester  mensch  aus  allen  die  da  leben!  709; 
also  dasz  keiner  aus  uns  gewesen  ist,  welcher  nicht  geweint 
habe.  735;  dasjenige  kupfer,  welches  mir  aus  denen,  die  ich 
vor  mir  gehal)t  hatte,  am  lebhaftesten  in  der  einbildung  ge- 
blieben war.  Lessixg  8,  107.  mhd.  hiesz  es  ir  (eorum)  einer, 
heule  gilt:  einer  von  ihnen,  unter  ihnen,  nicht  mehr  aus. 
schon  Luther  setzte  einer  unter  euch  wird  mich  verraten 
Matth.  26,  21.  Marc.  14,18  und  bereits  ahd.  hiesz  es  hier:  ein 
fon  iu  seilt  mih,  eli  i^  vuct^f,  vulg.  unus  vestrum.  Ulfilas 
ains  US  |)izai  managein,  eis  tx  tov  oxJmv. 

5)  statt  des  heuligen  von  sich,  von  sich  selbst  kommen, 
auszer  sich  sein,  kommen  verwandte  man  ehmals  bloszes  aüs : 
ein  junger  mensch  kehrete  sein  haupt  ab  'von  den  geboten, 
die  seine  mutier  ihm  befohl,  worüber  sie  zornig  und  gleich- 
sam aus  ihr  selbsten  wurde  {von  sinnen  kam),  pers.  baumg. 
7,  2;  der  mich  fast  ganz  aus  mir  selber  bringet,  unw.  doct. 
652.  das  aus  sich  selbst  haßet  aber  noch  sonst:  von  anfang 
an  zweifelte  ich  ganz  ihn  (den  namen)  je  aus  mir  selbst  wie- 
der zu  finden.  Lichtenberg  l,  27 ;  prüfe  dich,  ja  verandere 
lieber  deinen  gegenwärtigen  entschlusz,  aber  aus  dir  selbst, 
aus  freiem  wollendem  herzen.  Göthe  17,  379,  wiederum  wäre 
von  mir  selbst,  von  dir  selbst  gleich  zulässig. 

6)  golh.  US  allamma  hairtin  {)einamma  .Marc.  12,  30.  33; 
ahd.  fon  alleuio  thinemo  herzen.  Matth.  22,  37,  in  welchen 
stellen  auch  Lltber  schreibt  von  ganzem  herzen.  Musiatbllt 
wechselt  ab  zwischen  usz  herzen  gront  51,  25.  87,  2  und  von 
herzen  gronde.  45,  21.  79,  18.  ich  wünsche  es  von  ganzem 
herzen  oder  aus  ganzem  herzen,  aus  herzens  grund  sind  uns 
beide  geläufig,   mhd.  di  und  ü;  von  gründe.    Walth.  74, 17. 

7)  unser  auf  befehl  lautete  früher  aus  befehl:  aus  be- 
felh  des  berm.  Jos.  22,  9 ;  aus  befelh  des  ewigen  gottes.  Rom. 
16,  26;  aus  f.  gn.  befehl.  Luther  3,  90;  aus  gottes  befehl. 
3,  179;  aus  Davids  befehl.  3,  318';  aus  befehl  des  fürsten. 
3,417;  aus  seinem  befehl  und  geheisze.  3,447';  also  nahmen 
Isaac  und  Jacob  weiber  aus  väterlichem  befehl.  Luthers  br. 
2,515;  aus  befelch  herzog  Carles.  Hediom  com.  57;  ausz  ge- 
biet Josuc.  Fba-nk  tre/(6. 119';  aus  des  keisers  gebeisz.  Micra- 
uus2, 181; 

ausi  Ordnung  und  befehl  der  mütter  aller  göuer. 
LocAu  1  s.  191. 

tn  der  bibel  schreibt  doch  Lutheb  meistenlheils  nach  dem  be- 

52* 


823 


AUS 


AUS— AUS  ACHTEN 


824 


felh.  1  Mos.  45,  21.  4  Hos.  33,  38.  36,  5.  Jos.  17, 4. 19,  50,  Ebenso 
galt  aus  rat  stalt  des  jelzigen  auf  rat:  aus  rat  seines  bru- 
ders.  2  Macc.  4,  39 ;  aus  bedachtem  rat.  aposl.  gesch.  2,  23 ;  aus 
Tiberii  rat.    Micräliüs  1,  79; 

ich  bin  tödlichen  krank  gewesen, 

jedoch  ausz  rat  des  arzt  genesen. 

U.  SachsIII.  2,  275«; 
aus    der   meucLelmörder   anschlag.    Luther  3,  385.     daneben 
auch :  nach  dem  rat  des  berrn.  Esra  10,  3 ;  nach  dem  rat  sei- 
nes willens.   Eph.  1, 11. 

8)  anders  zu  fassen  ist  mhd.  üj  der  ma;e  Iw.  3274.  misc. 

2,  90  nemlich  praeter  modum,  über  das  masz  hinaus,  wofür 
auch  65er  niäje.  Jw.  6633.  nhd.  aus  der  maszen :  es  ist  aus 
der  maszen  schwer,  auch  den  allergelertesten  theologen,  zu- 
gleich den  groszen  reicbthum  des  ablasz  und  dagegen  die 
wäre  reu  und  leid  für  dem  volk  zu  rhümen.  Luther  1,  9' ; 
das  aus  der  maszen  verdrieszlich  ist  zu  lesen  und  schwerer 
zu  behalten.    3,  60;    andere    aus    der  maszen   schöne  gebot. 

3,  167';  es  verdreuszt  aus  der  maszen  viel.  3,  175;  denn  es 
bat  müssen  aus  der  maszen  lang  dünken.  3,  210 ;  das  wir  im 
rechten  heiligen  gottesdienst  sind,  der  im  aus  der  maszen 
wol  gefeilet.  6,  35';  darauf  pochen  und  trotzen  sie  aus  der 
maszen  hoch.   8,  50"; 

ein  abt  den  wollen  wir  weihen, 
ist  ans  der  maszen  gut.  Garg.  48'; 

schrie  er  und  sein  volk  aus  der  maszen  grewlich.  265*;  aus 
der  maszen  schön,  unw.  doct.  389 ;  aus  der  maszen  wol.  806. 
ivas  meint  aber  bei  Luther  aus  der  bünden?  und  gibt  für 
mit  der  schneiden,  das  ist  mit  dem  geistlichen  verstand  zu 
hauen,  wie  er  denn  aus  der  bünden  wol  geistlich  kan,  bes- 
ser denn  deudsch  und  latinisch.  1,367*;  dem  sinne  na-ch  wie- 
derum praeter  modum,  eximie,  ausbündig,  wol  richtiger  aus 
den  bünden:  die  salb  schmackt  usz  den  bünden  wol.  Kei- 
SERsn.  post.  2, 114.    vgl.  ausbund. 

9)  ähnliche  anwendnngen  der  praep.  aus,  in  fällen  wo  heule 
gern  wegen,  nach,  vor,  von  gellen :  aus  der  Ursache,  propterea, 
aus  Ursachen.  Philand.  1,  23.  26.  Lessing  2,171;  die  seind  etwa 
ausz  dem  unzifer  und  hitz  der  sunnen  genötigt  worden  ir 
land  zu  verändern.  Frank  weltb.  94* ;  aus  diesen  guten  schwank- 
reden musten  die  reuter  lachen.   Wickram  ro/to.  44* ; 

so  müssen  wir  denn  ausz  gefahr 

die  süszen  felder  meiden.   Opitz  1,  70; 

dahero  ist  geschehen,  dasz  wir  aus  gemachten  schulden  in 
des  Daedali  labyrinth  gefallen  sein.    Schuppius  700 ; 

es  ist  kein  gröszer  rühm,  als  schmach  und  tadel  leiden 
ausz  seiner  bosheit  nicht,  ausz  böser  leute  neiden. 
LoGAü  3,  10,  78; 
es  unterblieb  aus  mangel  an  geld;  ein  unversehener  einfall, 
den  es  (das  corps)  aus  abgang  des  soldes  und  ohne  wissen 
des  kaisers  in  Böhmen  that.  Schiller  888;  die  billichkeit  aus 
(nach)  der  Vernunft  messen.  Luther  3,  3is';  ausz  altem  her- 
kummen  helt  sich  der  künig  nit  über  zwen  tag  in  den  ge- 
meuren.  Frank  wellb.  7';  solchs  will  ich  e.  f.  gn.  aus  irem 
anhalten  gebeten  haben.  Luthers  br.  4,317;  ausz  diesem  ge- 
faszten  schrecken.  Kirchhof  mil.  diso.  265;  gienge  ein  Jüng- 
ling zu  mir,  der  gedunktc  kaum  aus  (nach)  den  klcidern  ein 
solcher  zu  sein,  also  halte  er  schier  gar  kein  bärlein  umbs 
maul.  Schuppius  772 ;  also  kan  man  auch  von  der  frauen  Sit- 
ten aus  (nach)  den  mägden  urtheilen.  358 ;  aus  harter  mühe 
fnii7  schwerer  mühe).  712;  aus  gegenwertiger  not  (durch  g.  n.). 
Rebhuhn  klag  des  arm.  manns  p.  3 ;  aus  ungedult.  Lokman  fab. 
14 ;  der  knabe  stöhnte  aus  schmerz.  Klinger  5,  349 ;  nenn 
deine  muttcr  nicht,  sie  drehet  sich  dabei  im  grabe  um  aus 
(vor)  gram.  Arnim  sc/ioufr.  2, 155;  er  starb  aus  (vor)  kummer; 

ermanet  seit 
zu  wehren  euch  aus  löwenmut.    Atrer  130'; 

das  hat  er  nur  aus  (im)  scherz,  aus  (in  der)  dummheit  ge- 
sagt,   vgl.  mhd.  Ö5  ernste  MS.  2,  194'; 

lasz  unsern  herr  geit  aus  dem  spaszl    Göthe  12,  197; 

ein  reisender  ist  so  gewohnt 

aus  güiigkeit  rürlieh  zu  nehmen.    12,  160;  '< 

er  sagte,  that  es  aus  (von)  freien  stücken  ;  aus  liebe  und  frcund- 
schaft  Ihun;  aus  Zerstreuung.  Lessinc  2, 1«5;  eine  menge  Irait, 
weiches  deine  iicker  aus  scgen  gottcs  und  unserm  (leisz  dir 
mitlheilen.  Schuppius  730 ;  als  er  endlich,  aus  (von)  heroi- 
schem  geist   gelrieben,    den   königlichen   hof  quittierte.   293. 

10)  wir  sagen  heule  seinen  scherz,  spotf,  höhn  mit  einem 
treiben  oder  iiaben,  das  hicsz  früher  wieder  aus: 

usz  dinem  ncchsicn  drib  keinen  spot.    Muskatbl.  86,  160; 


zeuch  dein  schwert  aus  und  erstich  mich  damit,  das  nicht 
dise  unbeschniltene  komen  und  mich  erstechen  und  treiben 
ein  spot  aus  mir.  l  Sam.  31,4;  das  ich  frölich  und  getrost 
dem  teufel  mit  aller  seiner  macht  thar  trotz  und  aber  trotz 
bieten,  ja  meinen  spott  und  gelechter  aus  im  treiben.  Lu- 
ther 6, 177';  aus  solchem  seiner  freund  rat  er  oft  ein  spott 
trieb.    Boccaz  112 ; 

trieben  ausz  im  den  hon  und  spott.    H.  Sachs  III.  1,  55'; 

darumb  soll  man  dich  ernstlich  strafen, 

dasz  du  ausz  uns  den  spot  wolst  treiben.    Atrer  22"; 

das  würde  uns  jetzt  bedeuten:  atis  uns  treiben,  vertreiben, 
jagen,  ps.  119,  51  steht:  die  stolzen  haben  iren  spot  an  mir. 
mehr  noch  unter  den  einzelnen  Substantiven. 

11)  im  gegensatz  zu  den  unter  7 — 10  abgehandelten  abslracten 
fällen,  wo  das  aus  sinnlich  gemeint  ist,  kann  es  auch  heute 
nicht  entbehrt  werden:  aus  schönem  munde  kamen  diese 
Worte;  mhd.  si  sprach  ilj  rotem  munde;  si  antwort  mir  usz 
rosenfarben  munde.  Muskatbl.  37,  48.  68;  du  lügst  aus  dei- 
nem halse;  er  lachte  aus  vollem  halse,  schrie  aus  voller 
kehle;  sie  ist  ihm  aus  den  äugen  geschnitten  (oben  s/).  795); 
sie  liesz  ihn  nicht  aus  den  äugen;  sie  wollten  sich  nicht  aus 
den  armen  lassen ;  er  legte  den  stab  aus  der  band ;  kam  die 
ganze  nacht  nicht  aus  den  kleidern;  aus  dem  bette  steigen, 
aus  dem  bette  sein;  trat  aus  den  schuhen;  mache  dich  aus 
dem  staube.  £s.  52,  1;  das  rind  ist  mager  und  aus  dem  fut- 
ter  gekommen;  einen  aus  dem  sattel  heben;  den  köpf  aus 
der  schlinge  ziehen;  ein  scheit  holz  aus  der  flamme  reiszen; 
er  bezahlte  alles  baar  aus  dem  beutel; 

begegnestu  mir  ufder  breiten  beide, 

ich  will  dich  bezalen  ausz  der  scheide,    ühland  380, 

das  schwert  ziehen  und  dich  erstechen. 

12)  aus  verbindet  sich  mit  reden,  sprechen,  hören  u.  a.  ähn- 
lichen: er  redet  wie  aus  einem  buche;  aus  e.  e.  schrift  habe 
ich  mit  dem  licentiaten  Basilio  geredt.  Luthers  br.  3,  40 ;  er 
sagt  ferner  ausz  Luthero.  Schuppius  27;  aus  dem  mund  des 
berrn  sagen.  614;  weil  der  junker  so  artig  discurriere  ausz 
den  büchern,  87;  ich  hätte  mit  dem  fürsten  aus  der  saclie 
gesprochen.  J.  Paul  jubeis.  96 ;  ein  guter  geist  hat  aus  dir 
gesprochen;  er  redet  aus  dem  weine  (betrunken)  und  umge- 
dreht in  gleichem  sinn,  der  wein  redet  aus  ihm ;  so  viel  ich 
aus  andern  gehöret  und  gemerkt.  Luther  6,  136";  ich  habe 
es  aus  deiner  rede  behalten;  aus  der  predig  behalten.  Garg. 
68" ;  wolle  ihn  auch  aus  dem  catechismo  examinieren.  Schup- 
pius 242;  ob  er  sei  aus  der  predigt  gebessert  worden  oder 
nicht.  193;  ihr  leben  aus  der  predigt  zu  bessern.  599;  erin- 
nert er  aus  den  Sprichwörtern  Salomonis.  27;  ermahnte  ihn 
aus  der  bibel;  er  predigt  nur  aus  gottes  wort;  aus  gottes 
wort  den  leuten  busze  predigen; 

nicht  Menelaus  isis,  der  aus  mir  handelt.    Schiller  230. 

13)  einigemal  ist  bei  dem  aus,  um  es  richtig  zu  fassen,  ei» 
verbum  hinzu  zu  denken:  du  must  dich  aus  der  sladt  (je- 
kommen)  an  das  land  gewöhnen; 

erst  nach  und  nach,  so  hofl  ich,  würdest  du 

dich  aus  beschränkung  an  die  weit  gewöhnen.     GÖthk  9,  271, 

aus  deiner  schranke  getreten;  ich  hatte  kaum  angefangen 
aus  einer  krankheit  (getreten)  etwas  kräfte  zu  sammeln.  Schil- 
ler 135;  da  war  das  weih  mir  aus  den  äugen  (gekommen). 
450*.  nicht  anders,  wenn  es  unmittelbar  vom  Substantiv  ab- 
zuhängen scheint:  ein  kus  aus  rothein  munde  (ergangen);  us 
rodem  munt  ein  friuntlich  gruesz.  Muskatbl.  78,  4 ;  ein  kern 
aus  harter  schale  (gebrochen);  ein  bild  aus  weichem  thon 
(geformt) ;  ein  schrei  aus  vollem  halse  (dringend) ;  eine  sage 
aus  grauem  alterlhum  (erschallend) ; 

ein  mnrchen  aus  allen  zeiien, 

das  kommt  mir  nicht  aus  dem  sinn.    Hkinr. 

doch  dürfte  man  auch  im  Substantiv  noch  einen  nachhält  der 
Verbalfügungen  aus  (mit)  rolliem  munde  küssen,  grüszen,  ans 
weichem  thon  bilden,  aus  vollem  halse  schreien  zutrauen. 
es  ist  eine  folge  aus  der  beschatTenheit  unseres  Verstandes. 
Kant  7,  286,    wie  es  folgt  daraus. 

AUSÄBERN,  apricare,  fovere:  feldarbeit  im  december.  die 
waldtenne  auf  die  kranwctsvögcl  jetzo  (leiszig  besuchen,  son- 
derlich wann  groszer  schnee  vorhanden,  sie  wol  kehren  und 
mil  kranwct  und  schmelkenbeeren  ansübern  lassen.  Hohherg 
1, 141*.    s.  aber,  a-ber  sp.  31. 

AlISACHTEN,  increpare,  ausschellen,  verachten:  das  mich 
einer  will  sehenden  und  schelten  oder  für  ein  hüpper  atisach« 
ten.    Paracelsüs  cftir.  sehr.  255*.    vgl.  Schm.  l,  22. 


825 


AUSÄCHZEN— AÜSART 


AUSÄRTELN — AUSBACKEN 


826 


AUSÄCHZEN,  suspiriis  ritam  finire:  er  hat  ausgeächzet. 

AUSACKER,  m.  ager  non  vectiyalis.    Oberlin  72. 

AtSACKERN,  exarare:  steine,  wurzeln,  alte  münzen  aus- 
ackern, auspflügen;  wie  umb  Lessa  bei  Schlackewerde  die 
bauren  eisenstein  mit  dem  pflüg  berüren  und  ausackem.  BIa- 

THESICS  2'. 

AUSÄDERN,  enenare,  venas  vaeuefacere: 
ist  wol  ein  pröszer  sclimerz, 
als  in  so  scbtreren  banden, 
in  lierker,  stock  und  pein, 
in  sclimach  und  iierben  schänden 
ausädern  leib  und  herz?    Grtphiüs  2,  118; 
ob  sie  zwar  ihm  ein  dorn  in  äugen 
und  uns  ausädern  und  aussaugen. 

I.OHENST.  Ibr.  17,  529 ; 

das  böse  steckt  in  uns,  als  das  blut  in  den  ädern,  es  ver- 
liert sich  nicht,  bis  uns  der  tod  ausädert;  ein  solches  mis- 
rathenes  kind  verdient  ausgeädert  zu  werden,  tali  degeneri 
filio  singulae  venae  e  corpore  cxtrahi  debent;  abgemartert  und 
ausgeädert,  «mit.  doct.  565.    heule  ungewöhnlich,  s.  ädern. 

AUSÄFFEN,  ludibrio  habere,  ausspotten. 

AUSALBELN,  degencrare.    s.  albein. 

AUSAL13ERN,  desinere  ineplire,  redire  ad  bonam  mentem. 
Stieler  33. 

AUSANDERN,  imilari,  spüttisch  nachahmen,  s.  andern.  We- 
ste:<rieder  17  schreibt  richtig  ausantern. 

AUSANTWORTEN,  exhibere,  tradere,  aushändigen,  überant- 
worten :  die  Überläufer  ausantworten.  Mascou  2,  201 ;  geßng- 
lich  ausantworten.  Hahx  l,  98 ;  alle  fahnen  an  den  überwin- 
der ausantworten.  3,268;  dagegen  will  ich  dir  die  Albrecht  Dü- 
rer, was  mir  in  die  bände  kommt,  ausantworten.  Göthe  an  La- 
valerin.  beiLvTB. 2,161  ist  aber  ausantworten  j)/ene  respondere. 

AUSARBEITEN,  elaborare,  conficere,  exercere, 

1)  weidmännisch,  einen  Jagdhund  ausarbeiten,  jagdgerecht 
machen. 

2)  den  fleischern,  einen  ochsen  ausarbeiten,  aus  der  haut  lösen. 

3)  fatigare:  dann  sie  warent  als  gar  müd  (i-om  ringen)  und 
ausgearbeit.  Aimon  V.  ii ;  ich  musz  mich  einmal  tüchtig  aus- 
arbeiten, mir  hewegung  machen,     vgl.  abarbeiten. 

4)  in  bösem  sinn :  hei,  was  soltu  lose,  ausgearbeitete  Cu- 
ronnia  mir  das  ins  facies  sagen?  ped.  schulfuchs  l'i. 

5)  fertigen,  vollenden,  elaborare:  die  natur  hätte  ihn  nicht 
ausgearbeitet,  sondern  nur  angefangen.  Opitz  1,4";  machte  er 
den  weibem  so  viel  kinder  als  sie  begehrten,  wie  ich  denn 
selbst  in  einer  nacht  fünfzig  buben  ausgearbeitet  habe.  Göthe 
33,287;  häufig,  ein  buch,  ein  werk  ausarbeiten. 

6)  ausbilden,  efformare,  herausbringen:  und  musz  denken, 
wie  ers  fertige  und  früh  und  spät  dran  sein,  das  ers  fein 
ausarbeite.  Sirach  39,  31;  sie  hat  witz,  aber  keinen  ausgear- 
beiteten verstand.   IIabener6,  71; 

sein  könidich  gehirne 
arbeitet  (eine  müh  die  es  sich  sehen  gab) 
ein  miuel  aus,  sich  ruhe  zu  verschafTen, 
VViELA.tD  10.  254; 

wie  weit  sich  ein  volk  mühe  gegeben,  den  witz  auszuarbei- 
ten? J.  E.  Schlegel  5,  262;  die  kinder  schön,  die  jugend  nicht, 
die  alten  gesiebter  sehr  ausgearbeitet,  mancher  greis  befand 
sich  darunter.  Göthe  43,  264;  an  ihren  ausgearbeiteten  ge- 
siebtem glaubt  ich  Schiffer  zu  erkennen.  43,  265;  das  meer 
arbeitet  sein  belle  aus.  Kant  9, 19 ;  so  arbeitete  sich  die  junge 
seele  gleichsam  in  laubknöpfen,  holztrieben  und  ranken  aus. 
J.  Paul  7■i^  1,  SO;  das  müszige  offizierleben"  arbeitete  ihn  blosz 
noch  eitler  und  kecker  aus.  2,  126.    vgl.  aufarbeiten. 

AUSARBEITUNG,  effurmatio,  elaboratio:  mehr  für  die  aus- 
arbeilung  der  seele,  als  für  die  füllung  des  beuteis  sorgen. 
Rabe?ier4,  270;  rechter  gebrauch  der  kräfte  und  ausarbcitung 
derselben.  Hippel  9, 193 ;  die  manier  ist  jetzt  edler,  die  Zeich- 
nung richtiger,  und  die  ausarbcitung  bei  weitem  fleisziger. 
TiECK  Sternb.  I,  20 ;  die  menschen  haben  selbst  band  anlegen 
müssen,  die  ausarbcitung  der  natur  zu  beschleunigen.  Kant9,  8; 
den  stof  hab  ich  beisammen,  ich  gehe  nun  an  die  ausarbcitung. 
AUSÄRGER.N,  sich,  desinere  irasci:  ich  habe  mich  nun  aus- 
gcürgert.  auch  transitiv,  einem  die  seele  ausürgern,  sich  die 
seele  ausürgern. 

AUSART,  f.  deelinatio,  degener alio: 
hat  das  urlheil 

etwa  den  thcll  und  das  iheilchen  nicht  mit  scharfem 

blick  gemessen  ?  bonii'rki  es  ausart 

in  da»  zu  grosz  und  zu  klein?   Klopstoci  2,  50; 

Schönheit  gibt  das  ecsetzl  zu  ausan, 

wenn  sie  nicht  huldigt,  wird  art.    2,  7t. 


AUSÄRTELN,  degenerare:  wenn  aber  unsere  eingeborne 
landskinder  . . .  sich  auszuärtlen  scheinen.  Simplic.  1,  685'. 

AUSARTEN,  degenerare,  aus  der  art  schlagen,  abartcn :  der 
söhn  artet  aus ;  ausgeartetes  kind  I  Götter  3,  104 ;  das  vieU 
artet  aus ;  ausgeartete  kartoffeln ;  sie  sind  von  ihrem  ursprüng- 
lichen Stiftungsgeist  ausgeartet.  Schiller  681 ;  sehen  wir  ihn, 
den  freund  der  gerechtigkeit  in  einen  Unterdrücker  der  mensch- 
heit  ausarten.  991;  waren  die  leben  einmal  in  erbliche  be- 
sitzungen  ausgeartet.  1036;  das  blosze  berathen  artet  leicht 
in  todte  formen  aus  bei  der  neigung  der  Verwaltungsbehör- 
den durchgreifend  zu  regieren,    denkschr.  des  fr.  vom  Stew  213. 

AUSARTIG,  degener.   Stieler  59. 

AUSARTUNG,  f.  degeneratio:  wir  würden  ans  über  diese 
ausartung  gar  sehr  verwundern,  wenn  uns  nicht  däuchte, 
dasz  es  ganz  natürlich  damit  zugegangen  sei.  Wielasd  6,  8 ; 
dies  hätte  uns  noch  gefehlt,  um  unsre  ausartung  und  herab- 
würdigung  zu  vollenden.  8, 427 ;  könnte  die  abartung  (bei  thie- 
ren)  die  ursprüngliche  Stammbildung  nicht  mehr  herstellen, 
so  würde  sie  ausartung  heiszen.  Kaxt  10,  26. 

AUSÄSTEN,  in  doppeltem  sinn, 

1)  collucare  arbores,  die  überflüssigen  äste  ausschneiden: 
von  gartenscheren  ausgeästet.   J.  Pacls  br.  81. 

2)  exire  in  ramos,  sich  ausästen,  in  äste  zertheilen. 
AUSÄSTUNG,    f.    inlerlucatio    und   divisio    in   ramos:    die 

nördlichen  ausästungen  der  Karpathen. 

AUSATHMEN,  exspirare,  nnl.  uitademen,  intransitiv  und 
transitiv:  sonsten  möchte  er,  ehe  er  es  vermeinte,  ausathe- 
men.  hebamme  304;  dasz  der  porphyr  seinen  ganzen  erdge- 
ruch   ausathmete.    Göthe  an  fr.  v.  Stein  1,  332 ; 

Frankreichs  kerkerlufl 
athmete  sterbend  er  aus.    Plate?(127; 
WO  der  held  ausathmete  ruhigen  schlummer.    130. 

AÜSATHMUNG,  f.  finden  wir  ja  doch  oft  personen,  die 
sich  die  allerseltsamsten  töne,  ausathmungen  und  banale  re- 
den angewöhnen,  um  damit  ihren  Vortrag  zu  spicken,  za 
flicken  und  zu  zerstflcken.    Göthe  49, 156. 

AUSÄTSCHEN,  illudere,  ätsch  machen  gegen  jemand:  Peter 
und  Christel  fiengen  nun  mit  einem  male  an  laut  zu  lachen, 
ätschten  sie  aus  und  gaben  ihnen  die  wiederholte  Versiche- 
rung, dasz  sie  fehlgeschossen  hätten.   A.  G.  Eberhard. 

AUSÄTZEN,  caelare,  erodere,  corrodere: 

es  hatte  wol  Ruggier  erst  nach  dem  augenscbeine 
vermeint,  es  wer  ein  bild  vom  alabastersteine 
und  marmel,  so  gar  wol  geschnitzt  und  ausgeetzt, 
und  für  ein  kunststück  her  auf  diesen  fels  gesetzt. 
Werders  Ariost  10,  69  ; 

einen  mit  grünem  laubwerke  ausgeetzten  hämisch.  Lobe!(st. 
Arm.  1,  32 ;  das  gift  einer  wunde  ausätzen ;  ausgeetzte  schwarze 
erde.   med.  maulaffe  901; 

wenn  im  das  arsloch  wer  zu  gewachsen, 
so  solt  es  (das  vulver)  ims  als  weit  ausz  etzen, 
das  man  ein  hellbafea  wol  drein  möcht  setzen. 
fastn.  sp.  768,  17. 

AÜSBÄCHELN,  refocillare:  ich  setzte  mich  sehr  nahe  zum 
ofen,  umb  mich  rechtschaffen  auszubächeln.  Simplic.  2,  10. 
bair.  sich  bücheln  und  dämpfen  mit  wasser,  geschwulst  mit 
essich  bücheln.  Schmeller  1, 145.  mhd.  sich  hecheln  gen  der 
sunnen.  i?enn.  19972.  ahd.  pachilün  refocillare.  verwandt  mit 
bähen,  was  m.  s. 

AUSBACKEN,  percoquere:  das  brot  bäckt  nicht  aus,  ist 
nicht  ausgebacken;  neu  ausbacken,  recens  pislus; 

was  ein  magister  für  ein  thier  ist, 
zumal  der  erst  ist  neu  ausbachn. 

Atrer  fasln,  sp.  51*; 

ein  ausgebackner  wackerer  edelmann.  Simpl.  1,  4;  den  teig 
durcharbeiten,  dasz  er  gehörig  ausbacken  und  genieszbar  wer- 
den kann.  Lessinc  8,  273;  will  einen  einzigen  groszen  kennen 
lernen,  einen  einzigen  festen,  ausgebacknen  kerl,  zu  dem  man 
sagen  könnte,  fix  und  fertig  ist  der.  Fr.  MCller  2,  26;  ich 
will  unser  söhnchen  zu  einem  fürsten  ausbacken.  J.  Paul  kö- 
rnet 1,  9 ;  die  festkuchen  dampften  ausgebacken  durchs  haus. 
Fibel  22.  Bei  H.  Sachs  bedeutet  ausbadien  fertig  tein,  fertig 
werden,  vgl.  ausdreschen : 

aber  bald  du  ha«t  gar  auszbachen, 

werden  sich  dein  freund  von  dir  machen, 

dich  schlagen  auf  die  haberwaid.     1,224'; 

und  het  mit  seim  geld  bald  auszpachen.    11.4,  lii*; 

wfelcher  umbget  mit  redline  sachen, 

der  bat  zu  hof  bald  auszgebachen.    II  f.  1,  152'; 


827 


AUSBÄCKEN — AUSBAMMELN 


AUSBANGEN— AUSBEISZEN 


828 


so  wirstu  warlicli  bald  auszbachen, 
fünDuindert  guldin  sind  bald  hin.    III.  1,  198' ; 
ei  ei,  ei  ei,  er  dawret  mich, 
das  er  so  bald  hat  auszgebachen.    III,  1, 199'. 

AUSBÄCKEN,  exsculpere,  aushauen.  Maaler  39'  ist  ausbecken, 
auspicken,  vgl.  becken  Schm.  1, 150  und  backen,  bäggen.  Stal- 

BER  1,  125. 

AUSBAUEN,  elavare,  luerc,  fertig  baden:  wer  erst  einstei- 
get, badet  auch  erst  aus.  Stieler  77 ; 

und  haben  wir  im  tiaubensaft 

die  gurgel  ausgebadet.  Schiller  133' ; 

baden  alle  milzsuchten  des  Schicksals  aus.  133'.  hauptsäch- 
lich aber  steht  einen  ausbaden  für  es  einen  büszen  lassen 
und  es  ausbaden  für  abbüszen: 

als  er  ward  gar  gepadet  aus.    II.  Sachs  II,  4,  70'; 

ihm  will  der  wirt  nit  lenger  borgen, 

schaw,  des  trawer  ich  in  groszen  sorgen, 

er  werd  also  trucken  ausbaden.    III.  1, 198*; 

bald  ich  ein  (einen)  ausgebadet  hab, 

ist  er  stampa  dahin,  schabab.    III.  1, 199'; 

metz,  unser  kaufmann  der  ist  hin, 

ich  hab  auch  ausgebadet  in.    111.3,23"; 

dann  der  einmal  einsteigt,  der  musz  das  bad  ausbaden  oder 

doch  zahlen.    Gar^.  209'; 

und  kömrast  du  drauf  zum  vater  nasz  hinein, 
so  hast  dus  da  erst  auszubaden.    Gellekt  1,203; 

das  ist  nun  aber  oft  so  und  wir  andern  müssen  es  ausba- 
dep.  GÜTHE21,  202;  es  ist  ganz  einerlei,  vornehm  oder  gering 
sein,  das  menschliche  musz  man  immer  ausbaden.  49,  67 ; 
da  hatten  wir  manches  auszubaden.  Tieck  13,  304;  ich  und 
mein  buch  baden  es  aus  und  verkrüppeln  nothwendig.  J.  Paul 
Siebenli.  2, 7 ;  der  autor  hat  am  ende  das  meiste  auszubaden. 
uns.  löge  2,  175 ;  man  hält  es  auszubaden  unter  dem  umge- 
kehrten dintentopf  recensierender  Xantippen.  Tit.  1,  19 ;  die 
geister,  die  es  ausbaden  möchten,  flegclj.  1,  36;  aber  nicht 
du  sollst  es  ausbaden,  sondern  der  magister.  4,  124.  sonst 
heiszt  es  im  Sprichwort :  wer  ertappt  wird,  musz  das  bad  aus- 
tragen. Simrock  694;  das  bad  ausgieszen  müeszen.  Aventin 
chron.  473 ;  das  bad  austrinken,  aussaufen  müssen.  Schmeller 
I,  154.  die  geschichte  worauf  sich  diese  redensarlen  gründen, 
ist  nicht  mehr  genau  bekannt,  wahrscheinlich  auch  auf  ver- 
schiedne  weise  erzählt  worden;  es  handelt  sich  davon,  dasz 
ein  in  verbotnem  bade  betretener  mishandlung  erfährt,  oder  da- 
von dasz,  während  die  andern  mitbadenden  frei  entrinnen,  der 
letzte  bleibende  angehalten  wird,  das  badwasser  auszutragen 
oder  zu  trinken. 

AUSBAGGERN,  fossam  ohlimatam  dctergcre,  ausschlämmen, 
unkochdeulsch,  nnl.  uitbaggercn. 

AUSBÄHEN,  fovere.    s.  ausbächeln. 

AUSBALGEN,  deglubere,  pellem  exuerc,  ein  thier  ausbal- 
gen, abbalgen,  ihm  den  balg  abziehen  und  wieder  ausstopfen, 
einige,  wiei.  Paul,  der  dies  wort  oft  vei'wendet,  schreiben  aus- 
bälgen :  einen  löwen  ausbälgen,  holzschn.  10, 165 ;  seinem  mit 
paradisen  angefüllten  herzen  kamen  sogar  die  zimmer  vor  wie 
glaskasten  einer  ausgebälgten  vollere.  Hesp.  4,  18 ;  wie  der 
frosch  sich  nach  eben  so  vielen  (tagen)  körperlich  ausbälgt. 
jubeis.  122 ;  ausbälgte  und  ausgestopft  aufstellte,  uns.  löge  2,  46 ; 
in  welchem  falle  du  aber  ein  ausgemachter,  ausgebälgter  spitz- 
bube  wärest,  flegclj.  4,  83 ;  man  bälge  oder  schäle  die  Venus 
Urania  aus.  biogr.  bei.  1,  131 ;  würde  ihm  nicht  das  kleine  le- 
derne oder  wächserne  mädchen  eine  ausgebälgte  milchschwe- 
ster  sein?  komet  I,  72;  es  wäre  nicht  einmal  die  Zoologie 
mehr  lebendig,  sondern  ausgebälgt,  paling.  2,  122.  schweize- 
risch, einen  ausbalgen,  ausschelten. 

AUSBALGEN,  egerere,  exportare,  nnl.  uitbalien,  von  balie 
kufe,  zuber,  was  aber  mit  balg  pellis,  utcr,  schlauch  verwandt 
scheint:  bei  solchem  stürm  ward  auch  des  schifs  pumpe  un- 
klar und  mustc  man  dieselbe  mit  groszcr  mühe  iieraus  win- 
den und  wieder  gangbar  machen,  unterdessen  das  wasser 
ausbälgen  und  mit  kesseln  ausgieszen.  pers.  reiseb.  2,  2. 

AUSBALIEREN,  cxpolire:  langlecht,  glalt  und  gleichsam 
ausballiert.  Uffenbacu  rosbuch  s.  193 ;  ausbaliert.  Garg.  144'. 
Stieler  85. 

AUSBALLEN,  exprimerc  instar  globi:  darnach  nimb  ein 
hanfwerk  mit  essig,  balls  aus,  netz  in  aierklar  und  salz.  Seu- 
TER  372. 

AUSBALLEN,  sarcinas  promerc,  auspacken,  die  ballen  öfncn, 

AUSBAMMELN,  cxtremum  sonare  campana,  auch  ausbiin- 
meln: 

die  glocken  hatten  ausgebammell.    Wiiland  21, 139. 


AUSBANGEN,  angorem  deponere,  finire: 

ich  irre  trostlos,  suche  dich, 

an  deinem  herzen  auszuhängen.    Göthe  13,  288. 

in  anderm  sinn  angore  conßci:  mit  tausend  peinigenden  sti- 
eben fährts  durch  die  seele,  . .  ich  bange  meine  seele  aus. 
Klingers  Ih.  4,  252.    vgl.  ausbeben  und  abbangen. 

AUSBANKETIEREN,  discedere  de  convivio.  Stieler  94. 

AUSBANN,  m.  bann,  da  jeder  bann  ausweist. 

AUSBANNEN,  expellere,  verbannen,  nnl.  uitbannen: 
du  hast  die  Völker  aber  ausgebannt.    Opitz  ps.  44. 

AUSBANSEN,  evacuare  horreum. 

AUSBAU,  m.  exaedificatio :  der  ausbau  des  hauses,  der 
Scheune,   des  Vaterlands,  der  Wissenschaft. 

AUSBAUCHEN,  malleo  ventrosum  facere:  mit  dem  hammer 
das  metall  bauchig  treiben,  eine  seule  ausbauchen,  am  schaß 
verdickeii,  spindelförmig  machen. 

AUSBAUEN,  exaedißcare,  perßcere:  eine  kirche,  ein  haus 
ausbauen ;  jedes  jar,  bisz  es  (das  kloster)  auszgebawet  werd. 
Garg.  274* ;  bis  er  ausbawet  sein  haus.  1  kön.  3,  1 ;  das  ers 
ganz  ausbawet.  7,  1;  und  da  Salomo  hatte  ausgebawet  des 
herrn  haus.  9,  1;  der  ström  baut  allmälich  seine  laufrinne 
aus.  Kant  6,  88;  immer  neue  fächer  ausbauen.  Tieck  ges.  nov. 
9, 18 ;  möchten  doch  nun  unsre  deutschen  autoren,  die  eigent- 
lich jetzt  kein  anderes  Vaterland  mehr  haben,  das  gebäude  in 
dem  sie  geistig  wohnen  desto  mehr  in  ehren  halten  und  desto 
eifriger  aus-  und  anbauen.  FERJiOw  in  Bötligers  lit.  zust.  2,  21S; 
Schimpfwörter  thun  oft  eine  vorlrcfliche  Wirkung,  wenn  man 
einen  satz  gerne  beziehen  will  und  doch  nicht  zeit  hat,  den 
beweis  auszubauen.  Lichtenberg  4,  91. 

AUSBATZEN,  numos  dare:  je  mehr  exemplare,' desto  mehr 
wird  ausgebatzt  {dafür  gezahlt).  J.  Paul  Fibel  91. 

AUSBAUSCHEN,  s.  auspauschen. 

AUSBEBEN,  aujliören  zu  beben: 

ein  unerhörtes  lied,  nicht  von  Gradivus  walTen, 
lür  dem  du  nun,  gottlob,  itzund  hast  ausgebebt. 
Fleming  99. 
AUSBECHERN,  expolare,  becher,  ßaschen  leeren. 
AUSBEDENKEN,  excogitare:  Garg.ni". 
AUSBEDING,   m.    conditio:    das    musz   mit  ausbeding  (be- 
dingungsweise)  und  exception  verstanden  werden,    bienenkorb 
39*.    s.  beding. 

AUSBEDINGEN,  pacisci,  aushalten,  vorbehalten:  liet  ok  en 
herre  en  gut  enem  manne  sunJer  underscheit,   swat  dar  ge- 
buwes  uppe  is,   dat   is    des  mannes  mit  sament  deme  gude, 
als  it  des  herrcn  was,  he  ne  bedinget  ut.    Ssp.  2,  21 ; 
dabei  bedung  er  aus, 
ihn  reih  herum  zti  speisen  bis  ans  ende.    Gökingk  3,  216; 

die  dazwischenkunft  irgend  eines  wolthätigen  Wunderwerks 
ausbedungen.  Wieland  7,  86 ;  indem  er  ihm  das  recht  ausbe- 
dung,  das  land  unangefochten  zu  verlassen.  Schiller  883. 
s.  ausdingen. 

AUSBEEREN,  weidmännisch,  von  den  vögeln,  wenn  sie  die 
beeren  aus  den  vogelschneiden  heraus  essen. 

AUSBEGEBEN,  exirc,  sich  hinaus  begeben:  ein  reicher, 
wenn  er  sich  des  tages  aus  begibt,  musz  gegen  der  nacht  sich 
wieder  in  seinen  pallast  machen,  pers.  rosenlh.  3,  27. 

AUSBEHALTEN,  was  ausbedingen,  entnehmen,  vgl.  aushal- 
ten 89. 

AUSBEICHTEN,  fateri,  patefacere :  sie  soll  mir  schon  aus- 
beichten; er  hat  alles  ausgebeichtet,  auch  die  beichte  voll- 
enden: kaum  hatte  er  ausgebeichtet,  so  fiel  ihm  wieder  eine 
neue  sünde  ein. 

AUSBEINEN,  exossare,  die  knochcn  aus  dem  fleisch  neh- 
men: rindbacken  sauber  ausgebeint.  Garg.  53'.  in  anderm 
sinn  hat  Stieler  125  ausbeinen,  mit  bein  auslegen,  ossibus  va- 
riare,  vermiculari. 

AUSBEISZEN,  morsu  elidere,  nnl.  uitbijfen. 

1)  eigentlich,  einen  zahn  ausbeiszen,  ausgebissene  zahne; 
ein  äuge  ausbeiszen :  weil  die  vorigen  seine  irrsal  viel  wich- 
tiger und  diesen  allen,  wie  man  sagt,  die  äugen  ausbeiszen 
(sie  weit  überbieten)  möchten.    Luther  5,17*; 

ich  wiisi  dir  noch  wol  eins  zu  sagen, 

das  dem  die  augcn  iniist  auspciszcn. 

II.  Sachs  1,479«; 
beisz  dem  ein  aug  aus.  Garg.  86' ;  rock  von  . . .  krausrauhor 
woll,  mit  fuchsen  gefülcrt  durciiaus,  nicht  das  die  scliaf  die 
füchs  an  das  ort  ausgebissen  betten,  wie  etliche  heuchlerische 
beiz.  160';  deine  (des  allen  wolfs)  ousgcbissene  zahne  verra- 
thcn  dich.  Lessing  1,  101. 


829 


AUSBEISZEN  —  AUSBESSERN 


AUSBESSERUNG — AUSBEUTE 


830 


2)  uneigenllich  von  beiszenden,  ätzenden  sacken: 

wann  es  har  mich  auö  meinem  haus 

der  sauer  rauch  gebissen  aus.    II.  Sachs  IU.  3,  31* ; 

wenn  man  die  flechten  und  fressende  scheden  mit  ausbeiszen 
wil.  Mathesiüs  119*. 

3)  ausstechen,  verdrängen:  die  zwei  leiden  sich  nicht  mit 
einander,  geizen  oder  sorgen  und  gleuben,  eines  musz  das 
ander  ausbeiszen.  Luther  5,  424';  aber  nu  wollen  sie  (die 
ieinkelprediger)  den  pfarrher  heimlich  ausbeiszen.  5,491*;  du 
solt  deinen  nehesten  lieben,  wie  dich  selbs,  und  richte  dich 
darnach,  so  soltu  sehen,  ob  es  nicht  wird  rein  waschen  und 
ausbeiszen  was  da  ist  von  eigennulz  und  liebe.  6,  36';  die 
haben  all  unternander  friede  gehabt  und  sich  teglich  gemeh- 
ret, keine  hat  die  andern  ausgebissen.  6,  541*;  zuletst  hat 
der  Türken  namen  überhand  genummen  und  jhene  ausbissen. 
Frank  u-ellb.  GS';  wie  es  denn  an  fürstlichen  hüfen  pfleget 
zuzugehen,  das  einer  verfuchsschwanzet  und  ausgebissen  wird. 
ScHWEiMCHEs  2,  32S ;  und  gieng  ihm  zu  herzen,  dasz  ich  ihn 
abermal  ausbeiszen  sollte.  3,  39 ;  ob  sie  nu,  dasz  er  von  sei- 
nem patrimonio  ausgebissen  so  viel  practicieret.  Kirchhof 
wendunm.  426' ;  dasz  man  mich,  um  mich  des  gemeinen  worts 
zu  bedienen,  über  kurz  oder  lang  ausbeiszen  würde.  Heyne 
an  Joh.  Müller  144.  alte  bleuen  beiszen  die  jungen  aus,  Sper- 
linge eine  taube,  der  bahn  eine  fremde  henne. 

4)  bergmännisch,  von  vorragendem  gestein:  das  gestein  beiszt 
in  den  gangen  aus. 

AUSBEIZEN,  erodere:  wildes  fleisch  in  der  wunde,  die 
flecken  in  der  wasche  ausbeizen;  jemandes  namen  mit  einem 
Schandflecken  bescbmitzen,  den  keine  zeit  wieder  ausbeizen 
würde.  Wieland  20,  259. 

AUSBEKÜMMERN,  exturbare  curas.    Stieler  926. 

AUSBELäDE>',  jubere,  ausmahnen :  der  schefl"en  ist  ausbe- 
laden recht  zu  bringen,  weislh.  2,  8.  9. 

AUSBELLEN,    lalrarc,    gannire,    latrando  proclamare:    ich 
main,  dasz  sie  {die  dreiköpfige  beslia)  sich  ain  nachvolger  sant 
Peters  rümet  und  ofl'entlich  auszbillet.   flugschriß  um  1525 ; 
feblgösse  lachten  wir,  der  hofhund 
bellte  sie,  krähte  der  henne  mann  aus.    Klopstoce  2,  232. 

AUSBENÄCHTIGEN,  cogere  ad  foras  pemoctandum?  die 
widerwitterig  wolkenfeuchtigung  und  hagelung  von  unsern  lie- 
ben labsäligen  reben  zu  e.xtranesieren  und  auszubenächtigen. 
Garg.  152*. 

AUSBtOKDERN,  foras  matidare,  auscommandieren. 

AUSBEHATEN,  collocare  ßliam  data  dote. 

AUSBEREIT,  paratus,  instructus,  perfectus,  wolausgerüstet  : 
ein  uszbereit  ganz  meisterlich  werk.  Keisersb.  ehr.  biigr.  28; 
Tor  uns  stellen  die  aller  ausbereiteste  jungfrauw  experientiam, 
die  ohne  männlichen  samen  eine  mutter  ist  aller  künsten. 
Paracelsls  1,477';  so  sihet  man  noch  ein  ausbereite  seul  be- 
gangner geschieht,  darbei  versamlung  zu  erwölung  römischer 
ratsherrn  geschach.    Frank  chron.  23*. 

AUSBEREITE.\,  pararc:  angesehen,  das  alles  mark  zu  sei- 
ner vollkommenen  natur  und  natürlichen  Vollkommenheit  ist 
emehret  und  ausbereit.  Garg.  22*. 

AUSBEREITER,  parator,  praeparalor:  borcha  buba,  Wech- 
sel hie  den  kreuzer,  butz  mir  die  bir,  du  butzst  wol,  gehst 
ein  guten  goldscbmid,  machest  sauber  arbeit,  ein  guter  kre- 
tzenwescher,  ein  guter  ausbereiter,  Garg.  87'.  vielleicht  hier 
ein  gerbet  gemeint. 

AUSBEREITU.NG,  f.  perfectio:  ein  zeichen  der  Vollkommen- 
heit und  uszbereitung.    Keisersberc. 

AUSBERSTEN,  erumpere,  ausbrechen,  in  lachen  ausbersten : 
der  alle  seine  ernsthaftigkeit  zusammen  nehmen  muste,  um 
Dicht  auszubersten.    Wieland  19,  288. 

AUSBESCHEID,  m.  praecipuum,  praelegatum.  bei  Stieler 
1740  ausbescbied. 

AUSBESCHEIDEN,  excipere,  ausnehmen,   vgl.  Ssp.  2, 1. 

AUSBESCHEIDEN,  adv.  exceplo,  ausgenommen :  und  dem- 
nach so  sollte  am  kammergerirht  kein  process  zugelassen 
werden,  ausbescbriden  da  ein  reichsstand  klagte.  Regensbur- 
ger  friedensarltkel  bei  Melanchthon  4,  473. 

AUSBESSERN,  emendare,  cnrrigere ,  verbessern:  kleidor 
schuhe  ausbessern,  flicken;  schlethle  woge,  alle  lirticken  aus- 
bessern; dabero  trachtete  er  durch  eine  kiiegslist  sein  ver- 
sehen auszubessern.  Lohekstein  i4rm.  l,  56;  ich  habe  die  feh- 
ler ausgebessert.  Babener  1,  84;  ich  kam  zur  gewöhnlichen 
stunde  und  fand  den  vater  allein  der  ...  an  meinem  tragen 
und  bchaben  noch  manches  ausbesserte.  GOthe  25,  281. 


AUSBESSERUNG,  f.  emendatio:  zur  ansbessemng  der  deat- 
schen  spräche  beitragen.    Rvbener  1,  183. 

AUSBESTATTEN,  uas  ausberaten,  ausstatten. 

AUSBETEN,  preces  finire :  und  da  Salomo  alle  dis  gebet 
und  flehen  hatte  für  dem  herrn  ausgebetet.  1  kün.  8,  54 ;  da 
sie  nun  ausgebetet  hatte,  stund  sie  auf.   Judith  10, 1. 

AUSBETRACHTEN,  considerare,  perspicere.  Stieler  14. 

AUSBETTEN,  alio  transferre:  der  kranke  muste  ausgebet- 
tet, jft  ein  frisches  bett  gebracht  werden,  cukitas  tollere:  die 
betten  herausnehmen,  auslüften,    nnl.  uitbedden. 

AUSBEUCHEN,  eluere,  auswaschen :  und  wird  die  verschwerzte 
und  besudelte  lere  aiubeuchen  und  seubern.  Mathesiüs  12l'; 
und  beuchet  das  unreine  gerete  mit  glüenden  kislingsteinen.  das. 

AUSBEUGEN,  deflecleic  de  via,  für  ausbiegen,  das  eu  ist 
blos:  in  2.  3  sg.  recht,  aber  von  da  weiter  erstreckt  worden: 
beugen  doch  die  postkutscher  auch  zuweilen  aus.  IfeUenb. 
1  vorrede; 

ihm  auszubeugen  war  der  streich  zu  schnell  gefallen. 

LessiiNg  ; 
da  er  dem  trotz  ausbeuget  der  übermütisren  männer. 

Voss  Od.  17,  581 ; 
mylord;  bleibt  bei  der  sache,  beugt  nicht  aus. 
Schiller  414. 

AUSBEUGüNG,  f.  deflexio:  sittensprüche  und  allgemeine 
betrachtungen,  diese  lang^veiligen  ausbeugungen  eines  verle- 
genen dichters.  Lessing  7,  It ;  diese  ausbeugung  vom  gewöhn- 
lichen leben  und  dessen  geschäften.  Tieck  nov.  kr.  1, 131 ;  eine 
vortrefliche  ausbeugung  in  das  wahre  gebiet  der  albernheit. 
TiECK  4,  100 ;  gehen  wir  nach  dieser  kurzen  ausbeugung  zu- 
rück zu  unserm  vorhaben.    Fichte  grundz.  49. 

AUSBEULEN,  tubera  delere :  beulen  auf  metall  mit  einem 
holzhammer  wegschaffen;  einem  schadhaften,  ein-  und  aus- 
gebeulten, zerschabten  und  verlöcherten  kesselwesen.  TiECi 
ges.  nov.  3,  165. 

AUSBEUTE,  praeda,  spolium,  fructus,  lucrum,  beute,  ertrag: 
und  es  war  der  übrigen  ausbeute,  die  das  kriegsvolk  gcrau- 
bet  hatte,  sechsmal  hundert  und  fünf  und  siebenzig  tausent 
Schafe,  zwei  und  siebenzig  tausent  rinder,  ein  und  sechzig 
tausent  esel,  und  der  weibsbilde,  die  nicht  menner  erkand 
noch  beigelegen  hatten,  zwei  und  dreiszig  tausent  seelen. 
4  Mos.  31,  32 ;  on  das  vieh  raubeten  wir  für  uns  und  die  aus- 
beute der  stedte,  die  wir  gewonnen.  5  Mos.  2,  35;  und  solt 
essen  von  der  ausbeut  deiner  feinde,  die  dir  der  herr  dein 
gott  gegeben  hat.  20,  14;  sollen  sie  denn  nicht  ünden  und 
austeilen  den  raub,  einem  iglichen  man  eine  metzen  oder 
zwo  zur  ausbeute,  und  Sissera  bunte  gestickte  kleider  zur 
ausbeute,  gestickte  bunte  kleider  umb  den  hals  zur  aus- 
beute? rieht.  5,  30;  und  das  volk  richtet  die  ausbeute  zu. 
1  Sam.  14,  32 ;  er  rümet  wol  seinen  freunden  die  ausbeute, 
aber  seiner  kinder  äugen  werden  verschmachten.  Uiob  17,  5; 
der  sol  lebendig  bleiben  und  sol  sein  leben  als  eine  ausbeute 
behalten.  Jer.  2t,  9;  den  gottlosen  auf  erden  zur  ausbeute. 
Ez.  7,  21 ;  die  ausbeute  aber  und  sold  wollen  wir  nemen  als 
uns  unwirdigen  von  seiner  göttlichen  gute  und  gnaden  ge- 
schenket und  gegeben.  Luther  3,  329;  da  höret  der  friede 
auf  und  hebt  sich  ein  rumorn,  bis  er  überwunden  seinen 
hämisch  und  ausbeute  geben  musz.  6,  540';  nach  dem  be- 
giäbnis  wollen  des  verstorbenen  bischofs  Schwester  söhn  mit 
dem  herrn  von  Kobelin  ausbeute  halten  und  die  verlassen- 
schaft  des  bischofs  thcilcn.  Schweinichen  1,  111;  und  viel 
reiche  geng  hat  ausschürfen  lassen,  darauf  grosze  ausbeut 
gefallen.  Mathesiüs  l";  die  Ionen  der  mühe  und  geben  rei- 
chen überschusz  und  ausbeute.  2*; 

ctlich  der  Christen  kirchen  rier 
die  wir  in  ircn  kirchen  namen, 
zu  einer  ausbeul  überkamen.    Anna  IM'; 

doch  kam  ich  diesesmal  leider  ohne  ausbeute,  auch  oben 
sah  und  hörte  ich  nichts.  Göthe  21,  30 ;  hier  gab  sein  latent 
ihm  eine  entschiedene  ausheute.  24, 122 ;  doch  wäre  vielleicht 
noch  das  geschichtliche  der  letzten  zwanzig  jähre  nachzu- 
bringen, obgleich  keine  sonderliche  ausbeute  davon  zu  hoffen 
steht.  54,  318;  «rie  man  alte  büclier  studiert  in  der  absieht 
Wahrheit  zu  suchen,  so  kann  man  wol  zuweilen  eine  ausbeule 
erhalten,  die  andern  entgangen  ist.  Lichtenberg  1,  280;  ge- 
lehrte ausbeule.  J.  Paul  Fit)el  5;  er  hielt  das,  was  ihm  der 
arm  aus  den  wölken  gab,  für  ausbeute  des  eignen.  Tit.  3,  5. 
Für  praeda  setzett  wir  heute  nicht  mehr  ausbeute,  nur  beute, 
ausbeute  gilt  also  vom  ertrag  der  bergwerke,  saliwerke,  ßtehe- 


831 


AUSBEUTELN — AUSBIETEN 


AÜSBIETER  —  AUSBLASEN 


832 


reien  und  der  gelehrten  arbeiten,  man  sagt  die  ausbeute  he- 
ben, empfangen,  geben,  austheilen.  die  abstammung  des  worls 
unter  beute. 

AÜSBEUTELN,  excernere,  pollinem  excutere,  purgare,    aus 
dem  beutel  schütteln,  bei  Maaler  39*  auszbütlen,   nnl.  uilbui- 
delen,  uitbuilen;  hauptsächlich  für  expendere:  was  hilft  spar- 
sam sein,  wenn  man  schon  ausgebeutelt  hat?   Stieler  142; 
das  er  schier  ausgebeutelt  hat.    H.  Sachs  III.  1,  198' ; 

was  merklichs  in  den  büchern  ist,  herauszbeuteln,  aussich- 
ten.  Frank  weltb.  143 ;  einen  ausbeuteln,  ihm  den  beutel  lee- 
ren: das  bild  des  heiligen  Rochus,  wie  er  als  Töllig  ausge- 
beutelt von  seinem  palast  die  pilgerschaft  antritt.  Güthe 
32,  106. 

AUSBEUTEN,  praedam  dividere :  rauben,  plündern  und  aus- 
beuten. Dan.  11,  24;  etlich  Juden  fraszens  gelt,  das  man  in 
es  nit  nemmen  und  auszpeuten  solt.  Frakk  chron.  35';  den 
raub  der  feind  solt  ir  theilen  und  auszbeuten.  verbülschiert 
buch  321'-, 

nembt  ewers  vatters  hab  und  gut, 

in  drei  gleich  tlieil  ausbeuten  thut, 

das  ewer  iedera  werd  ein  theil.    H.  Sachs  1,230'; 

auszubeuten  den  spröden  scbacbt.    Röckert48; 
deines  Stamms  allvordere  beuteten  wahrlich 

nicht  umsonst  goldgruben  aus.    Platen  130; 

das  land,  den  boden  ausbeuten ;  ein  buch,  einen  andern  aus- 
beuten, um  aus  ihm  vortheil  zu  zieheii. 

AUSBEUTUNG,  f. 

AUSBEZAHLEN,  integrum  solvere: 

dasz  du  den  lohn,  den  mir  du  gelobt,  und  dem  würdigen  enkcl 

ausbezahlst.  Voss. 

AUSBIEGEN,  ßcclere,  deßectere,  nnl.  uitbuigen. 

1)  transitiv,  auswärts  biegen :  ausgebogner  rücken,  mhd.  ho- 
veroht  und  (t;  gebogen.  Iw.  464  ; 

auch  ein  mannliches  hemd  mit  ausgebognen  manschetten. 
Zacuariä  1,  257. 

2)  intransitiv :  einem  wagen  auf  der  strasze  ausbiegen ; 
den  neckereien  der  bosheit  ausbiegen.    Gotter  1, 1G8. 

AUSBIETEN,  in  mehrfachem  sinn, 

1)  provocare  ad  certamen,  mit  dem  dat.  der  pcrson,  wie 
zum  einfachen  bieten :  es  betten  zwen  mahler  einander  aus- 
geholten zu  mahlen  umb  die  meisterschaft.  seh.  und  ernst 
cap.  174 ;  das  einer  dem  andern  ausbot  zu  kempfen ; 

dem  feind  ze  schlahen  ausbieten.    Maaler  39'; 

hub  an  und  seinen  meister  haszt, 

und  bot  im  aus  vor  herrn  und  knechten 

umh  leib  und  leben  mit  im  zu  fechten. 

B.  Waldis  Esop  4,  72; 
im  zu  dem  weulauf  auszuhieten.    Fischart  gl.  seh.  6ü4; 
er  muste  des  ausbietens  lachen, 
alt  die  Schildkröte  dem  hasen  wettlauf  anbot,  ehz.  53 ; 

ich  arme  magd,  wie  gern  ichs  wagt, 

aber  es  ist  kein  recht, 

dasz  ein  magd  ausbeut  dem  knecht.    Garg.  2S'; 

dasz  er  sich  eim  jeden  waghals  ausbof.  183';  die  liebe  las- 
set ihr  so  schlechthin  nicht  ausbieten.  S.  von  Birken  73;  kurz 
und  gut  ich  biete  dem  junker  aus.  Scuiller  181*;  dieser 
Irompeter  hat  euch  ausgeboten.  Tieck  12, 190 ;  Wigand  hatte 
sich  kaum  etwas  erholt  und  sah  seinen  feind  festgehalten, 
als  er  ihn  (für  ihm)  ausbot,  sich  noch  einmal  mit  ihm  zu 
raufen.  Arnim  1,  254. 

2)  mandare  ut  urbe  excedanl:  den  bettlcrn  ist  ausgebotten 
worden.  Witzenb.  3,  62  ;  einem  mietmann,  einem  paciiter  aus- 
bieten, tVini  die  wohnung,  den  pachl  aufkündigen,  ihm  gebieten 
XU  räumen.  Adelung  gibt  statt  des  dat.  den  acc.  an,  wie  auch 
GöTUE  43,  4  setzt :  in  Wien  hat  man  alle  fremden  ausgeboten, 
$laU  allen  fremden,    bei  ausmabncn  ist  der  acc.  recht. 

3)  renale  proponere,  waaren  ausbieten,  feil  bieten;  hier, 
wein,  fische  ausbieten ;  dirnen  die  sich  ausbieten,  sesc  ven- 
ditant;  wie  kannst  du  so  frevelnd  dein  leben  ausbictco? 
Arnih  schaub.  2,  304. 

4)  proclamare,  aufbieten:  wie  wir  auch  nach  unser  obrig- 
keit  Ordnung  keine  wilwen  ausbieten,  sie  bringe  denn  u.  s.  w. 
Matuesius  13C';  desgleichen  müssen  fremhde  personen,  so 
sich  hie  copulieren  lassen,  von  ihren  ordentlichen  pfarren 
schriftliche  kundschaft  auflegen,  das  sie  zuvor  ohne  Verhin- 
derung ausgeboten  sein,  daselbst;  P.  Burmann,  der  sühn,  bot 
mich  in  der  vorrede  zum  Petronius  aus,  und  machte  meine 
schände  bekannt.  Reiskens  lebensbeschr.  25,  d.  h.  nannte  mich 


öffentlich,  proclamavit,  nicht  provocavit;  den  leidigen  teufel, 
der  sich  in  dem  Carlstad  für  einen  geist  ausbeut  (ausgibt, 
dargibt).  Luther  3,  79 ;  Logaü  vom  jähr  1638 : 

davon  nichts,  ja  für  die  todten 
sieucrn  wurden  ausgeboteu.    1,  3,  43, 

d.  i.  ausgeschrieben. 

5)  ausbieten,  darbieten,  offcrre,  ausstrecken:  also  das  er 
die  hend  zu  himel  ausbietend  zusammen  legte.  Aimon  B. 

AUSBIETER,  m.  provocator.   Maaler  39*. 

AUSBILDEN,  excolcre,  perficere,  nnl.  uitbeelden,  entfallen: 
der  rohe  mensch  ist  zufrieden,  wenn  er  nur  etwas  vorgehen 
sieht,  der  gebildete  will  empfinden,  und  nachdenken  ist  nur 
dem  ganz  ausgebildeten  angenehm.  Göthe  18,  138 ;  durch  rei- 
sen ausgebildet  werden.  Kli.nger  l,  455.  460;  das  sich  (richti- 
ger ohne  sich)  zum  geist  ausgebildete  wesen.  12,  265;  die 
kleine  anwandlung  des  Schreckens  bei  ihr,  die  sich  gleich 
wieder  in  grüsze  und  etwas  verdrusz  ausbildete.  Klingers  th. 
2,  204;  um  auf  Griechenweise  den  spuk  ausbildend  zu  ver- 
schönern. Tieck  ges.  nov.  1,  37;  was  der  ausgebildeten  mensch- 
heit  gefällt,  dies  allein  ist  schön.  Fichte  sittcnl.  4SI;  die 
krankheit  bildete  sich  allmülich  aus. 

AUSBILDER,  m.  dasz  die  ersten  erfinder  der  spräche  nicht 
Philosophen  und  die  ersten  ausbilder  meistens  dichter  ge- 
wesen sind.  Herder  1,  208 ;  ist  so  feiner  art,  dasz  sie  unter 
den  bänden  des  ausbilders  leicht  misbildet  wird.  Stolberc 
10,  416. 

AUSBILDUNG,  /".  conformatio,  cultus:  ausbildung  des  gei- 
stes,  eines  werks,  der  spräche,  der  kunst. 

AUSBINDEN,  solvere,  vieh  aus  (der  kette)  binden,  der 
Schriftsetzer  bindet  die  gesetzte  columne  aus  (lie  la  page), 
um  sie  au/jfassen  und  aufs  setzbrel  schieben  zu  können. 

AUSBINDLICH,  was  ausbündig,  excellens  und  adv.  excel- 
lenler :  so  uszbintlich  gelert.    Keisersberg  post.  4,  3. 

AUSBITTE,  f.  petitio  puellae,  feierliche  braulwerbung :  es 
hielt  aber  der  Geisicr  bei  i.  f.  gn.  um  (lag  zur)  ausbitte  der 
Jungfrau,  als  bei  dem  obersten  Vormunden  an.  Schweinichen 
1,  98;  es  ward  doch  Schellendorfen  zur  ausbitte  tagfahrt  ge- 
setzt. 1, 115 ;  Schellendorf  aber  kommt  und  fährt  mit  der 
ausbitte  fort.  1,  115;  einen  tag  zur  ausbitte  und  Verlobung 
anzusetzen.  2,  80 ;  welche,  wie  landbräuchlichen  die  Jungfrau 
ausbitten  sollen,  das.;  demnach  Jocheim  von  Salzau  meine 
schwestcF  Jungfrau  Salome  zur  ehe  begehret,  als  habe  ich 
ihm  zur  ausbilte  einen  tag  angesetzt.   2,  235. 

AUSRITTEN,  expctere,  rogare,  erbitten. 

1)  darf  ich  mir  ihren  namen  ausbitten?;  etwas  von  einem 
ausbitten.  Opitz  Arg.  2,  195;  ich  bitte  mir  ein  glas  wasser 
aus;  ich  musz  mir  bedenkzeit  ausbitten;  das  bitte  ich  mir 
aber  aus  (das  soll  geschehn  oder  nicht) ;  will  mir  die  vorgeschla- 
gene partie  auf  ein  andermal  ausbitten.  Göthe  an  Schiller  531. 

2)  sich  einen  unter  vielen  ausbitlen ;  verhiesz  er  dem  Pto- 
lemeo  viel  gelds,  wenn  er  ihn  beim  könig  möchte  ausbitten 
(los  bitten).  2  Afacc.  4,  45;  wann  ich  ausgebeten  oder  ranzso- 
niert  wurde,  unw.  doct.  342 ;  sich  einen  zum  führer  aus- 
biUen ;  den  schwarzen  gelben  tod  oder  den  herzeinzigen  aus- 
bitten. Schiller  183'. 

3)  ausbitten,  zu  gaste  einladen;  ich  bin  heute  ausgebeten, 
esse  nicht  zu  hause. 

4)  ein  mädchen  ausbitten,  zur  braut  werben:  es  vermeinte 
zwar  der  alte  hcrr,  dasz  i.  f.  gn.  meinethalben  dahin  kamen, 
seine  tochter  auszubiltcn.  Schweinichen  1,  244;  sein  weib 
helfen  aushitten.  3,  277.     s.  ausbitte  und  ausgeben. 

AUSBITTERN,  amariludinem  Icnirc.   Stieler  130. 
AUSBLASE.N,  efflare,  nnl.  uitblazen,  ahd.  üjpldsan. 

1)  die  seel  auszblascn.  Frank  weltb.  12';  so  die  rbömischen 
imperatores  die  seel  auszgeblasen  betten,  so  hab  man  ein 
contrafeit  bild  in  ein  sessel  gesetzt.    76'; 

auch  ist  nicht  unbewust, 
wie  Alovas  den  geist  durch  gift  ausblasen  must. 

Grtpuius  1,  144; 
es  blies  dis  Icbcnslichllein  aus.    1,133; 
die  scele  blasctr  aus.    Lohenst.  Cteop.  112,  333; 
dreihundert  deutsche  edclleutc  hatten  für  ihr  Vaterland  schon 
den  geist  ausgeblasen.    Lohenst.  Arm.  2,  242;  wenn  wir  aber 
dein   verdammten   Jacob   das   licht  ausblasen.    Weise  comöd. 
160 ;  ob  ein  guter  keile  dem  Jacob  das  licht  ausgeblasen  hat. 
173 ;  einem  das  leben  ausblasen.    Klingers  th.  4,  264. 

2)  das  feuer  ausblasen,  löschen;  was  bläst  so  auf  einmal 
das  feuer  in  deinen  wangcn  aus?  Scuiller  187*;  sollten  wir 


833 


AUSBLASEN  —  AUSBLÜHEN 


AUSBLUMEN  —  AUSBBECHEN 


834 


die  glut  ausblasen,  die  uns  zu  kühnen  tbaten  reizt?  Kli.v 
GER  2,  339;  ihr  die  ihr  eure  hölle  erst  ausgieszen  wollt  mit 
thränen  und  ausblasen  mit  seufzern.  J.  Paul  TU.  5,  121 ;  oft 
geschichts,  dasz  zwei  brennende  herzen  zusammen  kommen, 
dannoch  kan  der  teufel  eins  oder  das  ander  ausblasen.  Leh- 
MA.Nx  170 ;  den  ofen  ausblasen,  kühlen. 

3)  buccina  nunliare.  den  frieden  ausblasen,  neujahr  aus- 
blasen; Irompeters  grabschriß: 

Georg  schweiget  under  disem  wasen, 

weil  er  sein  letztes  ausgeblasen.    Wecsheriix  811 ; 

da  sagt  der  drommeter,  sie  sollten  Schüttlern  vor  einen  Schel- 
men ausblasen.  Schweimches  1,  308 ;  liesz  sich  für  einen  kö- 
nig  der  Quaden  ausblasen ;  die  wort  kan  Carlstad  fein  sagan 
und  mit  sthriflen  ausblasen.   Lctber  3,  451*.    vgl.  ausrufen. 

4)  der  teufel  bläst  menschen  die  äugen  aus.  MClleshoffs 
sagen  202 ; 

mit  diser  hexe  hab  ichs  gar, 

der  teufel  hat  ir  das  au?  ausblasen. 

H.  Sachs  IU.  3,  13*. 

5)  eier  ausblasen;  den  rauch  aus  der  pfeife  ausblasen; 
eine  flöte  ausblasen,  durch  blasen  geßg  machen. 

6)  die  bohrspäne  ausblasen,  altn.  bläsa  i  nafars  raufina 
(Snorri  s.  86) ;  den  hobel  ausblasen,   vgl.  oben  sp.  566. 

AUSBLASIEREN,  praedicare,  exomare,  franz.  blasonner: 
das  können  si  wol  ausbläsiren.  Mcrxehs  schelmenzunß  25,  9 ; 
dan  dise  ire  liebe  frau,  wie  sie  es  ausbläsiren,  ist  sehr  ehr- 
geizig.   Fischart  bienenk.  182'.     bei  H.  Sachs  plesemieren. 

AUSBLATTEN,  excerpere  folia,  überflüssige  blätler  ausbrechen. 

AUSBLATTERN,  foliis  privare,  entbläUern. 

AUSBL.iUEN,  verberare,  durchbläuen:  auszknötzschen  und 
auszblewen.  Mathesiüs  119'.    s.  bläuen. 

AUSBLECHEN,  vestire  laminis,  mit  blech  beziehen. 

AUSBLEIBEN,  von  venire,  non  redire,  nnl.  uitbliJTcn. 

1)  er  bleibt  heute  lange  aus;  sie  blieb  aus  und  kam  im- 
mer wieder.  Göthe  20,  273;  das  kind  blieb  aus,  man  fand 
seinen  hut  auf  dem  wasser  schwimmen,  daselbst;  das  bäch- 
lein  bleibt  hn  hoben  sommer  aus;  er  ist  ausgeblieben  wie 
röhrwasser.     in  den  weisthümern  oft,    vor  gericht  ausbleiben. 

2)  der  athem,  der  puls  bleibt  aus,  stockt;  das  fieber  ist 
zwei  tage  ausgeblieben;  darumb  musz  auch  der  früregen 
ausbleiben  und  kein  spatregen  komen.  Jer.  3,  3 ;  die  erwarte- 
ten nachrichten,  die  posten  bleiben  aus ;  die  verspätete  strafe 
wird  doch  nicht  ausbleiben;  als  die  geträumle  glückseligkeit 
ausblieb.  Beckers  weltg.  14,  396;  so  würde  ihm  das  lächeln 
nicht  ausbleiben.  Klixger  12,  79 ;  das  geld  ist  ihm  ausgeblieben. 

3)  die  gesäten  pflanzen  bleiben  aus,  kommen  nicht;  es  konnte 
nicht  ausbleiben,  muste  so  kommen;  es  sind  beim  abdruck  buch- 
staben,  zeilen  ausgeblieben.  Luther  schreibt  aber  auch  auszen 
bleiben:  die  Weissagung  wird  ja  noch  erfüllet  werden  und 
nicht  auszen  bleiben.  Habac.  2,  3;  wenn  ich  einen  tag  zu 
lange  auszen  bliebe,  so  würde  seine  seele  betrübt.  Tob.  9,  4 ; 
des  frommen  bofnung  wird  nicht  auszen  bleiben.    Sir.  16,  13. 

AUSBLEICHEN,  decolorem ßeri,  verbleichen:  die  färbe  blich 
aus,  ist  ausgeblichen;  der  flecken  bleicht  aus. 

AUSBLEICHEN,  maculas  e  linteis  ad  solem  pandendis  de- 
lere, nnl.  uitbleeken:  es  ist  zwar  ein  flecken,  aber  doch  ein 
Decken,  den  die  zeit  ausbleichet;  kernhafte  und  gut  ausge- 
bleichte leinwand;  wenn  auch  alter  und  schwäche  mein  ge- 
dachtnis  einst  matt  machen  und  alle  erinnerungen  ausblei- 
chen sollte.   TiECK  9, 161. 

AUSBLICK,  m.  prospectus:  zwischen  der  kirche  und  dem 
academischen  gebäude  habe  ich  einen  freundlichen  obgleich 
schmalen  ausblick  ins  Neckarthal.  Götbe  43,  137 ;  über  die 
frischen  berglehnen  hin,  von  denen  er  von  zeit  zu  zeit  den 
ausblick  auf  die  schönen  felsen  hatte.  Tiecr  ges.  nov.  7, 140; 
mit  diesem  ersten  überiegungslosen  ausblick  in  die  zukunfl. 
Herder  an  Car.  Flachsland  1, 135. 

AUSBLICKEN,  prospicere,  ausschauen,  ausgucken. 

ALSBLITZEN,  desinere  fulgere:  es  bat  am  himmel  aus- 
gebiitzt;   aus  und  einblilzen.    G ar g.  io\ 

AUSBLÜKEN,  desinere  balare.  aber  auch  proelamare  ba- 
lando :  seit  dich  ein  trupp  zum  führer  einer  gehörnten  herde 
ausgebliikl.  J.  Faul  5,  7. 

AUSBLÜHEN,  l)  efflorere,  erblühen :  der  ausblühende  früh- 
ling dieser  beiden  wellen  ist  die  liebe.  Tiec«  grs.  nov.  4  269  • 
ausblühn  will  ich  voll  in  allen  blättern  und  ranken.  Fr.'mül- 
LEB  2,  35.     2)  deflorere,  verblühen:  es  hat  schon  ausgeblüht; 
warum  enlblaiiert  soll  ich  ruhn  im  mose, 
tutt  auszublübo  Tor  deiaem  angesichlf    K6ckut  303. 


AÜSBLÜMEN,  floribus  omare:  diese  Artusgedichte  sind  die 
ausgeblumte  frühlingspracht  der  weit  und  poesie.  Tie«  not. 
kr.  2,  343. 

AUSBLUTEN,  sanguinem  effundere,  emittere,  verbluten:  sein 
blut  ausbluten  lassen.  3  Mos.  1,  15;  und  lasse  das  ubnge 
blut  ausbluten.  5,  9 ; 

mein  leben  auszubluten 
iu  diesem  augenblick  war  eiue  kleinigkeiu 
WiELA.ND  10,  257; 

dasz  ich  an  seinem  herzen  mein  leben  ausblute.  Klixgebs  Ih. 
3,  361;  es  musz  erst  ausbluten,  sich  verbluten,  die  zeit  wird 
den  schmerz  lindern. 

AUSBOGEN,  arcuare:  das  mit  kleinen  gebäuden  umgebene 
rund  in  kleineren  halbcirkeln  ausgebogt.    Göthe  2S,  116. 

AUSBOHLE.X,  so/um  axibus  compingere,  den  fuszbodeo, 
die  tenne  ausbohlen. 

AUSBOHRE.N,  exterebrare:  ein  fasz,  einen  brunnen  aus- 
bohren. 

AUSBOLZEN,  s.  auspolzen. 

AUSBORGEN,  foenori  dare,  ausleihen,  mhd.  tu  borgen. 
Walth.  so,  17. 

AUSBOSE.N,  iraatndiam  exercere,  austoben.  Stieler  209; 
er  {Christus)  lesset  ihn  {den  teufel)  jetzt  wol  ausbosen  bis  zu 
seiner  stunde.  Luthers  tischr.  202",  wo  aber  steht  ausbossen, 
das  leicht  anders  zu  deuten. 

AUSBOSZE.N,  tundere,  ejicere:  klagt,  dasz  er  und  sein  ge- 
walt  im  seinen  arman  {armen  mann,  colonus)  auszgeboszL  urk. 
von  1396  bei  Oberlix  s.  59. 

AUSBOT,  m.  venditatio,  ausgebot:'  komm  aber  zu  dem,  der 
ihn  mir  zum  ausbot  gegeben  hatte,  und  frage  ihn  selbst. 
Herder  9,  272. 

AUSBRACKEN,  rejicere,  ausstoszen:  altes,  unzuchtbares 
vieh  ausbracken,  aussondern;  sollte  dem  jüngsten  Übersetzer 
des  don  Quixote  das  schöne  beiwort  für  Ariost  etwa  zu  spa- 
nisch oder  disparat  vorgekommen  sein,  dasz  er  es  ausbrackte 
oder  ausmärzte?  Hahaxx  7,93.  wol  niederdeutsch,  utbraken, 
nnl.  uitbraken.  ausbrechen,  auswerfen? 

AUSBRAGEN,  bei  den  kürschnern,  die  feile  über  ein  schar- 
fes, breites  eisen  ziehen,     etwa  für  ausprägen? 

AUSBRATEN,  in  mehrfachem  sinn, 

1)  intr.  assando  exsudare:  es  brät  viel  fett  aus. 

2)  intr.  satis  torreri:  das  fleisch  hat  ausgebraten,  noch 
nicht  ausgebraten. 

3)  Irans,  assando  elicere:  fett  ausbraten. 

4)  Irans,  satis  ossäre:  das  fleisch  ist  ausgebraten. 
AUSBRAUCHE.N,  plene  adhibere,  verbrauchen. 
AUSBBAÜE.X,    excoquere:   das  hier  recht   ausbrauen;   wol 

ausgebrautes  hier;  figürlich,  anstißen,  verursachen:  was  die 
stürme  für  zeugs  in  diesen  gebirgen  ausbrauen  ist  unsäglich. 
Göthe  an  fr.  v.  Stein  1, 130.    vgl.  brauen. 

AUSBR.\UNEN,  fuscare:  die  sonne  hat  ihn  ausgebrannt; 
was  bedeutet  es  aber  in  folgender  stelle:  wenn  sie  nicht  mün- 
nich  und  pfaffen  und  alleriei  andere  schwermer  auszbreunen 
und  derzausen.  M.4thesil's  51",  verbrennen  ?  rösten  ? 

AUSBRAUSEN,  desaevire,  austoben:  der  wind,  das  raeer 
hat  ausgebraust ;  ein  gährender  slof,  der  most,  das  hier  musz 
erst  ausbrausen;  seine  jugend  hat  noch  nicht  ausgebraust; 
es  brauchte  einige  zeit,  bis  die  gährung,  wovon  diese  bege- 
benheitcn  theils  die  Ursache,  theils  die  folge  waren,  ausge- 
brauset  hatte.  Wielaxd  8,  192;  sie  staunen  Strephon?  sehn 
sie  denn  nicht,  dasz  der  mann  ausgebraust,  ausgelebt  hat? 
Lexz  1,  243 ;  laszt  ihm  nur  seine  Wildheit,  all  sein  wesen : 
wenns  krieg  gibt,  braust  er  aus.    Klixger  1,  4L     transitiv, 

sein  dunder,  schröcklich  als  ein  beer, 
ausbrauset  tausent  todsgerahien.    Weckherlix  127; 
seine  üble  laune  an  jemand  ausbrausen.  Klixger  6,  228. 

AUSBRECHEN,  evellere,  egerere,  erumpere,  nnl.  uitbreken, 
die  transitiven  bedeutungen  1 — J2  vorausgehend,  die  intransi- 
tiven 13  —  22  nachfolgend,  vgl.  ahd.  arprechan,  ftjarprechan 
und  ftjprechan  (GRArr  3,  263.  264). 

1)  den  zahn,  die  zahne  ausbrechen:  ihnen  die  ausgebro- 
chene zän  zum  palernoster  an  hals  henken.  Garg.  207*; 
schickte  zu  einem  balbierer  und  liesze  dem  sehn  ein  par 
zahn  ausbrechen.  Schlppids  812 ;  du  must  dir  deinen  wein- 
rahn  ausbrechen  lassen. 

2)  ohnmächtigen  und  im  krampf  liegenden  die  eingeklemm- 
ten daumen: 

man  bricht  der  joogen  frau  die  daumen  aus.    fiiiiERT  1,  84. 

53 


835 


AUSBRECHEN 


AUSBRECHEN — AUSBREITEN 


836 


3)  bäumen  und  pflanzen  die  tauben  äste,  das  laub  und  obst 
ausbrechen :  die  äpfel  ausbrechen,  dann  auch  den  bäum  aus- 
brechen ;  den  auswuchs  an  den  Weinreben,  die  geizen  an  den 
lotten  ausbrechen.  Bronner  52.  s.  ausgeizen ;  der  pflanze 
das  herz  ausbrechen;  durch  Gretchens  entfernung  war  der 
knaben-  und  jünglingspflanze  das  herz  ausgebrochen,  sie 
brauchte  zeit,  um  an  den  seilen  wieder  auszuschlagen.  Güthe 
25,  39;  trauben  ausbrechen,  vgl.  ausbrach;  einen  kern  aus- 
brechen, aus  der  schale,    mhd. 

si  bcDse  unkrüt  darunder, 

daj  breche  er  ü;  besunder.    Walth.  103,  22. 

4)  der  weber  bricht  einen  faden  aus,  wenn  er  den  unrecht 
aufgezognen  abreiszt  und  an  den  gehörigen  ort  bringt. 

5)  einen  nagel,  pflock  ausbrechen,  ausreiszen.  die  Ihüran- 
geln  ausbrechen. 

6)  steine,  erz  aus  dem  boden  ausbrechen,  aushauen;  so 
sol  er  die  steine  ausbrechen,  darin  das  mal  ist.  3  Mos.  14, 
40 ;  grosze  und  köstliche  steine  ausbrechen.  1  kön.  5,  17 ;  ge- 
markstein  ausgebrochen,  wcisih.  2,  170. 

7)  ein  stück  ausbrechen:  dem  rad,  der  Scheibe  ist  ein 
stück,  die  ecke  ausgebrochen;  so  eckig,  zackig  und  ausge- 
brochen auch  immer  das  erste  viertel  {des  mondes  eines 
schrißstellers)  vor  der  weit  hangen  möge.  J.  Paul  5,  v ;  ich 
bin  völlig  der  meinung,  dasz  man  das  repetier-  und  das 
Laibe  räderwerk  ausbrechen  könnte,  ohne  das  vorlege-  oder 
Zeigewerk  zu  beschädigen.    Tit.  1,  37. 

8)  wachs  und  honig  ausbrechen,  ausschneiden,  ausnehmen 
aus  den  stücken,  dann  auch  die  bienen  ausbrechen. 

9)  der  bierbrauer  bricht  das  hier  aus,  inde^n  er  es  aus 
ffanne  oder  bottich  in  die  rinne  schöpft. 

10)  weidmännisch,  das  Schwarzwild  bricht  die  erde  aus, 
wühlt  aus. 

11)  ausbrechen,  evomere:  gift  und  galle  ausbrechen; 

da  kam  Petrin  und  las  was  er  vor  euch  gesprochen, 
darüber  hab  ich  lung  uud  herz  schier  ausgebrochen. 
Grvphius  2,  472. 

12)  allgemein  elicere,  entlocken,  cmittcre:  sie  brechen  den 
geiz  ausz.  Keisersb.  sieben  scheiden  5 ;  den  hasz  gedarst  du 
nit  uszbrechen.    ehr.  bilgr.  141 ;   du  brichest  den  grollen  usz. 

ebenda; 

von  solcher  arbeit  ward  ihm  heisz, 
das  im  die  müd  ausbrach  den  schweisz. 
Waldis  Esop  4,  5. 

13)  intransitiv,  erumpere,  das  feuer  bricht  aus,  gleichsam 
aus  seinen  banden,  auch  das  licht  bricht  aus,  wie  der  tag 
anbricht,  die  nacht  einbricht. 

14)  das  gewässer,  die  quelle  bricht  aus:  da  get  der  brun- 
nen  über  und  bricht  aus  (über  seinen  rand).  Frank  wellb.  166' ; 
Viadrus,  die  Oder,  der  zuletzt  bei  Caminum  in  das  mör  aus- 
bricht. 33*;  ein  wunderbares  ausbrechen  süszer  quellen  mit- 
ten im  ocean.    Humboldt  ans.  der  nat.  1,  254. 

15)  an  einem  tage  und  zu  derselben  stunde  brach  das  un- 
gewittcr  aus.    Schiller  904 ;  der  stürm  bricht  heftig  aus. 

16)  sie  fliehen  für  diesem  sprach,  rauschen  für  über,  als 
brennet  inen  der  köpf,  das  inen  der  schweisz  ausbricht.  Lu- 
ther 3,  522 ;  ein  heftiger  schweisz  brach  ihm  über  hals  und 
köpf  aus. 

1")  der  dieb,  der  gefangene  bricht  aus  und  entrinnt:  die 
belagerten  brechen  aus,  fallen  aus;  sechstausend  menschen 
brachen  aus  der  Stadt  hinaus.  Schiller  827 ;  aus  dem  lager 
schosz  der  feind  auf  mich  und  viele  brachen  aus  mich  auf- 
zufangen. Klincer  2, 100 ;  der  dämm  brach  an  zwei  orten  aus. 

18)  die  blume  bricht  aus,  aus  der  knospe,  geht  auf,  bricht  auf: 

du  warst  vor  wenig  wochen 
ein  knöspchen  blosz, 
nun  tliut,  kaum  ausgehrochen, 
das  röslein  grosz.       Voss  4,  90. 

19)  die  Zähne  brechen  aus,  schieben,  die  blättern  bre- 
chen aus. 

20)  das  gerücht  bricht  aus;  und  obwol  Herodotus  diesem 
gemeinen  gertichte,  so  zweifelsohne  von  den  kaufleuten  aus- 
brach, nicht  wil  bcifall  geben.  Micrälius  1,  4; 

schaw  da  bricht  gleich  ans  an  den  tag 
unser  ebgeslerige  sag.    ii.  Sachs  lil.  1,  93'; 

es  brach  melde  aus.  Schweiniciien  2,  202 ;  eine  sage  war  aus- 
gebrochen. 2,  89 ;  nachdem  allerlei  reden  ausbrachen.  3,  301 ; 
würde  solch  geschrei  ausbrechen.  Kirchhof  disc.  mil.  8;  die 
hcimlichkeit  bricht  aus.  Gargi.  249*;  wann  jemandes  geiieimnis 
bei  vielen  ausgebrochen  ist,  so  kan  man  es  durch  keine  kluge 
beniühuug  wieder  geheim  machen,   pcrs.  baumg.  7,  4.     auch 


blosi,  es  bricht  aus,  wird  bekannt,  lautbar;  da  das  ausbricht. 
Kirchhof  disc.  mil.  9 ;  Davids  namen  brach  aus  in  allen  lan- 
den. 1  chron.  15, 17. 

21)  andere  fälle:  von  mitternacht  wird  das  Unglück  aus- 
brechen über  alle  die  im  lande  wonen.  Jer.  1,  14;  an  allen 
orten  ist  auch  euer  glaube   an    gott   ausgebrochen.    1  Thess. 

1,  8 ;  das  Christus  wort  weiter  ausbreche  und  in  der  weit 
angenommen  werde.  Luther  6,  201' ;  du  weist  sovil  sovil  du 
thust,  du  glaubst  sovil  sovil  du  durch  die  lieb  thetig  ausz- 
brichst.    Frank  sprichw.  1,  62" ; 

ich  hab  ein  groszes  hausgesind 

von  knecht,  mägd,  auch  welb  und  kind, 

durch  die  der  mord  würd  brechen  aus, 

drumb  trag  den  todten  bald  hinaus.    H.  Sachs  IL  2,  41*; 

und  ist  ihre  spräche  weit  ausgebrochen.  Micrälids  2, 133 ; 

als  nun  war  ausgebrochen  weit 

deren  von  Straszburg  Willigkeit.    Fiscakm  gl.  schif^l; 

und  wenns  schon  von  dem  bader  ausbrech, 

dasz  er  das  übel  hett  gelhan, 

könd  wir  ihm  doch  helfen  davon.    ArRKRl66*; 

man  munkelt  in  dem  rath,  bei  voller  gasierei 

bricht  man  was  härter  aus.    Gryphiüs  1,  273 ; 

itz  bricht  der  meineid  aus.    1,  395; 

der  Schauspieler  kann  ohnstreitig  unter  der  maske  mehr  con- 
tenance  halten,  seine  person  findet  weniger  gelegenheit  aus- 
zubrechen (hervorzutreten),  und  wenn  sie  ja  ausbricht,  so 
werden  wir  diesen  ausbrach  weniger  gewahr.  Lessing  7,  251; 
näher  berührte  mich  die  zwischen  Voss  und  Stolberg  aus- 
brechende mishelligkeit  Göthe  32,  178 ;  die  pest,  die  cholera 
ist  ausgebrochen,  ein  concurs  ist  ausgebrochen. 

22)  ausbrechen  in  worte  und  geberden,  erumpere  in  vocem, 
in  verba:  da  ich  auf  sie  zueilen  und  meine  freude  über  die- 
sen unverhoften  anblick  in  geberden  und  vielleicht  in  ausru- 
fungen  ausbrechen  lassen  wollte.  VVieland  2,  35 ;  in  fluch,  in 
drohung  ausbrechen.  Gotter  2,  4;  brach  sie  in  unbändiges 
weinen  aus.  Göthe  25,  279 ;  brach  er  sogleich  mit  Selbstge- 
fälligkeit in  behaglichen  scherz  aus.  25,  348;  auf  einmal  in 
ein  lautes  lachen  ausbrach.  25,  360 ;  brach  sie  in  ein  lautes 
gelächter  aus.  26, 11 ;  brach  ich  in  gotteslästerliche  reden  aus. 
26,  30 ;  hier  war  ein  Christus,  bei  dessen  anblick  ein  Götlin- 
ger  Professor  in  den  bittersten  thränengusz  sollte  ausgebro- 
chen sein.  31,  217 ;  in  eine  thränenflut  ausbrechen.  Klinger 
3,  103;  wenn  alle  freudigen  hofnungen  in  die  Wirklichkeiten 
ausbrechen.  Bettine  br.  2,  173 ;  falschheit  bricht  zuletzt  in 
eine  berufsmäszige  betrügerei  aus.  Babener  4,  72.  auch  blo- 
szes  ausbrechen: 

und  Juno,  frei  von  rachbegier, 

brach  aus:  söhn  Jupiters.    Ramler  1,39; 

Moor  in  den  anblick  versunken,  bricht  heftig  aus,  o  unbe- 
greiflicher fingen  Schiller  134;  vergeht  einem  Jünglinge,  dasz 
er  es  wagt,  in  kühnen  worten  vor  euch  auszubrechen.  Klinger 

2,  96.  mil  wider  und  gegen :  dasz  er  nach  der  verlornen  sciilacht 
bei  Philippi  voll  Unwillens  wider  die  lugend  ausgebrochen, 
dasz  sie  ein  eitler,  leerer  name  sei.  J.  E.  Schlegel  3,  406 ;  mit 
heftigem  eifcr  gegen  ihn  ausbrechen.  Wieland  1,  xix;  sollten 
wir  einst,  brach  der  aufgebrachte  general  gegen  den  franzö- 
sischen residenten  aus,  sollten  wir  einmal  gegen  Frankreich 
fechten.    Schiller  992*. 

AUSBREISEN,  nodulos  solvere.  Stälder  1,  227,  gegenüber 
dem  anhreisen. 

AUSBREITEN,  pandere,  extendere,  explicare,  dilatare,  nnl. 
uitbreiden. 

1)  die  bände,  arme  ausstrecken:  wil  ich  meine  iiende  aus- 
breiten gegen  dem  herrn.  2  Mos.  9,  20.  33 ;  breitet  seine 
hende  aus  zu  diesem  hause.  1  kön.  8,  39 ;  sie  breitet  ire  hende 
aus  zu  den  armen,  spr.  Sal.  31,20;  und  er  wird  seine  hende 
ausbreiten  mitten  unter  sie.   £s.  25, 11; 

aber  die  arm  ausbreitend  mit  innigkcit.    Voss  Luise  3,  222. 

2)  die  flügel,  fitliche  ausspreiten,  entfallen :  und  die  cheru- 
bim  sollen  ire  flügel  ausbreiten  oben  über  her.  2  Mos.  25,  20 ; 
diese  flügel  der  Cherubim  waren  ausgebreilet  zwenzig  eilen 
weit.  2  chron.  .1,  13;  dich  ausgebreiteten  cheruh.  Ex.  28,  lö; 
er  breitet  seine  litlich  aus.  5  Mos.  32,  11 ;  der  käfer  breitete 
seine  flügel  aus  und  entflog; 

ausbreite  die  thauschwcren  flügel,  o  mein  gemüt. 
1'latkn  131. 

3)  die  zweige,  äste :  der  brombccrstrauch  breitet  seine  stach- 
iichtc  zweige  und  blttlter  aus.  Lokman  fab.  22 ;  der  bäum  brei- 


837 


AUSBREITEN  ~  AUSBRENNEN 


AUSBRINGEN — AUSBRUCH 


838 


tete  seine  äste  aus  über  das  fenster;  es  wuchs  und  ward 
ein  ausgebreiter  weinstock.   E:.  17,  6. 

4)  segel,  kleid  und  tuch  ausbreiten :  die  scbiffe  breiten  ihre 
segel  aus ;  breiten  ein  kleid  aus.  rieht.  8,  25 ;  tücher  wurden 
gegen  die  sonne  ausgebreitet;  und  sollen  die  kleider  für  den 
ehesten  der  stad  ausbreiten.  5  Mos.  22,17;  die  wasche  auf 
dem  gras  zum  trocknen  ausbreiten;  im  groszen  sale  des 
gasthofes  war  die  weit  ausgebreitete  wirtshaustafel  mit  gasten 
besetzt.   Tieck  nov.  kr.  2, 103. 

wir  breiten  nur  den  mantel  ans, 

der  soll  uns  durch  die  lüfte  tragen.    Göihk  12, 102. 

5)  wölken,  decken  ausbreiten:  wenn  er  furnimpt  die  wöl- 
ken auszubreiten,  wie  sein  hochgezelt.  Hiob  36,  29;  ja  du 
wirst  mit  im  die  wölken  ausbreiten,  die  fest  stehen  wie  ein 
gegossen  Spiegel.  37,  18;  er  breitet  eine  wölken  aus  zur 
decke,  ps.  105,  39. 

6)  figürlich,  ein  narr  breitet  narrheit  aus.  spr.  Sah  13,  16; 
daher  sind  ausgebreitet  die  geschlecht  der  Cananiter.  1  Mos. 
10,  IS ;  gott  der  die  himel  ausbreitet.  Es.  42,  5 ;  da  sie  es 
aber  gesehen  hatten,  breiteten  sie  das  wort  aus.  Luc.  2,  17 ; 
hie  wird  vermanet  ein  iglich  mensch,  das  er  sein  herz  aus- 
breite in  die  ganze  Christenheit.  Luther  1,  82*;  ich  wil  sein 
falsches  herz  an  den  tag  ausbreiten.  Luthers  br.  i,  311;  das 
man  ein  wort  nicht  gnugsam  ausbreiten  kan,  wenn  man 
gleich  lang  davon  predigt.  Luther  4,  28' ;  die  feiod  darinnen 
nicht  so  stark  und  viel,  wie  das  geschrei  yon  ihnen  aus- 
breite.  Kirchhof  mil.  diso.  183 ; 

und  du  machst,  dasz  ich  underfang, 
der  erst  mil  ungezwungnem  iilang       , 
die  gölter  auf  der  Griechen  saiten 
teutscb  lieblich  spilend  auszubreiten. 
Weckherlix  376; 
die  kraft,  der  beiden  treflichkeiten 
mit  tapfern  worten  auszubreiten, 
verdankt  Homer  und  Maro  dir.    Uagedor.'«  3,  23; 

fallen  auf  die  knie,  damit  sie  ja  ihren  schlamp  ausbreiten 
können.  Schiller  107";  lassen  sie  also  durch  ihre  bekannte  und 
freunde  das  wünschenswerthe  einer  solchen  neuen  erschei- 
nung  recht  ausbreiten.  Göthe  an  Schiller  196;  dessen  name 
im  ganzen  lande  ausgebreitet  war.  Tieck  Stemb.  I,  6 ;  er  be- 
sitzt ausgebreitete  kenntnisse. 

7)  sich  ausbreiten,  wie  sich  die  beche  ausbreiten.  4  Mos. 
24,6;  wie  ein  nuszbaum  sich  ausbreiten.  Garg.  247';  die  viel- 
farbigen tulpen,  welche  gegen  den  abend  ihre  blätter  zu 
schlieszen  begunten,  ach  ehe  ihr  euch  werdet  wieder  aus- 
breiten. Weise  kl.  leute  16 ;  die  exemplare  fangen  an  sich  in 
Deutschland  auszubreiten.  Göthe  an  Schiller  130 ;  das  gras 
breitet  sich  über  die  ganze  erde  aus. 

AÜSBREITER,  m.  propagalor 

AUSBREITUNG,  /.  extensio,  dilataho:  die  ausbreitung  des 
menschenpeschlechts,  des  christenthams. 

AUSBRENNEN,  ausbrann,  igne  consumi,  exstingui,  doch  ist, 
wie  beim  einfachen  brennen  und  bei  andern  Zusammensetzun- 
gen, die  starke  form  heute  auszer  gebrauch  geraten  und  mit 
der  folgenden  schwachen  ßr  die  Iransitivbedeutung  nachlheilig 
vermischt:  das  feuer  brennt  wieder  aus,  lasz  es  ausbrennen; 
die  pfeife  brennt  aus,  geht  aus;  der  hohe  lichtfunke  ist  aus- 
gebrannt. Schiller  106';  ehe  dieses  liciil  noch  ausbrennt, 
stehst  du  vor  gott.  212';  nachdem  sie,  weil  die  lichter  aus- 
zubrennen drohten,  eine  lampe  hereingebracht  hatte.  Göthe  24, 
312;  das  haus  brennt  aus,  nur  die  mauern  stehn  noch;  eine 
ganze  afte  bibliothek  schmilzt  ein  oder  brennt  aus  zu  einem 
buche.  J.  Paul  herbslbl.  3,  125;  eure  liebe  brannte  aus,  da 
eure  sinne  von  der  Zerstörung  beleidigt  wurden.  Kli.ncer  2, 
34;  noch  eine  wölke  glühte  sich  ab,  aber  sie  zerflosz,  ehe 
sie  ausbrannte.   J.  Paul  Hesp.  1,  50. 

.\USBRENNEN,  ausbrannte,  exurere,  intus  comburere:  nnd 
Josua  brandte  Ai  aus  und  macht  einen  häufen  daraus   ewig- 
lich. Joj.  8,  28;  und  sie  verbranten  das  haus  gottes,  und  alle 
Ire  pallast  brantcn  sie  mit  fewr  aus.  2  cArot».  3«,  19;  das  er 
dein   land   verwüste   und   deine    stedte  ausbrenne.   Jer.  4,  7 ; 
das  die  fürt  eingenomen  und  die  seen  ausgebraod  sind.  M,  32 ; 
wolauf  so  wollen  wir  belÄgem 
erstlichrn  die  statt  Gibeon, 
wenn  wir  die  ausgeprennei  hon, 
denn  xiech  wir  Urael  entgegen.    H.  Sachs  ni.  1,  29; 
die  dürren  beine  baogea  und  «ind  ganz  ausgebrandt. 
Fle«i;<c  22; 

doch  will  ich  lieber  von  ihnen  gebrandschatit  und  ausge- 
brennl  werden.    Göthe  42,  7;    dasz  er  stärker  und  gesünder 


war,  als  der  ganze  ausgebrannte,  abgedampfte  hoL  J.  Paul 
Hesp.  1,  65 ;  das  ausgebrannte,  verglasete  krankenauge.  uns. 
löge  2,  148 ;  ein  plumpes  ausgebranntes  herz.  3,  33.  die  be- 
deutung  des  part.  praet.  wird  oß  zweifelhaß.  topfe  ausbren- 
nen, fertig  brennen;  die  sonne  hat  ihn  recht  ausgebrannt. 

AUSBRINGEN,  efferre,  promere,  emitlere,  palam  facere,  nnl. 
uitbrengen,  ahd.  ujpringan  (Graff  3, 197). 

1)  ausbringen,  aus  dem  haus,  ins  feld,  unter  die  leute 
bringen: 

mein  weip  hat  mich  kaum  ausz  pracht, 
ich  seit  mein  gesten  nach  wiltpret  laufen. 

fastn.  sp.  271,  6  ; 
schuld  laugnen,  handwerker  dringen, 
angsten  und  zum  tbor  aus  bringen. 

H.  Sachs  1,258«; 
du  bringst  mich  heute  nicht  aus  (der  stube);    ein  landstrei- 
cher  wurde  ausgebracht  (zum  thor  hinaus). 

2)  brütende  thiere  bringen  junge  aus:  die  henne  hat  sie- 
ben küchlein  ausgebracht,  das  ausgebrachte,  die  ausbeute 
beim  bergwerk. 

3)  es  ausbringen:  bringets  aus  bis  an  der  weit  ende.  Es. 
48,  20 ;  ich  sorgte,  er  möchte  es  ausbringen.  Simplic.  t,  397 ; 
brachten  meine  rede  aus  zu  im.  Nehem.  6,  19;  bringet  ein 
bös  geschrei  über  sie  aus.  5  Mos.  22, 14 ;  auf  das  die  Grie- 
chen, verjagt  und  zustreuet,  die  griechische  sprach  ausbrech- 
ten.  Lcther  2,  474';  brachten  auch  bei  frawen  Margareten 
Dram  brieve  aus.  3,  3l';  das  gerücht  vom  churfürsten  aus- 
gebracht ist  falsch  und  erlogen.  3, 151' ;  drumb  hab  ich  dis 
büchlin  durch  den  druck  ausbracht.  3, 437*.  br.  3, 229 ;  ein 
treflichen  gioszen  schein  und  glimpf  erheben  und  ausbrin- 
gen,  hr.  3,  333 ;  etwas  heimliches  ausbringen ; 

bringls  küinlich  aus,  ihr  lüfte,  was  ihr  wiszt, 
wie  Tielmal  wir  uns  haben  lass  {mUde)  gekäst. 
FLEBIIN6  534; 

ists  auch  gewis?  wer  bracht  es  aus? 

'ich  habs  aus  des  Obersts  eignem  munde'.    Schilikr  326 ; 

sie  bat  manch  armes  Christenkind  verzaubert, 

das  vieh  verdorben,  krankheit  ausgebracht.    Tieck  2,  221 ; 

ich  würde  mir  kein  bedenken  machen,  es  allgemein  auszu- 
bringen, dasz  der  minister  nichts  vom  gieszen  und  anbren- 
nen der  wachsfackel  der  aufklärung  im  schlaf  gesprochen 
habe.  J.  Paul  paling.  1,  24. 

4)  in  der  rechtssprache :  eine  ladung  ausbringen,  cammer- 
ger.  ordn.  1521  22,  2 ;  was  von  beiden  ausstand  also  ausbracht. 
reichsabsch.  1524  §.  35 ;  privilegi  ausbringen  (ertrirÄen).  Garg. 
227' ;  die  erlaubnis  ausbringen.  Zi.vkgr.  122,  8 ;  die  Vergebung, 
so  er  bei  ihm  ausbringen  wollte.   Opitz  Arg.  2,  355. 

5)  den  becher,  den  trunk  ausbringen,  ein  lebehoch: 

den  hab  ich  redlich  ausgebracht, 

bescheid  zu  thun  wirst  sein  bedacht.    UHLA{n>S90, 

drauf  bring  (16S5  trink)  ich  den  becher  aus 

in  gesuDdheit  uosers  herren.      Flei[.'«g47; 

doch  füllet  sich  von  selbst  der  becher  wieder  an, 

nachdem  er  ihn  von  neuem  ausgebracht. 

Hacedor.ic2,  102; 
eib,  schenke,  gib  vom  safl  der  reben, 
dem  neumond  und  der  mitiernachl 
sei  dieser  weihtrunk  ausgebracht.    3,28; 

6)  ausbringen  im  satz  heiszt  den  buchdruckem  «eitldußigtr 
setzen  oder  mehr  räum  machen. 

7)  sich  ausbringen,  fortbringen :  besoldungen  davon  sie  sich 
ehrlich  ausbringen  können.  Zwkcr.  129,  3.  sich  ausgeben  ^ 
eben  dadurch,  dasz  Hamann  sich  selbst  für  einen  geistlichen 
in  Schwaben  und  zugleich  für  einen  schulbedienten  in  der 
weiszgerbergassc  ausbringt.  HAVAnx  4,  302.  sich  mit  etwas 
ausbringen:  zu  dem,  das  kundpar  und  jederzeit  ist  präuch- 
lich  gewesen,  darmit  man  sich  des  besser  in  die  Icut  richte 
und  mit  einander  auspringe,  sich  nach  der  weis  und  gewon- 
beit  des  lands  einzurichten.  Sebiz  s.  2 ;  desto  besser  lebet  er  da- 
von und  bringet  sich  damit  aus.  Scruppids423.  r^/.  auskommen. 

AUSBRI.NtiER,  m.  auctor  salutis  propinandae,  der  die  ge- 
sundhcit  ausbringt. 

AUSBRINGLICH,  sufficiens:  seind  dann  nicht  alle  geschöpf 
zu  ausbringlichcr  crhallung  des  menschen  geschaffen  und  ge- 
segenet?    Garg.  65'. 

AUSBHI.NGUNG,  f.  in  mehrfachem  sinn,  ausbringung  der 
compulsorialbrief.    cammerger.  ordn.  1521.  24,  3. 

AUSBROCKELN,  sich,  friari,  sich  zerbröckeln. 

ALSBRODEME.V,  evaporare,  auswittern. 

AUSBRUCH,  eruptio,  m.  nach  den  verschiednen  bedeulungen 
xumal   des    intransitiven  ausbrechens.     ausbruch    des   fcuers, 

53* 


839 


AUSBRÜEN — AUSBRÜTEN 


AUSBRÜTUNG — AUSBUND 


840 


des  gewässers,  gewitters,  vulcans,  der  pest,  der  blättern,  des 
gefangnen,  des  gerüchts,  des  Unglücks,  des  krieges.  ein 
ausbruch  gewinnen,  ausgang  nehmen.   Frey  garteng.  53 ; 

mit  tobendem  ausbruch.    Weckherlin  402 ; 

wünschen,  dasz  dem  fasse 
ein  wolgejohrner  mosi  den  besten  ausbruch  lasse. 

GÜNTBKR  542 ; 
der  einfalt  ausbruch.    561; 

du  siebest  mehr  den  sinn  als  wort  und  ausbruch  an.    748 ; 
der  blitz,  der  ausbruch  höchster  macht.    822; 
der  ausbruch  einer  stummen  zähre.    Gellert  1,  218; 

ausbruch  des  kummers.  Gotter  3,  33 ;  des  Schmerzes.  3, 104 ; 
der  Schadenfreude.  3,  335;  die  empfindlichkeit  gewisser  ieute 
kann  freilich  keinen  noblem  ausbruch  nehmen.  Schiller  an 
Göthe  246 ;  der  ausbruch  einer  mishelligkeit.  Göthe  32,  178 ; 
solche  ausdrücke,  ausbrüche  der  empfindlichsten  seelen.  Lich- 
tenberg 1,  8 ;  lasz  nicht  stumm  den  schmerz  an  deinem  edlen 
herzen  zehren,  gib  ihm  ausbruch.  Klinger  2,  131;  o  seine 
schmerzen  nehmen  ausbrüche,  die  mich  zittern  machen.  Klin- 
gers Ih.  2,  280.  ausbruch  des  weins,  ßos  vini,  den  auserle- 
sene reifste  Irauben  geben:  überschwemmen  mit  ausbruch  von 
Tokaierwein.   Brockes  5, 117. 

AUSBRÜEN,  incubare  ovis,  für  ausbrüten:  der  seine  eier 
auf  der  erden  leszt  und  leszt  sie  die  heiszen  erden  ausbrüen. 
Hiob  39,  14;  dieweil  die  kaufleut  verreisen  und  die  edelleut 
in  krieg  ziehen,  und  doch  die  weiber  daheim  kinder  ausbrüen. 
Garj.  29'.  wol  könnte  brüten  zurückgehn  auf  hrüejea  und  ver- 
wandt sein  mit  brühen;  nnl,  broejen  neben  broeden.  s.  aus- 
brüten. 

AUSBRÜHEN,  intus  aqua  fervida  abluere:  fasz,  geschirr 
ausbrühen.  • 

AUSBRÜLLEN,  rugire,  rugiendo  proclamare: 

hal  wenn  sie  euch  unter  dem  heile  so  zücken, 
ausbrühen  wie  kälber,  umfallen  wie  mucken, 
das  kitzelt  unsern  augenstern.    Schiller  133"; 

Belial  brüllte   satans   erklärung  über  das  beer  der  aufrührer 
aus.  Klinger  10,  289.     s.  ausrüllen. 
AUSBRUMMEN,  fremendo  proclamare: 

kaum  ist  ihr  gaist  hin,  dasz  ihrer  diener  schar 
wie  hummeln  brummen  aus  und  machen  olfenbar, 
was  sie  zuvor  verschwigen..        Weckherlin  300. 

auch  desinere  strepere:  die  glocke  hat  ausgebrummt. 

AUSBRUNFTEN,  was  abbrunften,  abbrunsten. 

AUSBRUNNEN,  eluere:  wie  man  geschirr,  gleser  und  an- 
ders ausbrünnet,  ausspüelet  oder  seubert.  Thcrneisser  magna 
alcliym.  2, 103.    im  brunnen,  tvasser  spülen. 

AUSBRUNZEN,  urina  restinguere  flammam:  dasz  das  feg- 
fewer  müst  ausgeprunzt  und  verseicht  sein.  Fischart  bienenk. 
115*.     auch  finem  mingendi  facere. 

AUSBRÜSTEN,  die  brusthöle  des  geschlachteten  viehes  aus- 
leeren, das  geschlinge  heraus  nehmen. 

AUSBRUt,  f  fetura,  fclus,  brut,  ausgeburt. 

AUSBRÜTELN,  fovere,  pullos  facere:  etlich  brütlen  (auf 
fastnacht)  narren  aus.  Frank  wcltb.  132';  brüleln  narrn  aus. 
Garg.bi';  so  ein  junger  mann  {mensch)  lag  im  Jeib,  wer  noch 
nit  auf  sein  zeit  ausgebrütelt.  Paracelsus  chirurg.  scÄr.  205'; 
ausgebrülelte  junge  hüner.  Simplic.  3, 178. 

AUSBRÜTEN,  ova  excludere,  pullos  facere,  aushecken,  nnl. 
uitbroeden :  ei  ausgebrütet.  Keisersb.  Aas  im  f/".  Aa  4*; 

es  sol  kein  beiden  in  Cristenlanden  ' 

nicht  nisten  oder  jung  ausprüeten.    fastn.  sp.  292,  2; 

wie  ein  vogel,  der  sich  über  eier  setzet  und  brütet  sie  nicht 
aus,  also  ist  der  so  unrecht  gut  samlet.  Jer.  17, 11;  kinder  im 
perdsmist,  eier  unter  den  uchsen  ausbrüten.  Garg.  106';  die 
beckelhaub,  darin  die  liebe  meuslin  ihre  liebe  jungen  so  lang 
wol  ausgeprütet.  209';  dann  viermal  im  tage  pflegen  sie  {die 
Seidenraupen)  zu  sciilafen,  sonderlich  wann  sie  ausbrüten  (eier 
legen).  Sebiz  452 ; 

drum  hab  ich  zu  einem  treibhaus  geraten, 
und  brüte,  zum  exenipel,  diese  granaten 
in  einem  rrostbcilccklcn  haus 
mit  unlerirdschem  Teuer  aus.    Götuk  14,  40; 

in  jeder  groszcn  trennung  liegt  ein  keim  von  Wahnsinn,  man 

musz   sich  hüten  ihn  nachdenklich  auszubrüten  und  zu  pOc- 

gen.  29,302; 

jedwede  nflchste  .stunde  brüiet  Irgend 
ein  neues  ungeheures  sohrcckblld  aus. 
Schim.rr; 

abenteuerliche  einfalle  ausbrüten.  Heyne  an  Joh.  Müller  231 ;  sei- 


denwurmsamen  von  nouvellen  biographisch  ausbrüten.  J.  Paul 
Tit.  1,  64 ;  die  gesprächweise  entfallenen  eier  weiter  ausbrüten 
auf  einem  lehnstul.  aesth.  3,  4 ;  er  brütet  nichts  gutes  aus, 
sinnt  auf  böses.     Endlich  auch  ausbrüten,  aufhören  zu  brüten. 

AÜSBRÜTUNG,  f.  die  frühere  ausbrütung  und  belebung 
des  herzens.  S.Vavl  jubeis.  191. 

AUSBUBEN,  puerum  deponere,  die  bubenschuhe  ausziehen 
und  gesetzter  werden:  darumb  sind  sie  zuvor  wild  gnug 
und  wollen,  wie  man  sagt,  ausbuhen,  so  sichs  vielmehr  hin- 
einbubet,  wie  die  erfarung  weiset.  Luther  1,  315' ;  denn  seine 
{des  teufeis)  gedanken  stehen  gewislich  also:  wenn  ich  die 
kindertaufe  weg  hette,  so  wolt  ich  mit  den  alten  denn  wol 
handeln,  das  sie  die  taufe  würden  verziehen  und  aufschieben, 
bis  sie  ausgebubet  betten.  5,  186';  wenn  er  ausgebubet  und 
das  seine  durchbracht  hat.  5,  383' ;  er  wolle  dieweil  im  sause 
leben  und  thun  was  in  gelüstet  und  itzt  wol  aushüben.  7, 
62';  sie  hat  ausgebubet.  vitae  impurae  finem  fecit.  Frisch  1, 
148' ;  er  hat  nunmehr  ausgebubet,  ad  saniorem  mentem  rediit. 
Stieler  254.    vgl.  hüben,  erhüben,  verhüben. 

ÄUSBÜCHSEN,  mit  einer  büchse,  d.  i.  einem  breiten  ringe 
ausfuttern,    s.  büchse. 

AUSBUCKELN,  bei  den  goldschmieden,  die  buckeln  auf  einem 
Werkstück  herausklopfen. 

AÜSBÜCKEN,  was  ausbiegen:  er  bückte  sich  den  Verfol- 
gungen des  glucks  bescheidentlich  aus.  Lohenst.  Arm.  1, 1263. 

AUSBÜFFEN,  s.  auspuffen. 

AUSBÜGELN,  plicas  aequare  ferramento  laevi :  falten,  wasche 
ausbügeln ;  um  aus  dem  sande  alle  sechs  fuszstapfen  auszu- 
bügeln. J.  Paul  flegelj.  2,  60.    auch  fertig  bügeln. 

AUSBUHLEN,  desinere  amare,  scortari:  er  hat  ausgebuhlt. 

AUSBUND,  m.  decus,  praestantia,  specimen: 

ich  klag  den  tag  und  alle  stund, 

dasz  mein  auszound  nit  hab  sein  gesund. 

Ambr.lb.s.2ii,2; 
insonderheit  ist  eine  stat, 
da  es  den  rechten  auszbund  hat 
von  schönen  jungfrawen  wol  geziert,   s.  379,  8; 

man  eert  die  menschen  umb  eines  uszbunds  oder  über- 
schwangks  willen.  Keisersberg  posl.  3, 182 ;  da  sind  bei  ein- 
ander gewesen  Christi  und  der  apostel  jünger,  ein  ausbund 
der  Christen.  Luther  3,  26l';  ausbund  eines  guten  regiments. 
4,  42';  die  besten  und  nützlichsten  lerer  aber  und  den  aus- 
bund halte  man  die,  so  den  catechismum  wol  treiben  können. 
4, 233' ;  die  allerbesten  im  ganzen  volk,  die  der  rechte  kern 
und  ausbund  waren.  5,  373';  sie  haben  das  lob,  das  sie  der 
ausbund  sind  für  allen.  5,  377";  du  bist  unter  den  buhen, 
bist  des  menschen  son,  solltest  du  der  ausbund  sein?  Lu- 
thers tischr.  214';  ein  auspund  der  Unschuld,  specimen  inno- 
centiae.  Maaleb  45* ; 

der  auszpund  seltzam  funden  wirt. 

SCHWARZENBERG  129,  1.  158,  2; 

das  dritt  geschlecht  seind  der  ausbund  bei  achthundert  aus 
den  Persern  und  Scythen.  Frank  wellb.  98';  es  meldet  Pli- 
nius,  dasz  siligo  ein  ausbund  des  weizens  sei.  Tabebnaemont. 
586;  dieser  saft  ist  ein  ausbund  wider  alles  gift.  1115;  ein 
ausbund  aller  beredtheit.  Garg.  23','  ein  ausbund  von  eim 
werk.  77';  ein  rechter  ausbund  von  eim  münch.  254'; 

du  wahrer  ausbund  aller  tugent.    Atrer  419'; 
sieh  an  die  roten  wangen, 

in  denen  alle  zier  und  ausbund  sich  eräugt.    Opitz  2,  153; 

theurer  ausbund  aller  tugend.    Flemlnc  302 ; 

diesen  ausbund  aller  gaben, 

diese  werthe  kleine  weit.    Logau  2,  zugäbe  s.  247; 

der  kern  und  ausbund  der  kaufleut  aus  Hamburg.  Schuppids 
63;  Ruth  war  eine  Moaiiitin,  aber  sonst  ein  recht  ausbund 
eines  frommen  wcilis.  Hartm.  Creidius  nuptialia.  Frankf  1657 
s.  121;  er  ist  ein  ausbund,  er  stehet  oben  an  in  burschnia- 
nier,  saufen  und  raufen,  ped,  schul f  13;  sie  war  ein  ausbund 
aller  leichtfertigen  huren.  Jucundissimusm;  als  ein  ausbund 
aller  annehmlichkeiten.  Salinde2;  ein  ausbund  aller  scbelme ; 

sie  der  Schönheit  ausbund.    Gi;NTnER954; 

werlhes  bibelbuch,  du  ausbund  aller  schriflen.    982; 

wer  jenes  weise  haupt?  der  ausbund  des  Verstandes. 
Canitz  91; 

wir  der  ausbund  deiner  treuen.    208; 

ein  ausbund  von  beredten  thoren.    Gellkrt; 

der  ausbund  eines  schönen  kaiers.    Lichtwsr  2,  11; 

wenn  gleichwol  dieser  nusbund  allep  menschen 

so  ein  gemeiner  judo  wäre.    Lessinc  2,  312; 


841 


AÜSBÜNDIG 


AUSBÜRGEN — AUSDAUER 


842 


dasz  zartere  miinner  sich  an  die  mutter  gottes  gewendet,  ihr 
als  einem  ausbund  weiblicher  Schönheit  und  tugend  leben  und 
talente  gewidmet.  Göthe  26,  271;  weil  er  ein  ausbund  von 
allen  möglichen  Verdiensten  ist.  Gotter  3,  144;  du  ausbund 
wackrer  hunde  !  Gökisgr  3,  50 ;  ich  will  versuchen,  was  stück- 
weise über  den  monarchischen  Staat  vorfiel,  in  einen  ausbund 
vom  ganzen  zu  ziehen.  Hippel  lebensl.  4,122;  dieses  ist  der 
Jugend  ausbund  (oiSs  t'  f^d-äcav  hxroi.  Soph.  Oed.  tyr.iS) 
Stolberg  13, 104 ; 

ein  ausbund  aller  beiden  und  Soldaten.    Plates  191. 

Die  gehäußen  belege  zeugen  von  der  gangbarkeit  dieses  der 
alleren  spräche  wie  den  benachbarten  mangelnden  ausdmcks, 
der  mit  bund,  bündel,  fasciadus  gebildet  scheint,  zunächst 
kommt  ihm  das  mhd.  überbunt  (Ben.  1, 135"),  woßr  man  auch 
den  namen  schaufalt  halte,  d.h.  das  tom  kaufmann  zur  schau 
gelegte,  aufgefaltete  vordere  ende  eines  Stückes  tuch,  das  immer 
das  beste  zu  sein  pflegt  und  zuletzt  verkauß  wird;  man  nannte 
es  auch  Überbund  oder  ausbund,  das  übergebundne,  heraus- 
gebundne.  Marja  aller  megede  ein  überbunt.  MS.  2,  214*  «rare 
nhd.  ein  ausbund,  ein  muster,  kern  aller  Jungfrauen.  Keisers- 
BERG  verbindet  ausbund  mit  überschwank,  superpondium.  be- 
denken macht  blosz  das  unter  aus  II,  8  angezogne  adv.  aus  der 
bünden,  aus  den  bünden,  mit  praepositionalem  aus ;  doch  dies 
könnte  gleichfalls  meinen  aus  dem  bündel,  aus  den  bündeln 
der  tvaare  hervorstehend,  musterhaß.  vergleichbar  dem  aus- 
bund sind  auch  die  mit  genitiven  verbundnen  mhd.  ausdrücke 
wal  (auswahl),  kraft,  wunne,  ^re,  gebe,  dach,  ags.  cyst  {gramm. 
4,  725). 

AÜSBÜNDIG,  eximius,  ausgesucht,  musterhaß,  «m  adv.  eximie, 
egregie:  das  wil  ein  ausbündig  gut  ding  werden.  Lltber  3, 
495' ;  was  rechte  ausbündige  historien  sind.  4, 155' ;  das  Chri- 
stus der  einige  und  ausbündige  sei.  4,  3S0';  die  auserläsni- 
sten,  ausbündigisten  burger,  electissimi  viri  civitatis.  Ma.u.er 
39';  ein  schönes  weib,  aber  nicht  gar  ausbündig  fromm,  denn 
sie  bulet  mit  dem  pfaffen  in  dem  dorf.  seh.  und  ernst  cap.  292 : 
der  bracht  mit  ime  einen  ausbündigen  und  auserlesenen  häu- 
fen Teutscher.  Aimon  1;  da  Scipio  sich  ihrer  ausbündigen 
schöne  verwundert,  liesz  er  sie  fragen,  wer  sie  wäre.  Rihel 
Liv.  308;  dies  gewüchs  mag  in  allerlei  wundtränken  als  ein 
ausbündig  und  fürtreflich  stück  gebraucht  werden.  T.\bernae- 
mont.  1143 ;  ein  sehr  weiser  man  unter  den  Griechen  hat  aus- 
bündig wol  gesprochen.  Fischart  6/eflenA-.  155';  wie  ausbündig 
groszen  ablasz  und  verdienst  man  alle  jähr  erobern  könte.  181' ; 
woraus  wollen  wir  aber  solche  aushündige  ehfraw  schnitzen 
und  schnetzelen?  Garg.'O';  ein  ausbündige  besenbalach.  120'; 
ein  auspündig  schöne  jungfrawen.   Atrer422*; 

in  dem  ausbündigen  spanischen  buche,  in  weichem  das  leben 

und    thaten   des   dorn   Quichot   lächerlich   genug  abgebildet. 

Gryphils  1,  651; 

die  ein  und  andre  war  au^bündig  scbön  und  zart. 
Werders  .4rioÄ(  ti,  89; 

ob  ihre  glieder  wol  sein  all  ausbündig  schön, 

80  möchte  sie  sich  doch  gedecliei  gerne  sehn.    10,98, 

weil  er  ein  so  herrlicher  und  ausbündiger  herr  ist?  Spee 
guldn.  tugendb.  9';  ausbündig  grosz  und  herrlich.  676;  der 
könig,  der  von  einem  adsbündigen  geniüte  war.  pers.  baumg. 
1,9;  80  rede  ich  latinum,  und  zwar  nicht  das  schliraste,  son- 
dern aushündig  gut  küchenlatein.  Schuppiüs  544;  wegen  ihrer 
ausbündigen  Schönheit.  Simpl.  1,  7 ;  die  concubine  Alpais  ma- 
chete  ihn  zu  einem  vater  des  heldenmütigen  Caroli,  der  wegen 
seiner  aushündigcn  tapferkeit  und  ganz  ungewöhnlicher  besie- 
gung so  vieler  mächtigen  feinde  Tudites  oder  Martellus  ge- 
nennet worden.  Hahn  1,  H ;  ausbündige  Schönheit.  1, 154 ;  von 
dem  ansbündig  schönen  fräulein.  Felsenb.  2,  99 ; 

ein  ausbündig  schöner  bäum.   Rrockes  3,  593; 

ganz  ausbündige  meisterstQcke.  Güntber  vorr.  p.  10 ;  ein  jedes 
glückwünschungsschreiben  ist  ein  inbegrif  seltner  Schönheit, 
ein  kern  aushündiger  Sachen.  Rarener  l,  152 ; 

dasz  Phillis 
in  ein  schlechtes  kleid  sich  so  ausbündig  schicket 
WiRNiKR  56; 

das  grosze  lob,  welches  ein  berühmter  gottesgelehrter  diesem 
ausbündig  schönen  werke  ertheilcl  hat.  Liscovj.  12;  was  ihn 
bei  dem  anblick  einer  so  ausbündigen  gestalt  befallen.  425; 
ausbündige  genies.  Göki^igk  leben  Nicolais  s.  136;  mit  einem 
ausbündigeo  schelme  in  ein  vertrautes  Verhältnis  zu  gerathen. 


Tieck  nov.  kr.  2,  202 ;  das  ist  die  ausbündige  narrheit  der  weit. 
A.  W.  Schlegel,  kön.  Lear  1,  2  (Ihis  is  the  excellent  foppery 
of  the  World),    vgl.  ausbfndlich,  fürbündig. 

AUSBÜRGEN,  ßdejubendo  eximere  captivum  a  vinculis :  da- 
rumb  ward  er  erstlich  XVII  wochen  gefangen,  doch  durch 
zwen  herzogen  wider  ausbürgt  und  entledigt.  Frask  chron. 
196*.  Haltaos  73. 

AUSBÜRGER,  m.  im  deutschen  recht  einer,  der  encorbnes 
bürgerrecht  mich  auswärts  beibehält,  vgl.  Oberlix  73:  da  ent- 
stand, als  der  umfang  der  mauern  die  wachsende  menge  bald 
nicht  mehr  begrif,  eine  grosze  anzahl  ausbürger.  Jon.  Müller 
Schweizerg.  1,  346;  dasz  der  sympolit  dem  pfahlbürger  der 
alten  stadtrechte  entspricht,  ist  gewis  klar  genug,  von  die- 
sem ist  meines  erachtens  der  ausbürger  so  zu  unterscheiden, 
dasz  er  nur  dann  pfahlbürger  heiszen  kann,  wenn  er  in  die 
Stadt  zieht,  wer  einzeln  das  Verhältnis  des  ausbürgers  er- 
hielt, war  durchgehends  ein  vornehmer  mann,  ritter  oder  prä- 
lat,  und  gleicht  dem  proxenen.  Niebchr  rOm.  gcsch.  2,  87; 
indem  der  blosze  ausbürger  so  wenig  als  ein  fremder  liegen- 
schaften  erwerben  konnte.  2,  459. 

AUSBÜRSTEN,  peniculo  purgare:  die  magistri  nostri  gelob- 
ten ire  rück  nit  eh  auszubürsten,  noch  ire  laus  abzustralen, 
es  sei  dann  durch  einen  endlichen  spruch  entscheiden.  Garg. 
158';  bis  er  sich  gar  ausgerüst,  eingenestelt,  gefegt,  in  die 
band  gespeizet,  die  strumpf  aufgebunden,  ausgebürstet,  cr- 
steubert  und  erblasen  hett.  174';  ein  herlicher  messabsatleler, 
mächtig  geübt  und  fertig  die  vigilien  auszubürsten.  203';  du 
wirst  mir  meinen  rothen  plüschenen  rock  ausbürsten.  Schil- 
ler 182' ;  weil  ich  mich  mit  einem  hübschen  brechmittel  aus- 
bürstete. J.  Paul  lit.  nachl.  4,  88. 

AUSBURT,  f :  denn  dies  darf  man  sich  nit  besorgen,  dasr 
die  fürsten  solche  geistliche  guter  alle  den  kaiser  werden  las- 
sen an  sich  ziehen,  sie  werden  auch  in  der  ausburt  sagen 
wollen,  und  nit  unbillig,  wenn  es  ie  dazu  kommen  sollt.  Lu- 
thers br.  5,28.     was  bedeutet  in  der  ausburt?  ausgeburt? 

AUSBURZELN,  elevare  anum  cadendo:  wan  sie  (die  Dänen) 
im  schwimmen  das  gesesz  hinten  ausburzelen.  Garg.  127*. 

AUSBUSCHEN,  everrere:  gras,  unkraut  ausbuschen,  aus- 
jäten. 

AUSBÜSZEN,  emendare,  expiare:  garn,  netz  ausbüeszen; 
zurichten,  was  zur  weidmanschaß  gehört,  vögelleim,  leinöl, 
härene  mäschen,   garn  und  vögelwende  ausbieszen.   Hohberg 

1,  128*; 

ein  weber  liegt  alliier,  sein  faden  ist  xerrissen, 
weisz  keinen  weberknopf  denselben  ansrubüeszen. 
LoGAü  1,  10,  33; 

kein  gelübd,  bit,  busz  kan  deinen  fehl  ausbüeszen. 
Weckheblin  749; 

sie  hat  ausgebüszt,  lArc  busze  erlitten. 

AUSBÜTSCHEN,  extundcre,  ein  schweizerisches  wort,  man 
sehe  bei  Stalder  1,  250  butschen,  bütschen,  stoszen,  was  doch 
nah  verwandt  ist  mit  ahd.  pöjan,  goth.  bautan.  Maaler  40* 
hat  ausbütschen,  schwariich  erobern  und  behaupten. 

AUSBLTTERN,  butyrum  facere: 

ich  half  ir  das  smalz  auszputtern.    fastn.  sp.  859,  28. 

AUSDAMPFEN,  evaporare,  exhalare,  nnl.  uitdampen:  der 
kessel  dampft  stark  aus;  die  kohlen  haben  noch  nicht  ganz 
ausgedampft. 

AUSDÄMPFEN,  in  vaporem  solvere :  feuchtigkeiten  ausdäm- 
pfw.  Sebiz  28 ;  kohlen  ausdämpfen ;  weidmännisch,  den  fuchs 
und  düchs  durch  dampf  aus  seinem  bau  vertreiben,  auslöschen, 
exslinguere :  es  seien  denn  beide  obbcrurte  hauptsacher,  auf- 
wigler  und  anstifter  dieser  rebellion  und  alles  unrats  im  hei- 
ligen reiche  zuvor  einsmals  entlich  ausgedempft.  La-^z  statsp. 
Karl  5  s.  409  (o.  1547). 

AUSDÄMPFUNG,  f.  cvaporatio:  die  ausdämpfungen  dieses 
brunnens.  ehe  eines  mannet  169. 

AUSDÄRMEN,  exenlerare,  ausnehmen,  ein  geschlachtetes 
thier  ausdärmen. 

AUSDAUEN,  AUSDEUEN,  digerere:  bis  er  den  andern  ur- 
laubet,  speiet,  verkocht,  ausdeuet  und  von  sich  purgieret. 
Frank  2,  81 ; 

zohe  hin,  setzt  sich  under  ein  Strauch, 
das  er  ausdauwt  den  vollen  bauch. 

Waldis  Esop  4,  7. 

AUSDAUER,  f.  perseverantia:  lange  schwankte  der  sieg, 
endlich  entschied  die  ausdauer  der  Deutschen,  die  feinde 
flohen;  was  konnte  er  dafür,  dasz  ihm  di-r  himnicl  nicht 
so  viel  kraft  und  ausdauer  veriiehen  hatte.  Arsim  Aronenw.  1, 434. 


84a 


AUSDAUERN  ~  AUSDENKEN 


AUSDENSIEREN  —  AUSDINGEN 


844 


AUSDAUERN,  perseverare,  nnl.  uitduren  : 

1)  intransitiv:  ausdauernde,  übenvinternde  pflanzen;  in  der 
kälte  nicht  ausdauern ;  bei  solchem  lebendigen  glauben  und 
freidiger  bekentnus  tawret  lob  aus  bis  an  den  tod  in  gedult 
und  gutem  gewissen.  Mathesius  19';  wenn  nun  trewe  diener 
iren  lauf  verrichtet  und  haben  in  gedult  bei  dem  wort  des 
creuzes  ausgetawret.  47";  bei  der  arbeit  ausdauern; 

ganz  den  morgen  harrten  wir  so  ausdauerndes  herzens. 

Voss  Od.  4,  447  ; 
allerdings  weilt  jene  noch  stets  ausdauerndes  herzens 
dort  in  deinem  palast.    16,37; 

nur  ein  mohnkörnchen  schlaf,  dasz  ich  bis  morgen  ausdauern 
kann.  Klinger  1,  54;  die  ausdauerndste  bemühung  musz  es 
erzwingen. 

2)  transiliv,  aushalten,  ertragen: 

besondern  hin  und  her  stellt  er  sie  auf  die  mawren, 
da  können  besser  sie  den  starken  feind  ausdawren. 
Werders  Ariosl  14,  80; 
die  beschwerlichkeiten  eines  feldzugs  desto  besser  ausdauern. 
Wieland  6, 130 ;  hungern  und  dursten,  wind  und  weiter  aus- 
dauern. 13,  73 ;  0  wer  kann  diesen  monat  ausdauren !  Leise- 
witz Jul  von  r.  2,  2 ;  sein  robuster  nervenbau  und  seine  starke 
Seele  dauerten  diesen  fürchterlichen  zustand  aus.  Schiller 
714 ;  dasz  sie  alle  Strapazen  ausdauern  konnte.  795 ;  habe  ich 
manche  langweilige  stunde  ausdauern  müssen.  Güthe  14,124; 
ob  er  das  masz  seines  leidens  ausdauern  kann.  16,  69;  da 
alles  so  selten  die  ganze  kraft  seines  daseins  ausdauert.  16, 
76;  0  dasz  doch  mein  beruf  wäre,  immer  in  bewegung  und 
freier  luft  zu  sein,  ich  wollte  gerne  jede  beschwerlichkeit 
mitnehmen,  die  diese  lebensart  auch  ausdauern  musz.  an  fr. 
von  St.  1,  334 ;  ich  will  auch  den  Januar  hier  ausdauern.  an 
Schiller  403;  ich  kann  selbst  den  meinigen  {zustand)  mit 
aller  meiner  kraft  kaum  ausdauern.  Klinger  8,325;  tief  im 
menschen  ruhet  etwas  unbezwingliches,  das  der  schmerz  nur 
betäubt,  nicht  besiegt,  darum  dauert  er  ein  leben  aus,  wo 
der  beste  nur  laub  statt  fruchte  trägt.  J.  Paul  uns.  löge  3, 184 ; 
pflanzen,  die  den  gröszten  frost  ausdauern.  biogr.  bei.  1,  lOO. 
vgl.  andauern,  aufdauern  und  dauern. 

AUSDAUERUNG,  f.  perseverantia :  es  entwöhnt  von  berufsge- 
Bchäften,  von  ausdauerung  bei  mühsamen  arbeiten.  Herder  20, 
402 ;  das  schöne  geschlecht  hat  keine  ausdauerung.  Hippel  7, 101. 

AÜSDAUMEN,  evaporare,  ausdampfen,  ein  schönes  altes  wort, 
mhd.  öjgedoumen.  Diul.  1,  487.  ahd.  doum,  toum  fumus  (Graff 
6,  141),  heule  nur  noch  in  der  Volkssprache  lebendig,  Schmel- 
LER  1, 371.    vgl.  taumeln. 

AUSDEHNRAR,  ductilis. 

AUSDEHNBARKEIT,  f  dilatabilitas. 

AUSDEHNEN,  extendere,  vgl.  golh.  ufjjanjan,  ahd.  ardennan, 
mhd.  erdenen:  leder  ausdehnen;  metall  unter  dem  hammer 
ausdehnen;  der  den  himmel  ausdehnet  wie  ein  dünne  feil. 
Es.  40,  22;  dann  an  dem  ausdänen  ligt  es.  Garg.  42';  ein 
eichbaum  in  ein  gefäsz  gepflanzt,  das  nur  blumen  hätte  auf- 
nehmen sollen :  die  wurzeln  dehnen  aus,  das  gefäsz  wird  zer- 
nichtet. Göthe  19,  76;  die  unbestimmten,  sich  weit  ausdeh- 
nenden gefühle  der  Jugend  und  ungebildeter  Völker.  25,  14; 
meine  einbildung  dehnte  sich  dergestalt  aus,  dasz  auch  meine 
dramatische  form  alle  theatergrenzen  überschritt.  26,199;  die 
afi"ecten  beweisen  dadurch,  dasz  sie  das  herz  ausdehnen  und 
welk  machen.  Kant  7,  20 ;  jetzo  dehnte  die  gebet-  und  abend- 
glocke  ihre  melancholischen  bebungen  aus  bis  an  die  heuen 
der  menschen.  J.  Paul  3, 160 ;  ein  gesetz,  geschäft  ausdehnen ; 
er  hat  ein  sehr  ausgedehntes  geschäft.  man  sagt  ausdehnen 
auf  und  über  etwas. 

AUSDEHNUNG,/",  exlensio:  die  ausdehnung  eines  gesetzes, 
hegrifs;  die  gegend  ist  schön  in  ihrer  ganzen  ausdehnung; 
die  ausdehnung  der  luft,  dermuskeln;  nembt  die  windbengel 
und  was  zu  austhänung  helfen  mag.  Garg.  43*. 

AUSDEHNUiVGSKRAFT,  f.  die  ausdchniingskraft  expansibler 
flüssigkeiten.  Göthe  43, 123. 

AUSDEICHEN,  aggere  excludere. 

AUSDENKEN,  excogitare,  nnl.  uitdenken: 
wein,  den  die  bosheit  ausgedacht, 
des  Wassers  rühm  empor  zu  bringen.   Hagedorn  3,  46 ; 
laszt  uns   einen   so   grausamen  gedankcn  auch  nicht  einmal 
ausdenken.    Lessing  10,  19 ;    den   gedankcn,   der  in  ihm  auf- 
stieg, und  den  er  sich  kaum  auszudenken  getrauctc.  Wielano 
3,229;  ich  habe  mir  ein  mittel  ausgedacht; 

sasz  sie  und  dachte  masken  aus 

sur  kommenden  redoute.   Gottsr  1,  89; 


du  hast  den  Sklaven  wol  gekettet,  hast 
ih.ij  wol  gespart  zu  ausgedachten  quälen. 
Göthe  9,  240; 
lassen  sie  uns  diesen  einfall,  diesen  Vorschlag  aus  dem  Steg- 
reife ja   recht  gut   durchsinnen  und  ausdenken.  22,  57;    die 
grausamste  und  ausgedachteste  sciaverei.   Kant  5,  434.  (Hugo 
nalurr.  1819  s.  243);    ersinnen  und  ausdenken.   10,  270;    von 
jungen  geniesüchtigen  originalköpfen,  wie  sie  sich  nennen,  die 
ihr  halb   ausgedachtes  halb  gesagt  bei  jeder  gelegenheit  dar- 
bieten. Lichtenberg  3,  208. 

AUSDENSIEREN,  extendere:  musz  wie  der  schuster  das 
leder  erzerren,  errecken,  erstrecken,  erdensen  und  ausden- 
sieren.  Garg.  104*.    s.  dinsen. 

AUSDEREINI G,  unicus:  und  redst  kein  ausz  der  einig  wort. 
Wenzel  Scherffer  grobianer,  Brieg  1640  s.  204.  äne  seltsame, 
unverständliche  Wortbildung,    vgl.  das  folgende. 
AUSDERKOREN  für  auserkoren: 

von  einer  junkfrau  auszderkorn.   fastn.  sp.  597,  22. 

AUSDEUTEN,  inlerpretari,  auslegen,  nnl.  uitduiden:  der 
jetzo  Antenorn  neidet,  verfolget,  übel  von  ihm  redet,  seine 
wort  und  werk  übel  ausdeutet.  Schüppius  570;  deuteten  ibra 
fast  alle  seine  wort  anders  aus,  als  seine  meinung  war.  599; 

dein  alter  Adam  pflegt  den  Moses  auszudeuten, 
und  macht  des  heilands  wort  zu  deinem  fleisch  bequem, 

•   Canitz  25; 
er  bequemte  sich  also  endlich  zu  einem  schritte,  der  ihm  von 
den  freunden  Dions  für  eine  feigherzige  verlassung  der  guten 
Sache  ausgedeutet  wurde.  Wieland  3, 177 ;  man  hat  dem  ehr- 
lichen Aristipp  diese  maxime  übel  ausgedeutet.  9,  247 ; 
als  uns  der  mönch 
das  anathem  ausdeutete.    Schiller  431*} 
hört  ihr  zur  trauer  läuten, 
so  wiszt  ihrs  auszudeuten.    Bürger  52'; 
Peleus  söhn,  du  gebeutst  mir,  o  göttlicher,  auszudeuten 
diesen  zorn  des  Apollon.  Voss  IL  1,  74 ; 

natürliche,  naive  und  doch  weitausdeutende  behandlung  grie- 
chischer mythologie.  Göthe  56, 163 ;  der  minister  zu  dem  dich- 
ter? das  liesze  sich  gar  artig  ausdeuten.  Klinger  9,208;  wir 
träumen  ja  auch  nur  die  natur  und  möchten  diesen  träum 
ausdeuten.  Tiece  4,96;  einem  etwas  günstig  ausdeuten. 

AUSDEUTSCHEN,  was  ausdeuten:  so  ist  uszgedutschet, 
was  ein  last  si,  und  ist  als  vil  swers  als  ein  pferd  gefurea 
muge.  weislh.  3,  393,  wie  man  sagt  deutsch  reden  für  deut- 
lich,   s.  deutsch  und  verdeutschen. 

AUSDEUTUNG ,  f.  interpretatio :  dies  ist  einer  sehr  argen 
ausdeutung  fähig.  Wieland  8,  9. 

AUSDICHTEN,  excogitare,  aussinnen,  ausdenken:  die  ihr 
die  köpfe  brechet  und  ausdichtet,  wie  ihr  nur  bald  dieses 
Unglück  anrichtet.  Simpl.  i,  257 ;  du  kannst  nichts  ausdichten, 
was  schöner  sei. 

AUSDICHTEN,  dicht,  wasserdicht  machen. 

AUSDIELEN,   contabulare,  mit  dielen  belegen. 

AUSDIENEN,  emereri :  wa  nagenranft  (hunger)  überhand  ge- 
wint, da  hat  sterke  ausgedient.  Garg.  218';  seine  jähre  aus- 
dienen, der  arme  mann  im  Tockcnb.  100;  der  hut  hat  ausge- 
dient, ein  ausgedienter  hut,  scemann,  soldat. 

AUSDIGNEN,  siccescere,  Schweiz,  er  ist  vor  alter  ausgedieg- 
net,  ausgetrocknet.  Stalder  1,  281 ;  die  innein  ringe  stehen  weit 
näher  bei  einanderen  als  die  äuszeren,  weil  jene  durch  so  viele 
jähre  gleichsam  ausgedignet  worden.  Muralt  eidg.  58.  man  sagt 
in  der  Schweiz  dieges,  diegnes  fleisch,  trocknes,  geräuchertes, 
im  gegensatze  zum  grünen,  auch  in  Schwaben  digen  räuchern, 
trocknen,  verdigcn  ausgetrocknet.  Schmid  126,  in  Baiern  digen, 
gedigcn  wurst,  fleisch,  birn,  Schmeller  1,  300.  363 ;  Henisch 
1407  hat  gedigen  erdrich,  terra  solida,  gedigene  feigen,  gedi- 
gene  wichseien,  trockne  kirschcn,  gedigcn  holz,  hartes,  gedi- 
gen gold.  vgl.  ahd.  gidigan  provcctus  actale,  annosus.  Graff 
6, 107.  Hadpt  5,  210.    mehr  unter  gedeihen  und  gediegen. 

AUSDINGEN,  pacisci,  aushalten,  ausmachen,  bei  Maaler  40" 
excipere,  recipere:  und  möchten  solchs  noch  wol  ausdingen 
oder  mit  feinen  worten  verwahren.  Ldther  4,  318*.  br.  3,  278 ; 

am  freitag  dingt  es  sich  sust  aus.    fastn.  np.  542,  2; 

ich  wolt  erst  viel  mit  ir  aiisdlntren, 

da  thets  mit  streichen  auf  mich  dringen. 

II.  Sachs  II.  4,  28'; 

ich  will  mich  in  das  göttliche  kciserliche  recht  aus-  und  ein- 
gedingt haben.  REUTTER^ncjsorrfn.  58;  doch  ding  aus,  das  du 
kein   baus  zu  bawen  woltst  verdingen,   Garg.  90':    dasz  sie 


845 


AUSDINGÜxNG  —  AUSDREHEN 


AUSDRESCHEN  —  AUSDRÜCK 


846 


(die  ndlherin)   mir  meinen  ausgedingeten  sterbeküttel  verfer- 
tige. Gryphics  1,  S07 ; 

nur,  er  dingt  ihm  aus  zu  lachen, 
wie  der  erben  brauch.    Locad  1,  8,  20; 
dis  aber  ding  ich  aus.    GC.mher  666.  Camtz  93; 
worinnen  sie  deutlicli  ausdungen.  Lohesst.  Arm.  1,  768 ;  dabei 
icii  mir  50  Ih.  ausdinge,  causenmacher  139 ;  weil  es  diesesmal 
nicht   sein  kan,   dinge  icli  mir  die  ehre  auf  eine  andere  zeit 
aus.  39.    ich  habe  es  mir  ausgedungen,    s.  ausbedingen, 
AUSDINGUNG,  f.  exeinlio,  exceptio.  Maaler  40*. 
AUSDOCKEN,    weidmännisch,    das  hängeseil  von  der  docke 
ablaufen  lassen. 
AüSDONNERN,  delonare,  nnl.  uitdonderen.   s.  ausdundern: 

überall  donnerwolken 

eh  die  ausgedonnert.    Gieseee  ; 

der  krieg  hat  über  Deutschland  ausgedonnert.   J.  Pacl  fne- 
denspr.  1,  sich  entladen. 

AUSDÖRREN,  arefieri :  mancher  bäum  erstreckt  seine  este 
so  weit,  dasz  andere  darbei  ersticken,  verdüstern  und  aus- 
dorren. LEHiiA5:i  67 ;  der  erdboden,  der  mensch  dorret  ganz  aus ; 

flüsz  und  die  Schwindsucht  wirt  dich  plagen, 
das  du  ausdorrest  wie  ein  grieb.    H.  Sachs  I,  33S* ; 
die  lenden  dorren  aus.    Flemi.xg  19; 
lieb  und  bleibende  treue  würden  hier  den  ausgedorrten  raga- 
bunden  fesseln.  Göthe  10, 156 ;  eine  ausgedorrte  pflanze.  Kli.x- 
GER  9,  243. 

AUSDÖRREN,  arefacere:  die  hitze  dörret  das  land  aus; 
und  (die  leute)  sich  vor  ihren  hemmern,  öfen  und  treibherden 
ausderreten.  Mathesics  9*.  Luther  aber:  und  sollen  alle  feld- 
bewme  erfaren,  das  ich  der  herr  den  grünen  bawm  ausgedor- 
ret  und  den  dürren  bawm  grünend  gemacht  habe.  Ezech.  17, 24 ; 
ausgedörrte  ofenhocker.  Schiller  120*. 

AUSDRANGEN,  hervordrängen,  cogere:  durch  die  thäler 
drängte  sich  noch  das  lichtscheue  schwarze  erdthier  der  nacht 
aus  und  bäumte  sich  auf  gegen  die  berge.  J.  Pacl  Tit.  3,  202. 

AUSDRECHSELN,  cavando  tomare.:  becher  ausdrechseln; 
ein  diener  musz  immer  die  worte  besser  ausdrechseln,  cau- 
senmacJier  54 ;  und  dennoch  können  die  schrägen  tiefen  nicht 
ausgedrechselt  werden,  sondern  es  musz  hier  mit  dem  meiszel 
gearbeitet  sein.  Wi.nkeljiann  3,  xsxiv ;  seine  läge  ist  gesuchter 
und  ausgedrechselter  als  glücklich.  Lessixg  7, 1S9. 

AUSDREHEN,  torno  excavare,  extorquere:  einen  becher  aus- 
drehen, ausdrechseln;  einem  etwas  ausdrehen,  aus  der  hand 
winden;  ein  schlosz  ausdrehen,  ausschrauben,  verderben,  im 
16."  17  jh.  sagte  man  häufig  sich  ausdrehen  für  elabi,  entrin- 
nen, entschlüpfen:  auch  ists  nicht  gnug,  das  du  wollest  dich 
ausdrehen  mit  worten  und  sagen,  ob  das  bapstum  wol  unter 
dem  teufel  etwan  ist,  so  sind  doch  unter  im  from  Christen 
allzeit  blieben.  Llther  1,  275';  sich  als  die  diebe  heimlich 
ausdrehen.  3,  44l' ;  aber  die  münche  haben  sich  ausgedrehet, 
erstlich  aus  dem  gehorsam  der  eitern,  darnach  der  weltlichen 
oberkeit.  6,  28' ;  diejenigen,  so  nicht  vom  tejt  fallen,  diese 
drehen  sich  also  aus.  8,  65' ;  sich  ausdrehen  in  fremde  land. 
Götz  von  Berl.  lebensb.  170 ; 

fast  umb  dieselbe  zeit,  acht  ich, 

der  esel  ausgedreht  bat  sich.    Albebüs  108; 

der  hahn,  eul,  kautz,  fleddermaus, 

die  drehten  sich  vom  adler  aus, 

und  traten  auf  des  löwen  seilen.    114; 

was  half  es  da  die  fleddermaus, 

dast  sie  «ich  dreht  von  vögeln  aus.    daselbst; 

dasz  ich  da  kund  nicht  bleiben  lang, 

ich  dreht  mich  aus  und  kam  gen  Trier.    133; 

ich  wil  mich  zu  der  thür  ausdrehen.    H.  Sachs  I,  231*; 

Heinz  wolt  .sich  ausdrehen  zustund, 

und  eilet  zu  der  stubihür  dar.    II.  4,  121'; 

der  dich  wird  sich  zur  Stadt  ausdrehen.    IIF.  3,  22'; 

wil  mich  zur  hindern  lür  ausdrehen.    IV.  3,  38*; 

er  lauft  der  schalk.  er  dreht  sich  aus. 

Maut.  Hki;<eccii  drei  comödien.  Lp.  1582.  G4*; 
das  merket  an  di-    "    ' 

von  andern  vögti  ,,  aus.    Waidis  jE«<jp  1,  34; 

es  lehrt  uns  hie  .:  ,i]s, 

die  sich  dr.iei  in  tluu  nuicn  aus.    daselbst; 
dar  du  di  hefst  her  ut  gedreil.    verl.  son  981; 
sich  su-eoger  dienstbarkeit  der  Römer  auszudrehen. 

LoHBüsT.  Sopiwn.  24 ; 
der  dreet  sich  bald  von  inen  aus 
und  hat  nicht  mehr  lust  in  ir  haus.    Etkinc  1,  706; 
als  er  nun  hie  gelebt  iranz  wol, 
dreht  er  jiich  aus,  bsorgi  er  wurd  voll.    3,  331; 


(kriegsleute)  welche  sich  heimlich  von  dem  rechten  zug  zur 
Seiten  ausdrehen  uiid  ihrem  mausen  nachhangen.  Kirchhof 
mil.  disc.  120 ;  man  musz  ein  Schlupfloch  behalten,  dasz  man 
sich  auf  den  notfall  könne  ausdrehen.  Lehmann  944;  geden- 
ken, wie  ich  mich  förderlich  ausdrehen  und  davon  laufen 
möchte.  Simpl.  1,  22;  und  weil  ich  sorgte,  er  möchte  noch 
endlich  schnellen,  sihe  so  drehete  ich  mich  aus.  2,  125;  drfr- 
hete  mich  damit  aus,  und  schlug  die  thür  hinter  mir  zu. 
2,194;  welches  so  bald  geschähe,  das  ich  mich  nicht  ausdre- 
hen noch  so  geschwind  wieder  aus  der  stube  machen  konte. 
2,  262 ;  bedunkte  mich  zeit  zu  sein,  dasz  ich  mich  ausdrehen 
solle.  2,  2S2;  er  hat  sich  gar  fein  ausdrehen  können.  Stie- 
ler 328.     später  ungewöhnlich,   vgl.  sich  schrauben. 

ÄUSDRESCHEN,  frumenta  excutere,  exlerere,  aus  flegeln, 
nnl.  uitdorschen :  die  garben  sind  nicht  recht  ausgedroschen ; 
man  hat  diesmal  aus  einem  schock  nur  drei  schefifel  ausge- 
droschen ; .  wenn  maus  mit  wagenraden  und  pferden  aus- 
drescht (für  ausdrischt).  Es.  28,  2S.  häufig  aber  bildlich  ßr 
sein  gut  verthun,  nichts  mehr  vermögen: 

wan  ich  an  freuden  bin  verloschen 
und  han  über  all  ausz  gedroschen. 

fastn.  sp.  521,  33.  738, 19 ; 
und  das  ist  alles  an  mir  derloschen, 
wenn  ich  hab  unten  ausz  gedroschen.    720,21; 
wie  ist  die  trew  so  gar  erloschen, 
wie  hat  mittigkeit  ausgedroschen.    H.  Sachs  1,348'; 
kein  pfenning  wir  im  seckei  haben, 
so  gar  hat  mein  juuker  ausgedroschen,    m.  1, 199'; 
ach  got  erst  hat  mein  glück  ausdroschen.    III.  2,8'; 
mein  begir  die  bat  gar  ausdroschen, 
hab  kein  lust  mer  zu  bulerei.    III.  2,  176* ; 
ir  seid  gleich  schuldig  22  groschen, 
ir  wert  gar  bald  haben  ausgedroschen,    ül.  3,  74'; 

der  unbekannte  sagte,  er  wolle  meinen  emtekranz  nicht  aus- 
dreschen. J.  Pacl  aesth.  3,  162.  Mcskatbl.  28,  23  bildet  das  pari. 
uszgedreschen  f  gedroscben. 

AUSDREUSCHEN,  divulgare,  sermones  dissipare :  er  dreuscht 
alles  aus  was  er  hört;  es  ist  alles  ausgedreuscht.  SnELE» 
334.    s.  austrätschen. 

AUSDRIESELN,  was  aufdrieseln,  auftröseln. 

AUSDRINGEN,  elici,  nnl.  uitdringen: 
mir  dringt  aus  der  eiskalt  schweisz.    H.  Sachs  HI.  2,  21'; 
das  mir  tödlich  schweisz  ausdrang.    Mcrner  sche/m.  S6,  9; 
thränen  dringen  ihm  aus.     aber  auch  transitiv  elicere:  Jonas 
leszt  die  arriien  leute  umb  seinen  willen  solch  schrecken  und 
jamer  leiden,  bis  im  gott  die  sünde  ausdringet.  Luther  3,  206 ; 
und  wenn  wer  das  uszdringet,  das  ist  gewalt  und  kein  recht. 
weisth.  3,  359. 

AUSDROHEN,  minari  desinere. 

AUSDRUCK,  m.  enuntiatio,  significatio,  etn  heute  sehr  gang~ 
bares,  doch  erst  im  18  ;7i.  entsprungnes  wort,  dem  auch  kein 
nnl.  uildruk  entspricht.  Stieler  und  Frisch  geben  dafür  nur 
ausdrückung  (was  man  sehe),  nnl.  uitdrukking.  wir  verwen- 
den es  ganz  im  sinne  des  franz.  und  engl,  expression  für  wört- 
liche bezeichnung,  ßr  wort:  das  ist  der  rechte  ausdruck,  ein 
guter,  passender,  glücklicher,  gewählter,  sinniger,  neuer,  ver- 
alteter, schlechter,  schiefer,  widriger  ausdruck;  wer  braucht 
solche  ausdrücke? 

gefällt  euch  Recha?  'über  allen  ausdruck  I* 
d.  h.  es  gibt  keine  worte  daßr.  Lessi.ng  2,  286;  er  bekannte 
dadurch,  sagt  jener,  dasz  der  schmerz  eines  vaters  bei  der- 
gleichen vorfallen  über  allen  ausdruck  sei.  6,  386;  der  herr- 
liche genusz,  mit  dem  sie  das  gute  vor  und  nach  kosteten, 
war  über  allen  ausdruck.  Göthe  19, 186 ;  die  innere  Sicherheit 
und  männlichkeit  des  meisten?,  seine  groszheit  geht  über  allen 
ausdruck.  27,  226 ;  genehmigen  sie  den  ausdruck  meiner  er- 
gebenheit. 

Es  kann  aber  auch  anders  als  durch  worte,  durch  geberden, 
töne,  färben  ausgedrückt  werden  und  von  einem  ausdruck  der 
natur,  der  kunst,  der  Schönheit  und  jeder  empfindung  die  rede 
sein:  so  kann  die  reine  Schönheit  allein  nicht  der  einzige 
Vorwurf  unserer  betrachtung  sein,  sondern  wir  müssen  die- 
selbe auch  in  den  stand  der  handlung  und  der  leidenschafl 
setzen,  welches  wir  in  der  kunst  in  dem  worte  ausdruck  be- 
greifen. Winrelmans  4,  55;  das  wort  ausdruck,  welches  in  der 
kunst  die  nacbahmung  des  wirkenden  und  leidenden  zustan- 
des  unserer  seelc  und  unseres  körpers  und  der  leidenschaf- 
tcn  sowol  als  der  handiungen  ist.  4,  136;  wie  er  also  dort 
bei  dem  sdireieu  den  ausdruck  der  scbönlieit  aufopferte,   so 


847 


AUSDRUCKEN — AUSDRÜCKEN 


AUSDRÜCKER  —  AUSDUCKEN 


848 


opferte  er  hier  das  übliche  dem  ausdrucke  auf.  Lessing  6,413; 
so  würden  anraut  und  grazie  nicht  m.ehr  fähig  sein,  der 
menschheit  zu  einem  ausdrucke  zu  dienen.  Schiller  1109 ; 
hab  ich  mich  nicht  an  den  ganz  wahren  ausdrücken  der  na- 
tur,  die  uns  so  oft  zu  lachen  machten,  so  wenig  lächerlich 
sie  waren,  selbst  ergetzt?  Göthe  16,  5;  der  graf  lobte  den 
besondern  ausdruck  der  Vorlesung.  18,  308 ;  haben  sie  bemerkt, 
wie  richtig  der  dramatische  ausdruck  seiner  romanzen  war? 
18,  208 ;  sie  küste  ihn  mit  dem  lebhaftesten  ausdrucke  des 
Verlangens.  18,211;  (kleider),  in  denen  ihr  wesen  einen  ganz 
andern  ausdruck  hat.  20, 159 ;  der  ausdruck  jener  unbezwing- 
lichen  kälte.  38,  178 ;  wenn  ich  sie  so  ansehe,  und  bemerke, 
wie  sich  ihre  reize  entfaltet,  jede  ihrer  lieblichen  Schönheiten 
den  zaubervollsten  ausdruck  erlangt  hat.  Klinger  t,  159 ;  man 
kann  überhaupt  Schönheit,  sie  mag  natur-  oder  kunstschön- 
heit  sein,  den  ausdruck  ästhetischer  ideen  nennen.  Kant  7, 
183 ;  die  gestalt,  welche  den  ausdruck  (ektypon,  nachbild)  der 
ästhetischen  idee  ausmacht.  7,  185;  wie  widernatürlich  der 
ausdruck  ist,  dasz  eine  feder  einem  körper  ihre  ganze  kraft 
erlheile.  8, 197 ;  sein  gesiebt  hat  einen  sanften,  hübschen,  ge- 
meinen ausdruck;  sie  tanzt,  singt  ohne  ausdruck. 

AÜ.SDRUCKEN,  prorsus  imprimere,  bei  den  buchdruckern, 
vollkommen,  fertig  drucken,  im  druck  vollenden:  der  bogen 
ist  noch  nicht  ausgedruckt,  die  bestimmte  aufläge  noch  nicht 
erfüllt,  auf  einem  1514  erschienenen  büchlein  heiszl  es:  vor- 
mals auszgedruckt.  Panzers  ann.  suppl.  129.  die  gewöhnliche 
schluszformel  der  alten  drucke  lautet  aber:  gedruckt  und  voll- 
endet (Impressum  et  finitum  oder  impletum).  einest,  do  es 
noch  bi  der  mäsz  was,  und  wir  die  werk  nit  mochten  usz- 
truken,  wir  truktend  den  ouch  am  fiertag,  hatten  wir  am 
suntag  den  ganzen  tag  gedrukt.  Tho.  Plater  91 ;  wenn  sie 
einen  corrector  finden,  der  vor  dem  abdruck  nicht  allein  die 
falschen,  sondern  auch  die  schlechten,  ausgedruckten  (abge- 
nutzten) buchstaben  ausmerzt.    Göthe  an  Schiller  1G5. 

AUSDRÜCKEN,  exprimere,  nnl.  uitdrukken,  einzelne,  zumal 
ältere  bedienen  sich  der  unumgelauteten  form,  auch  Göthe 
früherhin,  in  die  späteren  ausgaben  ist  der  umlaut  schwan- 
kend eingeführt. 

1)  sinnlich,  die  traube,  citrone  ausdrücken ;  den  honig  aus- 
drücken; den  schwamm  ausdrücken,  das  wasser  aus  dem 
schwamm ;  das  geschwür,  die  wunde  ausdrücken ;  und  da  Gi- 
deon des  andern  morgens  frue  aufstund,  drucket  er  den  law 
aus  vom  feil  und  füllet  eine  schale  vol  des  wassers.  rieht. 
6,  38;  was  kan  ein  spiegel  dazu,  das  er  ein  lützelhüpschen 
lutzelhüpsch  anzeigt?  der  kühdreck,  dasz  er  eim  die  nas 
ausdruckt,  nachdem  er  drein  fall?  Garg.  5;  und  werdet  also 
ewer  ururäne  fein  modelmeszig  austrucken.  43* ;  das  truckt 
der  laschen  das  hirn  aus.  90* ;  die  fackel  in  der  rechten, 
welche  er  deinem  gespielen  genommen  zu  haben  scheint,  ist 
er  bereit,  auf  einem  zwischen  inne  stehenden  altare  auszu- 
drücken (zu  löschen).  Lessing  8,  235;  alle  diese  dinge  drück- 
ten aus  dem  herzen  und  den  thränendrüsen  unsers  nacht- 
wandlers  unwillkürliche,  süsze  thränen  aus.  J.  Paul  IIcsp.  3, 144. 

2)  Worte  ausdrücken,  mit,  in  vvorten  ausdrücken,  sich  aus- 
drücken :  denn  es  war  nicht  klar  ausgedruckt,  was  man  mit 
im  thun  solle.  4  Mos.  15,  34 ;  denn  der  text  spricht  mit  kla- 
ren ausgedruckten  worten,  das  der  herr  Christus  hab  diesen 
schätz  der  kirchen  erworben.  Luther  1, 116';  zeiget  und  druckt 
aus.  3,  38';  got  hat  selbs  zwo  ceremonien  mit  ausgedruck- 
ten Worten  hinein  gesetzt.  3,  41 ;  mit  ausgedruckten  wortfn. 
3,  5ü';  hie  stehet  das  wort  tuto  ausgedruckt.  3,68;  ausge- 
druckte, stracke  wort.  3,69';  wiewol  solchs  nicht  mit  ausge- 
druckten Worten  in  diesen  Sprüchen  gesagt  wird.  3,  425' ;  liie 
verwirft  golt  mit  ausgedruckten  worten  der  Juden  tolle  an- 
dacbt.  8,145";  herzog  Georg  wolle  ausgedruckte  anlwort  ha- 
ben, br.  3,  273;  man  hat  es  mit  ausgedrückten  worten  den 
aposteln  befohlen.  Melanchth.  im  corp.  doctr.  ehr.  311 ;  do  seit 
er  mit  uszgelrucktcn  Worten.  Tmo.  Plater  42;  dasz  ich  mich  ja 
nicht  zu  oben  bin  davon  ausdrücke.  Lessing  2,  45;  die  cm- 
pfindungen,  die  mein  herz  in  dieser  feierlichen  stunde  erfül- 
len, sind  zu  grosz  mit  worten  ausgedruckt  zu  werden.  Wie- 
LAND  7, 183 ;  den  sinn  der  ihrigen  (worte)  versicherte  er  rich- 
tig ausgedruckt  zu  haben.  8,  408 ;  wenn  wir  im  deutschen 
gelegenheitsgedicht  sagen,  so  pflegen  sich  die  Franzosen  mit 
poesies  de  circonstance  auszudrücken.  46,  180;  er  drückte 
sich  gelegentlich  darüber  in  einem  gewissen  paragraphen  aus. 
49,  90 ;  sich  schielend  ausdrücken. 

3}  anderes  ausdrücken :  zeichen,   die  ausdrückender  waren. 


Herder  19,  166 ;  man  findet  die  gemütsbewegungen  viel  hefti- 
ger und  ausgedrückter  in  den  gesiebtem  abgebildet.  J.  E. 
Schlegel  3,  49; 

alles  was  du  denkst  und  sinnest 

druckst  du  aus  durch  musengunst.    Götue  2,  166  ; 

du  übst  die  angeboriie  kraft, 

mit  schneller  lianil  bequem  dich  auszudrücken.    13,  159; 

diese  rechtliche  Schurkerei,  diese  Unfähigkeit  wie  kann  sie 
durch  einen  menschen  ausgedruckt  werden.  19,  167;  dieses 
gieng  so  weit,  dasz  der  auszerordenlliche  Voltaire  bei  Vorle- 
sung seiner  stücke  in  einen  ausdruckslosen,  eintönigen  bom- 
bast  verfiel,  und  sich  überzeugt  hielt,  dasz  auf  diese  weise 
die  würde  seiner  stücke  ausgedrückt  werde.  36,  178;  der 
junge  mann,  der  die  gastwirtin  vorstellte,  druckte  die  ver- 
schiedenen Schattierungen,  welche  in  dieser  rolle  liegen,  so 
gut  als  möglich  aus.  38,  178 ;  nun  wird  es  eine  spräche,  in 
welcher  sich  der  geist  des  sprechenden  unmittelbar  ausdrückt 
und  bezeichnet.  38,  182;  wie  köstlich  ists,  wenn  ein  herrli- 
cher menschengeist  ausdrucken  kann  was  sich  in  ihm  bespiegelt. 
an  fr.  von  Stein  2,  282 ;  vor  beiden  allein  könnt  er  sein  herz 
ausdrücken  (ausschütten),  i.  Paul  Fibel  121. 

AUSDRÜCKER,  m.  streichmesser  der  gerber,  um  das  wasser 
aus  den  feilen  zu  drücken. 

AUSDRÜCKLICH,    expressus,  certus:   mit  diesen  ausdrück- 
lichen Worten.    Schuppius  571;  ausdrücklicher  befebl. 
AUSDRÜCKLICH,  adv.  expresse: 
dieweil  die  recht  ausztrücklich  sagn.    kvRZR  fastn.  sp.  40'; 

strenge  tapferkeit,  darzu  du  bist  geboren, 
dazu  der  himmel  dich  ausdrücklich  hat  erkoren. 

Opitz  1,  13; 
wann  ihr  mir  den  ni^ht  flndt,  der  dieses  grab  gemacht, 
und  er  ausdrücklich  mir  vor  äugen  wird  gebracht.    1,  173  ; 

ein  lange  sermon,  die  man  ausdrücklich  verstanden  hat.  Simpl. 

1,  45 ;  nicht  ausdrücklich  nein  sprechen,  wegkürzer  8 ;  gerichts- 
nutzungen  sollte  man  besser  und  ausdrücklicher  rechtliche 
contribulion  oder  gerichtsbeute  nennen.  Rabener  3, 139 ;  der 
valer  in  der  grelryschen  oper  gelang  ihm  besonders  wol, 
wo  er  sich  in  der  hinter  dem  flor  veranstalteten  vision  gar 
ausdrücklich  zu  gebärden  wüste.  Göthe  48, 43 ;  ein  fall,  wo  dieses 
wort  (einbranchement)  zulässig  und  ausdrücklich  erscheint,  ist 
wenn  es  gebraucht  wird,  um  die  Verzweigung  einer  strasze 
in  mehrere  zu  bezeichnen.  50,  244 ;  ich  habe  es  dir  doch  aus- 
drücklich verboten. 

AUSDRUCKSART,  f.  dictio. 

AUSDRUCKSLEER,  insignificans,  languidus. 

AUSDRUCKSLOS,  dasselbe.  Göthe  36, 178. 

AUSDRUCKSVOLL,  expressus,  gravis. 

AUSDRUCKSWEISE,  f  was  ausdrucksart. 

AUSDRÜCKUNG,  f.  enuntiatio,  significatio,  das  ältere  wort 
für  das  heulige  ausdruck,  nnl.  uitdrukking :  das  man  in  keine 
wege  der  begrif  und  ausdruckung  der  wort  einigen  abbruch 
thun  müge.  Luthers,  96';  dasz  seine  ausdrückung  weiterge- 
het als  seine  befindung.  Leibnitz  376 ;  pabst  Joannes  ermah- 
net den  fürsten  mit  beweglichen  ausdrückungen.  Hahn  1,  215. 
1,200.  2,73;  Wippo  bedient  sich  einer  gleichen  ausdi-ückung. 

2,  258.  3,  28;  sich  gleicher  ausdrückungen  bedienen.  3,  70; 
ironische  ausdrückungen.  Liscov  vorrede;  die  seltenen,  hohen 
und  zärtlichen  ausdrückungen.  160 ;  ausdrückungen  dieser  art 
haben  einen  höheren  Ursprung.  161 ;  sich  künftig  solcher  aus- 
drückimgen  zu  enthalten.  208;  dasz  sie  durch  die  einzige 
ausdrückung  'Paulus  sei  so  klug  wieder  gekommen,  als  er 
hingegangen',  sich  bewegen  lassen  werden.  235 ;  noch  viele 
andere  bedenkliche  ausdrückungen.  326.  338.  366;  die  ehren- 
rührigen ausdrückungen,  die  sie  gegen  mich  gebraucht  ha- 
ben. 456;  ich  will  sogleich  schreiben,  und  sir  William,  hoffe 
ich,  Süll  mit  den  belheurungcn  meiner  reue,  mit  den  aus- 
drückungen meines  gerührten  hcrzens  und  mit  den  angelo- 
bungen des  zärtlichsten  gehorsams  zufrieden  sein.  Lsssmc 
2,  52;  verliebte  ausdrückungen.  2,  400;  die  ganze  seiteist  mit 
solchen  unnatürlichen  ausdrückungen  eines  groszen  schincr- 
zens  vermischet.  J.  E.  Schlegel  3,  63.  spater  fast  erlöschend: 
um  uns  jetzt  aller  minder  huldreichen  ausdrückungen  zu  ent- 
heben.   Lichtenberg  4,  229. 

AUSDRUSCH,  m.  excussio  fnmenti:  der  diesjährige  aus- 
drusch  des  getraides  ist  nicht  reichlich,  auch  für  das  aus- 
gedroschene kom. 

AUSDUCKEN,  elabi :  und  weil  er  sich  als  ein  sophisl  ver- 
meint damiit  auszuduckcn,  so  macht  er  auch  gar  wenig  worte 
und  bildt  ihm  ein,  ich  werde  es  nicht  merken.   Jou.  Scueff» 


I 


849 


AUSDÜDELN— ALSECKEN 


AUSECKEN— AUSER 


850 


LERS  kehrtcisch.  Neisz  1664  s.  26 ;  bei  so  gestalten  Sachen  kiiate 
sich    niemand    entbrechen,    der   sich    sonst    doch  ausdücken 
würde,  wenn  ihn  die  schamrüthe  oder  der  mangel  eines  gül- 
tigen Torwands  nicht  zurücke  hielte.    Lohexst.  Arm.  1,  28. 
AUSOUDEÜV,  aushöhnen,  ausspotten: 

ausgezischt  und  ausgedodelt 
jeden  wiukoupan  l    Voss  4,  SO. 

AUSDÜFTEN,  halare,  exkalare,  sokoI  duß  verbreiten  als 
verlieren:  die  blumen  duften  sQsz  aus;  welchen  wolgeruch 
das  beet  ausduftet!;  dasz  ein  körper  gar  nicht  lieche,  aiis- 
dufte.    Kaxt  2,  397. 

AUSDUFTUNG,  f.  exhalalio. 

AL'SDULDEN,  perpeti: 

in  des  heils  kleid,  ausduldende  märtTrer, 

zu  dem  erb  in  dem  lichtreich  kommt'  freudig  ihr, 

die  gott  rächt,  von  dem  nacbtthai  beri 

KLOPSTOCKÜes«.  20,  "14; 

nnd  doch,  enge),  manchmal  wenn  die  nolh  in  meinem  her- 
zen die  gröszt  ist,  ruf  ich  aus,  ruf  ich  dir  zu:  getrost,  ge- 
trost, ausgeduldet,  und  es  wird  werden.  Götbe  an  Aug.  Slol- 
berg  7 ;  er  hat  ausgeduldet,  ausgelitten,  starb. 

ÄUSDUNDEILN,  detonare,  ausdonnem,  gleich  dem  subst.  nach 
dem  nnl.  uitdonderen: 

ach,  könt  Ich  meine  stim  dem  duoder  gleich  erhöben, 
mit  überlauter  macht  aus  meiner  brüst  ausdundern: 
der  grosz  Gustav  ist  tod  I        Weckhkrlix  602. 

AUSDÜNSTEN,  exkalare,  duft,  dunst  von  sich  geben:  die 
wiesen  dünsten  aus;  bonmots,  die  er  ausdünstet.  J.  Fall 
lit.  nachl.  4,  63.  man  unterscheidet  davon  intransitives  aus- 
dunsten :  der  zuhörer,  dessen  eifer  schon  ausgedunstet  wäre. 
Kant  1,  104.  doch  wird  auch  dem  transititum  der  umlaut 
entzogen. 

AUSDÜNSTUNG,  f.  exhalatio. 

AUSEBENE.N,  complanare,  aequare,  verebenen,  ausflaehen. 
Stieler  357.  den  alten  und  ganz  ausgeebneten  pferden  {bren- 
nen belrüger  schwarze  zeichen  an  die  zahne).  Hohberg  2,  120*. 

AUSECKELN,  expendere,  indagari,  diminution  des  folgen- 
den: wer  so  kitzlig  und  andig  ist,  dasz  er  alles  so  nahe  wil 
suchen,  erwegen  und  auseckeln.  Fra>k  sprichw.  2,  170' ;  wer 
alles  nahe  wil  suchen,  erwegen  und  auseckeln.  Agricola  22S'; 
habend  all  bisz  auf  die  stund  noch  nicht  so  viel  betracht, 
dasz  ihr  betten  ausgeeckelt,  dasz  laub  und  gras  grün  ist. 
Paracelscs  1,  718';  wie  kan  unser  vemunft  die  heimlichkeit 
gottes  so  gar  auseckeln.  2,  3S8';  wollend  ihr  die  krankhei- 
ten  so  eben  ausecklen,  so  sagend  mir  waraus  wachs  savina? 
dessen  chir.  sehr.  264';  denn  in  anfallung  solcher  ofnen  scha- 
den, die  da  heiszen  uicera  universalia,  sind  nicht  auszuecklen 
oder  darzulegen,  wie  sie  kommen.  395'.  noch  heute  in  Baiern : 
auseckeln,  auseggelntind  ausörteln,  sorgsam  überdenken.  Schmel- 
tER  1,  25. 

AUSECKEN,  perpendere,  indagari,  scrutari,  alle  ecken  und 
winket  erwägen,  erörtern,  ausmessen,  ausarbeiten :  die  menschen 
laufen  hin  und  laufen  her,  aufsteigen  die  kobel  (/.  tobel)  und  die 
berg,  sie  gien  durch  teler  und  gruben  und  in  die  höler,  sie 
ausecken  das  inwendig  des  erlrichs,  die  liefe  des  meres  und 
der  Wasser,  die  vinstemus  der  weider  und  die  unweg  der 
Wüstung.  Albr.  vox  Eybe,  ob  einem  manne  sei  zu  nemen  ein 
eltehs  weib.  A'ürnft.  1472.  6/.  48 ;  da  siehestu  wie  die  doctores 
alle  Worte  ausecken  und  sie  ergründen.   Keisersb.  post.  19 ; 

der  messenkunst  was  er  behend, 
kund  doch  usz  ecken  nit  .sin  end. 

Bra.<<t  narrentch.  193,  28; 

ob  wir  nicht  alles  können  ausecken,  ligt  nichts  an.  Lctber 
4,  32';  ein  wenig  rohe  erkentnis,  nicht  so  scharf  ausgeeckl. 
4,  64* ;  auch  werden  daraus  leichtlich  rotten,  wenn  das  Tolk 
alles  aufs  geschwindest  wil  meistern  und  ausecken  (qunndo 
populus  nimis  acerbe  judicat  de  moribus  doctorum)  an  der  bi- 
schove  oder  prediger  wandel  und  leben.  Jonas  bei  Luther  6, 
401* ;  warzu  aber  solch  beichten  dienet,  lasse  ich  ein  andern, 
80  die  sach  basz  verstehet,  ausecken.  Wickraü  ro//w.  63 ;  der 
da  auseckt  den  ganzen  scbrein  der  gotheit.  Frank  28;  nun, 
das  ichs  nit  alles  auseck.  35;  so  sie  {die  sieben  weisen)  ie- 
mand  nahend  auseckt  und  reutert,  ich  sterb,  wo  der  auch 
ein  halb  weisen  finde.  38;  himlische  Sachen,  die  mehr  anzu- 
bellen dann  auszuecken  sind.  48;  ich  beschleusz  mein  red 
in  der  allen,  so  ihr  je  wollen  so  gar  ausecken,  das  ewer  holz 
»0  gar  vil  virtutes  habe,  wolle  ich  gern  ein  frag  an  euch 
thun,  wie  ihr  solche  lugend  im  holz  erfunden  hellen?  Para- 
CELStjg  ckir.  sehr.  258'; 


wers  aus  kan  ecken  und  drob  sinnen, 
man  wirt  noch  selzara  diug  drin  tiuden. 

TarRNEissKR  archidoxa  61 ; 

tregst  dein  bretspil  mit  in  die  bierheuser  und  hilfst  darneben 
alle  weit  ausecken  und  zur  bank  hawen.  Mathesios  130*; 

secht  wie  man  allein  bei  eim  Schnecken 

so  schöne  lehren  kan  ausecken.    Fiscuart  ehz.  45; 

dammb  eck  nur  keiner  meinen  magen  aus.  ei  ja,  eck  bis 
zum  andern  eck  und  leck  bis  zum  andern  etc.  Garg.  162"; 
es  ist  einer  ein  kluger  abgefeimbter  schalk,  zu  aller  bosheit, 
anschlagen,  practiken  ausgeeckt.  Lehmann  246.  Maaler  40' 
hat  ausecken  expendere,  fleiszig  ermessen  und  Schmeller  kennt 
auch  ausecken  in  der  bedeutung  von  auseckeln.  man  hat  für 
beide  Wörter  mehr  an  den  begrif  von  ecke  cardo,  angulus  als 
von  egge  occa  zu  denken  und  die  Vorstellung  von  dem  bauen, 
zimmern,  richten  der  ecken  und  örter  herzuleiten,  so  dasz  aus- 
ecken und  erörtern  nahe  zusammentreffen.  Stieler  358  kennt 
ausecken  nur  im  sinne  von  hohnecken,  irridere,  wie  auch 
Schneller  ein  eckein  mit  einem,  ihm  beleidigende,  ausfor- 
dernde Worte  sagen  anführt,  was  an  das  altn.  eggja  acuere, 
hortari,  schw.  ägga  gemahnt,  und  in  ecke  liegt  zugleich  acies; 
auch  Lohenstein  :  durch  allzu  genaues  ausecken  und  schärfe 
den  zustand  eines  reiches  nur  schärticht  machen,  irm.  1,1160. 
später  werden  auseckeln  und  ausecken  ungebräuchlich. 

AUSECKER,  ra.  irrisor,  cavillator,  nach  Stieler  358. 

AUSECKISCH,  ridiculus,  absurdus,  nach  demselben. 

AUSECKUNG,  f.  ludibrium,  irrisio,  nach  demselben;  bei 
Lohexsteix  hingegen  die  quadratur  des  cirkels:  schwerer  als 
die  auseckung  eines  zirkeis.  Arm.  1,  579. 

AUSEGGEN,  occatione  evellere:  unkraut  auseggen. 

AUSELNANDER,  wie  aneinander,  aufeinander  und  alle  ähn- 
lichen zu  beurtheilen,  das  lebendige  ein  aus  dem  andern  rer- 
härtete  sich  allmdlich,  mit  vorangerückter  praeposition,  zu  einer 
unbeweglichen  masse.  jedwedes  verbum,  mit  dem  sicli  die 
Vorstellung  des  zerlegens  und  trennens  verknüpft,  kann  ein  sol- 
ches aus  einander  bei  sich  haben  und  man  hat  sieh  daran  ge- 
wöhnt, es  fester  anzuheften,  woraus  eine  menge  der  schwerfäl- 
ligsten Zusammensetzungen  entspringen :  auseinanderlegen,  aus- 
einanderfallen, auseinanderflieszen  «.  s.  w.  es  ist  natürlicher, 
das  auseinander  abgetrennt  zu  schreiben,  doch  bei  substantiv- 
bildung  bleibt  der  anschlusz  unvermeidlich :  auseinanderle- 
gung, auseinandersetzung,  auseinanderblütterung ;  bei  diesem 
langen  auseinandersein  wird  es  einem  doch  zuletzt  wun- 
derlich. GöTHE  an  Schiller  916;  auseinandersetzung  der  be- 
griffe und  zumal  eine  deutliche,  die  erwartete  ich  schlech- 
terdings aus  diesem  quartiere  nicht  Lichtenberg  4,  77.  der- 
gleichen Wörter  begegnen  bei  J.  Pacl  haufenweise,  ander- 
wärts nodi  weitere  composita  wie  auseinandersetzungsurtheil, 
auseinandersetzungsklage.  Hugo  heut.  röm.  recht.  1S26  s.  79.  318. 
Die  geläufigsten  Verknüpfungen  des  auseinander  erfolgen  mit 
bringen,  fahren,  fallen,  gehen,  legen,  rücken,  setzen,  spren- 
gen, stellen,  treiben,  ziehen:  meine  knochen  fallen  ausein- 
ander. Schiller  120';  eben  darum  musz  die  sach  noch  heut 
auseinander.  182;  sie  fanden  das  jähr  darauf  für  gut,  sich 
durch  das  losz  aus  einander  zu  setzen.  Lessing  5, 106 ;  Cro- 
negk  aber  hatte  Ciorinden  Tcrliebt  gemacht,  da  war  es  frei- 
lich schwer  zu  errathen,  wie  er  zwei  nebenbuhlerinnen  aus 
einander  setzen  wollen,  ohne  den  tod  zu  hülfe  zu  rufen. 
7,  11 ;  nach  allem  diesen  setzte  sich  Wilhelm  mit  der  alten 
auseinander.  Götbe  20,  112;  diese  bedeutungen  treffen  raan- 
nigmal  zusammen,  aber  in  den  meisten  fällen  sind  sie  un- 
endlich weit  auseinander.  Kant  2,  297.  was  man  sonst  noch 
hier  erwarten  könnte  gehört  unter  die  einzelnen  verba.  aus- 
einander! wollt  ihr  auseinander !  zuruf  an  streitende,  ringende, 
balgende. 

AÜSEISEN,  e  glaeie  expedire:  den  angefromen  eimer  aus- 
eisen; ein  Wagenrad  auseisen;  klug  sein  wie  ein  schlänge 
und  sich  auseisen  können.    Mathesius  133'. 

AUSEISEN,  n.  m  den  schmelihütten  ein  eisen  mit  langem  stiel. 

AUSEITERN,  pus  effundere,  als  eiter  ausdringen. 

AUSEMPFIFröEN,  plene  sentire,  etwas  in  seiner  ganzen  fre- 
deutung  empfinden. 

AUSENTSETZEN,  destituere,  excipere:  Tollkommenheit  der 
geburt  aller  menschen,  kein  gcschlecht  ausentselzt  {ausge- 
nommen). Paracelsus  1, 120'. 

AUSER,  ahd.  öjar,  üjir,  mhd.  üjer.  von  dieser  partikel- 
häufung  gilt  das  bei  aufer  gesagte,  wenn  sie  vom  verbum  ab 
getrennt  werden  müssen,  fällt  das  er  meistens  weg :  ausenvälilen, 

54 


851 


AUSERBEN — AUSERSINNEN 


AUSERWÄHLEN — AUSFAHREN 


852 


ich  wähle  aus  und  nicht  ich  erwühle  aus.  wol  aber  kann 
gesagt  werden:  ich  auserwähle,  auch  hierin  zeigt  sich  wieder 
die  nahe  berühnmg  zwischen  auser  U7id  aus.  man  darf  dies 
auser,  in  dem  sich  zwei  partikeln  häufen,  nicht  vermengen  mit 
auszer,  was  m.  s. 

AUSERBEN,  exheredare,  enterben:  mein  vater  hatte  mich 
meines  Ungehorsams  halben  ausgeerbet  bis  auf  hundert  gül- 
den. Weise  erzn.  71. 

AüSERüENKEN,  excogitare,  ausdenken: 

und  hab  ein  list  mir  auserdacht.    H.  Sachs  III.  2,  205'. 

AUSERFINDEN,  invenire. 

AUSERFINDUNG,  f.  inventio :  hauptgute  auserfindung.  unw. 
doct.  4S5. 

AUSERFOLGEN,  persequi,  gerichtlich  verfolgen:  er  ensi 
dan  mit  gericht  uszerfolgt.   weislh.  2,  247. 

AUSERFORDERN,  evocare,  herausfordern. 

AÜSERKENNEN,  recognoscere : 

und  edler,  den  ich  auserltannt 

zu  meiner  liebe  wacht.    Herder  8,  63. 

AUSERKIESEN,  eligere,  auserwählen :  mhd.  barmherzic  muo- 
ter  öjerkorn.    Waltu.  7,  22. 

ein  tapfrer  geist  crliiest 
ihm  stets  ein  höhers  aus,  mit  dem  er  möge  ringen. 
Fleming  110; 

einige  bilden  das  prae/.  auserkieste,  parf.  auserkiest:  so  werde 
ein  obrester  priester  userkiest  unter  den  menschen.  Zwingh 
1,  620 ;  richtiger  ist  auserkor  und  auserkoren :  ich  weisz  wol, 
das  du  den  söhn  Isai  auserkoren  hast.  1  Sam.  20,  30 ;  mein 
freund  ist  weisz  und  rot ,  auserkoren  unter  viel  tausent. 
hohel.  5,  10 ;  er  hat  in  auserkoren  zum  heiligen  stand.  Si- 
rach  45,  4 ; 

es  ist  ein  fürstin  auserkoren.    Weckherlin  347; 

ach  Seba,  Seba  geliebter! 
auserkorener,  vor  allen  mir  auserkoren.    Messias  16,  504 ; 

böte 
dessen,  der  auferstand  und  der  mich  armen  zum  jünger 
auserkor.  17,688; 

auch  hatte  sie  der  junge  held 
sich  heimlich  auserkoren.    Gotter  1,350; 
auch  war  er  wahrlich  lange  nicht  so  put 
als  Zähren  zu  der  rolle  auserkoren,   Gökingk  2,  220. 
vgl.  ausderkorcn. 

AUSERKLÄREN,  declarare:  ob  die  christliche  kirche  noch 
heut  beschlüsse  und  auserkleret,  das  der  ablasz  mehr  denn 
die  werk  der  gnugthuung  liinneme.  Luther  1, 46'. 

AUSERKOBERN,  recuperare:  were  es  aber  sach,  dasz  sie 
iemants  liesz  auszerkobern  und  liesz  die  guter  in  der  herren 
hend  komen.  weisth.  1, 791.    ahd.  irkoborün. 

AUSERLESEN,  seligere,  zumal  häufig  im  part.  praet. :  sechs- 
hundert auserlesen  wagen.  2  Mos.  14,  7;  der  wurden  siben 
hundert  gezelet  auserlesen  man.  rieht.  20, 15 ;  ich  habe  seine 
hohe  cedern  und  auserlesen  tannen  abgehawen.  2  kün.  19, 23 ; 
heubter  im  hause  irer  veter  auserlesen.  1  c/iron.  8,  40 ;  meine 
fruchl  ist  besser  denn  gold  und  fein  gold  und  mein  einko- 
men  besser  denn  auserlesen  silber.  spr.  Sal.  8, 19 ;  ein  aus- 
erlesner  männlicher  helt.  Reinhart  der  auserlesen  ritter,  ach 
meine  liebe  auserlesene  kind  und  manlichc  ritter.  Aimon  c. 
f.  g. ;  darumb  musz  es  auf  den  gliickfall  auserlesen  sein  {sich 
glücklich  getroffen  haben).  Garg.  110*; 

die  er  ihm  auserlesen 

für  seine  knecht  und  volk.   Weckherlin  231 ; 

doch  sind  wir  nach  dem  zweck  des  Schöpfers  aller  wescn 

nur  um  gelehrt  zu  sein  zum  dasein  auserlesen  ? 

Hagedorn  1,  17; 
ein  auserlesner  dudelsack.   3,  US; 

dies  plntzchen. 
hab  ich  mir  langst  zum  liebling  auserlesen, 
hier  giüszt  mich  meine  ländliche  natur.    Schiller  247*. 

AUSERPRESSEN,  extorquere,  erpressen: 

der  unterdrückten  wiinsch,  das  auserprcslo  liehen 
hört  er,  laszt  keinen  mann  nicht  hülflos  von  ihm  gehen. 
Fleming  24. 
AUSERSCIIALLEN,  emanare,  personare:  denn  von  euch  ist 
auserschollen  das  wort  des  hcrrn.  1  Thcss.  I,  8. 
AÜSERSEHEN,  deligere,  auserlesen: 

der  einst  den  frommen  knaben  Isais, 
den  hirten  sich  zum  Streiter  ausersnhcn. 
Schiller  452*. 

AUSERSINNEN,  excogitare:  ich  sann  es  mir  so  aus,  habe 

CS  mir  so  ausersonnen : 

bald  ward  cm  wapenrecht  mit  regeln  ausersonnen.   Canitz. 


AUSERVVÄHLEN,  seligere,  auserkiesen:  seine  auserweleten 
heuhtleute  versunken  im  schilfmeer.  2  Mos.  15,  4 ;  alle  anser- 
welte  stedte.  2  kön.  3,  19 ;  ich  habe  einen  bund  gemacht  mit 
meinem  ausenvelten.  ps.  89,  4;  hat  doch  der  herr  auch  die 
zwei  geschlecht  verworfen,  welche  er  auserwelet  hatte.  Jer. 
33,  24 ;  umb  der  auserwclten  willen,  die  er  auserwelet  hat, 
hat  er  dise  tage  verkürzt.  Marc.  13,  20 ;  ein  auserwählter  gottes ; 

auserwel  er  im  zu  gsellschafl 

getrewe  freund  still  und  warhafl.   H.  Sachs  I,  483*. 

AUSERWÄHLER,  m.  hereticus  laut  griechisch  ein  sünder- 
ling,  eigensinniger  oder  auserweler.  Frank  chron.  453". 

AUSERZÄHLEN,  rem  omnem  narrare:  lasz  mich  auser- 
zählen ! 

AUSESELN,  conviciis  consectari,  ausschelten. 

AUSESSEN,  exedere:  sie  mögens  ausessen,  brocken  sie  zu 
viel  ein.  Luthers  br.  4,  383  (tute  hoc  intrivisti,  tibi  omne  est 
exedendam) ;  ich  mags  nicht  ausessen ; 

wie  kummt  es,  dasz  die  last  der  noth  die  well  so  drucket? 
sie  isset  jetzund  aus,  was  sie  vor  eingebrocket. 

Logau  1, 1,  90. 
s.  ausfressen  und  vgl.  ausbaden. 

AUSFABELN,  desinere  nugari:  hast  du  nun  ausgefabelt? 

AUSFACHEN,  loculare,   einen  schrank  mit  fächern  versehen. 

AUSFÄCHSERN,  vioiradicibus  instruere,  ausfechsen,  bei  den 
Winzern. 

AUSFACKELN,  vibrare  desinere,  uneigentlich,  der  wird  bald 
ausgefackelt  haben,  austoben,  fertig  sein. 

AUSFÄDELN,  filatim  solvere,  die  faden  auseinander  ziehen; 
auch  den  faden  aus  der  nadel  ziehen. 

AUSFÄDELUNG,  f  explicatio:  Franz  gewann  durch  diese 
langweiligen  ausfädelungen  so  viel,  dasz  er  nun  für  eine  art 
von  Vetter  gelten  konnte.  Tieck  ges.  nov.  8,  250. 

AUSFAHREN,  curru  avehi,  excurrere,  exire,  egredi,  nnl.  uit- 
varen. 

1)  der  könig  fahrt  aus;  wir  wollen  heute  ausfahren; 

der  sinkend  abend  fleugt, 

die  dunkle  nacht  fährt  aus.    Flemlng  624. 

sonst  auch  für  ausreisen,  die  'reise  antreten :  und  fuhr  aus  von 
Pharao  und  zoch  durch  ganz  Egyptenland.  iMos.  41,  46;  da 
fuhren  wir  aus  von  Troada.  apost.  g.  16,  11 ;  ich  macht  mei- 
nen abschied  mit  inen  und  fuhr  aus  in  Macedonien.  2  Cor. 
2, 13  (golh.  ak  tvistandands  imma  galaij)  in  Makidonja). 

2)  ausfahren  gilt  zumal  von  eiigeln  und  teufein :  und  in  der 
selben  nacht  fuhr  aus  der  engel  des  herrn.  2^0«.  19,  35;  ich 
wil  ausfaren  und  ein  falscher  geist  sein.  2  chron.  18,  21 ;  da 
fuhr  aus  der  engel  des  herrn.  Es.  37,  36 ;  da  fuhr  der  satan 
aus  vom  angesicht  des  herrn.  Hiob  2,  7;  da  fuhren  sie  aus 
und  fuhren  in  die  herd  {goth.  usgaggandans  gali[)un).  Matth. 
8,  32 ;  und  der  teufcl  fuhr  aus  von  im  {ahd.  iijgieng  fon  inio). 
Matth.  17, 18 ;  aber  dise  art  feret  nicht  aus,  dann  durch  beten 
und  fasten.  Matth.  17,  21 ;  verstumme  und  far  aus  von  im 
{goth.  })ahai  jah  usgagg  ut  us  Jjainnia).  Marc.  1,  25;  und  der 
unsaubere  geist  fuhr  aus  von  im.  1,26;  fare  aus,  du  unsau- 
ber geist,  von  dem  menschen  (usgagg  ahma  unhrainja  us 
J)amma  mann).  Marc.  5,  8 ;  der  teufel  ist  von  deiner  tochter 
ausgefaren  {goth.  usiddja  unhul|)ö  us  dauhtr  J)einai).  Marc. 
7,  29  und  so  überall  häufigst,  z.  b.  wie  dann  mit  einem  gro- 
szen  brausen  der  böse  ausfuhr.  Philander  1,  43;  hui  teufel, 
schlag  dem  fasz  den  boden  aus  und  schlief  ins  körn  und  fahr 
zum  tachfenster  aus!  Garg.W*. 

3)  hieran  schlieszt  sich  das  geisterhafte  ausfahren  der  scele 
aus  dem  sterbenden,  und  ausfahren  an  sich  bedeutet  sterben, 
exire  e  vita:  Chrislus  wartet  unser,  wenn  wir  ausfaren  sollen. 
Luthers,  13*;  so  kan  er  den  ausgefaren  geist  nicht  wider  brin- 
gen, buch  der weish.\f>.,\i;  bei  dem  ich  war,  bis  ihm  die  seel 
ausfuhr.  Mich.  Neander  menschensp.  47';  und  forchte  alle  augen- 
blicke,  die  secle  würde  mir  ausfahicn.  iucundiss.  211;  so 
krank,  dasz  mir  den  augenhlick  die  seele  ausfahren  wollte. 
eausenmacher  117;  ich  rief  vater,  vater!  aber  keine  antwort. 
seine  seele  war  ausgefahren,  geslabet  und  kalt  waren  seine 
lieben  bände,  der  arme  mann  im  Tockenb.  182.  man  sagt  auch  : 
der  athem  ist  ihm  ausgefahren. 

*4)  nicht  anders  fahren  die  demente  aus,  erheben  sich:  da 
fuhr  aus  der  wind  von  dem  herrn  und  liesz  wachfein  komen 
vom  meer.  4  Mos.  11,  31 ;  da  fuhr  ein  fewr  aus  von  dem  herrn 
und  verzehret  sie.  ^  Mos.  10,  2.  4  Mos.  16,  35;  und  das  fewr 
fuhr  aus  von  dem  fels.  rieht.  6,  21,  vgl.  ausbrechen. 

6)  ausfahren  =  ausbrechen,    von  blättern,  ausschlag  un4 


853 


AUSFAHREN — AUSFALL 


AUSFALLEN 


854 


aussatz:  und  da  er  mit  den  priestern  murret,  fuhr  der  aus- 
saU  aus  an  seiner  slirn.  2  chron.  2S,  19 ;  die  blättern  fahren 
in  seinem  gesiebt  aus;  denn  zu  unterschiedenen  malen  solche 
hügelchen  mit  hitzigem  jucken  ihm  an  armen  und  beinen  aus- 
gefahren sind.  tinw.  doct.  139 ;  das  kind  fährt  am  ganzen  leibe 
aus;  bist  du  denn  etwa  ausgefahren?  (im  gesicht)  Gellert; 

und  war  der  brantewein  im  aniliiz  ausgefahren.     Gc.nther. 
auch  von  ausbrechender  blüle :  sein  freiheitsbaum  fuhr  in  bluten 
aus.  J.  Paul  Tit.  l,  155. 

6)  von  f feilen :  das  der  pfeil  durch  sein  herz  ausfur  (egre- 
diebatur).  2  kün.  9,  24 ;  und  der  herr  wird  über  inen  erschei- 
nen und  seine  pfeile  werden  ausfaren  wie  der  blitz.  Zach.  9, 14. 

7)  ausfahren  =  ausgleiten,  elabi:  die  band,  der  fusz  fuhr 
ihm  aus,  er  fuhr  mit  der  band,  mit  dem  fusz  aus;  ich  wollte 
schneiden,  das  messer  fuhr  mir  aus;  schief  ausgeschnittenes 
gesicht,  wo  die  gartenschere  betm  silhou«ttieren  ausgefahren 
ist.   TiECE  3, 17. 

8)  der  hirt  fahrt  aus,  trabt  die  herde  aus;  der  hirt  dingte 
einen  andern  mann,  der  mit  seiner  herde  frühe  ausfahren 
muste.  Simpl.  2,  331;  der  bergmann  fährt  aus  (im  gegeiisatz 
zu  anfahren) :  bein  bergleuten,  wenn  sie  ausfahren,  führen  sie 
handstein  bei  sich.  Schcppius  838.  aber  auch  die  partei  fährt 
aus  von  einem  gericht  zum  andern,  fährt  zu  hofe.  s.  ausfahrt. 

9)  ausfahren,  herausfahren,  erumpere:  er  fährt  gleich  aus, 
ist  so  ausfahrend,  beleidigend. 

sie  aber  mehr  bereit  als  vor  mir  ru  begegnen 
fuhr  recht  entrüstet  aus,  klagt  über  meine  treu, 
schalt  meinen  wankelmut.    Griphils  1,  243. 

10)  transitiv,  den  weg,  die  strasze  ausfahren,  verderben; 
lief  aiisgefahrne  löcher,  in  die  der  wagen  umzustürzen  droht. 
GöTHE  15,  34 ;  der  kleine  weg,  der  jetzt  zu  einem  groszen  aus- 
gefahren war.  J.  Pacl  uns.  löge  3, 168 ;  der  kutscher  fährt  die 
herschaft  aus ;  eine  furche  ausfahren,  waaren  ausfahren,  ex- 
porlare,   besser  ausführen. 

AUSFAHRT,  f  exitus,  in  mehrfachem  sinn,  tod,  abreise, 
ausgang:  wie  man  auch  lieset  von  alten  heiligen  vetern,  als 
s.  Hilarion  dem  einsidler,  welchem  begunde,  als  er  itzt  ster- 
ben wolt,  ein  böse  wort  zu  entfaren,  'mein  liebe  seele',  sprach 
er,  'warumb  fürchslu  dich  für  der  ausfart?'  Lctheb  6,170"; 
dasz  meine  seele  auf  einer  seilen  durch  den  antringenden  tod 
zur  ausfahrt  genölhiget.  Schüpp\^s  437 ;  siben  jar  nach  seiner 
ausfart.  Kirchhof  wendunm.  352;  als  aber  nun  das  edel  ein- 
horn  kein  ander  ausfart  nier  (aus  dem  brennenden  wald)  ha- 
ben mocht.  Galmy  143;  dasz  man  nothwendig  auf  denselben 
punct  der  ausfahrt  zurückkommen  musz.  Tieck  4,  66.  den 
bergleuten,  das  aussteigen  aus  der  grübe,  ausfahrt  heiszt  auch 
der  lliorweg,  durch  welchen  man  auszufahren  pflegt,  bei  den 
alten  gerichten  hiesz  ausfart  die  fahrt  zu  hofe,  zum  oberhof, 
zum  andern  gericht.    s.  ausflucht,  zug. 

AUSFAHRU.NG,  /".  eruptio,  pustulae:  so  der  jugend  rote 
purpuien  und  finnen  im  angesicht  wüechsen,  soll  man  ihnen 
das  Wasser  über  den  leib  schlagen,  so  werden  sie  der  röte, 
wie  auch  der  ausfarunge  los.  Tucr.neisser  infl.  wirk.  87. 

AUSFALL,  m.  nach  verschiednen  bedeutungen  des  ausfallens, 

1)  sinnlich,  ausfall  der  haare,  defluvium;  ausfall  der  zahne, 
ausfall  der  körner  aus  den  ähren.  die  ärzte  nennen  den  aus- 
tritt einzelner  glieder  aus  ihrer  natürlichen  läge  ausfall:  aus- 
fall des  auges,  der  gebürmuller,  des  afters,  eines  darms. 

2)  den  fechlem  heiszt  ausfall  das  ausstoszen  gegen  den  feind: 
welches  ist  denn  das  eigene  des  mifes  veles,  das  idi  dem 
borghesischen  fechler  angedichtet  hätte?  weil  beide  einen  ähn- 
lichen ausfall  thun,  so  hätte  ich  sie  verwechseln  können;  aber 
musz  ich  sie  darum  verwechselt  haben?  Lessinc  8,43. 

3)  ausfall  der  belagerten,  excursio:  der  feind  that  einen 
lebhaften  ausfall;  der  ausfall  wurde  zurückgeschlagen;  vor 
aus-  und  Überfall  sicher.  Kirchhok  mil.  disc.  99 ; 

in  allem  schanzen,  stürm,  Scharmützel,  ausfall,  selilacht. 
Wf.ckiierlin  tj9. 
ausfall  heiszt  auch  das  heimliche  Ihor,  durch  welches  die  aus- 
fälle gemacht  werden. 

4)  ausfall,  ein  heftiger  angrif  in  Worten,  insectalio;  feind- 
selige ausfälle  in  rede  und  schrift ;  grober  ausfall. 

5)  ausfall  des  flusses,  auslauf:  wie  dem  ohngeachtet  der 
starke  arm  des  Ilusses  seinen  ausfall  allhier  behalten,  indem 
das  Wasser  mit  gröszter  gewall  zwischen  dem  geslein  heraus- 
slürzte.  Felsenb.  1,  160;  dasz  durch  den  ausfall  des  flusses 
gegen  millcniachl  zu  ein  ganz  bequemer  ausgang  von  der  in- 
sul  anzuirelTea  sei.  1,194. 


6)  ausfall,  ausgang,  eventus,  dän.  udfald:  und  ich  sage, 
dasz  der  ausfall  meine  worte  bestätigen  wird,  alle  übers,  von 
Holbergs  Plutus  1755  1,  3  (ddn.  og  jeg  siger,  at  udfaldet  vil 
sande  mine  ord).    vgl.  Vorfall. 

7)  ausfall,  abgang,  minderung  des  erlrages:  starke  ausfälle 
in  der  einnähme ;  der  diesjährige  ausfall  in  der  ernte  ist  sehr 
beträchtlich. 

AUSFALLEN,  exeidere,  elabi,  exire,  ausgehen,  nnl.  uitvallen, 

1)  sinnlich,  von  haaren,  federn,  zahnen,  kornern,  blumen: 
die  haare  fallen  ihm  aus ;  wenn  einem  man  die  heubthar  aus- 
fallen, das  er  kal  wird,  der  ist  rein ;  fallen  sie  im  fornen  am 
heubt  aus,  und  wird  eine  glatze,  so  ist  er  rein.  3  Mos.  13, 40. 
41;  es  ist  dein  glück,  dasz  die  haare  so  blond  sind,  zwar 
ausgefallen  scheinen  dir  keine  zu  sein.  Göthe  10,  15S;  die 
stolze  ki-ähe  schmückte  sich  mit  den  ausgefallenen  federn  der 
farbigten  pfaue.  Lessixg  1,144;  die  rose  ist  ausgefallen  (ent- 
blättert) und  die  dornen  sind  geblieben. 

2)  aus  dem  ei  kommen,  auskriechen,  ausschliefen:  die  jun- 
gen hüner,  gänse  sind  ausgefallen,  ausgekrochen,  aus  der  schale 
geschloffen.  Schmeller  1,  520;  die  jungen  neu  ausgefallenen 
gänslein  läszt  man  zwölf  tage  bei  der  mutter.  Hohberg  2,  335*. 
vielleicht  sagt  man  es  auch  von  neugebornen  kälbern,  fohlen, 
wie  lateinisch  animal  ex  utero  delapsum  excidit. 

3)  ausfallen,  erumpere,  sowol  von  fechtem  ah  von  belager- 
ten: befanden  für  gut,  dasz  man  umb  mitternacht  ausfallen 
solle  zum  Scharmützel.  Garg.  24S';  ob  ratsamer  wer  auszu- 
fallen und  die  anlaufende  zu  trüngen,  oder  die  statt  einzu- 
halten und  sich  lassen  pfrengen.  265";  etliche  der  ausgefal- 
lenen bände  (scharen),  daselbst;  der  letzte  slosz,  mit  dem  hr. 
Klotz  gegen  die  römische  kunst  ausfällt,  ist  besonders  merk- 
würdig. Lessi.ng  8,  57;  , 

rastlos  fechtend  fällt  die  mannschaft  aus, 
doch  wenge  sehn  die  heimaipforte  wieder. 
Schiller  453; 
hier  halt  ich 
den  kriegerischen  schild  vor  meinen  leib, 
fall  aus,  trif;  und  verdammt  sei,  wer  zuerst 
rief  halt,  genug.'  5S1 ; 

wir  gewöhnten   uns   bald  vorwärts  und  rückwärts  zu  gehen, 
auszufallen  und  uns  zurückzuziehen.  Göthe  24,  231. 

4)  ausfallen,  insectari:  wollte  unser  herr  gott,  er  fiele  ein- 
mal grausam  grob  aus  und  tradierte  einen  wie  ein  anderer 
mann,  so  wüste  man  doch  vne  und  woran.  J.  Padl  Fibel  18; 
wir  wollten  gegen  ihn  (mit  gründen)  ausrücken  und  ausfallen. 
Kampanerth.di;  sich  reichlich  mit  witz  wapnen  und  ausfallen. 
biogr.  bei.  1, 115;  wie  kannst  du  gleich  so  plump  ausfallen? 

5)  ausfallen,  geraten,  ausschlagen:  das  ist  gut  oder  übel 
ausgefallen;  wenn  die  sache  gut  ausfallen  sollte.  Lessing  1, 
2S0;  so  würde  unsere  recension  sehr  kurz  und  zwar  folgen- 
dermaszen  ausfallen.  Göthe  49,  173;  so  gut  fielen  sie  (die 
kinderjahre)  für  unsern  Gollhelf  aus.  J.  Paul  Fibel  13.  dies 
liesze  sich  aus  einer  abstraction  der  zweiten  bedeutung  herlei- 
ten, zumal  es  Göthe  gerade  auf  ein  neugebornes  kind  und  blu- 
men anwendet:  man  hätte  vielleicht  noch  lange  gezaudert  eine 
Prinzessin  wieder  einmal  in  das  land  zu  senden,  wenn  nicht 
niein  nachgeborner  bruder  so  klein  ausgefallen  wäre,  dasz  ihn 
die  Wärterinnen  sogar  aus  den  windeln  verloren  haben  und  man 
nicht  weisz  wo  er  hingekommen  ist.  23,  93;  myrten  beson- 
ders, zwergröslein  und  dergleichen  (künstliche  in  klüstern  ge- 
machte blumen)  fielen  gar  schön  und  natürlich  aus.  24,  282. 
man  kann  sich  aber  mit  dem  bloszen  ausgang  nehmen,  aus- 
gehen begnügen,  und  es  heiszt  auch :  die  ernte  fällt  reich  aus, 
wo  ein  bczug  auf  die  gcburt  unpassend  wäre,  man  müste  denn 
an  den  mütterlichen  schosz  der  erde  denken. 

6)  ausfallen  für  einfaches  fallen:  Ludovicus  bekräftigte  die 
auf  Adrianum  ausgefallene  wähl.  Hahn  1,  204. 

7)  ausfallen,  exeidere,  excludi,  wegfallen :  dieser  beirag  fhllt 
aus;  die  heutige  schule,  Sitzung,  Vorstellung  fällt  aus;  diese 
stelle  fällt  bei  der  aufführung  des  Stücks  aus;  dieser  theil- 
nehmer  fällt  künftig  aus,  weil  er  seinen  beitrag  nicht  entrich- 
tet hat;  das  die  selbige  menschen  als  denn  aus  der  gnade 
ausfallen.  Melancutho!«  im  corp.  doctr.  ehr.  598.  auch  exeidere 
de  memoria : 

viel  Sachen  fallen  mir  bei  andern  sorgen  ein, 
doch  fallt  mir  bald  auch  aus  was  ich 'mir  vorgenommen. 
Opitz  2,  487. 
es  ist  beim  druck  ein  buchstabe  ausgefallen. 

8)  transitiv,  ein  glied  ausfallen,  verrenken,  ausstoszen:  er 
bat  den  arm,  den  fusz  ausgefallen;  zwei  zahne  ausgefallen; 
gewöhnlich  mil  zugefügtem  sich :  er  hat  sich  den  arm  ausgefallen. 

54* 


855 


AUSFALTEN — AUSFEGEN 


AUSFEHMEN  —  AUSFILZEN 


856 


AUSFALTEN,  explicare,  entfalten,  aus  den  falten  legen: 
dann  sie  {die  Türken)  legen  ihr  strenge  und  ernst  nimmer 
hin,  das  si  ihr  angsichl  nimmer  auflösen  und  ausfalten,  das 
jederraan  in  einer  forcht  behelt.  Frank  weltb.  106*;  das  ge- 
satz  und  lere  mit  vi!  worten  ausgefallen  den  menschen  wei*- 
den  fürtragen.  kcmcoiK  spr.  vorr.  2' ;  dasz  ich  mich  selbst  mit 
einer  beschreibung  ausfalt  und  sag  wer  ich  sei;  ist  in 'ihr 
alles  so  entwickelt  und  ausgefaltet.  Herder  1,35; 

faltet  ans  die  frisctien  prachten, 

holde  blumen,  euren  flor.    Göthe  13,  242. 

ÄUSFALZEN,  striare:  die  druckbogen  brechen,  auch  die  fal- 
ten mit  dem  falzbein  ausstreichen. 

AUSFANGEN,  capere,  excipere,  pferdc  aus  der  stuterei  neh- 
men: jungen  pferden,  die  erst  neulich  ausgefangen  und  auf- 
gestellt worden,  ist  das  traben  eine  nothwendige  und  nütz- 
liche Unterrichtung.  Hohberg  2, 164.  5.  ausschlagen,  auch  sagt 
man  einen  teich  ausfangen,  leeren,  alle  fische  darin  fangen, 
und  ein  drittes  ausfangen  beim  pflügen  gibt  Schmeller  1,  540 
näher  an. 

AUSFÄRBEN,  probe  tingere,  fertig  färben,  wiederholt  färben. 

AUSFÄRBER,  m.  ein  tüchtiger  ausfarber  wird  sogleich  ver- 
langt. Berliner  Zeitungen. 

AUSFASELN,  was  das  folgende. 

AUSFASEN,  intransitiv,  die  faden  gehen  lassen:  der  taffet 
faset  aus.  transitiv,  filatim  discerpere,  die  faden  auszupfen. 
s.  ausfädeln. 

AUSFASERN,  dasselbe. 

AUSFASSEN :  die  gruben  auf  Weinbergen  werden  vorher  im 
frühling  ausgefaszt,  damit  der  grund  durch  sonnen  und  regen 
fein  ermarbe  und  abiige.  Hohberg  1,  359'. 

AUSFASTEN,  finem  facere  jejnnii,  nnl.  uitvasten. 

AUSFAULEN,  putredine  confici:  die  zahne  faulen  ihm  aus; 
der  bäum  ist  ausgefault;  unter  allen  treppen,  die  auf  eine 
kanzel  heben,  ist  wol  keine  wurmstichiger  und  ausgefaulter, 
als  der  gi-adus  ad  parnassum.  J.Pkvi.jiibels.20. 

AUSFAUSTEN,  pugnis  coniundere.  die  becker  fausten  den 
teig  aus,  sloszen  ihn  aus  (s.  ausstoszen),  die  hutmacher  fau- 
sten den  hut  aus,  dehnen  ihn  mit  den  fausten. 

AUSFECHSEN,  was  ausfachsern. 

AUSFECHTEN,  armis  verbisve  disceptare,  nnl.  uitvechten: 
es  vor  gericht  ausfechten;  sie  mögen  es  mit  einander  aus- 
fechten; ausfechten,  warumb  ein  iglichs  land  etwas  sonder- 
lichs  tregt.  Luther  4,  10';  ob  diese  strafe  noch  wehret  über 
alle  gottlose,  wollen  wir  hie  nicht  ausfechten.  4,37*; 

ein  ieder  wils  uszfechten 

wie  es  in  dunkel  gut 

in  sinem  übermul.    Uhland  volhsl.  369; 

doch  sie  spotteten  nur  des  sehenden,  fochten  das  ding  fer- 
nerhin unter  sich  aus  und  lieszen  ihn  allein  zum  geiger  gehen. 
Klopstock  12, 148 ;  dieser  streit  musz  auf  anderm  felde  aus- 
gefochten  werden,  ein  ausgefochtener,  einer  der  ausgefochten, 
sein  pulver  verschossen  hat,  enervis.  Ettners  Aetamme  80. 
AUSFEDERN,  in  verschiednem  sinn, 

1)  mit  federn  ausstopfen:  auf  unausgefedertem  bette  schläft 
eichs  unsanft.  Stieler  450. 

2)  die  federn,  den  federstaub  ausklopfen. 

3)  kleine  spalten  im  holz  mit  holzschnitzeln  ausfüllen,  was 
bei  grösxeren  spalten  ausspänen  heiszt.    vgl.  ausfiedern. 

AUSFEGEN,  verrere,  depurgare,  delere,  nnl.  uitvegen :  und 
wil  die  nachkomen  des  hauses  Jerobeam  ausfegen,  wie  man 
kot  ausfeget.  1  A:d/i.  14,  10;  auch  feget  Josia  aus  alle  warsa- 
ger,  zeichendeuter,  bilder  und  götzen  und  alle  grewel.  2,  23, 
24 ;  das  du  die  haine  hast  ausgefegt  aus  dem  lande.  2  chron. 
10,  3;  ich  wjl  auch  worfler  gen  Babel  schicken,  die  sie  wor- 
feln sollen  und  ir  land  ausfegen.  Jer.  51,  2 ;  und  wil  die  ab- 
trünnigen unter  euch  ausfegen.  Ez.  20,  38 ;  und  gehet  aus 
durch  den  natürlichen  gang,  der  alle  speise  ausfeget.  Marc. 
7, 19 ;  darumb  feget  den  allen  Sauerteig  aus  (goth.  U8brainei|) 
J)ala  faimjü  beist).  1  Cor.  5,  7 ; 

dem  etwas  wer  im  niaRcn  gelegen, 
das  kan  es  {das  pulver)  im  gar  wol  aus  fegen. 
fnsln.  «/).  71)8,  15; 
sie  butzt  ihm  die  schuch,  fegt  die  kleider  aus.  Gari;.  73';  ich 
musz  kurzumb  die  ochscndämi  ausfegen.  85';  bei  den  Teut- 
sclien  hat  Mars  und  liachus  mehr  erlegt,   als  Venus  bei  den 
Welschen  ausgefegt.  88*; 

und  jener  {krieg)  machte  leer  der  menschen  leib  und  blut, 
da  dieser  nur  fegt  aus  der  kästen  altes  gm. 

LoGiU  1,2,  12; 


Deutschland  bei  der  alten  zeit 
war  ein  stand  der  redlicbkeit, 
ist  jetzt  worden  ein  gemach, 
drinnen  lasier,  schand  und  schmach, 
was  auch  sonsten  aus  man  fegt, 
andre  Völker  abgelegt.    1,  6, 18; 

ohne  einiges  brechpulver  die  überflüssige  feuchtigkeiten  ihrer 
geldbörse  ausfegen,  ehe  eitles  mannes  215 ; 

dasz  er  die  stall  ausfegt  und  laub  vortrüge  den  Zicklein. 
Voss  Od.  17,224; 

da  werden  wir  das  haus  wol  einmal  ausfegen  müssen.  Arnim 
schaub.  2,  35. 

AUSFEGSEL,  n.  auskehrsei. 

AUSFEHMEN,  schweine  aus  der  masl  nehmen,    s.  fehme. 

AUSFEIERN,  bergmännisch,  nicht  arbeiten:  wegen  eines 
vergebens  die  woche  ausfeiern  müssen,  vielleicht  die  woche 
aus  (hindurch)  feiern? 

AUSFEILEN,  elimare,  nnl.  uitvijlen :  einem  eisengerdth  mit 
der  feile  die  letzte  gestalt  geben,  einen  Schlüssel  ausfeilen. 
dann  figürlich,  ein  gedieht,  eine  schrift  ausfeilen,  perpolire; 
das  werk  ist  noch  nicht  ganz  ausgefeilt,  fehler,  falsche  reime 
ausfeilen,  auszerdem  bedeutet  ausfeilen  auch  hol  feilen,  metall 
ausholen  und  herausfeilen :    rost,    flecken,  ein  loch  ausfeilen. 

AUSFEILUNG,  f.  elimatio:  Alcibiades  überläszt  es  einem 
Antifon,  sich  mit  ausfeilung  einer  künstlich  gesetzten  rede  zu 
bemühen,  Wieland  1, 144. 

AUSFEIMEN,  besser  abfeimen:  ein  lustiger,  ausgefeimter 
geselle.  Arnim  schaub.  2, 16. 

AUSFELDEN,  par/e^es  intercolumniis  distinguere.  Stieler  464. 

AUSFENSTERN,  malis  verbis  objurgare,  ausschelten,  ausfil- 
zen: ihr  herr  vater  hat  sie  beiszen  nach  hause  gehen  und 
erschrecklich  ausgefenstert.  Schelmufsky  1,112;  meine  mutter 
fensterte  mich  bei  diesem  zufall  verdienterweise  ziemlich  aus. 
Leipz.  avanturier  1,  39 ;  und  so  fahren  ihro  majestät  fort,  den 
armen  grafen  auszufenstern,  dasz  es  eine  art  hat.  Lessing  7, 
289.  da  fenstern  heiszt  nachts  am  fenster  der  geliebten  har- 
ren, seufzen,  so  bedeutet  ausfenstern  oder  wegfenstern  ur- 
sprünglich den  am  fenster  flehenden  liebhaber  schnöde  abferti- 
gen, ausschelten,   vgl.  Schmeller  1,  545  und  fenstern. 

AUSFERKELN,  desinere  porcellos  parere. 

AUSF'ERTIGEN,  conficere,  expedire,  conscribere,  verfertigen: 
nur  etwas  von  seiner  fast  ausgefertigten  Eneis.  Opitz  1,  3'; 
einen  befehl,  den  Bassianus  ausgefertiget.  Gryphiüs  1,  370 ;  eine 
lustige  bauerncomödie  ausfertigen.  Jucundiss.  212;  indessen 
wurden  die  ausgefertigten  contracte  unterschrieben.  Göthe  19, 
155 ;  um  zu  hause  gehörig  rechenschaft  zu  geben,  ja  manchen 
kleinen  aufsatz  auszufertigen.  24,  289;  mein  vater  verlangte 
ein  ordentliches  werk,  das  ich,  wie  er  meinte,  sehr  wol  aus- 
fertigen könnte.  26,  41 ;  mit  welchem  geschmack  der  geübteste 
pinscl  dieses  bildchen  ausgefertigt  hat.  44,  221 ;  wenn  man 
sich  widersetzt  ein  solches  buch  auszufertigen.  Tieck  9,  187. 
ausfertigen  ist  etwas  stärker  als  das  blosze  fertigen  und  als 
anfertigen,  verfertigen  und  bezeichnet  das  voltendet  ausgehen 
lassen,  die  arbeit  wird  angefertigt,  gemacht,  bereitet  und  aus- 
gefertigt vollendet,  man  sagt  aber  heute  lieber  ein  buch  ver- 
fertigen als  ausfertigen,  dagegen  den  pass  ausfertigen,  nicht 
verfertigen,  an  einigen  orten  heiszt  auch  die  tochter  ausfer- 
tigen, ausstatten,  aussteuern,    s.  das  folgende. 

AUSFERTIGUNG,  f  dos:  weder  heuratgut,  Widerlegung, 
noch  auch  einige  andere  ausferligung.  FranA/.  re/brm.  IIL  8,  U. 

AUSFEüERN,  in  verschiedner  meinung, 

1)  transitiv,  ein  ziminer,  eine  stube  ausfeiiern,  gehörig  hei- 
zen und  erwärmen,  den  böttichem,  ein  neues  fasz  ausfeuern, 
durch  eingelegtes  feucr  erwärmen,  damit  die  dauben  biegsam 
werden  und  den  überzuschlagenden  reifen  nachgeben. 

2)  intransitiv,  ausfeuern,  desinere  tormenta  explodere:  die 
regimenter  haben  ausgcfeuert.  ausfoucrn,  vom  pferde,  hinten 
ausschlagen,   dasz  vom  hufschlag  funken  ausfahren. 

AUSFIEDELN,  finem  facere  canendi  fidibus.  transitiv,  durch 
fiedeln  wegschaffen:  unter  andern  hatte  der  zahnbrecher  eine 
kunst,  dasz  er  den  leuten  die  bösen  und  holen  zahne  aus- 
iiedelte  und  ausplif.  med.  maulaffe  383. 

AUSFIEDERN,  im  bergbau,  federn,  d.  i.  eiserne  keile  in  die 
wandritzen  treiben,  dasz  sie  sich  auseinander  gebett.  s.  aus- 
federn. 

AUSFILZEN,  1)  mit  filz  besetzen,  ausstopfen,  auspolstern. 

2)  hart  ausschclten:  das  ein  grober  esel  auch  auf  der  can- 
zel  möcht  könig  und  fürsten  ausflizen  und  seine  lust  an  ihnen 
büszen.    Luther  5,  148*;    denn  noch  neulich  hat  mich  Hiero- 


857 


AUSFINDEN — AUSFLÄCHEN 


AUSFLACKEM  —  AUSFLÖUEN 


858 


nymus  so  heftig  ausgefilzet,  als  er  sein  lebenlang  nicht  ge- 
than.  Grtfhics  l,  S69;  so  sehr  ich  sie  auch  ausgefilzet  und 
ausgehudelt  habe.  Jucundiss.  40 ; 

der  tod  wird  ausgelilzt,  dasz  er  dem  theuren  leben 
nicht  eine  längre  frist  aJs  achuig  jähr  gegeben. 

Ca.nitz  98; 

werde  sonst  wieder  ausgefilzt,  wenn  ich  euch  ungeraeldet  von 
dannen  liesze.  Fr.  Müller  3,  45 ;  lassen  sie  (die  recensenten) 
einen  flieszpapiernen  zettel  umlaufen,  auf  welchem  sie  mich 
ausfllzen.  J.?acl  Siebenk.  2,14;  daher  filzte  er  nur  die  hebe- 
maschinisten  aus.  7"»/.  1,  93 ;  der  doclor  filzte  ihn  nun  drun- 
ten so  aus.  1,  176 ;  «ein  autor  von  gefühl  filzet  die  aus,  die 
nicht  so  viel  verstand  haben  als  er.  l,  147 ;  dasz  ich  dich  auch 
ausfilze.  3,  53 ;  so  filzte  er  den  erstaunten  glöckner  aus.  flegetj. 
4, 29  und  noch  oß. 

AUSFI>'DEN,  invenire,  reperire,  herausfinden,  nnl.  uitvinden : 

bis  ich  deines  worts  gelieimnus  recht  ausfind. 

WECKiiERLrM  261 ; 
und  so  entdeck  ich  selbst,  was  auch  bei  wachen  stunden 
ein  Deutscher,  ja  sogar  ein  domherr  ausgefunden. 
Hagedor.n  1,  17 ; 

nach  langer  nachte  grübeln 
fand  ich  nichts  anders  aus.    Elopstock  9,  29 ; 

viel  wichtiger  deucht  michs,  des  einen, 
der  unser  freund  und  Judas  könig  ist, 
errettung  auszufinden.   9,35; 

wir  haben  kein  andres  mittel  zu  diesem  zwecke  zu  gelangen 
ausfinden  können.    12,  177 ; 

stellt  und  verstellt  euch,  wie  ihr  wollt,  ich  lind 
auch  hier  euch  aus.  Lessing  2,  24S; 

sie  hatten  in  wenig  secunden, 
60  fein  sich  jede  glaubt,  einander  ausgefunden. 
WiELA.ND  4,  226; 

habt  ihr  schon  ohne  uns 
Termutlich  ausgefunden.    18,  171 ; 

es  würde  leichter  sein,  eine  noch  schönere  frau  auszufinden. 
8,  40S ;  über  diesen  verlust  fodert  er  genugthuung,  in  so  weit 
jemals  eine  genugthuung  für  einen  so  unersetzlichen  verlust 
auszufinden  möglich  ist.   J.  E.  Schlegel  5,  411; 

ihr  habt  auf  meinem  thron  mich  ausgefunden,  marquis, 

nicht  auch  in  meinem  hause?    Schiller  280; 

das  unstet  schwanke  sehnen  war  gebunden, 

dem  leben  war  sein  inhalt  ausgefunden.    495; 

wir  wandern  und  suchen  und  findens  nicht  aus.    553; 

alle  gründe,  welche  die  brüderliche  delicatesse  ausfand,  wtt- 
ren  nicht  vermögend,  den  alten  raarchese  mit  der  idee  aus- 
zusöhnen. 727 ;  ich  habe  wenige  menschen  in  der  weit  ge- 
kannt, deren  schwaciiheiten  ich  nicht  nach  einem  umgang 
von  drei  wochen  ausgefunden  hätte.  Lichtenberg  1,  8 ;  leute, 
die  den  einstudiertesten  hcuchler  auszufinden  wissen.  Klin- 
ge« 9,  134;  freilich  kann  auch  ich  keine  (antworl)  ausfinden. 
11,  227 ;  vielleicht  dasz  er  dann  endlich  ausfindet,  nur  er  trage 
die  narrenjacke.  12,  92 ;  ei,  ich  hoffe  doch  nicht,  dasz  er  ihre 
breite  ausgefunden  hat.  Tiecr  12,  318;  ich  höre  noch  nicht, 
dasz  der  thäter  ausgefunden  ist.  Hey.ne  an  Joh.  Müller  119. 
auffinden  ut  das  finden  des  gesuchten,  ausfinden  das  hab- 
haß werden  des  gegenständes  unter  einer  menge,  das  ausfin- 
dig machen,  engl,  find  out. 

AUSFINDIG,  indagabilis:  er  ist  nicht  ausfindig,  nicht  aus- 
zufinden; ich  mache  ihn  schon  noch  ausfindig;  er  zündete 
bis  in  die  siedenden  kessel  hinein,  hörte  endlich  mein  ge- 
schrei,  dem  er  nachgieng  und  machte  mich  nun  bald  ausfin- 
dig, der  arme  mann  im  Tockenb.  s.  11.  tgl.  ausfündig,  aus- 
fündlich. 

AUSFIKSISSEN,  vollttändig  mit  fimis  bestreichen,  s.  an- 
fimissen. 

AUSFISCHEN,  expiscari,  erhaschen:  den  teich  ausfischen; 
einen  brocken  in  der  Schüssel  ausfischen ;  eine  neuigkeit  aus- 
fischen; da  der  bei  ihnen  als  ein  gallischer  Überläufer  sich 
einfindende  Quintus  Serturius  sie  hierzu  verleitete  und  dem 
Marcus  alle-  ausgefischte  anschlage  der  Deutschen  verkund- 
schaftete. LoHENSTEi.-«  Arm.  t,  917 ;  es  ist  strafbar,  der  fürsten 
geheime  gedankcn  ausfischen  zu  wollen.  2,  714.  vgl.  ab- 
fischen. 

AUSFITZEN,  rirgis  caedere  und  dann  increpare,  ausschel- 
len. merMiren  des  ritter  vom  Lang  l,  2S.  auch  entwirren,  ver- 
fitztes ausfitzen,     t.  fetzen,  fitaen. 

AUSFLÄCHEN,  explanare,  gani  abflachen :  der  hügel  flucht 
■ich  aus. 


AUSFLACRERN,  aufhören  zu  flackern,  ausflammen:  das 
licht  hat  ausgeflackert,  ist  erloschen. 

AÜSFLA.M.MEN,  dasselbe,  verflammen:  ach  bald  werden 
diese  träume  ausgeflammt  haben.  Bettise  br.  2,  309.  bei 
feuerwerkern,  ein  locker  geladenes  stück  anzünden,  um  es  tro- 
cken zu  legen. 

AUSFLATTERN,  erolilare,  ausfliegen,  bildlich,  das  leicht- 
sinnige mädchen  flattert  gern  aus. 

AUSFLECHTE.N ,    l)  probe    tcxere:    die    wände    mit    reisig 
ausflechten.     2)  dissolvere:  die  haare  ausflechten,  los  flechten: 
flicht  deine  Zöpfe  aus.    Es.  47,  2 ;    von  der  kOnigin  aus  Saba : 
die  kunig  Salomon  grosz  Schenkung  bracht, 
und  im  sein  tiefe  frag  ausQacbt.    Ha.xs  Folz  im  klopfan, 

oder  wäre  es  auf  ein  aiisflachen,  explanare  zu  leiten  ?  3)  sich 
ausflechten,  se  liberare,  eximere:  ich  suche  mich  von  der  sache 
auszuflechten ;  dasz  sie  sich  nicht  ohne  merkliche  Veränderung 
aus  seinem  gespräche  ausflechten  konnte.  Lobenst.  Arm.  2, 
128.  356. 

AUSFLECKEN,  purgare  maculas,  nnl.  uitvlekken :  wir  müs- 
sen uns  ausflecken  von  der  schände.  Stieler  498. 

AUSFLEGELN,  trilurare,  ausdreschen:  das  getraide  vorläu- 
fig ausflegeln,  mit  einem  flegel  dreschen;  hier  liegt  noch  ein 
reiches  feld  der  lästerung  unserer  unwissenden  Hephästione 
über  das  judenthum  auszudreschen  und  auszuflegeln.  Ha- 
MANX  6, 112.     auch  einen  ausflegeln,  grob  ausschelten. 

AUSFLEHEN,  expetere,  ausbitlen :  nur  für  meinen  söhn  da 
will  ich  mir  etwas  ausflehen.   J.  Paul  Fibel  36. 

AUSFLEISCHE.N,  canie  privare,  nudare: 

die  ausgeüeischte  haut  wird  schlaf  und  runzelt  sich. 

FLEai>-G  16; 
um  einen  sack  voll  geld  nam  Glaucus,  wie  ich  meine, 
sein  ausgefleiscbies  weib,  den  alten  sack  voll  beine. 

LoGAü  3,  9,  72, 

wie  es  sonst  heiszt,  das  alle  gestell,  mhd.  alter  hiute  wagen. 
A/S.  1,  59';  die  gerber  fleischen  das  feil  aus. 

AUSFLENNEN,  finem  flendi  facere,  ausheulen :  hast  du  aus- 
geflennt? 

AUSFLETSCHEN,  irridere.  Stieler  501.  man  sagt  auch 
das  wasser  ausfletschen  für  auspldlschen,  plätschern. 

AUSFLICKEN,  resarcire,  ausbessern :  ein  altes  kleid,  haus 
ausflicken ; 

es  braucht  ein  böser  mensch  das  schweren  wie  ein  tucb, 
damit  zu  flicken  aus  zucbt-  ehr-  und  tusendbruch. 
LoGAU  1,  8,  3. 

AUSFLIEGEN,  evolare,  nnl.  uitvliegen:  liesz  einen  rabea 
ausfliegen,    l  Mos.  8,  8 ; 

der  guckuk  wolt  ausfliegeo.    Uhlaxd  44 ; 
er  ist  sein  tag  von  seinem  haus 
so  wfit  nie  als  jetzt  gflogen  aus. 

Atrer  fastn.  sp.  V; 

die  Vögel  sind  schon  ausgeflogen;  der  junge  mensch  ist  erst 
ausgeflogen ;  die  Yenediger  tragen  weit  lang  ausfliegende  klei- 
der  in  groszein  umbschweif.  Frank  weltb.  76'. 

AUSFLIEGLING,  puer  imberbis,  gelbschnabel :  solches  hörte 
ein  junger  ausfliegling.    Weise  drei  erzn.  451.     s.  ausflügling. 

AUSFLIEHEN,  effugere,  nnl.  uitviieden:  eitel  ausfliehen 
und  für  über  rauschen  ist  da.   Luther  3,  344 ; 

die  mens  die  fliehen  von  mir  aus.    Uhland722; 
der  man  wol  zu  dem  haus  ausQocb.    727; 

der  Epimetheus,  welcher  als  er  die  übel  und  alle  mühselig- 
kciten  ausflichen  gesehen,  hat  er  ein  decken  auf  das  geschirr 
gethan.    Scboppius  747. 

AUSFLIESZE.N,  effluere,  nnl.  uitvlieten:  das  wasser  flieszt 
aus; 

der  quell  des  sehns  ist  ausgeflossen, 

das  ficht  der  sonne  schaut  er  niemals  wieder.    Scbillrr  523' ; 

der  mit  güldenem  flusz  der  wort  ausflieszende  Chrjsosto- 
mus.  ScHUPPius  724 ;  der  sonst  so  ausflieszende,  ausströ- 
mende dichter  wie  kurz!  Herder  7,  24;  man  sollte  wunder 
denken,  was  es  für  ein  ström  wäre,  bis  zuletzt  der  vorrat 
ausflieszt  und  ein  jeder  zum  bache  wird,  grosz  oder  klein, 
hell  oder  trüb,  wie  ihn  die  natur  hat  werden  lassen,  und  er 
seines  gemeinen  weges  fortflieszt.  Göthe  an/V.  r.  S<.  2, 190. 
AUSFLIMMERN,  exstingui,  nitorem  exuere: 

als  Hochburgs  lampen  überall 

schon  ausgeflimmert  hatten.    Borger  53*. 

AUSFLÖHEN,  pulicibvs  liberare:  das  kind  behelt  die  mat- 
ter, die  wiudeleia  flöhet  sie  aus,    das  unreine   bad  mit  dem 


859 


AUSFLUCHT  —  AUSFLÜCHTIG 


AUSFLUG— AUSFORSCHEN 


860 


Unflat  schüttet  sie  weg.  Mathesius  69*;  wie  der  hund  nicht 
kann  die  flöh  ausflöhen,  also  kan  ein  mensch  die  beschwcr- 
den  nicht  all  abschaffen.  Lehmann  94. 

AUSFLUCHT,  f.  effugium,  diverticulum,  praclextus,  im  al- 
ten recht  galt  ausflucht,  schön  und  kräßig,  für  appellalion, 
gang  zu  einem  andern,  höheren  gericht:  auch  soll  das  land- 
volk  und  die  in  dem  landgericht  gesessen  sein,  kein  aus- 
flucht suchen,  noch  appellieren,  weislh.  3,  407.  vgl.  ausfahrt, 
ausfahren,  ausziehen,  das  stimmt  auch  zu  der  gewöhnlichen 
bedeulung  diverticulum.  wiewol  er  bereit  in  demselbigen 
stück  die  schrift  schier  in  zehen  löcher  und  ausflucht  zu- 
rissen  hat,  das  ich  nie  schendlicher  ketzerei  gelesen  habe. 
Luther  3,  337';  falschen  schein  oder  ausfluchten  suchen.  Me- 
LANCBTH.  im  corp.  doctr.  ehr.  523;  und  wie  im  sein  weib  und 
8un  ertrunken  wer  in  der  ausflucht  (flucht  aus  dem  schiffe 
ins  meer).  Frank  weltb.  218' ;  hielte  sie  die  entschuldigung  vor 
unkräftig  und  lauter  ausflucht.  Schweinichen  1,  313;  ich  ver- 
zog aber,  was  ich  mochte,  und  nahm  ausflucht,  was  ich 
konnte.  2, 16 ;  mit  nichtigen  ausfluchten  länger  aufhalten.  2, 
61;  er  hat  aber,  wie  zuvor,  ausflucht  gesucht,  und  ist  aus 
keiner  handlung  nichts  worden.  3,  25 ;  dem  könig  Grollenko- 
derer  die  ausflucht  zur  selbigen  porten  aus  zu  verschlagen. 
Garg.  265'; 

ohn  trost,  heil,  hofnung  und  ausflucht. 
Weckuerlin  112; 

ohn  ausflucht  vertilget  ab  der  erden.    229; 

ohn  ausflucht,  ohn  Zuflucht  mein  stand 

fand  zu  hilf  keines  menschen  band.    297 ; 

ein  in  angst  und  gefahr  begrifl'ener  mann  greift  wol,  wenn 
er  sonst  keine  ausflucht  siebet,  mit  bloszer  band  in  ein  schar- 
fes Schwert,  pers.  rosenth.  1,  1;  wann  eine  entschuldigung 
nicht  helfen  will,  musz  man  eine  andere  ausflucht  suchen. 
Lehmann  205 ;  verschone  mich  mit  solchen  ausfluchten.  Weise 
kl.  leute  214;  ich  bat  sie  wieder,  sie  möchte  mir  eine  aus- 
flucht (heimlichen  ausgang)  y/eisen.  erzn.  346;  dies  ist  nur  eine 
beliebte  ausflucht  des  frauenzimmers.    Salinde  284 ; 

und  hält  ihm  alles  abzuschlagen, 

sich  zu  der  ausDucht  schon  bereit.    Hagedorn  2,  35; 

so  hält  er  zum  voraus  sich  mit  der  ausflucht  fertig.    2, 107. 

sie  würden  doch  nichts  als  ausfluchte  wider  mich  vorbringen 
können,  Klopstock  12,  260 ;  da  er  also  die  stellen  so  gut  ge- 
wählt hatte,  dasz  nichts  als  ausfluchte  dawider  konnten  vor- 
gebracht werden,  so  hatten  die  aldermänner  beinah  nichts 
anders  zu  thun,  als  die  vertbeidigungen  abzuweisen.  12,  271; 
was  wir  dem  Charakter  der  person  zur  last  legen,  ist  sehr 
oft  das  gebrechen,  die  nothwendige  ausflucht  der  allgemeinen 
menschlichen  natur.  Schiller  789 ;  auf  ausfluchte  vorbereitet. 
203";  ihrem  herrn  Schwager  wollte  ich  mein  gartenhaus  gern 
tiberlassen,  doch  würde  es  nur  als  die  letzte  ausflucht  zu 
empfehlen  sein.  Göthe  an  Schiller  21  f>;  daher  glaubte  ich  mir 
die  ausflucht  erlauben  zu  können,  in  der  strasze  selbst  nicht 
gewesen  zu  sein.  24,  333;  ausfluchte!  wir  nehmen  das  nicht 
an.   Fr.  Müller  3,  49 ; 

dann  ist  hofnung,  es  werde  sich  ausflucht  öfnen  des  elends. 
Voss  Od.  23,  287  ; 

Kant,  der  sonst  immer  ausflucht  hat,  schreibt  2,  177  die  aus- 
fluchte musz  wegfallen,  wie  alle  ausgaben  der  krilik  der  r. 
vern.  lesen  und  auch  Rosenkram  beibehält,  sonst  wäre  leicht 
musz  in  müssen  zu  ändern. 

Bei  der  nähe  von  ausfliehen  und  ausfliegen  begreift  sich, 
wie  einigemal  ausflucht  für  ausflug  gesetzt  wird:  nach  mei- 
nem gehaltenen  kirchengang  und  erster  ausflucht.  Fclscnb. 
1,  9;  bei  meiner  ersten  ausflucht  (dem  ersten  ausgang).  1,  59; 
aus  den  gebirgen  sind  wir  glücklich  zurück  gekehrt,  der  in- 
»tinct,  der  mich  zu  dieser  ausflucht  trieb,  war  sehr  zusam- 
mengesetzt und  undeutlich.  Göthe  43,  210.  au(A  bedeutet  nnl. 
uitvlugt  beides,  ausflucht  und  ausflug. 

AUSFLÜCHTEN,  praelexere:  wann  nun  Chemnitius  sich 
mit  den  Juden  ausfliichtcn  wil,  so  musz  er  beweisen,  dasz 
Luther  als  ein  anderer  mcssias  den  Christen  sei  vcrheiszcn 
worden.  Jon.  ScHF.Tri.En»  kchrwisch  s.  13;  man  wird  an  dieser 
ausfluchtenden  manier  doch  wol  sogleich  den  echten  jünger 
Newtons  erkennen.    Göthe  54,  82. 

AUSFLÜCHTIG,  fugitivus,  jiraetentus,  profugus:  und  wel- 
cher dann  ausz  solchem  kommer  auszfltichtig  wirl.  weislh.  3, 
698 ;  wer  sich  des  ergeben  wil,  das  gottes  reich  in  in  komc 
und  gotles  wille  geschehe,  der  mache  nur  nicht  viel  auszüge, 
suche  nur  nicht  ausflüchtige  wcgc.  Ldtoeb  1,  78' ;  solche  wilde 


renke  und  ausflüchtige  wort,  die  schrift  zu  verstellen,  nen- 
net s.  Paulus  auf  griechisch  kybia  und  panurgia.  1,  407*; 
also  sibestu  und  merkest,  wie  dieser  ausflüchtige  teufel  kei- 
nen andern  behelf  hat.  3,  73';  solche  ausflüchtige  rede  zei- 
gen an,  das  man  das  licht  schewet  und  die  warheit  fleugt 
(/.  fleucht).  5,  294';  dasz  des  beklagten  und  appellaten  aus- 
flüchtig suchen  unerheblich.    Avrer  proc.  2,6. 

AUSFLUG,  ffl.  volatus  e  nido,  excursio,  mhd.  öjvluc.  pass. 
217,  60:  der  ausflug  der  vögel;  am  ersten  ausflug.  Luther 
3,  1 ;  wenn  ich  dir  alle  ausflüge  beschreiben  sollte,  die  wir 
von  unserm  Rheinaufenthalt  aus  machen.  Bettine  br.  i,  238 ; 
einen  ausflug  in  die  wüste  machen.  Wen  Jägern  heiszt  auch 
ausflug  der  ort,  nach  welchem  der  ausflug  oder  auslauf  ge- 
richtet ist. 

AUSFLÜGLING,  m.  wie  hoch  möchte  sich  mancher  aus- 
flügling  bedanken,  wenn  er  aus  solchen  schriflen  seine  eigne 
thorheit  verlassen  und  klug  werden  solte.  Weise  pol.  näscher 
106.    s.  ausfliegling. 

AUSFLUSZ,  m.  effluvium,  emanalio,  nnl.  uitvloed,  ausflut, 
mhd.  üjflög  Diut.  1,  486.  ü^vlieg  pass.  ed.  Köpke  447,  90 :  der 
ausflusz,  die  mündung  eines  Stromes;  jene  ununterbrochenen 
ausflüsse  des  spanischen  goldes.  Schiller  777; 

sind  lieb  und  hasz  ausflüsse  meiner  safte? 

Götter  1,  385 ; 
den  schwarzen  ausflusz  seiner  galle.    1,  421. 
ausflusz  der  urkraft,  der  huld,  gnade. 

AUSFLÜSTERN,   susurrando  divulgare,   heimlich  verbreiten. 

AUSFLUT,  f.  effluvium,  nnl.  uitvloed.  im  bergbau  eine 
rinne,  das  aufschlagwasser  abzuführen. 

AUSFLUTEN,  effluere,  ausströmen. 

AUSFODERN,  s.  ausfordern. 

AUSFOLGEN,  i)  intratisitiv,  nachfolgen,  begleiten:  das  mäd- 
chen  durfte  seinem  geliebten  nicht  ausfolgen.  Auerbach  dorf- 
gesch.  1,  80.  2)  transitiv,  verabfolgen,  ausliefern :  Scipio  aber, 
wie  sehr  er  durch  den  ersten  augenblick  in  sie  verliebt  ward, 
liesz  sie  dem  fürsten  Allucius  unversehrt  ausfolgen.  Lohenst. 
Arm.  1,  845. 

AUSFOLGUNG,  f.  auslieferung :  um  diese  schmach  zu  rä- 
chen brachten  sie  theils  mit  geschenken,  theils  mit  dräuun- 
gen  Brittons  ausfolgung  zu  wege.    Lohenst.  Arm}  1, 1074.  652. 

AUSFORDERER,  m.  provocator:  darf  ich  den  namen  die- 
ses seltsamen  ausforderers  wissen?   Schiller  148. 

AÜSFORDERN,  provocare,  evocare,  nnl.  uiteisschen; 

die  nachtigall 
forschend  fordert  aus,  wer  gleichen  ton  und  wohn 
nach  ihr  erschöpfen  kau.    Weckherlin  760; 
ein  fechter  fordert  aus,  ein  landsknecht  liebt  das  kriegen. 
Opitz  1,  65; 

dasz  er  so  frech  seinen  meister  ausgefodcrt  hatte,  pers.  ro' 
senth.  1,  30;  fordert  er  den  Nimrod  zum  streit  aus.  7,  2o; 
ich  hatte  ihn  ausgcfodert,  er  war  mir  genuglhuung  schuldig. 
Lessing  2,  160; 

der  lod  und  Unfall  auszufodern, 

und  wie  ein  gott  zu  hcstehu  gelernet.    Götz  3,  223; 

schon  dreimal  haben  wir  sie  ausgefodert, 

doch  sie  sind  klug  und  bleiben  in  den  schanzen. 
Tieck2,  100; 

der  alle  gärtncr  stand  schon  mit  einem  gesichle  droben,  das 
mit  keinem  lächeln  zum  lobe  ausforderte.  J.  Paul  Tit.  2, 154. 
heute  ist  üblicher  herausfordern. 

AUSFÖRDERN,  evehere  aes  e  fodinis,  aus  den  gruben  for- 
dern, doch  galt  dafür  ehmals  auch  ausfordern :  wenn  nun 
solcher  zwitter  zu  tag  ausgefodert  und  getheilt  ist,  rüstet  man 
ihn.    Matiiksius  100*. 

AUSFORDERUNG,  f.  provocatio  ad  cerlamen,  herausforde- 
rung.  IvLisnER  11,  205.  nmn  sagt  die  ausfordcrung  ergehen 
lassen,  annehmen,  ablehnen. 

AUSFORMEN,  offnrmare:  die  Charakterzeichnung  des  kö- 
nigs  nach  den  feinsten  niiancen  ausformen.    Hippel  10,  91. 

AUSFARSCHELN,  indagari:  alle  heiinlichkeiten  ausförsch- 
len.  Phii.ander  1, 180;  zu  mir  kamen  die  kerls  als  die  besten 
freimde,  försclielten  und  frUgelten  mich  aus.  der  arme  mann 
im  Tuckcnb.  201.  läszl  sich  als  fortbildung  des  folgenden  an- 
."fc/ien,  doch  auch  unmittelbar  vom  alid.  forscal  curiosus  (GnAFr 
3,  097)  ableiten. 

AUSFORSCHEN,  explorare,  scrutari,  nnl.  uilvorschen :  sol- 
chen lohn  sollen  empfahen,  die  gottes  wort  nicht  gleuben, 
sondern  ausforschen  wollen.  Luther  3,  450 ;  einen  fremden 
ausforschen;  sein  gehciinnis  ausforschen. 


861    AUSFÖRSCULER— AUSFUCHTELN 


AUSFÜniEN — AUSFÜHREN 


862 


AüSFÖRSCHLER,  m.  indagator:  weise  sie  weg  die  indis- 
kreten ausförschier  und  mache  dir  den  auch  so  mühsamen 
weg  eigner  Untersuchung  durch  voreilige  urtheile  nicht  noch 
schwerer.  Lavater  phys.  fr.  4, 156. 

ALSFORSCHLICH,  scrufabilis:  wie  das  zugehe,  sollen  wir 
gleuben,  denn  es  ist  auch  den  engein  nicht  ausforschlich. 
Luther  6,  542*. 

AUSFRÄGELN,  interrogando  perquirere.    s.  ausforscheln. 

AUSFRAGEN,  dasselbe:  einen  ausfragen,  sachen  ausfragen; 

dort  kumbt  er  her,  den  wil  ich  ausfragn. 
Ayrer  fastn.  sp.  1' ; 

«11/  duppellem  acc. :  morgen  hoffe  ich  seinen  bedienten  zu 
sprechen  und  ihn  alles  auszufragen.  Rabener  6,  108 ;  bald 
können  wir  die  natürliche,  nngeschmückte  und  doch  gefallige 
spräche  der  erzählung  nicht  finden,  so  sehr  wir  auch  unser 
gedächtnis  ausfragen.  Gellert  1,  35;  dasz  seine  mutter  ihn 
ausfragen  wollte,  was  im  Senate  wäre  verhandelt  worden. 
Stolberg  7, 125 ;  ich  hörte  wol  wie  du  den  boten  ausfragtest. 
Götiie  21,  4. 

ALSFRAGEREI,   f.   percunäatio    molesta:    ausfragerei    des 
erzherzogs.    Arnim  1,  116. 
AUSFRAÜ,  f. 

sind  kein  hausfrawen, 

sonder  ausfrawen, 

wann  sie  draus  schawen.    Fischart  ehz.  50. 

AUSFRESSEN,  vescendo  conficere,  exedere,  iinl.  uitvreten: 
der  hund  hat  die  brühe,  die  Schüssel  ausgefressen ;  die  pferde 
haben  ausgefressen,  iTire  krippe  geleert;  die  mause  fres- 
sen den  käse,  die  würmer  die  nüsse  aus ;  der  krieg  friszt 
das  land  aus ;  die  meise  tödtet  kleine  vögel  und  friszt  ihnen 
das  hirn  aus;  frisz  aus  was  du  einbrocktest.  Schiller  192', 
vgl.  ausessen  sp.  852;  ein  elendes  fieber  hat  das  mark  aus- 
gefressen. Göthe  8,  155.  42,  214  (ausgesogen  42,  441) ;  dies 
gibt  dem  fels  ein  ganz  eigen  ausgefressenes  ansehen.  51,  63; 
Ton  einem  rölhlichen  mannor,  den  die  Witterung  angreift, 
daher  stellt  man  der  reihe  nach  die  ausgefressenen  stufen 
immer  wieder  her.  27,  60 ;  wie  der  jetzige  legatz  zu  Menz 
seine  Stift,  sonderlich  Magdeburg  ausgefressen,  ausgesofifen 
und  ausgesogen  hat.  Llther  6, 491*.  ungewöhnlich, 
wollen 
aus  diesem  land  sie  gar  ausfressen.    H.  Sachs  III.  1,  39*, 

d.  i.  das  land  ausfressen  und  dessen  alle  bewohner  dadurch 
zwingen  auszuwandern,  das  pferd  hat  die  bohnen  ausgefres- 
sen, hat  sich  ausgefressen,  die  schwarzen  flecken  an  den  zah- 
nen {woran  man  sein  alter  erkenn!)  ausgewachsen,  s.  bohne. 
aber  auch  sich  fett  fressen:  der  ochs  friszt  sich  aus;  sein 
pferd  sähe  ganz  mager  aus,  das  muste  der  junge  flugs  hinaus 
auf  die  wiesen  in  die  weide  reiten,  dasz  sichs  wieder  ausfres- 
sen solle.  Schelmufsky  1,  79. 

AUSFRETZEN,  exedere:  als  wann  solche  seulen  von  bolz 
gewesen  wären  und  etliche  tausend  holzwürmer  dieselben 
ausgefretzet  hätten,  dasz  sie  in  einem  nu  dahin  fielen,  unic. 

doct.  276. 

AUSFREUEN,  affalim  gaudere,  sich  satt  freuen:  ich  will 
mich  erst  ausfreucn. .  LEiSEwrrz  Jul.  v.  Tar.  3,  3,  satiare  gau- 
dio,  vgl.  ausweinen. 

AUSFRIEREN,  frigore  percelli:  ich  war  so  steif  ausgefro- 
ren, wie  das  rehkalb,  das  als  blinder  passagier  mit  mir  auf 
dem  Postwagen  gesessen.  J.  Paul  Siebenk.  i,  1 ;  der  teich  ist 
ganz  ausgefroren,  glacie  concrevil. 

AUSFRISCHEN,  weidmännisch,  den  hund  ausfriscben,  al- 
vum  eanis  solvere. 

AÜSFRCCKELN,  exculere,  expromere: 

Ton  blumen  was  sie  (die  bienen)  scliabcn, 

was  sie  da  frucklen  aus, 

wird  gleich  zur  honig^vabcn, 

wauns  ituien  kommt  uacli  haus.    .Speb  trvttn.  129. 

die  neusten  herausgeber  {Münster  1S41  s.  118. 12S)  ralhen  daßr 
allgemeines  'einernten.'  es  scheint  genau  dai  engl,  wrigglc 
out,  loswinden,  losbrechen,  losrütteln,  losdrehen,  nd.  sagt  man 
wrickeln  und  nach  härterer  ausspräche  frickeln,  frackein,  die 
gelenkt  drehen  {hrem.  wb.  5,  298),  nnl.  wrikken,  n-ozu  schon 
das  gnlh.  vniiqs  krumm  gehalten  werden  darf  Sheb  hätte 
aber  das  alte  und  gut  gewählte  wort  richtiger  frickeln  ge- 
schrieben. 

AUSFUCHTELN,  Iransverso  ense  pereulere.  soldatisch,  detf 
kerl  ausfuchteln  und  acht  tage  bei  wasser  und  brot  ein- 
stecken. 


AÜSFCHLEN,  palpando  inquirere,  herausßhlen:  derblinde 
musz  ausfühlen,  was  seine  äugen  nicht  mehr  sehen;  weil  er 
jeden  zwischen  die  äugen  nahm,  um  auszufühlen,  ob  er  {der 
köpf)  dem  rothen  Jüngling  angehöre.  J.  Paul  flegelj.  i,  149; 
unter  dem  essen  lockte  ich  den  hund  mit  dem  namen  hof- 
mann! zu  mir,  er  kam  wirklich,  ich  fühlte  ihn  aus,  ob  an 
seinem  halse  kein  45stes  capitel  hienge,  er  war  leer.  Hesp.  4, 173. 

AUSFUHR,  f.  exporlatio,  nnl.  uitvoer:  die  ausfuhr  des  ge- 
traides,  des  weins  wird  von  den  nachbarn  erschwert. 

AUSFÜHRBAR,  quod  efßci,  exportari  polest. 

AUSFÜHRBARKEIT,  f 

AUSFÜHPiEN,  educere,  exportare,   egerere,  nnl.  uitvoeren. 

1)  von  metischen,  tlueren.  sehr  häufig  in  der  bibel:  das  ich 
sie  ausfüre  aus  diesem  lande  in  ein  gut  und  weit  land.  2  Mos. 
3,  8 ;  der  aber  den  ledigen  bock  hat  ausgefürt,  sol  seine  klei- 
der  waschen.  3  Mos.  16,  26 ;  und  füreten  den  flucher  aus  für 
das  lager  und  steinigten  in.  24,  23;  wie  ein  adler  ausfüret 
seine  jungen.  5  Mos.  32,  11 ;  und  füret  er  sein  volk  aus  mit 
freuden.  ps.  105,  43 ;  der  du  dein  volk  aus  Egyptenland  gefürt 
hast  mit  starker  band.  Dan.  9, 15 ;  füreten  in  aus,  das  sie  in 
creuzigten  {goth.  ustauhun  ina).  Marc.  15,20;  er  rufet  seinen 
Schafen  mit  namen  und  füret  sie  aus  {golh.  ustiuhijt).  Joh. 
10,  3;  als  nun  der  gerichtstag  kam,  dasz  man  Ulenspiegel 
uszfüren  soll  {ium  galgen).  Eulensp.  c.  58 ; 

do  tet  man  in  ausfüren  [zum  Scheiterhaufen) 

wol  über  ein  baid,  ist  brait.    Uhla.nd  307  ; 

ach  Henslein,  lieber  Henslein 

du  redtest  nicht  also, 

do  mich  dabeimt  ausfuriest 

aus  meines  vatters  hof.    672 ; 

da  redet  inen  Gurgelstroza  getröstlich  zu,  ehe  er  sie  ausfüret 
{zum  kämpf).  Gar^.  264*;  etliche  {in  die  see  gefallen)  ergriffen 
das  umbgekehrte  bot,  etliche  die  rüder,  und  erhielten  sich  so 
lang  daran,  bis  unser  Steuermann  mit  einem  ihren  fischer- 
büten  ihnen  zu  hülfe  kam  und  sie  auf  zweimal  ausführete. 
pers.  reiseb.  2,  2.  noch  heute,  die  Soldaten  ausführen,  einen 
übelthäter  ausführen,  lieber  hinausführen,  oder  mit  fremdem 
ausdruck,  ausmarschieren  lassen,  hinaus  transportieren,  weid- 
männisch, den  leithund  ausführen,  am  hängeseil  in  die  freie 
luß;  so  auch  von  menschen,  spazieren  füliren:  sonntags  sein 
mädchcn  ausführen ; 

dasz  einen  guten  wirt  wir  betten, 

der  uns  ausröret  diese  stat, 

die  so  viel  schöner  gassen  hat.  Atrkr  fastn.  sp.  1*. 

2)  von  Sachen,  kom,  salz,  tucb,  geld  ausführen,  exportare; 
du  wirst  viel  samens  ausfüren  auf  das  feld  und  wenig  ein- 
samelen.  5  Mos.  28,  38 ; 

ein  tag  ich  ein  Puder  thu  aus  füren,    fastn.  sp.  563,  34 ; 
do  ers  holz  bort  aus  füren  (zum  Scheiterhaufen). 
Uhlakd  307 ; 

du  soll  aber  nicht  meinen,  das  das  allein  gestolen  heisze, 
wenn  du  deinem  nehesten  das  seine  ausfflrest.  Luther  4, 527* ; 
es  gehl  mir  auch  wie  jenem  Schulmeister,  da  er  mist  aus- 
führet und  ein  stimm  vom  hiramel  hört:  Achaci,  Achaci  lasz 
dein  klopfen  sein,  du  bist  zu  höherem  berufen !  Garg.  15l' ; 
mancher  meint,  er  müsse  allen  mist  ausführen.  Lehmass  100 ; 
jenem  Schulmeister  der  mist  ausführet,  und  ein  stimm  höret, 
die  sprach:  Grcgori,  lasz  den  mist  stehen!  Scuüppils  543. 
ausführende  arzneien,  evacuantia,  die  den  unrat  aus  dem  leibe 
führen,   abßhren. 

3)  ausführen,  ad  finem  pcrducere,  voUßhren,  durchßhren,  voll- 
enden, ausrichten:  wenn  du  deine  band  in  legest,  so  gedenke, 
das  ein  streit  sei,  den  du  nicht  ausfüren  wirst.  Hiob  41,  27 ;  er 
hat  eine  gniben  gegraben  und  ausgefürt.  ps.  7, 16 ;  mach  dich  auf 
gott  und  füre  aus  deine  sachc.  ps.  74,  22 ;  der  hcrr  sehe  drein 
und  füre  meine  sache  aus.  1  Sani.  24, 16 ;  bis  das  er  ausfürc 
das  gericht  zum  sieg.  Matlh.  12,  20 ;  ich  musz  noch  hingchn 
ein  fach  auszuführen  {auszubauen,  d.  i.  eine  stelle  meines  ma- 
gens  xu  fidlen)  und  ein  schnitlcin  weichen.  Garg.  103'; 

ich  will  angloben,  dasz  ich  wöll 

mich  des  rechten  förcn  aus.    ätrpr  fastn.  «j>.  20";  " 

auch  soll  mein  mund  stets  goiles  loh  ausrüren. 

Wbckhsrlik  53; 
der  götter  grosrer  ralh  liesz  dich  hicrumb  beiagen 
und  Tür  gcrichtc  ziehn.    du,  wie  es  sich  gebührt, 
hast  solclien  mord  und  dich  zum  besten  ausgeführt. 
Omtz  1,93, 

deine  Unschuld  ausgeführt,  dich  gerechtfertigt ;  da  er  bei  dem 
römischen  landpQeger  kein  recht  haben  kundte,  berief  er  sich 
auf  den   römischen   kaiser,   dasz  er  daselbst  sein  recht  aus- 


863 


AUSFÜHREN — AUSFÜLLEN 


AUSFÜLLETHEIL —AUSGAFFEN 


864 


führen  wolle.  Schüppiüs  594;  da  ers  gleich  folgends  kündle 
ausführen.  675;  sie  hätten  sich  wol  ausgeführt,  ausführlich 
erklärt.  Opitz  4,  348 ;  gute  freunde,  die  mir  einen  schmaus 
nach  dem  andern  ausführten.  Weise  erzn.  76 ;  wenn  man  eine 
menschliche  handlung  gesprächsweise  ausgeführet  und  affecten 
dabei  angebracht  hat.  J.  E.  Schlegel  3,  7 ;  es  ist  mir  leid, 
diesen  thurm  nicht  ganz  ausgeführt  zu  sehn,  denn  die  vier 
Schnecken  setzen  viel  zu  stumpf  ab,  es  hätten  drauf  noch 
vier  leichte  thurmspitzen  gesollt.  Göthe  26,  82 ;  besser  gedacht 
und  meisterhafter  ausgeführt  war  nicht  leicht  etwas  zu  schauen. 
31,220.  man  sagt  allgemein:  eine  sache,  seine  sache,  einen 
handel,  streich,  schlag,  anschlag,  sein  vorhaben,  versprechen 
ausführen,  ein  gleichnis,  einen  plan,  gedanken  ausführen; 
etwas  mehr  oder  weniger  ausführen,  schrißlich  ausarbeiten. 
etwas  in  rechten,  vor  gericht  ausführen,  beweisen,  seine 
Unschuld  ausfüren,  peinl.  halsg.  ordn.  151 — 155.  das  leben, 
die  jähre  ausführen,  hülier  führen:  die  schöne  Jugend  im 
■  Apollo  gehet  nachdem  in  andern  jugendlichen  göttern  zu  aus- 
geführtem Jahren.  VVinkelmann  4,  84. 

AUSFÜHREN,  n.  perductio:  mut,  entschlossenheit,  unauf- 
haltsames ausführen.  Göthe  8,  250.  ausführen  der  waaren, 
des  heers. 

AUSFÜHRER,  m.  exporlator. 

AUSFÜHRLICH,  perfectus,  accuralus:  ausführlicher  beweis, 
ausführliche  erzählung,  ausführlicher  Vortrag; 

mir  ists  genung  daran,  dasz  ich  ausführlich  mache, 
dasz  unsre  meinung  nicht  so  arg  und  frembde  sei. 
Opitz  402 ; 

lobten  des  libells  eingang  gar  wol,  sagten  es  were  fein  aus- 
führlich. Ayrer  proc.  2,  2 ;  ich  musz  diesen  abstracten  gedan- 
ken ausführlich  und  bestimmt  machen.  Kant  l,  66;  begriffe 
zergliedern,  ausführlich  und  bestimmt  machen.  1,  68. 

AUSFÜHRLICH,  adv.  perfede,  plene:  wie  ich  mich  dann 
solches   ausführlich   gnugsam   darzuthun  zu  schwach  befinde. 

KiBCHHOF  disc.  mil.  2; 

was  dieser  da 
mit  dir  beschlossen  hat,  weist  du  ausführlich.   Schiller  228; 

wir  waren  einen  tag  der  woche  recht  ausführlich  narren. 
GöTIIE  19, 117. 

AUSFÜHRLICHKEIT,  f.  dicendi,  scribendi  copia,  Weitschwei- 
figkeit, genauigkeit,  detail :  was  mich  aber  besonders  frappierte, 
war  der  originalausgusz  von  ihrer  büste,  der  eine  solche  Wahr- 
heit und  ausführlichkeit  hat,  dasz  er  wirklich  erstaunen  er- 
regt. GöTHE  an  Schiller  355. 

AUSFÜHRUNG,  f  eductio,  exporlatio,  exsccutw,  deductio, 
perfectio:  wie  ich  nun  i.  f.  gn.  ausführung  thät  (beiichl  er- 
stattete, ausführte).  Schweinichen  2,  55;  die  calvinisten  sind 
gnugsam  widerlegt  in  der  gründlichen  ausführung  der  marpur- 
gischen  theologorum,  welches  buch  kein  calvinist  angreifen 
wird.  ScHDPPiüs  580;  die  nöthigen  ausführungen  (exoneratio- 
nes).  Günther  vorr.  15 ;  man  ist  also  für  erschrecklichen  Zeug- 
nissen und  ausführungen  aus  den  acten  sicher.  Herder  1,155; 
es  war  eben  nicht  das  beste  gemählde,  nicht  gut  zusammen- 
gesetzt, von  keiner  sonderlichen  färbe  und  die  ausführung 
durchaus  manieriert.  Göthe  18,  106 ;  die  tiefsten  abgründe  der 
erfindung  sind  ihnen  nicht  verborgen  und  die  feinsten  züge 
der  ausführung  sind  ihnen  bemerkbar.  19,95;  das  ganze  herr- 
lich gezeichnet,  reich  und  unschuldig,  harmonisch  in  seinen 
theilen,  von  der  höchsten  ausführung.  31,  219;  dem  dichter 
bleibt  doch  das  ganze  verdienst  einer  lebendigen  ausführung, 
die  desto  fertiger  sein  kann,  je  besser  die  fabel  ist.  Göthe 
an  Schiller  285. 

AUSFÜHRUNGSART,  f.  Göthe  32, 162. 
AUSFÜHRUNGSVVEISE,  f. 
AUSFUHRVERBOT,  n.  cxportatio  inlerdicla. 
AUSFUHRZOLL,  m.  portorium.    s.  ausgangszoll. 
AUSFÜLLEN,  explere:  und  wil  dein  asz  auf  die  berge  wer- 
fen und  mit  deiner  hohe  die  tal  ausfüllen.  Ez.  32,  5;  trug  in 
die  tiefen  löcher  holz  und  stein  und  füllet  es  aus.    Wickram 
rollw.  7*;    guten   Vorrat  von   starken  quallen  vom  Hundruck 
und  hanenkamm  mit  zwibeln  ausgefüllt.  Garg.bZ*; 

die  sich  ausfüllen  wie  die  krapfcn.    Kirkr  fastn.  ap.  iO*; 
sein  leben  auszufüllen,  muste  er  die  zahl  seiner  gcnüssc  ver- 
mehren. Schiller  ICH;  seinen  platz,  postcn  ausfüllen; 
wenn  Ich  nun  gleich  das  wciszc  hintt  dir  schickte, 
anstatt  dnsz  ichs  mit  leitern  erst  beschreibe, 
ausfülltest  diis  vielleicht  zum  ztjitvertrcihc, 
und  scndciesti)  nn  mich,  din  hochbcglücktn. 

OOTUK  2,  12,  vyt.  liBTTINE  br.  1,  100) 


der  hauptacteur,  der  das  ganze  stück  ausfüllt,  sprach  und 
spielte  vortreflich.  27,  260;  wer  den  thron  selbst  nicht  aus- 
füllen kann,  ist  des  glanzes  unwerth,  den  er  um  ihn  lügt. 
Klinger  2,  6;  den  edlen,  der  mein  wachen,  meinen  schlaf  aus- 
füllte, darf  ich  freund  und  vater  nennen.  2,  343 ;  eines  jeden 
bedürfnisse  kennend  und  ausfüllend.  Bettine  br.  t,  167. 

AUSFÜLLETHEIL,  m.  stellt  man  sich  das  menschliche  ge- 
schlecht als  ein  ganzes  vor,  wo  jeder  theil  in  seine  stelle  past, 
so  werden  dergleichen  menschen  {die  mit  jedermann  leicht 
freundschaß  machen)  zu  solchen  ausfüllctheilen,  die  man  überall 
hinwerfen  kann.  Lichtenberg  l,  154. 

AUSFÜLLUNG,  f.  fartura. 

AUSFÜLLUNGSMITTEL,  n.  explementum. 

AUSFUND,  m.  inventum:  mit  sonder-  und  wunderbarem 
abwechselungsausfund.  von  Birken  OL.  103.  tetTsciiUDi  scheint 
jedoch  usfund  adjectivisch  gebraucht:  an  einem  rechten  lassen 
usfund  werden,  ob  etwas  recht  sei.  2,  36l'. 

AUSFÜNDIG,  repertus,  apertus,  nolus:  es  ward  durch  einen 
jungling  auszfündig.  Hedion  com.  23 ; 

damit  euch  nu  werd  kundig 

desselben  erden  an,  ' 

und  offenbar  auslündig 

ir  pflüg  und  wagenfart.    Soltau  volksl.  173; 

dasz  bergwerk  in  Spanien  lengest  vor  Christi  geburt  gewesen, 
ist  ausfündig.  Mathesiüs  16';  ist  ausfündigs  rechtens  {offen- 
baren rechts),  s.  oben  sp.  135  unter  abstricken  aus  Hohberg  3, 
30".  hauptsächlich  in  der  redensart  etwas  ausfttndig  macli^n, 
ausfinden:  sie  machte  bald  ein  mittel  ausfündig  sich  meiner 
zu  entledigen.  Wieland  l,  39 ;  den  ort  ihres  aufenthalts  aus- 
fündig zu  machen,  schien  beinahe  eine  Unmöglichkeit.  2,  142 ; 
mich  verlangt  von  herzen  nach  dem  urtheile  des  publicums 
über  meinen  neu  ausfündig  gemachten  dichter.  Bürger  244". 
s.  ausfindig. 

AUSFÜNDLICH,  dasselbe:  sintemal  doch  ausfündlich,  dasz 
es  der  weit  auf  solchen  schlag  mächtig  wolgefallt  und  ohn 
nutz  nicht  abzugehn  pfleget.  Garg.  4. 

AUSFUNKELN,  emicare:  am  stifte  schimmerten  alle  fenster 
im  ausfunkelnden  mondlicht.  J.  Paul  Hesp.  3, 141.  dann  mi- 
care  desinere :  Amors  fackel  funkelte  aus.  biogr.  bei.  1,  77. 

AUSFÜRCHEN,  sulcare:  den  acker  gehörig  ausfurchen; 
ausgefurchte  wangen,  ausgefurchtes  gesiebt. 

AUSFÜRCHTEN,  metum  abjicere:  und  da  ich  nu  mich  für 
solchem  sprühen  des  teufeis  schier  ausgefürchtet  hatte.  Lu- 
thers br.  5, 155. 

AUSFUTTERN,  vestem  muntre  panno,  pelle:  das  kleid  roth 
ausfuttern ;  ein  mit  pelz  ausgefütterter  rock,  auch  ein  loch 
mit  eisen  ausfuttern,  man  sagt  aber  auch  in  dieser  bedeutung 
ausfüttern,  sowie  umgekehrt  die  folgende  ohne  umlaut  erscheint. 

AUSFÜTTERN,  largo  pabulo  pascere:  ausgefüttertes  leibes. 
Luther  3,  17';  ein  tapferer  soldat,  wenn  er  wol  ausgefuttert 
ist,  greift  den  feind  hurtig  an.  pers.  rosenth.  1, 17 ;  ein  pferd, 
rind  ausfüttern,  auch  das  rindvieh  ausfüttern,  den  winter  hin- 
durch füttern;  die  knechte  haben  den  ganzen  haberkasten  aus- 
gefüttert, leergefüttert;  sich  ausfüttern,  stark  essen. 

AUSGABE,  nach  verschiednem  sinn  des  ausgebens, 

1)  die  ausgäbe  der  angekoinmnen  brlefe:  die  ausgäbe  ge- 
schieht siebenmal  des  tages. 

2)  die  ausgäbe  der  auf  einmal  abgedruckten  excmplare  eines 
buches,  verschieden  von  aufläge  {w.  m.  s.).  ausgäbe  von  der 
letzten  band.  Wieland  1,  vi.  .xxvii ;  ausgäbe  letzter  band  {s.  band) ; 
Prachtausgabe,  ausgäbe  auf  besserem  papier. 

3)  geldausgabe,  cxpensa  pecunia,  im  gcgensatz  zur  einnähme : 
er  hat  wenig  ausgaben,  starke  ausgaben,  musz  seine  ausgaben 
einschränken ;  unerwartete  ausgäbe  alle  ausgäbe  und  ein- 
nähme anschreiben.  Sir.  42,  7. 

4)  andere  ausgaben:  diese  schwäche  der  augenbraunen ^ber 
ist  immer  ausgäbe,  abzug  von  der  kraft  und  vom  feuer.  La- 
vater  physiogn.  4,  255. 

AUSGABEBELEG,  m. 

AUSGABEBUCH,  n.  tabulae  expensi. 

AUStiABELN,  furca  excipere,  gewöhnlicher  aufgabeln. 

AÜSGABIG,  expendens  pecuniam:  welcher  ausgäbiger  ist  in 
einem,  ist  vunnüthen,  dasz  er  mäszig,  karg  und  häuslich  in 
einem  andern  seic.  Schuppius  739. 

AUSGABLICH,  ausgabliche  berechnung. 

AUSGAFFEN,  stupide  prospicere,  oculos  cireumferre:  was 
hast  du  immer  auszugafTen?  dann  auch  desinere  spectare: 
am   galFcndcn   publicum,   ob  das,   wcnns  ausgegaft  hat,   sich 


865         AÜSGÄILXEN — AUSGANGSPUNCT 

rechenschaft  geben  kann,  waram  es  gafte  oder  nicht,  was  liegt 

an  dem?  Güthe  33,  31. 

AUSGÄHNEN,  oscitare,  osätanier  loqui: 
sie  weist  dem  jungen  mann  die  schönste  reih  von  zahnen 
im  schönsten  munile,  der  srch  jemals  aufgeihan, 
•und  PsTche'  gähnt  sie  aus  'war  damals  schon  geboren? 

WlgLA.ND  9,  282. 

ausgähnen,  desinere  oscitare. 

AUSG.\HREN,    defervescere,  fenendo  ejieere:    gutes  ausge- 
gohrenes  hier;  seine  jugend  hat  noch  nicht  ausgegohren; 
desgleich  so  sein  (des  veins)  der  mensch  trinkt  tu, 
er  unten  und  oben  aus  wil, 
bleibt  so  ungstüm  bis  er  rein  wirt, 
allen  unüat  von  im  ausgiert.    H.  Sachs  II.  2,  89"; 
ach  ja,  mein  täglich  hier  ist  köstlich  ausgegohren. 
Weise  comöd.  350; 

Spöttereien  über  thoren 

haben  darin  (im  fast)  ausgegohren.    GöKi.tGc  1, 142. 
t.  ausgühren. 

AUSGÄKEN,  eructare:  musz  alles  aus  dem  magen  aus- 
gäcken.  Wiedemasn  juni  117.    s.  ausküken. 

AUSGANG,  m.  exitus,  ßnis,  nnl.  uilgang,  mhd.  üjganc.  troj. 
kr.  18306. 

1)  ausgang  aus  dem  hause,  lande :  ausgang  der  kinder  Israel 
aus  Egyptenland.  2  Mos.  19, 1 ;  dein  ausgang  und  eingang  mit 
mir  im'  heer.  i  Sam.  29,  6;  das  er  erkennete  dein  ausgang 
und  eingang.  2  San».  3,  25;  weisz  nicht  weder  mein  ausgang 
noch  eingang.  1  kön.  3,  7 ;  daher  behüte  deinen  ausgang  und 
eingang.  ps.  121,  8;  zeige  inen  die  weise  und  muster  des  hau- 
ses  und  seinen  ausgang  und  eingang.  Ez.  43,  U ;  redeten  von 
dem  ausgang,  welchen  er  soll  erfüllen  zu  Jerusalem  {^oSov 
Iv  ' laoavaalrifi).  Luc.  9,  31 ;  alle  ausgenge  des  heiligthums. 
44,  5 ;  das  haus  hat  nur  einen  ausgang ;  buch  des  ausgangs, 
exodus.  fasln,  sp.  11,  24. 

2)  insonderheit  der  erste  ausgang  der  frau  nach  der  nie- 
derkunft,  des  genesenden  nach  der  krankheil,  des  reisenden 
nach  der  ankunß:  es  ist  wirklich  sein  erster  ausgang.  Les- 
si>G  2,  536 ;  die  frau  hat  ihren  ausgang,  ihren  kirchgang  noch 
nicht  gehalten,  tos  Göchhacses  in  Bottigers  lit.  zuständen 
2,  256.    sonntags  hat  eine  magd  um  die  andere  ihren  ausgang. 

3)  weidmännisch,  das  wild  hat  seinen  ausgang,  geht  auf  die 
felder  weiden;  der  liirsch  hat  die  schönsten  ausgänge. 

4)  ausgang  des  flusses,  mündung,  auslauf:  die  Trave,  welche 
ihren  ausgang  bei  Lübeck  hat.  Micrälics  a.  P.  1,  29 ;  ausgang 
des  gewässers.  ausgang  bei  der  grenze:  von  dem  berge  Hör 
messen  bis  man  kompt  gen  Hamatb,  das  sein  ausgang  sei 
die  grenze  Zedada.  4  Mos.  34,  8. 

5)  ausgänge  des  leibs:  das  der  bapst  solchs  nicht  macht 
hat  zu  gebieten,  als  wenig  als  er  macht  hat  zu  verbieten  essen, 
trinken  und  den  natürlichen  ausgang.  Luther  1,  304* ;  von  der 
rur  oder  ausgang.  Albrecht  rosarznei  96. 

6)  ausgänge  der  zeit,  des  jahrs,  monats,  der  woche,  des  tags, 
welche  man  oft  persönlich  dachte,  ihnen  also  wirklichen  gang 
tuschrieb :  im  ausgang  des  jars.  2  Mos.  23, 16 ;  nach  ausgang 
der  flitterwochen.  Kirchhof  wendunm.  328' ;  nach  ausgang  der 
erstgeschwornen  zeit.  mit.  dise.  66. 

7)  ausgang  heiszt  den  Schriftsetzern  der  sehlusz  eines  rede- 
tatzes,  nach  welchem  abgesetzt  oder  der  absatz  eingezogen  wird. 

8)  ausgang,  ende,  ziel,  evetitus:  der  sachen  ausgang  vor- 
bedenken. Kirchhof  icendunm.  282*;  endlich  war  dies  der  aus- 
gang. Garg.  269";   der  ausgang  der  bewegung  war  ein  edler; 

der  anfang  seh  auf  den  ausgang, 

der  ausgang  macht  gut  den  anl'ang.    Logau  1,  7,  100; 

was  es  für  einen  ausgang  mit  ihnen  genommen  hab.   Scucp- 
piGS  7 ;  viel  haben  von  dem  ausgang  gezweifelt.  748 ; 

wa«  nicht  hat  einen  guten  anfang, 
das  gewinnt  einen  bösen  ausgang.    LEHaAK.i23; 
graunvollcr  ausgang  meiner  ahndungen.    Gotter  2, 245; 
es  ist  im  ausgänge  (luletzl)  einerlei,  ob  ich  sage  etc.  Kaut  2, 393 ; 
wenn   es   ein    nothwendiger  ausgang  der  natur  ist,    dasz  ein 
Weltsystem    endlich   zum   völligen   stillstände  gelange.    6,  66; 
wie  der  ausgang  dieses  Schlusses  ein  lachen  enveckt.  8,  3C5 ; 
jeder  ausgang  ist  ein  goltesurlheil.  Hcco  na/arrfcAn819  j.  547. 

AUSGÄNGER,  m.  qui  est  a  pedibus,  sonst  ausläufer:  nun 
kam  der  ausgänger  des  klosters  und  fragte,  ob  sie  nicht  in 
das  refertnriuiii  kommen  wollten.  MiLLER%Si>9irar(  1, 28. 

AUSG.\NGSGEB(  HIU  f  was  ausgangszoll. 

AUSGANGSPUNCT,  m. ;  ihr  seid  von  einem  richtigen  aus- 
gangspuncte  in  eine  falsche  fulgerung  gerathen.  Oabljiasn 
/ranz.  rer.  31  r.;    der  erste  ausgangspunct  ist  verborgen. 


AUSGANGSTHOR  —  AUSGEBEN 


866 


AUSGANGSTHOR,  n. 

AUSGANGSZOLL,  m.  porionum.   s.  ausfuhrzoIL 

AUSGÄTEN,  ecellere,  eruncare,  besser  ausjeten,  aasjäten: 
will  du  denn,  das  wir  hingehen  und  das  unkraut  ausgeten? 
Matth.  13,  2S ;  dasz  ir  nicht  zugleich  den  weizen  mit  ausreu- 
fet,  so  ir  das  unkraut  ausgetet.  13,  29;  das  unkraut  ausget- 
ten.  Frask  5,  148;  der  magister  schwur  unterwegs  aus  ihm 
(dem  beiderseitigen  züghnge)  jeden  tag  so  viel  auszugäten,  als 
jener  {der  mitlehrer)  einharke.  J.  Pacl  Tit.  1,  107;  du  alter 
graubärtiger,  ungehangener  dieb,  du  darfst  mir  nicht  nel,  ich 
gäte  dir  den  hart  aus.  Gryphius  1,  769. 

AUSGATTERN,  aucupari  ex  insidiis,  durchs  gitter  erspähen, 
rimari :  wenn  er  gleichwol  sein  Hannchen  ausgattern  könnte. 

C.  F.  Weisze  ; 

der  paU-iarch 
hiemächst  hat  ausgegaitert,  wie  die  veste 
sich  nennt,  und  wo  auf  Libanon  sie  liegt, 
in  der  die  Ungeheuern  summen  stecken.   Lkssikg  2,  220 ; 

sie  wird  nicht  ruhen,  bis  sie  ihn  ausgegattert  hat.  vgl.  auf- 
gattern  und  ergattern. 

AUSGAUKELN,   herausgaukeln,  aus  der  tasche  locken:    die 
leut    ubertölpelen,    besefelen   und  inen   das   pludermus   und 
wurmsamenkat  auf  zigeinerisch  eingaukelen  und  den  seckelsa- 
men  (das  geld)  ausgaukelen.  Garg.  192*. 
AUSGEBÄREN,  parere,  gignere  ex  se: 

wie  eins  im  andern  sich  verliert, 

manch  buntes  kind  sich  ausgebiert.    Göthx  4,380; 

aus  sich  selbst  in  stiller  wonne 

traubensüsze  ausgebieret.    Tieck  get.  not.  10,  296 ; 

gott  hat  ein  wesen  ausgeboren.  SiiLtiNC  691;  diese  naturan- 
lage  der  Vernunft,  welche  metaphysik  als  ihr  lieblingskind  aus- 
geboren hat.  Kant  3,  279.    vgl.  ausgeburt. 

AUSGEB.ÄUDE,  n.  aedificium  prominens:  aus  dem  liede, 
woraus,  wie  ein  ausgebäude,  die  schönen  worte  heraussprin- 
gen. Hippel  lebensl.  3,  251.    vgl.  angebäude. 

AUSGEBEGELU ,  n.  geld  zu  täglichen  ausgaben :  weil  sie 
aber  nicht  flugs  bei  ausgebegelde  war.  Schelmufsky  2, 17. 

AUSGEBEN,  edere,  promere,  distribuere,  von  sich  geben, 
herausgeben,  austheilen,  nnl.  uitgeven. 

1)  die  tochter,  das  mädchen  ausgeben,  dare  e  manu,  nuptui 
dare,  exSiSövat,  böhm.  dceru  wdati,  mhd.  üz,  geben,  pass. 
Köpre  340,  27 :  es  ist  nicht  sitte  in  unserm  lande,  dasz  man 
die  jüngste  ausgebe  vor  der  ehesten,  l  Mos.  29,  26,  wie  das 
Volk  sagt,  giummet  mache  vor  dem  heu;  grosze  kinder,  die 
sie  fürter  beraten  und  uszgeben  betten.  Eulensp.  e.  67; 

der  Kolman  gab  sein  tochter  aus.    Uhla-cd  35; 

ein  solche  magd  wird  geliebt,  gefordert  und  darnebn 

von  guten  leuten  ausgegebn. 

der  berr  beschert  ihr  einen  frommen  mann. 

Ri:«GWALD  laut.  varh.  315 ; 

demnach  doctor  Baudisz  witwe  eine  tochter  ausgab  und  ich 
von  ihr  zur  hochzeit  eingeladen  worden.  Schweisichen  3, 177 ; 
wann  ein  reicher  mann  eine  tochter  ausgab,  so  gab  er  ihr 
knecht  und  mägde  mit.  Schcppics  101;  vor  ungefehr  einem 
Tierteljahre  gab  die  frau  Gragem  ihre  Jungfer  tochter  an  einen 
peruquenmacher  von  Jena  aus.  unw.  doct.  635;  die  tochter 
unsers  herrn  wird  morgen  ausgegeben.  Wielasd  22, 165. 

2)  aber  auch  allgemein  für  leute  herausgeben,  ausliefern, 
aus  der  hand  lassen :  war  aber,  ob  ein  herr  hernach  kam, 
des  er  (der  ins  land  gezogne  mann)  gewesen  war,  und  in  wolle 
vahen  ...  so  sullcnt  vier  man  oder  sechs  zu  dem  herrn 
schicken,  die  sullent  in  bitten,  ob  er  in  well  ausgeben  auf 
recht  will  er  in  denn  ausgeben  aufrecht  u.  s.  w.  weisth.  3, 652; 

nehmt  an  der  hand  und  bringt  des  Brises  rosige  tochter, 
wenn  er  sie  nicht  ausgäbe,  so  möcht  ich  selber  sie  nehmen. 

Voss  lt.  1,  324. 

3)  Sachen ' ausgeben,  austheilen,  gutes  oder  böses:  da  er 
sold  und  gaben  ausgegeben  hatte  mehr  denn  alle  könige  vor 
im.  1  Macc.  3,  30 ;  brot  ausgeben  oder  verkaufen,  weisth.  3,  643 ; 
dem  falken  das  luder  ausgeben,  weidw.  2,  6';  die  hausfrau 
gibt  aus,  holt  aus  der  Speisekammer  und  vertheilt;  karten 
beim  spiel  ausgeben; 

die  sprcnze,  die  sprenze  (sprinte,  sperber) 
die  gab  aus  schöne  krenze.     üula5d  41 ; 

Fischabt  unter  den  spielen  nennt  n'  163  eins  stein  ausgeben 
und  sagt  auch  Garg.  149* :  als  Paris  zwischen  den  drein  frawen 
den  apfel  austheilt,  daher  noch  der  löblich  brauch  des  stein 
ausgeben»,  es  scheint  hiemach  der  besten  oder  schönsten  ein 
stein  gegeben  worden  zu  sein. 

55 


867 


AUSGEBEN 


AUSGEBER— AUSGEHEN 


868 


dasz  ihr  gegenpart  ohrfeigen  ausgegeben  habe.  Schüppiüs  818. 
vian  sagt  auch,  bei  wegbleibendem  acc.  der  sacke,  mit  dem 
•Schwert,  mit  dem  stab,  mit  der  band  ausgeben  (ähnlich  dem 
mhd.  lie;  dare  gdn  mit  eime  mejjer,  mit  der  baniere,  mit 
dem  rosse): 

ich  wil  dir  mit  dem  schwert  ausgeben,   fastn.  sp.  194,  27 ; 
da  gab  mans  (den  segen)  mit  den  kolben  aus ;  da  wurde  mit 
beiden  bänden  (schlage)  ausgegeben;  sie  gab  mit  voller  band 
(brol,    almosen)  aus.     auch  bloszes  ausgeben  bedeutet  den  ar- 
men geben: 

darumb  du  frommer  christ  ausgieb, 

zeig  den  armen  dein  christlich  lieb.  H.  Sachs  I,  64'; 

frei  milliglich  ausgeben.    1,  225'. 

4)  ausgeben,  aiiszer  dem  hause  fertigen  lassen:  die  wasche, 
oder  eine  andere  arbeit  ausgeben. 

5)  ein  buch,  werk  ausgeben,  herausgeben,  durch  den  druck 
zum  verkauf  bringen,  edere  librum,  vgl.  ausgäbe;  die  briefe 
sind  noch  nicht  ausgegeben ;  die  zeitung  wird  ausgegeben ; 
wie  wol  ich  etzliche  kleine  tractätlein  wider  den  tichter  des 
pasquills  ausgegeben.  Schüppiüs  623;  aber  die  Schrift  darf 
noch  nicht  ausgegeben  werden. 

6)  geld  ausgeben,  expendere  pecuniam,  und  wiederum  mit 
wegbleibendem  acc.  blosz  ausgeben :  das  dir  furfelt  auszugeben, 
das  lasz  geben  aus  der  kamer  des  königs.  Esra  7,  20;  er 
gibt  aus,  immer  aus  und  nimmt  nichts  ein;  er  gibt  alles, 
sein  ganz  vermögen  aus;  ein  geizhals  will  nichts  ausgeben; 
die  herren  müssens  einnehmen,  wie  sie  es  ausgeben,  rufen 
sie  hott,  so  gehts  suder  (schwuder,  links).  Lehmann  87 ; 

wo  es  dann  an  ein  rechnen  gat, 

vil  me  in  unserm  uszgen  (ausgeben)  stat, 

den  wir  ingnommen  wellent  han.    trag.  Joh.  B8. 

7)  Worte  ausgeben,  verba  proferre,  von  sich  geben:  wo  nie- 
mand zuhöret,  da  geh  ich  nicht  aus  das  wort,  sprach  Salo- 
mon.  Luther  1,28';  auch  blosz  ausgeben,  sagen,  vorgeben: 

da  gab  ainer  aus.    fastn,  sp.  758,  26 ; 
die  parole  ausgeben ;  darumb  das  gott  möge  seine  kraft  und 
trost  ausgeben  und  uns  mitteiieri,  so  zeucht  er  hin  allen  an- 
dern trost.  Luther  1,  20';  schaden  ausgeben,  stiften: 

hunde  die  an  ketten  liegen,  menschen  die  nach  willen  leben, 
sind  bedenklieb,  beide  pflegen  leichtiich  schaden  auszugeben. 

LoGAU  3,  3,  49, 
vielleicht  mit  rücksicht  auf  den  Sprachgebrauch  der  jäger,  nach 
welchem  der  hase  sein  glos  (seine  losung,  excrcmentum)  aus- 
gibt (auswirft),  weidwerkbuch  90'.  anderwärts  scheint  aber  aus- 
geben auch  das  bellen  der  hunde  auszudrücken:  nachdem 
sich  nun  des  (in  den  dachsbau  gekrochenen)  hundes  ausge- 
ben in  ein  winseln  verkehrte.  Hohberc  2,  637*. 

8)  allgemein  ausgeben  für  geben,  hingeben,  producieren,  im 
gegensalz  za  empfangen,  sich  geben  lassen:  personen,  die  mehr 
empfänglicher  als  ausgebender  natur  mit  reinem  sinne  einen 
ruhigen  antheil  an  dingen  zu  nehmen  bereit  sind.  Göthe  26, 
210.  was  mein  vermögen  ausgeben  (ertragen,  austragen)  kann. 
unw.  doct.  5. 

9)  sich  ausgeben,  dargeben,  mitlheilen:  sich  ganz  ausgeben, 
sich  von  barem  gelde  entblöszen;  ich  habe  immer  ihro  gnaden 
für  einen  ordentlichen  und  vorsichtigen  mann  gehalten,  der 
«ich  niemals  ganz  ausgibt.  Lessing  1,  514;  von  deutschen  pro- 
ductionen  war  mir  Olfried  und  Lisena  eine  höchst  willkom- 
mene erscheinung.  das  einzige  bedenken,  was  sich  auch  in 
der  folge  einigermaszen  rechtfertigte,  war,  der  junge  mann 
mochte  sich  in  solchen  (so)  umfang  zu  früh  ausgegeben  ha- 
ben. Göthe  32, 176. 

10)  von  sich  oder  von  einem  andern  ausgeben,  aussagen,  be- 
haupten : 

0  lieben  nachbawrcn  schweiget  still 

und  gebt  die  ding  nit  von  mir  ausz.  H.  Sacus  III.  3,  58'; 

80  man  von  ihr  gibt  rümlich  aus, 

das  auf  ircn  (ihr)  das  haus  bestand.    Fiscuart  eht,  49; 

damit  unterdrücken  und  dämpfen, 

was  er  von  ihr  ausgeben  hab.    Arnin  269*; 
man  gibt  zwar  von  dir  (demtode)  aus,  du  seist  von  schlechlem  bein. 

VOM  .Schönbohm  bei  (;iirpiiiiis  2,  32; 
du  must  von  dir  selbstcn  mehr  nicht  ausgeben,  als  es  in  der 
that  ist,  damit  du  nicht  roth  von  schäm  werdest,  pers.  baumg. 
5,  11.  ungewöhnlich  ist  auf  einen  ausgeben :  dasz  auf  ihne 
ausgegeben  worden,  er  hätte  die  gewonhcil,  beides  mit  der 
2ung  und  krummen  fingern  spazieren  zu  gehen.  Simplic.  2,  312. 

11)  für  etwas  ausgeben,  darstellen  ah:  Ulenspiegol  gab  sicii 
usz  für  ein  scbrcincrknecht.  Eulcnsp.  c.  «2  ;  ich  geh  mich  aber 
nicht   für   den   aus,    der    crfarnc   und   trewc   sciimelzer   will 


arbeiten  leren  Mathesiüs  147\-  wie  immer  sie  sich  für  die 
erste  unserer  besseren  poesie  erfinder  fälschlich  ausgeben. 
Weckherlin  vorr.  zu  den  welll.  ged. ;  kam  ein  cavallier  zu  mir, 
der  gab  sich  für  einen  baron  und  obristen  aus.  Schüppiüs 
253;  ich  will  nur  erwehnen,  dasz  mich  einige  leute  vor  schön 
ausgeben  wollen.  Fclsenb.  3, 147 ;  dieser  gibt  sich  keineswegs 
dafür  aus,  die  möglichkeit  der  dinge  zu  erklären.  Schiller 
1169;  in  wahren  geschichten,  warf  Anselm  dazwischen,  wofür 
sich  diese  doch  ausgibt,  kommt  dergleichen  nicht  vor.  Tieck 
ges.  nov.  9,  175;  da  er  jim  ende  recht  behielt  und  ich  nicht 
gern  für  boshaft  ausgegeben  werden  wollte,  so  liesz  ich  auch 
diese  abhandlung  hegen.  9,  6. 

12)  intransitiv,  ergibig  Sein,  ertragen :  das  mehl  gibt  gut 
aus,  gibt  vieles  brol;  das  getraide  gibt  wenig  aus;  die  schul- 
denmasse  wird  dreiszig  vom  hundert  ausgeben;  so  kommt 
doch  eins  zum  andern  und  es  gibt  am  ende  etwas  aus. 
weidmännisch,  das  hörn  gibt  gut  aus,  erschallt  laut;  der 
hund  gibt  aus,  bellt,  vlg.  7.  es  hält  nicht  schwer  accusalive  zu 
ergänzen,    vgl.  ausgibig. 

AUSGEBER,  m.  dispensator:  ausgeber  über  ein  regiment 
teutsches  kriegsvolk.  Reütter  kriegsordn.  9 ;  aber,  mein  freund, 
sage  mir,  wer  hat  dich  zum  ausgeber  oder  wagmeister  der 
göttlichen  gnade  gemacht?  Felsenb.i  vorrede,  zuweilen  auch 
für  herausgeber,  editor:  der  deutsche  ausgeber  des  englischen 
bibelwerks.  Lessing  10,  63;  wäre  ich  ein  ausgeber  des  Tyr- 
taeus.  Herder  1, 176.  ausgeber  hiesz  auch  zuweilen  der  aus- 
steller  eines  wechseis. 

AUSGEBEREf,  f.  expensae  inutiles. 

AUSGEBERIN,  f  dispensatrix,  haushdlterin,  hausjungfer,  an 
einigen  orten  auch  die  ausspeiserin,  schlüsselmagd,  käseraut- 
ter,  altfrau:  eine  35jährige  Jungfer  ausgeberin.  Felsenb.2,i6; 
die  ausgeberin  des  Präsidenten.  Tuümmels  Wilhelminc  s.  32; 
was  ihm  allen  verstand  nimmt,  ist  die  liebschaft  zu  seiner 
aus'geberin.  Arnim  kronenw.  1,  397. 

AUSGEBIETEN,  proclamare,  edicere:  der  ausgebieten  Hesz 
in  seinem  beer.  Boccaz  43. 

AUSGEBOT,  n.  vendilatio:  die  marktweiber  in  der  Stadt 
sind  am  wenigsten  geglückt,  da  sie  beim  ausgebot  ihrer  länd- 
lichen waare  den  Städtern  gar  zu  ernstlich  den  text  lesen. 
Göthe  33, 169. 

AUSGEBREITETHEIT,  f  ampliludo,  besser  ausbreitung. 

AUSGEBUIVG ,  f  cditio :  bei  der  letzten  ausgehung  ihres 
Wörterbuchs.  Leibnitz  455.  heule  unüblich  und  durch  ausgäbe 
vertreten. 

AUSGEBURT,  felus,  gern  in  üblem  sinn:  die  laune,  deren 
ausgeburt  das  werk  selbst  ist,  hat  ihm  auch  den  namen  ge- 
schöpft. Wieland  4,  ix;  o  du  ausgeburt  der  hölle.  Göthe  1, 
239;  eines  werks  aber  der  wahrsten  ausgeburt  des  sieben- 
jährigen krieges  musz  ich  hier  vor  allen  ehrenvoll  erwähnen, 
Minna  von  Barnhelm.  25,100;  Eros,  Amor,  Cupido  selbst  er- 
scheinen als  ausgeburten  der  urzeif,  Aphroditen  wol  zuge- 
sellt, aber  nicht  so  nahe  verwandt.  39,  288 ;  die  centaurin 
gibt  der  jüngsten  ausgeburt  ihres  doppehvesens  die  milch  der 
mutterbrust.  39,  288 ;  da  diese  Schnecken  ausgeburten  de» 
süszen  Wassers  sind.  43,  307 ;  eine  gewisse  cultur,  die  vom 
herzen  ausgeht,  ist  daselbst  {im  nördlichen  Deutschland)  ein- 
heimisch, wie  vielleicht  nirgends,  er  selbst  (Uiller)  ist  ein  kind, 
eine  ausgeburt  dieser  cullur.  40,  181 ;  vorzüglich  an  Schmet- 
terlingen, diese,  die  man  wahrhafte  ausgeburten  des  lichtes 
und  der  luft  nennen  könnte.  52,262;  wie  denn  auch  die  fär- 
ben als  ausgeburten  jener  beiden  ersten  (Hehls  und  Schaltens) 
dargestellt  sind.  53,202;  der  beifall,  der  jenen  wunderlichen 
ausgeburten  (dem  Ardinghello  und  den  räubern)  allgemein  ge- 
zollt ward.  60,253;  raubschiffe,  ausgeburten  des  bürgerkriegs. 
Dahlmann  dän.  gesch.  1,  409. 

AUSGECKEN,  Hindere,  zum  narren  haben:  verlachet  und 
ausjäcket.   Simpl.  1, 170. 

AUSGEHEN,  exire,  egredi,  prodire,  interire,  nnl.  uitgaan, 
mhd.  A;  giln  (Ben.  1,  408'). 

l)  ausgehen,  exire  domo,  cubiculo,  gegenüber  dem  eingehen, 
rfa/jor  ausgehn  und  cingehu  formelhaß  verbunden  (s.  aus  1,3); 

drei  heller  kummen  ein,  sechs  lieller  gnhen  aus. 
I.or.AU  2,  3,  6. 

Ruhen  gicng  aus  (dem  hause).  1  Mos.  30,  14;  heute  seid  ir 
ausgangen.  2  Mos.  13,  4 ;  ich  bin  ausgangen,  das  ich  dir  wider- 
stehe. 4  3/oi.  22,  32 ;  als  er  wieder  ausgieng  {nach  der  krank- 
heit).  MATirEsiusls';  ausgehen,  lustwandeln,  spazieren  gehn,  mhd. 
sich  crgän  (Ben.  1,  472');    die  mutier  liesz  das  mädchen  nur 


869 


AUSGEHEN 


AUSGEHEN 


870 


selten  ausgebn.  das  vieb,  die  herde  gebt  aus,  wird  ausgetrie- 
ben, tceisth.  2,  272.  die  eier  gehen  aus  {der  schale),  exeludun- 
tur,  vgl.  ausfallen  2.  Oß  ist  der  ort  ausgedrückt,  von  wel- 
chem, oder  der  wohin  ausgegangen  wird:  von  dem  hause, 
schiffe,  walde,  berge  ausgeben,  in  das  land,  in  die  Stadt,  an 
das  feld  ausgeben;  und  sali  in  sieben  tagen  nicht  ausgeben 
von  der  hütten.  3  Mos.  8,  33.  die  praep.  zu  kann,  ihrer  art 
nach,  dabei  bald  das  her,  bald  das  hin  bezeichnen:  da  ich 
unsgieng  zum  tbor.  Hieb  29,  7;  ich  bleib  stille  und  gieng  nicht 
zur  thür  aus.  31,  34;  was  zum  munde  ausgehet,  das  verun- 
reiniget den  menschen.  Matth.  25, 11 ;  bis  das  euch  zur  nasen 
ausgebe  und  euch  ein  ekel  sei.  4  Mos.  It,  19 ;  gieng  er  aus  zu 
seinen  Lrüdern.  2  Mos.  2, 11 ;  der  flötz  gehet  zu  tage  aus ;  die 
(kohlen)  lager  geben  häufig  zu  tage  aus.  Göthe  25,  326.  die 
seele,  der  athem  gehet  ihm  aus,  gehet  aus  dem  leibe,  munde: 
da  ir  aber  die  seele  ausgieng,  das  sie  sterben  muste.  1  Mos. 
35,  18 ;  das  er  nicht  ehe  speise  den  hungrigen,  kleide  den 
nackenden,  sie  komen  denn  in  die  letzte  not,  das  inen  die 
seel  ausgehet.  Luther  1,  50' ; 

bis  dem  weidmaa  die  seel  ausgieng.  H.  Sachs  II.  4,  55'; 
etlichen  (kranken)  gehet,  wann  sie  also  under  den  andern  im 
gedreng  auf  dem  wagen  sitzen,  die  seel  aus,  ehe  sein  die  an- 
dern gewahr  werden.  Kirchhof  mil.  dise.  118 ;  es  ist  kein  wun- 
der, dasz  einem  heftig  verliebten  die  seele  ausgehet,  pers.  ro- 
senth.  5,  4 ;  dasz  ihm  gleichsam  leben  und  athem  ausgeben 
würde.'  Göthe  20,  197.  der  weg  war  so  leimig,  dasz  ihr  die 
schuhe  (rofj  den  ßszen)  ausgiengen;  die  Stiefel  gehn  leicht 
aus,  lassen  sich  bald  ausziehen; 

am  untern  steilen  abbang  gehn  dem  pferde 
die  letzten  schmalen  klippenstufen  aus, 
es  stürzt  herunter.  Göthk  9,  257. 

der  weg  gehet  von  dem  berg  aus;  ir  weg  gebet  beseid  (bei- 
seits)  aus,  sie  tretten  aufs  ungebente  und  werden  umbkomen. 
Hiob  6,  18.  das  feuer  gebt  aus,  bricht  aus,  schlägt  aus  dem 
Schornstein:  ob  sich  durch  Unglück  zutrüge,  dasz  ein  iewr 
ausgienge.  Bectter  krieysordn.  41;  in  den  weisthümern  heiszt 
es  häufig:  die  schaffen  gehn  aus,  um  an  einem  vom  gericht 
abgelegnen  ort  zu  beratschlagen.  Die  ältere  spräche  setzte 
den  auf  ausgebn,  wie  das  einfache  gehn,  folgenden  inf.  gern 
ohne  zu :  ein  jager  gieng  aus  jagen,  ein  knabe  gieng  aus  baden ; 
und  er  wolt  ausgan  weihen.    Uhland  274  j 

rfocA  Luther  unrf  Fischart  erlassen  sich  zu  nicht:  er  war  aus- 
gegangen zu  beten  auf  dem  felde.  l  Mos.  24,  63 ;  sie  giengen 
aus  künstliche  werk  zu  beschawen.  Garg.  186*. 

2)  beachten swerlh  ist  die  Verknüpfung  des  ausgebens  mit  den 
ad},  frei,  leer,  los  und  einigen  participien:  im  siebenden  jar 
sol  er  frei  ledig  ausgehen.  2  Mos.  21,  2 ;  und  sol  nicht  los 
ausgehen  im  halijar.  3  Mos.  25,  30;  denn  er  sol  von  dir  los 
ausgehen  und  seine  kinder  mit  im.  3  Mos.  25,  41 ;  da  ward 
Jonathan  und  Saul  troffen,  aber  das  volk  gieng  frei  aus.  l  Sam. 
14,  41;  und  was  soll  ich  haben,  sagt  die  dritt,  soll  ich  lär 
ausgehen?  Garg.  131*; 

ists  wahr,  da<!Z  sich  das  herz  auf  solche  sprach  versteh, 
wie  kummls  denn,  dasz  Ich  leer  mit  meiner  plut  ausgehl 
Grtphils  l,  667; 
wenn  ich  ihm  zehn  stelle,  läszt  er  mich  frei  ausgehen.  Schil- 
ler 118;  du  sollst  frei  ausgehen,  wie  die  weite  luft.  137;  und 
ich  werde,  wie  es  scheint,  leer  ausgehen,  sagte  Laertes,  Göthe 
18, 157 ;  der  fürchterlichste  streich  ist  leer  ausgegangen.  Kavt 
8, 127 ;   damit  einer  zaiet  und  umbkeme  und  die  andern  one 
entgeit  und  ungestraft  ausgiengen.  Mathesics  72'; 

wie  aber  geht  es  dem  für  so  genossen  aus?    Ca.iiti; 
doch  da  ich  dieses  in  dem  werke  des  Marmontels  nicht  finde, 
so  kann  ich  es  zufrieden  sein,  dasz  man  ihm  auch  jenes  nicht 
für  genossen  ausgehen  iäszL  Lessisc  7, 152; 

wart  nur  das  geht  dir  nicht  so  ungenossen  aus. 
,  .    .    .    ,  .  .  GöTHi  7, 94. 

mna.  ir  hauet  mich  gcsrhojjen 

und  gät  sie  geno;;en.    Walth.  40,  33 ; 
h«r,  mir  tuot  immer  wA, 
»ol  er$  geno;^en  scheiden  hin.    Por*.  290,  9; 
noch  fit  er  under  in  genouen, 
der  got  selben  ane  vihtei.    Sertat.  1022; 
unt  varent  si  Renoj^en  hinnen, 
daj  wil  ich  iemer  goie  chlagen.    Rul.  3öO.  24. 
genossen  gän.  varn,  scheiden  wird  jenem  ungestraft,  unenfgol- 
ten  ausgeim  entsprechen;  certtand  CinnE  die  alle  redensart    so 
muste  er  schreiben,  das  geht  dir  nicht  für  genossen  ans,  denn 


ungenossen  gibt  hier  keinen  oder  falschen  sinn,  er  meinte 
etwa:  das  sollst  du  noch  zu  genieszen  kriegen,  genoyen 
aber  bedeutete  einen  der  genossen,  d.  h.  geweidet,  gegessen  hat, 
der  sich  satt,  behaglich  fühlt  und  die  verbotene  weide  unge- 
straß  verläszt,  während  ein  andrer  dafür  büsit.  mehr  unter 
genieszen. 

Eines  dinges  ausgehen  war  sonst  sich  seiner  entledigen, 
es  von  sich  weisen,  abthun :  einem  des  Streites  ausgehn,  ihm 
den  kämpf  abschlagen;  des  gutes  ausgeben,  es  versäumen, 
aus  der  hand  lassen,  weisth.  2,  406 ;  einem  (eines)  mit  recht 
auszgeen.  Chmel  Maximilian  n*  156  s.  178. 

3)  ausgehn  lassen  heiszt  in  die  weit,  ans  lieht  geben,  be- 
kannt machen:  und  das  urteil  gieng  aus,  das  man  die  wei- 
sen tödten  solle.  Dan.  2,  13;  so  lasz  man  ein  königlich  ge- 
bot von  im  ausgehen.  Esth.  1, 19 ;  da  gieng  eine  rede  aus  un- 
ter den  brüdem.  Joh.  21,  13;  so  nu  gott  sein  beiliges  evan- 
gelium  hat  aus  lassen  geben.  Luther  3,  60';  dasz  eine  rede 
ausgangen  sei  unter  etzlichen  meinen  Widersachern.  Schüp^ 
piusSOO;  ein  schreiben  von  seinem  berrn  ausgangen.  Schwar- 
zexberg  149;  kurae  schrift  des  ehrwürdigen  herrn  d.  Marl. 
Luther  gezogen  aus  der  vorrede  von  im  selbs  gestellt,  über 
den  ersten  tbeil  seiner  latinischen  bücher,  im  druck  ausgan- 
gen anno  45.  Luther  1,  2' ;  wiewol  ich  nu  diesen  newen  Zei- 
tungen gern  gleube,  das  sie  war  sind,  bewegen  mich  doch 
viel  mehr  die  unfleligen  Schriften,  so  die  zu  Münster  haben 
lassen  ausgehen.  6,  317' ;  ein  ganz  predigt  . .  hat  dörfen  las- 
sen ausgehn.  Fischabt  bienk.  156' ;  ein  bücblein  sol  ausgehen. 
Garg.  IS'; 

weil  jctzo  in  dem  truck  ausgeht 

ein  Deus  betbüchleln  schönes  drucks. 

Atrer  fastn.  sp.  22* ; 
kein  schönes  buch  geht  aus,  du  weist  es.  eh  es  kömmt.    ' 
Flebi.xg  47; 
in  seinem  schönen  lateinischen  gedichte,    welches    nebst  an- 
dern seinen  poematibus  ausgegangen.  Grypbigs  1, 180 ;  im  ca- 
talogo  urbium,  der  neulich  ist  ausgangen,  pers.  rosenth.  8,  57 ; 
in  einer  predigt,  die  er  anno  1578  in  truck  ausgeben  lassen. 
ScHUPPius  613;   lassen  sie  doch  das  recept  von  ihrer  vortref- 
lichen  medicin  allen  kranken  weibern  zum  tröste  und   ihnen 
zum  rühme  im  druck  ausgehen.    Gellert  3,  372;    ein  dritter 
bucbbändler  namens  Trypbon,  der  nemliche  durch  den  Ouincti- 
lian   sein   werk   ausgeben  liesz.    Lessi.xg  S,  489.     heute  zieht 
man  diesem  ausgehen  vor  erscheinen. 

4)  ausgehen  auf  etwas,  wir  haben  ein  regul,  das  ein  sach 
übel  gethan,  oder  anders  dan  sichs  gehört  gethan,  oder  die- 
selb  gar  unterlassen,  gleich  auf  eins  ausgehe  {auslaufe,  hin- 
auslaufe, redeat  ad  idem).  Fischart  bienenk.  196* ;  im  parnasso 
wollen  sie  das  römische  reich  reformieren,  und  gienge  der 
schlusz  auf  petersilien  und  kirschen  aus.  Lehmann  102;  auf 
beute,  auf  abenteuer  ausgehn;  der  wolf  geht  nachts  auf  den 
raub  aus ;  der  jäger  gebt  auf  den  wolf,  auf  den  fuchs  aus, 
geht  aus  ihn  zu  jagen;  auf  den  raub  ausgehen.  Lokman  fab. 
23;  der  münzenschniecker,  der  auf  das  schöne  ausgebt.  Her- 
der 14,  152;  auf  den  titel  eines  philosophen  ausgehen.  Göt- 
ter 3,  66 ;  unser  freund,  der  auf  menschenkenntnis  ausgieng. 
Göthe  18,  247 ;  auf  einsichten  ausgeben.  Kant  3,  233 ;  die  be- 
fugnis  auf  eine  mechanische  erklärungsart  der  naturproducte 
auszugehen  ist  an  sich  unbeschränkt.  7,  296 ;  dasz  sie  so 
gar  nicht  auf  schiechte  stellen  ausgegangen  sind.  Tieck  9, 
176;  als  ob  ein  böser  geist  recht  darauf  ausgienge.  Stemb. 
1,  363 ;  ich  gehe  gar  nicht  darauf  aus  ihn  zu  widerlegen ;  er 
gieng  dabei  auf  nichts  gutes  aus,  hatte  böses  im  sinn. 

5)  ausgehen  über  einen,  aber  es  wird  über  euch  endlich 
ausgehen.  Luther  3,  117';  es  wird  über  einen  unschuldigen 
dritten  ausgehen  müssen.  Piiila.noer  2,  777 ; 

für  die  zwen  beiden  mustu  sterben, 
dein  untreu  über  dir  ausget.    Atrer  292*; 

das  ungewitter  muste  über  mich  ausgehen;  dort  liegt  der 
bär  in  fauler  ruhe,  läszt  über  sich  ausgehen  des  winters 
graus.  Fr.  MOller  1,  22;  das  unglück  gieng  über  sein  baupt 
aus. 

6)  Ton  einem  ausgehn,  davon  ausgehn,  procedere: 

gott  ratier  von  im  selbst  peziert 
in  ewigkeit  den  sun  gebiert, 
von  beiden  ausget  got  der  geist, 
ir  keiner  ist  der  minst  noch  meist. 

8chwarze;(berg  154,  2 ; 
das    Urbild   als    in   gott   befindlich   und  von  ihm  ausgebend. 
Ka?it  6,  293;    alles   was  von  jenem  merkwürdigen  geiste  nur 
ausgieng.    Götbe  26,  107;   Adam,    von   dem    alle   ausgeben. 

55* 


871 


AUSGEHEN 


AUSGEHEN — AUSGEIFERN 


872 


Klinger  6,  344;  wenn  ein  mann  von  verstand  einer  solchen 
regierung  das  wort  redet»  so  kann  man  immer  sagen,  er  geht 
von  menschenveraciitung  aus.  12,  219 ;  desto  mehr  wird  er 
sich  von  dem  satze  überzeugen,  von  dem  ich  ausgegangen 
bin.  12,  278 ;  der  erste  gedanke  zum  werke  gieng  von  ihm  aus. 
7)  privatives  ausgehn,  zu  ende  gehn,  aupiüren,  im  gegen- 
satz  zum  angehen,  beginnen,  wie  wird  das  ausgehen?  Göthe 
14,  63;  wie  das  ausgehen  wird!  immer  sorge  und  kum- 
mer,  es  geht  nicht  gut  aus!  8,  192;  es  wird  unruhig  und 
geht  schief  aus.  8,  199 ;  da  es  nicht  anders  als  gut  ausge- 
hen kann.  Kljnger  1,  138 ;  da  giengs  aus  wies  schieszen  zu 
Hornberg,  und  musten  abziehen  mit  langer  nase.  Schiller  107 ; 

so  fabl,  so  schal,  so  kahl  gehts  aus. 

froschmcuseler  am  ende; 
es  wer  euch  langst  pasz  ausgangen.  fastn.  sp.  17,  3 ; 
das  euch  nit  wol  ausgehen  wird.  Luther  3, 119' ;  wissen  aber 
nicht,  wie  sawer  es  wird  mit  inen  ausgehen.  4,  484';  das  es 
nicht  zuletzt  an  iren  kindem  ausgienge.  4,  528';  ists  im  wol 
ausgangen  und  wird  nicht  für  einen  unsinnigen  narren,  wie 
alle  andere  propheten  von  seinen  klüglingen  gehalten  sein, 
80  ist  mirs  ein  wunder.  6,  165';  drumb  wird  ir  ende  auch 
mit  schänden  ausgehen.  Luthers  br.  2,  224;  wie  denn  gemei- 
niglich grosze  köpfe  mit  Wahnsinn  oder  melancholei  geplagt 
werden,  und  grosz  an-  und  klein  ausgehen.  Mathesiüs  83*; 
der  künig  gebot  bald,  das  das  übel,  das  sie  wider  in  gedacht 
betten,  an  inen  selbs  ausgieng.  Frank  welib.  UO';  wiewol  es 
an  irem  hals  ausgeet  und  man  dise  arme  leul  nit  darum 
verfolgen  soll.  150';  Sachen  zu  keinem  ausgehenden  guten 
ende  bringen.  Schweimchen  2,  38 ;  wie  Wernhart  und  seine 
gesellen  mancherlei  anschlug  machten  den  ritter  umbzubrin- 
gen,  doch  alles  widersinns  ausgieng.  Galmy  165 ;  viele  Wörter 
gehn  auf  ch  aus;  affectiert  setzt  man  das  ge  vor  die  worte 
und  läszt  das  en  zischend  ausgehen.   Herder  18,  186. 

Am  einfachsten  erscheint  dies  ausgehn  unmittelbar  hinter 
dem  nominativ:  das  jähr  geht  aus  (zu  ende,  gegeriüber  dem 
geht  ein) ;  ausgehenden  1569sten  Jahres  (exeuntis).  Schweim- 
c»ETt  1,  61;  bald  ausgehenden  1576  Jahres.  1,  171;  die  faste 
geht  aus.  ühland86;  das  licht  geht  aus,  erlischt; 

da  gehn  die  lampen  aus  und  riechen  übel. 
Göthe  11,364; 
eine  kranke  frau,  die  die  pest  unter  deine  nachkommen- 
scliaft  bringen  wird,  dasz  alle  deine  kinder  und  enkel  so  in 
gewissen  jähren  höflich  ausgehen,  wie  bettlerslämpchen.  10, 
101;  das  öl  ist  der  lampe  ausgegangen;  dasz  ich  oft  im  fin- 
stern  fuhr,  und  es  in  meinem  wagen,  wenn  die  laternen  zu- 
fällig ausgiengen,  ganz  dunkel  war.  23,  82;  das  feuer  geht 
im  ofen  ganz  aus ;  im  fall  so  einem  naclibauren  das  feuer 
ausgienge,  dasselb  wieder  anzünden,  tveisth.  l,  611 ;  das  holz 
ist  wieder  ausgegangen  (gegensatz  von  angegangen) ;  die  pfeife 
geht  ihm  aus ;  er  liesz  die  pfeife  den  ganzen  tag  nicht  aus- 
gehn; wir  verstehen  unter  erleuchtung  nichts  anders  als 
die  erleuchtung  der  guten  sonne,  und  geht  uns  die  aus, 
so  zünden  wir  lichter  an.  Klinger  6,  323;  der  athem,  die 
ßeele  geht  aus  kann  aus  1)  auch  hierher  gezogen  werden,  weil 
indem  sie  aus  dem  leibe  gehn,  sie  erlöschen,  ersterben  und 
an  diesem  beispiel  zeigt  sich  der  nothwendige  Zusammenhang 
jwischen  der  positiven  und  negativen  bedeutung  augenschein- 
lich, jedes  ausgehn  ist  auch  ein  weggehn,  verschwinden; 
wenn  sie  nicht  immer  menschen,  männer  um  sich  sieht, 
ist  es  als  wenn  ihr  der  athem  ausgienge.  Göthe  23, 135 ;  dasz 
der  wein  nit  ausgienge.  weisth.  3,  757;  das  baar  geht  ihm 
aus,  fällt  ihm  aus,  mangelt  ihm: 

da  zog  er  ohne  stocken 

den  hiit  vom  haupte  fein, 

und  zeigte  dasz  aie  locken 

ihm  ausgegangen  sein.    Röckkrt207; 

das  kraut,  die  blume  geht  aus,  stirbt  ab;  worauf  die  bäume 
verfalben  und  ausgehen.  J.  Paul  Siebenk.  1,  78 ; 

er  sei  dem  lorbeer  gleich,  und  gehe  nimmer  aus. 
JoH.  FniKDR.  Küngkhl; 

geschlechter  und  stumme  gehen,  sterben  aus;  bei  den  Thes- 
protern,  wo  einst  Heracliden  geherscht  hatten,  waren  sie 
schon  in  jener  früheren  zeit  ausgegangen.  Nieiiumr  3,  530; 
wenn  sie  in  ilirer  heimat  einen  sulm  zurücklirszen,  damit 
nicht  ihr  haus  ausgehe.  3,  620 ;  den  belagerten  geht  die  speise 
aus;  das  wiidpret  war  gestern  ausgegangen,  frisches  fleisch 
sollte  der  wirl  morgen  bekommen.  Wieland  11,  333;  die  färbe 
geht  aus,  verbleicht;  das  geld  geht  aus,  ist  verthan,  mangelt; 
diese  sorle  tabak,  sagt  der  krdmer,  ist  mir  augenblicklich  ausge- 


gangen; da  ihr  und  ihren  reisegefährten  das  geld  ausgieng. 
Göthe  18, 150 ;  das  gespräch,  die  Unterhaltung  geht  aus,  stockt, 
ist  zu  ende;  das  gespräch  gieng  bald  aus,  der  graf  ward  stille. 
18,  308  ;  nach  und  nach  aber  ermattete  das  spiel,  das  gespräch 
gieng  aus.  24,  313;  will  das  gespräch  ausgehen,  so  wird  ge- 
lesen. 27,  221 ;  ist  nun  ein  verliebtes  gespräch  auf  die  bahn 
gebracht,  so  lassen  sie  es  nicht  so  bald  ausgehn.  Tieck  12, 
209;  ach  nun  geht  mein  träum  aus  (löst,  deutet  sich,  wird 
erfüllt).  Göthe  42,  279  (vgl.  ist  aus.  8,  45.  42,  56).  Frisch  1, 
331' ;  mhd.  wie  der  troum  wolle  öj  gen.  Grieshaber  2,  133 ; 
iwer  troum  wil  sich  enden  (eintreffen,  wirklich  werden).  Flore 
1117;  das  spiel,  die  comödie  geht  aus,  zu  ende;  wahrhaftig,  rief 
don  Sylvio,  dem  die  geduld  ausgieng  (risz).  Wieland  11,  87 ; 
da  geht  einem  der  verstand  aus,  steht  still;  ein  begrif,  mit 
dem  ihnen  der  verstand  ausgeht  und  alles  denken  ein  ende 
hat.  Kant  6,  403;  seine  kraft  geht  ihm  aus;  derjenige,  der 
seine  kräfte  nicht  ungebraucht  lasse,  könne  sich  da,  wo  sie 
eben  ausgehen,  wo  sie  nicht  hinreichen,  auf  den  beistand  des 
vaters  im  himmel  berufen.  Göthe  15,  200 ;  lugenden,  die  ihm 
ausgegangen  sind.  J.  Paul  biogr.  bei.  l,  45 ;  dasz  schon  aus- 
artende Sitten  die  noch  nicht  ausgegangene  natürliche  tugend 
in  helleres  licht  setzten.  Niebuhr  3,  652;  der  krieg,  der  Waf- 
fenstillstand geht  aus ;  mag  der  streit  ausgehn,  wie  er  will. 
TiECK  ges.  nov.  8,  25.  ausgehen  auf  oder  in :  das  wort  geht 
auf  ein  f  aus ;  die  strasze  geht  in  einen  winkel  aus,  exit  in 
angulum;  die  blätter  gehen  in  zacken  aus;  der  leib  geht  in 
einen  fisch  aus,  desinit  in  piscem. 

8)  transitives  ausgehen  erscheint  selten,  in  meistentheils  veral- 
teten anwendungen.   es  bedeutete  aussuchen,  ausmachen,  finden : 

0  kunig  gib  mir  neur  so  vi]  huld, 
das  ich  mir  selbs  ein  paum  aiisgang, 
an  dem  mich  glust,  das  ich  dran  hang. 
fastn.  sp.  537,  27 ; 

und  die  wil  mir  min  liebe  tochter  Ursula  gestorben  was, 
bette  ich  gern'  ein  andre  tochter  gehebt,  gedacht,  wo  ich 
minem  sun  ein  frowen  uszgienge.  Tho.  Plater  109;  so  vil 
möglich  soll  man  zu  eim  landgut  ein  ort  ausgehen,  weiches 
weit  entlegen  seie  von  sümpfen.  Sebiz  10;  auch  Maaler  42* 
kennt  dieses  ausgon  und  gibt  folgende  betspiele:  so  ein  Jäger 
das  wild  ausgat,  wo  es  sein  läger  habe,  vestigare  feram;  las- 
send uns  wilde  schwein  ausgon  und  jagen,  insidiemur  apris ; 
dem  läger  ein  komlich  ort  ausgon  und  erkiesen,  deligere 
caslris  locum  idoneum;  einen  tag  ausgon,  explorare  diem; 
gülägne  zeit  ausgon,  occasionem  captare;  gut  wätter  ausgon, 
tempeslates  captare;  ich  hab  schon  ze  fliehen  ein  wäg  aus- 
gangen, jam  pedum  visa  est  via;  ort  und  platz  ausgon  und 
ordnen,  wo  die  heuser  ze  bauwen  seiind,  domos  sorliri.  in 
den  letzten  stellen  könnte  man  es  fassen  als  ermessen,  aus- 
messen, richtiger  doch  vergleicht  es  sich  dem  ebenfalls  transi- 
tiven mhd.  ergan,  einholen,  durchdringen  (Ben.  1,  472'),  was, 
nach  irgiengin  penetrarent  (Graff  4,  89)  zu  schlieszen,  auch 
schon  ahd.  bestand;  der  Weidmann  ergeht  das  wild  =  aus- 
geht es,  holt  es  ein,  spürt  es  auf,  und  Markolf,  der  sich  einen 
bäum  zum  galgcn  sucht,  will  ihn  ergehen,  ausgehen,  auch 
ist  zu  diesem  transitiven  ausgehen  das  transitive  angehen  ado- 
riri  (sp.  340)  zu  hallen.  Frisch  und  Stieler  führen  es  nicht 
mehr  auf,  das  letzte  beispiel  gewährt  Dietrich  von  dem  Werder: 

drumb  schicket  er  viel  leut  umbher,  mich  auszugehn, 

dasz  er  ertappen  mich  und  hart  bestrafen  konn. 
Ariost  9,  45, 

vuol,  che  con  Podio  a  investigar  s'unisca, 

comc  egii  m'abbia  in  mano,  e  mi  punisca. 

Frank  scheint  ausgehn  nicht  für  einholen,  aufspüren,  sondern 
in  verwandtem  sinn  für  ausmachen,  ausscheltcn  zu  brauchen : 
darumb  nimpt  Paulus  gemeinklich,  so  er  das  fleisch  also  usz- 
geet,  vernicht  und  beschreit,  für  den  affect  das  fleisch,  chron. 
363';  die  bischof  geet  er  übel  ausz,  beiszt  sie  Niciasbischof, 
Wolf.  427*.  Auszcr  dem  weidmännischen  ein  wild  ausgehen 
ist  auch  noch  bergmännisch  üblich  zu  sagen  einen  gang  aus- 
gehn, mit  der  Wünschelrute  suchen.  Wir  nennen  ein  feld,  einen 
acker  ausgehen,  ihn  mit  schritten  ausmessen,  ermessen: 

es  steht  ein  grosz  geräumig  haus 

aiiT  unsichtbaren  seulen, 

CS  iiiiszis  lind  gehts  kein  wandrer  aus, 

und  keiner  darf  drin  weilen.    Schiller  73*. 

in  anderm  sinn,  die  scliulie,  Stiefel  ausgehen,  durch  hdußget 
anziehen  austreten  und  bequem  machen. 

AUSGEIFEKN,    effundere   salivam:    die  newen  zeinten,    so 
iren  unzeitigen  eifer  wider  unschuldige  und  wolvcrdienle  leut 


873 


AUSGEIGEN — AUSGE>'05DIEN 


AUSGENOMMEN  —  AUSGESCHEIDEiNUEIT   874 


mit  Unverstand  entbrinnen  lassen  und  ausgeifem.  Mathesics 
HO*;  mit  seinem  ausgegeiferten  speichel.  Lohexst.  Arm.  2, 
1409;  der  welsclie  theist  hat  sich  wie  ein  kind  den  brei  ins 
maul  schmieren  lassen,  um  selbigen  wieder  auszugeifern.  Ua- 
MA»-  4,  3,  20^ 

AUSGEIGEN,  was  ansfiedeln. 

AUSGEISELN,  flayellare:  also  wird  der  alte  hund  meo- 
niglich  ausgegeiselt,  von  den  buben  getreten.  Kirchhof  icend- 
unm.  55';  bei  straf  des  ausgeiselens  und  Verweisung.  Redt- 
TER  kriegsordn.  13. 

AUSGEIZEN,  vües  pampinare,  den  reben  die  unnützen  ran- 
ken und  bläUer  ausbrechen,  ausschneiden. 

AUSGEIZEN,  finem  facere  avariliae:  wann  wird  der  mann 
einmal  ausgeizen? 

AUSGELÄCHTER,  n.  irrisio:  für  alle  ihre  mühe  und  lust 
das  ausgelachter  und  wolgönnen  darüber  haben.  Simpl.  1, 131. 

AUSGELÄ.NDE,  n.  in  der  Schweiz,  das  zu  einem  grundstück 
geliörige  garten-  und  aiesenland. 

AUSGELASSEN,  dissolutus,  intemperans.  noch  nicht  bei 
Luther,  antwortet  die  ander,  gar  ein  ausgelassene  schälkin. 
Kirchhof  tcendunm.  333'; 

was?  lust  hinein  lu  springen? 

du  must  doch  ausgelassen  sein.    Gellkkt  1,  203; 

dasz  alle  ausgelassene  leidenschaften  sonderlich  aus  öffent- 
lichen werken  der  kunst  verbannt  waren.  Wisselmaxx  4, 153 ; 
die  furcht  den  ausgelassenen  Hippias  zu  einer  allzu  schar- 
fen räche  zu  reizen.  Wielasd  1,  299;  eine  ausgelassene  und 
allein  auf  befriedigung  ihrer  leidenschaften  erpichte  Jugend. 
2,  247 ;  so  ausgelassen  und  schmutzig  die  geraählde  sind, 
welche  uns  der  genievollste,  witzigste  und  verständigste  aller 
possenschreiber ,  Aristophanes ,  von  den  frauen  zu  Athen 
macht.  2,  235 ;  ungeschliffen  und  ausgelassen  in  ihren  sitten. 
7,  314;  das  kleine  bucklige  ungeheur  war  vor  freude  ganz 
ausgelassen.  11, 194 ;  in  dem  ausgelassenen  vergnügen  nöthigte 
er  ihm  das  versprechen  ab.  Hippel  lebensl.  4,  226 ;  Philine 
freute  sich  recht  ausgelassen  darauf.  Gothe  18,  279 ;  die  kin- 
der  sprangen  und  sangen  fort,  und  besonders  war  Mignon 
ausgelassen,  wie  man  sie  niemals  gesehen.  19,  211 ;  Friedrich, 
der  ausgelassene  mensch.  20,  301;  thorheiten  ausgelassener 
Jünglinge.  24,  166;  manchmal  misfallt  mir  nicht  ein  lustiger 
abend  mit  freunden,  selbst  ein  ausgelassener.  36,  5S ;  ihr 
ausgelassener  höhn.  Gotieh  1,  40S ;  die  ausgelassene  freude. 
Kaxt  10,  2S0 : 

gerne  Tolgt 
der  ausgelasznen  lusiigkeii  ein  übel.    Plates  199. 

AUSGEL.\SSENHEIT,  f.  intemperantia :  ein  heiteres  allegro 
der  ausgelassenheit  verdrängt   den   buszgesang.    BErri.NE  br. 

1,  232. 

AUSGELEHRT,  perdoctus,  doctissimus: 

sein  ausgelehrter  mund  der  redet  was  er  will. 
Fleüixg  159. 

AUSGELEITEN,  was  ausleiten. 

AUSGELER.NT,  probe  docius,  peritus:  hundert  und  fünfzig 
fromme,  schleichende,  gleisznerische  Schurken,  welche  ausge- 
lemte  meister  in  der  kunst  w^en,  ihre  leidenschaften  zu 
verbergen.  Wieuu»d  6,  141 ;  in  jedem  frevel  ausgelernte  Sün- 
der. GoTTE«  1,  395 ;  Maximilian,  in  der  verstellungskunst  aus- 
gelernt.  Schiller  957 ;  ein  ausgelemter  lischler. 

AUSGELOBEN,  spondere,  angeloben. 

AUSGELUBDE,  n.  sponsio:  drum  zog  herzog  Bernhard  die 
grafscliaft  ein,  mit  dem  ausgelübde,  dasz  gemelder  Otto  die 
grafschaft  erben  sollte.   Micrälius  a.  P.  3,  34S. 

AUSGELZEN,  castrare,  ausschneiden,    s.  geize,  geizen. 

AUSGENIESZEN,  plene  uti,  vollständig,  zu  ende  genieszen: 
doch  immer  einerlei  wird  endlich  ausgenossen. 
WuiA.HD  18,139; 
wollen  sie  das  glück  des  lebens  nun  nicht  ausgenieszen,  weil 
ein  düstrer  Zwischenraum  sich  unsern  hofnungen  eingescho- 
ben halle?  Gothe  10,  S9;  ausgenossen  hast  du  das  leben, 
und  siehst  nun  kalt  in  die  freude  die    es   gewahrt.    Kli^cer 

2,  118 ;  der  brief,  den  sie  einsam  lesen,  küssen,  ohne  in- 
nere und  äuszere  stürme  ausgenieszea  konnte.  J.  Paul  uns. 
löge  3,  25.    vgl.  ausgehen  2. 

AUSGE.NOMMEN,  distincius,  eminent:  denn  du  bist  in  lu- 
genden ein  ausgenoumincr  mann.  Tiecs  13,  182;  mAd.  schcene 
und  öjgenomen  73'j3;  äy;enomen  an  prise  Bari.  21,  28;  ein 
Adenomen  zeichen,  mysl.  330,  36. 

AUSGE.NO.MME.N ,    excepto,   exceptis,    nnl.  uitgenomen.     et 


ist  noch  unermittell,  vann  ein  absolut  gesetztes  und  zur  par- 
tikel  vencandtes  ausgenommen  zuerst  vorkommt;  das  mlat. 
verhärtete  excepto  (excepto  capitale  et  dilatura,  excepto  ac- 
cipitre  et  spata,  excepto  duabus  villis\,  it.  eccetto,  frans,  ei- 
cepte  boten  sich  von  frühe  an  zur  nachbildung,  und  das  ahd. 
part.  Ajginoman,  mhd.  Adenomen  exceptut  teuren  ganz  ge- 
bräuchlich, doch  für  die  begriffe  praeter  und  praeterquam  gal- 
ten ahd.  wie  mhd.  andere  und  gefügere  Wörter,  im  14,  iren«^- 
stens  tb  jh.  scheinen  sich  aber  ausgenommen,  ausgeschlossen 
und  ausgescheiden  in  solcher  bedeutung  festgesetzt  zu  haben, 
in  den  Urkunden  und  weisthümern  kommen  sie  oß  zum  Vor- 
schein, z.  b.  Wasser  und  weide,  nichts  ausgenommen,  weislh. 

2,  250 ;  uszgenomen  bannezune.  2,  177 ;  nicht  ausgenomen 
ongeverlich.  3,  524 ;  ausgenomen  die  guter  unter  der  hochwie- 
sen liegen.  3, 524 ;  ausgenomen  das  malefiz  der  dreier  händel. 

3,  669.     Die  hauptfrage  ist  nach  dem  dabei  stehenden  casus. 

1)  LcTHER  läszt  den  acc.  folgen,  wie  er  auch  von  ausneh- 
men abhängt,  bei  die  und  das  könnte  zweifei  sein  zwischen 
acc.  und  nom.,  aber  den  entscheidet:  alle  seelen,  die  mit 
Jacob  aus  Egj-pten  komen  waren,  ausgenomen  die  weiber 
seiner  kinder,  sind*  zusamen  sechs  und  sechzig  seelen.  1  Mos. 
46,  26 ;  ausgenomen  der  priester  feld,  das  kauft  er  nicht 
1  Mos.  47,  22 ;  dise  leute  sollen  das  land  nicht  sehen,  ausge- 
nomen Caleb  den  söhn  Jephunne  und  Josua  den  son  Nun. 
4  Mos.  32,  12 ;  Salomo  muste  zur  speisimg  haben  zehen  ge- 
meste  rinder  und  zwenzig  weiderinder  und  hundert  schaf, 
ausgenomen  hirs  und  rehe.  1  kön.  4,  25 ;  der  ganzen  gemeine 
war  42360,  ausgenomen  ire  knechte  und  megde,  der  waren 
7337.  AeA.  7,  67 ;  und  ist  auch  niemand,  der  es  für  dem 
könige  sagen  könne,  ausgenommen  die  gutter.  Dan.  21,  11; 
denn  man  kan  alles  versöhnen,  ausgenomen  die  schmacb, 
Verachtung,  Offenbarung  der  heimlichkeit.  Sir.  22,  27.  einmal 
steht  der  acc.  auch  voraus:  und  sol  niemau  da  durchgehen, 
der  gott  Israel  sol  da  durchgehen,  doch  den  fürsten  ausge- 
nomen. Ez.  44, 3.  so  FiscHART :  nach  vollendetem  Scharmützel 
zog  Gurgellang  mit  seim  volk  ab,  ausgenommen  den  mönch. 
Garg.  257';  und  noch  Wielaxd:  alle  menschen  haben  ihre 
fehler,  dich  allein  vielleicht  ausgenommen.  S,  360.  Diese  aec 
sind  abhängig  von  ausgenommen,  nicht  vom  verbum  des  satzes, 
denn  sonst  hätte  Lcther  schreiben  müssen:  ausgenomen  Ca- 
leb der  son.  nicht  anders  darf  man  annehmen,  dasz  er  ge- 
schrieben hätte:  ich  gedenke  aller,  ausgenommen  dich,  ich 
gebe  allen,  ausgenommen  dich. 

2)  allmdlich  ward  aber  ausgenommen  iinbel^ter,  zur  blo- 
szen  Partikel,  und  der  casus  richtete  sich  nach  dem  verbum 
des  Satzes,  so  schon  weisth.  2,  223 :  uszgenomen  der  frie  und 
der  hirt.  rir  sagen  heute:  alle  freuen  sich,  ausgenommen 
du;  ich  gedenke  aller  ausgenommen  dein;  ich  gebe  allen 
ausgenommen  dir ;  in  allen  (allem),  ausgenommen  der  mensch- 
lichen gestaltung,  ähnlicher  einem  thier.  Simpl.  1,  31 ;  ich  rufe 
alle  ausgenommen  dich,  der  acc.  pflegt  zumal  gern  voraus- 
zugehen: dich  ausgenommen,  ihn  ausgenommen,  das  gesetz 
verbindet  alle,  keinen  ausgenommen,  diese  constru^ion  gleicht 
dem  mhd.  wan  ich,  wan  din,  wan  dir,  wan  dich  {vgl.  ohne); 
doch  heiszt  es  ßr  ausgenommen  ich,  dein,  dir  besser:  nur 
ich  nicht,  nur  dein  nicht,  nur  dir  nicht,  am  geläufigsten  ist 
mich  ausgenommen,  im  nachgefühl  der  allen  ßgung. 

3)  ausgenommen  dasz,  wo,  wenn  entspricht  dem  lat.  prae- 
terquam quod :  ich  gebe  dir  alles  zu,  ausgenommen  dasz  du 
behauptest;  ich  bin  überall  gerne,  ausgenommen  wo  man 
mich  nicht  gerne  sieht ;  man  hört  ihn  gern  an,  ausgenommen 
wenn  er  jene  sache  berührt  lieber,  nur  das  nicht,  nur  nicht 
wo,  nur  nicht  wenn. 

AUSGEREDEN,  dicendi  finem  faeere:  er  mocht  dise  wort 
kaum  ausgereden.  Garg.  263',  wo  cAer  das  ge  von  mochte 
abhängt,  s.  gramm.  2,  647.  648. 

AUSGEREITER,  f.  eribrum,  ahd.  rilera,  bair.  reiter  (Schb. 
3,  162).  TABER.NAEJiONTA.-tcs  hat  ausgereuler  /ür  das  ausgerei- 
terte,  ausgesiebte:  spreuer  oder  ausgereuter  von  dem  weizen 
ist  dem  rindviehe  sehr  gut.    600.     *.  reitem. 

AUSGESCHEIDE.N,  exceptus,  heute  ausgeschieden,  s.  aus- 
scheiden. 

AUSGESCHEIDEN,  adv.  excepto,  ausgenommen:  uszgeschei- 
den  hocbwilipret  weisth.  i,iii;  ft^escbeiden  das  dorf.  2,175; 
ausgescheiden  in  terminis  probatoriis.    Frankf.  ref.  I.  40,  5. 

AUSGESCHEIDENHEIT,  f.  exceptio,  atunahme:  wers  find, 
mag  es  behalten,  doch  mit  dieser  ausgescheidenheit,  so  fern 
ich  das  kleinod  erbalte,  jetit  otuztr  gebraudi. 


875 


AUSGESCHENK— AUSGIESZEN 


AUSGIESZEN — AUSGLEITEN 


876 


AUSGESCHENK,  »i.  s.  ausschenken. 
AUSGESPEI,  n.  sputum,  exspulum: 

das  gold,  den  reinen  koth,  der  bleichen  sorgen  kind, 

des  glückes  ausgespei.       Opitz  1,54; 

du  der  höllen  ausgespei !    Kmttels  sinnenfrüchte  22. 

AUSGEWLNNEN,  für  aufgewinnen: 

der  adler  fand  ein  Schneckenhaus, 

das  kund  er  nicht  gewinnen  aus.    Waldis  Esop  1, 10. 

AÜSGIBIG,  über,  largus,  ergibig:  ausgibige  ernte;  ausgi- 
bige Zölle ;  mein  aufenthalt  zu  Wetzlar  war  zu  einer  solchen 
Unterhaltung  nicht  ausgibig  genug.  GöTnE26, 169.  s.  ausgeben  11. 

AUSGIESZEN,  effmdere,  nnl.  uitgieten. 

1)  flüssiges  ausschütten :   geusz  die  brühe  aus.   rieht.  6,  20 ; 

schepften  wasser  und  gossens  aus  für  dem  herrn.  1  Sam.  7,  6  ; 

bald  hat  ein  harter  fels  gut  wasser  ausgegossen. 
Weckuerlin  238; 

man  hatte  die  dämme  durchstochen  und  das  wasser  derWe- 
sterschelde  beinahe  über  das  ganze  land  Waes  ausgegossen. 
Schiller  867;  sein  blut  ausgieszen,  vergieszen;  den  samen 
ausgieszen;  das  bad  ausgieszen;  ein  loch  mit  heiszem  blei 
ausgieszen;  den  holen  zahn  mit  blei. 

2)  das  gefäsz  ausgieszen,  worin  flüssiges  enthalten  war: 
und  er  eilet  und  gosz  den  krug  aus  in  die  trenke.  1  Mos. 
24,  20;  das  glas,  den  becher  ausgieszen;  die  schale,  die 
Schüssel  ausgieszen;  das  kind  mit  dem  bad  ausgieszen;  de- 
ren {Türken}  ein  jeder  zwölf  weiber  haben  mag,  jedoch  ihr 
leib  also  meistern,  das  man  kein  leichtvertigkeit  spürt,  noch 
ihr  leib  etwa  unordentlich  gegen  einer  ausgieszen,  mit  Ver- 
achtung der  andern.   Frank  weltb.  106'. 

3)  mit  flüssigem  brand  löschen  i  das  feuer,  die  flamme,  die 
kohlen  ausgieszen,  ausschütten,  so  dasz  sie  ausgehen. 

noch  ist  es  zeit  dies  höllenfeuer  auszugieszen. 
GÖKINGK  1,  86. 

4)  licht,  glänz,  strahlen  ausgieszen,  auswerfen:  mondschein 
ausgegossen ; 

der  süsze  glänz,  den  dise  stern  ausgieszen. 

Weckherlin  685 ; 

ausgegossene  feuerwürmer.  J.  Paul 'Sampan,  th.  75;  ungeach- 
tet alles  lichts,  welches  der  gelehrte  Stilbon  über  sie  {die 
alterthümer  von  Abdera)  ausgegossen.  Wieland  12,  253.  auch 
liebliche  röthe,  todesblässe  war  über  sein  antlitz  ausgegossen. 

5)  geist,  liebe,  wonne  u.  s.  w.  ausgieszen:  bis  so  lange, 
das  über  uns  ausgegossen  werde  der  geist  aus  der  höhe. 
Es.  32,  15;  denn  der  herr  hat  einen  Schwindelgeist  unter  sie 
ausgössen.  19,  14 ;  ich  wil  ausgieszen  von  meinem  geist  auf 
alles  fleisch,  apost.  gesch.  2, 17.  18 ;  denn  die  liebe  gottes  ist 
ausgegossen  in  unser  herz.  Rum.  5,  5 ;  süszer  duft  ist  aus- 
gegossen; stille  war  ausgegossen  über  die  gegend; 

dasz  ich  mög  aus  dankbarer  brüst 

deiner  hiir  lob  ausgieszen.    Weckherun  32; 

Albano  gosz  vor  seinem  biedern  herzensfreund  sein  herz  aus. 
J.  Paul  Tit.  5, 111 ;  rede  aus,  giesz  deinen  schmerz  aus.  Klin- 
CERS  Ih.  3,  366 ;  soll  ich  mich  mit  dem  Vorwurf  stechen  las- 
sen, ich  gösse  alle  macht  und  schätze  über  unser  haus  allein 
aus.    7,  103;  alle  reichthümer  waren  über  ihn  ausgegossen. 

6)  gift,  zorn,  schmach,  lästerung,  bann,  tadel,  worte  aus- 
gieszen :  gehet  bin  und  gieszet  aus  die  schalen  des  zorns 
gottes  auf  erden,  offenb.  Joh.  16,1  ujid  durchs  ganze  capitcl; 
alles  bittere  gosz  sie  {die  liebe)  über  diese  einzige  nacht  aus. 
Leisewitz  J.  v.  Tarenl  1,  1 ;  unwarhaftig  wort  und  schrift  zu 
ruck  {im  rücken)  uszgegossen.  Heüchlin  augenspr.  2';  disen 
hinderrttcklingen  unwarhaftigen  uszgegossen  handel.  das.;  von 
den  lügen  und  Verleumdungen,  welche  Butyrolambius  auf  des 
Alltenors  person  ausgegossen  hatte.  Schuppius  566;  der  Dio- 
nysius  hat  nicht  übel  wider  den  Platonem  gercdt,  dasz  er 
der  unnützen  alten  wort  bei  den  unerfahrnen  jungen  ausge- 
gossen habe.  766;  wer  viel  drawwort  ausgcuszt  hat  kein 
macht.  Lebmann  154 ;  dieser  hat  die  allerlästerhaftigsten  und 
schimpflichsten  worte  wider  den  könig  ausgegossen,  pers.  ro- 
scnth.  1,  1 ;  gosz  die  schändlichsten  lästerworte  wider  mich 
aus.  7,  20 ;  lästerungen  ausgieszen.  Haiin  3,  326 ;  nachdem 
er  seinen  Unwillen  gegen  den  hof  in  die  bittersten  vorwürfe 
und  Schmähungen  ausgegossen.  Schiller  079 ;  den  tadel  über 
das  ganze  ausgieszen.  Bürger  182^  einen  bann  über  jemand 
ausgieszen.  Gotter  3,  70 ;  auf  das  si  nicht  ir  kctzerei  in  der 
Türkei  leren  und  ausgieszen.   Frank  weltb.  117*. 

7)  wo  transitives  ausgieszen  ohne  acc.  steht,   must  es  aus 


dem  Zusammenhang  verstanden  werden.:  also  schied  er  ab,  das 
er  nicht  wolt  disputiern,  und  schlug  mir  die  disputation  ab, 
darnach  gosz  er  aus  {verbreitete  er),  die  rehte  {räthe)  wollen 
in  nicht  disputiern  lassen.  Luther  1,  160* ;  andere  mich  bei 
aller  weit  ausgössen  {verlästerten).  Thuhneisseu  notgedr.  aus- 
schr.  17;  gieszen  sie  aus,  edler  jüngling,  mein  herz  ist  ihres 
Schmerzes  würdig.  Leisewitz  J.  v.  T.i,i;  wir  sind  jetzt  ganz 
in  weit  und  naturgeschichte,  reisebeschreibungen  und  was 
dazu  gehört  ausgegossen.    Göthe  an  Knebel  44. 

8)  sich  ausgieszen:  nu  aber  geuszet  sich  aus  meine  seele 
über  mich.  Hiob  30,  16;  der  Tigris,  so  sich  in  das  persische 
meer  ausgeuszt,    Opitz  1,  251; 

es  trinken  die  felder 
geizig  das  segnende  licht,  das  so  wolthäti^  sich  ausgieszt. 

Zachariä; 

es  ist  nun  meine  schwäche,  mich  in  worten  auszugieszen, 
wo  ich  tief  bewundre.  Klinger  2,  361 ;  da  gosz  sich  die  ge- 
drohte quäl  über  ihn  aus.  3,  297 ;  nun  gosz  sich  sein  gepei- 
nigtes herz  in  den  rührendsten  und  zartesten  vorwürfen  aus. 
10, 167 ; 

so  gosz  sich  eine  kriegeswolke  aus 

von  Völkern  über  Orleans  gelilde.    Schiller  450'. 

9)  schöner  ist  das  einfache  inlransitivum,  wozu  man  leicht 
wasser  oder  blut  ergänzt: 

sei  zu  geleichen 
eim  lauter  quellenden  brünnlein  klar, 
süsz,  trünkig,  kül  und  angenem  gar, 
welches  sommer  und  winter  fleuszt, 
miltiglich  quillet  und  ausgeuszt, 
thut  nicht  verseihen  noch  gefrieren. 

H.SachsII.  2,  90'; 

es  regnet  wie  ausgieszend.  Göthe  anfr.v.  S/ein  3, 282.  weid~ 
männisch,  das  wild  geuszt  aus,  hat  ausgegossen,  heßig  ge- 
schweiszt. 

AUSGIESZUNG,  f.  effusio:  die  ausgieszung  des  heiligen 
geistes.     hier  sagt  man  nicht  der  ausgusz. 

AUS  GIPFELN,  putare  cacumen  arboris,  dem  bäum  den  gipfel 
beschneiden. 

AUSGISCHEN,  exspumare,  ausschäumen. 

AUSGLÄTTEN,  plicas  laevigare:  die  eindrücke  der  traurig- 
keit  nicht  können  ausglätten.  Hippel  9,  76;  beide  Eutrope 
zu  verschmelzen  zu  einem  Livius  und  diesen  noch  dadurch 
auszuglätten.   J.  Paul  flegelj.  1,  36. 

AUSGLATTERN,  faltente  vestigio  cadere,  ausglitschen :  mein 
pferd  das  war  gewandt,  es  trottierete  wie  ein  blitz  mit  mir 
die  gläsernen  treppen  hinunter,  dasz  es  auch  nicht  einmal 
ausglatterte.    Schelmufsky  2,  41. 

AUSGLEICHEN,  exaequare:  verlust  und  gewinn,  einnähme 
und  ausgäbe ;  alles  hat  sich  gut  ausgeglichen ;  um  des  Schick- 
sals unrecht  auszugleichen.  Gotter  1,  388.  2,  231 ;  dasz  ich 
überall  die  bedürfnisse  der  menschen  sah  und  ein  unüber- 
windliches verlangen  fühlte  sie  auszugleichen.  Gütue  20,  176 ; 
das  höchste  glück  ist  das,  welches  unsere  mängel  verbessert 
und  unsere  fehler  ausgleicht.  22,  237;  sprach  er  von  den 
menschen  und  ihrem  Schicksal,  so  sprach  er  als  ein  mann 
davon,  der  seinen  werth  mit  beiden  ausgeglichen  hatte.  Klin- 
ger 5,  45 ;  das  böse,  das  sich  die  menschen  einander  thun, 
mit  der  Vorsehung  oder  der  Icitung  des  höchsten  ausglei- 
chen. 5,  46;  Kiinger  gesteht  es  selbst,  dasz  ihm  das  wort 
Vorsehung  ein  schall  ist,  bei  dem  er  in  die  peinlichste  Ver- 
wirrung gerathe,  wenn  er  den  vermeinten  sinn  mit  dem  gange 
der  weit  ausgleichen  wolle.  Gervinus  ««/.  lit.  3  aufl.  4, 577.  Die 
starke  form  wie  in  vergleichen,  Loiienstein  aber  verwandle  die 
schwache:  welcher  die  stiefmütterlichen  abneigungen  des  glucks 
mit  so  väterlicher  liebe  gegen  das  Vaterland  ausgegicicht  hatte. 
Arm.  1,  75 ;  denn  alle  seine  reden  waren  göttliche  lehren, 
jedwedes  wort  war  ein  talent  schwer,  und  die  Sparsamkeit 
seiner  zunge  ward  ausgogleicht  durch  Verschwendung  guter 
werke.  1,  081;  der  schnee  hatte  berge  und  tiiäler  ausge- 
gicicht. 1,  826.  auch  sagt  man:  das  pferd  liat  ausgegleicht, 
wenn  im  achten  jähre  die  eckzähne  den  übrigen  gleich  gewach- 
sen sind. 

AUSGLEICHER,  m.  lod  ein  ausgleicher.  Locau  2,  2,  6. 

AUSGLEICHUNG,/",  cxaequatio:  endliche  ausgleichung  aller 
Zwiste ;  ausgleichung  der  wolle  eines  vlicszes. 

AUSGLEICHUNGSGESCHÄFT,  n. 

AUSGLEICHUNGSVEHSUCH,  m.  Dahlmann /ranz.  ret>.  444. 

AUSGLEITEN,  lapsarc,  nnl.  uitglijden:  mit  dem  rechten 
fuszc  ausgleiten;  das  pferd  ist  ausgeglitten. 


877 


AUSGLIMMEN  —  AÜSGREIFEN 


ÄUSGLIMMEN,  exsüngui,  verglimmen,  nnl.  uUglimmen :  das 
fegfeuwer  beginnt  auszuglimmen  und  zu  äschen  werden.  Kirch- 
hof wendunm.  476'  (509); 

das  irdische  lag  da  wie  ausgeglommen.    Tieck  2,  72; 

die  (vom  abendschein)  ausglimmenden  fensler  der  abtei.  J.  Pacl 
fleip.  1,245;  endlich  quoll  der  mond  hinter  dem  ausglimmen- 
den  gletscher  herauf.  Fixlein  57. 

AUSGLITSCHEN,  frequentativ  von  ausgleiten :  man  glitscht 
bei  jedem  schritt  ans ;  da  sie  ihre  untergebene  auf  die  schlüpfri- 
gen wege  leitete,  wo  die  Unschuld  bei  jedem  schritt  in  gefahr 
ist  auszuglitschen.  Wielaxd  3,  302;  werde  ich  auf  einer  so 
schlüpfrigen  bahn  nie  ausglitschen?  3,400;  wenn  jemand  aus- 
glitscht und  in  einen  tiefen  abgrund  fallen  will.  Scbiller  1128  ; 
indem  sein  pferd  auf  dem  glatten  römischen  pöaster  aus- 
glitschte. GüTHE  27,  239 ;  ich  kann  mich  der  sorge  nicht  er- 
wehren, dasz  die  leser  ausglitschen.  J.  Paul  Hesp.  3, 105. 

AL'SGLITSCHUNG,  f.  schon  auf  dem  see  erblickt  man  die 
oberste  ausglitschung  des  spitzebühels,  von  wo  aus  der  schreck- 
liche bergsturz  seinen  anfang  genommen.  Ulrich  Hegner  4, 176. 

AL'SGLCCKEN,  Jiaud  amplius  succedere:  wo  die  klugheit 
nicht  darunter  mit  henor  blicket,  so  hat  sichs  ausgeglücfcet. 
Simplic.  1,277. 

AUSGLÜHEN,  transiliv,  im  feucr  ausbrennen,  exurere:  einen 
topf,  draht,  ein  eisen  recht  ausglühen;  herr  schifscapitän,  ihr 
seht  ja  aus,  als  hält  die  sonne  euch  zum  hämisch  ausglühen 
wollen.  Bettine  6r.  1,  225.  intransitiv,  aufhören  zu  glühen :  die 
sonne  hat  ausgeglüht,  ist  unter;  die  pfeife  glüht  aus,  geht  aus. 

AUSGÖFFERN,  surripere,  entwenden,  heimlich  in  der  hand 
bergen,  von  gaufe,  vola  manus,  vgl.  bair.  gaufem  eilig  thun, 
haschen.  Schm.  2,  IS.  ein  ehrlicher  mann  kan  nicht  davor, 
wenn  schelmen  und  diebe  hinter  seinem  rücken  was  ausgöf- 
fern.  Weise  comüd.  270. 

AUSGRABEN,  effodere,  exsculpere,  goth.  usgraban,  ahd.  ar- 
grapan  sculpere,  öjgrapan  e/fodere,  nnl.  uitgraven.  du  soll 
auch  ein  stimblat  machen  von  feinem  golde  und  ausgraben, 
wie  man  die  siege!  ausgrebt.  2  Mos.  28,  36 ;  sende  mir  nu 
einen  weisen  man,  der  da  wisse  auszugraben.  2  chron.  2,  7 ; 
herr,  sie  haben  deine  altar  ausgegraben.  Rom.  11, 3 ;  wann  so 
oft  man  Übels  thue,  die  äugen  ausgegraben  würden.  Schüp- 
piüs  407 ;  wir  musten  die  klippen  hinabklettern,  als  wenn  wir 
den  monden  wollen  die  äugen  ausgraben.  Weise  erzn.  69; 
steine,  erz,  wurzeln  ausgraben,  teiche  ausgraben;  den  fuchs, 
dachs  in  seinem  bau  ausgi-aben. 

AUSGRÄMELN,  finem  facere  aegritudinis :  er  hat  ausge- 
grämelt. 

AUSGR.ÄMEN,  sich,  dasselbe:  er  hat  sich  ausgegrämt ;  kam 
etwas  unangenehmes,  so  war  ich  schon  darauf  gefaszt  und 
hatte  mich  allbereit  darum  ausgegrämt.  Weise  kl.  leute  262. 

AUSGRANSEN,  ivas  ausflennen,  ausweinen.  Schelmufsky  1,  57. 

AUSGRASEN,  demetere,  depascere,  ein  stück  der  wiese  aus- 
grasen, vgl.  abgrasen,  aufgrasen,  auch  evellere  herbas,  den 
weg  ausgrasen,  das  gewachsne  gras  ausraufen. 

AUSGR.\TEN,  exossare pisces :  ausgegrätete  Sardellen.  Hoh- 
BERG  3,82";  karpfen  essen  und  ausgräten.  J.  Pacl  I«/.  1, 135. 

AUSGRÄTSCHELN,  ditaricare  pedes,  ausspreizen. 

AUSGRÄTSCHE.N,  dasselbe :  unsre  miliz  war  doch  noch  ein 
lustig  Volk,  sie  nahmen  sich  was  heraus,  standen  mit  ausge- 
grätschlen  beinen  da.  Göthe  8, 241.    s.  auskrätschen 

AUSGREIFEN,  in  mehrfachem  sinn, 

1)  altius,  latius  tendere,  hingreifen: 

rang  nach  vernichiung, 

winselte,  raste  nach  ihr,  (rrif  aus  mit  der  sterbenden  bangem 

furchtbaren  greifen  nach  ihr,  und  war! 

Klopstock  Mess.  16,  696; 
der  gedrängte  vertrag  dieses  weitausgreifenden  wanderers  (Marco 
Polo).  GöTHE  6,  187 ;  ich  wüste  wol,  wem  ich  diese  Verlegen- 
heit vertraute,  wen  ich  mir  zum  fürsprether  ausgrifl"e:  aus 
allen  dich  Lucinde.  21,127;  zwei  weitausgreifende  werke,  ein 
historisch  religiöses  Volksbuch  und  eine  allgemeine  liedersamm- 
lung.  32,  30 ;  der  aus  weil  ausgreifenden  absiebten  sich  diesen 
rebcllen  verbunden  habe.  Tieck  5«.  nop.  6, 130 ;  das  leben  ist 
ein  schlaf,  ein  gedrückter,  hciszer  schlaf,  vampyren  sitzen  auf 
ihm,  regen  und  winde  fallen  auf  uns  schlafende  und  wir  grei- 
fen vergeblich  aus  zum  erwachen.  J.  Paol  Hesp.  4,  83. 

2)  secemere,  eligere:  ich  greife  mir  das  aus. 

S)  palpare,  die  hüncr  ausgreifen,  befühlen,  ob  sie  bald  legen 
mollen. 

4)  taetu  detertre,  abgreifen :  die  klinke  ist  beinahe  ausgegrif- 


AUSGROLLEN— AUSGUSZ  878 

fen;  diese  schwämme  und  moose  säte  das  Schicksal  so  weit 
als  es  konnte  in  die  höheren  stände  hinauf,  weil  sie  in  den 
niedern  und  breitern  zu  sehr  ausgegriffen  und  ausgesogen 
wären.  J.  Paul  Tit.  1,  67. 

5)  intransitiv  vom  pferde,  im  gang  ausschreiten: 

halloh  als  jag  es  zur  weit  hinaus, 

greif  aus,  areif  aus  I 

dies  letzte  noch  lasz  uns  gelingen.   Bürger  81*. 

AÜSGROLLEN,  finem  facere  xndignandi :  er  hat  endlich  au»- 
gegroUt. 

AUSGRÖLZEN,  ructari,  eruelare:  blul  ausgrölzen,  ausieer- 
fen.  Stieler  707;  es  gibt  reimere  und  zeilenleimere,  die  auf 
einem  fusze  stehend  ein  halb  schock  reime  ausgrölzen  kön- 
nen.  V0>-  BiRKEX   G.  58. 

AUSGRÖSZERN,  den kammmachern,  die  eingeschnittenen  zahne 
des  kamms  vergrüszern,  was  mit  der  gröszerfeile  geschieht. 

AUSGRÜBELN,  fodere,  rimari:  heut  disz.  morgen  jenes 
auszugrübeln.  Kirchhof  mil.  disc.  98 ;  dasz  keiner  nicht  die 
zän  ausgrübel.  Fischart  Garq.  2 ;  da  setzen  sich  nun  die  re- 
gulgeber  hin  und  meinens  auszugrübeln,  was  da  natur  sei. 
Klopstock  12, 150;  diese  reden  machten  einen  tiefen  eindruck 
auf  mein  gemüt,  und  je  weniger  ich  ihren  sinn  verstehen 
konnte,  desto  mehr  bemühete  ich  mich  ihn  auszugrübeln. 
Wieland  12,  88. 

AUSGRÜBLICH,  adv.  rimando:  da  doch  hochgelehrtere, 
verschmitztere  und  spitzCndigere  köpfe,  als  du  bist,  nach- 
förschlichen  und  ausgrübelicht  erwiesen  haben.  Philaxder  1,463. 

AUSGRÜNDEN,  perscrutari,  rimari,  ergründen,  durchgrün- 
den: er  ist  nie  gewest,  der  es  ausgelernet  hätte,  und  wird 
nimmermer  werden,  der  es  ausgründen  möchte.  Sir.  24.  39 ; 
wollen  wir  nicht  ausgründen.  Luther  4, 18' ;  die  man  nimer- 
mer  ausgründen  kan.  5,417';  das  ir  lernet  von  solchen  gedan- 
ken  lassen  und  dem  teufel  heimschieben  {br.  4,  249  heim- 
schicken), das  er  sie  ausgründe,  der  weisz  wol  wie  im  drüber 
gangen  ist.  5,  487';  willu  klug  und  weise  sein,  ja  alle  gött- 
liche heimlichkeit  und  Weisheit  ausgründen.  6,187';  und  soll 
das  disputieren  auch  eine  masze  haben,  ob  wir  gleich  nicht 
alles  ausgründen  können.  Mela.\chth.  corp.  doctr.  ehr.  435; 
wenn  wir  durch  unsre  vemunft  die  gottheit  ausgründen  könn- 
ten, so  nähme  die  gottheit  ein  ende.  Elisabeth  herzogin  lu 
Braunschweig  1545 ; 

sind  unerforschlich  ta  erfinden 

keim  menschen  müglich  auszugründen. 

B.  Waldis  Esop  4,  95 ; 
nrkrafl,  verbalt  und  zweck  tief  ausgegründet 
umschlingt  der  anmul  leicht  geknüpfte  schnür. 
Voss  5,  73. 
den  tischlern  ist  ausgründen  die  fuge  aushobeln  und  auch  an- 
dere handwerker  verwenden  es  für  vertiefen. 

AUSGRÜNEN,  desinere  virere,  nnl.  uilgroeijen.  gegensatz 
des  angrünens. 

AUSGUCKEN,  1)  ausschauen,  prospicere:  das  mädchen  gnckt 
immer  aus ;  Luther  schreibt  auskucken :  diese  trachenköpfe, 
die  dem  bapslesel  zum  hindern  auskucken  und  speien.  6,  319". 
oder  ist  es  ausköken?  2)  prospiciendo  consumere:  sie  guckt 
sich  nach  ihm  die  äugen  aus ; 

wer  die  Vernunft  gebraucht,  die  gottheit  zu  ergründen, 
guckt  sich  zuletzt  die  augea  aus.    PFErrit  5, 164. 

5.  ausgutzen. 

AUSGÜHREN,  procidere,  apparere,  ausgähren.  bergmännisch, 
der  gang  güret  durchs  geslein  aus,  es  tritt  eine  gur  aus  dem 
gesteine.    s.  guhr  und  gähren. 

AUSGURGELN,  gargarizando  eluere,  schleim  ausgurgeln; 
die  kehle  ausgurgeln. 

AUSGUSZ,  m.  effusio,  ergusz:  ausgusz  des  wassers; 

dasz  bald  ein  starker  flusz 
heraus  flosz  als  ein  meer  mit  tobendem  ausgusi. 
Weckberlin  725; 
schavj^  lieb,  wie  diser  flusz 
mit  rauschendem  ausgusz 
die  macht  der  lieb  bekennet.    755; 

dieser  flusz  fällt  mil  drei  ausgössen  ins  meer.  LonE?fST.  Arm. 
2,  860.  in  den  schmelzhülten  heiszt  ausgusz,  was  von  dem 
herde  mit  der  kelle  in  die  pfanne  gegossen  wird;  liesz  auf 
ihren  ai^gusz  sehen.  Mathesids  26".  auch  das  loch,  wodurch 
man  ausschüttet,  der  schlauch,  die  rühre,  durch  welche  wasser 
gepumpt  wird,  empfängt  den  namen  ausgusz.  bildlich,  aus- 
gusz des  besten  jugendlichen  herzens.  Herder  an  Caroline 
Flachsland  1,  240 ;  o  es  ist  ein  nieisterstück,  der  ausgusz  der 
wännsten,   wollüstigsten  phantasie.  Klixcer  2,  406;   das  was 


879 


AUSGUTZEN— AUSHALTEN 


AUSHALTEN 


880 


ich  nun  wahrnehme,  gibt  dem  ausgusz  ihrer  zerrütteten  phan- 
tasie  den  schein  von  Wahrheit.  2,  410 ;   mit  dem  lebendigsten 
ausgusz   und   gebrause   einer  feurigen  einbildungskraft.   8,  9. 
auch   sieht   ausgusz  für  abgusz,   imaginis  effidio :   einen  aus- 
gusz  des   kolossalen  Junokopfes.    Göthe  27,  250;    was  mich 
aber  besonders   frappierte   war  der  originalausgusz  von  ihrer 
büste,  der  eine  solche  Wahrheit  und  ausfülirlichkeit  hat,  dasz 
er  wirklich  erstaunen  erregt,     der  ausgusz,  den  sie  besitzen, 
läszt  diese  arbeit  wirklich  nicht  ahnen.  Göthe  an  Schiller  355. 
AUSGUTZEN,  prospicere   ex  feneslra,   frequentaliv  von  an- 
gucken und  wol  entsprungen  aus  guckitzen: 
so  ich  mich  etwan  schmucli  und  putz, 
oder  aus  zu  dem  fenster  gutz.    H.  Sachs  I,  527' ; 
wenn  sie  hofierten  vor  dem  haus, 
gutzt  denn  dein  weib  zum  fenster  aus.    II.  4,  87  . 

vgl.  angutzen. 

AUSHAAREN,  crines  dimütere,  die  haare  fahren  lassen :  der 
pelz  haart  aus. 

AUSHABEN,  in  verschiednen,  elliptischen  bedeulungen, 

1)  verlieren,    gleichsam   ausgespielt,    seine    rolle    ausgespielt 
■  haben:  er  hat  bei  mir  aus,  perdidit  apud  me  gratiam.  Stein- 
bach 1,  663 ; 

gott  füllt  manch  wüstes  haus, 
und  macht  die  reich  sind  arm,  die  treu  hat  keinmal  aus, 
so  wenig  als  sein  wort  wird  seine  kraft  verkürzet. 
Ghiphius  2,  438 ; 

hier  schweigt  endlich  der  Verfolger, 

und  hier  hat  die  misgunst  aus.    Gönihkr  851. 
oder  ist  aushaben  ein  ende  haben,  aussein?  Schmeller  2, 135 
gibt  an:  aushaben,  etwas  verloren  haben,  und  Steinbach:  ich 
habe  aus,  finem  consequor. 

2)  aushaben  vincere,  ut  in  ludis  et  alea:  ich  habe  aus, 
vici.  Stieler  725.  gehört  hierher  folgende  stelle  ?  dasz  alle  ehr- 
liebende ein  betrübnis  ob  solchen  calumnien  haben,  dasz  em 
solcher  hochlöblicher  fürst  von  einem  solchen  landläufer  also 
ausgehabt  wird.  Melanchthon  9,  731,  überwunden  ?  es  scheint 
vielmehr  ausgespottet,  verleumdet.  Schmeller  a.  o.  o.  hat  auch 
jemand  aushaben,  böse  auf  ihn  sein,  näherer  aufklärung  be- 
dürftig und  heute  veraltet,    vgl.  aushalten. 

3)  aushaben,  den  rock  ausgezogen  haben,  gegensatz  zu  an- 
haben; ich  habe  die  schuhe  noch  nicht  aus. 

4)  aushaben,  ausgetrunken  haben:  ich  habe  das  glas  schon 
dreimal  aus;  habe  den  teller  aus  {gegessen). 

5)  ein  buch  aushaben,  ausgelesen  haben,  zu  ende  haben: 
ich  habe  das  Med  schon  aus  {gesungen). 

AUSHACKEN,  effodere,  eruere:  die  raben  sollen  dem  gott- 
losen söhn  am  galgen  die  äugen  aushacken;  keine  krähe 
hackt  der  andern  die  äugen  aus;  so  bedienen  wir  uns  der 
reinen  befugnis  uns  selbst  recht  zu  verschaffen  und  den  ne- 
krologischen Schnabel  zu  verrufen,  der  unserm  armen  Moriz 
gleich  nach  dem  tode  die  äugen  aushackt.  Göthe  an  Schiller 
230.  steine,  kartoffeln  aushacken,  ein  stück  land  mit  der  hacke 
fertig  bearbeiten,  die  schuhe  aushacken,  ihnen  durch  sliche 
und  schnitte  zackigen  rand  geben,  bei  den  ßeischem,  das  fleisch 
aushacken,  in  stücke  zerhacken,  bei  den  böttichern,  holz  aus- 
hacken, aus  dem  groben  arbeiten. 

AUSHADEHN,  non  amplius  irasci,  auszürnen. 

AUSHAGELN,  non  amplius  grandinare:  die  wölke  hat  aus- 

gehagelt-  ^         ... 

AUSHAGERN,  macrescere,  ausmagern:  der  nein  hagert  aus, 
wenn  andere  zunehmen;  wieder  aushagern,  remacresccre. 

AUSHÄKELN,  solvere  uncum:  die  schuhe  aushükeln.  den 
vinzem,  putare  vilem,  die  spitzen  und  eberzähne  an  der  rebe 
ausschneiden. 

AUSHAKEN,  gegenüber  dem  einhaken. 

AUSHALFTERN,  capistrum  demere  equo:  das  pferd  hat  sich 
ausgehalftert,  von  der  halßer  losgemacht,  dann  überhaupt  sich 
aus  etwas  helfen,  lösen:  er  wüste  sich  und  seines  ampts  an- 
gehörige  auszuhalftern.  Simplic.  1,  726. 

AUSHALLEN,  longe  sonare :  die  glocke  hallt  weit  aus ;  seine 
Worte  hallen  im  sale  aus; 

dasz  gottes  gnad  und  allgewalt 
in  vollem  jubel  lang  aushallt.   Voss  6,  201. 
dann  auch  finem  facere  sonandi:  die  letzten  schlage  der  glocke 
hallen  aus; 

die  glockcn  hallen  au«,  die  liedcr  enden.    Uhland. 

AUSHALTEN,  suslinere,  nnl  uilhouden,  bis  zu  ende  hallen. 

1)  intransitiv,  wenn  kein  casus  ausgedrückt  steht,  durare, 
perdurare,    ausdauem:    ich   halle   nicht   länger  aus;    er  hielt 


nicht  mehr  aus ;  du  hast  lange  mit  ihm,  bei  ihm  ausgehalten ; 
der  hund  hält  nicht  aus,  bleibt  nicht;  der  wagen  hält  wol  aus, 
dauert,  hält  noch  länger;  hielt  recht  aus  {von  einem  bogen- 
schützen).  Garg.  iSO'; 

wer  niäszig  ist,  häh  aus.    Grvphius  195 ; 
schwache  brustwehren,  welche  noch  nie  gegen  die  angriffe  des 
neides,  der  arglist  ausgehalten  haben.  Wieland  2, 116 ;  er  hat 
gegen  Cyanen  ausgehalten.  1,177;  die  Vernunft  kann  in  einer 
anarchischen  weit  nicht  aushalten.  Schiller  1031; 
dreiszig  jähre  haben  wir 
zusammen  ausgelebt  und  ausgehalten.   379"; 

ich  will  sehen  ob  ich  aushalte.  Göthe  an  fr.  v.  St.  i,  37.  aus- 
haltende kraft,  aushaltender  wille.  auch  die  wolle  heiszt  aus- 
haltend, wenn  sie  überall  gleich  vom  leib  absteht. 

2)  oß  wird  ein  es  oder  das  hinzugefügt  und  der  begrif 
leise  transitiv  gewendet:  ich  halte  es  nicht  länger  aus;  er 
hielt  es  nicht  mehr  mit  ihm  aus ;  nein,  es  ist  mit  euch  nicht 
auszuhalten.  Lessing  1,  240 ;  wir  konntens  in  der  Stadt  nicht 
mehr  aushalten.  Göthe  14,  82 ;  aber  nun  kann  ichs  nicht  län- 
ger aushalten.  Gerstenberg  Ugol.  36 ;  nein,  beim  groszen  gott 
ich  kann  das  nicht  aushalten.   Schiller  191';    das  halte  der 

teufel  aus!  •  u  u  i 

3)  transitiv  mit  ausgedrückten  Wörtern  der  zeit:  ich  halte 
dir  das  jähr  aus,  halte  keinen  tag  weiter  aus ;  er  hielt  die 
bestimmten  drei  monate  ruhig  aus ;  halte  mit  dieser  die  wochen 
aus  {vulg.  imple  hebdomadam  dierum).  1  Mos.  29,  27 ;  Jacob 
hielt  die' Wochen  aus.  29,28;  das  er  dem  herrn  die  zeit  sei- 
nes gelübds  aushalte.  4  Mos.  6,  12 ;  wie  er  aushielt  die  tage 
der  reinigung.  apost.  gesch.  21,  26.  man  könnte  aber  die  accu- 
sative  jähr,  tag,  monate  u.  s.  w.  adverbial  fassen,  und  dann 
würde  aushalten  wiederum  intransitiven  sinn  haben,  das  kleid 
hält  den  winter  noch  aus,  will  entweder  sagen  erträgt  den  win- 
ter,  fert  hiemem,  oder  dauert  winterlang,  per  kiemem. 

4)  mit  acc.  der  person: 
gelassen  kalt  hat  er  mich  ausgehalten, 
aufs  höchste  mich  getrieben.    Göthe  9,  162; 

und  deine  cither,  deine  gesellin,  gespielin,  buhlerin,  die  noch 
alle  deine  liebsten  ausgehalten  hat.  57,198.  in  anderm  sinn, 
einen  mann  aushalten,  marem  ferre,  von  mannbaren  mädchen. 

5)  mit  acc.  der  sache:  den  kämpf,  krieg,  angrif,  stürm,  das 
spiel  aushalten ;  wann  ich  mit  solchen  {hastigen)  leuten  zu 
thun  habe,  halte  ich  ihnen  einen  stürm  aus  und  denke  ihr 
zorn  vergehe  wol  von  sich  selbst.  Schuppids  292 ;  das  schwache 
boot  hielt  den  stürm  der  wellen  nicht  aus;  er  hatte  wieder- 
holte stösze  oder  schlüge  des  Unglücks  auszuhalten ;  der  feind 
hielt  unsern  anblick  nicht  aus.  zuweilen  steht  blosz  das  un- 
bestimmte pronomen  und  ein  subsl.  ist  leicht  zu  ergänzen:  er 
kann  schon  einen  (schlag,  puf)  aushalten,  etwas  aushalten; 

dein  volk  hat  mir  crzöriit  ein  maus, 

drumb  soltu  mir  ein  halten  aus.    Alberüs  112 , 

einen  kämpf,  krieg,  den  schmerz,  kummer,  die  strafe,  das 
Unglück  geduldig  aushalten;  die  probe,  die  prüfung,  den  ver- 
gleich, die  nebeneinanderstellung  nicht  aushalten:  freilich 
konnte  der  bräutigam  die  vcrgleichung  mit  dem  nachbar  nicht 
aushalten,  sobald  man  sie  neben  einander  sah.  Göthe  17,  328. 

6)  in  der  musik  heiszt  den  ton  aushalten  »7m  nicht  sinken 
lassen,  gleich  stark  erhalten,  gut,  falsch  aushalten;  auch  wol 
zuletzt  darauf  verweilen;  die  weise,  das  lied,  den  gesang  recht 
aushalten;  dieser  gesang  ausgehallen  ohne  rasche  bewegung. 
TiECK  4,  429;  in  einem  entzückten  ton  aushallend.  J.  Paul 
biogr.  bcLl,  23. 

7)  früher  gebrauchte  man  aushalten  auch  für  unterhalten, 
erhalten,  suslentare : 

eim  buler  oft  ein  glück  zufelt, 

das  in  ein  schöne  fraw  aushelt.    H.  Sachs  I,  228*; 

mein  erbtheil  wil  einbringen  ich, 

darmit  aushalten  mich  und  dich.    III.  1, 195'; 

wir  wölln  aushallen  den  guten  man, 

Ist  einem  umb  ein  kieuzer  zihan.    IV.  3,  26  ; 

da  ward  ich  ausgehalten  frei  {frei  gehalten). 
b.  Waldis  4,  17; 
und  sich  allein   vom  raub  und  blut  der  anderen  aushielten 
{unterhielten,  erhielten,  nährten).  Frank  c/iron.  122*; 

drumb  ich  ein  •gfaltcrn  gewinnen  wil 

der  moira  weib  aushell  das  kindbet. 

Atrkr  fastn.  sp.  26* ; 

diese  musten   nicht  allein  mit  geld  und  vivers  ausgehalten, 

sondern  auch  mit  fast  allem  kriegsapparat  versorget  werden. 

MlCRÄLlUS  a.  P.  5,  210. 


881 


AUSHALTUNG — AUSHARREN 


AUSHARREN  —AUSBAUEN 


882 


8)  aushalten,  ausbehalten,  entnehmen :  darumb  wer  dem  Un- 
glück und  ewiger  pein  entfliehen  wolle,  der  mag  im  aus  diser 
historien  aushalten,  das  zu  seinem  ewigen  fride  und  wolfart 
dienstlich  ist.  Mathesics  h'. 

9)  aushalten,  vorbehalten,  ausbedingen:  ich  halte  mir  das 
aus;  er  hat  sich  beim  verkauf  noch  allerlei  ausgehalten. 

10)  beachtenstverlh  sind  die  beiyegebnen  dative:  ich  halte  es 
dir,  halte  es  ihnen  aus,  ivofür  auch  gesagt  tiird  mit  dir,  ge- 
gen dich,  gegen  sie.     selbst  ein  dat.  der  sache  kommt  vor: 

so  Tielen  streichen  auszuhalten.  GC.xther  160, 
es  gegen  so  viel  streiche  aushalten,  sich  so  viel  streichen  ge- 
duldig hinhallen;  diesem  neuen  ungewitter  werden  die  schiffe 
schwerlich  aushalten  ki.nnen.  Opitz  Arg.  2,  2 ;  dem  streiche 
der  grausamen  trennung  aushalten.  2, 169 ;  der  gefahr  aushal- 
ten. 2,  404;  dem  göttlichen  verhängnüsse  gedultig  aushalten. 
LoHENST.  Arm.  2,  1128,  in  welchem  sinn  wir  heule  vorziehen 
still  halten. 

11)  bergmännisch,  aushalten,  attssondem :  eine  stufe  aushal- 
ten, das  gestein  von  ihr  sondern,  forstmännisch,  das  holz,  die 
bäume  aushalten,  nutzhoh  vom  Scheitholz  sondern,  nnl.  de 
spriet  dient  om  het  zeil  uit  te  houden,  um  das  segel  von  ein- 
ander zu  halten. 

AUSHÄLTUNG, /".  consiantia,  hlerantia:  die  aushaltung  des 
Ions;  aushaltung,  ertragung  der  gemachten  vorwürfe;  ruhige 
aushaltung  eines  eigenen,  öffentlichen  ehrbankbruchs.  J.  Paul 
nachdämm.  78. 

AUSHÄMMERN,  malleo  pertundere:  beulen  im  metall  aus- 
hämmern, austreiben,  glatt  schlagen;  eine  person,  die  die  we- 
nigen eckenbeschläge  aus  goJd  und  tressen,  die  sie  vom  hofe 
aufs  land  hinausgenommen,  drauszen  zu  einem  goldfliltemen 
opern-  und  schleppkleid  in  der  einsamkeit  ausgehämmert  hatte. 
J.  Fall  jubeis.  180. 

AUSHANDELN,  vendere,  verhandeln,  weggeben: 

lasz  einen  alten  freund  anjetzt  unausgehandeh, 
denk  au  die  erste  gunsl,  hat  er  sich  gleich  verwandelt. 
Opitz  1,  319. 

auch  mercaluram  deserere:  er  hat  längst  ausgehandelt. 

AUSHÄNDIGEN,  dare  de  manu  in  manum,  tradere,  einhän- 
digen drückt  das  in  manum  aus:  der  tochter  den  fächer  aus- 
zuhändigen. J.  Pacl  paling.  2, 15 ;  der  vertrag  wurde  ihm  aus- 
gehändigt. 

AUSHANG,  m.  periculum  typographicum,  was  das  folgende 
wort:  zu  dem  ende  soll  meine  ganze  Ilias,  gesang  für  gesang, 
in  dem  Journale  als  ein  aushang  erscheinen.  BCrger  183'. 

AUSHÄNGEBOGEN,  m.  plagula  speciminis  causa  excusa, 
weil  solche  bogen  an  der  presse  ausgehängt  werden :  mir  gefiel 
es  gar  nicht  übel,  meine  wilde  dramatische  skizze  nach  und 
nach  in  säubern  aushängebogen  zu  sehen.  Göthe  26,  204 ;  an 
den  aushängebogen  der  Jugend  verbessert  das  alter  als  cor- 
rector.  J.  Fall  grönl.proc.  1,  vii;  er  sprach  vom  steigen  und 
fallen  dieser  weiblichen  papiere  {der  morgenbriefchen)  und 
nannte  sie  die  aushängebogen  des  weiblichen  herzens.  Hesp. 
2,189. 

AUSHANGEN,  suspensum  esse,  nnl.  uithangea :  dem  hange- 
ten  kutlen  usz.  Tho.  Plater  78 ; 

Partei  wird  alles,  wenn  das  blutffe  zeichen 
des  bürgerkrieges  ausgehangen  fst.    Schiller  456. 
wegen   des   Verhaltens   zum  folgenden  wort  gilt  die  bei  abhan- 
gen, anhangen,  aufliangen  gemachte  bemerkung. 

AUSHÄNGEN,  suspendere:  tücher,  fahnen,  bogen  aushängen ; 
ein  fenster,   die  kette,  locomotive  aushängen,     s.  aushenken. 

AUSH.\NGESCHILD ,  n.  signum  e  domo  suspensum :  man 
nahm  meinen  naraen  zum  motto,  mein  bildnis  zum  aushünge- 
echild.  Tiec«  3,  lo. 

AUSHAREN,  pilos  auferre:  eine  haut  aushären. 

AUSHARKEN,  pecline  purgare,     gartenwege  ausharken. 

AUSHARMEN  sich,  finem  facere  luctus. 

AISHARNEN,  urina  reddere:  blut,  griesz  aushamen;  in- 
transitiv minqrre. 

AUSHARREN,  perdurare,  perseverare,  aushallen. 

1)  heute  fast  nur  intransitiv:  ich  will  ausharren,  ausdauern ; 
ich  habe  ausgeharrt  bis  ans  ende;  in  dieser  peinlichen  läge 
zu  verharren  und  doch  nicht  mehr  lange  ausharren  zu  kön- 
nen, der  a.  m.  im  Tockenh.  33 ;  er  harrte  auf  seinem  werte 
aus,  bestand  darauf  J.  Paul  oeJtA.  3, 163;  ausharrende  gedull, 
ausharrende  seele.     wer  ausharrt,  wird  belohnt. 

2)  früher  aber  transitiv,  exspeciare,  aushalten:  harrets  aas 
gedültiglich.  Mei.anchthon  im  corp.  doctr  cAr.  724;  bie  ist  nu 


ser  nützlich  vleiszig  aufzumerken,  was  es  für  ein  kämpf  kostet, 
gotliche  verheiszung  ausharren  und  recht  erwarten.  Melaxch- 
rnoxs  Daniel  übers,  von  Jonas.  Wittenb.  1546  bl.  8 ;  auch  dasz  der 
feind  auszuharren  {auszuhalten)  sei  und  sein  pulfer  und  ku- 
geln vergebens  verschiesz.  Froxsperg  kricgsb.  l,  131';  so  vil 
lodsgefahr  ausharren.  Fischart  ehz.  58 ;  dasz  die  natur  die 
plötzliche  änderungen  wegen  der  gewaltsame  on  verdrüszlich- 
keit  nicht  wol  überstehet  und  aushart.  Garg.  172';  welcher 
feind  mit  solcher  rüstung  nicht  zu  überwinden  noch  auszu- 
harren. Zi.NKGR.  apoph.3'i,21;  meine  zarte  Jugend  dörfte  eine 
solche  art  zu  leben  in  die  länge  nicht  ausharren.  Simpl.  1, 
33 ;  könnte  sie  aber  das  ende  meiner  erzählung  nicht  aushar- 
ren? alle  übers.  Holbergs  2,  343;  nach  wenig  ausgehaiTten 
tagen.  Gotter  1, 249 ;  er  vermeinte  den  harten  sinn  des  fräu- 
leins  auszuharren.  Mcsaecs  volksm.  3,  56. 

AUSHARREN,  n.  perseverantia :  wähnen  sie  ja  nicht,  Peter 
habe  die  geduld  und  das  ausharren  zum  künstler.  jetzt  da 
er  in  den  wald  soll  will  er  zeichnen,  er  würde  eine  begier 
nach  dem  holz  haben,  v^enn  er  an  die  Staffelei  sollte.  Göthe 
an  Kraft  12. 

AUSHÄRTEN,  indurare,  hart  machen:  ich  führte  so  ein 
streng  leben,  dasz  mich  verwunderte,  wie  er  es  ausherte» 
möchte.  Kirchhof icenrfunm.  395*;  den  stahl  aushärten;  unser 
gemüte  wider  die  zufalle  dieses  lebens  aushärten.  Opitz  poe- 
terei 74 ;  übrigens  härtet  der  krieg  nicht  viel  stärker  aus  als 
der  friede.  J.  Paul  dämmerungen  60.    vgl.  abhärten. 

AUSHASELIEREN,  ineptire  desinere :  der  kerl  bat  noch  nicht 
aushaseliert.    s.  haselieren. 

AUSHASPEN,  cardine  emovere,  ausheben:  die  thür  aushaspen. 

AUSHASSEN,  odium  restinguere:  viele  leute  hassen  gar 
nicht  aus. 

AUSHATSCHEN,  AÜSHUTSCHEN,  subito  egredi.  in  Baiem, 
hatsch  aus !  apage  hominem,  auch  katschaus !  katzaus !  Schnel- 
ler 2,  259.  345. 

AUSHAU,  m.  excisio,  das  aushauen,  gebildet  wie  anhan  und 
verhau :  der  aushau  eines  waldes ;  ihre  besten  lustspiele  eines 
Congreve  und  Wycherley  würden  uns,  ohne  diesen  aushau  des 
allzu  wollüstigen  wuchses,  unausstehlich  sein.  Lesslnc  7,  57. 
s.  aushieb. 

AUSHAUCH,  m.    exhalatio : 

nicht  flieht  den  athemraubenden  ausbauch 
von  goldneu  kerkern  der  Städte.    E.  vo.>  Kleist  ; 
0  wie  stärket  ihn  da  der  aushauch  duftender  kräuter. 

Zachariä; 
freund,  welcher  nordwlnd,  schwarz  vom  gifte, 
gieszt  seines  aushauchs  bange  dufte 
auf  deines  lebens  schönste  zeit?    Gotter  1,219; 
der  fliege  kolibri  gleich,  die  nie  von  dünsten  beschwert 
auf  blumen  schwebend  sich  nur  von  ihrem  aushauche  nährt. 
Thcsiels  reisen  8,  301 ; 

die  sümpfe,  deren  böser  aushanch  ihnen  die  pest  gab.  Stol- 
berg 9,  201. 

AUSHAUCHEN,  exhalare,  efßare,  verhauchen  :^ 

hauche  dort  die  trAbe  seele 

langsam  in  gesängcn  aus.    Gotter  1,104; 

hier  hauch  Ich  ungestört 

den  schmerz  in  Seufzern  aus.    2,4; 

ich  habe  dies  wesen  in  gebeten  und  seufzem  ausgebaucht, 
jetzt  habe  ich  ein  anderes  wesen.  LEisEwrrz  Jul.  v.  Tar.  2,  2 ; 
selbst  der  wunderliche  geruch,  den  so  mancherlei  spezereien 
durcheinander  aushauchten.  Göthe  18,  22;  undurchdringliche 
Wälder,  welche  ungeheure  niassen  theils  eingesognen  theils 
selbst  erzeugten  wassers  aushauchen.  Hcmbüldt  ans.  der  nal. 
1, 15. 

*AUSHAÜCHUNG ,  f.  exhalatio:  die  aushaucbungen  feuer- 
speiender berge.  Käst  fl,  54. 

AUSHAUEN,  excidere,  exscindere,  in  vielfachem  sinn. 

1)  virgis  caedere,  fustigare,  verberare,  flagellare,  mit  ruthen 
streichen,  wofür  die  alte  spräche  eine  menge  ausdrücke  hatte, 
z.  b.  goth.  bliggvan,  usbliggvan,  ahd.  pliuwan,  ags.  svingan 
«.  s.  w.  mit  ruten  aushawen.  pcinl.  halsfjer.  ordn.  198 ;  wirt 
einer  mit  rritrn  ausgehawen.  Draunschweig  Chirurg.  84 ;  das 
kind  tüchtig  aushauen;  einen  dieb  zur  Stadt  aushauen. 

2)  evirare,  castrare,  verschneiden,  ausschneiden,  wofür  wie- 
derum der  alten  spräche  viele  besondere  Wörter  zu  gebot  stan- 
den :  den  knaben  beuwen  (hieben)  sie  ausz  und  mesieten  sie. 
MCnster  1428.  Maaler  42'. 

3)  concidere,  dissecare:  folgen  etliche  leutfressende  inseln, 
darin  die  einwoner  die  leut  schlachten,  aushauwen,  im  rauch 

56 


883 


AUSHAUEN— AUSHEBEN 


AUSHEBEN— AUSHECKEN 


884 


dörren.  Frank  wellb.  142" ;  die  schlächter  hauen  das  fleisch  aus 
zum  verkauf;  der  Scharfrichter  haut  den  missethäter  aus, 
viertheill  ihn; 

man  dörft  mich  auch  bald  hauen  aus.   Atrer  74*. 

4)  bäume,  wälder,  holz,  äste  aushauen:  und  die  ^awleute 
Salomo  und  die  bawleute  Hiram  und  die  Giblim  hieben  aus 
und  bereiten  zu  holz  und  steine  zu  bawen  das  haus.  1  Icün. 
5, 18 ;  denn  so  du  aus  dem  Ölbaum,  der  von  natur  wilde  war, 
bist  ausgehawen.  (yolli.  us  vistai  usmaitans  |)is  vilj)eis  aleva- 
bagmis.)  Rom.  11,  24 ;  die  hecken  auszuhawen.  tveisth.  2,  249 ; 
später  ward  der  insel  eine  besatzung  gegeben  und  ausgehauen 
der  zuvor  mit  menschenopfern  besudelte  hain.  Stolberg  10, 
20;  den  bauna  aushauen,  die  unnöthigen  zweige  enl fernen; 
die  wurzeln,  dörner  aushauen,  wegschaffen. 

5)  felsen,  steine,  löcher,  brunnen  aushauen :  einen  weg  im 
berg  aushauen;  treppen  im  stein;  ausgehawene  brünnen,  die 
du  nicht  ausgehawen  hast.  5  Mos.  6,  11 ;  denn  sihe,  auf  dem 
einigen  stein,  den  ich  für  Josua  gelegt  habe,  sollen  sieben 
äugen  sein,  aber  sihe  ich  wil  in  aushawen.  Zach.  3,  9 ;  ein 
bild  in  marmor,  im  felsen  aushauen;  ein  ausgehauenes  feld, 
aus  dem  schon  alles  erz  gefördert  wurde;  das  brandsilber  aus- 
hauen, was  in  den  schmelzliütten  mit  dem  auslmucr  geschieht. 

6)  tröge,  rinnen,  krippen  aushauen. 

7)  kleider  aushauen  (vgl.  oben  sp.  694):  ausgehawene  und 
verschnürte  gebreme  und  schweife.  Mathesius  10". 

8)  die  bienen  aushauen,  weislh.  2,  789. 

AUSHAUER,  wj.  ein  Werkzeug  der  bergleute,  schmiede,  klemp- 
ner  u.  s.  w. 

AUSHAUSIG,  qui  foris  est,  wenig  zu  hause  bleibt,  vgl.  aus- 
heimisch und  alln.  öth^sa,  domum  interdicere,  einen  aushäusen. 

AUSHÄUTEN ,  pellem  exuere,  die  haut  abstreifen :  ein  ge- 
schlachtetes thier  aushäuten;  die  schlänge  häutet  sich  aus, 
häutet  sich. 

AUSHAUUNG,  f  fustigalio:  aushawung  mit  ruten.  peinl. 
halsg.  ordn.  123. 

AUSHEBEN,  tollere,  loco  suo  auferre,  eximere,  nnl.  uitheffen. 

1)  den  dieb  ausheben,  aus  dem  bette  nehmen,  fangen  {vgl. 
aufheben  8) ;  er  liesz  die  helfershelfer  sogleich  aus  ihren  bet- 
ten ausheben  und  war  selbst  bei  diesen  gefangennehmungen. 
Schiller  1092. 

2)  Vögel  aus  dem  nesl,  eier  und  dann  nester  ausheben,  aus- 
nehmen, in  häufiger  anwendung  auf  menschen,  woraus  sich  die 
vorhergehende  bedeutung  ableiten  liesze:  die  jungen  falken  aus 
irem  gestände  ausheben,  weidwerk  2,  l'f.  lo";  aus  den  nestern 
ausheben.  2,15';  vermeineten  einen  flücken  vogel  auszuheben. 
Kirchhof  wendunm.  426';  hub  da  meine  lieben  junghern  von 
sanct  Jacob  aus  dem  nest.  Garg.  238' ;  nachdem  also  die  bil- 
ger  ausgehaben,  daselbst;  es  ist  gar  schön  den  ganzen  tag 
im  walde  zu  sein  und  die  vögel  zu  hören,  zu  wissen  wie  sie 
heiszen,  wo  ihre  nester  sind,  wie  man  die  eier  aushebt  oder 
die  jungen.  Göthe  21,  4 ;  in  drei  häusern  kamen  diese  böse- 
wichter zusammen,  das  erste  nest  ist  schon  ausgehoben,  fuhr 
er  fort,  und  in  diesem  augenblick  werden  es  die  beiden  an- 
dei-n.  24,  336.  ebenso  ameisennester,  maulwurfshügel  aushe- 
ben: wenn  der  krieg  mit  einer  pflugschar  die  aufgeworfnen 
ameisenhügel  aushebt.  J.  Pacl  biogr.  bei.  1,  63.  gleichbedeutend 
ist  ausnehmen. 

3)  Sachen  ausheben :  steine,  wurzeln  aus  dem  boden ;  da 
hör  ich  ein  poltern  und  finde  Omal,  der  die  steine  aushebt. 
TiECK  It,  283;  die  kartoffeln  sind  schon  ausgehoben;  einen 
schätz  ausheben,  heben;  thor  und  thür,  fenstcr  ausheben,  aus 
den  angeln:  Simson  aber  lag  bis  zu  inittemacht,  da  stund  er 
auf  zur  mitternacht  und  ergreif  beide  thür  an  der  stad  thor, 
sampt  den  beiden  pfosten  und  hub  sie  aus  mit  den  rigeln. 
rieht.  16,  3.  sich  die  schuller  aushcbeYi,  verrenken,  verheben, 
aus  dem  gclenk,  der  rechten  läge  heben,  wein  oder  hier  aus- 
heben, aus  dem  fasse  ziehen  (s.  lieber),  die  setzer  heben  aus, 
tragen  die  in  den  Winkelhaken  gesetzten  zeilen  auf  das  schif,  der 
drucker  hebt  aus,  nimmt  die  form  aus  der  presse. 

4)  ausheben  für  aufheben,  emporheben,  ausstrecken  : 

ein  adlersjüngling  hob  die  flügd 
nach  raub  aus.  Göthe  2,  77. 

6)  einen  reiter  ausliehen,  aus  dem  sattel  heben,  niederfdl- 
Im,  ausstechen,  oß  in  figürlichem  sinn:  ein  iglich  teil  denkt, 
uie  es  den  andern  teil  aushebe.  Llther  5,  305'; 

und  dieser  den  verdruckt,  der  Jenen  ans  wil  heben. 
üRVPuiiJS  1,  313) 


wer  prinzen  aus  wil  heben 
und  krönen  niederdruckt,  bringt  meine  larve  mit.    1,  322. 

6)  ausheben,  Soldaten  ausnehmen,   recruten  ausheben; 
wen  er  ...  für  den  krieg  aushebet  nach  Willkür. 

Voss  2,  53; 

es  wurden  aus  jeder  compagnie  zehn  mann  ausgehoben,  über- 
haupt aussuchen,  auswählen:  der  sultan  liesz  die  fähigsten 
köpfe  im  lande  ausheben.  Klinger  6,  61.  meisterswitwen  dür- 
fen sich  bei  den  übrigen  meistern  einen  gesellen  ausheben. 

7)  ausheben,  hervorheben,  auszeichnen  im  abgezognen  sinn: 
ich  will  einige  stellen  ausheben,  die  meinen  satz  beweisen; 
es  sollen  hier  beispiele  ausgehoben  werden ;  zu  meinem  eignen 
besten  will  ich  daher  folgende  kleine  geschichte  zur  probe  aus- 
heben. Tieck  15,  300 ;  ich  kann  dir  einige  andre  stücke,  unter 
einer  menge  von  meisterstücken  sie  aushebend,  nur  flüchtig 
nennen.  Stolberg  7,  287 ;  ich  linde  jetzt  kein  rechtes  gedieht, 
ich  musz  auf  gerade  wol  ausheben.  J.  Paul  flegelj.  1,  72. 

8)  sich  ausheben:  wir  können  uns  zu  einer  würde  aushe- 
ben, wo  wir  den  namen  geist  verdienen.  Hippel  7, 175.  besser, 
sich  erheben. 

9)  zuweilen  erscheint  die  schwache  form  statt  der  starken 
und  ein  part.  prael.  ausgehebt  für  ausgehaben,  ausgehoben: 
wenn  die  netze  ausgehebt  und  gezogen  werden,  weidwerk  2,  43". 

AUSHEBER,  m.  ein  geräth  zum  ausheben  der  pflanzen,  in 
den  Schlaguhren  ein  rad,  um  das-  schlagen  zu  bewirken,  s.  heber. 

AUSHEBIG,  was  aushebt,  auszuheben  verfügt :  meine  schuld- 
gläubiger würden  iren  wein  wol  haben,  wann  es  zur  aushe- 
bigen (es  steht  aushibigen,  was  kaum  in  ausgibig  zu  ändern)  formel 
kern.  Garg.  100,  tvenn  genchtliche  aushebung  angeordnet  wäre. 

AUSHEBUNG,  f.  delectus:  aushebung  der  kriegsmannscliaft. 

AUSHECHELN,  peclinare:  den  flachs  aushecheln,  häufig, 
wie  durchhecheln,  für  carpere,  vellere  im  abgezognen  sinn: 
weilen  er  alles  tadelte,  herüber  zöge  und,  was  er  nur  fast 
ansähe,  aushechelte.  Simplic.  1,  272 ;  fiengen  wir  an  Spindlers 
Unachtsamkeit  auszuhecheln.  Pierot  2,  234. 

AUSHECKEN,  pullos  excludere,  ausbrüten,  engl,  hatcb, 
s.  hecken. 

1)  der  vogel  heckt  jährlich  sieben  junge  aus;  die  taube 
heckt  keinen  sperber  aus;  jeder  vogel  ist  gern  da,  wo  er  aus- 
geheckt wurde ;  eier  aushecken,  pers.  rosenth.  7, 10. 

2)  dann  auch  von  andern  thieren  für  purere,  gignere: 

wiewol  sie  (die  Hasen)  teglich  junge  trügen 

und  die  ausheckten  und  auszügen.    H.  Sachs  1,503'; 

der  igel  wird  auch  daselbs  nisten  und  legen,  brüten  und  aus- 
heggen  unter  irem  schatten,  ß*.  34, 15;  wenn  die  hewschrecken 
ausgeheckt  haben.  Luthers,  313;  und  wie  ein  kartenläusche- 
rischer  säur  laur,  sampt  eim  schneckenfresser  schreibt,  soll 
auch  der  heut  verruft  Luther  von  eim  aufhocker  ausgeheckt 
sein.  Garg.  105'. 

3)  Zähne  aushecken,  dentire:  das  kind  heckt  zäne  aus. 
Stieler  728;  die  zähnlein  leicht  aushecken.  Ettners /tcbamme 
828. 

4)  procreare,  machinari,  cxcogitare,  wie  ausbrüten,  hervor- 
bringen : 

was  hat  der  deutsche  krieg,  der  sich  so  lang  erstrocket, 
von  fruchten  und  von  nutz  doch  immer  ausgehecket? 
LocAU  3,  5,  69  ; 

Syrien  heckte  zur  nachahmung  die  encratiten  aus,  welche  auch 
aquarii  genannt  werden,  mitleidenswürdige  ketzer,  die  allen 
genusz  des  weins  und  des  tleisches  für  siindlich  ausgaben. 
Hagedorn  3,  95 ;  ich  freue  mich,  wie  ein  poet,  der  ein  Sinn- 
gedicht ausgeheckt  hat,  Barf.ner  0, 14 ;  ein  labyrinth  metaphy- 
sischer spitzlindigkeiten  und  Umschweife,  die  am  ende  vor- 
nemlich  gedienet  haben,  ungeheure  bücher  auszuhecken  und 
den  verstand  durch  ekel  zu  ermüden.  Winkelm.  4,  35; 

nun  schwitzt  er  tag  und  nacht,  ein  zweites  (epigramm)  auszuhecken. 

Lessin»  1,  2; 
jpde  mess  ein  büchlcin  auszuhecken.   Gökingk  1,  219; 

die  kalte  einbildung  eines  spätem  Verfälschers,  dem  man  es 
nie  verzeihen  könnte,  so  etwas  umsonst  ausgeheckt  zu  haben. 
Moser  1,  369;  wodurch  nach  und  nach  ein  ganzer  schwärm 
enlhehrlicher,  ja  sogar  naturwidriger  neigungcn  ausgeheckt 
wird.  Kant  4,  344 ;  das  vielkOptige  ungeheuer,  das  nach  jedem 
streiche  neue  köpfe  ausheckt.  8,  137;  der  künstliche  zwang 
der  bürgerlichen  Verfassung  heckt  witzlinge  und  veriiiinftler 
aus.  10,  7 ;  die  Vernunft  würde  dann  lauter  leere  begrille  aus- 
hecken. 10,  93; 


885 


AUSHEEREN — AUSHELFEN 


AUSHELFEN — AÜSHETZEN 


886 


wenn  Javell  für  alte  grillen 
neue  namen  ausgeheckt. 

KÄSTNERS  verm.  sehr.  1773  1,  272 ; 
mit  selbst  ausgeheckter  furcht.  Fk.  Müller  2, 152 ;  er  thünnet 
sich  nicht  selbst  ausgeheckte  erschwernisse  hin.  3, 147 ;  manch 
hirngespinst  ausheckt  es.  Plates  132;  damit  sie  (die  u-ärme) 
neues  giftiges,  scharfes  ungiück  aushecke.  J.  Pacl  Hesp.  4, 163 ; 
die  schlechteren  pasquille,  die  ich  blosz  auf  hiesiger  erde 
aushecke,  lege  ich  hier  der  gelehrten  weit  mit  achtung  vor. 
paltng.  1,  xxv ;  die  artige  Schilderung  deiner  erlebnisse  mit  ihm 
auf  der  seefahrt,  die  dein  muthwille  ausheckte.  Bettine  br.  2, 
SS;  wirklich  heckte  man  auch  einen  rettungsplan  aus.  Dahl- 
MASN  franz.  rev.  352.  die  beispiele  lehren,  dasz  das  vcorl  nur 
in  übelm,  herabsetzenden  sinn  so  verwendet  wird. 
AÜSHEEREN,  populari,  verheeren: 

wo  hastus  herz  genommen, 

dasz  du  dem,  der  ganz  Teutschland  werth, 

an  geld  und  gut  fast  ausgeheert 

darfst  unters  antlitz  kommen?    Soltaü473; 

so  wer  manch  getrewer  stand  im  reich 

gemachet  nicht'dem  betler  gleich 

und  also  ausgeheeret.  476. 
ÄÜSHEFTEN,  affixum  removere:  einen  bogen  ausheften. 
AUSHEILEN,  persanare,  völlig  heilen:  all  offen  schaden, 
die  sich  in  viel  löcher  ausheilend.  Paracelscs  1.1120';  da  er 
denn  seine  wunden  in  einer  hole  mit  kräutern  ausheilete. 
LoHE.\ST.  Arm.  1,849;  mein  vater  war  fast  tödlich  verwundet 
worden,  doch  hatte  er  sich  einigermaszen  wieder  erholet  und 
kam  bald  darauf  nach  hause,  um  sich  völlig  ausheilen  zu  las- 
sen. Felsenb.  l,  492 ; 

ein  hirsch,  der  sich  nicht  wol  befand, 
blieb  lange  zeit  daheim,  die  ballen  auszuheilen. 
Hagedorn  2,  30 ; 
es   heilte  sich  seine  seele  langsam  aus.   J.  Paul  Kampan.  9. 
auch  intransitiv:  die  wunde  heilt  aus.  persanatur. 

AUSHEILUNG,  f.  die  gänzliche  ausheilung  aller  wunden. 
Wieland  7,  335. 

AUSHEIMISCH,  exlraneus,  exsul,  extra  domum  constitutus, 
nnl.  uitheemsch,  ausländisch,  auswendig: 
lasz  dich  nicht  ausheimisch  sagen, 

wenn  gute  leute  nach  dir  fragen.    Rixgwald  laut.  warh.  110.; 
also  bin  ausheimisch  auch  ich,  denn  ich  tödtete  jemand 
unseres  Volkes.  Voss  Od.  15,  271; 

wenn  fremde  auch  das  ausheimische  bei  uns  zu  suchen  haben. 
GöTHE  46,  322;  so  wird  der  ausheimische  in  kurzer  zeit  bei 
uns  zu  markte  gehen  müssen,  daselbst;  wenn  der  köpf  weisz 
was  er  will  und  das  herz  nicht  nölhig  hat  ausheimisch  zu 
sein,  dasz  es  ihm  wol  werde,  so  gehts  ja  wol.  an  fr.  v.  Stein 
2,  203 ;  so  haben  die  Dilmarscher  geschlechter  den  ausheimi- 
schen zu  einem  vetter  angenommen  und  nicht  geringer  geach- 
tet als  den  angebomen  sippen.  Niebuhr  1,  341.  anheimisch 
wurde  oben  auf  ein  adverb  zurückgeleitel,  doch  kein  ausheims 
kommt  vor.  freilich  auch  kein  subst.  anheim,  ausbeim,  von 
dem  das  adj.  herflösse,    vgl.  einheimisch. 

AUSHEIRATEN,  dotare,  ausstatten:  dasz  ein  römischer  rat 
sein  tochter  von  armut  wegen  ausheiraten  must.  Facius  bei 
Fronsp.  3,  277". 

AUSHEISCHEN,  deposcere,  provocare,  erfordern,  herausfor- 
dern, nnl.  uiteisschen:  heimsuchen,  ausheiscben.  weisth.  2, 
226;  die  er  mit  namen  erfordert  und  ausgeheischen  hatte 
(depoposcerat),  sagten,  sie  wollten  hinziehen.  Kihel  Liv.  619 ; 
do  ist  er  zu  der  thor  usgegangen  und  hat  den  erbrichter  us- 
geheischen  (aus  dem  haus  gefordert).  Magdeb.  weisth.  s.  33. 

AUSHEISCHEH,  m.  provocator.    Frankf  reform.  9,  3,  8. 

AUSHEITEHN,  serenare,  erheitern,  au/heitern:  der  saft  des 
erdrauchs  macht  die  äugen  threnen,  häutert  (so)  aber  das  ge- 
siebt aus.  Hohberg  1,  549";  begegnete  lauter  ausgeheiterten 
himmelsgesichlern.  J.  Pall  Hesp.  1,  119 ;  der  weile  ausgehei- 
lertc  himmel.  1,240;  sie  hob  ihr  antlitz  unaussprechlich  aus- 
geheitert empor.  Fixl.  58;  sie  lieszen  einander  ausgeheitert 
aus  den  armen  los.  Tit.  3,  71 ;  tugendhafte  tage,  wo  alles 
in  uns  ausgeheitert  und  beleuchtet  ist.  uns.  löge  3,  102.  aus- 
heitern ist  mehr  als  aufheitern,  nemtich  vollständig  außei- 
tern,  durchheitern,  wie  auswärmen  mehr  als  aufwärmen,  s. 
ausheilen. 

AUSHEIZEN,  percalefacere :  die  stube  musz  vorher  ansge- 
heizt  werden ;  obwol  ich  mir  die  zimmer  im  schlosz  ausbei- 
zen und  zurichten  liesz.    SciiwEmcHEN  3,  208. 

AUSHELFEN,  subvenire,  nnl.  uilhelpen,  aus  der  hattd,  noth, 
Verlegenheit  «.  s.  w.  helfen :  er  hilft  mir  aus  von  meinen  fein- 
den. 2  Sam.  22,  49 ;  also  half  der  herr  Hiskia  und  den  zu  Je- 


rusalem aus  der  band  Sanherib  des  königs.  2  chron.  32,  22  ; 
da  sie  hoffeten,  halfestu  inen  aus.  ps.  22,  5 ;  er  klags  dem 
herrn,  der  helfe  im  aus.  22,  9 ;  errette  mich  und  hilf  mir 
aus.  71,  2 ;  da  du  mich  in  der  not  anriefest,  half  ich  dir  aus. 
81,  8;  er  begert  mein,  so  wil  ich  im  aushelfen.  91,  14;  und 
sie  zum  herm  riefen  in  irer  not  und  er  inen  half  aus  iren 
engsten.  107,  13;  sihe  mein  elend  und  errette  mich,  hilf  mir 
aus.  119,  53 ;  denn  ich  wil  diese  stad  schützen,  das  ich  ir 
aushelfe.  Es.  37,  35;  der  herr  aber  wird  mich  erlösen  von 
allem  übel  und  aushelfen  zu  seinem  himlischen  reich.  2  Tim. 
4, 18 ;  der  im  von  dem  tode  konte  aushelfen.  Hebr.  5,  7 ;  ein 
geschieht,  wie  gott  einer  erbarn  klosterjungfrauen  ausgehol- 
fen (aus  dem  kl.)  hat.    Lctblr  2,  384*; 

durch  dein  göttlich  gerechtigkeit 

hilf  mir  aus,  neig  die  ehren  dein.    H.  Sachs  II.  1,  66*; 

es  ist  gut,  "wenn  den  freunden  mit  gelde  und  mit  anderer 
notdurft  ausgeholfen  wird.    Weise  */.  leute  298  ; 

welcher,  wenn  noth  eintrat,  ihm  gern  aushalf  mit  dem  brummbass 

Voss  Luise  3.  576  ; 
die  form  des  buches  war  für  den  anfänger  nicht  so  günstig, 
dasz  er  sich  selbst  hätte  aushelfen  können  Göthe  24,  230; 
oft  hilft  uns  ein  funken  leidenschaft  wider  hoffen  aus,  wenn 
der  verstand  uns  stecken  läszt.  Kli.nger  2,  356.  ungewöhnlich 
ist  der  acc.  statt  des  dativs,  einen  aushelfen,  doch  sagt  Mo- 
ser :  wodurch  es  (das  land)  jetzt  von  andern  nationen  aus- 
geholfen wird.   patr.  ph.  1,  19. 

AUSHELFER,  m.  der  aushelfer  in  allen  nöthen. 

AUSHELLEN,  serenare,  ganz  erhellen,  aufhellen:  das  hier 
hat  sich  ausgehellt,  cerevisia  defecata  est;  das  weiter  heilt 
sich  aus.  Göthe  5, 161;  die  luft  hellt  sich  aus,  es  wird  diese 
nacht  sehr  frieren,  an  fr.  von  Stein  1,  133 ;  möchte  ich  doch 
im  Stande  sein,  ihren  trüben  zustand  nach  und  nach  auszu- 
heilen und  ihnen  eine  beständige  heiterkeit  zu  erhalten,  an 
Kraß  10 ;  der  es  nie  selber  erfahren  hat,  dasz  durch  die  aus- 
geheilte selige  brüst,  wie  durch  den  heitersten  himmel,  Sturm- 
winde ziehen  können.  J.  Pall  Hesp.  1,  169 ;  welche  ausgehel- 
lete  herzen  schlugen!  komet  3,  4;  die  von  dem  leuchtenden 
frühlingseden  ausgeheilte  seele.    paling.  2,  15. 

AUSHELLIGEN,  corroborare,  recreare:  man  hungert  sie 
(die  falken)  wieder  aus  . . .  und  ve.tieret  ihre  hungrige  mäu- 
1er,  dasz  sie  ausgehelliget  und  ihre  bauche  fein  ledig  werden. 
Bechers  jdgercabinet.  Leipz.  1701  s.  93,  wo  durch  druckf.  steht 
ausgehelliget.  behelligen,  abhelligen  ist  ermüden,  abmatten, 
erhelligen  conficere,  also  ausheiligen  reficere.  vgl.  Schmeller 
2,  172.  173. 

AüSHELLUNG,  f.  illustratio:  die  ausheilung  der  in  die- 
sem werke  kaum  vermeidlichen  dunkelheiten.   Käst  2,  34. 

AUSHEMMEN,  rotam  sufflamine  expedire,  den  hemmschuh 
vom  rad  abnehmen. 

AUSHENREN,  suspendere,  auswärts  aufhängen,  verhdU  sich 
zu  aushängen  wie  henken  zu  hängen  überhaupt: 

thut  sie  (die  mörder)  all  zu  dem  schlosz  aushenken. 
H.  SachsUI.  2,  60*; 

euch  ist  der  schilt  ausgehenkt,  kehrt  hie  ein,  hie  wird  gut 
wein  geschenkt.  Garg.  17';  wie  meint  ir,  dasz  auch  bei  eim 
schönen  ausgehenkten  schilt  böser  wein  vorhanden  sei?  77". 
neuere  brauchen  aushenken  für  losmachen:  die  thür  aushen- 
ken ;  wie  heiler  geht  dagegen  ein  Simultanliebhaber,  der  sich 
endlich  aus  einem  fressenden  herzen  glücklich  ausgehenkt. 
J.  Paul  Tit.  3,  155 ;  dasz  der  beste  arzt  die  seele  eines  men- 
schen nach  wünsch  von  seinem  körper  aushenke,  teuf.  pap. 
1,  101. 

AUSIIER,  adv.  =  heraus,  das  sich  mit  auszer  mengt,  bei 
Uhijvsd  360  steht  auszher  klauben,  369  auszer  klauben,  her- 
ausklauben; damit  si  den  schalk  auszher  Ion,  herauslassen. 
MuRKER  schelmenz.  60,  4 ; 

wir  bitten  dich 
du  wellest  zuo  uns  uszhar  gan.    trag.  Joh.  03; 
(der  bock)  mit  seinen  hörnern  auszher  stiesz, 
zu  im  den  ochsen  nicht  eiuliesz.    B.  Waldis  1,  9S; 

und  sind  seine  äugen  weit  auszher  bauszend.  Forer  fischb. 
37*;  es  sind  etlich,  so  sie  ein  hlat  oder  zwei  gelesen,  oder 
ein  predigt  gehört,    rips  raps  ausher  wischen.    Luther  2,  69*. 

AUSHERKE.N,  desinere  dominari :  unser  alter  herr  hat  auch 
ausgeherret,  seit  fünf  tagen  ist  er  maustodt.  J.  Paul  Tit.  1, 172. 

AUSHERSCHEN,  dasselbe. 

AUSHETZE.N,  exagitare  canibus,  heraus  hetzen:  seit  man 
solchen  scheimcn  nicht  mit  hunden  ausheizen?  Luther 4,  383'; 

56* 


887 


AUSHEÜGHELN — AUSHOLEN 


AUSHOLEN  —  AUSHORCHEN 


8S8 


schwig  nit  ich,  würd  mit  hund  zu  letzt 
von  fürstenhöfen  ausgehetzt.    H.  Sachs  I,  350'; 
eh  man  dich  hetz  mit  hunden  aus.    III.  1,  159''; 
darnach  mit  hunden  dich  aushetzen.    III.  2,  ISO'. 
AUSHEUCHELN,  deponere  larvatn:  ewer  tyrann,  so  bisher 
sich  ausgeheuchelt  hat.    Ldther  3,  513.  br.  3,  305;    ich  achte 
aber,    ewere    früchtlin   und   kreutlin  zu  Halle  hat  nu  ausge- 
heuchelt und  lange  genug  den  bawm  auf  beiden  achseln  ge- 
tragen.   LUTHEH  6,  115*. 

AUSHEUEHN,  locare,  ausmiethen,  sowol  verheuern,  vermie- 
then,  als  durch  höheien  preis  aus  der  mielhe  treiben. 

AUSHEULEN,  flere  desinere:  hast  du  bald  ausgeheult? 
und  transitiv:  heule  dein  leben  aus!  Klinger  2,158;  heule 
dich  aus,   satia  te  nunc  lacrimis,  weine  dich  aus. 

AUSHEURUNG,  /".  heurung  an  den  meistbielenden.  Moser 
I,  116. 

AUSHIEB,  m.  excisio,  der  neuere  ausdruck  für  den  alleren 
besseren    aushau    (vgl.    hieb) :    ausgehauenes   holz    oder   erz. 
nicht  zu  mischen  mit  aushub. 
AUSHIN,  odt».  =  hinaus,  gebildet  wie  anhin,  ausher: 
greift  an  und  laszt  in  auszhin  tragen,    /"astn.  «p.  62,  67 ; 
wa  wijls  zuletzt  doch  auszhin  gon?    Murner  schelm.  60,  5; 
an  dem  aushin  und  einhin  tringen.    H.  Sachs  III.  1, 123'; 
lauf  aushin   auf  den   almen.    Ambf.  Ib.  339,  12;    do    wir   wit 
uszhi  kamen.   Tho.  Plater  78  ;  liesz  man  iederman  über  brugg 
uszhi.    das.;    giengen    wir   mit    einandren  uszhi  in  ein  käm- 
men   80;  aushin  Rom,  die  du  keinen  glauben  haltest!   Hüt- 
ten 5,284;   wisch  aushin  hetz!  Eyring  2,436; 
das  er  nach  nahrung  aushin  denkt, 
und  stund  der  galgen  gleich  vor  der  thür.    1,  433. 

Maaier  42'.'  führt  eine  ganze  reihe  von  aushin  an. 

AUSHINKEN,  claudo  pede  exire:  der  fusz  schmerzt  mich, 
ich  will  doch  aushinken. 

AUSHIPPEN,  ausschelten.  Wickram  rollw.  51.  ed.  mulh.  88. 
s.  ausholhippen. 

AUSHOBELN,  edolare:  ein  ausgehobelter  sarg; 
hövelt  euer  neues  haus 
bräutgam  aus!    Fleming  1685,  385. 

AUSHOFFEN,  desperare:  wer  will  gleich  aushoffen?;  die 
ausgehofte  hofnung.   pers.  rosenlh.  6,  1. 

AUSHÖHNEN,  deridere:  gab  er  ihnen  die  ernstliche  ver- 
mahnung mich  nicht  auszuhöhnen.  Felsenb.  2,  405 ;  laut  wurde 
der  verräther  ausgehöhnt; 

ich  höhne  lasier  aus,  ich  schimpfe  böse  zeit.    Locad  3,  6,  2. 

AUSHÖHNER,  m.  derisor:  ein  rechter  spotter  und  aus- 
höhner der  leute. 

AUSHÖHNUNG,  f.  derisio,  Verhöhnung. 

AUSHÖKEN,  minulatim  divenderc,  duriorem  facerc  anno- 
nam.    Stieler  849.     auch  ausbökern. 

AUSHOLEN,  edueere,  nnl.  uithalen,  ausrecken,  ausreichen, 
auslangen. 

1)  ausrecken  zum  streich  oder  schlag:  holet  mit  der  band 
die  axt  aus  das  holz  abzuhawen.  5Mos.  19,  5;  zu  einer  klei- 
nigkeit  die  axt  so  weit  ausholen.  Herder  1, 112.  ebenso  den 
arm,  die  band  ausholen  und  den  streich,  den  schlag  ausholen : 

dasz  man  das  richtbeil  mir 

.mit  ausgeholtem  streich  hatt  an  den  hals  gesetzt. 
Grypuius  1,  455. 

2)  den  schritt,  den  sprung  ausholen,  weit  ausschreiten: 

geht 
mit  grosz  weit  ausgeholten  räuberscliritlen 
der  raord  an  sein  entsetzliches  geschält.    Schiller  563. 

3)  das  wort,  die  rede  ausholen,  ausforschen,  herholen: 
discurse,  dadurch  mein  vorsatz,  sinn  und  gedanken  ausge- 
holt werden  sollen.  Simp/.  1,323;  manches  aber  ist  sicher, 
wie  ich  jetzt  sehe,  zu  weit  ausgeholt.   Moser  1,  vorr. 

4)  auf  personen  bezogen  bedeutet  das  nnl.  uithalen  noch 
sinnlich  aus  dem  hause  führen,  die  docliter  uithalen,  freien 
(ahd.  quenön  halön,  uxorem  ducere).  wir  würden  in  jenem 
fall  heraus  iiolen  verwenden,  ausholen  ist  uns  ausfragen,  aus- 
forschen :  mit  seinen  freundlichen  gebcrdcn  iiolet  er  dich  aus. 
Sir.  13,16;  ein  gegner  des  ßerengarius,  der  die  anhiinger  des- 
selben tief  und  genau  ausgeholt  zu  halien  versichert.  Les- 
siNG  8,416;  sie  liesz  nicht  ab  mit  glatten  worten  ihn  auszu- 
holen, was  er  für  ein  abcnleuer  beslandL-n  habe.  MusXüs4,  0; 
um  den  kammerherrn  besser  auszuholen.  J.  Paul  Hesp.  2,  71 ; 
.lulicnne  sucht  ihn  listig  auszuholen.  Tit.  f,,  35;  der  reise- 
marschall  holte  den  kandidalen  mit  mühe  aus.  kämet  2,  160. 
man  dürfte  auch  ein  ausholen  des  brunnens,  des  wassers  an- 


nehmen und  dem  ausfragen  die  bedeutung  des  auspumpens, 
ausschöpfens  unterlegen. 

5)  steht  kein  acc.  dabei,  so  wird  das  verbum  intransilio, 
und  er  pflegt  sich  gern  in  eine  instrumentalfügung  zu  verwan- 
deln, oder  es  wird  ein  zu  und  im  beigefügt;  statt  den  arm, 
das  Schwert  heiszt  es  mit  dem  arm,  mit  dem  schwert  aus- 
holen ;  zum  schlag,  zum  streich  ausholen ;  kurz  oder  weit 
ausholen;  im  reden  ausholen;  er  holt  von  neuem  ^s  und 
springt;  bei  Schiller: 

bewegungslos  starr  ich  das  wunder  an, 

den  jagdspiesz  in  der  band,  zum  wurf  ausholend, 

wo  man  auch  mit  getilgtem  comma  den  jagdspiesz  zu  aus- 
holend nehmen  könnte;  der  waldbruder  mit  bloszem  dolch 
rennt  ausgeholt  auf  mich  los.   Fr.  Müller  3, 134; 

doch  ich  mag  tändeln,  necken,  stören,  wie  ich  will, 
sie  keifen,  lärmen,  holen  aus  und  sind  mir  gut. 
J.  E.  Schlegel  2,  025; 
hole  zum  glauben  mit  einem   besonnenen    iiberglauben    aus. 
J.Paul  dämm.  21;    was  dem   frieden  die  wolthaten  verfälscht 
und  schmälert  ist  eben,    dasz    er   alle  kriegswunden  zu  vcr- 
schlieszen  und  zu  neuen  auszuholen  hat.  62. 

AUSHOLEN,  excavare,  nnl.  uitholcn :  gräber  ausholen ;  der 
regen  holt  den  stein  endlich  aus ;  nester  ausholen ;  secht  wie 
ich  die  hon  wil  holen  und  wie  ein  weinmilb  ausholen.  Garg. 
93";  liesz  Salomo  schnitzwerk  machen  von  ausgeholten  Che- 
rubim.   ScHUPPius  47; 

ich  sollt  es  wol 
mit  ansehn,  wie  er  euch  von  tag  zu  tag 
ausholen  wird  bis  auf  die  zehen.    Lessing  2,  256; 
singt  Opernauszüge,  die  ihre  zarte  nachtigallenbrust  ausholen. 
J.  Paul  Tit.  1, 108 ; 

an  des  altars  hoher  schwelle 
thut  ein  grab  sich  auf,  mit  grauen 
ausgehölt.  Platen  12'. 

s.  aushülchen. 

AUSHOLER,  m.  scndalor:  die  mutmaszung  wäre  ein  schär- 
ferer ausholer,  als  die  zunge  ein  verraten  Lohenstein  Arm. 
1,  1314. 

AUSHÖLER,  m.  cavator. 

AUSHÖLERN,  excavare,  vgl.  ahd.  holren  dolare  (Graff4, 
848) :  bald  hölern  sie  den  ganzen  leib  aus,  wie  ein  maus  ein 
brot.  Frank  weltb.  13';  alle  berg  hölert  man  aus.  Agricola 
157*;  durch  die  ausgehölerten  felsen.    Mathesiüs  56'. 

AUSHOLHIPPELN,  conviciis  inseclari,  ausschelten:  der  so 
gar  wol  beschwätzt  ist  und  mich  dermaszen  ausholhippelt, 
dasz  ich  mich  dessen  schämen  musz.  Ayrer  proc.  1,  7.  Schmel- 
LER  2,  221 ;  ausholhippelen  durioribus  verbis  increpare.  Stieler 
843.    i.  holhippeln. 

AUSHOLHIPPEN,  dasselbe:  ich  darf  euch  wol  schelten  und 
wol  ausholhippen.  Paracelsus  1, 143';  o  ihr  unverständigen  arzt, 
warum  holhipp  ich  euch  aus?  darumb,  dasz  ihr  nit  recht 
dran  sind,  chirurg.  scAr.  632';  einander  wie  hund  und  katzen 
ausholhippen.  Fischart  bienenk.  87';  noch  vil  weniger  einer 
des  andern  werk  und  kunst  vernichte,  verachte,  aushollipe, 
sehende  oder  schmehe.  Ulmer  rathsentsch.  von  1590  bei  Schmid 
s.  285 ;  weil  er  sich  müsse  ausholhippen  lassen,  eselkünig, 
um  1620; 

.0  Wolf,  wisz  ich  verraten  bin 
bei  meim  alten,  wie  hat  er  mich 
ausgeholhübt  so  scnigklich. 

H.  Sachs  III.  1, 195'. 
s.  holhippen  und  aushippen. 

AUSHOLHIPPERN,  dasselbe:  ich  rede  ciceroniane  und  ihr 
verstehet  es  nicht.  Cyr.  ich  verstehe  genung,  dasz  ihr  mich 
stichelt  und  aushoiippert.    Gryphius  1,  816. 

AUSHOLUNG,  f  scnUatio:  um  gewisse  fragen  und  ausho- 
lungen zu  vermeiden.  Lessing  12,  436 ;  warum  mehr  ausho- 
lung? Hippel  0,  86;  jetzt  bin  ich  kein  wort  mehr  schuldig 
als  die  stelle,  die  viel  ausholung  nöthig  hat.   br.  14,  332. 

AUSHÖLUNG,  f.  excavatio :  die  aushölnng  des  grabs. 

AUSHOLZEN,  lignari:  die  wiilder  ausholzen;  figürlich,  im 
letzten  bände,  wo  jeder  ästhetische  Schnitter  seine  leute  aus- 
holzet.  J.  Paul  Hesp.  1,  63. 

AUSHOLZEN,  bei  den  schustern,  die  holzabsdlte  zusehneiden. 

AUSHORCHEN,  auscultando  explorare:  er  horcht  alles  aus; 
er  hat  seit  einem  halben  jähre  einen  kerl  dazu  gebraucht, 
ihm  in  ganz  England  ein  stummes  mädchen  auszuhorchen. 
Tieck12,  107;  seine  gefühlspitzen  konnten  nicht»  regsames  an 
ihr  aushbrchen.  J.  Paul  uns.  löge  3,  27;  bezweifeln,  ob  Bentley 
seinen  genius  darüber  gehörig  ausgehorcht  habe.  Wolfs  ana- 
leclen  1,  86. 


889 


AUSHÜRCHER — AUSHUSTEN 


AUSHÜTEN— AUSKEGELN 


890 


AUSHOßCHER,  m.  Beckers  wdtg.  12,  369. 

AUSHÖREN,  audire  usqite  ad  finem,  plane  audire,  nnl.  uit- 
hooren:  sie  fürend  ain  bailig  schämig  leben  und  wirt  sel- 
ten böses  uszgehört.  beschr.  Wiens  bei  Scheible  6,  659;  Ma- 
robod  hörte  gleichsam  als  verzückt  diesen  nichts  minder  klu- 
gen als  heiligen  allen  aus.    Lohessi.  Arm.  1, 1105 ; 

die  boten,  die  noch  kommen  werden, 
bebalt  bei  deinem  zeit,  und  frage  sie 
genau,  und  höre  (horche)  sie  ganz  aus.   Klopsiock  10, 127; 

die  aldermänner  können  anklage  und  vertheidigung,  wenn  sie 
nicht  von  einer  zunft  geführt  werden,  ohne  sie  auszuhören, 
abweisen.  12,  IS;  ob  man  sich  darauf  einlassen  wolle,  die 
lateinischen  kunstwörter  dem  gedächtnis  mühsam  einzuprägen 
und  die  erklärungen  derselben,  die  nur  selten  kurz  sein  kön- 
nen, auszjuhören  ?  12,  214 ; 

zornig  hörte  der  k6nig  nicht  aus  was  Reineke  saete. 
GöTHE  40, 152 ; 

ich  bitte,  hört  mich  ausi  Kllvgeb  1,  285;  so  hör  mich  nur 
aus!  Arnim  sehaub.  2,  260;  eine  Torlesung,  eine  predigt  aus- 
hören. 

AUSHOSEN,  extiere  braccas : .  äer  flachs  hoset  sich  aus, 
wenn  er  die  wurzelhülsen  fallen  läszt.  in  Schlesien,  ganz  ver- 
schieden das  nnl.  uithoozen  ron  hoozen  schöpfen. 

AUSHUB,  m.  tcas  ausgehoben  wird,  das  vorzüglichste,  der 
ausbund;  ein  aushub  aus  allen  mundarten.  an  recht  der 
meisterswitwen,    s.  ausheben  6. 

AUSHUDELN,  increpare:  ausfilzen  und  aushudeln.  Jucun- 
dissimus  40. 

AUSHULCHEN,  excavare:  da  namen  die  müs  bomeran- 
zenäpfel,  da  vil  kernen  in  sein,  und  hülchten  si  usz.  Kei- 
SERSB.  evang.  203 ;  in  dem  uszgehülchten  büslin  {des  felses).  post. 
3,  8 ;  uf  den  abent  kouft  Ulenspiegel  ein  hüpschen  apfel,  den 
hüllecht  er  inwendig  usz  und  stiesz  den  vol  fliegen.  Eulensp.  c.  86. 

AUSHÜLFE,  f  subsidium:  eine  aushülfe  in  der  noth. 

AUSHULFLICH,  adv.  in  subsidium:  verboten  ist  das  aus- 
schütten auf  die  straszen  bei  strafe  von  einem  gülden,  wo- 
für aushfilflich  der  stubenbesitzer  haftet.  Gütlinger  acad.  gesetze. 

AUSHÜLSEN,  eximere  folliculis :  höhnen,  linsen  aushülsen. 

AUSHUNGERN,  famc  macerare,  necare,  nnl.  uithongeren: 
damit  er  die  hungerigen  seelen  aushungere.  Es.  32,  6 ;  das  ir 
als  lang  hie  verharren  wölt  bisz  ir  sie  ausgehungert.  Aimon 
X3;  Schemen  soll  ihr  euch,  das  ihr  euch  also  aushungert. 
Garg.  52';  den  hunger  aushungern,  pers.  rosenth.  3,  9;  die 
Stadt  solle  ausgehungert  werden.  Weise  erzn.  68.  intransi- 
tiv, aushungern,  fame  macerari.  auch  von  ackern,  ttngedüngt 
lassen:  und  sullent  nit  uszgehungert  noch  gemergelt  sin.  tirk. 
von  1443  bei  Oberlix  75;  ein  ausgehungertes  land. 

AUSHUNZEN,  tncrepare,  aussckelten: 

sonst  störte  mich  kein  mensch  im  schlafe, 

itzt  pocht  mich  jeder  narr  heraus, 

und  wenn  es  niemand  thui,  so  liunzt  die  frau  mich  aus. 
Gellbrt  1,  145; 
indem  er  herr  Heinzen  aushunzt,  kommen  ihm  auch  die  Ver- 
fasser der  götlingischen  gelehrten  zeitung  in  den  weg.  Les- 
sing 6,  182;  überdies  ist  der  deutsche  jambus  jener  ausge- 
hunzte  klippklapp  keinesweges.  Bürger  17S';  wofür  man  denn 
von  den  moralischen  personen  rechtschaffen  ausgehunzt  wurde. 
TiECK  5,320;  jeden  morgen  hunzte  sich  Viktor  unter  der  bett- 
decke  aus  wegen  des  abends.  J.  Paul  Ilesp.  1,  124.  hiinzen 
bedeutete  zerfetzen,  zerschneiden,  s.  zerhunzen  und  verhunzen. 

AUSHCPFEN,  exsilire:  der  vogel  ist  ausgehüpft,  einem 
aushüpfen,  aus  dem  wege  gehn:  also  habens  von  ihnen  auch 
gelernt  die  blaterarzet,  weiche  mehr  und  besser  sein  wollen, 
dann  die  Juden,  und  ist  doch  des  eins  läders,  wiewol  sie  zu 
beiden  selten  einander  aushöppen.  Paracelsds  chir.  sehr.  332*. 
.«Ol  das  sin  so  ein  heiliirer  man 
der  mit  dander  lut  uszhüppcn  kan?  trag.Joh.iS, 
sich  lustig  machen,  springen  ?  vgl.  aufliüpfen.  Bräker  schreibt 
aushoppeu :  sobald  ich  wieder  aushöppen  und  meinen  saclien 
nachgehen  konnte,  war  meine  noth  vergessen,  der  arme  mann 
im  Tockenb.  178. 

AUSHÜBEN,  ixnoQv^Etv:  wie  auch  Sodoma  ond  Go- 
morra  und  die  umbligende  siede,  die  gleicherweise  wie  diese 
ausgehuret  haben  und  nach  einem  andern  neisch  gegangen 
sind.  br.  Juda  7;  haslu  dich  nun  ausgehuret  bei  deiner  wir- 
tbin? ped.  schul f  243. 

AUSHUSCFIE.N,  vellere,  einem  das  haar  raufen. 

AUSHUSTEN,  extussire:  blut  aushusten,  auch  tussire  de- 
tinere. 


AUSHUTEN,  loco  cedere,  räum  machen,  den  weg  räumen, 
dem  hirtenleben  entnommen,  wenn  ein  weidender  hirt  auszu- 
weichen, seitwärts  zu  hüten  aufgefordert  wird: 

hüet  usz.  arm  und  rieh, 

wichz  mir  usz  dem  pfad  und  stig.'    Uhland  7; 

vgl.  ausweichen,   in  anderm  sinn  ist  transitives  aushüten  eine 

wiese  ganz  abweiden,  depascere. 

AUSJAGEN,  expellere,  ejicere,  nnl.  uitjagen: 
mhd.  daj  man  in  (den  siechen) 
üj  jagete  von  den  andern  hin.    Bart.  23,  36. 

ich  wil  bornissen  für  dir  her  senden,  die  für  dir  eraus  jagen 
die  Heniler,  Cananiter  und  Hethiter.  2  3/o5.  23,  28;  were  er 
aber  ein  gegenwertiger  sichtlicher  mensch,  er  soll  sie  mit 
einem  strohalm  zum  lande  ausjagen.  Lcther3,  59';  so  müs- 
sen wir  sie  wie  die  tollen  hunde  ausjagen.  8,101"; 

und  das  man  auch  die  hund  ausjag.    fastn.  sp.  2,  11; 

das  hat  er  iren  frunden  von  mir  geclagt 

und  mich  darzu  mit  einem  scheit  auszgejagt.    860.  3 ; 

man  hat  dich  zuo  Tiereck  am  Necker 

mit  ruoten  zuo  dem  tlior  uszgejagt.    S65,  32 ; 

ist  die  seele  wirt  und  der  leib  ihr  haus, 

wie  dasz  dieses  dann  jenen  oft  jagt  aus?    Logao  2,  8,  57; 

die  nächtliche  erscheinung  jagte  ihm  den  angslschweisz  aus; 
aus  den  gesangbüchern  wurden  zeilen,  Strophen  und  lieder 
ausgejagt,  die  obwol  keinen  guten  sinn,  doch  auch  keinen 
schlimmen  hatten.  J.  Pacl  biogr.  bei.  1,  138. 

AUSJAHREN,  continuare  annum,  ein  jähr  ausdienen:  ich 
weisz  nicht,  obs  der  groszvater  auf  einmal  gar  zu  streng  an- 
gefangen oder  ob  knecht  und  magd  sonst  zu  meisterlos  ge- 
worden, kurz,  sie  jährten  aus  und  liefen  davon,  arme  mann 
im  Tockenb.  16. 
AUSJAMMERN,  transigere  plangendo :  sich  ausjammern ; 
sie  wird  ihr  leben  fern  von  mir  und  dir  ausjammern. 

GöTHE  10,  188: 
als  er  den  todeskampf  nun  bald  hatt  ausgejammert. 
Wbrxers  24  febr.  s.  58. 

AUSJETEN,  eruncare:  das  unkraut  aus  dem  lande,  dann 
das  land; 

das  sollen  ir  pebst  und  bischof  ausjeten. 

fastn.  sp.  294,  4 ; 
und  pflanzten  menschen  in  ihr  land, 
statt  menschen  wie  das  unkraut  auszujäten. 
GöKiXGK  3,  115 ; 

es  ist  kindisch  und  pedantisch  aus  kindern  freudige  irrthü- 
mer  auszujäten.  J.  Pacl  jubeis.  192;  die  komelen  sind  aus- 
gejätete weiten,  lit.  nachl.  4,  26.    s.  ausgälen. 

AUSJOCHEN,  jugo  solvere,  ausspannen :  das  vieh  ausjochen. 

AUSKALBEN,  desinere  ritulum  parere,  nnl.  uitkalven. 

AUSKALKEN,  calcem  extrahere,  den  kalk  ausziehen. 

AUSKÄLTEN,  perfrigescere,  erkälten:  auskältende  saaten. 

AUSKÄMMEN,  depectere,  ausbürsten,  nnl.  uitkammen :  lause 
auskämmen ;  den  köpf  auskämmen ;  die  haare  sind  schon  aus- 
gekämmt; indem  das  examinationscollegium  seine  samlenea 
hosen  mit  einer  glasbürste  auskämmte.  J.  Paul  uns.  löge  3, 146. 

AUSKÄMPFEN,  armis  decemere,  ausfechten:  den  verhaszten 
streit  auskämpfen.  Klisger  2,  166. 

AUSKAPPEN,  putare,  nnl.  uitkappen,  bäume  auskappen. 

AUSKÄRREN,  carro  evehere. 

AUSKASTEIEN,  corpus  castigare,  macerare:  sich  auskasteien; 
wie  wol  thut  die  sonne  meinem  auskasteiten,  von  gebet  und 
wachen  abgematteten  körper.    Kli.vcers  th.  3, 111. 

AUSKAUEN,  gleichsam  emandueare:  knüchlein  auskauen; 
es  ist  ebenso  unwahr,  dasz  dieser  bogen  hieselbst  ausgckauen. 
Hamann  4,  450 ;  ausgekauener  orfer  ausgekauter  taback. 

AUSKAUFEN,  integre  eoemere,  erkaufen,  nnl.  uitkoopen : 
wo  ein  gemahlter  brief  und  auspekntifle  bullen, 
wer  edel  noch  nicht  ist,  erst  edel  machen  sollen. 
LoGiu  1,  3,  30; 

kauft  ein  bergherr  frembde  gewerken  aus  und  wollte  den  ge- 
niesz  gar  allein  haben.  Sciiüppius  832;  er  läszt  sich  nicht  mit 
tausend  gülden  auskaufen ;  der  ganze  Vorrat,  daS  gewölbe  ist 
schon  ausgekauft,  j.  ausverkaufen,  einem  auskaufen  bedeutet 
im  kauf  zuvorkommen : 

es  hatte  sie  (die  uhr)  ein  lord  bei  Sweerts  bestellen  lassen, 
ich  kaufte  sie  ihm  aus,  der  Junker  muste  passen. 

Uz  2,  106. 
AUSKECKEN  s.  ausköken. 

AUSKEGELN,  etwas  durch  kegelschieben  ausspielen,  bei  den 
Pferden  aber  den  kegel,  d.  i.  den  Oberschenkel  verrenken :  da- 
von kan  es  {das  pferd)  aniers  nicht  als  auf  dem  spitzen  vom 


891 


AUSKEHLEN — AUSKEINEN 


AÜSKELLEN — AUSKITTEN 


892 


huf  stehen  und  die  fössel  krümmen,  dan  musz  man  den  ke- 
gel  wieder  recht  einrichten,  auch  die  dabei  verrenkten  ädern. 
PiNTER  395,  welchen  Hohberg  3,  223'  ausschreibt,  aber  auch 
2,  ^u"  folgendes  sagt :  wann  ein  pferd  auskegelt,  so  schmier 
das  glied  gar  wol  mit  warmem  loröl.  später  wird  eine  salbe 
um  den  kegel  gebunden,  die  ziehet  das  glied  wieder  ein. 
vgl.  ausköten. 

AUSKEHLEN,  slriare,  in  der  baukunst,  etwas  mit  kehlen, 
d.  i.  holen  streifen  oder  rinnen  versehen. 

ÄUSKEHß,  m.  exilus:  der  mensch  musz  drei  auskere  thun, 
der  erst  von  Egipten  diser  weit,  der  ander  von  der  wüstin 
sein  selbs,  der  drit  in  das  gelobt  land.  Keisersberg. 

AUSKEHREN  (i'om  mhd.  kern),  verrere,  nnl.  uitkeeren :  die 
Stube,  das  haus,  den  stall  mit  besen  auskehren ;  kommt  für 
euer  plaudern  her  und  kehret  mich  aus  {bürstet  mich  ab). 
i.  E.  Schlegel  2,  58  ; 

dann  ist  es  sauber  fein  auszkert.    Scheu  groh.  B2; 
der  scorpion  gleicht  dir,  so  auf  den  tod  verletzet, 
und  kehrt  mit  seinem  schwänz  ein  theil  des  volkes  aus, 
als  wie  ein  sehwert-auch  ihut.       Opitz  1,  92. 

sprichwörtlich:  im  {oder  beim)  auskehren  \^'ird  sichs  finden, 
rf.  h.  zuletzt,  wenn  man  das  zimmer  auskehrt,  findet  sich  die 
verlorne  sache,  und  allgemein,  da  wird  sichs  ergeben,  zeigen: 
wie  auch  sollichs  zu  verantworten  sein  werde,  wird  man  im 
auskehren  finden.  Luthers  br.  3,  508 ; 

so  find  es  sich  in  dem  auskeren.    H.  Sachs  I,  479' ; 
fint  sich  zuletzt  in  dem"  auskeren.    II.  2,  SQ'; 

befände  ich  endlichen  und  im  auskehren.  Philand.  1,  6;  im 
auskehren  werdet  ihr  sehen.  2,  347.   s.  auskehrich,  auskehricht. 

AUSKEHREN  {vom  mhd.  keren),  egredi,  austreten,  gegen- 
satz  des  eintretens,  einkehrens:  auszgekeret,  auf  äuszere 
dinge,  nicht  in  sich  selbst  gekehrt,  auswärts  gekehrt.  Keisers- 
berg der  has  im  pf  AaS';  ich  bin  eingekeret  in  mein  ja- 
mer,  das  ist,  vorhin  war  ich  ausgekeret  von  meim  jamer. 
Luther  1,  23' ;  darumb  ist  gott  in  Christo  vermenscht  worden, 
dasz  die  weit  gar  euszerlich  abgefallen  und  auszkert,  nicht 
mer  götlichs  vernam.  Frank  chron.  2'.  auszerdem  in  transi- 
tivem sinn:  das  rauhe  auskehren,  auswärts  kehren,  sich  streng 
erzeigen;  der  vater  kehrt  gern  das  rauhe  aus,  stellt  sich  hart ; 
der  glänz  der  heuser  ist  alles  einkert,  wie  bei  uns  auskert. 
Frank  weltb.  14l'.  im  geschäftsieben,  einem  seinen  antheil  an 
der  erbschaft  auskehren,  seinen  gläubigem  eine  summe  aus- 
kehren, d.  i.  zukehren,  zuwenden,  auszahlen,  was  doch  kaum 
verrere  meint. 

AUSKEHRICH,  n.  purgamentum:  aber  zuletzt  hat  sichs 
dennoch  imer  funden  im  auskerich.  Luther  3,  320;  im  aus- 
kerich  aber  wirt  sichs  wol  finden,  tischr.  i'.  281"; 

das  wird  sich  im  auskerig  finden.    Ayrer  458'. 

AUSKEHRICHT,  «.  dasselbe,  abkehrichl:  aber  es  hat  sich 
gefunden  im  auskerichf,  was  {es)  für  ein  geist  gewesen  sei. 
Luther  5,  489";  gegenwärtiges  fragment  sollte,  meinen  ersten 
gedanken  nach,  durch  mich  entweder  gar  nicht  oder  doch 
nur  irgend  einmal  zu  seiner  zeit  in  eben  dem  abgelegenen 
60  wenig  besuchten  winkcl  bibliothekarischen  auskehrichts 
erscheinen,  in  welchem  seine  Vorgänger  erschienen  sind.  Les- 
fiiNG  10,  234;  man  sprach  und  schrieb  und  sang  auf  öffent- 
licher strasze  von  ihnen  als  von  dem  verworfensten  auskeh- 
riciit  des  menschlichen  gcschlechts.  Wieland  6,  238 ;  die  be- 
griffe läutern  sich,  ein  kleiner  theil  bleibt,  das  übrige  wird 
als  auskehricht  weggeworfen.  Kant  3,  93;  dort  ist  sie  war- 
tendes auskehricht.   J.  Paul  jubeis.  7, 

AISKFIHRSEL,  n.  dasselbe. 

W.ShiVAVKNyincrepare,  auszanken:  hm,  ich  soll  nicht  mehr 
die  nönnchcn  auskeifen.  Klingers  Faust  cap.  9.     s.  auskiffcln. 

AUSKEILEN,  cuneis  firmare,  cuneare.  steht  sowol  gleich- 
bedeutig  mit  einkeilen,  als  ihm  entgegengesetzt  für  eingekeiltes 
auskeilen,  bergmännisch  bedeutet  es  spitz  ausgehen:  der  gang 
keilt  den  bcrg  au.s,  keilt  sich  aus.  zuweilen  steht  es  auch 
für  auskegeln,  bei  den  pferden. 

ALSKP^IMEN,  progerminare,  aufkeimen:  das  erste  auskei- 
men der  rebe;  die  erbsen  keimen  aus;  das  malz  keimt  aus. 

AUSKEINEN,  dasselbe,  nach  der  alten  form  golh.  uskeinan, 
alts.  kinan : 

darauf  er  liegen  hat  getreid, 

da  sach  er  erst  sein  hf^rrenlcld, 

das  keinet  aus  an  allem  cnd.    H.  Sachs  I,  UV, 

auch  bei  Matuesius. 


AUSKELLEN,  trulla  exhaurire,  mit  der  kelle  ausschöpfen, 
bergmännisch. 

AUSKELTERN,  prelo  exprimere:  die  trauben  auskeltern, 
den  wein,  most  auskeltern,  figürlich,  aber  wies  jetzt  unsre 
gnädige  herren  anfangen,  uns  bis  aufs  hlut  auszukeltern. 
GüTHE  42,  7 ;  ausgekelterte  wangen.  J.  Paul  Iksp.  2,  14 ;  aus- 
lachen und  auskeltern,  ßegelj.  2,  81 ;  so  sehr  kelterte  er  mun- 
tere reisegefährten  aus.  Katzenberger  1,  3.  dann  auch  wieder 
ßnem  facere  exprimendi. 

AUSKERBEN,  incisuras  facere,  nnl.  uitkerven :  die  sicht- 
baren balkenköpfe  waren,  wie  es  der  Zimmermann  nicht  las- 
sen kann,  ein  wenig  ausgekerbt.  Göthe  38, 163 ;  ausgekerbte 
blätter:  ein  glänzend  blatt  in  finger  ausgekerbet.  Hallers 
alpen  40. 

AUSKERNEN,  cnucleare,  mhd.  üjkirnen,  gewöhnlich  erkir- 
nen: die  nusz  auskernen,  ausgekernte  pfirsich.  oft  aber 
figüTlich : 

swer  swenden  welle  sin  hirne, 

daj  er  tiefiu  wort  üj  kirne,    itenn.  23459; 

wenn  sich  die  winde  legen 
der  köstlichen  und  ausgekernten  gunst. 

■    ScHÖNBORM  bei  Gryphius  2,  502 ; 

als  hülsen  seiner  ausgekernten  stunden.  J.  Paul  uns.  löge  3, 
176;  sie  spielen  mit  dem  ausgekernten  leben,  wie  mit  einer 
locke.  Hesp.  l,  238;  jeden  tag,  jede  stunde  auszukernen.  3, 
184 ;  aus  der  form  alle  fälle  auskernen  und  ausspelzen.  Fixl. 
17;  ich  liesz  die  ausgekernte  perücke  vicarieren.  lit.  nachl. 
4,  85.  bergmännisch,  die  erze  auskernen,  sondern,  ausge- 
kernter rieme  ist  den  fleischern  ein  stück  aus  detn  hintcrvier- 
tel  des  rindes. 

AUSKESSELN,  excavare  instar  aheni :  bergmännisch,  der 
ort  kesselt  sich  aus,  die  grübe  bricht  ein,  verschüttet  sich  kes- 
seiförmig,   s.  kessel. 

AUSKETZERN,  bergmännisch,  findere,  mit  ritzen  versehen: 
die  wand  ausketzern,  um  keile  einzutreiben,  s.  auflcetzern. 
in  der  Schweiz  könnte  ausketschen  bedeuten  ausschleppcn,  in, 
Baiern  heiszt  katsch  ausi  apage,  mach  dich  fort!  Scumeller 
2,  345.    s.  aushatschen. 

AUSKEUCHEN,  anhelando  emittere:  du  hast  jenen  elenden 
gesehen,  Araalia,  der  in  unserm  siechenhause  seinen  geist  aus- 
keuchte. Schiller  111.     Maaler  43"  schreibt  auskauchen. 

AUSKIELEN,  caules  pennarum  conßcere,    alte  kiele  treiben: 

und  wie  ein  adler  thut,  der  nicht  läszt  ungeflogen, 
wiewol  er  kümmerlich  erst  jetzt  hat  ausgekielt, 
und  noch  der  nordwind  nicht  mit  seinen  federn  spielt. 
Opitz  2,  18. 
AUSKIESEN,  eligere,  auserkiesen,  nnl.  uitkiezen,  mit  star- 
ker und  schwacher  form,  wie  bei  auserkiesen: 

da  mag  ein  jeder  im  besundern 
ein  bäum  auskiesen  für  das  best.    Waidis  Esop  2,  27 ; 
glück  hat  zu  seinem  kinde  Sutrinum  ausgekiest. 
LoGAU  1,10,81; 
das  sind  die  heiligen  zwölfe, 
Selia,  die  [zu  vertrauten  der  iniuler  gottes  sich  auskor. 
Klopstock  3ies«.  3,  125; 
und  aus  der  groszen  gedriinglen  vcrsamnihing 
koren  ihn  Moses  sich  aus  und  Abraham  ihm  zu  erscheinen 

15,  1027 ; 
folgte  dem  führer  den  pfad  hinauf,  den  gott  für  ihn  auskor. 

16,  203; 
zur  gespielin  kor  das  herz  sie  sich  aus.  werke  1,  210; 
so  kies  er  ihn  {den  weg)  sich  aus,  und  walle  auf  selbigem  frisch 
und  frühlich  einher.  12,  410 ;  des  lehnherrn  hausfrau  soll  mit- 
gehen und  ein  fasz  wein  auskiesen,  als  darnach  soll  das  ge- 
richt  auch  ein  fasz  auskiesen,  kiesen  sie  ihn  gut,  so  haben 
sie  ihn  gut.   weisth.  3,  783. 

AUSKIFFELN,  frequenlativ  von  auskeifen,  schon  im  vocab. 
1482. 

AUSKIND,  n.  extraneus,  peregrinus:  soll  das  rechtlich  gut 
folgen  den  rechten  erben  und  nechsten  ganerben  und  nicht 
den  auskindern.   weisth.  3,  346.     vgl.  ausmann. 

AUSKINDRETTEN,  lectum  pucrperii  relinqnere:  so  sie  ih- 
rer kindcr  genesen  und  auskindbetlen.    Paracelsus  2,  260". 

AUSKINDERN,  finem  facere  ineptiarum  puerilium,  wie  aus- 
buhen,   das  nnl.  uitkinderen  auch  desinerc  parere,  von  frauen. 
AUSKIl'l'EN,  excipere,  extollere,  ausgrcifcn,  nn/.  uitkippen: 
uns  arme  leute  aus  der   unzähligen   menge   dieser   verüchtcr 
auskippen.    Liscov  490.     auch  intransitiv,  atlotli,  nutarc. 

AUSKITTEN,  ferrumine  immisso  oblurare,  mit  kilt  airsfül- 
len:  das  inenschenblul,  welches  das  karlenhaus  Und  das 
sparrwcrk  unscrs  ichs  auskittet.  J.  Paul  uns.  löge  2, 163. 


893 


AUSKLAFFEN — AUSKLAUBEN 


AUSKLEBEN — AUSKNURBEN 


894 


AUSKLAFFEiN,  gamre,  ausschreien:  das  sie  das  für  be- 
werte und  gegründte  warheit  ausklaffen.  Luther  1,  48'. 

AUSKLAFTERN,  ulnis  meliri,  mit  gestreckten  armen  aus- 
messen. 

AUSKLAGEN,  Ute  atque  judicio  persequi,  verklagen,  nnl. 
nitklagen,  dann  auch  zu  ende  klagen: 

wie  es  den  tausend  mal  tausend  der  todten  goties  einst  sein 

wird, 
bat  das  grosze  weh  von  dem  falle  bis  an  den  gericbtstag 
ausgeklagt.  Klopsiock  Hess.  13,  674 ; 

Johann,  fortgehn  wollen  sie  nicht,  bezahlen  können  sie 
nicht,  was  ist  denn  noch  übrig? 

Adrast.  mich  ausklagen  zu  lassen.  Lessing  1,  400;  ausge- 
klagter schulden  halber  soll  das  haus  verkauft  werden;  ich 
musz  mich  einmal  recht  ausklagen. 

AUSKLAGT,  f.  actio :  ausklagt  thun.  weisth.  3, 13,  actionem 
inslituere. 

ACSKLANG,  m.  exitus  soni :  du,  ihr  anklang  und  ausklang. 
Herder  4,  63;  der  ähnliche  klang  und  ausklang  der  zweiten 
und  vierten  zeile.    18,  6. 

AUSKLÄREN,  expurgare,  nnl.  uitklaren:  den  waizen  aus- 
klären, die  roggenhalnie  daraus  entfernen;  das  mehl  ausklä- 
ren; das  weiter  klärt  sich  aus,  klärt  sich  ganz  ab,  s.  abklä- 
ren ;  ein  ausgeklärtes  gemüthe.  Logaü  1,  zugäbe  139 ;  in  der 
sabbatstille  meines  ausgeklärten  gemüthes.  Tieck  nov.  kr.  2,  240 ; 
sie  erapfieng  Augustin  mit  ziemlich  ausgeklärten  äugen.  Pie- 
rot  1,  30. 

AUSKLATSCHEN,  effutire,  ausschwatzen,  ausplaudern:  sie 
klatscht  alles  aus ;  er  wird  unser  geheimnis  ausklatschen,  den 
Schauspieler  ausklatschen,  explodere,  auszischen,  auspfeifen. 

AUSKLAUREN,  excerpere,  mit  den  fingern  aus  der  schale, 
aus  der  erde,  aus  dem  häufen  nehmen:  erbsen,  bohnen  aus- 
klauben, käse  aus  dem  topf  ausklauben; 

darumb  ausklaubt  ich  diese  guten 
kes,  und  hab  mich  darüber  gesetzt. 

II.  SachsIIL  3,  45*; 

gold,  erz  aus  dem  boden,  aus  den  halden  klauben : 

goid  in  blättchen,  gold  in  fliltern 
durch  die  ritzen  seh  ich  zittern, 
laszt  euch  solchen  schätz  nicht  rauben, 
imsen  [ameisen)  auf!  es  auszuklauben. 
GöTHE  41,  13S; 

das  geläuterte  gold,  das  wir  aus  schult  und  grusz  der  natur 
nur  mühselig  ausklaubend  als  kümmerlichen  gewinn  eines  ver- 
geudeten lebens  bedauern  müssen.  39, 145 ;  ich  fand  den  Steiger 
mit  ausklauben  beschäftigt,  hier  sondern  sie  den  zinnstein  von 
den  anhängenden  gangarten.  51,  108.  Oß  figürlich  für  mühsa- 
mes aufsuchen :  ich  will  das  allerbest  und  hüpschist  ausklauben ; 

erlaubt  mir  ein  vorsprech. 

ja  den  thue  ich  dir  erlauben, 

magst  du  nur  ein  ausklauben,   fastn.  sp.  9S8,  17; 

sie  haben  in  {einen  vers  aus  den  psalmen)  in  einem  augen- 
blick  rein  aus  gegleubl  (so),  ja  leider  allen  rein  aus,  das  sie 
weder  uns  noch  niemand  etwas  daran  gelassen  haben.  Luther 
5,  67* ;  denn  er  erzelet  also  der  Türken  historien,  das  er 
nicht  allein  ausklaubet,  was  an  irer  religion  am  höchsten  und 
schendlichsten  ist.  5,  258' ; 

was  besser  gottesdienst  ist  irgend  aus  zu  klauben 
für  guttes  rühm  zugleich  und  für  der  menschen  glauben? 
Opitz  Hugo  Gr.  331 ; 

gleichwie  alles  besonder  ausgeklaubte  und  ausgesonderte  weit 
höher  geachtet  wird.  Simplic.  1,  5;  bei  jeder  frischen  Samm- 
lung fieng  er  an  aus  dem  chaotischen  Vorrat  auszuklauben. 
CöTUE  32,  37 ;  ungeachtet  ich  gestehen  musz,  dasz  ich  mich 
freue,  wenn  ich  hie  und  da  ein  buch  zu  meiner  erweckung 
und  zur  orweiterung  auch  meiner  geistlichen  erkenntnis  aus- 
klauben kann.  Hamann  1,  349 ;  scheinbare  Widersprüche  lassen 
sich  in  jeder  schrift  ausklauben.  Kant  2,  31;  es  war  etwas 
ganz  unnalüriiches,  aus  einer  ganz  willküriich  entworfenen 
idee  das  dasein  des  ihr  entsprechenden  gegenständes  selbst 
ausklauben  zu  wollen.  2, 404 ;  dasz  zuhörer  und  leser  wie  die 
Bchweiszhunde  in  romanen  und  tragüdien  nur  venvundctem 
wildpret  nachlaufen  und  es  aus  dem  unverietzten  ausklauben. 
J.  pAtL  jubeis.  64;  hier  in  diesem  manne  und  protoplastiker 
sitzen  nun  alle  facultäten  und  männer,  die  besten  altfürstli- 
chen häuser,  wiewol  noch  nicht  rein  aus  dem  gemeinen  schifs- 
volk  ausgeklaubt.  Siebenk.  1,  139;  weil  unter  so  vielen  grün- 
den der  wahre  nur  von  einei«  extrablättchen  auszuklauben 
wäre.  Hesp.  3,  28;  ich  pries  sie  ins  schöne  gesiebt,  dasz  sie 
sich  einen  solchen  verlobten  ausgeklaubt,  biogr.  bei.  1, 145. 


AUSKLEREN,  s.  das  folgende. 

AUSKLEIBEN,  intus  illinere,  obducere:  einen  schrank  aus- 
kleiben ;  die  löcher  in  der  wand,  die  wand  mit  lehm  aus- 
kleiben. 

AUSKLEIDEN,  nnl.  uitkleedea, 

1)  entkleiden,  vestes  exuere :  ich  will  mich  auskleiden ;  kleide 
mich  aus ;  kleide  das  kind  schnell  aus ;  die  räuber  kleideten 
ihn  ganz  bis  aufs  hemd  aus ;  den  todten  auskleiden. 

2)  ausputzen,  exornare  vestibus :  alle  mit  entblöszten  brüsten 
und  wie  liebesgöttinnen  mit  rosenkränzen  auf  den  häuptern 
ausgekleidet.  Lohenst.  Arm-  1,  018 ;  was  für  garstige  teufels- 
bildnüsse  werden  nicht  zu  fastnachten  ausgekleidet.  Simplic. 
1,172;  die  ergsten  zwei  lumpenhunde,  die  wir  können  auftrei- 
ben, die  wollen  wir  auskleiden  als  grafen.  Weise  comöd.  315; 
dasz  er  denen  herren  solche  kleider  verfertigte,  welche  schöner 
als  ein  pfauenschwanz  aussehen,  darinne  sie  nachmals  als 
eines  groszen  fürsten  hofrath  stutzen  könten,  und  dasz  er 
seine  kunst  an  ihnen,  sie  auszukleiden,  aufs  beste  würde  be- 
wiesen haben.  Plesse  1, 116.     heute  sagt  man  herauskleiden. 

AUSKLEIDUNG,  f  omatus,  ausputz:  venvunderten  sich  über 
die  possierliche  auskleidung.  maulaffe  92. 

AUSKLEINEN,  frustatim  efferre,  bergmännisch,  das  erz  in 
kkinen  stücken  herausbringen  und  klauben:  ein  häufen  tauber 
schlacken  oder  ein  ausgekleinte  und  umbgekerte  halle.  Ma- 
thesids  Hl'. 

AUSKLEISTERN,  was  auskleiben,  oblinere:  einen  kästen 
mit  papier  auskleistem,  beziehen. 

AUSKLENGELN,  was  das  folgende. 

AUSKLENGEN,  den  samen  aus  nadelholz  gewinnen,  gleich- 
sam ausklingen  lassen. 

AUSKLLNGELN,  tinnitu  divulgare :  aussprechen  wäre  besser 
als  ausklingeln.  J.  Paul  aesth.  2,  222 ;  wie  die  Samojederinnen 
ein  glöckchen  tragen,  damit  die  ellern  jeden  schritt  und  aufen!- 
halt  derselben  wissen,  so  klingeln  die  Deutschen  ihre  raärsche 
den  feinden  aus.  Nepomukkirche  114 ;  verlorne  sachen  aus- 
klingeln {ausschellen)  lassen,  intransitiv,  von  einem  ausspru- 
delnden, auspldtschernden  bach.    s.  klingeln. 

AUSKLLNGEN,  tinnire  desinere:  das  lied  klingt  aus,  verklingt. 

AUSKLOPFEN,  pulsando  excutere:  die  kleider,  die  feile  aus- 
klopfen ;  den  staub  ausklopfen  ;  anis,  kümmel  ausklopfen  (aus 
den  Stauden);  iasz  ihn  unter  fremde  leute  kommen,  die  wer- 
den ihm  den  rock  besser  ausklopfen.  Arnim  schaub.  1,  7 ;  aus- 
klopfen, damit  die  schaben  ein  wenig  davon  flögen,  unw.  doct. 
524;  einem  die  kleider  auf  dem  leibe  ausklopfen. 

AUSKLÜGELN,  subtiliter  excogilare:  die  alle  geheimnis  der 
schrift  ausklügeln  wollen.  Zinkgh.  apophth.  8,  13;  die  unter- 
thanen  beteten  fleiszig  für  ihre  fürsten,  klügelten  nicht  alles 
so  genau  aus.  Schcppius  539;  nun  hat  Moritz  ausgeklügelt, 
dasz  es  eine  gewisse  rangordnung  der  silben  gebe.  Götue  27, 
255;  die  befriedigung  der  neigungen,  so  fein  sie  auch  immer 
ausgeklügelt  werden  mögen.  Kant  4,  238. 

AUSKNAUPELN,  probe  rodere,  ganz  abknaupeln. 

AUSKNERELN,  fuslem  solvere:  den  hund  ausknebeln. 

AUSKNEIFEN,  dam  se  subducere,  nnl.  uitknijpen,  eigentlich 
ausdrücken:  er  ist  ausgekniCfen,  er  hat  sich  gedrückt,  ist  aus- 
gekratzt, nnl.  he  is  stil  uitgeknepen ;  eenen  citroen  uitknijpen, 
eine  citrone  ausdrücken. 

AUSKNEIPEN,  exire  in  cauponulam. 

AUSKNETEN,  probe  subigere,  nnl.  uitkneden:  der  leig  ist 
noch  nicht  ausgeknetet ;  gleichwie  ein  backofen,  den  der  becker 
heizet,  wenn  er  hat  ausgeknetet.  Hosea  7,  4;  er  sollte  auf 
fürstlichen  befehl  ein  drama  auf  der  drchscheibe  seines  pul- 
tcs  auskneten.  J.  Paul  uns.  löge  2,  74. 

AUSK.MEN,  flexis  genibus  excavare:  andächtige  pilger  knie- 
ten den  stein  aus. 

AUSKNIRSCHEN,  stridendo,  frendendo  fransigere :  Iasz  mich 
mein  einsames  leben  so  ausknirschen  über  das  Schicksal  dei- 
ner Verblendung.  Götiie  10,  lol.    auch  Klinger  im  th.  3,  363. 371. 

AUSKNISTEILN ,  desinere  crepitare:  das  feuer  hat  ausge- 
knistert. 

AUSKNITTELN,  fuslibus  expellere: 

der  bniir  und  bürirer  wird  kanalj  und  pack  betitelt 
und  seinem  au  wachs  früh  die  mensch  heil  ausgeknittelt. 
Voss  6,  Ibl. 

AUSKNÖPFEN,  globulis  eximere. 
AUSKNCPFE.N,  exsolvere,  knoten  auflösen. 
AUSKNURRE.N,  desinere  mussitare: 

nun  gute  nacht.'  so  hat  er  ausgeknurri.   Vo(t6, 177. 


895 


AUSKNÜTSCIIEN  --  AUSKOMMEN 


AUSKOMMEN  —  AUSKüTEN 


896 


AUSKNÜTSCHEN,  tundendo,  conterendo  eluere,  ausbleuen, 
ausdrücken,  andere  schreiben  knötschen :  da  haben  sie  ir  aus- 
knötzschen  und  ausblewen  an  ein  wasser  gerichtet,  wie  bei 
uns  die  tuchmacher  und  weiszgerber  ire  walkmülen  haben. 
Mathesius  119'.    vgl.  knutschen,  zerknQlschcn. 

AUSKOCHEN,  excoquere,  percoquere,  aussieden,  nnl.  uit- 
koken. 

1)  fertig  kochen,  das  fleisch,  gemüse  wol  auskochen ;  die 
arznei  ist  noch  nicht  ausgekocht,  bildlich,  etwas  auskochen, 
wie  ausbrauen,  fertig  werden  lassen:  Faust  kochte  alles  im 
stillen  aus.  Klingeu  3,  267;  er  kochte  den  zorn  in  seinem 
herzen  aus.  6,  153;  wir  haben  es  noch  nicht  ausgekocht,  et- 
was mit  einander  auszukochen. 

2)  heraus  kochen:  dem  fleisch  alle  kraft  auskochen;  das 
fett  auskochen ;  einen  topf  auskochen,  reinigen ;  das  garn, 
die  Wäsche  auskochen ;  die  leiche  ward  ausgegraben  und  alles 
gift  ausgekocht. 

3)  intransitiv,  das  fleisch  hat  ausgekocht;  jedoch  hat  auch 
diser  schwäbisch  keiser  Heinrich  dem  pabst  bald  ausgekocht 
(es  nicht  mehr  zu  danke  gemacht).  Fischart  bienenk,  128* ;  wie 
ists  euch  nun,  habt  ihr  ausgekocht  {euch  gestillt,  beruhigt)  ? 
Klingers J/i.  4, 153. 

AUSKÖKEN,  eructare:  sie  sind  toll  im  weissagen  und  koken 
die  urteil  eraus.  Es.  28,  7;  nachdem  er  solches  mit  ziemlich 
schwerer  und  stamlender  zunge  ausgekeckef.  Schuppius  547. 

AUSKOMMEN,   exire,  egredi,  nnl.  uitkomen. 

1)  ausschliefen  aus  der  schale :  die  glucke  hätte  schon  20  tage 
auf  den  eiern  gesessen  und  noch  wäre  keins  ausgekommen. 
GöTHE  37,251;  nnl.  waneer  zullen  de  kuikens  uitkomen? 

2)  ausbrechen,  vom  feuer,  los  werden,  gleichsam  aus  den  banden 
oder  auch  als  ein  entschlüpfter  vogel :  wenn  ein  fewr  auskompt 
und  ergreift  die  dornen.  2  Mos.  22,  6 ;  denn  das  fewr  kam  aus. 
3  Mos.  9,  24 ;  von  dem  sol  ein  fewr  auskomen  über  das  ganze 
haus  Israel.  Ez.  5,  4;  ist  durch  ein  auskumens  feur  seins 
nachpauren  ein  stadel  brennend  worden.  Maria  wunderzei- 
chen 1521.  69.  (Scheible  6,989).  schon  im  Meraner  stadtrecht: 
swenne  daj  fiwer  üj  kumt.  Haupt  6,  424. 

3)  auch  das  gerücht,  mhd.  maere,  liesz  man  einem  ßücken 
vogel  gleich,  aus  dem  nest  ins  land,  unter  die  leute  ausfliegen 
{mythol.  s.  850) : 

dö  dag  maere  üj  quam.  En.  1916.  Herb.  14374, 
und  ebenso  heiszt  es  nun:  sein  gerächt  kam  weit  aus.  2  chron. 
26, 15 ;  es  kam  ein  erlogen  geschrei  aus.  2  Macc.  5,  5 ;  es  kam 
aber  die  sage  von  im  ie  weiter  aus  (usmernoda  I)ata  vaurd). 
Luc.  5, 15 ;  und  da  das  wort  auskam.  2  chron.  31,  5 ;  oder  ist 
das  wort  gottes  von  euch  auskommen?  1  Cor.  14,  30;  und 
auskommen  gieng  in  den  allgemeinen  begrif  icber  von  devul- 
gari,  bekannt  werden:  und  wo  es  würde  auskommen  bei  dem 
landpfleger.  Malth.  28,14;  es  war  aber  der  name  noch  nicht 
auskommen,  hie  aber  wird  er  ausgeschrien  und  lautbar.  Lu- 
ther 4,  191";  wo  aber  die  sache  auskommen  solt.  Wicrram 
rollw.  87';  wanns  von  ihnen  auskompt.  Kikchhof  7nil.  disc.  121; 
was  würde  man  aber  sagen,  wenn  es  auskäme.  Lessing  1, 
383;  ich  bin  ein  geschlagener  mann,  wenn  das  ding  auskommt. 
Tieck  Cev.  1,  43 ;  von  Stolbergs  religionsveränderung  als  einer 
noch  nicht  ausgekommenen  sache  nicht  zu  reden.  Niebühr 
leben  A'iefc.  1,  285 ;  ich  möchte  nicht  gern,  dasz  die  anccdote 
■weiter  auskäme.  J.  Paul  «ns.  logel,  23;  wenn  auch  eine  solche 
erklürung  auskäme.  Göthe  an  Schiller  170.  Zumal  galt  auskom- 
men {wie  ausgeiien)  von  dem,  was  in  schriß  und  druck  öffentlich 
bekannt  gemacht  wurde,  wofür  wir  heute  lieber  iierauskommen, 
erscheinen  verwenden :  da  ich  nu  iedcrman  auf  diesen  kampf- 
platz  fodderte,  aber  niemand  sich  cinstellcte,  dazu  auch  sähe, 
das  meine  disputaliones  imer  weiter  auskamen.  Luther  1,  53'; 
es  möcht  denen  von  Mitweide  auch  also  geschehen,  wo  meine 
Schrift  auskerne,  wie  es  leichtlich  gescheiien  ist  umb  solche 
gemeine  schrift.  6,  325";  weil  dies  buch  weit  ist  auskomen 
beide  in  lateinischer  und  deudscher  spräche.  3,405';  ehr  aber 
dieses  mandat  auskamb,  eroberte  der  churfürst  Vicrradcn  mit 
list.  MicRÄLius  a.  /'.  3,  444 ;  endlich  wan  sich  andere  verwun- 
dern und  verdrieszen  lassen  sollen,  dasz  ich  so  wenig  für 
eine  so  lange  vergangene  zeit  nu  auskommen  lasse.  Weckher- 
LiN  vorr.  zu  den  weltl.  ged.;  Clavigo  kann  das  papier  nicht 
auskommen  lassen.  Göthe  10,  87. 

4)  ausgehen,  von  menschen  gebraucht,  aus  dem  hause  kom- 
men: ich  komme  wenig  aus;  er  ist  in  acht  tagen  nicht  aus- 
gekommen ;  Jeriho  war  verschlossen,  das  niemand  aus  oder 
einkomen  künde.  Jos.  C,  1;   bis  alles  volk  zur  stad  auskam. 


2Sam.  15,  24;  ich  lige  gefangen  und  kan  nicht  auskomen.  ps. 
88,  9 ;  alle  die  aus  einem  schifbruch  auskummen  (davon  kom- 
men), opferen  sie  Iphigenie.  Frank  weltb.  94*. 

5)  ausgehn,  zu  ende  gehn,  verstreichen,  exire,  praeterire: 
wann  die  fierzehen  tage  usz  komen.  weisth.  3,  549 ;  wenn  die- 
selben XL  tag  uszkoment  und  verschinen  worent.  Keisersb. 
post.  4,  30. 

6)  zu  ende  kommen,  zurecht  kommen,  fertig  werden,  aus- 
reichen, auslangen,  mit  einem  oder  mit  etwas :  dann  es  ist 
kein  tugend  mit  eim  guten  mann  auskommen,  sonder  eim 
bösen.  Garg.n';  mit  ihm  kann  kein  mensch  auskommen; 

noch  wll  mein  arbeit  nicht  erklecken, 
das  ich  auskem  in  meinem  haus.  H.  Sachs  II.  4,  2"; 
das  ich  denn  niendert  mit  im  kan  ausziiunien. 
fasln,  sp.  733,  17  ; 

man  würde  dann  gewis  mit  einem  verehrungswürdigen  publi- 
cum gar  nicht  auskommen  können.  Tieck  15,  4;  ich  kann  mit 
dem  gelde,  mit  dem  übersandten  Wechsel  nicht  auskommen, 
auslangen; 

mit  viel  geld  hält  man  haus, 

mit  wenigem  kommt  man  aus; 

mit  einer  solchen  entschüldigung  wirst  du  nicht  auskommen ; 
damit  ist  schon  auszukommen;  der  Schneider  kommt  mit  dem 
zeuge  nicht  aus.  mhd.  mit  dem  guote  üj  komen  und  ere 
erjagen,  pass.  Küpke  156, 171. 

AUSKOMMEN,  n.  copia  victus,  facilitas  in  consuetudine: 
ein  gutes,  reichliches,  sicheres,  ehrliches,  schlechtes,  nothdürf- 
tiges  auskommen;  er  hat  sein  gutes  auskommen;  man  kann 
damit  ein  gutes  auskommen  erlangen,  pers.  baumg.  2,21;  gib 
nach  deinem  göttlichen  willen  ein  auskommen  mit  der  Ver- 
suchung, dasz  wirs  können  ertragen.  Schuppius  436;  in  allen 
dingen,  so  uns  beschwerlich  zufallen,  ein  auskommen  ver- 
leihen. 437 ;  eine  art  von  Schwermut,  deren  Ursache  niemand 
errathen  konnte,  und  die  seine  gemütsart  nach  und  nach  so 
sehr  versäuerte,  dasz  kein  auskommen  mit  ihm  war.  Wieland 
8,338;  dasz  Albert  hierbleiben  und  ein  amt  mit  einem  arti- 
gen auskommen  vom  hofe  erhalten  wird.  Göthe  16, 64  ;  da  war 
nun  gar  kein  auskommen  mehr  mit  ihr.  11,  53 ;  herzogin  Luise 
läszt  ihnen  sagen,  sie  möcliten  bald  wieder  gesund  werden, 
denn  ohne  sie  sei  kein  auskommens.  an  fr.  v.  Stein  1,  4 ;  ein 
auskommen  treffen,  mittel  und  wege  einschlagen. 

AUSKOMMENTLICH,  suppetens,  sufßciens,  womit  man  aus- 
kommt, ausreicht:  welcher  in  sich  ein  auskommentliches  masz 
{von  Vernunft)  hatte,  die  ganze  weit  zu  beherschen.  Lohenst. 
Arm.  1,21;  dasz  die  natur  ein  theil  der  weit  für  andern  län- 
dern  auskommentlicher  versorget  habe.  1, 107 ;  derer  vermögen 
zu  erhaltung  des  geschlechts  nicht  auskommentlich  war.  1, 
976;  ihre  tracht  ist  durchgehends,  wie  ihr  sie  an  mir  sehet, 
ihre  speise  auskommentlich,  aber  sonder  uberflusz.  1,  1338; 
das  markmännische  reich,  wenn  es  auch  schon  in  gegenwär- 
tiger Verfassung  bliebe,  hätte  schon  eine  auskommentliche 
grösze.  2,  1400.  heute  veraltet  und  durch  das  folgende  oder 
durch  genügend,  hinlänglich,  ausreichend  vertreten. 

AUSKÖMMLICH,  womit  auszukommen,  auszureichen  ist,  ge- 
nügend. 

AUSKÖNNEN,  zu  fassen  wie  aufkönnen  und  mit  ergänztem 
infinitiv:  ich  kann  heute  nicht  aus  {gehen);  und  belagert  die 
stad  zu  land  und  zu  wasser,  das  niemand  aus  oder  ein  konde. 
1  Macc.  15, 14. 

AUSKÖRNEN,  grana  folliculis  eximere,  vgl.  auskernen. 

AUSKOSTEN,  gustando  explorare,  plene  gustare:  ein  aus- 
gekosteter, auserlesener,  geprüßer  wein ;  die  schiffer,  wenn 
sie  in  Hamburg  das  hier  auskosten.  Weise  erzn.  52 ;  begieng 
er  fehler,  so  hat  er,  wie  der  tragische  held,  diese  auszuko- 
sten. Herder  18,  56;  über  ein  jähr  hatte  sich  della  Valle  in 
Ispahan  aufgehalten,  um  von  allen  zuständen  und  Verhältnis- 
sen nachrichl  einzuziehen;  endlich  nachdem  er  alles  ausge- 
kostet, fehlt  ihm  noch  der  gipfel  des  ganzen  zustandes.  Göthk 
C,  196 ;  was  mir  das  Schicksal  alles  gegeben  hat,  und  wie  nach 
und  nach,  wie  man  kindern  freudcn  macht,  dasz  ich  jedes 
gut  erst  ganz  ausgekostet,  mir  so  ganz  eigen  gemacht  habe. 
an  fr.  v.  Stein  \,  122;  in  süszer  langeweile  die  zeit  recht  aus- 
zukosten. Tieck  nov.  kr.  4,198;  den  trank  bis  zur  hefc  aus- 
kosten. 

AUSKOSTER,  m.  explorator:  wenn  es  nicht  das  ansehen 
gewinnen  möchte,  als  wSrc  dieser  narren  auskoster  der  erste 
im  regisler  gewesen.  Weise  erzn.  7. 

AÜSKÖTEN,  von  Pferden,    die  köte  {acelabulum  in  osse) 


897 


AUSKOTZEN  —  AUSKREISCHEN 


AÜSKREISCHEN — AUSKUNFT 


898 


verrenken,  verstauchen :  das  pferd  hat  sich  ausgekötet.  s.  aus- 
kegeln. 

AUSKOTZEN,  exscreare,  ausspeien. 

AUSKRÄCHZEN,  crocilando  proferre,  mühsam  herauskrächzeit. 

AUSKRAGEN,  murum  instruere  mutulis,  kragsteine  an  der 
wand  hervorragen  lassen. 

AUSKKÄHEN,  canendo  evulgare,  canendi  ßnem  facere: 
MinerveDS  muntrer  hahn  kräht  oft  den  morgen  aus. 

GÜNTHER ; 

fehlgüsse  lachten  wir,  der  hofhund 

bellte  sie,  krallte  der  henne  mann  aus.    Klopstock  2,  232 ; 

ehe  der  hahn  den  morgen  auskräht,  wird  er  wieder  in  deinen 
armen  sein.  Mlsäcs  ;  ich  üesz  gewöhnlich  die  spaszvögel  erst 
auskrähen  und  üel  selber  mit  ein.  J.  Paul  freiheitsb.  SS. 

AUSKRAMEN,  exponere  res  renales,  venditare,  promere :  ge- 
schwind, kramen  sie  ihr  Unglück  aus.  Lessixg  1,  541;  hier 
kann  er  einen  brocken  Weisheit  wieder  auskramen,  den  er 
erst  gestern  einbetteile; 

iwar  hat  er  die  böse  gewohnheit,  bei  allen  arten  von  damen 
altmodische  komplimente,  in  platten  witz  gehüllt, 
mit  vielem  prunk  und  bombasi  auszukramen. 

WfELAND  4,  169; 

wurm,   krame   vor  mir  deine  gräszlichen  knoten  aus.    Schil- 

LEB  211* ;  kinder  kramen  ihr  Spielzeug  aus; 

nein,  freunde,  lassen  wir  es  noch  zusammen, 
und  geben  uns  nicht  ab,  hier  auszukramen. 
GöTHE  10,  2ü3; 

wandte  er  sich  an  mich  und  kramte  viel  Wissens  aus.  16,13; 
wenn  nun  alles  weiszzeug,  stattlich  ausgekramt,  die  augcn 
blendete.  22,  S5;  ein  mann,  der  sich  durch  ausgekramtes  ge- 
räth  als  barbier  ankündigte.  23, 10 ;  die  mutter  der  Gracclien, 
wie  sie  einer  freundin,  welche  ihre  Juwelen  auskramte,  ihre 
kinder  zeigt.  29,67;  als  ein  academischer  lehrer  den  unstatt- 
haftesten apparat  auskramte.  32,  123;  Newtons  versuche  und 
theorien  werden  mit  groszem  bombast  ausgekramt.  54,  209; 
aber  ich  blieb  in  fassung  und  kramte  läppisches  zeug  aus. 
an  fr.  von  Stein  1,  5 ;  womit  man  die  lächerlichen  seilen  und 
lasterhaften  ausschweifungen  seines  Charakters  nicht  nur  sehen 
läszt,  sondern  gar  auskramt  Hamann  3,  246;  physische  ein- 
sichten  auskramen.  Kast  6,  78 ;  ich  werde  müde  alle  Unrich- 
tigkeiten und  widersprechungen  auszukramen.  S,  82 ;  er  lobte 
um  seinen  witz  auszukramen.  J.  Paul  uns.  löge  2, 119. 

AUSKRÄMPELN,  carminare,  auskämmen:  die  wolle  aus- 
krämpeln. 

AUSKRAMUNG,  f.  expositto,  ostenlatio :  hochmütige  auskra- 
mung  schöner  und  groszer  gesinnungen.  Lessing  4,  125;  die 
auskramung  deiner  siebensächelchen.  GorrEB  3,  345. 

AUSKR.\NKEN,  convalescere,  liberari  a  morbo,  die  krank- 
heil überstehen:  wenn  man  todt  ist,  bat  man  ausgekrankt. 

AUSKRÄTSCHEN,  j.  ausgrätschen. 

AUSKRATZEN,  eradere,  exsculpere:  da  Saul  aber  von  goll 
und  der  warheit  wider  abfeilt,  wird  er  auskratzt  (aus  der  le- 
benden buche)  und  in  das  schwarze  buch  geschrieben.  Matiie- 
sitjsios';  kurz  wir  zweifeln  mit  gutem  gründe,  ob  diejenigen, 
die  von  einer  Danae  am  unbarmherzigsten  urlheilcn,  an  ihrem 
platze  einem  viel  weniger  gerährlichen  Versucher  als  Agallion 
die  äugen  auskratzen  würden.  Wiela.nd  1,263;  ich  will  ihm 
die  äugen  mit  den  nageln  auskratzen.  Schiller  113' ;  eine  teu- 
felei  mit  einer  andern  auskratzen.  164';  aber  soviel  ist  doch 
richtig,  dasz  aus  der  universalhislorie  die  beispiele  nicht  aus- 
zukratzen sind.  J.  Paul  Ilesp.  3,  169;  ich  würde  das  ganze 
bisherige  lob  auf  die  ärzte  ohne  mitleid  auskratzen,  teufels- 
pap.  1, 109 ;  das  soll  mir  keine  henne  auskratzen,  litera  scri- 
pta manel.  intransitiv,  mit  dem  fusz  auskratzen,  einen  kratz- 
fusz  machen,  scharren,  auf  die  erde  streictiend  sich  verbeugen, 
und  daher  entspringt  die  bedeutung  des  Weggehens:  nachbar, 
wartet  doch,  nun  der  kratzt  aus  {empfiehlt  sich,  reiszt  ans, 
macht  sieh  aus  dem  staube).  Arnim  schaub.  2,  319. 

AUSKRÄUSELN,  comam  crispare,  calamistrare. 

AUSKREBSEN,  cancros  eximere:  einen  bach  auskrebsen, 
alle  krebse  aus  ihm  «egfangen;  hier  ist  schon  ausgekrebst, 
wie  ausgefischt. 

AUSKREIDEN,  ereta  probe  notare,  explurare: 
niemand  hats  gezehlet  gar, 
niemand  hat  es  ausgekreidet.    Spee  trut:n.  231. 

AUSKREISCHEN,  vociferari,  elamando  nuntiare,  ausschreirn, 
nnl.  uilkrijten:  was  hilft  das  auskreischen?  sich  auskreischen, 
finem  facere  clamandi,  hast  du  dich  ausgekrischen?  vgl.  auf- 
kreischen. 


AÜSKREISCHEN,  praet.  auskreischte,  pari,  ausgekreischt, 
scheint  dem  sinne  von  abkreischen  zu  begegnen,  doch  ist  seine 
bedeutung  unsicher  in  folgender  stelle: 

hier  hängst  du  ausgespannt,  geädert,  abgefleischt, 
zerstochen,  sU-iemenvoU,  entleibet,  ausgekreisehu 
Fleming  12. 
AUSKREISEN,   late  propagari,  in  weitem  kreise  ausgehen: 

schnell,  wie  der  gedanke,  schweben  sie  in  weit  auskreisenden 
Wendungen  fort.  Klopsiock  1,  237, 

man  könnte  auch  verbinden  weitaus  kreisenden. 

AUSKRIECHE.N,  prorepere, 

1)  excludi,  ex  ovis  prodire:  die  küchlein  sind  ausgekrochen ; 
die  Seidenwürmer  kriechen  erst  in  zwei  tagen  aus. 

i)  perreptare:  alle  winkel  auskriechen; 
ein  ku  war  durch  die  wunden  ausz  gekrochen.    ÜHLiro  649. 

AUSKRIEGEN,  debellare,  subigere, 

1)  verheeren,  durch  krieg  verwüsten: 

heiszt  dis  verheert  und  ausgekriegt?    Opitz ps.  9. 

2)  den  krieg  beendigen,  ausgekriegt  haben. 

3)  herauskriegen,  herausbringen,  gemein,  wie  aufkriegen :  ich 
kann  das  glas  nicht  auskriegen  {ausleeren,  austrinken) ;  gab 
gleich  ein  kopfstück  drum,  wenn  ichs  ganz  auskriegen  {zu 
ende  bringen)  könnt.  Fr.  Mijller  1,  2S4 ;  kann  die  Stiefel  nicht 
auskriegeu. 

AUSKRÖPFEN,  e  gutture  evomere,  aus  dem  kröpf  werfen: 

wann  er  (der  sumpf)  nun  disz,  so  er  geschöpft, 
mit  rauschen  wieder  ausgekropft, 
so  schaut  man  flut  auf  allen  seilen. 

HoFFMANNswALDAO  Socrot.  t.  136. 

AUSKRCMELN,  friando  spargere,  in  krumen  ausstreuen, 
verkrümeln. 

AUSKUCKEN,  prospicere.    s.  ausgucken. 

AUSKÜHLEN,  refrigerare,  völlig  abkühlen :  dort  musz  das 
raisonnement  in  affect  entbrennen,  und  hier  der  affcct  in 
raisonnement  sich  auskühlen.  Lesslng  1, 17 ; 

um  sich  selbst  und  ihn  ein  wenig  auszukühlen. 
Wie  LAND  5,  113; 

doch  seine  wunden  weisz  er  auszukühlen. 

GöTHK  2.  17; 
die  gewitter  kühlten  nachts  und  morgens  die  atmosphäre  aus. 
43, 19  und  br.  an  Schiller  347 ;  nun  will  ich  in  ihrem  anden- 
ken  einen   stillen   abend  genieszen  und  mich  auskühlen,   an 
fr.  von  Stein  1,  327. 

AUSKÜNDEN,  notum  facere,  edicere,  verkündigen,  früher 
auch  häufig  ohne  umlaut:  liesz  brief  anschlagen  und  auskun- 
den.  Frey  garteng.  17';  dann  die  ding  sind  heimlich  geholten 
zu  verhalten,  nicht  auszukunden  oder  auszurufen.  Paracelscs 
2,  251';  als  er  auskünden  lassen,  mit  dem  weslnortwest  ab- 
zufaren.  Garg.  26»'.  heute  gebrauchen  einige  auskunden  für 
erkunden,  erkundigen,  auskundschaften,  explorare: 

aller  irdischen  naiuren  kraft 

zu  dem  heil  der  menschen  auszukunden.    BCrger  $S*. 

AUSKCNDIGEN,  explorare,  indagare,  auskundschaften:  die 
mich  vermittelst  der  spure  hätten  auskündigen  sollen.  Simplie. 
1,  248. 

AUSKÜNDIGUNG,  f  ediclum,  Verkündigung:  dasz  der  papst 
kein  andre  meidung  in  seiner  auskündigung  von  des  glailbens 
handlunge  ihut.  Melanchthon  3, 150. 

AUSKUNDSCHAFTEN,  indagare,  explorare,  erspähen:  die 
gröszle  sorge,  so  sie  hatten,  war  diese,  dasz  sie  nicht  von 
ihren  leuten  möchten  auskundschaft  und  verfolget  werden. 
Weise  kl.  leute  145 ;  und  nun  fragte  er  so  lange  nach,  bis  er 
endlich  den  namen  und  aufenthalt  des  körbchenmachers  aus- 
kundschaftete. Wieland  S,  347 ;  wiszt  ihr  auch,  dasz  man  uns 
auskundschaftet?  Schiller  lOS';  seine  ellern  trauern,  sie  ha- 
ben allerorten  sein  bildnis  hingeschickt,  ob  sie  ihn  etwa  leben- 
dig oder  todt  auskundschaften  möchten.  Fr.  MIjller  3,  105; 
nichts  gieng  über  den  voraus  gerührten  blick,  womit  er  in 
jedem  dorfe  die  arme  haut,  deren  Schwielen  und  narben  und 
Schnittwunden  einen  blulschwamm  oder  schmerzlindernden 
tropfen  nölhig  halten,  auskundschaften  wollte.  J.  Paol  Hesp. 
i,  169. 

AUSKUNDSCHAFTUNG,  f  exploratio. 

AUSKUNFT,/',  via,  remedium,  notitia,  nnl.  uitkomst.  Adelheid. 
Schach  dem  künige !  bischof.  es  ist  noch  auskunft  {dagegen  noch 
auszukommen,  dem  zu  entgehen,  es  ist  noch  aushülfe,  engl. 
escape).  Göthe  8,53.  42,66;  nun  habe  ich  aber,  nach  noch- 
maligem beschlafen  der  sache,  die  natürliciiste  auskunft  von 
der  weit  gefunden,  an  Schiller  200 ;  es  ist  hier  keine  auskunft 

57 


899 


AUSKÜNFTSMITTEL —AUSLAGE 


AUSLAND— AUSLÄNDIG 


900 


für  den  philosophen,  als  dasz  er  versuclie  u.  s.  w.  Kant  4, 
294;  ich  weisz  keine  auskunft.  unoewöhnlich  für  andere  be- 
deutungen  des  auskommens,  z.  b.  icli  lialje  eine  iiinreichende 
auskunft  x=  auskommen,  einnähme,  vgl.  einkunft. 

AUSKUNFTSMITTEL ,  n.  remedium,  enlbehrlichc  Steigerung 
des  schon  im  einfachen  auskunft  liegenden  begrifs. 

AUSKÜNSTELN,  arte  et  meditatione  invenire,  künstlich  her- 
vorbringen gegenüber  dem  natürlich  entstehenden :  man  könnte 
sagen,  dasz  ilm  die  natur  reclit  darzu  ausgekünstelt  habe, 
seine  ernsthaften  bürger  zum  lachen  zu  bringen.  Lessing  3,  7 ; 
wie  er  alles  sah,  was  das  haus  des  weisen  Hippias  zu  einem 
tempel  der  ausgekünstcltsten  Sinnlichkeit  machte.  Wieland  1, 
74;  ausgekünstelte  Selbstsucht.  Ki.inger  5,  375. 

AUSKÜSSEN,  osculandi  ßnem  facere: 

du  trinkst,  du  küssest  länger  nicht, 

trink  aus,  küss  aus,  von  dannenl    Lgssing  1,  4S. 

AUSKUTEN,  desinere  furere,  ausloben,  ein  scliweizerisches 
wort:  der  wind  kutet  aus,  hört  auf  zu  blasen;  der  schmerz 
hat  ausgekutet,  nachgelassen.  Stalder  2, 147,  vgl,  Maaler  84' 
chuten  slridere. 

AUSKÜTTEN,  eligere  prae  aliis:  sanctum  Johannem  hat  er 
uszgeküttet  und  erwölt  gehaben,  wen  er  kant  in,  dasz  er  eins 
reinen  herzen  was.  Keisersberg  post.  2,  28,  von  kütte  häufen, 
menge  volks,  aus  der  kütte  wählen. 

AUSLABEN,  plane  reficere,  recreare:  nun  habe  ich  mein 
herz  hier  so  weit  hinweg  spazieren  geführt  und  es  so  recht 
gemütlich  im  Sonnenschein  der  andacht  ausgelabt  und  einge- 
sommert. Tieck  ges.  nov.  5, 147. 

AUSLACHEN,  probe  ridere,  satiari  ridendo,  deridere,  irri- 
dere,  nnl.  uitlagchen. 

1)  intransitiv,  sich  satt  lachen:  als  nun  die  storken  ausge- 
lacht. Garg.  156' ;  da  wollen  wir  uns  einmal  von  herzen  aus- 
lachen ; 

werdet  ihr  bald  auslaclien,  Amalia,  und  du  Luise?  Ltiise  3,  381 ; 

o  dasz  ich  recht  auslachen  dürfte!  Gerstenberg  Ugol.  16;  wann 
ich  nur  von  herzen  auslachen  kann  dabei.  Lenz  1, 148. 

2)  transitiv,  verlachen,  ausspotten:  einen  andern  hat  die 
vermeinte  bulschaft  einmal  freundlich  angelacht,  oder  wie  die- 
ser leute  gebrauch  ist  vielmehr  ausgelacht.  Opitz  poeterei  s.  8 ; 
es  lachen  dich  alle  aus ;  da  wirst  du  recht  ausgelacht  werden  ; 
er  lacht  sie  alle  aus,  hat  alle  übervorlheilt ;  oho!  lacht  ihn  aus! 

AUSLACHEN ,  n.  derisio :  ein  lachen,  nicht  ein  auslachen 
mit  Verachtung,  sondern  ein  gutmütiges  belachen.  Kant  10, 128. 

AUSLACHENSWÜRÜIG,  risu  dignus. 

AUSLACHENSWÜRDIGKEIT,  f.  wenn  man  ihm  (so)  seine 
auslachenswürdigkeit  hatte  wollen  empfinden  lassen.  Kant  8, 150. 

AUSLADEN,  exonerare,  nnl.  uitladen,  ausräumen,  ausziehen. 

1)  das  geladene  wegschaffen,  die  waarcn  ausladen,  aus  dem 
schiffe  holen,  die  ladung  löschen;  den  schusz  ausladen,  aus 
dem  gewehr  ziehen;  den  electrischen  funken  ausziehen. 

2)  das  schif  ausladen,  das  gewehr,  die  electrische  Hasche 
ausladen,  entladen :  der  oberhofmeister  konnte  als  Iciter  der 
funkenzieher  sein,  der  ihn  {den  jüngling)  mit  seinen  franklin- 
schen  spitzen  auslud.  J.  Paul  Tit.  1, 18. 

3)  sich  ausladen,  entladen,  frei  und  ledig  machen: 

bei  niiclitlich  stiller  weile 
gShrts  in  dem  tückschen  f'euersclilnnde,  ladet 
sich  aus  mit  tobender  gewait.      Scuiller. 

die  gewilterwolke,   das  gewehr  hat  sich  ausgeladen,  entladen. 

4)  in  der  baukunst  und  holzarbeit  heiszl  ausladen  hervor- 
stehen, hervorragen  lassen :  ein  ausgeladenes  gesimse. 

AUSLADFJR,  m.  exonerator,  abladcr,  der  zum  ausladen  des 
Schiffes,  der  waaren  angestellte  arbeitcr.  in  der  electrischen 
maschine  das  den  funken  hervorlockende  Werkstück. 

AUSLADUNG ,  f.  exoneralio,  die  entladung.  in  der  bau- 
kunst, das  hervorragende. 

AUSLAGE,  f.  nach  verschiednen  bedeutungen  des  aitslegcns 
und  ausliegens, 

1)  expensum,  das  ausgelegte  geld,  haare  ouslage,  auslage 
machen,  (hun,  erstallen,  vergüten,  anmerken,  portoauslagc, 
CS  lohnt  die  auslage  nicht. 

2)  mcrx  proposita,  die  ausgelegte  vaare,  der  ort,  tisch,  auf 
welchem  sie  zur  schau  ausgelegt  wird,  die  auslcgung  der  waare. 

3)  projcctio,  ein  fechterausdruck,  wenn  ausgclegen  orfcr  aus- 
gelegt wird  mit  dem  arm  oder  leib;  er  machte  eine  sclu'ine, 
geschickte  auslage.  auch  die  auslogc,  wenn  man  im  fensler 
ausltegt. 


4)  in  marschländern,  ein  deich,  der  weiter  hinaus  gegen  die 
flut  angelegt  wird. 

5)  unsicher  ist  die  bedeulung  in  folgender  stelle:  die  frechen 
haben  mir  auslage  aufgetragen,  welche  nicht  war  nach  dei- 
nem gesetz.  Lutüer  1,  524". 

In  andern  fällen  des  auslcgens  kann  blosz  auslegung^wog/  wer- 
den, z.  b.  die  auslegung,  interpretatio,  eines  traums,  nicht  auslage. 
AUSLAGERN,    diu  jacere,  ausgelagertes  hier,    ausgelagerte 
waare. 

AUSLAND,  n.  terrae  cxterae,  altn.  ütlönd  {auch  pl.),  die 
fremde;  ahd.  und  mhd.  nicht  aufzuweisen,  denn  das  ahd.  ü;- 
lenti  wäre  nhd.  auslände  und  bezeichnet  das  ufer,  den  ort,  wo 
man  auslandet,  mhd.  daj  gelende : 

zi  Stade  joh  zi  sanle,  zi  thurremo  tijlente.  0.  V.  13,  18. 
auch  die  älteren  nhd.  tvörterbücher  und  Luther  geben  noch 
kein  ausländ  für  fremde,  nur  die  ableitunyen  ausländer  und 
ausländisch;  im  18  jh.  wird  es  desto  üblicher  und  gegensatz 
zu  inland  [was  man  sehe) :  er  geht  ins  ausländ,  auszer  lan- 
des,  peregre;  die  sitten  und  brauche  des  auslands; 

du  willst  ins  ausländ  dich  entfernen.    Pfeffel  4,  140; 

so  liihrt 
vom  fernen  ausländ  fremder  sitten 
den  flüchlling  der  gesang  zurück.    Schiller. 

nnl.  sagt  man  ebensowenig  uitland,  wol  aber  uitlander,  uitlan- 
dig,  uitlandsch.  tn  den  marschländern  bezeichnet  ausländ  ein 
von  der  sielpflicht  befreites  land,  und  auch  anderwärts  ein  vom 
Spanndienst  entbundnes,  dafür  gcldabgabe  leistendes ;  dabei  denkt 
niem^Lud  an  die  fremde. 

AUSLANDEN,  AUSLÄNDEN,  evehere,  aus  dem  schif  ans 
land  bringen,  die  waaren  auslanden,  Schweiz,  einen  todten 
ausländen,  aus  dem  wasser  ans  land  tragen,    auch  se  effundere: 

das  sich  der  ström  zur  zeit  auslendet 

und  von  der  rechten  slrasz  abwendet,    froschmeus.  2,  2,  15. 

]Yeil  aber  der  landende  seine  fahrt  vollführt,  vollendet,  sein 
ziel  erreicht  (collineat),  so  bedeutete  auch  lenden,  gelenden 
eine  Sache  beschlicszen,  vollziehen,  gleichsam  mit  ihr  zu  lande 
kommen,  z.  b.  im  Ssp.  etwas  vor  gerichte  lenden,  endigen,  und 
in  diesem  sinne  nimmt  Keisersberg  auslenden  geradezu  für 
exsequi,  ohne  allen  gedanken  an  das  schif:  die  Juden  kunten 
Jesum  wol  verurteilen,  aber  sie  durften  das  urteil  nicht  usz- 
lenden  {vollstrecken),  post.  49. 

AUSLÄNDER,  ?».  extraneus,  peregrinus,  fremdling,  obschon 
diese  Wörter  sich  auch  unterscheiden,  nnl.  uitlander:  man  hörts 
ihm  an  der  spräche  an,  dasz  er  ein  ausländer  ist;  da  kam 
einer  der  entrunnen  war  und  sagets  Abram  an  dem  auslender. 
i  Mos.  14,13;  frembde  werden  stehen  und  ewr  herde  weiden 
und  auslender  werden  ewr  ackerleule  und  weingertner  sein. 
Ez.  61,  5 ;  tinser  erbe  ist  den  frembden  zu  teil  worden  und 
unser  heuser  den  auslendcrn.  klagt.  Jcr.  5,2;  auslender  von 
Rom.  apust.  gesch.  2,  10 ;  auch  die  auslender  und  geste.  17, 
21;  damit  sie  {die  Juden)  nit  unser  müszig  spotten,  das  wir 
als  die  cinwoner  inen  arbeiten  und  sie  als  die  fremdling  neh- 
ren,  des  sollen  sie  billich  durch  die  faust  lachen  und  uns  die 
feigen  bieten  und  eselsoren  zeigen,  weil  überflüssig  gnug  wer, 
das  wir  si  als  ausländer,  bcde  des  glaubens  und  lands,  auf- 
klauben, bei  uns  lassen  wonen,  handticren.  Frank  weltb.  155*. 
ausländer  nennt  man  auch  eine  aus  der  fremde  eingebrachte 
oder  sonst  ungewöhnliche  suche :  er  trägt  einen  ausländer 
{fremden  hut)  auf  dem  köpf;  ausländer,  ein  bienenstock,  de» 
man  überwintern  läszt  (s.  ausständer).  bei  Keisersberg  ist  aus- 
lender der  Scharfrichter,  Vollstrecker,  lictor:  der  herr  sprach 
zu  seinen  usziendern  oder  nachrichlern,  bindet  im  hende  und 
füsze.  post.  113. 

AUSLÄNDEIIEI,  f.  peregrinitas,  putida  percgrini  moris  ad- 
miratio:  aufgedrungene  ausländerei.  NiEnuim  kl.  sehr.  1,  11; 
es  sei  genug  hier  den  grundquell  dieser  ausländerei  unter  den 
Deutschen  angegeben  zu  haben.  Fichte  reden  an  d.  d.  nat. 
163;  so  wie  alle  ausländerei  aus  der  sucht  vornehm  zu  tiiun 
entsteht.  165;  mithin  wird  die  ausländerei  doch  die  inländi- 
sche webe  aus  ältestem  und  neuestem  reichthum  nicht  er- 
drücken und  bedecken.  J.  Paul  acsth.  2,  200. 

AUSLÄNDEHIN,  f.  extranea. 

AUSLÄNDIG,  extraneus,  cxsul,  nnl.  uillandig:  auslendigfi 
herrn.  «'i'i.v7/i.  3,  760.  "Ol.  7(>6 ;  wir  werden  verlriben  und  aiisz- 
lendig  {exsules,  ahd.  ftjlenllM.  Keisersiieiig  schif  der  pen.  \h; 
die  auslUndigen  riller.  l'ontus  30 ;  viel  auslendiger  wissen  da- 
von zu  sagen.  Thurneisser  von  wassein  130.  heute  dem  folgen- 
den gewichen. 


901 


AUSLÄ>'DISCH  —  AUSLASSEN 


AUSLASSEN 


902 


AUSLÄNDISCH,  exiraneus,  nnl.  uitlandsch:  ausländische  ; 
waaren,  ausländische  sitlen ;  eine  ausländische  waise.  Schiller  i 
190' ;  Salomo  liebele  viel  auslendischer  weiber.  l  kün.  H,  1.  8.  j 
Nehevu  13,  26.  27.  30;  es  dienen  viel  ausländische  im  heer;  i 
waldhöhe,  von  der  sie  ein  wunderbares  glorienland  unter  sich  | 
sahen,  so  freundlich  und  ausländisch,  als  sei  es  übrig  aus  I 
der  zeit,  da  noch  die  ganze  erde  ein  immergrünes  morgen-  . 
land  vsar.  J.  Fall  Tit.  3, 140.  1 

AUSLANGEN,  extendere,  exlendi,  suppetere,  ml.  uitlangen, 
ausreichen. 

1)  herausreichen,  strecken,  transitiv  und  intransitiv:  sol  er 
dem  vogt  die  pfände  über  gatter  auslangen,  ueisth.  2, 191 ; 

ich  beüls  den  heiszen  feuersflaramen, 

die  hoch  oben  zu  den  baien  auslangen.    Ublasd2S9; 

gieng  das  gnädige  fräulein  aus  dem  zimmer  in  den  keller  um 
den  wein  auszulangen.  Moser  patr.  ph.  l,  24S ;  mit  der  rech- 
ten band  dreht  sie  [die  Spinnerin)  die  Scheibe  und  langt  aus 
so  weit  und  so  hoch  sie  nur  reichen  kann.  Gothe  23,  52. 

2)  ausreichen,  genügen:  vne  wolle  und  künte  doch  das  ein- 
kommen  auslangen  und  genung  sein.  Schuppics  416;  es  musz 
eine  lugend  geben,  die  auch  ohne  den  glauben  an  Unsterb- 
lichkeit auslangt.  Schiller  756;  von  manchem  konnte  der 
freund  auslangende  rechenschaft  geben.  Göthe  21,  70 ;  von  dem 
misbrauch  fürtrefiicher  und  weitauslangender  mittel.  21,  177; 
worüber  er  sich  mit  ihr,  seitdem  er  eine  zwar  wunderliche 
aber  doch  auslangende  spräche  einzuleiten  gewust,  recht  gut 
verständigen  könne.  23,  210;  mit  einem  schon  früher  auslan- 
genden und  nun  frisch  bereicherten  repertorium  kamen  wir 
wol  ausgestattet  nach  Lauchstädt.  31,  14S;  dasz  man  glaubt 
solcher  heftigen  und  doch  keineswegs  auslangenden  empfeh- 
lungen  zu  bedürfen,  an  Schiller  587 ;  wo  es  nur  irgend  aus- 
langen mochte.  Tieck  ges.  nov.  9,  36.  Dann  auch,  nie  aus- 
kommen, ausreichen,  mit  etwas  auslangen :  aber  damit  langt 
man  nicht  aus.  Schiller  628 ;  das  vermögen,  mit  einer  me- 
chanischen erklärungsart  der  naturdinge  auszulangen,  ist  be- 
schränkt. Kant  7,  297 ;  wenn  die  Vernunft  mit  einem  principe 
auslangen  kann.  10,  74. 

AUSLÄNGEN,  protendere,  länger  machen,  verlängern :  die  aus- 
gelängte nacht.  Opitz  i4r3. 1,  5S0;  den  ausgelängten  tag  dienst 
thun.  pers.  baumg.  5, 13 ;  die  ausgelängte  nacht  laufen  sie.  3,  2. 

AUSLÄNGLICH,  suppetens,  sufßciens,  hinlänglich:  zu  aus- 
länglicher Verhütung,  dasz  dergleichen  in  das  künftige  nicht 
mehr  geschehe.  Schcppius  677. 

AUSLÄPPERN,  sorbillare,  nnl.  uitlappen,  uitlepperen:  die 
suppe  auslappern;  wa  wer  Hercules  gebliben,  wann  er  nicht 
vor  durst  oft  den  bach,  darin  er  gefahren,  hett  wie  ein  zung- 
streckiger  hund  ausgeleppert?  Garg.  il^. 

AUSLÄRMEN,  tumuUuandi  finem  facere,  austoben. 

AUSLÄSE,  f.  delectus,  auswahl.  man  hört  und  schreibt  am 
Rhein,  im  Rheingau :  von  den  erherbsteten  slückrässern  wurde 
nur  der  dritte  Iheil,  lauter  auslasen,  geprobt,  sonst  heiszt  es 
auslese,  weinlese,  lese;  ausläse  könnte  aber  wie  ausgäbe,  aus- 
nähme gebildet  scheinen. 

AUSLASSEN,  emittere,  laxare,  nnl.  uitlaten,  entlassen,  los- 
lassen. 

1)  aus  dem  haus,  aus  der  hand  und  gewalt,  aus  dem  ker- 
ker,  aus  der  siadt  lassen:  da  stund  Abraham  des  morgens 
früe  auf  und  nam  brot  und  eine  flasche  mit  wasser  und  legts 
Hagar  auf  ire  schulder  und  den  knaben  mit  und  liesz  sie  aus. 
lAfos.  21, 14;  und  lasz  sie  dein  weib  sein,  wenn  du  aber  nicht 
lust  zu  ir  hast,  so  soitu  sie  auslassen,  wo  sie  hin  wil.  5  Mos. 
21. 14 ;  so  sol  er  ein  scheidebrief  schreiben  und  ir  in  die  hand 
geben  und  sie  aus  seinem  hause  lassen  ...  so  kan  sie  ir  er- 
ster man,  der  sie  ausliesz,  nicht  widerumb  nemen.  24,  4 ;  der 
herr  über  Völker  hiesz  in  (den  gefangnen)  auslassen,  ps.  105, 
20 ;  und  ich  ward  in  einem  korbe  zum  fenster  aus  durch  die 
mauren  nider  gelassen.  2  Cor.  il,  33 ;  bin  ich  bewogen,  den- 
selhigen  Licchtenberger  noch  eins  auszulassen.  Luther  3,  405*; 
denn  es  war  der  anschlag,  man  solte  die  henker  bei  der  nacht 
auslassen.  3,  41S';  bestell  wachten  unter  die  thor,  die  nieraan 
auslieszcn.  Carj.  266';  zum  fenster  auslassen.  69'; 

so  thu  die  thür  auf,  lasz  sie  aus!    Scheit  i7ro6i<inu«  04. 
man  sagte  auch,    die  töchter  auslassen  =  leer  ausgehen  las- 
sen, ton  dem  lehen,  von  der  erbschafl  ausschlieszen. 

2)  Ihiere  aus  dem  stall,  aus  der  hülte  lassen :  und  wenn  er 
seine  schafe  hat  ausgelassen,  gehet  er  vor  inen  her  (goth.  Jiö 
«vesüna  lamba  ustiuhi{)).  Joh.  10.  4;  die  lämmcr  auslassen; 
das  vieh  ist  schon  ausgelassen  worden; 


das  ich  anslasz  mein  sew  und  ku.  IL  Sachs  III.  3,  42*. 
Luther  scheint  es  aber  auch  von  geburt  der  thiere  zu  setzen, 
wieu'ol  die  stelle  zweideutig  ist:  sie  {die  hirsclikülie)  beu- 
gen sich,  wenn  sie  geberen,  und  reiszen  sich  und  lassen 
aus  ire  jungen.  Hiob  39,  6.  weidmännisch,  den  leithund  aus- 
lassen, ihm  das  seil  nachlassen,  ihn  aus  dem  straffen  seil 
lassen. 

3)  athem  aus  der  brüst,  donner  aus  der  wölke,  wasser  aus 
dem  felsen  lassen:  du  lessest  aus  deinen  ödem,  so  werden 
sie  geschaffen,  ps.  104,  30;  der  herr  donnerte  vom  himmel 
und  der  höhest  liesz  seinen  donner  aus.  2  Sam.  22, 14.  ps.  iS, 
14;  kanstu  die  blitzen  auslassen,  das  sie  hinfaren.  Hiob  38, 
35;  sihe,  wenn  er  das  wasser  verschleuszt,  so  wirds  alles 
dürre,  und  wenn  ers  auslesset,  so  keret  er  das  land  um. 
12, 15.  desgleichen  die  seele,  das  wort,  einen  schrei  auslassen : 

die  edelsten  in  Israel 

haben  ausgelassen  ir  seel.    H.  Sachs  UI.  I,  74*; 

kaum  hatte  er  das  wort  ausgelassen;  der  gute  mann,  als  er 
das  schröcklich  geschrei  vcrnam,  welchs  sein  söhn,  alsbald 
er  an  das  lieclit  der  weit  kam,  auslicsze.  Garj.  106';  do  hont 
de  rche  uf  oanmol  a  mörderisches  geschrua  ausglan.  ER^rer 
Meier  schwdb.  sagen  s.  201;  ein  schweisziein  binden  auslas- 
sen. Garg.  15,  wie  einen  auslassen. 

4)  zorn,  gift,  wut,  Unwillen,  räche,  lügen  auslassen :  denn 
da  du  deinen  grim  auslieszest,  verzeret  er  sie  wie  stoppeln. 
2  Mos.  15,  7 ;  räum  und  stet,  seine  gift  auszulassen.  Luther 
3,  48;  das  Carlstad  lügen  ausleszt.  3,  Sl';  du  kannst  nichts 
thun,  als  deine  zahne  zusammen  schlagen  und  deine  wut  am 
trocknen  brote  auslassen.  Schiller  113';  die  einen  schliefen 
ihren  rausch  aus,  die  andern  hätten  ihn  gern  auf  irgend  eine 
mutwillige  weise  ausgelassen.  Göthe  23,  109;  um  wenigstens 
unterwegs  gegen  einen  hasen  meinen  Unwillen  auszulassen. 
Tiecr  14,  209 ;  er  liesz  seine  räche,  seinen  eifer  an  dem  un- 
schuldigen Spiegel  aus  und  zertrümmerte  ihn.  auch  diese 
leidenschaßen  werden  als  ausbrechende,  wilde  Ihiere  angesehn, 
die  in  des  auslassenden  dienst  und  gewalt  stehn,  daher  ein 
possessivum  beigeßgt  ist. 

5)  seltner  von  andern  Sachen:  seine  geschieht  und  leiden 
an  euch  zu  schreiben  und  auszulassen.  Luther  3,  28';  sei- 
nen hofmann  (seine  feine  monieren)  recht  auslassen.  Garg. 
210';  seine  gedanken,  meinung,  empfindung  über  etwas  aus- 
lassen; hättest  wissen  sollen,  dasz  mich  das  geheimnis  mar- 
tere, wenn  ichs  nicht  auslassen  darf,  aber  doch  will  ichs 
nicht  auslassen,  will  überlaut  seufzen  bei  dem  zwang.  (L.  Ph. 
Hahn)  der  aufruhr  zu  Pisa  34 ;  die  spannungskraft  der  federn 
fängt  an  ihre  thätigkeit  auszulassen  (auszuüben).    Kaxt  8, 141. 

6)  bücher,  briefe,  schrift,  befehi,  erklärung  auslassen :  da- 
mit die  Sache  dennoch  ein  ende  gewinne  und  das  ergernis 
des  deudschen  büchlins,  von  den  ewern  ausgelassen,  gestillet 
werde.  Luther  2,  220*;  dasselb  buchlin  wder  auszulassen. 
3,  1;  0  das  die  propheten  vorhin  basz  studierten,  ehe  sie 
bücher  auslieszen.  3,  84;  derbalben  Carlstad  auch  schuldig 
war,  solche  erklerunge  auszulassen.  3,  155 ;  das  sie  solchen 
vemieineten  meinen  brief  auszulassexi,  es  soll  in  einer  fürst- 
lichen canzlei  nicht  ein  solcher  esel  canzler  sein,  der  heim- 
liche brieve  ausgelassene  brieve  nennete.  4,  538';  solche  ge- 
danken haben  uns  verursachet  diesen  propheten  Daniel  aus- 
zulassen für  den  andern,  die  noch  dahinden  sind  ....  ich 
hab  mir  fiirgenommen,  denselben  unter  e.  f.  gn.  namen  aus- 
zulassen. 5,  l';  ich  gedenke  einen  sermon  von  den  lieben 
engein  auszulassen.  5,  145";  ich  habs  aber  wollen  durch  den 
druck  lassen  ausgehen,  weil  ich  besorget,  es  möcht  doch 
sonst  in  druck  komen  und  unvieisziger  ausgelassen  werden. 
5,  488';  darumb  irs  für  gut  ansehet,  das  ich  solche  falsche 
meuler  zu  stopfen  einen  kurzen  brief  aus  liesze  gehen  (oder 
ausgehen  liesze?).  6,  116*;  hab  zuletzt  mich  bewegen  lassen, 
ellich  sermon  auszulassen,  br.  i,  387 ;  dann  dieses  unser  aus- 
gelassenes cdict  nicht  universal  ist.  Scruppius  571.  heute  sagt 
man  lieber  herausgeben,  ausgehen,  erscheinen  lassen,  erlassen. 

7)  sich  auslassen,  iicA  äuszern,  darlegen,  dargeben: 

die  unbefletkie  zung  erschallt  in  kirch  und  haus 

und  laszt  sich  lausendTnch  in  süszen  liedern  aus.    Grtpbius  2,  92 ; 

du  hast  dich  zu  weitläuftig  darüber  ausgelassen ;  gib  acht,  ob 
er  sich  nicht  unversehens  einmal  darüber  ausläszt;  er  liesz 
sich  in  heftigem  lachen,  liesz  sich  erbittert  darüber  aus. 
früher  hiesz  auch  sich  auslassen  sich  aus  dem  staube  madien: 
da  ist  der  mann  erheim  komen  und  doch  sich  wider  usz 
wollen  lassen  oder  machen,   weisth.  3,  752. 

57* 


903 


AUSLASSEN — AUSLAUFEN 


AUSLAUFEN 


904 


8)  fett,  talg,  butter,  wachs  über  dem  (euer  auslassen,  aus- 
schmelzen,  in  ßusz  bringen,  ausßieszen  lassen,  man  kann 
dies  unter  4  bringen,  da  die  ßüssigkeil  gleichsam  aus  den  ban- 
den der  härte  entbunden  wird,  doch  heiszt  es  nie,  dasz  die 
sonne  Aals  eis  auslasse. 

9)  ein  kleid  auslassen,  durch  außrennen  der  eingeschlage- 
nen naht  weiter  machen. 

10)  den  ofen  auslassen,  ausgehen  lassen  und  dann  im  hüt- 
tenwerk  schicht  machen,  die  arbeit  cinslcllen.  nie  aber  die 
pfeife  auslassen  für  ausgehen  lassen. 

11)  auslassen,  weglassen,  wegbleiben  lassen,  omiltere:  wer 
aber  etwas  aus  ungeferden  ausgelassen,  weislh.  2,  192;  diese 
stelle  wird  ausgelassen,  unlerbleil)t ;  es  sind  drei  worte,  drei 
Zeilen  ausgelassen,  diese  bedcutung  widerspricht  der  sechsten 
und  ein  ausgelassener  brief  kann  den  umständen  nach  sowol 
ein  erlassener,  als  in  der  reihe  fehlender  sein. 

12)  das  part.  praet.  ausgelassen  gilt  zwar  für  sämtliche  be- 
deutungen,  zumal  aber  im  adjectivischen  sinne  von  wild  und 
frech:  er  ist  ganz  ausgelassen,  ein  ausgelassener  mensch; 
ein  ausgelassener  erhungerter  teufcl.  Garg.  23l';  eine  ausge- 
lassene schälkin.  Kirchhof  wendunm.  352 ;  der  ausgelassenste 
bube  ist  zu  verzagt,  uns  etwas  beschimpfendes  zuzumuten. 
Schiller  204'. 

AUSLASSUNG,  f.  omissio,  in  der  eilßen  bedeutung  des  aus- 
lassens :  die  auslassung  auch  eines  einzigen  wortes  soll  scharf 
geahndet  werden,  ehmals  hiesz  es  auch :  nach  vülliger  auslassung 
(emissio)  des  lachens.  unw.  doct.  12,  was  aber  heule  verallot  ist. 

AUSLASZ,  m.  emissio :  desgleichen  etliche  verdächtige  per- 
sonen  unter  ein  thor  zum  auslasz  kommen  und  mit  gewalt 
heraus  gewollt.  Kress  bei  Melanchlhon  2,  265,  wie  cinlasz.  das 
ahd.  ftjläg  bedeutete  finis,  exilus  (Graff  2,  315). 

AUSLATSCHEN,  egredi  talipedando,  sonst  die  schuhe  aus- 
treten, verächtlich  von  ausschweifenden  ehemännern:  sie  lat- 
schen aus,  prostibtila  scctantur.    s.  anlatschen,  auslicgen. 

AUSLAUBEN,  frondibus  ornare:  da  er  in  die  mit  linden 
ausgelaubte  stube  gieng.  i.P.\üL  Hesp.  1,  244;  sie  setzten  sich 
auf  den  hügel,  gegenüber  einem  gang,  den  grünes  moos  aus- 
laubte.  Tit.  2,  116. 

AUSLAUEKN,  explorare  transitiv,  während  auflauern  in- 
transitiv ist:  da  ich  nicht  vermeiden  konnte,  sie  (die  männer) 
zu  sehen,  nahm  ich  mir  vor,  sie  alle  auszulauern,  und  mein 
bruder  half  mir  wacker  dazu.    Güthe  19,  98. 

AUSLAUF,  m.  excursus,  nnl.  uitloop. 

1)  auslauf  des  wassers,  baches,  flusses :  so  kann  auch  nicht 
sein,  das  das  wasser  ob  denen  metallen  eine  Zeitlang  stände, 
die  kraft  an  sich  ziehe,  und  so  es  dieselbige  cntpfangen,  erst 
als  dann  sich  zum  auslauf  fürdere.  Tuurneisser  von  wassern. 
Strasb.  1612  s.  1 ;  bis  an  den  anfang  der  Weissei  und  auslauf 
der  Donaw  ins  euxinische  meer.  Micbäliüs  o.  /'.  1,  13 ;  zwi- 
schen dem  auslauf  beider  bäche.   Pierol  2,  399  ; 

der  quell  flieszt  überall,  der  auslauf  ändert  nur.    Haller  14t; 
da  der  Nil  durch  absetzung  des  Schlammes  den  boden  seines 
auslaufs  erhöhte.    Kant  9,  9. 

2)  der  auslauf  des  schiffes  auf  dem  wasser: 

sondern  bereits  ist 
niedergezogen  das  schif  und  rüderer  Tertig  zum  auslaut. 
Voss  Od.  8,  15t ; 

die  flotte  ist  ganz  zum  auslauf  bereit,    ebenso  ein  schneller  gang 
zu  lande  und  zu  fusz:  der  böte  soll  noch  einen  auslauf  thun. 

3)  weidmännisch,  der  ebene,  lichte  platz,  auf  welchem  die 
eingestellten  hirsche  und  sauen  vorgejagt  werden,  vgl.  ablauf 
und  anlauf.     man  sagt  auch  ausflug,  wie  anfing. 

4)  in  der  baukunst  heiszt  auslauf,  was  sonst  ausladung,  das 
vorragen  einzelner  glieder  oder  stücke  einer  Ordnung,  oder  die 
weite,  in  welcher  ein  solches  glied  von  der  achse  der  seule 
hinausreicht. 

5)  in  den  salzweiken  heiszt  auslauf,  was  bergmännisch  die  aus- 
beute, der  nach  abzug  der  kosten  zufallende,  auslaufende  gewinn. 

6)  ehmals  name  einer  krankheit:  wa  ein  man  trit  bloszes 
fuszes  auf  ein  kleeblat  mit  vier  blelter,  so  sol  es  nit  feien, 
er  wird  den  weiszen  auslauf  (/epra  a/fra  ?)  gewinnen,  der  kun- 
kel  evangelia.  1587. 

7)  in  schrißcn  und  abhandlungen  ist  auslauf,  excursus,  was 
nebenbei  untersucht  und  verhandelt  wird:  daruinb  wollen  wir 
hie  ein  nOttigen  und  nutzen  auslaiif  tliPin  von  des  tollen  bo- 
fels  art  und  natur.  Frank  weltb.  37". 

AUSLAUFEN,  excurrere,  exire,  nnl.  uitloopen,  oft  mit  fol- 
gendem in  und  auf: 


1)  von  menschen:  ich  bin  schon  frühe  ins  feld  ausgelaufen 
dich  zu  suchen;  ein  böte  läuft  aus,  um  das  begehrte  schnell 
zu  holen; 

wo  ist  der  schönpart  ausgeloffen?  H.  Sachs  11.  4, 1»; 
im  16jA.  häufig  von  mönchen,  die  das  kloster  verlassen,  wie- 
der in  die  weit  laufen:  Pfeifer,  ein  ausgelaufner  münch.  Lo- 
ther 3, 128 ;  Sergius,  ein  ausgelaufner  und  abtrinniger  manch 
und  ketzer.  Frank  weltb.  lis';  ein  ausgelaufner  münch  kam 
auf  die  löbliche  kunst  der  truckerei.  Wickram  rollwagen  [ed. 
Mulhausen)  57.  in  anderm  sinne:  er  muste  die  ganze  nacht 
auslaufen,  bekam  einen  durchfall,  s.  auslauf  6. 

2)  vom  wild:  der  hirsch  ist  ausgelaufen,  aus  dem  wald  aufs 
freie  gegangen,  in  anderm  sinne:  die  hündin  hat  ausgelau- 
fen, hört  auf  läufig  zu  sein,  ist  trächtig  geworden,  weidwcrks- 
buch  1,  9*. 

3)  von  flüssigem:  wo  ist  aber  ein  mensch,  wenn  er  tod 
und  umbkomen  und  dahin  ist?  wie  ein  wasser  ausleuft  aus 
dem  See.  hiob  14,  11 ;  gleich  einem  wütenden  wasserstrom, 
wann  der  über  das  ufer  auslauft,  so  rciszet  er  alles  umb, 
was  er  antrift.  Schuppius  283;  der  ström  läuft  in  drei  arme 
aus ;  zog  ein  zapfen  aus  einem  fasz  und  liesz  ihm  wein  aus- 
laufen, seh.  und  ernst  cap.  140;  den  ausgeloffenen  wein  mit 
mel  auftrocknen.  Garg.  159'  (nach  kinderm.  n*  59) ;  der  sand 
in  der  uhr  ist  ausgelaufen,  man  sagt  auch:  der  topf,  die 
kanne  läuft  aus,  hat  einen  ritz;  der  eimer,  das  fasz  läuft 
aus,  wie  die  böltchcr  sich  ausdrücken:  das  fasz  thränt,  weint. 

4)  von  andern  sinnlichen  dingen :  wind,  welcher  gegen  dem 
mitlag  sich  ziemlich  stark  erhub,  und  endlich  in  einen  stürm 
auslief,  pers.  reiseb.  2,  2 ;  die  crbsen  laufen  aus,  wenn  sie  aus 
den  hülsen  fallen;  auslaufende  reben,  in  die  höhe  sich  win- 
dende, krümmende;  das  lebendige,  wenn  es  ausläuft,  so  dasz 
es  wo  nicht  abgestorben  doch  abgeschlossen  erscheint,  pflegt 
sich  zu  krümmen,  wie  wir  an  hörnern,  klauen,  zahnen  ge- 
wöhnlich erblicken.  Göthe  55,  297 ;  der  schnitt  gieng  durch 
den  ballen,  gerade  unter  dem  dauinen,  theilte  die  lebenslinie 
und  lief  gegen  den  kleinen  finger  aus.  19,  134;  ein  langer, 
dürrer  arm,  der  in  fünf  finger  ausläuft.  J.  Paul  teuf.  pap.  1,  6. 

5)  absiruclionen :  das  aber  soldier  falscher  wahn  vertrieben 
und  die  rechte  dcmnl  von  der  falschen  erkant  werde,  wol- 
len wir  ein  wenig  auslaufen  und  von  der  demut  sagen.  Lu- 
ther 1,  483' ;  sehet,  wie  bin  ich  ausgelaufen  und  über  flössen 
mit  Worten.  2,  92'; 

dies  lauft  auf  aufschub  aus  und  aufschub  auf  entfliehn. 

Grvphius  1,  35; 
herr  ich  will  auf  dir  erblassen, 
wenn  nun  meine  stund  auslauft.    2,  276, 

was  von  der  sand-  oder  Wasseruhr  hergenommen  sein,  aber 
auch  blosz  exit,  finilur  sagen  kann;  endlich  ist  das  ding  gar 
auf  eine  krämerei  und  kaufmanschaft  ausgelaufen.  Schup- 
pius 08;  meine  uhr  ist  noch  nicht  ausgelaufen,  ich  fühle  es. 
Götiie  16,  152;  Symptome  des  lebensübcrdrusses,  der  nicht 
seilen  in  den  Selbstmord  ausläuft.  26,212;  eine  beim  herge- 
brachten ins  willkürliche  auslaufende  kunst.  32,205;  vollstän- 
dige erkentnis,  auf  die  alle  grundsätze  a  priori  zuletzt  doch 
immer  auslaufen  müssen.  Kant  2,  189;  antworten,  die  am 
ende  doch  auf  Baumgarten  auslaufen  werden.  3,  379 ;  die 
Wirkungen  der  natur  laufen  auf  wolgereiiniheil  aus.  6,  77; 
das  werk  ist  um  zehn  bogen  ausgelaufen  [starker  geworden); 
diese  schrift  läuft  mehr  aus;  das  manuscript  läuft  aus  (gibt 
mehr  im  satz) ;  die  gesimse  einer  seule  laufen  zu  beiden  sel- 
ten aus  (s.  auslauf  4) ;  alles  unglück  wird  über  dich  auslau- 
fen, auf  deinen  köpf  fallen. 

6)  transitiv,  percurrere:  er  ghort  nit  gären  sagen,  wie  ich 
alle  land  was  uszgeliffen  (so)  in  Tütschland.  Th.  Pi.ater  36; 
laufent  alle  winkel  aus.  Soltau  volksl.  254 ;  der  Verbrecher 
scheint  dem  abgrundc,  der  ihm  bestiniiul  ist,  ausweichen  zu 
wollen,  und  stützt  hinein  eben  da,  wo  er  seinen  weg  glück- 
lich auszulaufen  gedenkt.  Göthe  19,  90;  der  kreis,  den  die 
menschheit  auszulaufen  hat.  53,  3;  wann  ich  wieder  (ron 
Leipzig)  abgehe  wcisz  ich  nicht,  ich  will  den  kreis  auslaufen, 
und  wenn  das  lied  von  vorne  angehl,  empfehle  ich  mich. 
an  fr.  von  St.  2,  280.  bergmännisch,  in  anderm  sinn :  eine 
last  erz  auslaufen,  ausharren,  zu  tage  fördern,  eigentlidi  auf 
dem  knrrn  auslaufen  lassen. 

7)  sich  auslaufen,  ?iuc/i  langem  sitzen  sich  bewegen,  gleich- 
sam die  beim-  wieder  auslaufen;  das  kind  inusz  sich  auslau- 
fen, auch  sich  ermüden:  wenn  man  sich  den  ganzen  tag 
ausgelaufen  hui. 


905 


AUSLAUFEN — AUSLEBEN 


AUSLEBEN — AUS  LEERUNG 


906 


AUSLAUFEN,  n.  exeursus:  das  erste  fahrzeug,  das  zum 
auslaufen  fertig  liegen  würde.  VVieland  2,  206;  übrigens  könnte 
man  vielleicht  auch  das  gegenwärtige  geslein  ein  auslaufen 
des  granits  nennen,  indem  man  dadurch  das  ende  einer 
epocbe  bezeichnet,  anstatt  dasz  man  da,  wo  ein  folgendes 
sogleich  nachzuweisen  ist,  das  auslaufen  ganz  schicklich  einen 
Übergang  nennen  kann.  Gotiie  51,  47;  nach  einem  kurzen 
warten  auf  das  auslaufen  des  gesprächs.  J.  Paul  Tit.  1,  179. 
in  besonderm  sinn  für  durchfaU,  profluiiiim  alvi:  der  alt  sagt 
im,  wie  er  die  ganze  nacht  het  das  auslaufen  gehabt,  seh. 
vnd  ernst  cap.  208. 

AUSLÄUFER,  m.  ein  diener  zum  ausschicken,  puer  a  pe- 
dibus;  im  bergwerk,  der  das  gewonnene  erz  zu  läge  fördert; 
eine  auslaufende  rebe  oder  sprosse  der  pflanze,  auch  würzling 
genannt,  beim  hopfen  laufschleiche ;  ein  auslaufender  berg,  z.  b. 
das  riesengebirge,  ein  auslüufer  der  Karpathen. 

AUSLÄUFIG,  largifluus,  efßuens:  ein  ausläufiger  krug. 

AUSLÄUFISCH,  excurrens,  libidinosus,  ausschweifend. 

AUSLAUFT,  m.  excursus,  egressio :  das  sei  zum  auslauft 
ungefehrlich  geredt,  nu  komen  wir  wider  zu  den  stücken. 
LuTtiEB  2,  4S7' ;  er  machet  aber  einen  ebenlangen  umbschweif 
und  auslauft  von  seinem  ampt,  ehe  er  wider  auf  den  für- 
genomen  artikel  kömpL   6,  219'. 

AUSLÄUFTIG,  excursivus,  excurrens :  diese  ausleuftige  rede 
hab  ich  müssen  thun.  Luther  3,  49';  er  wil  den  häufen  hö- 
ren, nicht  mich  noch  dich,  oder  einen  ausleuftigen,  abgeson- 
derten phariseer.  1,  82* ;  es  könnte  auch  heiszen :  ein  ausleuf- 
tiger  möncb. 

AUSLAUGE.\,  lixivio  elieere,  mit  lauge  ausziehen,  nnl.  uit- 
loogen :  salz  auslaugen ;  das  aus  dem  erdreich  ausgelaugte 
salz.  Kant  9, 10.  dann  ßr  subigere,  vexare :  sie  durch  trüb- 
sal  aller  art  erst  tüchtig  auszulaugen.   Wielaxd  21,  315. 

AUSLAUT,  m.  exitus  voeis,  der  ein  wort  schlieszende  laut, 
gegensatz  von  anlaut.  Q  ist  kein  deutscher,  M  kein  griechi- 
scher auslaut.    tgl.  ausklang. 

AUSLAUTEN,  auf  einen  laut  ausgehn,    schlieszen,  endigen. 

AUSLÄUTEN,  exlremum  sonare  campana,  nnl.  uitluiden: 
es  läutet  eben  aus ;  die  glocken  haben  ausgeläutet,  eampanae 
tacent ; 

zum  gefleht  hat  man  geleutet  aus.  H.  Sachs  IIL  1, 115'. 
einem  ausläuten,  einem  zur  ehre  die  glocken  ziehen:  wie  ich 
ihr  (meiner  frau  bei  ihrem  begräbnis)  denn  zu  Hanau,  in  des- 
sen kirchspiel  sie  erzogen,  ausläuten  lassen.  Schweisiche!«  3, 
260;  wer  für  dräuen  stirbet,  dem  läutet  man  mit  eselsfür- 
zen  aus, 

qui  moritur  niinis,  illi  pulsabitur  bombis. 
G«ypuiüS  1,  796.    züchtiger  die  alte  spräche: 

man  spriehet,  wer  von  vorhiea  stirbet, 

da;  der  im  selber  da;  erwirbst, 

daj  man  in  sot  in  mel  begraben.    Bon.  32,  27; 

swelch  man  von  dröuwen  stirbet, 

den  sol  niemen  klagen.    Fraie.nlob  S3,  1 ; 

vgl.  BA.  695.  transitiv,  die  kirche,  die  messe  ausläuten,  «ie 
sie  eingeläutet  icurde;  als  die  kirche  gegenüber  nun  den 
sonntäglichen  gottesdienst  ausläutete.  Tiecr  ges.  noi:  3,  11. 
man  verwendet  auch  ausläuten  ßr  offen  gestehen,  frei  heraus 
sage»,  reinen  wein  einschenken: 

■was  bedeiilet 
dein  nur  und  doch?  rein  ausgeläutet:    Voss  6,  237. 

AUSLAUTEN,  n.  postremus  eampanae  sonus:  ausläuten, 
oder  sieben  letzte  worte  an  die  Jeser.  J.  Haui.  uns.  löge  3, 175. 

AUSLAUTEKN,  serenare,  außeitem:  ausgeläuterte  gesieb- 
ter. LoiiEssT.  Arm.  1,  368 ;  da  der  himmel  sich  ausläulerte. 
1,  390.  Opitz  Arg.  2,  338.  heule  unüblich,  forslmäszig  aber 
sagt  man  einen  wald,  ein  holz  ausläutern,  lichten,  hell  ma- 
chen, holt  schlagen  in  den  drei  hiebzeiten. 

AUSLEBEN,  vitam  finire,  complere,  nnl.  uitlevcn  (das  engl. 
ouilive  aber  überleben): 

üocb  eh  ich  sie  erlangt,  hab  ich  fast  ausgelebt.  Caiiti  89; 
um  den  rest  seines  lebens  in  gesellschaft  der  Venus,  des 
Bacchus  und  der  musen  auszuleben.  Wieland  2,  240 ;  in  die- 
sem stillen,  noch  vor  kurzem  so  paradiesischen  Jemal,  wo 
ich  meine  tage  in  seliger  Verborgenheit  auszuleben  hofle.  8, 
304;  du  theilesl  alles  was  ich  besitze  mit  mir,  und  bist, 
wenn  ich  ausgelebt  habe,  der  erbe  meiner  talcnte  und  mei- 
ner ganzen  Verlassenschaft.    3,  153; 

hier  möchl  ich  mit  dir  ausleben  das  alter.    Voss, 
bic  ipso  tecum  consumerer  acro.    Virgil.  ed.  10,  43; 


schenke  du  dem  dulder  mut  auszuleben.    PFEFrKL  1, 10; 

was  sagst  du?  dreiszig  jähre  haben  wir 

zusammen  ausgelebt  und  ausgebalten.    Schiller  379*; 

der  mann,  dem  für  seine  manigfaltigen  talente  auch  ein 
rein  ausgelebtes  menschenalter  noch  immer  zu  kurz  gewesen 
wäre.  Leisewitz  über  Lessings  tod  s.Wh;  ein  sehr  alter,  aber 
gesunder,  frohmütiger  mann,  still,  fein,  klug,  auslebend  nun 
hie  und  da  aushelfend.  Göthe  21,  133;  sehn  sie  denn  nicht, 
dasz  der  mann  ausgebraust,  ausgelebt  hat?  Lexz  1,  243;  das 
ausgelebte  rilterleben.    J.  Paul  herbstbl.  3, 136 ; 

ja,  hier  könnte  die  tage  des  irdischen  seins  ausleben 
irgend  ein  herz,  nach  stille  begierig  und  süszer  beschränkung. 
Plate.n  122". 

AUSLEBEN,  n.  vitae  exitus:  möge  der  trostlos  umkom- 
men, der  eines  kranken  spottet,  der  nach  der  entferntesten 
quelle  reist,  die  seine  krankheit  vermehren,  sein  ausleben 
schmerzhafter  machen  wird.  Göthe  16, 139. 

AUSLECKEN,  elambere:  die  Schüssel,  den  bonig,  die  milch 
auslecken ;  der  hund  leckt  die  wunden  aus ; 

so  läszt  er  fürbaj  sein  auslecken  sein,    fasln,  sp.  310,  2, 

im  sinne  von  auslatschen,  egredi  prostibula  sectando,  scheint 
aber  von  lecken,  springen,  seitwärts  springen  (s.  austreten). 
intransitiv:  der  wein  leckt  aus,  tröpfelt  aus  dem  fasse. 

AUSLEDIGEN,  racuefacere,  erledigen,  ledig  machen:  die 
ehre  ist  ganz  sein,  hat  sie  alle  zu  sich  genomen  und  alle 
ausgelcdiget.  Luther  1,  3S';  und  wir  hohen  und  reichen  er- 
schrecken nicht,  so  wir  hören,  das  gott  uns  absagt,  ja  nicht 
allein  absagt,  sondern  dreuct  zu  brechen,  nidrigen  und  aus- 
ledigen. 1,  497*;  damit  ich  e.  k.  mai.  hofgesind  von  stat  ge- 
bracht und  ausgeledigt  hab.  Chmels  Maximilian  s.  188  (a.  1497) ; 
dagegen  hatte  der  meister  das  haus  Wildenbmch  ausgeledigt 
und  entblöszet  und  an  geschütz,  artolerei  und  rflstunge  da- 
von geführet.  Micrälics  a.  P.  3,  548 ;  ich  habe  meinen  sack 
ziemlich  ausgeledigt.   med.  maula/fe  629.    s.  ledigen. 

AUSLEEREN,  vacuefacere,  effundere,  exhaurire,  nnl.  ait- 
leeren. 

1)  das  Wasser  ausleeren,  ausschütten;  den  wein,  den  trank 
ausleeren,  trinken;  das  glas,  den  becher  ausleeren,  leeren; 
ausleeren  bis  auf  den  dörren  boden.  Simpl.  2,  280 ;  es  kompt 
die  zeit,  das  ich  inen  wil  Schröter  schicken,  die  sie  ausschro- 
ten sollen  und  ire  fasse  ausleren  und  ire  legel  zerschmettern. 
Jer.  48, 12;  den  eimer,  den  topf  ausleeren  aiwjiejjen,  ausschüt- 
ten ;  die  platten  (schusseln)  sauber  ausleeren.  Scheit  grob.  L  4 

2)  den  magen,  den  leib  ausleeren,  alvum  exonerare,  pur- 
gare, ausleerende  mittel,  weidmännisch,  intransitiv  vom  hund: 
der  hund  leert  aus,  Ie  chien  se  vide.  die  blas  in  die  kachel 
ausleren.  Scheit  grob.  Q  4.  D  4 ;  leer  weidlich  aus,  so  wirt 
dir  basz.  D  l. 

3)  den  sack,  beute],  kästen,  das  zimmer,  haus,  die  Stadt, 
das  land  ausleeren. 

4)  die  pfeile,  den  köcher  ausleeren: 

wann  Verfolgung  ihren  köcher 

endlich  auf  dich  ausgeleert.    Bürger  12*. 

5)  figürlich,  das  herz  ausleeren,  ausschütten:  ihre  erschei- 
nung  war  so  kurz,  ich  habe  mein  herz  gar  nicht  ausleerea 
können.  Schiller  an  Gölhe  274 ; 

und  leert  den  schalen  witi 
bei  diesem  anlasz  aus.    Wieland; 
mit  gewalt  ausleeren  so  viel  und  erfreuende  guter. 
Voss  Od.  16,429; 

diese  bilder  und  formein  sind  zuerst  ausgeleert,  sodann  laut 
verhöhnt  und  zuletzt  der  stillschweigenden  und  höflichen  Ver- 
achtung hingegeben  worden.  Fichte  anw.  zum  sei.  leben  20; 
ausgeleertes  leben.  J.  Paul  Hesp.  2,  142 ;  ausgeleertes  gesiebt. 
2,  134 ;  ein  fatales,  ausgeleertes  gesiebt,  holtschn.  10,  178 ; 
ausgeleerte,  ausgeweidete  seelen.  Fibel  4. 

6)  sich  ausleeren:  unter  heftigem  tumult  und  Säbelgeklirr 
leert  sich  der  sal  aus.  Schiller  665;  am  tage  des  drama 
leerte  sich  das  neue  schlosz  in  das  fürstliche  zu  Oberscherau 
aus.   J.  Paul  uns.  löge  3,  8. 

AUSLEERUNG,  f  egestio,  exinanilio:  aber  du  kerest  es 
umb,  das  das  newe  testament  wol  ein  auslerung  und  fin- 
sternis  ist  gegen  das  alte  testament.  Luther  3,  474*;  diejeni- 
gen, lieber  nachbar,  sind  eben  nicht  gleich  kranke  köpfe,  die 
diese  und  mehrere  auslegnngen  der  neuern  für  wahre  aus- 
leerungen  der  ausgelegten  stellen  halten.  LESsitc  10, 102;  der 
arzt  verordnete  eine  ausleerung  nach  der  andern. 


907 


AUSLEGEN 


AUSLEGER  —  AUSLEIERN 


908 


AUSLEGEN,  exponerc,  pandere,  etaler,  nnl.  uitleggen. 

1)  den  kram,  die  waare  auslegen,  feil  hielen,  zur  schau 
legen,  Fischart  unler  den  spielen  nennt  240  auch  'kram  aus- 
legen'; kaufniannschatz  auslegen.  Maaler  43";  vor  sonntag 
dürfen  die  inessleute  nicht  auslegen;  Sybille,  welche  anfangs 
die  waaien  völlig  auslegt.  Scnuppius  753;  die  dirne  hat  aus- 
gelegt, pectora  denudavit;  der  dickwanst  legt  aus  streckt  sei- 
nen bauch  vor;  auf  einen  groszwanst: 

Gastro,  wo  er  geht  und  stellt,  trägt  den  watsack  für  sich  her, 
ob  er  pleich  nun  strutzend  voll,  nimmer  oder  selten  leer, 
liab  ich  doch  noch  nie  gehört,  dasz  ihn  etwa  ein  sohlat, 
wann  er  gleich  wo  ausgeleci,  je,  wje  brauch,  geplündert  hat. 

LOGAUl,  8,  48; 
well  ich  gerne  gebe  zu  und  bin  frei  mit  schenken, 
wird  man,  dasz  die  waar  gar  schlecht,  leichllich  wollen  denken : 
guten  wird  doch  alles  gut,  bösen  böse  sein, 
guten  leg  ich  alles  aus,  bösen  alles  ein.    3,  zugahe,2; 

teppiche  in  den  fenstern,  auf  den  straszen  auslegen ;  brot 
auslegen,  auf  den  heckciladen ;  bücher  auslegen,  t'eno  ponere 
{vgl.  auflegen,  verlegen) ;  man  musz  nicht  seinen  werth  aus- 
legen, um  die  menschen  zu  gewinnen,  sondern  man  musz 
sie  gewinnen  und  dann  erst  jenen  zeigen.  J.  Paul  Tit.  1,  39; 
die  heillosesten  ansichten  und  grundsätze  werden  in  dem 
buche  ohne  scheu  ausgelegt. 

2)  auslegen,  ein  fecittcrausdruck,  im  gegensatz  zu  parie- 
ren, Stare  in  gradu  Ov.  mel.  9,  43 ;  den  arm,  die  band  aus- 
legen ;  auch  verstoben  all  diejenige,  die  wider  einander  band 
ausgelegt  hatten.   Simpl.  1,  210.     «.  auslagc  und  ausliegen. 

3)  sich  auslegen,  wiederum  f echter ausdruck:  er  legte  sich 
in  parade  aus.    sich  zum  fenster  auslegen. 

4)  ein  schif  auslegen,  franz.  rader,  mettre  en  rade:  das 
schif  hat  ausgelegt,  stat  in  ancoris.  die  Soldaten  auslegen, 
einquartieren  und  ausquartieren,  aufs  land,  in  die  dörfer  le- 
gen, anderswo  einlegen. 

5)  geld   auslegen,    expendere,    vorschicszcn,    sborsarc:    der 
,  wird  vielmehr  rathen,  dasz  man  Lesbien  wiedergebe,  als  dasz 

man  einen  heller  auslege.  Gryphius  1,  866;  ich  wolle  dem  Ju- 
den die  auf  mein  wort  ausgelegte  vierhundert  mark  wieder 
geben,  er  aber  sagte  nein,  er  habe  meine  band  über  zwei- 
tausend mark.  Schuppius  582;  kanst  du  soviel  gewinn  jähr- 
lich erwarten,  als  wann  du  20  gülden  dem  wuchern  ausge- 
legt hättest.  736;  allermaszen  ich  beinahe  die  helfte  meiner 
beulen  auf  kundschaft  auslegte  {ausgab,  um  damit  auszukutid- 
schaßen).  Simplic.  1,  234;  du  hast  schon  oft  für  mich  ausge- 
legt, wie  soll  ichs  erstatten,  dies  geht  also  über  in  den  sinn 
von  darleihen:  solt  das  geld,  das  versoffen  wird,  zusamen- 
legen  und  einen  gemeinen  schätz  samlen,  ein  iglich  hand- 
werk  für  sich,  das  man  in  der  not  einem  dürftigen  mithand- 
werksraan  auszulegen  helfen  und  leihen  kondte.  Luther  l,  20"'. 

6)  auslegen,  proponere,  vorlegen,  darlegen,  vorschlagen: 

si  hat  in  irem  sinne 

mit  irn  junkfraun  aus  gelait, 

wer  ir  dienen  well  mit  hübschait 

der  sol  gar  bald  eilen  u.  s.  w.    fastn.  sp.  394,  11; 

sDlIicben  meinen  ratschlag  hat  ain  getaufter  jud  in  sein  aigen 
band  und  gewalt  gebracht,  mutwilliglich  erofnet,  darzu  durch 
ain  gedruckt  schmachbuchlin  dargeben,  verkündt  und  uszgc- 
legl.    Reuchlin  verstentnus  l', 

7)  allerhdußgst  aber  interprelari,  explanare,  auseinander  le- 
gen: es  hat  uns  getreumet  tmd  haben  niemand,  der  es  uns 
auslege.  Joseph  sprach,  auslegen  gehöret  got  zu,  doch  crze- 
let  mirs.  1  Mos.  40,  8 ;  fieng  an  Mose  auszulegen  das  gesetz. 
6  Afo«.  1,  5;  Gabriel,  lege  disem  das  gesiebt  aus,  das  ers  ver- 
stehe. Dan.  8,16;  wer  alles  zum  besten  ausleget.  Sir.  6,  5; 
aber  insonderheit  legt  ers  seinen  jüngerh  alles  aus  {goth. 
andband  allata).  Marc.  4,  34;  und  legte  inen  alle  schrift  aus. 
/.«c.  24,  27 ;  einem  andern  {wird  gegeben  die  gäbe)  die  spra- 
chen auszulegen.  iCor.  12, 10;  reden  sie  mit  mancherlei  spra- 
chen? können  sie  alle  auslegen?  12,  30;  es  sei  denn,  das 
er»  auch  auslege.    1  Cor.  14,5; 

.spoiweis  mit  iren  hinderschlegen 
all  «ein  ding  zum  ergsten  auslegen.    H.  Sachs  II.  4,  41' j 
ich  gedenk  es  euch  besser  auszulegen.  Garg.llb';  die  schwer- 
verständlichsten puncte  auslegen.  173'; 

zwar  ist  es  j«tz  gar  nirhi  mein  will, 

wie  es  dnn  au<:h  nicht  mein  vermögen, 

hie  deine  thnirn  niiszzulngen, 

daruinl)  nu  halt  ich  Jutzund  still.    Wf.ciiikri.in  371 ; 

wa«  die  tcuische  frei  ausz  lögen.    .176; 
nur  Seufzer  habe  ich  von  ihr  gehöret  und  ihre  Schwester  hat 
uns  ihren  willen  ausgelegt.   J.  K.  Schugei,  2,  28 ; 


im  an.slegen  seid  frisch  und  munter! 
legt  ihrs  nicht  aus,  su  legt  was  unter. 
GÖTHE  3,270; 
so  löset  sich  der  fluch, 
wir  legtens  von  Apollens  schwesier  aus, 
und  er  gedachte  dich.     9,96; 

das,  was  sie  so  sehr  zu  ihrem  vortheil  auslegte,  fand  ich 
keineswegs  bedeutend.  20,  61;  man  würde  euch  verkennen,, 
und  selbst  der  könig  vielleicht  diese  zurückgezogenheit  in 
einem  ganz  verkehrten  sinne  auslögen.  Tieck  nov.  kr.  3,  123 ; 
ich  wäre  vom  landhause  aus  sehr  falsch  ausgelegt  worden. 
J.  Paul  komel  3,  237 ;  die  sache  schlimmer  auslegen  als  sie 
gemeint  war.  Dies  auslegen  ist  weder  goth.  noch  ahd.  zu  er- 
warten, tmd  golh.  wird  dafür  gaskeirjan  oder  andbindan  ge- 
sagt, ahd.  arrecchan;  mhd.  beginnt  es,  doch  selten,  aufzutre- 
ten :  ein  iljlegen,  interpretatio.  myst.  183,  17 ; 

die  ich  hän  bescheiden 

und  mit  namen  iijgeicit.    Köpkcspass.  471,33, 

altn.  fitleggja  könnte  erst  nach  dem  dän.  udlagge,  dies  nach 
dem  deutschen  gebildet  sein;  solcher  späte  Ursprung  des  viorts 
hindert,  es  auf  ein  auseinanderlegen,  entbinden  (andbindan) 
dcr^  runen  zurückzulcilen.  dennoch  musz  die  sinnliche  Vorstel- 
lung des  entfallens  als  seine  grundlage  angenommen  werden,  die 
auch  fürs  ahd.  arrecchan  obwaltet,    man  bildete  exponere  nach. 

8)  auslegen,  caclare,  distinguere:  den  fuszboden  auslegen; 
mit  elfcnbein  und  gold  auslegen ;  ausgelegte  arbeit,  opus  vartum. 

9)  auslegen  als  gegensatz  des  anlegens,  exuere:  das  gewand, 
kleid,  die  schuhe  auslegen,  ablegen. 

AUSLEGER,  m.  inlerpres:  ist  er  aber  nicht  ein  ausleger, 
so  schweige  er  unter  der  gemeine.  1  Cor.  14,  28 ;  bei  Prophe- 
zeiungen ist  der  ausleger  oft  ein  wichtigerer  mann  als  der 
prophet.  Lichtenberg  2,  81. 

AUSLEGEREI,  /"•  in  übelm  nebensinn  für  falsche  auslegung, 
sucht  auszulegen,  doch  veiwendel  Kant  1,  235  schriftauslegerei 
ohne  ironie. 

AUSLEGERIN,  f  explicatrix. 

AUSLEGUNG,  f.  interpretatio:  da  Gideon  den  höret  sol- 
chen trawm  erzelen  und  seine  auslegung.  rieht.  7,  15;  höret 
meine  rede  und  meine  auslegung.  Iliob  13,  17 ;  alle  lande 
verwunderten  sich  deiner  liede,  Sprüche,  gleichnis  und  ausle- 
gung. Sir.  47, 18 ;  er  hat  Offenbarung,  er  hat  auslegung  {(jolh. 
skeirein).  l  Cor.  14,26;  so  sich  denn  unterstanden  derhalben 
jemands  auslegung  zu  thun.  Luther  2,  5';  auf  ein  höhersin- 
nige auslegung  ziehen.  Garg.  2l';  eine  auslegung  thun.  pers^ 
baumg.  1,  29 ;  wie  tbeodicee  soll  auslegung  der  natur  sein, 
sofern  gott  durch  dieselbe  die  absieht  seines  willens  kund 
thut.  Kant  6,  149;  betrachtet  nun  das  neue  kunstwerk,  wel- 
ches der  tyrann  mir  zur  auslegung  gesandt.  Humboldt  ans. 
der  nat.  2,  307.  Man  dürße  aach  auslegung,  wie  auslage  der 
waare  sagen,  doch  heiszl  es  nur  auslage  des  gelds,  nicht  aus- 
legung. 

AUSLEHNEN,  acclinando  prospicere,  vom  ahd.  hUncn: 

wie  oft  hab  ich  in  vorgcr  zeit  gestanden, 

mich  aus  dem  klosterl^enster  ausgelchnt.    Tieck  2,  72. 

AUSLEHNEN,  foenori  dare,  commodare,  vom  ahd.  lebanon : 
-er  wolle  ihn  verkaufen,  das  geld  auslchnen.  Schuppius  227; 

wer  der  wollust  sich  lehnt  aus,  wird  er  nicht  ums  hauptgut  kommen, 
wird  er  krahkheit  haben  doch  stal  der  Zinsen  eingenommen. 
LoGAU  3,  8,  99. 
AUSLEHREN,  perdocere: 

wer  diesem  folgen  kann, 
der  ist  schon  ausgclehrt  und  hat  genug  geihan.    Opitx; 
sein  ausgclehrtcr  mund  der  redet  was  er  wil.    Fleming  159. 

AUSLEIDEN,  perpeti,  nnl.  uilleiden :  das  ist  gar  ein  grost 
ding,  im  leiden  nicht  hülfe  suchen  von  irgend  einen  menschen 
oder  cieaturen,  sondern  sich  drücken  und  ausleiden.  Luther 
1,44';  das  ich  viel  lieber  wolle  ein  jar  lang  im  kerkcr  ligen, 
hungcr  und  durst  leiden,  denn  einen  tag  solche  helleangst 
ausleiden  vom  teufel.  6,227";  was  ist  es  anders  als  menschen- 
schicksal,  sein  masz  auszuleiden,  seinen  bechcr  auszutrinken? 
Güthe  16,132;  er  hat  ausgelitten,  ist  gestorben; 

ausgelitten  hast  du,  ausgerungen 
armer  Jüngling  deinen  todessireit! 

Lotte  bei  \yerlhers  grab,  clegie  1775. 

AUSLEIERN,  delirare,  declinare,  aberrarr,  aus  der  furche 
{lat.  lira),  aus  dem  geleis  weichen,  nehenaus  fahren,  und  dann 
sinnlos  werden,  die  fastnaehl,  von  den  frauen  angefochten 
und  verklagt,  sagt  ihnen: 

warumb  wolt  ir  mir  nit  auch  ausileiren  f  fastn.  sp.  380,  5, 


909 


AUSLEIERN— AUSLESEN 


AUSLESEN  —  AUSLIEGEN 


910 


mtr  ausweichen,  aus  dem  wege  gehn,  räum  lassen?  man  sagt 
noch  heute  Iraiisitiv,  ein  geleis  ausleiern,  ausdrehen,  auswei- 
ten: der  weg  war  schlecht,  der  frost  hielt  noch  nicht,  und 
überdies  waren  die  gleise  entsetzlich  ausgeleiert.  Seume;  ein 
rad  ausleiern,  ausweiten,  die  pfanne  eines  Zapfens  ausleiern; 
die  thiuangeln  leiern  sich  aus.  Schmeller  2,  4S9  hat:  die 
kugel  auf  der  kegelbahn  aushin  leiern,  auswärts,  folglich  aus 
der  rechten  bahn  drehen,  werfen,  ausleiern  entspräche  dem  aus- 
drehen, ausweichen,    s.  das  folgende. 

AUSLEIERN,  ßnem  facere  lyra  canendi.  Stieler  1141,  der 
spielmann  hat  ausgeleiert,  da  nun  die  leier  gedreht  wird, 
ifeiangt  man  wieder  auf  ausdrehen,  und  bei  Stalder  2,  174 
heiszt  auch  lyre  kurbel  und  butterfasz,  das  gedreht  wird,  doch 
scheinen  lira  =  scrobs,  porca  und  lyra,  /.voa  unverwandt. 

AUSLEIHEN,  mutuo  dare,  geld  ausleihen,  gi-osze  summen. 

AUSLEIHER.  m.  creditor. 

AUSLEISTEN,  inslruere  subscudibus,  mit  leisten  versehen. 

AUSLEITE,  f.  exsequiae,  ahd.  üjleiti,  das  letzte  geleit,  die 
leichenbegleitung  könnte,  gebildet  wie  anleite,  noch  gebraucht 
worden  sein,  ist  aber  nicht  mehr  nachzuweisen. 

AUSLEITEN,  deducere,  exsequi,  o/id.  öjleitan  (Graff  2, 1S5), 
das  geleit  hinaus  geben,  kommt  selten  vor,  gewöhnlicher  aus- 
geleiten, ahd.  öjgileitan :  ihr  ward  ein  schleier  vor  die  äugen 
gebunden  und  sie  ausgeleitet  zum  blindekuhspiel.  Clacüics  1, 6. 

AUSLEITGEBEN,  vinum,  cerevisiam  rendere,  ausschenken, 
dem  vorausgehenden  wort  unverwandt,  und  mit  leit,  mhd.  lU 
■potus,  leilgebe  caupo  gebildet:  ein  guter  hauswirt  soll  den 
schlechteren  wein  auf  seine  schenk  und  Wirtshäuser  verlegen 
lind  ausleitgeben  lassen.  Houberg  l,  361";  das  hier  desto  wol- 
lailer  ausleutgeben  (so).  2,  90'.  man  sagt  in  Baiern  auch  ver- 
leitgeben  und  verleiten  =  verschenken.  Schmeller  2,  h2l. 

AUSLEITGEBUNG,  f.  venditio  vini:  eine  herschaft  kann  bei 
Jahrmärkten  von  ausleitgebung  ihres  getränks  nicht  wenig  ge- 
bessert und  bereichert  werden.  Hohberg  1,  52'. 

AUSLENDEN,  s.  ausländen. 

AUSLENKEN,  deßectere,  ausweichen:  der  fuhrmann  lenkt 
schon  aus; 

siehe,  er  lenkt  unsern  ehrenbo^en  aus 
und  unsern  goldbehängten  rossen.    Haxler; 
Friedrich  zog  in  seine  königsburff, 
und  lenkt  dem  triumph  ausT   Scucbart  2,  2S1. 

bergmännisch,  auslenken  oder  auslängen,  einen  ort  neben  dem 
gange  treiben,  auf  einem  überfahrnen  gange  fortbrechen. 

AUSLERNEN,  perdiscere,  peidoceri:  er  ist  nie  gewest,  der 
ts  ausgelernet  hätte.  Sir.  24,  3S ;  sunderüch  die  im  regiment, 
die  haben  den  gmeinen  man  ausgelernet.  Frank  wellb.  3S'; 
das  buch  der  natur  ist  zu  grosz  und  zu  hoch,  unser  leben 
zu  kurz,  unser  Vernunft  zu  alher  es  auszulernen.  Lohexst. 
Arm.  2,  482 ;  sich  selbst  hat  niemand  ausgelernt.  Zinrgref  26, 
26  und  GüTiiE  2,  2G1 ;  den  menschen  kann  man  nicht  ausler- 
nen; kein  alter  hat  ausgelernt,  er  habe  denn  das  gras  wach- 
sen hören.  Lebmann  IT ;  welcher  ein  ausgelernter  erzvogel 
war.  Felsenb.  2,  30 ;  ausgelefnter  practicus.  Schiller  118" ; 

in  guter  schule 
hat  er  des  Schmeichlers  künste  ausgelernt.   422; 

in  jedem  frevel  ausgelernte  Sünder.  Gotter  1, 395 ;  ein  ausgelern- 
ter  Schlosser;  man  lernt  nie  aus.  Göthe14, 263.  ej  Aei'ss/ aus- 
lernen auf  etwas,  auf  ein  bandwerk  auslernen;  ich  glaube, 
dasz  sie  auf  das  kuppeln  ausgelernt  haben.  Lessing  1,  371 ; 

wie  gehls  dem  feuerwerker? 
drauf  ausgelernt,  wie  man  nach  maszen  wettert. 
GÖTHB  2, 17. 

AUSLESE,  f.  delectus,  auswahl:  du  hast  die  auslese;  Mar- 
donius  halle  um  sich  die  auslese  der  tausend  tapfersten  Per- 
ser; auslese  halten,    s.  ausläse. 

AUSLESEN,  nnl.  uillezen,  in  zwei  bedeutungen, 

1)  deligere,  eligere:  du  kannst  darunter  auslesen,  auswäh- 
len; ausgelescne,  au5gMuc/i/e  mannschaft ;  uszgelesencr  schalk. 
Eulensp.  84;  ob  allen  schelken  uszgelesen.  92;  erbsen,  fruchte 
auslesen,  die  tauglichen  aussuchen;  leset  aus,  und  nemet  schafe, 
jederman  für  sein  gesinde.  2  Mos.  12,  21 ;  ich  wil  zwelf  tauscnl 
man  auslesen.  2  Sam.  17,  1 ;  und  las  die  knechte  aus,  das 
beste  Volk,  das  er  unter  inen  fand.  Judiths,';  sich  den  Son- 
derling zu  seiner  rolle  auslesen.  Göhngk  1, 19;  der  pabst  hatte 
eine  kardinalsbeförderung  vorgenommen,  wozu  er  die  reich- 
sten prälaten  auslas.  Klincer  3,  252;  die  wilde  geisterweit  hat 
mich  zu  ihrer  beute,  zu  ihrem  spiele  ausgelesen.  TieckII,  96. 

2)  perlegere:    und   wenn  du  das  buch  hast  ausgelesen,   so 


binde  einen  stein  dran  und  wirfs  in  den  Phrath.  Jer.  51,  63 ; 
als  dise  antiqultet  ward  ausgelesen.  Garg.  2S6*;  les  er  doch 
ganz  aus!  Schiller  206';  seine  eigenen  prosaischen  zusam- 
menschmierungen haben  wir  nicht  auslesen  können.  Göthe 
33,  65. 

AUSLESEN,  n.  delectus:  worauf  wir  ihr  das  auslesen  un- 
ter den  kleidern  lieszen.  Felsenb.  3,  267 ;  der  neue  Statthalter 
hatte  ein  schreckliches  auslesen  unter  der  ganzen  nation. 
Schiller  S5S ;  du  hast  das  auslesen. 

AUSLESUNG,  f  dasselbe:  morgen  habe  ich  die  auslesung 
(der  rekruten).  Göthe  an  fr.  v.  Stein  1,  2)5. 

AUSLETZE,  f  postremum  delectamenlum : 

zur  ausleiz  mir  mein  wiln  erfüll.   Eiring  3, 188. 
vgl.  letze. 

AUSLEUCHTEN,  domum  redeunti  faeem  praeferre,  heim- 
leuchten, feierlich  entlassen,  nnl.  uitlichten:  es  war  schon 
finster,  die  magd  sollte  ihnen  ausleuchten ;  zu  ausgang  des 
lesens  kernen  diese  knaben  all  in  eim  feld  zusaraen,  und 
machen  inen  alda  von  stroh  gute  handvoUige  fackeln,  iegücher 
zwo,  gehend  zu  nacht  singend  in  einer  Ordnung  in  die  Stadt, 
damit  leuchten  sie  dem  herbst  aus.  Frank  weltb.  5t'.  gewöhn- 
lich  in  übelm  sinn,  einen  aus  dem  haus  werfen,  und  figürlich, 
hart  behandeln,  den  angreifer  abfertigen,  bald  mit  dem  acc, 
bald  dem  dat.  der  person:  solt  man  solchen  Schelmen  nicht 
mit  hunden  aushetzen  oder  mit  ruten  ausleuchten?  Luther 
4,  3S3';  solt  man  den  nicht  als  toll  und  tüncht  zum  land  aus- 
leuchten? 5,  42l';  viel  fromer  leute  würden  sich  hüten  und 
solche  buben  helfen  ausleuchten,  wenn  sie  wüsten,  das  solche 
grosze  fahr  helle.  5,  492*;  Eneas  Silvius  helle  wol  verdient, 
das  im  die  geleiten  ausleuchteten.  8,  219'. 

AUSLEUTE,  extranei  homines,  peregrini,  schon  ahd.  ftjliute 
alienigenae  N.  ps.  55, 1,  ein  gutes  wort,  besser  als  die  adjeclive 
auswärtige,  ausländische,  und  der  pl.  zu  ausmann,  ft^inan. 
mhd.  im  Augsburger  stadir.  beziugen  mit  burgern  und  mit  iijliu- 
ten;  ander  ausleul.  «reis/Ä.  3,  656.  zuletzt  noch  bei  Reuchlin:  * 
fremhde  ausziüt  zu  rechtem  glauben  bringen,  augensp.  20". 

AUSLICHTEN,  collucare,  interlucare :  wald,  holz,  bäume 
auslichten;  den  flachs  soll  man  auslichten,  wenn  er  seine  zeit 
gestanden  hat,  und  gelbiarb  ist  worden,  darnach  fürt  man 
in  zu  haus.  Sebitz  503.  figürlich,  aufhellen:  unvermutet  lich- 
tete sich  mein  dasein  wieder  aus.  Tieck  nov.  kr.  2,  290.  ver- 
schieden ist  das  nnl.  uitliglen,  ausheben,  engl,  lift  out,  was  im 
nd.  Claws  bur  58  vorkommt: 

so  worde  mi  balde  en  ander  utlicbten. 

AUSLIEBEN,  ponere  amorem:  ausgeliebt  fastiditus; 

er  hebet  fort  und  Tort,  und  hat  erst  ausjreliebt, 
wann  ihm  sein  ende  selbst  des  Hebens  ende  giebt. 
LoGAU  2,  6,  84. 

AUSLIECHEN,  erellere,  ein  seltnes,  aber  uralles  starkes 
verbum:  da  sehen  wir  allererst,  wo  Jäckel  in  den  bohnen  ge- 
sessen, wenn  sie  nun  sind  ausgelochen.  Philander  1, 13.  ahd. 
arliohhan  (Graff  2,  138),  ags.  ülöcan  und  öldlücan,  goth.  us- 
lukan.  Schwab,  liechen,  rupfen,  die  flexion  wie  auskriechen, 
ausgekrochen,     mehr  unter  liechen. 

AUSLIEFERN,  tradere,  dedere,  überliefern,  nnl.  uitleveren: 
dem  feinde  die  Stadt  ausliefern;  den  Verbrecher  in  kettea 
ausliefern;  den  buchhändlem,  die  bestellten  bücher  expedieren ; 

dies  haus  des  elanzes  und  der  hcrlirhkeit 

steht  nun  verödet,  und  durch  alle  pronen 

stürzt  das  erschreckte  holgesinde  fort. 

ich  bin  die  letzte  drin,  ich  sclilosz  es  ab 

und  liefre  hier  die  schlüssei  aus.    Schiller  404*. 

AUSLIEFERUNG,  f.  traditio:  auslieferung  der  handschrift, 
der  bürg;  die  auslieferung  war  heute  stark,  sagt  der  Ver- 
leger. 

AUSLIEGEN,  in  mehrfachem  sinn, 

1)  ausliegen,  jacendo  praestantius  fieri:  der  wein  liegt  lange 
aus,  ausgelegner,  ausgelagerter  wein. 

2)  ausliegen,  per  nociem  domo  abesse,  abnoclare,  proslibula 
sectari  (s.  auslatschcn,  auslecken): 

so  ist  er  heut  ausglegen  die  nacht.   Atrik /ostn.  9.  88*; 

das  au.sligen  kan  ich  nicht  leidn, 

will  mich  von  nicim  mann  lassen  schcidn.    89*. 

3)  ausliegen,  was  auslehnen,  auslugen,  per  fenestram  pro' 
spicere:  das  müdchen  liegt  eben  zum  fenster  aus.  auch  das 
wachlschif  liegt  aus,  liegt  auswärts  in  der  see  zur  wache,  wie 
die  schildwache  aussteht,  ein  buch  liegt  aus,  im  laden,  tsl 
ausgelegt. 


911 


AUSLIEGER  —  AUSLÖSCHEN 


AUSLÖSCHEN  —  AUSLÜFTEN 


912 


4)  kunstworl  der  fechter,  was  sicli  auslegen :  er  liegt  männ- 
lich aus. 

5)  finem  cubandi  facere,  surgere. 
AUSLIEGER,  m.  wachlschif! 

AUSLISTE.N,  subdole  scrutari,  listig  ausholen:  der  einfäl- 
tige verlasset  sich  darauf,  dasz  man  keine  andere  wege  habe, 
ihn  oder  andere  auszuholen,  als  seine  ligne,  womit  er  aus- 
lislet.  J.  Paul  teuf.  pap.  2, 175. 

AUSLOliEN,  tinem  facere  laudis  und  laudes  pcrficere: 

tnitd.        ein  fiowe  wil  ze  schedeliche 

schim|iren,  ich  habe  üj  gelohet.    Waltu.  45,  8; 

nhd.         der  herr  professor  Pauli  hat 

zwar  ausgelobt,  doch  euer  leben 
schreibt  Knirknar  gern  an  seinei  statt. 

GÖKINGK  1,  (i ; 

•  gott  ist  alleine  grosz  und  schön, 

unmöglich  auszulohen.    V.  GERUAno  ; 

summa,  wenn  man  gott  ausloben  wird,  so  wird  man  sein 
wort  und  predigt  auch  ausloben.  Luther  5,  ITC'. 

Man  setzt  auch  ausloben  im  sinne  von  ausgeloben,  polli- 
ceri:  einen  preis  ausloben,  vorausbestimmen;  das  ausgelobte 
Pachtgeld,  im  deutschen  recht  heiszt  ausloben,  von  seilen  des 
erben,  dem  das  gut  zufällt,  die  übrigen  kinder  entschädigen. 

AÜSLÜBUiS'G,  f.  in  der  Iclzicn  bedeutimg  des  ausiobens: 
die  auslobungen  abgehender  kinder.  Moser  1, 113. 

AUSLOCHEN,  excavare,  cxcavando  evellere.  bergmännisch, 
erze  auslochen,  sie  unter  dem  rasen  und  in  schwebenden  mit- 
leln,  nicht  aber  aus  der  tiefe  holen,  verwandt  mit  ausliechen. 
die  zimmerleute  lochen  die  seule,  die  schwelle  aus,  wenn  sie 
das  Zapfenloch  daran  ausarbeiten. 

AUSLÖCHERN,  foraminibus  instruere. 

AUSLOCKEN,  elicere,  nnl.  uitlokken :  thränen,  welche  von 
den  herzbrechenden  complimentcn  waren  ausgelocket  worden. 
Weise  kl.  leute  19 ;  so  musz  man  diese  gesellen  nicht  in  ihrem 
neste  angreifen  oder  sie  auslockcn.  med.  maulaffe  375;  sie 
thut  verschiedne  fragen  ihn  auszulocken  und  zu  hören,  ob 
sein  herz  schon  eingenommen.  Lessinc  ',  279 ; 

von  unsern  Wächtern 
bah  ich  bisher  gar  vieles  ausgelockt.    Götue  9,  35; 

funken,  welche  eine  glückliche  anwandelung  aus  der  einbil- 
dungskraft  auslockt.  Kant  10,  357;  man  hat  ihn  ausgelockt, 
ihm  alle  seine  heinilichkeiten  ausgelockt. 

AUSLODERN,  ßagrare  dcsinere:  die  flamme  hat  ausgelo- 
dert, ignis  conscdil;  ausgelodert  die  umgekehrte  fackel.  Hum- 
boldt ans.  der  nat.  2,  307. 

AUSLÖFFELN,  ope  cochlearis  exhaurire,  elambere,  aus- 
schöpfen: die  mutter  nannte  mich  einen  schelm.  wenn  ich 
ihr  den  heiszen  brei  ausgelöffelt  hatte.  Arnim  schaub.  1, 16. 

AUSLOHEN,  exurere,  durch  flammende  lohe  reinigen:  eine 
stückform  auslohen,  mit  reisholz. 

AUSLOHNEN,  mercedem  dare,  im  bergbau,  die  arbeiter  aus- 
lobnen.  unterirdische  geisler,  denen  man  für  verrichtete  arbeit 
kleidungsstücke  hinlegte,  riefen  betrübt  ausgelohnt,  ausgelohnt! 
und  kamen  nun  nicht  wieder-     in  vielen  sagen  (mythol.  453). 

AUSLÖSCHEN,  exslingui,  erlöschen,  praet.  auslosch  für 
auslasch:  das  liecht  der  gerechten  macht  frölich,  aber  die 
leuchte  der  gottlosen  wird  ausleschen.  spr.  Sal.  13,  9 ; 

der  ewig  helle  brand 
lasch  in  den  hnnden  aus.    Lohemst.  C/eop.  15, 514; 

mein  söhn,  Tür  den  die  sonne  nicht  auslosch, 
dessen  äuge  der  Sommernacht  sanrtschimmcrndes  licht  sieht. 

Ki-OPSTOCK  3<ess.  11,  1473; 
er  trin  das  lichte  locht,  es  zittert  und  löscht  {f.  lischt)  aus. 
Zachariä  1,  17; 
lisch  aus,  mein  licht,  auf  ewig  aus! 
stirb  hin,  siirb  hin  in  nacht  und  graus! 

DÜHCER  13'; 

mein  gedachlnis  loscht  (/".  lischt)  aus.  Schiller  151;  ganz  lischt 
der  mensch  nicht  aus.  Klincer  11,  159;  am  abend,  wo  wir 
unten  im  westen  stehen  und  auslöschen.  J.  Paul  Hesp.l,9h; 
seine  auslöschenden  tage,  l,  269. 

AUSLÖSCHE.N,  exstinguere,  praet.  auslöschte:  und  wollen 
meinen  funken  ausleschen,  der  noch  uhrig  ist,  2  Sam.  14,  7 ; 
darum  wird  mein  grim  sich  wider  diese  stete  anzünden  und 
nicht  ausgeleschet  werden.  2kön.  22,17;  und  haben  die  thür 
an  der  halle  zugeschlossen  und  die  lampen  ausgelescht.  2  chron. 
29, 7 ;  und  mein  grim  sol  angezündet  werden  über  diesen  ort 
und  nicht  ausgelescht  werden.  34,  25;  das  auch  viel  wasser 
nicht  miigen  die  liebe  ausleschcn.  hohelied  8,  7 ;  das  glimmend 
locht  wird  er  nicht  ausleschen.  Es.  42,  3.  Matth.  12,  20;    ei^ 


greifet  den  schild  des  glaubens,  mit  welchem  ir  ausieschen 
könt  alle  feurige  pfeile  des  bösewichts.  Eph.  6,  IG;  weiche 
haben  des  fewers  kraft  ausgeleschet.  Ebr.  II,  34;  so  mögen 
wir  ausleschen  das  erste  gebot  sampt  dem  ganzen  evangelio. 
Luther  5,  4l';  welchs  sie  leider  nicht  vermögen,  sondern  alles 
verkcren  und  ausleschen.  6,212";  Joannes  Husz,  der  zu  Cost- 
nitz  vor  dem  concilio  mit  feur  ist  ausgelöscht  worden.  Frank 
wellb.49';  lesch  das  liecht  aus,  so  sind  die  weiher  all  gleich. 
spr.  1,24";  ein  wenig  mit  lügen  angemahlt,  die  schier  ausge- 
lescht waren.  Garg.  205";  derer  bücher  sollte  man  mit  dem 
nassen  schwamm,  die  urheber  aber  mit  peitschen  vertilgen 
und  auslöschen.    Schuppius  770; 

heu  ich  den  pfafTcn  in  meim  zorn 

ergnlFen,  hctt  im  ausgelesclii  das  liecht.    H.  Sachs  IV.  3,10'; 

denn  seit  ich  nicht  dich  mehr  habe, 

losch  (f.  löschte)  die  freud  ihr  lämpchcn  aus. 

GöKiNCK  3,  188; 
wolan,  wenn  noch  moin  recht  den  wiUrich  schrecken  kann, 
er  komm,  in  meinem  blut  losch  er  es  aus.    Gotter  2,  61 ; 
mit  dem  nasz  geweinten  Schleier 
lösch  ich  meine  thrnnuu  aus.    IüjrgerU'; 
und  auch  dann  zerrällt  mein  staub  hier,  zwischen 
ausgelöschier  herzen  ascheniest.    9S'; 
freudig  eilt  ich  in  dem  kalten  tode 
auszulöschen  meinen  llamnienschmerz.    Schiller; 
und  ist  dein  stamm  vertrieben,  oder  durch 
ein  ungeheures  Unglück  ausgelöscht.    Göthb  9,  15; 

jedes  unerfreuliche  unbequeme  gefühl  der  mittleren  zeit  war 
ausgelöscht.  17,  397;  diese  barschaft  sollte  einen  theil  der 
schulden  auslöschen,  die  auf  traurigen,  ja  unseligen  zustan- 
den lasteten.  48,  34 ;  theils  hat  man  gesucht  durch  ein  mis- 
wollendes  verschweigen  meine  frühern  bemühungen  gänzlich 
auszulöschen.  54,  312 ;  die  ideen  sind  einmal  alle  ausgelöscht. 
Lenz  1,  223;  dort  will  ich  dem  vater  noch  fluchen,  der  das 
blühende  leben  der  fochter  auslöscht.  Klinger  2, 123;  nur  der 
tod  kann  das  brandmark  der  sünde  an  meiner  stirne  aus- 
löschen. Leisewitz  Jul.  von  Tur.  5,  6;  er  löschte  alle  seine 
wünsche  aus.  i.  Pavl  uns.  löge  2,130;  der  ausgelöschte  regen- 
bogen.  Kampanerth.  74;  bis  endlich  ein  neuer  genius  alle 
richtungen  durch  eine  neue  auslöscht,  nachdämm.  72. 

AUSLÖSCHLICH,  exslinguibilis :  wie  auslöschlich  die  züge 
der  gegenstände  im  gedächtnis  seien.  Göthe  43, 132. 

AUSLÖSEN,  exsolvere,  eximere,  liberare. 

1)  weidmännisch,  die  vögel,  die  lerchep  auslösen,  aus  den 
schneiden,  aus  dem  klebegarn  nehmen,  die  bälge  oder  fange 
der  raubthiere  auslösen,  das  schiesz-  und  fangcgeld  zahlen 
und  dann  für  sich  behalten. 

2)  einem  die  zunge  auslösen,  ausschneiden,  wie  vian  auch 
sagt  die  zunge  lösen. 

3)  den  gefangnen  auslösen  durch  Zahlung  des  lösegeldes ; 
pfander  auslösen ;  einen  gast  auslösen,  beim  wirte  für  ihn 
zahlen,  bei  landlagen  wurden  die  stände  vom  landesherrn  atis- 
gelöst,  im  gasthaus  frei  gehalten,  einen  brief  auslosen,  das 
porlo  bezahlen,     sein  wort,  sich  auslösen. 

AUSLÖSUNG,  /■.  nach  den  bedeutungen  des  auslösens:  als 
er  am  abend  von  der  post  einen  brief  erhielt,  der  dem  an- 
schein  nach  weit  herkam,  denn  die  auslösung  beiief  sich  hoch, 
TiECK  nov.  kr.  2,  25. 

AUSLOSZEN,  Sorte  legere,  durchs  losz  auswählen:  zum 
kriegsdienst  ausloszen,  den  zehnten  mann  ausloszen  zur  hin- 
richtung,  deämieren.    ausgeloszte  staatsschuldscheine. 

AUSLOTEN,  AUSLOTTEN,  progerminarc,  aussprteszen,  von 
gestrduch  und  holz,  vgl.  ahd.  arliotan,  pullulare  (GiUFr  2, 198), 
goth.  liudan  crescere. 

AUSLUDERN,  gustare,  exedere,  auskosten: 

ich  wehr  dir  nun  die  losen  gsellen, 

die  alle  gfresz  ausludern  wollen.    H.  Sachs  I,  232*. 

AUSLÜFTEN,  ventilare,  vento  exponere, 

1)  Stube,  kleider,  betten  auslüften :  das  krankenzimmer  aus- 
lüften ;  drum  stank  auch  die  luft  so  nach  Schwefel  stunden- 
weit, als  würde  die  ganze  garderobe  des  molochs  unter  dem 
lirmament  ausgelüftet.  Schiller  120*. 

2)  einen  auslüften,  in  frische,  freie  luft  bringen:  zicmlicli 
müd  und  ausgelüftet  von  der  eisfahrt,  silz  ich  bei  W.  Göthk 
an  tai'a/cr  15 ;  eine  menge  Icutc,  die  sonst  im  stillen  gewerbe 
lebten,  hatten  diesen  tag  zum  auslüften  {zur  lustfahrt)  er- 
wählt. Arnim  1,  80 ;  ich  habe  hier  keinen  alter  ego,  mit  dem 
ich  recht  auslüften  kann.  FIamann  an  Jacobi  4.  3,  309. 

3)  figilrlich,  eines  morgens  frühe,  als  Danisrhmend  aus- 
gieng,  seine  trtiumereien  auszulüften.  Wieland  8,  23. 


913 


AÜSLiiFTIGEN — AUSMACHEN 


AUSMACHEN 


914 


AUSLCFTIGEN,  dasselbe:  bei  warmen  tagen  musz  man  sie 
(die  kühe)  auch  dann  und  wann  aus  den  stallen  lassen,  dasz 
sie  sich  ergötzen,  auslüftigen,  die  glieder  erstrecken,  gelenk 
bleiben  und  nicht  krümpticht  werden.  Hohberg  3,  244". 

AUSLUGEN,  prospicere,  ausschauen,  vgl.  ausliegen,  aus- 
lebnen : 

das  jneitlin  was  bebende. 

es  h°igt  zum  laden  aus.    Uhland  90. 

lugl  das  gsind  lum  fenster  aus.    Schkit  jro6.  E3; 

AUSLUGEN,  enientiri:  itzt  musz  ich  abbrechen  und  aufs 
concilium,  so  der  bapst  mit  den  seinen  angelogen  und  viel- 
leicht auch  ausgeiogen  hat.  Luther  6,  544';  das  etliche  mei- 
ner gewesenen  diener  viel  von  mir  erdichtet  und  ausgelogen. 
TiiLRNEissER  iiutligedr.  ausseht:  6. 

AUSLLMMELN,  iiicrepare,  lümmel  schellen. 

.\USMACIiEN,  nnl.  uitmaken.  um  sieh  die  bedeutungen  klar 
zu  denken,  erinnere  man  sich  des  lal.  facere,  efficere,  con- 
licere,  perficere;  vielfach  berührten  sich  abmachen  und  ab- 
thun,  aufmachen  und  aufthun,  venig  schon  anmachen  und  an- 
thun,  noch  weniger  ausmachen  und  austhun.  alles  läszt  sich 
suruckßhren  auf  die  hauptvorstellungen  aus,  zu  ende,  fertig 
und  aus,  heraus,  hiuaus. 

1)  sinnliches  zu  ende  bringen, 

a)  das  feuer  ausmachen,  auslöschen,  im  gegensatz  des  an- 
machens,  anzündens:  mache  das  licht  aus,  ehe  du  schlafen 
gehst. 

b)  das  glas  leeren,  austrinken,  gegenüber  dem  antrinken : 

trinkt  llugs  herum  und  macbl  es  aus, 
so  wild  ein  frolich  bruder  draus, 
tribks  gar  aus,  trinks  gar  aus, 
so  wird  ein  voller  bruder  draus ! 

Garg.  86".  Uula!<d  595. 

c)  das  getcand  ausnähen,  fertig  machen,  conficere:  aber  ra- 
tet, wie  vil  hat  mein  mutler  nadelspitzen  an  ihrem  hcmbd 
zerbrochen,  eh  sie  es  hat  können  ausmachen?  Car^.  135';  es 
isset  niemand  fleisch,  es  sei  dann  gekocht,  es  legt  niemand 
ein  kleid  an,  es  sei  dann  ausgemacht.  Lehmann  72 ;  so  waren 
die  hosen  auch  schon  ausgemacht.  Simpl.  1,  76.  da  aber  beim 
anlegen  der  letzten  hand  ans  werk  noch  ein  schmuck  oder  zier- 
rat zugelhan  zu  werden  pflegt,  hiesz  ausmachen  zugleich  ans- 
tieren, ausschmücken,  sticken,  besetzen  und  aufschlagen,  aus- 
schlagen :  schön  ausgemachte  zimmer. 

den  leib,  dein  schönes  kleid,  das  mit  so  schöner  pracbt 
der  tugend  war  gestückt  und  sauber  ausgemacht. 

Fleüing  144; 
das  kleid  ist  um  und  um  mit  ungemeiner  pracbt 
und  einer  bunten  reih  von  Sternen  ausgemacht. 

Grtphius  ; 
die  danke,  da  man  mit  denselben  will  belegen, 
der  überwinden  wird,  die  sein  ein  schild  und  degen 
gar  sehr  reich  ausgemacbl,  dantu  ein  edles  pferd. 

Werders  Ariost  18,  94; 
doch  nicht  so  stattlich  ausgemacbl, 
der  könig  fürt  allein  den  pracbt.    froschm.  1,2,2; 

einen  sattel  mit  leder,  einen  deckel  mit  gold  und  silber  aus- 
machen, besetzen;  maszen  ich  einen  jungen  annahm,  den 
ich  als  einen  edelpagen  kleidete  und  zwar  in  die  narrisclite 
färben,  veilbraun  und  gelb  ausgemacht  (ausgeschlagen).  Sintpl. 
1,  322,  obgleich  man  dtes  ausmachen  auch  als  heraus  machen 
deuten  kann  {nach  7,A). 

d)  ausmachen,  percoquere,  gar  kochen  (vgl.  anmachen  und 
einmachen) :  derhalbcn  die  natürliche  werme  in  ime  (dem  erd- 
boden)  gemindert,  und  dan  auch  die  frücht,  das  obs,  der  wein 
und  anders  aus  mangcl  des  natürlichen  tiibs  der  sonnen  nicht 
recht  digeriert,  innkocbt  und  ausgemacht  wird.  Tiilrneisser 
probierung  der  harnen  bL  8.  vgl.  gar  (=  gemacht)  und  gar 
ausmachen  unter  2. 

e)  im  kegelspiel,  zuletzt  schieben:  wer  hat  ausgemacht? 

2)  einen  ausmachen  hiesz  ehmals  was  conficere,  interftcere, 
lödten,  abUiuu,  fertig  machen :  der  durst  wil  mich  gar  aus- 
machen, consumor  siti ;  die  kranklicit  macht  mich  aus,  in/!r- 
mitas  nie  con fielt;  einen  ausmachen,  conficere  hominem;  einen 
gar  ausmachen,  eim  das  leben  ncmmen,  perdere  aliquem; 
alle  diese  beispiele  sind  aus  M&aler  44',  und  das  einen  gar 
ausmachen  wandte  sich  leicht  in  einem  den  garaus  madien. 
Bald  aber  verlor  ausmachen  diesen  strengen  sinn  und  yicng 
über  in  den  milderen  verbis  conficere,  increpare,  carpere,  aus- 
schellen, worin  ja  auch  ein  abfertigen  und  abthun  enthalten 
var,  LiJTHER  gewährt  noch  keinen  beleg  dafür,  wol  aber  an- 
dere Schriftsteller  des  16.  17;/i.  genug:  wie  würde  ich  da  von 
ir  (meiner  frau)  ausgemacht  werden.  Frei  i^arjeny.  4o' ; 


nnd  mit  so  vollem  unbedacht 

ganz  unverscherabt  die  leut  ausmacht. 

HiNGWALD  taut.  warh.  66.  74  und  PHiLjutD.  2,  753; 
so  macht  ich  in  mit  groszem  straus 
für  allen  nacbbarn  redlich  aus.    tr.  Eck.  JV; 
und  haben  unsern  feind  ausgmacbt, 
Terspott,  verliönet  und  verlacht.    Atrer151'; 
machst  mich  hesziich  aus  vor  den  leuten. 
Atrer  fastn.  81*; 

dasz  du  nicht  ursach  habest  also  zu  schnarchen,  zu  boldern 
und  mich  auszumachen.  Avrer  proc.  1,  7;  einer  machte  die 
Jesuiten  aus,  dasz  sie  die  beste  köpf  aus  der  Jugend  ausle- 
sen. Zinkgref  2,  138, 16 ;  die  jambischen  (verse)  schicken  sich 
auch  wol  zu  satyrischen  sachen,  wenn  man  die  leute  durch- 
ziehn  oder  in  zom  ausmachen  will.  Hanmann  zu  Opitz  147 ; 
bisweilen  geben  sie  (rfie  könige)  dem  kleider  und  geschenk, 
der  sie  vexiert  und  durch  scherz  ausmachet,  pers.  rosenth.  1, 
16 ;  meine  beischläferin,  die  er  auch  schrecklich  ausmachte, 
kontc  nichts  als  weinen.  Simplic.  1,  337 ;  wie  manche  magd 
ist,  welche  ihres  herren  kinder  verschimpft,  wie  die  untreue 
magd  Raguels  that,  welche  seine  betrübte  tochter  übel  anführe 
und  schändlich  ausmachte.  Schippics  357 ;  müssen  sie  sich 
doch  oft  wacker  drum  zerschänden  und  ausmachen  lassen. 
mdgdelob  64 ; 

ich  macht  ihn  ziemlich  aus,  doch  war  mirs  nicht  ums  herze. 

Gelleri  3,  404; 

Coraline  macht  Lucinden  aus,  dasz  sie  den  leutea  so  schlecht 
wahrzusagen  wisse.  Lessing  4,  411;  ich  würde  sie  auf  einem 
ganzen  blatte  ausmachen  und  das  wäre  noch  eine  kleine 
strafe.  Hippel  br.  13,  113;  wir  haben  auch  von  ihnen  gespro- 
chen und  sie  rechtschaffen  ausgemacht.  Lenz  1,  222.  heute 
ziehen  wir  diesem  ausmachen  in  gleichem  sinne  vor  herunter- 
machen, welches  wörtlich  mit  interllcere  zusammentriß,  doch 
schwächere  bedeutung  hat.  in  der  Schweiz  sagt  man  daßr 
abemachen,  verkleinern.  Staldeb  2,  189.  vgl.  auch  ausstel- 
len, aussetzen,  taddn. 

3)  es,  etwas  ausmachen,  es  mit  einem  ausmachen,  con- 
summare,  perficere,  absolvere,  fertig  maciien,  abmachen:  er 
hat  es  ausgemacht,  ist  gestorben;  aber  nach  deiner  gro- 
szen  barmherzigkeit  hastu  es  nicht  gar  aus  mit  inen  ge- 
macht. ?>eh.  9,  31;  denn  du  machest  es  mit  mir  aus  (vulg. 
finies  ine),  den  lag  vor  abend.  Es.  38, 13 ;  das  ganze  land  sol 
wüste  werden  und  wils  doch  nicht  gar  ausmachen  (vulg.  con- 
summationem  non  faciam).  Jer.  4,  27 ;  stürmet  ire  mauren 
und  werfet  sie  umb  und  machts  nicht  gar  aus  (vulg.  consuin- 
mationem  nolite  facere).  5, 10 ;  und  ich  wils  zur  selbigen  zeit 
nicht  gar  ausmachen.  Ez.  II,  13;  sihe,  ich  wils  mit  allen  de- 
nen ausmachen,  die  dich  beleidigen.  Zeph.  3, 19 ;  wolan  laszt 
sie  machen,  sie  habens  noch  nit  ausgemacht.  Luther  5,  42'; 
golt  wird  fortfahren  und  ausmachen  was  er  angefangen  hat. 
Luthers  br.  4,  347 ;  was  du  anfahest,  das  mach  aus.  Acricola 
spr.  15' ;  da  nun  Alexander  hochfertig  was,  must  er  auch  herab 
von  dem  stui  und  hinunder  under  ein  menschen,  der  ims 
ausmacht.  Frank  chron.  65";  ich  wolls  bald  (im  kämpf)  mit 
ihm  ausmachen.  Galmy  98 ;  ist  denn  dieser  handel  noch  nicht 
ausgemacht  (zu  ende)'}  Simpl.  2,  247; 

der  was  vor  mir  und  kunipt  mir  nach, 

Wirts  machen  usz,  das  ich  anfach.    trag.  Joh.  F8; 

ziehet  nun  hin  in  gottes  namen,  machts  wol  aus,  habt  ici 
wol  angefangen,  habt  irs  wol  kocht,  so  eszl  es  gut  Garg.  261' ; 

bawst  ein  haus, 

so  inacbs  vollends  aus.    LehmaürSO; 

mein  herz  zuckte  bange  zurück  vor  dem  ersten  glockenton, 
der  das  Jahrhundert  ausmachte  (vollmachte,  absolvit).  i.  I'aui. 
wunderb,  gesellsch.  56 ;  er  hat  es  mit  dem  degen  in  der  band 
ausgemacht,  mit  den  waffen  ausgemacht,  auch  hier  zeigen 
viele  der  ausgehobnen  bibelstellen  ein  gar  ausmachen,  conficere. 

4)  ausmachen,  betragen,  bilden,  conficere,  interesse:  das 
macht  viel  aus  (ntultum  interest),  macht  nichts  aus  (macht, 
thut,  verschlägt  nichts,  nihil  refert) ;  das  macht  eine  grosze 
summe  aus  (longam  summam  efficit),  macht  wenig  aus  (beträgt 
wenig,  exiguam  summam  confictt) ;  das  macht  die  sache  nicht  aus 
(entscheidet,  thut  sie  nicht  ab);  beten  allein  machts  nicht  aus 
(thuls  nicht) ;  haben  wir  frembde  vertriebene  leute  nicht  wol  ver- 
sorget? allein  das  macht«  nicht  aus  im  christenthuin,  sondern 
man  musz  auch  sonst  den  willen  thun  des  himmlischen  valers. 
ScHUPPius  642;  Elberffld  und  Barmen  machen  fast  eine  stadl 
aus ;  die  beiden  hauser  machen  nur  eins  aus ;  diese  drei  her- 
ren machen  das  collegiuiu  aus  (tres  faciuiU  colUgimn);    funf- 

68 


915 


AUSMACHEN 


AUSMACHEN  ~  AUSMARKEN 


91G 


zehn  Vormünder,  welche  den  staalsrath  ausmachen  sollten. 
Stolberg  9,  154;  dreiszig  groschen  machen  einen  thaler  aus; 

zum  öflern  pflegt  ein  doppelt  nein 

ein  ja  ganz  zierlich  auszumaclien.    Hagedoris  2,  56 ; 

der  durch  seine  reichthümer,  seine  stelle  am  hofe  ein  groszes 
bedeutendes  haus  ausmacht.  Klinger  4,  65;  Verbindung  und 
trennung,  welche  das  denken  ausmacht  {worin  das  denken  be- 
steht). Kant  2,  321 ;  die  erscheinungen,  sofern  sie  eine  reihe 
ausmachen.  2,  337. 

5)  ermitteln,  bestimmen,  festsetzen,  entscheiden:  zahlpfen- 
nige,  die  sie  bei  dem  eingange  oder  vorher  erhielten  und  ge- 
gen deren  Wiederablieferung  ihnen  etwas  ausgemachtes,  hier 
namentlich  wein  verabfolget  ward.  Lessing  8,  493 ;  als  ihm 
endlich  die  dringenden  bestiirmungen  eine  bestimmte  erklä- 
rung  abnüthigten,  machte  er  aus,  dasz  der  herzog  mit  der 
armee  vorausgehen  sollte.  Schiller  854;  alle  diese  scheinba- 
ren unregelmaszigkeilen  folgen  einer  regel,  die  wir  noch  nicht 
kennen,  die  aber  künftige  zeiten  ausmachen  werden.  Lichten- 
berg 4, 149 ;  für  uns  ists  schwer,  etwas  auf  ihn  auszumachen. 
Herder  14, 127 ;  wenn  ich  gleich  nichts  über  des  subjectes  be- 
schaffenheit  ausgemacht  habe.  K.\nt  2,  322 ;  der  zustand,  durch 
welchen  jedem  das  seine  gesichert,  aber  nicht  ausgemacht 
und  bestimmt  wird.  5,  60 ;  wenn  ausgemacht  ist,  dasz  der 
erste  in  die  biblische  theologie  eingriffe  gemacht  habe.  6,167; 
die   kritik   der  Vernunft,    die    alles   dieses   ausmachen  niusz. 

7,  17;  die  Wahrheit  auf  diese  art  auszumachen.  8,  75;  ich 
trage  die  erklarung  als  eine  mutmaszung  vor,  die  ich  mir 
nicht  auszumachen  getraue.  8,294;  die  sache  ist  nicht  leicht 
auszumachen. 

6)  das  paiiicip  ausgemacht  bedeutet  häufig  absolutus,  per- 
fectus,  consummatus,  vollendet,  entschieden:  der  verlust  aller 
liofnung,  Psychen  jemals  wieder  zu  finden,  welchen  er  ohne 
genauere  Untersuchung  für  ausgemaciit  annahm.  Wieland  1, 
309;  er  war  von  seiner  Jugend  an  dasjenige  gewesen,  was 
man  einen  ausgemachten  Wollüstling  n«nnt.  6,  85 ;  ausge- 
machte gesetze  der  attraction,  ausgemachte  bewegungsgesetze. 
Kant  8,  228 ;  ausgemachte  betrüger.  10,  278 ;  herr,  wir  oder 
unser  gcnius,  oder  allzusammen  sind  ausgemachte  esel.  Gütiie 
57,169;  der  ausgemachteste  Staatsmann.  Klinger  It,  69;  der 
ausgemachteste  egoist.  11,  84;  die  sich  für.  die  ausgemachte- 
sten richter  der  sache  halten.  11,  106 ;  für  diese  gibt  es  in 
der  weit  zweierlei  ausgemachte  narren.  J.  Paul  Siebenk.  1,3; 
der  Jüngling  hatte  zu  harte  begriffe  von  hof-  und  weltleuten, 
er  hielt  sie  für  ausgemachte  basilisken  und  drachen.  Tit.  1,  39 ; 
meine  herren,  sie  spielen  hier  doch  mit  ausgemachten  betrü- 
gein. 2,  27 ;  ein  wahrer  ausgemachter  generalfeldzeugmeister. 
leufclspap.  1,  2.  im  adv.,  das  ist  ausgemacht  wahr,  unausge- 
macht  verwendet  schon  Ringwalu  laut.  warh.  283  und  Opitz 
poeterei  18 :  in  dem  ersten  buche  der  noch  unausgemachlen 
{unvollendeten)  trostgedichte. 

7)  sinnliches  ausmachen  für  heraus,  hinausbringen. 

u)  fruchte  aus  der  erde  heben,  aus  der  hülse,  schale  thun : 
rüben,  kartoffeln  ausmachen ;  bohnen,  erbsen,  nttsse  ausmachen : 

da  hagelis  wolsclie  nüsse, 

frisch  abgehülst  und  ausgemacht.    Voss  4,  198. 

perlen,  auslern  aus  der  schale  nehmen,  muscheln  ausmachen : 
indem  ganz  von  ohngefehr  drei  harken  mit  perlenaustcrn  in 
wisere  liände  fielen,  womit  wir  denen  herren  Spaniern  die 
mühe  erspareten  selbige  ausmachen  zu  lassen.  Felsenb.  1,  68 ; 
krebse  ausmachen. 

b)  fruchte  ausmachen,  säen,  pflanzen,  stecken,  in  den  boden 
bringen:  flachs,  kraut,  kartoffeln  ausmachen.  Schmeller  2,  541. 

c)  flecken  ausmachen,  im  kleide,  zeuge  tilgen :  dintenflecken 
ausmaclien,  wegschaffen. 

d)  weidmännisch,  das  wild  ausmachen,  aufspüren;  der  hund 
hat  wild  ausgemacht. 

e)  Icute  ausmachen,  bestellen,  anwerben,  ausfindig  machen: 
es  sind  die  nemlichen  kerls,  die  mir  Steffen  jüngst  ausge- 
macht, meinem  miidel  nachzusetzen.  Fr.  Müller  3,  284. 

/)  suchen  ausmachen :  der  jüger  begab  sich  weg,  um  zu 
sehen,  ob  er  nicht  ein  bequemes  quartier  für  das  ehepaar 
ausmachen  könne.  Güthe  19,  49. 

g)  inusik  ausmachen,  aufspielen :  und  so  wie  er  heran  kam, 
wurde   die   coinplctcste  janitscharenmusik  ausgemacht.   Tieck 

8,  208. 

h)  fulter  ausmachen,  herausschlagen,   s.  1,  c. 
»■)  sich  ausmachen,    aus  dem  ort,    haus  fortmachen,  enlfer- 
nen.   weisth.  3, 762. 


8)  abstract  genommen,  ausmachen,  ausfinden,  herausbringen, 
außreiben,  zu  wege  bringen:  einem  geld  ausmachen;  unsere 
herren  kritiker  werden  das  bald  ausmachen.  Gothe  an  Knebel 
369;  ich  glaubte  meinen  abend  recht  gut  zugebracht  zu  ha- 
ben, wenn  ich  mir  mit  älteren  personen  ein  spiel  ausmachen 
konnte  (vgl.  1,  e).  Güthe  19,  289.  berührt  sich  mit  3  und  5, 
da  das  herausgebrachte,  gefundne  zugleich  in  stand  gesetzt  und 
ermittelt  wird. 

AUSMACHEN,  n.  absolutio  operis:  ich  habe  einen  Ever- 
dingen  angefangen,  nach  meiner  gewöhnlichen  art,  auf  schlecht 
papier,  und  nun  dauert  mich  die  arbeit,  da  ich  ans  ausma- 
chen komme.  Göthe  an  fr.  von  Stein  2,  37 ;  daher  man  bei 
einem,  der  im  ausmachen  ist,  den  verstand  so  wenig  erwar- 
tet als  findet.  J.  Paul  Fibel  185. 

AUSMACHUNG,  f  heute  veraltet,  galt  sonst 

1)  für  spolt  und  schelte:  dasz  etliche  Christen  witzige  aus- 
machungen auf  die  Wucherer  erdacht  haben,  ein  anderer  sagt, 
er  seie  ein  armer  teufel,  der  ander,  ein  Wucherer  seie  der 
gröszte  brecher  des  sabbats.  Schuppius  721. 

2)  für  aufschlag  und  besalz:  lasset  selbiges  regiment  roth 
mit  blauer  ausmachung  montieren,  weslph.  Robinson  153. 

AUSMAGEHN,  emaccscere,  nnl.  uijmageren,  stärker  als  ab- 
magern :  das  thier  ist  ausgemagert,  die  haut  hängt  ihm  in  den 
knochen. 

AUSMAHLEN,  probe  molcre,  gut  ausgemahlenes  körn,  nimis 
molere,  das  getraide  ist  ausgemahlen,  auch  die  schale  mit 
eingemahlen,  molere  desinere :  der  eine  hat  ausgemahlen,  nun 
kommt  der  andere  daran. 

AUSMAHLEN,  cxpingere,  picturam  absolvere:  der  ein  malet 
ein  rosmär  hin,  und  da  sie  ausgemalt  war,  da  liesz  er  ein 
reisigen  hengst  darzu  füren,  seh.  und  ernst  cap.  174;  ein  bild  un- 
ausgemalt lassen,  ausmahlen,  coloribus  illustrare,  ausstreichen: 
bunt  ausmaiilen  ;  ein  zimmer  ausmahlen,  tineig  entlich,  abschil- 
dern, beschreiben,  depingere,  illustrare,  amplificare:  aber  diesen 
(den  Sonntag)  hat  er  sonderlich  ausgemalet  und  strenge  geboten 
zu  halten.  Luther  0,  33';  aber  das  heiszt  noch  lange  nicht 
liebe,  das  ich  einen  menschen  oder  zween  ausmale,  welche 
mir  gefallen.  6,36';  das  heiszt  ein  göttliche  liebe,  die  niemand 
ausmalet,  noch  sich  stücket  und  teilet,  sondern  frei  gehet 
über  alle,  das.;  man  fühlt  sich  berufen,  sie  (die  kurze  er- 
zählung)  ins  einzelne  auszumahlen.  Göthe  24,  222;  ein  sol- 
ches ausmahlen  biblischer  nur  im  umrisz  angegebner  Cha- 
raktere und  begebenheiten.  24,  222;  nun  suchte  ich  die  Cha- 
raktere zu  sondern  und  auszumahlen.  24,  223. 

AUSMAHLUNG,  f.  nach  meiner  empfmdung  macht  deine 
ausmahlung  keinen  andern  eindruck  als  die  originalskizze 
macht.  Göthe  an  Lavater  52. 

AUSMAH.NEN  heiszt  in  den  weisthümern,  wenn  der  richter 
die  scheffen  auffordert,  aus  dem  gericht  beiseits  zu  gehen,  sich 
zu  beraten  und  dann  zu  weisen,  z.  b.  die  scheffen.  durcli  den 
schullhciszen  ausgemant,  haben  ihren  bedacht  genommen  und 
nach  gehaltenem  bedacht  für  recht  erkant.  1,  842.  2,  23G ;  der 
scheffen  gesetzt  und  ausgemant  worden  durch  den  meier  als 
ein  richter  ...  darauf  sich  der  scheffen  bedacht  und  nachfol- 
gende artikel  vor  weistliumb  erklerl.  3,  799. 

AUSMÄHHEN,  plane  miscere,  guslare,  auskosten:  warte  nur, 
wir  habens  noch  nicht  bisz  auf  den  grund  zusammen  ausge- 
miiliret.  Filidor  Ernelinde  s.  121.  von  mähren,  meren,  einrüh- 
ren,  anrühren,  vgl.  mlid.  enblanden. 

AUSMANGELN,  lintca,  massam  probe  laevigare,  ausrollen: 
Wäsche,  teig. 

AUSMANN,  »1.  homo  exlraneus,  mhd.  fi;man,  oft  tn  den 
weisthümern,  z.  b.  3,  346.  489.  499.  615.    der  pl.  ist  ausleute. 

AUSMAItGELN,  s.  ausmergeln. 

AUSMAHKEN,  7io/j.s-,  limilibus  dislinquere,  insignire,  limi- 
tare:  die  gerechten  wirt  er  {der  antichrist)  als  kelzer  verfol- 
gen, die  sein  wirt  er  als  das  vihe  ausinarken.  welche  sich 
seins  gemcrks  widern  u.  s.  w.  Frank  c/iron.  523';  welche  zwen 
flüsz,  so  disz  land  ausmarken  {es  steht  auszmarcklen)  und 
einfassen,  cl.\.\ii  tausent  schrit  von  einander  seind.  weltb.  72'; 
Asia  wirt  an  drei  enden  mit  dem  inör  berürt  und  ausge- 
inarkt.  139'; 

golt  lasz  die  kricghcirüblo  zeit 
endlich  zu  dem  frieden  dienen, 
dnsz  die  auspcmnrktun  griinzen 
wieder  ihre  zier  ergänzen. 

Kkittel.4  poet.  smnenfr.  119, 

WO    ausmarken    nicht   aussaugen    bedeuten  kann,    sondern  U)ol 
nur  der  grenzzeichen  berauben. 


917 


AUSMaRKEX  —  AUSMERGELN 


AUSMERGELN  —  AUSMESSEN 


918 


AUSMARKEN,  exprimeie  medullam,  enervare,  ausdrücken, 
ausmergeln,  nnl.  uitmergen :  mit  solchen  abgefäumten,  ausge- 
markten, verdächtigen  vögeln.  Simpl.  I,  192 ;  market  etliche 
citronen  aus,  rühret  zucker  daran.  Hohberg  3,  24';  ausge- 
markte iausgepresle)  citronen.  3,  61*. 

AUSMÄHKER,  extraneus,  extra  tnarcam  habitans,  ausmann, 
der  mark  untheilhaßig,  oß  in  den  ueisthümern,  z.  b.  2,  233. 
3, 416  und  Frankf.  ref,  VIII,  12,  3.  es  steht  auch  ausgemärker, 
veislh.  2, 162. 163. 

AUSMARKU.NG,  f.  limitatio:  sie  haben  kein  ausmarkung 
der  land,  bawen  kein  feld.   Fban»  vellb.  92*. 

AUSMÄHSCH,  VI.  profectio:  der  ausmarsch  des  heers. 

ALSMAHSCHIERE.N,  ausrücken,  castra  morere. 

AUSM.\RTEKN,  excruciare,  abmartern,  sich  ausmartem, 
steh  abquälen :  alle  unruhen  und  furien  hatten  sich  schon  an 
mir  ausgeniartert.    Herdeb  an  C.  Flachsland  s.  101. 

AIS.MÄHZE.N,  s.  ausmerzen. 

AUSMÄSTEN,  saginare: 

und  in  (den  ochsen)  gedacht  zu  scblacbien, 
wann  er  iu  bett  wol  ausgemesl.   älbercs  88*; 
wie  komst  so  langsam  du  weinscblaucb 
mit  deinem  aiisgemestea  baucb.    H.  Sachs  U.  2,  3*; 
der  ochs  war  feist  und  ausgemestet  schön  und  glatt. 
ganskönig  U  S. 

AUSMATKAZEN,  effarcire,  auspolstern. 

AUSMATTE.N,  faligare,  noch  stärker  als  abmalten:  den 
gegentheil  der  Sachen  müde  zu  machen  und  auszumatten. 
Frankf.  ref.  I,  44,  1;  ehe  sie  {die  belagerten)  dann  gar  ausge- 
mattet und  von  slätcm  hunger  verderben  und  doch  letzlich 
vom  feind  sterben  musfen.  Kirchhof  mil.  disc.  200;  kranke, 
verzehrte  und  ausgemattete  leute.  Taberxaexomams  5.  733; 
dasz  das  reich  durch  lang^vierige  kriege  ausgeniattet  wurde. 
Micrälics  3,  397;  eben  da  die  kaiserliche  auf  die  beide  aus- 
gematlete  und  verderbete  Städte  Pjritz  und  Stargard  zugien- 
gen.  5,  371 ;  oder  man  wolt  die  unterbrachte  Teutschen  mit 
allzu  unerschwinglichen  contributionen  ausmatten.  Christoph 
A.NDBEAE  treuherzige  buszposaune.  Amsterd.  1643  L3';  man  musz 
die  unterthanen  mit  frondiensten,  stewern  und  aufladen  nicht 
ausmatten.  Leh3ia.n.n  S60 ;  sich  mit  müheseligen  gedanken  und 
banger  aasmatten.  Rolleshagex  trunderb.  reisen  25 ; 

die  (könige)  sein  beid  heDig  ausgemalt 
wegen  der  vilfeliigen  schlachi.    .\trkr  2S9'. 

AUSMAUERN,  niuro  munire:  ausgemauertes  grab,  gefach, 
ausgemauerter  keller,  graben. 

AUSMAUSEN,  penitus  suffurari  .-^  mauseten  alle  heuser  und 
gemach  aus.    Garg.  202*.  •  s.  mausen. 

AUSMAUSTERN,  icas  das  folgende,  sich  ausmaustern,  eigent- 
lich aus  der  mausze  sich  erholen,  herstellen,  ausflicken:  nach- 
dem wir  uns  nun  so  ein  bisgen  ausgemaustert  halten.  ScJiel- 
mufsky  1,  23 ;  nachdem  ich  mich  nun  innerhalb  Jahresfrist 
ein  wenig  ausgemaustert  hatte  und  die  luft  in  etwas  wie- 
derum vertragen  konnte.  2,  16.  scheint  verschieden  von  aus- 
mustern. 

AUS.MAUSZEN,  desinere  mulare  pennas :  die  Vögel  mauszen 
aus;  sich  ausmauszen,  se  reficere,  recreare.  s.  das  vorige 
«ort  und  mauszen,  ahd.  mtlida. 

AUSMEISZELN,  exsculpere,  caelare:  aufs  zierlichste  vom 
Steinmetz  und  bildbaaer  ausgemeiszelt.  GöTHE24,8i;  ein  loch 
ausmeiszeln. 

AUSMELKEN,  emuigere,  nnl.  uitmelken:  die  magd  hat  eben 
ausgemolken ;  die  kub,  geisz  ist  ganz  ausgemolken.  Simpl.  2,  2S3. 

AUS.MERGELN,  emedullare,  enervare  und  enerrari,  maee- 
rare,  das  mark  aussaugen,  ausmarken,  nnl.  uitmergeien:  sich 
mit  langem  warten  in  der  sonncnhitz  und  von  hunger  ausge- 
mergelt betten.  Frey  garteng.  IS ;  ir  sollen  den  kuromcr  von 
euch  legen,  dann  es  vergebens  ist,  sich  dermaszen  ausmorg- 
len.  Hugschapler  4S;  denn  ich  bab  mich  {im  umherlaufen) 
dermaszen  ausgemörglct,  ich  weisz  angeessen  nit  weiter  zu 
kommen.  50.  Rihel  Liv.  150 ;  die  klug  seel  musz  verdorren, 
erdursten,  erseigern,  verschmachten,  ausmergeln.  Garg.  85'; 
weil  man  in  vor  andern  ausmerglet.  Acricola  spr.  n*  75 ; 
ich  bin  auügemergeli  malt, 
mein  ganzer  leib  kein  kraft  mehr  hat. 

Atrer438'; 
wan  sie,  als  alles  übels  knecbi, 
mein  Tölklein  hinziirirbleu 
unibireibend  mCrglen  ans. 

WKCRHmti»  174  ps.  fß,  5; 
seine  unterthanen  ausmergeln.   per$.  rosenth.  l,  8;   die  hai^ 
lahrer   umbber   fahren   von   einem  herra  zum  andern,   von 


einer  statt  zur  andern,  dieselbigen  bis  aufs  hinderst  ausmer- 
geln, vegkürzer  32' ;  das  von  den  vorigen  kriegen  zerrüttete 
und  ausgemärgelte  reich,  vox  Birsex  OL.  227 ;  wie  ihr  euern 
kranken  leibern,  die  durch  viel  erstandene  Widerwärtigkeit 
ausgemärgelt,  gütlich  thun  moget.  Simplic.  1,  63;  wie  er  sol- 
ches reich  ausmergele  und  deme  die  schwingen  zu  fliegen 
wol  utid  genau  beschneide.  Schcppics  415;  in  welchen  {kir- 
chen)  die  glocken  heruntergenommen  und  den  ausländischen 
Soldaten  vom  armen  ausgemergelten  volk  anstatt  des  tributs 
gegeben  worden.  723;  sie  {die  griechische  philosophie)  ist 
fruchtbar  an  strittigkeit,  aber  am  werk  ausgemergelt.  767; 
bei  so  erschöpftem  cassa  der  ausgemergleten  gliedmaszen. 
Abele  4,  2S6;  dem  auf  reisen  oder  bei  andern  gelegenbeilen 
ausgemergelten  beutel  neuen  zuflusz  verschaffen,  ehe  eines 
mannes  2 ;  heftige  blutstürzungen,  welche  mich  dergestalt  aus- 
mergelten. Felsenb.  2,  329;  die  körper  der  altern  von  über- 
mäsziger  arbeit,  kärglicher,  ungesunder  nahrung  und  mangel 
ausruhe,  erquickung  und  vergnügen  gedrückt,  abgewelkt 
und  ausgemergelt.  Wiela.nd  8,  140;  in  einer  mit  zwei  ausge- 
mergelten dorfkleppem  bespannten  kalesche.  12,  351;  gleich 
andern  wilden  Ihieren  müssen  sie  ausgemergelt  werden  und 
den  stock  immer  über  ihrem  rücken  schweben  sehen,  um 
einen  gebieter  dulden  zu  lernen.  7,  46;  wimmernde  Säug- 
linge, welche  sich  anstrengen,  einer  hungernden  mutter  noch 
die  letzten  blutstropfen  aus  der  ausgemergelten  brüst  zu  zie- 
,hen.    7,  4S ; 

.    der  ausgemergeile  tropf 
von  einem  beiden.        4,217; 

samt  diesen  gieng  auch  Hepbästos 
hinkend,  denn  unter  ihm  schwankten  die  ausgemergelten  sehenkel. 

BÜRGER  230*; 

aus  dem  gründe  steigt  ein  alter,  ausgemergelt  wie  ein  ge- 
rippe.  Schiller  135;  ausgemergelter!  Le\z  1,177;  eine  arbeit, 
die  meinen  geist  ganz  ausgemergelt  und  mein  gemüt  ganz 
trübe  gemacht  hat.  Hajiaxx  5,  173;  schwach  ist  er,  ausge- 
mergelt, und  führt  reden.  Tieck  3,  490;  ausgemeißelte  leute. 
Arsim  2,  205;  diese  {freiwilligen  leistungen)  sind  so  grosz, 
dasz  sie  nur  von  denen  übernommen  werden  konnten,  welche 
nicht  wie  Rom  selbst  und  ein  theil  der  bundsvenvandten 
durch  den  krieg  ganz  ausgemergelt  waren.  Niebchr  3,  505; 
den  delinquenten  durch  wehmut  ausmergeln.  J.  Pacl  grönl. 
reis.  49.  man  sagt  auch,  das  land,  den  boden  ausmergeln, 
icas  mit  mergel  argilla  nicht  zusammenhängt,  t.  mark,  me- 
dulla,  ahd.  marag,  marg. 

AUSMERGELUNG,  f.  enervalio:  abnähme,  Verunstaltung 
und  ausmei^elung  der  gattung.  Wielaxd  14,  324. 

AUSMERZEN,  rcjicere,  secernere,  untaugliches  ausverfen, 
ausscheiden,  aussondern,  scheint  zumal  von  den  zur  zucht  un- 
dienlichen Schafen  {ores  rejiculae)  zu  gelten:  denn  wie  der 
sonc  gottes  am  jüngsten  tage  die  reudigen  schaf  und  bocke 
von  seinen  scheflein  ausbeben  oder  ausmerzen  wird.  Mathe- 
sics  lOS*;  geht  aber  auch  auf  leute  und  sachen,  heute  beson- 
ders auf  vorte:  ich  sähe  mich  demnach  sehr  fleiszig  nach 
einer  solchen  person  um,  welche  von  dem  jungen  und  an- 
mutigen frauenvolk  vor  mehr  als  zwanzig  jähren  ausgemer- 
zet  worden  {d.  i.  nach  einer  ältlichen  frau).  ehe  eines  man- 
nes 351;  ausbrackte  {s.  dieses)  und  ausmärzte.  Haha^x  7,93; 
es  wäre  ganz  und  gar  nicht  billig  ein  altes,  echtdeutsches, 
zweisilbiges  woii  aus  der  dichtersprache  ausmerzen  zu  wol- 
len. \Viela.>d  4,  21;  wenn  sie  den  ersten  theil  wieder  auf- 
legen wollen,  so  wünschte  ich,  dasz  die  westphalismen  aus- 
gemlrzt  werden  könnten.  Moser  verm.  sehr.  2,  156;  er  nahm 
dann  gclegenbeit  auseinander  zu  setzen,  nach  welchen  stren- 
gen regeln  sie  besonders  robeit  und  gelächter  ausmärze. 
J.  Pacl  Tit.  1,  137;  dasz  ich  jetzt  die  quintessenz  und  der 
kurze  inbegrif  aller  ausgemerzten  leser  sein  musz.  teufelspap. 
1,  XII;  manche  buchstaben,  wenn  wir  besser  schreiben  wol- 
len, sind  auszumerzen,  ein  irorf,  weder  vom  merzmonal,  noch 
minder  vom  goth.  marzjan  (m/irf.  merren)  herzuleiten;  man 
würde  sich  für  merz,  fncrx  entscheiden,  wen»  es  die  kaufleute 
vom  ausscheiden  schlechter  waare  gebrauchten,  vielleicht  aber 
berührt  es  sich  mit  murzen  schneidai  ? 

AUSMESSEN,  emetiri,  nach  dem  masz  messen,  ermessen, 
nnl.  uitmeten,  mhd.  djme;5en  pass.  K.  670,  36. 

1)  frucht  ausmessen,  weisth.  2,  163;  uszmessen  und  inne- 
men.  2,  242;  er  masz  das  getraide  auf  ein  gebreitetes  tucb 
aus ;  pfeffer,  den  man  wie  das  körn  bei  uns  ausmiszt.  Fraxs 
weltb.  207'. 

58* 


919 


AUSJIESSEN  —  AUS3IUSTERN 


AUSMUTZEN — AUSNEBELN 


920 


2)  ausmessen  mit  wage  und  gewicht,  auswägen,  auswiegen: 
geltet  ihr  meszt  den  liimmel  nicht  nach  lothen  aus?  Garg.  246". 

3)  nach  der  eile:  band  ausmessen;  lucU  ausgemessen. 

4)  nach  seil  und  ruihe:  land  ausmessen. 

5)  nach  finget  und  spanne:  mit  der  spanne  hat  ers  aus- 
gemessen. 

6)  abslraclionen : 

ilele  Wort  er  üjma;  {ausschüticle) 

ür  AmhrOsius  leben,    pass.  liöpke  252,  88; 

seit  ir  unsinnig  oder  besessen, 

das  ir  solch  geschrei  mugt  ausmessen  (ausschütten)  ? 

fasln,  sp.  539,  9  ; 
ir  lob  auf  erden  nie  ward  austjemesseii  (ermessen).    G77,  18; 
und  welcher  meint,  in  bclf  sein  list, 
gibt  im  vollaul',  wie  er  ausmiszl.    Kirchh.  uiendunm.  ISg'; 

dasz  kein  pfaffen  mehr  •würden  die  mesz  für  ander  leut  mö- 
gen ausmessen,  und  sie  selbst  in  sich  essen.  Fischaht  biencnk. 
73*;  jenen  (den  hcidebcwohner)  kann  der  Steuereinnehmer 
nicht  ausmessen.  Moser  1,  97 ;  dasz  das  feld  sentimenlalischcr 
poesie  durch  diese  eintheilung  vollständig  ausgemessen  sei. 
SciiiLLüR  1206;  so  musz  er  das  feld  der  poetischen  literatur 
noch  vollkommener  ausmessen,  als  es  der  künsller  selbst 
nütliig  hat.  Göthe  44,  285;  wenn  diese  dinge  in  gleichen  theilen 
unter  alle  bürger  ausgemessen  wären.  J.  E.  Schlegel  3,  332; 
in  Genua  darf  sich  kein  mann  bei  seiner  frau  auf  der  strasze 
Jtlicken  lassen,  man  tadelt  diesen  gebrauch  vielleicht  mit 
recht,  aber  es  ist  doch  etwas  in  dem  gefühl,  was  ihn  ent- 
schuldigt, es  gibt  doch  zu  sonderbaren  gedanken  anlasz, 
einen  mann  bei  seiner  frau  zu  sehen,  sie  werden  ausge- 
messen und  allerlei  dabei  gedacht,  was  man  nicht  denkt, 
wenn  man  jedes  allein  sieht.  Lichtenberg  2, 168.  ausmessen 
für  verderben,  zertheilen:  gehet  hin,  ir  schnelle  boten,  zum 
Volk  das  zurissen  und  geplündert,  das  hie  und  da  ausge- 
messen und  zutretten  ist,  welchem  die  wasserstrüme  sein 
land  cinnemen.   Es.  18,  2. 

AUSMESSER,  m.  mensor,  distributor: 

süsz  seind  sie  (deine  blicke)  des  trosts  ausmcsser. 
Weckueum.n  794. 

AUSMETZEN,  modio  metiri:  säen,  einernten,  ausmetzcn 
in  der  mühle.    Schweinicuen  1,  74. 

AUSMICHELN,  dcsinere  garrire:  als  die  staarmätzchen 
ausgemichelt  und  ihre  Weisheit  an  den  mann  gebracht  hat- 
ten.   Sicgfr.  von  Lindenb.  2,  316. 

AÜSMIETHEN,  lucare,  vermiethen;  auclo  jirelio  domo  expellere. 

AUSMINDERN,  nach  dem  nd.  utminnern,  an  den  mindest 
fordernden  ausbielen.  dies  worl  hat  einer,  der  wüste,  wie  kurz 
unsere  spräche  sein  dürße,    aus   Übermut  gemacht.    Klopstock. 

AUSMISTEN,  a  stercorc  purgarc,  früher  mit  dem  dutiv, 
den  rossen  ausmisten ;  man  mistet  inen  gar  nicht  aus.  Seü- 
TER  92.  einen  Augiasstall  ausmisten ;  man  wird  müde,  könnte 
man  zu  seiner  entschuldigung  sagen,  die  alten,  elenden  Über- 
setzungen auszumisten.    Lessing  8,  258. 

AUSMITLEIDEN,  desinere  misercri:  da  bat  sichs  alsdann 
ausgemitleidet.    Simplic.  1,  444. 

AUSMITTELN,  explorare,  ermitteln,  ausfindig  machen. 

AUSMONTIEREN,  inslrueie  veslibus:  ins  feld  ausmondie- 
ren.    Simpl.  2,  392. 

AUSMÜNDEN,  efflucre,  influere,  die  mündung  haben,  fallen 
in  einen  andern  ßusz:  der  Main  mündet  in  den  Rhein  aus. 
figürlich:  muste  man  bald  zum  gezwungnen  curs  seine  Zu- 
flucht nehmen  und  hiermit  war  die  bahn  beschritten,  welche 
in  den  liankerott  auszumünden  pflegt.   Dahlmann  fr.  rev.  298. 

AUSMÜNZEN,  aurum,  argentum  percutere:  es  wird  alljähr- 
lich eine  million  gold  ausgemünzt,  vermünzt,  figürlich,  sie 
wollen  ihn  für  einen  David  ausmünzen.  J.  Paul /to/zsc/m.  134 ; 
alle  wilden  Völker  scheinen  nur  unter  einem  prägstock  ge- 
wesen zu  sein,  hingegen  die  ründelmaschine  der  cullur  mün- 
zet jedes  anders  aus.  Hesp.  2,  222.  das  nnl.  uilnmnten  er- 
scheint in  der  intransitiven  bedeutuny  von  hervorstechen,  hervor- 
blicken, excellere. 

AUSMUSTERN,  seligere,  rejiccre,  nnl.  uitmonstcren,  bei 
sorgfälliger  besichtigung,  muslerung  ausschieszen : 

du  bist  nusgmuslcrt,  geh  dein  sirasz!  II.  Sachs  I,  476*; 
das  alter  mustert  manclien  aus.  Scuwahzenbero  153*; 
welcher  adel  disz  fleischs  von  golt  stinkt,  verworfen,  ausge- 
tilgt und  aus  seinem  reich  ausgemustert  ist.  Frank  aeW.  46*; 
die  sich  die  ersten  verholTen  zu  sein,  werden  ausgemustert. 
2.34;  dasz  sie  also,  was  die  commissarii  etwaii  gut  gelassen, 
ausmustern.  Kirchhof  mil.  disc.  72 ;  umstehe  aber  nicht,  dasz 


es  einem  auslender  zu  erlernung  unsrer  spräche  leichter  fal- 
len dürfte,  wenn  das  c  ausgemustert  würde.  Logau  vorrede 
zum  3  lausend;  die  philosophi,  so  die  afl'ecten  bei  den  men- 
schen wollten  ausmustern.  Lehmann  8;  da  sei  auch  erschie- 
nen der  esel  und  der  has.  die  andern  thiere  haben  diese 
•  beide  ausmustern  wollen,  als  welche  zum  krieg  nicht  ge- 
schickt sein.  ScHUPPius  107;  nun  wird  es  niemand  leugnen, 
dasz  dieselben  Wörter,  die  ihr  ausmustert,  von  jedermann 
besser  verstanden  werden.  Weise  crzn.  126 ;  über  kurz  oder 
lang  würden  sie  mich  gewis  wieder  {aus  der  gesellschaß}  aus- 
mustern, der  arme  mann  im  Tockenb.  204 ;  ich  allein  ausge- 
mustert aus  den  reihen  der  reinen.  Schiller  125 ;  die  meisten 
eingerückten  stellen,  die  sich  ausmustern  lieszen.  Herder  l, 
21.  Adelung  führt  auch  ein  ausmustern  für  ausputzen  an, 
was  zu  dem  folgenden  ausniutzen  stimmt,  s.  ausmaustern. 

AUSMUTZEN,  exornare,  ausputzen  und  ausscheltcn:  ich  wil 
aber  mir  die  zeit  einmal  nemen  und  dem  giftigen  lügeninaul 
und  leslercr  könig  Heinzen  vollend  ausantwurten,  und  in 
ausmutzen,  das  er  sagen  sol,  Luther  habe  im  geantwortet. 
Luther  2,  161';  sind  aber  etliche,  die  dergleichen  haben,  so 
mutzen  sie  einen  frembden  aus,  den  lassen  sie  alle  solche 
wahr  attfkeufen.  2,  488*;  das  ir  solche  bischove  seid,  wie 
droben  angezeiget  und  mit  der  zeit,  wo  ir  euch  nicht  bes- 
sert, anders  sol  ausgemutzt  werden.  5,  90*;  und  ein  jeder 
mutzt  sein  tochter  nach  dem  schöneslen  aus.  Fortunat,  Augsb. 
1599.  f7'.     s.  aufmutzen  und  ausputzen. 

AUSNAGEN,  erodcre,  ausholen:  die  mause  nagen  den  gan- 
zen käse  aus. 

AUSNÄHEN,  acu  pingere,  in  gold  und  seide  ausmachen, 
sticken :  sie  seind  angethon  mit  baumwollin  kleidern  fast  wol 
ausgenäet,  anstatt  des  harnasch.  Frank  «»eW.  204*;  dahat  sie' 
krenzlein  gebunden  und  ausgenehet.  Matuesius  10*;  die  alten 
pocten  oder  heidenpropheten  machen  gut  ding  von  ihren  klu- 
gen fabeln  und  diesem  alten  Mida,  der  auch  schon  sein  aus- 
geiicte  bergkap  getragen.  13* ;  ausgenähte  arbeit.  Simpl.  2,  274 ; 

aus  solchen  ihren  sobicirn  klar 

nam  Ilecuba  den  besten  gar 

mit  gold  und  Silber  ausgcneht.    Spreng  II.  124* ; 

erst  muste  er  einen  alten  ausgenähten  ledernen  beutel  auf- 
ziehen. Arnim  kronw.  1,  66 ;  das  laub  war  gleichsam  mit  ver- 
kohlten Johanniswürmchen  schwarz  ausgenäht.  J.  Paul  Kam- 
panerlh.  34;  die  bunt  ausgenähete  beschreibung  von  Viktors 
aufenthalt  in  Maienthal,  llesp.  3,  203 ;  ein  mädchen  sucht 
künden  im  ausnähen. 

AUSNAHME,  f.  exceptio :  keine  regel  ohne  ausnähme ;  alle 
ohne  ausnähme,  mit  ausnähme  von  zwein;  eine  oder  keine 
ausnähme  machen ;  mit  gewissen  ausnahmen ;  ganz  gewis  hat 
er  sich  wiederum  alle  übel  als  ausnahmen  aus  den  allge- 
meinen gcsetzen  eingebildet.  Lessing  5,  25;  wo  kaum  ihr 
neuer  tochtermann  nebst  wenigen  blutsverwandten  von  dem 
allgemeinen  urtheil  über  die  calvinistische  partei  in  die  aus- 
nähme gesetzt  worden  war.  Schiller  1074 ;  die  ausnähme  politi- 
scher Schriften  von  der  pressfreiheit  widerspricht  denen  erforder- 
nissen  einer  freien  Verfassung,    denkschr.  des  fr.  von  Stein  71. 

AUSNAHMLOS,-  adj. 

AUSNAHMLOSIGKEIT,  f  in  der  bildlichen  form  der  ge- 
setzmäszigkeit  d.  i.  der  ausnahmlosigkeit.  Fichte  naclig.  werke 
1,   250. 

AUSNAHMSFALL,  m. 

AUSNAHMSWEISE,  adv. 

AÜSNARUEN,  desipere  desinere: 
Cris|)us  meint,  wer  in  der  iugend  ausgenarri,  sei  klug  bei  jähren, 
Crisitus,  mein  ich,  sei  noch  immer  jung  an  witz  und  altaanaarcu. 

LouAU  2,  9,  94. 

AUSNASCHEN,  ligurire, 

1)  intransitiv: 

ich  wil  mein  csol  nimmer  blnicihen, 

dasz  er  ausiiasub  auf  l'rcmde  waid.    fasln,  sp.  167,  2. 

2)  transitiv: 

du  thust  all  heimlich  winkl  nusnnschn.    ktKKK  fasln,  sp.  II*; 
sie  hatten  jene  heitere  Unbefangenheit   der   kinder,    die    nur 
den  h<migliehäller  der  minule  ausnascht.  J.  Paul  Tit.  1,  17. 
AUSNEUELN,  exire  in  ncbulam,  vcrdußcn: 

ein  schmerz,  der  nebelt  aus  in  worie,  souTüor,  zehren, 
erleichtert  herz  uu<l  bnisl.    Loiirnst.  /br.  56,  139; 

der  Zeichner  ohne  innere  empfindung  wird  wol  einen  schal- 
ten, aber  nur  einen  in  Unbestimmtheit  ausnebelnden  schat- 
ten des  wahren  naturcharaklcr.s  erhallen.  Lavater /)Ays.  4,  3,  l. 


921 


AUSNECKEN  —  AUSNEHMEN 


AUSNEH»IEND  —  AUSNUTZEN 


922 


AUSNECKEN,  hidibrio  habere,   ausspoUen. 
AUSNEHMEN,  eximere,  excipere,  nnl.  uitnemcn. 

1)  eier,  junge,  vügel  ausnehmen,  ausheben;  nesler  ausneh- 
men: da  weisz  ich  ein  hctzennäst  auf  einer  eich,  das  will 
ich  morgen  ausnemmen  und  stürmen,  faceliae  Bebelii,  Tttb. 
1555/).  13';  bei  Fischart  ein  spiel  n'  3S6  vögel  ausnemmen; 
namen  spatzen  aus.  Garg.  193*;  namen  die  taubhäuser  aus. 
201';  es  hatte  aber  der  churfürst  zu  Sachsen  das  nest  nit 
leiden  wollen,  sondern  die  vügel  wollen  ausnehmen  lassen. 
Eb.  Alberüs  wider  Jörg   Wilzeln  H2'; 

so  nem  wir  im  die  Tögel  aus.    Atrer  fastn.  sp.  1'; 

der  zeucht  sich  auf  das  haus 
im  kloben  kühnlicb  an  und  iiimmt  die  elstren  aus. 
Fleming  49; 

er  hat  wollen  dolen  ausnehmen,  med.  maulaffe  927.  auch 
honig  ausnehmen,  ualdbienen  nisten  im  bäum. 

2)  kleider  im  kaufladen  ausnehmen,  auswählen:  die  erben 
werden  nit  viel  umb  das  erb  werben,  noch  schwarze  rock 
darauf  (zur  trauer)  ausnehmen.  Fischaut  yros^m.  55;  niemand 
nimbt  leidkleider  auf  ihn  aus.  Garg.  6S';  für  seinen  rock 
nam  man  aus  neuntausend  sechshundert  pack,  lis'  (vgl.  auf- 
nehmen 5);  sie  erhallen  den  auszug  für  die  ausgenommenen 
Stoffe  und  andere  waaren.  R\ben£r  3,  352;  ein  neues  kleid 
wird  ausgenommen.  4,  IST.  oß  mit  dem  nebensinn  des  erbor- 
gens,  nicht  gleich  bezahlens,  auf  credit  nehmens:  er  nimmt 
bei  den  kaufleuten  mehr  aus,  als  er  bezahlen  kann. 

3)  das  eingeweide  und  gedärm  vom  geschlachtetem  vieh  und 
zumal  vögeln  oder  fischen  ausnehmen :  das  huhn  ausnehmen ; 
die  (ische  sind  noch  nicht  ausgenommen,  ich  weisz  mit  was 
not  wir  etwann  dem  bauren  von  Kraflshofcn  haiien  geholfen, 
der  den  magen  also  verwüst  gehabt,  dasz  wir  ihn  haben 
müssen  ausnemmen.  Garg.  42'. 

4)  anderes  sinnliches  ausnehmen :  Soldaten,  rekruten  aus- 
nehmen, ausheben;  einen  schadhaften  zahn  ausnehmen,  aus- 
brechen; von  einem  goldmacher: 

bis  itasz  der  zeliend  monat  kam 

und  er  die  büclis  zum  fewr  ausiiam  (aus  dem  feucr  heraus), 
froschm.  1,  2,  17. 

abnehmen  und  ausnehmen  sind  fechterausdrücke,  ausnehmen 
bedeutet  excipere,  abwehren,  abschlagen,  parieren.  Garg.  188'; 
den  hieb  kaum  ausnehmen.    Opitz  Ary.  1,  534; 

man  kan  bald  weichen  sie,  bald  Tfir  sich  schreiten  sehen, 
bald  nehmen  die  streich  aus,  bald  lassen  sie  sie  gehen. 

Wkrdkrs  Ariost  2,  9; 
es  warte  diese  schincht  bis  uinb  die  abendstunde, 
und  dasz  doch  keiner  noch  am  andern  vortlicii  Tunde, 
und  über  das  so  hett  auch  keiner  ohne  Hecht 
dem  andern  seine  streich  ausnehmen  können  nicht.    19,  8S. 

allgemein :  das  best  vorab  oder  ausnemen,  vorausnehmen, 
weisth.  2,  263. 

5)  abstracles  ausnehmen,  excipere,  ausschlieszen :  nichts  ist 
orfer  wird  ansgenommen,  ausgeschieden:  wiewol  einem  so 
verdampten  und  in  seiner  verstockten  verkcrung  verharten, 
und  von  dem  brauch  der  christlichen  kirchen  abgesondertem 
menschen  und  offenbarem  kctzer  verhör  zu  geben  in  allen 
rechten  ausgenomen  ist.  Luther  1, 459';  die  vernünftige  na- 
tur  nimmt  sich  dadurch  von  den  übrigen  aus,  dasz  sie  ihr 
selbst  einen  zweck  setzt.  Kant  4,  63 ;  die  Verfechter  der  cvo- 
lulionstheorie,  welche  jedes  Individuum  von  der  bildenden 
kraft  der  natur  ausnehmen,  um  es  unmittelbar  aus  der  band 
des  Schöpfers  kommen  zu  lassen.   7,  303.     s.  ausgenommen. 

f.)  einen  ausnehmen,  tentare:  probieren  und  ausnehmen. 
Simpl.  2,  302 ;  lügen  ausnehmen,  prüfen.  2,  325. 

7)  sich  ausnehmen,  unter  andern  Sachen  herrorscheinen,  sich 
hervorheben,  zuletzt  blosz  sich  anlassen,  darstellen:  das  nimmt 
sich  wol  oder  übel,  schön  oder  häsziich  aus  (das  läszl  wol 
oder  übel) ;  wolklingende  töne  in  silben  und  Wörtern  müs- 
sen durch  die  ausspräche  so  gebildet  werden,  dasz  sie  sich 
vor  den  andern  ausnehmen.   Klopstock  12,  218 ; 

mit  schin.iler  gesiali,  durch  keine  klciduag  erkünstelt 
nimmt  sie  unter  den  nymphen  sich  au«.    Zachariä  2,  37  ; 

lauter  züge,  durch  welche  sich,  wie  man  weisz,  auch  die 
Athener  vor  allen  andern  griechischen  Völkern  ausnahmen. 
Wieland  2,  245 ;  wie  schön  in  dieser  spräche  das  bürgerliche 
madchen  sich  ausnimmt.   Schiller  184*; 

wie  nimmt  ein  leiilensclianiicli  stammeln 
geschrieben  sich  so  seltsam  aus.     Göthb  1,  11 ; 
und  ila»  alter  wie  die  jufrend, 
und  der  fehler  wie  die  lugend 
nimmt  sich  gut  in  liedern  aus.    1, 12; 


wappendecken,  worauf  der  weisze  adler  im  rothen  fe.lde  sich 
gar  gut  ausnahm.  24,  303 ; 

sehr  gut  nimmt  das  kütschchen  sich  aus.  40,234; 
für  das  übersendete  exemplar  zweiter  ausgäbe  danke  zum 
schönsten,  sie  nimmt  sich  recht  gut  aus.  an  Schiller  249 ; 
weil  sie  sich  freilich  auf  unsrer  bühne  nicht  ausnehmen  wür- 
den. TiECK  4,  361 ;  die  sich  höchst  trübselig  ausnehmen,  ges. 
nor.  1,  12;  scherze  gegen  längst  begrabne  thorheiten  nehmen 
sich  aus  wie  stachclschriflcn  gegen  mumien.  J.  Paul  grönl.  proc. 
6.  es  kann  aber  auch  noch  ausdrücken  eine  ausnähme  machen: 
Mercur  und  Mars  (die  planclen)  nehmen  sich  von  diesem  ge- 
setze  aus.  Kant  S,  262,  sondern  sich  davon,  und  so  steht  mhd. 
üjnemen  im  pass.  bei  Köpke  210,  65. 

AUSNEHMEND,  eximius:  die  ausnehmende  klugheit  der 
schönen  Rleonissa.  Wieland  3,  96;  im  ausnehmenden  ver- 
stände, sensu  eminenti.  Kant  2,  179;  ausnehmende  fehler. 
8,  155;  überhaupt  ist  dies  ganze  stück  im  zweiten  bände  so 
ausnehmend,  wie  das  20te  im  ersten.  Herder  2,  268 ;  und  so 
könnte  das  werk  vielleicht  ausnehmend  und  classisch  werden. 
TiECR  9,  236 ;  es  wird  erlaubt  sein,  den  namen  alterthum  in 
ausnehmendem  sinne  auf  die  beiden  durch  geistescultur  ver- 
feinerten Völker  einzuschränken.  Wolfs  museum  l,  19 ;  auf  die 
ausnehmendste  weise.  Lessing  3,  276;  freuden  von  ausneh- 
mendem geschmack.  J.  Paul  Tit.  1,  26. 

AUSNEHMEND,  eximie:  nun  will  ich  dicJi  auch  ausneh- 
mend lieb  haben.  4,  146. 

AUSNEHMUNG,  /".  deleclus :  kein  sonderlich  vergnügen  ist 
bei  der  ausnehmung  (der  rekruten),  da  die  krüppels  gerne 
dienten  und  die  schönen  leute  meist  ehehaften  haben  wollen. 
GöTHE  an  fr.  von  Stein  1,  218. 

AUSNEIGE.N,  lagcnam  exsiccare,  bis  auf  die  neige  aus- 
trinken : 

ein  mensch,  dem  Juj)iter  nur  einmal  hat  gegeben 
zu  trinken  guten  wem,  der  bleibt  bei  seinem  leben 
wol  allzeit  auch  dabei,    wann  einer  aber  schon 
zum  wasser  ist  verdampt,  kompt  ewie  nicht  darvon„ 
wie  sehr  er  schart  und  kratzt,    drumb  wacker  ausgeneiget, 
weil  sonderlich  hierauf  der  winier  selber  zeiget  I 
Opitz  2,  72. 
AUSNENNEN,  lotum  nomen  indicare: 

nein,  der  seraph  nennt  dich  nicht  aus. 

Klopstock  Hess.  8,  193 ; 

welche  namen  nennen  dich  aus,  du,  der  für  sie  blutet! 

8,  463 : 
du  der  geliebten  geliebtesler !  du,  dich  nennet  kein  nam  aus. 

8,604; 
sang  ich  den  sichtbaren  eott  im  heiligthurae  der  Schöpfung, 
sein,  den  der  seligste  nicht  ausnennet,  vielnamiges  abbild. 
Voss  3,  102. 

AÜSNEHGELN,  exiorquere:  und,  was  noch  schrecklicher 
ist  als  ein  hitziges  lieber,  einfalt  und  hcuchelei  müssen  das 
bette  des  sterbenden  nicht  belagern,  und  ihm  so  lange  zu- 
setzen, bis  sie  ihm  ein  paar  zweideutige  wortc  ausgenergelf, 
mit  welchen  der  arme  kranke  sich  blosz  die  erlaubnis  er- 
kaufen wollte,  ruhig  sterben  zu  können.  Lessi.tc  8,  336.  s. 
nergeln,  nörgeln. 

AUSNESTELN,  filmlam  solvere,  dissolrere. 

AUSNIPPEN,  ebibere  degustando :  wann  sie  nun  ihr  gläslein 
oder  halbes  ausgcnipt  und  darbei  der  frau  sechswöchnerin 
und  des  lieben  kindcs  gesundhcit  getrunken  hat.  hebamme  687 ; 

statt  die  tausend  (blumcnkelche)  auszunippen, 

die  euch  Florcns  uiilde  beut, 

saugt  aus  Amaryllis  lippen 

aller  lausend  sciszigkeit.    Uürgbr  83*. 

AUSNÜTHEN,  extorquere,  expellere,  abnüthigen:  aus  wel- 
cher ursach  disz  ganz  gcwechs  im  menschlichen  leib  ein  art 
und  cigenschaft  hat,  zu  wcrinen,  zu  zcrlheilen  und  auszunö- 
len  oder  zu  treiben.    Tiiurneisser  infl.  Wirkungen  20. 

AUSNÖTHIGE.N,  dasselbe:  es  ist  auch  eitel  ausgenötigte 
heuchlerei,  was  sie  (der  gemeine  mann  in  Deutschland)  iuen 
(den  Pfaffen)  thun  oder  ehr  enlbiclen.  Frank  weltb.  44';  bis 
dasz  sie  (die  erde)  mit  gewalt  ausnöligt  vil  wassers.  Garg.  284*. 

AUSNÖTUiNG,  f.  expressio:  durch  pressunge  oder  sunst 
ausnöllunge  danon  getruckt.   Thurneisser  inft.  wirk.  109. 

AUSNÜCHTERN,  crapulam  sohere,  nüchtern  werden :  er  sof 
also,  dasz  er  niemals  ausnüchterte.  Abele  4, 1 ;  ich  habe  mich 
ein  wenig  wieder  ergangen  und  hab«  ziemlich  wieder  ausge- 
nüchtert. Sc  HOCH  stud.  leben  C5. 

AUSNUTSCHELN,  AUSNUTSCHEN,  exsugere.  Stieler  1184. 
taubenknochen,  äpfelschalen.    5.  abnutscheln. 

AUSNUTZEN,    usu  plane  consumere,    stärker  als  abnutzen: 


923 


AUSNÜTZEN —AUSPFÄNDEN 


AUSPFARREN — AUSPOCHEN 


924 


ein  erdrich  ausnutzen,  ausmärglen,  ersaugen.  Maaler  44*; 
neue  ersparungen  des  kleinsten  aufwands  ihrer  ausgenutzten 
kräfte.  Wieland  7,  C9;  der  tliürgrif  hat  sich  ausgenutzt,  ge- 
wöhnlicher mit  Umlaut, 

AUSNÜTZEN :  welche  all  zuletzt,  wann  er  sie  zu  seim  ver- 
ordneten werk,  darzu  er  si  erweckt  hat,  ausgenützet,  so  lie- 
derlich seind  umbkummen.  Frank  chron.  a  5* ;  bis  das  es  zum 
teufel  und  ausgenützt  ist.  Wernstreit  An'e^Äfc.  des  fr.  25;  bis 
er  sie  zu  seinem  dienst  ausnützt.  83;  musz  die  ausgenützt 
rut  zuletzt  in  ofen.  164 ;  ihr  erster  grundsatz  schien  zu  sein, 
den  gegenwärtigen  augenblick  zum  vortheil  ihrer  ausschwei- 
fenden lüste  auszunützen.    Wieland  6,  48; 

ein  maniel,  so  entfasert,  abgefärbt 

und  ausgenützt  (frühere  ausg.  abgenützt).    9,  3. 

AUSÖDEN,  vaslare,  veröden:  das  land  ist  ganz  ausgeödet. 
ahd.  arödan  (Graff  1, 15o).   s.  ausösen. 

AUSÖLEN,  oleo  perungcre:  ein  ausgeöltes  gefäsz. 

AUSOPFEHN,  sacrificium  perficere:  und  da  David  hatte 
ausgeopfert  die  brandopfer  und  dankopfer,  segenet  er  das 
Volk.    2  Sam.  6, 18. 

AUSORDNEN,  instituere,  erigere,  anordnen:  und  sollen  in 
den  dreien  häusern  daneben  pfarrer,  prediger  und  capellen, 
wie  die  ausgeordnet  worden,  wohnen.    Luthers  br.  5,  797. 

AUSÖRTERN,  exquirere,  discutere,  erörtern,  ausecken:  aber 
diesen  regen  soltu  gott  selber  ausortern.  Luther  1,  466" ;  da  {in 
den  sententiarien)  unzeliche  unnütze  fragen  sind,  welche  noch 
keine  theologi  selbst  haben  gnugsam  können  ausortern. 
6,  420* ;  das  noch  heut  niemand  die  grenz  viler  land  eigent- 
lich kan  ausortern  oder  anzeigen.  Frank  wcltb.  vorr.;  lasz 
ich  andere  ausortern.  27'';  so  den  himel  wollen  auszirkeln 
und  ausortern.  225';  ist  etwas  nit  so,  wie  du  wünschest, 
ausgeörtert  und  herfür  bracht,  chron.  a2';  auf  das  sie  all 
sach  wissen  zu  richten  und  ausortern.  lasier  e2;  schlieszen 
und  ausortern.  42,  48 ;  demnach  wil  ich  hie  in  disem  buch- 
lin  nit  sagen  und  ausortern.  Wernstreit  kriegsb.  5 ; 
gotloser  bo^hait  sich  ausörtre.    Melissus^s.  C2'. 

erlischt  später  und  wird  heule  durch  erörtern  vertreten;  bei 
Maaler  44'  ist  ausortern  metari,  angeben  als  ein  bauw.  wur- 
zcl  ort  acies,  angulus,  initium,  ags.  ord,  alln.  oddr,  folglich 
goth.  uzds,  wie  tirolisch  uscht,  oscht. 

AUSÖSEN,  evastare,  ausöden:  si  raubten,  wo  sie  nur  et- 
was funden,  also  dasz  sie  die  dörfer  ganz  und  gar  ausöseten 
und  verwüsteten.  Rihel  Livius  691.    ahd.  osan,  farosan. 

AUSPACfITEN,  elocare,  verpachten:  das  bücherschreiben 
ward  von  Verlegern  ausgepachtet.   Herder  1,  105. 

AUSPACKEN,  eximere,  depromere,  nnl.  uitpakken :  waaren, 
bücher,  gläser  auspacken;  die  kiste,  den  koffer,  ballen  aus- 
packen; als  er  erschrocken  von  dem  wortc  hinüber  sprang 
in  sein  haus  und  die  Hiobspost  auspackte.  J.  Paul  Hesp.  2, 
63;  der  fürst,  an  dessen  hof  jedes  jähr  ein  ähnlicher  Tiroler 
seine  kurzen  waaren  und  seine  kurzen  reden  auspackle,  kö- 
rnet 3,  202 ;  vorwürfe,  vorschlage,  einfülle  auspacken. 

AUSPAPPEN,  intus  glutinare,  inwendig  verpappen. 

AUSPARIEREN,  iclum  avertere,  s.  ausnehmen,  abschlagen, 
ausweichen. 

AUSPASSEN,  emeliri,  ausmessen:  der  saame  (des  korns) 
soll,  wie  der  waitz,  zeitlich  ausgepasst,  dünn  aufgeschüttet 
werden.    Hohberg  2,  36". 

AUSPATSCHEN,  egredi  ex  aqua  strependo,  herauspatschen, 
ßusbaden. 

AUSPAÜKEN,  tympano  indicare,  durch  paukenschlag  vei-kün- 
den.    auch  auspauken,  ausklopfen,  ausprügeln,  vgl.  arschpaukcr. 

AUSPAUSCHEN,  excuterc,  bergmännisch  von  schlacken  und 
erz :  was  gar  taub  ist,  oder  was  gar  ausgepauscht  und  auf 
den  tod  gcarbeit  ist,  das  stürze  man  immer  in  den  weg. 
Mathesius  69';  wie  ein  Schmelzer  die  tauben  und  ausge- 
pauschtcn  schlacken  weg  stürzt  oder  in  weg  laufen  liiszt.  107'. 
gehört  zum  goth.  bautan,  ahd.  pöjan  tundcre,  s.  bauschen. 

AUSPEITSCHEN,  virgis  caederc,  caedendo  expellerc:  einen 
dieb  auspeitschen ;  und  war  in  tausend  heimlichen  ängstcn, 
die  cdelfraii  durfte  mich  in  crüfnung  des  bctrugs  zum  schlosz 
auspeitschen  lassen.  Jucundiss.  178.  ausgepeitscht,  todt  ge- 
peitscht auch  wie  abgedrosclicn,  prrlritus,  decantalus :  ist  die 
fahel  ausgepeitscht,  weil  selbige  bei  gescheuten  Protestanten 
Selbsten  keinen  glauben  mehr  findet,    irrgartcn  113. 

AUSPFÄHLEN,  palare:  ein  fcld,  einen  ackcr  auspfiihlcn. 

AUSPFÄNDEN,  debilorem  pignoribus  coercere. 


AUSPFARREN,  aus  der  pfarre,  kirchengemeinde  ausscheiden. 

AUSPFEIFEN,  exsibilare,  explodere:  wie  Gurgelstrotza  den 
könig  Picrochol  nach  erlegung  seins  volks  aus  dem  land  püf. 
Garg.  264'; 

er  schreibt,  man  pfeift  ihn  aus.  Hagedorn; 
ein  liluger  Stieglitz  pflf  sie  aus.  Lichtwer  3,  23; 
meine  elegieen  sind  in  ganz  Deutschland  als  erbärmlich  aus- 
gepfiBen  worden.  Fr.  Müller  2,  42 ;  der  hochmütige  glaubt 
geehrt  zu  sein,  indem  er  ausgepfiffen  wird.  Kant  10,  iv;  pfif- 
fen leute,  wie  Vult  und  der  wirt,  seine  probe  aus.  J.  Paul 
ßegelj.  1,  88 ;  solange  einen  schlechten  autor  auspfeifen,  als 
er  dazu  die  pfeife  mit  dem  guten  in  der  band  hat.  lit.  nachl. 
4,  215;  schlechte  Schauspieler  oder  redner  werden  aiisgepfif- 
fen,  ausgezischt,  vgl.  avQirreiv.  Da  das  mlat.  pipa,  franz. 
pipe  zugleich  ein  weingemäsz  ist,  so  hiesz  auspfeifen  zugleich 
ein  solches  masz  austrinken,  und  Fischart  läszt  einen  zecher 
dem  andern  zurufen:  ich  sing  dir  eins,  bis  dis  dännlein  {tän- 
nenbecher)  auspfeifst.  Garg.  98'.  endlich  bedeutet  auspfeifen 
auch  intransitiv,  wie  ausfiedeln,  zu  pfeifen  aufhören. 

AUSPFERCHEN,  ßmum  ejicere.    Stieler  1442. 

AUSPFLANZEN,  explantare,  pflanzen  aussetzen,  an  andere 
stelle  pflanzen. 

AUSPFLASTERN,  lapide  constemere:  den  hof,  den  weg 
auspflastern. 

AUSPFLÖCKEN,  paxillos  figere. 

AUSPFLÜCKEN,  evellere,  7inl.  uitplukken:  blumen  aus- 
pflücken; ganze  beete  auspflücken. 

AUSPFLÜGEN,  exarare,  ausackern,  nnl.  uitploegen. 

AUSPFÜTZEN,  exhaurire,  auspumpen,  bergmännisch,  die  ta- 
gewasser  ausschöpfen,    s.  pfützen. 

AUSPICHEN,  pice  inducere:  fässer,  rinnen  auspichen;  ein 
ausgepichter  magen,  der  das  schwerste  verträgt;  ich  hab  ein 
paar  nichten  und  einen  gevatter  Schenkwirt,  wenn  sie  {die 
spanischen  Soldaten)  von  denen  gekostet  haben  und  w-erden 
dann  nicht  zahm,  so  sind  sie  ausgepichte  wölfe.  Göthe  8,  247. 

AUSPICKEN,  roslro  extundere,  nnl.  uitpikken:  körner  aus- 
picken; die  henne  pickt  ihre  jungen  aus;  von  den  raben  die 
äugen  ausbicken  lassen,    gespenst  335.    s.  aushacken. 

AUSPINSELN,  penicillo  finire,  in  übelm  sinn  male  pingere, 
schlecht  ausmahlen. 

AUSPISSEN,  mingere,  nnl.  uitpissen,  ausharnen;  das  feuer 
auspissen,  ignem  exstinguere  miclu. 

AUSPLAPPERN,  effulire,  ausplaudern,  ausschwätzen :  hastu 
dann  schier  nicht  einmal  ausgeplappert?  siehe  da,  bald  wol- 
len wir  dir  das  plappern  verbieten.  H.  Jul.  von  Br.  Sus.  3,  4. 

AUSPLÄRREN,  clamando,  rudcndo  divulgare: 

so  dringen  wir  auf  recht  und  mögen  selber  klagen, 
was  disz  geblüt  ausplärrt.    Gryphiüs  1,  574, 

was  diese  verwandten  davon  ausschreien. 

AUSPLÄTTEN,  laevigando  tollere:  falten  ausplätten. 

AUSPLATZEN,  rumpi,  dissilire:  ausgeplatztes  knopfloch,  am 
ermel  ausgeplatzt;  er  platzte  aus  mit  dem  geheimnisse,  konnte 
es  nicht  länger  verhallen;  platzte  aus  in  lautes  gelächter.  berg- 
männisch,   auf  dem  festen  gestein  platzen  die  bergeisen  aus.- 

AUSPLAUDERN,  deblalcrare,  effulire,  ausschwätzen :  er  plau- 
dert aus,  plaudert  alles  aus ;  wenns  nur  nicht  heiszt,  Lorenz 
hats  ausgeplaudert.  Schlampampe  s.  102;  personen,  die  auf 
den  freund  toll  werden,  wenn  er  ausplaudert.  J.  Paul  Hesp. 
1,  105;  sich  recht  ausplaudern,  satt  plaudern. 

AUSPLUMPEN,  was  auspumpen.    Lohenst.  Arm.  1,  589. 

AUSPLÜNDERN,  expilare,  despoliare,  nnl.  uitplunderen: 
der  feind  plünderte  das  ganze  land,  alle  kirchen  aus;  einen 
Schriftsteller  ausplündern. 

AUSPLÜSCHEN,  franz.  pelucher: 

und  um  seine  schultern  spielet 
ausgcpjüsclit  ein  hermeliu.    Herder  5,  93. 

AUSPOCHEN,    exculere,  explodere,  pulsare,    nnl.  uitpokcn, 

1)  weidmännisch,  einen  marder  auspochen,  durch  klopfen  und 
schlagen  aus  dem  holen  bäum  treiben,  in  dem  er  versteckt  liegt. 

2)  bergmännisch,  auspochen,  durch  klopfen  das  zeichen  zur 
ausfahrt  geben,  was  heiszt:  du  wirst  mit  uns  bald  ausgepocht 
haben.  Luther  6,  226'? 

3)  bei  den  landskncchten  verbindet  sich  pochen  und  plün- 
dern: die  Engclburg  bochten  sie  aus  und  blündcrten  alles, 
so  sie  funden.  Frank  chron.  30«';  liesz  alle  sündische  guter 
auspochen  und  plündern.  Micralius  3,  491.  auspochca  also 
aus  dem  versteck  klopfen. 

4)  Pelzwerk  ausklopfen,  reinigen. 


925 


AUSPÖCKELN— AUSPRESSEN 


AÜSPRESSER — AUSPUTZEN 


926 


5)  heule  einen  Schauspieler  auspoclien,  ihm  durch  pochen, 
klopfen  misfallen  zu  erkennen  geben. 

AUSPÖCKELN,  exsiccare,  ausdörren:  heringe  auspückeln; 
ich  halte  auch  nicht,  dasz  ich  dazumal  auf  meinem  ganzen 
leibe  ein  pfund  fleisch  hätte  zusammenbracht,  so  sehr  war 
ich  ausgepöckelt.  Weise  erzn.  70. 

AUSPOLIEltEN ,  ejcpolire,  ausglälten,  sowol  fertig  glällen, 
als  durcli  die  glaUung  uegnehmen:  flecken  auspolieren;  wer 
dergleichen  aus  seiner  religion  auspolieret,  hätte  eben  so  gut 
gar  keine.  Lessing  10, 14. 

AUSPOLIEKU.NG,  /.  was  endlich  die  auspolierung  des  yer- 
standes  belrift,  so  wäre  zu  besorgen,  dasz  dieselbe  gänzlich 
unterbliebe.  J.  E.  Schlegel  3,  279. 

AUSPOLSTERN,  e/farcire,  ausstopfen:  ein  bett,  einen  stul 
auspolstern ;  jene  wolthätige  trägheitskraft,  womit  die  schlech- 
testen wesen  ausgepolstert  sind.  J.  Paul  teuf.  pap.  1,  SS ;  dasz 
es  ^uletzt  wol  gar  an  haaren  fehlen  dürfte,  womit  man  die 
köpfe  der  schönen  auspolstert.  /t(.  nachl.  4, 153. 

AUSPOLTERN,  desinere  tumulluari. 

AUSPOLZEN,  exsilire,  ebullirc,  wie  ein  poIz  oder  bolz  her- 
ausspringen: wenn  di  grat  auspolzen  (die  gräten  der  sieden- 
den fische  ausspringen),  so  haben  sie  sein  (des  feuers)  genug, 
darf  nicht  mehr  feuer  zugelegt  uerden.  küchenmeisterei  a  3. 
schon  ahd.  üjarpulzan  ebullire  (Graff  3,  115),  *  mhd.  so  dir 
ietze  also  zorn  sl,  da;  dir  da;  herze  her  ü;  wolle  pulzen  vor 
ungestüemekeit.  Berthold  78;  wiltu  einen  slahen  oder  wun- 
den vor  zorne,  da;  dir  rehle  da;  herze  bulzen  her  üj  welle. 
123.    ö;bulz  ebullitio.    vgl.  bolz. 

AUSPOSAUNEN,  buccina  indicare,  nnl.  uitbazuinen: 

Terkleioern  das  rerdieost  und  stümper  ausposaunen. 

Gotter  1,  305; 
wenns  dem  denn  hyperbolisch  dünkt, 
posaunt  ers  hyperbolisch  weiter  aus.    Götue  14,  37; 
hab  aber  auch  die  kunst  Tersianden, 
auszuposaunen  in  allen  landen, 
ohne  just  die  backen  aufzupausen, 
wie  ich  thät  meinen  Telemach  lausen.    57,  25S. 

AUSPRÄGEN,  signare,  accurate  exprimere:  das  gold,  silber 
ausprägen,  münzen,  thaler,  geld  ausprägen,    figürlich: 

ich  lasse  gern  die  tboren  gelten, 

wofür  das  glück  sie  ausgeprägt.    Göki;<gk  1,  14; 

hör  auch  meine  wünsche,  mit  dem  Stempel 

lanpgeprüfier  freundschaft  ausgeprägt!    Götter  3,  Lxvt; 

wollte  man  euer  gescbwätz  ausprägen  zur  sappbischen  ode. 

Plate!»  13ö; 
aus  männermut  mit  Weiberlreu  verschmolzen 
im  reinsten  gold,  das  keinen  fleck  verträgt, 
liat  uns  die  zeit  zu  diesen  stolzen 
Schaumünzen  ausgeprägt.    Tbüimel; 

da  die  natur  kein  volk  mit  einem  münzslempel  und  einer 
band  allein  ausprägt,  sondern  mit  lausenden  auf  einmal. 
J.  Paul  Hesp.  2,  222;  grundsätze,  die  er  nie  in  Ihaten  aus- 
prägte. TU.  2,  204 ;  der  stolz  prägt  sich  in  seinen  mienen  aus. 
AUSPRASSELN,  ederc  cum  fragore: 

dasz  sie  [die  uolken)  über  uns  toII  angst  und  ^aus 
zerspringend  prasseln  (es  steht  hrasshien)  häulig  aus 
rauch,  glut,  plitz,  bilz  und  fewerllammen. 

Weckuerli.n  12S. 

AUSPREDIGEN,  perorare,  finem  facere  concionandi :  ah  gott, 
gotl  meines  heils,  erlöse  mich  von  den  geblüten,  und  lasz 
mit  freuden  auspredigen  mein  zunge  dein  gerechtigkeit.  Lu- 
ther 1,  30';  dieses  lob  und  ehre  sol  auspredigen  dir  meine 
zunge.  3,  15 ;  wann  habt  ir  einmal  ausgeprediget  ?  Garg.  252'. 
einem  etwas  auspredigen,  durch  die  predigt  abgewöhnen :  meine 
bauren  läuten  auch  zu  zeiten  etwas  mit  der  grobem  glocken, 
doch  thue  ich  ihnen  so  viel  einhält  als  möglich,  hat  doch 
der  selige  herr  Rist,  als  ein  geistlicher,  es  seinen  bauren  nit 
ganz  auspredigen  können,  ped-  schulfuchs  258. 

AUSPREISEN,  plene  laudare,  rollpreisen,  autloben:  golt 
kann  keine  menschliche  zunge  auspreisen. 

AUSPRESSEN,  exprimere,  ausdrücken,  nnl.  uitpersen:  einer 
citrone  den  saft  auspressen,  die  citrone  auspressen ;  öl,  wein 
auspressen,  den  samen,  die  trauben  auspressen ;  den  äugen 
thränen,  der  brüst  seufzer  auspressen ;  die  angst  preste  sei- 
ner stirne  schweisz  aus,  der  knebel  seinen  fingern  blut.  einem 
ein  gebeimnis,  ein  gelübde,   eine  Verwünschung  auspressen: 

beider  namen  weist  ich, 
doch  keine  raarter  prest  sie  von  mir  aus.   Schillir  59S. 

ein   land,   die  armen   einwohner  hart   auspressen;    sich   vor 
einem   ausgepresten   fluch   hüten,   medic.  maulaffe  775.     geld 


von  den  leuten  auspressen;  die  abhängigen  Satrapen  auspres- 
sen. Wieland  8,  316;  aus  einem  erfahrungssatze  nothwendig- 
keit  (ex  pumice  aquam)  auspressen  wollen,  ist  gerader  Wider- 
spruch. Kam  4, 107. 

AUSPRESSER,  m.  torcularius. 
AUSPRESSUNG,  f.  expressio,  stärker  als  ausdradc: 
schweig,  ausdruck!  dummes  zeug,  es  dürfte  wol 
bei  dir'auspressung  sich  betiteln  können.    Tieck  3,  273. 

AUSPROBEN,  passim  tentare,  versuchen :  den  wein  ausproben. 
AUSPRÜFEN ,    pertentare,  durchprüfen :    ausgeprüfter  wein ; 
ausgeprüfte  treue; 

Jemina,  Fliobs  des  ausgeprüflen 
und  des  wiedergesegneteu  tochter.    Klopstock  Hess.  15,  710. 

AUSPRÜGELN,  deverberare:  nach  verdienst  ausprügeln; 

der  Spieler  will  sein  geld,  sonst  prügelt  er  mich  aus. 
Götue  7,61. 

AUSPÜFFEN,  pugno  tundere,  deverberare,  auch  effareire, 
auspolstern,    s.  aufpuETen  und  ausbufTen. 

AUSPUMPEN,  exantlare:  wasser  auspumpen  und  dann  den 
keller,  brunnen,  teich  auspumpen,    s.  ausplumpen. 

AUSPÜNCTIEREN,  punctis  dicinare:  ohne  die  cabbala  zu 
hülfe  zu  nehmen,  getraut  ich  mir  fast,  ihren  ganzen  Wort- 
wechsel von  silbe  zu  silbe  auszupunctieren.  Bürger  175'. 

ÄÜSPURGIEREN,  alvum  purgare:  eim  die  seel  auspurgie- 
ren.  Garg.  192". 

AUSPUSTEN,  ausblasen.  Göthe  41,  253. 

AÜSPÜTZ,  m.  exomalio,  expolitio:  der  ausputz  eines  kin- 
des,  einer  mauer;  zwei  diener  mit  rother  liberei,  welche 
uns  der  alte  vom  adel  zu  einem  bessern  ausputz  auf  den 
weg  gegeben  hatte,  iucund.  204;  um  ihren  guten  eigenschaf- 
ten  den  glänz  und  ausputz  zu  geben.  J.  E.  Schlegel  5,  46 ; 
mit  allem  ausputz  von  angemaszter  gründlichkeit.  Kant  l,  44 ; 
der  ausputz  der  Wissenschaft.  3,  314.  s.  abputz,  anpulz,  auf- 
putz,  putz. 

AUSPUTZEN,  eigentlich  ptUare,  amputare,  expurgare,  exor- 
nare,  ausschmücken,  die  letzte  hand  ans  werk  legen. 

1)  die  bäume,  die  hecken  ausputzen,  beschneiden,  interpurgare. 

2)  fische  ausputzen,  depurgare;  den  rost,  flecken  ausputzen, 
detergere;  die  flinte,  kanone:  liesz  die  stücke  ausbutzen. 
Plesse  3,  352. 

3)  das  licht  ausputzen,  emungere,  gewöhnlich  aber  auslö- 
schen, candelam  incaute  emungendo  exstinguere;  Flamin  habe 
dem  kammerherrn  mit  der  pistole  das  lebenslicht  ausgeputzt. 
J.  Paul  llesp.  4,  97. 

4)  mein  stall  sind  fein  ausgebutzet.  Garg.  so';  gemacher, 
die  er  mit  allerhand  schildereien  ausputzen  solle.  Weise  erzn. 
3;  ihre  tische  und  tresuren  mit  gülden  und  silbern  bechern, 
schusseln  und  kannen  ausgebutzet  und  gezieret.  Schuppius 
783;  das  ßllen  ruß  aus: 

zwar  dient  der  zäum  mich  auszuputzen, 

doch  darum  ward  er  nicht  gemacht, 

er  ist  zu  meines  reuiers  nutzen 

und  meiner  sciaverci  erdacht.    Gellert  1,  48. 

5)  das  glas,  den  becher  ausputzen  heiszt  auch  rein  austrin- 
ken, ausleeren :  er  hat  schon  einen  ausgeputzt,  genommen ; 
wer  alle  pocal  ausbutzet,  der  gehet  mit  den  Schweinen  zu 
tisch.  Lebna.nn  67.     auch  die  kisten  ausputzen,  ausleeren: 

es  ist  fein,  dasz  ein  frembdling  sich 
kan  in  ein  gutes  haus  einnisten, 
und  mit  dem  fuchsschnanz  listiglich 
ausbutzet  förliglich  (dotose)  die  kisien. 
Weckuerlim  417 ; 

nachdem  der  wirt  nun  sähe,  dasz  niemand  mehr  asz  und  die 
schusseln  ziemlich  ausgeputzt  waren.  Schelmufsky  l,  27. 

C)  häufig  von  flilterhapem  anzug  und  Staat:  so  können  sie 
doch  wol  doctoiisch  gehen  und  sich  ausbutzen  mit  dem  maul, 
mit  dem  schlecke,  mit  gewand.  Paracelsus  cAtr.  sehr.  12S* : 
zwen  junger  ritter  nit  basz  mit  cleidung,  pferdeu  und  bar- 
nasch ausgebutzet.  Aimon  D  3 ; 

waj  hat  üch  in  die  wüste  treil? 

ein  menschen  zsehn,  der  si  bckleit 

mit  zarten  kleidern  gbutzet  usz  *   trag.  Joh.  b4; 

underdes  war  er  angethan,  gestrält,  vom  schuh  bis  zum  hut 
ausgebutzt,  geräuchert  und  erlabt.  Garg.  173';  mit  seidenen 
kleidern  ausgeputzet.  pers.  baumg.  3, 18 ;  treten  die  beiden  wol 
ausgeputzt  auf.  Scboch  stud.  leben  J  5 ; 

indessen  kömpt  sein  weib, 
die  nicht  nach  bisera  reuclit,  und  ihren  schnöden  leib, 
wie  falscher  waar  gascbiebt,  vollauf  an  allen  enden 
bat  prächtig  ausgebutzt.  Opitz  1,  138 ; 


927 


AUSPUTZEN  —  AUSRAHMEN 


AUSRAMMELN — AUSRAUFEN 


928 


sie  hatte  sich  eben  an  ihrem  nacht  tische  befunden,  um  sich 
auf  die  ankunft  ihrers  bruders  auszuputzen,  der  sie  auf  eine 
unerwartete  gesellschaft  vorbereitet  hatte.  Wieland  12,  45; 
sie  putzte  mich  so  gut  aus,  als  es  in  der  eile  möglich  war, 
warf  einen  schleier  über  mich  und  sich  selbst,  und  führte 
mich  aus  dem  hause.  12,  107;  sie  traten  zusammen  herein, 
sehr  abenteuerlich  ausgeputzt.  Göthe  19,  210 ;  die  infantin  will 
eine  masquerade  angestellt  haben  und  ich  will  mich  zu  einem 
narren  ausputzen.  Klingers  tli.  4,274;  für  sich  allein  würde 
ein  verlassener  mensch  weder  seine  hütte  noch  sich  selbst 
ausputzen.  Kant  7,  156;  allsonntäglich  putzte  die  mutter  ihr 
tüchterchen  wie  eine  puppe  aus.    s.  ausmutzen. 

7)  abslract,  in  gutem  wie  übelm  sinn:  ich  will  auch  fort- 
fahren die  Wahrheit  auszuputzen.  Luthers  br.  2, 15 ;  hierdurch 
werden  unsre  gedanken  ausgeputzter.  .1.  E.  Schlegel  3,  88; 
so  könnt  ich  mir  ja  den  schein  einer  heldin  geben  und  meine 
unmacht  zu  einem  verdienst  ausputzen.  Schiller  205";  man 
hatte  gewisse  vorfalle  ausgeputzt  und  ihnen  eine  lustige  und 
interessante  gestalt  gegeben.  Göthe  18,  293 ;  past  hier  keiner 
von  den  dreitausend  namen,  mit  denen  ihr  {ärzle)  eure  Un- 
wissenheit ausputzt?  20,301. 

8)  aus  der  Vorstellung  des  fegens  leitet  sich  die  des  züch- 
tigens,  verwetsens,  scheliens:  er  hat  den  buben  tüchtig  ausge- 
putzt; doch  stellt  Keisersberc  die  person  in  den  dativ :  das 
du  in  strofest,  anschnauwest  und  im  uszbülzest.  ehr.  bilg.  141. 
s.  ausschneuzen. 

AUSPUTZEN,  n.  expurgatio,  expolitio:  da  nun  alles  haus- 
gesind  umb  frau  Anna  stehet,  und  eins  dieses,  das  andere  ein 
anders  begaffete  und  betrachtete,  und  im  ausputzen  so  ge- 
schäftig waren.  Schuppiüs  542;  wir  pachteten  hierauf  einen 
gasthof  und  hatten  viele  ausspannung,  mithin  dem  scheine 
nach  gute  nahrung.  dem  ohngeachtet  aber  waren  wir  in  einem 
halben  jähre  fertig  bis  aufs  ausputzen,  und  ich  muste  aufge- 
häufter sclmlden  wegen  Prag  verlassen.  Leipz.  avanturier  2,  53. 
AUSPUTZER,  m.  putator,  exornator,  gewöhnlich  aber  nach 
ausputzen  8  ein  derber  verweis:  Musca,  du  wirst  Ursache 
sein,  dasz  ich  wackern  ausputzer  und  vielleicht  auch  wol  gute 
trockene  stösze  von  dem  herrn  bekommen  werde.  Gryphiüs 
1, 862 ;  ich  wil  ihm  einen  statlichen  ausputzer  geben,  dasz  er 
ein  andermal  ein  wenig  besser  den  sachen  nachdenke.  1,  898 ; 
um  meinem  Schwager  einen  tüchtigen  ausputzer  zu  geben. 
Felsenburg  2,  436;  einen  wichtigen  ausputzer  zu  verdienen. 
ehe  eines  tnannes  237;  und  ich  hatte  denjenigen  guten  aus- 
putzer ganz  wol  verdienet,  den  ich  damals  cmplieng.  Lcipz. 
avant.  1,  32;  sie  aber  nur  einen  ausputzer  davon  kriegete. 
Salinde  105;  damit,  wann  das  werk  übel  ablief  und  ihnen 
{den  jungen  pharisäern)  Christus  einen  guten  ausbutzer  gebe, 
die  alten  patres  den  köpf  aus  der  schlinge  ziehen  können. 
ScHUPPius  790;  die  Schwester  mag  mir  diesen  ausputzer  nicht 
übel  nehmen.  Lessinc  12,  459  ;  die  gnädigsten  ausputzer  summ- 
ten ihm  schon  um  den  köpf.  Göthe  18,  72;  dasz  ich  dem 
Gherardo  nur  eine  ohrfeige  gegeben  hätte,  und  deshalb  kei- 
nen so  heftigen  ausputzer  verdiente  (non  mi  pareva  dovere 
di  meritare  tanta  gagliarda  riprensione).  34,46. 

AUSPUTZUNG,  f.  leibspHeg  und  wolhaltung,  ausbutzung 
und  schmuck  des  leibs.  Fischart  ehz.  21. 

AUSQUÄLEN,   excruciare:    ob  es  (das  mädchen)  sich  ver- 
zehrt und  sein  armes  junges  leben  ausqualt.  Göthe  10,  57. 
AUSQUALMEN,  evaporare,  ausdampfen. 
AUSQUAKTIEKEN,   hospitium  mutare:    der  darf  mir  nicht 
ausquartiert  werden,  bürgercapilain  1,  3. 

AUSQÜELLEN,  scaturire:  ausqueliende  brunnen;  die  aus 
den  schönen  guten  äugen  ausquellenden  thränen.  Göthe  23, 
193;  seiner  seil  jähren  zum  erstenmale  von  leidenschaft  aus- 
einander gerissenen  brüst  quoll  das  sieche  blut  aus.  J.  Paul 
Hcsp.  3,  256. 

AUSQUESTEN,  exire  foras  saepiusque.  Stieler  1490. 
AUSQUETSCHEN,  elidere,  exprimere:  ausgequetschte  citro- 
nen;  den  saft  der  beeren  ausquetschen. 

AUSKAÜIEHEN,  eradere,  auskratzen,  ausschaben. 
AUSHAFFEN,  exhaurire :  ein  prudelinus  gekocht  und  aus- 
geraft.  bienenk.  überschr.  von  1, 10. 

AUSRAGEN,  cminere,  prominerc,  vorragen:  gleich  als  wenn 
ein  strosack  vol  slro  stecket,  und  oben  und  unden  dennoch 
ausraget.  Luther  3,  46l';  ir  werden  die  füsz  ausragen.  Waldis 
4,  89 ;  ausragende  felsen. 

AUSRAHMEN,  ein  bild  aus  dem  rahmen  nehmen,  gegenüber 
dem  einrahmen. 


AUSRAMMELN,  coire  desinere,  von  schafen,  kalzen  und 
hascn.  Fischart  setzt  es  transitiv  für  aushecken:  welche  ein 
trunkener  münch  und  ungelehrter  püffel  irgends  auf  s.  Mar- 
tinsabend ausgerammelt  hat.  bienenk.  5S'.  das  ahd.  ramini- 
16n  erscheint  nur  intransitiv,  das  nnl.  uitrammelcn  hat  ganz 
andere  bedeulung. 

AUSRAMSEN,  dasselbe,  ein  ahd.  rammisön  voraussetzend: 
kumpt  die  eebrecherisch  hur  in  acht  oder  zehen  jaren  wider 
und  hat  sich  aller  buberei  wol  genietet  und  ausgerainst.  Frank 
weltb.  128'.     s.  ramsen. 

AUSRÄNÜERN,  marginare:  den  teig  ausrändern ;  ausgerän- 
derte, ausgekerbte  blätter. 

AUSRANEN,  gracilescere,  schmächtig  werden,  von  ran  ^racilis, 
schlank,  ein  gutes,  nur  noch  bei  Stieler  1505  verzeichnetes  wort. 

AUSRANGEN,  auspflocken  ?  ein  kreis  uf  den  wasen  ausrangen 
oder  mit  stro  bestreuen,  weisth.  3,  004.   vgl.  Schm.  3, 108. 

AUSRASEN,   furere  desinere,    austoben,    nnl.  uitrazen:     er 
musz  erst  ausrasen;  das  fieber  hat  noch  nicht  ausgerast; 
wann  du  dann  wol  hast  ausgerast.    Scueit  grob.  Ki; 

lasz  du 
den  krieg  ausrasen,  wie  er  angefangen.    Schiller  456; 

im  tanze  sich  ausrasen.  Göthe  26, 12 ;  führe  uns  hinunter  zu 
dem  lager  der  feinde,  dasz  wir  die  kühne  begeisterung  aus- 
rasen. Klincer  2, 157 ;  er  raste  seine  glut  aus.  3,  78 ;  als  ein 
ausgeraster.  der  arme  maiin  im  Tockenb.  237. 

AUSRASSELN,  cohibere  tumultum,  ausldrmen.  Stieler  1523. 

AUSRASTEN,  conquiescere,  ausruhen:  drei  bis  vier  tage 
allda  auszurasten.  Ettners  hebamme  297 ; 

im  schatten  da  ein  wenig  auszurasten.   Wieland; 
sie  rasten  im  hohen  berufe  nicht  aus,  bis  sie  vollbracht  was 
sie  sollen.  Fr.  Mijller  1,  38. 

AUSRAUREN,  expilarc,  despoliare,  ausplündern :  alle  augen- 
blicke  fiel  es  zweien  oder  dreien  von  diesen  potentaten  ein, 
den  vierten  mit  einander  auszurauben.  Wieland  6,  39;  der 
pöbel  raubte  die  öffentlichen  kassen  aus.  7,371;  die  kleinern 
Sultanen  raubten  die  provinzen  aus.  8, 146 ;  denen  die  ausge- 
raubte küste  keine  beute  mehr  darbot.  Schiller  1039;  die 
Thurier,  die  jetzt  aus  ihrer  ausgeraubten  und  verheerten  hei- 
mat  flüchtig  sind.  Niebuhr  3,  573. 

AUSRAURUNG, /■.  exspoliatio:  bei  der  bekannten  ausraubung 
des  mogolischcn  Schatzes  durch  Thamas  Kulikan.  Wieland  7, 207. 

AUSRAUCHEN,  weidmännisch,  fumo  expellere,  die  fuchse 
durch  rauch  aus  ihrem  bau  treiben,  sonst,  eine  pfeife  tabak 
ausrauchen,  leer  rauchen;  intransitiv,  aufhören  zu  rauchen: 
der  Vesuv  hat  ausgeraucht;    der  ofen  musz  erst  ausrauchen. 

AUSRÄUCHERN,  odoribus,  fumo  rcplere,  nnl.  uitrooken: 
ein  gemach  ausräuchern ;  ein  fasz  mit  Wacholderbeeren  aus- 
räuchern; fleisch  ausräuchern,  beräuchern,  fumo  durare,  wol 
ausgeräuchertes  fleisch. 

AUSRAUFEN,  evellcre:  äliren  ausraufen,  ausrupfen,  goth. 
raupjan  ahsa  (vgl.  unter  ausreiben);  da  ich  solchs  höret,  zu- 
reisz  ich  meine  kleider  und  meinen  rock  und  rauft  mein  heubt- 
har  und  hart  aus  und  sasz  einsam.  Esra  9,  3 ;  die  da  nesseln 
ausrauften  umb  die  püsch.  Hiob  30,  4;  ah  das  sie  müssen 
sein,  wie  das  gras  auf  den  dechern,  welches  verdorret,  ehe 
man  es  ausreuft.  ps.  129,  6;  ich  wil  sie  pflanzen  und  nicht 
ausreufen.  Jer.  24,  6 ;  das  erste  thier  wie  ein  lewc,  und  hatte 
flügel  wie  ein  adeler,  ich  sähe  zu,  bis  das  im  die  flügel  aus- 
gerauft wurden.  Dan.  7,  4;  fiengcn  an  ehern  auszureufen. 
Matth.  12, 1.  Marc.  2,  23.  Luc.  6, 1 ;  auf  das  ir  niciit  zugleicii 
den  weizen  mit  ausreufet.  Matth.  13,  29 ;  lieber  schlahe  im  ein 
kliplin  dazu  und  reuf  (es  steht  reiß)  im  den  hart  aus.  Luthek 

1,  365*; 

dein  hart  will  ich  dir  ausraufen, 

sag  ich  dir  vil  allen  man.    Uuland  332. 

der  untersten  schara  den  wald  ausreufen.  Frank  spr.  20;  der 
bäum  ist  von  kainem  menschen  usz  zeraufen.  Rkuchlin  augensp. 
8';  dem  teufel  ein  hörn  ausraufen.  Garg.  17' ;  die  federn  aus- 
reufen. AcnicoLA  spr.  142';  und  der  herr  wird  ir  schönes  har 
ausreufen.  Mathesius  50' ; 

geht,  reufi  dis  unkraui  aus!    Grtphius  1,513; 

reufl  hyacintlicn  aus.    Fleiiing  159; 

inll  ausgerauftem  haar.    Gotter  1,  214; 

kommt  ein  glaube  neu, 

wird  oft  lieb  und  Iren 

wie  ein  böses  unkraui  anspcrauft.    GöriiR  1,242: 

wir  wollen  sie  nicht  ausjäten,  um  nicht  vielleicht  edle  pflan- 
zen zugleich  mit  auszuraufen.  19,  7;    wir  allen  würden  noch 


929 


AUSRÄUMEN — AUSRECKEN 


AUSREDE  — AUSREDEN 


930 


heule  die  haare  ausraufen  über  euerm  sarge.  Schiller  103'; 
die  weil  er  junge  tännchen  und  anderes  ausraufte,  der  arme 
mann  im  Tockenburg  13.  der  schwankende  umlaul  wie  in  glau- 
ben und  glauben  «.  i.  tr. 

AUSRÄUMEN,  racuare,  auferre :  da  sol  der  priester  heiszen, 
das  sie  das  haus  ausreumen.  3  Mos.  14,  36 ;  er  hat  ihm  wirk- 
lich die  zimmer  ausgeräumt  {ihn  beslohlen).  Lessi.vg  1,  551; 
raisbrüuche  ausräumen,  wegräumen,  aus  dem  weg  räumen; 
liänke,  tische,  stüle  ausräumen,  aus  einem  räum  schaffen; 
Wäsche  ausräumen,  aus  dem  kästen  und  den  kästen  ausräu- 
men; den  graben,  die  ahzucht  ausräumen;  ein  loch  ausräu- 
men, erweitern. 

AUSRAUFEN,  was  abraupen. 

AUSRAUSCHEN,  explodere  manihus,  ausspotten:  als  dasz 
man  mich  mit  schimpflichen  worten  spüttlich  ausrausche  und 
lache.  Ayfer  froc.  1,  7 ;  weil  ich  aber  diese  seine  Sophisterei 
schon  droben  gar  laut  ausgerauscht  habe,  so  darf  es  hier  kei- 
ner andren  antwort.  Job.  Schefplers  kehrwisch.  I^eisz  1664. 
s.  42 ;  bei  Stieler  1537  auch  ausreuschen  exsibilare. 

AUSRÄUSPERN,  exscreare,  lussire,  ausspeien:  zerteilet  den 
schleim  in  der  brüst  und  macht  ausreuspern.  Tablrxaesco.n- 
TANDS  927.     bei  Maaler  45*  ausrüspen,  wie  mhd.  riuspen. 

AUSRECHEN,  everrere:  das  laub  ausrechen;  den  garten 
ausrechen. 

AUSRECHNEN,  computare,  revocare  ad  calculos,  nnl.  uit- 
rekenen : 

rechoets  nicht  zu  dem  ergsien  aus.    H.  Sachs  III.  3,  79* ; 
wie  musz  ich  das  ausrechnen  schier, 
dasz  ihr  zwen  heilig  kommt  zu  mir?    Atreh /a«/n.  136'; 
was  potl  recht  rechnet  aus,  was  golt  wo!  misset  abe, 
sieht  nie  so  recht  und  wol,  dasz  tadel  nichts  dran  habe. 
1.0CAU  1,  9,  34, 
der  dem  reim  zu  liebe  auch  einmal  ausrechen  schreibt: 

man  soll  dir  die  naticität,  Tenebrio,  ausrechen, 
zu  rechnen  wer  dein  vaier  sei,  das  wil  den  koj)f  zerbrechen. 

3,  9.  S2, 
denn   ausrecken    kann   nicht  gemeint  sein,     aber  schon  Brant 
im  narrenschif  hat  ausrechen  f.  ausrechnen. 

AUSRECHNUNG,  f.  computatio,  caiculus:  ausrechnung  der 
gestimwinkel.  Fischart  bienenk.  11*;  nach  meiner  ausrechnung 
müste  er  ihnen,  wo  nicht  von  liebe,  doch  wenigstens  von  Ver- 
ehrung vorgeredet  haben.  J.  E.  Schlegel  2, 190;  ich  hätte  den 
ausrechnungen  der  kalten  Vernunft  gehör  gegeben.  Wielaxd 
27,276;  eine  genaue  ausrechnung.  Kant  8,  304. 

AUSRECKEN,  extendere,  nnl.  uitrekken,  ausstrecken,  hand, 
arm,  finger,  hals,  zunge :  recket  seine  hand  aus  und  fasset 
das  messer,  das  er  seinen  son  schlachtet.  1  Mos.  22, 10 ;  recke 
deine  hand  aus  über  die  wasser.  2  Mos.  7, 19  und  sehr  oß  in 
der  bibel;  nicht  wissen  noch  gesehen  haben  die  Züchtigung 
des  herm,  seine  mechtige  hand  und  ausgereckten  arm.  5  Mos. 
11,2;  ich  hab  meine  hende  ausgereckt  zu  dir.  Luther  1,42'; 
denn  als  ich  meine  arme  ausreckt.  Felsenb.  3,  259 ;  sie  recket 
die  hand  aus,  der  gäbe  zu  nahen.  Göthe  3,  4 ;  gewöhnlich 
kann  man  die  breite  der  gasse  mit  ausgereckten  armen  mes- 
sen. 27,  104;  tn  den  weisthümern  häufig,  mit  ausgereckten 
fingern  schwören;  mit  ausgerecktem  halse  und  aufgerichtem 
haupte  einher  treten.  Laurekrerg  acerra  247.  es  heiszt  aber 
auch  finger,  hals,  ohr  aufrecken  (w.  m.  s.).  stab  und  stecken 
ausrecken:  recke  deinen  stübe  aus,  und  schlag  in  den  staub 
auf  erden.  2  Mos.  8, 16 ;  da  recket  der  engel  des  herrn  den 
stecken  aus,  den  er  in  der  hand  hatte,  rieht.  6,  21 ;  recke  den 
Zauberstab  aus !  Zacharid  2,  85.  abstract,  wir  sagen,  das  gott 
nicht  ein  solch  ausgereckt,  lang,  breit,  dick,  hoch,  tief  wescn 
sei.  Luther  3,  461* ;  nun  will  ich  ihn  gern  nicht  auffordern, 
mir  doch  ein  ähnliches  so  ausgerecktes  gleichnis  bei  dem  Tul- 
lius  zu  zeigen.  Lessixc  6,  235 ;  hergegen  fiiilt  die  stelle  recht 
wol  aus,  wenn  die  ausgereckten,  wackelnden,  hexametrischen 
in  kürzere,  straffere,  jambische  glieder  zusammen  gezogen 
werden.  BCrcer243*;  äuszerst  fratzenhaft  erscheint  der  arme 
T.,  der,  nachdem  er  nun  zeitlebens  gesungen  und  gezwit- 
schert hat,  wie  ihm  von  der  lieben  natur  die  kehle  gebildet 
und  der  srhnabcl  gewachsen  war,  seine  individnaliläl  durch 
<lie  follcrschrauben  der  neuen  philosophischen  forderungen 
seihst  auszurecken  bemüht  ist.  Göthe  an  Schiller  347 ;  die  be- 
inühungen  seiner  collegcn,  den  Staatskörper  zu  einem  ana- 
gi-amma  auszurecken,  erhielten  von  ihm  den  verdienten  bei- 
fall  nicht.  J.  Paul  Ilesp.  2,  74.  sich  ausrecken,  erstrecken, 
ausdehnen : 

voift  felsen,  der  par  hoch  »ich  ftben  meer  ansteckt, 
bett  er  sich  nabgestürzi     Wirdkrs  j4rtM(  5,67; 


da  kann  sich  meine  seele  ausrecken.  Klisgers  th.  2,  271.  Heute 
wird  dem  ausrecken  vorgezogen  ausstrecken,  wenn  von  rächen, 
ausdehnen,  wenn  von  erweitem  die  rede  ist;  man  sagt  die 
zunge,  den  fusz  ausstrecken,  aber  das  leder  ausdehnen,  seine 
macht,  die  grenzen  des  landes  ausdehnen. 

AUSREDE,  f.  pronuntiatio,  excusatio,  praelextus,  ausspradte, 
ausflucht,  entschuldigung. 

1)  für  ausspräche:  ob  aber  die  schlesische  ausrede  der 
meisznischen  für  zuziehen,  lasse  ich  hochdeutsche  redeerfahrne 
urtheilen.  Hasmann  zur  poeterei  s.  169 ;  dasz  ich  im  schreiben 
der  frembden  Wörter  nach  der  hochteutschen  spräche  und 
ausrede  gangen.  Olearil-s  rorr.  zur  pers.  reiseb. ;  iiire  spräche 
und  ausrede  fält  auf  die  tartarische  art.  3,4;  nach  der  teut- 
schen  ausrede,  pers.  rosenth.  7,  6 ;  ihre  spräche  prächtig,  und 
ihre  ausrede  klang  in  den  obren  der  frembden  um  so  viel 
schrecklicher.  Blnaü  1,  60;  ihr  höret  und  wisset,  dasz  ich  eine 
unförmliche  und  sehr  schwere  ausrede  habe,  welcher  fehler  an 
meiner  zunge  liegt.  Felsenb.  4,  441 ;  sie  habe  eine  ausrede  wie  ein 
mann.  Hildburgh.  dicbsbande  s.  49.     in  diesem  sinne  veraltet. 

2)  das  gesprochne  wort: 

und  so  erbaulich 
predigte,  dasz  hell  tönte  die  ausred,  auch  in  die  winkel. 
Voss  1,  178. 

3)  entschuldigung,  ausflucht:  doch  musz  ich  zuvor  eine  aus- 
rede thun  auf  etliche  bezichtigung,  so  sie  auf  mich  treiben. 
Lm-HER  1,  400';  nit  ausred  hab  I  Uhland  601;  keine  ausrede 
suchen.  Wickram  rollw.  64';  solcher  faulen  ausreden  müszig 
stahn.  Garj.  ISl';  ausred  vorbringen.  Simp/.  2, 233 ;  es  ist  besser 
gar  nicht  geboren  sein,  als  dieser  missethat  zur  ausrede  dienen. 
Schiller  1S6 ;  nur  ein  fürstenthum  kann  meinem  geschmack  zur 
erträglichen  ausrede  dienen.  ISS;  er  hat  allemal  eine  ausrede; 
er  braucht  ausrede ;  nur  keine  ausrede  I 

AUSREDEN,  eloqui,  pronuntiare,  loquendi  finem  facere, 
excusare,  dissuadere. 

1)  eloqui,  aussprechen,  ausdrücken:  er  ist  so  heiser,  dasz 
er  kaum  ausreden  {ein  worl  hervor  bringen,  reden)  kann;  wer 
kan  die  thalen  des  herrn  ausreden?  ps.  106,  2;  wer  wil  sei- 
nes lebens  lenge  ausreden  ?  Es.  53,  S ;  ich  wil  euch  geben 
einen  mundj  das  i^t  ein  ausreden  und  sprechen,  und  Weis- 
heit, dem  nicht  mügen  sollen  widersprechen  alle  euer  feinde. 
LcTHER  1,466';  nu  ist  bei  allen  schrifikündigen  ungezweivelt, 
das  Gabriel  hie  rede  nicht  von  tag^vochen,  da  sieben  tag  ein 
Wochen  machen,  sondern  von  jarwochen,  da  sieben  jar  ein 
Wochen  machen,  wie  die  schrift  pflegt  auszureden.  2,  247"; 
welche  spräche  hat  die  art,  das  sie  die  stücke  das  ist  mein 
leib  u.  s.  w.  also  verstehe  oder  ausrede?  3,  78;  welchs  die 
andern  evangelisten  also  ausreden.  3,  8S* ;  Carlstad  kan  nichts 
ordentliches  fassen  oder  begreifen,  vielweniger  ausreden  oder 
schreiben.  3,89';  das  ein  Deudscher  möcht  s.  Lucas  lest  bei 
sich  also  ausreden,  dieser  becher  ist  das  newe  testament  des 
bluts  Christi  halben?  3,494';  und  würde  gott  geben,  das  es 
auch  frucht  schaö"ete,  mehr  denn  jemand  ausreden  möcht. 
6,  35' ;  welches  kein  mensch  ausreden  noch  mit  gedanken  er- 
langen kan.  6,203';  des  bapstes  büberei  kan  man  mit  Wor- 
ten nicht  ausreden.  Luthers  tischr.  241*.  242';  und  ist  nicht 
wol  mit  Worten  auszureden.  Melanchth.  im  corp.  doctr.  christ. 
165;  allerlei  latine  auszureden.  Mich.  Ne.\>der  bedenken  28; 
ein  Prediger  hoher  kunst  und  treflichs  ausredens  {Vortrags). 
Kirchhof  wendunm.  461;  weil  sie  {die  Rugianer)  rauhe,  oder 
wie  wirs  Pommern  ausreden,  rüge  lüde  an  köpf  und  bärtea 
gewesen  sein.  Micräliüs  1,  87;  es  musz  ein  mensch  ihm  erst- 
lich etwas  in  seinem  gemüte  fassen,  hernach  das,  was  er  ge- 
faszl  hat,  ausreden.  Opitz  poeterei  29;  Seneca,  als  er  das 
worl  anad'eia  wil  lateinisch  geben,  sagt  er,  so  ers  wolle 
mit  einem  worte  ausreden,  möchte  es  in  eine  vieldeutung  ge- 
zogen werden.  Hanmann  zur  poeterei  s.  127 ;  wenn  ich  in  Fer- 
sien  ein  wort  nach  unserer  pronunciation  ausreden  und  etwas 
fragen  wollen,  hat  kein  Perser  gewust,  was  ich  gewolt.  Olearius 
lorr.  zur  pers.  reiseb. ;  sie  haben  kein  r,  daher  sie  auch  Wörter, 
so  diesen  buchstaben  haben,  nicht  ausreden  können,  das.; 

welcher  der  gröszere  sei,  redet  die  parze  nur  aus. 

GörnE  1,  380; 
er  kommt  von  Rom  und  holt  mich  ab.    wir  haben 
viel  auszureden,  abzuthun.    entschlüsse 
sind  nun  zu  fassen.    9,  115; 

denn  er  redet  gar  manches  in  seiner  heftigen  art  aus, 
dns  er  doch  nicht  vollbringt.    40,  275. 

in   einzelnen    dieser  stellen  kann  auch  xu  ende  reden,    durch- 
sprechen gemeint  sein. 

59 


931 


AUSREDEN  —  AUSREICHEN 


AUSREICHEN  —  AUSREISZEN 


932 


2)  f erorare,  finem  dicendi  facere,  fertig  reden:  und  der 
herr  gieng  hin,  da  er  mit  Abraham  ausgeredt  hatte.  1  Mos. 
18,33;  und  ehe  er  ausgeredt  hatte.  24,  15;  un  1  da  der  herr 
ausgeredt  hatte  mit  Mose.  2  Mos.  31, 18 ;  nachdem  er  aber  vor 
dem  volle  ausgeredt  hatte.  Luc.  7, 1 ;  er  mocht  dise  wort  kaum 
ausgereden.  Garg.  263';  wenn  wir  unser  herz  ausgeredet  ha- 
ben. Gelleht  ;  kaum  ausgeredt.  ühland  619 ;  als  er  das  wort 
kaum  ausgeredet.  Lokmaii  (ab.  14 ;  aber  er  musz  mich  aus- 
reden lassen.  ScHiLLEn  207';  weiter!  reden  sie  aus,  eher  kom- 
men sie  nicht  von  der  stelle.  Göthe  14,  183;  hast  du  bald 
ausgeredet?  lasz  mich  nur  ausreden. 

3)  excusare,  was  gefaszl  werden  darf :  sich  oder  einen  lieraus, 
aus  der  suche  reden;  niemand  ist  damit  entschuldiget,  das  im 
seine  oberkeit  so  hart  den  kclch  verbeut,  als  solt  hie  der  gehor- 
sam und  furcht  der  strafe  uns  ausreden  mögen.  Luther  5, 
263";  doch  ist  das  urteil  noch  nicht  gangen,  das  er  noch  mag 
räum  haben  sich  auszureden.  5,  375';  ich  will  sie  nit  ausre- 
den und  entschuldigen  von  Sünden  Frank  trunkenh.  H2';  ob 
du  schon  auf  meine  wort  dich  ausreden  und  beschönen  kanst. 
KiRcniioF  wendunm.  51";  welcher,  da  er  für  den  fürsten  kam, 
wenig  bette,  darmit  er  sich  ausreden  mochte,  ward  dcrhalben 
in  gefengnis  gezogen.  450';  da  sich  der  mann  ausgeredet 
hatte,  wegkürzer  7;  das  vergnügen  zu  hören,  wie  ein  solciier 
mann  sich  ausredt.  Lessing;  es  redt  sich  immer  einer  mit 
dem  andern  aus;  so  gehts  mit  dem  ausreden!  Göthe  14,  298. 

4)  einem  ausreden,  dissuadere:  einem  den  aberglauben, 
den  hasz  ausreden,  ihii  davon  abbringen.  Stieler  1545 ;  und 
hättest  d  :  tyuscnd  zungen,  du  solltest  mir  meinen  vorsatz 
nicht  ausreden.  Göthe. 18,  5;  die  er  sich  vom  aufgeklärten 
Stadtbewohner  niemals  wird  ausreden  lassen.  Tieck  gcs.  nov. 

1,  36 ;  er  läszt  sich  nichts  ausreden,  diese  ausdrucksweise, 
welche  Adelung  nur  dem  gemeinen  leben  ztieignen  will,  scheint 
erst  im  18  jh  geläufig  zu  werden  un  I  auf  ein  vollerem  einem 
etwas  aus  dem  sinn,  aus  den  gedanken  reden  zurückführbar : 
als  sie  Eckarthen  so  bestürzt  sahen,  wollen  sie  ihm  alles  aus 
dem  sinne  reden,  unw.  doct.  652.  beides  aber  klingt  edel  und 
unanstöszig. 

AUSREDLICH,  effabilis,  unausredlichin^afci7is.  Stieler  1545. 

AUSREG.NEN,  desinerc  pluere,  nnl.  uitregenen :  es  hat  aus- 
geregnet, pluvia  cessat,  die  wölke  hat  sich  ausgeregnet,  dann 
auch  transitiv,  pluendo  cavare:  die  wege  sind  ausgeregnet; 

dann  durch  haselgebüsch  den  ausgeregneten  pfad  auf 
steigen  sie.  Voss  1,  20. 

AUSREIBEN,  exterere,  nnl.  uitwrijven, 

1)  äiiren  ausreiben,  exterere  spicas,  die  körner  aus  den  ihren 
reiben  und  essen,  goth.  raupidedun  ahsa  jah  matidedun  bnauan- 
dans  handum,  äriXXov  xpcoxovres,  Luc.  6, 1,  ags.  ear  plucce- 
don  and  mid  heora  handum  gnidon,    vgl.  Matth.  12,  l.  Marc. 

2,  23  tnd  5  Mos.  23,  25;  im  Schwabcnsp.  172  s.  168  Wack. 
unde  get  ein  man  in  einen  esch,  er  sol  der  eher  brechen 
mit  siner  hant  und  ribe  die  und  ejje  des  kornes ;  du  solt 
in  diu  kern  gän  und  solt  des  roggen  riben.  3/5.2,101';  und 
sättigte  mich  mit  ausgeriebenen  waizen.  Simplic.  1,  67. 

2)  klcidcr  ausreiben,  exterere  tnaculas,  die  flecken  aus  den 
rücken  reiben,   den  koth  ausreiben : 

lial)i  ilir  viel  kleidcr  sampt  den  weihen, 

liahn  die  magd  desi  nielif  ausziireibcn 

und  die  »chaben  dest  mehr  zu  fressen.    H.  Sachs  I,  471''.J 

3)  die  äugen  ausreiben,  sich  die  äugen  ausreiben,  den  schlaf 
ausreiben,  den  schlaf  aus  den  äugen  reiben: 

kaum  die  au^en  ausgerieben,  Kinder,  langewcilt  ihr  schon  ? 
GöiHE  41,  207. 

4)  einem  beim  had  die  haut  ausreiben,  einen  ausreiben 
{vgl.  abreiben),  defricare,  hart  ausreiben,  aspere  tractare:  so 
hett  ich  es  gut  im  sinn,  ich  wolt  ihm  das  bad  gesegnet  und 
ihne  ausgerieben  haben.  /c6en«6.  Götz  von  Berl.  103; 

si  band  einander  wüst  u.sprihcn, 

sind  doch  bi  allen  eren  bliben.    fasln,  sp.  896,  7; 

du  hast  uns  trocken  ausgcriben.  Garj.  135",  im  trocknen  prü- 
gelbad;  mich  vor  aller  weit  also  uszribcn!  mich  so  öffentlich 
mishandeln  I 

5)  die  Schuster  reiben,  mit  einem  eignen  ausreibholz,  die 
nähte  an  den  schuhen  aus,  machen  sie  (ben.  auch  fehlerhafte 
Zeichnungen  werden  ausgerieben. 

AUSREICHEN,  extendere,  atlingere,  erreichen,  hinreichen, 
nnl.  uilreiken. 

1)  ausreichen,  ausstrecken,-  darreichen:  beide  armen  aus- 
reichen, extendere.  unw.  doct.  084 ;  zum  fensler  ausreichen. 


2)  erreichen,  durch  ausstrecken:  der  apfel  hängt  zu  hoch, 
du  kannst  ihn  nicht  ausreichen ;  zu  kurzsichtig,  mein  ganzes 
auszureichen,  zu  kleingeistisch  mein  groszes  zu  begreifen. 
Schiller  102 ;  wenn  das  genie  des  acteurs  nicht  beides  aus- 
reichen kann.  699. 

3)  ausreichen,  auslangen,  auskommen,  satis  habere:  der 
Schneider  reicht  mit  dem  tuch,  der  maurer  mit  dem  kalk 
nicht  aus. 

4)  ausreichen,  satis  esse,  hinreichen:  das  tuch,  das  geld  reicht 
nicht  aus;  ausreichend,  sufficiens;  ausreichend  unterstützt; 

das  arme  thier 
schien  kaum  belebt  genug  bis  Bagdad  auszureichen. 

"WiELAND  ; 

über  das  allgemeine,  was  in  den  wanderjahren  etwa  beab- 
sichtigt, in  welchem  sinne  sie  geschrieben,  haben  sie  gar  man- 
ches gute  und  ausreichende  gesagt.  Göthe  an  Rochlilz  57. 

AUSREICHEN,  n.  extensio:  nun  merken  die  ding  wol  und 
eben,  denn  sie  haben  ein  weit  ausreichen  (weile  ausdchnung). 
Paracelsus  2, 170'. 

AUSREICHLICH,  sufßciens,  hinreichlich:  eine  ausreichliche, 
ausreichende  summe,    vgl.  reichlich. 

AUSREIFEN,  justam  capcre  malurilalem:  heuer  reifen  alle 
fruchte  herlich  aus ;  ausgereiftes  obst,  poma  matura  et  sole 
cocla;  in  deinen  erquickenden  strahlen  reift  ich  zum  men- 
schen erst  aus.  Fr.  Müller  1, 19. 

AUSREIHEN,  removere,  ausrangieren,  aus  der  reihe  stellen : 
ein  Soldat  wurde  ausgereiht. 

AUSREINIGEN,  expurgare:  obgleich  die  sündflut  alles  Un- 
kraut der  allen  weit  weggespült  halte,  so  blieb  doch  einiger 
sainen  desselben  in  der  erde  zurück  und  vermutlich  wird  sie 
nur  das  feuer  einst  ganz  und  gar  ausreinigen.  Klinger  6,  20 ; 
gewisse  Schönheiten  zu  erblicken  musz  man  das  herz  ebenso 
ausgereinigt  haben,  wie  den  köpf.  .1.  Paul  uns.  löge  xxi ;  eine 
pillula  perpelua,  die  der  patient  unaufliörlich  einnimmt  und 
die  ihn  unaufhörlich  ausreinigt.  Tit.  1,  25 ;  gescliwüre  ausrei- 
nigen. 

AUSREINIGUNG,  f.  expurgatio,  ausführung :  die  ausreini- 
giing  des  schwarzen  safls.  hebamme  817. 

AUSREISE ,  f  profeclio,  abitio,  nnl.  uitreis :  unsere  aus- 
reise aus  Muscau.  pers.  reiseb.  1,  15;  das  von  ihr  angezeigte 
datum  der  ersten  ausreise.  Lessing  9, 209.   gegcnsatz,  rückreise. 

AUSREISEN,  percgrinari,  proficisci,  abreisen,  nnl.  uilreizen 
(eigcnllich  ausreisen,  exire,  aus  der  stadt,  dem  lande;  abrei- 
sen, abire,  von  dem  ort.  s.  ausIL  1.  2):  und  reisete  aus  und 
durchwandeile  nacheinander  das  galatische  land  und  Phrygiam. 
apost.  gesch.  18,  23 ;  wolle  des  andern  tages  ausreisen.  20,  7 ; 
Zenodolus  ist  gegen  morgen  ausgereiset.  Micbälius  l,  10;  dasz 
ihm  {dem  Salomo)  allzeit  6000  reisigen  oder  einspännigen  ha- 
ben aufwarten  müssen,  welche  den  könig  begleitet,  wann  er 
hat  ausreisen  wollen.  Scuuppiüs  108 ;  hast  du  auch  des  aus- 
reisens  satt,  wolltest  jetzt  hübsch  gut  thun  und  hier  bleiben? 
Fr.  Müller  1,  318 ;  es  war  ausgemacht,  dasz  ich  über  einige 
zeit  als  geselle  auf  meine  künste  und  Wissenschaften  reisen, 
oder  wie  man  es  in  Kurland  nennet,  ausreisen  und  das  haus 
meines  valers  verlassen  sollte.  Hippel  1, 119.  das  nennt  man 
überall  so. 

AUSREISEN,  deciderc,  abreisen,  nnL  uitrijzen :  was  nu  von 
diser  regel  abweicht  und  von  diser  göttlichen  Ordnung  aus- 
reiset, das  ist  unecht.  Melanchtii.  im  rorp.  doclr.  ehr.  429 ; 
besser  ist  es  ein  wenig  zu  früh,  als  ein  wenig  zu  spat  an- 
fangen {ernten),  weil,  wann  es  üherzeiligl,  viel  ausreiset.  Hoh- 
behg  2,  51' ;  so  ist  der  sand  nach  und  nach  ausgeriescn  {aus 
dem  locherigen  geschirr  gefallen).  1,  094*.    ».  abreisen. 

AUSREISZEN,  evellere,  runipi,  discedere. 

1)  die  transilivbedcutung  vettere  ist  die  ursprüngliche:  iiaarc, 
hart,  Zähne,  äugen,  zungen,  hörner,  federn,  kräuter,  blumen, 
bäume,  wurzeln,  steine,  felscu  ausreiszen,  gewaltsamer  als 
ausziehen,  bei  haar,  hart,  feder,  pflanze  gtetchbedeutig  mit 
ausraufen,  nachdem  man  die  steine  ausgerissen  hat.  3  Mos. 
14,  43;  wiltu  den  leulcn  auch  die  äugen  ausreiszen.  4  Afo.":. 
16,  14 ;  ir  hellet  ewer  äugen  ausgerissen  und  mir  gegelien 
{goth.  augüna  izvara  usgrab.indans),  Ca/.  4, 15;  denn  dein  ole- 
bawin  wird  ausgerissen  werden.  5  Mos.  28,  40 ;  sihe,  ich  setze 
dich  heute  dieses  tages  über  Völker  und  königreiche,  das  du 
ausreiszen,  zubrechen,  zerstören  und  verderben  soll,  und  baweij 
und  pflanzen.  Jcr.  1,  lO;  sihe  ich  wil  sie  aus  irein  lande  au.s- 
reiszen.  12,14.15.17;  für  welchem  der  fordersleu  hörner  drei 
ausgerissen  wurden.  ZJiih.  7,  8; 


933 


AUSREISZEN 


AUSREISZEN — AUSBEUTEN 


934 


der  teufe!  im  die  se!  zum  leib  ausrisz.    Uhland  151 ; 
man  musz  euch  zung  zum  nack  ausreiszea.    FI.  Sachs  IV.  3,  23'; 
dasz   im   die   braut   im   schlaf  die  äugen  ausrisz.    Garg.  6l'; 
risz  den  mucken  die  füsz  aus.  129';  pfawenfedern  ausreiszen 
lassen.  Philand.  1,  ll ;  reiszt  pohl  und  acklei  aus.  Flexikc  49 ; 
wer  eeprüflen  rath  verachtet 
und  ihu  {Amors  pfeil)  auszureiszen  trachtet, 
der  zerfleischet  ganz  sein  herz.    Bchger; 

Über  jeden  (aus  der  mitte,  dem  Zusammenhang)  ausgerissenen 
punkt.  Fichte  sonnenkl.  her.  161;  im  heftigen  schmerz  sich 
die  haar  ■  ausreiszen.  einem  den  ermel  ausreiszen,  ihn  zum 
dableiben  nöthigen,  scheint  bloss  nach  dem  lat.  paenulam  ali- 
cui  scindere. 

2)  einigemal  für  entreiszen,  eripere,  aus  der  hand  reiszen: 

so  ihut  der  vater  auch, 
der  alles  bat  erzeugt,  und  reiszt  uns  dem  gebrauch 
der  scharpft'n  guter  aus,  darein  ein  men>ch  sich  stechen, 
ja  seel  und  hals  zugleich  darüber  könie  brecbea. 
Opitz  1,  M; 

Hermann  reiszt  dem  Manlius  den  bauptadler  aus.  Lobensteii« 
Amt.  1,  3. 

3)  sich  ausreiszen,  se  evellere:  saget  zu  diesem  maulbeer- 
bawm,  reisz  dich  aus  und  versetze  dich  ins  meer,  txotZcö- 
d'Tjri,  goth.  uslausei  J)uk  us  vaurtim.  Luc.  17,  6 ;  ich  wil  aus- 
gehen, ich  wil  mich  ausreiszen,  vulg.  me  eicutiam.  rieht.  16, 
20 ;  wie  der  mönch  sich  von  der  wacht  ausrisz,  die  in  ver- 
wart. Garg.  255*;  ich  will  andern  von  den  königen  zu  reden 
gern  gönnen,  und  mich  mit  dem  niderträchtigen  völklein  über- 
werfen und  ausreiszen  (je  parlerai  des  gens  de  bas  estat). 
groszm.  47;  so  hast  du  zimlich  vil  gelernct  und  wirst  dich 
in  der  weit  wol  wissen  auszureiszen  (durchzuschlagen).  Scuuf- 
pius  838. 

4)  weit  üblicher  als  diese  reflexive  form  ist  die  intransitive, 
mit  dem  sinn  von  rumpi,  diseedere,  ausbrechen,  sich  auf  die 
flucht  machen:  die  naht  reiszt  aus;  der  knöpf  reiszt  immer 
aus;  das  kleid,  der  ermel,  das  band  reiszt  aus,  bricht,  zer- 
fasert sich;  der  dämm  reiszt  aus,  das  wasser,  die  flut  reiszt 
aus,  durch  den  dämm  und  figürlich,  aber  schön:  die  geduld 
reiszt  aus,  geht  aus,  bricht,  palienüam  aliquis  rumpit,  der  ge- 
duldsfaden  reiszt  ab.  durch  sein  wort  wehret  er  dem  meer,  das  es 
nicht  ausreisze.  Sir.  43,25;  der  art  seind,  die  mitten  in  der 
passion  weit  ausreiszen  (davon  gehn).  Luther  1, 167" ;  als  er  nu 
hinein  komen,  brach  und  reisz  er  aus  zu  allen  seilen.  3,336'; 
darumb  ist  Herzheimer  zu  rathen,  dasz  er  bei  zeit  und  mit 
ehren  ausreisze.  Luther  fcr.  4,  503;  ausreiszen  und  davonflie- 
gen (vom  adler).  weidwerk  2,  9* ;  geschwindigkeit,  dardurch  er 
(der  hase)  den  hunden  ausreiszt  (entrinnt).  I,  86' ; 

wir  zwen  armen  verräther 

rissen  aus  wie  das  schären  leder  (schaßeder).    Atrer321»; 

wie  wann  die  nachtigal,  vom  keficht  ausgerissen, 

bin  in  die  lüften  kömpt.    Opitz  Zlatna  im  eingang; 

schweig,  eh  ich  ganz  beginn  in  eifer  auszureiszen.    1, 172; 

die  spräche,  für  der  vor  viel  felnd  erschrocken  sind, 

vergaszen  wir  mit  fleisz  und  schlugen  sie  in  wind. 

bis  euer  groszes  herz  ist  endlich  ausgerissen, 

und  hat  uns  klar  gemacht,  wie  schändlich  wir  verlieszen 

was  allen  dort  gebührt.    2,46; 

ein  pferd,  das  immer  zu  bei  vollem  fuilcr  stehet, 

das  nie  geritten  wird,  nie  an  den  wagen  gehet, 

wird  wilde,  beiszt  und  schlägt,  trägt  keinen  reuter  nicht. 

so  reiszt  der  mensch  auch  aus,  wann  ihn  der  haber  sticht. 

3,272; 

dergleichen  krieg  pflegt  gott  uns  menschen  gut  zu  heiszen, 

und  pfleget  selten  auch  zum  ärgsten  auszureiszen.    3,303; 

des  Ephraim  geschlecht,  im  bogenschleszen 

wol  ausgeübt,  ist  dennoch  ausgerissen 

und  von  der  »chlacbl  geharnischt  durchgegangen,   ps.  149; 

wo  ist  der  fürst»    'er  blieb  noch,  als  ich  ausgerissen.' 
Grtpbius  1,  72; 

doch  meine  jugend  liesz  gelbst  ihre  blum  nbwehen, 

als  mich  der  westenwind  der  geilheit  ühcrliel, 

bald  risz  ich  weiter  aus  und  uTberschritt  das  ziel.    1,  246  ; 

welch  geheimnis,  das  euch  durch  die  lipp  ausreiszt?    1,695; 

wann  nicht  geqiiälei  würd  der  mann  von  so  viel  plagen 

des  arirwohns,  des  Verdachts,  der  furcht,  der  angst,  der  klagen, 

der  marter  und  der  pein,  so  endlich  gar  ausreiszt 

in  ein  unsinnigkeit,  und  so  man  eifer  beiszt. 

Werders  Ariott  30,  1 ; 

wo  an*ehn  mehr  nicht  ist,  wil  auch  nicht  folge  sein, 

wo  folge  reUxet  aus,  kan  Ordnung  nicht  bestehen. 
LooAt;  2,  3,  64  ; 

wir  reiszen  aus,  verfolgt!    Gü.ithir  125; 
die  gedult  selbst,  wenn  sie  zn  oft  angegriffen  wird,  beginnet 
mit  der  zeit  empfindlich  zu  werden  und  auszureiszen.    Hahn 


4,164;  meine  geduld  wird  ausreiszen.  Lessisg  2,  482;  er  er- 
hörte mich,  antwortete  die  gemse,  da  ich  ausrisz  und  gebar. 
Herder  9, 47  ; 

nun  wollte  sie 

an  die  liebe, 

da  risz  ich  aus.    Göths  5,  217 ; 

ausreiszen  ist  das  deutsche  tcort ßr  desertieren:  drei  Soldaten 
rissen  heute  nacht  von  ihrem  posten  aus ;  einige  bemerkten, 
ich  sei  von  armer  familie,  dazu  ein  ausgeriszner  soldat.  der 
arme  mann  im  Tockenb.  204.    vgl.  austreten. 

AUSREISZEN,  n.  fuga:  wann  es  an  ein  ausreiszen  gehet. 
Rectter  27. 

AL'SREISZER,  m.  desertor,  Überläufer,  der  seine  fahne  ver- 
lassende Soldat,  auch  bergmännisch,  ein  erzlrumm,  das  sieh 
vom  hauptgange  zu  tage  wendet. 

AUSREISZIG,  seinen  posten  verlassend?  item  es  soll  auch 
keiner  nach  besetzter  wacht  ausreiszig  sein.  Fro.nsp.  kriegsb. 
1,  118'. 

AUSREITEN,  nnl.  uitrijden,  in  mehrfacher  bedeutung, 

1)  evehi  equo:  wir  sind  gestern  von  Rerlin  ausgeritten; 
dep  herr  ist  nicht  zu  hause,  er  ritt  eben  aus ; 

mhd,  sus  reit  er  üj  und  lic;  in  da.     Iw.  963; 
nhd.    mit  lust  tet  ich  ausreiten 

durch  einen  grtinen  Wald.    Uhlamd60; 

und  da  d«r  hübsche  Schreiber 

zu  der  hohen  tür  ausreit.    229; 

ich  will  zu  laad  ausreiten.    330; 

es  begab  sich  einmal  auf  ein  zeit, 

dasz  der  reich  karge  mau  ausreit, 

der  reich  man  was  geritten  aus, 

ein  heiler  kam  im  für  das  haus.    737 ; 

wenn  ir  den  firwitz  recht  betracht, 

den  dann  wir  welber  han  zu  zelten, 

ir  lieszt  uns  nit  als  viel  ausreiten. 

fastn.  sp.  388, 13; 

und  die  reitende  boten  auf  den  meulem  ritten  aas  schnell 
und  eilend.   Esth.  8, 14. 

2)  equum  vehendo  exercere:  das  pferd  soll  öfter  ausgerit- 
ten werden;  wenn  Stein  noch  zu  haus  ist,  sagen  sie  ihm, 
ich  möchte  gern  das  neue  pferdchen  stallmeisterlich  ausrei- 
ten. GüTHE  au  fr.  von  Stein  1,  98.  im  scherz,  ich  will  mei- 
nen neuen  mantel  ausreiten,  den  leuten  zeigen. 

3)  percurrere  equo: 

ein  gebäude  steht  da  von  uralten  Zeiten, 
es  ist  kein  tempel,  es  ist  kein  haus, 
ein  reiter  kann  hunden  tage  reiten, 
er  umwandert  es  nicht,  er  reitets  nicht  aus. 
Schiller  74*. 

4)  exterere  calcando  ungulis  equi:  der  haber  wird  ausg©- 
ritten,  auf  der  tenne  von  pferden  ausgetreten. 

AUSREITER,  m.  apparitor  equester,   excursor. 

AUSREITEKN,  cribro  secemere. 

AUSREIZEN,  excitare:  ob  sein  Ordnung  hiemit  gehindert, 
zertrennt,  oder  in  ander  weg  ausgereltzet  und  von  einander 
gebracht.    Fro.>sp.  1, 165' ; 

reichtumb.  gailheit,  stolz  und  pracbt 

hat  die  pfaffen  so  verbailzet, 

und  gelehrter  lasier  macht 

hat  sie  so  weit  auscreraitzet, 

dasz  verkehret  sie  jctz  seind 

goues  feind,  des  teufeis  freind.    Weckhiklin  506. 

ein  selten  gebrauchtes  wort,  mit  nicht  ganz  klarer  bedeutung. 
AUSRENKEN,  luxare: 

die  muuer  komm  und  schau  ihr  umgesprüutes  blut, 
die  ausgerenkten  arm.       Grtphiis  1,  522 ; 

dasz  sie  rücklings  vom  sessel  fiel   und   einen   schenke!    aus- 
renkte.  MosAEUs  4,  36;    sich  eine  hüfte  ausrenken.    J.  Padl 
utij.  löge  3,  29;  durch  solche  ausgerenkte  maximen,  halbver- 
standene gesetze  und  zersplitterte  lehren.  Götbe  25,  10. 
AUSRENNEN,  excurrere,    zumal  gegen  einen,    wider  etwas: 

nütd.  da;  sin  hüsfrouwe  oder  sin  friundin 
iht  sprechen,  er  si  mit  iammes  vellen 
üj  gerant  gin  riters  vellen.    flenn.  21530. 

beide  reiter  rannten  heftig  gegeneinander  aus;  er  rannte  in 
gerader  richlung  aus  wider  das  scheuerthor;  die  stelle,  von 
wo  man  ausrannte;  und  nun  liesz  man  die  einbildungskraft 
aiisrennen.  Wiela.xd  li,  357.  transitiv,  bis  wir  uns  das  ge- 
birn  an  einander  ausgerennt  haben.   Tieck  2, 139. 

AUSIHvl'FEN,  s.  ausraufen. 

AUSREUSFERN,  s.  ausrüuspem. 

AUSREUTEN,  evellere,  exstirpare,  gilt  blosz  von  gewachsen, 

59* 


935 


AUSREUTEN — AUSRICHTEN 


AUSRICHTEN 


936 


nicht  wie  ausraufen,  ausziehen  von  haaren  und  federn,  welche 
umgekehrt  nicht  den  sinn  des  ausroltens  und  vertilgens  haben : 
und  gleich  wie  ich  über  sie  gewacht  habe  auszureuten,  zu 
reiszen,  abzubrechen.  Jer.  31,  28;  ich  wil  euch  pflanzen  und 
nicht  ausreuten.  42,  10;  was  ich  gepflanzt  habe,  das  reute 
ich  aus.  47,  4 ;  ja,  ich  wil  die  menschen  ausreuten  aus  dem 
lande,  spricht  der  herr.  Zephan.  1,  3;  alle  pflanzen,  die  mein 
himmlischer  vater  nicht  pflanzet,  die  werden  ausgereut.  Malth. 
15,  13 ;  als  wer  wil  Emsern  die  gnade  geben,  dasz  er  solchen 
irrthum  und  lügen  seines  büchiin  wider  ausreute,  wie  er 
schuldig  ist?  Luther  1,  381" ;  ergernis  und  misbrcuch  auszu- 
reuten.   8,  210'; 

und  möcht  durch  anzal  böser  laut 

ir  lob  nie  werden  ausgereut.    Schwahzenb.  152'; 

der  nit  bringt  gute  frucht  uf  erden, 

der  sol  uszgrüt  und  verbrennet  werden. 

trag.  Joh.  h  5 ; 
die  natur  so  ganz  und  gar 
ausgereutet  kan  werden  nicht.    Äther  161*; 

dasz  sie  ihnen  (Jesum)  gar  ausreulen  und  an  das  creuz  schla- 
gen sollen.  Ayrer  proc.  2,  5 ;  man  wird  dem  wolf  die  art  des 
wolfes  nicht  ausreuten,  pers.  rosenth.  1,  5; 

es  ist  dein  aigen  wort,  das  discr  stolze  drach 
wil  durch  sein  gilt  und  macht  ausreuten. 
Weckherlin  188; 

gott  thut,  wie  gärtner  pflegen, 
propft,  reutet  aus,  versetzt.    Fleming; 
wir  wollen  slamm  und  zweige 
und  Wurzel  reuten  aus.    Grtphius  1, 114; 
gewolinheit  und  natur  sind  schwerlich  auszureuten. 
GÜNTHER  1011 ; 

80  bin  ich  doch  nicht  gesinnt,    alle   menschen  zugleich  und 

ohn  unterscheid  auszureuten.  Simpl.  1,  261;  das  kraut  reutet 

die  Zahnschmerzen  aus.   Hohberg  1,  566'  und  so  ößer; 

nicht  den,  der  in  der  brüst  die  tugend  ausgereutet. 
i.  E.  Schlegel  1,  351; 

die  nessel  ausreuten.  Gökingk  3,  109.;  nicht  hinlänglich  alle 
etwa  noch  übrigen  groszmütterlichen  scrupel  (vcteres  avias, 
wie  sie  Juvenal  nennt)  aus  dem  gründe  auszureuten.  Wie- 
land 15,  325;  die  wurzel  einer  alten  religion  auszureuten. 
Schiller  790; 

ausreuten  mögest  du  der  freyler  brut!    Stolberg  15,  239; 
dasz  wir  die  wurzeln 

zusamrot  dem  bäum  ausreuten.    Tieck  3,  384; 
ein  gartc^ibeet, 

dem  jede  falsche  nessel  ausgereutet.    PlatenCO; 

dieser  giftige  gedanke  zwang  alles  auszusterben  und  reutete 
zuletzt  auch  den  egoisten  selber  mit   aus.    J.  Paul  teuf.  pap. 

1,  XXI.  s.  ausrotten. 

AUSREUTUNG,  f  exstirpalio :  die  blosze  ausreutung  der 
galgen.   J.  Paul  teuf  pap.  1,  71. 

AUSRICHT,  perfunctio,  exsecutio,  Verrichtung,  ein  seltnes, 
dem  geschlecht  nach  unsicheres  wort:  hatte  ich  gaste  ...  gott 
aber  gab  gnade,  dasz  ich  guten  leuten  allemal  ausricht  thun 
mochte,  also  dasz   sie   wol    zufrieden    waren.    Schweiniciien 

2,  183.     gewöhnlicher  ausrichtung. 

AUSRICHTEN,  instruere,  apparare,  exsequi,  ahd.  mangelnd, 
mhd.  kaum  vorblickend,  im  16.  17  jh.  ungemein  häufig  und 
vieldeutig,  dem  heutigen  anrichten,  entrichten,  errichten,  ein- 
richten, verrichten,  zurichten,  berichtigen  entsprechend,  auch 
das  nnl.  uitregten  erscheint  unhdufiger,  das  schw.  uträtta,  ddn. 
udrctte,  isl.  ötretta  sind  germanismen.  die  erste  bedeutung 
war  recht,  gleich,  eben  machen,  in  die  rechte  läge  bringen, 
ins  werk  setzen. 

1)  dies  zeigt  sich  noch  am  bergmännischen  Sprachgebrauch, 
wenn  der  kübel  im  gange  stecken  bleibt,  wird  er  ausgerichtet, 
d.  h.  gerade  gerichtet,  wieder  losgemacht;  einen  gang,  neuen 
hau  ausrichten  will  sagen  zurecht  bringen,  ausfinden,  entdecken. 
die  kupferschmicde  richten  beulen  im  geschirre  aus,  machen 
sie  eben,  bringen  sie  durch  hammerschlag  weg.  weidmännisch 
isl  ausrichten  das  sichern  der  fährte  mit  dem  hund. 

2)  ausrichten  hcisxt  nun  auch  bezahlen,  entrichten,  eine 
schuld  ausgleichen,  wctl  machen,  gelten,  berichtigen  (Mai.taus 
78):  da  er  aber  d.is  geld,  das  er  dem  kiinige  versprochen 
hatte,  niciit  kernte  ausrichten.  2  Macc.  4,  27 ;  er  (der  zinskauf) 
reiszl  aber  ein  in  die  groschen  und  pfennig  und  ül)et  siiih 
hie  niden  in  gar  geringen  summen,  die  man  leichllich  mit 
geben  oder  leihen  ausrichtet  nach  Christus  gebot.  Lctiier  1, 
197*;  damit  man  kein  landstewr  dürfte  auf  den  armen  an- 
legen, sol  mans  von  diesem  Überschüsse  ausrichten.    3,  lU"'; 


zins  ausrichten  und  bezalen.  wcislh.  1,  790.  2,  170.  171.  173 ; 
haber  und  hun  ausrichten  (entrichten).  2,  191 ;  geleit  ausrich- 
ten (bezahlen).  3,  751 ;  die  kosten  ausrichten.  3,  753 ;  die  busze 
ausrichten.  3,  425 ;  den  solde  ausrichten  und  bezalen.  Chmel 
Maximilian  s.  8 ;  daz  ir  von  unsern  wegen  ausrichtet  und  be- 
zalet  benantlichen  sechzig  guldin.  s.  12.  13;  mit  sambt  an- 
derm  gelt,  so  ir  vormals  etlichen  ausgericht  habt.  13;  daz  ir 
ime  die  zerung  auf  sein  quitung  ausrichtet,  gebet  und  da- 
mit nicht  verziehet,  s.  68 ;  die  soldner  ehrlich  ausrichten. 
Ponlus  50;  sie  haben  mir  den  tribut  noch  nicht  ausgericht. 
Fierabras  0  5; 

ich  weisz,  er  rieht  uch  erlich  us 
um  das  nüw  und  um  das  alt.    fastn.  sp.  829,  19; 
wie  wol  ich  hab  auf  siben  pfund 
ir  zu  dem  grabgelt  ausgericht.    H.  Sachs  I,  828'; 
wer  gest  wil  hon,  der  richts  auch  aus  (besorge  sie). 
Scheit  grob.  Q3; 

einem  das  geld  ausrichten.    Opitz  Arg.  1,  650. 

3)  ebenso  das  übernommne  und  aufgelragne  avtsrichten,  besor- 
gen, vollbringen,  erfüllen,  verrichten,  sache,  geschäft,  bestellung, 
amt,  Opfer,  befehl,  geschenk,  grusz :  und  der  knecht  erzelet  Isaac 
alle  Sache,  die  er  ausgerichtet  hatte.  1  Mos.  24,  66;  das  ge- 
schefte  ist  dir  zu  schwer,  du  kansts  allein  nicht  ausrichten. 
2  Mos.  18,  18 ;  der  gesang  der  senger,  das  drometen  der  dro- 
meter  weret  alles,  bis  das  brandopfer  ausgericht  war.  2  chron, 
29,28;  ich  hab  ein  grosz  gescheft  auszurichten.  Nehem.  6,3; 
lobet  den  herrn  ir  seine  engel,  ir  starken  beide,  die  ir  seine 
befelh  ausrichtet,  ps.  103,  20;  sein  beer  ist  ser  grosz  und 
mechtig,  welchs  seinen  befelh  wird  ausrichten.  Joel  2,  11 ; 
wer  seine  sache  durch  einen  törichten  boten  ausrichtet,  der 
ist  wie  ein  lamer  an  füszcn.  spr.  Sal.  26,  6 ;  darnach  stund 
ich  auf  und  richtet  aus  des  königs  gescheft.  Dan.  8,  27 ;  und 
er  richtet  sein  ampt  aus  auf  dem  altar.  Str.  50,  16 ;  richte 
dein  ampt  redlich  aus.  2  Tim.  4,  5 ;  und  das  du  verkündigst 
für  den  ehren  deiner  kinder  was  ich  in  Egypten  ausgericht 
habe.  2  Mos.  10,  2;  bis  das  alles  ausgericht  war,  das  der 
herr  geboten  hatte.  Jos.  4, 10 ;  so  mache  dich  auf  und  richte 
es  aus.  i  chron.  23,  16;  und  gibt  für,  er  wolle  von  wegen 
meines  gn.  h.  alles  gütlich  und  velerlich  ausrichten.  Luther 
1,119";  er  höret  nicht  ehe  auf,  er  habe  denn  sein  werk  aus- 
gerichtet. Luthers  tischr.  204";  amt  ausrichten.  Eulensp.  89; 
ich  habe  eine  fröhliche  botschaft  auszurichten;  er  richtete 
einen  schönen  grusz,  die  besten  empfehlungen  aus. 

4)  man  sagt,  es,  etwas,  die  sache  wol  oder  übel  ausrich- 
ten, einem  seine  sache  ausrichten,  viel  oder  wenig,  alles  orfer 
nichts  ausrichten:  die  sach  ausrichten,  weislh.  2,  273;  rechts 
helfen  und  ausrichten.  3,  548 ;  ich  kan  die  sach  nit  ausrich- 
ten, schimpf  und  ernst  cap.  128 ;  so  oft  sie  der  herr  fraget, 
ob  auch  das  oder  dieses  geschehen  were?  so  sprach  sie  all- 
zeit, es  were  lang  hievor  ausgericht.  Frey  garteng.  73';  wer 
aber  immer  zutruckt  'cras,  cras'  der  rieht  nimmer  icht  aus. 
Agricola  spr.  15";  es  ist  besser  nicht  bawen,  dann  nicht  aus- 
richten. 15";  der  priester  wolt  sie  nit  ausrichten  (absolvie- 
ren), schimpf  und  ernst,  wozu  auch  eine  bei  Oberlin  77  ange- 
zogene stelle  stimmt; 

sint  mir  cur  leib  ist  allzu  kark, 
so  musz  ich  zu  einer  niilten  gan, 
die  mir  mein  sach  ausrichten  kan. 

fastn.  sp.  661,  13; 
was  wollen  wir  aber  singen? 
wir  singen  ein  neus  (gedieht 
wol  von  dem  landgrafen  aus  Hessen, 
wie  ers  hat  ausgericht.    Uhlanu  549; 

setzten  dapfer  in  unser  volk,  aber  richteten  wenig  aus.  Garg. 
205";  da  redete  ich  auch  von  dieser  maleri  und  meinete  ich 
hätte  es  wol  ausgerichtet.  Schuppius  382 ;  ich  habe  weder 
dem  neugierigen  durch  nachrichten,  noch  dem  forschenden 
durch  vernunftgründe  etwas  ausgerichtet.  Kant  3, 104  ;  ihr  liabt 
es  auch  wacker  ausgerichtet.  Tieck  Sternb.  1,  206;  das  was 
unmöglich  scheint  auszurichten,  ges.  nov.  1,  157 ;  wenn  ich  so 
nicht  etwas  ausrichte,  so  richte  ich  nichts  aus.  Lichtenberg 
1,  11.  damit  ist  schon  viel  ausgerichtet,  erlangt,  damit  ist 
wenig,  nichts  ausgerichtet,  vollbraclit,  gelhan,  damit  wird  nichts 
auszurichten  sein : 

ja,  wcnns  mit  saufen  wer  ausgericht.    H.  Sachs  1,480*; 

mit  spanischen  galeassenlhttrnen  rieht  man  nichts  gegen  ihnen 
aus.  Garg.  224';  denn  ich  gar  wol  weisz,  dasz  es  mit  der 
poeterei  alleine  nicht  ausgerichtet  ist.  Opitz  poet.  l' ;  es  isl 
damit  noch  nicht  ausgerichtet.  Günther  2; 


937  AUSRICHTEN 

'uein,  ja,  ich  wcisz  es  nicht' 
hat  wie  l\ir  alter  zeit  disz  ding  nicht  ausgericht. 
LoGAü2,  1,38; 

es  ist  nicht  mit  dem  bloszen  wissen  ausgerichtet,  sondern 
wissen  und  thua  musz  bei  einander  sein.  Schüppios  639; 
mit  dem  maulspitzen  ist  es  nicht  ausgerichtet,  es  musz  ge- 
plifTen  sein. 

5)  seine  nothdurft  ausrichten,  heule  veirichten,  necessitali 
parere:  da  ein  kind  mit  zucht  und  heimlich  seine  not  ausrichtet. 
Luther  4,  3S3'.  etwas  ausrichten,  anrichten,  anstellen :  wenn 
sie  {die  kinder)  was  ausgerichtet  oder  angestellt  haben  und 
der  praeceptor  hinter  sie  kompt  mit  der  ruthen,  so  sprechen 
sie  gleich,  'ach  lieber  herr  magister,  schonet  doch!'  Schup- 
pius  409.  die  hochzeit  wurde  auf  des  oheims  schlosz  ausge- 
richtet (angestellt,  gehalten).  Göthe  19,  333 ;  der  aus  noth  ge- 
drungen ist  ein  mahl  auszurichten  (auf  seine  kosten  anzustel- 
len). Hippel  lebensl.  1,  70;  ein  gastgebot,  eine  kindtaufe  aus- 
richten, die  kosten  davon  tragen,  bezahlen  (unter  2).  ausrich- 
ten, abthun,  abmachen:  das  sei  von  der  historien  genug 
geredt,  alle  punct  können  wir  nicht  ausrichten  (abtnun, 
berichtigen).  Luther  4,  216* ;  dis  gehäders  kamend  abt  und 
statt  also  an  einander,  dasz  es  nach  langem  durch  ein  päbst- 
lichen  legalen  ausgericht  (zu  recht  gebracht)  ward.  Stumpf  2, 
39';  weil  aber  der  erzpriester  sich  seiner  Zuspruch  willig 
verziege  und  liesz  sich  gütlich  ausrichten  (abfinden).  Mathe- 
sics  135*;  so  lang  not  da  ist  zu  essen,  so  lang  ist  nit 
da  fraszhait,  das  ist  auszgericht  (ausgemacht).  Keisersb.  sibai 
scheiden  6 ;  und  ist  wol  ausgericht.  schimpf  u.  e.  252 ; 

man  nit  weisz, 
in  welchem  land  es  sei  geschehen, 
im  Schweizcrland  ists  freilich  nicht 
geschehen,  das  ist  ausgericht  {sicher,  ausgemacht). 

Alberus40*; 
in  der  speiunken  möcht  ich  nicht 
haushahen,  das  ist  ausgericht.    tl7'; 

was  dieselbige  bedeute,  bin  ich  selb  nicht  übrig  gewis,  doch 
wollen  wir  uns  dran  versuchen,  wenn  wir  das  evangelium 
haben  nach  seinem  schriftlichen  und  heubtverstand  ausge- 
richt (ausgelegt).  Luther  1,  555* ;  diesem  nähert  sich  die  bedeu- 
lung  eines  mhd.  üjrihten : 

wiltu  mir  üjrihten  dit.  pass.  Köpke  646,  72, 
d.  h.  recht,  gerade,  verständlich  machen,     ausrichten,  einrichten  : 

der  kauz  hats  auch  so  ausgericht, 

dasz  er  bei  tag  darf  fliegen  nicht.    Albehus  114'; 

gute  frauen  würden  vielleicht  seltener  sein,  wenn  die  män- 
ner  richtige  begriffe  von  dem  hätten,  was  den  wahren  werth 
eines  frauenzimmers  ausmacht  und  folglich  im  stände  wären, 
ihre  wähl  darnach  auszurichten,  die  Lucius  an  Geliert..., 
ausrichten,  meinen,  ausdrücken :  es  ist  deutlich  und  dürre  ge- 
setzt 'selig  sind  die  armen',  und  stehet  doch  dabei  das  wört- 
lin  'geistlich  arm',  also  das  auch  nicht  damit  ausgerichtet 
ist,  das  jemand  leiblich  arm  sei  und  kein  gcld  und  gut  habe. 
Luther  5,  348'.     ausrichten,  errichten,  ausfertigen: 

ein  testament 
das  solt  ihr  bede  herrn  ausrichten.    Atrer  202'. 

ausrichten,  vollbringen,  zu  wege  bringen,  hervorbringen :  meine 
krcftc  und  meiner  hende  slerke  haben  mir  dis  vermügen  aus- 
gericlit.  5  Mos.  8, 17 ;  an  dem  aber  ist  kein  zweifei,  die  ersten 
kupfcrerz  und  eisenstein  sein  am  berg  Liban(jn  ausgerichtet. 
Mathesius  71*.  verrichten,  vollbringen:  wenn  zwei  körper  eine 
wirkling  ausrichten.  Kant  8, 131 ;  wenn  das  reden  und  spielen 
durcli  maschinen  ausgerichtet  würde.  J.  Paul  teuf  pap.  1,  59. 
warlich  ich  sage  euch,  ir  werdet  die  Städte  Israel  nicht  aus- 
richten (non  consummabitis),  bis  des  menschen  son  kompL 
Matth.  10,  23.  Luther  3,  121.  die  gerichtlichen  bedeutungen  des 
ausriciitcns ,  pracstarc  evictionem  und  litem  per  sententiam 
finire  finden  sich  bei  Haltaüs  78.  79  näher  belegt  und  erläutert. 

6)  hieran  reiht  sich  ein  früher  ganz  häufiges,  jetzt  erloscli- 
nes  ausrichten  mil  dem  acc.  der  person  und  der  bedeutung  von 
expedire,  abfertigen  oder  berichten:  nit  darumb,  das  du  umb 
wollest  laufen  von  ainer  zu  der  andern  und  iederman  ausz- 
ricbten  (aburtheilen).  Keisersb.  hat  im  pf.  Bb  3' ; 

wem  darnach  mcr  zu  klagen  pcrall, 

den  sol  man  auch  auszrirhicn  Tort 

nach  anklag  und  nach  der  aniwort.    fa*tn.  sp.  234,  8; 

ob  iemani  vor  im  (Salomou)  zu  schafTen  hctt, 

der  wird  hie  kurzlich  auszgericht.    523,  10, 

d.  t.  tdinell  mit   seiner  klage  gehurt   und  gerichtet,     daraus 


AUSRICHTEN— AÜSIUCIITIG 


938 


entfaltete  sich  aber  der  sinn  eines  übel  abfertigens,  übel  zu- 
richtens,  verspottens  und  mishandelns : 

auch  solt  ich  sie  ausrichten.    Haüpt  9,  82; 

der  rieht  in  aus  wol  nach  der  paus, 

red  im  nichts  guts  am  rücken.    Ambr.  Ib.  s.  19, 11; 

blieben  sie  huren, 

und  lieszen  sonst  from  leut  ohnausgerichtet.    s.  334,  21; 

und  wem  die  allen  mütterlein  nicht, 

ich  würd  noch  übler  ausgericht.    H.  Sachs  IL  4,  4'; 

wie  si  ainandcr  richten  ausz.    Murner  sc/ie/m.  20,  9 ; 

nachreden  und  die  leut  ausrichten.    Scueit  gro6.  PI; 

wie  schmehlich,  schendlich,  lesterlich  und  hönisch  ich  da  von 
ir  und  andern  ausgericht,  ist  nicht  für  froincn  leuten  zu  re- 
den oder  zu  schreiben.  Luther  2,  384';  so  schemet  sich  Mo- 
ses nicht,  seine  groszveter  so  zu  schmehen,  das  gnug  were, 
wenn  er  seine  feinde  so  ausrichtet.  4,  199';  afterreder  haben 
sonst  nichts  zu  schicken,  denn  das  sie  die  leute  ausrichten. 
das.;  glaubt  kain  mensch,  wie  übel  die  Sophisten  den  Petrum 
Lombardum  handeln  und  ausrichten.  Melanchtho.n  hauptart. 
bl.  57 ;  gehorent  nit  mer,  als  genzlich  hindan  gewisen  und 
uszgericht.  Reuchlin  verst.  10*;  saufen,  spilen,  hurn,  schla- 
gen, die  leut  auszrichten  ist  ihr  feier.  Frank  tce/iö.  133';  ich 
hab  sie  übel  mit  worten  ausgericht.  Boccaz  56;  einen  übel 
ausrichten  und  butzen.  57 ;  jetzt  ward  der  sentenz  gefeit, 
dasz  ich  kein  doctor  were.  der  frombkeit  wegen  richtet  mich 
der  prediger  und  der  pfarrer  aus,  dieweil  und  ich  der  Venus 
kein  zutitler  bin.  Paracelsus  1,  356' ;  anfahren  und  so  übel 
ausrichten,  dasz  ein  hund  nicht  ein  stuck  brots  von  ihm  ge- 
nommen hett.  Alberüs  6';  wann  man  das  weib  schiltet,  ver- 
fluchet und  auf  das  schnüdest  ausrichtet.  Fischart  e/tz.  16 ; 
schelt,  schmähe  und  rieht  die  leut  weidlich  aus,  wann  es 
schon  nit  war  ist.  groszm.  75 ;  schalkheit  ausrichten.  Eulensp.  87 ; 

man  pflegt  im  schif  zu  thun  sonst  nichten, 
dann  dleut  vexiern  und  ausrichten. 

Ma.ngold  markschifs  nachen  1597; 
die  ruh  fällt  in  den  mittelpunct,  bei  Lupa  aber  nicht, 
wer  hier  kämmt  her  iwd  sucht  zu  ruhn,  wird  schändlieh 
ausgericht.  Logau2,  3,  45; 

behüte  dich  gott,  weit !  dann  deine  diener  haben  keine  an- 
dere arbeit  noch  kurzweile,  als  faulenzen,  einander  vexieren 
und  ausrichten.  Simpt.  1,  553;  den  schalk  zuvor  in  seinem 
busen  sehen  ist  besser  als  andere  leut  ausrichten.  Lehhanx 
102;  wer  mich  ausricht,  gedenkt  sein  nicht,  gedächt  er  sein, 
so  vergäsz  er  mein.  2,  4S9. 

AUSRICHTER,  m.  exsecutor:  also  gar  viel  eines  bessern 
testaments  ausrichter  ist  Jesus  worden.  Hebr.  7,  22,  vgl.  Haltaus 
80 ;  befohlener  dingen  fleiszige  nachsetzer  und  ausrichter. 
Kirchhof  wendunm.  356*;  ein  paar  rüstige  Jünglinge  (Romulus 
und  Remus)  hüben  auf  dem  hügel  den  grund  zu  palästen  der 
herren  der  weit  gelegt,  an  dessen  fusz  sie  die  willkür  des 
ausrichters  zwischen  morast  und  schilf  einst  hinlegte.  Göthe 
27, 268.  bergmännisch  heiszt  ausrichter  der  arbeiter,  welcher 
das  seil  bei  dem  ausfördern  richtet,  ausrichter  eines  gangs, 
der  ihn  entdeckt  hat. 

AUSRICHTERIN,  f  exseculrix:  wo  hätte  sie  eine  geschick- 
tere ausrichterin  ihrer  auftrage  finden  können?  Wieland  28, 
204;  eine  gunst,  welche  die  Vernunft,  als  gesetzgeberin  des 
menschlichen  baues,  der  natur  als  ausrichterin  ihrer  gesetze 
erzeigte.  Schiller  Uli;  sich  die  Vernunft  des  geschöpfes  zur 
ausrichlerin  dieser  absieht  ersehen.  Kant  4, 12. 

kVSRlCllTlG,  cxpedilus,  promtus,  anstellig:  da  Salomo  sähe, 
dasz  der  knabe  ausrichlig  war,  satzt  er  in  über  alle  last  des 
liauses  Joseph.  1  kön.  11,  28 ;  er  war  der  schleunigst  uud  aus- 
richtigst unter  allen,  die  an  Sauls  hofe  waren.  Luther  3,  427'; 
Justinianus,  in  allen  bürgerlichen,  sittlichen  sachen  ausrich- 
tig, wunderlhätig  und  gewinscht.  Frank  chron.  159';  auch 
sonst  ausrichtig,  geschickt  und  beredt.  Fronsp.  1,  103';  der 
ausrichtigistc  man.  Boccaz  18  ;  in  allen  dicnsten  ausrichtig.  47 ; 

nachlessig,  schlüchtisch,  unausrichtig.    H.  Sachs  I,  447*; 
heillos,  unachtsam,  unausrichtig.    I,  449*. 

wenn  die  scheren  das  recht  nicht  wüsten  und  lu  hofe  aus- 
fahren musten,  hiesz  es  das  gericht  ist  des  urleils  nicht  usz- 
richtig.  RA.  864.  ausrichtig  galt  aber  auch  in  der  Übeln  be- 
deutung des  ausrichtens  für  vexans,  afflictans,  rixosus  und 
findet  sich  so  schon  beim  Wolkensteiner  «.  74,  15 :  wie  die 
pasquillendichter  die  gute  sprüch  aus  der  heiligen  sclirift 
mutwillig  auf  ihre  ausrichtige,  verkleinerliche  materien  ver- 
biegen und  herbeiziehen.   Garg.  239';   geschwätzig,   klapperig 


939 


AUSRICHTLIGH  —  AUSRITT 


AUSRITZEN — AUSRUFEN 


940 


und  ausrichtig.  Seuiz  62,  jenes  ausrichtig  war  ein  lob,  dieses 
ein  ladeL     heute  in  beiderlei  sinn  veraltet. 

AUSHICHTLICH,  expeditus :  das  wir  darusz  mögen  heftige 
und  uszrichtiiche  argunienten  uns  nemmen  wider  die  Juden. 
IJEücrii.m  augensp.  9". 

AUSRICHTSAM,  was  die  beiden  vorausgehenden: 

du  bist  ausricliisam  und  ganz  frum, 
ich  liabs  erkant  und  lob  dich  drum. 

Mart.  Haineccii  drei  comödien.  Lp.  1582.  HS'. 

AUSRICHTUNG,  f.  expeditio,  instructio,  apparatus,  ausstat- 
lung,  Verrichtung  nach  verschiednem  sinne  des  ausriciitens.  im 
rechtlichen  sinn  bald  solutio  debiti,  bald  exsecutio  rci  judica- 
tae,  bald  sententia  (Haltaus  80.81);  von  denen  er  bisher  nit 
ausrichtung  noch  bezahing  erlangen  hab  niugen.  Cumei, 
Maximil.  s.  23;  um  die  erlangten  acta  ausrichtung  thun. 
cammerger.   ordn.  1521.  25,  1; 

wan  er  im  wirt  ausrichtung  Ihun.  Folz  bei  Haupt  8,  520; 

solten  dieseibigen  mit  blutvergieszen  und  ausrichtung  ires  ampts 
nicht  wol  thun  u.  s.  w.  Luther  3, 149 ;  das  macht,  du  thust  inen 
gute  ausrichtung,  wie  ein  reicher  wirt  seinen  gesten  zu  thun 
pfleget.  6,347';  miltigkeit,  zucht  und  gute  ausrichtung.  Agri- 
COI.A  spr.  259";  sein  künftiges  glück  hieng  an  guter  ausrich- 
tung dieses  geschäftes.  "Wieland  30,  268 ;  hämische  werd  ich 
putzen  und  neue  einriebt ungen  und  ausrichtungen  werd  ich 
machen.  Göthe  an  fr.  von  Stein  1,  104.  ganz  besonders  hiesz 
oder  heiszt  noch  in  einzelnen  gcgenden  ausrichtung  der  bei 
einer  hochzeit  oder  kindtaufe  angestellte  schmaus,  so  wie  die 
der  braut  auszcr  dem  braulschatz  mitgegebne  kleidung  und  ge- 
rätschaß, wofür  auch  einrichtung  gesagt  wird. 
AÜSRIECHEN,  ausduften  in  mehrfachem  sinne, 
1)  intransitiv,  exhalarc,  evaporare,  den  geruch  verlieren :  die 
blumen  haben  ausgerochen,  ausgedußet;  die  wasche  riecht 
nach  und  nach  aus; 

(leckt  mit  dem  hut  es  wider  zu. 

dasz  der  feihl  nit  ausriechen  thu.«^H.  Sachs  IV.  3,  50". 

'■  2)  transitiv,  odorari,  aufspüren:  etwas  ausriechen,  mit  der 
nase  ausfindig  machen;  alle  winkel,  jeden  gestank  ausriechen. 
odorem  spargere:  die  blumen  riechen  die  ganze  stube  aus. 

AUSRIECHUNG,  f  exploratio:  die  linderung  und  ausrie- 
chung  der  angst  und  geschwulsten  des  herzens.  Schuppius  755. 

AUSRIESELN,  effluere,  emanare,  ausrinnen,  hervor  rieseln, 
sprudeln. 

AUSRIFFEN,  exornare,  auszacken,  auszieren,  ausriffeln? 

das  wort  goties,  die  heilig  schrifl 
er  {Lutlier)  mündlich  und  schriftlich  ausrift. 
n.  .Sachs  II.  1,  87", 
ahd.   sind  riffilun  zacken,  rostra  serrantia  (Graff  2,  497)  und 
riflilön  vellere  {s.  riffeln),    ausriflfen    also    entweder  ausschmü- 
cken oder  reinigen,  ausreinigen,    in  der  Schweiz  meint    riffeln 
nagen  (Stald.  2,  276),    was    auf   ausschaben,    expolirc   führt, 
gehört  zu  diesem  riffen,   riffeln  auch   das  heutige  riefe,   rinne, 
streif,  so  entspränge  der  sinn  von  ausriefen,  aus  falten,  striare? 
kaum   aber  setzte  H.  Sachs  ausrift   für   ausruft,    ausruft  pro- 
nuntial,    obschon    ein    druck    der    wittenb.  nachtigall  von  1523 
wirklich  ausruft  liest. 

AUSRINGEN,  in  mehrfachem  sinn, 

1)  exprimere  humorem  torquendo:  das  wasser  ausringen, 
aus  dem  tuch  oder  linnen  drücken;  die  nasse  wasche  ausrin- 
gen ;  ausringen  wie  ein  bauchwäscherin.  Garg.  22'. 

2)  luclando  perßcere,  den  kämpf  vollenden,  sterben: 

ausgelitten  hast  du,  ausgcrungen 
armer  jünflina  deinen  lodesstrcii. 

Lolte  nn  Wcrtliers  grabe. 

AUSRINNEN,  effluere,  ausftieszen:  ausrinnendes  wasser; 
das  geHlsz  rinnt  aus,  hat  einen  risz;  dadurch  dise  ziiherliche 
feiiclitigkeilen  ausgetrocknet  und  auszurinncn  gelrilien  wor- 
den. Garg.  156';  wo  des  Jammers  undankl)are  thränen  im 
durchlüclierten  siebe  der  ewigkeit  ausrinnen.  Schiller  lOl'; 
dasz  man  die  edelsten  liandlungen  aus  eigennützigen  quellen 
ausrinnen  hisset.    J.  Paul  teuf  pap.  2,  48. 

AUSRIPPEN,  tecemere  in  costas ,  venulas:  ausgerippte 
pflanzen. 

AUSRISZ,  m.  avulsio,  discettus,  fuga,  digressio:  ein  aus- 
risz  in  der  wand ;  nusrisz  der  flüclitlinge,  ausbruch  aus  dem 
gefängnis,  endlich  excursns,  was  auslauf,  digressio :  ein  aU8- 
risz  und  umbschweif.    Hsr  i.hachs  iirnbinnus  vorrede  6. 

AUSRITT,  m.  equitatin:  im  ausritt  vom  Harze.  GCithe  an 
fr.  von  Stein  1,  143 ;  möchte  ihnen  doch  ihr  erster  ausritt  ins 


gebiet  der  dichtkunst  nach  einer  so  langen  pause  besser  be- 
kommen sein,    an  Schiller  98. 

AUSUITZEN,  rimis   instruere. 

AUSRÖCHELN,  spiritum  cxhalare,  das  leben  ausröcheln. 

AUSROÜEN,  exstirpare,  was  ausreuten  und  ausrotten,  doch 
verwendet  man  die  niederdeutsche  form  nur  für  die  sinnliche 
bedeutung,  nicht  ßr  die  abstracte  des  austilgens:  er  rodele 
die  bäume  aus.  Mdsaeus  4,  71 ;  junge  stämmchen,  die  ich  ret- 
tete, als  mein  vater  sie  mitten  im  sommcr  ausroden  liesz. 
Göthe  17,  31. 

AUSRODUNG,  f  exstirpatio:  auch  wildnis  halte  werth  als 
der  ausrodung  fähig.  Jon.  Müller  Schweizerg.  2, 153. 

AUSRÜHREN,  destillare:  die  wunde  rührt  blut  aus,  vulnus 
sanguine  manat.    Stieler  1621.  mhd.  rfiren. 

AUSROLLEN,  evolvere, 

1)  sich  ausrollen,  evolvi, 

hast  du  die  welle  gesehn,  die  über  das  ufer  einher  schlug? 
siehe  die  zweite,  sie  kommt,  rollet  sich  sprühend  schon  aus! 
GöTHB  1,  384. 

2)  getraide  ausrollen,  mit  dem  rollsieb. 

3)  geld  ausrollen,  aus  der  rolle  nehmen. 
AUSRÖSTEN,  omnino  lorrere,  fertig  rösten. 
AUSROTTEN,  exstirpare,  ausreuten,  nnl.  uitroden :  sondern 

ire  altar  soltu  umbstürzen  und  ire  götzen  zubrechen,  und 
ire  haiue  ausrotten.  2  Mos.  34,  13;  er  rottet  die  haine  aus. 
2  kön.  18,  4 ;  laszt  uns  den  bawm  aus  dem  lande  der  leben- 
digen ausrotten.  Jer.  11,  19 ;  ja  man  wird  seine  wurzel  aus- 
rotten und  seine  fruchte  abreiszen.  Ez.  17,  9;  und  ob  sie 
eine  zeillang  an  den  zweigen  grünen,  weil  sie  gar  lose  ste- 
hen, werden  sie  vom  winde  bewegt  und  vom  starken  winde 
ausgerottet,  weish.  Sal.  4,  4 ;  kann  man  ohn  schaden  ein  bäum 
nicht  ausrotten,  so  soll  man  ihn  beschneiden  und  stümmeln. 
bildlich  sehr  oß  in  der  bibel,  z.  b.  des  seele  soll  ausgerottet 
werden  aus  seinem  volk.  1  Mos.  17,  14;  denn  welche  diese 
grewel  thun,  ijlere  seelen  sollen  ausgerottet  werden  von  irem 
volk.  3  Mos.  18,  29.  19,  8 ;  und  wil  ewre  höhen  vertilgen  und 
ewre  bilder  ausrotten.  26,  30;  und  unsern  namen  ausrotten 
von  der  erden.  Jos.  7,  9 ;  alle  Völker  die  ich  ausgerottet  habe. 
23,  4;  bis  er  ausrottet  alles  was  mansbilde  war  in  Edom. 
1  kön.  11, 16 ;  der  die  alte  catholische  lehre  wollte  helfen  aus- 
rotten. ScHWEiNicHEN  1,  173.  212 ;  unser  ausgerottetes  ge- 
schlecht. Lessing  1,  163;  das  lasier,  die  neugier  ausrotten. 
Götter  2, 11.  1,  56 ;  der  despot  geht  endlich  so  weit,  dasz  er 
alle  seine  verwandten  ausrotten  will.  Göthe  33,  58 ; 

diese  brut  ist  ausgeroUet.    Piaien  277. 

AÜSROTTER,  m.  exstirpator :  der  ausrotter  kompt,  da  wer- 
den sie  friede  suchen.  Jer.  7,  25.  so  heiszt  eine  schere  zum 
beschneiden  der  wasseräste  in  den  baumkronen. 

AUSROTTUNG,  f 

AUSROTTUNGSKRIEG,  m.  bellum  inleinecinum.  Fichte 
grundz.  des  g.  z.  432. 

AUSRÜCKEN,  nnl.  uitrukken, 

1)  intransitiv,  egredi,  exire:  das  beer  rückt  aus  gegen 
den  feind,  ist  ausgerückt ;  man  liesz  tausend  mann  ausrücken ; 
ruckte  zur  thür  aus.  med.  maulaffe  S55  ;  wir  wollten  gegen 
den  ritlmcister  ausrücken  und  ausfallen.  J.  Paul  Kamp.  34; 
er  soll  ausrücken,  mit  der  spräche  herausgehn. 

2)  ausrücken,  extrahere,  protrudere: 

befahl,  ich  solt  fassen  den  schwänz 

und  auf  einmal  ausrücken  ganz,    froschm.  3,  1, 16. 

ein  haus  ausrücken,  vorrücken,  weiter  auswärts  bauen. 
AUSRUF,  «».  exclamatio,  nnl.  uitroep : 

du  nennest  immer  deinen  namen, 

dein  uusruf  handeh  nur  von  dir.    Hagedorn  3,  99. 

der  pl.  lautet  ausrufe,  doch  liest  man  bei  Göthe  22,  61:  nach 
solchen  und  üiinlichen  ausrufen  kam  es  endlich  unter  beiden 
zur  aiifklärung. 

AUSRUFEN,  exclamare,  proclamare,  nnl.  uitroepen.  man 
kann  das  schwanken  zwischen  starker  und  schwacher  form 
längst  nicht  mehr  auf  den  unterschied  intransitiver  und  transi- 
tiver bedeutung  xurücJc fuhren,  da  schon  in  frühster  zeit  jede 
form  in  beiden  beJeutungen  erscheint  (s.  rufen),  auch  die  in- 
transitivbedcutung  hier,  wie  sonst  oß,  durch  annähme  eines 
-ausgefallnen  acc.  transitiv  gestclll  werden  darf  beispiclc  der 
formen  bieten  die  folgenden  belege  genug  an  hand. 

1)  i.<tl  kein  acr.  ausgedrückt,  so  läszt  sich  der  inhalt  des 
ausrufs    als    solcher    betrachten   oder  ergänzen  die  wortc.     er 


941 


AUSRUFEN — AUSRUHEN 


AUSRUHE— AUSSÄEN 


942 


rief  aus,  ich  sterbe  unschuldig;  liesz  vor  im  her  ausrufen, 
der  ist  der  landesvater.  1  Mos.  41,  43;  liesz  ausrufen  und 
sprach,  morgen  ist  des  herren  fest.  2  Mos.  32,  5;  und  sie 
lieszen  ausrufen  zu  allen  kindern,  die  gefangen  waren  gewe- 
sen, das  sie  sich  gen  Jerusalem  versamJeten.  Esra  10,  7 ;  und 
fieng  an  auszurufen,  wie  grosze  woltbat  im  Jesu  gethan  hätte. 
Marc.  5,  20. 

2)  acc.  der  sacke,  Qffentlich,  feierlich  ausrufen  {vgl.  aus- 
blasen 3) :  und  soll  disen  tag  ausrufen,  denn  er  sol  unter 
euch  heilig  heiszen.  iMos.  23,  21;  soltu  dis  gesetz  ausrufen 
lassen  für  iren  obren.  5  Mos.  31,  U ;  darnach  liesz  er  ausru- 
fen alle  wort  des  gesetzes  vom  segen  und  fluch.  Jos.  8,  34; 
nach  dem  wort  des  herm,  das  der  mann  gottes  ausgerufen 
hatte.  2  küti.  23,  16;  liesz  eine  fasten  ausrufen  unter  ganz 
Juda.  2  ehron.  20.  3 ;  das  herz  des  narren  rufet  seine  narrheit 
aus.  spr.  Sal.  12,  23 ;  ein  freijar  auszurufen.  Jer.  34,  S ;  und 
liesz  lesterliche  gebot  ausrufen,  l  Macc.  1,  25 ;  oder  wie  wol- 
testu  leiden,  das  ein  ander  auch  also  dein  bosbeit  ausrüfte  ? 
LOTBER  1,  85' ; 

sölt  ich  ihr  namen  rufen  au$. 
die  phsziich  leben  in  dem  saus, 

TJl  liefen  wider  mich  zu  praus.    Schwarzexberc  157,  2; 
und  leszt  ein  hof  ausrufen  und  schreien,    fasln,  sp.  761,  10; 
nach  dem  tanz  so  rueft  des  wirts  knecht  den  wein  aus.  449,  6 ; 
woliestu  mir  den  wein  rüefen  aus, 
ich  woit  dir  zu  trinken  geben  aus  der  kraus.    484, 12; 
set  hin,  frau,  und  schenket  ein, 
wann  es  ist  der  allerpest  wein, 
als  ich  in  nie  ausgerüeft  habe.    4S7,  32; 

der  wein  ist  genug  ausgerufen.  Garg.  102';  geferbt  hütlin 
oder  gebrochen  gläser  ausrufen.  1S9';  jemanden  den  wein 
ausrufen.  Fra^k  lob  der  thorheit  21 ; 

wie  war  mir,  als  ich  frei,  in  nie  empfundner  lufl, 
mit  ungeübtem  ton,  mein  Schicksal  ausgerun? 
Lessing  1,  ivS; 
lanter  als  alles  rief  vor  ihm  etwas  die  Scheidungen  des  lebens 
aus,  der  vom  leichentuch  erstickte  trommelschlag.  J.  Padl  Tit. 
2,  82. 

3)  acc.  oder  im  passivum  nom.  der  person:  wenn  sie  {die 
fürsten)  banket,  fullerei  und  prassen  anrichten,  werden  sie 
kost-  und  gastfrei  ausgerufen.  Kirchhof  icendunm.  50';  nit 
dergestalt,  das  ich  von  ir  gelaufen,  wie  ich  dazumal  lügen- 
hafliger  weis  ausgerufen  worden  bin.  Thlrneisser  nolgedr. 
ausschr.  1,65; 

gut  wein  darf  kein  zeichen  vorm  haus, 

dann  solcher  ruft  sich  selber  aus. 

Kirchhof  «renrfi/nm.  1S7*: 
SO  unempfindlich  fQr  eure  reizungen  man  sich  ausruft.  Wie- 
land 13,  38. 

4)  für  etwas  ausrufen,  öffentlich  ausgeben:  wie  der  wahn 
vom  ablasz  gar  ein  ungewis  ding  ist,  den  doch  die  ablasz- 
prediger  für  ganz  gewis  ausrufen  und  halten.  LtrrHER  1,  7*;  bis 
endlich  sich  dis  hellische  kind  nicht  allein  für  ein  vitzthumb 
Jesu  Christi,  sonder  auch  für  einen  irdischen  gott  liesz  hal- 
ten und  ausrufen.  Mathesics  92';  für  eine  satire  ausrufen. 
WiELAND  14,  248.  man  sagt  aber  einen  zum  kOnig  oder  als 
könig  ausrufen,  regem  proclamare. 

5)  das  pari,  praet.  hatte  sonst  die  hedeutung  von  öffentlich 
bekannt,  berühmt:  ein  statt  von  allerlei  gebeuw  und  kauf- 
manschatz  fürbündig  und  ausgcrüff.  Frank  tcellh.  72*. 

ALSKIFEN,  n.  proclamatio:  es  ist  fürwar  eijj  groszes  aus- 
rufen um  ein  klein  gelt,  das  die  arme  leul,  was  not  oder 
krankheit  sie  anstosz,  zur  stund  wissen,  wo  sie  ein  guten 
triakelskrünier  finden  sollen,  der  ihnen  aus  nöten  helfe.  Fi- 
sciiart  liienrnk.  184'. 

AI  SRUFEK,  m.  praeco,  proclamalor:  gute  waare  bedarf  keinen 
ausnifer.  Leiuann  28;  dann  kaum  ein  volk  irer  that,  wort 
und  krieg  fieisziger  ausriifer  und  Schreiber  hat  gehabt,  als 
nach  den  Grecis  die  Latini.  Frank  weltb.  74';  wird  kurz  vor 
dem  jüngsten  tage  wieder  kommen  und  des  teufeis  vorhole 
und  aiisrufer  sein.  pers.  rosenth.  7.  20. 

AI  SIU  FrNG.  f.  exclamalio.  doch  ungHmJurhlicher  als  ausruf. 

AISRUFINGSZEICHEN.  f.:  da  ich  ihr  jedes  kleine  ge- 
dieht, wenn  e«  auch  nur  ein  ausrufungszeichen  gewesen  vrtre, 
sogiricfa  niittheilte.  GOthe  26, 169. 

AUSRUHE,  f.  requies:  auf  welches  caslnim  doloris  der 
wolselige  eine  ganz  kurze  zeit  zur  ausruhe  hingestellt  wurde. 
HipfEis  lehensl.  !.  51. 

AUSRIIIEN.  quiescere  und  reereare, 

t)  intransitiv,    ruhe   haben,    schöpfen,    empfinden:    von  der 


arbeit  ausruhen ;  von  aller  seiner  mühe  ruht  er  nun  im  grabe 
aus;  in  der  groszen  hitze  ruhten  wir  unter  schattigen  bäu- 
men aus; 

nicht  wahr,  im  grünen  vertraulichen  haus  — 

'das  gäbe  geschlchten' 

ruhst  du  in  meinen  armen  aus? 

'mit  nichten ! '         Göthb  1,  206  ; 

ein  land,  auf  dem  vereinzelte  häuser  unter  gruppierten  laub- 
hainen  ausruhten.  J.  Pacl  Kamp.  58 ;  die  heiterkeit  eines  be- 
friedigten, ausruhenden  herzens.  13. 

2)  transitiv,  sich  ausruhen :  als  sie  sich  ausgeruhet  hatten. 
Rollenhagen  tcunderb.  reisen  9;  hier  wollen  wir  uns  ausruhen; 
wo  soll  mein  irrendes  äuge  sich  ausruhn  ?  Kleist  2,  8 ;  wir 
haben  uns  ausgeruht ;  vom  vielen  schreiben  müde  will  ich 
mir  die  band  ausruhen ;  geht,  ruht  euch  aus ! ; 

dasz  du  von  sommerermattung  die  schweraufathmenden  glieder 
ausruhst.  Voss ; 

wir  wollen  weiter  wandern,  denn  wir  sind  schon  ausgeruht; 
unausgeruht  im  joche  ziehn.  Uz  1, 166. 

AUSRÜHESTUNDE,  f.:  das  ist  seine  aasruhestunde ;  aus- 
ruhestunden,  die  ihm  von  eignen  arbeiten  übrig  bleiben.  Götbk 
45,  21. 

AUSRCHREN,  excutere:  die  erbsen  rühren  sich  aus,  ent- 
fallen den  hülsen. 

ACSUCLLEN  ,  emugire,  nusbrüllen,  einfaches  rüllen  mugire 
bestätigt  Stieler  1636 : 

das  gralias  keiner  ausrollt, 

er  hau  denn  erst  den  balg  gefüllt.    B.  Waldis  Esop  4,  88. 

rfillen  könnte  aber  aus  rubelen  {vgl.  röcheln)  gekürzt  sein,  im 
Eulensp.  cap.  13.  58.  70  gerühel,  gerühel  für  gesckrei. 

AUSRÜLPSEN,  eructare. 

AUSRüNDEN,  ausründen,  rotundare,  etwas  stärker  als  ab- 
runden, rund  ausarbeiten;  sich  ausrunden,  vervollkommnen: 
die  äpfel  runden  sich  aus;  eben  da  rundet  sich  ihr  syslcm 
aus.  Klinger  11,  204;  der  staut  rundete  sich  allmälich  mehr 
aus ;  so  rundet  sich  alles  eckige  in  der  weit  aus.  U,  158. 

AÜSRU.NS,  oder  vie  Maaler  45'  schreibt,  ausrunsch,  m. 
effusio,  profusio,  ein  altes  vort,  vgl.  ahd.  runs.    Graff  2, 519. 

AUSRUPFEN,  evellere,  ausraufen,  von  gras,  haar,  wolle, 
federn :  die  jungen  gänse  verstanden  sich  gleich  aufs  ausrupfen 
des  grases; 

man  rupft  uns  steif  die  federn  aus.    Soltac  465; 

wegen  der  küsse,  die  ich  dir  gleichsam  auf  den  weg  gebe, 
der  haare,  die  ich  deinentwegen  ausrupfe,  und  der  thränen, 
die  ich  so  häufig  vergiesze.  Opitz  1,  275. 

AUSRCSTEN,  armare,  instruere:  ein  beer,  ein  sdiif,  die 
flotte,  den  wagen  ausrüsten;  sich  ausriisten.  kleiden.  Garg. 
173';  lebe  wol,  mein  kind.  gott  rüste  dich  aus  mit  mut  und 
kraft ;  ein  stumpfer  köpf  ist  durch  erlernung  sehr  wol,  sogar 
bis  zur  gelehrsamkcit  auszurüsten.  Kant  2,  J55;  bebe,  söhn 
des  staubs,  der  du  dich  so  kühn  zum  feigen  betrug  ausrüstest. 
Klinger  2,  263.  auch  bei  den  handwerkem  gilt  ausrüsten  /Br 
zurüsten. 

AUSRÜSTUNG,  f.  instruclio,  armalura:  der  verstand  ist 
einer  belehrung  und  ausrüstung  durch  regeln  fähig.  Kant  2, 155. 

AUSRUTSCHEN,  prolabi,  ausgleiten. 

AUSRÜTTELN,  excutere,  ausschütteln:  kOrner,  stroh  aus- 
rütteln. 

AUSSA.KT,  f.  sementis,  sowol  das  säen  selbst,  als  das  dazu 
bestimmte  getraide :  ein  fetter  acker  verlangt  vier  schefl'cl  aiis- 
saat.  figürlich,  seine  aussaat  von  blättern  und  runzeln.  J.  Pall 
uns.  löge  3, 166 ;  die  aussaat  des  bösen  wuchert ;  die  grosze  aus- 
saat, der  lodtenaeker,  wie  goth.  raanasejis,  mdnnersaat,  volk,  weit. 

AUSS.\CKE\,  effundere,  aus  dem  sack  schütten:  kom,  kar- 
toffeln  aussacken ;  nachdem  nun  die  statt  also  zugerüst  und 
ausgesacket  {ausgeplündert,  saceagM  war.  Garg.  202'. 

AÜSSÄCKELN,  was  ausbeuteln :  ich  bin  ausgesäckelt,  habe 
mein  geld  ausgegeben;  sie  haben  dich  schön  ausgesückelt 
heute.  Fr.  MCller  2,118.    bei  Stieler  1660  ausseckeln. 

AUSS.\E.N,  sementem  facere,   steht  sehr  oft  bildlieh: 

irdisch  bin  irh  au<geint. 

himmlisch  werd  ich  aufprslelin; 

het  mirs  tu  freuden  au<gesät, 

der  ander  hat  mirs  abgeroäi.    l'aLAifD  138; 
wirsän  auf  Wahrheit  aus,  und  ernten  zweifei  ein.   Doscb; 
wer  oliren  macht  mit  iobe  reich,  wil  machen  reich  sein  baua, 
der  wil  ihm  ernten  eignen  nutz,  der  fremdes  lob  sät  aus. 

I.ociu  1,  8,  51 ; 
so  see)  ir  in  ein  freradeo  acker  das  kom  aus.   fattn.  tp.  <M9,  6 ; 


943 


AUSSAGE— AUSSATZ 


AUSSATZ  — AUSSAUFEN 


944 


gut  ausgeführte  monumente,  nicht  einzeln  und  zufällig  aus- 
gesäet.  GöTHE  17,  205;  wer  mit  Rousseau  nur  irgend  in  Ver- 
hältnis gestanden  hatte,  genosz  theil  an  der  glorie,  die  von 
ihm  ausgieng,  und  in  seinem  namen  war  eine  stille  gemeinde 
weit  und  breit  ausgesäet.  26,181;  meine  in  Deutschland  aus- 
gesäeten  freunde  und  freundinnen.  45,  311;  deine  hungrige, 
bettlerische  und  elende  brut  wird  den  von  dir  ausgesäten 
Jammer  durch  kinder  und  kindeskinder  fortpflanzen.  Klinger 
3,271;  so  erntete  ich  oft  Vorwurf  und  fluche,  wo  ich  so  sorg- 
fältig auf  dank  und  segen  ausgesät  hatte.  7,  Cl ;  an  diesem 
striche  des  himmels  sind  die  Sterne  dicht  ausgesät. 

AUSSAGE,  f.  testimonium,  effalum:  aussage  der  prophetcn; 
aussage  der  zeugen  vor  gericht;  einstimmige  oder  unverein- 
bare aussagen ;   aussage  thun. 

AUSSAGEN,  effari,  dicerc:  als  die  Urkunde  aussagt;  wahr- 
heil  oder  lügen  aussagen ;  ein  zeuge  sagte  dafür  aus,  der  an- 
dere dawider ;  es  läszt  sich  nicht  aussagen ;  aber  das  ist  das 
heubtstück  aller  bosheit  und  ein  solche  schendliche  unver- 
ßchampte  lesterunge,  das  nicht  auszusagen  ist.  Lutheb  5,  294'; 
er  solle  sich  nicht  scheuen,  sonder  sol  recht  aussagen,  woi-zu 
er  lust  habe.  Scuuppius  595 ;  sich  aussagen,  sich  aussprechen  : 
sollte  aber  die  Zulassung  eines  mehreren  zu  der  Vereinigung 
der  evangelischen  helfen,  sollte  ich  dafür  halten,  die  herren 
hollandi  theologi  würden  sich  nicht  aussagen.  Leibnitz  2,  247 ; 
auf  einen  oder  auf  etwas  aussagen,  bekennen :  eine  Verschwö- 
rung, nach  deren  entdeckung  einer  der  gefolterten  auch  auf 
Belisar  aussagte.  Beckers  weltg.  4,  87;  sie  hat  von  freien 
stücken  und  hernach  eidlich  auf  den  hausknecht  als  vater 
ihres  kindes  ausgesagt. 

AUSSÄGEN,  serra  exsecare:   einen  ast  aussägen. 

AUSSÄLBEN,  perungere. 

AUSSANDEN,  purgare  a  sabulis:  den  hafen  aussanden. 

AUSSATZ,  m.  lepra,  eine  im  alterlhum  weil  verbreitete  Haut- 
krankheit, die  imter  sehr  abweichenden  namen  außrilt.  den 
Golhen  hiesz  sie  J)rutsfill,  d.  i.  hautvcrdrusz,  hautbeschwerde, 
entsprechend  dem  böhm.  trud,  poln.  trad.  der  ags.  ausdruck 
war  hreof  oder  hreofel,  dem  auch  in  einigen  ahd.  denkmälcrn 
bruf,  ruf,  riobsuht  zur  seile  steht,  mhd.  fiberwog  miselsuht. 
nie  begegnet  ahd.  mhd.  ftjsaz  für  lepra,  wol  aber  ein  ahd. 
fijsäzeo  orfer  öjsazeo  für  leprosus  (Graff  6,  305)  und  mhd. 
fijsetzel,  öjsetzic  leprosus;  diese  scheinen  eigentlich  einen  von 
der  menschlichen  gesellschaß  ausgesetzten,  ausgeschiednen  zu 
bezeichnen  {wie  auch  öjsetze  anderwärts  bedeutet  non  suo  loco 
locatus.  Obeblin  1914);  es  ist  bekannt,  dasz  die  miselsüch- 
tigen  abgesondert  lebten,  wie  sie  auch  sondersieche  hieszen. 
Die  herleilung  des  sächlichen  begrifs  aus  dem  persönlichen  hat 
etwas  seltsames,  wir  begegnen  hier  wiederum  einem  willkomm- 
nen  beispiel  dafür,  dasz  der  sprachgeist  die  Vorstellung  der 
Sache  aus  empfindungen  des  personenverhällnisses  hervorgehen 
liesz.  nicht  unähnlich  war  der  Ursprung  unseres  elend  mise- 
ria  und  elend  miser  aus  dem  persönlichen  alilanli  exsul,  ca- 
ptivus,  oder  unseres  arm  pauper  aus  dem  persönlichen  tim- 
armt,  bemitleidet  {sp.  554).  (ijsazeo  war  also  der  seines  un- 
heilbaren Übels  wegen  ausgesetzte,  und  bald  fieng  man  an  den 
leprosus  überhaupt  einen  aussätzigen,  endlich  gar  die  lepra  den 
aussatz  zu  nennen,  ohne  dasz  weiter  an  die  absonderung  ge- 
dacht wurde,  so  wenig  als  bei  elend  an  exil  und  gefangenschaß. 
Wer  diese  geschichte  des  worts  bestreiten  und  annehmen  wollte, 
aussatz  meine  vielmehr  einen  ausschlag,  der  aus  der  haut  vor- 
dringe, sich  aussetze,  müste  ein  ahd.  ftjsaz  =  lepra  aufweisen, 
nach  welchem  djsazeo  gebildet  worden  sei,  und  darlhun,  dasz 
aussetzen  soviel  als  ausschlagen,  ausfahren  bedeuten  könne; 
die  analogie  von  frasej  aerugo  würde  eher  ein  ftjscj  fordern. 
die  gänzliche  abwesenheit  des  sächlichen  Wortes  neben  den  häu- 
figen persönlichen  räth  aber  jenes  aus  diesen  abzuleiten,  aus- 
satz für  lepra  selbst  mag  erst  im  14.  15  jh.  vorkommen,  mit 
aussalz  ganz  umbgebcn  findet  sich  fasln,  sp.  707,  8;  Diefen- 
BAcns  Wörterbuch  von  1470  sp.  167.  hat  ausseczickeit,  Üasyi-o- 
uiiis  114'  aussctzigkeil,  300'  aussalz,  Maai.er  45'  aussatz;  bei 
Luther  wird  aussatz  ganz  entschieden  und  sehr  oß  gebracht, 
offenbar  nahm  er  es  für  das  ausfahrende,  sich  ansetzende,  für 
flecken,  macula,  und  hatte  keinen  gedanken  mehr  an  die  aus- 
selzung  des  kranken :  wenn  einem  menschen  an  der  liaut  sei- 
nes neischcs  ^twas  aiUTeret,  oder  sclicbichl  oder  cilenveisz 
(lucens  pustula),  als  weit  ein  aussalz  werden.  ^  Mos.  13,2; 
liesprengcn  den,  der  vom  aussalz  zu  reinigen  isl.  14,  7 ;  so 
ists  gcwis  ein  fressender  aussatz.  2  Sam.  3,  29;  und  da  er 
mit   den   prieslern   murret,    fuhr    der   aussatz  aus  an  seiner 


Stirn  (vulg.  orta  est  lepra  in  fronte  ejus).  2  chron.  26,  19 ; 
alsbald  ward  er  von  seinem  aussatz  rein.  Malth.  8,  3 ;  gieng 
der  aussalz  alsbald  von  im.  Marc.  1,  42;  sihe  da  war  ein 
mann  voll  aussatzes.  Luc.  5, 12 ; 

die  pest 
steckt  die  glieder  serbst  mit  scharrem  aussatz  an. 

Gryphius  1,  314; 
er  {Jesus)  sctiaut  der  lamen  laul, 
der  aussatz  musz  vergehn.    2,  392. 

figürlich  heiszt  es:  aussatz  (schandmal)  dermenschheit.  Schil- 
LEB  122".  man  hat  auch  einen  flechtenüberzug  an  den  bäumen 
aussatz  genannt,  seinem  eigentlichen  gehalt  nach  könnte  aus- 
satz {wie  ansalz,  besatz,  Umsatz)  das  aussetzende  oder  ausge- 
setzte in  manigfacher  abstraction  aussagen,  die  vorhersehende 
der  lepra  scheint  aber  alle  gehindert  zu  haben,  Schmeller  3, 
297  hat  aussatz  für  ladet,  man  sagt  aussatz,  das  ausgesetzte 
im  spiel,  seinen  aussatz  wieder  gewinnen ;  anderemal  steht  üus- 
satz  für  Vorsatz  {scr.  rer.  lusat.  2,  376) ;  einigemal  bezeichnet  es, 
was  das  folgende  aussatzung:  der  wird  nicht  stolz  und  hoffär- 
tig  werden,  wann  ihn  andere  leute  höher  schätzen  und  hal- 
len, als  er  nach  aussalz  {anschlag)  seines  eigenen  gewissens 
ist.    ScHüPPius  309.    s.  aussetzen  und  hernach  aussatzung. 

AUSSÄTZEL,  m.  leprosus,  subst.  läszt  sich  nhd.  nicht  mehr 
aufzeigen,  Schmelleb  führt  es  aus  Westenbieders  beitr.  7, 183 
an,  mhd.  djsetzel  erhellt  aus  Grieshabeb  94',  wo  geschrieben 
wird  uzzecil,  uzzezil.  die  bessere,  jenem  ahd.  üjsazeo  gleiche 
mhd.  form  lautet  üjsetze  in  Lichtensteins  frauend.  323,  25. 
27.  324,  23.  329, 19.    ags.  hiesz  er  hreofla. 

AUSSÄTZIG,  leprosus,  adj.  besser  zu  schreiben  aussetzig, 
mhd.  üjsetzec.  Berth.  pred.  250  und  im  pass.  bei  Köpke  65, 
51.  84,  44.  147,  16.  ursprünglich,  wie  wir  sahen,  expositus, 
expositicius,  abjectus,  und  hernach  euphemistisch  für  infectus, 
leprosus :  <ijsetzec  wart,  pass.  65,  51  verfiel  der  seuche.  nhd. 
Deus  dedit,  der  was  so  heilig  und  kuste  einen  usselzigen 
menschen,  der  wart  an  stelle  reine  und  gesunt  von  dem 
küsse.  Königshofen  170';  Agatho,  der  kuste  einen  usselzigen 
man  an  sine  haut,  do  M'art  er  von  stelle  gereinigel  und  ge- 
sunt. 174'';  stecke  deine  band  in  deinen  bösen,  und  er  steckt 
sie  in  seinen  bösen  und  zoch  sie  eraus,  sihe  da  war  sie  aus- 
setzig wie  Schnee.  2  Mos.  4,  6 ;  es  ist  aussetziger  grind  des 
heubts  oder  des  barts.  3  Mos.  13,  30 ;  so  isl  er  ausselzig  und 
unrein.  18,  44;  das  sie  aus  dem  lager  thun  alle  aussetzigen. 
4  3/os.  5,  2;  und  sihe,  da  war  Mirjam  ausselzig  wie  derschnee. 
12,  10 ;  der  herr  plagt  aber  den  könig,  das  er  aussetzig  war 
bis  an  seinen  tod.  2  kön.  15,  5 ;  sihe,  da  ward  er  ausselzig  an 
seiner  Stirn.  2  chron.  16,  20 ;  und  sihe  ein  aussetziger  kam 
und  betet  in  an.  Malth.  8,  2;  machet  die  kranken  gesund, 
reiniget  die  aussetzigen.  10,  8 ;  die  ausselzigen  werden  rein. 
11,5;  im  hause  Simonis  des  aussetzigen.  26,  6;  weil  sie  wol 
gefület,  das  ir  Sache  löcherichl,  ausselzig  und  unfletig  war. 
Luther  5,  290'. 

AUSSÄTZIGKEIT,  f  lepra,  mhd.  ftjsetzicheit,  verkürzt  in 
uzzekcit  hei  Grieshaber  o.  a.  o.,  nhd.  belege  vorhin  unter  aus- 
satz. 

AUSSÄTZISCH,  was  aussätzig:  die  ausselziscbe  seuche. 
Paracelsus  chir.  sehr.  97". 

AUSSATZMAL,  n.  macula  leprae.  3  Mos.  13,  20.  25.  14,  34. 

AUSSATZUNG,  f  expositio,  instilutio,  Verordnung:  aus- 
salzung oder  ^Constitution  gemachet,  brandenb.  edicl  von  Ibi^; 
umb  welcher  aussatzung  und  Ordnung  willen  sei  auch  die 
empfahung  des  hochwirdigen  sacramenis  unter  beider  gestalt 
frcvelich.  Luther  1,  214*;  unbciiinderl  der  bepstischcn  aus- 
salzung und  Ordnung.  3,  OO';  und  die  leute  mit  den  heiligen 
sacramenlen,  nach  aussatzung  Christi,  sciiglich  verschen  wer- 
den. 4,349';  weil  sie  doch  selbs  nicht  mehr  die  fasten  halten 
nach  aussalzung  der  canonum.  5,  114';  das  wort  gotles  und 
der  iieiligen  kirclien  Ordnung  und  aussatzung  zu  verkündigen. 
Mei-anchth.  1,  501.    s.  aussetzen,    später  veraltend. 

AUSSÄUBERN,  emundare,  ganz  säubern. 

AUSSAUF"EN,  ebibcre,  exhaurire,  nnl.  uilzuipcn,  heule  nur 
von  thieren  oder  unmäszigen  menschen,  chmals  häufiger:  troet 
und  trotzet,  so  vil  reuter  ins  land  zu  bringen,  dasz  die  pferd 
den  Bhein  müsten  aussaufen,  damit  das  fuszvulk  trocken 
durchgieng.  Garg.  211*;  er  leszt  sich  dünken,  er  versiehe  in 
{den  bibelspruch)  uiieraus  wol  und  iiab  in  rein  bis  auf  den 
boden  ausgesollVn,  der  doch  sein  ganz  lebcnlang  nie  daran 
gedacht  hat.  Luther  .S  45';  sihe  nu  die  wort,  wie  gewaltiger 
{Paulus)  aui  der  schrifl  redet  vom  tode,  und  in  so  fiirmalet, 


945 


AUSSAUGEN — AUSSCHÄLEN 


AUSSCHÄLEN —AUSSCIIÄTZEN 


946 


als  sei  er  gar  verschlungen  und  rein  ausgesofifen,  das  nichts 
mehr  davon  bleiben  sol,  der  doch  alle  menschen  auf  erden 
gefressen  und  vei-schlungen  hat.  6,  269";  wie  der  jetzige  le- 
gatz Nalz  zu  Menz  seine  stift,  sonderlich  Magdeburg  ausge- 
fressen, ausgesoffen  und  ausgesogen  hat.  6,  491* ; 

dürsl  dich  zur  selben  stund, 

so  saufs  gar  aus  bis  aar  den  grund.    grobianus  G4; 

es  ist  noch  vii  härter,  das  ich  disz  hoch  glas  aussaufen  musz. 
Garg.  92';  aussaufen  zur  geselligkeit  {bescheid  thun).  152'; 
ein  Schelm,  der  dem  andern  etwas  vergibt  und  in  nit  laszt 
aussaufen.  102' ;  hat  jemand  dein  landweingen  ausgesoffen. 
Weise  kl.  leute  276 ;  hiesz  mich  der  Schiffer  ein  gut  glas  voll 
bomolie  aussaufen.  Schelmnfsky  1,  61 ;  sof  die  wasserkanne  auf 
einen  zug  reine  aus.  1, 101.     s.  saufaus. 

AUSSAUGEN,  exsugere,  nack  starker  und  schwacher  form, 
nnl.  uitzuigen:  die  milch,  die  brüst  aussaugen; 

Zartlieb  ist  im  bett  erzogen, 

hat  sechs  ammen  ausgesogen.   Logac  3,  10,24; 

wenn  Sirius  den  waizenähren 

die  milch  aussaugt.    GdKi?<cK  1,  279; 

die  wunde,  das  gift,  das  mark,  den  knochen  aussaugen: 

und  saugt  das  mark  des  laudes  aus.  Götter  1,425; 
den  saft,  die  frucht  aussaugen.  Oß  figürlich,  das  land  bis 
aufs  blut  aussaugen ;  und  wenn  denn  alle  herm  (acc.)  mit 
geldborgen  i.  f.  gn.  (nom.)  zuvor  ausgesauget  hatten.  Scuwei- 
KiCHEN  1,263;  fand  die  länderei  ausgesogen  und  ungebessert. 
Kirchhof  Kcr.dunm.  167';  das  reich  gar  auszusaugen.  Soltao 
477 ;  wie  sie  den  armen  mann  mit  contribution  bis  auf  den 
letzten  grad  aussaugeten.  Scbcppius  6ö8; 

und  stellt  ihm,  wann  er  sieht  das  volk  sein  herz  aussaugen, 

mit  glücklicher  Vernunft  die  ursach  unter  äugen, 

so  in  den  dingen  steckt.    Opitz  1,49; 

oder  hat  den  alten  mut 

dir  die  Schwindsucht  ausgesogen?    Göei.'^ge  2,  42; 

dnsz  nicht  die  edlern  spröszlinge  glut  und  frost 

aussaug  und  Sturmwind.        Voss  ; 

und  blickst  nach  meinen  äugen, 

liclit  ihnen  auszusaugen.    Höckert  406 ; 

wie  hätten  sie  eine  regierung  lieben  können,  von  der  sie  un- 
terdrückt, ausgesogen  und  mit  füszen  getreten  wurden.  Wie- 
land 2,  102;  das  ausgesogene  und  gerollte  gesiebt.  J.  Pacl 
Jubels.  117;  die  fürsten  sind  gut,  sie  werden  selber  ausgeso- 
gen und  dann  scheinen  sie  auszusaugen.  Tit.  2,  97. 

AUSS.\UGEN,  perlactare:  die  amme  hat  das  kind  ausge- 
säugt, bis  zu  ende  gesäugt. 

AUSSAUGEREI,  f.  exhauslio. 

AUSSCHABEN,  eradere,  ausradieren,  nnl.  uitschaven. 

AUSSCHAFFEN,  perficere,  ausarbeiten,  vollenden: 

nach  meinem  denken  von  der  Vollkommenheit 

g.tnz  ausgcschafTen,  mir  geschalten, 

führst  du  sie  weg,  die  mein  ganzes  herz  liebt.  Klopstoce  1,  59; 

CS  kam  auch  der  meisten, 
alle  Vollender  der  kunst,  sein  schmiedegerät,  in  den  bänden, 
dasz  er  wol  ausschüfe  das  gold.  Voss  Od.  3,  435; 

alJes  ist  ausgeschaffen  und  zur  Vollkommenheit  gediehen.  Hip- 
pel 7,205;  jetzt  wurde  der  notarius  bis  auf  das  letzte  glied, 
auf  die  fersen  gar  ausgeschaffen.  J.  Paul //ege//.  1,  65;  wanim 
richten  wir  unsere  phantasie  nicht  im  winter  ab,  den  früh- 
ling aufzufassen  oder  vielmehr  auszuschaffen.  uns.  löge  3,  SS. 

AUSSCHAFFEN,  schwachformig,  herausschaffen,  ejicere,  fort- 
schaffen: die  keiscrin  unübei-wicsen  auszuschaffen.  Ayreb  271* ; 
fremde  aufnehmen  und  geleiten  oder  ausschaffen  und  weg- 
weisen. Moser  p.  ph.  2, 104. 

AUSSCHAFFUNG,  f.  ejeclio:  und  was  will  er  ihmc  die  aus 
dem  paradeis  geschehene  ausschaffung  verweisen  und  fürwer- 
fen  ?  Ayrer  proc.  1, 15. 

AUSSCHALEN,  e  concha  eximere,  austcm  ausschalen,  man 
nennt  auch  ausschalen,  ucnn  der  Kellenschlag  die  oberen  ufer 
abspült,  umgekehrt  ist  ausschalen  so  viel  als  verschalen,  be- 
kleiden mit  schalen  oder  rauhen  breitern. 

AUSSCFIALEN,  deeorticare:  nüsse,  mandeln,  bobncn  aus- 
schälen ;  Christus  kann  sich  wol  ausschclen,  das  du  die  schale 
davon  kriegest  und  den  kerne  nicht  ergreifest.  Luther  3,  355 ; 
denn  es  erschreckt  ein  ungehörtes  leiden  ein  menschen  gar 
secr,  das  er  sich  sol  fülcn  also  ausgeschelet,  und  für  allen 
menschen  ein  sonderlichs  leiden.  5,  5S';  das  die  schwermer 
eitel  brot  und  wein  draus  machen,  den  kern  aiisscbelen  und 
inen  die  hülsen  geben.  5,  102';  da  ist  denn  alles  aus,  und 
bleibt  weder  liebe,  glaube  noch  Christus,  sondern  lauter  hül- 
sen  und  taube  nüsse,   die  wol  den  namcn  der  Christen  be- 


halten, aber  den  kern  verlieren  und  sich  selbs  ausschelen 
und  verweben,  wie  die  sprew  von  dem  reinen  koin.  6,  49*; 
wer  nicht  in  der  liebe  bleibt,  der  bleibt  in  gotl  nicht,  noch 
gott  in  im,  sondert  und  schelet  sich  selbs  aus,  als  ein  un- 
nütze, untüchtige  hülsen  oder  sprew.  6,  49';  gleich  als  wi- 
derumb  kein  ding,  das  leiden  oder  anfechtung  so  schwer  und 
untreglich  macht,  und  kein  exempel  oder  milgeuossen  desscl- 
bigen  leidens  sihet,  als  sei  es  allein  verlassen  und  ausge- 
schelet.  6,  192'; 

der  burgersmann  erzählet, 
wie  auf  der  sU'asze  dich  der  landsknecht  ausgeschelet. 
Tscher.m.^c  210; 

weil  ich  unterwegens  ausgeschälet  (ausgeplündert)  worden. 
Simpl.  I,  470 ;  die  giftigen  kräuter  von  den  gesunden  ausschä- 
len. LouENST.  Ami.  1, 1349 ;  sie  hatten  zugleich  die  Verfügung 
getroffen,  dasz  er  {Kleist}  in  Frankfurt  so  viel  geld  bekom- 
men kann,  als  er  nothig  hat,  weil  es  leicht  möglich  ist,  dasz 
ihn  die  Russen  zugleich  rein  ausgeschält  haben.  Lessing  12, 
134;  meistentheils  unter  lehrern  zu  stehen,  die  keine  litera- 
toren,  keine  wahren  schulleute  waren,  sie  konnten  mir  den 
Cicero  nicht  recht  ausschelen.  Reiske  Icbensb.  7 ; 

wenn  einer  schiffet  und  reiset, 
sammelt  er  nach  und  nach  immer  ein, 
was  sich  am  leben,  mit  mancher  pein, 
wieder  ausschälet  und  weiset.    Götbe  2,  247. 

sich  ausschälen,  sicA  langsam  auskleiden,  die  fleischer  nen- 
nen ausschälen,  trenn  sie  an  geschlachteten  Schweinen  den  in- 
nern  speck  ausschneiden  und  ablösen. 

AUSSCHÄLLEN,  personare,  erschallen :  als  der  scherer  nun 
meinte,  es  were  jetzund  weit  genug  ausgeschollen.  Wickram 
ro//if.  81.  steht  tcie  das  einfache  schallen  ßr  schellen,  aus- 
schellen,    mhd.  üj  schellen,  öj  schal,  myst.  62,  9. 

AUSSCHALMEN,  im  forsttcesen,  durch  beschdlung  der  bäume 
aussondern,  anweisen:  einen  platz  zur  weide  ausscbalmen. 

AUSSCHÄMEN,  sich,  pudorem  abjicere: 
ich  hab  mich  genzlich  ausgeschembt.    H.  Sachs  I,  300*; 
er   hat    sich   ausgeschemet,   os  homiui  plane  deinceps  nullum 
est.   Mich.  Neander  syll.  loc.  75*;    er  hat   sich  ausgeschämt, 
dedidicit  pudere.  Stieler  1728. 

AUSSCH.\NDEN,  opprobrüs  afficere:  er  schändet  alle  leute 
aus. 

AUSSCHÄNDIEREN,  dasselbe.  Stieler  1732 ; 

der  hatte  recht  auf  seinen  tezt  studieret, 

die  kirchenväter  oft  citieret, 

die  keuer  stattlich  aussohendieret.    Gbllikt  1,  204. 

t.  ausschimpfieren. 

AUSSCHANK,  m.  divendilio  Hquorum,  eaupona,  $.  aasschen- 
ken. 

AUSSCHAREN,  segregare,  aussondern,  aus  der  schar  sloszen. 
vgl.  ausscheren. 

AUSSCHÄRFEN,  exscindere,  vcird  weidmännisch  ßr  auf- 
schneiden von  einseinem  tcildpret  gesagt. 

AUSSCHARREN,  eradere,  effodere:  die  hyüne  scharrt  lei- 
chen  aus ;  die  bunde  scharrten  vergrabne  münzen  aus ;  soll 
mirs  ein  dieb  ausscharren?  Garg.  90';  die  leiche  des  Verbre- 
chers wurde  wieder  ausgescharrt  und  neben  der  mauer  be- 
graben, einen  ausscharren,  explodere,  durch  scharren  mit  den 
füszen  beschimpfen;  intransitiv,  ausscharren,  mit  dem  fusze 
scharrend  hinten  ausstreichen,  kratzfusz  machen,  wie  die  tauben : 

ich  erwicderte  drauf  mit  weit  ausscharrendem  bückling.  Voss ; 
ist  mein  rücken  krumm?  scharr  ich  mit  den  beinen  aus? 
TiECK  3,  139.  bildlich,  eruere,  wieder  hervorbringen :  er  ge- 
wann damit  die  zeit,  die  verschüttete  gottesstadt  der  kind- 
heit  auszuscharren,  so  dasz  zuletzt  völlig  dieselben  gassen 
ans  Sonnenlicht  kamen,  wie  die  waren,  durch  welche  er  ein- 
mal als  kind  gegangen.  J.  Pacl  flegelj.  1,122.  bairisch,  und 
der  ahd.  spräche  gemäsi,  ausschcrrcn  (Schü.  3,  389). 

AUSSCHARTEN,  bei  den  kürschnem,  leder  auszacken,  schar- 
tig bilden. 

AUSSCH.\TTIEREN,  adumbrare,  abschattieren :  zu  den  um- 
rissen soll  er  seine  tusche  nur  stärker  machen,  zum  aus- 
schattieren kann  er  sie  alsdann  schon  schwächer  nehmen. 
GöTHE  an  Knebel  325. 

AUSSCHÄTZEN,  dedeeorare,  beschimpfen,  vgl.  engl,  tax 
schelten,  tadeln:  dasz  nicht  grobe  hübeler,  ausschwätzer  und 
Wäscher  darüber  {über  mein  buch)  kommen,  mich  damit  in 
meiner  gruben  ausschälzen.  Schweimchen  1, 13; 

ganz  höoisch  mich  ausschetzien  gern. 

JoACH.  Sariobics  psalm  69,  12. 

60 


947 


AUSSCHAUEN  —  AUSSCHELFEN 


AUSSCHELLEN — AUSSCHIESZEN 


948 


AUSSCHAUEN,  prospicere,  aussehen, '  ausblicken : 

mit  starrendem  blicke 
schauet  er  in  die  finsternis  .aus.    Klopstock  Jtfess.  4, 1208; 

mein  hin  geliefietes  äuge 
schauet  aus  in  die  nacht,  und  kann  nicht  weinen.  5,405; 

oft  schaut  sie  vergebens 
in  die  finsternis  aus.  Zacuariä. 

Zuweilen  auch,  wie  aussehen,  welches  doch  gewöhnlicher  ist, 
für  speciem  habei-e:  du  schaust  gesund  aus;  er  schaut  recht 
vergnügt  aus ;  es  schaut  nach  gewitter  aus,  wir  werden,  dem 
anschein  nach,   ein  gewitter  bekommen. 

AUSSCHAUERN,  cum  impctu  effundere,  stromweise,  schauer- 
weise ergieszen: 

die  wunden  noch  schauern  sie  biut  aus.    Mcss.  8,  608. 

AUSSCHAUFELN,  palis  ejicere:  wasser  ausschaufeln,  einen 
teich  ausschaufeln. 

AUSSCHÄUMEN,  exspimare:  wilde  wellen  des  meers,  die 
ihr  eigen  schände  ausscheumen.  br.  Judas  13 ;  sterbende  Schü- 
lerinnen schäumten  den  nanicn  ihrers  lehrers  unter  fluchen 
und  Zuckungen  aus.  Schiller  191; 

0  endlicli  kann  ich  meine  brüst  entladen, 
aussch.-iumen  endlich  gegen  meinen  feind 
der  tiefsten  secle  langverliallnen  groll.    Uli. 

der  eher,  als  ihm  die  hunde  nahten,  schäumte  aus. 

AUSSCHEFFELN,  accrvatim  expcnderc,  nach  dem  Sprichwort, 
was  man  einleflelt  ausscheffeln,  inil  löffeln  einnahm,  mitsclief- 
ßln  ausgeben ;  hie  gehören  her,  von  denen  man  sagt,  sie  he- 
ben einen  Icffel  auf  und  zutrelten  eine  Schüssel,  oder  avo 
groszc  guter  sind,  als  zu  königcn  und  fürstenhöfen,  da  man 
einleffeltundausschcffelt,  macht  grosze  rechnung.  Luther  6,147". 

AUSSCHEIDEN,  nnl.  uitscheidcn,  in  doppeltem  sinn, 

1)  transitiv,  seccrnere,  aussondern:  uszscheiden  das  ostcr- 
lemblin  usz  der  herd.  Keisersd.  posl.  2,  114 ;  bergmännisch, 
die  erze  ausscheiden,  vom  tauben  gestcine  absondern,  ausschla- 
gen; die  guten  von  den  bösen  ausscheiden;  einen  krankheiis- 
stof  ausscheiden,  sich  ausscheiden,  discedcre:  ein  paar  jähre 
im  warmen  klima  zubringen,  ob  sich  dieses  übel  vielleicht 
ausscheide.  Arnim  schaub.  2,  368. 

2)  intransitiv,  discedere,  abgehen:  ich  musz  von  euch  aus- 
scheiden; ich  dächte  ich  schiede  gänzlich  aus.  Lessing. 

AUSSCHEIN,  ni.  splcndor  elucens:  ein  glänz  und  ausschein 
seiner  herlichkeit.  Frank  5,  67.  nihd.  üjschin.  Leyser  27,  18. 
s.  abschein. 

AUSSCHEINEN,  elucere,  nnl.  uitschijnen,  engl,  outshine: 
wenn  feuer  über  das  dach  ausscheinet.  Kaltenbäck  panteid. 
1,  34" ;  in  anderm  sinn  aber  transitiv  exstinguere,  delere : 

aus  edelsteinen, 

gemacht  den  lächerlichen  blitz  der  erdengötter  auszuschcinen. 
WiELAND  17,  124 ; 

SO  eben  hat  die  sonne  da  ein  talglicht  ausgeschienen.  Licii- 
TENiiERGS  Hogarth  1, 112. 

AUSSCHEISZEN,  gleichsam  excacarc,  alvo  egerere,  mhd. 
(1;  schijen,  ein  uraltes,  ehmals  unanstöszigeres  wort:  blut  aus- 
scheiszen.  Stieler  1757 ; 

dasz  Niger  edel,  must  du  wissen, 

ein  reiger  hat  ihn  ausgescliissen.    Logau  1,  8,  53, 

was   auf  einen   hergebrachten,    der   bewahrung   werthen  volks- 

scherz  zurückgeht : 

ein  rab 

schisz  einen  Schwab, 

und  aus  dem  stank 

erwuchs  ein  Frank; 

ausführlicher  bei  Schmeller  3,  524: 

doch  ist  ein  Sprichwort, 

die  Schwaben  seien  von  hohem  Slam, 

«ie  scheisz  ein  reiger  ab  einem  bäum 

nidcr  auf  die  erden,  bei  dem  Rhein, 

davon  die  Schwaben  komcn  sein, 

und  von  der  Schwaben  stank 

(sind  knmen  die  PVank, 

und  aus  der  Franken  eicr 

sind  komcn  die  iinsaubern  Iteier. 

der  Volksglaube  liesz  die  urstämme  aus  steinen  oder  auf  bäu- 
men cntspricszen,  und  von  den  bäumen  durch  vOgel  herab  ge- 
worfen werden  {mythol.  s.  538.  gesch.  der  d.  spr.  780). 

AUSSCHEITELN,  capillos  sccernere,  das  haar  aus  dem  ge- 
siebt, aus  der  slirne  scheiteln,  die  tuchmachrr  benennen  aus- 
sclieileln  das  aufbäumen,  aufziehen  der  werfte. 

AUSSCHELFEN,  fulliculis  eximerc,  enthülsen,  ausschälen: 
die  nüsse  sollu  schwingen  lassen,  wann  sie  ünfalien  sich  aus- 
zuschelfen.  Seiiiz  358. 


AUSSCHELLEN,  campanula  proclamare:  es  ist  eben  aus- 
geschellt worden ;  dem  musz  man  so  was  an  die  nase  heften, 
wenns  morgen  am  marktbrunnen  ausgeschellt  sein  soll.  Schil- 
ler 183.    vgl.  mhd.  Cljschellen.  GA.  3,  54  und  ausklingeln. 

AUSSCHELTEN,  duriter  increpare:  die  mutter  schalt  das 
kind  aus ;  ich  bin  ausgescholten  worden ;  ich  fand  unsern 
hofmeister,  welcher  seinen  söhn  mit  vielem  eifer  ausgeschol- 
ten hatte.  Rabener  2, 11.  6,  208. 

AUSSCHENKEN,  divendere  liquores,  cauponam  exercere: 
wein,  brantwein,  hier  ausschenken,  maszweise  verkaufen,  aus- 
wirten,  in  Süddeutschland  verleitgeben,  ausleitgeben.  bei  den 
handwerkcrn,  den  gesellen  ausschenken,  ihm  beim  auswandern 
den  ehrentrunk  reichen,  im  gegensatz  des  einschenkens,  des 
bewillkommens  mit  dem  trunk.  s.  ausgeschenk.  ausschenken 
ejfunderc:  du  soll  auch  seine  schusseln,  becher,  kannen, 
schalen  aus  feinem  golde  machen,  damit  man  aus  und  ein- 
schenke. 2  Mos.  25,  29.  37, 16 ;  denn  der  herr  hat  einen  becher 
in  der  band  und  mit  starken  wein  vol  eingeschenkt,  und 
schenkt  aus  demselben,  ps.  75,  9  ;  ausschenken  und  verschwen- 
den. H.  Sachs  I,  275";  brentenwein  ausschenken.  Garg.  49*. 
dann  aber  auch  ausschenken  donare,  largiri,  hinschenken,  hin- 
geben, reichlich  schenken: 

da  will  ich  könglich  gab  ausschenken.    H.  Sachs  IV.  1,  23'; 
dem  nackenden  kleider  schenket  usz.    trag.  Joh.  B8. 
on  allen  reiiw  ausgeben.  Maaler  45*. 

AUSSCHEREN,  ausscbor,  tonsuram  absolvere,  gleich  dem 
einfachen  scheren  sonst  mit  dat.  der  person :  das  haar  ist  mir 
ausgeschoren,  abgeschnitten,  figürlich  hiesz  einem  (die  wolle) 
ausscheren,  ihn  übel,  hart,   eigennützig  behandeln: 

ich  hab  manigem  usz^eschorn, 

der  gieng  dan  trauriclich  dahin.    Hdtzl.  306,  52; 

auch  hat  die  jungfraw  mich  mit  zorn 

gehandelt,  und  mir  ausgeschorn 

mit  Worten  so  iiefiig  und  scharf.    H.  Sachs  I,  112*. 
die  tuchbereiler  scheren  aus,  wenn  sie  die  tücher,  nachdem  sie 
gefärbt  worden  sind,  zum  dritten  und  letzten  mal  scheren,    das 
erste    scheren    heiszt   ihnen    bärteln,    das   zweite    schlechthin 
scheren,  das  dritte  ausscheren. 

AUSSCHEREN,  ausscherte,  secernere,  segregare,  ausscharen: 

ir  eigne  freund  sie  selbst  verachten, 

und  von  in  auszuscheren  trachten.    II.  Sachs  IV.  3,  101'; 

das  kein  zweivel  ist,  dieser  spruch  rede  vom  bapst  und  seinen 
geistlichen,  und  Christus  selbs  hie  absolviert  und  ausscheret 
alle  pfaffen  und  münch,  indem  das  er  verdampf  alle  orden  und 
klöster.  Luther  2,  113';  fohlen  ausscheren,  absondern.  Rosen- 
zweig rosztäuscher  s.  86.  in  einigen  landstrichen  ausschicren, 
z.  b.  für  forstmäsziges  aussondern  des  hohes,  vgl.  ausschalmen. 

AUSSCHEUCHEN,  fugare,  abigere,  verscheuchen:  man  hat 
ihn  hier  ausgescheucht. 

AUSSCHEUERN,  expurgare,  ausfegen,  reinigen,  nnl.  uit- 
scheuren :  die  gefäsze  ausscheuern ;  jede  malerische  teuschung 
aus  dem  gesiebte  der  dame  ausscheuern.  J.  Paul  teup.  pap. 
2,  32.    einen  ausscheuern,  ausschelten. 

AUSSCHEUERUNG,  f.  die  ausscheuerung  des  alterthüm- 
lichen  Sauerteigs.  J.  Paul  Hesp.  1,  87.     üblicher  die  ausfegung. 

AUSSCHICKEN,  emittere,  aussenden:  boten  ausschicken; 
ich  habe  schon  nach  ihm  ausgeschickt;  er  schickt  nach  leu- 
ten  aus;  schicket  aus  und  liesz  rufen  alle  vvarsager.  1  Mos. 
41,  8 ;  er  schicket  aus  von  der  höhe  und  holet  mich.  2  Sam. 
22,17.  ps.is,ll;  schickte  aus  und  liesz  alle  kinder  zu  Reth- 
lehem  tödtcn.  Matth.  2,  16;  schickten  sie  aus  in  das  ganze 
land.  14,  35 ;  schicket  sein  beer  aus.  22,  7 ;  zum  fenster  aus- 
schicken (hinauswerfen).  Garg.  164";  er  schickte  seine  au«cn 
nur  auf  Sternbilder  aus.  J.  Paul  TU.  3,  57. 

AUSSCHIEREN,  extrudcre:  mhd.  unz  er  wart  ft;  unde  ft; 
geschoben,  pass.  K.  228,  12 ;  brot  ausschirben,  aus  dcnr  ofen 
schieben;  die  schuhe,  pantolTel  ausscbieben,  ausstoszen;  den 
lisch  ausscbi<'l)en,  durch  vorschieben  eines  verdeckten  Iheils 
länger  machen;  sich  den  arm  aussciiieben,  verschieben,  ver- 
renken, früher  auch  figürlich  für  auswählen,  gleichsam  hervor 
schieben,  stoszen:  auf  ein  zeit  war  die  gewnnlieit  in  einem 
klosler,  wenn  ein  apl  starb,  dasz  das  convent  zwen  crwelel  und 
aussciiub  (eligerel  crtruderetque)  zu  eim  apt.  seh.  u.  ernst  cap.  317. 

AUSSCHIESZEN,  nnl.  uilscbieten,  in  mehrfacher  bedeulnng, 

1)  ejaculari:  der  königssohn  schnsz  einen  pfeil  aus,  der  in 
einem  garten  niederfiel ;  und  wenn  ich  böse  pfeil  des  hun- 
gers  unter  sie  Äcbieszon  werde,  die  da  schedlicii  sein  sollen 
und  ich  sie  aussrliieszen  werde,  eucli  zu  verderben,  fe'z.  5, 16; 
da  «•  seine  gifl  und  lügen  ausgeschossen.  Luthers,  188*;  der 


949 


AUSSCHIESZEN— AUSSCHIMPFEN 


AUSSCHIMPFIEREN  —  AUSSCHLAG 


950 


bauptstamm  des  gebirgs,  obgleicb  es  ansebnlicbe  nebenäste 
ausschieszt,  ei-streckt  sieb  u.  s.  w.  Kant  9,  43. 

2)  effodere  jaculando :  der  pfeil  schosz  dem  birsch  das  rechte 
äuge  aus. 

3)  iceidmännisch,  einen  wald  ausschieszen,  alles  wild  darin 
niederschiessen. 

4)  ein  neues  schieszgewehr  ausscbieszen,  schuszgerecht  ma- 
chen, vervollkommnen;  das  zündJocb  ist  sehr  ausgescbossen, 
weil  geworden. 

5)  secernere,  segregare,  sowol  das  taugliche,  als  vorzugs- 
weise das  untaugliche,  schlechte:  einen  bock  von  der  berde 
ausscbieszen,  absondern;  die  räudigen  scbafe  ausscbieszen; 
zebn  männer  unter  bunderten  zu  näberer  beratbung  aus- 
schieszen ;  da  sind  etlicbe  vom  reicb  ausgescbossen,  mich  zu- 
vor gnediglicb  und  freundlich  zu  vermanen.  Lcther  1,  455". 
br.  1,  602;  aber  weil  es  der  häufe  nicht  warten  kän,  musz 
man  je  zum  wenigsten  einen  tag  in  der  woche  dazu  {zum 
gotlesdiensl)  ausscbieszen.  4,  393' ;  darum  die  haubtleute  sag- 
ten, wer  lust  dazu  hat  sie  {die  feinde)  anzugreifen,  die  möch- 
ten sich  ausscbieszen  {hervortreten),  und  war  ich  auch  selbst 
einer,  und  schössen  freilich  ein  pferd  oder  anderthalb  hun- 
dert aus,  warlicb  gute  redliche  gesellen.  Götz  vox  Berl.  82 ; 
man  wolt  auf  ein  zeit  ein  bischof  erwelen,  und  da  die  ber- 
ren  zusamen  kamen,  Schüssen  sie  zwen  berren  aus,  aus  den 
zweien  solt  man  erwelen,  welchen  man  wolle,  seh.  u.  ernst 
cap.  346  {ganz  wie  vprhin  bei  ausschieben);  zuletzt  empörten 
und  Schüssen  sich  aus  wider  in  Chora,  Datban  und  Abiron. 
Fra.>k  chron.  43';  alsdann  schieszen  sich  die  Mammalucken 
aus  und  etlicb  beherzigt  und  würbafte  im  häufen  der  char- 
vana  {caravane).  trellb.  1S4';  sobald  das  geschähe,  schössen 
sie  auf  jener  seifen  wieder  sechs  ros  neben  einem  trompeter 
aus.  ScHWEiJticHE.N  1, 181;  bedenkzeit  nemmen,  gemein  halten 
und  rathe  ausscbieszen.  Kirchhof  mil.  disc.  213 ;  alle  hellische 
geister,  so  zu  dieser  beratschlagung  ausgescbossen  waren. 
Ayrer  proc.  1, 1 ;  ich  denke  du  hast  nichts  dagegen,  Danisch- 
mend,  wenn  ich  diese  lügenden  sogleich  als  offenbar  unrecht 
ausschiesze  und  bei  seile  werfe.  Wieland  8, 113 ;  die  geldsor- 
ten  aussuchen  und  die  falschen  beller  ausscbieszen.  Tieck  3, 
80 ;  bei  bofe  würde  ein  mensch  mit  geradem  leibe  und  geiste 
als  böfischtodt  ausgescbossen  werden.  J.  Pacl  Hesp.  4,  33; 
einzelne  gedanken  zu  seinem  besten  gebrauche  ausschieszen. 
Hl.  nachl.  4, 139 ;  um  irrtbümer  auszuschieszen.  teuf.  pap.  2, 
144.  das  particip  ausgeschossen  bezeichnet  meistens  das  un- 
brauchbar beiseils  gestellte :  ausgeschossene  pferde ;  ausge- 
schossene rebstecken.  Garg.  286';  alte  und  ausgeschossene. 
hebamme  286.     s.  ausschusz. 

6)  intransitiv  prosilire,  exsilire,  progerminare,  von  licht,  strahl 
vnd  pflanze,  aber  auch  von  andern  dingen : 

schöj  ao  Worten  ü;.    pass.  677,  86; 

mir  ist  mein  disackn  ausgeschossen, 

der  also  rumpelt  nab  die  stiegen.    H.  Sachs  IV.  3,  4' ; 

ans  dem  nordlicbt  schössen  helle  strahlen  aus;  da  die  fun- 
ken, wie  die  stemen  bei  nacht,  zur  schmidlen  ausscbieszen. 
Garg.  247*;  Lysis  wird  in  einen  bäum  verkehrt: 

mein  fleisch  vergeht  in  holz,  die  Bnger  werden  äst, 
die  zweige  schieszen  aus,  der  ganze  stamm  ist  fest. 

Grtphius  1,  702; 
dort  seh  ich  stehn  etliche  wäslein, 
ausschieszen  mit  den  grünen  gräslein.    H.  Sacus  IV.  3,  49'; 

wie  können  wir  den  keim  der  anfechtungen  ausrotten,  wenn 
wir  ihm  nicht  freiheit  geben  kraut  auszuschieszen,  um  sieb 
dadurch  selbst  zu  entdecken,  und  es  nachher  mit  der  wurzel 
zu  vertilgen.  Kant  2,  583;  eine  gedrungene  kürze,  die  nicht 
in  wilden  übertlusz  der  worte  ausschieszt.  Herder  1,  77 ;  dasz 
diese  glückliche  wcndung  zuverlässigem  wesens  nichts  ange- 
leimtes, sondern  lebendig  angeschossener  wuchs  ist.  iNieblhr 
/eten  A.  1, 189 ;  und  jetzo  stand  diese  edennachT mit  allen  um 
sie  hängenden  bluten  und  Sternen  ausgeschossen  vor  ihm. 
J.  Pali.  Hesp.  3,  234.  man  sagt  scherzhaft,  im  frübjabr  ists 
gefährlich  spazieren  zu  gebn,  weil  die  bäume  ausschieszen 
und  die  blätter  ausschlagen. 

AL'SSCHIFFE.N,  nnl.  uitscheppen, 

1)  intransitiv,  enavigare,  escendere,  porlu  exire: 

ich  daheim  ausschiflTpn  war 
aus  dem  konigreich  Arraenia.    Atrer  333* 

2)  Iransiliv,  e  navi  aponere:  waaren,  guter,  truppen  aus- 
schiffen. 

AUSSCHIMPFEN,  probris  afficere:   er  bat  ihn  tüchtig  aus- 


geschimpft, auch  wol  desinere  proscindere:  hast  du  endUeb 
ausgeschimpft? 

AUSSCHLMPFIEREN,  proscindere,  Stieler  1797.  gebildet  wie 
ausdensieren,  ausschändieren.    s.  ausschumpieren. 

AUSSCHLNDEX,  peeus  glubere,  mlal.  eicoriare:  tragen  et- 
liche ausgeschunden  wolfshäut.  Ayrer  197';  guter,  fleisziger 
postbund,  ich  werde  dich  zur  aufmunterung,  sobald  ich  zeit 
habe,  ausschinden.  J.  Paul  Hesp.  4,  186.  bildlich,  die  leute 
ausschinden,  aussaugen;  den  aeker  aussehinden;  das  getraide 
ausschinden,  theurer  machen,  in  die  höhe  treiben,  mit  wucher 
verkaufen,  essende  waaren  ausschinden.   Stieleh  179S. 

AUSSCHINDLING,  m.  e  venire  malris  exseclus,  ein  ausge- 
schniltnes  kind.  s.  Besold  und  Speidel,  auch  .\bele  gerichts- 
händel  1,  719.    Stieler  179S.    s.  ausschnittling. 

AL'SSCHIRRE.X,  abjungere  equos,  gegensatz  von  anschirren. 

ALSSCHLACHTEN,  mactare:  salzten  dasselbe,  wie  auch 
das  ausgeschlachtete  Ziegenfleisch  ein.  Felsenb.  1,  241.  aus- 
schlachten, guter  vertheilen,  zerstückeln. 

AUSSCHLACHTUNG,  f  concisio,  zerStückelung  der  guter,  die 
guter  kaufen,  um  sie  zu  zerslücken,  nennt  man  güterschläcbter. 

AUSSCHLACKEN,  defecare,   despumare,  s.  anseblacken. 

AUSSCHLAF,  m.  recrcatio  per  somnum :  dasz  sie  nach  ih- 
rem ausscblaf  eine  stunde  würfel  gespielt.  Hippel  lebensl.  2,  7. 

AUSSCHLAFEN,  edoiviite,  nnl.  uitslapen. 

1)  intransitiv,  ich  habe  recht  ausgeschlafen ;  kam  ich  in  ein 
lustigs  Wäldlein,  worinnen  ich  mich  niederlegte  und  vollends 
ausschliefe.  Simpl.  2,  328.  auch  bildlich,  noch  warlcu  müssen : 
nehmen  sie  sich  in  acht !  ihre  neugierde  wird  ausschlafen  müs- 
sen. GöTHE  19,  233. 

2)  Iransiliv,  sich  ausschlafen ;  die  nacht  ausschlafen;  einen 
rausch,  den  wein,  ärger,  verdrusz,  zorn  ausschlafen,  verscJilafen; 
schliefen  die  verdriesziichkeit  aus.  unw.  doci.  810;  eine  recht 
glüekücbe  Stimmung  und  eine  wolausgescblafene  nacht  haben 
mich  seeundiert.  Schiller  an  Göthe  543 ;  von  dem  nicht  völlig 
ausgeschlafenen  rausche  war  ihm  der  köpf  düster.  Göthe  19, 
215 ;  die  einen  lagen  und  schliefen  ihren  rausch  aus.  23, 109. 

AUSSCHLAG,  m.  in  verschiednem  sinne, 

1)  bei  fechtern  und  ballspielern,  primus  ictus,  prima  missio, 
das  anheben,  den  ausschlag  thun,  den  ersten  streich. 

2)  libramenlum,  der  ausschlag  des  wagebalkens  nach  der 
schweren  seile:  mit  unzen  und  quardi  abgewogen  on  aus- 
schlag. Garg.  117*; 

lieb  ist,  der  nichts  gleich  zu  schätzen, 

wenn  man  alles  gold  der  weit 

gleich  wolt  auf  die  wage  setzen, 

lieb  ist,  die  den  ausschlag  hält.    Grtpuics  2,  185. 

3)  progerminatio,  pullulatio,  was  aus  wurzel  und  stumpf 
der  bäume  und  pflanzen  neu  ausschlägt,  schüszling,  junger 
trieb:  ein  kräftiger  ausschlag;  ein  bucbenwald  im  vierzigsten 
jähre  abgebolzt  treibt  wieder  aus  stock  und  wurzeln  am  leb- 
haftesten neuen  ausschlag;  ein  kohl,  den  meine  mutier  aus 
dem  ersten  ausschlag  verschiedener  krüuter  zusammenlesen 
liesz.   Hippel  12,  50 ; 

wenn  ich  darauf  die  frohen  blicke 
von  diesem  schönen  ort  noch  weiter  herwärts  schicke, 
seh  ich  mit  neuen  freuden 

den  langen  schönen  weg  im  ausschlag,  der  mit  weiden 
recht  lieblich  ausgesetzt  uns  zum  ßillwärder  führt. 
Urockes  2,  381. 

4)  eruptio,  Scabies,  ausschlag  auf  der  haut,  sehorf,  grind: 
ausschlag  am  köpf,  im  gesiebt  {s.  ausseblecht).  auch  ein 
weg,  der  seitwärts  von  der  groszen  landslrasie  ausschlägt,  aus- 
bricht, heiszt  ein  ausschlag. 

5)  ausschlag,  das  womit  ein  räum  inwendig  bekleidet  ist;  der 
ausschlag  der  kammer  fordert  zwei  stücke  tapeten. 

6)  im  hüttenwerk  heiszt  die  ausgelaugte  asche  {der  äscherieb) 
der  ausschlag. 

7)  den  kürschnem  der  Umschlag  eines  pelzes.  raannsroek  mit 
einem  Überschlag  und  groszen  ausscblegen.  Leipziger  stadtordn. 
1544.  Dl. 

8)  abstract  nach  2  die  enlscheidung,  das  ergebnis,  der  aus- 
gang,  erfolg,  das  ende,  exitus,  eventus:  den  ausschlag  thun, 
geben,  nehmen, 

und  dieses  ist  mein  got,  der  was  ich  nnderfang 
beglucket,  und  mein  thun  und  ausschlag  sognet. 
\Vec«uerli?(  CS; 

der  ausschlag  dieser  Zeiten 
sieht  dich  an,  als  weil  du  kanst  chur  und  fürslen  leitep 
auf  deines  kaisers  theil.       Upitz  2,  20; 

er  sei  dann  so  gesinnt, 
dasi  bei  ihm  ehr  und  schmach  vergleichton  ausschlag  OaiU 
LocAU  2,  3,  57 ; 

60* 


951 


AUSSCHLAGEN 


AUSSCHLAGEN 


952 


die  vögcl  fängt  man  so,  nachdem  man  auf  sie  stellt: 
der  ausschlag  fallt  nach  dem,  nachdem  der  anschlag  fällt. 

2,5,30; 
■       was  hat  für  ausschlag  sein  erschrecknis  denn  bekommen? 
LoHENST.  Agripp.  60,  141 ; 

gelehrter  leute  ausschlag  möchte  ich  darüber  gleichwol  gerne 
hören.  Philand.  2,  613 ;  Jahero  dann  auch  Averrhoes  diesen 
klaren  ausschlag  gibet.  Simplic.  1,  34 ;  endlich  bringt  die  zeit 
den  ausschlag,  'dasz  alle  kommen  und  sich  raths  erholen. 
Weise  kl.  Icute  295 ;  doch  stellt  man  den  endlichen  ausschlag 
der  grauen  ewigkeit  anheim.  erzn.  123;  endlich  machte  Flo- 
rindo  den  besten  ausschlag  und  spendierte  dem  mahler  ein 
paar  ducaten.  51 ;  dasz  ich  den  glücklichen  ausschlag  erzehle. 
Leipz.  avcnt.  1,  156 ;  du  magst,  meine  tochter,  so  viel  plaudern 
als  du  willst,  so  ist  doch  der  ausschlag,  dasz  du  Leandern 
nicht  kriegen  sollst.  Holbergs  Schaubühne  2,  227;  diese  Zei- 
tung veranlaszte  eine  geheime  berathschlagung  unter  den 
häuptern  der  räuber,  wovon  der  ausschlag  war,  dasz  u.  s.  w. 
Wieland  1,  49 ;  den  ausschlag  geben,  l,  150 ;  facta  müssen  hier 
den  ausschlag  machen.  8,  103;  er  fühlte,  dasz  seine  sachen 
einen  erwünschten  ausschlag  nehmen  würden.  Stillings  le- 
ben 261 ; 

jetzt  werden  wir  des  trelTens  ausschlag  hören. 
Schiller  556; 

wie  sehr  sie  an  einem  glücklichen  ausschlage  verzweifelten. 
865;  der  philister  fiel  endlich  wie  ein  klotz  und  gab  der 
ganzen  sache  einen  herlichen  ausschlag.  Göthe  18,  10;  wo 
zuletzt  bei  öffentlicher  darstellung,  die  aufnähme,  welche  das 
publicum  gewährt,  den  ausschlag  entscheidet  und  die  beleh- 
rung  vollendet.  45,  101 ;  der  endliche  frieden,  woran  der  junge 
edle  held  so  vielen  antheil  hat,  wozu  er,  wie  es  scheint,  den 
ausschlag  gab.  Klinger  11,  70 ;  den  schlimmsten  ausschlag 
hat  wol  unser  Kotzebue  gehabt  und  gegeben.  Tieck  ges.  nov. 
6,  52 ;  der  ausschlag  einer  durch  philosophie  versuchten  älte- 
sten menschengeschichte  ist  Zufriedenheit  mit  der  Vorsehung. 
Kant  4,  358  ;  da  hier  ein  bestimmender  grund  eines  ausschlags 
auf  regelmäszigkeit  angetroffen  wird.  6,  100;  der  ausschlag 
der  allgemeinen  gesetzen  überlassenen  natur  zielt  seihst  aus 
dem  chaos  auf  regelmäszigkeit  ab.  6,114;  der  ausschlag,  den 
diese  bemühung  hat,  mag  sein,  welcher  er  will.  7,  336;  ein 
ungemeiner  ausschlag  (der  ivagschale).  8, 176. 

AUSSCHLAGEN,  excutere,  nnl.  uitslaan,  in  vielfachem  stnn, 
1)  transitiv,  leiblich:  einen  ausschlagen,  percutere:  den  {Po- 
lacken)  schlug  ich  wacker  aus  dazumal.  Götiie  8,  28.  42,  269 ; 
da  einer  mit  ruten  ausgeschlagen  ist.    Braunschweig  chirurg. 
83;  den  missethäter  stäupen  und  ausschlagen;  du  weist  noch, 
dasz  wir  uns  schon  in   einigen    der    ehemaligen   Jugendjahre 
tüchtig    ausschlugen.    Tieck  6,  55;    wollest   das    werk  deiner 
hende  {mich,  dein  geschöpß  nicht  ausschlahen  (operi  manuum 
tuarum  porriges  dexteram).  Hiob  14,  15.     einen  zur  thür  aus- 
schlagen, ejicere  foras,  wird  zumal  gesagt  von  hunden: 
heur  hört  ich  von  im,  mit  laub,  em  list, 
do  sprach  er,  es  het  der  hunt  getan, 
und  log  den  armen  hunt  an, 
das  man  in  zu  der  tür  ausschlug. 

fasln,  sp.  520,  19.  737,  6. ' 
einem  einen  zahn,  ein  äuge,  das  hörn  ausschlagen :  wenn  er 
seinem  knecht    oder   magd   ein   zan   ausschlegt,   sol   sie  frei 
los  lassen  umb  den  zan.    2Mos.  21,21; 

lieber  Weidmann,  sag  mir  an, 

wo  willt  du  heul  hinan? 

'ins  Wirtshaus, 

da  schlägt  mir  kein  reis  kein  aug  aus.'    wcidspr.  2.  72; 

wann  tliut  der  hirsch  das  kalte  eisen  am  köpf  tragen  ? 

'so  ich  im  das  gehörn  thu  ausschlacen, 

thiit  er  das  kalte  eisen  am  köpf  tragen.'    69. 

das  getraide  ausschlagen,  aus  den  ähren,  hülsen :  also  las  sie 
auf  dem  fehle  bis  zu  abend,  und  schlugs  aus  was  sie  auf- 
gelesen hatte,  und  es  war  hei  eim  eplia  gcrsten.  Ruth  2, 17 ; 
die  Wicken  schlegt  man  aus  mit  eim  stabe  und  den  künicl 
mit  eim  stecken.  Es.  28,  27;  das  körn  mit  Hegeln  ausschla- 
gen, das  ei  ausschlagen  aus  der  schale,  den  dotier  aus- 
sclilagen  : 

nachdem  so  schlug  sie  aicr  aus.    H,  Sachs  I,  451'; 
öl  ausschlagen  am  dem  rübsamen,    aus  den  nüssen,    'öl  aus- 
schlagen' Ate»*  ein  alles  gesellschaßspiel,  bei  Fiscuart  n'516; 
spielen 

des  Stocks,  blinden  mens  und  öl  ausscblngon. 
H.  Sachs  I,  4"2'; 

des  Stocks  spielen  und  öl  ausschlahen.    IIF.  3,  7 
die  zunge  ausschlagen,  ausstrecken: 

sehiah  nit  die  rung  aus  gleich  eim  hund.    11.  Sachs  I,  430* 


(vgl.  Simpl.  3, 171 :  so  henkt  sie  das  maul  wie  ein  Icilhund) ; 
heraldisch  heiszl  es  vom  adler  mit  ausgeschlagener,  vom  löwen 
mit  vorgeschlagener  zunge.  die  wasche  ausschlagen,  auswinden  : 
geh  in,  und  schlag  mir  aus  gar  resch 
die  eingedeuchte  saifenwesch.    H.  Sachs  III.  2, 174"; 
ausschlagen  mein  saifenwesch.    III.  3,  82'. 
das  essen  ausschlagen   (aus  dem  topf  auf  die  schüssel)    sagte 
man  sonst  auch  für  anrichten,     den  ball    ausschlagen,   in  die 
luß  schlagen,  beim  balispiel  anheben :  derjenige,  der  den  ball 
ausschlägt,  steht  auf  der  obersten  höhe.  Göthe  27,  66.     den 
hieb,  streich  ausschlagen,  abhalten,  parieren: 
und  habt  gut  achtung,  wie  ich  euch 
so  künstlich  ausschlag  eure  streich.    Atrrr  202". 

die  fackel  ausschlagen,  löschen:  indem  er  die  andere  in  der 
linken  bis  über  die  Schulter  zurückgeführet,  um  sie  mit  ge- 
walt  auszuschlagen.  Lessing  8,  235.  dem  fasz  den  boden  aus- 
schlagen: ein  frensch  foder  weins  (ein  fuder  fränkischen  w eins) 
auf  einen  boden  gesetzt  und  alsdann  den  andern  ausgeschla- 
gen (damit  geschöpß  werden  könne),  weisth.  3,  747 ;  hui  teufel, 
schlag  dem  fasz  den  boden  aus!  Garg.  I9l';  das  heiszt  denn 
auch  die  auf  die  spitze  getriebne  sache  endlich  brechen,  der 
geduld  ein  ende  machen: 

das  schlägt  den  boden  vollends  aus  dem  fasz. 
I'laten  195. 
ofen  und  fenster  ein-  und  ausschlagen,   ein  fach    der  wand 
ausschlagen : 

brich  sie  (die  gläser)  und  schlag  die  fenster  aus. 

Scheit  ^i'ofciaHU«  P 2; 
und  schmeiszen  ofen  ein  und  schlagen  fenster  aus. 
LoGAU  1,  4,  47; 
den  mutwillen  eurer  cameraden,    welchen    sie   oftmals   brau- 
chen im  fensterausschlagen,  in  Zerschlagung  der  öfen.  Sciiup- 
pius  248.     erze  ausschlagen,    klein  schlagen;    ein    blech  aus- 
schlagen, laminam  ducerc;  feile  ausschlagen,   aus  dem  äschcr 
nehmen  und  schlagen,     bäume  ausschlagen,  mit  dem  waldeisen 
zeichnen,     die  buchbinder  schlagen  blätter  aus.     ein   gevvand, 
kleid,  gemach  ausschlagen,    inwendig  beziehen,    besetzen,    un~ 
terschieden  von  aufschlagen,    umschlagen:    ein  rock  rolh  aus- 
geschlagen, gefüttert;    diese  rothen,  mit  hermelin  ausgesclila- 
genen  fürstenmäntel.  Göthe  24,  299;  ein  ziminer  mit  grünem 
sanimet  ausgeschlagen;    einen    wagen    mit  tuch  ausschlagen; 
in  seinem  überschatteten,    mit    dem    grün    der    natur  ausgc- 
schlagenen  Innern.  J.  Paul  Hesp.  1,175;  den  fetten  domhcrrn 
von  Meiler,    der    um    seinen  Innern  menschen  mit  einem  di- 
cken warmen  äuszern  zu   bekleiden   auszuschlagen,    u.  s.  w. 
Tit.  2,  31.    Scnuppius  68  schreibt  falsch  die  hütte  des  Stifts  aus 
und  abschlagen  statt  auf  und  abschlagen  (oben  sp.  723).  wahr- 
scheinlich aber  sagt  man  noch  eine  bürde  ausschlagen,  öfnen, 
damit  die  schafe  heraus  können,    wiv  es  mhd.  hiesz  ein  stuot 
(stuterei)  üj  slahen,  dasz  die  füllen  frei  umher  springen: 
diu  ros  liefen  ledec  da, 
als  ein  stuot  waere  üj  geslagen.    Wigal.  485, 

2)  transitiv,  abslract.  es  ist  eine  schöne  ausdrucksweise, 
sich  gedanken,  leid,  zorn  ausschlagen,  sie  aus  dem  köpf,  dem 
sinn,  dem  herz  schlagen  und  verjagen:  ja  es  sol  niemand  sieh 
auf  sein  herz  verlassen,  er  sei  denn  wol  geübt  im  gcist  und 
erfarung  hab,  die  frembden  gedanken  auszuschlahen.  Luther 
1,  69*;  nach  der  mahlzeit  gieng  Luther  in  mein  gertlin,  aus- 
zuschlahen seine  Schwermut  und  trawrigkcit  und  sicli  etwas 
zu  erlüsten.  3,  403';  schlugen  alle  furcht  aus.  4,109*;  damit 
kanstu  die  gedanken  und  zweiveln  ausschlahen.  5,  400';  allein 
das  man  bei  dem  wort  bleibe  und  alle  ander  gedanken  aus- 
schlahe  und  nichts  anders  von  gott  hören  noch  wissen  wolle,  * 
on  was  Christus  redet.  6,  185*;  also  sol  sich  ein  Ciuisfen 
an  golles  wort  halten,  das  er  solch  heidnisch  und  gottlose 
geschwetze  wider  den  glauben  ausschlahe,  und  bei  dem  bleibe, 
darauf  er  ge^uft  und  berufen  ist.  6,  252*;  sänger  schlagen 
die  sorgen  mit  singen  aus  und  hinweg;  gut  were  es  dir, 
dasz  du  zorn  und  was  fcllisciie  (die  fallende  sucht  erregende) 
proprielates  sein,  ausschlügest.  ParacelsusI,  692'; 

drumb  sott  all  sorg  ausschlagen  thon. 

II.  Sachs  III.  1,  49'; 

derhalb  solch  klcinmut  gar  ausschlachl  (ausschlahet). 
III.  1,  132*; 

ausschlagen  das  horzcnlcid.    III.  1,  189'; 

ausschlagen  alle  bös  cinfell.    III.  3,  !0';  ' 

Ol  ir  müsi  das  leid  schlagen  aus.    III.  3,  83»; 

und  dasz  er  (der  iraum)  wer  zu  schlagen  aus. 
ArnKR  179"; 

schlagt  allen  kiimmor  aus.    GRTPniiis62. 


953 


AUSSCHLAGEN 


AUSSCHLAGEN  — AUSSCHLAUDERN   954 


hiesze  das  dunkle  den  geil  ausslahen  bei  Foi^  (Haupt  8,  524) 
die  lust,  freude  ablegen,  zu  trauern  beginnen? 

3)  sinnliches  ausschlagen  (aus  der  hand  schlagen)  wie  ab- 
schlagen geht  über  in  abstractes  ausschlagen,  abschlagen,  rc- 
cusare,  repudiare,  renuere,  abweisen,  von  der  hand  weisen : 
die  bitte,  ehre,  den  antrag,  das  geschenk;  hoffe  auch  noch, 
e.  a.  werde  mir  diese  bitte  nicht  ausschlahen.  Lcther  6,  506'; 
jr  seint  nit  leut,  die  man  verwerfen  oder  ausschlahen  soll. 
Aimon  h  3 ;  wo  er  uns  aber  ausschlegt  oder  verschmehet.  1 2 ; 
und  wo  er  den  frieden  ausschlecht,  ich  geloben  got,  das  ich 
in  niemer  darumb  besuchen  thu.  zl;  Paulus  wil  haben,  das 
die  boshaftigen  Christen  sollen  rermeidt  und  ausgeschlagen 
werden.  Melascbth.  l  Cor.  5 ;  danke  aber  gott  und  meinen 
lieben  eitern  vor  ihre  treue  Vorsorge,  dasz  sie  mich  nicht  so 
leichtlich  verworfen  und,  wie  zu  sagen,  nicht  ausgeschlagen 
haben  (entw.  aus  der  hand  oder  aus  der  stul,  aus  der  hürde 
geschlagen,  in  die  fremde  entlassen,  was  hier  der  sinn  ist). 
ScHWEi.McuEy  1,  36;  wer  wolts  ausschlagen?  zwo  kirscn  an 
eim  Stil.    Garg.  7"'; 

iedoch  ich  nicht  ausschlagen  kan 

fürDemblich  die  liebsten  kinder  mein, 

weil  ich  nicht  weisz,  wo  sie  jetzt  sein.    Atrer  270*; 

das  seid  mir  zeugen  alle  drei!  sie  schlagen  aus. 

fastn.  sp.  95' ; 
gott  schlägt  meiu  wünschen  aus.    Opitz  1,235; 
der  hunger  wurde  bei  den  Grieben 
hinaus,  das  reichthum  eingestrichen: 
der  hunger  wird  bei  unsern  tagen 
hinein,  das  reichihum  ausgeschlagen.    LogauI,  6,  6; 

wer  wolle  ausschlagen,  den  menschen  gutes  zu  beweisen, 
wann  dieses  derjenige  befilcht,  so  die  menschen  gemacht  hat? 
ScHCPPiDs  696;  Eurvlas.  der  keinen  possen  ausschlug,  wann 
einer  zu  machen  war.  Weise  erzn.  235 ;  den  trunk  nicht  gar 
zu  sehr  ausschlagen,    unw.  doct.  "03 ; 

wir  freuen  uns,  dasz  ihr  wiszt,  wer  ihr  seid, 

und  dasz  ihr  unsern  dank  ausschlagt.    Kiopstock  12,  393; 

aber  nicht  ausschlagen  die  schreckenvoUe  vermäblung 

kann  sie.  Voss  Od.  1,  250; 

was  man  von  der  minule  ausgeschlagen, 

gibt  keine  ewigkeit  zurück.        Schiller  21; 

etwas  als  leere  vernünffelei  ausschlagen.   Kant  4,  241. 

4)  intransitive,  sinnliche  bedeutunyen.  ausschlagen,  den 
kämpf  beendigen :  und  da  sie  ausgeschlagen  hatten,  war  ich 
noch  übrig.  Ez.  9,  8.  ausschlagen,  mit  den  bänden  und  füszen : 
der  kranke  schlug  aus,  wenn  man  ihm  nahe  kam; 

das  sind  der  Jugend  sItten, 
sie  schlaget  grimmig  aus,  und  kan  ihr  nicht  gebieten. 
Opitz  1,218. 
ausschlagen,  den  ersten  schlag  thun :  aggressor?  was  ist  das  für 
ein  ding?  'so  heiszt  der,  welcher  ausschlägt',  Lessisg  1,  251. 
ausschlagen,  vompferde:  komm  hin  auf  das  Schlachtfeld,  und 
sieh  da,  wie  die  stuten  ausgeschlagen  haben.  Klopstock 
12,  284;  darum  lecket  der  ein  die  finger  immerzu,  dasz 
der  ander  binden  ausschlag  und  zisch  mit  dem  schuch. 
Garg.  45".  ausschlagen,  ton  krdutern  und  plauzen:  die  knos- 
pen schlagen  allerwärts  aus;  die  bäume  sind  schon  ausge- 
schlagen ;  wenn  der  weinstock  ausschlagen  wird ;  das  wir  se- 
hen, ob  die  granatepfelbewm  ausgeschlagen  sind.  Hohelied  7, 
12;  seine  wurzeln  sollen  ausschlagen,  wie  Libanon.  Hosea 
14,  6;  sehet  an  den  feigenbawm  und  alle  bewme,  wenn  sie 
jetzt  ausschlagen,  so  sehet  irs  an  inen.  Luc.  21,30;  das  gras 
wechst  so  hoch,  das  es  zeitig  über  ein  menschen  ausschlecht. 
YRASKwellb.  57*; 

blüh  haus  von  Österreich,  schlag  ewig  also  aus! 
Grtphtcs  1,  623; 
aus  der  entlaubten,  verdorrten  seele  wird  ein  neuer  leib  aus- 
schlagen. J.  Paul  Kamp.  47.  ausschlagen,  ron  der  waltenden 
flamme:  erst  glimmts,  dann  gehts  an,  dann  brennts,  endlich 
üchlägts  in  helle  flamme  aus ;  dasz  die  lohe  oben  ausschlug. 
Dan.  3,  47 ; 

gern  war  er,  allzugern  in  flammen  ausgeschlagen.    LesSisc; 
dort  schlugen  unsre  flammen 
luerst  gewalug  aus.    Göthk  1,  126; 

die  kälte  schlägt  bei  ihm  aus,  ist  in  ein  fieber  ausgeschla- 
gen, von  dunst,  reif  und  ausbrechender  unreinigkeit :  die  kälte 
schlägt  an  den  wänden  aus,  die  wände,  die  fensler  schlagen 
aus;  du  bist  wie  ein  stein,  wenn  die  kälte  ausschlagt,  ich 
schwitze  über  und  über.  Gütiie  14,  Sl;  Agathens  gesiebt  war 
wie  ein  felsenkeller  von  der  kälte  ihres  brudcrs  ausgeschlagen. 
J.  Pacl  Hesp.  3,  158  ;  der  grind,  die  krStzc  schlägt  an  ihm 
aus;    er  ist  am  ganzen  leibe,  am  kinn  ausgeschlagen;  damit 


gieng  ich  in  keller,  tat  den  gröszlen  trunk,  als  ich  glaub  min 
lebtag  ie  getan  han,  dan  ich  halt  lang  groszen  durst  ghan, 
und  was  mächtig  uszgeschlagen,  drank  nütz  den  warem  bad- 
wasser.  Tho.  Plater  S9  ;  es  muste  wol  von  der  luft  herrüh- 
ren, weil  ich  so  flugs  an  bänden  und  füszen  ausschlug. 
Schelmufsky  2, 15.  ausschlagen,  zu  ende  schlagen :  die  nach- 
tigall  hat  ausgeschlagen ;  du  lassest  den  vogel  nicht  ruhig 
ausschlagen;  die  uhr  schlägt  ganz  aus;  es  schlug  zwölf  aus; 

sobald  die  ur  hat  ausgeschlagen,    grobianus  Q2; 
sein  herz  hat  ausgeschlagen ;  die  wage  schlägt  aus,  neigt  sich 
seitwärts. 

5)  von  dieser  letzten  bedeulung  entsprungen  scheint  die  häu- 
fige abstraction  ausschlagen  =  ergehen,  erfolgen,  sich  bege- 
ben, sich  wenden,  bald  ohne  praep.,  bald  mit  folgendem  zu, 
auf  oder  in :  wa  nit  das  fürstenmäszig  woltrawen  für  dismal 
uns  . . .  übel  ausschlüge.  Garg.  209' ;  endlich  schlug  es  da- 
hin aus,  dasz  der  general  auf  nähere  wege  sich  wolle  finden 
lassen.  Micrälics  5,  206 ; 

komm,  mein  geist  der  reget  sich, 

deinem  alter  wahr  zu  sagen, 

wie  es  küoriig  aus  wird  schlagen.    TschkrmngOO; 

Lysander  bauet  seine  liebe  auf  einen  gefährlichen  grund,  wel- 
ches gar  übel  ausschlägt.    Gbypuils  1, 1S4; 

theils  sucht  man  wissenscliafl,  damit  man  was  verdiene, 
und  dieses  schlägt  nur  aus  zu  schändlichem  gewinne. 
LoGAL-  2,  1,  43; 
wenn  die  sache  nach  seinem  willen  und  vorsatz    würde  aus- 
schlagen, pers.  rosenth.  2,  30 ;  gott  auch  das  böse  zu  der  men- 
schen besten  ausschlagen  läszt.  Weise  kl.  leute  162  ;  gedanken, 
welche   zu  einer  misgunst   leichtlich   ausschlagen.    290 ;    weil 
feuer  feuer  leschet  und  vertreibet,    oder  weil  zwei  widerwer- 
tige  ding  nothwendig  auf  das  gegentheil  ausschlagen.    Schup- 
pics  528 ;    die  anfanglich  betrübte,  nachhero  aber  wol  ausge- 
schlagene haushaltung.  Felsenb.  1,  191;  wenn  seine  Unterneh- 
mung für  die  Srnkuser  und  ihn  selbst  glücklich    hätte   aus- 
schlagen sollen.  WiELA5D  2,  259 ; 

und  diese  ehe,  schlug  sie  glücklich  aus?    Schiller  240; 

geschweige,  dasz  irgend  ein  groll  in  jene  alten  Zänkereien 
ausschlagen  wollte.  Herder  IS,  218 ;  dasz  Vernunft  nicht  in 
practischen  gebrauch  ausschlüge  und  die  vermessenheit  hätte, 
mit  ihren  schwachen  einsichten  den  entwurf  der  glückselig- 
keit  auszudenken.  Kant  4,  12;  zuletzt  schlägt  alles  auf  den 
zustand  aus,  dasz  u.  s.  w.  6,  108 ;  der  senkrechte  fall  schlägt 
in  kreisbewegungen  aus.  8,  267 ;  warum  schlägt  der  nordwind 
nicht  in  einen  Ostwind  aus?  9,87;  eine  gährung  schlügt  nicht 
sogleich  in  entzündungen  aus.  9,  33;  er  zeugt  brünette  oder 
blonde  kinder,  je  nachdem  sie  auf  die  eine  oder  die  andere 
seile  ausschlagen.  10,  51 ;  das  heiszt  doch  eine  pflanze  aus 
ihrem  vaterländischen  boden  ausreiszen,  auf  einen  fremden 
werfen,  ohne  sich  zu  bekümmern,  ob  sie  zu  unkraut  aus- 
schlage. Klixger  12,  56;  wärs  jetzt  glücklich  ausgeschlagen, 
dann  war  alles  gut.  Fr.  Müller  3,  177;  sich  einer  sache  an- 
nahm, die  vielleicht  gegen  den  Präsidenten  ausschlagen  konnte. 
TiECK  nor.  kr.  4,  317 ;  wohin  soll  das  ausschlagen  ?  2,  138 ; 
solche  unähnlichkeilen  schlagen  unter  gebildeten  menschen 
nie  zu  offenen  fehden  aus.  J.  Paul  Tit.  2,  203;  wer  kann 
wissen,  nach  welche  seile  es  ausschlägt. 

Der  regel  nach  bilden  bei  ausschlagen  die  transitiva  das 
praet.  mit  haben,  die  intransitiva  mit  sein;  doch  manche 
der  letzteren,  insofern  ihr  innerer  zustand  sich  nach  auszen 
wendet,  nehmen  auch  haben  zu  sich:  er  hat  ausgeschlagen 
(mit  dem  ersten  streich),  das  pferd  hat  ausgeschlagen  (mit  dem 
fusze).  man  sagt  beides :  die  knospe,  die  flamme  ist  oder  hat 
ausgeschlagen;  die  wage  ist  oder  hat  links  ausgeschlagen. 
nur  mit  haben :  der  vogel,  die  uhr  hat  ausgeschlagen,  ab- 
slract  aber  immer:  die  sache  ist  gut  ausgeschlagen,  bemer- 
kcnswerth  ist  das  part.  praet.  der  ganze  ausgeschlagene  lag: 
den  ganzen  ausgeschlagenen  lag  im  fensler  liegen.  Hippel 
lebensl.  2,  172;  den  ausgeschlagenen  tag  Ihut  er  nicht  das 
geringste;  gewöhnlicher,  den  ganzen  geschlagenen  tag. 

AUSSCHLAfiER,  m.  ein  arbeiter,  der  die  zu  tage  georder- 
ten gänge  zerschlägt  tind  das  erz  absondert. 

AUSSCHLAGSPARER,  m.  kein  elenkflrzer,  meszschüner, 
aussrhingsparcr.    Garg.  280*. 

AUSSCiü.APPEN,  elambere,  von  leckenden  hunden. 

AUSSCIfLAl.'DERN,  funda  exeutere,  dann  überhaupt  emit- 
lere,  aussprutzrn :  einem  ein  äuge  ausschleudern.  Fischart 
ron  Zwergen:   die,   wann  sie  auf  den  meulcn  oder  pantoffcln 


955   AUSSCHLECHT  — AUSSCHLIESZEN 


AUSSCHLIESZEND  —  AUSSCHLÜRFEN   956 


liersclilappen  gehen,  disen  vortheil  haben,  dasz  sie  weder 
stumpf  ((/.  j.  strumpf)  noch  mentel  betreppen,  sonder  den 
treck  über  den  köpf  ausschlaudern  können.  Gary.  41*.  man 
schreibt  heule  aussclileudern,  Adelung  ausschlaudern,  Lessinc 
ausschleidern :  dieses  gestus  der  auszuschleidernden  fackel, 
als  Sinnbild  des  nahenden  todes  habe  ich  mich  immer  erin- 
nert, so  oft  mir  die  sogenannten  brüder  Castor  und  Pollux 
in  der  villa  Ludovici  vor  äugen  gekommen.  8,  235 ;  der  Vesuv 
schleudert  steine  aus.    über  die  würzet,  s.  Schleuder. 

AUSSCHLECHT,  f.  mentagra,  ausschlug  am  kinn.  Maaleu  45*. 

AUSSCHLEICHEN,  occulte  exire,  crepere,  pcrreptare: 
und  zu  der  hindern  tliür  aussclilcichen.    H.  Sachs  IIL  2,  103' ; 
was  ich  ausschleich  all  winket  do.    IIL  3,  2S''. 
s.  ausschliefen. 

AUSSCHLEIDERN,  s.  ausschlaudern. 

AUSSCHLEIF,  vi.  occullus  exitus :  wa  diser  weg  sie  nit  für 
sicher  bedunkt,  haben  sie  andere  ausschleif.  Hedion  com.  195 ; 

sein  ausschleif  er  fein  allzeit  Tund. 

FiscHARTs  Eulensp.  reimenweis  6'. 

AUSSCHLEIFEN,  ausschlif,  ausgeschliffen,  in  verschiednem 
sinn, 

1)  früher  inlransitiv,  elabi,  vgl.  ahd.  slifan,  inslifan  (Graff 
6,  807): 

er  schleift  all  Schlupfwinkel  aus.    Atrer  fastn.  86*. 

s.  ausschliefen. 

2)  heule  exacuere,  acuendo  delere:  ein  glas,  einen  spiegel 
ausschleifen;  die  scharte  ausschleifen,  atcswelzen; 

dasz  du  hast  nach  seim  messer  frrilTen, 

und  im  die  scharten  ausgeschlilifeii.    grobianus  n4; 

sie  hatten  von  nalur  schon  verstand  genug,  und  im  kriege 
haben  sie  ihm  nur  mehr  ausgeschliffen.  Lessing  6,  329 ;  an 
Viktors  seele  waren  mehrere  kräfte  zu  schimmernden  fScet- 
ten  ausgeschliffen.    J.  Paul  Hesp.  3,  155. 

AUSSCHLEIFEN,  ausschleifte,  ausgeschleift,  extrahere:  den 
missethäter  ausschleifen ;  eine  schwere  last  ausschleifen. 

AUSSCHLEIMEN,  pituila  mundare. 

AUSSCHLEISZEN,  exscindere,  vihd.  üjsligen  myst.  202,  31. 
«.  ausschlitzen. 

AUSSCHLEMMEN,  limo  purgare:  einen  teich,  graben  aus- 
schlcmmen.  in  anderm  sinn,  aufhören  zu  schlemmen,  pras- 
sen: jetzt  ist  ausgeschlemmt,    s.  schlemmen. 

AUSSCHLENDERN,  excurrere,  vagari. 

AUSSCHLENKERN,  excutere,  ausschleudern:  als  wollte  sie 
die  beine  sich  ausschlenkern.  Arnim  1,  65 ;  mit  den  beinen 
ausschlenkern,    s.  schlenkern. 

AUSSCHLEPPEN,  extrahere,  ausschleifen:  eine  ansteckende 
krankheit  ausschleppen,  verschleppen. 

AUSSCHLEUDERN,  s.  ausschlaudern. 

AUSSCHLICHTEN,  explanare:  in  den  münzen,  die  zaine 
ausschlichten,  unter  dem  hammer  dünner  strecken,  auch  einen 
zank  ausschlichten,  schlichten. 

AUSSCHLICKERN,  aussprützen,  ausschlenkern,  s.  schlickern. 

AUSSCHLIEFEN,  prorepere,  auskriechen,  nnl.  uitsiuipen, 
lumal  von  küchlein,  aus  der  schale  schliefen  [Garg.  43'):  schlcuft 
ein  liünlin  daraus.  Keiserrb.  has  impf  Aai';  die  gens  und 
hünlin,  so  bisz  jar  erst  fallen  und  ausschliefen.  Frank  1,147'; 
wenn  sie  {die  bebrüteten  eicr)  ausschliefen  werden.  Frey  gar- 
teng.  3';  die  eiersciialen,  daraus  die  jungen  hünlein  ausge- 
schloffen. HoHBERG  1,  270" ;  oftmals  gcschihet,  dasz  wann  man 
die  eier  {der  Seidenraupe)  einweichen  will,  man  schon  etliche 
ausgeschioffene  würmlein  darunter  findet.  Homherg  2,  420'; 
die  eierlein,  daraus  sie  ausgeschloffen  sind.  2,  425".  aber 
auch  von  blumen:  die  rose  schleuft  aus,  dehiscit  rosa,  apcrit 
florem,  geht  auf  Maaleu  45*.  dann  wie  ausschleichen,  per- 
reptarc,  profugcre: 

alle  Winkel  hat  ausgeschlolTcn.    fasln,  sp.  316,  7 ; 

den  andern  afTen  aiisschloffcn  {etiUicfen).    II.  Sachs  IV.  3,  70*. 

AUSSCHLIESZEN,  excludere,  nnl.  uitsluiten.  sitmlich,  ca- 
tena  solvere :  so  werden  alle  gefangne  knecht  und  andere,  so 
an  keltenen  angeschmidt,  ausgeschlossen,  und  ihr  verfangen- 
schaft  halben  entlassen.  Fronsp.  kriegsb.  1,  165';  ich  bip  aus 
dem  zimnicr  ausgeschlossen,  kann  nicht  hinein,  dann  wei- 
ter, einen  von  der  sladt,  von  dem  anite,  von  der  gesellschaft, 
erbscliafl  ausschlicszen.  jede  fniu  schlieszt  die  andre  aus, 
ihrer  natur  nach:  denn  von  jeder  wird  alles  gefordert,  was 
dem  ganzen  geschlecht  zu  leisten  obliegt,  nicht  so  verhüll 
CS  sich  mit  den  münnern^    der   mann   verlangt   den   mann. 


GüTiiE  17,  281;    weil    ein  junger  mensch  immer  Ursache  hat 
sich   auszuschlieszen.   20,  241;    dasz    er  mit   unfreundlichem 
betragen  sich  aus  der  gesellschaft  ausschüesze.    30,  223. 
AUSSCHLIESZEND,  adj.  und  adv. 

die  über  männerwerth  und  männerruhm 
ausschlieszend  ohne  widersprach  entscheiden. 
Schiller  261 ; 

diese  methode  gehört  ausschlieszend  und  eigenthümlich  dem 
redner  und  dichter.  706;  dasz  ihm  ausschlieszend  vor  seinen 
übrigen  brüdern  Zuschüsse  bezahlt  werden.  743 ;  für  die  ab- 
wesenheit  ihres  zweiten  sohns  schien  sich  Katharina  um  so 
ausschlieszender  durch  erfüllung  ihrer  herschsucht  entschädi- 
gen zu  wollen.  1078 ;  wie  schön,  dasz  sie  die  liebe  als  einen 
affect,  als  etwas  ausschlieszendes  und  besonderes  gar  nicht 
kennt.  Schiller  an  Gölhc  179 ;  individuellen  dunkel  und  aus- 
schlieszende  beschränktheit.  GöTnEl9,  345;  Schiller  war  über- 
haupt weniger  ausschlieszend  als  ich  und  muste  nachsichtig 
sein  als  herausgeber.  31,  43 ;  jetzt  habe  ich  das  ausschlie- 
szende,  oder  wie  herr  Rehberg  das  ausdrücken  würde,  das 
ausschlieszliche  (==  ausschlieszbare)  recht.  Fichte  über  die 
franz.  rev.  139. 

AUSSCHLIESZLICH,  was  ausgeschlossen  wird,  sich  aus- 
schlieszt,  mit  dem  adv.  verbindet  die  gerichtssprache  bald  acc, 
bald  gen.  z.  b.  ausschlieszlich  die  stempelgebühren  oder  der 
stempelgebühren,    s.  ausgenommen. 

AUSSCHLIESZLICHKEIT,/-.  über  die  ausschlieszlichkeit  (dasz 
die  erhabenheit  der  moral  dem  christenthum  ausschlieszlich  eigen 
sei)  sind  sie  nicht  recht  berichtet.    Claudios  7,  38. 

AUSSCHLIESZUNG,  f  exclusio. 

AUSSCHLIESZUNGSWEISE,  adv.  sich  etwas  ausschlieszungs- 
weise  zueignen,  ohne  zu  bedenken,  dasz  wir  alle  menschen 
sind.  Hippel  12,  31 ;  diejenigen  seiner  Verrichtungen,  die  aus 
einer  solchen  handlung  herfiieszen,  heiszen  ausschlieszungs- 
weise  seine  thaten.    Schiller  1115. 

AUSSCHLINGEN,  evolvere,  explicare,  aus  der  schlinge  lö- 
sen.   Stieler  1854. 

AUSSCHLITZEN,  dissecari,  dirimi,  disscindi,  ausgehen,  zu 
ende  gehen: 

aber  es  slitzt  in  übel  usz.    Brant  narrcnsch.  lOI, 
{wo  Strobel  unrichtig  flytzt),  es  geht  ihnen  übel  aus; 

ihr  gsend,  die  sach  ist  mächtig  schwär, 

die  uns  nit  wird  ausschlitzen  lär.    Berchtold  84  ; 

es  würde  im  nümmen  mit  einem  scherz  ausschlitzen.  Wick- 
ram rollwagcn  53  ed.  mülh.,  31  ed.  francof;  aber  es  ist  ihr 
übel  ausgeschlitzt,  denn  sie  hat  darumb,  als  die  ir  conscienz 
gedruckt,  wol  gebüszt.  Thurneisser  ausschreiben  1,  68 ;  und 
zuletzt  papst  zu  Rom,  welches  im  sehr  übel  ausschlitzte.  Fi- 
scHART  hienenk.  210'.  ein  krdßiger,  später  aussterbender  aus- 
druck.    s.  ausschleiszen. 

AUSSCHLUCHTEN,  faucibus  montium  inslruere:  die  zackige, 
wild  aufgethürmte,  ausgeschluchtete  Schweiz.    J.  Paul  36,  24. 

AUSSCHLUCHZEN,  singulticndo  edere: 

wie  er  matt  ausscliluchzle  den  atlicm.    Voss. 

AUSSCHLUCKEN,  devorarc,  evomere : 

dich  scharfe  menschenscuch  hat  das  erhitzte  schwellen 

der  Thetis  ausgeschinckt.  Grvphius  1,  508; 

bei  hofe  lernt  man  merken,  dasz  die  die  besten  sein, 

die  sonst  nichts  lliun  noch  künneii,  als  schlucken  aus  und  eio. 

-LOGAU  1,  8,  56; 
das  gläsgen  fein  sauber  ausgeschluckt.    Günther  797. 

AUSSCHLUPF,  7)1.  latebra,  ausschleif,  Schlupfwinkel:  und 
was  für  ausschlupf  und  heschwerung  gesucht  und  fürgewendt 
worden.  Lanz  slatsp.  Karl  5.  415 ;  crstlicli  soll  er  still  ein  aus- 
schlupf oder  loch  suchen.  Fürer  fischb.  164'.  Maaler  45*  hat 
ausschlupf  delrectatio. 

AUSSCHLÜPFEN,  e/afc/,  entschlüpfen,  ausschliefen:  die  küch- 
lein sind  noch  nicht  ausgeschlüpft ;  die  bienen  schlüpfen  aus, 
zum  flutjloch;  das  glas  schlüpfte  ihm  aus,  entfiel  ihnt  unver- 
sehens; die  ausgeschlüpften  federchen  seines  bettcs  las  sie 
aus  zum  nachfüllen.   J.  Paul  Fibel  59. 

AUSSCHLÜRFEN,  cxsnrbere,  nnl.  uitslorpen:  ein  ei  aus- 
schlürfen ;  iniiszigiing  ist  Weisheit,  und  nur  dein  weisen  ist 
es  gegönnt,  den  herber  der  reinen  wollust,  den  die  nalur 
jedem  slerblichen  voll  einschenkt,  bis  auf  den  letzten  tropfen 
auszuschlürfen.  Wikland  6,  107 ;  er  schlürft  acht  lassen  aus. 
RüRGKR  2l';  ich  niusz  den  gifttrank  dieser  .Seligkeit  vollends 
ausschlürfen.  Schiller  t.')2';  todcsminutcn,  die  er  noch  aus- 
schlürft.   J.  Paul  uns.  löge  2, 131. 


957 


AUSSCHLUSZ  —  AUSSCHNACKEN 


AÜSSCHNARCHEN— AÜSSCHKEUZEN   Ö58 


AUSSCHLUSZ,  ni.  exclusio,  früher  auch  zuweilen  conclusio : 
da  etliche  ausschlüsse  gemacht  wurden,  die  lutherischen  und 
papisten  mit  einander  zu  vertragen.  Luthers  tischr.  98*.  mit 
ausschlusz,  ausschlieszlich,  exclusive. 

ÄUSSCHMACHTEN,  inedia  conficere:  willst  du  dein  leben 
im  tiefsten  meiner  thürme  vollends  ausschmachten?  Schiller 
130;  hier  will  ich  mein  leben  ausschmachten.  Gerstenbebg 
ügol.  61. 

AUSSCHMÄHEX,  contumeliis  prosequi,  ausschimpfen. 

AUSSCHMÄHLEN,  diminutiv  des  vorigen,  molli  brachio  ob- 
jurgare:  freilich  schmählte  sie  mich  tüchtig  aus.  Wieland  11, 
212,  ICO  das  beigefügte  tüchtig  den  milderen  grad  des  scbmä- 
bens  nicht  aufhebt,    auch  zu  schmdhlen  außürcn. 

AÜSSCHMATZEN ,  osculis  exsugere:  schnitzelt  er  den  na- 
men  (der  geliebten)  in  eine  linde,  schmatzt  er  den  saft  aus, 
der  aus  den  buchstaben  quillt.  Hippel  lebensl.  1, 157. 

AUSSCHMÄUCHEN,  fumo  expellere,  nnl.  uitsmoken:  einen 
fuchs  durch  dicken  rauch  aus  seinem  versteck  treiben,  dann 
auch,  die  pfeife  ausschraauchen,  ausrauchen;  eine  stückform 
ausschmauchen,  auslohen. 

AUSSCHMECKE^f ,  mali  esse  odoris,  aus  dem  munde  rie- 
chen :  wem  do  ein  wein,  salz  oder  ein  essen  ausschmeckt, 
der  nem  petcrlein,  rauten  oder  salvei,  kew  es  wol,  so  verget 
im  der  geschmack  und  stinkend  otem.  küchenmetsterei  di. 
Aeu/e /ransiOr /iSr  auskosten,  perguslare:  weine  ausschmecken; 
dasz  ich  euch  diese  birnen  übergeben  soll,  damit  ihr  die  ver- 
schiedenen arten  genau  ausschmecken  und  ihm  eure  meinung 
darüber  sagen  könnt.  Arnim  schaub.  1,  25. 

AUSSCHMEISZEN,   ejicere,   nnL  uitsmijten,  das  aber,  nie 
das   einfache  schmeiszen,    gemein  klingt  und  durch  auswerfen 
vertreten  wird:  einem  einen  zahn,  ein  äuge  ausschmeiszen ; 
ergreifet  einer  schon  nur  eines  Zugseils  trumb, 

wird  es  ihm  ausgeschmissen.      Weckherli.n  249. 

Pestalozzi  schreibt  ausschmeizen :  wo  ist  dein  verfluchtes 
kind?  ich  will  es  ausschmeizen,  dasz  kein  fetzen  mehr  gut 
an  ihm  ist.  Lienh.  und  Gertr.  3, 273. 

AUSSCHMELZEN,  ausschmolz,  ausgeschmolzen,  ausseigern, 
liquescendo  efßuere:  das  blei  schmilzt  aus;  der  schnee,  das 
fett  ist  ausgeschmolzen. 

AUSSCHMELZEN,  ausschmelzte,  ausgeschmelzt,  eliquare: 
erz,  fett,  butter.  giieben  ausschmeizen ;  ausgeschmelzte  griebeo. 

AUSSCHMETTEHN,  cum  strepilu  elidere: 

der  gleich  sein  liirn  an  diesen  felseniianten 
ausschmeliern  wird.  Tieck  3,  172. 

schmettern  ist  eine  aufgenommene  nd.,  zu  smiten  gehörige 
form,  die  darum  nichts  von  dem  unedlen  des  hd.  schmeiszen 
an  sich  hat. 

AUSSCH.MIEDEN,  percudere,  malleo  coniundere:  das  eisen, 
das  Schwert  ausschmieden,  bildlich,  ein  gedieht  ausschmieden ; 
ich  hab  dir  dises  alt  gesang 
new  aus  zu  schmiden  mich  geubet.    Weccherli.'«  577. 

in  andern»  sinne,  wie  ausschlieszen,  einen  gefangnen  aus  den 
ketten  schmieden,  entfesseln. 

AUSSCHMIEHEN,  oblinerc:  eine  pfanne  giil  fett  ausschmie- 
ren, den  ofen  ausschmieren,  don»  auch  veräditlich,  exscri- 
bere,  compilare:  es  ist  alles  ausgeschmiert,  abgeschmiert,  aus 
andern  ungeschickt  und  roh  entnommen,  studentisch,  im  duell 
verwunden:  er  ist  ausgeschmiert,  besiegt  worden.- 

AUSSCHMOLLEN,  irammissam  facere,  zu  schmollen  aufhören. 

AUSSCHMOREN,  incluso  intus  vapore  excoqui:  der  braten 
musz  recht  ausschmoren,  das  fett  musz  ausschmoren. 

AUSSCHMUCK,  m.  ornatus  uimius: 

werden  wir  nicht  noch  können  die  nreise  Vollendung 
griechischer  ktinst  und  den  aussrhmuck  in  der  neuem? 
Klopstock  2,  71. 
AUSSCHMÜCKEN,  exornare:    ein  haus,   ein  gemach,  eine 
braut,  ein  werk  ausschmücken : 

Tcrieumdung,  ncid  und  hasz<  inig,  heuchele!  und  honen, 
die  ausgesrlimiickten  wort  und  ralschlichcs  beschönen, 
das  haue  hier  nicht  statt.  Looau  3,  tug.  56; 

die  muscn  sclimückien  nie 
ein  m.idchen  schon  so  herlicli  aus,  als  sie.  Gökixgk  2,  20S; 
damit  die  zehnte  {muse,  der  anstand)  die  neun  zu  hofdamcn 
ausschinOckte.  Klincer  9, 133;  das  zeilallcr  einer  sehr  ausge- 
schmückten bürgerlichen  Verfassung.  Kant  1,  99 ;  Wahrheit  mit 
dichtung  ausgeschmückt;  wahre  geschichic  zum  ruman  aus- 
geschmückt. 

AUSSCHNACKEN,  blaterandi  finem  facere,  austchteätzen : 
irii  hab  ihn  mit  fleisz  ausscbnackcn  lassen,  berr!  Siegfr.  von 
Lindenb.  2,  183. 


AUSSCHNARCHEN,  destertere. 

AUSSCHNARREN,  desinere  stridere:  rollende  wecker  sind 
wir,  die  sogleich  ausgeschnarret  haben.  J.  Paul  Tit.  anh.  1,  5. 

AUSSCHNAUBEN,  respirare,  nnl.  uitsnuiven:  er  musz  erst 
ausschnauben ;  das  pferd  ausschnauben,  verschnauben  lassen, 
s.  ausschnaufen. 

AUSSCHNAUBERN,  ausschnobern,  investigare:  dasz  der 
hund  ausschnaubere,  was  ihm  werden  kan.  Witzenb.  105. 
s.  ausschnüffeln,  ausschnuppern. 

AUSSCHNAUFEN,  auch  hd.  wird  diese  nd.  form  verwandt 
ßr  ausschnauben :  schnaufe  ein  wenig  aus,  dasz  du  erst  zu 
sinnen  kommst.  Fr.  Müller  3, 176. 

AUSSCH.NÄUZEN,  s.  ausschneuzen. 

AUSSCHNEIDEN,  exsecare,  exscindere,  ahd.  arsnidan,  öj- 
arsnidan  (Graff  6,  841),  nnl.  uitsnijden. 

1)  einem  die  zunge  ausschneiden:  man  solte  dem  ältesten 
die  zunge  ausschneiden  und  hende  und  füsze  abhauen.  2  Macc. 
7,  4 ;  ein  geschwür  ausschneiden. 

2)  einem  die  hoden,  die  nieren  ausschneiden,  oder  mit 
wegbleibendem  acc.  blosz  einem  ausschneiden,  ihn  verschnei- 
den, entmannen: 

sechl,  ob  ir  im  mugt  selbs  auszschneiden.   fasln,  sp.  255,  31 ; 

dem  sol  man  seiu  beide  niern  auszsneiden.    309,  25; 

wall  mir  ist  noch  nit  auszgeschniten.    702,  10; 

und  haben  im  ander  freuen  ausgesniten.    771,  7; 

heiszen  mich  ein  nollprudcr  ein  rollen, 

und  droen  mir  denn  auszzuschneiden.    H.  Sachs  IL  4,  4'; 

ich  woli,  im  wer  geschnitten  ausz.  IV.  3,  40*. 
hat  Franciscus  von  Sickingen  den  bischof  von  Trier  gekriegt, 
verbergt,  den  pfaffen  {dat.  pl.)  auszgeschnitten  und  den  geist- 
lichen vil  plag  angelegt.  Frank  chron.  224*;  dem  ferkel  aus- 
schneiden. Witzenb.  105 ;  nimb  des  obgenanten  schmeers  und 
mach  ein  einschlag  daraus,  lasz  dem  gaul  wol  ausschneiden 
bis  auf  das  leben.  Seuteh336;  die  nur  ihren  lust  haben,  den 
leuten  auszuschneiden  und  büuser  nider  zu  reiszen.  Garg. 
149' ;  der  den  legalen  ausschnitt  und  sie  ir  eigen  geschirr  zu 
essen  zwang.  234*;  die  den  leuten  ausschneiden.  235'; 

Saturnus  schuiet  dem  Coelo  aus  und  warf  es  in  das  meer, 
vom  schäum,  der  aus  dem  wurf  entstand,  da  wuchs  die  Venus  her. 

LocAD  3,  9,  74. 
man   scheint   auch   gesagt  zu   haben  einen  ausschneiden,   wie 
das  part.  ausgeschnitten  voraussetzt :    Sardanapal,    der  eineo 
ausgeschnittenen  verheiratet.  Lohenst.  Arm.  1,  201. 

3)  dem  bäum  die  äste  ausschneiden ; 

so  wil  ich  höflich  aus  der  weiden 

die  korb  zcunen  und  ausschneiden,    fastn.  sp.  556,  12, 

ICO  besser  zeinen  stände,  dann  auch  einen  bäum  ausschnei- 
den :  der  "zu  einem  thier  oder  menschen  zierlich  ausgeschnit- 
tene gartenbaum.  J.  Paul  biogr.  bei.  1,  5t.    s.  ausschneiten. 

4)  das  hemd  oder  kleid,  den  kragen  ausschneiden,  rornen 
weit  offen  lassen,  die  Limburger  chronik  erzählt  §.  46 :  die 
frauen  tnigen  weite  ausgescimittene  hembde,  also  dasz  man 
inen  die  brüst  beinahe  halb  sähe  (vgl.  Altswert  s.  50) ; 
sie  geht  weil,  tief  ausgeschnitten;  aber  unserm  sönlin  macht 
man  das  hembd  ausgeschnitten.  Garg.  113",  icie  man  noch 
heute  die  kinderhemder  ausschneidet,  um  die  haut  an  der  lufl 
abzuhärten. 

5)  blumen,  thiere,  gesiebter  mit  der  schere  in  papier  aus- 
schneiden; sie  kann  aufs  zierlichste  ausschneiden. 

6)  einen  räum  ausschneiden :  fluchen,  die  einen  räum  in 
der  breite  eines  winkeis  ausschneiden.  Kant  S,  277. 

7)  tuch,  zeug  ausschneiden,  ellenweis  abschneiden  und  ver- 
kaufen, auch  der  liecker  schneidet  brot  aus,  trenn  er  es  in 
stücken  verkaup. 

AUSSCHNEITELN,  putare  arbores  fruticesque,  fein  und  zier- 
lieh ausschneiden;  hopfcnstangen  ausschnciteln.  das  ahd. 
sntdan  =  goth.  snei|)an,  erhält  im  praet.  sneit,  snitun  die  tenuis, 
ebenso  das  mhd.  sniden,  sneit,  snilen,  nhd.  schneiden,  schnitt, 
schnitten,  mit  diesem  t  ist  auch  schneilein  {nicht  schueideln) 
und  das  folgende  schwache  sclineilen  gebildet,    s.  aufschneileln. 

AUSSCHNEITEN,  putare,  exputare:  wenn  er  {der  maulbecr- 
baum)  wol  gedüngt,  besprützt  und  ausgeschneilet  ist,  tnigl  er 
desto  besser.  Hohberc  1,  43l'. 

AUSSCHNELLEN,  rifrrari,   exsilire: 

denn  der  lärm)  schnellt  aus   wie  Tedcrstalil, 
sein  schwerthieb  ist  ein  wettersirahl.    Uükgeii  51'. 

AUSSCHNEUZEN,  emungere,  frülier  wie  schneuzen  mit  per- 
sönlichem dativ,  einem  die  nase  ausschneuzen,  einen  strengen 
verweis  erth eilen: 


959      AUSSCHNICKEN— AUSSCHRAMMEN 

und  schneuzet  im  so  tückisch  aus, 
so  schwieg  er  denn  still  wie  ein  maus. 
H.  Sachs  II.  4,  1Ü2' ; 
dann  er  halte  sorg,  Moyses  würde  ihm  ausschneuzen.   Ayrer 
proc.  2,  3.     das    licht,    die  lampe  ausschneuzen,    aicslüschen : 
ausblasen  und  ausschneuzen.  J.  Paul  paling.  2,  36.  s.  ausputzen. 

AUSSCHNICKEN,  vibrando  eliderc,  aussprülzcii :  die  dinte 
ausschnicken,  die  feder  ausschnicken ;  ebenso  die  färbe  aus 
dem  pinsel  oder  den  pinsel:  er  schnickte  den  pinsel  aus. 
Ardinghello  1,  105. 

AÜSSCHNIEBEN,  respirare,  was  ausschnauben,  s.  schnieben. 

AUSSCHNITT,  in.  seclor,  segmentum,  exseäio:  ausschnitt 
eines  zirkeis,  einer  kugel ;  ausschnitt  des  hemdcs,  des  kra- 
gens ;  ausschnitt  der  waare,  beim  ellenweise  geschehenden  ver- 
kauf; ausschnitt  des  fuszbodens  im  zimmer.  J.  Paul  Tit.  2,  54. 

AUSSCHNITTELN,  zierlich  ausschneiden,  ausschnitzeln: 
ein  vierter  schnitleit  eine  maus 
aus  einem  apfelkern  ihr  aus.    Wieland  21, 10. 

AUSSCHNITTEK,  wi.  ausschnitthändler. 

AUSSCHNITTLING,  m.  puer  exseclus,  ausschindling. 

AUSSCHNITTHANDLÜNG,  f. 

AUSSCHNITTWAARE,  f. 

AÜSSCHNITZELN,  exsculpere,  zierlich  und  klein  aussehneiden. 

AUSSCHNITZEN,  exsculpere: 
mit  recht  wird  stets  von  uns  der  götior  beer  verlacht, 

wir  können,  was  ein  mensch  ausschnitzt  und  mahlt,  nicht  ehren, 
'Gryphiüs  1,  490; 

ein  denkmal,  barbarisch  ausgeschnitzt.    Götter  1,  140. 

AUSSCHNÜFFELN,  odorari,  aufspüren:  die  hunde  schnüf- 
feln die  trüffeln  aus.     s.  ausschnaubern  und  ausschnuppern. 

AUSSCHNÜPFEN,  ausleeren  durch  schnupfen. 

AUSSCHNUPPERN,  ausschnüppern,  was  ausschnüffeln, 

AUSSCHNÜREN,  relaxare  funiculum :  sich  ausschnüren,  von 
fraum;  schhüre  mich  aus,  sagt  die  frau  zur  magd. 

AUSSCHÖPFEN,  cxhaurire,  nnl.  uitscheppen :  er  wolle  den 
Jordan  mit  seinem  munde  ausschepfen.  Iliob  40,  18;  und 
meint  den  abgrund  göttlicher  maiestet  auszuschepfen.  Luther 
3,102;  sie  {die  gottlosen  reichen)  werden  gewislich  ausgeschepft 
und  ein  andern  drein  gesetzt.  3,  293;  und  erholten  unser  aus- 
geschöpfte kraft.  Frank  wellb.  233";  briider  Niclaus,  der  was 
dürrs,  magers,  ausgeschöpfts  leibs.  chron.Sli';  wenn  sie  den 
geltsack  ausgeschepft  haben.  Kirchhof  wendunm.  34';  die 
wolthaten,  die  sie  genossen,  wären  von  einem  so  groszen 
masze,  dasz  ihre  dankbarkeit  sie  nimmehr  ausschöpfen  künte. 
LoHENST.  Arm.  1,  272;  um  dir  noch  heute  an  das  herz  zu 
stürzen  und  deinen  himmel  auszuschöpfen  und  meinen  zu 
füllen.  J.  Paul  Tit.  5,  65.  heute  gebrauchen  wir  ausschöpfen 
sinnlich,  erschöpfen  abstract:  den  brunnen,  das  wasser  aus- 
schöpfen, aber  die  geduld  erschöpfen. 

AUSSCHÖPFKELLE,  f. 

AUSSCHÖPFLÖFFEL,  m.  besser  Schöpflöffel. 

AUSSCHOPPEN,  explere,  farcire: 

het  mich  denn  mit  stro  ausgeschopt.    H.  Sachs  I,  502*; 

hab  auch  an  ein  alle  reisjoppen, 

die  wil  ich  mit  hew  ausschoppen.    IV.  3,  51'. 

schwören  bei  teufdholen,  wann  sie  nicht  mehr  saufen  kön- 
nen, und  dannoch  hören  sie  nicht  auf  sich  auszuschoppen. 
Simpl.  1, 101.    s.  anschoppen. 

AUSSCHOSSEN,  germinare,  schnell  und  nebenher  auswach- 
sen,  von  pflanzen  und  geslräuch:  das  gras  ist  in  wenigen 
tagen  ausgeschoszt;  das  unkraut  schoszt  überall  aus;  haben 
nicht  geblühet,  haben  nicht  gcproszlet,  haben  nicht  ausge- 
schoszt. Paracelsüs  1,  22S';  unterdessen  ist  der  spargel  aus- 
geschoszt. Hamann  5,  235. 

AUSSCHÜSZLING,  m.  surculus:  die  ihres  leibsstammens 
aiisschösziing  und  nabelstück  sind.  Gary.  67';  alte  bäum  er- 
sticken mit  ihrem  überschatten  die  jungen  ausschösziing.  Leh- 
mann 68;  einzelne  ausschöszlinge  einer  allen  wurzcl.  Göthe 
14, 104, 

AUSSCHOTEN,  deglubere,  was  aushülsen,  auskernen:  erb- 
sen,  höhnen  ausschoten,  aus  der  schale  nehmen. 

AUSSCHRAMM,  m.  quod  excidilur,  exscinditur,  bergmän- 
nisch von  einer  lelligen,  leicht  zu  gewinnenden  thonart,  die 
los  geschrammt  wird,  sonst  ablösung  und  besieg  geheiszen. 
könnte  aber  auch  für  andere  stoffe  gelten,  die  man  losschrappt, 
X.  b.  für  den  leig  in  der  mulde. 

AUSSCHRAMMEN,  cxscindere,  nach  dem  vorigen,  steht  in 
folgender  stelle  intransitiv  ßr  seeedere,  cxsilire:  nun  erst  er- 
Bchrack  sie  {diemultcr)  über  seine  (rfe«  ioAn.?)  kübnhcil,  fürch- 
tete,  er  würde  ihr  in  allen  dingen  ausschramnien,   nachdem  I 


AUSSCHRAUBEN— AÜSSGHREIEN   960 

er  solche  gefährliche  kinst  {das  reiten)  heimlich  erlernt  habe. 
Arnim  kronenw.  1, 185. 

AUSSCHRAUBEN,  cochleam  relorquere,  laxare,  die  schraube 
aufdrehen,  eingeschraubtes  ausschrauben. 
AUSSCHRECKEN,  cxcitare,  aberschrecken: 
der  ritt  des  pfaffen  pferd  iiin  wegk, 
das  er  im  nett  so  ausgeschreckt  {durch  eingejagten  schrecken 

abyedi-ungen).  Fischarts  Eulensp.  reimw.  bl.  114; 

dasz  er  angst  machen  möcht  den  bauren 
und  in  {eis)  ausschrecken  geld  und  pfand.   265; 

was  hat 
euch  so  aus  euren  sinnen  ausgeschreckt?  Tieck  1, 140, 
AUSSCHREI,  m.  exclamatio,  proclamalio,  lauter  schrei,  aus- 
ruf:  wollen  wir  lassen  anheften  und  hengen  zeddeln  oder 
bletter  an  die  thore  der  kirchen,  welche  sollen  verkündigen, 
als  mit  irem  lautbarn  ausschrei  und  öffentlichem  zeigen  diese 
process,  Luther  2,56';  und  so  muste  gar  zuletzt  ein  gegen- 
satz  von  lispeln  und  ausschrei  zur  spräche  kommen.  Göthe 
31,  239.    vgl.  aufschrei. 

AUSSCHREIREN,  exscribere,  nnl.  uitschrijven, 

1)  fertig  schreiben:  ich  habe  das  werk  nun  ausgeschrieben; 
da  nun  Mose  die  wort  dieses  gesetzs  ganz  ausgeschrieben 
hatte  in  ein  buch.  5  Mos.  31,  24;  ihr  habt  ewer  leben  lang 
nicht  mehr  bücher  gesehen  als  dise  jar  her,  wann  werden  sie 
einmal  ausgeschriben?  Garg.  243';  ich  wollte  am  15  oct.  schrei- 
ben, aber  können  sie  es  glauben,  dasz  ich  erst  heute  voll- 
ends ausschreibe?  Rabener  6,  208;  könnte  ich  nur  indessen 
meinen  Wilhelm  ausschreiben!  das  buch  wenigstens.  Göthe 
ü»  fr.  von  Stein  3,  176.  eine  ausgeschriebene  band,  durch 
Übung  fest  und  characteristisch  ausgebildete  handschrifl. 

2)  aus  andern  schreiben,  compilare:  ganze  Zeilen  und  Sätze 
sind  ausgeschrieben ;  er  schreibt  nur  andere  aus ;  aber  gleich- 
wol  ist  es  falsch,  dasz  ich  in  dem  ausschreiber  den  ausge- 
schriebenen getadelt  habe.  Lessing  8,  132;  wer  andre  aus- 
schreibt und  sie  nennt,  musz  gleichwol  rechenscbaft  geben, 
warum  er  ausgeschrieben  habe.  Klopstock  12,  81;  tempelraub 
ists  zwar  eben  nicht,  wenn  einer  den  andern  ausschreibt, 
weil  so  manche  bücher  mit  nichten  tempel  sind,  wol  aber 
Strohhütten  und  marktschreierbuden.  12,82;  die  buhen  haben 
mich  von  jeher  aus-  und  nachgeschrieben  und  meine  manier 
vor  dem  publico  lächerlich  und  stinkend  gemacht.  Göthe  an 
Lavater  103;  ein  scholiast  hat  den  andern  ausgeschrieben. 
Herder  2,  91.  man  sagt  auch  in  gutem  sinne,  die  musik,  die 
noten  ausschreiben  lassen,  für  die  einzelnen  stimmen  zur  auf- 
führung :  die  musik  der  operette  wird  ausgeschrieben,  Göthe 
an  fr.  von  Stein  3, 181. 

3)  proclamare,  rescribere:  nachdem  aber  der  junge  könig 
seinen  ersten  reichstag  ausgeschrieben  hatte.  2  Macc.  4,  21; 
da  der  bapst  Paulus,  des  namens  der  dritte,  ein  conciliuin 
ausschrieb  im  vergangen  jar.  Luther  6,  509';  auf  das  ausge- 
schrieben schieszen,  Fischart  gl.  seh.  titel; 

Apollo  schrieb  nächst  aus,  dasz  jeder  solle  müssen 
bei  ihm  sich  stellen  ein  zu  mustern  das  gewissen. 
I.OGAU  3,  3,  31 ; 
auch  jeglichem  ein  sicher  und  frei  gcleit  zugesagt  und  ausge- 
schrieben  worden.   Kirchhoi^  wendunm.  35;    ein    fasten    aus- 
schreiben. Schiller  107' ;  eine  preisaufgabe  ausschreiben.  Göths 
31,  189;    man   schrieb   neue   Werbungen  aus.    Beckers  weltg. 
2,  ,470.    eine   Steuer    ausschreiben,     sonst   auch  für  öffentlich 
ausgeben,  im  unglimpf  bekannt  machen :  nu  da  du  selber,  dazu 
mit  groben  buchslaben,    das   es  jederman   wisse,    dich  einen 
bock  ausschreibest.    Luther  1,  360  {an  den  bock  zu  Leipzig); 
das  mich  der  tauft  jud  Pfefferkorn   mit   der   unwarheit   hin- 
geben und  wider  got,    eer  und  recht  uszgeschriben  und   un- 
ziemlich verunglimpft  hat.  Reuchlin  augensp.  32', 
AUSSCHREIBEN,  n.  rescriptum,  edicium. 
AUSSCHREIBUNG,    f:    die    Ungerechtigkeit   solcher    aus- 
schreibungen  {von  abgaben).  Kant  1, 114, 
AUSSCHREIBER,  m.  compilätor. 
AUSSCHBEIBEREI,  f 

AUSSCHREIEN,  clamando  nuntiare,  signifieare. 
1)  ohne  acc,  mit  folgesatz:  lasz  nu  ausschreien  fnr  den 
obren  des  volks  und  sagen,  rieht.  7,  3;  licsz  ausschreien 
durch  sein  ganzes  königreich.  2  chron.  36,  22.  Esra  1,  1 ;  die 
von  dir  ausschreien  sollen  zu  Jerusalem.  Nch.6,1;  und  liesz 
ausschreien  und  sagen  zu  Ninivc.   Jona  3,  7 ; 

lasz  ir  dem  volk  ausschroicn.    11.  Sachs  F,  54'; 

er  wird  mir  auch  verzeihen, 
dast  ich  Troi  ofToMtlit-h  als  hcrold  aus  darr  schreien 
was  gruud  und  wahrhcit  ist.  Opitz  1,  9. 


961    AüSSCHREIEN  —  AUSSCHROTEN 

2)  mit  acc,  er  gibt  wenig  und  rücket  einem  vil  auf,  und 
schreiets  aus  als  ein  weinrufer.  Sir.  24,  15;  den  wein  aus- 
scbreien  (s.  ausrufen);  laszt  eine  fasten  ausschreien.  1  kün. 
21,  9;  und  iieszen  ein  fasten  ausschreien.  21,  12;  und  soll 
disen  tag  ausschreien.  3  Mos.  23,  21  (ed.  I.i28,  ausrufen  1534. 
1545);  der  wächler  schreit  den  tag  aus;  den  jägem  wird  der 
tag  ausgeschrien ;  wie  man  jegerlich  morgens  den  frühen  Ug 
sol  ausschreien: 

wolauT,  wolaur,  wolauf, 

der  lichte  morgen,  der  ist  heut  auch  auf! 

wolaur,  wolaul,  ihr  weidleut, 

was  guter  lag  ist  heut!    .Mkürer  71'.  Becbkk  107; 

Don  das  ihr  klärer  möcht  verstau, 

wer  die  lieblich  nachtigall  sei, 

die  uns  den  hellen  tag  ausschrei: 

ist  doctor  Mariinus  Luther, 

in  Wiitemberg  augusiiner, 

der  uns  aufwecket  von  der  nacht.    H.  Sachs  II.  1,  85'; 

also  liesz  der  Statthalter  ein  still  durch  den  weibel  ausschreien. 
Fbet  garteng.  67;    das    handwerk    ausschreien,    ein   spiel   bei 
Fischart  n*  294;    das   ist    sein   name,   den   lesset   er  durchs 
wort  ausschreien.  Lcther  6,  343';  als  sie  den  namen  und  titel 
der  verstorbenen  ausgeschrien  haben.  Kirchbof  wendunm.  414"; 
rindus  und  sein  volk  ist  hier, 
das  ein  lautes  lobgeione 
schreiet  aus  zu  unsrer  zier.    FiESiJtG  44; 
nach  den  ausgeschrienen  worten  'ach  mein  bruder  Eberhard ! ' 
Felsenb.  2,  585 ; 

damit  nicht  deine  stummen  steine  selbst 
mein  werk  ausschreien.  Schiller  563. 

einen  ausschreien  heiszl  ihn  unter  die  letite,  ins  geschrei  brin- 
gen, verleumden,  meist  in  übelm  sinn:  weil  sie  denken  wer- 
den, es  geschehe  aus  lauter  rachgir,  als  von  dem,  den  sie 
so  heftig  durch  den  druck  ausgeschrien  haben.  Luther  6,  315"; 
ich  habe  keinen  vortheil,  das  weibliche  geschlecht  auszu- 
schreien.  Pierol  1,446;  doch  auch  erhebend  und  rühmend: 

von  euch  beräuchert,  ausgeschrien, 

und  lebend  apoiheosieret. 

ricTman  die  Uenselin  nach  Wien.    Gotter  1,  114. 

3)  mit  doppeltem  acc,  des  subjects  und  praedicats,  welchem 
letztem  doch  meistens  ein  für  oder  als  vorgesetzt  wird:  das 
er  Clirislum  einen  priesler  ausschreiet,  das  ist  einen  patron, 
fürbitter,  mitler,  bezaler  aller  sünde.  Lcther  1,  95' ;  das  sie 
die  für  ketzer  ausschreien.  5,  U';  und  in  einen  mörder  aus- 
geschrien. Scheibles  kloster  6,  992;  wann  man  mich  für  ein 
guten  prillenreiszer  und  grillenscheiszer  ausschreit.  Garg.  24' ; 

nicht  wer  gold  zu  golde  trägt, 

ist  Tur  reich  bald  auszuschreicn.    Logad  1,  4, 11 ; 

wer  ist.  der  geld  für  worte  giebl? 

ein  weib,  dem  lob  so  sehr  beliebt, 

dasz  manche  man  für  schön  schrei  aus, 

so  wagt  sie  dran  ihr  hof  und  haus.    1,  8,  37  : 

wann  er  ärger  gehalten  oder  für  boshaftiger  ausgeschrien  wird 
als  er  ist.  Schuppics  309;  wie  man  alle  auszerordentliche 
menschen  von  jeher  für  trunkene  und  wahnsinnige  ausschreien 
muste.  GöTHElG,  67;  seinen  gegnem,  ..  welche  seine  giünde 
als  unüberzeugend  ausschreien.  60,  23;  eher  wird  man  mich 
für  einen  grillenkopf  ausschreien.  Gotter  3, 156. 

AUSSCHHEIER,  m.  praeco,  herold.  fasln,  sp.  h9l,i;  sobald 
einer  in  Frankreich  gestorben  ist,  laufen  die  verordneten  aus- 
schreier  herumb,  und  berufen  mit  vielen  schallen  das  volk 
zusammen.  Kirchhof  wendunm.  414*. 

AUSSCHKEITEN,  in  doppeltem  sinn, 

1)  egredi,  pedem  efferre,  vorschreiten,  durchsehreiten  :  wir  müs- 
sen tapfer  ausschreiten,  um  richtig  einzutreffen,  einen  räum 
ausschreiten,  mit  schritten  ausmessen.  ThChmels  reisen  10,  2G2 ; 

so  schreitet  in  dem  engen  breierhaus 

den  ganzen  kreis  der  schöpfung  aus.    Göthb  12,  17. 

2)  aberrare:  die  rinder  schritten  beseit  aus.  1  c/iron.  14,9; 
da  war  niemand  auf  rechter  ban,  sie  warn  all  ausgeschrit- 
ten. Lother  8,  364 ;  nun  ich  über  den  grenzstein  ausgeschrit- 
ten bin.  TiF.CK  8,  203. 

AI'SSCHÜEITLNG,  f.  aberratio. 

AL'SSrUHITT,  m.  excessus,  aberratio. 

AUSSCHKUl'FEN,  delrahere  sanguinem:  wiederholtes  aus- 
schröpfen ermattete  den  kranken;  bildlich,  ein  land  aus- 
scbrüpfen,  bluten  lassen; 

die  sonnensucht  durch  lindes  schröpfen 

und  adertasz  ihm  auszuscbröpfen.    Voss  6,  236. 

AISSCHHOTEN, 

1)  exedere,  erodere:  die  mause  schroten  das  getraide,  den 
käse  aus. 


AUSSCHRUMPFELN— AUSSCHÜTTEN   962 

2)  excidere,  behauen :  stamme,  klotze  mit  der  axt  ausschro- 
ten, zurichten. 

3)  evotvere,  fässer  ausschroten,  aus  dem  heiler  wälzen; 
hier  ausschroten:  es  kommt  die  zeit,  dasz  ich  inen  wil 
Schröter  schicken,  die  sie  ausschroten  sollen  und  ire  fasse 
ausleeren.  Jer.  48.  12.     vgl.  anschroten. 

AüSSCHltUMPFELN,  corrugari,  marcescere: 
die  slirnc  schrumpelt  aus.    Flexing  113. 

AUSSCHRUMPFEN,  dasselbe,   verschrumpfen. 

AUSSCHUHE.N,  excalceare,  die  schuhe  ausziehen,  entschuhen: 
welchergestalt  die  Türken  gegen  miltage  ausgeschuhet,  geba- 
det ihr  gebele  verrichten.  Lohensteiv  zu  Ibrah.  2,  8. 

AUSSCHUMPIEKEN,  eine  andere  form  für  ausschimpfieren, 
ausschimpfen:  ausschumpiert,  anschnauzt,  trotzt  und  tribu- 
liert.  Ringwald  laut.  warh.  267 ; 

dann  wer  sein  völklein  ausschumpiert, 

bei  ihnen  alle  gunst  verliert.    Puiland.  1,  445  aus  Rincwaid. 

AüSSCHüPFEN,  exlrudere,  aiisstoszen :  widerumb  die  gott- 
losen reichen,  ob  sie  itzt  ein  Zeitlang  überflüssig  haben,  so 
werden  sie  doch  verderben  und  nicht  im  land  und  gut  blei- 
ben sitzen,  sie  werden  gewislich  ausgeschupft  und  ein  ander 
drein  gesetzt.  Luther  1,  532'.  br.  2,  74. 

AL'SSCHUPPEN,  schuppenweise  ausschneiden,  ein  heraldischer 
ausdruck. 

AUSSCHCREN,  bergmännisch,  die  schlacken  aus  dem  ofen 
ziehen. 

AüSSCHCRFEN  ,  effodere  melallum :  viel  reiche  geng  hat 
ausschürfen  lassen.  Mathesics  l'. 

AÜSSCHURKEN,  lapsare,  ausgleiten,     s.  schurren. 

AUSSCHUSZ,  m.  separatio,  delectus,  nnl.  uitscbot,  sowol 
des  besseren  als  schlechteren. 

1)  von  leuten:  nachdem  von  dem  lande  ein  vollmächtiger 
ausschusz  gemacht  worden.  Schweimchex  3,17;  ist  des  lan- 
des  ausschusz  bei  einander  gewesen.  3,  19;  was  ist  ein  aus- 
schusz? 'man  teilt  die  herren  im  regiment  aus  iegklicher  par- 
tei  zu  einer  sonderlichen  sach  oder  handlung,  das  sie  nit 
alle  über  ein  sach  dürfen  sitzen.'  Ücusle  bauernkrieg  23; 

der  Juden  ausschusz  nun,  der  Tharser  biirgersmann, 
so  sagt  wie  Christus  ihm  sich  habe  kund  geibau. 

Opitz  343; 
ein  ausschusz  dapfrer  beiden.  Fleii.ng; 
sampt  einem  ausschusz  von  der  hauptwach.  Simplic.  1,  119 ; 
schickte  der  regente  auch  an  uns  übrigen  vom  sogenannten 
engern  ausschusse.  Felsenb.  4,  235;  ich  ward  überfallen  von 
16  mann  besofnem  ausschusz.  J.  Paul  uns.  löge  1, 25.  rer- 
sammlungen  wählen  sich  ausschusse. 

2)  t'on  Sachen:  ein  ausschusz  schlechter,  wolfeiler  waare; 
das  quantum  von  lugend,  das  uns  nach  diesem  ausschusz 
übrig  bleibt.  Wieland  8, 114 ;  wenn  es  {das  papier)  nicht  gut 
ist,  so  musz  M.  den  ausschusz  zurücknehmen.  Göthe37.  271; 
da  die  unteren  planeten  von  dem  ausschusse  der  materie 
gebildet  werden,  welche  durch  den  Vorzug  ihrer  dichtigkeit 
u.  s.  w.    Käst  8,  276. 

3)  ausschusz,  hervorragendes  an  gebäuden:  man  soll  lugen, 
dasz  man  unden  an  die  mauwr  kein  grosz  gesims  oder  aus- 
schusz mache.  Froxsperg  kriegsb.  2,  184*. 

4)  ausschusz  einer  pflanze,  rebe,  der  sich  tordrängende 
trieb.  Maaler  45*.     s.  ausschutz. 

AUSSCHUSZSTÄNDE,  pl.  jetzt  haben  wir  die  weimarischen 
ausscbuszstände  hier,  bald  werden  die  jenaischen  kommen. 
Götue  an  Knebel  230. 

AUSSCHUSZTAG,  m.  Eisenacher  ausschusztag.  47. 

AUSSCHÜTTE,  f  oder  pl.?  was  ab  dem  tisch  fall,  als 
brosmen,  bein,  analecta,  abhub.  Maaler  45'. 

AUSSCHÜTTELN,  excutere,  verhält  sich  zum  folgenden,  wie 
einfaches  schütteln  im  schütten :  das  tuch,  das  kleid  ausschüt- 
teln; den  staub  ausschütteln;  die  henne  schüttelt  sich  aus; 
und  endlich  schüttle  doch  ein  jeder  nur  sich  selber  aus,  kriege 
sich  selbst  bei  der  nase,  er  wird  wol  manchen  fehler  ent- 
decken. WIEI.ANDS //orai  t,  85;  da  sie  aber  widerstrebten  und 
lästerten,  schüttelt  er  {Pnulus)  die  kleider  aus.  apost.  geseh. 
18,6;  auch  schüttelt  ich  meinen  bösen  aus,  und  sprach,  also 
schüttele  gott  aus  iderman  von  seinem  hause  und  von  seiner 
erbeit,  der  dis  wort  nicht  bandhabet,  das  er  sei  ausgeschüt- 
telt und  leer.  iVefc.  5, 13. 

AUSSCHÜTTEN,  effundere,  nnl.  uitschudden, 

1)  sinnlieh,  ich  bin  ausgeschult  wie  wasser.  pt.  22, 15;  wein 
ausschütten ;  den  sainen  ausschütten ;  Hein  name  ist  ein  aus- 

61 


963   AUSSCHÜTTEN— AUSSCHWADERN 


äUSSCHWADMEN— AUSSCHWEIFEN  964 


gescliütte  salbe,  hohelied  1,  3;  und  ist  mitten  entzwei  gebor- 
sten und  alle  sein  eingeweide  ausgescliutt.  aposL  gesch.  1, 18 ; 
und  da  sie  die  secke  ausscliutten,  fand  ein  iglicher  sein  bünd- 
lin  gelds  in  seinem  sack.  1  Mos.  42,  35 ;  und  da  sie  es  (das 
kraut  aus  den  löpfen)  ausschütten  für  die  menner  zu  essen. 
ikön.  4,  40;  und  sie  nam  das  gericbt  und  schüttets  für  im 
aus,  aber  er  wegert  sich  zu  essen.  2  Sam.  13,  9 ;  und  wil  Je- 
rusalem ausschütten,  wie  man  schüssel  ausschüttet.  2  kün. 
21, 13 ;  schütten  die  laden  aus.  2  chron.  24, 11 ; 

schusz  einen  Schotten  er  gleich  mitten  durch  die  stirn, 

dasz  er  im  ruotert'all  ausschütte  sein  gehirn. 

Werders  Ariost  19,  8; 

madame,  ists  nicht  sie,  die  beute  die  hainkacbel  über  mich 
ausschüttete?  Holberg  alte  übers.  2,  73;  nachdem  ich  mich 
lange  mit  diesem  hin  und  herreden  gequält  hatte,  schüttete 
ich  das  kind  mit  dem  bade  aus  und  warf  den  ganzen  plun- 
der  desto  entschiedener  weg.  Göthe  24, 170.  mhd.  her  öj  schüt- 
ten {aus  dem  beutet),  w.  gast  14027 ;  man  sagte  aber  auch 
lebendig  einen  üj  schütten,  rasch  auskleiden: 

dö  schütte  man  in  üj  an  den  tac.    Wigat.  158,9; 

der  pfaf  schütt  aus  das  messgewand.    Haupt  8,  527. 

2)  bildlich,  Hanna  aber  antwortet  und  sprach,  nein  mein 
herr,  ich  bin  ein  betrübt  weib,  wein  und  stark  getrenk  hab 
ich  niciit  getrunken,  sondern  hab  mein  herz  für  dem  herrn 
ausgeschut.  1  Sam.  1,  15;  schüttet  ewer  herz  für  im  aus.  ps. 

-02,  9 ;  sondern  die  herzen  gegen  einander  ausgeschüttet  ha- 
ben, gespenst  IQQ ;  nun  hab  ich  auf  alle  artikel  deines  lieben 
briefs  geantwortet  und  dir  mein  ganzes  herz  ausgeschüttet. 
Bettine  br.  2,  79 ;  ein  gebet  des  elenden,  so  er  betrübt  ist, 
und  seine  klage  für  dem  bcrrn  ausschult,  ps.  102,  1 ;  ich 
schütte  meine  rede  für  im  aus.  142,  3;  verständige  und  wol- 
redende  leute  schütteten  ihr  gebet  aus  vor  dem  bilde  (preces 
fuderunt).  pers.  baumg.  8,  13;  er  scliüttelie  alle  seine  klagen 
bei  mir  aus.  P/'ero/ 1, 113 ;  dasz  ein  liebevoll  beschäftigtes  ge- 
müt  das  dringende  bedürfnis  hat  sich  zu  äuszern,  das  was 
in  ihm  vorgeht,  vor  einem  freunde  auszuschütten.  Göthe  17, 185 ; 

aber  ihr  männer,  ihr  schüttet  mit  eurer  kraft  und  begierde 
auch  die  liebe  zugleich  in  den  Umarmungen  aus. 
Göthe  1,  268; 

ein  narr  schult  seinen  geist  gar  aus,  aber  ein  weiser  hell  an 
sich.  spr.  Sat.  29,  11 ;  wenn  sie  ja  ihre  Weisheit  ausschütten 
müssen.  GEi.t.EnT  3,  340 ;  viel  worte  ausschütten,  pers.  baumg. 
7,2;  lästerungen  gegen  jemand  ausschütten.  4,  23;  schüttele 
auf  die  letzt  so  viel  dräuworte  aus.  Weise  kl.  leute  175;  wie 
es  möglich  gewesen,  eine  solche  masse  von  scbmähgedichfen, 
wolgezahlt  410,  auf  einen  einzigen  mann  auszuschütten.  Göthe 
38,  235;  darumb  wil  ich  meinen  zorn  über  sie  ausschulten 
wie  Wasser.  Hosea  5,  10 ;  errege  deinen  grimm,  und  schütte 
zorn  aus.  Sir.  30,  8 ;  darumb  hat  er  über  sie  ausgeschut  den 
grim  seines  zorns.  £5.  42,  25;  sihe,  mein  zorn  und  mein  grim 
ist  ausgeschut  über  disen  ort.  Jer.  7,  20 ;  oder  so  ich  pesli- 
lenz  in  das  land  schicken  und  meinen  grim  über  dasselhige 
ausschütten  würde.  Ez.  14, 19 ;  da  dacht  ich  meinen  grim  über 
sie  auszuschütten.  20,  8 ;  erfaren,  das  ich  der  herr  meinen 
grim  über  euch  ausgeschüttet  habe.  22,22;  und  wil  meinen 
grim  ausschütten  über  Sin.  30, 15 ;  ich  bitte  dich,  du  getrewer 
gotl,  du  wollest  deinen  gerechten  zorn  über  sie  ausschütten. 
Heinr.    Jul.  von  Br.  Susanna  3,  2. 

3)  sich  ausschütten :  dasz  wir  uns  alle  vor  lachen  hätten 
ausschütten  mögen.  Felsenb.  4,  108 ;  er  ist  witzig  und  saly- 
risch,  man  möchte  sich  vor  lachen  ausschütten.  Badener  3, 
27;  wenn  er  sich  lachend  nur  ausschütten  kann.  Herder  11, 
65;  konnte  ich  mich  des  lauten  lachens  nicht  enthalten,  und 
erst  nachdem  ich  mich  eine  weile  ausgeschüttet  (dipoi  riso 
alquanto),  sagte  ich.  Göthe  34,  309 ;  sich  in  ein  wildes  lachen 
ausschütten.  Kmncer  3,  252;  wir  schütteten  uns  in  lachen 
aus.  th.  3,310;  er  schüttele  sich  in  wildes  fröhliches  lachen 
aus.  3,318;  er  gieng  zwar  oft  zu  Augusti,  skh  {seinen  ärger) 
auszuschütten.  J.  Fall  7'//.  2,  34. 

AUSSCHUTZ,  »71.  tumor?  das  hervorgelriebene?  die  ander 
(verrenkung  des  schulterbeins)  wird  crkant  fornen  ain  sonder- 
licher ausschutz,  und  binden  ain  grilli.  Braunscmweig  105.  in 
ganz  anderm,  tviewol  vertvandlrm  sinne  hat  es  Maai.er  45*  ffir 
colonia,  gleichsam  der  zweig  und  ahleyer,  der  aus  einem  vnlke 
treibt:  ausschutz  eines  völklins,  so  man  anderswohin  schickt 
ze  wonen ;  der  ort,  dahin  man  ein  ausscimlz  eines  volks  zc 
wonen  schickt. 

AUSSCHWADEBN,  in  doppeltem  tinn, 


1)  intransitiv,  ejfundi :  das  es  an  allen  orten  von  inen  aus- 
schwadert und  schwemmt,  eitel  teufelsdreck.  Luther  8, 111*. 

2)  transitiv,  effundere,  effulire:  alles  das  ausschwaderest, 
das  dir  angelegen  ist.  Keisersb.  has  im  pf.  Bb  3'.  vgl.  schwa- 
dern, überschwadern.  Stieler  1950  und  Schmeller  3,  529. 

ÄUSSCHWADMEN,  exhalare,  evaporare.  Stieler  1950.  vgl. 
schwadern. 

AUSSCHWANKEN,  nutare,  evanescere:  dann  schwankten 
die  glocken  bang  verstummend  aus.  J.  Paul  Tit.  1,142;  lang- 
sam liesz  er  die  wiege  unsers  herzens  ausschwanken.  2, 159 ; 
entgegengesetzte  richtungen  schwanken  in  einem  mittlem  aus. 
rfäm.m.  5;  aber  der  oscillierende  jüngling  scliwanke  einmal  in 
der  ruhe  des  mannes  aus.  aesth.  3,  70. 

AUSSCHWÄREN,  ulccre  protrudi:  die  äugen  sind  ihm  aus 
dem  köpf  geschworen;  der  splilter,  der  im  finger  steckt,  musz 
ausschwären. 

AUSSCHWÄRMEN,  strependo  evolare,  von  vögeln,  bienen: 
dasz  die  tauben  nicht  zu  viel  ausschwermen.  Kirchhof  wendunm. 
139* ;  die  bienen  sind  ausgeschwärmt ;  junges  volk  schwärmt 
gern  aus ;  es  musz  ausgeschwärmt  sein,  dann  auch  zu  schwär- 
men aufliören:  er  hat  ausgeschwärmt,  transitiv,  einen  träum 
ausschwärmen.  Kmngers  Ih.  2, 111. 

AUSSCHWATZEN,  garriendo  in  vulgus  efferre,  sowol  arglot 
heraussagen,  als  in  böser  absieht  ausplaudern,  austragen: 

mein  kind,  du  sciiwatzest  ja  dein  ganz  geheimnis  aus. 
Gellert  3,  312; 

dasz  der,  der  gleichgültige  mysterien  ausschwatze,  endlich  wich- 
tige sage.  J.  Pacl  Hesp.  1,  105.  sich  ausschwatzen,  satt 
schwatzen,  ad  satietalem  garrire:  die  leute  schwatzen  sich 
aus ;  laszt  ihn  nur  ausschwatzen ;  ich  bin  bald  in  dem  zu- 
stande, dasz  ich  für  lauter  materie  nicht  mehr  schreiben  kann, 
bis  wir  uns  wieder  gesehen  und  recht  ausgeschwatzt  haben. 
Göthe  an  Schiller  2b9.    einem  etwas  ausschwatzen,  ausreden: 

wie  freudig  ihm  mein  trost  die  grillen  ausgeschwatzt. 

Günther. 

AUSSCHWÄTZER,  »n.:  dasz  nicht  grobe  hübeler,  aus- 
schwätzer und  Wäscher  darüber  (über  mein  buch)  kommen. 
Schweinichen  1, 13. 

AUSSCHWÄTZEREI,  f.  Klinger  12,16. 

AUSSCHWÄTZERIN,  f. 

AUSSCHWATZUNG,  f.  zog  mich  aber  in  eine  unerlaubte 
ausschwatzung  ihres  hauses  hinein.  J.  Paul  ßegelj.  1,  82. 

AUSSCHWEBEN,  evanescere:  fieng  an  ir  trug  und  falsch 
auszuschweben.  Frank  weltb.  138*.    s.  verschweben. 

AUSSCHWEFELN ,  sulfure  suffumigare,  nnl.  uitzwavelen. 
Stieler  1964:  den  keller,  die  fässer  ausschwefeln. 

AUSSCHWEIF,  m.  evagatio,  digressio,  ambages :  einen  aus- 
schweif gewinnen,  nehmen : 

er  hat  im  aber  ein  aussciiweif  gnomen.  H.  Sachs  IIL  1, 195*; 
und  ist  der  seltsamen  ereignisse  erwehnung  kein  ausschweif 
einer  fabulierenden  feder.  gespenst  142;  ich  möchte  dieses 
weges  sobald  nicht  wieder  kommen,  man  erlaube  mir  also 
einen  kleinen  ausscbweif.  Lessing  7,  333.  in  der  form  wie 
schweif,  abschweif,  umschweif;  in  der  bedeutung  wie  auslauf, 
ausschritt. 

AUSSCHWEIFEN,   evagari,  ausbiegen,  dispalari. 

1)  von  ßusz  und  gewässer,  sinuari :  alle  ströme  haben  TOr 
alters  (ror  bildung  der  flulbette)  so  ausgeschweift  (sich  so  weit 
ausgebogen).  Kant  6,  88. 

2)  von  fläche  und  ebene:  die  ebene  schweift  hier  aus,  ist 
ungleich  ausgeschweift,  biegt  sich  aus;  ausschweifende  linie; 
die  Umschreibung  der  figur  in  geraden  und  wenig  ausschwei- 
fenden linicn.  Winkelmann  3,  77;  die  wenig  ausschweifenden 
umrisse  ihrer  figuren.  3,  79. 

3)  ton  dach,  fach,  gerälh:  das  dach  ist  oben  ausgeschweift; 
ausgeschweifte  giebcl ;  der  becher  ist  am  rande  ausgeschweift. 

4)  von  gliedmaszen :  mit  völligen  und  ausschweifenden  hüf- 
ten  des  weiblichen  gesthlechts.  Winkelmann  4,  89  ;  die  waden 
(der  Venus)  sind  straf  und  voll  bis  an  die  kniekehlen,  ohne 
auszuschweifen.  Ardinghello  2,  214. 

5)  persönliche  bezüge:  wir  schweiften  heule  aus  durch  wald 
und  gebirge ;  meine  äugen  schweifen  aus  in  die  ferne  und 
erblicken  den  geliebten  nicht; 

freund,  schweif  :ius  mit  deinen  blicken, 

\asT.  dicli  die  nnlnr  rnt7url<(Mi, 

die  dir  sunst  gol.irht.    Gottkr  1,  t4; 

er  schweift  reciits  und  links,  nach  allen  richtungen  aus,  ia 
alle  ecken. 


965      AUSSCHWEIFEN — AUSSCHWEIFUNG 


AUSSCH^^TIGEN — AUSSCHWINGEN      966 


6)  zumal  gilt  es  vom  ungetreuen  ehmann  (s.  auslatscbcn), 
vom  Jüngling,  der  abseits  ausschweift,  die  bahn  der  lugend 
verldsil,  nebenher  geht,  schon  Maaler  46*  ein  paur,  der  aus- 
schweifend und  nit  gern  daheimen  bei  seiner  frauwen  ist, 
aversus  contubernio  suo  villicus.  eine  ausschweifende,  wol- 
lüstige frau ;  vil  irrige,  arme,  weit  ausgeschweifte  mädlen. 
WiRSLNG  Calistus  e;  nollte  sie  ausschweifen,  sie  könnte  den 
wertb  der  seele  herunter  bringen  und  die  tagend  mit  der  wol- 
lust  verfäisclien.  Schiller  202*.  ein  ausschweifendes  leben 
führen,  der  u-ollust  nachhängen. 

7)  aber  auch  sonst  übertreiben,  modum  exccdere:  im  essen, 
trinken,  im  aufwand,  in  der  liebe,  freude,  Iraner  ausschwei- 
fen, im  lobe  ausschweifen,  unmdszig  loben;  in  oder  von  der 
rede  ausschweifen,  abschweifen,  digredi; 

wer  haue  je  so  weit  im  argwöhn  ausgeschweift? 
WiELi.VD  10,  333; 

SO  musz  ich  wider  willen  in  exempel  ausschweifen.  Herder 
1, 176 ;  die  kritik  des  Verstandes  erlaubt  es  nicht,  in  intelügible 
weiten,  ja  nicht  einmal  in  ihren  begrif  auszuschweifen.  Kam 
2,  273;  es  ist  schwer  in  einer  materie,  die  von  so  weitem 
umfange  ist,  nicht  auszuschweifen.  S,  23  ;  mit  der  einbildungs- 
kraft  in  den  räum  des  chaos  ausschweifen.  S,  325 ;  das  blosz 
zum  privatvortheile  meines  ausschweifens  gebaute  fiiialbänd- 
chen.  J.  Pacl  Tit.  1,  61.  Das  partic.  ausschweifend  bedeutet 
als  adj.  oder  adv.  häufig  unmäszig,  übertrieben :  diese  seine 
Weisheit  machte  er  in  zwei  verschiednen  Vorlesungen  bekannt, 
von  denen  die  erste  gewis  nicht  wolfeil  und  die  zweite  aus- 
schweifend theuer  war.  Klopstocr  12,297;  wenn  es  auch  die 
allerausschweifendsfe  suche  von  der  weit  wäre.  J.  E.  Schlegel 
2,  3S7 ;  es  ist  etwas  bekanntes,  dasz  im  wirklichen  leben  oft 
weit  unwahrscheinlichere  dinge  begegnen,  als  der  ausschwei- 
fendste köpf  zu  erdichten  sich  getrauen  würde.  Wielasd  1, 
iiv;  kurz  ich  wollte  das  ausschweifendste,  was  man  in  der 
Verzweiflung  wollen  kann.  2,  61 ;  so  ausschweifend  dieser  wahn 
war,  so  wahrscheinlich  schien  er  meinen  gönnern  aus  der  un- 
tersten klasse.  2,  99;  dürfte  man  einer  ausschweifenden  an- 
gäbe aus  jenen  zeiten  trauen.  Schiller  915;  mit  ausschwei- 
fendem lobe.  Kli.nger  5,  342 ;  die  ausschweifende  stärke  eines 
gefühls.  Kam  12,  425. 

8)  transitiv,  etwas  bogenförmig  ausarbeiten:  den  giebel,  den 
becher  ausschweifen,  alln.  sveipa  silfri ;  ein  hemd  am  hals 
ausschweifen,  emarginare;  auch  ein  gefäsz  ausschweifen,  aus- 
spülen, gleichviel  mit  abschweifen,  abspülen  (sp.  112). 

AUSSCHWEIFIG,  ragus,  discursans,  ausläufisch,  gebildet  wie 
ahd.  sueifag,  ubersueifig  (Graff  6,  902),  ron  übelm  hausgesinde: 
auch  was  es  tu  ausschweilig  viel.    H.  Sachs  1,441'; 
nit  ausschwcifip,  leichtreriig  werden, 
sonder  fein  erbar  sich  einziehen.    V,  372*; 

wenn  du  also  ausschweifig  bist.  Keisersb.  has  im  pf  AaS'.*; 
zu  dem  ersten  so  ist  ein  mensch  versumlich  hinlessig,  so 
Wirt  er  darnach  schneickerecht  uszschw eilig.  XV  staffeln  4l';  die 
liebkosende,  blosze,  ausschweifige  seel  Hadriani.  Schuppils  743. 

Al'SSCHWEIFLING,  m.  homo  luxuriosus.  E.ngel  3, 13. 

AUSSCHWEIFUNG,  f.  evagatio,  diyressio. 

1)  capereien  und  einbrüche  der  Normänner,  an  denen  wir 
uns  vorstellen  können,  was  in  den  alten  zeiten  von  der  schif- 
fart  und  den  ausschweifungen  der  Franken,  Sachsen  und 
Heiuler  fürgekommen.  Mascou  2,  4S;  die  aussciiweifung  der 
kometen  nach  allen  gcgenden.  Kam  S,  262;  die  ausschweifung 
der  iinie.  Tiec» /»c/i/.  l,  95;  zu  was  für  ausschweifungen  ver- 
leitet dich  deine  freundschnfl  gegen  mich.  E.  von  Kleist  1, 180; 
tugend  ist  allen  ausschweifungen  entgegengesetzt.  2, 189 ;  was 
mein  herz  in  seinen  kühnsten  ausschweifungen  nicht  zu  kühn 
gewesen  war  zu  hoffen.  Lenz  1.114;  o  Jüngling,  lange  genug 
hab  ich  deinen  ausschweifungen  zugehört,  in  was  für  ein  gc- 
webe  von  hirngespinslen  hat  dich  die  lebhaftigkeit  deiner  ein- 
bildung-skrafl  verwickelt.  Wieland  1,91;  diese  ausschweifung 
»einer  hochachliing.  2,  111;  er  überliesz  ihr  also  die  ausfüh- 
rung  eines  einfalls,  der  an  ausschweifung  vielleicht  niemals 
seines  gleichen  gehabt  bat.  6,  201 ;  ein  mecr  von  ausschwei- 
fungen und  willkürlichen  erdichtungen  der  einbildungskraft 
Kant  8,  f.8 ;  freie  ausschweifungen  des  witzes.  8,  362. 

2)  ausschweifung  in  der  liebe,  libido. 

3)  ausschweifung  in  der  rede,  abfchweifung :  dasz  ich  diese 
ausschweifung  begehe  (ron  dem  gegenständ  abschweife).  Hesse 
3,11;  die  ausschweifung  ist  überflüssig.  Kabener  2,97.  4,40; 
ich  frage  nunmehro  meine  leser,  denen  zu  gefallen  ich  diese 
aasscbweifung  gemacht  habe.  Liscov  206;    dasz  ich,  um  den 


werth  dieser  groszen  tugend  des  Shakespear  recht  ins  licht 
zu  setzen,  eine  ausschweifung  auf  andre  nationen  mache. 
J.  E.  Schlegel  3,  49 ;  gleichwol  wird  man  sie  [gelahrlheil)  in 
diesem  werke  vergeblich  suchen,  ob  es  schon  voller  ausschwei- 
fungen ist.  Lessing  3,  141;  eine  kleine  ausschweifung  über 
obige  stelle  des  Plutarchs.  3,  427 ;  man  erlaube  mir  über  die- 
ses gleichnis,  das  ich  für  eins  der  schönsten  im  Homer  halte, 
eine  kleine  ausschweifung.  6,  340;  wer  zweifelt  daran,  dasz 
ihre  ausschweifungen  satjTisch  sind?  Herder  2,  307;  das  ver- 
gnügen, welches  ich  dabei  (6eim  qucllenlesen)  empfand,  ver- 
führte mich  zu  unzähligen  ausschweifungen.  Moser  l,  forr.  ,• 
ich  glaube  dieser  langen  ausschweifung  wegen  keiner  entschul- 
digung  zu  bedürfen.  Schiller  1032;  ich  erhole  mich  wieder 
von  einer  ausschweifung,  die  mich  von  der  hauptsache  ent- 
fernt hat.  Kant  S,  70 ;  ich  lenke  nun  von  dieser  kleinen  aus- 
schweifung wieder  ein.  Lichtenberg  4, 47;  auch  in  den  obliga- 
ten blättern  ist  nicht  das  kleinste  nur  einer  brandblase  grosze 
satyrische  extravasal  von  ausschweifung  ersichtlich.  J.  Fall 
tu'.  1,  61. 

.\USSCH\\'EIGEN,  sich,  silentio  uti:  mit  welchem  sich  Chem- 
nitius  gar  fein  ausgeschwiegen  hat  {worüber  er  absichtlich  ge- 
schwiegen hat).  JoH.  ScuEnLtP.s  kehrwisch  s.  62 ;  ich  lobe  noch 
die  breslauischen,  dasz,  ob  sie  es  zwar  für  andren  angegan- 
gen, sie  dennoch  klüger  gehandelt,  und  sich  lieber  ausschwei- 
gen, als  mit  ungereimtem  schreiben  ärger  haben  zu  schänden 
machen  wollen,  s.  74;  alleine,  weil  der  deutsche  krieg  den 
meisten  ein  greuel  war,  in  welchem  nichts  ais  viel  elend  und 
wunden  aufzulesen  wären,  meinten  sich  ihrer  viele,  weiche 
das  loosz  traf  und  gerufen  wurden,  auszuschweigen.  Lohenst. 
Arm.  2,  1094;  eine  heutige  behörde,  aufgefordert  ihr  beharr- 
liches schweigen  zu  rechtfertigen,  antwortete,  sie  glaube  sich 
hinlänglich  ausgeschwiegen  zu  haben,  ein  umgekehrtes  aus- 
schweigen, rumpere  silentiun^  hat  Stieler  1965,  tgl.  mhd. 
ensweic,    Reinh.  148. 

AUSSCHWEINEN,  labescere,  auszehren,  mhd.  swinen:  er 
ist  ganz  ausgeschweint  vor  kummer.  Stieler  1983, 

AUSSCHWEISZEN,  candens  ferrum  tundendo  subigere.  bei 
den  Jägern  aber  intr.  vom  angeschossenen  wilde,  ausbluten. 

AUSSCHWELGEN,  cessare  a  luxuriosa  vita. 

AUSSCHWELLEN,  extumescere,  part.  ausgeschwollen,  nnl. 
uitzwellen : 

die  stunden  enifliebeD  in  goldenen  träumen, 

die  seele  schwillt  aus  in  unendlichen  räumen.    Schiller  S'. 

AUSSCHWELLEN,  part.  ausgeschwellt,  eliminare,  limine 
pellere.  Stieler  1695. 

AUSSCHWELLEN,  s.  ausschwielen. 

AUSSCHWE.M.MEN,  eluere:  der  anhaltende  regen  schwemmt 
die  felder  aus;  die  wolle  ausschwemmen,  reinigen; 

der  angstschweisz  schwemmet  mir  durch  manche  ganze  nacht 

mein  müde.«  I.iger  aus,  das  qual  der  thränen  macht 

mein  bcit  als  eine  bach.  Fleii.nc  16; 

und  ....  die  schuldlose  seele 

dadurch  ihm  ausgeschwemmt  in  su-ömen  bluts. 

A.  W.  Schlegel  im  Richard  II.  1,  1. 

(sliiiced  out  his  innocent  soul  tbrough  streams  of  blood). 

AUSSCHWE.NKEN ,  eluere,  ausspülen :  gläser,  becher  aus- 
schwenken ;  sich  den  mund  ausschwenken,   vgl.  schwenken. 

AUSSCHWIELE.N,  planare,  excidere  callum.  Stiei.er  1969, 
der  ßr  Schwiele  auch  schwell  angibt,  daher  scheint  folgendes 
ausschwellen  dasselbe:  dasz  ir  den  schaden  seubert,  und  die 
adem  underfaalb  und  ob  dem  schaden  ausschwellen,  und  mit 
sophiakraut  den  schaden  binden.  Paracelsls  1,  723. 

AUSSCHWl.MMEN,  enatare,   nnl.  uitzwemmen: 

ich  hab  eillch  schifbruch  genumen, 

bin  in  zwein  .-illein  ausgschwumen.    H.  Sachs  III.  2,9$'; 

das  schir  zerstiesz  sich  an  eim  fels, 

das  es  alles  zu  trummern  ging. 

da  schwiimmen  aus  die  juiigeling.    111.2,246'; 

i  also  dasz  gar  wenig  knecht  in  die  kleine  nachen  gesprungen, 
oder  zu  ihrer  bundgenossen  schif  ausgeschwummen  sind. 
Fbonsp.  kriegsb.  3,  158*. 

AUSSCHWINGEN,  vibrare,  vibrando  purgare:  den  Dachs, 
hanf,  das  werk,  den  haber,  die  wasche  ausscbwingen ;  das 
haar,  das  gefieder: 

fraw  nachtigal  schwang  ir  gefieder  aus, 

sie  schwang  sich  für  eins  goldsrhmids  haus. 

(.'uland  48; 
schwing  aus,  schwing  aus  dein  gelbes  haar, 
du  tregst  ein  kindlein,  das  ist  war.    Ambr.  Ib.  193,  26. 

einen  ausscbwingen,  durchprügeln. 

61* 


967 


AUSSCHWITZEN  —  AUSSEHEN 


AUSSEHEN  — AUSSEIN 


968 


AUSSCHWITZEN,  exsudare,  nnl.  uitzweeten, 

1)  intransitiv:  der  win  in  zum  hals  us  switzet.  Mdskatpl. 
91,  39;  an  den  pflanzen  schwitzt  honig  aus;  an  seinem  leib 
schwitzte  blut  aus;  die  allegationes  sind  mir  ausgeschwitzt. 
Garg.  154'. 

2)  transitiv,  die  bäume  schwitzen  einen  süszen  saft  aus ; 
purpurrothe  blumen,  deren  jede  ein  krystallhelles  harztröpfchen 
ausschwitzte.  Bettine  tageb.  58 ;  das  üeber  ausschwitzen ; 

da  die  buren  das  gelt  uszschwitzen.  fastn.  sp.  895,  21 ; 
die  peccata  juventutis  ausschwitzen.  Weise  kl.  leute  61;  dasz 
Burghart  diese  sachen  schon  ausgeschwitzt  hätte,  unw.  doct. 
779;  meinem  scheblimini,  dessen  inhalt  ich  beinahe  ausge- 
schwitzt. Hamann  7,  148;  das  habt  ihr  rein  ausgeschwitzt. 
Schiller  131';  den  wein  im  bade  ausschwitzen. 

AUSSCHWÖREN,  ejerare,  in  verscliiedner  bedeulung, 

1)  die  Stadt  ausschwören,  verschwören,  abschwören,  belege 
hat  Haltaus  81.  82. 

2)  ausschwören,  feierlich  schwören:  er  hat  es  ausgescbwo- 
ren,  conceplis  verbis  juravit; 

ich  scholl  im  sein  tiochzcit  versorgen 

und  scholl  darauf  aussciiwein  und  porgen.  fasln,  sp.  784,  30, 

d.  h.  Sachen  ausnehmen  und  die  Zahlung  eidlich  versprechen; 

vil  renk  und  müh  ich  denn  anker, 

bisz  ich  ein  ander  pferd  ausschwer, 

denn  hab  ich  lang  daran  zu  zain.    H.  Sachs  II.  4,  3*, 

d.  h.  bis  ich  ein  andres  pferd,  unter  geleistetem  eid  für  des- 
sen bezahlung,  kaufe,  ich  zahle  aber  langsam. 

3)  ausschwören  =  abschwüren,  jurato  negare;  einem  etwas 
aus  dem  gesiebt  schwüren,  scientem  et  ßdentem  (?videnteni) 
perjurio  fallere.  Stieler  1977,  das  ist  das  oben  sp.  795  beige- 
brachte aus  den  äugen  schwören,  dem,  ders  mit  seinen  äugen 
gesehn  hat,  es  eidlich  ableugnen,  swuren  sich  üj,  daj  si  dar- 
vone  nicht  inwisten.  viyst.  168, 17. 

AUSSEGELN,  exire  e  porlu,  nnl.  uitzeilen,  auslaufen,  absegeln. 

AUSSEGNEN,  exeunli  fausta  precari:  als  wenn  es  ihnen 
noch  mit  tausend  teufein  wäre  ausgesegnet  worden.  Simplic. 
1,  230;  sie  segnen  den  sabbath  auch  aus  mit  gebett,  wein. 
Frank  wellb.  146*. 

AUSSEHEN,  nnl.  uitzien,  wie  das  einfache  sehen  bald  vi- 
deri  bald  vidcre  bedeutet, 

1)  specie  esse:  er  sieht  gut  oder  böse  aus;  du  siehst  mir 
eben  nicht  sehr  gelehrt  aus ;  er  sieht  aus  wie  ein  dieb ;  der 
wein  sieht  wie  hier  aus ;  sie  sieht  aus  wie  der  teufel ;  kind, 
wie  siehst  du  wieder  aus?;  wir  sehen  nicht  aus,  als  ob  wir 
viel  bei  uns  trügen ;  zu  der  zeit,  da  du  noch  glat  und  schön 
aussähest,  pers.  roscnlh.  5, 10 ;  ist  das  nicht  ein  wunderschöner 
kerl,  sieht  er  doch  flugs  aus  wie  milch  und  blut.  Schelmufsky 
1,48;  durstig  aussehende.  Simpl.  2,  307;  lasz  uns  aussehn, 
wie  listige  erben,  die  heulend  hinter  der  bahre  gehen  und 
desto  lauter  ins  Schnupftuch  lachen.  Schiller  148*; 

bräuiigam,  so  wird  morgen  Luis  aussehen  im  brautschmuck. 
Luise  3,  207 ; 

diese  deulung  sieht  gar  zu  studiert  aus.  Kant  7,  160 ;  die 
kunst  kann  nur  schön  genannt  werden,  wenn  wir  uns  be- 
wust  sind,  sie  sei  kunst,  und  sie  uns  doch  als  natur  aus- 
sieht. 7, 167.  zumal  aber  unpersönlich  und  in  Verbindung  mit 
so  und  wie  oder  den  praepositionen  nach,  in  und  mit;  wie 
fiiehts  in  Berlin  aus?;  es  sieht  heute  nach  regen  aus;  das 
sieht  nicht  gut  aus.  Gellert  3,  366;  sie  hat  ihm  vergeben. 
*es  .sieht  so  aus'.  Göthe  10,  90;  man  kann  sich  in  alles  schicken 
und  weisz  wie  es  in  der  weit  aussieht  11,11;  was  haltet  ihr 
davon?  'es  sieht  völlig  aus  wie  eine  lüge*.  14,  101;  wie  sieht 
es  in  ihrem  herzen  aus?  14,129;  hernach  seh  ich  wie  es  auf 
dem  ackcr  aussieht.  11,253;  wenn  sie  glauben,  dasz  es  nicht 
pedantisch  aussieht,  so  kann  ich  wol  in  der  Zeichensprache 
mich  zusammenfassen.  17,56;  wie  wird  es  aber  mit  den  Zin- 
sen unsers  capitals  aussehn?  versetzte  Werner,  um  nichts 
schlimmer,  sagte  Lothario.  20, 146 ;  noch  sieht  es  mit  seinen 
unmittelbaren  leibeserben  mislich  aus.  24,240;  sagen  sie  mir 
bald  nachricht,  wie  es  aussieht?  an  Schiller  196;  ach  sie 
mögen  sehn,  wie  mirs  im  herzen  manchmal  aussieht,  an  fr. 
von  Stein  1,  59 ;  ob  es  gleich  hiebei  lediglich  nach  einer  kette 
von  Ursachen  aussieht  Kant  2,  423.  diese  ausdruckswvise  scheint 
erst  im  n  jh.  um  sich  zu  greifen,  Luther  Kurf  Fisciiaht /io/h'« 
noch  kein  beispiel  davon  und  verwenden  dafür  bloszcs  sehen, 
ohne  aus.  aber  auch  nnl.  hct  ziet  er  siecht  niel  hein  uil; 
ziet  hij  er  nog  zoo  ongunslig  uit?  ursprünglich  war  es,  ana- 
log  dem  ansehen  12,   ein  wirkliches  atisblicken:    sie  sieht  so 


frisch  aus  ihren  äugen;  was  hernach  genommen  wurde  ßr  sie 
hat  ein  frisches  aussehen. 

2)  aussehen,  prospicere:  sähe  Micha!  die  tochter  Saul  zum 
fenster  aus.  l  chron.  16,  29 ; 

do  sach  die  falsche  frawe 
mit  freuden  zum  fenster  aus.    Uhland285; 
Caivus  sah  zum  fenster  aus,  Lippus  hielt  die  nase  für. 

L0GAu2,  6,  81; 
wie  säumt  dpnn  Nathan  so?  sieh  aus,  ob  er 
sich  noch  nicht  naht?  Klopstock  9,  140; 

ist  nicht  der  liimmel  überall  voll  nachl? 
seht  aus:  ist  jeder  strahl  des  tags  in  wölken 
nicht  ungewöhnlich  llnster  eingehüllt?    10,  67; 
dein  blick  ist  scharf,    sieh  aus,  ob  sie  schon  leichen  tragen. 

10,  88 ; 
du  läszt  mich  lange  nach  dir  aussehen  und  ich  habe  doch 
wichtige  dinge  mit  dir  zu  reden.  Jul.  von  Tar.  s.  11;  sonst 
hätte  ich  wol  noch  lange  nach  dem  küsse  dieser  süszesten 
lippen  aussehen  mögen.  Tieck  ges.  nov.  1,  204  ;  hier  kann  man 
weit  aussehen,   ausschauen,  sich  umsehen. 

3)  transitiv,  auserschen,  ersehen,  aussuchen,  auswählen :  ich 
habe  mir  meinen  ort  hier  ausgesehen ;  sieh  dir  einen  tag 
aus,  sume  diem.  Stieler  2024 ;  wo  wollest  du  dir  eine  lusti- 
gere Wohnung  aussehen  können  ?  Simplic.  1,  476 ;  ei  Leander, 
so  jung,  und  er  hat  sich  schon  ein  mädchen  ausgesehen? 
Lessing  1,404; 

und  dann  am  quelle 

die  rasenstelle, 

wo  zephvrs  wehn, 

zum  grillensitze 

mir  auszusehn.    Stamford  bei  Göhingk  1,  231; 

man  musz  die  Jugend  zu  geschäften  aussehen,  besonders  sol- 
chen, die  zu  andern  stellen  geschickter  machen.  Hippel  br. 
13,  74. 

4)  sich  die  äugen  aussehen,  zu  grund  richten:  bei  dem 
spitzenmachen  sieht  sie  sich  noch  die  äugen  aus;  ich  sehe 
mir  die  äugen  danach  aus,  schaue  unablässig  dahin ;  ich  kann 
das  stück  nicht  aussehen,  bis  zu  ende  sehen. 

5)  das  participium  aussehend,  mit  weit  verbunden,  empfängt 
häußg,  nach  der  zweiten  bedeulung,  den  sinn  von  incerlus, 
anceps:  die  beide  nordische  königreiche,  Schweden  und  Den- 
nemark,  hatten  einen  weit  aussehentien  krieg  angefangen. 
ScHUPPius  222 ;  die  wahren  thaten  der  freimäurer  sind  so 
grosz,  so  weit  aussehend,  dasz  ganze  Jahrhunderte  vergehen 
können,  ehe  man  sagen  kann,  das  haben  sie  gethan.  Les- 
sing 10,  260; 

lange  nicht  auszusehende  weg,  umgeben  von  sonnen. 
Klopstock  itfess.  1,  202; 

meine  weitaussehenden  absiebten.  Wieland  2,  120 ;  das  genie 
arbeitete  an  weit  aussehenden  planen.  Klinger  10,  277. 

AUSSEHEN,  n.  prospeclus,  aussieht:  euer  mehrste  aussehen, 
laden  und  fenster  soll  ihr  gegen  aufgang  über  den-  garten 
richten.  Sebiz  30;  von  demselben  berge  hatte  ich  ein  schö- 
nes aussehen.  Simpl.  1,  556 ;  als  wir  nun  im  besten  da  saszen 
und  zechten,  erblickte  ich  im  aussehen  {durchs  fensler,  pro- 
spiciendo)  ein  abenteuer.  unw.  doct.  245.  dann  aber  auch  für 
species,  anblick,  ansehen:  wolt  ich  mit  fünvitzigen  äugen  das 
elende  aussehen  meines  Vaterlands  ansehen.  Schuppius  693; 
in  Teutschland  hat  das  wilde  meer,  der  krieg  noch  kein  end, 
sondern  es  hat  ein  aussehen,  als  woU  es  mehr  und  mehr 
toben.  715;  ich  nehme  euch  zum  zeugen,  was  vor  diesem 
mein  haushaltung  für  ein  aussehen  gehabt  habe.  734;  viel- 
mehr bin  ich  voll  Verwunderung  dein  aussehen  frischer  und 
jünger  zu  finden  als  das  meine.  Gütiie  22,  40;  endlich  aber 
mitlachen  niuste  über  das  aussehen  einer  närrischen  hand- 
lung,  die  ich  mit  so  vielem  ernste  durchgeführt  hatte.  23,  U3. 

AUSSEICHEN,  urinam  facere,  ausharnen:  herr  Batt  mit 
dem  glaltcn  schaden,  der  die  zwillingbrüderlein  im  bauch 
verbirgt,  und  seicht  binden  aus,  wie  des  meiers  stut.  Garg, 
13l'.  mingendo  exsliuguerc :  wann  ich  in  die  hölle  solle, 
wolle  ich  mich  erstlich  brav  voll  Minder  hier  saufen  und  dem 
teufel   zum   possen    das  feur  ausseichen,   ped.  schulfuchs  iOb. 

AUSSEIGEBN,  igne  metallum  separare:  das  silber  vom  ku- 
pfer  ausseigern. 

AUSSEIHEN,  excolare. 

AUSSEIMEN,  favus,  mclla  eximere:  wachs,  davon  das  hö- 
nig  auspesaimet  oder  ausgelassen  worden.    Hohberg  2,  401*. 

AUSSEIN,  verhält  sich  wie  absein,  ansein,  aufsein,  und 
bcdeulct 

1)  zu  ende  sein,  finiri,  sowol  von  sinnlichen,  als  ahstraclen 
dingen,  das  licht,  feucr,  leben,  das  lied,  die  schule,  die  noth, 


969 


AUSSEIN 


AUSSENDEN— AUSSETZEN 


970 


angst  ist  aus ;  der  herren  geding  ist  aus.  weisth.  2, 169 ;  wann 
die  losung  aus  ist.  2,  200;  da  nu  das  wasser  in  der  fla- 
schen  aus  war.  1  Mos.  21, 15 ;  sie  las,  bis  das  die  gerstenernd 
aus  war.  Ruth  2,  23 ;  wenn  man  nacülieset,  so  die  weinernde 
aus  ist.  Es.  24,  13;  wo  bleibet  nu  der  rühm?  er  ist  aus. 
Rom,  3,  27 ;  wie  ein  knecht  sehnet  sich  nach  dem  schatten, 
und  ein  taglöner,  das  sein  erbeit  aus  sei.  Uiob  7,  2 ;  und  da 
die  tage  aus  waren,  macht  der  könig  ein  mal.  Esther  1,  5 ; 
bis  der  zorn  aus  sei.  Dan.  il,  36 ;  wenn  zu  Babel  siebenzig 
jar  aus  sind.  Jer.  29, 10 ;  da  nu  die  leidtage  aus  waren,  l  Mos. 
50,4;  bis  das  die  zeit  aus  sei.  4,Mos.6,b; 

wo  gell  gbrist,  do  ist  fiüntschafl  usz.    Bra«  narrensch.  104; 

wach  auf  Iried,  der  krieg  ist  aus.'    fastn.  sp.  39,  2; 

all  freud  war  aus.    II.  Sachs  I,  161'; 

wo  nit,  sei  all  sein  bofaung  aus.    V,  226' ; 
lasz  dein  büberei  aus  sein,  nequitiae  fige  tnodum   tuae.    Maa- 
LER  46' ;    das  glas   ist    aus.    Garg.  89' ;    wäre   dem  fasz   der 
büden  aus.   103*.     vgl.  ausschlagen  sp.  959; 

ach  es  ist  noch  nicht  zeit,  dasz  ihr  einmal  beginnet, 
ihr  tbränen,  aus  zu  sein.    Flemi.-<g  635; 
der  klare'  wein  ist  aus,  die  heTen  sind  in  fassen. 
LoGAOl,  9, 14; 

meine  bahn  ist  aus.  Scbill£r  174*;  die  wacbtparade  ist  aus. 
188*; 

das  gesetz  ist  aus.    das  köpfen  hat  ein  ende.    592; 

gottes  gute  ists,  dasz  wir  im  tode  nicht  gar  aus  sind.  Hippel 
10,  270;  wenn  im  schlösse  die  lichter  alle  aus  sind.  Götbe 
15,  50;  meine  predigt  ist  aus;  der  tanz,  das  Med,  der  träum 
ist  aus;  wiltu  denn  über  uns  zürnen,  bis  das  gar  aus  sei? 
Esra  9, 14 ;  es  ist  aus,  wir  sind  verstöret.   Micha  2,  4 ; 

wenn  es  aus  ist.    /as/n.  sp.  727,  24; 

ist  sie  schon  auf  den  flug  die  seele, 

so  ists  aus.        FlehimcSO; 

es  ist  alles  aus.  Geliert  3,  166 ;  nun  ists  aus.  Göthe  14, 
298 ;  da  ists  aus  und  vorbei,  der  arme  mann  im  Tockenb. 
117.  man  kann  sich  leicht  participia  hinzudenken:  das  licht 
ist  aus  gethan,  das  lied  ist  aus  gesungen,  das  glas  aus  getrun- 
ken, der  träum  ist  aus  gegangen  (erfüllt,  s.  ausgehen),  es  ist 
alles  aus  gespielt. 

2)  wie  sich  schon  zum  hloszen  aus  die praep.  mit  gesellte 
{sp.  818),  tritt  sie  auch  zu  aussein:  und  ekelt  mich  ir  nicht 
also,  das  mit  inen  aus  sein  solt.  3  Mos.  26,  44 ;  und  mit  den 
götzen  wirds  ganz  aus  sein.  Es.  2, 18 ;  wie  ists  mit  dem  trei- 
ber  so  gar  aus?  14,  4;  und  wird  aus  sein  mit  der  feste. 
17,  3;  und  wenn  ein  mensch  dahin  ist,  so  ists  gar  aus  mit 
im.  veish.  Sal.  2, 1 ;  denn  es  war  aus  mit  inen.  Matth.  2, 18 ; 
es  ist  aus  mit  im.  Marc.  3,  26 ;  ists  denn  ganz  und  gar  aus 
mit  seiner  gute?  ps.  77,  9;  ich  wil  das  schwert  hinder  sie 
schicken,  bis  das  aus  mit  inen  sei.  Jer.  9, 16 ;  da  war  es 
mit  den  gesten  aus.  grobianus  H3;  der  angeklagte  fürst  der 
Cherusker  hat  durch  diese  schlacht  die  Römer  so  sehr  zu 
zorn  und  räche  wider  uns  gereizt,  dasz  es  mit  uns  ans  war, 
wenn  Tiberius  den  Caesar  nicht  zurück  rufte.  Klopstock  10, 
263;  die  bücher,  mit  denen  es  aus  ist,  sind  uns  sehr  gut 
bekannt.    12,384;  es  ist  aus  mit  uns.    Schiller  192'; 

mit  mir  ist  es  ja  aus,  auf  immer  aus.    298; 

am  jüngsten  tag,  wenn  die  posaunen  schallen 

uud  alles  aus  ist  mit  dem  crdeleben.    Göthe  2,  15; 

ich  lasz  euch  nicht  weg,  und  damit  ists  aus.  11,102;  siehst 
du,  mit  mir  ists  aus,  ich  trag  es  nicht  länger.  16,  140;  und 
mit  mir  ist  es  aus,  meine  sinnen  verwirren  sich.   16,  153. 

3)  aus  sein,  domo  abesse,  ausgegangen  sein,    ausbleiben: 
du  lolt  nit  lang  aus  sein,    fastn.  sp.  501,  28; 

ich  bin  gleich  lang  gewesen  aus.    H.  Sachs  II.  4,  1'; 
wie  bist  so  lang  aus,  du  böswicht?    III.  1,  262^; 

soll  ich  so  lang  aus  sein,  ich  woll  etwas  schicken,  seh.  u.  ernst 
198 ;  als  nun  die  rauher  den  tag  über,  nach  ihrer  gewohnbeit, 
beul  zu  machen  ausgewesen,  pers.  rosenth.  1,  5;  korapt  er 
{der  fuchs)  auch,  entschuldigt  sich,  er  war  aus  gewesen  und 
bat  sich  bei  den  ürzten  aufgehalten.  Schüppiüs  832;  zehrpfen- 
nig,  den  ihm  die  meisterin  abschlug,  wenn  der  meister  aus 
war.   J.  Paul  Uesp.  1,  171;  heule  war  ich  noch  nicht  aus. 

4)  aussein  nach  etwas,  ausgehn,  nach  etwas  suchen ; 

wo  bleibt  Albafl  denn!  ist  niemand  nach 
ihm  aus?  Lessi.tc  2,  231. 

5)  aussein  auf  etwas,  mit  etwat  beschäßigl  sein,  danach 
streben :  ich  bin  darauf  aus,  das  gcld  herbei  zu  schaffen ;  eine 


ehre,  auf  die  ich  gar  nicht  aus  bin;  ohne  auf  das  aufgerich- 
tete ziel  aus  zu  sein.  J.  Pacl  teuf  pap.  1,  HO;  gleicbwul 
war  man  auf  eine  blutreinigung  der  geistlich  poetischen  adcr 
aus.  biogr.  bei.  1,  138 ;  ob  sie  gleich,  wie  der  pabst,  auf  die 
erledigungen  der  stellen  aus  sind.  Fixlein  141 ;  er  war  darauf 
aus,  die  schönsten  entdeckungen  zu  machen,  vgl.  ausgehen  4. 

AUSSENDEN,  emitlere,  entsenden,  nnl.  uitzenden :  boten 
wurden,  einer  nach  dem  andern,  ausgesandt ;  und  habe  aus- 
gesand  dir  meinem  herrn  anzusagen.  1  Mos.  32,  5 ;  sende  men- 
ner  aus,  die  das  land  erkunden.  4  Mos.  13,  3 ;  und  Mose  sande 
aus  kundschafter.  21,  32 ;  und  sande  seine  knechte  aus.  Mallh. 
22,  3. 

ÄüSSENGEN,  exurere:  wie  die  parfoten  (barfüszer)  iren 
creuzgang  mit  fewer  reinigeten  und  aussengeten,  wenn  ein 
Weibsbild  öffentlich  dardurch  gangen  war.    Matbesics  96'. 

AÜSSETZEIN,  exponere,  seponere,  proponere,  disponere,  nnl. 
uitzetten. 

1)  aus  einem  ort  an  den  andern  setzen:  bäume,  pflanzen 
aussetzen,  versetzen;  die  genadgesalbte  kirch,  daraus  gott  co- 
lonias,  burgerstift  und  bewohner,  als  geimpfte  Versetzung  und 
schöszling  aussetzet  und  ziehet.  Garg.  65';  ein  kind  aus- 
setzen, iy.Ti&eiai,  es  aus  dem  hause  auf  das  freie  feld  aus- 
setzen; leute  aussetzen,  aus  dem  schif  ans  land;  tausend 
mann  wurden  glücklich  ausgesetzt; 

wer  ausgesetzt  ans  feuerland 

sich  nicht  am  ersten  bäum  erhienge.    Göti;«GK  1,  277; 

0  schifmann, 

setz  aus,  setz  aus  das  mädlein  doch!    Uhlaxd  269; 

er  liesz  sich  zu  Danzig  aussetzen  und  reiste  nach  Polen ;  ein 
boot  aussetzen,  um  wasser  einzuholen;  pferde  oder  rinder 
aussetzen,  aus  dem  pflüg  oder  wagen  spannen;  da  er  nun  un- 
der  den  galgen  kam,  da  hielt  er  still  und  satzte  die  pferd 
aus.  Eulensp.  cap.  64;  eine  wache,  einen  posten  aussetzen, 
d.  i.  aus  dem  häufen  absondern  und  an  gewisser  stelle  stehen 
lassen ;  in  einem  so  engen  kreis,  als  es  die  ausgesetzten  wa- 
chen erlauben  wollten.  Güthe  30,  312.  die  tochter  aussetzen,  aus 
dem  väterlichen  hause  weg,  an  männer  geben,  ausstatten  {vgl.  aus- 
geben) ;  der  halle  dreiszig  söne,  und  dreiszig  töchler  salzt  er 
aus,  und  dreiszig  töchler  nam  er  von  auszen  seinen  sönen. 
rieht.  12,  9;  ein  jung  par  volks  von  dem  gemeinen  schätz  mit 
ehren  aussetzen.  Luther  1,  207';  dasz  derselben  nonnen  zwei 
oder  dreihundert  gülden  möchten  geben  werden,  damit  sie 
ehrlich  genug  ausgesetzt  würde.  Luthers  br.  2,  269 ;  und  da- 
mit je  Danielis  erklerung  deutlich  erfüllet  würde,  bat  gott 
unserm  herrn  keiser  acht  frewlin  geben,  der  schon  vier  gro- 
szen  polentalen  und  mechtigen  fürslen  ausgesetzt.  Matbe- 
sics 88'; 

er  nimmt  ihn  in  sein  haus, 
gibt  ihm  die  tochter  noch  und  setzt  ihn  reichlich  aus. 
Opitz  2,  450; 

die  tochter  aussetzen.  Opitz  ilrt;.  1,  742 ;  die  waare  aussetzen, 
auslegen,  feilbieten,  einen  der  sonne,  der  hitze  aussetzen, 
ihn  aus  dem  schatten  in  die  sonne  setzen,  aus  der  kälte  in  die 
wärme,  oder  aus  der  wärme  in  die  kälte: 

unser  antrit  in  die  zeit,  unsre  thür  ins  erste  jähr 
setzt  in  eis,  schnee,  frost  uns  aus,  unter  falscbheit,  trug,   gefahr. 
LOGAD  2,  10,  31. 

.  2)  sehr  oft,  schon  mehr  abgezogen,  sich  oder  auch  etwas 
aussetzen  für  blosz  stellen,  preisgeben,  wagen:  welchen  Spöt- 
tereien soll  ich  mich  aussetzen?  Lessing  3,  305;  sie  erklärte 
mir,  dasz  sie  in  dieser  unruhigen  zeit  sich  dort  {im  putzla- 
den) nicht  hätte  aussetzen  wollen.  Göthe  24,  297;  und  wenn 
sie  einmal  gewitzigt  ist,  wird  sie  nicht  mehr  lust  haben,  so 
allein  sich  auszusetzen.  11,  18;  ich  erkannte  meine  schwäche 
und  ich  suchte  mir  dadurch  zu  helfen,  dasz  ich  mich  schonte, 
dasz  ich  mich  nicht  aussetzte.  19,  315 ;  er  selbst  drang  durch 
den  rauch  hinauf,  aber  vergebens  setzte  er  sich  der  gefabr 
aus.  19,  219;  und  sie  wollen  ihr  kostbares  leben  so  aus- 
setzen? Schiller  201; 

die  Wahrheit  aber  setz  ich  aus,  wenn  sie 
mir  diese  gunst  venveigern.    277; 

um  in  einer  so  wichtigen  sache  das  ansehen  sr.  durcblauchl 
nicht  auszusetzen.  KLi.tCER  8,  313;  euch  ihm  in  dieser  läge 
auszusetzen  gebt  nicht,  er  ist  keck  und  übermütig.  /A.  4, 189. 
3)  diesem  exponere  liegt  nah  ein  seponere,  zur  seile,  bei 
seile  setzen,  aussondern,  ausnehmen:  die  spindcl  und  nadel 
weglegen  und  geschmuck  zum  tanz  suchen,  den  pdilg  aus- 
setzen und  die  hellenparten  ncinen.  Fraxk  weltb.  133'.  hierher 
ein  absolut  gebrauchtes  ausgesetzt  für  ausgenommen,   extepto : 


971 


AUSSETZEN 


AUSSETZUNG — AUSSIEDEN 


972 


so  sei  verspeit,  du  ehrcndieb, 

ausgsetzt  dein  piiesierliclien  stand.    Atrer2C3', 

d.  i.  salvo  sacerdotio  tuo;  allein  den  beklagten  wegen  neuw- 

licher  turbation  ausgesetzt.    Ayrer  |)roc.  1,  4 ; 

cott  will,  sich  ausgesetzt,  nichts  lassen  immer  währen. 
Opitz  3,  282, 
d.  i.  sich  ausgenommen. 

4)  seponere  gehl  über  in  intermiltere  und  di/ferre,  weil  das 
zur  Seite  gesleUle  auch  ausgesetzt,  unterbrochen  wird,  wenn  es 
schon,  oder  aufgeschoben,  unterlassen,  wenn  es  noch  nicht  be- 
gonnen hatte:  wir  wollen  einhalten  und  den  tanz  eine  stunde 
aussetzen;  die  schule,  die  collegien  aussetzen,  schwänzen;  die 
brunnenkur  aussetzen;  er  liesz  die  hochzeit  noch  drei  tage 
aussetzen ;  meine  abreise  bleibt  noch  einige  tage  ausgesetzt. 
GüTHE  an  Schiller  464 ;  der  preis  mag  gewonnen  oder  ausgesetzt 
werden.  55,  82;  wahrend  dies  auf  entfernte  zeit  ausgesetzt 
bleibt.  Kant  6,  156.  auch  mit  etwas  aussetzen:  setzen  sie 
mit  der  medicin  einmal  aus,  sagt  der  doctor. 

5)  aus  seponere  ßieszl  zugleich  der  begrif  des  tadelns,  das 
beiseit  oder  zurück  gesetzte  wird  dadurch  für  gering  und  feh- 
lerhaft erklärt:  warum  bat  er  damals  mir  den  fehler  nicht 
ausgesetzt?  hebamme  819;  ich  habe  die  fehler  ausgebessert, 
welche  man  mit  gutem  gründe  ausgesetzt  hat.  Rabener  1,  84 ; 
ich  bewunderte  einige  stücke,  setzte  an  andern  dies  oder 
jenes  aus.  Wieland  2,  72;  die  gaste,  die  vom  tische  aufste- 
hen, haben  nachher  an  jedem  gerichte  was  auszusetzen. 
GöTHE  19,  194;  so  würde  niemand  dagegen  was  aussetzen 
können.  Kant  8,  73 ;  es  ist  an  ihm  nichts  auszusetzen. 

6)  aussetzen  bedeutet  aber  auth  in  positivem,  gutem  sinn 
proponere,  disponere,  festsetzen,  anordnen,  bestimmen,  es  auf 
etwas  anlegen :  das  die  christliche  kirch  durch  ein  gemein  con- 
cilium  aussetzet,  das  alle  christgleubige  menschen  geistlichs 
und  weltlichs  Stands  under  beider  gestalt  des  brots  und  weins 
mit  dem  hochwirdigen  sacrament  bericht  und  communiciert 
würden.  Luther  1,  214' ; 

keine  straf  ist  ausgesetzet 

auf  des  neides  gift.    Logau  1,  1,  36; 
und  würde  deine  brusf  nicht  durch  mein  blut  verletzt, 
so  könt  ich  endlich  noch  mich  in  gedult  bescheiden, 
ich  sagt,  es  hat  es  so  der  himmel  ausgesetzt. 

HoFFMANNSWALDAU  iieldcnbr.  129; 
die  zeit,  die  dazu  ausgesetzt  war.    Wieland  7, 141; 
denn  Johannis  hat  mein  treuer 
ausgesetzt  zur  hochzeitsfeier.   Voss  Idyllen  6,  70; 

einen  preis  aussetzen;  geld  aussetzen,  anlegen;  ein  Vermächt- 
nis für  arme  aussetzen;  fruchtlos  habe  ich  das  meine  aus- 
gesetzet, und  damit  nichts  gewonnen  als  nachreue.  pers. 
baumg.  4,  4; 

magst  nun  schätzen, 
ob  und  was  und  auch  wie  viel  meinen  muscn  auszusetzen. 
GC.'XTUERSei; 
etwas   auf  einen   eid    aussetzen,    es  auf  den  eid.  einer  partei 
ankommen  lassen;    wenn  man  es   nicht   auf  worte,    sondern 
auf  Sachen  aussetzen   will.    Hippel  11,  397;    ein  beweis,    der 
alles  auf  beweise   der   erfahrung   aussetzt    {sich  blosz  darauf 
stützt).  Kant  2, 482 ;  wo  es  um  urtheile  a  priori  zu  thun  ist, 
kann  man  es  auf  schale  wahrscheinlichkeilen  nicht  aussetzen. 
3,  192;    wenn    wir   es   mit   dem  Epikur  bei  der  tugend  aufs 
blosze  vergnügen  aussetzen.    4,  121 ;    die  einen  gewissen  mo- 
rahschen  sinn  annehmen  und  doch  alles  auf  verlangen    nach 
glückseligkeit  aussetzen.    4,  141. 

7)  aussetzen,  exslruere,  inslruere,  ornare: 

und  ein  lehrreiches  iobgesang 
mit  müh  und  zier  recht  ausgesetzet.    Wbckiikrlin  557; 
nimm  dieses  reine  kleid 
mit  Sternen  ausgesetzt  {bestickt) 
zu  einem  unterpfande.    GÜNTiieR  1091 ; 

er  will  mir  alle  stuben  mit  bildern  von  seiner  band  aussetzen. 
J.  E.  Schlegel  2,  118 ;  einen  sal  mit  steinen  aussetzen,  bele- 
gen lassen. 

8)  bei  den  buchdruckern :  einen  bogen  aussetzen,  lu  ende 
setzen,  im  salz  vollenden;  das  werk  ist  bald  ausgesetzt,  fer- 
tig gesetzt, 

9)  sich  aussetzen,  beim  billardspiel,  aequit  geben, 

10)  intransitive  bcdeutungcn  entspringen,  wenn  kein  ace,  oder 
tm  passiven  ausdruck  kein  nom.  ausgedrückt  steht:  die  nette 
hatte  in  Campanien  ausgesclzel  {gelntidet).  Mascou  1,  469 ;  mit 
Vermeidung,  er  in  ewigkeil  von  solrhcii  glaubcnspuiicten  nicht 
aussetzen  {abgehen,  abweichen)  kiiiidte.  üfKr.  g.  tugendb.  96; 
da  ich  von  dem  Laokoon  gleichsam  ausseUte  (ausgieng)  und 


mehrmals  auf  ihn  zurückkomme,  so  habe  ich  ihm  auch  einen 
antheil  an  der  aufschrift  lassen  wollen.  Lessing  6,  375 ;  er 
setzt  aus  (il  part)  von  dem  allgemeinen  Schicksal,  geht  als- 
dann auf  den  menschen  und  seinen  willen  über.  Göthe  33, 
102 ;  welche  man  ungebunden  gehen  liesze,  weil  man  den 
glauben  zu  ihnen  trüge,  sie  gewis  nicht  aussetzen  {durchgehn, 
entweichen)  sollen.  Philander  1,  462 ;  dann  es  keinem  von 
euch  soll  besser  gehen  als  diesem,  wenn  er  aussetzen  {sich 
davon  machen)  wolle.  2,589;  er  antwortete  dilatorisch,  dann 
setzte  er  aus  {verschob),  diesen  punct  zu  crwiedern,  dann 
waren  seine  worle  zweideutig,  zuletzt  schwieg  er  ganz.  Gütue 
21,  203;  der  puls  setzt  aus  {intermittiert) :  ein  kleiner  aus- 
setzender puls  der  emplindung.  Schiller  145.  bergmännisch: 
die  gänge,  flütze  setzen  aus,  gehen  zu  tage  aus.  landwirt- 
schaftlich, die  Schafe  setzen  aus,  hören  auf  zahne  zu  setzen, 
alte  schafe  heiszen  ausgesetzte  schafe. 

AUSSETZUNG,  f.  exposilio,  in  allen  bedeutungen  des  aus- 
setzens :  die  aussetzung  der  kinder,  der  waaren ;  die  Unter- 
lassung, Unterbrechung. 

AUSSEUFZEN,  itigemiscere,  gemitibus  edere:  wie  oft  hatte 
ich  nicht  schmerzlich  ausseufzen  müssen,  'ich  trete  die  kel- 
ter  allein'.  Göthe  26,  313 ;  das  ende  der  tage  ist  gekommen, 
die  Schöpfung  seufzt  den  lebendigen  ödem  wieder  aus  und 
alles  was  da  ist  gerinnet  wieder  zu  dementen.  Leisewitz 
Jul.  von  Tar.  5,  4. 

AUSSEULEN,  columnis  ornare.  Stieler  1694. 

AUSSICHT,  /".  prospeclus,  nnl.  uitzigt,  ein  erst  im  18  jh. 
erscheinendes  wort :  mein  haus  hat  eine  weite  aussieht  in  die 
gegend;  oben  an  einer  seile  des  felsens  bekommt  man  plötz- 
lich die  aussieht  auf  das  meer;  herliche  aussiebten  öfnen 
sich  dem  blick  allenthalben ;  die  mahlerischen  aussiebten  des 
parks.  Göthe  17,  316 ;  hier  musz  die  aussieht  genommen  wer- 
den; sie  sollen  auf  dem  wege  langsam  gehen  und  zuweilen 
ruhen  und  aussieht  nehmen.  Fichte  phil.  Journal  9,  201 ;  o 
meine  aussiebten,  meine  goldnen  träume!  Schiller  104";  leb 
wol,  du  liebste  aussieht  meines  ganzen  lebcns!  Göthe  an  fr. 
von  Stein  2,  171;  und  warum  nicht  ein  andermal  alle  die 
(schritte),  welche  zu  thun  uns  die  aussiebten  in  ewige  be- 
lohnungen  so  mächtig  helfen?  Lessing  10,  329;  weil  ich,  ohne 
sonderliche  aussiebten,  einem  wolhabenden,  nicht  geliebten, 
aber  geehrten  manne  meine  band  reichen  muste.  Göthe  17,  9 ; 
eine  frohe  aussieht  in  die  zukunft  üfnete  sich  ihr.  17,  181; 
hatte  jeder  zuhörer  räum  genug,  zu  einer  glücklichen  Selbst- 
gefälligkeit empor  zu  steigeo  und  von  da  aus  die  anmu- 
tigsten aussiebten  in  die  zukunft  zu  überschauen.  18,  245; 
glaubte  man  durch  die  neue  form  eine  .neue  aussieht  für  die 
vaterländische  bühne  eröfnet  zu  haben.  19,  24;  von  der  zeit 
an  war  ihr  ganzes  gemüt  mit  den  heitersten  aussiebten  be- 
schäftigt, auf  keinen  irdischen  gegenständ  richtete  sie  ihre 
aufmerksamkeit  mehr.  20,  279;  und  ob  mir  zwar  die  eigen- 
heit  seines  Charakters  einige  sorge  für  ihn  gab,  wie  er  sich 
in  das  bürgerliche  wesen  finden  und  fügen  werde,  so  that 
sich  doch  eine  aussiebt  auf,  in  die  er  mit  günstigem  geschick 
einzutreten  hoffen  durfte.  32, 179.  die  heutige  geschdßssprache 
sagt  gern  in  aussieht  stehen,  stellen :  seine  befördcrung  steht 
in  aussieht,  der  in  aussieht  siehende  friede,  Verhandlungen, 
die  eine  beilegung  des  Streits  in  aussieht  stellen;  es  ist  keine 
aussieht  auf  ruhe. 

AUSSICHTEN,  secernere,  sichten: 

der  in  der  alten  besten  werken 

nur  eine  lesart  zu  bemerken, 

nur  Wörter  auszusichten  welsz.    Hagedorn  1,93. 

AUSSICHTSPLATZ,  m.  locus  prospcctum  praeberts:  wege 
auf  denen  und  in  deren  nähe  man  noch  die  angenehmsten 
ruhe-  und  aussichtsplätze  zu  entdecken  hofte.  Göthe  17,  87. 
AUSSICHTSREICH:  günstige,  aussichtsreiche  läge. 
AUSSICKERN,  rorare,  exstillare  knie:  es  sickert  wasscraus. 
AUSSIEDEN,  cribrare:  getraide,  asche  aussieben; 

wir  wolln  des  wütrichs  asch  aussieben  grosz  und  klein, 
und  laclicu  wenn  sie  wird  ein  spiel  der  winde  sein. 
Gryphius  1,  500. 
AUSSIECH,  leprosus.  Schneller  3, 190.    s.  aussucht. 
AUSSIECHEN,    langurre:    mancher  isset  und   trinket,   das 
er  darnach  aussieciicn  und  oft  daran  sterben   musz.    Luther 
5,  43!»'.     das  aus  wie  in  ausmagern,  ausslrrben. 

AUSSIEDEN,    pxeoquere,    coquendo  pnrgare,  nnl,  uitzieden 
gain,  feit,  münzen,  kräuler  aussieden ;  auch  ein  kraut,  meus 
ühr  genannt,   mit   wasser  aussieden  lassei»,    weidwnk  1, 15* 
und  en  braust  aussicdend  der  kcsscl     Voss  1,37; 


973 


AUSSINGEN — AI  SSOMMERN 


AUSSÖMMERN — AUSSPÄHEN 


974 


wer  zu  einem  poeta  laureatus  ausgesotten  und  ausgebrannt 
sein  will.  J.  Paul  Fixl.  Hl ;  Termutungen  auszusieden.  teuf, 
pap.  2, 144. 

ALSSINGEN,  nnl.  uitzingen, 

1)  cantu  prodfTt:  ich  musz  aussingen,  was  meine  brast 
bewegt;   die  nachligall  sang  lieblich  aus.   Docen  misc.  l,  2S4; 

die  liebe,  die  dich  schwellt, 
freudig  auszusingen.    Röcisrt  304. 

2)  eanlum  absoltere:  ein  lied  aussingen;  er  langt  viele  lie- 
der  an,  singt  aber  keins  aus;  man  lasse  sie  doch  aussingen. 
roctm  canlando  attenuare:  ihre  stimme  ist  schon  sehr  aus- 
gesungen. 

3)  canlu  funus  efferre,  eine  leiche  aussingen. 

4)  inlransitir,  desinere  cantare: 

schnell  wird  ein  dichter  alt,  dann  hat  er  ausgesungen, 
doch  manche  criiici  die  bleiben  immer  jungen. 

Kasl-vees  rerm.  sehr.  2,  263. 

5)  inlransiliv,  crepare: 

dem  gib  ich  ein  solchs  recept  ein, 

das  all  bös  lüft,  die  in  im  sein. 

die  müssen  von  im  unden  aussingen,    fattn.  tp.  752,  31. 

AUSSns'NEN,  exeogilare,  fingere,  invenire,  ausdenken:  eine 
list,  kunst,  ein  mittel  aussinnen ; 
welcher  kan  das  aussinnen, 
dasz  wir  erlangen  ein  gute  beut?    Uhiaxd539; 
ich  bin  drei  ganzer  nacht  gelegen 
ob  dem,  das  uns  Simson  ttiet  fregen, 
jedoch  kan  ich  das  nit  aussinnen.    U.  Sachs  lü.  1,50*; 
sein  sinn  ist  nimmer  auszusinnen.    Opitz; 
dasz  dies  sein  musz  der  graf,  hat  er  ihm  ausgesonnen. 
Werders  Jrios/  II,  bl ; 

das  mögen  eur  ehrwürden  aussinnen.  Simplic.  2,  300 ;  ich  ver- 
wunderte mich,  dis  alles  zu  sehen  und  zu  hören  und  konte 
nicht  aussinnen,  aus  was  Ursachen  ein  lebendig  geschöpf 
einen  todten  klotz  anbetete,  pers.  baumg.  8,13;  spannen  sie 
vielmehr  ihren  verstand  an  etwas  auszusinnen.  Lessisg  1,  241 ; 

treibt  euch  der  müsziggang,  phantome  auszusinnen  — 
sägt  holz!  Götter  1,400; 

welch  neues  unerhörtes  hat  der  vogt 
sich  ausgesonnen?  Schuler  521': 

wol  ausgesonnen,  pater  I.amormain.    343'; 
ich  sinne  schon  das  stück  aus  und  bin  mitten   drin.    Güthe 
26,  349. 

AUSSI.NNEN,  n. ;  ich  weisz  aber  nicht,  aus  was  aussinnen 
ich  nie  vor  e.  eh.  gn.  habe  mögen  komen.   Lctheb  1, 147*. 
AL'SSrrZEN,  in  doppeltem  sinne, 

1)  dem  räum  nach,  in  foro  sedere:  die  krämer  sitzen  mit 
ihren  waaren  aus.  sedendo  dislendere:  die  rasenbank,  der 
stul  ist  ausgesessen ;  sich  und  seinen  sessel  ab  und  aus- 
silzen.   J.  Pacl  teufelspap.  1,  x. 

2)  der  zeit  nach,  per  lempus  eonslilulum  sedere:  der  ge- 
fangne hat  sein  jähr  ausgesessen;  man  verwahret  die  pferde 
wol  vor  der  luft,  bis  die  geschwulst  ausgesessen.  Pixteb  391 ; 
das  huhn  hat  noch  nicht  ausgesessen,  nocli  nicht  ausgebrütet ; 
der  brulofen,  worin  karaeralistische  ideen  ausgesessen  wer- 
den. J.  Pacl  teufehpap.  2,  14;  ein  kapaun,  der  meine  kiich- 
lein  aussösze.  Fixlein  16. 

ALSSÖH.NBAR,   placabilis:    die   thal  ist  noch  aussöhnbar. 

AUSSÖHNEN,  placare,  reconciliare,  expiare:  söhnelen  also 
meinen  herren  bei  s.  k.  gn.  ganz  und  gar  aus.  Scbweimchen 
1,  85;  dennoch  hat  der  son  gottes  dem  ausgcsOneten  Adam 
aus  gnaden  wider  beide  ampt  befolhen.  Mathesics  Sl*; 

als  meinet  Calchas  so,  wo  unsre  schilTart  soll 

ja  werdj-n  ausgesöhnt,  musz  Hectors  asche  wol, 

damit  die  see  sich  leg,  hinaut  gesireuet  werden, 

und  auch  sein  grab  gescblein  bis  auf  den  gniiid  der  erden. 

Opitz  1,230; 
unser  schutdbuch  sei  vernichtet, 
ausgecohnl  die  ganze  weit.     Schiller  19'; 
do(\  \  haben  h.ilme  «irh  erkühnet 

her,  :  .  und  das  pr.ili  iimTassend 

es  i'  -,i  leben  ausgesiilmet.     Kückert  89. 

vgl.  Sühnen  und  subneu. 

AUSSÖHNUNG,  f.  placalio:  als  Cahus  durch  gute  freunde 
unib  aussöbnung  bei  ihm  anhalten  lassen.  Opitz  l,  2';  wie 
kann  einige  missethat  so  grosz  und  schrecklich  sein  auf  er- 
den, dafür  die  grosze  uiarter  deines  einigen  sohncs  zur  aus- 
Bübnnng  nicht  solle  gnugsein?  Sciiopmus  459. 

AlSSüMNER.  m.  rfconcilialor. 

AI  SSiillNKIUN,  /.  reconciliatrix. 

AÜSSOMMEHN,  insolare,  ad  solem  pandert:  die  bellen  aus- 


sommem,  in  die  sonne  breiten;  er  sommert  sich  aus,  ant- 
wortete Jenny.    Tieck  ges.  not.  3,  9. 

AUSSÖ-MMEELN  könnte  dasselbe  aussagen,  erscheint  aber  nocli 
in  andern  bedeulungen.  bei  Hohberg  3,  330*  heiszt  es:  die- 
jenige eiche,  so  unter  kieferichten  gehölzen  stehet,  wachset 
schön  gerade  in  die  höhe,  weil  sie  sich  wegen  der  engigkeit 
nicht  also  in  die  seitenäste  aussömmem  kann,  d.  i.  seitwärts 
auswachsen.  3,  96:  es  musz  darauf  gesehen  werden,  dasz 
die  felder  zu  rechter  zeit  wol  gearbeitet,  besäet,  beschicket, 
gebrauchet  und  nicht  ausgesömmert  oder  versäumet  werden. 
dies  leiste  aussömmem  meint  also  u-ol  austrocknen?  Stieler 
2060  erklärt  aussömmem  apricatione  calefacere,  corrigere  in- 
solatione,  bei  Schmelleb  3,  249  [ist  süraern  geschlagnes  holz 
den  Sommer  durch  austrocknen  lassen.  J.  Pacl  im  Fibel  s.  19 
sagt:  auswintern  und  aussömmem  konnte  nach  ihm  [dem 
vater)  der  junge  nicht  genug  haben,  d.  i.  abhärten  im  winter 
und  Sommer,    rgl.  absömmem. 

AUSSONDEKN,  segregare,  nnl.  uitzonderen,  ahd.  arsunta- 
rön  (Graff  6,  53),  mhd.  s6  ist  ir  schoene  als  ftj  gesunden. 
MS.  1,  84" ;  sich  üj  sundem.  pass.  K.  661,  53.  ich  wil  heute 
durch  alle  deine  herde  gehen  und  aussondern  alle  fleckete 
und  bunte  schafe.  1  Mos.  30,  32;  so  soltu  aussondern  dem 
herra  alles  was  die  mutler  bricht  {vulg.  quod  aperit  vulvam). 
2  Mos.  13,  12 ;  und  soll  die  leviien  mir,  dem  herrn,  ausson- 
dern. 4  Mos.  3,  41;  ists  euch  zu  wenig,  das  euch  der  got 
Israel  ausgesondert  hat  von  der  gemeine?  16,9;  das  sind 
die  senger,  die  heubter  unter  den  vetern  der  leviien  über  die 
kästen  ausgesondert.  1  chron.  10,  33 ;  ich  sonderte  dich  aus, 
ehe  denn  du  von  der  mutier  geboren  wurdest.  Jer.  1,  5;  da 
versuchts  der  könig  auch  und  liesz  den  ort  aussondern  und 
befrieden.  2  Macc.  1,  34 ;  darnach  sondert  der  herr  andere  sie- 
benzig  aus.  Luc.  10,  1;  sondert  mir  aus  Baraabam  und  Sau- 
lum  zu  dem  werk,  apost.  gesch.  13,2;  Paulus,  ein  knechlJesu 
Christi,  ausgesondert  zu  predigen.  Rom.  1,  l;  der  mich  von 
meiner  mutier  leib  hat  ausgesondert.  Gal.  1, 15 ;  ist  nu  Chri- 
stus fleisch  aus  allem  fleisch  ausgesondert.  Lctheb  3,  365'; 
wollen  eben  S.  Veiten  ausgesondert  haben.  Wicsram  ro//ir. 
17*;  und  sich  von  dem  häufen  auszusondern  gezwungen  wer- 
den. KiBcnnoF  icendunm.  379*;  derhalben  vil  fürlrelTelicher 
menner  die  allerbesten  experimenta  eintweders  ganz  heimlich 
behalten  oder  aber  gar  aus  iren  büechern  ausgesundert  und 
nicht  mehr  gebraucht  haben.  Thcrxeisser  infl.  wirk.  8S ;  alle 
andere  Schriften  und  salzungen,  keine  ausgesondert,  bienenk. 
34*.  heute  Kenig  verwandt,  man  setzt  dafür  absondern,  ron 
dem  es  sich  eigentlich  dadurch  unterscheidet,  dasz  es  die  aus- 
wahl  unter  rieten  hervorhebt. 

AUSSORE.N,  AUSSÖREN,  exsiceare,  austrocknen,  ausdörren, 
ein  seltnes,  aber  gutes,  uraltes  wort,  su  dem  Schmelleb  3,  2S0 
einen  beleg  aus  Bälde  anßhrt:  am  hungertuch  musz  nagen, 
liegt  ausgesöhrl  auf  bloszer  erd.  man  sagt:  der  scharfe  Ost- 
wind sort  das  land  aus.    ni/j<f.  s6ren : 

an  ir  was  gesöret 

vil  gar  ires  herzen  macht,    pass,  ff.  90,  56 ; 

daj  herze  wird  gesöret 

von  der  grase  vüchticheit.    117,76; 

ahd.  arsor^n  emarcescere  (Graff  6,  272),  ags.  searian,  engl,  sear, 
woftr  sich  ein  goth.  sausjön  rathen  liesze,  dem  das  litt,  sau- 
sas  aridiis,  skr.  lus  arescere,  siccari  (Bopp  352')  nahe  treten. 

Al'SSORFELN,  exsorbere,  sorbendo  exhaurire,  ausschlürfen  : 
knabatz  gib  her,  sörfel  ihn  aus!  Garg.  101*. 

AUSSORFEN,  nach  dem  vorausgehenden  frequentativ  3u  ent- 
nehmen, auch  gibt  Schkelleb  3,  282  surfen,  sürpfen  neben  sür- 
feln,  sflrpfeln,  schlürfen. 

AUSSORGEN,  finem  facere  curarum:  o  läget  ihr,  du  Arpe 
und  Gambriv,  und  schlummertet  und  hüllet  ausgesorgt,  da- 
mit Hermann  wieder  allein  sorgen  könnte !  Klopstocr  9,  356. 

AUSSORTIEREN,  ausmustern,  fremd  wie  assortieren. 

AUSSPÄHEN,  speculari,  inrestigare,  erspähen,  früher  ge~ 
sclirieben  ausspehen  (Lctuer  hat  weder  das  einfache,  noch  das 
zusammengesetzte  wort) :  auf  dein  wege  wieder  anliaims  aus- 
gespäht, an  ein  paumb  gebunden.    Scheible  kloster  6,  997 ; 

wösi  üwern  gnaden  ein  dienst  weu  sin, 

so  wend  wir  den  uszspähen  tin.    trag.  Joh.  H  8; 

ausspähen,  wo  der  feind  lige.    Kircbhof  mil.  disc.  94 ; 

floh  in  den  walJ,  auf  dasz  er  nicht  würd  ausgespähei.    Opitz; 

von  keinem  äuge  ausgespäht,  von  keinem  verslande  bewun- 
dert ringt  in  der  schweigenden  muschel   die    perle.    ScniLLEt 


975 


AUSSPÄHER  —  AUSSPANNUNG 


AUSSPAREN  —  AUSSPENDEN 


976 


314';  ich  habe  sie  neulich  am  brautaltar  ihres  bruders  aus- 
gespäht. Jul.r.  Tar.  2,4;  furchtsam  ausspähend  stund  er  vor 
ihm.  GüTiiE  19,  205 ;  trug  Wilhelm  ihn  gern  vor  den  Spiegel 
und  suchte  dort  ähnlichkeiten  zwischen  sich  und  dem  kinde 
auszuspähen.  20,  114. 

AUSSPÄHEH,  m.  exploralor:  bis  sie  die  fünf  pilger  fan- 
den, welche  sie  feszleten,  und  mit  allen  vieren,  wie  die  käl- 
her,  auf  die  rosz  banden  und  für  ausspeher  darvon  führten. 
Garj.  254*;  dasz  nicht  vielleicht  der  feind  ausspäher  alles  ab- 
sehen möge.  Kirchhof  nii/.  rfisc.  143;  dem  boshaftesten  aus- 
späher und  belaurer  des  weiblichen  herzens.  Wieland  8,  268  ; 

sendete  dann  ausspäher  umher  auf  die  warten  des  landes. 
Voss  Od.  14,  261. 
AUSSPANN,  m.    locus   abjugandis  jumenlis  aptus,  diverso- 
rium,  ort  wo  man  ausspannen  kann,  das  ablager.    an  einigen 
orlen  die  ausspanne  f. 

AUSSPANNEN,  disjungere,  relaxare,  exlendere,  nnl.  uit- 
spannen,  vgl.  anspannen,  aufspannen. 

1)  die  pferde,  rinder  ausspannen:  der  kutscher  hat  ausge- 
spannt ; 

der  henker  ihu  ihrs  ros  ausspannen.    H.  Sachs  II.  4,  3*; 
ein  pferd  ausspannen.  Philander  1,  36 ;  aber  auch  den  wagen, 
den  pflüg  ausspannen ; 

ich  bin  ermüdt,  ich  hab  gefürt 

des  tages  hürd, 

es  musz  einst  abend  werden, 

erlös  mich  herr,  spann  aus  den  pllug, 

es  ist  genug, 

nimm  von  mir  die  beschwerden.    kirchenlied. 

die  Stickerei  ausspannen,  aus  dem  rahmen  spannen,  figür- 
lich, die  seele,  das  gemüt  ausspannen ,  losspannen :  wenn 
schon  manchmal  die  allzusehr  ausgespannte  seele  Heber  in 
sich  selbst  zusammenfiele.  Göthe  16,  250;  der  abschied  von 
einer  langen  und  wichtigen  arbeit  ist  immer  mehr  traurig 
als  erfreulich,  das  ausgespannte  gemüt  sinkt  zu  schnell  zu- 
sammen und  die  kraft  kann  sich  nicht  sogleich  zu  einem 
neuen  gegenständ  wenden.  Schiller  an  Gö^/ie  174;  tolles  herz, 
tobe  und  spanne  dich  dann  aus,  labe  dich  im  Wirrwarr. 
Klingers  Ih.  2,  265.  Vormals  sagte  man  aber  auch  ausspan- 
nen für  geld  ausgeben,  gleichsam  loslassen,  aus  dem  beulel 
springen  lassen: 

der  pfaf  was  reich  und  spannet  aus. 

Rosenblut  vom  edelmann  und  hasgeier; 

er  was  im  pewtel  gering, 

und  er  nit  het  auszuspannen,    ebenda. 

2)  ausspannen,  ausdehnen,  ausstrecken:  die  finger,  die  arme, 
die  flügel  ausspannen ;  mit  ausgespannen  armen.  Keisersu. 
aufr.  mensch  D  5 ;  ir  ietweder  het  seine  vettach  ausgespan- 
nen.   ausg,  der  jud.  J; 

er  kneuet  für  das  kreuzaltar 

mit  ausgespanlen  armen.    ümAND771; 

ein  seil,  ein  tuch,  ein  segel  ausspannen ;  sie  haben  meine 
saelen  {spdler  seile)  ausgespannen  und  mich  zu  nicht  ge- 
macht. Hiob  30, 11 ;  ein  ausgespannet  netz.  Hosea  5, 1 ;  spannt 
alle  segel  aus!  alle  kräfte  ausspannen,  anstrengen.  Lohenst. 
Arm.  2,  748 ; 

nach  Phrygien  die  segel  auszusparinen.    Schiller  230* ; 

er,  welcher  über  meer  und  land 

den  lichten  himmel  ausgespannt.    Bürger  37'; 

als  der  abend  sich  ausgespannt  {ausgebreitet)  in  seiner  prachf. 
Fr.  Müller  1,10 ;  da  er  auf  seinem  gesiebt  den  gröszten,  höf- 
lichen ernst  ausspannte.  J.  Paul //csp.  1,113;  eine  weit  aus- 
gespannte, wie  ein  grünendes  meer  fortwogende  ebene.  Tit. 
2,  50.  Zwischen  beiderlei  bedeutung  hat  im  zweifei  der  Zu- 
sammenhang zu  entscheiden,  z.  b.  ob  das  tuch  ausspannen 
ausdrücke  ausdehnen  oder  losspannen.  Keisersrerg  und  Lu- 
ther halten  noch  das  starke  part.  ausgespannen  fest,  nicht 
mehr  das  pract.  ausspien,  und  haben  auch  schon  ausgespannt 
daneben. 

AUSSPÄNNER,  m.  jumcntarius,  was  anspänner.  auch  ein 
geftell  zum  ausspannen, 

AUSSPANNUNG,  /".  1)  wir  pachteten  hierauf  einen  gasthof 
und  hallen  vil  ausspannung  {einkehr  der  fuhrleute),  mithin 
dem  scheine  nach  gute  nahriing.  Leipz.  avant.  2,  53.  2)  ex- 
pansio :  ausspannung,  die  einen  räum  errüllt.  Kant  2,  184; 
die  kraft  der  ausspannung.  8,136;  die  ausspannnngskraft  der 
luft.  9,  32;  meine  macht  hält  den  würgenden  in  seiner 
ausspannung,  damit  ihr  euch  nicht  reif  glaubt  in  eurer  blute. 
Klincer  10,  212. 


AUSSPAREN,  reservare,  gleichviel  mit  aufsparen:  die  mah- 
ler sparen  stellen  aus,  halten  sie  noch  frei  von  färbe;  die 
ausgespartesten  Situationen.  Lessi.ng  7,  308 ;  eine  ausÖucht, 
finde  ich  doch,  hat  sich  Diderot  auszusparen  gesucht;  wir 
sparen  unsere  Schüsse  wol  aus.  Göthe  8,  107.  42,  139 ;  ich 
musz  noch  einige  worte  hinzusetzen,  aber  ausgespart,  als 
wäre  ich  Spartaner:  Herder  bei  Merck  1,  18;  sehen  wir  in 
dieser  wilden  grünen  anstalt  noch  irgend  ein  fleckchen  den 
gartenblumen  besonders  gewidmet  und  mit  liebe  ausgespart. 
TiECK  4,   80. 

AUSSPAZIEREN,  exspaliari,  s.  abspazieren: 
kommt,  laszl  uns  ausspazieren!    Opitz; 
geschieht  es,  dasz  zur  zeit  sein  halbgou  ausspaziert. 
LoGAU  3,  Seite  216  ; 
wann    ein    Christ   am    sontage    wil  ausspazicren,    Schüppius 
207;  als  er  ausspazierte,  feldhüner  zu  fangen  mit  dem  tyras, 
Simplic.  1,  186; 

kaum  kann  der  hohe  storch  zum  froschfang  ausspazieren. 
Hagedorn  2,  123. 

AUSSPECULIEREN:  heiszt  disz  nit  tief  ausspeculiert?  Fi- 
schart biencnk.  1588.  59'. 

AUSSPEIEN,  exspuere,  exscreare,  nnl.  uitspuwen,  uitspu- 
gen:  blut,  gift  und  gullc,  eitcr,  feuer  ausspeien;  ich  wil  ire 
misselhat  an  inen  heimsuchen,  das  das  land  seine  einwoner 
ausspeie.  3  Mos.  18,  25.  28;  die  guter,  die  er  verschlungen 
hat,  musz  er  wider  ausspeien.  Hiob  20, 15 ;  deine  bissen,  die 
du  gessen  hattest,  mustu  ausspeien,  spr.  Sal.  23,  8 ;  und  der 
herr  sprach  zum  fische,  und  derselb  speiet  Jona  aus  ans 
land.  Jon.  2,  11;  da  speielen  sie  aus  in  sein  angesicht  {golh. 
spivun  ana  andavleizn  is,  ahd.  spuwun  sie  sin  annuzi).  Malth. 
26,  27;  weil  du  aber  lau  bist  und  weder  kalt  noch  warm, 
werde  ich  dich  ausspeien  aus  meinem  munde,  offenb.  3,  16; 
solchen  werten  und  exempeln,  als  des  heiligen  geistes  Wor- 
ten und  vernianungen  müsset  ir  warlich  folgen,  und  die  ge- 
danken,  so  euch  davon  treiben,  ausspeien  und  auswerfen. 
Luther  5,  528";  da  spüwten  sie  usz  und  sprachen,  das  wer 
nit  ein  zimlich  beth.  Eulensp.  58;  hub  dann  der  pfarrherr 
neben  im  an  ausspeien.    Gar^.  61* ; 

dasz  ein  fliisz  verschluckt  wird  von  der  erden, 
und  anderwerts  hernach  musz  ausgespeiel  werden. 

Opitz  1,  46; 
ein  weih,  das  gerne  trinkt,  speit  unversehens  ans 
ihr  ehr,  ihr  gut  gerücht,  auch  endlich  hab  und  haus. 
LooAu2,  2,24; 
das  das  haus  seinen  bauberrn  oder  seine    kinder   bald   aus- 
speie, zu  dessen  erbauung  arme  leut  stein  und  ziegel  zufüh- 
ren müssen.  Schüppius  56 ;  dasz  ihme  gott  einen  solchen  rae- 
dicum  zugeschicket,    der   ihm   eine   purgation   eingeben  soll, 
dasz  das  land  ihre  einwohner  ausspeie,  wie  das  land  Kanaan. 
365;    dasz  du,   butterlecker,   solches  aus  deinem  schamlosen 
lästermaul  wider  deinen  nechsten  ausspeiest,  aber  an  beweis 
wird  es  dir  ewig  mangeln.    635; 

0  speit  ihn  aus  von  euch,  dasz  er  die  beste  sache, 
die  besten  bürger  nicht  durch  sich  verdachtig  mache. 

Lessing  3,  338 ; 
und  wie  aus  oTnem  höllenrachen 
speit  es  verderben  zündend  aus.    Schiller  79'; 
pfui,  speit  ihr  aus,  die  hure  da!    Göthe  1,  204; 

und  was  er  noch  mehr  aus  ärger  und  galle  ausspic,  das 
ich  alles  vor  lachen  nicht  verstand.  Fr.  Müller  1,  233;  die 
ganze  Stadt  ist  voller  Staatsmänner  und  man  kann  auf  der 
gasse  fast  nicht  ausspeien,  ohne  in  gefahr  zu  siehn,  einen 
politicus  zu  treffen,    verächtlich:  das  ist  zum  ausspeien. 

AUSSPEISEN,  exedere,  ausessen:  arme  Icule  haben  bald 
ausgespeiset.  Stiei.er  2078. 

AUSSPEIZEN ,  frequentaliv  von  ausspeien :  weil  sie  die 
liehe  der  warbeit  ausspcizt  und  nicht  weniger  annemen 
will.  Frank  chron.  498*. 

AUSSPELZEN,  cortice  nndare,  ausschälen:  auskernen  und 
ausspelzen.  J.  Paul  Fixl.  17 ;  Firmian  hatte  sich  besonders 
vorgenommen,  vorzüglich  diese  paar  tage  recht  auszuspclzen 
oder  abzurahmen.  Sicbenk.  3,  5;  warum  er  (in  der  grselhchaß 
beim  minister)  nicht  einen  gewissen  ausgespelzten,  eingetrock- 
neten kleisleraal,  einen  Schwächling  voll  impertinenz  ange- 
sehen hätte.    Tit.  2,  33. 

AUSSPENDEN,  expendere,  distrihuere,  largiri:  hie  will  ich, 
was  ich  vermag,  willig  darlhiln  und  ausspenden.  Frank  laster 
der  /r.  A  2 ; 

ofncn  des  kAnigs  lesinment, 

wie  er  sein  reich  hat  ausgespcndt.    iL  Sacus  IIL  1,  179'; 


977 


AUSSPENDER  —  AUSSPINNEN 


in  drei  bücher  ausspänden,  diducere  in  tres  Ubros.  Facies 
bei  Fronsperg  3,  228;  belonung  ausspenden.  Gökingk  1,186; 
der  Zufall  spendet  parteiisch  glück  und  unglück,  kränkungen 
und  ehren  aus.  Gotter  1,  170 ;  der  die  kleine  blute  von  wöl- 
kst, die  im  wahnwitz  sprossen  kann,  noch  wirthschaftlich 
ausspendet.  Schiller  '58;  eine  schöne  sittliche  natur  liegt 
wie  ein  capital  zu  gründe,  von  dem  die  Interessen  nur  spar- 
sam und  gleichsam  nur  als  würze  in  den  gedichten  aus- 
gespendet sind.  GöTHE  in  Hiriels  fragtn.  s.  12; 
es  fehlt  dir  nie  an  närrischen  legenden, 
fängst  wieder  au  dergleichen  auszuspenden.    41,253; 

gegen  die  vielen  ehverbote  half  das  ausspenden  (dispensatio) 
der  gnade  der  kirche  in  einzelnen  fällen.  Hcgo  encycl.  1835 
s.  154.     s.  spenden. 

ÄüSSPENDEK,  «I.  und  hatten  i.  f.  gn.  nicht  mehr,  als  sie 
ton  Prag  auszogen,  als  335  th.  bei  sich  zur  zehrung,  darü- 
ber war  ich  ausspender  und  hatte  es  in  meiner  Verwahrung. 
ScHWEiNicHES  1, 149 ;  einen  älteren  beleg  liefert  Oberli.n  79. 

AÜSSPE.NDIEREN,  uas  ausspenden:  weil  ich  bekennt  habe, 
ich  seie  ein  spenditor  gewesen  und  von  den  Sachen  bei  rechter 
zeit  einzukaufen  geredt  habe,  will  ich  auch  mit  selbiger  kürze 
sagen,  wie  man  die  sachen  ausspendieren  solle.  Schcppiüs  739. 

AUSSPENDUNG,  f.  freigebige  ausspendung.   Zi>kgr.  31,  11. 

AUSSPEHHEN,  1)  distendere,  divaricare :  die  beine  aussper- 
ren; die  flügel  aussperren:  ein  silberner  adler  mit  ausge- 
sperreten  flügeln.  pers.  reiseb.  1,  7,  vgl.  ausstrecken.  2)  ex- 
cludere:  man  hatte  sie  (die  hunde)  zwar  ausgesperrt.  Gütue 
18,  139;  da  ich  ihn  aber  nicht  einsperren  kann,  so  soll  er 
wenigstens  ausgesperrt  werden,   an  Schiller  470. 

AUSSPICKEN,  probe  illardare,  mit  speckstreifen  durchzie- 
hen :  den  hasen,  bahn  ausspicken ;  ganz  vollkommen  ausge- 
spicktes und  allerniedlichstes  ehr-  und  tugendbrätlein.  ped. 
schulfuchs  162 ;    den  beutel  mit  geld  ausspicken. 

AUSSPIEGELN,  speculis  instruere:  ein  gemach,  glänzend 
ausgespiegelt;  ein  pfauenhahn  vollkommen  ausgespiegelt. 

AUSSPIELEN,  nnl.  uitspelen,  in  t-erschiednem  sinn, 

1)  das  spiel  anheben :  wer  spielt  aus  ? 

2)  im  spiel,  eine  bestimmte  karte  oder  färbe  auswerfen :  was 
hat  er  ausgespielt ;  du  must  die  beste  karte,  trumpf  ausspie- 
len, austrumpfen,  was  sonst  auch  vorziehen,  hervorziehen  hiesz : 

wer  das  meist  hab,  der  zeuch  für!    fastn.  sp.  626,  20; 

eine  gesellschaft  von  Spielkarten,  die  sich  selber  mischten, 
ausspielten  und  stachen.  J.  Pacl  Tit.  2,  102.  auch  sein  le- 
ben ausspielen,  aufs  spiel  setzen;  dieses  sündhafte  prunken 
und  pracht  ausspielen,  dieser  Übermut  der  vornehmen  rei- 
chen weit.   TiECK  nov.  6,  7. 

31  lu  ende  spielen:  das  kartenspiel,  das  musikstück  aus- 
spielen; und  feierlich  spielt  ich  mein  possenspiel  aus.  Stol- 
berg 1,  134;  immer  ex  tempore  zu  leben  und  sein  ganzes 
dasein  in  impromptüs  auszuspielen.  Tiecr  4,259;  dieses  ist 
unter  allen  stücken,  die  ich  je  gesehen,  das  einzige,  das 
nicht  ausgespielt  worden  ist.  Lichtenberg  3,  2W;  niemand 
macht  mir  mehr  freude,  als  die  hundsfutter,  die  ich  nun  so 
ganz  vor  mir  gewähren  und  ihre  rolle  gemächlich  ausspielen 
lasse.  GöTHE  an  fr.  von  Stein  1,  135;  das  repetierwerk  und 
nachspiel  des  ausgespielten  lebens.  J.  Paul  holzschn.  10, 187. 
ausgespielt  haben,  nil  amplius  passe;  ausgespielte  leidige 
tropfen.    Garg.  273*. 

4)  ausspielen,  verloszen,  gegen  geringen  einsalz  vieler:  ein 
baus,  ein  pferd  ausspielen. 

AUSSPIEHEN,  seltsam  und  tadelhaß  ßr  ausspüren  {vgl. 
ausflcren  und  ausfüren) :  so  wie  ein  spierhund,  der  an  dem 
langen  leithande  das  wild  ausspiert.  Lessi.ng  4,  269. 

AUSSPINNEN,  filum  e  colo  ducere:  die  parze  spann  sei- 
nen lebensfaden  lang  aus;  du  zerest  dich  aus,  wie  ein  spinn, 
die  nur  mucken  facht,  und  spint  sich  ganz  aus,  und  im  win- 
ter  hanget  sie  dort  und  ist  nichts  dan  ein  läre  haut.  Kei- 
sebsb.  has  im  pf.  Bb2';  ich  sih  den  birz  springen  aus  dem 
wald,  und  trinken  bei  dem  pronnen,  du  siehst  er  {der  bntn- 
nen)  ist  ausg«punnen  {trocken,  leer?).  Garg.  99*,  icie  noch 
heute:  die  schüssel  ist  ausgesponnen,  leer  gegessen;  was  be- 
deutet aber: 

nun  spinn  ich  den  aus, 

der  musz  ins  narreohaus.    92'! 

haben  mein  spinnweb  oft  zerbrochen, 

so  lienir  ich  denn  ein  andres  ao, 

und  eh  ich  dasselb  ausgespuna  (prael.  conj.), 

kam  etwan  tochter  oder  sun 

und  mir  dasselbig  auch  xerstört.    11.  Sacbs  I,  483*. 


ÄUSSPINTISIEREN— AUSSPRECHEN      978 

figürlich,  fusius  deducere,  evolvere:  ich  musz  das  weiter  aiis- 
spinnen ;  kurz  genug  und  wills  gott  bündig  und  treffend,  das  ist 
alles,  denn  ausspinnens  ist  jetzt  nicht  zeit.  Göthe  on  Lava- 
ter  15 ;  werke  am  schreibpult  ausspinnen  und  aufsetzen.  J.  Padl 
paling.  1,  xxvi. 

AUSSPINTISIEREN,  excogitare,  ausgriibeln:  da  geht  er  nun, 
und  will  alles  ausspintisieren.    Lessi.ng; 

das  kundt  ir  köpf  ausspüntesieren.    Scbbit  grobianus  R2. 

AUSSPIONIEREN,  ausspähen,  auskundschaßen. 

AUSSPITZEN,  exacuere,  cuspidare:  ein  eisen,  einen  pfal 
ausspilzen;  ein  ausgespitzter  {geschliffener)  diamant.  Garg. 
120'.  figürlich,  seine  worte  ausspitzen,  spitze  worte  geben; 
diese  red,  denn  er  wusle  sie  so  nötig  auszuspitzen,  hielten 
sie  als  warhaftig.    Kirchhof  wendunm.  105"; 

er  darf  euch  üwer  giiad  uszspitzen  (ausßhren), 
wie  si  in  ofnem  eebruch  sitzen,    trag.  Joft.  Hl; 
si  (die  bösen  weiber)  thuond  nit  dann  dlüt  uszspitzen.    LI, 
mit  scharfer,  spitzer  zunge  verleumden,    intransitiv,  spitz  werden, 
spitz  auslaufen :   alsdann  faben  sie  (die  kräuter)  an  schmäler 
zu  werden  und  allgemach  ausznspitzen.  Tabernaemost.  s.  612. 
wir  sagen  heule,  die  nase  spitzt  sich  aus,  wird  spitz. 

AUSSPÖTTELN,  leniler  deridere. 

AUSSPOTTEN,  deiidere,  pers.  baumg.  7,  13;  spotte  mich 
tüchtig  aus !  Schiller  13S ;  er  hat  mich  ausgespottet.  Götter 
3,  295 ;  was  ausgespottet,  verlacht !  Kli.nger  1,  430. 

AUSSPRACHE,  f.  pronuntiatio,  nnl.  uitspraak:  ausspräche 
der  buchstaben,  silben,  Wörter;  er  hat  die  rechte,  richtige, 
wahre  ausspräche ;  eine  reine,  deutsche,  deutliche,  schöne, 
angenehme,  gute,  feine  ausspräche;  eine  falsche,  fremde, 
unreine,  schlechte,  unangenehme,  breite,  plumpe,  grobe  aus- 
spräche; lugenden  und  fehler  der  ausspräche,  vgl.  ausrede 
und  ausspruch. 

AUSSPRECHEN,  pronunliare,   eloqui,  nnl.  uitspreken, 

1)  j«  dem  bei  ausspräche  angegebnen  sinne  des  hervorbrin- 
gens  der  laute:  rein,  scharf  und  recht,  undeutlich  und  falsch 
aussprechen ;  ein  wort  zu  breit  und  gedehnt  aussprechen ; 
denn  es  gehört  zu  dem  geist,  der  predigen  wil,  ein  gute 
stim,  ein  gut  aussprechen,  ein  gut  gedechtnis  und  ander  na- 
türliche gaben.  Lother  2,  17*.  es  gibt  leute,  die  kein  r  aus- 
sprechen können ;  die  stimme  versagte  ihm,  er  vermochte 
die  letzten  worte  nicht  mehr  deutlich  auszusprechen. 

2)  etwas  völlig  ausdrücken,  effari:  ich  wil  meinen  mund 
aufthun  zu  Sprüchen  und  alte  geschichte  aussprechen,  ps. 
78,  2;  der  herr  allein  ist  gerecht,  nieman  kan  seine  werk 
aussprechen.  Sir.  18,  2;  ich  wil  meinen  mund  aufthun  und 
wil  aussprechen  die  heimlichkeiten  von  anfang  der  weit.  Matth. 
13,  35 ;  und  fiengen  an  zu  predigen  mit  andern  zungen,  nach- 
dem der  geist  inen  gab  auszusprechen,  aposl.  gesch.  2,  4; 

dasz  weder  goiies  gnad  noch  alimacht  auszusprechen. 
Weckuerli>i  244; 
es  kan  nicht  leicht  ausgesprochen  werden,  wie  viel  ein  ver- 
ständige mixtur  dieser  methodorum  und  weisen  nutze,  die 
vermöglichkeiten  des  gemülhs  zu  befördern.  Scuoppius  728; 
es  ist  nicht  zu  glauben  oder  auszusprechen.  Simpl.  2,  243; 
hierüber  hat  ein  kenner  sich  bewundrungswürdig  erklärt,  so 
dasz  dieses  Verhältnis  nunmehr  ausgesprochen  und  für  im- 
mer abgethan  ist.  Göthe  6,  111;  ein  ausgesprochenes  wort 
ist  fürchterlich,  wenn  es  das  auf  einmal  ausspricht,  was  das 
herz  lange  sich  erlaubt  hat.  17, 168 ;  zwei  kinder,  stumm  wie 
die  mutter,  mit  einer  art  von  Verwunderung  drein  sehend, 
wenn  die  blicke  jener  ein  vielfaches  leiden  aussprachen.  3t, 
237 ;  wenn  familien  sich  lange  erhalten,  so  kann  man  bemer- 
ken, dasz  die  natur  endlich  ein  Individuum  henorbringt,  das 
die  eigenschaflen  seiner  sämmtlichen  ahnherrn  in  sich  be- 
greift, und  alle  bisher  vereinzelten  und  angedeuteten  anlagen 
vereinigt  und  vollkommen  ausspricht.  36,  207;  ich  sitze  oft 
unter  meinem  himmcl  in  gedanken  an  sie,  sie  helfen  mir  ab- 
wesend zeichnen  und  einen  augcnblick,  wo  ich  sie  recht  lieb 
habe,  sehe  ich  die  natur  auch  schöner,  vermag  sie  besser 
auszusprechen,  an  fr.  von  Stein  1,  60 ;  spräche  diesen  geisti- 
gen bettelorden  der  scelen  ein  anderer  scharf  aus,  so  müstc 
er  sagen  u.  s.  w.   J.  Paul  dämm.  32. 

3)  etwas  feierlich  aussprechen :  der  ricbter  spricht  das  ur- 
theil  aus,  hat  ausgesprochen;  von  den  schöffen  wird  ausge- 
sprochen und  gewiset.  weisth.  2,  177  und  oß;  das  königreich 
Italien  ward  ausgesprochen  (proclamiert).    Göthe  39, 115. 

4)  sich  aussprechen:  ich  kann  mich  darüber  noch  nicht 
aussprechen;   worüber  ich  mich  auch  mit  anthcil  aussprach, 

62 


979 


AUSSPRECHLICH— AUSSPREUEN 


AUSSPRIESZEN— AUSSPRUNG 


980 


GöTHE  32, 176 ;  auch  hätte  das  unvereinbare  von  Vossens  und 
Stolbergs  natur  sich  früher  ausgesprochen  und  entschieden, 
hätte  nicht  u.  s.  w.  32,  179 ;  ein  diebstal  spricht  sich  gleich 
aus  (kommt  unter  die  leule) ;  manche  slavische  Wörter  sprechen 
sich  schwer  aus.  figürlich,  es  spricht  sich  in  seinen  mienen 
wolwollen,  in  diesen  Worten  geheimer  groll  aus,  d.  h.  nicht 
laut,  aber  merkbar. 

5)  ausgesprochen,  prononcö:  seine  Vorliebe  für  die  italieni- 
sche spräche  und  für  alles,  was  sich  auf  jenes  land  bezieht, 
war  sehr  ausgesprochen.  Göthe  24,  17;  die  mittäglichen  Völ- 
ker sind  reicher  an  ideen,  ausgesprochener  und  glühender  in 
der  art  zu  emptinden.  49,  198;  in  Carlsbad,  wo  die  felsen 
überall  steil,  ausgesprochen  von  natur  oder  durch  Steinbrüche 
aufgeschlossen  und  zugänglich  gefunden  werden.  60, 129. 

AUSSPRECHLICH,  effabilis:  dis  geschrei  ist  unnieszlich  und 
mit  keiner  zungen  aussprechlich.  Luther  1,  23' ;  ein  grosz 
schauwerin  der  gütlichen,  heimlichen  und  nit  uszsprechlichen 
dinge,  legende  von  sant  Anna.  Straszb.  1509.  D  2 ;  die  geteilten 
sint  begriflich,  bekentlich  und  ussprechlich.  theologia  deutsch. 
Stutg.  1851  s.  2,  in  Luthers  ausg.  von  1518  aussprechenlich. 
AUSSPREISZEN,  s.  ausspreizen. 

AUSSPHEITEN,  expandere,  dislendere,  ausbreiten,  ausstrecken  : 
die  flügel,  die  bände  ausspreiten ;  das  heu  auf  der  wiese  aus- 
spreiten ; 

0  dessen  werk  dein  lob  ausspraiten.    Weceuerl.  15; 

also  kan  der  fürsten  gunst 

ihr  lob  ewiglich  ausspraiten.    354; 

er  hat  rund  umb  sich  her  das  wasser  ausgespreitet. 
Opitz  3,  211; 

komm  sonne,  scheine  klar, 

spreit  aus  dein  gül'dnes  haar.    Flemino264; 
Hatem   spreitete    das  leder  aus  und  tödtete  ermeldtes  pferd. 
pers.  baumg.  2, 13 ;  indes  Spiegelberg  mit  ausgespreiteten  flügeln 
zum  tempel  des  nachruhms  emporfliegt.  Schiller  108. 

AUSSPREIZEN,  dislendere,  divaricare :  bände,  finger,  klauen, 
füsze,  beine  ausspreizen: 

Beelzebub  spreizt  seine  klauen  aus.    Gotter  1,371; 
mit  ausgespreizter  faust.  J.  Paul  Tit.  2,  91 ;  ähnlich  den  hof- 
und  Stadtweibern,  die  wie  gewächse  sich  ans  fenster  nach  dem 
lichte  ausspreizen.  Ilesp.  3,  83.     einige  sprechen  spreiszen: 

was  geht  denn  da  so  närrisch, 
so  launisch,  ungehobelt,  herrisch, 
so  bucklicht,  krumm  und  ausgespreiszt?    Tieck  1,  340. 
s.  spreizen. 

AUSSPRENGEN,  effringere,  dispergere,  ausspringen  machen  : 
einem  einen  zahn  aussprengen ;  mit  pulver  ein  stück  mauer  aus- 
sprengen ;  wasser  aussprengen,  um  den  staub  oder  die  flamme 
zu  löschen;  Weihwasser  aussprengen;  der  lasse  solches  buch 
ungelesen  und  unausgesprenget  verbleiben.  Sciiweinichen  3,2; 

noch  ferner  sprengt  man  aus,  als  ring  ich  nach  dem  thron. 
Grvpuius  1,  377; 
es  werden  oftmals  dinge  wider  mich  ausgesprenget,  welche 
mit  solchen  umständen  erzehlet  werden,  dasz  mancher  dar- 
auf schweren  sollte,  es  sei  die  warheif.  vergangenen  som- 
mer  wurde  von  mir  ausgesprenget,  ich  hätte  eine  tonne  hier 
einlegen  lassen,  als  sie  wer  angestochen  worden,  sei  lauter 
blut  daraus  gelaufen.  Schcppius  587;  eine  solche  pasquil  soll 
dessen,  wider  welchen  sie  ausgesprenget,  ehrlichen  namen 
nicht  kränken.  673;  leute,  die  musten  allenthalben  ausspren- 
gen, als  hielte  sich  in  dem  pfarrhof  ein  erschröckliches  ge- 
spenst  auf.  Jucundiss.  131.  ein  pferd  aussprengen  heiszt  es 
aus  dem  schritt  in  galop  übergehen  lassen. 

AUSSPRENZEN,  exornare,  ausschmücken: 

ain  edelman  der  hettc  ain  weib, 
die  zoch  auf  hofTart  iren  leib 
mit  manichen  kosperlichen  klaid, 
darinnen  si  oft  spacieren  rait, 
zu  stechen,  hofiern  und  lenzen, 
darzu  kont  si  sich  wol  aus  sprenzen. 

Rosenblut  vom  edetmann  v.  Uasgeier; 
welche  frau  sich  hübschlich  aus  kan  snrenzen 
mit  kospern  kleidern  zu  den  tcnzcn.    fastn.  sp.  693,  C. 
vgl.  aufsprenzen. 

AUSSPREUEN,  dispergere,  ausstreuen,  mhd.  alle;  sin  gc- 
derme  ist  ftj  gesprewet.  myst.  «7,  3.  vgl.  zuspreuwcn  im 
pass.  K.  397,  2. 

nhd.  du  hast  uns  anders  nicht  geachtet 
als  arme  schafe,  die  man  schlachtet, 
den  hin,  den  andern  her  gestreut 
und  unter  Völker  ausgespruut.    Upitz  p«.  87. 

Stieler  22ß  hat  spreuen,  besprcuen,  zerspreuen,  vgl.  spreu 
Mnd  aussprühen. 


AUSSPRIESZEN,  egerminare,  aussprossen:  aussprieszendes 
gras  und  gesträuch  auf  dem  gemäuer;  mhd. 

die  ougen  die  üj  sprujjen, 

und  sich  wit  zurgujjen 

an  manigen  schönen  winreben.    pass.  K.  353,  17. 

AUSSPRIESZLING,  m.  surculus. 
AUSSPRINGEN,  exsilire,  nnl.  uitspringen, 

1)  heraus,  er  hieb  ins  pflaster,  dasz  die  funken  ausspran- 
gen ;  ein  einspringender  und  ausspringender  winkel.  Göthe  54, 
68;  ein  stück  an  dem  messer  ist  ausgesprungen;  die  lasse 
am  rande;  vom  stosz  sprangen  drei  zahne  aus. 

2)  hinaus,  der  hirsch  springt  über  den  zeuch  aus.  Becher  s.  47 ; 

thet  sich  der  hirsch  auf, 
des  Sinns  über  in  aus  zu  springen.     Teuerdank, 

in  dieser  bedeutung  läszt  man  auch  das  pferd  ausspringen, 
z.  b.  über  den  graben,  über  den  zäun  setzen.  Garg.  176';  die 
klinge,  das  schwert  springt  aus,  prallt  von  der  stelle  ab,  auf 
die  es  gerichtet  war;  apfelrunde  und  lindharte  brüstlein,  auf 
die  prob  der  spannischen  filz,  die  nach  palmenart  vom  grif 
nicht  weichen,  sonder  ausspringen,  wie  die  valenzische  rapier- 
klingen. Gar^.  77';  hiermit  grief  er  nach  dem  degen  und  thal 
nach  seinem  bruder  einen  heftigen  stosz,  der  ihm  aber  aus- 
sprang (auswich)  und  sich  in  innern  tempel  rettete.  Lohenst. 
Arm.  2,  59 ;  dem  Amor  ausspringen  und  seine  bände  zerrei- 
szen.  Opitz  Arg.  2,  172. 

3)  sich  ausspringen,  durch  Sprünge  erfrischen  sowol  als  er- 
schöpfen,  Opitz  1,  11  braucht  in  solchem  sinn  intransitives 
ausspringen : 

wer  pflegt  nicht  erstlich  bald  ein  wenig  auszuspringen, 
und  Kan  sein  frisches  blut  dermaszen  überzwingen, 
dasz  nicht  ein  überllusz  der  Jugend  bei  ihm  bleibt? 

4)  transitiv,  sich  den  fusz  ausspringen,  aus  dem  gelenke 
springen,  verrenken. 

AÜSSPRITZELN,  Verkleinerung  des  folgenden. 

AUSSPRITZEN,  1)  intransitiv  emicare,  wasser,  blut,  gift 
spritzte  aus.  2)  emittere,  spargere:  mit  dem  munde  wasser  aus- 
spritzen; der  steinerne  mann  am  brunnen  spritzt  wasser  aus. 
3)  die  feder,  dinte  ausspritzen,  ausschnicken.  4)  blutgefäsze 
mit  wachs  ausspritzen;  wie  die  natur  gewisse  insecten  mit 
rothem  und  weiszem  blute  zugleich  ausspritzte.  J.  Paul  teuf, 
pap.  2, 196.    5)  feuer  mit  wasser  ausspritzen,  löschet. 

AUSSPROSSEN,  was  aussprieszen:  die  wurzel  stöszt  neben 
den  blettern  vil  langer,  dünner,  runder  fadem,  welche  hin 
und  her  auf  der  erden  umb  sich  kriechen,  welche  auch  aus- 
sprossen, kleine  zäserlin  anstatt  der  wurzeln  und  bletter  brin- 
gen. Tabernaemont.  s.  435. 

AUSSPROSSUNG,  f.  die  würz  aber  soll  gegraben  werden, 
nachdem  das  kraut  halber  gewachsen,  und  doch  vor  ausspros- 
sunge  des  samens.  Thurneisser  infl.  wirk.  22. 

AUSSPRÖSZLING,  m.  surculus,  aussprieszling :  der  epische 
aussprösziing  der  roman.  J.  Paul  aesth.  2, 140. 

AUSSPRUCH,  m.  l)  effatum,  pronuntialum :  nach  manchen 
gerichtstagen  ward  ein  tag  gesetzt  des  ausspruchs.  seh.  und 
ernst  c.  65 ;  feierlicher  ausspruch  des  Orakels ; 

das  recht  das  soll  den  ausspruch  thun.  Gellkri  1,  70; 
es  war  verordnet,  dasz  diese  drei  eben  so  viele  unter  den 
mädchen  auswählen  sollten  und  zwischen  den  ausgewählten 
sollte  Dafnis  den  ausspruch  thun.  Wieland  10,  76;  auch  bin 
ich  heute  zum  erstenmal  in  dem  falle,  in  das  heilige  geßisz 
zu  greifen  und  mich  dem  ausspruche  des  Schicksals  zu  un- 
terwerfen. Göthe.  2)  ausspruch,  pronuntiatio,  für  ausspräche : 
ein  wort  hat  einen  längern  ausspruch  als  das  andere.  Han- 
mann zur  poeterei  140 ;  also  würde  es  auch  in  unsrcn  ehren  . 
übel  klingen,  zu  reden  wie  die  freinbden  reden,  also  dasz  es 
nur  nöthig  scheinet,  im  reime  sich  des  einheimischen  aus- 
spruchs zu  gebrauchen.    Locau  t'orr.  zu  th.  1. 

AUSSPRUDELN,  1)  intransitiv,  scaturire :  hier  sprudelt  küh- 
les wasser  aus.  2)  transitiv,  scaturiendo  edere:  wasser  aus- 
sprudeln ;  heftige  reden,  thörichte  worle,  witz  aussprudeln. 

AUSSPRÜHEN,  evomere:  funken,  feuer  aussprühen;  der 
berg  sprüht  nainmcn  aus.    vgl.  ausspreuen. 

AUSSPRUNG,  m.  exsultatio:  wann  er  (der  junge  falke)  dann 
ins  wasser  springen  wil,  so  lasse  solches  geschehen,  sollest 
ihn  darinnen  aber  nach  seinem  gefallen  baden  und  bleiben 
lassen,  und  so  er  dünn  auch  widerunib  herauszer  stehen 
wil,  sollest  du  ihm  deine  faust  mit  frischem  asz  darbieten, 
dasz  er  im  aussprung  derselhigen  nicht  fälc.  weidwerk  2,34*; 
wenn   ich   eiuige   minutcn  erübrige,   so  Lab  ich  lusl,   in  das 


981   AUSSPRÜTZELN— AUSSTAFFIEREN 

exordium  noch  einige  beiläufige  aussprünge  zu  thun.  J.  Pacl 
teuf.  pap.  2,  59.  das  tnhd.  passional  bietet  dar  den  äjsprunc 
nemen  an  der  weride  leben  327,  86.  39",  28.  515,  90  und  von 
der  weride  589,  42  ßr  nasci  und  mori,  den  sprung  ins  leben 
und  aus  dem  leben. 

ACSSPRCTZELN,  was  ausspritzein:  gab  es  einer  andern 
zu  kosten,  dise  mit  dem  maul  drüber  her,  sprützelte  aber 
bald  aus.  unw.  doct.  402. 

AUSSPUCKEN,  exspuere,  nnl.  uitspugen :  blut  ausspucken ; 
vor  emem  ausspucken,  zum  zeichen  der  Verachtung  oder  aus 
abergläubischer  furcht. 

AUSSPÜLEIV,  eluere,  abluere,  nnl.  uitspoelen:    den  mund, 
die   Zähne   ausspülen ;   ein   fasz,   eine  kanne  ausspülen ;    die 
Wäsche    ausspülen,   ton    der   seife  reinigen;   der  heilige  vater 
bapst   und  die  cardinel  haben  zu  Rom  viel  klöster,    da  etwa 
anderthalb  hundert  personen  innen  gelebt,  so  rein  ausgespü- 
let,   das   zween   verlaufen   münche  oder  ein  loser  buhe  umb 
sechs   ducaten  jerlich  darinnen  sitzen.    Lcther  5,  300* ;    und 
wenn   das   heilige   evangelium   sonst   nichts  hette  ausgericht, 
were  es  doch  ein  grosz  merklichs  wunder,  das  es  solche  go- 
teslesterung  rein  hat  ausgespület.  5,  317";   es  ist  rein  ausge- 
spület,  die  weit  ist  auf  die  hefen  kommen,  tischr.  360";  den 
schmutz,  die  hefen  ausspülen;   das  viert   (kind)  alle  kar  mit 
dem  spiegeligen  ermel  ausspület.  Garg.il';  diese  krieger,  so 
alle   land  krieg  suchend  ausspülen  und   nur  des  jars  einmal 
heimkommen,    kriegsb.  des  friedens  188; 
man  hat  die  länder 
lang  wol  durchwandert, 
und  aiisg'espöiet. 
wie  mancher  fühlet.    Soliad4S6; 

weil  die  M.  durch  keine  brandung  schneller  aufwallungen 
weich .  und  locker  auszuspülen  war.  J.  Pacl  Tit.  3,  75.  in  sol- 
chem sinn  heiszt  es  auch:  der  flusz  hat  das  ufer,  der  rei- 
szende  ström  den  felsen  ausgespült,  ausgewaschen,  ausgeholt. 

AUSSPÜLICHT,  n.  eluvies. 

AUSSPUNDEN,  contabulare,  inwendig  mit  bretem  bekleiden. 

AUSSPÜREN,  odorari,  indagare,  gleichviel  mit  aufspüren: 
viel  arme  Polen,  welche  sich  aus  fufcht  in  den  groszen  Wild- 
nissen und  morasten  aufgehalten,  sind  wie  das  wild  von  den 
jaghunden  ausgespüret.  Schcpprs  3S6;  ich  nahm  denkleinen 
Tintin  mit  mir,  weil  ich  hofte,  dasz  er  den  weg,  den  wir  mit 
einander  gegangen,  durch  seinen  instinct  leichter  wieder  aus- 
spüren würde.  Wielaxd  11,  75;  wie  ich  denn  von  letztgenann- 
tem {Dellbrück)  nur  anführen  will,  dasz  er  in  den  gedichten 
an  Lida  gröszere  Zartheit  als  in  allen  übrigen  ausgespürt. 
GöTHE  45,  316;  ich  hab  eine  schöne  buschichte  hole  ausge- 
spürt. Klägers  th.  2^354 ;  er  konnte  zweierlei  unmöglich  aus- 
spüren, seine  bibel  und  seine  puderquaste.  J.  Paul  Hesp.  l,  90. 
s.  ausspieren. 

AUSSPÜRIG,  exeedens  ria,  orbita,  aus  der  spur,  aus  dem  geleis 
weichend,  nnl.  uitsporig:  alle  rechtsgelehrte  geben  dem  lan- 
desherm  das  recht,  wofern  die  handwerker  ausspürig  werden, 
denselben  einen  oder  mehrere  freimeister  entgegensetzen  zu 
dürfen.  Moser  p.  ph.  1,  207. 

AUSSPURZEN,  exspuere,  exscreare:  der  soll  stetigs  aus- 
spurzen  vil  speichel.  küchenmeisterei  d  6 ;  auch  wullcn  spurzen 
und  husten  ist  ir  kurzweil.  d8;  man  sagt  von  kaiser  Con- 
stanlio,  wie  er  nicht  ausgespürzt  hab.  Ave.mix  chron.  259. 
auch  Rerthold  vox  Chiemsee  sagt  ausspürzen. 

AUSSPÜTZEN,  dasselbe:  dasz  man  nicht  auf  die  erde  aus- 
spütze.  Luthers  tischr.  162*; 


AUSSTAFFIEREN— AUSSTAND 


982 


der  Aslachs  seine  äugen  putzt 
und  das  kerergeschmeisz  aussputzt. 


froschm.  3,  3,  12. 


AUSSTACKELN,  wcls  das  folgende. 

AUSSTACKEN,  palare,  firmare  palis,  ein  fachwerk  mit  zaun- 
stacken  ausflechlen  und  mit  lehm  verstreichen:  es  ist  sehr 
schwer  jetzt  in  der  ernte  arbeiter  zu  bekommen,  welche  mir 
zu  Verfertigung  eines  Strohdachs  und  zum  ausstacken  der 
wände  nöthig  sind.  Schiller  an  Gölhe  479.  vgL  bestackeo. 
Stieler  216l  und  Adelung  schretben  ausstaken. 

AUSSTAFFIEREN,  inslruere,  omare,  was  aufstafliereD,  nnl. 
Btoffeeren,  franz.  eloffer;  der  bräutigam  sich  ziemlich  ausstaf- 
fieret.  SCBWEINICHE.X  2,  304; 

die  erd  ist  mit  gewärk  der  mohren  austtafflert. 

GRTparus  1,  51; 
leibeigen  wird  er  dem,  bei  dem  er  g»it  gemach 
für  seinen  leib  vermerkt,  und  der  ihn  ausstaffieret 
mit  dem,  was  rorthel  bringt,  mit  dem  was  speck  gebieret. 
LoGAb  3  (.  216 ; 


es  haben  die  bürger  und  bäum  ihre  tische  und  tresuren  mit 
gülden  und  silbern  bechern  gezieret,  dahingegen  vor  zeilen 
ein  vornehmer  semperfrei  sein  haus  nur  etwan  mit  zin  hätte 
ausstaffieren  und  butzen  können.  Schcppics  784;  ausgeputzt 
und  staffiert  {d.  i.  ausstaffiert).  Simplic.  2,  276.  382;  sogar, 
wie  ihr  mich  hier  seht  (und  er  war  sehr  prächtig  gekleidet), 
hab  ich  mich  mit  eigner  band  ausstaffiert,  Unterkleid,  kaftan, 
gürtel,  mantel,  alles  hab  ich  seihst  gemacht.  Wielasd  1, 19 ; 

lob  sei,  o  bildner,  deiner  kunst, 

dasz  du  dein  abbild  ausstalliert 

mit  allem,  was  die  Schöpfung  ziert.    BCrger119'; 

auch  färben  sah  ich  neu  im  groszen  narrenhaus 

mit  namen  ausstafßert.  Gotter  l,  305; 

die  übrigen  wurden  auch,  nach  und  nach,  doch  geringer,  aus- 
staffiert. GüTHE  18,  32 ;  wüste  er  sein  zimmer  stattlich  auszu- 
staffieren. IS,  86 ;  jedes  hatte  seine  rolle  mit  angenehmen  und 
unterhaltenden  scherzen  ausstaffiert.  18, 189 ;  sie  gestand,  dasz 
es  ihr  sehr  lustig  vorgekommen,  mich  diesmal  geputzt  und 
wol  ausstaffiert  zu  sehen.  26, 12 ;  (marktflecken  Kuhschuappel 
übersah  das  vergnügen  nicht),  womit  er  {Siebenkäs)  durch  sei- 
nen unausgesuchten  anzug  und  narrenhaften  aufschritt  eine 
denkende  und  ausstaffierte  wesenkette  mehr  zu  entstellen  und 
zu  verhängen,  als  wirklich  zu  verzieren  dachte.  J.  Paul  Sie- 
benk.  1,  49 ;  am  morgen  waren  alle  ausstaffiert.  Arxih  1,  67. 
Stieler  2175  ßhrt  an :  eine  güldne  borte,  ein  kleid  ausstaf- 
fieren,    die  Wurzel  s.  in  stof. 

AÜSSTAFFIERUNG,  /".  ornalus:  eines  seidenkramers  jung, 
der  bringt  etwas  der  frauen  zur  schnürbrust,  dem  mann  et- 
was zur  ausstaffierung  seines  kleides.  Schcppics  203;  auf  diese 
ausstafficrung.  Simpl.  2,  301 ;  nöthige  ausstaffierung  eines  poe- 
tischen styli.  Gc.nther  vorr.  11 ;  der  dichter  dieser  mahlerischen 
ausstaffierungen.  Lessixg  6,  443. 

AUSSTÄHLEN,  chalybe  inducere,  roborare:  fuszreisen  stäh- 
len die  gesundheit  aus ;  eine  tiefe,  am  urrermügen  des  daseins 
ausgestählte  kraft,     schon  Fleming  sagt: 

das  eisen  der  ausgestählten  weit; 

wo  ist  nun  unser  mut, 

der  ausgestäblte  sinn,  das  kriegerische  blut?  568. 

ÄUSSTAKEN,  s.  ausstacken. 

AUSGESTALTEN  (gehört  auf  sp.  875)  efformare: 

ich  trat  das  lebensalter  an,  ' 

in  welchem  die  nalur  den  Jüngling  ausgestaltet. 
BiJRGiR  104'; 
jene  verwandelnde  phantasie,  durch  deren  ungeduldiges  bilden 
sich  der  fels  zu  göttlichen  mädchen  ausgestaltet.  Götbe  33, 149. 
AUSSTALLEN,  excludere  stabulo,   educere  e  stabulo,  gegen- 
über dem  einstallen,  vgl.  ausschlagen. 

AUSSTAMMELN,  balbutiendo  efferre,  nnl.  uitstamelen: 

herr,  herr,  ich  weisz  die  stunde  nicht, 

die  mich,  wenn  nun  mein  äuge  bricht, 

zu  deinen  todlen  sammelt.' 

riellr-icht  umgibt  mich  ihre  nacht, 

eh  ich  (lies  flehen  noch  vollbracht, 

mein  lob  dir  ausgestammelt.    Klopstock  7, 143; 

meine  tippe,  die  so  viel  gewohnt  ist, 

von  der  liebe  süszem  glück  zu  schwellen, 

und  wie  eine  goldne  himmelspforte 

lallende  Seligkeit  aus-  und  einzusiarameln. 

GöTHE  an  fr.  von  Stein  1,  68  ; 

envürgend  wird  sich  alles  durcheinander  schlingen,  wenn  er 
am  traualtar  mit  Rabette  kniend  das  ja  ausstammeln  musz. 
J.  Paul  Tit.  3,  160. 

AUSSTAMPFEN,  exculcare,  exterere  pedibus,  nnl.  uitstam- 
pen:  das  körn  ausstampfen,  aus  den  dhren  treten. 

AUSSTAND,  m.  1)  credilae  vel  debitae  pecuniae,  ausstehendes 
geld:  pfand  geben  genüglichen,  dasz  er  allen  ausstand  daraus 
erlösen  könne,  weisth.  2, 191 ;  belege  bei  Haltaus  84 ;  und  was 
von  beidem  ausstand  also  ausbracht,  davon  soll  zuförderst 
herzog  Friederich  von  Baiern  zweitausent  gülden  geliefert  wer- 
den, und  das  herzog  Friedrich  zu  Sachsen  und  der  bischof 
von  VVürzburg  ihres  ausstands  ...  entrichtet  und  bezahlt 
werden,  reichsabsch.  von  1524  §  35;  allerlei  ausstand,  reichs- 
absch.  von  1530  §.  140;  so  sich  begibt,  dasz  noch  ein  rest 
oder  ausstand  an  der  scbullsumm  überpleibt.  bienenk.  loo'; 
weil  ich  nicht  allein  die  schulden,  in  die  ich  geraten,  bezahlt, 
sondern  auch  meines  vaters  seligen  ausstände  richtig  und 
menniglich  klaglos  gemacht.  Thcrseisser  atwscAr.  3, 141; 

ich  bin  dir  schuldig,  ach,  die  hauptsumm  und  die  fruchte, 

dafem  ich  auch  verkaufen  wolt 

was  ich  besitze,  wird  kein  gold, 

kein  geld,  kein  blut  den  ausstand,  herr,  erreichen. 
Griphil-s  2,  422. 

62* 


983 


AUSSTÄNDER — AUSSTÄUBERN 


AUSSTÄUPEN— AUSSTECKEN 


984 


2)  ausstand,  dilatio,  frist,  anstand:  einem  Schuldner  ausstand 
geben.  Moser  palr.  ph.  2,  208.  3)  ausstand,  der  landungsplalz, 
die  stelle,  wo  man  aus  dem  schiffe  geht:  sein  wonung  war  bei 
drilthalb  hundert  meil  von  meinem  ausstand  aus  dem  schif. 
Frank  weltb.  215'  (s.  ausstehen  1).  4)  das  abtreten,  beiseits  gehen 
der  betheiligten  bei  beralhungen  (s.  ausgehen  1).  5)  das  öffent- 
liche ausstehen  xur  schau:  bei  seiner  ankunft  bemerkte  er 
denn  doch  wol,  dasz  es  mit  der  öffentlichen  marktschreierei, 
dem  ausstände  in  einer  bude  und  dem  französischdeutschen 
hanswurst  nicht  gehn  würde.  Klopstock  12,  297. 

AUSSTÄNDER,  m.  ein  bienenstock  der  aussieht,  d.  i.  über- 
icintcrt,  gefristet  werden  soll.    s.  ausländer. 

AUSSTÄNDIG,  creditus,  nondum  solutus:  ausstendig  geld. 
Wickram  rollw.  54;  fordret  sein  ausstendige  schuld.  66  und 
ÜHLAND  620;  wären  also  über  20ü0  th.  ausständig.  Schwei- 
NicHEN  1,  366.  nicht  lange  ausständig,  bald  zu  erwarten,  bald 
eintretend : 

wann  es  wirl  auch  das  ende  deia 

nun  fort  nh  lang  ausstendig  sein.    H.  Sachs  III.  1,  264'. 

AUSSTANKERN,  odorati,  auswittern,  in  dem  frühern  sinn 
von  stinken  riechen,  gestank  geruch:  wollet  ihr  auch  gleich 
über  meer  fliehen,  so  werden  doch  nur  diese  räuber  der  weit 
euch  nachziehen,  und  nachdem  iimen  nunmelir  länder  gebre- 
chen wollen,  alle  winkel  der  meere  auszustankern  anfangen. 
LoHENST.  Arm.  2,  1191;  wie  verwunderte  ich  mich,  dasz  sie 
mich  flugs  ausgestankert  hatten.  Schelmufsky  1,  139.  später 
mit  Umlaut,  ausstänkern :  ich  lege  noch  eine  rarität  bei,  die 
ich  hier  auf  einer  öffentlichen  bibliothek  ausgestänkert  habe. 
Lessing  12, 148.  auch  mit  gestank  verpesten:  er  stänkert  mit 
seinem  tabak  das  ganze  haus  aus. 

AUSSTAPFEN,  deßectere  pedem,  austreten,  seitwärts  treten, 
nnl.  uitstappen. 

AUSSTÄRKEN,  roborare,  firmare: 

als  wie  ein  junger  low,  im  fall  der  seine  knochen 
im  maule,  seine  mahn  auf  beiden  schultern  merkt, 
und  alle  viere  sieht  mit  klauen  ausgestärkt.    Opitz  1,14; 

das  wankende  herz  ausstärkend.  J.  Paul  Fibel  40. 
AUSSTATTEN,  instruere,  ornare, 

1)  allgemein,  einen  mit  gaben,  eigenschaften,  rechten,  voll- 
machten ausstatten:  die  kirche  hat  die  gelübde  mit  verhei- 
szungen  unsichtbarer  belohnungen  und  überirdischer  Vorrechte 
ausgestattet.  Gotter  3,  66 ; 

verlangst  du  wohniinpr,  mitten  in  der  Stadt? 
geräumig,  heiler,  treflich  ausgestaltet.    Götue9,  280; 

dieser  mensch  ward  nach  und  nach  bekleidet  und  bis  auf  iihr 
und  dose  equipiert  und  ausgestattet.  18,  287;  dasz  dieser 
mann  von  unserm  alten  treflich  ausgestattet  worden  war  und 
seine  zeit  nicht  umsonst  zugebracht  hatte.  20,  262 ;  der  lieb- 
haber  wolle  es  (das  fest)  diesmal  ausstatten.  24,  265;  mit 
einem  frisch  bereicherten  repertorium  kamen  wir  wol  ausge- 
stattet nach  Lauchstädt.  31, 148. 

2)  besonders,  die  kinder  zur  heirat  ausstatten,  dotieren:  er 
stattete  in  demselben  jähr  söhn  und  tochter  aus;  dasz  der 
teufcl  üjm  vorgenommen  habe  zu  freien  und  kinder  zu  zeu- 
gen, damit  er  dieselbige  in  der  weit  ausstatten  und  mit  den 
menschen  befreunden  möciite.  Schoppiüs  841. 

AUSSTATTUNG,  f.  instructus,  apparatus:  die  ausstattung 
eines  hauses,  kleides,  buches,  kindes ;  da  die  natur  dem  men- 
schen Vernunft  gegeben  hat,  so  war  das  schon  eine  klare  an- 
zeige ilirer  absieht  in  ansehung  seiner  ausstattung.  er  sollte 
nicht  durch  den  instinct  geleilet  werden.  Kant  4,  296;  die  na- 
tur hat  die  thierische  ausstattung  (des  menschen)  knapp  ab- 
gemessen, daselbst. 

AUSSTATTUNGSWEISE,  adv.  jene  Verehrung  des  vyider- 
wärtigen,  verhaszten,  flieiienswerlhen  geben  wir  einem  jeden 
nur  ausslattungsweise  in  die  weit  mit,  damit  er  wisse,  wo  er 
dergleichen  zu  linden  hat.  Göthe  22,  26. 

AUSSTAUBEN,  pulverem  excutere,  dann  auch,  was  das  fol- 
gende, investigare:  sieubelcn  und  spüreten  unerschrocken  alle 
tritt  und  spuren  aus.  Garg.  228". 

AUSSTÄURERN ,  investigare,  was  aufstäubern,  und  xumal 
von  Jagdhunden,  welche  släuber  heiszen:  die  stäuber  pflegen 
alle  graben  und  hecken  auszustäubern ; 

David,    wie  wird  sich  denn  das  land  von  dieser  blutschuld  säubern? 
Gibeon,  wir  wollen  diesem  haupt,  das  uns  sucht  niiszust.iubern 
°    ganz  wider  red  und  recht,  so  springen  aiiT  den  Inib, 
dasz  von  dem  stamm  nicht  zweig,  nicht  wiirzol  übcrbicib. 
Ghtpuius  ],  560; 


wenn  ich  meinen  hauswalter  (pediculus)  in  seinem  lager  aus- 
stäubere,  so  mag  ich  ihm  den  hals  brechen,  das  musz  ein 
ander  bei  seinen  peinigern  wol  bleiben  lassen.  Weise  kl.  leule 
204.    die  ältere  Schreibung  ist  aussteubern,  w.  m.  s. 

AUSSTÄUPEN,  virgis  caesum  urbe  expellere,  ausstreichen: 
drei  diebe  wurden  gestern  ausgestäupt,  bildlich  für  ejicere, 
abrogare:  was  aber  die  fabel  anbelangt,  ist  ein  ungegründeter, 
ausgesläupter  aller  Schlendrian,  irrgarten  142. 

AUSSTAUPUNG,  f.  ihr  verbrechen  aber  aufs  wenigst  die 
aussteupung  verdienet  hätte.  Simpl.  2,  376. 

AUSSTECHEN,  expungere,  excidere,   effodere, 

1)  einen  reiter  ausstechen,  aus  dem  sattel  stechen,  wie  aus- 
heben, dann  auch  allgemein  seinen  gegner  verdunkeln,  über- 
treffen, verdrängen:  den  andern  nach  möglichkeit  zu  übervor- 
theilen  und  auszustechen.  Wieland  7,366; 

zwar  ists  ein  sehr  kleiner  triumf,  so  eine  häszliche  braut 

durch  ihre  reize  auszustechen.    5,  137; 

ein  beiliges  gebet  sticht  hundert  ochsen  aus.    Rachel  39; 

sie  ist  der  inbegrif  aller  Vollkommenheiten,  und  die  niedliche 
Schwester  war  ein  für  allemal  ausgestochen.  Göthe  21,  166; 
sie  stach  alle  weiber  durch  ihre  Schönheit  und  ihren  witz  aus. 
Klinger  1,  394;  du  bist  nun  ausgestochen. 

2)  einem  die  äugen  ausstechen,  aus  dem  köpf  stechen: 

mhd.   wan  im  hat  diu  girescheit 

diu  ougen  der  bescheidenheit 

ilj  gestochen,  daj  ist  war.    welsch,  gast  14081. 

nhd.  aber  die  philister  griffen  in  und  stochen  im  die  augea 
aus.  rieht.  16,  21;  das  ich  euch  allen  das  rechte  äuge  aus- 
steche. 1  Sam.  11,  2 ;  aber  Zedekia  liesz  er  die  äugen  aus- 
stechen. Jer.  39,  7.  52,  11;  stach  den  vögeln  die  äugen  aus. 
Garg.  129*;  sticht  den  zeislin  die  äugen  aus.  185*. 

3)  rasen,  torf  ausstechen;  spargeln  ausstechen;  teiche, 
graben  ausstechen : 

sorgt,  die  graben  fleiszig  auszustechen.    Göth«  5,  245. 

butter  mit  dem  löffel  aus  dem  topf  ausstechen :  wenn  ich  mir 
butter  aussteche.  Göth»  16,  39 ;  austern  ausstechen. 

4)  gläser,  flaschen  ausstechen,  austrinken,  ausleeren,  viel- 
leicht vom  öfnen,  aufstopfen,  aufpfropfen  entnommen  oder  lie- 
ber fortsetzung  der  bedeutung  1,  wie  es  auch  heiszt  einer  flasche 
den  hals  brechen:  lasz  uns  noch  eins  (noch  ein  glas)  aus« 
stechen : 

er  siebet  frölich  zu,  wird  eines  ausgestochen, 
das  muth  zu  reden  macht.        Opitz  1,62; 

die  gläser  wurden  wichtig  ausgestochen,  ehe  eines  mannes  95; 
als  der  abend  herbei  gekommen,  auch  manches  gläsgen  wol- 
schmeckender  wein  ausgestochen  war.  !225;  so  ein  weilläuf- 
liges  mühmchen  bei  einem  alten  hagestolze  auszustechen,  bei 
gott,  Finette,  das  würde  eben  so  wenig  sünde  sein,  als.  Lot- 
chen soll  leben!,  als  ein  glas  wein  auszustechen.  Lessing  2, 
550;  haben  doch  lang  nicht  beisammen  gesessen,  lang  keine 
flasche  miteinander  ausgestochen.  Göthe  8,  28. 

5)  die  kürschner  nennen  aussiechen,  wenn  sie  die  wamme 
aus  dem  balge  schneiden;  metallarbeiter  siechen  sciieiben  aus, 
kupferstecher  ihre  platten;  laulenmacher  stechen  den  boden 
der  laute  oder  geige  aus,  wölben  ihn  aus. 

6)  Wäscherinnen  stechen  die  spitzen  aus.  bilder  orfer  muster 
werden  ausgestochen;  er  stach  ihm  mit  seiner  spitzen  zunge 
ein  schönes  bild  der  höfe  aus.  J.  Paul  uns.  löge  2,  42. 

7)  einen  tag  ausstechen,  pracßgere  diem:  was  inzwischen 
mich  bewog,  den  heutigen  tag  dazu  auszustechen,  war  haupt- 
sächlich der  gestrige.  J.  Paul  jubeis.  185;  vergeblich  hatte 
seine  Schwester  vorgeschlagen,  etwan  den  vierten  oder  fünften 
markttag  zu  seinem  glänz-  und  gasltage  sich  auszustechen. 
komet  2,  65. 

8)  intransitiv,  ausstechen  f.  hervorstechen,  excellere:  was 
für  ein  strebender  mensch  und  aussterbender  vater  ist  unser 
redliche  Caspar.  Hamann  7,  407.  gehören  dahin  auch  die  fol- 
genden bedeutungen  des  pari,  ausgestochen:  mein  herr  halte 
einen  ausgestochenen  essig  und  durchtriebenen  funken  zum 
page  neben  mir.  Simplic.  1, 07 ; 

ein  Seemann,  stark  von  knochen, 
rasch  wie  sein  dement,  in  reden  kurz  tinn  rund, 
plump  von  monier,  und  gar  nicht  nu.si;esiuchpn, 
groszaasigt  überdies  und  grnszer  nocli  von  mund. 
VViKi-ANn  10,  219? 

AUSSTECKEN,  erigere,  nnl.  uilstcken,  zeichen,  fnhne  aus- 
stecken :  also  werden  sie  auch  das  fcnlin  nicht  auf  den  mast- 


985 


AUSSTECKEN  —  AUSSTEHEN 


AUSSTEHEN — AUSSTEIGEN 


986 


bawm  ausstecken.  Es.  33,  23 ;  vor  dem  herbest  ist  ein  jar- 
markt  zu  DiedenLoven  und  steckent  sie  ein  wimpel  usz.  weisth. 
2,  239 ;  strohwisciie  auf  der  wiese  ausstecken ; 

das  frewlin  steckt  ein  zeichen  aus.    ühla.nd740; 
sie  war  an  Schönheit  reich, 

an  vielen  gaben  hold,  der  Rehen  zu  vergleichen 

der  weisen  künsllerin,  ein  ausgestecktes  zeichen 

der  angewandten  zucht.  Fle«ing133; 

die  fahne  der  freiheit  öffentlich  auszustecken.  Möseb  2, 192 ; 

und  aus  den  welken,  blutig  roth 

hängt  der  herrgoit  den  kriegsmantel  runter, 

den  kometen  steckt  er,  wie  eine  ruthe, 

drohend  am  himmelsfenster  aus.    Schiller  324'; 

mit  rosen  hat  er  ausgesteckt 

dein  •stilles  schlummerhaus.    Uhla:<ds  jed.  153; 

der  weg  von  der  rechtschaffenheit  zur  tugend  bezeichnet  sich 
durch  thaten,  um  ihn  zu  finden,  musz  man  sich  diese  zum 
leilungszeichen  ausstecken.  Klinger  12,  219;  sie  haben  sich 
nicht  einfallen  lassen,  dasz  das  ziel  ihrer  hemühungen  so  kurz 
sollte  ausgesteckt  werden.  Kant  3,  233.  in  anderm  sinne  sagt 
man,  höhnen,  kartoffeln  ausstecken,  <iufs  land  stecken,  aus- 
säen, pflanzen. 

AUSSTEHE.N,  in  mehrfachem  sinn 

1)  ausstehen,  aussteigen,  e  navi  egredi,  ähnlich  dem  abstehen 

descendere  equo: 

in  die  insel  Sagena  kam, 

da  stund  man  aus  in  gottes  nam."  H.  Sacbs  1, 171*; 

seither  ich  von  dir  gescheiden,  an  dem  britannischen  port  aus- 
gestanden bin.  Galmy  347 ;  sei  ausgstanden  vom  schif  ietzund. 
Ayrer  462'.  ebenso  auch  ausstehen  aus  der  beisze.  aeidwerk 
2,  34'  und  vom  fallit  werdenden  Schuldner:  ausstehen,  austre- 
ten und  in  die  freihung  sich  begeben.  Frankf.  ref.  II.  27,  9 
ivgl.  aufstehen  10) ;  ausstehn,  aus  dem  kloster  treten :  wer  nicht 
mehr  bestehn  mag,  der  mag  dann  ausstehn.  Garg.  284.  aus- 
stehen bei  gerichl,  austreten,  bei  seite  gehen,    s.  ausstand  4. 

2)  ausstehen,  in  publicum  prodire,  hinaustreten,  feil  stehn: 

und  wer  dann  nicht  mehr  solcher  gestalt 

bestehn  mag,  der  mag  dann  ausstehn, 

und  darnach  wider  herbei  gehn.    Garg.  2S4*; 

selbst  des  nachbar  gastwirts  müh» 

der  vordem  in  fremden  landen 

als  ein  doctor  ausgestanden, 

war  vergebens  bei  dem  vieh.    Gellert  1,67; 

de  la  Popepiere  war  auf  den  landtag  gekommen,  um  als 
marktschreier  auszustehn.  Klopstock  12,  296 ;  es  würde  uns 
alle  empören,  ein  erbstück  eines  geliebten  vaters,  das  wir  nur 
unserni  kostbarsten  schranke  anvertrauen,  plötzlich  in  der 
schmutzigen  judengasse  öffentlich  ausstehn  zu  sehn.  Tieck  4, 
26S ;  ich  wollte  als  Student  mit  einer  gastpredigt  ausstehen. 
J.  Paul  lit.  nacht.  4,  94 ;  jene  deutschen  mystiker  und  roman- 
tiker,  welche  wahrlich  nicht  spärlich  in  allen  sogar  schlech- 
testen taschenbüchern  und  romanen  ausstehen,  kämet  1,  xx; 
die  schildwacht  steht  zwei  stunden  aus;  der  kaufmann  steht 
mit  seinen  waaren  aus  und  die  waaren  stehen  aus.  berg- 
männisch, erzadern  stehen  aus,  gehen  lu  tage. 

3)  ausstehen,  vom  gelde,  s.  ausstand  und  ausständig:  es 
steht  noch  viel  geld  aus;  der  gröszte  theil  seines  Vermögens 
stand  im  land  aus  und  war  nicht  sogleich  einzuziehen,  aus- 
stehen, ton  andern  Sachen,  im  rückstand,  rückständig  sein : 
acht  und  zwanzig  stimmen  waren  gesammelt.  Dorias  und  die 
seinige  standen  noch  aus.  Schiller  155; 

das  gröszte  steht  noch  aus!    559. 

au^teheo,  aufgeschoben,  ausgesetzt  bleiben,  anstehen:  die  ent- 
scheidung  möge  zum  morgenden  tag  ausstehen.  Niebcbr  2, 
395;  doch  soll  die  Vollziehung  bis  zum  14  juIi  für  Paris  aus- 
stehen und  drei  monate  für  die  provinzen.  Dablmann  fr.  rev. 
330.    vgl.  ausstellen  9  und  aussetzen. 

4)  transitives  ausstehen,  aushalten,  ertragen,  sustinere,  per- 
peti,  soKol  von  personen  als  sacken,  vgl.  unausstehlich,  aus- 
gehend von  einem  sinnlichen  beharren  im  stand,  wie  aushalten 
im  hallen:  die  predigt  ausstehn,  stehend  aushOren,  sich  wäh- 
rend des  gotlesdiensles  nicht  niedersetzen,  wiltu  nicht  gicuben, 
so  fare  imer  hin  und  erfare  es,  du  wirst  mit  uns  bald  aus- 
gepocht haben,  es  ist  aber  einer,  der  dir  deinen  trotz  wol 
kann  ausstehen.  Luther  6,  226';  das  kein  ungiück  so  grosz 
ist,  es  sei  geistlich  oder  leiblich,  das  ich  nicht  künde  aus- 
stehen und  aberwinden.  6,345';  mein  trotz  sol  iren  trotz  aus- 
stehen, das  weisz  ich  für  war.  3,  lt6;  dasz  ich  solche  mühe 
auf  mich  nehmen  und  ausstehen  müssen.  Schweiüicher  3,  43 ; 


gleichwol  hat  er  stark  angen,  die  ein  puf  ausstehn  (einen  puf 
aushallen).  Garg.  24l'; 

mut  und  stärk  alles  auszustehen.    Wkckherli.'«  364; 

nach  ausgestandner  zucht.    253; 

zweimal  ist  es  in  der  weile, 

dasz  sie  (die  stadt)  aus  hat  müssen  stehn 

Hercules  geschosz  und  pfeile.    Opitz  1,214; 

gott  hat  nun  ausgestanden 

was  auszustehen  war.    Fleiing14; 

das  gold  steht  feuer  aus.    Veit  duldet  alle  Qammen, 

eh  er  läezt  gold  und  sich  mit  willen  thun  von  sammeo. 
LoGAC  3,  2.  zug.  40 ; 

Choerilus  hat  sich  verbunden  auszustehen  einen  streich 

immer  und  von  jedem  verse,  der  der  kunst  nicht  üele  gleich. 

3,7,94; 
wobei  ich  ziemliche  furcht  seiner  ungnade  ausstehen  musz. 
pers.  rosenth.  1,  32 ;  mit  einander  gutes  und  böses  auszustehn. 
3,  9;  Ungemach  und  unlust  von  jemand  ausstehen.  5, 14;  einen 
ehebrecher  strichen  die  Eg)T)ter  mit  ruthen  aus  und  gaben 
ihm  tausend  streiche,  konte  er  dieselben  ausstehen,  so  möchte 
er  weiter  fortlaufen.  Schüppids  513 ;  eiserne  köpfe,  welche 
etwas  ausstehen,  vertragen  und  dasjenige,  was  sie  gefasset 
haben,  behalten  können.  597 ;  kleine  vöglein  haben  grosze  ge- 
fährlichkeit  auszustehen.  837;  so  eine  kurze  faste  wird  noch 
auszustehen  sein.  Weise  kl.  leute  15; 

wärst  du  so  klug,  die  kleinen  plagen 
des  lebens  willig  auszustehn, 
so  würdest  du  dich  nicht  so  oft  genöthigt  sehn, 
die  gröszern  übel  zu  ertragen.  Gellert  1,  181; 
er  steht  den  schmerz  nicht  aus,  er  überwältigt  ihn. 
Zachariä  1,  179; 
nein,  ich  kanns  nicht  ausstehn.  Gerstenberg  Ugol.  63;  einige 
aufrührer  werden  verwiesen,  viele  andere  stehen  Züchtigungen 
aus.  Schiller  834;  nach  allen  prüfungen,  die  ihr  ausgestan- 
den habt.  GöTHE  14, 196 ;  schon  bei  tafel  hatten  wir  manches 
auszustehen,  denn  einige  männer  hatten  stark  getrunken.  19, 
279 ;  wer  weisz  nicht,  was  ein  lied  auszustehen  hat,  wenn  es 
durch  den  mund  des  volkes  eine  weile  durchgeht!  33,  205; 
da  kommt  der  winter  wieder  und  mir  ists  als  wollt  ich  ihn 
wol  noch  einmal  ausstehen,  an  fr.  v.  Stein  1,  70 ;  sie  konnte 
ihren  herrn  vater  nicht  eher  ausstehn,  bis  er  u.  s.  w.  Klinger 
1,168;  nein  gnädger  herr,  sie  kann  ihn  nicht  ausstehn.  Tieck 
3,  203;  in  einem  solchen  falle,  wenn  man  niemand  von  der 
gesellschaft  ausstehen  kann.  J.  Padl  Tit.  2,  32;  das  ungiück 
der  erde  war  bisher,  dasz  zwei  den  krieg  beschlossen  und 
millionen  ihn  ausführten  und  ausstanden,  dämmerungen  55; 
stand  ihre  kopfschmerzen  aus.  Fibel  21.  Unterbleibt  der  ge- 
läufige acc,  so  wird  das  verbum  wieder  intransitiv :  der  kranke 
steht  viel  (schmerzen)  aus;  der  junge  steht  im  künftigen  jähr 
aus,  hat  seine  lehrjahre  ausgestanden;  er  Schafte  einen  laden- 
diener  ab,  dem  succedierte  der  fast  ausgestandene  junge. 
maulaffe  25.  Doch  darf  man  sich  auch  ein  an  sich  intransi- 
tives ausstehen  ==  persistere,  perdurare  denken,  bei  welchem 
kein  acc.  zu  ergänzen  ist :  dasz  man  nit  verzage,  sondern  man 
stehe  unserm  herrn  gott  aus  und  bete  {halte  ihm  aus,  halte 
ihm  stand).  Luthers  tischr.  232';  und  damit  ihr  an  ewer  sawem 
arbeit  umb  ewer  unerzogner  kindlein  willen  lenger  taweren 
und  ausstehen  könnet.  Mathesids  146'. 

AÜSSTEHLEN,  expilare:  die  groszen  gewaltigen  erzdiebe, 
die  nicht  eine  stad  oder  zwo,  sondern  ganz  Deudschland 
teglich  ausstelen.  Luther  4,  402';  kommen  alsdann  mit  den 
edelen  zigeunern,  Stelen  und  henken  das  land  aus.  Garg. 
227';  du  willst  noch  einmal  nach  S.  Lüne  marschieren  und 
ganz  verarmt  vom  blassen  engel,  den  dein  ausgestohlnes  herz 
nicht  vergessen  kann,  den  zweiten  abschied  nehmen.  J.  Paul 
Ilesp.  3,  42 ;  und  es  gieng  ihm  durch  die  seeie,  seinen  ausge- 
stohlnen  freund  so  sehr  an  freunden  verarmt  zu  sehen.  4, 19. 

AÜSSTEHLICH,  ferendus,  erttdglich:  soll  unser  hexameter 
ausstehlich  werden.    Herder  1,  219. 

AUSSTEHUNG,  /".  perpessio:  nach  ausstehung  viel  kum- 
mer,  mühe  und  sorgen.  Schweinichen  1,  213. 

AUSSTEIFEN,  rigidum  facere:  ein  kleid  aussteifen;  eine 
wand,  ein  gebäude  aussteifen. 

AUSSTEIGEN,  escendere:  ans  land  aussteigen  (s.  ausstehen  1) ; 
vom  wagen  aussteigen;  sind  schon  alle  ausgestiegen?;  der 
dieb  musz  zum  dachfenster  ausgestiegen  sein ;  wie  meine 
zweite  weit,  auf  die  meine  seele  ausstieg.  J.  Paul  Hesp. 
1,  XXVII ;  Viktor  will  am  ersten  pfingsttag  vor  der  sonne  auf- 
brechen, um  am  dritten  wieder  zurückzukommen,  wenn  sie 
in  Amerika  aussteigt.  3, 176 ;  wo  aber  stieg  denn  das  gröszte 
kriegerische,    das   romische  volk,   welches   Jahrhunderte   lang 


987 


AUSSTELLEN  —  AUSSTEUBERN 


AUSSTEUER— AUSSTOPFEN 


988 


weniger  im  blute  watete,  als  auf  dem  blute  schifte,  endlich 
aus?  dämmerungen b^ ;  blühet  gelblich  an  einem  groszen  oben 
aussteigenden  kolben.    Hohberg  2,  43". 

AUSSTELLEN,  proponere,  disponere,  exponere,  nnl.  uit- 
stellen. 

1)  eine  Preisfrage  ausstellen,  aussetzen:  die  frage  war  eine 
der  ausgestellten  und  ich  buhlte  um  den  preis.  Herder  20,  69. 

2)  einen  schein,  Wechsel,  pass,  eine  quittung,  vollmacht, 
Urkunde,  ein  zeugnis  ausstellen,  ausfertigen. 

3)  ausstellen,  aushändigen,  herausgeben:  allein  die  briefe 
mustea  sie  zuvor  alle  ungelesen  ausstellen.  Schweinichen 
1,  214. 

4)  das  land,  den  acker  ausstellen,  bestellen:  hatte  unter- 
dessen mein  land  ausgestellt.    Schuppius  119. 

6)  wachen,  posten  ausstellen;  die  ausgestellten  wachen 
wieder  einziehen. 

6)  waaren  zur  schau  ausstellen;  bilder,  gemählde  aus- 
stellen; eine  leiche  zur  schau  ausgestellt. 

mancher  meinet,  ehr  und  würde  scheine  nicht  an  ihm  hervor, 
wann  sie  nicht  steh  ausgestellet  auf  der  hoffart  berg  empor. 
LoGAU  2,  5,  47. 

7)  fallen  ausstellen,  den  mausen,  den  vögeln,  dem  wild, 
dem  feinde,     weidmännisch,  die  sau  ausstellen,  absperren. 

8)  ausstellen,  blosz  stellen,  aussetzen:  die  satyre  ist  feinde- 
seligen  urtheilen  ausgestellt.  RabenerI,  92;  der  satyriker  wird 
die  laster  tadeln,  ohne  der  öffentlichen  beschimpfung  die  per- 
8on  des  lasterhaften  auszustellen,  l,  93 ;  und  dessen,  dasz  die 
masse  der  schale  keine  composition,  sondern  echter,  natür- 
licher stein  sei,  konnte  der  besitzer  auch  höchstens  nur  ver- 
sichert zu  sein  verlangen,  wie  auch  sich  wirklich  versichern, 
wenn  er  sie  mit  der  gehörigen  behutsamkeit  einem  feuer  aus- 
stellte, dem  keine  composition  ohne  nachtheil  an  klarheit  und 
färbe  widerstand  gehalten  hätte.  Lessing  8,  497;  die  meisten 
begnügten  sich  über  die  neuerungen  den  köpf  zu  schütteln 
und  zu  beklagen,  dasz  eine  so  ausgemachte  sache  vorwitzi- 
gen Untersuchungen  ausgestellt  werden  sollte.  Wieland  6, 
281 ;  sich  dem  urtheil  des  Paris  auf  Ida  auszustellen.  10,  91 ; 
sich  einer  gefahr  ausstellen.   Klinger  5, 183. 

9)  ausstellen,  tadeln,  aussetzen:  einem  mängel  ausstellen. 
Opitz  Arg.  2, 435.  Lohenst.  Arm.  1, 160 ; 

er  stellt  mit  höchstem  fleisz  die  kleinsten  mängel  aus. 

Gryphiüs  ; 
was  gibts  aufs  neu  denn  an  ihm  auszustellen?    Schiller  335*. 

10)  ausstellen,  weiter  hinausslellen,  aufschieben  {vgl.  aus- 
stehen 3): 

herr  Karamell  hatte  den  alten  rühm  der  Scythen, 
von  welchen  er  landsmann  war,  behauptet  wie  ein  held, 
doch  vortheil  davon  zu  ziehn,  blieb  diesmal  ausgestellt. 
WiKLAND  5, 11. 

AUSSTELLER,  m.  eines  wechseis,  dator  syngraphac. 

AUSSTELLIG:  etwas  ausstellig  machen,  tadeln. 

AUSSTELLUNG,  f.  cxpositio:  bei  der  ausstellung  seiner 
ersten  versuche  gibt  die  Jugend  einem  jeden  Verfasser  an- 
sprüche  auf  billige  beurtheilung.  Gotter  1,  v ;  man  sollte  aber 
doch  in  diesen  tagen  eine  ausstellung  belieben,  wo  die  drei- 
jährigen fortschritte  der  bravesten  Zöglinge  mit  vergnügen  zu 
beschauen  und  "zu  beurtheilen  wären.  Göthe  22, 163.  s.  kunst- 
ausstellung,  weihnachtsausstellung.  ausstellungen  machen,  ta- 
deln. 

AUSSTEPPEN,  steppend  ausnähen,  aussticken. 

AUSSTERBEN,  interire,  nnl.  uitsterven:  das  ganze  haus, 
dorf,  geschlecht  stirbt  aus ;  die  Stadt  ist  von  der  pest  bei- 
nahe ausgestorben;  leer  und  still  geworden: 

ist  doch  die  Stadt  wie  gekehrt,  wie  ausgestorben! 
GÖTliE  40,  233 ; 

<olt  auch  bei  leib  nicht  lachen  eh, 

bis  da«z  ein  grosz  schif  under  geh, 

oder  ein  ganzes  land  verdorben 

und  ein  stat  gar  sei  ausgestorben. 

Scheit  grobianus  S  3 ; 

ausgestorben  trauert  das  gefllde.    Schiller; 

ich  schätz  ihn  nicht  mehr,   ausgestorben  ist 

in  meinem  busen  die  natur.    309; 

dem  herz  ist  ausgestorben, 
die  spräche  ist  ausgestorben,  todt;  gefflhle,  hofnungen  ster- 
ben aus ;  wenn  die  pockcninoculation  allgemeiner  wird,  so 
werden  wir  um  eine  ganze  classe  von  gesiclitern  kommen, 
überhaupt  wenn  krankhciten  ausstürben,  so  würden  viele  ge- 
sichtsgeschlechtcr  untergehen.  Lichtenberg  l,  209. 

AÜSSTEUBERN,  ältere  Schreibung  für  atisstäul)ern,  inve- 
$tigare,    excutere:    ausgesteubcrt   werden    wie   hcwschrcckcn. 


Luther  3,  313;  und  wir  reden  auf  deudsch  also,  wir  haben 
sie  ausgesteubert.  3,313';  ob  er  auch  so  viel  mark  in  seinen 
henden  noch  bette,  das  er  einen  garstigen  Chresem,  hinter 
seinem  willen,  durch  lauter  menschengeticht  eingefüret  köndte 
aussteubern?  6,  82';  wollen  die  lügen  vollend  aussteubern. 
8,  87';  darnach  alle  ketzerei  und  irrthum  ausgesteubert. 
8,  103";  Christum  wollen  sie  nicht,  noch  hat  er  sie  ausge- 
steubert. tischr.  85* ;  dasz  wir  (soldalen)  ihnen  (den  kaufleulen) 
die  pfeffersäcke  ein  wenig  aussteubern.  Schuppius  658.  s.  aus- 
stöbern. 

AUSSTEUER,  f.  dos,  die  mitgiß  der  tochler:  sie  ist  reich, 
bekommt  eine  glänzende  aussteuer.  dann  überhaupt  für  gäbe, 
begabung  :  die  aussteuer  der  mutter  natur  begleitet  uns  im 
weit-  und  menschengetümmel. 

AUSSTEUERN,  dotare,  instrucre,  ausstatten:  zu  Rom  war 
ein  reicher  mann,  der  het  ein  son  und  zwo  töchter,  die  steurt 
er  aus.  seh.  u.  ernst  c.  363 ;  Jungfrau  Falschheit,  die  habe  er 
{der  leufel)  denen  bäum  vermählet,  Jungfrau  Neid,  die  habe 
er  den  handwerksleuten  ausgesteuret.  Schuppius  841 ;  weil  die 
armen  menschen  nicht  so  geputzt  sind  und  sich  nicht  so 
mit  schönen  reden  aussteuern  können.  Tieck  6,  358 ;  die  an- 
merkung  mit  einem  etwaigen  witz  auszusteuern.  J.  Paul  lit. 
nachl.  4,  61. 

AUSSTICH,  m.  expunctio,  effossio :  der  ausstich  des  auges, 
des  rasens.  ausstich,  das  schönste,  beste,  was  alle  aussticht : 
das  mädchen  ist  der  ausstich  im  ganzen  dorfe. 

AUSSTICHELN,  frequentaliv  von  ausstechen:  der  handwer- 
ker  hat  es  auf  das  feinste  ausgestichelt,  ausgestochen. 

AUSSTICKEN,  was  aussteppen. 

AUSSTIEBEN,  evadere,  davon  stieben :  er  stob  aus  wie  der 
wind ;  die  hunde  stoben  aus  nach  allen  selten ;  hör  wie  das 
wort  ist  ausgestoben  aus  dem  mund  des  allerhöchsten  als 
das  mel  aus  der  mül.    Keisersb.  schif  der  penit.  42. 

AUSSTIEFELN,  ocreas  exuere,  gegensatz  von  anstiefeln : 

dann  ich  kann  nicht  reisig  kummen  auf  dem  blanken  tichterpferde, 
gicht  die  hat  mich  ausgestiefelt,  dasz  ich  jetzo  spornlog  werde. 

LoGAu  3,  8,  58. 

AUSSTILLEN,  perlactare,  aussäugen:  die  schwache  mutter 
wollte  dennoch  das  kind  an  ihrer  brüst  ausstillen ;  eine  aus- 
stillende amme. 

AUS  STIMMEN,  r elendere  fides,  das  verstimmte  aufheben,  den 
reinen  ton  herstellen:  dein  weih  wird  dein  gemüt,  wenn  es 
auch  noch  verstimmt  ist,  ausstimmen.  Hippel  5,  179 ;  scrupel 
heben  und  Widersprüche  ausstimmen.  9,  197;  er  wurde  end- 
lich blosz  durch  den  tugendhaften  entschlusz  wieder  rein  aus- 
gestimmt, jetzt  die  liebe  zu  Joachimen  nicht  zu  verstecken. 
J.  Paul  Hesp.  2,  181 ;  etwas  blieb  in  ihm  unharmonisch  und 
unaufgelöset.  er  muste  Liane  morgen  wiedersehen,  um  sein 
herz  auszustimmen.  Tit.  3,  14 ;  um  sich  selber  nach  diesem 
gehaszten  mislaut  wieder  auszustimmen.  4,  191. 

AUSSTINKEN,  non  amplius  foetere:  es  hat  hier  ausgestunken. 

AUSSTÖBERN,  excutere,  s.  ausstüubcrn,  aussteubern: 
da  stöbert  man  mich  wider  aus.  II.  Sachs  III.  3,  25; 
die  wege  mit  besemen  ausstübern.  Simpl.  2,276;  sein  Capric- 
cio war  nur  munter  genug,  das  äeiTiaQd'tvos  auszustöbern, 
und  es  in  diesem  gelegenen  augenblicke  bei  ihm  vorbei  zu 
jagen.  Lessing  6,  270;  stöbert  mein  Springinsfeld  erst  noch 
dieses  capital  aus.  Schiller  181';  gefunden  nun  mein  wild, 
habs  ausgestöbert!  Fr.  Müller;  nach  einer  stunde  stöberte 
Leitgeber  ein  mit  dem  zerbröckelten  Siegel  des  Vormunds 
tiberpichtes  schreiben  aus.    J.  Paul  Siebenh.  1,  53. 

AUSSTOCHERN,  dentes  fodere,  die  zahne  mit  federn,  dor- 
nen ausstochern:  bis  er  (rfer  «<oc/ier)  gedient  hätte,  den  hinter- 
sten stockzahn  eines  achtzigjährigen  mädchens  auszustochern, 
die  noch  eine  unbefleckte  Jungfer  wäre.  Wieland  tl,  82. 12,  24. 

AUSSTOCKEN,  exslirpare ,  ausreuten:  abgeleitete  flösse, 
ausgetrocknete  sümpfe,  ausgestockte  wälder.  Wieland  7,  255. 
in  anderm  sinne,  die  hunde  ausstocken,  ausfüttern. 

AUSSTOFFEN,  materiem  cxhaurire: 

doch  hier  entfallt  die  fedcr  meiner  band, 
ich  geh  es  auf,  den  stof  noch  besser  auszuslolTen. 
TnÜHaEL. 

AUSST(")HNEN,  suspirare. 

AUSSTO!,ZEN,  AUSSTOLZIEREN,  gegcnsatx  von  aufsfolzen. 

AUSSTOPFEN, /arcire:  einen  vogel,  einen  balg,  ein  bell,  ein 
kisscn  ausstopfen,  bildlich,  von  närrischen  und  abgeschmackten 
fabeln  war  sie  ganz  ausgestopft,  ehe  eines  mannes  172;  wie 
überflüssig  und  ausgestopft  die  markte  von  kaufinannswaarcn 
sind.  pers.  baumg.  0,  1 ;   todte,    lastende  inasse,    die  nur  den 


989 


AUSSTÖREN  —  AUSSTOSZEN 


AUSSTOSZEN— AUSSTRECKEN 


990 


räum  ausstopfte.  Fichte  best,  des  m.  330;  alle  herlichen  zu- 
stände der  menschheit,  als  sie  endlich  lebendig  in  seiner 
brüst  erschienen,  könnt  er  sie  besonnen  ergreifen,  regieren, 
ertödten  und  gut  ausstopfen  für  die  eisgrube  der  künftigen 
erinnerung.   J.  Pacl  Tit.  2,  124. 

AUSSTÖREN,  perlurbare,  investigare :  alles  ausstören;  alle 
ecken  der  weit  ausstören.  Petr.  57'. 

AUSSTÖRLEN,  evellere,  eruere.  Stieler  2174. 

AüSSTOSZ,  m.  ejectio,  exlrusio.  bei  den  (echtem,  der  erste 
stosx;  bei  Wundärzten,  was  aus  seiner  natürlichen  läge  ge- 
bracht ist:  ob  aber  die  Verrenkung  auswerts  ht,  das  wirt 
generet  mit  der  haut,  vestiglichen  nidergetruckt  den  ausstosz. 
Braüsschweic  chir.  104;  bei  den  feuerwerkern,  eine  art  ge- 
mischler ladung ;  bei  den  gerbern,  ausstosz  des  leders  aus  der 
grübe. 

AUSSTOSZEN,  extnidere,  expellere,  nnl.  uifstooten, 

1)  bei  den  fechtern,  den  ersten  stosz  thttn :  der  gegner  hat 
noch  nicht  ausgestoszen;  er  darf  nur  einmal  ausstoszen. 

2)  dem  fasz,  kessel  den  zapfen,   den  boden  ausstoszen: 

wol,  Dun  kann  der  gusz  beginnen, 

schön  gezacket  ist  der  bruch, 

doch  bevor  wirs  lassen  rinnen, 

betet  einen  frommen  sprach! 

stoszt  den  zapfen  ausi 

golt  bewahr  das  haus!  Schiller  78'; 
der  letzte  und  ergste  zom  des  teufeis  wider  Christum,  da- 
mit er  dem  fasz  den  boden  ausstöszet.  Lcther  4,  473' ;  dar- 
nach durch  der  bawern  aufrur,  dadurch  gedacht  der  satan 
gewislich  dem  evangelio  den  boden  auszustoszen.  Albercs 
wider  Jörg  Witzel.  AS";  wan  ir  wolt,  so  kundt  ir  wol  dem 
Luther  ein  groszen  abbrach  tbun,  ja  dem  fasz  den  boden 
gar  ausstoszen.  K7';  bis  das  der  Mahometh  käme,  der  stiesz 
dem  fasz  den  boden  gar  aus.  As',    vgl.  ausschlagen. 

3)  einem  das  äuge,  den  zahn  ausstoszen:  er  stiesz  sich 
unvorsichligerweise  an  einem  Torragenden  ast  das  rechte  äuge 
aus;  die  balgerei  endigte  nicht  ohne  ausgestoszne  zahne; 

drumb  gib  den  gfangnen  bruder  {ructum)  los, 

dasz  er  dir  nicht  die  zen  ausstosz. 

Scheit  grobianus  B2; 
»je  haben  meinen  fusz  ausgestoszen    und    haben   über  mich 
einen  weg  gemacht,  mich  zu  verderben.  Hiob  30, 12. 

4)  einen  ausstoszen,  aus  der  stube,  dem  haus,  dem  land 
jagen,  von  sich  fortjagen:  stosz  den  hund  aus!  Garg.  S7'; 
ich  wil  sie  nicht  auf  ein  jar  ausstoszen  für  dir.  2  Mos.  23,  29; 
das  du  sie  solt  ausstoszen  für  dir  her.  23,  31 ;  und  wil  für 
dir  her  senden  einen  engel  und  ausstoszen  die  Cananiter, 
Amoriter.  33,  2 ;  wenn  ich  die  beiden  für  dir  ausstoszen  und 
deine  grenze  weitern  werde.  34,  24;  in  disem  allen  haben 
sich  verunreiniget  die  beiden,  die  ich  für  euch  her  wil  aus- 
stoszen. 3  Mos.  15,  24 ;  wird  sie  aber  eine  widwen  oder  aus- 
gestoszen. 22, 13 ;  und  der  herr  ewr  gott  wird  sie  ausstoszen 
für  euch.  Jos.  23,  5;  da  aber  das  weib  Gilead  im  kinder  ge- 
bar, stieszen  sie  Jephthah  aus.  rieht.  11,  2 ;  das  übel  ist  grö- 
Bzer,  denn  das  ander,  das  du  an  mir  gethan  hast,  das  du 
mich  ausstöszesf.  2  Sam.  13, 16 ;  stosze  sie  aus  umb  irer  gro- 
szen ubertrettung  willen,  ps.  5,  11;  auf  das  ich  euch  aus- 
stosze  und  ir  umbkomet.  Jer.  27,  ^0 ;  aber  die  kinder  des 
reichs  werden  ausgestoszen  in  das  finsternis  hinaus  {golh. 
usvairpanda  in  riqis).  Matth.  8,  12;  es  kam  für  Jesum,  das 
sie  m  ausgestoszen  hatten  (})atei  usvaurpun  imma).  Joh.  9, 
35;  nu  wird  der  fürst  diser  weit  ausgestoszen  werden  (us- 
vairpada  ul).  Joh.  12,  31;  welche  gott  ausstiesz  vor  dem  an- 
gesichte  unserer  väler.  apost.  gesch.  7,  45 ;  und  sollten  uns 
nu  heimlich  ausstoszen?  16,  37;  ins  elend  ausgestoszne  gat- 
tin !  Götter  2,  488 ;  ich  bin  ein  gegenständ  der  Zwietracht, 
es  ist  billig,  dasz  mich  die  gesellschaft  ausstosze.  3,  99 ;  der 
das  weib  von  sich  ausstöszt,  die  sich  ihm  ganz  geopfert  hat. 
2,  220.  Vormals  bedeutete  ausstoszen  {wie  ausschieszen)  aber 
auch  in  gutem  sinn  aus  der  menge  sondern  und  erwählen :  Ja- 
cobum  hell  er  uszgestoszen.  Keisersb.  post.  2,  28 ;  das  be- 
sunder  vnik  gottes,  das  gott  uszgestoszen  und  erweit  hat  vor 
allem  volk.  3,  102. 

5)  zornige  werte,  unbesonnene  reden  ausstoszen ; 
man  siöszi  oft  aus  im  zorn,  was  man  nie  vorgenommen. 

Gr(puii<s  1,  28; 
stosz  aus  allen  zom  auf  die  trewlose  haiden! 

Wf.ckhkrlim  326; 
schelte,  gottesläsferungen,  schimpfreden,  fluche,  beschuldigun- 
gen  ausstoszen;  seufzer,  laute  klagen  ausstoszen;    man  wöll 
rnirs  dann  gar  abtringen  und   ausstoszen.    Garg.  209*;    wenn 
eigenschaften,  die  der  nation,  dem  fürsten  in  entscheidenden 


momenten  unentbehrlich  sind,  nicht  geschätzt,  vielmehr  ver- 
worfen und  ausgestoszen  worden.  Göthe  17,  409;  die  heilige 
liebe,  die  nach  und  nach  das  fremde  durch  den  geist  der 
reinheit,  der  sie  selbst  ist,  ausstöszt  und  so  endlich  lauter 
werden  wird  we  gesponnen  gold.  an  Aug.  Stolberg  8 ;  das 
meer  stöszt  alle  unreinigkeit,  das  hier  die  hefen  von  sich 
aus ;  ein  ström,  der  sich  ergieszt,  uiibekümmert,  woher  die 
gewässer  ihm  zuflieszen  und  wohin  er  sie  ausstöszt.  Kli>-ger 

3,  194;  diese  idee  stöszt  eine  menge  von  praedicaten  aus. 
Kant  2,  444. 

6)  den  fleischern  ist,  ein  kalb,  einen  hammel  ausstoszen, 
die  haut  des  geschlachteten  thiers  durch  stoszen  ablösen,  den 
hutmachern,  einen  hut  ausstoszen,  ihn  auf  der  form  zurieli- 
ten.  den  buchbindern,  ein  buch  ausstoszen,  die  scharfen  ecken 
des  bandes  abstoszen.  den  gärtnern,  die  wege  und  gänge  aus- 
stoszen, sie  mit  dem  stoszeisen  reinigen. 

7)  intraiuitives  ausstoszen  ist  ausbrechen,  hervorstoszen, 
erumpere  und  galt  zumal  von  kräutern  und  gewachsen:  wana 
aber  gemelte  gesetzte  pflanzen  anfahen  auszustoszen  oder 
auszuschlagen.  Sebiz  288,  obschon  es  leicht  ist  einen  acc.  bei- 
zufügen: aloen,  deren  etliche  in  unserer  anwesenheit  etliche 
schuh  hohe  stängel  ausstieszen.  Lohesst.  Arm.  1,  672.  figür- 
lich, der  kaiser  verbisz  seinen  schmei-z  eine  Zeitlang,  aber 
die  mehr  verhehlte  als  unterdrückte  bitterkeit  kochte  bestän- 
dig  in  seinem  herzen,  bis  sie  mit  voller  gewalt  ausstiesz. 
Hahn-  3,  294.  mhd.  hiesz  ü;  stojen,  zur  see  ausfahren,  aus- 
laufen, von  lande  stoszen.    pass.  K.  469,  54. 

AUSSTOTTERN,  haesitante  lingua  profeire:  kahle  entschul- 
digungen,  die  er  ausstotterte. 

AUSSTRAFEN,  probe  punire:  wenn  der  vater  das  kind  aus- 
gestraft hat,  wirft  er  die  rute  ins  fewer.  Lcther  3,  237. 

AUSSTRAHLEN,  radiäre,  nnl.  uitstralen:  ausstrahlende 
wärme; 

nicht  dies  die  sonne,  deren  licht 
einst  ausgeslralet  auf  barbaren.  Rdckert295; 
der  also  eine  zahl  harmonierender  geister  um  sich  her  ver- 
sammelt, die  wieder  ebenso  rein  ausstrahlen,  was  sie  von 
ihm  empfangen  haben.  Klincer  12,  125;  jene  einfache  edle 
Sympathie,  welche  harmonisch  die  befreundeten  klänge  ver- 
bindet und  mit  einander  ausstrahlen  läszt.  Tieck  4,  429. 

AUSSTRÄHLEN,  ausstrehlen,  depectere,  auskämmen,  der 
arme  mann  im  Tockenb.  266. 

AUSSTRAHLUNG,  f  diese  reinsten  ausstrahlungen  der 
gotlheit.  Wielaxd  3,  405. 

AUSSTRECKEN,  extendere,  porrigere,  erstrecken,  nnl.  uit- 
strekken, 

1)  die  finger,  bände,  arme,  fiäsze,  beine,  zunge  ausstrecken : 
nu  aber,  das  er  nicht  ausstrecke  seine  band  und  breche  auch 
von  dem  bawm  des  lebens.  1  Mos.  3,  22;  denn  ich  werde 
meine  band  ausstrecken  und  Egjpten  schlahen.  2  Mos.  3,  20 ; 
strecke  deine  band  aus  und  erhasche  sie  bei    dem   schwänz. 

4,  4;  und  da  der  engel  seine  band  ausstreckt  über  Jerusa- 
lem. 2  Sam.  24, 16 ;  wenn  ein  land  mich  verschmehet,  so  wil 
ich  meine  band  über  dasselbe  ausstrecken.  Ez.  14,  13;  ich 
aber  streckte  meine  band  aus  wider  dich.  16,  27 ;  strecke  aus 
deinen  arm.  Jud.  9,  9;  und  Jesus  strecket  seine  band  aus 
igoth.  ufrakjands  handu).  Matth.  8,  Z;  strecke  deine  band  aus. 
12,  13;  wenn  du  aber  alt  wirst,  wirst  du  deine  hendc  aus- 
strecken und  ein  ander  wird  dich  gürten.  Joh.  21, 18 ;  das  wir 
mit  brünstiger  bitze  und,  wie  ir  tölpische  wort  lauten,  mit 
ausgestrackter  lust  sollen  auch  also  uns  tödten.  Ldtiier  3,  6l'; 
die  mit  ausgestrackter  lust  das  leiden  Christi  bedenken.  3,  73 ; 
da  er  zwo  oder  drei  meil  käme,  da  stund  er  auf  die  stra- 
szen  und  streckt  beide  arm  aus,  einen  gegen  s.  Jacob,  den 
andern  gegen  seinem  dorf.  schimpf  und  ernst  254;  langer  aus- 
gestreckter hals,  weidwerk  2,  56';  mähet  mit  ausgestreckten 
armen.  Garg.  257';  der  käfer  streckt  sein  fühlhorn  aus; 

wer  die  zung  auf  höhn  ausstrecket, 

der  erwecket 

einen,  der  den  köpf  hehl  auf 

und  ihm  auch  für  seinen  lauf 

lichter  stecket.    I.ooau  3,  zug.  s.  211 ; 
so  strecke  die  band  aus  und   nimm   es    an.    Weise  kl.  leuie 
281;    ihre  seele  ist  dunkel  von  trauer  und  streckt  ihre  arme 
nach  dem  stillen  leben  aus.  J.  Fall  Hesp.  2,  115.  die  schmiede 
strecken  (recAen)  das  eisen  aus. 

2)  abstraclionen :  deine  sorgen  ausstrecken  (eri/rrcAen,  aus- 
dehnen). ScHuppius  726;  wenn  ich  dann  mein  sein  und  füh- 
len ausstrecke.  Tieck  nov.  kr.  2,  240 ;  macht,  gewalt,  hersckaft 
ausstrecken : 


991    AUSSTRECKEN  — AUSSTREICHEN 


AUSSTREICHEN 


992 


einst  war  seine  [des  meers)  gewalt  noch  ausgestreckter. 
Rdceert  148; 
die  bäume  strecken  iliren  scliatten  (wie  arme)  über  uns  aus; 
dunkle  stunde,  du  strecktest  deinen  schatten  über  viel  jähre 
aus.  J.  Paul  uns.  löge  2,  161.  von  wegen  ihrer  gelegenheit, 
so  werden  linien  ausgestrecket  und  gezogen.  Frank  weltb.  164*. 
3)  sich  ausstrecken,  ausdehnen,  denn  s.  Gregorius  spricht, 
das  göttlich  liebe  gegen  sich  selb  nicht  bestehen  kan,  son- 
dern sie  musz  sich  ausstrecken  zu  einem  andern.  Luther 
1,  50' ;  die  ebene  streckt  sich  stundenweit  aus ; 

und  lasz  dem  bauch  sein  rechten  gang, 

dasz  er  sich  ausstreck  breit  und  lang  (vgl.  auslegen  1). 

Scheit  grob.  02; 
sondern  mit  wachsendem  schwang 
sie  sich  mögen  stets  ausstrecken.    Weckuerlin  355; 

wie  sich  oft  mein  geist  in  mir  ausstreckt,  als  wenn  er  zu 
dir  hinüber  reichen  wollte.  Tieck  6,  328;  ein  werk,  das  sich 
länger  ausstreckte.  J.  Paul  flegelj.  1,  19  j  der  behaglich  aus- 
gestreckte (der  sich  ausgeslreckt  hatte).  Göthe  25,  350. 

AUSSTRECKUNG,  f.  extensio:  protocoll  oder  ausstreckung 
desselben,  not.  ordn.  von  1512  §.  8 ;  die  ausstreckung  elasti- 
scher, gekrümmter  federn.  Kant  8, 136. 

AUSSTREICHEN,  nach  Verschiedenheit  der  bedeutungen  des 
einfachen  Streichens,  die  erst  dort  gehörig  entfallet  werden 
können,    nnl.  uitstrijken. 

1)  expUcare,  glatt  sireichen :  leinwand,  wasche,  hemder,  falten 
ausstreichen,  glätten;  die  furchen  mit  dem  pflüg  ausstreichen, 
ebenen,  schlichten;  er  hat  sich  ausgestrichen  als  steif  er  im- 
mer kund.  Keisersberg  ;  wan  da  komen  die  wiszen  tüchlin 
und  es  alls  sampt  also  musz  gefaltet  sein  und  ausgestrichen. 
geistl.  gunkel  8;  die  münich,  die  da  gond  als  steif  ausge- 
strichen mit  linschen  rocken  und  glat  und  gefaltet  am  rücken, 
als  hetten  sie, ein  scheit  daran,  has  im  pf.;  so  dein  fraw 
oder  dochter  zum  tanz  geziert  und  ausgestrichen  geht.  seh. 
und  ernst  373;  der  eptissin  wart  geraten,  sie  solte  vier  die 
allerhübschesten  frawen,  die  sie  het,  wol  ausstreichen  und 
soll  sie  mit  ir  nemen  und  mit  inen  selber  für  den  fürsten 
komen,  sie  wurden  ein  gnedigen  fursten  finden.  381 ;  mich 
dunkt  wol,  könig  Heinrich  habe  ein  eile  grobs  tuchs  oder  zwo 
dazu  geben,  und  der  giftige  bube  Leus  habe  die  kappen  ge- 
schnitten und  mit  futter  underzogen,  aber  ich  wil  sie  inen 
ausstreichen,  und  schellen  daran  schürzen,  ob  got  wil.  Lu- 
ther 2, 146*.  Maaler  46*  hat  ausstreichen  exornare,  ausbutzen, 
blümen  und  ausstreichen. 

2)  illinere,  oblinere,  interlinere,  anmahlen,  vgl.  anstreichen, 
bestreichen :  got  hat  das  distelvögelin  auf  das  allerschünst  aus- 
gestrichen mit  hübschen  färben.  Keisersb.  sieben  scheiden  6 ; 
da  gieng  es  denn  wol  hin,  das  der  lügen  gute  schlappen 
gebe  und  striche  sie  mit  rechter  färben  aus.  Luther  4,  33l'; 
das  ich  sie  bisher  nicht  genug  gemahlet  habe,  sondern,allein 
auf  ein  papier  schlecht  abgerissen  und  derhalben  begeren, 
ich  solle  sie  auch  mit  der  färben  ausstreichen.  5,  16l';  solt 
ich,  oder  bette  ich  zeit  solchen  buben  zu  mahlen  und  aus- 
zustreichen, so  wolt  ichs  wol  klar  machen.  5,  255';  wo 
ist  er  (der  teufcl)  denn?  rings  umb  euch,  spricht  er  (Chri- 
ttus).  was  hat  er  im  sinn?  er  suchet  wen  er  verschlinde. 
da  habt  ir  in  mit  seiner  färbe  auf  das  meisterlichst  abgemah- 
let  und  ausgestrichen.  5,  334*.  man  nannte  auch  das  schmin- 
ken ein  ausstreichen,  färben:  aus  disem  metall  (dem  spiesz- 
glas)  sollen  die  weiber  etwan  ihre  schmink  gemacht  haben, 
damit  sie  die  äugen  ausgestrichen  und  die  angesichter  ange- 
strichen liaben.  Mathesius  IOg',  s.  anstreichen  2.  Handschrif- 
ten und  die  ältesten  drucke  pflegten  rolh  ausgestrichen  zu  wer- 
den: das  buch  ist  so  hübsch  gerubriciert  und  ausgestrichen. 
Keisersb.  post.  18 ;  eine  kirchenrechnung  von  1552  setzt  zwei 
gülden  an  für  'das  büchlein  auszustreichen'.  Scheibles  klosler 
6,983;  ausstreichen,  illuminieren.  Garg.  ISii* ;  die  glosen  sol- 
ches textes  mit  gebürender  färbe  besser  ausstreichen.  Kirch- 
hof wendunm.  264" ;  welcher  seinen  scliorstein  auf  dem  tachc 
halte  wcisz  und  rot  ausstreichen  lassen.  Schuppius  609.  mit 
dem  durchstreichen,  unterstreichen  verband  sich  aber  auch 
leicht  der  begrif  von  delcre,  abolere :  ein  wort,  eine  zcile  aus- 
streichen, tilgen,  sein  namc  ist  im  buche  ausgestrichen  wor- 
den, man  soll  ihn  im  Verzeichnisse  ausstreichen,  wegstrei- 
chen, auslöschen;  eine  stelle  im  ])rief  war  ausgestrichen;  die 
schuld  ist  ausgestrichen;  aber  auch  die  kunst  auszustreichen 
verstehet  herr  Klopstock.  Lessinc  6,  51 ;  die  kunst  auszustrei- 
chen, auf  und  damit  man  es  lese,  wie  einige  Icute  in  ihren 
briefcn  die  gcwohnheit  haben.  Licutenbbrg  4,  218. 


8)  auf  diese  siiinliche  Vorstellung  des  färbens,  vielleicht  auch 
mit  auf  die  erste  des  glätlens  und  faltens  zurück  gehl  nun  die 
häußge  abstraction  des  ausstreich ens,  herausstreichens,  hervor- 
hcbens,  ausmahlens  und  ausführens,  wobei  bald  gar  nicht  mehr 
an  färbe  oder  falle  gedacht  wurde:  deshalben  ist  mit  allem 
vleisz  des  glaubens  war  zu  nemen  in  dem  sacrament  und  wol- 
len in  weiter  ausstreichen.  Luther  1,  63';  ja  freilich  sol  man 
sie  nicht  verzweiveln  heiszen,  aber  das  verzweiveln  müst  man 
recht  ausstreichen.  1,  176*;  ich  köndte  diesen  handel  mit 
exempeln  der  heiligen  schrift  wol  weiter  und  reichlicher  er- 
kleren  und  ausstreichen.  1,  444";  das  musz  ich  weiter  aus- 
streichen. 3,  82 ;  darumb  hat  Jona  fürwar  der  Nineviten  rewe 
und  busze  meisterhch  und  gewaltiglich  ausgestrichen,  als  die 
heftig,  ernst  und  thetig  gewest  ist.  3,  207 ;  das  redet  Habacuc 
mit  vielen  worten  und  streicht  es  alles  eigentlich  aus  und 
schmückts  mit  gleichnissen.  3,  234';  dieser  spruch  ist  wol 
werd,  das  man  in  vleiszig  ausstreiche.  4,25';  wie  sanct  Pau- 
lus sagt  Rom.  am  5.  nun  wir  gerecht  worden  sind  etc.  wie 
er  daselbs  diese  freude  weiter  ausstreichet.  5,  67*;  zu  dem 
wollen  wir  euch  ewer  römisch  Sodoma,  welsche  hochzeit, 
venedische  und  türkische  breute  und  florenzische  breutgam  also 
ausstreichen,  das  ir  sehen  solt  und  greifen,  das  sich  unser 
ehe  an  ewer  erlosen  keuschheit  redlich  gerochen  habe.  5,  90' ; 
wolan,  es  ist  mir  itzt  zu  viel,  die  prediger  können  alle  diese 
stück  wol  reichlicher  ausstreichen.  5,185';  wie  man  das  alles 
aus  den  historien  in  die  lenge  mag  ausstreichen.  5,206';  die 
pfarrherrn  sollen  solcher  groben  leute  bosheit  öffentlich  aufs 
allerschendlichst  ausstreichen.  5,  253';  das  sind  doch  solche 
wort,  die  kein  mensch  noch  kein  engel  gnugsam  kan  ausre- 
den und  ausstreichen,  wie  sie  wol  werd  weren.  5,  318';  wie- 
wol  er  das  gesetz  recht  erkläret  und  ausstreix:hct.  5,  371'; 
es  ist  eine  solche  predigt,  die  man  kan  lang  und  weit  aus- 
streichen und  auch  kurz  machen.  5,438';  aber  in  jener  ant- 
wort  sol  ers,  ob  got  wil,  anders  finden,  da  wil  ich  solche 
schöne  Sachen  ausstreichen.  6,  32';  nu  das  sind  tiefe  und 
rechte  paulische  wort,  dazu  seer  reich,  darumb  müssen  wir 
sie  etwas  ausstreichen,  das  maus  ein  wenig  verstehe  und 
seiner  rede  gewone.  6,  35';  wie  s.  Paulus  davon  pfleget  ru 
reden,  als  ein  rechter  meister  diesen  artikel  auszustreichen 
und  imer  beide,  herz  und  mund  vol  hat,  wie  Christus  auf- 
erstanden ist.  6,  79';  und  wer  hat  auch  jemal  gelhan  odfcr 
künds  noch  thun,  das  er  alle  bosheit  von  stück  zu  stück 
solt  in  einem  buche,  schweig  in  einem  psalin  ausstreichen. 
6,  104' ;  ich  gedachte  dasselbe  (wider  den  ablasz)  nur  zu  ent- 
werfen, darnach  würden  wol  andere  leute  kommen,  die  es 
würden  vollend  ausstreichen  und  hinaus  führen.  Luthers 
lischr.  277' ;  las  in  des  Campani  buch,  das  er  mit  eigener 
band  geschrieben,  und  Munsterus  übersehen  und  ausgestri- 
chen (angestrichen)  hatte.  294';  wo  aber  die  Sophisten  nicht 
aufhören  zu  lestern,  wollen  wir  diesen  handel  weiter  aus- 
streichen. Melanchthon  im  corp.  doctr.  Christ.  48 ;  diese  hi- 
storien ans  liecht  zu  bringen  und  mit  fleisz  auszustreichen. 
Melanciith.  decl.  von  k.  Fridrich,  deutsch  von  Lauterbek  bl.  8 ; 

mündlich  ausstreichen  and  declaricrn.    11.  Sachs  III.  1,  132'; 

die  gleichnus  klärer  auszu.streiclien.    II.  1,78'; 

so  soltu  im  sein  wort  aussirciclien.     Scheit  profr.  Q3; 

nach  verdienst  beschreiben  und  ausstreictien. 

Weckhkrlin  738; 
ein  greis,  der  nicht  knn  streiten, 

streicht  seine  thaten  ans,  foszt  einen  hecher  wein, 

und  wil  zum  minsten  hier  noch  jung  in  kämpfen  sein. 
Oi-rTZ  1,  tOÜ; 

streicht  löblich  aus  dem  herrcn  seine  werke, 
so  weit  als  sich  erstreckt  sein  reich  und  stärke,    ps.  193;' 
so  laszt  gelehrte  liänd  aufs  in-ächtigsi  euch  ausstrciclien. 
Grypuius  2,  446; 

CS  ist  unvonnöthen,  dieses  lustspiel  weitläuftig  auszustrei- 
chen, weil  es  sich  seihst  genugsam  lobet.  1,952; 

die  menge  macht  mich  arm,  ich  kan  nicht  Zierden  haben 
zu  streichen  zierlich  aus  die  uiizahl  eurer  gaben. 

I,0GAU  3,  8,  54; 
Tür  tugcnd  streichen  aus  die  schändlichsten  gehrechon. 

LouBNSTiiiN  hofmann  186; 
nit  inögcns  gnugsam  streichen  aus 
noch  rudner  noch  scribenten.    Spkk  Iruitn.  118; 

diese  auf  allerlei  weg  ihme  günstig  zu  machen,  ihr  thun  und 
wcscn  loben  und  ausstreichen.  Scuuppius  649;  mit  gewaltigem 
lob  ausgestrichen.    Zinkgr.  371,  11; 

er  weisz  sie  anzuhringcn,  ausziistrelcheni 

die  äugen  ordentlich  kann  er  bezaubern.    Tikgk  i,  200. 


993 


AUSSTREICHEN— AUSSTREUNEN 


AUSSTREUUNG  — AUSSUCHUNG 


994 


4)  ausstreichen,  virgis  caedere,  ausstdupen,  auspeitscftfn, 
streiche  auf  den  rücken  geben,  was  auch  ein  hemahlen  mit 
Striemen  heiszen  kannte,  da  mit  der  rute,  dem  besen,  wie  mit 
dem  pinsel  gestrichen  wird: 

mit  ruoien  zum  tor  uszgstrichen.    /a«(n.  sp.  871,  32; 

so  lasj!  mit  ruten  streichen  aus 

und  hcuken  an  den  galgen  naus.    H.  Sachs  IV.  1,24'; 

ob  si  schon  zum  vierten  mal  ausgestrichen  wurd.  Wirsüsg 
Cal.  G2';  ausgestrichen,  durch  die  baciien  geprannt.  Jl'; 
streich  einen  mit  ruten  und  gärten  aus.  Peir.  213';  er  wer 
lieber  von  einer  junkfrawen  gehenkt,  dann  ausgestrichen.  Garg. 
48";  in  von  den  schuiknaben  lassen  mit  ruten  ausstreichen. 
145*;  horcht,  wie  klapt  das,  als  strichen  die  kinder  den  dreck 
mit  ruten  aus.  bienenk.  iZS' ;  hat  man  doch  kaum  vor  eim  jar 
vil  kuppeln  mönchischer  hurer  mit  ruten  ausgestrichen.  154*; 
etliche  wurden  gehenket,  etliche  mit  ruten  ausgestrichen.  Mi- 
CRÄLIUS  a.  P.  4, 127 ; 

Möchus   ward  mit  ernst  vermahnt  in  ein  andre  haut  zu  krichen, 
als  er  dieses  nun  getban,  ward  er  dennoch  ausgeslricben. 
LoGAU  3,  6,  17  ; 
einen   ehbrecher  strichen  die  Egj"pter  mit  ruten  aus.    Schdp- 
piL's  513;   wurde  sein  mitgespan  ausgestrichen  und  des  land- 
gerichts  auf  ewig  verwiesen.  Abele  3,  226. 

5)  ausstreichen,  everrere,  auskehren,  das  gleichfalls  mit  dem 
besen  geschieht:  es  kommen  gaste,  streich  die  Stube  schnell 
aus!;  die  tenne  musz,  bevor  der  tanz  beginnt,  erst  einmal 
ausgestrichen  werden. 

6)  den  fusz  ausstreichen,  unter  dem  volk  ein  zeichen  der  hüf- 
lichkeil  {s.  ausscharren) :  ungezwungene  Stellungen  des  Icibes 
lassen  sich  nicht  blosz  dadurch  erlangen,  dasz  man  den  rücken 
krümmen  und  den  fusz  ausstreichen  lernet.  J.  E.  Schlegel  3,446. 
der  transitivausdruck  geht  aber  leicht  iiber  in  den  intransitiven  mit 
dem  fusz  ausstreichen :  der  alte  Verwalter  strich  ungeschickt 
mit  dem  fusz  aus.  ThCmmels  Wilhelmine  34.  69 ;  du  sollst  auf 
dem  Bucephalus  sitzen,  ob  er  sich  gleich  wie  ein  elephant 
in  die  luft  hebt,  seinen  speckhals  krümmt  und  hinten  aus- 
streicht und  wiehert.  Zachariä  1,  409.  man  sagt  von  rossen 
und  hunden,  sie  streichen  mit  den  beinen  aus,  streichen  aus, 
laufen  schnell. 

7)  intransitiv,  ausstreichen,  evagari :  die  eulen,  Oedermäuse 
streichen  aus; 

der  ein  ist  wie  ein  low  erhitzt, 

der  auf  den  raul)  pllegi  auszustreichen.    Opitz  ; 

mit  dem  nebensinn  von  ausschweifen,  austreten,  auslatschen: 
er  streicht  bei  nacht  aus.  bergmännisch,  der  gang  streicht 
zu  tage  aus;  weidmännisch,  gegen  abend  ausstreichen,  auf 
den  lerchenfang  ausgehn,^  streichen,  es  heiszt  auch  von  schar- 
fer, schädlicher  lufl,  dasz  sie  ausstreiche :  wenn  nun  derglei- 
chen Witterung  ausstreicht  und  die  luft  erfüllt,  med.  maulaffe 
697;  nachdem  eine  fliegende  Witterung  ausgestrichen,  unw. 
doct.  3. 

AUSSTREICHERIN,  f.  ausputzerin,  flickerin  alter  kleider, 
interpolatrix.    .Maaler  47*. 

AUSSTREIFELN,  deglubcre,  bohnen,  erbsen  aushülsen,  aus- 
kernen. 

AUSSTREIFEN,  exueie,  den  mantel,  den  ermel  schnell  aus- 
streifon,  abstreifen;  auch  wie  das  vorausgehende,  bohnen,  erb- 
sen ausstreifen,  intransitiv,  ausstreifen,  evagari,  excurrere, 
wie  ausstreichen:  leute  die  ausstreifen,  umherstreifen;  ausgc- 
slreiftes  und  ausgekehrtes  gesindel.    s.  streifen  =  ströufcn. 

AUSSTREITEN,  absolvere  litem,  nnl.  uitstrijden: 

ausgestrittcn,  ausgerungen 

ist  der  lange,  schwere  streit.    Schiller. 

er  läszt  sich  das  nicht  ausstreiten,  wie  ausreden. 

AUSSTREUEN,  spargere,  dispergere,  nnl.  uitstroojen  :  sarhen, 
blumen,  federn,  geld,  asche  ausstreuen;  weistu,  wie  sich  die  wöl- 
ken ausstrewcn.  //io6  37, 16;  sirewe  aus  den  zorn  deines  grim- 
mes. 40,6;  er  strcwet  aus  und  gibt  den  armen,  ps.  112,9;  er 
hat  ausgestrewcl  und  gegeben  den  armen  (schöner  goth.  tahida 
gaf  unledaiiii).  2  Cor.  9, 9 ;  dann  allenthalben  die  ausgesiriiuwetc 
gäns-  und  hünerfeddern  scind  sein  stätige  Wegweiser.  Kirch- 
hof mil.  disc.  121;  geheimnisse  ausstreuen.  pers.baumg.',i; 
man  hat  bei  hofe  ausstreuen  lassen.  Klikcer  4, 117 ;  üble  ge- 
rüclite,  lügen  ausstreuen ; 

ausgosirruter  edelilialcn 

reine  fnichl  im  siebe  schwirrt.    RCrcer. 

AUSSTREUNEN,  investigare,  au.\slöbern,  bair.  ausstreunen 
(Senn.  3,696),  vgl.  ahd.  striunan  (Graff  6,755): 

streunt  ah  ding  iti  der  kamer  aus.    H.  Sachs  III.  2,  tl*. 


AUSSTREUUNG,  f.  rumor  sparsus :  kabalen,  Verhetzungen, 
indirecte  ausstreuungen.  Wieland  13,  202 ;  allerhand  aus- 
streuungen  erklären  dies  gesetz  für  zu  streng.  Klopst.  12,  99. 
AUSSTRICH,  m.  in  mehrern  bedeutungen  des  ausstreichens : 
ausstrich  des  missethäters,  ausstrich  der  stube,  ausstrich  bei 
nacht,  bergmännisch,  das  am  ufer  des  ßusses  ausgestrichene, 
angeschobene  zinnerz. 

AUSSTRICKEN,  pertexere:   seidene  schnür  und  seiler,  mit 
welchen  die  zeit  ausgestricket  gewesen.  FRo:iSP.  kriegsb.  3, 193'; 
wo  ist  der  weisze  rock  mit  bildern  ausgestricket, 
der  aufgesetzte  zeit  durch  keusche  band  gesticket? 
Gryphius  1,  59; 
ich  habe  jene  recht  zu  stricken  angefangen,  wer  sie  wil  ganz 
ausstricken,  thue  es.  Schuppiüs  424. 

xVUSSTRIEGELN,  was  das  einfache  striegeln,  equum  pecterc. 
AUSSTROM,  m.  effluvium,   ausßusz,  mündung: 
höchste  glut  ist  seine  (des  scitmerzes)  quelle, 
und  sein  ausstrom  liöchste  glut.    BiJacER  43*. 

AUSSTRÖMEN,  efßuere,  nnl.  uitstroomen,  sich  ergiessen: 
tönender  schon,  mit  hellerer  saite,  laulerem  donner 
ihrer  posaunen,  strömt  ein  chor  in  diesen  gesang  aus. 
KtopsTOCK  Mess.  20,  47  ; 
er  strömt  in  laute  klagen  aus ;  eine  menge  menschen  strömte 
aus  in  das  feld;  heftiger  regen  strömte  aus  auf  das  land. 

AUSSTROTZEN,  turgere,  hervor  strotzen:  von  den  groszen 
ausstrotzenden  und  heraus  bolzenden  augenöpfeln.  Bartiscii 
216.    s.  auspolzen. 

AUSSTÜCKELN,  dissecare,  comminuere,    zerstückeln. 

AUSSTUDIEREN,  excogitnre:  wir  wollen  das  sorgsam  aus- 
studieren; seine  rede  war  wol  ausstudiert;  mit  ausstudierter 
geringschätzung  abweisen.  Schiller  916.  dann  absolvere  studio : 
er  hat  ausstudiert;  ein  ausstudierter  Jurist. 

AUSSTUFEN,  per  gradus  partiri,  abstufen :  der  fels  ist  aus- 
gestuft. 

AUSSTÜMPFEN,  contumeliis  afßcere,  s.  stimpfen,  stumpfen 
bei  Schmeller  3,  639 :  verachtet,  ausgestümpfet  und  veriachet. 
Philander  1, 151. 

AUSSTURMEN,  in  mehrfachem  sinn, 

1)  violenta  manu  auferre:  er  stellet  die  ausgestürmplcn  bil- 
der  wider  in  tempel.  Frank  chronik  165'. 

2)  vehementer  eßundere:  mit  ungestüm  seine  empfindungen 
ausstürmen;  verlieh  ihm  die  muse  nicht  die  gäbe,  jenes  be- 
drängende gefühl  am  busen  eines  theilnehmenden  freundes 
gewaltig  auszustürmen.  Göthe  33, 159. 

3)  intr.  desaevire:  sein  herz  hat  ausgcstünnt;  lasz  mich 
weinen,  ausweinen  und  ausstürmen.  Klingers  th.  3,348;  wir 
segeln  ab.  sobald  die  winde  ausgestürmt  haben  werden. 

AÜSSTÜRZEN,  raptim  effundere,  nnl.  uitstorten :  ein  glas 
wein  ausstürzen;  die  becher  wurden  hastig  ausgestürzt;  einen 
zuber  mit  wasser  ausstürzen;  einen  sack  mit  getraide  auf  den 
boden  ausstürzen ;  die  andern  aber  sollen  sie  vom  leben  zum 
tode  bringen  und  ihr  blut  als  eine  Wasserflut  ausstürzen,  pers. 
baumg.  2, 15.  sich  den  arm  ausstürzen,  aus  dem  getef)ke  fal- 
len, intransitiv  effundi:  das  ganze  wasser  stürzte  aus;  er 
stürzte  aus,  hinaus,  entfernte  sich  plötzlich. 

AUSSUCHEN,  exquirere,  perqnirere,  nnl.  uitzoeken. 

1)  einen  aussuchen,  seine  kleider  durchsuchen,  nach  ver- 
dächtigen Sachen;  suchten  die  profei  {privete)  aus,  ob  ctwan 
ein  goldbergwerk  umi  schätz  darinnen  leg.  Garg.  202';  es 
wird  keiner  gelesen,  welcher  aus  glückseligkeit  zu  reden  ihme 
ein  namen  gemacht  habe,  der  nicht  vor  (vorher)  der  rhetoruin 
brunnengrüblein  mit  wunderlicher  aufmerksamkeit  ausgesucht 
habe.  Schdppiüs  724;  alle  gräber  aussuchen.  Petr.  191";  ich 
habe  den  ganzen  schrank  vergebens  ausgesucht. 

2)  aussuchen,  auslesen :  schöne  und  grosze  bursclie  zu  Sol- 
daten aussuchen ;  ein  starkes  pfcrd  zum  reiten  aussuchen ; 
eine  kühle  stelle  zum  lagor,  die  rolhbäckigen  äpfel  zum  essen 
aussuchen,  zumal  gilt  das  parlicip  ausgesucht  wie  exquisitus, 
auserlesen:  das  ist  wie  ausgesucht ;  ausgesucht  schön,  schlecht; 

es  ist  nicht  ausgesuchte  prachl, 

es  ist  ein  stilles  bliimchen.    Göthk  1,  191; 

Charlotte  verlangte  von  Oltilien,  sie  solle  in  kleidem  reicher 
und  mehr  ausgesucht  erscheinen.  17,  67 ;  zur  schönen  witwe, 
welche  sie  umgeben  von  einer  zwar  nicht  zahlreichen  aber 
ausgesuchten  gesellschaft  antrafen.  22,  57.  ausgesuchte  höf- 
lichlicilen,  grobheiten. 

AUSSUCHT,  f  dysenteria,  ahd.  fljsuhl  (Graff  6, 141),  noch 
in  der  Schweiz  fortlebendes  wort.  Stalder  2,  417. 

AUSSUCHUNG,  f.  perquisilio:    noch  in  dieser  woche,  viel- 

63 


995 


AUSSUCKELN — AUSTAUSCHEN 


AUSTER  — AUSTITEILEN 


996 


leicht  morgen  soll  durch  die  ganze  Stadt  in  allen  quartieren 
aussuchung  gethan  werden.  Kabeners  briefc  s.  33. 

AUSSUCKELN,  exsugere,  frequentativ  von  aussaugen,  schon 
der  WoLKENSTEi.vER  119,  31  liat  aussuggeln.  man  gibt  den  kin- 
dein süszholz  oder  zucicer  in  den  mund  zum  aussuckeln. 

AUSSUDELN,  immundc  lavarc:  wüsche  aussudeln;  derpro- 
curator  Grifling  ist  ein  kcrl,  der  schwarz  weisz  machen  kann 
und  alle  dreckichte  händel  aussudelt,  ped.  schulfuchs  182. 

AUSSÜHNEN,  s.  aussöhnen. 

AUSSUNDERN,  s.  aussondern,  mhd.  üjsundern.  H.  Sacus 
reimt  noch  auf  hundert: 

auf  (las  ich  nit  werd  ausgcsunderl.    IIF.  3,  21. 

AUSSÜRFELN,  cxsorhcre,  schreibt  Maaler  47'  für  aussörfeln. 
ToBi.ER  436'  hat  ussörpfa. 

AUSSÜSZEN,  edulcare,  salze  oder  säuren  auswaschen,  weg- 
schaffen, gleichviel  mit  absiiszcn :  wenn  er  auch  der  woler- 
fahrenste  scheidekünstler  in  der  redekunst  gewesen,  würde  es 
ihm  mühe  gemacht  haben,  hier  etwas  auszusüszen  oder  ab- 
zusicgen.  Hippel  8,  399. 

AUST,  m.  verkürztes  äugst,  sowol  in  der  bedeutung  von  mes- 
sis,  ernte,  als  von  libcllula  ephemera,  uferaas,  gr.  s/z7cis,  weil 
dieses  insect  sich  vorzugsweise  im  heiszen  august  entfaltet,  ge- 
wöhnlich heiszt  es  das  {nicht  der)  haft,  unter  welchem  worte 
auch  noch  andere  benennungen  angegeben  werden  sollen. 
.  AUSTÄFELN,  tabulis  viunire:  ein  zimmer,  den  fuszboden 
austäfeln;  um  das  täfelwcrk  aus  seiner  wohnstube  zu  reiszcn, 
hergegen  selbige  Stube  aufs  neue  mit  nuszbaumholze  auszu- 
täfeln. Felsenb.  2,  332. 

AUSTAG,  m.  dies  peremptoria,  in  einer  urk.  bei  Schöpflin 
Als.  dipl.  n' 1268  heiszt  es:  und  dasz  diser  tag  ein  ustag  und 
ein  cndlag  sin  solte,  die  sache  nach  dem  rechte  uszetragende 
als  vor  stat.  endtag  ist  das  ahd.  antdag  und  endidago  (Graff 
5,  358),  vgl.  antag  oben  sp.  495.  usztagfrünung  bei  Oüeri.in  79 
war  citatio  peremptoria.  in  der  Schweiz  sind  austage  die  letz- 
ten frühlingstage,  die  scheide  zwischen  früh  jähr  und  sommer : 
die  austag  des  frühlings  waren  gar  harb.  Schelchzer  1,  131, 
vnd  nach  Stalder  1,  258  hiesz  dieser  ausgehende  frühling  selbst 
der  ustig,  austag.  die  Schreibung  haustage,  huslage,  samt  der 
ableitung  von  hausen,  haushalten,  sparen  scheint  verwerflich. 
s.  das  folgende  vcrbum  und  auswart,  auswjjrts. 

AÜSTAGEN,  peremptorie  citare,  in  jus  vocare,  auffordern: 

musz  endlich  deine  räch  aus  ihrem  Irautn  erwachen  I 
so  ists,  sie  tagt  uns  aus,  wenn  mans  am  minsten  denkt. 
Gryphius  1,  8; 
■wir  haben  schmach  und  schaden,! 
und  unruh  abgelhan,  den  Buigar  ausgetagt, 
den  Agaren  gediimplt,  der  Scylhen  iieer  gejagt.    1,25; 

wer  gott  zum  streit  austagt, 
wird  asch  und  staub  und  dunst  und  rauch  und  wind.    1,  46; 
es  klingt  nichts  in  dem  ohr, 
als  der  donnerherben  räche 
von  gott  ausgeiagte  sache.    1,  48; 

weist  du,  wem  du  dis  sagst? 
.     'dir,  der  du  mit  dem  mord  gott  zu  gericht  austagst'.    1,79; 
und  steht  es  frei,  den  mord  zu  wagen, 
und  die  gesalbten  auszutagen? 
zu  tagen  vor  ein  blindes  recht, 
da  über  herren  spricht  ein  knechtl    1,270; 
schone,  wolverdicnte  strafe 
auszutragen  auf  dis  land.    2,276; 

hier  ist  das  ziel, 
das  deine  räch  austagt.    Loiienst. /ftr.  13,  286; 
wer  blitz  in  streit  austagt,  der  wird  in  streit  gelegt.    39,341. 
andere  und  die  späteren  Schriftsteller  bedienen  sich  des  wortes 
nicht,  man  vergleiche  die  bei  Oheri.in  79  und  1943  aus  Urkun- 
den mitgethciltcn  stellen  und  im  Ssp.  dach  utlcggen. 
AUSTÄNüELN,  fincm  facere  ineptiarum. 
AUSTANZEN,   saltationcm  absolvere:   sie  war  zu  ermüdet, 
um  den  walzer  auszutanzen;  welchen  ich  auf  dem  litel  mein 
letztes   komisches   werk   nennen  wollte,    weil  ich  darin  mich 
mit  der  komischen  musc  in  meinem  leben  ganz  auszutanzen 
vorhatte.  J.  Paol  kämet  1,  xiii. ;    ich  will  mir  den  unniut  aus- 
tanzen. 

AUSTAPEZIEREN,  ornare  lapetibus. 

AUSTAUSCH,  m.  permutatio:  auslausch  der  ringe,  der  guter, 
der  gedankcn,  Micke,  vollmaciilen. 

AUSTAUSCHEN,  cnmmutare:  und  sind  in  ihrem  stand  so 
beiiügel,    dasz    sie  auch  ihr  leben,    handel  und  wände!  nicht 
gegen  einem  königreich  auslauschen  wollen.  Philanü.  I,  40; 
lobt  was  sich  nicht  pebiihrt 
und  lästert  was  doch  laug,  und  lauscht  fur  fctlc  lügen 
die  dürre  warhcit  aus.         I.ocau  3,  tugabe  :  215) 


seffie  erfahrungen  und  einsichten  austauschen,  die  kinder 
wurden  ausgetauscht,  vertauscht;  verrückt  ist  bruder  Martin, 
rief  jetzt  die  lebhafte  Luise  aus,  völlig  ausgetauscht  ist  er. 
TiECK  ges.  nov.  10, 162 ;  du  bist  heute  wie  ausgelauscht. 

AUSTER,  f.  ostrea,  schon  ahd.  aostar  und  wol  m.,  wie  nnl. 
oester  vi.,  ags.  ostre  f.,  altn.  ostra,  schw.  ostra,  dän.  östers, 
engl,  oister,  oyster,  franz.  hultre,  früher  huistre  {wie  huis 
oslium,  huit,  huict  octo,  huile  oleum),  sp.  ostra,  it.  ostrica, 
armor.  hister,  gal.  cisir.  die  mhd.  wortform  gebricht,  man 
sagte  aber  früher  nhd.  uster,  der  ausspräche  des  nnl.  oester 
gemäss:  nach  ustern  fischen.  Garg.  247',  und  auch  Sediz  47 
hat  usters,  Henisch  156  schreibt  awstern,  ostcrn.  wenn  sie 
nicht  mein  herr  wären,  so  würde  ich  sagen,  dasz  sie  sp  dumm 
wären  wie  eine  auster  (dcrsom  i  ikkc  var  min  herre,  saa  vilde 
jeg  sige,  i  var  saa  dum  som  en  Oslers).  Holberg  2, 149.  auster 
gilt  auszer  der  eszbaren  muschel  auch  von  andern  und  man 
sagt  perlenaustern  für  perlenmuscheln. 

AUSTERBANK,  f.  ostrearum  vivarium,  nnl.  oeslerbank,  dän. 
östersbänk :  inzwischen  wate  ich  mit  gröszter  lust  zur  auster- 
bank  hinab.  J.  Paul  Hcsp.  1,  42. 

AUSTEItBETT,  n.  dasselbe. 

AUSTERRHUT,  f.  fetus  ostrearum. 

AUSTERFANG,  m.  ostrearum  collectio. 

AUSTERGRUND,  m.  was  austerbank. 

AUSTERLEBEN,  n.  ein  eichhörnchen,  das  an  seinem  Ster- 
belage ein  auslerleben  führt,  ist  nicht  unglücklicher  als  die 
auster.  Lichtenberg  1, 181.  Wieland  schreibt  austernleben  24, 63. 

AUSTERNESSER,  m.  nnl.  oestereter. 

AUSTERNFUSZ,  m.  franz.  picd  d'huitre,  ein  pferd  mit  flachem 
fusz,  dem  es  an  hörn  mangelt.  Rosenzweig  rosztduscherkünste 
s.  132. 

AUSTERREICH,  ostreosus. 

AUSTERSCHALE,  f  ostreae  tergum. 

AUSTERSCHMAUS,  m.  Gotter  1,89.    dän.  östersgilde. 

AUSTHAUEN,  los  thaucn,  hervorthauen :  das  eingefrorne 
stück  holz  konnte  lange  nicht  austhauen. 

AUSTHEDIGEN,  litem  absolvere,  ausführen,  ausmachen,  für 
austeidigen,  austagedingen :  Picus  von  Mirandula  von  bapst 
Alexander  VI  wider  sein  neider  auszthedigt,  absoluierl,  ent- 
schuldigt und  beschützt.  Frank  c/iro/i.  414";  nuhn  ist  der  zank, 
welchs  die  aposteln  seind  und  wclchs  nicht,  sie  werden  allein 
erkennt  im  wort  gottes.  das  lasz  ich  sie  auszthedigen.  Pa- 
racelsus  2,  636'. 

AUSTHEEREN,  picare:  schiffe  austheeren. 

AUSTHEILRAR,  quod  distribui  polest. 

AUSTPIEILEN,  distribtiere,  nnl.  uitdeelen:  und  er  teilet  das 
volk  aus  in  die  stedte,  von  einem*^ort  Egypten  bis  ans  an- 
der. 1  Mos.  47,  21 ;  des  morgens  wird  er  raub  fressen,  aber 
des  abends  wird  er  den  raub  austeilen.  49,  27 ;  der  feind  ge- 
dacht, ich  wil  inen  nachjagen  und  erhaschen  und  den  raub 
austeilen  und  meinen  mut  an  inen  külen.  2  Mos.  15,  9 ;  über- 
windet in,  nimt  im  seinen  hämisch  und  teilet  den  raub  aus. 
Luc.  11,  22;  diesen  soltu  das  land  austeilen  zum  erbe  nach 
der  zal  der  namen.  4  itfos.  26,  53 ;  und  soll  das  land  austeilen 
durchs  losz  unter  ewre  geschlechle.  33,  54;  dazu  soll  irncmen 
eines  iglichen  stams  furslen,  das  land  auszuteilen.  34,  is ;  wenn 
ir  nu  das  land  durchs  losz  austeilet.  Ez.  45,  1;  denn  nacit 
dem  losz  soltu  ir  erbe  austeilen  zwischen  den  vielen  und  we- 
nigen. 4  Mos.  26,  56 ;  denn  er  sol  Israel  das  erbe  austeilen. 
5  Mos.  1,  38 ;  dein  acker  sol  durch  die  schnür  ausgeleilet  wor- 
den. Arnos  7,  17 ;  funfzehen  tage  an  einander  oder  ausgeteilt. 
Luther  3,  93';  das  die  Vernunft  nicht  kan  die  gotlhcit  recht 
austeilen  noch  recht  zueigen,  dem  sie  alleine  gehurt.  3,204*; 
si  haben  sccr  grosze  heuser,  die  seind  mit  baumwollin  netz 
auslheill,  das  also  bis  in  xxx  oder  xl  wonungen  in  einem 
haus  seind.  Frank  weltb.  218';  ihr  Iheilt  aus  die  ge.schlecht 
der  fiebcr,  wol  70  thcil.  Paracelsus  1,  4' ;  dasz  sie  die  aiinci 
nicht  kennen  noch  wissen  auszuthcilen.  dann  ursach,  die 
arznei  in  zweifach,  leih-  und  handarznei.  1,  57C' ;  er  anhubc 
mit  im  selhs  die  schöne  irs  Icibs  zli  bedenken  und  auszutei- 
len {einzeln  durchzugchn).  lioccaz  96;  Sems  brüder,  die  in 
die  well  ausgetheilt  wurden.  Mathesius  163';  Fisciiart  nennt 
n'  477  ein  spiel  kinder  austhcilen,  d.  i.  erbe  unter  ihnen  ver- 
Iheilen ; 

so  haben  sie,  weil  sie  nichts  wcilrcs  wider  mich, 

auch  mciiift  klaider  uiider  sich 

ausihailcnd  hingcnomtnen.    VVkckiifri.in  91  ; 

war  es  hesser,  da  die  well  nur  in  drei  Iheil  war  gelegt, 

oder  joizl,  da  unsr«  zeit  auch  das  vierdc  zu  noch  tragH 


997 


AUSTIIEILER— AUSTHUN 


AUSTHUN— AUSTILGEN 


998 


viere  möchten  viere  sein,  wann  nur  jetzt  nicht  jedcj  land 
sich  in  theile  so  iheilt  aus,  dasz  fort  mehr  nichts  ganzes  stand. 
LoG*ü2,  10.  70; 
dasz  er  sein  königreicU  in  zwölf  äniptcr  oder  kreisz  ausgetheilet. 
ScHCPPiDS  30;  gott  hat  es  wie  unter  den  leuten  selbst  also 
auch  unter  den  ländern  weislich  und  wunderlich  ausgetheilet, 
dasz  eines  nicht  alles  hat,  sondern  handel  und  wandel  niusz 
getrieben  werden.  46;  die  austheilende  gerechligkeit  {jiislilia 
dislributiva).  Kant  5,  116;  superlatives  lob  von  Mendelssohn, 
so  wie  es  jeder  primaner  austheilen  kann.  Lichtenberg  4,  'S  ; 

und  tbeilte  jedem  eine  gäbe. 

dem  fruchte,  jenem  blumen  aus, 

der  Jüngling  und  der  greis  am  Stabe, 

ein  jeder  gieng  beschenkt  nach  haus.    Schiller  71'; 

das  abendmal  austheilen ;  brot  unter  die  armen,  fleisch  unter 
die  Soldaten  austheilen ;  schlage,  stösze  austheilen ;  befehle  aus- 
theilen ;  das  stück  ausschreiben  und  die  rollen  austheilen. 
man  construiert:  mit  der  band,  mit  dem  stock  austheilen, 
wie  ausgeben  3. 

AUSTHEILER,  «i.  distributor :  herr  und  austeiler  des  lebens 
und  aller  lodten  auferwecker.  Luther  3,  182';  dasz  er  Chri- 
stus der  austeiler  des  ewigen  lebens  ist.  Mathesics  4*. 

Al'STHEILEIUN,  f.  es  ist  billig,  dasz  ich  sie  zur  austhei- 
lerin  meiner  geringen  geistesproducte  mache.  Gotbe  an  fr. 
ton  Stein  1,  225. 

AUSTHEILÜNG,  f.  distributio:  austeilung  des  heiligen 
geistes.  Ebr.  2, 4 ;  und  dieselbe  austeilung  ist  wol  und  ordent- 
lich gefasset  und  an  mehr  orten  der  schrift  gegründet.  Lc- 
THER  1,490";  die  dritt  usztailung  der  jüdischen  bucher.  Reuch- 
LiN  augensp.  12';  austeilung  und  entwerfung  des  ganzen  erd- 
bodens.  Frank  tceltb.  1" ;  austheilung  unter  die  armee.  Scuüp- 
pius  748;  austheilung  der  beute,  des  abendmals,  des  brots; 
jetzt  braucht  man  gott  nicht  mehr  mit  der  austheilung  der 
amter  beschwerlich  zu  fallen.  Kabe.ner  4,  37;  die  allgemeine 
austheilung  der  materien  im  cbaos.  Kant  S,  274. 

ALSTH[{A>'EN,  eff andere:  helfet  mir  doch  weinen!  denn 
ein  solcher  ström  voll  blutes  darf  zu  seiner  abschweifung 
{ab$tersio)  mehr  wasser,  als  zwei  äugen  austhränen  können. 
LoHENST.  Arm.  2, 1136. 

AUSTHUN,  nnl.  uitdoen,  in  mehrfacher  bedeutuug, 

1)  austhun,  exuere,  gegensalz  von  anthun,  induere,  obgleich 
diesem  eigentlich  das  abthun  entgegensieht,  man  thut  oder 
legt  ab,  was  über  die  Oberfläche  gelegt  oder  gesetzt  war,  z.  b. 
den  mantel  oder  httt,  aber  thut  aus  die  Ueidunysstücke,  welche 
den  inneren  leib,  die  haut  berühren,  z.  b.  rock,  weste,  hemd, 
strumpf  und  schuh: 

si  täten  üj  irc  kicit.    pass.  K.  40,  90; 

sein  hemd  austhun.  Ziskgr.  140, 13.  dem  abthun  steht  ablegen 
gleich,  dem  austhun  ausziehen,  waffen  austhun,  sagt  die  Limb. 
cAron.  §.  109.  sich  austhun,  um  ins  bad  oder  bell  zusteigen: 
hat  er  sich  ausgetban,  und  (ist)  in  ein  wasser  gestiegen,  sich 
zu  külen  und  abzuwaschen.  Melancutu.  declam.  von  keiscr 
Fridrieh,  deutsch  von  Laüterbeck  bl.  28. 

2)  austhun,  exstingtiere,  edler  als  ausmachen:  feuer,  licht, 
kerze  austhun; 

die  liechter  ausgetban.'    FiEiii.'«(r.  172; 

Ihm  die  lichter  aus!    Götue  13,37; 

aus  tbaten  sie  die  kerzen  (tbeir  candles  arc  all  out). 
Macbeth  2,  l ; 

tbu  aus  das  licht!  (put  out  the  lieht).    Othelloh,i; 
frau,   liegst  du?   so   thu   ich   das  licht  aus.    LeiseViItz  poel. 
gespr.  $.  3. 

3)  austhun,  castrare,  ausschneiden:  aber  holz  Murners  guck- 
guck was  sehe  ich,  du  hast  ein  krummen  latz,  bist  ausge- 
tban. Garg.  252'. 

4r  austhun,  aus  den*  hause  thun,  entweder  ausjagen  oder  in 
die  fremde  hingeben,  in  dienst  thun:  einen  knabcn  austhun, 
auf  eine  entlegne  schule  geben:  als  ich  in  meinen  jungen  jäh- 
ren ausgetban  wurde,  unw.  docl.  48 ;  er  thut  seine  kinder  aus, 
läszt  sie  dienen,  mhd.  sagte  man  auch  mxrc  ia,  tuon,  die 
nachricht  verbreiten,  myst.  147,  9. 

5)  abslraclcs  austhun  ist  vieldeutig,  je  nachdem  man  es  auf 
eine  der  vorausgehenden  sinnlichen  Vorstellungen  zurückführt: 
auf  das  du  atiT  dem  mustcrplan 
nicht  schimpflich  werdest  atisgeth.in. 

KiN&WALD  t.  warh.  18; 
wer  das  nicht  kan,  ist  ausgetban.    67; 
dagegen  wird  ein  frommer  mann 
des  arniuts  halben  nusgeth.m 
und  musz  zu  winkel  traben. 

KincwALD  geittl,  lied.  10C\ 


d.  h.  doch  zurückgesetzt,  ausgewiesen,  nicht  anders:  es  soll 
kein  hauptmann  einen  besolten  {besoldeten)  knecht  uszthan, 
ohne  ihrer  herrn  wissen  und  willen.  Heutter  knegsordn.  15. 
dagegen  bedeutet  es  vertilgt  =  ausgelöscht  in  folgenden  stellen : 
könnt  ihr  gedächtnis  nur  so  leicht  sein  ausgetban, 
als  dies  gemählte  brennt.  Grtphics  1,  221 ; 

und  wird  alsdann  die  süszigkeit  der  ersten  empfindung  . . . 
ausgetban  und  verderbet.  Leibnitz  421 ;  und  diese  hölzernen 
buchstaben  sind  es,  welche  der  herr  von  Heineke  gänzlich 
aus  der  geschiebte  der  druckerei  will  ausgetban  wissen.  Les- 
sing 9, 12,  wo  es  doch  auch  ausgeworfen  ausdrücken  kann,  wie 
bei  Klopstock:  und  was  kam  heraus,  wenn  Marbod  über- 
wand? ich  war  ausgetban!  und  ein  fürst,  der  nun  viel  gröszer 
geworden  war,  setzte  meine  Unternehmungen  fort,  weike  10,  269. 
eine  schuld,  eine  rechnung  austhun  heiszl  sie  löschen. 

6)  den  acker,  garten,  das  feld,  land  austhun,  ausgeben,  ver- 
pachten (utdun  Ssp.  3,  77) :  es  war  ein  hausvater,  der  pflan- 
zet einen  weinberg  und  füret  einen  zäun  darumb  . . .  und 
thet  in  den  weingürtnern  aus  {i^eSoro,  vulg.  locavit).  Matlh. 
21,33.  Marc.  12, 1.  Luc.  20,  9  {in  welchen  letzten  s/e//en  Ulfilas 
anafalh,  befahl  setzt) ;  er  wird  seinen  weinberg  andern  wein- 
gärtnern austhun  {ixScöaerai,  locabit).  Malth.  21, 41  Luc.  20, 16 
{golh.  gibij»  an{)araim).  ebenso,  du  soll  im  dein  geld  nicht  auf 
Wucher  thun,  noch  deine  speise  auf  Übersatz  austhun  {vulg. 
frugum  superabundantiam  non  exiges).  3  Mos.  25,  37;  geld 
auf  Zinsen  austhun,  ausleihen,  diese  wieseji  wurden  von  ihm 
ganz  nach  gutdünken  ausgetban  (verpachtet  ?)  Tieck  ges.  nuc. 
8,  385 ;  es  ist  an  vielen  orten  gebräuchlich,  den  acker  oder 
feldbau  um  die  helfte  auszuthun,  besäen  und  arbeiten  zu 
lassen.  Hohberg  3,  9". 

7)  sich  austhun  =  vorgeben  und  sich  ausgeben,  praetendere, 
alicujus  personam  ferre,  sich  eines  dinges  austhun,  anmaszen, 
wie  einfaches  thun  und  geben  einander  nahe  stehn:  sich  be- 
rübmen  und  austhun  {vorgeben).  Oberlin  80 ;  warumb  wollen 
si  sich  dann  nit  für  äret  austhfin?  Frank  ue/Zfe.  15l' ;  und  nam 
im  für,  sich  vor  ein  stazionierer  usz  zu  thun  und  mit  dem 
heiltijmb  in  dem  land  umbher  zu  reiten.  Eulensp.  31 ;  da  thet 
er  sich  vor  ein  wüllenweber  usz.  51;  dasz  wir  die  personen, 
von  den  Christus  weissaget,  die  sich  für  Christen  austbuend, 
erkennen.  Paracelsls  2,  634" ;  darumb  soll  sich  der  arzt  nicht 
zuviel  austhun,  dann  es  ist  ein  herr  über  ihn,  ist  die  zeit, 
die  mit  dem  arzt  spielet,  wie  ein  katz  mit  den  meusen.  1, 
696*;  ein  edelman  der  sich  grosz  bulens  ausgetan;  es  war 
ein  Teutscber  in  Engelland,  der  thet  sich  aus,  er  wolt  das 
meerwasscr  dahin  bringen,  das^sich  das  salz  ohn  sieden  ver- 
samlen  und  das  wasser  süsz  würde.  Thcrneisser  ro»  was- 
sern 7;  ein  zunbrecher  thet  sich  groszer  arznei  und  kunst, 
wie  er  allerhand  bresten  heilen  köndte  und  ein  doctor  wer, 
aus.  Kirchhof  uendunm.  117';  damit  er  sich  nicht  an  einen 
ieglichen,  der  sich  vieler  künsten  austhut,  verlassen  musz. 
Fronsperc  kriegsb.  1,  82'; 

di  sich  grosz  ausiün  wider  mich.  Melissus  ps.  PI*; 
er  tbu  sich  für  keinen  gescheiden  aus.  Ayrer  proc.  2, 10 ;  hin- 
gegen thäl  sich  eine  junge  zigeunerin  vor  dessen  weih  aus. 
Simpl.  2,  223;  er  thut  sich  vor  euer  gnaden  vettern  aus. 
2,  235.  Heute  nicht  mehr  in  diesem  sinn,  sondern  sich  aus- 
thun gebrauchen  wir  fiir  sich  aussprechen,  sich  äuszern:  er 
thut  sich  dessen  gar  nicht  aus ;  wenn  der  Verfasser  sich  zu 
weitläuftig  ausgetban  hatte  oder  nicht  endigen  konnte.  Göthe 
31,  65;  das  gieng  dem  ritter  ans  herz,  doch  that  er  sichs  nicht 
aus.  MusAEüs  4,  6.  er  thut  grosz  aus,  prahlt;  thut  klein  aus, 
ist  demütig. 

AUSTHUN,  n.  das  austhun  des  feucrs ;  austhun  des  gutes, 
des  geldes ;  austhun  und  verkündung  eines  reichstags.  reichs- 
absch.  von  1527.  §.  12. 

AUSTHÜRNEN,  einem  durch  kerker  abnülhigcn:  was  ihr  in 
so  vielen  jähren  den  eilenden  leuten  ausgepresset,  ausgetrot- 
tet, ausgethürnel,  ausgeprügell  und  ausgemartert  habt.  Pnii.- 
ANOER  401. 

AUSTIEFEN,  effodere,  nnl  uitdicpen :  einen  brunnen,  kel- 
1er,  graben  ausliefen ;  der  kummer  hat  seine  wangen  ausgeliefl. 

AUSTILGEN,  delere,  abolere,  aus  der  stalte,  aus  dem  land. 
dem  Ijuch  (2  Mos.  32,  32)  tilgen:  denn  ich  wil  den  Amaiek 
unter  dem  himmel  austilgen,  das  man  sein  nicht  mer  ge- 
denke. 2  Mos.  17, 14 ;  lasz  ab  von  mir,  das  ich  sie  vertilge  und 
iren  namen  austilge  unter  dem  himcl.  5  Mos.  9,  u ;  und  der 
herr  wird  seinen  namen  austilgen  unter  dem  himel.  29,  20; 
dus  nicht  ein  staut  ausgetilgct  werde  von  Israel,  rieht.  21, 17 ; 

63* 


999 


AÜSTIPPEN — AUSTRAG 


AUSTRAG  —  AUSTRAGEN 


1000 


werden  ganz  und  gar  ausgetilget  werden.  Iliob  24, 24 ;  lasz  ire 
Sünde  für  dir  nicht  ausgetilget  werden.  Jcr.  18,  27 ;  und  hat 
ausgetilget  die  handschrift,  so  wider  uns  war.  Col.  2, 14 ;  Ba- 
tavodurum,  ein  ausgelilkte  statt,  jedoch  ist  noch  davon  ein 
berünipt  schlosz  vor  äugen.  Frank  w'c/i&.  27' ;  aihveg  trachtet, 
womit  er  doch  dem  edlen  ritter  sein  gut  lob  austilgen  möcbt. 
Gahny  96 ;  solche  tugend  ist  bei  inen  noch  nicht  veraltet  oder 
ausgetilget.   Kirchhof  wendunm.  229';    austilgen  und  leschen. 

Pelr.  181" ; 

der  fürslen  umgebraclit, 
und  Völker  ausgeiilgi  und  siiidte  wüst  gemacht. 

J.  E.  Schlegel  1,  156; 

aus  des  lebens  buche  wird 

ausgetilget  nie  ihr  name.    Klopstock  7,  293; 

doch  ganz  verwüsten  die  schwolger 
mir  mein  haus,  und  sie  werden  mich  selbst  austilgen  in  kurzem. 
Voss  Od.  1,252; 

dasz  er  den  Iheueren  söhn  dir  geheim  austilgte  durch  arglist. 

22,  53. 

AUSTIPPEN,  sorbere  intiiigendo,  vgl.  auftippen. 
AUSTISCHELN,  a  meusa  surgere,  fertig  essen.  Stieler  2287. 
AUSTITSCHEN,  was  austippen:   klebebier  brauen,  welches 
auch    so   gut  schmecken  würde,    dasz  sie  es  gar  mit  fingern 
anstitschcn  würden.  Schelmufsky  2,  24;    einbrocken  und  aus- 
titschen;   'must   du  denn  alles  austitschen?'    zu  neugierigen, 
andere  schreiben  tütscheri. 
AUSTOBEN,  desaevire: 

e  Schaft  sich  eine  mit  mutwill  krank, 
umh  das  si  sich  etwas  gelob 
und  irem  fürwiiz  noch  ausztob. 

FoLz  bei  Haupt  8,  540  ; 
halt  dich,  bisz  du  ausz  getobst. 

fasln,  sp.  385,  36  ; 

die  angst,  die  dich  gequält,  hat  endlich  ausgetobt. 

J.  E.  Schlegel  ; 
der  erdbeherscher  wilde  heeresgluten, 
die  iii  der  weit  sich  grimmig  ausgetobt.   Göthe  13,  71 ; 

oinen  ausloben  lassen ;  die  Jugend  musz  austoben,  wie  der 
most;  der  krieg  hat  noch  nicht  ausgetobt;  ausgetobt  in  der 
Jugend,  macht  im  alter  stille  leut.  Fr.  Müller  l,  279. 

AUSTOCHTEUN  führt  Stieler  2638  im  sinne  von  nomen 
filiae  perdere  an :  wenn  der  söhn  todt  ist,  hat  die  schnür  aus- 
getochtert.    s.  ausvettern. 

AUSTOLLEN,  debacchari,  desaevtre:  wir  wollen  heule  ein- 
mal austollen,  haben  recht  ausgetollt. 

AUSTÖNEN,  plene  sonare  und  couticescere :  es  ist  ja  nur 
die  alte  klage,  fuhr  der  geistliche  hervor,  die  Petrarka  schon 
bis  zur  crmüdung  geführt  hat^  die  Dantes  erbitferung  vielfach 
austont.  Tieck  nov.  kränz  3,  21 ;  um  aus  unserer  brüst  die 
erhabene  er.scheinung  wieder  auszutönen.  4,  90 ;  siehe  ebenso 
töne  am  längsten  tage  meine  seele  aus.  J.  Paul  Hesp.  3,  240 ; 
der  gesang  tönt  voll  aus. 

AUSTÖNIG,  peisonans,  volltönig. 

AUSTONNEN,  im  bergbau,  einen  Schacht  austonnen,  in- 
wendig mit  breiern  und  holz  bekleiden. 

ALSTÜABEN,  lolutim  exire,  nnl.  uitdraven :  das  pferd  musz 
ordentlich  austraben ;  das  pferd  austraben  lassen ;  auch  von 
menschen  für  auslaufen: 

so  sie  {die  mägde)  des  nachtcs  hunger  leiden, 
und  III  des  dngs  darum  ausdrabcn 
dohin,  do  sie  ir  pulscliaft  haben. 

fasln,  sp.  794,  2. 

AUSTKAG,  m.  perductio  ad  fmem,  exitus,  transactio,  Ulis 
senlenlia,  urleil,  dem  folge  gegeben  wird,  ein  im  15.  16  jh. 
sehr  gangbares  wort,  dem  schon  ein  mhd.,  ja  ahd.  öjtrac  ent- 
sprechen könnte,  obgleich  belege  mangeln;  den  bei  Haltaus  86 
angviognen  lassen  sich  viele  beifügen:  zu  usztrage  komen. 
Magdeb.  weislh.  28;  zu  rechlis  usztrage  komen  (a.  1452)  36; 
zu  rechtlichem  austrag  laufen,  not.  ordn.  von  1512  eingangs; 
gewillkürte  austräg  (pL).  landfr.  von  1521  §.  2;  die  sach  zum 
austrag  vcrthiidingen.  daselbst  zu  eingang;  weil  ich  und  mein 
vorvordern  aber  solcher  irrung  nit  zu  auszirag  und  rue  ku- 
men  mugen.  Ciimei.s  Maximil.  s.  365;  und  wer  denselben 
(den  geist  gottes)  hat,  die  sollen  demselben  ein  auszirag 
gelten  (folgen)  und  den  geist  nit  erlöschen.  Keisersb.  omeisz 
n';  in  der  zeit  als  Christus  Jesus  iiat  wellen  ein  usirag  ge- 
ben (folge  geben,  leisten)  den  dingen  die  do  von  got  beschlos- 
sen seind  gcsin  in  ewigkeit.  posl.  1,  34 ;  das  man  diu  ding,  so 
si  verordnet  band,  vullstreck,  inen  einen  auszirag  geh  und 
on  verziehen  auszricht.  parad.  der  seien  57 ;  der  austrag  der 
gercchtigkeit.    seh,  der  pcnil.  121 ;    seinem  zorn  einen  austrag 


(ein  ende)  geben;  da  schemt  sich  der  richter  und  gab  der 
sach  ein  austrag  (sprach  das  urtheil).  seh.  und  ernst  cap.  82; 
durch  einen  der  nachfolgenden  austrag.  Luther  3,  106;  den 
austrag  gegen  einander  nemen  und  geben.  3,  106';  welcher 
dasselb  hernachmals  zum  austrag  und  ende  wird  bringen. 
5,43';  hat  die  k.  maj.  den  handel  eigner  person  mit  samt 
den  reichsständen  richtiger  zu  fördern  gelegener  geachtet  und 
eilet  damit  zum  austrage.  Melanchtiion  4,  93 ;  er  mocht  aber 
des  auslrags  nit  erwarten.  Stumpf  2,  3S';  ich  wafnet  mich 
in  willens  meiner  gelübd  ein  austrag  zu  geben  (sie  zu  erfül- 
len). Hugo  Schapler  28 ;  wir  werden  der  Sachen  ein  end  und 
kurzen  austrag  geben.  Aimonc;  nun  wolle  ich  mich  der 
pferde  bis  zum  austrag  der  Sachen  nichts  mehr  anmaszen . . . 
so  wolt  ich  zu  recht  gefraget  haben,  ob  sie  der  wirt  nicht 
bis  zu  austrag  der  sachen  mit  ordentlichem  futler  und  War- 
tung zu  unterhalten  schuldig  sei?  Schweinichen  1,  215  und 
gleich  darauf:  bis  zu  endschaft  der  sachen;  nun  aber,  dasz 
ich  in  den  ceremonien  ein  austrag  (ende)  mache.  Paracelsus 
1, 115* ;  ich  weine  darumb,  dasz  dieser  sach  nicht  ein  austrag 
wird  gemacht.  Kirchhof  wendunm.  408'; 

da  sich  zu  meiner  lieb  austrag 

musz  ein  dreifacher  freitag  linden.    Weckheruk  798; 

dann  pflegte  der  fünfte  zu  kommen  und  sie  auf  einmal  zu 
vergleichen,  indem  er  bis  zu  austrag  der  sache  den  gegen- 
ständ in  Verwahrung  nahm.  Wieland  6,  39 ;  kein  theil  der 
streitenden  parteien  will  seinen  gerechtsamen  etwas  vergeben 
und  der  austrag  der  sache  wird  auf  einen  anderweiten  ter- 
min  verjchoben.  Musaeus  4,  102;  es  kam  zum  gütlichen  aus- 
trag der  sache.  4, 151 ;  so  würden  die  Ardeater  nicht  zu  Rom 
austrag  über  den  besitz  der  öden  mark  von  Corioli  gesucht 
haben.  Nieruhr  2,  291.  austrag  steht  auch  nicht  weit  ab  von 
vertrag,  da  was  vertragen  ist  zugleich  ausgetragen,  verabredet 
heiszen  kann.  Im  deutschen  recht  wurde  aber  der  pl.  austrage 
zumal  auf  schiedsrichterliche  entscheidungen  angewandt  und 
dadurch  dem  ausdruck  eine  fast  persönliche  bedeulung  verlie- 
hen, austräge,  mlat.  austregae,  sind  gekorene  oder  bestehende 
Schiedsmänner  (arbitri),  die  einen  streit  zu  gute  oder  recht  aus- 
tragen; nach  Ducange  soll  austregae  bereits  in  einer  nrkunde 
von  1218  bei  Ludewig  rel.  mss.  1,  212.  237  enthalten  sein,  ad- 
liche  erbschaflen,  wobei  sie  die  stelle  der  austräge  vertreten 
mochten.  Moser  1,  54;  der  gang  der  deutschen  denkungsart, 
welche  die  austräge  liebte.  2,  164 ;  die  austräge  der  ebenbür- 
tigen. Göthe  26,  125 ; 

wenn  dich  Antonio  beleidigt  hat, 

so  hat  er  dir  auf  irgend  eine  weise 

genug  zu  lliun,  wie  du  es  fordern  wirst. 

mir  war  es  lieb,  du  wähltest  mich  zum  austrag.    9, 164; 

würdigen  sie  mich  zum  austrag,,  Schiedsrichter  oder  advoca- 
ten  anzunehmen.  Tieck  ges.  nov.  2,  263.  höchst  undeutsch  und 
barbarisch  aber  sind  die  Wortbildungen  austrägal,  austrägal- 
richter,  austrägalgericht,  austrägalinstanz. 

AUSTRAGEN,  ahd.  Ö5  tragan  (Graff  5,  497),  nnl.  uitdragen. 

1)  exporlare,  efferre,  egcrere,  aus  dem  haus,  stall,  aus  den» 
kästen,  gefäsz  tragen:  den  todten,  die  leiche  austragen;  et- 
liche aus  inen  waren  über  das  gercte  des  ampts,  denn  sie 
trugcns  gezelet  aus  und  ein  (vulg.  ad  numerum  enim  et  in- 
ferebantur  vasa  et  efferebantur).  1  chron.  10,  28  ; 

trag  wir  ein  vollen  seckel, 

und  ein  läien  wider  aus.    Uuland533; 

er  tregt  mir  mein  nnchtfuoter  aus.    fasln.  sp.ZOi,  18; 

ir  sprecht  der  trag  die  pfrünt  aus.    649,  13; 

mein  man  tregt  mir  das  nachlmal  aus.    771,4; 

du  hast  mir  meine  pfenbert  tragen  aus.    657,34; 

du  tregst  mir  meine  klcider  aus.    H.  Sachs  I,  525'; 

ich  verspil  mich  oft  bis  ans  hemd, 

austrag  ich  klcider,  holt  und  zin, 

das  gellt  olt  als  an  galgen  bin.    11.2,6'; 

ein  gutes  ros  hat  mein  hvrr, 

dem  musz  ich  den  niisi  austragen.    /"««Ol.  »;).  503,  28 ; 

wie  das  gesind  in  ihres  hcrrn  tödlichem  hinzug  anfiengon 
auszutragen,  zu  sielen,  zu  kelsrhen.  Gnrg.  6S';  brot,  sein- 
mein austragen,  die  hriefe  austragen,  das  bad  austragen  oder 
ausgicszen  ist  gleichviel  mit  ausbaden  (oben  sp.  827) : 
.wolan  so  muosiu  sbad  usztrngen.  trag.  Joh.  K2; 
das  weih  mtisz  das  bad  auszlragen.  Scheit ^ro/».  R4;  der  un- 
schuldig trügt  das  bad  aus.  Simpl.  2,  390 ;  ich  gedachte,  dasz 
der  ohne  dem  zornige  und  erschrockene  fürst  uns  das  bad 
würde  austragen  lassen.  Felsenb.  4,  408.  man  sagt  auch,  das 
kind  mit  dum  bade  austragen,  wie  ausschütten. 


1001 


AUSTRAGEN  —  AI  STRÄGLICH 


AUSTRÄGLICH— AUSTREIBEN 


1002 


2)  austragen,  in  vulgus  e/ferre,  unter  die  hüte  tragen,  aus- 
klalsciien:  sondern  suchen  etwas,  das  sie  lestern  mügen,  ge- 
hen hin  und  tragens  aus.  ps.  41,  7;  wenn  ich  ein  solcher 
were,  wie  sie  mich  sehenden  und  austragen.  Lcther  1,  5S'; 
weil  wir  an  dem  sind,  das  wir  nicht  allein  den  unnützen 
lügnern  antworten,  so  mich  in  diesen  stücken  austragen,  son- 
dern auch  gerne  den  Juden  dienen  wollen.  2.  243*;  die  mich 
mit  meiner  verlraweten  jungfrawen  Catharina  von  Bore  aus- 
tragen und  berüchtigen.  3, 150' ;  der  fromme  Joseph  hat  sie 
(seine  brüder)  nicht  ausgetragen,  noch  ein  böse  geschrei  von 
inen  gemacht.  4,  196';  wo  dir  ein  unnütz  maul  fürkompt, 
das  ein  andern  austregt.  405*;  wenn  du  deinem  nehesten 
übel  redest,  die  leute  austregest  und   verleumbdest.    5,  377'; 

und  sind  gut  gspilen  alle  sander, 

doch  bald  sie  kumoien  ron  einander, 

eiaander  sie  denn  auch  austragen.    H.  Sachs  1,453'; 

dasz  sie  es  nicht  gethao,  das  wil  ich  nicht  austragen, 

weil  ichs  nicht  weisz,  so  niöcht  ich  die  unwarheit  sagen. 

Webdkrs  Ariost  4,  tiö ; 
viel  besser,  du  bist  fromm,  läszt  böses  von  dir  sagen, 
als  dasz  du  böse  bist  und  läszt  dich  rrouim  austragen. 
pars,  rosenih.  2,  18; 
ein  mitgeselle,    der   nur  ein   wenig  mangel   an   mir  gewahr 
wird,  Terlässet  mich  wol  und  trüget  mich   aus.    pers.  baumg. 
10,  5 ;  mit  lästerworten  austragen.  Opitz  Arg.  1,  230 ;  versorge 
das  gesinde  wol,    sonst  wirst  du  unter  den  leuten  ausgetra- 
gen. Weise  kl.  leute  373;  es  konnte  nicht  fehlen,  die  geschichte, 
das  geheimnis  wurde  in  der  ganzen  Stadt  ausgetragen. 

3)  austragen,  perferre,  zu  ende  tragen:  die  frau  trug  das 
Idnd  nicht  ganz  aus,  brachte  es  zu  frühe  zur  velt;  ein  aus- 
getragenes kind,  reifes;  die  kuh  trägt  im  nächsten  monat 
aus;  ich  habe  kraft,  mein  leiden  auszutragen.  Klinger  5,  358; 

ich  habe  schon  seit  manchen  langen  lagen 
nicht  genossen,  nur  das  leben  so  aussetragen. 
GÖTHE  lä,  102. 

4)  austragen,  transigere,  decidere,  schlichten,  ausmachen, 
2u  ende  bringen,  in  dem  schon  bei  austrag  erörterten  sinn: 
ausgetragen  und  ausgerichtet,  iceisth.  3,  4S4;  ob  wir  spruch 
und  vorderung  zu  einander  gewonnen,  sollen  die  ausgetragen 
werden  nach  der  ahred.    Cühel  Maximil.  s.  8b; 

richier  und  schöpfen,  ir  seit  sitzen, 

und  bort  uns  zu  mit  klugen  witzen, 

was  man  vor  euch  hie  habe  zu  klagen, 

das  ir  uns  das  wolt  recht  austragen,    fastn.  sp.  154,  23; 

man  bat  heut  noch  mer  sach  auszuU^gen.    M7, 18; 

das  er  dem  richter  dank  musz  sagen, 

als  rebt  sol  man  Im  sein  sach  ausVagen.   704,  10; 

heut  werden  kernen  zu  gericht 

die  kinder  Israel  entwicht 

und  ir  hendel  vor  mir  austragen.  II.  Sachs  III.  1,  33*; 
dasz  sie  ihre  händel  mit  der  faust  austragen.  Fhilaxd.  l,  601 ; 
das  er  die  irrung  vor  den  jüdischen  rabinen  zu  Frankfurt 
austragen  wolle.  Avrer  proc.  2,  5 ;  bist  du  ein  rechtschaffener 
kerl,  so  nim  ein  gut  pferd,  ein  gut  schwert,  ein  gut  paar 
pistolen  und  komm  an  den  und  den  ort,  da  wollen  wir  uns 
vertragen  und  die  sach  austragen.  Schcppics  316;  Paulus  wolte 
seine  suche  bei  dem  kaiser  austragen.  594 ;  wie  gemeine  kla- 
gen ausgetragen  und  gerichtet  werden  sollten.  Nieblhr  2,  45. 

5)  austragen,  ertragen,  betragen,  efficere,  conficere :  es  trägt  nur 
ein  paar  Ihaler  aus;  das  wird  viel  austragen;  i.  f.  gn.  hätten 
die  wolle  noch  nicht  verkauft,  darum  sie,  was  sie  austrüge, 
noch  nicht  zu  wissen  machen  konnten.  ScawEi.-<icBEN  1,  363 ; 
über  487  th.  nicht  austragen,    l,  367; 

das  jagen  ein  unnöttiges  ding  beiszen, 
welches  den  kosten  nicht  austrag.    Atiier326'; 
eure  retcbsb9ndel  tragen  doch  wenig  aus.    mägdelob  56 ;    ein 
oder  zwei  worle  auf  und   ab    werden   nicht    viel    austragen. 
causenmacher  78;  300  pfund  austragen,  untc.  doet.  916; 
der  alte  disputiert,  stellt  tausend  schwache  gründe, 
nach  STkofanien  art,  er  denkt,  die  menge  tragts  aus, 
vor  seine  incinung  her.        VVieli>d  4,  60; 

da  es  nicht  wenig  für  die  künftige  Wirksamkeit  der  apostel 
in  ihrem  berufe  austragen  muste,  wenn  sie  davon  recht  fest 
überzeugt  wurden.    PLA.^»  gesch.  des  ehristenth.  1,  306. 

AUSTHÄGEH,  m. 

ALSTUÄGEKEI,  f.  klatscherei. 

ALSTKAGIC,  furax  oder  garrulus :  das  gesind  ist  mürrisch, 
widerbefzig,  diebrauinisch,  unvertreglich  . . .  geschwelzig,  aus- 
trägig aus  dem  haus  und  im  haus  trag.    Garg.  69". 

AL'STHÄGLICII,    fructuosus,  quaestuosus  (Haltacs  86):    ob 
der  anschlag  nit  genugsam  oder  austreglich  erfunden    wurde.  ' 
reichsabsch.  von  1501  §.  2;  ein  austräglich  hulf.  von  1518  ein- 


gangs; und  ob  wir,  auf  des  gewinnenden  theils  anrufen,  für 
austräglich  ansehen,  kammerger.  ordn.  ron  1521.  31,  8;  aus- 
träglichen  rechtens.  33,  1;  wol  macht  die  tawf  menschlichen 
geist  lebentig,  so  vor  der  tawf  tod  gewesen,  deszhalb  aim 
ungetauften,  als  aim  toden,  kain  ander  sacramenl  oder  arz- 
nei  zeraichen  noch  auszträglich  ist.  Berte,  v.  Ch.  s.  411;  da- 
mit auf  dem  künftigen  concilio  deste  förderlicher,  statlicher 
und  austreglicher  von  der  neuen  lere  geratschlaget,  was  gut 
angenomen  und  was  bös  gemidden  werde.  Lcther  2,  433'; 
austrägliche  fruchte.  Lohe\st.  Aim.  2,  774 ;  in  einer  sonst  sehr 
austräglichen  pfarre  gesessen.  Felsenb.  2,  9 ;  weilen  er  ver- 
schiedene tüchtige  subjecta  in  ein  und  anderes  austrägliches 
amt  vorzuschlagen  genöthiget  worden.  2,  42 ;  wegen  eines 
vacanten  austräglichen  Schuldienstes.  2,  43 ;  indessen  weil  ich 
nicht  zweifle,  dasz  mir  gott  vermittelst  meines  sehr  austräg- 
lichen pfarrdiensts  den  schaden  gar  bald  wieder  ersetzen 
wird.  2,  359;  die  schönsten  und  austrüglichsten  rittergüter. 
4,  207;  man  gab  mir  ein  amt,  welches  nicht  ansehnlich,  aber 
doch  austräglich  war.  R.\beker  2,  20 ;  eine  austrägliche  pfarre. 
3,  45 ;  was  für  eine  austrägliche  erbschafl  ist  auf  mich  gefal- 
len. Lessing  3,  63.     heule  sagt  man  einträglich. 

AUSTRÄGLICHKEIT  f  des  amtes.  Babexeb  3,  37 ;  zu  güt- 
licher austräglichkeit.   Haltacs  86. 

AUSTRAGUNG,  f  elatio  funeris.  Frischuni  nomend.  480. 

AUSTBAMEN,  tigna  disponere,  sternere,  balken,  scheiter 
schichten,  klaftern,    s.  tramen. 

AUSTRAMPELN,  exculcare  frumenlum,  austreten. 

AUSTRAUEB,  f.  luctus  depositio,  außOren  der  trauer,  ver- 
schieden von  abtrauer,  wie  an  höfen  die  zweite  tcoche  der 
trauer  heiszt.  sie  ist  in  der  austrauer,  im  letzten  Stadium  der 
trauer,  wo  färben  gewählt  werden,  die  vom  schwarzen  zum  hel- 
len, bunten  den  Übergang  machen,  wie  violett,  lila. 

AUSTRAUERN,  luctum  deponere,  elugere:  nachdem  Juda 
ausgetrauret  hatte.  1  Mos.  3S,  12;  da  sie  aber  ausgetrauret 
hatte,  sandte  David  hin  und  liesz  sie  in  sein  haus  holen, 
und  sie  ward  sein  weib.  2  Sam.  11, 27 ; 

wann  Bethseba  getrauert  aus.    H.  Sachs  III.  1,  SS"; 
die  tochter  Eliams,  die  Davids  freundin  war, 
imd,  als  sie  ausgeiraurt,  ihm  einen  söhn  gebar. 
Hagedorn  2,  5; 
junge  witwen  haben  bald  ausgetrauert. 

AUSTRÄUMEN,  exitum  somnii  videre,  nnl.  uitdroomen: 
den  träum  austräumen ;  er  hat  den  träum  des  lebens  aus- 
geträumt, bat  ausgeträumt;  es  that  mir  sehr  leid,  dasz  sie 
gestern  den  kurzen  träum,  den  ich  meinen  freundinnen  be- 
reitete, nicht  ganz  austräumen  konnten.  Gutoe  an  fr.  von 
Stein  3,  439;  es  hat  das  jähr  nun  ausgeträumt  (seinen  «in- 
terschlaf,  der  frühling  bricht  an).  .\rni)i  schaub.  2,  216. 

AUSTREFFEN,  pertinere,  conducere,  ausschlagen,  anschla- 
gen :  darbei  wol  zu  ermessen  ist,  dasz  viel  krankheiten  seind, 
so  solcher  magen  halben  kommen,  die  sie  in  falsche  capitel 
gesetzt  haben,  und  wenig  betracht,  wo  es  austreffe.  Paba- 
celscs  1.  60'. 

AUSTREIBEN,  expellere,  ausjagen,  nnl.  uitdrijven. 

1)  /e«/e,  Ihiere  aus  dem  land,  garten,  haus:  und  treib 
Adam  aus  und  lagert  für  den  garten  den  cherubim  mit  einem 
bloszen  hawenden  schwert.  1  Mos.  3,  24 ;  treibe  diese  m'agd 
aus  mit  irem  son.  21,  10;  bis  das  er  seine  feinde  austreibe 
von  seinem  angesicht.  4  Mos.  32,  2t ;  und  er  wird  für  dir  her 
deinen  feind  austreiben.  5  Mos.  33,  27 ;  das  vieh  austreiben ; 
moi^ens  wann  der  hirt  austreibt; 

Soldaten  und  der  wein,  wo  die  zu  gaste  kumraen, 
da  ist  gewalt  und  recht  dem  wine  bald  benummen, 
der  wirt  kan  diesen  zwar  zum  hause  treiben  aus, 
Jen  aber  räumen  weg  den  wirt  und  auch  sein  haus. 
LoGAü  1,  5,  2S; 
den  rachegeistem  überlass  ich 
dies  haus,  ein  frevel  fühne  mich  herein, 
ein  frevel  treibt  mich  aus.    Schiller  51'2'; 
des  Pachters,    den  unser  onkel  zwar  mit   recht,    aber   doch, 
dünkt  mich,    mit   ziemlicher  härte    austrieb.    Göthe  21,  107; 
dasz  der  pachter  eines  unserer  guter  endlich  wirklich  ausge- 
trieben werden  solle.  21, 199.     nicht  selten  liegt  der  nachdruek 
mehr  auf  dem  hinaus  als  dem  heraus,  z.  b.  die  scbweine  austrei- 
ben meint  zwar  aus  dem  stall,  aber  vorzugsweise  aufdie  weide. 

2)  im  n.  t.  kehrt  käufig  die  Vorstellung  wieder  von  dem  aus- 
treiben der  teufel  und  geister  aus  dem  leib  der  menschen: 
haben  wir  nicht  in  deinem  namen  teufel  ausgetrieben  ?  Matlh. 
7,  22;  am  abend  aber  brachten  sie  vil  besessene  zu  im  und 
er  treib  die  geister  aus  mit  Worten.    8,  16;    da  baten  in  die 


1003 


AUSTREIBEN — AUSTRETEN 


AUSTRETEN  —  AUSTRINKEN 


1004 


teufel  und  sprachen,  wiltu  uns  austreiben,  so  erlaube  uns 
in  die  herd  säu  zu  faren.  8,  31;  er  treibet  die  teufel  aus 
durch  der  teufel  fürsten.  9,  34;  so  denn  ein  satan  den  an- 
dern austreibet.  12,  26  u.  s.  w.  Ulfilas  verdeutscht  iyißäXkeiv 
bald  usdreiban,  bald  usvairpan,  abd.  steht  arwerfan  oder  öjar- 
werfan,  ags.  ötadrifan,  wie  die  vulg.  stets  ejicere  hat.  einem 
den  hoffartsteufel  austreiben ;  man  sagt  auch  den  teufel  aus- 
treiben für  recht  austollen. 

ja  wie  vil  seilten  hat  dein  wölir 

den  stolzen  cörpern  ausgciriebenl    ^Vl;cKHERll^  371. 

3)  man  treibt  oft  ein  nagel  mit  dem  andern  aus.  Lehmann  58  ; 
die  pende  oben  und  unden  usxdreiben.  weislh.  3,  772  (unter  pfand 
werden  aber  meistens  thiere  gemeint),  vgl.  2,  256.  258.  furclit  ist 
nicht  in  der  liebe,  sondern  die  vollige  liebe  treibet  die  furcht 
aus.  l  Joh.  4,18;  die  hitze  treibt  mir  heftigen  schweisz  aus; 
man  musz  diese  Unarten  des  kinds  beizeit  austreiben ;  o  thö- 
richte  wellliebe,  deinetwegen  liegt  mein  verstand  gefangen, 
meine  seele  beschweret,  meine  andacht  ausgetrieben,  pers. 
roscnth.  2,  28;  man  nicht  wol  vermutete,  dasz  man  solche 
von  ihnen  so  lang  getriebene  oder  gar  angeborene  laster  aus- 
treiben künte.  pers.  rciscb.  3,  1;  dieser  wolredenheit,  kraft 
welcher  wir  die  bewegungen  können  ein-  und  austreiben. 
ScHUPPius  850;  die  diebsbande  hat  es  nun  bald  ausgetrieben, 
man  stellt  ihr  nach;  einem  seine  mucken,  grillen,  thorheiten 
austreiben. 

4)  zuweilen  steht  austreiben  fitr  treiben,  caelare,  aus  metall 
hervorarbeiten:  das  bildwerk  ist  schön  ausgetrieben;  in  Sil- 
ber ausgetriebene  kunstwerke.  figürlich,  es  versteht  dies  kein 
mensch,  der  seinen  Wirkungskreis  aus  sich  geschaffen  und 
ausgetrieben  hat.    Göthe  an  Lavater  110. 

5)  intransitiv,  austreiben  wie  treiben:  die  blume  treibt 
schön  aus;  der  schweisz  treibt  aus,  dringt  hervor; 

für  dem  kunt  mein  jungfraw  nicht  bleiben, 
das  herz  wolt  ihr  zum  mund  austreiben. 

froschmeus.  I.  2,  3. 
auch  für  aufhören  zu  treiben:    der  hochofen  treibt  aus,   geht 
aus,  verglüht. 

AUSTREIBUNG,  f  expulsio :  die  austreibung  der  könige, 
der  Juden ;  nach  austreibung  der  bösen  geister. 

AUSTRENNEN,  solvere,  solvendo  eximere,  durch  auftrennen 
der  naht  herausnehmen :  und  da  man  den  rock  bracht,  da 
het  er  zwen  ermel,  und  der  ein  ermel  war  wie  der,  den  sie 
het  lassen  austrennen,  seh.  und  ernst  cap.  23 ;  Schönheiten, 
die  man  zerstört,  wenn  man  sie  austrennt.  Herder  1,  96. 
AUSTRETEN,  exculcare,  nnl.  uittreden. 

1)  trauben,  ähren  austreten,  den  saß  aus  den  Irauben,  die 
körner  aus  den  ähren  treten;  dasz  ich  ihm  nicht  die  zahne 
austreten  soll.  Lessing  1,  513;  könnt  ich  ihnen  doch  all  das 
gehirn  austreten,  die  dafür  oder  dawider  schreiben.  Lenz 
1,  182. 

2)  calcando  delere:  ein  funke  fiel  hier  nieder,  tritt  ihn 
schnell  aus  I ;  man  muste  das  feuer  austreten  (sofort  er- 
sticken). Göthe  18,  257;  den  speichel  austreten:  platsch,  Iritis 
ausi  Garj.  154';  der  pfütze  das  äuge  austreten  (oben  sp.  800); 
ein  solchs  honigswäffelin  ihm  auszutreten.    Garg.  77'. 

3)  calcando  excavare:  die  stufen  austreten;  die  treppe  ist 
ganz  ausgetreten. 

4)  die  schuhe  austreten,  sowol  die  engen  weiter  treten,  als 
ganz  vom  fusz  treten,  ausziehen,  ablegen:  du  hast  nun  die 
kinderschuhe  ausgetreten ;  er  meint  immer,  ich  habe  die  kin- 
derschuhe  noch  nicht  ausgetreten.  Bettine  briefc  1,  310.  einem 
andern  die  schuhe  austreten,  einem  dicht  nachtreten,  nachfol- 
gen, um  seinen  platz  werben:  Romanus  so  dem  Stephano  die 
schnell  austrat  (gegenpabst  Romanus,  der  Stephan  den  6  im 
j.  897  stürzte),  biencnh.  213';  ellicli  tretlen  den  einsiedlcrn 
die  schuch  aus  und  (Icchten  korb.  Garg.  185';  verleumhder 
die  einem  andern  gern  die  schuh  austreten.  Kirchhof  wend- 
tmm.  56";  besorgte,  ich  möchte  ihm  vielleicht  die  schuhe  aus- 
tretten,  sähe  mich  derowegen  mit  neidigon  äugen  an.  Simpl. 
1,97;  wer  den  ehrenberg  erstiegen  hat  und  die  Iciter  nit  nach 
sich  zeucht,  dem  können  die  schuhe  leicht  ausgetreten  wer- 
den. Lehmann  175.  Fisciiart  verzeichnet  n'  435  ein  gcsell- 
schaßsspiel  'den  scliurh  austrctlen'. 

5)  auslrclen  hiesz  auch  geradezu  aufspüren,  attraper:  kann 
er  in  dann  im  l.lger  nicht  ausiretten  oder  finden.  Fhonsp.  1,5'; 
ir  vermeint,  ich  wolle  euch  nwer  lebtag  an  die  Elicia  und 
Arreusa  geschmilt  haben  und  ich  werd  cucli  kein  andere  aus- 
Irellen.  Wirsung  Cal.  7.:\';  man  findet  vil  leut,  die  weit  und 
breit  gcreiset  haben,  bis  sie  ein  ort  ausgetretlen,  da  sie  möch- 


ten stille  haben.  Pelr.  193';  es  war  unmöglich  gnug  vermögliche 
säugamraen  für  in  auszutretten.  Garg.  lio',  vgl.  ausgehen  8. 
6)  intransitiv,  excedere,  secedere :  Iredet  uz  und  nemet  den 
lantman  zu  uch!  (vgl.  ausmahnen),  weisth.  3,  488;  der  Sol- 
dat muste  austreten,  aus  dem  glied  treten;  als  Golthart  und 
Siegfiid  an  der  hausthür  stehend  blieben,  gieng  eine  compag- 
nie  Studenten  vorbei,  unter  denen  zween  waren,  die  unsere 
beide  reisende  kanten,  dise  ti^aten  aus  (procedebant,  traten 
aus  dem  häufen),  unw.  doct.  295 ;  auf  die  an  die  mannscbaft 
gerichtete  frage,  wer  den  gefahrvollen  zug  wagen  wolle?  tra- 
ten alsbald  drei  kühne  Jünglinge  aus  (vor)  und  erklärten  sich 
bereit;  er  ist  ausgetreten,  flüchtig  geworden; 

ich  will  gehn,  austrelten  darmit.  11.  Sachs  HI.  1,  22'; 
aus  dem  zimmer,  aus  dem  wagen  treten :  wann  eine  vor- 
nehme leiche  sol  begraben  werden,  so  kompt  ein  mann  end- 
lich ins  gemach,  darin  die  trauerleute  versamlet  sind,  und 
fragt,  ob  denen  herrn  und  freunden  geliebe  auszutreten, 
dann  es  sei  nunmehr  zeit.  Scuüppius  633;  woselbst  der  graf 
Carlsson  aus  dem  wagen  sprang  und  Eckarthen  (am  andern 
wagen  zum  aussteigen)  die  band  bot,  der  aber  nach  gemach- 
ter complimente  selbst  austrat  (ausstieg),  hebamme  10.  es  be- 
deutet dann  auch  entuieichen,  entfliehen  (Haltaus  86.  87)  und 
ausgetretene  Soldaten  sind  flüchliinge,  deserteurs.  austreten, 
aus  dem  bund,  aus  der  gesellschaft  treten;  ein  ausgetretener 
mönch,  der  das  kloster  verlassen  hat;  dasz  alle  ordensge- 
nosze,  wann  es  ihnen  geliebet,  ungehindert  möchten  ab  und 
austrelten.  Garg.  273'.  austreten,  im  sinne  von  beiseils,  über 
die  schnür  treten,  bedeutet  auch  was  auslatschen,  auslecken, 
untreue  begehn. 

Das  wasser  tritt  aus,  über  sein  bett;  der  flusz  tritt  aus 
aufs  feld  und  auf  die  wiesen;  läszt  der  regen  nicht  nach,  so 
musz  der  ström  austreten; 

seht  der  Rhein  ist  ausgeireien, 

reiszt  zu  sich  dies  unglücksland.    Arnim  scftouft.  1,  240; 

die  galle  ist  ausgetreten  und  hat  das  blut  entzündet. 
AUSTRETER,  m.  desertor.  Haltaus  87. 
AUSTREUGEN,   austrocknen.    Stieler  2326.   vgl.  ablreugen 
und  austrocken. 

AUSTRIEB,  «I.  l)  exactio :  austrieb  der  herde,  der  Schweine 
auf  die  weide;  auch  sobalden  der  hirt  (die  schweine)  heim- 
treibet, ein  jeder  das  seinige  einthue,  und  bis  zum  austrieb 
im  stall  halten  soll.  Carbcr  markordn.  von  1657  art.  49;  die 
Schwein  haben  dis  mit  den  schafen  gemein,  dasz  ihnen  der 
frühe  austrieb  und  die  mit  ihau  befeuchtete  w'eide  ungesund 
ist.  Hohberg  2,  308*.  2)  austrieb  hciszt  am  weinstock  der 
sprosse  im  winkel  der  knospe,  gemeinhin  eberzähn  genannt, 
w.  m.  s. 

AUSTRIEFEN,  destillare,  nnl.  uildruipen:  an  einer  ritze 
des  fasses  trof  wein  aus,  den  wir  gierig  sammelten;  es  war 
doch  allzu  wenig  ausgetroffen,  als  dasz  er  uns  hätte  laben 
können ;  aus  Odins  ring  triefen  alle  neun  nachte  acht  gleich 
schwere  ringe  aus.    Snorri  132. 

AUSTRILLERN,  canliunculam  vibrare:  er  trillert  sein  lied- 
chen aus. 

AUSTRINKEN,  ebibere,  nnl.  uitdrinken.  an  einem  rechten 
het  ein  armer  baursman  ein  sach  und  kam  zu  seinem  für- 
sprechen  und  schenkt  im  ein  hafen  mit  guter  milch,  der 
ander  kam  und  schenkt  im  ein  saugferlin  oder  spinferlin, 
das  gut  zu  braten  war.  das  urteil  gieng  wider  den,  der 
dem  fürsprechen  die  milch  het  geben,  da  sprach  derselbig 
baur,  'wo  ist  mein  gute  milch  hinkomen?'  der  fürsprech 
antwortet,  'das  saugferlin  hat  sie  ausgetrunken',  seh.  und 
ernst  86; 

Iriuks  gar  aus  mit  guten  Iruwen!    Scur.ir  grob,  g4; 

er  hal  kaum  ausgetrunken, 

springt  im  sein  herz  euzwei.    Uiiland21S; 

triiiks  aus  und  machs  nit  long!    590; 

hiir  mir  den  wein  austrinken!    693; 
und  war  sein  lust  sauber  auszutrinken.  Garg.  43'; 

dis  glitslcin  weiiis  das  gilt  dir  liiilb, 

trinks  gar  aus  du  mein  liebes  kalb. 

er  salzt  das  Kla^lin  aii  den  mund, 

er  tranks  wol  aus  bis  an  den  gruud.    89'; 

irinkts  gar  aus!    91'; 

da  hub  er  an  zu  Irinken 

den  bechcr  halber  aus.    93"; 

Marlialis  gefallt  unser  gcnaden,    der  trank   soviel  hochbecher 

aus,    als  viel  seiner  bulscli;ift  nain  buchstaben  innhiell.    9l'; 

ich  tranks  elwan  gar  aus,  jetz  lass  ich  nichts  drinnen.    lOl'; 

drauf  trink  ich  den  bucher  aus.    Flkminc  47 ; 


1 005         AUSTRIPPELN  —  AUSTROPFEN 

sie  bemerkten,  dasz  ich  mein  glas  etwas  langsamer  austnink 
als  sie.  IUbener  4,  67 ;  ich  habe  gegraben  und  ausgetrunken 
die  frembden  wasser.  2k6n.  19,  24;  die  hefen  des  daumel- 
kelchs  hast  da  ausgetrunken.  Es.  01,11;  denn  der  kelch  dei- 
ner Schwester  Samaria  ist  ein  kelch  des  jamers  und  traw- 
rens,  denselben  mustu  rein  austrinken.  E:.  23,  34;  was  ist  es 
anders  als  menschenschicksai,  sein  masz  auszuleiden,  seinen 
becher  auszutrinken.  Göthe  16, 132 ;  trink  aus,  dasz  wir  fort- 
kommen !  42,  3 ;  der  eilfer  solle  köstlich  gewesen  sein,  davon 
sich  jedoch  kein  beweis  führen  lasse,  weil  er  schon  ausge- 
trunken sei.  43,  272 ; 

und  doch  hat  jemand  einen  braunen  safl 
in  jener  nacht  nicht  ausgetrunken.    12,  81. 

vgl.  ausoeigen, 

ÄUSTRIFPELN,  /et;i  incessu  exire:  ein  lustig  austrippeln- 
des kind. 

AUSTRITT,  m.  excessus,  egressio :  der  austritt  aus  dem  wa- 
gen, aus  dem  schif,  aus  dem  walde;  beim  ersten  austritt  aus 
dem  hause,  med.  maula/fe  536 ;  der  austritt  des  flusses  auf  die 
wiesen ;  sein  austritt  aus  der  gesellschaft ;  der  austritt  eines  pla- 
neten  aus  dem  schatten  des  andern,  austritt  heiszt  auch  der 
ort  auf  den  man  aus  dem  hause  zur  Umschau  tritt,  der  balcon. 

AÜSTROCKEN,  AUSTROCKNEN,  exsiccare,  nnl.  uitdroogen. 

1)  transitiv,  wir  haben  gehört,  wie  der  herr  hat  das  wasser 
im  schilfmeer  ausgetrocknet  für  euch  her.  Jos.  2, 10 ;  wie  der 
herr  das  wasser  des  Jordans  hatte  ausgetrocknet.  5,  1;  wie 
eine  hitze,  die  den  regen  austrocket.  Es.  18,  4;  ich  habe  mit 
meinen  fuszsolen  ausgetrocket  alle  verwarete  wasser.  37,  25; 
ich  wil  die  wasserstrom  zu  insuln  machen  und  die  seen  aus- 
trocken. 42,  15 ;  bistu  nicht,  der  das  meer  der  groszen  tie- 
fen wasser  austrocket?  51,  10;  ich  wil  ir  meer  austrocken 
und  ire  brunnen  verseihen  lassen.  Jer.  51,  36;  der  herr  wird 
aus  der  wüsten  her  auffaren  und  iren  brun  austrucken. 
//o.«.  13, 15;  die  sonne  trocknet  den  flusz  aus;  ein  austrock- 
nender wind ;  einen  teich  austrocknen. 

2)  intransitiv:  das  wasser  trocknet  aus;  das  land  trocknet 
aus.  für  das  part.  praet.  bleibt  transitive  oder  intransitive  be- 
deutung  zweifelhaß:  die  wasscrbeche  sind  ausgetrockent.  Joel 
J,  20;  wie  reimbt  oder  stimpt  sich  aber  ein  ausgetrocknet 
heisere  stinwn?  Garg.  23';  ausgetrocknete  wangen.  Klixger 
II,  255;  der  arme  innere  mensch  von  dem  wechselfieber  der 
leidenschaften  ausgetrocknet.  J.  P.\ll  Hesp.  1,  43 ;  unter  so 
viel  hundert  äugen  war  keines  so  verwelkt  und  ausgetrock- 
net, aus  dem  nicht  die  heisze  quelle  der  rührung  aufgestie- 
gen wäre,   jubeis.  151. 

W  ir  verwenden  heute  austrocknen  in  beiden  bedeutungen  und 
austrocken,  woßr  man. auch  hin  «nrf  irierfer  austreugen  sagte, 
ist  veraltet,  die  Unterscheidung  zwischen  transitivem  austrocken 
und  intransitivem  austrocknen,  wenn  er  sie  so  fasztc,  hat  Lu- 
ther selbst  nicht  strenge  durchgeführt,  das  nnl.  uitdroogen 
steht  gleichfalls  transitiv  und  intransitiv,  ganz  fern  steht  je- 
nem austrocken  das  austrucken  exprimere,  welches  einige  für 
ausdrucken  sehreiben. 

AUSTROCKNE,  f.  siccatio,  siccilas,  nur  ie»  Päracelscs  :  so 
mag  es  nicht  bestand  haben,  allein  die  täglich  austrockne 
der  erden  sei  da.  1,  518";  so  nun  die  austrockne  angeht,  so 
dörret  sich  die  lung  aus.    1,  520'.     wir  sagen  austrocknung. 

AUSTRÖDELN,  festinare:  er  gieng  mir  viel  zu  sachte,  ob 
er  schon  ziemlich  eilte,  trödelt  aus!  rief  ich  ihm  nach.  Ra- 
tiENERS  br.  22. 

AUSTROMMELN,  tympano  indicare:  sie  kennen  doch  den 
nsopisclien  zahnschreier  Hermann  Axel,  den  die  schweizeri- 
schen kunslrichter  vor  einigen  jähren  mit  so  vieler  zujauch- 
zenden Itewunderung  austrommelten?  Lessixc  6,  263.  auch 
durch  schallende  fusztritte  entweder  auszeichnen  oder  verhöh- 
nen, auspoehen.  die  biencn  austrommeln,  durch  schlagen  an 
den  stock  ausjagen. 

AUSTROMPETEN,  luba  indicare:  dasz  ichs  herzlich  satt  bin, 
in  der  weit  immer  für  einen  kcrl  ohne  iicrz  und  ohne  ehre 
ausgetrompetet  zu  werden.  Wieland  bei  Merck  I,  403. 

AUSTROPFELN,  exstillare,  in  kleinen  tropfen  ausflieszen, 
diminutiv  des  folgenden :  jener  ansgetröpfelte  balsain  aber 
gäbe  dem  bei  Jericho  nichts  nach.    Lohenst.  Arm.  2,  30S. 

AUSTROPFEN,  exstillare,  was  austriefen:  darunder  setzen 
si  ein  Schüssel,  samlen  sollichen  ausgetropften  saft  darein. 
Frasr  weltb.  202* ;  irgcnts  im  spital  auf  dem  stro  austropfen 
oder  sonst  ir  kost  mit  faulem  nickenhucken  gewinnen.  Fi- 
scuhhj  bienenk.  75*;  und  zur  stund  vor  forcht,  das  Ceiestinus 


AÜSTRÖSELN— AÜSÜREN 


1006 


sich  noch  für  den  rechten  papst  mOcht  ausgeben,  warf  er 
ihn  in  ein  gefenchnus,  und  liesz  ine  darin  jamerlich  austro- 
pfen.   206',    gleiclisam  guttatim  effluere,  sich  verbluten. 

AÜSTRÖSELN,  s.  ausdrieseln,  aufdröseln. 

AUSTROTTEN,  extorquere,  auspressen,  vgl.  ahd.  trota  presse 
und  trotön  pressen  (Graft  5,  522):  lorbonen  zerstosze  gar 
wol,  kochs  in  wasser,  thus  in  ein  sack  und  trotts  aus,  so 
findest  du  das  öl  auf  dem  ausgetrotten  wasser  emporschwim- 
men. Tabernaemont.  1363;  den  eilenden  leuten  ausgepresset, 
ausgetrottet  u.  s.  w.  {oben  unter  austhümen). 

AUSTROTZEN,  placari. 

AUSTRUCKNEN,  siccare,  was  austrocknen: 

die  nässe  trucknel  man  mit  flamm  und  aschen  aus. 
Grtphics  I,  37. 

AUSTRÜLLEN,  explicare,  auseinander  trüllen.    Maaler  47*. 

AUSTRUMPFEN,  colorem  primum  edere,    trumpf  ausspielen. 

AUSTRUNK,  m.  exhauslio  calicis :  zum  austrunke  des  gift- 
bechers  verdammt. 

AUSTUIMMELN.  debacchari,  sich  austummeln;  den  rausch 
vollends  austummelu.    irrgarten  der  liebe  59. 

AUSTÜNCHEN,  tnducere,  dealbare:  die  Stube  austünchen, 
ausweiszen. 

AUSTUNKEN,  tntingendo  sorbere,  austütschen :  nachdem  die 
alte  ihr  zwiebelgericht  ausgetunkt  hatte.  Arnim  1,  35. 

AUSTUPFEN,  tntingendo  siccare:  eine  wunde,  ein  geschwür 
austupfen. 

AUSTUSCHEN,  pingere  alramenlo  sinensi :  radierte  umrisse, 
sauber  und  kräftig  ausgetuscht. 

AUSTUTEN,  buccinam  inflare,  buccina  indicare:  der  hirt 
tutet  aus;  der  Wächter  hat  schon  die  stunde  ausgetutet. 

AUSTÜTSCHEN,  s.  austitschen. 

AUSÜBRAR,  exercibilis:  das  recht  meine  pflicht  zu  thun, 
ist  nur  auf  eine  art  ausübbar.    Fichte  fr.  revol.  226. 

AUSÜBEN,  exercere,  patrare,  ein  erst  in  den  letzten  jhh. 
häufig  werdendes  verbum,  statt  dessen  die  mhd.  spräche  ein- 
faches uoben,  ücben  verwendet,  die  nnl.  oefenen  und  beoefe- 
nen.  Keisersberg,  Luther,  Dasypodics,  Hesisch  kennen  nur 
üben,  kein  ausüben,  verüben. 

1)  ausüben,  verrichten,  in  gutem  wie  bösem  sinn:  was  sie 
nur  wollen  thun  und  ausüben.  Schüppics  415 ;  was  golt  aus- 
geübet  und  verrichtet  hat.   538 ; 

soldate  kömmt  von  seid,  die  ausg-eübten  thaten, 

die  sie  auT  Treier  sirasz  in  bof  und  haus  verübet, 

verdienten  schlechten  sold.        Logaü  1,  10,  47  ; 

Baldus  führet  alle  sachen,  die  er  fähret,  aufs  verschieben, 

wil  sie  bei  dem  Weltgerichte  denn  auf  einen  tag  ausül>en.    3,  S,  5; 

etwars  edles  ausüben ;  unfug  ausüben,  anrichten. 

2)  darlegen,  äuszern,  walten  lassen:  dasz  er  nach  gelcgen- 
Iieit  sein  feindliches  gemüte  desto  heftiger  wider  dich  aus- 
übe, pers.  rosenih.  8,  14;  gegen  Cellini  hat  er  seinen  bösen 
willen  ausgeübt.  Schiller  an  GOthe  123; 

der  immer  wider  ihn  viel  feindscbafl  ausgeübt. 
GöKiMCK  3,  275. 

3)  forlüben,  was  man  gewohnt  ist,  femer  ausüben,  exer- 
cere: freundschaft,  gerechtigkeit,   erbarmen,   tugend  ausüben; 

und  ohne  gleisznerei,  aus  neiginig,  nicht  aus  pflicht, 
ist  schöner  scelen  lust  sie  fröhlich  auszuüben. 
WiELAXD  9,  22S: 
ein  recht,   sein  recht,   eine  gewalt,   ein  amt,    sein   amt   aus- 
üben ; 

das  recht  des  herschers  üb  ich  ans  zum  letzten  mal. 
Schiller; 
man  unterscheidet  die  Zuständigkeit  und  ausübnng  eines  rechts, 
im  statt  aber  gesetzgebende  und  ausübende  gewalt  {pouruir 
executif),  doch  heiszt  es,  die  gesetze  werden  ausgeführt,  goübt 
{statt  ausgeübt),  eine  kunst  erlernen  und  ausüben ;  ausüben- 
der {practischer)  arzt.  ich  habe  kein  gröszercs  glück  gekannt 
als  das  vertrauen  gegen  dich,  das  von  jeher  unbegrenzt  war; 
sobald  ich  es  nicht  mehr  ausüben  kann,  bin  ich  ein  andrer 
mensch.  Göthe  an  fr.  von  Stein  3,  330 ;  nach  wie  vor  übten 
sie  eine  unbeschreibliche  anziehungskraft  gegen  einander  aus. 
Göthe  17,  395; 

der  juxend  frlOcklicbes  ^eFÜhl  er^reitt . 
das  rechte  leirhi,  und  eine  freude  ists, 
das  eigne  unheil  prüfend  auszuüben.    Schiller  367: 

gransamkeiten,  räche,  srhandlhaten  ausüben  {vgl.  1) ;  ein  ver- 
brechen, eine  unthal  ausüben,  was  doch  gewöhnlicher  heiszt 
verüben ,  begehen,  so  wie  wir  heute  lieber  sagen,  tngend, 
gerechtigkeit,  erbarmen  üben,  als  ausüben ;  nur  bei  recht,  ge- 
walt, amt,  pflicht  ttfird  ausüben  dent  üben  vorgezogen,    t.  üben. 


1007 


AUSÜBUNG —AUSWACHSEN 


AUSWAFNEN —AUSWANDERUNGSLUST  1 008 


4)  sich  ausüben  stall  des  heuligen  sich  üben: 
des  Ephraims  gcsclilccht  im  bogenscliieszen 
wol  nusgeüljt.     Opitz  jw.  149; 

wil  singen  von  der  treu  beherzter,  weriher  beiden, 
die  melir  ihr  valcrland  als  ihre  haut  geliebt, 
und  mit  bestiindigkeit  sich  haben  ausgeübt, 
die  jetzt  hoch  nöthig  ist.        2,  ;U. 

doch  wird  gesagt :  ein  recht  übt  sich  nicht  von  selbst  aus,  übt 
sich  leicht  aus. 

AUSÜBUNG,/',  exerciiiiim,  praxis:  ausübung  der  tagend,  der 
gerechtigkeit ;  wenigstens  wüste  ich  mich  keiner  rege!  dawi- 
der zu  erinnern  und  die  ausübung  der  alten  ist  völlig  auf 
meiner  seile.  Lessing  7,  140;  ist  das  die  ausübung  deines 
muls,  der  einst  in  deiner  jugendlichen  brüst  aulkochte? 
Klixgers  Ih.  3,333;  eine  zweite  niaxime,  welche  die  statthal- 
terin in  ausübung  bringen  wollte,  war  diese.  Schiller  79"; 
die  Schlüsse  der  kirchenversammlung  in  die  genaueste  aus- 
übung zu  bringen.  815;  die  Vorstellung  der  mühsamkeit, 
welche  die  menschen  bei  ihren  unmittelbaren  ausübungen 
{verrichlungen)  empfinden.  Kant  6,  64;  ausübung  der  arznei- 
kunde,  praxis;  ebenso  rcgelmäszig  als  in  seinen  geschäften 
war  er  in  ausübung  seiner  taknte  und  im  genusz  seiner  Ver- 
gnügungen. GüTHE ;  dasz  zu  jeder  zeit  sich  immer  ein  local 
finden  wird,  wo  das  problematisch  wahre,  vor  dem  wir  in 
der  theorie  allein  respect  haben,  sich  in  der  ausübung  mit 
der  lüge  auf  das  allerbequemste  begatten  kann.  31,  232. 

AUSVER,  gleichl  dem  auser  {sp.  850),  zeigt  sich  aber  nur 
selten  und  ist  heute  fast  auszer  gebrauch. 

AUSVERBKEITEN,  propagare:  und  so  verbreitet  sich  das 
gift  der  physischen  und  sittlichen  Verderbnis  fast  unvermerkt 
durch  die  ganze  masse  aus.  Wieland  7, 146. 

AUSVERHARREN,  perseverare,  ausharren: 

so  man  standhaft  aiisverharrt.    Fleming  412. 

AUSVERKAUF,  wi.  vendilio  omnium,   quae  veno  posita  eranl. 
AUSVERKAUFEN,  mit  den  waarcn  aufräumen :  ich  bin  wil- 
lens mein  waarenlager  auszuverkaufen. 
AUSVERSCHÄMT,  intpudens,  avaiSrjs: 
der  ausverschämie  Pan  hält  seine  Syrinx  fest.    Fleming  153 ; 
.  und  die  ausverschümten  frösche 
haben  hochzeit  schon  gemacht, 
treiben  ihr  koa.tgewäsche 
von  früh  an  bis  in  die  nacht.    417 ; 

da  du  ganz  ausverschämt  geworden,  sollst  du  deine  strafe 
empfangen.  Langes  Herodot  7,  39. 

AUSVERSCHWINDEN,  omne  perire,  evanescere: 

das  mark  verschwindet  aus.    Fleming  16. 

AUSVETTERN,  gegensalz  von  einvettern,  cadere  gratia:  es 
ist  mit  ihm  ausgevettert,  benevolentia  inter  eos  refrixil.  Stie- 
ler 532.    s.  austochlem. 

AUSVIEREN,  in  quatuor  efformare  partes  anguhsve.  Stie- 
ler  2381.   vgl.  abvieren. 

AUSWACHEN,  pervigilare,  vigilüs  consumi,  nnl.  uitwaken: 
ich  habe  mir  fast  die  äugen  ausgewacht;  ich  wache  gar  nicht 
aus,  stehe  immer  wache; 

ich  han  vi!  lange  neciit  gewachet  usz.    trag.  Joh.  D3; 
ich  bin  nur  hant  und  bein,  bin  durch  des  todes  klauen 
geädert,  abgefleuscbt,  verdorrt  und  ausgewacht. 
Opitz  2,  299. 

AUSWACHSEN,  excrescere,  nnl.  uitwassen,  ih  vcrschiedner 
meinung,         ' 

1)  zur  rechten  grüsze  erwachsen :  der  mensch,  das  thicr,  der 
bäum  ist  ausgewachsen,  hat  ausgewachsen. 

2)  aussprieszen,  hervorwachsen :  unten  an  der  wurzeln  wach- 
sen neue  triebe  aus;  gras  wächst  allenthalben  aus  an  den 
Pflastersteinen;  ranken  und  gesiräuch  ist  an  der  seiilc  aus- 
gewachsen; das  gclraide  wächst  im  nassen  weller  aus,  keimt; 
die  karlofTeln  sind  im  keller  ausgewachsen,  ausgeschlagen. 
das  ist  zum  auswaclisen  =  aus  der  haut  zu  fahren;  ich  bin 
fast  ausgewachsen  vor  langerweile,  Ungeduld. 

3)  auswachscn,   zuwachsen,    verwachsen:    die  wunde,  narhe 

wächst  wieder  aus; 

lagcfn  wir  uns  im  schatlon  der  allen  rnmilienbuchc, 
die  verlangst  uns  bckonnl  mit  schon  aliswachsenden  namcn. 
Voss  l.uine  I,  250; 

und  ach,  nun  seh  ich,  dasz  ein  liefer,  früher  scliade  nicht 
wieder  auswachscn,  sich  nicht  wieder  herstellen  kann.  Göthe 
18,  132. 

4)  auswachscn,  verwachsen,  zur  entslellung :  sie  haU  einen 
etwas  ausgewachsenen  rücken.  Uipz.  avant.  1,  201 ;  er  ist  ganz 


ausgewachsen,   buckelicht;    man    behauptet,    dasz  dergleichen 
ausgewachsene  sich  durch  list  auszeichnen.  Hippel  8,  9. 
AUSWAFNEN,  armis  inslruere,  mit  waffen  rüsten: 

so  viel  kan  marler  dem,  den  sein  gewissen  schützt, 
den  tilgend  wafnet  aus,  den  grosze  ihaicn  krönen, 
ohnniächtgen  abbruch  lliun.    Lohenst.  lipicli.  121,535; 

ich  wafnele  mich  mit  allen  gründen  aufs  beste  gegen  ihn  aus. 

AUSWAGEN,  aurfcrc  ej;nc,  sich  auswagen,  herauswagen:  der 
kranke  wagt  sich  schon  wieder  aus ;  ich  wage  mich  noch  nicht 
aus  dem  bette,  aus  der  stube  aus;  anfangs  mai  wagte  ich 
mich  aus.   Göthe  31, 192. 

AUSWÄGEN,  ponderare,  expenderc :  ewr  brot  sol  man  mit 
gewicht  auswegen.  3  Mos.  26,  26 ;  du  soll  nicht  pondus  et  pon- 
dus,  d.  i.  zweierlei  gewicht  in  deinem  sack  haben,  und  nach 
Nürnber,gcr  gewicht  das  silber  einnemen  und  nach  erfordisch 
auswegen.  Mathesius  98';  kaffee  und  zucker,  butler  und  käse 
im  laden  auswägen ;  er  wog  unrichtig  aus ;  ich  wog  die  sache 
recht  aus,  erwog  sie; 

eins  nachts  ich  ungeschlafcn  lag, 

vil  schwer  gedankeii  ich  auswag  (erwog).    H.  Sachs  I,  332' ; 

ein  weiser  mann  ist  werlh,  dasz  man  ihn  mit  gold  auswäge. 
Wilzenb.  15;  indes  dieser  sehr  bald  den  leichten,  heiszen, 
stillen  Wildling  richtig  auswog  (laxierte).  J.  Paul  Tit.  1,  165; 
da  Luigi  sich  gegen  die  bilder  kehrte,  um  ihren  artistischen 
geholt  auszuwägen.  1,  183. 

AUSWAHL,  m.  deleclus:  die  auswahl  haben,  treffen;  eine 
prächtige  auswahl  von  blumen;  seinen  fahnen  folgte  noch  eine 
grosze  anzahl  freiwilliger  und  die  auswahl  (elite)  des  spanischen 
adels.  Schiller  855 ;  jetzt  ist  zwischen  der  auswahl  einer 
nation  und  der  masse  derselben  ein  sehr  groszer  abstand 
sichtbar.  1231;  eine  ohne  alle  auswahl  angestcllle  lesung  von 
büchern.  Lichtenberg  4, 179  ;  die  volkstapferkeit  der  neuesten 
kriege  führt  uns  die  beweise,  dasz  nicht  die  menge,  sondern 
die  auswahl,  nicht  die  regierten,  sondern  die  regierenden  sün- 
digen. J.  Paul  dumm.  86. 

AUSWÄHLEN,  eligere,  seligere,  mhd.  öjweln.  pass.  K.  37, 
69 ;  wenn  ir  über  den  Jordan  ins  land  Canaan  kompt,  soll 
ir  stcdte  auswelen,  das  freistedlc  seien.  4  Mos.  35,  11;  unter 
den  blumen  die  rose  auswählen;  man  halle  sich  diesmal  einen 
weiblichen  boten  ausgewählt;  die  ausgewähltesten  stücke  wur- 
den gespielt;  ausgewählte  schriflen. 
"  AUSWÄHREN,  perdurare,   aushalten : 

mein  lebenshiurist  wie  ein  miltagslraum, 

wie  hoft  er  dann,  den  deinen  auszuwähren;    Haller  157. 

AUSWALGEN,  AUSWÄLGEN,  AUSWÄLGERN,  exaequare, 
complanare  volulando,  vgl.  ahd.  walagön,  waligön  volverc  (Graff 
1,801):  den  leig  auswälgen.  Hohberg  i,  171';  mach  einen  teig, 
aber  nicht  zu  fest,  walge  ihn  aus.  3,  156';  den  kuchen  aus- 
wälgern. 

AUSWALKEN,  subigere  in  novam  speciem. 

AUSWALLEN,  ebullire,  exaestuare. 

AUSWÄLTIGEN,  emillere  de  possessione.  Haltaus  87. 

AUSWALZEN,  cylindro  exterere:  gepUügtes  land  auswalzen; 
getraide,  körner  auswalzen,  beim  tanz  auswalzen,  den  walzer 
zu  ende  tanzen. 

AUSWÄLZEN,  evolverc. 

AUSWANDERN,  cmigrare,  die  heimat  verlassen  und  in  die 
fremde  ziehen,  mhd.  üjwandern.  pass.  K.  454,  28 ;  in  einer 
urh.  von  1141  fcci  Laco.mblet  1  n°  344  Uciszt  es  z.  b.  quod  tanta 
scpe  violenlia  compriincrentur,  ut  nonnulli  vacuas,  quas  le- 
ncbant,  possessiunculas  relinquentes  patriis  e  sedibus  migrare 
disponerent; 

der  könig  miisz  in  die  Verbannung  gclin, 

der  söhn  auswandern  aus  des  vaiers  hause.    Sciiillsr; 

glücklicli  sind  die  schlafen,  und  die 

sind  beglückter,  die  wandern  aus. 

die  da  wachen  und  bleiben  hie, 

klagen  in  frost  und  winlcrgraus.    Hückert  632. 

figürlich,  ob  er  (der  sieche)  schon  da  ligt  mag  dannoch  das  gemUt 
stehen,  himel,  erde  und  meere  überlaufen  und  auswandern. 
Pelr.  183";  wie  schon  Gorgouen  und  misgoslallen  niclil  aus  dem 
reiche  der  maiileiei  in  das  gebiet  der  bildhauerkunst  auswan- 
dern dürfen.  .1.  l'.wi  jubcls.  58;  stellen,  die  aus  dem  neuen 
gesaugliiich  auswandern  musten.  bioifr.  bei.  1, 138. 

AUSWANDERER,  m.  exsul:  Amerika  ist  erfüllt  von  aus- 
wandcrern. 

AUSWANDERUNG,  f.  emigralio,  dcmigralio. 

AUSWANDERUNGSLUST,  f. 


1009  AUSWANDERUNGSTRIEB  —  AUSWARTEiN 


AUSWARTEN — AUSWÄRTS 


1010 


AüSWANDERUNGSTRlEB,  m. 

AUSVV ANKEN ,  iilubando  exire:  der  kranke  wankte  noch 
einmal  aus,  that  aber  nur  wenige  schritte. 

AUSWANNEN,  vanno  expurgare,  nnl.  uitwannen :  das  körn 
ist  noch  unausgewannt. 

AUSWÄRMEN,  percalefacere,  durchwärmen:  ein  wol  ausge- 
wärmtes ruhebett.  ehe  eines  mannes  318 ;  damit  mich  die  Schil- 
derung ganz  besonders  auswärme.  J.  Paul  fiegelj.  1,  24. 

AUSWART,  HJ.  ver,  frühling.    s.  auswärts. 

AUSWARTEN,  ein  im  15. 16j7i.  so  häufiges,  wie  heute  selt- 
nes icort,  an  dessen  stelle  wir  uns  Heber  des  einfachen  war- 
ten oder  abwarten,  aufwarten  bedienen. 

1)  die  ursprüngliche  intransitivbedeutung  von  auswarten  = 
ausschauen,  auslugen,  ausgucken  erscheint  nicht  mehr.  ahd. 
hxesz  es  bei  Willeram  16,  25  sihet  üj  den  venstron  unde  war- 
tet üj  von  den  linebergon,  wo  freilich  -die  partikel  ganz  un- 
gebunden sieht. 

2)  da  der  ausschauende  zugleich  wartet,  erwartet,  und  spe- 
ctare  sieh  unmittelbar  berührt  mit  exspeclare,  ist  auch  intransi- 
tives auswarten  =  warten,  ausharren,  ausdauern: 

wart  aus,  steh  Test  gleichwie  ein  maur! 

RiiNGWALD  geistl.  lieder  83 ; 

wart  aus  I    evang.  G  2' ; 
wie  bald  sind  acht  tage  vorbei,  damit  haben  sie  ausgewartet, 
und  unser  wort  musz  gehalten  werden.  Weise  com.  probe  273. 

3)  transitives  auswarten  =  exspeclare,  bis  zu  ende  aus  war- 
ten, aushalten,  stärker  als  envarten  uud  abwarten :  das  musz 
aber  auch  alles  im  glauben  erkennet  und  ausgewartet  sein, 
denn  er  zustoret  die  gewaltigen  sobald  nicht,  als  sie  es  ver- 
dienen. Ldther  1,494'; 

den  krieg  wir  nicht  auswarten  mugn.    Atser  83* ; 
so  klein  und  zart  kein  vöglein  war, 
es  must  auswarten  grosz  gefahr.    froschm.  II.  2,  7; 
er  gibt  manches  trauerzeichen 
und  wartet  bei  mir  aus  so  manchen  ganzen  tag. 
Fleming  118; 
also   wartete  herzog  Jubil  die  erörterung  ihres  zweifeis  nicht 
aus.  LoHENST.  Arm.  1,50;  also  müsse  sie  das  verborgene  gc- 
sütze    des   verhängnüsses    nur  auswarten.    2,  988;    ich  werde 
meine  lobrede  nicht  auswarten.  Gellert  3,  269 ;  ich  will  ihn 
schon   auswarten   (länger  aushalten  als  er);   die  predigt  aus- 
warten, bis  zu  ende  hören; 

die  mengen  der  feinde 

warten  den  anfall  nicht  aus.    Wiela.>d  16,  128; 

es. ist  schade,  dasz  sie  diese  letzten  schönen  tage  nicht  noch 
in  Jena  ausgewartet  haben.  Schiller  an  Güthe  518". 

4)  auswarten  mit  dem  gen.  entspricht  unserm  beuligen  war- 
ten oder  abwarten: 

das  Podagra  der  bawren  schont, 
nur  bei  reichen  und  edeln  wont, 
die  haben  sein  wol  auszuwarten.    H.  Sacus  I,  156*; 

bis  zu  ende  des  rechtens  auswarten.  Brandenb.  kämm.  ger. 
ordn.  von  1516;  wird  aber  kais.  maj.  nicht  gelegen  sein,  sol- 
ches langwierigen  gesprächs  diesmal  auszuwarten.  Mela.nchth. 
4,  129 ;  damit,  hoETen  sie,  wollen  sie  dieses  Sturmwinds  aus- 
warten- 6, 132 ;  golt  begegnet  allen  menschen,  wenn  er  sie  zu 
einem  stand  ordnet,  darinnen  sie  bleiben  sollen  und  dessel- 
bigen  auswarten.  Acricola  spr.  13;  dieses  Stands  und  gött- 
lichen berufs  so!  er  auswarten.  712;  er  (Luther)  wil  uns  al 
reich  machen  mit  dem  glauben  an  Jesum  Christum,  des  kan 
Witzel  nicht  auswarlen,  er  sihet  in  rem  presentem,  nach  dem 
Judasbeutel.  Albeels  wider  J.  Witzeln  C4';  diewcil  ich  mei- 
nes febers  auswarten  muste.  .Mich.  Neander  bedenken  9;  welche 
auch  on  underlasz  irs  ampts  mit  pfeifen  und  tromraen  zu 
schlagen  auszuwarten  haben.  Ftiossp.  kriegsb.  l,  hl' ; 

aber  er  wolt  nicht  sitzen  nider, 

wolt  auch  keins  warten  aus, 

er  gieng  dann  vor  mit  im  hernider 

in  sein  liechilinster  haus.    Garg.  11; 

indem  er  der  verdäuung  seiner  eingenommnen  speis  auswarlet. 

175";    der   (quorum   falconum)    auszuwarten    Sicuran    groszer 

meisler  war.  Bocc.  1, 122' ; 

allhie  wohn  du  dem  turnier  bei, 

und  wenn  du  dessen  aus  wirst  warten, 

so  reit  mit  hin  bis  gen  Garten.    Avher  230*; 

glückhan  seiner  kämpf  auswarlen.    242*; 

des  Streites  auswarten.  Lohesst.  i4r«i.  l,  1302.  2,  789. 

5)  auswarten,  geht  wie  warten,  aufwarten  über  in  den  begrif 
des  pflegens,  der  schauende  hütet  und  schützt;  dieser  ßgung 
war,  zumal  wenn  die  pflege  etwas  lebendiges  betriß,  ein  daiiv 
angemessen:    da   wir   dem   bauch  und  gailen  leib  auswarten. 


Keisersb.  has  im  pf  Aa  5' ;  dem  federspiel  auswarten.  Bocc.  1, 116'; 
wie  ein  leibeigner  knecht  seinem  herrcn  auswarten.  Petr.  26' ; 
und  warten  ir  (der  frau)  beid  fleiszig  aus.  fasln,  sp.  388,  6; 
wenn  er  auswartet  seinem  gaul.  H.  Sachs  II.  4,  3'. 
aber  auch  Sachen  stehn  im  daliv:  das  wir  solcher  parleien 
bändeln  nicht  stattlich  genug  auswarten  mögen,  reichsabsch. 
von  1512.  5,  8 ;  dieselben  sollen  iren  ämtern  für  sein  und  mit 
getreuem  fleisz  auswarten,  kammerger.  ordn.  1521  §.  11 ;  damit 
er  des  reichs  obliegenden  sachen  soviel  desto  fleisziger  und 
statlicher  auswarten  mochte.  Lanz  Karl  5.  5.  475 ;  die  geist- 
lichen sollen  irem  kirchcnarapt  treulich  auswarten.  Fr\nk 
chron.  384";  auch  seinem  befelc^f  getreulich  ausgewart.  Reut- 
TER  kriegsordn.  147 ; 

nun  kerend  wider  heim  zuo  hus 
und  wartend  üwer  sachen  usz.    trag.  Joh.  E  3 ; 
du  habst  die  speis  all  aufgetragen 
und  ausgewartet  irem  zechen.    Scheit  gro6.  Gl; 
der  ein  wart  seinem  handel  aus 
mit  fleisz  örndtlich  in  seim  haus.    H.  Sachs  I,  441'; 
was  steht  ir  da?  geht  in  sein  garten 
und  thut  ewer  arbeit  auswarlen.    III.  1,  43'; 
nun  geh  hin  zu  dem  himelthor 
und  wart  aus  deinem  amt  wie  vor.    III.  1,241'; 
kan  nicht  auswarten  diesen  dingen.    III.  3,  29*; 
er  musz  auch  haben  ein  lustgarten, 
und  thut  allem  wollust  auswarten.    IV\3,  72*; 
als   dasz   sie   da  eim  losen  klosterpsalter  auswarten  musten. 
Garg.  256' ;  salbe  den  patienten  alsdann  wol  umb  die  wunden 
und  warte  den  sachen  sonst  fleiszig  aus.  WL'nrz  practica  119 ; 
man  musz  oftmalen  den  kriegssachen  auswarten,  es  gehe  und 
stehe  mit  der  wunden,  wie  es  wolle.  34t. 

6)  Verwechselung   des   gen.    und   dat.    ist  erklärlich,    da  die 
formen  oft,  namentlich  im  sg.  f.,  zusammenfallen,    man  findet 
den  gen.,  wo  besser  ein  dativ  stände,  z.  b. 
wolt  mir  der  pawr  die  groschen  geben, 
der  kont  ich  vast  wol  auswarten,    fastn.  sp.  109,  28; 
het  ich  darfür  würfet  und  karten, 
der  wolt  ich  fleisziger  auswarlen.    H.  Sachs  I,  18*; 
da  wird  dein  ausgwart,  wie  eins  herrn.    III.  2,  31*. 
umgedreht  vertritt  der  dat.  den  gen.  oder  acc. :  dasz  ich  in  hof- 
nung  der  zeit  und  dem  Verhängnisse  auswarten  solle.  Lohexst. 
Arm.  1,  543;    Mithridates   wartete   dem   blutigen  bürgerkriege 
nicht  aus.  1,  933.     auch  der  acc.  erscheint  statt  des  dat. 
ich  halt  innen  das  regimeni, 
das  ich  nicht  wol  auswarten  kan. 
mein  ampileut  lass  ichs  für  mich  than.    H.  Sachs  ü.  2,  8*; 

dieweil  aber  gedachter  N.  solchen  unscrn  befehl  nicht  zu  jeder 
zeit   selber  auswarten  mag.   Fronsp.  l,  26";    die  kranken  mit 
essen,  trinken,  arzenei  fleiszig  auswarten  lassen.  3,  200'.    aber 
schon   das    einfache   warten    schwankt   zwischen  gen.  und  dat. 
igramm.  4,658.660.699.)    im  Ambr.  Ib.  s.  216  liest  man: 
ein  becher  frei, 
wie  grosz  er  sei, 
wil  ich  euch  thun  auswarten, 
meint  das  bescheid  thun,   bis  zum  grund  aushalten? 

AUSWÄRTIG,  exterus,  ahd.  öjwertig  (Graft  1,  1004):  ob 
ich  einen  ort  finden  möchte,  wo  die  tugend,  vor  auswärtigen 
beleidigungen  sicher,  ihrer  eigcnlhümlichen  glückseligkeit  ge- 
nie-zen  könnte,  ohne  slth  aus  der  gesellschaft  der  menschen 
zu  verbannen.  Wielaxdi,  54;  Verbindung  und  trennung  mit  (!) 
auswärtigen  mächten.  2,  250 ;  nachdem  der  prior  einen  auswär- 
tigen ruf  angenommen.  Göthe  39, 107 ;  die  auswärtigen  ange- 
legenhciten;  der  minister  des  auswärtigen;  das  auswärtige 
amt,  the  foreign  office. 

AUSWÄRTIG,  adv.  foras:  dasz  man  dieselben  insgemein 
nur  auswärtig  sucht.  Günther  rorr.  s.  7. 

AUSWÄRTS,  adv.  foris,  foras,  extra,  ahd.  Ajwertes :  er  ist 
ein  bürgcr,  wohnt  aber  auswärts;  er  wohnt  hier  im  hause, 
iszt  aber  auswärts ;  er  hat  auswärts  (auszer  lands)  sein  glück 
gesucht;  der  vorrath  des  Verstandes,  weil  wir  ihn  nicht  aus- 
wärts suchen  dürfen,  kann  uns  nicht  verborgen  bleiben.  Kant 
2,  54;  diese  feine  lebcnsart  bestand  aber  darin,  dasz  er  sich 
um  nichts  bekümmerte,  sondern  auswärts  that,  als  sitz  er 
warm  zu  hause.  J.  Paul  fiegelj.  l,  151 ;  man  gieng  schon  von 
auswärts  die  hiesige  Universität  an.  Heyne  an  Joh.  Müller  Ul; 
von  auswärts  ist  die  nachricht  eingetrofl'en.  auswärts  geben, 
ponere  pedes  obliquos: 

ihr  könnt  vortrenich  auswArts  gehn.    Gellekt  1,  163; 
die  füsze  setzte  er  so  auswärts.  Weise  er;n.  54 ;  das  futter  aus- 
wärts wenden;  das  best  soll  man  auswärts  wenden.  Lehman.'« 
100 ;  das  neugepnlgte  silber  gebt  gleich  auswärts,  nach  auswärts. 


1011 


AUSWÄRTS —AUSWECHSELN 


AUSWECHSELUNG— AUSWEIDEN       1012 


AUSWÄRTS,  adj.  extrorsum  vergens:  die  vertrockneten 
schoten  des  lathyrus  furens,  nach  vollkommen  abgeschlossener 
reife  der  frucht,  springen  auf  und  rollen  sich  jede  nach  aus- 
wärlser  richtung  streng  zusammen.  Göthe  55, 125.  dies  kühn- 
gewagte  adj.  rechtfertigt  sich  durch  das  folgende  verbreitetere 
subslantivitm. 

AUSWÄRTS,  m.  ver,  printemps,  primavera,  gleichsam  das 
auswartende,  ausschauende  jähr,  man  sagt:  das  jähr  geht 
auswärts,  gegen  den  sommer,  wie  geht  einwärts,  gegen  den 
icinter,  der  auswärts  das  frühjahr,  der  einwärts  der  herbst. 
ScHMELLER  1, 117.  4,161.  in  MarbuTger  acten  von  1658:  nechst 
abgewichenen  auswärts  =  frühlings;  von  auswert  an  bis 
Christag.  Vilmar  in  der  hess'.  zeitschr.  4,  52,  wonach  in  Hes- 
sen auch  der  ähnliche  ausdruck  die  ausfart  vorkommt,  öslr. 
im  auswerts  {frühling)  die  felder  anbauen.  Hüfer  1,  51 ;  bair. 
also  mag  ein  embsiger  hauswirt  seine  traider  im  herbst,  win- 
ter  und  auswärts  oft  besichtigen.  Hoiiberg  2,  49';  im  auswärts 
um  ostern.  2,  6l';  des  hopfens  frühe  schöszlinge  im  auswärts. 
2,  66';  die  hengstlein  (von  den  escln)  rasen  und  wüten  im 
früling  dermaszen,  dasz  übel  mit  ihnen  auszukommen,  son- 
derlich wann  sie  im  auswärts  gute  weide  finden.  2,  m';  es 
ist  besser,  wann  man  sowol  im  früling  als  im  herbst  erst- 
lich eines  mit  dem  andern  (;/rü(ies  mit  dürrem  faller)  nach 
und  nach  vermischet,  und  immerdar  im  auswärts  des  dürren 
und  gegen  den  winter  des  grünen  weniger  gibt.  2,  266";  im 
auswärts  um  liechtmessen  oder  in  der  fasten.  2,  480';  im 
auswärts  gegen  dem  merzen  und  april.  2,  506'.  in  der  Schweiz 
scheint  das  wort  ungebräuchlich,  aber  aus  Baiern  und  Steier 
mag  es  sich  nach  Kärnten  erstreckt  haben,  wo  man  ein  slove- 
nisches  vigred  {von  vi  aus  und  gresti  gehen,  gredem  ich  gehe) 
bildete.  Jarnik  slov.  etymol.  225*.  Mürko  slov.  wb.  707,  ausgang 
=  frühling,  die  übrigen  Slaren  haben  das  wort  nicht,  auch 
unser  frühling  scheint  vom  adv.  frühe  abzustammen,  vgl.  aus- 
tag und  der  marschall  Vorwärts. 

AUSWASCHEN,  eluere,  nnl.  uitwasschen, 

1)  das  zeug  musz  in  kaltem  wasser  ausgewaschen  werden; 
die  wunde  auswaschen;  ein  gefäsz  auswaschen;  schmutz, 
flecken  auswaschen;  die  den  brandllecken  ihrer  ehre  in  mei- 
ner schände  auswaschen  würde.  Schiller  187 ;  alte  freunde 
und  bekannte  habe  ich  auch  wieder  gesehen,  so  wie  einige 
vorzügliche  kunstwerke,  die  mir  die  äugen  wieder  ausgewa- 
schen haben.  Götiie  an  Schiller  258;  er  ist  in  meiner  erin- 
nerung  ganz  ausgewaschen ;  das  wasser  hat  an  dieser  stelle 
das  ufer  ausgewaschen;  höhlungen,  welche  die  flut  in  dem 
ersten  dieser  hügel  ausgewaschen.  Humboldt  ans.  der  nal.  1, 269 ; 

dasz  wir  sie,  wie  ein  flusz  am  ufer  sand  und  erden 
schier  ohn  empfindlichkeil,  im  gninde  waschen  aus. 
Lohenstein  Arm.  19. 

2)  effutire,  divulgare,  ausplaudern :  die  sache  ist  schon  aus- 
gewaschen ; 

auf  das  es  mög  verschwiegen  bleiben 
bei  mägd  und  knechten  in  dem  haus, 
die  alle  ding  sonst  waschen  aus.    H.  Sachs  II.  1,40'; 
lasz  mir  das  mcsser  und  die  taschen, 
man  wird  mich  sonst  genug  auswaschen, 
Ich  musz  mich  Schemen  vor  allen  mannen.    11.  4,  28'j 
du  wäschest  nimmer  aus,  wann  einer  was  verbrochen. 
Opitz  2,  437 ; 
plaudern,  auswaschen  und  rühmen.  Äeframme  59. 

AUSWÄSSERN,  aqua  infusa  liberare  sale,  sordibus:  dörr- 
fleisch,  Stockfische  auswässern. 

AUSWATEN,  permeare,  durchwaten: 

wir  sein  auch  sulch  gesellen, 

das  wir  prCitzschcn  auswaten  wellen,    fasln,  sp.  788,  18; 

man  sieht  cj  g(?n  dem  Affenlal  üjwalen.    Hadamar  444,  5. 

AUSWATSCHELN,  anatis  in  viodum  inccdere,  scheint  forl- 
bildung  des  vorigen. 

AUSWEBEN,  pcrlexere,  fertig  weben:  ich  sag  aber,  man 
spinnt  und  zctict  da,  das  man  darnach  auswebl.  seh.  u.  ernst 
372 ;  das  bild  von  vater  und  kind  ist  in  der  epistel  mit  einem 
andern  gar  fein  verschlungen  und  in  die  passendste  allegorie 
ausgewebt.  Wielands  Horaz  1,  326. 

ACSWECHSEL,  m.  cnmmutatio:  auswcchscl  des  gcldes,  der 
gefangnen,    bergmännisch,  die  Zimmerung  im  Schacht. 

AUSWECHSELHAUE,  f.  die  haue  des  steigers  beim  aus- 
wechsel  der  grübe. 

AUSWECHSELHAUER,  m.  der  den  auswechsel  herstellende 
bergmann. 

AUSWECHSELN,  commutare,  austauschen,  nnl.  uitwisselen: 
feld,  waaren,  gefangene  auswcciiseln;  ein  mann  musz  gegen 


den  andern  ausgewechselt  werden ;  er  war  heute  wie  aus- 
gewechselt (s.  ausgetauscht);  geisein  auswechseln,  berg- 
männisch,  den  Schacht  auswechseln,  von  frischem  bezimmern. 
figürlich,  gedanken,  herzen  auswechseln,  austauschen,  ein  in 
die  runde  laufender  und  auswechselnder  perpendicul,  welcher 
die  gleichste  mensur  von  der  zeit  machet.  Bechers  narr,  weish. 
vorr.;  wenn  wir  jetzt  brüst  gegen  brüst  und  Schicksal  gegen 
Schicksal  auswechseln  sollten.  Schiller  204 ;  was  die  bewoh- 
ner  ihrer  {der  well)  verschiedenen  tkeile  gegen  einander  aus- 
wechseln. Göthe  24,  30 ; 

bist  du  denn  ganz  verwandelt*  äuszerlich 
erscheinst  du  mir  die  vielgeliebte  selber, 
doch  ausgewechselt  ist,  so  scheinis,  dein  herz.    9,  355. 

AUSWECHSELUNG,  f  commutatio,  jetzt  üblicher  als  aus- 
wechsel.   auswechselung  des  papiergelds  gegen  silber. 

AUSWEDELN,  fiabßlo  exstinguere,  auswehen :  ein  licht  aus- 
wedeln. 

AUSWEG,  m.  exitus,  nni.  uitweg,  enjLwayout:  ich  konnte 
aus  dem  wald  lange  keinen  ausweg  finden;  aus  dem  bren- 
nenden hause  kein  ausweg  mehr; 

da  wird  es  nacht  vor  meinen  sinnen, 

nichts,  nichts,  kein  ausweg,  keine  hülfe, 

keine,  im  ganzen  umkreis  der  natur.    Schiller; 

gestern  auf  Herisau  und  heute  wieder  heim,  auf  dem  aus- 
wege  (hinwege)  hatte  ich  ein  stück  weit  einen  reisekameraden. 
der  arme  mann  im  Tockenb.  252 ;  aus  dieser  Verlegenheit  gab 
es  nur  einen  ausweg;  auf  vernünftige  auswege  sinnen;  aus- 
wege  und  mittel ;  ausweg,  durch  den  man  der  consequenz 
auszuweichen  sucht.  Kant  2,  349.    vgl.  ausflucht,  auskunft. 

AUSWEGEN,  s.  auswägen  und  auswiegen. 

AUSWEGER,  m.  ponderator.  Garg.  247'. 

AUSWEHEN,  flando  exstinguere,  nnl.  uitwaaijen :  du  wehst 

mir  das  licht  aus;  der  wind  weht  die  fackel  aus; 

kein  erdensturm  vermag 

die  fackel  auszuwehen.    Jacobi  öHeHei  7; 

auch  hinaus,  heraus  wehen:  weil  nun  das  in  sich  selbst  schon 
zwistige  Rom  so  wenig  als  ein  groszer  leib  die  ruhe  länger 
vertragen  konnte,  ward  es  lüstern,  die  zwirbelwinde  seiner 
ehrsucht  über  den  luftigen  alpen  auszuwehen.  Lohenst.  Arm. 
1,  895 ;  der  stürm  hat  bäume  ausgeweht,  intransitiv,  exstin- 
gui:  das  licht  weht  aus;  die  fackel  ist  ausgeweht. 
AUSWEICHEN,  excedere,  deflectere,  nnl.  uitwijken: 

1)  aus  dem  wege  weichen:  weich  aus!  ausgewichen!  zuruf 
der  fuhrleute; 

weich  aus!  was  wilt  du  hinnen  thon?    H.  Sachs  III.  3,  32'; 

ich  wil   durch   dein   land  ziehen,   und  wo  die  strasze  gehet, 
wil  ich  gehen,  ich  wil  weder  zur  rechten  noch  zur  linken  aus- 
weichen.   5  Mos.  2,  27 ;    der  fuhrwagen  musz  dem  postwagen 
ausweichen;  einem  betrunknen  soll  man  ausweichen; 
mein  fusz  wich  oft 
von  seinem  pfad  zur  seile  aus.    Giesekb  ; 
wie  oft  bin  ich  mit  zwang  dir  schamroth  ausgewichen. 
Geliert  1,  328. 

2)  aus  der  fuge  weichen:  das  holz  weicht  aus;  die  maucr 
ist  merklich  ausgewichen;  der  musiker  weicht  vom  grundton 
aus;  der  clavierspieler,  der  sonst  geduld  genug  hatte,  wüste 
nicht  mehr  in  welchen  ton  er  ausweichen  sollte.  Göthe  17,  234. 

3)  dem  stosz  ausweichen,  sich  ihm  nicht  blosz stellen:  weich 
aus !  ein  fechterausdruck. 

4)  aus  dem  besessenen  weichen:  weich  aus  von  mir,  böser 
geist ! ;  der  teufel  wich  aus,  fuhr  aus. 

5)  figürlich,  der  rede,  frage,  bitte,  Versuchung  ausweichen : 
da  setze  dich  hin  und  sprich,  aber  ohne  auszuweichen;  ich 
strebte  dieser  maszregel  auszuweichen;  es  wird  ein  gesetz 
verdreht,  ein  befehl  übertrieben  oder  {ihm)  ausgewichen.  Wie- 
land 6,  IX ;  ausweichende  antwort. 

AUSWEICHEN,  emollire,  erweichen,  nnl.  uitweeken:  gesal- 
zenes fleisch  ausweichen,  auswässern;  der  hcring  musz  in  milch 
ausgeweicht  worden;  der  regen  hat  den  hut  ganz  ausgeweicht. 

AUSWEfCHSCHlENE,  AUSWEICHSTELLE,  f  bei  eisen- 
bahncn. 

AUSWEICHUNG,  f  declinatio:  ich  glaube  nicht,  dasz  mich 
lady  durch  diese  auswcichung  noch  unruhiger  machen  wollen. 
Lessinc  2,  64 ;  zur  entkräftung  oder  auswcichung  des  gesctzcs. 
Wieland  31, 178;  in  der  Sternkunde  heiszt  auswcichung  der  win- 
ket, unter  welchem  ein  planet  von  der  sonne  fern  zu  sein  scheint. 

AUSWEICHUNG,  f  cmoltitio,   emulsio. 

AUSWEIDEN,  in  zwei  verschicdncn  hedrutungen, 

l)  fi'i'sccrare,    ein  wild  aufbrechen,  auswerfen,  aus  ihm  das 


1013 


AUSWEIDNEN — AüS\\T:ISEN 


AUSWEISEN — AUSWENDIG 


1014 


eingcweide  nehmen:  bern  ausziehen  und  ausweiden.  Pe<r.  30'; 
ein  reh,  einen  hasen  ausweiden ;  der  unausgeweidete  passagier 
(«n  rehkalb),  i.  Paul  Siebenk.  1,  S  ; 

der  junge  schach  yerbot 
in  Zukunft  die  mooarcben  auszuweiden.    Pfeffel  3, 117. 

figürlich,  ausgeleerte,  ausgeweidete  seelen.  J.  Pacl  Fibel  4; 
es  war  biosz  ein  iioliles,  ausgeweidetes  veiierbuch.  jubeisen. 
104.    s.  ausweidnen. 

2)  depascere,  abweiden,  nnl.  uitweiden :  diese  stelle  der  wiese 
ist  ganz  ausgeweidet. 

AUSWEIDNEN,  eriscerare,  exenterare,  vgl.  ahd.  weidanön 
pascere  (Graff  1,  775):  Masimilian  gebot  auch,  das  man  in 
nach  königlicbem  brauch  nit  soll  ausweidnen.  Fba.m  chron.  216' ; 

Murguland  todten  leib  nemen  mit, 

ausweidnen  und  wol  palsamiern.    AtkerSOS*; 

da  schickt  im  der  bofmeister  dar 

ein  brief  in  eim  ausgweidenten  basen.    H.  Sachs  1, 134*. 

AUSWEIDUNG,  f.  evisceratio :  einen  groszen,  den  man  nach 
der  ausweidung  im  tode  aufs  paradebette  legen  sollte.  J.  Pacl 
Hesp.  2,  39.  ausweidung  der  hirsche,  franz.  la  curee,  mhd.  curie. 
Trist.  76, 1. 
AUSWEIFEN,  absohere  glomeralionem.  SnELE«  2451. 
AUSWEIGERN,  sich,  abnuere  desinere :  und  wenn  man  sich 
zu  lange  weigert,  so  gibt  es  leute,  die  uns  unrecht  verstehn 
und  nicht  warten  wollen,  bis  wir  uns  ausgeweigert  haben. 
J.  E.  Schlegel  2,  432. 

AUSWELNEN,  efflere,  nnl.  uitweenen, 
1)  desinere  flere: 

wenn  da,  mein  ange,  nun 
lang  über  meines  lebens  scbicksal, 
brecbend  im  tode,  nun  ausgeweint  hast. 

Elopstock  1,  40; 
und  wir  singen  schöne  lieder, 
und  wir  haben  ausgeweint.    Jacobi  a//crlet  68 ; 
wir  ßnden  einst,  wenn  jeder  ausgeweint, 
uns  wieder,  um  uns  nie  zu  trennen.    Göei^gx  2,  13. 

J)  ttttiari  laerimis,  satt  «einen :  ach  das  herz  bricht  mir, 
ich  mnsz  mich  entfernen,  ich  musz  ausweinen.  Götter  2,  3",>5  ; 

einmal  ist  sie  munter,  meist  betrübt, 

einmal  recht  ausgeweint, 

dann  wieder  ruhig,  wies  scheint.    Göthe  12,  174; 

sie  schlief  zuletzt,  bewegt  und  ausgeweint,  wie  sie  war,  in 
ihren  kleidern  ein.  20,  98 ; 

als  sie  nunmehr  sich  gesättigt  des  toH  ausweinenden  grames. 
Voss  Od.  19,  213 ; 
ausgeweinte  angen  {die  ausgeweint  haben).  Müsaecs  2,  81. 

3)  sich  ausweinen,  dasselbe: 

wein  dich  aus,  du  volles  herz!    GöKi.t«  3,  187; 
und   mich   auf  deinen   bänden   über  alle  das  entbehren  aus- 
zuweinen. Göthe  21, 12 ;  geliebter,  theurer,  lasz  mich  jetzt  aus- 
weinen. Fh.  Müller  2,  213;  das  ausgeweinte,  durch¥erzweifelte 
herz  sank  in  ermattung  hin.  Göthe  10, 167. 

4)  transitiv,  ich  hab  schier  meine  äugen  ausgeweinet.  klagl. 
Jer.  2,  11;  eine  seele,  die  ihre  äugen  schier  ausgeweinet  hat. 
Baruch  2, 18 ;  weine  reuelhränen  aus.  pers.  baumg.  9,  5 ; 

nur  einmal  noch 
die  Tromme  kreatur  zu  sehen,  die 
nicht  ruhen  könne,  bis  sie  ihren  dank 
zu  seinen  rüszen  ausgeweinet.    Lbssitcg  2.  196; 

ich  hätte  mich  zu  deinen  fiiszen  werfen,  stumm  meinen  schmerz, 
meine  reue  ausweinen  wollen.  Göthe  10,  90 ;  in  dem  beklem- 
menden Jammer,  den  du  ehmals  so  oft  in  meinen  busen  aus- 
geweint hast.  10,  102;  bitterlich  ausweinend  ihren  kummer. 
Fr.  Müller  2,215;  o  lasz  mich  mein  leben  an  deinem  busen 
ausweinen.  KlisgErs  th.  3,  377. 

AUSWEIS,  m.  probalio,  demonstratio,  nachweis:  der  ver- 
langte ausweis  wird  hiermit  gegeben;  nach  ausweis  der  rech- 
nung;  nach  ausweis  eines  beliebten  Journals.  Göthe  31,  230; 
ein  reisender  ohne  ausweis,  legilimation. 

AUSWEISEN,  in  doppeltem  sinn, 

1)  indicare,  demonslrare,  nnl.  uitwijzen:  das  urteil  auswei- 
sen, aussprechen.  Haltac?  87 ;  daruf  der  scheffen  komen  und 
erkant,  das  sie  von  altersher  uszweisen.  veisth.  3,  751 ;  erkannt 
und  ausgewiesen.  3,  746 ;  als  der  articul  ausweiset,  l,  471 ;  als 
der  brief,  als  das  recht  usweiset.  Magdeb.  veisth.  37;  doch 
weiset  das  worl  aus  ein  Zuversicht  gegen  got,  die  wir  allein 
auf  in  haben  sollen.  Luther  1,  68* ;  so  weit  ihr  verstand  aus- 
weiset Rectter  kriegsordn.  36 ;  wie  Adams  zweizipfeliger  beiz 
ausweist.  Garg.  117*; 

kan  niemand  doch  dein  hohes  lob,  • 

0  Hobeoloe,  recht  guug  ausweisen.    Weckherl.  369; 


Pbänicia  will  ich  wol  kleiden, 
wie  es  ihr  stand  wird  ausweisen. 


Atrer  418* ; 


ingleichen  haben  zu  der  apostel  zeiten  die  Christen  ihre  offene 
gemeine  kirche  gehabt,  wie  unter  andern  das  exempel  deren 
zu  Corintho  ausweiset.  Schoppics  69 ;  davon  wil  ich  keine 
pralerei  machen,  es  wird  sich  am  jüngsten  tage  ausweisen. 
589 ;  Schädel,  der  von  dreien  oder  vieren,  wie  die  leeren  eiser- 
nen spitzen  auswiesen,  sich  erhalten  hatte.  Göthe  24,  234; 
wie  der  nachtrag  ausweist.  Göthe  an  ScAi/Zer  407;  wo  es  sich 
dann  ausweiset,  dasz  hier  nicht  zu  wählen  sei.  Ka5t  7,  364; 
sich  über  geleistete  Zahlung  ausweisen;  es  wird  sich  auswei- 
sen ;  er  kann  sich  nicht  ausweisen,  legitimieren,  man  sagte 
ehmals  auch,  die  tochter  ausweisen,  aussteuern.  H.\ltac3  S7. 

2)  expellere,  aus  dem  land,  dem  ort,  dem  haus  weisen:  alle 
Protestanten,  die  im  slift  Salzburg  lebten,  wurden  ausgewie- 
sen; einen  säumigen  miethsmann,  widerspenstigen  schüler 
ausweisen;  defensive  ausweisen  oder  eintreiben.  Garg.  210'; 
zu  dem  haus  ausweisen.  Boec.  l,  147*. 

AUSWEISLICH,  demonstrabilis :  der  schultheisz  fragt  den 
genchtsmann,  ich  firage  dich  bei  deinem  eid,  den  du  gott  ge- 
schworen hast,  umb  eine  ausweisliche  frage  {d.  i.  die  leicht 
gewiesen  werden  kann).  Reütter  kriegsordn.  Z9. 

AUSWEISLICH,  adv.  nach  ausweis. 

AUSWEISUNG,  f.  nach  den  bedeutungen  des  ausweisens, 

1)  demonstratio:  ausweisung  des  rechtes,  pronuntiatio  sen- 
tentiae.  Haltacs  88;  nach  des  rechtes  auswisunge.  Magd, 
weisth.  3;  nach  ausweisung  der  alten  rollen,  weislh.  L,  623; 
iren  ausweisungen  zu  geleben  und  volg  zu  tun.  beschl.  des 
reichsreg.  von  1501  §.  2 ;  fragt  der  schultheisz  einen  der  gerichts- 
leut  umb  eine  ausweisung  und  urtheil.  Kirchhof  mil.  disc.  224. 

2)  expulsio :  ausweisung  der  Protestanten,  des  schülers ; 
besser  der  kröne  ganz  entsagen,  als  sich  von  bauem  die  aus- 
weisung des  einzigen  sohnes  vorschreiben  lassen.  Dahlxax.n 
ddn.  gesch.  1,  230 ;  polizeiliche  ausweisung. 

AUSWEISZAGE.N,  finem  facere  vaticinandi:  und  da  er  aas- 
geweiszagt  hatte,  kam  er  auf  die  höhe  (tulg.  cessavit  prophe- 
tare  et  venit  ad  excelsum).  1  Sam.  10, 13.    s.  weiszagen. 

AUSWEISZEN,  dealbare:  ein  zimmer  ausweiszen. 

AUSWEITEN,  laxare,  dilalare:  ein  loch  ausweiten,  weiter 
machen;  die  schuhe,  handschuhe  weiten  sich  schon  aus;  wir 
wollen  zusammen  wohnen,  ohne  das  hält  ich  des  guten  men- 
schen gewissenhafte  häuslicbkeit  zeither  schon  gern  ein  bis- 
chen ausgeweitet.  Göthe  7, 133 ;  durch  die  fortdauernde  theil- 
nahme  an  Shakespeares  werken  hatte  ich  mir  den  geist  aus- 
geweitet. 26, 199 ;  mein  gemüt  ist  nun  durch  das  viele  sehen 
und  erkennen  so  ausgeweitet,  dasz  ich  mich  auf  irgend  eine 
arbeit  beschränken  musz.  29,  122;  wir  haben  recht  schöne 
grosze  Sachen  entdeckt,  die  der  seele  einen  schwung  geben 
und  sie  in  der  Wahrheit  ausweiten,  an  fr.  von  Stein  l,  334 ; 
unser  hofaungsreicher  Fritz  musz  aber  vor  allen  dingen  in 
die  Stadt  hinein,  um  seinen  sinn,  sein  gemüt  auszuweiten. 
TiECK  nov.  Ar.  2,  8 ;  man  musz  das  herz  eben  so  ausgeweitet 
haben  wie  den  köpf.  J.  Pacl  uns.  löge  ni;  ein  karpfen  von 
vier  pfund,  so  lange  gefüttert  im  Tischkasten,  so  geschickt  aus- 
geweitet (?  ausgeweidet).  Hesp.Z,bO. 

.\  US  WELKEN,  exsiccari,  was  abwelken. 

.\USWENDEN,  adhibere,  erogare:  was  aber  werhaftigcr 
stücke,  sollen  verwart  und  also  fiirder  nach  ermessunge  der 
zehen  Vorsteher  für  die  armen  ausgewandt  werden.  Lcther  2. 264*. 

AUSWENDIG,  exlemus,  exterus,  exlraneus,  nnl.  uitwendig, 
gegensatz  des  inwendigen.  lum  gründe  liegt  ein  von  wenden 
oder  noch  besser  von  wand  abgeleitetes  wendig,  da  sich  aber 
die  begriffe  enden  und  wenden  nahe  berühren  (m.  s.  ende), 
könnte  das  schwierige  und  mehrdeutige  ahd.  ü^anuntic,  ü^an- 
entic  (Graff  1,  539)  einßusz  auch  auf  auswendig  gehabt  ha- 
ben, doch  das  ahd.  innenewendiun,  u^enewendiun  theru  gra- 
sceffi  bei  Pertz  3,  261,  intra,  extra  comitatum  ==  tntra,  extra 
parietes  comitatus  hiszt  über  jenen  Ursprung  keinen  zweifei. 
in  dem  anfang,  do  die  clöster  erst  aufgestift  wurden,  do  wa- 
ren si  nitt  als  ganz  beschlossen,  sie  mochten  auszgon,  und 
gieng  der  ganz  convent  herausz  in  die  kirchen,  und  was  nitt 
mer  dann  der  underschlag  zwüschen  den  innwendigen  und 
den  auszwcndigen.  Keisersb.  has  im  pf.  .\a5';  auch  so  einer 
aus  dem  bof  in  fremden  landen  auswendig  (abwesend)  were, 
und  kerne  widerumb  in  62  jaren  ..  so  soll  man  inen  beilas- 
scn,  und  ein  inwendigen  hinnent  32  jaren.  weisth.  2,  240; 
wenn  ein  auswendiger  sprüch  setzet,  3,  642;  inwendig  und 
auswendig   dienst.    Befith.  v.   Ch.  49,  2;    nit  allein  inwendige 

64» 


1015 


AUSWENDIG 


AUSWERDEN — AUSWERFEN 


1016 


rew,  sondern  auch  auswendige  puosz.  53,  5;  auf  das  auch 
das  auswendige  {alid.  thaj  dar  ujjana  ist)  rein  werde.  Matlh. 
23,  26 ;  so  musz  gott  seine  creatur  so  wol  im  allerinwendigsten, 
als  im  allerauswendigsten  machen  und  erhalten.  Lutuer  3,351*; 

und  ist  nicht  alles  gold  das  gleiszt. 

dann  oft  durch  auszwendigen  schein 

musz  manclier  lang  ein  beiiris  sein. 

Scheit  grob.  C4; 

alle  meine  aus-  und  inwendige  kräfte.  Schuppius  433 ;  die  aus- 
wendige grenze  des  dunstkrcises.  Kant  8,  299. 

AUSWENDIG,  adv.  foris,  foras,  extra,  extrorsum,  für  ausze- 
wendig,  wie  noch  das  volk  sagt,  s.  hernach  ausze,  auszenwendig, 

mhd.    der  mit  barmeherzekeit 
im  üzewendec  was  bereit 
zuo  des  vleisches  ougen.    pa«s.  Ä.  215,  32 ; 
daj  Maria  wrere  bereit 
im  an  diensies  arbeit 
üjevvendec  mit  der  hant.    333,  69 ; 
diu  zuo  im  an  die  tur  quam 
und  sin  ruofen  wol  vernam 
öjewendec  vor  der  want.    373,  51. 

nhd.  und  ist  auswendig  worden,  foras  exiil.  wmlh.  3,  752; 
wenn  unser  sele  ist  von  uszwendig  zu  uns  komen.  Keisersb. 
ehr.  bilg.  c.  3 ;  verpiche  sie  {die  kammern  des  kastens)  mit 
bech  inwendig  und  auswendig.  iMos.  6,14;  und  seit  sie  mit 
feinem  gold  überziehen,  inwendig  und  auswendig.  2  Mos.  25, 
11.  37,  2;  auswendig  wird  sie  das  schwert  berauben  und  in- 
wendig das  schrecken.  5  Mos.  32,  25 ;  fenster  inwendig  weit, 
auswendig  enge.  1  kön.  6,  4 ;  mit  blechen  inwendig  und  aus- 
wendig. 6,  30 ;  brief  beschrieben  auswendig  und  inwendig. 
Ez.  2,  10 ;  es  gieng  eine  maur  auswendig  am  hause.  40,  5 ; 
und  der  fürst  sol  auswendig  unter  die  halle  des  thors  tret- 
ten.  46,  2 ;  wiewol  sie  unter  sich  selbs  mit  dieben  und  aus- 
wendig mit  reubern  geplagt  sind.  Hosea  7, 1 ;  die  ir  die  becher 
und  schusseln  auswendig  (ahd.  ujjana)  reinlich  haltet,  inwen- 
dig aber  ists  voll  rauhes  und  fraszes.  Matth.  23,  25 ;  ir  plia- 
risäer  haltet  die  becher  auswendig  reinlich.  Luc.  11,  39.  40; 
denn  das  ist  niciit  ein  jüde,  der  auswendig  ein  jüde  ist.  Rom. 
2,  28 ;  allenthalben  waren  wir  in  trübsal,  auswendig  streit,  in- 
wendig furcht  (goth.  utana  vaihjons,  innana  agisa).  2  Cor.  7,  5; 
lasz  es  nur  auswendig  bleiben,  also  das  es  nur  umb  der  liebe 
willen  gehalten  werde.  Ldther  3,  264';  die  werk,  so  von  gott 
auswendig  der  gottheit  gemacht.  8,151";  warum  liesz  der  pfaf 
diejenen,  so  dermaszen  geschickt  waren,  nit  auswendig  shaus? 
Hütten  5,  193 ;  ein  gut  oder  meierhof,  den  Jacob  seinem  sun 
Joseph  gab  auswendig  seinen  brüdern.  Frank  wellb.  17l';  uf 
die  seit  auswendig  des  we^s.  Fierabras  C2;  uszwendig  der 
dorfe.  «jeJs//i.  2, 176;  in  seim  haus  ist  ein  jedes  frei,  auswen- 
dig verlassen.  Fischart  ehz.  46 ; 

denkt  ihr  niclit,  das  er  dort  zu  naclit 
auswendig  herkam  zu  der  niaurn?    Avrer235'; 
in  und  auswendig, 
vor  goll  und  menschen  rein.    Weckuerlin  287; 

sie  sollten  in  der  thüre  innerhalb  des  Vorraums  sich  halten 
und  allenfalls  ein  stück  brot  auswendig  (foras)  reichen.  Gothe 
30, 120. 

Dies  auswendig  bedeutet  uns  aber  auch  ano  aro/iaros,  ex 
corde,  engl,  by  heart,  franz.  par  coeur,  nnl.  bij  der  herten, 
ahd  licrzlicho  Kero  31',  aus  dem  köpf,  litt,  isz  galwos,  lett. 
no  galwas,  altpr.  iswinadu,  memoriler,  aus  dem  geddchlnis, 
schwcd.  urminnet,  litt,  alminlinay,  poln.  na  paml^d,  z  pami^ci, 
ahd.  fijana : 

tha;  sie  thes  biginnAn,  ij  üjana  gising(5n.  0.  I.  1, 109. 
das  altpr.  iswinadu  sollte  fast  dem  auswendig  nachgebildet 
scheinen,  da  hab  ich  {Johannes  Pauli)  ein  bawren  gekennl, 
ein  groben  kegel,  der  hiesz  Hans  Werner,  kundt  lesen  und 
kundte  schier  die  ganze  liibcl  auszwendig.  schimpf  und  ernst 
37;  kond  doch  den  Donat  uf  dem  niigeiin  uszwendig.  Tiio. 
Pi.ater36;  konte  auch  den  kleinen  kalechismum  Lullieri  auf 
ein  nagelchen  auswendig.  Scmweiniciien  1,  34;  das  sie  {die 
Pfaffen)  ire  zeit  {horas)  uszwendig  können.  Eulensp.  63 ;  seine 
Schriften  und  reimen  auswendig  lernen.  Garg.  71";  dasz  eis  im 
fiinn  in-  und  auswendig,  hindersich  und  fürsich  kont.  140'; 
da  reciliert  ers  auswendig.  173' ;  beides  die  nielodeien  und 
lieder  auswendig  lernen.  Simpl.  1,  303 ;  so  weisz  ich  ihn  {den 
minister)  auswendig.  Scuii.ikr  630 ;  wenn  iclis  auswendig  ge- 
lernt liahe,  ich  mich  den  ganzen  tag  damit  trage.  GOtiie  14, 
84 ;  einen  auswendig  {sehr  genau)  kennen.  KiiNnKH  12,  81.  nnl. 
gerade  so  van  buifen,  nit  liet  gehengen,  uitwendig.  aber  aus- 
wendig  kiinnen  ist  deutscher  und  aller  als  auswendig  wissen. 


AUSWERDEN  für  ausgehen,  vgl.  vorhin  auswendig  werden : 

erst  wil  dem  schimpT  der  boden  aus  werden. 
H.  Sachs  III.  3,  62" ; 

oder  sie  gehen  beide  hin  und  schlagen  die  geliebte  todt,  und 
wollen  beide  den  thron  haben,  so  kann  es  gar  nicht  auswer- 
den {das  Stück  nicht  zu  ende  gehen).  Lessing  7, 139 ;  oder  sie 
schlagen  beide  die  mutter  todt  und  wollen  beide  das  mäd- 
chen  haben,  und  so  kann  es  wiederum  nicht  auswerden. 
7,  140.  Luther  1,  427  sagt  da  wird  nichts  aus,  daraus  wird 
nichts,  daraus  kann  nichts  werden. 

AUSWERFEN,  ejicere,  excutere,  nnl.  uitwerpen. 

1)  den  teufel  auswerfen,  s.  austreiben  2: 

mhd.    der  tuvel  wart  dö  gräjen, 

dö  in  Syrus  nicht  üj  warf.    pass.  K.  409,  75 ; 

und  es  ward  ausgeworfen  der  grosze  drach,  die  alte  schlang, 
die  da  heiszt  der  teufel  und  satanas.  o/fenb.  Joh.  12,  9.  men- 
schen auswerfen,  in  Verbannung,  aus  dem  haus  treiben: 
wirf  aus  die  diern  und  ir  kind.  Schwarzenberg  156,  1 ; 
die  weit  hatte  mich  ausgeworfen,  wie  einen  verpesteten.  Schil- 
ler 710;  gleichviel,  wo  ich  diese  beiden  auswerfe  (au*'  dem 
schiffe  setze).  Klinger  4, 168 ;  ein  auf  einer  wilden  insel  jung 
ausgeworfener  naturmensch.  11,  324 ;  vorausgesetzt,  er  sei  nicht 
von  frühster  Jugend  auf  eine  einsame  insel  ausgeworfen  wor- 
den. 11,  97;  wa  die  brüder  zusamen  thun  und  werfen  den 
abt  zum  fenster  aus.  Garg.  95'. 

2)  von  innen  auswerfen :  speichel,  schleim,  blut  auswerfen : 
der  kranke  warf  stücke,  flocken  der  lunge  aus ;  gerunnen  blut 
auswerfen  wie  warastermel.  Simpl,  2,  474;  samen,  koth,  un- 
rat  auswerfen;  alles  was  zum  munde  eingehet,  das  gehet  in 
den  bauch  und  wird  durch  den  natürlichen  gang  ausgeworfen 
{ahd.  al  daj  in  mund  inget,  in  wamba  ferit,  inti  in  ftjgang 
wirdit  gisentit).  Matlh,  15,  17;  das  verschluckte  durch  erbre- 
chen wieder  auswerfen ;  dem  falken  zur  reinigung  federn  ein- 
geben, die  er  dann  mit  dem  gewell  wieder  auswirft,  weidw, 
2,  31' ;  der  mund  musz  es  brockend  auswerfen.  Wirsung  Cal. 
Cl';  das  meer  wirft  muscheln  und  pflanzen  ans  ufer  aus; 
aber  die  gottlosen  sind  wie  ein  ungestüm  meer,  das  nicht 
stille  sein  kan  und  seine  wellen  kot  und  unflat  auswerfen. 
Es,  57,  20;  der  Vesuv  warf  steine  und  asche  aus;  die  see 
wirft  wellen  aus: 

wo  seine  wellen 
mit  Sturme  wirfet  aus  mein  deutscher  ocean,    Fleming  113 ; 
werfen  von  in  aus  die  unart, 
darinnen  sie  klebten  so  hart.    H.  Sachs  II.  2,  89'. 

3)  von  auszen  auswerfen :  er  hob  einen  stein  auf  und  warf 
ihm  damit  ein  äuge  aus;  einem  drei  zahne  auswerfen;  wenn 
ein  burgermeister  oder  richter  straft,  so  wirft  man  inen  die 
fenster  aus.  Luthers  tischr.  401' ;  grenzsteine  auswerfen,  weisth. 
2,  163;  stein  auswerfen  mit  frevel.  2,  167;  als  weit  man  ein 
rciszaum  mit  dem  zügel  in  die  Mosel  auswerfen  kan.  2,  256 ; 
Unkraut  auswerfen,  atisreiszen;  aber  Belial  sind  allesampt  wie 
die  ausgeworfen  disteln,  die  man  nicht  mit  henden  fassen 
kan.  2  Sam.  23,  6. 

4)  ein  geschrei  der  tochter  Zion,  die  da  klagt  und  die  hende 
auswirft.  Jer.  4,31;  dasz  ihr  bände  voll  geld  unter  die  arme 
auswerfet.  Schüppius  748 ;  es  ist  vergeblich  das  netze  auswer- 
fen für  den  äugen  der  vogel.  spr.  Sal.  1, 17 ;  und  die  so  netze 
auswerfen  aufs  wasser,  werden  betrübt  sein.  Es.  19,  S ;  ich 
wil  mein  netz  über  dich  auswerfen.  £«.32,3;  derhalben  wer- 
fen sie  ir  netze  noch  imer  aus.  Ilabac.  1, 17 ;  far  auf  die  höhe 
und  werfet  ewer  netze  aus  {goth.  athalii})  [)u  natja  izvara). 
Luc.  5,  4;  auf  dein  wort  wil  ich  das  netz  auswerfen  {goth. 
vairpam  natja).  5,  5;  diese  buhlerin  hatte  schon  lange  ihr 
netz  nach  ihm  ausgeworfen ;  wurf  das  netz  aus.  Garg.  179' ; 
den  anker  auswerfen;  am  dritten  tage  würfen  wir  mit  unsern 
hünden  aus  die  bereilschaft  im  schilTe.  apost.  gesch.  27, 19. 

5)  der  silemann  wirft  seinen  samen  aufs  land  aus;  laszt 
uns  den  samen  auswerfen,  sehen  wir  ihn  auch  nicht  reifen, 
so  wird  er  zu  seiner  zeit  schon  auftreiben.  Klinger  4,  257 ; 
er  gieng  um  die  ncuigkeit  aus  seinem  siietuch  in  gutes  land 
auszuwerfen.  J.  Paul  llesp.  4, 162 ;  geld  mit  voller  band  aus- 
werfen ;  ein  lierr  der  das  ganze  jähr  titcl  und  biinder  an  alle 
weit  ausgeworfen,  die  alle  spräche  setzte  .itatt  des  acc.  den 
dat.  oder  instr.  {gramm.  4,  710.  711) :  mit  dem  stein  werfen, 
mit  dem  samen  werfen,  und  wenn  Luther  1,  362' .«(ijf.- ^lahen 
sie  den  gast  mit  dreck  wollen  auswerfen,  so  Idszt  sich  das 
umsetzen  in  dreck  auswerfen  an  den  gast. 

0)  abstract  bedeutet  auswerfen,  wie  abwerfen,  ertragen,  ein- 


1017    AUS  W£  RFEN — AUS  WICKLUNG 


AÜSWIEGEN  —  AUS  WIPFELN 


1018 


bringen  und  aussetzen:  groszer  herren  dienst  werfen  etwas 
aus,  wenn  nur  die  lierm  mittel  haben.  Scui'ppics  115;  die 
stelle  wirft  100  thaler  aus; 

auch  das  ist  in  der  kasse  stehn  geblieben, 

was  du  mir  einmal  ausgeworfen.    LBsst:«G  2,  235; 

dasz  ich  dem  preiswürdigen  erfinder  eine  jährliche  pension 
ton  25000  gülden  rheinisch  für  ihn  und  seine  ehelichen  lei- 
beserben  schöpfe  und  auswerfe.  Wieland  15,  353;  die  arm- 
selige pension,  die  man  uns  auswirft,  kann  kaum  gerechnet 
werden.  Tieck  ges.  nov.  5, 154. 

7)  intransitiv  steht  auswerfen,  wenn  der  acc.  unausgedrückl, 
aber  verstandeti  wird:  das  pferd  wirft  aus,  wendet  die  ßsze 
im  gehen  auswärts;  die  uhr  wirft  gut  aus,  trenn  ihr  pendel 
weit  schwingt;  auswerfen  unter  die  buhen.  Garg.  5l',  nemlich 
geld;  auswerfen,  den  ersten  wurf  im  kegel-  oder  Würfelspiel 
thun;  weidmännisch,  dem  hasen  auswerfen,  nemlich  das  ein- 
geweide,  ihn  ausweiden;  ein  schweinchen,  ausgeworfen  das 
eingeweid  {exemtis  visceribus).  weislh.  3,  760;  auswerfen,  sich 
erbrechen :  wenn  man  auch  ihnen  baumwollen  und  jamerhanf 
in  fleisch  verborgen  und  eingewickelt  eingibt,  dasz  sie  davon 
übergeben  und  auswerfen,  so  ist  inen  geholfen,  wetdw.  2,  27*. 
Speichel  oder  blut:  er  wirft  seit  einiger  zeit  stark  aus. 

8)  zumal  hiesz  es,  einem  thiere  orfer  auch  menschen  aus- 
werfen, nemlich  die  hoden,  es  verschneiden :  zu  diser  krank- 
heit  aber  ist  nichts  bessers,  ah  oft  und  vil  (blut)  gelassen, 
wann  man  aber  darmit  nit  gar  zu  hilf  kan  kommen,  so  soll 
man  dem  gaui  auswerfen,  wann  im  dis  nit  hilft,  so  wirt  im 
schwerlich  geholfen.  Sectter  rosarznei  73 ;  seinen  ehern,  widern 
soll  er  nicht  auswerfen  oder  verschneiden,  dann  im  wachsen- 
den mon.  Sebiz  4S;  die  Curetes  würfen  in  selbst  aus  {ent- 
mannten sich  selbst),  daher  sie  Galli  oder  verschnittenen  hie- 
szen.  AvEMix  ehr.  31; 

man  seh  I  im  auswerfen  sein  gail.    fastn.  sp.  7S5,  21. 

auch  einer  hündin  auswerfen,  weidwerk  1,  9".  rgl.  Schxelleb 
4,  151. 

AL'SWERFER,  m.  talpa,  Schjcid  im  schwäb.  wb.  hat  auwer- 
fer  ==  auswerfer,  aber  auch  auberderer,  andere  auweader. 
t.  auswürfel. 

AüSWESTEICS' ?  ein  zweifelhaßes,  nur  einmal  begegnendes 
wort:  sie  müssen  aus  unser  kirchen,  wir  wollen  sie  aus- 
westem  aus  dem  stuel,  darein  sie  stehen.  Lcthers  tischr.  39S', 
kaum  druckf.  ßr  auswerfen. 

AUSWEITEN,  abjungere,  exuere  e  jugo,  ausspannen,  vom 
allen  geweten,  anspannen,  ahd.  intwetan  abjungere  (Graff  1, 
73S):  denselben  liesz  er  zwen  seiner  besten  ochsen  vor  dem 
pflüg  auswätten.  Siettler  Schweiz,  gesch.  1,  29. 

AUSWETTERN,  s.  auswittern  3. 

AUSWETZEN,  exaeuere,  ausschleifen:  gesetzt,  dasz  sie  der 
eifer  ihre  vorige  mannheit  wider  zu  holen  bewegt  und  die 
scharten  auszuwetzen.  Kirchhof  mil.  disc.  181;  die  scharte 
ihrer  wafTen  öfters  auswetzen  müssen.  Simpl.  2,  79 ;  wofern 
er  die  scharte  auswetzen  würde.  Weise  kl.  leute  359 ;  durch 
alle  ersinnliche  dienstleistungen  dieses  mein  verbrechen  aus- 
zuwetzen, ehe  eines  mannes  26ö ;  sie- suchen  die  scharten  aus- 
zuwetzen. J.  Fall  Siebenk.  1,  99. 

AUSWICHSE.N,  cera  indueere,  dann  perculere,  verberare, 
ausstreichen,  ausprügeln.  J.  Pacl  uns.  löge  1,  69.  Fixlein  108, 
flegelj.  4, 117.    rgl.  abwicbsen,  aufwichsen. 

AUSWICKELN,  evolvere,  loswickeln:  das  kind  auswickeln, 
aus  den  windeln;  geld  aus  dem  papier  auswickeln;  die  haare 
auswickeln,  aus  dem  zopf  lösen;  sich  auswickeln,  aus  dem 
netz,  der  schlinge  lösen;  so  er  ein  bürge  ist  geworden  und 
gehet  mit  ranken  um,  dasz  er  sich  auswickele.  Sirach  29,  26 ; 
wo  der  zustand  knechtisch  ist,  wil  die  znngc  herrisch  sein, 
wird  sie  nicht  aus  knecbtschafl  aus,  wird  sie  mehr  »ich  wickeln  ein 

Lor.*o  2,  10,  90. 
in  Kamts  d//eren  tehrißen  beinahe  durchgängig  für  entwickeln : 
die  eindrücke  der  geisterweit  zum  klaren  anschauen  aus- 
wickeln. 3,  73;  alle  naturanlagen  sind  bestimmt  sich  einmal 
Tollständig  auszuwickeln.  4,  294 ;  seines  gleichen  erzeugen  und 
nicht  blosz  auswickeln.  6,  71;  die  natur  hat  sich  aus  dem 
chaos  ausgewickelt.  9,  323.     vgl.  aufwickeln  3. 

AUSWICKLUNG,  /".  entwicklung :  ich  will  die  auswickluog 
aller  dieser  kleinen  umstände  dem  leset  selbst  überlassen. 
Lesshc  4,  83;  so  einfach  ist  dieser  begrit,  dasz  man  nichts 
zu  seiner  auswickelung  (analysis)  sagen  kann.  Kant  6,  23;  die 
natürliche  Ordnung  der  auswickelung.  fi,  72 ;  die  auswickelung 
der  Ordnung  der  natur.  8,  229;   bei  einigen  menschen  bleibt 


es  bei  diesem  grade  der  auswickelung.  8,  367;  eine  periode 
der  völligen  auswickelung.  S,  368 ;  die  höchsten  gegenden 
sind  die  ersten,  die  dieser  auswickelung  der  natur  sich  zu 
erfreuen  hatten.  9, 10. 

AUSWIEGEN,  ponderare,  expendere:  bei  medicischem  ge- 
wicht, da  vier  unzen  ein  pfund  thun,  auswigen.  Garg.  ISO'; 
auf  dem  nasenmarkt,  da  man  die  nasen  ausniget.  247*;  Ga- 
lenus  reichthum  gibt,  Justinian  die  ehr  auswigt.  Schcppids 
705 ;  verdiente  ich  nicht  die  ausgewogensten  und  eindringUch- 
sten  schlage.  Tieck  14,  278.    5.  auswägen. 

AUSWIG,  gekürzt  von  auswendig:  auswig  der  Stadt.  Bres- 
lauer infectionsordnung  von  1568.  in  der  schlesischen  Volks- 
sprache äsbig:  immig  und  äsbig,  intra  et  extra,  wo  das  immig 
ebenso  ßr  inwendig. 

AUSWIMMERN,  fijiem  ejulandi  faeere: 

ausgewimmert  hat  allbier  der  kummer.    Bürceii  100'. 
AUSWINDELN,  evolvere  infanlem  fasciis :  nicht  etwa  in  der 
wiege,  und  auch  nicht  einmal  in  windeln,  sondern  ausgewin- 
delt.  Göthe  39,  51; 

wann  er  blank  und  bar, 
eulstantsperrückt,  entliaUkrausl,  ausgewindclt 
aus  seinem  groszea  amtsialar 
vor  mir  erschien.        Bcrgkr  106'. 

AUSWINDEN,  exlorquere,  ahd.  ftj  wintan  (Gbaff  1,  753), 

1)  die  Wäsche  ausringen: 

es  solt  ein  medlein  waschen  gan, 

ir  hemdlen  weisz,  ir  euglin  klar, 

sie  hört  ein  reuler  singen; 

sie  winket  mit  ir  schneeweiszen  band 

dasz  er  ir  hülf  auswinden.  Uhla.xd  2,52; 
das  eichenlaub  umb  den  hals  zu  bauchen,  zu  pläiiwcin,  zu 
Schlegeln,  zu  reiben,  auszuwinden.  Garg.  113';  sie  weinet,  dasx 
ein  thräne  die  ander  rührte,  und  von  denselbigen  hatte  sie 
ihr  fazinet  durch  stätigs  abwischen  dermaszen  angefüllt,  dasz 
man  es  auswinden  mögen.  Simpl.  2,  365 ;  "ich  bin  zum  aus- 
winden nasz'  icer  aus  starkem  regen  kommt. 

2)  ergata  levare,  mit  der  winde  heben :  ein  thor  auflaufe, 
so  dörft  ers  nicht  ausheben,  wie  Samson  die  stalthor  zu 
Gaza,  noch  auswinden,  wie  Grumbach  die  zu  Würzburg.  Garg. 
177';  der  wagen  versank  im  schlämm  so  tief^  dasz  er  ausge- 
wunden werden  muste. 

3)  aus  der  band  drehen,  entwinden:  einem  den  stock  aus 
der  band  auswinden;  den  degen  auswinden,  aus  der  band 
schlagen  ; 

dem  noch  kein  slärkerer  die  palmen  aufgewunden. 

GÜNTHER. 

4)  sich  aus  der  aehse  drehen:  so  wanne  ein  gemeinder 
frönen  und  pflogen  soll,  und  er  an  seim  pflöge  ein  lauen 
verloren  bette  und  das  pflograt  sich  auswinnen  mochte,  soll 
alsdan  der  arme  man  ein  rockenbrot,  so  grosz  dasz  man  ein 
loch  dardurch  machen  kund,  nehmen,  und  das  in  das  rat  in 
die  achse  siechen  und  alsdan  ferner  frönen,  arbeiten  und 
plogen.  und  so  sich  nu  das  brot  in  dem  ploge  verzerret  und 
damit  abgeetzt  mocht  werden  und  das  rat  sich  auswinne,  dau 
sol  der  arme  man  uszfaren  und  damit  den  tag  sein  fron  ge- 
tan haben,  weislh.  2,  262. 

5)  abstract,  einem  ein  geständnis  auswinden;  aller  klagen 
begehr  ich  euch  nicht  auszuwinden.  Opitz  2,  294; 

ihr  solt  nun  siracks  empfinden, 
der  princessin  den  kummer  umb  etwas  auszuwinden. 

.irg.  2,  394 ; 
dasi  bosbeit  sieb  der  straf  umbsonst  müht  auszuwinden. 
LoHBNST.  Epich.  120,  504. 
AUSWINDÜNG,  f.   mit  auswindung  aller  sachen,  die  mich 
betten  halten  mögen.  Oprrz  Arg.  2,  315. 

AUSWINTERN,  per  hiemem  serrare,  überwintern  :  das  rieh,  die 
bienen,  die  saat,  die  pflanze  auswintern ;  ein  bauer  mag  wol  12 
küw  auswintern.  MIJsster  856.  einen  knaben  auswintern,  in  der 
kälte  abhärten.  J.  Pacl  Fibel  19;  die  ausgewinterten  tage  un- 
serer liebe  schlagen  wieder  in  bluten  aus.  uns.  löge  l,  137; 
sich  auswintern,  Winterquartier  beziehen:  als  sich  die  vcne- 
tianische  flotte  ausgewintert.  Wiedemax.i  aug.  57.  ßtr  dies 
sich  auswintern  steht  auch  inlransitives  auswintern :  komme 
ich  in\  herbst,  so  hoffe  ich  bei  ihnen  auswintern  zu  können. 
Ha]IA!<m  7,  324.  einige  gebrauchen  es  tadelhaß  für  im  winter 
verderben:  das  körn  ist  ausgewintert,  erfroren;  von  der  nässe 
waren  die  meisten  gründe  ausgewintert,  verdorben,  die  taat 
war  ausgegangen. 

AUSWIPFELN,  arbores  eacumine  praecidere:  die  b.lume  aus- 
wipfeln.  man  sagt  auch  wein,  hier  auswipfeln,  durcA  ausge- 
hängte fichtenwipfel  feil  bietem. 


1019        AUSWIRKEN  — AUSWISCHLEIN 


AUSWITTERN  —  AUSWÜHLEN 


1020 


AUSWIRKEN,  conficere,  perficere,  nnl.  uitwerken,  vgl.  aus- 
machen, ausarbeiten. 

1)  bei  den  hufschmicden,  den  huf  des  pferdes  auswirken, 
das  pferd  auswirken,  den  huf  mit  dem-  wirkmesser  ausschnei- 
den, wegschneiden:  so  brich  das  eisen  ab  und  lasz  den  huef 
wol  auswirken.  Seuter  308 ;  mit  dem  auswirken  ist  eine  kunst, 
dasz  man  weder  zu  viel,  noch  zu  wenig  ausschneide,  und 
das  eisen  also  genau  einrichte,  dasz  es  recht  aufiige.  HoBBEnc 
2, 138. 

2)  weidmännisch,  den  hirsch,  die  sau  auswirken,  zerwirken, 
aus  der  haut  nehmen  und  zerlegen. 

3)  den  teig  auswirken,  nach  dem  kneten  nochmals  durch- 
arbeiten. 

4)  die  bienen  wirken  den  honig  aus:  die  gewonnenen 
fruchte  sorgsam  dürren  und  in  selbst  ausgewirktem  honig  ein- 
machen. Arnim  kroiienw.  1,  90.  der  weber  hat  ausgewirkt, 
sein  gewehe  vollendet. 

5)  abstracl,  nach  der  dritten  bedeutung:  mhd.  er  enweij  kei- 
nen gedank,  er  werde  denne  etwd  mitte  üj  gewürket.  myst. 
275,  6 ; 

nhd.  wer  nimmer  nichts  versucht,  der  weisz  nicht  was  er  kann, 
die  Übung  würkt  uns  aus,  versuch  der  führt  uns  an. 
LOGAU  2,  2,  73  ; 
sie    können   durch    lange   iibung   besser   ausgewirkt  werden. 
LoHENST.  1,  740 ;  wiewol  uns  künste  und  Wissenschaften  solche 
Sitten  mit  einem  reinem  und  bessern  nachdenken  auswürken 
helfen.    Schoch   Studentenleben  A;    grosze    thaten   auswirken. 
LoHENST.  >lr»?i.  1,  520 ;  bosheiten  auswirken,  unw.  doct.  189. 

6)  auswirken,  ausrichten,  erlangen,  bewirken:  einen  befehl, 
ein  arat,  eine  gnade  auswirken;  dem  guten  menschen  musz 
gewis  viel  daran  gelegen  sein,  dasz  er  briefe  ausgewirkt,  die 
nichts  geheiszen.  Weise  erin.  102 ;  was  sollte  der  ganze  streit 
auswirken?  Herder  10,  281;  das  kann  der  grosze  mahler  durch 
seinen  pinsel  auswirken  und  bekräftigen.  Tieck  Sternb.  1,  346. 

7)  auswirken,  vollständig  wirken:  man  musz  die  arznei  aus- 
wirken lassen. 

8)  sich  auswirken,  se  exsolvere:  sich  auswirken  von  dem 
gerichte,  sieh  von  der  peinlichen  klage  ledigen,  belege  bei 
Haltaüs  88.  ist  aber  jemand  dieser  last  müde  lehre  zu  er- 
halten und  will  mit  einem  schein  sich  auswirken,  der  thue 
solch  erbieten  auf  sich.  Melanchthon  6,  45. 

AüSWIRKLICH ,  efßciens:  der  Ursprung  ist  die  sonn,  die 
auswürkliche  kraft  ist  die  wärm.  Frank  4, 160. 

AUSWIRKUNG,  f.  item  sie  {die  Jacobiten)  glauben,  das  nit 
mer  dann  ein  natur  und  auswirkung  in  Christo  sei  gewesen. 
Frank  weltb.  137' ;  des  göttlichen  worts  Ursprung  ist  der  vater, 
und  des  worts  auswürkung,  gaist  und  kraft  wirt  der  h.  gaist 
genent.  4, 160. 

AUSWISCHEN,  abstergere,  nnl.  uitwisschen, 

1)  die  äugen  ausvrischen,  lacrimas  extergere;  sich  die  äugen 
auswischen,  trocknen,  der  arme  mann  im  Tockenb.  299 ;  einem 
andern  die  äugen  auswischen,  ihn  tüchtig  zahlen  lassen;  meine 
äugen  sind  selbst  gut  ausgewischt.  Göthe  in  Böttigers  lit.  zust. 
2, 148 ;  die  ehren  auswischen ;  das  Schlüsselloch,  die  kanone. 
einen  auswischen,  ihm  den  köpf  waschen. 

2)  die  Schüssel,  das  gefäsz  auswischen ;  die  brQhe  mit  brot 
auswischen,  aufwischen;  die  schuhe  auswischen,  beim  eintritt 
ins  haus: 

auswischens  solt  dich  nicht  befleiszen.    Scheit  ^roft.  ß2; 
was  sohus  ißtzund  wischen  aus? 
bald  gestu  wider  aus  dem  haus.    D4. 

3)  einem  eine  ohrfeige,  oder  auch  blosz  eine,  eius  auswi- 
schen, einen  ausschmieren,  ihm  ein  denkzeichen  anhängen. 

4)  geschriebenes,  gezeichnetes  mit  brot,  gummi,  schwamm 
auswischen,  auslöschen,  flecken  auswischen,  hellbemahlte 
ume  längst  ausgewischter  tage.  J.  Paui.  Tit.  1,  78. 

5)  auswischen  hiesz  sonst  heimlich  entwenden.  Alberus  setzt : 
furor,  suffuror,  furtum  facio,  subvolo,  suhduco,  subtraho,  sur- 
ripio,  ich  steel,  entwend,  entfür,  wusch  aus ; 

und  hat  kein  geh,  so  tut  er  bsen, 
wo  er  was  mög  eriapen,  crllsthcn, 
Stelen,  finden  und  sonst  auswischen. 

Thurnrisser  archidoxa  38. 

6)  intransitiv,  elahi :  wir  sind  ölig,  glatt  und  hell  wie  die 
al,  truckt  maus,  so  wischls  aus,  schlieszt  maus,  so  glitschls 
aus.   Garg.  204'. 

AUSWISCHER,  m.  reptehensio:   er  bekam  einen  redlichen 
auswischer.   Witzenb.  22.    sonst  auch  blosz  wischer. 
AUSWISCHLEIN,  n.  lenit  reprehcnsio: 

ncmt  auch  vil  auswischlein  davon.    H.  Sachs  Y,  360'. 


AUSWITTERN,  in  mehrfachem  sinn,  vgl.  abwittem. 

1)  corrodere:  die  luft  wittert  das  erz  aus;  die  rauhe  luft 
wittert  den  marmor  allmälich  aus. 

2)  odorari,  investigare: 

doch  der  prophet 
weisz  unsre  mängel  droben  auszuwiuern.  Göthe  5,  251; 
konnte  man  sich  doch  unter  der  geistreichen  gesellschaft, 
welche  unsre  dame  umgab,  einen  gelehrten  denken,  welcher 
diese  nachbildung  ausgewittert  hätte.  22,  81 ;  sie  hätten  gewis 
fleisch  und  andere  gute  dinge  verborgen,  die  wir  auszuwittern 
noch  nicht  recht  gelernt  hätten.  30, 117  ;  weil  geld  noch  immer 
leichter  zu  verbergen  sei,  als  thiere,  die  man  wol  auswittere. 
30, 114 ;  ich  hatte  am  morgen  die  gerichtsschränke  durchstö- 
bert, um  irgend  eine  wissenschaftliche  trüfifel  unter  diesem 
schmutzigen  boden  auszuwittern.  J.  Paul  biogr.  bei.  1, 151 ; 

die  ihr  mit  scharfen  nasen  ausgewiuert 

viel  höchst  gefährlicher  geheimer  bünde.    Uhlands  ged.  181; 

und  was  auszuwittern 

Widers  zittern.    Köckert  231. 

3)  intransitiv,  detonare,  ausdonnern,  auswettem: 

je  härter  donnerschlag  je  schneller  ausgewiuert.   Grtphius  i,  154; 

er  kam,  nachdem  es  ausgewittert, 

und  fand  die  eiche  halb  zersplittert.    Lichtwbr2,  6; 

da  sie  endlich  ausgewittert.    1,  9; 
die  längsten  regenmonate  der  menschheit  haben  ausgewittert. 
J.  Paul  Hesp.  2,  226. 

4)  tempestate  solvi :  das  erz  wittert  aus ;  den  thon  ein  jähr 
lang  unter  freiem  himmel  auswittern  lassen ;  ausgewitterte 
klüfte.  Göthe  16,  222;  die  kalktheile  wittern  aus,  der  quarz 
bleibt  stehen.  51,  63 ;  so  wie  die  oberste  lava  auswitternd  sich 
zu  erde  bildete,  Stolberg  7,  228 ;  die  zeit  hat  allerdings  vieles 
von  dem  scheinbaren  glänze  dieses  gemäldes  geraubet,  und 
die  kraft  der  färben  ist  zum  theil  ausgewittert.  Winkelmann  1,  39. 

5)  die   bienen  wittern  aus,   schwärmen  nach  trübem  welter. 
AUSWITTERUNG,  f.  exhalatio  vaporis,  vgl.  einwitterung. 
AUSWITZEN,    cautum,    ingeniosum  reddere,    witzigen:    ein 

ausgewitzter,  gewitzigter  bursche. 

AUSWOHNEN,  auszerhalb  wohnen,  mhd.  öje  wonen,  nnl.  uit- 
wonen :  wenn  man  aber  das  halten  wil,  so  müst  man  auch 
dafür  sein,  das  man  nicht  in  einer  stad  allen  frembden,  aus- 
wonenden  gebe.  Luther  1, 199'.  man  sagt  auch  transitiv,  das 
haus  auswohnen,  durch  langes  bewohnen  abnutzen,  verderben. 

AUSWÖLREN,  camerare:  ein  ausgewölbtes  zimmer,  aus- 
gewölbter keller;  die  helle  mit  himmelblau  und  himmelroth 
ausgewölbte  see  seines  innern.  i.  Paul  Hesp.  1, 172. 

AUSWÖLKEN,  serenare,  aushellen:  ein  stummer,  ausge- 
wölkter  abend. 

AUSWOLLEN,  exire  velle:  ich  besorg  wo  es  auswölle, 
quorsum  accidal  timeo.  Maaler  48' ;  disz  ist  bei  ihnen  der  ge- 
brauch, dasz  wenn  der  könig  mit  seinem  frauenzimmer  aus 
will,  sich  niemand  auf  den  gassen  darf  sehen  lassen,  pars, 
reiseb.  4,  44. 

AUSWUCHERN,  fenore  vastare,  nnl.  uitwoekeren :  were  das 
loch  zugestopft,  so  dürft  man  itzt  der  klage  nicht  hören,  wie 
allenthalben  eitel  schuld  jind  kein  geld,  alle  land  und  stedte 
mit  Zinsen  beschweret  und  ausgewuchert  sind.  Luther  2, 482'; 
das  sie  ein  einigen  Christen  auszuwuchern  sollen  macht  ha- 
ben. 8,  94'. 

AUSWUCHS,  m.  excrescentia,  nnl.  uitwas,  vgl.  anwuchs 
und  anwachs. 

1)  des  getraides,  abitio  frumenti  in  fruges,  der  volle  uuchs. 

2)  an  bäumen,  surculi  vagi,  spurii. 

3)  am  thierischen  leib,  tuber,  höcker;  auswuchs  von  fleisch. 

4)  abstract,  in  der  künftigen  ausgäbe  des  Laokoon  fällt  der 
ganze  abschnitt,  der  ihn  betriff,  weg,  so  wie  mehrere  anti- 
quarische auswUchse,  auf  die  ich  ärgerlich  bin.  Lessing  S,  118 ; 
wilde  auswüchse  der  phantasie.  Gotter  2,  xv ;  was  für  ein 
kriegen  und  streiten  und  rennen  für  gottesvcrehrung!  man 
sollte  zu  manchen  zeilen  fast  geglaubt  haben,  der  mensch 
lebe  blosz  um  zu  beten  und  gott  zu  verehren,  ich  bin  über- 
zeugt, dasz  bierin  das  meiste  ein  bloszer  auswuchs  ist.  Lich- 
tenberg 1,  94. 

AUSWÜHLEN,   erucrc,    effodere:     gold  auswühlen  aus  der 
erde;    die   hyäne   wühlt   leichen   aus.     In   ganz  anderm  sinn 
telzt  es  H.  Sachs  für  auswallen,  ausbrechen : 
nun  sticiu  dio  sonn  so  übcrheisz, 
durch  unsern  leib  rint  ab  der  .schwoisz, 
aus  den  thunstlöchlein  thut  auswulen, 
wo  wir  uns  nit  sollen  knien 
in  eim  waster,  so  müsz  wir  sterben.    III.  2,  178* 


1021   AUSWUNDERN— AUSWÜRZELN 

vihd.  wallen  bekommt  im  praet.  wiel,    und  so  scheint  ein  un-  j 
organisches  ausfielen  entaprungen  zu  sein. 

ÄUSWüNDERiN ,  salis  mirari:  die  sich  nicht  auswundern 
können,  woher  ihm  solche  geschicklichkeit  käme.  Spangexberg 
bei  Uanmann  s.  106.  { 

AUSWURF,  m.  ejedamentum,  nach  den  bedeutungen  des  aus-  | 
Werfens :  auswurf  des  blüts,  projectio  sanguinis.    Maaler  48' ; 
und   da  wir  grosz  ungewitter  erlitten   hatten,    da   theten   sie 
des  nähesten  tages  einen  auswurf  {i>cßo/,r/v  inoiovvxo,  vulg. 
jactum  fecerunt).   apost.  gesch.  27,  18 ; 

aber  bald  heischet  die  noth 
den  auswurf,  dasz  nicht  sinke  das  ?chif. 
Stolberg  15,  103; 

so  er  {der  habich)  auch  leicht  und  kurzdäuwig  ist  und  zum 
schweiszen  weiten  geraumen  auswurf  hat.  ueidwerk  2,  12' ;  auf 
der  insel,  welche  sie  aber  wegen  des  öfteren  erdbebens  und 
der  feurigen  auswürfe  verlieszen.    Wiskelman.n  3,  231 ; 

dein  schreckendes  Rom  ist  ein  höherer  auswurf 
von  ameisen.  Klopstock  Hess.  7,  424; 

jede  menschliche  handlung  ist  eine  neue  Schöpfung,  ein  aus- 
wurf der  saat  zu  neuen  entstehungen.  Klinger  5, 132;  so  wie  l 
die    fruchtbarkeit    des    ackers   durch  den  auswurf  der  thiere  j 
befördert    wird.    12,  222.     die    krankheit    verschlimmert   sich,  i 
der  auswurf  nimmt  zu;    es   entstehet  aus  der  zusammenwir-  | 
kung  ein  gewisser  ohnfehlbarer  effect  oder  auswurf.  Leibmtz  ' 
2,  48;    gleich  einem  armen  fündling,    der,    nachdem   er   sich 
lange  für  einen  verwahrloseten  auswurf  der  natur  angesehen, 
unverhoft  von  einem  edlen  und  zärtlichen  vater  erkannt  wird. 
Wieland  7,  176;  alle  noch  so  unreife  auswürfe  seines  witzes 
sind  ihm  kostbar.   J.  E.  Schlegel  3,  464;   das  erhabene,  das 
in  diesen  kräftigen  auswürfen  der   jungen   von   keines    men- 
schen band  unterjochten  natur  lag.    Klinger  5,  15 ;    ein  aus- 
wurf der  menschheit.    Hcmboldt  ans.  der  nat.  1,  37;    Italiens 
auswurf.    Schiller  191';    diesen   auswurf  müssen  wir  ja  vom 
Tolk  unterscheiden.  Tieck  not',  kr.  4,  20 ; 

Windsbraut, 
die  den  auswurf  aller  Völker  auswarf.    Platen  335. 

AUSW^'RFEL,  m.  talpa,  in  einigen  gegenden.  s.  auswer- 
fer  und  mauhvurf. 

AUSWÜRFELN,  l)  primum  jacere  lesseras,  den  ersten  wurf 
thun.  2)  durch  würfet  ausspielen.  3)  figürlich,  auf  gerathe- 
wol  ausgewürfelte  einfalle. 

AUSWÜRFIG,  ejiciens:  das  mör  ist  auswörfig.  Keisersb. 
seh.  der  penit.  f3. 

AUSWÜRFLING,  m.  reiculus,  auf  mehr  als  einen  gegenständ 
anwendbar.  Fischart  Garg.  63'  schreibt  auswirfling  und  braucht 
es  neben  fündling  von  einem  ausgesetzten  kinde;  allerhand 
auswürflinge,  die  in  der  weit  weder  zu  sieden  noch  zu  bra- 
ten taugen.  Simpl.  1, 187.  dann  aber  heiszt  auswürfling  auch 
Ovis  reicula,  ein  schaf,  das  ausgemerzt  wird,  Maaler  48'  (s.  aus- 
merzen), und  ein  wort,  das  ausgemerzt  werden  sollte:  aber  un- 
ter diesen  und  mehr  solchen  Wörtern  seind  drumb  keine  aus- 
würfling. Simpl.  1,  724.  für  ejectamentum  maris :  ligen  unter 
andern  auswürflingen  des  meers.  Foreb  fischb.  153';  der  ag- 
stein  ist  ein  auswürfling  des  meers.  Lohenst.  Arm.  2, 855. 
abstrnct,  diesemnach  müste  ein  fürst  sich  vieimal  der  besten 
diener  entlasten,  wenn  er  sähe,  dasz  sie  entweder  dem  volke 
ein  greuel  in  äugen  oder  ein  auswürfling  des  glückes  würen. 
Lohenstein  Arm.  2,  1393.    s.  abwürfling. 

AUSWURFSDUNGKÄFER,  m.  setzen  einige  sdtwerfdllig  für 
dungküfer,  mistkäfer,  als  wenn  diese  nicht  hinreichten. 

AUSWURFSKEGEL,  m.  woraus  lavaströme  bandförmig  sich 
ergieszen.    Humboldt  ans.  der  nat.  2,  257. 

AUSWÜRGEN,  penitus  jugulare,  mactare:  einen  stier  aus- 
würgen ;  heraus  würgen,  aus  der  kehle  torbringen :  Ronsar- 
dus,  von  deme  gesaget  wird,  dasz  er,  damit  er  sein  franzö- 
sisches desto  besser  auswürgen  köntc,  mit  der  Griechen  Schrif- 
ten ganzer  zwölf  jähre  iich  überworfen  habe.  Opitz  poe/eiei  17. 

AUSWÜRGUNG,  f.  die  jämmerliche  auswürgung  und  brand- 
verheerung  der  Stadt  Magdeburg,  vo.i  Uibken  0.  L.  237. 

AUSWCRKEN,  5.  auswirken. 

AUSWURZELN,  eradicare ,  entwurzeln,  ahd.  arwurzal6n, 
ft;arv*urzal6n,  nnl.  uilwortelen :  so  werde  ich  sie  auswurzeln 
aus  meinem  lande.  2  r/iron.  7,  20;  und  mein  geschlecht  müsse 
ausgewurzclt  werden.  Hieb  31,  8;  denn  das  were  ein  fewr, 
das  bis  ins  verderben  verzeret  und  alle  mein  cinkomen  aus- 
wurzelte. 31,  12;  Accaron  soll  ausgewurzelt  werden.    Zephan. 


AUSWURZELN — AUSZÄHLEN 


1022 


2,  4;   kale  unfruchtbare  bewme,  zweimal  erstorben  und  aus- 
gewurzelt.   Judae  12;    von  den  Sünden  wird  man  ledig,  wenn 
unser  wille  ausgewurzelt  wird.    Lcther  1,  78";  widerumh  die 
gottlosen  werden  ausgewurzelt,    wo   sie   sitzen  in  gütern.  ■  3, 
293;  es  ist  dir  ernstlich  geholten,  das  du  sie  soll  ziehen  zu 
gottes  dienst  oder  soll  mit  kind   und   allem   rein    ausgewur- 
zelt werden.    5,  174';    die  Juden  beten  auch  mit   ausgetruck- 
ten  Worten,    das    gott    das   römisch   keiserthumb  auswurzlen 
soll.  Frank tte//6.  150';  und  was  unkraut  im  reich  gewachsen 
sei,  das  soll  ausgewurzelt  werden,  ehron.  170 ; 
die  [sünde)  soll  wir  all  fliehen  und  meiden, 
auswurzeln  und  genzlich  absehneiden.    H.  Sachs  IT.  1,  36'; 
ich  wil  den  zorn  sampt  dem  ar^on 
so  frei  auswurzeln  deinem  mon, 

sam  hett  mans  mit  eim  messr  abgschnitten.  IV.  3,  12'; 
gott  hat  doch  niemals  keinen  bäum  bis  in  den  himmel  las- 
sen wachsen,  es  müst  ehe  ein  einziger  mann  denselben  stum- 
pfen und  auswurzeln.  Lehmann  181 ;  wenn  man  vom  bäum 
die  blätter  abzopft,  so  wird  er  damit  nicht  ausgewurzelt.  331 ; 
man  wurzle  sie  aus,  man  verpflanze  sie.  Herder  U,  119 ;  der 
mann  wollte  recht,  aber  er  vergrif  sich  in  den  mittein,  wie 
hätte  ihn  sonst  so  einer,  wie  mein  patron,  auswurzeln  kön- 
nen? Klinger  9,  154;  das  auswurzeln  des  alten  glaubens 
scheint  ihm  die  härteste  arbeit  zu  sein.  Abbt  verdienst  2,  2 ; 
wenn  sie  den  hasz  auswurzeln  sollen.  J.  Padl  teuf  pap.  2, 
164.  Intransitives  auswurzeln,  radicitus  excuti:  gab  ihm  eine 
solche  dichte  maulschell  auf  seine  unbescheidene  gosche, 
dasz  ihm  vier  zahn  darvon  auswurzelten.    Simplic.  2,  250. 

AUSWURZELU.N'G,  /■.  evulsio:  und  Julius  preste  mit  strö- 
menden verfinsterten  äugen  den  schluchzenden  athem  in  die 
flöte  und  erhob  seine  seufzer  zu  himmlischen  tönen,  um  die 
entrinnende  seele  unter  ihrer  auswurzelung  mit  dem  nach- 
klänge der  ersten  weit,  mit  dem  vorklange  der  zweiten  weit 
zu  verhüllen  und  zu  betäuben.  J.  Pacl  Hesp.  4,  73;  eine 
solche  seltene  auswurzelung  ackert  den  halben  köpf  um. 
teuf  pap.  2,  160. 

AUSWÜTEN,  ad  sntielatem  saevire,  nnl.  uitwoeden :  o  wä- 
rest du  schon  jetzo  zum  tode  bleich  und  verstummtest,  so 
hättest  du  zu  der  vertheidigung  eines  angrifs  ausgewütet,  der 
sich  nicht  mit  siege,  aber  mit  deinem  tode  endigen  kann ! 
Klopstock  9,  259 ;  eile,  oder  ich  wüte  meinen  zorn  an  dir 
aus.  Klinger  3,  204 ;  laszt  ihn  nur  erst  auswüten. 

AUSZ.\CKEN,  extremas  partes  incidere,  dentare,  zackig  aus- 
schneiden: die  blätter  auszacken;  dies  kraut  bat  schön  aus- 
gezackte blätter;  deshalb  war  heute  sein  gesiebt  von  einer 
sonderbaren  lächelnden  Verlegenheit  durchzogen  und  ausge- 
zackt. J.  Pacl  Siebenk.  1,  29 ;  er  zackte  das  gehirn  zur  kul- 
tur  mit  wenig  schlügen  mit  dem  zainhammer  seiner  faust 
aiis.  Fix/.  113;  nicht  alle  Jahrhunderte  wird  ein  so  ausge- 
zacktes vollgeschriebenes  gesiebt  geschnitten,  körnet  2,  73 ;  aus- 
gezacktes gebirg. 

AUSZACKER.N,  exarare,  ausackem :  wann  einer  den  andern 
übermehet,  stein  auszackert.  weislh.  3,  402 ;  so  die  schiedsteia 
wären  ausgezackert  oder  verrückt  worden.  Frankf  ref.  IX.  3, 
1.  7.     s.  abzackern  und  zackern. 

AüSZACKUNG,  f.  incisio  extremae  partis:  auszackung  des 
wollhaars,  die  nur  bewafnetem  äuge  sichtbare  schuppenbil- 
dung  desselben. 

AUSZAHLEN,  exsolvere,  persolvere,  nnl.  uittellen :  das  geld 
auszahlen;  alles  bei  heller  und  pfennig  auszahlen;  die  an- 
geordneten Vermächtnisse  wurden  richtig  ausgezahlt;  geld 
hatte  er  im  bentel,  zahlte  aber  nichts  aus ;  die  mutter  zahlte 
dem  leclor  nur  den  lohn  eines  freundlichen  blicks  aus. 
J.  Paul  Tit.  3,  88.  figürlich,  einem  oder  einen  auszahlen,  iPie 
bezahlen,  es  einem  vergelten,  ihn  entgelten  lassen :  wie  wun- 
derlich uns  die  stiglfritzischen  spitzbuben  mit  dem  lustwasser 
ausgezahlet  hatten.  Jucundissimus  185 ;  mit  schlagen  auszahlen. 

AUSZÄHLEN,  enumerare, 

1)  durchzälilen,  eine  ganze  reihe  zu  ende.  Stieler  hat  2249 
auszeiilen  numerandi  finetn  facere.  beim  decimieren  wird  je 
der  zehnte  mann,  das  zehnte  thier  ausgezählt,  ausgesondert ; 
auch  im  spiel  wird  einer  durch  auszählen  getroffen,  bestimmt, 
oder  eine  schon  bestimmte  menge  abgezahlt:  ein  allgemeines 
geiächter  endigte  das  spiel,  clie  noch  das  tausend  ausgezählt 
war.  Güthe  16,  36.  was  in  folgender  stelle  heiszt  es:  die 
wamstknöpflin  sind  ausgezelt,  so  viel  bab  ich  eingczelt  und 
hinein  gequell.  Garg.  99'?  beim  essen  die  knüpfe  am  bauch 
aufgemacht  und  gezählt? 

2)  auszahlen,  enarrare,  auserzählen:   wer   kann    aber  aus- 


1023 


AUSZAHLUNG  — AUSZE 


AUSZECIIEN  — AUSZEICHNEN    1024 


zehlen,  wie  viel  reicher  tugend  und  nutz  aus  dieser  einigen 
ersten  tugend  folgen?  Luther  5,  152*. 

3)  auszählen,  rejicere,  verwerfen: 

ich  bin  ausgezelilet, 

man  weist  mich  armen  vor  die  thür. 

Limb,  chron.  §.  139, 

entweder  nach  1  aus  dem  kreis,  aus  der  gesellschafl  gestoszen, 
oder  mit  bezug  auf  das  gerichtliche  verzählen,  verurtheilen. 
s.  verzählen. 

4)  gleich  dem  nnl.  uittellen  wurde  auszählen  auch  gesetzt 
ßr  auszahlen: 

man  lasse  den  beamten  begnügten  sold  auszahlen, 
so  müssen  sie  sein  redlich,  so  dürren  sie  nicht  Stelen. 
LoGAU  3,  9,  92. 

AUSZAHLUNG,  /".  solutio:  auszahlung  des  geldes,  der  ar- 
beiter. 

AUSZÄHLUNG,  /".  dinumeratio. 

AUSZAHNEN,  desinere  dentire:  das  kind  hat  jetzt  ausge- 
zahnt, bekommt  keine  zahne  mehr;  so  haben  sie  grosz  hitz 
vom  zanwee,  ehe  sie  auszanen.  Garg.  112'.  auszahnen  auch 
zahnarlig  auszacken,  z.  b.  einen  kämm. 

AUSZANKEN,  1)  increpare,  ausschelten:  er  fürchtet  wol  gar 
sein  söhn  werde  ihn  auszanken.   Schiller  637. 

2)  finem  facere  increpandi. 

AUSZANNEN,  cavillari.   Stieler  2596.    s.  anzannen. 

AUSZAPFEN,  expromere,  nnl.  uittappen:  blut  auszapfen; 
wein  auszapfen;  das  fasz  auszapfen;  wie  theuer  es  ausge- 
zappet  solle  werden,  weisth.  2,  275 ;  in  dem  dorf  und  ban  usz- 
zappen.  2,261.  Fischart  schreibt  auszepfen:  er  hab  sein 
leibliche  mutier  gesutzelet  und  aus  iren  brüsten  vierzehn 
hundert  zwen  reingäaisch  viertheil  und  neun  masz  für  jedes- 
mal auszepfen  können.  Garg.  111'.  figürlich,  ein  land  aus- 
zapfen, aussaugen. 

AUSZAPPELN,  finem  facere  motitandi,  palpitandi:  das  ge- 
schlachtete thier  zappelte  im  hofe  aus  und  die  kinder  jam- 
merten. 

AUSZASELN,  cffingere,  extorquere,  ausfasern:  so  zart  und 
lieblich  ausgczaselt,  so  fein  gezwirnt.  Tieck  5, 191. 

AUSZAUBERN,  arte  magica  invcnire,  solvere:  ausrechnen 
und  auszaubern. 

AUSZÄUMEN,  freno  laxare,  effrenare,  loslassen: 

und  will  sich  immer  zeumen  aus.    H.  Sachs  I,  626*  (zemen 

druckf.) ; 
auf  dieser  weit  ist  nichts,  das  stärker  wird  getrieben 
als  ausgezeumte  brunst  und  ungeordnet  lieben. 
LoGAU  1,  3,  77. 

AUSZÄUNEN,  scpire:  einen  räum,  graben  auszäunen;  das 
feld  ist  schön  ausgezäunt. 

AUSZAUSEN,  carpere,  evellere,  für  auszeisen,  nnl.  uittee- 
zen :  der  kerl  zauset  mir  die  haare  aus.  Simpl.  2,  310 ;  eine 
ausgezauste  perücke ;  ausgezauster  flaneil.  i.  Paul  Tit.  1,  119. 
AUSZE,  adv.  i'^co,  goth.  Uta,  das  sich  zu  ut  verhält  wie 
iupa  zu  iup,  inna  zu  inn,  fairra  zu  fairr :  Uta  sat  ana  röhsnai. 
Matth.  26,  69 ;  ak  Uta  ana  auj)jaim  stadim  vas.  Marc.  1,  45 ; 
Uta  standandona.  3,  31;  jainaim  ])aim  Uta.  4,11;  stii{)  at 
dauröm  Uta.  Joh.  18,  16.  ahd.  uj;e  oder  üje :  uj?e,  foras.  gl. 
Jun.  206 ;  kecaugrot  wesan  ujje.  Kero  cap.  67 ;  uzsi  arworpa- 
nan.  Is.  cap.  5;  ü;e  stuant.  0.  /.  4,  71;  stuontun  ujje.  T.  59, 1; 
inne  unde  u;je.  N.  ps.  78,  3;  heime  ne  wärin,  nube  ujje. 
70,  1 ;  merkwürdig  der  ausgang  e,  das  in  den  ältesten  denk- 
mälern  ein  e  scheint,  und  dem  co  in  i'^co  gleicht,  alls.  Uta: 
ftta  wArun.  Hcl.  12,  6 ;  öta  gibruhti.  16,  22 ;  stod  tharöte.  151,  7 ; 
tite  stüd.  150,  22.  altn.  üti,  schw.  ute,  dän.  ude.  mhd.  ziem- 
lich selten: 

und  sin  du  äje  bitcn.    Iw.  956 ; 

«wie  ich  hie  nu  li)jc, 

heue  ich  iuch  di  üje.    Herb.  13630; 

weit  ir  nu  sin  dar  üje.    JVtfc.  1914,  4; 

daj  in  diu  ougcn  i'ije  füeren.    Walth.  61,  30, 

tvelches  Lachmann  in  der  zweiten  ausgäbe  nicht  hätte  sollen 
verlauschen  mit  ti,  gefüeren; 

sprach  ein  kamerrüjc, 
läzent  in  ilk  ü;c.    GA.  1,217; 

und  der  kilnic  was  lange  ftje  sine  betevart.  myst.  105,  3;  dö 
vant  ich,  da;  her  inne  was  und  ich  fl;e.  187,38;  her  zogitc 
eine  herevart  und  was  lange  öjc.  213,  24.  Es  war  geboten 
für  diese  uralte  partikel  zeugen  zu  bringen,  die  tinserer  heuti- 
gen   Schriftsprache    erloschen   ist   und   durch  aus  oder  auszen 


vei-lrelen  wird,  unterm  volk  lebt  sie  noch  hier  und  da,  z.  b 
in  der  Schweiz:  chumm  zuenier  ausze  oder  uusze!  ausze 
niittem!  hinaus  mit  ihm!  Stalder  1,  119;  in  Hessen:  ausze 
bleiben,  er  ist  ausze,  auszewendig;  Schneller  1,117  rcrzetc/inet 
bairisches  ausz'  =  ausze.    man  sehe  auszen  und  inne,  innen. 

AUSZECHEN,  epotare:  wir  haben  manche  flasche  mitein- 
ander ausgezecht,  ausgestochen,  ihr  den  hals  gebrochen;  ich 
gieng  keinmal  schlafen,  ich  hett  dann  ein  rcnfllin  brot  ver- 
zert  und  zu  ietlichem  bissen  ein  glas  wein  ausgezecht.  Wir- 
SüNG  Cal.  K2';  wann  ich  zwei  solliche  krüeglein,  ehe  ich 
schlafen  gieng,  ausgezechet  hett,  so  war  ich  gewis,  das  mich 
die  winterlange  nacht  nit  fröre.  Sl'. 

AUSZEHNTEN,  decimam  pcrcipere,  decimarc:  ein  geistlicher 
zehntel  den  andern  nicht  aus,  clericus  clericum  non  dccimat. 

AUSZEHREN,  exedere,  consumere,  nnl.  uitteren :  die  krank- 
heil  zehrt  ihn  aus;  der  hunger  hatte  das  land  ausgezehrt; 
auszehrende  fieber  herschen ;  die  feuchte  auszehren,  dissipare 
humorem-  Maaler48'; 

zum  neunden  vermeid  auch  die  tauben 
zu  essen  gar  schedlich  auf  glauben, 
welche  stecken  in  den  weinfassen, 
sie  würn  eim  auszern  die  kotgassen, 
verbittern  ihm  den  niagen  sein, 
mit  irem  billern  welnslein.    H.  Sachs  IV.  3,  95';' 
seither  ist  unser  frei  in  dieiistbarkeit  verkehret, 
die  haut  ist  abgestreift,  das  mark  ist  ausgezehret, 

LoGAü  1,  2,  57  ; 
wie  kostbar  waren  krieger,  die  länder  auszuzehren? 

3,  zugäbe  12 ; 
wie  hart  sein  Untergang  uns  diesen  geist  beschwer, 
wie  scharf  sein  herber  tod  uns  herz  und  seel  auszehr. 
Grtphius  1,  34; 

durch  deine  härtigkeit  ist  mein  leib  ausgezehret.  pers.  baumg. 
4,  20 ;  die  ausgezehrten  und  blaszen  gesiebter,  ehe  eines  man- 
nes  282; 

als  ihr  des  brudern  flucht  die  geister  ausgezehrt. 

GiJNTHER  1009; 
ausgezehrt  wird  das  haus  und  das  fruchtbare  gnt  mir  verödet,^ 

VossOd.  4,  318; 
ob  auszehrende  seuch,  ob  Artemis,  freudig  des  bogens, 
unversehns  dich  getödtet,  mit  lindem  gcschosz  dich  ereilend  ? 

11,  172; 

warum  haben  mir  diese  hofnungen  allen  genusz  des  lebens 
ausgezehrt,  indem  sie  mir  ein  paradies  von  weitem  zeigten? 
Göthe  8,  197 ;  es  zehret  sie  ein  unheilbares  heimweh  aus. 
J.  Paul  Kamp.  62 ;  seil  dem  war  Groszgrieciienland  durch  die 
Unternehmungen  der  sicilischen  tyranncn,  durch  die  angriffe 
ganz  ausgezehrt._  Niebuhr  3,  507.  Sich  auszehren,  se  consumere, 
confici:  zeresl  dich  aus  wie  ein  spinn.  Keisersberc  has  im 
pf.  Bb2';  hätten  i.  f.  gn.  ihre  schätze  gänzlichen  versetzet 
und  sich  dermaszen  ausgezehret,  dasz  i.  f.  gn.  keinen  ratii 
nicht  wüsten.  Schweinichen  2,  31.  Intransitiv  tabescere:  er 
zehrt  aus,  hat  die  Schwindsucht;  dasz  er  zu  einer  secte  ge- 
hört, die  allen  wassersüchtigen,  auszehrenden  einreden  wifl. 
Göthe  33,  278;  und  im  sinne  von  exedere,  zu  ende  essen,  nicht 
mehr  essen:  denn  wenn  du  tod  bist,  so  hast  du  ausgezeh- 
ret. Sir.  14,  17,  was  kein  niedriger  ausdruck  ist,  wie  Adelung 
meint. 

das  ich  kündt  noch  ein  jähr  auszern. 

Rebuun  klage  des  armen  manns  s.  13, 

ist  auszerhalb  des  Zusammenhangs  unsicher  und  kann  bedeu' 
ten  confici  oder  exedere. 

AUSZEHRUNG,  f  tabes:  er  starb  an  der  schnellen  aus- 
zehrung.  Bettine  br.  1,  96. 

AUSZEICHEN,  n.  xa^axtriQ :  die  bischöfe  hatten  ein  glei- 
ches und  unauslöschliches  auszeichen. 

AUSZEICHNEN,  exsignare,  signo  notare,  dislinguere,  nnl. 
uitteekenen, 

1)  sachlich,  Germania  von  den  Franzosen  mit  dem  Rein, 
von  Österreich  mit  der  Thonaw  ausgezeiciinct.  Fiiank  weltb. 
42";  ich  zcicimetc  mir  selbst  auf  den  fnszsl;ipfon  der  Solonen 
und  Aristiden  einen  weg  aus.  Wieland  2,  85;  wenn  uns  die 
weltgcschiclite  vorgetragen  wurde,  zeichnete  ich  mir  sorgfllilig 
aus,  wo  einer  auf  eine  besondere  weise  erstochen  oder  ver- 
giftet wurde.  Göthe  18,  38;  ich  unterzog  mich  der  arbeil,  die 
dicbtwerke  meiner  zwölf  bände  auszuzeichnen  und"  den  jäh- 
ren nach  zu  ordnen.  24,  6. 

2)  persönlich,  einen  mann  vor  andern  auszeichnen;  die 
hohe  krnft  <les  Verstandes,  welche  den  Königsberger  weisen 
vor  allen  speculaliven  pbilosuphen  auszeichnet.  Klinger  12,  209. 


1025 


AUSZEICHNEN — AL  SZEN 


AÜS2EN 


1026 


3)  sich  auszeichnen :  dasz  durch  die  aufhebung  des  un- 
sichtbaren in  den  homerischen  handlungen  zugleich  alle  die 
charakteristischen  züge  verloren  gehen  müsten,  durch  weiche 
sich  Lei  dem  dichter  die  götter  über  die  (gewöhnlich :  vor  den) 
menschen  auszeichnen.  Lessixg  8,  9 ;  da  sich  der  fall  nach 
dem  verlangten  berichte  zu  der  angetragenen  milderung  nicht 
auszeichnete.  Hippel  11,  271;  obwol  feldherr,  zeichnete  er 
sich  äuszerlich  durch  nichts  aus. 

4)  vor  dem  part.  praes.  unterbleibt  das  pronomen :  ihr  aus- 
zeichnender hang  ist  sich  zum  weiberadvocaten  aufzuwerfen. 
Gotter  3,  23 ;  wünschte  ihm  zu  der  auszeichnenden  gnade  des 
Sultans  glück.  Kliscer  6,  80 ;  da  die  princessin  für  niemand 
einen  auszeichnenden  geschmack  oder  besondere  neigung 
Wicken  läszt.  10,  41;  es  ist  schade,  dasz  man  dergleichen 
briefe  so  selten  zn  sehen  bekommt,  sie  haben  wirklich  mei- 
stens etwas  auszeichnendes.  Lichtenberg  4,  225 ;  die  wirklich 
auszeichnende  meinung,  die  ich  von  seinem  geist  und  Cha- 
rakter habe,  ein  mann  von  eben  so  angesehener  stufe  im 
Staat,  als  auszeichnendem  geiste  und  feiner  bildung.  Niebchr 
leben  S iebuhrs  1,  ISi.  part.  praet.  ein  ausgezeichneter  schüler; 
in  ausgezeichnetster  weise. 

5)  auszeichnen,  fertig  zeichnen:  ich  schick  ihnen  die  Zeich- 
nung unvollendet,  denn  ich  furcht  ich  verderb  sie.  auch  ha- 
ben sie  da  noch  ein  ander  stück,  das  ich  nur  in  ihrer  ge- 
genwart  auszeichnen  kann.  Gothe  an  fr.  von  Stein  1,  53. 

AüSZEIGEN,  monstrare,  ausweisen,  anweisen,  mhd. 

dö  gap  si  im  mit  freuden  da 

drijec  huobe  ze  eigen, 

UD(I  hie;  im  ü;  zeigeu 

da;  beste  hüs,  als  er  si  bat, 

da;  iender  stuont  in  der  stat.    Wigal.  5743. 

ausgezeigte  guter  heiszen  in  der  Tiroler  landordnung  3,  35  an- 
gewiesene, ausgetheilte ;  ein  jedlich  stat  sol  in  zwai,  drei  oder 
vier  tail  ausgezaigt  sein.  bair.  feuerordn.  von  1543. 
AUSZEILEN,  neuen  weinberg  reihenweise  anlegen. 
AUSZEITIGEN,   malurescere:    das    obst   kann   heuer  nicht 
auszeitigen. 

AUSZEM  für  aus  dem,  mhd.  ti^em :  der  auszgieng  auszem 
thron  gottes  und  des  lambs.  Reiszner  Jen«,  l,  15";  beute 
anszm  deutschen  kriege.   Logaü  2,  3,  60. 

AUSZEN,  adv.  extra,  foris,  goth.  utana  e^co,  e^md'ev,  ahd. 
fi?ana,  üjän  (Graff  1,  536.  537),  ags.  ütan,  altn.  utan,  mhd. 
üjen,  nnl.  nur  mit  vorgesetztem  be  buiten.  utana  ist  keine 
zusammenfügung  von  ut  und  ana,  sondern  fortbildung  von  ut, 
wie  innana  von  inn,  iupana  von  iup,  daher  auch  die  ags.  form 
fttan  absteht  von  ftt  on,  und  die  altn.  form  utan  von  ütd. 
utan  ist  adv.,  in  öt  on,  üt  ä  wird  die  praep.  ags.  on,  altn. 
ä  dtirch  vorgeschobenes  ut  verstärkt,  im  ahd.  üjana  scheinen 
sich  ags.  fltan  und  öton  einigemal  zu  mengen,  vgl.  gramm.  3, 203. 
Da  schon  goth.  ut,  uta,  utana  und  uta})rö  in  form  wie  be- 
deutung  einander  nahe  stehn,  nicht  mehr  überall  rein  geson- 
dert werden  können;  so  ist  wenig  zu  verwundem,  dasz  ahd. 
ö;,  üje,  iljana,  mhd.  ö;  und  ö;en,  nhd.  aus  und  auszen  sich 
oft  vertreten,  das  goth.  uta{)r6  (dessen  ]}ro  sichtbar  dem  lat. 
tra  in  eitra  entspricht)  mangelt  allen  übrigen  dialecten  und 
wir  sahen  vorhin  unter  ausze,  dasz  auch  Uta  fast  erlosch,  wie 
in  der  jüngsten  zeit  selbst  nhd.  auszen  entweder  dem  einfa- 
chen aus  oder  den  späteren  Zusammensetzungen  auswärts,  au- 
szerhalb  u.  s.  w.  weicht,  auszen  erscheint  nun 
1)  allein,  ohne  andere  partikeln.  mhd. 

81  schinet  ü;en  fröidenrich.    Walth.  121,  7; 

dia  schcene  diu  si  üjen  zieret.    12t,  12; 

diu  werh  ist  iljen  scboenc.    124,  37 ; 

beidiu  ü;en  und  innen.    31,  5; 

•ft  e;  ü;en  ist  sd  wünneclich, 

»6  woli  ich  es  ouch  innen 

gar  künde  gewinnen,    krön«  20465; 

üjen  und  inne.    23545; 

man  sach  e;  inne  und  i'i;en 

und  innerthalben  lü;en.    Tri»/.  275,  35 ; 

•ich  zeigete  üjen  ein  schime.    pass.  K.  H,  "2 ; 

den  namen  d;en  hast  getragen.    120,84; 

da;  man  si  il;en  sihet  wol.    B<ir/.  47,  I. 

wir  sagen  zwar  noch  in  höherer  rede:  auszen  ist  sie  schön, 
innen  häsziich;  auszen  weht  frische  luft.  innen  ists  dumpf; 
innen  und  auszen  stehn  alle  dinge  wol ;  auszen  fix,  innen 
nix.  die  gewöhnliche  spräche  Idszt  aber  ein  dar  oder  hier  vor- 
ausgehen, und  dann  znsammengezognes  drauszen  und  hausten 
erwachsen. 


2)  bloszes  auszen  findet  sich  praedieaiiv  neben  bleiben,  las- 
sen, sein,  stehen :  er  bleibt  auszen,  läszt  auszen,  ist  auszen, 
steht  auszen.  belege  folgen  hernach  unter  auszenbleiben,  au- 
szenlassen,  auszensein,  auszenstehen,  welches  so  wenig  wahre 
composita  sind  als  ausbleiben,  auslassen,  aussein,  aber  gleich 
diesen  so  aufgestellt  zu  werden  verdienen,  da  sie  bisweilen 
auch  substantivisch  genommen  sind.   mhd.  überall  ungebunden : 

er  was  ü;en,  ptregre  fuit.    pasj.  63t,  37. 

3)  häußg  folgt  eine  r.raeposition  mit  ihrem  subst.  dem  auszen 
nach  und  bestimmt  es  dadurch  näher. 

mhd.  ü;en  an  ir  waete.  Trist.  67,  33 ; 
zeigte  ü;en  an  im.  pass.  540,  16. 
nhd.  fureten  in  hinaus  und  lieszen  in  auszen  für  der  stad. 
1  Mos.  19,  16;  wo  ist  die  hure,  die  auszen  am  wege  sasz? 
38,  21;  und  soll  in  gürten  auszen  auf  dem  leibrock.  2  Mos. 
29,  5 ;  aber  des  farren  fleisch,  feil  und  mist  soltu  auszen  für 
dem  lager  mit  fewr  verbrennen.  29,  14 ;  nam  die  hutten  und 
schlug  sie  auf,  auszen  ferne  für  dem  lager.  33,7;  welcher 
ein  ochsen  oder  lamb  oder  zigen  Schlacht  in  dem  lager  oder 
auszen  für  dem  lager.  3  Mos.  17,  3 ;  so  soll  ir  nu  messen 
auszen  an  der  stad.  4  Mos.  35, 5 ;  du  solt  auszen  für  dem  la- 
ger einen  ort  haben.  5  Mos.  23, 12 ;  sol  stehen  auszen  für  der 
stad  thor.  Jos.  20,  4 ;  er  legte  thramen  auszen  am  hause  umb- 
her.  lAön.  6,  6;  die  auszen  auf  den  dörfern  waren.  AVA.  11, 
25;  und  auszen  für  dem  innern  thor  waren  komen.  Ez.  40, 
44;  funden  das  füllen  gebunden  an  der  thur  auszen  auf  der 
wegescheid.  Marc.  11,  4 ;  auszen  am  garten  muste  ein  kleiner 
bach  eine  grasreiche  wiese  durchschlängeln.  Gesser; 

ihr,  ihr  dort  auszen  in  der  weit, 

die  nasen  eingespannt!    Schiller  12"; 

auszen  vor  der  wölke  stehe.  J.  Pacl  fiegelj.  1,  75.  auch  in 
dieser  fügung  wird  heute  oft  schon  auswärts,  auswendig,  au- 
szerhalb  für  auszen  gesetzt. 

4)  dem  auszen  gehl  unmittelbar  eine  praeposition  vorher, 
um  die  richtung  deutlicher  zu  bestimmen:  von  auszen  schei- 
net ir  vor  den  menschen  from  (ahd.  üjana  arougel  iuwih). 
Matlh.  23,  28 ; 

der  krieger  art  und  werk  bisher  war  rauben,  stelen, 
der  stäter  art  und  werk  erkaufen  und  verhelen. 
es  ist  was  stark  gesagt,  es  ist  ja  gut  gemeinet, 
wiewols  von  auszen  nicht,  als  wie  es  sollte  scheinet. 

LoGAt;  1,  3,  5; 
ich  kenn  ein  höllisch  rolk,  die  brüder  der  Erinnen, 
ein  art  von  auszen  gold  und  lauter  koth  von  innen. 

3,  s.  214; 
Ton  auszen  lassen  sie   freundschaft   sehen,    aber   im    herzen 
haben  sie  lauter  betrug.    Lokman  fab.  30 ;    wilstu    einen   gro- 
szen  namen  vor  der  weit  haben,  so  ziehe  von  auszen  schöne 
kleider  und  von  binnen  schlechte  an.  pers.  baumg.  5,  13 ;  sie 
wissen,   wie   sehr  ich  am  begrif  der  zweckmäszigkeit  der  or- 
ganischen naturen  nach  innen  hänge,  und  doch  läszt  sich  ja 
eine  bestimmung  von  auszen  und  ein  Verhältnis  nach  auszen 
nicht  leugnen.  Göthe  an  Schiller  401.     die  letzte  stelle  gewährt 
neben  dem  von  auszen   ein   nach  auszen,    wie    dem  nnl.  van 
buiten  ein  naar  buiten  zur  seile  steht;  ein  land  im  innern  einig, 
nach  auszen  schwach ;  nach  auszen  blicken ;  was  seine  eigne 
bildung'  und  die  Wirkung  nach  auszen  betrift.  Göthe  24,  8 ; 
aber  ungern  seh  ich  den  Jüngling,  der  immer  »o  ihätig 
mir  in  dem  hause  sich  regt,  nach  auszen  langsam  und  schüchtern. 

40,  243. 

Keisersberg  setzte  statt  von  auszen  auch  von  ausznen.  trostsp. 
m.  5,  was  dem  ahd.  fi^enan  bei  N.  gleicht. 

5)  gleich  dem  ahd.  üjana  drückte  auch  auszen  noch  im  16;A. 
unser  heutiges  auswendig,  memoriler  aus :  daneben  sol  der 
Schulmeister  den  knaben  etliche  leichte  psalmen  fürgehen 
auszen  zu  lernen.  Luther  4,  350\  7,21*;  die  jungen  pfaffcn  bc- 
dörfen  keiner  brillen  zu  irem  gebet,  die  alten  künnens  auszen. 
Agricol.\  spr.  21* ;  so  sie  die  schrift  doch  bei  einem  nägelin 
schier  auszen  wisten.  Fhaxe  parad.  4';  er  lernet  den  catechis- 
mum  auszen.    Mich.  Xeander  bedenken  s.  16.    s.  auswendig. 

6)  auszen  als  praeposition,  mit  davon  abhängigem  casus,  wie 
ahd.  üjana  des  grabes  und  ftjan  dcmo  wingarten  (Graff  l, 
bZl)  nur  einigemal :  die  Schnecken  kommen  in  v\e\  arzenei,  so 
auszen  des  Icibes  gebraucht  werden.    Forer  ^cA6. 195" ; 

mit  dem  geding,  das  er  solt  warten 
auszen  dem  zauu  und  iimb  den  garten. 
B.  Waldis  4,  78; 
lassen  die   todten  bei   der   nacht   auszen   dem   weg  briagen 
und  verscharren.  Kirchhof  nii7.  disc.  203.     dieser  gebrauch  ist 
heute  veraltet,    vgl.  auszer  6. 

65 


1027 


AUSZEN  — AUSZENKLEID 


AUSZENKNECHT  —  AUSZENWERK   1 02  8 


AUSZEN,  ein  verlum,  gleich  dem  ahd.  Cijüii  Gräff  1,  510, 
ags.  ötian,  engl,  out,  alln.  yla,  nnl.  uiten,  tmd  analog  dem 
aufen  ahd.  dfon  ist  nicht  vorhanden,  man  sagt  dafür  üuszern. 

AUSZENBLEIBEN,  non  reverli,  für  ausbleiben,  weil  der 
nicht  wiederkehrende  zugleich  auswärts  bleibt:  sie  solle  in  den 
keller  gehen  und  einen  trunii  wein  holen,  die  tochter  aber 
sei  über  eine  halbe  stunde  auszenbliebcn.  Schuppius  813 ; 
bleiben  unterwcilen  aiir-zen  wie  das  rührwasser.  Weise  kl.  leute 
195;  es  blieb  auch  mancher  ehrliche  mann  bei  solchen  par- 
teigängereien  auszen.  Felsenburg  3,  30 ;  Harlequin  findet,  dasz 
die  nacht  diesesmal  länger  auszenbleibe,  als  gewöhnlich.  Les- 
sing 4,  371 ; 

wie  wiszt  ihr,  dasz  graf  Gallas  auszen  bleibt? 
Schiller  331 ; 
dagegen  ist  der  unmut  stets  egoistisch,  er  besteht  auf  forde- 
riingen,  deren  gewährung  ihm  auszen  blieb.  Göthe  6, 141 ;  er 
konnte  mich  nicht  entbehren,  und  ich  war  höchst  unglück- 
lich, wenn  er  auszen  blieb.  19, 108 ;  wie  kommt  es,  dasz  das 
neue  stück  der  Hören  so  lange  auszen  bleibt?  Göthe  an 
Schiller  ibO;  ich  werde  nun  nicht  lange  mehr  auszen  bleiben. 
525 ;  nun  ist  er  gegangen,  wird  aber  nicht  lange  auszen  blei- 
ben. Klinger  1,  422.  für  unterbleiben,  wegbleiben :  kan  (das  e) 
auch  auszen  bleiben.  Opitz  poelerei  s.  46;  es  gelinge  ihm  etwas 
nicht  und  der  angestrebte  äuszere  erfolg  bleibe  auszen.  Fichte 
anw.  zum  s.  leben  272.  man  zieht  heute  ausbleil)en  (w.  m.  s.) 
vor,  doch  ist  auszenbleiben  untadelhaß  und  ursprünglich  ange- 
messener, tadelhaft  aber  in  folgender  stelle:  die  gesellschaft 
hätte  vor  lachen  auszen  bleiben  mögen  (=  auszer  sich  kom- 
men), unw.  doct.  325. 

AUSZENBLEIBEN,  n.  emansio,  intermissio,  praclermissio : 
nach  Leibnitzens  meinung  müssen  nothwendig  alle  unvoH- 
koramenheiten  in  der  weit  zur  Vollkommenheit  des  ganzen 
dienen,  oder  es  würde  sonst  ganz  gewis  ihr  auszenbleiben 
aus  den  allgemeinen  gesetzen  erfolgt  sein.  Lessing  5,  21; 
reclinen  sie  mir,  lieber  freund,  mein  auszenbleiben  also  nicht 
zu.  12,114;  Abdallah  eilte  nach  hause  und  erfreute  die  ängst- 
lich auf  iiin  wartenden  durch  seine  gegenwart.  er  erzählte 
ihnen  die  Ursachen  seines  auszenbleibens.  Klingeu  7,  2C3 ;  sei- 
nes längern  auszenbleibens  ward  nur  im  vorbeigehen  gedacht. 
Göthe  19,  109;  ihr  auszenbleiben  machte  gleich  eine  groszc 
lücke  in  die  kleine  gesellschaft.  an  Schiller  SOG;  das  auszen- 
bleiben meines  sohnes  drückte  mich  sehr  heftig  und  wider- 
wärtig, an  Zelter  "CO ;  das  auszenbleiben  meines  sohnes  musz 
ich  mir  nun  nach  und  nach  gefallen  lassen.  778 ;  mache  dir 
keine  traurigen  Vorstellungen  von  meinem  auszenbleiben.  an 
fr.  von  Stein  40. 

AUSZENDEICH,  m.  nnl.  buitendijk:  die  Verwaltung  der 
auszendeiche.  Niehuur  kl.  sehr.  1,  69 ;  in  dem  auszendeiche 
des  Joh.  P.  Glameyer  zu  Westerende  Otterdorf  ist  ein  fasz  mit 
ruin  gestrandet  worden.  Hamburger  corresp.  1S24  n°  204  beilage. 

AUSZENDEICHSLAND,  n.,  vom  meer  angespültes  land  au- 
szerhalb  der  deiche. 

AUSZENDING,  n.  res  externa,  hors  d'ceuvre:  die  auszcn- 
dinge,  die  gegenstände  auszer  uns,  dann  die  auszerhalb  der 
Sache,  daneben  liegen;  solange  wird  er  (der  chor)  in  der  Öko- 
nomie des  trauerspiels  als  ein  auszcnding,  als  ein  fremdartiger 
körper  erscheinen.  Schilleh  487, 

AUSZENGEIIALT,  m.  pretium  exlernumi  im  despotischen 
Staate  kann  die  aufklärung  wie  das  wolleben  an  inncngehalt 
gröszer  sein,  aber  im  freien  ist  sie  an  auszcngehalt  gröszer 
und  unter  alle  vertheilt.  J.  Paul  Hesp.  3, 167. 

AUSZENGESTALT,  f.  forma  externa. 

AUSZENGLUT,  f. 

heil,  nymphe,  dir!  dein  kranqiiell  sicpet  oft, 
wann  auszengiui  den  derben  hau  umlodert. 
ÜÖRnER  69». 

AUSZENGRABEN,  m.   fossa  extcrior,  zumal  in  festungen. 

AUSZENHAFEN,  m.  porlus  extcrior. 

AUSZENIIANDEL,  m.  commercium  cum  exleris,  nnl.  bui- 
(enliandel. 

AUSZEMIEILIG,  scheinheilig,  spccie  sanclus:  der  auszcn- 
heilgc  lichter.  Tieck  in  Shakesp.  measure  for  measurc  3,  1 : 
tliis  oulward  sainted  deputy. 

AÜSZENHEH,  adv.  cxlrinsceus,  verstärktes  auszen,  und  noch 
gehäufter  von  auszeniier.  Wiela>d  10,  207. 

ALSZENFilN,  nach  auszeniiin. 

AUSZENKELCH,  m.  calyx  rxlerior,  der  äuszere  Iheil  der 
blume,  wenn  sie  sich  in  drei  kreise  scheidet. 

AUSZENKLEID,  n.  veslis  exterior:   die  auszcnkleider  wer- 


den gemeiniglich  von  besserm  zeuge  gemacht,  als  das  futter,  weil 
man  das  erste  siehet  und  das  andere  nicht,  pers.  baumg.  5,  13. 

AUSZENKNECHT,  m.  Oberlin  78. 

AUSZENLÄND,  n.  nnl.  buitenland. 

AUSZENLASSEN,  omittere,  auslassen,  auszerhalb  lassen: 
Christus  bette  diese  wort  wol  mögen  auszen  lassen  im  abend- 
nial.  Luther  3,  63';  hie  ist  im  text  ein  stücklein  auszen  ge- 
lassen. 3,  234;  und  wir  müssen  die  worl  nicht  auszen  las- 
sen. 447';  wörtlin,  die  man  also  mag  auszen  lassen  oder  hin 
zu  setzen.  4G6;  läszt  viel  auszen  was  sich  nicht  hinschicken 
will.  Opitz  poe/.  22;  weil  die  Perser  keine  druckerei  im  lande 
haben,  und  sich  nur  mit  den  geschriebenen  büchern  behelfen 
müssen,  geschiehet  es,  dasz  durch  der  Schreiber  und  copiisten 
unfleisz  bisweilen  etliche  worfe  auszen  gelassen  werden.  Olea- 
bi us  vorr.  zum  pers.  rosenlh.  3. 

AUSZENLINIE,  f  linea  extrema:  der  künstler  kann  also 
schlechterdings  weder  gröszere  noch  mehrere  gegenstände  auf 
eine  schildförmige  fläche  bringen,  als  sich  auch  auf  eine  ganz 
platte  von  gleicher  auszenlinie  bringen  lassen.  Lessing  8, 130. 

AUSZENMAGD,  f.  dienstmädchen  für  die  geschäfte  auszer- 
halb. 

AUSZENMAUER,  f.  nnl.  buitenmuur. 

AÜSZENMENSCH,  m.  hör  er  auszenmensch,  sagte  der  ehr- 
liche nachtwächter,  ich  habe  einmal  wo  gelesen,  wie  es  seine 
alten  vorfahren  mit  leuten,  wie  er  einer  ist,  gehalten  haben. 
Klopstock  12,  300. 

AUSZENSCHALE,  /".  cortex  exterior:  hofleule  nur  gleich 
kastanien  an  der  auszenschale  abgeschliffen.  J.  Paul  Tit.  l,  93. 

AUSZENSCHEIN,  m.  species  externa :  die  sitte  dieser  weit, 
einfältigfromm,  begehrt  des  auszenscheins  nicht,  ihr  gnügt 
am  innern  werth.  Gottek  2,  439. 

AUSZENSCHLÄG,  m.  ager  exlremus,  die  entfernteren  äcker 
bei  der  koppclwirtschaß. 

AUSZENSCHÖN,  specie  pulcher,  nnl.  buitenschoon:  'an 
eine  auszenschöne'  ist  die  Überschrift  des  218  Stücks  in  Cur. 
K.mttels  kuvzgedichtcn.    Frankf.  a.  d.   Oder  1074  x.  53. 

AUSZENSELN,  foris  esse:  verneinet  ir  noch  nicht,  dasz  al- 
les was  auszen  ist  und  in  den  menschen  gehet,  das  kan  in 
nicht  gemein  machen?  (goth.  all  })ata  utajjro  inngaggandö) 
Marc.  7, 18 ; 

ein  Schmied  vcriiesz  sein  weib,  war  auszen  manches  jähr. 
LoGAU  2,  itig.  41 ; 

gab  mir  fast  eine  kleineJreprimande,  dasz  ich  so  lange  auszen 
gewesen.    Fclsenb.  3,  3. 

AUSZENSEITE,  f.  species  externa:  sein  sie  ruhig,  wenig- 
stens zeigen  sie  ihm  die  gelassenste  auszenseite.  Göthe  10, 
63;  seine  gelassene  auszenseite  sticht  gegen  die  unruhe  mei- 
nes characters  sehr  lebhaft  ab.  16,  59 ;  immer  mehr  gift  find 
ich  in  historikern,  in  arsenik  und  in  brillenschlangen,  je 
heller  und  schöner  ihre  auszenseite  ist.    J.  Paul. 

auszenthat,  /•. 

du  kannst  die  auszenlhnt  nur.    Klopstock  1,  118. 

AUSZENTHEIL,  «1.  pars  exterior. 

AUSZENTREPPE,  f  scalae  in  publicum  ferenles,  freilreppe. 
AUSZENWAND,  f  paries  exterior. 
AUSZENWEG,  m.  via  exterior,  nnl.  buitenwcg. 
AUSZENWELT,  f  res  extemae:  jenes  erste  aun)lühen  der 
auszcnwelt.  Göthe  22, 198 ;  ich  aber  längst  gewoimt  mich  von 
der  auszcnwelt  völlig  abzuschlieszen.    32,  43;    in  der  Schilde- 
rung der  von  der  auszcnwelt  empfangenen  sinnlichen  eindrücke. 
HuMitoLüT  ans.  der  nat.  1,  32. 

AUSZENWENDIG,  adv.  extrinsecus:  wer  auszenwendig  dem 
gericht  sitzt,  weislh.  2, 197. 

AUSZENWERK,  n.  munimenlum  exterius,  nebenwerk,  bei- 
werk : 

kein  ausrcnwerk  kann  herzen  ftberwinden.    FLKBirrr. ; 
dein  herz  als  ein  castell  Iiat  par  viel  nuszenwcrke, 
wer  drein,  Vtilpinus,  kilmt,  bat  nicht  gemeine  siArke. 

LoüAu  3.  5,  6; 
das  auszenwerk  ward  neu,  er  üclbst  der  hiit  bheb  alt. 
Gkllkrt  1,  46; 
or  kam  nn  einen  lioT,  ein  liöfrlien  wollt  ich  sacen, 
und  ob  die  auszonwerk  ihm  gleich  iilrlii  sehr  behagen  u.  s.  w. 
Gottfh  1.  199; 
es  ist  lustig  zu  sehn,  was  diese  menschenart  eigentlich  geär- 
gert iial,  was  sie  glauiten,  dasz  einen  ärgert,  wie  schal,  leer 
und    gemein    sie    eine  frnndc  existenz  ansehen,   wie  sie  iiire 
pfeilc  gegen  das  auszenwcrk  der  ersclieinung  riciiten,  wie  we- 
nig sie  auch  nur  uhncn,  in  weicher  unzugänglichen  bürg  der 


1029       AÜSZENVVIRTSCHAFT— AUSZER 

mensch  wohnt.  Götue  an  Schiller  Hb;  dies  sind  auszenwerke 
oder  bei  werke  (parerga),  welche  einen  schönen,  tugendähn- 
lichen schein  geben.  Kant  5,  315. 

ALSZEN WIRTSCHAFT,  f.  die  hauswirtschaß  de)-  Vorwerke 
eines  guts. 

ALSZE.NZEIT,  f.  oft  ist  in  derselben  person  die  idealisti- 
sche einkehr  in  sich  und  die  realistische  auszenzeit  vereinigt. 
J.  Paul  acsth.  3,  72. 

AUSZEH,  extra,  praeter,  jiraep.  und  adv.,  eine  partikel,  de- 
ren gescitichte  Schwierigkeiten  hat. 

Gebildet  scheint  sie  von  aus,  wie  inner,  ober,  über,  unter, 
hinter,  nieder,  wieder  von  in,  ab,  ob  und  den  verlornen  ein- 
fachen unt,  hint,  nid,  wid;  dem  adjeclivischcn  äuszere  zur 
Seite  steht  ein  innere,  obere,  untere,  hintere,  niedere,  auch 
dem  begriffe  nach  rühren  aus  und  auszer  dicht  aneinander, 
wer  aus  einem  räum  getreten  ist,  steht  auszer,  auszerhalb  des 
raums.  vergleichbar  der  bildung  auszer  ist  das  lat.  super, 
eupra,  superus,  superior  von  sub  {für  sup) ;  dagegen  tritt  ein 
linguallaut  zu  tn  subter,  inter,  praeter,  propter,  extra,  iatra, 
ejterus,  extcrior,  externus,  interius,  internus,  wie  in  unserm 
after,  goth.  aftra,  wo  die  Verbindung  ft  den  laut  zu  verschie- 
ben hinderte,  denn  extra,  intra  sehen  wir  dem  goth.  utajiru,  in- 
na{)rü  entsprechen,  wie  aus  afar  afaj)f6  hätte  entspringen  können. 

Allein  die  goth.  spräche,  obschon  ufar  und  undar  kennend, 
weisz  von  keinem  utar  noch  innar,  man  möchte  wissen,  wie  in 
ihr  ivSörtoos  lautete,  für  e^iarsoos  setzte  sie  hindumists, 
der  hinterste  statt  des  äuszersten  und  ßr  6  aaca,  6  eaaid-ev 
sa  innunia.  das  altn.  ytri  exterior,  schw.  Jttre,  dän.  ydre 
gehen  zurück  auf  eine  partikel  vir  oder  utr,  die  nicht  vorkom- 
men, das  ags.  fttera  exterior,  engl,  utter,  out  wiederum  auf 
ein  üter.  friesisches  üter  extra  und  ütera  exterior  leiden  kei- 
nen Zweifel  (Hichth.  IIIS.  1119). 

Auch  alts.  ist  die  partikel  deutlich  aufzuweisen,  denn  es 
heiszl :  libdun  im  far  Citer  laster.  llel.  3,  5 ;  far  ütar  niancun- 
nies  wiht.  31,  22,  und  nicht  anders  erscheint  ahd.  üjar  zueon, 
extra  dubium  (Graff  1,  536),  weit  häufiger  hat  dies  üjar  die 
blosze  bedeutung  von  ex  (Graff  1,  536),  was  man  versucht  wäre 
in  üj  ar  zu  zerlegen  und  dem  goth.  ut  us  (sp.  817)  an  die 
seile  zu  stellen,  obgleich  ii?ar,  ü^er  noch  in  denkmdlern  auf- 
tritt, denen  die  einfache  praep.  ar,  er  =  us  längst  entfremdet 
war,  und  wie  hätte  aus  üjar  =  ut  us  ein  üjaro,  üjaröst  her- 
vorgehen können?  glaublicher  also  ist  Hnzusammengesetztes 
derivativisches  ujar. 

laicht  allzu  häufig  zeigt  sich  mhd.  öjer,  MHrf  Iduß  gefahr  der 
Verwechslung  mit  ü^er  =  üj  der,  vor  dat.  f.  oder  gen.  pl. ; 
unzweifelhaß  sind  alte  stellen,  wo  dem  folgt  oder  männliches 
und  neutrales  Substantiv  im  dat.  sg. : 

swie  wunt  er  was  zem  töde,  so  kreAicIicb  er  sluoc, 
daj  Ü7er  dem  Schilde  drapic  gt-nuoc 
des  edelen  gesleines.    Kib.  926,  2, 

WO  drei  handschrißeri  einfaches  öj  lesen.  ö;er  Sahsenlande 
mb.  139,  2  dürße  scheinen  üx,  der  Sahsen  lande,  verglichen 
mit  üz,  der  Hiunen  laut  1130,  3,  wo  BCÜ  ujjer  bieten,  doch 
üjer  iNiderlant  2S9,  2  lehnt  den  artikel  ab  und  musz  ü^er  = 
ö;  enthalten.  Unsicherheit  trifl  zumal  die  fügungeii,  in  wel- 
chen ein  f.  folgt  oder  folgen  könnte,  huob  in  üjer  toufe. 
myst.  121,  20  gäbe  einen  beleg  für  unsere  praep.,  wenn  touf 
m.,  für  angeschleißes  (a,  der,  wenn  toufe  f  obwaltet,  gleichen 
iweifel  rege  macht  ft^cr  mä;e  Iw.  6C33,  das  extra  modum  be- 
deuten, aber  auch  dz,  der  nu'ije,  wie  3274,  sein  kann;  üz,or 
m&i,e  rieh.  Trist.  11107 ;  wan  er  sichs  öjer  mäje  schaml.  kröne 
20207;  ü^cr  mäje  kleit.  2146S ;  schcene  ö?  der  niAz.e  23254; 
man  wird  lieber  die  praep.  ft^er  als  üz,  der  annehmen,  doch 
sind  beide  richtig,  das  geläufige  öjer  not  Bon.  17,  42.  26, 17. 
47,  11.  103.  56,  43.  71,  13  ist  doch  wol  stets  u^cr,  niemals  (\t, 
der.  öjer  der  nalüre  fli^.  Flore  1S38  überliefert  uns  offenba- 
res ft^cr  extra,  und  hätte  nicht  dem  von  Laciiman.n  vermuteten 
über  weichet^  tollen,  gerade  so  steht  ü^er  burt,  extra  latus  na- 
vis.  pass.  K.  55, 40,  teo/ur  wir  freilieh  über  bord  sagen,  man 
halte  zu  mhd.  iujer  das  parallele  inner. 

Nicht  anders  erscheinen  mnl.  uter  »=  extra  und  uter  =  ul 
der,  beide  zulässig,  jenes  z.  b.  in  utt-r  bort.  Sinke  10,  503, 
wo  Uuydeeoper  ohne  grund  buter  schreibt,  es  entspricht  völlig 
jenem  mhd.  ftjer  bort.  Nnl.  ist  aber  uiter  ausgestorben  und 
nur  übrig  in  uitcrlijk  äusierlich  und  der  Zusammensetzung 
uitcrbuurt  (aiiszengemeinde),  in  uiterste  (dusierste)  vorausgesetzt. 

Desto  häufiger  gilt  nlid.  auszer,  meist  als  praeposition,  zu- 
Keilen  als  conjunction. 


AUSZER 


1030 


1)  auszer  =  ex:  uszer  der  groszen  lieb  sprach  er  zu  dem 
Schacher.  Keisersb.  ehr.  bilgr.i'i;  die  priesterschaft  entpfohen 
das  blut  Christi  allein  uszer  dem  kelch.  19 ;  wie  sie  es  auszer 
des  königs  munde  gehört.  P/u/.  69;  da  mich  aber  gott  auszer 
meines  vaters  hause  wandern  hiesz  (vulg.  eduxit  me  de  domo 
patris  mei).  1  Mos.  20,  13;  wir  sind  aber  getrost  und  haben 
vielmehr  lust  auszer  dem  leibe  zu  wallen  (iy.Sr]fif^aai.  ex  zoZ 
acöfiaros,  vulg.  peregrinari  a  corpore,  golh.  u»lei{)an  us  ])amma 
leika).  2  Cor.  5,  8 ;  wiewol  diese  beiden  stellen  die  stärkere  be- 
deutung von  extra  gestalten,  so  sind  auch  bei  späteren  schriß- 
stellern  noch  einzelne  auszer,  für  welche  man  heute  lieber  blo- 
szes  aus  hören  würde:  ich  bin  verschiedene  tage  auszer  Leip- 
zig gewesen.  Lessing  12,  115;  ist  der  knabe  auszer  unserer 
band.  Klinger  5,  33S.  doch  mag  man  solche  auszer  wieder 
verstehen  =  auszerhalb. 

2)  auszer  =  exlra,  sowol  räumlich  und  leiblich  als  abstract 
genommen:  ich  habe  dir  ein  stück  landes  gegeben  auszer 
(LXX  v:xa^)  deinen  brüdern.  1  Mos.  i%  22;  den  tisch  aber 
setze  auszer  dem  furhang  (LXX  i'^cod'si').  2  Mos.  26,  35;  in 
der  hütten  des  Stifts  auszer  dem  Vorhang.  27,  21 ;  das  soll  er 
alles  hinaus  füren  auszer  dem  lager  (LXX  £?<y).  3  Mos.  4, 12 ; 
und  sol  den  fairen  auszer  dem  lager  füren.  4,  21 ;  und  seine 
wonung  sol  auszer  dem  lager  sein.  13,46;  doch  sol  er  auszer 
seiner  hütten  sieben  tage  bleiben  (LH  £»«).  14,  8 ;  die  ganze 
gemeine  sol  in  steinigen  auszer  dem  lager.  4  3ios.  15,  35;  und 
der  blutrecher  findet  in  auszer  der  grenzen  seiner  freien  stad. 
35,  27 ;  und  lieszen  sie  hauszen  auszer  dem  lager  Israel  (LiX 
ä'Sco  Tr^a  Tiaoeiißo/.rji,  vulg.  extra  caslra,  Lltoer  hat  das 
e^oi  doppelt  wiedergegeben  durch  hauszen  und  auszer).  Jos. 
C,  23 ;  es  fielen  aber  auf  Manasse  zehen  schnüre  auszer  dem 
lande  Gilead.  17,5;  und  soll  in  verbrennen  an  einem  ort  im 
hause  auszer  dem  heiligthum.  £';.  43,  21;  es  ist  nichts  auszer 
dem  menschen,  das  in  künte  gemein  machen  (oiiStt^  iaxtp 
e^cod-ev  rov  avd'Qc&rcov,  vulg.  nihil  est  extra  hominem,  goth. 
nivailits  ist  utajirü  mans).  Marc.  7,  15;  das  ir  zu  derselbigen 
zeit  wäret  one  Christo  frembde  und  auszer  der  bürgerschafl 
Israel.  Eph.  2, 12 ;  derselbigen  leichnam  werden  verbrant  auszer 
dem  lager.  Ilebr.  13,11;  und  die  kelter  ward  auszer  der  stad 
gekeltert  (£tii}d'Ev  Trjs  nölecoi).  offenb.  14,20; 

dasz  sich  zu  deiner  zeit  disz  alles  lasse  zningen, 
was  auszer  zäume  iiel.  Opitz  2,  6 ; 

ein  solches  volk, 
das  auszer  tugead  lebt.    2,  7 ; 
nur  ich  bin  auszer  kuinmer.    Flexi.ng  507 ; 
doch  bin  ich  auszer  schuld,    Looau  1,  8,  75; 

da  er  nun  auszer  hofnung  vor  alles  war,  slellele  er  seine 
bofnung  auf  gott.  pers.  baumg.  1,  26 ;  seid  auszer  furcht,  ich 
bin  zugegen.  Schiller  194*;  die  kirchen  zu  räumen  und  sich 
auszer  den  mauern  mit  einem  gotteshause  zu  begnügetf.  835; 
so  lange  man  jung  und  auszer  Verhältnissen  ist,  soll  man 
reisen.  Güthe  an  fr.  v.  St.  61 ;  einen  sprung  auszer  dem  zu- 
sammenhange der  sinnenweit  thun.  Kant  2,  437;  wenn  ich 
mich  auszer  dem  felde  der  sinne  damit  hinauswage.  2,  515 ; 
suche  die  quelle  deiner  Zufriedenheit  in  dir  selbst,  nicht  auszer 
dir  auf;  ich  sage,  die  dinge  sind  auszer  mir,  weil  ich  sie  so 
ansehen  musz.  Lichtend.  1,  95;  der  kranke  ist  auszer  gefahr 
(hors  de  danger) ;  ich  bin  daran  auszer  schuld ;  ich  bin  auszer 
Stande,  dir  zu  helfen;  es  ist  auszer  der  zeit  (engl,  out  of  time) 
das  zu  thun  ;  ich  esse  nicht  auszer  der  zeit  (non  opportuno  tem- 
pore); die  Sache  ist  auszer  allem  zweifei;  man  wählt  bald  in, 
bald  auszer  der  reihe.  Die  heutige  spräche  pflegt,  zumal  für 
sinnliches  auszer  vß  ein  schleppendes  auszerhalb  zu  verwenden. 
Das  fiihd.  schwanken  zwischen  üjer  und  Ö5  der  zeigt  sich  aber 
auch  luicli  heule  in  einigen  rcdensarlcn,  man  sagt  uuszcrnia- 
szen  und  aus  der  maszeii,  auszer  acht  und  aus  der  aclit, 
auszer  alhem  und  aus  dem  atbeni,  auszer  bette  und  aus  dem 
bette,  beiderlei  ausdrucksweise  ist  gleich  gerecht,  belege  für 
aus  der  maszen  stehen  oben  sp.  823,  für  aus  der  acht  sp. 
166;  Casaubonus  rühmte  die  Zierlichkeit  dieser  Übersetzung 
auszer  alle  maszen.  Lessing  8,  506 ;  ihr  mann  war  auszer 
maszen  unentschlüssig.  12,  152 ;  Güthe  zieht  vor  auszer  acht 
lassen.  37,  so  «»iii  hoffentlich  auch  auszer  maszen.  die  sache 
ist  auszer  streit  und  aus  dem  streit;  die  sache  völlig  auszer 
streit  zu  setzen.  Lessing  8,  52S ;  sehr  mit  unrecht  getadelt  wurde 
sp.  795  auszer  augcn  lassen;  wir  sind  aus  der  notli,  aus 
alier  noth,  auszer  iiutU  bietet  sich  in  der  Volkssprache,  nicht 
in  büclurn  dar;  wieder  auszer  bette  (hors  du  Ut)  sein.  Güt- 
TCR  1,  95 ;    auszer  atiiem  kommen,   auszer  athcm  sein,   sicli 

65* 


1031 


AUSZER 


AUSZER— ÄUSZERE 


1032 


auszer  athem  laufen  {oben  sp.  592)  und  aus  dem  athem.  das 
männliche  und  neutrale  geschlecht  hebt  hier  die  praeposition 
auszer  über  allen  zweifel.  aber  auszer  landes,  nicht  auszer 
lande,  s.  hernach  6. 

3)  hervorzuheben  ist  auch  das  mit  dem  einfachen  aus  gleich- 
berechtigte auszer  vor  dem  persönlichen  pronomen.  sp.  822,  5 
wurde  nachgewiesen,  dasz  man  sagte  aus  sich  sein  (non  esse 
apud  se,  sui  non  compotem  esse),  aus  sich  werden,  geraten, 
kommen,  setzen,  bringen,  hier  folgen  nun  Zeugnisse  für  auszer 
in  derselben  läge  {franz.  hors  de  moi,  toi,  lui) :  ein  eifer  für 
die  ehre  des  mannes,  den  ich  hochschätze,  setzt  mich  sogar 
auszer  mir.  Liscov  16 ;  wie  dich  sein  wolgemeintes  lob  auszer 
dir  setzen  können.  404 ;  bei  dem  gesange  kommen  wir  auszer 
uns.  sterben  wollen  wir  und  nicht  leben!  bei  dem  liede  zer- 
flieszen  wir  in  froher  wehmut  und  erwarten  unsern  tod  mit 
heiterkeit.  Klopstock  7,  55;  sie  ist  so  auszer  sich,  dasz  sie 
nicht  weisz,  ob  sie  bei  uns  oder  in  Walhalla  ist.  10,  222 ;  ich 
ward  halb  auszer  mir,  die  thränen  stürzten  aus  den  äugen. 
11, 18 ;  der  gedanke  von  seiner  Psyche  wieder  getrennt  zu  wer- 
den, setzte  ihn  auszer  sich  selbst.  Wieland  1,  50 ;  wie  sehr 
er  auszer  sich  selbst  war.  1,  249;  auszer  sich  selbst  gesetzt. 
2,  223 ;  Alcibiades  gerieth  beim  anblick  dieses  gemühldes  auszer 
sich.  3,  261;  vom  anblick  der  künigin  auszer  sich  gesetzt. 
Schiller  259 ;  wir  erklärten  ihm  was  wir  wüsten,  er  kam 
auszer  sich.  749 ;  die  auszer  sich  gesetzten  einwohner  rann- 
ten ungeduldig  nach  dem  Osterthore.  876;  seit  er  sich  unter 
den  mordscenen  der  Bartholomaeusnacht  auszer  sich  selbst 
verloren  hatte,  war  er  nie  wieder  was  er  sein  konnte.  1077 ; 
wie  er  auszer  sich  ist,  dasz  man  allen  leuten  ihre  guter  nimmt. 
GöTHE  14,  257;  sie  ist  darüber  auszer  sich  und  untröstlich. 
19,  81 ;  Wilhelm  war  auszer  sich  über  diese  nachricht.  19,  235 ; 
in  solch  einem  moment  von  auszer  sich  sein.  Fr.  Mijller  3, 
259;  im  plötzlich  erregten  affect  ist  der  mensch,  wie  man 
sagt,  auszer  sich.  Kant  10, 170.  ein  Sprachfehler,  zu  ivetchcm 
das  sich  verleitete,  ist  es  aber  den  acc.  mit  auszer  zu  verbin- 
den, man  hört  unter  dem  volle:  ich  komme  auszer  mich,  du 
bist  ganz  auszer  dich,  und  einzelne  schreiben  sogar:  ihr  bringt 
mich  auszer  mich.  Lenz  1,  219.  Göthe,  der  hier  immer  den 
richtigen  casus  setzt,  wagt  einmal  auch  ein  substantivisches 
auszerihneu:  wobei  sich  mehr  und  mehr  ergeben  wird,  wie 
klar  und  richtig  die  alten  das  auszerihneu  gewahr  worden. 
53,  66  ==  die  äuszere  naiur. 

4)  auszer  ==  praeter,  die  örtliche  Vorstellung  des  anszen- 
seins  übergehend  in  die  abstracte  des  ausgenommenseins :  und 
er  bracht  zu  das  speisopfer  und  nam  seine  band  vol  und 
zündets  an  auf  dem  altar,  auszer  des  morgens  brandopfer 
{vulg.  absque  ceremonias  holocausti  matutini).  3  Mos.  9,  17 ; 
und  hat  jemand  dich  beschlafen  auszer  deinem  man.  4  Mos. 
5,  20 ;  auszer  dem  was  er  sonst  vermag.  6,  21 ;  und  der  herr 
redet  mit  euch  mitten  aus  dem  feuer,  die  stim  seiner  wort 
höretet  ir,  aber  kein  gleichnis  sähet  ir  auszer  der  stim.  5  Mos. 
4, 12 ;  es  ist  niemand  heilig  wie  der  herr,  auszer  dir  ist  kei- 
ner. 1  Sani.  2,  2 ;  ich,  ich  bin  der  herr,  und  ist  auszer  mir 
kein  hciland.  Es.  43,  11 ;  ich  bin  der  erst  und  bin  der  letzt 
und  auszer  mir  ist  kein  gott.  44,6;  auf  das  man  erfare,  das 
auszer  mir  nichts  sei.  45,  6;  denn  es  ist  ein  gott  und  ist  kein 
ander  auszer  im  {nkr^v  avrov,  vulg.  praeter  cum).  Marc.  12, 
82;  und  sage  nichts  auszer  dem,  das  die  propheten  gesagt 
haben  {vulg.  nihil  extra  dicens).  apost.  gesch.  26,  22;  einen 
lindern  grund  kan  niemand  legen  auszer  dem,  der  gelegt  ist 
{vulg.  praeter  id  quod  posituni  est).  1  Cor.  3,11; 

ich  lobe  solche  pracht, 
die  auszer  menschen  list  natürlich  ist  gemacht.    Opitz  1,  131; 

alle,  auszer  ihm,  waren  der  meinung,  dasz  man  kijeg  begin- 
nen solle;  man  erlegte,  auszer  dem  hären,  auch  noch  zwei 
Wölfe;  ich  verkaufe,  auszer  dem  garten,  alle  meine  grund- 
Mücke;  die  gefangnen  Verbrecher  wurden,  auszer  einem  be- 
gnadigt 

5)  ivie  nun  das  lebendige  ausgenommen,  mit  seinem  acc.  vor 
oder  hinler  sich  zur  hloszcn  covjunclion  wurde  {oben  sp.  874), 
gieng  auch  die  praeposition  auszer  mit  ihrem  daliv  leicht  über 
in  die  conjunrtion  praeter,  nisi  und  hat  dann  den  casus  neben 
sich,  welchen  die  satzcnnstruction  fordert:  auszer  (»iKr)  das 
feuer  der  räche  saiie  ihm  aus  den  äugen.  Loiirnstein  Arm. 
i,  10;  80  soll  euch  mein  schif  und  alles  was  drinnen  ist, 
auszer  die  knechte,  verfallen  sein.  unw.  dncl.  782 ;  niemand 
kommt  mir  entgegen,  auszer  ein  unverschämter.  Lessinc.  2, 
103;    er   nahm    nun    die    Schlüssel    der  thore,    die  zublieben, 


auszer  das  Rhonethor.  Schiller  1082 ;  man  erlegte  nichts, 
auszer  einen  baren  und  zwei  wölfe;  ich  habe  an  niemand, 
auszer  (an)  dich,  gedacht;  ich  verkaufe  alle  meine  grund- 
stücke,  auszer  einen  garten  nicht,  mhd.  galt  in  solcher  tage 
wan  oder  ane,  wie  auch  nhd.  zuweilen  ohne  kann  gesetzt  wer- 
den. Beachtenswerth  ist,  dasz  Ulfilas  umgekehrt  seine  con- 
junction  aija  zur  praeposition  werden  und  einen  dat.  von  ihr 
abhängen  liesz,  jenes  TtXrjv  avrov  Marc.  12,  32  lautete  gothisch 
nist  anl)ar  aIja  imma.  Unser  auszer  dasz,  auszer  wenn  ent- 
spricht dem  tat.  praeterquam  quod,  si,  nisi  quod: 

(loch  dabei  find 
ich  meine  rechnung  nicht,    denn  auszer  dasz 
ein  solches  spiel  das  unterhaltendste 
nicht  ist,  gewann  ich  immer  nicht  am  meisten 
mit  dir,  wenn  ich  verlor?    Lessinc  2,  227 ; 

L.  hörte  ihn  ohne  andere  bewegung  an,  auszer  dasz  sie  oft 
das  niedergeschlagene  äuge  zu  ihm  bedauernd  aufliob.  .1.  Paul 
3,  70;  auszer  dasz  dieses  gar  keine  transcendentale  betrach- 
tung  gewesen  sein  würde.  Kant  2,  433 ;  er  geht  alle  tage  spa- 
zieren, auszer  wenn  übel  weiter  ist. 

6)  auszer  steht  als  adv.  für  auszen,  ahd.  üjana,  meist  mit  dem 
gen.:  auszer  sind  sie  fältlecht,  inner  glatt.  Forer  fischb.  131' • 

brant  in  und  auszer  er  von  zorn  und  bitter  noth. 

Werders  Ariost  1,  29  ; 
der  pilgram,  welchen  du  sihst  auszer  weges  wallen. 

Opitz; 
ist,  ist  er  auszer  baums,  doch  dürft  es  leicht  geschehen, 
dasz  mit  der  morgenröt  wir  ihn  darinnen  sehen. 

Grvphiiis  707; 
litt  sie  auch  die  pfeiT  im  munde, 
wolle  sie,  war  so  beflissen, 
nimmer  auszer  mundes  wissen.    Logau  3,  5,  64; 

viel  laufen  in  den  sprachen  und  laufen  auszer  des  weges. 
ScHUPPius  729 ;  in  solchen  reden  kommet  unsere  rückständige 
compagnie  auszer  des  weges.  unw.  doct.  8li;  auszer  des  hau- 
ses.  HoHBERG  1,  194';  mach  dich  auszer  lands.  Fierabr.  H5; 
ich  brachte  drei  jähre  auszer  lands  zu;  er  ist  auszer  lan- 
des, geht  auszer  landes ;  da  die  sinesischen  prinzen  einem 
alten  lierkommen  zufolge,  niemals  auszer  landes  zu  reisen 
pflegten.  Wieland  7,  134 ;  daher  erhielten  sich  ihre  arbeiten 
auch  auszerlands  in  dem  besitz  eines  Vorzugs,  den  ihnen  keine 
andere  nation  streitig  machen  konnte.  7,  261.  ahd.  hiesz  es 
üjana  thes  grabes,  öjenan  thes  keliches,  fi^an  munistres,  üjenan 
ringes  (Graff  i,  537)  und  heute  wird  oft  vorgezogen  auszerhalb 
des  landes,  grabes,  ringes. 

7)  auszer  =  ausher,  auszher,  was  die  getoöhnliche  Umstel- 
lung ist  von  heraus,  herausz :  was  soltestu  da  gutes  schrei- 
ben, wenn  du  so  unvleiszig,  unbedechtig  auszer  speiest,  was 
dir  ins  maul  feilet?  Luther  1,  389'; 

ach  liehe  fraw,  tragt  auszer  wein, 

und  laszt  uns  alle  Trölich  sein.    II.  Sagos  II.  2,  21*. 

AUSZERAMTLICH,  privatus  und  im  adv.  privatim,  was  nidit 
ofßciell  ist  und  auszerhalb  dem  dienstkreis  geschieht:  die  War- 
nung war  auszeramtlich ;  die  äuszerung  erfolgt  auszeramtlich. 

AUSZERDEM,  praelerea,  zusammengerücktes  auszer  dem, 
extra  illud,  praeter  id,  begegnend  der  bedeutung  von  überdem, 
über  das,  outre  cela,  übergehend  in  die  von  sonst,  anderswo : 
es  ist  wirklich  eine  art  der  fürchterlichsten  prosa  hier  in 
Weimar,  wovon  man  auszerdcm  nicht  wol  einen  begrif  hätte. 
Göthe  an  Schiller  222.  auszerdem  dasz,  auszer  dasz,  prae- 
terquam  quod.  Kant  6,  362. 

ÄUSZERE ,  ÄUSZERSTE ,  exlerus,  exlerior,  extrenrus.  go' 
thisch  mangelnd;  ahd.  üjaro,  öjarusto  ;  mhd.  (ijer,  üjcreste; 
nnl.  uitere,  uiterste;  ags.  fttera,  ütemest;  engl,  utter,  utmost, 
uttermost;  altn.  ytri,  ylstr;  schw.  yttre,  ytterste;  ddn.  ydre, 
yderstc. 

äuszere  entspricht  mehr  dem  lal.  exterus  als  exterior,  und 
sein  r  ist  nicht  das  unserer  comparative,  denn  es  steckt  schon 
im  positiv  der  partikcl  auszer  und  geht  mit  in  den  superl. 
äuszerst  ein,  welchem  jenes  comparativische  r  fehlt  (blind,  blin- 
der, lilindcst) ;  also  verhält  es  sich  wie  das  r  in  bitter,  superl. 
bitterst,  und  der  eigentliche  romparativ  würde  lauten  äuszerere, 
ahd.  ftjaroro,  mhd.  ft7,erre,  gerade  wie  zum  analogen  ahd.  hin- 
taro  sich  wirklich  ein  iiiiiinroro,  iiintartlsto  darbietet,  doch 
die  comparative  A/,eire  und  äuszererc  sind  ungelirauchtich. 

Unorganisch  scheint  der  nhd.  umlaut  äiLszere,  äuszersle  und 
dem  obere,  olierste,  vordere,  vorderste,  ja  detn  magerere,  ma- 
gerste ganz  entgegen,  wiewol  bei  Luther  auch  ftl)ere,  öbersle 
vorkommt;  das  ahd.  ftjaro,  mhd.  ftjer  begehren  auch  nhd.  äu- 
szere,   auszcrste,    ohne    umlaut.     die    deutsche    theologie    (ed 


1033 


ÄUSZERE 


ÄÜSZERE  — AÜSZERHALB 


1034 


Pfeiffer)  cap.  7  hat  auch  der  üszer  menscüe,  dem  öszern 
menschen  und  noch  Keisebsbebg  sagle  uszere  oder  auszero, 
bei  Luther  15/  überall  der  umlaut  euszere  und  euszerst.  soll 
man  ihn  aufs  nnl.  uitere,  uiterst  zurückführen?  diesem  aber 
liegt  auch  uit  und  uiten  =  nhd.  aus,  auszen  zum  gründe, 
in  betrachl  kommt  zugleich  der  nordische  umlatit  ytri,  yttre, 
ydre  und  der  ähnliche  in  efri  superior,  schw.  üfre,  ddn.  övre, 
doch  gehört  das  weiter  auszußhren  nicht  hierher. 

Die  bedeutungen  ron  äuszere  berühren  sich  mit  denen  von 
äuszerlich,  auswendig  und  auswärtig,  welchen  das  innere,  in- 
nerliche, inwendige  entgegensteht,  äuszere  ist  der  einfachste 
ausdruck  und  kann  auch  die  zusammengesetzten  vertreten. 

1)  der  äuszere  schmerz  gegenüber  dem  inneren ;  mhd.  dag 
üjer  lop,  diu  iure  tugent.  Walth.  81,4.  5;  das  äuszere  ansehen, 
die  äuszere  gestalt,  erscheinung,  gegenüber  dem  inneren  zustand, 
wir  sagen,  ohne  subst.,  das  äuszere,  franz.  I'exterieur :  das  äu- 
szere dieses  mannes  gefällt;  er  hat  ein  angenehmes  äuszere; 
schon  in  seinem  äuszeren  zeigten  sich  seine  inneren  Vorzüge. 

2)  die  äuszere  hand,  die  auswendige;  die  äuszere  schale 
oder  haut,  die  auswendige,  gleichsam  nach  auszen  gewandte; 
sein  euszer  wand.  1  kün.  6,  5 ;  zum  euszern  vorhof.  Ez.  40, 17. 
42,1;  vom  euszern  thor.  47,  2;  das  auswendige  kleid,  die 
äuszere  seile,  mhd.  hieszen,  ohne  beigeßigtes  subst.,  bela- 
gerte die  innem,  belagerer  die  üjern,  die  leute  in  der  bürg 
und  die  sie  von  auszen  angreifen. 

3)  das  äuszere,  auswärtige,  ausländische,  fremde:  die  äu- 
szere gienze ;  das  äuszere,  ausländische  porto ;  die  äuszeren 
angelegenheiten,  die  auswärtigen ;  etwa  acht  tage  wird  meine 
reit  durch  äuszere  geschälte  aufgezehrt  werden.  Götue  an 
Schiller  176;  die  äuszeren  kriege,  die  auswärtigen,  ausländi- 
schen, in  der  fremde  geführten,  gegenüber  den  inneren  Unru- 
hen, mhd.  der  üjer  hunt.  Bon.  12,  32,  der  fremde,  den  äu- 
szem  behalten  =  drauszen  bleiben  müssen.  Stettler  ann. 
Helv.  323. 

4)  das  äuszerste  ist  zugleich  das  fernste,  letzte,  hinterste, 
höchste. 

o)  räumlich  gedacht :  das  fewr  verzert  die  euszersten  lager. 
4  Mos.  11,  1 ;  an  der  euszersten  grenze.  22,  36 ;  bis  an  das 
euszerste  meer.  5,  U.  24 ;  die  euszerste  herberge.  2  kün.  6,  5 ; 
das  euszerste  seines  fingers.  L«c.  16,  24,  die  spitze,  das  ende; 
die  äuszersten,  ohne  subst.,  das  hinzu  gedacht  wird,  sind  die 
höchsten,  letzten  stufen :  als  er  auf  den  euszersten  (stufen  des 
lebens,  im  höchsten  alter)  war.  pers.  baumg.  5,  2 ;  die  mauren 
wurden  aus  dem  äuszersten  gründe  wol  aufgeführt.  Weise 
erzn.  1 ; 

das  keine  steile  höh,  kein  tiefer  abgi-und  schreckt, 
an  deren  äuszerstem  für  dich  ein  lorbeer  steckt. 
i.  E.  Schlegel  1,  263; 
die  Baiern  wurden  bis  an  das  äuszerste  Schwaben  zurückge- 
drängt.   Schiller  098.    zu  äuszerst  drückt  ein  adverbiales  ad 
extremum  aus :  mit  solchen  Worten  sie  sich  beide  zu  euszerst 
der  schranken  fügten.  Galmy  148 ;  und  als  der  afife  ein  welsche 
oder  baumnusz  funden,    bisz   er  darein,   und  dieweil  im   zu 
euszerst  die  bittere  leufte  (schale)  das  maul  zusammen  zohe 
u.  s.  w.  Kirchhof  it'enrfunm.  129'; 

hier  musz  ich  arme  frau  von  meinen  schönen  sitzen, 
von  meinem  groszen  reich  und  Völkern  au$geja<;t, 
zu  euszerst  meines  lands  bei  kaltem  winde  schwitzen. 

Fle«i!«(i  113; 
StaufTachers  haus  verbirgt  sich  nicht,    zu  äuszerst 
am  ofnen  lieerweg  stehts,  ein  wirtlich  dach 
für  alle  wandrer,  die  des  weges  fahren.    Schiller  520*. 

b)  abstracl  genommen  ist   das    äuszerste    das    höchste:    die 
äuszerste  noth,  extrema,  summa  necessitas;  das  äuszerste  ver- 
derben, das  äuszerste  elend,    die    äuszerste    gcfahr,    wo  man 
am  rande  des  abgrunds  steht;  das  äuszerste  verderben.  Kirch- 
hof mil.  disc.  180 ;  der  äuszerste  (genauste,  letzte)  preis ; 
die  freiheil,  die  ihr  uns  zu  geben  ausgegangen, 
ist  ja  der  menschen  lust  und  euszerstes  verlangen. 
Grtphii-s  1,  109; 
aber  nicht  alles  zuläszliche  wäre  löblich,  noch  alles  euszerste 
sicher.  Lohemst.  Arm.  2,  124 ;  will  ich  mein  äuszersles  anwen- 
den. Lessmg  1, 247 ;  weil  aber  den  wenigsten  eine  so  äuszerste 
Seltenheit  zur  hand  sein  dürfte.  9,231;  da  wir  in  absieht  auf 
causalitat  ein  äuszcrstes  und  oticrstcs  wescn  bedürfen.  Kam 
2,477;    aufs  äuszerste  trcihts  nur    die   liebe.    Scoiller  193'; 
der  kaiser  hat  mich  bis  zum  äuszersten 
gebracht,  ich  kann  ihm  nicht  mehr  ehrlich  dienen.    363'; 

so  sehr  e«  mich 
empört,  zu  einem  äuszersten  zu  greifen.    436"; 

wer  wird  auch  gleich  das   äuszerste    denken.    GOthe  17,  167 ; 


Melina  ward  mit  allerlei  mutwillen  auf  das  äuszerste  ge- 
bracht. 18,  262 ;  ich  war  entschlossen,  die  sache  aufs  äuszerste 
kommen  zu  lassen.  20,  50 ;  eine  äuszerste  abneigung  gegen 
alle  gasthöfe.  25, 164 ;  was  nicht  zum  äuszersten  bedarf  war, 
hat  man  mir  abgenommen.  Tieck  3,  15.  das  äuszerste  steht 
substantivisch,  wie  (Jas  extrem:  jedes  äuszerste  führt  sie  (die 
kunst)  zur  natur  zurück.  Schiller  319 ;  um  sich  aufs  neue 
zu  erheben  und  so  mit  beständigem  raschem  Wechsel  von 
einem  äuszersten  zum  andern  zu  eilen.  993;  in  der  glückli- 
chen mitte  zwischen  beiden  äuszersten.  1030. 

c)  äuszerst  als  adv.  steht  für  summe,  maxime,  extremement : 

sei  nicht  mit  deinem  rothen  haar 
so  äuszerst,  Fuska,  unzufrieden.    Lesslns  1,  20; 
so  äuszerst  war,  nach  Tacitiis  bericht, 
der  alte  Deutsch  aufs  spiel  erpicht.    1,  22; 
ich  musz  ihn  sprechen,  seiner  majestät 
ist  äuszerst  dran  gelegen.    Schiller  296" ; 
eine  führt  dich  zu  der  andern  schmause, 
den  sich  jede  äuszerst  ausersinnt.    Götue  5,  254; 
die  jungen  leute  betrübten   sich   äuszerst.    15,  186 ;    was    ihn 
äuszerst  beunruhigte.    15,  194;    er  fürchtete  sich  äuszerst  vor 
dem  lächerlichen,  das  uns  der  anschein  ängstlicher  gewissen- 
haftigkeit  vor  der  weit  gibt.   19,  296 ;   ein   anhaltender  regen 
hatte  die   wege   äuszerst   verdorben.    25,  44;    wenn    wir   ihn 
nun  hierüber  äuszerst  ausschalten.    25, 144 ;    sowie  nun  eine 
genauere  kenntnis  den  künstler  äuszerst  fördert.  38,  12 ;  alles 
dieses  sind  umstände,   die   der  einheit  dieses  Stücks  auf  das 
äuszerste  schaden  und  höchst  fehlerhaft  sind.    19, 161 ;  woge- 
gen Wilhelm  aber  aufs  äuszerste  protestierte.  19, 161.    In  an- 
derm  sinn  verwandte    die  frühere    spräche   aufs  äuszerste    ßr 
sogar:   ich   musz  ihr  aufs  euszerst  den  besen  kaufen,    wann 
sie  nur  ein  stub  auskehren  will.    Simpl.  3, 169,  und  ähnliches 
hört  man  noch  unter  dem  volk. 

AUSZEIIEHELICH,^i7/e3t7im!«,  auszer  der  ehe  geschehend  und 
erzeugt:  auszerehliche  Verbindung,  auszerehlicher  beischlaf; 
ein  auszerehliches,  unehliches  kind. 

ÄUSZEKER,  m.  homo  abslemius,  solitarius,  der  sieh  der  weit, 
des  Umgangs  mit  den  leuten  enthält.  Stieler  70.    s.  äuszem  4. 
ÄUSZEREUROPÄISCH :     auszereuropäische     musterstücke. 
GöTHE   31,   99. 

AUSZERGERICnTLICH,  extrajudicialis,  was  nicht  vor  ge- 
richt  verhandelt  wird:  auszergerichtlicher  befehl. 

AUSZERGEWÖHiSXlCH,  ungewöhnlich,  auszer  der  gewohn- 
heit. 

AÜSZERHALB ,  extra,  praeter,  extrinsecus,  ahd.  öjarhalb 
und  üjarünhalb  (Graff  4,  S84);  mhd.  üjerhalp  mit  dal.  oder 
folgenden  andern  partikeln:  üjerhalp  der  lür.  Ai&.  1915,  1; 
(Ijeihalp  des  mundes  tür.  Iw.  457 ;  üjerhalp  dem  bürgelor. 
Iw.  6147;  üjerhalp  bi  der  want.  Iw.  91;  itjcrhalb  an  der  ge- 
siht.  Bari.  127,  41.  Wie  schon  mhd.  das  nachfolgende  der 
zweifelhaß  läszt,  ob  ein  gen.  oder  dat.  f.  gemeint  sei,  findet 
auch  nhd.  diese  Unsicherheit  statt,  z.  b.  auszerhalb  der  stad 
gegen  mittag  ein  brunn  war.  lud.  7,  6;  auszerhalb  der  her- 
berg.  weisth.  2,  231  und  man  hegreiß,  dasz  im  m.  und  n.  gen. 
und  dat.  schwanken.  Beispiele  des  dativs:  auszerhalb  dem  ehe- 
stande.    Mela.>chth.  im  corp.  doctr.  christ.  496 ; 

dasz  dich  ein  andrer  hat  bescblafen 
auszerhalb  deim  mann.    II.  Sachs  IV.  1,  40*; 

dieweil  ich  sonslen  mit  nichtes  anders,  auszerhalb  meinem 
vater  unser,  e.  gn.  zu  verehren  habe.  Ri.-<gwald  tr.Eck.XS'; 
ward  ihm  in  der  eil  alles  verdeckt  auszerhalb  eim  fusz,  wel- 
chen die  sonn  schwarz  brannte.  Garg.  172*;  auszerhalb  dem 
rechten.  Opitz  Arg.  2,  341 ;  auszerhalb  allen  lästern.  2,  435 ; 
auszerhalb  dem  gefängnis.  pers.  nsenth.  7,  20 ;  er  führete  ein 
eingezogen  leben  und  machte  sich  auszerhalb  seinem  ampt 
und  beruf  mit  niemand  gemein.  Scucppics  308;  auszerhalb 
dem  Zirkel  des  privatlebens.  Wiela^d  2,  236 ;  muste  diese 
praetur,  ehe  das  tribunat  auf  sechs  stellen  gebracht  ward, 
auszerhalb  demselben  sein.  Niebchr  2,  442.  Belege  für  den 
seltneren  gen.:  an  eim  sondern  ort  auszerhalb  der  ungleubi- 
gen.  LctherS,  271;  so  jemand  zum  andeminal,  doch  auszer- 
halb einsteigens  oder  brechens  gestolen  bette,  peinl.  halsger. 
ordn.  161;  alles  auszerhalb  des  herzens.  Opitz  Arg.  2,  191; 
stirbst  du  auszerhalb  des  vatterlands.  Pe/r.  215';  was  auszer- 
halb des  kreises  unsrcr  sinne  liegt.  Wiela>b  3,  411.  Da  wo 
auszerhalb  ßr  ausgenommen  gesetzt  ist,  wird  ihm  sogar,  wie 
diesem,  der  casus  des  satzes  selbst  gelassen:  aber  die  andern 
personen  in  der  kircben.  auszerhalb  die  schulpersonen  sollen 
graf  Philipps  und  graf  Hans  George  zu  bestellen  haben.  Luthers 


1035  AUSZERHALBEN— ÄUSZERLICHKEIT 


AUSZERMASZ  EN  —  ÄUSZERN 


1036 


fcr.  5, 795;  Huszerhalb  den  Gelanor.  OpiTZj4r<;.  2,  320;  sie  hatten 
keine  einzige  minuten  zum  spielen  und  spazieren,  auszerlialb 
die  Jugend,  ^¥elche  mit  ihrem  praeceptor  jedesmal  eine  stunde 
nach  dem  essen  spaziereten.  Simpl.  1, 531.  Dies  auszerhalb 
kann  auch,  wie  auszer  und  auszerdem,  die  stelle  vor  conjunc- 
tionen  einnehmen,  z.  b.  auszerhalb  dasz  sie  hörner  und  lange 
spitze  obren  hatten.    Philander  2,  2.     s.  auszerthalb. 

AUSZERHALBEN,  yraeter,  gleichviel  mit  auszerhalb :  und 
auszerhalben  meinem  groszen  herzensrisz  und  leiden  hat  es 
mir  wol  gegangen.  Schweimciien  l,  62. 

AUSZERHÄUSLICH,  was  auszerhalb  dem  hause  geschieht: 
dasz  ich  in  dieser  ungerecht  verkannten  gesellschaft  die  ein- 
zige auszerhäusliche  consolation  geniesze.  Mercks  briefs.  1, 
200 ;  das  leben  der  Griechen  und  Römer  wurde  mehr  auszer- 
häuslich  und  unter  der  menge  geführt.  J.  Paul  friedensprc- 
digt  s.  30 ;  auszerhäusliches  vergnügen  suchen. 

ÄUSZERIN,  f.  solilaria,  eine  frau,  die  sich  vom  Umgang 
der  leute  zurückzieht.    Stieler  70.    s.  äuszerer. 

AUSZERIRDISCH,  überirdisch,   quod  supra  terram  est: 

denn  ein  verdienst  das  auszerirdisch  ist, 
das  in  den  lüften  schwebt,  in  tönen  nur, 
in  leicklcu  bitdern  unsern  geisi  uingaukelt. 
GöTHE  9,  185; 
auszerirdische   wesen   nöthigt   er   {Shakspeare)    seinem  unter- 
nehmen zu  dienen.  45,  119. 

ÄUSZERLICH,  exterus,  externus,  nnl.  uiterlijk,  mhd.  üjeiTich 
(pass.  K.  320,  15),  bei  Keisersberg  noch  uszerlich,  auszerlich,  (has 
im  pf.  Bb  4*),  bei  Luther  euszerlich :  an  den  euszerlichen  ge- 
scheften  im  hause  gottes.  Nc//.  11,  16 ;  wer  wil  sagen,  was  er 
verdienet,  wenn  mans  euszerlich  ansihet.  Hiob  2t,  3t ;  wenn  das 
herz  traurig  ist,  so  hilft  kein  euszerliche  freude.  spr.  Sal.  14, 
10 ;  das  reich  gottes  komt  nicht  mit  euszerlichen  gebärden. 
Luc.  17,  20;  ob  unser  cuszerlicher  mensch  verweset,  so  wird 
doch  der  innerliche  von  tag  zu  tage  verneuert  {golh.  {lauhjabai 
sa  utana  unsar  manna  fravardjada,  a})j)an  sa  innuma  ananiu- 
jada).  2  Cor.  4, 17 ;  da  wir  kinder  waren,  waren  wir  gefangen 
unter  den  euszerlichen  Satzungen.  Gal.  4,  3;  euszerliche  hei- 
ligkeit.  Ebr.9,1; 

ein  innerliches  weih,  ein  äuszerliclier  mann. 
LoGAü  1,  10,  13; 
wer  an  frömmigkeit  kleiner  und  an  reichthumb  gröszer  ist 
als  der  andere,  der  ist  dem  äuszerlichen  ansehen  nach  zwar 
reich,  aber  in  sich  selbst  arm.  pers.  rosenth.  7,  20 ;  man  be- 
treugt  die  euszerliche  sinn  und  betreugt  ihren  verstand,  dar- 
nach man  einem  ein  brill  aufsetzt.  Lehmann  106 ;  wir  können 
unsern  kindern  die  äuszerlichen  fehler  des  Übelstandes  nicht 
leichter  abgewöhnen,  als  wenn  wir  ihnen  solche  vor  den  äu- 
gen nachahmen.  Rabener  1,  90 ;  das  herz  bilden,  ohne  das 
äuszerliche  zu  verabsäumen.  6,  12 ;  sorgfältige  bildung  des 
äuszerlichen.  Gotter  2,  xiv;  die  härte  der  seele  bei  äuszerli- 
cher  geschmeidigkeit  und  Sanftmut.  3,  9 ;  Saturn  der  äuszcr- 
lichste  unter  den  Wandelsternen.  Kant  8,  260 ;  bei  dem  hiesi- 
gen theater  sind  mehrere  subjecte,  die  ein  recht  gutes  äuszer- 
liclies  haben.  Güthe  an  Schiller  796 ;  nach  den  natürlichen 
begriffen  der  äuszerlichen  gerechtigkeit.  Licutenberg  3,  171. 
Man  sagte  früher  sich  auszerlich  stellen,  sich  fremd  und  kalt 
benehmen:  stell  dich  auszerlich  und  dapfcrlich  (fremd  taid 
derb).  Keisersb.  siben  scheiden  7  ; 

die  landliorrn  die  haben  sich 
gegen  uns  gslcllt  lani^  gar  euszerlich.    Ayrer  105'; 

der  auserwelte  held 
sich  gegen  mir  so  euszcriicli  stellt.    168'; 

er  stellt  sich  gegen  uns  gar  auszerlich,  infrequens  est  nobis. 
Stei^bach  1,  51. 

ÄUSZERLICHKEIT,  f.  mhd.  blnsz  öjerkcit  {pass.  Ä.  400,43): 
darumb  ist  dir  not,  das  du  in  dich  selber  gekeret  seiest  und 
dich  allain  haltest,  es  sei  dann  ampts  halb  ausz  gehor- 
same, da  du  gezwungen  wilrst  wider  deinen  willen  zu  auszcr- 
lichait.  so  liis  gehorsam  und  llitl  das  getreulich  mit  aufge- 
hehtem  herzen  zu  gof,  und  eil  allweg  wider  zu  dir  selbs 
hinein,  da»  geschieht  laider  nit,  sonder  si  suchen  eigcizlichait 
in  auszerlichail.  Keisersb.  has  im  pf  AaS';  sie  lud  mich 
manciien  abend  zu  sich  und  wusle  mich,  der  ich  zwar  ge- 
sittet war,  aber  doch  eigenllich  was  man  leiiensarl  nennt, 
nicht  besasz,  in  manchen  kleinen  äuszerlichkeileu  zurecht  zu 
führen  und  zu  verbessern.  Götiik  25,  62;  wenn  der  dichter 
Ariosto  seinem  ihn  aussciieltenden  valer  ergeben  zuhört,  so 
liegt  die  äuszerlichlirit  des  vaters  wie  des  sithnes  von  jedem  III- 
cherlichcii  ab.  J.  Paul  acsth.  1, 147 ;  er  hängt  an  äuszci  lichkeiten 


AüSZERMASZEN,  s.  auszer  2. 

AUSZERMÄSZIG,  modum  egrediens:  ich  schlosz  aus  ihren 
Schriften  mit  völliger  Zuversicht  auf  einen  auszermäszigen 
Charakter.    Fichtes  leben  1, 181. 

ÄUSZERN,  auszer  sich  geben,  thun,  ist  gebildet  von  auszer 
wie  nnl.  uiten,  ahd.  öjon  von  uit  und  üj,  mhd.  sagte  man 
öjeren,  mnd.  nach  Ssp.  2,  62  üteren,  engl,  utter.  es  kommt 
meistenthcils  mit  sich  verbunden  vor. 

1)  weidmännisch,  das  wild  äuszert  sich,  gleichsam  thut  sich 
aus  dem  holze,  kommt  zum  Vorschein;  als  wir  auf  der  jagd 
waren,  äuszerte  sich  kein  wild.    Steinbach  1,  51. 

2)  von  andern  dingen,  die  sich  zeigen :  die  blättern  äuszern 
sich,  brechen  aus;  die  gröszte  Verlegenheit  äuszertt;  sich  in 
der  gesellschaft;  ein  betrug,  ein  verdacht  äuszerte  sich  in 
diesem  geschäft;  eine  gelegenheit  äuszert  sich; 

als  wenn  beim  amtsetat 
ein  minus  sich  statt  plus  geäuszert  hatte.    Gökingk.  2,  201 ; 

ich  schlief  nicht,  ich  wachte  nicht,  ich  schlummerte,  ich  ver- 
nahm alles  was  um  mich  vorgieng  sehr  deutlich,  und  doch 
konnte  ich  mich  nicht  regen,  mich  nicht  äuszern.  Götue  11, 
369 ;  eine  gleiche  Schwierigkeit  äuszert  sich.  Kant  8,  22. 

3)  sich  äuszern,  sich  aussprechen,  ore  prodere,  mit  worten 
zu  erkennen  geben:  er  hat  sich  dahin  geäuszert;  ich  mag 
mich  darüber  nicht  zu  frühe  äuszern ;  er  äuszert  sich  so 
deutlich,  dasz  man  ihn  nicht  inisverstehen  kann,  auch  ohne 
sich  mit  dem  acc. :  er  äuszerte  folgendes ;  er  hat  den  wünsch 
geäuszert  (ausgesprochen) ;  er  äuszert  seine  meinung  stets  un- 
verholen; Forskaal  hatte  meinem  vater  geäuszert,  dasz  er 
wünsche.  Niebuhh  kl.  sehr.  1,  20.  seilen  sich  äuszern  mit  dem 
gen.,  in  diesem  sinn:  überdem  hat  man  noch  nie  gehört, 
dasz  ein  wegen  mordes  zum  tode  verurtheilter  sich  beschwert 
hätte,  dasz  ihm  unrecht  geschehe,  jeder  würde  ihm  ins  ge- 
siebt lachen,  wenn  er  sich  dessen  äuszerte.  Kant  rechtsl. 
1798  s.  231. 

4)  äuszern  mit  persönlichem  acc.  ist  ungewöhnlich :  sondern 
euszert  sich  selbst  und  nahm  knechtsgestait  an  (iavrop 
ixs'vcoasv,  golh.  sik  silban  uslausida,  vulg.  semetipsuin 
exinanivit).  Philipp.  2,  7.  in  anderm  sinn:  im  marchiereu 
äuszerten  mich  ehrliche  weiber.  Simpl.  2,  145,  d.  h.  vermieden 
mich,  enthielten  sich  meiner.  Sehr  häufig  sagte  man  sich  eines 
dinges  äuszern  =  enthalten,  abthun.  mhd.  wil  er  sich  siu 
öjern.  Schw.  sp. ;  mnl.  wel  he  ir  (der  schädlichen  Ihiere)  sik 
üteren  name  (nach  dem)  scaden.  Ssp.  2,  62 ;  andere  belege  die- 
ses sich  äuszern  abstinere  für  den  rechtsgebrauch  gibt  Haltaus 
83.  welchs  beides  (cujiis  utriusque)  der  römisch  bischof  sich 
bisher  geeuszert  hat.  Luther  1,  02";  so  viel  genanter  doctor 
Martinus  befunden  würde,  das  er  in  einigem  artikel  geirret 
bette,  so  wollen  wir  die  ersten  sein,  die  sich  sein  euszern. 
1,  135';  das  ir  euch  in  dieser  Sachen  euszert  des  christlichen 
namens  und  rhümefts  des  christlichen  rechtes.  3,  Its';  das 
sie  sich  des  meszhaltens  aller  ding  euszern  und  enthalten. 
3,  t!)4 ;  das  die  natur  gewartet  des,  das  sie  nirgend  siliet  noch 
empfindet,  und  sich  des  euszere,  das  sie  sichtlich  emplindcl. 
3,  295 ;  so  ists  auch  kein  fahr,  das  ir  euch  der  unlcrthanen 
damit  eitszert,  so  ir  die  guter  verkauft.  4,  318";  solche  leut 
für  keine  Christen  zu  halten  sind,  die  sich  so  lange  des  sa- 
cramenls  euszern  und  entziehen.  4,42s";  da  ist  hohe  teil, 
das  sich  alle  frome  Christen  ir  (der  falschen  lehre)  euszern. 
6,  178';  so  müste  er  (gott)  wariich  zuvor  sich  seiner  rechten 
gottheit  euszern.  8,  3";  denn  ich  bei  mir  genzlich  beschlos- 
sen, ich  wolle  mich  hinfurt  ewers  hofs  gar  euszern.  8,  173'; 
werden  wir  gezwungen,  den  christlichen  nanien  euch  absagen 
und  euer  ganz  zu  euszern.  Luthers /ir.  2,355;  liaus  und  hof 
verlassen  und  sich  der  vorberhürlen  stück  euszern.  Mei.an- 
cmno^ü  augsb.conf  im  coip.doctr.  ehr.  s.  9;  das  er  darin  nielils 
heimlichs  lürgenominen,  oder  sich  der  leut  geeuszert,  son- 
dern alles  am  liecht  gehandelt.  Mei.anchth.  rede  von  herzog 
Ernsten,  deutsch  von  Lauterbeck.  /'/".  1503.  s.  23;  herzog  Ott 
und  herzog  Albrecht  euszerten  sich  solches  krieges.  Aventin  4S5; 

ganz  in  nllcr  dimiütigkeit 

{lial  Clirislus)  sich  geeuszert  scini'r  golllicit. 

II.  Sachs  H.  1,56'; 
wenn  man  mich  hell  zu  gvatiern  gliellen, 
lum  kind  und  bei  die  laut' zu  Irultoti, 
euszert  ich  mich  durselben  liun.    H.  Waidis  4,  69; 
doch  euszerxt  du  dich  mciiuT  klag 
ein  nntvvon  zu  veileihon.    Wsckuehlin  86  ; 
wer  lebet,  der  nicht  geht  dos  bleichen  lode»  bahn» 
wer  ist  c»,  der  sich  selbst  des  graln's  euszern  kau? 
Opitz  ps.  s.  172; 


1037 


ÄÜSZERN— AUSZIEHEN 


AUSZIEHEN 


1038 


im  fall  er  ein  gebot  nun  etwan  ewig  nennt, 
bezeugt  er,  dasi  er  disz  von  jenen  andern  fenn'. 
so  dasz  es  unrecht  sich  zu  euszern  dessen  bürde, 
bis  er  es,  der  es  gab,  auch  selbst  verendern  würde. 

Hugo  Grot.  «.  3S1 ; 
dasz  gott  sich  äuszert  der  gewall. 

LoHENSTKiN  getstl.  gea.  ib,  li'Ji;  ^ 
dasz  er  sich  meiner  gesellschaft  in  etwas  euszern  müslc.  : 
Philand.  2, 776 ;  sobald  sie  aber  wind  bekamen,  dasz  der  zaar 
mich  im  land  zu  behalten  entschlossen,  wurden  sie  alle  zu 
stummen  an  mir,  ja  sie  äuszerten  sich  auch  meiner.  Simpl. 
1,  539 ;  doch  wollte  ein  solcher  mensch  sich  der  gesellschaft 
ganz  euszern.  Weise  erzn.  395.  Stieler  70  hat  noch  folgende 
beispiele:  sich  seiner  gewalt  euszern  auf  eine  Zeitlang;  sich 
seines  rechts  euszern;  sich  der  leute  gesellschaft  euszern; 
sich  eines  freundschaft  euszern ;  icli  werde  mich  nicht  euszern 
(nicht  enlhallen)  ?u  euch  zu  kommen ;  geeuszerte  suchen,  res 
separalae.  Frisch  1,  43  sich  eines  äuszern,  eines  umgany  viei- 
den.  später  erlischt  der  gebrauch  dieses  worls,  und  theilweise 
an  seine  stelle  getreten  ist  entäuszern  w.  m.  s. 

AUSZEKOKDENTLICH,  cxtraordinarius :  auszerordentliche 
gäbe,  ehre,  liebe;  auszerordenllicher  festlag;  auszerordentli- 
clies  mitglied;  ein  auszerordenllicher  gesandter;  alles  was 
mir  von  diesem  auszerordentlichen  manne  bekannt  geworden 
ist.    Lichtenberg  4, 139. 

AUSZEUORDENTLICH,  adv.  extra  ordincm,  mirißce,  exi- 
mie:  auszerordentlich  beliebt,  gelehrt,  erfreut,  klein,  schön. 

AUSZERREN,  evellere,  ausreiszen,  auseinander  zerren,  dts- 
trahere : 

dem  heisz  ich  auszenen  alle  sein  ädern,    fastn.  sp.  596,  15 ; 
man  niusz  dir  die  sei  auszerren.    1093 ; 
sie  hatte  schon  ihre  krause  haarlocken  ausgezerret.    Simpl.  2, 
541;  die  stolze  noppel  wusle  ohndem  nicht,  wie  sie  das  maul 
solle  krumm   genug   auszerren.    Weise  erin.  399;    Wielands 
goldner  Spiegel  ist   ein   ausgezerrler  Uhsong.    Weisze  an  Us. 
ALSZERSINN'LICH,  quod  in  sensus  non  cadit. 
ALSZERTHÄLB,    foris,    exlrinsecus,   mhd.   üjerlhalb.    Nib. 
1915,  1.  B  (wie  innerlhalben  1914,4.  1915,4);  nhd.  auszerthalb 
des  gelobten  landes.    Keisersb.  ausg.  der  Juden  J6;    auszert- 
halb des  landes.  WiRSCNG  Ca/,  h  2";  sie  bleiben  allzeit  auszert- 
halb des  krieges  anheims.    Fraxk  tceltb.  66*. 

AUSZERTHALBEN,  dasselbe:  dasselbige  bad  nahe  bei  dem 
Ihiirlin  war  innerthalben,  da  sich  auszerlhalben  Rinaldus  ein- 
gesetzt hatte.  Boec.  1,  45' ;  den  Tartarus  mag  er  auszerlhalben 
aufschlieszen  wem  er  will.  Wieland  25,  98. 

.\USZERU>G,  f.  nach  den  bedeutungen  des  äuszems, 

1)  signißcatio,  dictum:  schriftliche  oder  mündliche  äusze- 
rung;  harte,  wahnsinnige,  thörichte  äuszerung;  vom  lallen 
und  jauchzen  des  kindes  bis  zur  treflichen  äuszerung  des 
redners  und  Sängers.  Götiie  20,  217;  Faust  merkte,  dasz  einige 
wild,  andere  gerührt  hinaufsahen  und  erkundigte  sich  um 
den  grund  dieser  äuszcrungen.  Klixger  3, 117. 

2)  diverticulum,  segregalio.  Stieleh  70.  Steixbach  52:  nu 
ist  klar,  das  die  euszerliche  einigkeil  römischer  versamlung 
macht  nicht  Christen,  so  macht  ir  euszerung  gewislich  auch 
keine  ketzer  oder  abtrünnigen.  Llther  1,  266*. 

AUSZERWÄRTS,  extrorsum,  auswärts,  bei  Alberüs  auszer- 
werts  und  so  noch  in  der  Wetterau;  jeder  sucht  seinen  him- 
mel  auszerwärts,  wie  glücklich  bin  ich,  dasz  ich  meinen  so 
nahe  habe.    GOtiie  an  fr.  von  Stein  3,  140. 

AUSZERWELTLICH,  gleichviel  mit  auszerirdisch. 
AUSZERWESENTLICH,  non  pertinens  ad  ipsam  rem,  «n- 
vesenllich :  zufällig  und  unserer  natur  auszerwescntlich.  Fichte 
fitlenl.  243;  und  dies  ist  nicht  etwa  eine  auszerwesentlicbe 
8ache,  sondern  es  ist  ein  selir  wesentliches  krilerium.  thats. 
des  betcusts.  106;  Horaz  schreibt  vor,  ein  Schauspiel  solle 
nicht  mehr  nnd  nicht  weniger  als  fünf  aufzüge  haben,  die 
rcgcl  ist  so  auszerwesentlich,  dasz  Wieland  gemeint  hat,  Ho- 
raz habe  die  jungen  Pisonen  zum  besten  haben  wollen. 
Schlegel  dratn.  kunsl  2, 105. 

AUSZETTELN,  exordiri,  anzetteln :  Zankapfel,  welche  unter 
den  dreien,  verstand,  willen  und  begicrde,  einen  vorzugsstreit 
auszettrln.  t.  Birkex  OL  43;  das  gerüchlc  wurde  an  allen 
Aussen  ausgozellcU.    412. 

AUSZEUGEN,  generare:  es  zeugt  kein  rap  ein  zeislin  aus. 
AcRtcoLA  ipr.  15*.  man  könnte  aber  für  zeugt  Uten  zeucht 
und  dann  gehört  es  zum  folgenden  ausziehen. 

AUSZIEHEN,  extrahere,  educere. 

1)  kleider  ausziehen,  gegenmier  dem  anziehen,  $o  wie  aufziehen 


dem  abziehen  entgegensieht:  als  nu  Joseph  zu  seinen  brüdern 
kam,  zogen  sie  im  seinen  rock  mit  dem  bunten  rock  aus,  den  er 
an  hatte.  1  Mos.  37,  23 ;  und  sol  seine  kleider  darnach  ausziehen 
und  ander  kleider  anziehen.  3  Mos.  6, 11 ;  und  Aaron  sol  in  die 
hüllen  des  slifls' gehen  und  ausziehen  die  leinen  kleider,  die 
er  anzog,  da  er  in  das  heiüglhum  gieng.  16,  23;  und  zeuch 
Aaron  seine  kleider  aus  und  zeuch  sie  Elcasar  an  seinem  sone. 
4  .Mos.  20,  26 ;  und  Jonathan  zoch  aus  seinen  rock,  den  er  an 
hatte.  iSam.  IS,  4;  Irit  nicht  herzu,  zeuch  deine  schuch  aus 
von  deinen  füszen.  2  Mos.  3,  5 ;  wenn  einer  ein  gut  nicht  be- 
erben noch  erkeufen  woll,  so  zoch  er  seinen  schuch  aus  und 
gab  in  dem  andern.  Ruth  4,  7;  die  stifel  halb  ausziehen  und 
darnach  fliehen.  Garg.  61* ;  nu  musz  hie  ein  fleischlicher 
mensch  seine  schuhe  ausziehen.  Llther  4,  5* ;  den  kardinals- 
hut  ausziehen  und  mit  dem  Schwerte  vertauschen.  Klinge« 
3,  233.  dies  letzte  ist  doch  ungenau  gesagt,  da  man  den  hut 
abzieht,  wie  aufsetzt,  richtig  aber  heiszt  es  das  hemd,  die 
Strümpfe,  die  hosen,  die  handschuhe  ausziehen ;  du  hast  nun 
die  kinderschuhe  ausgezogen  und  bist  verständiger  geworden ; 
die  kindische  bubenschuch  ausziehen.  Simpl.  3,  S7,  vgl.  aushüben. 
Einem  die  kleider,  das  gewand  ausziehen  stellt  sich  nun  um 
in  einen  ausziehen,  ihn  des  gewandes  entledigen:  du  hast  den 
nackelen  (nudis)  die  kleider  ausgezogen.  Hiob  22,  6 ;  auf  das 
ich  sie  nicht  nacket  ausziehe  und  darstelle  wie  sie  war,  da 
sie  gebom  ward.  Hos.  2,  3 ;  und  zogen  in  aus  und  legten  im 
einen  purpurmanlel  an  (ahd.  inan  intwälenle  röllachan  umbi 
bigäbun  inan).  Matlh.  27,  2S ;  fiel  unter  die  mörder,  die  zogen 
in  aus  (gotA.  biraubödedun  ina).  Lucio,  30;  der  rauher  liesz 
den  poeten  ganz  nackend  ausziehen,  pers.  rosenth.  4,  U ; 

zeuch  dich  fein  aus,  das  hat  wol  fug.    Scheit  grob.  F4; 
{die  fraü)  zeucht  in  {den  mann)  aus  und  an.    Gnrg.  72';  ich 
mag  mich  nicht  ausziehen  bevor  ich  schlafen   gehe,   sagt  der 
vater,  wenn  er  sich  des  guts  nicht  vor  der  zeit  an  die   kinder 
entäusiem  will  {vgl.  altheu) ; 

der  arme  freund  ist  ausgezogen, 

und  fast  wie  Adam  blosz'  und  naclit.    Göthe  1,  210; 

so  lasset  doch  den  fraun  von  stände 

die  tust,  die  diener  auszuziehn!    1,  212. 
sist  ein  sehclm,  hat  im  spiel  betrogen  — 
ja,  und  hat  mich  rein  ausgezogen.    Schiller  326; 

sie  haben  ihn  rein  ausgezogen,  gerupß,  geplündert. 

2)  figürlich,  für  ablegen,  deponere,  eximere:  ziehet  den  alten 
menschen  mit  seinen  werken  aus  und  ziehet  den  neuen  an  (goth. 
afslaupjandans  izvis  Jiana  fairnjan  mannan  mi|)  tojam  is,  jah 
gahamol)  niujainma).    Col.  3,  9.  10 ;    und    hat  ausgezogen  die 
fürstenthum  und  die    gewalligen  {vgl.  goth.  andham6nds  sik). 
2,  15;  er  hat  meine  ehre  mir  ausgezogen  und  die  kröne  von 
meinem  heubt  genommen.    Hiob  19,  9;    wie  die  mönche  uiid 
alles  geistliche  volk  than  haben,   so  da  meinen,  wenn  sie  in 
ein  Winkel  laufen,    so    sein    sie    heilig    und  allem  gehorsam 
ausgezogen.   Llther  4,  452* ;  so  haben  sie  keine  oberkeil  und 
sind  aller  oberkeil  ausgezogen.  3,226';  sondern  auch  auszie- 
hen   alles    was    uns   angehorn   ist  des  veigenglichen  wesens, 
essen,  trinken,  schlafen.    6,  267' ;  mistrauen,   dasz  die  christ- 
Uche  lieb  ganz   und   gar  ausgezogen   werde.    Schlppils  749; 
so  viel  ich  noch  scribenten  angetroffen,  erklären  dieses  also, 
ob  sei  Bamberg  schon  damals  von  aller  erzbischöflichen   ge- 
richlbarkeit  ausgezogen  und  dem  römischen  pabst  ohne  mittel 
untenvorfen  worden.  Hahx2,  212;  mit  der  leichtesten  untreue 
an  der  kirche  hat  er  sein  gesdilechl  ausgezogen.  Schiller  79t* ; 
alle  grosze]  schienen  ihren  groll  ausgezogen  zu  haben.  SI2;  die 
beiden  eines  Corneille  und  Voltaire  ziehen  weit  eher  ihre  mensch- 
heil als  ihre  würde  aus.  1126;  weil  es  einem  nachdenkenden 
wesen  anständig   ist,  gewisse  Zeiten  der  prtifung  zu  widmen, 
hiebci  aber  alle  Parteilichkeit  gänzlich  auszuziehen.  Kant  2, 379 ; 
der  mensch,  wenn  er  einen  gewissen  punkt  der  Verfeinerung 
erhalten  hat,    scheint  seinen  originalcharakler  ganz  auszuzie- 
hen.  Klincer  5,  40 ;    der  mensch  hat  alle  schäm  ausgezogen. 
3)  haare  ausziehen,  aus  dem  hart,  dem  pferd  aus  dem  schwänz; 
den  schwänz  ausziehen ;  dem  vogel  federn  ausziehen ;  sie  liesz 
sich  einen  holen  zahn  ausziehen,  ausbrechen,  ausreiszen;  der 
zahn  ist  mit  der  wurzel  ausgezogen ;  den  star  ausziehen :  in- 
dem sie  {die  ode)  die  einbildungskrafl  mit    bildern    hinrciszt, 
wie  das  licht  einen,  dem  der  slar  ausgezogen  worden.   Lich- 
tenberg 2, 39;  die  zunge  ausziehen,  ausreiszen: 
und  so  ich  atirh  nicht  thei  entfliehen, 
ihet  man  mir  die  zungn  zum  nack  ausziehen. 
H.  .S»cn»  IV.  3,  23'. 
man  sagt  auch  die  zunge  ausziehen  ßr  ausstrecken. 


1039 


AUSZIEHEN 


AUSZIEHEN — AUSZIEREN 


1040 


4)  Schwert  und  messer  ausziehen  (aus  der  scheide),  slrin- 
gere,  ahd.  arziohan  und  ögziohan  (Gbaff  5,  607.  608),.m/jd.  er- 
ziehen. Parz.  421,  23.  nhd.  nicht  mehr  erziehen,  nur  auszie- 
hen :  ich  wil.  mein  schwert  ausziehen  und  meine  hand  sol 
sie  verderben.  2  Mos.  15,  9 ;  euch  aber  wil  ich  under  die  bei- 
den strewen  und  das  schwert  ausziehen  binder  euch  her. 
3  Mos.  26,  33 ;  denn  hundert  und  zwenzig  tausent  waren  ge- 
fallen, die  das  schwert  ausziehen  künden,  rieht.  8,10;  recket 
die  hand  aus  und  zog  sein  schwert  aus.  Matlh.  26,  51;  dasz 
sie  ire  schwert  ausziehen  und  ires  ersten  geschreies  begin- 
nen {beim  blittgcricht).  weislh.  2,  212;  zogen  aus  drei  bloszer 
schwert.  3,  828 ;  er  zog  sein  schwerd  aus  und  verschied  auf 
seinem  freunde.  Lessing  1,  167 ;  wenn  einer  ein  messer  über 
den  andern  auszeucht,  weisth.  2,  160 ;  ein  messer  ausziehe, 
dasz  man  die  spitz  sehe.   2,  233.  235.    vgl.  ziehen  und  zücken. 

5)  den  dorn,  den  splilter  ausziehen  aus  dem  fusz  oder  ßtiger, 
den  nagel  aus  dem  holz,  aus  der  wand,  die  kugel  aus  der  wunde: 
dorn  ausziehe(n)s  spiln.  Fischaut  unter  d.  spielen  n°  31 ;  dem  wolf 
steckte  ein  knochen  im  hals,  der  storch  zog  ihn  aus;  eine 
hütte,  die  nicht  weggefürt  wird,  welcher  (cujus)  negel  sollen 
nimmermehr  ausgezogen  und  ire  seile  keines  zurissen  werden. 
Es.  33,  20;  alles  was  niet-  und  nagelfest  ist,  musz  bleiben 
und  darf  nicht  ausgezogen  werden,  man  soll  die  pflanze 
beim  versetzen  behutsam  ausziehen,  damit  die  wurzel  nicht 
verletzt  werde;  der  riesc  zog  eichen  mit  der  wurzel  aus. 
die  Quadratwurzel  einer  zahl  ausziehen ;  die  wurzeln  sind 
noch  nicht  ausgezogen. 

6)  den  zapfen  ausziehen :  ich  habe  die  zapfen  meiner  ge- 
fasze,  wie  er  angeklopft  hat,  gar  freundlich  ausgezogen  und 
mir  auch  dagegen  von  dem  seinigen  reichen  lassen.  Götiie 
an  Lavaler  41.  der  pfropfen  an  der  flasche  ist  noch  unaus- 
gezogen.  einen  krug  wein  ausziehen,  austrinken,  die  grosze 
hitze  hat  den  boden  ganz  ausgezogen,  alle  feuchtigkeit  aus 
ihm  gesogen. 

7)  die  sonne,  das  licht  zieht  die  färben  aus;  die  violette 
färbe  ist  am  schnellsten  ausgezogen ;  die  Chemiker  lösen  alle 
Stoffe  auf  und  ziehen  sie  aus ;  durch  langes  sieden  dem 
fleisch  seine  kraft  ausziehen ;  die  krankheit  hat  ihm  die  besten 
kräfte  ausgezogen ;  mit  einem  rolhen  ballkleide,  dem  die  wal- 
zer  die  färbe  ausgezogen.   J.  Paul  Tit.  1,  194. 

8)  auseinander,  in  die  länge  ziehen:  das  tischblatt  auszie- 
hen; das  eisen  auf  dem  ambosz  ausziehen,  strecken;  den 
draht  dünn  ausziehen ;  das  tuch,  die  wolle  ausziehen ;  die 
getrocknete  wasche  ausziehen,  recken;  die  Spinnerin  zieht 
den  faden  lang  aus;  beim  schreiben  die  buchstaben  fein  aus- 
ziehen ;  auch  die  zarte  ausgezogene  handschrift  kannte  Albano 
nicht.  J.  Paul  Tit.  2,  55.  figürlich,  der  krieg  zieht  sich  aus, 
in  die  länge;  sie  zog  lange  seufzer  aus;  was  seufzen  wurden 
ausgezogen!  Wirsü.ng  Cal.hi'. 

9)  bötlicher  ziehen  die  dauben  aus,  büchsenmacher  das  röhr 
der  schieszgcwehrc.  es  steckt  noch  ein  alter  schusz  im  laufe,  der 
musz  erst  ausgezogen  werden.  Fischaiit,  die  verschicdne  arl  der 
lälze  schildernd,  sagt:  und  damit  es  nicht  die  zan  pleck  wie  ein 
wammest  mit  haften,  so  wirds  gekollert  mit  knöpflin,  etliche 
haben  glatte,  andere  rauhe,  etliche  ausgezogene,  andere  ein- 
gezogene, etliche  gehörnte,  andere  schneckenhäuslin.  Garg. 
1 15*,  woraus  aber  nicht  deutlich  erhellt,  was  hier  auszieheu  und 
einziehen  meine. 

10)  ausziehen,  erzeugen,  gebären,  hervorbringen:  Gelulia  ist 
ein  land,  das  vil  clephanlen  auszeucht.  Frank  «'<>/<&.  8';  Agil- 
niundus  hat  gefunden  in  einer  lach  oder  pfilz  siben  kinder, 
die  auf  einmal  ein  hnr  bett  auszogen  und  geboren.  74';  darin 
(in  dem  flusz)  man  schneckenheuscr  Hndet,  die  da  bärlen  aus- 
ziehen (aus  welchen  perlen  hervorkommen).  32'; 

vom  vogel  cassita  mit  namen, 

der  nisict  in  des  ircides  samen, 

darin  junge  ausziehn  thet.    II.  Sachs  IV.  3,  115'; 

die  natur  lüszt  sich  lenken,  niciit  breclien,  wie  löwen  und 
beren  lassen  sich  zahm  maclien,  nicht  ausziehen.  Lehmann 
147.     s.  ScuMEiLER  4,  246  und  auszeugen. 

11)  ausziehen  verwenden  wir  heute  für  cxcerpere,  ein  buch 
ausziehen,  seinen  wesentlichen  inhalt,  oder  was  man  gerade 
davon  braucht,  herausnehmen,  abkürzen:  ich  Iiahe  nur  ausge- 
zogen, was  sich  wcitlüuftiger  in  den  alten  ausgaben  der  laii- 
jersciien  predigten  findet.  Tieck  ges.  nov.  9,  27 ;  Göthcs  werke 
für  das  Wörterbuch  auszuziehen,  war  vor  allem  noihwendig; 
rechnungun  aus  dem  schuldbuche  ausziehen ;  aus  einer  oper 
einzelne    aricn    ausziehen.     Der  spräche  des  10  jh,   war  aber 


ausziehen  ausnehmen,  excipere,  eximae,  sich  vorbehalten,  ab- 
rechnen: denn  dieser  psalm  allen  gemein  ist  und  niemand  aus- 
zeucht (keinen  ausnimmt).  Luther  1,19'.  3,  2 ;  dieweil  ers  im  selbs 
auszogen  und  fürbehalten,  da  er  zu  Petro  sagt,  was  du  lö- 
sest auf  der  erden  sol  los  sein.  1,  51" ;  darumb  musz  diser 
Spruch  verstanden  werden  von  solchen  leiblichen  stetten,  die 
insonderheit  für  andern  ausgezogen  und  nötig  zur  Seligkeit 
gemacht  werden.  3,  89 ;  die  Juden  etliche  bücher  mehr  aus- 
gezogen haben  für  junge  leute  nicht  zu  lesen.  4,  l';  ausge- 
zogen (ausgenommen)  meister  Hansen,  der  seines  ampts  hal- 
ben dem  nehesten  böses  thut.  4,  405" ;  canones  leren  selbs, 
das  in  allen  gelübden  autoritas  superioris  sol  ausgenomen 
sein,  darumb  sol  in  diesen  gelübden  auch  autoritas  dei  aus- 
gezogen sein,  das  sie  wider  gottes  befehl  nicht  binden.  Augsb. 
conf.  bei  Luther  6, 373'  U7/dMELANcnTH.  corp.  doctr.  ehr.  s.  31 ;  ob- 
gleich Moses  gesagt  hatte,  das  sie  mit  etlichen  frembden  bei- 
den sollen  keine  freundschaft  haben  und  machen,  welche 
nicht  sie,  sondern  gott  sonderlich  ausgezogen  hatte  als  seine 
feinde.  Luther  5,  392';  diese  wort  sind  ein  gebot,  da  nie- 
mand von  auszuziehen  ist,  sondern  es  betrift  alle.  Melan- 
chthon  im  corp.  Joc<r.  632.  selten  im  n  jh.:  hiervon  sind  einige 
auszuziehen.  Opitz  Arg.  2,  278. 

12)  häufig  ist  nun  auch  intransitives  ausziehen  (wie  ziehen, 
abziehen,  anziehen,  aufziehen,  einziehen)  für  egredi,  se  abri- 
pere,  emigrare,  und  zwar 

a)  von  thieren,  fliehen:  das  wild  zieht  aus,  wird  flüchtig; 
der  hund  zieht  aus,  entrinnt  aufs  schnellste;  du  hättest  ihn 
sollen  ausziehen  sehen ;  hui  was  er  auszieht !  vgl.  ausstieben. 

6)  von  menschen :  da  zoch  Abram  aus,  wie  der  herr  zu  im 
gesagt  hatte.  1  Mos.  12,  4 ;  und  zogen  aus  zu  reisen  in  das 
land  Canaan.  12,  5;  darnach  weich  Abram  ferner  und  zoch 
aus  gegen  dem  mittag.  12,  9;  aber  Jacob  zoch  aus  von  Ber- 
saba  und  reiset  gen  Haran.  28,  10;  zum  lande  ausziehen. 
2  Mos.  1,  10 ;  und  ich  wil  disem  volk  gnade  geben  für  den 
Egyptern,  das,  wenn  ir  ausziehet,  nicht  leer  ausziehet.  3,  21 ; 
zeuch  aus,  du  und  alles  volk  das  unter  dir  ist,  darnach  wil 
ich  ausziehen.  11,  8 ;  von  den  lustgrebern  aber  zoch  das  volk 
aus  gen  Hazeroth.  4  Mos.  11,  35 ;  da  zogen  wir  aus  von  Ho- 
reb.  5  Mos.  1,  19 ;  da  nu  das  volk  auszog  aus  seinen  hüllen. 
Jos.  3, 14 ;  da  zogen  die  kinder  Israel  aus.  rieht.  20,  1 ;  und 
da  sie  von  Jericho  auszogen,  folgte  im  vil  volks  nach.  Matth. 
20,  29 ;  aber  nach  zwen  tagen  zog  er  aus  von  dannen.  Joh. 
4,  43;  dag  der  hat  einen  son  der  usgezogen  ist  von  sinem 
brote.  Magdeb.  weisth.  40.  42 ;  und  wann  andere  herrn  bei 
iren  eigen  leuten  alsdan  ingezochen  weren,  sollen  dieselben 
alsbald  ausziehen  und  unsern  gn.  h.  platz  und  räum  geben. 
weisth.  2,  198 ;  gebüden  uszuziehen  und  das  land  zu  weren. 
1,  612 ;  die  Schelfen  ziehen  aus  zum  oberhof  um  sich  rechtes 
zu  belehren,  s.  ausfahrt,  ausflucht;  wann  nun  der  einfali 
(des  hauses)  nahe  ist,  was  soll  man  änderst  thun,  dann  dasz 
man  sich  aufs  beldest  so  man  kau  davon  mache  und  gar 
ausziehe.  Pelr.  191',  in  diesem  sinn  sagen  wir  häufig  auszie- 
hen: er  ist  aus  meinem  hause,  von  mir  ausgezogen; 

Franzosen  ziehn  jetzt  stark  in  unser  Deulscliland  aus, 
zu  rauben  unser  gut,  zu  nemen  unser  haus. 
LoGAü  1,  3,  60; 

wann  der  fürst  auszog  (ausgieng),  verfügte  der  bettler  sich 
stets  dichte  bei  ihm.  pcrs.  laumg.  3,  3 ;  die  jüger  ziehen  aus 
zur  jagd;  die  reuler  sind  ausgezogen  gegen  die  rauher;  der 
kaufinann  zieht  auf  die  messe  aus. 

c)  man  sagt  auch  ausziehen  für  herausziehen,  extrahi:  die 
feuchtigkeit  musz  erst  besser  ausziehen,  aus  der  wüsche,  der 
getünchten  wand;  der  mehlbrei  zieht  aus,  dampß  aus. 

AÜSZIEHER,  Hl.  ein  geräth  zum  ausziehen,  z.  b.  stiefelaus- 
zieher,  Stiefelknecht,  wer  die  leidenschaften  wie  ein  altes  kleid 
ablegen  kann,  aber  dergleichen  auszieher  sind  wenige.  Hippel 
br.  14,  220. 

AUSZIEHSTUBE,  f.  zimmer  zum  etitklciden. 

AUSZIEHTISCH,  m.  dessen  eingeschobne  bliUter  tu  beiden 
Seiten  ausgezogen  werden  können. 

AlJSZlEHliNG,  f.  nach  bedeutungen  des  ausziehens,  i.  b.  aus- 
Ziehung  der  färbe,  des  eisens.  ehmals  auch  für  erstreekung, 
ausdehnung:  eine  verlcngening  oder  ausziebung  der  freiheit. 
Melanciith.  1  Cor.  9. 

AUSZIFil^EN,  intendcre,  acquirere,  erzielen:  ein  mann,  der 
sich  nachts  in  einen  vortheil,  beim  tag  ausgezielt^  setzet. 
Kirchhof  mil.  disc.  177. 

AUSZIEHEN,   exornare:   es  ist  schändlich,    dasz  ein  König 


1041 


AUSZIERUNG — AUSZITrEM 


AUSZOTTELN  —  AUSZUG 


1042 


sich  mit  kleidem  ausziehre,  wann  das  gemeine  Tulk  in  ar- 
mul  sitzet,  pers.  baumg.  1,  12;  wie  wenn  er  dir  mit  dem 
scliwerd  den  köpf  vor  die  füsze  legte?  es  gilt  mir  eben  gleicb, 
ob  mein  köpf  mit  einer  kröne  oder  mit  einem  belle  ausge- 
ziebret  wird.  3,  3 ;  eines  mannes  baupt  musz  voll  gebirn  und 
verstand  sein  und  nicht  ausgeziehret  mit  einem  tulband  vol- 
ler edelgesteine.  4,  5;  aus  was  Ursache  soite  ich  mich  dann 
bemühen,  disz  haus  höher  aufzuführen  oder  auszuziebren? 
6,12;  ausgezierte  kleiden    Scbuppids  524; 

die  Wissenschaft  ein  lob  recht  auszuzieren 
IIagedühm  1,  HO; 

ein  glückwünschungsscbreiben  ist  eine  abbandlung,  worinnen 
alle  Wörter  mit  allen  nur  ersinnlicben  anmerkungen  ausge- 
ziert sind.  Rabener  1,  153;  jedem  war  erlaubt,  sie  (die  nar- 
renmaske)  an  seinem  tage  cbai-akteristisch  auszuzieren.  Göthe 
19,  in  ;  ihr  geist  war  fein  und  treffend,  ihr  gedächtnis  so  wo! 
ausgeziert  und  ihr  gemüt  so  schön.  21,  82;  die  ehre  seine 
abbandlung  mit  dero  namen  auszuzieren    Kant  8,  5. 

AL'SZIERUNG,  f.  die  herlicbe  auszierung  der  Peterskirebe. 
Hahn  2,  119;  Trimberg  hatte  gesunde  und  gute  lehrsprüche, 
aber  hohe  gedanken  und  lebhafte  auszierungen  wird  man  frei- 
lich nicht  oft  in  seinen  gedichten  fmden.  Gellert  1, 19 ;  dem 
beklagten,  verlassenen  und  von  allen  auszierungen  des  glucks 
eniblösztcn  Agathon.  Wiei.and  2, 135 ;  weisbeit  im  plan,  Schön- 
heit in  der  auszierung.  Herder  2,126;  die  auszierung  eines 
märchens.  Klinger  7,  38. 

AUSZIFFERIEREN,  ausrechnen: 

und  kan  auch  wol  ausziiTeriren 

wie  sich  ein  ieder  numerus  geraert.    fastn.  sp.  "41,  2. 

AUSZIFFERN',  dasselbe,  nnl.  uitcijferen:  dise  frog  ziffrent 
die  lerer  usz.  Keisersb.  post.  4,  34; 

denn  ich  denke  wie  du,  und  empfand  unwillon  von  jeher, 
wenn  habsüchtig  ein  mann  mii  dem  trug  aufopfernder  Wahrheit 
wucherte,  sich  auszifternd  den  vortheil,  jenen  den  nacbtheil. 

Voss  2,  58. 

AUSZIMMERN,  edolare,  nnl.  uittimmeren :  den  Schacht  aus- 
zimmern, mit  limmerwerk  bekleiden. 

AUSZIN'NEN,  slanno  obducere,  verzinnen,  ein  gefäsz  aus- 
zinnen. 

AUSZIPFELN,  den  gerbem,  die  zipfel  oder  ende  der  aufge- 
hängten feile  ausziehen,  sich  auszipfeln,  diffluere  in  lacinias. 
Stieler  2632. 

AUSZIPSEN,  spiritum  aegreducere:  zips  einmal  aus!  emi- 
calo  tandem  suspiritus.    Stieler  2634. 

AUSZIRKELN,  cj'rcjno  emeliri,  genau  abmessen,  compasser:  und 
begunden  also  die  andern  auch  Iiinacb  darinne  zu  klügeln,  und 
woltens  mit  der  Vernunft  und  eigener  klugbeit  auszirkeln,  wie 
sichs  soll  reimen,  wenn  wir  sollen  alle  zumal,  so  je  geborn 
sind,  wider  auferstehen.  Lutuer  6,  209';  ein  jeder  stern  hat 
sein  zugeeigneten  lauf  und  ausgezirkelten  gang  seines  auf- 
und  nidersteigens.  Wirsuxc  Ca/,  b  3';  darmit  man  die  künheit 
und  frävel  derjenigen  legt,  so  den  bimmel  wollen  auszirkeln 
und  ausörtern.    Frank  veltb.  225'.     vgl.  ausecken. 

AUSZIRKLER,  m.  metator:  nachdem  seine  auszirkler  ein 
gelegenheit  zur  Wagenburg  ausgemessen.  Fmonsp.  3,  255'. 

AUSZIRKLUNG,  f  Fischart  ehzuchtb.  E. 

AUSZISCHELN,  susuirando  evulgare:  geheimnisse  auszi- 
scbeln. 

AUSZISCHEN,  exsibilare,  explodere,  nnl.  uitsissen,  aus- 
pfeifen: und  werden  ausgezischt,  wie  die  schlechten  komö- 
dienschreiber.  Lessi.nc  1,  352 ; 

die  harmonie  der  dinge  wird  gestört, 

die  tugead  ausgezischt,  der  goiterstand  entehrt. 

WiELANO  5,  169. 

intransitiv,  cum  tibilo  exstingui:  die  kohle  zischt  im  wasser 
aus; 

die  fackel  lodert  wild,  und  zischt 

schnell  aus.  Götter  1,  324. 

6«  WiEDEMAS!»  oel.  23  Mteht  geschrieben  ausgelschischt,  me  das 
nnl.  sissen  früher  tsissen  lautete,    s.  zischen. 

AUSZITTERN,  desinere  tremere:  aber  er  muste  zur  haus- 
thüre  wieder  hinaus,  damit  seine  bebende  retterhand  auszit- 
ierte. J.  Paol  Hcsp.  1,  IS ;  in  der  absiebt,  dasz  der  neue 
nachklang  seiner  liebe  in  seinem  herzen  auszitiere.  2,  188; 
der  körperliche  kitzel  zittert  als  ein  närrischer  doppcllauter 
und  doppelsinn  zwischen  schmerz  und  lust  aus.  aeslh.  1, 103. 
transitiv,  cum  tremore  exlrudere:    der    sprachlose  wonnescuf- 


zer  von  der  brüst  in  schnellen  zOgen  eingetrunken  und  freu- 
dig schauernd  in  langen  ausg«zittert.  Resp.  3,  89. 

AUSZOITELN,  lacerum  elabi:  hauwet  in  (den  hund)  nun 
ein  Schwein,  dasz  im  die  därm  zum  leib  auszotteln.  Kircu- 
BOF  wendunm.  55'. 

AUSZCCilTEN,  efficere,  hervorbringen :  was  das  schmeich- 
len  eines  .lacobs  hat  ausgezüchtet,  das  hat  Esau  erfahren. 
Abr.  a  s.   Clara  1, 109. 

AUSZÜCKEN,  slringere:  sie  werden  ir  schwert  über  Egvp- 
ten  auszücken.  Reiszxer  Jerus.  2,  20*.    s.  ausziehen  und  zücken. 

AUSZUG,  m.  nach  verschiednen  bedeulunjen  des  auszie- 
hens, 

1)  man  sagt  nicht  der  auszug  des  kleides,  des  Schwertes, 
sondern  das  ausziehen. 

2)  icol  aber  heiszt  auszug  die  länge  des  fadens  beim  spin- 
nen, des  wollfadens,  auszug  die  Schublade  oder  ein  brel,  das 
sich  aus  dem  tisch  ziehen  Idszt. 

3)  auszug  (extractus)  eines  briefes,  bucbes,  einer  recbnung: 
Auszug  Schreibens  von  London;  ich  theile  den  brief  hier 
nur  im  auszuge  mit;  sie  erhalten  den  auszug  für  die  aus- 
genommenen waaren.  Rabener  3,  352.  auszug  =  durc/isc/ini«; 
der  ablauf  der  Witterungen,  in  einem  auszuge  vieler  jähre. 
Kant  9,  54.  historien,  welche  da  sind  menschlichen  lebens 
lebrmeisterin  und  aller  ergetzlichkeiten  kürzlicher  auszug. 
ScHDPPius  537;  der  ministerin  ihr  köpf  war  nicht  übel,  son- 
dern bunt,  er  war  ein  kurzer  pragmatischer  auszug  aus 
zehn  andern  köpfen.   J.  Paul  uns.  löge  3, 10. 

4)  auszug  des  geistes,  des  besten,  auszug  heiszt  das  feinste 
waizenmehl ;  geistiger  auszug  gegohrener  gelränke,  brantwein. 
Kant  10, 174. 

mein  Jerusalem,  du  auszug  dieser  well, 
desgleichen  nicht  die  see  in  ihren  armen  hält.    Opitz  3,  41 ; 
ich  rühme  billich  dich,  du  haupistadt  einer  weit, 
weil  deiner  gottlichkeit  hier  nichts  die  wage  hält, 
und  du  der  auszug  bist  von  lausenden  der  Reuszen. 
Fleming  617; 
ich  bebe  hoch  die  gaben, 
mit  denen  Bresziaw  ist  den  Sternen  gleich  erhaben, 
ein  auszug  der  natur,  des  landes  beste  ziehr. 

TSCUERNI.NG  s.  26; 

Minillo  aber  du,  du  auszug  meiner  seelen. 

HoFFMASjfswALDAU  getr.  Schäfer  s.  82, 
der  auszug  aller  lust  erwartet  deiner  hier,    heldetibr.iä; 
ja  selbst  von  einem  grün  und  bunten  garten 
scheint  er  (der  pfauenschwanz)  der  inbegrif  und  auszug  recht 

zusein.  Brockes  4,  165; 

äpfel,  die  ein  auszug  aller  lieblichen  gewürze.    5,  12; 
in  einem  auszug  schöner  wälder.    5,  122-, 
du  auszug  aller  tödlich  feinen  kräfte.    Göthe  12,42; 

der  mensch  auszug  und  gipfelblüte  des  thierreichs.  J.  Paul 
'komet  3,  213.  diesem  auszug  kommt  die  bedeulung  von  aus- 
bund  nahe,  das  aber  andern  Ursprung  hat. 

5)  im  16j7j.  galt  auszug,  wie  ausziehen  II)  ßr  excipere, 
für  exceptio,  einrede,  ausrede,  ausßucht,  ausnähme,  ohn  al- 
len auszug  und  Widerrede,  absch.  des  reichsreg.  von  1501  §.  11 ; 
auszug,  die  zu  latein  genennet  werden  dilatoriae.  ordn.  der 
termin  b.  reichscatnmerg.  von  1508.  5,  1;  einred,  auszug  oder 
anfechtung.  cammerger.  ordn.  von  1521.  19,  10;  wo  solches 
aus  freventlichen  auszügen  oder  Unverstand  der  procuratom 
geschehen,  von  1523.  7,  12;  sein  einred  oder  auszug  anfech- 
ten. 3,  9 ;  aus  freventlichen  auszügen,  versauranus.  von  1527 
§.  25;  älteren  beleg  für  diese  rechtliche  bedeulung  liefert  Hal- 
taus  sp.  90.  und  sollen  die  Juden  solche  stücke  treulich  hal- 
ten obn  allen  betrug  und  auszug.  l  Macc.  8,  26 ;  wer  sich  des 
ergeben  wil,  das  gottes  reich  in  in  kome  und  gottes  wille 
geschehe,  der  mache  nur  nicht  viel  auszuge.  Lctber  1,  7S'; 
denn  wie  gut  und  billich  rechte  sind,  so  haben  sie  doch  alle- 
sampt  ein  auszug,  das  sie  wider  die  not  nicht  treiben  kön- 
nen. 2,  202";  on  einig  auszug  und  Widerrede.  3,  107';  und 
hie  bebt  sichs  auch,  das,  wenn  man  gewisse  regel  und  recht 
stellen  wil,  so  viel  feile  und  auszuge  sich  begeben.  3,  318 ;  es 
komen  feile,  die  einen  auszug  gewinnen,  und  wo  man  nicht 
den  auszug  liesze  geben,  so  were  es  das  allergröszest  un 
recht.  3,  318;  sol  hie  kein  auszug  gelten  und  das  strenge, 
steife  recht  gehen.  3,  318 ;  wenn  ein  conditio,  anhang  oder 
auszug  dabei  gesetzt  würde.  5,  241*;  dagegen  sind  nu  etliche 
klügling,  die  suchen  ire  auszuge,  damit  sie  ja  nicht  ehelich 
werden.  5,342';  lieber  mache  mir  keinen  auszug  mit  diesem 
Stande.  5,343";  aber  in  theologia  ist  kein  exceptio  noch  aus- 
zug; darumb  kan  man  da  kein  ge\vissc  regel  geben,  man  musz 

66 


1043 


AUSZUG — AUSZWEIFELN 


in  so  vielen  auszügen  zun  örtem  einschlagen,  nu  aber  gehet 
ein  Jurist  mit  den  particularibus  um,  so  mancherlei  auszüge 
können  haben,  tischr.  402'.  403";  so  versagst  du  mirs  und 
suchst  so  wundervil  fauler  auszüg.  Wibsung  Cal.  ci';  die 
fraw  im  mancherlei  ursach  zu  verstehen  gab  und  auszüg  su- 
chete,  die  wenig  von  im  (als  der  da  listig  war)  geglaubt  wur- 
den,  ßocc.  1,219'; 

amice,  wie  gfelt  dir  der  rhat? 

gar  nichts,  als  was  du  gvvis  veriieiszt, 

dasselb  on  alle  auszüg  leist.    H.  Sachs  II.  2,  45'; 

weil  procuratorcn  und  Juristen 

machten  mit  iren  schwinden  listen 

der  aufschüb  und  auszüg  so  vil.    II.  2,  62''; 

sucht  gar  vil  auszüg,  list  und  renk.    III.  1,  115»; 

erwel  dir  kurz  eins  aus  den  zweien, 

den  tod  oder  das  dich  mag  freien, 

da  wird  kurzab  kein  auszüg  in.    III.  2, 111" ; 

der  faule  sucht  allzeit  auszüg, 

damit  er  sich  entschulden  müg.    B.  Waldis  4,  41 ; 

derhalben  weH  sie  kein  auszüg  in  der  sach  mehr  hatten,  seia 
sie  gen  Paris  geführt.  Kirchhof  wendunm.  416' ;  was  sie  mit 
euch  schaffen  und  gebieten,  dasselb  ohn  alle  widerred  und 
auszüg  zu  thun.  Fronsperg  kriegsb.  1,  19" ;  sonsten  würdestu 
wol  solche  exceptiones  und  auszüg  unterwegen  lassen.  Ayrer 
proc.  1,  6.  Später  erloschen,  und  etwa  nur  noch  in  fassung 
der  rechtsgcschäßc  übrig;  so  nennt  man  hin  und  wieder  noch 
auszüg,  was  beim  abtreten  eines  guts  ausgenommen  und  vor- 
behalten wird,  oder  auch  auszüg,  wenn  sich  die  eitern  bei  ih- 
ren hindern  auf  den  alten  theil  setzen,     s.  auszugshaus. 

6)  auszüg,  nach  dem  intransitiven  ausziehen,  exitus:  das 
geschieht  aber  nit  weder  an  unserem  letzten  uszzug.  Kei- 
sERSB.  Christi,  bilg.  A2';  und  Mose  beschrieb  iren  auszüg. 
4  Mos.  33,  2;  auf  das  du  des  tages  deines  auszuges  aus 
Egyptenland  gedenkest  dein  leben  lang.  5  Mos.  10,  3 ;  ich 
kenne  aber  deine  wonunge,  deinen  auszüg  und  einzug.  Es. 
37,  28;  seines  hohes  und  nideres  hauswildes,  oder  vihes  si- 
cheren ein-  und  auszüg.  Garg.  64';  der  auszüg  des  heers 
in  den  krieg;  der  auszüg  der  Studenten  an  einen  andern  ort ; 
der  auszüg  aus  einem  in  ein  anderes  haus. 

AUSZUGM ACHER,  m.  niemals  bin  ich  auf  einen  auszug- 
macher  oder  verkürzer  ungehaltener  gewesen  als  auf  diesen. 
Lessinc  9,  235. 

AUSZUGSHAUS,  n.  wohnung  der  eitern,  die  ihr  gut  den 
kindern  abgetreten  haben,  leib  Zuchthaus. 

AUSZUGSMACHER,  m.  der  herr  auszugsmacher  in  der  ge- 
lehrten Zeitung.  Göthe  33,  115. 

AUSZUGSWEISE,  adv.  summatim:  und  so  wirkte  in  un- 
serer Straszburger  societiit  Shakspeare  stückweise  und  im 
ganzen,  stellen-  und  auszugsweise.  Göthe  26,  74;  briefe,  die 
man  in  alle  zeitungen  auszugsweise  eingerückt  hat.  Lich-^ 
TENBERG  4,  170.  früher  hiesz  es  in  auszugs  weise:  aber  die 
.luden  in  den  dingen,  die  iren  glauben  antreffen,  sind  sie  al- 
lain  inen  selbst  und  sust  kainem  richter  underworfen,  sol 
auch  darüber  kein  crist  mögen  erkennen,  es  were  dan  in- 
cidenter  in  ainem  laischcn  handel  zum  rechten  in  uszzugs- 
wis  ingehracht.  Reüchlin  augensp.  12*. 

AUSZUPFEN,  ei;e//ere,  ausrupfen: 

betten  mein  zollen  ausgezupft.    H.  Sachs  I,  495*; 
ich  wil  im  sein  schwingfedern  auszupfen.    III.  3,78»; 

ausgezupfte  ermel  und  ausgehawene  und  verschnürte  gcbreme 
und  schweife.  Mathesiüs  10*;  haare,  wolle  auszupfen,  ausein- 
ander ziehen;  faden  auszupfen. 

AUSZUPFICHT,  quod  erui  aptum  est.  Stiei.er  2G33. 

AUSZilPSEL,  n.  ßoccus,  ausgezupftes  haar. 

AUSZiJHNEN,  iram  ponere:  er  wird  einmal  auszürnen, 
discedet  ab  eo  ira.  M.  Neander  syll.  loc.  159';  das  gewilter 
hat  ausgezürnl,  es  hörl  auf  tu  donnern;  das  meer  zürnt  aus, 
wird  ruhiif. 

AUSZVVACKEN,  vi  cvellern,  abzwacken,  loszwacken:  einen 
nagel  anszwacken.    «.  auszwicken. 

AUSZWAGEN,  elucre,  auswaschen,  rein  waschen:  in  gewis- 
ser hofnung  euch  ganz  trucken  aus  dem  bad  ausgezwagen 
und  abgcrihcn  hcimzuferligen.  Garg.  22";  wir  werden  wol  heut 
schön  sein,  also  schön  hat  uns  dis  lustig  herzenzümpclin 
ausgezwagen.  135*. 

AUSZWÄNGEN,  comprimendo  eruerc:  enge  stiefeln  aus- 
zwiingen. 

AUSZWARCHEN,  pellem,  corium  delrahere  führt  Stiel.  2650  an. 

AUSZWEIFELN,  finem  facerc  dubitandi 


AUSZWEIGEN— AUTORGEWISSEN   1044 

AUSZWEIGEN,  transitiv  ramos  ampulare;  intransitiv  exire 
inramos:  päppeln  hoch  ausgezweigt  und  wein  hinangezogen. 
GüTUE  28,  14. 

AUSZWICKEN,  evellere:  laszt  euch  den  hart  auszwicken, 
doctor !  Schiller  607.  hutmacher  zwicken  die  groben  haare  aus. 
AUSZWINGEN,  exlorquere:  seine  härte  zwang  ihr  thränen 
aus;  dem  mörder  das  geständnis  seiner  that  auszwingen,  ab- 
zwingen; also  dis  sind  nu  ganz  ausgezwungene  und  gewal- 
tige auslegung.  Luther  1,  98' ;  auf  den  bübischen  und  nichti- 
gen vertrag,  so  Wolf  Hornungen  ausgezwungen  und  abge- 
trungen  ist.  5,  267".  br.  3,  548. 

AUSZWITSCHERN,  fritinnire:  ein  geheimnis,  das  die  vögel 
auf  dem  dach  auszwitschern. 

AUT  ODER  NAUT,  aliquid  aut  nihil,  das  ahd.  iowiht  und 
niowiht,  mhd.  iht  und  niht,  ags.  äviht,  avht  und  näviht,  navht, 
engl,  aught  und  naught,  ought  or  nought,  welchem  das  nd. 
aut  oder  naut  zunächst  steht,  aber  auch  in  Hessen  und  der 
Welterau  ist  die  redensart  lebendig  unter  dem  volk.  naut  ist 
durchgängig,  aut  in  vielen  gegenden  verbreitet,  wie  auch  nicht 
allgemein  herscht,  iht  meistentheils  vergessen  ist,  doch  stammt 
etwas  selbst  aus  ihtwaj.  Fischart  Garg.  90'  schreibt  neut, 
im  reim  auf  heut,  naut  im  schank  {nichts  im  schrank).  Simpl. 
1,  102  ist  noch  heute  wetlerauisch.  aut  oder  naut  heiszt 
was  es  ma4  biegen  oder  brechen,  man  sagt  von  naut,  es 
kommt  von  aut,  man  sagt  von  nichts,  es  kommt  von  etwas, 
es  musz  etwas  wahres  daran  sein,  zum  gründe  liegen,  im 
falle  der  noth  und  wenn  es  aut  oder  naut  gilt,  welches  einem 
braven  weidmanne  nicht  selten  begegnet,  greift  er  lieber,  wer 
weisz  wozu.    Münchhausens  reisen  s.  30. 

AUTER,  n.  über  pecudis,  die  organische  form  eines  urallen 
Worts,  das  wir  heute  mit  umlaut  euter  aussprechen,  ahd.  fttar 
n.  und  ötaro  wi.  (Graff  1,  158),  vgl.  drozinta  ütir,  distenta 
ubera,  strotzende  euter.  Haupt  5,  329 ;  ags.  öder,  engl,  udder, 
mnl.  uder,  nnl.  uijer,  alin.  iugr  «red  iufr,  schw.]nr,  rfän.  yver, 
{wie  altn.  liuga  dän.  lyve) ;  finnisch  utar,  estn.  udder.  dem  ags. 
iider,  ahd.  ütar  zur  seile  steht  das  skr.  ödhas,  gr.  ovd'aQ,  dessen 
&  im  lat.  über  zum  lippenlaut  wurde,  unverwandt  aber  scheint 
lat.  Uterus,  balg  mit  kurzem  u.  mhd.  würde  üter  zu  gewarlen 
sein,  wie  noch  Schweiz,  uter  gilt  (Stald.  2,  425),  bair.  und  östr. 
aber  auter  (Schm.  1, 127.  Höfer  1,  51) ;  diese  unumgelautete  form 
zeigt  sich  auch  bei  älteren  schrißstellern  hin  und  wieder:  das 
auter  thut  der  eselin  nach  dem  weifen  gar  wee.  Forer  thier- 
buch  42',  auch  Henisch  159,  25  stellt  noch  auter  auf,  Dasypo- 
Dius  255'  üter,  Maaler  122"  eüler,  Fischart  Garg.  81"  schreibt 
uter,  wie  uster  für  auster.     mehr  «.  euter. 

AUTERBUTZ,  ein  dunkles,    vielleicht  mit  dem  vorausgehen- 
den zusammengesetztes  wort,    in  dem  gedieht  der  narrenbrüler 
was  sitzst  du  allble  du  göckhan, 
ob  den  eiern  zu  brüten  than, 
von  dir  ein  gute  frucht  komt  hart, 
weil  du  selb  nit  bist  gscblachter  art, 
sonder  tölpiscli  mit  werk  und  wort, 
ungescbickt  grob  an  allem  ort, 
von  dir  kommen  gleich  die  auterbutzen, 
die  niemand  frommen  oder  nutzen.    V,  410»; 
ein  andermal  aber: 

gar  kurzweilig  ist  all  mein  brauch. 

ich  mag  nit  sein  ein  auderputz.    II.  2,  44'. 

einen  abscheulichen  auderbutz 

zur  weit  sie  bringt,  der  niemand  nutz. 

Hemigii  duemonolatna,  übers,  von  Privatds.  l-f.  1598  s.  ioi 

butz  bezeichnet  nun  vielfach  ein  dämonisches  wesen,  einen  lu- 
stigen oder  traurigen  hausgeist  {mythol.  474.  Schmeller  1,  229) 
und  leicht  könnte  man  sich  bezüge  auf  autcr  hinzu  denken, 
z.  b.  dasz  der  daemon  das  euler  der  kühc  oder  schüfe  aus- 
zumelken  pflegte,  doch  mMe  eine  bestätigende  Überlieferung 
und  die  form  cuterbutz  begegnen. 
AUTHAL,  n.  das  thal  der  aue: 

das  aullial  und  die  hügel.    Tirdge. 

AUTHOR,  n.  das  in  die  aue  führende  thor. 

AUTOR,  «i.  beholfner,  'schon  der  zusammcnseltung  wegen, 
als  Verfasser  oder  scluiftstcllcr: 

mir  will  das  kranke  zeug  nicht  munden, 
uuioren  sollten  erst  gesunden.    Göthe; 
ein  junger  aulor,  der  sich  noch  nicht  gedruckt  gnsehn.  18,  320. 

AUTORENDE,  n.  fast  wurde  ich  mir  lächerlich,  dasz  ich 
90  crnsthait  von  meinem  aulorcnde  spreche.  Rabener  6,  194. 

ADTORKKHI.ER,  »i.  verzeihen  sie  meinen  autorfehler,  den 
ich  begangen  liahe.    Raiienkr  5, 170. 

AUTORGEW ISSE.N,  n  ein  reuiges  autorgewissen.  Rauk- 
ner 5,  161 


1045       AUTORHMDWERK— AUWINNEN 

AUTORHANDV^'ERK,  n. 

Mops  grüszt,  als  ein  romanenschmid, 
das  autorhaadwerk,  mich  denn  mit. 

GÖEI.NGK  3,  162. 

AUTORLEBEN,  n.  es  {dieset  buch)  ist  vieliuelir  bestimmt, 
die  iiicken  eines  autorlebens  auszufüllen.    Göthe  26, 151. 

ALTORMÄSZIG,  ich  theile  ein  Verzeichnis  meiner  autormä- 
szigen  fähigkeitea  mit.  Rabener  2,  7t. 

ALTOHMIENE,  f.  eine  stolze  autormiene.  Rabeser  4,  288. 
*  ALTORNOTH,  f.:   ich   habe  vergessen  ihnen  meine  autor- 
noth  zu  klagen:    meine  Schriften   werden   nachgedruckt.    R\- 

BE.N-ER  6,  236. 

AUTORSCHAFT,  f.  im  gewühl  der  autorschaft.  Göeing»  1, 
260;  es  ist  gleichsam  das  goldne  zeilalter  der  autorschaft. 
GöTHE  18,  320. 

AtTORVVELT,  f.  ich  werde  mir  die  feindschaft  von  der 
halben  autorwelt  auf  den  hals  ziehen.  Rabe.ner  6,  194.  an- 
dere schreiben  autorenwelL 

AÜTORWESEN,  n.  zum  schreiben  und  autorwesen  ist  er 
nicht  gemacht.  Heynes  briefe  an  Joh.  Müller  s.  75. 

AUTSCH,  interj.  dolenlis,  ein  kraßvoller  ausruf  bei  empfund- 
nem  sinnlichen  schmerz,  fortgebildet  aus  au  oder  ach,  ähnlich 
dem  ätsch  und  hutsch  für  husch,  denn  man  sagte  ebentvol 
ausch:  da  druckt  mir  {der  h.  Franciscus  sprichls)  Christus 
seine  wunden  ein,  mit  solcher  grausamer  marter,  das  ich, 
so  oft  er  mir  eine  wunden  eindruckt,  laut  rief  ausch  ausch! 
0  wehe!  Alberls  harf.  münche  Eulenspiegel  n*  558.  Maaler 
47S'  hat  utschl  mit  der  schwächeren  bedeutung  von  hem !  wel- 
ches Dasvpodics  verdeutscht  durch  botz,  hei! 

AUTSCHEN,  autsch  ausrufen. 

AUWE,  AUWEH,  inlerj.  dolenlis,  mehr  für  den  inneren, 
geistigen  schmerz,  gegenüber  jenem  sinnlichen  autsch.  Luther, 
wie  awe,  bawen,  frawe,  hawen  =  aue,  bauen,  fraue,  hauen, 
schreibt  auch  awe  und  verbindet  es  gern  mit  ja  oder  nein  {wie 
es  0  ja,  0  nein,  ach  ja,  ach  nein  heiszl) :  er  sprach  zu  inen, 
awe  ja,  der  herr  sei  mit  euch  (LXX  ^arco  ovrca,  vulg.  sie). 
2  Mos.  10, 10 ;  er  schrei  und  sprach,  awe  mein  herr,  dazu  ists 
entlehnt  {LXX  (a  xvoie,  vulg.  heu  heu  heu,  domine  mi).  2kön. 
6,  5 ;  awe  mein  herr  {LXX  co  xvois,  vulg.  heu  heu  heu,  do- 
mine mi).  6, 15 ;  ists  nicht  fein  ?  awe  ja,  ganz  fein.  Luther 
3,73;  awe  ja  schöne  folge.  3,46^';  awe  wie  wollen  wir  nu 
thun?  4,  155*;  awe  ja,  ziehet  hin  und  bawet.  4,  24S';  awe, 
jetzt  fiile  ich  erst  rechten  glauben.  4,  323';  unser  ungedult, 
Wagen  und  awe  schreien  gefeit  im  wol.  tischr.  209';  awe 
nein.  244';  die  ßgung  erscheint  aber  auch  bei  andern,  z.  b. 
auwe  nain  es.  Wirsdsg  Ca/.  T4'.  oß  folgt  ein  genitiv  oder  ein 
verbum: 

auwe  meines  armen  kopfs!    Ublamd  "15; 
auwe,  auwe,  weh  meiner  hand!    Atrer  377  ; 
auwe,  auwe  meines  herzen.'    408'; 
awe   mir  grawet.    Wirsü>c  Sl';    auwe,    awe  beichten!    Z4*. 
Das  Volk  sagt:    er  ist  recht  im  auweh,    in  der  klemme;  nun 
kommt  er  ins  auweh. 

Dies  auwe,  auweh  entspricht  dem  mhd.  owe  und  ouwe  (gramm. 
3;  293),  hat  aber  in  der  heuligen  schrißsprache  etwas  unedles, 
man  sagt  lieber  oweh!  bei  den  dichtem  des  n  jh.  erscheinen 
noch  einzelne  auweh,  obschon  oweh,  ach  weh  vorherseht: 

auweh!  was  bin  ich  doch  als  mein  selbsteigner  spoii. 

FLKHI.tiG  621. 

Seltsam  ist,  dasz  Maaler  48'  auwee  und  au  auf  frauen  ein- 
schränkt: ein  wort  eines  betrübten  und  erschrocknen  weibs,  au 
interjectio  constcmafae  mulieris,  was  ihm  Hemsch  137  nach- 
schreibt. Stieleb  2458  ßhrt  neben  oweh  auweh  an  und  be- 
merkt die  thüringische  ausspräche  auwich,  sp.  62  ist  ihm  aber 
aue  ja  quasi  vero.  aubi,  aubi  ja  und  aubeia  wurden  oben 
sp.  598   angeführt,     s.  auwcih. 

AUWEHZEN,  auweh  schreien,  wie  ächzen,  ach  rufen:  wann 
er  etwan  sochet  (seufzet)  und  auwehzet  auf  seinem  bett,  da 
er  schmerzlich  krank  ligt.  Geo.  Scherer  kunst  und  wund- 
segen  für  schieszen.  Ingotst.  1595.  E4'. 

AUWEIH,  jüdische  ausspräche  des  auweh:  auweih  ge- 
schrien! au  weih,  au  weih!  ich  bin  ein  betrogener  mann, 
der  stein  ist  falsch.  Hebel  3, 146. 

AUWINNEN,  eine  Weiterbildung  des  auwi  und  aubi:  als  er 
dieses  noch  redete,  hörele  ich  ein  geschrei  undcr  der  truppe 
und  grewliches  rufen :  ach  wehe,  helas,  auweh,  mordio,  hellio, 
retlio,  auwinnen  auweh !  Philai«der  1,  672  ;  0  mordio,  mordio, 
heißo,  kombt  mir  zu  bülf,  er  schlegt  mich  zu  tod.    ach  weh 


AWASEL— AXT 


1046 


und  ach  weh,  auwe  und  auwe,  auwinnen  auwe  I  2,  351.  dabei 
ist  an  winn  und  we,  wind  und  we  (Schmeller  4, 109),  so  wie 
ans  ahd.  winnan  ^ulare  (Graff  1,  876),  mhd.  winnen  pati  zu 
denken,  so  dasz  in  winnen  ein  imperativ  gelegen  sein  könnte, 
vgl.  annen. 

.WVASEL,  w».  caro  mortieina,  esea,  as,  luder.  tchon  in  der 
lex  Bajuv.  13,  4  heiszt  es  von  einem  getüdteten  thier :  recipe 
animal,  quod  laesisti,  quod  nos  auursum  vocamus,  mit  den 
Varianten  auursan,  auuorsan,  auuarsan,  auursam  und  nach 
einer  Wiener  hs.  des  12  jh.  auuasel.  diese  letzte  und  jüngste 
lesart  stimmt  zu  dem  im  Schwabensp.  172  Wackem.  201  Laszb., 
so  wie  nochmals  179  Wackern.  213  Laszb.  wiederholten  aus- 
druck  der  awasel,  awesel,  awursel,  mit  var.  awese,  acc.  awe- 
sen  und  daj  awej  n.  auch  im  sinne  von  cadaver  und  bezüg- 
lich auf  2  Mos.  21,  35,  wo  Luther  das  ass  oder  asz  schreibt. 
hEKTHOiv  von  Regensb.,  gleichfalls  auf  diese  bibelstelle  blickend, 
setzt  s.  94.  95  fünfmal  der  awehsel,  und  das  Augsburger  stadt- 
buch s.  27  der  awasel ;  mit  der  neutralform  ohne  1  zu  stim- 
men scheint  irslageniu  aweisiu  {trie  für  irslagenin  aweisin  zu 
lesen  sein  wird)  occisa  cadavera  bei  Notker  ps.  62, 11.  Schmel- 
ler 4,  16.  172  hat  noch  nwns,  abas. 

Diese  merkwürdigen  aber  schwierigen  formen  werfen  licht  auf 
zwei,  sp.  6  und  36  vielleicht  falsch  erklärte  Wörter,  aas  und 
abersei.  denn  aas  aus  essen,  goth.  itan  zu  leiten,  hat  der 
analogie  von  esca  und  edere  zum  trotz  sein  bedenken,  wie 
wenn  es  verkürzt  wäre  aus  jenem  awes,  awas?  nnch  deutli- 
cher ergibt  sich  abersei  als  gleichbedeutend  mit  awersel  und 
dem  allen  awarsan,  aworsan  cadaver,  esca,  luder  und  kann  in 
den  stellen  bei  M.vthesics  sehr  wol  einen  zurückgesetzten,  ge- 
plagten menschen  meinen,  den  man  noch  heute  ein  aas  orfer 
luder  nennen  dürße.  dazu  tritt  eine  neue  stelle,  in  welcher 
abersel  offenbar  ßr  lockspeise,  luder  genommen  wird:  disz 
abersei  (die  erzählte  fabel  vom  sperling)  schenke  ich  heut  zur 
fasznacht.  Schlppius  838.  schwer  aber  ist  es  aworsan,  aber- 
sel, awasel,  awehsel,  aweise,  awese,  abas,  aas  untereinander 
auszugleichen  und  zu  deuten. 

AWAWAÜ,  ein  alter  name  des  W:  die  Teutschen  wissen 
gar  nit,  wie  sie  mit  disem  buchstaben  dran  sein,  die  ein  we- 
nig gelert  sein,  nennen  in  ein  zwifach  u.  hie  zu  Augspurg 
nennet  man  in  in  den  teutschen  schulen  fast  ungeheur  als 
awawau,  welchs  ich  gedenk  auch  zwei  u  sein,  auf  grobschwä- 
bisch oder  mehr  wirtenbergisch  au  genennet.  Val.  Ickelsa- 
MER  teutsche  grammatica  bl.  B  l'.  offenbar  liegt  die  benennung 
vau  =  v,  also  vauvau,  doppelt  u  zum  gründe. 

AX  orfer  achs,  f  sectiris,  goth.  aqizi,  ahd.  achus,  alts.  acus, 
mhd.  ackes  (Bes.  6'),  nnl.  akse,  altn.  öx,  schw.  yxa,  rfäM.  ökse, 
gr.  «|t'r>7,  lat.  ascia  f  acsia  von  der  würzet  ac,  die  in  acies 
und  im  sisr.  asri  waltet,  vgl.  alru,  die  scharfe,  beiszende  Ihräne. 
das  heute  angehängte  t  ist  früher  noch  oß  entbehrlich :  i.  b. 
greifen  die  thier  an  mit  spieszen,  pfeilen,  achsen,  krummen 
messem.  Forer  ßschb.  8S';  agkes,  pl.  egkese  »eis/A.  3,  223 ; 
scbidachs  fastn.  sp.  821,24;  Maaler  48'  schreibt  ax  oder  achs, 
Hemsch  scheidet  ait  securis  fon  ax  axis.  vgl.  Schm.  1, 25  äckes. 
s.  axt. 

AXE  =  achse,  /".  lat.  axis : 

wo  um  die  axe  nur  des  lleiszes 

sich  leben  und  gesundheit  schwingt.    Gottkr  1,  462; 

erdxxe,  himmelaxe.  J.  Paul  kl.  bücherschau  1,  203;  axendre- 
hung  der  himmelskörper.  Brandes  astron.  l,  122.  am  Wald- 
stettensee  ein  Axenberg  {von  seinen  scharfen  ecken  oder  vom 
drehen  der  schiffe  darum?),  bei  Schiller  540  in  den  groszen 
und  kleinen  Axen  unterschieden;  do  si  also  furent  bisz  an 
Axrn  hin.  Etterlin.  Ebel  schreibt  Achsenberg  und  deutet 
falsch  auf  ächzen,  weil  die  gefährliche  schiffart  an  den  stei- 
len wänden  angst  einjage. 

AXHOSEL,  m.  und  f.  manubrium  asdae:  kein  marker  soll 
hauwen  einich  grün  holz  zu  hörnen  {brennen),  dann  was  man 
mag  mit  einer  achshoseln  abeslagen.  weisth.  1,  524 ;  dorre  holz 
und  was  sie  mit  eim  axhosel  mögen  abegeslagen,  daj  megen 
sie  holen.  1,  525.  hosel  ist  blosz  geraten  und  noch  dunkel, 
könnte  es  ßr  hasel,  haselstock  stehen,  woraus  man  axtstiele 
machte  ? 

AXT,  f  securis,  ascia.  mit  angehängtem  t,  wie  in  habicht 
für  habich,  erzt  ßr  erz,  pabst  für  pabes  u.  0.  m.  bet  Keisersb. 
Sünden  des  munds  5'  findet  sich  geschrieben  agst,  6«  Luther 
entschieden  axt :  holet  mit  der  hand  die  axt  aus,  das  holz  ab- 
zuhawcn.  i  Mos.  19,  5;  so  soltu  die  bewme  nicht  verderben, 
das  du  mit  exten  dran  faresL   20,  ^9;    und  nam  eine  axt  in 

66* 


1047 


ÄXTCIIEN— AXTHELM 


ÄXTLEIN— AZUR 


1048 


seine  band  und  hieb  einen  ast  von  bewmen.  rieht.  9,  48; 
man  sihel  die  exte  oben  her  bücken,  wie  man  in  einen  wald 
hawet.  ps.  74,  5 ;  mag  sich  auch  eine  axt  rbümen  wider  den, 
so  damit  hewet?  Es.  10, 15;  si  faren  daher,  das  der  hämisch 
brasselt  und  komen  mit  heerskraft,  und  bnngen  exte  über 
sie,  wie  die  bolzhewer.  Jer.  46,  22 ;  es  ist  schon  die  axt  den 
bewmen  an  die  wurzel  gelegt.  Matth.  3, 10.  Luc.  3,  9,  golh.  so 
aqizi  at  vaurtim  bagnie  ligi}) ;  das  ich  eitel  donnerschlege 
wider  das  bapstthumb  reden  künd  und  ein  jeglich  wort 
ein  donneraxt  were.  lischr.  244'.  24!)*;  der  axt  allweg  linden 
ein  Stil.  Kirchhof  itendimm.  43';  dieser  axt  weis«  ich  schon 
einen  stiel.  Weise  erzn.  93,  wie  sonitt:  dieser  hacke  ist  bald 
ein  stiel  gefunden,  man  saqt  auch:  von  vielen  schlagen 
wird  die  axt  stumpf;  zu  einem  bösen  ast,  einer  harten  eiche 
gehört  eine  scharfe  axt;  wills  gott,  so  kräht  (kreit)  eine  axt 
unter  der  bank  (s.  axlhelm).  Fisciiart  schrieb  achszt:  man 
gesegnets  im  nit  wie  dem  schweizerischen  amptmann  mit  der 
achszt  im  bad.  Garg.  6l';  ja  war  nit  Minerva  in  Jupiters  hirn 
durch  orenöfnung  des  Vulcan  achszt  erzeuget?  105';  und  un- 
terscheidet davon  achszt  (axe):  es  war  allda  ein  solch  ein- 
reuten von  wein  zur  achszt  und  schif,  als  vil  all  berge  trau- 
ben  geben,  wie  vil  kornür  an  stengelein  heben.  59*.  aber 
auch  bei  Zinkgr.  47,  23  heiszt  es  wein  auf  der  axt  nacher 
Straszburg  führen,  statt  axe,  achse. 
ÄXTCHEN,  n.  asciola. 

AXTER,  /.  ptca,  die  eisler.  Henisch  159.  s.  agalaster  und 
atzel. 

AXTHELM,  manubnum  asciae.  Stieler  738.  dem  wort  ent- 
spricht das  umgestellte  ahd.  helmaciius  bipennis  (Graff  1, 136), 
das  eine  gehelmte,  gestielte  axt  bedeuten  musz,  wie  helmbarte 
eine  gestielte,  mit  handgrif  versehene  harte;  nicht  können  beide 
Wörter  ausdrücken  sollen,  dasz  axt  und  barte  helme  spalten. 
die  bedeutung  von  axthelm  erhellt  klar  aus  der  bekannten  fa- 
bel,  wo  ein  bauer  den  wald  bittet: 

du  wölst  micli  lassen  hauwen  ab 

ein  axlhelm 

und  liesz  nicht  bleiben  bei  eim  heim, 

sonder  er  hielt  sich  wie  ein  schelm, 

das  heim  dem  schelmen  ursach  gab, 

dasz  er  bei  hundert  stamm  hieb  ab.    Albhuüs  144. 
mhd.  einem  manne  brast  ein  axsstil, 

do  bat  er  alle  boume  vil 

um  einen  halp,  der  waer  veste.     alld.  wäld^Z,  225, 

und  halp  ist  wieder  mojiubrium     läszt   ein   herr   hauen,    so 


sollen  die  märker  dabei  still  sfehn,  bis  er  sein  theil  geladen, 
dann  aber  zugreifen,  äste  und  abschlage  nehmen,  folgends 
der  nächste  marker  sein  axthelm  vorschlagen  und  dieselbige 
länge  hauen  weisth.  3,  402.  vorschlagen  wird  hier  meinen,  in 
den  bäum  mit  dem  bell  einschlagen,  wie  man  von  den  hexen 
glaubte,  dasz  sie  eine  axt  in  die  thürseule  schlagen  und  aus 
dem  axthelm  milch  melken  (mythol.  1025).  Keisersberg,  als 
er  einmal  ein  wunder  berichtet,  fügt  hinzu:  das  was  ein  wun- 
derbarliche  Verwandlung,  und  also  wenn  gott  wil,  so  kreg«t 
ein  axthelm  under  dem  bank,  sprechen  die  bauren.  omeisz  32' 
(s.  vorhin  axt).  falsch  also  ist  Adelungs  annähme,  axthelm 
sei  der  hintere  dicke  theil  (das  äuge)  der  axt,  in  welchen^  der 
stiel  befestigt  werde. 

Ä.XTLEIN,  n.  asctola. 

AXTSTIEL,  VI.  capulus,  manubrium  asciae.  s.  axhosel, 
axthelm. 

AY,  ein  undeutscher  diphthong,  gleich  dem  einfachen  y  ganz 
zu  meiden,  ei,  mai,  laie.  Baier,  und  alle  solche  Wörter,  wei- 
chen in  der  ausspräche  des  vocals  nicht  von  einander  ab,  wie 
schon  die  mhd.  Schreibung  ei  pl.  eiger,  leige,  Beier  oder  Bei- 
ger erkennen  läszt. 

AZ,  s.  ATZ. 

AZUR,  m.  hochblaue,  himmelblaue  färbe,  ein  fremdes,  erst 
seit  dem  vorigen  Jahrhundert  nach  dem  franz.  azur,  engl,  azure 
gangbares  wort,  den  dichtem  zum  reim  auf  nur,  spur,  flur  ge- 
legen, azur  selbst,  it.  azzurro,  azzuolo  ist  aber  entstellt  aus 
lazur,  lazul,  lapis  lazuli,  (Dücange  s  v..  lazur)  und  mhd.  sagte 
man  lajür.  Trist.  397,  35.  Wigal.  15,  26. 103,  8. 189,  21,  wie  noch 
nhd.  lasur,  lasurstein  (Stieler  2140),  mit  lack,  endig  (indiy) 
und  lasur.  Simpl.  1,  75 ;  poln.  russ.  lazur. 

und  wie  im  aug  die  cinzlen  färben  starben 

im  grün  der  see  und  in  der  luft  azur.    Rückbrt  301 ; 

enget  mit  lilien 

stehn  im  azur, 

fromme  vigilicn 

singt  die  natur.    Platen  53'. 

AZURN,  caeruleus  (ahd.  weitin),  gebildet  wie  silbern,  ku- 
pfern, ledern,  mhd.  lajürvar.    Wigal.  211,  17.  poln.  lazurowy. 

die  weilen  azurnen  gefilde 
flimmern  auf  einmal  umher  mit  schärfer  strahlenden  Sternen. 
Zaciiahiä  ; 

nur  ein  welkendes  roth  weilt  am  azurenen  west. 

Cur.  Stolberc  1,  14. 


1049 


1050 


B. 


1)  B  nimmt  in  allen  dem  phönicischgrieehtsehen  entstammen- 
den alphabelen  gleich  hinter  dem  A  seine  bedeutsame  stelle  ein. 
denn  dasz  auf  k,  den  grund  aller  vocale,  unmittelbar  die  drei 
mediae,  als  grund  und  boden  aller  stummen  consonanlen  fol- 
gen, musz  ein  groszes  gewicht  haben,  auch  bei  den  Gothen 
hapete  die  reiheBGÜ;  im  lateinischen  aiphabet,  aus  dem  her- 
nach die  meisten  europäischen  flössen,  ist  sie  gestört  dadurch, 
dasz  dem  ursprünglich  mit  Y  identischen  zeichen  C  bedeutung 
der  tenuis  K  beigelegt,  die  der  media  G  auf  die  siebente  stelle, 
d.  h.  des  griechischen  Z  gewiesen  wurde,  und  G  hat  mit  Z, 
wie  unter  G  gezeigt  werden  soll,  manigfache  berührung.  Eine 
andere  beeinträchtigung  des  BGD  fand  statt  im  altslavischen 
aiphabet,  welches  zwischen  B  tmd  G  das  V  (vidi!)  rüchte ;  schon 
der  diesem  V  in  der  cyrillischen  Ordnung  abgehende  zahlwerlh 
Idszt  erkennen,  dasz  die  einschaltung  unursprünglich  war,  und 
scheint  zu  zeugen  ßr  das  mindere  alter  der  glagoliliscken,  vi- 
dil  auch  unter  die  zahlen  aufnehmenden,  doch,  wie  in  deva- 
nägart  die  zeichen  ßr  ba  und  va  einander  gleichen,  finden  auch 
bei  uns  Übergänge  des  B  «n  V  statt. 

2)  die  sprachen  standen  nicht  still,  aber  in  ihren  bewegun- 
gen  waltete  reget,  alle  stummen  consonanten  halten,  wie  die 
geslime  sich  von  osten  gen  weslen  drehen,  ihren  festen  na- 
turgang ein,  so  dasz  sich  die  weiche,  volle,  tönende  media 
zur  dünnen,  dumpfen  tenuis  erhärtet,  die  harte  tenuis  in  aspi- 
rata  spaltet  und  die  entfaltete  aspirata  wieder  zur  media  zu- 
sammenschlieszt.  hiermit  ist  der  kreislauf  vollendet  und  kann 
von  neuem  beginnen,  wer  wollte  nicht  die  media  obenan  stel- 
len? unnatürlich  wäre  ein  fortschritt  aus  ihr  zur  aspirata,  aus 
der  aspirata  zur  tenuis,  aus  der  tenuis  zur  media,  und  nur 
im  rückschritt  oder  erschlaffen  mag  ein  solcher  Wechsel  sich 
kundthun.  es  gibt  aber  sprachen,  die  der  media  ganz,  oder 
der  meisleti  aspiraten  verlustig  gehn,  keine,  der  die  tenuis  ge- 
bräche. 

Diese  der  etymologie  willkommne  und  heilsame  lautverschie- 
bung,  obgleich  in  allen  alten  und  neuen  sprachen  hin  und 
wieder  oder  strichweise  auftauchend,  ist  doch  bei  der  deutschen 
zunge  am  wahrnehmbarsten  und  in  zweimaligem  ansalz  durch- 
gedrungen, gerade  wie,  die  stummen  consonanten  der  hoch- 
deutschen mundart  auffallend  abtreten  von  denen  jeder  andern 
deutschen  spräche,  ebenso  entfernen  diese  sich  von  allen  nicht- 
deutschen, urverwandten  sprachen,  gegenüber  der  groszen  masse 
des  Sanskrit,  griechischen,  slavischen,  lateinischen,  keltischen 
findet  sich  die  gothischnordischniederdeutsche  eigenheit  in  ge- 
ringerem umfang,  und  gegenüber  diesen  letzten  einzig  und  al- 
lein die  hochdeutsche  im  geringsten,  ei  scheint  als  ob  der 
Sprachgeist,  indem  er  jenen  ausschritt  zuliesz,  der  spitze  des- 
selben nur  den  engsten  räum  gestatten  wollte,  ältestes  beispiel 
der  laulverschiebung  gewährt  uns  das  zend  im  Verhältnis  zum 
Sanskrit,  neuestes  das  ungrische  entgegen  dem  finnischen ;  ein- 
zelne Verschiebungen  treffen  wir  im  sanskrit,  griechischen  und 
latein  genug  an,  wie  das  gothische  und  hochdeutsche  auch  aus- 
nahmen davon  darbietet. 

Um  bei  allen  folgenden  buchstaben  des  alphabets  darauf  zu- 
rückgehen zu  können,  soll  das  gesetz  der  lautverschiebung  hier 
reranschaulichl  werden,  wobei  wir  die  horizontallinien  reihen, 
die  senkrechten  stufen  nennen: 

griech.       med.       ten.       asp. 

golh.         len.        asp.      med. 

ahd.  asp.       med.     len. 

wer  anders  beginnen  oder  ordnen,  i.  b.  die  dritte  reihe  an  die 
stelle  der  zweiten  setzen  wollte,  würde  die  geschichtliche  folge 
der  stufen  aufheben,     man  merke, 

a)  in  den  anlauten  prägt  das  gesetz  sich  am  reinsten  aus, 
erscheint  dennoch  auch  inlautend  und  auslautend  oß  beobach- 
tet, nicht  selten  mit  einiger  Verschiedenheit. 

b)  nur  auf  urverwandte  Wörter  erstreckt  es  sieh,  nickt  auf 
erborgte;  höchstens  wird  diesen  analoge  behandlung  zu  theil. 

c)  ausnahmsweise  kann  die  Verschiebung  sich  in  derselben 
reihe,  an  einzelnen  Wörtern  einer  mundart,  ja  bei  der  flexion 


eines  worts  erzeigen,  so  läuß  gegenüber  dem  goth.  J)vairh  das 
ahd.  duerah,  mhd.  twerh,  nhd.  zwercli  alle  lingualstufen  durch, 
statt  dasz  die  beiden  letzten  dialecle  bitten  das  D  festhalten 
sollen;  nhd.  selbst  sehen  wir  geitig  in  geizig,  im  schwed.  thu, 
then  M&(T(;e/in  in  du,  den.  unser  vater:  pater  stört ;_  das  goth. 
fadr  setzt  nothtrendig  ein  älteres  fa|)r  voraus  und  die  organische 
reihe  wäre  pater,  fajjr,  vader.  darin  liegt  eben  ein  unwidersprech- 
licher  beweis  ßr  die  succession  der  laute,  lat.  pario  und  fero 
sind  doch  einer  würzet,  das  goth.  gaf  bildet  den  pl.  gebun. 
im  lat.  rufus  hat  F  älteres  ansehen  als  das  B  in  ruber. 

d)  wo  statt  der  verschobnen  gleiche  mutae  eintreten,  liegt  ein 
hemmnis  oder  eine  lücke  im  weg,  z.  b.  der  Gothe  behält  die 
Partikeln  du  und  dis  mit  alter  media  bei,  wie  sie  im  sl.  do 
und  lat.  dis  walten,  verschiebt  nicht  in  tu  und  tis,  analog  dem 
ahd.  zi  und  zir,  was  doch  geschah  in  der  goth.  partikel  tus, 
ahd.  zur  =  gr.  dvs,  skr.  dus,  dur.  im  goth.  dags  hingegen 
haßet  media,  wie  im  lat.  dies,  sl.  d  n  ,  skr.  dina,  und  hier 
entspricht  ihr  auch  ahd.  tenuis  tac,  ja  mit  fortklebender  media 
Otfbieds  dag.  im  hintergrunde  des  goth.  D  bei  diesem  wort 
müsle  also  älteres  TH  und  T  liegen,  wie  schon  Bopp  aus  sin- 
teins  ein  teina,  anschlieszend  ans  skr.  dina  folgerte,  noch  auf- 
fallendere beispiele  wird  die  labialordnung  an  band  geben,  vgl 
berg,  bitten,  binden  hernach  unter  5. 

e)  am  vollständigsten  erscheint  die  lautverschiebung  bei  den 
lingualen;  in  der  labial-  und  gutturalordnung  stockt  sie  eini- 
gemal und  zwar  immer  an  den  aspiraten,  die  sich  allzusehr 
verengen  und  dann  still  stehen  bleiben,  von  den  lingualen  wird 
näher  bei  D,  ton  de»  gutturalen  bei  G  gehandelt. 

3)  auf  die  labialen  wendet  sich  die  Verschiebung  also  an: 

griech.         B  P  PH 

goth.  P  PH        B 

ahd.  PH         B  P, 

da  aber  die  goth.  wie  lat.  asp.  zu  engerem  F  gediehen  ist, 
steht  ihr  ahd.  F  und  V  zur  seile,  gerade  wie  bei  den  guttura- 
len dem  gr.  K  goth.  H  für  CH  und  wiederum  ahd.  H,  ßr  den 
inlaul  war  CH  geblieben,  als  nun  ahd.  V  =  BH  den  platz 
der  organischen  media  einbekam,  gewann  diese  daßr  räum  an 
dritter  stufe  und  behielt  ihre  gothisclK  bedeutung  zum  wenig- 
sten neben  slrengahd.  P.  jene  theoretisclie  fassung  verändert 
sich  in  der  praxis  je  nach  anlaut,  inlaul  und  auslaiä. 


anlautend    gr. 

B 

P 

PH 

goth. 

P 

F 

B 

^      ahd. 

PH 

V,F 

P,B 

inlautend     gr. 

B 

P 

PH 

goth. 

P 

B,F 

B 

ahd. 

F 

V,B,P 

P,B. 

auslautend  gr. 

ß 

P 

PH 

goth. 

P 

F 

B 

ahd. 

F 

B.P 

P,B. 

nhd.  bestimmen  sich  diese  labialen  folgendergeslall : 
anlautend  PF  V,  F  B 

in-  und  ausl.   F  B,  F  B. 

hiernach  sind  also  zwei  hauptarten  des  hetUigen  B  zu  un- 
terscheiden, insofern  es  der  urrencandten  tenuis  zweiter  stufe, 
oder  der  urverwandten  asp.  dritter  stufe  entspricht,  im  ersten 
fall  hat  sich  der  inlaut  zu  lief  gesenkt  und  geräth  in  Zwiespalt 
mit  dem  anlaut.  der  zweite  fall  ist  vollkommen  organisch  und 
darum  hier  zuerst  zu  behandeln. 

4)  unserm  anlautenden  nhd.  B,  wo  es  goth.  B  und  slreng- 
ahd. P  ausdrückt,  steht  also  gr.  PH  und  lat.  F  zur  seile,  das 
sanskrit  enlfaltel  eine  doppelle  aspiralion  BH  und  PH,  jene 
von  groszem,  diese  von  geringem  bereich  und  beide  begegnen 
deutschem  B ;  der  Uli.  spräche  entgehl  die  asp.  ganz,  die  sl. 
hat  blosz  CH,  und  ihr  B  sowol  gr.  B  als  PH  zu  vertreten. 

a)  beispiele  des  skr.  BH:  bbadsch  (bhag)  backen;  bhära 
onus,  babre  ;  bhadni  felix,  optimus,  goth.  batiza,  bessere ;  bhri 
ferre,  gebätiren  ;  bhl  timere,  beben  ;  bhid  beiszen ;  bhil  spalten, 
beil;  bhudsch  (bbug)  biegen,  drehen;  bhu  esse,  ich  bin;  bhrü 
augbraue;  bhratri  hrudcr. 


1051 


B 


B 


1052 


b)  beispiel  des  skr.  PH :  phull  blatt,  blühen. 

c)  beispiele  des  gr.  PH :  fSQeiv  yaarsQi,  tragen,  gebähren ; 
tpövos,  todschlag,  ahd.  pano,  altn.  bani,  einer  würzet  mit  un- 
serm  balin,  mhd.  ban,  via;  cpevyeiv,  terga  vertcre,  biegen, 
ausbiegen,  weichen;  fe'ßo/iai  fößos,  bebe;  fi'co  ich  bin; 
ipvXXov  h\üi\.;  fQarrjQ  briider;  y^f'a^)  brunne ;  y^y^os  buche ; 
gpö^Tos  bürde;  (päyio  ich  backe. 

d)  beispiele  des  lat.  F:  follis  balg;  -fer  -bar;  ferre  ge- 
bähren; fovere bähen,  bächeln  ;  barbabart;  facere  bauen;  fio, 
fui  ich  bin;  funus  ban,  bahn;  fiber  biber;  fugio  biege;  fin- 
dere  beiszen ;  flare  blasen  ;  folium  blatt ;  fligere  bläuen ;  faba 
bohne ;  forare  bohren ;  fodere  goth.  bautan,  boszen ;  frui  brau- 
chen ;  frangere  brechen ;  fervere  brennen ;  fagus  buche,  eini- 
gemal mit  Wechsel  der  labialis  und  lingualis:  timeo,  timor 
für  fimeo,  fimor  =  thimeo,  thimor,  litt,  bijau,  baime,  skr. 
bhi,  bhima ;  rutilus  =  rufilu?,  golh.  rauds,  ahd.  röt,  vgl.  fera 
=.d'rio,  goth.  dius,  ahd.  tior. 

e)  beispiele  des  sl.  B:  brati  tragen,  beru  trage,  gebähre; 
bos"  baar ;  brada  hart ;  boi,  bojati  timere,  beben ;  bjegu  fugio, 
biege,  laufe;  bobr  biber;  bereza  birke;  bodu  fodio,  pungo, 
tundo,  bosze;  bob  faba,  bohne,  ^»n.  papu;  bjes  böse;  buti 
esse,  ich  bin;  brat    frater,  bruder;  br  V  braue. 

/)  beispiele  des  litt.  B:  basas  baar;  baltas  candidus,  bald; 
barzda  hart;  begu  laufe,  biege;  bebrus  ßber;  bijoti  timere, 
beben ;  buti  sein,  buwau  fui,  bin ;  berzas  birke ;  boba  bohne, 
faba;  badyti  golh.  bautan,  boszen;  besas,  der  böse,  teufel; 
bruwis  augbraue ;  brunas  braun ;  brolis  bruder. 

g)  für  den  inlaul  lassen  sich  folgende  anführen  i  sftr.  ubhäu, 
gr.  oLfifco,  lat.  ambo,  sl.  oba,  litt,  abbu,  goth.  bai,  bajüjjs, 
beide;  gr.  ufifl,  ahd.  umpi,  m/id.  uinbe,  n/td.  um;  gr.  ofQvs 
braue ;  vielleicht  skr.  ribhus,  elb  (s.  201) ;  skr.  nabhas,  gr. 
vEfos,  lat.  nubes,  nebula,  sl.  nebo,  nebel. 

5)  neben  der  reget  zeigen  sich  aber  merkwürdige  ausnahmen, 
in  welchen  unserm  B  keine  urverwandte  aspirata,  sondern  gleiche 
media  oder  auch  tenuis  gegenüber  steht,  da  nun  solches  deut- 
sche B  nur  aus  der  asp.  hervorgegangen  sein  kann,  setzt  es 
sie  in  verlornen  formen,  die  asp.  aber  wieder  eine  noch  ältere 
ten.  voraus,  welche  sich  dann  an  die  ursprüngliche  asp.  schlieszt. 
slavisches  und  litt.  B  entscheiden  dabei  nicht,  weil  sie,  wie  wir 
sahen,  sowol  gr.  med.  als  asp.  entsprechen.  Nicht  immer  sind 
jedoch  die  mittelglieder  abhanden,  sondern  lassen  sich  aufwei- 
sen, worin  trißige  bestäligung  der  vollen  Ordnung  liegt  und 
was  zuerst  störende  ausnähme  schien,  musz  der  regel  desto 
stärkere  kraft  leihen. 

Wenn  lat.  pario  und  kro,  vom  slandpunct  unseres  gebären  und 
goth.  bairan  angesehn,  zusammenfallen,  erscheint  auch  B  in  ce- 
leber,  lugubris,  cerebrum,  candelabrum  und  viel  dergleichen, 
sei  es  nun  dem  P  vorgängig  oder,  was  mehr  für  sich  hat,  dem 
¥  folgend;  zu  pario  stimmt  slrengahd.  piru,  zwm  B  po/A.  baira. 
auch  die  lat.  ambo  und  nubes  waren  verschoben  aus  amfo, 
nufes.  Ein  noch  lehrreicheres  beispiel  ist  unser  binden,  goth. 
bindan,  dessen  anlaut  das  skr.  bandh  erreicht,  und  doch  wurde 
diese  gleichheit  erst  nach  langem  umweg  hergestellt,  aus  bandh 
sprieszt  neid'co,  dessen  abstracte  bedeulung  noch  auf  die  sinn- 
liche in  Tielofia  zurückgeht,  und  nicht  anders  scheint  der  da- 
kische  pflanzenname  ycuQonid'Xa  bei  Dioscorides  4,  132  die 
Vorstellung  band  (harband,  flachsband  ?  oder  liegt  das  alts.  he- 
rubendi,  herusßi  näher?)  zu  enthalten,  neid'co,  nid'Xa  ver- 
schieben sich  in  lat.  fides  (nioris  und  chorda),  foedus,  filum 
(für  fidlum),  aber  auch  ins  ags.  fetel,  ahd.  vejjil ;  unser  bin- 
den band  hält  den  nasallaut,  der  im  altn.  batt,  praet.  von 
binda  oder  in  hast  {gebildet  wie  nlaris)  und  fetel  schwand, 
slrengahd.  pintan  fällt  zurück  in  die  gr.  oder  dakische  tenuis. 
Seinen  buehstaben  nach  vergleicht  sich  das  skr.  wort  praudhA 
nupta,  sponsa  unserm  braut,  goth.  bru|)S,  ahd.  prüt,  dessen 
sinn  durch  die  Verschiebung  ganz  verloren  gieng,  während  die 
skr.  bedeulung  curru  vecta,  ducta  vor  äugen  liegt  (Bopp  314"), 
vah  ist  vehere,  pra  vorgetrelne  partikel,  die  sonst  in  golh.  fra 
gesenkt,  hier  noch  weiteres  ß  annahm,  die  goth.  Zusammen- 
setzung bru|)faj)s  sponsus  zeigt  also  zwei  verschieden  behandelte 
Wörter,  in  fa|)S  ist  das  skr.  pati  regelmdszig,  in  bru{>s  praudhd 
unrcgelmäszig  verschoben,  historisch  aber  wird  uns  brujis  durch 
jenes  fra  vermittelt. 

Wenn  unser  bach  nicht  von  Trrjyri  zu  trennen  ist,  Tcrjyr] 
nicht  von  jtrjytwjui,  näyoi,  nriyai,  Ttaxi^Tj,  Tta/vi,  so  musz 
aus  dem  rinnen  das  gerinnen,  aus  dem  flüssigen  das  feste, 
aus  dem  warmen  das  kalte  gedeutet,  und  auch  backen,  skr. 
patscb  (pac)  hinzugenommen  werden,  wie  frigo  unmittelbar  tu 


frigeo,  frigus  gehört,  hinter  backen  liegt  aber  zunächst  gr. 
fcoysiv.  back  tergum,  backe  gena  {vgl.  lat.  bucca)  sind  feste, 
feite  erhöhungen,  hügel  des  leibs,  bache  nennen  wir  ein  mast- 
schwein,  Ttäyos  ist  ein  hügel,  naxvs  dick,  fett,  wie  pinguis 
von  pango,  pago  abstammt. 

Anderemal  tauchen  olme  Zwischenstufen  lauter  B  auf:  bei 
verschiedner  ableitung  zeigen  dieselbe  wurzel  unser  birke,  ahd. 
piricha,  sl.  bereza,  litt,  berzas;  tat.  betula,  ir.  beith,  welsch 
bedwen,  armor.  bezven;  keine  skr.  oder  gr.  Wörter  entspre- 
chen, im  neugr.  yovvra  könnte  R  ausgefallen  sein.  Unser 
baden  ist  das  skr.  bäd,  im  lat.  balneum,  gr.  ßaXaveXov  ward 
aus  D  ein  L;  allsl.  banja  {vgl.  it.  bagno,  franz.  bain)  hat 
diese  consonanz  ausgetilgt. 

Wie  seltsam  überein  triß  ahd.  pitit  mit  lat.  petit;  zwischen 
petere  und  goth.  bidjan  scheint  aber  eine  unaufweisbare  stufe 
mit  den  lauten  fith  gelegen  zu  haben,  lat.  pet  sich  an  älteres 
bad  zu  reihen.  Gleiches  schwanken  ist  zwischen  pasco  und 
ßoaxco,  nivo)  und  bibo,  welche  Störung  der  laute  vollkommen 
der  zwischen  sl.  pivo  und  unserm  bier,  ags.  beor  entspricht; 
sanskritwurzel  ist  pd  und  pi,  sl.  piti,  aspirierte  formen  wür- 
den alles  ausgleichen,  da  nun  pä  auch  essen  bedeutet,  höher 
aufgefaszt  essen  und  trinken  eins  sind,  folglich  die  abweichung 
von  bibo  und  Ttivco  gerade  der  in  ßöoxo},  pasco,  näoiiat 
begegnet,  so  Idszt  sich  mit  Zuziehung  des  deutschen  fatter, 
goth.  födjan  die  reihe  ausfüllen. 

Folgendes  beispiel  empfängt  auch  mythologischen  werth:  un~ 
sere  vorfahren  müssen  für  herg  früher  gesagt  haben  ferg.  denn 
nicht  nur  braucht  Ulfilas  zur  Verdeutschung  von  o^os  durch- 
gängig das  neutrum  fairguni,  obschon  neben  bairgahei  oQeivr;, 
bairgan  rrjQElv,  sondern  mit  derselben  bildung  erscheint  alln. 
Biürgyn,  als  weiblicher  name  der  Stadt  Bergen,  und  Fiörgjn 
hiesz  Thors  mutier,  die  erde,  ahd.  aber  Fergunna  (=  Fergunia) 
und  Firgun  ein  wdldgebirg,  so  wie  ags.  firgen  in  mehrern  Zu- 
sammensetzungen montanus  oder  sUvestrts  ausdrückt.  Griechen 
und  Römer,  mit  Wandlung  des  F  in  H,  machten  daraus  'Eoxv- 
7'ios,  Hercynius,  und  wahrscheinlich  bedeutet  sl.  Kerkonoscb, 
ein  name  von  gebirgen,  des  Riesengebirgs  zumal,  dasselbe. 
Wie  nun  Biörgyn  auf  Fiörgyn  musz  fairguni  zurück  gehen  auf 
ein  älteres  Perchun,  Perhun,  und  eben  nennen  die  Liltauer 
ihren  donnergott  Perkunas,  die  Slaven  Perun,  weil  man  den 
donner  vom  berg  niederfahren  liesz.  ohne  bestimmtes  Zeug- 
nis einen  goth.  Fairguneis  anzusetzen,  ist  allzukühn,  allein 
Fiörgyn,  des  donnerers  mutier,  darf  schon  selbst  donnergöttin 
heiszen  oder  gedeutet  werden  die  hohe,  erhabene,  Perkunas, 
Perun  der  hohe,  offenbar  aber  kehrt  im  ahd.  perac  jenes  alte 
perk  wieder  und  die  mitlelstufen  standen  nachzuuleisen.  da 
ferner  von  bairgan  auch  baurgs,  bürg  arx  abstammt,  ist  gleich- 
falls TtvQyos  turris,  arx  heran  zu  ziehen  und  für  die  aspi- 
rierte form  fvQxos,  dor.  fovgxos,  burgmauer.  in  nvQyos, 
fvqxos,  baurgs,  puruc  liegen,  wie  in  Perkunas,  fairguni,  bairgs, 
perac  volle  lautverschiebungen  vor  äugen,  und  wer  wollte  blo- 
szen  Zufall  walten  lassen  da,  wo  sich  alles  nach  natürlicher 
stufe  ergab  ?  die  regel,  anfangs  in  einzelnen  Wörtern  hier  und 
da  vorbrechend,  gewann  in  den  deutschen  sprachen  endlich  ih- 
ren halt,  wo  golhischem  B  ein  gr.  P  begegnet,  braucht  nur 
die  Fform  ausgefallen  zu  sein,  wo  aber  goth.  B  mit  gr.  B 
Zusammentrift,  wird  man  die  formen  F  und  P  zu  ergänzen 
haben. 

6)  vom  slrengahd.  anlaut  P,  obgleich  er  heute  fast  überall 
dem  B  gewichen  ist,  bleiben  einzelne  spuren  übrig, 

a)  in  den  einfachen  Wörtern  pracht,  mhd.  braht,  pauke  mhd. 
bouchen,  und  porkirche  {s.  empor),  im  Ortsnamen  Passau,  lat. 
Pataviumj  mhd.  Paj^owe  war  längst  alles  gefühl  seiner  ab- 
kunß  von  den  Bataven  ausgestorben,  aber  in  einer  menge  von 
anlauten  schwankte  die  Schreibung  zwischen  med.  utul  ten.,  ehe 
sich  die  heutige  med.  festsetzte. 

b)  in  einigen  Zusammensetzungen  hat  der  anstosx  an  eine 
vorausgehende  ten.,  die  dann  weggefallen  sein  kann,  P  fest- 
gehalten: aus  andhabt  wurde  ampahl  und  noch  spät  ampl, 
ambct,  heute  amt;  zwischen  empor  und  mhd.  enbor  liegt  ein 
falsches  enipor,  entbor  {z.  b.  Keisersbercs  staffeln  44*)  mitten 
ein,  doch  heiszl  es  sonst  in  gangbaren  wörteiii  nur  entbehren, 
cntbrechen,  entbrennen,  wimpcr  ist  offenbar  aus  wintbri,  wind- 
braue; schamper  aus  schandbar,  schanlbar;  Schampach  aus 
Schanlbach ;  semper  ««  scmperfrei  aus  scntbar,  synodpflichtig 
hervorgegangen;  wir  hätten  auch  bilden  können  hmper  für  \nm- 
beerc  =  bintbere,  wie  man  ehmals  kospcr  sc/iriW^  für  kostber, 
kostbar,     deultichstcn  beleg  ergeben  aber  manns-  und  ortsna- 


1053 


B 


B 


1054 


men  mit  P  /ur  B:  Rupert,  Gumpert,  Hilpert,  Lampert,  Wi- 
precht,  Leuprecht  =  Hutbert,  Guntbert,  Hiltbert,  Lantbert, 
Wikbrecht,  Leulprecht  (irie  m  jenem  pracht)  und  Diepurg,  Lim- 
purg  =  Dietbui^.  Limburg. 

7)  wir  schreiten  fort  zur  betrachtung  der  hochdeutschen  media 
B,  wie  sie  in  zweiter  stufe  in  -  und  auslautend  statt  der  aspt- 
rata  erscheint,  was  unorganisch  heiszen  darf,  da  hierdurch  ein 
abstand  vom  anlaul  begründet  wird,  der  sein  F  wahrt  {wenn 
auch  ausnahmsweise  einzelne  urverwandte  Wörter  den  anlaut  P 
unserm  B  gegenüber  stellen),  so  gtU  ßr  Tie/iTve  fünf,  /ur  piscis 
fisch,  sollte  ßr  ano  af,  ßir  aper  efer,  und  nicht  ab,  aber 
stehn.  auch  hat  in  dieser  läge  die  ags.  und  nord.  mundart 
überall  F  behauptet,  die  golh.  aber  häufig  in  B  fortgeschoben, 
woraus  dann  leicht,  gleichsam  in  dritter  stufe  strengaJtd.  P 
wurde,  obgleich  viele  Wörter  inlautend  zwischen  B  und  V  scJiwan- 
ken.     man  bemerke 

a)  der  Gothe  zog  noch  im  anstaut  vor  af,  uf,  gaf^  gif,  tva- 
lif,  hiaif,  senkte  erst  inlautend  abu,  ibai,  giban,  gebun,  sibun, 
tvalibim,  hiaibis.  seine  asp.  entspricht  der  gr.  ten.  anö,  vTtö, 
hträ,  und  begegnet  den  tat.  ab  und  sub,  die  von  af,  suf  und 
wiederum  von  ap,  sup  geleilet  werden  müssen,  wohin  auch  su- 
per und  supra,  so  wie  die  inlaute  aper,  caper,  lupus  weisen, 
denen  wol  goth.  ibrs,  habrs  zur  seile  stände,  doch  hat  vulfs 
=  ulpus,  vulpes  auch  inlautend  vulfis,  vulfos.  in  iftuma, 
aftra,  tveifljan  scheint  der  anstoszende  consonant  die  asp.  zu 
hegen,  dem  hlaifs  aber  entspricht  sl.  chljeb",  wie  (nach  sp. 
539)  dem  arbja,  arbai|)s  rab'    und  rabota. 

b)  die  alls.  spräche  vermittelt  den  Übergang  aus  ags.  altn. 
F  in  goth.  B,  ahd.  B,  V  durch  ihr  BH  in  abh,  bobh  bobhüs, 
hobhid,  arbbed,  gebhan,  suebban,  obhan,  nebha  u.  s.  w.  nie- 
derländisch tritt  auslautendem  af,  gaf,  twaalf,  wolf  inlautendes 

V  m  aver,  gave,  twaalven,  \vohea  recht  zur  seile. 

c)  ahd.  scheint  sich  allmälich  ein  unterschied  zu  ergeben 
zwischen  Wörtern,    die  inlautendes  B  oder  P,    und  solchen  die 

V  zulassen,  beispiele  für  B  und  P  sind:  aha  apa,  oba  opa, 
babaro  baparo,  snabui  snapul,  habuh  hapuh,  eban  epan,  ebar 
epar,  geban  kepan,  weban  wepan,  sibun  sipun,  biben  pipcn, 
halb  haip,  selb  selp,  cüalb  cbalp,  arbi  arpi,  arbeit  arpeit;  in 
allen  diesen  pflegt  kein  V  zu  stehn.  V  wird  gesetzt  in  avar, 
avaro,  bavan,  chevar,  weval,  ovan,  hovar,  hof  boves,  scövala, 
und  dem  goth.  vulfs  ähnlich  in  wolf  wolves.  niemand  würde 
hobes,  scübala,  wolbes,  noch  weniger  bopes,  scüpala,  wolpes 
schreiben,  dennoch  steht  in  beiden  lagen  ags.  und  nord.  F, 
hm  und  wieder  müssen  auch  ahd.  B,  P  und  V  gleichbefugt  ge- 
wesen sein,  neben  wolf  hat  sich  ein  wulpia  erhalten,  die  for- 
men ruoba,  roapa,  ruova  (Graff2,  361);  eiparundeivar  (Grafk 
1,100);  frabali  und  frdvaii  (3,  824)  vertreten  einander,  in  eigen- 
namen  kommt  bald  ebar  und  epar,  bald  evar  vor.  weval  aber 
leitet  sich  sichtbar  ab  von  weban,  wepan.  chevia  (Graff  4,  370) 
aus  tat.  cavea  behielt  sein  V,  aber  mit  deutscher  ausspräche. 

d)  mhd.  dauert  die  Unterscheidung  zwischen  B  und  V  fort, 
nur  dasz  P  fast  ganz  aufhört.  B  erscheint  in  abe,  obe,  ha- 
bere avena,  snabel,  habech,  eben,  eher,  geben,  weben,  he- 
ben, Sweben,  siben,  erbe,  arbeit ;   P  höchstens  noch  in  wülpe. 

V  hingegen  in  aver,  frevel,  kever,  schever,  neve,  wevel,  oven, 
hover,  hoves,  eiver,  zwivel  und  wolf  wolves.  auszerdem  gilt 
nach  einem  allgemeinen  mhd.  lautgesetz  für  alle  inlautenden 
B  auslautendes  P:  gap,  gip,  gruop,  diep,  liep,  loup,  toup, 
halp,  was  letzte  nachwirkung  des  strengahd.  P  heiszen  mag, 
und  dem  n/.  dief  dieven,  lief  lieven  gleicht. 

e)  nhd.  hört  die  ten.  in  den  auslauten  völlig  auf  und  desto 
gröszerer  Spielraum  sieht  der  media  offen,  inlautend  aber  hält 
der  ahd.  und  mhd.  unterschied  an,  doch  so,  dasz  an  die  stelle 
des  V  jetzt  ¥  getreten  ist.  wir  schreiben  gab,  gib,  grub,  dieb, 
lieb,  laub,  taub,  halb,  kalb,  ab,  ob,  eben,  geben,  beben,  le- 
ben, schweben,  weben,  sieben;  dagegen  hof  hofes,  käfer, 
schiefer,  ofen,  eifer,  rweifel,  scbaufel,  wolf  wolfes.  in  dem 
einzigen  frevel  hat  sich  V  behauptet,  Luther  schrieb  auch  eiver, 
zweivel.  das  F  sucht  aber  weiter  umzugreifen  und  den  inlaut 
B  zu  beeinträchtigen  in  hafer,  schnaufen,  elfisch,  es  ist  doch 
hochdeutscher  zu  sagen  haber,  schnauben,  elbisch.  in  hübsch 
{früher  auch  hüpsch)  und  höfisch  gellen  beide  mit  Verschie- 
denheit des  Sinnes,  den  man  auch  zwischen  rauben  und  rau- 
fen gellen  läszt.  aus  barfusz  macht  das  volk  barbes.  auch  im 
fremden  kafich,  cavea,  ji// nun  F,  im  16  jh.  schrieb  man  kebich. 

Auffallend  ist  im  anlaul  blach  ßr  flach,  worüber  näheres 
unter  dem  worte  seihst,  lilgung  des  inlautenden  B,  in  hat, 
mhd.  hilf ür  habet  allhergebracht,  ist  heule  usuulässig  m  geil, 


mhd.  git  ßr  gibet.  trir  unterdrücken  es  in  wams  ßr  wam- 
bes  (wie  in  amt  vgl.  6,  b),  setzen  aber  kämm,  lamm,  dumm, 
krumm,  um,  zimmer  ßr  kamb,  lamb,  dumb,  krumb,  umb, 
zimber.  ahd  ten.  haftet  inlautend  ausnahmsweise  in  wampe, 
wämplein,  und  angelehnt  an  T  in  haupt,  wofür  einige  ohne 
alle  noih  scJireiben  haubt;  im  engl,  head,  und  landschaßlich 
im  nnl.  bood  ßr  hoofd  schwand  der  labiallaut.  Umgekehrt 
war  das  Kj.lljk.  geneigt,  ihn  ungehörig  nach  M  vor  T  und  D 
zu  entfalten:  nimpt,  kompt,  sampt,  bestimpt  oder  nimbt, 
korabt,  sambt,  bestimbt,  wo  wir  heule  MM  setzen,  fromb,  da- 
heimb,  hembde,  frembde,  wärmbde,  schambd  (3  Mos.  20,  17), 
statt  fromm,  daheim,  hemde,  fremde,  wärmde  =  wärme,  schäm. 
Da  M  den  lippenlaul  sucht,  konnte  auch  aus  aibe  albn  alm 
(sp.  201),  aus  ermel  erbel  (sp.  557)  entspringen,  wozu  man 
das  nord    nafn,  iafn,  rafn  und  namn,  iamn,  ramn  halte. 

8)  andrer  aH,  als  die  eben  geschilderten  Verwandtschaften 
zwischen  ß  und  V  sind  die  zwitchen  B  und  W,  so  nahe  auch 
doppeltes  V  =  W  dem  anfachen  V  =  lat.  vau  oder  sl.  vidi! 
steht,  das  hoch-  und  niederdeutsche  \'  hat  sich  aber,  wie  wir 
sahen,  dem .  F  genähert,  dem  W  entfremdet.  B  und  V  schwan- 
ken auch  in  andern  sprachen,  älteren  wie  neueren,  z.  b.  im 
sanskril  kann  ßr  bäd  /arare  auch  gesagt  werden  väd,  und  skr. 
van  ferire,  occidere  entspricht  der  im  gr.  fövos  und  unserm 
ban  enthaltnen  würzet;  im  lillauischen  steht  ßr  hehrus  wehras, 
und  bekannt  ist,  wie  sonst  in  spanischer  Schreibung  B  das  V 
vertrat,  die  Byzantiner  setzten  Belisarius,  Bandali,  Bandala- 
rius  anstatt  Velisarius  (\alisaharis),  Vandali,  Vandalarius  und 
viel  dergleichen,  aus  Verona  entsprang  Bern.  In  unserer 
spräche  erscheint  der  Wechsel  zwischen  B  und  W 

a)  anlautend.  W  ßr  B  in  wase,  base,  *.  b.  bei  Philander 
1,  21;  Wossen,  Bosnien.  Simpl.  2,  47 ;  wascha,  bascha.  Frev 
garteng.  cap.  5 ;  man  sagt  berwolf  und  werwolf.  die  bairische 
Volkssprache  läszt  häufig  B  ßr  W,  W  für  B  eintreten. 

b)  in-  und  auslautend  ist  uns  das  mhd.  L\V  BW  zu  nhd. 
LB,  RB  geworden:  für  swalwe,  val  valwes,  vehve  Salix,  gel 
gelwes,  gewelwe,  milwe,  var  varwe,  gerwen,  herwe,  erweij 
sagen  wir  schwalbe,  falb  falbes,  felbe  felbinger,  gelb  gelbes 
gilben,  gewölbe,  milbe,  färb  färbe,  gerben,  herbe,  mürbe, 
erbse.  der  orlsname  Vilbel  in  der  Wetterau  lautete  früher  Vel- 
wele,  Felwila  (von  der  läge  an  weidenbüschen)  dasselbe  W 
unterdrücken  wir  ganz  in  see,  schnee,  mebl  mehles,  blau, 
grau  statt  des  mhd.  se  sewes,  sne  snewes,  mel  melwes,  blä 
bläwes,  grä  grdwes,  im  16. 17  ;7».  hiesz  es  zuweilen  me\b,  blab, 
grab,  ähnlich  entsprang  unser  albern  aus  ahvaere  (sp.  201); 
salbei  aus  salvia,  umgekehrt  balwier  aus  halbier,  barbier. 

Aber  auch  nach  vocalen  und  andern  consonaulen  wandeln 
sich  einzelne  W  in  B :  aus  mhd.  Tuwingen  (wol  =  Twingen, 
ein  Zwinger,  pomoerium)  ward  Tübingen;  aus  vidua,  ahd.  wi- 
tawa  wittib,  neben  witwe,  aus  aventiure  abenteuer.  awas  und 
abas,  awasel  und  abasel,  awersel  und  abersei  sind  sp.  1045. 
1046,  auswig  und  äsbig  s.  lOlS,  auwe  und  anbei  sp.  598.  1045 
beigebracht,  in  ihnen  musz  das  W  älter  sein  als  ß,  umge- 
kehrt gieng  unser  ingwer  hervor  aus  ingeber,  doch  zitwer  aus 
it.  zettovario. 

9)  fremde  Wörter  mit  unsicherem  P  und  B 

a)  P  in  ß  übertreten  zu  lassen,  war  ahd.  natüiUch,  da  auch 
deutsches  P  in  B  gemildert  zu  werden  pflegte;  mhd.  muste, 
seit  die  meisten  strengahd.  P  geschwunden  waren,  dies  noch 
mehr  zusagen,  man  schrieb  bäbes,  bähest  papa,  liatc  patrinus, 
bech  pix,  bermint  membrana  pergamena,  belle?  it.  pelliccia, 
bilgcrin  peregrinus,  bischof  episcopus,  bensei  penicillus,  bo- 
vel  peuple,  brüeven  prouver  u.  s.  ir.  als  nhd.  der  falsche 
grundsatz,  alles  fremde,  ohne  geßhl  ßr  die  gewohnheit  der 
eignen  laute,  unangetastet  bestehn  zu  lassen,  suchte  man  die 
P  herzustellen  und  setzte  pabst,  noch  lieber  papst,  pathc,  pech, 
pergament,  pelz,  pilgrim,  pinsel,  pöbel,  prüfen ;  einige  B  blie- 
ben, wie  in  bischof,  das  man  aber  zunächst  von  vescovo  oder 
evesque,  eveque  leiten  dürpe.  diese  Wörter  sind  darum  in  P 
aufzusuchen,  doch  soll  in  einzelnen  fällen,  wo  noch  im  16.  n  jh. 
media  überwog,  ihnen  im  B  ort  und  nachweis  gestattet  werden, 
z.  b.  balieren  neben  polieren,  oß  kann  auch  zweifelhaß  sein, 
ob  ein  wort  deutscli  geblieben  oder  aus  der  fremde  zurückge- 
führt ist,  z.  b.  bicken  oder  picken. 

b)  anlaulendes  fremdes  B  wandelte  man,  der  laulverschiebung 
nach,  ahd.  in  P,  und  so  ist  aus  bervUus  entsprungen  perala, 
was  noch  heute  in  perle  haßet,  obgleich  auch  die  Schreibung 
berle  galt,  wie  eine  jüngere,  auf  denselben  stamm  zurückge- 
hende benennung  brill  lautet,    au«  bursa  entsprang  im  15. 16;A 


1055 


BA  — BAAR 


BAAR 


1056 


bursch,  später  auch  pursch  geschrieben,  wie  für  birsen  bir- 
sclien  und  pirschen,  pürsclien  vorkommt. 

10)  Verdoppelung  des  B  erscheint  eigentlich  nur  in  ebbe  und 
wird  unter  diesem  wort  erklärt  werden,  in  babbeln,  zabbeln, 
schlabbern,  krabbe,  flal)be,  ribbe  hat  BB  kein  altes  recht,  und 
abbt  für  abt  schreibt  niemand  mehr. 

Schluszergebnis  noc/tl  — 10:  unserer  spräche  sind  heute  vie- 
rerlei B  eigen,  ein  anlautendes  organisches  in  busen,  blume; 
ein  inlautendes,  unorganisches  in  geben,  weben  für  F;  ein 
in  -  und  auslautendes  in  LB,  BB  für  W ;  endlich  in  fremden 
Wörtern. 

Sprichwörtlich  heiszt  es:  wer  a  gesagt  hat,  musz  auch  b 
sagen,  der  begann,  soll,  was  auch  erfolge,  fortfahren; 

Herr,  wer  a  sagt,  musz  auch  b 
sagen,  kurz,  ich  schlosz  die  eh. 

Werners  24  fefer.  s.  85.  ~ 

BA,  ein  ausruf  verdrossenen,  gleichgültigen,  abweisenden 
Staunens,  in  der  älteren  spräche  nicht  aufzuweisen  (vgl.  beu), 
dem  franz.  bah,  ah  bah!  nahe  kommend,  kaum  nachgeahmt: 

auch  selbst  der  alte  saget: 

0  tochier,  nicht  verzaget, 

ich  bin  nicht  ba  und  bu!    Voss  5, 189; 

un  gegen  kind,  gesind  un  fru. 

da  geil  jümmer  ba  un  bu!    idyne  7,  92. 

littauisch  bedeutet  ba  allerdings,  jawol. 

BÄ,    das   blocken  der  lämmer  und  schafe  ausdrückend. 

BAAR  [bar],  nudus,  inlectus,  synonym  mit  nackt  und  blosz, 
ahd.  par,  mhd.  bar,  nnl.  haar,  ags.  bar,  engl,  bare,  altn.  berr, 
schw.  dän.  bar.  die  heutige  Schreibung  baar  neben  barfusz, 
barhaupt  ist  wie  in  beer  und  Hermann,  bahn  und  Hanslein, 
doch  setzen  auch  viele  bar.  leider  geht  uns  die  goth.  form  ab, 
sie  würde  vielleicht  lauten  basis,  wozu  der  umlaut  des  altn.  berr 
stimmt,  oder  basus,  basvus,  nach  dem  mhd.  barwer  brüste  bei 
FiiAUENLOB  Ettm.  s.  6  und  irbarwen  für  irbaren  im  gedieht  von 
dem  gelouben  850.  1269.  1331.  2630.  denn  mit  unserm  bar  in 
offenbar,  lautbar  u.  s.  w.,  mhd.  baire,  ahd.  pari,  überhaupt 
mit  der  wurzel  beran  kann  das  baar  nichts  zu  schaffen  ha- 
ben, auf  S  weisen  auch  sl.  bos  nudus,  litt,  basas,  Ictt.  bass, 
selbst  die  lappische  spräche,  welche  P  für  B  setzt,  gewährt  puodsus 
nudus.  also  verhält  sich  das  R  in  baar,  wie  in  be«re,  goth. 
basi,  ja  zwischen  basi  und  jenem  basis,  basus  wäre  vertvandl- 
schaß  möglich,  wovon  mehr  unter  beere  gesagt  werden  soll, 
zwar  schränkt  der  heutige  sl.  und  litt.  Sprachgebrauch  bosy  und 
basas  ein  auf  barfusz,  nudipes,  und  bos  übersetzt  Jes.  20,  5 
urnntöSrjTos,  allein  früher  musz  es  allgemein  nudus  bedeutet 
haben,  sonst  sagte  man  nicht  russ.  na  bosu  nogu,  auf  bloszem 
fusz  und  hätte  nicht  gebildet  bosonogii,  böhm.  bosonohy ;  ent- 
scheidend wird  das  lappische,  nudus  überhaupt  ausdrückende 
wort. 

Baar  bedeutet  uns 

1)  leiblicitc  nacktheit  und  blösze.  Cädmon  läszt  Adam  U7id 
Eva  im  paradies  sagen:  vit  her  baru  standad,  unvered  va;do, 
wir  beide  stehn  hier  baar  und  unbekleidet ;  so  könnte  auch 

schön  wie  ein  baarer  engel.    Wielamd  22, 169 

zu  nehmen  sein  für  nacket,  doch  soll  es  nach  23,  321  aus- 
drücken manifcstus,  luculentus.  Gewöhnlich  wird  die  enlhül- 
lung  einzelner  theile  des  leibs  gemeint,  was  die  Zusammen- 
setzungen barhaupt,  barfusz,  barschenkel  näher  bezeichnen. 
der  paro  arm  ist  ahd.  brachtum  exsertum,  ein  aus  dem  ge- 
wand  hervorgestreckter,  entblöszter ;  gcirvörtur  berar  sind  altn. 
pupillae  nudae.  Laxd.  sagas.l'M;  mhd.  diu  barn  knie;  arme 
und  füejc  wären  bar.  Ben.  wb.  1,  140';  sie  wies  ihre  haaren 
ziihne,  bleckte  die  zahne; 

mit  iren  schenkluin  get  sie  bar, 

rcclit  als  sie  wasclien  soitc.    Uiilan'd  57; 

und  flolie  hinweg  mit  allem  hnr, 

da  sasz  der  rcutcr  kal  und  har.    Waldis  1,95; 

sie  raiift  im  aus  die  schwarzen  liar, 

hisz  im  der  kopT  ward  kal  und  hur.    3,83; 

ach,  dusz  doch,  wie  ich  wünsch,  mein  herz  euch  bahr  zu 

sehen  (wäre)'.         -  Wkckiikrlin  746; 

polschc  prerde  gehen  baar,  polsche  lente  gehn  beschlagen. 
LocAU  2,  0,  13, 

dte  Pferde  gehn  ohne  schuhe,  hufeisen.  Iioubelpari  war  ahd. 
ealvitium,  und  kah!  beriilirl  sich  oß  mit  baar. 

das  scheint  doch  wirklich  sonnenklar, 

ich  gell  mit  zugen  frei  und  har. 

mit  freien,  treuen  blicken ; 

der  hat  eine  maske  vorgcthan     Götue  3,  tCl. 


man  sagt,  das  baare  (wie  sonst  das  nackte)  leben: 
erböllg,  sollt  es  auch  ums  bare  leben  gehn, 
das  abentcuer  zu  bestehn.    VVieiand  18,99. 
(dem  selbst  nichts  übrig  blieb  als  dieses  nackte  leben.    23,  44). 

2)  baar,  auf  die  erde  bezogen,  kann  dem  zusammenhange 
nach  meinen  unbedeckt  von  wasser,  schnee,  gras,  blumen.  ahd. 
dar  diu  erda  bar  ist,  dar  ist  sie  oberura  demo  wajjere.  N. 
ps.  135,  6,  aus  dem  wasser  hervorgetreten,  winters  liegt  die  erde 
baar,  wenn  kein  schnee  auf  sie  gefallen  ist  {vgl.  harhos\).  mhd. 
nu  ist  diu  beide  worden  bar.  MS.  2,  50*.  die  bare  beide  bei 
Moser  p.  ph.  1,  246  meint  aber,  wie  das  nnl.  harre  hei,  den 
räum,  wo  das  äuge  nichts  als  beide  erblickt,  wie  nnl.  de  bare 
zee,  wo  man  nichts  als  wasser,  kein  land  sieht. 

3)  baar  von  schwert  und  Waffen  gesagt,  bedeutet  entblöszl: 
das  baare,  wie  sonst  das  blosze,  nackte  schwert,  das  aus  der 
scheide  gezogne: 

ir  swert  beten  sie  al  bar, 
diu  siu  an  henden  truogen.    £n.  6611; 
done  beten  sie  dchein  ander  pfant, 
niuwan  daj  iscn  also  bar.    /w.  7222; 

der  ritter  beleip  bar.  Krone  2874  ist  gleichviel  mit  beleip  blö;. 
2888.  2904,  ohne  rüstung. 

4)  das  baare  geld,  die  baare  münze,  pecunia  praesens,  nu- 
merata,  man  könnte  wieder  auslegen:  aus  dem' beulet  gezog- 
nes, aufgezähltes  geld,  offen  auf  dem  bret  liegendes;  auch  die 
blanken  tbaler,  wie  es  so7ist  heiszt,  sind  die  blankendcn,  blin- 
kenden, baar  geld  lacht;  baar  geld  kauft;  baar  geld  kauft 
wülfeil ;  baar  geld  ist  gute  waare;  baar  geld  ist  die  losung; 
wer  baar  geld  gibt,  hat  macht  zu  dingen;  baren  solt  geben. 
Keisersb.  hell,  lewe  66';  baare  bezahlung  steht  entgegen  dem 
borgen;  auch  blosz  baar  (ohne  geld):  100  thaler  in  baar; 

und  aufschlag  machen  in  all  wahr, 
auf  porg  vil  thewrer  wann  umb  par. 
n.  Sachs  1,333'; 

und  man  gab  das  geld  bar  über  denen,  die  da  erbeiten  (ciJcoxa»' 
rö  aoyvQiov  ib  eroiuaad'tv  enl  x^Xgas,  vulg.  dabant  in 
manuni).  2  kön.  12,  11;  der  gut  alt  etti  bett  sein  siben  pfen- 
ning  geholt,  die  waren  im  also  bar  (ausgezahlt)  worden.  Frey 
garteng.  cap.  iO;  etliche  werden  bahr  bezahlet.  Kirchhof  mil. 
disc.  213 ; 

wa  sie  dafür  gab  gut  par  gelt.    Weckherlin  810; 

kaum  so  viel  kahle  mark  baares  geldes,  dasz  man  darvon 
Schwefelhölzer  in  die  küche  kaufen  kan.  Grvphius  1,  820 ; 

da  hast  du  haare  fünfzig  thaler, 

nur  unterlasse  den  gesang.    Hagedorn  2,  68 ; 

verheiszung,  gegendienst,  vielleicht  was  baarers  noch. 
Ualler  113; 

die  tausend  thaler  musz  ich  baar  und  auf  einem  brete  (ha- 
ben). Gei.lert  3,  296 ;  geben  wir  denn  nicht  unser  baares  geld 
dafür?  G0the20,  145;  es  dauerte  sie  jeder  baare  pfennig,  den 
sie  aus  der  band  "geben  wollte.  22,  202.  etwas  für  baares 
geld  nehmen  heiszt  unbesonnen  und  ungeprüß  lügen  glauben, 
oder  scherz  für  ernst  halten :  ungereimte  meinungen  und  mär- 
cben,  die  für  baares  geld  angenommen  wurden.  Wieland  19, 
128 ;  man  glaubt  leicht  was  man  wünscht,  Nicolai  nahm  in 
seiner  Unbefangenheit  alles  für  baare  münze.  Fichte  Nicol. 
leben  s.  18.     s.  bargeld,  barscbaft. 

5)  baar  für  rein,  lauter,  ungefälschl:  baare  milch,  blosze 
milch,  nichts  als  milch;  er  soll  schwarz  brot  essen  und  das 
baare  wasser  dazu  trinken ;  sehen  sie,  das  ist  blanke,  baare 
erfahrung.  Bürger  179',  das  liegt  offen  vor  augcn,  ist  lauter. 
FisciiART  sagt:  dise  haben  gebeicht  und  gercwet  (bereut)  und 
ahlasz  bekommen,  darumb  werden  sie  also  par  (gereinigt)  ins 
paradis  falircn,  wie  die  siins  in  sack.  Garg.  207*.  in  den 
folgenden  stellen  ist  mehr  abslraction,  doch  lieste  sidi  überall 
baar  vertauschen  mil  offenbar  oder  lautcr'i 

und  was  er  andern  nicht  an  baarer  gunst  erweist. 

lUr.EDORN  1,  22; 
sie  halten  dies  vermutlich  für  baren  eigcnsinn? 
Wieland  5,  43; 

und  dazu  kommt  noch,  dasz  sie  mirs  für  baare  Verachtung 
aufnehmen,  wenn  ich  ihrer  nicht  gedenke.  Wieland  bei  Merck 
2,  140 ;  baare,  angeborne  cinfalt.  Gotter  3,  302 ;  das  ist  eine 
baare  thorbeit  zu  nennen.  Güthe  2,232;  das  ist  baare  hexe- 
rei.  11,293;  wenn  sie  nach  entfernten  und  immer  enlferntern 
Iropen  haschen,  so  wird  es  baarer  unsinn.  6,  105;  diesen 
baaren  unsinn  der  naciiwelt  zu  empfehlen.  69,  292;    das   ist 


1057 


BAAR  — BACH 


BACÜ 


1058 


doch  der  baarste  unsino ;  icb  scLämte  micb  nar  vorber,  gleich 
meine  reue  so  baar  und  offen  zu  zeigen.  Tieck  U,  6. 

6)  die  mhd.  spracht  verwendet  bar,  tcie  blo?,  häufig  für  le- 
dig und  frei,  mit  gen.  der  sache;  er  ist  wiser  sinne  bar;  si 
ist  alles  valsches  bar;  ej  tuot  sorgen  bar;  ougen  saffes  bar 
(Ben.  «c6. 1, 141');  der  da  wirt  guotes  bar.  jüngling  430.  nhd. 
erfolgt  die  fügung  seltner: 

und  aller  ehren  bar  war  ich  geblieben, 
batt  euer  mut  die  schniach  mir  nicht  vergaumt  (abgevehrt). 
Wieland  IS,  50; 

so  seis.    wer  von  ergebung  sprich!  an  Ostreich, 

soll  rechtlos  sein  und  aller  ehren  baar.    Scuillkk  530*; 

da  kommt  der  immer  meine  freude  war, 

der  jetzt  mich  machet  aller  Freuden  baar.    TtECK  2,  142; 

so  waren  wir  alles  französischen  wesens  auf  einmal  baar  und 
ledig.  GöTHE  26,  71.  statt  des  gen.  mit  der  praep.  an : 

wehr-lehr-nnhrstnnd,  jeder  stand  hat  sein  eigen  ehr  in  sieb, 

nim  w.  I.  und  n.  weg,  lehrt  der  name  solches  dich: 

nur  der  herstand,  der  bisher  andrer  stände  henker  war, 

hat  bei  ständen  keinen  stand,  ist  an  ehr  und  naraen  baar. 
LoGAü  2,  S,  21. 

'•)  wie  das  baare  geld  ein  bereites  ist,  setzt  Keisersberg  bar 
haben  /»r  bereit  halten,  in  promptu  habere:  het  ich  auch  also 
bar  die  geschrift  wider  ietlichs  lasters  anfechtuog,  ich  bin 
aber  nit  gelert;  ein  unTemünfiige  antwurt,  die  liasta  bar. 
post.  2,  83. 

BAAR  in  Zusammensetzungen  s.  bar. 

BAARE,  f.  nuditas,  Calvities,  nach  Adelcng  heiszt  so  tn 
oberdeutschen  mundarlen  ein  nur  mit  gesträuch  bewachsner,  an 
hochstämmigen  bäumen  bloszer  ort  im  walde,  dann  auch  der 
barfrost:  die  haare  verbrennt  die  saat,  bei  frost  ohne  schnee 
erfriert  die  saat.  ob  mit  der  ersten  bedeutung  das  ahd.  para, 
gaa  (z.  6.  in  Albwines  bara,  Bertoldes  bara),  dies  mit  dem  ahd. 
paro  gen.  parawes,  wald,  ags.  bearo  bearves  zu  verbinden  sei, 
müssen  weitere  Untersuchungen  sichern,  auch  das  lat.  lucus 
var  eine  gelichtete,  heilige  waldstelle,  paro  könnte  dem  worl- 
sinne  nac/i  den  baumenlblüszten,  zum  gottesdienst  bestimmten 
«aldraum  bezeichnen,  n  in  bearves,  parawes  gliche  der  vor- 
hin angeführten  form  erbarwen  ßr  erbaren. 

BAARE,  feretrum.    s.  bahre. 

BÄB.4,  et»»  wort,  womit  die  magd  dem  kinde  wehrt,  unrei- 
nes, verbolnes  anzurühren:  das  ist  bäbä!  pfui  bäbä!  (rp/.  pfui 
äks),    litt,  babä,  nicht  mehr  da,  jau  baba,  ist  schon  weg. 

BABBELN,  BABBERN,  s.  bappein,  bappern. 

BABE,  f.  telula,  anus.  sl.  baba,  litt,  boba  atitu,  avia. 
diesen  sinn  darf  man  wol  dem  ahd.  frauennamen  Baba,  wie 
detn  mannsnamen  Babo  den  ton  avus  zutrauen,  mhd.  ist  bÄbe 
retula.  Reinh.  20.  troj.  kr.  14492;  aide  bäbe.  pass.  395,  86, 
mehrmals  in  der  Martina  (Ben.  1,  T5'J.  Oberli:«  aus  einer 
Straszburger  hs.:  welcher  keibe  solle  eime  alten  man  und 
einre  alten  hoben  danken,  dasz  sie  kusche  sint?  si  enmü- 
gent  doch  nit  mcre.  bairisch  noch  heule  die  haben,  die 
wabm,  altes  weib.  Sch«.  1, 141.  nach  Nemxich  führt  ein  kraut, 
die  osmunda  lunaria,  beim  volk  den  namen :  traut  Babichen 
sieh  mich  an,  was  doch  lieber  Bärbchen  bedeutet  (Tobler  31'). 
Kon  alters  her  heiszt  in  denselben  landstrichen  auch  ein  ge- 
bdck  oder  kuchen  habe,  vielleicht  nach  der  gestalt,  die  vian 
ihm  gab,  oder  weil  ihn  alte  weiber  zu  essen  pflegten,  ein  lopf- 
kuchen,  scherbenkuchen,  napfktichen,  aschkuchen  {s.  asch,  napf) 
in  Schlesien  werden  geriebene  haben  verkauß,  kugelhopfen; 

ei  dam  hirael  is  a  laba, 

nischt  2u  frassa  als  kucha  und  baba. 

HoFFiANNS  schles.  rotksl.  ».314; 

die  bairische  bäben  ist  aus  semmelschnitten,  milch  und  eiern 
gebacken,  in  Meiszen  sagt  man  bäbe,  aschkuchen.  alles  deu- 
tet auf  slatisdten  namen  und  gebrauch,  über  das  poln.  und 
böhm.  baekwerk  baba  tgl.  Linde  1,  3S'.  Jlngm.  l,  56'. 

BACH,  m.  f.  rivus,  torrens,  ton  der  würzet  backen  {ßr 
baclien),  coquere,  wie  torrens  ron  torrere,  brunne  von  brin- 
nen,  sot  ron  sieden,  weile  ron  wallen,  bullire,  scatere,  das 
warme  entspringen,  quellen,  rinnen  aus  der  erde  bezeichnend, 
der  terwandtschaß  zwischen  bach  undTiTjy^  wurde  schon  sp.  1051 
gedacht,  und  »j  entspricht  dem  ablaut  6,  uo,  wie  in  ^f/yös, 
fir^rr^o  u.  a.  m.  man  darf  beide,  Ttriyrj  und  bach,  auch  die 
kühlen  deuten. 

Zu  erw'tgen  ßr  bach  riria  bleibt 

1)  das  wechselnde  geniis.  bei  Ulfilas,  der xdua^ooi  rinnü 
verdeutscht,  mangelt  das  worl,  ahd.  pah  pl.  peclil,  mhd.  bach 
f'l.  beclie,  nhd.  bach  pl.  buche,  alln.  beckr,  schw.  bück,  ddn. 
bäk,  agt.  becc^  engl,  beck  sind  alle  männlich,     doch  «eiblich 


vielleicht  sdion  alls.  beki,  biki,  bei  Gerhard  ton  Minden  2, 1. 
3,  32  beke,  in  SchCbens  teutonista  beeke,  in  der  lex  Friso- 
num  Laubachi,  woßr  aber  fluvius  Loveke  bei  Pertz  2,  3S0; 
nnl.  beek,  was  selten  vorkommt,  aus  LoÜiringen,  dem  Miltel- 
rhän,  der  Wetterau,  Hessen,  Thüringen  zieht  sich  ein  weibli- 
ches bach  615  nadi  ScJdesien.  so  schon  im  pass.  K.  3,  67. 
172,  97,  in  der  lirl.  chronik,  in  Elisabeth  {Diut.  1,  421)  und 
in  Urkunden.  Schwaben,  die  Schweiz,  Baiem  und  die  edle 
schrißspraciie,  auch  Lcther,  halten  das  m.  fest,  bei  Dastpodics 
und  PicTORics  m.  Aber  Keisersberg  scliwaiikt,  in  den  Sünden 
des  munds  heiszt  es  hintereinander  44*:  und  das  waltwasser 
der  bach,  die  da  schnell  lauft,  ist  gech  für  inen,  darin  sie 
kommen  werden  alle,  die  enteren  vatter  und  mutier,  das  ist 
der  gech  bach  ewiger  verdamnis ;  47* :  da  sie  einest  stund 
ober  dem  bach  weschen ;  und  brOsamlin  37*  der  erst  bach, 
3S*  der  ander  bach;  unsiclier  omeisz  44'  stot  in  ein  bach; 
doch  sind  bekanntlich  seine  predigten  von  verschiednen  aufge- 
schrieben worden,  die  krumme  bach .  weisth.  2,  20S.  das  sie 
on  schaden  über  die  bach  kommen  waren.  Aimon  (Simmern 
1535)  f  5';  was  über  die  bach  geritten.  f5';  hat  sich  bei  einer 
groszen  bach  gelagert,  f  6";  wie  er  nahent  bei  der  bach  was. 
Fierabr.  {Simmern  1533)  g2.  nicht  anders  im  übersetzten  Pe- 
trarch,  bald:  wer  könde  einen  brunnen  nicht  lieb  haben,  die 
weil  er  solchen  lust  nur  aus  dem  bach,  der  daraus  fleuszt, 
hat?  3S*;  bald  tber:  zerschmolzen  und  zusammen,  gleich  als 
von  einer  bach,  gelaufen.  39*.  durch  eine  bach  hin  nach  der 
müien  eilends  fuhr.  Privates  verdeutsdiung  des  Remigius  s.  2S1. 
In  der  Wetterau  gilt  das  wort  auch  heute  nur  weiblich,  und 
Aldercs  sagt:  wasser  aus  der  bach  in  die  wis  leiten; 

da  schwam  er  durch  die  Erlenbach.    Alberijs  19; 

das  stück  fleisch  Gel  im  aus  dem  maul 

und  fuhr  die  bach  hinab  behend,    ebenda; 

und  plurobten  in  die  bach  behend.    66; 

die  magd  wusch  tücher  bei  der  bach.    147 ; 

die  katz  durch  die  bach  ziehen.  Lehmann  12S;  jenseit  der 
bach  findet  man  auch  leut.  Agbicola  (bürtig  aus  Eisleben) 
spr.  16*.  Blrk.  Waldis  {ein  Hesse),  der  sonst  immer  bach 
männlich  setzt  (1,  2.  4.  69.  96. 100.  2,  77.  83),  Idszt  sie/»  doch 
noch  von  einem  f.  beschleichen : 

er  pDügt  den  sand  und  mist  die  bach.    4,  95 
Sclilesische  beispiele  sind  die  häufigsten :    hinter   dem    haus 
weg  über  die  bach  baun.  Schweinichen  3,  222 ; 

worzu  dienet  das  studieren 
als  zu  lauter  ungeinach  1 
unterdessen  lauft  die  bacb 
unsers  lebens,  das  wir  führen, 
ehe  wir  es  inne  werden, 
auf  ihr  letztes  ende  hin.    Opitz; 

als  eine  schnelle  bach, 
die  alles  was  sie  rtibrt,  zeucht  bioter  sich  bemach.    1,  11; 

man  soll,  dasz  uns  der  wein 
nicht  schaden  bringen  mag,  ihm  selber  schädlich  sein, 
und  bach  darunter  thun.    1,59; 
an  dieser  stillen  bach,  da  kein  Sllvanus  springet, 
da  keine  aachiigall  sich  in  die  lufl  erschwinget. 

Fleiinc  2; 
so,  freund,  so  geht  es  auch  iizt  meiner  Ilippocrenen, 
der  obzwar  kleinen  bach.  doch  lauteren  und  schöoeo, 
die  vor  so  belle  flosz.    63; 
ihr  gratien  geht  vor,  komm  Sais,  lust  der  sitien, 
und  N'ais,  schmuck  der  bach.    564; 

dazwischen  auch:  sein  trinken  führt  der  bach.  73. 

(er  lauft)  wie  eine  strenge  bacb,  wenn  sich  die  sirömm 

ergieszen 
und  bäuser,  b:iura  und  vieli  binführon  in  die  see. 

GsTPillCS  I,  11 ; 

und  jagt  so  hurtig  nach, 
als  der  geschwinde  falk  den  tauben  an  der  bach.     1,55; 
und  wandt  sich  nach  der  schwarzen  bach, 
die  Kidrons  thal  durchflössen.    2.  2()3; 
der  wol  beredte  mund,  der  gleich  der  stolzen  bach 
sich  unverzagt  ergosi.     2,309; 
der  Zorn  ist  eine  volle  bach, 
ist  aber  trocken  von  gemach.    Logad  2,  3.  67  ; 
wer  stai  des  Bacchu«  ihm  läszt  lieben  eine  bach, 
bleibt  immer  bei  sich  selbst  und  leschi  viel  ungeoiach. 

2.  4.  93; 

du  schreibst  von  gliil  und  flammen, 
indem  die  Irauerbacb  beschwemmet  meine  bni<(. 

lloFiANNswALOtc  lieldeibr.  So 

aus  dieser  uncrschöpflen  b.-ich.    i>(;ntherMI; 
an  der  schattenreichen  bacb.    2S7  ; 
um  tinsre  rausenbach.    tXK>: 

67 


1059 


BACH 


BACH— BACHBAMBELE 


1060 


daneben:  sage  du  verschwiegner  bacli.  302;  ein  tiefer  silber- 
bach.  1067.  selbst  Haller  ahmt  Opitzen  das  der  Schweiz 
fremde  f.  nach : 

dort  wirft  ein  glänzend  blat,  in  fniErer  auspekerbel, 

auf  eine  helle  bach  den  grünen  wiederschein,    s.  40  (48). 

JoH.  GuTSLAF  liesz  zu  Dorpl  1644  ein  buch  von  der  heiligge- 
nanten buche  Wühhanda  ausgehen. 

2)  in  den  aus  Opitz  und  Logaü  gehobenen  stellen  vom  mi- 
schen der  bach  unier  wein,  vom  triniien  der  bach  statt  wein 
hat  bach  die  bedeutung  von  wasser,  wie  wir  sie  auch  den  Wör- 
tern brunne  und  quelle  beilegen,  des  bachs  trinken  1  kön. 
17,  6  meint  den  bach  Crilh.  meistentheils  aber  drückt  bach 
das  aus  der  quelle  flieszende  wasser,  den  flusz  und  ström  aus : 
der  helle,  klare,  tiefe,  rauschende,  plätschernde,  rieselnde, 
murmelnde,  zumal  häufig  der  klingende,  klingelnde  bach,  wie 
torrens  ahd.  chlinco,  mhd.  klinge  hiesz  und  die  Ortsnamen 
Klingenbach,  Klingell)ach  überall  vorkommen,  ebenso  der  gie- 
szende  bacli,  ahd.  kiojo,  giojo,  Gieszen  =  ze  den  giejen,  ad 
rivulos;   der  diejente,  tosende  bach,  ags.  J)eote. 

wiegt  ihn  in  Schlummer  der  murmelnde  bach. 
Schiller  497'; 

der  bach  rauscht  hurlachei.    Wolkenstkinbr  «.  33, 

und  hurlachei  ist  lärm,  gelöse.  s.  65.  78.  aber  nicht  blosz 
der  kühle,  kalte,  frische  bach,  sondern  auch  der  heisze  und 
warme,  wenn  thränenbäche  oder  blulesbäche  stürzen: 

hiu  üj  herten  ringen  den  bluotigen  bach.    JVi6.  2221,2; 

si  holten  ü;  den  helmen  den  heij  Hievenden  bach.    2225,4; 
daz  im  ein  röter  bach 

flöj  üj  sinen  ringen  von  llartmuoies  banden.    Guar.  1224,  2, 

in  welchen  stellen  bach  wiederum  mehr  dem  wasser  selbst,  als 
dem  flieszen  gleichsteht; 

in  manchem  bach  von  blut,  aus  des  feinds  leib  vergossen. 
Wecsherlin  626; 
sie  trauten,  von  empfindung  warm, 
sich  ihres  lierzens  tiefste  schwäche 
und  mischten  ihrer  thränen  bnche.    Gotteh  1,222; 
der  bach  der  thränen.    Göeingk  2, 158; 

das  herz  des  liebenden  als  geschiebe  von  thränenbäcben  fort- 
gerollt und  abgerundet.  Göthe  6,  107. 

3)  Otts  der  quelle  springt  rferbach,  zusammenrinnende  bäche 
bilden  einen  flusz,  zusammenrinnende  flüsse  einen  ström:  wer 
dem  bächlein  nachgeht,  kommt  zum  brunnen ;  viel  bächlein 
machen  auch  einen  ström,  doch  wird  dem  bach  schon  hef- 
tigkeit  und  macht  beigelegt:  es  bricht  ein  solcher  bach  crfür, 
das  die  drumb  wonen,  den  weg  daselbs  verlieren,  und  feilt 
nider  und  scheuszt  dahin  von  den  leuten.  Hiob  28,  4;  und 
liesz  beche  aus  den  felsen  flieszen,  das  sie  hinab  flössen, 
wie  wasserslröme.  ps.  78, 16 ;  aber  bald  wirt  der  brunn  grosz 
und  macht  ein  strengen  bach.  Frank  weltb.  166*.  selbst  flüsse 
und  ströme  heiszen  bach: 

gefangen  ausz  dem  Thonaw  pach.    Schmelzl  lobspr.  92. 

Hierher  gehört  die  formet,  mit  der  man  die  gegenüber  liegende 
seile  eines  flusses  bezeichnete,  wie  es  ahd.  hiesz  ennont  Ei- 
nes, cnnont  Tuonowo  (Graff  1,  600) ;  mhd^  ennent  Rines  und 
ennent  baches: 

eins  splls  sie  da  begunden, 

also  man  jensit  Rines  tuot.    GA.  2,  301 ; 

so  man  noch  spulget  hinnen  und  ennen.    Diut.  3,  55; 

mit  speln,  sam  enents  baches  tuot.    MS.  2,  193'; 

ich  bite  din  anderhalp  des  bach.    ülr.  Trist.  1399; 

enhulm  des  pachs  und  hie  dishalm  wasser.  MB.  27, 175  (a.  1362) ; 
der  hirt  sol  faren  mit  dem  vihe  uf  die  alt  Dorkeimer  bach 
in  dem  biesemonat,  und  sol  stan  gesset  der  bach  naher  Dor- 
keim  mit  sinem  stabe.  weisth.  1,  785  {vor  1530) ;  lagert  sich  gen 
Buphon  jenscit  des  baches  {mehrere  ausgaben  lesen  hier  jen- 
seil der  bach).  1  Macc.  5,  37  ; 

als  man  dan  jenset  Reines  thut     fasln,  tp.  1170: 

hie  und  auch  da  jenseit  des  bachs.    11.  Sachs  II.  2,  96'; 

der  man  noch  viel  llndt  Jenseits  bachs 

und  auch  hcrjosseits  spricht  Hans  Sachs.    II.  4,  88'; 

der  gesi  findt  man  viel  jenseits  bachs 

und  auch  herjesseit  spricht  lian.i  Sachs.    II.  4,  07'; 

so  bleibst  ins  aller  von  deiner  jiif;eiiil 

sambi  deinen  brüdern  jenseits  bachs 

s.'ini  Grobianus,  so  spricht  Hans  Sachs.    IV.  3,00'; 

er  kan  dir  doch  nit  gehen  mtit, 

wie  man  jeuseit  des  wasscrs  ibui.    U.  Waldis  4,  70. 


noch  heute  An  Baiern  enten  bach  und  herenten ;  enten  bach 
san  a  leut  (Scux.  1,  C9),  bei  Agricola,  jenseit  der  bach  findet 
man  auch  leut ;  nhd.  überm  bach  wohnen  auch  leute.  Sm- 
rock  677. 

4)  ein  sclilag  in  den  bach  bedeutet,  was  sonst  auch  ein 
schlag  mit  der  rulhe  ins  wasser  {weisth.  3,  311),  vergebene  ar- 
beit, die  gleich  zerrin7it: 

ist  als  ein  slac  in  einen  bach.    MS.  1,  155'; 

ej  ist  in  einen  bach  ein  slac.    Winsbeke  Zo,  10; 

daj  ist  als  in  die  bach  ein  slag.    Haupt  2, 131; 

wie  man  auch  spricht  zu  aller  frist, 

wenn  jemands  (müh)  vergeblich  ist, 

es  ist  nichts  denn  ein  wasserschlagen.    Etering  1,  19  ; 

so  viel  als  ein  streich  in  das  wasser.  Abele  jericA/sA.  2,  400 ; 
vgl.  Meon  4, 137  ni  pert  que  cops  en  eve. 

5)  unklar  oder  mehrdeutig  ist  die  redensart  in  bach  treten 
oder  gehn: 

si  ist  weder  die  erst  noch  die  letzt, 
die  mit  dem  fusz  in  bach  ist  tretien. 
fasln,  sp.  878,  4, 

von  einer  dirne,  die  zu  fall  gekommen  war.    aber, 

er  geet  mit  eim  fusz  im  bach. 

JoH.  vo.N  MoRSHEiMs  Spiegel  des  regtments.B.  3 

meint  etwas  anderes,  und  in  gutem  sinn  musz  es  stehn,  wenn 
Frank  in  den  spr.  2,  20l'  sagt :  und  gehört  vil  zu  einer  from- 
men frawen,  nemlich,  dasz  sie  nit  allein  mit  dem  einen  fusz 
im  bach  geh,  sondern  ein  lind  herz  habe.  Fischart  nennt 
wn/er  den  spie/en  n' 142  eins ;  was  geht  auf  dem  köpf  in  bach? 
unverständlich  heiszt  es  im  unwürdigen  doctor  s.  637  bei  einer 
prügelei:  die  stadtknechte  Sprüngen  hinaus  und  schlugen  mit 
denen  springstecken  auf  sie  los,  traten  in  bach,  hieben  und 
schlugen,  dasz  es  eine  lust  war.  und  bald  darauf:  gieng 
mit  dem  bratspisz  auf  ihn  los,  stöszt  ihn  wider  die  stirne, 
dasz  er  rücklings  in  bach  fiele,  wann  der  spisz  scharf  gewe- 
sen wäre,  hätte  er  sein  letztes  bekommen,  nach  dem  stosz 
merket  er  den  fehler,  hub  ihn  aus  dem  bach  auf,  führte  ihn 
ins  hochzeithaus  und  bat  ihn  um  Verzeihung,  von  einem  flie- 
szenden  bach  ist  gar  keine  rede,  vielleicht  aber  die  gösse  oder 
rinne  auf  der  strasze  gemeint. 

BACHAMSEL,  f  sturnus  cinclus,  wasseramsel.  an  einigen 
orten  die  bachstehe. 

BACHANT,  m.  im  15.  16  jh.  ein  angehender  student,  der 
zwischen  den  untersten  Schülern  oder  schützen  und  den  eigent- 
lichen Studenten  in  der  mitte  steht,  ein  ungeschliffener,  roher 
Jüngling,  der  name  kommt  von  bacchari,  in  der  bedeutung 
vagari,  durchs  land  laufen  und  betteln,  ist  also  gleichviel  mit 
vagant  und  fahrendem  schüler:  zogen  also  unser  mit  einandren 
8  oder  9,  dri  klein  schützen,  die  andren  grosz  bachanten, 
wie  man  sie  do  nampt,  unter  welchen  ich  der  allerkleinst 
schütz  was  und  jungst.  Tno.  Plater  10;  da  kam  der  Schul- 
meister mit  der  ganzen  process  seiner  schützen  und  bachan- 
ten. 20;  es  sind  uf  einmal  in  der  stat,  wie  man  sagt,  etlich 
tuscnd  bachanten  und  schützen  gsin,  die  sich  all  des  almu- 
sens  ernartcn.  ich  han  niincn  bachanten  oft  eins  abenz  5 
oder  6  trachten  heim  uf  die  schul  tragen.  21;  die  schuler 
und  bachanten,  jo  ouch  zu  ziten  der  gmein  man,  sind  so 
voll  lüsen,  das  nit  gloubar  ist.  22;  so  habt  ihr  es  mit  ewe- 
ren  groben  eselen  und  bachanten  also  gedeutet.  Luther  5,  88'; 
kein  bachant  noch  esel  ist  so  grob,  wenn  er  nur  thar  was 
newes  aufluingcn,  so  leuft  jederman  zu  und  gleubets.  5,368'; 
hörstus  da,  grober  bacchanl.  KioEnvswider  Jörg  Witzeln  B  6*; 
sihe  da,  grober  bacchant,  aus  deinen  liüchern  kan  man  mer- 
ken, das  du  auch  den  Alexandrum  nit  recht  studiert  Dl*; 
darumb  schreibt  er  auch  in  seinen  bacchantenbüchern.  E6*; 
es  brummen  uns  die  münch  in  den  groszen  cappen,  schreien 
wie  die  esel,  die  bestellten  bachanten  wissen  nit  was  es  ist 
AvENTiN  306;  Conrad  der  pachant  kombt  mit  dem  sack  und 
Schreibzeug.  H.Sachs  IV.  3,  3";  ach  wir  arme  bachanten,  wir 
bilden  uns  oftmals  ein,  wir  sein  grosze,  pcrfectc  Christen. 
Scnuppius  650;  lesen  bei  dem  alten  bacchanten  tröster.  827; 
schmorotzer,  blacken  und  bacchanten.    VVsckberlin  533. 

BACHAI'KEL,  m.  ein  apfel  weinartigen  geschmacks. 

BACHAHM,  pgenus  rivomm:  so  muste  man  eine  reichliche 
Schüssel  besonders  groszcr  krebse  in  einer  so  bach-  und 
wasserarmen  pegend  höchst  merkwürdig  finden.  Güthe  31,  226. 

BACHBAMBELE,  /".  cyprinus  phoxinus,  die  elrilzc.  $.  bam- 
belc. 


1061 


BACHBINSE  — BACHE 


BÄCHELN  — BACHNASZ 


1062 


BACHBINSE,  f.  juneus  conglomeratus.  &et  Maaler  bachbinz 
scirpus,  bächbinzLe  scirpulus. 

BACHBIR.NE.  f.  eine  birnenart. 

BACHBLLME,  f.  ealtha  palustris,  sumpfhlume,  doUerblume, 
butterblume. 

BACHBUNGE,  f.  reronica  beeeabunga,  «asserbunge,  tcasser- 
heil,  entstellt  in  bachbohne;  nd.  beckebunge ;  nn/.  beckpunge; 
scbtc.  bäckabunga ;  it.  beccabungia,  sp.  becabunga.  der  deutsche 
name  drang  in  die  romansprachen  vor.  Hobberg  1,  565'  hat 
bachbuDge  aiiagallis  aquatica,  Fbischlin  nontencl.  80  bachpun- 
gen  cepaea,  ebenso  Hexisch  559.     s.  bunge. 

BACHE,  ffl.  pema,  mlat.  baco,  franz.  engl,  bacon,  ahd. 
pacho  (Gbaff  3,  29),  mhd.  bache  (Ben.  1,  TG),  mnl.  hake,  liesze 
sich  unmittelbar  herleiten  von  dem  uns  längst  veralteten  uorte 
bacb,  ahd.  pah,  dorsum,  tergum,  das  im  ags.  bäc,  engl,  back, 
altn.  schw.  bak,  dän.  bag  fortlebt,  und  dem  gr.  Tiaxi'S  dick, 
feist,  fleischig  nahe  steht,  wahrscheinlich  hiesz  auch  skr. 
pastscba  (palca)  tergum.  da  sich  am  rücken  des  schtceins 
feiste  und  speck  häufen,  nannte  man  erst  das  rücken-  und 
Seitenstück  {die  Speckseite),  dann  das  geschlachtete,  aufgehängte, 
zuletzt  auch  das  lebendige  mastschwein  bache. 

gestabat  pone  baconem  nisticus.    Reinardus  1, 1S3; 

bacone  comesto.    1,  3S3; 
qu''il  est  venuz  au  hardeillon, 
oii  il  Tjt  pendre  le  bacon.    ifeon  4,  240; 
Reinhart  ein  gebüren  sacb, 
der  truoc  ein  gröjen  bachen.    Reinh.  451 ; 
die  wisse,  daer  die  bake  an  binc.    Reinaert  224 ; 
die  selve  pape  badde  enen  spiker, 
daer  menich  vet  bake  in  lacb.    1516; 

sie  werfenl  ain  wurst  an  aioen  bachen  (suchen  durch  geringe 
gäbe  reichere  gegengabe  zu  gewinnen,  heute:  die  wurst  nach 
der  Speckseite  werfen).  Keisersb.  sieben  scheiden  5;  er  wirft 
ein  wurst  an  ein  bachen,  uf  das  im  ein  halbe  saw  darfür 
werde.  Sünden  des  munds  BS' ;  und  also  ist  es  unfri  und  eigen- 
nützig und  die  wurst  an  bachen  geworfen.  Zwi.ngli  1,  273 ;  ein 
wurst  an  oder  nach  dem  backen  werfen.  Fra5k  s;)nc/ur.  2,  69' ; 

mein  gfatier  het  eim  gstolen  ein  pacben.    H.  Sachs  I,  470*; 

wie  im  teutscben  bof  hang  ein  bachen.    1,473'; 

wer  den  bachen  wil  trage«  naus, 

der  musz  sein  herr  in  seinem  haus.    1,473'; 

und  Stelen  im  sein  Schweinen  baclien.    III.  3,56'; 

knol,  hast  du  den  bachen  erschnappet?    III.  3,  57*; 

so  wil  ich  dir  ein  bachen  schenken, 

den  besten  der  im  haus  thut  henken.    IV.  3, 12'; 

und  stachen  dann  denselben  bachen.    B.  Walois  4,  90; 

ein  feister  bachen  ungestochen, 

reife  äpfel  ungebrochen.    4,  93  ; 

ficng  an  zu  reden  und  zu  lachen, 

sprach,  hie  oben  secht  ir  ein  pachen 

under  dem  roten  thurm  bangen.    Schiklzl  Io(«pr.  74; 

niinh  fünf  pfund  speck  von  einem  bachen,  der  gehangen  ist 
an  dem  luft  und  nicht  im  rauch.  Selter  rosarzn.  89.  Aus 
dem  beisatz  Schweinen  bache  Idszt  sich  folgern,  dasz  man 
auch  von  andern  thieren  bachen  ausschnitt  und  bei  Helbl.  3, 
232  erscheint  geijbache,  Hazl.  2,  72  geijin  bache,  veisth.  1, 105 
bache  ron  fischen,  in  den  stellen  bei  Waldis  ist  bache  deut- 
lich das  noch  lebende  schwein,  was  erst  gestochen  werden  soll. 
Heute  sagen  wir  schinke,  nicht  mehr  bache.  bairisch  noch: 
en  bachen  und  bamen  von  der  sau.  Schhelleb  1,  143.  nach 
SciiMiDS  Schwab,  wb.  34  ist  bachele  ein  dickköpfiges  fettes  kind 
(speckhals),  in  Wagmers  Justitia  s.  24  'a  bachele' schelle  und 
kann  speckschwein  bedeuten,     s.  bache  f 

BACHE,  f  sus  fera,  apra,  weidmännisch,  Weibchen  des  ebers, 
scheint  ganz  das  vorige  wort,  in  der  Jägersprache  für  die  wil- 
den Schweine  haßend.  eine  scropha  Becca  tritt  Reinardus  4, 
669.  684.  694.  808  auf,  sollte  das  nnl.  big,  bigge  f  por- 
rellus  und  engl,  big  gleichfalls  anzuschlieszen  sein?  Seltsam 
setzt  das  weidwerksbuch  ßr  das  weibliche  wilde  schwein  'der 
bach',  1.  b.  der  kcilcr  (aper)  den  bacli  (apram)  liebt  sehr. 
1,  57*;  der  bach  tregt  järlich  nur  einmal.  1,  60'.'  und  so 
könnte  auch  gemeint  sein : 

weil  wir  etliche  seu  gefangen, 

wie  wol  der  bach  ist  uns  entgangen.   Atrek326'; 

weil  wir  dem  bachen  nachgereni.    327", 
obschon  dies  auf  den  eher  zu  gehn  seheint;  alle  übrigen  jagd- 
bücher  sagen  die  bache,  die  bache. 

Ober  wilde  scbweine  . .  .  lebt  nicht  diese  b«cbe  faslf 
Brogkbs  6.  226  • 


wälzt  sich  icfanaubend  die  bache  mit  ihren  jungen. 
Zachariä  2,  35; 

eine  bache  unter  ihren  friscblingen.  Fb.  Miller  I,  133;  als 
ich  mitten  im  tiefsten  walde  einen  wilden  frischling  und  eine 
bache  dicht  hinter  einander  hertraben  sah.  Münchh.  reisen  s.  26. 

B.\CHELN,  fovere.  s.  bähen  und  ausbächeln.  Scbmeller  1, 
145  hat  aufbacheln,  ein  schwaches  kind  aufbringen,    s.  bächem. 

BÄCHELN,  rivare,  rivulum  efficere :  eine  quelle,  die  thalein 
mit  schlankem  gang  bächelt.  Birken,  ehrei\mäi  auf  Pipenburg. 
Schmeller  1, 143  hat  bächeln  pissen,  Ostr.  bacherin.  Höfer  1,  52. 

BACHEN,  pinsele,  s.  backen. 

BACHENDIEB,  m.  für  pemae.  H.  Sachs  IV.  3,  93*. 

BACHE.NSPECK,  m.  lardum  pemae:  bachcnspeck  mit  fer- 
kenschwenzlin  herabwerfen.  Garg.  81'.  dem  sinne  nach,  mit 
der  wurst  nach  dem  Schinken  werfen. 

BACHER,  fn.  weidmännisch,  das  männliche  wildscliwein,  sonst 
auch  keuler  genannt,    s.  bache  und  backer 

BACHERN,  was  bächeln.  lesenswerthe  belege  bei  OBERLi.f  84. 
gangbarer  im  nnl.  bakeren  forere. 

BACHFAHRT,  f  ein  holer,  von  sehnee  und  regen  ausge- 
waschner  weg,  eine  Schlucht. 

BACHFISCH,  ni.  piscis  riro  degens. 

BACHFORELLE,  f  fortlle  in  waldbächen. 

BACHGE.MUR.MEL,  n.  strepitus  rivi.  Göri.ngr  3,  39. 

BACHGETRÄiNKT,  rivo  madefaclus:  des  Wäldchens  bach- 
getränkte frische  Wildnis.  Platex  19. 

BACHGR.\SLEDER,  n.  confena  ricularis, 

BACHGRC.NDEL,   f.  was   bachkreszling   und  bachschroerle. 

BACHHOLDER,  m.  vibumum  opulus,  wasserholder,  hirseh- 
holder. 

BACHHüND,  m.  bachhündlein  n.,  ein  daclishUnd  zur  otter- 
und  biberjagd. 

BACHKATZE,  f.  in  der  gaunersprache  ein  stein  oder  kiesel. 

BACHRÖNIG,  m.  motacilla  trochilus. 

B.\CHKREBS,  m.  Cancer  astacus. 

BACHKRESSE,  f.  was  brunnkresse. 

BACHKRESZLING,  m.  die  gründel,  gobius. 

BACHLEIN,  n.  ein  weiblicher  frisckling,  junge  bache. 

BÄCHLEIN,  n.  rivulus,  ahd.  bachili,  mhd.  bechelin:  wer 
einem  bechlin  nachgat,  der  kompt  zß  dem  brunnen.  Keisersb 
brOsamlin  37' ;  es  flieszen  von  mir  vil  bächlein  in  die  gärten. 
Sir.  24,  41;  da  werden  meine  bächlein  zu  groszen  strömen 
und  meine  ströme  werden  grosze  see.  24,  44;  wachset  wie 
die  rasen  an  die  bächlin  gcpflanzel.  40,  17; 

wo  willst  du  klares  bächlein  bin 

so  munter? 

du  eilst  mit  frohem  leichtem  sinn 

hinunter.  Göthk  1,207; 

ein  bächlein  aber  rauschte  durchs  feld. 

ScBiLLBK  69; 
dicht  von  felsen  eingeschlossen, 
wo  die  stillen  bächlein  gehn, 
wo  die  dunkeln  weiden  sprossen, 
wünsch  ich  bald  mein  grab  zu  sehn. 

TiECK  nach  Fr.  MjJllkr. 

BACH.MATT,  m.  equus  bellator,  ein  groszes  tartarisehes  pferd, 
russ.  bachmat'\  poln.  bachmat  (Li.xde  1,  40'):  hätte  ich  mei- 
nen bachmatt,  der  mir  in  der  Schlacht  von  Warschau  er- 
schossen ward,  nur  ein  halb  jähr  eher  gekriegt,  ich  wollte 
funfzigtausend  thaler  reicher  sein,  er  gieng  in  einem  futter 
dreiszig  meilen  hin  und  her.  Weise  erzn.  196 ;  eine  scbmarre 
über  den  köpf  bauen,  dasz  ein  bachmatt  wie  meiner  war, 
daraus  saufen  künte.  198 ;  gieng  der  andere  mit  rechteo 
bachmattsschritten  zur  stube  hinaus.  201. 

BACH.MEISTER,  m.  oberster  der  flüszer  und  holzknechte,  in 
Polen  heiszt  mit  diesem  deutschen  namen  ein  salzbergbeamter 
bachmistrz,  packmeister.  Linde  I,  41.  aber  mhd.  bacbmeister 
becker.  mysl.  tos,  37. 

BACHMINZE,  f  mentha  aquatica. 

BACHMICKE.  /".  lipula  rivalis,  Schnecke  auf  feuchten  wie- 
sen,  an  buchen. 

BACH.NASZ,  plane  madidut,  itie  aus  dem  bach  gezogen: 
bacfanasz  sein,  rfurcA  einhin  nasi  sein,  permadescere.  Maaler 
48  ;  die  wällen  bedackten  oft  das  ganz  schiflin,  und  das  wä- 
ret bisz  wir  gen  Brunnen,  an  das  gstad  kainend,  da  waren 
wir  bed  bachnasz.  Tno.  Plater  44 ;  das  weisz  ich  aber  gar 
woll,  das  min  hembdiin  bachnasz  ward.  67;  sie  schlug  waidli 
zu,  und  wir  einander  an  hals,  dasz  ich  und  mi  Anna  vor 
freudigen  brieggtropfen  bachnasz  wurden,  der  arme  mann  im 
Toekenb.  298. 

67* 


1063 


BACHRAIN— BACKE 


BACKE 


1064 


BACHRAIN,  m.  limes  rivo  circumscriptus.  weisth.  1,  468. 
BACHSCHMALZ,  «.  aqua  polabiUs: 

das  bachschtnalz  tut  mir  viel  zu  lieb, 

das  scliepf  ich  aus  dem  Lecii, 

es  maclit  mir  nit  faiszt  mein  rieb.    Uhiand  722. 

vgl.  armschnialz  und  Rheinanke  in  anke. 

RACHSCHMERLE,  f.  tvas  bachgriindel,  ein  fischlein. 

■RACHSCHNATTERIG,  inier  lavandum  garrula?  instar  nvi 
garrula?  nastriefige,  plewelwäschige,  bachschnadrige,  pfudel- 
nasse,  sacksleubige,  schneckkriechige,  belzplelzige  alle  kupp- 
lerin.    Garq.  4"'. 

RACHSTADT,  f.  eine  Stadt  am  back  gelegen:  zun  bach- 
stedtcn.  Jos.  17,  9. 

BACHSCHWEIN,  n.  gleichviel  mit  bache.  Stieler  73.  be- 
chenschwein  speckschwein.    weisth.  2,  20S. 

RACHSTAUUNG,  f.  cohibitio  aqiiae.  Moser  1,362. 

RACHSTEINRRECH,  m.  saxifraga  rivularis,  ein  kraut. 

RACHSTELZE,  f.  motacilla  ripivaga,  ein  an  buchen  herlau- 
fendes und  unablässig  den  schwänz  rührendes,  munteres,  zier- 
liches vöglein,  das  unter  vielen  andern  namen  bekannt  ist: 
motacilla  {von  ciliare  movere),  asiaoTtvyis,  wasserstelze  (oben 
sp.  564),  bebeschwanz,  wedelschvvanz,  wegesterz,  nd.  quek- 
slart,  wipstart,  wagstart,  nnl.  kwikstaart,  schw.  qvickstjert, 
engl,  wagtail,  it.  codatremola,  squassacoda,  franz.  lavandi^re 
battequeue,  baussequeue,  sonst  auch  ackermännchen,  stifts- 
fräulein :  davon  ist  der  liebe  mensch  so  lustig,  dasz  er  in 
der  Stube  herumtanzet,  wie  eine  bachstelze.  Weise  comöd. 
probe  282.  schon  ahd.  waj^arstelza  (Graff  6,  678),  wajjer- 
stellia  (Haupt  5,  198'),  stelze  ist  gralla,  doch  scheinen  stelze 
und  Sterz  hier  dasselbe. 

BACHSTROM,  m.  strömender,  rinnender  back :  aufdembach- 
strom  hängen  weiden.  Fb.  Müller  2,  339. 

RÄCHTEN,  s.  hechten. 

RACHTHAL,  n.  vallis  quam  nvus  perfluit,  ein  häufiger  Orts- 
name, wie  das  umgestellte  thalbach. 

RACHTOBEL,  m.  bachtöbele,  n.  vallecula.  Maaler  48*. 

BACHVOGEL,  m.  bachamsel. 

BACHWANZE,  f.  cimex  saltatorius,  sonst  auch  der  springen 

RACHWASSER,  n.  fluvialis  aqua,  brunnenwasser. 

BACHWEIDE,  f.  salix  helix:  meien  von  dichten  hewmen 
und  bachvveiden.  3  Mos.  23,  40 ;  das  gepüsch  bedeckt  in  mit 
seinem  schatten  und  die  bachvveiden  bedecken  in.  Hiob  40,  17. 

BACHWELLE,  f.  ein  kühler  südwind  trieb  jnit  weichen 
locken  und  bachwellen  sein  letztes  spiel.  J.  Paul  biogr.  bei. 
1,  59. 

BACHZECHER,  m.  aquac  polor,  auch  poetisch  für  frosch. 
Stieler  2604. 

RACK,  s.  hak. 

BACKAPFEL,   m.  bratapfel. 

RACKREKECHTIGT,  zum  brotbacken  berechtigt. 

BACKRIRNE,  f.  bralbirne. 

B ACKERET,  n.  ein  dünnes,  breites,  zum  backwerk  dienen- 
des bret. 

RACKRUTTER,  f.  butter,  die  sich  für  backwerk  eignet. 

BACKCHEN,  n.  s.  bäcklein 

BACKE,  m.  gena,  mala,  ahd.  pacho,  später  backo  (Graff 
3,  29),  mhd.  backe  (Re>.  1,  76'),  den  übrigen  dialecten  abge- 
hend und  nnl.  nur  in  der  Zusammensetzung  hakbaard  vorhan- 
den, es  scheint  einer  würzet  mit  back  rücke,  bache  mast- 
schwein.  backe  ist  der  runde,  dicke,  feste  Iheil  des  angesichts, 
wird  aber  auch  von  andern  rundlichen  erhöhungen  gebraucht 
{s.  6),  vgl.  lat.  bucca;  einige  verwenden  backe  weiblich,  hal- 
ten es  wol  gar  für  feiner,  vornehmer,  Maaleh  schreibt  bagk  m., 
viele  backen. 

1)  synonyme,  wange  ist  edler  ah  backe,  und  geht  nicht  wie 
dieses  in  die  bedeutuiig  von  kinnbacke  maxilla  über,  man  sagt 
essen  ze  beiden  backen.  Uätzlerin  277';  mit  dem  einen  ba- 
cken kaut  er,  und  mit  dem  andern  redt  er.  Lessing  1,  268; 
er  hat  sich  beide  backen  vollgcslopft ;  er  nimmt  die  backen 
recht  yoW  (redet  prahlerisch,  schwülstig);  um  die  backen  nicht 
80  voll  zu  nehmen.  Götiie  16,  216.  in  diesen  fallen  könnte 
nicht  stehen  wangen,  ebenso  wenig  heiszt  es  kinnwange,  wange 
eines  apfels,  obgleich  umgekehrt  apfelwange,  apfelkiiin  ßr  gena 
gesetzt  wurde,  heisze  thrünen  rollten  ihm  über  die  wangen; 
sie  weinet  des  nachts,  das  ir  die  thronen  über  die  hacken 
laufen,  klagt.  Jer.  I,  2 ;  die  threnen  der  witwen  llieszen  wol 
die  backen  erab.  Sir.  35,  t8.  den  dualis  {yet^ve)  musz  beide 
umschreiben  oder  er  bleibt  unausgedrückt :  arm  und  Itcidc  ba- 


cken :  den  arm  und  beide  backen.  5  Mos.  18,  3 ;  deine  backen 
stehen  lieblich  in  den  spangen.  hohelied  i,  10;  seine  backen 
sind  wie  die  wachsende  wurzgertlin.  5, 13.  in  den  noch  lich- 
ten brand  mit  steifen  backen  blasen.  Grvphiüs  1, 42;  blas  in 
zinken,  spann  die  backen.  Garg.  9l'.  ags.  galt  hleor,  alts. 
hiear,  mnd.  1er,  engl,  leer,  mnl.  Her  für  gena,  ahd.  hiufila, 
hiefela,  was  an  ahd.  hiofa,  mhd.  hiefe,  die  rothe  fruchl  des 
weiszdorns  mahnt,  gerade  so  poln.  jagoda  erdbecre  und  wange, 
böhm.  gahoda  fragum,  galiody  genae,  serb.  jagoda  fragum, 
jagoditze  genae,  russ.  aber  jagoda  beere,  jagoditze  hinlerba- 
cken.  Walther  Idszt  rosen  auf  wangen  scheinen  und  in  schwcd. 
Volksliedern  steht  röd  blommande  kind  \wange).  wir  sagen :  rolhe 
backen,  blühende,  frische  wangen ;  um  ein  paar  rothe  bäck- 
chea,  die  mir  jetzo  nicht  so  sehr,  als  ehedessen  blüheten. 
ehen  eines  mannes  s.  386 ;  rothbäckigte  dinger  =  tfangcn.  ebenda. 
rothbäckige  äpfel.  bleiche  wangen,  scäw.  "blekblommande  kind. 
grübe  in  den  wangen,  grübchen  im  kinn,  löchlin  im  backen 
Garg.  76"  (mehr  unter  grübchen).  glatte,  volle  wangen ;  volle, 
dicke,  hangende,  magere,  hagere,  eingefallene  wangen;  glatte 
backen  hin  seind.  Pelr.  180' ;  geschminkte  wangen  : 

der  glänzende  betrug,  der  stirn  und  back  auffrischet. 
Grvphiüs  2,  26. 

2)  den  backen  oder  die  wange  zum  küssen  darbieten,  dar- 
reichen; den  rechten  backen  zu  küssen  bieten.  Garg.  68';  gib 
mir  den  backen,  lasz  dich  von  mir  auf  den  backen  küssen 
bei  Spee  ist  aber  bäcklein  der  kus,  das  mdulchen  selbst  ge- 
worden : 

die  bäcklein  er  mir  klebet 

auf  meine  wangen  beid.    irulzn.bd; 

je  mehr  ich  ihm  der  bäcklein  gab, 

und  mehr  und  mehr  thäi  küssen.    188  (204) ; 

ich  ihm  die  wänglein  also  gar 

mit  häcklein  ab  weit  messen.    189; 

und  ihm  von  äugen,  stirn  und  hals 

der  bncklein  satt  weit  prassen.    189  (205) ; 

dir  die  letzte  bäcklein  heften 

an  die  süsze  wangen  rund.    258. 

3)  backenstreich :  schlug  Micha  auf  den  backen.  1  kön.  22, 
24;  haben  mich  schmehlich  auf  meine  backen  geschlagen. 
Hiob  16,  10;  du  schlegst  alle  meine  feinde  auf  den  backen 
und  zerschmetterst  der  gottlosen  zene.  ps.  3,  8  ;  und  wer  dich 
schlägt  auf  einen  backen,  dem  biete  den  andern,  auch  dar. 
Luc.  6,  29 ;  wenn  du  ein  künig  an  ein  backen  schlücgest,  er 
hett  dir  das  nicht  für  gut.  Keisersr.  Sünden  des  munds  2l'; 
so  sich  zimpt,  das  du  deine  kind  magst  mit  ruten  houwen 
und  dem  bösen  knaben  eins  an  den  backen  geben,  das  er 
umb  trümlet.  35*;  wan  dich  einer  an  ein  backen  schlecht, 
schlag  in  nit  widerumb.  61";  schlag  in  an  ein  backen,  das 
er  umb  tromlet.  64' ;  schlägt  es  ihm  unsanft  zwischen  back 
und  ohr.  Lessing  6,  510 ;  mit  einem  sachlen  schlag  auf  den 
backen,  unw.  doct.  479,  wofür  wir  auch  iagen:  auf  die  backen 
klopfen ;  in  die  backen  kneipen ;  die  backen  streicheln  {vgl. 
backenstreich) ; 

er  musz  uns  beidn  die  backen  waschen. 
Atrer  fasln.  21*. 

4)  kanstu  mit  einer  stäche)  im  die  backen  durchboren? 
Hiob  40,  21 ;  durch  die  backen  brennen,  genam  vel  maxillam 
urere.  rechtsalt.  709 ; 

meinst  ich  hab  dein  tochter  nit  kendt, 
die  man  hat  durch  die  backen  brendt? 

H.  Sachs  III.  3,  13'; 

so  thut  man  mich  durch  backen  brennen. 
IV.  3,  31'. 
ein  baggenbrennte  conscienz  bei  Zwincli  1,  6  meint  ein   vcr- 
sehrtes,  innerlich  zerrissenes  gewissen. 

h)  in  die  backen  lügen,  sich  in  die  backen  hauen,  sich 
selbst  ins  gcsicht  schlagen:  also  müssen  sie  sich  selbs  ins 
maul  beiszen  und  liegen  in  die  backen,  wissen  gar  nichts, 
was  oder  wie  sie  reden.  Luther  2,  508' j  aber  der  schwermcr- 
geist  hewet  sich  hie  selbst  in  die  backen.  3,  439';  druiuh 
müssen  sie  solchs  sagen,  das  sie  sich  selbs  in  die  hacken 
hawen  bis  an  die  obren  hinan,  das  iedcrman  ir  lügen  und 
büherci  olTenbar  werden.  3,  527;  heiszt  das  nicht  sich  fein 
in  die  backen  gehawen  und  sich  in  der  Weisheit  beschissen? 
5,290";  golt  blendet  sie  also,  das  sie  kein  wort  nicht  setzen 
können,  damit  sie  sich  selhs  nicht  in  die  backen  hawen  und 
verraten.  5,  300';  Irawen,  hie  soll  ich  mich  wol  selbs  in  die 
backen  gehawen  haben,  dazu  gefangen  und  geschlagen  sein 
mit  meinen  eigen  Worten.  0, 154'. 

6)  backe  wird  angewandt  auf  andere  runde  und  gewölbte  er- 
habenhcilen,  s.  arschbackc  (die  andern  backen  =  hinterbackcn). 


1065 


BÄCKELCHEN  —  BACKEN 


BACKEN— BACKENGRLBE 


1066 


kinnbacke,  backe  eines  apfels,  einer  aprikose ;  backe  am  mie- 
det, tculst  zum  anhängen  der  rücke  (Schm.  1, 149) ;  backe,  pol- 
sler  am  lehnsluhl;  backe,  das  an  einer  wand  oder  einem  bret 
als  ansatz  oder  stütze  befestigte  holz;  backe  an  messerklingen 
und  vorlegesehlössem ;  backe  am  gewehrschaß,  backen  sind 
dem  anatom  erhabene  theile  des  gehirns. 

BÄCKELCHEN,  n.  bäcklein,  diminutiv  von  backe. 

BÄCKELTROG,  m.  tcas  backlrog. 

BACKEN',  coquere,  torrere,  fngere,  ahd.  pachan,  mhd.  ba- 
chen  ( :  machen,  Sachen),  nnl.  bakken,  ags.  bacan,  engl,  bake, 
altn.  baka,  schw.  baka,  dän.  bage.  6«  älteren  süddeutschen 
schripslellern  immer  bachen,  und  noch  heute  so  in  Schwaben, 
Baiem,  Ostreich,  erst  Luther  setzte  backen  durch,  das  so  un- 
hochdeutsch scheint,  als  macken,  sacken  /ür  machen,  sachen 
wäre;  doch  erscheint  ausnahmsueise  schon  ahd.  packan,  bacchan 
(Graff  3,  24)  und  peccho,  mhd.  becke  pistor.  die  organische 
flexion  ist  stark,  ahd.  puoch,  mhd.  buoch  und  buoc,  nhd.  buch 
und  buk  und  überall  mit  dem  part.  gipachan,  gebachen,  ge- 
backen ;  mnl.  boek,  nnl.  bakte,  altn.  bakadi,  schw.  bakade, 
dän.  bagede.  Luther  setzt  neben  backen  noch  buch  1  Mos. 
19,  3 ;  buchs  {buk  es)  1  Sam.  28,  24 ;  buchen  2  Mos.  12,  39.  das 
parL  prael.  steht  in  altbacken,  frischbacken,  neubacken,  haus- 
backen ohne  ge. 

Diesem  backen  entspricht  nun  skr.  patsch  (pac),  sl.  peschtschi, 
praes.  peku,  kaum  gr.  Tieaaco,  später  Tiinxco,  lat.  pinso,  welche 
beiden  doch  mehr  das  kneten  und  wirken  des  teigs  ausdrücken, 
erwägt  man,  dasz  im  backen  das  weiche  erhärtet  und  dorrt, 
so  kommen  auch  Tcayr^rai  und  pangere  in  betracht,  wozu  die 
unter2rerhandelte  bedeutung  des  anklebens,  anfrierens  stimmt. 
Die  zwischen  backen  und  patsch  mangelnde  lautvcrschiebung 
«eist  auf  vermittelnden  aspirierten  anlaut,  und  das  gr.  fcöyco, 
lat.  focus,  kochslätte,  it.  focaccia,  ahd.  fochanza  (Graff  3,  441), 
»er6.  pogatscha,  ags.  foca,  panis  stib  cinere  pistus  seheinen 
steh  darzubieten.  Die  Wandlung  der  auslautenden  reinen  gul- 
turalis  in  skr.  tsch,  sl.  schtsch  gleicht  der  des  hochd.  bachen 
in  backen  =  backian,  ja  dem  bitscüe  batsche  kuchen  eines 
kinderreims  bei  E.  Meier  n'  36.  37. 

1)  intransitives  hackea:  das  brot  bäckt  schon,  «st  im  ofen,  \si 
im  backen ;  bäckt  aus ;  der  kuchen  darf  nicht  zu  lange  backen. 

2)  zumal  kleben,  haßen,  starren,  frieren,  ganz  wie  nayf;- 
vai:  auch  braucht  er  igott)  der  sonnen  nicht  dazu  (zum  au/'- 
thauen),  sondern  es  flegt  nach  der  sonnen  deste  herter  zu 
backen.  Luther  3,  469' ; 

wach  auT,  Oieboll,  hau  Dieboll  wach, 

es  ist  morn  auch  ein  nacht, 

wach  eh  dirs  ding  ans  leilach  Lach. 

horch  wie  der  lian  schon  wacht.  Garg.  249"; 
das  bembd  ist  mir  in  ars  bachen.  Frischlis  29 ;  weil  aber 
der  junge  herzbruder  meinem  obristen  gar  ins  hembd  geba- 
cken war  {nah  am  herzen  lag).  Simpl.  1,  426;  so  wärs  un- 
müglich,  dasz  er  dem  gn.  herrn  in  einer  solchen  bälde  so 
halt  ans  herze  backen  können.  2,  300 ;  es  ist  kalt,  dasz  es 
backt;  es  hat  diese  nacht  gebacken  =  harte  rinde  gefroren, 
angesetzt; 

so  war  ich  Qbcrn  Dauben«ee  gerannt, 

der,  wie  mein  starrend  btiit,  zu  eis  gebacken. 
\Ver.^sr  24  febr.  57  ; 

das  blutige  hemd  backt  am  arm,  klebt  fest.  nnl.  hei  zal  de- 
zen  nacht  een  koekje  bakken  =  stark  frieren,  vgl.  anbacken, 
aun)acken. 

3)  transitives  backen  ist  vorzugsweise  brot  backen,  panem 
coqUere:  und  sie  buchen  aus  dem  rohen  teig,  den  sie  aus 
Eg}-pten  brachten,  ungcsewrte  kuchen.  i  Mos.  12,  39;  was  ir 
backen  wolt  das  backet  und  was  ir  kochen  wolt,  das  kochet. 
16,  23 ;  zwei  webebrot  von  zwo  zehenden  semelmei  gesewrt 
und  gebacken.  3  Mos.  23, 17 ;  das  zehen  weiber  sollen  ewT  brot 
iu  einem  ofen  backen.  26,  26;  und  nain  mel  und  knetets 
und  buchs  ungesewrt.  1  Sam.  2S,  24 ;  den  man  anzündet  und 
brot  dabei  beckl.  Es.  44, 15 ;  ich  hab  auf  den  kolcn  brot  ge- 
backen und  fleisch  gebraten  und  gessen.  44,19;  besunder  in 
dem  land  {unter  den  bauern)  bachet  iedcrman  selber.  Kei- 
btRSB.  omcif  136*;  buch  alles  brot,  so  sie  bedurften.  Wickram 
ro//ir.  87 ;  das  brot  buch  ich  auch  nie  zu  klein.  H.  Sachs  1, 
Ml  ;  becken,  die  über  das  geordnet  gewicht  bachen.  Fischart 
;;r6*ini  54 ;  sieden,  braten  oder  bachen.  bienenk.  134".  Man  sagt, 
da«  brot  ist  braun  orfe»  blasz,  hart  (knupperig)  oder  leise  geba- 
cken und  letztnes  wird  auf  einen  verzärtelten  ntenschen  angewandt: 

nie  sftit  ir  nur  so  leis  gebachen, 
ich  DIU«!  mir  gleich  der  abweisi  lacheo. 
11.  SacimIV.  3,  2f; 


mein  muoter  bacht  küchle, 

bacbt  alle  so  braun.     E.  Meif.r  n*  25 ; 

so  sebaw  alsbald  zur  selben  zeit, 

was  für  brot  auf  der  tafel  leit, 

obs  alt,  obs  new  bachen  sei, 

ob  auch  gut  semel  sind  dabei, 

dann  grob  brot,  schwarz  gleichwie  ein  kol, 

das  sclimeckt  keim  grobianer  wol.    Scheit  L2; 

bachen  in  heiszer  asche.  Simpl.  1,  39.  er  iszt  sein  letztes  brot, 
sein  henkersmahl,  hat  sein  letztes  hemd  angezogen : 

mhd.  ern  bei;  da  nach  niemer  brötes.    Diemer  21S,  15; 

ej  was  ir  jüngslej  ma;.    Helmbr.  1572 ; 

»w  vorara  SsiTiiniaeiav.    Od.  20, 119 ; 

a)J.a  7tQo)Jyco  vuiv,  ort  to  vararof  7tiea9^e  rrjfisQOP. 
Lucian.  dial.  meretr.  9;  nun  wo  die  frau  auch  rasend  wird, 
so-  ist  unser  brot  gebacken  (ists  um  uns  geschehen).  Weisb 
eomüd.  158 ;  das  letzte  brot  ist  dir  gebacken,  irrp.  der  liebe  218 ; 
dir  ist  dein  brot  gebacken! 

4)  kuchen  backen:  eile  und  menge  drai  masz  semelmei, 
knete  und  backe  kuchen.  iMos.  18,  6;  und  er  macht  inen 
ein  mal,  und  bud»  ungeseurte  kuchen  und  sie  aszeh.  19,  i; 
und  soll  semelmCr  und  davon  zwelf  kuchen  backen.  3  Mos. 
24,  5;  gerstenkuchen  soltu  essen,  die  du  für  iren  äugen  mit 
menschenmist  backen  solt.  Ez.  4, 12 ;  daraus  buchen  sie  ku- 
chen. Keisersb.  sünd.  des  munds  16';  es  was  ein  frauw  uf 
ein  zeit,  die  die  hoslien  het  gebachen.  44*;  schlugen  ein  fried- 
mal  an  und  buchen  strauben  und  kuchlin.  seh.  und  ernst  cap. 
153 ;  buch  ir  ein  pfannen  mit  eier,  die  asz  sie  aus.  cap.  162 ; 
die  alte  buch  zelten.  Wicsra»  ro//ip.  49';  wo  sollen  sie  küch- 
lein  bachen,  so  sie  weder  feuer,  eier  noch  schmalz  hetten? 
Fischart  bienenk.  139'; 

so  musz  man  narren  krapfen  bachen.    H.  Sachs  IIL  2,  51'. 

(wil)  ihm  eier  bachen  auf  dem  köpf, 

sie  ihm  einrühren  mit  dem  schöpf.    Birck  doppelspiler  129. 

5)  tische,  frösche,  bahne  backen,  in  teig  oder  mehl  rösten  : 
gebacken  fisch  und  grün  kraut  darzu.  Keisersb.  Sünden  des 
munds  11' ;  noch  heute  östr.  gebachen  hendl,  bachhendl. 

6)  übst  backen,  dörren:  gebackne  äpfel,  birnen,  pQaumen: 

wie  zu  dem  braten  backne  pQaumen.    Tikck  1,  1U5. 

7)  Stahl  backen,  das  eisen  glühen  und  in  stahl  verwandeln ; 
steine,  ziegel  backen,  s.  backstein. 

8)  redensarten:  ja  verlasse  dich  drauf  und  backe  nicht. 
Luther  5,  227*.  464*  zu  solchen,  die  goU  versuchen,  die  hände 
in  den  schosz  legen  und  meinen,  alles  werde  ihnen  ohne  fleisz 
und  arbeit  zu  theil  werden; 

wir  sind  von  einem  teig  gebachen.  Schiit  ^rob.  B2; 
sie  hat  von  allen  menschensarten  das  scheuszlichste  auf  einen 
häufen  geworfen  und  mich  daraus  gebacken.  Schiller  105; 
wer  weisz  was  er  gebacken,  das  er  nicht  verthun  kann.  unir. 
dod.  579.  nnl.  hij  heeft  mij  bedrogen,  maar  ik  zal  hem  weer 
bakken;  iemand  ene  pots  bakken,  einen  streich  spielen;  ba- 
cken und  brauen  geräth  nicht  allzeit  wol;  was  einer  nicht 
backt,  das  braut  der  andre. 

BACKENAUSSCHMTT,  «i.  an  hauben,  hüten,  perückea  die 
länglichen,  an  die  backen  reichenden  seiterüheile. 

BACKENBART,  m.  nnl.  bakbaard,  die  baarthaare  auf  den 
backen. 

B.\CKENBEIN,  tu  os  zygomatiatm,  os  malae,  der  rundlidie 
knochen  in  den  backen,    s.  apfelbein : 

so  drück  ich  dir  aufs  backenbein 

hübsch  frischen,  derben  kus.    Fr.  Möller  1,  2S7. 

B.ACKENBISZ,  m.  admorsa  gena,  bisz  in  den  backen. 

BACKENBLASE,  f.  sacculus  buccalis,  t.  backenwinkel. 

BACKENBLCHSE,  f.  kleines  getcehr,  das  zum  feuern  an  den 
backen  gelegt  wird. 

BACKENDRÜSE,  f.  glandula  butcalis. 

BACKENFUTTER,  n.  ribus,  mundvorrat:  und  sobald  ein 
dorf  oder  ort  von  den  kriegsknechten  ausgefressen,  wechsel- 
ten sie  das  ab  für  ein  anders,  da  noch  backenfutter  zu  fin- 
den. KiRCHHor  mit.  dise.  215. 

BACKENGESCHWULST,  f.  lumor  malae.  auch  männlich: 
ein  recidiv  des  backengeschwulstes  überfiel  mich.  Guthe  an 
Schiller  72. 

BACKENGRUBE,  BACKENGRÜBCIIEN,  laeuna: 

sini  parvae  uirimque  lacunae.    Or.  de  arte  am.  3,  K^; 
gr.  Ol  yeXnaJrot,  grübchen  jtnd  laehzähne,  vviupr],  was  auch 
sonst  die  sich  öfnende  rosenknospe  bedeutet;   altn.  spiekoppr; 
dän.  smilebu),  sonst  auch  latterdal;   franz.  fossette;  tn  deui- 


1067    BACKENHAKEN  — BACKGABEL 


BACKGAST  — BACKZAHN 


1068 


sehen  tnundarten  kaule,  kautlein,  kütterchen.    böhm.  dulek  w 
Ijci,  dolicek;  poln.  dolek  policzkowy,  smiechowy. 

BACKENHAKEN,  m.  an  den  backen  der  Hobelbank  bei  tisch- 
lern. 

BACKENHALTER,»»,  ihr  lungkitzliche  backenhalter.  Garg.lt. 

BACKENHAUBE,  f.  die  auf  die  backen  herabreicht. 

BACKENKNOCHEN,  m.  backenbein,  auch  am  schetikel  der 
Pferde. 

BACKENLEISTE,  f  mandibula :  demnach  asz  er,  wie  es  in 
ankam,  soviel  als  im  geful,  spant  die  backenieist,  liesz  zu 
thai,  schult  auf  die  mül.  Garg.  163'. 

BACKENMUSKEL,  m.  musculus  buccinator. 

BACKENRIEME,  m.  am  pferdczaum. 

BACKENROTH,  gena  rubicundus: 

ihr  schönen  frauen,  so  wolgeputzt  und  backenroth. 
GÖTHE  12,  50. 

BACKENSCHLAG,  m.  alapa,  mhd. 

er  gab  im  einen  backenslac  an;  dre.    MS.  2,6*; 

gab  einen  gröjen  backenslac.    pass.  K.  350,  67 ; 

und  sluoc  ir  einen  backenslac.    388,  79. 
nhd,  ein  backenschlag  solt  mir  geschehen.^ /"astn.  sp.  1121; 

und  gab  {der  nonne)  aus  gunst  ein  packenschlag. 

SCUWARZENBERG  142,  1. 

BACKENSCHLAGADER,  f.  arleria  genae,  nicht  mit  dem  vo- 
rigen zusammengesetzt,  sondern  mit  Schlagader,  also  zu  beto- 
nen backenschlägader,  nicht  bdckenschlagader, 

BACKENSCHMIEGE,  f.  zimmerleuten  die  schmiege  oder  der 
schräge  schnitt,  den  die  schißsparren  da  bekommen,  wo  sie  an 
den  grathsparren  anliegen. 

BACKENSCH.MITZ,  m.  colaphus,  schlag  mit  der  peitsche  an 
den  backen. 

BACKENSTREICH,  m.  alapa:  gab  Jesu  einen  backenstreich. 
Joh.  18,  22 ;  und  gaben  im  backenstreiche.  19,  3,  vgl.  streich 
auf  den  rechten  backen.  Matth.  5,  39 ;  einer  sol  betrachten  den 
backenstreich  Christi.  Keisersb.  «finden  des  munds  61';  also 
schlagen  sie  Christum,  dise  backenstreich  Christi  betracht. 
ebenda;  der  ein  schrie,  der  ander  weint,  der  drit  lacht  und 
wert  so  lang,  dasz  die  alten  auch  backenstreich  teilten.  Eu- 
lensp.  cap.  4 ;  wo  alsdann  ainer  schon  der  tugent  ein  backen- 
straiche  gibt,  so  bleibt  doch  ainem  sein  gutes  lob  bei  den 
leuten.  Wirsüng  Cal.  F  2' ;  solches  backenstreichs  wil  ich  nit 
mehr  gewarten.  Kirchhof  wendunm.  62' ;  da  sie  dieses  backen- 
streichs sich  besorgen,  mil.  disc.  22 ; 

er  flel  Gelinden  an,  die  alabasterbleich 
und  plötzlich  ward  geßrbt  durch  seinen  backenstreich. 
Grtphius  1,  204. 
ßr  unedler  als  backenschlag  und  backenstreich  gelten  ohrfeige, 
maulschelle,  dacbtel  u.  a. 

BACKENTASCHE,  f.  ventriculus,  sacculus  bucealis. 

BACKENWINKEL,  m.  dasselbe.  Maaleb  48*.  baren  und  äf- 
fen schieben  das  futter  in  die  backenwinkel,  und  verzehren  es 
hernach. 

BACKENZAHN,  m.  densmaxillaris,  ahd.hacchozant,  baccho- 
zan  (Graft  5,  684),  nnl.  baktand:  da  spaltet  gott  einen  ba> 
ckenzan  in  dem  kinnbacken.  rieht.  15, 19 ;  ich  zubrach  die  ba- 
ckenzen  des  ungerechten.  Hiob  29, 17 ;  zestosze  herr  die  ba- 
ckenzene  der  jungen  lewen.  ps.  58,  7.  backenzähne  sind  die 
vier  letzten  auf  jeder  seile  des  kinnbackens,  und  der  letzte  un- 
ter ihnen  heiszt  der  Weisheitszahn,     s.  backzahn. 

BACKENZAHNDROSE,  f 

BACKER,  m.  aper,  ßr  bacber,  wie  in  backe  und  backen 
CK  an  die  stelle  des  früheren  CH  getreten  ist :  alte  sau  heiszt 
ein  hauend  schwein,  zweijährig  schwein  ein  backer.  Sebiz  569. 
einige  schreiben  bäcker. 

BÄCKER,  m.  pistor.    s.  becker. 

BACKFASZ,  n.  gefäsz  zur  teigbereitung. 

BACKFISCH,  m.  fisch  zum  backen,  noch  nicht  zum  sieden, 
dann  ein  junges,  unausgewachsnes  mddchen:  backflschlein, 
puellae  virguncuiae  dictae  haihgewachsene  frischling,  back- 
flschlein. facel.  fac.  s.  393;  und  ich  im  besitz  des  strittigen 
Stücks,  und  drüber  den  hübschen  (1773  richtiger  hübschten) 
backPisch  im  ganzen  dorf.  Göthe  8,  76.  ähnliche  namen  sind 
flitze,  spielte,  grasaffe.  nd.  aber  ist  bakflsk  ohrfeige.  Brem. 
wb.  1,  39. 

BACKFORM,  f.  testum,  form,  worin  ein  kuehen  gebacken 
wird. 

BACKGABEL,  f  fuscina  pistorum:  sie  siechen  auch  die 
kucben  voller  locher  mit  einem  eisinstral  oder  backgebclin. 
Frank  weltb.  197*. 


BACKGAST,  m.  der  sein  brot  bei  einem  bestimmten  becker 
backen  läszt. 

BACKGELD,  n.  pretium  pro  coquendo  pane. 

BACKGERÄTH,  n.  instrumenta  pistrinae. 

BACKGERATHSCHAFT,  f  dasselbe. 

BACKGERECHTIGKEIT,  f.  jus  furnariam  exercendi. 

BACKHAUS,  n.  pistrina:  küche,  keller  und  backhaus.  Schwei- 
NiCHEN  2,  65 ;  küche  und  keller,  backhaus,  stall  und  renlkam- 
mer.  3,  42.  146. 

BACKHECHT,  m.  ein  kleiner  hecht  zum  backen. 

BACKHITZE,  f.  hilze,  wie  sie  der  ofen  zum  backen  fordert. 

BACKHOLZ,    n.  gespaltnes,  trocknes  brennholz  zum  backen. 

BÄCKIG,  gena  praeditus,  nur  in  den  Zusammensetzungen 
dickbäckig,  rothbäckig  «.  a.    gleichviel  mit  wangig. 

BACKKÄMMER,  f.  in  hofhaltun'gen  das  gemach  für  das  back- 
wesen. 

BACKKOHLE,  f  kohle  zum  backen  taugend. 

BÄCKLEIN,  Verkleinerung  von  backe,  wänglein. 

BÄCKLING,  m.  alapa.    Oberlin  84. 

BACKLUST,  /■  lust  am  backen:  mittags  wurde  gar  nicht 
gegessen  vor  backlust.  J.  Paul  Fibel  23. 

BACKMAGD,  f  pistrix. 

BACKMEISTER,  m.  pistrinae  magister.  verschieden  von  bach- 
meister. 

BACKMULDE,  f.  alveus  ad  coquendum  panem:  trug  den 
sack  zur  bachmulten  und  leerete  ihn  aus.  Simpl.  2,  305. 

BACKNAPF,  m. 

BACKOBST,  n.  zum  trocknen  geeignetes,  auch  getrocknetes  obst. 

BACKOFEN,  m.  fumus,  clibanus,  nnl.  bakoven :  die  frösche 
sollen  komen  in  dein  haus,   in  deine  kamer,   auf  dein  lager 
...  in  deine  backöfen  und  in  deine  teige.  2  Mos.  8,  3 ;  gleich- 
wie ein  backöfen,  den  der  becker  heitzet.    Hos.  7,  4 ;   denn  ir 
herz  ist  in  heiszer  andacht  wie  ein  backöfen.    7,  6;    nement 
die  band  toI  eschen  von  dem  bachofen.    Keisersb.  Sünden  des 
munds  2*.     Alberos  hat  in  der  Barf.  münche  Eulensp.  n'  230 
den  nom.  sg.  backofe,  und  Frischlin  im  nomencl.  sogar  bachof. 
die  sonn  wird  je  lenger  je  wärmer  den  bachofen  einheitzen. 
Fischart  groszm.  29 ;  ein  badaud  ist  nemlich  ein  mensch,  der 
um  ganz  populär  davon  zu  sprechen,  nie  hinter  seinem  back- 
öfen hervorgekommen  ist.  Fichte  Nicolais  leben  117. 
wer  sich  eim  gröszern  widersetzt 
und  auf  in  seine  zäne  wetzt, 
der  selb  sich  gar  unnützlich  zert, 
gegm  backöfen  das  maul  aufsperrt.    Waldis  1,  37; 
ein  weites  maul  hat  gnug  zu  schaffen, 
wenns  widern  backöfen  wil  gaffen.    2,  28. 
vgl.  Reinhart  fuhs  s.  xciii. 

BACKOFENDRESCHER,  m.  nanus:  bachofentrescherlein. 
Garg.  41*. 

BACKOFENHITZE,  f.  was  backhitze. 

BACKOFENLOCH,  n. 

BACKOFENZINS,  m. 

BACKORDNUNG,  f.,  Ordnung,  nach  der  gebacken  werden  musz. 

BACKPFANNE,  /.  sartago,  pfanne  zum  backen,  nnl.  bakpan. 

BACKPFEIFE,  f  ohrfeige,  wird  gedeutet  ein  schlag,  der  an 
den  backen  pfeift,  wie  man  auch  ohrsausel  sagt. 

BACKRÄDCHEN,  n.  zum  rändern  der  kuehen. 

BACKSCHAUFEL,  f  pala,  zum  schieben  des  brols  m  den  ofen. 

BACKSCHEIBE,  f  dasselbe:  sie  halte  einen  groszen  ku- 
ehen von  der  backscheibe  laufen  lassen.  J.  Paui.  Fixl.  71. 

BACKSCHEIT,  n.  dasselbe:  ein  grosz  packscheil.  H.  Sachs 
I,  468'. 

BACKSCHILD,  m.  baekmulde,  abweichende  lesart  für  bad- 
schiid.  weisth.  3,  356. 

BÄCKSEL,  n.  gebäck,  nnl.  baksel. 

BACKSTEIN,  m.  laier  coctus,  nnl.  baksteen :  ziegel  und 
backsteine  brennen.  Felsenb.  2,  72. 

BACKSTEINBRENNEREI,  f 

BACKSTUBE,  f.  pistrina. 

BACKTROG,  m.  alveus,  baekmulde,  nnl.  baktrog.  s.  backeltrog. 
ich  will  dir  die  bein  abschlagn, 
und  in  eim  packlrog  thun  hcimtragn. 
Atrrr  fastn.  63'; 
sechs  packlröge  von  fichtcnem  holze.    Gryphiüs  1,  835;    eine 
gleich  einem  backlroge  ausgehauene  lagerstalt.  Felsenb.  3,  329. 

BACKTUCH,  n.  zum  bedecken  des  gebdcks. 

BACKWERK,  n.  gebacknes,  gebäck. 

BACKZAHN,  m.  was  backenzahn :  besonders  eine  deutliche 
auslegung  eurer  neuesten  meinung  über  die  backziihne.  Göthb 
6c«  Merck  2,  245.     auch  Stieler  2596  backzäne. 


1069 


BACKZEIT— BAD 


BAD  — BADEFREIHEIT 


1070 


BÄCKZEIT,  f.  die  zeit,  in  welcher  gebacken  wird. 

BAD,  n.  balneum.  das  golh.  tcort  ist  nicht  zu  ersehen,  da 
auch  Seh.  4, 23.  Tit.  3,  5  mangeln,  im  alt.  lest,  würde  es  noch 
öfter  begegnen  und  höchst  wahrscheinlich  ba|)  lauten,  ahd.  päd, 
mhd.  bat  bades,  alts.  bath,  ags.  bäd  pl.  bado,  engl,  bath, 
nnl.  bad,  alln.  bad,  schw.  dän.  bad.  die  epenlhese  des  pl. 
bäder  steht  ahd.  nicht  aufzuweisen,  mhd.  beder  nur  in  der 
Martina  46*. 

Die  Wurzel  scheint  auf  das  skr.  bäd,  vdd  lavare  zurückzu- 
gehn,  in  balneum,  balineum,  ßa).apsiov  trat  L  an  die  stelle 
des  D,  hinzuzuziehn  ist  ßadx%  wie  golh.  diups  zu  daupjan, 
tief  zu  taufen,  vgl.  ßaTtreiv.  im  altsl.  banja  lavacrum,  ba- 
niti,  banjati  lavare  fiel  die  lingualis  aus,  wie  im  it.  bagno, 
sp.  bano,  prov.  banh,  franz.  bain,  walach.  bae  {s.  doch  it.  baja, 
franz.  baie,  meerbusen).  vergleichen  Idszl  sich  auch  das  finn. 
peso,  lavacrum,  läpp,  passalwas,  worin  anlautendes  P  =  B, 
inlautend  aber  entsprang  S  leicht  aus  D  (kesi  keden,  mesi  me- 
den,  vesi  veden,  Tuosi  vuoden)  und  man  gelangt  auf  pedo, 
bedo.  wenig  für  sich  hat  Verwandtschaft  zwischen  bad  und 
bähen,  fovere,  calefacere  (westf.  baddig,  schwül,  warm),  da 
der  begrif  des  bades  ausgieng  vom  abkühlen,  waschen  im  flusz; 
vielmehr  berühren  sich  bähen  und  backen,  synonym  mit  bad 
war   alln.  laug  lavacrum,  von  lauga  lavare,  abluere. 

1)  das  neugebome  kind  besprengen,  waschen,  baden,  in  geist- 
lichem sinn  das  bad  der  taufe,  der  Wiedergeburt.  Tit.  3,  5. 
auch  die  heiden  besprengten  und  badeten  die  kinder,,  die  alten 
Germanen  {Gallier)  sollen  sie  auf  einem  schild  im  Rliein  ge- 
badet haben,  nach  einem  gedieht  der  gr.  anthologie  (RA.  935), 
vgl.  hernach  badschild: 

worum  hat  man  dich  nicht  versenkt, 

und  in  dem  ersten  bad  ertreokt? 

Tho.  ßiRCK  ekespiegel.  Tüb.  1598  s.  46 ; 
TOm  ersten  bad  bis  zum  begräbnis.  Göthe  41,  307. 
das  kind  mit  dem  bad  ausschütten  sagt  man  ßr  mit  dem 
schlechten  auch  das  gute  verwerfen;  das  bad  soll  man  aus- 
gieszen,  das  kind  behalten;  das  ist  eine  böse  mutter,  die 
das  kind  mit  dem  bade,  und  die  windeln  mit  dem  unflat 
wegschüttet.  Matbesics  122';  ja  das  kind  mit  dem  bade  nicht 
ausschütten.  Felsenb.  4, 174 ; 

nun  nun,  verschütt  er  nur  nicht  gar 

das  kindlein  samt  dem  bade!   B(;aGER39'; 

auf  eine  so  zerstörende  weise  zu  verfahren,  und  wie  man 
im  sprQchworte  sagt,  das  kind  mit  dem  bade  auszuschütten. 
Göthe  53, 157. 

2)  zu  bade  gehen,  ins  bad,  aus  dem  bade  gehen,  steigen ; 
im  bade  sitzen,  liegen ;  ein  bad  geben,  nehmen ;  der  stille 
bach  lockt  zum  kühlen  bade; 

es  lächelt  der  see,  er  ladet  zum  bade.    Scbilleb  516*; 
wer  in  den  wein  begraben  liegt,  wann  der  soll  auferstebn, 
musz  oft,  eh  er  gen  bimmei  laug,  zuvor  zu  bade  gebn. 

L0GAU3,  9,  70; 
wenn  der  mann  geht  ins  mad  [ins  mähen), 
soll  die  frau  liegen  fm  bad.    Ave-ntix  chron.  17', 

der  mann  führt  ein  hartes,  die  frau  ein  weiches  leben,  gu- 
ten morgen,  meine  beste,  ehe  du  ins  bad  steigst.  Göthe  an 
fr.  von  Stein  2,  S2.  der  arzt  verordnet  dem  kranken  ein  war- 
mes oder  kaltes,  ganzes  oder  halbes  bad,  dampfbad,  kräu- 
terbad.  im  badehaus  werden  Wannenbäder  genommen, 
hast  nit  ein  pfeaning  in  ein  bad.    H.  Sacus  III.  3,  ISV 

3)  einem  das  bad  richten,  rüsten,  bereiten,  anlassen,  aufgie- 
szen  hat  oß  den  Übeln  sinn  von  einem  nachstellen,  falle  legen, 
einen  in  gefahr  stürzen,  weil  der  nackte,  wehrlose  überfallen,  er- 
schlagen werden  kann,  oder  das  bad  zu  heisz  gemacht  wird: 
wenn  die  liehen  engel  nicht  weren  gewesen,  soll  dir  der  teu- 
fel  ein  bad  haben  zugericht.  Lither  5,  336*;  es  musz  also 
sein,  das  sie  inen  selbs  das  bad  in  der  hülle  wol  bereiten. 
3,  291* ;  CS  were  gut,  das  die  oherkeit  hiezu  thet  und  hiesze 
den  geist  schweigen,  denn  er  weit  euch  zu  Freiberg  gern  in 
ein  bad  bringen,  sehet  euch  wol  für.  6,349'; 

der  in  {ihnen)  auTgegossen  hat  das  päd.    fasln.  $p.  1123; 

das  päd  den  jüden  war  gestift.     IV.  1,30'; 

hat  dis  betrübte  bad  gesiift.    Ri:i6wald  Ir.  Eck.  GS'; 

do  das  dem  feiod  Terkundschafl  ward, 

das  im  bereitet  war  das  bad.    Soltau  385; 

Tor  Sachsenhausen  theten  sie  rennen, 

da  kamen  sie  recht  in»  bad.    406, 

der  baron  verklagte  den  hausbofmeisler  und  glaubte  ihm  ein 
rechtes  bad  angcnchtel  zu  haben.  Göthe  18,  260 ;  daran  denkt 


wol  kein  solcher  unberufner,  welches  bad  er  durch  seine 
vrahrheitsverrätherei  allen  hofbedienten  bis  zur  garderoben- 
jungfer  herab  bereitet.  J.  Paul  dämmerungen  98. 

fericht  ist  sonst  ein  heiszes  bad, 
ariouen  lernt  man  mores.    Soltai;450; 

das  bad  ist  heisz  genug  geheizel,  wem  es  gilt,  der  wird 
schwitzen  müssen.  Luther  6,  332';  got  gebe  gnade  e.  eh.  h., 
das  sie  mir  auch  einmal  solchen  oder  dergleichen  brief  oder 
bolschaft  lasse  zukomen,  der  mich  betreffe,  so  soll  e.  h.  bad 
und  lauge  kriegen.  6,  361';  damit  mancher  armer  gefangner 
durch  freche  unverstendige  schreier  nicht  in  ein  weiter  bad 
geführt  und  verkürzet  werde.  Kirchhof  nn7.  disc.  241 ;  dann 
einer  der  lasier  verschweiget  und  einer  der  falsch  urtheii 
spricht,  die  werden  beide  zugleich  in  einem  bade  baden. 
Uectter  kriegsordn.  48;  hie  wil  ich,  sprach  der  bock,  den 
münch  im  bad  ergreifen  und  ehre  einlegen.  Litther  {gegen 
Emser)  1,  367*. 

4)  einem  das  bad  gesegnen:  wol  bekomme  das  badi  pro- 
sit balneum  !  rief  man  einsteigenden  zu.  häufig  aber  auch  in 
schlechter  bedeutung:  es  übel  bekommen  lassen: 

der  teufet  sprach,  icb  gsegn  dirs  bad.    H.  Sachs  IL  4,  87* ; 

da  lief  ich  frisch  hinzu,  so  wie  ich  war, 

und  mit  der  ait  bab  ich  ibms  bad  gesegnet.    Scbiller  517*; 

um  abend  sülen  sich  die  Schweine  und  wälzen  sich  in  den 
pfülzen,  da  soll  der  Jäger,  ehe  sie  zu  bade  kommen,  auf 
einen  bäum  steigen  und  ihnen  das  bad  gesegnen.  Becher  57. 

5)  das  bad  bezahlen  lassen,  austragen,  aussaufen,  austrin- 
ken {vgl.  ausbaden) :  vollends  mein  bruder  Nicolo,  der  das 
bad  mit  bezahlen  müssen.  Lessisc  2,  150 ;  du  wirst  müssen 
das  bad  austragen,  was  ein  andrer  gethan  hat,  wirst  du  bü- 
szen.  Stieler  76.  aber  das  bad  wird  ausgehen  über  sie  {die 
räche  wird  sie  treffen).  Lcthers  br.  5, 417  (vgl.  ausgehen  5) ; 

und  über  mich  wird  stets  das  bad 
von  neid  und  misgunst  ausgegossen.    Gc.nther88; 
und  weil  die  Unschuld  stets  das  letzte  bad  ausgeuszt.    1063. 

6)  wie  im  gegensatz  zu  balneum  der  pl.  balneae  öffentliche 
bäder  und  heilquellen  bezeichnete,  gr.  al  d'eQuat,  thermae  und 
aquae,  franz.  les  eaux,  pl.  vody,  altn.  laugar  thermae,  weil  an 
solchen  orten  viele  bäder  neben  einander  eingerichtet  waren; 
galt  auch  ahd.  dal.  pl.  a;  padum  ad  balneas,  ags.  ät  badum, 
ät  hätum  badum  für  solche  Warmbäder  und  daher  rühren  die 
Ortsnamen  Baden :  Versuchs  nur  ein  monat,  thu  als  einer  der 
do  leistet  dem  andern  so  lang  freuntschaft,  und  fart  mit  im 
gen  Baden.  Keisersb.  Sünden  des  munds  SO'.  auch  Achen  ist 
ursprünglich  nichts  als  Ahum  =  Aquis.  wäre  unser  epenthe- 
lisches  bäder  so  frühe  üblich  gewesen,  würde  auch  vorkommen 
a;  Padirum  =  Bädern,  wir  könnten  unterscheiden  ins  bad  ge- 
hen (in  balneum)  und  in  die  bäder  (ad  aquas,  Ihermas),  wie 
franz.  aller  au  bain  und  aller  aux  eaux,  aux  bains.  doch  wir 
sagen  ins  bad  reisen,  ich  musz  ins  bad  Pyrmont. 

7)  die  ahd.  spräche  gibt  ihren  Zusammensetzungen  pada,  die 
mhd.  bade,  zuweilen  bat,  das  15.  16  jh.  bad,  später  galt  wie- 
der bade,  wonach  also  hier  geordnet  werden  musz.  man  vgl. 
blutbad,  dampfbad,  fluszbad,  fuszbad,  kräuterbad,  seebad, 
schweiszbad,  solbad,  wildbad. 

BADDELN,  volutari,  putteln,  engl,  paddle:  bis  der  schüt- 
ten an  einem  eckstein  zersprang  und  der  Stutzer  in  seinem 
luchspelze  auf  dem  eise  herum  baddelte,  wie  ein  floh  im  obre. 
Weise  erzn.  3S7. 

BADEANSTALT,  f.  balneae,  mit  kaltem  oder  warmem  wasttr 

BADEANZUG,  m.  badegewand,  badekleid. 

BADEABZT,   m. 

BADEBEKANNTSCHAFT,  f. 

BADEDIENER,  m.  badeknechL 

BADEDIHNE,  f  s.  bademagd. 

BADEEINRICHTUNG,  f.  häusliche  badeeinrichtung,  Aauitad. 

BADEF.XSZ,  n.  vas  larationi  inserviens. 

BADEFAL'M,  m  spuma  balnei:  weisze  haut,  welche  das 
abgekühlte  badewasser  überzieht,  med.  maulaffe  912.  s.  bade- 
schaum. 

BADEFERTIG,  paralus  ad  balneum:  halbnacket,  daher  wir 
sie  vor  allbereit  badfärtig  urtheiletcn.  Birkex  OL  93. 

BADEFLECK,  m.  loctu  lavando  aptus:  hier  ist  ein  guter 
badedeck. 

BADEFRAU,  f.  was  bademuhme. 

BADEFREIHEIT,  /".  sie  müssen  meine  Vertraulichkeit  der 
badelreibeit  zuschreiben.  Klincer  l,  142,  wie  maskenfreibeit. 


1071 


BADEGAST— BADEN 


BADEN 


1072 


BADEGAST,  m.  qui  ad  balneas  venit:  es  sind  heuer  we- 
nig badegäste. 

BADEGEFÄSZ,  n.  was  badefasz. 

BADEGELD,  71.  balncnticum.    s.  badelieller. 

BADEGEBÄTH,  n.  ahd.  padagigarawi. 

BADEGESELLSCHAFT,  f. 

BADEGESINDE,  n.  badgsind.  H.  Sachs  IV.  3,  77*. 

BADEGESCHIBR,  n.  vas  balnearitim. 

BADEGESTRIEGELT,  balneo  pexiis:  0  badgestrigelter  doc- 
tor  von  Costenz !   Garg.  28",  nach  einem  volksliede  der  zeit. 

BADEGEVVAND,  n.  der  mond  windelt  uns  in  ein  nasses 
badegewand  von  woliien  ein.  J.  Paul  lierbstblum.  3,  227. 

Bx\DEHAUBE,  f.  calantica  balncaris. 

BADEHAUS,  BADEHÄUSCHEN,  n.  balnearium,  balineum. 
ahd.  padahüs,  nnl.  badliuis. 

BADEHELLER,  tn.  balneaticum:  wem  spart  ihr  die  drei 
badheiler?  Garg.  41*.  s.  die  unter  bad  2  angeführte  stelle  aus 
H.  Sachs  III.  3,  18'. 

BADEHEMD,  n.  indusium  balneare:  er  hatte  aber  kein 
badhembd  an.  Luther  6,  14l';  und  gehn  doch  beid  im  bad- 
hembd  einer  remigkeit.  Fischabt  bienenk.  84' ;  chorröck,  bad- 
hemder.  20'. 

BADEHRE,  f.  praecinctorium  balneare:  kurz  und  gut,  sie 
hat,  mit  gunst  zu  sagen,  keinen  läppen  am  leibe,  nicht  ein- 
mal eine  badehre.  Wieland  11,  22L  schon  Dasypodius  300'  hat 
badehr,  badtuch  perizonium,  und  Stalder  1, 124  noch  badeere 
ßr  badhemd.  hiesze  es  bades  ehre,  so  würde  sich  das  mhd. 
des  mcigen  kre  und  ähnliches  vergleichen,  jedenfalls  ein  alter 
ausdruck,  dem  man  fernere  aufmerksamkeit  zuwende. 

BADEHUT,  m.  pileus  balnearis,  legumenlum  balneare: 
lind  deinem  weib  ain  alten  padhut.  fasln,  sp.  hl3,  30; 
dein  gschirrlich  (penem)  in  ein  badhut  henk. 

H.  Sachs  IV.  3,  77«. 

BADEHÜTLEIN,  n.  ein  seltsamer  vogf,  der  unter  dem  bad- 
bütlein  erschupft  (eunuchus)  und  nicht  recht  gescheide  war. 
Katziporus  K6. 

BADEKAPPE,  f.  was  bademantel. 

BADEKESSEL,  m.  lepidarium. 

BADEKITTEL,  m.  veslis  linea  balnearis: 
den  pfaffen  heu  nach  dem  bad  gfrorn, 
stund  nahent  bei  dem  ofen  vorn 
in  seinem  schneeweiszen  badkittel.    H.  Sachs  IV.  3,  90*. 

BADEKLEID,  n.  veslis  balnearis:  ich  spreche  doch,  wenn 
sie  aufs  höhest  zürnen,  lieben  herrn,  zürnet  ir,  so  gehet  von 
der  wand,  Ihut  in  ewer  badekleid,  und  hengets  an  den  hals. 
Luther  5,  280'.   nnl.  badkleed. 

BADEKNECHT,  m.  badediener. 

BADEKRAUT,  n.  herba  balneo  salutaris.  dergleichen  bade- 
kräuter  sind  rosmarin,  liebstückel,  kamille. 

BADEKUR,  /.  usus  aquarum:  die  badekur  blieb  unvoll- 
ständig. 

BADELEBEN,  n. 

BADELISTE,  f  gedrucktes  Verzeichnis  der  badegäste. 

BADELUST,  f  Studium  balneorum. 

BADEMAGD,  f.  ancilla  balnearis,  balneatrix:  ich  sihe  wol, 
soll  ich  den  groben  köpfen  allen  iren  mutwiilcn  gestatten, 
würden  zuletzt  auch  die  bademeid  wider  mich  schreiben.  Lu- 
ther 1,  279'; 

und  sol  es  denn  ein  badmeid  bleiben, 
sein  zait  in  rocknstubn  venrcibn.    H.  Sachs  II.  2,  48*; 
und  die  badmeid  henken  das  maul.    IV.  3,  77'. 
s.  badcrmagd.     nac/t  Schmelzl  lobspr.  92  baddiern  eine  fisch- 
galturifi,  was  doch  badedirne? 

BADEMANTEL,  m.  palliiim  balneare. 

BADE.MEISTER,  wi.  balnealor,  der  die  aufsieht  beim  baden 
führt,  auch  im  schwimmen  nnlerrichtet.    s.  badermeister. 

BADEMUHME,  f  obstetrix,  weil  die  hebamme  das  neugc- 
borne  kind  badet,  auch  testis  baptismi,  gevatterin:  also  fiel 
des  kinds  gütlel  von  dem  stcg  in  die  lachen  und  besudelte 
beide,  sich  und  das  kind  so  jcmorlichen,  dasz  das  kind  schier 
erstickt  was  von  unsuberkeit.  also  hülfen  die  andern  frauwcn 
der  bademumcn  mit  dem  kind  wieder  iierusz.  Eulvnsp.  cap.  1. 

BADEMULDE,  f  wanne  zum  baden  des  kindes :  die  kindcr 
.sind  aus  der  bademulde  zu  tode  gefallen.  Weise  comüd.  223 ; 
meine  tochter  ist  mir  nicht  aus  der  bademulde  gefallen,  das. 

BADEMUTTER,  f  was  bademubme.  Scuweimchen  1,  88. 
Felsenb.  1,  224 

BADEN,  lavare,  abluere,  ahd.  padön  padöla,  vihd.  baden 
badete  und  hatte,  nnt,  baden  baadte,  nhd.  baden  badete,    im 


Elsass  ward  aber  zur  zeit  des  16j/i.  auch  stark  gebogen,  nach 
analogie  von  laden  lud  für  ladete  und  schaden  schud  für  scha- 
dete,' welches  schud  organisch  war  {goth.  skajtjan  sköj)).  ein 
beispiel  liefert  Keisersberg:  wenn  mir  {=wir)  nit  büedent. 
post.  1,  24.     ein  andres  Wickram  im  Ovid  4,  10: 

der  Jüngling  in  eim  solch  leiden 
sein  muller  Venus  bitten  ihet, 
dasz  sie  das  wasser  machte  sött  (täte), 
welcher  mensch  fürbasz  büd  darinn, 
dasz  er  beide  natur  gewinn. 

noch  heute  ist  ich  bade,  ich  bud  auch  welterauisch. 

1)  sowol  intransitives  baden,  und  sich  baden,  als  transiti- 
ves baden,  und  letzteres  halte  früher,  gleich  andern  Wörtern 
des  waschens,    kämmens,    scherens  u.  s.  w.  den  dat.  bei  sich : 

ob  sie  den  kinden  badt  und  zwecht.    H.  Sachs  V,  378'. 
ein  schwarzer  mensch  will  sich  weisz  baden.  Lokman  fab.  17 ; 
er  hat  sich  gesund  gebadet,    schaaren  von  jungen  nymfen  ba- 
deten in  stillen  grotten.    Wieland  11,  192;   der  schwan  badet 
im  glänz  rosiger  flut; 

sie  öfnet  früh  beim  morgenlicht  den  laden, 
und  kommt,  ihr  liebes  angesicht  (im  bacli)  zu  baden. 
Göthk  1,208. 

die  Cölner  frauen  badeten  auf  sonnewende  ihre  bände  und 
arme  im  Rhein,  um  alles  unheil  des  ganzen  jahrs  abzuwa- 
schen {mythol.  s.  555).  baden,  sich  erfrischen:  jederman  ba- 
det in  seinem  willen,  erlustiget  sich  in  seiner  kunst.  Frank 
bäum  des  Wissens  124 ;  jederman  ist  wol  und  badet  gleich  in 
seinem  wissen,  künsten,  wssen,  ohne  alle  busz.  135. 

flut,  die  nicht  ersäuft,  nur  badet, 

schimpf  und  scherz  der  keinem  schadet.    Logaü  1,  10, 17. 

2)  in  blut  baden:  in  dem  blut  der  unschuldigen  kind  ba- 
den.  Keisersb.  Sünden  des  mundes  15'; 

und  Israel  im  blut  thet  baden.    H.  Sachs  HI.  1,  96* ; 
werden  kommen  umb  leib  und  gut, 
und  alle  baden  in  dem  blut.    IV.  2,41'; 
die  so  erhitzt  gesucht  in  unserm  blut  zu  baden. 
Grtphius  1,  124; 

in  grausem  blute  will  ich  kühn  mich  baden. 

Fr.  Schlegel  Alarcos  l,  1; 

die  unglückliche  liebe  öfnete  so  früh  alle  adem  seines  her- 
zens  und  badete  es  warm  im  eignen  blute.  J.  Paul  Tit.  2, 124. 

3)  in  der  luft  baden,  das  luftbad  nehmen,  sich  im  freien 
bewegen  und  ergehen  zur  gliederstärkung : 

lustig  hinaus  in  das  dampfende  thal 

über  berge,  über  klüfte, 

die  ermatteten  glieder  zu  baden 

in  den  erfrischenden  strömen  der  lüfte!    Schiller  497'; 

die  unbedeckte  brüst  im  frischen  morgenwinde  baden.  J.  Paul 
Hesp.  1, 125 ;  und  badet  {die  sonne)  nackt  im  blau,  flegelj.  l,  28. 

4)  Güthe  badete  sich  des  morgens  in  den  Sonnenstrahlen, 
abends  im  mondschein: 

auf,  bade,  schüler,  unverdrossen 
die  irdsche  brüst  in  morgenroth.    12,  32 ; 
Faust  zum  mondschein: 

(ach  könnt  ich  doch) 
von  allem  wisscnsqualm  entladen 
in  deinem  thau  gesund  mich  baden.    12,30; 
und  geh  ich  meinen  alten  gang 
meine  liebe  wiese  lang, 
tauche  mich  in  die  sonne  früh, 
bad  ab  im  monde  des  lages  müh. 

an  fr.  von  Stein  1 ,  109, 

vgl.  abbaden.  sich  in  den  warmen  sand  am  gestade  des  mens 
strecken  und  sonnen,  ist  auch  einem  bade  gleich,  von  den  hü- 
nern, die  sich  im  sande  putteln,  heiszt  es  dasz  sie  baden 
{s.  baddeln).  man  sagt  im  sande  baden  für  waten:  wir  ha- 
ben lange  im  schlämm  baden  müssen,  ehe  wir  trocknen  fusz 
fassen  konnten. 

5)  in  thränen  baden,  nnl.  zieh  in  tränen  baden: 

mild.  1*15  ougen  mtiosi  er  wangcn  baden.    WinsbekeM; 

nhd.  dann  ich  in  zähren  bade.    Sprk  18; 

Lividus  ist  tödlich  krank,  will  er  leben,  sol  er  baden 
aus  den  thrcneu,  die  er  gusz  {yost)  über  eines  andern  schaden. 
LocAu  I,  10,  90; 

des  Jünglings  grab,  das  ich  noch  itzt  mit  thrnncn  bade. 
GöKiNGK  I,  191  ; 

er  wirft  sich  vor  ihr  nieder,  er  badet  ihre  bände  in  thrünen. 

Götme  17,  391 ; 

lange  genug  bat  in  thrnncn  sich  baden 

kümmernis  müssen  in  furchtbarem  drang.    Huckkrt  215. 

6)  f?i/id.  in  jämer  baden.  U7i.  47,  22  ;  in  riuwcn  baden.  MSII. 
3,  a53';  in  herze  riuwc  baden.    Freihank  35,  5;    daj  herze  in 


1073 


BADEN— BADER 


BADEREI  — BADESTÜL 


1074 


jämer  baden.  TObl.  Wh.  26';  In  zwivel  baden.  95',  in  sweiftl 
stecken  ; 

kein  gröszer  übel  ist,  als  wenn  ein  mann  in  schaden 

auf  gute  Treuode  trawt,  die  doch  ihn  lassen  baden  (ausbaden). 

Opitz  3,  314; 
was  war  die  übeltbaL,  damit  er  so  verstieszl 
dasz  er  in  Partben  uns  allcine  baden  liesz. 

LouExsT.  Cleop.  22,  7S2; 
die  weiber  badeten  Tor  jamtner 
im  scbweisze  sich.    Gotter  1, 155. 

7)  in  wein  baden: 

dich  wird  der  liebste  wirt  mit  speisen  überladen, 
mit  gläsern  auf  dich  gebn  und  dich  mit  weine  baden. 

Gellert  2,  5; 
mit  malrasier  baden  mein  zen.    H.  Sachs  III.  1, 198*; 

in  frischpepresztem  wein 
zween  satirn  ihre  kehlen  baden.    Wiela:<d. 

aber  den  wein  baden  heiszt  ihn  mit  tcasser  mischen. 

8)  unter  dömern  baden: 

dorn  und  distel  stechen  sehr, 

falsche  zungen  noch  viel  mehr, 

doch  wolt  ich  lieber  unter  dorn  und  distel  baden, 

als  mit  falschen  zungen  sein  beladen. 

SCHL-PPICS  311. 

9)  einen  kranken  finger,  die  äugen  u.  s.  w.  baden. 

10)  die  bienen  baden,  den  bienenstock  in  icasser  tauchen, 
um  sie  matt  :u  machen. 

11)  das  möhli^d  badet,  vrasser  steht  so  hoch  daran,  dasz 
die  schaufeln  bedeckt  sind  und  der  gang  gehindert   ist. 

12)  er  sieht  aus  wie  eine  gebadete  maus.  Stieleb  76;  sie 
brachte  mich  demnach  als  eine  gebadele  maus  nach  hause. 
Plesse  1,  52.  itaque  stalim  urceatim  plovebat,  aut  lunc  aut 
nunquam,  et  omnes  ridebant,  uvidi  tanquam  mures.  Petron. 
cap.  44. 

BäDENF.\HRT,  f.  iter  ad  balneas:  ich  wil  in  Briger  bad 
ein  badenfart  für  das  podengran  han,  bud  mit  mir,  ich  wil 
dir  die  badenfart  zaien.  ich  halt  gar  ein  gute  badenfart.  Tho. 
Plateb  88 ;  so  sie  sprechen,  secht  an  den  groszen  häufen  der 
knicken  und  stecken,  lesen  die  zeichen  ab  den  tafeln  herab, 
die  besehehen  sind,  und  wen  es  schon  alles  war  wer,  ist  der 
Ursprung  ein  cörper,  so  halts  (gut)  für  ein  badenfart,  dann 
zu  beiden  seilen  gerats  wol  und  übel.  Paracelscs  l,  107';  so 
ist  auch  gut  ein  badenfart.  im  dritten  jähr  einmal,  gen  Pfeffers 
am  besten.  1,690";  wir  wollen  der  badenfart  auswarten.  Frey 
garleng.  c.  68 ;  heiligen  walfart  ist  für  ein  badenfart.  Fischabt 
bienenk.  185*.    eine  andere  stelle  bei  Obeblin  84  nachzulesen. 

BADENWALLFAHRT,  f.  dasselbe,  badenwalfarlcr  {die  ins 
bad  ziehen).  Garg.  17'. 

BADEMSCH  ßr  badisch: 

die  badenischen  nymfen.  WgCKHKaLiN  359. 
die  bildung  ist  aber  tadelhaß,  da  wir  von  Hessen,  Preuszen, 
Tübingen,  Güttingen  hessisch,  preuszisch,  tübingisch,  güttin- 
gisch  ableiten,  obschon  auch  heule  hin  und  wieder  badensch 
geschrieben  wird,  das  lat.  badensis,  bremensis  kann  ßr  ba- 
densch, bremensch  kein  masz  geben. 

BADEPLATZ,  m.  badefleck,  badesteile. 

BADEQL'AST,  fasciculus  ramorum  Stieleb  1489;  und  bleibt 
war,  das  es  ist  ein  gewürz,  schanddeckel  und  badquest  aller 
l.oshaitj  Fra5i  paradoxa  125';  LC.ntzel  slißsfehde  s.  207.  5.  ha- 
derqueste. 

BADEQUELLE,  f. 

und  klar  und  hell 

die  badequelle.    BL'rckr  IC. 

BADER,  m.  balnealor,  ßaXavevi,  dann  auch  chinirgus,  der 
kranke  zu  baden,  öffentliche  badstuben  zu  hallen  pflegt,  wo  zu 
tider  gelassen  und  gesdnöpß  wird;  zuweilen  vom  barbier  un- 
terschieden, bischof  oder  bader,  aut  caesar  aut  nihil;  bi- 
^chof  oder  bader,  es  musz  gehn  oder  brechen.  Fraxk  sprichw. 
2,  &9*;  und  wollen  mit  dem  köpf  hindurch,  drein  oder  drü- 
lier,  bisdiof  oder  bader.  Lltrer^,  444*; 

weh  dem,  d«r  mit  einem  hadr 

in  seiner  not  von  diesem  hadr 

sich  musz  die  kolbe  lassen  heiin. 

RmcwALD  taut.  warh.  34; 

«in  schlag,  den  nicht  sobald  der  bader  heilt.    83; 
hader  erkennt  man  an  der  schürze  und  nimmt  in  ihrem'amte 
Ihnen  uicUu  übel.    GötheS,  38;    ein  ?ersofifener  bader.  Stie- 
ler 76; 

ei  ijjet  als  ein  mider 

ond  trinket  als  ein  bader.  jüngling  610; 

«6  ijj  ith  als  ein  mjkder, 

*i  tunk  ich  als  eio^ader.    far.  schiiter  227 ; 


den  schlechten  reim  mdd:  bad  halte  auch  ein  anderes  Sprich- 
wort (bad  2). 

BADEREI,  f.  hadestube:  welcher  den  andern  gestochen  hat, 
der  in  der  baderei  lieget,  eausenmacher  106. 

BADEREIBERIN,  f.  balneatrix  frieans:  langweilig  anzuse- 
hen, wie  ein  alte  badreiberin.  Gary.  15;  kloslerläuferin,  bad- 
reiberin,  krankenwarterin.  273'. 

BADEREISE,  f.  iter  ad  balneas.   s.  badenfahrt. 

BADERGASSE,  f.  platea  balneatorum. 

BäDERGESELL,  »71.  baderknecht,  balnealor  junior. 

BADERHÜTLEIN,  n.  von  stroh  oder  binsen  geflochten :  ^esf  9.- 
sian  flechtet  baderhüllein.    Garg.  185'.    s.  badehütlein. 

BADERIN,  f.  balneatrix.  ßocc.  l,  163'.  Tho.  Plateb  52 

BADERISCH:  nichts  barbierisch,  badensch  oder  hümple- 
risch  gehandelt.  Paracelscs  1, 1020'. 

.     BADERLICH,  balnearius:    es  ist  mir  jetzt  nicht  baderlich, 
ich  habe  keine  lust  zu  baden.   Stieleb  77. 

BADERLOHN,  m.  balneaticum. 

BADERMAGD,  f.  er  heiszt  mich  einen  wechselbalg  und  ba- 
dermagds  son.  Lcthebs  tischr.  259*. 

BADERMEISTER,  m.  samt  einem  barbier  und  zweien  ba- 
dermeistern. Abele  3, 179. 

BADERMÜCKE,  f.  phryganea,  wassermücke. 

BADERQL'ESTE,  m.  fasciculus  ramorum,  badebesen,  russ. 
Tjenik",  /«/(.  wanta,  mhd.  queste.  Parz.  116,  4.  Wh.  436,  10; 
figürlich:  menschen,  die  da  mit  dem  baderquesten  der  ent- 
schuldigung  understont  zu  verbergen  ire  lasier.  Keisersberg 
Sünden  des  munds  13",  wie  nackte  reiser  torhalien.  vgl.  Od.  6, 
128.  129.    s.  badequast. 

BADERSCHL'RZ,  m.  supparum  balnealorium. 

BADERSKOPF,  m.  Cucurbita,  schrOpßopf. 

BADERWÄSSER,  n.  weil  aber  gottes  name  und  wort  da- 
rinne  ist,  so  mustu  es  nicht  für  schlecht  und  ledig  wasser 
halten,  als  das  nicht  mehr  ausrichte,  denn  das  badenvasser. 
Luther  6,  282'. 

BADESCHAF,  n.  vas  balnearium: 

ain  padschaf  und  aio  wiegen,    fastn.  «p.  574, 2. 

BADESCHAü.M,  m.  was  badefaum. 

BADESCHIF.  n.  das  zu  bädem  eingerichtet  tor  anker  liegt. 

BADESCHILD,  m.  alreus  balnearius,  badewanne:  auch  sal 
man  einen  armen  man  in  diseme  gerichte  lassen  siUen  uf 
dem  sime,  die  wile  he  sich  mag  behalden  under  einem  bad- 
schilde.  wcisth.  3,  356;  wer  aber  alhie  eigen  und  erbe  hat, 
derselbige  sal  sich  darauf  finden  lassen,  und  denselbigen  sal 
man  auch  uf  keinen  groszem  buwen  dringen,  diewil  er  sich 
unter  "feinem  batschilde  erhalten  mag.  3,  378;  item,  ob  einer 
verarmt,  das  er  sinen  bew  nicht  gehalten  kan,  sol  er  einen 
schilt  stürzen  uf  sin  erb  oder  gut,  sol  er  us  dem  balschild 
geben  des  besten,  das  er  vermag,  so  sollen  die  herren  in  nit 
zu  rertriben  haben.  3,  386.  der  badschild  dieser  hessischen, 
uralten  rechtsformel  könnte  noch  auf  das  baden  der  kinder  im 
Schild  (bad  1)  zurückweisen;  den  namen  liesz  man  auch  der 
badewanne  jüngerer  zeit.    s.  backschild. 

BADESCHLAMM,  m. 

BADESCHRÖPFER,  m.  hörten  gemeinlirh  auf,  wann  sie 
über  den  ganzen  leib  von  schweisz  tropften,  wie  ein  bad- 
schrcpfer.    Garg.  174". 

BADESCHCRZE,  f.  subligar:  da  soll  sich  der  brSutigam 
wol  gar  in  einer  badeschflrze  trauen  lassen.  Weise  erzn.  253 ; 
aber  ein  Stutzer,  wenn  er  im  bade  oder  bette  ist,  musz  den 
zetlel  an  statt  einer  badeschürzen   anhcngen.    kl.  leule  267. 

BADESCHWAMM,  m.  spongia  balnearis. 

BADESINTER,  m.  ein  tuf,  der  in  warmen  bädem  anlegt. 

BADESO.MMER,  m.  so  ein  badesommer  ist  wirklich  ein 
gleichnis  eines  menschcnlebens.   Güthe  an  fr.  von  St.  3,  399. 

BADESTELLE,  f.  badefleck. 

BADESTRIEGEL,  f  s.  badegestriegelt. 

BADESTL'BE,  f.  balnearium,  baderri,  mhd.  badstube:  da« 
ist  wider  die  jnden  und  bösen  Christen,  die  da  spöttisch  re- 
den von  den  heiligen  sacramenten,  als  man  dan  thnt  in  den 
batstuben.  Keisebsb.  zünden  des  munds  44*;  in  die  baKtSbcn 
geen.  89*;  schaffen  wolt,  dasz  wir  heimlich  und  beid  uns  in 
einer  badstuben  zusammen  fiigten  (farebbe,  che  io  potrei  cs- 
sere  segrelamente  ad  un  bagno).  ßocr.  1,162';  zu  einer  alten 
frawen  gieng,  die  da  badstuben  hielt  (ad  una  buona  femmina, 
che  quel  bagno  teneva).  1,  163';  dasz  der  bader  auf  seinem 
rittergute  die  badstube  abkaufen  wolle.  Weise  kl.  leule  241. 
BADESTÜL,  m. 

68 


1075 


BADESTUNDE  —  BAGSCHIRREN 


BAH  — BAHN 


1076 


BADESTÜNDE,  f.  stunde,  wo  man  badet. 

BADETAG,  m.  Agricola  sprichw.  Ih.  2  n*  351. 

BADETROG,  m.  badewanne. 

BADEWANNE,  /.  alveus.  s.  bademulde,  badeschild,  badetrog. 

BADEWARM,  ad  lavandum  aptus,  ad  bibendum  ineptus: 

so  wurd  (las  wasser  im  badwarm 

das  schmeckt  dann  so  elend  arm.    H.  Sachs  II. '4,  69'; 

Schutt  ein  ein  külen,  der  (vorige)  war  badwarm,  es  war  mir, 
als  tränk  ich  meiner  mutter  milch.  Garg.  242';  ein  kalter  trunk 
Wassers  wird  (dem  durstigen  schnülei)  basz  schmackend  sein,  dan 
den  reichen  hünerfressern  der  badwarm  gänswein.  groszm.  30. 
r)\an  sagt,  etwas  badewarm  erzählen,  von  frischen  neuigkeiten. 

BADEWASSER,  n.  das  kind  sammt  dem  badewasser  aus- 
geschüttet.   Felsenb.  1  vorrede. 

BADEWEIB,  n.  badefrau. 

BADEWETTER,  n. 

BADEWIRTSCHAFT,  f.  so  will  ich  (in  Carlsbad)  aushalten 
und  so  wird  aus  der  zerstückten  badewirtschaft  für  mich  ein 
ganzes.    Göthe  an  fr.  von  Stein  3,  173. 

BADEZEIT,  f.  tempus  lavandi. 

BADEZEUG,  n.  badegeräth. 

BADEZIMMER,  n.  badeslube. 

BADEZUBER,  m.  vas  balneare,  labrum :  im  badsuber  sitzen. 
Maaler  49*. 

BADISCH,  s.  badenisch. 

BADMEN,  juvari,  proficere.  lügen,  triegen,  biegen  ist  ir 
täglich  brot  und  badmet  (gedeiht  ihnen,  schlägt  an).  Frank 
weltb.  155';  untreuw  musz  ihren  herren  treffen,  unrecht  gut 
nit  badmen.  chronik  250';  das  si  (die  well)  in  Sünden,  irr- 
thumb,  ketzerei  bad  oder  badmet.  verbütschicrt  buch  3'.  auch 
mhd.  erscheint  D  für  T  in  baden :  bestaden  bei  Herbobt  2697, 
wo  leicht  zu  ändern  wäre  baten:  bestalen.  mehr  über  dies 
Wort  unter  hatten. 

BADSTANDE,  f  labrum, 

BADSTEIN,  m.  baplisterium. 

BADSTUBENTHÜR,/-.  Plat.s.  52.badstubenthürlein.  Garg.  40'. 

BADSTÜBLEIN,  n.  sie  machen  nur  kaltpfinnische  badstüb- 
lin  draus.  Gary.  224';  badstüblin  (warzen)  auf  der  nasen.  109'; 
musz  man  dir  das  badstüblein  wärmen?  KiRcimofEn  Schweiz. 
spr.  54. 

BAF,  interj.  fragorem  indicans:  ich  wittre  den  frasz,  laure 
dem  burschen  in  einem  hohlwege,  baf!  liegt  der  marder  — 
wir  haben  das  huhn.  Schiller  163";  herzogWoIf  und  er  trafen 
auf  einander,  baf!  stiesz  er  ihn,  dasz  der  gute  herzog  zehn 
schritte  hinter  seinem  rosse  niederpatschte.  Fr.  Müller  1,  220. 
Stieler  81  deutet  das  wort  aus  dem  knall  der  ßinte,  führt  aber 
auch  80  baf!  vom  hundegebell  an,  vgl.  baffen,  hälfen,  eins 
mit  paf,  pifpaf,  puf,  bardauz  «.  a.  m. 

BÄFCHEN,  s.  befchen. 

BAFESE,  f  scutum,  aus  dem  it.  pavese  m.,  franz.  pavois, 
gewöhnlich  pafese  geschrieben,  z.  b.  bei  Aventin  17' :  leg  zwo 
bafesen  kreuzweis  daruf. 

BAFFEN,  nach  Stieler  81  percrepare  und  latrare,  was  zum 
lat.  baubare  stimmt,  nach  Schmid  schw.  wb.  37  zanken  und  wi- 
derbellen.   fceJ  Maaleb  49' bäfifen,  6e//en.    mn/.  haften  =  blaffen. 

BAFFEN,  percutere,  ferire,  so  dasz  knall  und  fall  eins  war, 
also  von  bafi  abgeleitet:  und  meinet  man  wunder,  wie  es  ge- 
bäft  oder  getroffen  sei.  Simpl.  1,  531;  der  richter  schändcts 
(das  ihn  bestechende  geschenk)  zum  schein  hinweg,  die  frau 
winket  es  wieder  her,  und  damit  meint  sie  wie  sies  bäfte 
(es  recht  getroffen  zu  haben).  2,  322- 

BAFZEN,  latrare:  der  hund  häfzt  den  dieb  an.  Stieler  81 
schreibt  hefzen,  Schmid  37  aber  bäfzen,  bäfzgen.  Staliier  1, 125 
bätzgen  kläffen,  bäfzgerli  kleiner  kläffer.  Maaler  49'  hat  bäfzen 
und  liäizen  wie  ein  fuchs. 

BÄGERN,  vexare,  cruciarc:  dasz  mich  das  volk  plagt  und 
bägcrl,  ihnen  eine  oper  zu  machen.  Wieland  6e»  ^/erffc  1,  109. 
ScuMiü  schw.  wb.  37,  der  das  ahd.  paian,  mhd.  bägen  zan- 
ken vergleicht.  Stalder  1, 125  veneichnel  aber  bäggen,  backen, 
hauen,  hacken. 

BAGGER,  m.  Werkzeug  zumauswerfen  des  Schlamms  und  san- 
des,  s.  das  folgende. 

BAGGERN,  ein  unhochdeulsches,  aus  dem  nnl.  baggeren  ent- 
lehntes wort  für  das  räumen  und  reinigen  der  graben  und  ka- 
näle,    den   schlämm    aus  dem  gründe  schöpfen  tind  auswerfen. 

BAGGERTORF,  m.  leichter  schlammlorf,  der  auf  nicderuiigs- 
seen  schwimmend  mit  netzen  gefischt  wird. 

BAGSCHIRREN?  so  gehen  wir  {in  der  fatlnuht)  umb  um- 


schanzen,  prassen,  rassen,  danzen,  mummen,  stummen,  prum- 
men,  rennen,  fechten,  ringen,  stechen,  bagschirrn  mit  der 
trummen,  butzen,  mutzen  und  larfieren.   Garq.  50'. 

BAH,  s.  ha! 

BÄHEN,  fovere,  ahd.  pälian  (mit  verlängertem  vocal,  wie  in 
fähan)  GraffI,  4,  mhd.  been  (Ben.  1,78'  wie  draen,  ssn),  ver- 
wandt mit  bächeln  und  bächern,  refocillare,  welchen  doch  nnl 
bakeren  zur  seile  steht,  bähen  bedeutet  uns  wärmen  und  trock- 
nen, dürren :  kranke  glieder  bähen,  die  geschwulst  bähen ; 
ihm  lückisch  olir  und  wange  kneifet, 
die  ihm  der  gartner  mühsam  bäht.    Stolbkrg  9,  338; 

aber  auch  schnitten  und  semmein  in  der  pfanne  rüsten,  gebä- 
het brot,  panis  tostus,  gebähet  fleisch,  caro  focillata;  mhd. 

er  bat  in  lange  sniten  ba;n 

und  inme  kejjel  umbe  drcen.    Parz.  420,  29; 

nhd.  blumen  und  laub  im  topf  treiben: 

früheres  maiengebüsch, 
welches  im  bähenden  topf  sie  beschleunigte.    Voss  3,  123. 

den  kohlenmeiler  bähen,  anzünden  und  erglühen  lassen,  bevor 
er  mit  erde  bedeckt,  holz  bähen,  um  ihm  den  hast  abzuzie- 
hen, weiden  im  ofen  bähen,  um  sie  desto  biegsamer  zu  machen. 

BÄHKISSEN,  n.  fomentum. 

BÄHMITTEL,  n.  malagma. 

BAHN  [han],  f.  via  trita,  ein  für  die  geschichte  unserer 
spräche  lehrreiches  wort.  golh.  finden  wir  banja  vulnus,  ags. 
benn,  altn.  ben  vulmis,  ahd.  pano  percussor,  interfeclor,  ags. 
bana,  fries.  bona,  alln.  bani  occisor,  schw.  bane  occisio,  ho- 
micidium,  dän.  bane  vulnus  und  occisio,  engl,  bane  gift  und 
verderben,  das  will  sagen  mord  und  todschlag,  mhd.  bau 
(Ben.  1,  82').  alle  diese  ausdrücke  fehlen  nhd.  mnl.  nnl.,  hin- 
gegen bietet  sich  dar  mhd.  ban  via,  callis,  nhd.  bahn,  mnl. 
baen,  nnl.  baan,  schw.  bana,  dän.  bane,  welche  umgekehrt  golh. 
ahd.  ags.  altn.  mangeln. 

So  unvereinbar  anfangs  auch  die  begriffe  todschlag  und 
strasze  scheinen,  beide  reihen  müssen  einer  quelle  entflossen 
sein,  wie  die  bedeutung  lehrt,  setzen  wir  als  würzet  ban  fe- 
rire, so  entspringt  daraus  banja  nXriyri,  it.  ferita,  die  ge- 
schlagne wunde,  bana  percussor,  todschläger,  und  bahn,  via 
trita,  le  chemin  baltu,  die  von  füszen  und  wagen  getretne, 
breilgeschlagene  strasze.  nicht  anders  sagte  man  die  sträje, 
den  wec  bern,  den  weg  treten,  von  bern  ferire  (Ben.  1,  144*^ 
und  noch  bedeutsamer  ist,  dasz  von  der  würzet  wig,  altn.  veg, 
skr.  vah,  lat.  veh  sowol  unser  bewegen,  fahren  und  weg,  via 
=  veha  stammt,  als  das  altn.  vega  ferire,  percutere,  erschla- 
gen, selbst  schlagen  entfaltete  aus  sich  die  Vorstellung  slaha, 
mhd.  slä,  vestigium,  getretene,  eingeschlagene   wegspur. 

Zugleich  ist  der  würzet  ban  hohes  alterthum  beizulegen,  da 
jenem  bana  gr.  (poveiss,  dem  banja  (povos  (vom  verlornen  fdvco) 
und  lat.  funus  begegnen,  aus  dem  sanskrit  entspricht  van  ferire 
(Ropp  308"),  dessen  V  wie  öfter  für  BH  steht,  nicht  entspricht 
(wie  Graff  3,  125  meinte)  han  occidere,  welches  vielmehr  aus 
dhan  hervorgieng  (Bopp  397')  und  zu  unserm  tod  und  tödten 
gehört. 

Bahn  also  bezeichnet  den  durch  ungangbare,  unfahrbare  ge- 
gend,  über  rauhe,  schwierige  stellen  getretenen,  gebrochenen,  geeb- 
neten, geglätteten  weg  oder  pfad;  felsenbahn,  waidbahn,  wild- 
bahn, eisbahn,  gleitebaiin ;  die  Schlittenbahn  führt  über  den  ver- 
schneiten boden,  die  kegelbahn  die  kugel  zu  den  kegeln;  knot- 
tenhahn,  tenne  zum  ausdreschen  der  fiachsknotten ;  tanzbahn; 
reitbahn,  rennbahn,  stechbahn  sind  für  reiler  eingerichtet,  und 
in  unserer  zeit  hat  das  wort  durch  die  crfindung  der  dainpf- 
bahnen  oder  eisenbahnen,  die  schon  das  blosze  bahn  kennbar 
macht,  weiteren  umfang  gewonnen,  nordbahn,  ostbahn  sind 
rtchtungcn  der  eisenbahnen.  An  sich  drückt  bahn  einen  ge- 
machten weg  über  das  land  aus  und  steht  insofern  dem  fluiz 
gegenüber,  der  einen  natürlichen  weg  bildet: 

und  zwei  zusammen  sehen  (lusz  und  bahn 
und  bcrg  und  busch  sogleich  ganz  anders  an. 
GöTUS  3,  138. 

doch  heiszt  auch  der  flusz  die  staublose  bahn,  der  Wasserweg 
(wasserbalm  bei  GiiriiE  2,  39)  und  durch  das  eistreibende  ge- 
wässer  wird  dem  schiffe  bahn  gehrochen.  Olearius409<:  dasz 
man  auch  tnicknes  fuszes  in  seiner  (des  flusses)  bahn  spa- 
zieren kan.  pers.  rosenth.  7,  6.  d.  i.  im  fluszbett. 

Redensarten. 

1)  liier  ist  bahn;  wir  wateten  im  scbnee,  es  war  durchaus 
keine  bahn ;  nun  wäre  freie,  ebene  bahn  bis  auf  diesen  är- 
gerlichen, zUlien  klumpen  fleisch.  Schiller  112;  und  wird  eine 


1077 


BAHN 


BAHN— BAHNEN 


1078 


ban  sein  dem  übrigen  seines  Tolks.  Es.  11,  16;  zu  der  zeit 
wird  eine  ban  seiiv  von  Egypten  in  AssjTien.  19,  23 ;  und  es 
wird  daselbs  eine  bane  sein  und  ein  weg.  35,  8.  nnl.  rer- 
icendet  man  zumal  das  diminutiv  baantje,  um  anzudetUen,  dasz 
etwas  rorlheilhaß  ist:  het  is  een  goed baantje,  vooi-een  baantje 
dienst  nemen. 

2)  babn  machen,  reine  bahn  machen,  die  bahn  frei  ma- 
chen, räumen,  nnl.  de  baan  klaar  maken:  macht  ban  dem, 
der  da  sanft  her  feret.  ps.  68,  5 ;  du  hast  für  im  die  ban  ge- 
macht. SO,  10;  macht  auf  dem  gefilde  eine  ebene  ban  un- 
serm  gott.  Es.  40,  3;  der  im  mer  weg  und  in  starken  was- 
sern ban  machet.  43,  16;  machet  ban,  machet  ban,  reumet 
den  wegl  57,  14;  weichet  Tom  wege,  machet  euch  von  der 
ban  I  30, 11.  bildlieh,  Kant  hat  hier  bahn  gemacht,  einen  neuen, 
vorher  unbetretetien  weg  eingeschlagen;  Justinian  hat  in  der 
nov.  115  nicht  so  reine  bahn  gemacht,  wie  in  nov.  HS.  Hcgo 
heut.  röm.  recht  1826  s.  206.  ebenso  bahn  brechen  durch  fei- 
gen und  Wälder,  bildlich,  rorangeheri,  neues  erfinden:  daher 
heiszt  er  in  der  schrift  primogenitus  ei  morluis,  als  der  uns 
die  ban  gebrochen  und  voi^angen  ist  zum  ewigen  leben.  Lu- 
ther 6,79";  dieser  gelehrte  bricht  immer  bahn; 

und  doch  sich  neue  bahnen  brechen 
heiszi  in  ein  nest  gelehrter  wespen  stechen. 
Wiela:»d  17,  14. 
die  bahn  kehren,  zumal  von  schnee  auf  dem  eis:  es  ist  ent- 
setzlich kalt,    wenn   sie  auf  der  Um  fahren  wollen,   es   wird 
bahn  gekehrt.  Göthe  an  fr.  von  Stein  2,  13.     ein  ban  speien, 
es  möcht  einer  han  ein  schiffelein  gefurt.  Garg.  89*. 

3)  bahn  halten,  einhalten;  man  sagt  so,  wenn  sich  begeg- 
nende nach  demselben  orte  gehen,  namentlich  wenn  ein  flei- 
scher  eben  den  weg  auf  die  dOrfer  einsehlägt,  den  schon  der 
andere  genommen  hat.  auf  der  bahn,  in  der  bahn  bleiben : 
auf  das  du  wandelst  auf  gutem  wege  und  bleibest  auf  der 
rechten  ban.  spr.  Sal.  2,  20 ;  das  ich  auf  rechter  bane  bleibe. 
LcTHER  6,  345';  aber  das  lassen  wir  jetzt  faren  tind  bleiben 
auf  der  ban.  3,  293*.  umgekehrt,  die  bahn  verlassen,  verlie- 
ren, aus  der  bahn  schreiten,  treten:  die  da  verlassen  die 
rechte  ban  und  gehen  finstere  wege.  spr.  Sal.  2,13;  der  tritt 
freilich  aus  der  ban  und  ist  des  teufeis.  Llther  3,  327'; 

und  sein  verstand  triit  gänzlich  aus  der  bahn. 
Wieland  22,  "l ; 
den  jungen  aus  der  bahn  schreitenden  geistlichen.  Götbe  19,  99. 

4)  auf  der  bahn  sein,  unterwegs  sein,  herannahen:  der  fünft 
i^t  auf  der  ban.  Luther  3,  2S5' ;  darnach  müssen  denn  folgen 
seiche  falsche  geister,  die  selbs  nicht  wissen  noch  ie'erfaren 
baben,  was  es  ist  das  sie  leren,  wie  es  bereit  allenthalben 
auf  der  bun  (im  gang)  ist.    6,  35*; 

denn  sieb  die  nit  ist  auf  der  ban, 
wie  manche  bände!  leigen  an. 

HiXGWALD  laut.  warh.  93; 
wann  Helena  kann  zehren 
rersieszen,  wie  sie  thut,  was  Tall  ist  auf  der  bahn  ? 
Opitz  1,  241. 
auf  der  bahn  liegen  a6er  bedeutete  auf  der  strasze  liegen,  ve- 
gelagem:    und   mir   selbst    aus   treuer  meinung  atizeigt  und 
sagt,    ich  leg  (läge)  immer  auf  der  ban.    Götz  vos  Bebl.  le- 
bensb.  49. 

5)  auf  die  bahn  kommen,  heraus  kommen,  erscheinen:  wann 
sie  die  heiligen  bocbpreisen,  so  kompt  gleich  die  anrufung 
der  heiligen  auf  die  ban.  brenenk.  31* ; 

so  wird  er  kommen  auf  die  bahn, 

dich  hOren  und  beschützen.     Risgwjlld  geittl.  Ued.Ei*; 

igott)  sein  Tätterliches  rüthelein 

leszt  auf  die  bahne  kommen.    F4*; 

bei  einem  glase  wein  kömmt  manches  auf  die  babn. 
Lkssi.-«g  1,  182; 
er  hoffe,    dasz  ich  schärfere  beweise  zu  gelten  haben  würde, 
als  bisher  auf  die  babn  gekommen  waren.  Wieu^>d  15, 134. 

6)  auf  die  bahn  bringen,  aufs  tapet,  vorbringen:  er  wollte 
die  Sache  auf  die  bahn  bringen.  Wickbam  roZ/ic.  8S; 

das  du  grob  louen  bringt  auf  dban.    Scheit  grob,  gl; 

ein  newes  auf  die  babn  zu  bringen.    Rimgwald  l.  warli.  194; 

könt  selizam  gscbicia  auf  die  bahn  briogn.    Atbs*  fattn.  V; 

und  was  ich  weiter  nicht  mag  bringen  auf  die  bahn, 

dadurch  ich  sonsten  wol  in  argwöhn  kommen  kan. 

,   .,  ,  .  Opitz  1,131; 

bald  bnnrt  man  anf  di<>  b.ibn 

ein  unertionc  lehr.       Gktpbics  1,  IS; 

sie  brachten  auf  die  bahn  indessen  ibr  bedenken 

Wkroebs  .4rio«(  20,  23; 
drumb  bringt  ihr  bocksbeutel,  ilu-e  ratio  Status  etwas  anders 
auf  die  bahn.  Scdcfpics  S;    solche  brodlose  grülenfangereien 


auf  die  bahne  bringt.  Weise  erzn.  221 ;  dasz  bei  tische  nichts 
auf  die  bahn  gebracht  werden  konnte,  wovon  man  nicht  im- 
mer wieder  auf  Bonifazchen  zurück  gekommen  wäre.  Wie- 
land 15, 163 ;  bringt  klaren  nnsinn  auf  die  bahn.  18,  110 ;  er 
brach  ab,  brachte  aber  das  gesprüch  bei  andern  gelegenhei- 
ten  wieder  auf  die  bahn.  Götbe  19,  273;  die  erdichtete  art 
von  freiheit,  die  einige  auf  die  bahn  gebracht  haben.  Ka-tt 
6,  9 ;  neue  plane  auf  die  bahn  bringen.  6,  405 ;  einen  ein- 
wurf  wiederum  auf  die  bahn  bringen.  8,  201. 

7)  leiten  und  führen  auf  die  bahn,,  auf  der  bahn:  herr 
weise  mir  deinen  weg  und  leite  mich  auf  richtiger  ban.  ps. 
27,11;  ich  wil  dich  auf  rechter  ban  leiten,  spr.  Sal.  i,  II;  dein 
guter  geist  füre  mich  auf  ebener  ban.    ps.  143, 10 ; 

ist  liebe  dann  wol  blind?  wann  ich  sie  recht  seh  an, 
so  siht  sie  ortmals  mehr,  als  jemand  sehen  kau, 
und  fuhrt  was  nirgend  da,  noch  dennoch  auf  die  babn. 
LoGAC  1,  8,  76. 
verführen:  lasz  dich  nicht  verfuren  auf  irer  ban.    spr.  Sal.  7, 
25;    die   rechten  heubtstücke  faren  lassen  and  also  listiglich 
aus  der  ban  gefürt  werden.  Lcther  3,  37. 

8)  sich  auf  die  bahn  stürzen,  werfen:  er  stürzt  sich  auf 
die  bahn  des  lasters;  merkwürdige  menschen,  die  sich  in 
seine  bahn  werfen,  zerstreuen  seine  aufmerksamkeit.  Schil- 
ler 763 ;  ein  fremder  warf  sich  auf  die  eisenbahn,  und  wurde 
von  dem  wagen   zermalmt. 

9)  einem  die  bahn  sperren,  verlegen,  verhauen,  was  meint 
aber  die  zeit  zur  bahn  hauen?  bei  Schcppics  7S0.  einen  auf 
der  balin,-  bei  der  that,  ergreifen,  ertappen. 

10)  abstract  steht  bahn  geradezu  für  weg,  und  klingt  edler, 
gewählter  als  dieses:  die  bahn  der  tugend,  des  lasters,  die 
lebensbahn;  laufbahn  des  menschen  ^  zweifelbabn ;  der  leiden- 
schaften  bahn.  Götter  1,173; 

vertraut  mit  allen  künsien. 

die  auf  die  raube  babn  des  weisen  blumen  streun.    1,272; 

ach,  weis  mir  deines  willens  bahn.    Wbckhebli.i  121. 
denn  ein  gott  bat 
jedem  seine  bahn 
vorgezeicbnei.    Göthe  2,  64.    * 

11)  den  astronomen  heiszt  bahn  der  weg  oder  die  linie,  die 
ein  gestim  durchläuft:  erdbahn,  Sonnenbahn  «.  s.  w. 

sie  lief  in  der  gekrümmten  bahne  fort.    Licbtweh. 

12)  bei  Werkzeugen  heiszt  bahn  die  der  einwirkung  eines  an- 
dern körpers  unmittelbar  ausgesetzte  glatte  fläche,  so  wird  bahn 
des  hammers  genannt  der  theil,  welcher  aufschlägt,  bahn  des 
amboszes  das,  worauf  mit  dem  hammer  geschlagen  wird,  bahn 
der  axt  oder  des  beils  die  scharfe  einhauende  seile,  das  klingt 
alterthümlich,  aber  verworren,  eigentlich  sollte  der  ambosz  die 
bahn  des  hammers  genannt  sein,  vorauf  er  zu  treten  gewohnt 
ist,  das  holz  die  bahn  des  beils.  man  erinnert  sich  des  ver- 
ses  bei  Herodot  1,  67 : 

xai  Ti'.Tos  avrirvTtos  xal  ntju'  hei  Ttrj/iaTt  xeTzat, 
und  det  altn.  rätseis  aus  Hervararsaga  c  15: 
gen^  hamar  ä  glöd  Rinar, 
qredr  vid  bän  ok  kemr  ä  stedja. 

Mathesics  sa^J  s.  SO'f  musz  man  stahel  oder  solche  peuschel 
und  eisen  baben,  die  ihr  stehlene  banen,  schneiden,  spitzen 
und  örter  haben.  Tubalcain  ist  auch  der  erste  waffenschmid 
gewesen,  der  stehlene  schneiden,  bane  oder  ort  am  eisen  hat 
schweiszen,  wellen  und  herten  können.  Hebttwic  s.  43  er- 
klärt bahn  das  breite  ort  an  dem  hand-  und  andern  fäusteln. 
den  tischlern  und  büttichem  ist  bahn  des  hobeis  dessen  untere 
glatte  fläche. 

13)  aucA  das  breite  ende  am  zeug,  ein  streif  des  zeitgs  heistt 
bahn.  nnL  een  rok  van  zes  banen.  indem  er  sie  (die  gemählde) 
im  gedachten  giebelzimmer,  bane  für  bane,  breiter  und  schmä- 
ler, nebeneinander  nageln  liesz.  Göthe  24, 172. 

14)  in  den  angezogenen  stellen  kommt  m^rmals  bahne  für 
bahn  vor,  was  zum  nnl.  baan  =  bane  stimmt,  ahd.  lautete  das 
wort  ohne  zweifei  pana  f. 

BAH.NBKRt;CH.>'END,  nocA  bahn  11:  haben  sich  doch  die 
hiininelheubachtenden  und  stemaufsuchenden  astronomen  von 
den  bahubereciinenden  getrennt.  Göthe  52,  294. 

BAHNBHFXHER,  m.  qui  riam  aperit. 

BAH.NBHUCH,  m.  zum  bahnbnich  war  sie  nicht  aufgelegt. 
Hippel  4,  97. 

BAH.NE.N,  riam  aperire,  lerere,  mhd.  banen  (Be5.  1,  83*), 
ein  ahd.  panün  (Gbaff  3,  126)  erscheint  noch,  aber  unsidter, 
da  capanünt  aequant  caepanünf  - ^ein  mag  und  ebnen  mit  bah- 
nen nicMs  zu  ihun  hat.     den   weg   bahnen,    aufräumen,    ein 

6S* 


1079 


BAHNEN  — BAHRE 


BAHRGERIGHT  —  BALBIEREN 


1080 


gebahnter  weg;  jedoch  ersähe  ich  einen  steig,  der  wol  geba- 
Det  und  getreuen  war.  Hans  Clawerts  historien ;  nur  be- 
stechung  hat  ihm  den  weg  zu  diesem  amte  gebahnt;  ich 
will  ihm  die  riickkehr  zur  tugend  bahnen.  Nach  Campe,  der 
nicht  sagt,  woher  er  schöpft,  hciszl  bahnen  weidmännisch  auch 
von  thieren,  was  sonst  lösen,  losen,  alvum  exonerare,  solvere, 
also  erleichtern,  aufräumen,  bahn  machen. 

BÄHiNEN,  dasselbe,  bei  den  schlesischen  dichtem  und  wei- 
terhin: den  weg  vollends  zu  bahnen.  Opitz  poeterei  l'; 

die  ungebäliiiie  bahn.    Opitz  ged.  1,2; 

er  wild  ihm  die  slrasze  zeigen, 

die  er  selber  liat  gebahni.    ps.  4Ö  ; 

und  die  zeit  bühnete  ihnen  die  sandichten  Wüsteneien  des  in- 
neren Libyens.  Lohenst. /Irni.  l,  6;  dasz  sie  den  feinden  eine 
brücke  in  ihre  eigene  länder  bahnen  würden.    2,  366. 

den  weg  ins  paradies  gebrihnt.    Günther  183; 

und  bnhnt  ihm  den  einzug  in  herzeu  und  brüst.    334; 

ich  bahne  mir  den  weg.    393.  1021; 

die  sichre  slrasze  bahnen.    485; 

und  bahn  Ihm  sichre  siege.    573; 

den  ungebniinten  weg.    757; 

ihm  ein  kus  den  weg  ins  herze  bahnt.    778; 

den  weg  zur  ankunft  bahne.    1059; 

der  einzige  weg  zu  der  freiheit  wird  hierdurch  gebähnet.  Weise 
kl.  leute  290;  die  Vernunft  findet  den  weg  der  naturnothwen- 
digkeit  viel  gebahnter  und  brauchbarer  als  den  der  freiheit. 
Kant  4,  84,  was  doch  bloszer  umlaut  des  comparativs  sein  kann 
und  einen  positiv  gebahnt  verstattet. 
BAHNENLOS,  invius,  sonst  bahnlos: 

das  schöne  thier  floh  durch  des  thales  kriimmcn 
durch  husch  und  klulX  und  bahnenlos  gestrüpp. 
ScniLi-ER  495. 
B.\HNENSCHLEGEL,  m.  schmieden  der  grosze  hammer,  ver- 
derbt in  pfähnenschlegel. 

BAHNENWEISE,  nach  bahn  13:  lösten  das  tuch  von  der 
brücke,  wickelten  es  banenweise  zusammen.  Göthe  24,  321. 

BAHNER,  m.  instrumenlum  textoris  vcl  restiarii.  figürlich: 
ob  ich  etwan  heimlich  und  unvermerkt  den  bahner  anbrin- 
gen könte.  Simpl.  2,  4\\. 

BAHNGALOPP,  m.  der  auf  der  reitbahn  erlernte  künstliche 
galopp  eines  pferdes,  zum  unterschiede  von  dem  freien  feld- 
galopp. 

BAHNHOBELN,  aushobeln,  glatthobeln,    s.  bahn  12. 
BAILNHOF,  m.  der  hof  mit  den  betriebsgebäuden  einer  eisen- 
bahn. 

BAHNHOFGEBÄUDE,  n. 

BAHNIG,  was  glatte  flächen  hat.  bergmännisch,  babnigezinn- 
graupen. 

BAHNLOS,  unwegsam,  s.  bahnenlos:  bahnlos  liegts  hinter 
mir.  Schiller  362. 

BAHNUNG,  /.  aperlura  viae: 

eurer  kühneren  bahniing 

spähe  der  regeler  nach.    Voss  3,  67. 

BAHNWART,  m.  Wärter  auf  eisenbahnen. 

BAH.NWÄRTER,  dasselbe,  nicht  zu  mischen  mit  dem  alten 
banwärter  =  bannwärter. 

BAHNZUG,  m.  wagenzug  auf  einer  eisenbahn:  die  bahnzüge 
folgen  sich  rasch ;  zwei  bahnzüge  stieszen  aufeinander. 

BAHRE  [bare],  f.  feretrum,  wie  dieses  von  ferre  abgeleitet 
von  beren,  hären,  tragen,  ahd.  pära  (Graff  3, 150),  mhd.  bare 
(Ben  1, 144'),  alts.  b;\ra,  nnl.  baar,  ags.  baere,  engl,  hier,  schw. 
bär,  dän.  baar;  goth.  b^ra  oder  berÄ  zu  mulmaszen.  pleona- 
stisch  sagt  man  tragbahre,  da  auf  jeder  bahre  getragen  wird, 
und  Luther  schreibt  noch :  das  sie  die  kranken  auf  die  gös- 
sen heraus  tragen  und  legten  sie  auf  betten  und  baren,  apost. 
gesch.  5,  15.  allmälich  überkam  aber  das  einfache  baiire  den 
smn  der  leichbare  und  darum  musle  die  blosze  tragbahre  un- 
terschieden werden,  wenn  nicht  andere  Zusammensetzungen  wie 
baodbahre,  mistbahre,  radebahre,  oder  der  Zusammenhang  aller 
mveideutigkeit  abhalfen. 

Heute  gesund,  morgen  auf  der  bahre;  die  kinder  stehn 
um  d'e  bahre  des  valcrs  und  weinen ;  von  der  wiege  bis  zur 
bahre;  kunimer  und  leid  haben  ihn  früh  auf  die  bahre  ge- 
bracht; der  erzhi?chof  kam  zfi  der  bare  und  entdecket  iinc 
sein  geficht   Aimon¥i; 

kein  lob  ist  für  dich  in  der  bahr.    Wrckhrrlin  18  d.  h.  im  tode 

gedenket  man  deiner  niciu ; 
zom  und  lisl  brauchen  sie  mein  leben 

in  die  bahr  zu  föllen  (fällen).    270; 


in  dem  das  ganze  land  auf  seiner  bare  steht.    Opitz  2,  128; 

die  ringen  nach  der  bare 
und  nehmen  unverliol't  ein  sclinell  und  schrecklich  end. 
GiiTPiiius  1,  17  ; 
es  überfallt  sie  ein  katarrh,  woraus  eine  brustkrankheit  wird 
und  in  drei  wochen  liegt  sie  auf  der  bahre.  Göthe  19,  349. 

BAHRGERICHT,  n.  wenn  ein  todschläger  unentdeckt  war, 
liesz  man  alle  verdächtigen  an  die  bahre  treten  und  den  leich- 
nam  berühren,  im  glauben,  bei  dem  schuldigen  werde  die  to- 
deswunde zu  bluten  beginnen.  RA.  s.  930. 

BAHRRECHT,  n.  dasselbe  verfahren. 

BAHRTRÄGER,  m.  vespiüo. 

RAHRTUCH,  n.  leichentuch,  das  über  bahre  und  sarg  ge- 
deckt wird,  bildlich,  ein  gewitter  hieng  sein  hahrtuch  von 
schwarzem  gewülk  über  die  sonne.  J.  Paul  unsichtb.  löge  3,  84. 

BÄHSCHNITTE,  f.  panis  siligineus  toslus:  morgens  aber, 
ehe  s.  f.  gn.  vor  tag  auf  die  jagd  zogen,  wollten  sie  eine 
behschnitten.  Schweinichen  2,  358.  noch  heute  in  Schlesien  ge- 
bräuchlich. 

BÄHSTUBE,  f.  bei  gerbern. 

BÄHUNG,  f.  fomentum. 

BAI,  f.  sinus  marilimus,  bei  Frisch  1,  49*  baie,  nnl.  baai, 
nach  dem  franz.  baie.  es  hat  aber  auch,  gleich  diesem,  die 
bedeulung  eines  fensters  an  den  zinnen  {vgl.  golf,  it.  golfo 
meerbusen  und  altn.  golf  pavimenlum) : 

ich  befils  den  hciszen  feuersflammen, 

die  hoch  oben  zu  den  baien  auslangen.    Uhland  289; 

da  schaut  dieselhige  falsche  frau 

hoch  oben  zur  baie  hervor.    287. 

Stalder  1,  153  verzeichnet  baienstein,  fensterbank. 

BAIE,  f.  apis,  biei^e:   baien  finden,  weislh.  3,764.    s.  beie. 

BAISALZ,  n.  meersalz,  engl,  baysalt. 

BAKBORD,  n.  bei  niederdeutschen  Schiffern  die  linke  hintere 
Seite  des  schiffes,  weil  der  Steuermann,  das  rüder  an  der  rech- 
ten hand  haltend,  den  rücken  nach  der  linken  seile  kehrt,  nnl. 
bakboord,  schw.  bakbord,  dän.  bagbord  (engl,  larboard).  ein 
unhochdeutsches  wort,  wie  schon  daraus  erhellt,  dasz  bak  rücke, 
womit  es  gebildet  ist,  hochdeutsch  bach  zu  lauten  hätte,  bord 
aber  bort,  auch  würde  bort  m.  sein.  Brockes  8, 191  schreibt 
mindestens  backbort. 

BAKE,  f  (mit  langem,  gedehntem  a),  signum  navigantibus 
tutum  monstrans  ingressum  appulsumve,  wiederum  nnhochdeutsch, 
nnl.  baak  f.,  engl,  beacon,  ags.  beäcen,  was  Signum  übeihaupt 
ausdrückt  und  dem  ahd.  pouchan  entspricht,  wovon  unser  pauke, 
Signum  militare,  ahd.  heripouchan,  feldzeichen  übrig  ist.  so 
hat  sich  des  wortes  eigene  gestalt,  die  uns  bauchen  lauten  und 
neutral  sein  sollte,  verloren  und  nur  die  ausländische  tind  ent- 
stellte auf  doppelle  weise  fortgepflanzt  (s.  pauke).  Brockes  re- 
det oß  «on  hake  und  bakenthurm,  dem  thurm  des  leuchtsignals ; 
haken  stecken  heiszt  zeichen  auf  Stangen  im  wasser  festigen, 
oß  dienen  tonnen  dazu:  das  fahrwasser  war  ohne  einen  kun- 
digen lootsen  nicht  zu  entdecken,  sobald  die  haken  aufgeho- 
ben waren.  Niebuhr  3,  708. 

BAKEN,  pulsare,  tundere,  gilt  vom  schlagen  des  getrockne- 
ten flachses  vor  dem  schwingen,  auch  vom  klopfen  der  gerste, 
um  die  körner  aus  dem  bart  oder  der  spitze  zu  sondern.  Bro- 
ckes 7,  571.  das  wort  wäre  leicht  durch  ein  gut  hochdeutsches 
wie  bläuen  oder  schlagen  zu  vertreten. 

BAKENGELD,  n.  was  zur  Unterhaltung  der  bake  entrichtet 
wird. 

BAKENMEISTER,  m.  der  aufseher  dabei. 

RALBAUM,  ni.  salix:  die  goltsSligkeit  gepflanzt  wie  ein 
balbaum  neben  einem  bach.  Frank  i'erbü/sc/iie»/ bucA  »orr.  **. 
scheint  das  schwed.  pil  und  nd.  wilge. 

BALBIER,  m.  tonsor,  p"«r  barbier,  nach  einem  häufigen  Wech- 
sel zwischen  r  und  1,  auch  oß  mit  Übergang  des  b  in  w,  bal- 
wier,  balwicrcr,  wie  z.  b.  H.  Sachs  IV.  3,  58'  schreibt,  balbiercr 
FiscHART  im  Garg.  100",  Ayrer  fastn.  105';  OleaWüs  im  pers. 
roseii//i.  8,  25 ;  Logau  3,  6,  5 ;  Schuppius  546.  halbier  steht  bei 
Geli.ert  3,  349  und  noch  i.  Paul  anhang  zu  Tit.  2,  13.  man 
hält  heute  barbier  oder  gar  rasör  für  anständiger  und  meidet 
das  deutsche  sciicrer,  barlsciierer,  bartpulzer,  wie  andrerseits 
der  begrif  des  scherers  in  den  des  baders  und  aderlasscrs  über- 
gieng:  halbierer,  welcher  die  ader  schlüget  und  verbindet. 
Olearius  a.  a.  o.  musz  dem  balbirer  zahlen  arzlnhn.  Ayreh 
o.  fl.  0.    litt,  balberus,  letl.  ball)ceris,  poln.  halwiirz. 

BALBIEREN,  rädere  barbam :  halbieren,  klistieren  und  laxie- 
ren. Fr.  Müller  2,  61 ;  einen  über  den  lölTe!  halbieren ;  die 
bawren    werden    in    diesem  monat  ijuli)  die  wisinet  mit  sen- 


lOSl 


BALBIERERIN— BALD 


BALD 


1082 


sen  halbieren.  Fischart  groszui.  Hl ;  einen  trocken  halbieren, 
belügen,  anßhren:  ♦ 

auT  einen  öden  bof  da  ward  mans  füren, 
man  ward  in  (ihnen)  allen  zwalien 
und  tel  in  tnicken  balwieren.     L'bla>-d462; 
man  bat  in  [ihnen]  irucken  gscboren.    514, 
denn  die  uöTler  des  scherens,  kämmens,    waschens  hatten  frü- 
her den  dal.  der  person  neben  sich ;  bruder  wirst  trucken  hal- 
biert.   Fr.  Müller  3,  36. 

BALBIEKEKIN,  f.  tonstrüc. 

BALBIEHSGESELL.  m. 

BALBIERSTUBE,  f.  Garg.  ISS'. 

BALCHE,  B.ÄLCHE,  f.  s.  belebe. 

BALD,  eeler,  fortis,  golh.  baljis,  ahd.  pald  (Graff  8,  108), 
mhd.  bait,  baldes  (Bes.  1,  80)  liber,  liberalis,  fidens,  temerarius, 
aus  dem  begriffe  der  kühnheit  und  freiheit  in  den  der  frech- 
heil, tertcegenheil  übergehend;  ags.  beald,  engl,  boid,  nnl.  boud, 
alln.  ballr,  schic.  und  dän.  erloschen,  in  alldän.  liedern  noch 
hold,  aber  ins  it.  baldo,  pror.  bautz,  allfranz.  bauz,  franz. 
band  eingegangen,  eine  menge  eigennamen  sind  mit  diesem 
bald  zusammengesetzt,  man  darf  das  litt,  bailas,  lett.  balts 
albus  hinzunehmen,  icie  sich  aus  äoyos  weiss  auch  die  Vor- 
stellung der  schnelle  entfaltete  (oben  sp.  579),  ein  zweig  der 
alten  Gothen  hiesz  Baltbae  (bal)>ai,  bal)>ans),  leuchtende,  kühne, 
schöne,  freie,  tapfere,  und  diese  ableitung  macht  möglich  auch 
Paltar,  alln.  Baldr,  den  namen  des  lichtgottes  zu  vergleichen, 
die  lingualis  ist  der  wurzel  fremd,  wie  in  alt,  kalt  u.  a.  m. 
beide  ballr  und  Baldr  scheinen  einer  und  derselben  wurzel  mit 
bdl  rogus,  folglich  mit  sl.  paliti,  planati  urere,  plamen'  lat. 
flamma,  gr.  ^'tdytiv  und  fXö^.  in  der  mylhologie  noch  wei- 
tere ausführurtgen. 

Seit  dem  ii  jh.  beginnt  der  gebrauch  des  hochdeutschen  adj. 
nachzulassen  oder  aufzuhören,  doch  werden  hin  und  wieder 
noch  beispiele  außauchen:  Tertröstete  sie  meiner  balden  wi- 
derkunft.   Simpl.  2,  358,  woßr  wir  heute  sagen  baldigen. 

BALD,  adv.  mox,  celeriter,  je  seltner  das  adj.  geworden  ist, 
desto  häufiger  gilt  das  adv.,  wie  uns  auch  zu  den  gangbaren 
adv.  sehr  und  gern  das  adj.  ausstarb,  golh.  balj)aba  audacter, 
ahd.  paldo,  mhd.  balde.  dies  volle  balde  erscheint  zuweilen 
noch  nhd.:  der  sehe  das  alles  balde.  Keisersb.  Sünden  des 
mundes  37" ;  erhöre  micb  balde.  ps.  143,  7 ;  und  sie  sich  balde 
ganz  Terloren.  Micräliüs  o.  P.  5,  369 ; 

kömmt  meine  seele  nicht  balde  wieder?    Fleking; 

es  ist  nicht  balde  wahr,  was  der  und  jener  spricht.    156; 

der  glücklich,  siegreich  balde  wiederkehrt.    Göthe  16,  18; 

die  Tögelein  schweigen  im  walde, 
warte  nur,  balde 
ruhest  du  auch.    1,  109; 
die  sich  balde 
wie  im  holden  zauberwalde 
Toller  goldnen  fruchte  beugen.    2,  25; 
ich  hoffe  es  soll  balde  bei   ihnen   anlangen,    an  Schiller  82 ; 
vom  Harze  werde  ich  nun  balde  die  wichtigste  suite  beisam- 
men haben,  bei  Merck  2,  242.     Die  comparalion  schwankt  zwi- 
schen reinem  vocal  und  umlaut :  ich  komme  desto  balder,  bal- 
dest,  aufs  baldeste ;  ihr  sollt  es  haldest  hören ;  bälder.  Wick- 
RA»  ro//».  2S' ;  aufs  baldeste.  Ga/my  107;  demnach  ich  etlicher 
freinden  begehren  desto  bäider  statt  gegeben.  Weckberl.  vorr.  zu 
d.  weltl.  ged. ;  auf  das  bäldest  so  si  mochte.  Bocc.  1,  270".  2,  u'. 
50".  52'.  53'.  57' ;  aufs  beldest  so  man  kan.  Petr.  191* ;  die  weiber 
wachsen  bälder  dann  die  männer.  Fischart  gro«m.  74 ;  wann  das 
weiter  sich  will  verkehren,  so  empflndens  die  kranken  am  bäl- 
desten.  Paracelsüs  2, 421';  welche  fische  du  bälder  wirst  ver- 
kaufen können  als  haber  und  waizen.  Schuppius  737;  balder 
schaden.    743;    wäret  ihr  bälder  gekommen;    die  kleider  bäl- 
dest verfertigen;  je  bälder,  je  lieber.   \Viela;»d  4,  78.  87.  193. 
205.     ahd.  erscheint   paldor  und  pald6st,    mhd.   beides  balder 
und  beider;  haldest  und  beldeste.    Be:».  1,  8l',     Wichtiger  ist 
es  Stellung  und  bedeutung  des  adv.  zu  erwägen. 

1)  mhd.  balde  geht  nadtdrücklieh  dem  imp.  voraus: 
balde  ile,  brinc  din  ors  her  an!     Trisf.  336,  32 ; 
balde  ile,  niht  entwile!    Helmbr.ZSb; 
balde  gi  en wider!     Trwt.  270,  33; 
er  sprach  zem  boten,  balde  rar!    GA.i,  718; 
balde  machet  üf!    JU.  3,  269; 
balde  ej  mit  mir  wäge!    MS.  2. 107'; 
balde  satelt  uns  diu  pfert!  myst.  Hb,  «i ;  balde  wartet!  163,  IS, 
folgt  ihm  aber  auch  nach: 

bim  dir  balde  min  Irflt  geüpil!    MS.  2,  75"; 


Ir  entslie^enl  balde  mirdajgaden!    ebenda; 

rüme  balde  den  hof!    iIoro2l  5S1.  624; 

strich  vil  balde  von  mir!    Karl  21*; 

vJiuch  von  hinnen  balde!    IfSff.  3,  230*; 

nu  zeiget  balde!    Bart.  197,  24; 

nu  louf  balde  !    Bart.  390,  7 ; 

louf  snel  und  balde, 

da;  din  min  trechiin  walde! 

louf  balde  und  risch  von  dannen!    Stbpha»  stofl.  2, 161; 

stant  balde  üf!  Grieshaber  2,  2;  bereite  dich  balde!  2,  147 
noch  lebhaßer  mit  weglassung  des  imp.: 

üi  minen  ougen  balde!    Herb.  1959; 

nach  diner  muoter  balde!    Wh.  160,  2; 

wol  balde  zwöne  koehte  her!    TWst.  74,  32; 

nu  wol  her  balde!    76,29; 

wol  balde  von  der  sträjen!    402,  17; 

balde  hin  üf  dinen  wec!    MSB.  3,  228' ; 

nu  balde  enwec!    £arl.  11,  31; 

balde  nider  von  den  rossen!    roseng.  1722; 

balde  von  mir  sathanäs!    vater  tiruer  3868 ; 
balde  in  den  oven !  myst.  108,  39 ;  balde  herre  uweren  gortel  I 
120,  23;    vil  wunderlichen  balde  in  starke   buojel    Berthold 
75.  78.  80;    in  welchen  fällen  wir  heute  fort,  gleich,   schnell, 
augenblicks  zu  verwenden  pflegen. 

Shd.  ist  das  vorangehende  adv.  selten: 

Spiegelglanz,  bald  sag  an!    fastn.sp.  901,  i; 
bald  stehe  auf,  fraw !    Bocc.  1,  276' ; 
lind  ohne  imp.:  bald  her!  Stieler  827;  fein  bald!  perge.  84; 

bald  für,  und  hilf  mir  auf  den  wagen. 

ü.  Sachs  III.  1,  11-2*; 
ößer  nachfolgend :  wenn  ich  dich  anrufe,  so  erhöre  mich  bald  I 
ps.  103,  2;  herr  erhöre  mich  balde!  143,  7;  fare  nicht  bald 
eraus  zu  zanken!  spr.  Sal.  25,8;  raube  bald!  £«.8,1;  gehe 
aus  bald  auf  die  straszen!  Luc.  14,  21;  gehe  bald  hin  und 
setze  dich  zu  tische!  17,  7.  wir  sagen  täglich:  komm  bald 
wieder!  thu  das  bald!  sprich  dich  bald  darüber  aus!  man 
stellte  aber  auch,  wenn  kein  imp.  gesetzt  ist,  das  bald  in  der 
rede  gern  voran,  x.  b.  bald  den  jungen  zurückzufüren  befahl. 
Bocc.  1,  293'. 

2)  zeitlich  aufgefasst  stoszen  die  Vorstellungen  bald,  schnell, 
gleich  aneinander,  doch  sind  uns  heute  schnell  und  gleich  stär- 
ker als  bald,  gleich  ist  stärker  als  schnell,  gleich  entspricht 
dem  gr.  su&v,  bald  dem  ra^v,  oder  auch  gleich  dem  franz. 
aussitöt,  bald  dem  franz.  bientöt,  gleich  dem  engl,  immediately, 
bald  dem  soon.  gleich,  den  augenblick;  bald,  in  wenig  zeit. 
ich  komipe  gleich  tri/1  sagen  auf  der  stelle,  im  augenblick, 
ohne  Verzug,  ich  komme  bald  kann  auch  ausdrücken  in  eini- 
gen stunden,  tagen,  wachen,  ich  verrichte  es  gleich,  unge- 
säumt; ich  verrichte  es  bald,  in  kurzer  zeit,  schnell  be- 
zeichnet unausgesetztes  eilen,  für  die  todten  reiten  schnell  kann 
weder  gesagt  werden  gleich  noch  bald  (doch  in  Zusammensetzun- 
gen behauptete  bald  nocA  länger  den  sinn  der  Schnelligkeit). 
bald  Idszt  frist  zu,  schnell  nur  kurze,  gleich  keine  mehr,  schnell 
und  bald  gestatten  den  zusatz  von  sehr,  recht,  gar:  er  wird 
sehr  bald,  recht  schnell  eintreffen;  sehr  gleich,  recht  gleich 
tcdre  unslatlhaß  zu  sagen,  das  wetterglas  fallt  gleich,  steht 
im  begrif  zu  fallen;  es  fällt  bald,  irird  in  kurzem  fallen, 
sprachen,  die  besser  als  unsere  tempora  unterscheiden,  würden 
mit  gleich  dos  praesens,  mit  bald  das  futurum  verbinden,  wir 
aber  haben  kein  bedenken  beides  zu  sagen :  er  kommt  gleich, 
wird  gleich  kommen ;  er  kommt  bald,  wird  bald  kommen,  lat. 
actutum  redi,  mox  redibis. 

3)  früher  und  heute  musz  jedoch  auch  dem  bald  oß  die  be- 
deutung des  gleich  zugestanden  werden,  wie  in  den  meisten  un- 
ter 1  angeführten  und  manchen  andern  stellen: 

du  sollst  zur  arbeit  dich  bald  mit  dem  tage  wenden. 

Opitz  1,340; 
du  hast  den  wundermulh  bald  mit  der  milch  gesogfn, 
bist  zu  der  lapfcrkeit  von  kindheit  an  erzogenT    1,10, 

d.  i.  gleich  mit  dem  tage,  gleich  mit  der  muttermilch;  bald 
im  anfang.  Atrer  1*.  namentlich,  wo  man  bald  auch  mit  leicht 
vertauschen  könnte:  das  ist  bald  gesagt,  bald  gethan;  gleich 
gesagt,  gleich  gethan ;  leicht  gesagt,  leicht  gethan ; 

dies  hnb  ich  bald  gedacht.    Gillert  3,  307; 

ich  sterbe,  das  ist  bald  gesagt 

und  balder  noch  gethan.    Göiai  12, 1%; 

ist  bald  gesagt,  das  thier  ba^  auch  vernunn, 

da«  wissen  wir,  die  wir  die  gemsen  jagen.    Schiller.  517*; 

ist  bald  gesprochen,  aber  schwer  gethan.    531*. 


1083 


BALD 


BALDANDERS  — BALG 


1084 


In  diesem  strm  pflegte  man  ehmals  bald  auf  nicht  folgen 
zu  lassen:  dergleichen  klagens  und  traurens  in  vi!  zeit  nit 
bald  von  ainem  solchen,  siinst  standhaften  und  groszmütigen 
man  gehört  noch  gesehen  worden.  Sciiwarzenberg  149 ;  dasz 
seines  gleichen  nit  bald  in  der  weit  war.  Bocc.  l,  34';  tod- 
krank genesen  nit  bald,  sie  werden  dann  todkalt.  Fischart 
groszm.  75 ;  ich  darf  aber  darumb  nicht  bald  aus  dem  fran- 
zösischen sagen  approchiren  u.  s.  w.    Ofiiz poeterei  34; 

es  ist  nicht  halde  wahr,  was  der  und  jener  spricht. 

Fleming  156; 
der  höchste  blitzt  nicht  bald,  dafern  ihn  jemand  flucht. 

Gryphiüs  1,  38; 
ihr  buhler  seht  euch  für,  es  ist  nicht  bald  zu  trauen, 
die  junjfern  welche  frora,  die  werden  böse  frauen. 

LOGAU  2,  6,  T2; 
was  einem,  ist  nicht  bald  auch  einem  andren  recht, 
sonst  wer  des  beeren  fraw  auch  für  des  herren  knecht. 

2,  zugäbe  6 ; 
und  nicht  bald,  wenn  der  necbste  fallt, 
zu  richten  und  zu  schlagen.    Günther  22; 

falschschwerens  wissen  wir  sie  nicht  bald  zu  überweisen. 
Ayrer  proe.  1,  9 ;  weil  die  banren  nicht  bald  gemahlte  häuser 
haben.  Simpl.  l,  238.  für  dies  nicht  bald  sagen  tvir  heute 
nicht  leicht  oder  nicht  gleich. 

4)  bald  für  beinaiie,  nach  den  umständen,  es  fehlte  nicht 
viel:  die  kugel  hätte  ihn  bald  getroffen;  ich  könnte  bald 
eifersüchtig  werden;  bald  hätte  ich  das  gesagt;  es  dörft  im 
bald  geraten,  wie  dem  guten  man  von  Paris.  Fischart  bienenk. 
141* ;  bald  hätte  das  pferd  hungern  gelernt,  wenn  es  nicht 
gestorben  wäre;  ein  knabe,  der  bald  ersoffen  wäre.  Lokmans 
fab.  25;  ich  hätte  bald  was  gesagt' (tto  man  derbes,  bitteres 
zurückhäll) ; 

oft  hat  michs  bald  verdrossen.    Bürger  28'. 

berührt  sich  mit  der  vorausgehenden  bedeulung  und  läszt  sich 
wiederum  durch  gleich  oder  leicht  vertreten. 

5)  bald  modo:  ich  mach  bald  änderst  alle  ding.  H.  Sachs 
I,  538'  (s.  baldanders) ;  jetz  auf  die  rechte,  bald  auf  die  linke 
seile  des  altars  laufen,  bienenk.  20' ; 

ich  bin  der  gölter  spiel  und  kurzweil,  ihr  behagen, 

und  lustiger  pallon,  den  immer  himmel  an 

bald  die  bald  jene  faust,  bald  hin  und  her  tliut  schlagen, 

bis  er  wird  athemlos  und  nicht  mehr  steigen  kan. 
Fleming  117 ; 
sie  wollen  der  sonnen  den  weg   zeigen,    erstlich    durch    den 
Widder,  bald  durch  den  stier,  dann  durch  die  zwilling.  Schdp- 
piDS  534 ; 

bald  wünscht  ich  mir  die  eil,  bald  wünscht  ich  den  verzug. 
Gellkrt3,  309; 

ein  domherr  schöpft  aus  seiner  pfründe 

bald  rothen  und  bald  weiszen  wein.    Hagedorn  3,  53; 

der  alte  er  wandelt  nun  hier  und  bald  dort.    GötkkS,  5; 

und  wölbt  sich  nicht  das  überwelilich  grosze 

gestahenreiche,  bald  gestaltenlose?    3,' 25; 

triebst  du  doch  bald  dies  bald  das, 

war  es  ernstlich,  war  es  spasz?     3,255; 

da  kämpft  sogleich  verworrene  bestrebung 

bald  mit  uns  selbst  und  bald  mit  der  Umgebung.    3,  21 ; 

will  denn  meine  stube  heute  gar  nicht  leer  werden?  bald  ist 
der  da,  bald  jener,  bald  die,  bald  jene.  Lessing  1,  272. 

6)  räumlich  genommen  würde,  nach  dem  unter  2  angelegten 
maszslab,  gleich  unmittelbare  nähe,  bald  geringe  ferne  aus- 
drüclKn:  icii  wohne  gleich  {hart,  dicht)  am  ende  der  Stadt, 
ich  wohne  bald  am  ende  der  Stadt,  nicht  weit  vom  thor;  der 
garten  ist  bald  am  dorf;  eine  kammer  bald  darneben,  Opitz 
Arg.  2,  53; 

fragt  dich  wer,  was  du  (am  (irahstein)  gelesen, 

der  nicht  bald  (na/ic)  dabei  gewesen.    Logau  1,  10,  2. 

wir  sagen  heute  nahe,  dicht,  unmittelbar,  nicht  mehr  bald. 

7)  van  alsbald  wurde  oben  sp.  259  gehandelt,  sobald  wird 
an  seiner  stelle  naher  besprochen  werden,  hierher  gehört  nur, 
dasz  früher  auch  hloszes  bald  für  sobald  gesetzt  wurde,  z.  b. 

ich  zilter  und  «rüsseU  mein  blut, 

bald  icJi  nur  bort  die  wolgemut.    II.  Sachs  V,  214'; 

bald  solches  geschehen,  machet  sich  u.  s.  w.  Kirchhof  mh7. 
diso.  110.    aufs  häldcst  so  er  moclite.  Bocc.  1,  284', 

8)  je  bülder,  je  lieber  =  je  eher,  je  lieber: 

je  b.ildcr  einer  stiibet,  je  lieber  ist  er  goll.    Fujiing  132; 

das  verlangen  zi^lil, 
Je  bälder  je  lieber  das  herrlichf  «chlo.iz  zu  erreichen. 

WiKiAND  4,  7H.  87.  193.  205. 
etaer  als  bald  =  auf  das  baldeste,  schneller  als  schnell : 
das  denn,  hat  es  goti  ver.iehen. 
eh  als  balde  kan  geschehen.    Flising  434. 


BALDANDERS,^  m.  ein  Proleus,  dessen  gestall  immer  wech- 
selt, ein  'illoTCQoaaXlos.  Simpl.  1,  592.  593  und  H.  Sachs  I, 
537.  538,  der  Baldanderst  schreibt. 

BÄLDE,  /■.  das  goth.  balj)ei  ist  libertas,  das  ahd.  paldi, 
peldi  libertas,  fiducia,  continentia,  das  mhd.  beide  audacia 
(Ben.  1,  82'),  heute  begegnet  bälde  nur  in  der  adverbialen  re- 
densart  in  bälde,  in  continenti,  die  in  Scliwaben,  Baiern,  auch 
im  kaufmännischen  stil  noch  sehr  gangbar  ist:  so  wärs  un- 
müglich,  dasz  er  den  gn.  herrn  in  einer  solchen  bälde  so 
hart  ans  herz  backen  können.  Simpl.  2,  300 ;  vgl.  2,  47.  259. 
313.  448. 

BÄLDEN,  adv.  was  balde,  scheint  aber  auf  ein  ahd.  pal- 
dem  zurückführbar,  für  welches  es  keinen  beleg  gibt:  sähe  eine 
ziege  auf  der  mauer  umbspazieren  und  forchte,  sie  möchte 
den  hals  entzwei  brechen,  würfe  geschwind  die  leiter  an  und 
wiese  ihr  die  sprossen  herabe  zu  gehen,  aber  der  schneider- 
geist  funde  balden  ein  andern  weg.  Schuppius  534 ;  so  balden 
du  nur  die  Ihür  aufthust  auszugchen.  530;  und  so  balden 
er  sich  des  einstands  ausdrücklich  verziehen.  Hohberg  3,  36*. 
BALDFÄHIG,  schnell  auffassend:  Sylla  was  gesprech  (ye- 
sprächig),  baldfähig,  geschickt,  ergizig.  Frank  chron.  73'  und 
öfter. 

BALDFÄHIGKEIT,  f  ingenii  celeritas:  da  verwundert  sich 
Solon  der  geschwindigkeit  und  baldfähigkeit  Anacbarsis.  Frank 
chron.  26". 

BALDFLIESZEND,  schnellßieszend :  der  keiser  schwemmet 
in  ein  unbekant,  zuckend,  baldflieszend  wasser.  Frank  chron.  184*. 
BALDGLÄUBIG,  schnellgläubig,  leichtgläubig:  summa,  der 
baldgleubig,  leichtfertig  bofel  kan  nicht  rechts  dulden.  Frank 
chron.  98';  frumme  baldgelöubige  fröwlin  und  andere  einfal- 
tige. Joh.  Eberlin  der  VUI  bundsgenosz  1521  6/.' 4;  damit  sie 
bewegen  kleinverstendig  und  baldgelöubig  leut  zu  stiften  ewige 
mesz,  jarzeit.  der  VII  bundsgenosz  Aä'. 

BALDGREIS,  senecio,  die  kreuzwurz,  deren  samen  bald  grau 
werden  soll,  woher  der  name. 

BALDIG,  brevi  futurus,  eine  erstimiBjh.  aufgekommne  ad- 
jectivbildung,  steif  wie  sonstig,  einstig,  dortig  und  ähnliche, 
das  verlorne  einfache  bald  übel  ersetzend,  schon  Gellert  sagt : 
ich  wünsche  ihnen  eine  baldige  besserung,  ihr  baldiger  ab- 
schied von  der  weit ;  ich  komme  baldigst. 

BALDKÜNFTIG,  dasselbe:  der  baldkünftigen  gewissen  ent- 
setzung  vertrösten.  Kirchhof  mil.  disc.  34,  s.  schierkünftig, 
schierstkünftig. 

BALDLAÜFEND,  schneilaufend:  sie  versehen  sich  mit  bald- 
laufenden pferden.  Fronsp.  kriegsb.  1,  149";  das  baldlaufenst 
pferd.    Fierabr.  H6, 

BALDMÖGLICHST,  adv.  quam  fieri  polest  cclerrime:  aus 
dieser  Stellung  befreien  wir  unsern  Zögling  baldmöglishst. 
Güthe  22,  13. 

BALDRIAN,  m.  herba  Valeriana :  wachst  gern  an  den  feuch- 
ten Stätten  bei  den  buchen  und  in  den  gruben,  etwan  uf 
mannshohe.  Brunfels  kreuterbuch  61.  vgl.  deutsche  mytholo- 
gie  1159. 

BALDROCK,  m.  s.  paltrock. 

BALG,  m.  follis,  uter,  cutis,  tumor,  sowol  die  volle,  schwel- 
lende hülle,  als  die  abgestreiße  haut,  die  würzet  ist  ahd.  pel- 
gan,  mhd.  beigen  tumere.  goth.  balgs  balgeis,  ahd.  pale  pelgi, 
mhd.  balc  beige,  seilen  balge,  nhd.  balg  bälge,  nicht  balgen, 
obgleich  in  den  Zusammensetzungen  oß  balgen  vorgesetzt  wird; 
nnl.  balg  balgen;  ags.  bälg,  engl,  belly;  alln.  belgr,  schw. 
dän.  bälg,  zunächst,  und  der  lautverschiebung  gemäsz,  das 
lat.  follis  und  folliculus,  weiter  aber  gleicht  folium,  ^vXkoy 
und  die  skr.  würzet  phull  {vgl.  phol)  pandcre.  Festus  sagt. 
bulgas  Galli  sacciilos  scorleos  appellant,  und  noch  heute  ist 
das  ir.  bolg  follis,  bolgaim  tumere,  in  bedeutender  einslim- 
mung  zu  den  deutschen  Wörtern.  G  scheint,  wie  oß,  aus  J  ent- 
fallet. Wer  an  diesen  elt/mnlogien  sich  nicht  will  genügen 
lassen,  darf,  in  der  anomalie,  heranziehen  neXXa,  pcllis,  goth. 
IUI,  unser  M\.  (KiXnxos,  ifvXdxwv,  &vXis  aber  könnten  &  =s 
lat.  V  enthalten  und  zu  follis  gehören. 

1)  balg  gemma  ßoris,  folliculus,  mhd.  zumal  belgeltn: 
als  von  diMU  siiojen  touwe 
diu  rose  ii^  ir  belgclin 
blocket  niweu  werden  scliin,    Part.  188,  10; 
touwic  rösc,  diu  sich  ür  ir  holgolin  liAl  zesproitct. 
J»f.S/f.  1,  I.W; 
bei  vielen  gräsern   wird   eine  jede    blüd'    durch   ein    solches 
bUittchen,  das  in  diesem  falle  der  balg  genannt  wird,  beglei- 
tet. GüTHE  B8,  67,    die  schale  der  Weinbeere,  die  hülse  der  erbse 


1085 


BALG 


BALG  — BALGEN 


1086 


heiszen  balg,  erbsenbälge;  die  abgebälgten  erbsen  sind  ge- 
sünder als  wann  sie  samt  den  bälgen  gegessen  werden.  Hoh- 
BERG  2, 4l' ;  der  balg  der  komer.  2,  7S'. 

2)  alle  ihierhäule,  die  abyestreiß,  zum  unterschied  von  de- 
nen die  aufgeschiiitlen  und  abgezogen  icerden,  heiszen  balg: 
basenitalg.  fuchsbalg,  luchsbalg,  wolfsbalg,  marderbalg,  zobel- 
balg, iltisbalg;  aber  bärenhaut,  pferdebaut,  ocbsenhauU  esels- 
haut,  scbafliaut.  nicht  anders  von  vögeln:  rabenbalg,  kräben- 
balg,  mhd.  sitichbalg.  Wh.  1,  105*.  auch  schlangenbalg,  wenn 
sich  die  schlänge  häutet,  der  fuchs  bat  einen  balg  an.  Be- 
cher 67;  ein  jeder  fuchs  wart  seines  balg«.  Garg.  194';  der 
fuchs  ändert  den  balg  und  behält  den  schalk.  Lehmann  16; 
der  fuchs  hüt  seines  balgs.  126;  stirbt  der  fuchs  so  gilt  der 
balg;  wenn  der  fuchs  krank,  so  stäubet  ihm  der  balg.  Grv- 
PHiDs  1,  S05;  ein  jeder  fuchs  thu  seines  balgs  warten.  Ayrer 
255";  ein  wolfsbalg  aufs  herz  legen.  Schcppics  S32;  so  doch 
der  Wulf  was  erschnapt,  frisset,  und  nicht  aufhöret,  er  hab 
seinen  balk  erfüllet.    Kirchhof  wendunm.  292'. 

3)  die  menschliche  haut  heisil  mhd.  meistens  yel  oder  swarte, 
auch  wol  hftt,  was  der  allgemeine  ausdruck  war,  balc  bezeich- 
nete den  bauch,  leib,  den  vollen  oder  leeren: 

die  truogen  alle  slachen  balc.    Part.  183, 19; 

in  was  eischoben  niht  der  balc.    200,  23. 
nhd.  ist  feil  unedler  und  wird  mehr  von  thieren,  für  menschen 
aber  haut  und  balg  gebraucht:  wir  müssen  uns  also  mit  dem 
alten  balge  schleppen  und  martern,    bis   wir  an  jenem   tage 
gar  geistlich  fleisch  werden.  Lcther  6,  350' ; 

und  binden  liesz  er  diesen  schalk, 

mit  ruien  $0*8101160  seinen  balk.    Schwarzenbebg  113, 1 ; 

dein  rüden  schick  mir  an  die  sew, 

ee  das  ich  dir  den  palg  erplew.     13S,  2; 

die  kut  mir  zieret  meinen  palk.    139,  1 ; 

sein  palk  an  den  Philister  wagn.    Scbüelzl  David  20'; 

Patrobius  Neronis  hofschranz  einer  liesz  im  sand  oder  griesz 
aus  dem  flusz  Nilo  gen  Rom  bringen,  darinn  er  sich  badet, 
damit  er  ein  säubern  und  glatten  balg  bette,  wenn  er  nacket 
kempfen  wolte.  Mathesics  120";  welche  uns  mit  speise  und 
trank  also  tradierten,  dasz  ich  in  kürze  wider  einen  glatten 
balg  bekam.  Simpl.  1,  227 ;  seinen  balg  wol  ratsamen,  im  selbs 
gütlich  thun,  curare  pelliculam.  Maaler  49*;  der  ein  glatten 
und  feiszten  balg  hat,  bene  curata  cute  nitidus. 

4)  balg  angewandt  auf  unzüchtige  frauen,  mägde,  kupple- 
rinnen,  wie  zwischen  scortum  und  jenem  scorteus  (ledern)  Zu- 
sammenhang waltet,  vielleicht  zwischen  pellex,  craA/lat,  ttcc).- 
Xaxis,  7ta)JMXTj  und  pellis,  Tte'XXa.  du  öder  palk!  Hadit 
8,  513;  da  schicket  er  (der  teufet)  einen  alten  balk  zu  dem 
weib,  die  bracht  ir  zu  oren  u.  s.  w.  Luther  5,  361";  ja  man- 
cher leszt  sich  so  blenden,  der  ein  recht  schön  from  weib 
hat,  das  er  ir  gram  wird  und  sich  beuget  an  einen  scheusz- 
lichen  schendlichen  balg.  5,  379';  wenn  einer  seine  braut 
nicht  rein  fünde,  einen  balk  für  eine  jungfrauw.  tischr.  317'; 
es  ist  einem  tyrannen  wie  einer  huren,  wann  sie  es  mit  eim 
darf  wagen,  so  darf  sie  es  mit  zehen  wagen,  und  kumpt  in 
ein  brauch,  das  nit  mer  sünd  oder  unrecht  ist,  ie  mer  man, 
ie  freier  balg.  Frank  chron.  23*;  ein  alte  hur,  ein  illisbalg. 
B.  Waldis  4,  69 ;  ildesbalk.  H.  Sachs  IV.  3, 10* ; 
all  dieser  hämisch  ist  versetzt, 
so  hat  das  der  gelb  balk  geletzt.  H.  2,  20*; 
du  unendlicher  balg  da  gelber!  III.  3,  13; 

der  ihr  {der  magd)  den  ungetrewen  balk  rechtschaffen  klopft. 
Ri> c WALD /au/,  if arA.  317;  könig  Alboinus  hat  mit  seinem  blut, 
das  im  sein  grewlicher   und   schandlicher   balg    vcrgosz,   den 
gestaden    des   hellen   wassers   der  Etsch   besprengt   und   das 
Wasser  blutfarb  gemacht.  Petr.  61";  einer,  der  etliche  jar  lang 
sein  ehweib  sampt  etlichen  kindcrn  verlassen  und  mit  einem 
andern  balk  sich  die  weil  geschlept.  Kirchhof  irenrfunm.  294"; 
'ein  unzüchtiger  balg'  ist  folgendes  dislichon  überschrieben: 
ein  jeder  ist  besorgt,  was  er. für  nahning  treibe, 
die  bure  nährt  den  leib  auch  wieder  mit  dem  leibe. 
LociAU  2,  5,  20; 
ein  bunten  rock,    einen  alten  bock,    eine  schwarze  kuh,   ein 
faulen  balg  dazu,    einen  halben    hopfengarten    hat    man    ton 
einer  acadeiniscLen  Jungfer  zu  erwarten.  ScHUPPifs  115;  trauete 
dem  un;£üfhtigcn  balge  gar  zu    viel    ehre   und   keuscheit    zu. 
pol.  maulaffe  3HI ;  der  alte  balg  (rfieiupp/erin).  coliea  22.  mhd. 

«wer  ein  übel  wip  habe, 

der  luo  sich  ir  enztt  abe, 

enpfelhe  st  dem  riuen 

und  lege  «i  üf  ein  sliiieo, 


und  kouf  ir  ein  bestli 

und  heng  si  an  ein  estli, 

und  henge  dahi 

zwfn  wolve  oder  dri. 

wer  gesach  ie  galgen 

mit  wirsern  balgen  ? 

e^  eowapre.  ob  man  den  tiuvel  vienge 

und  in  oucii  dazuo  hienge.  L».  2,  äl, 
vgl.  mit  Hdtzlerin  219,  61  und  fastn.  sp.  511.  s.  auch  schand- 
balg,  hurenbalg,  in  Frischlixs  nomencl.  399  15/  balg  =  pellex. 
Heule  gebraucht  man  es  auch  in  mitderm  sinn:  ich  habe  aber 
stunden  wo  ich  aufbrausen  kann  gegen  ein  paar  verliebte 
bälge.  J.  Pacl  flegelj.  2,  87.  Schiller  läszt  einem  greis  seinen 
unnatürlichen  söhn  zurufen:  hinab  mit  dem  balg,  er  hat  ge- 
nug gelebt.  136".  vgl.  die  schelte:  dasz  dich  unglück  sehend 
als  balgs!    oben  sp.  230. 

5)  balg  ron  hindern:  'Heber  herr,  ich  hab  es  trawen  nicht 
gethan,  sondern  das  kindlein',  'ei  so  geh  gott  dem  balg  die 
drüs  und  beulen!'  Kirchhof  wendunm.  443";  sie  hätte  zwar 
den  kleinen  balg,  so  dort  in  der  wiege  liegt,  mit  mir  erzeu- 
gen müssen,    ehe  eines  mannes  Z36; 

weise,  beschütze  vor  dem  blauen  balge, 
wer  selbst  denket,  und  nicht  groszäugig  erstaunt, 
schulen.  Klopsiock  2,  215 ; 

der  knab,  der  balg  der!  0  ersäuft,  erdrosselt  ihn! 
GöTHE  7,  93; 

was  ists  denn  mehr,  wenn  ein  solcher  balg  umkommt.  Lenz 
1,  100;  ich  sehe  so  einen  ungezogenen  balg  in  der  gesell- 
schaft.  Herkes  Soph.  reise  3,  234 ;  der  kleine  balg  schrie  dann 
wieder.  6,  636;  der  balg  mag  werden  was  er  will.  J.  Pacl 
Fibel  48 ;  ach  da  schreien  schon  wieder  alle  eilf,  wenn  ich 
nicht  immer  die  bälge  stopfe  und  nudle,  so  haben  sie  keine 
ruhe.  Arnim  schaub.  1,  23.    s.  wechselbalg. 

6)  balg,  ausgestopfter  puppenleib;  ausgestopfter  vogel  bei  Vo- 
gelstellern. 

7)  schlauch,  sack,  früher  balg  für  weinschlauch,  schwertbalg, 
scheide,   blasbalg,  schmiedebalg :  die  bälge  ziehen,  treten ; 

wol,  laszt  die  balge  gehnl  nun  wird  die  orgel  klingen ! 

Grtphils  2,  342; 
und  der  püsternde  balg  bauchet  die  flammen  auf.     Voss  3,  7. 

8)  endlich  wie  tumor  und  tumultus  aus  tumere  stammt  aus 
belgan  balg  in  der  bedeutung  von  lärm,  zank,  streit:  es  ligt 
alles  in  katzbalg.  \\ER!*STREn  kriegsb.  des  fr.  iö;  mit  einander 
uneins  im  balg  ligen.  21S;  so  ist  es  eitel  balg  und  zank. 
Thcrneisser  archidoxa  13 ; 

wer  pulver  riechen  kann, 
auf  balg  und  stosz  besteht,  nicht  die  karthauneo  scheut, 
der  ist  ein  mann  wie  ich.  Fleming  111. 

(fiese  anwendung  ist  heute  veraltet  und  man  braucht  daßr  das 
verbale  neulrum,  oder  das  gebalge,  die  balgerei. 
'  BALGAR.M,  m.  in  der  schmelzhütte  die  hinten  vor  den  balg- 
bretem  ragenden  höher,     einige  schreiben  schlecht  balgenarm, 
und  so  auch  in  den  folgenden. 
BALGBRET,  n. 

BALGDECKEL,  m.  das  obere  deckbret  des  blasbalgs. 
BALGDIESZE,   f.  luftrohr  am  vordem  ende  des  hüttenblas- 
balgs.    schwierigkeil  macht  diesze,  seheint  aber  das  ags.  |ieote, 
ahd.  dioja  fistula,  canalis,   weil  die  ausströmende  luß  rauscht 
(ah^.  diu^it).    s.  balgliesze. 

BALGE,  f.  situla,  nd.  balje,  nnl.  balie,  schw.  balja,  eimer, 
mit  der  bedeutung  balg  schlauch  verwandt,  vgl.  engl.  pail.  in 
Schleswigholstein,  Mektenburg  heiszl  die  hülfsmagd  der  meieria 
baljenmädchen  und  verridUet  nur  leichte  arbeit. 

BALGEN,  rixari,  altercari,  mit  einem  oter  auch  einea 
balgen : 

merk  baur,  du  bist  ein  grober  Heinz, 

lind  wärst  wol  mit  dem  müller  eins, 

das  soll  mich  merken  eben, 

und  balgest  mit  dem  müller  vil, 

dein  sack  müst  frevel  geben.    ÜaLAifD699; 

was  dürft  ir  mich  sacken  und  balgen*    H.  Sachs  I,  479*; 

hacht  sie  mit  weib  und  kind  an  galgen, 

und  laszt  sie  mit  den  raben  palgen.    1I(.  1,  tS«*; 

nausz,  hengi  in  an  den  lichten  galgen, 

da  dort  die  raben  mit  im  balgen.    III.  2,  257*; 

diesen  Bernhardum  zeig  ich  dir, 

dasz  du  oit  vil  palgesi  mit  mir. 

WoLTG.  .Spancinberc  fangbnefe  J8^; 

zank,  0  her,  mit  meinen  zankem, 

balg,  0  her,  mit  meinen  balgern.    Meliss.j)«.  U4*; 

als  das  weib  hört  die  hüner  nennen, 

aus  zorn  gund  wider  in  zu  balgen, 

und  sprach,  ich  wolt  du  werst  am  gnigen.    Waldis  4,  99, 


1087 


BALGEN— BALGER 


BALGEREI  — BALIEREN 


1088 


die  kellerin  liiib  an  zu  balgen: 

gang  mit  dein  wursten  an  den  galgen. 

Fischart  Eulensp.  109 ; 

ich  mag  nicht  mit  dir  balgen 

du  loser  hudler  du.  Avrkh /as(n.  sp.  160'; 
do  hau  er  sich  drab  verwundert  und  ist  ingedenk  gsin,  wie 
die  pfaffen  mit  einandren  gebalget  hatten.  Thü.  Plater  38 ;  do 
zeigt  der  ineister  sin  art,  lieng  an  zu  balgen  und  fluchen. 
52 ;  eim  tavvben  ein  liedlin  singen,  zun  wenden  reden,  die 
nebel  balgen  {ausscliellen,  mit  ihnen  zank  anfangen).  Frank 
sprichw.  1,  27";  er  ward  zornig  über  den  Schuhmacher,  wol 
die  schuh  nicht,  balgt  mit  ihm.  Frey  garteng.  cap.  4 ;  der  cur 
tisan  fieng  an  mit  dem  bapst  ze  hadern  und  balgen,  cap.  17 : 
SO  heiszest  du  mich  gleich  liegen  und  balgest  mit  mir.  cap 
46;  wenn  sie  in  voller  weis  schnarken  und  balgen  wollen 
Kirchhof  wcndunm.  Vld";  heut  bekümmert  er  mit  neidischen 
Worten  einen  bruder,  morgen  balget  er  mit  dem  andern.  224'' 
ohn  underlasz  balgete  auch  ein  weih  mit  ihrem  mann.  333' 
Funk  hatte  eine  nieuterei  über  die  ander,  mutwillig  und  vor 
setzlich  balgen  angericht.    disc.  mil.  61. 

Lebt  so  noch  in  der  oberd.  Volkssprache.  Schweiz,  er  hat  ihn  ge- 
balget, mit  ihm  gebalget,  geschmält,  gezürnt,  sie  balgt  den  gan- 
zen tag.  Stald.  1, 126.  ScHMiD  schw.  wb.  38.  die  heutige  Schrift- 
sprache kennt  nur  ein  sich  balgen,  pugnis  certare,  contendere,  rau- 
fen: leute,  welche  nichts  anders  wissen  als  sich  indengymna- 
sien  zu  balgen.  Winkelmann  2,  436 ;  sie  finden  in  keinem  trauer- 
spiele  handlung,  als  wo  der  liebhaber  zu  füszen  fällt,  die  prin- 
cessin  ohnmächtig  wird,  die  beiden  sich  palgen.  Lessing  5,  375 ; 

im  lager  von  Agramant, 
wo  beiden  und  heldinnen  sich  wie  lose  jungen  balgten. 
Wiy.AND  5,  131; 
unsere    filosofie   hätte    sich  jähr  und  tag  mit  seinen  Ungarns 
herum  balgen  können.    8,  184;    bald  muste  er  sich  mit  dra- 
chen  und  (liegenden  katzen  herum  balgen.  11,  35; 
sich  für  tyrannen  gar  hinab  zur  hölle  balgen, 
das  ist  ein  tod,  der  nur  der  hölle  wol  gelallt.    Bürger  102'; 

da  balgten  wir  uns.  Güthe  14,  297;  sie  rangen  und  balgten 
sich  sehr  hartnäckig,  drehten  und  wanden  sich  lebhaft  mit 
einander  herum.  19,  93;  zwei  knaben  von  entgegengesetztem 
sinne  balgen  sich  schon  unter  dem  herzen  der  mutter.  24, 
217 ;  ob  er  (Zimmermann)  sich  mit  dem  krankenwärter  oder 
mit  Paracelsus,  mit  einem  harnprophelen  oder  chymisten  herum 
balgte,  war  ihm  gleich.  26,  343 ;  bis  zu  seinen  füszen  hat  sich 
der  knabe  mit  den  schlangen  heran  gebalgt.  39,  54;  wenn 
männer  mit  aniazonen  sich  balgen.  39,  293;  die  anhänglich- 
keit  der  wilden  an  ihre  gesetzlose  freiheit,  sich  lieber  un- 
aufhörlich zu  balgen,  als  sich  einem  gesetzlichen  zwange  zu 
untenverfen.   Kant  5,  427. 

BALGEN,  depsere,  für  walgen,  wälgern,  volulare,  mil  dem 
vorausgehenden  unverwandt:  balge  es  mit  der  milch  zwischen 
den  bänden.  Tabernaemont.  kräiiterb.  934.  gleichbedeutig  mit 
beeren,  ahbeeren.  im  Sprichwort  die  milch  balgt  wol,  aber  sie 
talgt  nicht.  Simrock  7017  heiszt  es  aber  den  bauch  füllen: 
sie  nährt,  aber  macht  nicht  feil. 

BALGEN,  n.  rixa,  lucta,  duellum:  nicht  mit  palgen,  po- 
chen, trotzen  und  zanken  fordern.  Fischart  ehz.  4;  glaube 
nicht,  dasz  gröszere  thorheit,  als  in  dem  balgen  auf  acade- 
mien  fürgehc,  da  manchmal  beide  parteien  das  herz  zu  hause 
und  doch  hernach  die  dcgen  das  fürspiel  zum  vertrage  ma- 
chen lassen,  den  sie  ohnausgelachet  besser  zuvor  annäh- 
men, ped.  schulfuchs  114 ;  stehlen,  morden,  huren,  balgen. 
Schiller  133 ;  über  dem  balgen  fielen  ihre  langen  haare 
herunter.  Göthe  10,171*  vom  ersten  balgen  des  knaben.  20, 
217;  beim  ringen  und  balgen.  24,  101;  ihre  kinder  lernten 
schwimmen  und  rennen,  vielleicht  auch  balgen  und  ringen. 
30,  237 ;  wobei  sich  denn  die  wörtlichen  neckereien  in  kitzeln 
und  balgen  zu  steigern  pflegten.  31,208. 

BÄLGEN,  pellcm  delrahere:  der  fuchs  bälgte  und  frasz  den 
hasen ;  sich  bälgen,  pcllem  exuere,  häuten :  die  schlänge  bälgt 
sich ;  die  erbsen  bälgen  sich,  lassen  im  kochen  die  haut  fuhren. 

BALGENTRETKI»,  m.  was  balglreter.  Voss  id.  6,  23  schreibt 
bälgentreler. 

BALGER,  m.  hotno  pugnax,  raufer,  Zänker:  sich  also  pflegt 
es  den  mutwilligen  balgern  allen  zu  geiien.  Kirchhof  icenrfunni. 
242";  weinsäufer,  spieler,  zänker,  balger.  245";  den  balgern 
fried  geholten,  mil.  disc.  Wi ;  sei  kein  balger,  aber  wann  man 
die  f^bnlein  fliegen  läszt,  dann  sei  keck  und  fliehe  nicht. 
ZiNKGR.  1,  88;  von  balgern  und  kriegern  sagte  er  {Luther): 
wer  das  mcsser  zum  ersten  zucke,  musz  es  auch  zum  er- 
sten wieder  einstecken    1,175; 


einen  buliler,  einen  zänker, 

einen  balger,  einen  stäuker.    Logau  1, 10, 11; 

schlosz   vestiglich,    dasz    diese    balger   keine   Christen    seien. 
Simpl.  1,  90; 

lasz  jene  balger  etwas  ruhn, 

wir  müssen  selbst  das  beste  thun.    Hagedorn  2,  56. 

BALGEREL  f.  rauferei,  Zänkerei. 

BALGERISCH,  rixosus,  zänkisch:  ein  balgerischer  pfaf. 
Frey  garteng.  cap.  122. 

BALGGERÜST,  n.  gerüst,  worauf  die  bälge  befestigt  sind. 

BÄLGGESCHWULST,  f  die  kleine  bälge  oder  beutet  bildet. 

BALGHAKEN,  m.,  eiserner  haken,  womit  die  küper  beim 
ausfällen   und   schroten  den  blasbalg  an  die  faszreife  hängen. 

BALGHARNISCH,  m.  wie  man  sie  im  16  ;Ä.  zum  kriege  Irug. 
Fronsperg  118',  von  balgen,  streiten. 

BALGHAUPT,  n.  vorderende  des  blasbalgs. 

BALGHOLE,  f  caverna  follium:  Ulenspiegel  sagt, 
wann  ir  haben  isen  und  kolen 
und  wind  in  den  balgholen 
SO  künden  ir  wol  schmiden.   Eulensp.  cap.  41. 

BALGISCH, nxoius,  zänkisch:  futerstichig,  meisterlos,  kiffig, 
balgisch  (gesinde).  Gar^.  69';  die  balgische  rott.  groszm.n. 

BALGKAMMER,  f  wo  die  blasbälge  der  orgel  getreten  wer- 
den. Felsenb.  2,  436. 

BALGKAPSEL,  f.  fruchlhülle,  die  sich  der  länge  nach  üfnet 

BALGKOPF,  m.  was  balghaupt. 

BALGLEDER,  n.  corium  follis. 

BÄLGLELN,  n.  folliculus,  gemma  {s.  balg  1):  er  schenkt  im 
ein  kleines  belgclein  (marsupium)  und  wartet  eines  beiz  dagegen. 
Keiseusb.  Sünden  des  mundcs  38' ;  treibet  fort  die  todte  frucht 
und  das  bälglein  oder  die  aftergeburt.  Tabernaemontanus  s.  46  ; 
belglin,  darin  die  kinder  geboren  werden.  Wirsung  Cal.  E  l' 
(vgl.  kinderbälglein) ;  bälglein,  schale  der  Weinbeere.  Hohberg 
1,  350' ;  wann  man  von  denen  schwarzen  Weinbeeren  die  bälg- 
lein wol  austrocknet  und  auspresset.  1,  221'. 

BALG  LEISTE,  f.  holzstab  inwendig  im  blasbalg. 

BALGLIESZE,  f.  beweglicher  blechdeckel  an  der  schnauze 
des  blasbalgs  in  hohen  Ofen  (vgl.  balgsterzel).  Frisch  1,  52 
schreibt  balgliese  und  erklärt:  tegumentum  qnod  claudit  fer- 
reum  os  sive  gulam  follis,  quoties  aere  implenda  est,  ne 
flamma  in  eum  trahatur.  item  canaiis  sive  gula,  cujus  orifi- 
cium  tegumentum  claudit,"  quolies  folles  levantur.  die  dun- 
kelheit  des  ausdrucks  liegt  in  dem  wort  üesze,  das  vielleicht 
eins  mit  diesze  aus  dem  Wechsel  zwischen  D  und  L  entsprang, 
dafür  zu  sprechen  scheint  auch  div  Zusammensetzung  wasser- 
liesze,  nympha,    rauschendes  wasser. 

BALGLUFTKLAPPE,  f 

BALGNAGEL,  m.  clavus  cornutus.  Frischlin  nomencl.  255, 
zum  anheften  des  balgleders. 

BALGPFEN.NING,  m.  geld  zur  Unterhaltung  der  bälge  in  den 
berghütten.    Orerlin  86. 

BALGROHR,  n.  was  balgdiesze,  balgliesze. 

BALGSCHNAUZE,  f.  was  balghaupt,  gula  follis. 

BALGSCHWENGEL,  m. 

BALGSTECHEN,  n.  hastiludium:  so  sei  auch  könig  Hein- 
rich von  Frankreich  im  balgenstechen  verletzt,  dasz  er  in  we- 
nig tagen  darauf  verstorben,  landgr.  Philipp  bei  Mclanchthon 
9,  917.  es  war  Heinrich  IL  im  j.  1559,  vgl.  Ranke  franzüs. 
gesell.  1,  198. 

BALGSTERZEL,  m.  vcctis,  ein  hebet  an  der  obersten  bühne 
des  blasbalgs:  derhalben  so  der  pomper  den  balgsterzel  hinab 
drückt,  so  geht  die  t)berbüne  des  halgs  empor  und  zugleich 
auch  mit  ihr  die  strodel  (forcs)  des  windloclis,  so  sie  den 
wind  haben  »n  sich  gezogen,  und  mit  der  weis  zeucht  der 
balg  den  luft  an  sich,  so  die  Üesze  (naris)  in  sein  lotle  (ca- 
naiis) geschlossen  ist;  so  aber  der  lotten  mundloch  sein 
mundlüch  gefaszt  hat,  so  zeucht  er  die  bösen  und  vergifligen 
dünst  aus  dem  windschacht.  Bechius  Verdeutschung  des  Geo. 
Agrtcola  s.  172.  s.  liesze  und  lotle.  man  schrieb  dem  balg 
(wie  dem  wagen  und  pflüg)  haupt  und  schwänz,  mund,  nase 
und  arm  zu. 

BALGSTÜRZE,  f.  cauda  follis.  Frisch  nomencl.  255. 

RALGSTÜRZEL,  m.  dasselbe  und  was  balgsterzel. 

BALGTRETER,  m.  der  auf  die  balgbalken  Irilt,  um  sie  in 
zug  zu  bringen. 

BALIEREN  ßr  polieren:  die  zenlin  klain  und  weisz,  wie 
das  balierl  helfenbain.  Wirsung  Co/.  C  4';  ballieren  und  fägen 
lassen.  Frey  gartenges.  cap.  39;  klingcnbaliercr  (schwertfeger). 
Garg.  63';  auf  das  allerkünstlichesl  balieren.  Pdr.  28'; 


1089 


BALKE 


BALKEXAXKER — BALL 


1090 


ir  velt  die  misbreuch  glatten, 
die  Dit  ballieret  sind.    UblakdOIS; 
▼on  wachs  gar  dünn  getrieben 
seind  alle  maur  und  wand, 
balliert  und  glatt  gerieben.     Spee  trutzn.  135. 
«n  folgender  stelle  scheint  es    scitonend   behandeln,    hinhalten: 
sonder  ist  besser,  dasz  du  in  ballierest,    das  ist,  dasz  du  in 
uflentbaltest    und    im    sunst    senftigklicben   rot  irath)  thiiest. 
dann  den  du  also  understundest  gar  zu  bellen,  der  stürb  als- 
bald. Gersdorf /ie/t/b.  74.    es  kann  hier  auch  bedeuten  palliare, 
palliative  anwenden,    s.  ausbalieren. 

BALKE,  m.  trabs,  ahd.  palcbo,  balko  (Graff  3,  lOS),  mhd. 
balke  (Ben.  l,  TO'l,  alls.  baico,  nnl.  balk,  gen.  balks;  alln. 
biaiki,  schw.  bjelke,  ddn.  bjälke,  daneben  aber  altn.  bälkr, 
altscIiK.  balker,  boiker  für  die  abschnitte  der  gesetzbücher. 
nicht  goth.,  sondern  durch  ans,  altn.  ds  (j.  oben  sp.  432)  rer- 
treten.  das  litt.  letl.  balkis,  rtiss.  balka.  poln.  balka,  belka 
scheint  ton  uns  entlehnt  und  mangelt  altsl.  böhm.  u.  s.  w. 
eine  höhere  abkttnß  liegt  dunkel,  denn  skr.  pbalaka  scutum, 
parma  und  lat.  porca,  unser  furcbe  heranzuziehen,  veil  ags. 
balca,  boica,  engl,  balk  auch  furche,  gleichsam  balken  auf 
dem  acker  bedeutet,  ist  nocli  bedenklich,  dies  balca,  balk 
scheint  das  gal.  balc,  a  ridge  of  earlh  bet\reen  two  funows. 
neben  unserer  sthicachen  form  balke  begegnet  im  16  jh.  zuwei- 
len ein  starkes,  dem  nnl.  gleiches  balk,  z.  b.  erscbien  ein  un- 
gewonlicber  stern  umb  vesperzeit,  dem  lief  ein  groszer  balk 
oder  trom  entgegen.  Frank  chron.  1S2 ;  dieser  zeit  bat  sieb 
ein  feuwriner  balk  von  nidergang  aufgeschwungen.  Reiszner 
Jerus.  2,  74';  doch  im  pL  sieht  balken:  die  tröm  oder  bal- 
ken. Frank  ueltb.  22S*.  das  hier  daneben  siehende  trom,  alid. 
drum  (Graff  5,  260)  ist  synonym  ton  balke. 

Balke  bezeichnet  also  vorzugsweise  tignum,  das  starke  in 
den  wänden  und  dem  dach  des  hauses  gelegte  holz:  er  banet 
eine  balle  mit  seulen  und  dicken  balken.  1  kön.  7,  6;  und 
überzog  die  balken  oben  an  und  die  wiinde  und  die  tbüren 
mit  golde.  ScAron.  3,  7;  geböfelt  (gehobelt)  bolz  zu  keufen  zu 
den  balken  an  den  bäusern.  34,  ll ;  balken  legt  man  in  die 
wende.  Es.  5,  8 ;  und  welcher  menscb  diese  wort  verendert, 
von  des  bause  sol  man  einen  balken  neraen  und  in  dran 
hengen.  fi,  11;  das  er  mir  bolz  gebe  zu  balken  der  pforlen 
am  pallast.  yeh.  2,  8 ;  denn  durch  faulheit  sinken  die  balken 
und  durch  binlessige  bende  wird  das  haus  tiicfend.  pred.  Sal. 
10, 18 ;  unser  bette  grünet,  unser  beuser  balken  sind  ccdern. 
hohel.  l,  17 ;  denn  auch  die  steine  in  der  mauren  werden 
schreien  und  die  balken  am  gesperr  werden  inen  antworten. 
Habac.  3,  11;  rordomel  werden  wonen  auf  iren  tbürmen  und 
werden  in  den  fenstern  singen  und  die  raben  auf  den  bal- 
ken. Zephan.  2, 14 ;  sie  sind  wie  die  balken  im  bause.  Baruch 
6, 18 ;  sie  aber  verbrennen  wie  andere  balken.  6,  55.  e5  heiszt 
den  balken  legen,  einziehen,  richten ;  die  scbeune  liegt  getrai- 
des  so  voll,  dasz  sich  die  balken  biegen;  figürlich,  er  schwört, 
lügt  dasz  die  balken  krachen  und  sich  biegen :  liegen^  das  die 
balken  krachen.  Luther  3,  516';  da  viel  verheiszens,  zusagens, 
verlrostens,  schweren  und  eiden,  das  die  balken  krachen, 
geschiebt.  6,  164";  die  fursprechen  liegen  [lügen)  gegeneinan- 
der, das  sich  die  balken  biegen,  man  sengt  wol  hammen  da- 
bei {so  heist  sind  die  schwüre).  Keisersb.  Sünden  des  munds 
41';  diser  leugt  nach  dem  fürgrif,  das  sich  die  balken  möch- 
ten biegen.  Frans  trunkenheit  D' ; 

wie  kan  der  wolT  so  weidlich  liegen, 
das  sich  daTon  die  balken  biegen.    Alsrros  176; 
er  leugt,  sich  möchten  palken  biegen.    H.  Sachs  I,  542; 
fidern,  dasr  sich  die  balken  biegen.    Sensu  grob,  ß  1 ; 
leug,  dasz  sich  die  balken  biegen.    S2»; 
er  lügt  nicbt,    dasz    sich    balken   biegen.    Simpl.  l.  5.     auch, 
unter  freiem  himmel  biegt  sich  kein  balke  {hol  man  den  ein- 
stuTZ  des  hauses  nicht  zu   ßrchten).    Simrock  4741.     irr»7  ver- 
breitet ist  sodann  die  biblische  redensart :  was  sibesta  aber  den 
s-plitter    in   deines   bruders    äuge   und  wirst  nicht  gewar  den 
balken  in  deinem  äuge.  Matlh.  7,  3.  Luc.  6,  41;  du  beuchler, 
zeuch  am  ersten  den  balken  aus  deinem   äuge,   darnach   be- 
sihe,    wie    du   den   splilter  aus  deines  bruders  äuge  ziehest. 
Matth.  7,  5.  Luc.  6,  41.    Kero  setzt  kipret  (bret),  die  ags.  tertion 
beäm,  bei  T.  steht  balco.     noch  ein  Sprichwort  lautet: 
wer  kunst  fraRt  deir,  ders  selbst  nit  weisi, 
sucht  starke  balken  unterm  «i«. 

KtacHHOP  vendunm.  4M'; 
das  Wasser,  das  eis  bat  keine  balken.    distillieren  durch  neun 
balken.  Garg.  22*.    zu  balken  steigen  bedeutet  sterben,  veil  die 
haute  der  schnfe  auf  dem  balken  :um  trocknen  aushängen: 


krfimer,  dem  beutet  gebricbts  am  klingenden!  vorigen  winier, 
über  das  mufUge  heu,  stieg  widder  und  schaT  mir  zu  balken. 
Voss  id.  II.  9. 
I»  der  sehettne  wird  der  höhere  räum,    sonst   auch   der  kom- 
boden  oder  der  Speicher  des  hauses  balke  genannt,    schif.  pflüg, 
egge  und  wage  haben  ihre   balken.     poetisch    steht   balke   für 
das  schif  selbst: 

ist  Noa  und  sein  haus  im  balken  fortgeschwommen  ?  ^ 

Opitz  3,  228. 
sonst  ist  balke  der  mittlere  theil  eines  zweimal  gespaltnn 
Schildes,  wenn  die  beiden  äuszeren  theile  einerlei  färbe  ha- 
ben; in  der  geige  ein  hölzchen  vor  dem  F-loche.  Stalder  1, 
126  führt  ßr  balke  auch  noch  die  bedeutungen  eines  fenster- 
ladens,  eines  hosen  -  und  brustlatzes  und  eines  viereckigen  ris- 
ses  am  kleide  an,  welches  letzte  sonst  gere  hiesz.  wenn  beim 
pflügen  zwischen  je  zwein  aufgeworfnen  furchen  ein  streif  un- 
gewendeten  bodens,  so  wie  auf  dem  Weinberge  zwischen  den  Zei- 
len ein  freier  erdraum  liegen  bleibt,  gilt  daßr  ebenfalls  der 
name  bnlke.     s.  vorhin  über  porca. 

BALKENANKER,  m.  eisenwerkstüek  mit  ankerförmig  getheil- 
ten  enden,  um  balken  in  eine  seitenmauer  zu  festigen. 
BALKENBAND.  n.  steg  auf  dem  boden  einer  laute. 
BALKENDECKE,  f.  im  geqensatz  zur  gewölbten. 
BALKENGESIMSE,  n.  gesimse  unter  dem  dach. 
BALKENHAUEB,  m.  ein  Zimmermann,  der  aus  dem  groben 
haut. 

BALKENHOTZLEB,  m.  der  schwere  balken  schleppt:  solche 
vierschrötige,  ja  sibenscbrötige  plotzwedel,  balkenhotzler,  seck- 
trager,  trollen,  knollen,  Stollen  und  babiloniscbe  thurnbauer. 
Garg.  43'. 

BALKENKANTE,  f  die  seile  eines  viereckig  behauenen  baums. 
BALKENKANTIG. 

BALKENKELLEK,  m.  gebalkter,  ungewölbter  keller. 
BALKENKLAFTEB,  f. 

BALKENKOPF,  m.  das  vorragende  ende  eines  balken. 
BALKENLAGE,    f.:   die    balkenlage  will  sich  auch  Suszer- 
lich  zeigen.    Armm  kronenw.  t,  259. 

BALKENRECHT,  n.  serrilus  tigni  immitlendi. 
BALKENRJSZ,  m.  baurisz  von  dem  gebälk  eines  gebdudes. 
BALKENHUTHE.  f.  der  zehnte  theil  einer  schaclitrulhe 
BALKENSCHLAGER,  m.  balkenhauer. 
BALKENSCHLELSE,  f.  aus  balken  gezimmerte. 
BALKENSCHNLR.  f.  am  weberbalken. 
BALKENSCHRÖTER,  m.  lucanus  parallelopipedus. 
BALKENSCHUH,  m.  der  zehnte  theil  einer  balkenrulhe. 
BALKENSTAB,  m.  eine  arl  des  stars,  wenn  ein  weisxer,  un- 
durchsichliqer  streif  hinter  der  pupille  steht. 

BALKENSTEIN,  m.  der  kragslein,  worauf  ein  balke  ruht. 
BALKENSTREIF,    m.  heraldisch,    der  dritte  theil  eines  bal- 
ken s. 

BALKENSTRICH,  m.  dasselbe. 
BALKENSTCCK,  n.  aus  einem  balken  gezimmert. 
BALKENTRACHT,    f    dicke   bohlen,    an    beiden   seilen    des 
Schiffes,  welche  die  deckbalken  tragen. 
BALKENVORSPRUNG,  m. 
BALKENWAGE,  f. 

BALKENWERK,  n.  das  ganze  der  balken  im  gebdude,  das 
gebälk. 

BALKENZOLL,  m.  der  zehnte  theil  eines  balkenschuhes. 
BALKON,  m.  balkenvorsprung,    auf  dem  man  eines  Standes 
im  freien   zur   aussiebt   geniesxt,    nach   dem  it.  balcone,    das 
selbst  aus  unserm  balke  entlehnt  wurde,    vgl.  allane. 

BALL,  ablaul  von  bellen,  mhd.  bal,  heule  boll :  ball  wie 
ein  hund.   Keisebsb.  omeisz  12' ; 

der  hund 
ball  überlaut,  davon  der  kneeht 
erwacht.  Albfkus  14£V 

BALL,  m.  pila,  globus,  ahd.  pallo  m.  und  palla  f.  (Graft 
3,  93.  94)  neben  sloz  (6,  736);  mhd.  bal  balles  m.  und  halle 
ballen  m.  (Be.n.  1, 117*.  1I8')  neten  stützel;  nnL  bal  pl.  ballen; 
altn.  böllr  m.,  schw.  ball,  da»,  bold.  riAA  unterscheiden  wir 
ball  pila,  globus,  pl.  bälle,  von  balle  fascis,  pl.  ballen,  und 
beide  sind  männlich,  doch  wurde  auch  von  ball  pila  der  gen. 
ballens,  acc  ballen  gebildet,  des  ballens  spielen  sagt  Fischart 
Garg.  174'.  178';  da  man  des  balln  spielt.  Albebgs  ;  alle  bal- 
len, die  auf  dis  tacb  fallen,  kan  man  mit  eim  wort  ubcrausz 
schlagen,  bienenk.  47'; 

ich  warf  den  ballen  weg,  womit  ich  spielte.    Göthb  10,  23. 
Was  die  würzet  betriß,    so    ist  das  von  Bbs.  1,  llT'  vermutete 
bil  bal    bdlen    geboln,    anscliwellen,    aufspringen   unerweislich 

69 


1091 


BALL— BÄLLCHEN 


BÄLLCHENATLAS  —  BALLENSPIEL   1 092 


und  unnvlhig,  die  bedeutung  schwellen  auch  schon  in  dem  ver- 
wandten beigen  enthalten,  dessen  G,  vie  vorhin  angcmeikt  wurde, 
aus  J,  folglich  I  hervorgieng.  foilis  begegnet  sich  der  laut- 
verschiebung  nach  mit  ball  wie  balg,  und  beiden  liegt  die  Vor- 
stellung des  schwellenden,  geschwollnen  zum  gründe,  pila  hin- 
gegen, dessen  kurzer  vocal  zum  franz.  bille  stimmt,  so  wie 
piilula,  tritt  neben  gr.  rcdV.a  globus,  von  ■näXXetv  schwingen, 
drehen,  treiben,  tat.  pellere.  will  man  auch  ßaXXsiv  werfen 
heranziehen  ?  dann  käme  ßolrj  und  ßsXos,  pilum  speer  mit 
langem  i  und  unser  pfeil  in  betracht,  und  die  consonaiit- 
rerschicbung  bietet  genug  anomalien  dar,  deren  ausgleichung 
hier  nicht  weiter  zu  erörtern  ist.  unsere  spräche  läszt  den 
baU  sowül  werfen  als  schlagen  und  treiben : 

in  des  liant  von  lliuwental 

warf  diu  stolze  magl  ir  vinkclvölien  bal.   MS.2,75'.  Ben.  6c»(r.  440  ; 

warf  ich  den  bal  in  des  hant  von  Riuwental.    454; 

welches  zuwerfen  ein  zeichen  der  gunst  war.  ob  er  sich  des 
tags  den  ballen  zu  schlagen  zu  sehr  erwermet  bette.  Bocc.  245*; 
ich  hab  aber  noch  ein  Übung  des  leibs,  darab  ich  vil  freud, 
kiirzweil  und  lusts  einpfahc,  den  bal  zutreiben.  Petr.'iZ'; 

als  ich,  in  gesellscliart  von  titanen 
mit  l'elion  und  Ossa  als  mit  hallen  sclilug. 
GOTHE  41,  137, 

wo  doch  statt  des  zweiten  als  besser  wie  stände;  den  schlägel 
führen  und  damit  den  ball  treffen.  6,227;  ohne  schlägel  und 
ball.  6,  228;  ihre  spiele,  wie  das  mit  ballen  und  schlägel, 
auf  groszen  rennbalinen.  6,  23 ;  das  maillespiel  zu  pferde,  wo 
ballen  und  schlägel  die  grosze  rolle  zugetheilt  ist.  6,  87.  man 
sagt:  den  ball  leiten,  zurückschlagen,  springen  lassen;  den 
gcworfnen  ball  fangen,  ebenso  den  Schneeball  werfen  und 
fangen,    s.  schlagball,  mhd.  sleipal. 

Hei  dem  spiel  mit  clfenbeinkugeln  heiszt  es;  auf  einen  ball 

spielen,  einen  ball  machen,   den  ball  sprengen,   versprengen, 

vollnehmen  und  schneiden,     der   ball  läuft  und  verläuft  sich. 

Für  die  kugel   der  geschütze  (franz.  la  balle,    la  boule,    le 

beulet)  bedienen  wir  uns  des  wortes  ball  selten: 

der  weg  der  Ordnung,  gieng  er  auch  (hircli  krümmen, 

er  ist  kein  uinweg.   gradaus  geht  des  iilitzcs, 

geht  des  kanonballs  rürchterlicher  ptad.    Scuiller336; 

durchlöchert  von  kugeln  war  sein  hui, 

durch  den  slielcl  und  koller  fuhren  die  ballen.    323*. 

Oß  aber  bezeichnet  hall  den  lußball,  den  augapfel  {die  pupille), 
und  die  kugel  der  planeten :  luftfahrten  mit  aerostatischen  bal- 
len. Kant  5,  406;  fallen  öfters  gVosze  feuerballen  (feuerku- 
gcln)  von  himmel.  Sciiuppics  409;  der  crdball ; 

auf  jedem  landhaus  unsers  balles.  Gökingk  2, 139. 
Bildlich:  ball  des  Schicksals,  weil  man  die  glücksgütlin  auf 
einem  ball  darstellte,  m/irf.  gelückes  slützel.  fieHH.  18362;  solche 
künigc,  die  dem  guten  vertrauen  aulhelfen,  schlagen  mit  den 
armen  des  Vertrauens  den  ball  ihrer  macht  am  allenveitesten. 
pers.  baumg.  1,  6.    spielball  für  spiel : 

wer  auf  dem  meer 
des  lebens  nicht  die  stürme  der  begierden 
bemeistern  kann,  ist  ewger  wellen  ball.    Gotieb  2,  259. 

BALL,  m.  saltatio,  chorea  soloinis,  nach  dem  it.  ballo, 
franz.  bal,  vgl.  mlat.  ballare,  balarc  und  gr.  ßalXit,Eiv,  die 
schenket  •werfen,  tanzen,  dem  vorausgehenden  deutschen  worte 
ball  unverwandt,  es  sei  denn,  dasz  man  auch  dieses  aufßäX- 
Xeiv  leiten  könne,  ball  =  tanz  kennen  die  Wörterbücher  des 
idjh.,  auch  Hemscii  noch  nicht,  es  scheint  erst  im  17  aufge- 
kommen, SiiELER  87  setzt  es  neutral  an,  zum  unterschied  von 
jenem  deutschen  ball,  Frisch  1,  53'  aber  schon  männlich,  man 
sagt  einen  ball  geben,  anstellen,  mitmachen,  auf  den  ball 
gehen,  einem  ball  beiwohnen,  auf  dem  ball  sein,  j«  einzel- 
nen Zusammensetzungen  musz  der  sinn  ergeben,  ob  ball  pila 
oder  hall  chorea  gemeint  ist,  z.  b.  ballhaus. 

BALL,  m.  lalralus,  sonus,  laut,  anschlag.  weidmännisch,  die 
rüden  folgen  auf  den  ball  des  findcrs,  werden  auf  den  ball 
gehetzt.  Döbel  1,  102'.' ;  lleiszen  sich  scheutzlich  zu  schreien, 
verheben  irc  münd  mit  den  lartschen,  das  der  ball  herwidcr 
gell,  und  dester  grewliclier  laute.  Frank  teutsch.  nat.  chron.  7* 
nach  Tac.  Germ.  3.    s.  bellen. 

BALLADE,  f  eigentlich  tanzlied,  woßr  ehmals  das  bessere 
dtulsche  leich  zu  gebot  stand. 

BALLAST,  m.  saburra,  belaslung,  Überladung  des  schi/fes, 
dann  überhaupt  überflüssiges,  was  man  wegwerfen  kann. 

BALLASTE.N,  ein  schif  beladen,    auch  nnl. 

iJÄLLCHEN,    n.    1)  kleiner  ball,    pila   pisilla.     2)  kleiner 


balle,  fasciculus:  ein  bällchen  feine  leinwand.  Rabener  3,90. 
3)  kleiner  tanz. 

BÄLLCHENATLAS,  m.  geringer  alias,  den  man  bällchen- 
weise, in  halben  stücken  verkauß. 

BALLE,  m.  fascis,  globus, 

1)  ründung,  erhöhung  an  Hand  und  fusz  der  menschen  und 
thiere  (mit  huf  wie  gespaltner  klaue) :  spilten  des  handballens. 
Garg.  174"; 

laszt  vom  ballen  zum  schöpf  mich  sein.    Wieland  18,  137; 

der  schnitt  gieng  durch  den  ballen,  gerade  unter  dem  dau- 
men.  Götiie  19,  134;  so  ein  pferd  ihm  selber  auf  die  ballen 
(die  innere  fläche  des  hufs)  tritt.  Seüter  320 ;  mhd.  ej  gie  üf 
den  ballen,  kröne  19851;  der  edel  birsch  zeigt  ballen,  die  sau 
nit.  weidspr.  200; 

ein  hirsch,  der  sich  nicht  wol  befand, 
blieb  lange  zeit  daheim,  die  ballen  auszuheilen. 
Hagedorn  2,  30. 

2)  runder,  schtuellender  bündel,  fascis,  sarcina:  sein  vatter 
und  sein  mfiter  und  alle  seine  freund  schickten  im  vil  bricf, 
in  ein  ballen  gebunden.  Keisersb.  Sünden  des  mundes  70'; 
waarenballen,  tuchhallen,  bücherballen,  papierballen;  ballen 
voll  pfersich.  Garg.  54';  wie  sich  die  ncbel  zu  ballen  wälzen 
und  an  den  bergwänden  herab  lenken.  Bettine  br.  1,  252.  bild- 
lich, der  nimpt  den  ballen  des  reichlhumbs  mit  sich  aus  der 
weit,  der  vor  das  zukünftige  etwas  beileget,  pers.  baumg.  2,  l. 

3)  den  buchdruckcrn  hieszen  sonst  ballen  halbrunde  lederkis- 
sen  zum  auftragen  der  schwärze,  an  ihre  stelle  treten  jetzt 
walzen;  den  fcchtern  rundlich  ausgestopße  spitzen  des  fecht- 
cisens;  den  tischlern  der  hintere  runde  theil  des  fausthobels. 

BALLEN,  constringere,  conglobare, 

1)  band  und  faust  ballen:  der  sultan  gieng,  die  geballten 
bände  auf  den  rücken  verschränkt,  mit  ziemlich  starken  schrit- 
ten auf  und  nieder.  Wieland  8,  409  ;  mit  geballter  faust.  Pierot 
1, 102.  Götter  1,  80.  Klinger  1, 10 ; 

die  kalte  leufelsrausl  entgegen, 

die  sich  vergebens  tückisch  ballt.    Göthe  12,72; 

könnt  ihr  den  weilen  räum 

des  himmels  und  der  erde 

mir  ballen  in  meine  laust!    33,  244. 

2)  Schnee,  nebel,  wölken  ballen  sich:  der  schnee  wird  ge- 
ballt, ballt  sich,  oder  auch  blosz  ballt,  ich  ballte  die  wölken 
vom  dunkeln  meer  her  und  zog  sie  über  dich.  Klinger  2,  225 ; 

dem  gläubgen  müssen 
selbst  die  wölken  sich  zu  fuszen  ballen.    Plaikn84; 
und  ballende  sonnen  rings.    Voss  3,  93, 
die  sich  als  kugeln  bilden. 

3)  sich  hervor  ballen,    empor  drängen,    erheben,  außreiben: 

der  hirsch  und  reh  sein  hörner  krauset, 

wenn  die  allen  sind  abgclallen 

und  die  newen  sich  herfür  ballen,    /"rosc/im.  3,  3, 11. 
Stalder  1, 127  hat  das  part.  erballt  für  dick  und  fett,  das  heisil 
doch  aufgetrieben,    angewachsen,     auch   das  gewundene  knäuel 
ballt,  und  der  wurm  knäuelt  sich: 

nahe  liegt,  zum  knäul  geballt, 

des  feindes  scheusziiche  gestalt.    Schiller  66. 

4)  der  teig,  das  mus,  die  gehackte  speise  wird  geballt, 
d.  i.  zu  runden  klöszen  gebildet:  der  wolle  machen  ein  mor- 
chenmus,  der  nem  morchen  und  erwelle  da;  uj  einem  brun- 
nen,  und  geballen  (?geballct)  u;  eime  kaldem  wasjer  und 
gehacket  kleine,  und  tu  e;  dennc  in  ein  dicke  niandelmilich. 
von  guter  speise  s.  24  cap.  79,  die  vorschriß  ist  aber  undeutlich 

5)  figürlich,  die  Franzosen  wurden  zu  den  jetzigen  Franzo- 
sen durch  eine  längere  als  die  benannte  revolution  oder  Um- 
wälzung gebildet  und  geballt,  i.  Paul  nachdämm.  69. 

BALLENBLNDER,  «i.  mercium  consarcinalor.  Garg.  237*. 
Thdrneisser  archidoxa  11. 

BALLENEISEN,  n.  ein  meiszel  mit  schräger  schneide,  der 
mit  dem  handballen  gelrieben  wird. 

BALLENGICHT,  f.  gicht  in  den  fuszballen.  fiiszgicht. 

BALLENGUT,  n.  copia  mercium,  aufgebaute  waaren: 
dieser  speichert,  was  der  schlump  ihm  wirft 
ballengut  vom  krano.       Voss  5,  3. 

BALLENHAUS,  n.  s.  ballcnspiel. 

BALLENKHAUT,  n.  plantago  major. 

BALLENKREl'Z,  n.  in  der  Wappenkunde,  ein  kreux  mit  run- 
den ballen  an  den  enden. 

BALLENMEFSZEL,  m.  was  bällencisen. 

BALLENSCHNUR,  f  globi  funiculus.  nac/»  rfcr  ballenscbnur 
verkauße  man  sonst  alte  bücherlagcr. 

BALLENSPIEL,  n.  ballspiel,  Indus  pilae,  ehmals  aber  oß 
gesellt  für  sphacriskrium,  ballspiclbatts,    wie  franz.  le  jeu  de 


1093  BALLENSPIELERLEIN  —  BALSAMAPFEL 


BALSAMBÜCHSE  —  BALZEN 


1094 


paume  /ur  das  haus,  spectaculum  ßr  Schauspiel  und  Schau- 
spielhaus. Maaler  50".  Frischmx  nomencl.  474:  man  macht 
doch  heut  wol  stall  aus  den  kirchen  und  kirchen  aus  den 
Ställen  und  ballenspielen.  Garg.  134'.  Logaü  hat  daßr  bal- 
lenhaus : 

die  Jungfern,  die  das  eeile  rund, 
das  zu  der  liebe  legt  den  grund, 
so  frech  ans  lichte  stellea  aus, 
die  sind  ein  rechtes  ballenhaus, 
da  stets  der  ballen  liegen  viel 
und  warten  dem,  der  spielen  wil.    1,  4,  95. 
hallspiele   auf  freier  strasze  schildern  die   mhd.  dichter  leben- 
dig z.  b.  Walther  39,  4.  Neidhart  MS.  2,  79'.'.  MSH.  2, 113. 114. 

BALLENSPIELERLEIN,  n.  ballspieler.  Garg^Ai'. 

BALLENVVAARE,  f  die  geballt  versendet  wird,  gegenüber 
der  in  kisten  und  fässem  verpackten. 

BALLENVVÄLZER,    m.   scarabaeus  pillularius,   slercorarius, 
mislkäfer,  der  mit  seinen  langen  beinen  kugeln  bildet  und  fort- 
■  schleppt. 

BALLENWEISE,  adv.  sareinatim,  in  ganzen  ballen,  gegen- 
satz  von  stückweise. 

BALLENZINN,  n.  zinn  das  in  ballen  gerollt  verkauß  wird. 

BALLERN,  tumultuari:  da  wirslu  einen  rechten  trostrei- 
chen Prediger  hören,  der  nicht  also  poltert  und  ballert,  wie 
dieser  unsinnige  pfaffe.  Schuppics  480. 

BALLET,  n.  saltatio  scenica,  it.  balleto,  franz.  ballet.  Weck- 
HERLiN  836  schreibt  balleth. 

BALLETTE,  /".  /"ranr.  palette :  rock  von  grünem  berkan  mit 
goldnen  balletten.  Göthe  24,  78. 

BALLETMEISTER,  m. 

BALLFÖRMIG,  in  modum  pilae  formeUus. 

BALLGAST,  m.  ein  zum  ball  eingeladner  gast 

BALLGESELLSCHAFT,  f 

BALLHAUS,  n.  sphaeristerium,  s.  ballenhaus  und  ballen- 
?piel.  Dahlxann  franz.  revol.  s.  207. 

B.ALLHAüSSCHWUR,  m.  Dahlma^h»  o.  a.  o.  437. 

BALLHOLZ,  n.  ballschlegel. 

BALLIEREN,  s.  balleren,  polieren. 

BALLIEREN,  in  ballen  packen,  emballer.  richtiger  ballen. 

BALLKLEID,  n.  tanzkleid. 

BALLKÖMG,  m.  dem  zu  ehren  der  ball  angestellt  ist. 

BALLKUGEL,  f  pila.  pleonasmus. 

BALLMÄSZIG,  saltationi  eonveniens:  ballmäszig  angezogen 
sein. 

BALLMEISTER,  m.  Schüppils  803.   s.  balletmeister. 

BALLON,  m.  ein  groszer  lußgefüllter  ball.  Fleäisg  117  schrieb 
pallon.  • 

BALLROSE,  f.  vibumum  opulus. 

BALLSAL,  m. 

BALLSCHUHE,  pl.  leichte  tanzschuhe. 

"BALLSPIEL,  n.  was  ballenspiel. 

BALLSPIELZIMMER,  n. 

BALLUNTERNEHMER,  m. 

BALLWORFEN,  instar  pilae  jactare: 
so  geht  es  zu,  das  oft  und  viel 
gott  mit  den  leuten  hat  sein  spiel. 
und  bahrorn  sie  bald  auf  bald  nider, 
bald  her  bald  hin,  bald  dort  herwider. 

Mart.  IIathecii  drei  comödien.  Lp.  15S2  A  G'. 
setzt  ein  subst.  worf  orfer  ein  rerbum  worfen  voraus,  wie  schon 
ahd.  worf  und  worfön  bestanden  (Graff  1,  1039.  1042). 

BALLWURF,  ni.  jactus  pilae;  nach  dem  vorausgehenden  viel- 
leicht auch  ball  worf. 

BALM,  m.  franz.  paume,  pila,  weil  man  mit  der  flachen 
hand  den  ball  schlug.    Di;ca<<ce  s.  v.  palma,  palmae  Indus : 

den  balm  schlagen,  tanzen  und  springen.    Atrer  179*. 

BALM,  /■.  eaverna  in  rupe,  mlat.  balma.  Stalder  1, 127. 
BÄLMLEIN,  n.  palmula.    sein  bälmlein  uf  einen  schieszen, 
bei  Keisersberc  öfter  ßr  seinen  witz  an  ihm  auslassen. 
BALMTAG,  m.  dies  palmarum. 

BALSAM,  m.  balsamum,  steht  häufig  ßr  wolgeruch  und  lin- 
demdes  heilmittel  überhaupt :  nimb  wilden  baisam,  das  ist  ter- 
pentin.  Selter  16t. 

Sclinar,  dein  wort,  du  erscheinst,  stirbst  du  Tor  mir, 

deiner  Selma !  o  geusz  den  bal.om 

in  die  wunde  der  verlasznen.     Klopstock  2,  118; 

ihr  gösset  meinen  wimden 
der  hofnung  baisam  ein.        GoTTeR2,  3&S; 
allgegenw.irtger  batsam 
allheilender  natnr.    Oötbi  2,  77. 

BAL5AM.\PFEL,  m.  momordica  balsamina. 


BALSAMBÜCHSE,  f 

BALSAMDLTT,  m.  Brockes  6,  44. 154.  8,  207 ; 

nie  gefühlte  frühlingsluft 

weht  mich  an  mit  balsamdufl.    BiJRGEa2S': 

paradiesische  ufer  im  balsamduft  blühender  gefilde.    Bettine 
br.  1, 121. 

BALSAMEN,  balsamo  perungere,  mhd.  balsemen,  balsmen 
(Be\.  1,  80')  und  so  auch  noch  Aimon  B :  der  leib  ward  ge- 
balsmet  \es  steht  verdruckt  gebalmset)  und  gesalbet ;  auch  nnl. 
balsemen ; 

dann  liebe  balsamt  gras  und  ekel  berscht  auf  seiden. 
Halles  32; 
haar, 
das  durch  öl  balsamt  in  neuem  wachsthum  war. 
ZiCHABrÄ  1,  120; 
und  schüttet  ambradufl 
und  lieblichen  geruch  in  die  balsamte  lufl.    1,  132; 

doch  menschenquälern  die  wunde 
zu  baisamen,  es  ist  gegen  die  menschlieit  verrath 
I1rrder9,  168; 
und  den  berühmten 
magenwein,  mit  arsenili  und  silberglätte  gebalsarat. 
Voss  2,  202. 
BALSAMFLUT,  f  Brocres  6,  39. 
BALSAMGEFÄSZ,  n. 
BALSAMGEIST,  m. 

vom  balsamgeist  der  hofnung  in  den  kalten 
behausungcn  des  grabes  hingehalten.    Schiller  21*. 

BALSAMGERUCH,  m. 
BALSAMHAUCH,  m. 
BALSAMIEREN,  franz.  enbaumer: 

ausweidnen  und  wol  palsamiern.    Atrer  308'. 

BALSAMISCH,  suaviter  olens: 

von  salben  umduftet, 
auch  balsamischem  honig.    Voss  Od.  24,69; 
war  der  essig  nicht  scharf  und  balsamisch  das  nnszöM 
Luise  1.  77 ; 
die  süsze  luft,  die  ihre  schöne  wange  gekühlt,  darein  sie  ih- 
ren balsamischen  athem  ergosz.  Fr.  Müller  3, 130. 
BALSAMKRAUT,  n.  impatiens  balsamina. 
BALSAMKRUG,  m.  Gotter  3,  334. 
BALSAMREICH.  Brockes  l,  82. 169.  312.  507. 
BALSäMSAFT,  m.   der  balsamsaft  der  trauben.    Göthe  12, 
78.    mhd.  balsamsaf.  myst.  320, 19. 

BALSAMSCHLAF,  m.  besänftigender,  heilender  sclilaf: 
ermuntert  von  Auroren 
und  durch  den  balsamschlaf  gestärkt.    Wielaxd  17, 168. 

BALSAMSCHWALL,  m.  Brocres  7.  148. 
BALSAMSTAUDE,  f 

was  der  balsamstaud  entrollt. 

heilet  nicht  wie  mintiesold.    Bürger  17'. 

BALSAMTRÄGER,  m.  in  jenen  Waldgegenden  holten  sich 
laboranten  angesiedelt  und  manche  arten  von  extraclen  und 
geistern  bearbeitet,  deren  allgemeiner  ruf  von  einer  ganz  Tor- 
züglichen  heilsamkeit  durch  emsige,  sogenannte  balsamtrügcr 
erneuert,  verbreitet  und  genutzt  ward.    Götue  58,  87. 

BALSAMTROPFE,  m.  tausend  balsamtropfen  fremder  thrü- 
nen.  J.  Pacl  Hesp.  4, 100. 

BALZ,  f  coitus  silrestrium  avium,  nach  Nemmch  1570  vox 
falconum  ad  coitum  prurientium,  gilt  aber  hauptsächlich  von 
auerhahn,  birkhahn,  kranich,  trappe,  fasan,  schnepfe.  Stieler 
schreibt  die  balze  oder  pfalze,  Döbel  falz  oder  balz,  Pärso:« 
pfalz.    s.  aucrhahnbalz  und  das  folgende  rerbum. 

BALZEN,  FALZEN,  coire  jungique,  vom  federwildbret,  denn 
ßr  die  falken  musz  es  erst  bestätigt  werden;  das  weidwerk- 
buch  von  1582  hat  es  weder  von  falken  noch  anderm  gevögel, 
bei  wildem,  uneszbarem,  z.  b.  bei  storch,  rabe,  sperling  wird 
es  nie  gesagt,  kein  Wörterbuch  vor  Stieler  und  Frisch  über- 
liefert den  ausdruck,  als  frühster  zeuge  musz  H.  Sachs  auf- 
treten : 

doch  schaw  auf  des  aworhannen  falzen 
und  scheusz  in,  wenn  er  lang  thut  schnalzen.    I.  42-2*; 
im  geistlichen  vogelgesang  heiszt  es  nach  Grieshabers  ausg.  s.  85 : 
der  aurhan  seiner  hrnnen  lockt, 
wann  er  im  falzen  (in  der  bninst)  ist. 

neuere  schripsteller  nehmen  es  ßtr  schreien:  alle  vfigel  balz- 
ten, klapperten  und  krächzten  ihm  beifall  zu.  Mcsaeds  2, 137. 
Frisch  1,  246'  denkt  ans  it.  balzarc  springen,  das  bei  wel- 
tchen Jägern  mindestens  denselben  sinn,  um  entlehnt  zu  wer- 
den, gehabt  haben  müste.  näher  zu  liegen  scheint  unser  fal- 
zen plieare,  striare,  zumal  ßir  ahd.  anafalz  ineus,  ags.  onfilt, 
engl,  anvil  mit  B  nd.  ambolt,  nnl.  ambeeld,  aanbeeld  gesetzt 
wird.     mhd.  ist  valz  die   sehneide,    klinge  des   sehwerts    (vals 

«9* 


1095 


BALZER  — BAMMELN 


und  ecke.  Parz.  254,  13).  Dagegen  kommt  in  betracht,  dasz 
man  vom  nueiliahn  und  birklialin  in  der  balz  auch  krollen  und 
krolzen  sagt,  krolzen  aber  sich  zu  krollen  verhält  wie  schnal- 
zen zu  schnallen,  folglich  balzen  zu  ballen  stringere.  Jung- 
mann 4,  606'  verdeutscht  das  entsprechende  böhm.  tokati,  toko- 
wati  krollen  krolzen,  balzen,  falzen :  letfcw  hluchy  lokä,  der 
taube  auerhahn  krolzt ;  tokugj  telrewowe,  die  auerhahne  bal- 
zen, tok  {sonst  flusz,  stürz)  ist  die  balz,  man  dfirßc  das  ags. 
bealcetlan  eiuclare,  effundere,  engl,  beleb  heran  ziehen,  da 
krolzen,  grolzen  auch  ructare  ausdrückt,  aber  krollen  ist  sonst 
crisjiare,  torquere,  krolle  cirrus,  capillus  contortus,  und  nun 
tritt  hinzu,  dasz  ahd.  balz  (GnAFF  3, 114),  mhd.  balzer  cirrus, 
coma,  baizieren  das  haar  kräuseln  oder  kämmen  (Ben.  1,  82*) 
bedeutet,  was  einen  obscoenen  sinn  von  balzen  ver7nitleln  könnte. 
s.  das  folgende. 

BALZEH,  Hl.  in  Ostreich  schelte  für  unruhige,  ausgelassene 
kindcr:  du  balzer  du!  ihr  balzer  wollt  ihr  nicht  friede  ge- 
ben ?  ein  balzer,  prostibulum  (vgl.  balg).  Hör  er  1,  54 ;  in  Schle- 
sien : 

so  lasz  ich  darum  mich  in  keine  Ihränen  ein, 

und  mag  darüber  niclil  ein  flenncbalzer  sein.    GCnther405; 

blöckabalzer  heiszt  ein  dorfschuhe  in  Dan.  Stoppens  drama 
auf  das  namensfest  der  frau  Anna  Barbara  Emrich,  und  en- 
gelbalzer  zu  Schweidnitz  ein  pfe/ferkuchen,  auf  dem  ein  enget 
ausgedrückt  ist.  man  will  deuten  Balthasar,  das  freilich  in 
,  Balzer  gekürzt  wird;  doch  jenes  mhd.  balzer  cirrus,  witbalzer 
schöpf,  zopf  scheinen  unmittelbar  verwandt,  obschon  zur  er- 
klärung  noch  etwas  abgeht. 

BALZZEIT,  f.  tempus  coeundi,  eine  harte  Zusammensetzung, 
statt  der  man  besser  das  einfache  balz  gebraucht,  das  auch 
für  sich  die  zeit  ausdrücken  kann. 

BAMBELE,  »i.  cyprinus  phoxinus,  ein  kleiner,  lebhafter  fisch, 
sonst  auch  bachbambele,  das  glatte  bainbele,  pfrille,  elrilze 
genannt.  Maaleb  50'  schreibt  bambele,  Henisch  179  bammele, 
bambele,  pampele,  Stalder  1,  128  bammele,  bammeli,  entwe- 
der von  bammeln,  bambeln  agitari,  wegen  des  fischlcins  rüh- 
rigkeit,  oder  von  bammcn  naschen  ?  angesehen  das  er  der 
slür,  mürthnnnen  (thunßsche)  und  hausen  etlich  legion  auf 
einen  schnitt  nam,  wie  der  baur  die  bambele,  müliing  und 
grundein,  da  er  sie  für  Welschkraut  asz.  Garg.  43'.  nach 
Stalder  nennt  man  auch  ein  lebhaßcs  (oder genäschiges?)  kind 
so,  die  ähnlichkeil  des  it.  bambo,  bambino  und  bambola  docke, 
puppe  mag  zufall  sein,  an  einigen  orten  heiszt  bambele  der 
auszerhalb  der  erde  liegende  (also  unfesle,  bewiTjlichc)  theil  des 
weinsenkcrs,  mit  dem  er  am  multerstock  hängt,  pampelt.  s. 
bampel. 

BAMBS,  m.  ?  streich  die  salb  warm  darauf,  ein  leinin  tuch 
darüber,  und  ein  alten  bambs  darauf,  so  zeucht  sich  das 
aiter  auf  einen  ort  Seuter  427.  bei  Stieler  90  ist  bams, 
bems,  pämps  conglobatio  foeda  ex  crinibus  et  adipe,  bei  Ade- 
lung bams,  pl.  bämsc  dickes,  haariges  feil  am  sattel,  bei 
ScHMELLER  1,  285  pams  balg  =  v/-dms.  hier  soll  das  pßaster 
damit  befestigt,  geheßct  werden,    s.  bamsen. 

BAMME,  /■.  sonst  geschrieben  bämme,  bemme.  nach  Stie- 
ler 90  litura,  quidcunque  pinguedine  adipeve  illinitur,  zumal 
bulterbrot,  schnitte: 

wenn  die  kindcr  nacli  dem  sande  greifen, 
weil  der  hund  die  liulieibamme  tiimnit. 

Dan.  Stoppe  ged.  erste  samml.  129. 

ßäfifin,  fyßafipa  tunke  läge  allzu  nah  und  die  angeführte 
deutung  scheint  ihm  erst  abgesehn,  besser  vergliche  sich  Tiififia, 
kuchen,   backwerk  und  unser  bammen,  bampen,  bainschen. 

BAM.MELN,  suspcnsum  agilari,  sonst  bambeln,  bampeln, 
panipeln,  baumeln:  das  band  bammelt  auf  der  erde;  mit  den 
füszen  bammeln ;  am  hohen  bäume  bammeln ;  Dunischmcnd 
und  der  kalender  bemerkten  sogleich,  dasz  unter  den  wci- 
bern  ihres  dorfs  wenige  waren,  die  nicht  einen  zierlich  in 
musselin  eingewickelten  lingam  am  halse  bammeln  hatten. 
WiEtAND  8,  159 ;  sieh,  .so  liesz  ich  dem  Bacchus  den  linken 
arm  übers  knie  bambeln.  Fr.  Müli  er  105 ;  die  schwebende  glocke 
erschollt,  bammet  {vgl.  bimmeln): 

wie  anrieis.  wrnn  der  glocKc  bimhflm  bammelt, 

drangt  alles  zur  Versammlung  sieb  hinein.    Göthk  50,  31 ; 

denn  wir  Tulilen  schon  im  .schweben,  schwanken,  bammeln 

uncrgotilirli 
unsere  gliedereben.    41,200; 

bammelt  ei'Kt  die  leichte  waare, 

dieser  gleich  ist  nm  oliare 

peugescblirne«  bcil  bereit.    41,220; 


BAMMELN  — B.'^ND  1096 

wo  des  gefübles  lippe  stammelt, 

ist  seliön  die  slcrhlfcliki-il  veiklSrt. 

ja  ein  biedeiherz  wird  lioch  geehrt, 

wenn  zuletzt  der  schclm  am  ealgcn  bammelt. 

A.  VV.  SCULEOEL. 

BAMMELN,  mulcere,  vielleicht  dem  folgenden  bammen  ver- 
wandt. Hermes  in  Soph.  reise  4,  367  schreibt  pämmeln  und 
hätscheln,  dorloter. 

BAMMEN,  ligurire,  naschen.  Stieler  hat  aufbammen,  auf- 
essen;  hineinbammen,  hineinessen,   s.  bampen. 

BA.MPEL,  m.  pampinus,  rebschosz:  so  an  eim  ieden  bam- 
pel vil  trauben  hangen,  dozu  so  er  auch  ettwo  usz  dem  her- 
ten  stammen  ein  gerten  mit  ettüchen  trauben  usztrcibt  und 
zu  letst  auch  frucht  usz  der  bampeln  baiupel  an  iiu  bringt, 
dann  was  pampelen  ausz  hartem  holz  schössen,  die  sind  nach 
allem  urteil  unfruchtbar,  der  auszsprossend  pampel.  Michael 
Herr  Verdeutschung  des  ackerwerkes  Lucii  Columelle.  Straszb. 
1538.  26".  37'  M.  s.  w.  das  wort  scheint  aus  pampinus,  viel- 
leicht mit  rücksicht  auf  unser  bammeln,  bambeln,  bampeln, 
pampeln  gebildet. 

BAMPELN,  w?ax  bammeln.  Stalder  1,  128  erklärt  bewegen, 
ziehen. 

BAMPEN,  was  bammen,  mit  behagen  essen,  naschen,  Stal- 
der 1,  128.  engl,  pamper.    s.  das  folgende  und  schlampampen. 

BAMSCHEN,  nochmals  dasselbe:  das  kind  bamscht;  du 
sollst  noch  erdbeeren  bamschen.  Stalder  1, 133  hat  aber  ein 
banschen,  bantschen,  gierig,  mit  vollen  backen  essen,  Schmid 
41  bantschen,  Tobler  37'  pantscha. 

BAMSEN,  verberare  coria,  das  feil  klopfen,  prügeln,  der 
gerber  bamset  die  häute,    s.  wamsen. 

BAND,  ablaut  von  binden,  der  pl.  banden /ür  bunden  rej«t 
im  18  jh.  ein,  z.  b.  Felsenb.  1,  83. 

BAND,  n.  vitta,  taenia,  redimiculum,  fascia,  ligamen,  vin- 
culum.  kein  golh.  ags.  nnl.  n. ;  ahd.  pant,  pl.  pant  und  pen- 
tir;  mhd.  bant  pl.  baut  und  bender;  nhd.  band  pl.  bände 
und  bänder;  altn.  band  pl.  bönd;  schw.  band,  dän.  baand. 
den  mhd.  pl.  bender  stellt  Ben.  1,  131*  unbelegt  auf,  er  findet 
sich  Iw.  3470  nach  der  guten  s.  460  zweiter  ausgäbe  unanye- 
merkten  lesart  der  handschrift  D : 

si  hafte  zeinem  aste 
diu  pfertbender  vaste. 

nhd.  steht  bänder,  wo  die  sinnliche  einheit  in  der  Vielheit, 
bände,  wo  die  absiracte  Vielheit  gemeint  wird,  armbänder  an 
den  armen,  spangen,  eisenbänder  an  der  thür  (fibulae),  aber 
eisenbandc,  wenn  fesseln  überhaupt  gedacht  sind,  liebesbande, 
freundschaftsbande.  doch  einzelne  Schriftsteller  nehmen  es  nicht 
genau  damit  und  enthalten  sich  der  einen  oder  andern  form 
ganz,  z.  b.  Luther  setzt  immer  bände,  nie  bender.  über  die 
Wurzel  unter  binden. 

1)  sinnlich,  alles  was  bindet,  vom  kalm  und  dünnsten  fa- 
den an  bis  zur  schweren  kette,  alles  was  nagel  und  band,  haß 
und  band  hat :  armband,  brustband,  balsband,  achselband, 
knieband,  hauptband,  haarband,  zopfl)and,  Strumpfband,  ho- 
senband,  Schuhband,  gürtelband,  liutband,  kunkclband,  ro- 
ckenband, eisenband,  goldband,  seidenband,  strohband,  blu- 
menband:  Corinna  danzte  mit  ihren  armbändern  herum. 
ScHüPPius  480.  Am  namenstag  pflegte  man  bänder  um  den  arm 
zu  winden,  mit  bündern  anzubinden : 

dis  band,  das  wir  selbselbst  so  haben  aufgewunden, 
und  auf  den  schönen  tag  zu  elircn  eurli' gebunden. 
Flf.)Iinc39; 

dis  ungeformte  band  ist  einic  übrig  noch, 

vcrflihtlich,  iinwerib,  arm.   nehmt  schone,  nelimt  es  doch 

und  laszts  ein  zeichen  sein,  dasz  man  euch  hat  gebunden.  40; 

mit  hliimen  wollen  wir  ein  kleines  bandlein  wniden 

und  unsern  liilx-n  freund  darmit  an  beule  binden.    41; 

so  »Ol  er,  oller  hlumen  schein, 

mit  bliimen  angebunden  sr-in. 

nicht  mit  blumt'ii  nur  alleine. 

dieses  band  sei  anrli  sein  seine, 

was  wir  haben  niiCjrewuiidcn, 

darmit  sei  er  anRi-hunden.    42. 

Liebende  schenken  sich  bander  zum   zeichen: 
ich  schenk  ihm  jüngst  ein  band 
und  knüpf  es  ihm  dazu  noch  selber  um  die  hdnd. 

Gkllert  3,  383; 
und  ein  andrer  bot  ihr  hander, 
und  der  drille  hol  sein  heiz, 
doch  sie  trieb  mit  herz  und  bandern, 
so  wie  mil  den  lammern  scherz.    Gutiie  I,  21. 

Frauen  legen  bünder  allenthalben  an,  zu  putz  und  schleife: 


1097 


BAND 


BAND— BANDE 


1098 


sie  tragen  gelbe  bäte 

mit  rosenrotliein  band.    Göthe  1,  32; 

um  die  stirn  eia  schwarz  und  goldnes  band.    1,  243; 

der  liebsten  band  und  schleife  rauben.  1,  48. 
blumen  und  bäume,  stäbe  und  grdber  werden  mit  bändern  um- 
wunden: abgeschälte  maienbäume  mit  verblühten  bändern  und 
Ycrblaszten  fahnen.  J.  Pacl  Tit.  2,  107.  getcundnes,  gedrehtes 
band:  strohband,  weidenband,  blumenband,  kränz;  reife,  die 
vms  fasz  gewunden  sind,  heiszen  bänden  dem  gestreiften  ried- 
gras,  phalaris  picta  leird  der  name  band  gegeben,  thürband, 
fensterband,  klammer  an  thür  und  fenster;  kistenband,  eisen- 
band: alles  offen  gerate,  das  kein  deckel  noch  band  hat. 
4  Mos.  19, 15 ; 

mauern,  Schlösser,  band  und  riegel.     Göthe  42,  436; 

die  bänder  sind  schadhaft  geworden,  verrostet,  halten  nicht 
mehr.  Auch  was  den  leib  innerlieh  verbindet  und  festigt, 
nerven,  sehnen,  häute,  muskeln  werden  bänder  genannt:  weil 
diese  bände  zug  oder  streckaderen  die  gleich  (gelenke)  zu- 
sammen heben  und  ihnen  alle  sterke  geben.  WChtz  pract.  153  ; 
zarte  bänder,  molles  commissurae;  ich  mochte  mir  dadurch 
die  bänder  der  brüst  übermäszig  ausgedehnt  haben.  Göthe 
25,  45.  Den  simmerleuten  sind  bänder  schräge  höher,  durch 
welche  sparten  und  seulen  verbunden  werden,  in  der  wapen- 
kunst  heiszt  band  das  mitielstück  eines  gdheilten  Schildes. 

2)  von  betten  und  fesseln  gilt,  auch  bei  sinnlicher  Vorstel- 
lung, bände,  nicht  bänder,  da  hier  nicht  die  einzelnen  glieder 
der  kette,  sondern  das  ganze  in  betracht  kommt :  er  zerrisz  im 
kerker  seine  bände  und  entQoh ;  er  war  mit  ketten  gebun- 
den und  mit  fesseln  gefangen  und  zureisz  die  bände.  Luc.  S, 
29;  die  stricke  an  seinen  armen  wurden  wie  faden,  die  das 
fewr  versenget  hat,  das  die  band  an  seinen  henden  zuschmol- 
zen, rieht.  15,  14 ;  die  frembden  kinder  sind  verschmachtet 
und  zabbeln  in  iren  banden.  2  Sam.  22,  46 ;  mein  vater  liegt 
in  ketten  und  banden; 

wilt  du  mein  seel  in  netz  nnd  band 
fürn,  das  ich  getödtet  werd.    H.  Sachs  III.  1,  T2'. 
ich  bin  gefangen,  ich  bin  in  banden.    Schiller  425'. 
Noch  viel  mehr  bei  der  abstraclen  anwendung :  und  es  war  al- 
ler weit  unmüglich,  sich  wider  ausz  des  teufeis  banden  und 
banden  zu  winden.  Mathesius  113'; 

in  meiner  kindhait  on  verstand 

kam  in  dises  closters  band.    Scbwaixc!(bihg  140, 1; 

dasz  einer  eötiin  treflichkeit 

hielt  seinesfürstens  mutsfreiheil 

gefangen  stark  in  ihren  banden.    WKCKaEiiii:i  345 ; 

sein  herz  vom  bände  der  traurigkeit  befreien,  pers.  rosenth.  5, 16 ; 
durch  die  bände  des  Vertrauens  und  der  freundschaft.  Wielasd 
3,  71 ;  durch  das  stärkste  aller  bände,  den  eigennutz.  S,  311 ; 
fühlst  du  im  wiiwenflore  schon 
den  hang  zu  süszern  banden.    Götter  1,%; 
auf,  sprenge  dieses  Schlummers  bände, 
der  deinen  geist  gefesselt  hält.     1,  223; 
neue  bände,  neue  freuden 
machen  trennung  dir  zur  pflicht.    3,  LXXIV; 
zerrissen  sind  des  lebens  bände 
fQr  den,  der  fremd,  auf  ödem  strande 
in  tiefer  Schwermut  wallt.    3,  454; 

andacht  und  Wetteifer  in  guten  werken  waren  die  einzigen 
bände  ihrer  freien  unabhängigen  gesellschaft.  3,  65;  hätte 
der  donner  auch  nicht  so  schnell  von  den  banden  des  schlafs 
entfesselt.  Kli^cer  6,  354;  sein  häusliches  band,  da  er  seine 
familie  nicht  mehr  zu  erhalten  wüste,  ward  ihm  zur  last. 
Klincer  3,  6;  die  bände  des  bluts; 

ach  des  hauses  zarte  bände 

sind  gelöst  auf  immerdar, 

denn  sie  wohnt  im  schattenlande, 

die  des  hauses  mutter  wüt.    Schiller  79*; 

ehret  die  frauen!  sie  flechten  und  weben 

himmlische  rosen  ins  irdi<iche  leben, 

flechten  der  liebe  begliickendcs  band.    80»; 

die  das  theuerste  der  bände 

wob,  den  trieb  zum  vaierlande.    79'; 

nichts  heiliges  ist  mehr,  es  lösen 

sich  alle  bände  frommer  scbeu.    60*; 

das  herzerstickende  band  des  schmerzens  nird  sich  lösen. 
395;  ihr  geist  machte  sich  nach  und  nach  von  den  banden 
des  kOrpers  los.    GOtbe  20,  279 ; 

der  himmel  ist  helle, 

und  Aeolus  löset 

das  angstliche  band.    1,73; 

irrthum,  lasz  los  der  äugen  band.    13,  117; 

denn  es  löset  die  liebe,  das  fühl  ich,  jegiich«  bände, 

wenn  sie  die  ihrigen  knüplt    40,  274 ; 


denn  gelöst  sind  die  bände  der  weit,  wer  knüpfet  sie  wieder 
als  allein  nur  die  notb?    40,309. 

Flemixg  und  Opitz  setzten  hier  auch,  gegen  den  heuligen  ge- 
brauch, bänder: 

sie  führen  thaten  aus  durch  ihrer  büodnis  bänder  FLEii.^e  120 ; 
Opitz  Arg.  1,  590. 

3(  einigemal  erscheint  band  für  bann,  im  sinne  von  bezirk, 
revier  (Haltacs  95) :  weisen  die  lehenleut  denen  herren  von 
Spanheim  eine  weinfuhr  im  bandt  Merle.   weisth.  2,  211 ; 

er  satzt  sich  in  des  waldes  band, 
viel  Vögel  flogen  im  zu  band, 
sie  blieben  all  obn  netz  und  band, 
als  viel  er  fieng,  die  liesz  er  all  bei  leben. 
Ambr.  Ib.  s.  326,  141. 

vgl.  alle  die  pflüge,  die  in  dem  banne  sinL  weisth.  1,  708 
und  hernach  bann. 

4)  redensarlen.   der  zunge  das  band  lösen,  schweigen  brechen  ; 

zuohand 
ward  uAhan  siner  zungen  band.    trag.  Joh.  .Kö. 

einem  das  band  durch  den  mond  ziehen,  ihn  äffen,  teuschen, 
übcrvorlheilen : 

dem  hab  ich  das  band  durchs  maul  zogn.    kxMK  fasln.  131'; 
mhd.  den  halm,  da;  helmel  vorziehen; 

du  ziuhest  mir  den  halm  als  einer  juneen  katzen  vor. 

MS.  2,  163' ; 
dem  bat  er;  halmel  vorgezogen, 
unz  er  in  gar  hat  betrogen.    Dieser  305,  2; 
daj  er  mir  an  ir  da;  helmel  vorgeziehe.    Beü.  beür.  2,  412; 
da  von  vil  maniger  wirt  betrogen 
iu  Wirt  da;  helmel  vorgezogen",    cod.  kolocz.  188. 

ebenso  am  bände,  mhd.  halme  umführen: 

manche  frau  ein  frommen  man 

wie  ein  narrn  beim  band  umblürt.    .4trer  335'; 

si  fuorte  dich  an  eim  helmelin.    Morolt  799. 

geschwister  von  beiden  banden,  von  vater  und  mutier.  Haltacs 
92.  93;  ob  nicht  interjectio  et  conjunctio  Schwester  von  bee- 
den  banden?  Abele  3, 17.  aus  rand  und  band  gehn,  aus  der 
fuge;  durchs  band,  ohne  unterschied,  durch  die  bank. 

BAND,  m.  tomus,  volumen,  pl.  bände,  nnl.  schw.  band,  dän. 
bind,  was  zusammengebunden  wird,  z.  b.  ein  band  kleiner 
Schriften,  vermischter  abhandlungen,  das  werk  füllt  nur  einen 
band,  gewöhnlich  aber  der  gezählte  einzelne  theil  eines  werks, 
in  welcher  bedeutung  der  ausdruck  doch  erst  gegen  die  mitte 
des  18  jh.  aufgekommen  ist.  man  hat  den  französischen  un- 
terschied zwischen  tome,  volume  und  partie  durch  unser  theil, 
band  und  abtheilung  zu  etreichen  gesucht  und  damit  alle  an- 
ßhrungen  unbeholfen  gemacht,  denn  die  dritte  abtheilung  des 
zweiten  bandes  des  ersten  theils  ist,  den  umständen  nach, 
nichts  als  der  sechste  theil  des  ganzen,  wie  man  ihn  einfach 
bezeichnen  sollte,  es  heiszt  ein  dicker,  starker  oder  dünner, 
schwacher  band,  nicht  theil.  auch  bedeutet  band  was  ein- 
band, tegumentum :  ein  schöner  band,  lederband,  pappeband. 

Tadelhaft  gebrauchen  Schriftsteller  aus  niederdeutschen  ge- 
genden  auch  band  vinculum  männlich  statt  neutral  {wie  das 
nnl.  band,  pl.  banden  m.  ist):  der  armband,  der  uhrband, 
der  stockband; 

durch  so  wunderbaren  band.  Brockes  1,  339; 
der  band  der  landeigenthümer,  d,  i.  Vereinigung  zu  einem 
bunde  (pagus).  .Moser  rerm.  sehr.  1,  344;  man  siebet  an  den 
ältesten  gebunden  weder  hohikehlen  noch  rundliche  bände. 
Wi.iKELiiA.NN  1,  406 ;  haare,  die  rund  herum  am  haupte  hinauf 
gestrichen  und  auf  dem  wirbel  zusammen  genommen  sind, 
ohne  sichtbaren  band,  der  sie  hallen  konnte.  4,83;  die  frei- 
willigen, welche  den  rang  der  gefreiten  haben,  werden  durch 
einen  schmalen  weiszen  band,  und  die  unterofQcicre  durch 
einen  schmalen  schwanen  band  um  den  aufschlug  ausge- 
zeichneL  proclamalion  des  königt  von  Preusxen  vom  17  merz 
1S13.    s.  verband  m. 

BANDAÜER,  f.  lendo,  nervus:  mit  den  bandadern  pindet 
die  nalur  die  hertsten  bain  in  gelidem  zusamen.  buch  der 
naiur  von  14S3.    Mo>e  8,  494, 15.    vgl.  ahd.  senüdara. 

BANDBOHRER,  m.  simmerleuten  ein  ndgelhohrer. 

B.\NUCHE.\,  n.  diminutiv  von  band,  bdndlein. 

BANDDEGEN,  m.  degen,  der  am  gürtelband  getragen  wird : 
breiter  banddegen.    Simpl.  2,  55. 

BANDDRAHT,  m.  eine  arl  miUeldraht. 

BANDE,  f  pl.  banden,  früher  auch  bände,  pl.  bände,  nnl. 
bende. 


1099 


BANDE  — BANDHAKE 


BANDHANDEL  —  BÄNDIGEN 


1100 


1)  cohors,  caterva,  turba,  truppe,  gesellschaß  von  Soldaten, 
schauspielern,  musikanten,  räubern  u.  s.  w. :  etliche  fendlin 
landsknecht,  auch  etliche  bände  und  geschwader  reut  er.  Lanz 
Karl  5  s.  530  (a.  1554) ;  allein  fertigt  er  etliche  ab,  die  seine 
ordenliche  bände  und  regiment,  so  auf  den  festungen  ...  in 
besatzung  und  bestallung  lagen,  zusamen  forderten.  Garg. 
263';  etliche  der  auszgefallenen  bände,  die  dem  geschütz  ent- 
gangen waren,  setzten  dapfer  in  unser  volk.  265";  damit  der 
eher,  welcher  diese  lieder  sang,  manchmal  ruhen  und  athem 
schöpfen  könnte,  fiel  Thespis  darauf  eine  interessante  bege- 
benheit  dazwischen  von  einem  aus  der  bände  erzählen  oder 
vorstellen  zu  lassen.  Lessing  6,  343 ;  nicht  genug,  dasz  sich 
die  freimäurer  einer  den  andern  unterstützen,  denn  das  wäre 
nur  die  nothwendige  eigenschaft  einer  jeden  bände,  was  thun 
sie  nicht  für  das  gesammte  publicum  jeden  Staats,  dessen 
glieder  sie  sind !  10,  258  ; 

selbst  die  wüihenden 
Burgundier,  die  mordgewohnten  banden.    Schiller  455*; 

sie  habe  sich  während  der  plünderung  und  niederlage  um 
die  gunst  des  anfübrers  der  bände  bemüht.  Göthe  19,  49 ;  die 
räuberische  bände.  19,  65 ;  Napoleon  stürzte  sich  mit  der  gan- 
zen masse  dieser  von  leidenschaftlichem  rachedurst  glühen- 
den banden  auf  die  Preuszen.  Beckers  wellg.  14,  385 ;  eine 
bände  diebe,  landstreicher,  zigeuner,  eine  spielbande.  ebenso 
nnl.  eene  bende  ruiters,  eene  bende  toneelspelers,  struikro- 
vers.  die  belege  zeigen,  dasz  die  benennung  von  gesetzlichen, 
anständigen  vereinen  ausgegangen,  allmälich  den  schein  des 
anrüchigen  und  gemeinen  auf  sie  fallen  läszt,  der  auch  schon 
mit  häufe  verbunden  ist,  sich  aber  in  trupp  oder  truppe  noch 
verstärkt.  Schiller  wechselt  mit  beiden:  räubertrupp  119', 
einer  von  der  bände.   120*. 

2)  margo,  fascia,  streife  und  rand  im  gewebe,  vgl.  banden- 
faden, bandentritt.  bände,  leppich  oder  tapete.  bände,  rand 
nm  billard,  franz.  rebords  du  billard :  die  bände  halten,  bei 
gevjissen  stüszen  den  leib  mit  dem  rande  gleich  halten,  bände 
des  Schiffes,  schmaler  gang  am  rande,  auf  der  seile. 

Da  sich  kein  ahd.  panta,  mhd.  bände  f  darbietet,  so  ist 
der  ausdruck  vom  it.  banda,  franz.  bände  herzuleiten,  etwas 
anders  aber,  dasz  diese  selbst  auf  unser  binden  und  band  zu- 
rück gehen,  vgl.  bandum  vexillum  {flatternde  binde)  bei  Pau- 
lus DiAcoNUS.   vgl.  litt,  banda,  Viehherde. 

BANDEISEN,  n.  vinculum  ferreum,  gleichviel  mit  eisen- 
band: (dein  weib  ist)  deinen  henden  und  füszen  (ein)  herte 
panteisen.    Albr.  von  Eybe  2*. 

BÄNDEL,  m.  fasciola,  s.  bendel. 

BANDELIER,  m.  balteus,  franz.  bandelier,  it.  bandoliera, 
zu  jenem  banda,  bände  gehörig. 

BÄNDELN,  s.  bangein. 

BANDENER,  s.  bender. 

BANDENFADEN,  m.  bei  den  webem  der  faden  zu  den  streifen. 

BANDENSCHAFT,  m.  der  schaß  zu  den  bandenfaden. 

BANDENSTOSZ,  m.  beim  billard. 

BANDENTRITT,  ni.  der  tritt  des  webers  zu  denbandenschäßen. 

BÄNDEREICH,  multos  libros  continens. 

BÄNDERLEHRE,  f  syndesmologia,  lehre  von  den  bändem 
im  menschlichen  oder  tliierischen  leib. 

BÄNDERN,  laeniis,  fasciis  instruere:  das  zeug  bändern, 
händer  einweben,  eindrucken,  auf  der  wachsbleiche  das  wachs 
bändern,  das  geschmolzene  über  eine  walze  in  dünne  bänder 
laufen  lassen,    s.  bebändern. 

BÄNDERSCHUH,  m.  schuh  zum  binden,  gegensatz  Schnal- 
lenschuh. 

BäNDEWEIS,  adv.  catervatim :  alle  bandeweis  und  in  fün- 
lin  gemustert.  Garg.  263' ;  sich  bandeweis  oder  in  bände  stel- 
len =  zusammenstellen. 

BÄNDEZAHL,  f  librorum  numerus. 

BANDFASZ,  n.  ein  fasz  mit  weitem  Spundloch,  zum  schwe- 
feln der  bandweiden,  in  der  Schweiz  auch  ein  groszes  wein- 
masz. 

BANDFEST,  vinculo  firmus,  nagelfest:  band-  und  nagel- 
fest.  J.  Paul  aesth.  2,  45. 

BANDFISCH,  m.  eepola  tnenia,  ein  fisch  mit  streifen,  banden. 

BANDFRAU,  f.  frau,  die  mit  band  handelt. 

BANDGESCHÄFT,  n.  handel  mit  band  im  grosien. 

BANDGESIMSE,  n.  gesimse  über  dem  ersten  Stockwerk. 

BANDGRAS,  n.  streifiges  gras,  was  auch  allein  durch  band 
bezeichnet  wird. 

BANDHAKE,   m.    l)  haspe,    um  eine  thür  mit  den  bändem 


einzuhenken.     2)  Werkzeug  der   hötlither,   um   die  reife   aufs 
fasz  zu  zwängen.     3)  geräth  zum  umwinden  starker  bäume. 
BANDHANDEL,  m.  was  bandgeschäft. 
BANDHÄNDLER,  m. 
BANDHOLZ,  n.  holz  zu  reifen. 

BÄNDIG,  qui  vinculo  paret,  qui  domatur,  mhd.  bendec  (Ben. 
1,  134*),  von  thieren,  welchen  ein  band  angelegt  ist,  und  wird 
dann  auf  andere  dinge  bezogen: 

alt  hund  sind  bös  bändig  zu  machen. 

IL  Sachs  I,  368*.  Atrer  58» ; 
alt  hund  bös  pendig  sind  zu  machen.    IlL  3,  52*.  69*; 
wann  alter  hund  zu  aller  frist 

nit  pändig  recht  ze  machen  ist.    Schwarzenb.  127, 1.  153,  2; 
leszt  niemand  ab  von  alter  art, 

ein  aller  hund  schwer  bendig  wart.     Kirchhof  wendunm.  68*; 
denn  alte  hunde  lassen  sich 
nicht  bendig  machen  liederlich.    HATNECciüsi/anso/ramea2, 1; 

alt  hund  sind  nicht  gut  bendig  zu   machen.    Luther  3,  302'; 
es  ist  schwer  alte  hunde  bendig  und   alte   schelke   from    zu 
machen.    5,  184';    ich   bestätige    mit  meinem   exempel,   dasz 
alte  hund  schwer  bändig  zu  machen.  Simpl.2,Hi.  Schuppius 
188 ;    alt  hunde  wollen  nicht  bendig   werden.    Paracelsus  1, 
711*;    dann    sie    hat   alter  füchs  art,    welche  übel  bändig  zu 
machen  sein.   Fischart  bienenk.  50";  den  hund  sol  man  ben- 
dig machen,   weisth.  1,  658 ;  ein   alter  wolf  ist  bös  bendig  zu 
machen.    Lehmann  149 ;    die  pferd  lassen  sich  bendig  machen 
mit  sporn,    ebenda;    durch   solchen   fund  macht  er  das  och- 
senköpfig  pferd  nach  seim  willen  bändig,  laitig  und  zaumge- 
recht,  also  das  es  auf  die  knie  fül,  wann  er  aufsitzen  wolt. 
Garg.  139*;   hat   man    doch   mit    ochsen   und  pferden  gedult, 
ehe  sie  bendig  werden.   Weise  keuscher  Jos.  94 ; 
seid  nicht  so  unverständig, 
wie  gäul  und  mäuler  sein,  die  eh  nicht  werden  bändig, 
als  wenn  ihr  wildes  maul  ein  scharfer  zügel  zwingt, 
dasz  ihnen  blut  und  schäum  durch  beide  leTzen  dringt. 
Fleming  19; 
so  euch  solche  grosze  strafe  noch  nicht  bendig  oder  versten- 
dig  machen  kann.  Luther  2,  278';  mit  schlahen  wirstu  nichts 
ausrichten,  das  du  ein  weib  from  und  bendig  machst.  2,355'; 
welche  die  kriegszeit  etwas  im  zäum  hielt  und  bändig  macht. 
Frank  21 ; 

und  wann  ir  nun  meint  sie  sind  bendig, 
werden  im  augenblick  sie  wendig. 

Sebiz  20,  diese  reime  sind  Fischirts  ; 
bring  in  {den  wilden  mann)  bändig  mit  sich  her.    Atrer  276'; 
und  unser  Heisch  fein  bendig  halt.    Ringwald  evang.  R2'; 
ein  weiser  frommer  mann  macht  ihm  die  Sternen  bändig. 

Opitz  4,  372; 
was  herr,  was  meister  soll  mit  geisein  bendig  machen. 
Grtpuius  1,  276; 
das  wort  beständig 
macht  alles  bändig 
was  elend  heiszt.    Gömthbr  298. 
heute  fast  auszer  gebrauch,  desto  häufiger  unbändig. 

BÄNDIGEN,  domare,  edomare,  kommt  erst  auf,  nachdem 
das  bändig  machen  unüblich  geworden  war  und  Luther  kennt 
es  noch  gar  nicht:  ein  wildes  thier  bändigen,  ihm  band  und 
zäum  anlegen  und  dann  in  andern  anwendungen  zwingen,  über- 
wältigen : 

sein  herz  bändigen.    Geliert; 
Ton  der  arbeit  in  porphyr  habe  ich  meidung  gethan  und  an- 
gezeiget,  auf  welche  weise  und  mit  was  für  arten  von   eisen 
dieser  stein  gebündiget  wird.    Winkelmann  5,  113 ; 
gott  der  hilfe,  hab  erbarmen, 
bändige  die  llut!    Götter  3,  451; 
den  Zufall  bändige  zum  glück, 
ergetz  am  augentrug  den  blick.    Götub  3,  117; 
doch  wenn  ich  dich  {den  bogen)  einst  bändige.    10,9; 
und  hinter  ihm,  im  wesenlosen  scheine 
lag,  was  uns  alle  bändigt,  das  gemeine.    13,170; 

die  frauen  gewohnt  sich  jederzeit  zu  bändigen,  behalten  in  den 
auszerordentlichstcn  fällen  immer  noch  eine  art  von  fassung. 
17,119;  der  kunstreiche  mann,  der  die  ungeheuere  orgel  die- 
ser kirche  allein  zu  bändigen  wüste.  28,  193;  der  sand  ist 
dort,  wo  ein  geringes  wasser  flieszt,  durch  gärten  und  sonst 
anmuthige  Umgebung  gebändigt.  31,  211 ;  das  R  nicht  bändi- 
gen {aussprechen)  können.  Klincer  2,  262;  Stolberg  verstand 
damals  noch  nicht,  spräche  und  vcrs  unter  sich  zu  bändi- 
gen. BliRCER ;  Vernunft  wird  durch  Vernunft  gebändigt  und  in 
schranken  gehalten.  Kant  2,  562.  bündigen  und  zähmen  fal- 
len nicht  immer  zusammen,  das  zahme,  gezähmte  thier  hat 
seine  wildlieit  ganz  verloren,  das  gebändigte  nur  solange  ihm 
das  band  aufliegt,-   seine    leidenscliaft  bändigen  heiszl  sie  für 


1101 


BÄNDIGER  — BANG 


BANG 


1102 


jrtit  xurückhalten,  sie  zähmen,  sie  völlig  bezwingen,     zähmen 
isl  oho  dauernder  und  stärker  als  bändigen. 
BÄNDIGER,  m.  domüor: 

Lyaeus,  der  bnndiger  sterblicher  sorgen.    CRonscK; 

Graan,  der  saiteabändiger.    Rarlsr  1,  32. 

B.\NDIGERIN,  f.  domilrix. 

BÄ-NDIGUNG,    f.  eoercitio:   bändigung  der  rosse;    der  nei- 
gungen.    Kant  4,  235;    ein  mensch,   der   in  seinem  ausdruck 
die  bändigung  der  lust,  die  Unterwerfung  des  blinden  triebes 
zu  hölierem  zwecke  zeigte.  Arsim  kronenw.  1,  294. 
BANDKIESEL,  ni.  streifiger  kiesel. 
BA.NDK.NEIF,  m.   messer  zum  schälen  der  bandiceiden 
BANDKRAM.  m.  kleinhandel  mit  band. 
BANDKRÄMER,  m.   bandhändler,  bandmann. 
BANDLADEN,  m.  bandhandlung. 
B.A.NDLOS,  solutus  a  vinculo: 
dasz  ibr  bandlos  mit  den  engelo  schwebet.    Weceberlin  310 ; 

der  schönsten  schönste  haar, 
wan  scherzend  in  dem  luR  ilir  schon  bandios  umflieget. 

710; 
kurze   parenthesen   können,   bandlos   abgebrochen,   als   neue 
Perioden  mitreden.  J.  Paul  aeslh.  2,  212. 

BA.NDMESSER,  n.  zum  behauen  der  reife,  in  gestalt  eines 
Handbeils. 

BANDMÜLE,  f.  trebestuhl  ßr  bänder,  den  ein  rad  bewegt: 
an  vielen  orten  durfte  man  die  einfülirung  einer  bandmüle 
nicht  wagen,  weil  unzählige  bandweber  zu  verhungern  drohten. 
J.  Pacl  teufelsp.  1,  57 ;  wie  eine  bandmüle  durch  einen  knaben 
bewegen  lassen,  palingen.  1,  77. 
BANDNADEL,  f.  voluta  plicaria. 

BANDNAGEL,  m.  confibula  lignea,  zimmerleuten  ein  starker 
holznagel. 

BANDNERVE,  f.  tendo,  was  sonst  band  allein  ausdrückt: 
tendones  und  andere  bandnenren  des  peritoneL  Thurneisser 
in/l.  Wirkungen  12. 

BäNDREIF,  fTi.  den  böttichem  ein  reif,  dessen  enden  mit 
weiden  umwunden  werden. 

BA.NDROSE,  /".  bandschleife  in  gestalt  einer  rose:  sie  hängt 
Toll  bandrosen.  J.  Pacl  herbstbl.  3,  74. 
BANDSCHACHTEL,  f 

BANDSCHLEIFE,  f  lemniscus.  auch  an  pferden  läszt  man 
eine  bandschleife  ffis  zum  ende  der  mahne  laufen.  Rosenzweic 
rosztäusclierkünste  s.  33.  35. 

BANDSTEIN,  m.  streifiger  stein. 
BANDSTRALCH,  m.   taxus  baccifera. 
BANDSTREIF,  m.  schmales  band. 
BANDSTL'CK,  n.  bei  zimmerleuten. 
B.XNDSTUL.  ni.  zum  bandweben. 
BANDWEBER,  m.  bandwirker. 

BANDWEIDE,  f.  salix  viminalis,  weide,  die  zu  reifen  und 
fiechlu-erk  dient. 

BANDWERK,  n.,  wie  backwerk. 
BANDWIRKER,  m.   bandweber. 

BANDWUR.M,  m.  taenia,  dünner  und  langer  wurm  im  cin- 
geweide. 

BANDZETTEL,  m.  der  zettel  des  bandgewebes. 
BANDZWEIG,  m.  vibumum :  allerlei  weiche  Stauden,  band- 
zweig und  weiden.  Sebiz  3L 

BANDZWITTER,  m.  eine  art  zinnerz. 
BANER,  s.  banier  und  banner. 

BANG,  anxius,  pavidus,  B.\NGE,  anxie,  ein  der  alten  spräche 
abgehendes  worl,  denn  das  alln.  bängs  pulsare  darf  man  kaum 
hinzu   nehmen    {s.  nachher  unter  bangein  und  bangen);    auch 
die  reinmhd.    spräche  kennt   es  nicht,    nur  das  passional  und 
der  bei  Halpt  2  abgedruckte  Oswald: 
nu  was  im  also  ban^re 
von  släfe,  der  in  beiwanc.  pats.  20,  19.  A'. ; 
nach  dem  ist  mir  so  bange.    Osw.  SCO; 
im  was  leide  und  bange.    667; 
zuo  Ter  Spange, 
Dach  der  ist  air  $ö  bange.   962; 
mir  ist  gewesen  bange,    cod.  pal.  311 

wird  ton  Ben.  1,  84*  nicht  ndher  angezogen,  in  allen  diesen 
stellen  steht  aber  das  adv.,  nicht  das  adj.,  wodurch  die  deu- 
tung  erleichtert  wird,  denn  jedesmal  kOnnte  man  schreiben 
ange  {anxie)  und  aus  beange  scheint  bange  verdichtet  {wie  er- 
bau, bleiben,  blangcn  aus  erbean,  beleihen,  belangen),  folg- 
lich gehört   bange   zum   goth.   aggvus,   ahd,  enki,    mhd.   enge 


angustus.  ßr  das  entsprechende  adj.  aber  unterblieb  die  com- 
position,  denn  sonst  mäste  auch  benge  für  beenge  dem  enge 
zur  seile  stehn.  allmälich  und  erst  später  erzeugte  sich  nach 
dem  adv.  bange  ein  adj.  bang,  wobei  die  spräche,  des  Verhalts 
von  ange  zu  eng  vergessen,  der  falschen  analogie  lange  und 
long  folgte.  Sicht  anders  begegnet  nnl.  bang  als  adj.,  kein 
beng,  beeng;  mnl.  denkmdlcr  weisen  aber  nur  anghe,  kein 
banghe.  ;46er  von  pang  prae  melu  bei  Woleensteiner  s.  122 
setzt  ein  subst.  ang  voraus  ? 

Auch  den  heutigen  oberdeutschen  volksmundarten  mangelt 
bang  oder  tritt  selten  auf,  Stalder,  Schhid  und  Höfer  kennen 
es  nicht,  Schjieller  1,  ISl.  1S2  hat  es  und  ein  verbum  bangen 
{für  bengen)  aus  MB.  14,  2S2  vom  j.  1414.  Dasvpodics  und 
-Maaler  wissen  nichts  von  dem  wort,  Henisch  184. 1S5  führt  es 
natürlich  an,  es  war  durch  Litther  häufig  genug  geworden. 

Gleichwol  bedient  sich  Lltber  immer  nur  des  adverbs  in 
der  Verbindung  mit  sein,  werden,  machen,  thun  und  dem  dal. 
der  person:  da  furcht  sich  Jacob  ser  und  im  ward  bange. 
1  Mos.  32,  7 ;  und  Mose  {dal.)  ward  auch  bange.  4  Mos.  11, 10 ; 
das,  wenn  sie  von  dir  hören,  inen  bange  und  weh  werden 
sol  für  deiner  zukunft.  5  Mos.  2,  25;  denn  dem  volk  war 
bange.  1  Sam.  13,  6 ;  es  wird  inen  bang  sein,  v\-ie  einer  ge- 
bererin.  Es.  13,  8 ;  und  ist  uns  bange,  das  wir  kaum  ödem 
holen.  26. 18 ;  sihe  umb  trost  war  mir  ser  bange.  3S,  17 ;  im 
wird  so  angst  und  bange  werden,  wie  einer  frawen  in  kinds- 
nöten.  Jer.  50,  43 ;  wie  bange  ist  mir,  das  mirs  im  leibe  weh 
thut.  klagt.  Jer.  1,  20;  und  seinen  gewaltigen  ward  bange. 
Dan.  5,  9 ;  da  Judas  sähe,  das  die  feinde  auf  in  dningen, 
ward  im  bang.  1  Macc.  9,  7 ;  und  sähe,  das  dem  volk  ser  bang 
und  angst  war.  13,  2 ;  aber  ich  musz  mich  zuvor  teufen  las- 
sen mit  einer  laufe  und  wie  ist  mir  so  bange,  bis  sie  volen- 
det  werde.  Luc.  12,  50 ;  und  auf  erden  wird  den  leuten  bange 
sein.  21,25;  da  sahen  sich  die  jünger  unter  einander  an  und 
ward  inen  hange.  Joh.  13,  22 ;  uns  ist  bange,  aber  v^ir  verza- 
gen nicht.  2  Cor.  4,  8.  ebenso  in  der  redensart  einem  bange 
machen :  denn  das  volk  macht  mir  bang.  2  Sam.  14,  15 ;  ich 
wil  den  leuten  bange  machen,  das  sie  umbher  gehen  sollen 
wie  die  blinden.  Zeph.  1,  17;  zu  der  zeit  wil  ich  alle  rosse 
schew  und  iren  reutern  bang  machen.  Zach.  12,  4;  es  thut 
mir  sehr  bang,  das  ich  nicht  kan  leiblich  bei  euch  sein.  Lu- 
ther 5, 147. 

Andere   belege  desselben  adv.  bis  auf  die  heutige  zeit  sind: 

wenn  iemand  dir  wil  machen  bang.    Albkrcs  66'; 

und  ward  dem  armen  thier  so  bang.    89'; 

umb  schuld  thet  im  ein  kaufman  bang.    H.  Sachs  I,  411'; 
denn   alsbald   ein   äuge  sehr  rot  wird,    so  thut  im  das  helle 
liecht   wehe  und  bange.    Bartiscb  121;    wem  war  bänger  als 
mir?  ScHWEiMCHEN- 1,  89  ; 

müh  ohn  rrucht  macht  allen  bang.    Wkckbkrlin  432; 

schew  dich  nicht  für  seinen  wafen, 

ab  welchen  seinen  Teinden  bang.   421; 
es  thut  zwar  heriig  bange, 

m  diensien  müssen  sein.    Opitz  1,240; 

es   thut   mir  bange,    dasz  ich  noch  der  spräche  nicht  hesser 
kündig  bin.  2,306; 

das  reisen  macht  mir  bange.  FLiai<i6  13; 

der  krieg,  der  aller  weit  bisher  macht  angstlich  baoge. 
LocAU  1,  3,  80  s.  70; 

die   änderong  Tom   warmen   zum  kalten  hat  mir  viel  bänger 
gethan.  Lohesstei?!  ;4rm.  1,  584 ; 

die  Spötter  thun  mir  Treilich  bange.   Gij.ither  S9; 

der  mir  ewig  bange  thut.   378; 

wirf,  was  dir  bange  Ihm,  ins  grab.    680; 

thut  ihm  der  abschied  bange.    972; 
es  that  mir  zwar  unerhört  bange,  aber  was  solt  ich  thun,  ich 
wüste  nirgend  hin.  Weise  erzn.  79 ; 

für  Görgen  ist  mir  gar  nicht  bange, 
der  kömmt  gewis  durch  seine  dummheit  Tort. 
GiLLiRT  1,  142; 

0  reden  sie  nicht  so  gleichgültig,  es  wird  mir  angst  und  bange 
dabeL  3, 164 ; 

wie  sich 

der  knoten,  der  so  oft  mir  bange  machte, 

nun  ron  sich  selber  löset.    Lessi.<<c  2,  336; 

lasz  dir  doch  nicht  bange  sein.    2,  352 ; 

und  ach,  von  ahndung  neuer  wnnn  euch  immer  b.^ager 

um  &\e  beklemmten  herzen  wird.    Götter  I,  177; 

ich  musz  dem  biiben  bange  machen.   3,  506; 

und  doch  war  mir  so  bang  ums  herz.    Göthc  3,  31 ; 


1103 


BANG-  BANGART 


BANGARTFRÄULEIN —BANGEN         1104 


imiTier  ist  dem  herzen  bang.    3,  33; 

verlier  ich  ihn  nur  nicht,  das  eine  macht  mir  bange.    7, 16; 

nun  ward  mir  bange.  19,280; 

bei  gott,  sie  machen  mir 
ganz  bange.  Schiller  266'; 

mir  ist  ?am  weh  und  bang,  dasz  unsre  Treude 
in  rauch  aufgeh.    608'; 

wenn    du   mir   nur   nicht   so    bang  machtest!    Klinger  1,  4; 
bange  machen  gilt  nicht. 

Allein  im  i"  jlt.  entsprang  nun  ein  unorganisches  adj.,  das 
sich  im  18  noch  allgemeiner  verbreitete: 

dnsz  kein  halbraulend  aasz  so  grausam  riechen  kan, 
wenn  sich  der  bange  slank  bei  heiszem  lag  erhebet. 
-    Grvphius  1,  317  ; 
war  sie  vorher  erscliicnen, 
erschien  sie  nur  noch  mehr  und  mit  noch  hungern  micnen. 

Gellert  1,  278; 
bald  scliickt  ein  banges  reich  an  ihn  gesandten  ab. 

Hagedorn ; 
banger  vor  freuden  und  bebender  stehn  die  hüter. 

Klopstock  Hess.  10,  221 ; 
ich  bin,  das  weist  du,  banger  als  damals.    14,  371 ; 

der  wilden  flammen  macht 
mit  loderndem  geräusch  die  bange  luft  zeriheilel. 
Zaciiariä  1,  29 ; 
den  liebenden 
ward  enger  und  bänger  von  alindung  die  brüst. 

BÜRGER  31'; 

freund,  welcher  nordwind,  schwarz  vom  giflc, 

gieszt  seines  aushauchs  hange  dülle 

auf  deines  lebens  schönste  zeit?    Gotter  1,219; 

zerrissen  ist  der  bange  Schleier, 

der  unsern  bund  der  weit  entzog.    1,  287; 

die  bange  nacht.   2,  231; 

und  drauszen  liört  man  schon  ein  tausendstimmig  heulen 

mit  wachsendem  getön  die  bangen  liille  iheilen. 

Scna.LEK  32"; 
von  dem  dorne  schwer  und  bang 
tönt  die  glocke  grabgesang.    79"; 

ihr  seid  todlenblcich,  eure  stimme  ist  bang  und  lallet.    137'; 

in  dieser  bangen  stunde  verläszt  er  uns.  193'; 
der  ctiketie  bange  Scheidewand 
ist  zwischen  söhn  und  vaier  eingesunken.    255* ; 

hab  es  nicht  vermieden, 
die  bange  stunde  mit  dir  auszuhaltcn, 
die  man  die  letzte  nenn!.    299'; 
sei  meiner  stimine  nicht  auf  ewig  gram, 
wenn  sie  dir  jetzt  den  allerhiingsten  schall 
angibt,  der  je  dein  ohr  durchdrungen.    576'; 

gibt  mir  erlüuterung  über  das  bange  räthsel  des  todes.   754; 
so  waschen  sie  die  wunden  ihm  mit  thränen. 
ich  spare  meine  für  ein  bängres  sehnen. 

ScuLEGEi  in  Romeo  3,  2; 
öfne  meine  bange  kleine  hülle.    Göthk  1,  250; 
was  auszen  eng.  was  aiiszcn  bang, 
uns  macht  es  nicht  beklommen.    3,  74; 
die  letzte,  bangste  krankheit.  16,  47 ;  ein  tragischer  Schauspie- 
ler, der  in  der  probe  laback  schnupft,  mache  sie  immer  bange. 
19, 187  ;  ganz  natürlich  klagte  ich  ihm,  was  mich  bange  machte, 
und   bemerkte   nicht,    dasz   ich   selbst   das,   was  mich  bange 
machte,  wünschte  und  begehrte.    19,  288;   wenn  ich  nur  aus 
dieser  bangen  angst  wäre!  Kmngers //t.  3,  353. 

Nach  der  historischen  sprachenlwicklung  ist  dies  adj.  bang 
ein  Widersinn,  und  so  unslatthaß,  als  hätte  man  aus  dem  mit 
bange  gleichbedeutenden  adv.  ange  ein  adj.  ang  ziehen  wollen, 
'  da  schon  eng  vorhanden  war,  dessen  analogie  auf  hp.ng,  benge 
leiten  müstc,  Bürgers  enger  und  biingcr  bietet  einen  ungcßhl- 
len  Pleonasmus  dar.  das  wollautende  wort  ist  aber  nun  ein- 
mal durchgedrungen,  seitdem  es  gilt,  musz  freilich  auch  an 
die  stelle  des  organischen  einem  bange  machen  treten  können 
einen  bange  maciicn,  anxium  reddere,  und  an  die  von  mir 
ist  bange,  angor  me  occupat,  ein  ich  bin  bange,  anxius  sum. 
die  beispiele  lehren,  dasz  es  auszer  anxius,  timidus  zuweilen 
auch  bedeutet  mrtuendus,  .schrecklich,  fürchterlich,  die  gestei- 
gerten grade  schwanken  zwischen  umlaut  und  unumlaut.  zu- 
gleich aber  hat,  durch  diese  gcschichtc  des  worts,  auch  sein 
Zusammenhang  mit  aggvus,  enge,  sich  auszer  zwei  fei  gesetzt. 

B.\NGA1{T,  BANdEltT,  m.  entstellt  aus  baumgart,  l)aum- 
garte,  arboretum,  viridarium,  hortus.  sonst  auch  bongarl,  bom- 
gart.  viele  städte  und  dürfer  am  Rhein,  Main,  im  Westerwald, 
auf  der  Rhön  haben  einen  bangcrt  und  eine  bangerlsgasse. 

BANG.\BT,  m.  hortulanus,  custos  horti,  campi:  «mb  die 
zeit,  wann  man  die  nusz  sciiwingt,  hüteten  des  Grandgusiers 
unterthane,  bangart  oder  baiinwarler  und  sonst  die  nächst 
umbligend   hirlen  derscibigcn  gegene  der  Weingärten  und  rc- 


ben,  auf  dasz  die  Staren  und  sonst  ires  geschlechts  vögel  nit 
die  trauben  abfreszen.  Garg.  197*;  allen  kühhirlen,  geiszhir- 
ten,  bangarten,  raupen,  weingartnern  und  tagiönern.  199';  die 
andere  bangart  und  hirten.  198';  unsere  hirtcn  und  bangart. 
199";  die  hirten  und  bangart  des  Grandgusiers.  199';  von  den 
hirten,  bangarten,  wingartsknechten  und  nuszschwingern.  200' ; 
wo  kein  bangart  umbstehen,  ist  gut  trauben  abbrechen,  groszm. 
116.  scheint  aus  dem  französischen  bangard,  banard  =  messier 
entnommen,  welches  doch  selbst  seinen  Ursprung  im  deutschen 
bannwart,  flurschütz  findet. 

BANGARTFRÄULEIN,  n.  was  das  folgende:  die  meisterlo- 
sest under  disen  bangartfräwlin,  . . .  fieng  ein  schön  meister- 
sangerisch  liedlin  in  der  jülgenweis  (lilienwcise)  von  diser  victori 
an  zu  singen,  dasz  es  ein  lust  zu  hören  war.  Garg.  199*. 

BANGABTIN,  f  gärtnerin:  sambt  den  bangartinen  und  hir- 
tinen. Garg.  198'. 

BANGATHMEND,  trepide  spirilum  ducens: 

es  empört  ihm  das  herz  bangalhmende  wollust. 
Voss  Luise  3,  221. 

BANGE,  X.  bang. 

B ANGELN,  perlractare,  venlilare:  eventilo,  ich  seubere  wol, 
ich  bangel  in  henden  umb.  Dasypodius  257';  banklen  con- 
trectare,  in  henden  banklen,  hin  und  här  bütlen,  venlilare. 
Maai.er  50';  panglen,  handien,  in  henden  hanzlen.  315*;  ge- 
pangklet  contrectatus,  wild  umbhin  gepangklet,  jaclatus.  169'; 
bängeln,  werfen,  schleudern,  bangein,  bankein,  hin  und  her 
sloszen.  Stai.der  1,  130.  hierzu  darf  noch  folgende  stelle  ge- 
nommen werden:  wer  woll  ein  Juristen  über  euch  zu  eim 
strafer  setzen?  dann  ihr  habt  euch  dermaszen  hindergeschla- 
gen, d;isz  keisern  und  bäpsten  rotwelsch  ist,  was  ihr  band- 
lent.  Paracelsüs  1,  20"'.-  entweder  druckfehler  für  handlcnt 
oder  banglent,  wenn  wian  nicht  einen  Wechsel  der  media  zwi- 
schen bandeln  und  hangeln  gestalten  will.  Schmid  s.  40  führt 
auch  bangein,  drückend  und  küssend  liebkosen  an,  es  wird 
nichts,  als  drücken  hciszen  sollen,  denn  alle  diese  Wörter  schei- 
nen dem  folgenden  bangen  tundere  angehörig,    s.  auch  bengel. 

BANGEN,  tundere,  percutere,  pulsare.  Stalder  1,  130;  attn. 
banga  pulsare,  percutere,  schw.  bänga,  ddn.  banke,  engl.  bang. 
hiervon  bengel,  prügel  und  das  vorangehende  hangeln  con- 
trectare,  in  der  hand  schwingen,  schütteln,  man  darf  auch, 
wenn  das  G  unwurzelhaft  wäre,  ban,  via  strata  und  bano  per- 
cussio,  plaga  heranziehen,    s.  bahn. 

BANGEN,  angere  für  beangen  Hemscii  185,  1,  ganz  entspre- 
chend dem  einfachen  angen,  und  von  dem  vorausgehenden  ban- 
gen tundere  genau  zu  scheiden. 

1)  unpersönlich,  mir  bangt  =  mir  ist  bange:  einer  unter 
euch,  dem  vor  der  wage  bangt?  Wieland  23,  18;  mir  bangte 
für  meine  Amalie.  Schiller  127'; 

schon  lange  sinn  ich,  spricht  er,  was  euch  bange. 
Platbn  327. 

ladelhaß  der  acc:  mich  bangt  vor  einer  unglücklichen  auf- 
lösung.  NiEBUHR  leben  N.  1,  560. 

2)  persönlich,  zagen,  fürchten :  let  mich  pangen.  Wolrbnst.  37 ; 

langen  und  bangen 

in  schwebender  pein.    Göthk  8,  232; 

wo  eine  stille  seele  den  verlornen. 

rasch  abgeschiednen  freund  vergebens  sich 

zurückzurufen  bangt  und  sich  verzehrt.    9,94; 

ich  lebe  nur  um  wieder  neu  zu  bangen.'  10,315; 

was  mein  armes  herz  hier  bangel, 

was  es  Zilien,  was  verlanget, 

weist  nur  du,  nur  du  allein.    12,  189; 

er  lebe  und  lechze,  bange  und  lebe!  Klinger  2,  224. 

3)  sich  bangen :  die  menschen  srherzen  und  l)angen  sich 
an  den  lebensiäthseln  herum.  Gütiie  an  Schiller  796.  viel- 
leicht ist  auch  in  der  aus  9,  94  angeführten  stelle  das  sich 
nicht  auf  zurückzurufen,  sondern  auf  bangen  zu  ziehen. 

4)  l)angen  für  verlangen,  sich  sehnen :  schon  gut,  dasz  er 
darnach  zu  bangen  scheint.  VVieland  22, 258.  s.  aus  Göthe  8, 232. 

5)  bangen  transitiv,  bange  maciien,  in  furcht  setzen :  wenn 
du  wüstest,  dasz  ich  dadurch  meinem  gebangten  herzen  luft 
machte.  Klingers  Ih.  2,  141;  was  sonst  gute,  jetzt  gebangte 
Sinne  sprechen.  4, 187.     hierfür  setzen  einige  bangen : 

ach  mich  b.ingt  die  furcht.    Stolbkrc  14>  124; 

Antonin,  dein  gürlrl  engt 

sich  bald  und  minder  frei, 

von  unbekanntem  weh  geb/ingt 

vullbringst  dus  mit  goschrci.    2,  129; 

höre,  mutier,  das  llehn  <ler  geb.lnptpn 

mutier.'  Theseus 'H>'i. 


1105 


BAiN'GENKRAÜT  —  BANK 


BANK 


1106 


BäNGENKRAUT,  n.  acuta,  contum  maeulalum.  Dasipodius 
301".  MaalebSo';  der  {Socrales)  hat  müssen  vom  bangenkraul 
trinken.  Schuppi#s  707.    dunkler  abkunß. 

BANGGEFALTET:  banggefaltete  bände.  Gotter  2,  65. 

BANGIG,  wird  nicht  gesagt,  und  doch  im  folgenden  worl 
vorausgesetzt. 

BANGIGKEIT,  f.  anxietas,  nnl.  bangigheid,  schon  frühe 
üblich  : 

ach,  ich  veimag  nicht  lenger  vor  bangigkeit  zu  reden. 
H.  JcL.'voN  Braoschw.  Sus.  3,  4; 

wird  seine  seelenqual  durch  bangigkeit  vergnügt  ? 
Gbtpbius  ; 

sie  starb  in  verzweifelten  bangigkeiten.  Bodmers  Alreus  5,  6 ; 

schwer  lag  auf  mir  des  scheidens  bangigkeit. 
Schiller  346; 

indem  man  die  nachrichten  des  gewaltsamen  Vordringens  in 
Österreich  mit  bangigkeit  vernommen  hatte.  Güthe  32,  44 ;  die 
bangigkeit,  die  man  bei  thicren  (ror  dem  erdbeben)  bemerkt. 
Kant  9,  33 ;  furcht  über  einen  unbestimmtes  übel  drohenden 
gegenständ  ist  bangigkeit.  10,  281;  du  willst  aus  liebender 
bangigkeit  für  mein  entsinkendes  leben  nicht  haben,  dasz  ich 
oft  schreibe.  J.  Paul  Besp.  2,  114 ;  sie  leidet  an  bangigkeiten ; 
bangigkeit  der  luft,  gravitas  caloris. 

BÄNGLICH,  anxius,  panimper  anxius,  sei  nicht  bänglich I 
ist  schwächer  als  sei  nicht  bang,  doch  in  andern  fällen  steht 
es  diesem  ganz  gleich:  nach  einer  gefahrvollen  bänglichen 
Jugend.  Göthe  6,  195;  doch  schnell  ergrif  sie  eine  seltsame 
ahnung,  ein  freudig  bängliches  erzittern.  17,  140;  er  brachte 
einige  stunden  in  einer  bänglichen  läge  zu.  19,  222 ;  ein  ge- 
spräch,  das  wir  aber,  um  unsere  leser  nicht  mit  unzusam- 
menhängenden ideen  und  bänglichen  empfindungen  zu  quälen, 
lieber  verschweigen  als  ausführlich  mitlheilen.  19,  228;  hier- 
nach will  ich  denn  nicht  leugnen,  dasz  es  in  Lavaters  seele 
gewissermaszen  bänglich  war.  48,  140;  in  der  bänglichsten 
zeit,  die  je  über  Berlin  geschwebt  hat.  ThCmmels  reisen  10,  246. 

lieb  ist  da$,  doch  ist  sie  bänglich, 

wenn  sie  nicht  kann  widersiehn.    Rcckert  385: 

bängliches  erwägen.    Schlegel  in  Richard  3  act  4,  sc.  3. 

beispiele  des  adv.    mein  herz  noch  bänglich  klopft.  Gotter  1, 
267;  sie  rief  daher  bänglich,  valer,  vaterl   J.  Fall  Fibel  110. 
BLNGLICHKEIT,  f  anxiludo: 

was  will  diese  bänglichkeit, 

die  dich  so  oft  ergreifi  ?    Wielasd  32,  S9 ; 

sie  zog  ihren  haushält,   ohne  bänglichkeit,  ins  enge.    Güthe 

17,  177. 

BANGSAM,  anxius,  ein  gutes  tcort,  das  mehr  in  gebraucli 
sein  sollte:  bangsame  todtepgrüfte.  LoaEssTEi.i  i4rm.  l,  256; 

so  hol,  so  bangsam  klingt  die  glocke.    Gü:«ther622; 

so  blasz.  so  bangsam  stille 

sah  ich  nie  deinen  schein.     Scbobart  2,  82  an  den  mond. 

BANGSAMKEIT,  f. 

BANGVOLL:  arme,  bangvoile  mutter!  KtrscER  1,  288. 

BAMER,  n.  und  f.  Signum,  rexillum,  panier,  banner: 
so  wollen  wir  des  heiligsten  banier, 
als  deines  sigs  und  unsers  temnel'!  t'ier 
zu  ewiger  gedechinus  hoch  aultionken. 

WlCEHERLI.N  SO; 

von  reichem  ailesz  jeder  segel, 
von  purem  demant  alle  nSgel. 
▼on  gold  und  seiden  jedes  seil, 
mit  perlein  die  banier  verweben.    568; 

haben  das  keiserliche  banier,  darin  des  keisers  adlcr  waren, 
aus  der  band  des  keisers  empfangen.  Micrämcs  2,  264.  s.  banner. 

BA.NK,  f  frfther  auch  m.  scamnum,  ahd.  panch,  p/.  penchi; 
mhd.  banc  pl.  benke,  f.  und  m.;  alts.  bank  f.  und  benki  n.; 
ags.  henc,  engl,  bench ;  nnl.  bank  /".;  altn.  heckr  m.,  schw. 
dän.  bänk.  das  it.  sp.  banco,  franz  banc  stammen  aus  dem 
deutschen,  und  sind  einem  dialect  nachgel/ildel,  der  das  vort 
männlich  gebrauchte,  ein  goth.  bagks  tr^re  zu  mulmaszen.  '. 
auch  die  Bussen,  Polen,  Böhmen  nahmen  männliches  bank  auf,  [ 
die  Letten  henkis.  '   ! 

Höher  in  das  elymon  aufzusteigen  fällt  schwer,  man  hat  '' 
Tclä^  und  planca  verglichen,  die  zu  planus,  unserm  Bach  ge- 
hören, schon  darum  hätte  die  lilgung  des  1  bedenken;  eher  ; 
ifürrfc  sich  Ti^ytvut,  pango,  pago,  Tirj/ia,  im  sinne  des  j 
(ügt^is,  festigens  hinzu  halten  lassen,  und  da  wir  oben  bach 
aus  nriyrj  und  nr/p^iu  leiteten,  wäre  anzuschlagen,  dasz  altn.  | 
becki    rivus   und    beckr   scamnum   völlig,    auch    im  gesehlecht  i 


übereintreffen,  wie  nun,  wenn  unser  fach,  das  gerade  ßr  die 
wassersehwelle  in  flüssen  gilt,  auch  die  mangelnde  Yforn\  dar- 
böte?  mehr  unter  fach. 

Mhd.  überwog  das  m.  (Bex.  1,  83),  nhd.  hat  umgekehrt  das 
f.  allmälich  das  m.  verdrängt,  für  welches  hier  einige  belege 
zeugen  sollen: 

mich  tregt  mariche  schöne  junkfraw 
dem  meizger  zu  dem  banke.    L'hlasd  33; 
streck  dich  auf  den  bank.    Scheit  grob.  D3; 
ein   ander  sesz  auf  dem  küssen  und  du  auf  dem  bank.    Pa- 
RACELScs  2.  206 :  wann  er  auch  sein  verborgen  liecht  underm 
bank  herfür  bringt.  Wcrtz  pract.  299 ;  die  edle  warheit  under 
dem  (/.  den)  bank  mit  füszen  treten.  Thcrxeisser  magn.  alch. 
1,  84 ;  wenn  ihr  änderst  die  warheit  nicht  undem  bank  stecken 
wollet.  Kirchhof  irendunm.  264; 

zuletzt  ful  einer  undern  bank, 

dem  andern  ward  die  zung  zu  lang.    Garg.  89* ; 

nun  zuck  den  bank, 

nun  wirf  den  slul.    98'; 

noch  heule  scheint  in  Schwaben  und  m  der  Schweiz  das  m. 
gangbar,  Hebel  sagt  auf  den  bank,  aber  Keisersberg  und 
auch  Fischart  schwanken:  tröwen  {drohen)  im  also  uf  den 
fleischbank.  Sünden  des  mundes  63' ;  man  die  sach  uf  die  langen 
bank  zeucht.  42';  die  decreten  beginnet  man  hinder  die  bank 
nach  den  mausen  zu  werfen,  bienenkorb  4*;  unter  den  bank 
stecken.  13";  den  wechsclbank  aussetzen.  45*;  bei  Luther 
ist  das  f.  entschieden,  dem  gen.  dal.  sg.  f  wurde  aber  im 
16  jh.  noch  oft  der  umlaut  gegeben,  z.  b.  bei  H.  Sachs  gesagt 
auf  der  bank  =  mhd.  benke. 

Im  allgemeinen  bezeichnet  nun  bank  eine  erhöhung  zum 
sitzen,    lehnen,    liegen  oder  stellen, 

1)  am  häufigsten  zum  sitzen,  was  sich  mit  bett  und  stul, 
x}uvT]  berührt;  bett  und  bank  werden,  gleich  dem  pf er  de,  be- 
stiegen, daher  lal.  scamnum  ßr  scadmnum  von  scando,  sca- 
bellum  ßr  scamnellum :  wer  auf  den  bank  wil  steigen  musz 
ein  schämel  haben.  Keisersb.  gunkel  7 ; 

da  sitz  ich  uf  dem  schemel  und  er  oben  üf  der  bauk. 
MSH.  2,  112'. 
bank  tind  slul  unterscheiden  sich  aber  darin,  dasz  dieser  nur  ßr 
einen,  jene  meistens  für  mehrere  nebeneinander  eingerichtet  ist; 
doch  die  kurze  fuszbank  dient  auch  nur  den  füszen  eines  einzigen, 
in  der  regel  ist  bank  ein  längeres  bret,  das  auf  beinen  stehend 
sich  um  den  tisch  oder  an  wand  und  seile  hinzieht,  auf  das 
man  sich  auch  strecken  und  legen  kann  (faulbank,  ruhebank). 
bänke  werden  aber  zugleich  vor  dem  hause  und  im  freien  von 
holz,  stein  oder  rasen  bereitet:  Steinbank,  felsenbank.  gras- 
bank,  rasenbank.  die  vertraulichste  bank  ist  die  um  den  tisch, 
welche  tischgenossen  und  gaste  zu  mahl  und  trinkgelag  verei- 
nigt, und  im  hause  ein  recht  auf  bestimmten  sitz  und  platx 
gründet,  eheleute  sind  bankgenossen,  gehören  auf  dieselbe 
bank,  jh  dasselbe  bett  [alts.  gibenkion,  gibeddion).  wie  bei 
uns  von  der  bierbank,  ist  in  den  ags.  gedichten  von  ealobenc  und 
meodobenc  die  rede,  seinen  kindem  auf  der  bank  sitzen,  sich 
von  ihnen  ernähren  lassen,  der  arbeitende  sitzt  auf  seinem  stul; 
auf  Schulbank,  kirchenbank,  ruderbank,  bank  der  angeklagten 
sitzen  ganze  reihen:  bank  an  bank  gedriinget  sitzen.  Schiller 
58*.  ßtr  die  Stellung  mehrerer  bänke  finden  bestimmte  Ordnun- 
gen statt,  und  es  gibt  eine  höhere  oder  niedere,  obere  oder 
untere  bank,  herrenbank,  fürstenbank,  grafenbank;  zumal  in 
der  schttle  heiszt  es,  eine  bank  hinauf!  eine  bank  hinunter.'; 
um  eine  bank  nicken ;  wir  sind  alte  freunde,  saszen  in  der 
schule  immer  auf  einer  bank  zusammen,  waren  uns  gleich, 
bankgenossen ;  würde  der  dritte  nicht  um  ein  paar  bänke  tie- 
fer hinunter  müssen?  Göthe  29,  116;  und  ich  habe  Cranicm 
geschmäht,  dasz  ich  ihn  mit  Popen  auf  eine  bank  setze?  Les- 
sirtc  6,  226. 

Im  verlauf  der  zeit  aber  wechselten  und  hoben  sieh  die  Sit- 
ten, was  früher  den  herrn  auszeichnete,  wurde  spdler  dem  knecht 
eingeräumt,  nachdem  sich  der  herr  eine  noch  höhere  stufe  be- 
reitet hatte,  wer  weisz,  ob  im  ferneren  alterthum  der  unter- 
würfige Jinecht  nichl  zu  des  auf  der  bank  sitzenden  herrn  füszen, 
hinter  der  bank  lag  {vgl.  andbahts  s.  280)?  allmälich  wurde 
dem  herrn  ein  stul  und  dem  knecht  die  bank  zu  theil,  der 
slul  galt  ßr  vornehmer,  die  bank  ßr  demütiger: 

üf  sinen  stuol  er  in  satzie, 

üf  die  bank  er  sich  selber  salzte. 

'herre,  ir  luoi  nihl  recht. 

da;  ir  nider  fallet  also  die  knecht 

Af  die  harten  benke.      Haupt  2,  94. 

70 


1107 


BANK 


BANK 


1108 


Bedcnsarten.  unter  der  bank  liegen,  weggeworfen,  ver- 
achlet,  vernachlässigt  liegen,  wie  ein  knechl  ?  wie  eine  werth- 
lose  Sache:  da  wir  sahen,  dasz  die  sciirlft  unter  der  bank 
lag.  Luther  3,  337';  wie  bisher  bei  inen  die  schrift  unter  der 
bank  gelegen  ist.  4,282';  er  {der  pabsl)  leszt  das  evangelium 
unter  der  bank  ligen.  4,  323';  das  sie  die  heilige  schrift  ver- 
achten und  unter  der  bank  ligen  lieszen.  5,  83*; 

die  frömbkeit  leg  unter  der  bank.    II.  Sachs  II.  2,  73'; 

die  tugent  h'gt  unter  der  bank, 

ist  gleich  von  iederman  veracht.  .11.2,  103'; 

ich  vorcht  unter  die  penk 

sei  ich  ziijfingst  gedigen.    fastn.  sp.  1386; 

ja  es  hat  die  Wissenschaft  so  gar  lange  zeit  in  dem  christ- 
lichen Europa  unter  der  bank  gelegen,  sich  nicht  eher  hervor- 
thun  können.  Hoffmannswai.dau  vorrede;  dasz  ich  es  endlich 
verachtete,  und  es  unter  der  bank  und  ungedruckt  wolte  ligen 
lassen.  Schuppius  462;  dasz  aber  das  justinianeische  recht 
auch  vorher  nicht  gänzlich  unter  der  bank  gelegen,  ist  oben 
erwiesen.  Hahn  3,  161;  denn  wo  ich  neuerer  zeit  nur  immer 
den  Polo  angezogen  finde,  so  geschieht  es  sicherlich  entweder 
nach  Müllers  ausgäbe  oder  nach  ßergerons  Übersetzung,  ßa- 
musio  liegt  unter  der  bank.  Lessing  9,  216.  unter  die  bank 
legen,  schieben,  beiseile  legen,  wegwerfen:  das  sie  es  ie 
nicht  hinder  sich  werfen  und  unter  die  bank  legen.  Luther 
4, 459' ;  solchs  sollen  wir  nu  mit  allem  vleisz  treiben  und  wol  ins 
herz  bilden,  den  glauben  zu  erwecken  und  Sterken,  nicht  also, 
wie  bisher,  aus  dem  wege  setzen,  oder  eine  weile  unter  die 
bank  legen.  6, 177*; 

man  legt  dich  (die  mode)  nach  sechs  monden  gleichwol 
,  schon  unter  bfinke.  Locau  2,  zug.  76. 

unter  die  bank  stoszen:  darumb  ists  inen  fast  not,  die 
schrift  zu  lestern  und  zu  schmehen,  sie  unler  die  bank  stoszen 
und  fürgeben,  sie  sei  ein  finster  nebel.  Luther  1,  374';  das 
man  die  bibel  unter  die  bank  gestoszen  hat.  4,  143*;  so  sol 
man  das  evangelium  recht  unter  die  bank  stoszen.  6,  13'. 
unter  die  bank  stecKen:  das  evangelium  unter  die  bank 
gesteckt.  4,  334*;  ob  woi  die  Sophisten  (das  evangelium)  mit 
füszen  getretten,  unter  die  bank  gesteckt,  veracht  und  ver- 
dampt  haben,  noch  ists  blieben  durch  den,  der  daran  gedenkt 
ewiglich.  5,  213';  die  papisten  wollen  sich  wol  gern  putzen 
und  solche  grcwel  unter  die  bank  stecken.  5,  2S2';  das  wir 
iederman  trewiich  gesagt  haben  und  nichts  unter  die  bank  ge- 
steckt. 5,36"';  wie  itzt  unsere  geistlichen,  die  im  ampt  sitzen, 
und  ist  ihnen  befohlen,  das  sie  der  Christenheit  fürstehen  und 
üfTenlich  leuchten  sollen  mit  ihrer  lehre,  so  stecken  sie  es 
unter  die  bank.  5,  369';  wir  prediger  haben  des  von  gott 
in  unsern  Instructionen,  das  wir  den  leuten  nichts  unter 
die  bank  stecken  und  lautern  wein  einschenken.  Matiiesius 
150';  ir  habt  jetzt  s.  Paul  unter  den  bank  gesteckt.  Fischart 
/»Jen/;.  13*;  der  teufel  wird  all  die  prediger  holen,  welche  uinb 
schendliches  genieszes  willen  verschweigen  oder  unter  die  bank 
stecken,  was  gott  austrücklich  zu  reden  befohlen  hat.  Scuup- 
pius  88 ;  ich  bin  ein  rechter  bärenhüuter,  dasz  ich  meine 
wahrhaftige  reisebeschreibung,  welche  icii  «chon  eine  geraume 
zeit  vorfertiget  gehabt,  so  lange  unter  der  bank  stecken  lasse. 
Schelmufsky  vorrede,  unter  die  bank  setzen:  niemand 
aber  zündet  ein  liecht  an  und  bedeckts  mit  einem  gefa.sz  oder 
setzet  es  unter  eine  bank  (hnoxaTOi  xkivr^g,  vulg.  subtus 
lectum,  golh.  uf  ligr).  Luc.  8,  16.  mit  er  die  bank  stel- 
len: welche  ihre  ehre  und  redlichkeit  entweder  an  den  na- 
gel  henken  oder  unter  die  bank  .stellen.  Weise  crzn.  462. 
unter,  hinter  die  bank  werfen:  die  dccreten  beginnet 
man  hinder  die  bank  nach  den  mausen  zu  werfen.  Fisciiaht 
bienenk.  4';  es  bett  dann  die  rüin.  kircii  ..  das  üherig,  was 
ir  nit  wol  inund  (mundet)  unler  die  bank  geworfen.  4o';  doch 
merke  ich  wol,  er  wil  die  plafferei  unler  die  bank  werfen 
und  einen  Staatsmann  herfür  suchen,  ped.  schul f  74 ;  die 
Schneider  werfen  tuchlappcn  unter  die  bank,  in  die  hülle, 
unter  die  bank  schmeiszen:  sobald  ich  aus  der  sciiulc 
kam,  schrnisz  ich  meine  büchergen  unter  die  bank.  Schel- 
mufsky 9.  unter,  hinter  der  bank  hervor  ziehen, 
hervor  holen:  noch  musz  dis  alles  heiszen,  des  Luthers 
evangelium  unter  der  bank  erfür  gezogen.  Luther  6, 13';  alte, 
unter  der  bank  hervorgeholte  einHille.  sich  unter  die 
bank  senken,  selbst  erniedrigen: 

du  hast  dich  gleich  dein  leben  hink 

gcsenht  {so)  allein  unter  die  hank.    H.  Sachs  IU.  3, 68* 


unter  die  bank  jagen,  von  hunden  entnommen,  die  man 
unter  die  bank  weist,  sich  niederstrecken  {se  coucher)  Idszt: 
es  ist  zwar  guter  raih  mehr  werlh  als  gros*  geschänke, 
doch  jagt  das  schenken  oft  das  rathen  unter  baiike, 
dasz  an  das  schenken  mehr  als  guten  rath  man  denke. 
LoGAU  3,  1,  13. 
auf  die   bank,   über  die  bank  legen,   schlage  geben,, 
von  Schülern  oder  Sträflingen  her  entnommen :  mit  diesen  Wor- 
ten  hättet   ihr   verdienet,    dasz   ich  euch  ein  wenig  über  die 
bank  legte   und  euch  gebe  unum,   verum  bonum.    Schüppios 
791.  5.  überlegen,    von  der  bank  fallen,  sowol  die  ehliche 
treue  verletzen,    als  unehlich  geboren  werden  {s.  bankert);    er 
ist  mit  der  dirne  von  der  bank  gefallen,  hat  sie  auf  die  bank 
getragen  {fastn.  sp.  1416),  hat  mit  ihr  ein  unehliches  kind  ge- 
zeugt,   durch  die  bank,  hintereinander,    ohne  unterschied: 
riebe  und  arme  durch  die  banc.    Livl.  chron.  943; 

es  wird  alles  durch  die  bank  losgeschlagen;  sie  taugen  alle 
durch  die  bank  nichts;  wir  füttern  alle  durch  die  bank  den 
tod,  wenn  wir  essen  und  trinken.  Hippel /eiensf.  2, 452.  sich 
zwischen  zwein  bänken  niedersetzen,  wie  sonst  zwi- 
schen zwein  stülen.  Sprichwörter:  man  musz  den  mantel 
nach  dem  wind  henken,  unter  der  bank  und  auf  der  bank 
sitzen  können;  unter  der  bank  neidet  man  keinen;  wer  auf 
der  bank  schläft,  den  sticht  weder  feder  noch  stroh;  wer 
unter  die  bank  will,  den  stöszt  man  bald  darunter;  auf  un- 
gewischter  bank  ist  gut  finden  (Hebel  33);  trachte  auf  die 
bank,  du  kommst  wol  darunter;  gedenke  uf  die  bank  und 
nit  darunder.  Petr.  12';  menschen  gedenken  auf  die  henke 
zur  ruh.  79';  was  auf  der  bank  gemacht  ist,  das  trachtet 
ans  bret.  Lehmann  155;  was  auf  der  bank  gemacht  ist,  das 
ligt  nicht  gern  darunter.  Garg.  29'. 

2)  gerichtsbank,  dingbank,  schoffenbank.  das  alte 
gericht  wurde  durch  vier  bänke  gebildet,  daher  heiszt  es:  bin- 
nen den  bänken,  den  vier  bänken,  vor  die  vier  bänke  kom- 
men, vor  der  gerichtsbank  erscheinen,  die  bank  wird  gehegt, 
gebannt,  gespannt,  bekleidet,  besetzt  und  geräumt;  häußg  in 
Urkunden ;  da  wir  an  gehegter  bank  saszen ; 

und  wenn  die  bank  nu,  wie  man  pflegt, 

wird  siailich  sein  genug  gehegt 

von  unserm  herren.    Ringwald  tr.  Ecüi.  M  5' ; 

traurig  siehn  ...  wie  schälke  Tür  gehegter  bank.    M6'; 

die  gehegten  und  ungeheglen  bänken  {falsch  für  bänke)  der 
menschen.  Hippel  6,  115.  bei  feierlicher  ladung  muste  der 
schullheisz  auf  die  bank  treten  und  reden:  wiset  der  schellen 
und  der  lanlinan,  daj  der  schultheisze  sulle  slehn  uf  die  bank. 
weisth.  2,  213 ;  so  sal  der  schulleisze  uf  die  bank  treten  und 
sal  den  morder  heischen  dri  stunt.  2,  214.  frist  geben,  das 
gericht  aufschieben,  aufschlagen  Jäszl  sich  vielleicht  als  ein 
sinnliches  schieben  und  zurückschlagen  der  gerichtsbänke  fas- 
sen; wenigstens  die  redensart  etwas  auf  die  lange  bank 
schieben  musz,  wie  man  sie  auch  näher  deute,  in  den  ge- 
richten  entsprungen  sein :  und  das  geschieht  gar  dick,  besun- 
der  so  einer  nit  hat  der  sach  nachzekomen  {arm  ist  und  für 
den  rechtsgang  kein  geld  aufbringen  kann)  und  man  die  sach 
uf  die  langen  bank  zeucht.  Keisersb.  Sünden  des  munds  42*; 
er  rieht  die  sach  uf  den  langen  bank.  post.  3,  70 ;  man  wiset 
in  uf  den  langen  bank  (hält  ihn  hin).  3,  102;  doch  damit 
meine  sache  nicht  in  die  lange  bank  komme,  sondern  in  kur- 
zer verhör  abgehandelt  werde.  Gryphius  1,  859;  wer  einem 
willfeitig  zu  sein  zweifelt  oder  auf  die  lang  bank  schiebet. 
Lehmann  5;  eine  ausrede,  vermittelst  deren  er  die  sach  auf 
die  lange  bank  schieben  konnte.  Simpl.  2,  127;  er  spielt  die 
Sachen  in  die  lange  bank  hinaus.  Weise  erzn.  30Ö ;  schob 
er  es  doch  in  die  lange  bank,  bis  nichts  daraus  ward.  428 ; 
denn  ich  sehe,  dasz  sich  in  Wien  die  sachen  sehr  auf  die 
lange  bank  ziehen.  Lessinc  12,  359.  Das  umgekehrte  scheint 
etwas  durch  die  bank  schnellen,  abfertigen,  abwei- 
sen: wenn  der  herr  wird  gericlil  halten,  so  wird  kein  mensch 
an  seine  statt  vermögen  weder  knechl  noch  ralh  einzustellen 
und  also  durch  die  iiank  zu  schnellen.  Kingwalu  laut.  warh. 
240.  Auch  nachdem  die  bänke  längst  durch  slüle  verdrängt 
waren,  blieb  noch  die  bcnennung  einer  adlichen  und  gelehrten 
bank :  setzte  man  doch  bei  den  höchsten  reichsgcrichlen  und 
auch  wol  sonst  der  adeligen  bank  eine  geiehrtcnbank  gegen- 
über.   GÖTHE48,  71. 

3)  brauten  pflegte  das  alterlhum  eine  ehrenstellr,  brautslul 
oder  braulbank  zu  bereiten,  alln.  brftdheckr,  brödarheckr,  ddn. 
brudebäuk;    bei   andern   öffentlichen   anlassen   und  Iwchzeilen 


l 


1109 


BANK 


BANKARBEIT— BÄNKELKRÄMER   1110 


frhllf  die  bank  eben  so  venig.  Sänger  und  spiellinUe  standen 
auf  bönken  und  ihre  lieder  erschollen  von  der  bank,  vielleicht 
auch  vor  den  b9nken  der  kaußeute,  votier  die  benennung  bän- 
kelsanger  rührt;  ein  verbreiteter,  beliebter  gesang  gieng  durch 
die  bänke  und  durch  die  straszen :  dasz  man  dich  wie  ein 
gassenbauerchen  auf  allen  bünken  sänge.  Fr.  Miller  3,  204. 

4)  die  Vorstellung  der  bank  übergehend  in  die  des  tisches. 
Maaler  50'  setzt  zu  bank  scamnum  und  abacus,  Dasypodics 
zu  abacus  aarichte  und  recbenbank.  vahrsciieinli^h  braucht 
man  noch  heute  bank  und  tisch  in  manchen  fällen  gleichbe- 
deulig:  geld  auf  die  bank,  auf  den  tisch  zählen;  die  ange- 
richtete speise  auf  die  küchenbank  oder  den  küchentisch  setzen 
(hernach  unter  6).    mhd. 

Tone  benche  ze  bencbe  hie;  man  allüteren  win  scencben. 
HoFFHiN.fs  fundgr.  2,  33 

kann  übersetzt  werden  von  bank  zu  bank  oder  von  tisch  zu 
tische,  kaufleute  und  handicerker  schlagen  in  straszen  und 
auf  platzen  ihre  bänke  auf,  das  sind  tische  und  buden  mit 
den  ausgebreiteten  tvaaren;  zumal  gilt  es  von  bänken  der  metz- 
ger  und  becker.  brotbänke  bezeichnen  den  markt;  die  kra- 
niche,  meldet  eine  schlesische  volkssage,  sollen  durch  die  brot- 
bänke geflogen  kommen,  über  den  markt,  thiere  werden  zur 
fleischbank,  zur  schlachtbank  geführt,  einem  an  die  bank 
droben,  einen  zur  bank  haaen,  tri//  sagen,  eineti  öffent- 
lich zerhauen,  wie  man  fleisch  haut,  ihm  seine  ehre  abschnei- 
den, nichts  gutes  an  ihm  lassen:  thü  er  es  nif,  so  müsz  im 
darausz  gon,  das  er  nit  gern  hab,  tröwen  im  also  uf  den 
fleischbank.  Keisersb.  Sünden  des  mundes  63\-  die  unnütze 
weschigen  roeuler,  die  die  leute  gerne  zur  bank  hawen  und 
austragen.  Luther  4,  530' ; 

kan  ich  beide  man  und  frawen 

hinterrück  2u  der  fleischbank  hawen.    U.  Sachs; 

tregst  dein  bretspil  mit  in  die  bierbeuser  und  hilfst  dameben 
alle  weit  ausecken  und  zur  bank  hawen.  Matbesics  130';  und 
hat  mich  redlichen  über  die  zungen  springen  lassen  und  zur 
bank  gehauwen.  Thubveisser  nothg.  ausschr.  2,  45 ; 

thut  seinen  herren  nichi  beilegen, 

haut  auch  denselben  niehi  zur  bank 

und  oimpt  fürlieb  mit  speis  und  trank. 

Ri.XGWALD  laut.  »arh.  311 ; 

man  sol  seinen  freund  nicht  helfen  zur  bank  bawen. 

so  soliu  nicht  bei  mann  und  frawn 

in  helfen  zu  der  fleiscbbank  bawn.    134; 

und  weil  sie  ibn  nit  hab  gewehrt  (gewährt), 

hab  er  sie  also  zur  benk  ghauen.    Atrkk  270^; 

Hebelfurk  sprach,  ir  habt  mich  alle  beide  wol  mitgenommen, 
dapfer  an  ehren  angezogen  und  zur  bank  gehawen.  Atber 
proc.  3,  1:  nichts  destoweniger  wird  der  arme  .Machiavellns 
Ton  männiglichen  zu  der  bank  gehauen.  Schi^pics  521;  das 
spiel  solchen  personen,  die  in  gesellschaften  anders  nichts, 
als  den  armen  nechsten  zur  bank  zu  bauen  wüsten,  keines- 
wegs zu  verargen,  ehe  eines  mannes  219.  Wol  alle  Städte  des 
mittelalters  hatten  solche  platze  mit  bänken.  man  weisz  aber, 
ohne  «eiteren  zusatz  nicht,  ob  brotbänke,  Oeischbänke,  trödel- 
bänke,  wechselbänke  gemeint  sind:  deswegen  zog  ich  in  ein 
gutes  haus  hinter  den  bänken  (in  una  buona  casotta  drieto 
a'  banchi).  Göthe  34,  9S ;  mein  bruder  war  eines  tages  unter 
den  bänken  (era  in  banchi).  34, 139. 

5)  von  der  bank  oder  dem  tisch  des  Wechslers  und  Spie- 
lers schreibt  sich  der  it.  ausdruck  il  banco,  der  franz.  la  ban- 
que,  und  bedeutet  das  von  ihm  den  fibrigen  Spielern  entgegen- 
gesetzte geld,  womit  er  bank  hält,  bank  macht,  so  wie  man 
die  bank  zu  sprengen,  zu  brechen,  ihn  aus  der  bank  zu  he- 
ben sucht,  allmälich  aber  meint  es  blosz  ein  groszes  geldqe- 
schäß  und  bank  heiszt  nicht  nur  die  geldcasie,  eine  öffent- 
liche casse,  sondern  auch  das  gebäude,  in  dem  sie  sich  befin- 
det, in  dieser  bedeutung  bildet  man  den  pl.  bänken,  nicht 
bänke.  von  der  bank  aufstehen,  bedeutete  sie  nicht 
länger  hallen  können,  Uankrut  werden  (*.  bankerot) :  der  kauf- 
mann,  wann  er  von  der  bank  aufstehet,  glauben  und  credit 
verlieret,  ist  sicher  vor  raubern.  Scacppics  408,  das  erklärt 
•fallieren  und  aufstehen'  unter  aufstehen  10  sp.  748 ; 

ich  habe  niedrig  nie  gespielt, 

seit  ich  das  spiel  begonnen, 

und  wo  dem  leiod  die  bank  ich  hielt, 

da  habt  ihr  stets  gewonnen.    RCcurt  208. 

6)  in  der  küche  sind  bSnke  zum  aufstellen  der  topfe,  schus- 
seln, teller  und  zum  anrichten  der  speise,  hackbänke  und 
wsschbäJike ;  in  der  stube  büclierbäoke  zum  stellen  der  bücher. 


der  tisehler  hat  seine  hobeibank,  der  tapfer  seine  drehbank, 
der  Strohschneider  seine  hechselbank,  zur  flachsbereitung  dient 
die  hechelbank.  wie  hecheln  und  durchhecheln  auch  carpere, 
proscindere,  lästern  ausdrückt,  sagt  man  ebenso  durch  die 
bank  ziehen,  z.  b.  bei  Schdppius  535.  in  der  schule  die 
schandbank. 

7)  bank,  erhöhung  im  wasser,  untiefe:  wasserbank,  Sand- 
bank, eisbank,  austerbank,  perlenbank,  muschelbank.  die 
routterpferde  ziehen  sich  mit  den  füllen  auf  die  höheren  bänke 
zurück,  welche  inselfönnig  über  dem  scespiegel  hervorragen. 
HcMBOLDT  ans.  der  nal.  1,  31. 

8)  bank  in  gebirg  und  felsen :  kohlenbank,  scbieferbank ; 
ob  sich  gleich  der  fels  in  lager  und  bänke  theilt.  Göthe  27, 
23;  nach  marmorblöcken  und  bänken.  39,  79. 

9)  biük,  Jägern  das  strickholz,  worüber  netze  gestrickt  werden. 

10)  bank,  bruslwchr.  über  bank  scbieszen,  wenn  keine 
schieszscharten  in  der  brustwehr  sind. 

11)  figürlich,  auf  der  spötterbank,  narrenbank  sitzen,  nach 
ps.  1, 1.    vgl.  bärenhäuterbank. 

BÄNKARBEIT,  f  arbeit,  welche  die  handwerker  auf  ihrer 
bank,  an  ihrer  Werkstatt,  nicht  auszerhalb  hauses,  machen. 

BÄNKARMBRUST,  n.  tragula:  da  begab  sichs,  dasz  Scipio 
mit  einem  bankarmbrust  in  ein  hüft  geschossen  wurd.  Rihel 
Liv.  284;  liesz  er  sein  haupt  mit  eim  bankarmbrust  in  der 
feinden  wagenburg  hinein  schieszen.  Fbonsp.  3,  257*.  mnl. 
bancannborst.  Huydec.  op  Stoke  3,  316.  317. 

BÄNKART,  m.  spurius,  hier  blosz  der  form  wegen  aufzu- 
führen, die  erklärung  folgt  unter  baukhnrt :  er  hat  inen  den 
gewalt  geben  ze  werden  sun  gottes,  hüt  du  dich,  das  du  nit 
bleibest  ein  bankart  und  ein  todsünder.  Keisersb.  narrensch. 
177;  kein  bastart  noch  bankart.  Fischart  bienk.  109';  bei 
H.  Sachs  1,113'  heiszt  Virginia  ires  vatters  bankart; 

bankarie  sind  tapfre  leute,  wannen  kümmt  doch  dieses  her? 

weil  sie  lieb  und  gegenliebe  fleiszig  zeugt,  nicht  ohngefähr. 
LocAC  2,  2,  6«; 
ein  pankard  in  ihrem  leib  getragen.  Abele  2,  233;  kein  ehe- 
licher söhn  sondern  ein  pankard.  4, 273. 

BANKARTISCH,  hurenkindisch.    Pabacelscs  2,  322'. 

BANKARTLEIN,  n.  für  sich  und  ire  junge  mägd  und  junge 
bankartiin  verdienen.  Fischart  bienk,  75*. 

BÄNKBEIN,  n.  pes  scamni:  paukte  mit  einem  bankbein 
hinten  nach.  Weise  erzn.  295;  ich  hätte  ein  bankbein  ausge- 
treten, wann  sonst  kein  stecken  wäre  zur  band  gewesen.  402 ; 

das  bankbein  her!  zerblnut  ihn,  schlagt! 

Hageoor!«  3,  124 ; 
wenn  ich  ein  bankbein  nähren  soll, 
so  will  ich  es  auch  seibs^ gedrechselt  haben. 
Lsssi.tG  1,  212, 
vgl.  bankhart. 

BANKBERG,  m.  schweres,  graulMiges  geslein  unter  stein- 
kohlenflötzen. 

BANKBOHHER,  «i.  um  die  lochet  für  bcmkbeine  auszuboh- 
ren, beinbohrer. 

B.ÄNKBRECHER,  m.  qui  sohendo  impar  est,  aere  diruitur, 
der  die  bank  bricht,  bankerot  macht :  betrüger,  krümer,  Wechs- 
ler, Wucherer,  bankbrecher.  Fiscdabt  groszm.  88. 

BANKBRUCH,  m.  bankemt:  ruhige  aushaltang  eines  eige- 
nen, öffentlichen  ehrbankbruchs.  J.  Paul  nachdämm.  78. 

BÄNKBRÜCHIG,  eedens  bonis:  den  butterbraten  liesz  er 
den  bankbrüchigen,  arsblalerigen,  bitterteschigen.  ubelsessigen 
land  und  lischraumigen  kaufleuten  und  fürkeufem,  die  mit 
ihrem  fallement  machen  fluchen  viel  tausent  sacrament  Garg. 
54*;  hiromel,  würde  nicht  die  heiligkeit  des  satirischen  feuers 
beschmutzt,  wenn  es  nur  als  der  namenszug  einiger  schelrae, 
eines  uachdruckers  und  bankbrüchigen  brennen  wollte?  J.  Padl 
anh.  zu  Tit.  2,  67.  ¥ibel  147 ;  s.  hochgräfl.  gn.  sind  eben  so 
bankbriicbig  als  sie  gichtbrüchig  sind.  Lichtenberg. 

BANKBUBE,  m.  potator,  eombibo,  der  auf  der  weinbank 
sitzt  und  schlemmt:  ihr  landkündige  und  landschlindige  wein- 
verderber  und  bankbuben !  Garg.  17*. 

Bänkchen,  n.  scabellum. 

BANKEISEN,  n.  zum  festigen  der  bänke,  schrinke. 

BäNKEL,  n.  bänklein. 

BANKELN,  was  bangein:  wie  auch  Antonius  Tater  den 
tcufeln  gebanklet,  zuletzt  erlöset.  Frasr  paradoxa  80. 

BANKELDICHTER,  m.  carminum  trivialium  auctor 

ansem  kraft-  und  bänkeldicbtern 

dürre  kehlen  und  ein  nüchtern  Wasserglas!    Voss  4,  80. 

BÄNKELKRÄMER,  m.  der  kurze  waaren  umirdgt  und  absetU 

70* 


1111 


BÄNKELSÄNGER  —  BANKHART 


BANKHAUS  —  BANKRIESE 


1112 


BÄNKELSÄNGER,  m.  circulator  cantans.  Klopstock  12,  59; 
wie  sie  ihr  herz  an  einen  herumziehenden  bankeisänger  und 
an  ein  albernes,  zwitterhaftes  geschöpf  hängen  musten.  Göthe 
18,  312 ;  sieh,  wie  ich  dusteh,  gleich  einem  herumziehenden 
bankeisänger,  der  seine  gemahlte  fahne  in  die  höhe  trägt. 
Fr.  Müller  2,  119;  er  lachte  und  hörte  mit  einer  nur  wenigen 
lesern  begreiflichen  rührung  einen  bankeisänger  an.  J.  Paul 
Siebenk.  1,.119; 

hcklntscliend  lüsterne  biinkelsünger.    I'iaten  133. 

BÄNKELSANGEREI,  f.  die  poesie  zur  bänkelsängerei  herab- 
würdigen.   GOJTTER  1,  VII. 

BÄNKELSÄNGEHISCH:  bänkelsängerische  gemeinheit  und 
Plattheit  der  meistersänger.  Götiie  33,  204. 

BÄNKELTOCHTEH,  f.  filia  naturalis,  ülegitima: 

dasz  sie  des  kaiser.s  hnnkelinchter  sei. 

Kleist  Källichen  v  II.  acl  5  sc.  1. 

BÄNKEN,  dfw  erdreich  in  erhülile  bänkc  legen,  z.  b.  die 
kartoffeln  bänken,  mit  dem  karlo/felpflugc  attfslreichcn,  dasz 
die  büsche  auf  beiden  seilen  von  erhöhter  erde  umgeben  sind, 
was  man  sonst  häufeln  nennt. 

BANKENRUMPIEBIG,  bankbrüchig:  o  ihr  bankenrumpirigc, 
halten  euch  steif  auf  dem  stul,  es  wird  bürzlens  gelten!  Fi- 
schart groszm.  27. 

BANKERLEIN,  tn.  spurius.  Murin  20  f.  bankertlein. 

BANKEROT,  m.  ruinae  fortunarum,  heute  bankrott,  franz. 
banqueroute,  engl,  bankrupt,  it.  banco  rotto :  etliche  kauf- 
leut  heben  ire  händel  so  hoch  an,  dasz  si  in  nit  hinausz 
künden  füren  und  müssen  darüber  entlaufen,  welchs  man 
aufstehn  heiszt  oder  gefalliert,  in  Hispanien  heiszt  es  ban- 
kerota.  Aiberos  dialogus  vom  interim  1348.  P2'  {s.  oben  bank5); 
so  spilt  der  kaufman  hankaiotten.  .Ion.  Haselderg  «ni;.  1533; 
und  müst  also  wol  unser  muter,  die  h.  kirch  iren  glauben 
verlieren,  bankerot  spielen,  und  zuletzt  ir  armselig  leben  jä- 
merlich  in  eim  spital  vertriefen  und  vertropfen.  Fischart 
lAencnk.  50' ;  wann  es  einem  kaufmann  mislingt,  dasz  er  ban- 
corot  macht.    Schdppius  59. 

RANKEROT,  ädj.  zahlungsunfähig. 

BANKERSTE,  m.  der  auf  der  bank  obenan  sitzende  schüler. 

BANKERT,  m.  filius  naturalis,  spurius,  betont  bankert  {nicht 
mehr  bänkfert,  wie  bänkärt  bänkärt):  weil  ich  erst  neulich 
mit  freuden  vernommen,  dasz  dieser  bankert  des  betrogenen 
betriegers  einiger  erb  sein  würde.  Simpl.  2,  23 ; 

was  wärs 
denn  nun?    so  was  von  baslard  oder  bankert! 
der  sclilag  ist  auch  niclil  zu  veracliten.    Lessing  2,  288; 
mich  begal)st  du  mit  dem  bankert.    1'laten  287  ; 
er  war  ein  bankert,  die  sollen  nicht  leben.  Arnim  1,  396. 

BANKET,  n.  convivium,  it.  banchelto,  franz.  banquet,  nach 
unserm  bank,  bankgelag,  tischgelag :  mit  eim  Streichholz  glatt 
abgemessen,  den  seelen  im  fegfewer  ein  presenz  oder  banket 
davon  verehren  mögen.    Fischart  bienenk.  112'. 

BANKETIER,  m.  convivator :  guter  banketier,  guter  banke- 
rotier.    Simbock  719. 

RANKETIEREN,  convivari:  da  thet  er  im  das  best  leben 
an  mit  banketieren.  Bocc.  1,295'; 

ich  hab  ir  liebe  etwas  zsagen, 

was  Rscliehen  sol  in  (Ilsen  tagen 

mit  adcliclium  bankietieren.    trag.  Joh.  H8; 

Tracula,  der  zwischen  der  gespieszten  und  gemarterten  to- 
dengestank  bankctieret.  Garp.  234';  Spee  <ru<zH.  86. 

BANKETIERLICH,  adv.  wie  es  sich  nach  einem  banket  schickt. 

BANKETLEIN,  n.  kleine  mahlzeil:  gleich  auf  das  banket- 
lin  war  ein  feine  bank,  sampt  dem  liankpfulwen  und  sonst 
ein  faulbeltlin  zur  band,  darauf  streckt  er  sich  bankctierlich 
und  zierlich  und  schlief  ein  zwo  oder  drei  stunden  dahin, 
nicht  das  er  eim  ein  bös  wort  liett  geben.  Garg.  17p'. 

BANKGENOSZ,  «i.  conviva,  consors  judicii:  unser  bank- 
genossen auf  dem  berge,  wcisth.  3,  337. 

BANKHALTER,  m.  qui  numos  in  alea  ponil. 

BANKIL\.M.MER,  m.  bei  den  schlossern  ein  niclhammer. 

BANKHART,  m.  spurius,  ilhujitimus,  gebildet  wie  frcihart, 
reinharl,  gebhart  «.  a.  m.,  die  sich  dann  in  fieiart  freier!, 
reinart  rcinert,  gebart  gebcrt  kürzten;  nnl.  bankard  und  ban- 
kerd;  belege  für  bankart,  bankert  sind  untfr  diesen  Wörtern 
angeführt,  der  vollen  form  gebührt  auch  voller  Ion,  bankhärt. 
gleichbedeutig  mit  bUnkling,  bankkind,  banksohn,  bankriesc, 
ein  von  der  bank,  d.  i.  hier  aus  dem  ehbrtt  gefallnr.i,  unter 
der  bank,  im  winket  erzeugtes  kind,    wie  sich  altn.  bornftngr,   ] 


filius  illegitimus,  von  hörn  angulus  ableitet  (s.  hornungV;  umge- 
kehrt wird  auch  gedeutet  auf  der  bank,  nicht  im  bell  erzeugt,    mhd. 
bankhart  ist  nicht  aufzuweisen,  aber  wol  möglich,    die  dlleien 
nhd.  beispiele  werden  leicht  zu  vermehren  sein:  und  ein  mann 
bankhart,    der   gieng   aus   von  den  berbergen  der  Philistiner. 
alte  Übersetzung  von  1  Sam.  17,  4  bei  Orerlin  87 ;    dieweil  ihr 
und  andere  uns  die  bankharten  {schlecht  für  bankharte)  müs- 
sen ernehren  und  ziehen  belfei.  Kirchhof  «'endw/im.  341'; 
mein  vater  mnclii  mich  auf  einer  penk.    /os/n.  sp.  250,  32 ; 
ist  sie  geleich  dei'  ha  kliart  dein, 
so  ist  sie  (loch  leibeigen  mein.    H.  .'^achs  I,  114*; 
schaw  dori  kiuiii  gleich  mein  Venus  rein 
mii  irm  verzettelten  pankliarl.    Ayr eh /as(n.  32'; 
ein  wolbenamles  volk  sind  gleichwol  hiirenkiiider, 
bei  bauien  liel^zi  man  sie  zwar  so  nicIiLs  desto  minder, 
bei  bürirern  besser  noch  bankliait,  und  im  geschleohte 
der  edlen  l)astarti'n,  und  beisclilag.  auch  unechte 
bei  fürst  und  konigen.        Logau  1,  10,  75; 

von  der  bank  gefallen.  Zinkgref  3,  279;  Greten  auf  der  trep- 
pen son.  Sastrow  3,  33 ;  kindbetterin  werden  und  ein  frischen 
bankhart  auf  die  weit  bringen.  Abele  s.  225.  die  Böhmen  ha- 
ben daher  panchart,  pankhart  (Jüncm.  3,  23),  die  Polen  b^kart 
und  verkürzt  b(is  (Linde  1,  69'). 

BANKHAUS,  n.  was  bank,  haus  des  geldhandels. 

BANKHOBEL,  m.  groszer  hobcl,   gleich  der  bank  vierfüszig. 

BANKHORN,  n.  kleiner  ambosz,  den  die  Schlosser  an  die 
bank  schrauben. 

BANKIERER,  m.  bankhalter,  banquier: 

fürköufler,  Wechsler  und  bankierer.    trag.  Joh.  C 1. 

BANKKIND,  n.  was  bankhart.  Logau  1,  10,  75  überschriß. 

BANKKOHLE,  f  kohlenlager  unter  den  bankbergen. 

BANKKRATZE,  f.  blech  zur  reinigung  der  töpferscheibe. 

BANKLEHNE,  f.  scamni  fulcrum. 

BÄNKLING,  m.  spurius:  dieweil  ein  grosze  ehr  bei  den 
Spaniern,  Franzosen,  Italienern,  Niderländern  und  andern 
worden  ist,  eins  groszen  berrn  bänkling,  spörling  undnefzu 
sein  und  heiszen.  Garg.  29*.  in  folgender  stelle  scheint  es 
abe-r  concubine:  ein  ehrlich  weib  wird  sich  schämen,  dasz  sie 
eines  groszen  berrn  bänkling  sein  soll,  der  sei  wer  er  wolle. 
Aretini  hurenspiegel  237. 

BANKMAUSERLEIN,  n.  zwerg  oder  wichtel,  der  unter  der 
bank  mauset?  Fischart  Garg.  40'  unter  ähnlichen  namen:  wol- 
lenzupferlin,  benkmauserlin,  erdtelberlin,  zaunschlüpferlin,  reif- 
springerlin. 

BANKMEISTER,  m.  der  bei  gewerben  die  waaren  auslegt. 

BANKMEISZEL,  m.  zum  durchschlagen  des  kalten  eisens. 

BANKPFULWE,  m.  oder  n.  pulvinar,  pulvillus  scamni,  cer- 
vical,  bankpfiihl,  bankpolsler.  Stieler  2392  schreibt  bankpfül. 
s.  die  unter  banketlein  ausgehobne  stelle. 

BANKPFULWELEIN,  n.  dasselbe,  Garg.  95'  von  dem  wein, 
auf  den  sich  gut  schlafen  läszt:  du  mein  liebes  rebenbrülin, 
mein  bankpfulwelein,  gumenkützel  u.  s.  w. 

BANKRAUMIG,  furax,  die  bank  abräumend,  was  darauf 
liegt  entwendend:  bankrauniige,  ruckenfegige,  seckelschneidige 
galgenscbwengel.  Garg.  47",  vgl.  oben  das  Sprichwort:  auf  un- 
gewisc.hter  bank  ist  gut  finden. 

BANKRECHNUNG,  f 

BANKRECHT,  n.  inbcgrif  der  einer  bank  zuständigen  rechte. 

BANKREIHE,  f  Ordnung  der  bänke:  die  untern  bankrei- 
hen. Dahlmann  franz.  rev.  400. 

BANKREKEL,  m.  longurio,  ruslicus,  eine  noch  heute  gang- 
bare schelte  für  einen  groben,  bäurischen  kerl,  der  sich  auf 
der  bank  rekell,  ausstreckt,    s.  das  folgende  wort. 

BANKRIESE,  «i.  scheint  im  I6jh.  wiederum  einen  bankhart 
oder  bänkling,  und  deutlich  den  von  der  bank  gefallenen  {mhd. 
rise,  von  risen  cadrre)  zu  bezeichnen,  gebildet  wie  bellerise, 
ahd.  peltiriso,  decnmbens  lecto  {ganz  unverwandt  ist  riese  gi- 
gas).  in  einem  ungedrucUen  schreiben  Nickel  Brehls,  sächsi- 
schen schössers  zu  Saida  bei  Frauenstein,  vom  26  juni  1553 
heiszt  es:  will  e.  churf.  gn.  nicht  verhalten,  das  gedachter 
Joachim  von  Amsdorf,  neben  andern  vom  adel,  so  in  dies 
mein  liefohlen  anil  gehörig,  e.  eh.  gu.  kein  rilterdicnsl  zu 
Ihun  schuldig,  deswegen  ihnen  gleich  bürgern  und  pauern 
ihre  guter  zu  verschätzen  auferleget,  und  seint  allein  aufm 
schldsz  zu  wachen  und  mit  e.  cb.  gn.  verordneten  ampiman 
oder  schosscr  alhier,  do  geferlikeit  vorfallen,  oder  es  die  iiot- 
durfl  erfordert,  zu  reiten  schuldig,  werden  auch,  wie  icli  be- 
richtet, bankricsen  genenncl.  sind  das  nicht  unehliche 
söhne,    baslarde    des    adels,    vom   ritterstand   ausgeschlossen, 


1113 


BANKRIESE  — BANN 


BANN 


1114 


aber  doch  m  den  bürgen  lebend  und  für  gewisse  dienste  zu- 
gezogen? Eine  hauptstelle  findet  sich  im  Eulenspiegel  cap.  16, 
nach  der  ausg.  von  Straszb.  1519  also  lautend:  sattelte  sein 
pferd  und  reit  hinweg  gen  Rosendal  zu,  und  kert  wider  gen 
Feinen  [Peina)  zu,  und  wolt  durchbin  reiten  gen  Zell,  da 
stunden  die  nackende  bankressen  von  der  barg, 
und  fragten  Ulenspiegeln,  waz  wegs  er  daher  kern?  Ulenspie- 
gel  sprach,  ich  kum  von  Koldingen  (einem  nahgelegnen  dorfe), 
er  sach  wol,  das  sie  nit  vil  an  betten,  sie  sprachen,  hör  hie- 
her,  wa  kumstu  von  Koldingen,  was  entbüt  uns  dann  der 
Winter?  (tcortspiel  zwischen  kold,  kalt  und  Koldingen).  Ulcn- 
spiegel  sprach,  der  nil  euch  nüt  enbieten,  er  wil  euch  sel- 
ber ansprechen,  und  reit  hin  und  liesz  die  nackenden 
buben  ston.  die  Erfurter  ausg.  von  1538  liest  besser:  die 
nackenden  bankresen  und  ebenso  der  niederd.  druck 
Cl:  da  stoinden  die  nackende  bankresen  von  der 
burch;  Fischarts  gereimter  Eulensp.  6/.  49: 

da  stunden  vor  der  bürg  berausz 
gar  schlimme  hudler  uberausz 
die  hiesz  man  nackende  bankressen, 
dann  sie  die  kleider  ban  vergessen 
und  waren  übel  zwar  gebutzt, 
gleichwie  die  beiiler  auTgemutzt. 
die  neueren  ausgaben  des  Volksbuchs  machen  daraus  nackende 
Spitzbuben,  Pebiandees  lat.  Übersetzung  hat  p.  30': 

astabat  portae  castri  nudata  Corona, 
Fischart  aber  mus:  den  ausdruck  recht  verstanden  haben,  weil 
er  ihn  auch  anderwärts  anwendet:  (der  verehiichte)  zihet  cli- 
ehrlicbe  kinder,  darf  sich  deren  nicht  schämen,  wie  der  bank- 
ressen, die  ihm  ein  unehr,  schmach  und  räch  sind.  Gari;.  69'; 
in  summa  bankressen,  herz  und  halsdurstige,  fuszgrammige 
(podagrische)  hünerfresser.  groszm.  62.  bankrese  stellt  uns  die 
reine  nd.  icortgestalt  dar,  das  doppelte  S  scheint  nur  die  kürze  des 
vocals  zu  wahren,  es  käme  darauf  an,  auch  der  hd.  form  früher, 
und  genaueren  nachrichten  über  die  lebensart  adlicher  bastarde  zu 
begegnen,  man  könnte  auch  annehmen,  dasz  bankrese  zu  einem 
bloszen  Schimpfwort,  ohne  den  gedanken  an  unehliche  abkunß, 
ausartete  {vgl.  bankrekel,   bankrutscher,  bannerherr). 

BANKRL'TSCHER,  m.  Spottname  ßr  Schulkinder. 

B.\NKSCHäBE,  /".  wird  ßstn.  sp.  1216  unter  dem  alten  haus- 
gerät  aufgezählt  und  diente  zum  reinigen  der  bänke. 

B.\NKSCfIEIN.  «1.  banknote,  bankzettel. 

B.\NKSCHLACHTE.N ,  zum  feilkauf  in  den  ßeischbänken 
schlachten,  dem  hausschlachten  entgegen. 

BANKSCHLÄCHTER,  m.  der  zur  bank  schlachtet. 

BANK.SCHREIBER,  m,  buchhalter. 

BANKSTÄTTE,  f  gerichtsstätte,  gerichtsbank.  weisth.  2,  267. 

BANKSTOLLE,  m.  was  bankbein:  wenn  die  hexen  milch 
aus  bünkstollen,  holz  und  andern  närrischen  dingen  melken. 
Simpl.  1,  175.    vgl.  a.\thelm. 

BANKSTL'BE,  f.  geschäflsort  einer  bank. 

BANKSTCCK,  n.  in  Steinbrüchen  ein  mühlstein,  der  seiner 
höhe  nach  aus  dem  bruch  gehauen  wird. 

BANKSTÜL,  m.  was  bankstolle:  als  sie  hart  aneinander 
und   bald    von   werten   zu   den   bankstülen   kommen  wären. 

SCBDPPIDS   545. 

BANKTHALER,  m.  ein  thaler  banco,  in  unveränderlichem 
werth,  ohne  rücksicht  auf  die  ausprdgung. 

BANkTÜCHTIG,  gut  zum  verkauf  in  den  bänken. 

B.\NKU\TCCHTIG,  gegentheil  davon. 

BANKUNWESEN,  n.  Dahi,iia.n:<  frant.  rev.  171. 

BANKVVÄHRÜNG,  f. 

BANKWESEN,  n. 

BANKZAHLUNG,  f 

RANKZETTEL,  m. 

BANKZINS,  m.  xins  ßr  bänke  der  beeker  und  fleischer. 

BA.N.N,  m.  edictum,  inletdictum,  proscriplio,  ahd.  pan  pan- 
nes,  mhd.  ban  bannes,  ags.  (ge)ban  (ge)bannes,  fries.  bon 
bonnes,  nn/.  ban  bans;  a/(n.  bann  n.,  schw.  bann,  dun.  band, 
in  den  lat.  volksrechten  und  capitularien  bannus,  bannum.  die 
formet  der  weisthümer  rerknüpß  man  und  ban,  bann  und  mann, 
z.  b.  2,  145.  230.  250.  257.  289,  was  auf  den  uralten  unter- 
schied zwischen  bannirc  ttnd  mannire,  hegung  des  gerichts  und 
ladung  {capitul.  bei  Pertz  3,  85.  212.  Balcze  1,  7Si.  792)  zu- 
rückgeht, franz.  prov.  I»an,  t7.  sp.  bando.  von  der  würzet 
hernach  unter  bannen.     Bedeutungen, 

1)  bann  ist  dem  geistlichen  oder  weltlichen  richter  und  bann- 
herm  zuständige  gewalt  und  gerichlsbarkeit.  so  redet  der  Ssp. 
von  des  koninges  ban. 


2)  bann  ist  der  bezirk,  durch  welchen  die  gewalt  des  bannherm 
und  richters  sich  erstreckt  (s.  band  3).  oß  verbinden  die  weis- 
thümer auch  twinc  und  ban,  zwing  und  ban,  wie  zwing  ßr  sich 
umfang  und  grenze  eines  gerichts  bezeichnet  (Haltal's  21S8. 
2189);  dasz  er  dieser  Stadt  zwing  und  bennen  müszig  gehe 
(i7ir  gebiet  meide).  W'ickrasc  rollw.  75.  der  bann  zu  Simmern, 
weisth.  1, 146  meint  das  gebiet,  den  kreis  des  dortigen  gerichts, 
vgl.  bannmeile.  in  vielen  stellen  bezeichnet  bann  die  geist- 
liche diöcese,  in  andern  den  bezirk  des  weltlichen  richters 
(Haltaus  93.  95),  den  gehegten  umfang  eines  forstes  oder  wal- 
des  (s.  bannforst),  zuweilen  nur  den  jungen  forst,  welcher  ge- 
schont, in  welchen  weder  geschritten  noch  getrieben  werden  soll. 

3)  bann,  das  ausgesprochne,  gebotne  und  verbotne,  edictum, 
interdictum;  der  friede,  in  den  land,  wald,  leule  gesetzt  wer- 
den, der  aufruf  des  heers  (heerbann). 

4)  bann,  die  gegen  den  säumigen  erkannte  strafe:  bannos 
exigere.  Gregor,  turon.  5,  26 ;  wette  und  bann  auf  einen  schla- 
hen.  weisth.  3,  741;  vorzugsweise  Verbannung  aus  dem  gebiet, 
proscriptio,  bei  der  kirche  die  excommunication,  ausschlusz 
aus  ihrer  gemeinschaß,  im  mittelalter  scheiden  sich  bann  und 
acht  so,  dasz  jener  vom  geistlichen,  diese  vom  weltlichen  rich- 
ter verhängt  wurde,  auf  den  kirchenbann  weltliche  acht  folgte. 
Ssp.  3,  63.  Ms.  2,  255.  Helbl.  8,  962  ff. 

swer  Ton  dem  banne  in  die  aehte  kumet.  Amgb.  1*.', 
gebt  darüber  ban  und  acht,  fasln,  sp.  1000,  23. 
ursprünglich  und  früher  stand  aber  auch  dem  weltlichen  ge- 
richt  der  bann  s«.  Es  heiszt,  in  den  bann  thun,  in  den  bann 
künden,  den  bann  erkennen,  aussprechen,  verhängen,  mit 
dem  bann  treffen,  belegen,  den  bann  zurücknehmen,  aufthun, 
einen  aus  dem  bann  thun,  lassen,  im  banne,  unter  dem 
banne  sein,  den  bann  halten,  aushalten,  brechen,  übertreten* 

wenn  wir  heul  nit  frölich  fünden, 
den  wollen  wir  bis  sunt<ig  in  ban  künden. 
fastii.  sp.  678,  36 ; 

die  kinder  Israel  mügen  nit  stehen  für  iren  feinden,  denn 
sie  sind  im  bann,  ich  werde  fort  nit  mit  euch  sein,  wo  ir 
nicht  den  ban  aus  euch  vertilget.  Jos.  7, 12 ;  und  welcher  er- 
funden wird  im  bann,  den  sol  man  mit  fewr  verbrennen  mit 
allem  das  er  hat.  7,  15;  und  man  wird  drinnen  wonen  und 
wird  kein  bann  mehr  sein.  Zach.  14,  11 ;  das  ich  nicht  kome 
und  das  erdreich  mit  dem  bann  schlabe.  Mal.  4,  6 ;  wer  aber 
dawider  handelt,  der  sol  im  bann  sein.  1  Macc.  14,  45 ;  so  ie- 
mand  in  für  Christum  bekennete,  das  derselbe  in  bann  ge- 
than  würde  {goth.  utana  sv-nagögais  vairj»ai).  Joh.  9,  22;  das 
sie  nicht  in  den  bann  gethan  würden  (ei  us  synagögein  ni 
usvaurpanai  vaur{)eina).  12, 42 ;  sie  werden  euch  in  den  bann 
thun  (US  gaqum{>im  dreiband  izvis).  16,  2;  dermaszen,  das 
selbs  die  keiser  und  könig,  ja  ganze  länder  in  den  bann  er- 
kant  und  für  ketzer  sind  verdammt  worden.  Fischart  bienenk. 
12';  und  solchs  bei  strafe  des  bannes  oder  harter  gefengnus. 
42' ;  müsten  sie  urfehde  schwören,  auf  ihren  schlossern  ru- 
hig zu  bleiben  und  nicht  aus  ihrem  bann  zu  geben.  Guthe 
8,  82.  42,  106;  soll  ich  mein  ritterlich  v*ort  dem  kaiser  bre- 
chen und  aus  meinem  bann  gehen?  8,  140.  42,  410;  er  hat 
seinen  bann  gebrochen.  8, 145.  42, 194 ;  und  bat  ihn  Lersens 
bann  aufzuthun.  42,  206. 

5)  abgezogenere  anwendungen  im  sinne  des  fluehs,  .Zaubers, 
der  fessel,  des  Verbots  überhaupt,  ohne  dcuz  es  ron»  richter 
ausgesprochen  wurde,  ergaben  sich  allmälich: 

dein  kalb  bracht  Israel  in  unglück,  fluch  und  bann. 

Ko.iGEULs  torbeerhain  1 ; 
Kupido,  das  ist  deine  list, 
der  bist  du,  der  du  allzeit  bist, 
du  hast  mich  nun  in  deinem  banne.    Flsmi.'«g  420; 
warum  auch  must  er  beim  empfange  gleich 
den  bann  um  sie  verbreiten!    ScHiLirn  347'; 
mir  musz  Tortan  pin  neues  glück  beginnen, 
denn  dieses  bannes  kralt  isf  aus.    400'; 
denn  mit  des  bannes  fluch  bewafnet  kommt 
der  Ungarn  königin,  die  strenge  Agnes,    549'; 
denn  auf  dieser  well,  wo  keiner 
die  verdrieszlichkeit  in  bann 
und  die  freud  in  erbpacht  nehmen  kann. 

UöKiKcK  1,  133: 

den  bann  Ober  jemand  ausgieszcn.  Gotter  3,  70 ;  das  schäd- 
lichste vorurtheil  ist,  dasz  irgend  eine  art  nalurunlersucbung 
mit  dem  bann  belegt  werden  könne.  Göthe  23,  262 ;  er  wäre 
mit  dem  ganzen  donner  seines  geometrischen  bannes  und  mit 
aller  gewalt  der  mathematik  wider  seinen  feind  aufgezogen. 
Kant  8, 120. 


1115 


BANNBIER— BANNEN 


BANNEN  — BANNER 


1116 


BÄNNBIEB,  H.  hier,  nach  dem  bannzwang,  an  bestimmter 
stelle  zu  kaufen. 

BANNBRIEF,  m.  literae  continentes  proclamationem  despon- 
sorum,  franz.  les  bans :  da  stet  einer  am  morgen  uf  die  kan- 
zel  und  verkündet  die  tag,  darnach  bringet  er  ein  langen 
zedel,  und  verkündet  die  toden,  und  weret  weisz  wie  lang, 
da  verkündet  man  die  banbrief,  den  blander,  und  also  gel 
die  stund  hinweg,  so  lert  man,  so  ist  es  usz.  Keisersberg 
geistl.  Spinnerin  Ml.     sonst  auch,  was  bannbulle: 

der  bannbrief  liest  er  mir  so  vil.    Murner  sctietmenz.  6*. 

BÄNNBHÜCKE,  /.  Moser  1,  236. 

BANNBULLE,  f.  solemnc  dccrelum  pontificis,  ex  quo  aliquis 
coetu  cliristianorum  arceri  jubetur. 

BANNE,  s.  benne. 

BANNEN,  edicere,  interdicere,  prohibere,  cxpeilere,  ahd.  pan- 
nan,  das  praet.  plan  nicht  zu  belegen,  aber  nach  analogie  des 
mhd.  und  ags.  anzunehmen;  mhd.  bannen,  bien;  »i/irf.  bannen, 
bannte ;  ags.  bannan  Iteov.  1  IS.  praet.  beonn.  Kembles  chartae 

2,  387 ;  ahn.  banna,  bannadi ;  mlat.  bannire,  franz.  bannir,  it. 
bandire.  , 

Soll  man  dies  bandire  interdicere,  bando  interdictum  aus 
unserm  binden  herleiten,  wie  banda,  bandiera,  bandella  ohne 
Zweifel  daher  flieszen?  wol  dürße  der  bann  einem  band  ver- 
gleichbar sein,  unser  Winsbeke  singt  53 : 

.siin,  niiich  daz  dich  ihi  binde  ein  bant, 
daj  ist  geslricket  in  der  niabt, 
da;  du  gebunden  bist  ze  liant 
vor  eole  in  kreltech"cher  äht. 
daj  bant  ist  der  gediente  ban. 

nahe  läge,  bei  hegung  des  bannwaldes  an  den  seidenfaden  Ses 
alterthums,  bei  den  schranken  des  gerichts  an  die  altn.  ve- 
bünd,  heilige  bände,  zu  denken,  allein  dem  bando  und  ban- 
diira  für  bann  gehl  in  den  älteren  capitularien,  volksrechten, 
z.  b.  dem  ripuarischen,  bannus  und  bannire  voraus,  das  ahd. 
pintan  pant  steht  von  pannan  pian,  das  ags.  bindan  band  von 
bannan  beonn  entschieden  ab. 

Doch  die  golh.  spräche  zeigt  neben  bindan  vincire,  bandi 
vinculum  zugleich  ein  mit  U  gebildetes  bandvjan  innuere,  signi- 
ficare,  bandva,  bandv6  signum,  womit  Diefenbacd  1,  298  glück- 
lich unser  bannen  zusammen  gestellt  hat,  und  Luc.  20,  ä~  steht 
banvida  für  bandvida,  aus  banvjan  ward  ahd.  bannan,  aus 
vilvan  ahd.  wellan,  NV,  LV  assimiliert  in  NN,  LL.  altn.  blieb 
benda  innuere,  digito  monstrare  =  bandvjan.  die  Übergänge  der 
begriffe  sind  leicht,  band  ist  auch  zeichen,  die  fahne  ei7i  zeichen, 
vexillum,  signum  militare.  significare  ist  declarare,  edicere, 
innuere,  aus  edicere  enifaltete  sich  interdicere,  prohibere.  wie 
den  buchstaben  wird  dem  sinne  nach  bannum  aus  bandum 
und  das  it.  bando  mag  sich  auf  langobardische,  ostgolhische 
ausspräche  stützen,  die  dem  fränkischen  bannus  entgegentritt; 
das  langob.  glossar  (Haupt  1,  550)  hat  bandum  vexillum,  gleich 
Paulus  diac.  1,  20.  Dasz  der  schwachen  goth.  und  altn.  form 
hier  ahd.  und  ags.  starke  zur  seile  steht,  ist  auch  sonst  der 
fall  U7id  begründet  keinen  einwand;  altn.  finden  sich  benda 
und  banna  nebeneinander,  beide  aus  binda  entsprossen. 

Wte  nun,  wenn  uns  jene  alte  formet  der  weisthümer  'bann 
und  mann'  zwei  dunkle  goth.  tinter  sich  ähnliche  Wörter  mit 
aufhellen  hülfe,  bandva  (oder  bandvus)  und  manvi,  d.  h.  wenn 
mannire  nicht  zu  mahnen,  monere  gehörte,  sondern  zum  goth. 
manvjan  parare?  davon  kann  näher  erst  unter  dem  warte 
mann  die  rede  sein. 

Bedeutungen  von  bannen, 

1)  ursprünglich  hegen  des  gerichts,  bannire,  verschieden  von 
mannire,  ahd.  da;  mahal  gipannan ;  doch  verdeutscht  die  alte 
Übersetzung  der  lex  salica  s.  105  auch  einmal  manniat  durch 
gibann6  slatl  giiucne.  noch  später  heiszt  es  die  J)ank  bannen, 
wie  sonst  spannen,  hegen:  vor  gebanncter  bank  erscheinen. 
Reutter  kricgsurdn.  53.  bannen  auch  in  späterer  zeit  vorladen, 
vor  gericht  fordern.  Oberlin  90. 

2)  die  tage  bannen,  sie  zu  feiertagen  erklären:  der  herr 
sei  nicht  lehen  recliten  in  den  bannen  lagen,  die  sind  sun- 
nentage  und  all  gcbannen  feierlag.  schwäb.  lehnr.  cap.  74  Sen- 
kcnb.,  MO  Laszb.  cap.  9  und  130  gebunden  tage  liest,  ebenso 
hat  (las  schwäb.  landr.  109.  113  Laszb.  91.  95  Wack.  gebunden 
tage,  der  Ssp.  2,  10.  11.  66  gebundene  dagc,  das  Slraszb.  slal. 

3,  193  hingegen  gcbannen  virlage,  nicht  anders  die  Straszb. 
Ordnung  von  1309  gebanncn  firtag,  eine  andere  hs.  bei  Ober- 
UN  90  gebaimen  vasteltage.  auch  Keisersberg  sagt:  auf  ge- 
banncn tagen ,    er    haltet  sein  gcbannen  vastag.     aus   diesem 


Sprachgebrauch  geht  deutlich  die  verwandtschaß  zwischen  ban- 
nen und  binden  hervor,  es  ist  kein  masz  oder  bescheiden- 
heit  da,  als  wenn  wir  die  hend  und  äugen  und  das  maul 
(dahin  wenden)  alles,  was  in  der  Schüssel  iigt,  zu  nieseien, 
und  zu  erfüllen  den  lust,  und  die  begir  ist  also  daruf  gehef- 
tet, dasz  du  nit  achtest,  gott  geb  es  sei  gcbannen  oder 
geboten  ■(?tag),  es  sei  fasten  oder  ostera.  Keisersberg  geistl. 
Spinnerin  p  4. 

3)  einen  forst  oder  wald,  ein  gewässer  bannen,  sie  für  hei- 
lig und  unverletzlich  erklären,  der  gewöhnlichen  benutzung  ent- 
ziehen; ebenso  wurden  einzelne  bäume  und  das  hohe  wild  in 
bann  gethan.  die  heiligen  wälder  des  heidenthums  wandelten  sich 
in  vorbehaltene  bannforste  des  königs,  der  herrn  und  der  kirche. 

sie  werden  kommen,  unsre  schaf  und  rinder 
zu  zählen,  unsre  alpen  abzumessen, 
den  hochllug  uncf  das  bochgewilde  bannen 
in  unsern  freien  waldern.    Schiller  526'; 

die  bäume  seien 
gebannt,  sagt  er,  und  wer  sie  schädige, 
dem  wachse  seine  band  heraus  zum  grabe.    535"; 

von  solchen  bäumen,  die  alter  Volksglaube  für  unverletzlich  er- 
klärte, meldet  die  sage  allenthalben. 

4)  die  müle,  den  wein  bannen,  einem  müller  und  schenken 
das  recht  verleihen,  dasz  alle  leute  bei  ihm  malen  und  wein 
holen  müssen:  zu  der  müle  ist  ein  ganzes  dorf  gebannt. 

5)  bannen,  strafen:  er  ist  gebannt,  im  bann,  excommuni- 
ciert;  einen  in  ewige  gefengnis  bannen.  Bocc.  1,  258'. 

6)  bannen,  verbannen,  verweisen,  verjagen:  einen  aus  dem 
lande  bannen,  pers.  baumg.  1,  5  ;  furcht,  freude,  trauer  bannen ; 

es  bann  ein  Strafgericht 
die  menschen  ohne  lieb  in  weiten  ohne  licht. 

Hagedorn  1,  45; 
0  Jugend,  holde  führerinn, 
bereite  hier  den  sitz  der  fröhlichkeiten 
und  banne  frost  und  eigensinn.    3,100; 
ob  ihn  sein  Schicksal  zu  den  wilden, 
an  Zemblas  nebelvollen  Strand, 
in  Zaras  unwirtbarcn  sand 
und  auf  des  Atlas  gipfel  bannt.    Gotter  1,  450; 
sie  {die  oötter)  hören  mich  nicht  mehr,  und  bannen 
mein  flenn  von  ihrem  thron.    2, 128 ; 
ich  kann  die  furcht  nicht  bannen.    2,436; 
seine  tochter  ins  kloster  bannen.  3, 41 ;  den  schlaf  bannen.  3, 524 ; 

nein  in  diese  Wüsteneien 

sind  wir  «wig  nicht  gebannt.  BCrger; 

in  diesen  eiskalten  kreis  gebannt.  Kunger  11,  276;  sie  sagte 
{dem  mahler),  sie  hoffe,  er  werde  den  heutigen  kummer  aus 
ihrem  wirklichen  gesiebte  wegmahlen  und  ihn  blosz  ins  ge- 
mahlte bannen,  i.  Paul  uns.  löge  2, 105. 

7)  bannen,  festhalten,  zaubern,  bezwingen:  die  geister  ban- 
nen, schätze,  teufel,  schlangen  bannen;  dasz  sie  hingieng  wie 
eine  gebannete  schlang  und  natter.  Simpl.  2, 386 ;  alte  hunde  sind 
bös  zu  bannen  (wie  bändig  zu  machen).  Fra.nk  spr.  118 ;  reich- 
thumb  haben  adlers  federn,  sie  lassen  sich  nit  bannen,  ebenda; 

geh,  du  weist  nun,  was  an  Lethes  strande 

mich  noch  bannte, 

schwarzer  schiffer,  stosz  vom  lande!    Schiller  134'; 

er  bannet  das  glück,  es  rausz  ihm  stehen.    323; 

gleich  einem  heiigen  bilde, 

daran  der  Stadt  unwandelbar  gescliick 

durch  ein  geheimes  göiterwort  gebannt  ist.  GötueQ,  96; 

das  flüchtge  ziel,  das  hunde,  ros  und  mann 

auf  seine  fährte  bannend,  nach  sich  rciszt 

der  edle  hirsch.    9,  249; 

hinter  den  ofen  gebannt 

schwillt  es  wie  ein  elepbant.    12,  69; 

das  scblosz  war  zugeschnappt  und  er  stand  gebannt.  17, 387 ; 
Zerrbilder  groszer  männer  sieht  man  in  allen  schulen  und  in 
den  schulen  nicht  allein,  man  bannt  sie  auch  in  den  histo- 
rischen romancn  für  das  erwachsne  publicum.  Klinceb  12,  C2 ; 
ich  steige  jetzt  in  diesen  gebannten  zirkel  sicher  vor  euch 
und  der  hülle.  Fr.  Müller  2, 153 ;  wäre  alles  gute  nach  Göt- 
tingen zu  bannen.  Hevne  an  Joh.  Müller  187. 

BANNER,  m.  exorcista:  ob  es  nu  wol  war  ist,  der  bann 
ist  zu  fürchten,  er  sei  recht  oder  unrecht,  so  ist  doch  allzeit 
des  banncrs  stand  in  grüszcrn  fehrlicbkeiteii,  denn  des  ver- 
bannten. Luther  1,  285*. 

BANNER,  n.  signum  militare,  vexillum,  nach  dem  franz. 
banni^re,  it.  bandiera,  sp.  handera ;  einige  schreiben  hanier, 
panier  (s.  oben),  andere  balier,  paner;  mhd.  banier  ;i.  und  f. 
ist  die  unter  bannen  vorgetragne  identitdt  des  goth.  handvjan 
richtig,    so   würde   aus   bandva    signum  auch  ein  ahd.  panna, 


1117 


B  A.NNER — BAMIEREN 


BÄMIG— BAMWEIN 


1118 


mhd.  banne  folgen,  statt  dessen  aber  der  ausdruck  aus  der  ro- 
manischen  spräche   zurückempfangen   wurde,     mit   goth.  fana, 
ahd.  fano,  nhd.  fahne  steht  band?a  und  banduin  in  keinem  Zu- 
sammenhang, wir  verwenden  aber  baoner  ganz  in  der  bedeutung 
von  heerfahne  und  sagen  das  banner  entfalten  wie  die  fahne : 
vorlrager  aller  buben  baaer.    fastn.  sp.  1290; 
denn  aller  orten  läszt  der  Engelländer 
sein  sieghaft  banner  fliegen.    Schiller  44S'. 

Maaleb  315*  nennt  paner  'das  oberst  fänle'  und  so  kann  auch 
banner  für  die  hauplheerfahne  genommen  werden,  der  baner  m 
deutschen  karten  ^iel  enthielt,  statt  der  heutigen  zehn,  das 
bild  einer  fahne  mit  angäbe  der  färbe:  die  lieben  kind,  die 
macht  man  zu  baner.  kamüfifel  und  bäpst  im  karten,  die 
scheubt  man  hinfür.  Frank  spr.  2,  2S*  ; 

sag  demnach  auf  mein  traw  und  glaub, 

dasz  dkarienbaner  nicht  beraub 

die  secl,  weil  auf  dem  baner  sitzt 

ein  falk,  der  seine  äugen  spitzt. 

BiBCK  deppelspiler  2.5. 
im  Simpl.  2,  4fl  den  bahner  anbringen  soll  wol  keiszen  diese 
zehn  ausspielen? 

Was  ist  aber  das  baner  des  satteis?  wann  auch  che  lange 
haar  auf  dem  rucken  und  auch  im  baner  des  satteis  von  dem 
schwaisz  zusammen  gezogen  worden,  oder  sonst  ein  hartes 
stainlin  in  dem  baner  zwischen  dem  haar  ligt,  und  man  dar- 
auf reit,  so  wird  es  in  den  rucken  hineia  getruckt.  Secter 
417;  nee  das  pei^amen  auf  das  paner  des  satteis,  dasz  es 
den  schaden  bedeck.  422. 

BANNERPLCCHTIG,  vexillum  deserens:  ir  seint  noch  viel 
im  geistlichen  stand,  die  im  kämpf  der  reinikeit  nicht  so  bald 
bannerOüchtig  werden  und  aus  ungedult  der  anfechtung  so 
künlich  in  unkeuscheit  fallen,  als  du  und  deine  schuler.  (Pau- 
los Amnicola)  ein  schnopluchlin  auf  Luthers  geifer  und  Un- 
lust.  Dresden  1532  4.  Cl.  2. 

BANNERHERR,  m.  baro,  der  ein  eignes  banner  erheben 
kann,  oder  mit  fremdem  banner  belehnt  ist:  ein  markgrafaus 
der  statt  Ferrer,  gar  ein  reicher,  fürsichtiger  und  weiser  mann 
und  der  heiligen  kirchen  panerherr  (gonfaloniere  della  chiesa). 
ßoccl,  27*; 

den  edlen  bannerberm  von  .\liinghaus.    Scdiller  520. 

der  franz.  name  war  banneret,  Kilian  hat  nl.  banerheere, 
banderheere  und  banrots.  banrotse,  was  dem  it.  banderese, 
mlat.  banderesius,  bandarensis  entspricht  (Ducaxge  1,  564)  und 
an  unser  bankrese  gemahnt,  in  welchem  doch  ein  K  und  nie- 
drige bedeutung  wallet,  auch  SchCress  teutonisla  gibt  banritz 
und  banerheer.  baro. 
BANNERIN,  f  saga : 

still,  schwarze  bannerio,  du  zaubrin  schweig! 
(feil,  banning  bag,  enchantress,  hold  thr  tongue !) 

Schlegel  in  kön.  tleinr.  6,  act  5  «c.  3. 

B.\NNERLEUTE,  pl.  aufgebot  zum  banner. 

BANNERSCHILD,  m.  schild  des  bannerherm. 

B.A.NNERT,  m.  bannwarl,  flurschütz.  Acerbach  dorfg.  1, 114. 
rgl.  bangart,  bannwart. 

BAN'NET,  n.  galerus,  franz.  bonnet:  was  er  aber  geant- 
wort,  weisz  ich  nicht  eigentlich,  er  behielt  aber  sein  rot- 
zipflicbt  banneth  auf  seinem  haubt,  und  ehret  sie  nicht  wi- 
derumb.  Llther  2.  466".    kein  druckfehler  fiir  baret. 

BAiNNFEIERTAG,  m.  feria,  vgl.  bannen  2 : 

heilig  panfeiriag  zubrechen,    fastn.  fp.  1100. 

BANNFLUCH,  m.  solemnis  exsecratio,  was  schon  bann  ßr  sich. 

BANNFORST,  m.  bannwald.    Ssp.  2,61. 

RANNFRIEDE,  m.  einfriedigung  des  bezirks. 

RANNGERECHTIGKEIT,  f 

BANNGUT,  n.  gut,  das  im  bezirk  liegt. 

BANNHELD,  m.,  der  in  den  bann  thut:  solche  tapfere 
bannhelden  und  heil,  väter.  Fischabt  bienk.  216'. 

BANNHERR,  m.  herr  des  banns:  hat  den  Claudium  Mar- 
cellum  zu  einem  bannherren  (aedilis  curulis)  gesalzt.  .Micvlls 
Tac.  2* ;  daraus  dann  ein  kammrotblutiger  streit  zwischen  bei- 
der bannherm  banen  entstund.  Carg.  194*.  verschieden  von 
bannerherr. 

BANNHERRLICH. 

BANNHOLZ,  n.  lueus,  bannforst:  ein  bannholz  fiostcr  und 
weit.  Fromi!*  bei  Faeius  1,  11,  10.  Fronsp.  3,  240" ;  bannholz 
der  abgöttm  Diana.  3,  261*. 

BANNIEREN,  was  bannen,  franz.  bannir,  i7.  bandire:  in 
samma  den  teufel  gar  auf  ein  küssen  bannieren.  Fischabt 
btenenk.  50*. 


BANNIG,  bannitus:  nach  dem  Tcrmögen  der  worten  Christi 
Mattb.  18,  1"  ist  der  erst  bannig,  den  die  kilchhOre  usge- 
schlossen  hat.  Zwixgli  2,  13 ;  und  achten  gänzlich,  die  La- 
tiner mögen  als  die  bannigen  nit  consecrieren.  Frank  wtltb. 
136';  der  bann  ist  zu  Rom  gemalet,  ain  scheutzlich  bild  mit 
greulichen  äugen  die  bannigen  ansehend.  5s;  item  das  sich 
kein  banniger  den  andern  zu  bannen  understen  solt  chron. 
327';  1094  zerschlug  die  strahl  den  balken,  darauf  das  grosze 
cruciflx  im  münster  zu  Basel  stund,  ward  ausgelegt,  es  were 
darum  geschehen,  dasz  man  mit  dem  bannig  bischof  und  prie- 
sterschaft daselbst  gemeinschaft  gemacht.  Scbecchzer  2,  4S ;  wo 
bannige  flüsse  den  fischern  sind  in  bestand  verlassen,  musz 
man  acht  haben,  dasz  sie  zeuge  brauchen  nach  der  fischord- 
nung.  Hohberg  1, 117'.    vgl.  Schmelleb  1, 176. 

BANNISCH ,  dasselbe :  solche  leut,  die  in  ihrer  impietät 
halsstarrig  sein,  sollen  billig  bannisch  gehalten  werden  und 
mit  ihnen  geübet  werden,  was  vom  bann  Paulus  schreibet. 
ScH.NEPF  bei  Melanchthon  2,  33!. 

BANNISIEREN,  was  bannen  und  bannieren:  aber  so  sie 
von  ihrem  beginnen  nicht  bald  abstehen,  dannenhero  aus  un- 
serm  reich  bannisirt  werden.  Philander  1,  33;  aus  dem  par- 
nassü  bannisiret  und  verwiesen  sein.  Schcppios  572;  dieser 
militair  ist  durch  dieses  eine  worl  bannisirt.  Tieck  nov.  kr. 
4,  201.    vgl.  ScHMELLER  1, 177.    Oslr.  banasirn. 

BANNKELTER ,  /".  fcorin  die  leute  zu  keltern  gehalten  sind. 

BANNKREIS,  ni.  .Moser  p.  pA.  1,  236.237. 

BANNKRIEG,  m.    Moser  3,  65. 

B.\NNLELTE,  pl.  unterlhanen  des  geridilsbezirks. 

BANNLICH,  mlat.  bannalis  (Dccange  1,  566):  denn  ichs 
bis  her  gehalten  habe,  wer  die  irrthum  über  die  warheit  setzt, 
der  leugne  gott  und  bete  den  teufel  an,  und  das  wil  uns 
diese  hochberhümpte  theure  bulla  mit  bannlichem  dreuen 
heiszen  und  zwingen.  Lcther  1,  347' ;  weiter  hielt  unser  Gur- 
gelgrosz  bannlich  die  zinskappige  Martinsnacht  und  den  Mar- 
tinsbrand.  Garg.  50'. 

B.\NNLING,  m.  bannitus,  nl.  balling. 

BANNMASZ,  n.  festgesetztes  gemdsz:  tiefe  bannmasz.  Garg. 
124'.  . 

BA>'NMEILE,  f  mlai.  banleuca,  franz.  banlieue,  mhd.  ban- 
mile.  Wacrernagel  Baseler  urk.  s.  35. 

BANNMEISTER,  f?i.  also  sollen  wir  auch  thun,  die  schwa- 
chen freuntlich  underrichten  und  nit  mit  dem  bann  dazu  trei- 
ben, ja  man  soll  dir  ein  breiten  küdreck  uf  den  bann  setzen, 
zu  eren  dem  bannmeister.  dialogus  ro»  Martina  Luther  und  der 
geschickten  botschaß  aus  der  helle.  1523.  4.  B4. 

BANN.MCLE,   /.    in  eineni  bezirk,    wo  malzwang  slatlßndeL 

BANNOFE.N,  m. 

BANNPFLICHT,  f  gegenüber  dem  bannrecht. 

BANNRECHT,  n.  jus  bannarium,  banngerechtigkeiL 

B.A.NNBEITEL  ,  m.  junger  gehegter  baumstamm,  den  man 
schont;  auch  ein  mit  dem  beil  gezeichneter  bäum,  laszreis. 

BANNRICHTER,  m. 

BANNSPRUCH,  m.  machtspruch,  Zauberspruch. 

BANNSTRAHL,  m. 

ob  aus  der  Engelsburg 
ein  banostrabi  zuck,  ob  seine  donner  schweigen. 

F.  L.  Stolbero  1,  2; 
kein  bannstrahl  aus  dem  Vaiikane 
schreckt  die  regenicn.    Gotter  1,410; 
seil  himmelempor  die  freibeit 
vor  den  zwingherrn  floh  und  des  götzenpriesters 
lauerndem  bannstrahl.       Voss. 

BANNÜNG,  f  bannitio:  » 

dies  sind  seine  echten  worie, 

eb  er  in  die  bannung  zog.   IIerder  5,  157. 

BANNUS,  f  dasselbe:  bei  straf  der  bannus  und  verdamnus. 
Fischart  bienk.  168'.    man  würde  heute  schreiben  bannnisz. 

BANNVOGT,  m. 

BAN.NWALD,  ffl.  ji7ra  ineaedua:  du  soll  dir  kein  bann- 
wald pflanzen  bei  keinerlei  bäumen  (5  Mos.  16,  21).  Reisz.ner 
Jerus.  1, 107' ;  er  hat  die  bilder  und  bannwald  abgehauwen.  1, 93'. 

BANNWART,  m.  waldschütz,  flurschtäz.  weisth.  1,  182.  183. 
670.  671.    Frei  garleng.  cap.  13.  73.    s.  bannert. 

BANNWARTER ,  m.  als  man  etwan  banwarter  und  hölcr 
setzt  {in  reben  und  gärten),  seh.  und  ernst  cap.  188;  bangart 
oder  bannwarter.  Garg.  197". 

BANNWASSER,  n.   veisth.  1,  669. 

BANNWEIN,  m.  das  recht  mit  ausschlusz  anderer  einselver- 
käufer  von  wein  an  einem  orte  auszuschenken,  x.  b.  weitth.  3,  364. 


1119 


BANNWORT— BANZBIRNE 


BANZE  — BAR 


1120 


BANNWORT,  n.  bannspruch. 

BANNZAÜN,  m.  zäun,  der  den  bezirk  begrenzt:  in  die  ban- 
zune  darkomen.  weisth.  2, 177. 

BANSAM,  BANSEM,  m.  horreum,  receplaculum  frugum :  als 
aber  allda  {in  der  scheune)  das  gewässer  auch  zunimbt,  Stei- 
gen sie  auf  den  bansam.  Namsleri  ergieszung  der  Katzbach 
1608.  Steinbach  1,  65  schreibt  der  bansem,  Stieleb  94  der 
bansen ; 

bindt  garben  auf,  füllt  seine  scheuer  an, 

die  fast  nicht  mehr  in  bansen  halten  kan.  Tscherning  124, 

WO  der  numerus  unsicher  bleibt,     gewöhnlicher  ist  banse. 

BANSCH,  BANTSCH,  m.  venter,  wofür  zunächst  liegt  franz. 
panse,  it.  pancia,  sp.  panza,  alle  f.,  tat.  pantex,  doch  auch 
unser  wanst  ==  wämbes,  m.,  neben  wampe,  wambe  bauch  zu 
erwägen  bleibt.  Stalder  1,  133  bansch,  bantsch  schmerbauch, 
banschli,  bantli  feller,  schwerfälliger  mensch,  östr.  barastl. 
Maaler  5S*  benserich,  venter  obesus.  das  engl,  paunch,  nnl. 
pens  f.  verleugnen  ihren  Ursprung  aus  dem  franz.  panse  nicht, 
man  nennt  panse  den  ersten  magen  der  wiederkäuenden  thiere. 
auch  Fischart,  von  eingesalzner  vjampe  redend,  schreibt  pans 
in  der  sulz.  Garg.  53'.  hier  sind  belege  für  die  aufgestellte 
form :  und  zumalkten  sie,  dasz  ihr  flugs  der  bansch  so  wehe 
thate,  dasz  sie  kaum  mehr  keucbsen  kunte.  Schoch  slud. 
leben  Di;  die  vor  dem  groszen  bantsch  kaum  kan  drei  schritte 
gehn.  Wiedemann  apn7  1,  26 ;  hänget  an  seinen  bantzsche  alles 
vermögen.  Praetorius  Katzenveit  38.    s.  auch  banze. 

BAMSCHEN,  BANTSCHEN,  nach  Stalder  1, 133  füllen,  an- 
füllen, in  sich  füllen,  gierig  mit  vollen  backen  essen,  gehört 
zum  vorigen,  berührt  sich  aber  auch  mit  bamschen.  1, 132  gibt 
ihm  aber  Stalder  die  bedeutung  von  rütteln,  stoszen,  schlagen, 
wozu  sich  bamsen,  wamschen,  gleichsam  den  wams,  wambsch 
ausklopfen  hallen  liesze. 

BANSE,  f.  venter.   s.  bansch. 

BANSE,  m.  oder  f.  horreum.  Stieler  94  setzt  an  bans  oder 
banse  m.,  das  brem.  wb.  1,  49  banse,  kornbanse  scheune, 
Schütze  im  holst,  id.  1,  67  banse,  holtbanse,  aufgestapeltes 
brennholz,  im  Braunschweigischen  ist  banse  der  scheuneraum, 
wo  die  garben  geschichtet  werden;  zu  ihrem  glücke  befindet 
sich  in  einer  nebenhanse  {an  der  scheune)  einer  meiner  leute. 
westf.  Robinson  136 ;  demnach  springt  schon  gcmeldter  lustige 
bruder  aus  der  banse.  137.' 

Das  worl,  bisher  weder  ahd.  noch  mhd.  aufzuweisen,  auch 
der  schweizerischen,  schwäbischen,  bairischen,  östreichischen 
Volkssprache,  die  dafür  barn  gebrauchen,  wie  den  wörterb.  von 
Dasvpodiüs,  Maaler,  Henisch  mangelnd,  musz  dennoch  von 
höchstem  alter  sein,  da  schon  Ulfilas  bansts  gewährt,  welches 
wie  ansts  altn.  äst,  auf  ein  alln.  hast  schlieszen  liesze,  wofür 
sich  aber,  ohne  T,  bäs  stabulum,  praesepe  bovis,  schw.  büs, 
dän.  baas  findet,  bas  würde  einem  goth.  bans  gleich  stehen,  wie 
as  dem  goth.  ans,  und  bans  erreicht  die  hochd.  formen  bans, 
banse,  bansam.  Noch  mehr,  auch  ein  ags.  bös  oder  böse 
praesepe  bovis,  analog  dem  ös  für  ahd.  ans,  altn.  &s,  ergibt  sich 
theils  aus  der  ableitung  bösig  praesepe,  thcils  aus  den  Ortsna- 
men Bösvurd  {engl.  Bosworth),  Bösanhäm,  Bösanhangra,  Bö- 
sehämburne  in  Kembles  Urkunden;  ja  in  nordengl.  Volkssprache 
lebt  noch  heute  boose  kuhstall.  Die  Vorstellungen  scheune, 
krippe,  stall  grenzen  aber  natürlich  an  einander  {vgl.  unten 
barn),  zumal  wenn  man  im  alterlhum  ein  flechtwerk  von  wei- 
den und  holz,  wohin  schon  das  lat.  praesepe  ßhrt,  für  diese 
räume  annehmen,  und  auf  die  wurzel  binden  zurückgehen  will, 
von  der  auch  hast,  weidenband,  Hndenband  herzustammen 
scheint. 

Auch  mlat.  und  romanische  Wörter  begegnen  hier,  man  vgl. 
Ducance  unter  banastum  cista,  corbis,  sp.  banasla  (DiezI,  56) 
liansa  vilis  species,  bansella  corbis,  bansta  flagellum;  franz. 
banse,  groszer  korb.    s.  hast. 

BANSEN,  garben  in  die  scheune  legen,  schichten,  auch  brenn- 
holz schichten,  sonst  lassen,  einlassen,  eintasten. 

BANSER,  m.  dispositor  mergitum,  der  garben  schichtet. 
Frisch  1,  60*  schreibt  banzcr. 

BANT,  n.  pl.  bunter,  bair.  und  östr.  schelle,  zumal  für 
weibsleutc:  du  bist  en  rechts  bant!  es  benter!  du  liederliches 
banl!  Schneller  l,  1S2.  Höfer  1,  57. 

BANTOFFEL,  m.  sandalium:  tragen  hohe  Jiolzschuh  oder 
bantotfcln  an  den  füszen.  seh.  und  ernst  cap.  216.    i.  pantofTcl. 

BANTSCFl,  s.  bansch. 

BANZBIRNE,  f.  volema,  eine  art  dicker  bimen.  Frisch  1,  CO*. 
Nemnicb  42.     im  spott,  eine  dicke  na$e.    s.  das  folgende. 


BANZE,  «.  kleines  kind,  dem  der  bauch  noch  hängt.  Frisch 
1, 60'.    s.  bansch. 

BÄPP,  «,  puls,  s.  das  folgende: 

ach  Till,  es  w'ard  nur  allzu  weich, 
das  es  eim  brei  und  bäpp  ward  gleich. 

PiscuARTs  Eulensp.  bl.  161. 

BAPPE,  f.  puls  densior,  it.  pappa:  so  haltet  er  dich  für 
ein  narren  und  für  ein  kind,  das  man  mit  bappen  geschweigt, 
er  {der  Schmeichler)  wil  dir  bappen  einstreichen  oder  er  wil 
dir  eselsoren  machen  und  aufsetzen.  Keisersb.  Sünden  des 
munds  35";  kind  geschweigt  man  mit  bifpen  {so),  also  lont 
sie  sich  mit  bappen  geschweigen.  vom  weltl.  lewen  54'.  an- 
dere stelle  bei  Oberlin  94.    s.  pappe. 

BAPPEL,  /".  malva  rotundifolia.  Alberds;  papelenkraut. 
Dasypodiüs  12"'. 

BAPPELER,  m.  nugator,  babillard:  solte  ich  mich  nicht  an 
diesem  bapplcr  rechen?  Philand.  1,  277. 

BAPPELN,  balbutire,  garrire :  fieng  die  buppe  an  zu  schreien 
und  zu  batielen  'mamma,  mamma'I  gespenst  206;  der  knan 
und  die  meuder  erwachten  zum  ersten,  und  indem  jener 
krüchzcte,  diese  aber  mit  ihm  bappelt,  wurden  wir  übrige 
allzusammen  munter.  Simpl.  2,  43 ;  lieszen  ihn  stehen  zu  bap- 
peln  als  lang  er  wolle.  Frey  garteng.  haha  ist  der  erste  laut, 
den  die  kindcr  stammeln,  von  baba  beginnt  alles  schwätzen 
und  plaudern.     baj)a  mutier,  papa  vater,  pappa  brei. 

BAPPERN,  balbulife,  was  bappeln.  Schmeller  1,  290  hat 
babbern,  die  tippen  unverständlich  bewegen:  wann  du  si  mit 
dem  mund  bepern  siehst,  so  bis  on  zweifel,  das  si  nit  bete, 
sondern  das  si  lugin  ausrede.  Wirsung  Ca/.  R  4" ; 

es  klappern  und  bappern  und  blappern  schlankbeinichte  storche. 
ßiRCKEN  Pegnitz  Schäferei  35  ; 
er  nam  ein  krcszling  klein, 
hielt  ihn  för  sein  maul  von  stund 
und  bappen  mit  ihm  mit  dem  mund.    Etring  1,  77. 

man  sagt  auch,  mil  dem  munde,  mit  den  lippen  vor  frost 
beppern,  was  zu  beben  gehören  könnte. 

BAPST,  BABST,  m.  papa,  mhd.  bäbes,  bähest,  bei  Kei- 
SERSBERG  stcht  bald  bapsl,  bald  babst,  und  Luther  behielt  die 
altgewohnte  Schreibung  bei,  wofür  de  Wette  unbefugt  in  den 
briefen  papst  durchführt,  das  Luthern  nie  in  die  feder  kam. 
dem  papa  thut  ja  das  angehängte  st  viel  gröszern  eintrag  als 
die  media,  die  wir  in  fremden  Wörtern  {der  natürlichen  laul- 
verschiebung  gerade  entgegengesetzt)  statt  der  lenuis  anneh- 
men, aus  dem  romanischen  nom.  li  papes  entsprang  uns  ha- 
bes,  welchem  nach  deutscher  weise  noch  ein  l  zutrat. 

BÄPSTISCH,  papalis:  kein  bepstischer  ablasz.  Er.  Alberüs 
wider  Jörg   Witzeln  mammelucken.  B  6'. 

BAPSTTHUM,  n. 

BAPSTTHÜMCHEN,  n.  o  du  armes  dürftiges  bapstumbchin ! 
Alberüs  allda  C4*. 

BAR,  abtaut  von  baren,  mhd.  bern,  ahd.  pcran,  goth.  bai- 
ran ;  ob  aber  ein  beleg  für  das  einfache  bar  noch  in  das  ge- 
biet der  nhd.  spräche  fällt?  baren  =  ferre  wurde  durch  tra- 
gen ganz  verdrängt  und  nur  gebären  =  purere  dauert  fort, 
das  letzte  bar  tulit  mag  im  14. 15  jh.  gesprochen  worden  sein, 
gebar  peperit  blieb  geläufig,  z.  b.  gelag  und  gebar,  liocc.  1, 290* 
d.  i.  lag  nieder  und  brachte  zur  weit,  auch  das  lat.  fert  ist 
bringt;  parit  bringt  zur  weit.    s.  baren. 

BAR,  nudus,  s.  haar. 

BAR,  ein  nicht  für  sich,  nur  in  Verbindung  mil  einem  vor- 
ausgehenden subst.  oder  verbum  .außrclendes  adj.,  das  goth. 
mangelt,  ahd.  pari,  mhd.  ba-re,  nnl.  Ixiar  lautet,  und  von 
hären,  mhd.  bern  herrülirl,  wie  das  lat.  fer  oder  ferus,  gr. 
f6{>os  von  ferre,  fioeiv,  was  Ben.  1, 147*  ohne  grund  leug- 
net, denn  fruciithar  ist  doch  fructifer,  yct^TtofOQOi,  mhd.  löt- 
bicre  niortifcr,  inortiferus,  d'avair,fÖQoe.  mannbar  drückt 
aus  nubilis,  viripolens,  quae  virum  fert,  man  hätte  auch  viri- 
fera  bilden  können,  oft  aber  weichen  die  bedeulungen  aus  und 
bar  läszt  sich  capax,  nptus  erklären,  zumal  in  den  erst  spuler 
enlsprungnen  zusamrnensetzungen  mit  dem  verbum:  cszbar, 
trinkbar,  aptus  ad  edendum,  bibendum,  edulis,  potabilis. 

Pearhlcnswerth  ist  die  schon  mhd.  anhebende  Verkürzung 
des  ha-re  in  l)er:  dankber  Bon.  22,  43.  47.  125;  unahtber 
Rkrtii.  75.  114;  liupper  bei  Neidh.  für  iiulba'rc;  ßir  vaihaere, 
dem  fall,  mortuarium  unterworfen,  setzt  eine  urk.  von  1414 
im  cod.  zaringobad.  n*  389  falber;  kampher  wunden  sind 
kampfljare  (Hai.tal's  1065).  bekannt  sind  aus  noch  jüngerer 
zeit  die  sempcrfreien  =  sendharcn,  sendpflichligen  und  die 
schamperl ieder,  unxücfUigen,  schandbaren  gesdnge;  unterm  volk 


1121 


BAB 


BÄR 


1122 


kört  man  heuliges  tages:  der  weg  ist  gangfoer,  mit  dankbrem 
herzen,  kospre  f.  kostbare  gescbenke.  chosperi  stei,  cbuppe 
hat  Hebel  s.  270.  294  und  lustberkeit  262 ;  dankperkeit  faitn. 
tp.  1369.  Melisscs  ps.  K  s'  seist  scheinbar,  gesiaUH  sich  aber 
H4'  ßr  scheinbarem 

mit  scheinbrem  scbmuk. 

solchen  «echsel  ztcischen  baar  und  gekürztem  bre,  bren  weis- 
sen  sich   niederländische   dichter   besser  zu  nutze  zu  machen: 

en  Pf,  0  grijzen,  die  met  Troee  besneeuwde  hairen 
de  Woeste  drifl  bezuun  der  onbedwiri?bre  jaren. 

BiLOERDiJK  liekte  der  gel.  1,  54; 
Homer,  onsterflijk  licht  vaa  ongelijkbren  gloed.    1,72; 
beiaas!  «rat  gruwbre  reeks  van  onafiieabre  kwalen 
TertooDt  zieh.    1,  85  u.  s.  w. 

Aveh  im  latein  scheinen  die  häufigen  Wortbildungen  auf  bris, 
bra,  brum  irie  celebris  funebris,  lalebra,  cerebrura  entsprungen 
und  verschoben  aus  feris  fera  ferum,  mit  ausgeslosznem  rocal: 
funebris  funus  ferens,  lugubris  tuclum  inducens,  cerebrum 
quod  in  capiie  fcrtur,  iras  man  dann  auch  auf  den  nom. 
celeber,  october,  november  erstreckte,  wir  sähen  also  in  pario, 
Tero  und  diesem  bris  die  tolhldndige  reihe  PFß,  irenn  man 
nicht  lieber  das  bris  als  älteste  form  ansetzen  und  ordnen  will 
BPF. 

Die  Üblichsien  nhd.  adj.  auf  bar  sind:  achtbar  brauchbar 
dankbar  dienstbar  ehrbar  fruchtbar  furchtbar  jagdbar  kampf- 
bar kostbar  lohnbar  mannbar  schandbar  schöffenbar  sichtbar 
streitbar  wandelbar  wunderbar,  mit  dem  rerbum  können  sie 
leichter  neu  gebildet  werden :  brennbar  denkbar  dehnbar  deut- 
bar eszbar  fahrbar  hallbar  kennbar  lernbar  lesbar  genieszbar 
schmelzbar  sühnbar  tragbar  theilbar  trinkbar  wobnbar,  beson- 
ders wenn  un  rorausyelit:  unabsehbar  unbeiobnbar  unbezwing- 
bar unausdenkbar  unannehmbar,  in  offenbar,  ahd.  ofanpäri, 
mhd.  offenbsere  ist  das  erste  wort  part.  praet.  und  enthält  eben 
die  bedeutung  ron  manifestus,  detectus.  in  tragbar  erscJieinen 
tragen  und  baren  nebeneinander  und  bar  =  pari  war  an  sich 
schon  ferendus  oder  porlabilis. 

BAR,  n.  bezeichnete  den  meistersängcm  eine  bestimmte  art 
gesanges,  über  dessen  beschaffenheit  und  Ursprung  wir  noch 
keine  genügende  auskunß  haben.  H.  Sacbs  V.  3,  413*,  als  er  am 
schlusz  seiner  laußahn  über  seine  dichterische  Ihätigkeit  rechen- 
sehaß  ablegt,  gedenkt  vor  allem  seiner  in  53  jähren  veifasz- 
ten  meislergesänge 

darin  ril  schrifUicber  bar  warn 

aus  alt  und  newem  testament, 
hernach  414* 

in  einer  summa  diser  bar 

der  meistergesang  aller  war 

eben  gleich  iwei  und  vierzig  hundert. 

nach  dem  Dresdner  meistergesangbuch  n*  5  scheint  bar  oder 
par  {wie  sonst  bort)  ein  groszer  aus  verschiednen  tönen  zu- 
sammengesetzter gesang  {rgl.  s.  1G6 — 176.  463.  S02  dieser  hand- 
schriß.)     in  einem  älteren  gedielite  Regenboge<i8  MSH.  3,  350" 

ich  lob  ein  roeistersinger  schön, 

der  mir  antwurt  io  di&em  iöa 

ein  iruoi  bariin  oder  zwei  iij  sines  herzen  gründe. 

in  dem  Colmarer  liederbuch  steht  rerzeiehnet  ein  ander  par- 
tben  und  ein  ander  par  {mus.  für  altd.  HL  2, 1«7),  m  einem 
Hede  {das.  225) 

das  sint  XJI  barant  töne, 
'vil  schöner,  guter,  maisterticher  gedieht  par'  heis^  et  fastn. 
sp.  1270  und  'das  gcsiibent  par'  1271,  also  deutlich  n.,  der 
mangel  des  umlauts  in  bariin  weist  auf  birlin,  folglich  bAr; 
am  nächsten  zu  liegen  scheint  das  beim  orgeispiel  erhaltne 
laren,  schnarren,  gelinde  und  leise  tönen,  wovon  auch  die 
barpfeife,  bärpfeife  eiH  bnimmendes  schnarrwerk  den  namen 
hat,  man  vergleiche  fries.  bere  clamor,  baria  clamare  und 
was  sonst  unter  baren  zusammengestellt  ist.  erwägt  man  nun 
da*z  eine  andere  meistertängerische  gesangsart  von  schal- 
len schall  hiesz,  im  vocab.  o.  Ufe2  pardawe  {s.  bardauz), 
schallmei  und  parda  nebeneinander  gestellt  ist  und  bei  Jsidor 
barto  genus  organi  vorkommt  (Ducasce  1,  609*);  so  erklärt  sich 
bar  mit  der  nebenform  hartben  ron  selbst,  barto,  obgleich 
an  ßÜQßirov  und  bariton  {ßa^at'os)  mahnend,  kann  an- 
dern Ursprung  haben  und  es  ist  keine  Verwegenheit,  des  ba- 
ritus  oder  bardilus  6ei  Tacilus  hier  zu  gedenken,  wenn  auch 
der  keltische  name  bard  für  dichter  nichts  damit  zu  tekaffen 
hat,  das  fractum  munnur  ohjectis  ad  os  scutis  alter  ttrai  aün. 
bardi  elypeus  {ton  berja  pulsare)  stimmen  dürße. 

BAB,  n.  par,  franz.  paire,  heute  paar  geschrieen :  ein  bar 


ochsen ;  es  musz  ein  jeder  ein  bar  oarrenschucb  vertreten,  ver- 
tritt er  nicht  mehr.  He.msch  1S6;  die  pest  belangend  lehrt 
ein  geniischer  apostel,  es  sei  nichts  bessers  darfür,  dann  ein 
gut  new  bar  schuch,  und  dieselben  von  dannen  gebraucht, 
bisz  sie  brechen.  Garg.  202';  stechen  den  feinden  wie  den 
hünlin  die  gurgel  ab,  und  fertigen  sie  also  in  ein  bar  stun- 
den hinweg.  206*.  für  ein  paar  sagte  man  leicht  zwei  paar: 
fwei  bar  schwarz  leuchtend  augea  dar.    fastn.  tp.  1297. 

BÄR,  m.  ursus,  gen.  baren  (bei  LirrBEB  aber  noch  geschrie- 
ben beer,  beren  und  Pelr.  30*  bem,  tadelhaß  ist  der  gen.  des 
bares  Lohesst.  Arm,  1,  266,  dat.  dem  bare  2, 198,  pl.  die  bare 
2,  748  und  Lessixg  1,  lOS.  109),  ahd.  pero  gen.  pgrin,  mhd. 
ber  gen.  bem,  mnl.  bere  gen.  beren,  nnl.  beer  gen.  becrs, 
ags.  bera  gen.  heran,  engl.  bear.  die  goth.  form  leider  un- 
bekannt, aus  offenb.  Joh.  13,  2  und  mehreren  stellen  des  a.  t. 
würde  sie  erhellen,  nach  hd.  weise  würde  sie  baira,  nach  altn. 
baims  lauten,  denn  altn.  gilt  biürn,  schw.  ddn.  björn,  analeg 
dem  öm  für  ari  {oben  sp.  5).  auch  ags.  besteht  ein  dem  eara 
=  öm  ähnliches  beora,  aber  mit  der  bedeutung  von  vir  for- 
tis,   hinter  welcher   doch   woi  die  von  umus  liegt. 

In  den  urverwandten  sprachen  stoszen  wir  auf  ein  anderes, 
weit  verbreitetes  wort,  dessen  schon  sp.  7S9  zu  gedenken  an- 
lasz  war,  skr.  riia  =  irxa,  gr.  ä^xroi  ==  äo^oä,  ir.  gal. 
arL,  welsch  arth  ßr  arct,  lat.  ursus  ßr  urcsus,  litt,  lokis  ßr 
olkis  orkis,  welchem  ahd.  elah,  das  auf  ein  anderes  wildes 
thier  angewandt  wurde,  begegnet. 

Wie  nun  aber  pero,  bero?  pero,  poro  tst  portator,  lator 
(Gbaff  3,  155.  157)  und  stammt  ton  peran  ferre,  altn.  hat  das 
einfache  beri  diesen  sinn  behalten,  möchte  man  das  lat.  fems 
vergleichen  und  gleichfalls  von  ferre  leiten?  man  erhielte  dann 
die  einfache  bedeutung  eines  wilden  thieies.  doch  fems  fera 
scheint,  dem  e  zum  trotz,  richtiger  das  gr.  frjo  ßr  d'r,o,  &r,~ 
^ioi'=golh.d\az,  o/id.  tior,  nAd.  thier,  abliegend  vonierrewie 
heran  und  nie  entfaltet  aus  diesem  heran  sicli  sonst  der  be- 
grif  des  wilden.  Uesze  nach  der  entstellten  ni.  form  bare 
sich  ein  baren,  brummen  erweisen,  so  würde  das  dem  aus- 
druck  brummbar  treffend  begegnen;  doch  die  alte  spradie  sagt 
brimmen,  limmcn,  niemals  beren  oder  baren,  höchstens  die 
bärpfeife  der  orge!  iröre  unsicher  heranzuziehen. 

Jn  der  thiersage  stellt  unser  alterthum  den  baren  als  den 
köttig  dar  und  der  allnordiscJie,  slavische,  finnische,  lappische 
Volksglaube  feiert  ihn  als  ein  höheres,  heiliges  wesen,  dem 
menschlicher  verstand  und  die  stärke  von  zwölf  mänuern  ein- 
wohne, er  heiszt  waldkonig,  goldfusz,  süszfusz,  honighand, 
bonigtatze,  honigesser,  aber  auch  der  grosze,  der  alte,  der 
alte  groszvater,  den  Lappen  namentlich  aija  {avus).  das  leitet 
zu  der  freilich  gewagten  Vermutung,  dasx  auch  bär,  pero  taler 
bedeutet  haben  könne,  das  lat.  parens  =  pariens  geht  auf 
den  vatcr,  parere  =  generare,  procreare  auf  den  vater,  wie  die 
mutter,  bär  gedacht  als  yovei<i,  Toxn'v,  der  bärende,  tragende, 
zeugende  vater,  wie,  wenn  er  goth.  berusjis,  beruseis  geheiszen 
hätte?  berusjos  sind  dem  Ulfilas  parentes,  yovtii,  roxeU, 
und  bemseis  gewährt  ein  uralles  part.  praet.  acl.  geboren,  er- 
zeugt habend,  qui  peperit.  dies  goth.  beruseis,  parens  und 
ursus,  scheint  nun  wirkliche  besldligung  zu  empfangen,  die  der 
grammatik  und  thier fabel  gleich  willkommen  wäre,  dadurch 
dasz  die  altn.  spräche  den  baren  auch  noch  bersi,  gen.  bersa 
nennt,  das  siclier  zu  bera  parere  gehört  und  das  S  des  goth. 
particips  bimscLs  bewahrte,  zugleich  begriffe  sich,  wie  biöra 
ausser  ursus  auch  vir  ausdrücken,  ja  das  ags.  beura  nur  vir, 
heros,  ohne  nebensinn  des  hären  bedeuten  kann,  zahllose  manns- 
namen  sind  ahd.  mit  pero,  alln.  mit  biüm,  ags.  mit  beora 
gebildet,  bersi,  assimiliert  bessi  gemahnt  an  die  koseform 
hetz  ==  bär,  vgL  allfranz.  Patous;  alln.  kommt  auch  bdmsi, 
bingsi,  ursus  immer  mit  demselben  S  zum  Vorschein,  ja  wer 
kühn  sein  wollte,  dürfte  das  1  tA  rikäa,  ä^/xaos,  urcsus  ur- 
sus hinzunehmen  und  auf  diesem  ins  dunkel  der  urzeit  sich 
verlierenden  wege  berührung  zwischen  beruseis,  l)ersi  und 
ursus,  af>CToe  ahnen,  wenn  auch  bei  ganz  verschiednen  wur- 
zeln, unser  b9r  läszt  dies  S  fahren,  wie  das  keUiseke  art, 
d.  h.  bedient  sich  der  praesensform. 

Dieses  Versuchs,  in  seinen  Ursprung  zu  dringen,  war  ein  mit  un- 
serm  alterthum  und  manchen  auffa.'.sungen  der  vorieii  zusatnmen- 
hängendes  wort  ridthmtmen  werth.  merkwürdig  setzt  die  thier- 
fabel  dem  fränkischen  künigthum  des  töwen  ein  deutschet, 
alemannisches  oder  tdeksisches  de«  barea  entgegen  mmd  wahr- 
tckeinlich   lange   tckon  tiattden  die  roke»,    ungeleekten,  wi^»» 

71 


1123 


BÄR 


BÄR— BARBE 


1124 


schU/fenen  Deutschen  in  ihren  ieäldem  dem  verfeinerten  leben 
der  romanischen  Völker  gegenüber;  ruß  doch  noch  im  Nathan 
Daja  dem  tempelherrn,  der  sich  selbst  einen  plumpen  Schwab 
nennt,  die  worle  nach: 

so  geh,  du  deutscher  bär!  so  geh!  —  und  doch 
musz  ich  die  spur  des  thieres  nicht  verlieren. 
Lessing  2,  225. 
{vgl.   bärensprache).     der   bär  brummt,    du  alter  brummbär! 
frauen  nennen  ihren  mann  gern  einen  bär  und  sagen  er  brumme ; 
der  bär /ieJs2<  auch  ein  alter  knasterbart,  und  knisternde 
Zähne  werden  ihm  beigelegt: 

underdes  gaf  en  goih  eventur, 

dat  sei  einen  wilden  beren  grepen  ungehur, 

dei  was  ser  vreith  van  gebaren, 

mit  gnisterden  tennen  dede  hei  sei  verferen. 

Soester  felide  s.  654. 
weidmännisch  wird  ihm  gleich  dem  menschen  band,  finger 
und  gang  zugeschrieben,  weil  er  sich  aufbäumen,  emporrich- 
ten und  aufrecht  gehen  kann  (von  welchem  erheben  einige  sei- 
nen namen  ableiten,  dies  ist  aber  bern  ferire,  nicht  bern  ferre) : 
und  zwen  beren  giengen  ausz  dem  wald  und  zerissen  XLI 
kinder.  Keisersb.  Sünden  des  tnunds  38'  nach  2  kön.  2,  24,  wo 
Ldther  kamen  setzt,  vgl.  Nib.  902,  2 :  da  der  bere  gie.  Wann 
der  bär  im  moos  liegt  heiszt  mitten  im  winter,  er  ruht  dann 
faul  in  seiner  hole,  saugt  an  seinen  talzen,  an  den  hungerpfoten : 

als  der  ber  sauget  die  clo.    fastn.  sp.  1310. 
Man  sagt   den  baren    fangen,    stechen:   in   voller  weis 
{in   der  trunkenheit)   wollen   sie   alle  den   beren   fangen  und 
binden  helfen  (kühne  that  verrichten).    Kirchhof  disc.  mit.  58 ; 
nun  gedachte  er  den  beren  (den  eingeschlichnen  liebhaber)  zu 
fangen  und  vernagelte  die  eine  thür.  wendunm.  296'; 
mit  arbeit  sticht  er  keinen  bern.    11.  Sachs  I,  522, 
wenn  ich  im  ob  dem  hals  nit  bin 
so  sticht  er  warlich  keinen  bern  (ist  er  kein  Held).   111.3,68'; 

mehr  dann  ein  feiner  kriegshelden  haben,  wann  sie  mit  wein' 
begossen,  den  beren  allein  stechen  wollen,  und  es  zu  heisz 
gewagt,  ihr  leben  oder  gesundheit  verloren.  Kirchhof  mil.  disc. 
92 ;  man  soll  die  bärenliaut  nicht  verkaufen,  ehe  der  bär  ge- 
stochen ist.  SiMROCK  722.  Henisch  233;  du  suchst  den  baren 
und  stehst  vor  ihm.  723 ;  es  ist  besser  einen  baren  loslassen 
{unbesonnen  sein)  als  einen  hären  anbinden  (schulden  machen). 
724.  so  wurde  das  hären  anbinden  oben  sp.  296  erklärt, 
und  in  diesem  sinne  heiszt  es  offenbar:  so  behelfe  er  sich 
nunmehro  mit  borgen  und  bände  (für  binde)  einen  hären 
nach  dem  andern  an.  ehe  eines  weibes  114;  o  die  baren  sol- 
len ihn  nicht  beiszen,  die  er  etwa  hier  angebunden  hat.  Lenz 
1,  223 ;  ich  habe  diese  messe  verschiedne  bare  loszubin- 
den (schulden  zu  bezahlen).  Rabener  3,  359  ;  die  baren  (schul- 
den) abbezahlen,  der  arme  mann  im  Tockenb.  189.  anderemal 
aber,  wenn  ein  persönlicher  dativ  daneben  steht,  bedeutet  es 
was  einem  aufbinden,  die  Unwahrheit  melden,  fallere,  lügen 
weis  machen  (oben  sp.  622) :  wer  dir  wol  den  hären  angebun- 
den haben  mag?  Wiei.a\d  8,  261;  da  wurden  wir  gewahr, 
dasz  uns  der  wirt  einen  grausamen  baren  angebunden  hatte. 
Jucundiss.  206,  während  sonst  umgekehrt  die  gaste  dem  wirt 
baren  anbinden,  nicht  anders  in  der  oben  sp.  296  falsch  ge- 
deuteten stelle:  also  dasz  ich  ihnen,  wenn  ich  nur  aufschnei- 
den wollen,  seltzame  hären  hätte  anbinden  können.  Simpl. 
1,  296  (298).  nach  beiden  erklärungen  (dem  borgen  und  lügen) 
pflegen  aber  mehrere  hären  hinter  einander  angebunden  zu  wer- 
den, den  baren  treiben  ist  kuppeln,  wahrscheinlich  weil 
die  bärentreiber  gelegenheit  hatten  liederliche  leute  zu  unter- 
stützen (s.  bärentreiber):  im  Calistus  sagt  Melibia  zur  Scele- 
stina:  ich  will  dich  aber  wol  vergwisen,  du  schandloser,  un- 
erbarer  sack,  das  dir  von  diser  deiner  botschaft  kein  andere 
belonung,  dann  du  wol  verdient  hast,  werden  soll,  ich  will 
verschaffen,  damit  du  gott  mit  deinem  berentreibcn  nicht  mehr 
erzürnest,  das  dir  deine  recht  und  du  ab  diser  weit  soll  gc- 
thon  werden.  Wirsunc  K  4" ;  den  baren  treiben  kundt.  Bocc.  2, 75'; 

das  ich  im  treiben  hilf  den  bern.    H.  Sacus  I,  516; 

von  diser  kirchweih  ich  gedenk 

zu  erobern  ein  giiic  schenk, 

wann  ich  (die  maqd)  hab  zwischen  beiden  lieben 

den  beren  je  irewlich  getrieben.    IV.  3,  3'; 

ihr  seidenstrickrin  müst  bei  mir  bleiben 

und  mir  helfen  den  bern  treiben, 

die  mcrlcin  (kundschaft)  hin  und  wider  tragen.    ArnsR  193'. 
wir  würden  diese  nur  in  schrißen  des  16.  17  jh.  wiederkehren- 
den und  verdunkelten,    wahrscheinlich  uralten  redensarien  hes- 
ser verstehen,    wäre  die  mhd.  pnesie  weniger  auf  das  welschi, 
mehr  auf  das  einheimische  gerichtet  gewesen,    Nib.  891  bindet 


Siegfried  den  baren  an  den  sattel  und  läszt  ihn  hernach 
(898.  899)  in  die  küche  los,  das  war  deutscher  scherz  und 
tust,  gleich  dem  bärentanz.  andere  gebrauche  kommen  bei  den 
susammensetzungen  in  betracht.  der  bär  greiß  die  menschen 
nicht  an,  wehrt  sich  erst  angegriffen  und  wird  dann  grausam 
und  unbarmherzig;  das  erbarmen  ist  zu  baren  geflohen. 
Schiller  142.  Manche  pflanzen,  wie  nach  dem  wolf,  hat  das 
alterthum  nach  dem  baren  benannt  und  dabei  mythische  Vor- 
stellungen untergelegt. 

BÄR,  m.  aper,  gen.  bärs.  Hohberg  2,  305'.  307",  dem  vor- 
ausgehenden völlig  unverwandt,  ahd.  per,  mhd.  her  (Ben.  1, 
104'),  ags.  bär,  engl.  boar.  würde  goth.  bair  gelautet  haben, 
wie  das  langob.  sonorpahir,  sonorpaiz  bestätigt,  gesch.  der 
deutschen  spräche  s.  695.    s.  beier. 

BÄR,  m.  ein  schwerer  klotz  zum  einrammen,  einrammeln  der 
pfähle,  rammklotz,  stampfklotz,  ungewisser  abkunß,  vielleicht 
von  beren,  schlagen,  denn  kaum  zu  denken  ist  an  die  thier- 
fabel  von  dem  hären,  der  seinen  köpf  in  den  spalt  eines  bal- 
kens  steckt,    auch  böhm.  heran. 

BÄR,  m.  im  bergwerk  aßern  oder  abginge  bei  trocken  ge- 
pochten koboldausschlägen.     s.  bärenschlamm. 

BÄB,  m.  im  festungsbau  ein  starkgemauerter  querdamm  mit 
scharfem  rücken,  franz.  batardeau,  soll  aus  einem  mlat.  herum 
stammen.  Frisch  62'. 

BARÄRSCHIG,  nudis  natibus :  aber  meim  Schulmeister  wars 
erlaubt,  wann  ich  in  nöthen  mein  nestel  auf  allen  ecken  ver- 
knipft,  der  schnitt  sie  mir  so  lustig  auf,  das  ich  barärschig 
vor  ihm  niderful.  Garg.  286'. 

BARBAR,  m.  homo  peregrinus,  incondita  lingua  loquens, 
humanitatis  expers,  noch  nicht  bei  Luther,  Dasypoüids  und 
Maaler,  zuerst  bei  Henisch.  doch  haßel  im  11  jh.  und  später 
die  griechische  und  lateinische  belonung : 

wer  sind  wir?  sind  wir  die, 

vor  den  der  bärbar  oft  voll  zittern  auf  die  knie 

gesunken  ?  Gryphius  1,  7  ; 

verrathen  durch  den  freund,    den,  den  der  bärbar  ehret, 

erwürgt  der  blulfürst,  ach.  1,22; 

der  bärbarn  liebe.    Lohenstein  Cleop.  22 ; 

bis  du  der  bärbarn  stolz  voll  gröszern  stolzes  dämpfest. 

Uz  1,  142 ; 

von  verschwornen  bärbarn  überfallen.    Rahler  1,  75. 
man  schrieb  und  sprach  auch  um  1700  im  pl.  bärbern.   Allmd- 
lich aber  drang  die  französische  ausspräche  barbare  wie  Tartare 
durch :  barbär,  barbär,  Tärtär,  Tartar,  pl.  barbaren,  Tartaren : 

sie  liefen  mit  zerstreuten  haaren, 

und  warfen  schon  vor  angst  halb  todt 

sich  vor  den  feldherrn  der  barbaren.    Gellert  t,  139; 

so  hart  als  auch  der  feldherr  war, 

so  könnt  er  doch  dem  zauberischen  flehen 

der  weiber  nicht  ganz  widerstehen. 

denn  welchen  mann,  er  sei  auch  zehnmal  ein  barbar, 

weisz  nicht  ein  weib  durch  thränen  zu  bewegen?    allda; 

der  morgen  kömmt,  und  Lucia 

ergibt  sich  thranend  dem  barbaren.    1,  240. 
der  frauenname  Barbara  (verkürzt  Bärbel),  gr.  Ba^ßäga,  be- 
hält den  ton  auf  erster  silbe,  desgleichen  bdrbar,   bärber,    ein 
Pferd  aus  Africa. 

BARBAREI,  f  betont  bärbarei,  einmal  der  landstrich  in 
Nordafrica,  wo  die  Berbern,  oder  jedes  land,  wo  barbaren 
wohnen;   dann  aber  inhumanitas,  crudelitas: 

auf  einmal  wachet  auf 
die  ganze  bärbarei,  ein  heer  von  Gothen,  Wenden. 

Canitz  ; 
dasz  in  der  bärbarei 
auch  was  zu  finden  sei, 
das  nicht  barbarisch  ist.    Fleiiing; 

unser  jetzige  zeit  hat  sich  solcher  bärbarei  billich  entschüflet. 
Scnuppiüs  779 ;  der  stärkende  Winterschlaf  einer  neuen  bär- 
barei. Lichtenherg  4,  28. 

BARBARISCH ,  barbarus,  incultus,  inhumanus.  das  17  jk. 
müste  leicht  gesagt  haben  harberisch,  barbrisch,  heute  fällt  der 
ton  wie  in  barbar :  das  heiszt  barbarisch  mit  sich  und  andern 
verfahren.  Gellert  3,  345 ; 

ein  denkmal,  barbarisch  ausgeschnitzt.    Götter  1,  140. 

BARBARZIER,  f.  decus  barbarum: 

unverlookt  von  dem  walm,  welcher  mil  barbarzier 
Schönheit  selber  verschönt.  Voss  3,  214. 

BARBE,  f  cyprinus  barbus,  ein  edler  fluszßsch  mit  vier 
bartfedem,  wonach  er  genannt  ist,  ahd.  barbo  m.  Graff  3,  207. 
it.  liarlio,  franz.  barbeau,  auch  rothbarf,  slninharbc,  barf  und 
barme:    groszc   fisch  kaufen,   die  man  vor  zu  stücken  hawt, 


1125 


B ARBEHUKD  —  BARCHAT 


BÄRCHEN— BARDEN 


1126 


eb  das  man  sie  kocht,  als  karpfen,  becht,  barben  und  der- 
gleichen, darnach  schmecket  dem  knecht  sein  maul.  seh.  vnd 
ernst  cap.  287 ;  Schmelzl  lobspr.  92 ; 

rurolken,  barb,en,  becbten,  schleiea, 
grundlen,  bersich,  groppen  nach  der  reien. 

WiCKRA«  irrreitend  bilger  bl.  16; 
hier  sah  man 
karpfen,  barben,  becbt  nnd  lachs.    Grtphids  2,  64. 

BARBEHCND,  m.  zum  barbenfang  abgeriehleler  hund :  im 
maul  holen,  wie  unsere  barbehund.  Garg.  179'. 

BARBEIN,  nudipes,  altn.  berbeinn,  schw.  barbent,  dän.  bar- 
benet.  das  gold  im  feur  lauter  und  parbein  machen,  par- 
bein  gold.  Matuesiüs  conc.  4.  Frisch  2,  72'  nimmt  das  ßr 
probiert  gold,    es  scheint  aber  nacktes,    unvermischtes,  bloszes. 

BARBEIMG,  nudis  pcdibus,  barfusz.  Gützsow  ritter  vom 
geiste  2,  12.  höchst  merkwürdig  ist  aber  das  in  Estors  ober- 
hess.  id.  angeführte  barbes  en  busbenig,  wodurch  die  her- 
leitung des  bar  aus  bas  bestätigt  wird.  Der  mnl.  dichter  Pot- 
ter sagt,  ohne  Zusammensetzung,  absolut: 

bars  biens  ghinc  die  coninc  groot.    4,683; 
doe  bi  al  naect  ghinc  speien 
baers  biens  ende  bloter  kelen.   4,704;  . 
KiLUEN  baerscber  been. 

BÄRBEISZIG,  ferox  instar  ursi,  brummig,  au/fahrend:  thue 
nur  recht  bärbeiszig!  Chr.  Fel.  Weisze  ;  manchen  bärbeiszigen 
gelehrten.  Münchhausens  reisen  s.  31 ;  als  der  bärbeiszige  Schwa- 
ger ins  haus  trat.  Güthe  30,  120;  dem  widerspricht  der  bär- 
beiszige Eustach.  55,  155;  ich  kann  schon  den  geruch  von 
dieser  mystik  nicht  ausstehn,  bärbeiszige  Unvernunft!  Tieck 
3,  279. 

BÄRBEL,  f.  barbulus,  was  barbe: 

barbeln  han  ein  süszes  meulcben, 

brachten  jenen  reuter  von  seim  geulchen.    Garg.  54\ 

BARBEN'KRAUT,    n.    barbarea  vulgaris,    auch   barbelkraut, 
barbenhederich,  winterkresse,  weil  es  die  barben  im  bach  fressen. 
BARBERITZE,  f.  berberis  vulgaris,  gewöhnlich  berberitze: 
hagebutten,  barberitzen.    Brockes  9,  154. 

BARBES,  s.  barfusz. 

BARBESTAND,  m.  pecunia  residua,  summa:  barbestand  der 
casse,  barvorrath,  ein  jetzt  häufiges  wort  der  cassenführer. 

BARBIER,  tonsor,  bartscherer,  bartputzer,  halbier,  was  man 
sehe. 

BARBIERBECKEN,  n. 

BARBIERBEUTEL,  «j.  Göthe  14,  305. 

BARBIEREN,  tondere,  den  hart  abnehmen,  scheren,  putzen, 
rasieren,     einen  über  den  löffel  barbieren. 

BARBIERER,  m.  der  ältere  ausdruck  für  barbier :  wann  ein 
barbierer  durch  die  weit  will  und  hat  nur  sein  bindzeug. 
ScHCPPiosSO;  es  ist  ein  barbierer  bei  mir  gewesen.  4SS;  dem 
mädel  fehlt  was,  musz  heunt  den  barbierer  befragen.  Fr.  Mül- 
ler 1,  235. 

BARBIERGEHCLFE,  m. 

BARBIERGESELLE,  m. 

BARBIERISCH,  tonsorius :  barbierisch,  baderisch  oder  hümple- 
risch  gehandelt.  Paracelsos  1, 1010*. 

BAHBIERLOH.N,  m. 

BAHBIERMESSER,  n. 

BARBIEHSACK,  m.  Göthe  14,  269. 

BARßlERSTUBE,  f. 

BARBIERZEÜG,  n. 

BARCH,  m.  poreus,  poreus  castratus,  verres,  ahd.  parub, 
paruc.  GRArr  3,  207 ;  barcb  und  berz,  verschnittner  aber,  ma- 
jalis.  Maaler  50';  heule  nur  in  der  Volkssprache  einzelner  ge- 
genden.    $.  barg. 

BARCHANT,  m.  was  barchat  und  barcbent,  H.  Sachs  I,  407* 
schreibt  parchant,  im  reim  auf  gwand. 

BARCHANTER,  m.  barchenlweber,  deren  es  sonst  zu  Augs- 
burg 6000  gab.  Schseller  1,  194.    s.  das  folgende. 

BARCHAT,  m.  heute  barchet,  barchent,  aus  dem  mlat.  bar- 
chanus,  parchanus  (Sch».  1,  193),  mhd.  barkän  (Ben.  1,  89"), 
dofh  steht  schon  joppe  parchatln.  MSII.  3,  309" ;  später  ein  aus 
lernen  und  baumwoUe  dicht  gewirkter  starker  sehr  verbreiteter  stof: 
die  Schwaben  machen  barchet,  der  ein  leinen  zettel  hat  und 
ein  baumwollenen  inworf.  Mümster  850.  Zur  Volksbelustigung 
wurde  an  festlagen  um  den  barchat  gelaufen  oder  ge- 
jagt: sie  pleibcn  im  sack  stecken  und  werden  auf  der  kirch- 
weih den  barchet  mit  laufen  nicht  erjagen.  Fn^cnhm  bienenk. 
60*;  schürzen  ire  hembder  mit  eim  gürtel  auf,  als  woltens 
um  den  barchat  laufen.    149*;    noch   viel  minder  vergasz  die 


lieb  Grandgurgel  die  ordenliche  kirchweihen,  die  mesztag,  die 
jarmärkt,  da  lindiert  er,  kelberiert  er,  dorfariert  er,  kegelt, 
sprang  umb  die  hosen,  jagt  umb  den  barchat.  Garg.  51' ;  da- 
her kommt  auch  palgen,  walgen  und  bellum,  dasz  man  den 
fuchs  umb  den  palg  und  feil  jagt,  darvon  ist  noch  das  spiel 
'umb  den  barchat  jagen'  und  'haar  auf  haar*.  194';  dann  ich 
wolle  viel  lieber  todt  als  ein  solcher  bernheuter  sein,  der  nur 
da  stehet  und  zusihet,  wie  tapfer  andere  ehrliche  und  wol 
mondierte  Soldaten  sich  umb  oen  barchet  jagen.  Simpl.  2,  66. 
aus  den  von  Schmelleb  1,  194  gegebenen  belegen  erhellt,  dast 
ein  luch  beim  wetllauf  ausgesteckt  wurde,  um  das  zuerst  die 
Junggesellen,  dann  die  Jungfrauen  sprangen;  eine  nähere  Schil- 
derung steht  fastn.  sp.  1352.  1353;  auch  Mur>er: 
wie  die  von  Basel  und  von  Bingen 
umb  ein  barchet  wollen  ringen,    schelmenz.  6*. 

vgl.  das  ältere  barlaufen. 
BÄRCHEN,  n.  ursulu^: 

selbst  aufrecht  lernt  ein  bärchen  wandern 

und  steigt  nach  honig  wie  die  andern.    Voss  5,  87. 

BARCHEN,  ni.  was  barchat,  barchent,  böhm.  barkan,  bar- 
chan :  streiche  das  schmalz  auf  ein  leinen  tucb  oder  bareben. 
Tabersaemontascs  619.  löcher  in  den  bareben  (ins  bettuch) 
reiszen,  schnarchen. 

BARCHENT,  m.  die  heute  feststehende  form:  er  hat  mich 
eins  in  parchent  gekleidet.  Scbweikichen  1,  73  und  oß.  s.  bar- 
chat, barchet. 

BARCHENTSCHAU,  f.  zu  Ulm,  wo  viel  barchent  gewoben 
wurde,  galt  strenge  barchentschau.  Jägers  Ulm  s.  639.  647.  649. 

BARCHENTSTUHL,  m.  weberstuhl  zum  barchent. 

BARCHENTTUCH,  n. 

BARCHENWEBER,  m.  Schcppics  57. 

BARCHET,  m.  was  barchat,  barchent:  seiden  Ton  Venedig, 
barchet  von  Ulm.  Fischart  groszm.  134;  tuch  oder  barcheL 
Wicrram  rollw.  44 ; 

was  gilts,  er  wird  dort  barchet  stehln.    ätrer  fasln.  17'. 

BARDAUZ,  ein  ausru/"  «fje  klatteratatsch !  paf!  und  ähjjliehe, 
plötzlichen  knall  und  fall  bedeutend,  früher  auch  pordutz! 
perdutz ! 

und  fiel  bardauz!  in  schnee.    GöKiHeK2,  220; 

an  einem  hübschen  morgen  gibt  er  mit  dem  ellbogen  seinem 
kameraden  einen  schuh,  und  bauz,  baradauz !  liegt  er  am 
boden ;  perdutz I  da  lag  es;  pordutz!  lag  der  bienstock  auf 
dem  boden.  Simpl.  2,  336.  lelt.  ist  spert  wie  der  donner  ein- 
schlagen, litt,  spirdyti,  spardyti  stoszen,  schlagen,  vgl.  das 
unter  bar  beigebrachte  bardawe  d.  i.  bardau. 

BARDE,  m.  poeta,  des  Strabo  utid  Ammianus  nachrichten 
von  den  keltischen  barden  waren  längst  bekannt,  und  auf  alt- 
deutsche dichter  unanwendbar;  die  Zusammenstellung  des  ger- 
manischen barditus  oder  baritus  Tac.  Germ.  3  mit  jenen  bar- 
den {vgl.  oben  unter  bar),  brachte  im  18  jh.  einen  ungedeihli- 
chen, bald  wieder  vorüber  gegangnen  bardenunfug  hervor,  der 
doch  den  ausdruek  barde  für  dichter  in  unsere  spräche  einge- 
führt hat: 

wenn  du  voll  Vaterlands 
aus  jenen  hainen  kommst,  wo  der  barden  chor 
mit  Braga  singet.  Klopstoce; 

ja  bei  barden 
wuchs  ich  mit  dir  in  dem  eichenbain  auf; 
ein  barde  hiesz  aus  frommer  püicht 
ein  ganzes  heer  von  silben  ringen.    IIagedobn  2,  55 ; 
frommer  barden  chor.    Voss  3,  26; 

wenn  sich  der  barden  sang 
durch  das  hallende  thal  ergosz.    Stolberg  1,6; 
straszcnbarden.    J.  Paul  biogr.  bei.  1,  156.    man  vgL  GOtbb  33, 
71—77. 

BARDE,    f.   gestus,    ahd.  pJrida  Graff  3,  150,    mhd.  barde 
Be!*.  1,  149*,    ößer  kipdrida,    geha-rde,  gebärde :   einen  zeddel 
voll  seiner  hässigen  wort  und  bürden.  Luthers  br.  i,  309 ;  er 
wird  nicht  nach  geschrei  und  barden  crkant.  1,319; 
do  weis  noch  berd  sich  eiget  nicht,    fasln,  sp.  1264; 
in  aller  weis  und  bärde, 
als  ob  er  wer  ein  gertner.    UHLAND848; 
des  teufeis  larvenspiel  und  spot, 
darin  durch  falsche  berden 
die  weit  er  gar  beireuget.    921. 
BARDEN,   gestire,   gebärden:   schreien,   bürden,    viel  plau- 
dern. Luthers  br.  l,  318 ;   wie  eine  braut  in  irem  geschmeide 
berdet.    Es.  61,  10.     in  Luthers  werken  steht  daßr  ohne  %m\- 
laut  barden:  (fein  were  es),  wo  die  umbligende  stedtlin  und 
dOrflin  mit  einer  stad  gleich  bardeten.  3,  277*. 

71* 


1127 


BARDIET  —  BÄRENHATZ 


BARDIET,  m.  soll  bei  Klopstock  jenen  barditus  bei  Tacitus 
ausdrücken,  er  sagt:  wir  haben  barde  nicht  untergehen  las- 
sen und  was  hindert  uns  bardiet  wieder  aufzunehmen?  we- 
nigstens habe  ich  kein  eigentlicheres  und  kein  deutscheres 
wort  finden  können,  eine  art  der  gedichte  zu  bezeichnen, 
deren  inhalt  aus  den  zeiten  der  barden  sein  und  deren  bil- 
dung  so  scheinen  musz.    8,  243. 

BARDISCH,  poelicits,  dichlerisch:  der  bardische  quell.  Klop- 
stock 1,245;  die  verlornen  bardischen  denkmale.  3,170;  diese 
genauigkeit  scheint  unumgänglich,  wenn  ein  bardisches  ohr 
die  kunstreiche  harmonie  eines  Flaccus  fühlen  soll.  Lessing 
3,  209 ; 

der  esel  sang  mii  bardischem  geschrei.    Pfeffel  1, 128. 

BARE,  n.  rrassa,  pera,  mhd.  bßre  (Ben.  1, 105'.  106') :  beren 
in  den  bach  setzen,  weisth.  1,  23;  man  pflegt  sie  zu  fahen 
gemeiniglich  mit  garnen,  baren  und  dergleichen  instrumenten. 
Forer  164*. 

BAREIS,  n.  eis  das  blosz,   baar  liegt,  unbedeckt  von  schnee. 

BAREN,  procedere,  se  gercre,  gewülinticlier  gebaren,  ahd. 
gebaron  (Graff  3,  151'):  denn  wie  e.  k.  gn.  damit  wil  faren 
oder  baren,  sol  es  geschehen.  LornERS  ftr.  3,  fl9;  der  hundert 
gülden  vermag,  baart  als  vermüge  er  zwei.  Frank  laster  d3; 
daselbst  baret  er,  als  wer  er  von  seinem  sun  verlriben. 
Chronik  149*;  das  man  vor  fürwitz  schier  nit  mer  weiszt,  was 
man  an  sol  thun,  oder  wie  man  sol  reden,  paren,  geen  und 
einher  tretten.  524';  er  sol  auch  nach  gelegenheit  der  zeit 
elwan  baren,   als  förcht  er  iiim.  Fronsp.  kriegsb.  1,  176'. 

BAREN,  m.  bei  den  Orgelbauern  ein  gedecktes,  sanftes  regi- 
sler.  baren  schreien  hat  Schmid  scbw.  wb.  s.  43  aus  einer  urk. 
von  1532;  harren,  sublale  et  ferociter  clamare  more  ursorum. 
Henisch  192.  Staloer  1, 136.    s.  bar,  gesang. 

BÄHEN,  ferre,  parere,  goth.  bairan,  ahd.  peran,  mhd.  bSrn, 
»o/ur  aber  jetzt  nur  gebaren  parere  gilt,  indem  die  bedeulung 
von  ferre  dem  tragen  überwiesen  wurde,  fride  beren  erscheint 
noch  im  j.  1320  weisth.  l,  671.672;  bärender  bäum,  fruchttra- 
gender noch  in  der  üfnung  von  Güttingen  bei  Püpikofer,  wie 
der  Ssp.  2,  28  berende  (bei  Homeyer  barende)  bome  sagt.  (s. 
bärhaft).  Fischart  Garg.  258'  hat  noch  unbären  =  unfruchtbar 
sein,  von  weibern.  der  Untergang  des  einfachen  worts  muste 
auch  den  der  schönen  ableitungen  barm  sinus  und  barn  infans 
nach  sich  ziehen,     nnl.  dauert  baren  noch  fort.     s.  bar. 

BÄREN,  ferire,  verberare,  s.  beren. 

BÄREN,  marem  appetere,  von  der  bärin :  die  bärin  bäret, 
wie  es  heiszt  die  kuh  öchseit,  die  Stute  hengstet ;  weiln  die 
bärin  um  diese  zeit  {gegen  lichlmesz)  anfängt  zu  baren  (hitzig, 
brünstig  zu  werden).  Hohrerg  3,  342*.  man  sagt  ebenso  von 
der  sau,  und  dann  leitet  es  sich  von  bär  aper. 

BARENBEISZER,  m.  canis  molossus  ursum  aggrediens,  ein 
kurzhaariger,  dickküpßger,  schwarzschnauziger  hund,  dessen  man 
sich  in  der  bärenhalz  bedient,  wie  des  bullenbeiszers  gegen  den 
stier,     nicht  zu  verwechseln  mit  barnbeiszer. 

BÄRENBLUST,  n.  rhododendron  ferrugineum.  Staldeb  1, 135, 
alprose. 

BÄRENBROT,  n.  wenn  der  Mainzer  waldbole  auf  die  brot- 
schau gieng,  führte  er  einen  baren  mit  sich,  wofür  ihm  die 
becher  ein  brot  entrichteten,  weisth.  1,  533,  vgl.  deutsche  myth.  743. 

RARENDRECK,  n.  rubus  caesius,  weil  man  den  Strauch  aus 
dem  koth  des  baren  aufgehen  liesz.  auch  fuchsbeere,  bocks- 
beere.    Schweiz,  ist  bärendreck  süszholzbaumsaft.  Stai.der  1, 135. 

BÄRENFANG,  m.  captura  ursorum,  die  bdrenjagd,  häufig 
auch  die  angelegte  grübe,  in  der  sich  baren  fangen  sollen. 

BÄRENFACKEL,  f  verbascum  thapsus. 

B.ÄRENFENCHEL,  m.  bärwurz. 

RARENFETT,  n.  adcps  ursorum. 

BÄRENFINDER,  m.  canis  familiaris. 

RARENFLEISCH,  n.  coro  ursina. 

BÄRENFÜHRER,  m.  duclor  ursi,  nd.  barcntrekker,  nn/.  be- 
renleider,  der  herumzieht  und  den  bdren  tanzen  Idsit,  $,  bä- 
renlreiber. 

BÄRENFUSZ,  m.  pes  ursinus;  gilt  auch  vom  plumpen,  mis- 
geslalteten  fusze  eines  menschen  oder  pferdes.  das  '  pfcrd  hat 
bärenfüsze,  wenn  die  fessel  sich  zu  weit  rückwärts  biegt,  auch 
ein  kraut,  helleborus  viridit,  heiszt  bärrnfusz.    s.  bärenklaue. 

BÄRENGRüBE,  f.  loetts  ursis  cnpiendis:  eine  rnsidenzstadt 
ist  die  bärengrube  der  protinz.   J.  Paui.  lit.  nachl.  4,  37. 

BÄRENHAAR,  n.  zottiges,  straffes  haar. 

BÄRENHATZ,  tenatio  ursorum:  auf  die  bSrenhatz  reiten, 
Schiller  189*. 


BÄRENHAUT  — BÄRENHÄUTER    1128 

BÄRENHAUT,  /".  pellis  ursina,  altn.  biarnarfeldr,  biörn- 
skinn,  biörnstaka.  es  musz  davon  in  unserm  nlterthum  manche 
sage  umgegangen  sein,  deren  die  mhd.  denkmäler  geschweigen. 
Thor,  wie  die  vorrede  zur  edda  meldet,  war  zwölfjährig  schon 
so  stark,  dasz  er  zehn  bärenhüute  zusammen  empor  hob:  J)ä 
lypti  bann  af  iördu  10  biarnstökum  senn.  ein  Sprichwort 
sagt,  die'  bärenhaut  verkaufen,  eh  der  bär  gestochen,  für  die 
wiege  sorgen,  ehe  das  kind  geboren  ist;  ein  anderes,  die  drei- 
zehnte bärenhaut  verkaufen,  reiche  losung  haben :  doch  wol- 
len itzt  die  reiche  kaufleut  ires  gelts  glück  und  dasselb  eitel 
on  Unglück,  dazu  anderer  leut  willen  und  mut  verkeufen, 
an  welchen  es  ligt,  ob  sie  verkeufen  wollen,  das  heiszt  die 
dreizehende  bernliaut  verkauft.  Ldtuer  1,  196",  auch  über  den 
Ursprung  dieser  redensart  wäre  genaue  auskunß  erwünscht,  auf 
der  bärenhaut  liegen  galt  von  beiden,  die  im  frieden  be- 
haglicher ruhe  pflogen:  quotiens  bella  non  ineunl,  non  mul- 
tum  venalibus,  plus  per  otium  transigunt  dediti  somno  ci- 
boque,  fortissimus  quisque  ac  bellicosissimus  nihil  agens. 
Tue.  Germ.  15.  auf  der  bärenhaut  nicht  zu  verschimmeln. 
Garg.  185';  auf  der  bärenhaut  liegen.  Schweinichen  2, 14;  auf 
der  faulen  bärenhaut  liegen.  Simpl.  1,  256.  2,  81 ;  hatte  auch 
immer  das  glück  nicht  lange  auf  der  härenhaut  zu  liegen. 
Fclsenb.  2,  332 ;  dasz  ich  die  bärenhaut  suchen  und  darauf 
liegen  könnte.  2,  391 ;  ich,  der  ich  sonst  herum  schwärme 
den  ganzen  tag  und  plane  wie  ein  rauhvogel,  musz  heut  hier 
auf  der  bärenhaut  liegen.  Göthe  57,  170;  es  kann  aber  auch 
jene  tradition  der  hörigen  über  die  roheit  ihrer  herren  sein, 
die  auf  der  bärenhaut  lagen,  und  für  die  sie  das  feld  bestel- 
len musten.  Niebühr  1,  93;  ebenso  sind  unsre  Statuen  keine 
müszigen  Staatsbürger  auf  der  bärenhaut,  was  karyatiden  sind, 
tragen  häuser,  was  engel  sind,  halten  taufschüsseln.  J.  Paol 
TU.  1,  43. 

BÄRENHÄUTER,  m.  homo  ignavus,  nebulo,  ein  vieldeutiges, 
oß  zur  schelte,  aber  auch  gutmütig,  {etwa  wie  kerl)  verwandtes 
wort,  zu  dessen  erklärung  Simpl.  3,  895  -  904  ein  märchen  vor- 
getragen wird,  wonach  ein  der  schlachl  entronnener  landsknechl 
einem  erlegten  baren  die  haut  abzieht  und  als  mantel  solange 
trägt,  bis  er  endlich  im  Rhein  gebadet  und  seiner  wüsten  Ic- 
bcnsart  ledig  geworden  ist;  vgl.  biarnolpumadr  in  der  alln. 
Kormakssaga  cap.  12  s.  114.  perenheuter  haben  die  face- 
liae  facetiarum  s.  156.  158 ;  ich  habs  mit  meinen  äugen  ge- 
sehen, das  man  auf  einer  hoclizeit  herschafl  und  frembde 
leut  mit  einer  lagel  Reinfal  verehret,  die  man  unrath  zu  ver- 
hüten ins  breutgam  Stuben  auf  ein  tisch  satzte,  das  ein  tisch- 
diener,  so  oft  er  ein  becher  einliesz,  so  oft  söffe  er  allweg 
einen  in  sein  iials,  darauf  schenkt  er  ein  schreckeberger. 
sol  das  nun  von  ehren  wegen  zur  hochzeit  gehen,  oder  solch 
gering  geschenke  ehrgelt  heiszen,  das  braut  und  breutgam 
und  beiderseits  freundschaft  zu  ehren  geschenkt  werde,  so 
weisz  ich  nicht,  was  hier-  und  weinörten  oder  jarküchler  und 
bernheuter  heiszen.  Jon.  Mathesii  »om  e/ies/and  und  haus- 
wesen  fünfzehen  hochzeitpredigten.  Nürnberg  (1563)  4.  Ddd*; 

meid  seufer,  schlemmer  und  vergeuler, 

meid  lose  buben,  beb  renheute  r, 

meid  miisziggenger,  spiler,  dopler 

meid  huren,  hurenfürer,  kopier. 

Ambii.  Lobwasser  bewerte  tixfmm  patrum,  aus  dem 
tatein  ins  deutsche  mit  gleichen  reimen  gebracht. 
Leipzig  1579  8*  s.  310; 

ja  Ciipido,  du  b  e  e  re  n  h  ä  u  t  e  r, 

du  hast  verderbt  einen  guten  reuier.    Gbtpuids  1,736; 

wäre  er  kein  bernheuter  gewesen,  so  hätte  er  allen  redlichen 
Soldaten  zum  spott  diese  schändliche  arbeil  nicht  verrichtet. 
Simpl.  1,  53;  in  diesem  deinem  stand  nimbt  sich  aber  kein 
mensch  deiner  an,  und  du  bist  der  allerverachtcste  bernhüu- 
ter,  der  sein  mag.  2,  7;  ich  werde  kein  schlechter  bernheu- 
ter sein,  wenn  ich  mich  nun  auch  aus4ileiden  (herausputzen) 
werde.  Sciiocii  slud.  leb.  H2;  ich  hätte  doch  wol  so  einen 
nackigtcn  berenheuter  gekriegt.  Weise  erzn.  10;  verzagte  be- 
renheuler.  224;  aber  dasz  ein  christ  dem  tode  gleichsam  vor 
der  thüre  wetzt  und  ihn  herausfordert,  als  einen  andern  be- 
renheuter, das  ist  fürwahr  eine  von  den  grüszten  Schwach- 
heiten. 315;  ob  es  rühmlich  ist,  wenn  man  sich  im  kleider- 
Rchrank  als  ein  ander  bärenhäuter  verschlieszen  läszU  kl.  leute 
58 ;  diese  Belise  aber,  so  einen  bärcnhäuter  ihrer  Schönheit 
theilhaftig  macht.  26;  aber  ein  solcher  bärenhäuter  will  den 
faulen  schelmsack  alle  tage  gcfüllet  haben.  205;  uns  trennt 
kein  alter  bärenhäuter.  maulaffe  ii; 
aber  u  der  b.irenhnuter 
taugt  80  kaum  zum  glockcnlftuter.    57; 


1129   BÄRENHÄUTER — BÄRENLAÜNE 

sei  still,  14  Schneider, 

14  bernlieiter, 

ein  gaisz  und  ein  bock 

ist  just  ein  halb  schock,    fliegenwadel  13; 

hier  salzt  es  nichts  als  bärenhäuter.    Gcxther  163 ; 

man  könte  den  elendesten,  verlaufenen  bernheuter  nicbt  är- 
ger tractieren.  ped.  scliulfuchs  84;  was  habt  ihr  bärenhäuter 
da  zu  wetzen?  Sclielmufsky  l,  56;  ich  hielte  ihn  vor  keinen 
braven  kerl,  sondern  vor  den  allerelendeslen  bärenhäuter  auf 
der  vielu  I,  73;  o  sapperment,  wie  verdrosz  mich  das  ding, 
^asz  der  bärenhäuter  mir  von  solchen  sachen  schwatzte. 
1,135;  bärenhäuter  stehl  Felsenb.  1,31;  bärenhäuter,  du  hast 
dich  gebalten  als  ein  resoluter  kerl.  1,  32 ;  so  sind  wir  doch 
nicht  die  einzigen  bärenhäuter  gewesen.  Lessi.ng  3,  41;  ein 
dummer  bärenheuter.  Cur.  Fel.  Weisze  poeten  nach  der  tnode 
3,  3 ;  Moser  palr.  ph.  2,  297.  3,  sO ; 

wenn  sies  nicht  hat,  bin  ich  ein  bärenhäuter.    Göthb  7,  80; 

der  oberkeller  ist  so  so,  aber  doch  fast  ein  ehrlicher  mann, 
wenn  man  ihn  gegen  die  andern  bärenhäuter  vergleicht.  Fr. 
Müller  1,  279  ;  bei  der  ganzen  pastete  dauern  mich  die  zwei 
Mosler,  die  des  goldschmieds  mädel  zu  bärenhäutern  gemacht. 
2,  51.  Diese  gehdußen  beispiele  sollen  das  ursprünglich  un- 
verlelzende  der  torsiellung  durchblicken  lassen,  der  die  haut 
des  baren  anlegende  krieger  kommt  dem  baren  selbst  gleich, 
der  sieb  tcinlers  auf  die  faule  haut  strecJct  und  an  seinen  tatzen 
saugt,  bis  die  zeit  des  hervortretens  wieder  naht,  in  solchem 
sinn  ist  der  bärenhäuter  auch  dem  ascbenbrödel  ähnlich,  den 
eine  Zeitlang  der  schmutz  der  küche  birgL  die  Böhmen  sagen 
pecauch,  peciwal,  peciwälek  für  beide. 

BÄRENH.lLTERBANK,  f  das  liederlichste  volk,  das  auf  der 
bärenhäuterbank  sitzet,    causenmacher  63. 

B.\RENHÄLTEREI,  f  inertia,  uequitia:  capitain  lügner  von 
der  bernhäuterei.  Gbvphics  1,  765. 

BÄHENHAUTERISCH,  iners,  ignatus. 

BÄRE.NHÄUTERZEL'G,  n.  pannus  Uno  lanaque  textus.  Stie- 
ler 2175.  2626:  die  hörner  des  bocks  waren  verguldet,  sattel 
und  chaberaque  von  bärenheuterzeuge  und  mit  schellen  be- 
hangen.  Felsenb.  2,  414. 

Bärenhetze,  f  was  barenhatz. 

BÄRENHLTER,  m.  arctophylax,  arclurus,  das  gestirn  Bootes. 

BÄRENJAGD,  f.  ursorum  venalio. 

B.\RENKÄFIG,  m.  carea  ursi.  Eberlix  lob  der  pfarrer  der 
VII  bundgenossen.  1521  4'  a  5. 

B.\RENKASTEN,  m.  dasselbe. 

BARENKLAIE,  /".  ungula  ursi,  bärentatze,  bärenpfole.  die 
bärenklauen  saugen  bedeutet  kümmerlich  zehren: 

die  hofsuppen  musz  ich  wol  dewen 
und  musz  die  beruiiklatven  saugen, 
meins  elends  kan  ich  nicht  verlangen.     H.  Sachs  II.  4,  5*. 

Unter  den  kräutem  heracleum  sphondyliurn,  dentsche  bären- 
klau,  it.  brancorsina  tedescha,  nnl.  beerenklaauw,  schw.  björns- 
loka,  dän.  björneklov.  man  sagt  auch  borst,  porst,  bartsch, 
franz.  la  berce,  lelt.  bahrksches,  poln.  barszcz. 

BABEiNKLAUBLATT,  n.  ein  zierrat  am  seulenknopf,  nach 
der  gestalt  des  blatles  der  pflanze. 

BÄRENKLALDISTEL,  /.  eine  distelart. 

BÄRENKLEE,  m.  Steinklee,  melotenklee. 

B.4HENKN0BLALCH,  m.  atlium  ursinum,  s.  bärenlauch. 

B.XRENKOTH,  m.  stercus  ursi,  bärendreck.  in  den  berg- 
hütten,  das  unreine,  beim  schmelzen  oben  schwimmende. 

BARENKRAUT,  n.  rrrbascum  thapsus. 

B.XRENKRIS,  in  Schwaben  niedres  Strauchwerk,  buschholz; 
soll  das  sein  chriesi  kirsche,  oder  griesz  stein,  sand? 

B.\RENLAPPE,  m.  lycopodium  elavatum,  auch  bärlapp,  bär- 
lappe  genannt,  eine  urk.  ron  1303  bei  Heinr.  Schreiber  n*  67 
hat  den  mannsnamen  Bernlappe,  und  ahd.  lappo  ist  palma, 
palmula,  hand,  folglich  pfole,  talze,  so  dasz  barenlappe  wie 
härenfusz,  bärenklaue  zu  fassen  wäre,  lycopodium  Äei«/ narA 
dem  wolf,  dän.  ulvefod,  engl,  wolfsclaw,  'sonst  auch  nach  dem 
lOwen  löwenfusz,  was  mit  bärenfusz  mythisch  einerlei.  Der 
gelbliche,  entzündbare  samenstaub,  semen  lycopodii,  hexenpul- 
ver,  sulphur  regetabile  dient  auf  der  $ehaubühne  xum  blitz 
machen : 

»eine  blitze  sind  nur  von  bärenlappen.    Wielano  20,  216. 

BÄRENLAUCH,  m.  allium  ursinum. 

BARENLAUiNE,  f.  morosUas ,  brummiges  wesen:  er  ist 
heute  in  seiner  bäireDlaune. 


BÄREMIOOS  —  BÄRENTRAUBE 


1130 


BÄRENMOOS,  n.  polytrichum. 

BÄRENMUTZLE,  n.  ursulus.  Maaler  48',  und  xu  Bern  heisxt 
der  bar  noch  heute  der  mutz,  vielleicht  von  mutzen,  zustutzen, 
putzen  (s.  aufmutzen),  weil  die  baren  ihre  unförmlichen  jun- 
gen grosz  lecken? 

BÄRENOHR,  n.  auris  ursi,  das  kleine,  gestutzte  ohr  des 
baren.    Linnaeus  gab  ausländisclien  pflanzen. den  namen  aretotis. 

BÄRENÖHRLELN,  b.  auricula  ursi,  primula  auricula,  we- 
gen der  ähnlichen  gestalt. 

B.ÄRENPFENNING,  »?».  eine  kleine  münze,   s.  batz. 

BÄRE.NPFOTE,  f.  pes  ursinus,  dann  ein  unter  vielen  na- 
men bekannter  schwamm,  clavaria  coralloides,  sonst  auch  bä- 
renpratze,  hirschling,  geiszbart  geheiszen. 

B.ÄRENPRATZE,  f  dasselbe,  auch  ßr  boletus  ramosissimus. 

BÄRENRAUPE,  f.  die  grosze,  rauhbehaarte  raupe  des  ba- 
ren, phaiaena  caja,  eines  nachtschmetterlings.  man  sagt  auch 
schlechthin  der  rothe,  der  schwarze  bär  von  solclten  raupen. 

BARENREISZER,  m.  ein  feiger  prahlhans:  pfarrenreiszer, 
die  nur  ibren  lust  haben,  den  leuten  auszuschneiden  und 
häuser  nider  zu  reiszen,  darumb  beiszen  sie  bärenreiszer, 
sind  freche  Parides,  die  in  den  toden  Ächillem  stechen,  sind 
basen,  die  umb  den  toden  lewen  danzen  und  ihm  den  hart 
ausreiszen,  daher  sie  beiszen  vom  hart  reiszen.  Garg.  149'. 
der  sinn  scheint:  farrenreiszer,  die  sich  an  einen  farren,  bären- 
reiszer, die  sich  an  einen  baren  wagen  wollen,    s.  das  folgende. 

BÄRENRLNGER,  m.  und  zog  also  der  eisenfresser  und  be- 
renringer  seine  pfeifen  ein  und  traf  einen  andern  weg  nach 
hause.  Cvr.  Spaxgenbergs  jagteufel  1560.  4'  M4*.  der  Jäger 
bei  Aesop,  dem  der  hirte  einen  löwen  zeigen  soll,  den  löwen 
vertritt  wiederum  der  bär. 

BÄRENSCHLNKE,  fTi.  petaso  ursi,  galt  sonst,  nebst  den 
tatzen  für  ein  leckeres,  vornehmes  gericht. 

BÄRENSCHLAMM,  »i.,  bergmännisch  was  bärenkoth. 

BÄRENSCHM.\LZ,  «.  adeps  ursi,  ausgelassenes  bdrenfett. 

BÄRENSCHOTE,  f  astragallus  glycyphyllus,  auch  wolfs- 
schote. 

BÄRE.NSPIEL,  n.  ludus  ursi,  der  bärenlanx  und  die  Ver- 
kleidung in  baren,  ehmals  eine  grosze  volkslust:  mit  zweien 
lauten  und  bärenspiel.  pers.  reiseb.  1,  4.  deutsche  mythol.  745. 

BÄRE.NSPRACHE,  /.  bezeichnung  der  deutschen  spräche  {s. 
oben  deutscher  bär) :  so  füichte  denn  niemand  (wie  Fichte  im 
j.  1809),  dasz  wir  unsere  bärensprache  verlernen  werden. 
J.  Pacl  nachdämm.  99; 

sonderbar!  wie  wolbekanni 

dünlu  mir  diese  bärensprache.' 

bab  ich  nicht  in  theurer  heimat 

früh  vernommen  diese  laute  ?  Hewe  Atta  Troll  13. 

BÄRENSPRUNG,  m.  saltus,  sallatio  ursi:  er  madit  lauter 

bärensprünge,  tanzt  blind. 
BÄRENSTAND,  m. 

unmenschlich  ist  der  trieb,  von  menschen  sich  zu  scheiden, 

und  Timons  bärenstand  ist  nimmer  zu  beneiden. 
IIagedoe!«  1,  53. 

BÄEIENSTÄNGLER,  m.  alligator  ursi:  unser  Gurgelgrozza 
machts  (im  lustigen  verkehr  mit  den  landleuten)  vil  gugelfüri- 
ger  als  der  baurenfcind  Neidbart  fuchs  beschrieben  hat,  dann 
eim  solchen  mollentrolligen,  aOenrunden  bärenstengler  stund 
es  mechtig  wol  an.  Garg.  5l'. 

B.ÄRENSTECHER,  m.  vgl.  baren  stecben  unter  dem  warte  bär. 

BÄREN.STECHERLEIN,  n.  und  wie  lebt,  sagt  der  mönch, 
das  lieb  berrlin  abt  Trancüelion,  das  bärenstecberlin,  ein  bo- 
denlos gut  zecherlin?  Garg.  2b9'.  scheint  eine  Verdeutschung 
von  tranchelion,  löwentödter,  nach  der  oß  angemerkten  Ver- 
tretung des  löwen  durch  den  baren. 

BÄRENTANZ,  m. 

BÄRE.NTAPPE,  f  pes  ursi,  galt  für  einen  leckerbissen,  der 
von  erlegten  bdren  auf  die  tafel  des  herm  oder  fürsten  gelie- 
fert werden  muste:  ungewontliche  speis  essen,  als  biberschwenz, 
berendoppen.  Keisersb.  Sünden  desmundsi*;  sdiwcnvichtige, 
holzschlegcliche  bärentapen.  Garg.  70'.  dann  auch  name  einer 
pflanze,  wofür  man  an  einigen  orten  der  Schweiz  bärcntalpe 
Aör/  (Staloer  1, 1S5),  s.  das  folgende. 

BÄRENT.\TZE,  f  pes  ursinus:  wie  er  auch  der  bercndatzen 
(ah  leckerhaßer  speise)  nicht  achtet,  er  liesz  sie  den  schwer- 
tapigen  und  greifklauigen  fürsten.  Garg.  54'.  unter  den  kräu- 
tem heuxen  so  acanthus,  anthyltus  vulneraria  und  der  schwamm 
clavaria  coralloides. 

BARE.NTRALBE,  f.  arbutus  uva  ursL  bekannter  unter  den 
namai  mchlbeere,  preiselbeere,  wolfsbeerc. 


1131 


BÄRENTREIBER—  B  ARFUSZ 


BARFUSZ  —  BARFÜSZIGKEIT 


1132 


BÄRENTREIBER,  m.  duclor  ursi,  dann  leno,  kuppler: 

was  kosten  in  nur  die  alten  weiber, 

die  kuplerin  und  berentreiber.    H.  Sachs  III.  3,  71'. 

BÄRENTREIBERIN,  f.  lena,  kupplerin: 

die  alte  berentrciberin, 

wo  hat  sie  wol  der  teufel  hin  ?    H.  Sachs  IV.  3,  20'. 

BÄRENTRUN'KEN,  ebrius  instar  ursi:  etlich  werden  bern- 
trunken, etlicU  sewevoll,  etlicli  hundslrunken,  etlicli  der  teu- 
fel gar.  Frank  trunkenheit  C3'. 

BÄRENWÄRTER,  m.  cuslos  ursi,  bdrenhüler. 

BÄRENWÜRZ,  f.  heracleum  sphondylium. 

BÄRENZOTTIG,  liirsiUus  instar  ursi: 

hüllte  das  töchterchen  dann  aus  dem  bärenzottigen  fuszsack. 
Voss  idyll.  16,  1S8. 

BÄRET,  n.  pileus,  galerus,  cappa,  nach  dem  mlat.  barre- 
tum,  gewöhnlich  birretum,  wie  auch  in  Deutschland  biret,  pi- 
ret  gesagt  wurde:  ob  er  gang  als  die  büben  und  trag  zwei 
örlin  an  dem  barret.  Keisersb.  Sünden  des  mundsbl';  kom- 
men herfür  ir  meine  geschmückte  bareter,  ir  meine  gestickte 
hauben,  ir  meine  früüche  röcki  Wirsung  Cal.  d3';  die  flie- 
genschwämme sind  rund  und  breit  wie  ein  baret  (hut).  Ta- 
BERNAEMONT.  1521 ;  es  Stehet  sehr  übel,  wann  ein  magister  das 
piret  tregt,  und  nicht  darzfi  kan.  Petr.  43";  drug  rot  piret 
oder  ein  narrengugel.  Berliner  hs.  von  meistergesängen.  auch 
ein  frauenkopfpiitz  hiesz  baret,  bareit,  zu  Ulm  gieng  das  Sprich- 
wort 'bareit  und  barfusz',  flitter  am  köpf  und  blosze  füsze. 
SCHMID  s.  43. 

BARETCHEN,  n.  pilcolus:  bin  einmal  einem  um  mitter- 
nacht  erschienen  mit  dem  baretchen  auf  dem  haupte  und 
Stäblein  in  der  band  (als  zauberdoclor).  Fr.  Müller  2, 12. 
BARETLEIN,  n.  dasselbe:  paretlin  zucken.  Scheit  jrofc.  E 2. 
BARETLEINSLEUTE,  pl.  mdnner,  die  das  recht  haben  ein 
baret  zu  tragen,  gelehrte  doctoren:  also  die  bresthaftigen  her- 
rcn  haben  die  schmeichkr  lieb,  das  seint  die  gehübten,  die 
paretlislüt,  die  mer  schaden  thunt  weder  die,  die  ir  paretlis- 
lüt  heiszen,  das  seint  doctores  und  gelert  lüt.  Keisersberg 
narrensch.  12;  wir  lesen  von  Sigmunde  dem  herzogen  von 
Ostereich,  wenn  der  etlwas  mit  dem  adel  redt,  so  zohe  er 
alhvcgen  die  geschrilt  der  weisen  herfürer,  das  verdrosz  den 
adel  und  fragten  in  wie  es  kem,  das  er  allwegen  die  barret- 
lislüt  herfür  züge?  da  sprach  er,  allein  gott  mag  euch  kunst 
und  Weisheit  geben  und  nit  ich,  die  natur  gibt  die.  aber 
usz  euwer  eim  mag  ich  einen  groszen  machen  und  mag  im 
land  und  lüt  geben,  siiber  und  gold  und  grosz  reichtumb, 
darumb  züch  ich  die  gelerten  und  weisen  herfür.  brösaml.  45' ; 
wann  es  eim  fränkischen  reuter  begegnete,  so  sprach  man, 
er  wer  ein  bawrentroll  und  ir  sind  baretlinsleut  und  sind 
noch  dölpischer.  Paracelsus  chir.  sehr.  263'. 

BARETLEWÄSCHER,  m.  interpolator,  mango.  Maaler  315*. 
BARETSLELTE,  was  barelleinsleute :  wenn  Siegmund,  her- 
zog von  Österreich  mit  den  adlichen  beratschlagung  hielt,  so 
licsz  er  oft  die  Schriften  der  weisen  den  ausspruch  thun. 
die  adlichen  zürnten :  warum  ziehst  du  uns  die  baretsleute 
so  vor?  Klopstock  12,  243,  nicht  nach  Keisersberg,  sondern 
nach  Pauli  seh.  und  ernst  cap.  113. 

BARETMACHER,  m.  galerorum  confeclor. 
BARETTELLER,  m.  ein  flaches,  tellerförmiges  baret:  so 
musz  ich  mir,  bei  der  heiligen  äschen,  die  new  kart  bekom- 
men von  vier  auserlesenen  färben,  roten  cardinalshülen,  grawen 
mönchskappen,  blawen  comutschlappen  und  schwarzen  predi- 
cantischen  uberparetdellern.  Garg.  164*. 

BAHF  oder  BARFE,  m.  discalceatus,  barfüszer:  die  barfen 
dunkl  ir  regel  die  beste,  die  prediger  widdcrumb  achten  ir 
regel  die  beste,  augustiner  hin  aus  (voraus).  Luthers  deutung 
des  munchkalbs  zu  Freiberg.    Wittetib.  1523  fol.  5. 

BÄRFELL,  n.  pellis  ursina:  einer  der  mit  bärfeilen  und 
bernstein  iiandelt.  Lessinc  7,  82.  es  heiszl  aber  richtiger  bä- 
renhaiit.  schon  darum  ist  barfeli  in  folgender  stelle  ganz  et- 
was anderes: 

da  sah  ich  stan 
in  eim  parfebl  ein  handwerksman.    II.  Sachs  1,  541. 

meint  es  ein  schürz  feil? 

BARFROST,  m.  gelu  agris  nive  non  leclis,  frost,  ehe  noch 
Schnee  das  crdrrich  bedeckt  hat.  ^  in  mehreren  gegenden  setzt 
man  dafür  das  einfache  haar  oder  bar  substantivisch,  s.  hiachfrost. 

BARFUSZ,  nudis  pedibus,  in  der  Volkssprache  gekürzt  barfes, 
barwes,  barbcs,  barbesig,  nd.  barfcl,  banet,  barft,  vgl.  auch  barf. 
ags.  bärf6t  nudipes,  altn.  barfoetr,  schw.  barfotad,  ddn.  barfodet. 


mhd.  er  gät  für  die  frouwen  barfuo;.   jiingl.  718 ; 
ein  riter  sol  niht  vor  frowen  gän 
barfuoj,  als  ich;  verstän.    Cato  ed.  Zarncke  133, 177. 

(vgl.  barschenkel).  nhd.  zu  derselbigen  zeit  redet  der  herr 
und  sprach,  gehe  hin  und  zeuch  ab  den  sack  von  deinen 
lenden  und  zeuch  deine  schuch  aus  von  deinen  füszenl  und 
er  thet  also,  gieng  nacket  und  barfusz.  Es.  20,  2;  also  wird 
der  könig  zu  Assyrien  hintreiben  . . .  beide  jung  und  alt,  na- 
cket und  barfusz  mit  bloszer  schäm.  20,4;  den  tisch  brieiten 
sie  auf  die  erd,  sitzen  zu  essen  barfusz  herumb.  Frank  wellb. 
104' ;  die  gäns  gehn  ungern  barfusz.  Garg.  92' ; 

so  lasz  mir  die  scharn  iragen  rein, 

die  im  glütofen  ligen  schon, 

darauf  so  will  ich  parfusz  gohn.    Atrer  135* ; 

welche  andern  schu  machen,  laufen  selbst  barfusz  herumb. 
ScHüPPius  712;  so  will  ich  dir  schuh  und  strumpfe  verstecken 
und  solst  du  morgen  den  ganzen  tag  zur  strafe  barfusz  gehn. 
Weise  erzn.  12. 

Wie  nun  das  sl.  bosonohy  allmälich  den  allgemeinen  sinn 
von  nudus  annahm  (sp.  1055),  gerade  so  überkam  ihn  auch 
unser  barfusz,  und  gerieth  in  die  läge,  mit  schwerfälligem 
pleonasmus,  nochmals  zu  fusz  oder  bein  gesetzt  zu  werden, 
schon  die  Goslarer  berggesetze  185  drücken  sich  aus:  der  vote 
scal  en  sin  geschoit,  de  andere  barvod,  wo  es  doch  schöner 
hiesze :  de  andere  bar.  noch  ärger  lautet  die  unmittelbare  ne- 
beneinanderstellung : 

und  wallen  mit  barfuszen  füszen 

gen  Rom  und  zum  heiligen  grab.    H.  Sachs  III.  2,  148'; 

wanderen  van  einem  orde  tho  dem  anderen  mit  barveden 
Voten.  Nie.  Gryse  pawestdom.  Rostock  1593  Xx  1' ;  mit  barfuszen 
beinen  und  abgenommener  mutze  hinein  trat.  Felsenb.  2,  403 ; 
machte  mich  auf  die  barfuszen  beine.  2,  472;  hennebergisch 
sogar,  nach  Reinwald  2,  26,  mit  barbesen  bene  und  mit  bar- 
besen  arsch  (mit  bloszem  hintern),  s.  hernach  barfuszhaupts. 
so  wenig  gehört  dazu,  die  sprachgewohnheit  über  den  offen- 
baren gehall  der  wörler  zu  verblenden  und  unsinn  herbeizu- 
führen. 

Als  adv.  begegnet  nd.  barfotes,  nnl.  barvoets,  analog  dem 
unter  barbein  angeführten  barbens :  si  he  van  sinem  rosse  af- 
gestegen  und  barfotes  in  de  stad  geghan.  Grvse  LI  3' ;  etlike 
ghan  barvotes,  etlike  slapen  in  härenen  hembden.  Nn3'.  die 
absolution  wäre  genauer,  wenn  es  hiesze  bars  fotes.  hd.  er- 
scheint weder  baares  fuszes  (wiewol  es  könnte  gesagt  werden), 
noch  barfuszes,  was  sich  doch  leicht  in  barfusz  kürzte,  also 
mit  dem  adj.  zusammen  fiele. 

BARFÜSZER,  m.  discalceatus,  nnl.  barvoeter:  so  sol  sein 
schwegerin  im  einen  schuch  ausziehen  von  seinen  füszen  und 
in  anspeien  ....  und  sein  name  sol  in  Israel  heiszen  des 
barfüszers  haus.  5  Mos.  25,  9. 10.  vorzugsweise  nionachus  dis- 
calceatus: damit  sie  der  barfüszer  spotten.  Fischart  bienenk. 
27' ;  dann  er  (der  pabst)  hat  doch  das  barfüszer  Franzlein  in 
Lucifers  stul  erhöhen  können.  48';  dasz  dem  papst  der  stul 
gezuckt  und  die  Schlüssel  gebrochen  würden,  wie  sehr  man 
in  auch  mit  bischofstäben  und  mit  barfüszerslricken  umwin- 
det. 49";  denn  das  vermag  kein  cartheuserkappen,  barfüszer- 
stricke,  noch  aller  monche  heiligkeit.  Luther  6,  78'; 

man  mich  ein  parfüszer  münchen  nennt.    Avrer  fastn.  99*. 

zu  den  barfüszern  begraben.  Bocc.  2, 134'.  135'  will  sagen  ins 
barfüszerkloster,  weil  der  örtliche  begrif  oß  durch  den  persön- 
lichen ausgedrückt  wurde  (gramm.  3,  420.  421.  784.  4,  289.  290), 
und  gerade  so  hiesz  es  zu  den  Schotten,  zu  den  Einsiedeln, 
zu  den  Ursulinerinnen. 

BARFÜSZEHEl,  f.  nuditas  pedum:  unsere  sinesischc  pc- 
dülatrie  (fuszanbeterei)  verslattel  leichter  jede  höhere  nackt- 
heil, z.  b.  des  busens,  des  rückcns,  als  die  barfüszerei. 
J.  Paul  Levana  1,  275.    vgl.  das  nicht  barfusz  vor  frauen  gehn. 

BARFUSZHAUPTS,  adv.  nudo  capile,  für  barhaupts,  nach 
dem  vorhin  gerügten  pleonasmus :  barfuszhaubts  fallen  die  llüs^ 
(wenn  man  das  haupl  unbedeckt  läszt,  ereignen  sich  schlagflüsse). 
Garg.  156'. 

BARFÜSZIG,  nudipes:  es  ist  billich,  das  wir  unser  gSle  rock 
abziehen,  iiisz  auf  unser  henibder  ausgethan  und  barfüszig  zum 
keiser  umb  gnad  zu  bitten  geon.  AimunC:^';  nichts  dann  al- 
lein ire  hembder  aiihchieltcn,  auch  barfüszig  von  iren  gezel- 
ten  schieden,  ebenda;  etliche  gehen  bariiaupt,  vil  barfüszig, 
aber  all  mit  einander  müszig.  Fischart  bienenk.  V.** ;  die  bar- 
füszigeu  Rammler  {dorfjungen).  J.  Paul  Fibel  10. 

BARFÜSZIGKEIT,  f.  nuditas  pedum.  Voss  myth.  br.  s.  137. 


1133 


BARFÜSZLER— BARKHOLZ 


BARKOPF  — BARMEN 


1134 


BARFÜSZLER,  m.  was  barfuszer: 

damit  man  spöttisch  nicht  barfüszicr  zu  ihm  sagt. 
LoGAD  1,  5,  84 
mit  bezug  auf  5  Mos.  25,  9 

BARG,  ablaut  von  bergen. 

BARG,  m.  porcus,  nnl.  barg:  nimb  ein  guten  theil  Rain- 
berger  Schmer,  das  von  einem  barg  sei.  Secter  336 ;  300  bärgk 
und  färklin  von  der  milch  kommend.  Garg.  236'.    s.  barch. 

BARGAÜN,  f.  s.  das  folgende. 

BÄRGE,  /".  horreum  foenarium,  in  der  Schweiz  ein  heu- 
schober  im  gebirge,  dodi  ohne  riehslall  darunter  (da  sich  sonst 
die  begriffe  scheune  und  stall  begegnen,  s.  banse),  mit  der 
merkwürdigen  nebenform  bargaun  und  bargüne.  Stalder  1,135. 
auch  bei  den  marschbewohnern  in  Holstein  heiszt  ein  luftiger 
Schober  ohne  wände  barg.  ScHiJtZE  1,  68.    mehr  unter  berg. 

BÄRGELD,  n.  pecunia  parata,  barschaß  Stieler  681,  bes- 
ser vnzusammengesetzt  haar  geld,  baares  goid,  Maaler  50' 
setzt  zwar  bargält,  aber  mit  barem  galt  bezalen;  auf  schul- 
den, bargelt  und  fahrende  hab.  Frank f  reform.  1, 13,  4 ;  schicke 
ich  dir  hiemit  ein  bargelt,  mit  dem  du  dich  auf  dem  tburnier 
rüsten  magst.  Galmy  118;  es  musz  allwcgen  bargelt  da  sein, 
kumm  ich  auf  den  fischmarkt,  sehen  die  fischer  bald,  ob  ich 
umb  bargelt  oder  auf  borg  kaufen  wüll.  Uhlasd  620;  dasz 
man  niemand  mehr  gefunden  hei,  der  ein  meszlin  auch  umb 
gut  pargelt  bet  singen  wollen.  Fischabt  bienenk.  4*. 

BÄRGESTALT,  /.  figura  ursi: 

die  gelahrten  werden  angebunden 

wild  in  bärgestalien  an  ihr  pult.    Bcrger  57'. 

B.ÄRHAFT,  fertilis,  mhd.  berhaft  (Bes.  1,140")  Maaler  49'; 
Thracia  ist  nit  allerdingen  fruchtbar,  auch  nit  allenthalben 
bärhaft.  Stcmpf  1,  5';  die  wiber  der  Gallier  sind  über  andre 
fruchtbar  und  bärhaft.  1,  103*;  die  ärzt  rieten,  sie  soll  wein 
gebrauchen,  wolt  sie  berhaft  bleiben,  aber  der  keiser  liesz  ir 
sagen,  er  wolt  lieber  ein  unfruchtbar,  dann  ein  weinseuferin 
liaben.  Frank  deutsche  chron.  258'. 

BARHAUPT,  capite  nudo:  barhaupt  sein,  capillos  solvere. 
Maaler  50';  sobald  si  ein  man  nimpt,  gehet  si  blosz  und 
barhaupt.  Frank  ice//6.  76' ;  ich  bet  im  (detn  söhn  Eissclmarr) 
terbolten,  dasz  er  nicht  barhaupt  solt  sitzen,  aber  er  hats 
nicht  gethan,  da  hat  in  die  sonn  so  heisz  gestochen  auf  sein 
köpf,  dasz  er  zerschmolzen  ist.  seh.  und  ernst  cap.  251;  et- 
liche gehn  barhaupt,  vil  barfüszig,  aber  all  mit  einander 
müszig.  Fischart  bienenk.  29*; 

barhaupt  mich  zu  sehn!   Voss  5,  52; 

schreitet  barhaupt,  barfusz  zur  kapeile.    CHAaisso  357 ; 

wogegen  {dasz  Socratcs  und  Cato  auf  dem  markte  barfusz  ge- 
gangen) barhaupt  (chapeaubas)  gehen  ihm  nicht  halb  so  viel 
war.  J.  Pacl  Siebenk.  1,  96;  ladenjungen  standen  barhaupt 
unter  den  ladenthüren.  /«/.  «ac/i/.  4, 176;  er  that  an  den  sehr 
ernst  unter  seiner  thür  stehenden  wirt  barhaupt  am  stalle 
die  frage,  flegelj.  1,  96. 

BARHÄUPTIG,  dasselbe:  gienge  die  ganze  procession  bar- 
hcubtig.  LimtEB  5,27';  weil  ich  allezeit  paarhäuptig  zu  gehn 
pflegte.  Simpl.  1,  68. 

BARHAUPTS,  adv.  fein  barhaupls,  wie  jener  kriegsfürst  in 
schnee  und  regen,  das  ist  weidmännisch.  Garg.  244*. 

BARIL,  n.  cadus,  franz.  baril:  da  wachsen  lange  ror  in 
der  grösze,  als  ein  baril  oder  zimliche  legcl  umb  sich  bat. 
Fräs»  weltb.  206'. 

BARILL,  f  perspicillum,  brille,  pl.  barillen.  Agricola  spr. 
335*.  Henisco  190;  wie  ein  ieglicher  ein  barill  auf  der  nasen 
hat,  also  erscheinen  im  alle  ding.  Frask  von  heillosigk.  87 
und  bäum  des  Wissens  128;  bei  teufein  und  warsagern  rat 
fragen  und  in  die  barill  sehen,  darnach  ein  gebcude  anstel- 
len oder  auf  gespenst  und  des  bergmendels  gerümpel  kuz 
bawen  ist  christlichen  leuten  nicht  zu  raten.  Mathesils  38*. 
BÄRIN,  f.  ursa,  ahd.  pirin,  mhd.  bhnn,  berin.  Ben.  1^  104*. 
BÄRISCH,  urtinus: 

und  mit  seiner  beerUchen  stimm 

murrt  er  und  grisgrammet  mit  grimm.   H.  Sachs  II.  4,  50'. 

BARKE,  f  navicula,  mlat.  barca,  barga  (Diez  1,  26),  it. 
barca,  franz.  barque,  nnl.  bark.  mhd.  Bes.  1,  89*.  nhd.  zuerst 
bei  Hesiscu  188.  Stieler  134;  Rose  sasz  in  der  leichten  barke 
und  schwamm  über  die  spielenden  wogen.  Klisceb  10,  127. 
mitunter  heiszen  auch  leichte  lastschiffe  barken. 

BARKHOLZ,  n.,  ein  an  der  barke  festes  holz,  zum  eiji- 
nnd  aussteigen,    nnl.  barkhout. 


BARKOPF,  adv.  nudo  capite.  Hekisch  186.  besser  barkopfs, 
baares  kopfes. 

BARKÖPFIG,  was  barhäuptig.  J.  Paul  Siebenk.  2,  t27. 

BÄRLAPP :  der  lohe  lichtfunke  Prometheus  ist  ausgebrannt, 
dafür  nimmt  man  jetzt  die  flamme  von  bärlappenmehl.  Schil- 
ler 106.    s.  bärcnlappe. 

BÄRLATSCHE,  f  unförmlicher,  plumper  fdzschuh,  einer 
bärentappe  ähnlich,  auf  bärlatschen  gehn,  leise  treten; 

'die  schönsten  latschen  an  den  füszen' 
sie   trug  also   latschen   und  zwar  an  den  füszen.     ist  trug 
das  rechte  wert?    sagt  man:    die  taube  hat  latschen  an  den 
füszen,    oder    sie    trügt?     man    fällt  beinahe  durch  das  wort 
tragen  auf  bärlatschen  oder  lilzschuhe.  Gellert  1,  313. 

BARLAUFEN,  cursu  certare.  Schm.  1,292.  2,444.  mhd.  die 
baiTe  loufen.  Wh.  1S7, 15.  alld.  bl.  2,  224.  Lanz.  282.  Altsw. 
89,  27.    vgl.  barchat  laufen,    s.  barre  3. 

BARLEN,par//ere;i,  schwei:.  parla  (Tobler  36"),  rotwelsch  barle : 

ja  wenn  du  je  da  vil  barln  weist, 

uns  mit  hundo  und  grenguus  drohen.    Atrer  47*. 

BARLEFRANZ,  morbus  gallicus,  lues  venerea:  es  müsten 
etwan  die  barlefranz  oder  sogenannten  franzosen  sein.  Simpl. 
1,376(382).     doch  aus  parier  franjais? 

BARLEIBIG,  nudo  corpore:  meint  ihr,  dasz  ich  meine  tochter 
barleibig,  als  ein  gerupft  hühnlein  verkaufen  soll?  Mcsaecs4,145. 
BÄRLEIN,  n.  ursulus,  bärchen,  sonst  auch  ein  hundename  (wie 
fuchs  und  wolf) :  ertrenkt  ihren  hund,  der  hiesz  bärlin.  Garg.  258*. 
BARM,  m.  sinus,  gremium,  goth.  barms,  sowol  y.ö/.nos  als 
arrj&o;,  ahd.  param  (Graff  3, 154),  mhd.  barm  (Bes.  1, 142'), 
alts.  barm,  ags.  bearm,  alln.  barmr,  schw.  ddn.  barm,  dies 
Irepiche,  von  heran  abstammende  wort,  drücke  es  nun  den  sich 
hebenden  busen  aus  oder  den  tragenden  schosz,  ist  uns  heule 
beinahe  erloschen,  wie  auch  ein  engl,  und  nnl.  barm  in  sol- 
cher bedeutung  fehlen,  noch  bei  Ruprecht  von  Freisincen 
/).  159  ed.  Westenr.  paren  Abrahams,  möglicherweise  ist  es 
doch  in  bärmig,  barmung,  barmherzig  enthalten  (s.  zum  letzte- 
ren wort).  Höchst  merkwürdig  aber  steht  dem  alts.  barm  sinus, 
gremium  ein  farm  amplexus,  dem  alln.  bannr  sinus,  gremium 
ein  farmr  onus,  das  was  getragen  wird  zur  seile,  so  dasz  auf  ein 
dem  bairan  vorausgehendes  älteres  fairan  (=  lat.  ferre)  geschlos- 
sen werden  darf,  wie  von  fairguni  auf  ein  älteres  fairgan  statt 
bairgan.  an  fiures  farm  Hei.  75, 10  ist  in  amplexum,  in  gre- 
mium ignis  und  thes  flüdes  farm  133,  9  fluctuum  amplexus. 

BÄRMDE,  f  misericordia,  erbarmen:  dasz  er  ein  wilde."; 
thier  hätte  zur  bärmbde  bewegen  sollen.  Puilander  2,  593. 
s.  barmen. 

BARME,  f  cyprinus  barbus,  entstellt  aus  barbe. 
BARME,  BÄRME,  f.  faex,  ags.  beorma,  engl,  barm  erscheint 
auch  in  Deutschland  statt  des  üblicheren  hefe,  nnl.  hef,  ist 
aber  wie  dies  von  heben  und  das  franz.  levain  von  lever  von 
beren  =  sich  heben,  emportragen  zu  leiten,  die  barm  oder 
befen.  Houberg  .%58*;  den  inost  von  der  banne  oder  hefen 
abziehen.  3,  284*.  man  versteht  darunter  sowol  den  aufstei- 
genden schäum  als  die  zu  boden  sitzende  hefe.  in  nordwest- 
lichen gegenden  Deutschlands  nennt  man  auch  bärme  die  sich 
am  deich  hebende,  häufende  erde  und  unterscheidet  auszen- 
bärme  von  der  binnenbärme;  am  yiederrhein  heiszt  barm  ein 
im  freien  aufgeslellter  häufe  ungedroschener  frucht.  ebenso  nnl. 
barm  und  barmte  für  hügel,  erdaufwurf,  dämm,  in  Geldern 
für  heuhaufe.  vgl.  Bannen  bei  Elberfeld. 
BÄRMELN,  misereri,  s.  das  folgende. 
BARMEN,  misereri,  erbarmen,  ahd.  pannanto  miserando 
(Graff  1,  423),  mhd. 

daj  e;  barmen  muose  den  Guntheres  man.    yib.  80C,  3  D ; 
si  barmet  sich  den  armen  al  ze  guote.    ilSH.  3,  14' ; 
nhd.  ihn  barmte  der  uninündgen  härm  und  weinen.    Tif.ck  2,  86; 
nein,  wegen  seines  barmenden  (lamentabilis)  geschreies! 
Herder  13,  67. 
et  mug  en  stoen  in  de  ccT  barmen,  sollte  einen  stein  in  der 
erde  erbarmen.  ScHf^TZE  holst,  id.  1,  70 ;  es  verhärmt  ihn,  er- 
barmt,   betrübt   ihn.     alln.  barma  ser,    lamenlari,    vor  miUeid 
jammern,  wehklagen;  allschw.  barma  misereri:  gud  barme  then 
omildhe  hempd,  deus  misereatur  immilis  vindiciae;    ömka  ok 
barma,  lamenlari  et  misereri.  Ihre  137.  in  Sachsen  und  Thüringen 
barmen  lamentieren,  sie  barmt  erschrecklich,  thut  ganz  kläglich. 
Schon  Hesisch  190   deutete  barmen  aus  beanncn,  ihm  fol- 
gen Adelung   und  die  neueren,    denen  auch  erbarmen  erbear- 
men igramm.  2,  808),  barmherzig  beannherzig  ist.    doch  heben 
sich  Zweifel. 


1135 


BARMEN 


1)  volles  piarmfin,  bearnien  u.  s.  w.  zeigt  sich  nie,  da  doch 
sonst  ahd.  kiengan  kiangti,  kiarton  steht,  wie  nhd.  beengen, 
beerben,  für  unser  bleiben  aber  mhd.  beliben,  7ieben  mhd. 
blangen  belangen  gilt,  bange  wurde  erklärt  aus  beange.  ar- 
punnan  scheint  dem  arparamen  nicht  ganz  gleich,  denn  da 
unnan  gönnen,  arpunnan  misgönnen  ausdrückt,  sollte  auch  die 
bedeutung  von  armen  miscreri  sich  umdrehen  in  arparmen, 
grausam,  hartherzig  sein,  allein  arparmen  meint  was  armen. 
man  müsle  sagen,  dasz  den  parlikeln  ar  und  pi  bald  priva- 
tive, bald  intensive  kraß  beiwohne. 

2)  wie  kommen  Schweden  und  Dänen  zu  barma,  förbarma, 
forbarme?  sie  haben  keine  parlikel  be,  auszer  in  erborgten, 
deutschen  Wörtern,  sollten  auch  jene  von  uns  entlehnt  sein? 
freilich,  die  altn.  spräche  gewährt  kein  förbarma,  doch  das 
angezogne  barma  lamentari,  von  welchem  förbarma,  forbarme 
ungezwungen  sich  ableiten,  barma  aber  wird  von  Ihre  unbe- 
denklich unter  barm  gremium  gestellt,  man  musz  auch  ein 
ahd.  parmon  sicher  zu  param  sinus,  gremium  stellen:  si  in 
barmöta,  suslentavit  gremio.  N.  Cap.  62  (Graff  3,  154).  Be- 
necke Ihut  jedenfalls  zu  viel,  dasz  er  auch  dieses  wort  1,  59 
unter  arm  setzt. 

3)  nl.  und  7id.  tritt  eine  eigne,  vom  hd.  erbarmen  abwei- 
chende Wortbildung  auf,  mnl.  ontfaermen,  nnl.  ontfermen,  mnd. 
entfarmen,  z.  b.  oft  im  Reineke  oder  bei  Detmar  2,  395.  dies 
kann  nicht  aus  ontbaermen  geworden  sein,  da  die  partikcl 
ont,  ent  niemals  das  anlautende  B  des  folgenden  worles  in  F 
wandelt,  überdies  die  hd.  Zusammensetzung  entbarmen  nirgends 
vorkommt;  noch  weniger  liesze  sich  das  F  aus  einem,  gar  nicht 
vorhandnen  afaermen  {gleichsam  abarmen)  deuten,  vielmehr  in 
faermen,  farmen  scheint  das  vorhin  iinter  barm  hervorgehobne 
alts.  farm  =  barm  enthalte7i,  wodurch  wir  nochmals  von  armen 
ab  und  auf  barm  gelenkt  werden. 

4)  wie  das  transitive  barmön  in  gremium  suscipere,  fovere 
hiesz,  würde  ein  intransitives  barmen  sinu  commoveri,  innerst 
erregt,  bewegt  sein,  a7ilayxvit,sad'ai  aussagen  und  diese  sinn- 
liche deutung  von  barmen,  erbarmen,  baraiherzig  aus  barm  der 
oben  gewagten  von  arm  miser  aus  arm  brachium  zu  statten  kom- 
men, der  unglückliche  wird  vom  mitleidenden  in  den  arm 
oder  auf  den  schosz,  an  die  brüst  genommen,  beidemal  entfaltete 
sich  die  abslraction  misereri,  hinter  den  abgezognen  würtein 
läge  schön  ein  sinnlicher  grund.  ein  gangbarer  alln.  ausdruck 
für  misereri  lautet  kenna  i  briosti,  in  der  brüst  fühlen,  und 
brioslgüdr  ist  misericors,  briostlaus  ferox,  unerbarmend.  die 
ausdrücke  für  reue  haben  oft  ähnlichen  Ursprung,  scheint  doch 
im  lat.  miser,  misereri,  maestus,  maerere  ein  sinnliches  niclari, 
skr.  mil,  die  äugen  niederschlagen  enthalten  und  unser  trauern 
ihm  vergleichbar  (Haupt  7,  456).  zugleich  aber  wird  der  miser 
ein  fiiar^Tos,  ganz  wie  der  bejammerte  elende  ein  armer,  er- 
bärmlicher, verachteter,  wenn  barmiierzig  dem  misericors  nach- 
gebildet sein  soll,  wie  könnte  es  erbärmlich  ausdrücken? 

BARMHERZIG ,  misericors,  lamenlabilis,  ahd.  paramberzi, 
barmherzi  (Graff  4, 104G),  mhd.  barmherze  (Ben.  1,  674),  nnl. 
.  barmhartig,  schw.  barmhertig,  dän.  barmhjertig,  milleid,  er- 
barmen im  herzen  tragend,  fühlend,  goth.  nur  armahairls, 
ags.  nur  earmheort,  ahd.  beides  armherzi  und  Itarmherzi ; 
mhd.  nur  barmherze,  nicht  mehr  armherze,  knechtische  nach- 
ahmung  des  lateins  braucht  hier  gar  nicht  obzuwalten.  Ui.fi- 
LAS,  wenn  ihm  gr.  texl  vorlag,  dachte  bei  Verdeutlichung  von 
et'on^.nyxvoe  durch  amiaiiairts,  ton  i'ÄBOs  und  i/.er^fj.oovi'r] 
durch  armahairtei,  anT)ahairli|)a  nictU  an  misericors,  miseri- 
cordia,  die  goth.  spräche  konnte  selbständig  zu  diesen  aus- 
drücken, wie  zu  hauhhairts,  liryinjahair^s,  hankihairts  gelangt 
sein,  warum  nicht  die  ahd.  zu  armherzi,  Iwrmherzi,  wie  zu 
miltherzi,  hroinherzi,  rehtherzi,  hcijherzi?  Mallh.  6,4  hat  die 
vulg.  elemosyna,  nicht  miseric.ordia,  wo  freilich  auch  ahd.  elc- 
mosina  sieht,  golh.  aber  armahairli|)a,  das  wie  armaiö  den  be- 
grif  des  almosens  einschlieszl.  neben  armherzi  aber  durfte  die 
spräche  sehr  wol  ein  ähnliches,  doch  vcrschiednes  barmlierai 
entfallen. 

Nhd.  findet  sich  das  adj.  barmlierz  gar  nicht  mehr,  nur 
barmherzig,  und  in  Lctiiers  bibel  sehr  oft,  i.  b.  golt  barm- 
herzig und  gnedig.  2  Mos.  34,  C;  der  lierr  dein  gotl  ist  ein 
barmherziger  gotl.  6  Mos.  4,  31 ;  der  gottlose  borget  und  bc- 
zalet  nicht,  der  gerecht  aber  ist  barmherzig  und  milde,  ps. 
37,  21 ;  es  haben  die  barmherzigste  «eiber  ire  kinder  selbs 
müssen  kochen,  das  sie  zu  essen  helten..A7(j(7/.  Jcr.  4,  ifl ;  so 
du  demütig  bist,  keusch  lebest,  almusen  gibst,  armen  leuten 
barmherzig  bist.  Keisersii.  «ünt/en  Jei  niunt/«  75' ; 


BARMHERZIGKEIT— BÄRMUTTER       1136 

es  will  der  grosze  gotl  barmherzig  sein  der  weit. 
pers.  rosenth.  7,  20. 

Barmherzig  heiszt  aber  auch  milleid  einßöszend,  erbarmcns- 
werth,  elend:  er  kan  auch  kein  besserung  seines  leidens  ha- 
ben, denn  dasz  er  ein  lauten  neme  und  also  barmherzige 
(rührende,  zum  milleid  beilegende)  traurige  liedlein  schlage 
und  singe.  Wirsung  Ca/.  L3*;  wie  ist  das  so  ein  barmherzige 
entschuldigung,  dasz  sie  sagen,  sie  seien  leibarzet  und  nicht 
wundarzet,  damit  wollen  sie  ihre  thorheit  beschirmbt  haben. 
Paracelsus  chir.  sehr.  193';  er  machte  ihm  die  äugen  mit 
Speichel  nasz,  und  sah  so  barmherzig  aus,  dasz  alle  alte 
weiber  weinen  musten.  Gryphils  1,  724;  lustig,  mädchens! 
hochzeit,  hochzeit!  nu?  ihr  seht  ja  so  barmherzig  aus?  was 
fehlt  dir  Juliane?  Lessing  1,  461;  da  geht  der  barmherzige 
(arme)  schlucker;  der  kerl  ist  ein  barmherziger  reiter;  das 
ist  doch  ein  barmherziges  (erbärmliches)  weiter!;  ein  barmher- 
ziger (elender)  Unterricht,  diese  bedeutung  ist  heule  fast  un- 
gewöhnlich  geworden,  zeigt  aber  augenscheinlich  den  Zusam- 
menhang zwischen  barmherzig  und  barma  lamentari. 

BARSIHERZIGKEIT,  f.  misericordia,  gralia,  mhd.  barmherze- 
keit.  pass.  K.  4, 11 ;  nhd.  sihe  dieweil  dein  knecht  gnade  fun- 
den  hat  für  deinen  äugen,  so  woltestu  deine  barmherzigkeit 
grosz  machen.  1  Mos.  19,  19 ;  die  barmherzigkeit  thu  an  mir, 
das  wo  wir  hinkommen,  du  von  mir  sagest,  ich  sei  dein  bru- 
der.  20,  13;  und  die  dirne  geDel  im,  und  sie  fand  barmher- 
zigkeit für  im.  Esther  2,  9;  und  der  könig  gewann  Esther  lieb 
über  alle  weiber,  und  sie  fand  gnade  und  barmherzigkeit  vor 
ihm  vor  allen  Jungfrauen.  2, 17 ; 

etlicher  ist  beim  trunk  andechtig 
als  wer  er  voller  heiligkeit, 
und  ist  hier  und  barmherzigkeit. 

Ringwald  laut.  warh.  79, 

Wortspiel  mit  hier  und  barm,  hefe. 

mein  söhn,  wie  hat  uns  der  mittler 
mit  barmheizigkeiten,  mit  huld,  mit  gnade  beseligll 
Klopstock  Mess.  11,  261 ; 

wie  denn  auch  eine  beleidigende  art  des  wolwollens,  barm- 
herzigkeit genannt,  die  ein  wolwollen  ausdrückt,  was  sich  auf 
den  unwürdigen  bezieht,  unter  menschen  gegen  einander  nicht 
vorkommen  sollte.  Kant  5,  295.  man  sagt  ohne  gnade  und 
barmherzigkeit,  da  ist  keine  gnade  und  barmherzigkeit,  kein 
erbarmen;  sie  schlugen  ihn  ohne  gnade  und  barmherzigkeit 
tod.     Opitz  braucht  es  einmal  für  hang  des  herzens: 

für  itllen  sol  uns  nicht  barmherzigkeit  beiwohnen 
auf  euszerliche  pracht.    4,  327. 

BARMHERZIGLICH,  adv.  misericorditer : 

demnach  du  nu  mein  gott  ... 

mein  gebet  barmberziglich  erhöret.  Weckherlin  124. 

BÄRMIG,  tnisericors,  mhd.  barmec.  pass.  K.  439,  30 ; 

nhd.        recht  bärmig  milde  nie  verdarb, 

kargheit  grosz  schand  allzeit  warb. 

Brands  Frddank  1539.  14», 
wo  der  urtext  liest  87,16: 

reiniu  milde  nie  verdarp, 

so  erge  manege  sclianae  erwnrp. 

BÄRMLICH,  misericors,  misericorditer,  bei  B.  Waldis. 

wenn  andre  bärmlich  sich  beklagen.    Götbe  13,  126. 
BÄRMUF,  m.  manica  e  pelle  ursina  facta. 
BARMUNG,   f   misericordia,    erbarmung.     mhd.  bannunge. 
Walther  7,  36.  36,  23.  pass.  K.  147,  89.  639,  34.    nhd. 

auf  das  bleib  in  der  wag 

bannung  in  miliclmasz.    II.  Sachs  II.  2,  61'; 

würst  an  deiner  barmung  nit  vil  gwiniicii.    III.  t,20; 

sein  barmung  über  uns  leszl  wallen.    III.  1,  153*; 

durch  seiner  milden  barmung  gnaden.  IV.  1,  57*. 
BÄRMUTTER,  f.  uterus,  matrix,  gebärmutier,  nul.  baarmoe- 
der,  dann  auch  für  multerbeschwcide,  passio  hysterica :  die 
weil  mancherlei  sinn  und  ursacli  von  dem  griniuicn  {colica) 
gehalten  werden  zu  sein,  dariimb  entspringen  viel  seltzanier 
namen,  das  einer  torsiones,  turinina,  der  ander  colicani,  der 
dritte  bärmutier,  der  multer  siechlag  uennt.  Paracei.sus  t, 
527';  ich  gieng  kainmal  schlafen,  ich  hett  dann  ein  renftlin 
brol  verzert  und  zu  ietlichem  bissen  ein  glas  wein  ausgczächt, 
das  bekäme  mir  ganz  wol  an  der  bermfiter,  die  mich  v»st 
engsliget.  WinsuNc.  Cal.  K2';  luna,  welche  hals,  genick,  Schlund, 
magen,  bauch,  biirniutter,  link  seit  ein  hat.  Fischart  grosxm. 
03;  da  er  (Lrmnius)  mit  gestank  gcluanler  abscbnidling  von 
loder  und  hörnern  die  pest  wolt  vertreiben,  als  ob  die  leut 
die  biirmutter  hetleii.  Gurg.  182*.    vgl.  deutsche  mylhol.  s.  IUI. 


1137 


BÄRMUTTERIIÖLE  —  BARN 


BARX 


1138 


BARMUTTERHÖLE,  f.  viuUermund. 

BÄRMLTZE,  /■.  galerus  pelle  ursina  munitus,  eine  soldaten- 
Iracht.     solche  Soldaten  heiszen  auch  selbst  bärmiUzen. 

BARN,  fj.  infans,  proles,  der  syntactischen  fügung  nach 
bald  auch  tn.,  bald  f.  {gramm.  4,  2C7),  früher  allen  deutschen 
mundarlen  ohne  ausnähme  gemein,  goth.  barn,  ahd.  parn,  mhd. 
barn,  alts.  barn,  mnl.  baren,  ags.  bearn,  frics.  bern,  altn. 
schu:  dän.  barn,  heute  nur  dauernd  in  den  nordischen  und 
friesischen,  auch  in  engt.  Volkssprache  bairn.  von  der  wurzel 
bairan,  heran,  wie  rixvov,  rtxos  von  tsxsTp,  rixreiv,  und 
dem  berusis,  parens,  xoy.svg  zur  seile,  aus  dm  urverwandten 
sprachen  begegnet  litt,  bernas,  lelt.  bebrns  kind,  söhn,  knechl, 
gerade  uie  arbja,  erbe,  söhn  die  bedeutung  von  rab  knecht  an- 
nahm {sp.  539). 

Da5  icort  ist  nhd.  nnl.  längst  erloschen,  schon  mhd.  über- 
tciegt  kini,  doch  haben  barn  noch  Hcco  vox  Laxgensteix  in 
der  Martina  und  Helblixg  8,  233,  nicht  mehr  Boner,  Slciiex- 
wiRT,  \VoLRE.\sTEi\.  am  festesten  könnte  es  in  den  Zusammen- 
setzungen westebarn  und  muoterbarn  gehaftet  haben;  auch 
mal.  erscheint  es  zuletzt  in  moederbaren  beim  dichter  der  kin- 
der  von  Limburg,  der  noch  in  die  zweite  hdlfte  des  14  jh. 
fällt,  das  iöjh.  ueisz  nichts  mehr  davon  und  keins  der  älte- 
sten hd.  icOrterbücher  hat  eine  spur  übrig,  auch  die  oberdeut- 
sche Volkssprache  nicht,  es  reicht  also  nicht  mehr  ins  nhd.  ge- 
biet, und  wird  hier  nur  angezogen,  um  die  forschung  zu  scluir- 
fen,  da  es  aller  mühe  werth  ist,  genauer  zu  ermitteln,  wann 
ein  so  alter  xmd  natürlicher  ausdruck  das  letztcmal  außauchl. 

BARN,  m.  praesepe,  krippe,  raufe,  die  ahd.,  bei  Graff 
ganz  mangelnde  form  ist  schwach,  parno  dat.  parnin  (Haupt 
3,  462),  wozu  die  Variante  barnen  Parz.  209,  4  stimmt,  die 
späteren  sumerl.  51,  17  geben  praesepe  parn  und  eine  gl.  bei 
Mose  7,591  houbam  focnile.    mhd.  barn  stark: 

in  den  barn  er  sich  so  habie  {hielt  sich  so  zur  krippe), 

daj  er  der  spise  swaude  vil.    Parz.  165,  27; 

Segraraors  kasteiän 

huop  sich  gein  sinem  barne  sän.    2S9,  4; 

daj  man  den  muose  legen, 

der  elliu  dinc  miioj  beWarn, 

in  einer  chuo  bain.    nnejenje  31,  48; 

und.  ijjet  nil  gern^  nach  dem  riien, 

den  barn  gnagt  zu  allen  ziten.    anlasteriO; 

nu  hdstft  dich  in  den  baren  geleif.  mysl.  343,  15.  nhd.  darzu 
sol  ein  knecht  nemen  ab  dem  wagen  ein  garbe  und  sol  si 
den  rindern  für  werfen,  ald  dem  meier  in  den  barn.  wcisth. 
1,  307;  wo  aber  ein  bauw  darauf  gesetzt  wird,  der  soll  mit 
vier  hohen  wenden  ufgericht  werden  und  soll  darin  setzen  ein 
barn  und  raif  t?rauO,  darzu  ein  beth,  im  fall  der  gericbts- 
herrn  einer  quem,  und  nit  underkomen  könt,  soll  er  daselbs 
mit  einem  knecht,  zweien  pferden  und  eim  hund  in  zu  zechen 
haben.  2,197;  wan  ein  pferd  ledig  wird  von  dem  barn,  so  es 
sich  von  dem  barn  abzerref.  Keisersd.  g.  spinn,  bei  Oberlin  97 ; 

schwingen  das  fuler  in  den  parn 

und  furlegen  den  unsern  gurren,    /astn.  sp.  251,  3; 

do  mein  pferd  soll  sieen  am  parn.   fastn.  sp.  1137; 

wer  ein  pfert  am  baren  hat, 

zu  fusz  darf  er  nit  gan.    Uuiajcd  103; 

daneben  ein  hengsi  am  baren  halten.    B.  Waldis  4,  76; 

welcher  kein  ros  am  paren  hat.    II.  Sachs  II.  4,  .3'; 

wo  in  {den  reichen)  die  armen  schuldig  warn, 

half  ich  sie  bringen  zu  dem  parn.    III.  I,  115'; 

er  hieb  leichter  vier  res  am  barn.    III.  3,  71'; 

ich  wil  zum  barn  dich  bringen  fein 

und  dich  vor  dem  pdeger  verklagen.    IV.  3,  41*; 

hab  also  lang  fortuna  gsungen, 

bisz  mirs  ros  ist  In  baren  gsprungen.  V,  350'; 
ich  wil  inen  nemlich  der  halfler  an  dem  barn  nicht  verges- 
sen.^ LcTHEH  1,  103";  darumb  sie  von  den  allen  narren  fast 
besucht  ward,  denen  sie  auch  der  halfter  am  barn  nicht  ver- 
pasz,  sondern  sie  schand  die  auf  das  lebendig.  Wirsung  Cal. 
El";  golt  kann  uns  nicht  zum  baren  bringen,  dann  durch 
das  creuz.  Fban«  lasier  U;  ein  ochs  erkennet  seinen  hcrren 
und  ein  escl  den  bam  seines  mcisters.  e3;  da  hat  er  sich 
an  den  widerspennigen  burgern  heftig  gerochen  und  (sie)  zum 
barn  bracht,  chron.  315*.  517*;  ein  pferd  am  (/.  an)  baren 
füren.  Agbicüla  66*;  es  gehiiren  vi!  ackergurren  darzu,  bisz 
sie  einen  solchen  reisigen  gaul  am  baren  erhalten,  ass'j  wer 
müszig  lebt,  des  leben  sol  lang  sein,  kunst  du  doch  deinen 
esel  am  baren  wol  überschütten.  /Wr.  15*;  n(»ch  alle  krippen 
und  baren,  daraus  die  pferd  essen,  wie  sie  alle  die  krenz, 
80  man  machen  kan,  lasset  .Tiibcitcn.  Ki-ciiARr  bienenli,  iia' ■ 


will   dein   vihe  gesund  ballen,    so  räum  zu  Weihnachten  den 
barn  in  Joseph  esels  namcn.  groszm.  128 ; 

der  Eulenjpiegel  gleich  gedacht, 

das  heiszt  die  leut  «um  barn  gebracht, 

dasi  sie  in  gelt  drein  müssen  speien. 

FiscuARTS  £B/e/isp.  259; 

drumb  suchten  sie  ein  solchen  rauch, 

darmil  sie  einen  nebel  machten 

und  fein  die  lent  zum  barn  brachten. 

FiscHARTs  nachtrab  G  7 ; 
etliche  führen  schmale,  von  thannenhsiz  gemachte  boren  oder 
krippen  mit,  werden  an  pfule  vor  den  rossen  her  angehenkt. 
Kirchhof  disc.  «ii7. 126;  nimb  lebendigen  schwefel,  stosz  den 
und  gib  ims  im  futter,  das  futler  stell  auf  die  erden  und 
das  hew  under  den  baren.  Seiter  3t;  gib  ims  under  dem 
futler  in  einem  geschirr  under  dem  barn  zu  essen.  32;  und 
gib  ims  under  dem  baren  zu  essen,  Hlesgleichen  auch  gersten- 
slroh  und  was  du  ihm  zu  essen  gibst,  das  gib  ihm  altes  nider 
under  dem  baren  zu  essen,  so  rindt  es  ihme.  38;  es  ge- 
schieht gar  vil,  dasz  durch  hinlässigkeit  der  knecht  die  pferd 
oft  in  die  baren  (/.  baren)  oder  zigel  springen,  wann  sie 
{nemlich  die  knechte)  beim  wein  sitzen,  also  das  oft  ein 'ros 
erkrumbt  und  erlambt.  210;  stroh  unter  den  baarn  streuen. 
HoHBERG  2, 139*;  die  pferde  laufen  wider  den  haaren.  2,  140^ 
156*.  157*;  die  bärn  (/.  barn),  darein  man  ihnen  das  heu  gibt,  mit 
samt  den  krippen,  müssen  niedrig  gcslellet  werden.  2,  286"; 
Stalder  I,  122  schreibt  baaren,  Tobler  36  barn,  krippe  und 
hcuschober.  Sciimeller  1,  200  erklärt  barn  durch  freszlrog, 
fulterkrippe  und  den  räum  in  der  scheune,  wo  die  garben  zum 
dreschen  aupjewahrt  werden;  in  Broxners  leben  1,  195  liest 
man:  ich  sprang  bebende  in  den  kühstall  und  verkroch  mich 
unter  den  barn  ins  heu.  Schnids  schwäb.  wb.  44  gibt:  baarn, 
barn  komscheune,  heuboden,  verschlag  in  der  scheune,  krippe, 
trog.  Höfer  1,  58:  barn  fulterkrippe  und  einfang  zu  beiden 
seilen  der  tenne,  zum  legen  des  strohs  und  der  garben.  das 
bOhm.  perna,  pjrna  scheint  hiernach  entlehnt,  in  Franken  und 
Henneberg  lebt  der  ausdruck  noch,  nicht  im  mittlem  und  nörd' 
liehen  Deutschland,   das  ihn  durch  banse  und  krippe  ersetzt. 

Dieser  unterschied  der  volksstdmme  zieht  an,  merkwürdiger 
weise  scheint  aber  England  beiderlei  bencnnungen  zu  besitzen. 
banse  wurde  im  ags.  böse,  bösig  praesepe  erkannt,  mit  barn 
stimmt  ags.  bern  horreum,  engl,  barn,  wozu  auch  ags.  berem^ 
beretün  area,  engl,  barton  gehalten  werden  tnusz,  die  schot- 
tische form  lautet  bern  (Jamieson  1,  97);  also  nur  die  bedeu-' 
tungen  haben  gewechselt,  da  unser  banse  mehr  für  scheune, 
böse  ßir  stall,  unser  barn  mehr  für  krippe,  das  ags.  bern  für 
scheune  gilt,  aus  bern  und  berem  gewinnen  wir  aber  die 
etymologie.  ags.  ist  bere  hordcum,  golh.  baris,  woraus  jetzt 
auch  mit  Sicherheit  ein  verlornes  ahd.  par  zu  schlieszen,  viel- 
leicht dem  altn.  bar  «.  semen,  gemma  arboris  su  vergleichen 
ist.  in  Alvismäl,  auf  die  frage  ndch  den  beaennungen  der 
saat,  heiszt  es  Siem.  51 

bygg  heiiir  med  mönnom  en  barr  me<J  go<lom, 
bjgg  aber  ist  dän.  byg  gerste,  barr  »».  also  goth.  baris.  bern 
und  bcrern  kann  nichts  anders  sein  als  rece^Haculum  hordei, 
ahd.  parno  dasselbe,  will  man  annehmen,  dasz  bern  aus  be- 
rem, pamo  oder  parn  aus  parnerin  {vgl.  ährc  area  sp.  198) 
gekürzt  sei?  {s.  harre),  die  goth.  Zusammensetzung  bleibt 
schwer  zu  rathen,  musz  aber  baris  Sa  sich  enthalten  haben, 
überraschend  stimmt  nun  das  lat.  hordcum  =  ahd.  kersla, 
nhd.  gerste,  «nrf  horreum,  das  wie  berern  rec.eptaculum  hor- 
dei war.  baris,  bere  entspricht  aber  dem  lat.  far  farris  und 
farina  {gerstenmehl)  und  ist,  wie  dieses  von  ferre,  abzuleiten 
von  der  reichen  wurzel  bairan,  heran. 

Dies  alles  lehrt,  dasz  unsere  vorfahren  den  rossen,  wie  die 
Griechen  xoT  kevxöv  zu  fressen  gaben,  noch  nicht  häber,  und 
dasz  die  deutschen,  wie  die  lat.  viehställe  vom  aufbewahren 
und  ßttem  der  gerste  benannt  waren;  bansls  und  banse,  wie 
lat.  praesepe  sind  vom  geßecht  der  krippe,  raufe  und  scheune 
aus  reisem  entnommen,    vgl.  krippe. 

Uralt  müssen  die  redensarten  sein  am  barn  slehn,  pferde 
am  barn  haben  oder  halten,  sich  gegen  dem  barn  heben,  sich 
in  den  barn  haben  oder  ballen,  in  den  barn  springen,  in  den 
barn  heiszen,  am  barn  nagen,  zum  barn  treiben  oder  bringen, 
deren  einige  durch  die  folgenden  Zusammensetzungen  näher  be- 
leuchtet werden  sollen,  un^er  heutiges  leule  zu  paaren  trei- 
ben; bewältigen,  zur  ruhe  bringen  scheint  nichts  anders  als  das 
wilde  ros  zum  barn  treiben  und  man  musz  so  gut  sagen  kön- 
nen: ich  will  dich  schon  zu  paren  treiben  als  euch.  s.  barre. 

72 


1139 


BARNBEISZER — BARRE 


BARRENEINGÜSZ  —  BARSCHENKEL  1 140 


BARNBEISZER,  m.  equus  praesepc  mordens,  krippenbeiszer, 
krippensetzer,  kopper,  küker,  franz.  tiqueur,  engl,  cribcham- 
ping  liorse,  böhm.  krkac,  poln.  lykawy  kon,  wenn  das  pferd 
seine  zahne  beim  fressen  an  die  krippe  aufsetzt,  daran  zu 
nagen   scheint,     nicht   zu   mischen   mit   bärbeiszer. 

BARNTiHOLZER,  m,  dasselbe,  wenn  es  bei  jedem  schlucke 
grolzt,  rülpst. 

BARNHEiNGST,  m.  eqiius  iners,  domi  ad  praesepe  manens : 
jedoch  was  achts  unser  rümiscli  kirchlein,  mestet  sie  nit  fein 
aus  frembden  gut  vil  legion  müsziger  sibenfuderiger  schmär- 
bäuch  und  barrenhengsl  hin  und  wider  in  kiöstern  ?  Fischart 
bicnenk.  39*;  dem  herrn  raumauf  und  den  barrenhengsten 
ist  die  weid  gewachsen,  die  ackermerren  mögens  wol  mit 
dürrem  rucken  bawen  und  haberstro  fressen.  Garg.  81'. 

BARNMÄHRE,  f.  equa  ad  praesepe.  Garg.  62\ 

BARNRIND,  n.  bos  ad  praesepe  nutrilus:  baunzen  sind 
feiszte  magendärm  von  barrenrindern.  Garg.  79*. 

BARNSCIIEISZER,  m.  was  barnhengst:  barenscheiszer  und 
pfarrenreiszer.  Garg.  149'. 

BARNSPRINGER,  m.  was  barnbeiszer,  wenn  das  wilde  pferd 
in  die  krippe  springt,  setzt,  krippensetzer. 

BARNSTREICH,  m.  schlag,  der  das  pferd  zur  krippe  führt, 
XU  paaren  treibt?  dann  du  bist  nicht  in  seiner  ruthen,  son- 
dern in  gottes,  erzürnstu  ihn  natürlich,  so  bistu  sein  söhn, 
so  bezahlt  er  dich  mit  barenstreichen.  Paracelsus  1,  373'. 
könnte  vielleicht  auch  sein  baren  streichen,  auf  den  bloszen 
rücken  ? 

BAROCKISCH  soll  das  franz.  baroque,  bizarre  unserer 
spräche  bequemen  {wie  antikisch  sp,  500,  ideaiisch,  theatralisch) : 

der  barockisebe  schmuck  vielfarbger  musclieln. 
Zaciiariä  1,  103  ; 
barockischer  konnte  man  nichts  als  BlafTardinen  sehn, 
vom  köpf  zum  güriel  so  sclieuszhch  als  bis  zum  knöchel  schön. 

VVlELA.ND  4,  141. 

BARON,  m.  ein  erst  im  17  jh.  aus  dem  franz.  baren,  it. 
barone  (Diez  1,  26)  ins  deutsche  aufgenommnes  wort.  Henisch 
führt  es  noch  nicht  auf,  aber  Stieler.  Dasypodiüs  und  Maa- 
LER  verdeutschen  baro  und  dynasta  nur  durch  frciherr.  daher 
auch  die  fremdartige  betonung  der  letzten  silbe. 

BARPELN,  pl.  variolae,  elsäss.  barpeingesicht,  blalterge- 
sichl,  durch  blatternarben  entstellt.  Oberlin  97. 

BÄRPFEIFE,  f.  in  der  orgel  ein  lief  •brummendes  schnarr- 
werk, entweder  nach  dem  hären,  oder  von  baren  schreien. 

BÄRRALPE,  f  s.  bürenraupc. 

BARRE  oder  BARREN,  m.  schreiben  einige  stall  barn  prae- 
sepe: das  wir  drei  oder  vier  huren  an  dem  harren  haben  ze 
ziehen,  Keisersb.  omm  9'; 

wer  sein  gut  fast  auf  rüstung  Icit, 

vil  geul  auch  hat  am  barren.    Uhlajid  617 ; 

will  dein  vihe  gesund  halten,  so  räum  zu  weihenachfen  den 
barn  und  geh  dem  viii  an  die  erd  für  den  barren  zu  essen 
{was  die  vorhin  ausgezognen  stellen  Seüters  und  Hoiibercs  nen- 
nen: under  den  barn,  unter  dem  barn).  Fischart  groszm.  128; 
wie  man  die  ketzer  soll  überwinden  und  zum  barren  pringen. 
bienenk.  62";  wie  ein  pfaf  Hans  Hylle  13  huren  am  barren 
gehalten.  154'; 

wer  ein  pferd  hat  am  barren  slan, 

zu  füsz  darf  (braucht)  er  nicht  gan, 

und  die  allein  nicht  schlafen  kau, 

nem  die  fasznaclit  ein  mann.    Gorj.  50'; 

aber  was  darf  ich  Vil  knüpf  an  einer  binzen  suchen,  ich  möcbl 
sonst  die  halfter  am  barrn  vergessen.  126';  zu  welchem  dann 
villeiclit  gott  ihm  zur  straf  den  zäum  nun  etwas  verhenget, 
auf  das  wir  durch  seinen  freuel  erregt,  ihne  nach  gcbür  ein- 
treiben, züchtigen  und,  wie  man  sagt,  zum  barren  bringen 
(vgl.  barnstreich).  2lü';  ich  wollt  sein  (des  rosses)  uf  die 
nacht  beim  barren  auch  nicht  vergessen.  Piiiland.  2,  27.  la- 
delhaft  steht  das  wort  weiblich :  man  soll  dem  füllen  eine 
halfter  anlegen  und  ein  zäum  an  die  barrc  binden.  Skbiz 
150;  was  die  schüfe  in  der  harren  lassen.  141.  das  rr  in 
barren,  barrn  soll  wol  nur  die  kürze  des  a  ausdrücken,  kaum 
eine  zusammenziehung  aus  barern? 

BARRE,  f.  later,  stange,  franz.  harre,  mlal.  barra. 

1)  barrc  goldes,  Silbers,  d.  i.  unverarbeiteten;  goldbarrc, 
silberbarre. 

2)  harre  schlagbaum,  riegel,  hebebaum,  Maai.er.  60'  setzt 
harren :  ein  holz  oder  stücken  elwar  fürgeschlagen ; 

(chlagen  die  tiuf  an  die  bemmcodeo  harrea.   Vom, 


3)  es  gab  ein  spiel,  das  man  harre  laufen,  barlaufen  {sp.  1134) 
nannte:  da  kam  er  auf  ein  matten,  da  liefen  die  jungen 
edlen  und  burgers  sün  der  herren  barr.  seh.  und  ernst ;  spil- 
ten  der  barr,  des  wettlaufs.  Garg.  174';  nachgehends  lief  er 
der  barr,  der  eier,  des  hirzes.  178'.  genaue  Schilderungen  ent- 
geh n  aber. 

RARRENEINGUSZ,  m.  eiserne  form  zmn  gieszen  der  Sil- 
berbarren. 

BARRÖST,  nudo  corpore:  etlich  hettind  gern  ir  harnisch 
und   züg  von   inen  geworfen  und  barrüst  gestritten.   Tschupi 

1,  526.  der  sinn  ist  klar,  gleich  den  nordischen  berserken, 
indusio  tantum  induti.     aber  was'*  ist  röst? 

BARS,  BARSCH,  wj.  perca,  nnl.  baars,  ags.  bears.  s.  bär- 
sich. 

BARSCH  hiesz  auch  ein  stück  an  der  rüstung,  das  vielleicht 
nach  der  gestalt  des  fisches  gebildet  war :  es  seind  bei  drei 
rosse  verbüget  und  schadhaftig  worden,  dann  sie  haben  kein 
barsen  oder  geliger  (?glieder)  geführt.  Goi.dast  const.  imp.  bei 
dem  turnier  von  XbiO ;  mit  seinem  ganzen  küris,  starkem  beugst, 
guten  harschen  oder  verdeckten  stählen  gliedern  gerüst.  Frons- 
PERG  1,  37';  ihre  kürisz  mit  ganzen  parschen,  wolbedeckt  stälen 
glider  und  verdeckt  beugst.  Garg.  200'. 

BARSCH,  acris,  trux,  austerus,  ferox,  rauh,  grob,  herb, 
nnl.  barsch,  nd.  hasch,  schw.  dän.  barsk;  zuerst  bei  Stieler 
99 :  ein  barscher  mensch,  homo  durus,  inexorabilis,  barscher 
käse,  caseus  acrioris  saporis,  ein  barscher  geschmack,  barsche 
Worte,  verba  acerba.  Adelung  nahm  das  wort  erst  in  die 
zweite  ausgäbe  auf  und  führt  an:  die  wolle  ist  barsch,  das 
tuch  fühlt  sich  barsch  an,  der  wein  ist  barsch,  hat  einen 
herben  geschmack. 

tyranrienvolk,  das  barsch  vom  thron  gebeut.    Gökimgk; 

mit  gunst,  ist  dies  nicht  allzu  barsch?    Bürger  93'; 

an  dir  gesellen  unhold,  barsch  und  toll.    Göihe  12,  171; 

der  barsch  besiegle  habe  sichs.    40,  418. 

nd.  en  baschen  keerl ;  sprik  doch  mal  en  hasch  woord ;  en 
basch  woord  holt  den  keerl  van  de  dör.  der  hochd.  Volks- 
sprache, überhaupt  der  älteren  spräche  unbekannt,  auch  nicht 
mni,  der  bedeutung  nach  läszt  es  sich  kaum  von  haar  nudus, 
etwa  wie  hübsch  von  hof,  ableiten. 

BARSCHAFT,  f.  pecunia.parala,  heute  mit  langem  a  ausge- 
sprochen: alle  barschaft  an  gclde  und  kleinod.  Luther  3,  239; 
daruinh  auch  alle  gelübd  in  der  schrift  allein  so  beschrieben 
stehen,  dasz  sie  sind  in  menschlicher  barschaft  bereit  von 
got  geben,  als  ochsen,  schaf,  haus,  äcker,  leibe.  Luthers  br. 

2,  637;  sie  haben  allzeit  zubereit  gift  inhendig  und  in  bar- 
schaft. Frank  weltb.  121';  münz  oder  gelt  und  barschaft.  Ma- 
thesius  160'; 

des  musz  ich  euch  bescheiden, 

die  parschaft  mein, 

was  mir  gat  ein, 

zahl  ich  nit  bald  zu  Zeiten.   Garg.  89'; 

Athen,  das  gwaltig  königreich, 

deme  an  parschafl  scbir  keins  ist  gleich. 
AvnER248'; 
dann  ich  wüste  wol,   dasz  sie  unsere  barschaft  in  ihre  brusl 
vernähet   hatte.    Simpl.  2,  94;    seine   mittelmäszige    barschaft 
sicher  unterzubringen,  ehe  eines  weibes  5; 

die  barschaft,  die  zu  sehr  an  kargen  fausten  klebt, 
nur  ihrem  liütcr  lacht,  der  stets  nach  mehrerm  strebt. 
IIagf.dorn  1,  2t ; 
dasz  ich  aber 
dir  alle  meine  barschaft  nicht  kann  schicken, 
das  macht  der  junge  tempelherr.    Lkssino  2,  283 ; 
aN  ich  ihr  drauf  mein  biszchen  barschaft  gab 
und  einen  goldnen  ring.    UürgerIOS'; 

seine  ganze  barschaft,  welche  sich,  die  warheit  zu  gestehen, 
nicht  über  zehn  oder  zwölf  pistolen  bclief.  Wieland  to,  94; 
da  ihre  emsig  gesammelte  barschaft  der  familie  doch  endlich 
zu  gute  kommen  sollte.  nöTHE22,  203;  seine  harschaften  und 
capitalien.  31,222;  denn  eine  masse  gemünztes  gold  und  Sil- 
ber verleiht  selbst  dem  unwahren  ansehen  und  gewicht,  man 
lüszt  die  lüge  gelten,  indem  man  die  barschaft  beneidet.  31, 
231;  die  Umsetzung  der  hanknoten  in  barschaft.  Kant  5,  95; 
das   kargen  mit  der  barschaft  des  lehensgefühls.    10, 108. 

BARSCHENKEL,  «t«/o  femore,  barbeinig,  barfusz.  mhd. 
lautet  die  oben  unter  barfusz  angezogne  lehre: 

ein  riler  sol  niht  vor  vrouwen  g(*n 

barscliink,  als  luhj  kan  vorstiUi.    welsch,  gaul  457, 

mit  den  Varianten  barschenk,  harschenkel. 

parscbeukel  het  kein  boseu  ou.   H.  Sachs  II.  4,  79'; 


1141 


BARSCHHEIT— BART 


BART 


1142 


der  burgermeister  luf  usz  sinem  hus  barscüenkel.  Tscdcdi 
1,  3S6;  die  magd  bald  an  das  fenster  gieng,  und  von  dem 
schein  des  biminels  wol  erkannt,  dasz  es  ein  nackender 
mensch  war  und  darzu  barschenkeit  in  einem  hembdlin  arm 
und  elendiglichen  für  dem  thürlein  sasze  und  vom  frost  zit- 
tert als  ein  aspenlaub.  Bocc.  1,  45\  die  alte  Llmer  ausgäbe 
bl.  2d' :  die  meid  pald  an  das  fenster  ging  und  von  dem 
schein  des  himels  wol  erkante,  das  es  ein  nackender  mensch 
war  darzu  parschenkel  in  einem  hemdlein  arm  und  elendi- 
clicben  in  dem  türlein  sasze  und  von  fi-ost  zittert  als  ein 
espenlaube;  im  original:  la  fante  andö,  e  ajutandola  la 
chiarita  deü'  aere,  vide  costui  in  camiscia  e  scalzo  quivi  se- 
dersi,  come  e  detto,  tremando  forte,  also  barschenkel  für 
scalzo  discalceatus. 

BARSCHHEIT,  f.  acerbitas,  rauheit,  grobheit,  barsches  vesen. 
BÄRSENDUNG,  f.  von  geld. 

BÄRSICH,  perca,  gleicht  dem  il,  persico,  persega,  franz. 
persegue. 

BARST,  ablaut  von  bersten. 

B\RT,  m.  barba,  ahd.  part,  mhd.  hart,  nnl.  baard,  ags. 
engl,  beard,  fries.  berd;  den  nordischen  sprachen  mangelnd 
und  durch  skegg,  schic.  skägg,  ddn.  skäg  {läpp,  skautja,  skau- 
zhja)  ersetzt,  das  bei  Biörx  (unterschieden  von  bard  n.  ala, 
axilla)  aufgeßhrle  hart  n.  kommt  nicht  vor,  und  scheint  nach 
der  deutschen  form  eingetragen,  schade,  dasz  die  gothische 
bei  Ulfilas  wieder  nicht  zu  ersehen  ist,  nach  analogie  von 
gazd,  azd,  huzd,  uzd  =  ahd.  gart,  art,  'hört,  ort  tcäre  bazds 
(tirol.  salzb.  wirklich  hascht)  zu  geKarlen,  alln.  baddr,  dem 
djoch  die  eigennamen  Harbardr  und  Längbardr  widerslrebcn. 

Zunächst  liegt  das  litt,  barzda,  lelt.  bahrsda.  beide  weiblich ; 
dann  das  altsl.  brada,  bühm.  serb.  brada,  poln.  broda,  russ. 
boroda,  alle  auch  weiblich,  R  nach  der  sl.  Umstellung,  wie  in 
rud  =  art.  finnisch  parta  gen.  parran  (neben  hapena,  est.  habbe). 
Mit  labialis  statt  der  lingualis  lat.  barba  und  so  in  allen 
romanischen  zungen,  überall  f.  unter  den  kellischen  nur  welsch 
barf,  armor.  barö,  nicht  gal.  und  ir.  das  B  in  barba  neben 
jenem  bard  ist  wie  in  verbum  neben  goth.  vaurd,  wie  in  herba 
neben  bortus  ßr  hortbus  (vgl.  goth.  aurts  herba,  aurtja  hor- 
tulanus),  wie  in  über  neben  ovd'aQ  u.  a.  m. ;  B :  D  verhält 
sich  wie  sonst  üßer  F:TH,  z.  b.  in  fores  und  d'v^a,  fera 
und  ^rjQ,  fumus  und  d'vuös.  will  man  B  aus  DY  deuten, 
wie  bellum  aus  duellum,  bis  aus  Sis  ßr  dvis,  so  böte  sieh 
das  serb.  bradva  für  unser  harte,  zimmeraxt  dar,  und  statt 
des  vorhin  geralhnen  goth.  bazds  gelangte  man  auf  bardv. 

Wie  es  auch  um  diese  Verwandtschaften  eigentlich  siehe,  sie 
sind  unleugbar;  nicht  zu  übersehen,  dasz  zwischen  bard  brada 
barzda  barba  keine  consonanz  verschoben  ist  und  lauter  me- 
diae  walten;  bedeutsamen  anklang  hat  das  ahd.  parran  und 
parzan  rigere  (Gbaff  3,  155.191),  üstr.  harzen  (Höfer  l,  59), 
bair.  harzen  (Scbm.  1,  204),  hervorstechen,  weil  die  stacheln  des 
barts  starren,  emporstehn. 

Bart  war,  wie  Ticiyeov,  der  allgemeine  ausdruck,  den  lip- 
penbart,  ftvara^,  bezeichnete  ahd.  grana  /".,  mhd.  gran,  alln. 
grön,  woßr  wir  heute  die  unbeholfnen  composita  Schnurrbart, 
Schnauzbart,  knebelbart  brauchen  müssen,  der  jungspricszende 
hart  hiesz  gauchhart,  von  gauch,  vOglein,  weil  nach  dem  volks- 
scherz  es  noch  im  streite  liegt,  ob  aus  dem  flaum  federn  oder 
haare  wachsen ;  andere  Zusammensetzungen  gehn  auf  gestall 
und  färbe:  Qachsbart,  Strohbart,  mosbart,  Stutzbart,  spitzbart, 
milchbart,  eisenhart,  grauhart,  rothbart,  bocksbart,  ziegenbart. 
geiszbarl;  schönbart  ist  schenibart,  larve. 

Bart   kann  auch  das  kinn,  die  stelle  des  barts  ausdrücken: 

am  bart  noch  ohne  haare.    Göki.-ick2,  174. 
Es  heiszt   den  bart  kämmen,   winden,   knüpfen,   streichen, 
wischen,  schmieren,  beizen,  färben,  einseifen,  abnehmen,  ma- 
chen, putzen,  scheren,  schaben,  schneiden,  verschneiden,  stutzen, 
ziehen,  raufen,  ausreiszen. 

1)  vor  dem  bart  drückt,  wie  unter  den  augeo  (sp.  7»t),  das 
coram,  nähe  und  gegenwart  aus,  einem  etwas  in  den  bart 
(unler  die  äugen),  geradezu  heraus  sagen;  etre  ä  la  barbe 
bedeutet  en  presence,  katson  partahan  jumalan.  Kalevala  27, 
200  gottes  bart  schauen,  vor  seinem  angesicht  stehn;  papin 
parran  näkivät,  des  pfaffen  bart  schauen.  Kanteletar  1,  n*  177, 
vor  ihm  stehn;  du  lehrest  die  alten  vor  dem  bart,  cum  im- 
berbis  majorem  natu  docet.  Heniscb  193.  ante  pilos  venit. 
Persius;  nahmen  mich  derowegen  vor  ihren  bart  (coram). 
Simpl.  1,  634 ;  es  war  eine  stattliche  frau  in  den  besten  jähren 
mit  handfester  gemütsart,  eine   von   denen,    welche   unsenn 


herrgott  unter  dem  bart  stünden,  wenn  er  sie  bis  dahin  kom- 
men liesze.  Jeb.  Gotthelf  erzähl.  3,  234.  ähnlich  ist:  gott 
läszt  sich  nicht  in  den  bart  greifen,  zu  nahe  treten:  sie  ge- 
denken nicht,  das  gott  redt,  er  sei  ein  starker  eiverer,  er 
lasse  im  nicht  in  bart  greifen.  Lcther  4,  511*;  unserm  herr- 
gott in  bart  greifen,  tischreden  403 ;  derhalb  soll  man  mit  dem 
weltlichen  schwert  unverworren  sein  und  gott  nit  also  in  sein 
urteil,  gericht,  bart  und  schwert  greifen.  Feaük  chronica  460'. 
lauter  heidnische  ausdrueksweisen. 

und  sagten  ihm  von  dieser  art 

noch  viel  verbiadiiehs  in  den  bart  (ins  gesicht). 
GöTHE  2,200. 

wir  hätten  sie  hart  gegen  bart  empTaagen 

und  heimgepeiischt.    Schillkr  579*, 
wir  wären  ihnen  tapfer  unter  die  äugen  getreten,    einem  um  den 
bart  (mund)  herum  gehen,  trie  frauen  den  männem  schmeichelnd. 

2)  einem  strohernen,  fläcbsenen  bart  drehen,  faire  la  barbe 
de  paille  ä  quelqu'un,  ihn  hintergehen,  übervortheilen,  ihm 
etwas  weis  machen :  weil  sie  im  solch  ein  feine  nasen  drehen 
und  einen  solchen  schönen  ströern  bart  flechten.  Luther  5, 
55*;  herr  Caiphas  fienge  an  und  machte  gott  auch  eine  na- 
sen und  ströern  bart.  ebenda;  ein  etwas  mit  lug  und  trug 
überreden,  ein  nasen  treen  oder  eim  ding  ein  ströin  bart 
flechten.  Frank  sprichw.  1,  IS';  und  es  ist  nicht  wol  müglich 
gott  ein  flächsinen  bart  oder  wächsine  nas  zu  machen.  Fi- 
schart bienenk.  202'. 

3)  einem  etwas  in  den  bart  werfen,  einen  schimpf,  der  an 
ihm  hängen  bleibt:  eine  klette  oder  leimspille  in  den  bart 
werfen.  Risgwald  laut.  warh.  A  5' ;  sprüchwörter  lassen  einen 
Stachel  hinter  sich,  darum  musz  man  sie  nicht  einem  jeden 
ohne  unterscbeid  in  den  bart  werfen.  Böj^ikers  teutsche  spräche, 
ausg.  von  1746  s.  478. 

4)  in  dem  bart  grasen  lassen,  praebere  ul  vellalur  barba; 
wer  ihm  in  dem  hart  laszt  umbgrasen,  dem  hoGeret  man 
endlich  gar  aufs  maul.  Hemsch  195. 

5)  einem  etwas  in  den  bart  reiben,  ins  gesicht  vorwerfen ; 
die  begebenheit  mit  seiner  frauen  unter  den  bart  gerieben. 
wesif.  Robinson  162. 

6)  einem  den  bart  scheren,  kämmen,  putzen,  bespinnen, 
einen  hart  mitnehmen,  ausschelten,  atis  den  falten  legen  (heb- 
amme  43) ; 

sein  messer  vi!  genewer  scbirt 

zu  banen  berten  ungenetit, 

dan  ie  kein  scharsach  new  gewetzt,    fattn.  sp.  1112; 

und  im  den  bart  also  bespunnen, 

das  crs  sein  lebtag  nicht- verwunnen.-. 

Ki.NGWALD  laut.  warh.  128; 
der  profos  ward  geheiszen  nachfolgen  vor  des  fürsten  losa- 
ment,  bekam  doch  nichts,  dann  dasz  der  bart  ihm  wüst  ward 
gekemmet.  Kirchhof  mil.  disc.  220 ;  wem  der  köpf  bleibt,  der 
butzt  den  bart.  200;  dann  ich  sehe  wol,  es  heiszt  da,  wer 
den  köpf  bekompt,  der  schär  den  bart.  Fischart  bienenk.  127" ; 
den  bart  verschneiden.  Ringwalo  laut.  warh.  81.  einem  den 
bart  machen,  seine  plane  vereiteln.  Staldeb  2,  493. 

7)  raufen :  sich  in  die  Icfzen  beiszen  und  bei  dem  bart 
ropfcn.  Keisersb.  sünden  des  munds  2i* ;  das  heiszt  dem  todten 
lewen  den  bart  reufen,  welchen  sie  lebendig  nicht  betten 
tburst  anrüren.  Luther  3,  29S';  schlahe  im  ein  kliplio  und 
rcuf  im  den  bart  aus.  1,  365" ; 

dein  bart  wil  ich  dir  ausraufen.   VatA.ND  332; 

vom  schmähen  bis  zum  bartansraufen  (oben  sp.  512). 

8)  in  den  hart  brummen,  murmeln,  unvemehmlich,  ßr  sich 
reden;  was  brummt  er  wieder  in  den  bart?;  vernehmlich 
sprechen  ist  besser  als  in  den  bart  murmeln.  Plate;«  245*. 
auch  er  lügt  in  seinen  bart  hinein. 

9j  den  bart  behaglich  streichen,  wischen : 

und  streiche  lächelnd  meinen  hart.    GöinE  12,  191; 
ein  jeder  wüschet  sein  bart.    1'iila:<d  577. 

10)  durch  den  bart  trinken,  langsam,  vorsichtig  schlürfen, 
altn.  littu  grön  sia  |)4I  (lasi  den  bart  den  wein  seihen). 
S<em.  edda  170.  Völs.  saga  cap.  10  5.  142;  ich  trink  nicht 
nach  dem  stundglas,  wie  ein  prediger  auf  der  kanzel,  ders 
oft  schüttelt,  ich  nicht  durch  die  sip,  aber  durch  den  bart 
seigem,  das  ist  das  best.  Garg.  S5'.  aber,  er  hat  sich  einen 
bart  gemacht,  kann  nicht  mehr  über  den  hart  spuken,  ist 
trunken.  Lichtenberg  3,  75. 

11)  von  einem  greisenden  bart:  sehet  wie  der  rif  (reif)  dir 
in  den  hart  gefallen  ist.  Keisebsb.  kaufleute  (brvsamlin)  106" ; 
wie  ligl  der  tbaw  dem  auf  dem  bart.  Garg.  87*.  mhd.  bart 
snövar.  £rrii;20S0. 

72* 


1143 


BARTwBARTE 


BARTE  — BARTIIAUBE 


1144 


12)  bis  an  (len  hart  in  arbeiten  stcckem«  ti<«  an  die  schul- 
ler verließ : 

so  aiirgclilülit  wie  ein  pedani, 

der  ilzt  von  seinem  wertli  erhitzet 

in  werken  seiner  eignen  liand 

bis  an  den  bart  be^nuben  sitzet.    Gellert  1,  93. 

13)  mädchen  mil  dem  taiifwasser  eines  hnabcn  gelauß,  he- 
Iwmmen  davon  bart;  frau,  die  einen  ktiaben  über  laufe  hält, 
kann  davon  .  hart  ■  bekommen ;  kleine  mädchen,  die  sich  von 
mdnncrn  küssen  lassen,  bekommen  bart;  das  mädchen  musz 
die  muller,  den  knabcn  der  vater  zuerst  küssen,  sonst  bekommt 
das  mädchen  bart,  der  knabe  keinen; 

mine  graue,  die  mir  sint  angezuat, 
gesaet  ir  minne  ilf  niinen  munt, 

,    •   üiu  mir  sliuie  ül'  dise  vart 

mit  küsse  gap.   den  selben  bart 

bat  lij  mime  kiiine 

nocb  mer.gezogn  ir  minne 

dun  miner  kurzen  zitc  jär.     Wh.  287,  11. 

14)  schwur  bei  dem  bart,  mil  anfassung  desselben.  i?A.  809. 
sam  mir  min  bart!  so  mir  dirre  min  bart!  bei  meinem  bart ! 
so  sagt  auch  der  lOwe.  Gükingk  3,  22ö, 

lä)  um  des  kaisers  bart  streiten,  sich  erfolglos  um  abge- 
Ihane,  verschollene  dinge  abmühen,  an  die  man  kein  recht  hat. 
könig  Qarl  wurde  mit  langem  weiszem,  kaiser  Friedrich  mit 
rolliera  bart  gesciulderl  (deutsehe  myth.  910).  und  es  hiesz  auch 
auf  den  alten  kaiser  hinein  leben,  prassen,  hcirathen,  d.  i.  in 
ruhiger  crwarlung,  dasz  er  wieder  komme. 

Auszer  dein  menschlichen  kinnhaar  gilt  nun  bart 

16)  von  den  borsten  an  der  schnauze  einiger  thiere,  zumal 
kalzenarliger :  die  katze  leckt  ihren  bart,  es  ist  besuch  im 
hausti  zu  erwarten;  atifh  vom  bart  der  ziegen,  und  des  fisches, 
der  den  namen  barbe  führt;  vom  Idppchcn  am  halse  d§s  hdlxas. 

n)  weidmännisch,  von  den}  rüssel  des  schwarzwildbrets. 

iS)  von  den  grannen  (was  Ac/ion  bartbaaren /tm-i)  der  gerste 
und  des  habeis.     auch  die  nusz  hat  einen  bart. 

19)  von  den  strahlen,  die  der  komet  nach  der  seile  des  him- 
mels  wirß,  wohin  er  sich  bewegt,  im  gegensalze  seines  Schwei- 
fes,   s.  barlstern. 

20)  am  Schlüssel  heiszt  der  unlere,  viereckige  ansatz,  den 
man .  im  Schlüsselloch  umdreht,  bart  oder  kämm :  da  eben  zum 
grüszten  unglück  der  bard,  gleich  bei  dem  anfange  des  ura- 
drehens  von  dem  Schlüssel  abgieng.  Leipz.  avanturier  2, 152. 

21)  bergmännisch,  der  gang  setzt  einen  bart,  er  führt  in 
der  Sicherung  erz  oder  steine,  auch  heiszt  bart  ein  holzslück 
mil  angeschnitzten  Spänen,  zum  zünden  des  feuers,  sowie  der 
vom  stürzer  zum  zeicheii  an  die  tonne  gesteckte  holzbüschel. 

22)  in  der  schmelzhktle  das  gepochte,  unten'  im  waschlrogc 
sitzen  bleibende  erz. 

23)  an  den  Orgelpfeifen  zwei  stücke  zinnblech  zunl  itintmen. 

24)  bei  den  woUUimmern,  die  klar  gekämmte,  zur^  verspin- 
nen zugerichtete  woll«.    vgl'.  6.  • 

25)  bart  des  Weinstocks,  wenn  lange  fäden  herabhangen,  nach 
Köi.GEs  weinbaukunde  i.  B3  die  feinen  thauwurzeln  dicht  am 
boden  des  Stocks. 

2ü)  ein  l)art  an  -der  kappe :  eine  grosze  kappe  mil  langen 
harten,  die  kappe  selbst  durch  ein  dratgestell  hoch  über  den 
köpf  gehallen,,  die  bürte  ubor  wie  eine  Schärpe  um  den  leib 
geknüpft,  so  dasz  die  enden  hinterwärts  herunter  fallen.  Gütiie 

27,   «6.  ;  ! 

27)  ein  dem  waclislichl  abgenonmiencr  bart,  ein  wachsbarl. 
HiPPEi.  Ifbcnsl.  3,  205.  206. 

HAIiTJJtlSZKLH,  m.  cobilis  barhaiula,  fussilis,  ein  kleiner 
fisch  viil  barifaden,  beisker,  bitzker  ist  das  poln.  piskorz, 
böinn.  piskoi-  von  piskati  pfeifen,  wie  er  auch  in  deutschen 
landslrichen  pi-ifkcr  und  pipe  heiszt. 

«ABmCHSTK,  f.  zur  pflege  des  barts. 

BÄHTCIIEN,  n.  barbiila. 

HAUTE,  f  bipennis,  ascia,  «/«/.  part.A,  mhd.  hatte,  den  übri- 
gen deutsciicu  sprachen  mumpiiul,..  ahsr  allst,  erscheint  neben 
brada  barba  ein  bradv"  asria,  serb.  neben  brada  barba  ein 
bradva  ascia.  das  b'Vim.  brada  bedeutet  unverändeii  den  baii 
an  der  axt  {iu^cn.  l,  \r,>>'),  das  poln.hrmh  zugleich  die  spitze 
der  axl;  was  meint  aber  der  liart  an  dera.U?  brad;itice  soll 
bartaxt  oder  breites  bfil  ausdrücken,  wobei  Verwirrung  herschen 
musz.  denn  das  ags.  lirAdilx,  engl,  brondax  i.st  breite  axl  und 
von  harte  würüidi-  verschieden,  unter  axl  heim  wurde  dat'ge- 
Ihan,  dasz  heim  den  stiel  bedeute,  belmbarte  eine  gestielte  harte, 
folglich  «arltarte,  wU'  das  yoln.  hnula  der  spitze  oder  schnei-' 
dende  theil  des  Werkzeugs  mil  einem  bartähnlichen  Widerhaken. 


unser  barte  ist  demnach  von  bart,  tp»>  bradv  von  brada  her- 
zuleiten, die  folgenden  stellen  zeigen,  dasz  man  mit  der  barte 
zu  hauen,  aber  auch  zu  werfen  pflegte,  sie  diente  dem  Zim- 
mermann wie  dem  krieger.  mhd.  andere  belege  i/e»  Den.  1,  90'; 
bat  sines  gesellen  wip  behalten  sine  harten'.  Tunda/.  43,  75 ;  ' 
malet  sicheln  und  harten,   jungling  b31 ;  '   ' 

torwarten  bouwen  mit  der  harten.  Renner  üdO. 
nhd.  man  musz  nit  all  ding  mit  harten  behauwen.  Keisersb. 
ömeisz  22';  man  sibct  die  exte  oben  her  blicken,  wie  man 
in  einen  wald  hawet  und  zuhawen  alle  seine  tafelwerk  mit 
heil  und  harten  (vulg.  in  securi  et  aiscia  dejecerunt  eam).  ps. 
74,  5.  6 ;  da  man  mit  harten  wirft  und  stecken  und  Stangen 
ficht.  Luthers  br.  3,358;  zu  einer  jiarten  eiche  musz  man 
harten,  heile  und  exte  haben,  tiscitr.  37";  warf  er  nach  dem- 
selben (hasen)  mit  einer  harten.  Kirchhof  wcndMJim.  210';  ein 
bauwer  wird  mit  einer  harten  gehauwen.  223' ;  buh  ein  lange, 
breite  harten,  die  er  trug,  auf.  223';  holet  eine  barte  und 
hieb  mich  aus  dem  bauin  heraus.  Hans  Clawerts  //isr.  35; 
die  harten  über  einen  rücken  und  ihm  den  wurf  bieten,  die 
harten  einem  aufrücken,  urk.  von  1557. 1562 ; 
die  Ohren  wollen  schaben 
mit  der  aposlel  kling  und  hart. 

KiNCWALD  taut.  warh.  432; 
wie  viel  sie  da  mil  heil  und  harten  feilen. 

Opitz;)«,  s.  141 ; 
mit  spieszen,  heil  und  harten.    Spee  Irutzn.  44. 
Sprichwort:    schlägst  du  mich  mit  der  barte,    schlag  ich  dich 
mit  dem  heile.    Simbocü  741.    vgl.  belmbarte,  bellebarte,  par- 
lisane. 

BARTECHT,  5.  härtet. 
BARTEISEN,  n.  zum  kräuseln  des   hartes. 
BARTELN,    bei  den  tuchscherern,    das  lach  zu  halben  haa- 
ren scheren,    dasz    es   rauch  wird  und  gleichsam  das  ansehen 
eines  hartes  hat.    s.  ausscheren. 

BARTELTLCH,  n.  zum  erstenmal  geschorenes,  rauhes  tueh. 
BARTEiN,  pubescere.  Maai.er  50\  Stiei.er  768.  ahd.  parl^n. 
Graff  3,  711.  die  zeit  des  ersten  barts  hiesz  mhd.  ^ransprunge  zit. 
BARTEN,  pl.  laminae  corneae  balaenarum,  nnl.  baarden, 
schw.  dän.  barder,  engl,  whalebones,  franz.  les  barbes,  sp. 
las  barbas,  das  rohe  fischbein,  welches  man  nachher  reiszl  und 
spaltet,  jeder  walßsch  hat  viele  hunderte  solcher  harten,  die 
ihm  in  der  obcrn  kinnlade  sitzen  und  in  Vertiefungen  der  un- 
teren passen,     man  verglich  sie  den  barthaaren. 

BARTET,  barbatus,  «i//rf.  bartoht  (Ben.  1,  90'),  a/irf.  parf cht : 
der  härtet  baccalaurius.  Bocc.  1,  65',  des  barteciiten  bacalauri. 
1,  66'  (die  Vlmer  ausg.  43'."  der  parlat  bacalari,  des  parthe- 
ten  bacalari,  das  zweitemal  verdruckt  f.  partehten) ;  silie  zu, 
wol  geht  mein  bartetc  alle  so  langsam.  Wirsung  Ca/.  G  4";  du 
alter  barteter  unnützer  sack.   Ks'; 

am  härtet  man,  was  alt  und  greis.    ScuwarzkniJ.  150'; 
darvor  ein  kleines  Zwerglein  sasz 
kurz,  dick  von  leih  und  partct  was.    H.  Sachs  I,  352''; 
ein  Zwerglein  alt,  härtet  und  rauch.    V,  333*; 
pariet,  mit  zeihaeklem  gewand.    1,294*; 
unter  der  rinden  ist  noch  ein  andere  haarlockecbtc  oder  bar- 
techte schal,    welche    eines    menschen  antlitz  scheinet  gleich 
sein.  Taiiehnaem.  1333;  etlich  etitföniien  sich  mit  der  kleidung, 
der  nackend,  der  härtet,  der  von  der  dritten  regel.  Paracei- 
sus  chir.  sehr.  332*.    heute  bärtig. 

BARTFADEN,  »i.  was  harten  der  fisclie. 

RARTFÄHIG,  pubei,  vesliceps:  barifehigcs  alter.    Garg.  76'. 

MAAtER  50*. 

BARTFLSCII,.  ni.  barbe  oder  auch  wölfisch. 

BARTFLECHTE,  f  liehen  barbattis. 

BARTFI^lEGf;,  f.  musca  mystacea. 

BARTGEIER,  m.  falco  baHxttus, 

RARTCiKRSTE,  /.   hordeum  zeocrilhon,  mil  langen  grannen, 

BART(;|{AS,  n.  andropogon. 

BARTGRLBLEIN,    n.    grübchen  im  kinn,    im  backen.    StI£- 

LER    6H9.  ;    .     . 

BARTGRCNÜEL,  f.  cobilis  barbatula. 

BARTHAAlt,  M.  pilus  barbae:  •      •■ 

keitm'iulo  hartliuare  um  niund  und  kinit.    Ö^önik  Sl,  219. 

BARTIIABER,  «i.  barlhafer,  avena  fatua. 

BARTM.VNS,  m.  homo  tiinmtm  stndens  barbae,  haitnnrr. 
Itarthänscl,  bei  RAnKi.Ais  barbcrot.  FisciiAnT.(?ro5sm.  72. 

BARTHAI  BE,  f  haube  die  unterm  kinn  gebunden  »iiVrf, 
nachthaube.     hart  im  sinne  von  kittn,  gena.  Sciimellkr  1,  2irt3.' 


1145 


BARTHEL  — BARTPÜTZER 


B^RTSALBE  —  BASALTBRUCII    1146 


BARTHEL,  Bartholomaeus  oder  Barthold.?:  Barlel  wcisz 
schon,  wo  er  den  niost  höh  {weis:  alle  schliche).  Si31bocs744; 
ja  ihr  glaubet  niclit,  wie  er  den  fenzigen  iuireo  so  schöne 
kleider  niarhen  können,  darinnen  sie  geprangt,  wie  Barthel, 
so  most  holet.  Simpl.  l,  139;  mit  groszer  oder  verdorbener 
kauQeiite  rath,  weiche  wissen,  wo  Barthel  den  inost  hole. 
ScBUPPiis  121;  ich  wil  wissen,  wo  Barlhold  den  raost  geholt 
hab?  613;  ich  will  ihm  aus  dem  hinterfasse  auch  einen  trink 
Barthel  einschenken,  ped.  schulf.  274.  der  Ursprung  dieser 
Sprichwörter  licqt  im  dunkel,    s.  schmutzbarthel. 

BARTHOLOMEI  MACHEN:  es  seind  etlich,  die  sein  also 
unzüchtig  in  dem  brot  schneiden,  das  sie  dasselbig  schinden 
und  machen  ein  baitliolomei  daraus,  indem  sie  die  rinden 
dar\on  schneiden  und  essen  und  lassen  die  brosini  also  al- 
lein, narrcnsch.  ed.  Höniger  58.  nie  der  heilige  Bartholo- 
maeus geschunden  tvurde. 

BARTHOLT,  nomen  capri.  B.  Waldis  3,  2".  im  Reinvl;e  aber 
keiszt  1777  Bartolt  de  adebar  der  storch  {s.  adebär). 

BARTHOLZ,  n.  siehe  hart  21. 

BÄRTICHT,  barbatus,  s.  bartet,  bartigt  und  das  folgende: 

der  bärtichl  Heinrich  starb.     Opitz  2,  09. 

BARTIG,  dasselbe:  etliche  bärtig,  die  andern  unbärlig  und 
ungebüitig  (für  ungebärdig).  Fischart  6icne>iA-.  29'; 

Zarliieb  ist  der  weit  zu  zärlig. 

eh  er,  dunkt  niicli,  noch  wird  bärtig, 

werden  mit  ihm  ilnen  mui 

würm  und  sclil.ms-en  machen  gut.    Locic  3,  10,24; 

der  bärtge  Zeus  ersah  die  freude" 

und  des  vergniigien  flüchtiings  glück.    IIageoobx; 
die  bartige  ziege 

klimmt  den  zackigen  teis  himin.    Stolberc  1,  6.  s.  Barlholt ; 

das  linseafeld  und  die  bärtge  gersie  durchwandehid.  Voss. 
einige  schreiben  bartig:  dasz  die  Amerikaner  von  natur  bartig 
sind  und  sich  den  hart  nur  ausraufen.  K.\nt  4,  333. 

BARTIGT.  dasselbe :  diese  bartigte  Ilse  ist  mein  weib.  «nir. 
doct.  908; 

jedoch  sein  bariigl  maul  mft  steht!    Zachariä  1,  116. 

BARTKARPFE,  f.  barbe.  -    '  ■ 

BARTKRATZER,  m.  tonsof;  raiiur^  bartschaber:  hab  dem 
alten  so  eben  ein  quartier  beim  bartkratzer  Alzel  gedungen. 
Fr.  McLtEB  2,  61 ;  das  unverständige  volk  spricht  viel  von  bart- 
kratzem.  GörirE  15,  59. 

BARTKÜ.NSTLER,  m.  was  er  als  bartkünstler  leistet,  da- 
von können  sie  selbst  ein  zeugnis  geben.  Göthe  23,  69. 

BÄRTLÄPPCHEN,  n.  palea,  unter  dem  schnabel  der  hüner 
herabhängende  hdule. 

B.ÄRTLEIN,  n.  barbula:  wann  die  rinder  unter  der  zungen 
geil  fleisch  bekommen,  so  man  das  bärtlin  nennet.  Sebiz  127. 

BÄRTLER,  m.  tonsor. 

BÄRTLERZUNFT,  f. 

süszer  träuf»  in  keiner  bärtlcrzunft 

lipp  und  kiel  vom  bonigseim  der  suade.    Bürger  SS'. 

BÄRTLING,  ni.  rir  barbatus,  ni/((/.  bertinc.  Bex.  1,  9o':  und 
sunderFiiib  zeicht  man  sollichs  (der  ferne)  die  pärtling  in  den 
fürstenclöstern.  Fra.vk  irc/ri».  6l';  ire  nollbrüder  oder  bärtling. 
kriegsh.  des  fr.  124.  125; 

du  aber  bcrtling  troll  dich  nausz, 

eh  ich  dir  iliu  dein  haut  erbern.    H.  Sachs  H.  2,  47*. 

BSKTLOS,  imbcrbis,  impubcs:  der  bartlose  knabo,  ein  bart- 
loses kinn. 
BARTMANN,  »;».  caper,  wie  Bartholt: 
Rcinhart  imd  Bariman  von  den  ziegcn 
zusarocn  io  ein  iituizun  stiegen.    IJ.  Wai-dis  3,  27. 

BARTMÄN;\CHF,N,  n^  parus  -biartiiitusf  barfmefse.  -    ''" 

BAHTMA.N.NCIIE.N,  n.  ophidium  barbatum,  cive  aalschlange 
mit  bartfäden. 

RAHTMES.SER,  n.  evUcr  tonsofim. 

BARTMOOS,  n.  phascum.    • 

BART.NEHiE,  f.  reliquum  ccrevisiac,  vtni,  gleidisam  was 
durch  den  hart  trieft,    vgl.  hart  10. 

RART.NELKE,  f.  dtanlfius  barbatus. 

BARTNL'SZ,  f.  corylus  avcllana,  «eil  die  torragende  grüne 
schale  einen»  barte  gleicht. 

BARTPFLEGE,  f.  cura  barbae. 

BAHTPUTZER,  ni.  tonsor,  war  ein  ganz  imterdrhtliches  vort ; 
«che  hin  zum  barlpiitzcr  und  sage  er  soll  zu  mir  kommen. 
ScHcppius  609.  J.  pAtt  //r.»;).  l,  90. 


BARTSALBE,  f. 

B.\RTSCH,  heracleum  sphondylium,  vielleicht  aus  büientalze, 
bärenklau  gekürst,  vielleicht  tcas  sonst  porsch,  i>orst  heiszl, 
ahd.  borse  ledum  paluslre.  GraffS,  215. 

BARTSCHEREN,  n.  tonsio  barbae:  man  spricht,  vier  jähr 
vorm  bartscheren  und  vier  Jahr  hernach  ist  am  besten  ein 
weih  nehmen.  ScBWEisicnEs  1,  99 ;  mir  beim  bartscheren  die 
gurgel  abzuschneiden?  Scuiller. 

BARTSCHERER,  tonsor.  Platex  214". 
-BARTSCHIEREN?  es  darf  im  (dem  türkischen  ftäiser)  auch, 
so  er  von  der  kirclien  gehet,  niemant  nachfolgen  noch  iemant 
auf  der  gassen  im  begegnen  und  vil  buckens,  goappens  oder 
partschiers  treiben.  Fraxk  ife//6. 103'  (die  ausg.  ton  1667,  104* 
bartschiers).  bartschiers  steht  für  bartschierens,  und  bart- 
schiercn  vergleicht  sich  dem  sp.  1075  unbeslimmt  gelassenen 
bägschinen,  zu  velchem  päckscherer  und  packschirrer,  pack- 
schierig  6ei  Schjieiler  1,  t64.  3,  394,  batschierig  fr«  Stälder  1, 
142  gehalten  werden  musz.  der  Ursprung  und  eigenlfiehesnHi 
dieser  Wörter  bleibt  noch  unaufgeklärt,  vgl.  bartwischen.       '  ^' 

RARTSGHCSSEL,  f  pelvis  tonsoria,  barbierbecken :  dort 
droben  die  himmlische  bartschüssel,  der  zahnlückige,  tief- 
äugige mond.  Fr.  Müller  2, 117. 

BARTSCHWADEN,  »i.  panicum  crus  corvi. 

BARTSCHWAM.M,  m.  spongia  lonsoris. 

BARTSEIFE,  f.  sapo  tonsoritis. 

BARTSTERN,  m.  cometa:  der  schiefer  war  ihm  eine  ko- 
metenkarte,  die  ihm  gott  weisz  welchen  neuen  feurigen  bart- 
stern  ansagte.    J.  Paul  flegelj.  1, 100. 

BARTSTREICHER,  m.  adulator  barbam  permulcens:  lieber 
wo  bleiben  jetzt  unser  suppenfresscr,  tellerlecker  und  bart- 
sfreicher?  Thcrneisser  magn.  alch.  2,  55. 

BARTWACHS,  n.  BARTWICHSE,    f.   cera  barbae  ungendae. 

BARTWISCHE,  f.  was  bartneige?  an  eine  bartwisch  bibere 
queat,  qui  barbam  non  habet?  facel.  facet.  m.  bartwisch  m. 
heiszt  sonst  ein  kehrwisch  aus  borsten. 

BARTWISCHEN,  n.  extersus  barbae:  aber  wieder  heraus 
{aus  der  hOlle)  zu  entrinnen  wird  viel  schnaufens  und  bart- 
«ischens  brauchen.  Simpl.  1, 133. 

RARTWOLLE,  f.  lanugo  barbae:  die  keimende  bartwoHc 
nm  die  wange.  Güthe  44, 137. 

BARTZANGE,  f.  volsella. 

BARÜCKE,  f.  galcriats,  kaarhauhe,  die  frühere  form  für 
das  franz.  perruque,  dessen  deutung  unter  atzel  versucht  ist. 
S/m^*/.  2, 421.  3, 119. 123;  auch  Stieler  94  sr/ireifc«  barücke,  wel- 
ches, nach  Adelung,  weil  es  doch  dem  franz.  wort  zu  ferne 
stand,  wieder  in  perrücke  geändert  wurde,  als  ob  wir  nicht 
das  recht  hätten  ausländische  Wörter  uns  mundgerecht  zu  machen? 

BARViVTER,  m.  gegenstüek  zu  bärmulter:  (die  frau  ist  des 
mannes)  teckelwärmerin  zu  scim  nabel,  wann  in  der  bärva- 
ter  plaget.  Garg.  69*. 

BÄRWAMME,  /■.  Uterus  matris,  ahd.  wampa : 

geworfen  bin  auf  dich  aus  der  bärwamme.     MELisscsp«.  IIS*. 

B.\RWOLF,  ni.  Ivy.ärd'QcoTios,  wcrwolf:  vergleicht  sich  mit 
dem  lömisehen  beerwolfe  und  seinen  meszbischoven.  Lltuer 
3,  96 ;  wollend  geren  Teutschland,  wie  die  beervvülfe,  gar  auf- 
fressen und  verderben.  Alrerus  vom  interim  E';  becrwolf, 
mecrwolf.  unit'.  doct.  671.  vgl.  wcrwolf  und  deutsche  mylhol. 
1048. 

B.XRWüRZ,  f.  heracleum  sphondylium.  Schnurr  s.  201.  s. 
bärenwiH'z. 

RARZAHLUNG,  f  numerata  pecunia. 

BAUZEIT,  f.  weidmännisch,  des  baren  brunstzeil. 

RARZEN,  rigcre,  starren,  sich  brüsten,    s.  unter  barL 

BARZENKRAl'T,  .H.  cicuta  »irosa,  sonst  auch  berslenkraul, 
wutschierling,  wul  weil  das  giß  der  pflanze  stanen  macht 

BAS,  melius,  magis.    s.  basz. 

BAS,  ni.  gen.  basses,  rox  gravis,  fides  gravioris  soni,  nnl. 
bas,  aus  dem  it.  basso  m.,  franz.  basse  f.  davon  weitere  bil- 
dungen  bassist,  basQüte,  basgeigd,  hasstinimc  «.  s.  w.  als 
mit  einer  luigeheurcn  basstimmc  dieses  enakskind  einzufallen 
begann.  GüTUt  23,  7 ; 

wenn  das  gewölbe  wiedcrscballt, 

ffihh  man  erst  recht  des  basses  gnindgewalt.    12, 104 ; 

er  sieht  den  himmel  für  eine  basgeige  an  (ist  bctrunkai). 
Licrtexberg  3,  74. 

BASALT,  ni.  basaltcs. 

BASALTBRUCH,  m.  ich  besuchte  die  basaltbrüche  von 
Dransfeld.   Göthe  3!, 115.      -'<^  >''  <"'"• 


1147 


BASALTGLIMMER— BASE 


BASEN— BAST 


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BASALTGLIMMER,  m. 
BASALTKEGEL,  m. 
BASALTSEULE,  f. 

BASCH,  m.  numeri  pares,  beim  Würfelspiel,  gewöhnlich  pasch, 
was  m.  setie: 

mein  held 

zwang  (wie  beim  hasche  sonst,  wann  ehr  und  Seligkeit 

auf  eines  Würfels  fläche  schwehte) 

sein  muskelspicl  zu  falscher  heiterkeit.    Gottbr  1, 193. 

BÄSCHEN,  n.  dimitnitiv  von  base:  ich  glaub,  eine  von  mei- 
nen haschen  hat  dich  überrumpelt.  Fr.  Müller  2,  60. 

BASCHGEN,  s.  bastgen. 

BASE,  f.  amita,  alid.  pasd,  basä  (Graff  3,  215),  mhd.  base 
(Ben.  1,  92),  ein  kennzeichen  unserer  mundarl,  yleich  seinem 
gegenslück  muhme,  denn  die  übrigen  dialecte  haben  beide  Wör- 
ter nicht,  später  ist  die  im  mittleren  Deutschland  gültige  form 
wase  auch  nach  Westfalen  und  Medersachsen  vorgedrungen, 
nicht  nach  den  ?iiederlanden.  base  ist  amita,  des  vaters, 
muome  matertera,  der  mutter  schwestei:  nicht  anders  verhal- 
ten sich  ags.  fadu  amita,  mödrie  matertera,  nd.  vade  und 
medder,  frics.  felhe  und  mödire  (Riciitii.  736''),  schw.  dän.  fa- 
ster amita,  moster  matertera.  seltsames  pei  amita,  bop  mater- 
tera aus  der   Wangeroger  Volkssprache  gibt  Eiirentralt  s.  19. 

Klar  liegen  faster  und  moster,  bequeme  zusammenschiebun- 
gen aus  farsystcr  morsyster,  fadersyster  modersyster  ==  alln. 
födursystir,  mudursystir.  sollten  nicht  in  matertera  die  bei- 
den letzten  silben  kürzung  eines  älteren  sostera  anzeigen?  so- 
ror  geht  zurück  auf  sosor,  svasor,  vielleicht  svastor  =  sl. 
"seslra,  goth.  svistar.  dem  matertera  ist  amita  (woraus  franz. 
tante,  engl,  aunt  entsprang)  unähnlich  gestaltet,  parallel  wäre 
patertera,  Vermutungen  über  amita  gehören  nicht  hieiher.  zu 
matertera  treten  mödrie,  mödire,  medder,  doch  fehlt  ihnen, 
was  dem  tera  entspräche;  ihre  bildung  gleicht  genau  der  von 
palruus,  ags.  fadera,  ahd.  fatareo,  nhd.  veiter,  vaters  brudcr. 
in  basa  und  muoma  musz  fatar  und  muotar,  in  fadu,  fethe 
musz  fäder,  feder  stecken,  sind  ihre  Verengungen  blosze  hy- 
pokorismen,  oder  rührt  das  S  in  basa  noch  von  suestar  her, 
basa  =  fasler?  was  fadu,  felhe  und  ihren  abstand  vom  D  in 
fiider,  feder  anlangt,  so  gewahrten  wir  oben  sp.  1050,  dasz  dem 
goth.  fadar,  um  mit  paler  in  einklang  zu  kommen,  ein  fä]}ar 
vorausgegangen  sein  werde;  hier  wären  in  fadu  und  fethe 
(vgl.  goth.  faj)s  in  bru})fa|)s)  Überreste  der  gesetzlichen  aspi- 
rata.  von  muoma,  wie  von  bluomo  ou/bluosmo,  ags.  blösma, 
auf  muosma  zu  schlieszen,  schiene  zu  kühn. 

Doch  das  merkwürdigste  ist  die  Störung  der  lautregel  zwi- 
schen basa,  pasa  und  falur,  welches  ein  fasa  forderte,  F  wurde 
gleichsam  in  B  fortgeschoben,  das  B  noch  weiter  in  W.  den 
Wechsel  von  B  und  F  bezeugen  bairgs  und  fairguni,  balzen  und 
falzen,  blacli  und  flach,  wahrscheinlich  auch  Balder,  Paltar 
und  die  tose/brm  IHioi  (Folz?).  Gegen  die  einleuchtende  noth- 
wendigkeit  basa  mit  falar,  fadu  mit  fäder  zu  verbinden,  wer- 
den andere  Vermutungen  einer  gemeinschafl  zwischen  basa  und 
buosum  (gramm.  2,  44),  zwischen  fadu  und  fädm  nicht  können 
außommen.  wer  wollte  muoma  von  niuolar,  matertera  von 
maier  trennen  ?  aber  schon  skr.  ist  vadhü,  badhft  femina, 
nurus.    Bopp  308". 

So  bestimmt  alle  solche  verwandtschaßswörter  ursprünglich 
waren,  so  leicht  pflegt  im  laufe  der  zeit  ihre  bedeutuny  sich 
zu  veiwirren  und  verallgemeinern,  veiter  palruus  und  base 
amita  wurden  bald  auch  auf  den  mann  der  base,  auf  die  frau 
des  Vetters,  allmälich  auf  die  palrueles  überhaupt  erstreckt, 
ja  heute  drücken  sie  gar  nicht  mehr  patruus  und  amita,  son- 
dern geschwisterkinder  und  weitere  verwandte  untereinander  aus. 
den  begrif  patruus  und  avunculus  musz  uns  oheim,  den  begrif 
amita  zugleich  muhme  oder  das  fremde  tante  bezeichnen. 

Bei  Luther,  der  immer  wase,  nicht  base  schreibt,  ist  es 
3  Mos.  {H,  U  des  patruus  frau:  du  solt  deines  valern  bruder 
srhamhd  nicht  blöszen,  das  du  sein  weib  ncmest,  denn  sie 
ist  deine  wase.  Tho.  Plater  hält  noch  die  Urbedeutung  auf- 
recht: die  wil  ich  das  jüngst  was,  band  mich  meine  böslin, 
des  vatlers  Schwestern,  ietliche  ein  wil  ghan.  5;  min  bäsi- 
ncn.  6.  bei  Keisersberc  fallen  base  und  muhme  zusammen : 
meines  vatlers  oder  meiner  mutier  Schwester,  das  wer  mein 
bas.  post.  4,  8.  bei  GRvpiiitJs  ist  aber  unter  base  deutlich  die 
lochtet  der  tante  oder  des  oheims  gemeint: 

was  ists  denn,  sprach  er,  mehr?   und  w.ir  es  picich  geschehen, 
man  hat  mich  dennoch  nicht  mit  Schwestern  buhlen  sehen, 
nicht  in  der  tochter  «chosz,  wie  Verianus  pflegt, 
der  sich  zu  kind  und  wcib,  zu  baas  und  Schwester  legt.    2,  96. 


Gellrrt  seilt  base  richtig  für  amila,  muhme  ungenau  ßr  nichte : 

zwei  mädchen  brachten  ihre  tage 
bei  einer  alten  base  zu, 
die  alle  hielt  zu  ihrer  muhmeu  plage 
sehr  wenig  von  der  morgenruh.    1,  179. 

geschwisterkinder  untereinander  reden  sich  heute  vetter  und  base 
an,  in  alter  zeit  würde  der  neffe  seine  tante  base  genannt  ha- 
ben, wenn  Gotter  1,  50  tanlen  und  basen  zusammenstellt, 
wäre  dies  ehmals  ohne  sinn  gewesen,  da  base  einerlei  mit 
tante  ist,  er  versteht  also  unter  basen  fernere  verwandtinnen, 
was  unter  base  gemeint  sei,  hat  oft  der  Zusammenhang  zu  be- 
stimmen. 

Nicht  unähnlich  dem  mhd.  'ich  pin  miner  basen  bruoder 
sun'  (Ben.  1,  92')  pflegte  man  zu  sagen  'das  geht  dir  an  dei- 
ner basen  herz',  ist  dir  gleichgültig,  kümmert  dich  wenig:  du 
gönnest  (/.  er  gönnet)  elwan  eim  etwas,  aber  schlechtlich 
anhin,  es  got  im  an  der  basen  herz.  Keisersb.  post.  3,  91;  so 
lenger  du  on  tanzen  bist,  so  minder  dich  tanzen  anficht,  es  got 
dir  an  der  basen  herz,  das  du  nit  gon  soll.  3,  99.  aber  'einan- 
der in  der  base  sein'  meint  gut  mit  einander  stehn.  Stald.  2,  493. 

Man  bildete  groszbase  proamita,  amita  magna,  obergrosz- 
base  amita  major,  abamita,  vorobergroszbase,  amita  maxima, 
abavi  soror;  stiefbase,  vitrici  et  novercae  soror.    Stieler  100. 

BASEN,  delirare^  vagari,  ein  seltnes  wort,  das  nach  dem 
Wechsel  zwischen  B  ttnd  DW  sich  mit  dem  nnl.  dwazen  berüh- 
ren könnte,  doch  ist  auch  verbazen,  slupere  zu  vergleichen, 
das  bremische  wb.  1,  59  kennt  beides  basen  und  verbasen.  wer 
bist  du  denn,  das  du  so  rasest  und  basest,  springest  und 
rennest,  wie  ein  rechter  Bachusbruder?  Erbenius  fastnachts- 
gespräch.  Erfurt  1582. 

BASENGESPRÄCH,  n.  zu  Straszburg  wurden  noch  in  diesem 
Jahrhundert  ergetzliche  fraubasen-  und  jungferbasengespräche 
in  reimen  abgefaszt  und  für  das  volk  als  fliegende  blätler  ge- 
druckt. 

BASENSCHAFT,  /".  cognatio,  sippschaft:  ich  musz  geste- 
hen, dasz  sich  die  basenschaft  mit  grazie  in  das  zimmer  hinein 
hustete.  J.  Paul  uns.  löge  1,  87;  verachten  wir  das  masz,  so 
macht  sich  am  ende  das  ganze  todlenreich  von  abstracten,  die 
ganze  basenschaft  von  eigenheilen  auf.    A>/.  bücherschau  1, 169. 

BÄSLEIN  ,  n.  affinis,  amica,  bäsi,  bäsli.  Maaler  49' ;  liebs 
bäslin.  seh.  u.  ernst  c.  132.  Keisersb.  Sünden  des  munds  72*. 

BASSIEREN,  bas  singen:  ich  will  mit  dem  gutteruf  bas- 
sieren,  so  tenorier  du  mit  dem  kranchhals.  Garg.  91'. 

BAST,  »».  seltner  n.,  cortex,  cutis. 

1)  liber,  cortex  tiliae,  spartum,  ahd.  past,  mhd.  hast  pl. 
beste  (Ben.  1,  92"),  nnl.  hast  7n.,  ags.  bäsl,  engl,  basl,  altn. 
schw.  hast  n.,  dän.  hast  m.,  die  inwendige  weiche,  unter  der 
äuszeren  harten  rinde  abgezogne  haut  der  linde,  ulme  und  an- 
derer pflanzen,'  deren  man  sich  zum  binden  bedient,  die  na- 
türliche ableitung  ist  darum  von  binden  band,  alln.  binda  halt 
(in  der  zweiten  person  wahrscheinlich  hast  oder  bazl),  nach  dem 
A  das  N  ausstoszend.  auch  dem  goth.  pract.  band  dürfte  man 
in  zweiter  person  banst  zutrauen,  wie  von  standan  slöst,  von 
vair|)an  varst  gebildet  sind,  und  im  abgeleiteten  subst.  afstass, 
usstass  für  stand,  gahts  neben  gaggs,  ohne  nasalis  gellen, 
goth.  bansts  horreum,  wahrscheinlich  geflecht  bedeutend,  konnte 
neben  btisls  über  bestehen,  wie  sich  hochd.  banse  von  bast, 
ags.  böse  von  basl,  altn.  bäs  von  bast  scheidet,  ähnlicher 
tilgung  der  nasalis  begegnen  wir  im  zendischen  baäla  gebun- 
den von  bandh,  im  pers.  besteh  von  bend  (Bopp  vergl.  gr. 
s.  102) ;  doch  auszer  bandh  fordert  auch  die  würzet  pal  ligare 
rücksicht,  zu  welcher  sich  einige  der  obc.t  sp.  1051  angeführ- 
ten Wörter  mit  gleichem  recht  schlagen  lieszcn. 

Abgesehn  von  solchen  Schwierigkeiten  macht  anstand,  dasx 
ein  nahverwandtes  mhd.  buüst  oder  buosle  auf  einen  ablaul 
von  basl  leitet: 

mit  hesiinen  hiiosicn 

bani  crn  (den  Hattet)  wider  zuo.    Parz.  137,  10, 

«10  das  abstracte  buost  strick  durch  das  angefügte  sinnliche 
adj.  gehoben  wird,  immerhin  aber  mag  aus  bast  von  binden 
ein  neues  basten  buost  entsprungen  sein,  das  weitere  verbum 
besten,  cnbcsten  (Ben.  1,  92*.  Halpt  8,  12.  13)  stellt  sich  zu 
basl  wie  zu  hasten.  Ganz  von  binden  ablenken  würde,  wollte 
man  bast,  buost  und  besten  zum  ahd.  Iiösön  nähen,  oder 
gar  zu  buojan  bessern,  flicken  ziehen,  welches  letzte  doch  ge- 
ringe Wahrscheinlichkeit  hätte  (vgl.  2  c.  f.). 

Bast  galt  nun  gleich  jettem  besten  im  einfachen  alterlhum 
zumal  vom  binden  der  schuhe,  des  zaums  und  saltels  (RA.  260. 


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BAST 


BAST  — BASTART 


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261):  die  soliens  bezahlen,  so  die  schuhe  mit  hast  binden 
{d.  i.  die  armen  bauem).  Stieleb  157; 

ich  bin  ein  liellandisch  bnuer, 
mein  leben  wird  mir  sauer, 
ich  steige  auf  den  birkenbaum, 
davon  hau  ich  sattel  und  zäum, 
ich  binde  die  schuhe  mit  haste. 
mhd.  gereitc  geworht  von  haste,    kröne  19004 : 
von  baste  ein  zoiimelin  geflöhten.     19940; 
mit  einem  grüenen  baste 
verslrikte  erj.     Trist.  75,  30 ; 
die  Tüeje  wqrn  im  unden 
zesamene  gebunden 
und  die^  hende  vaste 
ze  rüke'mit  baste.    Iw.  4940. 

nhd.  ein  jung  mensch  musz  man  ziehen  wie  ein  wiidfang 
{uilden  bäum),  das  in  dem  walde  slot,  Ifcgt  sauer  obs,  wan 
man  sie  {die  äpfel)  iszt,  so  ziehen  sie  das  maul  ze  samen 
als  ein  seckel  (wie  einen  beutet),  so  man  das  {wildfang)  aus- 
grebt  und  mit  hast  verbindet.  Keisersberg  Sünden  des  munds 
63';  wenn  man  mich  bQnde  mit  sieben  seilen  von  frischem 
hast,  die  noch  nicht  verdorret  sind,  rieht.  16,  S;  man  sihet 
die  buszbrüder  und  buszschwestern  biszweilen  in  Italien  über 
die  strasze  gehn  mit  einem  hast  und  strick  um  den  hals, 
als  ob  sie  vom  galgen  gefallen  wären,  damit  sie  der  barfü- 
szer  spotten.  Fischart  bienenk.  27*.  hast,  panloffelholz,  suber. 
Frisch  nomencl.  16;  schuh  aus  dem  baste  der  zartesten  linde 
gewoben.  Rlckert  262.  zugleich  aber  drückte  hast,  tfie  Stroh, 
balm  und  ähnliche  Wörter,  etwas  werthloses,  geringes  aus:  mhd. 

ej  was  im  anders  sam  ein  hast.    Iw.  2635; 

ich  sag  iu  ein  hast.    6273; 

er  ist  nicht  bastes  wert.    MSH.  3,  463. 

2)  die  benennung  des  bastes  wird  erstreckt  auf  die  abge- 
löste oder  haßende  haut  und  schale,  ohne  alle  Vorstellung  des 
bindens. 

a)  auf  die  menschliche  haut,  den  hast  an  fingern  und  bänden : 

das  biszchen  gras  verwelkt, 
dasz  man  des  abends  rast  das  hast  von  flngern  melkt.    Rost  ; 
kalt  wehten  entsetzen  und  grausen  sie  an, 
0  Jesu,  mein  heiland,  was  hab  ich  gethan? 
sie  wand  sich  das  hast  von  den  h.'iDden.    Bürger  62'. 

doch  auch  dieser  hast  muste  s«  bändem  dienen:  mein  valen 
der  lange  in  Ungarn  gegen  die  Türken  gedienet  und  sein  le- 
derwerk, was  er  auf  der  jagd  brauchte,  diesen  unchristen  bei 
lebenden  leibe  aus  dem  beste  gerissen  hatte.  Moser  pa/r.p/i. 
1,  266. 

b)  auf  die  haut,  unter  welcher  sich  das  gehörn  des  hirsches 
und  rehes  bildet:  der  hirsch  schlägt  oder  fegt  den  rauhen 
hast  vom  gehörne  ab.  Dobel  1,  3.  Becher  50. 

c)  im  Tristan  s.  72  —  75  bedeutet  der  hast  die  enthäutung 
des  hirsches  durch  den  jdger,  und  enbcsten  ihm  die  haut  ab- 
ziehen, wofür  auch  enlwajten  und  entnxjen  gesagt  wird,  was 
wieder  an  jenes  ahd.  böson  klingt. 

d)  auf  die  ablösbare  äuszere  schale,  oder  die  unter  der 
baumrinde  feste  haut:  so  klopfen  die  knaben  den  hast  von 
der  weide  los  {deutsche  mylhol.  s.  1190.  1191); 

noch  prahlt  ein  bäum  mit  manchem  frischen  aste, 

die  blätter  bilden  noch  geräumge  lauben, 

da  schon  zerslömng  wütut  unterm  baste.    Platc«  94'. 

e)  die  äuszere  haut  des  flachses  wird  gleichfalls  basl  ge- 
nannt. 

f)  mhd.  heiszl  der  säum  oder  bebänderte  rand  eines  kleides 
der  hast  (Be:*.  1,  92*)  oder  ftfbast.  lUtzl.  2S2'. 

3)  ScBMELLER  bemerkt  1,  214,  dasz  linden  und  ulmen  selbst 
hast  heiszcn,  gleichsam  bastbäume.  in  solchem  sinn  könnte 
auch  ein  stab,  der  geschält  ist  oder  sich  schälen  läszt,  den 
namen  hast  ßhren.     GC.ntuer  1'.)2  undeutlich: 

bald  schnitz  ich  etwann  bunte  stabe, 
da  martert  mich  sogar  das  basl, 

was  will  er  damit  sagen  ?  dasz  ihm  die  harte  rinde  mühe 
mache  ?  Den  hirlen  legt  schon  das  höchste  alterthum  buntge- 
schälle  haselstäbe  bei  (l  Mos.  30,  37)  und  das  rolk  schält  sie 
noch  heute,  es  mag  als  gewagter  einfall  beigefügt  werden,  dasz 
das  so  gut  wie  unerklärte  romanische  bastone,  haslon,  bäton 
ursprünglich  ein  geschälter  oder  schälbarer  stock  gewesen  sei, 
wofür  die  geschickte  unserer  spräche  selbst  freilich  keinen  be- 
weis mehr  aufbringen  kann.  RAYrtoüABo  schweigt  oder  verweist 
auf  ÜEMMA,  der  wol  auch  ßaaxät,eiv  (Diez  I,  39)  anführt, 
doch  das  mlat.  basta,  bastum,  elitellae,  sella,  sagma  (Dccance 
1,  613.  619)  gemahnen  an  den  bast  untrer  alten  sdttel,  der  ur- 


alte tolksname  der  Bastamen  an  bastema,  den  gefloehtnen 
wagen  {gesch.  der  deutschen  spr.  460.  461).  Maaler  50*  hat 
ein  schweizerisches  der  bast,  elitellae,  saumsatlel,  und  Forer 
thierbuch  51*  den  esel  unter  den  bast  {tragsattel)  verkaufen 
{s.  bästlein) ;  selbst  in  bastardus  scheint  das  deutsche  wort  bast 
xu  liegen,  -auf  der  andern  seile  stimmen  ßaarayua  tracht, 
last,  bei  Hesyeh  ßaarnyt]  zu  sagma,  säum  zum  it.  basto 
Saumsattel,  und  bastone  wäre  ein  prtigel,  den  man  in  händen 
trägt,     sogar  fustis  vergliche  sich  zu  bastone,  baton. 

4)  abstractionen  der  ersten  bedeutung  des  bastes  verstehen 
sich  von  selbst:  der  fürst  wurde  durch  einen  dreifachen  bast 
an  Lebaul  geknüpft,  durch  dankbarkeit,  durch  söhn  und  frau, 
der  lord  zausete  den  bast  auseinander.  J.  Pacl  Hesp.  1,  34. 

BAST,  optimus.     schon   mhd.  begann  die  zusammenziehung 
von  bebest  in  best,  nhd.  im  16  jh.  erscheint  aber  eine  unum- 
laulende    form,    doch    nur   im   adverb   am    oder   zum    basten, 
optime:  gefallen  mir  an  dem  basten.  Keisersb.  brös.  26*:  im 
lesen   kau    er  am  basten  und  leichtesten  merken  und  unter- 
wiesen werden.  Val.  Ickelsaüer  ca/).  3;  dessen  er  am  basten 
erfahren  gewesen.  Froxsp.  kriegsb.  2  rorr. ;  so  stehet  es  nicht 
zum   basten  z?i  haus.    Wirsc.ng  Cal.  R4*;    wer  mich  am  ba- 
sten zaiet,  der  war  der  best  an  inen.   Tl*;    versähe  alle  Sa- 
chen  nacli    dem  basten.    Wickram  ro//if.  97';    ir  wissend  am 
allerbasten,  wo  euch  weh  ist.  Frey  gaWenj.  cap.  60; 
du  gfelst  mir  nit  am  basten.    H.  Sachs  I,  224'; 
lüg  und  list  kan  am  allerbasten.    T,  255*. 
vgl.  basz  und  best. 

BASTART,  m.  nothus,  spurius,  die  Schreibung  bastard  «n- 
hochdeutseh,  wie  denn  auch  Maaler,  Hesisch  und  andere  im- 
mer bastart  setzen;  ein  aus  den  romanischen  sprachen  her 
weit  verbreiteter  ausdruck  für  einen  begrif,  dem  haufenweis 
andere  benennungen  zuslebu,  mlat.  bastardus,  it.  bastardo, 
pror.  bastarz,  franz.  bastard,  bätard,  mhd.  basthart  {wie  Rein- 
hart, hasehart  =  renard,  hazard)  und  bastart  (Ben.  1,  93"), 
nnl.  bastaard,  basiert,  engl,  bastard,  litt,  bustras  {Sesselm. 
233*). 

Um  den  Ursprung  und  sinn  dieses  worts  xu  ermitteln,  musz 
vor  allem  geforscht  «erden,  wo  es  zuerst  erscheint,  man 
findet  es  nun  weder  ahd.,  noch  ags.,  weder  in  den  gesetzen 
und  capitularien,  noch  bei  den  lateinschreibenden  Chronisten 
Frankreichs  oder  Deutschlands  vor  der  zweiten  hälße  des 
eilften  jh.  der  berütimle  normannische  Wilhelm,  der  natür- 
liche söhn  herzog  Roberts  und  eroberer  Englands  im  j.  1066, 
ist  der  erste  unter  diesem  namen  vorkommende,  und  heiszt  bei 
Adas  von  Bremen  2,  52.  3,  51  iste  Willelmus  quem  Franci 
bastardum  vocant,  cui  pro  obliquo  sanguine  cognomen  est 
bastardus ;  bei  Anseimus  gemblacensis,  dem  fortsetzer  Sige- 
berls,  ad  a.  113S  Wilhelmus  bastardus  {Pertz  8,  3S6);  beim 
aunalisla  Saxo  ad  a.  1014  Wilhelmus,  quem  Franci  bastardum 
vocant  {Pertz  8,  667);  ja  in  seinen  eignen  briefen  nennt  er 
sich  ego  Wilhelmus,  cognomine  bastardus,  alle  normannischen 
herzöge  führen  beinamen,  es  war  natürlich,  dasz  er  das  kebs- 
kind  hiesz.  das  wort  könnte  nun  ein  französisches  scheinen 
und  man  hat  es  aus  bas,  bassus,  niedrig  gedeutet,  da  in  spä- 
teren urk.  des  13.  14  jh.  fils  de  bas,  fille  de  bas  für  bitard, 
batarde  vorkommt,  vcnir  de  bas  für  ex  illegitimo  concubitu 
(Dlcange  1,  614*.  615*).  andere  urk.  setzen  aber  fils  de  bast, 
venir  de  bast,  ohne  Zweifel  richtiger,  und  bas  ist  blosze  ent- 
slellung  des  bast,  womit  die  vorgeschlagne  ahleitung  fällt,  wäre 
der  ausdruck  französisch  gewesen,  man  begriffe  nicht  sein  un- 
terbleiben in  fn'ilierer  zeit,  in  welcher  die  Hotürlichen  kinder 
der  Carolinge  oft  dazu  anlasz  gaben;  er  war  also  norman- 
nisch, folglich  altnordisch,  und  erst  durch  den  titel  des  ruhm- 
vollen herxogs  Wilhelm  nach  Frankreich  und  in  alle  andern 
reiche  des  mittelalters  vorgedrungen,  zwar  gebrauchen  die  nor- 
dischen gesetze  selbst  für  nothu.t  und  spurius  das  wort  bastardr 
niclit;  bemerken swerth  aber  ist,  dasz  nach  der  saga  Magnus 
Erlingssonar  cap.  5  {fomm.  sögur  7,  297)  Sigurdr  iari  ein 
Schwert  führte,  das  bastart  hiesz  (er  bastardr  var  kalladr), 
und  eine  hs.  liest  basthardr.  das  mag  nun,  der  treflichkeil 
des  Schwertes  unbescliadet,  spoltname  gewesen  sein,  hart  wie 
basl  {gegenüber  dem  beinhantr,  steinhart),  d.  i.  unecht,  und 
wir  werden  nachher  sehn,  dasz  hastari  überhaupt  auf  gemischte 
und  unechte  Sachen  anwehdung  findet,  in  der  unmittelbar  vor- 
ausgehenden saga  Hdkonar  cap.  13  {förnm.  sog.  7,  269)  steht 
bastbleikr,  bleich  wie  bast.  höchst  unwahrscheinlich  ist,  dasz 
auch  nach  ?iorwegen  bastanlr  erst  aus  der  .Sormandie  oder 
England  terpnanzl  worden  sei;   man  könnte  aber  den  iweUw 


1151 


BASTART  — BASTEL 


BASTELKOPF— BASTWURM 


1152 


theil  des  namens,  icenii  er  nicht  auf  ein  schwert,  sondern  auf 
einen  mann  bezogen  mird,  allgemeiner  fassen  und  nach  der 
vorhin  bei  Last  hervorgehobnen  bedeutimg  von  res  vilis,  nul- 
lius pretii,  erklären  hämo  spurius,  illcgilimus,  ein  sahn,  dem 
erbe  und  stand  des  vaters  eulzogeii  werden,  beidemal  ist  je- 
doch hast  Über  darin  enthalten,  und  im  verlauf  der  zeit  bä- 
tard,  wie  renard  allgemein  in  die  französische  spräche  einge- 
treten; auch  in  der  hochdeutschen  spräche  hat  es,  als  vor- 
nehmes und  rittermäsziges,  aus  Frankreich  hergebrachtes,  ob- 
schon  urdeutsches  wort,  die  übrigen  benennungen,  zumal  bank- 
liart  und  bankrise  verdrängt  «nrf  unter  das  gemeine  volk  ver- 
wiesen. 

Deii  höheren  stil  von  bastart  bezeugen  folgende  stellen:  du 
bist  unerlicli,  du  bist  ein  basthart,  daran  sein  valter  und  mut- 
ier schuld  haben.  KEist.nsii.  sünden  des  munds  91*; 

so  wer  ich  wol  ein  pasthart.  Vindlf.r  bei  Haupt  9.  92; 
seid  ir  aber  one  Züchtigung,  so  seid  ir  bastarte  und  nicht 
kinder,  «Ort  vöd'oi  y.nl  ovy^  vloi  iaxe.  Ebr.  12,  8;  wie  hat 
denn  Lascus  seine  bastarten  an  iin-e  statt  bringen  können? 
MicnXr.ics  2,  1C9 ;  päpstische  bastart.  Fisciiabt  bienenk.  96*. 
128".  130";  menig  {muttitudo)  irer  bastart.  210*;  die  bastart 
seugen.  Garg.  70"; 

und  dieser  Dietrich  ist  allein 

ein  paslart  und  unehlich  kind.  'Atrer  204*; 

der  iliron  von  England  ist  durch  einen  bastard 

entweiht,  der  ürilcn  edelherzig  volk 

durch  eine  lisige  gauklerin  betrogen.    Schiller  429". 

iprichwort :  keine  mutter  trägt  einen  bastart;  ein  bastart 
bringt  so  grosz  brot  für  einen  pfennig  als  ein  ehekind  {gegen 
die  ausschlieszung  unehlicher  vom  handwerk). 

Schon  frühe  ward  das  wort  übertragen  auf  unechte,  unreine 
erseugnisse  und  Stoffe,    auf  blendlinge,  inischlinge: 

des  niht  von  der  höhen  arf, 
■    .     c;  Was  ein  samit  pastart.    Parz.  552,  12; 

thu  dazu  ein  wenig  wciszen  tragant  in  dem  baslard  (wein) 
j:ulassen  (zerlassen).  Taiiernaem.  s.  102;  wann  sie  ein  gute  supp 
von  bastart  und  romanei  gezecht  haben,  bienenk.  9Z' ;  die  we>ch 
man  drei  tag  in  starken  romanei  oder  bastart.  241";  Fischart  zd/i// 
unter  weinen  tind  unter  bieren  einen  bastart  auf  Garg.  5S",  59' ; 
ein  gewisser  spanischer  wein  hicsz  bastartwein,-  ein  geschwe- 
felter, siiszer  wein  weiszer  bastart.  hunde  von  Jagdhund  und 
Schäferhund  erzeugt  sind  bastarte  oder  zwitter;  es  gibt  auch 
von  Windspielen  und  docken  eine  bastartierte  art.  laicht  an- 
ders it.  bastardo  unechte,  wilde  rebe;  französisch :  charrette 
bastarde,  quae  inier  majorem  et  minorem  media  est;  coustel 
bastart,  bastardeau;  vin  bätard;  moulin  bastart.  Dücange  1, 
tjio';  heule  noch  heiszl  ecriture  bütarde  die  zwischen  der  run- 
den und  italienischen  siehende,  man  sehe  die  folgenden  Zu- 
sammensetzungen und  verbastarten,  auch  composita  mit  baucr, 
welches  ebenso  zur  bezeichnung  des  schlechten,  unechten  diente. 

BASTARTADLEH,  m.   viülur  percnoptcrus,  geieradlcr. 

BASTAHTART,  f,  aus  begattung  oder  befruchlung  mehrerer 
arten  hervorgegangen. 

BASTAHTBAUEHNSENF,  m.  iberis  umbellata;  hier  ist  die 
unechlheit  zweimal,  durch  bastart  und  bauer  ausgedrückt. 

BASTARTBHUT,  f  untaugliche  drohnenbrut  im  bienenstock. 
.  -BASTABTEHRENPREIS,  m.  veronica  hibrida. 

BASTARTEISVOGEL,  m.  todiis. 

BASTARTFENSTER,  n.  halbfensler. 

BASTARTKIND,  n.  was  bastart. 

BASTARTKLEE,  m.  trifolium  hibridum. 

BASTARTKÜMMEL,  m.  lagoecia. 

BASTARTLERCHE,  f.  alauda  pratensis. 
'    BASTARTLORREER,  m.  viburnum  linus. 

-  BASTARTMOIIN,  m.  papaver  hibridum. 
BASTARTNACIITKJALL,  f  molacilla  hippolais. 
BASTARTPETZK,  f  söhn  einer  bastaripetze,  thc  son  of  a 

mongrcl  biteh.  kOnig  Lear  2,  2. 

BASTARTI'FLANZE,  f  planta  hibrida. 

BASTARTRII'I'E,  f   cosla  spuria. 

BASTARTWESPE,  f  sphex. 

BASTDECKE,  •/■.  tegumentum  e  libro  lextum. 

BASTDOHNE,  f.  tendicula  e  libro  lexla. 

BASTEI,  f  it.  baslin,  vnllum,  propugnaculum,  bnllwerk.  Friscu- 
i.irf  'nömencL  'HO.  starke  baslci  von  guten  biniliu.  Garg.  23"'. 

-  BASTEL,  n.  arlocreas,  pastrte?  und  mache  ein  blat  von 
(eige  gesetzt,  dri  ecke  von  basteln,  ah  ein  sdiiH;  schöne 
bastel-fanfc  von  huenren,-  einj  initten  in  den  finden  gesetzt, 


die  viere  an  das  ende,  von  guter  speise  s.  2S;'-tfoeft  Jr;  "baster- 
zucker  und  zuckerbastel.  oiinp  ii\i 

BASTELKOPF,  ni.  ein  schönen  bastelkopT  di*uf  gesetzet. 
von  guter  speise  s.  28.  29. 

BASTELN,  BASTELN,  fabricari,  tornare,  drechseln,  schnitzeln, 
kleine  handarbeit,  ßickarbeit  machen.  Hermes  in  Soph.  reisen 
1,  603;  ein  unehliches  kind  zimmern,  zeugen.  Schmid  schw. 
wb.  45.  gemahnt  wieder  an  bastart,  an  besten  flicken  und  ans 
roman.  bastire,  batir,  bauen,  zimmern. 

B.\STEN,  e  libro  factus :  basten  stiegleder.  weisth.  1,  465; 
bastene  decke; 

der  (seckel)  hieng  an  einer  basien  schnür. 
Waldis  Esop  4,  21. 

BASTERFORM,  f.  in  den  zuckcrsiedereien  eine  thütierne 
form  zum  absondern  des  syrups  vom  kochzucker.  baster  scheint 
aber  nichls  anders  als  bastart,  geringer,  schlechter  zuckcr. 

BASTERLEIN,  n.  filius  illcgilimus:  David,  da  er  zu  Bath- 
seba  hinein  gangen,  sie  zu  trösten  nach  absterben  ihres  ba- 
slcrleins.  Sciiuppiüs  13. 

BASTERN.\T,  «i.  paslinnca. 

BASTERSAMMET,  m.  millelgute  sammetart.  jener  samit 
pastart  bei  Wolfram. 

BASTERTOPF,  m.  ein  irdener  topf,  worin  der  vom  zucker 
ablaufende  syrup  gegossen  wird. 

BASTERZUCKER,  m.  baslardzucker. 

BASTETE,  f  pastelc.  Umland  605. 

BASTGEN,  compescere,  edomare.  Maaler  50*;  paschgen 
315';  ein  nur  schweizerisches,  alemannisches  wort: 

ir  wennd  all  herren  basken  und  demmen. 

Rufs  Eiter  Ileini  vorsp.  S' ; 
und  wii  ietz  luogen  on  Verzug, 
ob  ich  den  menschen  paschgen  mug. 

Adam  und  lleva  5132; 
ich  wil  min  puren,  kan  ich  acht, 
wil  änderst  pastgen  dann  biszhar. 

mih.  Teil  s.  65 ; 
so  wil  ich  lugen,  wo  ich  gspör 
etwan  ein  guten  gsell  und  gspan, 
dem  dise  kappen  wol  sliiiid  an, 
ders  niaiil  und  dl'üsz  nil  basgen  möchl, 
dem  müst  sein  dise  kappen  i-eclif. 

Geo.  Gothard  Zerstörung  Trojas.  Sotoltiurn  159S.  B2; 
der  jenner  seit:  i  förch  di  nit, 
chumni,  wenn  de  mit  mer  baschgc  wit. 
FIebel  209; 

pasfga,  paschga  bemeistcrn:  sena,  magst  d'soppa  paslga,  kannst 
du  die  suppe  bezwingen,  aufessen.  Todler  37';  basten  und 
baschen,  eines  im  raufen  meister  werden.  Schmid  schw.  wb.  45  ; 
Staldeb  1, 139  hat  basigen,  baschen,  1, 143  aber  hatten  :  d'stube 
cha  nit  alli  balta,  nicht  alle  in  sich  schlieszen;  er  mag  da 
essa  nit  alls  batta,  kann  nicht  alles  aufessen,  welches  ballen 
stehen  musz  für  basten  und  von  hatten  helfen  uiilerschieden 
sein,  sollte  es  aus  dem  it.  dimesticare,  domeslicare  können 
erklärt  werden?  doch  näher  läge  bastare  sufßcere.  Frisch  1, 
69'  denkt  wieder  an  ßaarä^eii',  mit  schlagen  zähmen,  ä  coups 
de  büton,  was  doch  mit  der  bedeulung  bastare  unvereinbar 
scheint,     vgl.  basteln,  das  Schm.  1,  213  =  bascheln  setzt. 

BASTH.\NF,  m.  hanf  wie  er  aus  der  breche  kommt,  woran 
der  bast  noch  hängt. 

BASTIIART,  m.    s.  bastarU     . 

BASTHUT,  m.  pileus  e  libro  textus. 

BÄSTLEIN,  »1.  funiculus  e  libro  torlus.  mhd.  l)estlin.  sieht 
aber  auch  für  ein  geflecht  zum  tragen:  .Marius  machet  seinen 
knechten  bäsllin  und  tragriinin,  darmit  si  ir  rüsluug  zu  rugk 
on  irrüng  der  gwecr  seihs  dinscn  möchlen.  Forkr //i/cr/).  4<>'; 
Marius  hat  seine  knecht  gewänl  ir  rüslung,  narung  und  ge- 
weer  rnit  inen  zu  scheipfen  uf  rüflinen,  die  sie  zu  rugk  lu- 
den, eben  wie  ein  maulesel  den  bast.  53'. 

BÄSTLING,  m.  der  männliche  hanf,  fimmcl 

BASTMATTE,  f  Icges  le.rta  e  libro. 

BASTPFEIFE,  f  fistula  aucupis  e  libro  facta. 

BASTSCHUH,  »j.  calceus  e  libro  textus: 

irJiirt  eisen  in  der  Taust  und  hasischue  an  den  Tüszcu. 
'  '  ]  Opitz  1,  103. 

j.  balst  und  abschinden. 

BASTSEIDE,  f  eine  art  derbes  seidenzetig. 
RASTSEIL,  wi.  vimen  c  libro  lextum,  bdsllein. 
BASTULME,  f  ulmus  campeslris. 
RASTÜTZLER,  m.  a.  apostützler  sp.  53C. 
BASTWURM,    ni.    phalaena  spirilintfwis,    faupe  Üit  sitkin 
den  bdsl  der  apfelbäume  bohrt,  •     ■'■'■•'■ 


1153 


BASZ 


BASZ 


1154 


BASZ,  ade.  melius,  ahd.  pa;,  mhd.  ba;,  alls.  bat  und  bet,  i 
ags.  bet,  mnl.  bet,  aUn.  betr.  die  golh.  form  erscheint  nicht, 
musz  aber,  wie  gramm.  3,  589  vermutet  wurde,  gelautet  haben 
bats,  nach  der  analogie  ton  mais  magis,  mias  minus,  suns 
ocius  u.  a.  m.  das  adv.  bats  verhält  sich  zum  neutrum  des 
adjectivischen  comparativs  batizö,  wie  mais  zu  malzo,  mins  zu 
minnizö;  das  latein  unterscheidet  magis  ton  majus,  bedient 
sich  aber  für  bats  und  mins  de«  adjectivischen  melius  und 
minus,  gerade  wie  engl.  nnl.  schwed.  und  dän.  das  ältere  adv. 
bet  erlosch  und  durch  das  neutrum  des  adj.  better,  beter, 
bättre,  bedre  vertreten  wird.  nhd.  aber  hat  sich  basz  neben  bes- 
ser behauptet,  mehr  neben  mehrere,  doch  das  alte  min  musie 
dem  adjectivischen  minder  weichen. 

In  bats,  mais,  mins,  suns  ist  das  auslautende  S  zeichen 
des  comparatits,  im  ahd.  mer,  mhd.  mer,  nhd.  mehr,  altn. 
meir  ward  es  zu  H,  im  ahd.  paj,  mhd.  ba?,  nhd.  basz  ic/iitand 
es,  wie  in  min,  docÄ  im  altn.  betr  6/ie6  «  haften,  merk- 
würdig sind  einzelne  spuren  von  baser  {wie  Luther  bas  und 
das  schreibt  statt  basz,  dasz)  im  16  jA.,  worin  ein  altes  adv. 
bajer,  unterschieden  vom  adj.  bejjer  enthalten  sein  könnte: 
das  du  die  innerlich  und  dein  angeborne  tugent  dester  baser 
und  brachtlicher  an  tag  bringen  magst.  Wirsu.ng  Cal.  3* ;  wirdl 
der  nagel  rot,  so  hat  es  genug,  wa  nit,  so  lasz  es  baser  sie- 
den. Sectterx.  2;  bei  Keisersberg  wechseln  fürbasz  und  für- 
baszer.  vielleicht  aber  faszle  die  damalige  zeit  basz  als  po- 
sitiv auf  und  comparierte  ihn  ton  frischem,  wofür  auch  die 
vorhin  (sp.  1150)  aufgeßhrte  Superlativ  form  hast  anstatt  best  zu 
sprechen  scheint. 

Wie  steht  es  aber  um  den  eigentlichen  positiv  zu  basz,  dem 
die  Vorstellung  bonus,  nicht  melior  beiwohnen  müsle?  jeder 
cimparativ  seiner  natur  nach  setzt  einen  positiv  voraus,  doch 
fast  in  allen  sprachen  erlöschen  die  einfachen  positive  zu.  den 
comparativen  melius,  pejus,  magis,  minus  und  werden  durch 
abgeleitete  oder  ganz  andere  Wörter  ersetzt,  wie  z.  b.  im  latein 
durch  bene,  male,  multum,  parum.  aus  demselben  gründe 
tritt  auch  bei  uns  an  die  seile  des  comparativen  bats  und  ba? 
der  positiv  vaila,  wela,  wola  ton  verschiednem  stamm,  theo- 
retisch aber  musz  es  einmal  einen  wirklichen  goth.  positiv  bata 
bene,  oder  ein'  adj.  bats  bonus  {unterscheidbar  von  jenem 
bats  =  batis  melius)  gegeben  haben,  die  über  die  geschickte 
unsrer  spräche  hinausreichend  sich  dem  skr.  bhadra  felix,  excel- 
lens  vergleichen  und  die  würzet  bhand  gaudere,  excellere  an- 
erkennen (Porr  1,  245.  Bopp  vergl.  gr.  411  und  gloss.  skr.  243"), 
verwandt  ist  vielleicht  das  ir.  fearr,  ferr  melius,  doch  musz 
verglichen  werden  was  unter  busze  und  büszen  gesagt  ist. 

Dies  über  den  Ursprung  und  die  form  von  basz  vorausge- 
schickt, kann  nun  eine  darstellung  seines  gebrauchs  gegeben 
und  in  folgende  regel  zusammengefaszt  werden:  basz  steht  im- 
mer als  adverb,  besser  ursprünglich  nur  als  adjectiv ;  allmä- 
lich  aber  wurde  besser  {gleich  dem  lat.  melius)  auch  adver- 
bialisch verwendet  und  der  gebrauch  von  basz,  das  man  nicht 
mehr  recht  verstand,  dadurch  eingeschränkt. 

1)  basz  in  bezug  auf  das  verbum  des  satzes,  ofl  tm  sinn 
von  eher,  leichter,  mehr,  und  mit  ehe  oder  mehr  ausdrück- 
lich verbunden:  die  künige  mügcn  basz  köstliche  speis  über- 
kamen, dann  das  gemein  volk.  Keisersb.  Sünden  des  munds 
a';  gotl  ist  weiser  dann  du  bist,  und  weisz  basz  zu  wittern 
{welter  zu  machen),  weder  du.  IS';  disen  menschen  ist  nit 
basz  ze  iielfen,  weder  das  {als  dadurch  dasz)  sie  glouben  er- 
farnea  leuten.  19';  so  schedigslu  in  mer,  weder  stülest  im 
gelt  und  zeitlich  gut,  wann  er  möcht  es  basz  leiden.  2S*; 
die  leut  meinten,  sie  wollen  es  umb  andere  {bei  andern  kauf- 
leuten)  basz  kaufen.  22';  ich  weisz  es  wol  und  basz  wen 
{als)  du  mirs  sagen  kanst.  41* ;  du  wilt  ausz  dem  duppel  und 
in  ein  einCd  gon,  das  du  es  {des  zankens)  abkumest,  da 
magstu  gel  basz  dienen  weder  also.  43';  so  spricht  er,  ich 
wil  im  basz  nachsehen  und  nach  gedenken.  Go';  wilt  du  aber 
vier  reder  haben,  die  behaltest  du  basz,  so  bab  gott  lieb 
über  alle  ding,  ist  ein  rad,  hab  darnach  dich  selber  lieb, 
das  ist  das  ander  rad,  und  hab  lieb  deinen  freund,  das  ist 
das  drit  rad,  und  hab  lieb  deinen  feint,  das  ist  das  vierd 
rad.  i»9';  er  musz  dir  den  köpf  basz  zerschlagen.  67'; 

dem  Inigea  die  erzt  sülchen  basz, 

und  detea  weder  wirs  noch  basz.    fa*tn.  tp.  iTSi ; 

wer  ich  bei  meinem  bulen, 

wie  könt  mir  bas  gesein  * 

ÜHtA!^D  73.  Ambr.  Ib.  s.  50; 
•0  ipei  einmal,  so  wirt  dir  basz. 

ScBtiT  grob,  D4*; 


ein  andermal  so  gehl  es  basz.    Q2'; 

so  bebt  sich  erst  das  murmlen  basz.    iV; 

ei  laotsman,  trink  doch  basz.    M4'; 

damit  ers  basz  verneme.  Bocc.  1,  235* ;  da  das  der  mann  ver- 
nam,  dasz  sein  weib  basz  und  hoher  verkauft  hett.  2,  31"; 
sintemal  ich  es  basz  dann  du  verkauft  hab.  2,  3l';  damit  sie 
sein  noch  basz  freud  haben  möchten.  2,  20* ;  der  basz  den 
du  in  hohen  freuden  stehn  wird.  2,  62*;  wolan,  wir  wollen 
dich  bas  plagen  denn  jene.  1  Mos.  19,  9 ;  woran  kund  er  sei- 
nem herrn  bas  gefallen  thun,  denn  an  den  köpfen  dieser 
menner?  1  Sam.  29,  4;  Ahub  hat  Baal  wenig  gedienet,  Jehu 
wil  im  bas  dienen.  2  kön.  10,  IS ;  das  wird  dem  herrn  bas 
gefallen  denn  ein  farr,  der  hömer  und  klawen  hat.  ps.  69, 
32;  den  erwürgeten  durchs  Schwert  geschah  bas,  weder  den, 
so  da  hungers  stürben,  ier.  klaget.  4,  9;  die  mütter  haben 
alle  söne  lieb,  und  geräth  doch  zuweilen  eine  tochler  bas 
denn  der  son.  Sir.  36,  23;  und  solcher  einer  kan  oft  etwas 
bas  ersehen,  denn  siben  wechter.  37,18;  als  wollet  Irin  bas 
verhören,  apos/.  jesc/i.  23, 15 ;  welcher  geschicklichkeit  so  man 
ansihet,  scheinet  es  wol,  das  ir  lichter  zu  viel  zeit  und  pa- 
pir  gehabt,  derselben  nicht  hat  gewust  bas  anzuwenden.  Lc- 
THERl,  4S*;  durch  welche  gesetze  die  weit  würde  bas  regiert, 
dan  itzt  mit  den  zinsen.  3,  43 ;  aber  das  ich  den  teufel  bas 
abmale.  3,  5l';  ein  apostel  ist  höher  denn  ein  prophet  laut 
bas,  denn  apostel  ist  höher  denn  prophet.  3,  466;  das  wird 
bas  beiszen,  denn  ir  lachen.  6,86';  nu  höre  weiter,  wir  wol- 
len in  noch  bas  sehen.  6,  90';  wie  ein  messer  bas  schneidet, 
denn  das  andre,  lischr.  180';  wer  auf  dise  weis  lesen  lernet, 
der  list  auch  das  latin  vil  leichter  und  bas,  dann  ders  lernet 
durch  das  gemein  buchstaben,  wie  mans  nennet.  V'At..  Ickel- 
SAMER  b6;  da  merkt  er  die  verenderung  der  laut  und  stimm 
vil  ehe  und  bas,  dan  so  ers  von  einem  andern  hört.  b7; 

so,  nagel,  ich  dich  wacklet  merk, 

an  dir  versuch  icli  pasz  mein  sterk.   Scbwarze.'^b.  121,2; 

dann  als  ich  wol  erquigket  was, 

da  kamen  wir  zu  reden  pas.    150.2; 

der  hält  dich  des  bescheiden  pasz.    152,  2; 

er  versucht  sich  aber  basz  an  ihm.  Alberds  11; 

er  meint  es  solt  ihm  basz  gelingen.    20; 

ich  bitt  noch,  wollt  euch  basz  bedenken.    33; 

halt,  hnlt,  ich  wil  den  pfarrer  bringen, 

der  selb  knn  basz  zu  (iiesen  dingen,    il.  Sachs  III.  3,  43'; 

und  ist  kein  uneer,  wer  basz  mag,  der  nimpt  dem  andern 
das  sein  on  gewissen  auf  dem  mör.  Frank  weltb.  17*;  ist  nit 
unnütz  si  ein  wenig  basz  erleuteren.  17G*;  es  wirt  den  stel- 
len Tyrus  und  Sidon  basz  ergehen  am  tag  des  gerichts  dann 
euch.  Reiszner  Jer.  1,  125';  wolt  in  basz  probieren.  Eulensp. 
cap.  79 ;  hab  ich  gedacht  dis  mein  büchlin  nit  basz  anzule- 
gen. WiCKRAMS  bilger  A  2 ;  ach  wie  möcht  basz  geschehen  mir. 
B  3 ;  wer  mich  einmal  beteuschel,  der  sol  niicht  nit  basz  be- 
teuschen.  LEn)iA:«N  2,  473 ;  es  ist  keim  basz  als  in  seim  haus. 
Fischart  ehz.  46 ;  Stricks  umb  den  hals,  wird  sich  basz  schicken. 
bienenk.  27' ;  trag  auf,  zeit  nicht,  lauf  basz !  Garg.  9S' ;  be- 
kam mir  basz.  99'; 

dann  was  stat  basz,  dann  wann  die  jugend 

nacbschlägl  irer  vorraren  lugend?    gl.schifl^; 

pas  wers,  ich  wer  ein  schusier  worden.    Atrsr /a^fn.  99*; 

ist  es  nicht  basz  zu  bcth  voll  wein, 

dao  auf  der  erden  tod  zu  sein?    Weckherli.'«  412; 

dan  eben  nach  müh  und  verdrusz 

kan  man  der  ruh  vil  basz  genicszen.    493; 

den  frawen  kan  fürwahr  nichts  dan  ihr  lob  erschallen 

und  ihrer  Schönheit  macht  besingen  basz  gefallen.  749; 

im  felde  stirbt  sicbs  basz.    pLEiitc  134;       , 

du  bnrenhäuter  nim  dein  dintenfasz, 

geh  in  die  schul  und  lerne  basz.    Schuppios  645; 

es  lernte  Jost  ohn  iinterlasz, 

dasi  ihm  der  köpf  fast  rauchte, 

kein  mutierkind  studierte  basz 

was  es  zu  wissen  brauchte.    IIacedos:«  3,  113; 

nun,  da  ihr  die  verliebten  seelen 

so  unaussprechlich  elend  seht, 

dasz  saian  selbst  sie  basz  zu  quAlen 

nicnt  möglich  fände.    Wibla.io  9,203; 

da  sollte  Bacchus  juchhei  basz 

ans  Ohr  der  kenner  schlagen.    Bürger  9*; 

drob  ärgern  sich  nun  freilich  basz  {tüchtig) 

die  herren  faculiisten.    40*; 

die  herren  von  der  klerisei 

und  aus  dem  cdeln  raihe 

verschmelzen  mehr  in  supp  und  brci 

und  prunken  basi  im  suate  {at*  ein  dithter).   40*; 

73 


1155 


BASZ 


BASZ 


1156 


basz  glückt  harfenspiel  und  san^, 

wenn  ich  brav  schlampampe.    50'; 

was  glockenklang,  was  chorgeplarr! 

die  jagdlust  mag  euch  basz  erfreun.    70*; 

der  rechte  ritter  sprengt  heran 

und  warnt  den  gral'en  sanft  und  gut, 

doch  basz  hetzt  ihn  der  linke  mann 

zu  schadenfrohem  Frevelmut.    70'; 

mags,  frommer  narr,  dich  basz  verdrieszen, 

so  "will  ich  meine  lust  doch  büszen.    70"; 

ha,  dasz  du  deiner  besten  kuh 

selbst  angewachsen  wärst, 

so  sollt  es  basz  mein  herz  ergetzen, 

euch  stracks  ins  himmelreich  zu  hetzen.    71*; 

er  rühmt  dir  basz  sein  gntes  herz, 

will  freundschad  mit  dir  treiben.    Gökingk  a«  Bürger  39*; 

ich  sehe  vvol,  das  ding  verdrieszt  dich  basz. 

GöKiNGK  2,  20Ü; 
ihr  zechet  basz  (tüchlig)  I    Gotter  3,  491 ; 
ein  guter  schlaf  stellt  alles  her, 
und  morgen  bin  ich  basz.    Claudius  5, 140; 
den  edeln  Bajard  zu  besingen 
gefallt  mir  basz, 

als  unsern  beiden  Weihrauch  bringen.    Stolberg  1,  290; 
das  macht,  er  thät  sich  basz  {tüchlig)  hervor, 
thät  die  weit  mit  seinem  kriegsruhm  füllen. 

SCHILLKR  324*; 

babens  gekauft,  es  freut  sie  basz  {sehr), 

eh  maus  denkt,  so  betrübt  sie  das.    Göthe2,  246; 

sind  die  im  Unglück,  die  wir  lieben, 

das  wird  uns  wahrlich  basz  (sehr)  betrüben.   2,306; 

dreihundert  jähre  hat  sich  schon 

der  Protestant  erwiesen, 

dasz  ihn  von  pabst-  und  Türkenthron 

befehle  basz  (stark)  verdrieszen. 

was  auch  der  pfafle  sinnt  und  schleicht, 

der  predger  steht  zur  wache, 

und  dasz  der  erzfeind  nichts  erreicht 

ist  aller  Deutschen  sache.    3,  146; 

das  sollte  frau  Wahrheit  basz  verdrieszen.    5,  132; 

das  Wesen  ist  mir  recht  zur  quäl 

und  niusz  mich  basz  verdrieszen, 

ich  stehe  hier  zum  erstenmal 

nicht  fest  auf  meinen  füszen.  12,  229. 
alle  neueren  belege  sind  aus  der  poesie  und  lehren,  dasz  das 
adv.  häufig  positivbedeiUung  gewinnt;  wo  es  aber  noch  compa- 
raiivische  behält,  wird  in  prosa  immer  besser  dafür  gesagt, 
jenes  basz  für  tüchlig,  sehr,  gewallig,  gestaltet  sich  zuweilen  auch 
die  prosa,  z.  b.  er  liesz  ihn  in  ungewisheit,  dasz  reue  und 
furcht  ihn  basz  mürbe  machen  möchten.  Claudius  8,  42;  und 
wenn  ich  ihn  basz  gepeinigt  hätte.  Hermes  in  Soph.  reisen 
1,  659;  wie  wir  nun  scharmierend  um  die  frauen  herum- 
schmunzelten, dasz  es  einem  basz  wol  thät.  Klingers  th.  4, 
121.  hier  wäre  besser  unstatthaft,  man  sehe  auch  pasz  und 
unpasz. 

2)  participia  sowol  praes.  als  praet.  gleich  andern  adjccli- 
ven  zu  steigern,  war  schon  ahd.  und  mhd.  unbeliebt,  wiewol 
den  gramm.  3,  584.  585  gegebnen  seltnen  beispielen  noch  ein- 
zelne zugesetzt  werden  können,  in  der  regel  aber  pflegte  man 
den  comparaliv  durch  vorangehendes  baj,  wie  auf  romanisch 
durch  plus  auszudrücken:  mhd.  baj  gemuot.  MS.  1,  83';  hat, 
geziert.  Wigal.  7272 ;  baj  geriten.  Parz.  119,  5.  537, 11  u.  s.  w. 
(Ben.  1,  94'j ;  mnl.  bat  ghemaect,  bat  oder  bet  gheraect.  dies 
geschieht  nun  auch  nhd.,  doch  mit  recht  besteht  daneben  auch 
adjectivische  comparalion.  ein  kalter  trunk  wassers  wird  basz 
schmackend  sein,  dann  u.  s.  w.  Fischart  groszm.  30;  basz- 
geberdiger  seie  (neben  der  gewöhnlichen  Steigerung,  für  basz 
gebärdig).  Garg.  144';  du  bist  wainüch  in  dieser  Sachen  basz 
erfahrner  (erfahren  hätte  ausgereicht).  Avher  proc.  l,  7 ;  für 
basz  wird  aber  heute  vorgezogen  besser:  ich  bin  besser  un- 
terrichtet, besser  beritten  als  du.  Seltner  hingegen  steht  ein 
solches  basz  oder  besser  vor  adjecliven:  der  basz  gemulcst 
man.  Bocc.  2,  125*;  doch  wil  ich  liierin  keinem  basz  verstän- 
digen fürschreilen.  Ayrer  proc.  1, 1,  wo  es  richtiger  hiesze  kei- 
nem verständigeren;    einem  dichter  mag  es  eher  gerecht  sein: 

nUD  lächelt  sie 

so  minniglich  die  lehre, 

gar  sanft  mirs  Ihut, 

hin  basz  gcmul  (=  benser  tu  mute), 

denn  ob  ich  kaiser  wäre.    Voss  4,  30, 

ähnlich  ist:  und  nach  den  zchcn  tagen  waren  sie  schöner 
und  bas  bei  leibe  (=  beleibter),  denn  alle  knaben,  so  von 
des  königes  speise  aszen.  Dan.  1, 15.  Bemcrkenswcrlh  scheint 
auch  bei  Steinhüvel  die  häufung  von  besser  und  basz  vor 
participien :  ist  es  nicht  besser  und  basz  gclhan,  icii  vcrgünne 
das?  Bocc.  2,  16";  denn  du  die  best  und  basz  geboren  loch- 


ter  bist  dieser  statt.  2,  59'.  in  der  alten  Vlmer  ausgäbe  227' 
ist  es  nicht  besser  und  bas  getan;  260'  aber:  denn  du  die 
peste  und  pasz  gepornest  tochter  pist  diser  slat.  Es  läuft 
auf  eins  hinaus,  ob  man  diese  basz  beritten,  basz  verständig 
als  gesteigerte  wol  beritten,  wol  verständig  oder  als  gesteigerte 
beritten  und  verständig  ansehen  will. 

3)  die  ahd.  mhd.  auch  mnl.  spräche  pflegte  baj  und  bet 
mit  den  Partikeln  höher  nieder  näher  ferner  her  hin 
für  auf  MJirf  aus  zu  verbinden,  wenn  zu  den  mortem  des 
Stehens  gehens  tretens  reitens  fliegens  und  sitzens  die  rich- 
tung  bezeichnet  werden  sollte,  ahd.  nidar  baj  sizzi.  fragm. 
theol.  p.  7;  sizzi  noh  höhöro  baj.  daselbst;  hera  pag,  hina 
paj.  gramm.  3,  214.  mhd.  wichet  hoher  baj.  Nib.  1880,  1; 
sitzent  höher  baj.  (Jer/t.  4561;  enthielt  er  höher  baj.  £r.  825; 
er  lie  die  giirtel  nider  baj.  Helmbr.  1153 ;  gestuont  hin  naher 
ba;.  Iw.  5228 ;  näher  beide  bag.  Nib.  2069, 1 ;  urloup  näh  und 
näher  baj.  Wolframs  lieder  5, 14 ;  trat  näher  baj.  Trist.  179, 7 ; 
hine  baj.  pass.  K.  430,  63 ;  rit  her  näher  haj.  236,  25 ;  zieh 
näher  baj.  Wigal.  5367 ;  ruck  her  näher  baj.  graserin  7,  3 ; 
vür  baj.  Nib.  1071,3.  Iw.  3020.  Trist.  179,5;  ftf  baj.  pass.  H. 
151, 10.  342,  29.  K.  432,  61.  mnl.  geht  das  bat  oder  bet  vor- 
aus :  bet  naer.  Maerl.  3, 179 ;  bet  naer.  Lanc.  5631.  bat  naer. 
25778 ;  bat  neder.  20952 ;  trec  bet  achter.  Maerl.  3, 109.  altn. 
hingat  bctr,  propius. 

Von  allen  diesen  dauerte  nhd.  fürbasz  ulterius  noch  am 
längsten:  und  wenn  du  dich  von  dannen  furbas  wendest. 
1  Sam.  10,  3 ;  und  da  er  von  dannen  furbas  gieng.  Matth.  4, 
21.  9,  27;  doch  das  etliche  zeit  hangen  liesz,  nicht  fürbasz 
suchet,  also  das  gute  junge  mägdlin  fürbasz  span.  Bocc.  1, 
234';  sage  mir  fürbasz,  dasz  dich  gott  gesegne.  2,  80';  bei 
Keisersberg  erscheint  bald  fürbasz,  bald  fürbaszer  und  mit 
nl.  Voranstellung  basz  naher  =  naher  basz :  so  wolt  er  inen 
verheiszen  und  zugesagt  haben,  das  sie  basz  naher  würden 
kummen.  sündeu  de/  munds  22'.  fürder  basz  steht  im  Anibr. 
Ib.  s.  40.  Stieler  719  führt  an  basz  dran,  basz  oben,  basz 
unden,  basz  forn.  zu  bar  basz  steht  bei  Uhland  406,  auf 
basz  oben  sp.  618.  heute  sind  auch  sie  veraltet  und  man  fügt 
etwa  besser  statt  basz  einzelnen  jener  partikeln  zu:  besser 
heran,  herunter  kommen,  besser  hinab  steigen;  tritt  besser 
her,  besser  hinter!  Tobler  36'  mit  vorangestelltem  bas  gibt  an: 
bas  aha,  bas  noba,  bas  föra. 

4)  auf  gleiche  weise  hat  sich  die  mit  dem  alten  instntmen- 
talis  gebildete  partikel  des  diu  paj,  wie  des  diu  mer,  des  diu 
min,  mhd.  in  deste  baj,  deste  mer  (mit  t  für  d  wegen  der 
anlehnujig)  verdünnt,  nhd.  lautete  sie  früher  noch  desto  basz, 
deste  basz,  dester  basz :  auf  das  man  dich  desterminder  er- 
suchte, und  desterbasz  darvon  möchtest  kummen.  Keisersb. 
Sünden  des  munds  22';  damit  dieselbe  räth  ilirfes  raths  und 
diensts  desto  basz  zukomen.  reichsabsch.  von  1512.  §.10;  auf 
das  mirs  deste  bas  gehe.  1  Mos.  12,  13 ;  damit  das  volk  den 
gesang  deste  bas  vernemen  möge.  Luther  7, 14' ;  damit  solche 
schiffart  desto  basz  von  stat  gehen  möge.  Micrälius  4,  104; 
damit  alle  sachen  dester  basz  versehen  werden.  Reütter 
kriegsordn.  34.  heute  nur  noch  bei  den  dichtem,  die  sich  auch 
des  bloszen  basz  bedienen: 

dagegen  kann  ihr  pfauenpaar 

sie  desto  basz  erfreuen.    Bürger  27'; 

die  sonne  mag  uns  tausend  segen  schenken, 

doch  sengt  und  brennt  oll  desto  basz  dafür.    55'; 

in  prosa  aber  heiszt  tes  nur  desto  besser.  Bei  diesem  deste 
und  desto  darf  nicht  übersehen  werden,  dasz  der  vorausste- 
hende gen.  des  urspriinglich  abhieng  von  dem  im  te  oder  to 
enthaltnen  instrumental  diu,  der  dem  lat.  eo  in  eo  melius 
entspricht,  mnl.  hiesz  es  des  te  bat  hebben,  vorlheil  aus 
etwas  ziehen,  nii  es  des  te  bat,  es  gereicht  mir  zum  nutzen, 
der  gen.  des  konnte  aber  auch  wegbleiben,  wie  er  vor  dem  lat. 
eo  immer  fehlt,  und  dann  hätte  das  te  wieder  de  werden 
sollen,  weil  kein  anlasz  weiter  war,  die  alte  tenuis  fest  zu 
halten ;  man  liesz  aber  nnl.  t  e  b  a  t  stehn,  und  nhd.  entfaltete 
sich  vielleicht  ein  ganz  unorganisches  zu  basz,  zu  pasz, 
dessen  sinn  schwer  zu  fassen,  nur  aus  den  beispielen  selbst 
zu  entnehmen  wäre:  ich  bin  übel  zu  basz,  perdita  sum  valetu- 
dine.  Mich.  Neanuer  sylloge  loc.  154';  ich  was  nit  wol  zu 
pasz.  Eulensp.  cap.  85;  solche  bossierliche  spiel  könnt  er  so 
meisterlich  zu  pasz  bringen,  dasz  ihm  ein  lust  zu  zu  sehen  und 
zu  hören  war.  Garg.  170'.  zu  basz  bringen,  zum  besten  geben,  zu 
basz  sein,  sich  zum  besten  befinden?  Docli  richtiger  nimmt  man 
an  zu  bas,  zupas  =  zu  passe,  nnl.  te  pas,  nd.  to  pas  vom 


1157 


BASZ— BATTE 


BATTEN 


1158 


folgenden  (mehr  unter  P).  Leicht  verständlieh  sind  je  basz  und  so 
basz:  und  thet  im  ie  lenger  ie  basz  gefallen.  Keisersb.  Sün- 
den des  munds  57* ;  setz  aber  ein  dein  kolenglut  und  ie  basz 
und  basz  rieht  kolen  "darumb.  küchenmeisterei  aö;  ie  mehr 
die  reb  den  weinstock  ergreifet  und  basz  in  im  stehet  ver- 
wurzlet, ie  mehr  sie  saft  in  sich  sauft.  Fra>k /a5/era2;  meine 
bücher,  so  basz  ich  immer  mag  und  sich  das  schicken  will, 
zu  transferieren  und  auslegen.  Hcttes  5,  41.  heute,  je  länger 
je  besser,  je  mehr  je  besser. 

BASZ,    ffl.    fassus,    franz.    pas,   jetzt    pasz,   genauer    pas, 
gen.  passes,  ganz   verschieden  von  dem  vorhergehenden: 
dasz  etlich  longae  gehn  den  basz, 
breves  den  zelf  gehn  lernen  lasz, 
ancipites  zu  basz  und  zeit 
könt  brauchen  wie  es  euch  gefeit. 

IsAACus  GiLHDsiDs  marpurgensls  grammatica  (eine 
comoedia)  1597  s.  (>9. 
BAT,  ablaut  von  bitten. 

BATAILLE,  f  proelium,  acies.  dies  fremde  wort  war  schon 
frühe  unter  uns  hergebracht,  vgl.  das  mhd.  verbum  bataljen, 
proeliari  bei  Ben.  1,  93*.  man  gebrauchte  es  auch,  wie  treffen, 
von  der  Schlachtordnung:  herzog  Bernhard  Ton  Weimar,  der 
die  eine  bataille  führte.  Micrälics  5,  297. 

BÄTE,  m.  sowol  baptismi  Sponsor  als  filiolus  baptismatis, 
das  heutige  pathe,  der  mhd.  Schreibung  gemäss  (Ben  I,  93")  und 
nach  ier  üblichen  Umsetzung  des  fremden  P  in  deutsches  B. 
Stieler  77 ;    bathe.    unw.  doct.  672. 

B.ATENGELD,  n.  pathengeld:  der  geist  aber  ist  das  kleine 
beutelein,  da  das  batengelt,  das  ungerische  gold  innen  lieget. 
Lcthers  lischr.  198*. 

B.\TENGESCHENK,  n.  donum  lustricurt.    Stieler  1760. 
BATE.NHEMD,  n.  velamen  luslrale,  westerhemd. 
BATE.ME,   f.    betonica,    mhd.  betoene:    schoene.  Hätzl.  163, 
86.     nimb    braun    battengen,    dörre    die.     Seüter  349.     vgl. 
deutsche  mylhol.  1159. 

BATEMKEL,  leucrium  ehamaedrys,  gamander,  aber  auch 
primula  veris,  Schweiz,  badönikli,  Schlüsselblume,  flukblume, 
bei  Tobler  33'  badenechtei,  patönjele,  bei  Schmeller  I,  215 
batengel.  die  deutung  ßa&vs  ayyeXos,  frühlingsbole  ist  nur 
spielend,  das  wort  scheint  diminutiv  des  vorausgehenden,  gleich- 
sam kleine  betonica. 
BATSCH,  s.  patsch. 

BATSCHEN,  batuere,  eontundere,  franz.  battre:  da  balscht 
die  maid  ir  hend  zusam.  H.  Sachs  IV.  3,66';  die  geisel  pat- 
schen. ÜHLA>D  734.     mehr  unter  patschen. 

BATTE,  f  lumtm,  emolumentum.  Stieler  schreibt  die  bäte 
auxilium.    mhd.  bäte : 

ich  gebe  iu  noch  hiuie 

alle;  da;  ich  ie  genran, 

lanl,  bürge,  diensiman. 

e;  kuniet  alle;  wol  ze  baden, 

luwer  jiincfrouwe.n  wil  ich  bestaden 

ba;  dan  nach  irme  rehte.    HeRB0AT2697; 

armisen  unde  plaien, 

geschiitze  in  guoten  baten.    4738; 

ir  Sil  In  graben  unbaien, 

deheines  grirens  ich  iuch  staten.    417; 

da;  Troilus  mit  timbaten 

ür  Eleno  tribei  siiien  spoi.    2296; 

überall  scheint  baten  hier  der  dat.  pl.  eine  im  wb.  zum  pass. 
K.  697*  angezogne,  aber  nicht  angeführte  stelle  war  jetzt  nielU 
XU  erreichen.  Oberlin  98  führt  in  mehrem  stellen  an:  weder 
miete  noch  hatte  nemen.  batelüs  hilpos  findet  sich  Tiinda- 
lus  54,  69.  unbate  bedeutet  unart,  schade,  und  wie  wir  unart 
persönlich  anwenden:  du  bist  ein  rechter  tinartl  gilt  auch 
noch  heute  in  wetterauischer,  westerwäldischer  tolkstprathe  un- 
batte  für  einen  hämo  nequam,  nihili. 

Nd.  dat  mochte  ik  reken  vor  grole  bäte.    Beineke  2083 ; 

wat  scholde  roi  dat  lo  bäte  komen?    2103; 

lor  baten.    3233; 

«e  denken  mAst  der  kindere  hate.    3979; 

scholde  ymant  bäte  entßn.    5250. 
Sprichwort:  alle  bäte  helpet,  segde  de  mügge,  un  m^g  in  den 
Bin ;  hd.  alle  halte  hilft,  sagte  die  mücke,  und  seichte  in  den 
Rhein,     mnl.  baet,  bäte: 

entie  mfiM  andren  h^ft  mesdaen, 

»a\  den  andren  in  baten  staen.    Rein.  191; 

daer  orte  hebben  baet  en  ghenot.    4265; 

om  sin  bäte.    Chri»line  1365; 

Ie  sirc  bäte,    heimelich.  lllj; 

te  sire  ombate.    1501 


wat  baet  comt  u  van  minre  ddt  *    Pottik  1, 1201 ; 

bäte  of  ODtfaen.    2,  1451. 
tinl.  baat  oder  bäte  f.     siehe  das  folgende  wort. 

BATTEN,  frugi  esse,  prodcsse,  juvare,  proficere,  frommen, 
fruchten,  im  Westerwald,  in  Hessen,  in  der  Wetterau  sehr  üb- 
lich, Albercs  erklärt  batt  durch  proQcit  und  das  synonyme 
hilft,  Dastpodics  179'  expedit,  es  ist  nutz,  es  hattet; 

die  sonne  gab  des  fleisches  schatten, 

er  meint,  es  soll  in  etwas  hatten. 

er  greif  darnach  und  war  nicht  faul.    Albbscs  19, 

das  Stroh,  das  er  in  schuen  hatt, 

wiewol  mich«  warlich  wenig  halt, 

das  nam  ich,  als  herauszer  guckt, 

und  hab  es  hinder  im  verschluckt.    39; 

als  er  nun  lang  gebetien  bau 

und  sah  doch,  dasz  in  wenig  batt.    97; 
geh  du  am  säubern  ort, 

und  lasz  in  in  dem  dreck  ^umb  walten, 

das  wirt  dich  an  dein  schuhen  hatten.    Scheit  j^rod.  ES^t 

hat  euch  die  leussalb  nichts  gebatt.    Tl'; 

und  denken  nur.  was  sie  mag  hatten, 

wann  sie  bau  viel  acker  und  matten.    ganskönigHSl'; 

du  glaubst  und  glaubst  und  weist  nicht  was, 

was  meinst,  das  dich  werd  patten  das? 

W.  Spa.nce.^berg  fangbriefe  FC* ; 

was  batt  dein  übelsehen?  Uhla\d6$0; 
es  batt  noch  hilft  nichts.  Fischart  bienenk.  34";  ja  dasz  man 
die  gewissen  mit  keinen  neuen  geboten  binden  inng,  das  batt 
uns  nichts,  ebensowenig  als  ein  frühmesz  auf  den  abend. 
47" ;  dasz  . . .  alles  sein  leiden  uns  nicht  hat  können  hatten. 
75';  und  ob  man  sich  schon  zu  gott  bekehrte,  das  kan  nicht 
hatten,  es  sei  dann,  dasz  man  vollkommenlich  bezale.  106"; 
und  hiewider  hilft  noch  haltet  alles  nichts,  was  die  ketzer 
einwerfen.  107';  aber  es  hattet  sie  wie  muterkraut  für  herz- 
gesperr  und  heisze  eschen  für  blalrige  füsz.  244';  es  soll 
dich  wol  etwas  ballen,  dasz  ich  da  sitz.  Garg.  15l'.  Stieler 
führt  719  an:  es  ballet  mich  nichts,  ni7n7  conducit;  was  batt 
es,  dasz  man  den  stall  zumacht,  wenn  die  kühe  weg  sein? 
nach  Hemsch  198.  batt  es  nichts,  so  schadt  es  nichts  ist 
eine  noch  heute  gangbare  redensart;  es  will  nichts  ballen  sagt 
man  in  Schwaben  (Schmid  1,  36)  und  im  Elsasz,  für  die  alle- 
mannische  mundart  zeugen  zwei  stellen  aus  Hebel  (ausg.  5): 
du  grobe  bursj,  se  battets  nüt.  212; 
*s  het  alles  nit  ghulfen  und  hattet.  298; 
in  der  schweizerischen  sollte  man  das  worl  erwarten,  doch  ge- 
ben es  weder  Maaler,  noch  Staloer  und  Tobler  an,  Stalder 
1, 143  hat  ein  ballen,  aber  in  der  bedeutung  von  bastgen,  be- 
zwingen, überwältigen,  der  bairischen  und  östr.  Volkssprache 
scheint  es  heute  ganz  fremd. 

Desto  üblicher  bleibt  es  in  der  niederdetUschen : 

wente  gi  könnet  noch  so  manigen  rat, 

de  ju  lichte  wol  baten  mach.    lieineke  130S ; 

de  können  nicht  an  enen  baten.    3652; 

it  mach  mi  schaden,  it  mach  mi  baten.    3700; 

mochte  ik  ju  mit  mineme  live  baten.    5313; 

dat  sulre  Keinken  nicht  vele  batede.    6362; 

in  welchen  stellen  allen  kein  baten  des  mnl.  gedichts  ent- 
spricht, dodt  unterliegt  das  nnl.  baten  keinem  zweifei. 

Hält  man  nun  das  mhd.  bäte,  nhd.  hatte  zum  mnl.  baet, 
bäte,  nd.  bäte,  das  nhd.  hatten  zum  nd.  und  nnl.  baten,  so 
musz  die  abgehende  lautversehiebung  auffallen  und  man  hat 
eben  darum  das  wort  für  ein  unhoehdeutsches,  aus  der  nie- 
derdeutschen spräche  erborgtes  angesehen,  bei  genauerer  for- 
schung  ergibt  sieh  umgedreht,  dasz  die  hochdeutsche  form  hier 
in  vollem  rechte  steht  und  das  nl.  nd.  baten  aus  baden  rer- 
derbt  ist,  wie  längst  schon  gramm.  1,  494  (ausg.  von  1822)  nach- 
gewiesen wurde,  niemand  kann  glauben,  dast  ein  mhd.  dich- 
ter wie  Alber  batelos  für  bajelüs  geschrieben  oder  ganze  hoch- 
deutsche landsehaflen  hatten  aus  bajen  gemacht  haben  sollten, 
umsnwi-nigpf  als  ein  ahd.  bajen  melius  habere  (Graff  3,  223) 
wirklich  bestand,  dies  bajcn  ist  aber  mit  baten  ganz  unver- 
wandt und  baten  fordert  zur  würzet  ein  goth.  had,  nicht  bat, 
folglich  CM  ahd.  pat,  nicht  pa;;  baten  hat  auch  gar  nicht  die 
bedeutung  bene  se  habere,  melius  se  habere,  vielmehr  die  völ- 
lig versch'tedne  von  juvare,  proficere.  die  Schreibung  baden: 
bestaden  ])ei  Hebbort,  dessen  gedieht  ans  nd,  streiß,  hatte  gu- 
ten grund. 

Wie  nun,  sollte  ahd.  keine  spur  des  ausdrucks  übrig  sein? 
alle  glossen  gewdlireti  unpata  lentus,  wobei  man  sicJi  alsogleieh 
jenes  persönlichen  unbate  nequam  erinnert,  wie  schon  das  oi«- 

73* 


1159 


BÄTZ  — BATZE 


BATZE  — BÄTZLEIN 


1160 


lautende  a  ein  fem.  anzcuß;  noch  mehr,  fragm.  Iheol.  p.  20 
steht  in  Christi  amore  promptissimus  verdnitscht :  in  Christes 
minniu  batast  gagarawiter,  das  will  nicht  sagen  optime  (bejisl) 
paratus,  sondern  promptissime  ad  juvandum  paratus,  =  funsist 
gagarawiter.  Dazu  stimmt  aber  badmen  juvari  {sp.  1075)  und 
die  von  Schmeller  verfehlte  auslcgung  eines  alts.  ausdrucks, 
der   es  zur  sicherheil  bringt,  dasz  nd.  baten  für  baden  steht: 

idisi  fengun  gibada  an  iro  brioston.    Hei.  172, 11, 
muliercs  ceperunt  jitvamen  inpectorihm; 
thcm  mannum  ward  gihßlid  möd, 
gibadi  an  iro  briosuin.    97,  9, 

viris  restilutus  csl  animits,  auxilium  datum  pectoribus  eorum; 
wie  sich  damit  aber  die  dculung  von  underbadön  148,  5  ver- 
trage, musz  für  einen  andern  orf  aufgespart  bleiben,  von  der 
verwandlschaß  dieses  ahd.  pata,  alts.  gibada  mit  ahd.  petti, 
goth.  badi,  vielleicht  auch  mit  ahd.  palo,  ags.  beado,  alln.  böd 
pugna  .<toll  unter  dem  worle  bett  lectus  die  rede  sein,  hier 
genügte  es  batten  als  rein  hochdeutsch  gerechtfertigt  und  seine 
herkunß  aus  basz  abgewiesen  zu  haben. 

BÄTZ,  m.  ursus,  betz,  petz,  koseform  für  bär,  den  betzen 
zu  Bern  im  loch  zeigen.  Garj.  124';  vgl.  alln.  bessi,  bersi 
und  hernach  liätzli. 

BATZE,  BATZ,  m.  numus  ursi  typum  gerens,  ursalus  se- 
slertius,  mlat.  bacio,  bacius,  bacenus  (Ducange  1,  52S'),  eine  ge- 
ringe zu  Bern  geprägte,  vier  kreuzer  werthe  münze,  die  sich  seit 
dem  15.  16  jh.  im  südlichen  Deutschland  allgemein  verbreitete 
und  auch  in  andern  gebieten,  ohne  dasz  der  Berner  bär  dar- 
auf abgebildet  war,  gleichen  namen  behielt,  auf  dieselbe  weise 
entsprang  der  name  florenus  von  der  blume,  die  dem  floren- 
tinischen  gülden,  oder  kreuzer  von  dem  kreuz,  das  dieser  klei- 
nen münze  eingeprägt  war,  und  behauptete  sich  auch,  wenn 
das  zeichen  wegfiel  oder  mit  einem  andern  verlauscht  ivurde. 
diese  herleitung  des  batzens  isl  der  vom  it.  pezzo  oder  franz. 
piöce  schon  deshalb  vorzuziehen,  weil  dann  auch  wol  allge- 
mein goldbatze  für  goldstück,  pifcce  d'or  gesagt  worden  wäre, 
wie  nie  geschieht,  auch  heiszl  den  Schweizern  gerade  das  sil- 
berslückchen  von  ßnf  sols  bieszli  (Stai.der  1,  170),  niemals 
bützli.     doch  s.  das  folgende  batze. 

Wann  das  wort  zuerst  erscheint,  ist  noch  unermiltclt,  es  mag 
gegen  den  ausgang  des  15  jh.  der  fall  sein,  in  dessen  mitte 
die  rcchnungsbücher  Conrads  von  Weinsberg  oder  Otto  Unlands 
nie  von  batzcn  reden,  auch  nicht  des  abtes  Ulrich  von  sanct 
Gallen  um  1490  (Zellwecer  n*  523).  Frisch  1,  74  nnrf  Sciimei.- 
LER 1,  227 //äu/'cn  beispiele  aus  dem  IG  jVi.  Matiiesius  165"  sa.9<; 
batz  ist  hernach  ein  gemeiner  name  worden  aller  der  gro- 
sclien,  die  auf  vier  kreuzer,  wie  die  halben  alten  zehner  ge- 
schlagen; so  weil  als  nach  gülden  und  kreuzern  gerechnet 
wurde,  verbreitete  sich  auch  die  hencnnung  des  batzens  und 
des  dreibätzners,  seciisbälzners  für  grvszere  münze,  statt  zwei 
kreuzer  sagt  das  volk  lieber  einen  halben  balzen,  statt  vier 
kreuzer  immer  einen  batzen,  ja  das  worl  ist  allmälich  ein 
ausdruck  für  geld  überhaupt  geworden,  es  heiszl  nicht  das  ko- 
stet kreuzer  oder  gülden,  sondern  das  kostet  batzen;  nicht 
der  iiat  gülden,  sondern  der  hat  batzen,  ist  ein  reicher  mann, 
wai  freilich  wieder  für  jenen  auch  in  piece  und  pezzo  lie- 
genden allgemeinen  sinn  sprechen  könnte,  seine  l»atzen  zu- 
sammen halten.  Simpl.  2,  44;  wäre  sie  arm,  so  könte  ich  ja 
wol  denken,  dasz  sie  nur  meine  bare  l)atzen  genommen. 
ebenda;  wenn  danken  ein  batzen  kostet,  so  behielts  mancher 
in  seinem  säekcl.  Lehmann  133 ;  ein  liöser  batze,  der  seinen 
herrn  nicht  lösen  will.  Simrock  549;  seine  balzen  zählen, 
sein  geld  zählen.  Gotter  1, 158 ;  halbbatzen  daher  machen,  al- 
bernes zeug  schwätzen.  Schmeller  1,  228; 


darzii  lial)  icli  ein  speccroi, 
die  gili  ein  batzen  oder  drei. 

und  gel)  tvii  ninem  gelt  dazu, 
ncmlich  ein  palzen  oder  drei. 


Al.BF.RUS  197; 


11.  SachsII.  4,  3'; 


da  der  zahlpfennig  jetzt  ein  gülden,  ein  album  oder  batzen, 
jetzt  ein  pfcnning  heller  bedeutet.  Kirchhof  wendunm.  47"; 
kund.schaft  zu  verhiiren,  von  jedem  zeugen  2  batzen.  nii7. 
diso.  258 ;  Königsteiner  batzen  und  Salzburger  gröschlin.  Garg. 
120*;  wenn  das  glück  gar  wol  will,  fallen  etwan  ein  thaler 
batzen  von  den  reiciien,  als  wie  durdis  Schneiders  scheer 
uns  zu.  ScHüPPius  548;  den  Schülern  zehn  batzen,  den  wit- 
frauen  ein  gülden.  "50;  acht  balzen  von  der  winkelslcuer. 
Jucunrfisx.  192;  sie  ihm  ein  paar  balzen  schenkten,  wegkürzer 
26;  o  ho,  drei  batzen  ffir  meinen  eintritt.    Fr.  Müller  2, 122; 


alle  diese  dinge  wären  keinen  halben  batzen  wert. 
Platen  250. 

In  der  bairischen  kindersprache  heiszt  jedes  geldstück,  zumal 
ein  als  schmuck  angehängtes  batze,  balzel,  aber  auch  ander- 
wärts war  batze  ein  angehänge  der  frauen  von  gold,  silber 
und  edelgestein,  so  wie  der  rosse: 

ein  schönes  rosz, 

i'ung,  weilig,  Treidig,  stark  und  grosz, 
leliangen  mit  sntlel  und  bäum, 
mit  batzen,  das  mans  seilen  kaum.    Waldis  2,  78, 

mit  glänzenden  metallplatlen  oder  blechen,  die  zinngieszer  nen- 
nen grosze,  abgedrechselte  zinnstücke,  wonach  die  formen  ge- 
macht werden,  batzen,  was  doch  wieder  vom  folgenden  worl 
abgeleitet  werden  könnte. 

BATZE,  m.  massa,  gleba,  klumpe,  was  aus  dem  weichen 
erhärtet,  geronnen  ist  und  zusammen  klebt,  ohne  zweifei  von 
backen  2  herzuleiten,  wie  gutzen  von  gucken,  gatzern  von 
gackern  «.  s.  w.  man  sagt  mehlbatze,  leimbatze,  eiterbatze, 
rotzbalze,  speibalze,  augenbalze  {was  augenbutter,  augenkiise) 
und  nennt  die  klebrige,  aus  zerquetschten  thicren  oder  pflan- 
zen vortretende  malerie  batz :  ich  drücke  dich,  dasz  dir  der 
balz  ausgehl;  er  hat  den  wurm  getreten,  dasz  ihm  der  batz 
herausgegangen  isl;  er  friszt,  dasz  ihm  der  balz  abrinnt;  die 
birne  ist  teig,  ich  habe  sie  zu  einem  batz  zerdrückt  (Schmel- 
ler 1,  228).  jungfraw  mon  bringet  so  schöne,  kalte  wetter- 
linge,  unflaler,  grindbalzen.  Fischart  groszm.  94 ;  ja  von  sol- 
chen dreckbatzen,  kruckäntlein,  kotänllein,  muckenscheiszer- 
lein,  hafenguckerlein.  Garg.  40' ;  der  naturlich  mensch,  der 
in  der  schrift  ein  verderbler  batz  wird  genent.  Frank  bäum 
des  Wissens  125;  weisz  fast  wol,  dasz  wir  alle  gleich  Adams 
kinder  seind  ein  verderbler  balz,  ja  all  wol  wasser  an  einer 
Stangen  tragen,  weltb.  vorr.  a4';  wir  seind  all  ein  verderbter 
balz  ausz  Adam,  die  nichts  dann  die  hell  verdienen,  ausz 
demselben  vernfichlen  kotbatzen  seind  ausz  genaden  ellich 
geschirr  zu  ehren  gemacht,  guldin  arch  210';  golt  wird  all 
menschen  auf  ein  häufen  durch  sein  wort  nicht  desto  weni- 
ger, wie  sie  sind,  ein  verderbten  batzen,  vasz  des  zorns, 
Ihorecht  und  gotlos  nennen,  paradoxa  37';  dann  was  ist  das 
fleisch,  dann  ein  pfütz,  Instrument,  häfel  und  patz  der  sünd? 
66'.  in  den  hohen  öfen  heiszt  ein  stück  lehm  oder  leim  zum 
verkleben  des  lochs  im  tümpel  der  batze.  batze,  dreckbatze 
cjnc  schelte  der  vornehmen  gegen  handwerksgesellen,  sonst  broz, 
handwerksbroz.  Man  könnte  nun  auch  vermuten,  dasz  die 
Ideine  am  finger  klebende  münze,  weil  aus  heiszem  silber  ge- 
backen, balze  genannt  worden  sei,  und  vielleicht  verdient  diese 
herleitung  den  vorzug  vor  der  andern   aus    dem  Berner   baren. 

BÄTZE,  f  canicula,  beize,  pelze,  hündin,  alln.  bikkja,  ags. 
bicce,  engl,  bitch,  wozu  man  das  sl.  p's"  canis,  poln.  pies 
und  die  in  der  gesch.  deutsch,  spr.  s.  38.  39  angeführten  weil- 
grcifenden  Verwandtschaften  halte. 

wer  solche  thierchen  fängt,  der  fängt  beläuflge  balzen. 
WiEDEMANM  oprit  1.  22. 

BATZEN,  haerere,  rigere,  coagulari,  kleben,  pappen,  zu- 
sammen backen  {sp.  1065),  dem  subst.  batze  entsprechend,  wenn 
zottige  haare  sich  in  knäuel  verwirren,  heiszt  es  sie  batzen 
{backen)  zusammen;  betlfedern  haben  sich  gepatzet.  König 
Schweiz,  hausb.  819;  indeme  er  {der  staar)  sich  nicht  allzu 
reinlich  hält,  seind  seine  federn  meistens  nasz  und  zusam- 
men gebatzet.  Hohderg  3,  372*.  Schneller  aber  hat  es  noch 
in  der  weichen,  flüssigen  bedeutung :  einen  käfer,  einen  apfel 
balzen,  zerbatzen,  quetschen,  zerdrücken;  herumbatzen,  in  et- 
was schmierigem  herum  greifen. 

BATZEN,  sarcire,  grob  flicken,  grobe  naht  nähen:  den  rock 
balzen,     verderbt  aus  besten  oder  büszen,  welche  man  sehe. 

BATZENFLÖTE,  f  i.  Paul  flegelj.  1,  43. 

BATZENHAUSLEIN,  n.  geringes  Wirtshaus,  wo  man  nur 
einen  batzen  verzehrt. 

BATZET,  rudis,  aus  batze,  wie  massiv  aus  masse,  derb, 
grobgebacken :  warumb  macht  sich  iedermann  so  breit,  grosz 
und  balzet?  Frank pararf.  14;  sich  balzet  machen.  Scbmkller 
1,  228 ;  eine  batzcte  lüge,  derbe  lüge. 

BATZIG,  dasselbe,  oft  geschrieben  patzig:  der  kerl  macht 
sich  batzig,  thut  dick,  prahlt  derb;  sihe,  hagenbutz,  du  machst 
dich  discn  morgen  mechtig  patzig.  Garg.  198";  wie  macht  er 
sich  mit  ander  leut  geld  so  pelzig.  Taubmann  zu  fcrox  est  in 
riautus  Asinar.  II,  4,  62.  vgl.  adelstolz,  Ireckbatzig.  Garg.  75' ; 
Ireckhatzige  zwerglin.   196'. 

BÄTZLEIN,  n.  mit  verschicdnen  bedeutungen. 


1161 


B  ATZMANN— BAU 


BAU 


1162; 


1)  hnndUin,  s.  bätze:  hett  ein  kleines  Lündlin,  dem  lockt 
sie  bebend  und  bald,  schlfig  die  bend  zusamen,  sprach  hurs, 
hurs  batzli,  biirs,  dapfer  an  ibne,  er  ist  doch  nichts  mar 
werd.    Frey  garteng.  cap.  20  s.  33. 

2)  schäßein,  oricula.  Schmeller  1,  229,  vgl.  bätschelein 
kälbchen  1,  226. 

3)  anhdngsel  von  gold,  Silber  und  perlen. 

4)  kleiner,  fester  mchlklosz. 

5)  kleiner,  aufgenäliler  ßickßeck. 

BATZMANN,  m.  name  eines  biers.  Carg.  59*;  nach  dem  zeit- 
verlreiber  s.  158  des  biers  zu  Wollin. 

BÄTZ.NER,  VI.  siehe  dreibätzner,  sechsbätzner. 

BAU,  fli.  eubile,  aedißcium,  cnllura,  nls,  pl.  baue,  ahd.  pü  gen. 
pftwes,  mhd.  bft  binves  und  bou  bouwes,  nnl.  bouw  botiws; 
<Uls.  aber  bft  n.,  alln.  bö  n.,  schw.  ddn.  bo  n.  {neben  byr  f.  gen. 
byar,  urbs,  schtc.  dän.  by),  ags.  engl,  mangelnd,  golh.  nicht 
vorkommend,     von  der  icurzel  hernach   unter  bauen. 

1)  eubile,  fovea,  specus,  den  tcilden  thieren,  die  sich  ihre 
Wohnung  bauen,  wird  darum  ein  bau  zugeschrieben,  nament- 
lich heiszt  die  fuchshöle  und  dachshole  bau;  in  der  thierfabel 
empfängt  Iteinharls  hole  oder  grübe  sogar  den  eigennamen 
Malperluis,  mhd.  Übelloch,  trenn  er  sich  dahin  zurückzieht, 
wird  gesagt,  er  bebt  sich  zu  seiner  bürg,  wie  ihn  die  jäger 
zu  loche,  zu  baue  schliefen  oder  kriechen  lassen.  Grimberls 
bürg  wurde  altfranz.  Malbuisson  genannt,  schiced.  räfven  bar 
bo  i  skogen.  biber,  ottem,  hamster,  kaninchen  haben  ihren 
bau,  auch  dem  wolf  wird  bau  und  lagcr  beigelegt,  dem  baren 
nur  ein  loch. 

begibt  sich  das  raubthier 
aus  dem  gesicherten  bau  in  unabsehlichen  wäldern. 
Zachariä  2,  ~4; 

wollen  den  dachs  bis  an  seinen  bau  beizen.  Fr.  Müller  2, 
112;  die  hunde  slehn  vor  dem.  dachsbau  und  bellen.  Mit 
noch  grüszerem  rechte  verdient  das  kunstreiche  nest  der  rögel 
den  namen  eines  baues,  schwed.  heiszt  es  ausdrücklich  fagelbo ; 
mhd. 

daj  ein  stval«ve  ze  Irlande  kxme, 
ein  frouwen  liär  da  na-me 
zir  büwe.  zir  geniste.     Trist.  217,  11; 
wenn  ihm  sein  ehgemalil  vom  garn  erhaschet  wird, 
der  jetzt  sein  einsam  sein  ruft  aus  auf  allen  bauen, 
so  bin  anitzo  icli.        Flbjiimg  23. 

die  bienen  wirken  honig  in  aufgestellten  körben,  aber  in  selbst 
gebauten  zellen;  das  Wespennest,  der  ameisenhaufen  könnte  hau 
genannt  sein,   wie  den  letztern  die  thiersage  bürg  nennt, 

2)  das  haus,  die  behausung  und  wohnstdlte  der  menschen 
ist  ein  bau,  j»  welchem  sinne  Ulfilas  bauains  verwendet  von 
dem  unreinen  geisl,  saei  bauain  habaida  in  aurahjüm,  qui 
domicilium  haltuit  in  sepulcris.  Marc.  5,  2,  oder  ahd.  pfihaft 
habitabilis  ausdrückt. 

wer  herscht  inner  groszen  bauen.    Opitz  1,  210; 
fragt  nichts  nach  hohen  bauen.    FLr.ai.fc  72. 

3)  häufiger  aber  ist  bau  das  gebäude,  aedißcium,  structura, 
die  errichlung  des  hauses,  an  dessen  balken  und  giebel,  nach 
HoMEYERS  entdeckungen,  der  eigner  sein  handgemal,  sein  bau- 
seiehen,  b6mark  in  gestalt  alter  runen  setzte:  wie  die  menner 
hieszcn,  die  diesen  baw  theten.  Esra  5,  4 ;  meisler,  sihe  welche 
steine  und  welch  ein  baw  ist  das?  3/arc.  13,  1;  siheslu  wol 
allen  diesen  groszen  baw?  nicht  ein  stein  wird  auf  dem  an- 
dern bleiben.  13,  2 ;  wir  wssen  aber,  so  unser  irdisch  haus 
diser  hüllen  zubrochcn  wird,  das  wir  einen  baw  haben  von 
golt  erbawet  {goth.  gatimijön,  oixo8oftr;i).  2  Cor.  5,  1 ;  da 
Jesus  Christus  der  eckstein  isl,  auf  welchem  der  ganze  bau 
in  einander  gefüget  wechset  zu  einem  heiligen  lempel  {goth. 
galimrjö,  oCxoSofij).  Eph.  2,  21;  und  der  baw  irer  mauern 
war  von  psfis  {iyoöfxr^ais).  apost.  gesch.  21,  IS;  wann  du  den 
grund  enzeubest,  so  ist  der  bawe  lose  und  feit  bald  umb. 
Petr.  SO';  welches  doch  der  rechte  grund  und  boden  ist, 
darauf  sie  Iren  römischen  bau  zimmern  und  setzen.  Fischart 
bienenk.  16";  burgüclien  bau  thun.  Landac  ritterg.  i.  104;  dar- 
auf bin  ich  fortgezogen  und  die  nothwendige  baue  verdinget. 
ScHWEMicBEx  3,  125.  wir  sagen:  das  ist  ein  stolzer,  edler 
bau,  ein  herliches  gebdude;  ein  neuer  bau  steigt  über  der 
asche  auf;  viele  büuser  stehn  in  bau ; 

laszt  ihr  nur  danim  ewge  baue  gleisten, 

um  schnell  dieselben  wieder  einiureiszen  ? 

der  tod  kömmt  plötzlich,  der  wird  euch  bei  zeiteo 

höhlen  bereiten.        E.  v.  Kxkist  1,6; 

beiige  Ordnung,  segensreiche, 

die  der  städte  bau  gegründet.  Schill»  79*; 


dumpfbrausend  wie  des  meeres  wogen 

von  menschen  wimmelnd  wachst  der  bau 

in  weiter  stets  ge<cliweil1en  bogen 

hinauf  bis  in  des  liimmels  blau.   5S*. 
neuere  bilden  den  pl.  baue:    glauben  sie,  dasz  er  bei  bauen, 
wo  sie  selbst  einwirken,  angestellt  werden  könnte.  Göthe  an 
Zelter  9.     Auszer   dem  haus  gilt  bau  auch  ßr  schiffe,    hdfen, 
canäle,  straszen,  eisenbahnen,  wagen  und  mascitinen. 

4)  dieser  bau,  genommen  für  structura,  construetio,  leidet 
vielfache  anwendung  sowol  auf  sinnlich  wahmembare  Verhält- 
nisse des  leibes,  der  pßanzenwelt  und  gebirge,  als  auf  ab- 
stracte  gegenstände :  der  bau  des  menschlichen  körpers.  Kam 
8,  9 ;    ein    mädchen   von   schlankem  bau  (wuchs) ; 

die  du  in  tiefer  ruh  am  nachttisch  bänder  wählest, 
der  locken  bau  besiehst  und  muschen  überzahlest. 
Zachariä  schnupft.  2,  1 ; 

ein  pferd  vom  schönsten  bau;  vielfarbige  blülen  von  wunder- 
barem baue.  HcwBOLDT  ans.  der  nat.  2,  32;  der  bau  der  ge- 
birge, der  Vulkane;  der  bau  des  himmels,  der  weit; 

gott  bleibt  goti,  man  wird  die  weit  gar  in  neuem  baue  sehen, 

wann- man  bei  der  letzten  brunst  meinen  wird  es  sei  geschehen. 
•  LoGAU  2,  7,  7  ; 

der  ganze  bau  der  well  zeigt  seiner  bände  spur.    Hallem; 

und  bebte  gleich  der  wellen  bau  und  veste, 

so  zaget  er  bei  ihrem  einfall  nicht.    Hagedorx  1,  13; 

ein  baw  von  siahl,  von  stein  und  eichen 

darf  langer  zeit  nicht  leichtlich  weichen, 

ein  baw^  der  auf  dem  glauben  steht. 

vergeht,  wenn  ewigkeit  vergeht.    Logac  1,3,47; 

und  kann  die  gleichheit  nur  den  bau  der  freundschnft  gründen. 

wie  wird  er  (der /«r«r)  einen  freund  stau  eines  lieuchiers  linden? 
Hagedor.x  1,  3t3. 
der  bau  eines  gedichls,  seine  composilijn ;  der  bau  der  sprä- 
che,   ihre  innere  einrichtung.    vgl.  aufbau,  unterbau,  satzbau. 

5)  das  altn.  bü  n.  hatte  die  bedeutung  von  ms,  land  im 
gegensatz  zur  Stadt  und  zum  hause,  dann  aber  bezeichnete  es 
auch  das  landgut,  praedium,  rusticatio  und  den  viehsland,  na- 
mentlich die  rinder.     ein  aller  spruch  lautete 

heima  skal  best  ala,  enn  hund  ä  büi, 
eqnus  dorn«,  rure  canis  atatur, 

für  ala  liest  hävamäl  {S(Fm.  20')  fcita,  saginare,  das  pferd  soll 
daheim  im  stall,  der  hund  beim  bauer  auf  dem  land  geßttert 
werden,  man  legte  die  hunde  bei  den  hörigen  ein.  bann  reisti 
bö,  rusticatum  exorsys  est,  er  begann  seinen  landhaushall, 
ein  bft,  praedium,  wird  oß  hingegeben  und  verschenkt,  höggva 
büit  heiszt  das  rindvieh  ins  haus  schlachten,  offenbar  ent- 
springen diese  bcnennungen  daher,  dasz  das  feld  gebaut,  an- 
gebaut wird  und  die  rinder  den  acker  bauen,  pflügen,  die 
Stadt  aber  fithrte,  gleich  der  villa  nach  derselben  wurzel, 
den  namen  byr  oder  beer,  weil  sie  erbaut  wurde  und  von  ge- 
bändcn  erßllt  ist.  die  heutigen  nordischen  sprachen  setzen  bu 
oder  bo  nicht  mehr  ßir  land,  rus,  doch  gilt  in  Norwegen  bu 
ßr  das  hornvieh  (Aases  52'). 

6)  das  ahd.  pä.  nthd.  bft  gehn  zwar  nielit  auf  das  land 
selbst,  aber  auf  die  landbestellung.  den  pft  huerpan  mag  ur- 
sprünglich ausgedrückt  haben  das  land  bauen  und  pflügen,  0. 
II.  16,  8  sagt  in  geistlicher  anwendung: 

büent  sie  in  wnra  erda  filu  mära, 
ther  hiar  Ihen  bü  hiwirbit,  er  iamer  thar  nirstirhit. 
mltd.   mir  hat  der  schür  erslagen 

den  besten  bü  den  ich  hän.    Jir.  2S33, 

der  hagel  hat  meine  besten  äcker  verheert; 

iu  ist  bü  wol   bekant. 

nerat  die  arl  in  die  hant, 

crt.  ziunet  nnde  s.ti. 

snil,  dreschet  unde  man, 

und  ander  slahte  arbeit, 

die  man  gcbüren  üf  leit.  nACPT2,88, 
ihr  versteht  euch  auf  alles,  was  ein  bauer  im  feld  zu  verrich- 
ten hat,  vgl.  Be"«.  1,  289'.  es  heiszt  ein  feld,  ein  gnindstück 
in  bau  und  besserung,  in  gutem  bau  erhalten,  es  gehörig 
ausstellen;  ein  acker  ligt  in  bau  oder  nicht  (Schneller  1, 137). 
icir  Jagen  aber  meistenlheils  in  der  Zusammensetzung  ackerbau, 
feldbau,  landbau,  weinbau  treiben :  gott  Zebaotli  wende  dich 
doch,  schaw  vom  bimel  und  sihe  an  und  suche  heim  disen 
weinstock,  und  halt  in  im  baw,  den  deine  rechte  gepflanzt 
hat.  ps.  SO,  16.  auch  mit  bezug  auf  die  einzelnen  fruchte : 
gelraidebau,  kombau,  flachsbau,  hanfbau.  kartoffclbau,  ja  ho- 
nigbau und  Seidenbau,  herghau  bezeichnet  den  anbau  und 
betrieb  der  bergwerke,  und  wiederum  auf  die  einzelnen  arten 
angewendet,  silherbau,  kupferbau,  cisenbau.  kohlenbau :  der 
bau  der  Steinkohlen  wird  eifrig  anempfoiilcn.    Götiif.  45,  290. 

7)  cigenthümlich  ist  der  Schweizersprache  bau  oder  buu  fimus. 


1163 


BAU— BAUCH 


BAUCH 


1164 


mist,  dünger,  weil  man  den  dünger  einackert,  mit  ihm  das 
land  baut:  bauw  anlegen,  stercorare.  Maaler  5l'.  Stalder  1, 
146;  mist  oder  bauw.  Tobler  37';  ein  fuder  bau,  mist;  kuh- 
bauw,  roszbauw,  kuhmist,  pferdemist.  oder  musz  dem  wort 
ein  andrer  Ursprung  beigemessen  werden?   vgl.  bauen. 

8)  das  ahn.  bö,  norw.  bu,  schw.  bo  bedeuten  auch  res  fa- 
miliaris,  vermögen,  hausgeräth. 

9)  bau  steht  nhd.  für  festungsbau,  gefängnts:  der  missethä- 
ter  kommt  auf  den  bau,  in  schwere  festungsarbeit. 

10)  in  den  Städten  führen  einzelne  öffentliche  gebäude  den 
namcn  bau,  stadtbau,  städtisches  wirtshaus. 

BAU,  ausruf,  gewöhnlich  mit  bif  oder  baf  verbunden:  auf 
einmal  kams,  wie  vom  himmel  herunter,  von  der  mündung 
des  flusses,  bav,  bau  I  immer  mit  kanonen  in  die  Franzosen 
drein.  Göthe  8,  173.   s.  bauz. 

BAUÄBHL'ß,  m.  da  kam  der  wirt  und  der  besen,  um  den 
Aauabhub  und  bodensatz  über  die  stube  hinaus  zu  fegen.  J.  Paul 
flegelj.  1,  99. 

BAUAMT,  n.  cura  aedificiorum  publicorum. 

BAUAIVSCHLAG,  m.  aestimatio,  einen  bauanschlag  machen. 

BAUANSTALT,  f.  apparatus  opeiis :  an  dasjenige,  was  eigent- 
lich zur  besten  zierde  gereicht,  daran  pflegt  man  zu  anfang 
einer  bauanstalt  am  wenigsten  zu  denken.  Göthe  53,  4. 

BAUARBEIT,  f  opus  publicum,    s.  bau  9. 

BAUART,  f.  aedißcandi  ratio,  die  gothische,  griechische  bau- 
art;  die  bürg  war  guter  bauart.  Klopstock  3,  69 ;  deutsche  bau- 
art.  Göthe  39,  352;  die  bauart  der  wagen,  dampfwagen  w.  s.  w. 

BAUAUFSEHER,  m.  publicorum  operum  ctirator. 

BAUAUSFÜHRUNG,  f. 

BAUBAR,  arabilis,  cullus,  urbar:  baubares  land;  felder, 
die  sie  erst  neulich  baubar  gemacht  haben.  Svrings  zehntrecht. 

BAUBEDARF,  m. 

BAUBEDÜRFTIG,  aedificii  egens :  nur  um  dir  dein  vorur- 
Iheil  zu  benehmen,  dasz  alle  baubedürftige  platze  schon  aus- 
gefunden und  besetzt,  alle  nöthige  arbeiten  schon  unter  die 
erforderlichen  bände  vertheilt  wären.  Lessing  10, 275. 

BAUBEHÖRDE,  f.  was  bauamt. 

BAUCH,  m.  venter,  uterus,  ahd.  püh,  mhd.  bftch,  mnl.  böc, 
nnl.  buik,  ags.  büc,  alln.  bükr;  schw.  buk,  dän.  bug.  nach 
dem  nhd.  pl.  bauche  darf  man  einen  mhd.  biuche,  ahd.  pöclü 
ansetzen,  der  nnl.  lautet  buiken.  die  goth,  form  begegnet  nicht, 
sie  würde  lauten  buks,  pl.  bukeis. 

Der  Wurzel  nach  verwandt  scheint  gr.  fnyog,  der  esser  von 
fayeXv,  skr.  bhaks,  weniger  das  von  Bopp  75*  verglichene  kuksi, 
derselben  bedeutung ;  Übergänge  des  a  in  u  ereignen  sich  oß,  und 
viele  goth.  u  erleiden  in  den  übrigen  sprachen  vei längerung ; 
doch  sehe  man  bauke.  vorzugsweise  drückt  bauch  den  die 
speise  aufnehmenden  theil  des  leibs,  also  Unterleib  im'  gegen- 
satz  zu  brüst  und  hals  aus.  bauch  ist  gleichbedeutig  mit  goth. 
vamba,  ahd.  wampa  =  lat.  venter,  aber  auch  mit  uterus  = 
goth.  qiJjTS,  yaaxriq  und  alle  drei  Wörter  bezeichnen  blosz  den 
inneren  leib,  nicht  dessen  äuszere  decke,  wie  balg,  feil  und 
haut,  man  kann  sagen  den  balg  füllen  oder  den  bauch,  nicht 
aber  der  balg  thut  mir  weh  für  bauch,  wampe  oder  leib. 

1)  bauch,  der  essende,  die  speisen  einnehmende:  voller 
bauch  ein  fauler  gauch;  volle  schlauche,  dicke  bauche; 

vil  dicke  vrö  houbet  siät 

lir  satem  bilche,  der  in  hat.    Freid.  125, 11; 

anf  TolIem  bauch  steht  ein  frölich  haupt;  ist  der  bauch  satt, 
80  ist  das  herz  froh;  man  füllt  leichter  den  bauch  als  die 
äugen ;  der  bauch  macht  uns  alle  zu  schelmcn ;  ein  feiszter 
bauch  der  gebirt  ein  dum  gemüt  (plenus  venter  non  studet 
libenter).  Keisersb.  .münden  des  munds9';  etlicher  ist  so  weis, 
das  er  nummen  drei  mundfol  von  einer  trachten  isset,  und 
gewinnet  noch  dannocht  ein  feiszteren  bauch  darbei,  dann 
mancher  der  ein  trachten  gar  isset  und  laszt  die  andern  ston. 
ll';  sol  ein  weiser  man  so  aufgeblasen  wort  reden  und  sei- 
nen hauch  so  hieben  mit  losen  reden?  Iliob  15,  2;  von  den 
leuten  dieser  weit,  welche  ir  teil  haben  in  irem  leben,  wel- 
chen du  den  bauch  füllest  mit  deinem  schätz,  p*.  17, 14;  mit 
denen  die  da  heuchlcn  und  spotten  umb  des  bauchs  willen, 
35,16;  er  hat  mich  verschlungen,  wie  ein  drache,  er  hat  sei- 
nen bauch  gefüllel  mit  meinem  niedlichsten.  Jcr.  51,  34;  du 
menschenkind,  du  must  diesen  brief,  den  ich  dir  gebe,  in 
deinen  leib  essen,  und  deinen  bauch  damit  füllen.  Ez.  3,3; 
sie  werden  doch  ire  selc  davon  nicht  scttigen,  noch  Iren 
bauch  davon  füllen.  7,  19;  der  bauch  ninit  allerlei  speise  zu 
sich.    Sir.  36,  20;    denn   gleichwie  Jonas  war  drei  tage  und 


drei  nacht  in  des  walfisches  bjuch  (ahd.  in  thes  wales  wambu). 
Matlh.  12,  40;  alles  was  zum  munde  eingehet,  das  gehet  in 
den  bauch  (ahd.  in  wamba  verit).  15, 17 ;  und  er  begerte  sei- 
nen bauch  zu  füllen  mit  trebern  {goth.  gairnida  sad  itan 
baurne).  Luc.  15,  6 ;  denn  solche  dienen  nicht  dem  herrn  Jesu 
Christo,  sondern  irem  bauche.  i?öni.  16,  18;  die  speise  dem 
bauche  und  dfer  bauch  der  speise.  1  Cor.  6,  13 ;  die  Creter 
sind  immer  lügner,  böse  thier  und  faule  beuch  {goth.  vam- 
bös  latus).  Tit.  1,12;  nimm  hin  und  verschlings  und  es  wird 
dich  im  bauch  krimmen.  offenb.  Joh.  10,  9 ;  und  da  ichs  ges- 
sen  hatte,  krimmets  mich  im  bauch.  10,  10;  wie  ein  grober 
baur  hiebet  er  den  bauch.  Luther  5,  253*; 

sie  luszen  in  ain  halbes  käiblin  sieden, 
darmit  do  wollen  sie  die  beuch  verschieben, 
dannocht  hetcns  noch  nit  gnug-.    ühland  702, 

vgl.  mhd.  in  was  erscboben  nicht  der  balc,  Parz.  200,  23; 
der  bauch  sieb  zu  henken  anfacht,  weidwerk  i,  9' ; 

nun  thu  bcscheid  unbesunnen, 
wir  haben  bauch  wie  tunnen, 
0  gott  behiit  den  wein 
vor  hageisieinl    Goi-g.  99'; 

schoppet  sich  und  frasz  bisz  im  der  bauch  strotzt,  wie  ein 
füllwurst  und  seusack.  163*;  mit  hungrigem  magen  und  kur- 
renden  bauch.  Laürenberg  acerra  182;  weil  sie  alles  ver- 
schwenden und  durch  den  bauch  jagen,  pers.  rosenth.  8,  67; 
bauch  wider  bauch,  fac.  fac.  428;  er  hat  dem  vater  pabst 
die  kröne  und  den  mönclien  den  bauch  genommen.  Schüp- 
PIOS405;  der  bauch  ist  ein  böser  schalk,  ein  böser  ratgeber; 

laut  auf  lachten  die  knaben,  es  hielt  den  bauch  sich  der  alte. 

Göthe  40,  255 ; 
hält  man  sanct  Paulen  ein  bislhum  geben, 
polirer  war  worden  ein  fauler  bauch, 
wie  caeteri  conlratres  auch.    56,  20 ; 
und  die  armee  liegt  hier  in  Böhmen, 

pflegt  den  bauch,  läszt  sichs  wenig  grämen.    Schiller  324'; 
wo  sein  selber  der  mensch  sich  erinnerte,  das«  er  verständig 
SCI,  ein  göttergenosz,  nicht  ein  geTrasziger  bauch. 
Voss  3,  134. 
die  belege  zeigen,  dasz  dieses  bauch  oß  für  des  bauchs  träger, 
für  mensch  oder  mann  gesetzt  wird. 

2)  bauch  allgemein  venter,  leib,  Unterleib,  ohne  bezug 
auf  das  einnehmen  der  speise,  im  gegensatz  zu  brüst,  hals 
und  den  beinen.  was  bauch  und  hals  antrift.  weislh.  2,253; 
voigte  über  hals,  über  bftch.  1,  604;  hals  und  bauch  belan- 
gen. 2,  261;  einen  bauch  haben,  kriegen,  bekommen,  corpus 
sibi  facere,  auch  sich  einen  bauch  zulegen;  du  sihest  es  an 
den  fürstenhöfen,  wenn  man  sol  jagen,  prassen  und  ein  land 
innemen,  da  seind  vil  freund,  wenn  man  aber  soll  die  buch  dar- 
heben {den  leib  in  gefahr  setzen),  da  ist  niemands  darbei,  es 
seind  tischgesellen.  Keisersb.  wannenJcremer  109';  seist  du 
(schlänge)  verflucht  für  allem  vieh  und  für  allen  thieren  auf 
dem  felde,  auf  deinem  bauch  soitu  gehen  und  erden  essen 
dein  leben  lang.  1  Mos.  3, 14 ;  alles  was  auf  dem  bauch  kreucht, 
soll  ir  nicht  essen.  3  Mos.  11,  42 ;  Ehud  aber  recket  seine  lin- 
ken band  aus,  und  nam  das  schwert  von  seiner  rechten  hüft, 
und  stiesz  im  in  seinen  bauch,  rieht.  3,  21 ;  sihe,  seine  kraft 
ist  in  seinen  lenden  und  sein  vermügen  in  dem  nabel  seines 
bauchs.  Hiob  40,  II;  meine  gestalt  ist  verfallen  für  trawren, 
dazu  meine  seele  und  mein  bauch,  ps.  31,  10 ;  denn  unser 
seele  ist  gebeuget  zur  erden,  unser  bauch  klebt  am  erdbo- 
den.  44,  26 ;  der  bauch  ist  ihm  so  weich  wie  mir ;  der  teufel 
greift  die  leule  am  bauch  an,  wo  sie  am  weichsten  sind. 
SiMROCK  773 ;  den  bauch  aufschlitzen ; 

die  Römer  sind  je  auch  nur  leut, 

haben  eben  so  weich  beuch  als  wir.    H.  Sachs  IIF.  2,  62"; 

verholten  bei  hals,  bei  bauch.  IIayneccius  liansoframea\,1,\ 
die  beuch,  die  rücken  wenden.  Götz  von  Berlich.  bei  Zöpfl 
44 ;  den  bauch  aufblasen  (stolzieren).  Petr.  7* ;  zog  ein  junger 
Student  nach  Paris  in  Frankreich,  in  willens  das  studieren 
durch  den  bauch  zu  stechen  (zu  erlegen,  hinzulegen,  aufzu- 
geben) und  sich  daselbst  an  jemands  dienst  zu  begeben. 
Kirchhof  u'cnrfunm.  136';  der  bauch  zwischen  den  obren  thet 
mir  weh  (=  der  köpf).  Garg.  89';  täglich  rib  und  kratzt  er 
ihm  den  bauch  mit  eim  nonnenkörblin.  128*;  macht  den  leib 
eng  und  ermel  weit,  anzuzeigen,  dasz  ein  kricgsmann  dem 
bauch  nicht  so  viel  raums  als  den  armen  soll  geben.  113'. 

3)  bauch,  uterus:  von  dem  allmechtigen  bislu  gesegnet 
mit  Segen  oben  von  himel  crah,  mit  scgen  von  der  tiefe,  die 
hunden  (hier  unten)  ligt,  mit  segen  an  brüsten  und  beu- 
chen. 1  Afos.  19, 25 ;  dein  bauch  ist  wie  ein  wcizcnhaufe  umb- 


1165 


BAUCH —BAüCHBLÄSIG 


BAÜCHBLÄSTIG  —  BAUCHET 


1166 


steckt  mit  rosen,  deine  zwo  brüste  sind  wie  zwei  junge  rehe- 
zwillinge.  hohelied  7,  2 ;  so  sol  der  priester  das  weib  beschwe- 
ren, so  gehe  nu  das  verfluchte  wasser  in  deinen  leib,  das 
dein  bauch  schwelle  und  deine  hiifte  schwinde.  4  Mos.  5,  21 ; 
und  stach  sie  beide,  den  man  und  das  weib  durch  iren  bauch. 
25,  S ;  er  gehet  schwanger  mit  unglQck  und  gebirt  mühe,  und 
ir  bauch  bringt  feil  (Uterus  ejus  praeparat  dolos).  Hiob  15,  35 ; 
aber  es  hat  einer  heimlich  zu  mir  gesprochen, 
ir  hab  ein  Schreiber  in  das  fleischgaden  geprochen, 
derselb  hab  ir  den  bauch  gegroszt.  fastn.  sp.  S54,  30; 
es  fieng  sich  an  zu  schicken,  das  der  andacht  mit  zweien 
groszen  beuchen  ein  ausbruch  gewinnen  weit.  Frey  garleng. 
64 ;  aber  wol  vernam.  dasz  ir  der  bauch  geschwall  und  schwan- 
ger ward.  Bocc.  1, 185' ;  also  das  sie  nachgehends  anfieng  sich 
gegen  dem  mann  aufzublähen  und  sehr  schwermütig  und 
schwerleibig  zu  bauch  tragen,  mit  manigfaltigem  schwampe- 
len,  schwindelen,  stirnweh,  auggülben,  blumstellen  u.  s.  w. 
Garg.  "* ;  lasz  dem  bauch  seinen  gang  wie  ein  fromme  fraw. 
99';  habe  ein  gut  herz,  lasz  den  bauch  sanct  Veiten  haben! 
103";  dann  man  sah  es  im  an,  dasz  er  mit  etwas  schwanger 
gieng,  also  strotzt  er  den  bauch.  152";  es  hatte  ein  paar  den 
ehestand  lang  lediger  weis  getrieben,  worzu  gleichwol  der 
bauch  geschwiegen  (d.  h.  ohne  dass  schwang  erschoß  der  frau 
erfolgt  wäre),  etliche  murmeler  entblödeten  sich,  ob  wäre  es 
hierbei  mit  cräutern  zugegangen.  Simpl.  calender  178.  in  die- 
sem sinne  heiszi  es  auch:  der  bauch  ward  ein  Verräter,  ent- 
deckte die  Schwangerschaft; 

wenn  der  bauch  schwillt, 

siebt  man  wo  es  gilt.    Simroce  771. 

•  4)  bauch,  die  sich  hebende  wOlbung ,  der  schosz  an 
knauf,  fasz,  kessei,  flasche,  krug,  schif  und  mauer,  berg,  erde, 
ico/ür  auch  tat.  venter  und  Uterus,  gr.  ydoTQa  gesagt  wird: 
an  dem  reife,  der  umb  den  bauch  des  knaufs  hergieng.  1  kön. 
7,  20 ;  zwo  seulen  mit  den  beuchen  und  kneufen.  1  cAron.  4, 12; 
zu  bedecken  beide  beuche  der  kneufe,  so  oben  auf  den  seu- 
len waren.  4, 13 ;  bauch  der  kirche,  alvus  templi.  Hemscb  206 ; 

dort  lullet  man  dem  fasz  durch  trechier  seinen  bauch. 

Weckherli.i  777; 
bell  umschlug  sie  den  bauch  des  geschirrs  und  es  kochte  das 

wasser 
{später:  hell  um  den  bauch  des  geschirrs  flog  glut),  ^  ^^ 
yäoronv  uiv  tpitioSos  tivo  äuweTis,  d'tQueio  S'  vScoo' 

Voss  Od.  S,  437  ; 
schöprte  des  nektars  himmlische  gäbe 
Jovis  liebling,  der  phrTgi>cbe  koabe 
m  die  bauche  des  golünen  pokals.    Schiller  227', 
(Iph.  Aul.  1052  iv  xQatrjQcjv  yvtUotä); 

sein  born  von  elfenbein, 

er  setzt  es  an  den  mund  und  zwingt  mit  sanriem  bauche 

den  schönsten  ton  aus  seinem  krummen  bauche. 

Wielakd; 
gewachsen  war  ein  brombeerstrauch 
aus  des  geborslnen  brunnens  bauch.    Rcckert; 
eröfnet  Sinon  still  den  bauch  der  flehte.    Schiller  31*; 
wird  rings  der  bauch  der  schifTe 
zur  neuen  fahrt  verpicht.    PlatemSO; 

in  den  bauch  der  erden  schliefen.  Petr.  74' ;  aber  es  wird  ein 
erwachen  sein,  wie  des  lebendig  begrabenen  im  bauche  des 
kirchbofs.  ScBtLLEB  139' ; 

was  fragt  ich  dann  nach  allen  erzen, 

die  man  im  bauch  der  grübe  fand.    Gökikck  1,  2S3; 

im  bauch  dieser  felsenberge  ist  die  kelle  (eine  grotte).  3, 134 ; 
weisz  der  durstige,  ob  die  quelle,  die  ihn  tränkt,  aus  dem 
bauche  eines  berges  springt,  der  mit  gift  angefüllt  ist?  Kua- 
cer  3,  279;  eine  wölke  stieg  den  horizont  herauf,  der  blitz 
schosz  aus  ihrem  bauche.  5,  389;  der  bauch  seiner  weste. 
J.  Pacl  Fixl.  15.  Henisch  hol  auch  bauch  ßr  indusium  sine 
manibiis  et  eollari. 

BALCHARTIG,  ventriosus. 

BAUCHAKZT,  m.  was  heute  leibarzt  ScamD  tehwdb.  «b, 
47.  48. 

BAUCHB.AND,  n.  ventrale,  binde  um  den  Unterleib,  bauch- 
gurt.     auch  der  reif  um  den  bauch  des  fasses. 

BAlCHBENGEL,  m.   C.  F.  Weisze  poeten  nach  der  mode. 

BAUCHBINDE,  f.  was  bauchband. 

BAUCHBI.NDERIN,  f.  eine  schwangere,  die  :ur  Verheimli- 
chung ihres  sustandes  sich  den  bauch  bindet.  Garg.  63". 

BAUCHBLÄHEN,  n.  inflatio,  crepilus.  fastn.  sp.  856, 18. 

BAUCHBLÄHIG,  corpus  inflans:  mit  räszen  pfefferwürsten, 
bauchblehigen  roszv^ürsten,  stulgengigen  mettwürsten.  Carj.  54". 

BAÜCHBLÄSIG,   venire  tumidus,    ein  pferdemangel :    bach- 


blesig.  Frankenberger  gewohnh.  bei  Schhikee  2,  752;  bauch- 
bläsig  oder  schlehbäuchig.  Schmeller  145 ;  vor  bauchbläsige 
pferde  ist  auch  gut  ehrenpreis.  Pister  404.  die  späteren  pfer- 
debücher  haben  das  wort  nicht  mehr,  tgl.  das  folgende  und 
bauchschlechtig,  bauchstrebin,  bauchstrenge,  im  ped.  schul- 
fuclts  74  heisst  es:  wie  weisz  er  allerlei  modos  von  gesund- 
heitstrünken?  wie  tolle  lieder,  dasz  man  sich  musz  bauch- 
bläsig  lachen? 

BAüCHBL.ÄSTIG,  dasselbe:  die  roszteuscher  geben  das  pul- 
ver  (ron  süszholz)  den  pferden  und  curieren  sie  damit,  wann 
sie  bauchblästig  sind.  Hobberc  3,  49'. 

BAUCHBLLTTERN,  n.  pantices.  Maaler  51*. 

BAUCHBOHRER,  m.  zum  bohren  des  bauchs  in  einem  Werk- 
stück. 

BAUCHBRUCH,  m.  gasterocele. 

BAUCHDECKE,  f.  bnykaxQiov,  die  den  bauch  deckende  haut. 

BAUCHDECKENSCHLAGADER,  f.  arteria  epigastrica. 

BAUCHDIELE,  f.  bret  zur  bekleidung  des  schißauches. 

BÄUCHDIENER,  m.  venlri  dedilus,  i'jiiyätTT^ios:  wie  red- 
lich und  from  der  herr  ist,  so  sind  auch  seine  bauchdiener. 
Luthers,  96;  wie  die  maier  malen  und  die  bauchdiener  pre- 
digen. 3,  212';  bauchdiener  und  freszlinge.  4,  54.  385*;  wol- 
lüstige und  bauchdiener.  pers.  baumg.  6,  L  6,  6.  6.  9 ;  bauch- 
diener und  Weichling.  Leipz.  arant.  vvrb.  Lesz  1,  97. 

BAUCHDIENST,  m.  rila  mollis,  gulae  dcdita:  ein  lauter 
bauchdienst  und  gefresze.  Luther  3,  379';  eitern,  so  wol  kin- 
der  haben,  die  sie  zu  gottesdienst  ziehen  künden,  und  ziehen 
sie  allein  zum  bauchdienst.  4,  463'. 

BAUCHDRÜSE,  f.  glandula  abdominalis. 

BAUCHE,  f.  maceratio  in  lixiria,  waschen  und  bähen  in 
lauge,  it.  bucata,  sp.  bugada,  franz.  buee,  armor.  bugad:  in 
der  bauch  oder  waschen.  Keisersb.  ; 

das  wird  mir  doch  ein  schöne  bauch, 

das  leder  wil  ich  jetzt  enveichen 

und  wers  so  hart  gleich  wie  ein  eichen. 

FiscHARTs  Eulensp.  bl.  161. 

BAUCHEISEN,  n.  ein  stück  der  rüstung.  H.  Sachs  V,  348*; 
auch  tras  bauchbohrer. 

BÄUCHELCHEN,  n.  ventriculus: 

ich  habe  niemals  danach  gefragt, 

von  welchen  Schnepfen  und  fasanen 

ich  mein  baucheichen  gemästet.     Göthe  47,  77. 

BAUCHEN,  BÄUCHEN,  lixicia  macerare,  ni.  büken,  engl. 
bück,    schw.  byka,  dän.  byge,  franz.  buer,  die  herleitung   aus 
buchenasche,    ron   welcher  die  lauge  bereitet  wird,    hat  wenig 
scliein;  vielleicht  romanischer  abkunß,  wie  die  bei  bauche  an- 
geführten Wörter  bezeugen,  doch  hat  das  wort  schon  im  16  jh. 
in  Oberdeutschland   allgemeine  Verbreitung :    das  ist  wider  die 
faulen   luntschen   und   faulen   feigen   weiber,   die   thunt  nüt^ 
wenn  sie  bauchen  und  man  nicht  zu  inpn  kumpt,  so  verwei- 
sen sie  es  eim.  Keisersb.  Sünden  des  munds  ll" ;  ja  sprechen 
sie,  ich  bin  nimmer  müsziger,  weder  so  ich  bauch,  ebenda; 
denn  was  ich  gebaucht  hct  in  der  aschen 
und  ganz  schneeweisz  mit  seifen  gewaschen. 
WaldisI,  53; 

besehet  Ecken  in  seim  enchiridio  'das  fegfeurig  Sünden  bau- 
chen'. Fischart  bienenk.  Itl";  jedoch  mit  guter  hülf  wil!  ich 
mich  brauchen  und  dapfer  bauchen  (arbeiten),  dieweil  irs  also 
haben  wolt.  Garg.  103*;  disz  eichenlaub  umb  den  hals  (den 
krausen  halskragen)  zu  bauchen,  zu  pläuweln,  zu  schlegeln, 
zu  reiben,  auszuwinden,  zu  stärken  und  aufzuziehen.  113*. 
s.  verbauchen  und  beuchen. 

BAUCHEN,  turgere  venire.  H.  Sachs  iv.  3,  59'.*  erzählt  von 
Sewhainz,  der  sich  in  eine  schwangere  frau  verkleidet: 

samb  wer  er  ein  gro^z  bauchent  weib, 
den  aber  die  frauen  als  mann  erkennen: 

erst  merket  sie  die  schalkheit  tief, 
dasz  di»z  bauchend  weib  war  ein  mann. 

ein  bauchender  krug,  der  oben  einen  kragen  hat  IIohbebc 
1,  239'. 

BÄUCHEN,  implere  venlrem,  den  bauclt  ßllen: 

ich  und  mein  bündlein  habn,  ich  sag, 
heut  noch  nichts  gessn  den  ganzen  tag, 
wie  wollen  wir  uns  bauchen  heint. 

H.  Sachs  IV.  3,  W. 

BAUCHERIN,  f.  lolrix.  Fischart  (/rojzm.  S3.  Carj.  273*. 
BAUCHET,  turgidus  ventre,  von  einer  frau  gravida: 
sie  (die  sckwangeren  berge)  waren  bauchet  über  dmosi. 
B.  Waldis  1,21; 


1167   BAÜCHEUTER  — BAUCHKNEGHT 

ein  bauchete  magd  treugt  nicht,  sie  ist  feiszt  oder  tregt  ein 
kind.  FisciiART  groszm.  127.  Schweiz,  pauclits  weiter,  überzog- 
ner, duftiger  liimmel.  Stai.d.  1, 146.    s.  baiichiclil. 

BAÜCHEUTER,  m.  abdominalis  mamma. 

BAUCHFALLIG,  venire  proslralus,  supplex:  was  aber  so 
viel  gesellige  Verehrer  und  so  viel  fusz-  und  bauchfallige 
dienten  des  einfluszreichen  mannes  einander  nur  fromm  ins 
ohr  sagten,  dasz  vater  Gleim  sehr  schlechte  verse  mache. 
GöTHE  49, 185. 

BAUCHFASZ,  n.  labrum  lavando  servieiis,  waschfasz:  einer 
armen  dienstmagd  an  ir  beuchfasz  und  waschscheffel.  Ma- 
THESIÜS  122*. 

BAUCHFELL,  n.  perilonaeum. 

BAUCHFETTE,  f.  abdomen. 

BAUCHFINNE,  /.  pinna  venlralis,  am  bauch  der  fische. 

BAUCHFLOSSER,  m.  piscis  pinnatus,  abdominalis. 

BAUCHFLUSZ,  m.  fluvium  alvi:  scharfer  bauchflusz.  fasln, 
sp.  1267,  heßiger  durch  fall:  so  solchs  beschicht,  so  wirt  der 
dreck  nicht  mit  seim  rechten  gestank,  dergleichen  nit  mit 
seiner  rechten  form,  und  wirt  da  ein  krankheit,  das  ist  ein 
bauchflusz.  Paracelsus  1,  639*. 

BAUCHFLÜSSIG,  profluuio  laborans:  vor  diesem  bad  sol- 
len sich  hüten  die  zum  grimmen  geneigt  und  bauchflüssig 
sind.  Thüiineisser  von  wassern.  162. 

BAUCHFÖRMIG,  was  bauchartig,  bauchig. 

BAUCHFREUND,  f?j.  parasilus.  Pelr.  47'. 

BAUCHFÜLLE,  f.  ingluvies,  ahd.  puhfulli  (Graff  3,  484) 

die  narung  ist  beim  tetnpel  schmal 

und  darinnen  iiaum  die  bauchfiili.    H.  Sachs  III.  1,  125'; 

mit  der  pauchrüll  er  uns  fleht  an. 

ScuMELZL  hochzeil  24" ; 
gaben  dem  könig  allzeit  recht, 
von  der  bstallung  und  bauchlüll  wegen.    ArRER260'; 

das  derselbige  modus  praeparandi  vergleicht  werde  einer  bauch- 
völle  oder  magenvölle.  Paracelsus  chir.  sehr.  214*. 

BAUCHGEGEND,/',  regio  gastrica:  die  analomen  unterschei- 
den obere,  mittlere  U7id  untere  bauchgegend. 

BAUCHGERÜMPEL,  n.  strepilus  alvi. 

BAUCHGESCHWULST,  f.  lumor  venlris. 

BAUCHGETÄFER,  n.  gleichsam  laberna  venlris,  vgl.  täfere 
bei  Maaler  397':  hiemit  so  seie  es  genug  für  disen  heller 
von  unsers  Groszhustiers  koch  und  keller,  ir  habt  jetz  sein 
magengrenzen,  magenzen,  magenstädel,  bauchgetäfer  und  darm- 
gebün  verstanden.  Garg.  60'. 

BAUCHGÖTZE ,  m.  als  were  er  (goU)  ein  mammon  oder 
bauchgötze.  Luther  4,  283". 

BAUCHGRIMMEN,  n.  colicus  dolor.  Maaler  51*;  wiewol  nun 
iren  der  kindsgepfrengten  frawen  das  bauchgrimmen  etwas 
ungewont  war.  Garg.  103* ;  fühlte  oft  entsetzliches  bauchgrim- 
men. ehe  eines  weibes  314.  man  sagt  heule  leibweh,  leib- 
schmerzen. 

BAUCHGURT,  ni.  ventrale,  breiter  gurt,  um  den  bauch  zu 
sehnallen,  dann  um  den  bauch  des  pferdcs,  cinyula,  mhd 
darmgürtel. 

BAÜCHGURTIUEME,  m. 

BAUCHGURTSCHNALLE,  f. 

BAUCHHAAR,  n.,  am  bauch  der  Ihiere,  oft  von  anderer, 
hellerer  färbe  als  das  des  übrigen  leibs. 

BAUCHHAUT,  f  zarte  haut  der  inwendigen  bauchhöle. 

BAUCHHAUTENTZÜNDUNG,  f. 

BAUCHHÖLE,  /".  abdominis  cavum. 

BAUCHICHT,  ventriosus,  gewölbt:  ein  rundes  bauchichtes 
scliild.  Lessing  8,  142.  s.  bauchet.  Keisersberg  evang.  15 
schreibt  bauchecht. 

BAUCHIG,  dasselbe,  nach  der  heute  üblichen  form:  den 
bauchigsten  seiner  krüge  zu  leeren.  Wieland  4,  157;  die 
bauchge  spinne  (bottied  spider).  Schlegel  in  Richard  3  ad  1, 
tc.  3;  ein  bauchiger  dickköpliger  herr.  Arnim /troncnit'.  1,  206; 
ein  bauchiges  glas  u.  s.  u\  den  Zusammensetzungen  pflegt  man 
ungenau  den  umlaut  zu  geben:  groszbiluchig,  dickbiiuchig, 
weitbäuchig,  it'ie  dickköpfig,  aber  auch  küplig. 

BAUCHKETTE,/',  an  den  frachtwagen,  zum  ausweiten  der  last. 

BAUCHKISSEN,  n.  zum  erwärmen  des  bauchs. 

BAUCHKNECHT,  ni.  was  bauchdiener:  ein  geizhals,  ehr- 
süchtiger und  baucliknecht  wirds  wol  lassen.  Luther  8,  240' ; 
das  ihr  sehet  und  erfaret,  das  Witzel  ein  giftig  heuchcler 
und  bauchknecht  ist.  Alberus  wider  Wilzel  II 5  ;  bauchknccht 
ist  ein  grosz  geschlecht.  Simbock  770. 


BAUCHKNEIPEN  —  BAUCHSCHÜTTERND  1 1 68 

BAUCHKNEIPEN,  n.  was  bauchgrimmen. 

BAUCHKRAMPF,  m. 

BAUCHKRANKHEIT,  f.  morbus  gastricus. 

BAUCHLAPPE,  m.  lobus  ventris. 

BAUCHLAUF,  m.  fluor  ventris,  was  bauchflusz,  altn.  bök- 
hlaup.  Maaler  51*.  Paracelsus  1,  639*. 

BAUCHLAUT:  von  einer  bauchlauten  kolik  geplagt  werden. 
Hippel  8, 16. 

BAUCHLEER,  famelicus: 

dein  volk  auch,  die  soidalen, 
ist  bauch  und  seckelleer.     Opitz  1,  104; 

was   soll   aus    der  vielköpfigen,    bauchleeren   hydra  werden? 
Knebel. 

BAUCHLEIN,  n.  venlriculus,  nach  Henisch  206  auch  sinus: 

verbarg  ir  beuchlein,  wo  sie  kundt.    II.  Sachs  IV.  3,  100'; 

arm,  schenket,  bnuchlein,  schosz.    Weceherlin  743. 

BAUCHLING,  m.  was  bauchdiener,  bauchknecht:  weil  ich 
höre,  dasz  ir  nicht  solch  müszige  freszlinge  und  bauchlinge 
habt,  wie  wir,  und  auch  niemand  darben  lasset.  Luther  2, 
231';  bäucbiing.  Stalder  1, 146. 

BÄUCHLINGS,  adv.  prone,  mhd.  biuchelingen :  buchelingen 
uB'e  ein  pfert  legen  und  zu  gerihte  füren,  weisth.  1,  700; 
bauchlingen.  Stalder  1, 145. 

BAUCHLOS,  ventris  expers: 

der  niemal  satte  frasz,  ohn  seinen  got  baucblos, 
und  goilos  ohn  den  bauch.    Weckherlipc  215. 

BAUCHLUST,  f.  gulositas. 

BAUCHMÄSTER,  m.  pinguefaciens  ventrem. 

BAUCHMÄSTLER,  m.  dasselbe:  in  einer  groszen  theuw* 
rung,  wenn  solche  Lazaruswirt  und  bauchmestler  ir  bettstroh 
weidlich  zur  hellen  führen.  Kirchhof  wendunm.  184'. 

BAUCHMASZ,  n.  mensura  ad  quam  ventriculus  pecoris  exigi- 
tur  e  pascuo  redeuntis:  ferner  prügelte  mich  der  vater  nicht 
selten,  wenn  ich  nicht  hütete,  wo  er  mir  befohlen  hatte  und 
die  geiszen  nicht  das  rechte  bauclunasz  heimbrachten,  der 
arme  mann  im  Tockenb.  31. 

BAUCHMÜNDUNG,  f.  die  vfnung  der  muttertrompete. 

BAUCHMUSKEL,  m.  musculus  abdominis. 

BAUCHMUSKELWAND,  f. 

BAUCHNABEL,  m.  umbilicus. 

BAUCHNAHT,  /".  sutura  venlralis.  den  Wundärzten  heiszl 
so  eine  besondere  naht  für  wurden  des  Unterleibs, 

BAUCHNAHRUNG,  f.  alimenlum :  haushalten  oder  mit  bauch- 
narung  umbgehen    Luther  6, 235*. 

BAUCHNERV,  m.  nervus  abdominis. 

BAUCIINERVENSCHWÄCHE,  f. 

BAUCHPFAFFE,  m.  darumb  wirst  du  auch  gewislich  nicht 
gewandelt,  sondern  eitel  brot  und  wein  geopfert  und  den 
fromen  Christen  mitgeteilet  haben,  deinen  bauch  zu  erneren, 
du  bauchpfaf  und  nicht  gottes  pfaf.  Luther  6,  85' ; 

unseren  herrn  bauchpfafTen  mit  kupfriger  nase,  den  läuten 

bald  die  pokale  zu  grab.  Vosstd.  8,  65; 

der  edle  Saurin,  der  ein  guter  hin 

in  gottes  herden,  und  kein  miethling  war, 

kein  Tauler  bauchpfaf.    SiolrbrgS,  9; 

in  jenem  glatten  wolgemästeien 

bauchpfaffen,  der  ehrwürdig  schnaubend  naht.    3,  34. 

BAUCHPILZ,  »?i.  holer  pilz. 

BAUCHREDNER,  m.  ventriloquus. 

BAUCHREDNERISCH:  Proteus,  bauchrednerisch,  bald  nah 
bald  fern.  Göthe  41,167. 

BAUCHREICH,  n.  regnum  ventris:  und  ich  soll  gott  und 
sein  reich  so  schcndlich  hinwerfen  und  faren  lassen,  das  ich 
dies  unfletige,  tödlich  bauchreich  neme  für  jenes  göttliche, 
unvergengliche.  Luther  5,  425*. 

BAUCHRIEME,  m.  was  bauchgurt. 

BAUCHRING,  m.  abdominis  annulus. 

BAUCHRUND,  gewölbt. 

BAUCHRÜNDE,  f.  Wölbung. 

BAUCHSCHILD,  m.  testudo. 

BAUCHSCHLECHTIG:  hartschlechtig,  herzschlcchtig,  bauch- 
schlcchtig  oder  athmig,  diese  vier  krankheiten  ist  alles  ein 
ding  (weiter  oben  sp.  594).    Seuter  19.    vgl.  bauchbläsig. 

BAUCHSCHMERZ,  m.  dolor  venlris,  bauchweh,  leibweh. 

BAUCHSCHNALLE,  f. 

BAUCHSCUNITT,  m.  schnitt  in  den  bauch,  bei  Wundärzten. 

BAUCHSCHÜTTERND,  ventrem  concutient:  holes,  bauch- 
schütlemdes  lachen.  Göthe  24^  199. 


1169 


BAÜCHSEIL— BAUDEN 


BAÜDER— BAUEN 


1170 


BAUCHSEIL,  n.  was  baucUkette. 

BAL'CHSIECH,  alvinus,  lienlericus.  Maaler  51*.  Hesisch  207. 

BAUCHSORGE,  f.  cura  nimia  venlris,  sonst  ein  gangbarer 
ausdruck  ßr  das  heutige  füege  des  leibs,  nahrungssorge :  viel 
pfarrherr  und  prediget  veracbten  beide  ir  ampt  und  diese 
lere,  aus  lauter  faulbeit  und  baucüsorge.  Luther  4,  385' ;  weil 
ich  sehe,  das  der  gemeine  mann  allein  auf  die  narung  und 
baucbsorge  sich  geben.  5,173';  zu  höhn,  spott  und  schänden 
dem  leidigen  geiz  und  bauchsorge.  5,  422' ;  die  bauchsorg  ist 
hindan  gesetzet.  AgricolaS';  die  bodenlos  bauchsorg  martert 
uös.  Fra.nk  laster  b2;  wider  die  baucbsorge  sich  schützen. 
Rebbcbn  klag  des  armen  manns  s.  4 ;  wenn  die  bauchsorge 
nicht  wäre,  würde  kein  vogel  im  stricke  gefangen,  pers.  ro- 
senth.  8,  66. 

BAUCHSPEICHEL,  m. 

BAUCHSPEICHELDRÜSE,  f. 

BAUCHSPRACHE,  f.  bauchredekunst.  Stieler  2102. 

BAUCHSTEMPFEL,  m.  Garg.  181'. 

BAUCHSTICH,  m.  einslich  in  den  bauch. 

BAUCHSTOSZ,  m.  slosz  in  den  bauch,  in  dem  bauch,  s.  das 
folgende. 

BAÜCHSTÖSZIG,  was  bauchschlechtig  und  bauchbläsig, 
dämpßg.  Stalder  l,  146.  mhd.  b6chstoe;ec  Krone  19845.  die 
bauchstöszigi,  f.  der  dampf.  Stalder  a.  a.  o. 

BAUCHSTREBEN,  n.  scheint  dieselbe  pferdekrankheit.  Hohe 
8,  493. 

BAUCHSTREiS'GE,  /".  wiederum  dieselbe:  es  {das  pulver)  ist 
köstlich  für  alle  bauchstrenge.  Homberg  3, 182*. 

BAUCHSTRICK,  fn.  was  bauchseil. 

BAUCHSTÜCK,  n.  statumen  navis,  ein  bret  für  dm  bauch 
des  schi/fes;  dann  auch  ein  stück  fleisch  aus  dem  bauch  des  thiers. 

BAUCHSUCHT,  f.  dysenleria,  durchlauf. 

BAUCHTROG,  m.  gewölbter  trog.  Garg'.iSl'. 

BAUCHTUCH,  n.  fürfleck,  castula,  wie  es  die  frauen  trugen. 
Hesisch  207. 

BAUCHUNG,  f.  fehlerhaße  verdickung  einer  seule  oder  wand. 
Henisch  206  hat:  bauchung,  da  das  wasser  zwischen  den 
fastigiis  ara  niedrigsten  fleuszt,  ventres  rivorum,  und  da  sich 
das  werk  also  sinkt  {senkt),  das  die  rinnen  oder  canäl  voll 
stehen,  intervalla  lacunosa. 

BAUCHVATER,  m.  kundschafterische  beichlvätter,  busen- 
vätter  oder  bauchvütter.  Fischart  tienent.  160'. 

BAUCHVOLL,  plenus  venire. 

BAUCHVÖLLE,  f.  s.  bauchfülle. 

BAUCHWÄSCHERIN,  f  lotrix:  wie  ein  bauchwäscherin 
ringen.  Garg.  22';  als  die  bauchwäscherin  mit  dem  seifenrei- 
ben wollen  zu  faul  werden.  113*. 

BAUCHWASSERSUCHT,  /.  asciles. 

BAUCHWEH,  rt.  colicus  dolor:  ein  unsätliger  frasz  schläft 
unruhig  und  hat  das  grimmen  und  bauchwehe.  Sir.  31, 24. 

BAUCHWIND,  m.  crepilus  venlris:  ein  bauchwind  ist  ein 
uolebendig  ding,  welches  schwerlich  zu  fangen,  polit.  eoliea  109. 

BAUCHWINDEN,  n.  inleslinorum  tormina. 

BAUCHWIRBEL,  ni.,  so  heiszen  die  ßnf  untersten  starken 
Wirbel  des  rückgrats. 

BAUCHWOLF,  m.  zona  tgnea,  bauchumlauf,  enlzündung,  die 
den  bauch,  wie  ein  gürlel  umzieht,  feuergürtel,  it.  cintola  er- 
petica.  Paracelscs  chir.  sehr.  445'  schreibt:  de  cinziila,  vulgo 
bauchwolf.    gebildet  wie  arschwolf. 

BAUCHWUNDE,  f  vulnus  abdominis. 

BAUCHWURM,  m.  lumbricus,  eingeweidewurm. 

BAUCHZINS,  m.  eine  unter  die  sporen  nehmen,  einer  die 
hosen  gerecht  machen,  über  die  wassernusz  kommen,  schel- 
lenmännlein  spielen,  einer  den  bauchzins  geben,  einer  den 
krautgarten  düngeo,  mit  einer  zu  acker  fahren.  Mainhinilebs 
sack. 

BAUCHZUBER,  m.  alveus  ad  larandum.  Messerscbmids  spi- 
tal  der  narren.  Slrastb.  1619  s.  213. 

BAUCHZWANG,  m.  tenesmus,  stuhlzwang.  Stieler  2666. 

BAUDE,  f  casa,  tugurium,  die  hülle  des  hirten  auf  dem 
irhlesisehen,  böhmischen  und  sächsischen  gebirge,  mhd.  Frib. 
Trist.  3391.  bOde  slabulum.  pass.  K.  512,  39.  auch  böhm.  bauda, 
liudka  (Jungm.  1,  76'),  poln.  buda  {Linde  1,  188),  gleichviel  mit 
dem  gewöhnlichen  bude,  was,  und  baute,  man  sehe. 

BAUDEN,  pultare,  tundere: 

der  probst  kam  haimhin  schnauden, 
der  maler  richi  an  grosz  pauden 
und  klopfet  greulich  an  dem  tor. 

RosENBLCT  fattn.  tp.  1181. 


scbnauden  ist  anhelare,  schnauben,  mhd.  snüden,  wonach  ßr 
banden  mhd.  bilden  slehn  müsle,  das  nicht  vorkommt,  goth. 
bautan  tundere,  ags.  beätan,  ahd.  pöjan,  dem  sinne  nach  ver- 
wandt, liegen  in  den  consonanlen  ab,  welche  sich  mehr  zu  lat. 
batuere,  franz.  battre  schicken,  die  folgenden  Wörter  führen 
auch  auf  baudern  schlagen,  wobei  man  sich  des  böhm.  udenti, 
poln.  uderzy(5,  russ.  udarjat  erinnert  und  bauden,  baudern 
scheinen  gerade  in  Franken  und  Schwaben  iiblich. 

BAUDENKMAL,  n.  Göthe  39,  365. 

BAUDER,  m.  ictus,  tumor  cutis.  Schmeller  1,  155.  Scumid 
48.    russ.  udar     schlag. 

BAUDERF.^^ST,  f  geballte,  schlagende  faust,  faustschlag. 

BAUDERFÄUSTIG :  darumb  musl  der  mann  auch  ob  tisch 
ihren  (=>  ihr,  der  frau)  ein  taschenmeulige  und  maultäschige,  ein 
faustpäuderige  und  pauderfeustige  product  abkehren.  Garg.  70*. 

BAUDERLING,  BÄUDERLING,  m.  ictus:  item  were  es, 
dasz  einer  den  andern  lugen  straft  oder  bauderling  gebe,  und 
wann  die  gerügt  wurden,  die  weren  buszfallig  umb  die  kleine 
busze.  weisth.  3,  371 ;  was  dem  niedergericht  zustehet,  als 
beinschrötig  flieszende  wunden,  peuderling,  maulstreich,  a. 
1537  (Haltaus  1458);  vulnera  peuderling,  die  offen,  aber  nicht 
schädlich,  auch  heftens  und  meiszelns  nicht  notdürftig.  iVürn- 
berger  ßnferordnung  ; 

der  Schreiber  was  ein  mann, 

er  gab  dem  pfaireo  ein  päuderling 

und  lief  darmit  darvon.    Garg.  49*. 

BAUEN,  colere,  aedißcare,  form,  bedeulung  und  verwandt- 
schaß dieses  wertes  fordern  die  gröszte  aufmerksamkeil. 

1)  das  goth.  bauan  bedeutet  oixeir,  ivoixsXv,  liegt  uns  aber 
in  seiner  geslalt  nicht  vollständig  vor.  aus  baui{)  Rom.  7, 18. 
20.  8,  9.  l  Tim.  6,  Ifi.  2  Tim.  1,  14  darf  ein  reduplieierendes 
praet.  baibau  oder  baibo  gefolgert  werden,  wofür  aber  2  Tim. 
1,  5  das  schwache  bauaida  anßritt,  welchem  auch  die  Substantiv 
bildung  bauains  oiMr^-crjotov  entspricht;  doch  statt  jenes  baui)) 
würde  dann  bauai])  {wie  neben  trauaida  trauai{))  nothwendig.  die 
übrigen  gebrauchten  formen  entscheiden  nichts.  liuha(i  bauijt 
unatgaht,  fcäs  oixäv  aTtoöaixov.  1  Tim.  6,  16.  einem  star- 
ken bauan  baibau  bauans  gereicht  aber  zur  bestdtigung  das 
altn.  büa  bi6  büinn,  so  wie  das  ags.  büan,  dessen  praet.  beo 
freilich  unbelegl  ist,  dem  aber  das  part.  bün  oder  gebün  zum 
unabweisbaren  zeugen  dient,  Beov.  234  steht  (hfts)  gebön  häf- 
don,  bewohnt  hatten,  auch  bän  Cadm.  45,  32.  259, 18  scheint 
mehr  habitaterint  =  beon,  als  habitent  (woßr  6,  2  bAan).  ein 
schwaches  bv"van  byvde  drückt  aus  aedificare,  wovon  das  pari. 
Abyvde  im  cod.  exon.  234,  24  vorkommt,  das  alts.  bftan  ha- 
bitare  bildet  sein  praet.  nicht  mehr  bio,  sondern  büide.  Hei. 
83,3;  das  ahd.  püan  nicht  mehr  plo,  sondern  pftta  (Graff  3, 
17)  und  ebenso  verhallen  sich  mhd.  büwen  böte,  nhd.  bauen 
baute ;  doch  dauert  heule  hin  und  wieder  {belege  hernach  4  a) 
das  starke  part.  gehauen,  erbauen,  mhd.  gebftwen  {fundgr.  2, 
61)  und  ein  ahd.  gipüan  leidet  keinen  zweifei.  auch  das  schw. 
bo  habitare  macht  sein  praet.  schwach  bode,  das  dän.  boc 
boedc.  wie  aber  jenem  altn.  böa  biu  habilare  ein  schwaches 
byggja  aedißcare,  so  steht  dem  schw.  bo,  dän.  boe  ein  bygga, 
bygge  aedificare  entgegen  und  man  möchte  auch  dem  goth. 
bauan  baibau  habilare  ein  transitives  baujan  bauida  aedificare 
gegenüber  stellen,  unabhängig  von.  dem  intransitiven  bauan 
bauaida  habitare. 

2)  das  lat.  habilare  gehört  zu  habere,  auch  unser  bauen 
musz  mit  ags.  beon  esse,  beo  ero,  und  unserm  bin,  sum  zu- 
sammen hängen,  wenn  das  zum  praesens  gewordne  praet.  vait, 
ich  weisz,  eigentlich  ausdrückt  vidi,  ich  habe  gesehn,  so  mag 
ich  bin,  ahd.  pim  ursprünglich  bedeuten  ich  habe  gebaut  «= 
ich  wohne,  maneo,  existo  und  eben  aus  der  reduplicalion  bai- 
bau oder  baibö  entspringen,  die  absiraction  des  seins  leitet  sich 
ab  aus  der  sinnlichen  Vorstellung  des  wohnens,  ganz  wie  visan, 
wesen  manere  in  vas,  war  zum  ersatz  des  rerbum  substantivum 
dient,  im  litt,  buwu,  buwau,  busi,  buti  erscheint  dies  rerbum 
vollständig,  und  die  subsl.  buwis,  buwas,  buwimmas  aufent- 
hall,  Wohnsitz  hinzugehalten  bleibt  kein  zweifei  an  der  innigen 
verwandtschaß  zwischen  bauen  und  sein,  die  auch  das  sl.  buti 
und  buvati  tlpat  laut  bezeugt,  im  sanskrit  entspricht  bhül 
esse,  existere,  bhavana  domus,  bhavitu  futurus,  esse  debens, 
im  lat.  fui,  fuisse,  fore,  futurus,  im  griech.  fvto  creo,  paro, 
faeio,  ^ofiat  tpioofiai  fio,  existo,  <pvais  natur  und  wesen. 
unser  wesen  und  visan  aber  könnte,  wie  der  imp.  wis  in  bis 
übergeht,  den  futurischen  formen  busi,  fvaofiat,  fvan  selbst 
angehören. 

74 


1171 


BAUEN 


BAUEN 


1172 


3)  damit  nicht  genug,  alle  diese  wüTter,  bei  ihrem  hohen 
alter  und  vielfachen  gebrauch,  verraten  abgeschliffenheit,  es 
darf  nicht  verwundern,  dasz  noch  spuren  vollerer  geslaltung 
auftauchen,  das  ü  in  bhö,  das  hernach  gekürzte  u  in  fui  und 
fvco  tpvais,  das  ü  in  böa,  pöan  geben  ihren  Ursprung  aus  av 
kund,  wie  ihn  bhavana,  bhavitu  bestätigen,  im  goth.  bauan 
scheint  aber  der  diphlhong  so  veihdrtet,  dasz  er  sich  nicht  mehr 
in  av,  woraus  er  entsprang,  zurück  auflöst,  da  doch  taujan  und 
tavida,  mavi  und  maujüs  wechseln,  gleicliwol  weist,  wie  mavi  auf 
magvi,  bavi  auf  hagvi  und  bagvan,  bauan  auf  bagvan,  dem  vor- 
erst jenes  ahn.  byggja,  dann  aber  das  lat.  facere  und  faxo  = 
busu  bestdtigung  bringt,  die  lateinische  spräche,  überaus  ge- 
neigt kehllaute  wegzuwerfen  (via /Tir  veha,  weg;  dies /"«r  deces, 
tag;  res  für  reces,  ahd.  racha),  hat  doch  facio  behalten,  wäh- 
rend inficit  ihr  zu  infit,  ficio  zu  fio  statt  fior,  facior  ge- 
diehen ist.  fio  steht  zu  fui  unmittelbar,  wie  unser  baue  zu 
bin,  facio  aber,  obschon  bauen  ausdrückend  (aedificare,  nidi- 
licare  =  aedem,  nidum  facere,  haus  und  nest  bauen,  faber 
=  facber  schmid,  Zimmermann)  hat  den  abstraclen  sinn  von 
thun  übernommen,  fveiv  von  creare,  parare,  wie  das  altn. 
böa  zugleich  parare,  bAinn  paratus  bedeutet,  mit  der  redu- 
plicalion  baibo  =  bio  scheint  das  oskische  fefacust=  fecerit 
augenscheinlich  zu  stimmen,  factus  (fallo,  fait)  ist  also  was 
gebaut  und  ttnser  bauen  trägt  wie  facere  meistens  transitiven 
sinn  an  sich,  das  golh.  bauan  den  intransitiven  des  gr.  (pvvai, 
nur  dasz  dieses  mehr  wachsen  und  werden,  jenes  mehr  wohnen 
und  sein  atisdrückt.  unser  wert  und  das  gr.  eqyov  zeigen 
höchst  analoge  iibergänge  aus  dem  begriffe  des  bauens  in  den 
des  Ihuns. 

4)  diese  Sätze  geben  einen  Schlüssel  zur  erklärung  der  Wör- 
ter bau,  bauer,  bäum,  bin  und  vielleicht  noch  anderer,  bei 
welchen  darauf  zurückgekommen  werden  musz;  jetzt  kann  sich 
die  unleisuchung  in  die  schranke  des  nhd.  bauen  ziehen. 

a)  vorerst  sind  beispiele  des  starken  pari,  praet.  gehauen 
nachzuholen : 

habe  gebawen  und  vollendt 

die  stau  Rom.     H.  Sachs  V,  258*; 

in  lioTnung  was  ir  herz  erbawen.    Spreng  405'; 

daher  dann  die  poeten  sagen, 

das  durcli  das  künstlich  luutenschlagen 

die  slätt  gebawen  seien  worden. 

FisciiART  lob  der  lauten  s.  114; 
dann  darumb  ist  die  rhuwart  auCgebawen, 
alles  zu  handelen  ohn  schew  und  grawen.    Gar*/.  280'; 
80  bleibet  doch  des  höchsten  stat  mit  bfichlein  rri.sch  genötzet, 
durch  ihn,  der  sie  gebawen  liai,  trostreich  allzeit  ergötzet. 
Weckhrrli.n  168; 

wer  vorgebauen  hat.  Hohberg  1,  16*.  Luther  setzt  aber  nur 
die  sdtwache  form :  Hebron  war  siben  jar  gebawet  vor  Zoan. 
4  Mos.  13,  23 ;  grosze  und  feine  sfedte,  die  du  nicht  gebawet 
hast.  5  Mos.  6,  10 ;  welcher  ein  new  haus  gebawet  hat.  20,  5 
u.  s.  w.     schweizerisch  noch  heule  gehauen. 

b)  inlransilives  bauen  gilt  noch  zumal  wenn  es  sich  von 
Ihieren  und  vögeln  handelt:  hier  an  der  kriimmung  des  flus- 
ses  bauen  biber;  die  hären  bauwend  und  machend  hülinen, 
specus  aedißcant  ursi.  Maaler  5l' ;  er  forsclit,  wo  etwa  die 
ameise  baut  und  zertritt  ihr  nest.  Fr.  Müller  1,  22 ;  über  der 
hausthür  haben  schwalben  gebaut;  der  dislelfink  baut  gern 
auf  apfelbäumen,  der  zeisig  in  den  gipfeln  hoher  bäume; 
man  kann  aber  leicht  den  acc.  nest  hinzudenken,  und  ebenso 
haus,  wenn  von  bauenden  menschen  die  rede  ist.  sie  aszen, 
sie  trunken,  sie  pllanzeten,  sie  baweten  {goth.  timridMun). 
Luc.  17,  29 ;  von  stein  bauen.  Götiie  38,  164 ;  wer  am  wege 
baut,  hat  viel  meister,   oder  nach  Epko  von  Repco  : 

ich  zimbere,  so  man  sagt,  am  wege, 
des  musz  ich  manigen  meister  han ; 
will  bawen,  so  baw  wol  besunnen.    U.  Sacus  II.  2,  49'; 

wer  an  den  flusz  baut,  dem  steht  heim  eisgang  der  keller 
voll  Wasser;  icli  leide  nicht,  dasz  du  mir  zu  nahe  baust; 

nachbar  hei«zi  ein  naheliauer,  gar  zn  nahe  bauet  der, 
der  bei  nncht  ins  nachhars  bvtte  bauet. 

LouAU  2  tug.  52; 
doch  wird  es  Jupiter  gestatten, 
dasz  der  Trojaner  an  ilen  Tyrer  baut, 
dasz  beide  stamme  sich  iti  eins  ziisummen  gaticn, 
zu  einem  volk  vereint  durch  engen  bund?    Scuii.i.Rn  38'. 

külin  wird  der  flehte  bauen,  d.i.  wurzel  einschlagen  beigelegt: 
dein  Hisz  ist  so  gesetzt,  dasz  Aeolus  sein  wetier 
zu  schänden  an  dir  wird;  ein  harter  Tels  und  stein 
musz  dir  in  seinen  leib  zu  bauen  zinsbar  sein. 

LooAU  1,  8,99  «.  191. 


c)  das  land  bauen  bedeutet  uns  heule  agrum  eolere,  das 
land  anbauen,  und  so  sagt  auch  Luther:  denn  gott  der  herr 
liatle  noch  nicht  regenen  lassen  auf  erden  und  war  kein 
mensch,  der  das  land  hawete.  l  J>/os.  2,  5;  du  lessest  ir  ge- 
treide  wol  geraten,  denn  also  bawest  du  das  land.  ps.  65, 10. 
mhd.  aber  hiesz  daj  laut  bftwen  es  bewohnen,  darin  wohnen 
(Ben.  1,  288')  und  in  diesetn  sinn  verwenden  es  auch  die  fmht- 
ren  nhd.  schriftsteiler  : 

des  musz  ich  pawen  fremde  lant.    fastn.  sp.  1352 ; 

wölt  mich  zwei  jar  lang  lassen  bawen 

die  land,  hin  und  herwider  schawen.    H.  Sachs  III.  2, 121'; 

das  ich  vor  langer  zeit 
von  meim  vater  daheim  auszreit 
l'rembde  land  und  lewt  zu  pawen.    Teuerdank  116,  21 ; 
ein  jung  gsel,  der  das  lant  nit  paut, 
wirt  zugleicht  ciin  ungschmalzn  kraut. 

ScMMELZL  lubspr.  65; 
mit  ewiger  flucht  frembdc  unerkante  lande  bauwen  (in  esilio 
vivere).  Bocc.  2, 15*.  hiernach  begreiß  sich  die  häufige  redens- 
arl  das  elend  bauen,  da  elend,  ahd.  alilanti,  mhd.  eilende 
nichts  anders  als  das  fremde  land  ausdrückt,  mhd.  beispiele 
bei  Ben.  1,  288* ;  nhd. 

wer  das  elent  bawen  wel, 

der  heb  sich  auf  und  sei  mein  gesel 

wol  auf  sanct  Jacobs  straszen.    Uhland798; 

die  raben  kann  gott  gleicher  weis 

ermuntern,  dir  zu  bringen  speis, 

wenn  du  das  elend  bauest,    kirchenlied; 

nun  ist  es  jetzt  vierzehen  jar, 

dasz  ich  das  eilend  bawt  fürwar. 

H.  Sachs  IV.  2,  24* ; 
damit  er  auch  müge  ein  ander  wesen  anfahen,  dabei  er  blei- 
ben und  nicht  so  in  der  irre  ewiglich  das  elende  bawen  müsse. 
Luthers  br.  3,  548 ;  nun  ist  es  bei  vierzehen  jaren,  dasz  ich 
das  eilend  gebauwet  hab.  Bocc.  1,  77'  (hier  schöpße  H.  Sachs 
wörtlich  die  eben  ausgezogne  stelle);  sechs  ganzer  jar  das 
elend  und  ewcr  land  gebawet  hab.  1, 125' ;  dieweil  ihr  ursach 
seit,  dasz  Thedaldus  sieben  ganze  jar  das  elend  gebawet  hat. 
1,173*;  und  Adam  ausz  seinem  lustgarten  virstoszen  ward  und 
muste  das  elend  bawen.  Mathesius  7*;  haben  kein  bleibende 
Stadt,  bawen  das  elend.  53"; 

kommen  her  ein  weg  gar  weit 

ausz  klein  Egypten,  siben  jar 

müssen  wir  bäwen  also  bar 

das  elend,  wann  auszlauft  die  zeit, 

alsdann  w;ir  alle  seind  gefreit. 

BiRCK  ehespiegcl  120; 
und  so  mein  müder  leib  noch  länger  soll  beschauen 
das  unrecht  dieser  weit  und  dieses  elend  bauen, 
herr  gott,  so  gib  geduld.  Logau1,1,6; 

brachte  ihn  ebenmäszig  von  land  und  leuten,  dasz  er  etliche 
jähr  zu  Friaul  in  Welschland  das  elend  bauwea  muste.  Mi- 
cRÄLius  1,  80  ;  der  von  seinen  brüdern  vertriebene  Wladislaus  11 
muste  das  elend  bauen.  Hahn  3,  251 ;  der  vorhin  gerühmte 
Pelagius  hatte  ebenfalls  das  elend  bauen  müssen.  Mascou  2, 
165;  fand  kaum  einen  aufenthalt,  da  er  sicher  das  elend 
bauen  {in  der  fremde  wohnen)  konte.  2,  250;  auf  welcher  in- 
scl  ich  nun  mein  elend  ins  fünfte  jähr  gebauet,  pol.  Stock- 
fisch 326;  mit  meinem  ehgemahl  musz  ich  das  elend  bauen. 
Me\antes  1, 184.  später  unüblich,  denn  wenn  Bräker  im  arm. 
mann  von  Tockenh.  s.  131  sagt:  ich  wollte  mein  glück  bauen 
und  baute  mein  elend,  nimmt  er  bauen  in  der  heutigen  be- 
deutung  von  eolere,  nicht  in  der  von  habilare. 

d)  es  gibt  noch  einige  andere  redensarten,  in  welchen  bauen 
für  habilare,  nicht  für  eolere  gesetzt  wurde,  das  wüste,  die 
wüste  bauen,  m  der  wüste  hausen.  Hiob  3, 14  {vulg.  aedificant 
sibi  solitudines).  die  strasze,  den  weg  bauen  hiesz  was  wir 
heute  nennen  auf  der  strasze  liegen: 

ich  bin  ein  armer  karren  man, 

ich  fahr  und  paw  im  land  die  strasz.    H.  Sachs  II.  4,  3*; 

du  wölst  darumb  nit  traurig  sein, 

das  wir  letzt  müssen  paun  die  straszen. 

SciiMELZL  aussendung  10'; 

ein  cartheuser  münch  hawet  einen  solchen  weg,  dadurch  er 
wil  gen  himel  komen.  Luther  7,  56*.  das  meer,  die  see,  das 
Wasser  hauen,  darauf  schiffen: 

kein  meer  ist  mehr  gebauet, 
kein  hnfcn  weit  und  breit  wird  schöner  nicht  geschauet 
als  umb  Ciijela  hör.  Opitz  1,27; 

viel  lieben  von  dem  Strand  auf  einen  hin  zu  schawen, 
der  in  gewiticrs  noili  die  strenge  see  musz  bawen.    4,  359. 

den  schnce  hawet  {im  schnee  watet),  als  der  bawcr  dem  acker 
thul.  Bocc.  2,  99'.  die  messe,  den  markt  bauen  =  besuclien, 
darauf  hingehen: 


1173 


BAUEN 


BAUEN 


1174 


der  Christen  kaufleut  war  betchawen, 

welche  die  mesz  hie  werden  bawen.    H.  Sachs  III.  2,  14'; 

und  rousz  pawen  mesz  und  die  mark.    1,337'; 

und  fordert  ein  solche  grosze  auflag, 

der  vor  nie  gwest  ist  sein  lebtag, 

so  lang  ich  den  mark  hab  gebaut.    Atke«26S*; 
die  die  Leipziger  messe  bauendea  buchhändler.    Sachs,  man- 
dal  von  1773.    ähnliche  lassen  sich  nach  den  mhd.  (Ben.  1,  288) 
hinzudenken,  sind  aber  auszer  gebrauch  gerathen. 

e)  IransUives  bauen,  aedißcare,  goth.  tinirjan,  ahd.  zimbarön : 
Stadt,  dorf,  bürg,  haus,  festung,  schlosz,  mauer,  brücke,  wagen, 
schif,  kircbe,  altar  und  kanzel;  kompt,  iaszt  uns  die  mauren 
Jenisalem  bawen.  .VeA.  2, 17;  das  alte  tbor  bawete.  Jojada  3,  6; 
da  wir  nu  die  mauren  gebawet  hatten,  henget  ich  die  thür 
(sve  gatimrida  var{)  s6  baurgs  vaddjus,  jah  gasatida  haurdins). 
7, 1 ;  und  er  bawete  eine  stad.  1  Mos.  4, 17 ;  woiauf^  Iaszt  uns 
eine  stad  und  thurn  bawen.  U,  4;  der  sein  haus  auf  einen 
felsen  bawet  (golh.  saei  gatimrida  razn  sein  ana  staina).  Matlh. 
7,  24 ;  ich  wil  den  tempel,  de»"  mit  bänden  gemacht  ist,  ab- 
brechen und  in  dreien  tagen  einen  andern  bawen,  der  nicht 
mit  bänden  gemacht  sei  {goth.  ik  gataira  alh  |)6  handuvaurhtön 
jah  bi  {)rins  dagans  an))ara  unhanduvaurbta  gatimrja).  Marc. 
14,  5S ;  wer  ist  aber  unter  euch,  der  einen  thurn  bawen  \^i\ 
(golh.  izTara  hvas  raihtis  viijands  keiikn  timbrjan).  Luc.  14, 
28 ;  ganze  platze,  straszen  liegen  unangebaut ; 

was  dir  nit  gfell,  brich  wider  ab, 

und  baw  ein  anders  an  die  stat.    H.  Sachs  II.  2,  49'; 

also  hat  Clodoveus  das  mflnster  zu  Straszburg  in  der  eer 
unser  frawen  zu  bauwen  angefangen.  Frank  weltb.  36*.  ?iack 
dem  biblischen  Wortspiel:  tit  es  Petrus  {goth.  Stains  skeir.  7*1, 
super  hanc  petram  aedißrabo  ecciesiam  meam,  du  bist  Pe- 
trus, auf  diesen  feisen  will  ich  bawen  meine  gemeine.  Matlh. 
16,  IS,  ipur<fe  die  redensart  häufig  auf  einen,  auf  etwas  bauen, 
sieh  gründen,    stützen,  vertrauen :    darauf  ist  nicht  zu  bauen ; 

auf  dich  allein  ich  hofT  und  baw.    Weckbcrlin  20; 
dasz   ich    so    weit   kam,    dasz  ich  ein  schlosz  auf  ihn  bauen 
dürfen.  Simpl.  2,  437 ; 

auf  gott  und  nicht  auf  meinen  raih 

will  ich  mein  glucke  bauen.    Gellert  2,  162; 

dasz  man  so  .«elten  nur  auf  deine  werte  bauen  will.  Lessikg 
1,9;  die  warme  bekennerin  eines  glaubens,  der  auf  liebe  ge- 
baut ist  Gotter  3, 123 ; 

weil  ich  auf  deine  gute,  schöne  seele  baue. 
Schiller  291 ; 

du  wirst  mir  meinen  glauben  nicht  erschüitern, 

der  auf  die  tiefste  Wissenschaft  sich  baut.   369*; 

es  war  ein  mann,  auf  den  ich  alles  baute.  559'; 
die  wir  schon  früher  auf  des  grafen  wort  gebaut  hatten. 
GüTHE  24,  155;  dasz  ich  nun  auf  den  Jüngling  baue.  J.  Fall 
flcgelj.  1,  11 ;  ist  aber  nicht  grade  auf  mein  gesiebt  meine 
ganze  zukunft  und  kröne  gebauet?  komel  3,  125;  die  Schil- 
derung von  der  erhabenen  liebe  desselben,  die  keinen  men- 
schen vergasz,  weil  sie  nicht  auf  die  Torzüge,  sondern  auf 
die  bedürfnisse  der  menschen  gebauet  war.  liesp.  1,  259. 

f)  transitives  bauen,  colere,  laborare,  operari,  goth.  vaurkjan : 
feld,  land,  acker,  erde :  und  gott  satzt  in  in  den  garten  Eden, 
das  er  in  bawet  und  bewaret.  l  Mos.  2,  15;  dn  licsz  in  gott 
der  herr  aus  dem  garten  Eden,  das  er  das  feld  bawet,  da 
von  er  genomen  ist.  3,  23 ;  wenn  du  den  acker  bawen  wirst. 
4, 12;  zu  ackerleuten,  die  im  seinen  acker  bawen.  1  Sani.  8, 12  ; 
er  ferel  leiclilfertig  und  bawet  seinen  weinberg  nicht.  Hiob 
24, 18 ;  CS  sol  aber  der  ackermann,  der  den  acker  bawet,  der 
fruchte  am  ersten  genieszen  {goth.  arbaidjands  air}iüs  vaurstvja 
skal  frumist  akranl  anduiman).  2  Tim.  2,  6 ;  denn  die  erde, 
die  den  regen  trinket  und  bequeme  kraut  Ireget,  denen  die 
sie  bawen  {vulg.  illis  a  quibus  colitur),  empfahet  segen  von 
goll.  Hebr.  6,  7;  das  erdreich  mit  dem  pflüg  bauen;  das 
bergwerk  bawen  auch  ein  göttliche  und  ehrliche  nariuig  und 
bandel  ist.  MatbesicsI'; 

der  pauman  sprach,  ich  pau  da«  chom.    Ubla!«d  337 ; 

blieb  sie  daheim  bei  irem  mann  (dem  mutier), 

hiill  im  das  körnlein  bawen.    692; 

seinen  beuiel  baue  vor,  wer  ein  wüstes  put  wil  pflügen. 
LocAi;  2  zug.  59; 
hundert  ochsen,  welche  du  an  die  pflüg  sollest  spannen,  da- 
mit sie  den  acker  bauen.  Schcppius  735;  Cyrus  und  Abraham 
bauten  lustgärten.  834;  das  schöne  wolgebaiite  ihal.  Göthe 
43,  59;  die  hohen  gutgebauten  Weinberge,  die  wolgehauten 
Weinberge.  43,  63;  eine  schöne,  sanft  ablaufende  wolgebaute 
erdspitze.  43,  66;    wegen  seiner  ofnen  fruchtbaren  wolgehau- 


ten läge.  43,  125;  alles  ist  grün,  alles  gebant,  jedes  eckchen 

und  winkelchen  genutzt.  56, 190.  Schlösser  in  die  luft  bauen 
heiszt  sich  falschen  einbildungen  ergeben,  die  bergleute  nen- 
nen auf  den  raub  bauen,  «renn  ste  nur  obenhin  arbeiten, 
nicht  kunstmäszig  in  die  tiefe,  man  sagt  körn  bauen,  ge- 
traide,  haber,  gerste  bauen ;  kartolTeln,  hopfen,  flachs  bauen ; 
wein,  honig  und  seide  bauen. 

g)  transitives  bauen,  formare,  ereare,  exstruere:  nnd  gott 
der  herr  bawet  ein  weih  aus  der  riebe,  die  er  von  dem  men- 
schen nam.  1  Mos.  2,  22 ;  diewei!  er  Adam  aus  erden  und 
Hevam  aus  Adams  rieb  gebawet  hat,  Litther  5,  479 ; 

an  Wäldern,  berg  und  ihal,  an  feldern  und  an  auen 
und  was  natur  noch  sonst  hat  küosilich  können  bauen. 

LocAL  1,  5,99.  s.  192; 
so  spricht  der  herr,  dein  gott:  ich  habe  dich  gebaut, 
zum  könige  gesalbt,  das  reich  dir  anvertraut. 

Hagedorn  2,  6. 

man  sagt  heute  nur:  eine  schön  gebaute  frau,  ihre  band  ist 
schön,  seine  brüst  stark  gebaut,  ein  herlich  gebautes  pferd. 
h)  alistracles  bauen,  anbauen,  erbauen,  fördern:  das  gewis- 
sen bawen.  Luther  4,  126*;  wer  darauf  trauwet,  der  bauwet 
ihm  selbs  die  helle.  5,  59';  es  ist  ein  wunderlicher,  mechti- 
gcr  geist  {der  teufel),  der  aus  einer  geringen  sünde  solch  eine 
angst  anrichten  und  solche  helle  bauwen  kan.  5,60*; 

80  kan  niemaut  für  ungelück  bauen,    fastn.  sp.  754,  12; 

betstu  oft  lugent  recht  gepaut. 

jetzt  wer  dir  recbtthun  leicht  und  sösz. 

ScuwarzenbergUI,  2; 

welcher  mensch  mutwilliglich 

wird  jetzt  gemelte  laster  bawn.     Ringwaid  tr.  Eckhart  02*; 

dadurch  wird  des  teufeis  reich  gebauet  und  gottes  reich  zer- 
störet. ScHCPPius  332;  eine  recht  eiferig  gemeinte  predigt,  ob 
sie  gleich  gering  und  schlecht,  bauet  mehr  als  tausend  hoch- 
künstliche, alaraodische.  553;  ein  prediger  würde  wenig  bauen, 
wann  er  unter  Soldaten  stünde  und  von  den  lästern  der  kauf- 
leute  redete.  658 ;  so  will  doch  gott  nicht  durch  bloszes  be- 
ten, sondern  auch  durch  arbeiten  die  weit  gebauet  und  fort- 
gebracht haben.  Weise  kl.  leute  373 ; 

dein  glück  dereinst  zu  bauo.    Gellert  3, 106; 

wer,  welche  Wissenschaft  er  baut, 

nur  auf  geniesz  des  lebens  schaut, 

den  nennt  schon  Luther  niesziing.    Voss. 

j)  bauen,  hoch  sein,  ragen,  sieh  fügen:  der  bäum 
baut  50  fusz ;  die  Sakristeien  bauen  auf  jeder  seile  sechs 
eilen  heraus,  das  bauet  nicht,  heiszt  es  von  arbeiten,  tcenn 
sie  kein  gutes  Verhältnis  haben ;  die  läge  der  kirche  batft  nicht 
mit  der  gasse. 

k)  eigenthümlich,  doch  sicher  dem  Sprachgebrauch  gemäsz, 
setzt  Fischart  bauen  ßr  zielen,  richten  beim  abschieszen: 
schlug  bald  an,  zielt  kurz,  bawt  nicht  lang,  acht  nit  das 
ämielpopperle.  truckt  schnell  ab,  hub  nicht  viel  ab.  Garg.  iso'. 

/)  nach  bau  7  bezeichnet  Schweiz,  bauen,  buen  auch  dün- 
gen, stercorare  agros  (Maaler  51*.  Stalder  1, 146)  in  naher  be- 
rührung  mit  bauen  colere.  felder  bawen.  Bocc.  2, 123"  ingras- 
sare  i  campi. 

m)  sich  bauen :  er  baut  sich  arm ;  bergmännisch,  eine  grübe 
baut  sich  frei,  deckt  ihre  kosten; 

Furvus  denkt  sich  grosz  zu  bauen,  legt  den  grund  von  solchen 

stücken, 
die  er  andern  durch  verleumden  weggezogen  hinterm  räcken. 
LoGAD  3  tng.  13; 

in  der  groszen  weit 
blühn  schön  und  süsz  viel  mädchen  noch  und  frauen, 
du  kannst  dich  ja  in  manches  herz  noch  bauen.    BöaGiR68*; 
ach  zu  dem  entfernten  strande 
baut  sich  keiner  brücke  sieg, 
und  kein  fahrzeiig  stöszi  vom  ufer, 
doch  die  liebe  fand  den  weg.    Schiller  59*: 
Griechen,  Römer,  o  kommt,  o  seht,  das  nite  l'ompeji 

findet  sich  wieder,  aufs  neu  bauet  sich  Hercules  Stadt.    83*; 

es  baute  sich  ein  portal  in  die  höhe.  Göthe  IS,  9;  an  dem 
groszen  begrif,  den  die  preuszischen  Schriftsteller  von  ihrem 
könig  hegen  durften,  hauten  sie  sich  erst  heran.  25, 104 ;  ich 
gewöhnte  mich  zu  ertragen,  nicht  zu  seufzen  unter  hitz,  frost 
und  last,  baute  mich  zu  dem.  was  ich  jetzt  bin.  Ki.incers 
f/i.  4,  205;  wie  fest  bauete  sich  beim  nächtlichen  Spaziergange 
Alhanos  über  die  flüchtigen  zeltgassen  der  Stadt  die  weltro- 
tunda  mit  ihren  festen  sternreihen  dahin.  J.  Pacl  Tit.  2, 1S7. 
Die  belege  lehren,  oder  lassen  schlieszen,  dasz  anfangs  bauen, 
xumal  die  alte  starke  form  des  worts,  nur  wohnen  und  sein  aus- 
drückte und  /Sr  aedifieare  und  colere  noch  andere  verba  galten, 

74* 


1175 


BAUER 


BAUER 


1176 


allmälkh  aber  bauen  diesen  stnn  annahm  und  der  von  wohnen 
erlosch,  wie  zu  oixslv  und  wohnen  sich  leicht  ein  acc.  ge- 
sellte und  die  transitivbedaitung  von  bewohnen  entsprang,  gieng 
auch  aus  bauen  ein  bebauen  und  der  sinn  voti  aedificare,  co- 
lere  hervor,  günstig  unterschied  sich  altn.  böa  biö  und  byggja 
bygde. 

BAUER,  m.  cubile,  cubiculum,  cavea,  habitatio,  gen.  bauers, 
pl.  bauer,  ahd.  pfir  (Graff  3,  18),  mhd.  bör,  alts.  ags.  bür, 
engl,  bower,  altii.  bür  n.,  seine,  bur,  dän.  biiur.  wie  wol  auf 
golhisch?  ohne  Zweifel  baurs,  wenn  männlich,  baur,  wenn 
neutral,  die  herkunft  von  bauan  ist  offenbar,  wie  auch  das 
einfache  bau  in  seiner  ersten  bedeutung  völlig  dazu  stimmt. 
das  angefügte  ableitende  R  in  baurs  von  bauan  gleicht  dem  in 
akrs  von  akan,  in  ligi-s  von  ligan.  pur,  bör  ergeben  sich  wie 
pöan,  büa  aus  bauen,  nnrf  jenes  goth.  baurs  wäre  bäurs,  un- 
terschieden von  baurs  gcnitus,  filius,  altn.  burr,  ags.  byre, 
dessen  R  der  würzet  bairan  gehört.     Bedeutungen, 

1)  cavea,  aviarium,  nach  Frisch  1,  72'  m.,  nach  Adelung  n. 
bau  war  das  nest,  bauer  ist  der  käßch,  zumal  für  kleine  Sing- 
vögel, Vogelbauer.  Hemsch  209  hat  das  bawer,  vogelhüusle ; 
besser  ein  vogel  im  bawer,  dann  tausent  in  der  luft;  in  ein 
gut  bawer  gehört  ein  guter  vogel ;  es  lautet  übel,  wenn  das 
bawer  schön  ist,  und  der  vogel  darin  singt  nicht  wol ;  man 
musz  den  vogel  im  bauer  haben,  ehe  man  ihn  will  pfeifen 
lehren ; 

die  freundin,  sprach  er  (der  hänfling),  gieng  mir  nah, 

die  ich  in  diesem  bauer  sah, 

sie  rief  und  durch  das  glück  bewogen 

utn  sie  zu  sein,  kam  icli  gedogen.    Gei.lekt  1,  251 ; 

einst  lehnt  ilir  Üamon  zum  vergnügen 

das  thürchen  nicht  beim  füttern  an, 

sodasz  sie  aus  dem  bauer  fliegen 

und  in  der  stube  flattern  kann.    1,  284; 

ich  geh  und  will  den  hahn  zur  sie  in  bauer  stecken, 

die  jungen  bring  ich  mit,  sobald  die  allen  hecken.    3,  397; 

viel  glucks!  die  vögel  sind  dem  bauer 

entwischt.  Wieland  9,  211 ; 

keine  dieser  stellen  entscheidet  für  m.  oder  n.  (obwol  Gellert 
trt  der  letzten  ins  bauer  für  in  bauer  =  in  den  bauer  ge- 
schrieben hätte,  wenn  ei-  das  n.  meinte),  deutlicher  ist  die 
folgende: 

ein  jeder  hatte  seinen  bauer.    Pfeffel  5,  124; 
Schoppe  begleitete  die  sanfte  fast  zehn  schritte  weit,  um  den 
vogel    des    bauers    {den    in   der  sanfte  sitzenden  ordensherrn) 
besser  zu  beschauen.  J.  Paul  Tit.  2,  25.    s.  gebauer. 

2)  das  altn.  bftr  ist  fenuarium,  das  Schweiz,  bauer  käse- 
speicher  (Stalder  1, 147),   das  engl,  bower  mastkorb  und  laube. 

3)  das  altn.  bür  gynaeceum,  gemach  der  frauen  und  mägdc, 
kämmerlcin: 

modir  mik  foeddi  biört  i  bürl.    Soem.  230*; 


ags.  bnt  on  btire  äliöf  bryd  Abrahames 
liihlleasne  lileahlor.' 


Cmdm.  144,7; 
ahd.  her  furl.Tei  in  lanie  Itiiiila  sitten 

biül  in  büre,  bnrn  unwahsan.    Ilitdebr.  lied. 

mhd.  bör,  nhd.  bauer  nicht  mehr  in  diesem  sinn. 

BAUER,  m.  voluptas,  libido.  aus  der  Vorstellung  des  woh- 
nens  und  ruhens  leitet  sich  die  des  frcuens  her,  vinja  die 
weide  (des  hirten  wohnplatz)  wird  zur  wonne,  wunnia  (wonne 
und  weide) ;  salida,  selida,  seldc,  habitatio  wird  zur  sälida, 
sa,>lde  fclicilas;  ginäda,  ruhe,  herablassung  zur  gnade,  gratia, 
favor ;  gemach,  kammer,  stube  ist  auch  behagen  und  wonne. 
hiernach  geht  auf  das  gothische,  vorhin  angesetzte  baurs  cu- 
bile zurück  das  bei  Ui.filas  erscheinende  gabaurs  xcöfios,  fro- 
hes gelag  und  mahl,  gabaurj"|)us  ■tjSoi'rj,  gabaurjaba  rjSf'cog, 
dies  auf  gabauris  t]8vs,  volnpis,  welche  alle  mit  der  würzet 
bairan  nichts  zu  schaffen  haben,  sondern  aus  bauan  erwach- 
sen, gabaurjaba  ist  gleichviel  mit  us  lustum,  gerii,  von  freien 
stücken. 

Diese  gothischen  Wörter  scheinen  nun  fortzuleben  in  einem 
nitö^QTjrov  der  heutigen  spräche,  dem  alle  glossare  auswei- 
chen, so  allgemein  es  verbreitet  ist,  als  bezeichnung  einer  lur- 
pitudo,  die  der  europäische  Sprachgebrauch  durch  den  ausdruck 
onanic  (nach  1  Mos.  3S,  9)  verschleiert,  unsere  deutsche  philo- 
logiekann aber  nicht  umhin  eine  benennung  zu  erkunden,  die  wol 
ron  uralter  zeit  her  züchtige  rede  auf  unzuclU  anwendet;  denn 
was  möchte  besser  anstehn  als  lusl  wider  die  nalur  kalte  lust 
zu  heiszen?  kalt,  wie  frigidu.s  und  yv/oöe,  gibt  den  neben- 
sinn von  miser  und  languidus,  infestus,  inulilis,  frigida  nc- 
gotia  sind  nullius  momenti,  kalte  ralschlilge  sind  böse,  in  der 
edda  liest  man  67"  scolo    \>ct   x   köld   rid  koma;    138*  köld 


cro  mer  rüid  Ym ;  kalladi  kaldri  röddo,  infesto  sermone;  kalte 
träume  sind  unglückliche,  lust  hat,  neben  der  bedeutung  Wol- 
lust, immer  auch  den  reinen  sinn  behauptet,  bauer  für  lust 
ist  uns  erloschen,  in  kalte  bauer  haftete  das  wort,  längst  un- 
verstanden und  desto  gemiedener. 

Der  ausdruck  herscht,  vielleicht  mit  ausnähme  nördlicher, 
niederdeutscher  landstriche  (namentlich  soll  er  in  Holland  un- 
bekannt sein),  in  ganz  Deutschland  und  läszl  sich  über  Schle- 
sien, Deutschböhmen  und  Österreich  bis  in  die  Steiermark,  über 
das  Elsasz  in  die  Schweiz  verfolgen,  ein  elsässischer  arzt 
sagt,  bauer  sei  insgemein  aneQfia,  warmer  bauer  die  natür- 
liche beiwohnung,  kalter  bauer  onanie,  und  so  genommen  liesze 
sich  bauer  unmittelbar  zu  cpvetv  zeugen,  cpvais  zeugende, 
schaffende  natur  halten,  vielleicht  auch  die  schweizerische  be- 
deutung von  bau,  befruchtendem  dünger  vergleichen,  denn  in 
der  Schweiz  kommt  daneben  vor:  er  tribtem  selb  d'natur  ab, 
gewöhnlicher:  macht  en  ciialte  bür;  die  ehalte  büre  hd  bt- 
zeichnet  pollutionen  haben,  gleichsam  erfolglose,  unwirksame 
lust.  in  Steier  heiszt  onanieren  den  kalten  bauer  schlagen 
oder  herunter  reiszen,  die  Slovenen  in  der  gegend  von  Laibach 
übersetzen  wörtlich  aber  falsch  merzel  kmet,  bauer  für  rusti- 
cus  nehmend,  ebenso  unrichtig  die  polnischen  Schlesier  zimny 
chlop,  eigentliche  Polen  tvissen  nichts  davon,  unter  dem  west- 
fälischen volk  ist  der  name  meistenlheils  gangbar,  unbefangen 
und  ohne  sittlichen  Vorwurf  heiszen  ihm  spuren  der  pollution 
de  kalle  bür.  in  Niedersachsen  scheinen  wenigstens  die  stddte, 
wenn  auch  nicht  überall  die  dörfer  das  wort  zu  kennen,  wei- 
teie  forschungen  müssen  darthun,  ob  es  in  Scandinavien  auf- 
taucht, oder  diesem  volksstamm  gebricht. 

BAUER,  m.  agricola,  colonus,  rusticus,  mit  schwankender 
flexion,  die  sich  auf  zwei  oder  drei  ältere  gestalten  zurück- 
zieht, ncmlich  bauer,  gen.  bauern  und  pl.  bauern  ist  das  ahd. 
gipüro,  p/.  gipüron  (Graff3,  19);  bauer  gen.  bauers,  sowol  das 
ahd.  gipür,  p/.  gipürd,  als  püarip/.  püarra,  mhd.  büwaere,  buwsere 
(Ben.  1,  290),  doch  den  pl.  bilden  wir  für  diesen  starken  sg. 
dennoch  schwach  bauern.  man  würde,  weil  dem  heutigen  bauer 
meistenthcils  der  Vorsatz  ge  mangelt  (einzelne  fälle  werden  un- 
ter gehauer  aufgezählt),  es  überall  von  pöari,  büaere  ableiten, 
wo  nicht  die  vorhersehende  schwache  flexion  des  sg.  und  pl. 
entgegenstände,  den  gen.  sg.  sichert  Fischart  recht  entschie- 
den, indem  er  bei  den  spielen  unter  n'  320  auch  eins  namhaß 
macht  'des  bauren'.  Keiner  dieser  formen  bedient  sich  die 
altn.  mundart,  sie  setzt  entweder  hti  =  ahd.  T^two,  orfer  böndi, 
schw.  dän.  bonde  =  ahd.  püanti. 

In  Luthers  bibelübersetzung  begegnet  bauer  nur  wenigemal: 
es  gebrach,  an  bauren  gebrachs  in  Israel  (vulg,  cessaverunt 
fortes  in  Israel),  rieht.  5,  7;  da  sage  man  von  der  gerechtig- 
keit  des  herrn,  von  der  gerechtigkcit  seiner  bauren  in  Israel 
(vulg.  fortes).  5,  7 ;  ich  wil  deine  hirten  und  herde  zerschmei- 
szen,  ich  wil  deine  bauren  und  joch  zerschmeiszen  {vulg.  et 
collidam  in  te  agricolam  et  jugales  ejus).  Jer.  51,  23.  ge- 
wöhnlich gebraucht  er  ackermann,  wenn  vom  landmann  die  rede 
ist,  und  auch  heute  verbinden  wir  mit  diesen  beiden  Wörtern  einen 
edleren  bvgrif  als  mit  bauer,  welchem  daneben  noch  die  Vor- 
stellung des  gemeinen,  groben  und  unedlen  anhaßet,  in  wel- 
chem sinn  es  dann  auch  als  schelte  von  andern,  die  nicht 
bauern  sind,  gilt:  er  ist  ein  rechter  bauer,  ein  grober  bauer; 

dank  liab,  dank  hab  du  grober  baur, 
was  wilt  du  bei  mir  holen  I    Uhland  693; 
er  müst  ein  rechter  bauer  sein, 
der  uns  so  ernehre.    Garg.  86*. 

so  heiszt  es:  diese  fabel  Icret,  das  dis  buchlin  bei  bawren 
und  groben  leuten  unwerd  ist.  Luther  5,  270';  ich  hab  len- 
ger, denn  zehen  jar  mich  oft  gedemiltigt  und  die  allerbesten 
wort  gegeben,  damit  ich  sie  {die  papisten)  je  lenger  je  ergcr 
gemacht  habe,  und  die  bawren  nur  sich  vom  flehen  deste 
mehr  geblchet  haben.  6,  309*.  sclion  bei  Keisersberc  hatte 
bauer  meistenlheils  diese  ungünstige  bedeutung:  ein  herlich 
pcrson  als  ein  künig  ist,  dem  zimpt  ein  köstlich  kicid  zd 
tragen  seines  Standes  halber,  und  nit  ein  bauern  schanz  {gro- 
bes kleid,  s  schanze),  sündtn  des  munds  4' ;  den  bauern  ge- 
riet weder  ir  ops  noch  kraut.  18';  wer  ein  bauern  salbet,  so 
sticht  er,  wer  sie  sticht,  den  salbenl  sie.  59" ;  got  thilt  dar- 
nach als  ein  bauer  oder  als  ein  melzger.  welches  kalb  ein 
bauer  metzgcn  wil,  das  laszl  er  blitzen  und  gumpen  uf  den 
matten.  18';  got  geb  dir  den  rillen,  oder  die  beulen,  oder 
die  hiinsch  {schwere  krankheiten),  als  dan  die  bauren  einem 
wünschen.    38*;   aber   wie   wol   die  Juristen  in  ircn  büchern 


1177 


BAUER— BAÜERBA.ND 


BAÜERB  ART  —  BÄÜERIS  CH 


1178 


haben,  das  ein  blosz  und  schlechte  rerfaeiszung  (nichts  wirke 
und)  müg  darum  keiner  den  andern  mit  recht  anziehen  (nuda 
promissio  non  dat  actionem),  darumb  nemcn  die  baurcn  den 
mantel  in  die  band  {sehen  sich  vor,  ut  promissio  sit  vestita). 
65';  es  kam  ein  weltweiser  einist  in  ein  Wirtshaus,  und  er 
sah,  das  ein  bauer  bei  den  andern  bauem  in  der  urten  sasz 
und  hört  inen  zu,  was  sie  redten,  und  er  redt  nichts,  dan 
er  kunt  nüt  zu  den  sachen  reden.  7G';  geheiiget  werd  dein 
nam,  zukum  uns  dein  reich,  knecht  stich  den  bauern  ze  tod! 
{von  Unterbrechung  des  valerunser  bei  unandächtigen  belern). 
84";  das  lit  also  kior  am  tag,  als  der  bur  an  der  sunnen. 
posl.  3,  52,  auch  schimpf  und  ernst  cap.  226.  wie  man  das  men- 
schengeschlechl  überhaupt  aus  bäumen  und  steinen  hervorgehn 
liesz,  heisxt  aucli  der  bauer,  der  es  am  einfachsten  darstellt, 
o/laus  kieselslein  entsprungen,  z.  b.  in  ErryERS  hebamme  s.  15. 
Aus  späterer  zeit  werden  icenifje  belege  genügen:  auf  dasz 
die  leut  an  der  schrift  nicht  erwürgen,  wie  dem  bauren  schier 
geschehen  war,  der  ein  calender  für  coriander  frasz.  Fischart 
bienenk.  39^ ;  lobt  ihn  für  alle  schwangere  bauren.  Garj.  239'; 
danzen  auf  eim  fusz,  wa  ein  Schweizer  baur  zwen  bedarf. 
Garg.  126';  setzt  den  bauren  auf  den  edelraann,  vom  pferd 
zum  esel.  129'; 

das  Teld  hält  sabatlag,  der  acker  liget  stille, 
und  duldet  nicht  wie  vor,  dasz  ihm  viel  wunden  schlug 
des  bauers  frecher  arm  und  ein  tyrannisch  pflüg. 
LöoAü  1,  1,  4; 

wer  bauren  rerderben  will,  müsse  bauren  mit  nehmen.  Simpl. 
2,  467 ;  die  bauren,  die  beim  Untergang  der  sonnen  oft  strei- 
tende kriegesheere  erblicken.    Liscov  55 ; 

es  schleicht  der  echte  schlaf  den  fedtTpfühl  vorbei, 

ist  falschen  stndtem  falsch  und  treuen  bauren  treu. 
Hagedor.'«  1,  23; 

eines  bauers  hätte.    Pfeffel  1,  166; 

ich  wette  fast,  ihr  bauern,  ihr  verliert.'    GKtiERT  1,205; 
diesen    gesunden,    kemhaften,    wolgebiideten  jungen    bauer. 
Wieland  6,  146 ;  ihn  aus  einem  bauer  zu  einem  Staatsbürger 
umzubilden.    7,  161; 

ich  bin  regent  im  land  an  kaisers  statt, 

und  will  nicht,  dasz  der  bauer  häuser  baue 

auf  seine  eigne  band  und  also  frei 

biuleb,  als  ob  er  herr  war  in  dem  lande.    Schiller  519'; 

und  zu  gericht  zu  sitzen  mit  dem  bauer.    525*. 

Sprüche:  bauem  sagen  auch  etwan  wahr;  bauern  machen 
fürsten ;  der  bauer  ist  nicht  zu  verderben,  man  hau  ihm 
denn  band  und  fusz  ab;  wenn  der  bauer  nicht  musz,  rührt 
er  weder  band  noch  fusz;  der  bauer  ist  ein  lauer;  gibt  der 
bauer,  so  sieht  er  sauer;  ein  bauer  kommt  sobald  in  den 
bimmel  als  einedelmann;  hinter  sich  hinaus  tragen  die  bauern 
die  spiesze;  in  einen  bauern  gehört  haberstroh;  wir  sollen 
drauf  schlagen  als  die  bauern  auf  den  wolf;  die  bauern 
jauchzen  dazu,  wann  sie  singen ;  er  fährt  hinein,  wie  der 
bauer  in  die  stiefeln;  der  bauer  glaubt  nur  seinem  vater; 
ein  reicher  bauer  kennt  seine  verwandten  nicht;  was  der 
bauer  nicht  kennt,  das  friszl  er  nicht;  gemach  ins  dorf,  die 
bauern  sind  trunken;  bürger  und  bauer  scheidet  nichts  als 
die  mauer. 

Man  unterscheidet  hofbauern,  ganze  bauem,  halbbauera, 
pferdebauera ;  es  gibt  aber  auszerdem  eine  menge  anderer  be- 
nennungen,  um  die  bäuerlichen  veihältnisse  zu  unterscheiden, 
vgl.  hflbner,  hintersassen,  kossäten,  meier,  spanner  u.  s.  tr. 
Im  Schachspiel  heiszl  bauer,  rfer  mhd.  vende  genannt  wurde; 
auch  eine  muschel,  conus  rusticus,  sonst  der  aschenpuster, 
aschenbrödel,  fültrt  den  namen  bauer.  Bei  der  Zusammen- 
setzung schwankt  der  erste  Iheil  oß  zwischen  bauer,  bauern 
und  bauers,  doch  drückt  bauer  mehr  den  allgemeinen  begrif, 
der  vorgesetzte  gen.  bauers  die  abhängigkeit  aus  und  bauern, 
wenn  es  den  gen.  sg.  meint,  ebenfalls,  musz  darunter  ein  gen. 
pl.  verstanden  werden,  so  hat  es  die  allgemeinheit  des  prae~ 
fixes  bauer.  häufig  aber  dient  bauer-,  bauern-  cor  sttbstan' 
liren  zur  bezeiclmung  des  geringen,  schlechten. 

BAUER,  f.  societas  colcnorum  seu  ruslicontm,  so  nennt 
man  in  üiedeideutschland  jeden  kleinen  rerein  ton  land-  oder 
grundbesitzem.  Möseb  3,  71.  entweder  ein  altes  bftra,  biur«, 
oder  blosze  kürzung  ton  bauerschaft. 

BAL'ER.\RBEIT,  f.  opus  rusticum,  besser  bauemarbeit. 

BAÜLRART,  f.  rusticitas,  mores  rustieorum,  auch  baueraart, 
bauersart. 

BAUERBAND,  n.  kurländischer  flacht,  der  to  versendet  wird, 
wie  ihn  die  bauem  gebunden  zur  stadt  tragen. 


BAUERB  ART,  m.  barba  sordida,  male  pexa. 

BAUERBENGEL,  m.  homo  agratis:  ein  ungeschliffener 
bauerbengel.  Weise  kl.  leute  377. 

BAUERBURSCHE,  m.  juvenis  agrestis,  rusticus:  hab  ich 
dir  nicht  einmal  von  einem  bauerburschen  geschrieben,  gleich 
da  ich  herkam?  Göthe  16,  117. 

BAUERBURSCHENSCHAFT,  f.  Martinsgans  (wunderh.  1,  226). 
bauerburschenschaft,  lustig  losgebunden.   Göthe  33,  193. 

BAUERDE,  f.  humus,   dammerde. 

BAUERDLNG,  n.  mhd.  bürdinc,  Judicium  civieum  de  eausis 
civilibus,  von  biir,  domicilium. 

BAUERDIRNE,  f.  puella  agrestis,  ein  landmädchen.  Simpl. 
1,  492. 

BAUEBDCNKEL,  m.  besser  bauerndünkel. 

BAUEREI,  f.  aedificatio:  ich  bin  froh,  wenn  die  bauerei 
im  hause  einmal  aufhört; 

vernickte  zierratbrauerei, 

es  ist  eine  saubre  bauerei.     Göthe  3,  269. 

den  acker  zu  bauen  und  fische  zu  fangen  macht  glücklicher, 
als  gewisse  andere  fischereien  und  bauereien.  Kli.ngeb  7,  271. 

BAUEREPPICH,  m.  apium  graveolens. 

BäUERERZ,  n.  argentum  nativum  solidum,  gediegnes,  er- 
kennbares erz,  zumal  Silbererz;  man  erklärt,  das  auch  ein 
bauer  erkennen  kann.   Nemmch  schreibt  bauernerz. 

BAUERFISCH,  m.  eine  art  Stockfische,  mit  und  ohne  barifaden. 

BAUERFLEGEL,  m.  was  bauerbengel :  wenn  die  vorneh- 
men diener  nicht  zur  stelle  sein,  so  kömmt  die  Ordnung  wul 
an  einen  bauerQegel.  Weise  comüd.  73. 

BAUERFLÖTE,  f.  in  der  orgel  die  gedachte  pedalstimme. 

BAUERFRAU,  /.  colona,  rustica,  bduerin,  gewöhnlicher 
bauersfrau. 

BAUERFRIEDE,  m.  in  Niederdeulschland,  der  dorfbeiirk,  die 
dorfmark,  landwehr.    s.  friede. 

BAUERFUDER,  n.  siehe  bauemfuder. 

RAUERFüSZ,  m.  den  tuchbereitem  ein  eiserner,  gabelßrmi- 
ger  hebet  zum  einspannen  der  tüeher  in  den  rahmen,  sonst 
breitbaum. 

BAUERGER.VT,  n.,  dessen  die  bauerwirtschafl  bedarf. 

BAUERGLOCRE,  f.  dorfglocke,  die  den  bauem  zu  gericht 
läutet,    burdingsglocke.  Oberlix  100. 

BAUERGRETE,  /.  was  bauerdirne:  unsre  alte  magd  hat 
mich  mit  eid  und  thränen  versichert,  dasz  eine  bauergreta 
viel  besser  sich  auf  dem  strohsack  befinde  als  des  gelehrte- 
sten maunes  frau  auf  schwanenfedem.  Grtphids  l,  764;  indes- 
sen aber  war  er  mit  liebe  über  macht  nach  dem  baurengretel 
eingenommen ;  da  wilst  dis  ehrliche  baurengretlein  heuraten. 
Simpl.  1,  482.  483.    s.  grete,  greteL 

BAUERGROSCHEN,  m.  zinsgroschen,  wie  ihn  die  bauem 
dem  gutsherm  entrichten,    s.  Oberli.s  100. 

BAÜERGUT,  n.  praedium  rusticum,  ein  gut,  auf  dem  bauem 
sitzen,  ein  mit  frohnen  und  diensten  belastetes  gut,  im  gegen- 
satze  der  rittergüter.  zuweilen  auch  ein  gut,  auf  dem  wenig- 
stens zwei  Pferde  gehallen  werden,  ein  pferdegut,  anspänner- 
gut,  s.  bauerngut. 

BAUERGCTCHEN,  n. 

BAUERHAFT,  rudis,  ungesittet,  bäurisch,  flegelhafl. 

BAUERHAÜT,  f  siehe  amtschreiber. 

BAÜERHAUS,  n.  aedes  rusticae. 

BAUERHOF.  m.  villa  rustica.    Mosaeds  2,  54. 

BAUERHUBE,  f  dienstpflichtiges  land,  gegenüber  der  rit- 
terhube:  ausbrflche  der  noth,  von  denen  sich  der  arme  be- 
freiung  von   schulden    und   erwerbung   von   baaerbufen    ver- 

hieSZ.     NiEBDBR   1,  650. 

BAUERHUND,  m.  canis  domestieus.    t.  bauerkOter. 

BAUERHUTTE,  f.  casa  rustica:  ich  wählte  eine  bauerhatte 
zu  meinem  aufenthalL  Wielamd  28,  20S. 

BAUERLN,  f.  colona,  rustica,  bauersfrau.  bauet  und  bäue- 
rin  spielen,  ein  altes  spiel. 

BÄUERISCH,  rusticus,  sowol  ländlich  als  roh,  ungesittet, 
zuweilen,  wie  früher,  noch  ohne  umlaut  bäurisch, 

mhd.  nach  gebiirischen  siicn.  IIaupt6,  4S9; 
nhd.  pauriscb  kleidung.  fasln,  sp.  L292 ; 
man  tagte  auch  die  bäurischen,  rusticani  ßr  bauem,  rustiei, 
z.  b.  ich  hab  aber  noch  ein  buchlin  D.  Martini  bei  mir,  das 
ist  etliche  jare  für  der  bawrischen  ufrhur  ausgangen.  Albe- 
RDS  ifirfer  Wttzel  k  8*,  wo  bawrischen  gen.  pl.  ist,  da  ALbEios 
aufrur  als  m.  hat.     bäurisch,  grob,  ungeschickt: 

grob,  beurisch  und  unhöflich  art     Schhit  j^roft.  a  1* ; 


1179 


BÄURISCHHEIT  —  BÄUERLICH 


BAUERLIED  — BAUERNFRESSER   1180 


gegen  diser  künstlichen  resolvirung  Ptolemel  ists  gcwislich 
ein  pewrische  resolvirung.  Mich.  Stifels  coxz.  1554  bl.  112;  so 
bäurisch  quartiert  von  leib  war  er.  Garg.  19';  der  ist  ein 
bauwer,  der  bäwrische  sitten  bat.  Lehmann  154 ; 

was  nützlich  öfters  ist,  ist  allemal  nicht  ehrlich, 

was  bäurisch  etwa  nützt,  nützt  allemal  nicht  herrlich. 

LoGAU  1,  8,  100; 
beim  rauhen  klang  der  bäurischen  Schalmeien.  Cronege; 
bäurisches  wesen, ungeschliffenheit ;  bäurisches  benehmen;  bäu- 
rische tracbt;  er  geht  ganz  hSiUnsdi  (in  baucrnkleidung) ;  auch 
roh  im  sinne  von  ungeschmückt,  einfach:  als  in  der  bekann- 
ten fast  bäuerischen  oberstube  die  schöne  witwe  ihm  entge- 
gentrat. GöTHE  22, 116 ;  bäuerisch  treues  blut.  56,  42. 

BÄÜERISCHHEIT,  f.  rusticilas,  kommt  bei  Pauli  in  schimpf 
und  ernst  vor.    ahd.  sagte  man  einfacher  gipörisci. 
BAUERJACKE,  f  lunica  rusticorum.  Göthe  14,  269. 
BAUERJUNGE,  m.  puer  agrestis,  ruslicus. 
BAUERKANAILLE,  f. 

oft  schleppen  ihre  gnaden  ear 

mich  zu  der  baurkanaille.    Voss  4,  44. 

BALERKERL,  m.  stärker  als  kerl  allein,  und  gleichviel  mit 
bauerbengel,  bauerflegel :  kam  vom  ersten  dorfe  über  der 
föhre  jenseits  der  Moldau  (Mulde)  ein  groszer  bauerkerl.  Ett- 
NERS  hebamme  844 ;  ein  rüstiger  bauerkerl. 

BAUERKIND,  n.,  ein  auf  dem  land,  von  bauem  geborner 
mensch. 

BAUERKIRSCHE,  f.  wilde  kirsche. 

BAUERKITTEL,  m.  vestis  agreslis. 

BAUERKLEIDUNG,  f  vesliius  rusticorum. 

BAUERKNABE,  m.  puer  rusticus: 

ich  guter,  dummer  bauerknabe.    Gkllert  1, 157. 

BAUERKNECHT,  m.  rusticus,  bauer,  bauerkerl: 

Tityrus  war  der  betrübste 
unter  allen  bauerknechten.    Logau  1,6,33; 
ihr  stampfenden  tänzer  hervor! 
ihr  springet  auf  grünender  wiese, 
der  bauerknecht  hebet  die  Liese 
in  hurtiger  Wendung  empor.    Hagedorn  3,  98 ; 
der  edle,  der  von  seinen  ahnen 
in  unzertrennter  Ordnung  stammt, 
ohn  dasz  ein  wackrer  bauerknecht 
nicht  oft  das  beldenblut  geschwächt. 
Lessing  1,  81. 

der  dienstknechl  eines  bauern  würde  heiszen  bauernknecbt, 
bauersknecht. 

BAUERKÜTER,  m.  was  bauerhund:  es  war  nie  kein  baur- 
koter  so  schlimm,  leg  ein  pferd  da  im  tiefen  graben,  er  wolt 
sein  maul  davon  voll  haben.  Henisch  21L  s.  köter  und  bauern- 
köter. 

BAUERKUNDIG,  stolide  ferox:  solche  ehre  und  gewalt 
möchte  warlich  einen  forsten  kützeln  und  bewegen,  sonderlich 
wenn  er  bawikundig  ist,  das  er  dem  ketzer  Luther  feind 
würde.  Luther  3,  515';  der  esel  ward  auch  einmal  bawrkün- 
dig,  und  als  er  einem  lewen  begegnet,  grüszet  er  in  hönisch 
und  sprach,  ich  grüsze  dich  bruder.  5,  272*.  kündig  bcdculete 
sonst  listig,  geizig  u.  a. 

BAUERKÜNDIGKEIT,  f  ferocia:  weil  der  adel  zu  hofe  und 
auch  sonst  von  jugent  auf  sich  verderbet  mit  schwelgen,  spie- 
len, bawerkündigkeiL   Luther  6, 162*. 

BAUERLEHEN,  n.  feudum  rusticum,  im  gegensatz  zu  rit- 
lerlehen. 

BAUERLEI,  m.  homo  laicus,  ein  bäurischer  laie,  gegenüber 
dem  gelehrten: 

wan  der  burlei  kein  unterscheit 

hat  nach  der  dinge  Sicherheit,    fasln,  sp.  1251. 

BÄUERLEIN,  n.  rusticulus: 

nu  dar,  n«  dar  mein  penerlein, 

ich  rousz  dich  eins  bescheiden.    UulandSSS: 

beurlin,  trags  ins  kloster  hinein,  so  gibt  man  dir  ein  supp 
und  ein  sauren  trunk  wein.  Garg.  246*;  damit  kein  armes 
bäuericin  mehr  in  den  fall  komme,  über  frobndienste  zu  kla- 
gen.   WlEI-AND   28,   315. 

BÄUERLICH,  ad  rusticum  speetans :  die  bäuerlichen  laston,  das 
bäocrliche  besitztbum,  grundeigenthum;  was  ists  auch  fUr  eine 
leichlferligkeit,  dasz  etliciie  fürsten  und  grafen  heutiges  tags  las- 
sen körn  malen,  hier  brawen,  brot  backen,  alles  zu  kauf,  bür- 
ger-  und  bawerliche  händel  und  nahrung  Ireilten.  Chr.  An- 
PREAE  6usj/)osawne  1 4'.  verschieden  vom  ahd.  gipftrllh  civilis, 
domesticus  (Graff  3,  19),    das  sich  ton  pär  habilalio  ableitet. 


BAUERLIED,  n.  cantio  rustica. 

.  BAUERLIEDLEIN,    n.    sihe,    das  ist  das  bawrliedlein,   das 
alle  geizwenste  singen.    Luther  5,  413'. 

BAUERLÜMMEL,  m.  homo  rudis.    s.  lümmel. 

BAUERMÄDCHEN,  n.  puella  rustica.   Göthe  33, 168. 

BAUERMAGD,  f  virgo  rustica. 

BAUERMEISTER,  m.  von  hör,  habitatio,  eine  städtische 
obrigkeil,  burgermeister,  auch,  und  so  im  Ssp.,  auf  dörfer 
angewandt. 

BAUERMENSCH,  n.  femina  rustica,  verächtlich  gesagt. 

BAUERMIETE,  f  siehe  baumiete. 

B.\UERMÖTZ,  m.  wo  wollten  wir  strumpfe  kriegen,  die 
wir  dem  bauermutze  anzögen?  denn  du  weists  wol,  die  beine 
geschwellen  den  gemeinen  leuten,  wenn  sie  zu  viel  ehre  krie- 
gen.   Weise  crzn.  400. 

BAUERN,  rus  colere.  das  unter  abbauen  aus  Logad  2,  6,  85 
angezogne  distich  führt  die  Überschrift  'baurende  Soldaten' 

der  lasz  am  ersten  sich  der  arbeit  nimmer  tauern, 
so  ist  er  wol  versorgt,  so  wird  er  glücklich  pauern. 
Scherfers  grobianer  1,  57. 
s.  verbauern. 

BAUERNADEL,  m.  alte  geschlechter  der  bauern,  verächtlich 
vom  landadel: 

ja  ich  verberg  es  nicht,  in  tiefer  seele 
schmerzt  micb  der  spott  der  fremdlinge,  die  uns 
den  bauernadel  schelten.    Schiller  525'. 

BAUERNADER,  f.  vena  rustica: 

0  soltn  dir  blutn  die  baurnadern, 
du  würst  wol  hie  bei  alln  hadern 
finden  weder  meister  noch  gselln, 
die  dir  das  blut  köndten  verstelln.    Atrer  fastn.  61'. 

BAUERNARBEIT,  f  opus  rusticum. 

BAUERNART,  f  mores  rusticorum,  sowol  die  einfache  le- 
bensweise,  als  das  grobe  betragen  der  bauern. 

BAUERNAUFRUHR,  m.  tumultus  rusticorttm,  bauemkrieg. 

BAUERNAUFSTAND,  m.  dasselbe. 

BAUERNBAIERLAND,  n.  Bavaria  rustica:  von  Filzhofen 
ausz  Baurenbaierland.  Garg.  54'  (Vilshofen  in  Niederbaiem). 

BAUERNBENGEL,  m.  was  bauerbengel :  lasset  mir  die  kinder 
ungeheiet,  sie  sind  keine  gemeine  bauernbengel.  Jucundiss.  118. 

BAUERNBESCHEID,  wi.  portio  pagana.    Stieler  1749. 

BAUERNBESCHEISZER,  m.  deceptor  rusticorum : 

ein  farender  schaler  zu  ihm  eintrat, 

wie  sie  denn  umbgiengen  vor  jarn 

und  lauter  pawrenbscheiszer  warn.    H.  Sachs  IL  4,  63*. 

BAUERNBRAUT,  f.  sponsa  rusticana: 

so  sitz  nicht  wie  ein  bawrenbraut, 

die  sich  mit  prangen  läppisch  stellt.    Birck  ehespiegel  163. 

BAUERNRROT,  m.  panis  vilior  rusticorum. 
BAUERNDRECK,  m.  siehe  bauernviol. 

und  lasz  dort  niden  die  hofschranzen 
die  weil  umb  den  bawrendreck  tanzen. 

IL  SachsIV.  3,  51»; 
in  deinem  martinischen  bawrendreck.    Luther  3, 132*. 

BAUERNEIGENTHUM,  n.  einen  district,  wo  nur  bauem- 
eigenthum  vorkommt.   Niebuhr  kl.  sehr.  1,  70. 

BAUERNELEMENTER,  dirarum  in  rusticos  jactator,  bauern- 
feind:  marterhanscn,  hanshumm,  mufmaffen,  baurenelemen- 
ter,  die  gar  kein  kriegsweis  wissen  als  Stelen  und  rauben. 
Garg.  232*.    s.  dementen,  imprecari. 

BAUERNERBE,  n.  praedium  rusticum  immune:  seitdem  je- 
der sich  ein  freies  bauernerbe  gewinnen  konnte.  Niebuhr  3,  85. 
BAUERNFEIERTAG,  m.  altmodischer  putz,  wie  ihn  bauers- 
leute  an  feiertagen  tragen.  Schmid  schw.  wb.  49. 
BAUERNFEIGE,  f.  was  bauerndreck: 

der  narr  hoft  schon  ich  sei  die  sein, 
ja  baurnfeigen  ich  aber  mein. 

Castenhof  pentalogus  conjugalis  b. 

BAUERNFEIND,  m.,  bekanntlich  der  beiname  Neidharts 
Garg.  5l'; 

du  luchs,  du  füch.<i,  du  paurenfeint,  lernstadel! 
fastn.  sp.  254,  27. 

BAUERNFEST,  n.  solemne  rusticorum,  hauemhochzeil. 

BAUERNFLEGEL,  m.  was  bauerflegel:  baurenflegel,  hund- 
bengel,  galgenschwengcl.  Garg.  197' ;  in  ein  haus  gienge,  wo 
ein  dergleichen  idiot  und  baurenflegel  seinen  fusz  hingesetzet 
hätte,  unw.  doct.  002. 

BAUERNFRESSER,  m. 

ich  glaub  fürwahr,  bei  meiner  treu, 
das  er  ein  paurnfresser  sei.    Athi*  341*. 
vgl.  bauernkrieger. 


1181  BAÜERNFREUDE  —  BAUEILNLECKKUCHEN 


BAUEILNLÖFFEL  — BAUEMSTAKD      1182 


BAUEFLNFRECDE,  f.  laelitia  ruiticontm:  unsere  bauem- 
freude  ist  mitunter  etwas  tölpisch,  aber  sie  flieszt  aus  dem 
herzen.    Götter. 

BALERNFRELND,  »n, 

BAl'ERNFLHRE,  f.  frohnfuhre,  die  ton  bauem  geleistet  vird. 

B.AL'ER.NGANS ,  f.  eigentlich  anser  domesticus,  dann  aber 
eulter  plicaiilis  ansa  lignea,  taschenmesscr  mit  hölzernem  grif: 
zu  gutem  glücke  find  ich  eine  bauerngans  in  meine»  hoseo- 
sacke.  Wieland  15,  130.    Schmid  schwäb.  vb.  49. 

BALERNGESINDE,  n.  Simpl.  1, 11. 

BALERNGIPPE,  f.  testitus  riuticus,  bauemjuppe,  bauemkiltel: 
TÜ  lviurengi;>pen  hat  er  feil, 
darzu  grosi  lurmaoskappen.    Uhla.'^d  697. 

vgl.  untergippe,  Unterrock,  fasln,  sp.  825,  26. 

BAUERNGOTT,  m.  nennt  Jupiter  bei  H.  Sachs  II.  2,  68*  oder 
bewrisch  gott  den  Fan. 

BAUERNGUT,  n.  praedium  rusticum.  Mcsaeds  2,  66. 

BAUERNHAAR,  n.  wie  es  bauem  zu  schneiden  und  zu  strei- 
chen pflegen,  die  Schauspieler  nennen  dancuh  gemcuhle  pe- 
rücken  ein  bauernhaar. 

BAUERNHAMPEL,  m.  bauerntocke,  puppe:  was  soll  ich  mit 
dem  baurenhampel  {dem  schönen  mädchen)  machen?  Simpl. 
1,  477  (4S3).    5.  hampelmann. 

BAUERNHAUS,  n.  aedes  rusticae: 
TÜ  bawrnbeuser  bat  er  umbgstoszen.    H.  Sachs  III.  2,  90'. 

dies  ist  die  heute  gültige  v>ort(orm,  bauernhäuser,  nicht  bauer- 
häuser. 

BAUERNHEBEL,  m.  homo  agrestis:  oho,  er  dorft  nicht 
wie  jener  baurenhebel  ein  gänskrag  drein  stecken.  Garj.  115'; 
die  knebelspiesz  underzulaufen,  die  bauernhebel  abzuweisen. 
177'.    hcbel  ist  vectis,  stange,  franz.  lavier. 

BAUERNHOCHZEIT,  f  Göthe  8,  75. 

BAUERNHOF,  m.  villa  rustica.  Simpl.  1, 495 ;  Niebchr  kl.  sehr. 
1,  5;  \on  der  erhaltung  der  bauernbüfe  und  der  adlichen  guter 
in  massen  hängt  die  erhaltung  eines  tüchtigen  Standes  von 
landbewohnem  ab.  denkschr.  des  freih.  ton  Stein  1S6.. 

BAUERNHOFLEUTE,  pl.  wa  seit  ihr  baurenhofleut,  die 
nicht  in  die  stub  dörfen,  wrie?  seil  ihr  gestorben?  Garg.  S6*. 

BAUERNHÜTTE,  f.  casa  rustica. 

BAUERNJUNGE,  m.  buccinum  serlum,  der  geschmückte 
bauernjunge,  eine  schneckenart. 

BAUERNJUPPE,  5.  bauerngippe. 

BAUERNKALENDER,  m.  Fiscbart  bienenk.  203'. 

BAUERNKÄPPE,  f  cucullus  rusticorum: 

io  ein  grob  bawrenkappen  schlecht.    U.  Sachs  IV.  3,  55*. 

BAUERNKITTEL ,  m.  linlea  rusticorum  vestis.  Garg.  157* 
steht  geschrieben  baurenkOtel. 

BAUERNKLEIIMJNG,  f  testitus  rusticorum. 
BAUERNKOHL,  f?i.  brassica  fimbriata. 
BAl'ERNKÖNIG,  m.  anführet  der  bauem  bei  festliehen  aufzügen. 
BAUERNKOST,  f    tictus  simplex  agrestium: 

seid  ihr  auch  satt  ihr  liehen?  nur  bnuernkost  war  es  freilicb, 
und  kein  gräDicher  schmaus.  Voss  Luise  1,  56; 

er  halte   keine  lieblingsspeisen  anszer  der  bauemkost  seiner 
beimat.  Niebohh  kl.  sehr.  1, 79. 

BAUERNKÖTER,  m.  was  bauerköter,  canis  domesticus: 
auch  ist  zu  wissen,  dasz  wo  ein  hündin  von  einem  hund,  es 
sei  gleich  leithund,  jag,  hetzhund  oder  bawrenküler  anfangs 
belegt  wird,  nachmals  auch  so  oft  sie  widerumb  weift,  unter 
denselbigen  {d.  i.  den  weifen)  allzeit  einen  hat,  so  dem  ersten 
gleichet,  mit  welchem  sie  aniünglich  belegt  worden,  buch  vom 
weidwerk  1,  9".    t.  bauernrekel. 

BAI  ERNKRAUT,  n.  ledum  palustre. 

BAUERNKRESSE,  f.  thlaspi  arvense. 

ßAUE|{NKRIEG,  m.  bellum  rusticorum. 

BAUERNKRIEGER,  m.  zu  teutsch  stubenkriegcr,  baurn- 
krieger,  die  all  baurn  wollen  fressen  und  in  ernst  iren  feind 
nit  gnug  dörfen  sehen.  Fba.nk  sprichw.  2,  46*.  vgl.  hauern- 
elementer,  baucrnfresser. 

BAUERNKCCHLEIN,  n.  placentula  rusticorum:  krapfen,  nu- 
deln, pfanzelten,  baurenküchlein.  Garg.  66* ;  nudeln,  bauren- 
küchlein  und  kosfladen.  197*.    s.  bauernleckkucben. 

BAUERNLAGER,  n.  castra  rusticorum:  das  ist  nichts  dann 
armadei  (armutei,  sp.  562)  im  baurenläger    Fiscbart  frienrniL  39*. 

BAUERNLEBEN,  n.  vila  rustica. 

BAUERNLECKKUCHEN,  m.  was  bauemküchlein: 
bawraleckkucben  uad  braoteo  wein.    II.  Sacb*  IV.  3, 42*. 


BAÜERNLÖFFEL,  m.  coehlear  ligneum.  Garg.  88\ 
BAUERNLUST,  f.  bauernfreude, 
BAUERNMAGD,  f.   virgo  rustica: 

umb  kein  pawrnmeit  pul  Ich  nit  me, 

wie  es  mir  immer  sunst  erge.    Hacpt  8,  516; 

als  Trü  die  bawrenmeid  aufstoD.    H.  Sachs  U.  4, 104'. 

BAUERNMÄGDLELN,  n.  ein  Volkslied: 
und  wil  meiner  bulschaft  heini  hofieren, 
und  wil  irs  'bawrenmeidlein'  dreio  singen.  H.  Sachs  II.  4,  30*. 

BAUERN">!ETZE,  f.  puella  rustica. 
BAUERNMETZLELN,  n.  dasselbe: 

auch  schöner  baurenmetzlin  tu.    Schiit  grob.  AI'. 

BAUERNPFEFFER ,  m.  piper  rilius,  die  schlechteste  sorte. 

BAUERNPLACKER,  m.  rusticorum  earnifex,  bauernschinder, 
bauernelemenler.  Soph.  reise  6,  451 ;  wie  mancher  fürst  und 
graf  weisz  wol,  das  sein  drost  ...  ein  baurenplacker,  bürger 
und  hausmansfeind  ist    Chr.  A.ndreae  buszposaune  H2'. 

RAUERNPLAGE,  f.  rexatio  rusticorum. 

BAUERNPLOTZER,  m.  eine  art  messcr  oder  kurzer  Schwer- 
ter, wie  sie  die  bauern  im  16 jh.  führten,    s.  plötzer. 

BAUERNPUR,  6auernrei«;  fragt,  ob  sie  sein  liebstes  kind 
auch  sauber  und  rein  hielten?  darauf  antwort  das  Gargan- 
tule,  0  jungherrle,  gar  baurenpur  wie  ein  scbindmesser. 
Garg.  136'. 

BAUERNREGEL,  f.:  das  steht  in  der  bauemregel.  Kirch- 
hofer  schw.  spr.  212;  verschiedene  bauemregeln  und  sprüch- 
wörtliche Weiterprophezeiungen.  Göthe  43,  278. 

BAUERNREKEL,  m.  homo  agrestis:  unvei-ständiger  bauren- 
rekel,  pflugstüi-zer.  unw.  docl.  C63,  bei  Stieler  1507  bauers- 
rekel.  vgl.  bankrekel.  bei  Nemmch  aber  ist  bauernrekel  canis 
laniarius,  und  man  dürße  es  dem  bauernköter  gleichilellen, 
unter  bankrekel  einen  hund  verstehen,  der  sich  auf  die  bank 
streckt. 

BAUERNROCK,  m.  vestis  agrestis,  rudis. 

BAUERNSCHANZE,  f.  eigentlich  propugnaeulum,  dann  aber 
vestis  rilior  rusticorum,  in  das  die  bauem  sich  gleichsam  ver- 
schanzen, die  stelle  Keisersbekcs  ist  schon  oben  unter  bauer 
angefiüut.  erinnert  wird  man  an  das  nnl.  schanslooper,  einen 
groben  manlel  oder  übencurf  beim  wachthalten  in  der  schanze. 

BAUERNSCHENKE,  f    caupona  rustica.    s.  bauerschenke. 

BAUERNbCHIMPF,  m.  jocus  illiberalis,  scurrilis,  deiber 
bauernscherz. 

BAUERNSCHINDER,  m.  exactor  rusticorum,  bauemplacker : 
bengel,  baurenscJiinder.  erznarren,  coujonen.  Gitphics  1,  827. 

BAUERNSCHINDEREI,  f.  rusticorum  vexatio. 

BAUERNSCHRITT,  m.  gradus  amplus,  quali  rusliei  ince- 
dunt : 

so  ieder  schwur,  es  fall  im  nit, 

80  fält  es  umb  ein  burenschrilt.    Braxt  narrensch.  s.  190, 

es  fehlt  noch  ein  tüchtiges  stück  daran;  so  es  doch  gemein- 
klich  wol  umb  ein  paurcnschritt  Tält.  Frank  weltb.  37* ;  wa 
irs  glaubt,  kompt  ihr  weder  mit  bänden  noch  füszen,  bei 
vilen  baurenschritten,  nit  zu  meiner  meinuog.  Garg.  ii*; 

man  Termut  oD,  das  sei  geschehen, 

und  wenn  roans  bei  dem  iiecht  ihut  sehen, 

fehlts  wol  umb  etlich  baumscbriii.    Atbbr  431'. 

s.  bauemschuh,  bauernsprung. 

BAUERNSCHROT,  n.  homo  agrestis,  schrot  ist  grando  plian- 
bea,   also  ton  grobem  schrot  und  kom. 

BAUERNSCHRÖTLEIN,  n.  ungeschickte,  simplicianische, 
grobe  baurensclihjtlcin.  Simpl.  1,  38. 

BAUERNSCHUH,  m.  calceus  rudis:  es  macht  bös  blut  und 
schwere  gedanken,  wenn  das  angeben  (des  gewidits)  oft  wol 
umb  ein  bawrenschuch  fehlet.  Mathesics  155*. 

BAUERNSCHWALBE,  f  die  rauckichtcalbe. 

BAUERNSENF.  m.  thlaspi  arvense,  hederich. 

BAUERNSITTE,  f  mores  agrestes. 

BAUERNSOHN,  m.  Güthe  33,  172. 

BAUERNSPRACHE,  f.  sermo  rusticorum:  ihre  spracJic  war 
die  i'fidentliciie  hiesige  baurensprache.  Lessinc  1,  307.  rer- 
schieden  davon  bauersprache. 

BAUERNSPRUNG,  m.  saltus  qualem  rustieut  facil:  allein 
hier  war  noch  ein  groszer  baurensprung  dazwischen  (fehlte 
noch  viel).  Salinde  247.    s.  bauernscbritt. 

BAUERNSTAND,  m.  ordo,  conditio  rusticorum.  McsÄus  2, 149; 

du  sehr  verachier  baarensiand 

bist  doch  der  beste  in  dem  Und.    SimpL  1, 11. 


1183   BAUERNSTOLZ— BAUERSCHAFT 


BAUERSCHENKE  —  BAÜERZECHE   1 1 84 


BAUERNSTOLZ,  m.  fastus,  ferocia  rusticorum :  der  bauern- 
stolz  selbst  hätte  sie  (die  recension)  nicht  gröber  und  plum- 
per abfassen  können.  Lessinc  8,  208 ;  was  ist  denn  bauern- 
stolz,  wenn  das  nicht  bauernstolz  ist?  8,209;  aber  nichts  ist 
blinder  in  der  weit,  als  der  bauernstolz,  wenn  er  sich  ge- 
kränkt glaubt.  Lichtenberg  4,  273. 

BAUERNSTOLZ,  rustice  superbus.  Garg.  69*.  Stieler  2178. 

BAUERNSTRAUSZ,  m.  flores  rustice  serli :  was  das  für  ein 
bauernstrausz  ist!  Gotter  3, 172. 

BAUERNSTÜCK,  n.  gemählde,  Schauspiel,  das  bauern  dar- 
stellt. 

BAUERNTAG,  m.  dies  communis:  dasz  es  in  einer  Stadt 
einen  mittwoch,  einen  sonnabend  und  andere  platten  bauern- 
tage  gebe.  J.  Paul  flegelj.  1, 123. 

BAUERNTANZ,  m.  chorea  agreslis:  den  bauerntanz  auf- 
streichen. Schelmufsky  1,  60. 

BAUERNTAPPE,  f.  manus,  pes  rudts,  bauerntatze: 

sobald  sie  aber  mich  (den  reichthum)  erschnappen, 
so  gewinnens  alle  baurndappen.    H.  Sachs  II.  2,  18*. 

BAUERNTAUBE,  f.  columba  domestica,  kaustaube. 

BAUERNTHUM,  n.  rusticitas,  wie  bürgerthum. 

BAÜERNTISCH,  tn.  was  bauernkost:  sie  hatten  so  ihren 
bauerntisch,  suppe  und  fleisch  mit  erdäpfeln  und  erbsen.  der 
arme  mann  im  Tockenb.  130. 

BAUERNTOCHTER,  f.  puella  rustica. 

BAUERNTÖCHTERLEIN,  n. 

ein  baurcntöchterlein  wolt  gersten  aufbinden, 
da  stachen  sie  die  distal  in  die  finger.    Garg.  88* 

BAUERNTÖLPEL,  m.  Klingers  th.  3,  211. 
BAUERNTRACHT,  f.  veslitus  agreslis: 

selbst  gesponnen,  selbst  gemacht, 
rein  dabei  ist  bauerntracht. 

BAUERNTROLL,  grober  bauer.  s.  Paracelsüs  unter  baret- 
leinsleute,  und  oben  ackertroll. 

BAUERNVATERUNSER,  n.  Scheible  ß.bl.m. 

BAUERNVERSTAND,  m.  Judicium,  captus  rusticorum 

BAUERNVIOL,  f.  stercus,  bauernveilchen,  nach  der  bekann- 
ten neidhartischen  fabel :  sie  {die  säue)  achten  dessen  alles 
nüt,  sunder  da  ienen  (ihnen)  ein  bauernviol  an  eim  zäun 
ligt.  Keisersb.  Sünden  des  munds  29";  ein  mor  (scrofa)  die 
nimpt  alwegen  lieber  ein  burenviel  in  das  maul  oder  in  den 
trüssel,  weder  em  muscatnusz.  62*. 

BAUERNVOGT,  m.  praefeclus  rusticorum:  wann  du  deinen 
baurenvogt  abschaffest.  Schdppius  89. 

BAÜERNVOLK,  n.  plebs  rustica. 

BAUERNWEIHRÄUCH,  m.  fichtenharz,  womit  das  volk  räuchert. 

BAUERNWIRTSCHAFT,  f. 

BAUERNWIRTSHAUS,  n.  bauernschenke. 

BAUERNWÖRTLI,  n.  Maaler  51*. 

BAUERNZECHE,  f.  compotatio  rustica:  etliche  burgcrmei- 
sler  und  rathsherren  zechen  biszweilen  manchen  guten,  dicken, 
fetten  baurenzech  hiervon  in  rathskellern  und  dürfen  eben 
darumb  andere,  die  dergleichen  thun,  nicht  gebürlich  strafen. 
Chr.  Andreae  buszposaune  M  3. 

BAUERNZEHE,  f.  digitus  pedis  rustici,  i.  e.  foelidus.  Garg.  72'. 

BAUERNZWANG,  m.  zwang  gegen  dienstpflichtige  bauern. 

BAUERORDEN,  m.  ordo  rusticorum: 

was  gab  der  deutsche  krieg  für  beute? 

viel  graren,  berren,  edelleute. 

das  deutsclie  blut  ist  edler  worden, 

weil  so  gescbwäclit  der  bauerorden.    Logai;  2,  3,  60. 

BAUERPFERD,  n.  starkes  ackerpferd. 

BAUERPÖBEL,  m.  plebs  rustica:  der  gemeine  bauerpühel 
im  dorfe.  Rarener  c,  21. 

BAUERSAME,  f.  rusticitas,  hauerschaß: 

ein  ganzi  bursamen  seit,    fasln.  $p.  825,  27; 
die   bauersame   des   herzoglhums  Lothringen   wolte  sich  auf- 
rührisch  erzeigen.    Stettler  l,  638;    nachdem  sie  mit  gewalt 
an    das    land   gestiegen    und    ohne    mühe    die  bnucrsaine  ge- 
schlagen, führten  sie  die  kühnsten  fort.  Jon.  Müller  2,  353. 

BAUERSAND,  m.  zinngieszern  der  grobe  sand  zu  den  gusz- 
formcn. 

BAUERSCHAFT,  f.  rusticitas,  eommunio  rusticorum:  ver- 
manung  D.  M.  L.  an  die  bawerschaft.  Luther  3, 108 ;  welcher 
adel  alsbald  anfleng,  der  paurschuft  aufzusetzen  und  in  viel 
wäg  zu  belästigen.  Stumpf  1,  327';  die  berggruben  sein  be- 
trüglich  und  kosten  viel  und  mit  süszer  hofnung  machen  sie 
die  baurscbaft  trägig.   Scuuppius  720;    dasz  die  auszendciche 


vor  und  nach  der  eroberung  den  bauerschaften  gehörten. 
NiEBUHR  leben  Nieb.  1,  302;  die  kirchspiele  und  die  bauer- 
schaften, aus  denen  die  gerichte  und  ämter  bestanden,  hat- 
ten ihre  bauerschaftsvorsteher  und  bauerrichter,  im  Sauer- 
lande hieszen  sie  Vorsteher  und  Schöffen,  denkschr.  des  freih. 
VON  Stein  31 ;  die  reihefolge  der  ländlichen  gemeinden  in 
Westfalen  ist  bauerschaften,  kirchspiele,  kreisz,  provinz.  91 ; 
die  nothwendigkeit  der  erhaltung,  und  wo  sie  nicht  erhalten, 
sondern  zerstört  sind,  der  Wiederherstellung  der  ordentlichen 
bauerschaften.  Arndt  leben  s.  318. 

BAUERSCHENKE,  f.  caupona  rustica.  Weise  erzn.  315. 

BAUERSCHERZ,  m. 

doch  die  ibn  besser  kennen, 
die  pOcgen  ibn  den  bauerscherz  zu  nennen. 

J.  E.  SCULEGEL  2,  537. 

BAUERSCHÖNE,  virgo  rustica: 

mich  selber  reizte  diese  scene 

weit  weniger,  als  eine  bauerschöne 

in  weiszem  wamms  und  rock.    Bürger  105'. 

BAUERSCHWELLE,  f.  habitatio  rustica:  nur  ein  wort  dan- 
kes  für  die  Zeichnung,  sie  ist  ganz  herlich,  ganz  wahr  und 
deine  ganze  seele  in  der  Wahrheit,  das  gefühl  des  friedens, 
der  mit  dir  geht,  an  den  bauerschwellen.  Göthe  an  fr.  von 
Stein  1,  43. 

BAUERSFRAU,  f.  rustica,  bduerin.  Uhland  712. 
BAUERSKERL,  m.  rusticus.  Zinkgr.  45,  9.  Simpl.  2,  313. 
BAUERSKRIEG,  m.  für  bauernkrieg.  Schuppius  367. 
BAUERSLEUTE,  rustici,  pl.  von  bauersmann. 
BAUERSMÄDCHEN,  n.  Göthe  10, 133. 
BAUERSMANN,  m.  rusticus,  colonus.  Spreng //.  483'.  550': 

ein  ritter  und  ein  paursman.   fastn.  sp.  613,  14 ; 
aber  ein  ritter  und  ein  pauman.    Unland  336; 
der  trugenhaft  baursman  bringt  mit  seiner  laternen  und  dem 
süszen  glockenklang  die  Staren  zu  seim  netz.  Wirsüng  Cal.  X2'; 
bawersmanns  söhn 

lasz  das  rösleio  stöhn.    Andr.  Gartneri  dicteria proverbialia 
Francof.  1598  6i.  97'; 

die  groszen  berren  hielten  den  armen  bauersmann  zur  be- 
dauerlichen sclaverei.  Grvpuius  1,  344.  Die  form  ist  noch  heule, 
gleich  dem  pl.  bauersleute,  im  gemeinen  leben  sehr  verbreitet, 
man  darf  sie  von  bauer  domicilium  leiten,  so  dasz  sie  ur- 
sprünglich nicht  sowol  einen  bauer,  als  einen  ein  wohner  be- 
zeichnete, in  diesem  sinne  heiszl  es  z.  b.  im  j.  1463  bei  Neü- 
MANN  Magdeb.  weisth.  59.  60:  als  ein  gebawersman  in  einem 
andern  lande  und  gerichte  gewandert  und  gegangen  ist.  ebenso 
wäre  bauersfrau  mehr  hausfrau  als  bäuerin,  obsclion  beide  be- 
griffe verschwimmen. 

BAUERSPIEL,  n.  ein  Schauspiel,  in  dem  bauern  die  han- 
delnden personen  sind. 

BAUERSPRACHE,/',  colloquium,  conventus  civium,  wiederum 
die  Verhandlung  der  einwohner,  nicht  der  bauern.  Haltaus  109. 
110.  Moser  1,  20.  21. 

BAüERSSCHALKHEIT,  f.  rustici  calliditas.  Petr.  52*. 

BAUERSTOLZ,  m.  lächerlicher  bauerstolz,  ehe  eines  mannet 
444.    s.  bauernstolz. 

BAUERSTOLZ,  adj.  das  distich  bei  Logao  1,  4.  85  hat  die 
Überschrift  'auf  den  bauerstolzen  GroUus'. 

BAUERSTÜBCHEN,  n. 

BAUERSTUBE,  f  conclavc  rusticum. 

BAUERSVOLK,  n.  turba  rustica:  Opitz  1,104; 

drauf  sehr  viel  gelds  löset  er 

von  bauersvolk,  alten  und  Jungen.    H.  Sachs  II.  4,  40*. 

BAUERWAGEN,  ni.  currus  rusticorum. 
BAUERWEIB,  n.  rustica,  bäurisches  weib,  bauernweib  mehr 
das  eines  bauern. 

BAUERWELT,  f  turba  agreslis: 

die  l'rolie  bauerweit 

laurt  ütnni  die  Zcros  her,  die  einen  reichen  (roihon)  bell 

ümm  das  berauschte  dorf.  Flriing  65. 

BAUERWERK,  n.  agricultura:  das  baurwerk  \virl  von  vilen 
geübt.  Frank  wcllb.  71'. 

BAUERWESEN,  n.  res  rustica. 

BAUERWETZEL,  BAUERWÄSCHEL,  m.  Parotitis,  eine  drü- 
sengeschwulst  an  hals  und  ohren,  engl,  muinps.  man  sehe  das 
einfache  wctzcl  und  tanewetzel. 

BAIJERWIRTSCHAFT,  f 

BAUERWOLLE,  f  welche  die  bauern  selbst  scheren,  tm 
gegensalz  zur  sorgfältiger  behandelten  schüferwolle. 

BAÜERZECHE,  f.   was  bauernzeche:   sein  seligei,   tröitli- 


1185 


BAUFACH — BAUGERIPPE 


BA  UGERÜSTE — BAUKER 


1186 


ches  sacrament   deuten  und  Terkehren  in   eine  baweraeche. 

LOTBER  8, 179'. 

BAUFACH,  n.  architeclura,  bauwesen:  sich  dem  baufache 
widmen;  er  ist  im  baufach  angestellt. 

BAUFÄHIG,  arabilis :  baufähiger  acker,  ager  restibilis.  Stik- 
LEB  393. 

BAUFALL,  BAUGEF.lLLE  für  nina  {mhd.  gevelle,  ahd.  gi- 
felli),  kommt  nicht  sicher  vor,  desto  ößer  das  adj.  doch  setzt 
Stieler  419  baufall  an. 

BAUF.XLLIG,  ruinosus,  eaducus:  ein  bawfeliig  wand,  ruino- 
sus  partes.  Dasvpodiüs  211*;  ob  die  müle  bawfeliig  werde. 
iceii/A.  2,  254;  davon  sollen  sie  bessern,  was  bawfeliig  ist  am 
bause  des  herm.  2  kün.  12,  5.  22,  5.  2  chron.  34,  10 ;  darauf 
solch  sein  bawfeliig  gluslin  sich  gründet.  Luther  3,  505;  wel- 
cher Spruch  oder  gedanken  auch  wol  kan  einen  haw^elligen 
Christen  stoszen.  4,  484';  der  teufel  sihet,  wo  du  bawfeliig 
und  unverwaret  bist,  da  er  könne  ein  lücken  finden.  5,  514' ; 
wenn  sich  ergibt,  dasz  die  erhobene  klage  baufällig  und  un- 
gegründet ist ;  bawfellige  guter  besitzen.  Bocc.  2,  87  ; 

mein  herr,  ich  bin  so  müd  und  hellig, 

vom  schlaf  worden  so  bawfeliig.    H.  Sachs  III.  2,  28'; 

weil  es  so  unglückhaflig  geht 

und  all  sach  so  bawfeliig  steht.    V,  223*; 

der  provincial  und  prior  von  Basel  übten  sich  auch  hart, 
dasz  sie  diese  bawfellige  sach  abtrieben.  Kirchhof  vendunm. 
410';  in  unsern  bawfalligen  pilgerhütlein.  Garp.  64'; 

fürwahr  die  sach  baufellig  steht.  AtrerSS"; 
so  stehet  er  (gotl)  hinter  unser  wand,  hinter  der  wand  un- 
sers  baufälligen  leihs.  Schcppiüs  261;  die  ausbesserungen  eines 
baulalligen  gebäudes.  Wieund  2,  227;  was  bleibt  in  fällen 
des  Unvermögens  dem  baulalligen  manne  übrig?  Hippel  ehe 
5,  133;  ein  wolgebauter,  obwol  baufälliger  herr  von  adel. 
J.  Paul  herbslblum.  3,217;  des  baufälligen  und  ungehorsamen 
kranken,  teufelsp.  1,  lOS.    heute  daßr  hinfällig. 

BAUF.XLLIGKEIT,  f.  labes,  infirmitas,  caducilas. 

BAUFALTER,  m.  papilio,  bei  Nemmch  angeführt,  entstellt 
aus  feifalter,  fifalter  oder  aus  baumfalter? 

BAUFELD,  n.  arvum,  campus  arabilis:  und  sihe,  das  baw- 
feld  war  eine  wüste  und  alle  stedte  drinnen  waren  zubro- 
chen.  Jer.  4,  26;  das  niemand  müszig  gieng,  sunder  all  das 
bawfeld  und  ackerwerk  wider  übeten.  Framk  tce//t.  75'; 

mit  wisen,  awen  und  bawfelden.    H.  Sachs  If.  1,7'; 
in  die  dörfer  und  die  bawfelder.    lU.  3,  25'; 
und  wir  dein  thal,  dadurch  du  rinnst, 
mit  bawfeld  zieren,  dem  schönsten  dienst. 

Fischart  glückh.  scitif  122 : 

wir  halten  uns  lieber  in  ungebawten  einöden,  als  in  statten 
und  bawfelden.  Ziskcr.  417,  19;  hundert  solcher  (losze)  bil- 
deten eine  alte  centurie  von  zweihundert  jugern  baufeld. 
iNiebchr  2,  177;  dasz  nach  jeder  eroberung  der  antheil  des 
baufelds,  welcher  gemein  bleiben  und  der  welcher  getheilt 
werden  sollte,  geschieden  wurden.  2,  185;  dasz  das  gemeine 
baufeld  steuerpflichtig  gemacht  worden.    2,  370. 

BAUFEST,  /irmus  ad  aedißcandum :  den  grund  zu  sittlichen 
gebäuden  eben  und  baufest  machen.  Katf  2,  293. 

BAUFLÖSZE.  f.  natis  e  trabibus  junctis  facta. 

BAUFBEIHEIT,  f. 

BAUFHESSIG,  edax  aedißciorum:  wo  es  kein  baufressiges 
alterthum  wird  beschädigen  oder  zu  grund  richten  dürfen. 
JüH.  Riemers  reime  dich.  s.  158. 

BAUFROFLNE,  f.  oprra  teeturae  serva  ad  aedifieationem, 
baudienste:  ich  hatte  nur  die  erste  hälfte  eines  plans  ausge- 
baut, die  risse  und  baumaterialien  der  zweiten  forderte  ich 
dem  handlangerzufall  als  baufrohnen  ab.  J.  Paul  biogr.  bei. 
1, 13«. 

BAUFUHRE,  f.  vectura  a  domino  aedißeationis  imperala. 

BAUFÜHHER,  m.  bauaufseher. 

BAUGEDING.  n.  bauding.  Haltads  104.  105.  «eislh.  },  180.181. 

BAUGEFANGNER,  m.  ad  opus  publicum  damnalus. 

BAUGEIST,  m.  aedificandi  cupiditas.  Ka>t  10,  50. 

BAUGELD,  n. 

BAUGERATHE,  n.  instrumenta  ad  aedifieationem  neeessaria. 
mhd.  bögera;te  TrisL  217,  19  von  dem,  was  eine  schwalbe  zu 
ihrem  ne«te  brauchte.  Avexti^  1533.  34*  in  der  gewöhnlichen 
bedeutung.  aus  grobem  baugerälh,  sagt  Herder,  ist  deine 
denkende  natur  nicht  zusammen  gezimmert. 

BAUGERIPPE,  n.  eompages  aedificationis,  sparrwerk.  J.  Paci 
Uesp.  1, 173. 


BAUGERÜSTE,  n.  machina  aedificationis. 

BAUGEWERK,  n.  was  bauhandwerk. 

BAUGLIED,  n.  zierrathen  sind  häufig  in  horizontalen  bau- 
gliedem  und  streifen  durch  abwechselnde  formen  und  färben 
höchst  anmutig  auseinandergesetzt,  sodann  finden  sich  aber 
auch  wirklich  erhabene  bauglieder,  gesimse  und  dergleichen 
durch  färben  vermanigfaltigt  und  erheitert.  Göthe  44, 157. 

BAUHAFT,  nach  verschiednen  bedeutungen  von  bau,  bau- 
haftes land,  terra  arabilis;  bauhafte  zeche,  die  des  bearbei- 
tens  werth  ist  und  in  baulichem  stände  erhalten  wird;  bau- 
hafte stelle,  locus  aedificaliuni  commodus. 

BAUH.\ND\VERK,  n.,  das  zur  ausführung  eines  baues  nüthig 
ist,  wie  das  der  zimmerleute,  maurer,  dachdecker  u.  s.  w. 

BAUHERR,  m.  1)  aedificator,  der  bauen  läszt:  alle  brauch- 
baren menschen  sollen  in  bezug  unter  einander  stehen,  wie 
sich  der  bauherr  nach  dem  architekten  und  dieser  nach  mau- 
rer und  Zimmermann  umsieht.  Göthe  23, 128. 

2)  aedilis,  dem  die  aufsieht  über  die  gebäude  obliegt:  bau- 
herr war  ich  sechsmal  im  rath.  Göthe  40,  260;  die  Verwal- 
tung des  eigenthums  und  der  einkünfte  der  repubiik,  als  käm- 
merei und  bauherren.  Niebuhr  2,  447. 

BAUHERR.NAMT,  n.  aedilitas. 

BAUHOF,  m.  chors  materiae  exasciandae,  zimmerhof.  s.  beunte. 

BAUHOLZ,  n.  materia.  das  bedeutete  ursprünglich  das  ein- 
fache ahd.  zimpar,  altn.  timbr,  wättrend  uns  heute  zimmer 
schon  ein  erbautes  gemach  ausdrückt,  architektonik  und  bau- 
holz  für  die  vorrede.  J.  Paul  Hesp.  xiii ;  das  biographische 
bauholz,  das  meine  floszinspection  für  mich  bald  in  die  Elbe, 
bald  in  die  Saale,  bald  in  die  Donau  oben  herabwirft  Tit. 
1,  64;  wollte  ein  groszer  Staat  nur  die  hälfte  seines  kriegs- 
brennholzes  zum  bauholz  des  friedens  verbrauchen,  wie  stän- 
den die  Völker  ganz  anders  und  stärker  da.  dämmerungen  62. 

BAUJOCH,  n.  im  bergwerk,  das  gebälk  ßr  die  seitenpfäle 
des  ganges,  dasz  er  nicJit  ton  oben  einstürzen  könne. 

BAUKE,  f  tympanum,  pauke  und  schon  mhd.  bei  Wolfram 
püke  oder  büke.  Wh.  34,  6.  40, 3.  wie  aus  dem  ahd.  woluhan 
nubes,  mhd.  wölken  n.  ein  nhd.  wölke  f  wurde,  entstellte  sich 
auch  ahd.  pouchan,  mhd.  bouchen  n.  in  ein  f.  bauke  oder 
mit  slrengahd.  P  pauke:  ir  habt  in  eweren  zachen  harpfen, 
leiren,  baugken,  schwegeln.  Frank /a5/era3.  Alberes  scAreibt 
bauck,  Irumm,  tympanum,  crepitaculum,  pulsatur  baculo,  Da- 
SYPODiLS  253'  hörtrumme,  baucke,  Hexisch  209  baucke,  paucke, 
trumme,  auch  Stieler  107  noch  richtig  bauke,  Lctber  hinge- 
gen paucke.  das  ahd.  pouchan,  ags.  bedcen,  welchen  ein 
golh.  baukn  zu  entsprechen  hätte,  wurde  schon  sp.  lOSO  zu  hake 
nachgewiesen,  welches  mit  bake  ein*  sein  musz.  hinter  allen 
diesen  Wörtern  scheint  ein  verschollenes  biukan  bauk  ferire, 
pulsare  zu  liegen,  ahd.  piochan  poub,  dem  auch  unser  pochen 
folgt;  xvfiTiavov,  Tvnavov  erwächst  gleichfalls  aus  tvjttco. 
pouchan  rar  also  schlag  und  heripouchan,  nhd.  heerpauke, 
Signum  militare,  weil  an  den  gewölbten  schild  gesdilagen  wurde, 
dasz  es  weit  erscholl,  selbst  das  romanische  bocia,  franz. 
boucle.  pror.  bloca  scheint  das  nachher  anzuführende  baukel, 
die  Schildwölbung,  woran  man  schlug,  und  bouclier,  bloquier 
der  schild.  weiter  zu  gehen  und  nun  auch  ßr  bauch  die  be- 
deutung des  holen,  wölbigen,  xoUia,  venter,  als  erste  zu  setzen 
und  dann  aus  ihr  die  des  essenden  leibs  zu  leiten,  hätte  in 
der  that  nicht  wenig  ßr,  nur  das  wider  sich,  dasz  ahd.  pAh, 
nicht  pouh,  altn.  bäk,  nicht  bauk  gesagt  wurde  und  die  Zu- 
sammenstellung mit  tpäyoi  dennoch  rücksicJit  verdient,  zu  er- 
wägen ist.  dasz  auch  Tvnos  form  und  gestalt  ausdrückt,  mehr 
unter  pauke,  beerpauke,  buckel,  pauken,  pochen,  vgl.  bock. 

BAUKEL,  /.  tympaniolum,  trommel:  der  best  steht  dir  bei, 
wie  der  hase  bei  der  baukeln.  Acricola  spr.  50';  er  besieht 
bei  den  gesellen  oder  warheit,  wie  ein  hase  bei  den  hunden 
oder  baukeln.  238';  er  steht  bei  der  Wahrheit,  wie  der  has 
bei  der  pauke.  Simrock  4370.  die  hasen  sind  natürliche  tromm- 
let und  brauchen  nicht  erst  darauf  abgerichtet  zu  werden. 
auch  Fischart  scltreibl  noch  trometen  und  hörpaukeien  (heer  ■ 
pauken).  Garg.  200'. 

BAUKEN.  pulsare,  lympana  lundere,  pauken. 

BAUKE.NER,  BAUKNER,  m.  lympanolriba,  tympanista,  mit 
erhallnem  allem  .N  ron  bauken  tympanum :  wie  die  heeri)an- 
kener  mit  den  henden  trommen  schlagen,  dann  mit  den  füszea 
hah  ichä  noch  nicht  gesehen.  Garg.  230*.  im  unw.  doci.  64S 
steht  aber  truiiipeter  und  heerpauken,  und  heerpauke  Idsxt 
sieh  auch  für  heerpauker  nehmen,  wie  lanze  ßr  lanzentri^er. 

BAUKER,  m.  was  das  vorige,  heute  pauker. 


1187 


BAUKNEGHT— BAÜLICHKEIT 


BAULIEBHABER— BAUM 


1188 


BAÜKNECHT,  m.  eine  unsichere  benennung  des  knechts  auf 
bauerhöfen,  bald  meint  es  den  groszknecht  oder  Pferdeknecht, 
im  gegensalz  zum  enken,  bald  den  ackerknecht,  aralor,  bald 
den  knecht,  der  die  baufuhren  leitet,  vgl.  Brockes  7,  494  und 
s.  baumagd. 

BAUKOSTEN ,  pl.  sumtus  aedißcationis  aut  agriculturae, 
nach  dem  sinn  von  bau.  in  der  Frankf  reform.  V.  8,  5.  16 
sind  bauwküsten  die  besleUungskosten,  um  feldgiUer  in  rech- 
tem bau  zu  halten,  heute  verstehn  wir  meistens  darunter  den 
aufwand  bei  erbauung  von  häusem,  bei  umbau  u.  s.  w. 

BAUKUNST,  f  architectura,  in  allen  ihren  anwendungen, 
bürgerliche  und  kriegsbaukunst,  wasserbaukunst,  bergbaukunst 
U.S.W,  auch  die  ausgeführt  sich  darstellende  regel:  er  gieng 
sich  im  hause  umzusehen,  es  war  die  reinste,  schönste,  wür- 
digste baukunst,  die  er  gesehen  hatte.  Güthe  20, 161. 

BAUKÜNSTLER,  m.  architectus.  Göthe  17, 205.  223. 

BAUKÜNSTLERISCH. 

BAULAND,  n.  terra  arabilis,  zum  ackerbau  laugend. 

BAULAUSTIAN,  m.,  ein  dunkles  wort,  das  einen  zur  arz- 
nei  diensamen  pflanzenstof  ausdrücken  musz:  so  nim  schif- 
bech,  cypressennusz,  baulaustian,  von  der  granatbiumen  iegk- 
liches  ein  quintlin.  Gersdorf  feldbuch  der  wundarzn.  35. 

BAULEBUNG,  f.  setzt  ein  ahd.  püleipa,  büleiba  {wie  äleipa, 
tötleipa),  mhd.  böleibe  voraus  und  bedeutet  die  hinterlasscn- 
schafl  im  bau,  von  leipa,  goth.  laiba  reliquiae,  entspricht  also 
den  sonst  üblichen  benennungen  baumiete,  bömeda,  bauleii, 
biiteil  und  vielen  andern,  die  für  den  hauptfall,  sterbfall  und 
das  bestehaupt  hergebracht  waren,  vgl.  RA.  364  ff.  nd.  galt 
büleve,  bulevinge.  der  herr  nahm  nach  dem  tode  des  hörigen 
aus  dessen  kinterlassener  habe  das  beste  stück,  gewöhnlich 
pferd,  rind,  kleid,  aber  auch  geringe  Sachen,  baulebe,  bau- 
iebung.  HüHBERG  3,  23'  und  in  vielen  rechtsurkunden. 

BAULEHM ,  m.  zum  bauen  geeigneter  lehm,  aus  dem  auch 
in  der  schmelzhülle  Ofen  errichtet  werden. 

BAULEUTE,  pl.  von  baumann,  in  verschiednem  sinne, 

1)  mhd.  büman  colonus,  büliute  coloni: 

die  liiite  wären  sälic,  erde  jouh  vilie  vil  bäric, 

da  got  selbe  was  püman,  waj  mahle  da  iibele  wiiocheren? 

fundgr.  2,  56,  5 ; 
'ir  bäliutc  unde  ir  enken.    Parz.  119,  2. 
auch  alln.  bömadr  rusticus,   pl.  bömenn.     noch  heute  heiszen 
hin  und  wieder  die  ackerbau  treibenden  bürger  bauleute. 

2)  baumann  für  Zimmermann,  faber  lignarius  oder  maurer, 
faber  7nurarius  wird  nicht  gesagt,  desto  häufiger  bauleute  für 
bauende,  aedißcanles,  fabrorum  operae:  und  die  bawleute  Sa- 
lomo  und  die  bawleute  Hiram  und  die  Giblin  hieben  aus 
und  bereiten  zu  holz  und  steine  zu  bawen  das  haus.  1  kön. 
5, 18 ;  den  zimmerleuten  und  bawleuten  und  meurern.  2  kön. 
22,  6 ;  den  zimmerleuten  und  bawleuten.  2  chron.  34, 11 ;  und 
da  die  bawleute  d^n  grund  legten  am  tempel.  Esr.  3, 10 ;  der 
stein,  den  die  bawleute  verwerfen,  ist  zum  eckstein  worden. 
ps.  118,  22 ;  deine  bawleut  haben  dich  aufs  allerschönste  zu- 
gericht.  Ez.  27,  4;  der  stein,  den  die  bawleute  {ahd.  zimba- 
röntc)  verworfen  haben,  der  ist  zum  eckstein  worden.  Matth. 
21,  42.  Marc.  12,  10.  Luc.  20,  17  {goth.  stains  Jsammei  usvaur- 
pun  |)ai  timrjans,  sah  var|)  du  haubida  vaihstins) ; 

wa  der  höchst  nicht  das  haus  aufbawet, 
so  ist  der  bawleut  müh  umbsunst.    Weckherlin  283 ; 
bauleute,    die   weder   über  den  risz  des  gebäudes  noch  über 
die  materialien  dazu  einig  werden  können.  Klinger  11,  59;  die 
bauleute  noch  in  voller  arbeit.  Göthe  39,  370. 

B.\ULICH,  sartus  tectus,  wol  erhalten:  das  haus  ist  in  bau- 
lichem zustande;  wenn  nur  die  fürslen  sein  könnten  wie  bür- 
ger, wo  doch  einer  des  vaters  gartenhäuser,  wenn  er  eini- 
germaszen  kann,  in  baulichem  wesen  erhalt.  Göthe  an  frau 
von  Stein  1,  216;  wie  viel  es  mich  gekostet  hat,  nur  ihren 
reifenrock  in  baulichem  wesen  zu  erhalten.  Raheneh  sat.  1, 113. 

BAULICHKEIT,  f.  in  einem  geräumigen  zimmer  waren 
tische,  gesteile,  pyrumiden  und  baulichkeilen  errichtet,  wo 
jeder  einzelne  solche  gaben  fand.  Göthe  13,  43;  als  bei  so 
mancherlei  baulirhkeiten  der  Zimmermann  oft  von  uns  in  an- 
spruch  genommen  ward.  21,  21 ;  ist  die  gemeinde  anderes  Sin- 
nes, so  steht  es  ihr  frei  verschiedene  baulichkeitcn  den  ver- 
schiedenen zwecken  zu  widmen.  21,123;  zu  aller  art  von  bau- 
lirhkeiten ist  gelegenheit,  ja  notiiwcndigkeil  vorhanden.  23, 
159;  ich  bin  der  schafner,  der  über  die  baulichkeitcn  gesetzt 
ist.  26,  83;  obschon  diese  baulichkeitcn  aus  neueren  zciten 
sind.  28,  199 ;  ein  alter  thurin,  nebenan  wolerhaltenc  neuere 
baulicbkeiten.  39,  264 ; 


groszer  höfe  raumgeiasse,  rings 
mit  baulichkeit  umgeben  aller  art  und  zweck.    41,  203. 

BAULIEBHABER,  m.  Kunger  U,  118. 149. 

BAULOHN,  m.  merces  fabrorum. 

BAULUST,  f.  aedißcandi  Studium:  und  so  ward  auch  an 
uns  die  alte  bemerkung  wahr,  dasz  gegenwart  eines  baumei- 
stcrs  baulust  errege.  Göthe  31,  79. 

BAULUSTIG,  aedificandi  studio.sus. 

BAUiM,  m.  arbor,  ahd.  poum,  mhd.  boum,  alts.  bom,  bdm, 
nnl.  boom,  ags.  beäni,  engl,  beam,  fries.  bäm,  goth.  bagms, 
altn.  badmr,  schwed.  und  ddn.  mangelnd,  der  pl.  lautet  goth. 
bagmös,  alts.  bömös,  ags.  beämas,  fnes.  bämar,  alln.  also\ 
badmar,  ahd.  poumä,  mhd.  boume,  nhd.  bäume,  und  schon 
Luther  hat  bewme,  Abb.  von  S.  Clara  bäumer,  nnl.  boomen 
und  auch  H.  Sachs  setzt  tadelhaft  pawmen : 

wäld  und  all  pawmen  werden  kal.    I,  376'. 

Auf  das  etymon  zeigt  am  natürlichsten  die  goth.  gestalt 
bagms,  die  zu  dem  vermuteten  bagvan  für  bauan  stimmt,  wo- 
bei in  betracht  kommen  musz,  dasz  auch  das  lat.  facere  un- 
mittelbar zu  faber  und  fabricari  leitet,  und  das  ags.  beam  ge- 
radezu trabs  bedeutet,  noch  mehr,  ein  andrer  ausdruck  für 
materies,  das  goth.  timbr,  ahd.  zimpar,  nhd.  zimmer,  altn. 
timbr,  schw.  timmer,  ddn.  tömmer  scheint  sich  zum  sl.  dub, 
poln.  dab  quereres,  wie  zum  gr.  SevSqov  zu  fügen  und  man 
empfienge  die  dem  bauan  parallelen  Wörter  zimmern  und  Se- 
fieiv,  ja  das  böhm.^  ström  arbor,  lignum  musz  sich  mit 
strogiti,  russ.  stroit'  siruere,  parare ,  facere  genau  berüh- 
ren, erst  aus  ström  entspringt  dann  strmeti  ragen,  strmy  or- 
duus,  ragend,  wie  unser  bäumen,  sich  bäumen  aus  bäum, 
nicht  darf  ström  aus  strmeti,  noch  bäum  aus  bäumen  gelei- 
tet werden. 

Dieser  deutung,  welche  in  bäum  vorzugsweise  den  begrif  des 
hohes,  lignum  erblickt,  kommt  nun  zu  statten,  dasz  wiederum  goth. 
triu,  altn.  triu,  ags.  treo,  sl.  drjevo  auszer  arbor  zugleich  ^vXov, 
holz  und  Zimmerholz  bezeichnet  und  in  den  Zusammensetzungen 
hebebaum,  weberbaum,  leiterbaum,  mastbaum,  schlagbaum,  gai- 
genbaum  «.  o.  m.  unter  bäum  ein  gespaltnes,  gezimmertes  und 
bearbeitetes  holz  verstanden  werden  musz,  wie  denn  auch  merk- 
würdig der  aus  bohlen  und  bretern  zusammengeschlagene  sarg 
todtenbaum  oder  blosz  bäum  hiesz.  noch  heute  in  Schwaben 
und  in  der  Schweiz  todabaum  (Stalder  1,  286.  Tobler  68*.  142'), 
ein  kindersarg,  den  man  unterm  arm  oder  auf  der  Schulter 
zum  kirchhof  trägt,  bömmli,  bei  den  Friesen  dothholt  (Ehren- 
TRAüT  363'),  lodtenholz.  schimpf  und  ernst  cap.  260  sagt  eine 
frau:  gehe  in  den  gerner  (ossuarium),  da  stehet  mein  nach- 
bawr  in  einem  todtenbaum  und  ist  gestorben,  schütte  in  aus 
dem  bäum  und  lege  dich  darein,  und  hernach:  der  in  dem 
bäum  gedachte,  es  were  umb  seine  sele  zu  thun,  und  wischt 
auf  in  dem  bäum  und  stiesz  den  deckel  ab  und  zu  dem  bäum 
hinaus,  auch  hat  man  in  allen  gräbern  völlige,  ausgehölte 
baumstämme  für  leichen  gebraucht  gefunden,  die  Russen  nen- 
nen koloda  einen  aus  dem  bäum  gehaunen  sarg  und  koloda, 
altsl.  klada  ist  buchstäblich  das  altn.  hladi  strues,  unser  lade, 
wie  man  auch  todtenlade  für  sarg  sagt,  was  uns  nochmals 
zu  hlada  siruere,  fabricari,  folglich  zu  bauen  führt. 

Hiermit  soll  jedoch  eine  andere  auslegung  nicht  abgeschnit- 
ten sein,  die  in  bäum  das  der  erde  entsprieszende  und  wach- 
sende holz,  die  lebendige  pflanze  erkennen  möchte,  da  wir  in 
bauen  selbst  neben  der  Vorstellung  des  wohnens  und  bauens 
zugleich  die  des  seins  und  lebcns  enthalten  finden,  wie  bauen 
dem  tpiieiv  und  tpvead'ai,  so  liegt  auch  bäum  dem  fvkov 
und  fvTOv  nahverwandt  utid  das  altn.  badmr  [genauer  badmr, 
dessen  D  sich  zum  goth.  G  in  bagms  wie  schünden  zu  schlin- 
gen, i'^Seiv  zu  i'pyov  verhall)  drückt  nicht  nur  arbor,  son- 
dern auch  Silva,  frons  arbontm  und  }los  campi,  den  ganzen 
vegetabilischen  wachsthum  der  nalur  aus.  das  eddische  d 
badmi  vidar  Sceni.  195*  entspricht  dem  umgestellten  ags.  vudu- 
beam,  bäum  des  waldes  und  viidu,  der  einzelne  bäum,  ahd. 
witu,  altn.  vidr  geht  über  in  den  begrif  des  hohes  und  des 
waldes.  Seltsam,  dasz  das  ags.  und  engl,  beam  auch  noch 
einen  strahl  des  lichts  {ähnlich  dem  halm  und  zweig  der  sprie- 
szenden  pflanze  oder  dem  strahl  des  kamms)  und  eine  posaune 
bedeutet,  aus  der  sich  schalle  gleich  strahlen  ergieszen.  es  war 
ein  unhaltbarer  eiufall  oben  sp.  533  poiiumi  aus  oponnun  ab- 
zuleiten, und  man  deutet  es  sonst  aus  posmum ;  eher  liesze 
sich,  wenn  man  pario  und  fero  =  baira  anschlägt,  eine  wirk- 
liche berührung  zwischen  bäum  und  pomus  annehmen,  die 
schon  dadurch  bestärkt  würde,    dasz  pomus,  poniuin  aus  dem 


1189 


BAUM— BAÜMAM 


BAüMAMSCHAFT — BÄUMEN 


1190 


engem  sinn  ton  malus,  malum  in  den  allgemeinen  ton  arbor, 
.  fructus  übertreten,  gleich  dem  altn.  apaldr. 

Diese  noch  mancher  ausbildung  fähige  wie  bedürftige  an- 
stchten  werden  kaum  iweiftl  an  dem  innigen  zusamf^ienhang 
der  Kurier  bäum  und  bauen  übrig  lassen,  in  der  bibel  steht 
bäum  zahllose  mal  ßr  den  Kachsenden  und  lebendigen  des 
feldes  oder  aaldes:  und  gott  sprach,  es  lasse  die  erde  auf- 
gehen gras  und  kraut,  das  sich  besame,  und  fruchtbare  bewme. 
1  Mos.  1,  11 ;  und  allerlei  fruchtbare  bewroe  und  bewme,  die 
sich  besamen.  1,  29 ;  den  bawm  des  lebens  mitten  im  garten. 
2,  9;  und  der  hagel  schlug  alles  kraut  auf  dem  felde  und 
zubrach  alle  bewine  aiiT  dem  felde.  2Mos.9,2ä;  und  solam 
ersten  tage  fruchte  nemen  von  schonen  bevnnen,  palmen- 
zweige  und  meien  von  dichten  bewmen  und  bachweiden. 
3  Mos.  23,40;  es  sei  auf  hohen  bergen,  auf  bügeln  oder  un- 
ter grünen  bewmen.  5  Mos.  12,  2 ;  und  hat  ausgerissen  meine 
hofhung  wie  einen  bawm.  Hiob  19,  10;  es  ist  schon  die  axt 
den  bewmen  an  die  wurzel  gelegt,  darumb  welcher  bawm 
nicht  gute  fruchte  bringet,  wird  abgehawen  und  ins  feuer  ge- 
worfen. Matth.  3,  10;  ich  sehe  menschen  gehen,  als  sehe  ich 
bewme.  Marc.  8,  24.  sie  steigern  uf  die  böm  bisz  in  den 
tolden  und  fressen  die  bletter  ab,  was  sie  dan  finden.  Kei- 
SEBSB.  Sünden  des  munds  62";  das  irdisch  paradeis  mit  vil 
beumen  und  fruchten.  12';  man  spricht,  den  bawm  sei  man 
beugen,  weil  er  jung  ist,  wird  er  alt,  so  wil  er  ungebogen 
sein  oder  brichL  Lctber  6, 165' ;  dann  je  die  kerle,  die  dazu 
tüchtig  seind,  nicht  auf  den  bäumen  wachsen.  Kibchhof  mit. 
dise.  214;  erklettert  die  bäum  wie  ein  katz.  Garg.  179*;  wie 
der  bäum,  so  die  frucht;  der  bäum  genieszt  seiner  äpfel 
nicht;  krumme  bdume  tragen  so  viel  obsl  als  die  geraden; 
grosze  bäume  geben  mehr  schalten  als  fruchte;  unter  altem 
bäum  ist  gut  schauern;  hoher  bäum  fangt  viel  wind;  es  ist 
dafür  gesorgt,  dasz  die  bäume  nicht  in  den  hirarael  wachsen ; 
es  ist  kein  bäum,  der  nicht  zuvor  ein  sträuchlein  gewesen; 
je  höher  bäum,  je  schwerer  fall;  liegt  der  bäum,  so  klaubt 
jedermann  holz;  es  fällt  kein  bäum  auf  einen  hieb;  es  ist 
nicht  allen  bäumen  eine  rinde  gewachsen ;  von  einem  groszen 
walde  sagt  man,  dasz  das  eichhörnchen  sieben  meilen  über 
die  spitzen  der  bäume  laufen  kann.  RA.  497 ; 

denn  ihnen  erhöht  war  die  seele 
allen,  sie  pOanzien  mit  tust  die  munteren  bäume  der  freiheit. 
GöTue  40,  290; 
wo  im  blauen  unbegrenzet 
bliihi  der  sonne  goldner  bäum.   Rcceebt  40S, 

tcas  an  die  beämas,  strahlen  mahnt;  der  kühlende,  rauschende 
bäum  des  himmels,  dessen  bluten  sonnen,  dessen  fruchte 
weiten  sind.  J.  Paul  uns.  löge  3,  103.  die  edda  kennt  einen 
weltbaum. 

j\ic/i/  selten,  ko  es  der  Zusammenhang  verstattet,  steht  das 
blosze  bäum  ßr  mastbaum,  sahlagbaum.  Stammbaum,  tod- 
tenbaum  u.  a.  m.,  auf  dem  meer  ragen  die  hohen  bäume  der 
schiffe, 

bäum  und  breiter.    Weckherli:«  149; 

er  bemühte  sich,  seinen  bäum  aufzustellen,  sein  geschlecht  zu 
verzeichnen;  diese  zwei  und  dreiszig  edele  anen  und  Ost  auf 
einen  artigen  stammen  und  bäum  zu  bringen.  Fiscuart  bie- 
nenk.  222'.  durch  den  bäum  gelin  heiszt  unter  dem  schlag- 
baum  vorbei,  passieren:  es  konnte  wol  als  tischrede  durch 
den  bäum  gehen.  Hippel  10,  125,  wie  mau  franz.  von  mittel- 
maszigen  dingen  sagt:  ce  vin,  ce  mcts,  cet  homme  passera. 
den  bäum  auf  beiden  achseln  tragen  gilt  von  einem  trage- 
holz, woßr  schon  sp.  163  belege  gegeben  sind. 

heulend  kommt  der  stürm  geflogen, 

der  die  flamme  brausend  sucht, 

prasselnd  In  die  dürre  frucht     • 

rillt  sie,  in  des  Speichers  räume, 

in  der  Sparren  dürre  b.iurac.     ScniLtF.R7SV 

«a$  bedeutet  in  den  weisthümem  masz  auf  dem  bäum  gestri- 
chen, abgestrichen,  abgeschlagen;  über  dem  liaum  abgestrichen, 
abgeschlagen?  2, 18».  l»3. 196.    tgl.  baumsimmer. 

BALMAGD,  f  die  groszmagd.   s.  bauknechl. 

BAUMA.NGEH,  m.  campus  arboribut  consilus. 

BAL.MA.YN,  m.  coloni«.-  das  evangelium  sagt,  dieweil  der 
bauHTuann  schleft,  seet  er  (der  teufet)  den  ratten  (lolium) 
unter  den  weizen.  6«  Lctheb  5, 107' ;  der  selben  staU  erster 
bauwmann  was  Canaan.  Fbamü  weltb.  17»';  es  sei  daon,  dasz 
der  arzt  die  ernd  der  krankheil  erfahren  hab,  als  wol  als 
der  rebman   sein   Weingarten   oder   der   bawman  sein  acker. 


Pasacelsüs  1,  598*;"  oder  ein  bawman,  der  das  getreid  seen 
solle.  Brac5schweig  chir.  8  j  land  und  banmann.  SiinoppiDS 
559;  baumann,  der  in  der  gemeinde  vollberechtigte  bauer: 
hausleute,  bauleule,  erbleute,  meier,  anspänner.  Stüve  verf 
der  landgem.  9.  für  bauender,  aedificans  steht  der  sg.  bau- 
mann selten,  doch  schreibt  Lohesstew  himelschl.  32 : 

solln  wir  ibm  s'baumanns  lob,  des  vaters  rühm  nicht  gönnen  ? 
s.  bauleute. 

BALMäN.NSCHAFT,  f.  agrieultura:  gewitters  abwechselun- 
gen,  die  in  der  baumannschafl  schaden  und  nutzen  geben 
mögen.  Hobberg  1, 102'. 

BAÜMANNSHÖLE,  f.  am  Harz.  Simpl.  3,  326.  Göei^ge  3,.135. 

BAU.MANPFLANZLNG,  f. 

BAUM  ARM,  arboris  expers:  eine  baumarme  gegend. 

BAUMART,  f.  genus  arboris. 

BAUMARTIG,  arboreus:  wie  die  heisze  zone  sich  im  gan- 
zen dadurch  auszeichnet,  dasz  alles  vegetative  baumartig  zu 
werden  strebt.  Hcmboldt  ans.  der  nat.  1,  8 

BAU'MAST,  m.  ramus  arboris. 

BAUMATER1.\L,  n.  maleria,  baugerdthe. 

BAUMBACH,  m.  rivus  arbore  consitus,  häufiger  ortsname, 

BACMBART,  ni.  moos,  das  die  fichte  in  feuchten,  schaiti- 
gen  lagen  überzieht. 

BÄUMBAST,  m.  cortex  arboris. 

BAUMBEGRE.NZT :  an  einem  kleinen  bäum-  und  busch- 
tegrenzten  flusse.  Göthe  31, 144. 

BAUMBICKER,  m.  picus,  weil  er  an  die  baumrinden  biekend 
Würmer  sucht. 

BACMBLATT.  «.  folium  arboris. 

BAU.MBLÜTE.  /".  flores  arborum,  tempus  quo  arbores  florent 

BAUMBRAND,  m.  morbus  arborum. 

BAUMBRUCH,  m.  clades,  strages  arborum. 

BAUMBRÜCHIG. 

B.ÄUMCHE.N,  n.  arbuscula.  Göthe  12,  24. 

B.AUMECHT,  arboreus,  ahd.  poumoht :  das  dritte  geschlecht 
{des  eibisches)  ist  ein  baumechtes  stäudlein.  TABEB.iAEJio.Tr. 
1153. 

BALTIEISTER,  m.  gewühidieh  arehileclus,  dann  aber  auch, 
wie  bauherr,  aedilis:  da  liesz  ein  weiser  rat  fürfodern  die 
bawmeister  und  obersten  derselbigen  pfarre.  Lutheb  3,  39'. 

BAUMEISTER  AMT,  n.  aeditilas. 

BAUMEISTERIN,  /.  archiucla.  Klinge»  10,  224. 

BAUMEISTERLICH:  Aristoteles  steht  zu  der  weit  wie  ein 
mann,  ein  baumeisterlicher.  Göthe  53,  84. 

BAUMEL,  f.  machina  pendula,  schaukel,  von  einem  ter- 
wachsenen  wird  gesagt :  ich  muste  mich  an  einer  in  der  decke 
befestigten  baumel  mit  beiden  bänden  anhaltend  ausdehnen. 
Leipz.  arant.  1,  44.    s.  ohrenbaumel,  bommel. 

BAUMELN,  suspensum  pendere,  herabhängend  sieh  bewegen, 
gleich  baumdsten:  zur  kappe  baumelten  wol  sechs  trodel- 
chen  vom  schnuptuche  heraus.  Weise  erzn.  53;  wie  zierlich 
die  güldenen  spitzen  auf  seinem  silberstück,  das  nun  lauter 
stücke  war,  herum  gebaumelt.  232;  mic4i  vor  und  rückwärts 
baumeln  lassen.  Leipz.  avant.  i,  44 ;  es  baumelten  ihnen  goldne 
bänder  um  die  achseln.  C.  F.  Weisze;  und  wollüstig  hinab 
baumeln  ihre  füsze  ins  weinfasz.  Fr.  MOlleb  1,  117;  lampen 
mit  figuren  behängt,  welche  die  absieht  zu  gefallen  und  zu 
ergeUen,  sobald  sie  schaukeln  und  baumeln,  sogar  übertref- 
fen. Göthe  28,  62. 

der  musz  baumeln  I  —  zum  prorosx,  zum  profosz ! 

das  mandat  ist  noch  kürzlich  ausgegangen  — 

in  einer  stunde  seh  ich  ihn  hangen.    Schillbb  326* ; 

es  baumeh  daran  ein  verdorrter  bandii.    PrErrsL  5, 103; 

seht  selbst,  wie  stülp  ich  nur  den  hut  mir  auf? 

soll  er  mir  oben  auf  den  stangen  baumeln* 

Tiece3,  37Ij 

sie  sahn  am  wagen  baumeln 

die  band,  die  schlapp  genug.    Rücebrt206; 

du  sprichst  ein  wort,  und  baumeln  musz  der  mohr. 
Platbn  220. 
5.  bammeln,  bummeln. 

B.\CME.N,  tollere  se  arrectum,  wovon  schon  sp.  619.  619  un- 
ter aun)äumen.  gewöhnlich  sich  bäumen,  doch  steht  auch  in- 
transitiv ohne  sich:  der  lux  bäumt,  d.  i.  steiget  auf  die  ho- 
hen hölzer.  Sebiz  569 ;  der  lux  bäumet,  so  er  vom  hund  auf 
einen  bäum  gejaget  wird,  ©übel  1,  34';  das  haselhuhn  föJlt 
zu  bäum,  bäumet,  i,  so' ;  der  marder  bäumt  von  einem  bäume 
zum  andern;  das  pferd  bäumt  oder  bäumt,  hebt  die  vorder- 
füsze;  beumete  und  legte  er  sich  auch  wider  den  kOni;  auf. 

75* 


1191  BÄUMEN— BAUMFELDWIRTSGHAFT 


BAUMFEST  —  BAUMKÄFER 


1192 


LüTHEBS  lisckr.  418';    sie  beumen  und  blasen  sich  uf  als  die 

ötler.   Luther  vom  bäum  114 ; 

wie  hoch  sich  der  teufel  aufgepaumt.    Schhelzl  Sau{  3'; 

sie  krügibten,  paumpten  aber  sich 

80  frei, 'als  werens  lebendig.    lobspr.'9; 

noch  wilde  kriegsgefahr, 
wie  grosz  sie  immer  auch  zu  jener  zeit  schon  war, 
die  taglich  höher  bäumt,   der  burgersmann  erzehlet, 
wie  auf  der  strasze  dich  der  landsknecht  auszgeschelet. 

TSCHERNING  210; 

es  {der  bär)  bäumt  den  schweren  leib,  es  setzt  die  vordertatzen 
an  rind  und  ästen  ein,  so  schnell  als  scheue  katzen. 

Lessing  1,  124 ; 
die  schönsten  der  rosse  springen  und  bäumen  und  wiehern 
bei  den  ziehenden  her.       Klopstock  10,  249; 
sie  bäumt  mit  hundertklauigen  armen 
dem  Sturm  entgegen  und  steht!; 
hoch  bäumte  sich,  wild  schnob  der  rapp.    Bürger; 

fängt  es  (daspferd)  an 
sich  brav  zu  bäumen.       Gökingk  1,  104; 
der  meister  jeder  kunst  fühlt  tief,  begehret  heisz, 
fragt  nichts  nach  lauf  der  weit,  sieht  nur  auf  sich,  und  weisz, 
dasz,  wenn  beim  schatten  selbst  des  jochs  er  sich  nicht  bäumte, 
pedanterei  und  neid  ihn  bald  zum  Jastthier  zäumte. 

Gotter  1,  197; 
den  wilden  kenn  ich,  weisz,  dasz  huld  ihn  nur  erbittert, 
dasz  er  vom  joche  wund,  noch  ungestüm  sich  bäumt 
dem  ungeheuer  gleich,  das  an  der  kette  schäumt.    2,324; 
seine  silberhaare  bäumen  sich.    Schiller  1'; 
stolz,  wie  die  rosse  sich  sträuben  und  schäumen, 
werfen  im  stürme  die  mahnen  umher, 
königlich  wider  den  zügel  sich  bäumen,    ebenda; 

spring  an  mir  auf,  wurm!  krame  vor  mir  deine  gräszlichen 
knoten  aus,  bäume  deine  wirbel  zum  himmel.  21l';  die 
schlänge  war  es,  die  sich  jeden  mittag  über  den  flusz  hin- 
über bäumte  und  in  gestalt  einer  kühnen  brücke  da  stand. 
GöTHE  15,  229;  entsprang  eine  starke  sich  viele  fusz  in  die 
höhe  bäumende  springwelle.  30,  297;  der  wurm  kriecht  wol, 
ich  auch,  aber  wir  bäumen  uns,  wenn  man  uns  auf  den 
schwänz  tritt.  36,  64 ; 

da  erhub  der  esel  den  schwänz  und  bäumte  sich  springend 
über  den  herrn,  und  schrie  und  sang  und  plärrte  gewaltig. 

40,174: 

er  bäumet  den  speer.    Fr.  Möller  2,  382; 

der  bäumet  sich  wild  und  erhitzt.    2,  379; 

das  meer  daneben  bäumet 

als  ein  unbändig  ros 

zum  kämpfe  sich  und  schäumet 

auf  erd  und  himmel  los.    RiIckert  53; 

die  ganze  sich  hier  bäumende,  dort  sich  bückende,  hier  leuch- 
tende, dort  schattende  landschaft.    J.  Paul  Hesp.  3,  206. 

Man  sagt  auch  ein  fuder  heu,  slroh  bäumen,  mit  ehicm 
aufgelegten  heubaum  fest  laden: 

ein  wagen  heu,  den  Veltens  band 

zu  hoch  gebäumt  und  schlecht  bespannt, 

könnt  endlich  von  den  matten  pferden 

nicht  weiter  fortgezogen  werden.    GellertI,  85; 

die  weber  bäumen,  wenn  sie  die  webekelte  auf  den  bäum  zie- 
hen,   s.  aufbäumen. 

BÄUMEN,  arboreus,  ligneus,  ahd.  poumin,  mhd.  boumin, 
alls.  bömin,  heule  nicht  mehr  einfach  gebraucht,  nur  in  den 
Zusammensetzungen  apfelbüuineit,  birnbäumcn,  kirsciibäumen, 
nuszbäumen,  Ölbäumen,  pflaumbäumcn :  reichte  dem  könige 
seine  öibäumene  keule.  Loiienst.  Arm.  2,  861;  in  einem  von 
ölbäumenem  bolze  gemacliten  käsllein.  2,  882.  dies  adj.  ist 
in  einzelnen  Ortsnamen  enthalten,  z.  b.  dem  bekannten  Bome- 
neburg,  entslelU  Boineburg. 

BAUMENTE,  f.  anas  arborea. 

BAUMEBDE,  f.  erde,  die  sich  in  holen  bäumen  ansetzt. 

BAUMEULE,  f.  strix  aluco,  cinerea,  nachteule: 
habiclite,  samt  bniimeulen.    Voss  Orf.  5,  66. 

BAUMFALK,  m.  faico  subbuleo,  sonst  auch  Icrchenfalk. 

BAUM  FALL,  m.  was  baumbruch. 

BAUMFALLE,  f.  eine  im  wald  an  die  bäume  den  mardern 
und  katzen  gelegte  falle. 

BAUMFÄLLIG,  was  baiimbrüciiig. 

BAUMFALTER,  m.  papilio,  s.  baufalter:  lief  gern  nach  den 
Schrötern,  maikefern  und  fürncmlicb  den  farfallischen  baum- 
fallern  imd  papilonischen  butlerflirgen  und  pfeifholdern.  Garg. 
128'.    mehr  unter  feifalter.  » 

BAUMFAHN,  m.  polypodium  vulgare,    s.  farn. 

BAUMFELDWIHTSCHAfT,  f.  die  Vereinigung  von  forstbe- 
trieb  und  ackerbau  in  den  baumleeren  Zwischenräumen  des 
Vttldes. 


BÄUMFEST,  der  steht  baumfest. 

BAUMFLECHTE,  f.  liehen  pulmonartus,  baumlunge. 

BAUMFLOH,  m.  podura  arborea. 

BAUMFÖRMIG,  baumartig. 

BAUMFRÄSZ,  m.  s.  baumkrebs. 

BAUM  FREI,  baumleer:  thal  welches  baumfirei  mitten  in 
öder  Wildnis  lag.    Platen  331. 

BAUMFREVEL,  m.  waidfrevel,  gartenfrevel. 

BAUMFREVLER,  violator  arboris,  baumschdnder. 

BAUMFRUCHT,  f.  poma,  im  gegensatz  zur  halmfrucht. 

BAUMFUTTER,  n.  womit  die  Sattler  den  bäum  des  wagens 
füttern. 

BAUMGANG,  m.  allee. 

BAUMGANS,  /".  anas  bernicla. 

BAUMGARTE,  m.  pomarium,  pometum,  ahd.  poumgarto 
(Graff  4,  25t),  mhd.  boumgarte  (Ben.  1,  483'),  nnl.  boomgaard, 
ein  sehr  häufiges,  in  vielen  Ortsnamen  wiederkehrendes  wort, 
dessen  nom.,  wie  bei  dem  einfachen  garte,  gewöhnlich  schon 
das  N  zuldszt  {garlea  =  franz.  jardin)  baumgarten  z.  b.  Galmy 
25.  GöTHE  24,  246;  Saadis  persianischer  baumgarten,  daher 
nicht  nur  der  unorganische  gen.  baumgartens,  sondern  auch 
der  umlautende  pl.  baumgärten:  strasze,  die  sanft  auf  hügel 
mit  ofnen  baumgärten  und  in  gelbblühende  gründe  stieg. 
J.  Paul  Tit.  2,  49.    vgl.  bangart. 

BAUMGÄRTNER,  m.  custos  pomarii. 

BAUMGÄRTNEREI,  f  cuHura  hortorum.  Göthe  17,  305. 

BAUMGATTUNG,  f  Göthe  31,  229. 

BAUMGEIST,  m.  dryas  Henisch  1445,  faunus,  silvanus.  älter 
und  besser  ist  waldmann,  hoizmann. 

BAUMGELÄNDER,  n.  spalier  an  niedrigen  Obstbäumen. 

BAUMGERICHT,  n.  Judicium  sub  arbore  habitum.  am  Rhein 
heiszen  aber  die  an  bäumen  aufgestellte  dohnen  oder  Sprenkel 
baumgericbte,  von  richten  stellen. 

BAUMGESCHMÜCKT,  arboribus  consitus. 

BAUMGESTALT,  f.  figura  arboris. 

BAUMGIPFEL,  m.  cacumen  arboris,  baumwipfel. 

BAUMGRIND,  m.  festanliegendes  baummoos. 

BAUMGRILLE,  /".  y.s'^d'ios,  certhia  familiaris,  baumkletterer. 

BAUMGRINDEL,  m.  temo  aratri,  s.  grindel. 

BAUMGRUBE,  f  baumloch. 

BAUMHACKE,  f.  securis. 

BAUMHÄCKEL,  n.  asciola:  gott  verordnet  den  unfrucht- 
baren baumb  umbzuhawen  und  zu  feilen  das  baumhäckel 
und  holzhacker,  dazu  ist  der  Türk,  der  hat  seine  breite  axt 
und  hacken  schon  gewetzet  und  angesetzet.  Geo.  Scherers 
wundsegen  J  3. 

BAUMHÄCKEL,   m.    picus   arborarius,    weil  der  specht   in 
den  bäum  hackt,  baumbicker,  östr.  baumhäckel.  Höfer  1,  66 : 
der  baumheckel,  der  baumheckel 
kaum  auch  hernach  gelaufen.    Uhland36; 

griinspccht  und  baumhäckel,    den   bienenstöcken   böse  gaste. 
HoHBERG  2,  376*.    vgl.  bienenwolf  und  specht. 

BAUMHARZ,  n.  resina. 

BAUMHEBER,  m.  Werkzeug,  um  schwere  bäume  aus  der 
erde  und  auf  den  wagen  zu  heben:  er  hob  mit  dem  baum- 
heber  d.  i.  mit  einem  cisenkolbcn  das  hret  samt  den  wur- 
zeln, d.  h.  nageln  auf.  J.  Paul  Siebenk.  2,  86;  der  frost  ist 
ein  baumheber  für  unsere  wurzeln,   s.  baumwinde. 

BAUMIIECKE,  /".,  bäume  mit  verwachsnen  ästen. 

BAUMHEIMCHEN,  n.  cicada. 

BAUMHOCH,  altitudine  arboris  insignis:  baumhoher  riese, 
baumhohe  Soldaten. 

BAUMHOLDER,  m.  sambucus  nigra. 

BAUMHÖLE,  f.    antrum  arboribus  tectum: 

in  dumj)r(>r  hnumhöl  oder  klufl.    Voss  6,  243. 

BAUMHOLZ,  n.  gehOlz,  das  zu  bäumen  angewachsen  ist: 
in  diesem  wnide  steht  viel  baumholz. 

BAUMHÜPFER,  n«.  aranea  trtmcorum,  eine  kleine  spinne  an 
sonnigen  bäumen. 

BAUMIETE,  /■.  bumede,  burmede.  S«p.  3,  73.  »3/.  baulebung 
und  RA.  384. 

BÄUMIG,  robustus,  baumstark:  ein  bäumiger  mann.  Stal- 
DER  1,148. 

BAUMICHT,  was  baumrcht:  trifolium  fruticans,  deutsch 
bauniifhler  wiesenkice.  Tafiernaem.  915. 

RAUMINSEL,  f  insula  arboribus  abundans:  grüne  liauiu- 
ini>eln.  Ardhinghcllo  2,  237. 

BAUMKÄFER,  m.  scarabaeus  hortieola. 


1193 


BAUilKAHN  —  BAÜMMEISZEL 


BAÜMKAHN,  m.  eymba  e  eava  arbore  facta. 

BAUMKA.NNE,  f.  canlharus  ligneus. 

BAUMKAMIG,  von  einem  Zimmerholz,  dessen  ecken  noch 
spuren  der  rinde  haben,  nicht  scharf  zugehauen  sind. 

BAUMKELTER,  /".  kelter  mit  hölzerner  spindel,  die  durch 
einen  hebebaum  auf  und  nieder  bewegt  wird. 

BAUMKIEN,  m.  taeda  pinea  trunci,  gegenüber  dem  aus  den 
ästen  der  kiefer  gewonnenen  vogelkien. 

BAUMKIRCHE,  /".  einzelne  dörfer  heiszen  Baumkirchefl,  weil 
ihre  kirchen  unter  hohen  bäumen  stehn. 

BAUMKIRCHHOF,  m.  er  kam  durch  das  alte  schlosz  in 
einen  abgesägten  baumgarten,  gleichsam  einen  baumkirchhof. 
J.  Paul  Tit.  2, 107. 

BAUMKLETTE,  f  certhia  familiaris,  baumläufer,  baumgrille 
und  mit  vielen  ähnlichen  namen,  franz.  grimpereau,  ein  rasch 
an  den  bäumen  auflaufendes  vüglein. 

BAUMKLETTERLE,  BAUMKLETTERLEIN,  n.  dasselbe. 
Schwenkfeld  theriotropheum  Silesiae  p.  347.  Hohberg  2,  68S'. 

BAUMKLIMMER,  m.  qui  sursum  in  arborem  nititur,  von 
vierfüszigen  thieren,  welche  aufklettern  können,  z.  b.  der  katze  und 
auch  dem  baren,  mhd.  welj  sint  nü  die  rehte  boumklimmer? 
e;  gieng  ze  einem  male  ein  katze  und  ein  fuhs  mittenander 
über  ein  velt.  du  sprach  der  fuhs :  ver  katze,  waj  konnent 
ir?  diu  katze  sprach:  ich  kap  boume  klimmen,  myst.  293; 

ich  spring  hinan  die  beum  und  mauren.    froschmeuseter  i8'. 
s.  baumreiter. 

BAUMKLÜMPE,  m.  glomeratio  arborum,  besser  als  baum- 
gruppe,  nach  dem  franz.  groupe  d"arbres:  ein  verstrickter 
wald  von  baumklumpen.  J.  Pacl  Tit.  2,  lOS ;  worin  baumklum- 
pen die  schiffe  vorstellten,    flegelj.  1,  53. 

BAUM  KOHL,  f?i.  brassica  arborea. 

BAUMKRÄTZE,  f  liehen,  was  baumgrind. 

BAUMKREBS,  m.  morbus  arborum,  auch  baumfrasz,  ge- 
schuür ähnlich,   eiternd,  nur  durch  eisen  oder  feuer  heilbar. 

BAUMKRIECHER,  m.  certhia. 

BAUMKRONE,  f  die  zerstörte  Symmetrie  maDcher  baam- 
krone.  Göthe  17,  304. 

BAUMKRÜPPEL,  m.  arbor  debilis,  mutila. 

BAUMKUBEL,  m.  ein  starkes,  reifbeschlagnes  gefäsz  zum 
einsetzen  der  bäume. 

BAUMKUCHEN,  m.  ein  feines  gebäek,  Stangenkuchen. 

BAUMLAND,  n.  arboretum:  niemand  darf  vom  gemeinland  an 
bau-  und  baumland  mehr  als  500  jugera  besitzen.  Niebdhr  3, 15. 

BAUMLANG,  valde  procerus:  ein  baumlanger  kerl; 

du  erosz,  grader  baumlanger  mann, 

wo  hast  du  das  klein  näslein  gnommen  ?    H.  Sachs  V,  365V 

BAUM  LAUB,  n.  folia  arboris. 

RAU.MLAUBE,  f  umbraculum,  was  schon  das  einfache  hxxhe. 

BAUMLÄUFER,  m.  certhia,  bei  Stalder  baumläuferli,  bei 
Küfer  baumlauferl. 

BAUMLAUS,  f  aphis. 

BAUMLEER,  baumlos,  baumfrei:  eine  baumleere  grasQur. 
Humboldt  ans.  dernat.  1,  259. 

BAUMLEIBIG,  von  pferden.  Hermes  Soph.  reise  6,  233. 

BAUMLEIN,  n.  arbuscula:  dann  so  hast  da  das  beomlin 
gezweigt  {gereiscrt).  Keisersb.  Sünden  des  mundes  63'. 

BAUMLEI.N,  n.  linum  arboreum. 

BAUMLEITER,  f  leiter  mit  einer  stütze  an  der  rückseite, 
so  dasz  sie  auch  unangelehnl  steht. 

BAUMLERCHE,  /".  alauda  arborea,  heidlerche. 

BAUMLOCH,  n.  zum  anpflanzen  eines  baums. 

RAUMLOS,  baumleer:  von  baumlosen  ufern  begrenzt.  Hc»- 
BOLDT  ans.  der  nat.  l,  259. 

BAUMLUNGE,  /".  liehen  pulmonarius,  baumflechte,  lungen- 
kraul. 

BAUMMARDER,  m.  mustela  martes. 

BAU.MMARK,  n.  medulla  arboris:  liebe  ist  das  baummark 
des  lebens,  das  alle  jungen  herzen  haben.  J.  Pacl  komet  1,  70. 

BAUM.MAST,  f.  eichein  und  bucheckem  zur  mast  der  Schweine. 

BAUM.MEISE,  f  panu,  ein  munteres  vöglcin,  das  vormals 
in  bcsonierem  ansehen  stand  {rechtsalterth.  647),  doch  ist  es, 
bei  den  schwankenden  benennungen,  schwer  die  bestimmte  art 
herauszufinden,  weislh.  I,  465  heiizt  es  baummeise,  1,  499  ber- 
raeise,  1,  535  kolmeise,  2, 153  sterzmeise,  anderwärts  aber  ban- 
meise.  Neulich  gibt  für  den  partis  caudatus,  die  sterzmeise, 
zagelmeise  auch  den  namen  backofendrescber,  was  zu  bach- 
ofentrescherlein  Garg.  41"  von  einem  xwerg  stimmt. 

BAÜMMEISZEL,  m.  zum  abstosxen  unnützer  Utte. 


BAÜ5IMESSER  — BAU3ISCH0RER       1194 

BAÜMMESSER,  n.  zum  beschneiden  der  bäume,  hippe  der 
obstgärtner. 

BAUMMOOS,  n.  muscus  arboreus.  bei  Maaler  51'  baum- 
miesz. 

BAUMNACHTIGALL,  f  molacilla  modularis. 

BAUMNUSZ,  /".  juglans  regia:  als  er  ein  welsche  oder 
baumnusz  funden.  Kirchhof  wendunm.  129*. 

BAUMOBST,  n.  gegenüber  dem  an  Sträuchen  wachsenden: 
Weinreben  werden  auch  bäum  genant  in  irem  geschlechte 
{bei  den  mönchen),  davon  sie  im  herbst  und  durchs  jar  vil 
guts  weins  samelen,  nusz,  mandeln,  centnerfeigen,  ist  als 
bauraops.  dialogus  von  den  vier  grüsten  beschwerdnüsz  eins 
ieglichen  pfarrers.    o.  j.  u.  o.  bl.  8. 

BAUMOL,  n.  olivum,  oleum,  engl,  olive  oil,  nnl.  boomolle, 
schw.  bomolja:  es  ist  kein  besser  ding  darzu  (für  den  scor- 
pionsbisz),  dan  dasz  man  den  scorpion  daruf  zereib  mit 
baumül.  Keisersb.  Sünden  des  munds  67';  darumb  hat  man 
ampelen  in  den  heusern,  in  denen  ist  baumöl.  68*;  gesto- 
szen  lauter  bawmöle  zu  Hechten.  3  Mos.  24,  2. 

BAUMÖLEN,  oleo  inungere,  verberare,  streichen,  schmieren, 
abschmieren,  ausschmieren :  da  ich  nun  nachgehends  den  gu- 
ten ehrlichen  pater  so  nannte,  ward  er  ausgelacht,  ich  aber 
vor  einen  bösen  schalkhaftigen  narren  gehalten  und  seinet- 
wegen gebaumölt.  Simpl.  1, 1S7.  vgl.  ölen  und  baumspind. 

BAUMPAPPEL,  f  malva  arborea. 

BAUMPFAHL,  m.  zum  anbinden  junger  bäume. 

BAÜMPFEIFE, /■.  jttnjCT-ci/ronen-  oder  pomeranzenzweig  zum 
ableger. 

BAÜMPFLANZER,  m. 

BAUMPFLÄNZLING,  m. 

BAUMPFLANZÜNG,  f. 

BAUMPFLASTER,  n.  zum  schmieren  der  baumwunden. 

BAUMPICKER,  s.  baumbicker. 

BAUM  PILZ.  m.  pilz  auf  faulenden  bäumen  wachsend. 

BAUMRÄUDE,  f  baumgrind,  krankheit  der  bäume 

BAUMREBE,  f  pflanze,  die  sich  an  bäumen  rankend  auf- 
schlingt und  durch  die  zweige  streckt. 

BAüMREICH,  gegensatz  von  baumarm. 

BAUMREIHE,  f  ordo  arborum  continuus. 

BAUMREITER,  m.  gilt  vom  specht  und  von  der  wilden  katze, 
s.  baumhäckel,  baumklimmer.  Maaler  51'  baumrüter,  catus 
silvestris. 

BAUMRINDE,  /".  die  härtere,  äuszere  rinde,  unter  welcher 
sich  noch  der  zartere  hast  befindet. 

BAÜMROSE,  f  vibumum  obulus. 

BAUMRÜTHE,  f  ein  dünner,  in  die  fuge  des  weberbaums 
passender  slab,  woran  sich  die  kette  festigt. 

BAÜMRUTSCHER,  m.  certhia  familiaris,  baumreiter. 

BAÜMSAFT,  m.  suceus  arborum. 

BAUMSÄGE,  f.  zum  absägen  unnützer  äste. 

BAUMSALBE,  f.  baumpflaster,  baumwachs. 

BAUMSAUGER.  m.  planta  parasita,  Schmarotzerpflanze. 

BAUMSCHÄNDER,  m.  violalor  arboris,  baumfrexler,  baum- 
scheler ;  erlitt  in  unserer  vorzeit  grausame  strafe.  RA.  519; 
baumschänder  kanonischer  haine.  J.  Padl  flegelj.  1,  30;  ein 
adelicher  baumschänder  vom  hof,  der  den  waidfrevel  an  der 
kleinblätterigen  verübte,  bestach  sie,  dasz  sie  nur  auf  einen 
durchpassierten  literatus,  namens  anonymus,  bekannte,  kom. 
anh.  zu  Tit.  1,  9. 

BAÜMSCHÄNDEREI,  /".  welche  moralische  barbarismen  und 
baumschändereien  der  menschheit  hat  niclit  schon  das  wis- 
senschaftliche licht  endlich  fortgescheucht?  i.  Paul  friedens- 
pr.  46. 

BAUMSCHATTE,  m.  so  noch  bei  Stiele«  179S. 

BAUMSCHEIBE,  f  am  weberbaum  zum  aufwinden  des  zeugs. 

B.\ÜMSCHELKR,  m.  decorticator  arboris,  baumschänder. 

BAUMSCHERE,  f  forfex  arboraria. 

BAUMSCHIMMEL,  m.  byssus  lactea,  die  rinde  weiszlich 
überziehend. 

BAUMSCHLAG,  m.  frondes  arborum  diversarum  pietae :  die 
wechselnde  gestalt  und  eigenthumlichkeit  des  baumschlags. 

BAUMSCHLIESZER,  m.,  der  den  hafeneingang  mit  einem 
schlaijbaum  schlieszt. 

BAUMSCHMALZ,  n.  was  baumspind. 

BAUMSCHNECKE,  f  helix  nemoralis. 

BAUMSCHNEPFE,  f.  upupa  epops. 

BAUMSCHNITT,  m.  putatio  arborum. 

BAUMSCHORER,  m.  arhorator,  gdrtner,  MaaleböI*. 


1195   BAUMSCHRÖTER— BAUMSTÜCKER 


BAUMSTUMPF  —  BAUNZEN 


1196 


BAUMSCHRÖTER,  m.  lucanus  cervus,  der  grosze  Schröter, 
Hirschkäfer. 

BAUMSCHULE ,  f.  seminarium,  plantarium,  franz.  pepi- 
riere,  ein  hübsches  wort,  aber  noch  nicht  bei  Dasypodius, 
Maaler,  Henisch,  zuerst  bei  Stieler  1721.  Frisch  13';  nnl. 
boomschool ,  dän.  bomskole,  träskole ;  poln.  szkilka  (das 
schülchen),  bühm.  skolka,  stromovvä  skola.  Dasypodius  221' 
sagt  zweiggrube,  setzlingrube,  Stieler  2042  baumgesetze.  die- 
sen platz  zu  einer  rechten  baumscliule  machen,  weslph.  Ro- 
binson 220 ;  die  geliebte  wiege  und  baumschule  seiner  schö- 
nen ynd  dreitägigen  zukunft.  J.  Paul  Hesp.  3, 185 ;  die  andere 
weit  ist  keine  gleichgestellte  allee  und  Orangerie,  sondern  die 
baumschule  unserer  hiesigen  samenschule.  4,  125;  Fichtens 
Vorschlag  in  einer  normalschule  die  baumschule  eines  neuen 
Deutschlands  zu  pflanzen,  dämmerungen  85 ;  Eduard  hatte  in 
seiner  baumschule  die  schönste  stunde  eines  aprilnachmittags 
zugebracht.  Göthe  17,  3.    s.  schule. 

BAUMSCHWALBE,  f.  muscicapa,  ßiegenschnepfer,  üstr.  baum- 
schwalberl. 

BAUMSCHWAMM,  m.  panus,  baumpilz,  bei  Maaler  51'  baum- 
schwumm.   s.  baumstaubschwamm. 

BAUMSCHWARTE,  f.  cortex,  baumrinde. 
BAUMSEIDE,  f.  ein  gewebtes  zeug. 

BAUMSEULE,  f.  stipes  arboris:  Maientlral  mit  seinen  zer- 
streuten baumsäulen  und  grauen  quadern.  J.  Paul  Hesp.  1,  241. 
BAUMSIMMER,  n.  da  braucht  man  ein  simmer,  genant 
das  baumsimmer,  das  soll  man  uf  den  reienfusz  stellen,  da 
forne  soll  es  überlaufen  und  binden  soll  man  den  boden  se- 
hen, des  tun  sechs  simmer  ein  malter.  weisth.  2,  209.  vgl. 
auf  dem  bäum  streichen  unter  bäum. 

BAUMSPALTE,   f.    rima  arboris:    Milo  mit  beiden  bänden 
in  einer  baumspalte  gefangen.  Göthe  38,  50. 
BAUMSPECHT,  m.  picus,  spechl,  baumhdckel. 
BAUMSPERLING,  m.  fringilla  monlana. 
BAUMSPILLE,  f.  arboris  cacumen.    Stieler  2089. 
BAUMSPIND,  m.  pinguedo  arboris  =  verber :   jedoch  zalten 
sie  es  ihnen  nach  gemeinem,  gebräuchlichem  anschlag  mit  trei 
(drei)  rückkürben   baumspint   und   hundert   schönen   keisers- 
pergischen  ausgeschossenen  rebstöcken   aus  dem  Markirchen- 
thal,  sambt  dem  uberblibenen  past.  Garg.  198'. 
BAUMSPINNE,  f.  was  baumhüpfer. 
BAUMSPRINGER,  m.  was  baumklimmer. 
BAUMSTAKE,  m.  truncus  arboris:   des   reitens  müde  stieg 
ich  endlich  ab  und  band  mein  pferd  an  eine  art  von  spitzem 
baumstaken,   der  über  dem  schnee  hervor  ragte.   Münchhau- 
sens  reisen  s.  19. 

BAUMSTAMM,  m.  stipes  arboris. 

BAUMSTARK,  robustus:  ein  groszer  baumstarker  munch. 
Wickram  roUw.  99'  {ed^mulh.  182');  ein  groszer  baumstarker 
mühlpursche.  Felsenb.  2,  364 ;  ein  baumstarker  kerl.  colica  210 ; 
baumstarke  kerls.  der  arme  mann  im  Tockenb.  303.  von  Sa- 
chen: ein  baumstarker  glaube.  Felsenb.  i  vorr. ;  baumstarker 
reif,  der  arme  mann  im  Tockenb.  29. 

BAUMSTÄRKE,   f.   unserer  rüstigen  und  tüchtigen  spräche 
ihre  alte  baumstarke  wiedergeben.  Herder  1,  34. 
BAUMSTEIGER,  m.  wie  baumklimmer. 
BAUMSTEIN,  m.  dendrites,  stein  mit  pflanzenarliger  Zeichnung. 
BAUMSTILL,  mäuschenstill,  wie  ein  stein :  aber  jetzo  schwie- 
gen sie  miteinander  auf  einmal  baumstill.   Happels  academi- 
tcher  roman.   Ulm  1690  s.  30. 

BAUMSTÜCK,  m.  truncus  arboris,  dann  aber  auch  ein  bie- 
nenstock  im  klotz,  was  man  sonst  beute  nennt. 

BAUMSTCCK,  n.  arboretum,  nach  den  beiden  folgenden  Wör- 
tern, sollte  man  meinen,  ein  ort,  wo  die  bäume  künstlich  zu- 
geschnitten sind,  doch  versieht  man  nichts  als  obstbaumgarten : 
ich  sitze  oft  auf  den  Obstbäumen  in  Lottens  baumstück  mit 
dem  obstbrccher,  der  langen  stange,  und  hole  die  birnen  aus 
dem  gipfeL  Göthe  16,  79 ;  eilig  beschäftigten  sich  die  kin- 
der,  den  kleinen  bausgarten  und  die  wirlhlichc  laube  ver- 
lassend, in  dem  angrenzenden  baumstUck  ein  gcschäft  zu 
verrichten.  22,  193;  nuszbäume  zeigen  sich  wieder,  schöne 
wiesen  und  baumstücke.  43,  148 ;  man  übersiebt  alle  wiesen 
und  baumstücke.  43,  188 ;  wo  herumgestrichen  diesen  ganzen 
langen  nachmittag,  herr  bruder  Liederlich?  das  baumslück 
hat  gewartet.  —  und  ich  im  baumstück,  bin  fast  drüber  er- 
froren. Fr.  MtJi.LER  1,  289.  mhd.  sagte  man  schöner  boumwist. 
BAUMSTÜCKEN,  frondare,  pularc.  Maalkh  51'. 
BAUMSTÜCKER,  n.  frondator,  pulator. 


BAUMSTUMPF,  m.  truncus  arboris: 

und  über  fels  und  baumstumpf 
gieng  die  fahrt  durch  ungebahnte  wildnis.    Platen323'; 

der  könig  stürzte  auf  einen  spitzigen  baumstumpf.  Dablmann 
dän.  gesch.  1,  126. 

BAUMSTURZ,  BAUMSTÜRZEL,  m.  das  vorige. 
BAUMSTÜTZE^  f.  statumen  arboris. 
BAUMTHAL,  n.  vallis  arboribus  consila. 
BAUMTHIER,  n.  die  katze  beweist  noch  immer  durch  ihre  lust 
in  die  bäume  zu  laufen,  dasz  sie  von  einem  baumthiere  stammt, 
BAUMTROCKNIS,    /.    loca    in  arboribus  emortua,    exarida: 
abermals  schöner  Wasserfall,  etwas   baumtrocknis.    Göthe  43, 
192 ;  dann  las  der  «bersecretär  Luigis  Stammtafel  ab  und  be- 
leuchtete  den   holen   Stammbaum   samt   seiner  baumtrocknis 
und  dem  letzten  blaszgrünen  ästchen.  J.  Paul  Tit.  2,  98.     die 
försler  nen7ien  so  den  baumfrasz  oder  wurmfrasz,  welchen  der 
fichtcnbohrer,  piniperda,  oder  der  schwarze  wurm,  dermestes,  in 
groszen  baumstrecken  verursacht. 

BAUMTROPFLE,  f.  aegopodium  podagraria,  sonst  geiszfiisz. 
Stalder  1,  148. 

RAUMTRUMM,  n.  stipes,  truncus  arboris :  alte  baumtrümme. 
Immermanns  Münchhausen  412. 
BAUMUMSCHATTET. 

BAUMWACHS,  n.  ceratum  arborarium,  baumpftaster,  beim 
propfen  und  für  krankheiten  der  bäume. 

BAUMWAND,  f  die  fremde  phantasie  musz  nicht  erst  müh- 
sam, wie  auf  einer  bühne,  felsen-  und  baumwände  an  ein- 
ander zu  schieben  brauchen.  J.  Paul  aeslh.  2, 170. 

BAUMWANZE,  f.  aphis,  baumlaus,  eine  art  blattläuse. 
BAUMWART,  «i.  custos  horti,  s.  bangart. 
BAUMWÄRTER,  m.  dasselbe. 
BAUMWEIDE,  f.  salix  alba. 
BAUMWEISZVOGEL,  m.  papilio  crataegi. 
BAUMWERK,  n.  ramalia  arida :  vögel,  die  nahrung  für  ihre 
jungen  oder  baumwerk  für  das  nest   suchten.   Tieck  nov.  kr. 
4,  262.     die   mahler   nennen   in   ihren   bildern  das  baumwerk 
die  darslcllung  der  bäume  und  gesträuche.    s.  buschwerk. 
BAUMWERMUT,  m.  eine  art  wermut,  die  hohe  büsche  treibt. 
BÄUMWIESE,  f.   man  sieht  über  die  reichen  baumwiesen 
in  eine  heitere  ferne.    Göthe  17,  4. 

BAUMWINDE,  f.  1)  hedera  helix,  schon  in  älteren  vocabu- 
larien  boumwinde,  bomwinde.  2)  was  baumheber,  Werkzeug 
zum  aufwinden  der  bäume  beim  versetzen. 

BAUMWIPFEL,  m.  cacumen  arboris,  baumgipfel. 
BAUMWOLLE,  f.  lana  arborea,  erioxylon,  gossipium,  bei 
Dasypodius  88'.  301'  bauwol,  wie  noch  heute  alemannisch  ba- 
wele,  bauwele,  bei  Stalder  l,  146  bauele,  bei  Maaler  51'  baum- 
Vol ;  und  solche  leute  soll  man  dazu  mit  baumwollen  an- 
greifen (zart  behandeln).  Luthers  br.  4,  241;  also  das  junge 
mägdlin  Rusticho  gar  oft  zu  dem  gottesdienst  lüde  und  die 
baumwoU  aus  der  Joppen  zohe  (si  la  bambagia  del  farsetto 
tratta  gli  avea).   Bocc.  1,  197". 

RAUMWOLLEN,  gossipinus,  6et  Dasypodius  nocA  bauvrüllin : 
baumwollene  strumpfe. 
BAUMWOLLENGARN,  n. 
BAUMWOLLENSTAUDE,  f. 
BAUMWOLLENWAARE,  f. 
RAUMWOLLENWEBEREI,  f. 
BAUMWOLLENWEIDE,  f.  salix  pentandra. 
BAUMWOLLENZEUG,  n. 

BAUMWUCHS,  m.  die  wundersame  Üppigkeit  ihres  baiun- 
wuchses.  Humboldt  ans.  der  nat.  1,  325 ;  nun  erschien  erst  die 
herlichkeit  des  baumwuchses  sowol  an  höhe  als  breite  auf 
dem  gereinigten  boden.  Göthe  17, 153. 

BAUMWUCHT,  f.  was  baumheber,  baumwinde. 
RAUMWUHZ,  /■.  polypodium,  engelsüsz. 
BAUMZUCHT,  f.    arborum  cultus. 
BAUMZWEIG,  m.  ramus  arboris. 

BAUNAHR,  m.  aedißcalioni  nimium  deditus.  Stieler  1329. 
BAUNE,  f.  der  name  eines  niedcrhessischen  flusses  und  or- 
tes,  früher  Bune,  sei  hier  aufgeführt,  weil  er  gleich  dem  da- 
von verschiednen  Hrtnaha  in  den  trad.  fuld.  mit  dem  altn.  buna 
{vielleicht  liftna)  scaturigo,  und  dem  ags.  böne  poculum  zu- 
sammen hängen  könnte,  ans  lat.  fons  fontis  darf  kaum  ge- 
dacht werden. 

BAUNZEN,  pl.  intestina:  als  sie  (des  Gargantua  muller)  zu 
viel  baunzen  gegessen  hct,  baunzen  sind  feiszte  mngendarm 
von    barrenrindern   (krippenvieh,  mastvieh).    Garg.  79 ,   in  der 


1197 


BAUORDNUNG— BAUS 


BAUSACHE— BAUSCH 


1198 


Tvbrik  des  eapileU  heiszt  es:  wie  sie  ein  groszen  wüst  kut- 
lela  frasz;  baunzendärm  {so  lies),  würstbunzen.  81';  frische 
notelpaunzen  {mit  nudeln  gepillt).  197',  vgl.  notelpaunzner  193'. 
dies  baunzen  musz  gleichviel  sein  mit  bantschen,  banschen 
sp.  1119.  ScHMELLER  1,  289  hat  panz,  ponz,  punz  im  sinne  von 
fast  d.  i.  bauch. 

BAUORDNUNG,  f.  formula  aedifieandi,  bauplan. 
B.\UPLäTZ,  m.  area,  besser  bausteile,  baugrund. 
BAUPK.\CHT,  f.  luxus  aedificationis. 
BAUPKEDIGER,  m.  der  baugefangnen  predigt. 
BAURACH,  n.  nitrum. 
BAURATH,  m.  aedilis. 
BAURECHNUNG,  f. 

BAURECHT.  «.  agricuUnra.  ühlaüd  337. 
BAUREDNER,    m.    orator  aedificationis,  der  vom  giebel  des 
fertigen  gebdudes  redende  limmermann  odermaurer:  ein  bau- 
redner  auf  dem  satteldache  eines  neuen  hauses  besprach  dro- 
ben die  künftige  feuersbrunst.  J.  Pacl  Tit.  1, 170. 

BAURE.N,   in   der   Zusammensetzung    die   alle,    untadelhafle 
form  statt  des  heutigen  bauern,   wovon  oben  schon  genug  bei- 
spiele  angegeben  sind,  hier  noch  einige  nachgeholt  werden  sollen. 
BAURENKÖSTE,  f  bauemschmaus : 
mich  dünkt,  ich  seh  euch  schon,  ihr  angenehmen  gaste, 
wie  ihr  gefahren  kommt  zu  einer  baurenköste. 
CiMiz  120. 
BACRENTROLL,   m.   ruslicus:   wenn   es    eira   fränkischen 
reuter  begegnete,  so  sprach  man,  er  wer  ein  bawrentroll,  und 
ihr  sind  baretlinsleut,  und  sind  noch  dolpischer.    Paracelscs 
chir.  sehr.  263'. 

BAURENZAPFE,  m.  rusticus:  solches  recht  zu  erkennen 
leret  dich  der  gebrauch  und  geschicklichkeit,  darumb  ich  wol 
reden  darf,  dasz  die  baurenzapfen  und  ein  jeglicher  püffel 
sich  nicht  soll  solcher  händel  understehen.  Paracelscs  chir. 
sehr.  344*. 

BACRGALREDE,  /".  bauerndreck,  von  galrede,  mhd.  galreide, 
galrei,  gallert  (Bes.  1,  460") :  gleich  als  wenn  das  hochgelerte 
und  durcLIeufhtige,  weise  vieh,  die  sewe,  auf  irem  reichslage 
beschlössen,  wir  sewe  gebieten,  das  nieman  halten  sol,  das 
musealen  edle  würz  sei,  was  sie  aber  sei,  das  wissen  wir 
nicht,  wir  halten  aber  etliche,  es  seien  trester,  etliche  es 
seien  kielen,  etliche  es  seien  kolbletter,  etliche  es  seien  die 
köstlichen  baurgalreden  unter  den  zeunen.  Luther  5,  297*. 

BÄURISCH,  was  bäuerisch:  die  nechst  beurische  aufrur 
{der  neuliche  bauemaufruhr).  Frask  wellb.  45*;  ein  fromb, 
einfeltig.  ungelehrt,  beuwrisch  volk.  Kirchhof  wendunm.  40l'. 

BÄURISCHHEIT,  f.  ruslicitas:  aber  durch  sein  grobheit 
und  bewrischheit,  denn  er  war  ein  bawr,  ist  er  entschuldiget. 
seh.  und  ernst  cap.  123.    *.  bäuerischheit  sp.  1179. 

BAURISZ,  m.  species  operis :  die  gethane  zusage  eines  neuen 
und  ausgearbeiteten  baurisses.  Göthe  26,  32 ;  die  runzeln  des 
lebens  sind  nur  kleine  linien  aus  dem  ungeheuren  baunsz 
den  der  weltgeist  zieht,  unbekümmert  welche  Stirnen  seine 
glückslinie  schmerzhaft  durchschneide?  J.  Pacl  Tit.  4, 173;  das 
ist  der  baurisz  meiner  fabel.  holzschn.  10,  92 ;  die  himm- 
lische zeit  der  ersten  baurisse  der  luftschlösser  für  die  Zu- 
kunft, herbstbl.  3, 1. 

BAUS,  f.  abundantia,  tumor,  infialio,  ein  zu  bausch  ge- 
höriges und  wol  daraus  enlslellles  wort,  das  fast  nur  in  adver- 
bialer redensarl  vorkommt  und  fehlerhaß  bausz  (icie  hausz, 
grausz  ßr  haus,  graus)  geschrieben  wird,  vgl.  bause  und  bau- 
,  sen.  nach  der  baus  bedeutet  copiose,  ubertim,  in  fülle:  den 
{mOnchen  vom  orden  der  willigen  armut)  trug  man  zu  nach 
der  baus.  Fra:(k  c/iron.  479'; 

so  woll  wir  beid  schlemmen  und  demmen, 
den  wein  nach  der  baus  zu  uns  nemen. 

H.  Sachs  III.  2,  ISS*; 
gell  aurgenommen  nach  der  baus.   111.  3,  72'; 
sie  zechten  redlich  nach  der  baus 
und  läneo  alle  gläser  aus.    Spre.ig  lt.  14S'; 
wer  es  darmit  Berichtet  aus, 
wir  konien  beide  nach  der  baus 
einander  wol  den  hoben  buuen.    465'; 
die  wirt  tragen  den  bauren  den  wein  und  hier  nach  der  pau« 
auf,  beiten  und  borgen  ihnen.  Albertiss  Cujman  465;  andere 
haben   den  wein   mit  kübeln  und  anderm  geschirr  nach  der 
baus  ausgetragen  und  verschlembt.  Reinbards  Werlheim  gegen 
Würzburg  161S  *.  245 ; 

er  ging  für  eines  wirtes  haus, 
da  saszen  spiler  in  der  baus, 
die  ganze  nacht  hatten  sies  triben. 

i,  HitiwKAj  fiuchtpigtl  1974  f.  31. 


In  folgender  stelle  begegnet  noch  die  ursprUngliche  bedeutung 
tumor:  heilet  die  dicken  roten  geschwerlin  oder  bansen  des 
haupts.  Taberxaemostancs  s.  677,  doch  läszt  sieJi  nicht  mit 
Sicherheit  auf  einen  sg.  baus  schlieszen,  er  könnte  auch  bause 
lauten,  ganz  etwas  anders  war  das  mhd.  fds  =  patua. 
üelbl.  1,  617. 

BAUSACHE,  f  materies.    mhd.  büsache.  Trist.  217, 16. 

BJ^USAND,  m.  sabulum  aedificando  aptum,  grober  sand: 
so  hets  auch  kaikstein  und  bausand.    Atrer  121*. 

BÄÜSBACKE,  m.  bucco,  eui  genae  tument,  einige  schreiben 
pausback  oder  gar  pfausback :  ein  pfauszback,  der  aufgeblaszne 
backen  hat.  Dasypodics  S/rasafr.  1537.  20';  ein  pfauszback,  der 
aufgeblasne  packen  hat  Joa.  Serrancs  diction.  latinogerm.  Sümb. 
1539  cö';  pfausz,  bauszbacken  aufgeblasene  backen,  buccae 
inßatae,  tumidae.  Hemsch  1616.  bl.  167 ;  der  grosz  bauszbacken 
hat,  pfeifersbacken  oder  groszmaul,  bucco.  ebenda;  in  Rol- 
lenhagess  froschmeuseler  ist  bausback  {gen.  hausbacken)  da« 
gr.  fvaiyva&oi;  geh  fort  triefäugige  pausbackel  Hermes 
Soph.  reise  3,  661,  in  der  letzten  stelle  ist  es  weiblich  gebraucht, 
der  mann  redet  seine  frau  so  an.    s.  hausen. 

BAUSBÄCKIG,  gena  tumidus,  turgidus:  bausl^ckige  engel; 
ein  bausbäckiger  knabe,  mit  derben,  gesunden  wangen; 

doch  mein  ursobn  hat  zwölf  pausbackige  kinder. 
Plate!«  252. 
B.\USCH,  pl.   bausche,  mhd.    bftsch,  pl.  biusche  (Bek.  1, 
2S5')  tumor,  wulst,  geschwulst. 

1)  schwellender  schlag,  beule,  idus,  mhd. 

Bichart  von  Engelianden 

sluoc  im  da  starke  biusche.    tumei  von  N.  131 ; 

da?  ir  dem  kinde  hat  gegeben 

als  ungevüege  biusche".    Otto  hart  137. 

2)  wulst  des  satteis,  torus,   sinus  sellae: 

da?  ich  im  von  dem  satel  dan 
,  reit  büsch  und  ouch  den  siegereif,    frauend.  270,  17. 

noch  heute  nennen  die  sattler  solche  erhöhungen  bSasche,  vgl. 
baner  des  salteis  sp.  1117. 

3)  ausgestopfter  wulst,  den  kinder  beim  gehenlernen  tragen, 
umbella,  fallhut,  hauptring  von  lach  oder  stroh,  den  frauen, 
wenn  sie  körbe  tragen,  aufs  haupt  legen,  cestieillus;  überhaupt 
ein  weich  und  naehgibig  gestopftes  kissen:  wann  er  auf  den 
ars  ful,  so  schads  im  nichts  an»  köpf,  das  macht  die  kinder- 
pauschen  waren  wol  gestopft.  Garg.  120'.  heute  in  Schwaben 
bausch  und  baust.  Schmid  51.     bausch  machen,  falten  werfen. 

4)  zusammengelegte  leinwand  auf  wunden  oder  geienke,  com- 
presse,  penicillus:  bausch  oder  beuschle,  das  die  wundarzet 
oben  auf  das  zügli  legend,  wenn  sie  einen  verbindend,  sple- 
nium.  Maaler  51'  ;  langlechter  bausch  den  man  überlegt.  He- 
NiscH  224 ;  lasse  solche  fasen  auf  der  wunden  ligen,  lege  einen 
dicken  leininen  bausch  darüber  und  binde  die  wunde  wol  zu* 
Wlrtz  practica  89.  117;  durch  erfahrung  nicht  so  viel  lernen, 
wie  man  einen  bausch  binden  oder  ein  gebund  machen  solle. 
gespenst  116. 

5)  bausch,  schöpf  dolde  des  baums  und  der  blume,  um- 
bella: bäum  mit  rundem  bausch,  arbor  in  orbem  comala; 
bausch,  kröne  des  gewächses.  He.msch  224;  bausch  biumen, 
umbella  florum.  Stei.nbacb  1,  79.    vgl.  buscb,  büschel. 

6)  gebund  Stroh,  Corona  facta  convoluio  Stramine,  drei  bausche 
Stroh,  ein  bausch  stroh,  auf  dem  Westerwald,  in  der  WeUerau 
eine  schütte,  ein  gebund  stroh. 

7)  bei  grenzen  heiszt  bausch  die  auswärts,  böge  die  ein- 
wärts gehende  fläche,  bausch  das  scltwellende,  böge  das  ein- 
biegende, daher  die  redcnsart  in  bausch  und  bogen,  eins  ge- 
gen das  andere,  im  ganzen,  in  folle  genommen;  etwas  in 
bausch  und  bogen  kaufen,  arersione  emere,  so  dasz  was  auf 
der  einen  seile  abgeht  die  andere  wieder  einbringt  (»id.  im 
rämter,  im  ramp,  im  nimmel,  im  rumpslump,  in  der  mse 
kopen):  diese  unvollkommenheit  besteht  darin,  dasz  die 
menschliche  gerechtigkeit,  wenq  strafen  und  belohnungen  col- 
ludieren,  nicht  anders  als  durch  die  wenigere  bestrafung  be- 
lohnen und  durch  die  wenigere  belohnung  bestrafen  kann, 
mit  einem  worte,  dasz  sie  in  dergleichen  fallen,  wie  der  aus- 
druck  ist,  in  bausch  und  bogen  bestrafen  und  belohnen 
musz.  Lessi^ic  »,  172 ;  handelten  darüber  im  bausch  und  bo- 
geu.  Moser  l,  389; 

nehmt  nur  mein  leben  hin,  in  bausch 

und  bogen  wie  ichs  führe, 

andre  verschlafen  ihren  rausch, 

meiner  steht  auf  dem  papiere.    Götue  4,  330; 

weil   man   alles  nur  zu   gunsten   der  newtonischen  lehre  ia 
bausch  und  bogen  genommen  hat.  54,  46 ; 


1199 


BAÜSCHADE  — BAÜSELIG 


BAUSEN—BAUSIMIG 


1200 


zusammen  läszt  sich  mancher  drängen, 
ihn  aber  steckt  man  gern  in  bausch  und  bogen  ein. 
Platen  61f 

8)  bausch,  gleich  dem  vorausgehenden  baus,  compolatio,  cra- 
pula:  wohin  denn  nun  mit  so  manchem  vollsauf,  welcher 
also  im  dicksten  rausch  und  bausch  den  geist  aufgibet.  Simpl. 
1, 102.    ;.  bauschen. 

BAÜSCHADE,  m.  viliutn  in  leclo:  ausbesserung  eines  gro- 
szen  gefahrlichen  bauschadens  am  dachstuhl  des  kölnischen 
doms.  GöTHE  39,  366. 

BAUSCHE,  m.  was  bausch,  die  schwache  form  statt  der 
starken:  ein  bauschen  stroh.  fama  fratrum  {der  rosenkreuzer) 
101,  heute  in  Schwaben,  am  Rhein  ein  bösen ;  panschen  an 
den  ermelin.  Garg.  136';  kinderpauschen  (s.  bausch  3).  in 
Baiern  ist  der  bauschen  ein  reiserbündel.  Schmeller  1,  213. 

BAÜSCHCHEN,  n.  penicillus,  auf  wunden  zu  legen. 

BAUSCHECHT,  turgidus:  auch  must  es  (das  kleid)  pfau- 
secht, bauschecht  sein  zwischen  den  schnitten,  das  der  blau 
damast  und  taffat  heraus  boschete.  Garg.  114*,  in  merkwür- 
diger häufung  der  formen  pfausecht  und  bauschecht.  s.  bau- 
schen und  hausen. 

BÄUSCHEL,  «.  exta,  das  gesamte  obere  eingeweide  eines 
geschlachteten  thiers,  herz,  lunge,  milz  und  lebet.  Höfer  1,  67. 
in  Baiem  bäuschlein.  Schm.  l,  213.  bergmännisch  aber  ist 
bausche!  ein  schwerer  hammer,  mit  dem  die  wände  der  gruben 
zerschlagen  werden,  s.  bauschen  1.  Garg.  83'  scheint  peuschel 
ein  bauschiges  trinkgefäss. 

BAÜSCHELN,  ungeschickt  zusammenlegen.  Schmid  schwäb. 
wb.  51. 

BAUSCHEN,  in  doppeltem  sinne, 

1)  transitiv  ferire,  schlagen,  schwellen  machen,  bair..  zu- 
sammenschlagen, legen.  Schmeller  I,  213;  ausbauschen,  ab- 
dreschen,  prügeln.  1,  214.  Schmid  51.  Höfer  1, 67 ;  mhd.  biuschen 
oder  biuschen : 

mit  siegen  er  in  biuste:  viuste.   Lanz.  1927; 

von  nitlichen  sporslegen 

begundens  d'ors  biuschen:  riuschen.    2545, 

in  der  ersten  stelle  steht  biuste  /".  biuschte,  böschte,  in  der 
andern  würde  besser  gelesen  böschen :  röschen,  nhd.  bauschen : 

ein  spilmann,  der  die  speis  und  trank 
nicht  annimpt  zu  verniig  und  dank, 
sondern  wil  gelt,  schilt,  kleider  han, 
dem  gschicht  auch  kein  unrecht  daran, 
ob  man  ihn  schlägt  und  bauschet  frei. 

I'HILANDER  1,  381  (383). 

hierzu  stimmt  bausch  1,  iclus,  zwischen  bauschen  und  dem 
oben  unter  bauke  gemutmaszten  piochan,  püchan  tundcrc  blickt 
aber  deutliche  verwandtschaß  durch,  büschen  könnte  aus  hu- 
chisün  hervorgegangen  sein,  und  sich  weiter  auch  mit  beule 
berühren,  östr.  stroh  oder  heu  bauschen,  übereinander  rol- 
len ;  der  salat  läszt  sich  bauschen,  beim  essen  über  die  gabel 
rollen;  seinen  gegner  bauschen,  im  ringen  überwinden,  s.  her- 
nach bausen. 

2)  intransitiv  tumere,  turgere:  das  polster,  der  ermcl  bauscht; 
als  sie  vorüber  schritt,  bauschte  ihr  gewand ;  das  hemd  stark 
bauschend;  ich  arbeitete  mich  in  meinem  bauschenden  nacht- 
mantel  den  stamm  hinan.  J.  Paul  paling.  1,  66.  s.  aufbauschen. 

BAUSCHIG,  was  bauschecht. 

BAUSCHKAUF,  m.  emtio  per  aversionem. 

BÄUSCHLEIN,  n.  penicillus:  ein  lager  mit  untergelegten 
panschlein.  Ett.ners  hebamme  357;  nachdem  nehme  ich  das 
kind,  lege  es  auf  die  windeln,  setze  ihm  das  leinene  hüub- 
lein  mit  dem  bäuschlein  aufs  köpflein.  814.  in  Baiern  wulsl 
und  eompresse.  Schmeller  1,  213. 

BAUSCHREIBEH,  m.  rechnungsführer  bei  bauten. 

BAUSCHUNG,  f.  lumor:  die  rocktaschen  standen  in  son- 
derbaren bauschungen  weit  vom  leibe  ab.  Imhermanns  Münch- 
hausen  1,  275. 

BAUSCHUTT,  m.   rudus. 

BAUSE,  /".  aversio?  bausch?  safran  gibt  man  nach  dem 
gewicht,  gibt  in  nit  nach  der  bause.  VVitze.nb.  95.  oder  nach 
der  baus,  ubertim? 

BAUSE,  f.  adumbratio,  den  künstlem  der  enlwurf,  das  mo- 
deil, franz.  bosse  und  ebaucl>e,  it.  ahhozzo,  wol  auch  durchzeich- 
nung,  und  wieder  ist  bosse,  bozza  auch  tumor,  so  dasz  verwandt- 
schaß mit  unserm  bausch  nicht  unwahrscheinlich  wird. 

BAUSECHTIG,  turgidus:  die  haselmaus  hat  grosze  bau- 
sechtige  äugen.  Forer  thierb.  lio'.  offenbar  eins  mit  bauschechtig. 

BAUSELIG,  tn  doppelter  bedeutung, 


1)  im  bau  begriffen:  alle  bawsäligen  wand  mit  ongeartem 
mörtel  verworfen.  Frank  parad.  11. 

2)  arando  fessus :  wann  der  bauselige  ackersmann  das  feld 
geackert.  gespenstiO.    vgl.  arbeitselig,  mühselig. 

BAUSEN,  in  zwiefachem  sinn, 

1)  tumere,  turgere:  hatte  ein  weit  breit  angesicht  mit  bau- 
senden backen,  ein  scharf  manlich  gesiebt  ...  wann  er  zor- 
nig war,  so  bauseten  und  floderten  im  seine  backen  und 
stunden  im  herlich.  Limburger  chron.  81;  pawsen  turgere. 
vocaö.  1482;  der  bauch  bauset  hervor.  fcucA  der  nalur,  Augsb. 
1483;  die  träubeln  fangen  an  mit  glenz  daher  zu  bausen  und 
zu  zeitigen.  Albertinus  de  conviviis  1598  bl.  98  ;  und  sind  seine 
äugen  weit  ausher  bausend.  Forer  ßschb.  37";  hat  weite  bau- 
sende äugen  als  stieraugen.  86'; 

für  faisiem  spek  si  bausen  strutzig.  MELissosp».  F4'; 

baust  dir  nicht  der  neser,  bas  Eis? 

und  bauset  dir  der  neser  nicht, 

so  kauf  ich  dir  der  kirbe  nicht 

vier  pfenwert  da.       sieben  lächerliche  geschwätz  16/17 /fc.; 

die  tobendbrausendlaute  wind, 

weil  sie  zu  bausen  sehr  geschwind.    Weckherlin  540; 

wenn  alles  gar  nach  herzenswunsche  geht, 

so  bleht  sich  auf,  als  ausgespannte  segel, 

sein  geist,  der  paust  und  lebet  ohne  regel 

bis  endlich  er  sich  selber  überschlagt. 

ScHÖNBORN  bei  Gryphius  2,  504. 

2)  largtler  polare,  schlemmen  und  demmen :  mancher  schlempt 
als  hab  ers  im  krieg  geraubt,  er  baust  als  hab  er  sein  gut 
gefunden.  Agricola  spr.  317'.  Frank  spr.  l,  43"; 

grillen  im  köpf  hat  er  sausen 
von  überschwenklichem  bausen. 

Freidank,  Worms  1539  cap.  29  hl.  18 ; 
halt  du  dein  Martinsgans  jeizund, 
dis  kompt  lürwar  nit  allen  stund, 
und  wann  einmal  hast  nichts  zu  bausen 
so  faste  mit  sanct  Niciausen. 

FiscHARTs  Eulensp.  bl.  15 ; 

wann  er  dann  nun  genug  gespielet,  gerasselt,  gefesselt,  ge- 
kesselt und  die  zeit  verrammelt  hett,  da  wolt  sich  auch  nun 
in  alle  weg  gebüren,  ein  weil  zu  bausen  aus  der  krausen. 
Garg.  170'.    s.  verbausen,  verbutzen. 

Zu  dieser  zweiten  bedeutung  stimmt  die  oben  bei  baus  ent- 
faltete von  fülle  und  zeche,  sowie  ein  zwar  bei  Weiland  un- 
verzeichnetes,  aber  in  älteren  Wörterbüchern  stehendes  nnl.  buis 
ebrius,  buisken  zechgesell,  buisen  zechen,  boire  ä  grands  traits, 
und  ein  engl,  bowzy  ebrius,  bowze  oder  bouse  zechen,  der 
ersten  bedeutung  des  schwellens  hingegen  entspricht  unverkenn- 
bar die  von  bauschen,  und  wie  sonst  viele  nhd.  SCH  aus  altem 
S  entspringen  (wirsch,  kirsche,  birschen,  herschen  für  wirs, 
kirse,  birsen,  hersen);  so  scheint  hier  umgekehrt  bausen  auf 
'bauschen  zurü^kzuleiten,  das  sich  daneben  behauptete,  wenn 
man  nicht  bauschen  selbst  aus  jenem  büchison,  wie  herschen 
aus  herisön  sich  zu  deuten  getraut,  in  jedem  fall  müssen 
bausen  und  bauschen  zusammentreffen. 

Auch  die  begriffe  des  schwellens  und  schlemmens  scheinen 
vereinbar,  der  säufer  schwillt  auf  von  wein,  schwellt  sich  an 
mit  gctrdnk  und  die  freilich  scharf  gcschiednen  verba  suellan  sual, 
suelhan  suaih,  unser  schwellen  und  schwelgen  können  höher  auf- 
wärts nah  verwandt  sein,  selbst  tumere  unmittelbar  zu  teraulen- 
tus,  temelum  zu  stellen  hindert  nicht  die  kürze  des  U,  die  länge 
des  E,  wie  denn  tuber  langen  vocal,  gr.  tiXt]  und  tvXos  =» 
wulst,  jenes  langen,  dieses  kurzen  vocal  besitzen,  man  musz 
auch  bauz  =  bausch  für  den  schwellenden  most  erwägen. 

hl  das  angegebne  Verhältnis  zwischen  bauschen  und  bausen 
gegründet,  so  darf  man  bausen  nicht  mit  pfausen  blasen  ver- 
binden wollen,  wie  nahe  auch  dem  tumere  die  Vorstellung  in- 
flare  und  dem  bausbacke  der  pfeifersbacke  liegt,  Henisch 
stellte  darum  pfausbacke  nur  neben  bausbacke,  Fischart  pfau- 
seclit  neben  bauschecht,  es  blieben  ihnen,  bei  aller  berührung, 
verschiedne  Wörter,  hätte  Rollenhagen,  als  er  fvaiyvad'os 
durch  das  längst  in  der  spräche  vorhandne  bausback  wieder- 
gab, an  (fvaav  gedacht,  so  würde  auch  in  seinem  werke  das 
verbum  bausen  nicht  mangeln;  es  kommt  aber  niemals  vor, 
so  oß  dazu  anlasz  gewesen  wäre.    s.  pfauchen  und  pusten. 

3)  bausen,  den  künsllern  entwerfen  und  übertragen,  adum- 
brarc,  it.  abbozzarc,  franz.  ebaucher.  s.  bausc  und  durch- 
bausen,  durchpausen,  durchzeichnen. 

BAUSINN,  m.  sensus  aedificandi,  geschieh,  geschmack  im  bauen. 

BAUSINNIG,  von  Albr.  Dürer:  anschlegig,  bausinnig,  der 
alle  gebew  von  grund  wüsto  anzugeben  aus  rechter  kunsU 
Frank  chron.  243*. 


1201 


BAÜSORGE  —  BAUWESEN 


BAmvCRDIG— BE 


1202 


BAUSORGE,  f.  aedißcationis  cura: 

ein  zeisig,  der  sein  nest  Dur  eben  angelegt, 

Tersan?  an  eioem  heitern  morgen 

den  schlaf,  die  bau-  und  nahrungssorgen.    Hagedorn  2,  123. 

BAUST,  fTJ.  schwäbisch  ßr  bausch,  wulsl.  Scumid  51. 

BAUSTÄNDIG,  sartus  lecius,  in  gutem  bau  und  stand:  als 
die  weitschweifige  last  hiesigen  groszen  regimentes  bawstündig 
und  bei  seinen  würden  erhalten  wird.  Opitz  Hugo  Grol.  vorr. 
s.  2S2 ;  hauständig  bleiben.  Lobexsteis  Arm.  2,  963. 

BAUSTATT,  BAUSTÄTTE,  f.  area,  bauplatz. 

BAUSTEIN,  m.  lapis  ad  aedißcandum  utilis. 

B.\USTELLE,  f.  u-as  baustätte:  er  blickte  über  die  weite 
baustelle  seines  künftigen  lebens.  J.  Paul  TU.  1,  78. 

BAUSTEN,  turgere  gibt  Stieler  110  als  gleichbedeutend  mit 
bausen :  das  küssen  ist  so  voll  federn,  dasz  es  haustet ;  er 
baustet  daher  als  ein  hopfensack:  vor  hoffarl,  vor  zorn  bauslen. 
dies  bansten  käme  dem  pfausten  und  pusten,  ßare,  inflari 
am  nächsten,  könnte  aber  aucli  ans  altn.  haust,  bust  fastigium 
gemahnen,  doch  wieder  nichts  als  bauschen  sein.  tgl.  baust, 
verbausten,  verbausen. 

BAUSTER,  m.  anhelator,  asthmaticus.  Sheler  lll. 

BAUSTERIN,  f.  anhela,  aegre  spirans. 

BAUSTERLI ,  n.  ein  gespenst,  verviummtes  «esen.  Stalder 
1, 149.    sonst  auch  pusterli. 

BAUSTERN,  turgere,  bauschen,  sich  auftragen,  von  tuch. 
Stalder  1, 148.  transitiv  aber  was  bastgen,  baschgen  meistern, 
zähmen,  use  baustern,  herausjagen.  1, 149. 

BAUSTCCK,  n.  maleries:  baustOcke  liefern;  ein  baastück 
in  einem  Systeme.  Kant  6, 15. 

BAüSUCHT,  f.  nimium  aedificandi  Studium.  Lobesst.  Arm. 
1,  679. 

BAUSCCHTIG:  graf  Bantzow  ist  nicht  bausüchtig  {es  steht 
bausichtig),  sondern  pflegt  zu  sagen,  ein  haus  sei  ein  böses 
capital.  ScHLPPius  55. 

BAUSZEN,  adv.  wie  binnen,  =  beauszen,  alts.  biAtan, 
mhd.  in  thüringisch  hessischer  gegend  bäjen  z.  b.  myst.  17, 1.  2. 
von  bü^en,  ahd.  büjan. 

BAUT,  f.  fundamcnlum?  oder  ist  es  beute,  nnl.  buit? 

bab  ir  vertraut  auf  guter  baut 

der  herzallerliebsten  mein, 

ich  wil  sie  noch  wol  Gnden.    Uhlasi»  122. 

BAüTAG,  m.  dies  operum,  tag  an  dem  gefröhnt,  gebaut 
«erden  musz. 

BAUTE,   f.    aedißcium,  der  pl.  bauten  stellt  sich  gern  zum 
sg.  bau:  es  sind  manche  neue  bauten  im  werk; 
der  lindenraum,  die  braune  baute, 
das  morsche  kirchlein  ist  nicht  mein.    Göthk  41,302; 

das  aller  der  kirche  entschied  neben  dem  alter  des  fiirsten- 
paars  die  baute  einer  neuen  dachung  und  kapse!  für  die 
gruft.  J.  I'acl  ri/.  1, 151;  das  beste  wäre  die  baute  eines  ähn- 
lichen Winterkastens  gewesen,  biogr.  bei.  1,  9.  diese  jetzt  übliche, 
ton  Adelung  noch  nicht  aufgenommene  Wortbildung  verslöszt 
gegen  das  gesetz  unserer  spräche,  das  baude  fordert,  welches 
auch  vorhanden  ist  (vgl.  gebäude).  es  scheint  aber  nach  dem 
folgenden,  ganz  andern  wort  unrichtig  eingeßhrl. 

BAUTE,  /■.  alvearium,  schon  ahd.  piuta  (Graft  3,  13.  327) 
und  auch  jetzt  noch  ist  beute  die  gewöhnliche  form,  in  Schle- 
sien hört  man  baute,  klotzbaule,  weil  solche  bienenstüc-ke  aus 
holen  baumkliitzen  gefertigt  werden,  das  sl.  wort  lautet  böhm. 
brt,  russ.  bort ',  poln.  bare,    mehr  unter  beute. 

BAUÜNG,  f  aedificalio :  mhd.  böunge  pass.  K.  268, 20.  275, 90 ; 
ir  {der  tugend)  bawunc  bringet  ewig  freiid. 

SCHWARIEJIBKHC  150,  2; 

ich  sollte  die  bauung  anstellen  aufs  beste  ich  möchte.  Schweim- 
CHEJ«  3, 125 ;  bauung  und  Vertröstung.  Melissls  ps.  5' ;  von  bauung 
der  Stadt  Rom.  Ayrer  1*.    heute  unüblich,  so  häufig  erbauung  ist. 

BAU!  NTERNEHMEH.  m. 

BAUl  NTERNEHMING,  f 

RAI'VERSTANDIG,  aedificandi  peritut :  einen  jungen,  bau- 
verständigen. GöTHE  26,  32. 

BAUVERWALTER,   m. 

BAUVERWCSTUNG,  f.  HmiL  an  Joh.  Müller  126. 

BAL  VOGT.  m. 

BAUWEISE,  f  GöTOE  39,  358. 

BAUWERK,  n.  aedificium.  Brocies  3,  325.  das  bauwerk  der 
sprachen. 

BAUWESEN,  n.  opus  aedificandi:  vielleicht  komme  ich 
nächste  woche  auf  einen  tag  und  sehe  dann  vielleicht  auch 
das  theatralische  bauwe.<sen.  Schiller  an  Göthc  4S8. 


BAUWÜRDIG,  aedificatime  dignus.  bauwürdige  grübe,  fo- 
dina  benigna. 

BAUWUST,  m.  squalor  aedißcationis :  ward  sie  durch  den 
bauwust  des  hauptgebäudes  nach  dem  Seitenflügel  geführt, 
Arnim  kronenw.  I,  83. 

BAUWUT,  /".  insanum  aedificandi  Studium. 

BAUZ,  ausnifdes  knallens  und  fallens:  bauz !  er  stürzt.  Götbk 
8,98  (die  früheren  ausg.  baul  42,  126.  350);  bauz,  baradauz! 
der  götze  liegt  am  boden.  36,112;  bauz,  da  lag  er!   s.  bardauz. 

B.\UZ,  m.  im  schwäbischen  Seeland  heiszt  so  der  süsze  weinmost. 
auch  bei  Stalder  1. 149  bauz,  beiz,  von  bauschen  schwellen. 

B.\LZEN.  ßav^etv,  bauburi,  latrare,  ein,  wie  ganzen,  den 
schall  bau  bau,  gau  gau  wiedergebendes  wort,  auch  mit  Über- 
gang des  U  in  V,  F  dem  baß"en  und  büfzen  (sp.  1075)  nahe 
liegend,  baubare,  bautzen,  bellen  wie  ein  hund.  Dasypoü.  18"; 
befzen,  bautzen,  bellen  wie  ein  hund.  Jon.  Serrancs  c  3' ; 

er  bulstert,  bautzt  den  kirchhof  an, 
wird  bald  auln  rück  zur  kirchen  gan.    Etrixg  1,566; 
und  tbut  in  wie  ein  hund  anbauizcn.    2,  40; 
gauizcn  und  bautzen  wie  die  hund.    2,  147. 
Stalder  1, 149  hat  daßir  bautschen,  trie  man  auch  gautschen 
schreibt,  bautschi  ist  eine  benennung  des  hundes.    bautzen  be- 
zeichnet  in  Graubünden   das  gesehrei  des  «aldhahns,   was  an 
balzen  (sp.  1094)  erinnert. 

BAUZEUG,  m.  und  n.  materies,  bausache,  baugerälh: 
von  blümlein  ist  erwöhlet  der  bawzeug.    Spee  tntlzn.  135; 
der  bauzeug.  Kant  2,  535 ;  das  bauzeug  der  mefaphysik.  3, 186. 
BAXEN, pu^nJs  certare,  engl,  box,  schw.  baxas,  boxas,  dän.  baie : 

man  batet  sich,  man  lärmet, 
ach,  wo  will  das  hinaus.    Bürger  IS*; 
die  drüben  baxen  sich  um  ein  herzogthum.  Scbiller  175*. 

BE,  eine  partikel,  deren  buchstäblicher  verhalt  zu  dem  ganz 
nahen  bei  vor  allem  erwogen  werden  musz.  dieselbe  doppel- 
form erscheint  auch  im  nnl.  be  tind  bij,  mhd.  be  und  bi,  pa- 
rallel dem  nnl.  te  und  toe,  mhd.  ze  und  zuo,  während  heute 
das  ze  dem  zu  ganz  gewichen  ist.  ahd.  entsprechen  pi  und 
pi,  zi  und  zuo,  doch  bieten  sich  für  pi  auch  pa  und  pe,  ßr 
zi  auch  za  und  ze  dar,  welche  pa  pi  pe,  za  zi  ze  wiederum 
dem  ka  ki  ke  oder  ga  gi  ge  statt  des  heutigen  ge  gleichen, 
selbst  nhd.  läszt  sich  in  älteren  Urkunden  zuweilen  noch  bo 
für  be  blicken,  alts.  laufen  be  und  bi,  te  und  tö  neben  ein- 
ander, ags.  be  und  bi  oder  big,  docli  te  ist  dem  tö  ganz  ge- 
wichen, altn.  mangeln,  was  einen  hauptgegensatz  nordischer 
zunge  zur  deutschen  bildet,  diese  partikeln  sämtlich,  es  gibt 
kein  altn.  be  ze  ge  noch  bei  zu,  und  wo  neunordisch  be 
und  ge  auftreten,  sind  sie  uns  abgeborgt,  nicht  minder  er- 
heblich ist,  dasz  die  golh.  spräche  nur  die  kurzen  formen  bi 
du  ga  kennt,  und  weder  ihr  bi  in  bei,  noch  ihr  du  in  dö  rer- 
längert.  dies  pi  und  zuo,  dies  big  und  to  hat  die  ahd.  und 
ags.  spräche  vor  der  gothischen  voraus. 

Es  scheint  nun  ein  ßr  die  geschichle  der  partikeln,  folglich 
der  spradie  überhaupt  wichtiger  grundsatz,  dasz  die  volleren 
und  schwereren  formen  hier  an  alterthum  den  stumpferen  und 
gekürzten  vorangehn  und  in  höherem  grad  als  diese  liclil  auf 
den  ursprting  des  Worts  fallen  lassen  können,  da  wir  aber  an 
dem  pi  und  zuo  rorzu^sireise  praepositionskraft  haften  sehn 
und  es  der  partikelbcdeutung  an  pi  und  zi  genügt,  so  begegnet 
auch  hierin  eine  hestdrkung  der  öfter  ausgesprochnen  ansieht, 
dasz  die  praeposition  der  partikel  vorausgegangen  sein  müsse, 
mit  andern  warten,  die  partikel  erst  aus  der  praeposition  ab- 
gesclilißfen  sei. 

Solches  alles  näher  auszußhren  und  in  fruchtbaren  anwen- 
duugen  zu  erläutern  gehört  nicht  an  diese  nur  der  partikel  und 
dem  praeßx  be  gewidmete  stelle,  soll  aber  eine  Vermutung  über 
den  Ursprung  der  wörler  be  und  bei  wagen  helfen,  nehmen 
wir  ßr  die  praeposition  in  den  begrif  inn,  inni  domus.  ßr 
altn.  hiä,  nn.  hos  die  begriffe  heiv,  hin  familia,  hüs  domus 
in  anspruch,  warum  sollte  nicht  auch  bei  geradezu  auf  die 
Vorstellung  bau  und  bauen  leiten,  dem  in  bin,  beon,  fio,  üeri, 
-ficio  der  vocal  I  angeeignet  wurde?  wie,  hallt  im  ags.  big 
nicht  das  G  ton  hagms  und  bagvan  nach  ?  (nicht  anders  als 
in  igland  =  eäland  der  kehllaut  von  aha,  ahva,  aqua),  will 
also  bei  nicht  ursprünglich  sagen  im  bau,  im  hause,  wie  frans. 
chez  in  casa? 

In  dergleichen  lassen  uns  doch  die  urverwandten  sprachen 
nicht  so  hell  und  tief  auf  den  grund  schauen  als  die  eigne, 
wir  gewahren,  dasz  golh.  bi,  ahd.  pi  eins  sei  mit  skr.  abhi 
und  büi  (Bopp  gloss.  16*),    lat.  ob,    sl.  ob,  aber  auch  mit  gr. 

76 


1203 


BE 


BE 


1204 


nficpl,  lat.  amb-,  alid.  umpi,  wo  der  lippenlaut  das  M  heran- 
zog, und  zur  besldtigung  gereicht,  dasz  goth.  bi  zugleich  die 
bedeutung  von  umpi,  circum  erfüllt,  weil  das  beiseiendc  auch 
umgibt,  was  um  mich  ist  auch  bei  mir  ist.  in  abhi,  aiifi, 
im  casussuffix  -blii  und  -fi  erscheint  wiederum  die  consonanz 
von  bhu  und  fico.  unterschieden  von  abhi  ist  api  super,  gr. 
inl,  goth.  uf  iifar,  sl.  po,  so  wie  apa,  anö,  lat.  ab,  goth.  af, 
ahd.  aba,  doch  zeigt  das  lat.  apud  gehallen  zum  skr.  abhitas 
gleichfalls  die  bedeutung  bei,  und  auch  api  und  eTti  könnten 
fortschiebungen  von  abhi  sein. 

Nhd.  kommt  be,  auf  welches  sich  jetzt  die  Untersuchung 
zurückzieht,  nicht  mehr  als  praeposition,  nur  als  untrennbare 
Partikel  vor,  durch  welche  die  Wörter,  denen  sie  vortritt,  mehr- 
fach bestimmt  werden,  praeposilionskrafl  steht  nur  dem  bei  zu. 

I.  vor  dem  v  erb  um  hat  be 

1)  die  bedeutung  von  circum,  was  die  verwandtschaß  zwi- 
schen bi  und  iimbi  bestärkt,  sehen  ist  das  blosze  schauen, 
ansehen  das  auf  einen  gegenständ  gerichtete  schatten,  besehen 
das  schauen  nach  allen  seilen,  der  einen  bäum  beschneidende 
gärtner,  einen  marmor  behauende  künstler  schneidet,  haut  nicht 
nur  an,  sondern  ringsum,  überall,  bewachsen,  berasen  ist  mit 
laub,  mit  gras  umzogen  werden,  herba,  graminc  vestiri;  bear- 
beiten umarbeiten;  bearmen  umarmen;  bebinden  umbinden; 
befangen  umfangen. 

2)  es  drückt  aber  auch  die  vollendete  eimcirkung  auf  einen 
gegenständ  aus  und  bildet  lauter  transitiva  mit  dem  acc.  der 
person  oder  sachc:  treten  betreten,  greifen  begreifen,  rühren 
berühren,  gieszen  begieszen,  scheinen  bescheinen,  leuciiten 
beleuchten,  sciiauen  beschauen,  sehen  besehen,  traciiten  be- 
trachten, achten  beachten,  sitzen  besitzen,  setzen  besetzen, 
riechen  beriechen,  säen  besäen,  graben  begraben,  sprechen 
besprechen,  reden  bereden,  denken  bedenken,  schreiben  be-" 
schreiben,  weinen  beweinen,  hüten  behüten,  niesen  beniesen 
u.  s.  w.  häufig  läszl  sich  das  Werkzeug  hinzudenken,  mit  dem 
die  handlung  vollbracht  wird:  mit  den  füszen  betreten,  mit 
den  bänden  begreifen,  mit  den  fingern  berüiiren,  mit  den 
äugen  betrachten,  mit  dem  körn  besäen  «.  s.  w.  Dasz  auch 
ahleitungen  auf  in,  rn  des  be  fähig  sind  versieht  sich,  z.  b.  be- 
spöttein, befördern,  bewundern,  selbst  undeutsche  Wörter  kön- 
nen durch  annähme  des  praefixes  noch  transitiver,  als  sie  ge- 
wöhnlich schon  an  sich  sind,  gemacht  werden,  z.  b.  wir  sagen 
einen  becompiimentieren,  begratulieren,  bequartieren  und  nnl. 
bestudeercn,  wie  nhd.  einstudieren. 

3)  der  mehrzahl  solcher  Zusammensetzungen  liegt  schon  ein  ein- 
faches, oß  gleichbedeutiges  verbiim  unter,  indessen  bildet  man  sie 
auch  von  Substantiven  unmittelbar  und  sagt  z.  b.  bemäntein,  bene- 
bein, beseelen,  bemitleiden,  bewillkommen,  beurlauben,  ohne 
dasz  ein  verbum  mäntcln,  nebeln,  seelen,  mitleiden,  willkom- 
men, Urlauben  üblich  oder  zulässig  wäre,  in  bebändern,  bebil- 
dern, begeistern  {und  entgcistern),  bevölkern  (entvölkern)  ist  das 
paragogische  R  mit  eingelassen,  beglückwünschen  hat  glück- 
wünschen  zur  grundlage,  den  Franzosen  genügt  aber  für  beide 
feliciter.  nnl.  kommt  vor  bebolwerken  und  bewierooken,  wo- 
für wir  verbollwerken  und  beräuchern  sagen,  unsere  geschäßs- 
leute  können  weder  reden  noch  schreiben,  ohne  sich  der  steifen 
Wortbildungen  beanspruchen,  beantragen,  beanstanden,  befür- 
worten {oder  bevorworten),  begutachten,  bemängeln,  bewahr- 
iieit«n,  beachselzucken,  beaugenscheinigen  und  ähnlicher  zu 
liedienen.  sie  möchten  überall  die  accusativconslruclion  heran- 
fiUiren.  Einigemal  bleibt  auch  zweifelhaß,  ob  schon  ein  ver- 
bum vorhanden  war  oder  erst  atts  dem  subst.  gebildet  wurde, 
2.  b.  beldumen,  beschuhen,  befingern  aus  blumcn,  schuhen, 
fingern  oder  gleich  aus  blume,  schuh  und  Finger,  doch  sind 
andere,  wie  bevormunden,  bepantolTeln,  bemuscheln,  bekoral- 
len,  beschienbeinen  sichtbar  aus  dem  subst.  hervorgegangen. 

4)  kühn  erzeugt  die  heutige  spräche  aus  Substantiven  mit 
dem  praefix  be  spöttische  verba  zur  rüge  falscher  anmaszung 
oder  im  Wortspiel:  ich  will  dich  bevatern,  bemuttern,  bege- 
vattern,  gegen  einen,  der  sich  unbefugt  als  vater,  mutler,  ge- 
valter  angestellt  hatte,  du  sollst  bcthaierl,  begoldstiickt  wer- 
den, d.  h.  prügel  statt  der  thaler  und  gnldslückc  erhalten,  von 
denen  du  gelogen  hast.  Adei.dnc  führt  beispiele  aus  comödien 
von  Chr.  Fei..  Weisze  an: 

c»  ist  der  horr  von  Liebreich,  ilti  weist  nirhi,  was  dti  Ihusl. 
Johst.    ich  will  dich  und  ihn  Ijelielireichcn ; 

sie  behauptet  sie  sei  die  frau  Junkern,  aber  ich  will  sie  bc- 
junkern,  dasz  sie  an  mich  denken  soll,  man  sehe  bebeslien, 
bedeinen,   bcexcellenzen,   JK'dachsen,    beflegeln  «    a.  m.     Es 


ist  kein   grund  da,    dergleichen   scherz   nur   in  ^die  niedrigen 
sprecharlen'  zu  verweisen. 

5)  aus  dem  adj.  scheint  die  bildung  beschränkter,  man  sagt 
nicht  einen  beschwärzen,  beweiszen,  begrünen  für  schwarz, 
weisz,  grün  machen,  sonrfern  ?iHr  schwärzen,  weiszen,  grünen: 
er  ist  von  der  sonne  geschwärzt,  gebräunt,  die  zimmer  sind 
geweiszt  worden,  auf  beedeln,  beröten  bei  Stieleh  ist  nichts 
zu  halten,  es  heiszt  adeln  und  röten,  erröten  machen,  aber 
bereichern,  mit  dem  R  des  comparativs  wird  gebildet,  wie  ver- 
gröszern,  verkleinern,  verringern,  vermehren,  vermindern,  be- 
freien, beschweren,  bestärken,  beschönen,  bezähmen  scheinen 
auf  freien,  schweren,  stärken,  schönen,  zähmen  zurückzulei- 
ten. Unverkennbar  ist  der  adjectivische  Ursprung  an  beäng- 
stigen befähigen  befestigen  befleiszigen  begewaltigen  begün- 
stigen begütigen  behelligen  bekräftigen  belästigen  beleidigen 
belustigen  bemächtigen  benöligen  berichtigen  beruhigen  be- 
schleunigen beschuldigen  beseligen  bestätigen  bethätigen  be- 
theiligen bewältigen  bewerkstelligen  bewilligen,  von  welchen 
mhd.  nur  benötigen  ttnd  bestategen  aufzuweisen,  beleidigen, 
beseligen  durch  das  einfache  mhd.  leidegen,  sa-legen  zu  sichern 
sind;  bewältigen  steht  für  begewaltigen,  begwaltigen.  auch 
die  subslantivbildungen  fuhigkeit  güligkeit  lustigkeit  richtigkeit 
schuldigkeil  Seligkeit  thätigkeit  Willigkeit  zeigen  das  adjectiv. 
wie  soll  man  aber  folgende  fassen:  beabsichtigen  beeidigen 
beendigen  beerdigen  befehligen  befriedigen  beglaubigen  be- 
gnadigen behändigen  beherzigen  beköstigen  berechtigen  be- 
sänftigen beschädigen  beschäftigen  bescheinigen  beseitigen? 
hier  liegen  keine  adj.  unter,  beglaubigen  gehört  seiner  bedeu- 
tung und  form  nach  nicht  zu  gläubig,  begnadigen  nicht  zu 
gnädig,  beeinträchtigen  7iicht  zu  einträchtig,  beherzigen  nicht 
zu  herzig,  behändigen  nicht  zu  dem  alten  handcg;  die  mhd. 
spräche  rechtfertigt  nur  beschädigen  durch  schadgen  bei  Bo- 
NERius  und  für  beköstigen  leistet  der  Ssp.  gewähr,  in  be- 
fehligen mag  das  ig  gar  nicht  der  ablcitung  gehören,  vielmehr 
aus  befelch  für  befehl  selbst  stammen,  doch  bei  den  meisten 
scheint  -igen  unorganische  erweitcrung  des  einfachen  -cn  und 
beabsichtigen  beeidigen  beendigen  beerdigen  u.  s.  w.  gesetzt 
für  das  einfachere  beabsicliten  beeiden  beenden  beerden,  weil 
der  Sprachgebrauch  durch  jene  adjectivischen  bildungen  gestimmt 
sich  zu  dem  -igen  neigte,  denn  aus  einem  alten  -ien  diese 
neuen  bildungen  herzuleiten  wäre  unverstattel,  wie  allerdings 
ein  ahd.  bimunigon  neben  bimuniun  und  selbst  einem  mhd 
gemunien  steht  {mythol.  s.  1178).  Auch  nnl.  ist  kein  mangel 
an  solchen  Wörtern:  beängstigen  beeedigen  begiftigen  begün- 
stigen behartigcn  bekrachtigen  bemächtigen  benoodigen  be- 
schuldigen bespoedigen  bevestigen  bevochligen  bevlijtigen  be- 
vredigen  bewerkstelligen  beweltigen  bewilligen  bezadigcn  be- 
zoldigen  bezondigen  bezuinigcn,  deren  manche  uns  fremd  sind 

G)  einige  mit  be  gebildete  rerba  sind  hauptsächlich  nur  im 
pari,  praet.  ijangbar  und  sonst  unüblich,  so  z.  b.  benachbart, 
bepurpurt,  bethränt,  besegeil,  bewandert,  beleibt,  belagt,  be- 
jahrt; schrißslellei'  wie  Fischart  oder  unter  neueren  i.  Paul 
würden  sie  gern  auch  in  andern  lagen  verwenden,  ich  will 
mich  ihm  benachbarn  klänge  steif  für  ihm  näher  wohnen, 
könnte  aber  sagen  sollen :  ihm  als  nachbar  auf  den  hals  rücken 
das  schif  besegeln  ßr  mit  segeln  ausstatten  wate  zulässig, 
doch  bedeutet  besegeln  sonst  was  beschiffcn. 

7)  intransitivbedcutung  ist  viel  seltner,  sie  tvallel  in  blei 
ben  {s.  III),  beilegen,  bestehen,  beruhen,  beharren,  beginnen, 
bekommen,  ]»ehagen,  bekleben  {wachsen),  behangen,  berasen, 
bewachsen ;  die  ältere  spräche  hatte  noch  andere,  sie  sagte 
auch  besitzen  für  still  sitzen,  jene  part.  pract.  betagt  und 
bejahrt  wären  zu  beziehen  auf  ein  intransitives  belagen,  be 
jähren,  zu  seinen  tagen,  jähren  kommen,  wie  mhd.  belagen, 
benähten   auch  diescere,  noctescere  ausdrückte. 

II.  be  vor  dem  nomen. 

t\  alle  mit  be  zusammengesetzten  subslanliva  haben  schon 
verba  gleicher  bildung  zur  unterläge,  sind  aber  weit  beschränk- 
teren umfnngs,  d.  h.  stehen  lange  nicht  allen  mit  be  zusam- 
mengesetzten Verben  zur  seile,  es  sind  fast  nur  männliche 
Wörter:  bedaclil,  bedarf,  befang,  befehl,  l)erun(l,  begang,  beginn, 
begrif,  beheJf,  behuf,  belang,  belauf,  beleg,  lienchl,  beruf, 
besalz,  beschlag,  beschlusz,  besitz,  bestand,  besuch,  betrag, 
belracht,  betref,  ))elrieb,  betrug,  bezug.  die  ältere  spräche 
kannte  noch  andere,  jetzt  veraltete,  z.  b.  bebol,  bejag.  weib- 
liche kommen  blnsz  vor  beschwer,  begicr  oder  beschwerde, 
bcgierde  und  das  verdunkelte  lieichte;  mhd.  a«ch  begrebede 
bchügedc,   bcvilde  «.  a. 


1205 


BE  —  BEACHTENSWERTH 


2)  adjeaita  mit  be  lassen  sich  ßnf  nennen,  bereit,  behend, 
besonder,  bequem  und  bieder,  in  icelchem  letzten  die  eomposUion 
unkennbaT  geworden,  daher  auch  das  alle  bi  haßend  isl.  da- 
gegen gibt  es  eine  menge  pari,  prael.  mit  be,  die  zum  theil 
adjectivische  geltung  angenommen  haben. 

3)  be  trat  ahd.  und  mhd.  noch  als  praeposition  vor  einzelne 
nomina  um  adverbialbegriffe  zu  erzeugen:  bediute,  begarwe, 
benamen,  benule,  besiten,  bevoUen,  beziten.  davon  werden 
noch  unter  beseite  und  bezeiten  einige  nhd.  spuren  aufgewie- 
sen Verden,  gewöhnlich  heiszt  es  beiseite,  beizeiten,  zweifel- 
haft ist  besage,  jenachdem  man  es  von  besagen  leiten  oder 
aus  be  sage  deutet,  bevor  ist  ahd.  bifora,  bifuri.  von  bene- 
ben, benebst  gleich  unter  III. 

HI.  be  durch  anlehnung  verdunkelt,  in  bleiben  vird,  wie 
in  glauben,  gleich,  glück,  begleiten,  glied  der  tocal  der  Par- 
tikel überall  getilgt  und  schein  eines  mirzelhaften  bl,  gl  her- 
vorgebracht; mhd.  hiesz  es  noch  beliben,  ahd.  pilipan,  doch 
ward  schon  blangen  ßr  belangen  mhd.  geläufig,  schwerer  zu 
fassen  ist  unser  aus  mhd.  begibt,  ahd.  pigiht  entsprungnes 
beichte,  und  bieder  aus  biderhe.  mhd.  erban,  ahd.  arpan  = 
arpian,  erbean  mangelt  uns  gänzlich,  obschon  wir  gönnen  und 
gunst  behalten  haben,  bange  wurde  gedeutet  aus  beange,  doch 
erbarmen,  barmherzig  aus  erbearmen,  bearmherzig  wieder  in 
zweifei  gezogen,  beneben,  benebst  deuten  sich  aus  beeneben, 
ahd.  inepan;  binnen  aus  beinnen,  wie  das  seltne  und  verach- 
tete bauszen  aus  beauszen. 

IV.  Verhältnis  des  be  zu  bei  m  Zusammensetzungen. 

1)  zahllose  verba  sind  mit  untrennbarem  be,  nur  wenige  mit 
trennbarem  bei  gebildet,  welches  immer  eine  stärkere  bedeutung, 
mit  noch  nachwirkender  praeposition,  an  sieh  trägt,  beiderlei 
eomposita  liegen  daher  im  sinn  von  einander  ab,  obgleich  sie 
sieh  aus  der  ferne  her  berühren  können,  bestellen  z.  b.  heiszt 
etwas  umstellen,  besorgen:  die  wand  ist  ganz  mit  stülen  be- 
stellt, der  acker  ist  gut  bestellt;  beistellen  aber  etwas  hinzu 
stellen:  der  topf  ist  beigestellt,  bei  das  feuer  gesetzt,  der 
stuhl  beigestellt,  an  den  tisch,  beschlafen,  allgemein  betrach- 
tet, scheint  freilich  eins  mit  beischlafen,  allein  jenes  ist  com- 
primere,  dieses  adjacere,  der  ehmann  schläft  seiner  frau  bei, 
beschläft  sie  nicht,  ich  kann  die  sache  nicht  bekommen,  mir 
verschaffen,  ich  kann  der  sache  nicht  beikommen,  sie  vollstän- 
dig fassen,  hier  nähern  sich  die  bedeulungen.  ich  betrete 
den  boden,  ich  will  dir  beitreten,  mich  zu  dir,  auf  deine 
Seite  stellen,  der  betagte,  bejahrte  ist  bei  seinen  tagen,  jähren, 
die  Zusammensetzungen  mit  be  sind  meistentheils  transitiv,  die 
mit  bei  vorwiegend  intransitiv,  alle  mit  be  zusammengesetzte 
parlicipia  praet.  nehmen  kein  ge  an,  denen  mit  bei  ist  es  noth- 
wendig:  bestellt  beigestellt,  beschlafen  beigeschlafen,  bestan- 
den beigestanden. 

2)  nicht  anders  bei  der  nominaleomposition  bestand  ist 
ganz  verschieden  von  beistand  und  Fiscbart  setzt  beide  neben- 
einander: secht,  ist  da  der  ehestand  ein  wehstand?  o  nein, 
sonder  ein  bestand  und  beistand,  dann  da  ist  er  eben  sie 
selbs  und  sie  er  selbs,  ist  ein  gehackt  mos.  Garg.  72".  be- 
schlaf wird  nicht  gesagt,  aber  beischlaf  gleichviel  mit  beilager, 
und  dies  von  belagerung  deutlich  unterschieden,    vgl.  bei. 

BEABSICHTEN,  proposilum  habere:  die  zwecke,  welche  die 
natur  mit  den  menschen  beabsichtet.  Schiller  1110;  die  ron 
dem  künstler  auf  das  herz  beabsichtete  Wirkung.  1137. 

BEABSICHTIGEN,  dasselbe  und  gewöhnlicher :  ich  beabsich- 
tige mein  haus  zu  verkaufen,  auch  im  sinne  von  spectare: 
der  weise  thut  als  sähe  er  blosz  sich,  allein  er  beobaditct 
und  beabsichtigt  andere.  Hippel  ehe  5,  60. 

BEABZIELEN,  intendere:  dasz  ein  schein  ...  in  andenvei- 
tigcn  beabzielten  hinsichten  uns  zerstreue  und  unsicher  mache. 
Fichte  nachg.  werke  2, 124.    s.  bezielen. 

BEABZVN ECKEN,  intendere:  ich  darf  gar  nicht  blosze  lega- 
litäl  beabzwecken.  Fichte  sittent.  381 ;  der  künstler  kennt  die 
notbnendigcn  und  unwandelbaren  gesetze  des  nicchanisinus, 
auf  die  er  zur  herrorbringung  des  beabzweckten  resultats 
rechnet.  Fichte  sonnenkl.  ber.  80.    5.  bezwecken. 

BE.VCHSELZUCKEN,  in  dubium  vocare:  sie  hatten  das 
büchlein  nach  herzenslust  begaffet,  bekopfiKhüttelt,  beacbsel- 
zuckl.   Sieqfr.  ron  Lind.  1784.  1,  23. 

BEACHTRAR,  attentione  dignus. 

BEACHTBARKEIT,  f. 

BEACHTEN,  attendere,  nicht  beachten,  negligere,  er  beach- 
tete alle  Warnungen  nicht,  schlug  sie  in  den  wind. 

BEACHTE.NS\VERTH. 


BEACHTUNG  —  BEA.NTWORTEN         1 206 

BEACHTUNG,  f.  consideratio :  alles  was  er  sagte,  erhielt 
keine  beachtung. 

BEACKERN,    arare .-    alle    bürger,    welche   das  gemeinland 
beackern  oder  beweiden.  Niebchr  3,  573;  dieselbe  erde,  müh- 
selig zu  beackern.    Dahlma>x  ddn.  gesch.  1,  36  ; 
eher  verwandt  ist  hier  dem  gewalligen  schaumelemenie 
als  der  beackerten  schölle  der  measch  und  dem  üppigen  Saatfeld. 
Plate.'*  119». 

BEÄDERN,  6c»  den  Sattlern,  mtt  pferdesehnen  überziehen: 
die  sattelbäume  beädem. 

BEAHNDEN,  punire,  was  ahnden:  und  ist  er  in  diesem 
betrefife  nicht  strafTällig,  so  bleibt  dennoch  die  Verheimlichung 
nicht  unbeahndet.  Klopstock  12,  270;  sie  wollten  die  härte 
beahnden,  die  ihnen  ihre  aufseher  zufügten.  Hippel  11,  24. 

BEAHNDüNG,  f.  er  trug  es  ihr  als  eine  groszmul  an,  dasz 
er  sich  aller  beahndung  in  bester  rechtsfurm  begeben  wollte. 
Hippel  lebensl.  3,  90. 

BEALBEN,  veste  alba  induere:  schön  bestolet,  bealbet,  be- 
kaselt.   Garg.  162'. 

BEAMTE,  ffl.  munere  fungens,  in  dieser  substanlitisehen  an- 
wendung  hat  sich  die  alle,  gekürzte  form  des  part.  praet.  be- 
amt  für  beamtet  erhalten.  Fraxr  setzte  auch  noch :  also  wol- 
len vil,  die  beampt  werden,  mit  schinden  und  schaben  wol- 
dienen.  paradoxa  92".  mhd.  war  es  ganz  die  regel  verschart 
gemast  entniht  erlüht  zu  sagen  für  verschertet  gemestet  ent- 
nihtet  erliuhtet,  und  wenn  ein  verbum  beambeten  üblich  ge- 
wesen wäre,  würde  dessen  part.  gelautet  haben  beampt;  unser 
nhd.  subst.  erlaucht  durchlaucht  entspringt  aus  die  erlauchte 
==  erleuchtete,  durchleuchtete  person,  persona  illustris.  der 
pl.  von  beamte  sollte  aber  lauten  bcamten,  nicht  beamte,  wie 
der  sg.  schwach  behandelt  wird,  gen.  des  beamten;  doch  fin- 
det sich :  alle  beampte.  Schcppics  30 ;  gebietende  hohe  beamte, 
ofTiciales.    K.axt  6,  346. 

BEAMTEN,  muneri  praepcere,  isl  ungebräuchlich,  wird  aber 
in  dem  part.  praet.  beamtet  vorausgesetzt :  ein  beamteter  der 
kröne.  Opitz  Arg.  2,  26;  als  unterschiedene  hohe  beamptete 
ins  schif  traten.  Lohexst.  Arm.  1,  510 ;  Verminderung  des  ge- 
halts  der  beamteten.  Klinger  9,  217;  wolbemittelte  und  reich 
beamtete  Jünglinge.  Fb.  Müller  2,  52;  das  Vorrecht  der  ho- 
hen beamteten.  Niebchr  2,  439 ;  der  zunftstolz  beamteter  ge- 
lehrten. Beckers  wellg.  7, 15. 

BEAMTENHERSCHAFT,  /.  bureattkralie. 

BEAMTENMASSE,  f.  eine  zahllose,  kostbare,  >-iel  treibende, 
wenig  leistende  beamtenmasse  drückt  auf  unsre  schultern. 
denkschr.  des  fr.  vom  Stein  93. 

BEAMTENSTAND,  m. 

BEAMTENWELT,  f 

BE.ÄNGSTEN,  angere,  was  das  einfache  ängsten : 
der  geist  von  goiL,  gott  selbst,  kummt  wie  ein  starker  wind, 
stürzt  die,  die  trotzig,  labt  die,  die  beängstet  sind. 
LoGAU  1,9,  38; 

der  beängste  geist.    WignE«AHxyii/»28; 
die  beüngstete  Unschuld.  Oprrz  Arg.  2, 154 ; 

l'eirus  war  zu  beänesiei  sich  wieder  zu  nahen. 

Messia*  1,  Ml ; 
keiner  beklagt  wehmütiger  diese  beäogsteien.    9,  195 ; 
eine  beängstete  braut  unter  lebhaften   Zudringlichkeiten   mut- 
williger gaste.    GöTHE  33,  150 ;   man  sieht  ihn  bewegt,  beäng- 
stet,  verworren.  37, 10. 

BEÄNGSTIGEN,  dasselbe,  nni.  beängstigen :  die  beängstigten 
reisenden  fiengcn,  sobald  die  sorge  für  ihr  leben  vorüber 
war,   ihren  vcriust  zu  bejammern  an.  Göthe  19,  40. 

BEÄNGSTIGUNG,  f.   sie  leidet  an  beängstigungen. 

BE.ÄNGSTUNG,  f.  die  jammervolle  beängstuDg.  Göthe  40, 348. 

BEANKERN,  anehoris  insiruere:    beankert  schif.    Garg.  79*. 

BEANSPRUCHEN,  petere. 

BEANSTANDEN,  rem  differre,  anstehen  lassen:  ergalt  da- 
bei in  Rom  so  viel,  dasz  man  pabstwahlen  bis  tu  seiner 
riickkehr  beanstandete.  Dahlnann  dän.  gcsch.  1, 1S2. 

BEANSTANDUNG,  f.  dilatio,  aufschub. 

BEANTHEILIGEN,  participem  facere,  auch  betheiligen. 

BEANTLITZEN,  aspicere,  von  angesicht  schauen:  er  zwei- 
felt ob  er  der  sei,  obgleich  er  ihn  beantlitzet.   Hippel  10,  62. 

BEANTRAGEN,  proponere,  einen  antrag  auf  etwas  stellen. 

BEANTWtHtTEN,  responsum  dare,  nnl.  beantwoorden,  ßnl- 
wort,  beseheid  ertheilen,  früher  auch  auf  personen  bezogen :  ein 
hochweiser  ralh  wolle  mich  eher  besser  beantworten  lassen. 
ScHWEi?iicHE?c  1,  390 ;  wäre  aber  vertröstet  eher  darauf  beant- 
wortet zu  werden.  2,  14;  sie  spricht  also  zu  mir,  lieber  fründ, 

76* 


1207   BEARBEITBAR  — BEARBEITUNG 

mein  gspilen  von  dir  beantwort  sind.  Thurneisser  archid.  5; 
ewr  kön.  raaj.  wöll  mich  beantworten  mit  gnad.  25 ;  Künratli 
thate  das  wort,  erzehlte  mir  die  Ursachen  dieser  beschickung 
und  beantwortete  sich  gleich  selbst  an  meine  statt.  Philand.  2, 
819;  einen  beantworten.  Opitz  iir^.  1,  399.  LoHENST.i4rm.  2,1464. 
heute  zieht  man  es  nur  aufsacken:  einen  brief,  antrag  beant- 
worten ;  bald  merkte  ich,  dasz  nur  ich  die  liebe,  die  in  ih- 
rem busen  keimte,  beantworten  {sie  erwiedern)  könnte.  Klin- 
ger 1,  220 ;  die  sanften  töne  des  klagenden  zerflossen  in  der 
luft,  kein  wiederhall  beantwortete  sie.  10,  241;  die  unbeant- 
wortete liebe  ist  die  eifersüchtigste.   J.  Paul  TU.  2,  205. 

BEARBEITBAR,  Iraclabilis. 

BEARBEITEN,  operam  dare,  elaborare,  nnl.  baarbeiden, 

1)  früher  nur  sich  bearbeiten,  sich  mühen,  befleisziijen,  id 
agere:  dasz  i.  maj.  geruhte  mit  allem  tleisz  sich  zu  bear- 
beiten, damit  ein  gemeiner  fried  erlangt  werden  möge,  reichs- 
absch.  von  1527  §.  10 ;  und  sich  zum  höchsten  bearbeiten  und 
bcfleiszen  wurden,  irem  auferlegten  ainpt  gnueg  zu  thun. 
Lanz  Karl  5  s.  470  (a.  1550);  ich  hab  mich  bcarbeit,  euch  mit 
dem  keiser  zu  verrichten  und  versönen.  Aimon  m ;  des  allein 
bcarbeit  er  sich,  das  die  götlich  bannherzigkeit  durch  ire  sa- 
crament,  die  sie  bat  wollen  sein  kreftige  arzneicn  der  sündc, 
die  verwundeten  in  iren  kirchen  nicht  bellet  und  gesund 
machet.  Luther  2,  286';  dieweil  wir  uns  aber  gleichwol,  wie 
oben  erzählt,  täglichs  eine  liberei  alhie  einzurichten  bearbei- 
ten. Albreciito»  Melanchlh.  ep.  1  ed.  Faber;  weil  fürst  Gott- 
schalk  in  fortpflanzung  der  christlichen  religion  eifrig  sich 
bearbeitete.  MicuXliüs  2,  202;  und  hat  sich  allewege  dahin 
bearbeitet,  das  guter  friede  gepflogen  würde.  3,  599 ;  deren 
Ursachen  wegen  sich  die  päpsl  jederzeit  sich  so  heftig  bear- 
beitet haben,  das  sie  das  röm.  reich  wie  ein  betlersmantcl 
möchten  zertrennen  und  zerspettelen.  Fisciiart  bienenk.  126'; 
welche  sich  under  uns  friede  zu  machen  heftig  bearbeiteten. 
Philand.  I,  272 ;  dasz  ich  ia  allen  meinen  Schriften  mich  da- 
hin bearbeitet  habe.  2,  194 ;  schleunig  aus  der  Sachen  zu 
kommen  mit  allem  fleisz  sich  bearbeite.  Ayrer  proc.  1,  9; 
sonst  aber  so  viel  thunlich  alles  dcrmaszen  rein  und  deut- 
lich zu  geben  mich  bearbeitet.  Opitz  ps.  vorr.  s.  11;  seine 
zunge  bearbeitete  sich  auf  das  höchste  ein  ungebundenes 
herze  in  ein  schlüpferiges  garn  zu  versetzen.  Hoffmanns  wal- 
bau heldenbr.  49 ;  diese  aber  die  wunden  zu  curieren  und  zu 
verbinden  sich  bearbeiteten.  Simpl.  2,  473;  hätte  er  nicht  zu 
verhindern  vermocht,  dasz  die  Römer  in  Deutschland  den 
fusz  gesetzt,  so  wolle  er  docb  sich  bearbeiten,  dasz  ihr  glück 
darinnen  nicht  berascte.  Louenst.  ;lrni.  1,  1314 ;  seit  den  Je- 
suiten ein  paar  possen  begegnet  sind,  haben  sie  nic^it  be- 
trachtet, dasz  Frankreich  einen  catholischen  könig  habe,  son- 
dern mit  aller  macht  sich  dahin  bearbeitet,  dasz  die  franz. 
lilien  auf  ilalianischem  boden  nicht  recht  wachsen  oder  ge- 
deien  wollen.  Sciiuppius  369;  dasz  sie  nicht  allein  ihnen  alle- 
zeit das  praedicat  durchleuchtig  beilegen,  sondern  auch  da- 
hin sich  bearbeiten,  dasz  es  von  andern  geschehn  möge. 
Leibnitz  2,  298 ;  haben  also  durch  alle  Jahrhunderte  in  allen 
künsten  und  Wissenschaften  die  menschen  sich  fleiszig  bear- 
beitet und  geübt.  Göthe  53,  155.  stärker  sind  sich  abarbei- 
ten, zerarbeiten. 

2)  heule  transitiv  in  bezug  auf  sacheit :  den  acker,  das  feld 
bearbeiten ;  ein  stück  holz,  metall  bearbeiten ;  ein  Werkzeug 
bearbeiten,  manier;  in  die  kirche,  die  er,  das  herliche  in- 
strument  {die  orgel)  bearbeitend,  bis  in  den  letzten  winkel 
mit  leisestem  hauch  sowol  als  gewaltsamsten  tönen  durch- 
säuselte und  durchschmetterte.  Göthe  28,  193;  er  bearbeitet 
einen  der  trockensten  gegenstünde  geschickt  und  anziehend; 
der  stof  zu  einem  werke  wird  bearbeitet,  das  werk  selbst 
nicht;  das  stück  ist  nach  dem  französischen  bearbeitet. 

3)  auf  personen  gehend:  er  wurde  von  allen  parteien  ver- 
gebens bearbeitet,  steht  auch,  wie  durcharbeiten,  zerarbeiten, 
gerben,  in  die  mache  nehmen,  für  prügeln:  um  von  den  mil- 
lionen  karbalschen  bearbeitet  zu  werden.  Tieck  ge«.  nov.  4,  23. 

BEARBEITER,  m.  cultor,  artifei:  bearbeiter  des  üeldes, 
eines  lehens,  eines  Schriftstellers;  es  fielen  auftritte  vor,  wel- 
che ergrilTen,  und  bearbeiter  verdienten.    J.  Paul. 

BEARBEITUNG,  f.  cultura,  elaboralio:  der  kirchenglaube 
gch^  in  der  bearbeitung  der  menschen  zu  einem  ethischen 
gemeinen  wescn  vor  dem  reinen  religioiisglauben  vorher.  Kant 
6,  277 ;  ein  afterdienst,  der  alle  bearbeitung  zur  wahren  re- 
ligion rückgängig  macht.  6,  363;  neue  bearbcitungen  alter 
stücke  gehn  über  die  bühne. 


BEARGWÖHNEN— BEBALSAMEN        1208 

BEARGWÖHNEN,  suspicari,  mit  argwöhn  ansehen. 

BEARMEN,  amplecti,  heute  umarmen : 
es  erquickt  sich,  und  erwärmt 
durch  die  kraft  der  giildnen  sonne, 
was  die  reiche  see  bearrnt.    Opitz  2,  60; 
streckt  händ  und  füsze  weg,  der  doch  in  seiner  macht 
was  auf-  und  niedergang,  was  millertag  und  nacht 
in  sich  bearmet,  häh.        Fleiing  10; 
ich  hab  euch  leid  gethan,  ihr  deutschen  kasialinnen, 
0  ihr  mein  ander  rühm,  als  ich  mir  bildet  ein, 
man  elir  euch  weiter  niclit,  als  was  der  weise  Rhein, 
der  Elb  und  Donaustrohm  in  sich  bearraen  können.    569. 

BEARTEN,  arare,  laborare:  ein  feld  bearten,  den  acker  zu 
wiese  bearten. 

BEASCHEN,  cinere  legere,  conspergere : 

friede  beascht  jetzt  schlummernde  glut.    Klopstock  2,  75; 

ist  volk  um  mich, 
das  hör  und  heul  den  uümmern  klagen, 
beasch  und  bücke  sich.    Herder  3,  90. 

BEASTEN,  sieh,  ramos  emillere:  ein  stark  beästeter  pap- 
pelbaum.    ehe  eines  weibes  390. 

BEATHMEN,  halilu  afflare,  nnl.  beademen:  ir  öl  und  bai- 
sam wird  beschworen  ...  mit  viel  blasen  beothmet.  Fischabt 
bienenk.  21'. 

BEAUFSICHTEN,  BEAUFSICHTIGEN,  regere,  curare. 

BEAUFTRAGEN,  mandare,  außrag   erlheilen: 

von  wem  auf  lebens  und  Wissensbahnen 

wardst  du  penntirt  und  hefestet? 

zu  fragen  sind  wir  beauftragt.    Göthe  47,  77. 

BEÄÜGELN,  oculis  percurrere:  er  nahm  ein  stück  in  die 
band,  hielt  es  eine  volle  minute,  so  weit  er  den  arm  stre- 
cken konnte,  von  sich,  dann  bracht  ers  allmälicb  dem  antlitz 
näher,  um  gleichsam  die  schönbeilen  einzeln  zu  beäugeln. 
Siegfr.  v.  Lind.  2,  8. 

BEAUGEN,  BEÄUGEN,  oculis  lustrare:  die  schweinhirlin, 
als  sie  beides  die  zarte  baut  an  des  königs  bänden  und  im 
angesicht,  als  auch  ein  reines  mit  spitzen  besetztes  hemd 
beäuget.  Simpl.  3, 188 ; 

auf  einmal  ihre  pracht  vollkommen  zu  beäugen. 
Brockes  1,  110.  5,495; 
dasz  des  beäugenden 
blicke  wir  endlich  entfliehen.    Klopstock  2,  86 ; 

gar  viele  derjenigen  ausrufer,  die  neulich  den  bohnlacher  in 
der  nähe  haben  beäugen  müssen.    12,  307 ; 

als  sie  mit  vielem  gepräng  und  nicht  zu  leichler  band 
den  zustand  der  wunde  beäugte.       Wieland  5, 107; 

er  nimmt  was  er  vorfindet,  beäugt  es.  Claubiüs  1,  4 ;  die  nach 
dieser  Voraussetzung  alles  beäuget.  Herder  17, 11 ;  jeder  hatte 
Jesum  beäuget  nach  der  Verwandtschaft  des  inliegenden  na- 
turells  seiner  hauptgabe.  Öttinger  grundbegrif  1777.  1,  349; 
durch  diese  brombeersträuche,  dornen  und  distel  und  den 
schmutz  werde  ich  nun  wol  nicht  durchkriechen,  um  herrn 
Vossens  gefundenen  schätz  zu  beäugen.    Lichtenberg  4,  332; 

sie  fleng  als  kennerin  an  mich  zu  beäugen.    Hückbrt  170. 

Das  pari,  prael.  beäugt  stellt  auch  intransitiv  für  mit  äugen 
ausgeslatlet,  oculatus :  von  der  poeterei  borgen  wir  solche  Sa- 
chen, damit  die  höbe  der  Wissenschaft  mit  funkelndem  ge- 
steine,  gleich  wie  ein  andrer  hiinmcl  beäuget  und  beslernet 
wird.    LoGAU  3,  2. 

beäugter  pfauenschwanz.    Brockes  1,  219.  164; 

ihr,  das  augc  beäugt  durch  zeigende  Herschel,  entdecktet 

Weltbewegung.  hiopstocK  7,  22 ; 

er  {Lavatcr)  war  aber  beäugt  genug,  um  sich  nicht  täuschen 
zu  lassen.  Göthe  26,  280 ;  lange  farbig  beäugte  schweife,  wie 
von  pfauen.  27,  171. 

BEAUGENSCHEINIGEN,  oculis  aspicere ,  in  augenschein 
nehmen:  um  zu  beaugenscheinigen,  ob  er  auch  so  aussehe, 
wie  sie  sich  ihn  vorgestellt  hatten.  Wieland  19,  298 ;  und  all 
unser  wesen  selbst  beaugenscheinigen.  Wieland  bei  Mereki,  161. 

BEAUGENSCHEINIGUNG,  f  als  Danischmend  mit  seinen 
reisegefährten  zu  Lahor  ankam,  trafen  sie  in  dem  karawansc- 
rai,  wo  sie  abstiegen,  ein  paar  derwische  an,  in  welchen  sie 
bei  näherer  beaugenscheiniguug,  zu  ihrer  aller  groszen  freudc, 
Sadik  und  Aruja  erkannten.  Wieland  8,  457. 

BEAUGUNG,  BEÄUGUNC,  f  contemplnlio:  alles  was  auszer 
der  sehe  und  beüugung.  Klopstoc»  12,  44 ;  inensur,  baltung  und 
beaugung  des  gegenständes.  Herder  20,  309. 

BERALSAMEN,  was  bslsamen : 


1209 


BEBÄNDERN  — BEBEN 


BEBEN  —  BEBESCHWANZ 


1210 


die  salbe,  die  mein  baupt  bebalsamte  Tor  zeiten. 

LoHENSTEi^  geistl.  ged.  13S,  3; 
die  frische  luft,  mit  den  reinsten  duften  der  blunien  und  blu- 
ten bebaJsamt.  Wiela^d  6,  89 ; 
dür  ölige  dufl 
TOD  seinen  bebalsamten  locken.    4,14; 

wie  eine   aufgemablte,    bebalsamte   papierblume.    Herder  bei 
Merck  1,  14 ; 

er  war  bebalsamt  wie  ein  modenkrämer, 
be  was  perfumed  like  a  milliner. 

kön.  Heinr.  IV.  erster  th.  1,  3. 
BEBÄNDERN,  faseiis  exomare:    einen   jungen  geck  in  be- 
bänderten hosen.  Lessing  6,  370 ;  alten  bäusem,  wie  mächtig, 
wie  bebändert  und  betitelt  sie  auch  sein   mögen.    Klopstock 
12,  7; 

so  behutsam  sie  sich  umwickelt  und  bebändert. 
WiEH>D  5,  130; 

als  er  mir  den  bebänderten  hut  reichte.  Guthe  25,  353 ; 
sein  bunt  bebändert  schwertclien.    Göki.'^ck  1,  160; 

und  bebändert  sind 
die  segelstangen.  Plate.*«  222; 

ein  schöner  mann,  nicht  mehr  jung,  bebändert  und  besternt. 
Bettine  briefe  1,  347 ;  bebändert  wie  die  lakaien  hinten  auf 
der  kutsche.  J.  Pacl  Fibel  31 ;  da  die  bebänderten  und  sieger 
immer  die  kleine  anzahl  gegen  die  bandlosen  ausmachen,  so 
blieben  sie  ausgezeichnet  genug,  nachddmm.  85. 
BEB.\RTE!V,  barba  instruere,  bebartet  barbatus: 

plunderweistieil  hat  ihr  angesictit 

Dicht  also  beruszt  und  lang  bebartet.    BckgkrSS*; 

bis  ungeborne  kinne 
bebartet  sind,  tili  newborn  cbins 
be  rough  and  razorable.    tempest  2, 1  (Collier  1,  40) 

BEBASTEN,  libro  tcstire.  bebastet.    Garg.  79*. 

BEB.\L'CHEN,  corpus  sibi  facere.    wol  bebaucht. 

BEBAL'E.N,  laborare,  aedificare,  bauen  transitiv  genommen  : 
das  land  ist  schön  und  giitig  wie  der  bimmel, 
doch  dies  bebauen,  sie  genieszen  nicht 
den  segen,  den  sie  pflanzen.    Schiller  535* ; 

die  ganze  ebene,  die  brandsteile  ist  jetzt  mit  häusem  bebaut. 

BEB.VL'MEN,  arboribus  instruere.  bebäumeL  W.  Scberffer 
Hugo  69. 

BEBECKELHAL'BEN,  galea  instruere.  bebeckelhaubet.  Garg. 
231'. 

BEBEISZEN,  eircumrodere :  die  mause  haben  das  brot  be- 
bissen. 

BEBELAND,  n.  solum  uliginosum,  moorboden,  der  unter 
den  tritten  bebt,  tcankf,  quakeland.  Moser  1,  93. 

BEBELLEN,  allalrare:  .Momus  beer  mag  ihn  bebellen. 
K.MTTEi.s  sinnenfr.  1677  s.  19. 

BEBE.N,  tremere,  ahd.  pipen,  mkd.  biben,  alts.  bifuD,  nnl. 
beven,  ags.  beofian,  altn.  bifa,  sehw.  bäfva,  dän.  bäve,  ein  golh. 
biban  bibaida  wäre  su  erwarten,  die  urverwandten  bhi,  fißo- 
uai,  paveo,  timeo,  bijau  trurden  schon  sp.  1050.  1051  angemerkt. 

1)  beben  der  natur:  und  sein  (des  Sinai)  rauch  gieng  auf, 
wie  ein  rauch  vom  ofen,  dasz  der  ganze  berg  seer  bebete. 
2  Mos.  19, 18 ;  die  erde  bebete  und  ward  bewegt.  2  Sam.  22,  S. 
ps.  18,  8 ;  da  bebet  die  erde  und  die  bimmel  troffen  für  di- 
sem  gott  in  Sinai,  ps.  68, 9 ;  wie  die  bewme  im  walde  beben 
¥om  winde.  Es.  7,  2 ;  ich  sähe  die  berge  an  und  sihe  die  be- 
beten  und  alle  böge!  zitterten.  Jer.  4,  24;  die  berge  zittern 
für  im,  das  erdreich  bebet  für  im.  Sahum  1, 5.  vgl.  erdbeben 
und  bebeland;  in  der  edda  heiszt  der  regenbogen  bifrüst,  was 
ahd.  wäre  piparasta,  die  bebestrecke. 

selbst  die  festen  felsen  beben.    Göthe  1,  72; 

leise  bewegung  bebt  in  der  luft.    1,  9t; 

mit  böbendera  getösz.    Wcckberli.i  305; 

scbüchleme  winde  bebten  heran.    Vo«s  id.  1,  90; 

flog  er  den  bebenden  (lug.    Klopst.  Mets.  9,493; 

mag  der  wind  im  segel  beben.    I'late!«  8; 

über  die  schauernden  fluren  zu  beben.    RCcurt  409^; 
im  bebenden  blau  des  himmels.  J.  Paul  Hesp.  1, 149 ;  so  dasz 
die  ganze  Oberfläche    des    berges    unten    ausgehölet    scheinet 
und  im  gehen  bebet.  WüHKEmAS.-«  1, 517. 

2)  beben  des  heriens  und  der  glieder,  woraus  sich  die  Vor- 
stellung der  furcht,  fößoi  foße^öi  foßico  entfaltet,  welche 
der  Grieche  nicht  mehr  auf  das  äusiere  litlern  anwendet:  der 
gottlose  bebet  sein  leben  lang.  Hiob  15,  20 ;  de?:  entsetzt  sich 
mein  berz  und  bebet.  37,  i;  da  bebet  im  das  herz,  wie  die 
bewme  im  walde  beben  vom  winde.  Es.  7,  2;  meine  gelenke 
beben  mir.  Dan.  10,16; 


er  rang  die  bebenden  h'mde.    Klopstock  Ifeu.  6, 114 ; 

ein  herz,  das  liebereif  und  warm 

in  einem  weiszen  buseu  bebte.    Götter  1,17; 
mit  bebenden  bänden 

gab  mir  den  segen  der  greis.    Platk."»  47 ; 

lachend  dasz  der  bauch  ihm  bebte.    DErger; 
'mit    bebender   band'    im    deutschen   recht    'auf  frischer  thaf. 
Haltacs112;  es  mit  bebender  stimme  sagen;  dann  schwamm 
sein  herz  bebend  wie  das  sonnenbild  im  unendlichen  ozean. 
J.  Pacl  Hesp.  1, 167 ; 

mein  schwermulsvoller  gedanke 

bebt  uoch  gewaltig  in  mir.    Klopstock  1,  27; 

ihr  erschrockener  geist  bebt  vor  harter  knechtschafL    Kuy- 
GEB  2,  94 ; 

ood  bebt  vor  der  räche  der  götter.    Voss  Od.  3,  G6 ; 
und  sollt  ich  ängsilicher  für  meinen- thron 
als  für  die  gatiin  meines  berzens  beben?    Schiller  SS?; 
Germania,  die  du  es  siebest,  bebe 
du  nicht,  noch  sorge,  wie  sichs  soll  entfalten. 
RccKERT  135: 
hdußg  verbinden  sich  zittern  und  beben,    i.  6.  Soltad  volksL 
467;  ich  zittere  und  bebe.    Götüe  14,  198;    die   Drau   zitterte 
und  bebte. 

er  bebt  die  stufen  scheu  hinauf  und  sieht 
sich  unerkannt  im  lauten  hochzciisaale. 
Schiller  249*. 
vgl.  aufbeben,  zubehen,  zurückbeben. 

3)  beben  ron  andern  sacken  gebraudit:  schlabe  an  den 
knauf,  das  die  pforten  beben.  Arnos  9, 1 ;  seine  wagen  leuchten 
wie  fewr,  wenn  er  treffen  wil,  ire  spiesze  beben.  iVa/ium  2.  4 ; 
wie  auch  die  lieben  fewerigen  engelein  ire  strahl  von  sich 
geben  wie  sternlein,  oder  bebete  (d.  i.  bebende)  Schwerter 
blinken.  Mathesics  55'; 
wenn  die  klingende  lanze  daher  bebt.  Messias  4,  181 ; 
sie  ergrimmten  und  ruHen  und  schwangen  die  bebenden  fackeln. 

6,63; 
ein  flittemd  blumenwerk  bebt  um  des  fensters  fach. 

Hagedorm  1,  22; 
entlockst  du  meinem  bebenden  saitenspiel 
getön.  Voss ; 

bebend  schweigt  des  hirten  röhr.    Götter  1,  102; 
ach  würden  nicht,  bei  deiner  tritte  schall, 
du  pflichtvergessene,  die  laren  scheu  enifliehn? 
nicht  deines  frommen  vaters  asche  beben?    2,490; 

der  weisze  kirschbaum  vor  dem  fenster  mahlte  einen  beben- 
den baumschlag  in  die  stube.  J.  Pacl  unsichtb.  löge  3. 171. 
BEBEN,  n.  tremor:  mit  zittern  und  beben; 
ja  dasz  auch  gott  cometen, 
gewässer,  donner,  plitz  und  beben  als  propfaeten 
und  boten  zu  uns  schickt.    Opitz  1,49; 
bis  das  letzte  beben  der  orgen  verhallt  ist.    Gottkr  3, 107 ; 
deiner  töne  süszes  beben 
dringt  durch  mark  und  bein.    1,  180; 
Lenorens  herz  mit  beben 
rang  zwischen  tod  und  leben.    Bcrgrr. 
BEBEN,  m.  pebo,  ahd.  pepano,  bebeno  (Graft  3,  321) :  wir 
gedenken  der  fisch,  die  wir  aszent  in  Egyptcn  vergebens,  uns 
kummen  in  das  gemüt  die  kirbsen  und  bebencn,   die   lauch, 
die  zibelen.  Keisersr.  Sünden  des  munds  16',  aus  4  Mos.  11,  5, 
bei  LcTHER  so  lautend:    wir  gedenken  der  fische,    die  wir  in 
Egvpten  umbsonst  aszen,  und  der  körbis,  pfeben,  lauch,  zni- 
bel  und  knohlauch.  *.  pfebe. 

BEBENELE,  f.  pimpinella,  ahd.  pibenella,  bibinella  (GR.\Fr 
3,322),  mhd.  bibenelle  (Bex.  1,  115');  im  vocab.  ex  quo:  pt- 
penella  est  nomen  herbe  bebende,  heule  abwechselnd  bibinell, 
bihernelle,  bimbcrnelle. 

BEBENEN,  timere,  ahd.  pipinün  Irepidare  (Graft  3,  21),  mhd. 
bibenen  (Be?i.  1,115*):  wer  bebent  nit  den  künig?  Fra:«ii22. 

BEBER,  m.  ein  lug  in  der  orgel,  durch  welchen  den  tönen 
eine  bebung  gegeben  wird. 

BEBERESCHE,   f.   populus  tremula,  zitteresche,   vgl.  aspe. 
BEBERLICH,   Iremulus,   bebarlich.    Keisersb.  bilgersch.  42. 
s.  das  folgende. 

BEBERN,  in/remMcere,  horrere,  tterativ  von  beben,  Staldeb 
1, 150  schreibt  bebbern,  ror  ^roj(  die  zahne  aufeinander  schla- 
gen;   erschrecken    und   fahen   an  zu  zittern  und  zu  pöpem. 
ScHOCH  stud.  leben  E  4 ;  zitterte  und  heberte ; 
sie  beben)  insgesamt 
gleich  hund«n  um  den  löwen  her.    Bcrgrr  164*; 
alle  bebern  vielmehr,  wie  hund  in  der  nähe  des  löwea.    226'. 
SriELEH  117  hat  pfippem  quasi  bebem,  anxium  esse  ut  mulie- 
res  pavidae.    vgl.  puppern  und  sp.  557  ämielpopperle. 
BEBESCHWANZ,  m.  molacilla.   s.  bachstelze. 


1211 


BEBESTIEN  —  BEBLUTEN 


BEBESTIEN,  aequare  besliis:  F.  zu  welcher  gatlung  von 
bestien  gehörst  du?  C.  ich  will  dich  bebestien.  Gotter 
3,  505.    vgl.   be  I,  4. 

BEBETEN,  precibus  celcbrare:  dieser  plan  ward  bebetet 
und  besungen.  Hippel  lebcnsl.  2,  237;  nachdem  er  nun  alle 
heiligen  orte  betreten  und  bebetet.  Göthe  6,  193. 

BEBEVVAND,  f.  partes  tremulus: 

aus  düstcrn  klosterhallen  schallen 

verlialine  seulzer  und  verhallen 

an  unsres  berzens  bebewand.    Göthe  47, 184. 

BEBILDEBN,  imaginibus  ornare. 

BEBINDEN,  ligare,  timbinden,  goth.  bibindan,  nnl.  bebin- 
den :  sein  haupt  war  mit  einem  tuch  bcbunden. 

BEBISAMEN,  moscho  imbuerc:  die  bebisamte  luft.  Brockes 
1,  5;  bebisamtes  silber.  1,  171;  ein  süszes  bebisamtes  männ- 
chen.  Siegfr.  von  Lind.  1,  214.  mhd.  sagte  man  einfacher  bismen. 
(Ben.  1, 168'). 

BEBLASEN,  libiis  canere:  man  soll  nicht  alles  besingen 
und  bcblasen. 

BEBLATTEN,  Iruncare  olus  foliis,  abbiallen:  ihre  pflanzen 
versetzen,  begäten,  beblatten.  Lessi.ng  10,  276. 

BEBLÄTTERN,    ornare  foliis,    sich  beblättern  ornari:    die 
bäume  beblättern  sich  schon;    sie    starreten    fast  unbewegli- 
cher als  diese  unbeblätterte  eiche.  Lohenst.  ylrm.  2,  265; 
beblätien  wie  ein  bäum.    Uz  1, 106; 
lieblich  beblättert.    Brockes  2,  64.  8,  195  ; 
der  dicht  beblätterte  weinbaum.    RAMfcERl,22; 
jeden  bäum  des  lebens  soll  mein  hauch  beblättern. 

RÜCKERT  12. 

BEBLECHEN,  laminis  veslire:  den  kästen  beblechen;  be- 
blechte gerichtsdiener ;  es  gibt  am  hofe  viel  beblechte  herrn ; 

sei  lanff  von  wuchs,  beblecht,  und  voll  von  wade, 
das  gibt  verdienst!    Gökingk  2,  207. 

BEBLICKEN,    conspicere:   beblickt   mich  schönste  äugen! 

Piiobe,  München  1C88  s.  6; 

denn  Hermionens  leib,  wie  weit  ihr  ihn  beblicket, 
hals,  bände,  siirn  und  brüst  sind  perlen,  milch  und  schnee. 
LoHENSt.  blum.  147 ; 

ohne  sehr  vom    dache  gehindert   zu  werden,   beblickte  der 
mond  das  innere  des  häuschens. 
BEBLÜHEN,  sich,  flores  induere: 

wie  sich  der  fels  beblüht, 
wie  sich  die  weide  zieht, 
treibet  gemach.    -Göthe  40,  384. 

BEBLÜMEN,  flöte  ornare: 

und  Flora  heiszet  es  hier  zweimal  frühling  sein, 
behlümet  zwier  das  feld.       Opitz; 
sind,  Florinda,  deine  wangen  ein  beblümtes  lustgehege, 
gibt  mein  mund  sich  an  zum  gäriner,  dasz  er  dieser  blumen 

pflege.  LoGAu  3,  6,  11; 

der  neid,  der  insgemein  den  Stachel  zu  beblümen, 
die  tugend  in  dem  sarg  am  liebsten  pflegt  zu  rühmen. 

Canitz  183; 
bunt  beblümt.    Brockss  1,  106.  149; 
die  hügel  und  die  weide 
stehn  autgehelltj 
und  fruchtbarkeu  und  freudc 
beblümt  das  feld.    Hagedor.'h  3, 109; 
beblümt  kein  wahrer  mai 
0  Phyllis  diese  flur.    Uz  1,73; 
diese  erd  ist  so  schön,  wann  sie  der  lenz  beblümt. 

UöLTYin,  1; 
drum,  liebes  paar,  zagt  nicht,  eilt  aut  beblümter  spur 
zum  altar,  weil  der  lenz  euch  locket.    Götter  1,  8t; 
zwischen  zwei  boblümien  Aussen.    Gökühgk  1,  109; 
aut  schön  beblümten  auen.    IlünGE>21,  6; 
aut  neu  beblümten  maucn.    Göthk  3,  21 ; 

die  anmut  iiires  betragens  schien  mit  der  )M>bliimten  erde 
und  die  unverwüstliche  heiterkeit  ihres  anliilzes  mit  dem 
blauen  himmei  zu  wetteifern.  26,15; 

wenn  mit  jugüiidlichcn  schaaren 

wir  lichlümte  wegc  gchn, 

ist  die  weit  doch  gar  zu  schön.    56,71; 

durch  grüne  blütcnvolle  wiesen,  reich 
beblümt  mit  roscn.    Scimi.ler  230'. 

BEBLUTEN,  cruenlare,  nnl.  bcblocdcn:  den  bodcn  bc- 
blutcn; 

gez5nk  und  tod  bringt  Libitina 

auf  die  beblutete  scenc,    Götz  2,  43, 


BEBLÜTEN  — BEBUSEMEN     1212 

BEBLUTEN,  was  beblühen,  florere: 

ich  seh  des  lenzes 
grüne  bäume  froh  dann,  und  froh  des  winters 
dürre  beblütei.  Klopstock  2,  94; 

wenn  ich  vorübergliit  an  hellbeblüteten  ulraen, 
schnee  war  die  blume.       2,  244. 

BEBRÄMEN,  praelexcre,  verbrämen:  Brockes  1,257.  6,165; 
wie  ein  cavalier  in  bebrämten  kleidern.  Fr.  Mijller  1,  278  ;  das 
andre  stück,  die  minne  betitelt,  scheint  uns  schon  den  feh- 
ler zu  haben,  neuen  geist  mit  alter  spräche  zu  bebrämen. 
Göthe  33,  61. 

BEBRANDMALEN,  stigmatis  nola  deformare:  aber  die  räche 
hörte  darum  nicht  auf  unmenschlich  zu  sein  . .  und  die  ge- 
rechtesten siege  zu  bebrandraalen.  Lohenst.  Arnu  2, 1248. 

BEBRÄUNEN,  fuscare: 

so  musz  ihr  hild  hebräunt  von  meinen  schatten  werden. 

Lohenstein  blum.  68; 
hier  im  bebräunten  pergamen.    Göthe  41,  94. 

BEBREITEN,  late  amplecli: 

dasz  er  {der  bäum)  unser  land  bebreite 

mit  des  scbatens  grüner  weite.    Logau  2,  2,  3. 

BEBRILLEN,  perspicillo  instruere:  beprillet  und  schulsack- 
behenkt  esel  auf  stelzen.  Garg.  18' f  bebrillte  gesiebter  be- 
gegnen einem  allenthalben. 

BEBRÜCKEN,  amnem  jüngere  ponte: 

die  flut  bebrückt.    Brockes  1,  327. 

BEBRÜTEN,  incubarc:  die  eier  sind  schon  bebrütet;  wie 
ein  trüber  nebel  die  erde  bebrütet.  Lohenst.  Arm.  1,  378 ; 

der  geiz  bebrütet  gold  zu  sein  und  andrer  plage. 
Haller  alp.  44 ; 

ein  köpf,  in  welchem  fieberbitze  die  duokelheit  bebrütet. 
J.  Paul  grünl.  proc.  35. 

BEBUCKELN,  umbone  ornare: 

hieng  das  schwert 
mit  gold  bebuckelt  um  die  schultern.    Bcrcer  150*. 

BEBÜCKEN?  aber  ehe  man  das  pflaster  auflegt,  sol  der 
schaden  mit  einer  flieden  (phlebotomo)  wol  bebückt  sein.  Sed- 
ier 302. 

BEBÜNDELN,  fasces  imponere:  jeder  war  bebündelt  wie 
ein  esel.    der  arme  mann  im  Tockenb.  138. 

BEBUNG,  f.  vibratio  Iremula:  das  was  klinget  hat  eine 
bebung  oder  hin  und  her  gehende  bewegung  in  sich.  Leibnitz 
421;  es  bleibt  eine  zitternde  bebung  oft  noch  lange  zurück, 
die  wir  ihrer  eignen  abschwächung  überlassen  müssen.  Les- 
sing 2,53;  die  bebung  des  seegrundes.  Kant  9,  36;  eine  voa 
dem  boden  des  meeres  geschehene  bebung.   ebenda; 

die  wallende  bebung  des  schweigenden  sees. 
Stolbehg  1,  105; 

zephyrs  brachten  mir  alles  bis  auf  die  geheimste  bebung  zu. 
Hippel  lebcnsl.  2,  173;  unter  den  bebungen  der  seelensaiten. 
Claudius  109;  jedes  kühne  gefühl,  jede  leise  schüchterne  be- 
bung zu  envidern.  Schiller  201 ;  die  tödlichen  bebungen  einer 
harmonika.  J.  Paul  biogr.  bei.  1,  67. 

BEBÜRDEN,  onerare:  Annibal  aber  hielt  nicht  für  thu- 
lich  die  Deutschen  und  Gallier  mit  langer  winlervcrpflegung 
zu  bebürden.  Lohenst.  Arm.  1,828;  welch  elende  glückselig- 
kcit,  welche  den  leib  zwar  mästet,  das  gemüt  aber  bebürdet 
und  die  secle  besudelt. 

BEBÜRSTEN,  scopulis  verrere. 

BEBÜSCHELN:  bunt  bebüschelle  bolzen. 

BEBUSCHEN,  BEBÜSCHEN,  veslire  virgultis:  dick  bebüschl. 
Brockes  4,  3.  85.  6,  2t8 ;  er  erblickt  mehr  bebuschle  als  wal- 
dige hügel.  Göthe  22,  152 ;  mein  äuge  schwelgte  in  lielrach- 
tung  der  nähen  und  fernen,  der  bebuschten  fi-lsen,  der  son- 
nigen wipfel.  26,  177 ;  wahrscheinlich  bebuschic  sich  der  wall 
rings  umher.  60, 188 ; 

bebuschter  wald  verbreitet  sich  hinan.    41,138; 
kühlen  sclintten  uns  zu  geben, 
hat  ihn  wald  umher  bebüschl.    GLBiasode67; 
im  bebuschten  gartentcich.    IIöltt  156. 

BEBÜSCHUNG,  f 
ach  nicht  eitel  wie  sonst,  grönsilberncr  h.nnre  bcbQschung. 
Voss  2,  108. 

BEBUSEMEN,  cognalionem  probare:  auch  so  einer  aus  d»m 
hof  in  fremden  landen  auswendig  were  und  keine  widerunib 
in  zwcin  und  sechzig  jaren  und  konle  sich  beboesemen  oder . 


1213 


BECH  — BECHER 


BECHERCHEN— BECHTEN 


1214 


belinien,  dasz  er  ein  rechter  erbe  were.  weiath.  2,  240.  vgl. 
busen. 

BECH,  n.  pix,  pech,  ahd.  beb  und  peh  ßr  hülle  (deutsche 
mythol.  765,  wogegen  Graff  3,  323  unnOthige  zxceifel  erhebt), 
mhd.  bech  (Bes.  1,  96'),  altn.  bik,  schw.  beck,  ddn.  beg : 

Caron  schenk  im  ein  bech  und  schwebel.    H.  Sachs  II.  2,  3'. 

BECHBATZ,  m.  pue  maculalus:  bechpatz.  Atreb /aWn.  84*. 
s.  batz. 

BECHECHTIG,  piceus,  piceillUus:  die  Schuhmacher  ...  sn- 
deln  mit  iren  bechechtigen  bänden  darüber.  Keisersb.  nar- 
reiisch.  Hün.  203'.    s.  bechfisel. 

BECHELN,  fovere,  mhd.  Renn.  19972. 19981.    s.  bäclieln. 

BECHER,  m.  poculum,  calix,  nach  dem  lat.  bacar,  baccar, 
il.  bicchiere,  ahd.  pechare  (Graff  3,  46),  mhd.  becher  (Bes.  1, 
96'),  nnl.  beker,  altn.  bikar,  schw.  bägare,  ddn.  hager,  (tuch 
unser  kelcb,  ahd.  chelih  stammt  aus  calix.  der  goth.  ausdnick 
war  stikis  hörn,  altn.  stikill,  woher  litt,  stiklas,  sl.  stklo  ßr 
glas,  alle  Völker  scheinen  ihre  trinkgefäsze,  wofür  ihnen  ge- 
nug heimische  namen  zustanden,  gern  mit  fremden  benannt  zu 
haben ,  die  sich  auch  durch  geschenk  und  handel  sehr  leicht 
weit  verbreiteten,  vgl.  angster,    das  schon  Helblinc  1,  661  hat. 

Und  ich  hatte  den  becher  Pharao  in  meiner  band,  und 
nam  die  beer  und  zudruckt  sie  in  den  becher  und  gab  den 
becher  Pharao  in  die  band.  1  Mos.  40,  H  {vgl.  fundgr.  2.  5S) ;  es 
asz  von  seinem  bissen  und  trank  von  seinem  becher.  2  Snm. 
12.  3;  denn  der  herr  hat  einen  becher  in  der  band  und  mit 
starkem  wein  vol  eingeschenkt  und  schenkt  aus  demselben. 
ps.  75,  9 ;  nim  disen  becher  weins  toI  zorns  aus  meiner  band 
und  schenke  draus  allen  Tölkem.  Jer.  25,  15;  und  ich  satzte 
den  kindern  becher  vol  weins  und  schalen  für  und  sprach 
zu  inen,  trinkt  wein.  35,  5 ;  und  wer  diser  geringsten  einen 
nur  mit  einem  becher  kaltes  wassers  trenket.  Matth.  10,  42; 
ir  heuchler,  die  ir  die  becher  und  schusseln  auswendig  hal- 
tet. 23,  25.  Luc.  11,  39 ;  wer  aber  euch  trenket  mit  einem  be- 
cher Wassers  in  meinem  namen.  Marc.  9,  41. 

Becher  scheint  ursprünglich  ein  gefäss  zum  schöpfen  des 
Wassers  oder  weins  und  man  kann  einen  becher  wassers  wie 
ein  glas  oder  schale  wassers  sagen,  nicht  einen  kelch  was- 
sers, kelcb  ist  feierlicher  als  becher,  becher  feierlicher  als 
glas  (doch  sagt  man  blechbecher,  holzbecher).  es  heiszl  den 
becher  schöpfen,  füllen,  einschenken,  zutrinken  und  ansetzen, 
leeren,  austrinken,  ausgieszen;  den  becher  heben,  anstoszen, 
bringen,  stürzen,  schnell  in  die  kehle  schulten,  es  gab  ein 
altes  lied  t'or»  Störtebeker  und  Gödke  Michel,  auf  das  Fischabi 
Garg.  97'  anspielt: 

hui  Störz  den  becher,  Gödeke  Michel, 
da  hat  der  teufe!  ein  gleichs  geworfen. 

Br.\st  narrensch.  291  gedenkt  des  pfeifens  in  den  becher,  wie 
es  auch  heiszl  den  becher  auspfeifen,  einen  pfif  trinken,  die 
becher  schäumen.  Garg.  S2*,  palerae  spumantes,  rorantes: 

tunc  rorant  scyphi  desuper, 

et  canna  pluii'musium, 

et  qui  poiaverit  nuper, 

bibat  plus  quam  sitjuslum.    archipoela^X, 

zur  parodie  von  Es.  ih,  9  rorate  coeli  desuper  et  nubes  plnant 
justum.     da  ich  ihn  mit  einem  becher   wein    tradieret   habe 
und  er  mir  wol  20  zutrunk.  Schcppfls  S17 ; 
dort  stand  der  alle  zecher, 
trank  leuie  lebensglui, 
und  warf  den  heiigen  becher 
hinunter  in  die  flui.    Gothe  t,  1S8; 
lasz  mir  den  besten  becher  weins 
in  purem  golde  reichen,    t,  179; 
.sioszt  die  becher  heisz  zusammen, 
dasz  es  bis  nach  Deuuchland  klingt!    Mckkrt  2&4. 
Anwendungen : 

»erdcrbie  weit,  wie  biure  paben 
schenkst  du  nicht  unserm  becher  ein.    kirclienlied; 
des  lebens  becher  zu  (renieszen, 
in  welchen  wol  und  wehe  üieszen.    Gotter  1,230; 
was  ist  es  anders  als  menschcnschicksal,    sein    masz   auszu- 
leiden,  seinen  becher  auszutrinken?  Göthe  16,  132;  statt  des 
süszcn  bechers  der  hebe  den  bitlern  kelch  der  leiden.  19,  78  ; 
lasz  mich  den    becher   des  jamraers   und    der    freuden,    rief 
Wilhelm  aus,  auf  einmal  trinken.  20,  89 ; 
zu  lief  hat  sie 
den  becher  der  liebe  gekostet.    Börckr  81*. 
nach  der  gestalt  hriszen    auch    andere   ausgeholte    gegenstände 
becher:  wie  man  in  den  ausgebrannten  holen  becher  (cra<«r) 
eines  vuIkans  hinunter  blickL  Gothe  18, 120.    ein  kleines  masz 


ßr  flüssige  und  trockne  dinge  ßhrl  den  namen  becher,  auch 
die  hülse,  worin  die  eichel  steckt,  s.  gaukelbecher,  giftbe- 
cher,  zauberbccher. 

BECHERCHEN,  n.  poeillum  : 

ein  verguidtes  becherchen 
voll  freudenhist  und  heil.    Hoffha.n.s  ^eseUsch.  lieders.  67 

BECHERFUTTER,  n.  abax.   Stieler  527.  becherfutteral. 
BECHERGLAS,  n.  unterschieden  von  kelchglas. 
BECHERHELD,   m.   potator:   wenn   du  ein  so  groszer  be- 
cherheld  bist,  als  du  rühmst.  Fb.  Müller  1, 163. 
BECHERKLANG,  m.  clangor  poculorum: 

dein  hochzeitschman.s 

weiht  dann  das  haus 

mit  becherklaiige  ein.    Gökinge  1,  273; 

laszi  lanienspiel  und  becherklang  nicht  rasten. 

RÜCKERI  310. 

BECHERLEERAUS,  m.  potator:  ein  ansehnlicher  erbarer 
mann  und  ein  zimlicher  becherlerausz.  Garj.  19S';  fahrender 
Schüler,  becherlärausz,  lilzelsalat.  groszm.  62.  in  der  zweiten 
stelle  mit  anspielung  auf  baccalaureus  und  licentiaL 

BECHERLEERER,  m.  dasselbe:  den  violverkerten,  listwisen 
maluistern,  becherlärern  und  slubenstenkern.  Friedr.  Rieorers 
Spiegel  der  waren  rhetorik.  Friburg  im  Brisgow  1493  fol.  bl.  119. 

BECHERLEIN,  n.  poeillum. 

BECHERLEINSTELLER,  m.  joculator:  becherleinsteller, 
passiospieler,  kflgleinschlucker.  Fischart  groszm.  88. 

BECHERN,  pocü/umstccari?,  exhaurire,  poculieren:  da  wir  mit 
des  gouverneurs  officieren  noch  etwa  zwei  stunden  tüchtig  ge- 
bechert hatten.  Felsenb.i,  '2;  mit  denen  sie  noch  discourier- 
ten  und  becherten.    4,  86;    auch  wol  eine  gute  stunde  tüch- 
tig gebechert.    4,  93;    sie   haben    die  ganze  nacht  gebechert; 
er  bechert  gern,  sie  auch.    Götz  2,  157 ; 
an  unsers  himmlischen  vaters  tisch 
greift  wacker  zu  und  bechert  frisch.    Göthk3,  282; 

musz  halt  eins  bechern.    Fr.  Mlller  1,  344. 
BECHERRAND,  m.  margo  poculi: 

becherrand  und  lippen 

zwei  korailenklippen.    REceert  342. 

BECHERSCHWAMM,  m.  peziza,  ein  pils  ohne  stiel,  u>ie 
eine  glocke  oder  ein  becher  gestaltet. 

BECHERSTÜRZEN,  haurire  poculum,  vgl.  Stürzebecher. 

BECHERTRAUBE,  f.  ein  hölzernes  Werkzeug  der  töpfer,  wo- 
mit sie  tellem  und  schusseln  gleiche  tiefe  geben,  der  grund 
dieser  bcnennung  unbekannt. 

BECHFISEL,  m.  ein  Schimpfwort:  von  den  bechfiseln  in 
des  parzifants  Guldimuth  Mercurladen  und  gaukelsack,  Über- 
schrift eines  capitels  in  Fischarts  groszm.  87;  o  bechfisel  I 
Garg.  134';  bechfisel,  grobe  mistheinzen.  197'.  .i.  fisel  und 
bechbatz. 

BECHNER,  m.  frangula,  rhamnus  frangula,  noch  viele  an- 
dere namen  fülirend,  z.  b.  faulbaum,  sporkel,  mausbaum:  es 
ist  ein  Strauch,  davon  die  bienen  viel  nützung  haben,  bech- 
ner,  lateinisch  frangula  oder  schiszbeerenholz.  N.  Jacob  Un- 
terricht von  den  bienen  1568. 

BECHTEN  oder  BECHTELN  hiesz  im  Elsasz  und  tu  der 
nördlichen  Schweiz,  also  unter  Alemannen,  am  schlusz  oder 
zu  beginn  des  jahrs  einen  fröhlidien  umzug  durch  das  land, 
und  festgelage  halten,  die  noch  auf  das  heidenthum  zurückge- 
hen, da  nun  der  feiertag  selbst  den  namen  Bechlclistag  und 
auch  Berchtelistag,  Berchtlistag  ßhrl,  so  ist  dabei  natürlich 
an  die  göttliche  frau  Berchta  zu  denken,  die  andern  deutschen 
frau  Holda,  und  ein  wolthdliges  leuchtendes,  gnädiges  wesen 
bezeichnet,  das  um  diese  zeit  unter  den  menschen  zu  erschei- 
nen pflegte,  dazu  stimmt  das  bairische  perchtenlaufen,  perch- 
teflspringel  zur  ehre  einer  mehr  schrecklich  gedachten  wilden 
Berchta  oder  BerchteL  der  ausslosz  des  R  in  Bechte  und  hech- 
ten, hechtein  erfolgt  wie  sonst  in  focht  ßr  forcht,  furcht,  fo- 
dern  ßr  fordern,  weit  für  werlt  und  vielen  andern  Wörtern 
und  es  hat  weniger  ßr  sich,  Bechte  gleich  der  romanischen 
Befana  als  eine  volksmäszige  personification  aus  epiphania  her- 
zuleiten, die  sagen  von  frau  Berchta  sind  deutsche  mythol. 
s.  250—260  gesammelt. 

Der  milden  Bebte  und    des  'behtens  after  den  gassen*  ge- 
denkt zuerst  Conrad  vom  Daskrotsheiw    in   seinem  1435  abge- 
faszten  namensbuch.    Brast  im  narrensch.  s.  195  ron  Bacchus 
und  seinem  lustigen  gefolgt  redend,   meint 
von  denen  kumen  ist  sithar, 
das  man  im  land  umb  bächten  far. 

Keisersberc  hal  mehr   denn    eine   anspielung:    semliche    ding 


1215   BECHTEN— BECKELMANNSHAÜBE 

vor  weihenaclilen  tluin,  daj  ist  von  beiden  Iiie,  wir  haben  vil 
von  beiden,  etlicbe  ding  bat  die  cristenbeit  abgthon.  darauf 
erzälilt  er,  wie  man  den  Janus  geehrt  habe:  eliich  mit  tanzen 
und  springen,  ander  mit  stechen  und  mit  danreis  in  die  Stu- 
ben legen,  ander  mit  b  echten,  ander  das  sie  einander  ga- 
ben schicken  lebkuchen,  wein  &c.  omciszil';  die  ander  schel 
(an  der  narrenkappe)  ist  pulzenantlitter  (larven)  tragen,  das 
sein  Ursprung  bat  von  den  beiden ....  da  must  man  hech- 
ten (umgeiin  und)  »urst  samlen,  von  Bacho  kumpt  das  her. 
pred.  über  das  narrensch.  1520  bl.  153,  «oc/i  Brants  auslegung. 
in  den  stalulen  der  SIraszburger  schiffcr  (Okerlin  103)  heiszl 
es :  als  dann  die  bandwerksknecht  oder  knaiien  nach  alter 
gewonheit  in  den  winachtfirtagen  gehechtet,  und  von  einer 
Stuben  zu  der  andern,  aucii  frummen  lüten  in  ir  hüsere  ge- 
loufen  sind  gutzen  und  noisen,  das  so!  ouch  nit  me  sin. 
auch  Dasvpodius  n'  hat  bäciiten,  302'  hechten  für  bacchari, 
wüten,  hin  und  wider  laufen  und  der  Bächte  tag  bacchanalia. 
merkwürdig  ist  die  erwähnung  des  bechtens  hei  einem  Schrift- 
steller aus  Hessen,  wo  man  sonst  nichts  von  frau  Bechte,  nur 
von  Holle  weisz: 

summa,  jeder  maclils  auf  sein  best 
und  feirt  also  des  Dachus  fest, 
sie  rennen,  siechen,  ringen,  fechten, 
mit  aller  thorheit  weidlich  hechten. 

B.  Waldis  päbstt.  reich  4,  10 ; 

und  was  meint  Agricola  spr.  238'  in  den  Worten:  fahe  vil  an, 
bucht  Kitzel?  fahr  nicht  wild  und  müszig  umher? 

BECHTERMC.NZE,  f.  name  eines  buchdruckcrs  zu  Eltvil,  aus 
dessen  presse  1469  und  wiederholt  1477  der  unter  dem  titcl  ex 
quo  bekannte  vocabularius  latino  teutonicus  hervorgieng.  Pan- 
zer s.  57. 104.  bedeutet  bechtermünze  bachmünze,  metitha  aqua- 
tica  oder  ackermünze,  mentha  arvensis? 

BECK,  m.  gen.  beckes,  rostrum,  schnabel,  kein  hd.  wort, 
sondern  nd.,  nnl.  bek,  franz.  bec,  doch  mit  bicken,  picken, 
rostro  tundere  genau  verwandt:  dann  disz  ist,  wie  die  Sach- 
sen sprechen,  rechter  speck  für  iren  beck.  Fischart  bie- 
nenk.  112'. 

BECK,  m.  gen.  becken,  pislor,  ahd.  peccho  d.  i.  peccbio 
von  pachan  pinserc  (Graff  3,  24),  mhd.  becke  (Be\.  1,  "(i*). 
die  flexion  tritt  deutlich  vor  in  der  novelle  von  Cisti  fornajo  in 
Bocc.  2,  3  —  6,  nom.  beck,  gen.  dat.  acc  becken;  den  becken 
dahin  bringen.  Wickram  ro/Zw.  87';  liesz  er  den  becken  beru- 
fen. Laürenberg  acerra  231 ;  helfen  von  hier,  wie  die  becken 
gebrauchen.  SecterSO; 

ach  mutter  liebe  multer  mein, 
kein  andrer  soll  mein  eigen  sein, 
kein  becken  mag  ich  nehmen, 
und  hetl  er  gleich  ein  tonne  gold ; 

ich  kauf  mein  brot  beim  becken.  Fischart  groszm.  32 ;  die- 
bische becken  und  müllcr.  88;  gärtner,  ackersleut,  graber, 
fischer,  koch,  becken,  bierbrauer.  Schuppids  715,  oberdeutsche 
schrißsteller,  z.  b.  Hohberg  verwenden  das  wart  noch  später, 
namentlich  in  den  ztisammen Setzungen  brotbeck,  semmelbeck, 
zuckerbeck  u.  o.  m.,  in  der  Schriftsprache  ist  es  allmälich  er- 
loschen und  durch  becker  verdrängt  worden,  schon  Luther 
schreibt  nur  becker.  in  dem  häufigen  eigennamen  Beck,  Bock, 
Böckii  haßel  aber  noch  die  hochdeutschere  form. 

BECK,  n.  pelvis,  gekürzt  aus  becken,  was  man  sehe: 

peck,  pursten,  kamp,  schwamm  und  pruch. 

H.  .Sachs  1,440"; 
auch  so  hat  er  weder  sib  noch  die  seck, 
gieszvasz,  angster,  seichter,  trachier  noch  kein  beck. 
Uhland  710; 

HonnERC  1,  219'  und  oft.  Schmem.er  1, 149.  Maaler  52'  schreibt 
das  becke,  auch  Kirchhof  disc.  mit.  ein  becke  mit  wasser, 
und  schon  mhd.  becke.    Jw.  587.  593. 

BECKE,  f  pislrix,  ahd.  pecchA,  könnte  sich  vorfinden,  ob- 
schon  kein  beleg  zur  hand  ist.    s.  beckin. 

BECKELHAI;BE,  /■.  galea  militum,  bei  Stiei.er  206.  792  hö- 
ckeiiiaube,  pickelhauhc :  es  wird  das  leben  kosten  dcnseibi- 
gen  die  da  sterben  und  alsdann  werden  sie  kein  beckelhauh 
melir  bedürfen.  Fischart  groszm.  141 ;  braunschweigische  glatt- 
wollige gebichte  bcckelhauben,  darinit  man  die  liüner  auf  dem 
garten  tod  wirft.  Garj.  119*;  ja  diese  federfranken  könnenden 
ganzen  leib  mit  der  bcckelhauben  im  stürm  decken.  127'. 

BECKELMANNSHAÜBE,  f.  dasselbe: 

ich  hnb  cm  gut  berkolmnnnshaubcn, 

und  auch  gut  blodeim.'inns  hand.schucli, 

hat)  auch  an  ein  hnnzere  bruch, 

zum  hader  bin  gerüstet  ich.    IL  Sachs  IV.  3,  51'. 


BECKEN  — BECKER 


1216 


BECKEN,  pungere,  tundere,  bicken,  picken.  Schm.  1, 150  • 
gleichwie  die  englisch  sackpfeif  sprecken 
und  wie  die  reuszisch  ruszpfeif  becken. 

Fischart  grossm.  43 ; 
unser  beider  abconlerfecl 
in  stein  gehauen  und  gebeckt.    Atbkr  325'. 
BECKEN,  n.  pelvis,  labrum,  mlat.  bacinus,  baccinus,  baci- 
nefiim  (Ducange  1,  526.  527),  schon  bei  Gregor  von  Tours  9,  28  : 
Brunichildis  quoque  regina  jussit  fabricari  ex   auro   ac   gem- 
mis  mirae  magnitudinis  clypeum,  ipsumque   cum  duabus  pa- 
teris  Jigneis,  quas  vulgo  bacchinon  vocant,    eisdemque  si- 
miiiter  ex  gemmis  fabricatis  auro,   in  Hispaniam   regi   mittit. 
hier  also  hölzerne  schalen,    mit   gold  und  edelsteinen  verziert, 
ahd.  peccbin  (Graff  3,  30)  und  pecchi,  mhd.  becke  und  becken 
(Ben.  1,  97").     man  versteht  darunter 

1)  ein  ßaches  gefäsz,  um  darauf  wasser  zu  gieszen  oder  atich 
blut  zu  lassen,  handbecken,  fuszbecken,  barbierbecken,  bart- 
becken,  kammerbecken,  Waschbecken :  und  nemet  ein  püschel 
isopen  und  tunket  in  das  blut  in  dem  becken.  2A/os.  12,  22; 
UjQd  Moses  nam  die  helfte  des  bluts  und  tbets  in  ein  becken. 
24,  6;  schalen,  schiissel,  becken,  leffel  und  pfannen  von  lau- 
term  golde.  1  kön.  7,  50 ;  das  sie  trinken  und  vol  werden  als 
das  becken.  Zach.  9,  15;  darnach  gosz  er  wasser  in  ein  be- 
cken, buh  an  den  Jüngern  die  füsze  zu  waschen.  Joh.  13,  5 
(welche  stelle  gothisch  nicht  einzusehn  ist),  dasz  ein  solches 
becken  auch  von  holz  sein  konnte,  lehrt  Gregor. 

2)  flache  metallscheiben  zum  aneinanderschlagen  und  erkliu' 
gen,  cymbalum:  mit  solchem  klang,  als  wan  man  sonst  den 
immen  auf  eim  becken  schlägt  (um  sie  zu  locken),  bienenk. 
240' ;  becken  der  spielleute ; 

die  hellen  becken  musz  ich  schlagen 

und  ward  von  vielem  weinen  blind.    Cl.  Brentano. 

3)  flache  Vertiefung  der  erde  oder  felsen,  worin  wasser  ent- 
halten ist,  it.  bacino,  franz.  bassin :  thaibecken  in  einer  land- 
schaß ; 

wie  durch  holer  felsen  becken  weint  ein  bach. 
Schiller  8*. 

4)  pelvis  muliebris.  die  Zusammensetzungen  mengen  sich  mit 
den  alten  von  becke  pistor. 

BECKENBAND ,  n.  Verbindung  der  das  becken  bildenden 
Iheile. 

BECKENBLUTADER,  f  vena  pelvis. 

BECKENBUOT,  n.  beckerbrot,  d.  i.  feil,  nicht  zu  haus  ge- 
backen, unter  den  spielen  führt  Fischart  173  an :  Memminger 
vokatzer  beckenbrot. 

BECKENBUB,  ni.  socius  pistoris  mercenarius,  beckerknecht, 
beckerbursch :  beckenbuben  zu  Basel,  fischerbuben  zu  Strasz- 
burg.  Fischart  groszm.  71 ;  hurnauszenstürmig  und  brämen- 
schwirmig  wie  die  beckenbuben  auf  -der  tatizlauben  und  dem 
fechtboden.  Garg.  82'. 

BECKENFÖRMIG,  wie  ein  becken  gestaltet. 

BECKENHÖLE,  f. 

BECKENKNECHT,  m.  was  beckenbub:   Wicrram  rollw.  87; 
mein  mann  alsdann  in  der  mül  ist 
und  auch  mit  ihm  sein  heckenknecht.    .\trer  fastn.  85*. 

BECKENMAGD,  f  speirische  beckenmägde.  Garg.  273'. 
BECKENMOR,  /.  scrofa  pistoris,  i.  e.  pinguissima:  und  da 
müssen  sie  erst  fürs  drittmal  mit  öl  geschmieret  werden  und 
damit  sind  sie  ganz  volkommen,  wie  ein  andere  beckenmor, 
und  dürfen  nit  weiters,  dan  das  sie  der  oberst  über  das  feg- 
feur  auf  fasznacht  zu  hau  und  für  schunken  in  rauch  auf- 
lienk.  FiscHART  bienenk.  245'.  vgl.  beckermor. 
BECKENSAU,  f  dasselbe: 

sich  füllen  als  die  beckenscw.    H.  Sachs  IL  2,  10" ; 

ich  hab  mich  bei  im  ausgemest 

eben  gleich  einer  beckensaw.    IL  2,  25". 

BECKENSCHLAGADER,  f.  arteria  pelvis. 

BECKENSCHL.XGER,  m. 

BECKENSPREISZEL,  n.  ramenta  ligni  ad  fomacem  calefa- 
ciendum:  der  knecht  trcgt  etliche  beckenspreuszel  und  brin- 
nendc  sciileiszen.    Avrer  fastn.  87*. 

BECKENWEIB,  w.  pislrix,  beckerin: 

Cliaritns  das  jung  becken  weih.    Atrer /aj(n.  85*. 

BECKENWERK,  n.  IL  Sachs  IV.  3,  96'. 

RECKER.  ni.  pistor,  ags.  bileere,  nnl.  baltker,  altn.  bakari, 
schw.  bagare,  ddn.  liagerc;  auch  Fisciiart  grossm.  49  setzt 
nudlenbacher,  coleticbenhacher.  und  es  begab  sich,  das  sich 
der  schenk  des  könipes  und  der  becker  versündigten  an  irein 
berrn.  1  Mos.  40,  1 ;  da  der  öherst  becker  sähe,  das  die  deu- 
tung  gut  war.  40, 16 ;  gleichwie  ein  backofen,  den  der  becker 


1217 


BECKERBROT  —  BEDACHT 


heizet,  wenn  er  hat  ausgeknetet  Hos.  7,  4;  aber  ir  becker 
schleft  die  ganze  nacht  und  des  morgens  brennet  er  {der 
Ofen)  liechter  lohe.  7,  6.  vgl.  brotbecker,  hofbecker,  kuchen- 
becker,  pastetenbecker,  semmelbecker. 

BECKERBROT,  n.  was  beckenbrot. 

BECKERBURSCHE,  m. 

BECKEREI,  f.  pistrina. 

BECKERFÜRTUCH,  n.  Garg.  m\  115*. 

BECKERGASSE,  f.  platea  pistorum :  und  liesz  im  des  tags 
ein  leblin  brot  geben  aus  der  beckergassen.  Jer.  37,  21. 

BECKERGESELL,  m. 

BECKERHANDWERK,  n. 

BECKERHAUS,  n. 

BECKERIN,  f.  pistrix:  ewre  töchter  aber  wird  er  nemen, 
das  sie  apotekerin,  köchin  und  beckerin  seien,  l  Sam.  8,  13. 
vgl.  sträubleinbacherin,  küchieinbacherin,  leckerlebacherin.  Fi- 
SCRABT  groszm.  S3. 

BECKERINNUNG,  f. 

BECKERISCH,  pislorius :  schererische  schwegler,  beckerische 
ohrenfidier.  Fischabt  grosim.  88. 

BECKERJUNGE,  m.  Uro  pislor. 

BECKERKNABE,  m.  dasselbe.  Göthe  45,  254. 

BECKERKNECHT,  m. 

BECKERLADEN,  m.  pistrina.  Gökisgi  3,  128.  Dahlmans 
franz.  rev.  284. 

BECKERMÄDCHEN,  n. 

BECKERMEISTER,  m. 

BECKERMOR,  f  was  beckenmor:  wa  köndten  die  pome- 
riscbe  säw  und  beckermoren  gedulden,  das  inen  die  mens 
also  spannentief  binden  aus  dem  ars  speck  nagen,  ja  gar 
nester  hinein  tragen  und  hochzeit  darin  halten,  wann  sie 
nicht  stäts  im  trog  lägen?  Garg.  4l';  Ton  schwartbehauenen 
Schweinen,  unabgelertem  speck,  von  beckermoren,  ackerschwei- 
nen.   53'. 

BECKERSKüNST,  f.  pisloris  ars: 

ich  ess  ein  selig  brot,  mit  schweisz  zwar  eiogeieiget, 
doch  das  durch  beckerskunst  und  hereo  hoch  nicht  steiget. 
LoGAC  1,  3,  4. 

BECKI.N,  f  pistrix,  beckerin.  Aibeb  fasln.  84".  Hohberg 
3,  69". 

BED,  f  siehe  bede. 

BEDACHEN,  lecto  legere:  mit  dem  emtekranz  von  welken 
halmen  bedachet.  J.  Facl  Knmpan.  19. 

BEDACHT,  pari,  praet.  ton  bedenken,  consideralus,  allen- 
tus,  gebildet  wie  goth.  anda{)ahts,  ahd.  gidäht,  anadähti,  mhd. 
bedäht  (Be5.  1,  344'),  heute  bedacht  {wie  bedacht,  tectus) :  es 
ist  alles  vorher  gesehen  und  bedacht;  aber  wenn  es  nun 
fertig  ist  und  unwiderruflich,  dann  heiszt  es,  es  ist  bedacht. 
TiECK  tischler  2,  7 ; 

bedachter  war  der  mutter  gang.  Pfeffbl  5, 166. 
aus  bedachtem  rat.  apost.  gesch.  2,  23 ;  das  war  wol,  übel  be- 
dacht ;  mit  bedachtem  mut.  Keisebsb.  Sünden  des  munds  51' ; 
mit  wol  bedachtem  mut.  22*.  23' ;  deshalben  so  appellier  und 
beruf  ich  mich  dieser  schrift  auf  ein  zukünftig  christlich  frei 
concilium  von  dem  obgenanten  alierheiligsten  bapst  Leo,  die- 
ser sach  nicht  wol  bedacht-  und  verstendigem.  Lutheb  1,  352'. 
heute,  enger  angeschlossen,  wolbedacbt:  eine  abgefeimte  Iphi- 
genia  weisz  durch  die  maske  ihr  eigenes  zauberwerk  wolbe- 
dacbt wieder  zu  zerstören.  Schilleb  699. 

Zumal  verbindet  es  sich  in  dieser  activen  bedeutung  mit  sein 
und  werden :  pis  doch  auf  ein  beicht  bedacht  I  Hacpt  8,  533 ; 
ich  bin  noch  nicht  bedacht  (entschieden),  ob  es  gut  sei.  Lo- 
THEBS  br.  5,  529 ;  derhalben  bezeugen  wir  hie  CCfentlichen,  das 
wir  die  warheit  zu  verlassen  nicht  bedacht  {gemeint).  Me- 
LA!«CBTB05  im  corp.  doctr.  ehr.  370;  steigt  Taubmannus,  der 
länger  alleine  zu  liegen  nicht  bedacht  {willens)  war,  wieder 
aus  dem  bette.  Brandts  berichl  von  Taubm.  $.  40; 

denn  wir  seind  hie  ^ar  nicht  bedacht, 

das  ein  neus  slin  wird  auTgebrachl.    AracKlS''; 

•cbUr,  groszer  kaiser,  schlari  wir  beide  {pax  et  juttUia)  sind 
bedacht  {aufmerksam).  Gömthe«  965  ; 

ich  war  schnell  bedacht  {entschlossen)  und  reiste  ab;  wurde 
sie  kurz  bedacht  und  kebrete  i%-ieder  um.  Puilandeb  1,  30. 
ganz  verschieden  ist  das  heulige  bedacht  sein  {passiv  genom- 
men), s.  hernach  bedenken  2. 

Auf  etwas  bedacht  sein,  für  etwas  sorgen,  auf,  an  etwas  den- 
ken: ich  war  stets  auf  deinen  vortheil  bedacht;  er  war  auf 
nichts  so  sehr  bedacht  als  auf  ihre  Verheiratung;  du  must 
auf  die  ruhe  deines  alters  bedacht  sein; 


BEDACHT  — BEDÄCHTLICHKEIT        1218 

so  lange  wil  ich  sein  bedacht  auf  neue  treue, 

und. nicht  bedacht  nur  sein,  audh  weisen  in  der  that, 

dasr  dis  mein  herze  sei,  wie  sichs  erkläret  bat.    Fli«i!<g; 

sind  derowegen  die  königlichen  räthe  auf  mittel  bedacht  ge- 
wesen, wie  man  diesem  unheil  möchte  begegnen,  pers.  ro- 
senth.  1,  5; 

singet  ein  vogel  die  ganze  nacht. 

wanimb  bin  ich  denn  auch  nicht  bedacht, 

dasz  ich  den  gütigen  Schöpfer  droben 

sollte  nicht  auch  eine  stunde  loben?    2,  22. 

BEDACHT,    adv.  franz.  considere  que,  wie  angesehen,    er- 
wogen dasz: 

bedacht,  das  sie  kein  bhelf  nicht  bauen 
von  winden.  Fiscuabt  (;{.  seht/ 1151; 

welchs  gleichwol  nit  bestehn  kan,  bedacht,  dasz  die  esel  und 
hauen  kein  bücher  schreiben,  bienenk.  120';  bedacht,  dasz 
das  fleisch  aus  der  verfluchten  erden  kompt.  148';  bedacht, 
weil  er  in  unvernünftiger,  viehischer  weis  gelebt  bette.  21S'. 
BEDACHT,  m.  consilium,  consideratio,  gebildet  wie  andacht, 
ahd.  anadäht,  welche  aber  f.  sind:  mit  wie  vil  gröszerm  be- 
dacht richtest  du  deine  kinder.  weish.  Sal.  12,  21;  nach  ge- 
nommenem bedacht.  Meuischth.  rorr.  zur  Augsb.  conf. ;  da  < 
der  glaub  mit  der  martrer  blut  und  mirakel  bestelliget,  keins 
bedachts  mer  bedorft,  weil  die  zeugnus  der  schrift  vorhan- 
den ist.  Frank  cAron.  318';  Simonides  begert  von  Hiero  ge- 
firagt  über  dise  frag,  was  und  wer  got  war?  ein  bedacht  eins 
tags  lang,  paradoxa  1";  jetzt  begert  des  gefangen  fürsprech 
ein  bedacht.  Fbonspebg  kriegsb.  1,  lO';  trt  den  weisthümern 
häufig  die  formet:  darauf  die  Schöffen  bedacht  genommen, 
z.  b.  2,  188.189.  3,754; 

noch  heint  in  unseroi  bedacht  stehn, 

als  wolt  wir  morgen  hinaus  gehn.    Schmelzl  Saui  30* ; 

doch  mit  gutem  bedacht.  Fischabt  bienenk.  175' ;  mit  groszem 
bedacht.    Garg.  108';   ohne  weiteren  bedacht.    200';   uns  zur 
deliberation  räum  und  bedacht  lassen.   Atreb  proc.  3,  5 ; 
kühnheit  mit  vermessenheit 
bringt  es  öfters  noch  so  weit 
als  bedacht  und  wiizigkeit.    LogacI,  8,  27; 
bedacht  wich  dem  genusz.    Halles  140; 
am  mute  fehlt  mirs  nicht,  doch  an  bedacht  fehlts  dir.    LKSsi<fc ; 
mehr  oder  weniger  lebhaftigkeit  oder  bedacht  Göthe  38,  85; 
hab  auf  den  vater  bedacht !    Voss  Od.  18,  267 ; 
aber  mit  klugem  bedacht  verbarg  er  des  vaiers  gebeimnis.  23,  30. 
spur  des  f.  zeigt  sich  bei  Littheb'  ich    schreibe    auch  heim- 
liche brieve,  aber  allzeit  mit  der  bedacht.  4,  534*.     einigemal 
scheint  auch  das  bedacht  vorzukommen,    s.  vorbedacht 

BEDACHTE,  praet.  von  bedenken:  bedacht  sich  eines  kur- 
zen rafs.    Eulensp.  25. 

BEDÄCHTIG,  consideralus,  providus :  ein  bedächtiger  mensch ; 
ein  ungedültiger  thut  nerrisch,  aber  ein  bedechtiger  hasset 
es.  spr.  Salom.  14,  17; 

mit  wie  leichtem  herzensregen 

horchet  ihr  der  glocke  nicht, 

die  mit  zwölf  bedächigen  schlagen 

ruh  und  Sicherheit  verspricht.    Göthe  19, 197 ; 

ein  bedächtiger,  langsamer  gang.  vgl.  unbedechtig,  inconside- 
ratus.  Mich.  Neandeb  menschensp.  102;  gottsbedächtig.  Simpl. 
2,  296. 

BEDÄCHTIGKEIT,  f.  die  mutter  der  klugheit. 

BEDÄCHTIGLICH,  adv.  considerate:  ein  kluges  herz  han- 
delt bedechtiglich,  aber  die  künen  narren  reden  nerrisch.  Jpr. 
Salom.  15, 14 ; 

und  spricht  zu  sich  bed.ichtiglich . 
der  arme  mensch,  er  dauert  mich. 

Göthe  auf  Nicolais  Werther. 

BEDÄCHTLICH,  «ras  bedächtig:  Sancho,  auf  seinem  be- 
dächtlichem  pferde.  Lessinc  7,  348 ;  Tür  solche  empfindungen 
gibt  uns  der  heutige  geschichtschreiber  kalte,  aber  wenn  gott 
will,  sehr  zuverlässige  belöge  aus  dem  bedächtiichen  kabi- 
nete.  9,  83;  den  bedächtiichen  gang  republicanisrher  Verhand- 
lungen. Schiller  970; 

was  bedächtlich  natur  sonst  unter  viele  vertheilet, 
gab  sie  mit  reichlicher  band  alles  der  einzigen  ihr. 
Göthe  2,  130. 
BEDÄCHTLICHEN,  adv.  recht  schweren  ist,  da  ein  mensch 
war  Schwert,  bedechtlichen,  bescheidenlichen,    nit  on  not  un- 
zimlich.    Keisebsb.  Jönden  d«  munrfi  21';  wen  einer  schreibet, 
so  gat  es  gar  bedachtlichen  zu  mit  wol  bedachtem  mut.  22*. 
BEDÄCHTLICHKEIT,  f  eircumspeäio,  gravitas:  ihrem  wil- 
den wunderlichen  wesen  selbst  bei  der  bedächtlichkeit  gunsl 
zu  erwerben.  GOthk  17,  230;  des  fremden  weiteres  gcspräcb, 

77 


1219 


BEDACHTSAM— BEDANKEN 


BEDARBEN  —  BEDAUERN 


1220 


das  er  mit  heiterer  eigenheit  und  bedäclitlichkeit  fortsetzte. 
17,  319 ;  diese  bedäclitlichkeit  nur  das  nächste  ans  nächste  zu 
reihen,  haben  wir  von  den  mathematikern  zu  lernen,  denn 
eigentlich  ist  es  die  mathematische  methode,  welche  wegen 
ihrer  bedächtlicbkeit  und  reinheit  gleich  jeden  sprung  in  der 
assertion  offenbart.  50,  21. 

BEDACHTSAM,  was  bedächtig:  secht,  darum  ist  M.  Gen- 
tian  sehr  bedachtsam  gewest,  das  er  von  disen  dingen  nicht 
viel  hat  wollen  schreiben.  Fischart  bicnenk.  231' ;  das  tedeum 
noch  niemals  bedachtsamer  (anddchligei)  und  aufmerksamer 
gesungen.  Felsenb.  2, 169. 

BEDACHTSAMKEIT,  f.  consideranlia,  caiUio. 

BEDACHUNG,  f.  tedum.  Lohenstein  vlrwi.  2, 1080;  das  haus 
ist  bis  auf  die  bedachung  fertig. 

BEDACHT,  BEDACKTE,  s.  bedecken. 

BEDAGEN,  tacere: 

schweigen  und  beiagen.    fastn.  sp.  664,  4. 

BEDÄMMEBN,  tenebras  obducere: 

als  die  gnste  des  mahls  von  dannen  geschieden,  weil  Luna 
halb  die  Ledämmerte  bahn  der  sonn  erschritien. 

BÜRGER  245*. 

BEDÄMPFEN,  1)  vapore  mollire:  diese  stücke  in  einen  topf 
gethan,  darauf  geusz  wegewarten  wasser,  lasz  kochen  und 
bedempfe  die  äugen  unter  einem  tuche.  Bartisch  55. 

2)  comprimere: 

da  bednmpn  ihm  der  buntgestickte  riemen  die  kehle, 
welcher  ihm  unter  dem  kinne  den  heim  hielt.    Biirger  211*. 

BEDÄMPFUNG,  f.  eine  gute  bedempfung  zu  obgemeltem 
schmerzen  der  augcn,  recipe  eibischwurzel  &c.  lasz  sieden 
und  empfahe  den  dampf  an  die  äugen.  Bartisch  226. 

BEDANK,  w.  consilium,  bedacht:  der  bedank  ist  in  einem 
menschen  behender  weder  in  dem  andern.  Keisersd.  irriif 
schaflb;  die  gewonheit  ist  gleich  dem  bedank,  wan  volkuinne 
kunst  bedenkt  sich  nit,  das  sieht  man  in  den  Schreibern  und 
lautenschlahern.  ebenda;  traten  sie  sampllich  mit  einandern 
ab,  einen  ratschlag  zu  fassen,  nach  gehabtem  bedank  und  ge- 
fasztem  ratschlag.    Würtz  pract.  52.    s.  bedenk. 

BEDANKEN,  kommt  ahd.  mhd.  nicht  vor,  so  nahe  beden- 
ken, golh.  bi|)agkjan,  ahd.  pidenchan,  mhd.  bedenken  liegt, 
worüber  mehr  unter  dank  und  danken. 

1)  mit  acc.  der  person,  remunerari,  belohnen: 

die  Schönheit  wird  allein'  mit  dieser  frucht  bedanket. 

Weckherlin  721 ; 
lud  wird  schlecht  von  uns  bedankt,  mehrentheils  mit  fluch 

und  spot.  LoGAU  2,  8,  52; 

Mali  wil  mehr  nichts  gutes  thun,  weil  er  nie  nicht  wird  bedankt. 

3,  5,  58. 

2)  mit  düL  der  person,  aec.  oder  gen.  der  sache: 

so  Wirt  es  im  bedanket  wol.    Mörin  15 ; 
wir  bedanken  euch  alles  guts.    Ayrer  360* , 

er  hat  ihr  seine  wolfahrt  zu  bedanken  {danken,  verdanken). 
Opitz  Arg.  2,  297.     mit  ausbleibendem  dat. : 

erlauchte  fiirsten,  eurer  gegenwart 

^ei  unserm  heulgcn  feste  seid  bedankt! 

UuLAMD  Ernst  von  Schwaben  s.  29; 

er  präsentiert  seine  geschenk,  aber  sie  wurden  wol  bedanket) 
doch  als  zu  unmäszig  nit  angenommen.  Garg.  268*. 

3)  sich  bedanken,  gratias  agere. 

a)  mit  gen.  der  sache:  ich  bedank  mich  aufs  demütigst  ich 
kan  gegen  euern  gnaden  des  gnedigsten  und  gütigsten  wil- 
lens, aus  welchem  diese  vermanung  und  erinnerung  her- 
fleuszt.  Luther  1,446';  und  bedank  mich  gegen  e.  gn.  beide 
der  gunsl  und  freundschaft  von  mir  unverdient.  2,  207'.  br. 
2,  305;  in  zwo  schachteln,  der  ich  mich  fleiszig  gegen  euch 
bedanke.  4,  178 ;  das  er  sich  schon  gegen  im  widerum  er- 
langter gesundhait  bedanket.  Meussi;s  ps.  R7';  und  bedankt 
sich  des  beschcids.  Ayrer  proc.  1,  6 ;  ich  bedankte  mich  sei- 
ner guten  neigung.  Simpl.  1,  18t;  sich  ehrenschuldigst  bedan- 
ken, unw.  doct.  389 ;  sich  der  gunst  bedanken.  Musaeus  3, 137. 

b)  mit  der  praep.  für:  bedanke  mich  von  herzen  für  ihre 
gute  affection  gegen  mich.  Schupi'ius  272 ;  wir  bedanken  uns 
Tür  alle  cmpfangnen  wdllhaten. 

c)  dieses  sich  bedanken  drückt  hdttfig  ein  höfliches  ablehnen 
mit  ironie  aus:  ich  bedanke  mich  schönstens  dafür,  mag 
nichts  damit  zu  schaffen  haben;  er  wird  sich  dafür  bedanken, 
wird  es  ausschlagen ;  sie  wollte  einen  mann  haben,  aber  für 
einen  krüppel  bedankte  sie  sich;  du  sollst  dafür  bedankt 
sein  !  prosit  die  mahlxeit  l 


BEDARBEN,  egeri,  darben,  ein  seltnes  worl:  lasse  inen 
die  zinse,  so  lange  sie  leben  und  bedarben.  Luthers  br.  2, 
659.   s.  bederben. 

BEDARF,  praet.  mit  praesensbedeutung  von  bedürfen. 

BEDARF,  m.  indigentia,  res  necessariae,  weder  ahd.  noch 
mhd.,  das  nnl.  bederf  n.  bedeutet  interitus,  Verderb;  nahver- 
wandt  ist  unser  bieder  =  ahd.  piderpi,  mhd.  biderbe,  bederbe 
utilis.  zuerst  hat  bedarf  Hexisch  230  für  nccessilas,  egestas. 
StiEler  280  gibt  die  Zusammensetzungen  gcldbedarf,  kunstbe- 
darf, freundebedarf.  Adelung  hielt  es  schon  für  veraltet  und 
nur  canzleimäszig,  die  spätere  zeit  hat  ihm  besser  aufgeholfen : 
nimmt  auch  wol  den  bedarf  von  roher  baumwolle  allenfalls 
an  zahlungsstatt.  aber  nicht  allein  den  bedarf  an  rohen 
Stoffen  holen  die  marktleute  in  der  Stadt.  Göthe  23, 172 ;  nach 
örtlichem  bedarf,  denkschr.  des  fr.  von  Stein  66 ;  mein  Vorrat 
übersteigt  den  bedarf,  i.  baubedarf,  brotbedarf,  bolzbedarf  7t.  s.». 

nichts  unbändiger  doch,  denn  die  wut  des  leidigen  mngens, 
der  an  seinen  bedarf  mit  gewait  jedweden  erinnert.    Voss,  nacÄ 

r]  r    ixelsvae  So  fivriaaad'ai  avayxT].     Orf.  7,  217; 

nie  auch  möge  des  Schwertes  bedarf  dir  entstehen  in  Zukunft, 

/iTjSe  ri  rot  ^i^sös  ye  Tto&fj  fisxoniad'B  ys'votxo.  8,  414 ; 

sein  {des  menschen)  bedarf  ist  viel.    Platen  196. 

BEDARFSWISSENSCHAFT,  f.  disciplina  ad  viclum  quae- 
rendum  culla,  brotwissenschaft :  sobald  etwa  die  eine  oder 
andere  ilzige  bedarfswissenschaft  sich  mehr,  als  bereits  ge- 
schehen, von  dem  ansehen  alter  Schriften  und  deren  ausie- 
gung  losmachte.  Wolfs  mus.  der  allerlh.  1,  S9. 

BEDAUBEN,  laminis  instruere.  Garg.  57'. 

BEDAUCHEN,  s.  betaueben. 

BEDAUCHTE,  praet.  von  bedünken. 

BEDAUERLICH,  miserandus:  hielten  den  armen  bauers- 
mann  zur  bedauerlichen  sclaverei.  Grvphius  1,  344;  der  Vorfall 
ist  bedauerlich. 

BEDAUERN,  früher  BEDAUREN,  dolere,  misercri.  in  dieiem 
wort,  wie  in  dem  einfachen  dauern,  wenn  es  ähnlichen  sinn  hat, 
wird  ganz  falsch  D  für  T  geschrieben,  und  dadurch  nicht  nur 
Vermischung  mit  dauern  durare  herbeigeführt,  sondern  auch  der 
Zusammenhang  mit  theuef  d.  i.  teuer  verdunkelt  (Stiele«  283 
will  umgekehrt  dauren  dolere  von  tauren  durare  unterschieden 
haben),  die  mhd.  form  lautet  betören  =  tiure  wesen,  viel  ko- 
sten, mich  betöret,  mich  kostet.  Parz.  230, 7 ;  sine  bete  niht 
betöret,  es  war  ihnen  nicht  zu  schwer  geworden.  351,  25 ;  dag 
töret  mich  allej  kleine,  das  dauert  mich  wenig.  Flore  4096; 
in  lülzel  töret.  4439 ;  in  verdörle  nie  dehein  kleit,  ihn  dauerte 
kein  Meid.  Herb.  3081 ;  er  lieg  sich  es  nieuht  fertören,  er  lies: 
es  sich  nicht  dauern.  Diemer  208, 10;  lieje  si  der  zähere  niht 
betören,  fundgr.  2,  23,  33.  aber  dö  tiuret  in  daj  cjjen,  da 
ward  ihnen  die  speise  theuer,  selten.  Lanz.  144 ;  Walweinen 
niht  betiurte,  dauerte,  verdrosz  es  nicht.  2400.  t«  Albbechts 
Tit.  wird  geschrieben  betouren :  die  niht  betouret,  nicht  dauert. 
4472,  und  merkwürdig 

Avers  im  gewesen  teure,  es  het  in  liht  betouret, 

der  edel  kunic  geheure  schuof  daj  dirre  garte  wart  umbmourct, 

d.  h.  hätte  ihm  dran  gelegen,  es  hätte  ihn  gedauert.  4817. 
dieser  unterschied  zwischen  tören  und  tiuren  d,  i.  tauern  und 
teucrn  ist  ßr  den  Ursprung  des  wortes  tiure  nicht  zu  über- 
sehen. 

Die  Schreibung  D  zeigte  also  nur  Herbort  einmal,  der  ins 
nd.  neigt,  wie  sich  auch  nnl.  duren  durare,  duur  perpetuilas 
und  duur  =  dicr  carus  schädlich  mengen;  dem  hd.  aber  wäre 
dauern  durare,  betauern  dolere  und  teuer  caru«  angemessen, 
das  ridilige  tauern  schrieben  noch  Weckiierlin,  Fleming,  Les- 
sing {nur  dasz  er  12,  348  es  falsch  aus  trauern  leitet)  und  andere. 
Bedeutung  und  gebrauch. 

1)  früher  sagte  man  unpersönlich  mich  bedauert  eine»  dings, 
ich  lasse  mich  etwas  bedauern,  mir  etwas  leid  sein: 

so  in  seit!  schenk  so  vast  bedcurt.    Rrant  narrensch.; 
stelst  oft  eim  nach,  bcdmirt  dich  nicht 
der  huhd  und  vogcl,  di«  rnsz  abriebt. 

trngödie  »on  Hell.  Sürnberg  154t.  B  ; 

dnrumb  sol  sich  kein  herr  bedauern  lassen,  was  im  auf  die 
schanzbauwern  geht.  Fronsperc  kriegsb.  1,85';  er  laszl  sich 
nichts  bedauern.  Hkdion  com.  vorrede;  mnsz  derowegen  einer 
sich  nicht  heduuren  lassen,  den  erfahrnen  wundarelen  nach- 
tuziehen. WllRTZ  praet.  4 ; 

laszi  euch  mein  elerids  gschrcl  bedntim. 

Avre»  f«sln.  .ip.  9'; 


1221 


BEDAUERN — BEDECKEiN 


BEDECRGELD  —  BEDENKEN 


J222 


CbaroD,  der  die  reichiumb  achtet 

ais  einer  spinadlen  spitz, 

lasset  sich  die  arme  bawren 

wie  die  herren  seibs  beiawreo.    Wkcuirlin  413. 

2)  transitiv  bedauera,  dolere: 

als  dein  volk  ganz  trawrig  dich  betawret.    1S5 ; 

und  (l.  uns)  selbte  zu  betauren 
gebührt  uns  ewig  zwar.    Fleming  2; 

0  ich  belaufe  ihn,  mein  lieber  vogt.  Lessixg  1,  324;  ich  be- 
lauere um  so  viel  mehr.  1,  565;  betauern  sie  mich.  2,  125; 
der  dichter  betauret  in  dieser  ode  den  verlusl  oder  die  ent- 
fernung  einer  geliebten.  3,  25;  sie  bedaurel  (hier  wird  der 
Setzer  die  Schreibung  geändert  haben).  4,  229.  3,  310.  zumal 
hO/lichkeitsicort :  ich  bedaure  unendlich,  bedaure  damit  nicht 
dienen  zu  können  u.  s.  w. 

BEDAUERN,  n.  miseratio:  jedermann  hatte  bedauern  mit 
ihm.    Schiller  1100 ;  ich  erfuhr  es  mit  bedauern. 

BEDALERNIS,  f.  desiderium,  franz.  regret:  unter  abwech- 
selnden ausrufungen  des  hohns,  der  Schadenfreude  und  einer 
noch  weit  kränkendem  bedauernis.  Schiller  715 ;  die  bedauer- 
niSj  welche  sich  in  unsere  empfindung  mischt.  1191 ;  entschul- 
digiingen,  anklage,  bedauernisse.  Göthe  32,  35 ;  den  geist  der 
räche  milderte  milleid  und  bedauernis.  Mcsaecs  4,  42. 

BEDALEKNSWERTH. 

BEDALEHSAM,  was  bedauerlich. 

BEDALERL'NG,  f.  ich  brauchte  bedaurung.  Schiller  707; 
hohrath  Jagemaan  stirbt  zur  bedaurung  tod  Weimar.  Götoe 
32,  184. 

BEDE,  f.  petitio,  rogatio,  precaria,  eine  niederdeutsche,  auch 
von  tat.  schrißsteilern  gebrauchte  form,  stall  der  ahd.  peta 
(Graff3,  57),  ni/id.  bete  (Ben.  1, 171).  doch  stehet  Fierabr.  a^: 
geweret  mich  einer  bed,  und  Alberus  setzt  an :  vectigal,  bed. 
H.  Sachs  I,  155  hat  sogar  ein  m. 

durch  der  burgerschafl  groszen  bnt(:rät). 
in  der  gerirhtssprache  herscht  bede  vor  (Haltaüs  156. 157,  der 
doch  selbst  bete    aufstellt),    Adelung    schreibt  tadelhaß  bethe. 
man  unterscheidet  alte  und  neue  bede,    landbede,  herbslbede, 
haferbede,  kubbede  «.  s.  w.     s.  bedhaftig,  bedpflichtig. 

BEDE,  s.  beede,  beide. 

BEDECKEN,    legere,    contegere,    ohtegere,    ahd.  pidecchan, 
mhd.  bedecken,    nnl.  bedekken.    gleich    dem  ahd.  mhd.  prael. 
pidacta,    bedacle   hegen  auch  noch  einzelne  der  früheren  nhd. 
Schriftsteller   den   rückumlatit :    bedackten    damit    ire    schäm. 
Keisersb.  Sünden  des  munds  i-2* ;  es  begab  sich,  da^  der  bra- 
der  an  das  totbelh  kam,  der  heller  erschin  im  und  ward  vor 
seinen  äugen  so  grosz,  das  er  den  bimel  bedackt.    65'; 
in  dem  das  pferd  so  stund,  das  er  gelassen  hatte, 
und  solches  wol  bedackt  des  minenbauines  schatte. 
Werders  Ariost  6,  46. 
Luther  aber  schreibt  bedeckte  und  im  part,  bedeckt. 

1)  sinnliches  zudecken,  überdecken,  einhüllen:  der  himmel 
bedeckt  die  erde,  wölken  bedecken  den  himmel;  schnee  be- 
deckt die  erde,  dichter  wald  das  gebirge,  gras  den  boden, 
erde  den  leichnam ;  bäume  bedecken  das  land,  blumen  den 
rasen ;  der  mantel  bedeckt  die  schulter,  der  hut  das  haupl, 
der  schuh  den  fusz,  das  tuch  den  tisch,  der  leppich  das 
zimmer,  das  dach  das  haus,  die  ziegel  das  dach,  der  deckel 
den  krag:  in  der  allen  ee  musten  die  Juden  alle  krüg  be- 
decken. Keisersb.  iünrfen  (ics  niunrfs  75';  sihe,  so  wil  idi  mor- 
gen heuschrecken  komen  lassen  an  allen  orten,  das  si  das 
land  bedecken.  2  Mos.  W,  5 ;  da  fiesrestu  deinen  wind  blasen 
und  das  meer  bedecket  sie.  15,10;  das  der  nebel  vom  rcuch- 
werg  den  gnadenstui  bedecke.  3  Mos.  16, 13 ;  mein  gehein  han- 
get an  meiner  haut  und  ficiscb  und  kan  meine  zeiie  mit  der 
haut  nicht  bedecken.  Hiob  19,20;  das  gepüsch  bedeckt  in  mit 
seinem  schatten  und  die  bachweiden  bedecken  in.  40,  17; 
denn  sihe  finsternis  bedeckt  das  erdreich  und  tunkel  die  vrti-  I 
ker.  £«.60,2;  eins  jeglichen  leib  bedeckten  zween  flügel.  | 
£2.1,23;  Schilf  bedeckte  mein  heubl.  Jon.  2,  6;  also  das  j 
auch  das  schiflein  mit  wellen  bedeckt  ward.  Matlb.  8,  24, 
goüi.  svasvc  jwla  skip  gahuli|i  vair|)an  frain  vegim,  ahd.  so 
tba;  tha;  skef  ward  bithekit  mit  tben  undon.  hüllen  und  de-  ! 
cken  verhalten  sich  wie  celare  und  tegere.  bedeckte  günge, 
wege  sind  schattengänge,  wo  laub  und  äste  die  sonuentlraklen 
nicht  durchdringen  lassen,  engl,  covered  ways ;  der  himmel  ist 
bedeckt,  es  wird  euem  äugen  nichts  schaden.   Gütuc  14,  86. 

2)  bedecken,  von  grOszern  vierfüszigen  thieren  wie  rossen, 
hirschen  u.  s.  w.,  salire  {vgl.  belegen,  beschlagen,  bespringen), 
(ranz,  couvrir,  eugL  cover:  die  bindin,  stute  ist  bcdcckL 


3)  wetdmännisdi,   die  hunde  bedecken  die  sau,  packen  sie. 

4)  bildlich,  wir  waren  zu  schänden  worden,  da  wir  die 
Schmach  hören  musten  und  die  schände  unser  angesicht  be- 
deckt. Jer.  61,  51;  selig  sind  die,  welchen  ire  sünde  bedeckt 
sind.  Rom.  4,  7;  wird  bedecken  die  menge  der  Sünden.  Jac. 
5,  20 ;  sie  {die  geistlichen)  können  mit  ihren  laugen  mäWeln 
viel  dings  bedecken.  Schüppils37;  unter  welcher  seiner  larve 
viel  laster  bedecket  werden.  775 ;  Rom,  Frankreich  und  Parma 
bedecken  mich.  Schiller  161 ;  jetzt  kam  alles  darauf  aa,  durch 
eine  feste,  zuversichtliche  spräche  die  unmacht  des  reich»  zu 
bedecken.  970;  Beata  bedeckte  einen  seufzer  mit  ihrer  stei- 
genden brüst.  J.  Paul  uns.  löge  3,  27 ;  in  der  osterwoche  trügt 
sie  ihr  herz  voll  bedeckter  sorgen  nach  Maienthal.  Hesp.  3, 
24 ;  da  er  an  alle  ihre  bedeckten  lugenden  auf  einmal  dachte. 
3,  83. 

5)  sich  bedecken : 

den  (nur)  einer  kund  sich  nit  bedecken  (lerbergen). 
fastn.  sp.  548,  18 ; 
bedecken  sie  sich,   setzen  sie  auf,    couvrez  vous!;    der  wald 
bedeckt  sich  mit   laub,    der  himmel   mit   wölken;    sich    mit 
rühm,  ehre,  schmach,  schände  bedecken: 

schwarz  bedecket  sich  die  erde.    Schiller  79'; 

das  ungeheuer  an  bosheit 
hat  sich  selbst  mit  schände  bedeckt.    Voss  Od.  11,  433. 

BEDECKGELD,  n.  zu  entrichten  an  den  eigner  des  ieng- 
stes,  der  eine  stute  bespringt. '  Hannüv.  gesetzsamml.  1844.  s.  93. 
BEDECKUNG,  f.  operimentum,  velamentum,  nach  allen  be- 
deutungen  des  bedeckens:  bedeckung  seines  hauptcs.  Wick- 
ram rollw.  93' ;  und  so  er  ein  schwarzes  kleid  von  gutem  der- 
bem landtuche  und  einen  prieslerrock  hatte,  glaubte  er,  er 
sei  nun  seiner  bedeckung  mehr  nichts  benülhigt.  Leipz.  aven- 
tur.  18 ;  man  mage  aber  wol  curam  pallialivam  brachen,  das 
ist  als  vil  gesprochep  als  ein  bedeckung.  Gebsdorf  feldb.  91; 
zu  bedeckung  der  briicke  wurden  an  beiden  enden  starke 
basteien  aufgeführt.  Schiller  866;  die  reisenden  durchzogen 
den  wald  in  bedeckung  von  sechs  Soldaten;  die  gefangnen 
kamen  unter  starker  bedeckung  an ;  der  oberst  gab  uns  zehn 
mann  bedeckung  mit. 

BEDEICHEN,  aggere  circumdare. 
BEDEINEN. 

Veitel.    is«h  Lotte  mein,  isch  alles  meia. 
WcUler.  dein  ?  ja  ich  will  dich  bedeiaeo. 
F».  MCLLER  1,  269. 
s.  be  l. 

BEDEMERUNG,  /■.  crepusculum,  ddmmerung,  nach  der  al- 
ten, guten  schreibwäse  findet  sich  noch  in  handschriplichen 
glossaren. 

BEDEMMERN,  vesperascere.  Stieler  290.  s.  bedämmern. 
BEDE.MUND,  niederdeutsch,  s.  bettmund. 
BEDENK,  m.  was  bedacht,  consilium:  darauf  haben  die 
hubscheffen  nach  wolbedachlem  bedenk  uf  ire  gethan  eide . . . 
gewisen  und  geofifent.  weisth.  3,  741 ;  denn  wie  künd  man  sich 
für  den  falschen  propheten  hie  hüten,  wenn  man  ir  lere  nicht 
soll  in  bedenk  nemen,  richteo  und  urteilen  ?  Luther  2,  254' ; 
und  mügen  doch  nicht  leiden,  das  man  ein  wenig  an  irer 
himelischen  stim  und  gottes  werk  zweivel  oder  bedenk  neme. 
2,  457*.  br.  2,  540.    i.  bedank. 

BEDENKEN,  considerare,  cogitare,  ahd.  pidenchan,  mhd. 
bedenken,  praet.  bedachte,  nnl.  bedenken. 

l)  etwas  bedenken,  erwägen,  überlegen,  etwas  wol,  übel, 
ernstlich  bedenken:  wie  denn  einem  menschen  ein  schwur 
enlfaren  mag,  ehe  ers  bedecht.  3  Mos.  5, 4 ;  bedenkt,  was  der 
herr  dein  gott  thet  mit  Mirjam.  5  Mos.  24,  9 ;  lere  uns  beden- 
ken, das  wir  sterben  müssen,  ps.  90,  12 ;  was  du  thust,  so 
bedetxke  das  ende.  Sir.  7,  39;  so  würdest  du  auch  beden- 
ken, was  zu  deinem  fride  dienet.  Luc.  t'J,  42 ;  ir  wisset  nichts, 
bedenket  auch  nichts.  Joh.  II,  50;  was  deine  band  und  rath 
zuvor  bedacht  hat,  das  geschehen  soll,  apost.  gesch.  4,  28 ; 
sollicher  verstand,  meinung  und  will  soll  in  allen  nachgeen- 
den  inins  ratschlags  reden  und  allen  minen  Schriften  be- 
dacht, uszgenominen  und  hindangesetzt  sein.  Becchli.x  verst.  3' ; 
der  get  hinan,  als  sei  er  blind, 
bedenkt  trauriges  endes  Bit.    H.  Sacbs  Hl.  3,  5* ; 

derhalbcn  habens  die  h.  välter  sejir  weislich  bedacht.  Fi- 
schart bienenk.  4l';  man  wolt  im  gl«ich  zur  stund  ein  solch 
loch  und  kätig  weisen,  darin  er  anders  het  dicitiea  und  sin- 
gen lehrnea  und  des  bapsts  macht  bedenken.  42';  bedenket, 
ob  nit  die  bewegung  der  wägen  oder  last  können  durch  be- 
wcglicl»e  segeltiicher  fortgebracht  werden.  Scncppius  706; 


1223 


BEDENKEN 


BEDENKFRIST— BEDEÜT 


1224 


was  von  menschen  nicht  gemist 
oder  nicht  bedacht, 
durch  das  labyrinth  der  brüst 
wandelt  in  der  nacht.    Göthe  1, 112. 
freut  sich,  dasz  er  das  eeld  nicht  wie  der  Römer  bedenkt. 

1,  261. 

2)  einen  bedenken,  consvlere,  prospicere  alicui,  leas  über- 
geht in  begaben,  beschenken: 

wir  wollen  alle  mild 
für  angewendten  fleisz  mit  ehr  und  gut  bedenken. 

Gryphius  1,  410; 
der  uns  bedacht  mit  gesunden  gliedern.  Paul  Gerhahd  n*  82; 
wiltu  der  weit  guter  wol  genieszen,  so  bedenke  auch  andere 
damit,  pers.  rosenth.  8,  2 ;  ich  wil  dich  viel  mit  einem  besse- 
ren (dienst)  bedenken.  Schuppiüs  412;  die  nächsten  freunde 
im  testament  ordentlich  zu  bedenken.  Weise  erzn.  2;  ein 
mädchen  von  vierzehn,  das  gott  mit  fünf  bis  sechs  sinnen 
bedacht.   Wieland  4,  54 ; 

hier  sind,  so  scheint  es,  wandrer  wol  bedacht, 

denn  jeder  fände  pfad  um  mitternacht.    Göthe  3,140; 

der  alte  wollte  die  gaben,  womit  er  auch  sie  bedacht,  vor- 
weisen. 18,4;  die  Justiz  bedenkt  zuvörderst  sich.    7,  63; 

ist  wol  der  ein  würdiger  mann,  der  im  glück  und  im  unglück 

sich  nur  allein  bedenkt.  40,  249; 

ich  habe  in  den  nächsten  zehn  bis  zwölf  tagen  manches  in 
allerlei  geschäften  nachzuholen,,  alsdann  hoffe  ich  die  boren 
und  den  almanach  am  besten  zu  bedenken,    an  Schiller  173 ; 

sie  singen: 
der  gute  geist  hat  uns  bedacht.    Voss  5, 198; 

der   in    seinem   letzten   willen   ihn   väterlich  bedacht  hatte. 

Stolberc  10,  135. 

3)  man  sagte  ehmals  auch   einem  etwas  bedenken  ßr  das 

heutige  zudenken,  bestimmen: 

dem,  der  da  kompt  ohn  groszen  pracht, 

des  kaisers  tochier  ward  bedacht.    Alberus  142. 

4)  sich  bedenken,  sich  besinnen,  oft  ohne  casus,  aber  auch 
mit  dem  gen.  oder  praeposilionen:  mir  starb  ouch  min  vatter 
so  zittlich,  das  ich  mich  nit  mag  bedenken,  das  ich  in  ie 
gesüchen  hab.  Tno.  Plater  5;  do  mag  ich  mich  worlich  be- 
denken, das  ich  bi  einer  (base)  was,  die  hiesz  Margret,  da- 
selbst; sprichst  du,  eh  ich  mich  bedenk,  so  bin  ich  heraus, 
ursach  ist  der  Schlüssel  zu  dem  mund,  der  ist  dir  zu  nahe. 
Keisersb.  Sünden  des  munds  52";  nu  bedenkt  euch  über  dem, 
und  gebt  rat  und  sagt  an.  rieht.  19,  30 ;  so  sorget  nicht  was 
ir  reden  soll  und  bedenket  euch  nicht  zuvor.  Jtforc.  13, 11; 

und  als  ein  red  die  ander  bracht, 

zu  fragen  ich  mich  des  bedacht.    Schwarzenberg  150,  2 ; 

ich  habe  mich   zweier  wege   bedacht,    diesen    wünsch    desto 
eher  zu  erreichen.  Lessing  9,  4;  so  bedachte  er  sich  zugleich 
eines  grundes  von  dieser  undeutlichkeit.  8,  324 ; 
und  zuletzt  musz  ich  mir  sagen, 
wenn  ich  mich  bedenk  und  fasse.    Göthe  1,64; 

still  bedenk  ich  mich  und  frage, 
wer  mag  der  abgeschiedne  sein?    9,  123; 

wir  wollen  des  uns  bedenken.  Stolberg  12,  51.  dies  sich  be- 
denken oder  besinnen  kann  natürlich  auch  einen  zweifei  und 
anstand  oder  geänderten  entschlusz  ausdrücken:  ich  bedenke 
mich  das  zu  thun,  stehe  noch  an,  zaudere;  ich  habe  mich 
jetzt  bedacht,  bin  jetzt  anders  entschlossen ;  ihr  bedenkt  euch? 
ihr  nehmt  anstand?  man  sagt  gleichwol  ausdrücklich:  ich  habe 
mich  eines  andern,  eines  bessern  bedacht. 

BEDENKEN,  n.  deliberatio,  dubitatio,  nahe  ■  dem  bedacht 
und  bedenk:  darauf  s.  kui-f.  gn.  inen  hat  lassen  anzeigung 
geben,  sie  wollen  ein  bedenken  in  der  suchen  nemen.  Lu- 
ther 1,317*;  denn  Paulus  straft  die  Corinther  nicht  umb  des 
unwirdigcn  bedenkens  willen  am  leiden  Christi.  3,  503;  die- 
ses büchlin  habe  ich  gerne  gesehen  und  habe  es  aus  einem 
bedenken  wider  in  druck  geben.  5,  258' ;  darum  ziinct  es  sich 
seuberlich  in  der  Sachen  zu  faren  und  in  bedenken  zu  ne- 
men, br.  4,  477 ;  es  hat  bapst  Pius  dis  wort  aus  groszem  be- 
denken geredt.  Melanchth.  augsb.  conf.  im  corp.  d.  ehr.  21 ; 
die  groszen  Hansen,  welche  das  allerheiligste  evangelium  wol- 
len in  ein  bedenken  nemen,  disputieren  und  vermeinen,  ob 
es  auch  gewis  war  sei.  Casp.  Güettel  von  evangelischer  war- 
heil. Zwickau  1523.  4.  A';  in  ein  bedenken  nemen  und  in 
einen  zweifei  setzen.  A2';  ist  er  gnadigen  bedenkens  (hat  er 
sich  gn.  bedacht)  euch  alsdann  bei  allen  alten  gerechtigkeiten 
zu  lassen.  Kirchhof  mt/.  di5c.  87;  aber  die  h.  kirch  hat  noch 
ein  ander  bedenken  hierin  gehabt.  Fiscbaht  bienenk,  W ;  aber 


nicht  umb  der  zehenden  willen,  sondern  aus  eim  andera 
bedenken.  148";  graf  Rudolf  von  Habspurg  bedenken  in  Ita- 
lien zu  ziehen.  216'; 

ich  solle  zwar  die  zeit  so  nichtig  zu  vertreiben, 

die  feder  seit  ich  auch  vergeblich  abzuschreiben 

noch  in  bedenken  stehn.    Logau  3  2U(/.  5.  214; 

Vagus  liebet  weiber,  witwen,  Jungfern,  mägde,  was  ihm  körnt, 

christenlieb  ist  so  geartet,  dasz  sie  kein  bedenken  nimt.    3,221; 

es  ist  unser  treuer  rat,  väterliches  bedenken  und  Verord- 
nung, dasz  sich  unsere  söhn  in  alle  wege  für  krieg  wollen 
hüten.  ScHüPPius  391  Otts  Philipp  des  groszm.  von  Hessen  te- 
stament. bedenkens  {wie  aufhebens,  aufsehens  «.  s.  w.)  ha- 
ben. Simpl.  2,  369 ;  bedenkens  tragen.  2,  379.  437.  das  kann 
man  ohne  bedenken  thun ;  ich  habe  kein  bedenken  dabei ; 
ich  würde  mir  bedenken  machen,  bedenken  tragen,  o/l  auch 
im  pl.,  rechtliche  bedenken;  es  sind  manche  bedenken  da- 
bei ;  er  hat  immer  neue  bedenken. 

BEDENKFRIST,  f.  aber  sie  gaben  beiden  theilen  noch  eine 
bedenkfrist  von  einem  monat.  Lohenst.  Arm.  2,  366. 

BEDENKLICH,  dubius,  suspectus,  suspiciosus:  aus  bedenk- 
lichen Ursachen.  Schweinichen  2,  213 ; 

war  eine  Schönheit  zart  und  schwach. 

auch  wunderreich  und  hochbedenkllch, 

doch  auch,  wie  alles  fleisch,  zergänglich. 

WECKHERLiNps.  tiorrede; 

doch,  dein  äuge  blickt  bedenklich.  Bürger  74'; 
dieses  gedieht  zu  bedenklicher  zeit  und  stunde  aufgeregt.  Göthe 
4,  186 ;  selbst  diejenigen  handwerker,  welche  zu  bedenklicher 
zeit  an  der  Ordnung  gehalten,  waren  (in  Frankfurt)  rathsfähig. 
48,  78 ;  bedenklichstes.  49, 15 ;  er  führte  sich  so  vornehm  auf, 
seine  reden  waren  oft  so  geblümt  und  bedenklich.  Tieck  3,  71. 
BEDENKLICHKEIT,  f.  dubitatio,  scrupulus :  du  hast  immer 
bedenklichkeiten ;  deine  bedenklichkeit  soll  gleich  schwinden. 
BEDENKLICHKEITSKRÄMER,  m.:  in  ihrem  theatralischen 
bauwesen  werden  sie  sich  durch  die  bedenklichkeitskrämer 
nicht  irre  machen  lassen.  Schiller  an  Göthe  479. 

BEDENKÜNG,  f.  consideratio,  erwägung :  in  bedenkung,  das 
falsche  Zeitungen  in  das  land  zu  bringen  soll  verhüt  werden. 
Fisciiart  groszm.  13;  in  bedenkung,  das  den  achzigsten  tag 
nach  der  empfängnus  dem  embrion,  so  es  ein  weiblin  ist, 
die  seel  eingegossen  wird.  74  (vgl.  Philipps  Maria  329 — 335) ; 
in  bedenkung  dessen,  bienenk.  111* ;  in  bedenkung  (erwägung). 
Garg.  23l';  das  gesicht  ist  in  deinem  haupte,  die  bedenkung 
(denkkrap)  im  herzen,   pers.  baumg.  7,  3. 

BEDENKWÜRDIG,  altenlione  dignus :  dieser  so  grosze.hauf 
bedenkwürdiger  und  wichtiger  Ursachen.  Kirchhof  mil.  disc.  264. 
BEDENKZEIT,   f.   spalium  deliberandi:   bedenkzeit  nemen. 
Kirchhof  mil.  disc.  213 ; 

merkt,  ihr  zeugen,  dasz  der  erbe 

um  bedenkzeit  gar  nicht  werUe, 

wil  das  erbe  treten  an, 

wann  er  soll  und  wann  er  kann.    Logau  1,  8,  20; 

bedenkzeit  ausbitten.  Pierot  2,  100;  nach  drei  tagen,  die  er 
mir  zur  bedenkzeit  gebe.  Wieland  12, 118. 

BEDEPFLICHTIG,  was  bedhaft. 

BEDERBEN,  perdere,  consumere,  verderben:  damit  ir  die 
bröcklein  aufliebet  und  den  durchlasz  nicht  alle  wochen  zwir 
oder  dreimal  bederbet.  Mathesius  24*;  das  feber  bederbete 
mich  nicht  so  (nahm  mich  nicht  so  mit).  Mich.  Neander  be- 
denken 9 ;  Stieler  321  hat  bederben  usu  conlerere.  vgl.  be- 
derben, verbrauchen,  verwenden,  in  Köpkes  gloss.  zunt  pass 
s.  697'. 

BEDEUCHTEN,  vidcri,  eine  aus  dem  organischen  bedauchte, 
prael.  von  bedünken,    neu  gebildete,   fehlerhafte  praesensform, 
deren  praet.  dann  bedeuchtete  heiszt,  folglich  das  kennzeichen 
T  doppelt  setzt:    es   bedeuchtet   mich,   mihi   videtur,   für  be- 
dankt mich;  es  hat  mich  bedeuchtet,  visum  est  mihi; 
ob  eine  red  uns  schön  und  künstlich  gleich  bedeucht, 
so  ist  sie  doch  ein  wind,  der  hin  zum  winde  zeucht. 
Logau  1,2,76; 
ich  habe  die  ehre  gehabt,  den  fürstlichen  hof  zu  Wolfenbüt- 
lel  zu  sehen,  und  hat  mich  bedeucht,   dasz  ich  kommen  sei 
an  den  hof  des   löblichen    kaisers  Theodosii.    Schuppius  464. 
auch  Lohenst.  Arm.  1, 195. 

BEDEUT,  significatus,  ßr  bedeutet,  auf  mhd.  weise,  zumal 
wenn  flcxion  hinzutritt:    wer    nun    dise   figur  und  bedeulung 
für  das  bedeul  ding  nimpt  u.  haben  wil.  Frank  wellb.  124* ; 
sonder  wie  die  lilg  hat  kein  dorn, 
die  bei  der  krönen  ist  bedeul.    Atrer  129*; 

als  ich  mehr  bedeules  instrumcnt  gebrauchte.  Simpl  l,  219; 


1225 


BEDEUTEN 


den  rubin,  der  auch  des  bedeuten  Juden  gewesen.  1,  401; 
umb  bedeute  zeit.  Schdppics  557.  auf  ein  mhd.  adj.  bediute, 
nach  analogie  ton  gediule  (Bes.  1,  327'),  läszt  sich  nicht  zu- 
rückgehen, man  sehe  unter  den  belegen  des  folgenden  Kortt 
bedeut  =  bedeutet. 

BEDEUTEN,  significare,  mhd.  bediuten  (Be.t.  1,  32S*),  nnl. 
bediuden,  schw.  betyda,  ddn.  betyde,  ein  vort  der  häufigsten 
anttendung,  ton  dessen  Ursprung  unter  dem  einfachen  deuten 
zu  handeln  ist. 

1)  etwas  bedeuten,  bezeichnen,  ausdrücken  in  untrer 
spräche,  von  fremden  oder  auch  dunkeln,  mehrdeutigen  Wör- 
tern: diser  Jacob  bedütet  uns  ein  frummen  glatten  men- 
schen. Keisersb.  Sünden  des  munds  16";  in  latin  transiliens, 
aber  in  teutscbem  so  bedeut  er  Jhesum  Christum.  86*;  Eze- 
chiel  bedeut  einen  menschen,  der  noch  nil  doben  {droben) 
ist.  86';  wa  da  stot  ve  (vae!)  in  der  geschrifl,  bedütet  ewige 
verdamnis.  34';  ich  antwort  kürzlich,  das  das  wörtlin  rat  be- 
deut nit  einerlei,  . . .  wan  das  wörtlin  kressen  bedeut  lisch 
{cyprinus  gobio)  und  bedeut  auch  kraut,  das  man  iszt  zu 
dem  salat  [lepidium],  also  ist  es  auch  mit  dem  wörtlin  rat. 
57';  rat  bedeut  ersuchen  und  einer  sach  nach  gedenken,  ob 
es  gut  sei,  aber  zu  dem  andern  so  bedeutet  das  wort  rat 
das  das  ietz  funden  ist  durch  den  ersten  rat,  da  man  lang 
ersucht  -und  funden  hat,  zu  dem  driten  bedeut  das  wörtlin 
rat  'ich  rat  dir,  das  du  das  thüsl',  nun  wiltu  gern,  so  nim 
das  rierd  auch,  so  bedeut  das  wörtlin  rat  die  menschen  alle 
samen,  die  zu  einem  rat  gehören.  58' ;  die  retterschen  gibt 
man  etwan  uf  mit  züchtigen  worten  und  bedeuten  scham- 
pers,  etwan  gibt  man  sie  uf  mit  scharaperen  worten  und 
bedeuten  nichts  unzüchtiges.  6l';  aber  scandalum  ist  auch 
scband  und  bedeut  ein  strauchstein,  den  einer  einem  dar- 
legt, das  er  darüber  fall.  62';  das  ist  aber  die  schrift  alda 
terzeichent  mene  mene  tekel  upharsin,  und  sie  bedeutet  dis. 
Dan.  5,  25;  das  griechische  wort  hieroglyphe  bedeutet  einge- 
hauene heilige  schrift.  Diesem  bedeuten  entspricht  nun  das 
einfache  deuten,  ausdeuten,  auslegen,  inierpretari :  ich  will  dir 
das  fremde,  dunkle  worl  deuten,  sagen  was  es  bedeute,  «n- 
gevOhnlicher,  doch  auch  statthaß  ist:  ich  will  dir  das  fremde 
wort  bedeuten,  dolmetschen  ; 

wolt  ihr  die  weissapun?  verstau, 

so  müst  ir  sie  also  bedeuten.    ArmEt  243\ 

2)  bedeuten,  von  Sachen,  ohne  bezug  auf  «orte:  der  herr 
hat  nit  wellen  lassen  seinen  geliszmeten  (gestrickten)  rock 
(tunicam  inconsulilem)  zerteilen,  der  da  bedeutet  die  Chri- 
stenheit. Keisersb.  Sünden  des  fnunrfi  48';  .  wo  der  reif  des 
rilgeschwetz  ist  auszgesteckt,  das  bedeut,  das  man  da  narr- 
heit  und  thorheit  schenkt.  75';  das  aber  dem  Pharao  zum 
andemmal  getreumet  hat,  bedeut,  das  solchs  gott  gewislich 
und  eilend  thun  wird.  1  Jlfos.  41,  32;  redet  ir  doch  davon  wie 
der  gemeine  pöbel,  und  merkt  nicht  was  jener  wesen  bedeu- 
tet. Hiob  21,  29 ;  und  ich  befalh,  das  alle  weisen  zu  Babel  für 
mich  her  aufbracht  würden,  das  sie  mir  sagten,  was  der 
träum  bedeutet.  Dan.  4,  3 ;  die  warheit,  die  dadurch  bedeutet 
isL  LcTHER  3,  13';  das  innerliche,  das  darin  bedeutet  ist. 
3,  14 ;  mit  sollichen  verborgen  worten  zu  bedeutten,  das  die 
nit  iedennan  kundt  verston.  Reuchlix  augensp.  10' ;  wird  die 
radix  cubica  in  disem  algorithmo  bedeut  durch  sollichen  cha- 
racter.  Mich.  Stifels  coss.  97 ; 

durch  dise  gleicbnus  wirt  bedeut 

gerioge  lal  recht  guter  ieut.    Schwakknbug  129, 1 ; 

dadurch  figürlich  wirt  bedeut 

wie  geistlich  streiten  rrumme  Ieut.    153'; 

meine  »eele,  die  bedeutet  wirt  bei  dem  vierten  önger,  und 
mein  leib,  der  bedeutet  wirt  bei  dem  fünften  finger  {des 
schvOrenden).  Revtie»  kriegsordn.  22;  auch  wirft  man  gleich 
darauf  oblaten  herab,  das  himelbrot  zu  bedeuten.  Fiscuart 
bienenk.  150' ; 

und  solch  unser  freud  zu  bedeuten, 

so  lassen  wir  all  glocken  leuten.    Atrek  291*; 

die  herschaft  war  durch  ein  diadema  bedeutet  in  einem  allen 
gemälde.  Wimielma^ü  2,  541 ;  durch  den  einflusz  des  himmels 
bedeuten  wir  die  Wirkung  der  verschiedenen  läge  der  Under 
in  die  bildung  der  einwohner.  3,  46;  und  am  ende  hat  nie- 
mand die  wahre  form  der  toga  gezeiget,  welche  allerdings 
schwer  zu  bedeuten  ist  5,  72 ; 

versteh  noch  weniger,  was  «ie  damit 

bedeuten:  Semele  vermag  bei  Zeus  so  viel.    Scbiilik14; 


BEDEUTEN 

sehn  wir  doch  das  grosie  aller  reiten 

auf  den  bretem,  die  die  well  bedeuten-, 

sinnvoll  still  an  uns  vorüber  gehn.    52* ; 

freude  dieser  Stadt  bedeute, 

friede  sei  ihr  erst  geläute.    80; 

das  wird  bedeutet  durch  den  runden  hnt. 


1226 


353; 


es  ist  eine  allgemeine  quelle  unsers  Unglücks,  dasz  wir  glau- 
ben, die  dinge  wären  das  wirklich,  was  sie  doch  nur  bedeu- 
ten. Lichtenberg  2, 154.  Häufig  rorbedeulen,  voraus  sagen : 
donnerts  in  diesem  monaf,  so  bedeuts  viel  regen  und  wind; 
so  diese  fisch  auszer  dem  wasser  fliegen,  so  sollen  sie  un- 
gewitter  bedeuten.  Forer  fisclib.  17*. 

3)  was,  etwas,  viel,  wenig,  nichts  bedeuten  = 
auf  sich  haben  {sp.  616),  zu  sagen  haben :  was  hat  das  zu 
bedeuten?  was  heiszt  das?  was  soll  diese  rede  bedeuten? 
quid  sibi  tult  haec  oratio?  was  bedeutet  das  rennen  in  den 
straszen?  was  ist  damit  gemeint?;  so  ist  sein  mund  die  por- 
ten  des  himels,  die  sol  nit  ufgon,  es  bedeut  dan  etwas  red- 
lichs  oder  etwas  hochs.  Keisersb.  Sünden  des  munds  50* ; 

die  basen  hatten  ja  voneiten 

weit  mehr,  als  iuo,  zu  bedeuten.    Hagidoks  2,  34; 

0  dies  hat  nichts  zu  bedeuten  {nihil  raief). 

WiEiAXD  1, 185; 

das  hat  nichts  zu  bedeuten  {nullius  est  momenti).    1,  223; 

das  biszchen  gärtnerei,  womit  ich  mich  zuweilen  abgebe,  hat 
nichts  zu  bedeuten.    8,  271;    ob   ein   paar  jähre  fniher  oder 
später,  hat  wenig  zu  bedeuten.  8,  2S0; 
es  bildet 
nur  das  leben  den  mann  und  wenig  bedeuten  die  werte. 

GöTHE  1,337; 
das  kann  nun  weiter  nichts  bedeuten, 
gnug,  so  nehm  ich  euch  nicht  zu  leuten.    13,  HO; 
und  bringen  wir  die  brücke  nicht  zusammen, 
so  will  der  ganze  park  nichts  bedeuten.    14,  39; 

wenn  sie  sprach,  war  sie  angenehm  und  natürlich,  hingegen 
wenn  sie  schwieg,  schien  sie  etwas  bedeuten  zu  wollen. 
27,14;  dieser  Staatsmann,  unter  allen  andern,  hat  das  meiste 
zu  bedeuten,     vgl.  bedeutend. 

4)  einen  bedeuten,  anweisen,  zurechtweisen,  belehren,  war- 
nen: sie  schickte  sogleich  ihre  vertraute  an  Aruja  ab,  um 
ihr  den  anschlag,  der  gegen  sie  im  werke  sei,  zu  entdecken 
und  sie  zu  bedeuten,  dasz  sie  noch  in  dieser  nacht  aus  Dehly 
entfliehen  müsse.  Wielasd  8,  451 ;  sie  machten  einen  Spazier- 
gang durch  äcker,  wiesen  und  einige  baumgärten.  Therese 
bedeutete  den  Verwalter  in  allem,  sie  konnte  ihm  von  jeder 
kleinigkeit  rechenschaft  geben.  Göthe  20,  42 ;  auf  diese  erklä- 
rung  entwarf  der  abbe  sogleich  seinen  plan,  so  bedeutete  er 
auch  den  markese.  20,  285;  als  dieser  bedeutete,  sie  möch- 
ten nun  zu  fusze  sich  dem  thore  nähern.  21,  174;  fragte, 
was  es  gebe?  sie  bedeutete  ihn,  ich  stand  auf.  25,  355;  die 
sogenannte  entenmuschel  erinnert  uns  gleich  an  eine  bivalve. 
allein  schnell  werden  wir  bedeutet,  hier  sei  von  einer  mehr- 
heit  die  rede.  55,  327;  wenn  sie  doch  gelegentlich  Herdem 
bedeuten  wollten,  dasz  er  noch  keine  horenstücke  haben 
kann.  Schiller  an  Göthe  220;  seine  Wächter  bedeuteten  ihn, 
er  sollte  sich  auf  die  nahen  quälen  rüsten.    Klinger  4,  274; 

berzlieber  gmahl,  lasz  dich  bedeuten.    ArRER3'>9*; 
so  laszt  euch  bedeuten,  herr  richter.    Göthe  14,  300 ;  er  läszt 
sich  nicht  bedeuten,  versteht  die  Weisung  nicht. 

6)  einem  etwas  bedeuten,  andeu/en,  anzeigen,  reribinden; 

neue  mer  ich  euch  bedeut.    fasln,  sp.  595,  4 ; 

also  bedeut  ich  dir  dieses,  beliebts,  unruhige,  dir  noch 

heute  des  Kronos  reich,  da  unten  waltend  zu  tbeilen. 
Göthe  2<i,  354; 
Faulet  überliefert  der  amme  ein  Schmuckkästchen  nebst  einem 
papier  und  bedeutet  ihr  durch  zeichen,  dasz  es  ein  Verzeich- 
nis der  gebrachten  dinge  enthalte.  Schiller  439';  zugleich 
liesz  sie  der  bürgerschaft  bedeuten,  dasz  dem  ersten,  der  es 
wagen  würde,  einer  öffentlichen  predigt  beizuwohnen,  der  gal- 
gen  gewis  sei.  835*;  und  nun  eröfnete  sie  mir  den  ganzen 
Vorgang,  bedeutete  mir  was  sie  um  meinetwillen  fürchtete. 
Klinger  4,  28;  der  hole  bedeutete  ihm,  ohne  geräusch  und 
begleitung  nachzufolgen.  5,  188 ;  Leviathan  winkte  einem  kam- 
merherrn,  einen  sessel  herbeizubringen  und  bedeutete  ihm 
zugleich,  ihn  zur  seile  zu  stellen.  10,  268 ;  herr  secretär,  be- 
deuten sie  doch  einmal  den  leuten.   Tieck  3,  4. 

BEDEUTEN,  n.  signifiealio,  monitio :   der  {quorum)    bedeu- 
ten und  figur  si  gewon  waren   zu    versteen.    FiU5K  «eltb.  6' ; 
da  ergreift  ihn  der  werte  bedeuten.    Scbillki70; 


1227 


BEDEUTEN 


BEDEUTEN 


1228 


die  aldermänner  schickten  dem  de  la  Popepiere  einen  Weg- 
weiser mit  dem  bedeuten,  dasz  er  sich  diesem  zuverlässigen 
und  mit  den  kürzesten  wegen  wol  bekannten  manne  sogleich 
nach  dessen  ankunft  anvertrauen  möchte.  Klopstock  12,  301. 
BEDEUTEND,  sigiiificans,  insignis,  magnus.  dies  partici- 
pium  brauchte  gar  nicht  eigens  aufgeführt  zu  werden,  v;enn  es 
nur  die  erste  bedeutung  behalten  hätte,  in  solchem  sinn  sagt 
Luther:  das  brot,  so  wir  brechen,  ist  die  gemeinschaft  des 
bedeutenden  leibs  Christi.  S^öOe';  hat  er  selbs  einen  bedeu- 
tenden leib,  so  musz  er  sie  auch  einen  bedeutenden  leib  las- 
sen sein,  daselbst,  auf  diese  weise  noch  schrißsleller  des  vo- 
rigen jh. :  sie  {muscheln  als  Verzierung)  können  also  an  vie- 
len orten  schön,  ja  bedeutend  sein.  Winkelmann  1,  204 ;  an 
allen  orten,  wo  dieses  bild  nicht  entweder  auf  menschenliebe 
oder  auf  hülfe  und  schütz,  welchen  kiinstler  wie  Arion  fin- 
den, zielen  kann,  würde  es  nicht  bedeutend  sein  {d.  i.  un- 
bedeutend, insignificant).  1,  207 ;  eines  bildes,  welches  mit  so 
wenig  zeichen  als  möglich  ist,  die  zu  bedeutende  sache  {rem 
significandam)  ausdrücke.  2,  484 ;  so  wurde  die  Zeichnung  re- 
gelmäszig,  aber  eckig,  bedeutend,  aber  hart,  und  vielmals 
übertrieJjen.  3,  20;  ihre  miene  ist  im  ausdrucke  der  freund- 
lichkeit,  des  Scherzes  bedeutender  und  einnehmender.  Kant 
7,  405  (1764) ;  ein  bloszes  hülfsmittel  der  religion,  die  bei 
den  sinnlichen  Vorstellungen,  die  sie  ihr  {der  Icunsl)  aufgab, 
mehr  auf  das  bedeutende  als  auf  das  schöne  sähe.  Lessing 
6,436;  man  könnte  einwenden,  dasz  dergleichen  bedeutende 
{einen  sinn  habende)  namen  wol  nur  eine  erfindung  der  neue- 
ren griechischen  komödie  sein  dürften,  deren  dichtem  es 
ernstlich  verboten  war,  sich  wahrer  namen  zu  bedienen. 
7,  404.     Schiller  setzt  es  mit  andern  Wörtern  zusammen: 

euer  zeugois 
des  vielbedeuienden,  gewaltgen  lords.    421; 

die  nichtsbedeutendsten  kleinigkeiten  werden  dadurch  wich- 
tig.   862. 

GöTHE  aber  ßhrt  das  wort  zu  aß  im  munde,  als  dasz  es 
nicht  aus  der  lebhafteren  Vorstellung  des  andeutenden,  ahnen 
lassenden  {s.  ahnungsvoll)  unvermerkt,  obwol  unverschwendel 
in  die  abgezogenere  des  wichtigen,  entscheidenden,  ausgezeich- 
neten, groszen  übergegangen  wäre,  und  so  herscht  es  seitdem 
in  der  spräche  (während  ihr  früher  unbedeutend,  wie  noch 
jetzt  der  französischen  insignifiant,  geläufiger  war  als  bedeu- 
tend, signiflant),  was  wiederum  zahlreiche  stellen  darthun  sollen: 

fürsten  prägen  so  oft  auf  kaum  versilbertes  kupfer 

ihr  bedeuteodes  bild,  lange  betrügt  sich  das  volk.    1,  364 ; 
der  augenblick,  da  ich  zuerst  ihn  sah, 
war  viel  bedeutend.    9,177; 
wenn  dir  die  menge,  gutes,  edles  kind, 
bedeutend  scbeinen  mag,  so  tadl  ichs  nicht, 
sie  ist  bedeutend,  melir  noch  aber  sinds  * 

die  wenigen,  geschalFcn  dieser  menge 
durch  wirken,  bilden,  herscheu  vorzustehn.    9,  264; 
bedeutender  gebärde  dringend  streben.    9,265; 

SO  neu,  so  bedeutend  ist  mir  alles.  10,  137;  bin  ichs?  die 
zerschlagene,  die  zerrissene,  die  in  der  bedeutenden  stunde 
so  ruhig,  so  muthig  ist?  10,  164; 

bedeutend  ists  zu  gleicher  zeit  und  wirklich  auch.    11,305; 
weil  aber  das  besondre,  wnnn  es  nur  zugleich 
bedeutend  ist,  auch  als  ein  allgemeines  wirkt.    11,323; 
sie  (die  schiide)  schienen  hier  nicht  ahnenstolz  zu  prangen, 
ein  jedes  schien  bedeutend  und  gewählt.    13,  Ihü; 

wir  fiengen  an,  und  es  wurden  gleich  einige  bedeutende  paare 
gezogen.  16,  207;  felsen,  welche  senkrecht  den  letzten  Was- 
serspiegel entscliicden  bekränzten  und  ihre  bedeutenden  for- 
men auf  der  oberlliiche  desselben  abbildeten.  17,  31;  so  folgte 
der  haupimann  mit  Charlotten  in  bedeutender  Unterhaltung 
der  spur  jener  rasdieren  vorgiinge.  17,  81;  diese  wunderba- 
ren ereignisse  schienen  ihr  eine  bedeutende  zukunft,  aber 
keine  unglückliche  zu  weissagen.  17,  102;  wir  spielen  mit 
voraussagungen,  ahnungcn  und  träumen  und  machen  dadurch 
das  alltägliche  leben  bedeutend,  aber  wenn  das  leben  nun 
seihst  bedeutend  wird,  wenn  alles  um  uns  sich  bewegt  und 
braust,  dann  wird  das  gewitter  durch  jene  gespenster  nur 
noch  fürchterlicher.  17,  191 ;  ihr  regelmäsziges  und  doch  be- 
deutendes gesiebt.  17,252;  eine  bedeutende  musik  spannte 
die  erwartung.  17,  253 ;  nahm  er  an  allem  theil,  was  dem  le- 
ben zur  Zierde  gereichen  und  es  bedeutend  machen  kann. 
17,315;  kleinigkeiten,  die  er  in  bedeutenden  atigenblicken  von 
Marianen  erhalten.  18,  124;  so  wechselte  die  gräfin  mit  Wil- 
helm bedeutende  bhcke   über    die   klufl   der  gehurt  hinüber. 


18,  285 ;  er  vermied  eine  eigentliche  erzählung  und  liesz  nur 
in  bedeutenden  und  mystischen  ausdrücken  dasjenige,  was 
ihm  begegnet  sein  könnte,  erraten.  19,  8 ;  er  {Hamlet)  sdilieszt 
mit  dem  bedeutenden  seufzer,   die  zeit  ist  aus  dem  gelenke. 

19,  75;  den  fremden,  der  in  jener  bedeutenden  nacht  sich 
mit  ihm  unterhalten.  20,122;  mit  einem  fremden,  dessen  ge- 
stalt   und   wesen   bedeutend,    ernsthaft    und    auffallend   war. 

20,  280 ;  was  ihn  eigentlich  ganz  unkenntlich  machte,  war, 
dasz  an  seinem  bedeutenden  gesiebte  die  züge  des  allers 
nicht  mehr  erschienen.  20,  286 ;  im  schatten  eines  mächtigen 
felsen  sasz  Wilhelm  an  grauser,  bedeutender  stelle,  wo  sich 
der  steile  gebirgsweg  um  eine  ecke  herum  schnell  nach  der 
tiefe  wendete.  21,  3 ;  was  nützt,  ist  nur  ein  theil  des  bedeu- 
tenden, um  einen  gegenständ  ganz  zu  besitzen,  musz  man 
ihn  um  sein  selbst  willen  studieren.  21,  49;  das  bedeutende 
kästchen  steht  vor  mir.  23,  233 ;  bedeutender  ort.  24,  28 ;  zu 
dem  biückenthore  kamen  die  bedeutendsten  züge  herein. 
24,  32;  bedeutende  handelsstädte.  24,  33;  mit  manchem,  für 
einen  knaben  bedeutenden  geldgcschenke.  24,46;  so  war  mein 
junges  gehirn  schnell  genug  mit  einer  menge  von  bedeuten- 
den und  wunderbaren  gestalten  und  ereignissen  angefüllt. 
24,  50 ;  nicht  weniger  war  uns  ein  maulbeeibaum  bedeutend. 
24,  55;  bedeutende  träume.  24,  57;  so  dasz  es  recht  heiter 
und  zugleich  bedeutend  genug  aussah.  24,  64;  bedeutende 
zustände  des  menschlichen  lebens.  24,  108 ;  so  grosze  Schick- 
sale, so  bedeutende  Veränderungen.  24,  111 ;  der  einen  ver- 
zierten bluinentopf  mit  den  bedeutendsten  blumen  nach  der 
natur  darstellen  sollte.  24,  243 ;  die  züge  ihres  gesichts,  we- 
der bedeutend  noch  schön,  sprachen  von  einem  wesen,  das 
weder  mit  sich  einig  war  noch  werden  konnte.  25,  23 ;  die 
bedeutende  puppenspielfabel  des  andern  {Faust).  25,  314;  ich 
war  wegen  eines  glücklichen  freien  bedeutenden  vorlesens  be- 
rühmt. 30,  248;  lieszen  wir  uns  an  eine  bekannte  bedeu- 
tende stelle  führen,  wo  mit  einiger  vorsieht  gar  vieles  zu 
übersehen  war.  30,  204;  unter  allen  diesen  erscheinungen 
that  sich  eine  zwar  nur  auf  kürzere  zeit,  aber  bedeutend 
und  auffallend  hervor.  31,  17G ;  grosz  und  bedeutend,  manig- 
faltig.  33,  29 ;  dasz  er  als  ein  vorzüglicher  mensch  sie  ins 
gefolge  seines  bedeutenden  daseins  mit  aufnahm.  33, 134 ;  die 
ableitung  führt  ihn  auf  das  bedeutende  des  wortes.  33,  161; 
man  findet  mehrere  sinnlich  bedeutende  und  wolklingende 
worte.  33,  173;  bedeutende  mordgeschichte.  33,  193;  bedeu- 
tendes motiv  kurz  abgefertigt.  33, 193 ;  ein  sonderbarer,  aber 
für  den  gesang  ein  bedeutender  Vortrag.  33,  193;  er  ersetze 
das  gleichgültige  allgemeine  durch  bedeutendes  besonderes. 
33,  220 ;  zu  eigener  herstellung  dieses  bedeutenden  lebens 
und  Charakters  aufeefordert  wird.  37, 15 ;  das  andenken  merk- 
würdiger menschen,  sowie  die  gegenwart  bedeutender  kunst- 
werke.  37,  17;  der  graf  Bünau,  der  als  particulier  nur  ein 
bedeutendes  buch  weniger  hätte  kaufen  dürfen.  37,  28; 

aber  du  sagtest  drauf  mit  freundlich  bedeutenden  Worten. 
40,  250 ; 
sein  zorn  ist  nach  tische, 
wo  er  heftiger  spricht  und  anderer  gründe  bezweifelt, 
nie  bedeutend.  40,275; 

durch  dein  wort  verführt  und  deine  bedeutenden  reden. 
40,  269 ; 

mit  bedeutenden  blicken  und  mit  besondcrn  sredanken. 
40,  314; 

er  findet  sein  grab  in  der  nähe  eines  andern,  freilich  mehr 
bedeutenden,  aber  mit  ihm  eigens  verwandten  pilgermannes. 
45,  259;  während  der  arbeit  an  dieser  höchst  bedeutenden 
trilogic.  46,  265 ;  die  vorrede  ist  höchst  bedeutend.  4C,  266 ; 

ein  bedeutend  ernst  gescbick 

waltet  übers  leben.    47,  133  ; 

nachdem  sie  verschiedene  bedeutende  antrage,  aber  von  un- 
bedeutenden männern,  von  solchen,  die  sie  verabscheute, 
ausgeschlagen  hatte.   48,  101  und  hier  sätr  oft. 

Diese  aufmerksamkeit  forderte  Göthes  5/i7.  die  ausgehob- 
nen beispiele  lassen  gewahren,  dasz  der  gebrauch  eines  zum 
nahe  liegenden  lieblingsworte  gediehenen  ausdrucks  mit  der  ge- 
mächlichkcit  der  göthischen  späteren  Schreibart  stieg,  früher 
erscheint  es  sparsam,  und  in  den  wahlverwandtschaßen,  in  der 
lebensbeschreibnng  und  den  recensionen  weit  öfter  als  im  Meister, 
des  Wortes  ursprünglicher  sinn  war  dem  dichter  stets  zur  haud, 
wie  er  z.  b.  an  Schiller  165  schreUU:  das  gedieht  ist  gar 
schön  gerathen,  die  gegenwart  und  die  »llcgorie,  die  einUii- 
dungskraft  und  die  rniplindung,  das  bedeutende  und  die  deu- 
tung  schlingen  sich  in  einander. 


1229 


BEDEUTEND — BEDECTmS 


BEDEUTSAM —BEDIENEN 


1230 


BEDEUTEND,  adt.  signifieanter,  insigniter,  valde: 

nenne,  wenn  du  es  darfst  vor  einem  slerblichen,  deinen 
fröulichen  namen,  wo  nicht,  rege  bedeutend  mich  auf, 
dasz  ich  fühle,  welche  du  seist  von  den  ewigen  töcbtera 
Zeus.  GöTHE  1,315; 

0  meine  liebe,  was  bedeutend  schmückt, 
es  ist  durchaus  gefährlich.    9,302; 

und  SO  antwortete  sie  bedeutend  auf  jede  unschuldige,  leichte 
frage.  20,  15S ;  auch  der  vater  unsers  herrn  hatte  sich  dort 
bedeutend  angesiedelt.  21, 121 ;  was  von  ihm  ausgieng  wirkte, 
wenn  auch  nicht  erfreulich,  doch  bedeutend.  25,  314;  ein  so 
bedeutend  durchlebter,  vöüig  fremder  zustand.  29,  90; 

da  versetzte  bedeutend  die  gute  verständige  mutter.    40,  269; 
da  verseute  der  vater  und  that  bedeutend  den  mund  auf. 

40,  2S2 ; 
nur  hie  und  da  bedeutend  funkelt 
ein  rother,  ahnungsvoller  schein.    41,275; 

zuletzt  sah  ihn  der  polizeiinspector  Herprecht  sehr  bedeu- 
tend an.  J.  Paul  flegelj.  1,  8 ;  das  kind  blickt  ihm  immer  be- 
deutender ins  gesicht.  Tit.  2,  55.  doch  Idszt  sich  in  einzelnen 
stellen   bedeutend  auch  ßr  den  nom.  des  particips  nehmen. 

BEDEUTENHEIT,  f.  aucloritas,  ßr  heäeulenäheit,  nach  fal- 
scher analogie  von  anwesenheit,  befangenheit,  beklommenheit, 
die  mit  dem  pari,  praet.  gebildet  sind:  um  uns  ähnliche  per- 
sönlichkeiten und  Charaktere  mit  leichter  bedeutenheit  vorzu- 
spiegeln.  GüTHE  46,  10. 

BEDEUTLICH,  significans,  sagte  man  früher  ßr  bedeutend 
und  deutlich:  merk  bedeutlich  mit  deinem  erstockten  herzen. 
Ketsebsb.  anheb.  mensch  6  ;  nicht  wesentlich  und  gegenwärtig- 
lich,  sonder  allein  Cguflich  und  bedeutlich,  reichsabsch.  vm 
1530  §.  12 ;  der  bapst  macht  dreierlei  unterscheid  der  kirchen, 
erstlich  eine  wesentliche,  d.  i.  der  kirchencörper  und  leib, 
zum  andern  eine  bedeutliche,  das  sind  die  cardinäl.  Lcthebs 
tischr.  191';  jetzt  schreiben  sie,  es  sei  ein  mysteriale,  d.  i. 
ein  bedeutlich  opfer.  255';  ob  sie  das  sacram'ent  des  altars 
allein  für  ein  bedeutlich  sacrament  und  nicht  für  den  waren 
leib  und  blut  Christi  halten.  .Melaxchthox  im  corp.  d.  ehr. 
874;  welcher  das  brot  ein  figürlichen  oder  bedeutlichen  leib 
nennet.  Melanchth.  vom  streit  des  h.  nachtmals.  Regensb.  1560 ; 
die  Ziffern  1 — 9  sind  bedeutlich  und  die  zehende  0  ist  unbe- 
deutlich.  Mich.  Stifel  coss.  l ;  das  ist  in  der  geraein  also  be- 
deutlicher zu  verstehn.  Paracelscs  1,  51';  und  nachforschen 
den  natürlichen  dingen,  so  der  äugen  gesicht  nicht  begreift, 
und  doch  so  bedeutUch  vor  ihnen  stehet.  1,  S6';  als  ein  harn 
von  einem  menschen  im  glas,  so  da  offenbar  ist  diesclbig 
krankheit  so  bedeutlich,  als  einer  sich  selbst  im  spiegel  sieht. 
2,  3S6';  Sülchs  aber  mit  bedeutlicher  auslegung  zu  erkennen, 
folgend  hernach  eins  jeglichen  species  sonderliche  generation. 
Chirurg,  sehr.  82';  ob  etwann  ein  kind  krank  würd  einer  an- 
dern krankheit,  dann  bedeutlich  seine  eitern  gehabt  betten. 
196";  bedeutliche  wunderzeichen.  Bibel  tir.  20.  stirbt  allmä- 
lieh  aus,  doch  ron  Sheleb  310  noch  angeführt. 

BEDEUTLICHKEIT,  f.  eine  bedeutlichkeit  der  Wahrheit  in 
den  handlungen.  Hacedob.v. 

BEDEUTMS,  n.  f.  significatio :  gesicht,  träum  und  bedeut- 
nus.  Keisebsb.  ansg.  der  Juden  H  3;  Judas  ist  ein  verjcher 
gotes  in  siner  bedeulnus.  Js;  sihe  umb  der  ehre  willen,  das 
vennischung  maus  und  weibs  ein  so  grosz  ding  bedeutnis 
genieszen.  Lctheb  1, 17o';  das  sölicher  namen  bedäutnus  aus 
Unwissenheit  der  sprach  gar  wenig  oder  so  vil  als  nichts  ver- 
standen. Stumpf  i,  172*;  die  null  mehret  der  andern  figuren 
(Ziffern)  bedeutnis  igeltung),  wa  sie  inen  förgesetzt  wirt.  .Mich. 
Stifel  coss.  1 ;  durch  solliche  practiken  kompl  an  den  tag  der 
werd  und  die  bedeutnis  der  erstgesetzten  radix.  140;  die  ßgur, 
schatten  und  bedeulnus  für  das  bedeut  ding  rOmend.  Fbaxk 
»e/fft.  124";  da?z  die  somnia  und  visiones  recht  verstanden 
werden,  dann  ohne  bedeulnus  seind  sie  nicht.  Pabacelscs  2, 
422';  in  gleicher  bedeulnus  hat  Pharao  den  Joseph  über  alles 
erhöcht.  Keisz^er  hrut.  1,  28";  das  bild  der  Vetius  stund  zu 
sondrer  sinnreicher  bedeulnus  auf  einer  schildkrolschalen. 
Fischart  ehz.  40 ;  was  ist  .Melchisedech  anders  gewesen  dann 
ein  figur  und  bedeulnus  des  papstes.  bienenk.  74*;  glaubt  ir 
auch,  das  der  blind  Homer  auf  die  lälzc  bedculnussen, 
gekrfimte  allcgorien,  verwante  gleichnussen  gesehen  habe? 
Garg.  22'; 

und  wenn  die  (riilcn  —  *...■  berührt  — 

die  uns  der  weit  bcdeuiii 

vorüber  sind,  so  »ei  tu  Im  r, 

was  sie  vennocht  vor  diesen  lag  geführt.    Görni  4,  27. 


BEDEUTSAM,  vas  bedeutend,  etwas  nachdrücklicher:  in 
der  band  bedeutsam  ein  blaublühendes  eryngium,  im  deut- 
schen mannstreue  genannt.  GOthe  26.  219. 

BEDEUTSAMKEIT,  f.  signißcantia :  die  bedeutsamkeit  der 
nnscbuldigsten  reden  wächst  mit  den  jähren.  Göthe  22,246; 
sie  verband  ihn  still  und  mit  einer  nachdenklichen  bedeut- 
samkeit in  sich  gekehrt.  19, 134 ;  ich  werde  die  gehörige  ruhe 
nnd  Sicherheit,  leerheit  und  bedeutsamkeit  recht  zierlich  (als 
Polonius)  aufstellen.  19, 177 ;  denn  ich  hatte  allzuängstlich  die 
zarte  bedeutsamkeit  des  Originals  in  unserer  spräche  nach- 
zubilden getrachtet.  26,  158. 

BEDEUTUNG,  f  l)  interpretatio :  und  es  treümet  inen  bei- 
den in  einer  nacht,  einem  iglichen  ein  eigen  träum  und  eines 
iglichen  träum  hatte  seine  bedeutung.  1  Mos.  40,  5 ;  nach  der 
bedeutung  der  wort  ...  so  tbiit  es  dem  menschen  weh. 
Keisebsb.  Sünden  des  munds  36*.     daßtr  heute  deutung. 

2)  significatio,  vis,  atutoritas,  sinn,  geholt,  gewicht,  nach- 
drvek:  zu  bedeutung  der  herlichkeit  des  päpstlichen  stuls. 
Fischart  bienenk.  211* ;  den  kalegorien  beziehung  auf  objecte, 
mithin  bedeutung  zu  verschaffen.  Käst  2, 163; 

ihr  seht  mich  mit  bedeutung  an?    Schiller  271'; 

wie  machen  wirs,  dasz  alles  frisch  und  neu 

und  mit  bedeutung  auch  gefällig  sei?    Göthk  12,9; 

sie  nennt  den  pamen  Albert  zweimal  mit  bedeutung.  16,  33; 
die  Sache  ist  nicht  von  der  bedeutung,  versetzte  Charlotte, 
dasz  man  sich  deshalb  durch  einen  rechtshandel  beunruhigen 
sollte.  17,  203;  er  dringt  in  die  bedeutung  des  gehaltes  ein. 
46,  233;  es  ist  schon  längst  mit  grund  und  bedeutung  aus- 
gesprochen. 48,  63.  die  eigentliche  und  uneigentliche  bedeu- 
tung eines  worts;  die  verschiednen  bedeutungen  aus  der 
grundbedeutung  entwickeln. 

3)  admonitio,  conditio  adjecta:  das  Instrument  dem  Sänger 
zu  überlassen,  mit  der  bedeutung  solches  vor  der  abreise 
treulich  wieder  zu  geben.   22, 129. 

BEDEUTUiSGSLOS,  insignificans,  levis:  das  gedieht  ward 
mir  zuletzt  ganz  trivial  .und  bedeutungslos.  Göthe  46,  266; 
ein  bedeutungsloses  gesicht. 

BEDEUTUNGSVOLL,  significans,  gravis:  er  sah  das  wich- 
tige und  bedeutungsvolle  leben  der  vornehmen  und  groszen 
in  der  nähe.  Göthe  18,291;  ein  bedeutungsvolles  Vorzeichen. 
Dahl«ax.\  ddn.  gesch.  1,  419 ;  ein  paar  bedeutungsvoller  äugen. 

BEDEUTZEICHEN,  n.  signifn: 

min  teuf  allein  ist  ein  bdützeichen.    trag.  Joh.  D5. 

BEDHAFTIG,  der  bede,  der  abgäbe  unterworfen:  wir  wei- 
sen auch  alle  guter  in  der  Zozenheimer  gemaiten  bedhaftig, 
ausgescheiden  pfarrerwittumb.    veisth.  2,  160. 

BEDIADEME.X,  diademate  Omare: 

das  haubt,  das  nun  der  schere  sich  bequemt, 
mit  mancher  kröne  wards  bediademl.    Plate."«  32». 

BEDIELEN,  conlabulare:  das  zimmer  ist  neu  bedielt  worden. 

BEDIENE.N,  servire,  ministrare,  ahd.  mhd.  unüblicJi,  auch 
bei  Keisersberg,  Lctheb,  Dasypodils,  Mjuler  noch  nicht  er- 
scheinend, erst  in  der  zweiten  hdlße  des  H  jh.  aufkommend. 
Hessisch  232'  gibt  es  an.  man  verwandelte  das  dienen,  ser- 
vire, mit  dem  dat.  der  person  in  ein  bedienen,  ministrare, 
mit  dem  acc.  der  person  oder  sache,  bedienen  wird  auf  be- 
stimmte, unmittelbare  und  leibliche  dienstleistungen,  oß  mit 
der  Vorstellung  gegen  lohn,  bezogen. 

1)  Personen  bedienen,  lAnen  aufwarten,  wir  dienen 
gott,  dem  könig,  unserm  landesherrn ;  hier  würde  nicht  gesagt 
werden  können  bedienen,  so  wenig  als  ministrare.  nur  VVecj- 
HERLix  setzt  einmal: 

wie  selig  ist  doch  der  (o  gott),  der  dir  gehorsam  sich  erweiset, 
wer  aber  ist  der,  so  dich  nach  gebühr 
mit  forcht  und  lieb  bedienet,  biiiei,  preiset.    HO, 
gleichsam  dir  mit  ßrcht  und  liebe  aufwartet,  ßrcht  und  liebe 
dir  darbringt.     Hieran  reiht  sich  zunächst  bedienen,    wenn   et 
im  Verhältnis  der  beiden  gesthlechler  gebraucht  wird: 
Jungfern  haben  herzlich  gern,  dasz  man  sie  bedien  und  ehre. 

.        .  Loc*f  3,  4,  80 ; 

oder  aber  ist  es  ihre  gunst, 
die  du  so  lange  zeit  bedienet  hast  umsonst? 

IIOFiAxxswtLDAf  gelr.  schdfer  93; 
dessen    ganz   besonderer  henensfreund  Joseph   van  Zulplien 
meine  Schwester  Philippinam  ebenfalls  aufs  Snszerste  zu  be- 
dienen suchte.    Felsenb.  1,  30S ; 

schwarz  und  ohne  licht  und  schatten 

kommen  Köseln  aufzuwarten 

graiien  und  amorinen, 

docb  er  wird  sie  schon  bedienen.    G6nt  47, 111; 


1231 


BEDIENEN 


BEDIENLICH  — BEDING 


1232 


manche  Jungfer  {oben  sp.  163)  . . .  über  achsel  sieht,  und  ein 
buntbändrichten  monsieur  ihm  zu  trotze  mit  vortrefiichen 
liebkosungen  bedienet.  Weise  erzn.  325.  auch  gilt  bedienen, 
von  männern  gesagt,  für  die  leistung  der  ehlichen  pßicht  so- 
wol,  als  für  unehliches  beiwohnen:  der  mann  kann  seine 
frau  nicht  mehr  bedienen ;  die  frau  schweifte  aus  und  liesz 
sich  auch  von  andern  bedienen. 

Vorzugsweise  geht  aber  bedienen  auf  Verrichtung  alles  lohn- 
dienstes,  der  kammerdiener  bedient  seinen  herrn  beim  käm- 
men, ankleiden,  an  tafel  und  zum  schlafengehn,  der  kellner 
bedient  die  gaste,  der  barbier  bedient  scherend,  schröpfend, 
verbindend,  jeder  handwerker  bedient  mit  der  bei  ihm  bestell- 
ten arbeit,  der  kaufmann  bedient  mit  den  besten  waaren  sei- 
nes lagers.  In  übler  meinung  heiszt  einen  bedienen  was  trac- 
tieren,  regalieren,  zurichten:  halts  maul,  Soldaten  dürfen  gar 
nicht  reden,  sonst  wolt  ich  dich  anders  bedienen.  Arnim 
schaub.  2, 182,  wie  man  auch  sagt,   dir  anders  dienen. 

2)  die  Sache  bedienen,  der  geistliche  bedient  {mini- 
itrierl)  die  messe,  die  firmung:  dasz  die  firmung  vii  würdiger 
ist,  dieweil  sie  von  keim  schlechten  gemeinen  pfaffen  mag 
bedient  werden.  Fischart  bienenk.  7l';  dasz  alle  diener  des 
Worts  gleiche  macht  haben,  in  was  orten  sie  bedienen,  es 
sei  zu  Rom  oder  zu  Neaples.   38'; 

kein  chorgehiilfe  war  erscliienen.     « 

die  messe  kundig  zu  bedienen.    Schiller  68^ 

ebenso  heiszt  es  ein  weltliches  amt  bedienen,  versehen,  beklei- 
den :  ich  hab  disen  ort  fünf  jähr  bedient,  administravi  hujus 
loci  officium.  Henisch  232;  der  die  höhiste  ämpter  bedient 
hat.  MicRÄLius  a.  P.  4,  78  ;  landvogteien  bedienen,  pers.  rosenth. 
3,27.  die  tafel  bedienen,  schusseln,  speisen  auftragen :  hat  die 
wilden  eselsbraten  hochgehalten  und  seine  tafel  oft  darmit 
bedienen  lassen,  pers.  reiseb.  4^43;  diese  zu  jagen  und  seine 
tafel  damit  bedienen  zu  lassen,  hat  er  grosze  lust  gehabt. 
2,  20 ; 

mit  grobem  zinn,  die  schlechtste  edeirrau 

würd  es  verschmähn,  bedient  ma'n  ihre  tafel.    Schiller  405'; 

bewafnete,  die  sich  hinter  die  stüle  der  fürsten  pflanzten  und 
das  frühstück  bedienten.  1079.  durchs  thor  eintretende  hand- 
werksgesellen  rief  man  an:  was  bedient  ihr?  was  für  ein  ge- 
schäß  treibt  ihr? 

der  wache  war,  sie  wüst  nicht  wie. 

fragt  keiner:  was  bedienen  sie?    Göthe  56,  28. 

das  geschütz  bedienen  bedeutet  es  richten,  laden,  losfeuern : 
die  kanonen  waren  gut,  übel  bedient,  im  spiel,  die  färbe 
bedienen,    bekennen,  karte  derselben  färbe  zuwerfen. 

3)  sich  eines  bedienen,  s'en  servir  eine  person  oder 
Sache  zu  seinem  vortheil  verwenden: 

klag  nicht,  es  kömmt  gewis  ein  günslgcr  augenblick, 
allein  bitt  um  verstand,  dich  seiner  zu  bedienen. 
Gellert  1,  233; 

wo  die  gewalt  unbrauchbar  ist, 

bedient  ein  weiser  sich  der  list.    Hagedorn  2,  106; 

Agnese  trinkt  und  leert  mit  Widerwillen 

zwöir  Haschen  aus,  bedient  sich  auch  der  piilen, 

allein  umsonst,   nichts  kann  die  krankheit  stillen.    2,107; 

mir  könnt  es  wenig  helfen,  meines  glucks 

mich  über  einen  Arnheim  zu  bedienen.    Schiller  342'; 

da  mir  die  sonne  gerade  ins  gesiebt  schien,  so  bediente  ich 
mich  abermals  des  vortheils,  den  mir  der  hut  gewährte. 
GöTiiE  25,  355 ;  er  bedient  sich,  wenn  er  spricht,  allzu  häufig 
fremder  Wörter;  ich  bediene  mich  der  ersten  gelegenheit,  dir 
zu  schreiben;  sie  bedienen  sich  da  sehr  ungebührlicher  re- 
densarten.  absolut,  bedienen  sie  sich  [der  speise),  langen  sie  zu ! 

4)  bedient  sein,  mit  dem  particip  in  activer  bedeutung, 
heiszt  einem  dienlich,  wie  beholfen  sein  einem  behülflich  sein : 
80  ich  dir  bedient  sein  kann,  wil  ich  keinen  (leisz  sparen. 
Henisch  232 ;  so  ich  nun  willens  wäre  selbiges  auch  zu  se- 
hen, sie  mir  vor  anderen  darin  bedient  sein  köntcn.  Puiland. 
1,14; 

Largus  zeucht  sich  an  den  richter,  wann  die  andren  recht 
nnzichn, 

parten,  denen  er  bedienet  (ist),  haben  dessen  viel  gewin. 
LooAU  3,  4,  29  ; 
die  hünde  und  füsze  helfen  und  sind  bedienet  und  bchülf- 
licli  darzu.  Simpl.  1,  172;  kan  ich  aber  dem  herrn  in  etwas 
bedient  sein.  1,314;  dahingegen  obligiertcn  sie  sich  ihme  auf 
alle  begebende  gelegenheit  mit  darsetzung  guts  und  bluts  be- 
dient zu  sein.  2,  258 ;  jedermann  bedient  sein  (dienen).  2,  300. 
schon  der  beigesetzte  dat.  der  person  verbietet  dies  bedient  etwa 


für  eine  zusammenziehung  von  bedienend  zu  nehmen ;  mit  dem 
part.  praet.  in  beinahe  adjectivischem  sinn  konnte  sich  leich- 
ter der  daliv,  d.  h.  ein  andrer  casus,  als  den  das  verbum 
sonst  regiert,  verbinden,  man  sagt :  dieser  mann  ist  mir  treu 
bedient,  mein  treuer  diener;  Melak  {der  hofhund)  wollte  mit, 
und  Alban  wollte  einen  dem  schloszhofe  so  bedienten  schirm- 
vogt  wieder  heimhaben.   J.  Paul  Tit.  1, 112.  s.  bediente. 

BEDIENLICH,  commodus,  utilis,  beholfen:  etliche  grosze 
herren,  so  uns  in  unsern  sachen  bedienlich  gewesen,  pers. 
reiseb.  1,  14;  sie  sind  arbeitsam  und  bedienlich  den  Franzo- 
sen und  Spaniern.  3,  4 ;  damit  sie  euch  mehr  in  gutem  als 
Übeln  zustande  bedienlichen  sein.  Schoch  stud.  leben  F.  heule 
unüblich  und  durch'  diensam  vertreten. 

BEDIENSTEN,  officium  alicui  tribuere,  bedienstet  ofßcialis. 
Henisch  232. 

BEDIENTE,  m.  famulus,  minister,  pedisequus,  gebildet  wie 
aufwartete  {sp.  772),  und  in  der  activbedeutnng  des  part.  praet. 
bedient  {s.  bedienen  4),  wie  sehr  viele  andere  participia  praet. 
so  gebraucht  werden,  z.  b.  gemeint,  gewillt,  bedacht,  beholfen, 
beredt,  verliebt  sein,  vgl.  gramm.  4,  69 — 71.  Wolfram  sagt: 
ungedient  ich  "daj  trage.  Parz.  248,  29,  d.  i.  ohne  es  verdient 
zu  haben.  Gewöhnlich  in  schwacher  form  der  bediente,  des 
bedienten,  pl.  die  bedienten,  und  so  auch  nnl.  de  bediende, 
des  bedienden;  doch  ist  in  starker  zulässig  ein  bedienter,  pl. 
drei  bediente:  sein  general  oder  feldmarschalk,  seine  hofpre- 
diger  und  andere  vornehme  bediente.  Schüppius  37;  die  für- 
nehmsten  bedienten  desselben  hofes.  pers.  rosenth.  1,  20 ;  seine 
bediente  und  Sklavinnen  waren  die  ausgesuchtesten  gestalten. 
Wieland  1,  69;  die  menge  und  gute  miene  der  bedienten. 
1,  71;  unter  ihnen  befanden  sich  viele  lehensleute  des  vor- 
nehmen adels,  wie  auch  verschiedene  bediente  des  königs 
selbst  und  der  herzogin.  Schiller  822 ;  das  meiste,  was  man 
von  seinen  kleinen  Sonderbarkeiten  weisz,  hat  man  einem 
weiblichen  bedienten  des  grafen  von  Oxford  zu  danken,  die 
ihn  vielleicht  im  mittlem  alter  gekannt  hat.  Lichtenberg  5,  66. 
s.  lohnbediente,  postbediente. 

BEDIENTE,  f.  famula:  bei  der  frau  Orgon  ist  eine  be- 
diente nicht  allein  eine  maschine,  die  von  früh  bis  in  die 
nacht,  ohne  zu  ruhen,  sich  bewegen  musz,  nein  sie  hat  noch 
mehr  zu  ertragen.    Gellert  3,  234. 

BEDIENTENHAFTIGKEIT,  f.  UknEJts  neueste  wellkunde  iSU 
S.  212. 

BEDIENTENROCK,  m.  livree. 

BEDIENTENSCHWARM,  m. 
und  ein  bedientenschwarm  die  marmorsäle  füllet.    Uz. 

BEDIENTENSEELE,  f. 

BEDIENTENSTUBE,  f. 

BEDIENTENVOLK,  n. 

BEDIENUNG,  f.  1)  wie  dienst,  dienstleistung :  die  bedienung 
ist  hier  {im  gasthaus)  gut,  schlecht ;  du  verstehst  dich  nicht  auf 
deine  bedienung.  2)  wie  dienst,  amt,  stelle:  Carolus  Crassus 
nahm  seinem  canzler  seine  bedienung.  Hahn  1,  269 ;  haben  den 
Schutzgott  ihres  glückes  auf  erden  in  ihrem  fürsten  zu  su- 
chen, in  dessen  band  die  bedienungen  stehen.  J.  E.  Schlegel 
3,  326;  ein  gleiches  recht  zu  allen  öffentlichen  bedienungen. 
Schiller  1068 ;  nicht  wieder  auf  das  theater  zurückzukehren, 
vielmehr  eine  bürgerliche  bedienung,  sie  sei  auch  welche  sie 
wolle,  anzunehmen.  Göthe  18,  78 ;  noch  ehe  er  eine  bedie- 
nung erhielt.  19,  303;  es  kostet  ihm  nur  ein  wort,  so  macht 
ihm  don  Alvarez  eine  bedienung  aus.  Lenz  l,  218.  wird  heule 
ungern  verwandt,  wenn  unter  dem  dienst  ein  öffentliches  amt 
gemeint  ist.  i)  dienerschaß :  männliche,  weibliche  bedienung; 
ein  knabe,  der  sich  bei  Wilhelmen  als  seine  bedienung  an- 
kündigte. Göthe  20,  8. 

BEDING,  früher  BEDINGE,  »i.  pactum,  conditio,  woßr  mhd. 
nur  gedinge  vorkommt;  das  nhd.  wort  erscheint  meistcntheils 
in  der  formet  'mit  dein  bedinge': 

mit  solchem  beding,  und  dem  bescbeid, 

das  du  nach  weis  der  chrisienh^t 

dieselbig  zu  der  ehe  solt  han.    VValdis4,  67; 

doch  mit  disem  beding  und  besprechen.  Fischart  6»>nenA.  117"; 
doch  mit  disem  beding,  dasz  er  sich  mit  eid  verpOichten  solt. 
215'; 

on  dem  beding  wir  nichts  verliern.    Atr««S99'; 

mit  dem  beding,  dasz.  Zinkgr.  29,  30;  wie  und  mit  was  be- 
ding. Philander,  Leiden  1646.  5,  318 ;  worüber  bald  hernacU 
ein  unparteiisches  bedmg  gesetzt;  got  wil  euch  eure  sünde 
vergeben,  mit  dem  beding,  dasz  ihr  auch  eurem  nccbsteu  ver- 


1233 


BEDINGEN 


BEDINGEN — BEDINGLIGH 


1234 


gebet.  ScHOPPiDS  279 ;  ein  euszerliche  Öffentliche  protestation 
oder  beding.    Spee  güldn.  lugendb.  679; 

und  wann  ihr  alle  mich  gedenkt  euch  zu  rerbinden, 
so  werdet  dieses  ihr  mit  mir  gut  alle  finden, 
dasz  ihr  es  auf  das  losz  mit  dem  bedinge  stellt, 
dasz  wer  Ton  euch  zuerst  sol  treten  auf  das  feld, 
dem  soit  beid  ewre  sacb  ihr  in  die  bände  leeen. 
Werders  Ariost  29,  3l ; 
er  fragte,  was  ihr  thun  und  ihr  bedinge  wer? 
und  sie  erklärte  ihm  all  ihr  vorhaben  her.    27,35; 

mit  dem  bedinge,  pers.  baumg.  7,  3;  dasz  zwar  einem  jegli- 
chen sein  theil  bescheret  ist,  aber  mit  dem  bedinge,  dasz 
ers  suchen  und  danach  streben  soll.  pers.  rosenth.  3,  27 ;  mit 
dem  bedinge,  dasz  sie.  Weise  A/.  ieu/c  66 ;  gab  ihm  die  gefor- 
derte zehen  thaler  mit  dem  beding,  dasz  er.  ehe  eines  weibes 
309;  die  ehe  mit  dem  beding  zusagte,  dasz.  314;  mit  dem 
beding  dasz.  ehe  eines  tnannes  269 ;  doch  mit  dem  beding  dasz. 
Felsenb.  2,  253 ;  mit  dem  bedinge,  dasz  er  dahin  besorgt  sein 
solle.  3,  3S9;  nur  mit  dem  beding,  dasz  sie  davon  aufhören, 
sobald  Mellefont  zurück  kömmt.  Lessing  2,  66;  aber  nicht 
anders  als  mit  dem  bedinge,  dasz  er  sich  verkleidet.  J.  E. 
Schlegel  3,  593;  die  dieser  held  in  mehr  als  einem  jähr  nicht 
bezwingen  konnte,  und  zuletzt  mit  dem  bedinge  gewann. 
Hebder20,  183;  mit  dem  bedinge,  dieser  geselzgebung  unter- 
worfen zu  sein.  Kant  4,  66;  unter  dem  beding,  dasz.  10,  21; 
mit  dem  bedinge.  Götz  1, 153 ; 

so  ists  auch,  das  ist  sein  beding  und  pact.    Schiller  32S; 

wol  zu  kaufen  ist  es,  meine  schöne, 

vom  besiizer  hört  ich  die  bedinge.    Göthe  1,220; 

das  ist  beding  bei  jeder  cur.    11,  373; 

ich  schwör  euch  zu,  mit  dem  beding 

wechselt  ich  selbst  mit  euch  den  ring.    12,  155; 

H.  übernahm  diese  arbeit  mit  dem  beding,  dasz.  37,  126; 
wenn  ich  wiederkomme,  sollen  sie  was  sie  wollen  von  der 
Sache  wissen  mit  dem  beding,  dasz  sie  mich  gegen  niemand 
vertheidigen.  an  fr.  von  Stein  1,  310.  beding  ist  im  vers  oß 
bequemer  als  das  dreisilbige  bedingung. 

BEDINGEN,  pacisci,  condilionibus  circumscribere,  tcas  ahd. 
bloszes  dingön  oder  gidingun  ausdrückte,  auch  mhd.  erscheint 
bedingen  nur  sparsam  (Ben.  1,  339").  ding  aber  hatte  ur- 
tprünglich  die  bedeutung  von  causa,  handel,  tcoraus  sich  erst 
später  die  von  res,  wie  aus  causa  die  des  franz.  chose  ent- 
faltete, wenn  daher  Schellisg  (philos.  sehr.  1,  7)  unser  bedin- 
gen ein  rortrepiches  wort  nennend  es  erklärt  als  die  handlung, 
wodurch  etwas  zum  ding  werde,  bedingt,  das  was  zum  ding 
gemacht  sei,  unbedingt,  das  was  gar  nicht  zum  ding  gemacht 
sei,  gar  nicht  zum  ding  gemacht  werden  könne;  so  scheint 
dieser  Sprachgebrauch  nicht  aus  der  geschichte  des  wortes  selbst 
zu  folgen,  bedingt  sein  hiesz  auf  einen  gepflogenen  handel 
zurückgehn,  dadurch  bestimmt  werden;  nachher  verband  man 
auch  damit  die  Vorstellung  des  seinen  grund  in  etwas  Iragens, 
des  hypothetischen,  mit  unbedingt  des  absoluten. 

1)  bedingen,  aushalten,  bestimmen,  ausnehmen:  ich  bedinge 
aber  allhie,  das  ich  diesen  artikel  nicht  darumb  halte,  das 
ich  den  bapst  wolle  verwerfen.  Luther  1,  422' ;  darnach  bedin- 
get er  mit  treflichen  worten,  wie  es  doch  so  gar  nichts  sei 
mein  rede.  2,  156*;  denn  das  wil  ich  hiemit  gar  frei  öffent- 
lich haben  bedinget  und  bekennet.  3, 109 ;  wie  ich  gar  öffent- 
lichen daselbst  bedinget.  3,  454 ;  ich  hab  ewer  schrift  verno- 
men  meines  buchiins  halben  von  der  winkelmessen,  wie  et- 
liche gute  leute  daraus  besorgen,  es  möcht  verstanden  wer- 
den, als  hielte  ichs  mit  den  scbwermern,  und  ob  ichs  wol 
bette  im  genandten  büchlin  bedingt  und  bezeugt,  das  ichs 
gar  nicht  mit  den  scbwermern  halle,  so  were  doch  das  büch- 
lin zu  grosz.  6,116';  denn  wie  ich  in  jenem  büchlin  bedingt, 
ist  mein  meinung  nicht  wider  die  jüden  zu  schreiben.  8, 108' ; 
bedinge  und  bezeuge.  Spee  güldn.  tugendb.  231 ;  bedinge  und 
protestiere.  512 ;  bedingen  bringt  das  landrecht.  Lehmann  73 ; 
wenn  das  bedingen  ist  gebrochen,  so  kann  man  nicht  gewin- 
nen,  das. ; 

wol  bedingt  und  gebalten 

stehet  wol  bei  jungen  und  bei  alten,    dat., 

der  jud  kam  und  bracht  einen  ring,  welchen  er  sehr  hoch 
hielt,  ich  half  den  ring  bedingen  (behandeln).  Schuppics226; 
sie  bedinget  ihn  umb  ein  grosz  geld.  Rollenragen  «underb, 
reis.  44; 

bedingte  nur  das  eine 

für  sie  und  mich  noch  aui, 

im  kleinsten  friichtbaiimhaine 

das  kleinste  gärtoerhaus.    böacta  56'  (*.  aasbedingen) ; 


dasz  nicht  des  lebens  bedingender  drang  mich,  den  menseben, 
verändert.  Göthe  1,  330; 

die  gemäszigten,  bedingten  {beschränkten)  regierungen.  6,207; 
denn  er  weisz 

so  glatt  und  so  bedingt  zu  sprechen,  dasz 

sein  lob  erst  recht  zu  tadel  wird.    9,  198; 

entschiedner  wenh  ist  leicht  zu  kennen,  leicht 

was  du  bedingen  möchtest  zu  erfüllen.    9,367; 

er  kommt,  er  nabt!  wie  fühlt  bei  diesem  schalle 

die  seele  gleich  sich  ahnungsvoll  bedingt! 

doch  schon  befreien  sich  die  herzen  alle 

durch  leberuf,  davon  der  fels  erklingt.     13,254; 

der  Waffen  Dug  wird  selbst  bedingt.  13,  275; 
es  darf  sich  einer  nur  für  frei  erklären,  so  fühlt  er  sich  den 
augenblick  als  bedingt,  wagt  er  es  sich  für  bedingt  zu  er- 
klären, so  fühlt  er  sich  frei.  17,  262;  nur  musz  der  künstJer 
niemals  einen  unbedingten  beifall  für  das  was  er  hervorbringt 
verlangen,  denn  eben  der  unbedingte  ist  am  wenigsten  werth 
und  den  bedingten  wollen  die  herren  nicht  gerne.  20,  106; 
Luthers  bibeiübersetzung  hat  die  gröszten  Wirkungen  henor- 
gebracht,  wenn  schon  die  kritik  immerfort  daran  bedingt  und 
mäkelt.  46,  264;  als  man  noch  nicht  durch  polizeiliche  Un- 
tersuchung der  passe,  durch  Zollabgaben  jeden  augenblick  er- 
innert wurde,  es  sei  drauszen  noch  bedingter  und  schlimmer 
als  zu  hause.  48,  136;  der  hauptfehler,  den  Miiton  begangen 
hat,  nachdem  er  den  stof  einmal  gewählt  hatte,  ist,  dasz  er 
seine  personen,  götter,  engel,  teufel,  menschen,  sämtlich  ge- 
wissermaszen  unbedingt  einführt  und  sie  nachher,  um  sie 
handeln  zu  lassen,  von  zeit  zu  zeit  in  einzelnen  fallen  be- 
dingen musz.    an  Schiller  618 ; 

stets  bleibt,  wie  wenig  mir  bei  dir  gelingt, 

mein  äuge  durch  deiu  angesicht  bedingt.    Plate!<46; 

bedingtes  (eingeschränktes)  lob ;  bedingtes  (t7on  bedingungen 
abhängendes)  versprechen. 

2)  sich  (se)  bedingen :  ich  soll  mich  der  kircben  demütiglich 
untergeben,  wie  ich  mich  denn  des  zuvor  für  menniglich  zu 
thun  bedingt  hatte.  Ldther  1,  119';  denn  ich  mich  imer  be- 
dinge, das  ich  denen  predige,  die  gern  recht  für  gott  thun 
wollen.  3,  326;  ich  habe  mich  bedingt,  das  ich  nicht  wider 
fleisch  und  .blut  schreibe,  sondern  wider  den  leufel  und  seine 

.  giieder.  3,  476 ;  will  mich  auch  erstlich  und  vor  allen  dingen 
hiemit  bedingt  haben.  Luthers  br.  2, 147  ; 

sta,  sta,  mein  mann,  lasz  dich  bedingen, 
hör  was  wir  dir  vor  zeitung  bringen. 

Hatneccics  Hansoframea  4,  3; 
dieweil  dan  ihr,    her  schultheisz,    mir  sein  wort  zu  thun  er- 
laubt haben,    will  ich  mich  anstatt  der  allerbesten  gewöhnli- 
chen form  und  maszen,  so  beschehen  soll  und  mag,  an  das 
löbliche  malefilzrecht  bedingt  haben.    Kirchhof  mtl.  disc.  242 ; 

Jedem  werte  klingt 

der  Ursprung  nach  wo  es  sich  her  bedingt.    Göthe  41,  116: 

die  Schüler  lernen  eine  wie  die  andre  (knnst,  musik,  poesie) 
in  ihrer  bedingtheit  kennen,  sodann  wird  gelehrt,  wie  sie  sich 
wechselsweise  bedingen  und  sich  sodann  wieder  wechselsei- 
tig befreien.    22,  158. 

3)  sich  (sibi)  bedingen,  verbinden,  aushallen: 

sie  zur  braut  sich  zärtlich  zu  bedingen 

reicht  den  ring  der  brautigam  ihr  dar.    Borger  99*; 

doch  merkt  ich  mir  vor  andern  dingen, 

wie  unbedingt  uns  zu  bedingen 

die  absolute  liebe  sei.    Göthe  3,  158. 

4)  alle  vorstehenden  belege  zeigen  nach  schwacher  form  be- 
dingen bedingte  bedingt,  dem  ahd.  ding6n  ding(!ita,  mhd.  din- 
gen dingele  entsprechend,  wie  aber  nnl.  ein  starkes  bedingen 
bedong  bedongen  stattfindet,  scheint  aus  Niederdeutschland  ein 
praet.  bedung  bedungen,  oder  bedang  bedangen  [wie  sang 
sangen)  eingeführt,  jenes  verwendet  z.  b.  Ettner  im  medic. 
maulaffen  bb6  und  GökiNCK  (s.  ausbedingen),  dieses  Niebühr: 
ein  bündnis,  welches  wenigstens  jetzt  sicher  die  anerkennung 
der  römischen  hoheit  bedang.  3,  313;  habt  ihr  aber  einmal 
euch  selbst  aufgegeben,  so  bedingen  jene  Hir  sich.  3,  576; 
wie  die  Römer  für  sich  mit  den  Aetolern  bedangen.  3,  593. 
das  klingt  unhochdeutsch  und  üblicher  ist  bedungen,  zumal  im 
part.  praet.  und  nie  in  jenem  philosophischen  sinn  des  beding- 
ten: bedungen,  ausbedungen,  a<ubeAa/<en,  z.  6.  Wieland  18, 138. 

BEDINGLICH,  conditionalis :  da  er  inen  bedinglich,  cum 
conditione  implendae  legis,  das  land  Canaan  zusaget.  Ha- 
thesids  129';  bedingliche  abrede,  pactum.  Riiiel  Lir.  27;  mut- 
maszlich  oder  bedinglich.  Simpl.  1,  203;  weilen  aber  diese 
meine  meinung  bedinglich,  und  dem  fürtreflichen  minister  am 
besten  bewust,  wie  es  mit  der  bedingung  bewandt.    LsiBurrz 

78 


1235 


BEDINGNIS  — BEDRANG 


BEDRÄNGE  —  BEDRÄUUNG 


1236 


2  110;  er  verdient  das  gesdicnk,  wozu  sie  ihm  bedinglicbe 
hofnung  gehen.  Hippel  lebensl.  2,  234.  man  gebrauchl  dafür 
heule  bedingt. 

BEDINGNIS,  f.  und  n.  conditio:  zum  richtigen  emphnden 
ist  richtig  denken  eine  unentbehrliche  bedingnis.  VVieland  6, 
87 ;  die  freiheit  ist  das  unentbehrlichste  bedingnis  der  glück- 
seligkeit,   25,  126; 

doch  mit  bedingnis,  dir  die  zeit 

durch  meine  iiünste  würdig  zu  vertreiben.    Goihe  U,  74, 

er  hielt  dieses  bedingnis  für  sehr  vortheilhaft.  30,  72;  jeden 
einzelnen  fall  recht  als  einen  einzelnen  aus  seinen  fernen 
und  nächsten  bedingnissen  herausgestalteten  zu  erwägen.  Tieck 
ges.  not).  2,  85.  .         . 

BEDINGTHEIT,  f.:  die  schüler  lernen  eine  wie  die  andre 
{hunsl)  in  ihrer  bedingtheit  kennen.  Göthe  22,  158 ;  zwar  gab 
die  Ungleichheit  des  terrains  die  schönste  gelegenheit  aus  der 
nothwendigen  bedingtheit  des  locals  die  forderungen  des  Zwe- 
ckes zu  erfüllen.    31,  162.  . 

BEDINGTLEUTE,  liomines  sub  condttione  receplt:  er  woll 
dann  vilelcht  alles  zu  der  hofwarter,  bedingtleuten  und  gült- 
bawren  genad  setzen.  Sebitz  feldb.  26. 

BEDINGUNG,  f.  conditio,  das  bedingende  und  bedingte,  erst 
in  den  letzten  Jahrhunderten  üblich  geworden,  auch  nnl.  unbe- 
kannt :  bedingungen  machen,  stellen,  feststellen,  vorschreiben, 
halten,  brechen,  annehmen,  ausschlagen,  verwerfen,  sich  gefal- 
len lassen;  es  soll  nur  unter  der,  unter  keiner  andern  be- 
dingung  geschehen;  es  erfolgt  unter  den  ehrenvollsten  be- 
dingungen; bedingung  eiagehea  (capitulieren).  Opitz  Arg.  2, 431; 

den  flug 
de«  denken s  hemme  ferner  keine  schranke, 
als  die  bedingung  eodlicber  naturen.    i5CHaLER2/9  ; 
so  müsse  man  in  seinem  eignen  Wien 
dem  kaiser  die  bedingung  machen.    3ol ; 
sie  sind  auf  jegliclie  bedingung  mein.    363'; 
ich  kann  hiezu  einen  mir  bekannten  feldchirurgus  vorschlagen, 
der  jetzt  um  leidliche  bedingung  (lohn)  zu  haben  ist.    Göthe 
17   44-   es  gehört  zu  den  traurigsten  bedingungen,  unter  de- 
nen wir  leiden,  uns  nicht  allein  durch  den  tod,  sondern  auch 
durch  das  leben  von  denen  getrennt  zu  sehen,    die    wir   am 
meisten  schätzen,    an  Zelter  70 ;   ich  habe  späterhin  der  weit 
und  ihren  bedingungen  gelebt,  aber  in  jenen  tagen  lebte  ich 
dir  und  mir.  Tieck  ges.  nov.  3,  239. 
BEDINGUNGSLOS,  sine  conditione. 
BEDINGUNGSWEISE,  cum  conditione. 
BEDONNERN,  wie  andonnern   und  verdonnern:    er   stand 
da  ganz  bedonnert,  ahd.  pidonaröt.  Graff  5, 150. 

BEDORNEN,  spinis  conserere,  zumal  im  part.  praet.  be- 
dornt. BaocKES  8,  108 ;  keine  mit  lebensgefahr  und  straszen- 
raub  bedornte  reise.   Herder  6,  299 ; 

den  hohen  bedorneten  thron  (der  rose).    Kleist  2, 17; 

bedornte  rosen.    ür  1,  17  ; 

die  bedornte  bahn  des  lebens.    Gotter  1,7; 

da  pflückt  ich  am  bedornten  see 

zum  strausz  ihr  unter  spätem  schnee 

blau  roth  und  weiszen  güldenklee.    Voss  4,  87  ; 

die  bienen  bedornten  die  rosenkelche  mit  neuen  stacheln. 
J.  Paul  Kamp.  35;  wie  emsig  er  aus  jedem  bedornten  oder 
gestachelten  tadel  den  honig  der  besserung  saugt,  uns.  löge 
XXXVII.    mhd.  bedürnen. 

BEDÖRNERN,   dasselbe:   er   legt   sich  auf  eine  bedörnerte 
bank.    Wiedeman.n  junt  108. 

BEDÖSEN,    deludere,    circumvenire,    ein  seltnes,    zum    ahd. 
dösen,    ferdiisen,    disperdere,  corrumpere  (Graff  5,  229)  stim- 
mendes wort,  dem  mhd.  diusen  (Ben.  1,372')  verwandt: 
nun  war  dem  fürsten  wol  bewüst, 
das  doch  der  abt 

solch  hohe  frag  nicht  würd  auflösen, 
drumb  wolt  er  in  also  bedösen.     Waldis  3,  92. 
vgl.  bedusseln. 

'  BEDR.\NG,  m.  vexatio.  Haltaus  113:  süllichen  bedräng  ist 
uns  nit  möglich  länger  zu  leiden.  Hütten  5,  432 ;  ich  hoff 
zu  gott,  wir  werden  aus  bisiier  deines  kcisers  geübten  be- 
dräng uns  scliierst  zu  solclier  besserung  unverdrieszlich  schi- 
cken, unterrede  und  anschlcge  zur  kriegsordnung  Widder  die 
Türken.   Wittemb.  1527.  E3'; 

bedräng  der  vögl  die  Icui  nrschrcrkt. 
und  ward  der  Schweincr  biiiid  «M-wiTkt. 

.ScuwARzrMiiKKii  116.  1 ; 

auf  dasz  er  aicht  am  trinkcD,  auch  sonsten  der  hilz  halber 


betrang  leiden  muste.  Kirchhof  toendunm.  138*;  ist  dem  feind 
schädlich,   thut  auch   herter   bedräng   und   anstösz.    Fronsp. 
kriegsb.   1,  163".     bei   Fischart    erscheint    das   wart   weiblidi: 
einige  betrang  und  überlast  zufügen.    Garg.  26l'.     heute   un- 
üblich, und  durch  das  einfache  drang  oder  drangsal  vertreten. 
BEDRÄNGE,  n.  pressus,  angustiae,  gedränge: 
die  weit  hat  groszen  mängel  (so),  die  weit  hat  grosze  menge 
an  frölichem  vergnügen,  an  kläglichem  bedränge. 
LoGAü  3,  ziigabe  82. 

BEDRÄNGEN,  BEDRANGEN,  angere,  vexare:  darumb  ge- 
biete ich  dir  und  sage,  das  du  deine  band  aufthust  deinem 
bruder,  der  bedrenget  und  arm  ist  in  deinem  lande.  5  Mos. 
15,  11;  trit  zu  mir  und  tödte  mich,  denn  ich  bin  bedrenget 
umbher  und  mein  leben  ist  noch  ganz  in  mir.  2  Sam.  1,  9 ; 
damit  sie  ire  feinde  und  die  so  nach  irem  leben  stehen,  be- 
drengen  werden.  Jer.  19,  9;  wen  gefahr  des  leibs  bedrangt 
(:  anlangt).  Kirchhof  wendunm.  105' ; 


der,  den  das  theure  blut  des  lammes  hat  besprenget, 
wird  von  den  wollen  zwar  geängstet  und  bedränget. 
LoGAU  1,  6,  13; 

der  kleine  häufe,  von  allen  seilen  bedrängt,  muste  sich  er- 
geben; wo  ehemänner  einen  begrif  von  dem  bedrängten  zu- 
stande eines  unverheirateten  wolgesinnten  Jünglings  hätten. 
Göthe  14,  89 ;  er  ist  in  sehr  bedrängten  umständen. 

BEDRÄNGLICH,  urgens,  afßigens:  es  ist  auch  ein  ding 
in  der  nähen  allwegen  würklicher  und  anrürlicher.  dann 
was  ferrn  hindan  ist,  das  ist  nicht  bedrenglich.  Paracel- 
SüS  1,  927'; 

und  was  bedrängliches  guten  Städten  grimmig  droht. 
Göthe  41,  203. 

BEDRÄNGNIS,  f.  und  n.  sollichs  alles  m5st  der  herzog 
dem  keiser  durch  bedrangknus  versprechen,  Aimon  D ;  die 
von  Montabon  litten  solche  bedranknus.  X;  in  diesem  be- 
drängnisse  verfiel  Civitella  auf  das  spiel.  Schiller  744;  wie 
sie  sich  aus  gegenwärtigem  bedrängnisse  ziehen  sollte.  837; 
damit  das  bedrängnis  vollkommen  würde.  900;  in  diesem 
phvsischen  bedrängnisse.  1130. 

BEDRÄNGUNG,  BEDRÄNGUNG,   f  keine  not,  bedrangung, 
geschütz  treibet  eine  festung  so  hart  zur  ergebung  als   eben 
mangel  an  wasser.    Kirchhof  mit.  disc.  166 ;   denselben   (gott) 
in  allen  bedrangungen  anrufen.    172';   ein   feind    aller  unge- 
rechten bedrängungen.  Rabener  3,  72.  ,    ,    ■    i,  • 
BEDRÄUEN,  comminari,  bedrohen,  über  das  verhäUnis  bei- 
der formen  wird    beim  einfachen  dräuen  und  drohen  gespro- 
chen     LüiHER   schreibt    drewen   und   bedrewen,    was   freilich 
neuere  ausgaben  der  bibel  in  drohen,  bedrohen  tüO«de/H ;  und 
stund  auf  und  bedrewete  den  wind  und  das  meer,   da  ward 
es  ganz  stille.   Matlh.  8,  26 ;    und   Jesus    bedrewete   sie   und 
sprach,   sehet   zu,    das   es   niemand  erfare.    9,  30;    und  be- 
drewete sie,    das   sie  in   nicht  meldeten.    12,  16;   und  Jesus 
bedrewet  in  und  der  teufel  fuhr  aus  von  im.  17,  18  «.  s.  w. ; 
Unglück  zu   vermeiden   bedräuwet   ward.   Kirchhof  wendunm. 
215'-   was  für  eine  polizei  das  sein  soll,    wodurch  allen  den 
Übeln  vorgebeugt  werden  könnte,  womit  uns  die  schwarzgel- 
ben sittenlehrer  so  fürchterlich  bedräut  haben.  Wielano  6,  74 ; 
um  den  Staat  mit  gefährlichen  unruhen  zu  bedräuen.  6,280; 

starrt  mit  erschrocknem  blicke 
den  riuer  an,  und  findet,  da  er  ihn 
für  den  erkennt,  mit  dem  ihn  sein  geschick 
voriängst  bcdräut,  für  rathsam  abzuziehn.    17,  iJ; 

lüszt  fürwahr  die  trauten  kiiidelein 
gefahr  und  leid  nicht  eben  leicht  bedraun.    Bo»«eb  28  , 

bei  gefahr  und  noth,  .    .  -  . 

die  meinen  liebling,  die  mich  selbst  badraut 
Göthe  9,  285. 

tadelhaß  liiürn  cmige  zu  bedrohen,  wie  zu  drohen,  den  dat. 
statt  des  acc.  der  pcrson:  bald  bcdräuten  erdbeben  dernatur 
den  Untergang.  Gökinck  2,  73. 

BEDRÄUER,  m.    schreck  euch  kein  bedräuer!    Rüceert  40. 

BEDRÄUUNG,  f  comminatio:  als  nu  die  prediger  bei  uns 
davon  gepredigt  und  die  priester  erinnert  sind  der  schrock- 
liehen  bedrawung,  das,  wer  das  sacramcnt  unwird.g luh, n 
brauchet,  der  sei  schuldig  am  leib  und  blut  Christi.  Augsb^ 
conf.  bei  Luther  6, 370- ;  durch  bedrauwung  de»  •«•»''•  '"j" 
mr  mit.  disc.  187;  Gclanor  schalt  ihn  noch  hart.-r  nut  der 
bedrauung,  er  wolle  gleich  nach  hause  reisen.  Weise  erzn^ 
27 ;  von  zorn  aber  und  bedrftuung  kann  man  nichts  dann 
1  sehen.  Gütue  39, 12". 


1237 


BEDRECKEN— BEDÜMiEN 


BE DÜNKEN 


1238 


BEDRECKEN,  htto  eotispergere,  inquinare: 

wer  sein  finger  in  all  löcber  steckt, 

dem  Werdens  auch  zu  zelten  bdrecku    Walbis  4,  39 ; 

was  nit  beschissen  ist,  das  bedreckent  ihr.  Paracelsds  ehir. 
sehr.  535 . 

BEDRECRERN,  dasselbe.  Simpl.  2,  390. 

BEDROHEN,  was  bedräuen:  einen  hart  bedrohen,  fehler- 
haß mit  dem  dat. :  Ludoricus  bedrohete  dem  französischen 
könig  mit  offenbarem  kriege.  Hahx  1,  236. 

BEDROHENTLICH,  minariter:  ernsthaft  und  betrohentlich. 
Simpl.  2,  16 ;  Gregorius  VII  schreibt  von  Henrico  bedrohent- 
licb.   Hahx  3,  38. 

BEDROHLICH,  mtnax  und  minaciter :  dieweil  sie  ihme  und 
seinen  schwedischen  reichen  noch  gröszem  abbruch  zu  thun 
sich  betrohlich  verlauten  lassen  hatten.  Chr.  Andreae  busz- 
posaune  L  3 ;  Titius  hat  halb  voll  in  einem  wirtshaus  betroh- 
lich ausgegossen.    Abele  4,  232. 

BEDROHSAM,  dasselbe.  Stieler  332. 

BEDROHUNG,  f.  minae:  im  scherz  und  ernst,  mit  rer- 
mahnung  und  bedrohung  gesagt  habe,  was  dir  zu  sagen  ist. 
ScHLPPics  520 ;  wie  denn  wegen  bedrohung  der  groszen  Son- 
nenfinsternis 1654  das  ganze  landvolk  erschreckt,  695. 

BEDROSSEN,  s.  betrossen. 

BEDRUCK,  m.  oppressio,  afßictio:  unsere  gesellschaft  aus 
ihrem  bedruck  zu  reiszen.  Liscov422;  mein  Tater  war,  zum 
bedruck  meiner  mutter,  unerschöpflich  über  die  ehre  des 
adels.  Hippel  lebensl.  1,  146;  die  Schöpfungsgeschichte  Moses 
aus  allem  bedruck  der  tausend  und  tausend  ehrenschändun- 
gen  und  eiirenrettungen  heimholen.    Clacdics  1,  37. 

BEDRUCKEN  und  BEDRÜCKEN  unterscheidet  man  wie  ab- 
drucken und  abdrücken,  ausdrucken  und  ausdrücken :  ein 
zeug,  ein  blatt,  ein  papier  bedrucken,  hingegen  die  Icute, 
das  voik  bedrücken,  doch  schreibt  Göthe  in  beiden  fällen, 
ohne  Umlaut,  bedrucken: 

eines  kenn  ich  und  Test  bedmckt  es  zofrieden  die  lippe.    1,  3Sfi ; 

der  fürst  ist  unterrichtet,  wie  sehr  das  volk  bedruckt  sei 
15,  27. 

BEDRÜCKTHEIT,  f.   oppressio:  sie   sahen  reichere  gegen- 
den  und  ihre  bedrflcktheit.  Dyanasore  3,  351. 
BEDRÜCKUNG,  f  dasselbe,  und  üblicher. 
BEDÜFTEN,  vapore,  odore  aspergere: 
tu  (rücknen  an  dem  kalten  luft, 
weil  es  mit  feuchte  war  beilufl.    H.  Sagrs  I,  4SI' ; 
von  reir,  schnee,  eis  und  kaltem  luft 
mit  weiszen  fasen  als  beduft.    II.  1,54'; 

ob  es  auszen  der  rrühling 
gleich  mit  der  blume  bedufiet.    Klopstock  Hess.  9,  445. 

BEDUMPFEN,  offüscare,  obtundere,  machen  dasi  etwas  dumpf, 
geddmpß  schalle:  dem  alten  mann  ist  seine  stimme  bedumpft; 
wie  die  orgel  so  bedumpfel  laute?    Schüppics  48. 
BEDUNGEN,  s.  bedingen. 

BEDÜNGEN,  stereorare  agrftm,  begeilen:  das  ein  acker  ein- 
mal bedankt  drei  jar  seibs  frueht  bringt.   Fra5i  iref<&.  5f ; 
einen  acker  wo!  durchpflügen,  einen  acker  wol  betüngea 
macht,  dasz  unkraut  musz  verwelken  und  da<«  Innd  musz 
fruchte  bringen.  Logau  2,  1,  40 ; 

der  das  land  selbst  bedüagel  und  fruchtbar  machet.    Schcp^ 

ptvs  408;    damit   ich   den  teufel  aufs  narrenseil  füre,  das  er 

■ich  selbst  in  seiner  klugheit  bctüngen  musz.  Luther  4,  535*. 

BEDUNK,  m.  oder  n.  ?  opinio,  bedünken : 

da  hab  ich  einen  esel  jung, 

der  ist  fürwar,  nach  meimbedunk, 

Tiel  zu  versiendig.   .    Waldis  4,  97. 

BEDL'NKELN,  obscurare:  ee  die  nacht  die  erd  bedunkelt. 
Aimon  Yl;  wie  die  sonn  den  mon  bedunklet,  also  bedunklet 
das  reich  Licuri  dein  reich  mit  seinem  schein.  SteinhOwels 
Esop  23' ; 

eb  sie  das  laub  beduokelt  mit  seiner  kühlen  umwölbung. 
HüRoea  15,  134. 
BEDÜNKELN,   verkleinettes  bedanken,  au  dem  dunkel  ttr- 
kilen : 

euch  mdg  es  nicht  bedönkeln, 

es  sei  gemein.'s  funkeln.     Goth«  5,  93. 

BEDÜNKEN,  BEDUNKEN,  tideri,  ahd.  pidunchan,  pidfthta 
(Gbaff  5,  176),  mhd,  bedunken,  bedöhte  (Ben.  J,  3«0'):  mich 
bedQnkt,  mich  bedaucbte,  mich  hat  bedauclit.  der  tprtehge- 
braucli  irrt  nach  drei  teilen  ab,  indem  er  soicol  bedaucht  oder 
bedäuchlet  ins  praes.  al$  bedünkte,  bat  bedünkt  ins  praet. 
seist,    und   statt  des  acc.  einen  dat.  der  pern/n  beifügt,     man 


sehe  das  einfache  dflnken,  dauchte  und  halle  sidt  an  die  ana- 
logie  von  bedenken,  bedachte.  Lütheb  seheint  sich  des  Wor- 
tes überhaupt  nicht  zu  bedienen. 

1)  auch  mich  stets  bedunkt,  wie  mir  alle  mein  haar  auf- 
steigen. Boec.  1,  5';  in  eins  zwei  bedaucht  {er  schöpfte  ver- 
dacht). 1,  25';  nun  fragstu,  als  mich  bedünkt,  so  wer  das 
klappern  und  eerabschneiden  ein  ding.  Keisersberc  Sünden 
des  munds  46*;  bedaucht  dich  die  Versorgung  deiner  einigen 
seele  nit  schwer  genug.  Petr.9i';  denn  er,  wil  mich  die  sach 
bedunken,  der  rechte  thäter  ist.  Galmy  264 ;  als  mich  die 
sach  bedünken  wil.  309;  und  derwegen  mag  der  papst,  in- 
maszen  Antoninm  de  Rosellis  bedunket,  einem  sein  hab  und 
gut  nemmen.   Fischart  bienenk.  134* ; 

als  mich  bedaucht,  ich  liebte.    Gbtphics  1,249; 
ihr  irrt,  so  euch  bedünkt,  ihr  wäret  angenemer. 

LoGAC  2,  3,  59.  ».  70; 
du  brennst  für  lieb  und  bist  doch  blasz,  Pyrinna,  mich  beduokt, 
der  brand  leucht  sich  von  auszen  ein  auf 'seinen  mittelpnnct. 

3, 10,  69 ; 

als  ich  s'o  zusähe,  bedauchte  mich.  Simpl.  1,  66 ;  da  bedauchte 
{es  steht  verdruckt  bedachte)  michs  zeit.  2,  435;  so  viel  uns 
bedunket.  Schlppius  522;  mich  bedünkt,  der  seie  der  erste 
politicus,  der  n.  s.  w.  S59; 

so  wird  die  vorsieht  uns  weise, 

der  himmel  uns  gnädig  bedünken.    Kliist  3, 134; 

es  hätte  sie  bedünkt,  dasz  er  mehr  damit  habe  sagen  wol- 
len, als  seine  worte  an  sich  selbst  gesagt  hätten.  Wiela:«d 
I,  291; 

dasz  ihn  bedünkt,  ihr  kaltes  herz  erwarme.    17,  291 ; 

mich  wollte  fort  und  fort  bedünken,  als  hält  ich  ihm  und 
unserm  Zusammensein  das  erfreulichste  stiften  können.  Göthe 
31,  195 ; 

wenn  du  dich  so  bedOnktest,  wäre  mehr  gefahr.    10,  14 ; 
was  unerreichbar  scheint,  bedünkt  so  schwer.    Plate.'<28; 
dasz  es  die  zwei  auch  mochte  so  bedunken  (:  versunken). 
RCckert  141. 

2)  sich  bedünken  lassen,  sibi  tideri: 

da  liesz  sich  Esopiis  bedünken.    Albekcs  106; 

nun  lasse  ich  mich  bedunken.    Susanna  com.  liibeldeha  4,  4; 

was  bistu  für  ein  bengel,  was  laszt  dich  bedunken,  ich  hab 
mein  hütlin  für  dir  abgezogen?  Fischart  6i>n«i*.  142" ;  was 
läsztu  dich  umb  diese  beide  bedünken?  AtRERprof.  1,10; 

wie  man  Christi  leib  kan  essen,  wie  man  Christi  blut  kau 

trinken, 
leszt  sich  jener  disz  rernehmen,  leszt  sich  dieser  das  bedünhck. 

LoGAU  3,  4,  S ; 
0  ich  liesz  michs  wol  bedünken.    3,8,56; 

kaiser  August  liesz  sich  bedünken,  dasz  seine  gewalt  die 
siege  aller  Römer  übertreffe.  Lohexst.  Arm.  1,  1055:  weswe- 
gen ich  mich  ein  vollkommen  geschickter  kerl  zu  sein  be- 
dunken liesz.    Felsenb.  2,  370.     heute  ungebräuchlich. 

3)  die  ältere  spräche  fügte,  nach  lateinischer  weise,  zu  be- 
danken den  acc.  mit  dem  infinitiv:  lasz  ich  mich  bedünken 
not  sein  unter  uns  ein  haupt  zu  machen.  Boec.  1,  8*;  doch 
bedunkt  dises  Schreibens  ursach  gewest  sein.  Melaxchthox 
annot.  Büm.  1;  bedunkt  michs  ein  unnütze  und  torechte  forcbt 
sein.  Wickram  bilger  A4;  der  ander  leib  bedunkt  sich  ohne 
schuppen  sein.  Forer  ^JcAft.  39";  bedünkt  uns  zeit  sein.  Ur- 
FENBACH  loszbuch  1,  192.  bald  aber  muste  zu  beigesetzt  wer- 
den: der  fromme  mann  bedünkte  ihn  als  eine  aufbrechende 
rose  zu  sehn  (auszusehen)  und  gleich  eine  süsze  singende 
nachtigal  zu  sprechen,  pers.  baumg.  4,  27;  bedeuchte  mich 
schöner  zu  sein.  Simpl.  2,  454 ;  diejenige,  welche  lieber  ge- 
woll spitzfindig  disputieren,  als  fromb  und  verständig  leben, 
bedunken  mich  den  Seiltänzern  und  gauklern  gleich  zu  sein. 
ScBLPPiL's  707;  ich  habe  aus  beiden  eine  dntte  lesart  zu- 
sammengesetzt, die  mich  die  nichste  zu  sein  bedünkte.  Les- 
SI.NC  9,  130. 

4)  belege  des  fehlerhaften  datits:  besonders  wenn  es  wahr 
wäre,  was  dem  Erasmus  bedünkte.  Lessi.ig  8,  517 ;  auch  mir 
bedunkt  es  selbst.  Wielasd  18, 145 ; 

zehnmal  räumlicher  wird  dann 
unser  siübchcn  dir  bedanken.    GöiixeK  1,  47; 
was  nun  bedüoket  den  erlauchten  sUndeo!    Sciilliii  063: 
sie  klagt  uns  alle  an  vor  jenem  rächer, 
dem  UDsre  thai  nicht  wird  so  leicht  bedunkan. 
TiiCK  1, 162. 

78* 


1239 


BEDÜNKEN—  BEDÜRFEN 


gewohnt,  bei  bedünken  an  videri  und  scheinen  zu  denken,  con- 
struierte  man,  wie  zu  diesen,  den  daliv. 
BEDÜNKEN,  n.  opinio,  senlenlia: 

merk,  durch  mein  kiinst  ist  mir  bekant 

aller  menschen  auf  erden  stand, 

auch  wie  als  welter  wirt  gethan, 

das  zeig  ich  nach  bedunben  an.    Schwarzenbeug  120, 1 ; 

meines  bedünkens,  ex  mea  sententia.  Wickram  rollw.  50 ;  die- 
weil  es,  irs  bedünkens,  ein  grosze  narrheit  gewesen  wer. 
Fischart  bienenk.  llü';  unsenn  bedünken  nach.  Wieland  3,  87; 
unsers  bedünkens  hat  es  mit  einer  geschichte  wie  diese  die 
nemliche  bewandtnis.  12,  320;  weil  er  die  spräche  nehmen 
musz,  wie  sie  ist,  und  nicht,  wie  sie,  nach  seinem  gegrün- 
deten oder  ungegründeten  bedünken,  sein  sollte.  Klopstock 
12,  208. 

BEDÜNKLICH,  opinabilis:  seltzamlich  und  so  bedünklich 
bös.    Simpl.  1,  27. 

BEDÜRFEN,  egere,  indigere,  ahd.  pidurfan,  pidarf  (Graff 
5,  207),  mhd.  bedürfen,  bedarf,  bedorfte,  nhd.  bedürfen,  be- 
darf, bedurfte;  über  die  würzet  vgl.  das  einfache  dürfen. 

1)  mit  partilivem  gen.  der  person  oder  sache:  wenn  du  eins 
bedarfst,  so  sclimeichlest  du  im,  und  wenn  du  sein  nicht  be- 
darfst, so  beiszest  du  in.  Keisersb.  sünden  des  munds  34" ;  so 
wil  ich  in  nu  mit  dem  spiesz  stechen  in  die  erden,  das  ers 
nicht  mer  bedarf.  1  Sam.  26,  8 ;  nach  eines  ieglichen  willen, 
wie  ers  bedurft,  weish.  Sal.  16,  25 ;  nim  zu  dir  von  des  fisciies 
geilen,  denn  du  wirst  ir  bedürfen.  Tob.  11,  4;  so  bedarf  er 
keiner  fahr  überall.  Agricola  112';  item,  wan  der  römische 
glaub  der  apostolische  wer,  bedürft  er  nit  neuer  Wunderwerk. 
Fischart  bienenk.  26*. 

2)  mit  acc.  der  person  oder  sache:  noch  so  bedarfslu  da- 
nocbt  freund.  Keisersb.  sünden  des  munds  47';  ewer  vater 
weisz,  was  ir  bedürfet,  eh  denn  ir  in  bittet.  Matlh.  6,  8 ;  die 
aber  der  chirurgicus  nit  achten  bedarf.  Gersdorf  15 ;  ausge- 
nommen der  Westwind,  welchen  er  zu  seiner  heimfart  bedorfte. 
Fischart  fcJeHcnÄ;.  4l';  ergo  darumb  bedürfen  die  leien  keinen 
wein.  9l';  dieser  theil  des  menschengeschlechts  war  in  der 
ausübung  seiner  Vernunft  so  weit  gekommen,  dasz  er  zu  sei- 
nen moralischen  handlungen  edlere,  würdigere  bewegungs- 
gründe  bedurfte  und  brauchen  konnte.  Lessing  10,  321; 

wofern  sie  nichts  dazu 
als  eine  Jungfer  bedürfen.    Wieland  4,  207; 
denn  mag  er  noch  so  viel  sich  stellen, 
als  wenn  er  keines  menschen  kind 
bedürfte.  Gökinck  2,  110; 

er  bedurfte  jetzt  mehr  als  jemals  den  guten  willen  der  Staa- 
ten. Schiller  797.  der  unterschied  des  parlitiven  gen.  und 
des  acc.  ist  wie  sonst,  ich  bedarf  des  weines,  etwas  von  dem 
wein,  ich  bedarf  den  wein,  habe  ihn  überhaupt  nöthig.  oft 
aber  tauschen  beide  casus  gleichgültig. 

3)  bloszes  bedürfen,  ohne  casus,  arm,  bedürßig  sein:  ja, 
fuhr  er  fort,  ich  fühle,  dasz  ihr  bedürft,  und  was  ich  ver- 
mag, will  ich  euch  leisten.  Göthe  19,  54 ; 

für  mein  bedürfend  unerfahren  herz 

zufällig  einen  gegenständ  zu  haschen.    9,  180. 

4)  mit  folgendem  infiniliv:  mir  bedürft  ir  nichts  geben 
braucht  ihr  nichts  zu  geben).  'Agricola  spr.  97';  dise  species  zu 
probieren  bedarf  ich  nicht  wort  brauchen.  Mich.  Stifel  94 ; 
dasz  kein  mensch  auf  erden  so  heilig  gewest  noch  seie  on 
Christus  alleine,  der  nit  selbst  mit  sünden  beschmeiszt  were 
gewesen  und  bedürft  hab  für  eigene  missethaten  zu  bitten. 
Fischart  bienenk.  46';  er  bedarf  schlechts  des  jahrs  einmal 
beichten  und  hochzeit  halten.  232';  die  Vernunft,  welche  dem 
zusammengesetzten  das  einfache  zu  gründe  zu  legen  bedarf. 
Kant  3,  338;  was  den  beweisgrund  seiner  Wirklichkeit  von  der 
crfahrung  herzuholen  bedarf.  4,152;  stürke,  erhabenheit,  würde 
bedürfen  weit  weniger  von  dem  ausdruck  unterstützt  zu  wer- 
den. Schiller  28 ;  zu  trinken  bedurfte  ich  nicht,  denn  ich 
hatte  mich  an  den  fruchten  hinreichend  gelabt.  Göthe  24,  91; 
dasz  ich  die  folgenden  erlüuterungen  gar  nicht  zu  geben  1)C- 
darf.  J.  Padl  teufelsp.  2, 120. 

5)  mit  folgendem  dasz:  ich  bedarf  wol,  das  ich  von  dir 
getaufet  werde,  und  du  kommest  zu  mir?  3fo«/i.3, 14. 

6)  unpersönlich,  es  bedörfl  allein  (brauchte  nur)  zwo  oder  dri 
predig.  Keisersb.  sünd.  d.  munds  82' ;  dennoch  bedarf  es,  ge- 
dachten (modo  dictum),  ja  alle  prediger  treulich  zu  vcrmalinen 
und  warnen.  Lothers  br.  4,425;  aber  was  bedarfs  vil  wort? 
die  kinder  auf   der   gassen   wissen    genugsam.    Fischart  bie- 


BEDÜRFLICH  — BEDÜRFTIGKEIT   1240 

nenk.  56';  darüber  bedarfs  keiner  gloss  nicht.  90';  nun  be- 
durfte es  keines  kampfes,  keiner  gewaltsamen  anstrengung 
mehr.   Wieland  2,  213; 

für  den  zufriednen  poeten 

bedarfs  nur  euren  wiiz  und  wein.    Gökingk3,  40; 

zum  behuf  der  Schönheit  bedarf  es  nicht  so  nothwendig  reich 
und  original  an  ideen  zu  sein.  Kant  7, 182;  ebenso  wenig  be- 
darf es  von  dem  werthe  dieser  dinge  etwas  hinzuzusetzen. 
Göthe  an  Friedländer. 

7)  sich  bedürfen:  es  bedarf  sich  groszer  bescheidenheit, 
so  du  wenst,  dich  treib  brüderliche  liebe,  so  treibet  dich  räch 
darzu.  Keisersb.  sünden  des  munds  36';  doch  also,  dasz  je- 
derzeit das  eine  theil  davon  zimlich  lang  für  die  wunden 
heraus  lange,  damit,  wann  es  sich  bedarf,  du  es  leichtlich 
könnest  widerumb  heraus  ziehen.  Würtz  346;  zwar  es  be- 
darf sich  auch  gar  nicht  deintwegen  zu  pindarisieren.  Weck- 
HERLIN  370. 

BEDÜRFLICH,  egens. 

BEDÜRFLICHKEIT,  f.  egestas:  wenn  man  sie  wieder  setzte 
in  die  einfaltige  bedörflichkeit,  in  das  unschuldig  armut.  Hüt- 
ten 5,  264. 

BEDÜRFNIS,  f.  und  n.  indigentia,  egestas,  res  cujus  egemus. 

1)  weiblich:  aus  äuszerster  bedürfnis.  Rabener  4,71;  seine 
gattin,  die  er  liebt  und  von  der  er  geliebt  wird,  schmachtet 
in  der  äuszersten  bedürfnis.  Lessinc  7,  63;  konnte  nun  wol 
dieser  bewegungsgrund  durch  die  bedürfnis  des  Staats  aufge- 
wogen werden?  Garve  zu  Cic.  de  off.  s.  212;  weil  verschie- 
dene mitglieder  dieser  zünfte  bei  bereicherung  der  spräche 
eben  nicht  ekler  wähl  sein  und  auch  wol  die  bedürfnis  nicht 
genau  mochten  untersucht  haben.  Klopstock  12, 199;  die  un- 
umgängliche bedürfnis.  Kant  2,  120;  ungeachtet  dieser  drin- 
genden bedürfnis  der  Vernunft,  etwas  vorauszusetzen.  2,451; 
die  bedürfnis  der  Vernunft,  etwas  anzunehmen.  2,  464 ;  dieser 
dringenden  bedürfnis  abhelfen.  3,  297 ;  zur  ersten  bedürfnis. 
Moser  1,  284;  und  warum  befinden  wir  uns  in  dieser  bedürf- 
nisse?  patr.  ph.  1, 16. 

2)  neutral,  heute  vorhersehend:  die  Wechsel  sind  ausgeblie- 
ben, jetzt  in  diesem  dringenden  bedürfnisse  zum  erstenmale 
ausgeblieben.  Schiller  739 ;  den  kaiser  so  lange  in  seinen 
bedürfnissen  zu  verlassen,  bis  er  diese  Verfügung  bestätigt 
hätte.  888;  weshalb  denn  auch  aus  benachbarten  und  ent- 
fernteren Provinzen  lebensmittel  und  bedürfnisse  unversieg- 
bar zuflieszen.  Göthe  6,  199 ;  wo  man  in  einem  privathause 
unterkommen  und  das  nächste  bedürfnis  fand.  29,  101;  die 
bedürfnisse  der  baulichkeiten  und  einiges  wünschenswerthe 
der  Umgebung  anzuordnen.  31,  149 ; 

all  dieser  prunk,  all  dieser  tand, 
bedürfnisse  des  Überflusses.    Götter  1,20; 

uns  auf  die  leichten,  die  schwankenden  halme 
hat  er  des  lebens  bedürfnis  gestellt.    Rückert  215. 

3)  bedürfnis,  na^urae  necessilas:  ein  bedürfnis  befriedigen, 
necessilati  parere,  operam  dare,  seine  nolhdurfl  verrichten,  nd. 
sin  behof  don. 

BEDÜRFNISVOLL,  Göthe  24, 207. 

BEDURFT,  /".  indigentia,  ein  gutes,  jetzt  wie  das  einfache 
dürft  veraltetes  wort,  obschon  notdurft  fortdauert:  nach  seiner 
notturft  und  bedurft.  Paracelsus  2,  12*.  auch  Logau  sagt 
noch  lebensbedurft,  das  adj.  bedürftig,  dem  hernach  wiederum 
bedürftigkeit  enlsprieszt,  setzt  es  voraus. 

REDÜRFTEN,  egere,  ein  nochmals  aus  bedurft  gezeugtes 
verbum :  auf  bedürfleten  fall  (nüthigen  falls).  Ettner  unw. 
doct.  551. 

REDÜRFTIG,  egenus,  dürftig,  neccssarius,  nöthig:  bäten 
mich  loszulassen,  weil  sie  mich  in  ihrem  dienste  bedürftig 
wären.  Schweinichen  1,  349,  mit  bemerkenswerlhcm  acc,  wie 
er  bei  bedürfen  stattfindet,  gewöhnlich  steht  der  gen.  geldes, 
trosles  bedürftig,  der  hülfe  bedürftig;  so  oft  der  gemeine 
nutzen  eines  gelds  bedürftig.  Schuppius  748.  häufig  auch 
ohne  casus:  ein  bedürftiger  mann.  pers.  baumg.  4, 12;  so  wird 
an  der  helfte  des  bedürftigen  samens  noch  ein  drittel  erspart. 
Hohberc  2,  26';  lassen  sie  in  dieser  ungewisheit  des  lehons 
zwischen  diesem  hoffen  und  bangen  dem  bedürftigen  lierzen 
doch  nur  eine  art  von  leitstern.  Göthe  17, 192;  seltene,  schöne, 
liebenswürdige  lugenden,  deren  friedliche  einwirkiing  die  be- 
dürftige weit  zu  jeder  zeit  mit  wonnevollem  genügen  umfängt 
und  mit  sehnsüchtiger  trniier  vermist.    17,  410. 

BEDÜRFTIGKEIT,  f.  rgeslns:   sein  fränle  tochler  Berlram, 


1241 


BEDÜSSELN— BEEIFERÜNG 


BEEILEN  — BEERBEN 


1242 


welche  zwar  schön,  doch  aber  mit  ihrem  herm  vater  in  gleich- 

mäsziger  bedürftigkeit  schwebte.  Abele  4, 411 ; 

ausgesioszen  hat  er  jeden  zeugen 
menscliiiclier  bedürftigkeit.        Schiller. 

BEDUSSELN,  vertigine  eotripi,  animo  deßcere,  tninken, 
schlaflrvnken,  berauscht  sein,  bei  Stieler  352  bedüsein  und 
bedeuseln,  für  bedeuszein,  denn  tcurzel  scheint  das  ahd.  diojan 
strepere,  rauschen,  trozu  balgdiesze  und  wasserdiesze  gehüren. 
man  könnte  es  aber  auch  herleiten  aus  dusen,  dusein  stille 
sein,  schwindeln,  schlummern  (Scbm.  1,  401.  Stald.  1.  331)  und 
das  ahd.  dujan  {einschläfern,  bei  Fleming  einem  das  sause 
singen)  0.  1.  11,  41,  engl,  doze  vergleichen,  s.  bedösen,  nd. 
dösig,  düsig,  mhd.  diusen,  und  das  fulgetide  wort. 

BEDCTZEN,  circumrenire,  constemare,  von  demselben  diojan, 
diesen  {wie  aus  niesen  nutze,  aus  schiejen  schütze)?  doch 
steht  entgegen  die  mhd.  Schreibung  betützen: 

er  aj  vil  inaejiichen 

und  lei  den  geliehen, 

als  er  fleisch  geniizte, 

siiien  gemaj^en  er  beluzte.    Uolrich  451, 

erat  ei  etiam  moderata  ciborum  parcitas  ac  quidam  singu- 
laris  abstinentiae  modus,  quo  solebat  religiosa  arte  secum 
connTantes  circumvenire ; 

nu  vernement  ein  niuwen  rät, 

swel  frowe  ein  bcesen  man  bat, 

der  zuo  minnende  ist  unnütze, 

wie  si  den  beiütze.        fragm.  31*. 

nhd.  so  sol  gar  niemands,  mit  meinem  ratb,  gott  zu  vil  ver- 
trauwen,  ich  wils  auch  seibs  nit  Ihun,  dann  er  hat  deshaiben 
mauchen  bedützt  {fefellit).  Frey  garteng.  cap.  29.  hierzu  stimmt 
das  Schweiz,  tuszen,  duszen  lauem,  nachstellen,  tüsseln,  düs- 
seln  leise  schleichen  (Stald.  1,  331);  nur  ist  die  bedeutung  des 
heute  allein  üblichen  pari,  praet.  bedutzt  und  verdutzt,  alloni- 
tus,  constematus  stärker  als  circumventus :  wenn  er  spürt,  dasz 
es  ernst  ist,  kriecht  sein  theatralischer  eifer  gewis  zum  kreuz, 
er  kehrt  bedutzt  nach  Frankreich  zurück.  Göthe  10, 108 ;  end- 
lich kamen  wir  abends  ganz  bedutzt  von  allen  den  herlich- 
keiten  in  unser  dörfchen  zurück,  fräulein  Göchhaüsex  i»  Böl- 
tigers  lit.  zust.  2,  240.  das  wort  bedarf  also  noch  weiterer  auf- 
klärung. 

BEECKEN,  in  der  wapenkunst,  mit  ecken  versehen,  ein 
beecktes  kreuz,  aus  dessen  ecken  längliche  figuren  ragen. 

BEEDE,  s.  beide. 

BEEHKEN,  honorare:  einen  mit  lobsprüchen,  geschenken 
beehren  (s.  verehren) ;  beehren  sie  mich  mit  einem  briefe, 
besuche,  mit  ihrer  gegenwart;  es  wurden,  dieses  fest  zu  be- 
ehren, zwölf  stückschüsse  gethan.  Felsenb.  2.  'l ; 

lasz  deiner  tocbter  tod  den  todten  Teind  beehren. 

J.  E.  Schlegel  5,  162; 
von  welchen  beiden  sieht  sich  unser  haus  beehrt? 

WlELA»0. 

BEEHRLTSG,  f.  eultus. 

BEEICHELN,  glande  instruere:    die  bäume  beeicheln  sich; 

aber  wer  sitzet  dir  denn  in  dem  beeichelten 

kränze,  zechend  mit  wildem  schrei?    Klopstocc  2,  190. 

beeichelte  bäume  kommen  in  den  wapen  vor. 

BEEIDEN,  jurejurando  astringere:  da  man  dann  Ire  trew 
spüret,  soll  man  sie  {die  obristen)  beeiden.  Kirchhof  tnt7.  disc. 
8 ;  alle  von  tapfem,  versuchten,  bekamen  und  beeideten  man- 
nen auserlesen.  125. 

BEEIDIGE.N,  dasselbe:  onparteiische  und  beeidigte  lente. 
HoBBEBG  3,25*;  auf  etwas  beeidigt,  in  pflieht  genommen  wer- 
den ;  die  Verschwörer  beeidigten  ihr  vorhaben.  Kläger  7, 249, 
verbanden  sieh  eidlich. 

BEEIFERN,  ttudere,  operam  dare:  der  alles  will  und  nichts 
erträgt,  alles  wünscht  und  nichts  beeifert.  Dyanasore  5,  351. 
gewöhnlich  sich  beeifem:  wie  sollte  er  nicht  geliebt  werden, 
er,  der  immer  bereit  ist  sich  für  die  vorlheile  andrer  zu  hc- 
eifern.  Wieland  1, 159;  sich  in  die  wette  beeifem.  6,159;  für 
welche  {religion)  ihr  liebhaber  sich  ungemein  beeiferte.  6,  277 ; 
ein  mann,  der  mit  so  viel  enthusiasmus  wie  du,  sich  für 
andrer  menschen  bestes  beeifert.  8,  234.    vgl.  ereifern. 

BEEIFEKUNG,  /".  ttudium:  so  kann  es  nicht  fehlen,  dasz 
ihre  nachahmungen  nicht  in  vielen  stücken  übereinstimmen 
sollten,  ohne  dasz  zwischen  ihnen  selbst  die  geringste  nacli- 
ahmung  oder  beeiferung  gewesen.  Lessing  6,  421 ;  und  alle 
beeiferung  der  nachfolgenden  dichter.  7,  364 ;  der  beeiferung 
eines  ehrlichen  mannes  nicht  sehr  würdig.  S,  479;  die  beeife- 
rong  sogar  in  den  gleichgültigsten  dingen  sich  von  einander 
zo  unterscheiden.  Wielano  6,  289 ;  positive  erkenntnisse,  welche 


das  ziel  der  beeiferung  der  vemunft  aasmachen.  Kaitf  2,  595 ; 
denn  beeiferung  zur  that  gieng  damals  durch  das  christen- 
thum.  Dahlmann  dän.  gesch.  1,  41. 

BEEILEN,  celerare,  festinare,  beschleunigen:  den  feldzug 
beeilen;  man  beeilte  die  hinrichtung  des  verurtheilten ;  sich 
beeilen  etwas  zu  thun. 

BEELNIGEN,  conjungere,  vereinigen: 

so  sebaf,  dasz  wir  beeinigt  werden 
dort  in  der  frewdenkirchen  dein. 

tob  und  dank  abc.  Frankf.  1664  t.  51. 

BEEINTRÄCHTIGEN,  nocere,  injuriam  facere  alicui,  «n- 
trag  thun  {s.  eintrag  und  eintrachl) :  ob  thierische  begierde 
den  geist  in  edleren  geschäften  und  reinem  Vergnügungen 
beeinträchtigt.  Wieland  3,  395. 

BEEINTRÄCHTIGUNG,  f.  damnum,  injuna. 
BEEISEN,  glacie  obducere,  mit  eis  überziehen,  in  eis  hüllen : 
der  wind  beeist  das  land.    Opitz  2,  71; 
durch  beeisten  frost.'  Hugo  Grot.  294; 
jetzt,  da  die  beeisten  gebirge 
und  der  einsame  wald 

stumm  und  menschenlos  ruhn.    Klopstock  1,  76; 
auch  von  des  höchsten  gebirgs  beeisten  zackigen  gipfeln. 
Göthe  1,314; 

ein  alpenheer,  beeist  zu  häuf.    4,  119; 
am   blumenleeren  rande  deines  beeisten  bordes.    Fr.  MCller 
t,  130 ;  überall,  selbst  nahe  an  den  beeisten  polen.  Humboldt 
ans.  der  nat.  2,  3. 

BEEKELN,  fastidire,  reprehendere : 

sein  kunstlicher  geschraack  beekelt  seinen  stand. 
Haller: 
ein  männlein,  das  mit  dunkeln  und  klügeln  über  allerlei  ge- 
lehrte arbeit  und  schrift,  auch  wol  meisterwerk  seine  lebens- 
tage  hat  zubracbt,  geblinzt,  und  gethan,  als  obs  sehn  könnt, 
beekelt  und  gethan,  als  hälts  ne  zunge.  Klopstock  12, 127. 

BEEKLER,  m.  reprehensor:  kühne  erneuerer  und  beekler 
des  alten.  Klinger  3,  22.  11,  42. 

BEELENDEN,  commiserari,  bemitleiden,  bedauern :  der  aber 
lang  zübelen  {zwiebeln)  schelet,  dem  laufen  die  äugen  binden 
nach  über,  also  der  andechtig,  fleiszig  mensch,  der  on  uf- 
hören  an  dem  zwibelen  der  üppigen  eer  schelet  und  alwegen 
an  der  schelet  der  anfechtung  schneidet,  beellendet  billich  sich 
selber,  das  er  so  unvolkomen  ist  und  so  vol  gebresten,  das 
im  auch  dick  die  äugen  davon  überlaufen.  Keisersb.  bäum  der 
Seligkeit  22*.  23';  das  er  sein  jam^r  und  not  beeilende,  post. 
2,  7'.  94';  wenn  der  bilger  sieht,  das  die  deller  feiszt  nnd 
wüst  sint,  die  drinkgeschirr  unsufer,  suppen  und  musz  erra- 
lich,  so  beellendt  ijammert)  es  in,  und  gedenkt,  werestu  do- 
heim.  christl.  bilger  206;  er  beeilend  sich  selbs  {ßhlt  sieh 
fremd).  207.  so  noch  in  der  Schweiz :  es  beiendet  mich,  macht 
mich  mitleidig;  er  beiendet  mich,  ich  erbarme  mich  sein.  Stald. 
1,  342.  ich  weisz  nichts,  das  mir  fält,  weder  {als)  dasz  ich 
mich  beeilende,  dasz  ich  meine  junge  tag  so  übel  angelegt 
habe.  Frey  garteng.  cap.  75.    vgl.  barmen,  gedeutet  bearmen. 

BEEMSIGE.N,  studere,  befleiszigen.     ungebräuchlich. 

BEENDEN,  ad  finem  adducere,  vollenden,  zu  ende  bringen 

BEENDIGEN,  dasselbe. 

BEENDIGUNG,  f.  vor,  nach  beendigung  des  kriegs. 

BEENGEN,  coercere,  eoarctare,  in  die  enge  treiben,  ein- 
schränken, nie  aber,  auch  bei  den  dichtem  nicht,  bengen, 
analog  dem  bange  und  bangen,  in  der  bmst,  im  herzen  sich 
beengt  fühlen. 

BEERBANK,  f.  so  heiszt  den  ziegelbrennem  die  holtbank, 
auf  der  sie  den  lehm  kneten  und  zubereiten,  von  dem  mhd. 
bera,  das  sieh  noch  in  beerpflaster  und  abbeeren  {sp.  12) 
erhalten  hat,  aber  auch  als  einfaches  wort  bis  ins  Yt  jh.  dauerte, 
s.  beeren. 

BEERBEN,  nnl.  beerven. 

1)  heredem  alieui  esse,  einen  beerben:  der  söhn  beerbt  den 
vater,  der  vater  den  söhn ;  den  reichsten  omras  und  Statt- 
haltern, die  er  gern  beerbt  hätte.  Wieland  8,  145;  er  heira- 
tete eine  bejahrte  reiche  witwe,  in  der  hofnung  sie  bald  zu 
beerben ;  du  sollst  mich  allein  beerben. 

2)  rem  hereditale  obtinere:  wiltu  es  {das  stück  felds)  beer- 
ben, so  keuf  es  für  den  burgern  und  für  den  ehesten  mei- 
nes Volks.  Ruth  4,  4;  beerbe  du  was  ich  beerben  sol,  denn 
ich  mags  nicht  beerben.  4,6;  wenn  einer  ein  gut  nicht  beer- 
ben noch  erkeufen  wolt,  so  zoch  er  seinen  schuch  aus  und  gab 
in  dem  andern.  4,  7;  und  wisset,  das  ir  dazu  berafen  seid, 
das  ir  den  segen  beerbeL  1  Pelr.  3,  • ;  wisset,  das  ir  dazu  be. 


m^ 


BEERBEN— BEERE 


BEERE— BEEST 


1244 


rufen  seid,  das  ir  die  benedeiung  beerbet.  Luther  2,  360" ;  das 
hündchen  (neben  dem  lodt  auf  dem  felde  liegenden  beltler)  hatte 
den  ganzen  bettelsack  schon  beerbt  und  ausgekernt.  J.  Paul 
biogr.  bei.  1,  168.  gewöhnlich  sagt  man  heute  das  land,  die 
sache  erben,  nicht  beerben. 

3)  heredilate  in  alium  transferre,  auf  einen  erben:  auf  das 
ir  besitzt  das  gute  land  und  beerbet  auf  ewre  kinder  nach 
euch  ewiglich.  1  chron.  29,  8 ;  auf  das  ir  mechtig  werdet  und 
esset  das  gut  im  lande  und  beerbet  es  auf  ewre  kinder 
ewiglich.  Esra  9, 12. 

4)  beerbt  sein  heiszt  leibliche  erben  haben,  unbeerbt  ster- 
ben, keine  solche  erben  hinterlassen. 

5)  beerbte  sind  erbliche  grundeigenthümer,  die  auf  erbgut 
sitzen:  der  landrath*  wurde  vom  adel  der  provinz,  der  Steuer- 
einnehmer von  den  beerbten  gewählt,  der  bauerschaftsvor- 
steher  von  den  bauern.  denkschr.  des  freih.  vom  Stein. 

BEERBFOLGUNG,  f  die  volikommensie  allegorie  von  dem 
Ursprünge,  dem  fortgange,  der  befestigung  und  endlichen 
beerbfolgung  der  königlichen  gewalt  unter  den  menschen. 
Lessing  6,  468. 

BEERBLAÜ,  blau  wie  Heidelbeeren. 

BEERCHEN,  ft.  baccula. 

BEERDIGE.Ni,  humare,  terra  condere,  H.  sotterrare,  franz. 
enterret,  ffnl.  beaarden,  schw.  jorda,  dän.  jorde,  kommt  bei 
uns  erst  im  17  jh.  auf  und  wird  von  Stieler  386  angeführt, 
bei  Henisch  und  den  alleren  mangelnd,  es  klingt,  wie  be- 
stalten, vornehmei-  als  begraben  und  geht  nur  auf  menschen, 
nicht  auf  eingegrabne,  verscharrte  thiere. 

BEERDIGUNG,  f.  humatio,  enterrement,  begräbnis,  bestattung. 

BEERDORN,  m.  berberis  vulgaris. 

BEERE ,  f.    bacca,    ahd.  aber  peri  n.  (Graff  3,  203),  mhd. 
ber  n.  (Bbic.  1,104"),  doch  steht  auch  einmal  schon: 
sie  schuofen  niht  gein  einer  ber.    urslende  114, 16; 

da  man  häufig  den  pl.  n.  diu  ber  gebrauchte,  entfaltete  sich 
leicht  daraus  dei-  sg.  f  diu  ber.  Dasypodiüs,  Ldther,  Henisch 
schreiben  für  sg.  und  pl.  beer,  Maaler  52'  beere,  auch  altn. 
ber  ti.,  schw.  dän.  bär  n.,  ags.  aber  berie,  berige  f  und 
schwach  flectiert,  gen.  berian,  pl.  berian,  engl,  berry,  pl.  ber- 
ries.  das  weibliche  geschlechl  scheint  also  im  sächsischen  stamm 
althergebracht. 

Man  würde  sich  kaum  bedenken  und  peri  von  pSran,  ber 
von  b6rn,  als  die  getragene  frucht,  herleiten,  wenn  dies  nicht 
einr  umstand  verböte :  die  goth.  worlgestalt  lautet  basi,  n.,  das 
sich  keineswegs  auf  bairan  beziehen  läszt,  noch  mehr,  dasselbe 
S  hat  sich  bis  auf  heute  im  nd.  besing  und  nnl.  bes  f.,  pl. 
bessen,  verkleinert  besje  oder  bezie  n.  bewahrt,  ja,  ein  ags., 
neben  berie  geltendes  wort,  basu  purpureus,  coccineus,  gen. 
basves,  gemahnt  an  xoxxos  und  xoxxivos,  folglich  an  beere, 
wenn  auch  die  Vorstellungen  purpur  und  Scharlachbeere  ver- 
mischt  worden  sein  sollten,  den  Polen  und  Böhmen  ist  iagodka, 
gahodka  beerlein  gerade  so  coccus  und  die  beeren  haben  vor- 
zugsweise rothe  färbe. 

Wie  also  unser  baar  nudus  ein  goth.  basis,  basus  vermuten 
liesz  {sp.  1055),  ist  auch  beere  sicher  das  goth.  basi,  nl.  bes, 
und  wahrscheinlich  in  jenem  ags.  basu  enthalten,  hie  schützte 
der  fremde  begrif  das  alte  S,  wahrend  es  im  geläufigen  berie 
zu  R  geworden  war.  Verwandtschaft  zwischen  baar  und  beere 
wäre  nicht  unmöglich,  die  kleine,  runde  beere  sieht  gleich- 
sam nackt  vor  äugen,  kann  unmittelbar  gepßückt  und  genossen 
werden,  ein  dichter  dürße  die  beere  nackt  oder  baar,  die  bacca 
nuda  nennen.  Indessen  hat  Bopp  gl.  skr.  241  eine  andere,  die 
Wörter  beere  und  bacca  vereinende  herleilung  vom  skr.  bhaks 
edere  vorgetragen,  so  dasj  goth.  basi  ==  bhaksja  cibus,  esz- 
bare  frucht,  bacca  aber  assimiliertes  bacsa  wäre,  wie  auch  faha 
aus  fagba  entspränge  (s.  bobne).  man  würde  dann  unser  backe 
gena  heranziehen  können,  zumal  des  sl.  iaguda  wegen  {oben 
sp.  1064). 

Beere  erscheint  in  zahlreichen  Zusammensetzungen  :  erdbeere, 
himbeere  f.  hindbcere,  heidelbeere,  brombeere,  mehibeere, 
Stachelbeere,  preiscibeere,  Vogelbeere,  iilbeere,  lorbeere,  maul- 
beere,  Weinbeere,  und  die  kirsche  selbst  heiszt  schw.  kßrsbür, 
dän.    kirseb.'ir,  wie  auch  Göthb  tor»  kirschcn  redend  sagt : 

das  beerlnin  schmeckic  seinem  Kaum.   13,  121 : 
in   einem   kirschgarten   herumnascheii,    wo   ihnen  die  beeren 
ins   maul    hängen,    an  Jacobi  238.     Die  jugend  gelüstet  nach 
beeren,  dem  alter  sagen  sie  minder  zu:  auch  enthielt  ich  mich 
von   dieser  zeit  an   alles  ncuerert,  genn«z  und  beurtheilung 


jüngeren  gemütern  und  geistern  überlassend,  denen  solche 
beeren,  die  mir  nicht  mehr  munden  wollten,  noch  schmack- 
haft sein  konnten.  32,177.  die  weiche  beere  des  Vergnügens. 
J.  Paul  uns.  löge  3,  97. 

Mir  hat  getreumet,  das  ein  weinstock  für  mir  were,  der 
hatte  drei  reben  und  er  grünete,  wuchs  und  blüete  und  seine 
drauben  wurden  reif,  und  ich  hatte  den  becher  Pharao  in 
meiner  band  und  nam  die  beer  und  zudruckt  sie  in  den  be- 
cher und  gab  den  becher  Pharao  in  die  band.  1  Mos.  40,  U ; 
also  auch  soltu  deinen  weinberg  nicht  genaw  lesen,  noch  die 
abgefallen  beer  auflesen,  sondern  den  armen  und  freiftbdlin- 
gen  soltu  es  lassen.  3  Mos.  19,10;  ire  drauben  sind  gall,  sie 
haben  bittere  beere.  5  Mos.  32,  32;  als  wenn  man  einen  Ölbaum 
schüttelt,  das  zwo  oder  drei  beer  blieben  oben  in  dem  wipfe. 
Es.  17,  6 ;  schlag  an  mit  deiner  hippen  und  schneide  die  drau- 
ben auf  der  erden,  denn  ire  beer  sind  reif,  offenb.  Joh.  14, 18. 

Beeren  lesen,  pflücken,  brechen ;  in  die  beeret  gehn  {sie 
im  wald  suchen);  beeren  austheilen,  spitze  reden  geben,  wol 
von  Stachelbeeren:  da  hast  du  eine  beere. 

BEERE,  m.  nassa,  s.  bare  sp.  1127,  wo  durch  versehen  n. 
angesetzt  ist:  zwei  lachs  sind  in  den  beeren  gefallen.  Houberg 
2,  485".    vgl.  fischbeere. 

BEEREN,  lal.  ferire,  lerere,  ahd.  perian,  mhd.  bern,  altn. 
berja  und  genau  zu  scheiden  von  ahd.  peran,  mhd.  bem,  ferre; 
heute  ist  gleich  dem  einfachen  hären  ferre  auch  das  einfache 
beeren  ferire  unüblich  geworden,  nur  die  Zusammensetzung  ab- 
beeren geblieben,    im  16  jh.  tauchen  noch  einzelne  beispiele  auf: 

bei  dem  saframent,  narr,  du  thust  vil  treiben, 
und  werest  witzig,  ich  wölt  dich  leeren  (lehren), 
bei  glauben,  ich  wölt  dir  dienden  b<;eien. 

spiel  wie  man  die  narren  beschweren  sol.  1554.  E2'; 

BEEREN,  das  vorige  worl  in  der  bedeutung  depsere,  ahd.  perian, 
mhd.  bern,  hat  noch  Henisch  237 :  hin  und  wieder  in  bänden 
umbkeren,  volvere,  ut  fit  in  massis  pillularum.   s.  beerpflaster. 

BEERENBAUM,  m.  melasloma  acinodendron. 

BEERENDOLDE,  f  aralia. 

BEERENFRUCHT,  bacca. 

BEERENKORB,  «i.  aus  weiden  geflochten,  durch  welchen  der 
most  aus  der  kellcr  flieszt,  und  in  dem  die  beeren  hängen  bleiben. 

BEERENSAFT,  w.  eingekochter  saft  aus  beeren. 

BEERENSEIM,  m.  dasselbe:  mancherlei  klarer  beerenseim. 
Voss  id.  13, 195. 

BEERENWANZE,  f.  cimex  baccarum. 

BEERENWOLF,  m.  walze  zum  quetschen  der  trauben  vor 
dem  keltern. 

BEERENZEIT,  f.  die  beeren-  und  kirschenzeit  gieng  zu 
ende,  deren  Spätlinge  jedoch  Nanni  sich  besonders  schmecken 
liesz.  Göthe  17, 180. 

BEERESCHE,  f.  sorbus  aucuparia. 

BEERGELB,  n.  rhamnus  infeclorius,  gelbe  färbe,  die  aus 
kreuzdombeeren  bereitet  wird. 

BEERGRÜN,  n.  vinca  major,  aus  deren  soft  man  grüne  färbe 
bereitet. 

BEERHACKE,  f.  die  letzte  behackung  der  reben,  wenn  di4 
beeren  schon  anfangen  hell  zu  werden. 

BEERHÜTER,  m.  feldwärter  im  weinberg. 

BEERKRAUT,  n.  agrimonia  eupalorium. 

BEERKRAUTE,  f  was  beerhacke. 

BEERLEIN,  n.  baccula. 

BEERMELDE,  f  blitum. 

BEERMOST,  m.  ungeprester,  von  selbst  aus  den  beeren  lau- 
fender most. 

BEERPFLASTER,  n.  malagma,  stretchpflasler :  ein  köstlich 
gut  beerpflaster,  nimm  u.  s.  w.  bohre  (=  beere)  das  alles 
wol  untereinander.  Tabernaemont.  221.    s.  beerbank. 

BEERHEIS,  n.  reis  mit  Vogelbeeren,  das  die  vogler  auslegen. 

BEERSTRAUCH,  m.  sambucus. 

BEERWEIN,  t?i.  wein  aus  dem  beermosl,  der  von  selbst  aus- 
tinnt,  im  Elsasz  vorlasz  genannt. 

BEERWINDE,  f  convolvulus. 

BEERWOLF,  m.  was  bänvolf,  werwolf:  der  satan  nur  scha- 
den thut,  beide  der  kirchen  und  policei,  wie  ein  beerwolf. 
Luther  8,  213';  gott  gehe  dem  hluthundc  und  beerwolf  sei- 
nen lohn.  Luthers  br.  6,  345. 

BEERWURZ,  f  alhamanla  meum,  nnl.  beerworfcl. 

BEESSIGEN,  acelo  maccrare:   beessigle  hflnnge.  Garg.  65*. 

BEEST,  f.  und  n.  ftanz.  bÄte,  früher  beste,  im  17  jA.  nach  dem 
engl,  beas«,  nnl.  beest  f  auch  in  hochdeutscher  spräche  versvthl : 


1245 


BEET  — BEFÄHIGEN 


BEFÄHICmC — BEFAHREN 


1246 


die  erst  erfuodeD  hat  ein  solcbs  abschewHch  beest, 
cb'immagioö  si  abbomioosi  ordigni. 

Webdeks  Ariost  11,  27, 
von  erfindung  des  geschützts  redend; 

wann  mich  geTressen  hat  die  «vunderböse  beest, 

se  la  fera 
nel  brutto  ventre  avesse  ayuto  a  porme.    11,  57. 

auch  nnl.  vurde  das  uorl  anfangs  weiblich,  bald  aber,  wie 
heute  allgemein,  neutral  gesetzt,  könig  Belsazer  muste  wie  ein 
ander  beest  beim  wild  im  feld  laufen.  A.ndreae  buszposauue  E'. 
Stieler  210  nimmt  an  das  beest,  pl.  die  beester,  und  so 
schreibt  man  in  Siedersachsen :  2  kühe,  2  fette  beester  (Schlacht- 
vieh), 2  stück  junges  hornvieh.  in  gebildetem  hochdeutsch  klingt 
aber  das  beest,  du  beest!  gemein,  und  man  sagt  daßr  die 
bestie,  du  bestiel 

BEET,  n.  areola,  nichts  anders  als  bett  (gramm.  1  ausg.  3. 
s.  216),  und  nur  für  die  bedeutung  des  im  feld  und  garten  er- 
höht bearbeiteten  bodens  durch  abweichende  Schreibung  unter- 
schieden; ahd.  schrieb  man  petti  areola,  wui^petti,  pettili 
(Graff  3,  5t),  wie  petti  überhaupt,  und  noch  Dasvpodics  über- 
trägt area  gartenbett  oder  krautstück,  Maaler  ist'  gartenbett, 
gartenbettle,  selbst  Stieler  136  gartenbette,  krautbette,  so  dasz 
beet  erst  eine  erfindung  des  17.  ISjA.  ist,  von  der  wurzel  wird 
also  unter  bett  gehandelt. 

Wenn  bei  Scbweimche\  beet  einigemal  als  maszbestimmung 
verwendet  wird:  drei  bete  breit  vom  klepper  wegfallen.  1.135; 
überrück  den  jäfalingexi  berg  hinter  (/.  hinunter)  vier  beete 
breit  kaulen  (ro//en).  1,  348 ;  so  weisz  man,  wie  bei  diesem 
schrißsleller  insgemein,  nicht,  was  dessen  herausgeber  an  der 
Schreibung  ohne  verstand  geändert  hat.  Getphim  aber  2,  8 
verwendet  beet  zum  reim  auf  seet: 

wo  find  ich  mich?  hier  sind  die  beet, 

die  in  den  schwangern  schosz  verstecken, 

was  dessen  milde  faust  ausseet, 

der  todt  und  leichen  auf  kan  wecken. 
Wiedejia!«  octob.  26  aber 

der  acker  ist  die  werf,  wir  alle  sind  die  bäte, 
was    auf  gedehnte   ausspräche   schlieszen    läszt.     dort  bat  die 
kunst  blumen  in  schön  geordneten  beeten  gesamlet.  Geszner  ; 

im  winier  ztehn  die  städte 

»ich  bunte  blumenbeete.    C.  F.  Weis«; 

das  beet.  schon  lockerts 

sich  in  die  höh.    Götuk  3,  43, 

wie  man  gerade  auch  sagt,  das  bett  lockejn,  auflockern,  cnif- 
schütteln;  er  wil!  sie  auf  irgend  ein  beet  des  hofgartens  ver- 
pflanzen. J.  Fall  uns.  löge  1,  170 ;  ist  diese  blume  mit  dem 
melonenheber  des  todes  oder  Schicksals  aus  meinen  biogra- 
phischen beeten  ausgestochen  oder  versetzt,  so  werf  ich  die 
federn  weg.  Hesp.  3,  24;  das  vermengte  tuipenbeet  der  drei 
Sonnenschirme  (der  drei  vorüberfahrenden  frauen)  schimmerte 
lange  zurück.  7"«/.  2,  216 ;  kann  es  ein  feld  des  Wissens  geben, 
worin  nichts  als  beete  voll  unkraut  blühten?  6üc/ierjc/ia«  1, 17. 
BEETCHEN,  n.  areola,  pulvinulus. 

BEETE,  f.  beta  vulgaris,  franz.  bette,  it.  bieta,  ags.  bete, 
engl,  beet,  nnl.  beet,  ein  fremdes  worl,  dessen  hochdeutsche 
gestalt  beesz,  biesze  erforderte,  ahd.  picja,  pieja  (Graff  3,  233), 
bair.  biesze,  bieszen  (Schm.  1,211)  oder  auch  beesze,  bösze: 
nimm  mier  oder  meier  und  beeten  oder  böze,  betant  nennen 
es  die  gelehrten,  ist  auch  zweierlei,  rothe  und  weisze.  Hohberc 
3,  242'.  gewöhnlich  aber  heiszt  es  auf  hochdeutsch  mit  schö- 
nerem namen  mangold. 

iwiebel,  retiig,  gurken,  beet.    Bbocies  9, 154. 
BEETOCHSE,  m.  der  zur  linken  hand  (gegen  das  beet  ge- 
richtet) pflügende  ochse,  vgl.  gesch.  der  d.  spr.  996. 
BEETWEISE,   adv.  liratim. 

BEEWIGEN,  immortalem  reddere,   gewöhnlich  yerewigen: 
und  ohne  »cblusz  beewigt  werden  musz.    Abele  3,  290. 
man  sagte  auch  ewigen  ßr  legitimieren.  Sciim.  1,  I31. 

BEE.XCELLE.NZEN:   dafür  aber  wurde  ich  so  viel  becxcel- 
lenzl,  als  ob  ich  der  erste  ordensgeneral  wäre.  Seihe. 
BEFÄCHEL.N,  aesluanli  tenue  frigus  venlilare: 
itin  selto  «rstaunt,  mit  halb  verächtlichem  läcbelo, 
die  karamermndclien  im  äuszern  gezelt 
•ein  jungferiiches  gesiebt  mit  rielem  anstand  beßchelo. 

WIKLAXD4,  24; 
damit  gescbmlnkie  coTen  ihn  bef.icheln, 
schamio.s  und  geil  wie  er.    Schibart  2,  68. 

BEFÄCHSERN,    viviradiäbus    inalnere,    den    Weinberg   mit 
fiUhsem  belegen.     Stieler  524  schreibt  befechsern. 
.fi(^AUIG£j(,  afttim  reddere,  ausrftsien :  die  natur  beCihigte 


ihn  zu  allen  imternehmungen ;  die  natur,  die  nieder  erkaltet, 
etnras  anders  geworden,  zu  etwas  anderm  befähigt  ist  Bet- 
TisE  brie/e  1,  287;  ein  befähigter,  fähiger,  begabter  köpf. 

BEF.\HIGU.\G ,  /.  aptiludo:  wo  denn  die  mitempfindende 
weit  neugeschaffen  eine  höhere  befähigung  in  sich  gewahrt. 
Bettine  br.  2, 102 ;  göttliche  eingebung,  die  den  menschlichen 
befiihigungen  ein  ziel  steckt.  2, 19S. 

BEIFAHL,  abtaut  von  befehlen,  s.  befalcb. 

BEFAHNEN,  vexillo  omare:  schif  befanet.  Gorj.  79' ; 

ein  befahntes  sommerschlosz.    Pfeffel6,  61. 

BEFAHR,  f.  melus,  cura,  sollieitudo,  besorgnis,  dem  ahd. 
einfachen  fara,  mhd.  vär  entsprechend,  die  meistens  insidiae, 
dolus,  periculum  ausdrücken,  und  in  die  Vorstellung  der  sorge 
und  furcht  übergehn.    mhd. 

sie  hat  ir  magetuomes  vär.    Frsib.  Trist.  70S, 

steht  in  sorge  um  ihre  jungferschaß,  und  ößer  äne  vir  ßr 
ohne  sorge,  furcht,  während  es  gewöhnlich  ohne  gefahr,  ohne 
hintertist,  absque  dolo  bedeutet,  nhd.  befahr  haben,  tragen  = 
sorge  haben,  traqen,  besorgen,  befürchten :  ward  auf  gemeldter 
reise  so  müde,  dasz  ich  aucii  befahr  trug,  ich  werde  gar  zu 
bette  liegen  bleiben.  Schweimcbe.n  1, 165;  trug  befahr,  dasz  ich 
ihre  tochter  nur  vexieret.  2, 11 ;  i.  f.  gn.  aber  nunmehr  stünd- 
liche befahr  haben  musten.  1,205.  einmal  heiszt  es  beifahr: 
so  trug  ich  doch  beifahr,  die  beeren  möchten  mir  in  der  kehle 
stecken  bleiben.  1,108. 

BEFAHRB.^R,  besser  fahrbar,  nögtuos,  meabilis,  nariga- 
bilis,  nnl.  bevaarbaar:  der  weg,  die  strecke  ist  schon  befahr- 
bar, das  meer  ist  jetzt  nicht  befahrbar,    vom  folgenden. 

BEFAHREN,  praet.  befuhr,  auf  etwas  fahren,  nnl.  bevarcn . 
einen  weg,  eine  strasze  befahren ;  ein  befahrener  weg ;  schon 
andere  haben  angemerkt,  dasz  die  strasze  von  Prag  nach  Wien 
vielleicht  die  befahrenste  in  ganz  Europa  ist;  heute  wurde 
die  eisenbahn  von  Nürnberg  nach  Fürth  zum  erstenmal  be- 
fahren; das  meer  befahren;  die  küste  von  Stettin  bis  Danzig 
befahren ; 

wir  haben 
des  schönen  lebeos  öde  küste  nur 
wie  ein  umirrend  räubervolk  befahren.    Schiller; 

während  dieser  reise  befuhr  Cook  das  südliche  grosze  Welt- 
meer zwischen  dem  60  grad  südlicher  breite  und  dem  polar- 
zirkel.  Lichtenberg  4,  160;  es  war  das  erstemal,  dasz  der 
hauptmaan  die  teiche  befuhr.  Goibe  17,  138;  Stollen  und 
schachte  zu  befahren.  32,  7 ;  der  bergmeister  hefährt  die 
grübe.  Auch  mit  etwas  befahren,  auf  etwas  fahren:  der  weg 
musz  mit  sand  befahren  werden,  der  acker  mit  dünger. 

BEFAHRE.N,  praet.  befahrte,  metuere,  ümere,  ganz  unver- 
wandt mii  dem  vorigen,  und  zum  mhd.  vären,  ahd.  faren  in- 
sidiari  geiiörend,  der  besorgende  fürchtet  gefahr  und  hinterlist. 
Beide  Wörter  £aran  ire  und  far^n  insidiari  sind  uns  heule  fah- 
ren, erst  das  praet.  fuhr  uud  fahrte  hilft  sie  unterscheiden,  in 
der  ausspräche  müssen  sie  doch  lange  von  einander  abgestan- 
den haben,  zumal  pflegt  Opitz,  und  die  ihm  naclifolgen,  das 
zweite  befahren  noch  zu  schreiben  befohren,  wozu  die  betige 
unter  diesem  wort  gegeben,  auc^  noch  einige  zweifei  über  den 
Ursprung    des   worles  sich  befahren  vßrgelrageii  werden  sollen. 

1)  früher  gewöhnlich  sich  befahren,  wie  sich  befürcblea 
und  besorgen,  mit  dem  gen.  der  sache,  oder  einem  folgenden, 
abhängigen  salz:  wer  auf  der  erden  ligt,  darf  sich  keines  falls 
befahren.  Henisch  237 ;  denn  der  Türk  schon  heraufgeruckt 
über  Presburg,  und  befahret  sich  jedermann,  er  würde  Pres- 
burg  und  Wien  belagern.  Mela.nchthon  7,1172;  und  befahret 
sich,  ich  möchte  so  viel  verlieren,  dasz  ihm  darnach  nicht 
übrig  bliebe,  so  er  verthun  könne.  Lalrenberg  acerra  545; 
du  darfst  dich  nicht  befahren^  noch  deswegen  bekümmern. 
ScowEiNiCBE.x  1,  90 ;  weil  es  ins  herzogs  von  Lothringen  haus 
war,  so  war  sich  allerhand  zu  befahren.  1,  174;  befahren  sie 
sich  eines  Überfalls.  1,  222;  befalu-len  sich  herzog  Friedrich, 
i.  f.  gn.  mein  herr  werden  wieder  fische  holen,  l,  354 ;  dürfte 
sich  nichts  befahren.  1,  373 ;  befahrten  sich  also  i.  k.  inaj. 
ungenade.  1,  374 ;  ein  schriftlich  geleid,  damit  die  gesandten 
sich  nichts  zu  befahren  haben.  Kirchbof  mil.  disc.  96 ;  ur- 
sach  dcrhalben  man  sich  Schadens  leihs  und  guts  bcfalu-et. 
133;  wenn  solches  geschieht,  bat  man  sich  auch  des  fiebors 
nichts  mehr  zu  befahren,  denn  es  leszt  also  bald  von  ihme 
selbst  nach.  Uffemiacu  roszbuch  2,  15;  wenn  die  krankheit 
so  heftig  ist,  dasz  man  sich  des  schnellen  Sterbens  des  pferds 
zu  befahren  bat.  i,  tl5;    nicht  schrecken,  noch  ^ich  befahren 


1247 


BEFAHREN 


BEFAHREN — BEFALLEN 


1248 


für  der  plag.  Ringwald  geisll.  lieder  E  4' ;  musz  sich  befahren, 
dasz  er  umkom.  deutsche  warh.  ed.  Brodtkorb  28 ;  und  muste 
die  Stadt  nunmehr  sich  einer  harten  belagerung  befahren. 
MicRÄLiDS  5, 199 ; 

vor  dem  ich  mich  befahren  musz, 

er  zieh  mir  ein  reis  übern  weg.    Atrer  180*; 

als  sich  der  hellische  groszfürst  gewalts  vor  ime  befahrt. 
Ayrer  proc.  1,  3 ;  welcher  sich  keines  bösen  urtheils  befahrt. 
1, 16 ;  verderblicheres  ist  sich  nit  zu  befahren.  3,  1 ;  weil  wir 
uns  nun  mehrer  Verfolgung  befahren  musten.  Philand.  2,  740 ; 

für  einem  menschen  musz  der  mensch  sich  selbst  befahren, 
der  doch  für  Wolfen  sich  erwehrend  lian  bewahren.    1,605; 
der  alte  landsknecht  sich  befahrt  für  neuen  kriegen. 

Opitz  1,  227; 
Almonio,  der  sich  dergleichen  nicht  befahrte, 
war  willig,  und  sich  stracks  hin  nach  der  Stadt  zu  karte. 
Werders  ylrioÄMa,  22; 

es  waren  ihrer  viel,  die  sich  gar  sehr  befahrten, 

sie  müsten  vom  Grifon  des  lodes  driew  (drohung)  erwarten. 

18,  7; 
und  weil  der  bawer  nicht  den  weg  wol  wüst  zu  weisen, 
befahrt  sie  sich,  dasz  sie  würd  irgend  irre  reisen.    23,  19; 
so  musz  ich  über  das  auch  dieses  mich  befahren. 

Fleiing  229 ; 
befahr  dich  nichts  für  mir.    561 ; 
niemand,  mein  freund,  hasset  dich, 
nur  der  tod  führt  viel  beschwerden, 
weil  er  musz  befahren  sich, 

dasz  du  wirst  sein  meister  werden.    Logaü  1, 1,  38; 
0  wie  befahrt  sich  Rom  auf  grosze»  Unfallswetter.    2,  3  s.  67 ; 

damit  der  ganze  Taubmannus  abgebildet  würde  und  nicht 
jemand  eines  betrieglichen  übertünchens  oder  schminkens  sich 
bei  uns  zu  befahren  hätte,  gleich  als  machte  man  aus  ihm 
einen  purlaulern  heiligen.  Brandts  berichl  von  Taubm.  50; 
was  {l.  wes)  befahrte  sich  die  keusche  Penelope  nicht  in  ab- 
wesenheit  ihres  Ulyssis?  Schoch  siud.  leben  C;  und  gesetzt, 
man  hätte  sich  nicht  des  geringsten  zu  befahren,  das.;  so 
bette  ich  mich  ganz  keiner  wankelmütigkeit  zu  befahren,  das. 
H;  der  spott,  dessen  du  dich  befahrest.  Zinkgref  100,  7; 
man  musz  sich  bei  keiner  krankheit  befahren,  wann  der  arzt 
etile  bittere  arznei  schicket,  pers.  baumg.  3,  20;  baue  kein 
haus  hoch,  das  keinen  festen  grund  hat,  wenn  du  dich  der- 
maleins  herunter  zu  fallen  befahrest.  2,  24;  wann  aber  du 
dich  der  gefangnus  oder  dergleichen  ungemachs  zu  befahren 
bettest.  Spee  <;.  lugendb.  63;  so  ists,  wann  man  in  gerechter 
Sache  sich  nichts  böses  zu  befahren  hat.  Simpl.  1,217;  doch 
habe  er  sich  zu  befahren,  es  möchte  ein  gütlicher  vertrag 
zwischen  beiden  im  kammergerichte  fürgelaufen  sein.  Weise 
kl.  leute  164;  wo  man  sich  alle  augenblicke  eines  neuen  Zu- 
falls befahren  muste.  171 ;  verfaulen  viele  discurse  in  der  kehle, 
dasz  man  sich  eines  stinkenden  athems  befahren  müste.  314 ; 
ich  mache  es  ja  so  unhöflich  und  unchrisllich  nicht,  dasz  ich 
mich  befahren  müsse,  als  würden  sich  mehr  daran  ärgern 
als  bessern,  vorr.  zu  den  erzn. ;  einander  umarmten,  auch  sich 
keines  bösen  befahreten.  Felsenb.  4,  219;  dasz  wie  die  Eng- 
länder in  Frankreich,  so  die  Franzosen  in  Deutschland  sich 
einiger  Opposition  zu  befahreo  hatten.  Göthe  46, 155. 

2)  befahren  ohne  sich:  sachen,  aus  welcher  verzug  ein 
groszer  schad  und  nachtheil  zu  befahren.  Frankf.  reform. 
1. 1,  21 ;  ist  i.  f.  gn.  in  einer  beiden  übel  auf  geworden,  dasz 
also  kein  anderes  zu  befahren  gewesen,  denn  dasz  i.  gn.  wer- 
den eines  kindes  genesen.  Schweinichen  1,  37;  da  sonst  zu 
befahren,  dasz.  Kirchhof  mi/.  dtsc.  9;  Mich.  Neander  «y//.  19'; 

dasz  auch  müssen  befahren  wir, 

was  jetzt  Lucio  ihut  zustehn.    Ayrer  75*; 

als  Belial  daraus  befabret.  Ayrer  proc.  1,  4 ; 

kein  nebel  zeucht  sich  auf,  kein  regen  und  kein  wind 
bei  dieser  Stetigkeit  itzt  zu  befahren  sind.    Fleming  151; 

ich  befahrle,  es  möchte  gott  umb  meiner  sünden  willen  die 
gnadenthür  zugeschlossen  haben,  pers.  baumg.  4,  26;  es  ist 
gewislich  zu  befahren,  dasz.  Spee  luyendb.  452;  ich  befahre 
wir  haben  uns  zu  lange  gesüumet.  Scnocn  slud.  leb.  C;  wann 
cmpörung  zu  befahren  (ist).  Sciidppids  557;  mein  frei  bekcnnt- 
nis  will  nichts  widriges  befahren,  irrgarlen  394;  dasz  man 
nicht  eine  unvcrsehcne  Veränderung  zu  befahren  hätte,  che 
eines  weibes  6 ;  hingegen  aber  ein  iibeles  Iraclament  bcfahrcte. 

colica  5 ; 

zu  dem  was  hast  du  zu  befahren?    Hallkr90; 
doch  glaubt  man  auch  für  sich  nichts  Qbels  zu  befuhrcu. 
J.  E.  SCHLBCBI.  4, 100 ; 


jetzt  war  ihrs  leicht,  sein  nichts  befabrendes  (ed.  1.  besorgendes) 

herz 
durch  stille  grazien  und  durch  blicke  voll  seele  zu  fangen. 

WlBLAND  4, 111 ; 
doch  war  es  nur  ein  träum, 
was  hast  du  zu  befahren?    17,  159; 
denn  ich  befahrc,  dasz  ein  mann 
ergrimmen  wird.    Bürger  142'; 
doch  itzt  befahr  ich  fast 
in  mir,  dasz  Tlietis  dich  berückt.    148'; 
denn,  harr,  was  habt  ihr  zu  befahren?    Schiller  68; 

dasz  8.  maj.  von  seestürmen  nicht  viel  zu  befahren  haben  wür- 
den. 853;  die  Türken  hatte  der  kaiser  dergestalt  überwunden, 
dasz  er  von  dort  her  nichts  mehr  zu  befahren  hatte.  Göthe 
6, 198  ;  weil  er  befährt  (fehlerhaß  für  befahrt),  der  dampf  fress 
ihn  an.  J.  Paul  llesp.  1, 13 ;  weil  ich  befahre,  der  buchhandel 
schreie  über  nachdruck.  2,  125;  es  gab  glückliche  zeiten,  wo 
man  von  seinem  nebenwilden  und  nächsten  nichts  zu  be- 
fahren hatte,  als  todt  geschlagen  zu  werden.  3,  92 ;  der  mann  ' 
mit  dem  kammerherrlichen  dielrich  liesz  befahren,  er  werde 
sie  (die  beleidigung)  vergeben.  4,  90. 

3)  befahren  in  der  allen  Iransilivbedeulung  von  insidiari, 
persequi  taucht  im  16. 17  jh.  noch  einigemal  auf: 

zu  stand  hat  man  wunder  gesehen, 
wie  viel  da  Reinkens  freund  waren, 
die  ihn  vor  oft  iheten  befareji. 

Beuthbrs  lleinke  fuchs.  Frankf.  1556.  99*; 
mein  gott,  wie  sehr  vermehren  sich 

die  welche  mich 
verfolgen  und  befahren.    WECKHERLm7; 
0  nit  wollest  mich  befahren, 
ich  bin  ohne  schulden  ganz.    Spee  trutzn.  262, 

4)  die  gegebnen  belege  zeigen,  dasz  anfangs  sich  befahren 
vorherschte,  dann  das  bloszß  befahren,  und  heule  ist  auch  die- 
ses wenig  gebraucht,  einige  hauptschriflsleller,  wie  Keisers- 
BERG,  Luther,  H.  Sachs,  Fischart  scheinen  das  wort  gar  nicht 
zu  brauchen,  bemerkenswerih  ^st  noch  die  Schreibung  befehrn 
bei  Waldis  2,  57  : 

der  adler  sprach,  das  thet  ich  gern, 
ich  heu  mich  aber  zu  befehrn, 
was  lieimlich  geredt  wirt  in  dem  haus, 
das  brächtst  bei  allen  nachbauwrn  aus. 

BEFÄHRUNG,  /".  veclio,  visilalio :  die  befahrung  des  weges, 
der  eisenbahn,  des  flusses,  meers,  des  Schachts. 

BEFAHUUNG, /".»me«!/«,  besorgnis,  befürchtung,  gefahr:  ohne 
befahrung  ihrer  leib  und  guter.  Melanchthon  3, 137. 

BEFALCH,  die  organische  gestalt  des  ablauts  zu  befelchen, 
heule  befehlen,  ahd.  pifelahan,  pifalah,  mhd.  bevelhen,  bevalch, 
z.  b.  David  befalch  seinem  son  Salomo  das  haus  dem  herrn 
zu  bauwen.  Reiszxer  Jer.  1,  36'.     s.  befehlen  und  befelch. 

BEFALLEN,  ahd.  pifallan  (Graff  3,  461),  alls.  bifallan,  ags. 
befeallan,  engl,  befall,  mhd.  mnl.  unüblich,  aber  möglich,  nnl. 
bevallen. 

1)  intransitiv,  collabi,  corruere,  niederfallen:  das  haus  be- 
fiel, domus  corruil,  wie  man  ahd.  sagte  sunnd  pifial,  die  sonne 
sank,  gieng  unter,  ist  nieder  gegangen;  er  befiel  am  fieber, 
lag  nieder,  correptus  est  febre; 

er  kam  nit  weiter  denn  gen  Menz, 

bellel  bald  an  der  pestilenz.    Waldis  4,  65; 

nnl.  de  vrouw  beviel,  ist  nieder  gekommen,  kindes  entbunden; 
zij  is  van  eenen  zon  bevallen,  mit  einem  söhn  nieder  gekom- 
men, sehr  ausdrucksvoll,  weil  die  gebärende  zu  boden  fällt  und 
des  kindes  entledigt  wird: 

ik  bcrghde  zclf  haar  vrucht,  tocn  zij  in  duin  beviel. 

VONDRL. 

das  ursprüngliche  die  frau  ist  mit  einem  kinde  befallen  wandte 
man  aber  uneigcntlich  auf  den  mann  oder  auf  beide  eitern  zu- 
sammen an  und  fügte  werden  statt  sein  hinzu:  gutedel  und 
liiutarm  war  ein  frommer  alter  edelmann,  dazu  mit  vielen 
kindern  befallen  (gleichsam  gesegnet).  Kirchhof  wendunm.  75"; 
aus  heidnischem  mislraueu,  "weil  sie  sorg  haben,  sie  möchten 
mit  vielen  kindern  befallen  werden.  Creidiüs  hochz.  serm. 
2,  252.  denn  angefallen  werden,  corripi,  irrui  läszt  sich  dies 
mit  kindern  befallen  doch  nicht  deuten,  wie  freilich  das  be- 
fallen mit  einer  krankheit:  da  ich  denn  auf  der  rückreise 
mit  einer  heftigen  kranklieil  befallen  wurde,  pers.  reiseb.  2, 1 ; 
ist  sie  endlich  darüber  mit  einem  verzehrenden  fieber  befal- 
len. Plesse  A,  r>0 ;  als  wenn  ich  über  und  über  mit  einer  nes- 
selsucbt  befallen  wäre.  Göthe  16,  271.  heiUe  heiszt  es  auch 
von   statt  mit,    was   der  bedeutung  des  anfallens  lu  ttaUea 


1249 


BEFALLEN  —  BEFANGEN 


BEFANGEN — BEFECHTEN 


1250 


kommt,  uährend  mit  dem  fieber  befallen  leichler  ausdrückt 
am  fieber  niederliegend,  er  ist  vom  heftigsten  fieber  befallen, 
ergriffen,  angefallen  {vgl.  anfallen  sp.  332),  Ttvoerös  oder  nvo 
e).aße  bei  Hippokrates.  in  andern  beispielen  ist  aber  das  in- 
transilivum  noch  vollkommen  deutlich :  vier  tage  vor  der  lind- 
nerischen  auction  befiel  ich  krank  (=  tombai  malade).  Ha- 
■A»-  5,  199;  nun  konnte  es  (das  rieh)  nicht  einmal  vor  die 
mauern  getrieben  werden,  und  befiel  mit  tödtlichen  seuchen. 
NiEBCHR  2,  284.  zulässig  wäre  darum  auch:  sie  befiel  ohn- 
mächtig, sank,  fiel  hin,  nieder,  tomba  evanouie,  obschon  es 
ungebräuchlich  ist.  figürlich :  ihr  Schicksal  hat  sie,  furcht  ich, 
mit  poeterei  befallen  lassen.  Herzogin  Amalie  bei  Merck  1,  349. 

2)  transitiv,  invadere,  anfallen:  ein  fieberschauer  befallt 
mich  jeden  abend;  ich  bin  stark  vom  schnupfen  befallen; 
was  befallt  dich,  dasz  du  so  redest?; 

und  ein  stilles  liitern  befiel  den  staunenden  seraph.  Jfcs».  5,  757; 
die  pest  befiel  ihn  und  er  muste  sterben;  die  Stadt  ist  von 
der  cholera  befallen  worden ;  gestern  hat  den  kranken  grosze 
Schwachheit  befallen ;  das  alter  befällt  uns  unvermerkt ;  furcht 
befiel  alle  thiere,  die  des  löwen  gebrüll  vernahmen;  schlaf 
befallt  ihn,  wenn  er  reden  will;  regen,  schnee  befiel  uns, 
als  wir  über  das  gebirge  zogen ;  mehlthau  befiel  das  getraide. 
die  participialfügungen :  befallene  keller  mit  asche,  collapsi 
cineres  in  cellis.  Stieler  421 ;  mit  schnee  befallene  dächer, 
teeta  nivibus  obrtita,  mit  steinen  befallene  felder,  lassen  sich 
auch  nach  1  fassen:  die  keller  befielen  mit  asche,  die  dächer 
mit  schnee,  d.  i.  asche,  schnee  fiel  nieder  auf  sie.  das  den 
grafen  befallene  unglück.  Göthe  38,  289,  enticeder  das  ihn  be- 
troffen hat  oder  von  dem  er  überfallen  wurde. 
einer  ist  doch  wie  der  andre, 
dasz  er  zu  gafTeo  sieb  freut,  wenn  den  nächsten  ein  unglück 
beßUet.  40, 237. 

An  sieh  scheint  fallen  überhaupt  ein  intransitiver  begrif  (und  erst 
fällen  wird  transitiv),  transitivem  anfallen  {invadere)  lag  zum 
gründe  intransitives  fallen  an  einen  {vadere  in  aliquem);  auf 
solche  weise  wird  auch  bei  befallen  die  inlransilion  vorhersehen. 

3)  nnl.  bevallen  auch  gefallen,  behagen:  bei  bevalt  mij  niet. 
das  ist  nicht  hochdeutsch,  ebensowenig  das  engl,  it  befell,  es 
trug  sich  zu,   fiel  vor. 

BEFÄLLEN,  obruere,  slemere,  ahd.  pifellan,  pifalta  (Graff 
3,  467) :  will  es  vonnüthen  sein,  aufs  förderlichst  von  e.  k.  f. 
gn.,  als  die  gott  in  solchem  fall  dazu  gefedert  und  mit  der 
that  befället,  von  vier  personen  lassen  das  land  zu  visitiern. 
Luthers  br.  3,  136.  icenn  die  lesart  richtig  und  befallet,  wie 
gefüdert,  das  part.  praet.  ist,  so  musz  es  den  sinn  von  obru- 
ius,  tectus,  Ihalsdchlich  bestimmt  gewähren,  könnte  es  aber  die 
III.  praes.  sg.  sein,  so  gehört  es  zum  vorausgehenden  befallen, 
befiel,   kaum  zu  befehlen,  befahl,  da  Lctber  belilhet  schreibt. 

BEF.\NG,  m.  locus  septus,  ambitus,  umfang.  Stieler  397. 
ahd.  pifanc,  bifang  (Graft  3,413)  vgl.  RA.  533.    nnl.  bevang. 

BEFANGEN,  ahd.  pifdhan  amplecti,  comprehendere,  capere, 
implicare,  circumdare  (Graff  3,  403),  mhd.  bevän,  nnl.  bevangen. 

1)  sinnlich,  befangen,  umfangen,  umwinden,  umwickeln : 
man  meint,  dasz  auf  den  dörfern  nur  sind  naiiern,  kröten, 

schlangen, 

mit  diesen  wurmen  ist  man  mehr  in  Städten  noch  befangen. 
LooAU  2,  6,  46; 

der  wüste  fels,  die  waldumwachsne  bucht 

befangen  mich,  sie  bindern  meine  flucht.    Göths  2,40; 

mir  wird  so  eng, 

die  mauernpfeiler 

befangen  mich.     12,  201 ; 

von  wölken  strcifenhaft  befangen 

versank  zu  nacht  des  himmels  reinstes  blau.    5, 184; 
der  hohlweg,   worin  wir  befangen  waren.    30,  6;    ein  düstrer 
kerker  befangt  ihn ;    die  wiese,  von  grünen  hecken  befangen. 

2)  abstraet,  einnehmen,  gefangennehmen,   bewältigen: 

fnuntliih  bevangen 
hat  mich  ein  röier  munt 
und  zwei  liehtiu  wangen 
di  bi  ein  kele  nint.    US.  1,  7'; 
0  bruder,  der  da  in  deinem  gemüte  mit  liebe  befangen  bist, 
perl,  baumg.  7,16;  die  vemunfl  sieht  sich  in  einem  gedränge 
von   gründen   und  gegengründen  befangen.    Käst  2,  371;    wir 
würden  von  scliwicrigkeiten  befangen  werden,  aus  denen  wir 
uns  nicht  heraus  wickeln  könnten.  7,275;  reden  sie  jetzt  frei, 
ich  will  ihr  urtheil  damit  nicht  befangen  haben.  Schiller  821; 
ungerechtes  gtit 
belangt  die  seele,  zehrt  auf  das  bluL    Göiui  12,  145; 

dieser  biisen  ist  von  liebe  rein  gewesen, 
was  ihn  wieder  hat  befangen  ist  ein  becher  wein  gewesen. 
PLATin  84 ; 


kummer  befangt  meine  seele ;  deine  äugen  sind  mit  schlaf  be- 
fangen; angst  befängt  ihm  das  herz;  unselige  irrthümer  haben 
ihn  befangen. 

3)  befangen  sein,  eingenommen,  schonender  als  verwirrt, 
blöde,  verlegen,  unbeholfen:  im  gemüt  befangen,  mente  captus; 

schwachsinnig, 
klagt  der  befangene  mensch  umsonst  der  vorsiebt  launen  an. 
PLA■tt^  134 ; 

er  war  befangen  und  konnte  nicht  antworten ;  unbefangen, 
uneingenommen,  aber  auch,  ohne  Übeln  nebensinn,  wie  be- 
griffen, beschäftigt:  denn  ich  üeng  sogleich  an  auf  den  sinn 
der  Sache  loszugehen,  und  ob  wir  gleich  noch  in  dem  ersten 
buche  Mosis  befangen  waren,  mancherlei  dinge  zur  spräche 
zu  bringen,  welche  mir  aus  den  spätem  büchern  im  sinne 
lagen.  Göthe  24,  203 ;  leider  aber  war  ich  seit  geraumer  zeit 
schon  in  einem  unternehmen  befangen,  das  nach  und  nach 
immer  bedenklicher  und  weniger  ausführbar  schien.  29,  148. 
das  ist  schon  darunter  befangen,  enthalten,  begriffen,  man 
merke  an,  dasz  auch  ein  bestochener  richter  befangen  heiszt, 
ein  bestricktes  gut  und  ein  bebrületes  ei  ein  befangenes. 

4)  sich  befangen,  sich  abgeben,  befassen  mit  etwas: 

denn  mit  den  lodien 
bab  ich  mich  niemals  gern  befangen.    Göthk  12,24; 

slraszenbeltler,  die  sich  überhaupt  noch  wenig  mit  der  Ver- 
breitung unserer  poetischen  schätze  befangen.  J.  Pacl  biogr. 
bei.  1, 153 ;  damen,  die  sich  mit  einer  gelehrtern  nachspürung 
dieser  kämpfe  auf  keine  art  befangen  können,  teuf.  pap.  1,  40 ; 
der  autor,  wenn  er  sich  mit  dem  wohle  ganzer  länder  be- 
ßngt.  2,140. 

BEFANGENHEIT,  f.,  nach  befangen  3,  er  trat  mit  groszer 
befangenheit  auf;  konnte  seine  befangenheit  in  der  rede  nicht 
ablegen;  es  war  geistige  befangenheit  so  zu  urtheilen. 

BEFÄNGNIS,  n.  career. 

BEFÄNGNISSEN,  incarcerare.  Stieler  397 ;  dann  sie  kün- 
ten  weder  von  uns  noch  von  andern  befängnüst  werden. 
Simpl.  1,  503;  des  herrn  unschuldig  gesind,  welches  befäng- 
nüst war.  2,  96.     ganz  ungebräuchlich  und  steif. 

BEFÄRBEN,  inficere,  tingere:  darumb  wirslu  deinen  fusz 
beferben  im  blut.  Lcther  l,  47l'.  ps.  68,  24  heiszt  es :  darumb 
wird  dein  fusz  in  der  feinde  blut  geferbet  werden; 

ich  spür,  das  sich  beferbend  mer 

die  gilgen  und  die  rosen  gut.    Wirsc^g  Cal.  f2*. 

BEFASEN,  fibras,  radices  agere,  fasern  treiben: 

so  ist  meine  lust  befaset, 

dasz  sie  stets  mehr  saft  gewinnt. 

Dav.  Schirhers  singende  rosen,  lied  33. 

BEFASSEN,  amplecti,  complecti,  hegreifen,  befangen,  nnl. 
bevatten :  und  war  der  ort  des  tempels  zu  klein,  die  menge 
der  leute  zu  befassen,  pers.  baumg.  8,  13;  ein  regelmäsziges 
gebäude  mit  seinem  erkenntnisvermögen,  es  sei  in  deutlicher 
oder  verworrener  Vorstellung  befassen.  Kant  7,  44 ;  wie  nach 
Buffon  und  Kant  die  sonne  die  verschiednen  materien  der 
verschiednen  planeten,  die  um  sie  fliegen,  in  sich  vereinigt 
befasset,  i.  Paul  hiogr.  bei.  1,  119.  sich  mit  einem  befassen, 
wie  befangen  4: 

und  obgleich  Amor  öfters  mich  begütet, 
mocbt  ich  zuletzt  mich  nicht  mit  ihm  befassen. 

GöTHi  2,  13; 
man  soll  sich  nicht  mit  spöttern  befassen.    2,  252; 
wer  will  sich  mit  dem  narrn  befassen?    12,  130; 
sie  sollten  sich  mit  solchen  bändeln  nicht  befassen.  24,  269. 
BEFASSUNG,  /.  Status  mentis,  heute  nur  fassiing:  ich  fühle 
mich  sofort  in  der  befassung,  in  welcher  sich  jeder  mensch, 
der  dieses  namens  noch  würdig  ist,  bei  erblickung  eines  aus- 
gesetzten kindes  befindet.  Lessoc  10, 199. 

BEFÄUSTE.N,  in  die  fausl  geben,  nehmen,  s.  befingern. 
BEFCHE.N,  n.  eollare  sacerdotum,  parochorum,  hälschen, 
runder  kragen  oder  weiszes  Idppchen  unter  dem  kinn,  nnl. 
belje  und  auch  de  bef,  pl.  beffen ;  gemanteld  en  gebeft  zijn ; 
bef  überhaupt  kragen,  halskragen,  bäfchen.  Soph.  reise  4,  94. 
vielleicht  verwandt  mit  befze,  trie  läppe  mit  lippe. 
BEFECHTEN,  impugnare,  devineere: 

herr,  wer  den  leufel  sol  befechien, 
der  musz  sein  gar  bei  guten  mechten.     FIal'PT  8,  534; 
dem  .'«amson  fürgebild,  da  als  er  ward  besprungen, 
befochten  und  gedruckt.     Opitz  3,  243  u 
also  tapfre  su'eiterin  hast  du  nun  den  sieg  befocbtcn. 
GC.fTUKR  872; 

79 


1251 


BEFEDERN  — BEFEHL 


BEFEHL 


1252 


befochte  einen  treflichen  sieg  gegen  den  könig.  Mascou2,  175; 
die  Austrasier  befochten  einen  vollkommnen  sieg.  2,258;  die 
bei  Detmold  erbaute  capeiie  wurde  goltes  oder  sancthülfe  ge- 
nant, weil  Carolas  diese  victorie  durch  hülfe  der  heiligen  be- 
fochten zu  haben  vermeinete.  Hahn  1,  32 ;  die  von  Ludovico 
befochtenen  vortheile  sind  öfters  von  keiner  Wichtigkeit  ge- 
wesen. 1,226;  die  böhmische  nation  befochte  über  den  könig 
eine  complete  victorie.  1,  227;  vortheile,  die  er  (0//o)  anfangs 
befochten,  und  nachmalige  entsetzliche  niederlage.  2,103.115; 
einen  vortheil  über  die  Bairen  befechten.  2,  182;  einen  sieg 
befechten.  1,  276.  3,  38.  77;  befochtener  vortheil.  3,  7;  der  sieg, 
den  ich  in  dieser  sache  über  sie  befochten  habe.  Liscov  570. 
heute  auszer  gebrauch,  und  durch  bekämpfen,  erfechten  ver- 
treten. 

BEFEDEUN,  plumis  inslruere,  ornare:  die  federn  kleiben 
sie  auf  den  leib  mit  materien,  die  kompt  ausz  den  beumen, 
das  streichen  sie  auf  die  örter,  da  sie  sich  befedderu  wollen. 
H.  Staden  r 1 ; 

gülden  pfeil  mit  fiämlein  zart  befedert.    Spek  trutzn.  185. 
s.  befiedern. 

BEFEGEN,  purgare,  repurgare:  derhalben  ist  unvonnöten, 
dasz  wir  den  köpf  über  der  gezeugnus  ausz  dem  buch  der 
Macbabeer  zerprechen,  die  ketzer  darmit  zu  befegen.  Fischart 
bienenk.  Hl'; 

wen  Clirisius  rother  schweisz  und  kostbar  blut  besprenget, 
darf  sonsten  keine  glul,  die  ihn  befegt  und  senget. 
LoGAU  1,  9,  42. 

BEFEHDEN,  belhmi  inferre,  bekriegen,  feindlich  überziehen : 
die  vier  sun  Aimonts  befedet  oder  bekriegt.  Aimon  z2;  er 
soll  erfahren  was  das  heiszt,  einen  Spanier  mitten  in  der 
bürgerlichen  ruhe  zu  befehden.  Gütue  10, 107 ; 

wo  alte  freiheit  noch  den  angeetbien  hiit 
frisch  in  die  äugen  drückt  und  unbefehdet  ruht. 

Hagedorn ; 
keine  kluft  ist  irgendwo  so  öde, 
dasz  nicht  liebe  mich  auch  da  befehde.    Bürger  68'. 
s.  fehde. 

BEFEHDUNG,  f.  piigna,  cerlamcn: 

und  aus  dämmernder  luft  annahn  zu  böser  befehdung. 

Voss  II.  3,  7  ; 
immer  hast  du  den  zank  nur  geliebt  und  kämpf  und  befehdung. 

5,  891 ; 
damals  nach  der  befehdung 
in  siegestrunknem  sinn 
begehrt  er  Unterredung 
mit  unsrer  königin.    Küceert  190; 

SO  entstand  eine  gewisse  sittliche  befehdung,  eimnischung  der 
einzelnen  ins  regiment.  Göthe  26, 140. 

BEFEHL,  m.  mandalum,  praeceptum,  imperititn,  in  diesem 
ivorte  scheint  das  h  kein  dehnendes,  sondern  organisch,  nur 
dasz  es  seine  .stelle  verrückt  hat  und  vor  das  1  getreten  ist, 
hinter  welches  es  gehört,  befehl  ist  befelh,  befelch,  wie  noch 
im  16.  17  jh.  geschrieben  und  gesprochen  wurde.  Vor  allem 
überrascht  aber,  dasz  die  ahd.  und  mhd.  spräche,  so  geläufig 
ihnen  das  vcrbum  pifelahan  und  bevelhen  auch  ist,  kein  subst. 
pifelah  tmd  bevelch  erzeugen;  gleich crgestalt  steht  dem  alts. 
bifcllian  kein  bifeih,  dem  mnl.  hevelen  kein  bevel,  detn  fries. 
bifella  kein  bifel,  dem  alln.  fela  kein  fei  zur  seile,  obschon 
der  Gothe  aus  ßlhan,  gafilhan,  ananihan,  usfilhan  die  nomina 
gafilii,  analilh,  usfilh  bildete,  hätte  er  bifilhan  gesagt,  so  wäre 
ihm  auch  ein  neutrum  bifilh  entsprungen,  jene  frühere  abwe- 
senheit  der  substantiva  musz  in  der  ursprünglichen  bedeutung 
des  vcrbums  befehlen  begründet  sein,  wovon  näher  unter  die- 
sem wort  zu  handeln. 

IV/irf.  und  nnl.  treten  die  substantiva  mit  einemmal  in  menge 
auf.  ÜASYPODuis  127*.  302",  Maai.er  52'  setzen  i>efelch  vian- 
datum  an,  KEisRnsuERr,  Sünden  des  munds  5S'  schreibt:  von 
den  junkfrawen  hah  ich  kein  gebott  oder  befell,  aber  ich  gib 
ein  rath;  bcfcll  für  befelch,  K'i'e  daselbst  56'  auch  im  praet. 
befall  für  befalch  steht,  bei  Luther  findet  es  sich  noch  häu- 
fif/cr :  und  .Foscph  tiiet  befelh.  litfos.  42,  25;  nach  dem  befelh 
Pharao.  45,21;  thet  inen  befelh.  2  Mos.  6,13;  nach  dorn  be- 
felh des  herrn.  4  Mos.  33,  2.  38 ;  das  ich  im  befelh  thue. 
h  Mos.  31,  14;  nach  dem  befelh  des  herrn.  Jos.  17,  4.  19,  50. 
21,  3';  aus  befelli  des  herrn.  22,  9;  flcugel  der  adcler  aus 
deinem  liefelh  so  hoch?  Iliob  39,  27;  die  befelh  des  iicrrn 
sind  riciitig  und  erfrewen  das  herz,  die  gebot  des  herrn  sind 
lauter  und  erleuchten  die  äugen,  ps.  19,  9,  wo  die  vulg.  hat 
justitiae  domini  rectne,  praecopluin  domini  lucidum,  in  Lu- 
thers werken  steht  gedruckt  bcfchl,  befelch,   zuletzt  schrieb  er 


befelh:  denn  das  kan  ja  niemand  leugnen,  das  gott  Jona  einen 
befehl  thut  und  gebeut.  3,  201;  es  sei  denn  gewis,  das  ers 
von  gott  oder  von  seiner  dienerin  der  oberkeit  befehl  habe. 
3,322';  aber  nu  wollen  sie  (die  winkelprediger  und  Schleicher) 
den  pfarrherr  helmlich  ausbeiszen  mit  allem  seinem  befelü 
und  doch  nicht  anzeigen  iren  heimlichen  befehl,  das  sind 
rechte  diehe  und  mörder  der  Seelen.  5,  491";  ernstliche  gott- 
liche befelch.  br.  5,  652. 

Hier  folgen  noch  andere  beispiele  der  alten  form  aus  dem 
16. 17j7». :  alles  zumal  unter  solchem  befelch,  Verordnung  und 
vorbehält,  publicationspatcnt  zttr  Frank f  reform,  vom  j.  1611 ; 
doch  mit  dem  geding  und  befelch.  reform.  46,  4.  11 ;  da  ver- 
barreten  die  ritter  alle  auf  den  königlichen  befelch.  buch  der 
liebe  36,  4 ;  das  er  dem  keiser  anleg,  dieselbige  in  seinem 
gnedigen  bevelch  zu  haben.  Aimon  B 1 ;  wenn  jeder  sein  be- 
felch ausricht.  Kirchhof  wendunm.  46';  in  Fischarts  bienenk. 
schwanken  befehl  und  befelch :  aus  befehl  des  königs  zu  An- 
torf getruckt.  17';  dasz  die  kirche  volle  macht  über  den  be- 
felch Christi  habe.  19';  auf  gots  ausgetruckten  befehl.  19*; 
on  das  ansehen,  bewilligung  und  befehl  des  papstes  . . .  on 
bewilligung  und  befelch  des  papstes  . . .  der  papst  allein  hat 
allen  befelch  und  gewalt.  44';  nach  dem  befehl  Christi,  49"; 
durch  befelch  seines  vatters  in  aller  gebürlicher  lehr  erzogen. 
Garg.  128*;  demnach  hatte  ich  auch  im  befehlich  [war  mir 
anbefohlen,  aufzuheben  vertraut)  i.  f.  gn.  rappir.  Schweinichen 
i,  29 ;  befehlich.  2,  44.  57.  98 ;  obwol  ihre  durchl.  befohlen  . , . 
dasz  dennoch  die  ausführer  dieses  befehlichs.  Gryphius  1,  905 ; 
domine  Valeri,  kompt  zu  uns,  wir  wollen  euch  etwas  zu  ver- 
richten in  befehlich  geben.  Vinc.  Ladislaus  comed.  Hidbele- 
pihal  2, 1 ;  verriebt,  was  wir  euch  in  befehlich  gethan  haben. 
das. ;  herr  wirt,  wir  haben  befehlich  wegen  unsers  gn.  h.  mit 
ewrem  gast  zu  reden.  5, 1 ;  wir  wollen  befelich  lassen  machen 
an  alle  fürsten,  Ayrer355';  empfieng  von  der  wirtin  befelch, 
er  solle  ihr  ein  andermal  das  gut  genau  zusammen  halten, 
Simpl.  2,  305 ;  nachgehends  aber,  als  sie  (die  cabala)  Esdras 
aus  göttlichem  befehlich  schriftlich  verfaszt.  309 ;  aus  gött- 
lichem befelch.  2,  436 ;  kam  aus  befehl  des  allerhöchsten  der 
engel  Gabriel,  pers.  bamng.  4,  4 ;  die  praecepta  und  befelch 
Hippocratis.  Schuppius  696 ;  bin  ich  aus  befelch  der  oberen 
in  Stadt  und  markten  herumb  gereist.  746.  im  18  jh.  ver- 
schwindet die  aspiration  hinter  dem  1  ganz  und  nur  befehl 
gilt,    wie  nnl.  immer  bevel  galt. 

Wie  unterscheiden  sich  gebot,  geheisz,  befehl  und  auftrag? 
das  gebot,  gleich  dem  gesetz,  stellt  allgemeingültig  auf  und 
ihm  entgegen  steht  das  verbot,  wir  sagen  gottes  gebot,  die 
zehn  geböte  und  würden  hier  weder  geheisz  noch  befehl  ver- 
wenden (Melanchthon  im  corp.  doclr.  ehr.  884  hat  freilich  be- 
fehlich oder  gebot),  geheisz  ist  jussum,  einzeln  erfolgender 
befehl,  ich  thue  es  auf  geheisz  meines  herrn,  was  auch  auf 
befehl  lauten  könnte,     befehl  aber  ist 

1)  mandatum,  außrag,  wie  jenes  in  befehl  geben,  in  befehl 
thun  zeigt;  etwas  aus,  auf  befehl  thun  ==  im  außrag,  an- 
befohlnermaszen  verrichten; 

dasz  jederman  sol  lleiszig  gehn 
in  seim  befelch  (aml), 

darzu  in  gott 
mit  seinem  wort  berufen  hol.    Albbrus  103'; 

er  hats  (hat  dessen)  keinen  befehl.  Agricola  spr.  255,  keinen 
außrag  dazu;  einen  befehl  vollziehen,  ausrichten;  er  kam  aus 
Samaria,    seins  vatters  befelch  auszurichten.    Reiszner  1,  87". 

2)  commendatio,  empfehlung :  zu  einem  befelch  gehöret  ein 
lob.  Agricoi-a  s/)r.  194,  wen  man  empfiehlt,  den  musz  man  loben 
können,  oberdeutsch :  machen  sie  dem  herrn  meinen  befehl, 
befehlen,  empfehlen  sie  mich  ihm. 

3)  pmeccplum,  gebot,  franz.  ordre :  denken  sie  nicht  an  Christus 
befelch,  dasz  sie  vom  reich  der  himmel  predigen.  Hütten  6, 
477;  es  war  wider  den  befelch  gottes.  Reiszner  2,  46"; 

ist  unser  niciit  das  recht  befelch  zu  geben?   Wrckherl.44; 
befehl  geben,  erlheilen,  bekommen,  empfangen ;   es  geschieht 
auf  meinen  j)ef(>hl ;  ich  habe  den  befehl  dazu,  es  ist  mir  ge- 
boten; bis  auf  wi'itern  befehl,  bis  auf  weitere  ordre ;    auf  hö- 
heren befehl ;  heute  auf  befehl  (sagt  der  comödienzctlel). 

4)  imjierium,  gewalt,  hcrschaß:  fines  römischen  keisers  be- 
felch und  majestill.  Zi.nkcref  12, 15;  unter  eines  befehl  stehn  ; 
er  hat  zwei  landschaften  unter  seinem  befehle ;  die  llotte 
segeile  unter  des  hcrzogs  befehl  ab;  einem  zu  befehl  (wie  zu 
geliote,    dienste)  stehn ;   zu  befehl  (:i<  geböte,    zur  Verfügung) 

.  hüben:    sehr  wichtig  war  mir  die  bemerkung,  dasz  er  die 


1253 


BEFEHLEN 


BEFEHLEN 


1254 


reinste  nnd  gehörigste  Stimmung  beinahe  durchaus  voilkom- 
men  zu  befehl  hat.  Götue  an  Schiller  456  =  darfiber  su  ge- 
bieten, verfügen,  daher  höflich:  was  ist  zu  ihrem  befehle? 
vas  beliebt  ihnen?;  es  steht  ihnen  zu  befehl,  sie  haben  freie 
geuaU  darüber;   zu  befehl,  d  votre  service; 

und  was  sie  nur  wönschle 
war  zu  ilirem  befetil  (ward  ihr  gewährt).    ZachiriI. 

BEFEHLEN,  ahd.  pifelahan  pifalafa  pifolahan,  mandare, 
eommendare,  commj7/ere  (Graff  3, 501),  m/irf.  boelhen,  bevalch, 
bevolhen.  das  einfache  goth.  filhan,  ahd.  felahan,  alln.  fela 
hiesz  condere,  legere,  ebenso  das  goth.  galilban  und  usfilhan. 
erst  goth.  anafilhan  geht  in  die  abstraclion  tradere  und  man- 
dare über,  gerade  uie  sie  auch  im  altn.  fela,  ahd.  pifelahan 
vorbrach,  es  ist  anziehend,  die  begriffe  mandare  und  prae- 
cipere  aus  diesem  condere  zu  entwickeln,  man  könnte  sagen, 
der  mandant  birgt  bei  dem  mandatar  das  befohlene,  aber  fil- 
han,  felahan  condere,  legere  wird  damit  noch  nicht  erklärt. 

Hier  zeigt  sich  eine  bisher  unvollkommen  erkannte,  alter- 
Ihümliche  Verbindung  des  einfachen  filhan,  sowie  der  Zusam- 
mensetzungen gafilban,  usfilhan,  pifelahan  mit  detn  bestallen 
der  leichen.  nicht  bloss  die  hingäbe  des  menschen  in  den 
schosz  der  mütterlichen  erde  war  ein  befehlen,  ein  condere, 
recondere   terra,    terrae   mandare; 

den  lip  bevalch  er  dem  grabe,    fi'rone  13333; 
auch  früher  im  heidenlhum  hatte  pifelahan  bezug  auf  den  lei- 
chenbrand,  der  sich  denken  läszt  als  ein  mandare  flammis,  Togo, 
stTui,  als  ein  bergen  in  der  flamme,  dem  feuer  übergeben,  an- 
befehlen, denn  die  glut  deckt  zu  was  in  sie  geworfen  wird,  ags. 

beägas  bebohte  \>a  sceal  brond  fretan, 
äled  j)eccean.  Beov.  6U"25. 

(die  ringe  soll  brand  fressen,  feuer  decken),  bedeutsam  klingen 
die  ahd.,  bei  Graff  3,  500.  501.  504  unverstanden  angeführten 
Wörter:  falah,  composuit  ligna,  d.  i.  schichtete  den  Scheiter- 
haufen; «itufelah  strues,  wörtlich  holzschichte,  rogus;  pifelhan 
imniolare,  d.  i.  im  feuer  opfern,  verbrennen;  unbifolhan  illi- 
batus;  pifelhari  pollinctor.  nemlich  pollinctor  est,  qui  cada- 
rer  curat,  et  rogo  parat. 

Aus  dem  alltäglichen  bergen,  befehlen  der  todten  in  feuer 
und  erde  muste  sich  von  selbst,  die  vielleicht  an  sich  gar  nicht 
in  filhan,  usfilhan,  pifelahan  gelegene  bedeutung  mandare, 
eommendare  ergeben;  die  leichen  werden  dem  sie  auflösenden 
element  anvertraut,  anbefohlen,  empfohlen,  entweder  verbrannt 
oder  begraben,  und  da  der  brauch  der  cremation  dem  der  hu- 
mation  vorangicng,  so  könnte  in  dem  worte  filhan  selbst  ein 
ursprünglicher  bezug  auf  brennen  gesucht  werden,  allmdlich 
wandelte  es  sich  in  die  Vorstellungen  hnmare,  mandare  und 
praecipere,  und  so  bereits  im  goth.  anafilhan  und  ahd.  pifelahan. 
Merkwürdig  scheint  diesem  filhan  und  felahan  das  tat.  sepe- 
lire  zu  entsprechen  und  zwar,  da  seine  erste  silbe  gekürzt  ist, 
ein  sepelire  (irie  solvere  sölutum  ein  soluere,  seluere)  vor- 
auszusetzen, also  amburere,  comburere  auszudrücken,  einfacites 
pelire,  palire  gliche  dem  sl.  palili,  gr.  f).^yeiv  und  berührte 
sich  mit  falawisga  (sp.  579).  nachdem  das  brennen  der  leichen 
aupiörte,  gieng  der  alte  name  auf  den  neuen  brauch  über  nnd 
sepelire  galt  auch  für  humare,  wie  filhan  ßr  begraben,  sepe- 
lire, filhan,  usfilhan,  pifelahan  =  beerdigen  haben  den  ace. 
der  person,  keinen  dat.  bei  sich,  wie  ihn  befehlen  =  man- 
dare gewöhnlich  fordert,  und  diese  abweichung  der  constrnetion 
unterscheidet  schon  den  früheren  und  späteren  gebrauch. 

Manches  bleibt  dabei  noch  unsicher,  wer  sich  an  die  sichere 
Vorstellung  von  condere,  legere  halten  und  daraus  die  ton  man- 
dare herleiten  will,  behält  hinreichenden,  freien  Spielraum. 

In  unserm  längst  abgezogenen  nhd.  befehlen,  zu  dem  die 
belrachtung  einlenkt,  wallet  der  sinn  von  übergeben,  anver- 
trauen, welclier  auch  den  weiter  gebildeten  Wörtern  anbefehlen, 
empfehlen  und  anempfehlen  betwohnt;  alle  diese  verba  pflegen 
den  befohlnen  gegenständ  in  den  acc,  neben  einem  dat.  der 
person  zu  setzen,  wenn  aber  der  begrif  in  den  des  g.ebietens 
und  anordnens  übergeht,  können  die  casus  unterbleiben  und 
abhängige  salze  folgen.  Läszt  sich  nun  der  abgang,  wie  vor- 
hin angemerkt  wurde,  einer  ahd.  und  mhd.  subslantivbildung 
pifelah,  bevelch  nach  der  geschickte  des  rerbums  deuten  ?  eines 
aiid.  witufelah  rogus  gewahrten  wir  eben,  pifelah  immotalio, 
libatio  würde  gar  nichts  wider  sich  haben,  und  dem  mhd.  be- 
vilhde,  bevilde  funus  nahe  stehen,  zulanig  der  sinn  von  com- 
mendalio,  anbefflilung,  kaum  der  von  mandatum,  juisut  sein, 
trsl  als  in  befehlen  die  bedeutung  jubcrc,  praecipere  stark  vor- 
trat,   wie  es  nhd.  der  fall  ist,   konnte  befehl  für  gebot,  prae- 


eeptum  in  gang  kommen,  dies  Substantiv  gereicht  also  xu  einer 
guten  probe  auf  die  gegebne  erkiärung  des  verbums.  Keisers- 
BERG  ßhlt  noch  deutlich  den  abstand  zwischen  befehlen  und 
gebieten,  er  sagt:  nit  ein  gebot,  aber  ein  befelhung,  wenn 
ein  ding,  das  man  einem  befilht,  ist  vil  früntlicher,  und  be- 
giriger  einem  zu  thun,  denn  do  man  einem  ein  ding  gehütet, 
wenn  einer  eim  ein  ding  befilht,  so  gebruchl  er  sich  keiner 
stolzheit  noch  öberkeit.  ehr.  bilger  154.  dies  geßhl  schwand 
später  und  befehlen  ward  so  hart  wie  gebieten. 

Das  nhd.  verbum  schreiben  Keisersbebg,  Lcther  und  andere 
Zeitgenossen  noch  befelhen  befalh  (befalch)  befolhen,  was  aber 
die  ausgaben  oft  in  befehlen  befahl  befohlen  umsetzen,  auch 
z.  b.  des  Albercs  verschiedne  schrißen  schwanken  zwischen 
beiden  formen,  bei  Keisersbebg  sieht  mitunter  befeilen  be- 
fall und  befollen,  vgl.  befollenschaft  =  befohIenschaft. 

1)  befehlen,  mandare,  mit  acc.  der  tacke,  dat.  der 
person. 

a)  im  kirchenstil,  in  der  predigt  könnte  noch  gesagt  wer- 
den den  leib  der  erde  befehlen,  nicht  aber,  wie  ahd.  und  mhd., 
bloszes  befehlen  fiir  begraben,  auch,  dem  biblischen:  vater, 
ich  befehle  meinen  geist  in  deine  bände.  Lue.  23,  46 ;  in  deine 
bände  befehl  ich  meinen  gei^l.  ps.  31,  6  heiszt  es  aber  häufig 
in  die  bände  gottes  orfer  des  herrn  sich  befehlen,  gott  oder 
dem  herrn  sich  befehlen,  in  getreue  band  befehlen; 

in  deine  band  berehl  ich  dir. 

berr  meinen  geist  von  herzen.    Weckherli:*  136; 

got  ich  lu  gnaden  mich  befahl.    296 ; 

Tater,  in  deine  bände  befehl  ich  meine  seele.' 

deine  seele  sei  auch  in  gottes  bände  berohlen ! 

Klopstock  Mess.  12,  536; 

befehlt  eure  seele  gott  zn  gnaden!  Götbk  12,  198; 
und  dies  befehlen  der  seele  bei  sterbenden  gemahnt  an  jenes 
befehlen  des  leibs  in  die  erde,  auch,  wie  der  eintretende  in 
gottes  namen  bcwillkommt  wird  (sei  gott  und  mir  willkommea 
mythol.  14),  entliesz  man  den  scheidenden,  ihn  gott  befehlend, 
woraus  sich  allmälich  eine  leere  höflichkeitsformel  beim  ab- 
schied und  weggehn,  das  ade  {sp.  176)  =  ä  dieu  {eommand^, 
commandant)  bildete: 

sonst  haben  wir  manchen  bissen  erschranzt, 
nun  aber  gott  befohlen!     Göthe  12,230. 

nicht  anders  artete  das  befehlen  in  die  huld  und  gnade  des 
herrn,  wenn  man  sich  entfernte  oder  botschaß  zu  melden  hatte, 
in  bloszes  empfehlen  aus:  er  befiehlt  sich  zu  gnaden;  der 
herr  graf  läszt  sich  ihre  gnaden  höflichst  befehlen ;  heute  em- 
pfehlen. 

h)  anderes  befehlen  von  personen:  das  er  im  unter  seine 
band  befalh  alle  gefangenen  im  gefengnis.  l  Mos.  39,  22 ;  ich 
bitte  euch  umb  gottes  willen,  wollet  die  leutlein  in  Diedmar 
euch  lassen  befolhen  sein.  Luther  3,  30* ;  wolan,  so  wil  ich 
den  Carlätad  mit  seiner  griecherei  den  griechisch  Terstendi- 
gen  befelhen,  das  sie  im  den  kützei  yertreiben.  3,  69 ;  vne 
ein  kind  seinen  eitern  und  der  pöbel  seinem  fürsten  befol- 
hen ist,  so  sind  wir  in  der  engel  schütz  und  inen  befolhen. 
5,  33S" ;  Gabriel  befalh  mich  einem  andern  engel.  8,  29' ;  dem 
ritter  ihr  leib  und  secl  in  sein  gebet  befelhen  thet.  Galmy 
320;  dem  bevalch  er  seine  brüder,  fraw  und  kind.  Aimon 
B 1 ;  disem  treuen  gott  befehl  ich  meine  groszg.  herren  in 
seinen  starken  schütz.  Schlppics  134;  ich  befehle  disen  ver- 
fluchten der  räch  des  gerechten  gottes.  564;  du  wärest  zwar 
niirdig,  der  du  dich  mit  einer  guten  anzahl  kinder  dich  der 
nachkummenschaft  befehlen  thatest.    731; 

der  tag,  d.iran  ein  dich  dem  henker  wird  befohlen, 
bau  ihn  tvoi  nicht  gehenkt,  bätt  er  nur  nicht  gestolen. 

LoGAC  1,  4,29; 
dann  will  ich  euch  des  herren  schütz  befehlen. 

Tibck2,  17; 
sie  alle  schenk  ich  und  befebl  ich  euch. 

Ubia.-<os  Ernst  126. 
c)  befehlen  ro?»  .<iachen:   der  könig  hat  mir  eine  sache  be- 
folhen.   1  Sam.  21,  2 ;    liesz  der  könig  eherne  Schilde  machen 
und  befalh  sie  den  obersten  der   drabanten.    2  citron.  12.  10 ; 
befeih  (für  befilh)  dem  herrn    deine   wege.    ps.  37,  5,  wonach 
Gerhards  bekanntes  lied;  das  regiment  hat  mir  got  befolhen, 
das  ich  sol  herr  sein.    Lither  6,  37' ;  wir  haben  bei  im  hin- 
derlegt, haben  im  befolhen  unser  Seligkeit.    Albercs; 
ein  gott  .  .  .  der  hiesz  Pan, 
demselben  war  das  vieh  befohln.    Albrrcs79; 

achte,  was  dir  der  herre  des  gestims  befolhen  und  gesetzet 
habe.  Petr.  99*;  nachdem  er  Fridrichen  seinem  gesellen  das 
gold,  so  er  in  seiner  schosi  hctt,  befalch.  buch  der  liebe  58,  S ; 

79* 


1255 


BEFEHLEN 


BEFEHLER— BEFEINDEN 


1256 


ich  hab  dir  mein  ganzes  land  befolhen.  328;  und  da  Magis 
den  {erbeuteten  goldnen)  adier  in  getrewe  hand  bevolhen  het. 
Aimon  S4;  befohlen  und  gethan  ein  ding  war.  Bocc.  2,174"; 
das  wil  ich  dem  urtheil  der  magister  noster  zu  Löven  befeh- 
len. Fischart  bienenk.  52*;  hat  derowegen  dem  engel  S.  Mi- 
chel die  wage  befohlen.  104' ;  kaufe  dir  einen  häufen  immen, 
und  befehle  diesem  die  obsicht.    Schuppiüs  736 ; 

befohlen  bleibt  jetzt  die  empörte  schlacht 

der  Troer  und  Achäer  sich  allein.    Bürger  169*; 

er  befahl  seine  pferde  {dem  diener).  Göthe  17,  169 ;  als  s. 
Christoph  mir  sein  ref  befahl  und  zur  thüre  hinaus  gieng. 
23,  57; 

Hermann  zog  sie  hinweg,  noch  viele  grüsze  befahl  sie. 

40,  314, 
bestellte  sie,  trug  sie  auf. 

2)  befehlen,  praeeipere,  gebieten,  meist  ohne  acc, 
mit  folgendem  abhängigem  satz,  der  persönliche  dativ  kann 
ausgedrückt  sein  oder  nicht:  befalh  inen  und  sprach,  also 
sagt  meinem  herrn  Esau  {d.  i.  befahl  ihnen  dem  E.  zu  sa- 
gen). 1  Mos.  32,  4 ;  und  Joseph  befalh  seinem  haushalter  und 
sprach,  fülle  den  mennern  ire  secke  mit  speise  {befahl  sei- 
nem h.  den  männern  die  s.  zu  füllen).  44, 1 ;  und  Joseph  be- 
falh seinen  knechten,  das  sie  seinen  vater  salbeten.  50,  2; 
wie  inen  der  herr  befalh.  2  Mos.  17, 1  {vgl.  theten  wie  inen  der 
herr  geboten  hatte.  7,  10) ;  nachdem  der  herr  Josua  befalh 
(sicut  praeceperat  ei  dominus).  Jos.  15,  13 ;  und  befalh,  man 
solt  die  kinder  Juda  den  bogen  leren  (praecepit  ut  docerent 
filios  Judae  arcum).  2  Sani.  1, 18 ;  obgleich  die,  den  es  befol- 
hen und  daran  gelegen  ist,  wider  sie  eitel  banne  regneten 
oder  hagelten.  Luther  1,  18';  derhalben  bitt  ich  und  befehl 
euch,  in  disem  fall  den  neunten  psalmen  zu  singen  und  zu 
lesen.  3,28.  br.  3,  67;  Augustinus  befilcht  das  in  seiner  re- 
gel  von  den  closterleuten.  Keisersii.  Sünden  des  munds  A*;  es 
was  ein  pfaf,  der  het  fisch  kauft  und  befalch  dem  knaben 
die  fisch  ze  sieden.  7';  und  befalhe  darnach,  das  man  in 
mit  riemen  oder  rfiten  solt  houwen.  22';  wollen  hinweg  rei- 
ten und  ausrichten  was  inen  befollen  was  von  des  closters 
wegen.  73';  Seneca  spricht  also,  ich  bephilch  dir  und  wil, 
das  du  seiest  langsamer  red.  82';  und  befall  und  hiesz,  seine 
brüder  allesamen  für  das  kind  sollen  bitten.  56';  das  mir 
und  eim  iglichen  prediger  ze  thon  befollen  ist  von  gott  dem 
allmechtigen.  79';  denn  er  befilcht  Sicherheit  und  gerechlig- 
keit  zu  hallen  in  seinem  land.  buch  der  liebe  40,  i;  also  be- 
fihlt  Christus  demselben  menschen.  Alberus  wider  Witzel.  D3'; 
befahl  also  dem  armen  weih,  ehzuchtb.  C3';  unangesehn  was 
Christus  das  Oberhaupt  mit  ausgetruckten  worlen  anders  be- 
folen  bette.  Yischakt  bienenk.  14';  derowegen  befilhe  ich  euch, 
ihr  sollet  u.  s.  w.  Schuppiüs  750 ;  so  befilh  ich  euch,  dasz 
ihr  bedenket.    706; 

Harpaz  kan  nicht  müszig  sein,  wil  ihm  niemand  was  befehlen, 
so  erbricht  er  ihür  und  thor,  lad  und  kiste  was  zu  stehlen. 

LoGAU  3,  1,  26; 
was  spricht  er  nun  als  gast,  wo  er  als  herr  befahl? 
J.  E.  Schlegel  ; 

sinne  nur,  beschliesze,  befehle  I  Göthe  42,  386.  Mit  dem  acc, 
er  befahl  die  hinrichtung,  die  Untersuchung;  ihro  exe.  haben 
die  gnade  mir  den  beweis  zu  befehlen.  Schiller  185' ;  vater, 
ehrfurcht  befiehlt  {gebietet)  die  lügend  auch  im  beltlerkleid. 
103';  im  Wirtshaus,  befelilen  sie  wein?  braten?  Freilich  las- 
sen einzelne  beispiclc  die  bedcutung  mandare,  insofern  das  ge- 
botene aufgciragcn  war,  zu.  Auch  dies  befehlen  artet  im  höf- 
lichen Umgang  zu  leerer  formet  aus :  sie  haben  zu  befehlen ; 
was  befehlen,  wie  befehlen  sie?  als  frage,  und  was,  wie  sie 
befehlen  als  antwort. 

3)  erst  seit  dem  17.  18  jh.  eischeint  ein  dem  franz.  Com- 
mander nachgebildetes  befehlen,  imperare,  mit  acc.  statt 
dat.  der  person  =  commandicren,  beordern : 

wann  ihn  {den  wind)  der  Bolus  ausz  seiner  weiten  holen 
herfür  Ifiszt,  dasz  er  kan  das  ganze  mcer  bcTchlen. 
Opitz  1,38, 

wo  man  das  mecr  sich  persönlich  denke;  ich  hab  meine  kin- 
der befohlen  {her  beordert),  dasz  sie  beten.  Schuppiüs  731 ; 
noch  ehe  die  silberne  drommete  die  bcfohlne  mannschaft 
weckte.  Lessinc2,  92;  cw.  gnaden  haben  die  holjuweliere  be- 
fohlen,   sie  sind  vor  der  tbür.    Göthe  14, 170; 

beilehl  den  kricRer  in  die  schlacht, 
das  mädchen  riilirc  du  zum  reihen, 
80  ist  f^lcicli  alles  abgemacht.    41,  109; 

und  im  hoftlil:  die  rätiie   wurden    vorgestellt  und  zur  tafcl 


befohlen;  s.  maj.  geruhte  sämtliche  anwesende  officiere  zum 
ball  zu  befehlen. 

BEFEHLER,  m.  unüblich,  aber  im  folgenden  vorausgesetzt. 
s.  befehli^er. 

BEFEHLERISCH,  imperiosus,  stolz,  übermütig,  s.  befehl- 
haberisch. 

BEFEHLGEMÄSZ,  adv.  entgegengesetzt  dem  befehlwidrig: 
doch  pQichtgemäsz,  befehlgemäsz  zu  handeln.    Göthe  4,  22. 

BEFEHLHABER,  m.  der  zu  befehlen  hat,  der  befehlhabende 
general,  officier:  von  den  obersten  und  andern  befehlhabern. 
Kirchhof  disc.  mil.  43;  eher  ein  siegsherr,  als  befehlbaber. 
Schuppiüs  404;  der  obrisle  befehlbaber.  522.  früher  befelch- 
haber,  heutt  gewöhnlich  befehlshaber.  s.  befehlichhaber,  be- 
felchhaber,    befehlshaber. 

BEFEHLICH,  m.  mandatum,  nicht  aus  befehl  mil  der  en- 
dung  -ich  -lieh  abgeleitet,  sondern  nichts  als  befelch,  mil 
eingeschobnem  i.    belege  oben  unter  befehl  angeführt. 

BEFEHLICHEN,  imperare:  mehr  zum  beispiele  als  zum 
befehlichen.  Lohenst.  Arm.  1,  31.    s.  befehligen. 

BEFEHLICHHABER,  m.  was  befehlbaber:  amtleute  oder 
befehlichhaber.  Luthers  br.  5,  790.   pers.  reiseb.  1,  3. 

BEFEHLICHSHABER,  m.  dasselbe: 

als  er  geordent  nun  und  fürgestellet  allen 
befehlichshaber  hab,  nach  seinem  wolfrefallen. 

BEFEHLICHSLEUTE,  pl.  ofßciere :  '  schkU  ier  herzog  zu 
den  angenommenen  rittmeistern  und  befehlichsleuten.  Schwei- 
NicHEN  1, 190.   s.  befelchsleute. 

BEFEHLIG,  m.  weichere,  mehr  niederd.  form  für  befeblich, 
befelch,  z.  b.  bei  Micrälids  3,  418. 

BEFEHLIGEN,  eingeschränkt  auf  die  bedeutungen 

1)  praeesse  exercitui,  agmini:  der  könig  befehligt  das  beer 
selbst;  der  general  M.  hat  nur  ein  kleines  corps  zu  befeh- 
ligen. 

2)  mittere  cum  imperio,  einen  mit  dem  befehl  versehen,  be- 
auftragen: er  wurde  befehligt,  dies  auszurichten;  Saleh  ver- 
kündiget dem  Volke,  wie  er  von  gott  ihnen  zu  predigen  be- 
fehliget sei.  pers.  rosenth.  7,  20;  sagten,  dasz  sie  befehligt 
wären,  diese  nacht  bei  uns  {zur  krankenpßege)  zuzubringen. 
Felsenb.  4,  86; 

ein  herold  ward  dazu  befehliget.    Kleist  2,  67. 
dies  befehligen  leidet  eine  doppelte   erklärung.     es   kann,    wie 
viel  andere  verba  -igen  aus  -en  entsprungen  sein,    aber  auch 
erweicht  aus  befehlichen,  welches  =  befelchen.   in  beiden  fäl- 
len geht  es  also  auf  befehlen  zurück,    s.  befehlichen. 

BEFEHLIGER,  m.  praefectus,  imperans:  durch  ziifall  und 
Verhältnisse  zu  befehligern  erhoben.  Dyanasore  1,  404.  läszt 
sich  sowol  aus  dem  vorhergehenden  leiten,  als  auf  ein  älteres 
befelcher,  mhd.  bevelchaere,  ahd.  pifelhari  =  befehler  zurück- 
führen. 

BEFEHLIGSHABER,  m.  Micräliüs  5,  278.  pers.  baumg.  1,  33. 

BEFEHLSAUSRICHTER,  m.  werden  aus  den  kirchenoberen 
servile  befehlsausrichter.    ScnuDEROFF;)ro/fs/a«//smus  36. 

BEFEHLSHABER,  m.  1)  der  bevollmächtigte,  beauftragte: 
und  bitten  e.  g.  sie  {die  gesandten)  in  dem  allen  als  die 
diener  und  befehlshaber  nicht  zu  verdenken  und  sie  wider 
ihren  habenden  befehl  nicht  zu  verdenken.  MELA^•cHTH.  3, 1223. 

2)  der  vorgesetzte,  befehlende.  Bünau  1,  113.  124.  die  ältere 
form  befehlbaber,  gebildet  wie  machtbaber,  gewaltbaber,  theil- 
haber  scheint  vorzüglicher. 

BEFEHLSHABERISCH,  imperiosus,  befehlerisch,  gebieterisch: 
das  klingt  sehr  befeblsbaberisch.  Chr.  Fel.  Weisze. 

BEFEHLSHABERSTAB,  m.  commandostab. 

BEFEHLSHABERSTELLE,  f. 

BEFEHLSHABERTON,  m.  in  seinem  gewohnten  befehlsha- 
berton,   denkw.  des  ritters  von  Lang  1,  166. 

BEFEHLSW'EISE,  adv.  imperiose,  pro  imperio. 

BEFEHLSVVIDRIG,  adv.  wie  befeblswidrig  er  sich  bei  die- 
ser gelegcnheit  gezeigt.    Göthe  18,  260. 

BEFEHLSWORT,  n.  wort  des  hefehls. 

BEFEIERN,  celebrare:  die  welche  sich  einander  lieben,  eh- 
ren, befeiern.  Garvk  zu  Cic.  de  off.  s.  210. 

BEFEILEN,  climare,  mit  der  feile  bearbeiten,  nnl.  bevijlen, 
nif/ir  a/s  anfeilen :  das  thürschlosz  war  ringsum  befeiit;  einen 
Schlüssel  befeilen ;  wie  der  h.  Hieronymus  seine  zahne  willig 
befeilen  liesz.   J.  Paul  teufelsp.  1,  112. 

BEFEINDEN,  infestare,  oppugnarc,  anfeinden:  Curius  was 
widenvertig  und  het  befeindet  die  Samniles.  Albr.  v.  Evben  17"; 


1257 


BEFELCH  —  BEFESTIGEN 


BEFESTIGEN — BEFEUERN 


1258 


doch  müst  ihr  mir  die  hand  drauf  geben, 

dasz  weil  doch  eine  nur  die  schönste  heiszen  kann, 

der  andern  keine  noich  deshalb  befeinden  wolle. 

WlELA."«D  10,  164. 

BEFELCH,  m.  die  veraltete,  organische  gestalt  des  heutigen 
vorles  befehl.    belege  oben. 

BEFELCHEN,  mandare,  praecipere,  s.  befehlen,  ich  befilch 
mich  unserem  lieben  vatter  zu  Rom.  Fiscbart  groszm.  69 ;  ob- 
senationen,  darauf  unmaszgebig  ein  pfleger  möchte  befelcht 
und  instruiert  werden.    Hühbebg  1, 145*. 

BEFELCHGEBER,  m.  der  befehl  gibt,  ertheilt. 

BEFELCHH.\BER,  m.  der  mandatar  sowol  als  der  mandant: 
keller,  ambtman  und  befelchhaber.  veislh.  2,  253 ;  unsers 
hern  meier  oder  befelchaber.  2,  256 ;  befelhhaber  des  königes 
zu  allen  gescheften  an  das  volk.  Sehern.  11,  24 ;  der  königlich 
französisch  befelchhaber.    Fischart  bienenk.  13". 

BEFELCHLEIN,  n.  kleiner  befehl:  diejenige  grosze  docto- 
res,  die  mit  ihren  befelchlein  (recepten)  verheiszen  den  gipfel 
der  Sachen.  Scbcppius  T43. 

BEFELCH.MS,  f  mandatum:  den  weg  diner  befelnüs  bin 
ich  geloufen.  Keisersb.  ehr.  bilgr.  154;  die  befelchnüssen  der 
alten,    poslill.  2,  64. 

BEFELCHSH.\BER,  m.  und  sie  über  die  teatsche  poesi 
Oberhäupter,  befelchshaber  und  richter  Tcrordnet.  Weckherus 
rorr.  zu  den  tceltl.  ged. 

BEFELCHSLELTE,   pl.    praefecti   tnilHum,    officiere:    man 
liest  von  Alexandro  magno,  dasz  er  die  land,  so  er  gewunnen, 
seinen  befelchsleuten  verschenkt  hab.    Fischart  bienenk.  130'; 
auch  hauptmänner  und  befelchsleut.    Atrer  117*; 
die  hauptlewt  und  befelchsleut  gut 
ir  leben  hielten  in  guter  but.    Soltac  417. 

*.  befehlichsleute. 

BEFELCHSTRÄGER,  m.  obrister  bevelchstrager  der  schul. 
Bebels  geschwenk  7. 

BEFELCHL'N'G,  f  mandatum,  befehlung,  anbefehlung:  das 
were  ein  harte  sprach  zu  Rom,  darumb  musz  man  es  nen- 
nen ein  commende  oder  befelhung  das  closter  zu  behalten. 
Luther  1,  296*. 

BEFES'CHIELN,  oleo  foenieuli  illinere:  gesalzene  und  be- 
fencheite  rindlein  und  kröstlein  zum  unterlrunk.  Garg.  56'. 

BEFENSTERN,  feneslris  omare.  Stieler  410 ;  ein  haus  be- 
fenstern.    Hippel  6,  263. 

BEFESSELN,  catenas  injicere:  jetzt  sollen  die  bilder,  die 
über  dir  aufgeben,  völlig  deine  sinne  befesseln.  Fr.  Mülleb 
2,  163. 

BEFESTEN,  firmare,  confirmare,  befestigen,  goth.  gaj)vastjan, 
ahd.  bifestan:  er  thet  das  schlosz  mit  starken  mauren  be- 
feslen.  Aimon  J  2 ; 

unsern  glauben  zu  befesien.    II.  Sachs  Vf.  1,  98'; 
manch  fuszbauf  thut  darbei  das  pest, 
mit  prennen,  nemen  {rauben)  wol  bevest. 

Schwarzemberg  153*; 
hat  befest.  Melisscs^s.  Vs';  wa  der  standmut  die  lieb  nicht 
befestet.  Fischart  ehz.  9  ;  seiner  gibel  befestet  anstösz.  Garg.  63' ; 
sie  die  klag  durchaus  nit  bekent, 
befest  derfaalb  mit  neu  den  krig.    An» /in«!».  46*; 
wiewol  sich  leicht  errathen  läszt, 
dasz  fehden  dieser  art,  wie  hitzig  sie  auch  schienen, 
ihr  regiment  nur  zu  befesten  dienen.    Wiela.no  18,  187; 
von  wem  auf  lebens  und  Wissens  bahnen 
wardst  du  genährt  und  befestet?    Göthk  47,  77. 

BEFESTIGEN,    dasselbe,    nnl.   bevestigen:    ein    bret,    eine 
thür,  einen  teppich  auf  dem  boden,  ein  bild  an  der  wand  be- 
festigen ;  und  Vsia  bawet  thürne  zu  Jerusalem  am  cckthor  und 
befestiget  sie.  2  chron.  26,  9 ;  ir  werdet  die  heuser  abbrechen, 
die  mauren  zu  befestigen.  Es.  22,  10;  das  lager  befestigen; 
du  hast  den  umbkreisz  diser  erden 
bevöstiget,  dasz  er  nicht  kan  bewöget  werden. 
Weckuerlim  201 ; 
wie   er  ein   weiszes   scimupftuch   an   die   trompete  befestigt. 
GOthe  30,  27;   auf  dem  linken  ufer  liegt  hoch  und  flach  die 
alte  Stadt,  sie  ist  andern  befestigten  Städten  ähnlich.  30, 148 ; 
ihr  {der  Keidenbdume)  same  spielte  in  seiner  wolkenflocke,  eh 
ihn  die  erde  befestigte  {fest  hielt).  J.  Paul  Tit.  2,  219.     Häufig 
abstract:  den  band,  die  freundschaft,  die  Wahrheit  der  sache 
befestigen,  bekräßigen;  golt  ists  aber  der  uns  befestiget.  2  Cor. 
1,21;  sie  sind  ailsampt  nicht  gnug  mit  iren  opinien,  das  sie 
eine  predigt  befestigen  sollen.    Luther  1,  47';  mit  päpstlichen 
ballen  befestigt.    Fischart  bienenLu';    wiewol  man  es  noch 
fesler  aus  Daniele  kan  befestigen.    78*;    wann    sie    ir  fegfeur 
mit  den  zeugnussen  Vergilii  befestigen,  lu';  bewiesen  undun- 


widersprechlich  befestigt  haben.  116*;  aus  der  schrift  befe- 
stigen. 156";  wiewol  die  kirch  aus  der  propheten  Schriften 
auch  noch  wol  was  erfischen  kan,  damit  sie  irer  heiligen 
dienst  befestigt.  1S7';  was  haben  dann  die,  so  mit  Sünden 
befleckt  sind,  in  dem  platze,  der  vor  die  heiligen  und  auf 
gott  hoflfende  befestiget  ist,  zu  thun  ?  pers.  baumg.  9,  15 ;  ich 
soll  den  krieg  rechtens  befestigen.  J.  E.  Schlegel  2,  73 ;  ein  öl, 
dessen  Zähigkeit  seine  flOchtigkeit  befestigt  (fest  hält).  Käst  9, 22 ; 
auf  den  ruin  eben  dieser  kirche  befestigte  die  britannische 
Elisabeth  ihren  noch  wankenden  thron.  Schiller  1044 ;  zwi- 
schen idee  und  erfahrung  scheint  eine  gewisse  kluft  befestigt, 
die  zu  überschreiten  unsre  ganze  kfah  sich  vergeblich  be- 
müht. GöTHE  50,  57;  du  süsze,  las'z  dich  nicht  irre  machen, 
denn  ich  bin  doch  dein,  alles  befestigt  mich  nur  mehr  an 
dich,  an  fr.  ron  Stein  3,  176;  seine  gepreszten  und  eben 
darum  dunkelrötheren  übervollen  lippen  waren  in  die  men- 
schenfreundliche erhebung  zum  küsse  befestigt.  J.  Pacl  Hesp. 
3,  154 ;  das  befestigte  eiserne  angesichle.   Tit.  1,  37. 

Sich  befestigen,  festsetzen,  wurzeln:  seine  gesundheit  befe- 
stigt sich  nunmehr;  die  Franzosen,  nachdem  sie  einmal  Strasz- 
burg  einbekamen,  befestigten  sich  am  Rhein ;  er  befestigte  sich 
nunmehr  in  dem  enlschlusse,  Tarent  zu  seinem  beständigen 
sitze  zu  erwählen.  Wiela:<d  3,  424 ; 

schiebt  man  es  auf,  so  wird  der  twing  vollendet 

in  Altdorf,  und  der  vogt  befestigt  sich.    ScaitiKR  531*. 

BEFESTIGUNG,  f  munitio,  confirmatio,  nnl.  bevestiging: 
die  befestigung  einer  Stadt,  befestigung  des  glaubens ;  die  be- 
festigung  des  fegfeurs,  beides  aus  texten  der  schrift  und  auch 
erfarung.  Fischart  bienenA;.  109*;  befestigung  der  anrufung  der 
heiligen.  187';  befestigung  des  kriegs  (litis  conlestatio).  reichs- 
cammerger.  ordn.  1507.  8,  2. 

BEFESTIGUNGSKUNST,  /.  art  de  forti/ier. 

BEFESTIGUNGSWERK,  n.  munimenlum. 

BEFESTIGUNGSZEICHEN,  n.  mit  mir  verfahrt  gott  wie 
mit  seinen  alten  heiligen  und  ich  weisz  nicht,  woher  mirs 
kommt,  wenn  ich  zum  befestigungszeichen  bitte,  dasz  möge 
das  feil  trocken  sein  und  die  tenne  nasz,  so  ists  so,  und 
umgekehrt  auch.    Göthe  an  fr.  ron  Stein  1, 139. 

BEFEST.NEN,  munire,  ahd.  pifestinon  (Graff  3,  723) :  der 
hieruf  bevestnet  ist.  Fierabras  A  6 ;  befestnet  und  umbgeben 
mit  groszen  thürnen.  G4. 

BEFESTNUNG,  f.  munitio,  befeslenung. 

BEFESTUNG,  f  dasselbe:  mechtig  vor  gott,  zu  verstßren 
die  befestungen.  2  Cor.  10,  4;  wie  er  zu  einer  ewigen  befe- 
stung  und  sonderlichem  trost  von  gott  mit  dem  eid  zu  einem 
priester  und  mittler  gesetzet  ist.  LdtherI,  95';  schanzen  und 
kleine  befestung.    Kirchhof  mit.  dise.  198. 

BEFETSCHEN,  involvere  fasciis,  einfetschen,  einwindeln. 
Stieler  438. 

BEFEUCHTEN,  humeüare:  der  regen  befeuclitel  das  land; 
das  getraide,  das  mehl,  das  papier  befeuchten,  anfeuchten; 
als  er  sich  wol  mit  wein  befeuchtet  (stark  getrunken  hatte). 
Kirchhof  wendunm.  2lh* ;  die  erde  seines  feindes  mit  thränen 
befeuchten,  pers.  baumg.  9,  9 ; 

hier  fand  ich  auch  den  Amor, 

der  seine  Dügel  sonnie, 

die  ihm  von  iliau  befeuchtet 

und  so  betröpfelt  waren.    ÜACROOR^r  3,  6S ; 

dasz  Fichte  die  erziehung  auserwählt,  gleichsam  zum  ablei- 
ter  einer  niederschlagenden  Vergangenheit  und  zum  zuleiten 
einer  befeuchtenden  Zukunft,  ist  nicht  nur  recht.  J.  Pacl 
bücherschau  1,  106. 

BEFEUCHTIGEN,  madefacere,  nnl.  bevochtigen :  mit  zehem 
befeuchtigen.  Keisersb.  patcrnoster  D  5 ;  in  einem  waldigen  ort 
mit  lustigen  brunnen  befeuchtigeL  Frahh  weltb.  s';  der  regen 
die  erde  befeuchtiget.  Paracelscs  1,  885*;  welchem  zu  nutz 
würde  der  mon  und  thaw  den  boden  erkülen,  der  regen  be- 
feuchtigen? Garg.  65*;  sommenveizen  mit  frischem  wasser  be- 
feuchtiget. Taber.naehont.  613;  die  gemelte  häutlein  zu  be- 
feuchtigen und  frisch  zu  halten.  Uffeübach  roszb.  15;  dienet 
fürnemblich  zu  dem  ende  damit  es  die.  äugen  befeucbtige. 
18;  wodurch  der  erdboden  befeuchliget  wird.  Simpl.  1,  500; 
gott  befeuchtiget  mit  seinem  regen  gerechte  wie  ungerechte. 
SCHCPPIUS  7.S5. 

BEFEUERN,  accendere,  stärker  als  anfeuern: 

die  niichtemheii,  die  einfalt  blöder  liebe 

verlnnperien  der  schSfer  müh, 

wir  trinken  wein,  befeuren  unsre  triebe 

und  küssen  mutiger  als  sie.    HACEnoR<i  3,  100; 


1259 


BEFEUERN  — BEFINDEN 


BEFINDEN 


1260 


der  alle  wein  befeurte  mich, 
als  mir  bei  Hochstiidt  alles  wich.    3,  123; 
in  ihren  ädern  flieszt  ein  unverfälscht  geblüle, 
darin  kein  erblich  gift  von  siechen  vätern  schleicht, 
das  kummer  nicht  vergällt,  kein  fremder  wein  befeuert, 
Ualler  ; 
wem  dieses  nichts  mehr  gesagt  heiszt,    als   dasz  die  phanta- 
sie  des  künstlers  durch  das  eihabene   bild   des   dichters   be- 
feuert,   und    ebenso    erhabener   Vorstellungen   fähig   gemacht 
worden.    Lessinc  6,  506;    die   leidenschaft   mäszigen  oder  be- 
feuern. 7,  . . . ; 

wie  befeuert  er  {der  wein)  den  muth!    GotikrS,  484; 
kleine  siege  musten  s^ine  Zuversicht  befeuern.   Scnn,i.ER  777; 
dennoch  befeuerte  ihn    diese    leidenschaft    nicht,    fiü*    seinen 
zweck  auch  alle  mittel  zu  vereinen.    1077; 

der  tag  ist  mir  zum  überdriisz, 

langweilig  isls,  wenn  nachte  sich  befeuern.    Göihe  3,  32; 

gewaltge  kraft  die  menschen  aufzurufen, 

sie  zu  befeuern  kühnster  that.    4,  59; 

befeuert  durch  den  aufrichtigen  antheil,  den  die  frauenzim- 
mer  an  der  sache  nahmen.  18,275;  Serie  lobte  an  ihm,  dasz 
er  nicht  so  schneidermäszig  gejammert,  und  sogar  am  ende 
eine  stelle,  die  einem  so  groszcn  beiden  besser  zieme,  sei- 
nen söhn  zu  befeuern,  angebracht  habe  {der  geist  itn  Hamlet). 
19,  210 ;  aber  Trancoeur  hatte  etwas  furchtbares  in  seinem 
wesen,  sein  dunkles  äuge  befeuerte  sich.  Arnim  2,  375;  der 
befeuerte  held  des  tages.    J.  Paul  komel  2,  102. 

BEFEUERUNG,  f.  man  kann  nicht  frühe  genug  mit  der- 
gleichen Sachen  herausrücken  zur  befeuerung  der  aufmerk- 
samkeit  aller  naturforschcr.  Merck  1,  398  ;  die  befeuerung  der 
glasöfen  mit  torfgas. 

BEFFEL,  /.  s.  befze  und  waffel. 

BEFIDELOCHEN,  clunibus  instrudus :  (hosen) . .  auf  schwei- 
zerisch, das  geschirr  warm  bei  einander  zu  halten,  und  glatt 
anliegig,  zu  zeigen,  dasz  man  wol  befidelochen  ist.  Gary.  157'. 
lochen,  pari,  pract.  von  luchen,  claudere?  doch  liest  ein 
andrer  druck  befidelochet.  geschrieben  sein  sollte  aber  be- 
füdelochen,  befüdelochet,  vgl.  gfüdlochet  Tobler  197  unrf  füdlein. 

BEFIEDERN,  pltimis  legere,  plumare,  dann,  wie  beflügeln, 
anregen,  zum  flug  ausstatten:  die  befiederten  thiere,  die  vü- 
gel;  befiedertes  geschöpf.    Brockes  4,  52.  7,  61 ; 

in  Cuba  war  ein  papagei, 
den  neckt  ein  jeder  um  die  wette, 
kein  einziger  gestund,  dasr  er  gelehrig  sei, 
noch  dasz  ihn  die  natur  recht  schön  befiedert  hätte. 
Hagedorn  2,  47 ; 
sein  lächelnder  kaltsinn  befiedert 
des  fräuleins  ncugier  noch  mehr.    Wieland  4,  30; 
und  etwas  das  ich  seit  kurzem  von  einem  fremden  erfuhr, 
hat  meinen  eroberungsgeist  von  neuem  ein  wenig  befiedert. 

5,62; 
daher  in  allen  schulen 
befiedert  täglich  sich  (wird  fliiche) 
ein  beer  von  jungen  buhlen, 
und  insgesamt  für  dich.    Bürger  IS* ; 

unter  tausendfachem  jubel  aller  befiederten  kehlen.  Bettine 
tageb.  44 ;  das  befiedernde  und  erhebende  bewustsein.  J.  Paul 
grünl.  proc.  84 ; 

wenn  du  sprichst,  befiederst  du  den  pfeil  der  liebe. 

RSCKKRT  380. 

s.  befedern. 

BEFILLEN,  corium  dclrahere,  schinden,  ahd.  pilillan.  lex 
sal.  p.  104 ;  mhd.  bevillen.  Rother  4307 ;  ein  nhd.  beleg  wird 
sich  auch  finden,  da  kafiller,  filier  Schinder  fortdauert. 

BEFINDEN,  invcnire,  deprehendcre,  nachdrücklicher,  doch  ab- 
stracter  als  finden,  zuweilen  empfinden,  fiihlcn. 

1)  mit  dem  gen. : 

und  ehe  der  mensch  des  recht  beflndt, 
stund,  lag  und  jar  vergangen  sind. 

ScHWARZENBenc  152,  2  ; 

ich  hab  befunden  des  schweren  lastes  der  Sünden.  Keisersb. 
irr.  seh.  16 ;  so  grosz  bauptwe,  das  ich  vor  schmerzen  mein 
seibs  gar  nit  befunden  {meiner  nicht  bewust  war,  die  besin- 
nung  verlor).    Wickram  irr.  bilger  vorrede. 

2)  mit  aec. :  mhd.  bevant  {fühlte)  gotes  gewalt.  pass.  K.  75,  25 ; 

VI,  ist  mir  niht  geseit, 

ich  hall  cj  bevundcn.    Krone  13800; 

und  in  dem  da  erwachet  diser,  und  bef;ind  die  schnatten 
{Striemen)  da  binden  an  dem  rücken.  Keisersherc  Sünden  des 
munds  22';  denn  wir  schreiben  euch  niclits  anders,  denn  das 
ir  leset  und  auch  befindet,  ich  hoffe  aber,  ir  werdet  uns 
auch  bis  ans  ende  also  befinden,  gleicii  wie  ir  uns  zum  teil 


befunden  habt.  2  Cor.  1, 13. 14 ;  das  haus  ward  durchsucht  in 
zu  befinden.  Plut.  31;  wo  der  mensch  nicht  in  sich  selb  be- 
findet und  fület  ein  solch  gewissen  und  frölich  herz  zu  got- 
tes  gnaden.  Luther  1,  63" ;  da  ich  das  stücke  befand,  ward 
ich  gelinder  gegen  irem  thun.  6,  113*;  wir  befinden  allzeit 
gebrechen  an  unsern  werken.  6,  366' ;  nachdem  ich  ewr  grosz 
trew  zu  Augsburg  an  mich  befunden,    br.  1,381; 

was  freud  wir  jetzt  befinden  hie.    Schwarzenberg  115,  2; 

und  so  er  trost  befindet.    Rebhuhn  klag  des  armen  manns  s.  i; 

denn  da  sie  (die  schüler)  in  den  büchern  die  alten  terminos 
befänden  (/.  befunden),  vom  praeceptore  neue  hörten,  so 
würden  sie  ja  irre.  Melchiors  von  Osse  pol.  testamcnt,  ed. 
Thomasius;  solches  ist  aus  deinen  boshaftigen  handlungen 
klärlich  zu  befinden.  Kirchhof  mil.  disc.  90 ;  als  Herodes  wi- 
der heim  kam,  befand  er  an  seinem  hofe  groszen  Unwillen. 
Reiszner /er.  2,89';  wenn  sie  mehr  geld  im  beutel  befinden, 
dann  ihnen  vonnöthen  ist.    Fischart  prossm.  90; 

wenn  eur  lieb  befind  das  im  raih  {räihlich  findet), 

so  folg  ich  eur  lieb  allezeit.    Atrer423"; 

0  du  gott  der  süszen  schmerzen, 

warumb,  dasz  man  dich  so  bliud 

überall  gemahlet  flndt? 

ich  befind  es  nicht  im  herzen.    Opitz  2,  199; 

damit  sie  also  etwas  pein  befünde.    Spee  tugendb,  741 ; 

ich  befinde  nur  fünferlei  art  leute,  welche  zum  reisen  tüch- 
tig und  bequem  sind.  pers.  rosenth.  3,  27 ;  habe  sich  dem- 
nach auch  einmal  voll  gesoffen,  allein  des  andern  tags  habe 
er  befunden  ein  solches  hauptwehe,  dasz.  Schuppius  280 ;  be- 
richtet mich,  wie  ihr  einen  oder  den  andern  befunden  habt. 
448;  wie  ich  dich  befinde,  also  richte  ich  dich.  515;  wann 
wir  die  vorige  und  alte  zeiten  beleuchten,  befinden  und  se- 
hen wir  eben  das  alte  spiel.  522 ;  wann  man  die  sache 
recht  betrachten  will,  wird  man  leichtlich  das  widerspiel  be- 
finden.   HOHBERG  3,  260'; 

ich  befind  auch  mir  im  herzen  einen  zunder.    Günther  244; 

in  das  verderben  gestürzet,  in  welchem  er  sie  jetzo  befindet. 
LISCOV592;  ich  habe  die  sache  ganz  anders  befunden,  als 
ich  geglaubt  habe.  Man  zieht  heute  vor,  einfaches  finden  oder 
gewahren,  empfinden  stall  befinden  zu  setzen,  seine  zwei  hör- 
ner, die  ich  auflas  und  als  ein  paar  gute  pulverhörner  be- 
fand.   J.  Paul  teufelsp.  1,  82. 

3)  mit  adjectiven:  wo  er  aber  falsch  befunden  wird,  wird 
sie  in  verlassen.  S/r.  4,  22;  und  seinen  vorgenommenen  bauw 
unratsam  befünde.  Kirchhof  disc.  mil.  12 ;  befand  nicht  keiser 
Maximilian  zu  Cöln  je  mehr  brot  uberig,  je  mehr  leut  dahin 
zum  reichstag  kamen?  Garg.  05';  liesz  das  magnificat  zur 
metten  singen  und  befand  es  mächtig  gut.   130'; 

sie  meinte,  das  man  nicht  solt  abziehn  von  dem  lande, 
weil  sie  so  fruchtbar  es  und  gar  gesund  befände. 
Weh  DE  RS  .1  nos«  20,  26; 

alles  was  oft  in  einem  schlechten  wort  verborgen  steckt  zu 
erklären,  dazu  befinde  ich  mich  nicht  sufficient.  Schuppius  9; 

ein  Sprichwort  sagts,  das  ich  nicht  falsch  belinde, 
nichts  schmeckt  so  schön  als  dos  gestohlne  brot. 
Hagedorn  2,  150; 

man  braucht  ihm  nur  zu  gefallen,  um  zu  allem  tüchtig  be- 
funden zu  werden.  Wieland  1,  140 ;  die  Untersuchungen  hat- 
ten die  folge,  dasz  vieles,  was  man  für  wahr  gehalten  hatte, 
falsch  befunden  wurde.  6,251;  allein  wir  müssen  zur  Steuer 
der  Wahrheit,  die  uns  über  alles  geht,  sagen,  dasz  wir,  nach 
langer  und  sorgföltigcr  nachforschung,  das  gerücht  falsch  be- 
funden haben.  Klopstock  12,  438 ;  die  Wirkung  wird  der  kraft 
proportional  befunden.  Kant  8,  57;  dasz  das,  was  ich  vor- 
setze, nicht  unschmackhafl  befunden  werde.  Göthe15,  113;  der 
erste  schritt,  den  wir  zur  besonnenheil  und  tugend  thiiten, 
wäre  schon  der,  dasz  wir  unsern  gang,  anzup,  dialect  nicht 
besser,  sondern  gerade  so  befänden,  als  alle  fremde.  J.  Paul 
Tit.  2,  2 ;  ich  habe  ihn  in  allem  treu  und  redlich  befunden ; 
man  befand  ihn  im  latein  stark  genug,  im  griechischen  schwä- 
cher, einigemal  wird  dem  praedieat  für  heigesetzt:  ratschlag- 
ten von  nur  schwebenden  sachen,  und  befanden  {statt  befun- 
den) ftir  gut,  dasz  man  um  initternacht  ausfallen  solle.  Garg. 
248';  für  gut  belindcn.  Wiei  and  1. 175.  227  ;  für  nöthig  befun- 
den. 1,  313.  mit  ausgelasznem  adj. :  er  befand  es  {ßr  gut, 
raihsam)  das  zu  tiiun.    Opitz  Arg.  1,552.    wie  SohsXv,  videri. 

4)  bei  diesem  belinden  hielt  sich  lange  der  aer.  mit  inf. : 
er  befand  sich  sein  in  den  henden  seiner  fcind.  Firrabras  f. ; 
er  befand  ihn  »o  vortheilhaftig  stehen.    Lohbnst.  Arm.  a,  240. 


1261 


BEFIM)EN 


BEFINDEN  —  BJEFINDLIGHKEIT 


1262 


meist  schon  mit  eingeschaltetem  zu:  dasz  ich  solche  hohe 
Sachen  zu  befördern  mich  zu  wenig  befinde.  Schweimchejj 
3,  27 ;  du  wirst  noch  den  Adams  dorn  in  dir  befinden  umbzu- 
schleicben.  Ri.vgwald  laut.  varh.  415;  nachdem  denn  ich  wi- 
der den  fürsten  der  weit  zu  fechten  befunden.  A4';  er  be- 
fand sich  zu  sterben  (glaubte  zu  st.),  eh  er  starb.  Opitz  Arg. 
2,404;  da  ich  nun  mich  also  allein  zu  sein  befände.  Schup- 
pics  551;  dieser  zeit  werden  die  bettler  oft  befunden  am 
meisten  geld  zu  haben.  697 ;  ich  habe  wahrscheinlich  zu  sein 
befunden.  Kant  8,  234. 

5)  doch  gewöhnlich  folgt  der  abhängige  salz  mit  semer  eon- 
junction :  ir  werdent  es  wol  befinden,  wie  er  ein  mensch  ist. 
Keisersb.  Sünden  des  munds  46';  da  wird  alsbald  die  keis. 
maj.  befinden,  das  unser  widerwerligen  in  diser  hochwich- 
tigen Sachen  oft  gar  nichts  merken  noch  verstehen.  Josas  bei 
Luther  6,  3S0';  aber  von  diser  zal  der  sieben  sacrament  be- 
findet man,  das  die  veter  selbs  nicht  gleich  gezelet  haben. 
6,  436';  so  hab  ich  dasselbig  ganz  emsig  überlesen  und  mit 
der  that  gleich  befunden,  dasz  darinnen  kurzlich  verfaszt  stat 
der  ganze  grund  der  h.  röm.  religion.  bienenk.  ^' ;  sehet,  disz 
haben  sie  in  der  that  erfaren  und  befunden,  dasz.  67*;  und 
da  er  wider  zu  haus  kam,  befand  er  dasz  sein  weib.  14l'; 
nun  laszt  unsem  herren  frei  kommen,  rechnung  zu  hören, 
wan  er  wil,  er  soll  befinden,  dasz.  14S';  ja  wir  befinden 
in  täglicher  erfahrung,  dasz.  153*;  doch  hat  man  daTon  mit 
erfarenheit  befunden,  dasz  es.  243'; 

ach  so  befind  ich,  dasz  ich  musz  was  ich  begangen, 

recht  lu  beklagen  erst  anfangen.    Wecsherl.  vorr.  tu  den  ps. ; 

ich  befinde, 
dasz  alles  nur  umsonst,  nach  dem  ein  kranker  iracht. 

Gbyphils  2,  421; 
als  er  vergebens  nun  in  dem  beschimpflen  stände 
hart  hin  und  her  gedacht,  und  endlich  dis  befände, 
dasz  ihn  ein  jungfräwlein  geworfen  hett  herab. 

Werders  Ariosl  1,  71 ; 

denn  er  befünde  und  merkte  schon  wo!.  Avrer  proc.  1,  11; 
so  sei  aus  den  processen  zu  befinden.  1,  10;  er  wird  befin- 
den, dasz  ein  jedes  alter  seine  eigenthüralichen  thorhciten 
hau  J.  E.  Schlegel  3,  459;  ja  man  hat  durch  vieiraltige  er- 
fahrung befunden,  dasz  ein  etwas  stumpfer  verstand,  oder 
die  art  leute,  von  denen  man  zu  sagen  pflegt,  sie  hätten  das 
pulver  nicht  erfunden,  zur  bekehrung  und  geistlichen  behand- 
lung  die  fähigsten  sind.  LicHTE>iBERG  3, 106. 

6)  sich  befinden,  franz.  se  trouver, 

a)  an  einem  orte  gegenwärtig  sein,  leben,  in  etwas  sein, 
stecken:  ich  befand  mich  damals  zu  Cassel;  als  er  sich  ge- 
rade im  bade  befand;  ich  befinde  mich  wol  in  dieser  Infi; 
die  kraft  befindet  sich  in  dem  körper.  Kam  8,  55 ;  eine  kugel 
befindet  sich  in  ruhe.  8,  56;  sie  befand  sich  erst  im  acht- 
zehnten jähr,  als  sie  der  tod  hinwegnahm ;  er  befindet  sich 
noch  mitten  in  der  gefahr;  ich  befinde  mich  in  der  unange- 
nehmen läge,  in  der  Unmöglichkeit  dir  zu  antworten. 

6)  aus,  ohne   etwas:   jetzt   befinde   ich  mich  frei  und  aus 

aller   noth;   dieses  wol  (weisz  ich),   dasz  ich  aus  dem  holen 

bäume  mich  befinde.  Simp/.  1,27; 

ob  er  wol  ohne  heim  sich  jetzund  da  kefund. 

VVEkOERs  .4rto«(  1,  16. 

c)  unter,  ti»  gesellschaft :  ich  befinde  mich  wieder  unter 
den  menschen,  unter  meinen  landsleuten;  er  befindet  sich 
unter  räubern,  in  gesellschaft  von  Verbrechern ;  deswegen  befand 
er  sich  am  besten  mit  solchen  woigcsinnten  menschen,  die  in 
einem  beschränkten  berufskreise  beschäftigt  sind.  Götbe  48,  28. 

d)  vor,  bei,  neben :  er  soll  sich  vor  der  sladt  befinden ; 
ich  schriebe  an  ihn,  dasz  er  sich  für  Marsilien  befinden  (cor 
Marseille  einfinden)  solle.  Optrz  Arg.  2,  366. 

e)  sich  wol,  übel  l>efinden,  talere,  se  habere,  it.  trovarsi : 
wie  befinden  sie  sich?  befinden  sie  sich  unwol?  ich  befinde 
mich  wol  dabei ;  befinde  mich  wol  auf;  er  befindet  sich  wol 
bei  leibe ; 

eiost  Kieo^  der  menschen  trübsal  mir  zu  heneo, 
als  ich  mich  auszerordenilich  wol  befand. 

ScaLcciLS  musehalm.  «.  261 ; 

die  fraii  befindet  sich  schwanger,  gesegnetes  leibes,  in  andern 
umständen ;  ich  befinde  mich  seit  gestern  krank ;  darumb  ich 
mich  beschweret«  und  beleidigt  befinde.  Luther  1,  352* ; 

sie  selbs  befanden  sich  betrogen.    Wkckuerli!«  64; 
fürsten,   die   euch   die   gescheoke,  nicht  die   trew  pflegt  zu 

verbinden, 
diese  habt  ihr  nur  so  lange,  weil  sie  sich  beschenkt  benD^en. 
LocAU  3,  10,  91 ; 


als  etwas  kühler  es  ward  umb  die  abendstunde, 
und  sie  sich  auch  genug  nun  ausgeruht  befunde. 

Werders  Ar.  11,  11; 
Zerbino  sich  also  auch  drob  bewegt  befand, 
dasi  er  für  liebe  ganz  und  für  mitleiden  brandt.    19,  12; 

eine  unter  den  mägden  war,  welche  sich  über  alle  maszen 
beschwert  befunde.  Schcppils  356;  wird  er  nicht  sich  ver- 
pflichtet befinden,  wol  einsehen  zu  lernen?  Gcnther  vorr.  6; 
hierüber  befand  sich  der  kranke  zum  höchsten  beleidiget. 
pers.  baumg.  4, 11 ; 

jedoch  als  Doris  nur,  der  mutier  nachzuahmen, 
und  küsse  zu  verstehn,  sich  alt  genug  befand. 

IIagedor?«  2,  04 ; 
ihr  beute!  befand  sich  leer.    LicaTwea  fabeln  1,1; 

Agathon  befand  sich  also  über  alle  seine  hofnung  glücklich. 
Wieland  3,  199;  himmel,  wie  glücklich  war  ich,  wenn  ihre 
mutmaszung  sich  wahr  befände.  12,  152;  diese  unerträgliche 
Unbequemlichkeit  hatte  mich  auch  in  Sesenheim  verlassen, 
so  dasz  ich  mich  dort  doppelt  vergnügt  befand.  Göthe  26,  8. 

/)  sich  befinden,  ohne  beisalz,  gewahr  werden,  merken:  da 
befand  sich  Florindo,  dasz  er  sein  Journal  schändlicher  weise 
vergessen  hatte.  Weise  kl.  leute  20.  {vgl.  befinden  ohne  adj. 
unter  3).  dies  befinden  kommt  unserm  heuligea  empfinden, 
merken  nahe. 

g)  sich  befinden,  bewähren  {wieder  befinden  3); 

die  frewd,  die  wir  eurh  machen  könn, 
die  wird  sich  wol  belinden.    Uuland  259 ; 
und  belindt  sich  die  an^'ag  dein  {wahr), 
so  solst  du  frei  und  ledig  sein.    Atrer  72*. 

h)  unpersönlich,  es  befindet  sich,  ist  der  fall,  verhält,  be- 
währt, ergibt  sich,  weist  sich  aus :  das  man  aber  den  unsem 
die  schuld  gibt,  als  verbieten  sie  casteiung  und  zucbL,  wird 
sich  viel  anders  aus  ireh  Schriften  befinden.  Augsb.  conf.  bei 
LcTHER  6,  372*  und  corp.  doctr.  ehr.  29 ;  wie  sichs  leider  teg- 
lich  in  der  erfarung  befindet.  S,  172*;  es  betint  sich  oft,  das 
ein  frommer  gotsfOrchtiger  mensch  gewisser  und  eigentlicher 
studiert  und  erkennet.  Val.  Ickelsamer  a5;  es  befindet  sich 
aber,  das  die  philosophia  auch  eine  anweisung  von  ehelicher 
Unterrichtung  einhelt.  Fischart  eis.  2;  gleichwie...  also  befind 
sich.  67 ;  und  so  sich  befind,  dasz  er  durch  einige  goBst  darzu 
kommen  ist.  bienenk.  45*;  also  befindt  sicbs  auch  mit  den 
schifleuten.  Fronsp.  kriegsb.  3, 14S* ; 

aber  am  end  belindt  sichs  wn|, 
was  man  hiervon  urtheilen  soll. 

Ui^gwald  geisll.  Ucd.  C  6* ; 

alldieweil  sich  erstlich  befindet,  ob  wol  u.  s.  w.  Atrer  j»ror. 
1,  11;  als  man  die  thür  des  pefängnis  aufthat,  befand  sichs, 
dasz.  pers.  rosenth.  3,  9 ;  da  befand  sich  endlich,  dasz.  Schcp- 
piüs  368 ;  was  er  beklagt,  das  befindet  sich  leider  im  werk 
Selbsten.  614;  da  es  sich  doch  oft  helindet.  Simpl.lA;  wenn 
man  ihn  lange  genug  in  der  nähe  belracbtct  hatte,  so  befand 
sichs,  dasz  seine  venneinten  lugenden  in  der  that  nichts  an- 
ders als  seine  lasier  waren.  Wieland  3,  56 ;  und  es  befand 
sich,  dasz  seine  anspräche  nidit  zu  recht  bestehen  konnten. 
3,  388;  allein  wenn  man  der  sache  auf  den  grund  sieht,  so 
befindet  sichs,  dasz  der  unterschied  des  geschlechts  hier  in 
keine  betrachtung  kommen  kann.  8, 235. 

7)  tadelhaß  bildeten  einige  die  schwache  ßexion  befindete 
f.  befand,  3.  b.  (^pitz  Arg.  2,  319.   I.ohenst.  Arm.  1.  22. 

BEFINDEN,  »i.  conditio,  .Ualus:  wie  ist  dein  befinden? 
mein  befinden  ist  gut,  schlecht ;  nach  befinden  der  sache,  der 
umstände;  nach  meinem  befinden,  dafürhallen;  denn  hand- 
haben musten  an  den  Schilden  notliwendig  auch  damals 
schon  sein,  um  sie  von  dorn  leibe  abzuhalten  und  nach 
befinden  zu  lenken.  Lessinc  8,  124;  je  nach  befinden;  an 
das  geriebt  kommt  essich  und  gewürz,  nadi  befinden  salz. 

BEFINDLICH,  qui  incenilur.  deprdienditur, 

1)  aufweisbar:  denn  so  nn  den  heubtartikeln  kein  hefind- 
licher  ungrund  oder  mangel  ist,  sollen  sich  billich  die  bi- 
schoffen gelinder  erzeigen.  Augsb.  conf.  bei  Luther  6,  368 , 
im  corp.  doct.  ehr.  18.     heute  erfindlich,  crlindbar. 

2)  vorhanden:  das  bucJi  ist  in  der  Sammlung  befindlich; 
alle  im  hause  belindlichen  menschen;  eine  in  Untersu- 
chung benndlicbe  pcrson;  die  sleUe  ist  im  buche  ».  68  be- 
findlich. 

3)  man  sagte  auch  sich  befindlich:  sie  zeigte  ihm  alle  da- 
selbst sich  befindliche  Sachen.  Hoffman-iswalbau  htldenbr.  28. 

BEFCSDLICHKEIT,  f.  seusus.  MaalerW. 


1263 


BEFINDUNG— BEFLECKEN 


BEFLECKEN— BEFLEISZEN 


1264 


BEFINDüNG,  f.  nach  befindung  der  Sachen.  Kirchhof  diso, 
mil.l;  bei  befindung  der  nolhwendigkeit.  Weise  kl.  leiitelbS; 
bei  leibes,  lebens  und  andern  strafen,  nach  befindung  der 
Sachen.  Schüppiüs  675 ;  dasz  seine  ausdrückung  weiter  geht 
als  seine  befindung.  Leibnitz  376. 

BEFINGERN,  digitis  längere, 

t)  angreifen,  anrühren:  einem  den  puls  befingern; 

es  ist  doch  nur  benaset  (berochen)  zwar, 
ir  seit  auch  wie  die  Jungfraw  dort, 
die  nichts  asz,  was  befingert  worcl, 
da  iiiust  mans  erst  beTausten  ir, 
alsdann  wards  erst  wol  verbitschiert. 

FiscHARis  Eulenspicgel  224. 

2)  ergreifen  und  vorwegnehmen :  bei  jener  langen  gährung 
des  jurisdictionswesens,  wo  zuletzt  immer  ein  richter  vor  dem 
andern  nur  zuerst  zu  befingern  (so  nennete  man  die  praeven- 
tionem  fori)  suchte.  MöSERpa/r.  jjA.  2,  4SI  (345). 

BEFINSTERN,  caliginem  offundere,  verfinstern:  dieweil  und 
gott  das  Hecht  der  natur  ohn  einen  befinsterten  geist  wirken 
hat  lassen.  Paracelscs  1,  252';  ein  sondere  art  ist  der  Ster- 
nen, die  dunkel  macht  und  befinstert  so  viel,  wo  der  mond 
nicht  ist,  dasz  gar  nichts  gesehen  mag  werden.  2,  76'. 

BEFIRNISSEN,  mit  firnisz  bestreichen. 

BEFISCHEN,  expiscari:  den  teich  befischen.  Lohenst.  Arm. 
i,  1089. 

BEFITTIGEN,  alis  instrucre,  legere,  beflügeln,  beschallen, 

1)  beflügeln: 

dein  leib,  vom  groszen  geist 
belittigt,  weiter  fliegt.    Birken  G.  221 ; 
der  wein,  der  uns  beft-eit,  belittigt  unsre  herzen. 
Platsn  77. 

2)  mit  dem  flügel  decken: 

siehet  man  den  blinden  schatten  ausgestrecket  durch  das  feld, 
er  belittigt,  was  da  stehet,  mit  dem  schwarz  verhüllten  zeit. 
Harsdörfeh  gesprächspiele  G,  10.  90. 

BEFLACHSEN,  gebildet  nach  sp.  1203  1,4: 

in  ganz  Sachsen, 
ja  in  ganz  Deutschland  wol, 
musz  solcher  flachs,  wie  der,  nicht  wachsen! 
wcrs  anders  redt  (hier  schwoll 
sein  kinn  ihm),  den  will  ich  beflachsen, 
dasz  er  dran  denken  soll.    Gökingk  3,  S4. 

BEFLAMMEN,  accendere: 

beflammt  die  liebeskerzen, 

geht,  geht  zu  eurer  rast!    Fleming  157; 

beflammte  pracht  Brockes  1,  185;  beflammte  sterne.  1,  419. 
454; 

Satans  beflammter  rollender  wagen.    Klopstock  Mess.  2,  638; 

also  beflammte  sie  mehr  noch  den  glühenden  busen  mit  liebe. 

BÜRGER  244'; 

als  wäre  die  heilige  Jungfrau  aus  dem  beflammten  altarblatte, 
worauf  sie  gen  himmel  stieg,  herabgezogen  auf  die  stufen. 
J.  Padl  flegelj.  3,  23. 

BEFLAUMEN,  molli  lanugine  signare: 

der  wänglein  paar,  wie  die  pflrsiche  roth, 
und  eben  auch  so  weichwollig  beflaumt.    GöiaK  41,  209. 

BEFLECHTEN,  vimine  contegere:  sessel  mit  stroh  beflech- 
ten ;  der  keine  Scheidewand  zu  setzen  weisz  zwischen  dem 
zimmer  der  rechten  und  reinen  kunst  und  der  beflechten  oder 
geflickten  stümpelei.  Brandts  Taubmann  31.  kaum  soll  es  be- 
fleckten ausdrücken,  obwol  auch  beflecht  =  beflechtet  vielmehr 
beflüchten  erwarten  liesze. 

BEFLECKEN,  maculare,  polluere,  conlaminare,  besprengen, 
so  dasz  die  spur  haßet,  nnl.  bevlekken. 

1)  sinnlich,  das  gewand  mit  staub,  die  bände  mit  blut,  das 
buch  mit  dinte  beflecken ;  und  alles  kleid  und  alles  feil,  das 
mit  solchem  samen  befleckt  ist,  sol  er  waschen  mit  wasser. 
3  Mos.  15,  17 ;  und  vergossen  unschuldig  blut,  das  das  land 
mit  blutschulden  befleckt  ward.  ps.  106,  38 ;  denn  cwcr  hende 
sind  mit  blut  befleckt.  Es.  59,  3;  halt  dich  von  im,  das  du 
nicht  in  einen  schweisz  gefüret  und  von  seinem  unflat  be- 
flecket werdest.  Sir.  22,15; 

mich  hat  zwar  mannes  blut  bespritzt,  doch  nicht  befleckt. 

ilOriANNSWALDAU  ; 

als  ein  fchflsselchcn  zur  erde 

nillt,  und  sich  mit  blut  befleckt.    Gottir  1,  52. 

2)  bildlich,  der  seines  nehcsten  weib  nicht  befleckt.  Ez.  19,  6. 
11.15;  damit  wird  ir  gewissen  beflecket.  1  Cor.  8,7;  also  ist 
auch  die  zunge  unter  unscrn  gliedern  und  beflecket  den  gan- 
zen leib.  Jac.  3,  6 ;  hasset  den  befleckten  rock  des  fleisches. 
Judi  23;    diese   sinds,   die   mit  weibern  nicht  beflecket  sind. 


offenb.  14,  4;  und  asz  allein,  das  er  sich  nicht  befleckte  mit 
füllerei.  Keisersb.  Sünden  des  munds  13';  auf  das  si  ir  leben 
nicht  beflecken.  30' ;  also  sag  ich,  das  neuwe  mer  sagen  das 
ganz  gemüt  beflecken  und  verwüsten.  30'; 

süsz  singen,  das  die  sünd  sei  gut, 
beflecket  oft  der  jungen  mut.    Schwarzexbero  124,  2; 
was  meint  der  himmel  doch  mit  so  gehäuftem  regen« 
wil  von  des  krieges  schmutz  befleckte  weit  er  fegen! 
LoGAU  2,  1,  13; 

die,  so  mit  Sünden  befleckt  und  beschmitzt  sind.  pers.  baumg. 
9,15; 

er  könnte  durch  verrath  sein  graues  haupt  beflecken  ? 
Gotter  2,  126; 

habt  ihr  darum  eure  gemahlin  verlassen,  um  euch  mit  dieser 
heidin  zu  beflecken?  Kunger  4,  177;  die  geschichte  erzählt, 
dasz  die  menschen  leichter  und  länger  in  ganzen  scharen 
und  schwärmen  sich  beflecken.  J.  Paul  dämm,  lo;  seinen 
character  beflecken.  Heyne  an  Joh.  Müller  146 ;  er  hat  seinen 
guten  namen,  seine  ehre  befleckt,  macula  aspersit. 

BEFLECKEN,  calceamenta  sarcire  taleis,  flicken,  Uelzen: 
schuhe,  absätze  beflecken,     s.  fleck. 

BEFLECKUNG,  f.  contaminalio,  pollutio:  das  der  ehliche 
stand  anders  nicht  seie,  dan  ein  beschmeiszung  und  befleckung 
aus  fleischlicher  Vermischung.  Fischart  6»enenA.  18"; 

dasz  ich  unschuldig  und  rein  aller  befleckung  sei.    Voss. 
BEFLEGELN,  flegel  nennen: 
Sandel,     er  flegel,  er  esel! 
Knellius.  der  alte  kracber,  mich  so  zu  beflegeln! 
Fr.  Müller  2,46. 

BEFLEHEN,  commiserari,  plangere,  delinire,  vgl.  flehen  und 
golh.  flekan  plangere: 

ich  bin  todkrank,  ich  warte  mit  begier, 
ob  einer  mich  aus  jammer  wil  befleben. 
da  ist  kein  mensch,  ich  harre  bis  man  mir 
bringt  etwann  trost,  es  ist  niemand  zu  sehen. 

Opitz  ps.p.  130; 
ich  müste  nur  das  lose  volk  beflehen.  ps.  119,  27. 
BEFLEISCHEN,  carne  vestire  (vgl.  einfleischen,  zerfleischen)  : 

ein  matter  wolf  voll  nahrungssorgen 

betrat  an  einem  frühlingsmorgea 

der  fetten  anger  feuchtes  grün. 

da  sah  er  mit  erwünschten  freuden 

ein  wolbefleischtes  füllen  weiden.    Hagidorn  2,  21. 

wolbefleischt  =  wol  bei  fleisch. 

BEFLEISCHÜNG,  f  incarnalion:  nehmen  wir  noch  dazu, 
dasz  nicht  nur  das  angesicht,  sondern  das  ganze  knochen- 
system  sammt  seiner  befleischung  verschlimmert  oder  ver- 
schönt werden  kann.  Lavater  fragm.  1,  75. 

BEFLEISZEN,  sludere,  satagere,  praet.  beflisz,  pari,  be- 
flissen, statt  des  einfachen  ahd.  flijan  fleij,  mhd.  vlljen  vleij. 

1)  intransitives  befleiszen,  ohne  sich,  müste  ebenso 
zulässig  sein,  wie  mhd.  vlijen,  ahd.  flijan : 

herre,  ich  hän  gevliwen 

an  iegelichem  seitspil.   Trist.  93,  26; 

dö  wart  vil  michel  flizen  von  schcenen  frouwen  eetin. 

iV«6.  261,  4; 
dages  inti  nahtes  fleij  si  thar  thes  rehteg.    0.  Ol.  16,  32; 
sie  flijjun  sär  thes  sinthes.    I.  16,22; 

obwol  schon  mhd.  sich  vll;en  vorwaltet,  nhd.  findet  sich  nur 
der  substantivische  inf  und  das  pari,  praet.  im  gebrauch,  die 
construction,  wie  bei  sich  befleiszen: 

die  damen  wolln  von  nichts  als  Chevaliers  jetzt  wissen, 
das  macht  sie  sind  zum  krieg  auf  reuterei  beflissen. 
LoGAU  1,  1,66; 
ich  bin  auf  die  beflissen, 
die  mir  viel  gutes  thun,  und  doch  von  mir  nichts  wissen. 

1,5,2; 
fnlschheit  streicht  sich  zierlich  an, 
ist  auf  mnntcl  gar  beflissen.    2,  zugäbe  s.  231; 

er  zweifelte  nicht,  dasz  er  eine  mächtige  feindin  habe,  die 
darauf  beflissen  sei,  ihn  in  der  liebe  unglücklich  zu  machen. 

VVlELANDll,  37; 

solches  löbliche  befleiszen 

musz  der  dichter  höchlich  preisen.    Götue47,  210; 

natürlich  mit  verstand 

sei  du  beflissen.    4,  384; 

sei  du  im  leben  wie  im  wissen         • 

durchaus  der  reinen  fahrt  beflissen.    4,390; 

wie  sind  die  vielen  doch  beflissen 

und  es  verwirrt  sie  nur  der  fleisz.    47,246; 

und  noch  viel  anders  mehr,  davon  ich  beflissen  [absichtlich) 
nichts   melde.    Schuppiu»  55«.     man  setzt  beflissen   für  stu- 


1265 


BEFLEISZEN 


BFLEISZIGEN— BEFLÜGELN 


1266 


diosus:   der  tugend,  des  anstandes  beQissen;    der  kunst,  der 
Weltweisheit  beflissen ;  eio  bandiungsbeflissener. 
2)  häußg  sich  befleiszen,  mhd.  sich  viijen: 

a)  mit  genitiv: 

befliszend  sieb  der  bscheidenbeit.    trag.  Joh.  hl; 

des  besten  weins  ich  mich  befleisz.    Atrkr /'asfn.  «p.  3S'; 

wer  sich  dessen  wil  befleiszen.    Logau  1,  9,  71; 

der  fflusz  bedacbtsamkeit  sich  wol  befleiszen.    1,4,79; 

gleichwie  Achilles  sich 

beflisse  aller  tugend.    Weckherii-N  359 ; 

dasz  er  sich  der  frömmigiieit  beflissen  hab.  Schdppids  141; 
die  seltnen  lursten  götter  heiszen, 
die  sich  der  menschenhuld  befleiszen. 
Hageoorm  3,  61 ; 
zu  meiner  zeit 
beflisz  man  sich  der  hei'mlichkeit.    3,  72; 
befleiszen  sie  sich  jetzt 
der  schlau  erdachten  zucbt.    Gottes  2,  41S; 
doch  euch  des  Schreibens  ja  befleiszt, 
als  dieliert  euch  der  heilig  geist.    Göthe  12,97; 

Melina,  der  sich  eben  nicht  der  gröszten  feinbeit  beflisz.  18, 
209 ;  sie  wüste  sich  in  Serlos  launen  zu  scbiciien  und  be- 
flisz sich  des  singens  ihm  zu  gefallen.  19,237;  der  sich  einer 
vollkommenen  reinigkeit  der  sitlen  beflisz.  25,83; 

mancher  Tabriken  beflisz  man  sich  da  und  manches  gewerbes. 

40,  236 ; 

ich  habe  mich  der  äuszersten  treue  beflissen.  Bürger  141'; 
wenn  man  sich  jederzeit  dieser  methode  beflissen  hätte,  Kant 
8, 107. 

b)  mit  an:  warumb  befleiszen  wir  uns  nit  an  die  art  der 
Schrift?  »Mel.\»chth.  hauptartikel  bl.  2.  vgl.  jenes  mhd.  ge- 
vlij^en  an  seitspil. 

c»  mit  auf:  hat  sich  one  zweifei  Cain  hernach  auf  eisen- 
werk  weiter  beflissen.  Mathesics  78'; 

disz  wird  kein  gut  nicht  heiszen. 
worauf  ein  böser  mensch  sich  pfleget  zu  befleiszen. 

Opitz  1,  56; 
mein  bund  sol  mit  dir  sein,  so  lange  man  wird  wissen, 
dasz  sich  ein  Fleming  hab  auf  solch  ein  thiin  beflissen. 
Fleming  108; 
sie  wird  mir  nutzer  sein, 
als  dasz  ich  mich  befliss'  aufhundsphilosophei. 

LoGAü  1,  5,  3  p.  97; 
kan  ich,  wil  ich  mich  befleiszen 
mehr  auf  glimpflich  als  auf  spitzig.    1,  7,  28 ; 
der  sich  auf  glauben  nur  und  auf  geduld  befleiszt    1,  9,  22 ; 
wil  «ich  sonst  auf  nichts  befleiszen.   2,  5,  55 ; 
der  sich  mebr  auf  eitellceit  wil,  als  auf  die  witz  befleiszen 

2,  6,  49 ; 
dasz  ich  frömmer  sei  als  er,  drauf  befleisz  ich  mich.    2,  7,  24- 
weibeiTolk  pflegt  auf  die  titlel  sich  nicht  wenig  zu  befleiszen 
Jungfern  wollen  jungefrauen,  Jungefrauen  mutier  heiszen      ' 

2,10,58; 
es  haben  nicht  allein  die  alten  Lateiner  und  Griechen,  son- 
dern auch  die  ältesten  Juden  sich  auf  diese  fabelweisheit  be- 
flissen. ScHDPPics  829 ;  war  ich  ein  groszer  herr  worden,  ich 
hätte  mich  treflich  auf  rare  hunde  beflissen.  Weise  erzn. '337; 
wenn  man  bei  diesen  sich  Torzüglich  auf  urtheile  beflisse.' 
Herder  1, 17. 

d)  mit  um :  also  sein  wir  beschaffen,  dasz  ein  jeder  umb 
etwas  sich  befleiszt.  Schuppios  717;  wenn  er  nicht  noch  freunde 
hatte,  die  sich  um  ihn  beflissen,  so  war  es  längst  gethan  um 
ihn.  Lenz  1,  224. 

e)  mit  folgendem  dasz:  befleisze  dich,  dasz  du  lauter  und 
rein  predigest.  Luthers  /i«Ar.  194";  und  da  befleiszt  sich  das 
weih,  dasz  sie  dise  himlische  sackpfeif  oder  pfeisen  mit  eim 
jungen  discantbläserlein,  vogelgeschrei  und  pfeifrörlin  stüts 
erseU,  damit  das  Orgelwerk  ganz  bleib.  Carj.  68"; 

die  bosheit.  die  für  sich  in  keinem  wesen  steht, 
befleiszt  »ich,  dasz  sie  stets  auf  etwas  gutes  geht. 
LocAU  2,  2,  84. 
/)  oder  einem  inßnüiv:  tummelt   und   befleiszt  sich  man- 
niglich  etwas  ins  ISger  zu  holen.  Kirchhof  m»7.  düc.  130; 
wie  meine  band  und  füsi  die  arbeit  und  den  weg, 
die  goi  befohlen  bat,  zu  halten  sich  befleiszen. 

Wrceukhli.i  65; 
wann  man  weislich  sich  beflpiszt, 
seinem  feind,  eh  ers  wird  innen, 
Echand  und  schaden  anzuspinnen.    Logau  1,4,63; 
diejenige,   so   sich   beflissen,   nur  das  bOse   aus  andrer  leut 
Schriften   zusammen   zu  klauben.    Schdppils  569;    damit  wir 
aber  reine  reden  mögen,  sollen  wir  uns  befleiszen,   deme, 


welches  wir  hochdeutsch  nennen,  bestens  Termögens  nachzu- 
kommen. Opitz  poet.  29. 

BEFLEISZIGEN,  was  befleiszen,  06er  nur  mit  sich,  nnl. 
bevlijtigen:  so  wil  ich  auch  hinfort  mich  befleiszigen,  dasz 
ich  euer  bestes  schafl'e.  2  Maec.  11,  19 ;  befleiszige  dich  gott 
zu  erzeigen  einen  rechtschaffenen  arbeiten  2  Tim.  2,  15;  er 
bleibe  nicht,  wo  sich  iemand  unreiner  werk  befleisziget.  äyrer 
proc.  2,  10 ;  befleisziget  und  bemühet  er  sich,  wie  er  solches 
reich  ausmergele.  Scbdppics  415;  wenn  du  dich  mit  ganzem 
fleisz  auf  ein  gewisses  befleiszigen  und  deme  dich  ganz  er- 
geben wirst.  553;  dasz  man  sich  also  immer  einer  andern 
melbode  zu  befleiszigen  habe.  Kaxt  8, 107. 

BEFLIEGEN,  volare  aliquo,  volando  atlingere: 
der  nie  beflogne  gipfei.    Halibr; 
voll  neun  tage  beflogen  das  beer  die  pfeile  des  gottes. 
ßöacER  186*  nach  IL  1,  53. 

teeidmännisch  wird  ein  vogel  beflogen  genannt,  tcenn  er  flück 
ist:  die  jungen  sind  beflogen,  haben  ihre  vollkommnen  federn. 
Döbel  1,  73'. 

BEFLIESZEN,  circumfluere:  ein  felsen  umb  und  umb  mit 
dem  meer  beflussen.  Fierabr.  C  6 ;  das  best  befestigte  ort  der 
Stadt,  darzu  mit  dem  meer  an  dem  end  beflossen  und  be- 
schlossen. Kirchhof  disc.  mil.  14 ;  sein  ganzes  gesiebt  war  mit 
Wut  beflossen ; 

auf  blumen,  welche,  leicht  wie  geist 

und  hell  wie  luft,  ein  sanfter  quell  befleuszt. 

WlKLAID  9,  203; 

eine  deutsche  Stadt  möcht  ich  erbauen 
unter  himmel  einem  ewig  blauen, 
rings  von  einem  friihlingshain  umschlossen 
und  von  einem  stillen  ström  beflossen. 

Rück^KRT  426. 
BEFLIMMERN,  collustrare  fulgore  micante: 
sieh  er  trug  ein  schwert,  beflimmert  mit  sternen  von  Jaspis. 
BÜRGER  248' ; 
wann  die  nacht  mit  triefendem  schalten 
still  die  erde  bedeckt  und  die  Sterne  den  himmel  beflimmern. 

249» 
BEFLISSEN,  s.  befleiszen: 

hebt,  ihr  beflissenen,  hebt  ihn  {den  anker)l   Piatsn  164. 
BEFLISSENHEIT,  f.  Studium :  alles  ihr  thun  war  ohne  be- 
flissenheit.  Lohe.nst.  Arm.  2,  397;    ihre  beflissenheit,  mir  ein 
glück  vorzuspiegeln,  das  sie  durch  mich  verloren  hat  Lessinc 
1,  586.    vgl.  geflissenheit,  dienstbeflissenheit. 

BEFLITTERN,  bracleolis  micantibus  circumdare :  die  schuhe, 
den  but  beflittern,  mit  flittergold  besetzen. 

BEFLOREN,  bysso  tenuissima  circumdare,  velare,  tmfloren, 
schtcarx  behängen,  nnl.  bevioeren: 

beflort  den  himmel,  weiche  tag  der  nacht! 

(hung  be  the  heavens  with  black.  yield  dav  lo  niebt.') 

Henry  Vi.  part'l.  acl'l.  sc.  1 ; 
der  gram  um  sie  beflort  dein  augenlicht.    Borger  68"; 
auf  diese  art  betrübte  und  tröstete  er  sich  unter  dem  beflor- 
ten   mond.   J.  Pacl  uns.  löge  2,  135;   jedem  beflorten  gliede 
der  schwarzen  kette  {des  leichenzugs).  Tit.  2,  81. 

BEFLÜGELN,  alas  addere,  die  schultern,  füsze,  schuhe 
schritte,  den  gang,  die  worte,  gedanken  beflügeln,  beschleu- 
nigen, erheben: 

und  brach  frölich  bestürzt  in  diese  beflügelten  worte. 

Zachariä  1, 17; 
(rief)  beflügelnd  jedes  wort  dem  freunde  lu.   fiötcim  161*; 

die  todessiunde  beflügelt 
ihren  kommenden  schritt.    Klopstoce  Mess.  6,  305; 
schwarze,  blutende  stunde,  du  lodesstunde  beflügle 
deiner  schritte  letzten.     13,  971 ; 
komm,  beflügle  den  schwung,  den  harfenklang,  den  du 

schwebest.  u^  imi  ; 

sein  zweifelnder  wink  schon  soll  den  fusz  dir  beflügeln. 

16,469; 

er  rufts, 
säumt  nicht,  betritt  den  see, 

und  beflügelt  sich  mil  stähle  den  fusz.    teerke  1,  258; 
deiner  gotiheit  gegenwart 
entflamm  und  beflüele 
jede  meiner  emplindungen.    1, 130; 
ach,  dasz  ich  dich  zu  beflügeln, 
tag  der  hülfe,  nicht  vermag;  Uz  1, 174; 
kaum  werden  von  ihren  beflügelten  sohlen 
die  spitzen  des  grases  im  laufen  berührt.   WiitAüD  4, 15; 
die  furcht  beflügelt  ihre  flucht.    6,  293; 
die  reizungen  ihm  vorzuspiegeln, 
die  nur  zu  sehr  die  seel  in  ihm  beflügeln, 
die  unterm  Zwerchfell  thront.    9,  6«; 
beflügle  meinen  geist .'    Gottir  1,  467 ; 

80 


1267   BEFLÜGELUNG  — BEFÖRDERER 

auch  nicht  kund  ist  ihnen  der  rotbgescbnäbelten  schifTe, 
noch  der  geglätteten  rüder,  mit  welchem  sich  schilTe  beflügeln. 
Voss  Od.  11,  125; 

hätte  ein  günstger  wind  nach  Troja  sie  {die  schiffe)  beQügelL 
Schiller  230; 
die  das  verderben 
beflügelte  auf  ihr  so  sichres  haupt.    401 ; 
und  die  angst  beflügelt  den  eilenden  fusz.    62^; 
Jammer   und    elend    haben   seinen  kleinen  lebenslauf  schnell 
beflügelt.    GERSTENBEnc  Ugol.  9 ;    heilig   sei   mein   name  dem 
enkel  und  beflügle  sein  herz  mit  liebe  zum  Vaterland.  Klinger 
2,147;  dieser  gedanke,  der  nun  mein  herz  beflügelt.  5,44; 
ihm  beflügelte  rasch  der  pefühle  chaos 
seines  herzens  lauten  schlag.    I'laten  325; 
blosz   Worte,   von  tugend  und  empfindung  beflügelt,  sind  die 
bienen,  die  den  samenstaub  der  liebe  von  einer  seele  in  die 
andere  tragen.  J.  Paul  Hwp.  1,  63 ;  denken  beflügelt  dengeist, 
der  beflügelte  geist  stirbt  nicht.  Bettine  br.  2,  4 ;  dem  gelieb- 
ten entgegengehen  beflügelt  den  schritt.   2,  lü7.     Die  schlesi- 
xchen  dichter  gebrauchen  lieber  das  einfache  Hügeln,   w.  m.  s. 
Den  Jägern   heiszt   den   wald   beflügeln   ihn   mit  Stellwegen 
oder  flügeln  versehen. 

BEFLÜGELUNG,  f.  beflüglung  des  Stahls,  schrittschuhc : 
an  dem  Hebrus,  wie  der  Grieche  das  träumt, 
über  der  woge  von  krystall,  erfand 
diese  beflügliingen  des  Stahls,  so  den  stürm  ereilt, 
Thrazens  Orpheus  nicht.    Klopstock  1,  198; 
jetzt  legt  auch  die  beflüglung  des  Stahles 
der  Städter  sich  an.    1,  258; 
in  erhabener  öden  beflüglung.    Platen  303. 
BEFLÜSCHEN,   bei   den  kühlem  üblich:    einen  melier  be- 
flüschen,  mit  grünen  tannenreisern  belegen. 

BEFODERN  ßr  befordern,  befürdern :  ich  habe  seinen  tod 
befodern  wollen,  pers.  rosentli.  1,  25. 

BEFODERN  für  befördern,  wie  fodern  aus  fordern,  köder 
aus  kerder  entspringt,  und  nd.  möser  für  mörser,  masch  für 
marsch  gesagt  wird,  befodern,  beföderer  schreibt  z.  b:  Loiien- 
STEIN,  BoDMER,  Und  bcföderung  Logau. 

BEFOHLENSCHAFT,/-,  commendatio:  befoUenschaft  =  be- 
fülhenschaft.  weisth.  2,  246. 

BEFOHREN,  sich,   metuere,  vereri,  und  schon  das  diction. 
vratislav.  1620  führt  auf  ich  befoiire  mich,   vereor.     befohren 
steht  also   für   befahren,    wie  in  schtes.  mundart  jor,  wor  = 
jähr,  wahr  und  uns  allgemein  argwöhn  für  argwahn : 
du  mörder,  hntieslu  ja  müssen  dich  befohren 
vor  deines  vaters  zorn,  ein  mensch  {virginem)  wie  ich  gebohren 
durch  königlichen  stamm,  bei  allen  wol  bekandt, 
bei  allen  hochgeschätzt,  zu  führen  in  das  Innd. 

Opitz  1,436; 
alsdann  kömpt  ihre  seel,  eh  als  ich  mich  befobre, 
und  fleugt  in  meine  seel,  alsdann  macht  sie  die  tbore 
der  sinnen  bei  mir  auf.    2,  145; 
und  als  er  sich  befohrte, 
er  werd  an  diesem  orte 
vom  koche  leicht  ertappet.  Elias  Major.  1656; 
das  befohren  sich  alle  andre  könig  von  ihnen.  Zinkgref  56, 30. 
freilich  schreibt  Opitz  anderwärts  gefahr,  wie  jähr,  und  1,  227 
sich  befahrt,  nach  gemeinhochdeulscher  weise;  in  jenen  stellen 
scheint  er  seiner  mundart  nachgegeben  zu  haben,    und  wenn  er 
gar  zohlen  ßr  zahlen  auf  holen  reimt,  entsprang  uns  ja  dies 
holen  aus  halen.    Steinhachs  wb.  setzt  befahren,  befahrte  an. 
Mehr   bedenken   macht  ein    ahd.    biforata,   biforahta  (Graff  3, 
621),    das   aber  nicht   befürchtete,    sondern  bereitete  ausdrückt, 
und  das  heutige  furchen  für  fürchten  tu  alemannischer  mund- 
art (Herel  81),  was  verleiten  könnte  befohren  aus  befürchten, 
befürchten  zu  deuten,    ohne  dasz  sich  der  sinn  änderte. 

BEFOLGEN,    sequi,    folge   leisten,    ein  erst  im  18  jh.  auf- 
kommendes, bei  Frisch  und  Stieler  noch  fehlendes  wart,  etwas 
befolgen  für  einem  folgen :    ich    werde  den  crlialtnen  bcfelil, 
ratli  befolgen,   dein   beispiel   befolgen;    er   befolgt   alle    Vor- 
schriften des  arztes  aufs  pünctlichste;    befehlen   ist   ein   un- 
sicheres mittel  befolgt  zu    werden.    Lkssing  2,  104;   despoten 
sind  nicht  immer  gut  befolgt,  wenn  sie  abscheulichkeiten  ge- 
bieten. Schiller  1014.    in  anderni  sinn  sagte  Götz  1,  Hl 
von  scherzen  befolget  ==  iji'fntijct, 
BEFOLGER,  «i.  der  befolger  einer  lehre.  Kmncer  8, 129. 
BEFOLGUNG,  f 

BEFORCIIT,  ierribilis,  furclilbar,  gefürchtet:    und  ich  sage 
euch  in  warheit,  das  ir  darvon  bcfoichler  werdcnt.  Aimonv\*. 
das  ahd.  foraiit,  forht  bedeutete  limens,  timoratus  (Graff  3,  685). 
BEFÖRIlERER,  m.  adjutor,  fautor:  reisele  zu  meinem  ein- 
gebildeten groszen  befiirderer.  Felscnb.  2,  42 ; 
befordrer  vieler  luslbiirkeiien, 
du  angenehmer  .\lsierllu«Zi    IIagedoh.'«  3,  115; 


BEFÖRDERIN  —  BEFRACHTER 


1268 


Ruszland  bedarf  jetzt  keines  eroberers  mehr,  es  bedarf  eines 
weisen  beschützers,  erhalters  und  beforderers.  Klinger  11,  28. 
BEFORDERIN,  f  adjutrix,  sagt  man  lieber  als  befördrerin, 
wie  plauderin  neben  plaudrerin. 

BEFORDERLICH,  ulilis,  commodus:  ihr  könnet  mir  über- 
maszen  beförderlich  sein  in  einer  Sachen.  Gryphius  1,  770; 
welcher  anfang  auch  sehr  wol  beförderlich  und  verfänglich 
von  statten  gienge.  Stnjp/.  l,  35;  ob  es  dem  gemeinen  nutzen 
befürderlich  seie.  Schuppiüs  720;  wiewol  seine  grundsätze, 
ohne  das  laster  eigentlich  zu  begünstigen,  von  einer  seile 
der  tugend  nicht  sehr  beförderlich  sind.  Wieland  1,  22 ;  manche 
vorurtheile  sind  der  moralität  beförderlich.  29, 266 ;  einem  Zu- 
satz, der  dem  poetischen  eindruck  vielmehr  nachtheilig. als 
beförderlich  ist.  Schiller  1132;  eine  Widerlegung  jener  an- 
maszungen  ist  der  sache  selbst  sehr  beförderlich.  Kant  6, 132; 
der  Untersuchung  der  Wahrheit  beförderlich.  8, 10.  heute  zieht 
man  das  einfache  förderlich  vor. 

BEFORDERN,  exigere,  fordern:  darumb  rausz  ich  hinge- 
hen und  befordern,  das  mit  dem  gerichtstage  bald  verfahren 
werde.  Susanna  com.  Hibeldeha  3,  5 ;  ob  bei  solchen  gelegen- 
heiten  nicht  ein  gewisses  von  denen  begnadigten  vor  der 
expedilion  zu  befordern.  Leibnitz  2,  271. 

BEFORDERN,  juvare,  promovere,  provehere,  nnl.  bevorderen. 
früher  auch  befordern  und  befürdern  {s.  fördern) :  dasz  man 
mit  einem  bösen  menschen  nichts  soll  zu  schaffen  haben,  noch 
ihn  befordern  helfen.  Lokman'12;  sein  herr  sollt  nur  landkin- 
der  zu  dienst  und  ämpter  befürdern.  Lehmann  19;  wie  lange 
wolt  ihr  diejenigen  reich  machen,  welche  nur  suchen  euer 
ruin  zu  befürdern.  Schuppiüs  303;  ich  preise  diese  stunde 
für  glückselig,  darin  durch  gottes  beistand  arme  knechte  und 
mägde  können  befürdert  werden  zu  ihrer  zeitlichen  und  ewigen 
wolfahrt.  337 ;  die  vermöglichkeiten  des  gemüts  und  leibs  zu 
beförderen.  728 ;  der  sieg  bei  Dreux,  weit  entfernt  ihre  wünsche 
zu  befördern,  halte  ihr  einen  herrn  gegeben.  Scuiller  1060; 
die  wolle  reizt  die  haut  und  befördert  die  ausdünstung.  Hü- 
FELANDS  macrob.  345;  das  wasser  befördert  die  Verdauung. 
357 ;  die  erkältung  befördert  das  fieber ;  einen  ins  grab  be- 
fördern ;  einen  mit  wagen,  mit  dampf  befördern. 

BEFÖBDERSAM,  ulilis:  was  euch  zum  guten  folgends  be- 
fördersam  erscheint.  Kirchhof  mil.  disc.  87. 

BEFÖRDERUNG,  f.  utilitas,  promotio :  hatte  also  von  gu- 
ten freunden  beforderung.  Schweinichen  1,  169;  zu  befürde- 
rung  von  gemeiner  statt  nutzen.  Kirchhof  wendunm.  159'; 
dessen  ehre  durch  meine  beforderung  geringert  worden,  pers. 
baumg.  1,  6 ;  wann  ich  durch  deine  beforderung  etwa  zu  einem 
kleinen  ampte  gelangen  möchte,  rosenth.  1,  18 ;  die  Jesuiten 
haben  leute,  welche  ihnen  mit  aller  beforderung  an  die  band 
gehen.  Schdppius51;  haben  ihm  wege  und  siege  gezeiget  und 
andere  beforderung  erwiesen.  315;  einzelne  denken  wenig 
daran,  dasz  indem  sie  ein  jedes  seine  eigne  absichUverfoI- 
gen,  sie  unbemerkt  an  der  naturabsicht,  die  ihnen  selnst  un- 
bekannt ist,  als  an  einem  leitfaden  fortgehen  und  an  dersel- 
ben beforderung  arbeiten,  an  welcher  ihnen,  wenn  sie  ihnen 
bekannt  würde,  wenig  gelegen  sein  würde.  Kant  4,  293;  be- 
forderung im  amt,  avancemenl. 

BEFÖRDERUNGSMITTEL,  n.  ist  nicht  die  armut  ein  gut 
beförderungsmittel  zu  allen  solchen  lugenden?  Dan.  Dykes 
weltl.  selbstbelrieger  durch  D.  P.  H.  fünße  aufl.  Frankf.  1652. 
8.  s.  192. 

BEFORSCHEN,  scrutari,  erforschen:  wir  vorgenante  dechant 
und  theologi  haben  dis  alles  ein  lange  zeit  beforscht  und 
fleiszig  angezeichnet,  was  die  heiligen  lerer  hierin  hielten. 
Luther  1,  547". 

BEFRACHTEN,    onerare,  enger  als   beladen   und  fast   auf 
kaufmannsgut  eingeschränkt  {s.  fracht),  nnl.  bevrachten: 
lange  lag  und'nnchte  stand  mein  schif  befrachtet, 
günsiger  winde  harrend  sasz  mit  treuen  freunden 
ich  im  hafcn.  Göthe; 

dasz  cinfalt  oder  eitelkeit 

genies,  maniesein  gleich,  befrachtet.  Cökinck  l,  14; 
den  tisch  mit  einer  guten  mahlreit  befrachten.  Siegfr.  von 
Lindenb.  1,  350;  so  wie  wir  mit  unserin  geheimnisse  ganz 
lüglich  ein  frisches  kapitel  befrachten  können.  2,  35;  einem 
den  köpf  mit  grillen  befrachten.  2, 109 ;  den  befrachteten  ge- 
krümmten dikastciiantcn.  J.  Paul  jubeis.  189;  ihr  {der  für- 
slin)  mit  verwandten  befrachtetes  courgefolge.  TU.  3,  94  ;  land- 
slrasze  ..  die  einen  kuabenkopf  anleuchtet  und  befrachtet. 
Fibel  30. 
BEFRACHTER,  m.  wenn  ein  fuLrmanD,  der  in  einem  gruiMl. 


1269 


BEFMGEN — BEFREIEN 


BEFREIEN  —  BEFREMDEN 


1270 


losen  wege  mit  einem  schwerbeladenen  wagen  festgefahren, 
nach  mancherlei  vergeblichen  versuchen  sich  los  zu  arbeiten, 
endlich  sagt,  wenn  alle  stränge  reiszen  so  musz  ich  abladen; 
wäre  es  billig  aus  dieser  seiner  rede  zu  schlieszen,  dasz  er 
gern  abladen  wollen,  dasz  er  mit  fleisz  die  schwächsten  mür- 
besten  vorgebunden,  um  mit  guter  art  abladen  zu  dürfen? 
wäre  der  befrachter  nicht  ungerecht,  der  aus  diesem  gründe 
die  Vergütung  alles  Schadens,  selbst  alles  innern  von  auszen 
unmerklichen  Schadens,  an  welchem  ebensowol  der  einpacker 
schuld  könnte  gehabt  haben,  von  dem  fuhrmanne  verlangen 
wollte?  dieser  fuhrmann  bin  ich,  dieser  befrachter  sind  sie, 
ehrwürdiger  mann.  Lessing  10, 127. 
BEFR.\GE.N,  nn/.  bevragen. 

1)  interrogare,  consulere:  den  arzt,  das  orakel  befragen, 
zum  schein  befragen;  darüber  hat  er  mich  noch  nicht  be- 
fragt;  peinlich  befragen; 

und  l'ilatus  berragt  ibn,  du  bist  der  könig  Judaeas  ? 

Klopstock  Hess.  7,  247  ; 
und  a)le  kundigen,  die  ich  befragte, 
bestätigten  mir  eures  anspruchs  recht.    Schiller; 
was  ich  nun  sprach,  was  die  holdselge  mir 
erwiedert,  möge  niemand  mich  befragen ; 

Harke  und  schwache  flexion  schwankend,  wie  beim  einfachen 
fragen :  die  er  oft  befrug.  Kant  5,  433. 

2)  sich  befragen,  rathes  erholen,  untereinander  fragen,  sich 
erkundigen :  und  sie  entsatzten  sich  alle,  also  dasz  sie  unter 
einander  sich  befragten  und  sprachen.  Marc.  1,  27.  Luc.  24, 15 
{vgl.  einander  ansehen,  sp.  453) ;  und  fiengen  an  sich  mit  ihm 
zu  befragen.  8,  11;  und  er  fragte  die  schriftgelehrten,  was 
befraget  ir  euch  mit  inen?  9,  16;  wie  sie  sich  miteinander 
befragten.  12,  28 ;  da  stunden  etliche  auf  von  der  schule  und 
befragten  sich  mit  Stephano.  apost.  gesch.  6,  9 ;  er  redet  auch 
und  befragte  sich  mit  den  Griechen.  9,  29;  befragt  sich  der 
gewonheiten.  Magelone  A3; 

er  sprach,  n-ürd  mir  der  dienst  nicht  behagen, 

will  ich  mich  nicht  mit  euch  befragen, 

ob  ich  laufen  oder  bieibea  soll.    Waldis /e&en£«opi6'; 

lagen  i.  f.  gn.  fünf  tage  stille  und  befragten  sich  um  rittmei- 
ster  und  landknechte.  Schweinichen  1, 1S4 ;  i.  f.  gn.  kamen  und 
befragen  sich,  wie  es  im  regiment  und  rentkammern  stehet. 
3,  221 ;  ein  junger  mensch  sich  bei  einem  studioso  theologiae 
befragte,  was  er  sprechen  solle.  Weise  kl.  leute  210 ; 

bald,  als  er  essen  ^ah  und  roch, 
befragt  er  sich,  wie  leb  ich  noch?    Hagedor:«  3,  33; 
dasz  du  zuvörderst  dich  nach  dem  sinne  der  ehern  befragest. 
GöTHE  40,  317. 
BEFRAGUNG,  f   consultatio :   eine   befragung  hatte  statt; 
peinliche  befragung,  torlur. 

BEFRANSEN,  BEFRANZEN,  fimbriare.  mit  fransen  schmücken  : 
ir  habt  doch  jetzund  feine  glale  behaftete  und  befransete 
mutzen  mit  runden  schösziin  oder  dreien  zipfelen.  Garg.  116* ; 
wenn  sie  sich  mit  pferdeschwünzen  befranzten.  J.  Pacl  teuf, 
pap.  1,  86. 

BEFRASZT,  eibis  oppletus:  ir  seit  wol  besoffen  und  wol 
befraszt.   Garg.  10t'.     ».  befressen. 

BEFREIEN,  liberare,  lösen,  entbinden. 

1)  persönliches  befreien,  iÄev&eoovf  drückte  die  alte  spräche 
durch  frei  lassen,  frei  geben,  frei  machen,  goth.  frijana  briggan 
aus,  und  auch  heute  noch  ist  fitr  die  manumission  der  kneclite 
frei  lassen,  für  die  absolution  der  angeklagten  frei  sprechen  her- 
gebracht, so  bestehet  nun  in  der  freiheit,  damit  uns  Christus 
befreiet  hat  {rfj  ilev&tqiq  r^ftäs  Xqiozo^  r^hvS't'gcoasy)  und 
lasset  euch  nicht  widerumb  in  das  knechtische  joch  fangen. 
Gal.  5,  1.  befreien  gilt  auch  vom  lösen  des  zaubcTS:  Rusa 
und  Zamora,  durch  die  gewallige  band  des  Zauberers  ver- 
wandelt sind  sie  befreit  (erlöst),  so  wird  des  sultans  tochter 
auch  entzaubert.  Ki.incers  th.  3, 143. 

2)  die  bände,  den  rücken  befreien;  die  worte,  gedankcn, 
den  willen: 

männer  sollen  luibrisch  rlauben,  weiber  wollen  bSpstisch'sein, 
mäoner  »olln  den  willen  Itmdea,  weiber  wollen  ihn  befrein. 
LotiAU  3,  6,  98. 

3)  gen.  der  sacht: 

du  giildne  freiheit  du,  mein  wünschen  und  begehren, 
wie  wol  doch  w.ire  mir,  im  fall  ich  jeder  zeit 
mein  selber  mochte  sein,  und  w.ire  ganz  befreit 
der  liebe,  die  noch  nie  sich  wollen  ton  mir  kehren. 

Opitz  port.  12; 
ich  war  der  wankelmui  des  glürkes  ganz  befreit.    2, 196; 
es  bat  mich  gott  befreit  der  feinde  scharen,    ps.  37; 
vom  Wirbel  an  bis  auf  den  fusz 
ist  nichts  befreit  der  plage.    3,  15S; 


hat  darauf  den  cämmerling  seiner  gefangnis  befreieu  pers. 
roseng.  1,  27 ;  deiner  fessel  kanstu  dich  mit  Vorsichtigkeit  be- 
freien, pers.  baumg.  1,  33 ;  möchte  sie  dieses  schandmahls  be- 
freien. Lobenst.  irm.  2,  993;  sie  wären  aller  frohnen  befreiet. 
1,  560;  mich  aller  gefahr,  darein  ich  anderwärts  gerathen 
möchte,  befreien.  Simpl.  ty  643;  wollte  doch  seinen  Jüngern 
söhne  des  heerzugs  befreien.  Schcppics  405 ; 

um  diese  dame  hier  des  zaubcrs  zu  befrein. 
WiKLAno  17,  172. 

4)  heute  zieht  man  die  praep.  vor,  von,  wenn  entledigen, 
vor,  trenn  sichern,  schütsen  gemeint  ist:  die  bände  von  den 
fesseln,  den  rücken  von  der  last  befreien ;  ein  sanfter  tod 
befreit  ihn  von  allen  schmerzen;  du  bleibest  von  so  gefähr- 
lichen ämptern  befreiet,  rosenih.  1,  IS ;  werde  gleich  einem 
kinde,  das  eben  aus  mutterleibe  kommet  und  von  allen  be- 
gierden  befreiet  ist.  pers.  baumg.  6,  11;  ein  bettler,  dessen 
herz  und  gemüt  von  sorgen  befreiet  ist.  das.;  so  sprach  der 
arme  mann  und  befreiete  sich  also  von  demjenigen,  was  auf 
seinem  herzen  lag.  4,  5;  wer  seine  freunde  vor  feinde  hält, 
der  wird  seine  seele  vor  gefahr  nicht  befreien  können.  1,  33 ; 
wollet  ihr  vor  dem  Stachel  der  misgunst  befreiet  sein.  Schup- 
pius  411; 

vom  eise  befreit  sind  ström  und  bäche.    Götbe  12,  52. 

5)  begab  er  sich  an  einen  befreiten  ort  zu  Daphne.  2  Macc. 
3,  33;  befreiter  gerichtsstand. 

6)  befreien  hiesz  ehmals  auch  zu  elvas  emüchligen,  privi- 
legieren,  kühn  machen,  die  freiheit  gewähren  (s.  befreiUeiten) : 

zwar  ofle  werd  ich  seufzen  müssen, 
wenn  ich  crwege  jene  zeii, 
da  ich  den  schönen  mund  zu  küssen 
mit  gutem  fuge  war  befreit, 
da  ich  des  lebens  süszes  wesen 
von  ihren  lippen  durfte  lesen.    Fle>i:«g49$; 
schmähen,  schweren,  leugnen,  lügen, 
liebekosen,  schmeicheln,  schmügen, 
ist  der  scbild.  der  Schelmereien 
Air  der  warheit  soll  befreien.    Logau  1,  8,  26 ; 
der  Vorsitz  ist  den  lausen  für  Döheii  wol  erlaubt, 
die  wie  die  flöh  im  busen  nicht  wuhnen,  nur  im  haupt. 
Schmarotzer,  die  bei  hofe  credenzen  fürstlich  gut, 
sind  für  gemeinen  beuchlern  befreit  zu  gröszrem  muL 

1,  9,  79. 
BEFREIEN,  sich,  uxorcm  ducere,  s.  freien :  das  er  nicht 
ein  weih  von  seinem  geblüt  nimpt,  sondern  befreiet  sich  mit 
den  beiden.  Lcther  4,  209';  also  das  er  gesagt,  warumb  ich 
mich  nicht  wider  befreihe?  darauf  ich  ihme  geantwort,  das 
ich  fortbin  schwach  seie,  solt  ich  dann  ein  junge  nehmen? 
Thurseisser  nothgedr.  ausschr.  3,  2 ; 

wenn  sich  die  göttcr  auch  befreien  gleich  als  wir. 

Flehi.ng  617 ; 
er  hat  sich  reich  befreit.    Rachel  8. 
BEFREIER,  m.  liberator:  Arminias,  Deutschlands  befreier; 
du  befreier  von  Pisa.  Gebstenb.  Ugol.  9. 

BEFREIHEITEN,  beneficium  tribuere,  privilegieren :  auch  so 
bin  ich  widerumb  befreiheit  oder  zum  wenigsten  befristet. 
Lither  4.  536*. 

BEFREIUNG,  f  liberalio,  exemlio. 
BEFREIUNGSGRUND,  m. 
BEFREIUNGSKAMPF,  m. 
BEFREIUNGSKRIEG,  m. 

BEFREIU.NGSTAG,  m.  die  bisher  getragene  last  war  so 
grosz,  dasz  ich  den  16  mai  als  glücklichen  befreiungslag  an- 
sah, an  welchem  ich  mich  in  den  wagen  setzte,  um  nach 
Böhmen  zu  fahren.  Götbe  32,  55. 

BEFREll  NGSURKUNDE,  f  Wieuind  8,  329. 
BEFREMDEN,  mirum  rideri.  nnl.  bevreemdcn. 

1)  diese  sachc  befremdet ;  sein  unzartes  auftreten  muste  be- 
fremden: die  erkllirungen  des  Apollo  befremdeten  mich  end- 
hch  und  seine  handlungen  noch  mehr.  Wieland  2,  22. 

2)  gewöhnlich  unpersönlich:  es  befremdet  mich  sehr,  nimmt 
mich  fremd;  hat  mich  im  geringsten  nicht  befremdet;  lasz 
dich  nicht  befremden;  mich  befrembd,  dasz  du  sainpt  deim 
gesellen  in  solcher  armut  so  frölich  lebest.  Bqcc.  H,  Üb' ;  denn 
warlich,  doctor  Held  sich  etwas  scharpf  uf  den  tag  zu  Schmalkald 
hörn  lassen,  das  sich  die  fürsten  befrembdt  (verwundert).  Lanz 
Carl  5  s.  262;  darinn  sich  niemandts  soll  befrembden,  dasz  nicht 
recht  zugange.  Paracelsls  2,  190";  lasz  dich  nicht  wunder 
nehmen,  was  du  gesehen  hast,  noch  dich  es  befrembden.  pers. 
baumg.  1,  1;  lasz  dich  nicht  befrembden  dessen,  was  der  alte 
mann  vorgebracht  hat.  I,  6 ;  wein  {ßr  wen)  sollte  hier  nicht 
der  sonderbare  gegensatz  befremden.  Lessing  7,  347;  inson- 
derheit ermahnte  er  mich,  mein  urthcil  über  alles  zuräck  zu 

80* 


1271 


BEFREMDLICH  —  BEFREUNDEN 


BEFREUNDIN— BEFRIEDEN 


1272 


Laken,    mich  durch  nichts  hefremden  zu  lassen.    Wieland  2, 
21;   man  wird  sich  nicht  befremden  dürfen.  Kant  8,  359. 

3)  dieses  liesz  sich  hemelter  legat  sehr  befrembd  fürkom- 
men. MicRÄLiüs  5,  219 ;  welchem  befremdet  fürkam.  Lohenst. 
Arm.  1,  85. 

BEFREMDEN,  n.  zu  meinem  groszen  befremden. 
BEFREMDLICH,  mirabilis: 
dasz  eine  Fyllis  sicli  erkläret, 
sie  wolle  niclit,  dasz  sie  mit  leiser  stimtne  schreit, 
und  wenn  nichts  helfen  will,  euch  lächelnd  dräut, 
und  sich  so  lang  es  hilft  mit  stumpfen  nageln  wehret, 
ist  nichts  befremdliches.  Wieland  9,  86; 

ich  denke  nicht,  dasz  es  befremdlich  vorkommen  werde.  28,  225. 

BEFREMDLICHKEIT,  f.  wir  (Deulschen)  am  wenigsten  tre- 
ten zurück  vor  den  befremdlichkeiten,  womit  jene  heroen  an- 
dern den  zutritt  erschweren.   Wolfs  mus.  1,  ti. 

BEFREMDUNG,  f.  ich  merke  noch  eine  befremdung  des 
Spence  an,  welche  deutlich  zeiget,  wie  wenig  er  über  die 
grenzen  der  poesie  und  mahlerei  musz  nachgedacht  haben. 
Lessi>(g  6,  441;  zu  seiner  nicht  geringen  befremdung  wollte 
weder  frosch  noch  nymfe  zum  Vorschein  kommen.  Wieland 
11,  40. 

BEFRESSEN,  1)  adedere,  arrodere:  mause  befressen  den 
käse ; 

bücher,  die  keine  zeit  |befriszt.    Fleming  24. 

2)  sich  befressen,  cibo  se  implere  (wie  besaufen,  potu): 

denn  wer  sein  ampt  wil  recht  bestellen, 
musz  nicht  die  gosch  mit  hier  verquellen, 
noch  sich  befressen  alle  satt, 
wie  jetzt  wol  die  thun  in  der  Stadt. 

RiNcwALD  plagium  2,  6 ; 
wer  viel  zu  lesen  pflegt  und  weisz  nicht  nachzusinnen, 
vergleichet  sich  mit  dem  der  gar  zu  geizig  iszt, 
und  dessen  magen  sich  an  speisen  so  befriszi, 
dasz  sie  mehr  schaden  thun  als  sie  ihn  nähren  können. 
Opitz  1,  348. 
vgl.  befraszt. 

BEFREUDEN,  gaudio  afficere,  erfreuen:  befridet  und  be- 
freudet  das  herz.    Pelr.  96'; 

wann  er  seine  Schäfchen  weidet 
auf  der  grasbegrünten  au, 
wird  er  schon  genug  befieudet. 

(]hr.  Kmtiels  sinnfrüchlc  1677  s.  24. 

BEFREUEN,  sich,  erfreuen?:  so  hat  der  spirilus  salis  sein 
zeug,  in  dem  er  sich  befrewen  mag  {doch  nicht  befreien,  auf- 
lösen ?).  Paracelsus  1,  291" ;  froh  blickt  unser  kranke  auf  und 
sein  haupthaar  war  das  erste,  mit  dem  er  sich  befreuen  wollte. 
Hippel  lebcnsl.  3, 15 ;    ich  befreue  mich  sie  so  wol  zu  sehen. 

BEFREUNDE,  m.  cognatus,  propinquus,  für  befreundete, 
befreunde:  wegen  des  übrigen  könnte  mit  der  zeit  schon  ein 
vergleich  zwischen  den  bocbadlichen  eigensinnigen  befreunden 
getroffen  werden.  Felsenb.  2,  147 ;  nach  Mülliausen  zu  einem 
weitläuftigen  befreunden  reisete.  2,  222;  ich  aber  gieng  mit 
einem  alten  befreunden  auf  dieser  seile.  3,  150 ;  wenn  ein 
chemann  ein  gut  verkauft,  das  sein  wäre,  so  haben  darum 
seines  eheweibs  befreunde  den  einstand  nicht  zu  begehren. 
Hohberg  3,  37*;  die  stimm  des  hinweckgehenden  ist  von  den 
befreunden  eben  mit  diesen  Worten  vermerkt  worden.  Sciiup- 
pius  770.    s.  befreundin. 

BEFREUNDEN,  conciliare,  zum  freunde  machen. 

1)  einen  dem  andern:  ich  will  dich  ihm  oder  mit  ihm  be- 
freunden; diese  alle,  reiche  handclsstadt(iVümfcejv/)  eilte,  sich 
den  bcschützer  der  evangelischen  zu  befreunden.  Beckers 
weltg.  9,  92. 

2)  meistens  sich  befreunden,  se  eonjungere,  ursprünglich 
nuptiis:  befreundet  euch  mit  uns,  gebt  uns  ewre  töchler  und 
nemet  ir  unsere  töchter.  1  Mos.  34,  9 ;  und  soll  dich  mit  inen 
nicht  befreunden,  ewr  tfichter  soltu  nicht  geben  ircn  süncn 
und  ire  töchter  soll  ir  nicht  neinen  ewren  sönen.  bMos.1,Z; 
und  Saloino  befreundte  sich  mit  Pharao  dem  könig  in  Egyp- 
len,  und  nam  Pharao  töchter.  l  Icön.  3,  l ;  und  Josaphat  halte 
prosze  reichlhuip  und  ehre  und  befreundet  sich  mit  Ahab. 
2  chron.  18,  1 ;  wir  aber  haben  dein  gebot  lassen  faren,  das 
wir  lins  mit  den  Völkern  discr  grewel  befreundet  haben.  Esr. 
9,  H;  und  einer  halle  sich  befreundet  mit  Saneballal.  iVcÄ. 
13,28;  nach  etlichen  jaren  aber  werden  sie  sich  mit  einan- 
der befreunden.  Dan.  II,  0 ;  denn  naciidcm  er  mit  im  be- 
freundet ist,  wird  er  listiglich  gegen  im  handeln.  11,23;  denn 
Milca  wird  sich  auch  befreunden  und  eine  inuller  werden. 
Luther  4,  7l';  man  kan  sich  zu  weil  nicht  befreunden.  Agri- 
COLA  spr.  2  n*  316 ;  mit  der  zeit  lieszen  sich  auch  die  kindcr 


gotles  verfüren,  befreundeten  sich  mit  den  gottlosen.  Mathe- 
sius  82";  verzeiht  (es  steht  verzeucht)  mir,  wann  ich  diesel- 
bige  freiheit  brauche,  welche  in  der  insel  Atlantide  mir  pflegt 
befreundt  zu  sein.  Schüppius  767;  ist  es  ein  mann,  wie  Jean 
Paul,  so  befreundet  sich  der  leser  sogleich.  Göthe  6,  116; 
doch  wusle  er  mit  meiner  wolwollenden  Zudringlichkeit,  mit 
meiner  heftigen,  durch  keine  lehre  zu  beschwichtigenden  lern- 
begierde  sich  so  wenig  als  andere  zu  befreunden.  45,  286; 
im  wettflug  schwang  ein  befreundender  reigen  dir  bis  an  den 
felsen  sich  zu.  Stolberg  15,  20 ;  Liane,  die  gern  die  befreun- 
dete stimme  hörte.  J.  Paul  Tit.  2,  42.  ein  befreundler  hiesz 
ein  befreundeter,  mit  schwacher  ßexion  der  befreunde  (s.  oben) ; 
sein  befreundler.  Felsenb.  1,  lt3;  ein  befreundler.  3,139;  die 
befreundeten  mächte,  ein  befreundetes  haus. 

BEFREUNDIN,  f  propinqua :  eines  tages,  da  ich  von  einer 
befreundin  in  ihren  garten  eingeladen  war.  Felsenb.  3,  149; 
meine  befreundin  den  van  Steen  an  der  band  zu  mir  geführt 
brachte.  3,  150 ;  indem  wir  nun  meine  befreundin  von  ferne 
auf  uns  zukommen  sahn.  3, 151 ;  mit  einer  ihrer  befreundin- 
nen  auf  ein  landgut  gereiset.  3, 199 ;  dasz  ich  eine  von  ihren 
befreundinnen  aus  Deutschland  sei.  Irrgarten  582 ;  eure  ge- 
mahlin  ist  meine  weilläuflige  befreundtin.  585;  die  armuth 
war  seine  nächste  befreundin  und  folgte  ihme,  als  ein  selbst- 
berufener gast,  auf  dem  fusz  nach.  Simpl.  l,  382;  Lorchen, 
ihre  weilläuflige  befreundinn.  Gellert  3,  134.     heute  veraltet. 

BEFREUNDUNG,  f  hierüber  schweigt  man  denn  wie  bil- 
lig, und  fühlt  sich  beglückt,  mit  dir  in  befreundung  zu  ste- 
hen. Bettine  br.  2,  87. 

BEFRIEDEN,  protegere,  tueri,  pacare,  ahd.  fridön,  ags.  fri- 
dian,  mhd.  bevriden,  wurde  zumal  auf  das  hegen  und  schir- 
men des  landes  und  feldes  gegen  feinde  und  Schädiger  ange- 
wandt : 

ob  min  lant  mit  mir  bevridet  waere.    Iw.  1905; 

sit  ich  an  einen  vrumen  man 

min  lant  nicht  bevriden  kan.    1910; 

60  heiszl  es  in  einer  niederd.  Urkunde  von  1255 :  de  velde  mit 
lanlwere  bevreden.  Lisch  17,  97 ;  in  diesem  sinne  steht  2  Macc. 
1,  34  da  versuchts  der  könig  auch  und  liesz  den  ort  aus- 
sondern und  befrieden;  ich  lerne  auch,  dasz  gott  durch 
solche  gebot  mir  mein  gut  befriedet  und  verheget.  Luther  6, 
313*;  friedhof  ist  ein  gehegter  ort,  ein  asyl  und  einfriedigen 
einhegen,  einzäunen,  mehr  unter  friede  und  frieden,  aus  der 
sinnlichen  Vorstellung  entfaltete  sich  leicht  die  abgezogene  des 
Schützens,  schirmens,  beruhigens,  befriedigens,  wofür  hier  be- 
lege folgen  {vgl.  mhd.  bevriden  Bari.  324,  21.  pass.  K.  69,  22. 
205,  28.  332,  46.  385,  90.  389,  93.  682,  32).      . 

davon  das  herz  getröstet  wird  und  befriedet.  Luther  1,63'; 
es  ist  nicht  gnug  sagt,  das  concilium  habs  gelban,  man  musz 
grund  anzeigen,  die  Widersacher  zu  schweigen,  und  uns  selbst 
zu  befrieden.  1,  344';  da  sie  wollen  mit  iren  klügsten  an- 
schlegen  und  reihen  ire  königreiche  befrieden  und  erhallen. 
1,444*;  mein  gewissen  zu  befrieden.  3,  415;  darnach  unter 
dem  keiser  Constanlius  wafd  die  kirche  befriedet  und  das 
evangelium  on  Verfolgung  gepredigt.  6,478'; 

das  schwer!  ist  mit  solcher  kiinst  geschmitt, 

das  sich  ein  man  da  mit  benilt 

vor  hundert  mannen,  wenn  ers  auszeuht.    fastn.  sp.  763,  21 ; 

in  dem,  dasz  wir  in  hond  geklagt 

die  Sünden,  die  uns  hond  genagt, 

und  drunib  gklagt,  das  unser  gwissen 

befridet  würd.  Uran is  Freidan*  5; 

Hestcr  das  jüdisch  volk  bcnied.    H.  Sachs  I,  362'; 

di»  bürg  war  nach  der  Römer  art 

gewölbt,  vor  fcwer  zu  befrieden.    I,  399*; 

die  weil  wir  nun  befridet  sinn.    III.  2,  158*; 

auch  unser  gschrci  und  sehnlich  bit 

erhört,  und  uns  gncdig  befridt 

vor  vil  Unglücks  und  hrcchlichkeit.    V,  24'; 

wo  ir  jelzund  nhgicngt  mit  lod, 

darvor  euch  wöll  bcfiiden  gott.    V,  229*; 

dem  leibe,  der  mich  getragen,  zu  eren  sollen  die  Römer  von 
mir  erledigt  und  befridet  sein.  Arnn.  von  Evbe  lo';  ob  ir  k. 
maj.  nicht  befridcn  oder  fridliclien  anstand  annenien.  Ciuiels 
Maximil.  s.  212;  es  musz  ihn  doch  nicht  sättigen,  befriden. 
AcHicüLA  spr.  148*;  die  sach  zwischen  uns  sei  in  guttem  uf- 
gehapt  und  mit  gebot  befridet  und  zu  enllichem  rechtspruch 
gegen  ainander  vertragen.  Reuchlin  verst.  13';  dadurch  gott 
die  gekreuzigten  müseligen  Christen  befridet.  Frank  cfnon.  1  ; 
Ecius  schicket  botscliafl  zu  dem  künig  Theoderico,  sich  mit 
einander  zu  befriden.    156*;    zuletzt  zobe  er  aus  Rom,    liesz 


J273 


BEFRIEDEN— BEFRIEREN 


BEFRISTEN  —  BEFÜHLEN 


1274 


Welschland  befridet  und  wendet  den  spisz  wider  die  Win- 
den. 178';  der  bapst  sagt  im  davon,  dasz  er  sich  also  übt 
und  beinüt  zu  befriden  die  kirchen.  chron.  Germ.  245';  da- 
mit die  kirche  einmal  befriedet  und  alle  Völker  einerlei  glau- 
bens  sein  möchten.  Kircbhof  tcendunm.  377';  Christus  ist 
erschienen  uns  mit  gott  zu  befrieden.  Reiszner  /er.  1,  5"; 
Alexander  der  grosz  hat  alles  Griechenland  befriedet.  2,  46' ; 
Julius  Cesar  hat  alle  land  befriedet.    2,  76' ; 

so  hat  uns  auch  der  herren  augustiner, 

der  karmeliien  irost,  die  gunst  der  kapuziner, 

der  EnglischeD  gespräch  und  der  Franzosen  sehen 

(Batavien  war  feindj  befriedet  oft  das  herz.    Fleming  209; 

plötzlich  mildert  sich  die  glut, 

wie  du  uns  befriedest.    GöTaB41,339; 

beschlossen  wir,  mit  unserm  Stiefsohn  Ernst, 

der  nach  des  reiches  sprach  gefaDgen  lag, 

uns  wieder  zu  betrieden.  ihn  durchaus 

in  würden  und  in  ehren  herzustellen.    Uhla;*ds  Ernst  30 ; 

0  komm  genius,  befriede  dich  mit  mir.    Betti^e  tageb.  143. 

BEFRIEDER,  m.  pacificator:  befrider,  schidman.  Maaler53'; 
er  (Johann  von  Böhmen)  schreib  sich  selbs  ein  befrieder  Italic. 
Stumpf  1,  756. 

BEFRIEDERIN,  f.  conäliatrix,  die  uf  friden  stellt.  Maaler  53'. 

BEFRlEDIGEiN,  satisfacere,  placare,  nnl.  bevredigen. 

1)  sepire,  einhegen,  einfriedigen,  im  sinn  von  befrieden :  den 
wald,  garten,  die  ßur,  das  feld  befriedigen; 

Ton  der  stachlichten  hecke  befriedigt.    Voss  3,  217; 

alle  zugleich  nun 
sammelten  dorngesu^ucb,  dasz  befriediget  würde  ein  frucbtbain. 

Od.  24,  224. 

2)  das  land  befriedigen,  euern  rath,  eure  meinung  wünscht 
der  künig,  wie  diese  Staaten  wieder  zu  befriedigen.  Göthe  8, 257; 
den  hunger  oder  durst  befriedigen,  stillen;  seine  lüste,  triebe, 
begierden,  wünsche  befriedigen ;  er  konnte  seinen  geiz  nicht 
befriedigen ;  die  darstellung  dieses  Stücks  befriedigte  allge- 
mein, stellte  zufrieden,     befriedigende  antwort,  zusage. 

3)  seinen  gläubiger  befriedigen,  bezahlen;  zudem  sei  auch 
billich,  dasz  er  mich  umb  den  schreiberlohn  befriedige.  Simpl. 
2,  41.     er  ist  schwer  zu  befriedigen. 

4)  sich  befriedigen,  begnügen:  Algerthe,  so  dennoch  zu 
zweien  malen  mutter  worden,  muste  sich  mit  einem  scheide- 
briefe  befridigen.  Hofmax.nswaldaü  heldenbr.  15;  er  befriedigte 
sich  nicht  allein  damit,  auf  dem  theater  Ober  die  masze  zu 
wüten.  J.  E.  Schlegel  3,  150. 

5)  befriedigt  sein :  von  der  geruhsamkeit  und  herlichkeit 
eines  befriedigten  gemütes.  pers.  rosenth.  3 ;  so  dasz  ich  nach 
dem  erklärten  frieden  hoffen  kann,  sie  auch  auf  einem  be- 
friedigten, obgleich  sehr  zerrütteten  boden  wieder  zu  sehen. 
Göthe  43,  8 ; 

nichts  trennt  uns  mehr,  das  Schicksal  ist  befriedigt. 

ScBrLLER. 

BEFRIEDIGUNG,  f.  1)  sepimentum,  munitio :  auf  dem  kirch- 
hofe,  von  dessen  ehemaliger  frommen  befriedigung  keine  spur 
mehr  zu  sehen  ist.  Göthe  39,  268 ;  planken  und  hecken, 
welche  auf  befriedigung  verschiedener  besitzthümer  deuten. 
40,  374. 

2)  satisfactio :  die  einzige  der  vielen  befriedigungen  der 
mächtigen  und  reichen,  der  sie  nicht  auf  kosten  der  kleinen 
genüge  leisten.  Kli.<(ger  11, 157;  o  käme  dies  schif  zu  meiner  be- 
friedigung. Tieci  11, 300 ;  er  sprach  seine  volle  befriedigung  aus ; 

aber  ach!  schon  fühl  ich,  bei  dem  besten  willen, 
befriedigung  nicht  mehr  aus  dem  busen  qiilllen. 
Göiflc  12,  65. 
BEFRIEDIGUNGSMITTEL,  n. 

BEFRIEDUNG,  f  pacatio:  auf  »ölichs  sind  etliche  taglei- 
stungen  in  Ungarn  gebalten  worden,  von  befriedung  des  rcichs 
Ungarn.  Stumpf  1,  15" ;  nach  der  befriedung  und  aufrichtung 
des  römischea  reichs  hat  Vespasianus  fürgenommen,  den  tem- 
pel  des  friedes  zu  hauwen.  Reiszner  Jer.  2, 156' ;  nach  befrie- 
dung.   Melissus  ps.  Fe*. 

BEFRIEREN,  frigore  covßci,  ahd.  pifriosan,  mhd.  bevriesen, 
nnl.  bevriezen.    die  chlinga  sint  wnnleres  pefroren.  .N.  ps.  125,  4 ; 
da  lag  ein  schlang  gar  ungestalt 
im  Schnee  und  eis  befroren  hart.    Waldis  1,7; 
sein  haar  ist  im  (dem  I6wen)  bereif),  es  hangen  an  den  obren 
die  zapfen  von  crrslall,  die  klauen  sind  befrohren.    Opitz  1,3; 
deren  (meerbuten)  es  daselbst  mehr  gibt   und    wegen   umgrif 
de»    landes   gleich   als    stehende  seen  leicht  haben  befrieren 
können,  pcrs.  reiteb.  Z,  i ;    wasser,    welches   wegen   kalte   so 
dick  als  ein  stein  befroren  war.   baumg.  3,  21 ; 
blieb  sie  fest  im  eise  befroren.    Göthe  40, 193 
(ök  dat  S8  berrds  in  deme  ise.    Reinke  5718) ; 


da  sie  im  eise  befror.    40,  194 
(do  se  alsus  bevroren  stöl.    Reinke  5730) ; 
nnl.  bet  waler  is  bevroren. 

BEFRISTEN,  di/ferre,  prorogare,  frist  geben,  ertheilen :  auch 
so  bin  ich  wiederumb  befreiheit  oder  zum  wenigsten  befri- 
stet. Luther  4,  536';  damit  ich  also  befristet  war.  Schweisi- 
cHEx  1,  318;  ich  bitte  mich  mit  einer  dilation  zu  befristen. 
Hippel  br.  13,  28. 

BEFRISTUNG,  f  er  nahm  eines  tages  befristung.  Lohenst. 
Arm.  2, 601.  983 ;  sie  erbat  sich  drei  tage  befristung.  Hippel  8,  31. 

BEFROHNEN,  1)  mit  frohnen  belegen:  die  unterihanen  be- 
frohnen. 

2)  mit  arresl  bestricken,  guter  befrohnen.  Sheler  571  schreibt 
heiröütn. 

BEFRÖSTEN,  glaeie  obducere,  mit  frost  belegen: 

ein  kaltes  eis 
befröstet  adem,  herz  und  lungen.    GarPHius  2, 10. 

BEFRUCHTEN,  foecundare,  fruchtbar  machen:  das  ei,  die 
blute  befruchten;  warmer  regen  befruchtet  das  land;  feigen 
künstlich  befruchten ;  befruchte,  schwangere  frau.  Hemsch  241 ; 

jene  befruchtet  gebar  den  Pelias  samt  dem  Nelcus 

Voss  Od.  11,254; 
und  befruchtet  gebar  ihm  zwillingssöhne  die  nvmfe 

«.6,26; 
beklagt  des  grüblers  trocknen  tleisz, 
der  in  der  alten  besten  werken 
nur  eine  lesart  zu  bemerken, 
nur  Wörter  auszusichten  weisz. 
ihr  geist,  geschmack  und  Unterricht 
befruchtet  seine  seele  nicht.    Uagedor.<i  1,  93. 

den  geist  mit  neuen  ideen  befruchten. 

BEFBUCHTHUT,  m.  den  gallenschwamm  stellt  die  blume 
blosz  durch  den  befruchthut  vor.    J.  Paul  herbslblum.  3,  5. 

BEFRÜCHTIGEN,  was  befruchten:  die  Ungeduld  von  des 
teufeis  samen  geschwängert,  von  der  bosbeit  befrüchtiget. 
Hedio,  Tertullian  12. 

BEFRUCHTUNG,  f.  foecundaiio,  fructificatio :  künstliche  be- 
fruchtung,  caprificatio ;  geheime  befruchtung,  cryptogamia. 

BEFRUCHTUNGSBODEN,  m.  receptaculum. 

BEFRUCHTUNGSTHEIL,  m. 

BEFRUCHTUNGSWERKZEUG,  n. 

BEFUG,  m.  jus,  potestas:  nach  befug  der  berürten  Ord- 
nung, beschl.  des  reichsreg.  von  1501  §.  1;  so  gar  wenig  fehlet, 
dasz  man  eine  schlimme  sache  nicht  mit  einem  ansehnlichen 
mäntelchen  des  rechtmäszigen  befugs  bedecken  kan.  in  einer 
schriß  von  1675.     man  sehe  das  einfache  fug. 

BEFUGEN,  BEFÜGEN,  copiam,  potestalem  alieujus  rei  dare, 
ermächtigen,  nnl.  bevoegen.  fast  nur  im  part.  praet.  übrig, 
doch  sagt  man :  ich  befuge  dich  dazu ;  wer,  was  befugte  dich 
dazu?;  dasz  er  umb  des  gemeinen  friedens  willen  von  sei- 
nen befugten  rechten  obgetretten.  Laoterhecks  Verdeutschung 
der  melanchth.  declam.  von  keiser  Friedlich.  Ff.  1563  f  12; 
und  dis  ist  die  ursach,  warum  der  ehr  cardinal  Polus  und 
die  drei  Statthalter  des  papstes  sehr  befugter  weis  geschri- 
ben  haben,  bienenk  42*;  durch  wen  und  wie  er  sich  zu  di- 
sem  blützlicben  Überfall  befugt,  verreizt  oder  verursacht  sein 
vermeine  und  halte.  Garg.  210';  werden,  als  ob  sie  es  wol 
befugt  weren,  recht  zornig,  ehz.  15;  damit  vrir  den  frommen, 
bei  dem  er  befugt  ist,  schützen.  Ayrer  proc  1,  16 ;  ein  be- 
fugter meister,  der  sein  handtcerk  rechtmäszig  ausübt; 
gebt  ihm  befugten  platz !    FLEMi.-<e  66S ; 

nur  frost  und  falscbbeit  nicht,  den  gnind  befugter  klagen. 
Hageoork ; 

die  einzige  belohnung,    welche  er  sich  befugt  halte  fOr  seine 
dienste  zu  verlangen.  Wieland  3,40; 

bin  ich,  nach  eurer  siuenlehre, 
nicht  auch  befugt,  dasz  ich  beweis  begehre?   9,  87; 

sie  sind  gar  nicht  befugt  mir  das  zu  sagen;   befugter  weise. 

BEFUGNIS,  f.  potestas:  die  freiheit,  die  durch  keinen  ent- 
gegengesetzten imperativ  eingeschränkt  ist,  beiszt  die  befug- 
nis,  facultas  nioralis.  KA^T  5,  22 ;  die  Zustimmung  der  land- 
stände zu  provincialgesetzen  ist  eine  wesentlich  ihnen  beizu- 
legende befugnis.  denkschr.  des  fr.  vom  Stein  43.  Göthe  braucht 
das  Wort  neutral:  mein  befugnis  mitzureden.  38,  99.  ebenso 
ScHELLiNC  wellseele  torr.  xiii.  das  befugnis.  pl.  die  stände 
überschreiten  ihre  befugnisse. 

BEFÜHLEN,  contredare,  palpare,  tentare,  betasten,  greifen, 
ahd.  pifuülün  iGraft  3,  477),  nnl.  bevoelen:  der  arzt  befählt 
den  puls,    die  magd  befühlt  die  bühner;   befühlen   sie  mich, 


1275 


BEFUND  —  BEFÜRCHTEN 


BEFÜRCHTUNG  —  BEGABEN 


1276 


visitieren  sie  mich.    Lessing  1,  330;    der  henker  befühlte  die 
schärfe  des  Schwerts.  Klinger  3, 190 ; 

und  ich  sah  die  Wöchnerin  froh  die  verschiedene  leinwand, 
aber  besonders  den  weichen  flaneil  des  Schlafrocks  befühlen. 
GöTHE  40,  246 ; 

alles  mit  äugen  befühlen.  J.  Paul  Kalzenb.  3,  49. 

BEFUND,  m.  exploralus  Status,  ein  visum  repertum,  der 
ärztliche  oder  richterliche  befund;  nach  befund  der  sache, 
nach  ermessen,  befinden;  unsere  strafen  bestehen  vorerst  in 
absonderung  von  der  bürgerlichen  gesellschaft,  gelinder,  ent- 
schiedener, kürzer  und  länger  nach  befund.  Göthe  23,  153 ; 
den  befund  einholen  lassen. 
BEFUNDBERICHT,  n». 

BEFUNDSCHEIN,  m.  sie  hätte  sonst  nicht  an  den  befund- 
schein geglaubt.  Hippel  9,  314. 

BEFUNDZETTEL,  m.  empfindungen,  die  nicht  in  den  ac- 
ten  oder  in  einem  ärztlichen  befundzettel  können  beschrieben 
werden.  J.  Paul  Hesp.  2, 190 ;  es  hat  sich  nach  dem  neuesten 
befundzettel,  sagte  Heinrich,  ausbefunden,  er  ist  selig  einge- 
schlafen.   Siehenk.  4,  93. 

BEFURCHEN,  sulco  signare:  der  landmann  befurcht  den 
acker;  die  sorge  befurcht  seine  wangen;  das  schif  befurcht 
das  meer; 

der  schwan  befurcht  mit  stolzem  hals  den  see.  PtATEN73; 
ein  see  befurcht  mit  leichten  silberwellen.  Pfeffel  6,  32. 
BEFÜRCHTEN,  timere,  pertimescere. 
1)  unsere  alte  spräche  pflegt  die  verba  des  fürchtens,  zur 
erhöhung  des  begrifs  der  Innerlichkeit,  reflexiv  zu  setzen,  d.  h. 
ihnen  den  dat.  {nicht  acc.)  des  persönlichen  pronomens  beizu- 
ßgen.  es  hciszt  also  goth.  6gan  sis,  faurhtjan  sis  timere,  ög 
mis  limeo;  ahd.  ih  forhtu  mir,  mhd.  ich  vürhte  mir  {gramm. 
4,  29.  33.  35).  da  aber  ahd.  und  mhd.  für  die  drille  person 
der  unterschied  zwischen  dat.  und  acc.  außört,  vielmehr  der 
acc.  sich  zugleich  für  den  verlornen  dal.  sir  gilt;  so  muste 
auch  im  nhd.  sich  fürchten  der  dativ  ungefühlt  werden,  und 
man  begreift,  wie  nicht  nur  sich  fürchten,  er  fürchtet  sich, 
sie  fürchten  sich  gesagt  wurde,  sondern  auch  ich  fürchte  mich, 
du  fürchtest  dich  statt  ich  fürchte  mir,  du  fürchtest  dir.  man 
erwäge  vereri,  (poßsXad'ai.  Wie  sich  fürchten  construiert  nun 
auch  sich  befürchten  und  sich  befahren. 

denn  man  sich  befürchten  musz.  Luthers  br.  5,  "08 ;  wir 
sollen  nicht  denken,  dasz  diese  letzte  fehrliche  zeit  weniger 
gefahr  sich  zu  befürchten  habe.  Melanchth.  im  corp.  doctr. 
ehr.  974 ;  er  beforcht  sich  ergers.  Aimon  0  4;  so  musz  ich 
mich  befürchten,  ich  möchte  ertichtete  Sachen  herausgeben. 
MicRÄMüs  I,  48 ;  da  sie  sich  befürchteten,  der  kaiser  möchte 
sich  mit  dem  könige  von  Dennemark  verbinden.  2,  262 ;  da- 
rumb  befürchte  ich  mich,  dasz  nicht  etwa  mir  selbst  lebcns- 
gefahr  zuwachsen  möchte,  pers.  rosenth.  1,  10;  dann  ich  be- 
fürchte mich,  dasz  ein  starker  feind  mich  überfallen  wird. 
1,  12 ;  ich  befürchte  mich,  dasz  sie  dann  Ursache  nehmen 
möchten,  mich  etwas  zu  fragen.  4,  3 ;  als  nun  der  dieb  sich 
seines  lebens  befürchtete,  baumg,  4,  17;  weil  er  sich  des  an- 
dern befürchtet.  Lokman  fab.  26 ;  denn  ich  bin  ein  so  freund- 
lich schelmchen  und  befürchte  mich,  sie  möchten  einander 
wel  gar  umbringen.  Schoch  stud.  H  2  ;  vor  einem  vielschreien- 
den bahn  hastu  dich  nicht  zu  befürchten,  der  wird  dir  kein 
leid  thun.  Schdppiüs  292 ;  der  neidhart  hasset  und  verachtet 
jedermann,  die  geringen,  weil  sie  nicht  seines  gleichen  sind, 
die  höhern,  weil  er  sich  befürchtet,  sie  möchten  ihn  de- 
mütigen. Harsdöbfer  gespr.  sp.  n'  288;  hätten  wir  uns  des 
übelsten  zu  befürchten  genügsame  ursach  gehabt.  Felsenb. 
1,  90 ;  der  pabst  befurchte  sich,  dasz  auch  die  churfürsten 
wieder  ihn  aufstehen  möchten.  Hahn  5,  2S7 ;  niemand  hat  sich 
zu  befürchten,  dasz  ich.  Bünau  1,6;  was  befürchtet  er  sich 
denn  von  uns?  Lessing  3,  38;  welcher  sich  ganz  und  gar  kei- 
nes Unglücks  befürchtet.   7,  353. 

Die  beispiele  zeigen,  dasz  wie  bei  sich  befahren  und  besor- 
gen die  Sache  im  gen.  steht,  aß  aber  auch  ein  abhängiger  satz 
folgt;  dasz  nicht  für  dasz  ist  dem  lat.  vereri  ne  nachgealtmt. 
Allmälich  erlosch  der  gebrauch  dieses  sich  befürchten  {obschon 
das  einfache  sich  fürchten  fortdauert),  und  man  selxl 

2)  blosies  befürchten,  ohne  sich,  und  zwar  mit  dem  acc. 
der  sache,  oder  folgendem  Aasz :  man  bcfürclitct  den  ausbruch 
eines  kriegs;  ich  befürchte  strenge  kälte  diesen  wii;ter;  es 
wird  kalt  werden,  befürchte  ich ;  das  haben  wir  alle  befürch- 
tet; es  ist  nur  zu  befürchten,  dasz  das  geld  nicht  ausreicht ; 
das  schlimmste  steht  zu  befürcbtca;  befürchte  nichts. 


BEFÜRCHTUNG,  f  es  waren  leere  befürchtungen ;  mit  reu 
und  befürchtung  und  demut.    Klopstocs  Mess.  16,  477. 

BEFÜRDERN  schrieben  einige  für  befördern : 
dasz  sein  heil  befürdert  würd.    Weckherlin  216; 
zu  fürsten  befördert  er  sie.    258; 
seine  verwandten  hat  er  nicht  gern   zu   beneficien  befürdert 
Zinrgr.  2,  8. 

BEFÜRZEN,  crepilibus  opplere:  aus  mit  solchem  schleck 
(hett  schier  anders  gesagt),  wann  er  schon  befürat  ist,  es 
solt  einer  den  magen  nicht  mit  bescheiszen.  Garg.  42';  item 
von  allerlei  geräuciitem,  gedörrtem,  eingesalzenem  und  grü- 
nem fleisch,  auch  vil  thunnen  voll  waidelendens,  hundsbe- 
fürzlens  wildschweincns.  53';  item  elenzucker,  meszschürzer, 
da  uns  das  messen  theurer  als  bei  den  pfaffen  ankommet, 
also  heiszts  aus  dem  befürzen  kommen  ins  bescheiszen.  190'. 

BEFZE,  f.  labium:  wer  wol  bemault  ist,  und  ein  gut  pan- 
toffelgosch  hat,  der  beiszt  ein  gröszer  und  breiter  stück  ab. 
was  sollen  dünne  lefzen,  obschon  ihre  küs  besser  angeben, 
so  seinds  doch  böse  befzen.  Garg.  250'.  Stalder  1,  151  hat 
befze  lippe  und  Sch.h.  1,  156  beffel,  bififel,  gedrückte,  hervor- 
stehende lippe.    s.  auch  befchen. 

BEFZEN,  atrare,  frequenlativ  von  baffen.  Serranüs  C  3*.  He- 
NiscH  241.  Stieler  80;  den  dieb  anbefzen,  allatrare  furem. 
ScHM.  1, 156  beffen,  belTeln,  beffern,  befzgen,  bellen  wie  ein 
fuchs,  ein  hündchen,  wiederbellen,  keifen. 

BEGABELN,  furca  excipere,  aggredi,  schwächer  als  aufga- 
beln, mit  der  gabel  anstechen:  mitten  in  der  raschen  arbeit, 
eine  junge  hühnerbrust  zu  begabein.  Kl.  Schmidt. 

BEGABELN,  fascinare,  ein  merkwürdiges,  seltnes  wort: 
mit  küssen  nectargleich  begabein.  Weckherlin  769. 
die  angegebne  bedeutung  auszer  zweifei,  da  Stalder  1,  409  ga- 
beln gaukeln,  gabiig  gaukelhafl  anführt;  er  fügt  hinzu,  dasz 
es  auch  possenhafte  bewegung,  hin  und  her  laufen  ausdrücke, 
so  wie  bei  Tobler  209'  gabia  sich  viel  bewegen,  pfuschen,  gab- 
ier einen  pfuscher,  Springinsfeld  bedeutet,  gabiig  flatlerhaß,  be- 
weglich, ob  nun  dies  begabein  mit  dem  vorausgehenden  tind  mit 
gabel  furca  (=fusca)  fuscina  gemeinschaß  hat,  wäre  die  frage, 
zu  gaukel  und  zauber  kann  gabel  und  tridens  wol  gedient  haben, 
und  wie  wenn  fascinum,  das  man  durch  ßaaxaivco  nicht  ge- 
nügend aufhellt,  sich  mit  fuscina  gleichfalls  berührte? 

BEGABEN,  donare,  beschenken,  nnl.  begaven  : 

der  künig,  der  hat  im  für^enumen, 
der  wil  ein  grosze  hochzeit  haben 
und  wil  all  sein  fremd  gest  begaben 
mit  kosperr  reicher  reverenz.    fastn.  sp.  761, 14 ; 
ich  hab  sie  auch  wollen  begaben.    H.  Sachs  III.  3,  21'; 
wöl  wir  auch  mit  einer  reis  begaben.    III.  3,  47'; 
die  begaben  sie  dan  mit  gelt  und  cleinaten.  Albr.  v.  Etbe  16'; 
hatte  bei  sich  zehen  pfund  silbers,    damit   in   der  könig  be- 
gäbet hatte.  Tob.  1, 16 ;  sie  wird  in  mit  ewigem  nainen  bega- 
ben.   Sir.  15,  6;    so   wirst  du  und  deine  söhne  einen  gnädi- 
gen könig  haben  und   begäbet  werden   mit  gold   und   silber 
und  groszen  gaben.  1  Macc.  2,  18;  were  dann  sach,  dasz  du 
dich  auf  solche  kurzweil  zu  rüsten   willen   bettest,    ich   dich 
reichlich  darzu  begaben  soll.  Galmy  107 ;  man  wolt  da  einen 
jeden   nach    seinem   verdienst   begaben.   150 ;    will    ich   dich 
mit   einem    erlichen  ampt   begaben.    154 ;    dieweil  sie  {Pasi- 
phae)  mit  einem  reichen  künig  ehelich  begabt  wäre.  Fischart 
ehz.  10; 

lag  dazu  begäbet  {besudelt)  im  bett, 
als  wenn  ich  leim  getreuen  hett.    froschmcuseler  i,6; 
hett  ich  was  böses  in  den  sinnen 
und  unter  meiner  brüst  gehabt, 
der  herre  bette  mein  beginnen 
und  biuen  nicht  so  hoch  begabt.    Opitz  p«.  122; 
der  wundsch  ist  ungewünscht  und  unbegabt  die  gaben, 
darbei  kein  eifer  ist.  2,  53; 

ein  ballen  fleugt  ungeschlagen  nimmer,  ob  er  gleich  voll  wind, 
manche  sind  zu  faul  zu  ehren,  ob  sie  gleich  begäbet  »ind. 
LocAuJ,  8,  9; 
hat  der  könig  den  bauten  mit  einem  schönen  kleide  und  an- 
dern geschenken  begäbet,  perj.  rosenth.  3, 1 ;  wäre  er  mit 
einer  schale  voll  wein  begäbet  worden.  3,  27 ;  mit  schlechten 
Sitten  begäbet.  6,  2;  welche  bäume  gott  mit  so  schönen 
fruchten  begäbet.  8,  151 ;  Mclissus  begal)te  Taubmannuin  mit 
einem  kränz.  Brandts  bericht.  22;  Adam  und  Eva,  als  sie 
noch  im  stand  der  Unschuld  und  mit  dem  ebenbild  goltes 
begabt  waren.  Scmuppius  87 ;  wie  manchen  pricsler  hastu  be- 
gabt? wie  mancher  witbe  unter  die  arme  gegriffen?  173;  dar- 
gegen  liesz  sie  die  armen  niemals  unbegabt  von  sich  gehen. 


1277 


BEGABEN — BEGÄ>'GISCH 


BEGÄNGNIS  —  BEGAUKELN 


1278 


ehe  eines  mannes  279 ;  ein  begabter  köpf;  hoch  begabter  mann; 
der  begabteste  unter  den  brüdem; 

meio  berz  stell!  sieb  hier  selber  eia, 

mit  diesem  «rill  ich  euch  begaben.    (lii<iTz206; 

wenn  micb  ihr  purpurmund  begabt, 

acb  welcb  eia  wolgeausz !    BiJacERlS*;    . 

die  muiier  mit  dem  Jesusknabea, 

den  die  drei  könige  begaben.    Schillek66; 

die  dienerschafl 
Tom  böcbstea  bis  zum  niedrigsten  berab 
kebrt  reich  begabt  von  seiner  herberg  wieder.    Tieck  3,  2S"2 ; 

er  übersetzte  die  wukische  gram'matik  und  begabte  sie  mit  einer 
vorrede.  GOthe  46,  321 ;  die  vögel,  die  begabt  (befähigt)  sind,  an 
dem  gewölke  des  himmels  zu  fliegen.  Kliägeb  7, 112 ;  sie  kam 
ihm  als  eine  feenkünigin  vor,  die   sich   über  seine  wiege  lä- 
chelnd   und    begabend    herein    gebückt.    J.  Paul  TU.  4,  136; 
er   hat    sich  begäbet  (icie  betrunken,  wie  man  auch  sagt  be- 
schenkt, tgl.  vorhin  die  stelle  aus  frosehm.  1,  6).  Licbte.nbebg 
3, 76.    sich  begaben,  ironisch,  übel  zurichten. 
BEG.VBER,  m.  donator,  largitor: 
erböre  die  gerecbtigkeit. 
0  der  gereehtigkeit  begaber.    Weckhbbli^i  M. 

BEGABERLN,  f.  domlrix: 

du  bist  der  witz  begaberin.    763. 

BEGABMS,  f.  dotatio,  begabung,  gäbe,  latent :  wie  wol  wür- 
den die  fürsten  bedient  sein,  wann  sie  ihren  abgeschickten 
ebenso  leicht  die  erforderlichen  begabnussen,  als  den  glänz 
und  das  ansehen  ertheilen  konnten.  Widmass  an  Geliert  5,  402 ; 
ein  kavalier  von  so  vorzüglichen  eigenschaften  und  begab- 
nissen.  Götter  3,  273. 

BEGABTHEIT,  f.  ausstattung:  eine  grosze  und  schöne  na- 
tur  in  dem  überflusz  ihrer  begabtheit.  Bettise  tr.  2,  201;  gibt 
es  einen  solchen  überflusz  an  begabtheiten.  Dabl]ia>.n  fr. 
m.  301. 

BEGABLTsG,    donatio,    largilio,    munus:   dankt  wegen  der 

reichen  begabung.  Wiciiua  rollw.  64 ; 

die  götter  eifern  in  die  weite, 

wer  zur  begabung  der  natur 

am  meisten  beizutragen  batte.    Wiela.<«d. 

aber  auch  gleichnel  mit  begabtheiL     ein  mensch  von  groszer 
begabung. 

BEGACHO,  festinare,  beeilen,  ahd.  gigahon: 

man  musz  die  leut  nit  so  begacben. 

Taua-tEissER  archidoxa  15. 

BEGÄFFELN,  atriose,  stupide  inlueri,  angäfTeln,  Verkleine- 
rung des  folgenden  begaffen: 

thäten  mit  äu^leins  sich  begälTeln, 
einander  in  die  obren  raffeln.    Göthe  13,  62. 

BEGAFFEN,  cum  slupore  intueri,  angaffen,  nnl.  begapen, 
mit  ofnem,  ga/fendem  maul  anschauen:  die  zogen  auf  alle 
kirchweihen,  messen  und  markte,  nicht  dasz  sie  kauften,  son- 
dern alles  wie  es  zugieng  begaften,  waren  gafleut  für  kauf- 
leut.  Garg.  5;  da  lief  die  ganze  weit  izu,  ihn  mit  groszer 
wunderung  zu  begaffen.   Uä'. 

BEGAFFUNG,  f.  oliosa  spectatio. 

BEGAHN,  im  16  jh.  noch  zuweilen  ßr  begehen,  mhd.  be- 
gän  und  hegen. 

BEGAHNE.N,  oseüanler  audire,  spectare,  angähnen: 

er  ward,  wie  mancher  demagoge,  ' 

zuerst  beklatscht,  zuleut  begähnt.    PrErriL  4,  1S6. 

BEGANGEN,  pari,  praet.  von  begehen,  tu  dessen  verschied- 
ii«n  bedeutungen. 

BEGANGENSCHAFT,/',  modus  se  gerendi,  art md  weise  sick 
zu  begehe»,  Ubensarl,  unterhalt,  kundschaß,  gewerb,  conditio :  die 
begangenscbaft  der  statt  Fuld  stehet  auf  wullen  und  leinen  und 
die  einwohner  füren  solche  wahr  zu  verkaufen.  Minster  cosmogr. 
s.  1143;  woian  lieber  herr,  es  sind  mancherhand  begangen- 
schaften  aof  erdrich,  es  musz  sich  mancher  auch  wunder- 
barlich  emeren.  Füey  garteng.  cap.  32 ;  sie  machten  auch  Ver- 
ordnungen wider  die  begangenscbaft  s^Wcher  frauen,  welche 
sich  gern  bei  grosien  opfern  einfanden,  um  vorübergehende 
Jünglinge  lieblich  zu  gniszen.  Joh.  .MClle«  Schweizerg.  2,  304 
(361);  da  er  ihnen  die  begangenscbaft  erzählte.  Zixkcr.  13,  IS. 
Maalcr  53'  hol  begangenscbaft,  gewerb,  weg  wid  weis  :u  ge- 
winnen, quaestus,  und  so  noch  heute  in  der  Sdiweii,  bei  Hä- 
HiscH  und  SriEiER  fehlt  es  schon.     vgL  begehen. 

BEGÄNGISCII,  facinornsus,  reu\,  der  etwas  begeht  oder  be- 
gangen h4U:  deinem  blutscband  begeogisciMm  efaebrecher. 
laoRNiissu  nolgedr.  ausschr.  3, 102. 


BEGÄNGNIS,  /■.  und  n.  was  feierlich  begangen  wird,  fest, 
feier,  namentlich  hochzeil,  leiche,  seelmesse,  procession :  heu- 
len und  schreien  vor  iren  gOlzen,  wie  man  pfleget  in  der 
todten  begengnissen.  Bar.  6, 31 ;  warumb  bleiben  die  begengnis 
und  jarzeit  der  verstorbenen  stehen?  Lctber  1,  U';  die  seel- 
messen  und  jerlicbe  begengnisse  sind  kein  nütz.  3,  512;  da 
die  pfaffen  auf  den  begengnissen  und  kirchweihnng  oder 
patronfesten  so  leichtfertig  mit  dem  sacrament  handelten. 
5, 2S5*;  da  hat  man  mit  seelmessen,  vigilien,  dem  siebenden, 
dem  dreiszigsten  und  jerlichen  begengnissen,  zuletzt  mit  der 
gemeindwochen  und  allerseelentag  und  seelbad  ins  fegfewer 
gebandelt.  6,512';  demnach  haben  wir  seelmessen.  begengnis 
und  alles  andere  gaukelwerk  für  die  todten  getrieben  abge- 
than.  8,372'; 

mit  was  geprenk  und  überflusz 

die  keiserlicben  begenknusz 

haidoischer  weis  wurden  volend.    H.  Sachs  1, 200*; 

und  auf  den  tag  meiner  begengknusz 

lasz  richten  sie^bei  meinem  grab.    IH.  1,  179*; 

die  begängnis  der  verstorbenen  ward  herlich  gehalten.  Rtoel 
Lic.  565 ;  nach  der  hegengnus.  Plut.  30 ;  dasz  man  den  jar- 
begängnussen  und  dem  anderen  plunder  des  besser  zu  steur 
komme,  bienenk.  103';  von  ihren  ausfabrten  und  begSngnus- 
sen.  240';  und  soll  euch  solche  flaschenbegengaus  nicht 
frembd  sein,  dann  vor  zeilen  hat  man  gepflegt  die  abgestor- 
bene beiden  in  steinene  vässer  einzuschlagen.  Garg.  32*;  da 
halt  man  ordenlich  etlich  tag  dem  s.  Schweinhardo  griben- 
fressige,  maulschmntzige  begängnus  mit  lederkrachen,  fett- 
schwimmenden  wein,  friszt  wie  ein  klosterkatz  zu  beiden 
backen.  48';  die  kjeidung  gehört  in  ihrer  maj.  schätz  und 
wird  nur  bei  solchen  begängnissen  herausgegeben  und  wie- 
der eingeliefert,  pers.  reiseb.  1,  7;  liesz  ihn  der  gesandte  mit 
einer  slatlichen  begängnis  und  procession  zur  erden  bestat- 
ten. 4,  42 ;  warum  hilft  er  die  begängnisse  der  abgestorbenen 
mit  mehrem  wein  als  Weihwasser  begehen?  Simpl.  2,  331; 

sonst  sollt  ihr  gar  mit  der  begängnis  nichts 

zu  schaffen  haben.       A.  W.  Schlegel  im  M.  (ktet.  3,  L 

vgl.  begehen  3.  4. 

BEGANN,  praet.  ron  beginnen. 

BEGASTEN,  convivio  recipere,  bewirten.  Stielek  614:  in 
welchem  (hause)  sie  von  einer  ihrer  guten  frenndinnen  be- 
gastel  wurden,  gespensl  16S ;  der  graf,  welchen  sie  künftigen 
abend  zu  begasten  hätte,    mautaffe  S5. 

BEGÄSTIGEN,  dasselbe:  die  unterschiedliche  mal  ihn  an 
solchem  ort  hegüstigten.  Micbälics  a.  P.  3,573;  insonderheit 
begästigte  landgraf  Moritz  in  Hessen  in  diesem  jähre  herzog 
Bogislaffen  in  Stetin.  4,  146. 

BEGATEN,  BEGÄTEN,  sarrire,  runcare,  reuten:  acker  be- 
gaten,  bäume  pflanzen,  wein  beschneiden,  das  ist  nur  ein 
lust.  Lacre5bebg  acerra  2S4;  dasz  sie  nicht  lange  an  einem 
orte  sich  gebalten,  noch  denselben  zum  kome  gepflüget  oder 
begatet  haben.  Micräliis  l,  11;  welchen  die  fürsten  wüste 
feldmarken  eingelhan,  das  sie  solche  mit  sächsischen  bawren 
begateten.  3,  30S ;  ihre  pflanzen  versetzen,  begfiten,  beblatten. 
Lessi!<c  10,  276.     s.  beJäten,  vgl.  ausgüten,  aasreuten. 

BEG.ATTEN,  jüngere  par  pari, 

1)  transitiv,  vermählen,  verheiraten :  glaubt  ihr  etwa,  gott 
werde  sogleich  vier  männer  und  fünf  weiber  vom  himmel 
herab  fallen  lassen,  um  unsere  kinder  mit  selbigen  zu  be- 
gatten? Felsenb.  1,  2S7;  demnach  waren  alle  die  meinigen 
wol  begattet  und  beratben.  l,  417 ;  wolf  und  hündin  begatten. 
ahd.  des  der  argo  furhtet,  da;  pegalüt  in,  veniet  super  eum 
(das  erreicht  ihn).  .N.  ps.  62,  10. 

2)  gewöhnlich  sich  begatten,  jungi,  coire,  von  menschen 
und  thieren:  die  tauben  wollen  sich  nicht  begatten;  un- 
gleiche thiere  begatten  sich  nicht  untereinander,  figürlich, 
ist  es  denn  zuviel  gesagt,  dasz  zu  jeder  zeit  sich  immer  ein 
local  finden  wird,  wo  das  problematisch  wahre,  vor  dem  wir 
in  der  tbeorie  allein  respect  haben,  sich  in  der  ausübung  mit 
der  lüge  auf  das  allerbequemste  begalten  kann.  GOnie  31, 232. 

BEGATTUNG,  f  coitus. 

BEGATTU.NGSTRIEB ,  m.  naturale  desiderium:  den  begat- 
tung^trieb  haben,  (üblen,  reizen. 

IIEG.KTTUNGSZEIT,  f 

BEGAUKELN,  fascinare,  nnl.  begoochelen,  mhd.  begoukelo 
pass^  K.  6S6,  37.  myst.  43, 19. 

ich  mein,  die  feind  wölleo  uns  frei 
begaukeln  mit  ir  Zauberei.    II.  Sachs  III.  1,  26; 
mich  bat  begaukeli  wol  der  teufel.    IV.  3,  20* ; 


1279 


BEGAUZEN  — BEGEBEN 


BEGEBEN 


1280 


in  Lotharingen  nennet  man  es  engigner,  das  ist  durch  eine 
geschwinde  kunst  betriegen,  wir  Teutschen  aber  sagen,  wenn 
solches  geschieht,  wir  seien  begaukelt  worden,  daemonolalrie 
übers,  von  Privatüs  s.  454:  es  ist  gar  als  wenn  sie  ihn  be- 
gaukelt hätte.  Weise  comöd.  121.     vgl.  begucken. 

BEGAUZEN,  inspicere,  für  begutzen,  begucken  (s.  angutzen) : 
ihre  abgeschmutzte  wasch  und  hemder  begauzen  und  durch- 
sehen, mägdelob  29. 

BEGEBEN,  tradere,  dimiltere,  deserere,  hingeben,  aufgeben, 
ahd.  pikepan,  bigeban  (Graff  4,  117),  mhd.  begeben  (Ben.  1, 
503),  nnl.  begeven.  weder  golh.  ags.  noch  alts.,  sondern  goth. 
gilt  dafür  usgiban  {ahd.  arkepan,  mhd.  nhd.  ergeben),  ags. 
ägifan,  alls.  ägeban.  schon  im  einfachen  geben  liegt  ein  aus 
der  hand  geben,  von  sich  geben,  hingeben,  welchen  begrif  die 
vorangestellten  partikeln  leise  bestimmen,  die  bedeutung  von 
begeben  schwankt  zwischen  einem  positiven  hingeben,  ergeben, 
und  einem  negativen  hingeben,  weggeben,  fahren  lassen;  auf 
ähnliche  weise  war  aufgeben  zweideutig,  im  ganzen  scheint 
ergeben  etwas  stärker  als  begeben,  ergeben  ein  aus  sich  ge- 
ben, begeben  ein  bei,  neben,  zur  seile  geben. 

l)  transitiv,  mit  acc.  der  person  oder  sacke. 

a)  hingeben,  übergeben,  ergeben,  widmen:  ich  prediger  war 
könig  über  Israel  und  begab  mein  herz  {gab  mein  herz  hin, 
vulg.  proposui  in  animo)  zu  suchen  und  zu  forschen  weis- 
lich alles  was  man  unter  dem  himel  thut.  pred.  Sal.  1,  13; 
auch  begebet  nicht  der  sünde  ewre  glieder  zu  waffen  der  Un- 
gerechtigkeit, sondern  begebet  euch  selbst  gotte.  Rom.  6,  13; 
begebet  auch  nu  ewre  glieder  zu  dienste  der  gerechtigkeit. 
6, 19 ;  ich  ermane  euch,  das  ir  ewre  leibe  begebet  zum  opfer 
{goth.  bidja  izvis  usgiban  leika  izvara  saud).  12, 1 ; 

welche  ir  berze  nur  auf  reichtume  begeben  {hinwenden). 
Mkiissüs  ps.  X2*. 

dies  begeben  erlischt  später,  denn  wenn  Claudius  4,  95  sagt: 
ein  mann,  der  sein  herz  begab  zu  suchen,  so  ist  das  bibli- 
scher Stil,  nach  dem  prediger.  Noch  gilt  begeben  im  sinne 
von  hingeben,  verkaufen,  z.  b.  von  welcher  anleibe  am  7  sept. 
zu  Harrisburg  etwa  3  Vi  miH-  dollars  zu  102  begeben  wurden. 
Bremer  handelsbl.  1852  n*  54.  kaufmännisch,  einen  Wechsel 
begeben,  verkaufen,  absetzen,  was  in  die  folgende  bedeutung 
übergeht:  Berliner  ist  immer  gut  zu  begeben,  Pariser  war 
heute  nicht  zu  begeben. 

6)  hingeben,  aufgeben,  fahren  lassen,  verlassen:  so  merket 
selber  was  ir  begeben  habet.  Luther  3,  192;  man  solle  kein 
vortheil  begeben,  es  sei  wie  klein  es  sei.  3,  325* ;  das  sie  be- 
dinget, sie  wollen  nichts  Yon  der  confession  begeben  haben. 
br.  6,  354;  an  denen  orten,  da  es  die  materi  begeben  hett 
davon  zu  schreiben.  Redchlin  oujensp.  3'; 

kein  mensch  mag  mich  erfrewen, 

denn  ich  bin  trawriglich, 

die  ich  eins  pflag  zu  freien, 

die  hat  begeben  mich.    Ambr.  Ib.  s.  204; 

ire   Schwerter  an   den   seilen,   die    sie  nit  begeben  {ablegen, 

abgeben)  wollen.    Aimon  m;   ich   schelz  euch  vor  doren  und 

unweis,  das  ir  den  felsen,  welcher  ein  behaltnus  ewers  lebens 

gewesen  ist,  begebenl.  o; 

lasz  noch  begib  mich  nicht.    Mblt^susp5.  LI' 2*; 

begebt  das  saufen  und  das  fluchen. 

RiNcwAiD  tr.  Eckh.  G4'; 

begebet  ewren  bösen  brauch  mit  dem  gesäuf! 

laut.  warh.  CO; 

besser  gut  und  blut  begeben.    390; 
das  ich  beschlossen  hab, 
euch  leiblich  zu  begeben,  wil  morgen  von  euch  scheiden  ab. 
evang.  S4'; 

der  papst  neme  kein  kOnigsbaupt,   das  er  sein  hauptman- 

schaft  umb  das  geringst  begebe.  bienenk.l2f; 

RO  reuen  mich  meine  bulfrauen, 

die  ich  warlich  nicht  kan  begeben.    Atrer  fastn.  sp.  81' ; 

und  euch  gar  nichts  versäumet  oder  begeben  {vergeben)  habe. 
Ayrer  proc.i,  9;  denn  was  einer  einmal  begibt,  ist  demnach 
nicht  mehr  sein.  3,4; 

wann  das  glOck  uns  plötzlich  hat  begeben, 

BO  leszt  uns  doch  die  kunst  nicht  eher  als  aas  leben. 
Opitz  1,  317; 

in  dem  der  wilde  Mars  mich  hat  des  Neckers  rebon 

und  meine  Sylvien  vcnirsarlit  zu  hegeben.    2,  41 ; 

gib  aus  als  sollest  du  die  weit  bald  bald  begehen, 

sei  karg  als  wurdest  du  noch  lange  lange  leben.    2,  451 ; 

ao  wollen  wir  dich  nicht  begeben, 

erhalt  uns,  dasz  wir  dich  erneben,   ps.  157 ; 


was  hilft  es  ferner  dann,  ob  ich  disz  todte  leben 

soll  langsam  oder  bald,  alt  oder  jung  begeben, 

die  weil  es  endticli  doch  will  überlassen  sein  ? 

Opitz  in  funebria  irium  Davidis  Mulleii  liberorum. 
Bregae  1632.  E  4 ; 

wenn  wir  denken  recht  zu  leben, 

müssen  wir  den  geisl  begeben  (reddere  spiritum), 

wie  der  bleiche  tod  es  heiszt.    Tscherning  328; 

0  ruh,  wo  dich  der  geist  auf  kurze  zeit  begeben. 
Gryphius  1,  457  ; 
necbst  als  ich  durch  die  nacht 

voll  wehmut,  schmerz  und  angst  in  überhäuften  sorgen 

gleich  dem  gellieilten  licht  Öer  Delien  gewacht, 

begab  mich  kraft  und  sinn  bei  nunmehr  nahem  morgen.  2,79; 

so  liegt  ohn  unterscheid,  wenn  uns  der  geist  begiebt.  2,508; 

(büclier)  sind  meine  besten  freund,  und  solt  ich  die  begeben, 

eh  geh  ich  alle  weit,  eh  geb  ich  auch  das  leben. 
LocAU  1,  5,  2; 

dasz  ihn  und  mich  ich  nicht  mehr  lieben  kann, 

und  was  ich  vor  gesucht,  itzund  nun  wil  begeben. 

HoFMANNSw.  getr.  seh.  19. 
mhd.  euch  begap  in  keine  stunde 

der  ritter,  der  in  schünde,    kröne  16251; 

sSle,  nu  begip  mich!  17291. 
im  18  jh.  erlosch  diese  anwendung  des  Wortes  begeben,  und 
wir  gebrauchen  an  seiner  statt  aufgeben,  hingeben,  dahingehen, 
c)  die  bedeutung  des  part.  praet.  begeben  kann  zweifelhaß 
sein,  entweder  drückt  es  aus  blosz  gegeben,  oder  hingegeben, 
verlassen,  oder  kann  auch  zu  dem  folgenden  sich  begeben  ge- 
hören: und  ich  bitte  auch  unterlheniglich,  nicht  allein  die 
Christen  zu  Bamberg  sondern  allenthalben  wollten  solch  be- 
geben {gegeben)  urteil  annehmen  und  zwischen  mir  und  dem 
bapst  richten.  Luther  2,186';  als  veimesz  ich  mich  zu  hoch, 
das  ich  verachler,  begebner  {verlassener,  aufgegebner)  mensch 
solche  hohe  und  grosze  slende  Ihar  anreden.  1,288';  dir  als 
einem  begebenen  und  verurlheilten,  erklerten  man.  3,  189'; 
wenn  sind  mehr  privilegia  geschehen  begebener  person,  denn 
seit  deinem  herfür  gebrachten  evangelio?  3,191.  ein  begebner 
mensch  bezeichnete  einen,  der  sich  der  weit  begeben  hat  und  ins 
kloster  gegangen  ist.  mhd.  Ben.  1,  503'.  bemerkenswerth,  mit  zit- 
tern begeben  =  befallen,  umgeben.  Kirchhof  wendunm.  234. 
2)  re/'/ ea;iw,  sich  begeben,  > 

a)  cedere,  concedere  =  abire,  venire,  begeben  ist  hinge- 
ben, sich  begeben  wohin,  dahin  begehen,  wie  aus  dem  franz. 
rendre  ein  se  rendre  ä  wird,  aus  dem  verlassen  des  einen  orts 
das  gelangen  an  einen  andern  folgt,  und  das  lat.  cedere  nicht 
blosz  de  loco,  sondern  auch  ad  locum  bezeichnet,  d.  h.  cedere 
bald  decedere,  recedere,  abire,  bald  accedere,  concedere,  venire 
ist.  der  die  weit  begebende,  räumende  begibt  sich  ins  kloster, 
in  den  himmel,  erreicht  einen  neuen  aufenthall,  und  oft  ver- 
binden sich  mit  diesem  begeben  die  praep.  in  oder  auf,  zu 
oder  nach,  beispiele  solches  räumlichen  sich  begebens :  ob  auch 
gleich  iemand  ohn  schif  ins  meer  sich  begäbe,  weish.  Sal. 
14,  4;  und  Bacchides  volk  war  nicht  so  kühne,  das  sie  sich 
ins  wasser  begeben  hätten.  1  Macc.  9,  48 ;  da  er  aber  sähe, 
das  das  volk  eine  scheu  hatte  sich  ins  wasser  zu  begeben. 
16,  6 ;  begab  er  sich  an  einen  befreiten  ort.  2  Macc.  4,  33 ;  sich 
bewafnen  und  zu  ros  begeben.  Gar^.  250';  sich  aus  dem  bett 
begeben.  Simpl.  3,  357 ; 

als  ein  träum  entweicht, 
wenn  sich  die  nacht  begeben  (fortbegeben  lial) 
und  nun  der  mond  erbleicht.    Griphius  2,  178; 

hernach  haben  sich  viel  gelehrte  Griechen  in  Italien  begeben. 
Opitz  1,  7';  der  Tigris  begibt  sich  unter  Babilon  in  den  Eu- 
phrat.  pers.  rosenth.  7,6;  am  selben  orte,  da  sich  der  ström 
in  die  weisze  see  begibt.  3,  1;  sich,  um  zu  baden,  ins  was- 
ser, in  den  ström  begeben.  Lokman  fab.  25 ;  begaben  sich  auf 
die  streue  {aufs  strohbelt).  unw.  doct.'iSO; 

Lucinde  kömmt,  begieb  dich  gleich  von  hierl^GiiiiRT  3,  108; 
begib  dich  zurück!  concede  retro!  ich  begebe  mich  aufs 
land,  in  den  wald,  in  die  Stadt;  der  könig  begab  sich  von 
Beriin  nach  Potsdam;  die  fürstin  begab  sich  in  die  hintern 
Zimmer.  Göthe  15,301;  sich  zu  schiffe,  zur  see,  zur  ruhe,  in 
den  ehstand,  auf  die  Wanderschaft  begeben,  heule  sehr  ge- 
bräuchlich und  weniger  steif  als  sich  vek-fügen,  aber  vornehmer 
als  das  einfache  gehen. 

b)  das  vorige  begeben  abslract  genommen:   denn  was  Ists, 

das  ir  euch  begebt  {damit  abgebt),  die  halstarrigen  sopliisten  j 
zu  schweigen  oder  überwinden?  Luther  2, 118";  achte  ich,  die  ■ 
fürsten   weren    nicht   schuldig,    eini   iglichen   zu    .sagen,    was  « 

sie  bewegt,  noch  sich  in  recht  nnt  iiiin  zu  begeben  (ei'niu- 
lassen).    3,  49';   das   unsere   bawern  zum  friede  und  freund- 


1281 


BEGEBEN 


BEGEBEN— BEGEBUNG 


1282 


liehen  vertrag  sich  begeben  wollen.  3,  lOs';  ich  weisz  auch 
nicht,  ob  der  einen  rechten  lebendigen  glauben  habe,  der 
nicht  so  viel  leiden  oder  sich  zu  leiden  begeben  wil,  das  er  für 
einem  menschen  zu  schänden  werde.  1,  517' ;  wie  weit  e.  g.  sich 
begeben  und  reumen  solle  (wie  u-eit  gehen,  sich  einlassen,  zu- 
Tiickgehn?).  3,90.  fcr.  3,  72;  das  die  unsern  zu  Augsburg  sich 
sollen  etwas  zu  weit  begaben  haben  {zu  weit  gegangen  sein). 
5, 139' ;  ja  auch  niemand  auf  sich  selbs  begeben  soll  {auf  sich 
selbst  zurückgehn,  sich  verlassen),  br.  1,  597 ;  wie  das  man  die 
Schwestern  nöthigen  wil,  sich  nach  des  pfarrherrs  und  pre- 
digers  meinunge  zu  begeben  (auf  des  ff.  meinung  tinzu- 
gehn).  4,  333;  so  ist  der  könig  noch  nicht  dahin  gekommen, 
das  er  sich  auf  Christum  den  herra  begebe  (verlasse,  rece- 
dal).  Melanchth.  3,  777 ; 
wer  sich  zu  weit  darein  begeit  (einldsU).    Schwarzexb.  152,  2 ; 

wil  mich  aufs  lesen  ganz  begeben  (zurückziehen).  Wickhax 
bilger  D2;  und  Ulenspiegels  muter,  die  was  fro,  das  ir  sun 
so  Stil  was,  und  straft  in,  das  er  kein  hantwerk  wolt  lernen, 
da  schweig  Uleospiegel  stil.  da  liesz  die  müter  nit  nach  in 
zu  strafen,  da  sprach  Ulenspiegel,  liebe  muter,  warzu  sich 
einer  begibt,  des  wirt  im  sein  lebtag  genug.  Eulensp.  cap.  5 
{in  den  späteren  ausgaben:  wozu  sich  einer  begibt,  das  gibt 
im  sein  lebtag  genug;  wie  man  seine  sach  anfängt,  so  gehts 
einem  hinaus);  man  musz  nit  zu  vil  schlafen,  sich  nicht  be- 
geben auf  die  unkeuscheit,  nit  auf  fresserei,  wein  und  faul- 
heit.  Petr.  194';  und  nirapt  mich  wunder,  das  man  sich  bei 
uns  nit  darauf  begibt  (damit  abgibt,  dieses  kraut  zu  ßllen). 
Secter  94 ;  er  hett  sich  auf  der  Alexandriner  sitten  und  leben 
ganz  begiben  (ad  mores  AI.  vitamque  deficere).  Fro.xsp.  3, 
229';  und  sich  begeben  zu  erkennen  gottes  gesetze.  Melisscs 
f)5.  Al';  das  wir  uns  ganz  und  gar  dahin  begeben,  dich  höch- 
lich zu  preisen.  M2';  die  sich  auf  alkestisch  für  ihren  mann 
darf  inn  tod  begeben.  Garg.  69';  derhalben  begaben  sie  sich 
ohn  alle  Ordnung  in  die  flucht.  265';  dasz  du  dich  gegen 
einem  kaiser  darfst  in  die  wehr  begeben.  Philand.  1,  565 ; 

unliedachlsam  ich  mich  begab 
wol  mit  der  keiserin  breutigani.    Atrer  235* ; 
eb  er  sich  ans  liebt  begab.    Logac  2  s.  47 ; 
wer  sich  zum  krieg  begibt,  spielt  umb  sein  eigen  blut. 
pers.  rosenth.  1,4; 

aber  bald  begab  er  sich  wieder  in  neue  lasier.  3,  7;  in  der 
ersten  blute  meiner  Jugend  habe  ich  mich  auf  das  lieben  be- 
geben. 5,  10 ;  sich  mit  einegi  in  zank  und  streit  begeben. 
7,  20 ;  sich  aufs  betteln  begeben.  7,  2 ;  der  heischer  (betller) 
begab  sich  aufs  verleumbden.  pers.  baumg.  4,  12;  allen  den 
papisten,  welche  sich  zu  unserer  religion  begeben  würden. 
ScHUPPics  579 ;  begebt  euch  mit  allem  fleisz  auf  die  arith- 
metic.  29 ;  da  sie  sich  aber  auf  den  luxum  begaben  und  mar- 
morsteinerne hauser  baueten.  126;  er  sich  in  alles  Unglück 
gedultig  begab  {ergab).  Weise  kl.  leute  31.  heule  nur  noch 
üblich  in  den  redensarten  sich  auf  die  flucht,  in  den  streit, 
in  den  krieg,  in  die  gefahr  begeben  ==  gehn.    rgl.  unter  a. 

c)  sich  begeben,  mit  gen.  der  sache,  bedeutet  bei  älteren 
«as  sich  auf  oder  in  etwas  begeben :  da  sollen  sie  nicht  sich 
des  begeben,  seiner  tyrannei  executores  zu  sein.  Luther  4, 
314*;  sich  des  beide  vereinigten  und  begaben.  'Bocc.  1,  110*; 
da  hat  es  sich  nun  begäben,  dasz  denen  von  Glaris  ir  pfarrer 
mit  tod  abgieng  und  sie  um  Ulrichen  Zwingli  warbent,  das 
er  sich  dessen  begäbe  {darauf  eingienge)  ir  pfarrer  zu  wer- 
den. BuLi.iKCER  1,  7.  meistentheils  aber  sagt  es  aus  auf  etwas 
verzichten,  einem  entsagen,  es  aufgeben,  also  was  1,  b,  doch 
LcTHER  setzt  nur  begeben  mit  acc,  nicht  sicli  begeben  mit 
gen.,  wofür  hier  andere  belege  folgen:  gnediger  hcrr,  wes  be- 
gebent  ir  euch?  Aimon  i; 

das  leichte  federvieh  verläszl  die  warmen  nestcr 
begib!  sich  ihrer  bürg,  der  halbbegriinten  äsier, 
spaizien  durch  freie  Infi.  Flkiii.'*!;  149; 

schaut  wie  in  eil  das  traurspiel  <;icli  verkehr, 
der  feldherr  selbs»  begibt  sich  der  verrnhrien  beer. 

Grtpiiics  1,  275; 
wenn  ich  mich  der  weh  begebe  (=  die  weit  begebe). 

GÖNTIIER  70; 

hast  du  dich  der  Dylama  begeben?  Piernt  2,  2«;  gegen  die 
freiheit,  deren  sie  sich  in  diesem  angenhlicke  selbst  begaben. 
Wieland  2, 121 ;  dasz  er  sich  aller  andern  besrhäfligungen  he- 
geben iiabe.  2,  240  ;  Dionysius  hatte  wenig  tust,  sich  einer  ge- 
walt  zn  begeben.  2,  2S8  ; 

Trel)i«ond  selbst  fienp  wi.'dcr  nn  zu  prüncn, 

der  kurz  zuvor  sich  aller  hofnung  begab.    4,  121 ; 


man  müste  der  weit  sich  begeben, 
um  nicht  mit  männern  wie  er,  und  mit  ooch  scblimniera  zu  leben. 

5,  SS; 
ihr  erster  anblick  wird  dir  allen  mut  benehmen,  dem  mann,  der 
schon  sieben  jähre  im  besitz  eines  solchen  kleinods  ist,  länger 
zuzumuten,  dasz  er  sich  dessen  freiwillig  begeben  solle.  8,  398; 

wenn  die  guten  forsten  geniu-;se  sind, 
die  der  tafel,  wo  der  nektar  rinnt, 
sich  begaben.    9,  149; 

hierdurch  aber  vergibt  er  jenen  hohen  vorzögen  sehr  und  am 
ende  begibt  er  sich  ihrer  gänzlich.  Guthe  26,  297;  dasz  man 
gern  der  eifersüchtigen  grillen  sich  begibt.  Betti.ne  br.  1, 168 ; 
mein  recht  begibt  sich  jedes  grundes.    I'latb?i  99. 

d)  sich  einem  begeben,  ergeben:  wisset  ir  nicht,  welchem 
ir  euch  begebet  zu  knechten  in  gehorsam,  des  knechte  seid 
ir.  Rom.  6,  16;  das  sie  sich  dem  einigen  teil  so  ganz  und 
gar  begeben  und  verbinden  sollen.    Litber  5,  315*. 

e)  die  Sache  begibt,  meist  unpersönlich,  es  begibt  sich,  ergibt 
sich,  geht  vor,  geschieht,  trägt  sich  zu,  franz.  il  arrive,  ganz  im 
sinne  von  a:  esz  hat  sich  begeben,  das  ein  knccht  ...  bei 
vierhundert  gülden  gestolen  hatte.  Magdeb.  ueislh.  {a.  1469) 
s.  105;  es  begab  sicli  aber  nach  etlichen  tagen,  l  Mos.  4,  3; 
und  es  begab  sich,  da  sie  auf  den»  felde  waren.  4,  8  und  io 
fort,  in  Luthers  bibel  überaus  oß ;  zuletzt  sich  begäbe.  Boee. 
2,  ISO';  begeh  sich  dann,  schon,  das  mir  an  zehrung  abgehen 
würde.  Galmyl9';  was  begibt  sich  aber  weiter?  bienenk.  26* ; 
disz  gestech  begibt  sich  das  mehrertheil  bei  liccht  und  nebel. 
Garg.  259" ;  es  begab  sich.  pers.  rosenth.  2,  2S ;  wenn  das  wider- 
spiel sich  begeben  hätte.  3,  9 ;  es  kann  sich  ein  wundenverk 
begeben.  7,  20 ;  es  begab  sich  selten,  dasz  er  jemanden  ins 
kabinet  führte.  Klopstock  12, 13S ; 

welches  wunder  begibt  sich?    ScaiitEK  83*; 
was  sich  nie  und  nirgends  hat  begeben, 
das  allein  veraltet  nie.    52". 

/)  für  sich  begebend,  sich  begeben  steht  hergebrachierweiie 
blosz  begebend  und  begeben:  dahingegen  obligierten  sie  sich, 
iiime  auf  alle  begebende  gelegenheit  mit  darsetzung  guts  und 
bluls  bedient  zu  sein.  Simpl.  2,  258 ;  auf  begebende  neue 
emergentia  und  zweifelhafte  bände!.  Schlppils  44;  da  sie  von 
ihrer  mutter  auf  begebenden  slerbefall  noch  eine  ziemliche 
erbschaft  zu  hofl'en  hatte.  Fclsenb.  2, 10.  ein  begeben  mensch 
hiesz  einer  der  ins  kloster  gegangen  ist;  eine  begebene  Jung- 
frau, eine  nonne. 

BEGEBEN ,  n.  casus,  eventus :  angesehen,  das  derselben 
dinge  begeben,  fahr  und  verlust  zu  der  Seligkeit  unschedlich 
sei.  LcTHERS  br.  1,  59  S ; 

glücke  hat  neider  in  allen  begeben, 
sonderlich  in  dem  soldatischen  leben.    Simpl.  2,  S". 
heute  ungewöhnlich. 

BEGEBENHEIT,  f.  eventus,  Vorfall,  ereignis,  geschickte:  eine 
traurige  begebenheit ;  ich  entsinne  mich  der  begebenheit  nicht 
mehr  deutlich ;  die  prüfung  der  begebenheiten  ist  ein  reiches 
feld  für  einen  denkenden  geist.  Lichtenberg  1,  47 ;  auf  dieser 
reise  halte  icli  seltsame  begebenheiten  {fata).  eine  menge 
von  romanen  des  17.  18  jh.  sind  betitelt  begebenheiten,  ge- 
schichte  aber  bezog  vian  mehr  auf  die  darstcllung  des  wirklieh 
geschehenen,  doch  beide  Wörter  vertreten  einander  oft,  das  volk 
meint  unter  begebenheit  gern  ein  wichtiges  ereignis.  das  fürwahr- 
halten ist  eine  begebenheit  in  unserm  verslande.  Ka.\t2,  611; 
stürzen  wir  uns  in  das  rauschen  der  zeit, 
ins  rollen  der  begebenheit.    Götbc  12,88; 

im  roman  sollen  vorzüglich  "gesinnungen  und  begebenheiten 
vorgestellt  werden,  im  drama  Charaktere  und  thatcn.  19,  181; 
eigentlich  aber  steht  er  gegen  die  natur  doch  nur  als.  ein  un- 
gebildeter mensch,  denn  nicht  sie  interessiert  ihn,  sondern 
ihre  begebenheiten.  wir  nennen  aber  begebenheiten  diejeni- 
gen zusammengesetzten  auffallenden  ereignisse,  die  auch  den 
rohesten  menschen  erschüttern,  seine  aufmcrksamkeit  erregen 
und  wenn  sie  vorüber  sind,  den  wtinsch  in  ihm  beleben,  zu 
erfahren,  woher  so  etwas  doch  wol  kommen  möchte.  53,  68. 

BEGEBNIS,  f.  und  n.  eventus:  nach  dieser  begebnis  bin 
ich  auf  Hindiistan  gezogen,  pers.  baumg.  8,  13;  zu  dem  er- 
schüttrrnden  begebnis  gesellte  sich  nun  die  ahnungsvolle  gc- 
genwart.  Götme  22,  00;  es  sind  andere  begebnisse,  auf  die 
man  mit  bcReisterung  harrt.  Bettine  lageh.  135. 

BKtiERUNG,  f.  1)  ergebung:  dasz  er  das  statlvolk  zur  bc- 
gebung  treiben  möclite.  Fronsp.  3,  279*.  2)  eventus,  begegnis : 
weil  dessen  buch  nicht  besonders  bekannt  und  die  begebun- 
gen  nie  von  denen  angezogen  oder  berühret,  welche  sich  die 

81 


1283 


BEGECKNN  —  BEGEGNEN 


BEGEGNEN— BEGEHEN 


1284 


eigenschaften  der  geister  zu  erforschen  bemühet.  Gryphius  1, 
185 ;  dafern  anders  dieser  begebung  völliger  glaube  beizumes- 
sen ist.  LoHENST.  Ann.  1,  413.  3)  verzieht,  enlsagung:  frei- 
willige begebung  aller  freuden  und  bequemlichkeiten  dieses 
lebens.  Millers  Siegwarl  1,  30. 

BEGECKEN,  infatunre,  zum  narrn,  zurri  besten  haben,  nnl. 
begekken,  Stielee  621 ;  einen  filz  begeckte  einer  mit  diesen 
Worten.  Zinkgr.  2,  71; 

des  habichts  {Ostreichs)  Qag  sich  strecket, 

d'  andre  churfürsien  krätlenlos 

er  offenbar  begecket.    Utricularitis  1,20. 

BEGEGENSCHAFT,  f.  begegnung:  das  was  ein  wunderlich 
begegenschaft,  do  die  zwo  parthen  einander  begegneten.  Kei- 
sersberg  post.  3,  84. 

BEGEGNEN,  obviam  venire,  occurrere,  widerfahren,  ahd. 
pikaganan,  bigagcnan  (Graff  4,  140),  mhd.  begagenen,  bege- 
genen,  begeinen  (Ben.  1,  493'),  nnl.  bejegenen,  bei  Kilian  be- 
legenen d.  i.  betejegenen.  da  man  die  zweite  und  dritte  per- 
son  begegenst,  begegent  bildete,  so  lag  es  nahe,  auch  den  inf. 
begegen  für  begegenen,  wie  segen  für  segenen  zu  schreiben, 
beispiele  liefert  Luther,  auch  Folz  reimt  begegen :  gelegen. 
Haupt  8,  513.  hetite  gilt  begegnest,  begegnet,  also  auch  nur 
begegnen.  Die  bedeutung  gestattet  beides,  sowol  einer  oder 
etwas  begegnet  mir,  als  ich  begegne  einem  oder  einer  sache. 

1)  leibliches  begegnen  meist  mit  dem  dat.,  der  aber  auch 
unterbleiben  kann:  herr  du  gott  meines  herrn  Abrahams  be- 
gegen mir  heute  (occurre  mihi  hodie).  1  Mos.  24,  12 ;  Jacob 
aber  zoch  seinen  weg  und  es  begegneten  im  die  engel  got- 
tes.  32, 1 ;  wenn  dir  mein  bruder  Esau  begegnet.  32, 17 ;  was 
wiltu  mit  alle  dem  beere,  dem  ich  begegnet  bin?  33,8;  und 
er  gieng  hin  und  begegenet  im  am  berge  gottes  und  küsset 
in.  2  Mos.  4,  27 ;  und  da  er  von  dannen  zoch,  fand  er  Jona- 
dab,  der  im  begegent  und  grüszet  in.  2  kön.  10,  15;  es  ist 
besser  eim  beren  begegen,  dem  die  jungen  geraubt  sind,  denn 
eim  narren  in  seiner  narrheit.  spr.  Sal.  17,  12;  wisse,  dasz 
dir  gott  begegnet  hat.  Agricola  spr.  9' ; 

Amea  ist  so  wunderhübsch,  die  schwangern  meiden  sie, 
es  gehet  ab  ohn  misgeburt,  wo  sie  begegnet,  nie. 

LoGAU  2,  zuy.  120; 
Mutius  ist  eine  biene,  fleucht  herum  auf  allem  süszen, 
ist  nicht  stolz,  was  nur  begegnet,  zu  beherzen  zu  beküssen. 

124; 
und  weite  fast  jeglichen  bäum,  der  uns  begegnete  (auf  den 
wir  slieszen)  ausreiszen.  pcrs.  rosenth.  1,  18 ;  hat  mir  ein 
mensch  begegnet.  3, 14 ;  es  hatten  ihnen  etliche  Soldaten  be- 
gegnet, pers.  reiseb.  1,  4  ;  denen  {angelangten  fremden)  der  wirt 
mit  einem  trunk  warmen  sekt  begegnete  {entgegen  kam).  Weise 
erzH.  388 ;  indem  kam  der  priester  selbst,  und  wolle  seinen 
gasten  mit  einem  guten  morgen  begegnen,  hl.  leule  368 ; 

fiel  edle  rilter  lind  ich  hier  versammelt, 

und  alle  äugen  glänzen  Treudenhell, 

nur  äinem  traurigen  hab  ich  begegnet, 

der  sich  verbergen  musz,  wo  alles  jauchzt.   Schiller  469' ; 

seit  wann  begegnet  der  tod  dir  fürchterlich?   Göthe  8,  275; 

begegnest  mir  auf  neu  beblümten  matten.   3,  21 ; 

jeder  begegnende  priese  dich  selig.    Voss  Oa.  15,  537. 
einen  wol  tadelhaflen  acc.  der  person,  wie  ei-  bei  antreffen  oder 
finden  steht,  scheint  der  eindruck  des  franz.  rencontrer  zu  ver- 
anlassen : 

ein  gärtner  hatte 
den  prinzen  dort  begegnet.    Schiller  273'; 

wenn  man  auch  nicht  weisz,  was  man  unterwegs  antreffen, 
unterwegs  begegnen  werde.  Göthe  21,  219 ;  ich  werde  die  herrn 
grüszen,  wenn  ich  sie  begegne.  Hippel  br.  13, 116. 

2)  abstracl:  denn  er  sprach,  es  möchte  im  ein  unfal  be- 
gegnen. 1  Mos.  42,  4 ;  lasset  euch  die  liitze,  so  euch  begegnet, 
nicht  befremden,  l  Petr.  4,  12;  unlrew,  so  ihm  von  Wernhart 
und  andern  seinen  Widersachern  begegnet  war.  Galmy  354 ; 

mit  dankbarkeit  ...  begögnen.    Wrckhrrm.n  241 ; 
niemand    hat   mir   das   geringste    böses  gethan  oder  mir  mit 
Widerwillen  begegnet,  pcrs.  baumg.  4,  27 ;  wird  mir  mit  manier 
und  höflichkeit  begegnen.  Scmuppius  606;    und  seiner  fraucn 
sagt,    was    für   grosze   gnaden    ihrem  iierzliebslen  (rf.  t.  ihm) 
begegnet  sei.  26;  und  mir  von  guten  Iculen  viel  eine  begegnete 
{wideifuhr).  317;  beide  hatten  einander  auf  der  bahn  desriihms 
und  um  throne  liegegnct.  Schiller  804 ;  Heinrich  war  ihnen  auf 
dem  italienischen  feldzug  sehr  gebieterisch  begegnet.  1043; 
dem  fesilichco  tage 
begegnet  mit  kränzen.    Göthk2,  32; 

ihm  begegnet  neckisch  genug  ein  unglück  nacU  dem  andern. 


25,  37 ;  SO  will  ich  ihnen  noch  eine  andere  sehr  seltsame  be- 
gebenheit  erzählen,  die  mir  wenige  monate  vor  meiner  letz- 
ten rückreise  nach  Europa  begegnete.  Münchhausens  reisen  81 ; 
in  Albano  sprach  ein  anderer  geist  als  in  Schoppe,  aber  beide 
begegneten  sich  bald  {trafen  in  ihren  ansichten  zusammen). 
J.  Paul  Tit.  2,  82 ;  ihm  wird  wol  oder  übel,  mild  oder  hart, 
anständig  oder  unanständig,  unverzeihlich  begegnet.  Auch  hier 
erscheint  zuweilen  die  accusativconstruclion  mit  dem  sinne  von 
behandeln:  darüber  ward  er  von  seinem  bittersten  feinde' übel 
begegnet,  pers.  baumg.  4,  19;  indem  er  ihn  mit  gründlicher 
Widerlegung  nicht  begegnen  kunte.  pers.  rosenth.  7,  20 ; 

doch  wenn  die  luft  nachher  sie  widriger  begegnet. 
Brockes  6,  170; 

unter  den  klagen  und  vorwürfen,  die  er  denjenigen  machte, 
welche  ihn  mit  so  vieler  grausamkeit  begegneten,  sagte  er. 
Lessing  6,  215. 

3)  hervorzuheben  ist  die  bedeutung  von  geschehen,  sich  zu- 
tragen,  ereignen,   engl,  occur,  meist  ohne  dativ: 

ich  bitt  um  gnad,  es  soll  nicht  mehr  begegnen. 
Schiller  536; 

wer  ist  der  weiseste?  der  nichts  anders  weisz  noch  will,  als 
das  was  begegnet.  Göthe  14,  180 ;  nur  ein  wunderliches  Un- 
glück begegnete  bei  dieser  gelegenheit.  17,  250  ;  wie  vieles  war 
begegnet,  seitdem  sie  die  stimme  dieses  treuen  lehrers  nicht 
vernommen.  17,  274;  ich  weisz  es  schon,  sagte  die  gräfin, 
was  mag  wol  begegnet  sein?  18,  307.  man  sagt  aber  auch, 
das  soll  mir  nicht  wieder  begegnen,  das  kann  jedem  begegnen. 

4)  die  bedeutung  von  gegenwehr,  widerstand  leisten,  entge- 
gentreten, zuvorkommen :  dis  ervvehne  ich  allhier,  damit  dem 
teufel  und  seinen  propheten  begegne.  Mathesius  48"; 

dasz  sicher  sie  dem  feind  begögnen.    Weckheblin  364; 

meine  obrigkeit  werde  den  Verkäufern  und  spargenten  diser 
pasquill  begegnen,  wie  es  die  reichsabschied  und  die  gesetze 
dieser  löblichen  Stadt  Hamburg  erfordern.  Schuppiüs  566;  dasz 
ich  mit  heimlichem  gelächter  den  politischen  begegne.  710; 
wie  ich  neinlich  schon  angemerkt,  wollte  Berengarius  seinem 
gegner  in  dessen  eigener  methode  begegnen.  Lessing  8,  334; 
und  auch  auf  diesen  fall  versiebet  mich  unser  manuscript 
mit  gründen  ihm  zu  begegnen.  8,  352 ;  alle  Zerstreuungen  und 
crgelzlichkeiten,  womit  man  diesem  übel  zu  begegnen  gesucht 
hatte,  wollten  nichts  mehr  verfangen.  Wieland  6,  27;  damit 
dem  übel  mit  den  gehörigen  mittein  in  zeiten  begegnet  wer- 
den könne.  7,  221;  einem  dritten  fall  hatte  Lykurgus  nicht 
begegnet,  wenn  nemlich  der  senat  selbst  seine  macht  mis- 
brauchte.  Schiller  1020 ; 

wer  begegnet  ihrer  wuth  ?    Göthe  2,  27 ; 

doch  ein  wort  zu  den  verwegnen. 

ja  ein  wort  soll  euch  begegnen 

kräftig  wie  ein  donnerscnlag.    2, .28; 

begegnet  so,  im  würdigsten  beschäftigt, 

der  dämmerung,  der  nacht,  die  uns  enikräftigt.  13,170; 

sie  war  zufrieden,  der  kleinen  Überraschung  und  beschämung, 
die  man  ihnen  zugedacht  hatte,  auf  diese  weise  zu  begegnen. 
20,188. 

Die  angeführten  stellen  zeigen,  dasz  das  praet.  sowol  mit 
haben  als  sei«  gebildet  wird,   heute  herscht  letztere  weise  vor. 

BEGEGNEN,  n.  das  veränderte  begegnen  von  woldeokcnden 
Schwiegereltern.  Göthe  48,  34. 

BEGEGNIS,  f  und  n.  fürstellung  des  groszen  creuzträgers 
Hiob  und  der  manchfalligen,  schmerzhaften  und  jammervollen 
begegnissen.  Schuppiüs  129 ;  diese  erhchung  des  Instinkts  zur 
Vernunft,  wenn  ich  ihm  glauben  soll,  macht  es  ja  eben,  dasz 
eine  begegnis  aus  dem  reiche  der  thiere  zu  einer  fabel  wird. 
Lessing  5,  383;  auch  diesem  wunderbaren,  unerwarteten  be- 
gegnis sahen  der  hauptiuann  und  Charlotte  stillschweigend 
zu.  Göthe  17,  92 ;  da  ihm  diese  {region)  durch  das  was  man 
erfahrung  nennt,  durch  liegegnisse  an  weit  und  weibern  ver- 
leidet wurde.  25,  90 ;  von  der  begegnis,  wie  sie  die  wand  an- 
gesehen. Hegel  bei  Göthe  CO,  76. 

BEGEGNUNG,  f  ich  bin  solcher  begcgnungcn  nicht  ge- 
wohnt. Gotter  3, 166;  seine  begegnung  ist  zu  scharf  und  rauh. 
Klincers  th.  3,  320. 

BEGEHEN,  ohirc,  ambire,  circumire,  inirc,  adire,  aggredi, 
celcbrare,  colere,  patrare,  ahd.  pikiln,  bigangan  (Grakk  4,  91. 
92),  mhd.  begAn,  hegen  (Ben.  1,408.469),  nnl.  hegaan. 

1)  ini're,  avreTrni,  m'rovoini^eip,  beiwohnen,  blosz  t^on 
thiercn,  ursprünglich,  wie  inire,  auch  von  menschen,  vgl.  sich 
begehen  10,  a.  und  die  ähnlichen  transitiva  belaufen,  besprin- 


1285 


BEGEHEN 


BEGEHEN 


1286 


gen,  betreten,  beschlafen,  belegen,  (o^svetv):  der  hengst  hat 
die  Stute  begangen,  die  slute  ist  begangen ;  es  ist  nicht  zu 
leugnen,  dasz  im  königreich  Neapel  und  in  Engeland  die  da- 
sigen  Stuten,  von  spanischen  hengsten  begangen,  eine  edlere 
art  durch  diese  begattung  geworfen  haben.  Wlxkelmass  4,  238 ; 
ihn  schauD  als  sumpr  für  ekler  kröten 

begebn  und  brüten, 

or  keep  it  as  a  cistern,  for  foul  toads 

to  knol  and  gender  in.    Othello  4,  2. 

2)  begebn,  curare,  besorgen,  pflegen,  wurde  mhd.  Ktederum 
ton  Pferden  gesagt: 

dö  si  da;  ors  begieng'cn.    Pars,  4SS,  I ; 

genc  und  bewar 
disse  herren  phärl,  tohter  min, 
und  begenc  et  so  ze  vlije 
daj  ichdirs  im  verwije.    Er.  319; 
daj  pliärt  begiengn  ze  vlije 
ir  bende  »il  wije.    353; 
dö  da;  phärt  was  begangen.    441 : 
da  man  diu  ors  begienc.    Krone  6M; 
begie  sinen  mül.    12S23; 
und  wser  ein  gemeiter  vol, 
der  (wenn  man)  in  wol  begienge.    Eracl.  1333. 

3)  begebn,  curare,  ducere  funus,  einen  todten  begebn,  be- 
statten, begraben,  die  leiche,  die  seele  feierlidt  besorgen :  mhd. 

dö  der  kuninc  sinen  sun 

also  bete  begangen.    En.  S296; 

auch  SO  höret  mans  aus  des  priesters  munde,  wenn  er  für 
dem  aJtar  zum  volk  spricht,  lieben  freunde  helft  mir  bitten 
für  die  seele  NN,  die  man  itzt  begehet  mit  vigilien  und  seel- 
messen,  das  gott  wolt  ansehen  die  guten  werk,  die  im  nach 
geschehen.  Lcther  5,  164';  und  ist  gewis,  das  die  alten  kei- 
ser  in  iren  thumstiften  mit  keinen  anniversarüs  oder  seelmes- 
sen,  die  sie  gestift  haben,  begangen  wurden.  2,'';  begerende, 
das  man  die  gestorbne  fürstin  mit  vigilien  und  seelampten 
begehen  und  besingen  wolt.  Val.  Ickelsamer  a  3 ;  bisz  der 
mann  begraben  und  in  gebürlicher  zeit  nach  christlicher  Ord- 
nung begangen,  iceisth.  3,745;  die  reichen  holt  man  mit  der 
procession  und  begehet  si  mit  vil  priestcrn.  Fraxk  ueltb.  134' ; 
SO  sol  man  seinen  leichnara  begraben  uf  das  geweicht  erd- 
reich  und  sein  seel  begon  mit  vigiligen  und  seelmessen  nach 
christlicher  ordenung  und  gewonheit.  Eulensp.  cap.  93 ;  wie  er 
den  verstorbenen  ritter  begebn  liesz.  Fontus  49 ; 
wir  müssen  schön 
keiser  Ollen  den  groszen  begebn, 
der  ist  in  goti  selig  verscbiedn.    Atrer  125*. 

vgl.  begängnis,  leicbbegängnis,  seelbegängnis,  beleiten. 

4)  begebn,  celebrare,  die  feier  begebn,  ein  fest,  einen  jahrs- 
lag,  namenstag,  tag  begebn,  eine  weise  begebn,  mitmachen: 
disen  sant  Johanns  hegend  wir  dort  zu  winachten  nach  sant 
Steffans  tag.  Keisersrebg  post.  4,  33 ;  da  beging  Pharao  seinen 
jartag.  l  Mos.  40,  20;  da  aber  Herodes  seinen  jartag  beging, 
da  tanzte  die  tochter  der  Herodias  vor  inen.  Matlh.  14,  6 ; 

nein  es  ist  keiner  nicht,  der  uns  mehr  Treude  macht, 
als  dieser  (tag),  der  uns  itzt  so  süsz  bat  angeiachi, 
drüm  ist  es  billich  auch,  dasz  wir  ihn  recht  begehen 
und  mit  glückwönschungen  vor  unserm  vaier  stehen, 
kommt,  kommt,  ihr  Schwestern  kommt,  laszt  uns  die  werthe  leit 
begebn  mit  süszer  tust  und  schöner  Trölicfakeit. 

FtEMiÄc38;    • 
wann  spöltlicb  sie  (die  ßrslen)  belehn  fremeiner  leuie  brauch. 
Log  AU  2,2,  60; 
wenn   sie   das   gedüchtnis   der   Opferung   Abrahams   begeben, 
perj.  rojenfA.  7,  20 ;  hättet  ihr  beide  so  zusammen  gesagt,  ehe 
ihr  eur  verdammlicbe   gnukelfuhr  begangen,   so  wäre  es  mit 
einem  guten  gewissen  geschehen.  Simpl.  2,  317;  diesen  alten 
löblichen   gebrauch  wollen  wir  auf  dieses  mal  auch  begehen. 
ScHtpi>iis  84t ;  mir  ist  nicht  erlaubt  auch  nur  den  geringsten 
gölzendienst  zu  begehen.  Felsenb.  4,  465 ;  er  lud  den  prinzen, 
den  ganzen  hof  und  die  vornehmsten  der  Stadt  ein,  auf  sei- 
nem  landhause   die   Wiederkunft   des    frühlings   zu   begehen. 
Wieland  2,  309 ; 

wo  hirtenreihn  ein  maienfest  begehen.    Gotter  1,23 
des  frühlings  Wiederkehr,  der  ernte  fest  begehn.    1,  41"; 
begehe  die  erflehte  wi<><lerkehr 
mit  hekatomben,  schmausen,  heldenspielen.    2,  211 ; 
i'-        lasz  uns  beide  das  fest  im  stillen  freudig;  begehen. 
>"        ^  GoTHE  1,125; 

begeht  den  alten,  heiigen  brauch, 
allvater  dort  zu  loben.    1,232; 

dorh  lasz  die  fesilichkelt 
mich  hier  bepelin  im  schauen  alter  buchen.    2,34; 
so  feiern  die  Armenier  das  fest  der  kreuzeslaufe,    die  sie  in 
ihrer  präcbtigea  vorstadt  feierlichst  begehen.  6,  202 ; 


welch  eine  weihung  mag  sie  da  begebn? 
diesen  tag,  so  schön,  so  schön 
laszt  im  garten  uns  begehn.    10,  293 ; 


10,  31 ; 


einer  mit  hundert,  ja  tausend  gläubigen  auf  den  Ottilienberg 
begangenen  wallfahrt  denk  ich  noch  immer  gem.  26,  79 ;  um 
am  folgenden  tage  ein  lustiges  fest  im  waide  zu  begehn. 
TiECK  Stemb.  2,  145;  man  beschenkte  und  versöhnte  sich, 
und  begieng  den  vertrag  nach  dänischer  sitte  durch  eine 
achttägige,  wechselseitige  beschmausung.  Dahlma;«!«  dän.  gesch. 
1,  1S9.  Auch  schw.  und  dän.  ist  begä  und  begaae  in  diesem 
sinn  üblich :  begä  den  heliga  nattvarden,  das  heilige  abendmal 
feiern,  nehmen;  begaae  en  fest. 

5)  den  wald,  das  feld,  die  grenze  begehn,  circumire,  «as 
auch  feierlich  geschah:  die  grenze  soll  alle  zehn  jähre  be- 
gangen werden,  tgl.  grenzbegang ;  ich  begieng  alles  selbst  mit 
einem  geschickten  forstmann.  GOthe  20,  5S ;  die  Jäger  habea 
diese  gegend  nicht  fleiszig  begangen,  nnl.  ik  heb  dat  päd 
dikwijls  begaan,  ich  habe  diesen  pfad  oft  begangen,  betre- 
ten, es  heiszt  auch  die  wacht  begehn,  durch  umgang  besich- 
tigen :  soll  eine  staiise  w  acht  stets  begangen  und  besichtigt 
werden.  Kirchhof  disc.  mit.  34 ;  besichtigung  der  wacht,  oder 
die  wacht  begehen.  145.  ein  wol  begangner  (vielbesuchter) 
laden. 

6)  begehen,  treffen,  erreichen,  bestreichen,  berühren :  es  wäre 
besser,  wann  der  brunn  mit  einem  verschlag  und  oberdacfae 
bedeckt  würde,  damit  kein  regen  einfallen,  noch  ein  rauhes 
neblichtes  weiter  und  luft  ihn  begehen  [bestreichen,  an  ihn 
gehen)  können.  Eckarts  medic.  maulaffe  789;  wann  nun  das 
rohe  (fleisch)  von  den  zuflieszenden  feuchtigkeiten  begangen 
wild,  entstehen  heftige  schmerzen,  welches  ein  jeglicher  leicht 
mutmaszen  kan,  wann  das  rohe  fleisch  eine  scharfe  materie 
begehet,  hebamme  693 ;  so  musz  die  hebamme  die  sechswöcb- 
nerin  auf  einen  nachtstul  setzen,  dasz  von  unten  der  dampf 
von  warmen  wasser,  welches  man  in  einem  asche  einsetzen 
soll,  den  hindern  begehe.  697. 

7)  in  schlesischer  mundart,  es  begehen,  aegre  ferre,  dolere:  er 
hat  es  sehr  begangen,  ralde  doluil;  er  begehet  es  (empfindH 
es)  um  des  vaters  tod  nicht  wenig,  non  parum  morte  patris 
afßcitur.  Steinbach  1,  546 ;  ihm  folgten  Martin  und  Ulrich,  den 
jungen  Engelmann  mit  seinem  reisebündel  an  der  band,  der 
es  gar  sehr  begieng,  dasz  er  aus  seinem  lieben  Schweidnitz 
scheiden  sollte,  van  der  Velde. 

S)  abstract,  zuweilen  in  gutem  sinn:  eine  edle,  tugendhafte 
handlang  begehn;  einen  herlichen  sieg  am  tod  und  helle  be- 
gangen. Ll'tber  6,  79*;  das  ir  die  wolthat  an  im  begangen 
vollführen  wolltet,  br.  5, 10 ;  in  streiten  und  kriegen  grosze  red- 
lichkeit  begienge.  Boce.  2, 166' ;  für  darauf  begangene  und  ge- 
habte mühe,  brandaib.  kammerger.  ordn.  von  1516;  damit  er 
lob  und  kein  schand  begehe.  Rectter  kriegsordn.  i.  Bei  wei- 
tem häufiger  aber  in  übler  bedeutung  und  schon  das  blosze 
begehen  meint  wie  committere  etwas  verbrechen :  was  hast  du 
begangen?  du  wirst  wieder  etwas  begehen,  anstellen;  guter 
mann,  wes  hastu  umb  diser  falschen  lugen  willen  mit  deiner 
erbaren  und  frommen  frauwen  begangen?  Bocc.  1,  124*;  und 
wurden  ser  zornig,  das  er  ein  narrheit  an  Israel  begangen 
und  Jacobs  tochter  beschlafen  hatte.  iMos.  34,  7;  denn  sie 
haben  eine  schände  begangen.  3  Mos.  20, 12 ;  darumb  das  sie 
eine  torheit  in  Israel  begangen  hat.  5  Mos.  22,  21.  Jos.  7,  15. 
Hiob  42,  8 ;  und  zogen  an  den  frevel  an  den  siebenzig  sönen 
Jerubbaal  begangen,  ridtt.  9,  24 ;  der  frevel  an  mir  begangen. 
Jer.  51,35.  Habac.  3,17;  umb  aller  ewer  sunde  willen,  die  ir 
in  allen  ewTcn  grenzen  begangen  habt.  Jer.  15,  13;  damit  er 
einen  grewel  begehet.  Ez.  18, 12 ;  racheten  den  mord  an  irem 
bnider  begangen,  l  Marc.  9,  42;  die  im  aufrur  einen  mord 
begangen  hatten.  Marc.  15, 7  (goth.  maur(ir  gatavidedun) ;  die 
edle  lugend  (ironisch),  so  die  predigermünch  zu  Bern  began- 
gen haben  mit  dem  sacrament.  Luther  3,  514;  sihe,  das  ist 
der  lügenmünch  einer,  die  zu  Bern  solch  laster  mit  dem  sa- 
crament begangen,  das.;  dasz  man  einen  solchen  grewel  nit 
begehen  soll.  Fischart  bienenk.  37*; 

an  keinen  schweren  fall,  den  sie  begangen  baue, 
denkt  Crpria,  sie  fällt,  oft,  aber  nur  ms  belle. 
l.OGAU  1,  5,  45 ; 

Schnitzer  darwider  begehen.  GCkther  corr.  5;  ich  begehe  einen 
fehler.  Weise  */.  leute  18;  er  begieng  den  fehler,  die  Wahr- 
heit laut  zu  sagen;  eine  der  gröszten  ungereimiheilen,  die 
man  begehen  kann.  Kant  8,  84;  einen  streich,  ein  schelm- 
stück, eine  dummlicit  begehen. 

81* 


1287 


BEGEHEN 


BEGEHR  — BEGEHREN 


1288 


9)  intransitives  begehen  kommt  kaum  vor,  während  abgelin, 
angehn,  aufgchn,  beistebn  hdußg  intransitiv  stehen,  weil  ihre 
Partikeln  trennbar  sind,  das  untrennbare  be  hingegen  transition 
nach  sich  zu  ziehen  pflegt,  doch  findet  auch  intransitives  ver- 
geben statt  und  bei  Abele  3,  288  liest  man :  seines  hievor  be- 
gangenen Jebens  =  vergangnen,  verstrichnen. 

10)  desto  häufiger  ist  das  reflexive  sich  begehen,  und  zwar 

a)  sich  vertragen,  sich  begatten  {s.  begehen  1) : 

der  plumpe  bär  ...  begehet  sich  mit  seiner  bärin. 
Brockes  7,  46 ; 
der  stand  solcher  wilden, 
die  ohne  zu  pflanzen,  zu  ackern,  zu  säen, 
mit  müsziggang  sich  auf  kosten  der  götler  begehen. 
Wie  LAND  10,  12; 
seh  sie  die  rittcr  und  damen, 
wie  sie  zusammen  kamen, 
sich  begeh,  sich  begatte.    Göthe  13,38; 
das  quillt  all  von  erzeugungskraft, 
wie  sichs  hat  aus  dem  schlaf  geraft, 
Vögel  und  frösch  und  thier  und  miicken 
begehn  sich  zu  allen  augenblicken, 
hinten  und  vorn,  auf  bauch  und  rücken, 
dasz  man  auf  jeder  biüt  und  blatt 
ein  eh-  und  wochenbeitlein  hat.    13,  78. 

b)  zusammen  leben,  mit  einander  umgehn: 

mit  einander  lieplich  sie 

sich  bcgiuugen,  als  ich  las.    rRin.  Trist.  2671 ; 

vrenn  brüder  eins  sind,  und  die  nacbbarn  sich  lieb  haben  und 
mann  und  frau  sich  mit  einander  wol  begehen.  Sir.  25,  2; 
drumb  wenn  def  tod  man  und  weib,  die  sich  wol  begangen 
und  lieb  einander  gehabt  haben,  oder  sonst  gute  und  liebe 
freunde  von  einander  scheidet,  so  ist  des  traurens  und  kla- 
gens  unter  inen  kein  masz  noch  ende.  Luther  2,  520";  es  ist 
ein  sonderliche,  grosze  gnad,  wenn  die  eheleut  sich  wol  be- 
gehen und  solcher  einigkeit  ist  der  teufel  feind.  tischreden 
314';  wenn  zwei  fromme  eheleute,  die  sich  wol  mit  einander 
begangen,  lieb  und  wertb  gehalten  haben.  353'; 

sich  nicht  fein  brüderlich  begehen.    Ringwald  evang.  Gg4'; 
begeht  euch  wie  die  brüder  fein.    Tl*; 
wenn  nu  die  brüder  sollen  allsampt  diesen  weib  erstehen, 
wie  könten  sie  sich  allzumal  umb  dies  person  begehen? 

Ff  7'; 

gleichwie  die  wilden  thiere,  so  da  einerlei  art  sein,  sich  freund- 
lich mit  einander  begehen.  J.  Val.  Andbeae  reform,  der  weit  125; 

dasz  sich  der  grimme  wolf  mit  lämmern  soll  begehn. 

Opitz; 

wie  nasz  und  trucken  sich,  wie  warm  und  kalt  begehn. 

3,  231 ; 

wann  sich  mann  und  weibe  wol  mit  einander  begehen.  Puilaih- 
DER  (ed.  lugd.)  5,  27 ; 

so  lang  sich  Moses  wird  mit  Aaron  wol  begehen, 

so  lang  wird  Israel  in  guter  wolfarl  stehen. 

Neumarks  htsiioäWc/ien  219 ; 

aber  da  sehn  sie  doch,  was  es  ist,  wenn  riian  sich  mit  den 
leuten  zu  begehn  weisz.  Wieland  11,  211 ;  sie  würden  sich  ge- 
wis  vertragen  —  gut  begelien,  hälfe  ich  bald  gesagt.  Hippel 
4,  276 ;  wollen  wir  in  einen  himmel,  so  müssen  wir  auch  auf 
erden  uns  mit  einander  begelien  lernen.  5,  103;  ein  hund, 
der  sich  mit  dem  lämmlein  brüderlich  begeht.  7, 190. 

c)  sich  eines  oder  mit  einem  begehn,  auch  ohne  casus,  ab- 
geben, behelfen,  betragen:  wcs  bcgiengen  sie  sich?  (was  thaten 
sie)  Keisersb.  ausg.  der  jüd.  J  5 ;  er  begieng  sich  mit  allen 
lästern.  Münster  301 ;  lieber  hauswirt,  ich  habe  zwclf  kind, 
und  ist  keins  dein,  denn  das  erst,  des  du  sicher  bist,  denn 
das  erst  jar  bin  ich  fronib  gewesen,  und  hast  mein  wenig 
gedacht,  ob  ich  zu  beiszen  oder  zu  brccnen,  zu  essen  oder 
zu  trinken  hell,  darumb  so  hab  ich  mich  begangen  wie  ich 
mochte,  seh.  und  ernst  cap.  246 ; 

wer  sich  jetzt  kaufens  wil  bcgon, 

der  musz  oft  sein  warsagen  Ion.    Acricola  spr.  698; 

SO  gibt  man  einem  jeden  ein  ehrliche  underhaltung,  damit  er 
sich  hinfürter  wol  ernehren  und  begaliii  mag.  Fronsp.  3, 15l' ; 
o  wehe  dem  vatler,  des  kindcr  sich  mit  dieser  schnöden  kunsl 
begon  müssen.  Wickrah  bilger  H  3 ; 

wil  lieber  mich  mit  kriug  bcgon.    trag.  Juh.  C8; 

man  sol  sich  weidelich  mit  lebendiger  bewcgung  begehn  und 
auf  die  tugcnt  wacker  sein.  I'elr.  lö*;  denn  auch  die  münner 
sich  ehbruchs  an  solclien  orten  begangen.  28*; 

wie  die  kindcr  sich  begohii,  also  brilt  den  l)r;Mich 
Curtius  mit  seiner  frnw.    kindcr  knilzcn  auch. 
LoOAU  3,  tug,  81  i 


wie  er  alle  zeit,  wo  es  ernst  gegolten,  sich  ehrsam  und  ernst- 
lich begangen.  Brandts  Taubmann  51. 

d)  während  heutzutage  die  bedcutung  b  fast,  und  c  ganz 
erloschen  ist,  gebrauchen  wir  sich  begehen  für  begangen  wer- 
den, committi,  z.  b.  der  ganze  frohe  frühling  ist  voll  mord 
in  drei  dementen,  nur  dasz  sich  der  mord  noch  stiller  im 
lauten  meere  begeht,  in  welciiem  kein  leben  anders  lebt  als 
von  einem  andern  leben.  J.  Paul  ddmmerungen  4. 

BEGEHR,  m.  tmd  n.  petitum,  volunlas  {vgl.  begier).  das 
tnhd.  einfache  ger  ist  f.  (Ben.  1,  531")  und  wahrscheinlich  auch 
beger  f.  pass.  H.  112,  23.  K.  103, 13.  398, 13,  welche  stellen  ül)er 
das  genus  nicht  entscheiden,  das  n.  scheint  erst  durch  das 
substantivisch  gesetzte  verbum  begehren,  dem  jenes  begehr  vor- 
zuziehen ist,  herbeigeführt,  was  ist  dein  begehr?  auf  sein  be- 
gehr geschah  es; 

er  macht  den  buntschu  so  vol  schmor, 

als  ob  er  luter  zucker  wer, 

das  jeder  hat  darzu  beger.    Murners  lulh.  narr  3178; 

da  Alard  Reinharts  beger  vernara.  AimonX2;  mit  beger,  dasz 
es  hinfürter  durch  ein  verbot  möchte  abgeschaft  werden. 
Kirchhof  wendunm.  42" ; 

was  hilf  dem  Tzafer  gold  und  geldl 

es  kan  doch  sein  begehr  nicht  fiillen, 

und  weder  durst  noch  hunger  stillen,    pers.  rosenth.  3, 18; 

wenn  eines  sein  begehr  man  willig  wird  erfüllen, 

so  pllegt  er  auch  noch  wol  zu  thun  nach  unserm  willen. 

7,19; 

dasz  sie  auf  den  begehr  gehöret  deine  klagen. 

HoFBANNSW.  getr.  seh.  13; 

denn  dein  herz  hat  viel  und  grosz  begehr, 

was  wol  in  der  weit  für  freude  war, 

in  dein  herz  zu  sammeln.    Göthe  2,  198; 

frau  nachbarin!  was  ist  ihr  begehr?    13,60. 
BEGEHREN,  cupere,  pelere,  stärker  als  bitten,  schwächer  als 
verlangen  und  fordern,     ahd.  nicht  vorhanden,  mhd.  noch  sel- 
ten und  der  späteren  zeit  eigen  (Ben.  1,  534"),  nnl.  begeeren. 

1)  mit  gen.  der  Sache:  wenn  ich  die  beiden  für  dir  aus- 
stoszen  und  deine  grenze  weitern  werde,  sol  niemand  deines 
landes  begeren.  2  Mos.  34,  24 ;  die  bilde  irer  götler  sollu  mit 
fewr  verbrennen  und  soll  nicht  begeren  des  Silbers  oder  gol- 
des  das  dran  ist.  5  Mos.  7,  25 ;  ich  begere  keines  lebens  mehr. 
Hiob  9,  21 ;  gleichwie  ein  lewe,  der  des  raubs  begerl.  ps.  17, 12 ; 
sihe  ich  begere  deiner  befelhe.  119,  40 ;  der  engel  des  bunds, 
des  ir  begeret.  Mal.  3, 1 ;  du  weist  herr,  das  ich  keines  man- 
nes  begert  habe.  Tob.  3,  17 ;  wer  ein  weib  ansihel  ir  zu  be- 
geren. Matth.  5,  28 ;  sihe  der  satanas  hat  ewer  begeret.  Luc. 
22,31;  ich  begere  deines  lebens.  Luther  3, 18';  wer  des  todes 
begerl.  3,  20' ;  wer  aber  golt  fürchtet,  der  begert  seiner  gna- 
den. 3,  2l';  ich  habe  ewer  scbrift  empfangen  mit  den  zwo 
questen  oder  fragen,  darin  ir  meines  berichls  begert.  5, 140" ; 

Elsli,  ich  beger  din  zu  der  ee.    fastn.  sp.  889,  12; 

ob  du  min  bcgerst.    889,16; 

rechts,  des  ich  umb  mein  sun  beger.    Schwabzknb.  117,2; 

der  witwe  sun,  die  rechts  begert.    das. ; 

gewalts  und  richtens  ich  beger.  135,3; 
und  als  er  wider  zu  der  sclilacht  kam,  so  begegnet  ihm  ein 
könig,  derselbige  begeret  des  Florenzen,  aber  zu  seinem  scha- 
den, buch  der  /('e&c  2C';  Marcellus  zog  aus  seinem  lager  und 
begerte  des  Streites.  Rihel  Liv.  312 ;  des  Iranks  begehren. 
Spee  g.  tugendb.  222 ; 

ein  soiidres  loh  ist  disz,  dasz  einer  lobenswerth, 

auf  bluszes  lob  nicht  siht,  und  lobens  nicht  begehrt. 
LoGAU  3,  3,  33  ; 
eines  mannes  herz  darf  sich  auf  sie  verlassen,  wann  gleich 
etwan  ein  nüscher  bei  nacht  ihr  begehren  solle.  Schuppius 
531 ;  der  teufel  musz  ein  fauler  bernhäuter  sein,  dann  ir  be- 
gehrt sein  des  tages  so  oft,  dasz  er  euch  holen  soll.  163; 
die  Sitte  dieser  well,  einfältig  hoiniu,  begehrt  des  auszen- 
scheines  nicht.  Gotter  2,  430 ; 

und  du  begchricsi  mein.    UCbgirOI'; 

darub  das  mädchcn  dein  begehrt, 

wie  gold  und  edel  gcschmeidc  ( :  kleide).  Göthe  1, 100, 

mit  Übergang  aus  dem  gen.  in  den  acc 

2)  mit.  acc.  der  suche:  und  niiu  darnach  was  dein  herz 
begert.  1  Sam.  2,  16 ;  alles  was  er  begerl.  1  kün.  '.>,  1 ;  wiewul 
die  cardinal  des  misfalien  trugen,  so  kam  er  doch  zu  begehr- 
tem ende.  Kirchhof  «'t;i(/H«»i.  369'; 

ein  kriinzlein  ward  genommen, 

dn.s  ander  ward  vcrclirl, 

nur  eins  das  hat  cfwonncn 

und  dio  Jungfrau  begehrt.   Ilorrx.  geMlUcfuifisl.  H; 


1289 


BEGEHREN 


BEGEHBEN  — BEGEIN 


1290 


waferr  sie  sich  nicht  bald  bekehren, 

gnad  und  barmherzigkeil  begehren.    Weckheblis  23; 

jetzunder  ist  die  natur  des  königs  änderst  und  begehrt 
schärpfere  rüth.  Scbcppids  753;  dort  naht  sie.  vielleicht  be- 
gehrt sie  mich  {d.  t.  zu  sprechen).  Gotter  2,  117;  er  begehrt 
die  volle  erbschaft ;  er  begehrt  {verlangt)  sie  zur  ehe,  hält  um 
sie  an.  von  tüieren  gebraucht  ist  begehren  coeundi  ardore 
ftagrare:  der  stier  begehrt  die  kuh,  der  hirscli  die  hindin, 
die  hündin  den  hund;  der  luchs  begehrt,  ranzt.  Döbel  1,  34*. 

3)  selten  slehn,  statt  des  geji.  oder  acc.  der  Sache,  praepo- 
süionen.  nach  etwas  begehren  {uie  verlangen,  streben) :  alles 
abzuweisen  wonach  die  menschen  begehren.  Gotter  6, 70.  auf 
etwas : 

wie  kümts,  dasz  ein  gemeiner  mann  um  trankgeld  pflegt  zu  bitten? 
auf  essegeld  begehrt  er  nichts,    es  sind  noch  deutsche  Sitten. 
LoGAU  3,  zug.  231, 

doch  ist  auf  essegeld  =  tum  essegeld. 

4)  der  dem  abbegehrt  wird,  hat  die  praep.  an  oder  Ton  vor 
sich. 

a)  an  mit  dat.  selten :  es  hat  Philippus  an  mir  begert.  Lu- 
thers br.  2,  ISS ;  darum  wollen  e.  1.  gnädiglichen  von  unsert- 
wegen an  ime  begeren,  dasz  er  ja  weiter  in  keinem  artikel 
wolle  gehen,  ehurf.  Jon.  Friedrich  bei  Melanchth.  4,  2S5. 

b)  an  mit  acc. :  begerte  das  ros  an  Cima.  Bocc.  1,  156' ; 
fragt,  was  das  alt  weib  an  sie  begeren  wer  ?  1, 162' ;  wie  thue 
ich?  schick  oder  gehe  ich  selbst  den  falken  an  in  zu  bege- 
ren ?  1,  300* : 

und  sein  anzuhören  bereit, 
was  sie  an  uns  all  begert. 

Joe.  Sanders  trfl3.~'ron  Johannes.  1&8S  Q6"; 
wann  sie  an  ihn  begehren  ihät 
was  ihr  gehört,  er  sich  ausredt.  Hoff«,  gesellsch.  153 ; 

unt  wils  hinfort  billich  an  in  begern.  Melisscs  ps.  Ks';  er 
begerte  an  ihn.  Ziskcr.  22,  7;  du  würdest  es  nicht  an  mich 
begeren.  2,  95;  er  begerte  an  die  musicanten,  dasz  sie  sich 
mit  etzlichen  italienischen  stücken  sollen  hören  lassen.  Schcp- 
P1CS178;  was  ich  im  namen  dieser  redlichen  Christen  an  ihn 
begehren  werde.  256. 

c)  von:  wie  ers  von  dir  begert,  so  machs  mit  im.  Jer. 
39,  12 ;  und  begerten  von  inen,  bienenk.  41* ;  begehrte  des- 
wegen von  Taubmanno.  Brandts  6er.  39;  die  Venediger  be- 
gehren die  aschen  von  den  Lithuanern.  Schcppics  767'. 

5)  der  abhängige  satz  folgt  entweder 

a)  im  in  f. :  ich  begere  nicht  mehr  zu  leben.  Hiob  7,  16 ; 
und  alles  volk  begerte  in  anzurüren.  Luc.  6,  19;  sie  begeren 
gesctiigt  werden  von  den  brösemlin.  Keaseksb.  schif  der  penit. 
60;  beger  ich  von  dir  gerechtfertigt  zu  werden.  .MELANCirru. 
annol.  zum  Römerbr.  verdeutscht  9.  12 ; 

wo  ich  reime  schreiben  soll,  die  gelallij<r  allen  bleiben, 
leg  ich  meine  feder  weg,  und  begere  nichts  zu  schreiben. 

I.OCAÜ  2,  9,  -29 : 

dieses  begehr  ich  niclit  zu  sagen  oder  zu  wünschen.  Schcp- 
pius  230;  jetzo  ist  kein  mensch,  der  mir  für  ein  dutzet  lause 
begehrt  einen  doppelschilling  zu  geben.  Schuppius  241. 

b)  oder  mit  dasz:  wir  begeren  aber,  das  ewer  ieglicher 
denselben  fleisz  beweise.  Ebr.  6,  11;  als  Paulus  die  epistel 
an  Timotheum  geschlichen  und  begehret,  dasz  man  solle  thun 
bitte,  gehet.  Scbuppiüs  385. 

6)  begehren,  ganz  allein,  ohne  casus  und  folgenden  satz, 
stehend  hat  (wie  heischen)  den  sinn  von  betteln:  dasz  zwei 
ding  vcrdriesziich  sein.  L  der  arbeit  machet  denen,  die  nicht 
mehr  uiüszig  sein,  als  wann  sie  müszig  sein.  2.  der  vor  einer 
thür  stäls  begehrt.  Schlppics  762.     vgl.  nihd.  gerndiu  diel. 

7)  sich  (sibi)  begehren,   irie  sich  wünschen: 

ihr  taplren  cavaliers,  die  ihr  in  lieb  und  walTea 
tu  leben  euch  begehrt.        Logau  2,  1,  37  s.  12. 

8)  wohin  begehren,  an  einen  ort  begehren  (zu  gehen,  kom- 
men) :  er  begehrt  (verlangt,  will)  fort ; 

der  cl>risilich  glaub  ist  wol  gecründl, 
von  vil  propheien  lang  verkünOt, 
mit  wiiiiderzeiclien  wol  bewert, 
manch  weiser  hat  darein  begert. 

SCIIWARZKNBI^IG  154,  1 ; 

die  insul,  wo  ihr  hin  begehrt.  Sciilppils  717;  Vicilleville  ver- 
sicherte ihm,  dasz  er  nicht  in  die  Stadt  begehre.  Scuii.ler 
10S2;  indem  es  ihm  unmöglich  schien  bleiben  zu  können, 
sah  er  sich  erst  um,  wuiiin  er  rieiin  eigentlich  begehre.  Götiie 
10,  RS ;  die  lieilipkeit  dieses  trielis  (des  ehrlriebs),  der,  wie  die 
Sittlichkeit,  über  leben  und  tod  hinaus  begehrt  iui  nachrühme. 
J.  Paul  naehddmm.  IT. 


9)  auf  ähnliehe  weise  verbindet  sich  begehren  mit  einem 
adj.  des  praedicats,  wobei  man  wiederum  verba  in  gedanken 
haben  kann:  er  begehrt  das  tuch  fein,  den  wein  stark,  den 
becher  voll  (zu  haben,  zu  trinken); 

die  Jugend  ist  ja  werth, 
dasz  man  an  ihr  den  zäum  nicht  allzu  kurz  begehrt. 

LoGAC  3,218; 
dann  begehrt  aus  seinem  scbosz 
die  gefangne  selbst  nicht  los  (zu  kommen).    Götz  1,  49. 

ebenso  bei  wünschen,  wollen,  verlangen,  fordern. 

BEGEHREN,  n.  petitum,  begehr,  verlangen,  wünsch.  Fi- 
scHART,  unter  den  spielen,  nennt  eins  n'  100:  was  wer  dein 
gröst  begern?; 

ach,  soll  ich  nur,  o  mein  besehren, 

nach  meiner  wahren  lieb  und  klag, 

nach  solcher  zweifelfreien  plag 

allzeit  nur  meinen  zweifei  hören?    Weckhkriix 39S; 

mit  begehren,  sub  pelito.  pers.  rosenth.  7,  1 ;  gott  erfülle  dein 
begehren.  Schcppics  731;  auf  dein  begehren;  in  sein  begeh- 
ren willigen,  es  abschlagen : 

bedenke  was  du  thustl  du  kannst  des  kaisers 

begehren  nicht  erfüllen.     Schiller  340*. 

BEGEHRENSWERTH ,  appetibilis:  kein  begehrenswerther 
zustand. 

BEGEHRER,  m.  petilor:  von  sundrer  gnaden  oder  lieb 
wegen,  die  der  geber  zu  des  begerers  person  hat.  Riedrers 
rhetorik.  Friburg  1493  fol.  bl.  103'. 

BEGEHRERIN,  f.  petilrix. 

BEGEHRIG,  cupidus,  begierig: 

denn,  wie  mich  dunkt,  ist  kaum  halbjerig. 

sie  sprach,  ich  war  euwr  sehr  begerig.    B.  Waldis  4,  71 ; 

(hett)  ir  viel  gelehrt,  welch  waren  lehrig, 

und  derselbigen  kunst  begerig.    4,  72; 

warumb  er  nicht  seinen  Schwiegersohn  unter  die  cur  dieses 
arztes  zu  geben  begehrig.  pers.  rosenth.  2,  37. 

BEGEHRLICH,  cupidus,  expetendus,  mhd.  begerüch,  vgl.  be- 
gierlich : 

nach  allem  köstlichen 
sU°eckt  er  begehrlich  seine  bände  aus.    Schiller  590; 

ach  ist  der  wein  denn  nicht  die  sflszeste  und  begehrlichste 
unter  allen  himmlischen  gaben.  Betti.ne  br.  l,  117 ;  die  be- 
gehrlichsten menschen  sind  die  schlimmsten ;  ein  begehrliches 
(wollüstiges)  weib. 

BEGEHRNIS,  f.  n.  appetitus,  desiderium:  sie  lieszen  ihre 
forderiingen  und  begehrnisse  sich  zusichern.  Beckers  wellg. 
13,  391. 

BEGEHRUNGSKRAFT,  f.  unsere  begehrungs-  und  vcrab- 
scheuungskräfte.  Lessixg  7,  154. 

BEGEHRLNGSLOS,  frei  von  begierden. 

BEGEHRÜNGSVERMÖGEN,  n.  das  vermögen,  durch  seine 
Vorstellungen  Ursache  von  der  Wirklichkeit  der  gegenstände 
dieser  Vorstellungen  zu  sein.    Kast  4,  104. 

BEGEHUNG,  f  celebratio,  feier:  Hippias,  nachdem  er  den 
olympischen  spielen  (deren  begehung  in  dieses  jähr  fiel)  sei- 
ner gewohnheit  nach  beigewohnt  hatte.  Wieland  3,  139;  es 
kam  endlich  dazu,  dasz  Proteus  bei  begehung  ihrer  myste- 
rien  ergriffen  wurde.  27,  10 ;  ich  wurde  mitten  in  der  bege- 
hung unsrer  heiligen  mysterien  ergriffen.  28, 36 ;  bei  uns,  wo 
alle  feieilichkeiten  kurzröckig  sind  und  wo  die  gröszte  —  mit 
dem  gewehr  auf  der  Schulter  begangen  wird,  möchte  so  et- 
was nicht  am  orte  sein,  aber  hieher  gehören  diese  schlepp- 
rockc,  diese  friedlichen  begehungen.  Göthe  27, 130.  man  sagt 
auch  begehung  von  der  wirklichen  that:  die  begehung  des  Ver- 
brechens. 

BEGEHl'NGSSÜNDE, /■.  im  ^e^msafzsur  Unterlassungssünde. 

BEGEIFERN,  saliva  foedare,  mit  geifer  besprütxen: 
begeifert  »chleier,  hemd  und  rock,    fastn.  sp.  1212; 
begeifert  kränz  und  braute.    GCmther  482 ; 
blutbegeifert.    UrockesI,  4'; 
das    kind   hat   sich   begeifert;    lasz    du   dir  das   heilige  wort 
Walhalla  doch  nie  auf  die  lippe  kommen,     du  konntest  dich 
ja  nicht  einmal    enthalten,    dasz   du   es  nicht  mit  hämischea 
begeifertest.  Klopstock  10,  290 ; 

wie?  du  begeiferst  den  meister?    I'laten  145. 

BEGEILEN,  stercore  taliare,  laetificare,  gilt  von  pflanzen, 
zumal  Weinreben,     s.  geil,  geilung. " 

BEGEIN,  f  jetzt  begine,  was  man  sehe:  so  besolden  sie 
klapleut,  all  begeinen,  die  vorher  gehen.  F)tA>K  welfb.  131*; 
nonnen  oder  begeinenzälier.  ein  begein  neine  gelt  und  weinet 
eim  einn  ganzen  lag.  sprichw.  1,47*;  dolle  begeinen.  bienenk.  222'; 


1291 


BEGEISTEN  —  BEGELLE 


BEGELTUNG  —  BEGIERDE 


1292 


pfaiTen,  inönclie  und  begeinea 

sind  nicht  so  lieilig  als  sie  scheinen.    Sihrock  7776. 

BEGEISTEN,  inspirare,  divino  spirilu  afßare:  durch  eigne, 
lebhafte  kraft  begeistct   werden.    Lohenst.  Arm.  l,  nie ; 
laszt  euch  einen  gott  begeisien.    Göihe  2,  293; 
wenn  liebe  je  den  liebenden  begeistet.    3,26; 

also  bleibt  beim  tafelfest 
zuletzt  des  salzes  krume,  die  man  prüfend  streut, 
ein  ireflith  Sinnbild  dessen  was  begeistend  wirkt, 
geselligkeit  belebet,  freund  und  freund  bewährt.    11,372; 

ein  paar  begcistetc  goldstiicke  (bei  der  Danae).   44,  220; 

alldort  empfangen  uns  begeistet 
geschniacksgerüche.  47,  184 ; 
lebet  in  einander,  o  ihr  beiden, 
geist  beseelt,  begeistet  seele  du.    Rückeri  192. 

BEGEISTERER,  m.  inspirator:  aber  dasz  er  sich  fast  in 
einen  mystischen  begeisterer  darüber  verwandelt,  würden  sie 
kaum  glauben.  Herder  bei  Merck  1,  35. 

BEGEISTERN,  spirilus  indere,  inspirare:  die  feurigen  lie- 
besseufzer,  mit  welchen  sie,  wenn  es  möglich,  seine  erstarrte 
gebeine  begeistern  würde.  Gryphius  ;  indem  sie  allzeit  den 
tod  zur  ruhe  gejagt  und  die  zunge  mit  neuer  lebenskraft 
wieder  begeistert  hat.  Weise  kl.  leute  9 ;  dasz  unter  so  vielen 
mehrenthcils  sinnreichen  und  begeisterten  cörpern  allerhand 
streiche  passieren.  Felsenb.  2,  37 ;  weil  er  sich  eben  damals 
in  etwas  begeistert  {betrunken)  hatte,   tveslf.  Robinson  258 ; 

stellt  des  künstlers  band 

die  körper  fast  begeistert  für.    Brockes  6,  223; 

o  wie  begeistertest  du  mich, 

wein,  der  entzückung  quell  und  zunder.    Hagedorn  3,  132; 

es  scheinet,  dasz  sich  damals  auch  über  andere  gesittete  Völ- 
ker ein  allgemeiner  geist  ergossen,  welcher  sonderlich  in  die 
kunst  gewirket,  dieselbe  begeistert  und  belebet  habe.  Win- 
kelmann 3,  219;  auch  die  liebe  begeistert  zu  gesängen  mehr 
als  das  helle   morgenroth.    Sal.  Geszner; 

begeistert  reiszt  euch  durch  die  nächsten  zonen 

ins  all  und  füllt  es  aus.    GötheS,  85; 

als  man  hörte  vom  rechte  des  menschen,  das  allen  gemein  sei, 

von  der  begeisternden  freiheit  und  von  der  löblichen  gleichheiu 

40,  289 ; 
das  alte  testament  sah  er  {Christus)  als  hieroglyphen  an,  als 
Schattenbilder,  die  er  begeisterte.  Hippel  8,  209 ;  zwei  nach- 
tigallen,  wovon  die  eine  unsere  insel,  die  andere  die  nächste 
insel  besang  und  begeisterte.  J.  Paul  uns. /oge  3, 104;  die  flü- 
gelthüren  eines  begeisterten  concertsales.  Tit.  3,  46 ;  er  ist  be- 
geistert (betrunken).  Lichtenberg  3,  73. 

BEGEISTERUNG,  f.  inflammalio,  impetus  divinus:  himm- 
lische begeisterung ;  begeisterung  für  Vaterland  und  freiheit; 
glühende  begeisterung  für  alles  schöne  und  gute; 

begeistrung  ist  keine  heringswaare, 

die  man  einpökelt  auf  einige  jähre.    Götde  2,  301. 

dann  auch  rausch,  taumel:  er  trank  als  dichter  gern  starke 
begeisterung.  Siegfr.  von  Lindenb.  1,  126;  abends  erzählte  er 
in  der  begeisterung  des  Rheinweins  einem  jungen  novizen 
seinen  träum.  Klinger  3,  8. 

BEGEITIGEN,  invidcrc,  von  geitig,  mhd.  gitic.  Oberlin  106. 
die  ältere  gestall  des  folgenden. 

BEGEIZEN,  invidere,  aus  geiz  nicht  gönnen,  gebildet  wie 
beneiden : 

wenn  man  den'armen  zwengt  und  seinen  schweisz  begeizt. 

Wiedemann  dec.  88; 
hiDg^  euer  herz  nicht  mehr  an  den  begeizten  kästen. 
GÖnther  594: 
ohne  Ursache  zu  haben,   bei  jetzo    ohnedies   nahrungs-   und 
geldlosen  zelten  andern   weniger  bemittelten   die   gelegenheit 
etwas  zu  verdienen  durch   ihre   begeizende    amtsverwesungen 
zu  enlrciszen.   Leipz.  avanl.  2,  102 ; 

weil  man  den  unerschöpften  meistern 

die  lorbeern  nur  umsonst  begeizt.    Lessing  1,  57. 

BEGELLE,  adv.  profeclo,  oninino,  eine  verdunkelte  bellicue- 
rung:  bei  gOle,  medius  ßdius.   Dasypodiüs  302'; 

begelle,  berr,  dem  ist  also.    Dirck  ehespienel  151 ; 

unsers  nachbars  Michelein, 

der  musz  bei  gollc  werden  mein. 

llofFK.  rjescltgch.  liedcr  232. 
be  ist  offenbar  die  praep.  bei,  doch  bleibt  das  subst.,  dem  sie 
vortritt,  schwer  zu  deuten,  man  kmnle  an  bei  gott  denken, 
wie  gott  in  andern  fallen  mehr  absichtlich  geändert  wird,  aber 
auch  ans  Schweiz,  gelle,  laute  stimme  (Stai.u.  1,  139),  an  gol, 
göli  hahn  (Stald.  1,  463),  kaum  an  gelle  und  den  bekannten 
zuruf  gell  für  gell  (Schmeller  2,  31.  Scumiu  227).    eine  zutam' 


menziehung    aus   'bei   gotts   beule'  (vgl.  götz  byl  in  Mürners 
luth.  narren  1806)  wäre  stark. 

BEGELTUNG,  f.  remuneratio,  Vergeltung:  sollen  sich  dann 
alle  catholische  mit  iren  viln   centnern   gute   werk   und  Ver- 
diensten ohn  begeltung  verrechenen?    bienenk.  96*. 
BEGENIEN,  das  gcnie  einreiben,   eintränken: 
laszt  ja  den  gricsgram  gehn! 
er  weisz  euch  (schutbuben)  zu  kuranzen, 
wird  euch  mal  begenien, 
dasz  euch  die  steisze  glühen.    Borger  21*. 
BEGEVATTERN,  evocare  aliquem  propatrem,  einen  zum  ge- 
vatter  machen:  sant  Peters  oder  sant  Marx  oder  eins  andern 
heiligen  begevatterter  maurbrecher.    Garg.  1S2'. 

BEGEWÄLTIGEN,  captivare,   in  gewall  bringen,  unterjochen: 

und  sie  begweltig  samb  mit  trutz.    H.  Sachs  IIL  1, 106': 

die  ie  wolten  begwelting  (d.  i.  begweltigen)  mich. 
III.  2,  155"; 
die  freund  und  armen  tag  und  nacht  mehr  denn  die  feinde 
begewältigen.  Fronsp.  1,  98';  es  sol  auch  keiner  alte  leut, 
priester,  prediger,  frauwen  begwältigen  noch  erwürgen.  3, 16' ; 
in  welchen  die  natur  begweltiget  und  gleichsam  als  underge- 
trucket  wird.  Würtz  wundarzn.  3. 

BEGEWALTIGUNG,  /".  coactio:  den  gewaltthätigen  mutwill 
und  gelüstige  begewaltigung.  Garg.  216*. 

BEGHART,  »n.  laienbruder,  frater  conversus,  dem  weiblichen 
begine  entsprechend,  w.  m.  s.     Frisch  1,  76*. 

BEGIER,  f.  cupidilas,  cupido,  dcsiderium.  in  der  bibel 
schreibt  Luther  begirde,  nicht  begir,  in  seinen  Schriften  3,  21 
steht:  geschrei  ist  nicht  anders,  denn  ein  seer  starkes,  ernst- 
liches begir  der  gnaden  gottes,  wo  vielleicht  beger  zu  schrei- 
ben ist.  denn  begir,  begier  scheint,  wie  das  einfache  gir,  gier, 
stets  weiblich. 

0  herr  der  küng,  euch  ralhen  wir, 

erhöret  diser  leut  begir.    Scuwarzenberg  108, 1; 

nach  pusz  des  gelts  siät  mein  begir.    135,2; 

den  menschen  scheidet  von  dem  thier, 

das  er  bezwing  sein  pös  begier.    144,  2; 

geiz  und  hoffart  ist  mein  begir.    146,  1 ; 

und  brennen  zumahl  von  begihr, 

bei  diesem  einzug  sich  zu  Üuden.    Wbckheiu.in  348; 

zu  dir,  herr,  zu  dir, 

der  du  mein  trost  und  mein  begihr.    155; 

des  himinels  freude  dort,  der  erde  segen  hier, 

ein  mehres  weiter  nicht,  ist  täglich  mein  begier. 
LOGAU  1,  3,  35; 

dein  tod,  dein  tod  am  kreuze 

bring,  herr,  mich  ganz  zu  dir! 

wie  mächtig  mich  auch  reize 

die  sündlicbe  begier.    Klopstoce  7,  234; 

0  lebensreiz,  o  glühende  begier, 

0  lebensreiz,  welch  rätsei  bist  du  mir."    Gotter  1,319; 

der  geist,  der  in  euch  wohnt,  der  nach  Unsterblichkeit 

voll  unstillbaren  durstes  schmachtet, 

mit  zitternder  begier  die  dunkelheit, 

die  euch  umhüllet,  zu  durchbrechen  trachtet.    1,402; 

folgte  begierde  dem  blick,  folgte  genusz  der  begier. 
GöTHE  1,  262; 

bring  die  begier  zu  ihrem  süszen  leib 

nicht  wieder  vor  die  halbverrücktco  sinnen.    12,  174; 

0  der  reizenden  begier, 

wie  nach  mir  du  sehnest.    Röckert3.52; 
wo  wir  die  mcnschheit  ganz,  und  menschliche  begier  in  allen 
ädern  fühlen.    GötheS,  275;  mit  unnatürlicher  begie»  trinken 
hier  einzelne  Völkerstämme  das  ausgesogene  blut  ihrer  feinde. 
Humboldt  ans.  der  nat.  1,  37. 

BEGIERDE,  f.  dasselbe,  in  prosa  aber  gewöhnlicher,  von 
Luther  auch  neutral  gebraucht:  schlemmen  ist  niil  änderst,  dan 
ein  unordenliche  begird  zu  essen  und  zu  trinken.  Keisersb. 
Sünden  des  nninds  4* ;  das  heiszl  unordenliche  begird,  die  da 
nit  ist  nach  ordenung  der  Vernunft.  4';  die  begierden  tödten 
den  faulen  menschen.  U*  (nach  spr.  Sal.  21,  25);  Eva  gewann 
ein  begird  darnach,  das  sie  ein  apfel  versucht,  u';  du  soll 
fliehen  und  dich  entziehen  der  bösen  begirden.  12";  solch 
gelust  und  begird  sol  man  ausztreiben.  43*;  hab  ich  den 
dürftigen  ir  begirde  versaget?  Hiub  31,  16;  wer  gibt  mir  einen 
verhörer,  das  meine  begirde  der  allmechtige  erhöre  ?  31,  35 ; 
berr  für  dir  ist  alle  mein  begird  und  mein  seufzen  ist  dir 
nicht  verborgen,  ps.  3s,  10 ;  mer  aus  begirde  der  furcht,  dan 
aus  böser  lust.  Tob.  6,  23;  nicht  sihet  er  an  die  schönen 
Wort  und  groszc  werk  der  reichen,  weisen,  heiligen,  sondern 
allein  das  begirde  und  gebet  der  die  nichts  haben.  Luther 
1,  38*;  eurm  begird  nach.    br.  2,  060; 

des  feinds  begird  und  werk  vernichten 

mit  weisem  rat  und  schneller  thai.    Wkckhkrlin  365 ; 


1 293    BEGIERDENFREI  —  BEGIERLICUKEIT 

worfür  du  einen  ekel  hast,  dazu  hab  ich  eine  begierde.  f>ers. 
Tosenth.  1,  9;  dasz  wir  im  geiste  lebendig  und  in  begierden 
todt  sind.  2,  3S ;  begierde  zu  vernünftigen  Sachen,  jters.  baumg. 
3,  21;  du  wollest  meinen  feinden  ihre  begierd  nicht  lassen. 
ScHCPPrus  6S3;  die  höchste  begierde  {der  wille  gottcs).  die 
möglichkeiten  der  dinge,  die  durch  die  göttliche  natur  gege- 
ben sind,  werden  mit  seiner  groszen  begierde  zusammen- 
stimmen. Ka>-t  6,  44  ; 

und  die  beOeckende  begierde 

von  deinem  zarten  busen  abgewehrt.      Schillkr  22"; 
herzliche  liebe  verbindet  uns  stets  und  treues  verlangen, 
und  den  Wechsel  behielt  nur  die  begierde  sich  vor. 
GöTHK  1,  279; 
weil  dein  vater,  aus  nie  zu  sättigender  begierde  des  besitzes, 
dich  mit  einer  reichen  frau  verband.    17,  9 ;    das   unglück  ist 
geschehn,   das  herz  des  volks  in  den  koth  getreten  und  kei- 
ner edeln  begierde  mehr  fähig.  (Usong).  42,  l;  er  brennt  vor 
begierde  dich  zu  sehen;   er  läszt  seinen  begierden  den  züg«l 
«chieszen. 

BEGIERDENFREI: 

in  ibrem  heitern  still  vergnügten 
begierdenfreien  aug.        Wielamd  18,  83. 

BEGIERDENSPEISERIN,  f.:  er  kan  alle  nacht  die  begier- 
denspeiserin  und  sein  vergnügen  im  arm  küssen,  pcrs.  ro- 
senth.  7,  20. 

BEGIERDE.NZÄHMER,  m.:  und  ist  dis  nit  ein  genugsam 
wunderlich  mirakel,  die  kraft  und  tugend  diser  gewaltigen 
fleischdemmer  und  begirdenzämer  zu  erweisen?  biencnh.  27'. 
BEGIERHORIG,  avide  audiens,  audiendi  cupidus:  demnach 
frommen  Christen  der  loblichen  statt  Lucern  ich  als  ein  un- 
aciitbarer,  üch,  als  den  begirhörigen,  Christum  zu  verkünden 
beruft  und  beschriben  bin.  antwort  bruder  Conrad  Scbmids 
uf  etlich  uiderred.  1522  4'  Ab. 

BEGIERIG,  cupidus,  meist  mil  dem  gen.,  doch  auch  mit 
praeposilionen :  sie  sind  beging  nach  iren  Sünden.  Hos.  4,  8; 
ir  seid  begirig  und  erlangets  damit  nicht.  Jac.  4,  2 ;  des  evan- 
gelii  begirig.  Luther  3,  2S';  da  die  keiserin  wider  das  schif 
begierig  war,  wollen  sie  die  nicht  darein  lassen,  buch  d.  liebe 
6';  der  mönch  mit  begierigem  herzen  dem  marschalk  unter 
äugen  ritt.  Galmy  322;  die  hecknater  ist  begierig  der  milch. 
FoKEK  ßschb.  202';  die  Römer  waren  des  Streits  begirig.  Rihel 
Liv.  311 ;  ist  des  lobes  so  begierig  gewesen.  Opitz  1,  5' ;  ein 
begierig  herz  etwas  zu  lernen,  pers.  rosenih.  2,  32 ;  des  gewin- 
stcs  begierig.  3,  27 ;  seine  be^erige  netze  ausbreiten,  pers. 
haumg.  2,  18 :  die  begierige  etwas  zu  erlangen.  6,  8 ;  dasz  ein 
schaf  und  ein  esel  seien  der  dienstbarkeit  überdrüssig  und 
der  freiheit  begierig  worden.  Schcppils  352;  sein  begieriges 
gemütc.  unw.  doct.  455 ;  ich  bin  begierig,  was  noch  daraus  wird ; 
du  begieriger  mann,  in  Unverschämtheit  gehüllei. 

Stolbkrc  11,  11; 
als  alle  weif,  begierig  nach  dem  neuen, 
der  ernsteu  Teier  sich  entgegendrängte.    Schiller  503; 
und  zuletzt,  des  lichts  begierig 
bist  du  Schmetterling  verbrannt.    Göthrö,  26; 
ki'ihue  phönikische  m:inner,  begierig  mancherlei  reichlhums. 

40,  361 ; 
mancher  entschlossene  mann,  auf  abenteucr  begierig. 

40,  362. 
BEGIERLICH,  cupidus,  expelibilis:  die  drit  predig  sagt  von 
lu  vil  essen  und  trinken  und  von  begirlichem  nachlaufen  und 
anhangen  dem  geschleck  und  der  füllerei.  Keisersb.  sünden 
des  munds  89';  und  ist  nicht  lieblicher,  begiHichcr  ding  zu 
hören,  denn  sünde,  tod,  helle  zu  vertilgen.  Luther  1,  182"; 
aus  begiriichem  willen,  dich  zu  erkentnis  dein  selbs  zu  brin- 
gen. 3,  189; 

und  machen  dich  begierlich  wandern 
von  einem  laster  zu  dem  andern. 

II.  Sachs  I,  343' unrfo/lt; 
denn,  wie  du  weist,  ist  veründerung  und  was  neuwes  aihveg 
lieh  und  begierlich.  Kirchhof  trent/unm.  63;  welches  denn  bis- 
her bei  etlichen  was  begier-  und  annemlicbcn  gcwesL  Fro^sp. 
1,  sueign.; 

so  solt  man  begihriglirh  und  billich 

schätz  einsamlen  in  die  küsten.    Wickokblik  418; 

der  begieriiche  bauch,  pers.  baumg.  6,  6;  ihme  von  diesem 
allem  zu  antworten  begierlichen  {cupide).  Schlppics  762;  ein 
kleiner  drache  begieriich  nach  der  anlockenden  beute  schauend. 
Göthe  39,  ISO. 

BEGIERLICHKEIT,  f.  eupiditas,  libido:  dadurch  wollen  die 
poelen  bedeuten,  das  zu  denselbigen  zeiten  die  menschen 
viel  berler  denn  die  stein,  unsteter  deno  die  flieszenden  was- 


BEGIERLOS  —  BEGIESZUNG 


1294 


ser,  und  allein  den  begirlichkeiten  unterworfen  gewest  sein. 
Gregor.  Waoer  comedi,  die  da  leret,  das  untrew  seinen  eigen 
herrn  schlecht.  1547  rorr. ;  so  sie  (die  planeten)  harschen  im 
lauf  microcosmi,  und  kommen  in  die  begirligkeit  des  euszem 
firmaments,  und  ziehen  an  sich  wie  die  erden  den  regen. 
Paracelscs  1,  243*;  mit  begierligkeit  etwas  newes  zu  erfahren. 
Kirchhof  wendunm.  164;  in  summa  Borgia  ward  papst,  und 
begab  sich  frei  auf  alle  wollust  und  begierlichkeit  des  flei- 
sches.    bienenk.  220"; 

jetzt,  nun  ich  sonst  entgangen,  * 

und  die  begierligkeit  mich  wenig  meistern  kan, 
steckt  Flavia  mich  dort  als  neues  feuer  an.    Opitz  2,  178; 

begierlichkeit  den  fisch  und  vogel  treibt  ins  garen,  pers.  ro- 
senih. 3,  21 ;  so  lange  dein  mund  aus  begierlichkeit  sich  öf- 
nel,  wird  das  geheimnüs  der  verborgenen  erkänntpis  dir  kei- 
nes weges  kund  werden,  pers.  baumg.  3, 16 ;  bei  dieser  groszen 
begieriigkeit  zu  dem  r£giment.  Schlppics  415;  es  würde  we- 
niger gefahr  sein,  einen  schlafenden  löwen,  als  die  begier- 
lichkeit dieser  leute  aufzuwecken.  Wi£i_vxo  7.  46 ;  verschiedene 
beispiele  eines  schleunigen  und  blendenden  glückes,  welches 
auf  diesem  wege  war  gefunden  worden,  reizten  die  allge- 
meine begierlichkeit.  7,  Sl ;  er  hat  sich  angewöhnt,  so  wenig 
zu  bedürfen,  dasz  die  begierlichkeit  ihn  selten  zu  thorheiten 
verleitet.  8,  75.  die  Schreibung  begierligkeit  ist  falsch. 
BEGIERLOS,  cupiditalis  expers: 

ihr,  die  ein  rascher  schwur  verpflichtet, 

die  schönste  Sünderin  begierlos  anzusehn, 

seht,  welchen  zoll  Kombab  der  tueend  hier  entrichtet. 
Wielind  10.  264. 
REGIERSAM,  avidus :  eine  begiersame  katze.  pers.  baumg.  6, 2. 
BEGIESZE.N,  perfundere,  ahd.  pikio^an,  bigiajan  (Graff  4, 
284),  mhd.  begießen  (Bes.  1,  541),  nnl.  hegicten,  mit  icasser 
netzen,  beschi'Uten:  so  man  das  ausz  grebt  und  mit  hast  ver- 
bindet und  mit  Wasser  unden  begüszet.  Keisersb.  süuden  des 
munds  63';  Jacob  aber  richtet  ein  steinern  mal  auf  an  dem 
ort,  da  er  mit  im  geredt  hatte,  und  gosz  trankopfer  drauf, 
und  begosz  in  mit  öle.  l  Mos.  35,  14 ;  wenn  der  staub  begos- 
sen wird,  das  er  zu  häuf  leuft.  Hiob  3S,  38 ;  ich  habe  ge- 
pflanzet, Apollo  hat  begossen,  aber  golt  hat  das  gedeihen 
gegeben.  ,1  Cor.  3,6;  so  ist  nun  weder  der  da  pflanzet,  noch 
der  da  begeuszet  etwas,  sondern  gott,  der  das  gedeihen  gibt. 
3,  7;  der  aber  pflanzet  und  der  da  begeuszet  ist  einer  wie 
der  ander.  3,  8 ;  also  sind  die  feinde  Christi  auch  so  rach- 
girig  und  heisz  begossen.  Lcther  5,  55';  aber  so  heisz  ist 
der  hasz  und  grim  über  mich  begossen  (ausgegossen).    6,  6*; 

das  wo  die  soon  und  nacht  ent>ieht, 

das  was  die  soe  pflegt  zu  begie-zen, 

die  für  sich  oder  rückwärts  geht. 

wird  als  ein  wasserstrom  verOieszen.    Opitz  1,  222; 

welche  ver.indening.'  sehet  ich  baue, 

pflanze,  begiesze,  versetze,  behaue.    Grtphiis  1,622; 

begcusz  mit  einer  flut  von  thräoen  diesen  hügel. 
Cajcitz  178; 

ich  wollt  vorhin  mein  klares  gain  begieszen. 
Cellert  3,  38t ; 
gott  thut  nicht  alle  ebner  weis  mit  dem  regen  der  reich- 
Ihumb  bcgieszen.  Schippils  755;  begossener  hund.  ScHii.tER  an 
Güthc  194 ;  er  stand  da  wie  ein  begossener  hund,  ganz  aus  der 
fassnng  gebracht;  pflegte  meistens  die  rolle  zu  iibemehmen, 
wenn  jemand  schlage  kriegen  oder  begossen  werden  sollte. 
Göthe  18,  240;  das  heisze  ich  doch  fürwahr  sich  bcgieszen, 
um  seine  kunsl  im  fleckauswaschen  zu  zeigen.  Licmtenherc 
5, 14! ;  sie  hatte  in  Maienihal  noch  gepäck  abzuholen,  freund- 
schaften  zu  begieszen.  J.  Paii.  Hesp.  1,  126 ;  und  als  der  mond 
mit  seinem  erdenlicht  die  wangen  der  unbekannten  erschei- 
nung  begosz.  1,  248;  ein  graues  land,  das  die  sonnensichel 
mit  einem  eklen,  erdfahlen  licht  begosz.  Tit.  4,  52.  die  nase 
begieszen  heiszt  sie  zu  tief  ins  glas  stecJcen,  sich  mit  wein  be- 
gieszen, betrinken:  der  cavalier  weisz  nicht,  wie  er  mit  die- 
sem närrischen  weihe  dran  ist,  denket  bisweilen,  sie  habe 
sich  etwa  die  nase  begossen,  ehe  eines  mannes  340 ;  stänker 
und  saumägen,  die  ungezankt  und  ungeschlagen  nicht  leben 
können,  sonderlich  wann  sie  die  nase  begossen.  Mdhberc  I, 
144';  er  hat  sich  die  nase  begossen.  Lichtexberg  3, 76.  nnl. 
een  werk  begieten,  lustig  auf  den  fortgang  eines  geschdfls 
trinken. 

BEGIESZKRL'G,  m.  guUurnium,  Hemscr  247,  besser  giesz- 
krug,  gieszbecken. 

BEGIESZLNG,  f.  die  mehr  sprachen  reden  kann  als  die 
apostel  vor  ihrer  begieszung.  J.  Paul  teuf  pap.  2,  2t7 ;  der  arzl 
verordnet  ihm  kalte  begieszungen. 


1295 


BEGIETEN— BEGINE 


BEGINENBUSZE  —  BEGINNEN 


1296 


BEGIETEN,  falsche  Schreibung  für  begüeten,  begüten,   gut 

machen:  „  ,   ,  „,. 

mii  falschem  mund  ein  sach  begieien.    Mlrnebs  schelmem.  ib  . 

BEGIFTEN,  dotare,   donare,  begaben,  nnl.  begiftigen: 
drumb  liai  goit  ...  ilisz  herlich  neuw  edict 
reichlich  bcgifiei  und  gespickt,  v       .   4 

mit  bricf  und  siegel  stark  muniert.    B.  Waldis  tsop  i,  1, 
unzehlich  vil  der  messen  stiften,  •  .  „  „ 

ir  pfaffen  gar  herlich  bepinen.    papstisch  reich  3,6; 
eine  tochter  begiflen,  ausslatlen. 
>     BEGIFTUNG,   f.:  auf  das  aber  auf  der  churfürsten  erlan- 
gete   kaiserliche   begiftunge    an   dem   entfang  der  lande  kein 
abbruch  geschehe.  Micrälius  3,  484. 

BEGINE,   f.    laienschtvesler,    nnl.  begijn,    bagijn.     seil    dem 
eilßen  jh.  bildeten  sich  in  den  Niederlanden  frauengesellschaf- 
len  der  beghinen,  seit  dem  dreizehnten  männervereine  der  beg- 
harde,  im  vierzehnten,  zunächst  von  Antwerpen  aus  gesellschaf- 
ten  der  loliharden,  die  sich  allesamt  rasch  ausbreiteten  und  an 
manchen  orten,  wie  z.  b.  die  beginen  in  Köln  auszerordenthch 
zahlreich  wurden,     es  waren  freie,   geistliche  genossenschaften 
ohne  gelübde,    die  in  abgeschiedenheit  von  der  weit  leben  und 
nur  durch  das  band  der  liebe  und  wollhäligkcit  mit  den  ilbrt- 
nen  menschen  verbunden    bleiben    wollten,     diese  barmherzigen 
Schwestern  und  krankenpßegerinncn  kamen  aber  im  verlauf  der 
zeit  gleich  den  begharden  oft  in  den  Übeln  ruf  der  ausschwei- 
fung,  kupplerei,  gleisznerei  und  trunkenheit,  sie  sanken  m  der 
öffentlichen  meimtng  so  tief,  als  sie  sich  anfangs  gehoben  hat- 
ten,  wie  allenthalben  eine  menge  stellen  in  den  chroniken    be- 
zeiiqen  {vgl.  oben  begein).    man  sehe  Mosheim  de  beghardis  et 
beohinabus,    ed.    G.  H.  Martini    Ups.    1790.    Ducange  1,  637. 
638.  Frisch  1,  76.    77.    C.  Ullmanns  Joh.   Wesscl  s.  391.  392. 
RAYNOtARD  s.  v.  bechina,  beguina  (mit  einem  beleg  aus  Petre 
Cardinal,  um  1230),    t(.  beghina,    franz.  beguine.     Das  offen- 
bar unhochdeutsche  wort  erfährt  vielfache  ableilung,   von  einer 
angeblichen  stifterin  Begga  oder  einem  Stifter  Begue,  von  dem 
engl,  beg  betteln,  beggar  bettler,  von  beguin  kappe  oder  schleier, 
welche  solche  leutc  tragen;   ja  Huydekoper  op  St.  3,  449  führt 
begyne  auf  die  Albigenser  zurück,    welche   ketzer   auch   diesen 
nameh  empfangen.     Wie  aber,    wenn  das   gar  noch  nicht  ags. 
und  altengl.  beg  ttnd  beggar  selbst  erst    aus    dem    betteln   der 
beginen    und    begharte    entsprungen    wären?     die    behauptung 
scheint  kühn,  es  käme  darauf  an  zu  ermitteln,  welche  englische 
schrißsteller  sich  des  verbums  beg    zuerst    bedienten;    das  Or- 
mulum,   Chaücer  und  Plowman  haben  es  noch  nicht,     was  den 
Schleier,  die  haubc  beguin,  nd.  begienken,  ein  kinderhäubchen 
angeht,  so  könnten  diese  auch  erst  nach  der  tracht  dieser  leute 
so  heiszen,  wiewol  der  timgedrehte  fall  möglich  ist. 

Und  gebot  ouch  (bapst  Johannes  a.  1332),  das  men  alle  be- 
ginen und  zuilebruder  oder  begeharde  solle  abetun,  die  do 
anders  kleider  drugent  denne  andere  wellliche  liitc.  Königsho- 
FEx  s.  200 ;  es  ist  ein  misbrauch,  das  die  jungen  beginen  zu  den 
siechen  gond.  ja  der  siech  tut  inen  nüt.  es  ist  war.  ist  die 
frau  siech,  der  man  ist  aber  nüt  siech,  ist  der  man  siech,  der 
knecht  in  dem  bus  ist  nüt  siech,  oder  der  veller,  der  zu 
siechen  gat  und  kumpl  lugen,  wie  er  lebe,  sie  gond  ouch 
elwan  usz  essen,  es  were  besser,  du  schiklesl  inen  heim, 
es  Süll  den  stab  nieman  an  sich  nemen  under  den  frawen, 
sie  wer  denn  vierzig  jar  alt,  wiewol  etlich  sprechen  sechzig 
jar.  Keisersberc  bei  Schiltcr  gloss.  95';  item  die  do  habend 
die  drei  hohen  glübden  gethon  als  etliche  beginen  und  gei- 
slerin,  dieselben  seind  pflichlig,  die  siben  zilen  zu  betten. 
pust.  2,  32;  das  mag  nit  beston,  es  niinpl  ab,  es  sei  in 
phaEfen,  münclien  oder  in  beginen  oder  ciosterfrawen,  .so  ist 
dise  Icichlfeiligkeil  falsch.  Sünden  des  munds  5l';  da  kamen 
die  beginen  und  legten  den  todtcnbaum   widder   uf   die   bar. 

Eulensp.  cap.  94 ; 

jetz  kompl  min  Schwester  Irmelirut, 
die  ouch  Ireit  ein  schelmcnhut, 
im  rficken  hal  da»  schelmeiibein. 
»i  wil  ouch  leben  in  der  gemein 
und  die  dri  gelubd  volliriiigcn, 
wann  sie  vol  ist,  metien  .singen, 
facht  «i  das  scheimcnbein  an  jucken, 
so  laszl  si  sich  herumbher  hucken, 
noch  blibl  sie  dannocht  ein  begin, 
und  laszi  sich  schellen  jiinkfrow  drin. 

Murnkr  narrcnbescliw.  cnp.  24,  (8; 

nuch  al  beginen  lad  jch  her, 

dan  ir  regel  ist  in  zu  srliww.    Ittlhcr.  narre  iOif>\ 

ich  kan  mich  weder  4icben,  legen, 

und  nit  ein  glid  am  leib  nie  legcn, 

ach  hestcl  mir  doch  ein  slarke  begein, 

doch  das  sie  müsi  ein  jiinkfraw  sein.    463«; 


si  müst  nun  stets  daheimen  sin 

und  gar  inihan  (eingezogen)  wie  ein  begin. 

trag.  Job.  Q  1 ; 
bei  aller  beginnen  geduld!    H.  Sachs  III.  3,  44'; 
alle  die  winkel  der  frawcnklöster,    unter   denen  etliche  begi- 
nen sein,  etliche  nonnen,  die  dritten  frawen,    die  vierten  ca- 
nonicessin  oder  domfrawcn.  biencnk.  28";    luttersche  beginen. 
Dan.  von  Soest  s.  68.  79.  84. 

BEGINENBUSZE,  /".  escae  molliculae,  leckerbiszlein.  bte- 
nenk.  27*. 

BEGINENHAUS,  n.  domus  in  qua  degunt  begmae,  mlat. 
beguinagium. 

BEGINENPFLASTER,  n.  concubina:  so  sähe  er  ihm  umb 
ein  bezopftes  beginenpflaster  umb.  Garg.  OO'. 

BEGINN,  «i.  initium,  principium,  anfang,  vgl.  anbeginn, 
ähd.  pikin  (Graff  4,  215),  mhd.  begin  (Ben.  1,  529"),  nnl.  be- 
gin: im  beginn  aller  dinge;  im  beginn  des  jahrs;  der  be- 
ginn,   ausbrach  des  kriegs;    das  ist  ein  guter,    übler  beginn; 

für  gutes  böses  geben  ist  schändlicher  beginn. 

^  LoGAU  1,10,  27; 

der  vater  gab  dem  söhn  als  vater  den  beginn.  Opitz; 
ihn  seines  beginnes  (forxaJses)  zu  überzeugen.  Opitz  Arg.  2,  32. 
BEGINNEN,  incipere,  ahd.  pikinnan  (Graff  4,  209.  210),  mhd. 
beginnen  (Ben.  1,  528),  nnl.  beginnen,  goth.  aber  duginnan.  in 
die  form  und  bedeutung  dieses  Wortes  zu  dringen  wurde  bei 
Haupt  8,  14 — 20  gesucht,  worauf  hier  verwiesen  weiden  musz. 
es  ist  nemlich  eine  auffallende  eigenheit  des  hochd.  dialecls,' 
dem  praet.  sowol  schwache  als  starke  ßexion  zu  verleihen,  ahd. 
pikan  und  pikonda,  mhd.  began  und  begonde,  begunde,  nhd. 
begann  und  begonnle.  began  und  begonde  scheinen  sich  aber  zu 
verhallen  wie  kan  und  konde,  kann  und  konnte,  d.  h.  begonde  und 
begonnle,  konde  und  konnte  et»  abstractes  praet.  zu  dem  sinn- 
lichen praet.  began,  begann,  kan,  kann  zu  gewähren,  welchem  be- 
gan und  kan  allmälich  auch  abslractc  praesensbedentung  verliehen 
wurde,  ginnan  schlosz  ursprünglich  den  sinn  von  schneiden, 
spalten,  gann  den  von  ich  habe  geschnitten,  gespalten  in  sich; 
wer  sich  brot,  fleisch  geschnitten,  den  apfel  geschält  hal,  der 
hebt  an  zu  essen. 

Anfangen  und  anheben  haben  ein  sinnliches  fassen  und  he- 
ben an  etwas  zur  unterläge,  beginnen  und  enlginncn  ein  be- 
schneiden und  anschneiden,  so  hiesz  das  span.  empezar,  em- 
piczo  anfangen  eigentlich  zerstücken,  vgl.  pieza  stück,  pezuelo 
stück;  nicht  anders  das  franz.  entamer  =  commcncer,  eigent- 
lich faire  wnc  petite  incision,  entamer  un  pain,  entamer  la 
chair  anschneiden,  vgl.  prov.  entamenar,  meltre  en  pieces. 
Baynouard  2, 130.  hierzu  aber  halte  man  das  mnl.  die  scortse 
ontginnen,  entamer  l'escorce.  Rose  14159  ;  castel  ontgonnen,  bürg 
zerbrochen.  7340 ;  tpaleis  ontginnen,  casser  le  palais.  14092. 
slavische  verba  des  anschneidcns  und  beginnens  werden  a.  a.  o. 
seile  19  verglichen,  der  dort  gewagten  Zusammenstellung  von 
coepi  mit  capio  und  incipio  scheint  ein  dreisilbiges  coöpi  ent- 
gegen, das  Lachmann  zu  Lucr.  4,  619,  doch  blosz  in  dieser 
'stelle,  nicht  sonst  aufweist,  halten  wir  uns  für  beginnen  an 
die  ausreichenden  andern  analogien. 

Ahd.  hcrscht  die  schwache  form  des  praet.  merklich  vor, 
mhd.  halten  sich  schwache  und  starke  mehr  im  gleichgewtcht, 
doch  scheint  began  vorzüglich  der  reim  herbeizuführen,  nhd.  be- 
gann erscheint  wiederum  erst  bei  den  dichtem  des  18j7i.  Lu- 
ther verwendet  beginnen  überhaupt  nur  selten,  öfter  anheben, 
noch  öfter  anfangen:  da  sich  aber  die  menschen  bcgunden 
zu  mehren  auf  erden,  l  Mos.  6,1;  morgen  sol  euch  hilfc  ge- 
schehen, wenn  die  sonne  beginnet  heisz  zu  scheinen,  i  Sam. 
11,  9;  so  sol  euch  solche  unlugent  sein  wie  ein  risz  an  einer 
hohen  maurcn,  wenn  es  beginnet  zu  rieseln.  Es.  30, 13 ;  dar- 
umb  ich  sie  auch  weg  gelhan  habe,  da  ich  begonsl  drein 
zu  sehen.  Ez.  16,  50;  beginnet  ir  dem  ketzer  zu  schreiben. 
Luther  3,  33';  was  aber  dennoch  begunst  {angefaiuien)  und 
vorgenommen.  Melanciitii.  1,  550.  Folz,  H.  Sachs  und  Wal- 
DI9  setzen  häufig  bloszcs  gund  oder  gundt  für  begunde,  em 
solches  mhd.  gundc  ist  nicht  aus  Eracl.  1938.  3994  zu  bewei- 
sen, wo  die  hss.  beidemal  begunde  lesen;  die  decrelen  he- 
cunde  (es  steht  begönnet)  man  hinder  die  bank  zu  werfen. 
bienenk.  4.' ;  dardurch  die  brüder  begunten  sehr  reich  zu  wer- 
den. 181';  begunnte  steht  in  Brandts  Taubmanns,  tl,  begünte 
vn  l'ini.AND.  ed.  Lugd.  3,  236,  begunsle  bei  Ai.bkrus  ; 

fürstin,  euren  rühm  zu  preisen  isl  ein  werk  nicht  meiner 
sinnen,  .         ,  ,      ,     •  , . 

weil  ich  nichts  tlni,  was  die  leute  durch  und  durch  nicht 
auch  beginnen.  Looau  3,  3,  32 ; 


1297 


BEGLN'Js'EN 


BEG1^■^'ER — BEGLAUBT 


1298 


bleibt  dabei,  dasz  menschen  nur  thorheit  bei  Vernunft  beginnen. 

3.  4,  80; 
eine  rose,  die  zu  blühen  beginnet,  pers.  rosenth.  5,  16;  wenn 
das  körn  zu  reifen  beginnet.  6,1;  da  beginnen  die  leute  auch 
auf  den  propheten  selbst  zuzuschlagen.  7,  20;  als  der  knabe 
sich  ins  wasser  begab,  kunte  er  nicht  schwimmen,  beginnet 
zu  sinken.  Lokman  fab.  25 ;  etwa  eine  stunde  drauf  begunte 
sich  das  weiter  zu  ändern,   fol.  maulaffe  6 ; 

ein  geck,  der  alles,  was  sein  siolz  begonate  (unternahm), 

recht  unverschämt  bewundern  konnte.     Gallert  1,  HS; 

du  wogst,  eh  ich  zu  sein  begonnte, 

eh  ich'zu  dir  noch  rufen  konnte, 

mir  mein  bescheiden  theil  schon  vor.    2,  117 ; 

im  anfang  jener  zeit,  die  goit  allein  beginnet.    HallekIST; 

entfernt  vom  land,  wo  ich  begann  zu  leben; 

eb  meine  knorpelhand  so  stark  zu  sein  begonnte, 

dasz  sie  mit  jauchzen  ihr  das  haar  zerzausen  konnte. 

Lessikc  1,  1S9; 
zwei  musen  begonnen  ihren  streit.    Wiela-nd  9,  144; 
bis  endlich  der  älteste  also  begonnte  {aiAub).    16,  11; 
beginnt  er  seine  geschichte  dem  wirth  erzählen.     22,  19; 
den  felsen  stieg  ich  jetzt  hinan, 
eh  ich  den  schweren  slrausz  begann, 
hinkniet  ich  vor  dem  Thristuskinde, 
und  reinigte  mein  herz  von  sQnde.    Schiller  66^; 
dies  alles  ist  mir  untertbänig, 
begann  er  zu  Aegypiens  könig.    57'; 
gesteh  ichs  doch!  ich  wüste  nicht  was  sich 
za  eurem  vortheil  hier  zu  regen  gleich  begonnte, 
allein  gewis,  ich  war  recht  bös  auf  mich,"^ 
dasz  ich-  auf  euch  nicht  böser  werden  konnte. 

GöTHE  12,  165; 
Isegrim  aber,  der  woif  begann  die  klage.    40,6; 
domino  placebo  begann  die  gemeine,  sie  sangen 
alle  verse  davon.  40,  15; 

endlich  aber  begann  die  würdige  hausfrau  und  sagte. 

40,  236 ; 
freundlich  begann  sogleich  die  ungeduldige  hausfrau. 

40,  23S; 

in  der  ersten  hälße  seines  lebens  wird  dem   dichter  begonnte, 
in  der  andern  begann  rjelduftger  gewesen  sein. 

Es  braucht  kaum  erinnert  zu  werden,  dasz  beginnen,  wie 
anfangen  nnd  anheben,  soutol  transitiv  als  intransitiv  stehen 
kann,  in  ihrer  abgezognen  bedeulung  sind  sich  diese  drei 
aerba  vollkommen  gleich,  so  verschieden  die  ihnen  unterliegende 
sinnliche  gewesen  war:  es  beginnt  zu  regnen,  es  hebt  an  zu 
regnen,  es  fangt  an  zu  regnen,  nur  dasz  uns  beginnen  etwas 
vornehmer  klingt  als  anfangen,  ßr  ein  verweisendes  was  hast 
du  wieder  angefangen  im  sinne  von  übles  angestellt?  würde 
nicht  leicht  begonnen  gesagt,  und  umgekehrt  läszl  sich  von 
gott  sagen,  dasz  er  die  weit  begonnen  habe,  nicht  angefangen. 
so  schon  Opitz  in  seiner  Verdeutschung  der  catonischen  disli- 
chen  buch  2,  2 : 

lasz  sein  was  bimmel  sei  und  gou  daselbst  beginnt, 
schaw  an  was  sterblich  ist,  dieweil  wir  sterblich  sind 
(mute  arcana  dei  coelumque  inquirere  quid  sit, 
quum  sis  mortalis,  quae  sunt  mortalia  eures). 

Die  ahd.  und  mhd.  spräche  ßigte    zu   beginnen    häußg    den 
gen.  der  sacke  (Bes.  1,  52*'),  wofür  heute  blosz  der  acc.  üblich  ! 
ist.     ganz    eigen    aber   ist,    dasz    der   meisznische   dialect  den  i 
reflexiven  gen.  hinzußgt,  im  sinne  von  sich  gebärden,  anslel-  | 
len:  er  beginnet  seiner  sehr  albern,  er  stellt  sich  albern  an; 
sie  sehen,  wie  sie  ihrer  beginnt,   wenn  ich  nur  ein  wort  er- 
wähne. Chr.  Fel.  Weisze,  trie  sie  sich  gehabt,  böse  thui,  gleich- 
sam es  mit  sich  anhebt,     anderwärts  findet  sich  auch  bline  den 
gen.  ein  sich  beginnen  ähnlich  gebraucht: 

seht  an  den  hünermann,  wie  er  !<ich  doch  beginnt, 
wann  er  sich  sonder  weib  nur  kurze  zeit  befind. 

zeittertreiber  J668  «.  442. 

BEGINNEN,  n.  inceptio,  eonalus,  mehr  thätigkeil  ausdrückend 
ah  beginn : 

zumal  mich  sonst  noch  ehrt  ein  anderes  beginnen. 

I.OGAU  3,  Zug.  131 ; 
eine  perle  von  der  tugend 
ein  christall  von  recht  beginnen.     I,  10,3; 

redeten  vertraulich  von  solchem  Übeln  beginnen,  ptrt.  rosenth. 

i,  45; 

der  nicht  ein  neues  unheil  uad  gewall- 
beginnen von  den  vögien  uns  verkündet.    ScRiLitR  519*; 
habt  ihr  doch  böses  genug  erlitten  vom  wüsten  beginnen. 

GöTH«  40,  293 ; 
so  gewannen  sie  bald  mit  feuriirem  municm  beginnen 
dann  die  herzen  der  weiber.    40,290; 
dies  wunderliche  beginnen.    40,  391 ; 


und  was  ist  dein  beginnen?    ScbillikSOS*; 

dasz  wir  ahnen,  wie  zu  enden 

das  beginnen  dieser  zeit.    Ab:(ix  kronenw.  1,  316. 

BEGIXNER,  m.  auctor,  Urheber,  Stieler  631:  dat  hei  is  ge- 
west  ein  beginner  der  kunst  des  gesanks.  cron.  van  der  hil- 
liger  stat  van  Collen.  1499.  bl.  lo'; 

denn  solches  gebührt  dem  beginner.    Voss. 

BEGINNERIN,  f.  auclrix. 

BEGINNLOS,  mhd.  äne  urhap.  Spee  trutzn.  169. 

BEGINNSEL,  n.  eleinentum.    Stieler  631. 

BEGIPSEN,  mit  gips  bewerfen,  dealbare.  Hemsch  1S02. 

BEGITTERN,  cancellare,  clathrare:  begitterte  fensler. 

BEGLÄNZEN,  lumine  perfundere,  beleuchten,  bescheineu : 

sie  (die  blume)  steht  dort  und  vertrauet 
des  hiramels  gunst  allein, 
der  freundlich"  auf  sie  schauet, 
und  selbst  ihr  trosi  wil  sein, 
wil  den  verlust  ergänzen 
und  frölich  sie  beglänzen 
durch  eines  sterncs  schein.     Opitz  2,  5S; 
die  blaue  ferne  schlieszt  ein  kränz  beglänzter  höhen. 
Hiller  alp.  37 ; 
die  beglänzten  altäre,  von  denen 
mir  anbetungen  schollen.    Klopstock  Ji«?««.  18,  687; 
den  sauren  kelcL  des  ehstands  zu  versüszen 
beglänzien  funfzehntausend  thaler  schon 
des  allen  pult.        Göeixge  3,  216; 
die  sonn  ist  zwar  die  königin  der  erden, 
ich  wäre  ja  von  ihr  beglänzt  zu  werden, 
verneint  ich  dies,  nicht  eine  stunde  werth.    Borger  55'; 
des  abendsterns  ersehnter  schein 
beglänzt  den  säum  der  flut.    I'iaten6*; 

die  kinder  liefen  beglänzt  durch  den  lärm  und  im  hellgrünea 
laub.   J.  P.\ci.  Tit.  3,  107. 

BEGLÄNZIGEN,  polire,  purgare,  glänzend  machen  :  die  per- 
len beglänzigen  mit  warmer  semmelschmollen.  Hohbebg  1,  203*. 

BEGLÄNZUNG,  f.  corusealio,  bescheinung: 
heller  o  iraum  sind  deine  beglänzungen.    Herder  17,  113. 

BEGLASEN,  vitro  tegere,  inducere:  hoch  beglasete  zimmer. 
BEGLASTEN,  splendore  perfundere,  was  beglänzen: 

du  hast  den  thron  viel  mehr  als  dich  der  thron  beglast. 
vo.N  Birke.'«  OL.  330. 

BEGL.AL'BEN,  firmare,  fidem  facere: 

er  trau  ins  prcdigumpt.  beglaubte  mit  viel  zeichen 

das  evangelium.   er  heilte  manche  seuchen.    Flkri.xcö; 

meine  erzehlung  begiaubte  ihn.  Lohexst.  Arm.  855;  nachdem 
die  wesentliche  Verwandlung  im  sacrament  auf  dem  concilio 
beglaubt  worden.  Wiedejiax  febr.  65;  wo  er  mich  nicht  für 
den  lebendigen  teufel  selbst  gar  gehalten  und  beglaubet  hätte. 
Simpl.  1,  241 ;  der  uns  gutes  erwiesen  und  seine  freundschaft 
mit  so  mancher  begunstigung  beglaubet.  Bctschey  Patmos  75. 

wol  bin  ich  mit  köstlichen  siegeln  beglaubt  (:  geraubt). 
Gothe  3,  6. 

BEGLAUBIGEN,  dasselbe:  eine  Urkunde,  eine  abschrift  be- 
glaubigen; einen  geschäflsträger  am  fremden  hofe  beglau- 
bigen ; 

wodurch  beglaubigt  ihr,  dasz  ihr  der  seid !    Scrill»  662. 
Ein  beglaubigter  «5/,  wie  beglaubter,  ein  agent,  bevollmächtig- 
ter, franz.  afTide.  accredite. 
BEGLAUBIGI'^'G,  f.  firmatio: 

die  ewige 
beglaubigung  der  mcnscliheit  sind  ja  thrätien.    Schiller  255* ; 

musz  ein  neues  element  hinzutreten,  welches  das  ganze  all- 
seitig durchdringt  und  im  niitlelpuncte  des  gedichies  seine 
beglaubigung  findet.  Tieck  4,  360;  die  beglaubigung  eines  ge- 
sandten ;  zu  dessen  beglaubigung  habe  ich  gegenwärtiges  eigen- 
händig unterzeichnet. 

BEGLAUBIGUNGSRRIEF,  m.  creditiv. 

BEGLAUBIGüNGSSCHEI.N,  m.  die  geometrie  geht  einen  si- 
chern schritt,  ohne  dasz  sie  sich  von  der  philosophie  einen 
beglaubigungsschein  erbitten  darf.  Käst  2, 120. 

BEGLAUBIGUNGSSCHREIBEN,  n.  ßdes  literarvm  auetorir 
täte  probnla. 

BEGLAUBNIS,  f.  n.  beglaubigung:  ich  sendete  ihr  diesen 
Schlüssel  zur  bessern  beglaubnis.    Salinde  272. 

BEGLAUBT,  certus,  firmus,  fUe  dignus: 

da  steht  der  geir,  der  weih  und  rab. 
ich  wei5z  sie  seins  all  wol  beclaubi, 
ein  jeder  mirs  in  bsouder  rengt. 

1).  Waidis  4,  94 : 

82 


1299 


BEGLAUBT  — BEGLEITEN 


BEGLEITER— BEGNADEN 


1300 


eine  beglaubte  und  bekante  frauw,  die  des  feldheirn  leiriwat 
im  feld  bräuchlicli  waschet.  KincnnoF  nn7.  disc.  126; 

so  hat  der  lange  weg  beglaulit  geniing  gemacht, 

was  list  und  was  gelahr  uns  hallen  zii^'cdacht. 
Fleming  S3; 
seine  werke  sollen  seine  jetzige  erklärung  beglaubt  und  ih- 
nen wahr  machen.  Lohenst.  Arm.  1,  28 ;  mit  beglaubten  an- 
merkungcn.  Schuppiüs  635;  bei  beglaubten  scribenten  ist 
eine  spur  davon  zu  finden.  Hahn  1,  275;  eine  noch  seltsa- 
mere, doch  beglauhtc  begebenheit.    Hageüohn  2, 17 ; 

das  herz  liebt  ein  bcgluubtcs  nichts.    IlAM.En56; 
durch  schmeichelnde  versprechen 

seh  ich  schon  deines  raths  licgiauhic  zeichen  brechen. 
J.  E.  Sciii.EGEr.  1,  130; 
zu  gutem  glücke  finden  sich  in  den  beglaubtesten  gcschicht- 
schreibern  beispicle  genug.  VViEt.ANo  1,  xv;  aus  beglaubten 
Urkunden  gezogen.  6,  29 ;  aus  mangel  beglaubter  Zeugnisse. 
14,  7.  beglaubt  sem  bedeutet  auch  sicher  sein,  etwas  fest  glau- 
ben, im  glauben  sein,  gebildet  wie  gemeint  sein: 

.    herr  Idris  fest  beglaubt,  Zenidcn  selbst  zu  sehen ; 
sie  {die  Hindus)  tragen  das  amuiet  am  halse  oder  arm,   und 
sind  stark  bcglaubt,   vermittelst   desselben    unfehlbar   in  den 
kailassara  (das  paradies)  einzugehen.  8,  159. 

Ein  beglaubter,  was  ein  beglaubigter,  ein  beamter,  dem 
man  vertrauen  schenken  darf,  so  kommt  bei  der  judenschafl 
in  Berlin  ein  beglaubter  vor. 

BEGLAUMEN,  prehendere,  arripere,  erreichen,  ergreifen,  er- 
wischen, ein  seltnes,  nur  bei  Ringwai.d  (also  einem  Märker) 
vorkommendes  worl: 

und  wenn  er  zu  derselben  kreucht, 

was  er  beglaiimei,  an  sich  zcuclit.    laut.  warh.  165; 

zu  schawen,  ob  ich  ihn  {den  Kum)  im  grunil 

des  Uöhmerwalds  ereilen  kiiiid 

und  ihn  bcgiaumen  Tein  mit  list.    plaifium  acl  4  sc.  1. 

Stiei.er  669  hat  gleimcn  dissimulare,  sub  vulpe  lalere,  glei- 
mer  Simulator,  man  könnte  beglaumen,  begläumcn  auch  neh- 
men für  erlauern,  überraschen. 

BEGLEICHEN,  sich,  se  aequare,  sich  vergleichen:  wiewol 
sie  {die  gnomen)  nicht  in  der  sonnen  schein  wohnen,  auch 
nicht  sich  brauchen  des  licchts  vom  firmament,  sondern  das 
hassen  was  wir  lieben,  und  wir  lieben  das  sie  hassen,  des- 
gleichen mit  unserm  form  und  wesen  nicht  begleichen.  Pa- 
racelsus  2,  12'. 

BEGLEISZEN,  was  beglänzen.  Henisch  247  führt  das  part.  be- 
glissen  splendens  an.    auswendig  beglisscn,  inwendig  beschissen. 

BEGLEISZNEHN,  fallere:  David  von  Ziba  (2  Sani.  9,2)  be- 
gleisznert.  Butschky /'«/m.  70. 

BEGLEIT,  n.  comilalus,  geleit,  begleitung,  entsprungen  aus 
begeleit:  unter  dem  begleit  der  leibwacht.  Servius  Tullius, 
München  1685  s.  121.  123;  kommen  mehrbenannte  ausrufer 
und  ankündiger  stracks,  so  darfs  ohne  begleit  der  nachtwäch- 
ter  geschehn.  Klopstock  12,  276 ;  ich  sähe  eine  schöne  gestalt 
im  begleite  junger  knaben  über  das  feld  herab  kommen. 
Wieland  34,  22. 

BEGLEITDUNSTKREIS,  m.  als  so  spät  in  der  nacht ...  die 
Prinzessin  sammt  ihrem  begleitdunstkreis  anfuhr.  J.  Paul 
Hesp.  1,  187. 

BEGLEITEN,  comitari,  für  begeleiten,  nnl.  begeleiden,  ahd. 
nur  pileitan,  nihd.  beleiten,  wie  auch  Dasypodils,  M aaler  und 
Henisch  noch  stets  beleiten  schreiben,  Luther  setzt  aber  ge- 
leilen {weder  beleiten,  noch  begleiten),  erst  seit  den  schlesi- 
schen  didUern  scheint  begleiten  einzureiszen  : 

nun  braut,  glück  auf  den  wes.  das  beit  ist  schon  bereitet, 
ihr  frnwen,  die  ilir  sie  nach  llernsiait  hin  begleitet, 
sagt  Ihr  (Ins  hochzellrecht  zu  wagen  {in  velnculo)  lieuie  für, 
dann  übermorgen  wird  sie  doch  schon  sein  wie  ihr. 

OPITZ1645.  2,  71; 
die  schwarze 'färbe  steht  zu  schwarzen  traurigkeiten, 
dieselbe  brauchen  wir,  wenn  wir  den  sarg  bergluilcn. 

Flüming  177; 
lüt  Schuldrich  gleich  blutarm,  ob  niemand  ihn  gleich  acht, 
vird  er  mit  mahneru  doch  bedient,  beglcii,  bewacht. 
I.OGAU  3,  1,  '.>'.); 

laufen  zusammen  die  bürger  gleich,  damit  sie  die  unterge- 
hende secl  mit  glücklicher  Urlaub  begleiten.    Scnuppius  698; 

(die  nachiigall)  um  die  harfe  zu  begleiten  {accompaqner), 

ihr  nest  mit  unserm  bäum  veriaiisclii.    GfiKiNGK  1,73; 

und  wer  gebot  dem  mond,  die  erde  zu  begleiten  ? 
GoTTXR  1,  401 ; 

wenn  triue  reden  nie  begleiten, 

dann  tlieszt  die  arbeit  niiinicr  fort.    .Sciiili.f.r  77' ; 

ernst  begleiten  ihre  trauerschl.'ige 

einen  wandrer  auf  dem  letzten  wege.    79"; 


da  ihre  reden  und  gebärden  mit  einer  gewissen  schamhaftig- 
kcit,  ja  man  dürfte  sagen  Verlegenheit  begleitet  waren.  Göthe 
18,242;  Jungs  umschränktheit  war  von  so  viel  gutem  willen, 
sein  vordringen  von  so  viel  Sanftheit  und  ernst  begleitet,  dasz 
ein  verständiger  gewis  nicht  hart  gegen  ihn  sein  konnte.  25, 
315;  das  ganze  alterthum  hat  dieses  verfahren  mit  lobsprü- 
chen  begleitet.  Kant  8,  8.  bei  begleitet  sein  kann  von  und 
mit,  bei  begleiten  nur  mit  stehn. 

Einen  rang,  ein  amt  begleiten  schreiben  sogar  gute  Schrift- 
steller ladelhaß  für  bekleiden  {was  man  sehe) :  aus  keiner  an- 
dern Ursache,  sagt  Pope,  muste  ein  solcher  rang,  ein  solcher 
grad  der  Vollkommenheit,  als  der  mensch  begleitet,  wirklich 
werden.  Lessing  .5,  10;  ein  amt  begleiten  findet  sich  z.  b.  in 
Wilhelm  von  Humboldts  briefen  an  eine  freundin. 

REGLEITER,  m.  comes,  doch  immer  in  bezug  auf  leibliche 
mitfolge  im  gang:  du  sollst  auf  der  reise  mein  begleiter  sein, 
der  hund  ist  ein  begleiter  des  menschen,  der  mond  der  erde. 
also  gleichviel  mit  gefährte,  oder  ahd.  gasindo,  golh.  gasin})ja, 
wie  uns  noch  das  n.  gesinde,  comitalus,  gefolg  übrig  ist.  ge- 
nosz  und  gesell,  sodalis  gehen  aber  weiter  und  gelten  auch 
von  der  Verbindung  auszerhalb  der  reise,  obwol  sich  reisege- 
nosz,  reisegesell  sagen  Idszt. 

^-  BEGLEITERIN,  f.  comes  f.  schände  würde  sonst  die  ewige 
begleiterin  meiner  tage  gewesen  sein. 

BEGLEITSCHREIBEN,  n. 

BEGLEITSLEÜTE,  pl.  comites:  begleitesleute.  Opitz  Arg. 
2,  71.    s.  geleitsleute. 

BEGLEITUNG,  f,  sowol  sinnlich:  meine  begleitung  wech- 
selte oft;  begleitung  zur  hochzeit,  leiche;  ü/5  abslract:  furcht, 
die  schreckliche  begleitung  der  tyrannei.  in  der  musik,  ac- 
compagnement. 

BEGLIEDERN,  mcnibris  inslruere:  wol  begliedert,  wol  ge- 
staltet. 

BEGLIEDERUNG,  /".  bei  den  mahlern  emmanchement :  gute, 
schlechte   begliedcrung. 

BEGLIMPFEN,  commode  tractare,  glimpflich  behandeln,  be- 
schönigen, nnl.  beglimpen:  wenn  sie  gleich  keinen  liebhaber 
erhören,  so  ist  es  schon  unrecht  (damit  ich  diese  sache  so 
sehr  als  möglich  beglimpfe),  dasz  sie  ihn  hören.  Hippel  ehe 
5,  125.     gegensatz  verunglimpfen. 

BEGLOTZEN,  rigidis  oculis  contueri,  anglotzen,  anstieren : 
er  beglotzte  alle  ihm  vorgelegten  sachen,  ohne  ein  wort  zu 
reden. 

BEGLÜCKEN,  fortunare,  beare:  meine  frau  beglückte  mich 
mit  einem  jungen  söhne;  dieser  könig  beglückt  sein  volk; 
wenn  der  himmel  meinen  wninsch  beglückte.  Hippel  13,  88 ; 
beglückte  thoren.  GökingkI,  27; 

um,  wenn  man  nicht  beglückt  gewesen, 
doch  wenigstens  bemerkt  zu  sein.     1,  19; 
beglückt,  wer  treue  rein  im  busen  trägt, 
kein  opfcr  wird  ihn  je  gereuen.    Göthk  12,  87. 

früher  war  das  folgende  beglückseligen  mehr  in  gebrauclt. 

BEGLÜCKER,  m.  felicilatis  auctor. 

BEGLÜCKSELIGEN,  nnl.  begelukzaligen :  er  sorgte  euch 
zu  beglückseligen.  Lohenst.  Arm.  2,  965;  beglückseligt  mein 
herz  mit  eurer  gegenwart.  Pierot  2,  102;  eines  von  denen 
Werkzeugen,  deren  sich  der  himmel  sehr  oft  bedienet,  wann 
er  ein  ganzes  land  bcglückseligen  will.  Canitz  187 ;  die  Woh- 
nungen der  seligen  würden  durch  die  ankunft  der  königin 
beglückseliget.  Liscov  177;  ewig  müsse  der  himmel  alle  die- 
jenigen bcglückseligen,  die  ihnen  ähnlich  sind.  Lucius  an 
Geliert  6,  146;  der  tag  ihrer  gehurt  sei  mit  den  auserlesen- 
sten Segnungen  des  himmels  beglückseligt.  6,  157 ;  vielleicht 
hat  sie  der  anblick  der  sonne,  der  uns  neulich  auf  ein  paar 
tage  beglückseligte,  zu  dem  ailhaudischcn  pulver  verführt. 
Leisewitz  hr.  278  ;  das  bcdürfnis  einer  glückseligkeit  und  eines 
beglücksciigcndi'n  gottes.  Fichte  anw.  zum  sei.  leben  236. 

BEGI.iCKWINSCHEN,  gralulari  alicui,  franz:  fc'liciter. 

BEtil.LCKWUNSCIIlJNG,  f  congralulatio. 

BEGNADEN,  gralia  ornare,  ignoscere,  «lAd.  begniden.  pass. 
K.  26,  62. 

1)  gnädig  begaben:  das  wir  wissen  können,  wie  reichlich 
wir  von  gott  begnadet  sind.  1  Cor.  2,  12;  der  hofnung,  das 
e.  eh.  gn.  in  wol  mit  einer  andern  (stelle)  begnaden  würden. 
Luther  3,  391;  mich  unwirdigcn  hat  der  liebe  gott  niil  vielen 
schönen  gaben  begnadet.  3,  402 ;  er  were  denn  von  gott  be- 
gnad.  3,  412;  das  gott  den  so  begnadet  mit  keuschheil.  4,  162'; 
mit  tioflichen    segen    liegnadet.    4,  403*;    wie  kündle  uns  nu 


1301  BEGNADET— BEGNADIGUNGSSPEISE 


BEGNADÜNG  —  BEGNÜGEN 


1302 


gott  reichlicher  begnaden?  5,  404';  es  sol  euch  ja  vil  fröli- 
cher  machen,  das  ir  von  solchem  man  berufen  seid,  dazu 
begnadet  mit  erkentais,  lusl  und  liebe  zu  seinem  wort.  6, 
205";  dieweil  aber  gott  der  allmechtige  ewer  majestat  mit 
sonderlicher  angeborner  gute  und  zucht  begnadet.  Jo.nas  bei 
Luther  6,452';  dennoch  wil  gott,  das  der  gehorsam  auch  da- 
mit begnadet  werde.  Melanchth.  »»»  corp.  doclr.  ehr.  598 ;  nach- 
dem ir  das  evangelium  und  der  heil,  boten  leer  so  durstig 
gehört,  die  der  allmächtig  gott  durch  mich  kleinfügen  sich 
begnadet  hat  üch  zu  öfnen.  Zwi.ngli  1,  2 ;  und  darum  hat  es 
Christus  geben,  dasz  wir  daran  unseren  bresten  erlernetind 
und  demnach  allein  zu  im  fluhind,  der  unsren  bresten  barm- 
herziglich  begnadete.  1, 11 ;  die  leute  werden  mit  kindem  be- 
gnadet. Hedio  Terlull.  2;  auch  begnaden  und  befreihen  wir 
unser  Stadt  Arnstadt.  Statut  von  1543.  §.  70 ; 

glück  begnad  mich  eilenden.    Ambr.  Ib.  s.  236,  24; 
ingleichen  haben  sie  etliche  förnehme    geschlechter  mit   etli- 
chen erbämptern  begnadet.    Micrälics  3,  343 ; 

ich  wil  ewer  dürrtigkeit 

mit  o^einem  heil  begnaden.    Rixgwald  evang.  JS*  ; 
den  besten  kämpfen  mir  (=  wir)  begnaden 
mit  einer  ketten  und  einem  kränz.    AvaER409'; 

wol  begnadet,  guts  kopfs,  schon  rein  abgestäubet.  Garg.  144*; 
ein  begnadeter  dienen  Locao  2,  1,71;  mit  was  für  einer  in- 
nerlichen herzensfreude  ich  mich  begnadet  und  überschüt- 
tet befunden.  Simpl.  2,  379 ;  begnadete  ihn  gott  mit  der  gäbe 
träume  auszulegen.   Schuppiüs  516; 

ein  jeder  der  zu  bauen  sich  erkeckte 
auf  beiszem  boden,  an  der  scbiünde  säum, 
und  ferue  her  nun  die  erkrankten  ladet, 
sieht  sich  mit  wald  und  feld  und  trift  begnadet. 
GöTUE  13,  255. 

2)  capitis  absolvere.  früher  auch  mit  gen.  der  sacke,  aber 
dat.  der  person :  o  gnedigster  herr  und  fürst,  ich  hoflF  ir  wol- 
len mir  des  leibes  begnaden.  Eulensp.  cap.  25.  meist  blosz 
begnaden,  ohne  beifügung  der  sache,  mit  acc.  der  person:  die 
sie  aus  forchten  anbetten,  wie  die  in  Caiicul  den  teufe!,  das 
er  ihnen  nicht  wöU  schaden,  wann  er  sie  doch  nicht  könn 
begnaden.  Garg.  25S'; 

um  deiner  menschlichkeit  willen, 
welche  sie  alle  begnadeL       Klopstocc  Hess.  4,  917 ; 

wie  diese  begnadeten,  Selith,  es  fühlen, 
dasz  sie  es  sind.  9,343; 

selbst  die  seraphim  standen  um  sie  in  trüberem  glänze, 
mitleidsvoll,  und  sabns,  wie  Christus  begnadete  litten. 

12,  S15; 
wenn  du  ihn  selber  nicht  siebest, 
wird  er  dir  doch  von  denen,  die  er  begnadete,  senden. 

15,  533 ; 
ich  beschwör  euch  bei  gott,  der  auch  mich  begnadete,   bleibt 
noch !  15,  S35, 

doch  kann  auch  in  einzelnen  dieser  stellen  ein  begnaden  erster 

bedeulung  stattfinden; 

und  da  verlauten  wolle, 
dusz  euch  cur  darum  Saladin  begnadet. 
Lessi.-kg  2,  in. 

BEGN.\DIGEN,  was  begnaden,  im  16.  17  jh.  öfter  begnä- 
digen: weil  ich  dem  man  die  frau  begnädig  (gnädig  mache). 
Fischart  flüluitz  torr. ;  der  zaar  iäszt  euch  durch  uns  empfan- 
gen, begnadigt  eucli  auf  seinen  pferden  einzureiten,  pers. 
reiscb.  1,  6 ;  liesz  den  gesandten  sagen,  dasz  er  sie  begna- 
digte seine  band  zu  küssen.  1,7;  mit  was  vor  hämischen 
blicken  mein  weib  ihren  ring  an  des  doctors  band  begnadigt. 
6impl.  2,389.     später  nur  ohne  umlaul: 

doch  noch  ein  blick  von  dir  begnadige  dies  beeri 

J.  E.  SCULEI.EL  1,  266; 
mit  einem  adelsbrief  musz  nie  der  echte  söhn 
Minertens  und  Apolls  begnadigt  heiszen  sollen.    BeiiCKR; 
von   den   Terurtheilten   räubern   sollte   der  zehnte    begnadigt 
werden. 

BEn.NADIGER,  m.  begnadiger,  komm  trOsler,  geist.  Klop- 
8T0CKS  qei.ill.  tieder. 

BEGNADIGUNG,  /.  delicti  venia,  früher  auch  begnädigung: 
ward  uns  wiedemmb  die  begnädigung  der  speisen  von  ihro 
zaar.  maj.  tafei  zugesagt,  pers.  reiseb.  1,  14 ;  dem  Verbrecher 
begnädigung  ertheilen. 

BEGNAÜIGUNGSGESUCH,  n. 

BEGNADIGl  NGSilECHT,  n.  jus  aggratiandi. 

BEGNADIGLNGSSPEiSE,  f  mit  der  man  aus  der  ßrstli- 
cheti  küche  begnadet  wird:  sonst  ist  »s  wol  gehräucblicli, 
dasz  man  von  gedachten  begnadigungsspcisen,  wenn  man  sie 


selbigen  tag  nicht  alle  essen  kan,  an  gute  freunde  verschickt. 
pers.  reiseb.  1,  11. 

BEGNADüNG,  f.  gralia,  dementia :  freiheit  und  begnadung. 
privil.  Carl  des  5.  ron  1541,  Frankf.ref.  1,44;  weil  e.  hochw. 
durch  göttliche  begnadung  mit  herlichen,  schönen,  groszen 
gaben,  sonderlich  mit  hohem  verstand  begabt  ist.  Luther  1, 
US'; 

durch  einflusz  der  sieben  pianeien, 

die  mir  solche  begnadung  iheten.    H.  Sachs  HI.  2,  52*; 

dennoch  ist  es  begnadung,   wenn  du  sie  früher  hinaufführst. 

Mess.  16,  103. 

ßEGN-\UEN,  circumrodere,  derodere,  benagen:  ein  adler 
wird  darumb  der  edelste  unter  den  vögeln  geachtet,  dasz  er 
die  gebeine  begnauet  und  andere  thiere  nicht  zerreiszeL  pers. 
Tosenlh.  1, 19.  auch  Stieler /'ü/ira323  neben  nagen  gnagen  gnauen 
und  1324  beknauen  auf  mhd.  begnagen  steht  im  pass.  K.  430, 
27 ;  ahd.  pikinagan,  bignagan  bei  Graff  2, 1014.  dem  begnauen 
nahe  kommt  aber  das  mnl.  becnause  (benage  sie).  Rein.  225, 
und  nn/.  beknaauwen,  benagen,  ags.  begnagan,  engl,  begnaw. 

BEG.NCGEN,  contenlum  esse,  contentum  reddere.  Dasypo- 
Dius  hat  nur  vernügen,  Maai.er  öS*  benügen.  Hexisch  1499  ge- 
nügen, benügen,  vernügen,  auch  Luther  nur  benügen.  mhd. 
begnüegen  erscheint  Bo.\.  25,  53.  SS,  9,  ico  aber  Pfeiffer  mit 
recht  icieder  benüegen  herstellt,  nhd.  begnügen  kommt  im  17 
jh.  durch  die  scblesischen  dichter  auf,  doch  das  adj.  begnflgig 
galt  schon  im  16  jh.     s.  benügen  und  genug. 

1)  unpersönlich,  sufficit  (vgl.  golh.  binah  und ganah):  daian 
begnüget  mir,  täglich  etwas  aus  meinen  lästern  abthun  und 
meine  fehler  strafen.  Opitz  1,  150  nach  Seneca :  hoc  mihi  sa- 
us est,  quotidie  aliquid  ei  vitiis  meis  demere  et  errores  meos 
objurgare ;  sein  schlechtester  bescheid  darauf  soll  mir  begnü- 
gen. Lessi.^g  S,  392.  heute  in  diesem  fall  genügen,  nichl  mehr 
begnügen. 

2)  transitiv,  zufrieden  stellen,  befriedigen,  franz.  contenter: 

so  dasz  euch  die  nalur.fast  mehr  als  uns  vertrauet, 
die  tausendkünstlerin,  die  euch  noch  nicht  begnügt, 
^il  ihr  in  eine  weit  des  Epicurus  fliegt.    Opitz  2^  3S, 

falls  euch  der  acc.  ist,  nahm  ers  für  den  dat.,  so  fällt  die 
construction  zu  1; 

ich  begnüge  meine  sinnen, 

dasz  ich  gleichwol  schreiben  kan, 

was  von  andern  wird  gethan.    2,63; 

dasz  sie  dort  die  gestalt  mit  milde  mehr  begnügt. 

als  dieses  faerzens  sinn  das  dir  im  busen  liegt.    2,  149 ; 

sein  verlangen  begnügen.  Opitz  Arg.  1,  551 ;  eure  kunst  und 
Wissenschaft,  eure  redlichkeit  und  aufHchtigkeit  hat  mich  also 
contentieret  und  begnüget.  Schuppiüs  473 ;  ich  werde  sogleich 
mit  dem  in  zwei  tagen  abgehenden  postwagen  diesem  gnä- 
digsten willen  folge  leisten,  um.  ew.  hf.  durchl.  zu  begnü- 
gen. Merck  2,  221;  begnügt  euer  einPalliges  gemüt,  ihn  von 
herzen  hoch  zu  halten.  Tieck  2,  26;  gutsein  begnügt  die 
seele,  wie  das  Wiegenlied  die  kinderseele  zum  schlaf  befrie- 
digt. Betti.ne  tageb.  90.  auch  dieser  gebrauch  von  begnügen 
ist  heute  fast  veraltet,  man  sagt  vergnügen  orfer  befriedigen. 

3)  reflexiv,  sich  begnügen :  ich  begnüge  mich  damit,  daran, 
bin  zufrieden  gestellt,  habe  genug,  es  genügt  mir:  nachdem 
der  Verfasser  diesen  wichtigen  unterschied  an  einigen  beispie- 
len  gezeigt,  Iäszt  er  sich  auf  die  psychologische  Ursache  ein, 
warum  sich  das  exeicpel  der  practischcn  Sittenlehre,  wie  man 
die  fabel  nennen  kann,  nicht  mit  der  bloszen  möglichkeit  be- 
gnüge, an  welcher  sich  die  cxempel  anderer  Wissenschaften 
begnügen.  Lessi.nc  6, 186 ;  es  wäre  denn,  dasz  sie  sich  gefal- 
len lassen  wollten,  sich  an  ihren  angestammten  gutem  zu 
begnügen.  Wiela.nü  S,  460.  statt  mit  oder  an  auch  genitiv: 
das  volk  begnügte  sich  nicht  inüszigen  zuschauens.  Beckers 
weltg.  12, 137. 

4)  häufig  sich  begnügen  lassen,  wo  aber  die  fügung  zwi- 
schen acc.  und  dal.  schwankt,  wie  doch  an  sich,  uns,  euch 
Mif/i<  zu  unterscheiden  ist,  nur  bei  mich,  dich,  mir,  dir  her- 
vortritt, richtiger  scheint  der  ace.  im  kirchenlied  'was  gott 
thut,  das  ist  wol  gethan'  hciszt  es  vers  2: 

80  lasz  ich  mich  begnügen 
an  seiner  huld, 

wo  aber  manche  abdrücke  setzen  mir  begnügen ; 

bleib  ich  dir  unversöhnt,  so  lasz  ich  mich  begnügen, 
dasz  ich  in  hofuung  auch  dort  gleichwol  sterben  kan. 

Opitz  2,  156; 
vermögend  halt  ich  mehr  den,  der  sich  Icszt  begnügen, 
er  achtet  niemand  nicht,  trotzt  alles  was  da  lebt; 

82* 


1303 


BEGNÜGEN  —  BEGNÜGUNG 


BEGOLDEN  —  BEGRABEN 


1304 


ich  traue  meinem  goit  und  lasse  mich  begnügen, 

der  wird  es  alles  wol  nach  seinem  willen  fügen.    Fleming  ; 

laszt  euch  begnügen  mit  eurem  sold.  Schuppiüs  8;  ob  ihr 
nun  zwar  mit  eurem  verbrechen  viel  eine  gröszere  strafe  ver- 
dienet hättet,  so  will  ich  mich  doch  mit  derjenigen  begnü- 
gen lassen,  die  ich  euch  anitzo  auferlegen  will.    568 ; 

ach,  schenkte  mir  mein  lieber  gott 

nur  einst  mein  liebes  biszchen  brod, 

ich  wollte  mich  begnügen  lassen, 

und  keinen  reichen  neidisch  hassen.    Lessing  1,  83  ; 

der  geringe  w  erlh  der  lateinischen  (Übersetzung),  an  der  man  sich 
bisher  hat  müssen  begnügen  lassen.  3,  259 ;  wenn  er  nemlich 
den  ganzen  ersten  theil  in  den  titel  des  Sinngedichts  bringt, 
und  sich  den  bloszen  aufschlusz  zu  versificieren  oder  zu  rei- 
men begnügen  lüszt.  8,  447;  seiner  meinung  nach  sollte  ein 
Kaliias  sich  an  einer  einzigen  eroberung,  wie  glänzend  sie 
auch  immer  sein  möchte,  nicht  begnügen  lassen.  Wieland 
2,  174;  menschen,  welche  etliche  Jahrhunderte  sich  an  dem 
unentbehrlichen  begnügen  lassen  konnten.  6, 100 ;  sich  an  den 
angestammten  gülern  begnügen  lassen.  8,460;  wir  werden  uns 
mit  dem  begnügen  lassen.  13, 189.  heute  genügen  lassen,  und 
dies  nothwendig  mit  dativ:  ich  lasse  mir  daran  genügen. 

5)  begnügt,  contentus,  sufficiens,  zufrieden,  vergnügt,  sich 
begnügend:  er  saget,  das  sie  wilde  arme,  doch  in  ihrer  armut 
wol  begnügete  menschen  sein.  Micräliüs  1,  23 ; 

auf  diese  weis  erzörnt  und  gar  nicht  wol  begnüget, 
sie  nach  dem  aufgang  sich  auf  ihren  weg  verfüget. 

Werders  4r.  12,65; 
ob  in  dem  groszen  schif  ich  wol  gelassen  leider 
viel  schöner  sachen  halt,  auch  edle  stein  und  kleider, 
so  war  ich  doch  begnügt,  dasz  es  im  meere  flosz, 
weil  ich  der  hofiiung  noch  Zerbins  indes  genosz.    13,  18; 
man  lasse  den  beamten  begnügten  sold  auszahlen, 
so  müssen  sie  sein  redlich,  so  dürfen  sie  nicht  stehlen. 
L0GAU3,  9,  92; 

und  sind  deren  etliche  in  ihrem  stand  so  begnüget.  Philand. 

1,37; 

er  strengte  seine  kräfte  männlich  an  • 

und  fühlte  sich  von  schritt  zu  schritt  begnügt. 
GÖTIIE9,  225; 

begnügte  sollten  unter  niedrem  dach, 
begnügte  sollten  im  pallaste  wohnen.    9,268; 

dann  wird  man  bescheiden  und  begnügt,  Dyanasore  2,  219; 
Selbstsucht,  die  nicht  begnügt  mit  dem  was  andre  thun,  nicht 
begnügt  mit  dem  was  sie  selbst  thut,  die  wahnsinnigsten 
opfer  bringt.  3,438. 

BEGNÜGEN,  n.  iranquiUilas,  deleäatio: 

wie  das  kind  im  sanften  wiegen, 

so  beruh  ich  im  begnügen.    Logau  1,  7,  87, 

wozu  man  die  unter  begnügen  2  aus  Bettine  tageb.  angeführte 
stelle  halle;  sie  liengen  alle  an  zu  lachen  und  hatten  gut  be- 
gnügen an  solchem  scherz,  pers.  rosenth.  2,  29. 

BEGNÜGIG,  contentus:  und  villeicht  nicht  begnugig,  sonder 
nuch  andere  und  weitere  Versicherung  begerten.  Lanz  Karl  5 
s.  430;  und  do  ihre  k.  maj.  an  solchen  cautionen  und  Ver- 
sicherungen nit  begnugig.  s.  491 ;  an  den  soll  begnügig  sein. 
brandenb.  cammerger.  ordn.  1516 ;  des  begnügig  zu  sein  und 
es  dabei  bleiben  zu  lassen.  Frankf.  ref.  1,  5,  38 ;  nicht  mit 
ihren  legalen  begnügig  sein.  6,  6,  20 ;  ihr  solt  begnügig  sein 
an  ewrcm  soll.  Melanchth.  wider  die  bauerschaß  s.  l.  et  a. 
hlalt  3 ;  Augustus  herwiderumb  hat  nur  seinem  weib,  tochler, 
Schwester  und  enkel  zu  schaffen  gemacht  und  darmit  content 
und  begnügig  gewest.  Petr.  17';  die  nimmer  mit  gollcs  ver- 
heiszungen  begnügig.  Kirchhof  wendunm.  293'.  s.  benügig, 
das  Schreiber  und  selzcr  ohne  zweifei  oß  mit  begnügig  ver- 
tauschten. 

BEGNiJGLICH,  dasselbe. 

BEGNÜGSAM,  contentus,  genügsam,  zufrieden: 

trinkt  nur  vertraglich  begnügsam  des  borns.    Kückert  218. 

BEGNCGSAMKEIT,  f.  bcgnügsamkeit  mit  dem,  was  die  Ver- 
nunft sagt.  Lessing  10, 11. 

BEGNCGLNG,  f  genuglhuung,  iufiiedcnstellung :  ihnen,  wie 
in  andern  begnügungen,  so  auch  mit  dieser  nicht  zu  entfallen. 
ÜRYPUius  1, 183; 

Grifon,  der  eben  nicht  dis  waffen  sehr  hoch  arhte 
und  auf  des  Nuraiidins  begniiguiig  nur  gednchie, 
sagt  ihm:  hiermit  wird  mir  vcrgcliiing  gniig  girihan, 
wenn  ich  nur  etwas  ihu,  das  euch  gefalien  k;in. 
WuRDKiis  Ar.  18,  ll'J. 


BEGOLDEN,  auro  pingere,  distinguere,  gebildet  wie  vergol- 
den, übergolden :  begoldele  kleider,  überschriß  eines  distichs 
bei  LoGAU  2,  6,  31,  goldbestickte,  von  gold  flimmernde. 

BEGORDET,  ein  unhochdeutscher  Schifferausdruck,  von  Fi- 
schart Gor^.  79'  unter  vielen  andern  aufgeführt:  schif  geladen, 
gebodemet,  vergurbet,  begordet,  verdennet,  beschnarret,  auf- 
gebuselt  u.  s.  w.  hochdeutsch  wäre  begordet  begürtet,  gord 
aber  ist  nnl.  eine  rippe  des  schifs,  gording  das  barkhout,  berg- 
holz, franz.  ceinte,  sp.  cinta,  also  gürtel.  hätte  sich  unter 
Hochdeutschen  die  schiffarl  ausgebildet,  so  würde  man  gurt 
und  begürten  sagen. 

BEGüSCHEN,  bemaulschellen,  ducere  alicui  alapam:  hielt 
es  für  eine  ehr,  wenn  jemand  von  adlichen  bänden  begoscht 
wurde.  Abr.  a  s.  Clara  2,  365.  bair.  goschen,  abgoschen, 
maulschellieren.  Schm.  2,  77. 

BEGRABEN,  humare,  terra  condere,  ahd.  pikrapan,  mhd.  be- 
graben, nnl.  begraven.     das  goth.  bigraban  ist  umgraben. 

1)  den  leib,  leichnam  begraben,  in  der  bibel  unzählige  mal: 
und  du  solt  farcn  zu  deinen  vetern  und  in  gutem  alter  be- 
graben werden.  1  Mos.  15, 15 ;  das  ich  meinen  todten  begrabe, 
der  für  mir  ligt.  23,  4 ;  niin  von  mir  das  geld  für  den  acker, 
so  wil  ich  meinen  todten  daselbs  begraben.  23,  11 ;  darnach 
begrub  Abraham  Sara  sein  weih.  23,  19 ;  folge  du  mir,  und 
lasz  die  todten  ire  todten  begraben  (goth.  laistei  afar  mis 
jah  let  {)ans  dauj)ans  filhan  seinans  dauj)ans).  Matth.  8,  22; 
(seinans  navins).  Luc.  9,  60 ;  hei  Keisersb.  sünd.  des  munds 
33'  lasz  die  todten  die  todten  begraben  und  folg  du  mir  rfach ; 
das  wir  miteinander  begraben  und  besungen  werden.  Wirsung 
Cal.  g4';  haben  in  solchem  habit  sterben  und  begraben  sein 
wollen,  bienenk.  23';  weil  er  in  weisze  tücher  begraben  wor- 
den. 149'; 

erde,  mein  mütterlich  land,  die  du  mich  im  kühlenden  schosze 
einst  zu  den  schlafenden  gottes  begräbst.    Kiopstock  Mess.  3,  2. 

die  leiber  der  ermordeten  Jasoniden  will  ich  in  den  tempel 
der  Pallas  begraben.  Klinger  2,  242 ;  in  einen  flusz  begraben. 
5,  380;  einen  lebendig  begraben; 

er  war  ein  narr,  die  weit  zu  fliehn, 

und  sich  lebendig  zu  begraben.    Gökingk  2,  112. 

man  kann  auf  die  praepositioiien  den  acc.  oder  dat.  folgen 
lassen,  Luther  zieht  letztern  vor:  ward  begraben  an  dem 
wege.  1  Mos.  35,  19;  begrabe  mich  in  meinem  grabe.  50,  5; 
begrub  in  im  tal  im  lande.  5  Mos.  50, 5 ;  begruben  in  in  sei- 
nem hause,  l  Sam.  25,  1.  doch  steht  auch  der  acc,  namen 
ire  gebeine  und  begruben  sie  unter  den  bawm.  1  Sam.  31, 13 ; 
bis  sie  in  die  erde  begraben  werden.  Sir.  40, 1 ;  begruben  sie 
bei  iren  man.  apostelg.  5, 10.  die  fügung  des  acc.  ist  lebhaf- 
ter, dem  passivum  ziemt  mehr  der  dativ. 

2)  anderes  sinnliches  begraben,  bedecken,  einhüllen : 

begrabend  häuser,  stät  und  kirchen  in  die  aschcn, 
die  lufl  in  ach  und  weh.        Weckherlin  320; 
heiT,  ob  jetzt  begraben  liegt  lust  und  Zierde  der  natur, 
weil  der  graue  flockenmann  drüber  führt  die  rauhe  spur. 

LoGAU  2,  2,  42 ; 
Klepax,  der  so  manches  thier  in  den  magcn  hat  begraben, 
hat  nun  auch  ein  warmes  grab  inner  einem  fromen  rabcn. 

2,  9,  14; 

die  weit  im  chaos  begraben.  Kant  8,  330 ;  gegenden  die  unter 
der  tiefe  des  meeres  begraben  waren.  9,  8; 

dann,  wenn  wir  an  ein  mauseloch, 

um  zahne  zu  begraben,  hinken.    Gökingk  1,  204; 

das  Wiesenthal  begrub  ein  see.    Bürger  36*; 

und  lag  er  nur  noch  immer  in  dem  grase! 

in  jeden  quark  begräbt  er  seine  nase.    Göthe  12,23; 

wie  die  sonne  sinkt  am  abend 

sich  im  goldncn  glänz  begrabend.    Röckbrt368; 

unter  dem  garten  murmelte  der  begrabne  bach.  J.  Padl  Tit. 
2, 109. 

3)  abslractionen :  was  aber  in  diesen  Worten  tiefer  begraben. 
WiMPiNA  bei  l.Hther  5,17';  wird  gott  an  irein  irithum  zufrie- 
den sein  und  alles  ins  vater  unser  begraben,  da  wir  sagen 
vergib  uns  unser  schulde.  5,246*; 

was  kan  ein  solcher  herr  für  kliigo  sinnen  haben, 
dem  allzeit  die  Vernunft  im  becher  liegt  begraben 
und  auf  dem  glase  schwimmt*    Opitz  1,7; 
wann  ich  denke  mehr  zurücke 
auf  die  nun  verrauchte  zeit,  auf  mein  mir  bograbnes  glücke. 
LocAU  2  s.  46; 

dieser  titel  {auferweckle  gedirhte)  ist  ein  beweis,  dasz  diese 
Sinngedichte  damals  schon  begraben  gewesen  sind.  IUmi.erä 
und  Lessincs  vorr.  zu  Logau  xiii;    als  die  aufgehende  simnc 


1305 


BEGRÄBNIS— BEGRASEN 


BEGRASEN  —  BEGREB 


1306 


das  jonische  meer  mit  ihren  ersten  strahlen  vergoldete,  fand 
sie  alle  diejenigen  (mit  Virgil  zu  reden)  von  wein  und  schlaf 
begraben  (vino  soninoque  sepultos),  welche  die  nacht  durch 
dem  Bacchus  und  seiner  giillin  schwesler  geopfert  hatten.  Wie- 
LA.vD  1,36;  in  tiefem  schlafe  begraben  liegen.  Klinger  10,  76; 

wenn  sich  mein  geisi,  von  trauri^kcit  iliirclibebi. 

mit  seinen  sclilummernden  begrabt.    Gotier  1,434; 

nicht  v*ahr  es  ist  ein  tiefer  schlaf,  in  dem  er  begraben  liegt? 
GüTUE  11,  68  ;  aller  weit  anmut  liegt  begraben  für  mich.  Kli.n- 
GERS  Ih.  2,  368 ;  über  das  angesicht  des  landes  strich  der  kalte 
schatten  eines  begrabnen  Schmerzes.  J.  Pacl  Uesp.  1,  39 ;  das 
pfarrhaus,  das  die  bühnen  der  begrabnen  freundschaft  be- 
deckte. 4,  22;  zerfallene  gestalten,  die  eure  seele  begrub  (in 
Vergessenheit  senkte).  Tit.  2,  72 ;  da  liegt  der  hund  begraben. 

4)  man  hat  ihn  begraben  (er  i«/ /ru/iAen).  Licbtenbebg  3, 76, 
vgl.  die  vorhin  aus  Opitz  1,  7  und  Wieulnd  1,  36  angezognen 
stellen. 

5)  begraben,  umgraben,  mit  graben  umziehen:  die  begrabe- 
nen kämpe,  felder.     in  Niederdeulschland. 

BEGRÄBNIS ,  f.  und  n.  sepultura,  sotcol  die  bestattung  als 
das  grab :  gebt  mir  ein  erbbegrebnis  bei  euch.  1  Mos.  23,  4.  9 ; 
du  solt  mich  in  irem  begrebnis  begraben.  47,  30 ;  zum  erb- 
begrebnis. 49,  30;  da  wil  ich  Gog  einen  ort  geben  zum  be- 
grebnis. Ez.  39,  II;  sie  kauften  einen  töpfersacker  zum  be- 
grebnis der  pilger.  goth.  du  uslilham  |)aim  gastim.  Mallh.  27,  7 ; 
sie  ist  zuvor  kommen  meinen  leichnam  zu  salben  zu  meinem 
begrebnis  (salbin  mein  Icik  du  usfilha).  Marc.  14,  8;  lasset 
sie  mit  frieden,  solches  hat  sie  behalten  zum  tage  meiner  be- 
grebnis (in  dag  gafilhis  meinis  fastaida  J)ala).  Joh.  12,  7 ;  ein 
gemein  begrebnis  auszen  für  der  slad  zu  machen,  denn  ein 
begrebnis  solt  ja  billich  ein  feiner  stiller  ort  sein.  Luther  3, 
398;  in  der  begrebnis  verbrenten  si  mit  der  leicht  alles. 
Fra:?k  weltb.  66';  zeigent  mir  meiner  hausfrawen  begrebnus 
, . .  also  ffiret  er  in  zu  der  begrebnus.  Aimon  D  2 ;  zu  der- 
selben fürstlichen  begräbnis  erfordert.  Schweimchen  1,  64 ;  die 
begräbnisse.  Rihel  Lir.  25;  warum  singt  man  zur  begräbnus 
der  toden?  bienenk.  38';  dasz  man  kein  gelt  für  die  begräb- 
nussen  nemmen  solle.  4,5';  weil  nicht  allein  kostbare  pallüste, 
herliche  begräbnusse  endlich  verfallen  und  untergehen.  Opitz 
1,8';  bei  seiner  begräbnus.  Schcppiüs  427;  ein  stilles,  ehrli- 
ches begrübnis.  figürlich,  seit  dem  begräbnis  der  ersten  liebe. 
i.  Paul  Tu.  3, 143. 

BEGRÄBNISBITTER,  m.  qui  invitat  ad  exsequias,  besser 
leichenbitter. 

BEGRÄBNISFEIER,  f.  leiclienfcier. 

BEGRÄBNISFEIERLICHKEIT,  f. 

BEGRÄBNISFEST.  n.  leichenfest. 

BEGRÄBNISGEBLHR,  f.  sumtus  funeris. 

BEGRÄBNISKOSTEN,  /)/.  der  geizhals  wünschte  sich  wol 
ein  seliges  ende,  wenn  er  sich  nur  nicht  vor  den  begräbnis- 
kosten  so  sehr  fürchtete.  Rare.ner  4, 139. 

BEGRÄBNISLIED,  n.  canlio  funebris. 

BEGHÄRNISI'LATZ,  m.  locus  sepulturae. 

BEGRÄBNISSCHMALS,  m.  leichenschmaus : 

noch  beszrer  wein  flosz  beim  besrabnissrhmaus. 

tlAGEOOR'l  3,  43. 

BEGRÄBNISSTÄTTE,  f.  bildlich,  begrübnisstätten  einer 
schönem  zeit.  J.  Faul  Hesp.  3, 160. 

BEGRÄBNISTAG,  m.  dies  feralis. 

BEGRÄBNLSTUCH,  n.  leichenluch,  bahrtuch,  lodix  feralis: 
tier  winler  bat  .  .  ..  in  wald  und  feld 
ein  weist  begrübnistuch  der  blumen  vorgestellt.    Gcntheb. 

BEGRABUNG,  f.  sepultura:  die  auferstehung  aus  der  le- 
bendigen begrabung.  J.  Paul  Fixl.  136. 

BEGRADEN,  die  münze  gradieren.  Smsch  1,364*:  dise  alte 
ducaten,  rosenobel,  auch  die  unbegradete  leberfisch  werden 
»ider  in  brauch  kommen.  Fischart  yroszm.  130.    s.  leberlisch. 

BEGRADIGEN,   applanare,  gerad,  eben  machen. 

BEGRAFT,  f.  sepultura,  ahd.  pikraft  (Graff  4,  309),  mhd. 
begraft  (Ben.  I,  562'),  ein  edles  wort,  gebildet  von  graben  irie 
gifl  von  geben,  wift  »o»  weben,  trifl  von  treiben:  zur  begraft 
bekleidet.  .Mich.  Nbajider  vom  seligen  absterben  s.  4.  vgl.  be- 
greb,  begrebde. " 

BEGRÄNZEN,  s.  begrenzen. 

BEGRASEN,  nnl.  begrazen,  in  verschiednem  sinn, 

1)  sich  begrasen,  herbascere,  gramine  resliri,  sich  beraten : 
die  hügel  der  gefallenen  begrasen  sich;  das  ackerfeld  sieht 
jähre  lang  ungepfiOgt,  und  begrast  sich;  die  bank  begrast 
sich;  die  frisch  eingesäten  wiesensteilen  begrasen  sich  wieder; 


wie  auf  begrasten  bügeln 
die  anmut  gränt.    Hageoor.'«; 

sein  wotlenrieh  springt  auf  begrasten  hügeln.    v.  Kleist; 
die  auf  begrastem  feld  um  ihre  schafe  wacht. 
Grypuii's  2,  453; 
dick  begrast.    Brockes  1, 192.  2,  76 ; 
die  bürg  liegt  auf  runder,  kurz  begraster  kuppe.  Betti.se  tageb. 
169. 

2)  weidmännisch,  die  fährte  begrasen,  mit  den  fingern  durch 
das  gras  vorsichtig  nach  der  fährte  suchen,  nach  ihr  grasen, 
vgl.  umgrasen. 

3)  begrasen,  depascere  herbas:  die  hirsche  begrasen  den 
waldgrund;  das  vieh  begrast  die  tangelhölzer ;  die  schafe  be- 
grasen den  hügel ;  den  garten  begrasen,  abgrasen ;  einen  rain 
begrasen,  absicheln; 

der  meier  geht  über  den  perlenen  rasen 
und  siebt  ihn  die  brüllenden  rinder  begrasen. 

Scbirhrrs  singende  rosen,  lied  67 ; 

bildlich,  ich  hatte  mich  zwar  denselben  tag  ziemlich  abgear- 
beitet, aber  dannoch  waren  noch  soviel  kräfte  vorhanden, 
dasz  ich  meinen  garten  begrasen  konnte.  Simpl.  2,  382. 

4)  sich  begrasen,  ursprünglich  vom  vieh,  sich  satt  grasen, 
gedeihen,  zunehmen,  sehr  oß  bildlich  ßr  mästen,  an  wolstand 
zunehmen:  waren  reich  worden  und  hatten  sich  begraset  und 
fett  gemestet.  Luthers /iscAr.  183*;  weil  sie  sich  nun  begraset 
haben  und  reich  sind  worden.  405'; 

so  einer  nun  bringt  vil  gut  und  hab, 
zeucht  man  gen  im  das  hülli  ab. 
und  welcher  jsicb  nit  wol  kan  begrasen, 
denselben  ihut  man  darumb  hassen. 

spiet  wie  man  die  narren  von  einem  beschweren  soll.  1554.  F2* ; 
so  ist^kein  zweifei,  ich  an  disem  ort  alhie 
ein  guten  mark  wurd  hallen  als  ie  und  ie 
und  das  ich  mich  vil  besser  werd  begrassen  auch, 
als  wenn  ich  mich  wolt  einer  freien  tunst  gebrauch, 

sagt  ein  marktschreier  in  Mart.  Hay.neccii  drei  comüdien  J'; 
ungeschickte  grobe  bawren,  welche  mit  groszem  unserm  Un- 
kosten reich  werden  und  sich  begrasen.  Sebiz  feldbau  36; 
dasz  viel  frembde  nationen  werden  hilf  bei  im  suchen,  sich 
dahin  begeben,  begrasen,  einschlagen,  durchreisen  und  das 
teutsch  gelt  hinaus  tragen.  Fischart  groszm.  129;  die  röm. 
bienen  solln  im  land,  welchs  von  milch  und  honig  flieszet, 
sich  nach  lust  begrasen  und  bereichen  und  in  roren  und  rosen 
sitzen,  dasz  sie  pfeifen  schneiden,  bienenk.  138* ; 

weil  die  zwen  kramer  sind  wek  gloffen, 
wil  ich  mich  dieweil  basz  begra«sen. 

Atrer  fasln,  sp.  18*; 
ob  wir  gäns  oder  hünr  linden, 
dann  wollen  wir  uns  selbst  begrassn.    122'; 

solches  alles  bewegte  seinen  {des  dragoners)  hanptmann,  ihn 
ins  paradeis,  ein  sogenanntes  frauenklostcr,  auf  salvaguardi 
zu  legen,  damit  er  sich  begrasen  (ausfressen)  und  wieder  mon- 
dieren  solle.  Simpl.  l,  226 ;  nachdem  ihn  die  medici  und  ärzle 
verlassen,  als  sie  sich  zuvor  genugsam  an  ihm  begraset  hat- 
ten. 1,  480 ;  der  wirt,  entweder  dasz  er  sich  bei  ihm  wol  be- 
graset, oder  ihn  übernommen.  2,  52.  man  sagt  noch  heute 
von  einem,  der  zu  gaste  gewesen  ist,  er  wird  sich  da  wol  be- 
grast haben. 

5)  was  meint  begraset  in  folgender  stelle:  ein  haselant  sei- 
ner grosze  kann  zwar  ein  paar  eckige,  begrasete  landfräulein 
zu  einem  verliebten  erstaunen  zwingen.  J.  Paul  uns.  löge  1, 
180?     denen  gras  im  haar  hängt?    oder  fett  gemästet? 

BEGRASUNG,  f.  berasung,  bekleidung  mit  gras:  wie  steigt 
die  natur  auf  und  ab  an  den  düstern  mauern  und  bekleidet 
die  verödeten  räume  mit  schmeichelnder  begrasung.  Betti.ne 
br.  1,  235.  auch  in  der  dritten  und  vierten  bedeutung  des  be- 
grascns. 

BEGRAUEN,  canere,  inveterari,  grau  werden,  ehjrauen :  er 
begraut  in  den  walfen ;  er  ist  in  den  lästern  begraut ;  ni.  it 
is  darin  begriset,  it  schal  dar  ok  wol  in  begrauen; 

der  lorbeer  trotzt  begrauter  zeit, 
stets  blühend  immer  grün.    Uz  1,  133; 
begrauie  dämmerung.   Brockks  1,  21.  3,  7. 

BEGREB,  n.  sepulcrum:  auf  das  wir  seinen  namen  auf 
sein  begrel)  lassent  stellen.  Aimon  Fs',  kaum  ein  druck  fehler 
ßr  begrebnis,  das  zwar  in  demselben  buch,  doch  weiblich  vor- 
kommt, eher  für  das  folgende  begrebde.  begreb  mahnt  ans 
böhm.  pohreb,  poln.  pogrzcb,  die  dasselbe  ausdrücken,  wie 
schon   der  altsl.  spräche  grob"  sepulcrum  und  grepsti  sepelire 


1307 


BEGREBDE  —  BEGREIFEN 


BEGREIFEN 


1308 


mit  uns  gemein  ist.  jenes  begreb  würde  ein  ahd.  pikrepi,  bi- 
grebi  voraussetzen,  das  nirgends  begegnet. 

BEGREBDE,  f.  sepuUura.  Keisersd.  post.  2,  115.  mhd.  be- 
grebcde. 

BEGREBTiNIS,  f.  sepultura:  bei  Ulenspiegels  begrebtnis 
gieng  CS  wunderlich  zu.  Eulensp.  cap.  95 ;  meinen  seclizig 
jaren  were  vii  basz  die  begrebdtnus  angestanden.  Wirsüng 
Cal.  hi'. 

BEGREIFEN,  ahd.  pikrifan,  bigrifan,  mhd.  begrifen,  nnl.  be- 
grijpen,  geht,  wie  das  einfache  greifen,  urspninglich  blosz  auf 
die  berührung  mit  händen  und  füszen,  fingern  (s.  befingern) 
und  zehen,  da  man  mit  dem  mund  und  den  zahnen  nicht 
greiß.  greifen  ist  demnach  bestimmter  als  fangen,  fassen,  rüh- 
ren, fühlen,  tasten  scheint  zwar  auch  auf  hand  und  fusz  ein- 
geschränkt, ist  aber  nur  ein  angreifen,  begreifen,  nicht  ein  er- 
greifen. 

1)  sinnliches  berühren,  palpare,  nttrectare. 

a)  leibliches  begreifen,  berühren,  betasten,  beßihlen:  mhd. 

daj  er  ir  hülTe  solle 

bar  begrifen  iinde  rüeren.    fcrone  11680; 

als  er  nü  die  liüffe  begreif.    11719; 

begrif  sie  mit  den  armen  niiit, 

swa;  dir  ze  reden  mit  ir  gcsciiiiit. 

Cato  ed.  Zakncke  132,  147. 

nhd.  sihe  mein  bmder  Esau  ist  rauch  und  ich  glat,  so  möchte 
vielleicht  mein  vater  mich  begreifen.  iMos.  27,12;  da  sprach 
Isaac  zu  Jacob,  trit  erzu  mein  son,  das  ich  dich  begreife. 
27,  21;  und  da  er  in  begriffen  hatte,  sprach  er,  die  stim  ist 
Jacobs  Stirn,  aber  die  hende  sind  Esaus  hende.  27,  22;  da- 
selbst lieszen  sie  ire  brüste  begreifen  und  die  zitzen  irer 
jungfrawschaft  betasten.  Ez.  23,  3.  21.  heute  sagt  man  berüh- 
ren, befühlen,  und  nur  vom  schlächter,  dasz  er  das  fleisch  der 
thicre,  von  der  küchin,  dasz  sie  die  hühner  begreife. 
Die  wunde,  den  pulsschlag  befühlen,,    mhd. 

dö  begreif  im  diu  gehiure 
sine  qiiaschiure 

mit  ir  linden  henden  wij.    Parz.  88,  13; 
ej  wart  nie  man  in  Janeer  frist 
so  krank,  dem  si  die  ädern  wolle  begrifen, 
des  dörfie  niemer  arzät  me  gebüßten.    MS.  2,  23'; 
rüid.    sein  buls  er  fleiszig  auch  begreif,    fastn.  sp.  1250; 
darumb  pfleg  hie  des  arztes  rat, 
der  dir  dein  puls  begreifen  sei.    H.  Sachs  III.  1,  91'; 

als  die  Stiefmutter  wider  eingieng,  begreif  er  den  puls  der 
kranken.  Albr.  v.  Evbe  10';  seine  leibmedici  spareten  zwar 
keinen  fleisz  noch  mühe,  begriffen  den  puls,  besahen  den 
harn.  Piuland.,  Leiden  1646.  3,  88.  heute  den  puls  fühlen, 
täter  le  pouls. 

b)  zeug,  gerät  berühren:  das  sammlkleid  nicht  begreifen, 
durch  antasten  nicht  beschädigen;  der  wird  zu  oft  begriffen, 
endlich  abgegriffen;  die  saite  mit  den  fingern  begreifen,  in 
die  sailen  greifen: 

sage  du  begrifnc  {oft  gerührte,  abqcgrifne?)  leier, 
wem  ich  dich  vermachen  darf?    Güntukr; 

verklungne  Instrumente,  die  weder  begriffen  noch  gebraucht 
werden.  Fr.  Müller  2,  35. 

2)  sinnliches  ergreifen,  erfassen,  fassen,  apprehendere,  com- 
prehendere,  altingere, 

a)  leute:  den  fliehenden,  sinkenden  am,  beim  haar,  an 
seinen  locken,  an  dem  mantcl  begreifen ;  mhd. 

Gawdn  in  bime  hdre  dö  begreif.    Parz.  521,9; 

erne  bete  n)ir  6  genomon 

den  zoiim  und  den  stegereif. 

und  aiser  mich  also  begreif,    /w.  294; 

begreif  den  gauch  beim  grind.    Teuerdanh  60,  41 ; 

lind  sein  Schwester  Themar  begrief, 

sie  oberweltigt  und  bcsclilicf.    I!.  Sachs  III.  1,  90'; 

sie  sfichtent  in  zu  begrifen  und  tüdten.  Keisersb.  poi(.  2, 105; 
und  ob  er  begriffen  wird,  gibt  ers  sibenfeltig  wider,  spr.  Sal. 
6,  31 ;  wie  ein  dieb  zu  schänden  wird,  wenn  er  begriffen  wird. 
Jer.  2,  26 ;  und  würde  verdeckt,  dasz  sie  unrein  ist,  und  kan 
sie  nicht  überzeugen,  denn  sie  ist  nicht  diinne  (auf  der  that) 
begriffen.  4M()S.  .5, 13;  dies  weih  ist  begriffen  auf  frisciier  that 
im  chebnich.  Joh.  8,  4;  wie  aber,  wenn  einer  begriffen  wird 
mit  einer  mngd,  das  man  sie  im  mit  der  axt  gibt,  ob  der 
zwang  auch  gelte?  {wol  ntit  der  axt,  die  das  zimmer  aufge- 
hauen hat,  ihn  bedrohend?)  Luther  2,  167';  diese  alle  sind 
weit  über  die  heimlichen  diebe,  für  den  man  schlosz  und 
riegel  legen  kan,  oder  wo  man  sie  begreifet,  also  niilferet, 
das  sie  es  nicht  mehr  Ihun.  4,402';   d<;r  künig  serr  darumb 


erzürnt  ward,  und  Hugen  liesz  begreifen  und  in  schwere  ge- 
fenknüs  legen.  Hugoschapler  11 ;  aber  Alart  begreif  in  mit  sei- 
nes pferds  zäum.  Aimon  q ;  wird  einer  verweist,  und  hell 
das  landgebot  nicht,  sondern  wird  wieder  begriffen.  Reltter 
kriegsordn.  68 ;  er  ist  aber  darüber  begriffen  und  auf  ein  rad 
geleget.  Micräliüs  3,  408 ;  dann  er  forchte,  wann  er  begriffen, 
würd  ihm  nicht  wol  gewartet  werden,  wegkürzer  17  ;  ein  armer 
derwisch,  als  er  im  laster  der  unzucht  Ijegriffen,  und  vermu- 
tet, es  würde  ihm  nicht  wol  bekommen,  pers.  rosenth.  7,  20. 
an  sich  erfolgte  das  begreifen  mit  der  hand,  das  betreten  mit 
dem  fusz;  es  lag  aber  nahe  beide  ausdrücke  sowol  für  einan- 
der wechsclsweise,  als  auch  für  den  fall  gelten  zu  lassen,  wo 
der  Verbrecher  durch  bloszen  augenschein  überrascht  wird. 

b)  Sachen  begreifen,  fassen :  sie  schlagen  einander  bisz  ihm 
der  jung  fürst  das  schwert  begreift  {festhält).  H.  Sachs  IV. 
2,25'; 

swenn  du  be^rifst  ein  edeln  ast, 

so  lä  dich  niht  ein  bcesen  dorn 

ziehen  dervon.    welscher  gast  iillO; 

wan  daj  under  wilen  selten 

ime  der  vuo;  abe  sieif  {vom  sten  abglitt) 

und  küme  halber  begreif  (ijrund  fasite).    kröne  12939 ; 

wer  misset  die  wasser  mit  der  faust  und  fasset  den  himmel 
mit  der  spannen  und  begreift  die  erden  mit  einem  dieiling? 
{vulg.  quis  appendit  tribus  digilis  molem  terrae?  ahd.  huer 
wac  dhrim  fingrum  allan  aerdhwasun?)  Es.  40,  12  {vgl.  unter 
dieiling).  in  folgender  stelle  wird  mit  dem  knie  ergriffen,  er- 
hascht: zu  gleicher  zeit  wollte  er  mit  dem  rechten  fusze  hin- 
ten auskratzen  und  dachte  nicht  an  den  hut.  dieser  entglitt 
ihm  über  all  der  höflichkeit,  und  als  er  ihn  mit  den  knicen 
begreifen  wollte,  verlor  er  selbst  auf  dem  gehöhnten  fuszbo- 
den  das  gleichgewicht.  Siegfr.  von  Lindenb.  1, 77. 

3)  ausdehnungen  des  sinnlichen  bcgreifens  auf  fälle,  wo  hand 
und  fusz  fehlen,  lassen  sich  auf  personificationen  zurückführen, 
da  man  sich  das  feuer,  oder  eine  seuche,  oder  die  nalurer- 
scheinungen  als  lebendige  wesen  dachte,  dürfen  ihnen  auch  jene 
glieder,  folglich  das  vermögen  zu  greifen  beigelegt  werden,  das 
feuer  friszt,  leckt,  greift  um  sich,  ergreift  die  häuser,  also 
konnte  Conrad  sagen  Staude,  die  Moses 

mit  fluro  sach  bcgrifTen.    gotdne  schm.  451. 

das  fieber  begreift,  greiß  an  {sp.  357),  befällt  (sp.  1249),  fällt 
an  {sp.  323),  packt  an :  Alexander  kam  in  die  statt  Tarsum, 
da  ruwet  er  mit  kranklieit  begriffen.  Frank  chron.  64*;  so  si 
mit  schwerer  krankheit  begriffen  und  in  gefar  stunden,  wcllb. 
66';  welcher  in  ein  krankheit  feit  und  mit  einer  sucht  be- 
griffen wirt.  194';  Heinrich,  als  er  schon  mit  der  peste  be- 
griffen war.  MiCRÄLiüS  4, 106.  Treffend  heiszt  es  von  der  nacht, 
welche  einbricht,  mit  gewalt  einfällt,  uns  anfällt,  uns  auf  den 
hals  kommt,  anstöszt,  irruit,  dasz  sie  begreife  (surprenne).  mnl. 
die  nacht  hevct  mi  hier  begrepen.    Maerlakt  3, 157; 

nhd.  er  gieng  über  feld,  do  begrif  in  die  nacht.  Keisersberg 
has  im  pf.  Aa5'';  wa  sie  die  nacht  begrif,  da  übernachteten 
und  ruweten  si.  Frank  wellb.  5' ;  den  keiser  begrif  die  nacht. 
deutsche  chron.  106;  dasz  euch  die  finsternus  nicht  begreife. 
Agricola  spr.  353';  wie  ags.  dichter  der  nacht  einen  heim  ge- 
ben, und  sie  mit  ihrem  schaltenhelm  feindlieh  heranschreiten 
lassen ; 

bis  dasz  der  abend  in  begrif.    H.  Sachs  V,  358'; 

seltner  vom  tag:  und  darmit  sie  der  Hechle  tag  nicht  auf  dem 
thurn  begriffe  (c  perchü  il  giorno  quivi  non  la  cogliesse).  Bocc. 
2,  104'.  Freilich  muslen  Wörter  wie  angreifen,  begreifen,  er- 
greifen bald  den  allgemeinen  sinn  von  angehn,  ankommen,  an- 
fallen empfangen,  und  wenn  H.  Sachs  III.  1,  74'  sagt: 
mich  bat  begriircn  angst  und  not, 

so  schwebte  ihm  nichts  persönliches  mehr  vor ;  davon  sie  trunken 
und  mit  tiefem  schlaf  begriffen  worden.  Kirchhof  wrndunm. 
6*;  als  Hercules  mit  hiinger  begriffen  ward.  Frank  «t//&.  21"; 
ein  in  angst  und  gcfahr  begriffener  mann.  pers.  rosenth.  1, 1. 

4)  begreifen,  amplerti.  complecli,  umfassen,  einschlieszen : 
der  bauin  ist  erst  so  dick,  dasz  ich  ihn  noch  mit  den  fingern 
begreifen  kann,  in  diesem  sinne  nahm  man  es  aber  frühe 
schon  für  umfassen,  befassen  überhaupt,  ohne  dasz  ein  greifen 
statt  findet:  die  schale  begreift  den  kern  in  sich,  cnthäll  den 
kern.  VVii.leram  sagt  in  seiner  bunten  spräche  70,  2 :  alse 
muita  grana  begriffen  sint  mit  uno  cortice  mali  piiniri;  und 
häufig  heiszt  es:  der  Sus/.ere  kreis  hegreift  die  andern  in  sich; 
der   liinimel    begreift   in  seinem  räum  zahllose  pesiirne;    der 


1309 


BEGREIFEN 


binunel  kann  dich  nit  begreifen,  vid  weniger  dieses  haus. 
Reiszser  Jer.  1,  42';  du  seiest  in  der  Stadt  ringmaiier  be- 
griffen oder  anderswohin  ausgezogen.  Schlppics  67S ;  die  weit 
begreift  alle  dinge  in  sich;  und  wenn  raans  alles  seit  schrei- 
ben, acht  ich  die  weit  könde  die  bücher  nicht  begreifen,  die 
zu  schreiben  weren.  Luther  1,  425';  die  Stadt  begreift  tau- 
sende Ton  bäu^n ;  das  buch  begreift  viele  blätter ;  dasz  ein 
einziges  blällein  mehr  in  sich  hält  und  begreift,  als  der  alten 
grosze  bücher.  Schlppics  779.  Soch  häufiger  aber  icird  dies 
begreifen,  wie  enthalten,  umfassen  und  einschlieszen,  abslract 
verwendet:  aber  nützlich  begreifet  vil  in  im  selbs.  Keisersb. 
Sünden  des  miinds  23';  das  der  glaube  ist  das  rechte  heubt- 
stücke  und  boheste  gebot,  das  alle  andere  in  sich  begreifet. 
LtmER  6,  39";  diese  zwo  künste  begreifen  ein  regul  und 
richtschnur  alle  Sachen  zu  erleuchten.  Schcppius  729;  die 
sach  hat  mein  Jesus  Christus  mit  wenigem  begriffen.  748; 
mit  einem  worte  viel  zu  begreifen.  Weise  erzn.  76 ;  es  müsten 
deren  aber  sechs  und  neunzig  sein,  wenn  der  abschreiber  alle 
mitgenommen  hätte,  die  er  nach  dem  salmasischen  manuscripte 
in  dem  buche  des  Luxorius  begriffen  fand.  Lessi5G  9,  1S6; 
das  mittel  begreift  eine  weitläuftigkeit  der  anstalten,  die  für 
die  grösze  des  Zweckes  überflüssig  ist.  Kam  6, 105.  begreifen 
(affirmare)  mit  seinem  eide.  Haltacs  118.  begriffen  sein  heizsl 
enthalten,  gefaszt,  ausgedrückt  sein :  das  ist  hier  mit  {oder  in, 
unter)  wenigen  worten  begriffen; 

wies  hier  ist  begriffen  zwar 

im  ICH  und  noten  im  lenor.    Hoffma^.'«  qesellsch.  175. 

5)  begreifen,  concipere,  fassen,  aufnehmen :  gewachsen  kin- 
der,  die  ir  sterke  begriffen  {erreicht)  haben.  Keisersb.  anh. 
mensch  A2;  die  pflanze  hat  ihr  wachsthum  begriffen,  steht  in 
toller  kraß;  hastu  forcht  begriffen,  melum  concepisli.  Kei- 
SERSBERG  anh.  mensch  A3;  sie  begreifen  grosze  liebe  (fassen 
liebe).  B  2.  zumal  steht  in  dieser  bedculung  begriffen  sein: 
die  pflanze  ist  im  wachsthum  begriffen,  steht  in  vollem  wachs- 
thum; sein  reichthum  ist  in  zunähme  begriffen;  Tacitus  ist 
in  der  meinung  begriffen  {hat  die  m.  gefaszt).  Micrälics  1,  35  ; 
da  Alcibiades  noch  mit  der  kintbeit  begriffen  was.  .\lbr.  to:» 
EybeU*;  wenn  zwene  in  streit  oder  in  einer  arbeit  begriffen 
sind.  Lokman  fab.  21;  wer  in  dieser  tugend  sich  nicht  be- 
griffen findet,  pers.  rosenth.',l2;  obrigkeitliche,  in  vornehmen 
diensten  begriffene  personen.  Scncppics  677;  in  etwas  be- 
griffen sein,  in  eo  esse,  im  begrif  sein  etwas  zu  thun; 

hier  ward  der  hohe  schvrung,  den  Fanias  zu  nehmen 
begriffen  war,  gehemmt.  Wielamd  9.  29; 

Über  der  arbeit  begriffen  sein ;  er  ist  im  ausziehen  begriffen : 
die  feinde  sind  auf  dem  rückzug  begriffen ;  es  ist  alles  noch 
im  werden  begriffen ;  Lavater,  auf  seinem  rückwege  von  Ber- 
lin nach  hause  begriffen.  Göthe  24,  294. 

6)  hieran  grenzt  unmittelbar  das  begreifen,  in  worte  fassen, 
abfassen,  verba  concipere:  nicht  das  ich  das  gebet  venverfe, 
sondern  man  sei  ein  nehers  begreifen  {genauer  fassen),  das 
sind  die  wort,  da  Christus  die  mess  mit  einsetzet.  Lcther 
1,  436';  wollen  i.  gn.  in  der  grafschaft  eine  christliche  Ord- 
nung begreifen.  Lcthers  &r.  5,  79!»;  das  bürhiin  kurz  begrifen 
{kurz  fassen).  Seitz  12;  und  wiewol  söilich  gedicbt  ehemals 
mit  weniger  inballung  begriffen  {verfaszt,  abgefaszt)  gewest 
Schwarzenberc  150 ;  begreifen  mir  {faszt  mir  ab,  enlwerß) 
ein  brief  an  den  künig.  Ainton  m2; 

zum  (Tirblld  hab  ich  zu  der  Trist 

begreifen  lassen  disz  nianüal.    üitcK  doppetspiler  HO ; 

darinnen  wesentliche  stücke  einer  vollkommenen  rede  verfas- 
set und  begriffen  sind.  Schuppils  410.  heule  veraltet,  desto 
mehr  im  gebrauch  ist 

7)  begreifen,  eomprehendere,  franz.  comprendre,  fassen,  ver-> 
stehen:  eintweders  der  materi  halb,  die  so  schwer  ist,  oder 
der  börer  halb,  die  also  unverstendig  seind  und  künden  es 
nit  begreifen.  Keisersb.  Sünden  des  munds  74*;  unsere  ma- 
gistri  können  solches  nit  begrifm.  Fisciiart  bicnenk.  9S';  ich 
gedacht  im  nach,  das  ichs  Ijegreifen  mOcIite,  aber  es  war  mir 
zu  scliwer.  ps.  73,  16;  wer  kan  seine  grosze  wunder  begrei- 
fen? Sir.  18,  2;  aber  das  wort  vernahmen  sie  nicht,  und  es 
war  vor  inen  verborgen,  das  sie  es  nicht  begriffen.  Lue.  9,45; 
auf  das  ir  begreifen  möget,  welches  da  sei  die  breite  und  die 
lenge  und  die  tiefe.  Eph.3,m;  etwas  begreifen,  d.  h.  in  dem 
grade  durch  die  vemunfl  und  a  priori  erkennen,  als  zu  unse- 
rer absieht  hinreichend  ist.  nichts  kann  mehr  begriffen  wer- 
den als  was  der  inathematiker  demonstriert  und  docli  begreift 
er   nicht,   wie   es   zugebe,   dasz   eine  so  einfache  figur  dies« 


BEGREIFEN  — BEGREIFLICHKEIT       1310 

eigenschaften  habe.  Ka5t  1,  393;  vemunflbegriffe  dienen  zum 
begreifen,  wie  verstandesbegriffe  zum  verstehen  (der  Wahr- 
nehmungen). 2,  2%S;  der  widerstand,  den  etwas  im  räume  sei- 
ner gegenwart  leistet,  ist  auf  solche  weise  wol  erkannt,  allein 
darum  nicht  begriffen.  3,  53;  begreifen,  d.  i.  die  möglichkeit 
des  gegenständes  einsehen.  6,  322 ;  begreifen  heiszt  ein  den- 
ken an  ein  anderes  anknüpfen,  das  erstere  vermittelst  des 
letzteren  denken.  Fichte  «i7/eni.  23S;  ich  kann  das  auf  keine 
weise  begreifen ;  der  eindruck  einer  solcben  scene  auf  ein 
junges  herz  läszt  sich  leicht  begreifen.  Gotfer  3,  34;  du  kennst 
meine  leidenscbaft  für  Ottilien  und  hast  längst  begriffen,  dasz 
sie  es  ist,  die  mich  in  diesen  feldzug  gestürzt  hat.  Göthe  17,  344  ; 
nein  es  ist  nicht  zu  begreifen.';  du  begreifst?;  begriffen? 

8)  sich  begreifen,  mehrdeutig. 

a)  sich  befassen,  beschäftigen :  dasz  er  sich  mit  anderm  thnn 
oder  schnlendienst  derweil  begreifen  mag.  Lcthers  br.  5,  358. 

b)  sieh  anhalten,  festhalten :  der  strauchelnde  begreift  sich 
an  einem  bäum,  an  einem  ast. 

c)  sich  fassen,  recolligere,  zu  sich  kommen:  der  zornige 
begreift  sich  bald  wieder:  ich  war  überrascht,  aber  begrif 
mich  schnell ;  jedoch  begrif  sie  sich  geschwind."  ehe  eines  man- 
nes  271 ;  der  alte  herr  wird  ziemlichermaszen  in  hämisch  ge- 
jagt, begreift  sich  aber  in  der  bosbeit.  irrgarten  der  liebe  488 ; 
hierauf  begreift  er  sich  in  etwas,  gehet  in  ein  anderes  zim- 
mer.  492; 

doch  wie!  begrif  ich  mich  hierauf  nach  einem  kurxen  trauern! 

Brockrs  2,  20 ; 
erstarrter  sinn,  begreife  dich.    4,  224. 

d)  sich  verslehn,  erkennen:  ich  begreife  mich  endlich;  nach 
langen  irrthümern  begrif  ich  mich  wieder;  das  begreift  sich  leicht, 
cela  sc  comprend. 

9)  intransitives  begreifen  begegnet  kaum,  doch  sagt  Par.\- 
CELSLS  1,  307':  dasz  spiritus  coagulationis  und  massa  tartari 
gescheiden  würden  von  einander,  dasz  sie  an  einander  nicht 
begriffen,  d.  i.  rührten,  griffen,  auch  läszt  sich  begreifen  in- 
telligere  7,  trenn  kein  acc.  dabei  steht,  intransitiv  fassen:  der 
mensch  begreift,  intelligü,  ist  ein  vernünftiges  wesen. 

BEGREIFIG,  capax:  sie  haben  gemacht  durch  dieselbe  pre- 
digt, das  sie  deiner  barmherzigkeit  begreifig  sind.  Luther 
1,  38".  Stieler  699. 

BEGREIFLICH,  mhd.  begrinich  (Ben.  1,  57l'), 

1)  aeliv  genommen,  capax,  habilis,  fähig,  leicht  fassend: 
dasz  die  sach  nit  so  schwer  noch  so  scharf  ist  an  ir  selber, 
sunder  die  hörer  seint  so  einfaltig  und  so  unbegreiflich  (wn- 
auffassend,  schwer  von  begriffen),  so  musz  man  sie  begroifen- 
lich  machen,  man  schaft  sunst  nichts,  sie  würden  sprechen 
'was  bat  er  gesagt?'  Keisersb.  Sünden  des  munds  74*;  werdet 
nicht  wie  die  pferd  und  meuler,  die  da  keins  Verstands  be- 
greiflich sind.  Luther  1,  22*;  junge  knaben,  welche  zu  der 
schule  wolgeschickt  und  begreiflich  der  freien  künste  und 
Schrift  sein  würden.  2,265';  er  bat  auch  recht  der  erden  die 
läre  und  wüste  zugelegt,  der  tüfe  die  ünstemus,  dan  die  erd 
ist,  die  da  gebürt  (/.  gebirt),  der  himel  ein  cörper,  der  da 
begreiflich  ist  des  Hechts.  Melaschtbon  anzeigung  in  ttlielie 
schwersten  cap.  Moses.  1523,  verdeutscht. 

i)  passiv  genommen,  contrectabilis,  comprehensibilis :  die 
seel  wird  vergleicht  dem  fewT,  denn  sie  ist  subtil  und  unbe- 
greiflich, der  leichnam  der  erden,  denn  er  ist  grob  und  be- 
greiflich. Greg.  Wacher  com.  das  untreu;  seinen  eigen  herrn 
schlecht.  1547  rorr. ;  mit  etwas  weniger,  und  dem  gesiebte 
kaum  begreiflicher  grüene  vennischt.  Thurneisser  infl.  Wir- 
kungen s.  3 ;  der  begreiDiche  beweis  von  der  vorzüglichsten 
form  der  Griechen  ist,  dasz  sich  gar  keine  geplelschte  nasen 
unter  ihnen  finden.  Winkel».  3,  56;  eben  so  sinnlich  und  be- 
greiflich der  einflusz  des  himmels  in  die  bildung  ist,  ist  zum 
zweiten  der  einflusz  desselben  in  die  art  zu  denken.  3,  59; 
kann  nicht  allein  keine  Vernunft  sich  ohne  beispiel  begreiflich, 
sondern  niciit  einmal  ohne  anschauung  verständlich  machen. 
Kant  2,  231;  welches  anzunehmen,  so  viel  man  abseben  kann, 
ganz  ohne  begieiflichen  nutzen  sein  würde.  8,565;  Pagliasso 
theilte  mit  sehr  begreiflichen  späszen,  indem  er  bald  ein  mäd- 
chen  küste,  bald  einen  knaben  pritschte,  seine  zettel  aus. 
GiiTHE  18,  144;  mir  den  hang  und  gang  dieses  auszerordenl- 
lichen  geistes  begreiflich  zu  machen.  25,  So" ;  das  ist  mir  wol 
begreiflich. 

HE(;KEIFLICHKEIT,  r  wiederum, 

1)  capacitas:  die  nalur  schicket  sich  nicht  nach  nnsenn 
köpf  oder  begrcinichkeit.  Laurenberg  acerra  499. 


1311 


BEGREIFUNG— BEGRIF 


BEGRIF 


1312 


2)  perspicuilas:  die  begreiflichkeit  einer  sacbc. 

BEGREIFUNG,  f.  1)  conceplio,  nach  begreifen  6:  dieselben 
Ordnungen  nach  iren  inhallungen  und  begreifungen,  bescitl. 
des  reichsrcg.  von  1501  §.  1 ;  begreifung  des  Spruchs,  magdeb. 
weislh.  157.  2)  pcrceptio,  comprelicnsio :  hingegen  sollen  wir 
unsern  verstand  in  den  deutlichen  begreifungen  üben.  Leiiimtz 
2,  38 ;  zum  behuf  der  speculation  und  zur  begreifung  dessen, 
was  unbegreiflich  ist.  Kant  5,  377 ;  etwas  zur  leichteren  be- 
greifung anführen.  6, 116.  3)  sinnlich  allactus :  die  begreifung 
des  huts. 

BEGREINEN,  deplorare,  beweinen.  Stieler  700. 

BEGUEINERLICH,  lamenlabilis,  lamentarius.  Stieler  701. 

BEGRENZBAR,  limilibus  circumscribendus. 

BEGRENZBARKEIT,  f.  die  freiheit  und  ihre  begrenzbarkeit. 
FiCHTES  nachg.  werke  2,  4C1. 

BEGRENZEN,  deßnire,  terminare:  das  meer  begrenzt  die 
erde ;  gebirge  begrenzen  den  horizont ;  der  begrenzte,  einge- 
schränkte verstand ;  ein  phänomen  zu  erklären,  das  ihren  be- 
grenzten herzen  zu  göttlich  war.  Schiller  755;  wenn  meine 
natur  die  Wirkung  hat,  die  ihrige  ins  begrenzte  zu  ziehn.  Gothe 
an  Schiller  Z2l' ;  begrififb  und  befugnisse  gehörig  begrenzen. 

BEGRENZTHEIT,  f.  womit  der  dürftigere  geist  seine  be- 
grenztheit  und  dürfligkeit  zu  verbergen  sucht.  Zachariä  hin- 
lerl.  sehr.  s.  V. 

BEGBENZUNG,  f.  deßnitio,  circumscriptio : 
den  körper,  den  zu  bilden 
nalur  hat  aufgewendet  all  ihr  lieben, 
den  ihre  band  mit  milden 
begrenzungen  umschrieben.    Platen  26^ 

BEGRIF,  m.,  mhd.  begrif,  nnl.  begrip. 

1)  complexus,  umfang,  nach  begreifen  4,  was  räumlich  be- 
griffen, umfangen  ist :  der  begrif  und  der  zirk  des  riches. 
weisth.  1,  774 ;  nun  hat  der  begrif  tarraconensis,  sunst  in 
gmein  Hispania  genant,  fünf  künigrich  in  sich.  Frank  wellb. 
23';  dise  vier  brunnen  sein  nit  weiter  vom  groszen  mör, 
dann  als  einer  mit  eim  armbrost  möchte  schieszen  und  in 
dem  kleinen  begrif  treiben  dieselben  brunnen  mit  irem  was- 
ser  sechs  mülreder  gnug  grosz.  164*;  das  schlosz  Altenburg 
ist  eines  zimlichen  weiten  begrifs  gewesen,  an  der  Aaren  ge- 
legen bei  Brück.  Stumpf  2,  299';  der  begrif  und  cirk  der  statt 
hett  drei  und  dreiszig  stadia.  Reizner  Je»'.  1,2';  sie  verlieszen 
den  euszern  begrif  und  bezirk  der  statfmawien  und  wichen  in 
das  innerlheil  der  Stadt,  das  mit  einem  kurzen  begrif  (orbis) 
der  welir  umbgcben  war.  Rihel  Lib.  528 ;  dann  grosze  circum- 
ferenz  und  begrif  einer  festung  erfordert  auch  viel  leut.  Kirch- 
hof disc.  mil.  12;  und  das  theil  der  Stadt  (Vinela),  das  man 
unter  dem  wasser  sehen  kann,  ist  gröszer  als  der  begrif  der 
Stadt  Lübeck  anzusehen  Micräliüs  2,143;  ich  kam  fürlcr  in 
einen  groszen  saal,  so  im  begrif  9999mal  gröszer  war  als  die 
metzgeraue.  Philand.  1,  484; 

auf  Cyiherons  begrief,  wo  Bacbus  weiber  lachen, 
wann  ihr  berülimier  golt  die  nasse  lafel  deckt, 
da  hört  kein  olire  nicht  viel  kluge  Wörter  machen, 
indem  ein  voller  galm  uns  das  geiiörc  schreckt. 

HOFMANNSWALDAU  st.  Socr.  80; 

der  ganze  sehr  vicile  begrif  des  halben  theils  America  bis 
auf  den  islhmum  zur  Stadt  Panoma.  pers.  reiseb.  3, 4 ;  weilen 
aber  die  sach  von  einem  groszen  begrif.  Leib.nitz  459. 

2)  compendium,  summa,  inbegrif,  auszug:  die  äuglein  oder 
bollen  sind  ein  begiif  des  ganzen  gewächses.  Muralt  cid^.  10; 

ade,  begrif  der  welll  stadl  der  nichts  gleich  gewesen. 
Grtpiiius  2,  347 ; 

die  Jungfern  sind  ein  volk,  sind  unter  uns  gestellt 
als  enget  in  der  zeit,  als  wunder  in  der  well, 
sie  sind  ein  kurz  begrief  von  allen  zicriigkeiten. 
LocAU  2,  3,  58 ; 

SO  wird  man  auch  einen  und  den  andern  misselhätcr  in  die- 
sem kurzen  IjegrilTe  verliebter  geschichle  und  briefe  leicht  ver- 
tragen. lloFMANNSwALiiAii  heldmbr.  132;  indem  dieses,  was  in 
hiesigem  kurzen  begiilb;  zu  linden,  alleine  zu  meiner  eigenen 
belustigiing  von  mir  aufgeselzet  worden  ist.  rorr. ;  diese  kunst, 
welche  ein  begrif  ist  aller  andern  künsten.  ScHteeiüs  700; 
also  macht  der  erste  pflanzer  des  buhen  ingcnii  das  stu- 
dieren süsz  oder  bitler.  ich  weisz  wol,  dasz  zwar  dieser  zeit 
viel  kurze  begrif  gefunden  werden,  aber  ein  verständiger 
Schulmeister  thue  das,  damit  er  witzige  iiigenia  nicht  keck 
mache.  72S ;  die  freie  sprachen  als  in  ciiK-n  kurzen  begrif 
eingefasset,  können  ohne  sondere  iniilu;  erlernet  werden.  778. 

3)  conceplio,  nach  begreifen  (> :  haben  unserem  slatlhalter 
befohlen   mit   zeitigem   rath   einen  begrif  darüber  zu  stellen. 


reichsabsch.  voti  1524  §.  24 ;  dasz  ein  jeglicher  stand  desselben 
begrifs  abschrift  nehme,  von  1529  §.  32; 

herzog  Leud-cgast  mich  her  gschickt  hat 

im  zorn  mit  diesem  absag  brief, 

was  der  Inhalt,  gibt  sein  begrief.    Ayrer  433*. 

4)  procinctus,  conatus,  nach  begreifen  und  begriffen  sein  5. 
er  ist  im  begrif  zu  sterben;  steht  im  begrif  zu  verreisen; 
der  feind  war  eben  im  begrif  die  mauer  zu  libersteigen ;  der 
Soldat  war  auf  den  göttlichen  Ursprung  seines  Stifters  stolz, 
das  zeigten  die  wölfin  und  die  kinder  genugsam,  muste  er 
auch  noch  den  Mars  im  begriffe  einer  handlung  zeigen,  in 
der  er  nichts  weniger  als  der  fürchterliche  Mars  war?  Les- 
sing 6,  424 ;  der  schöne  sommervogel  gaukelte  in  kleinen  krei- 
sen um  ihn  herum,  dann  setzte  er  sich  wieder,  aber  ent- 
wischte allemal,  wenn  er  im  begrif  war  gefangen  zu  werden. 
Wieland  11,  46. 

5)  noiio,  nach  begreifen  7,  Vorstellung:  dasz  die  thüren  der 
alten  in  keinen  haspen  hiengen,  sondern  sich  unten  in  der 
schwelle  und  oben  in  den  balken  bewegten,  und  dieses  ver- 
mittelst dessen,  was  wir  thürangeln  (cardines),  aber  ohne  be- 
griffe, nennen,  es  findet  sich  auch  in  keiner  neuen  spräche 
ein  bequemes  und  bedeutendes  wort  dazu.  Winkelmann  2,  79; 
die  form  der  buchstaben  ist  verschieden  von  dem  begriffe  der 
Schrift  in  diesen  zelten.  2, 121 ;  der  unvollkommene  begrif  der 
Schönheit  des  gesichts.  3,  214 ;  der  Stil  der  Zeichnung  ist  dem 
begriffe,  den  wir  von  der  höchsten  zeit  der  kunst  haben,  ge- 
mäsz.  3,  244 ;  wenn  sie  noch  nicht  gelernt  haben,  wie  sehr  und 
worin  der  poet  von  dem  versificateur  unterschieden  ist,  so 
mögen  sie  es  doch  nur  erst  lernen,  che  sie  einen  ehrlichen 
mann,  der  es  zu  begreifen  gesucht  hat,  und  sich  diesem  be- 
griffe gemäsz  ausdrückt,  darüber  chicanieren.  Lessing  6,  227 ; 
man  kann  sagen,  der  gegenständ  einer  transcendcntalen  idee 
sei  etwas,  wovon  man  keinen  begrif  hat,  obgleich  diese  idee 
nothwetidig  in  der  Vernunft  erzeugt  worden.  Kant  2,  307 ;  bes- 
ser würde  man  sagen,  dasz  wir  vom  object,  welches  einer 
idee  correspondiert,  keine  kenntnis,  obzwar  einen  problema- 
tischen begrif  haben,  daselbst;  diese  nolhwendigkeit  ist  in  ge- 
wissen fällen  ein  ganz  leerer  cusdruck,  mit  welchem  wir  nicht 
den  mindesten  begrif  verbinden  können.  2,  297 ;  ein  schurke, 
der  von  einem  edlen  gefühle  keinen  begrif  hat.  7,  387;  be- 
grif, in  dem  sinne  von  annähme,  hypothese,  ansieht,  der  sich 
auch  in  dem  compositum  Ichrbegrif,  wo  es  von  besondern 
lehrmeinungen  gebraucht  wird,  verräth.  die  gründe  der  Wahr- 
scheinlichkeit erfordern  durchaus  diesen  begrif.  8,  205;  mein 
onkel  hat  einen  so  hohen  begrif  von  ihrem  eifer.  Gotter 
3, 27 ;  die  verworrenen  begriffe  über  den  unbegreiflichen.  Kli.n- 
GER  6,  318 ; 

seh  ich  den  pilgrira,  so  kann  ich  mich  nie  der  thronen  enthalten. 
0,  wie  beseliget  uns  menschen  ein  falscher  begrif! 
GöTHE  1,  350; 
denn  eben  wo  begriffe  fehlen, 
da  stellt  ein  wort  zur  rechten  zeit  sich  ein.    12,  98 ; 

die  kinder  haben  keinen  andern  begrif,  als  dasz  ich  immer 
morgen  wieder  kommen  würde.  16,  72 ;  man  traute  säninU- 
lichen  schauspielern  fürtrefliche  anlagen  und  einen  hohen  und 
klaren  begrif  von  ihrer  kunst  zu.  10,  84;  o  ich  war  auch 
einmal  in  diesem  glücklichen  zustande,  als  ich  mit  dem 
höchsten  begrif  von  mir  selbst  und  meiner  nation  die  büiinc 
betrat.  19,  96;  der  grosze  begrif,  dasz  hier  ein  ganzes  könig- 
liches haus  durch  innere  verbrechen  und  Unschicklichkeiten 
zu  gründe  geht,  wird  nicht  in  seiner  würde  dargestellt.  19, 
166;  sie  hatte  keinen  begrif,  dasz  man  kaufen  könne,  ohne 
zu  bezahlen.  20,  95 ;  in  den  neuern  zcilen,  wo  so  viele  be- 
griffe schwankend  werden.  20,  146;  die  freudc  des  Wiederse- 
hens nach  einer  kurzen  und  doch  so  seltsamen  trennung 
übersteigt  alle  begriffe.  23,98;  berge  geben  uns  wol  den  be- 
grif von  naturgewalt,  nicht  aber  von  wolthätigkeit  der  Vor- 
sehung. 23,  21)6;  wenigstens  wetteiferten  beide  geschleciilcr, 
dem  aufiiorchendcn  knaben  einen  höchst  vortheilhaften  be- 
grif von  jenen  beiden  personcn  beizubringen.  24,29;  nun  bin 
ich  sieben  tage  hier  und  nach  und  nach  tritt  in  meiner  seelc 
der  allgemeine  begrif  dieser  Stadt  hervor.  27,  209;  wer  den 
entsihlusz  des  Regulus  anerkennen  soll,  musz  den  hohen 
begrif  von  Rom  mit  zum  slücke  bringen.  33,  20«;  unter  die 
damaligen  Verrücktheiten,  die  aus  dem  begrif  entstanden, 
man  müsse  sich  in  einen  naturzustand  zu  versetzen  suchen, 
gehörte  denn  aucli  das  baden  im  freien  wasser  unter  ninem 
himniel.  4S,  96;  wir  haben  bei  uns  einen  bildhauer,  einen 
mann  von  leichtem  begrif  und  schneller  band,  an  Lavaler  t>1 ; 


1313 


BEGRIFLICH  —  BEGRÜNEN 


Wer  sind  kegelschnitte  zum  leichteren  begrif  des  unbegreif- 
lichen (zur  veranschaulichung  der  Sternenbahn),  an  fr.  von 
Stein  2,  14;  sie  gesteht,  dasz  ihr  begrif  von  ihnen  sich  durch 
dieses  product  noch  meiir  gestärkt  habe.  Schiller  an  Göthe  246. 

BEGRIFLICH,  1)  expedilus,  untemehmbar.  als  Eulenspie- 
gel auf  der  hohen  schule  zu  Prag  angeben  sollte,  wie  viel 
masz  Wasser  im  meer  seien?  antwortete  er:  wirdiger  herr 
rector,  heiszen  die  andern  wasser  stil  ston,  die  an  allen  en- 
den in  das  meer  laufen;  so  wil  ich  euch  messen,  beweisen 
und  die  warheit  sagen  davon,  und  es  ist  begriflich  zu  thun. 
cap.  28.  vgl.  begreiflich  2.  im  Eulensp.  wird  aber  i  nicht  für 
ei  geschrieben. 

2)  notioni  rei  conveniens,  ad  notionem  accommodatus :  bei 
allem,  was  hauptgedanke  ist,  kommt  es  auf  bestimmtheit  des 
ausdrucks  an,  daher  hierin  Torbereitung  auch  auf  den  aus- 
druck  nothwendig  ist.  je  mehr  hingegen  ein  gedanke  ne- 
bengedanke,  oder  bloszes  darstellungsmittel  ist,  desto  mehr 
löst  er  sich  vom  streng  begriflichen,  geht  ins  bildliche  über, 
das  als  solches  groszere  fireiheit  haben  will.  Schleiersacher. 

BEGRIFLICHKEIT,  f  complexus :  die  grüsze  des  hafens 
des  hirnschedels  ist  gröszerer  begriflichkeit  an  dem  men- 
schen, dann  an  eim  anderen  thier.  Gersdorf  3. 

BEGRIFSMÄSZIG,  was  begriflich  2:  das  was  im  begriffe 
liegt.    Fichte  nachgel.  werke  2,  76. 

BEGRIFSVERWECHSELUNG,  f. 

BEGRILLEN,  inanibus  replere  speciebus: 

wann  auch  zur  heiszen  Sommerzeit, 
begrillt  mit  hirnenmücken, 
die  bock  in  stolzem  Stirnenstreit 
mit  köpfen  sammen  rücken. 

Spee  trutzn.  s.  191  (193.  209). 

BEGRIMMEN,  atrociter  corripere,  reprehendere,  nnl.  begrim- 
men: 

mit  widerlegen,  bedingen,  begrimmen, 

bemüht  und  brüstet  mancher  sich.    Göthe  4,  382. 

BEGRINSEN,  torro  rii//u  ti/Mperare: 

die  kröne,  der  mein  fürst  mich  würdig  achtete, 
'  die  meiner  fürstin  band  Tur  mich  gewunden, 
soll  keiner  mir  bezweifeln  noch  begrioseo. 
Göthe  9,  156. 
BEGROLLEN,  odium  occultum  habere  in  aliquem. 
BEGRCBELN,  anxie  rimari. 

BEGRÜNDEN,  s/afti/ire,  fundare,  ßrmare :  ein  reich,  ein  haus 
begründen : 

ich  hab  ein  haus  gebauet 

und  es  begründet  dauerhaft.    CaAiisso44; 

im  Unterricht  begründen:  entwuchs  ich  sehr  bald  dem  nn- 
terricht,  ohne  dasz  ich  doch  in  irgend  etwas  begründet  ge- 
wesen wäre.  Göthe  24.  45;  dasz  ich  ihn  nicht  nur  für  unter- 
richtet, sondern  auch  für  begründet  halten  muste.  24,  169; 
einen  salz,  eine  behauplung  aufstellen  und  begründen;  mich 
und  mein  glück  in  einem  neuen  vaterlande  zu  begründen. 
48, 191 ;  man  suchte  sich  in  dem  Studium  geschnittener  steine 
zu  begründen.  30,  265;  ansprüche,  zweifei,  verdacht  begrün- 
den; wol  oder  schlecht  begründen. 

BEGRÜNDER,  m.  fundator,  auclor:  der  begründer  dieser 
meinung. 

BEGRÜNDÜNG,  f.  constilutio,  confirmatio :  begründnng  einer 
anstalt. 

BEGRÜNEN,  virere:  so  lang  die  schulden  wehren,  mag 
man  nimmermehr  begrünen  oder  auf  einen  grünen  zweig 
kommen.  Kösic  narrcnsch.  1,  88 ; 

well  kann  einem  bäume  gleichen, 
ihre  blätier  sind  begrünt.     OriTX  1,376; 
viermal  hat  die  Winterszeit 
von  den  w.ildern  abirenommcn 
ihr  begnintes  Sommerkleid.     2,  196; 
wenn  der  wilde  frosl  erlegen, 
und  der  sanfte  vorjahrswind 
in  den  wäldero  sich  beginnt 
mit  begrünter  lust  zu  regen.    Si«.  Dach  M.  ; 
die  süszen  vö^el  singen, 
voraus  die  naclitigall 
sitzt  auf  begninten  zweigen, 
liebt  ihre  stimm  empor.    N2; 
das  leichte  fcdervieh  verläszt  die  warmen  ncster, 
begibt  »ich  ihrer  bürg,  der  halbbecrünien  äster. 
FLcai:«c  149; 
das  erst  aus  drei  gebürgen. 
die  mit  begrünter  krön  sich  durch  die  wölken  würgea« 

üRTrHlus  1,599; 
du  schmelz  der  bunien  wiegen, 
du  neu  begrünte  Our.    Hackvork  3,  S8 ; 
begrünten  lockherd.    Götz  3, 117; 


BEGRÜSZEN  —  BEGÜNSTIGUNG         1 3  U 

eine  capelle,  die  auf  grüner  matte  ihre  mit  epheu  begrünten 
mauern  erhebt.  Göthe  43,  248.  man  darf  das  part.  begrünt 
sowol  vom  intransitiven  begrünen  virere,  als  vom  transitiven 
begrünen  viridare  ableiten,  welches  letztere  im  reflexiven  sich 
begrünen  vorausgesetzt  wird: 

zei?  mir  die  frucbt  die  fault,  eh  man  sie  bricht, 
und  bäume,  die  sich  täglich  neu  begrünen. 
Göthe  12,  Sä. 

BEGRÜSZEN,  mbd.  begrüe^en  (Ben.  1,  584*),  nnl.  begroeten- 

1)  salutare,  einen  ankommenden  freundschaftlich  begrü- 
szen ;  sich  gegenseitig  begrüszen ;  das  handwerfc  begrüszen  ; 
freudenthrünen   begrüszton  das  morgenroth.  Geszxer; 

so  feiert  im  Schauspiel  das  jauchzen  der  menge, 
bewillkommen  tanze,  begrüszen  gesnnge 
ein  glückliches  paar  im  entscheidenden  acl. 
Götter  1,  339 ; 

der  morgen  erleuchtete  die  fläche  des  meers,  die  unglückli- 
chen begrüäzten  die  sonne  mit  klaggeschrei.  Klincer  4,  183; 
schon  gestern  hatte  ich  einen  sehr  sauber  gekleideten  wirts- 
sohn  bemerkt,  der  auch  heute  früh  mich  aus  seinem  hofe 
begrüszte.  Göthe  25,  351 ;  der  feind  wurde,  sobald  er  anrückte, 
mit  einem  lebhaften  gewehrfeuer  begrüszt ;  schiffe  begrüszen  sich. 

2)  adire  et  rogare,  einen,  dessen  genehmigung  nüthig  scheint, 
darum  ansprechen,  ehe  man  die  sacke  thut:  du  bist,  unbe- 
grüszt  seiner,  durch  den  garten  gegangen;  es  will  den  kin- 
dem  gebühren,  dasz  sie  nicht  für  sich  selber  zufahren  und 
unbegrüszt  der  eitern  sich  hie  und  da  anhängen  oder  kupp- 
lerinnen  bestellen,  welche  die  buhlbrief  hin  und  wieder  tra- 
gen. Creidics  2,  186;  zu  welicher  disputation  ein  ersamer, 
wiser  rat  alle  irer  landschaften  lütpriester  und  Seelsorger  hat 
tun  berufen,  ouch  den  hochwürdigen  herren  und  biscbof  von 
Costenz  darum  begrüszt.  Zwisgli  1,  116 ;  sie  haben  aber  nie- 
mals derwegen  die  obrigkeit  als  greven  und  hauplleute  be- 
grüszet.    Schlichthorst  beitrage  2,  99 ; 

so  hat  uns  Collatinus  bfohin 

euch  umb  ein  antwort  zu  begrüszn.    .4tRER56'; 

und  weil  ihr  es  nicht  an  seinem  gehörigen  ort  gesucht  und 
uns  deswegen  begrüszet,  so  seind  wir  auch  nicht  schuldig 
euch  in  diesem  zu  willfahren.  Schoch  slud.  leben  1 ;  von  dem 
augenblick  an,  da  die  kaiser  sich  der  gemeinen  hülfe  wegen 
nicht  mehr  an  den  reichsboden  halten,  sondern  die  haupt- 
herrn  darum  begrüszen  musten.  Moser  2,  1T4 ; 

das  hiesz  er  allenfalls  noch  gut, 
besoudei's  wenn  ihr  ihn  darum  begrüszen  solltet. 
GöTHR  12,  216  ; 

nachdem  er  den  wirt  um  ein  couvert  begrüszt  hatte.  30,  211. 
BEGRÜSZEB,  m.  salutator. 
BEGRÜSZüNG,  f.  salutatio:  nach  gegenseitiger  begrüszung ; 

die  Pfauenfeder  trägst  du  stolz  zur  schau 
und  schlägst  den  purpiirmantel  um  die  .schultern, 
den  landniann  blickst  du  mit  Verachtung  nn 
und  schämst  dich  seiner  traulichen  begiiiszung. 
Schiller  5J5'. 
BEGUCKEN,  oculis  obire,  traulicher  als  besehn,  beschauen, 
betrachten,  unschuldiger  als  begaffen.  Kirchhof  wendunm.  102*. 
MELissusps.  C5';  dasz  die  erfüllung  neuer  Offenbarungen  zwar 
nicht  begucket   und   betastet   werden    kann.    Hamanx  7,  10»; 
und  beguckte  des  tags  wol  zwanzigmal  meine  vor  anderthalb 
Jahren  gesetzte  junge  bäume.  Wieland  hei  Merck  2,  127;    ich 
begucke  meine  fingen    Göthe  24,  80 ;  sie  beguckt  sich  schon 
wieder  im  spiegel;  beguckt  es  von  vom  und  hinten,     anders 
das  mhd.  begucken,  beschreien.    Ben.  1,  559*. 

BEGUNSTEN,  amplecti,  juvare.  Logad  in  seinem  gedieht  an 
die  kunstgöttinnen  {musen)  3,  5,  57 : 

wolt  am  ehsten  die  begunsien. 
BEGÜNSTEN,  dasselbe: 

beute  bringet  ans  licht  die  begünstende  Eileitbvia 
einen  knaben.  Stolberg  12,  2»8. 

BEGÜNSTIGEN,  favere,  propitium  esse,  juvare,  nnl.  be- 
günstigen: wann  der  himmelslauf  jemanden  mit  reichthum 
und  vermögen  begünstiget,  pers.  baumg.  5, 1 ;  das  mädchen 
begünstigte  sichtbar  keinen  seiner  liebhaber; 

denn  lachen  schützt  vor  spieen,  begünstigt  das  verdaun. 
GurrcR  1,  41S; 
die  umstände  begünstigen  seine  Unternehmung;  das  glück  hat 
ihn  von  anfang  an  begünstigt;  er  ist  ein  begünstigter  sooh 
des  glucks;  in  diesem  groszen  werke  von  dem  papst  und 
von  Spanien  selbst  begünstigt.  Scriller  1046 ;  das  weiter  be- 
günstigte unsere  reise. 

BEGÜNSTIGUNG,    .  favor,  bevorzugimg,  gunsl:  die  begUn- 

83 


1315 


BEGÜRTEN  —  BEGÜTIGEN 


BEGÜTIGER  — BEIIAFT 


1316 


stigung  eines  liebhabers ;    die  begünstigung  des  handels ;    er 
floh  unter  begünstigung  der  nacht. 

BEGÜRTEiN,  cingere,  umgürten,  angürten,  ahd.  picurtan 
(Graff  4,  254),  mhd.  begürten  (Bex.  1,  593'):  ward  begürtel 
mit  einem  leinen  leibrock.  2  Sam.  6, 14 ;  so  begürte  nu  deine 
lenden  und  mache  dich  auf.  Jer.  1,  17;  begürtet  euch  und 
klaget  ir  priester.  Joel  1,  13;  darumb  so  begürtet  die  lenden 
ewres  gemüts.  1  Petr.  1, 13;  begürtet  umb  die  brüst  mit  einem 
güldenen  gürtel.    offenb.  1, 13 ; 

begürten  ober  i-utnb  mit  fleisx 

ir  leib  in  schlechte  Iciiiwat  weisz.    H.  Sachs  IV.  2,  74*; 

die  führenden  sind  zu  der  weilen  wallfahrt 
durch  die  weiten  umher  mit  hellen  gürtein,  als  hätte 
sie  die  morgenröte  gewebt,  begüriet. 

Klopstock  MesH.  17,  109; 
in  ein  lichtes  gewand  mit  golde  begünei  (gekleidet). 
20,  731 ; 

mit  Schwertern  begürtet.   Kmnger  3,  263. 

BEGUSZ,  m.  perfusio  aquae:  dein  begusz  hat  die  schmach- 
tende blume  erquickt;  das  kind  fühlt  seine  nelkenknospen 
mit  dem  federmesser  aufgeschnitten,  nicht  nach  lauem  be- 
gusse  weich  von  eignem  treiben  aufgethan.   J.  Paul. 

BEGÜTEN,  ditare,  augere  bonis,  placare, 

1)  gut  machen,  mhd.  güeten  (BEit.  1,  59l'),  begülen  bene  fa- 

cere  Henisch  1786,  heute  begütigen : 

mit  falschem  mundein  sach  begüten  [beschönigen). 

MuH.NER  schelmenz.  48,  15; 

2)  besänftigen,  stillen : 

stets  neu  geboren  wird,  den  gott  will  stets  begüten. 

Grtphiüs  2,  367 ; 
ach  wenn  des  höchsten  herz  von  menschen  zu  erbitten, 
dasz  er,  der  einig  nur  die  eintrachismittel  kennt, 
durch  seines  geistes  glut,  die  nur  bei  frieden  brennt, 
wolt  aller  menschen  sinn,  weil  du  noch  lebst,  begüten. 

2,  370 ; 
und  obgleich  Amor  öfters  mich  begütel, 
mocht  ich  zuletzt  mich  nicht  mit  ihm  befassen. 

GÖTHE2,  13; 
wir  haben  den  dreizack  Neplunen  geschmiedet, 
womit  er  die  regesten  wellen  begütet.    41,  169; 
nun  hat  schon  mancher  wilde  stürm  gewütet, 
doch  kehrt  das  herz  aus  ungewissem  streben 
zu  dir  zurück,  von  dir,  nalur,  begütet.    Piatin  46'. 

3)  ditare,  fundis  dotare:  fürter  liegen  zwei  dinggueter,  wer 
damit  beguetet  ist,  der  sol  zu  ding  und  zu  ring  gehen,  weisth. 
i,  165 ;  wer  in  dieser  gemarken  begut  ist,  so  wit  und  vil  das  er 
ein  dreibeinig  stul  mag  druf  stellen.    2,  166.     heute  begütert. 

4)  tueri,  in  gutem  stand  erhallen:  also  das  wir  und  unser 
erben  das  berurl  slosz  Waldeck  nu  furan  inne  haben,  nutzen 
und  nieszen,  und  uf  unser  selbs  darlegen  {auf  eigne  ko- 
sten und  auslage)  begueten,  bewaren  und  versorgen.  Cbmels 
Maximil.  s.  212. 

BEGÜTERN,  was  begüten  3,  fast  nur  im  part.  praet.  be- 
gütert, fundos  habens: 

jener  so  mächtige  mann  und  begüterte,  wie  du  erzählest. 
Voss  Od.  14,  116; 

der  begüterte  nachbar  . . .  der  erste  kaufmann  des  ortes. 
GöTHE  40,236; 

denn  ein  wackerer  mann  verdient  ein  begütertes  mädchen. 

40,  252 ; 
das  gesetz  gibt  allen  gemeindegliedern  gleiche  rechte  und  Ver- 
bindlichkeiten ohne  rücksicht,  ob  sie  begütert  oder  nicht  be- 
gütert sind,    denkschr.  des  fr.  vo»  Stein  52. 

BEGÜTERUNG,  f  geld  ist  eine  sache,  die  den  preis  aller 
andern  dinge  bestimmt,  dessen  menge  also  in  einem  volke 
die  begüterung  desselben  ausmacht.    Kants  rechtslehre  s.  126. 

BEGÜTIGEN,  placare,  wie  begüten  1.  2.  er  gieng  über  ein 
weil  wider  hinin  und  wolt  darnach  schmeichlen  und  die  sach 
begütigen,  dasz  er  im  geneigt  würd.  Keisersb.  Sünden  des 
munds  34';  ihr  alle,  die  von  im  begütiget  seit.  Mehssus  Ms'; 
mit  fröstlichem  gespnlch  begütigen  und  stillen.  Fisciiart  ehz. 
65;  ich  will  ihm  den  herrn  wieder  begütigen.  Simpl.  2,  319; 
verhofte  er  werde  sich  wol  begütigen  lassen.  Weise  erzn.  71 ; 
darnach  wurde  ich  begütigt.  Felsenb.  3,  158 ;  dadurch  wird  er 
nun  nicht  nur  begütiget,  sondern  auch  noch  dazu  ganz  lu- 
stig. 4,  563; 

folgt  ihm,  Lahire.  o  sucht  ihn  zu  begütgen.  Schillir  456'; 
Emilie,  die  ihre  Schwester  zu  begütigen  suchte,  gab  mir  hin- 
terwärts ein  zeichen,  dasz  ich  mich  entfernen  sollte.  GOthk 
25,  285;  denn  ein  zorniger  ist  wol  zu  begütigen,  wenn  es 
uns  glückt  ihn  zum  lilcheln  zu  bringen.  26,  30;  dies  alles 
wtiblte  80  in  dem  leidenschaftlichen   buseo,   dasz   ich  alle 


schmeichelnde  aufmerksamkeit  auf  sie  zu  wenden  hatte,  um 
sie  zu  begütigen.    26,  38. 

BEGÜTIGER,  m.  placator. 

BEGÜTIGERIN,  f  placatrix:  die  ehebegütigerin  Venus.  Fi- 
schart ehz.  40. 

BEGÜTIGUNG,  f.  placatio:  zu  glimpflicher  begütigung  sei- 
nes gefaszten  zornkoders  und  grollens.    Garg.  210'. 

BEHAAREN,  criniri,  crines  induere.  in  dem  spruch  bei  Simrocr 
11809  'wie  der  wolf  behäutet  ist,  wird  er  wol  behaaren'  schei- 
nen beide  verba  intransitiv,  und  verschieden  von  den  mhd. 
transitiven  behiuten  und  behären  (Ben.  1,  635*),  haut  und  haar 
abschneiden,  auch  ein  ahd.  gihäret  crinitus  (Graff  4,  9S2) 
weist  aufs  neutrum.  heute  heiszt  es  sich  behaaren,  haare  trei- 
ben, bekommen,  und  im  part.  behaart  crinitus,  pilosus:  ein 
behaarter  mann,  eine  behaarte  brüst;  das  thier  ist  fein  be- 
haart; ein  wolbehaarter  hund;  der  stiel  der  pflanze  ist  be- 
haart; ein  behaarter  stern,  komet. 

BEHÄB,  s.  beheb. 

BEHABEN,  ahd.  pihapen  teneie,  obtinere  (Graff  4,  733),  mhd. 
behaben  (Ben.  1,  599). 

1)  diese  alte  bedeutung  von  behalten,  behaupten  dauert  noch 
im  16  Jh.,  doch  verwechselte  man  behaben  und  beheben  (Ben. 
1,  645'): 

kein  zan  bett  sie  behan.    Brant  narrensc/t.  290; 
hie   wirt   das   leben   erhalten,   behabt   oder   verloren.    Frank 
chron.  499";    Maaler  54*  behaben,  behalten,  retinere;   55'  be- 
han,  behalten,    compescere;    behaben  mit  dem  eide.    Haltaüs 
119.     Henisch  und  Stieler  führen  das  wort  nicht  mehr  auf 

2)  GöTHE  verwendet  sich  behaben  im  sinne  von  sich  geha- 
ben, sich  benehmen,  sich  halten,  segerere:  sie  war  himmlisch 
gut,  wenn  sie  sich  nach  ihrer  weise  behaben  konnte.  26,  38 ; 

wie  könnt  ihr  euch  so  wunderlich  behaben, 

als  wolltet  ihr  des  nachbarn  Weinberg  graben?    47, 125; 

indessen  er  sich  an  meinem  eigenthum  gar  wol  behaben 
mochte.    48,  16. 

BEHABEN,  n.  habitus,  gestus:  nicht  ohne  bewunderung 
hatte  der  major  das  äuszere  behaben  seines  alten  freundes 
im  ganzen  und  einzelnen  betrachtet.  Göthe  22,  39;  ich  fand 
den  vater  allein,  der  an  meinen  tritten  und  schritten,  an 
meinem  gehen  und  kommen,  an  meinem  tragen  und  beha- 
ben noch  manches  ausbesserte.  25,281;  den  gesichtsausdruck 
und  das  behaben  eines  blühenden  in  liebe  befangenen  mUd- 
rhens,  dem  ort  und  stelle  einer  Zusammenkunft  ins  ohr  ge- 
raunt wird.  44,  262. 

BEHÄBIG,  bene  se  habens,  bealus,  locuples,  franz.  k  son 
aise,  wolhäbig:  die  behäbigen,  fruchtbar  sich  fortpflanzenden 
bürger.  Göthe  39, 152. 

BEHÄBIGKEIT,  f.  engl,  comfort,  behagen:  dem  reichen 
übergibt  der  baumeister  mit  dem  Schlüssel  des  palastes  alle 
bequemlichkeit  und  behäbigkeit,  ohne  irgend  etwas  davon  mit 
zu  genieszen.    Göthe  17,  224. 

BEHACKEN,  putare,  sarrire:  bäume  behacken,  die  erde 
unter  ihnen  mit  der  hacke  auflockern;  den  kohl,  den  wein 
behacken. 

BEHADERN,  jurgio  adoriri,  mit  zank  anfechten:  auf  ein 
zeit  gedacht  er,  wie  er  davor  möcht  sein,  das  er  nit  allweg 
(von  seiner  frau)  behadert  würd.    seh.  und  ernst  cap.  155. 

BEHAFT,  devinctus,  obligatus,  connexus,  captus,  altes  rück- 
umlautendes part.  praet.  von  belicften,  statt  der  neuen  form 
beheftet,  man  darf  es  also  nicht  von  dem  folgenden  intransi- 
tiv behaftcn  haerere  leiten,  so  verwandt  diese  Wörter  sind  {vgl. 
haften  und  heften),  diese  Vermischung  ist  aber  schuld,  dasz 
man  das  zu  behaften  gehörige  part.  behaftet  auch  für  behaft 
=  beheftet  setzte  und  in  stellen  der  lutherschen  bibel  ein- 
schwärzte. 

Behaft  hiesz  mhd.  lumal  der  vom  teufel  eingenommene  oder 
besessene,  ahd.  lirnoman: 

der  ist  mit  dem  übelcm  geiste  behaft.    Haupt  1,  448; 

ein  beharien  under  diu  man  fiiorto 

in  d.'ij  münsler  gebunden.    Scrvot.  2284 ; 

er  löste  mengen  bchallen  man, 

den  tievel  hie;  er  danc  varn.    Uiimkr  324,  25; 

beheftet  steht  MS.  2,  5',  myst.  147,  11 ;  tadclhafl  aber  behaftet 
mit  deme  bösen  geiste.  myst.  135,  27  [man  lese  behaft  oder 
beheftet)  und  ebenso  wenig  taugt  bchcft  Renn.  6906.  15664. 
15685.     besessen  und  behaft.    theol.  deutsch  s.  39. 

Hier  folgen  nun  belege  des  richtigen  nhd.  behaft:  und  sie 
brachten  ru  im  allerlei  kranken  mit  mancherlei  scuchen  und 


1317 


BEHAFT  — BEHAG 


BEHAGEL  — BEILAGEN 


1318 


quäl  behaft  Matth.  4,  24;  und  Simonis  schwieger  wax  mit 
einem  harten  fieber  behaft  Lue.  4,  3S ;  welcher  nun  der  erste, 
nachdem  das  wasser  beweget  war,  hinein  steig,  der  ward  ge- 
sund, mit  welcherlei  seuche  er  behaft  war.  Joh.  5,  4 ;  und 
hat  über  die  annaten  und  monat  ein  solch  fund  erdacht,  das 
die  leben  und  pfründ  nach  dreierlei  weise  zu  Rom  behaft 
werden.  Lctheb  1,  295';  lasz  los,  welche  dir  mit  unrecht  be- 
haft sind.    5,  37"' ; 

keller  und  köcb,  megde,  eebalt,  knecbt 
die  mit  der  kuchea  sint  beharu    Baaut  narrensch.  223; 
80  dir  die  ehlicb  wird  behaft, 
dieselbig  ist  erst  recht  dein  eigen.    H.  Sachs  I,  320*; 
hie  wandeln  wir  ja  pilgerschaft, 
die  släts  mit  unruiv  ist  behaft.    ScHWi.Rzt.TBeaG  ISl ; 
als  oft  der  tag 
mir  koropi  ja  zu  betrachieo, 
daran  dein  schön  mich  bat  bebafl 
mit  solcher  krall.    Ambr.  Ib.  s.  239 ; 
daher  ist  auch  die  zung   der  Römer   an   etlichen    orten    ietz 
angenummen  und  gelert,  behaft,   das  sie  auch  noch  römisch 
reden.  Frank  ice//6.  4l';  ein  mönch  was  behaft  mit  lieb  eines 
jungen  meidlins,    schimpf  und  ernst  cap.  349;  so  war  die  an- 
der gesellschaft  dermaszen  mit  lachen  behaft.  Wickraji  ro//«r. 
■  65';    so    werent    wir   ietzund   nit   mit  sölicher  armul  behaft. 
Aimon  X;    denn   der   so   mit   der  artollerei   behaft,    sich  nit 
leicbtlich    der   gereisigen    underfecbt.    Fronsp.  kriegsb.  1,  50*; 
von  der  liebe  oder  buischaft  behaft.  BIaaler  54*  und  daneben 
mit  krankheit  behaftet; 

▼ergessen  hab  unser  sipschafi, 

damit  wir  seind  gen  im  behaft.    Atsbk114'; 

und  nimpt  sie  mich  an  zur  buischaft, 

bin  ich  in  lieb  gen  ir  behaft.    243'; 

weil  ihr  mit  dieiistbarkeit  der  menschen  seid  behaft. 

Opitz  2,  221 ; 
nur  hab  ich  mich  vorhero  zu  beklagen,  , 

dasz  meine  vers  nach  art  und  eigenscbaft 
der  steine  sind  mit  rauhigkeit  behaft. 

Grtpuics  epiyr.  1663.  s.  69. 
Späterhin  reiszl  behaftet  mehr  ein,  das  niciil  besser  ist,  als 
ßr  gesandt,  gewandt  ein  gesandet,  gewandet  vdre.  ihr  hir- 
ten,  wir  wissen  was  der  himmel  und  die  musen  euch  ver- 
liehen und  mit  was  für  begier  der  Wissenschaft  ihr  behaftet 
seid,  heiszl  es  bei  Opitz  2,  266  und  behaftete  guter,  bona  affecla 
stellt  Stieler  S17  auf.  was  aber  sind  feine  glate  behaftete  und 
befransete  mutzen.  Garg.  116'?  wahrscheinlich  gestickte  oder 
mit  band  besetzte?  geheßelle?  Schuppius  scliwankl  noch:  mit 
allerlei  Schwachheit  behaft.  441;  die  mit  diesem  groszen  la- 
sier behaftet  wird.  520.  im  IS  jh.  atigemein  so :  jede  schwach- 
heil, jedes  lasier,  womit  er  behaftet  gewesen  wäre.  Wielasd 
7,  199 ;  noch  immer  bin  ich  mit  amtsgescbäften  behaftet  und 
musz  mich  kurz  fassen.  Leisewitz  br.  267;  zärtliche  mütter 
brachten  heimlich  ihre  kinder,  die  von  irgend  einem  übel  be- 
haftet waren.    Göthe  17, 411.    s.  beheften. 

BEHAFTEN,  haerere,  fixum  esse,  beUeiben,  ahd.  haften,  ana- 
haften, tgl.  anhaften  sp.  364 :  denn  es  darauf  nicht  behaften  noch 
bleiben  mag.  Kresz  bei  Melanchth.  2,  294 ;  der  reif  hängt  sich 
darnach  an  die  blätter  und  gniser,  ausz  Ursachen,  die  feuchte 
der  gräser  und  der  biälter  haften  in  ihtn,  dasz  er  behaft, 
sonst  fiel  er  auf  die  erden.  Paracelscs  2, 124* ; 
ist  grün,  bedeul  die  stoiigkeil, 
dann  bebafl  unser  n-eunu$chaft. 

W.  Spakge!«berc  fangbriefe  K'; 

uf  im  ir  hofnung  fest  behaft  {haßet  fest).  Melissds  Ps*.'; 
lief  im  busen  und  fest  behafteten  wort  und  gebärde. 

BÜRCKR  244*. 

vom  parL  behaftet,  fest  gewachsen  ist  jenes  behaftet  ßr  be- 
heftet detiüich  verschieden,  wie  sclion  die  dort  hinzutretenden 
praepositionen  mit  und  von,  welche  der  intransitivbedeulung  wi- 
derstreben würden,  lehren. 

BEHAG,  m.  voluntas,  gefallen,  schw.  dän.  behag  n.,  das  m. 
ist  schon  mhd.: 

Dich  sioes  wuosches  behage.    Rudolfs  »ellchr.  cod.  ca*s.  64* 
und  cod.  urgent,  bei  Obirlik  109, 
aus  welcher   stelle  Bes.  1,  608*  ein  f.  folgert,    dem  allerdings 
das  einfache  hage  Trist.  3,  8  Vorschub  thul,  gleichwol  steht  MSH. 
3,  408': 

ir  bluomen  wolbehac. 
ein  nhd.  p».  behag  icirrf  gebraucht  in  Knittels  poet.  sinnfrüch- 
ten  1677  s.  55 ;  häufiger  gewähren  es  niederdeutsche  mundarten  : 
na  godes  behage.    Marima  bei  Brlms  «.  145; 
in  Wollust  unde  mins  herien  behack 
bebbe  ik  gelevet  up  düü^en  dirch. 

Waldis  vurlorn  son  1838 ; 


ja,  mester  Johan,  des  is  de  rechte  anscblag 
und  altomal  na  miaem  behag.    Haverla^ds  Daniel  von  Soest 
s.  105.  im  allen  druck  ron  1539.  4.  mS. 

BEHAGEL,  gralus,  vegetus,  mhd.  wol  behageL  Diut.  1, 472 ; 
mnl.  behaghel.    nhd.  nicht  mehr  aufzuweisen. 

BEHAGELN,  grandine  obruere:  felder  und  wiesen  sind  be- 
hagelt. 

BEHAGEN,  placere,  contenire.  dies  schöne,  wollaulige  wart 
scheint  in  umrer  spräche  nie  allgemein  durchgedrungen,  und 
wie  es  die  heutige  schwäbische,  schweizerische,  bairische  Volks- 
sprache gar  nicht  kennt,  LtrrHER,  obwol  er  beheglich  setzt,  be- 
hagen nirgends  anwendet,  Dastpodics,  Maaler  und  He.msch  es 
gar  nicht  einmal  aufführen;  enthalten  sich  seiner  auch  schon 
mhd.  diditer  wie  Wolfram,  Fbeidase,  Conrad  und  der  ordner 
der  yib.,  während  es  Habtmanx,  Walther,  Gotfried,  Rei.nbot, 
W^iNSBEKE  und  andere  gebrauchen,  auch  goth.  und  ahd.  keine 
spur  davon,  fesler  haßet  es  im  alts.  bihagon,  nd.  behagen, 
mnl.  behaghen,  nnl.  behagen,  fries.  bihagia,  ags.  onhagian, 
altn.  haga,  schw.  behaga,  dän.  behage,  die  beiden  lelileren 
sprachen  haben  das  praeßx  nach  nd.  einßusz  zugeßgt. 

Eine  muimaszung  über  den  Ursprung  des  worts,  da  uns  das 
einfache  starke  rerbum  abgestorben  ist,  mag  gleich  hier  stehn. 
es  scheint  ein  hagan  huoc  sepire  gewesen  zu  sein,  dessen  pari. 
praet.  gihagan  septus  auch  ahd.  vorhanden  ist  (Graft  1,  761) 
und  im  mhd.  behagen  vegetus,  validus  (Ben.  1,  608")  fortdauerte. 
hac  14/  der  gehegte  wald,  hagen,  ahd.  hagan  der  hcycnde  dorn, 
hegen  weitere  ab leitung  jenes  hagan.  das  gehegte  geht  über  in  den 
begrifdes  gefriedigten,  gemächlichen,  behagen  ist  bequem,  zufrie- 
den, gemächlich  sein,  das  ags.  onhagian  opportunum  esse,  das  altn. 
hagr  commoditas,  utilitas,  hagr  und  hoegr  dexter,  facilis,  mo- 
deratus,  hoegja  moderare,  sedare.  skr.  ist  kaks  porta,  hegende 
thür,  kaksa  septum  und  ks  sehen  wir  anderwärts  einem  blo- 
szen  kehllaut  anderer  zungen  entsprechen,  vgl,  aksa  äuge,  bhaks 
^ayeif. 

Behagen  hat  wie  gefallen  den  dat.  der  person  bei  sich :  wem 
da  mit  hinderreden  vsol  behaget,  da  man  den  lüten  ir  eer 
abnaget,  sol  des  tisches  nit  würdig  sein.  Keisebsb.  sünd,  des 
munds  27*; 

kan  mir  dan  numehr  nichts  dan  du,  mein  gott,  behagen. 

Weckuerlin  91 ; 
durch  deine  lieb  und  gnad  behaget.    321 ; 

wan  mir  schon 
das  kalt  nicht  wie  das  warm  beliebet  und  behaget.    7S3; 
da  sprich  ich  nein  dazu,  dasz  mir  dein  thun  bebagt. 

Opitz  1,190; 
kein  trinken  und  kein  essen, 
ja  nichts  bat  mir  behagt; 

glaubt,  berr,  dem  so  viel  müh  für  unser  heil  behagt. 

Grtphics  1,  136; 
als  ich  Ihr  nur  behaget.    1, 19S; 
es  hat  mir  nie  behaget.    1,  217 ; 
allen  leuten  wol  behagen, 
allen  was  gefällig  sagen.    Logau  1,  7,  52; 
wem  das  lieben  wil  behagen, 
musz  dem  leben  abesagen.    1,7,73; 
alles  loben,  alles  tragen, 
allen  heucheln,  stets  behagen.    1,9,71; 
und  da  den  osten  schon  ein  kram  von  rosen  schmückt, 
wird  jeut  die  morgenruh  uns  beiden  wol  behagen. 

WlCLA-tD 

Ton  allen  schönen  waaren 

wird  keine  mehr  behagen, 

als  die  wir  euch  getragen 

aus  fremden  ländern  bringen.    Göthb  1,43; 
und  es  behaget  so  wol,  wenn  mit  dem  gewünscheten  weibchen 
auch  in  körben  und  kästen  die  nützliche  gäbe  herein  kommt. 

40,152. 

•Ich  behagen,  wie  sich  gefallen,  frans,  se  plaire: 
sie  mögen  sich  nicht  mit  mir  behagen.    11,339; 
und  ob  sie,  wie  in  der  stadt  man  sagt, 
sich  mit  dem  teutelspfalTen  behagt.    13,63; 

mit  groszer  Schadenfreude  (er)   sich   an  meinem  absehen  be- 
hagte.    26,  278. 

BEHAGEN,  n.  deleclatio,  suavitas,  moderatio,  sufriedmheit, 
freude,  frohes  gefühl,  stille,  innige  kraß: 

ich  bin  der  götier  spiel  und  kunweil,  ihr  behagen 
und  lustiger  pallon,  den  immer  himmel  an 
bald  die,  bald  jene  faust,  bald  hin  und  her  tbut  schlagen, 
bisz  er  wird  aihemlos  und  nicht  mehr  steigen  kan. 

FLBiine  117; 
da  drängte  sich  frohes  behagen 
henror  aus  verödeter  ruh.    böiRC  1,  104; 


mich  ergreift,  ich  weisi  nicht  wie, 
hiramiiscbes  behagen.    1,  134 ; 


63" 


1319 


BEHAGEN  — BEHAGLICH 


BEHAGLICH  —  BEHALBEN 


1320 


mit  des  briiiitiganis  behagen 

schwingt  sich  riitor  Curt  aufs  ros.    1,  193; 

der  graf  im  behagen  des  trauraes.    1,  196; 

und  mit  urkränigem  behagen 

die  herzen  aller  hörer  zwingt.    12,36; 

mit  wenig  witz  und  viel  behagen 

dreht  jeder  sich  im  engen  zirkeltanz.    12,107; 

der  setzt  sich  nieder  auf  das  grab, 

und  legt  sein  reinlich  hnuflein  ab, 

schaut  mit  behagen  seinen  dreck, 

geht  wol  erathmend  wieder  weg.    Spottgedicht  auf  Nicolai ; 

aber  auch  dem  behagen  glich  nichts,  wenn  er  sich  mit  ihr 
zusammen  fand  ....  dann  waren  es  nicht  zwei  menschen, 
es  war  nur  ein  mensch  im  bewustlosen  voiikommnen  beha- 
gen, n,  394.  395;  er  sollte  ohne  festlichkeit  in  stillem  freund- 
liciiem  behagen  diesmal  gefeiert  werden.  17,  397 ;  indem  sie 
statt  eines  ängstlichen  und  niedrigen  zustandes  auf  einmal 
ehre  und  behagen  vor  sich  sah.  18,  246 ;  in  der  gewohnheit 
ruht  das  einzige  behagen  des  menschen.  21,  53;  dies  alles 
gab  ihm  ein  inniges  behagen  zur  nächtlichen  ruhe.  23,  9; 
mein  vater  zweifelte  auch  an  dem  behagen  des  praesidenten. 
24,  116;  das  unterbrochene  treppen-  und  winkelhafte  local 
ward  mit  schaurigem  behagen  durchstrichen.  24,  199;  ich 
fühlte  immer  ein  heimliches  behagen.  24,  199 ;  ich  war  im 
behagen  der  Jugend  zu  einer  art  von  Optimismus  geneigt. 
24,  255;  das  liebe  mädchen  äuszerte  gar  anmutig  ihr  beha- 
gen, dasz  sie  für  eine  bürgerin  gegolten  habe.  24,  311;  so 
war  ich  gar  bald  gegen  sie  in  dem  freundlichsten  behagen. 
29, 135 ;  der  unpoetische,  in  seinem  bürgerlichen  behagen  be- 
queme Kunstfreund.  29,  183;  die  einrichtung  der  Wohnungen 
zeugte  Ton  einem  stillen,  hiiuslichen  behagen.  30,  49 ;  er  mel- 
dete mir  sein  behagen  an  den  dortigen  zustünden  aufs  rei- 
zendste. 31,  48 ;  wie  die  gesunde  natur  des  menschen  als  ein 
ganzes  wirkt,  wenn  er  sich  in  der  weit  als  in  einem  groszen 
ganzen  fühlt,  wenn  das  harmonische  behagen  ihm  ein  reines, 
freies  entzücken  gewährt.  37,  20 ;  er  wird,  auf  dasz  ja  sein 
behagen  vollkommener  werde,  für  einen  künstler  gehalten. 
37,  34;  personen,  die  sich  zwar  in  beschränkten,  aber  doch 
wolhäbigen,  auch  ein  sittliches  behagen  fördernden  Verhält- 
nissen befinden.  45,  142;  ein  geistlicher  auf  einer  nördlichen 
landzunge  der  insel  Usedom,  auf  einer  düne  geboren,  diese 
düne  mit  ihrem  geringen  vegetabilischen  behagen  und  sonsti- 
gen zuständen  liebend.  46,376;  es  waren  schöne  männer  dar- 
unter mit  dem  behagen  eines  gründlichen  wolstandes.  48, 161. 
BEHAGLICH,  BEHAGLICH,  commodus,  suavis,  gralus.  mhd. 
behegelich  (Ben.  1,  608'),  nnl.  behagelijk,  schw.  behaglig.  der 
Umlaut  ist,  wie  in  kläglich,  unsäglich,  täglich,  erträglich  her- 
gebracht und  begründet,  in  fraglich,  waglich,  glaublich  hemmte 
ihn  eher  die  ursprüngliche  länge  des  vocals,  obschon  man  auch 
gräflich  u.  s.  w.  sagt,  indessen  hat  das  schönere  behaglich  sich 
allmälich  den  Vorzug  errungen,  selbst  bei  Göthe,  dessen  schwan- 
ken die  belege  darstellen:  denn  sie  üben  den  menschen  und 
machen  in  im  die  demut  und  gedult  volkomen  und  gott  be- 
heglich,  als  die  allerliebsten  kinder.  Luther  1,87*;  denn  weil 
sie  ein  opfer  aus  der  messe  machen,  werden  wir  nicht  un- 
gewis,  ob  unser  opfer  gott  beheglich  sei  oder  nicht?  2,  27'; 
daraus  wir  gelernet,  welches  da  sei  der  wolgefellige  und  be- 
hcgliche  gottes  willen,  was  er  von  uns  seinen  lieben  ktndern 
haben  wil.    Joach.  Grefk  Lazarus  vorr.  A2': 

dasselb  ward  dem  blinden  beheglich, 

und  in  allen  beiden  treglicb.    Waldis4,  61; 

ew.  gn.  bcheglichc  dienstwilligkeit  zu  erzeigen.  Kibchhof  mil. 
diso,  vorr.;  wenn  man  im  {gott)  angeneme  oder  bchegliche 
opfer  thut.  Matuesius  45";  in  allen  billigen  sachen,  was  der- 
gestalt zum  rechten  gereichet  und  behaglich  seie.  Beütter 
krieg sordn.  36 ; 

das  keine  hilf  in  disem  jamcr  mir  crwärtlich  noch  behaglich. 

Weckherlim  112; 
der  wein  ist  alter  leute  milch,  Humandus  sauget  lAglicb, 
ist  wie  ein  scugling  um  die  brüst  der  mutier  car  behaglich. 

LoGAU  2,  ziigube  47  ; 
wer  redlich  ist  im  herzen  und  mit  dem  munde  frei, 
der  wisse,  dasz  bei  hofe  behaglich  er  nicht  sei.    3, 1,  33; 

lichäghche  mittel  und  befOrderung.  Simpl.  l,  32;  als  ich  dort 
liebte,  war  ich  itutner  so  leicht,  so  irulilich,  so  ausgelassen, 
nun  bin  ich  von  allem  das  gegentheil.  doch  nein,  nein,  nein! 
behaglicher  oder  nicht  behaglicher,  ich  bin  so  besser.  Les- 
siNc  2,  117;  was  ihm,  da  er  noch  in  der  weit  lebte,  höch- 
stens und  nur  in  gewissen  augcnblickcn  eine  ganz  behagliche 


Sache  schien,  ward  in  seiner  jetzigen  läge  zum  bedürfnis. 
Wieland  8,  20 ;  der  sultan  wurde  durch  diese  Versicherung  in 
eine  so  behagliche  laune  gesetzt.  8,  452;  ein  rauher,  aber 
biederer  und  guter  mann  ist  behaglicher,  als.  Hippel  lebensL 
4,  309; 

wiewol  füf  jeden  andern  kläglich, 

doch  seiner  neigung  nach  behaglich.    Stolberc  9,  343; 

behaglich  lächelte  Paris.    11,380; 

schläft  meine  MoUy  Adonide 

nuri  ihr  behaglich  schläfchen  schon.    Bürger  26'; 

sag  nur  wie  trägst  du  so  behaglich 

der  tollen  jagend  anmasziichcs  wesen? 

fürwahr  sie  wären  unerträglich, 

war  ich  nicht  auch  unerträglich  gewesen.    Göthe  3,  248; 

auch  dem  weisen  fügt  behaglich 

sich  die  ihorheit  wol  zur  band, 

und  so  ist  es  gar  verträglich, 

wenn  er  sich  mit  euch  verband.    3,  173; 

sie  fühlten  sich  beide  in  einem  festlich  behaglichen  zustande. 
22,  103 ;  sanfte  ufer  zu  beiden  seilen  gewährten  einen  zwar 
einfachen,  doch  behaglichen  anblick.  23,  235 ;  du  glaubst  nicht, 
was  das  ein  behagliches  volk.  29,  279 ;  ein  behaglicher  Jüng- 
ling.   39, 128 ; 

froh  ists  unsäglich  sitzendem  hier 

athmend  behaglich  an  geiszhirtens  thür.    47,  82; 

wir  sind  behaglich,  können  thätig  ruhn.    47,243; 

das  doch  auch  ein  behaglich  auskommen  wäre,  an  Knebel  31 ; 

er  scheint  mir  von  einer  sanguinischen,  behaglichen  complexioa 

zu  sein.  40. 
Dagegen  ohne  umlaut,  wo  oß  beim  druck  geändert  sein  kann : 
unglückssohn,  noch  nie  sprachst  du  ein  behagliches  wort  mir! 

BÜRGER  186'; 

wolllest  du  aber  denn  auch  behaglicher  liebe  dich  weigern» 

244'; 

also  schmauseten  Jen',  in  behaglicher  ruhe  vereinigt. 
Luise  3,  520.  590 ; 

und  das  mütterchen  lachte  behaglich.    3,879; 

und  so  zu  des  lagers  vergnüglicher  feier 

bereiten  den  dunkeln  behaglichen  Schleier 

die  nächtlichen  stunden  das  schöne  gcspinst.    Götbk  1,  253; 
bald  wie  jeder  sein  antlilz, 

das  er  im  Spiegel  gesehen,  vergiszt,  die  behaglichen  züge. 

1,  336 ; 
wenn  der  künstler  bemerkt,  dasz  die  weit  sehr  leicht  zu  be- 
friedigen ist  und  selbst  nur  einen  leichten,  gefälligen,  behag- 
lichen schein  begehrt.  20,  248;  ward  die  überfahrt  {über  den 
Main)  gar  behaglich  genossen.  24,  22;  wir  fühlten  uns  be- 
haglich. 24,  37 ;  ein  schöner,  behaglicher,  sanguinischer  mann. 
24,  248 ;  diese  unerwartete,  seit  vielen  jähren  unerhörte  last 
drückte  die  behaglichen  bürger  gewaltig.  24,  131;  fand  sich 
glücklicherweise  ein  behaglicher  dolmetscher.  24, 133;  er  machte 
überhaupt  einen  sehr  behaglichen  eindruck.  24,  289;  in  be- 
haglichen Vermögensumständen.  26,  34;  und  so  giengen  tage 
und  stunden  einen  ruhigen,  behaglichen  gang.  29,  135;  wo 
der  pulcinell  uns  in  die  so  höchst  behagliche  nullität  des  da- 
seins  zu  versetzen  wüste.  29,  135;  alles  soll,  so  will  es  der 
behagliche  leser,  im  gewöhnlichen  gange  fortgehen.  29,  184; 
indem  die  alten  sich  selbst  und  die  weit  behaglich  eniptin- 
den.    37,  24; 

er  hatte  die  munteren  worte 

mit  behaglicher  art,  im  guten  sinne  gesprochen.    40,  325; 

die  eitern  waren  anständig  beliagliche  personen.  48,  tSft;  e> 
ist  ein  guter  behaglicher  mann,    oti  Knebel  76; 

baue  nach  tust  dein  feld, 

nach  deinem  bedarf  dein  haus, 

und  sieh  auf  die  tolle  weit 

behaglich  zum  fcnster  hinaus.    Rückert  318. 

BEHAGLICHKEIT,  BEHAGLICHKEIT,  f.  mhd.  behegellcheit: 

und  der,  o  vieh,  o  schraacb!  höhn  über  alles  leid, 
schöpft  aus  den  ochsen,  nicht  aus  gott  behäglichkcit. 

Grtphius  2,  411  (nach  Luc.  14,  19); 

sie  fanden  eine  grosze  behäglichkcit,  sich  einander  verstand- 
lieh  machen  zu  können.  Göthe  20,  247 ;  man  sprach  mit  be- 
häglichkcit von  den  vorühcrgegangnen  kriegszügen.  24,  29 ;  ich 
stand  bald  und  recht  schmuck  da,  warf  mich  in  die  brüst  und 
mein  freund  schien  sein  ehenbild  mil  behäglichkcit  zu  be- 
trachten. 25,352;  persönlich  war  mein  vater  in  ziemlicher 
behäglichkcit.  25,  105;  die  grosze  heilerkcil  und  behäglichkcit 
womit  der  verehrte  lehrer  uns  von  bell  zu  bett  führte.  20,  y. 
BEHALBEN,  adv.  au.<igenommen,  beiseite  gelassen,  fries.  bi- 
halva,  nnl.  behalve,  mhd.  Iiehalben  (Ben.  1,  615'),  nur  in  mund- 
arlcn  gebräuchlich,  die  sich  zum  niederdeutschen  neigen. 


1321 


BEHALFTERN  —  BEHALTEN 


BEHALTEN 


1322 


BEHALFTERN,  capistrare,  besser  blosz  halfteriL 
BEHALMEN,  sich,  culmis  vestiri,  begrasen:  der  grund  wird 
sicli  bald  behalmen,  sagt  Salis. 

BEHALSEN,  amplecti,  umhalsen,  v^i.  halsen,  auch  bebälsea: 

was  hilft  das  händedrücken  und  viel  bebälsen  doch? 

Kmtikls  poet.  sinnenfr.  s.  165. 

BEHALT,  m.  nnl.  behoud  n.,  gebildet  wie  halt,  verhalt, 
vorbehält,  gebalt,  Inhalt,  anhält,  aufhält,  aufenthalt,  rückhalt, 
in  mehrfacher  bedeulung, 

1)  custodia,  gewahrsam:  mhd.  bebalt  (Be\.  1,  623");  das  wi- 
sen  wir  in  behalt  gen  Waldeck,  so  wie  der  bebalt  komen  si 
an  unsern  gn.  h.  von  Spanheim,  das  si  im  kündig  und  uns 
unkundig,  ueisth.  2,  208 ;  und  wo  er  euch  in  seinem  behalt 
het,  thet  er  euch  das  haupt  abschlahen.  Aimon  kl;  ir  wis- 
sent,  das  Magis  ein  groszer  zauberer  ist,  das  ich  keinen  be- 
halt {schul:,  bewahrung)  darvor  machen  kündt.  R ;  sie  hat  in 
irem  behalt  das  heilthumb.  Fierabras  G4.  nnl.  dat  was  zijn 
behoud,  seine  reitung,  was  ihn  rettete,  erhielt,  bewahrte;  het 
behoud  des  vaderiands,  salus  patriae. 

2)  subsidium,  reserre,  rückhalt:  man  hat  alsdanu  noch  ge- 
nug im  behalt,  um  4000  rth.  auf  die  angeführte  weise  zur 
Unterhaltung  der  acteurs  auszusetzen.   J.  E.  Schlegel  3,  257. 

3)  memoria  {vgl.  behalten  7):  nachdem  aber  bisheran  et- 
wan  vil  untergerichlen  kein  Schreiber  oder  gerichtsbueh  ge- 
wesen, sonder  alles  was  gehandelt  auf  bloszen  behalt  und 
gedechtnus  der  schöffen  gestelt  worden,  welcher  behalt  zu 
vilmalen  bei  den  personen  ungleich  erfunden  und  durch  ab- 
sterben der  schüiTen  zuletzt  in  entlichen  vergesz  gefallen. 
undergerichlsordnung  des  erzstißs  Trier.  Meinz  1537  bl.  3. 

4)  hieraus  entfaltet  sich  die  heule  veraltete,  im  11  jh.  geläu- 
fige formet  meines  behalts,  d.  i.  so  viel  ich  es  behalten  habe, 
mich  besinne,  erinnere,  meines  Wissens:  meines  behalts  den 
zweiten  tag  nach  dieser  glücklichen  conjunction.  Simpl.  2, 153 ; 
des  Spanferkels  vater  ist,  meines  behahs,  ein  hackisch  oder 
grobes  schwein.  colica  173;  er  hiesz  Johann  Tobias  Fasert, 
meines  behalts,  von  Minden  an  der  Weser  gebürtig.  Felsenb. 
2,  523;  meines  behalts  hielten  wir  uns  nicht  gai-  zu  lange 
in  diesem  gasthofe  auf.  4,  420;  wie  vielmal  seid  ihr  unter 
unserer  cur  gewesen?  sie  antwortete,  das  ist,  meines  behalts, 
das  drittemal.  Ettners  unw.  doct.  903 ;  {von  einem  ßschzug  re- 
dend, den  er  selbst  mit  angesehn)  so  ungefehr,  meines  be- 
halts, in  dem  majo  gewesen.   Hohbebg  2,  46ti'. 

5)  die  ältere  spräche  scheint  auch  behalt  n.  für  behälter,  ge- 
fach  zu  nehmen:  der  bauer  liesz  sich  eine  grosze  tasche  ma- 
chen, die  hatte  zwei  behalt,    seh.  und  ernst. 

BEHALTBAR,  quod  memoria  teneri  polest:  noch  sind  die 
Perioden  des  schlafs  genauer  zu  erwägen,  in  weiche  die  leb- 
haftesten, die  deutlichsten  und  behallbarsten  träume  fallen. 
Cabls  Psychologie  2,  ISl. 

BEHALTßARKElT,  f. 

BEHALTE.N,  tueri,  servare,  tenere,  reUnere,  reservare,  ahd. 
pibaltan  (Graff  4,  904),  mhd.  bebalten  (Ben.  l,  620),  aUs.  bi- 
haldan,  nnl.  behouden,  ags.  behealdan,  engl,  behold,  von  der 
Wurzel  beim  einfachen  halten. 

1)  wie  die  Wörter  des  sehens  übergehn  in  den  begrif  des 
hütens,  tueri  schützen,  unser  warten,  garder,  beschirmen  aus- 
irnckt,  der  sehende  sein  äuge  auf  die  gegenstände  richtet,  sie 
m  äuge  behält,  sie  in  aufsieht  nimmt;  so  erklärt  sieh,  dasz 
unser  behalten  im  ags.  behealdan,  engl,  behold  anschauen, 
anblicken,  aspicere  bedeutet. 

2)  wie  nun  der  sehende,  schauende  den  blick  nicht  abwen- 
det von  der  sache,  läszt  der  haltende  sie  nicht  los  und  behal- 
ten heitit  festhalten,  nicht  weggeben,  den  stock  in  der  band 
behalten,  ihn  nicht  hinlegen,  den  mantel  um  die  Schulter  be- 
halten, ihn  nicht  abnehmen,  was  noch  durch  die  praepositionen 
an,  auf,  bei,  um  verstärkt  wird  {s.  anbehalten,  aufbehalten, 
beibehalten,  umbehalten),  der  gläubiger  behält  das  pfand, 
gibt  es  nuht  wieder  heraus;  der  reiter  behält  das  ros  im  zäum, 
Usit  ihn  nicht  fahren;  zwei  äpfel  gebe  ich  dir,  den  dritten 
behalte  ich ;  ich  behalte  den  ring  am  finger,  streife  ihn  niehl 
ab;  der  iiund  behalt  das  stück  fleisch  im  uiund; 

so  hau  er  keine  zaa  im  maul, 

den  hdsen  kundt  er  nit  behahen.    ALBHi!a48; 
das  fasz  behält  den  wein,    enthält  ihn  in  sich,    eapil   vinum; 
das  gefäsze  ist  schwach,  das  nicht  so  volkomen  behalten  kan. 
LUTUER  0,202". 

3)  bebalten  auf  lebende  wesen  bezogen  heiszl  oß  sie  nicht 
tödten.     der  vater  halle  die  wähl,    das  neugeborne  kmd  aus- 


zusetzen oder  zu  behalten  {aufzukd)en) ;  wer  es  aber  ein 
töcherlin,  so  sollen  sie  (die  hebammen)  das  behalten  {nach 
2  Mos.  1, 16).  Keisersb.  sünd.  des  munds  45*;  der  sieger  durfte 
die  gefangnen  tödten  oder  behalten,  am  leben  lassen,  servare, 
woher  vielleicht  servus;  da  errettet  gott  Isaac  und  behielt  in 
beim  leben.  Lltheb  3, 128 ;  (der  bauer  schlachtet  die  kälber), 
aber  die  er  behalten  {aufziehen)  wil,  die  müssen  ingewettet 
werden  in  pflüg  und  müssen  arbeiten.  Keisebsb.  o.  a.  o.  18'; 
wenn  dich  nu  die  Egjpter  sehen  werden,  so  werden  sie  sa- 
gen, das  ist  sein  weib,  und  werden  mich  erwürgen,  und  dich 
behalten.  1  Mos.  12, 12.  in  biblischer  anwendung :  der  sünder 
soll  behalten,  errettet,  nicht  zu  gründe  gerichtet  werden; 
seine  seele  bleibt  behalten;  gott  behielt  den  könig Jechonias, 
da  er  sich  auf  gottes  wort  ergab.  Lgtber  6,  3'. 

4)  einen  behalten,  da  behalten,  im  hause,  zu  tische,  im 
dienste,  amte :  die  kinder  im  hause,  in  der  stube  behalten, 
nicht  ausgehen  lassen;  wir  behielten  den  freund  zu  tische, 
behielten  ihn  da,  bei  uns;  die  ganze  geselischaft  wurde  zu 
gaste,  zum  abendessen  behalten ;  wir  kehrten  ein,  der  wirt 
konnte  uns  nicht  behalten ;  den  knecht  im  dienste,  den  Ver- 
walter im  amte  behalten. 

5)  behalten  auf  Sachen  bezogen,  retinere,  servare,  erhalten, 
außehalten,  zurückbehalten,  aufheben:  du  hast  den  guten  wein 
bisher  behalten.  Joh.  2, 10 ;  und  ein  jeglicher  unter  euch  wisse 
sein  fasz  zu  behalten  in  heiligung  und  ehre  {golh.  gastaldan 
sein  kas  in  veihijiai  jah  sveri{)ai).  1  Thess.  4, 4 ;  du  darfst  die 
geliehene  sache  nur  drei  tage  behalten;  nachdem  ich  das 
büchlein  schnelles  laufs,  wie  man  spricht,  hab  überlesen, 
sintemal  mir  so  grosz  glück  nit  widerfahren  kont,  das  ichs 
länger  behalten  möchte,  bienenk.  6';  wiewol  euch  gott  bisher 
einen  festen,  harten  leib  gegeben  und  behalten.  Lcther  5, 12' ; 
der  regen  gosz,  dasz  ich  keinen  trocknen  faden  auf  dem  gan- 
zen leib  behielt;  die  räuber  hatten  ihn  ausgezogen,  er  be- 
hielt nichts  als  das  hemd;  mein  herr  hätte  ihm  nachten  eine 
kette  und  das  kleinod  gegeben  zu  behalten.  Schweimche.-*  1, 
130 ;  ein  wörlich  schlosz,  da  ietz  der  soldan  seine  schätz  be- 
haltet. Fra-nk  weltb.  172";  dann  disz  war  eine  allzu  köstliche 
speis  für  seinen  mund  und  muste  zur  letzten  gericht  behal- 
ten werden.  Fischart  bienenk.  23';  alles  was  von  ihnen  ge- 
schrieben worden,  das  beutelt  sie  vor  und  behält  darvon  die 
schönsten  kleien.  40';  ist  dir  lieb,  dasz  eine  ganze  Stadt  ver- 
brenne, woferne  deine  hütte  behalten  bleibet?  pers.  baumg. 
1, 16 ;  das  schif  ist  behalten,  im  sichern  hafen  geborgen  ;  alles 
ist  wolbehallen  angelangt;  das  wasser  behalten  {retinere,  co- 
hibere),  dasz  es  nicht  auslaufe.  BIaalek  55* ;  behalt  ihnen  diese 
Sünde  nicht,  apost.  7,  60; 

hilf  iiott  hilf,  geh  nicht  ins  geriebt 
mit  deinem  armen  kinde! 
sie  weisz  nicht  was  die  zunge  spricht, 
behalt  ihr  nicht  die  sünde.    Bcrgbr  14*. 

ich  meiner  briefe  keiner  abschrift  behalte.  Lcthebs  br.  5,  4ii- 

6)  behalten,  bewahren  in  etwas:  der  wein  wird  in  schlau- 
chen, in  fässern  behalten;  das  fleisch  salzen  und  in  bütten 
behalten;  die  zung  musz  man  in  dem  keller  behalten  und 
salzen  mit  dem  salz  der  bescheidenheit  des  Schweigens.  Kei- 
sebsb. sünd.  des  munds  79*;  und  wie  das  evangelium  selbs 
zeigt,  die  sprachen  sind  die  körbe,  darinnen  man  diese  brot 
und  fische  und  brocken  hebelt.  Llh-heb  2,  475";  mit  einem 
heftigen  gifl,  das  man.  in  eines  pferdes  hüf  behalten  muste. 
Mathesics  85*;  mischends  durcheinandem  und  behaltens  wol 
in  ein  (eim?)  glas.  Pabacelsus  1,  690';  im  äuge  behalten 
{sieh  1).  abstract,  und  wie  kündte  man  ein  volk  feiner  im 
irrthum  behalten,  denn  mit  solcher  rede?  Lcther  6,  107*; 
laszt  uns  das  volk  nur  in  der  blindheit  behalten,  so  sehen 
sie  nit  unsere  werk,  bienenk.  Zb* ;  dasz  er  sein  volk  in  unter- 
thänigkeit  bebalte.  147* ;  die  bürger  in  zucht,  den  son  in  mei- 
steischafl  behalten.  Maaler  54*. 

7)  behalten  {wie  sparen)  auf.  sihe  das  ist  über  blieben, 
lege  für  dich  und  isz,  denn  es  ist  auf  dich  behalten.  1  Sam. 
9,  24;  denn  das  böse  wird  behalten  auf  den  tag  des  Ver- 
derbens.   lUab  21,  30;  auf  den  stich  behalten,  vgl.  10; 

dan  ichs  auf  dich  bcbaliea  hab.    Scuielzl  Saut  17'; 

das  manna  verdarb,  wenn  man  es  auf  den  andern  tag  be- 
hielt.   SCHI'PPIUS  748. 

8)  behalten,  memoria  retinere,  alts. 

ihai  Tri  al  biheld  an  ira  hugri^keftiiin.    Het.  13,  4: 

.Maria  al  biheld,  gibarg  an  ira  bruusiun.     25,  6  (Luc.  2,  19.  51); 

nhd.  im  köpf,  sinn,  gedächtuis,  herzen  bebalten,  vgl.  ausweo- 


1323 


BEHALTEN 


BEHALTER — BEHÄLTNISSE 


1324 


dig  behalten  sp.  1015 ;  ich  kanns  nicht  behalten ;  ich  wills  be- 
halten ;  und  seine  brüder  neideten  in,  aber  sein  vater  behielt 
dise  wort.  1  Mos.  37,  11 ;  ich  behalte  dein  wort  in  meinem 
herzen,  ps.  119,  11;.  die  das  wort  hören  und  behalten  in 
einem  feinen  guten  herzen.  Luc.  8, 15 ;  eiserne  köpfe,  welche 
dasjenige,  was  sie  gefasset  haben,  behalten  können.  Schup- 
piüs  597;  leider  hat  Wilhelm  davon  (von  dem  Hede)  nur  die 
letzte  Strophe  behalten.  Göthe  19,  227 ;  behalten  sie  ihre  rede 
(vergessen  sie  nicht,  was  sie  sagen  wollen),  wenn  ich  bit- 
ten darf.  Götter  3,  219,  wenn  man  einem  Tedenden  ins  worl 
fällt,  ihn  unterbricht. 

9)  behalten,  bei  sich  behalten,  tacere,  relicere:  er  behält 
alles  bei  sich,  will  nicht  damit  heraus  rücken;  er  kann  nichts 
bei  sich  behalten,  schwätzt,  plaudert  alles  aus;  er  hat  sunst 
verheiszen  soliche  ding  zu  verschweigen  und  bei  ihm  zu  be- 
halten. Keisersb.  Sünden  des  munds  72';  er  wüst  auch,  das 
in  Judas  hingeben  (verraten)  wurd,  er  hat  es  aber  niemants 
gesagt,  er  hat  es  bei  im  behalten.  73";  mein  kind,  behalt 
meine  rede  und  verbirg  mein  gebot  bei  dir.  spr.  Sal.  7,  1; 
und  sie  behielten  das  wort  bei  sich.  Marc.  9,10;  wolt  ihr  es 
bei  euch  behalten,  so  will  ich  euch  sagen,  was  heute  vor- 
gangen sei ;  könnt  ihr  es  selbst  nicht  bei  euch  behalten,  wie 
soll  ich  es  bei  mir  behalten?  leiblich,  die  speise  bei  sich 
behalten,  verdauen;  sein  mage  kann  nichts  mehr  behalten; 
es  gehet  ihm  wie  einem  cacaturienti,  er  kann  nichts  bei  sich 
behalten.  Schüppiüs  22. 

10)  redensarlen.  die  Oberhand  behalten,  bienenk.  36';  den 
sieg  behalten;  das  feld  behalten  (behaupten): 

es  streit  für  uns  der  reclite  man, 

das  feld  musz  er  behalten.    Luther  8,  36'; 

dise  sind  die  eichelnsaw,  welche  der  teufel  lang  auf  den  stich 
behalten  hat  (um  damit  zuletzt  im  spiel  zu  stechen),  bienenk. 
25';  redlichkeit  behält  den  stich  (siegt  zuletzt  ob),  unw.  doct. 
173;  recht  behalten,  sein  recht  behaupten;  wenn  gott  sein 
recht  wider  uns  behalten  hätte,  so  würden  wir  alle  beide 
längst  zum  teufel  gefahren  sein.  Schuppiüs  316;  ich  behalte 
allemal  unrecht;  seine  alte  weise  und  gewohnheit  behalten; 
'  seine  ehre,  seinen  guten  namen  behalten ;  etwas  für  sich  be- 
halten; behalt  das  für  dich!  (entweder  verschweig  es,  oder 
niemand  anders  mag  es) ;  behalt  dir  das,  habe  dir  das  : 

herr  Hans  wirft  sein  hengst  rumb. 

behalt  dirs,  lieber  gesell,  ich  reut  darvcinl 

gespräch  von  der  flucht  des  groszen  scharrhansen, 
h.  Heinrich,  von  Braunschweig.  1542.  b  3". 

U)  behalten  und  adjecliva:  einen  lebendig  (beim  leben)  be- 
halten: so  wolt  ich  dich  auch  itzt  erwürget  und  die  eselin 
lebendig  behalten  haben.  4  Mos.  22,  33 ;  etwas  übrig  behalten ; 
fest  behalten;  gefänglich  bis  in  den  tod  behalten.  Schüppiüs 
387 ;  sich  von  der  weit  unbefleckt  behalten.  Jac.  1, 27 ;  rein  zu 
behalten  mein  gewissen.  Weckherlin  .56 ;  einen  lieb  behalten ; 
behalten  sie  mich  liebl;  gut  behalten  (haben);  ich  will  das 
gut  bebalten  (mir  vorbehalten,  künßig  empfangen),  daher  die 
hößichkeilsformel,  um  begleitung  abzuwehren :  bleiben  sie,  blei- 
ben sie  beide,  ich  bebalte  das  geleite  auf  gelegenere  zeit  gut. 
Götter  3,  76.  man  sagt  auch  zu  gut  behalten :  ich  behalte 
einen  thaler  zu  gut  (er  soll  bei  nächster  rechnung  mir  zu  gut 
kommen). 

12)  behalten  mit  dem  aide,  mit  den  heiligen,  hiesz  was  be- 
greifen, behaben  mit  dem  eide,  und  Haltaus  gibt  sp.  121  belege 
dafür,  ihren  grujid  haben  diese  redensarlen  darin,  dasz  die 
reliquien  mit  dem  ßnger  berührt,  gehalten  wurden,  man  ge- 
brauchte es  allmälich  blosz  für  feierlich  beiheuern,  versichern, 
z.  b.  ich-  will  solches  auf  mein  letzte  hinfart  behalten  (bei 
meiner  ausfahrenden  seele  beiheuern),  dasz  ich  den  buhen  mit 
wissen  nie  gesehen  habe.  Galmy  319 ;  sofern  er  bei  dem  eid 
mag  behalten,  dasz  er  ewer  in  Unehren  nie  begehrt  hat. 
Pontus  33. 

13)  das  absolut  gesetzte  participium  wol  zu  behalten  scheint 
gleichbedeutend  mit  dem  adv.  behällnis :  ich  möchte  sie  wol 
um  mich  haben,  um  sie  als  ein  lebendiges  register  zu  nutzen, 
an  Seitenzahlen  würden  sie  mich  nicht  mangel  leiden  lassen, 
nur  für  die  gedankcn  mUste  ich  selbst  sorgen,  wol  zu  be- 
halten (mit  dem  vorbehält),  dasz  ich  ihnen  auch  die  Seiten- 
zahlen nachzuberichtigen  nicht  versäumte.   Lessinc  8, 196. 

14)  sich  behalten  =  steh  außallen,  morari:  aber  alle  die 
stedte,  herschaften  &c.,  dahin  sich  bcnanter  Martinus  oder 
jcmands  von  den  gedachten  begehen  wird,  solang  er  daselbs 
sich  behelt,  und  drei  tag  nach  seinem  abschied,   untenverfen 


wir  dem  geistlichen  interdict.  Luther  1,  26l' ;  ratten  und  mens, 
die  sich  hinter  dem  hausrat  behalten.  König  narrensch.  94; 
war  darneben  ein  so  unflätiger  gestank  umb  ihn,  dasz  sich 
niemand  neben  dem  bett  behalten  kunte.  Philand.  Leiden  1646. 
3,  89 ;  wolt  sehen,  was  in  dem  see  vor  fische  sich  behielten. 
3,  245. 

15)  intransitives  behalten  =  halten,  stehn  bleiben,  anhalten, 
von  reitenden  oder  fahrenden:  queme  unser  herre  von  Fulda 
dazu,  dasz  einer  mit  wagen  oder  anderm  dem  seinen  behal- 
ten wer.  weisth.  3,  368,  wo  behalten  der  inf  scheint,  doch 
auch  für  das  pari,  praet.  mit  der  bedeutung  festgehalten,  auf- 
gehalten könnte  genommen  werden;  er  blieb  behalten  (stehen, 
hallen).  Opitz  Arg.  2,  319.  354.  s.  bestehn. 

BEHÄLTER,  m.  servator,  custos,  ahd.  pihaltäri,  rhhd.  be- 
haltaere,  behalter  (Ben.  1,  623'),  Maaler  55';  Jesus  unser  be- 
halter (heiland).  Keisersb.  ausg.  derjüden  K ; 

wann  der  künig  heilig  und  behalter  dein 

kumpt  dir  ganz  arm  auf  einer  eselein.    fastn.  sp.  803,  11 ; 

damit  er  ein  behalter  und  volbringer  wurd  geacht  beder  te- 
stament.  Frank  welifc.  118' ;  als  ein  balsam  ist  ein  auszwendi-, 
ger  behalter  aller  cörper  vor  aller  feulung.  Paracelsus  1,  818'. 
die  Vorstellung  gieng  aber  bald  über  auf  das  gerät,  den  schrank 
(receptactilum),  in  welchem  saclien  außewahrt  und  verschlos- 
sen werden:  zu  der  stiegen  lief,  darunter  ein  behalter  war 
von  bretern  gemacht.  Bocc.  1,  307";  die  dürre  hagre  gestalt 
ist  der  behalter  eines  feuervollen,  kühnen  geistes.  Klingers 
th.  3,  323. 

BEHÄLTER,  m.  oder  n.,  franz.  reservoir,  die  heulige,  um- 
gelautete  gestalt  des  vorigen  worts,  dessen  sächliche  Vorstellung 
auch  leicht  ins  n.  schwankt: 

sie  wollen  liebe?  hier  in  diesem  busen 

springt  eine  quelle  frischer,  feuriger, 

als  in  den  trüben  sumi)ligen  behnitern, 

die  Philipps  gold  erst  öfnen  musz.    Schiller  255'; 

lastende  traube 

stürzt  ins  behälter 

drängender  kelter.    Göthe  12,76; 

wie  nun  (das  mineralische  wasser)  sich  selbst  überbauen,  er- 
höhungen,  hügel,  klüfte,  canäle  und  gewölbe  aus  sich  selbst 
hervorbringen,  nach  und  nach  ^b-  und  aufsetzen  könne  und 
sich  selbst  ein  behälter  zu  bilden  im  stände  sei.  51,  19. 
s.  fischbehälter,  fischhälter,  fischkalter,  Wasserbehälter. 

BEHÄLTIG,  capax,  tenax:  wie  er  denn  sonst  behältig  und 
guter  gedechtnus  war.  Melanchth.  leben  Luthers  übers,  von 
Ritter  1561  s.  l.  bl.  12. 

BEHALTLICH,  was  behaltbar  und  behaltsam. 

BEHÄLTNIS,  f.  receptaculum :  wenn  das  sacrament  des  al- 
tars  in  seiner  behaltnis  oder  am  hin  und  wiedertragen  ange- 
betet wird.  Melanchtb.  corp.  doclr.  ehr.  p.  874 ;  disz  land  ist 
der  wilden  thier  ein  behaltnis.  Frank  weltb.  59';  ich  schetz 
euch  vor  doren  und  unweis,  das  ir  den  felsen,  der  ein  be- 
haltnus  ewers  lebens  gewesen  ist,  begebent.  Aimon  0 ;  hal- 
tent  mir  ewer  zusagung,  das  ist  behaltnus  unsers  leibes,  le- 
bens und  glieder.  T; 

ich  hab  in  in  der  bheltnus  gfischt 
und  die  hundert  gülden  erwischt. 

ÄYREA  fasln.  99*. 

auch  abstract  für  retentio:  verkündige  dir  die  unaufgelöste 
behaltnus  deiner  Sünden  (dasz  sie  dir  behalten,  nicht  erlas- 
sen sind).  Schüppiüs  679. 

BEHÄLTNIS,  BEHÄLTNIS,  n.  dasselbe:  behaltnis  fürwaaren, 
kohlen,  kleider,  thiere,  fische;  behaltnis  für  menschen,  gefängnis, 
und  abstract  vorbehält,  bedingnng.  ein  behellnis  aller  unrei- 
ner geister  und  ein  behellnis  aller  unreiner  und  feindseliger 
Vögel,    offcnb.  18,  2 ; 

reichihum  soll  man  zwar  nicht  lieben,  mag  es,  wenn  es  kümt, 
doch  fassen .... 

mag  CS  ein  in  sein  behaltnus,  sich  nur  nicht  in  seines  tragen. 
LoGAU  3,  tug.  21 ; 
80  hätte  dieser  unbeschreibliche  schätz  noch  länger  ohne 
nutzen  in  seinem  behaltnis  liegen  bleiben  müssen,  ehe  eines 
manues  374 ;  schon  in  der  mitte  des  vorigen  Jahrhunderts 
hatte  man  in  unserm  büchersale  ein  abgesondertes  behaltnis, 
über  welches  geschrieben  war  'unsterbliche  werke*.  Klopstock 
12,92;  jede  spräche  ist  gleichsam  ein  behaltnis  der  eigenslea 
begriffe  eines  volks.    12,  209. 

BEHÄLTNIS,  BEHÄLTNISSE,  adv.  cum  exeeptione.  haelege, 
mit  vorbehält,  unter  vorbehält  (vgl.  wol  zu  behalten  in  behal- 
ten 12),  häufig  in  der  rcchtssprache  der  weislhümcr  des  uest- 
lichcn  Deutschlands:   behcllnisse,    der   die  hüben  seind,   ires 


1325 


BEH\LTNISSE  —  BEHANDELN 


BEILLNDELN — BEH.^NG 


1326 


rechtes.  I,  578 ;  dise  recht  wisen  wir,  doch  beheltenisse  den 
drien  herren  iglichem  seiner  gerechtigkeit.  2,  208;  beheldnus 
unserm  lieven  herren  der  boeszen.  2,  246;  beheltnus  u.  h. 
sein  zehnten  und  gerechtigkeit.  2,  316;  beheltenisse  iglichem 
herren  sins  rechts.  2,  357 ;  behaltnus,  dasz  alle  empfängliche 
guter  in  dem  hof  verthädingt  sollen  werden.  2,  3S7;  behalt- 
nus dem  herren,  dem  hof,  dem  scholteisen  seine  gerechtig- 
keit. 2,  388;  behaltnus  dem  gerichtsherm  seiner  lehenguter. 
2,  392;  an  des  abts  widerspräche,  bebeltnisse  seins  rechts. 
2,  521 ;  bebeltnisse  doch  unsem  gn.  h.  van  Colne . .  alsulcher 
breve.  2,  646;  beheltnis  des  markgreven  recht  van  Guilch.  2, 
773;  beheltenis  dem  vaeght  sinre  bruchen.  2,  781;  behelte- 
nisse andern  irs  rechten.  2,  799 ;  bebeltnisse  doch  dem  vaigt 
alsulchs  rechts.  3,  4;  beheltenisse  doch  der  drier  gotsheuser 
rechten.  3,  824 ;  beheltnus  der  insaszenden  hern  ire  gerech- 
tigkeit, 3,  829;  doch  beheltnus  ime  dem  vogt  seiner  gerech- 
tigkeit. 3,  834.  mehrmals  auch  in  dem  Aimon,  Simmem  1535  : 
ir  herren,  dieweil  ir  mir  solche  ere  zumessen,  das  ich  ewer 
buldung  aufhemen  soll,  so  thu  ichs,  doch  behaltnus  ewers 
rechten  herren.  B;  verschaf,  das  wir  gute  söne  (sühne),  be- 
heltnus unseres  lebens,  erlangen.  X3.  Statt  dieses  adverbial 
gesetzten  dativs  steht  hin  und  wieder  auch  die  praep.  mit  oder 
bei :  doch  mit  bebeltnisse  unsers  Stifts  und  unser  manne  recht. 
tceisth.  3,  507 ;  doch  mit  behaltnus  unser  ofnung.  Haltaüs  121 ; 
bi  bebeltnisse  uwep  leben,  daselbst,  der  blosze  casus  ist  aber 
gefüger.  in  nl.  Urkunden  sollte  man  ein  ähnliches  behoudenis, 
behoudenisse  erwarten,  die  belege  zeigen,  dasz  ein  dat.  der 
person,  gen.  der  sache  dabei  steht. 

BEHALTREüSE,  f.  seclusorium,  gurgustium.  Stieles  1593. 
t.  reuse. 

BEHALTSÄM,  behaltbar:  jemehr  Sinnlichkeit  der  künstler 
seiner  darstellung  zu  geben  gewust  hat,  desto  behaltsamer 
werden  sie  für  das  gedächtnis.  Eschenbchc  theorie^  der  seh. 
wiss.  1789.  s.  11. 

BEH.\LTUNG,  f.  conservatio,  erhallung:  zu  der  Christenheit 
behaltung  und  rettung.  absch.  des  reichsreg.  von  1501  §.  20; 
das  nit  allain  der  anfang,  sonder  auch  die  behaltung  und 
werung  der  cörper  gottes  werk  sei.  Verdeutschung  von  Me- 
LASCHTHOSs  ctl.  Schwersten  cap.  1  b.  Mos.  1523  bl.  4. 

BEHAMMELN,  cohibere,  impedire,  capere,  ein  altes  wert, 
altn.  hamla,  vgl.  ahd.  hamalün  mutilare,  ags.  hamelan  popli- 
tes  scindere,  von  ham  poples,  suffrago,  man  bändigte  ein  wil- 
des thier  durch  lähmung ;  wahrscheinlich  ist  auch  bammen, 
hammein  verschneiden  daraus  zu  erklären :  welche  beide  thier 
unbendig  und  sonst  nicht  zu  fahen  noch  zu  behameln  sind. 
Reisz^ier  Jer.  2,  78";  die  geister  bannen,  beschweren,  beham- 
len.  Thcrmeisser  archidoxa  50;  Panzer  klammerte  sich  mit 
beiden  bänden  nur  noch  fester  an  ihn  und  behammelte  Herz 
zugleich  mit  [hielt  ihn  fest?).  Fr.  Müller  2,  62.  iras  Hemsch 
250  unter  behammeln  sich  dachte,  ist  nicht  zu  ersehen,  da 
uns  sein  artikel  hammel  abgeht.  Die  heutige  Volkssprache  ver- 
wendet behammeln  für  besudeln  und  von  der  magd  wird  das 
kind  ermahnt  sich  nicht  zu  behammeln  oder  behampeln,  das 
läszt  sich  kaum  von  behammeln  und  hemmen  ableiten. 

BEHA.M.VIEN,  BEH.\MMEN,  capere,  cohibere,  was  das  vo- 
rige: er  musz  sich  zorn  nit  lassen  behamen  (einnehmen),  sun- 
der für  und  für  verzihen.  Zwingli  1,  209;  so  ziehet  ewem 
feinden  vil  frisch  volk  und  hilf  zu,  wann  wir  einmal  hierin- 
nen behämmet  (andere  drucke  behämbt)  und  umblegert  wür- 
den, wüst  ich  warlich  nit,  wie  wir  bestünden.  Garg.  264'. 
s.  hemmen,  behemmen. 

BEHAHMERiN,  BEHÄMMER.N,  malleare,  mit  dem  hammer 
bearbeiten.  Bhockes  9,  28 ;  indem  er  das  blech  von  einer  oder 
der  andern  seile  behämmerte.  Güthe  35,  326. 

BEHANDEL.N,  tractare,  manu  tractare,  franz.  manier,  an- 
greifen, begreifen,  nnl.  behandelen,  ahd.  blosz  hantalön,  mhd. 
handeln. 

1)  von  tacken:  den  teig  bebandeln,  bearbeiten,  verarbeiten; 
ein  gescbäft  behandeln ;  die  frachl  ist  auf  45  rthl.  behandelt. 
Wielamo  6«  Aferolt2, 67;  e»  ist  um  zehn  rth.  behandelt;  die- 
ser slof  läszt  sich  nicht  leicht  behandeln;  das  bild  ist  mit 
meisterschafl  behandelt ;  die  Studien  wollen  nicht  allein  ernst 
und  neiszig,  sie  wollen  auch  heiter  und  mit  geistesfreiheit 
behandelt  werden.  GOthe  26, 10. 

2)  von  leuten:  er  kann  die  leule,  die  menschen  nicht  be- 
handeln; der  arzt  behandelt  einen  kranken;  der  herr  beban- 
delt seine  unterthanen  hart;  man  kann  uns  niedrig  behan- 
deln, nicht  erniedrigen;  man  hatte  ihn  einem  landgeistlicbeo 


anvertraut,  der  sich  ein  besonders  geschäft  daraus  machte, 
dergleichen  leute  (geisteskranke)  zu  behandeln.  Götbe  19,  229 ; 
wir  hatten  ihn  lange,  nach  unsrer  Überzeugung,  moralisch  und 
physisch  behandelt,  es  gieng  auch  bis  auf  einen  gewissen  grad 
ganz  gut.  20,  287;  gibt  er  sich  alle  mühe  dessen  creditores 
dahin  zu  behandeln,  dasz  sie  mit  der  helfte  der  zu  fordern 
habenden  capitalien  zufrieden  sein  wollen.  Felsenb.  2,  589 ; 
die  behandelten  (eingetauschten)  kinder.  Lohe^ist.  Arm.  2, 1143. 

3)  sich  mit  einem  behandeln,  mit  einem  unterhandeln:  als 
der  freund  (der  kutscher,  schwager)  eintrat,  gieng  Eckart  mit 
ihm  auf  die  seile,  behandelte  sich  mit  ihm,  was  er  bis  Mei- 
szen,  ihn  mit  denen  seinigen  dahin  zu  fuhren,  geben  sglte. 
als  sie  nun  einig  wurden,  gab  ihm  Eckart  einen  halben  gül- 
den drauf  und  brachte  ihm  ein  glas  bier  zu,  so  er  auch  be- 
scheid  that,  und  sich  vor  geschehene  ehre  bedankend  ab- 
schied nahm.  unw.  doct.  7. 

4)  sich  behandeln  lassen,  mit  sich  handeln  lassen:  sie 
schlagen  es  ganzlich  ab  (zu  bleiben),  doch  auf  Pickelherings 
groszes  nöthigen  lassen  sie  sich  behandeln.  Schoch  stud.  le- 
ben G;  liesz  mich  in  den  polnischen  krieg  mit  behandeln. 
Weise  erzn.  72 ;  dasz  er  sich  behandeln  liesz  und  wieder  um- 
kehrte. Mascoc  2,  206 ;  suchte  die  feinde  mit  geld  abzukau- 
fen, die  sich  denn  auch  behandeln  lieszen.  2,  279 ;  was  den 
preis  anbelangt,  so  wird  sich  vielleicht  die  frau  postmeisterin 
Adami  in  Heilbronn  noch  etwas  behandeln  (abhandeln)  las- 
sen.   Merck  1, 397. 

BEH.\>DEN,  BEHÄNDEN,  einhändigen,  zur  hand  stellen: 
euer  lieb  schreiben,  des  datum  stehet  zu  Augsburg  am  25 
tag  oct.,  und  uns  am  19  nov.  durch  ein  zufällige  botschaft 
behendet.  Lcther  t,  136';  haben  diese  brief  behandet  dem 
könig  Yon.  Aimon  M2;  da  im  keiser  Carles  brief  behandet 
wurden.  M  3 ;  Reinhard  behandet  ime  widerumb  sein  pferd. 
L4;  behandent  inen  (ihn)  dem  keiser  in  gestalt  als  obs  ein 
anderer  gefangner  were.  R  2 ;  er  hat  uns  unser  Schwester  wi- 
der behandet.  T;  ihre  maj.  hätte  die  übergebenen  artikel 
vergangener  zeit  gehört  und  als  dieselben  i.  maj.  behandet 
und  zugestellt,  hätte  i.  maj.  dieselben  selbs  mit  fleisz  gehört 
und  verlesen  lassen.  Kresz  bei  Melanchlh.  2,  250.  später  be- 
händigen,   s.  behenden. 

BEH.\NDF.\HNEN,  mappa,  mantili  instruere:  schön  besto- 
let,  bealbet,  bekaselt,  verschapplieret,  versubtilet,  behandfa- 
net  und  behumeralet,  wie  ein  eul  im  Schornstein.  Garg.  162*. 
vom  ahd.  hantfano,   mhd.  hantvan  mappa. 

BEHANDGABEiV,  donare,  von  handgabe,  handgiß,  donum: 
mit  einem  stück  gelts  behandgaben,    der  kunkel  evangelia  1557. 

BEHÄ.NDIGEN,  in  die  hand  geben,  einhändigen,  nnl.  be- 
handigen :  das  er  im  mein  büchlin  behändiget.  Luthers  br.  l, 
320.  «n  der  vorrede  zum  ersten  theil  des  A.  T.  von  1524  spot- 
tet Lcther  über  behendigen  und  beherzigen  als  neue  Wörter, 
die  auch  in  seiner  bibel  nirgends  erscheinen,  wenn  jene  stelle 
(1,  320)  wirklich  von  ihm  und  nicht  von  Carlstad  ist,  hätte  er 
behendiget  im  j.  1519  selbst  geschrieben,  ist  solcher  begrif  et- 
lichen insonderheit  zu  überlesen  behändigt  worden.  MELA.tcH- 
THon  1,  503 ;  das  sie  die  bürgen  uns  sollen  behendigen.  He- 
moy  com.  32 ;  er  solle  die  brief  in  nit  behendigen.  80 ;  so- 
bald den  männern  das  schreiben  behendiget  worden.   Wizenb.  15. 

BEHÄNDIGL'NG,  f  einhändigung. 

BEH.\.NDIGUN'GSSCHELN,  m.  empfangsckein. 

BEHANDLUNG,  f.  tractatio,  Unterhandlung ;  von  einem  er- 
zürnten feinde,  welcher  sogar  von  keiner  behandelung  hören 
wolle.  LoHENST.  Arm.  1,  58 ;  eine  gute  behandlung  erfahren ; 
ich  sehe  weniger  auf  groszen  lohn,  als  auf  gute  behandlung; 
gegenstände  rechtlicher  behandlung.  Göthe  26,  192;  behand- 
lung der  färben,  maniement. 

BEHANDLUNGSART,  f  behandlungsart  des  vorkömailichen. 
Göthe  26,  258. 

BEHANDLLNGSWEISE,  f.  es  würde  sogar  diese  behand- 
lungswcise,  zu  der  ja  schon  so  vieles  vorgearbeitet  ist,  den 
verwandten  Wissenschaften  von  groszem  vortheil  sein.  50, 178. 

BEHANDLNG,  f.  was  behändigung.  Moser  pa/r.  pA.  4,  332. 

BEHANDZEICHNEN,  mit  dem  handzeichen  versehen,  franx. 
parafer :  ein  behandzeichnetes  rescript. 

BEIL\NG,  m.  pl.  behänge,  res  pendula,  gebildet  wie  hang, 
anhang,  Vorhang,  unihang:  behäng  an  den  wänden,  perislroma. 
He-^isch  250 ;  behäng  der  pferde,  phalerae;  eine  pferdedecke 
mit  silbernem  behäng;  nun  von  einem  andern  ast  disz  baums, 
den  si  nit  lassen  nusz  tragen,  sunder  halb  abschneiden,  ge- 
ben im  dann  besunder  bebeng  (umhänge).   Frame  weltb.  302*; 


1327 


BEHÄNGEN 


BEHÄNGEN  — BEHARREN 


1328 


weidmännisch,  ein  hund  mit  gutem  behäng,  mit  lang  nie- 
dcrhdngendem  ohr;  der  hund  hat  glatte  haare,  langen  be- 
häng; 

da  was  gemalt  manch  schöner  hund, 

$0  in  dem  wasser  schwamm  ganz  rund, 

mit  lappendigen  langen  bhenken 

Tom  köpf  zun  füszen  allen  glenken. 

WicERAMS  irr  reitend  bilger  bl.  17. 

BEHANGEN,  pendere,  haerere,  praet.  behieng,  pari,  behan- 
gen: und  da  das  maul  unter  eine  grosze  dicke  eiche  kam, 
behieng  sein  {Absaloms)  haubt  an  der  eichen  und  schwebt  zwi- 
schen himel  und  erden,  aber  sein  maul  lief  unter  im  weg. 
2  Sam.  18,  9 ;  als  aber  im  der  wider  nacheilet,  stund  ein  do- 
renheck  an  dem  weg,  in  der  behieng  der  wider.  Steinhöwels 
Esop  61* ;  der  bann  was  worden  wie  ein  spinnenwepp,  dar- 
durch  die  groszen  bansen  füren  und  die  kleinen  behiengen. 
Frank  chron.  522";  haben  grosze  acht,  dasz  kein  brösemlein 
darvon  auf  die  erd  fall  oder  im  hart  bebang,  weltb.  147' ;  das 
ist  eben  die  zurissene  spinnwebe,  darin  die  flieglein  behan- 
gen. Mei.anchthon7,  25;  die  kleinen  mücklin  behangen  in  der 
spinnen  wepp.   Agricola  18* ; 

dann  er  hoft,  mit  den  sporen  sein 

wurd  er  in  slauden  behangen.    Teuerdank  30,  25; 

da  behieng  im  an  einem  paum 

sein  pferd  mit  dem  zügel  am  zäum.    35,  51 ; 

gleich  wie  der  strigk  den  vogel  fängt, 

und  mancher  visch  im  netz  behängt. 

SCHWARZENBERC  151,  2; 

darmit  sie  die  einfelting  fangen, 

die  darnach  in  irm  netz  behangen.    II.  Sachs  II.  4,  44'; 

der  Sünden  netz, 
darin  all  menschen  werden  gfangen, 
und  ihun  auch  in  dem  fluch  behangen.    IV.  1,  3S*; 
der  jung  vom  wagen  that  ein  fall,' 
behieng,  von  rossen  ward  geschleift.    IV.  2,  3'; 

der  fackin  (faquin)  dem  edehnann  mit  vorgemeltem  eisen  in 
einem  ermel  behieng.  Wickram  rollw.  46  {MiM.  78) ;  darumb 
beschnide  die  binden,  wie  auch  die  pflaster  und  schindlen 
und  was  irgend  mehr  fasen  und  spreiszen  hat  ganz  wol,  auf 
das  du  nicht  darinnen  behangest.  WCrtz  practica  213 ;  gleich- 
wie einer  im  winter  ein  schneeballen  lenger  umbwalzet,  jhe 
mehr  schnee  daran  behanget.  Kirchhof  wendunm.  361';  dasz 
er  nit  behänge.  Fronsp.  irfc^ifc.  1,  176';  wann  die  feind  se- 
hen, dasz  das  fewr  aus  dem  röhr  fehret  und  also  brinnet 
an  inen  behangt.  2, 191' ;  misgewächse,  die  man  an  eim  rost 
erhieng  und  hopfen  im  bachofen  treschen  könten,  deren  neun 
in  einer  spinnwepp  behangen  möchten.  Garg.  41';  derhalben 
musz  es  ein  ander  häcklin  haben,  daran  der  fisch  behäng. 
194';  rant  er  unter  ein  nuszbaum,  und  behieng  gleich  mit 
des  heims  visier  an  eim  verwirrten  kraspeligem  ast.  251'; 
denn  Absalon  behieng  an  haaren,  so  behenkt  diser  besche- 
ren mönch  bei  den  oren.    252*; 

denn  er  hat  viel  vogelleim  aus  mtisquelen  ausge?chossen, 

der  an  federn  seinem  leind  ist  behängen  und  zerflossen. 
LocAu3,  3,  30; 

Hippolitus  von  wagen  gefallen 

und  behangen  an  eim  leitseil.    ATREn258"; 

weil  aber  andere  noch  in  ihrer  alten  gewohnheit  behiengen 
oder  wieder  darein  fielen.  Hartmann  ßuchspieg.  Nürnb.  1672.  203. 
Man  sagte  für  behängen  auch  behängen  bleiben,  welches  be- 
hangen der  inf.,  nicht  das  pari,  ist,  wie  die  analogen  stecken, 
leben  bleiben  darthuh :  wenn  die  kleinen  fliegen  drein  komen, 
bleiben  sie  darin  behangen.  Luther  4,  529';  blieb  doch  der 
mehrer  theil  bei  Stanges  meinung  behängen.  Schweimchen  3, 
321 ;  was  nun  am  ofenloch  behängen  bleibet,  das  wird  pom- 
phylox  geheiszen.   Tuurneisser  magna  alch.  2,  69 ; 

herr,  meine  seelc  bleibt  behängen 

an  tlir.  Ormps.  63; 

wer  ist  so  stark  wie  polt?  der,  der  an  ihn  sich  reibet 

durch  Zuversicht,  und  stets  an  ihm  behangen  bleibet. 

LoGAU  1,9,22; 
wer  schalkheit  fibt  und  boslieit  treibt, 
am  galgen  er  behangen  bleibt.    llEr(iscH250; 

Absalon  blieb  mit  den  haaren  an  der  eichen  behängen.  Sciiii'- 
PIU8  489;  meiner  einrichtung  nach  niithig  sein  wollte,  nicht 
an  einem  orte  allein  behängen  zu  blcilicn.  Lripz.  avant.  2,  82 ; 
letztlich  aber  die  rechte  band  dergestalt  streifte,  dasz  sie  nur 
noch  an  einer  einzigen  flcchse  behangen  blieb.  Felsenb.  2,  216. 
dnsz  .leine  nase 

all  augcnblick  in  ihres  halstuchs  gase 

behängen  bleibt.        Wir.tAfiD  18,  148; 

Bio  war  nur  als  ein  schwankender  und  blasser  schatten  Im 


gedächtnisse  und  in  der  einbildungskraft  behangen  geblieben. 
Fichte  reden  an  die  d.  nat.  182;  täuschung  eines  flüchtigen 
und  auf  der  Oberfläche  behangen  bleibenden  Zuschauers.  229. 
heute  heiszt  es  lieber  hängen  bleiben,  und  das  intransitiv  be- 
hangen ist  uns  auszer  gebrauch  gekommen,  selbst  in  der  form 
behängen. 

Den  Jägern  ist  der  hund  wol  behangen,  trenn  er  brave  lange 
ohren  hat  und  die  lefzen  an  den  Seiten  fein  herunter  hangen. 
Döbel  1,  84*,  vgl.  behäng,  ganz  etwas  anders  bedeutet  den  hund 
behängen,  ein  behangen  pferd  dagegen  heiszt  ein  krankes,  das 
die  mauke  hat.  Rosenzweig  s.  123.  in  diesen  beiden  fällen  scheint 
behangen  den  transitiven  sinn  von  behängt  zu  haben,  und  so 
in  folgenden:  das  er  mit  allem  ungeluke  behangen  ist.  theol 
deutsch,  s.  107; 

ir  spracht,  ir  het  nach  mir  verlangen, 
und  seid  vorhin  mit  lieb  behangen.    H.  Sachs  III.  3,  5' ; 
musz  doch  mit  dir  behangen  sein.    III.  3,  45'; 
ein  gespenst  von  mönchs-  und  weibertugenden,  mit  engelrein 
heit  und  keuschheit  behangen.  Klinger  3, 175.   s.  behängen. 

Sich  behangen,  wie  sich  befassen :  es  geschieht  bisweilen, 
dasz  böse  buben  weih  und  kinder  sitzen  lassen  und  in  krieg 
ziehen,  oder  sonst  in  der  frembde  mit  andern  sich  behangen. 
Creidiüs  1,  242. 

BEHÄNGEN,  legere,  veslire,  obducere,  praet.  behängte,  pari. 
behängt:  das  man  sie  zu  breiten  blech  schlahe  und  den  altar 
damit  behenge.  4  Mos.  16,  38 ;  mit  solchem  viehischen  laster 
behengt.  Kirchhof  wendunm.  222";  auch  trägt  darfür  niemand 
scheuwen  sich  mit  dergleichen  volk  (dem  trosz)  zu  behengen. 
mil.  disc.  114 ;  meinten  der  Luther  wer  vileicht  mit  kolen  be- 
hengt ins  schlosz  gewischt,  bienenk.  26';  umb  und  umb  be- 
hengt. 145*;  es  kompt  bisweilen,  dasz  einer  vom  könige  mit 
gold  und  köstlichem  geschenke  begäbet  und  behenget  wird. 
pers.  rosenth.  1,  16;  behängte,  vernestelte,  verbändelte  hosen. 
Simpl.  3,  754;  ihre  speise  bestand  mehr  in  fruchten,  als  in 
fleisch,  daher  die  körper  sich  nicht  mit  vielem  fleische  be- 
hängen konnten.  Winkelmann  3,  51 ; 

zu  seiner  bedeckung  folgt  auf  einem  elefanten 
mit  eisenblechen  behängt  der  riese  Moulineau. 
Wieland  4,  14 ; 
er  hatte  sich  mit  drei  tüchern  behängt  und  konnte  kaum  ge- 
hen; man  behängte  die  wafl'en  mit  kränzen;  sich  mit  allerlei 
schlechten  leuten  behängen. 

weidmännisch,  die  hunde  behängen  das  wild,  wenn  sie  es 
anfallen  und  sich  daran  hängen,  der  Jäger  behängt  den  hund, 
legt  dem  leilhunde  das  hängeseil  an  und  fülirt  ihn  auf  das 
fehl 

Auszer  diesen  transitiven  bcdeutungen  darf  aber  behängen, 
wie  das  einfache  hängen  und  dessen  übrige  composila,  auch 
intransitive  empfangen,  z.  b.  derhalben  ist  es  ein  grosze  ein- 
falt,  allein  an  disem  behengen  und  kleben  wollen,  was  die 
aposteln  gelehrt  und  geschrieben  haben,  bienenk.  30';  der 
junge  prediger  hatte  sich  nunmehr  darein  ergeben  die  can- 
zel  zu  betreten,  er  möchte  nun  in  der  predigt  behengen  blei- 
ben oder  nicht,    maulaffe  125 ; 

als  die  märkische  frösch  erfahrn, 
wenn  sie  behengen  im  fischgam.    froschm.  III. '1,  15. 
s.  behenken. 

BEHÄNGEN,  n.  weidmännisch,  das  ausziehen  mil  dem  leil- 
hunde auf  den  besuch,  da  die  kunst  den  leilhund  zu  arbei- 
ten, d.  i.  abzurichten,  das  wichtigste  stück  in  der  Jägerei  ist, 
so  werden  von  dem  ausführen  des  leithundes  die  drei  lehrjahre 
der  Jägerbursche  die  drei  behängen  genannt,    s.  hängeseil. 

BEHANGZEIT,  f  soll  die  zeit  sein,  wann  die  kirsche  sich 
hären. 

BEHÄPELN,  putare,  beschneiden:  die  fruchtbare  bäum  be- 
hüpeln  und  umbgraben.  Seriz  52.  nhd.  ist  heppa  falca^lrum, 
bair.  heben,  heppen  ein  gartenmesser  (Schmkller  2,  141.  221), 
nhd.  hippe  dasselbe,  richtiger  würde  also  behepeln  oder  be- 
bippeln  geschrieben. 

BEIIAIINEN,  commingere,  bepissen. 

HEHAUNiSCHEN,  lorica  induere:  von  fusz  auf  bis  zum 
Scheitel  beharnischt.  Garg.  170';  eisbcharnischte  stirne.  Bho- 
CKEs  1,270;  jetzt  rauschet  ein  würmchen  schwarz  beharnischt 
auf  glänzend  rotlien  Hügeln  vorbei.    Geszner.    . 

BEHAlUiEN,  permanere,  perseverare,  verbleiben,  verharren, 
ausdauem. 

1)  «M/ransi/iv  : 

vil  dunt  in  dorheit  hie  beharren 

und  ziehen  vasl  ein  schweren  karren. 

Drant  narrensch.  158; 


1329 


BEHARREN — BEHARSCHEN 


BEHARZEN — BEHAUPTEN 


1330 


was  ist  meine  kraft,  das  ich  möge  beharren?  Biob  ß,il;  weh 
denen,  so  nicht  beharren.  Sir.  5,  16;  beharre  in  deinem  be- 
ruf. 11,  21 ;  wer  aber  bis  an  das  ende  beharret,  der  wird  se- 
lig. Malth.  10,  22 ;  es  jamert  mich  des  voIks,  denn  sie  nun 
wol  drei  tage  bei  mir  beharren  und  haben  nichts  zu  essen. 
15,  32 ;  ir  aber  seids  die  ir  beharret  habt  bei  mir  in  meinen 
anfechtungen.  Jmc.  22,  2S ;  sollen  wir  denn  in  der  sünde  be- 
harren ?  Rom.  6, 1 ;  beharre  in  disen  stücken.  1  Tim.  4, 16 ;  wer 
aber  durchschauet  in  das  Tolkommene  gesetz  der  freiheit  und 
darinnen  beharret.  Jacobi  1,  23 ;  da  ein  feldläger  über  winder 
beharren  soll.  Kirchhof  mtl.  disc.  201;  zu  beklagen  ist  es, 
das  mit  ihnen  nicht  auch  ihre  thorheiten  untergegangen,  son- 
dern noch  bis  auf  diesen  tag  in  der  weit  beharren  {fort- 
dauern). TOS  BcTSCHKT  Patmos  779  ;  ein  mann  wie  Berengarius 
hätte  die  Wahrheit  gesucht,  . . .  wäre  bei  der  bekannten  und 
gelehrten  Wahrheit,  trotz  allen  gefahren  dreiszig,  vierzig  jähre 
beharret.   Lessixg  8,  335 ; 

kurz,  man  erstauete  bericht, 

weil  alle  steif  auf  ihrem  sinn  beharrten.    Gellert  1,  205; 

wenn  sie  schlechterdings  darauf  beharret  wäre.  Wielasd  2, 
191;  bei  allem  Wechsel  der  erscheinungen  beharret  die  Sub- 
stanz. Ka5t  2, 190 ;  die  person,  die  sich  in  dem  ewig  behar- 
renden ich  und  nur  in  diesem  offenbart.  ScnaLER  1161' ;  der 
menschliche  fleisz  hat  den  widerstrebenden  boden  durch  Sein 
beharren  und  seine  geschicklichkeit  überwunden.  1004; 

ich  habe  mich  nicht  freventlich  vermessen, 
wie  ich  beharre  bin  ich  knecht.    Göthe  12,  86; 
dieses  auf  sich  selbst  beharren 
spröd  nur  ists  und  dünkt  dir  weise.    Plaib5  26 ; 

die  strenge  kälte  beharrte  drei  tage;  ein  steifer  beharrender 
schmerz.  Maaler  55';  ich  beharre  in  gröszler  hochachtung, 
höflicher  briefschlusz.  die  beigefügten  praepositionen  sind  in, 
auf  und  bei.     vgl.  ausharren  und  verharren. 

2)  transitiv,  mit  dem  acc.  (icie  noch  heute  erharren),  be- 
haupten, fortsetzen,  fortfuhren:  er  hat  mir  aber  angezeigt, 
dasz  er  von  wegen  Schwachheit  des  haupts  das  Studium  nicht 
beharren  könne.  Mela-nchthos  3,  413 ;  denn  man  nach  einem 
streit  die  walstatt  beharren  soll.  Tschcdi  1,  360;  netz  ein 
baumwollen  darin  und  legs  über  die  äugen,  das  erfrisch  so 
oft  es  trucken  wirt  und  beharrs  ein  tag  oder  drei,  es  hilft. 
Tabersaemo.nt.  8;  trink  darvon  alle  morgen  und  abend  und 
beharre  diesen  trank  bis  du  besserung  befindest  318;  ein 
grosz  gewagte  sach  musz  man  frech  beharren  und  nit  davon 
aussetzen.  Lehmann  875. 

BEHARRHAFT,  perscreronj:  welcher  sehr  geheimnüsreicher 
nam  {^ehleute')  nicht  schlechtachtsam  ist  auf  und  anzunem- 
men,  in  betrachtung,  dasz  er  auch  nach  beider  ehgalten  töd- 
lichem abstand  noch  nit  verschwindet,  sonder  auch  im  ewigen 
paradisz  beharrhaft  bestehet.  Garg.  64*. 

BEH.^RRIG,  dasselbe:  gäh  im  ersten  antritt,  aber  nit  be- 
harrig.  MCnsteb  3S6 ;    beharrig  in  seiner  bosheit.  Maai.eb  55*. 

BEHARRLICH,  constans,  assiduus,  durabilis :  auf  dasz  gleich- 
wol  ihre  greuliche  irrthuraen  wahrhaftig  und  beharrlich  blei- 
ben sollen.  Melaschth.  4,  3S2;  bis  die  strafe  herbei  kömmt 
und  durch  einen  schweren  tod  die  beharrliche  furcht  endiget 
BcTSCBKT  Patmos  65; 

hoch  hat  er  sein  allberschenden  thron 
beharrlich  aufgesöuet.    Weckherlix  257  ; 

etwas  was  jederzeit  ist,  d.  i.  etwas  bleibendes  und  beharr- 
liches.  Käst  2,  191 ;    beharrliche  treue,    beharrlich  leugnen. 

BEHARRLICHKEIT,  f.  constantia,  stabilitas,  dauer:  ein  gu- 
ter nam  hab  seine  beharrlichkeiL  Zi.nkgr.  38,  20;  grundsatz 
der  beharrlichkeit  der  Substanz.  Käst  2, 190 ;  die  kräfte,  durch 
welche  die  gliedmaszen  gcstalt,  thäligkeit  und  beharrlichkeit 
haben.  3,  101 ;  ohne  den  glauben  hat  die  moralische  den- 
kungsart  keine  feste  beharrlichkeit,  sondern  schwankt  zwi- 
schen praktischem  geboten  und  theoretischen  zweifeln.  7,  361 ; 
die  beharrlichkeit  auf  dem  besitz  gibt  uns  in  manchen  fällen 
die  gröszte  energie.  Göthe  21,  223. 

BEHARRUNG,  f  dasselbe:  ire  (des  canandischen  weibes) 
gedult,  beharrung  und  standhaftigkeit.  Keisersberg  tiiukH 
des  munds  36* ;  er  wolt  damit  zeugen  ircn  groszen  glauben, 
ire  beharrung  und  beslandhaftigkeit.  37';  heldenmütige  be 
harrung.  Schiller  775;  su  viel  mut  sein  entscfalusz  verricth, 
so  viel  standhaftigkeit  reigte  seine  beharrung.  905;  bei  aller 
beharrung  der  person  wechselt  der  zustand.   1161. 

BEHARSCHEN,  indurescere,  rigeseere,  verharschen :  die  wunde 
behartcht,  btkomml  ein«  rinde;  der  fliuz  bebarscht 


BEHÄRZEN,   1)   oblinere  resina:  beharzte  bände,   finger; 
befaante  hauer  gehn  um  diesen  aufenthali.    ZachajuI. 

2)  resinam  abradere,  die  bäume  beharzen. 
BEHASCHEN,  capere,  surripere,  haschen: 

wer  so  mit  katzenlust  behascbt, 

und  alle  dinge  nur  benascht.    Simpl.  1,  99. 

BEHÄSZLICHEN,  defigurare,  entstellen:  welche,  indem  sie 
die  spräche  zieren  wollen,  vielmehr  beheszlichen.  Olearics 
vorr.  zur  pers.  reisebeschr. 

BEHAüBEN ,  mitra  operire  caput,  ein«  haube  aufsetzen : 
einen  missethäter  behauben  {mitrer  un  criminel).  Grtphics  1, 
956;  die  falkonirer,  ehe  sie  ihre  vögel  speisen  und  behau- 
ben.   Garg.  249'; 

bald  uns  geraubet 
wird  sie  behaubet 
unsere  braut.    Voss  5, 127. 

BEHAUCHEN,  afflare,  anhauchen :  das  fenster,  den  Spiegel 
behauchen;   von  bösem  atbem  behaucht; 

von  athmender  küblung 
aller  winde  behaucht.    Stolberg  12, 164. 

BEHALTN,  dolare,  concidere, 

1)  holz,  steine  behauen,  zurichten:  altar  von  ganzen  stei- 
nen, die  mit  keinem  eisen  behawen  waren.  Jos.  8,  31;  be- 
hewet  das  holz  und  cirkelts  abe.  Es.  44, 13 ; 

knabe,  du  siebest  nun  steine  bebaun, 

ordnend  sich  fügen,  zu  bäusern  sich  baun.    Göthe  4, 140. 

2)  interlucare,  bäume  behauen,  aushauen,  lichten:  hawet 
den  bavsin  umb  und  behawet  im  die  este.  Dan.  4,  11;  von 
der  eiche: 

je  mehr  man  sie  behaut,  je  mehr  sie  äste  trägt. 
Opitz  3,  295. 

3)  bergmännisch,  den  gang,  das  gestein  bebauen,  anhauen. 

4)  unbehauen,  ungehobelt:  ein  unbehauenes,  loses  maul. 
Stalder  2,  26. 

BEHÄUFELN,  accumulare:  bäume,  erdfrüchte  behäufeln. 

BEHAUPTEN,  obtinere,  consequi,  evincere,  asserere.  das 
mhd.  behoubeten  hiesz  decollare,  enthaupten  (Bes.  1,  720')  und 
den  feind  behaupten  icdre  allerdings  auch  obsiegen,  das  feld 
behaupten,  tcie  aber  sollten  aus  so  herbem  sinn  unsere  mil- 
den abstractionen  hergeflossen  sein  ?  das  uns  so  geläufige  vorl 
geht  den  verwandten  sprachen,  namentlich  der  nnl.  völlig  ab, 
scheint  auch  den  meisten  volksmundarten  fremd,  Keisersberg 
und  Lcther  enthalten  sich  seiner,  Dastpodics  führt  es  nicht 
auf,  Hesisch  vürde  es  im  zweiten  theil  gehabt  haben,  im  l~jh. 
wird  es  allgemein.  Aber  schon  früher  mag  es  aus  der  Schweiz 
her  corgedruttgen  sein,  denn  ^[aaler  55'  bietet  dar:  behaup- 
ten, seiner  sach  zum  end  kommen,  pervincere,  potiri;  be- 
haupten an  einem  was  wir  begärend,  obtinere;  ein  sach  be- 
haupten und  vollenden,  conficere;  sein  fümemmen  behaup- 
ten und  eriangen ;  sein  rächtshandel  behaupten  und  gwün- 
nen.  hier  kennt  es  auch  das  volk,  Stalder  2,  26  gibt  aus 
Saanenland  an:  behaupten,  obsiegen,  meister  «erden,  voll- 
bringen, zum  zwecke  gelangen;  Tobler  50*  aus  Appenzell :  ne- 
bes  bhauta,  der  saehe  gewachsen  sein;  magsts  bhauta?  kannst 
dus  (das  muiige  pferd)  bemeistem,  bewältigen  ?  das  letzte  bei- 
spiel  ist  treffend,  kannst  du  es  am  haupt  fassen,  ihm  den 
laum  um  den  hals  werfen,  es  bezwingen?  es  wäre  nichts  ent- 
gegen, dasz  schon  ein  mhd.  dichter  aus  der  Schweiz  ein  sol- 
ches behoubeten  verwendete,  ist  doch  auch  capistmm  ein  ca- 
pitis vinculum,  von  capere.  manu  teuere,  maintenir  drückt 
denselben  begrif  von  andrer  seite  aus.  behaupten  ron  behaben 
herzuleiten  ist  den  buchstaben  nach  rein  unmöglich. 

Bald  aber  dachte  man  bei  behaupten  nicht  mehr  an  haupt 
und  hals  des  rosses  oder  mannes,  nicht  mehr  an  fassen  oder 
packen  und  sagte  den  sieg,  ein  recht,  den  thron,  ja  ein  wort, 
eine  meinung  behaupten,  mit  gewalt  und  macht  aufstellen, 
durchführen. 

vcrwundcnintr  fruTcift  mich,  ich  gestehs, 

dasz  dif^'  konigio 

von  Seil  ■n  eignen  kleinea  thron 

nicht  zu  i  ,        miste,  .  .  . 

dein  schrctken'  wird  auf  einmal  im  gefängnis. 

Schiller  418'; 
und  was  die  liebe  gab,  werd  ich,  bei  gott, 
mit  meinem  leben  zu  behaupten  wissen.    434'; 

wer  wird  den  platz  behaupten  (als  sieger  erscheinen)  f ;  die  f«- 
stung  gegen  den  feind  behaupten ;  seine  stelle  behaupten ; 
ich  sehe  es  wol  Cathrine,   es   sind  wenig  leute,   die   werth 

84 


1331 


BEHAUPTER— BEHEBEN 


BEHEBIG— BEHELF 


1332 


sind,  dasz  man  sie  mehr  als  einmal  sieht,  die  wenigsten 
behaupten  nur  einige  tage  die  hochachtung,  die  man  geneigt 
ist,  gegen  sie  zu  fassen.  J.  E.  Schlegel  2,  266.  sich  be- 
haupten, in  dem  reich,  auf  dem  thron,  in  der  stelle,  in  ansehen. 

nun  erst  wagst  du  ihn  treulos  zu  behaupten, 

weil  du  noch  treulos  ihn  verehren  darfst.    Scbiller  300. 

Eine  meinung,  etwas  behaupten,  aufstellen  und  vertheidi- 
gen;  man  musz  nicht  behaupten,  wenn  man  nicht  beweisen 
kann;  er  behauptet  immer  drauf  los;  ich  kann  nichts  be- 
haupten, d.  i.  als  ein  für  jedermann  nothwendig  gültiges  ur- 
theil  aussprechen,  «ils  was  Überzeugung  wirkt.  Kant  2,  612 ;  ich 
behaupte  das  gegentheil;  ich  behaupte,  das  ist  erlogen. 

BEHAUPTER,  m.  vindex,  assertor. 

BEHAUPTLICH,  quod  obtineri,  asseri  potest.  die  festung, 
die  meinung  ist  unbehauptiich. 

BEHAUPTUNG,  f.  obtentio,  assertio,  sentenlia:  die  behaup- 
lung  der  freiheit,  des  reiches,  des  friedens;  eine  kühne,  un- 
überlegte behauptung;  er  soll  seine  behauptungen  beweisen. 

BEHAUSEN,  1)  transitiv,  recipcre  in  domum :  darin  die  kran- 
ken behauset  und  versorget  werden.  Luthers  br.  5,  692 ;  das 
auf  solchen  hof  anschleg  gemacht  werden,  etlich  prandtler 
{abgebrannte  leule)  der  ort  behaust  zu  machen.  Chkel  Maxim. 

5.  359; 

Til  leut  beTTäret  und  behaust.    Scbwirzinbiro  1&3, 1 ; 

und  fortan  ir  nachtläger  schlugen 

bei  den  eidgnossen  zu  Mülhausen, 

die  sie  mit  freuden  da  behausten.    Fiscdart  gl.  schifiOZi; 

2)  sich  behausen,  niederlassen:  wolle  sich  einer  der  enden 
behausen,  da  im  das  wort  gottes  klar  lauter  gepredigt  wird. 
Luther  3,  421. 

3)  behausen,  domum  occupare,  das  haus  einnehmen:  als  si 
schon  lengst  Hierusalem  behaust  und  erobert  betten.  Frank 
weltb.  99'. 

4)  intransitiv,  habitare,  häuslich  wohnen:  es  ist  ein  man, 
in  dem  weder  lieb  noch  barmherzigkeit  behauset.    Aimon  A; 

und  sonderlich  zu  Syracusen 

thet  er  etlich  monat'behausen.    Waldis  JEsop  2,  30 ; 

ein  behauster,  angesessener  unterthan,  der  haus  und  hof  hat. 
BEHAUSUNG,  /".  habitatio,  wohnung:  und  wirst  erfahren, 
das  deine  hütte  friede  hat  und  wirst  deine  behausung  ver- 
sorgen. Hiob  5,  24 ;  und  wird  eine  behausunge  sein  der  dra- 
chen.  Es.  34,  13 ;  ire  behausung  müsse  wüste  werden  und 
sei  niemand,  der  drinnen  wohne,  apost.  gesch.  I,  20 ;  sehnen 
wir  uns  nach  unser  behausung,   die   vom   himel  ist.    2  Cor. 

6,  2 ;  zu  einer  behausung  gottes  im  geist.  Eph.  2, 22 ;  sie  ist 
gefallen  und  eine  behausung  der  teufel  worden,  offenb.  18,  2 ; 
behielt  ihn  bei  sich  in  seiner  behausung.  Kirchhof  locndunm. 
170';  solle  eine  deposition  in  des  vortreflichen  icti  doctoris 
Lindemanni  behausung  fürgehen.  Schüppiüs  799 ; 

denn  er  hat  ihn  geprüft,  als  in  des  pfafTen  behausung 
er  sich  nach  mausen  hinab  liesz.    Göthe  40,  64. 

BEHÄUTEN,  cute  legere:  wie  der  wolf  behäutet  ist,  so 
wird  er  wol  behaaren;  einen  kästen,  kofifer  behauten,  mit 
haut  überziehen. 

BEHEB,  continens,  retinens,  enthaltsam,  fest  schlieszend: 
continentes,  behebe  menschen,  incontinentes,  unbehebe  men- 
schen, behebe  menschen,  als  die  die  anfechtung  des  leibs 
haben,  aber  sie  gond  ir  nit  nach,  sie  bleiben  also  und  lei- 
den sich,  bis  die  anfechtung  vergat.  Keisersb.  brosamlin  69' ; 
die  ausz  Chartres  sint  arbeitsam,  still,  sittsam,  beheb,  und 
die  für  sich  selber  leben.  Sebitz  40 ;  so  wissend,  dasz  die- 
selhige  massa  nichts  änderst  ist,  sondern  als  eine  büxe  wol 
verfnacht  und  behäb,  und  je  näher  der  gehurt  zu,  je  fester 
die  haut.  Paracelsus  2, 91' ;  nimb  zehen  aier,  thu  sie  in  einen 
glasierten  hafen,  geusz  einen  scharfen  essig  daran,  dasz  er 
über  die  aier  gang,  decks  warm  zu  mit  einem  tuech  und 
einer  beheben  decken.  Sedter  12;  oben  beheb  vermacht  mit 
sand,  welchs  ihm  kein  luft  Icszt.  Thijrneisser  von  wassern. 
102;  vermache  das  glas  beheb  zu,  dasz  nichts  heraus  rie- 
chen mag.  Tabernaemontanus  348 ;  ein  hafen  wol  bedeckt  mit 
einem  beheben  dcckel.  1290;  ledern  seck  in  zimlicher  guter 
grösze,  die  gar  beheb,  fleiszig  und  wol  geneet  seind.  Fronsp. 
1,134';  es  sein  aber  diese  büschel  also  beheb  und  dick,  dasz 
sie  sich  sicher  dahinden  behalten  können.  3,  142';  verwars 
auf  das  best  und  behebest.  1,  147'.  t.  faustbeheb,  faustge- 
recht. Garg.  183'. 

BEHEBEN,  capere,  retinere,  contincre,  behaupten.  Schkel- 
LER  2, 139.    mhd.  beheben  bchuop  (Hin.  1, 644) : 


ein  brem  nit  in  dem  spinnwep  klebt, 
die  kleinen  mücklia  es  behebt. 

Brant  narrensch.  227 ; 
Junker,  mich  wundert  diser  sach, 
da_s  gelt  mügt  (mochtet)  ir  wol  als  beheben, 
thund  mirs  so  früntlich  wider  geben. 

WiCKRABs  bitger  R3; 
do  wurfmd  iro  etliche  die  ritlerschaft  wider  hin  und  wollend  nit 
ritter  sin,  etliche  aber  behubens.  Tschüdi  1,  628;  do  si  sa- 
hend,  dasz  niemand  mit  inen  teil  noch  gemein  weit  haben, 
do  behubend  si  das  land  allein,  l,  631;  wenn  das  zeug  ge- 
nug sei  gestoszen,  so  nimb  es  und  dörre  es  wo!,  so  werden 
grosz  knollen  da,  und  behebt  sich  der  zeug  aneinander,  die 
knollen  lasz  bleiben.  Fronsp.  2,  214'.     s.  heben  und  haben. 

BEHEBIG,  was  beheb :  solche  eisene  Stangen  mit  eisenen 
drehten  oder  sonst  mit  starken  schnüren  auf  das  hertest  und 
behebigst  umbwunden.  Fronsp.  1, 146'.  Stieler  806  hat  behe- 
big aplus,  commodus. 

BEHEBNUS,  f  haft,  bestrickung,  Verpfändung:  ain  entlich 
behebnus  auf  all  des  Sweinshaubt  und  Sweinshaubtin  hab 
und  gut,  was  si  im  land  Kernten  haben,  durch  recht  er- 
kant.  Chmel  Maximil.  s.  400. 

BEHEBT,  aptus,  commodus:  dasz  ihm  gott  einen  viel  be- 
hebtern  köpf  mitgetheilet,  als  etwa  nur  zu  einiger  handarbeit 
von  nöthen.   Brandts  bericht  von  Taubmann  12. 

BEHEFTEN,  figere,  retinere :  das  sie  villeicht  gedenken,  ihn 
mit  der  zeit  also  bei  sich  beheften  und  behalten.  Luthers 
br.  3,  376 ;  forcht,  sie  werd  mich  beheften.  H.  Sachs  I,  290' ; 
sich  mit  einem  beheften  =  befassen,  abgeben,  beheften  heiszt 
auch  mit  heflslichen  annähen,  s.  behaft. 
BEHEGE,  bereit  ?  gerüstet  ?   s.  behegen : 

Bajardo  machte  sich  stracks  gegen  ihm  behege, 
Rinaldo  springt  auf  ihn  und  rennt  weg  seiner  wegc. 
(e,  dove  aspeita  il  suo  Bajardo,  passa 
e  sopra  vi  si  lancia,  e  via  galoppa.) 

Werders  Ariost  2,  19. 

BEHEGEN,  arcere,  sepire,  hegen :  wie  man  das  gericht  be- 
hegen soll?  weisth.  7,,  190  ; 

und  nur  der  busch,  der  auch  das  wild  behegt, 
und  nur  die  schluft,  die  auch  das  raubthier  birgt, 
war  uns  herberge.  Uhlakds  Ernst  104. 

BEHEILIGEN,  consecrare,  heiligen:  der  römischen  kirchen, 
welche  du  durch  gottes  gebot  mit  deinem  blut  beheihget  hast. 
Luther  1,  256'. 

BEHEILIGUNG,  f.  darumb  das  die  heiligraachung  oder  be- 
heiligung  in  uns  noch  nit  vollkommen  sei.  Melanchthons  an- 
weisung  verdeutscht  durch  Spalatin  s.  132. 

BEHEIM,  Bohemus,  ein  Böhme,  man  verstand  sonst  darun- 
ter einen  groschen  oder  plaphart,  ferner  einen  groben  nagel: 
grosze  beheim  oder  schindelnägel.  Hohberg  1, 178'. 

BEHEIMLEIN,  n.  turdus  cristatus,  das  behami,  böhemle, 
bömerle.  Schmeller  1, 140. 

BEHEIRATEN ,  conjungi  matrimonio :  ob  sich  in  denselben 
sipzalen  zimet  zu  beheiraten?  Luther  3,  413';  derwegen  be- 
heuratet,  freiet  und  trauet  er  im  in  Seinem  nicht  allein  bart- 
fehigem,  sondern  auch  mannskräftigem  und  hausverständigem 
alter  das  fräulein  Gargalmelle.  Garg.  76';  ein  mann  der  übel 
beheiratet  (verheiratet)  ist.  Philand.  1,  367. 

BEHEIRATUNG,  /".  heute  Verheiratung :  all  zur  beheiratung 
eurer  kinder  vonnöthen.  Fekenb.  1,  300. 

BEHEIZEN,  calefaccre. 

BEHEIZUNG,  /".  die  beheizung  der  zimmer  fordert  jeden 
winter  fünf  klaftern  holz. 

BEHELF,  m.  adminiculum,  praetextus,  excusatio,  aushülfe, 
ausrede,  aitsßucht,  vorwand,  womit  man  sich  behilft:  das  du 
doch  nicht  verzagst,  hab  dir  meinen  treuen  ralh,  und  gedenk, 
das  du  noch  mehr  behelf  habsl,  dazu  dieweil  du  so  gar  kein 
gehirn  hast,  wil  ich  dirs  anzeigen.  Luther  1,  219';  das  wir 
keinen  andern  beheif  sollen  haben,  denn  das  wir  sagen.  3,  70'; 
denn  die  wider  uns  sind,  haben  kein  sterkern  behelf,  den  sie 
aufwerfen.  3,  261;  so  hellen  die  Schweriner  allzumal  keinen 
behelf  noch  ausOucht  mehr  wider  unsern  verstand.  3,  478 ; 
rechtsprecher,  so  das  recht  lenken  und  dehnen,  wie  es  zur 
Sache  helfen  wil,  die  wort  zwacken  und  zu  behelf  nemen, 
4,  406';  sie  nemen  zu  behelf,  das  wir  falsch  und  heucheige- 
bcte  verwerfen.  4,414';  ach  lieber  golt,  wie  mancherlei  behelf 
müssen  die  bösen  sarhcn  haben,  und  gehören  immerdar  sieben 
lügen  zu  einer  lügen.  6,  89';  wir  manen  alle  chnstgleubigc, 
unangesehen  alle  römische  widergebot,  tück,  list,  behelf,  aus- 
flucht,   zu   obang^zeigtem   generalsynodo   und  freiem  concilio 


1333 


BEHELF— BEHELFEN 


BEHELFEN 


1334 


sich  gehorsamlich  zu  verfügen.  6,  330* ;  höret  aber  lieber  höret, 
wie  die  meister  der  consultation  hie  gern  behelf  suchen  wol- 
len. JosAS  6«  Luther  6,  468*;  ohn  alles  rechtens  streng  und 
behelf.  Lcthers  br.  1, 3S2 ;  und  hat  der  son  disen  behelf,  das 
er  in  rechten  mag  verrichten  das  ganze  gescheft.  Albr.  tos 
Etbe  11";  wa  es  sich  begibt,  das  die  Juden  wider  uns  sind, 
arguiert  er  mit  inen  uns  zu  behelf  usz  irem  thalmud,  Relch- 
LOi  au^ensp.  9* ;  (die  wurzel),  von  vselcher  sie  iren  behelf  ha- 
ben (mit  der  sie  sich  beheifen),  heiszet  mandioka.  H.  Stadex 
q  2 ;  wann  ich  doch  nit  mehr  dann  ein  wenig  ein  behelf  hette. 
Götz  vo?i  Bebl.  lebensb.  81;  wann  das  meer  ungestüm  und 
wütend  ist,  solle  ir  gröszter  behelf  der  anker  sein.  Pe/r.  96'; 
ich  habe  nie  den  fortheil  brauchen  wollen,  so  dem  mehrer 
theil  derjenen,  die  reimen  machen,  sehr  gemein  und  ir  bester 
behelf  ist.  Eb.  älbercs  fab.  s.  X ;  heimiichkeit  und  behelf,  so 
er  von  den  parteien  vermerkt,  niemand  offenbaren.  Frankf. 
reform.  I.  5,3s;  mag  ein  jeder  (ror  dem  gerichU  nach  seinem 
besten  allerlei  behelf,  entschuldigung  oder  gnad  begehren. 
KiBCHHOF  mil.  disc,  246;  aber  er  kann  auch  alle  behelf  aut 
seine  seilen  biegen,  dergleichen  auf  erden  kein  Jurist  erden- 
ken kan.  Ayber  proc.  2, 11;  dieweil  die  heilige  scbrift  das  einige 
mittel  und  der  höchste  gröste  behelf  ist.  daraus  wir  einen 
gründlichen  und  satten  bericht  schöpfen,  fassen  und  erlehrnen 
mögen.  Fischarts  geistl.  practica  löiS  fol.  vorr.; 
bedacht,  das  sie  kein  bbelf  nicbl  baten 
von  winden,  die  sie  treiben  tbaien.    glückh.  tdüf  1151 ; 

was  haben  die  menschen  nur  für  groszen  behelf  von  den  bäu- 
men, Wohnung,  heuser  und  stalle  zu  bawen,  dieselben  damit 
in  dach  und  fach  zu  erhalten.  Lycostb.  Psellio:«oros  lustgarten 
1621  s.  103;  dieser  meinung  dient  nicht  wenig  zum  behelf. 
Lohenst.  Arm.  1, 122 ;  das  ist  auch  nur  ein  bischen  zum  be- 
helfe.  J.  E.  Scblegel  l,  100 ;  wer  wird  so  unbillig  sein,  ihnen 
einen  solchen  behelf  übel  zu  nehmen?  Wieland  3,11; 

allein  auch  diesen  behelf  entbehren  die  göttinnen.    5,  201 ; 

kümmerlicher  behelf  mit  nur  eben  so  vielem  aus  den  Wissen- 
schaften, als  zur  Verwaltung  eines  amtes  alsdann  zureicht, 
wann  man  allein  broterwerbs  halben  sein  wartet.  Klopstock 
12,79;  elender  behelf!  12,  140;  so  wünschenswerth  es  wäre, 
dasz  keine  böse  sache  einen  behelf  Tande,  so  ists  doch  ein- 
mal nicht  anders.  Hippel  U,  190;  aber  die  höchste  wonne  der 
gewalt  ist  doch  nur  ein  elender  behelf.  Schiller  ISS';  zwei 
Worte  hätten  ihm  diesen  widrigen  behelf  erspart.  '70 ;  bekeh- 
rung  durch  gründe  ist  ein  so  schlechter  behelf  als  einer. 
J.  Pacl  leuf.  pap.  2,  8.  Die  belege  zeigen,  dasz  das  vorl  zwar 
meistens  den  Übeln  sinn  einer  nichtigen,  spärlichen  und  leeren 
aushülfe  annimmt,  sonst  aber  auch  für  eine  gute  und  nützliche 
hülfe  oder  beihülfe  galt.  s.  behilf  und  nothbehelH 
BEHELFEN,  jutare,  mhd.  beheifen,  nnl.  behelpen, 

1)  mit  dem  acc,  oder  im  passiven  ausdruck  nom.,  consulere 
alicui :  mhd.  da;  man  sie  behulfe.  pass.  K.  150,  6 ;  nhd.  denn 
war  ist  es,  das  der  mensch  mit  gnaden  beholfen  mer  ist  denn 
ein  mensch.  Llther  1, 176* ;  denn  was  ist  mir  damit  beholfen? 
3,134';  so  were  uns  damit  nichts  beholfen.  3,  ISl;  denn  uns 
nichts  beholfen  ist  mit  irem  verdamnis.  3,  390* ;  wer  diesen 
artikel  im  nicht  leszt  zu  herzen  gehen,  dem  ist  auch  nichts 
beholfen.  8,184';  Wörter  im  dienst  der  kräfte  und  thaten  be- 
heifen das  menschliche  leben.  Pestalozzi  Lienh.  und  G.  4, 16L 

2)  sich  beheifen,  consulere  sibi,  uti  aliqua  re,  sich  bedienen, 
a)  mil  gen.    der  sache:   sich  des  eides  beheifen.   erkl.  des 

landfriedens  von  1522.  11;  er  bat  sich  des  Schwerts  beholfen. 
Keisebsb.  sieben  'schw.;  des  behelf  uns  got.  ausg.  der  Juden 
k  4 ;  dieweil  aber  unser  meinung  ist,  den  einfeltigen  gewissen 
zu  dienen,  wollen  wir  nicht,  das  sich  unsers  beschlusz  sol- 
len beheifen,  die  das  wort  gottes  pflegen  für  zu  wenden  zu 
scbedhcher  freiheit  ires  fleischlichen  mutwillens.  Luther  2,1"; 
Datid  behalf  sich  seines  ledersacks,  seiner  Schleuder  und 
steine.  3,  1S9 ;  also  wird  mein  unflat  und  unreinigkeil  durch 
in  rein  gemacht  und  musz  mich  also  beheifen  einer  frembden 
empfengnis  und  geburt,  und  meine  damit  schmücken.  6,  73'; 
gerechtigkeit,  die  sich  dergleichen  betlflwerks  behilft.  Lcthers 
br.  2,  82 ;  die  arme  frau  rausz  »ich  bei  iren  freunJcfl  fast  des 
bettelbrots  beheifen.  5,  642 ;  des  sich  ain  doctor  in  reden  wi- 
der den  andern  tut  beheifen.  Reocbli*«  augensp.  4";  er  hat 
sich  des  talmuds  wol  und  gescbicklich  beholfen.  9';  so  dann 
ire  bflcher  verbrennt  wären,  wes  küiidten  wir  uns  wider  sie 
liehelfen,  es  were  dann  des  teils  der  bibel.  IS';  beheifen  si 
sich  der  gret,   so  sie  ^n  fischen  auf  dise  not  haben  aufbe- 


halten. Frakk  tceltb.  14*;  er  behilfet  sich  allein  des  trinkens. 
Agbicola  679;  wie  ihr  bisher  euch  eins  entis  beholfen  habt 
Paracelscs  1,  4';  sich  des  stelens  und  streiferei  beholfen. 
Reihter  kriegsordn.  71;  damit  nieman  hinfüro  sich  der  Un- 
wissenheit mer  hab  zu  beheifen  noch  damit  zu  beschünen. 
publicalionspatent  der  Frankf  reform,  ton  157S;  des  senatus 
consulti  macedoniani  gegen  dem  leiherm  sich  beheifen.  reform. 
II.  11,  12 ;  damit  dieselben  ihres  auszenbleibens  halben  sich 
der  Unwissenheit  nicht  haben  zu  beheifen.  I.  7,  10 ;  sondern 
mich  allein  der  hauptpflastern  behelfe.  Würtz  pract.  106;  so 
beheifen  sie  sich  aufs  wenigst  allein  des  lateinischen,  Shnpi 
1,  700. 

b)  mit  praepositionen. 

a)  mit:  und  wilcher  sich  mit  uns  adir  undir  uns  behelfin 
wil.  Landau  ritterges.  s.  109  a.  1371;  sich  mit  keinem  andern 
hern  beheifen.  weislh.  l,  461;  weil  alle  ketzer  sich  mit  der 
Schrift  beheifen.  Lcther  3,  336';  so  ir  Junkern  aber  nit  an- 
heimisch seit  und  den  frauwen  die  zeit  zu  lang  wil  werden, 
so  müssen  si  sich  mit  den  Stallknechten,  küchen  und  kellern 
beheifen.  Frey  garteng.  cap.  41;  da"  nun  der  marschalk  ver- 
nam  wo  die  sach  hinaus  wolt,  könnt  er  sich  nit  mehr  mit 
seinem  falschen  geschwätz  beheifen.  Galmy  276 ;  sich  mit  der 
Unwissenheit  nicht  beheifen  (entschuldigen).  Frankf.  reform. 
U.  7,13; 

ich  werd  es  (da*  spinnen)  aber  wol  bleiben  lassen, 

und  mich  vielmehr  anf  allen  gassen 

beheifen  mit  den  schreibem. 

geschiebt  mir  wie  andern  weibern. 

UoFFK.  gesellsdi.  lieder  68; 

dieweil  sich  e.  e.  leichtlich  mit  eim  gezeitenbuch  für  ir  an- 
dacbt  kan  beheifen.  bienenk.  4* ;  es  ist  wol  war,  dasz  sie  sich 
zu  Zeiten  mit  der  scbrift  behilft.  30*;  und  springen  also  wie 
meerkälber  und  imruhige  vögel  von  eim  zweig  auf  den  andern, 
und  beheifen  sich  mit  bänden,  mit  zänen  und  mit  allen  gli- 
dern.  5S*;  dasz  er  forthin  mit  Pauli  Schwert  sich  wolle  be- 
heifen. 216*;  sich  mit  betteln  beheifen.  pers.  rosenth.  3,  13; 
sie  beheifen  sich  mil  geringer  speise,  beschr.  orient.  insuln 
Ws;  ihre  götzenpriester,  welche  mit  beschweren  sich  wol  be- 
heifen können,  das.;  dasz  er  sich  mit  der  übrigen  geselischaft 
in  dem  alten  schlösse  schlecht  beheifen  müsse.  Götbe  18,  264 ; 
sie  kann  sich  wol  mit  ihrer  zunge  beheifen;  behiift  sich  mit 
lügen;  man  behilft  sich  auch  mit  wenigem  (kommt  damit  aus); 
damit  kann  ich  mich  lange  zeit  beheifen;  er  weisz  sich  mit 
vielem  zu  beheifen,  hat  zu  tiel  dingen  geschick. 

ß)  aus:  wil  ich  aufs  nebest  ich  kan  hinzu  schieszen  und 
auch  aus  den  historien  mich  beheifen.  Lcther  6,  136*;  also 
gieng  es  der  biblia  tmter  dem  bapst  auch,  die  man  öffentlich 
ein  ketzerbuch  hiesz  und  ir  schuld  gab,  die  ketzer  beholfen 
sich  aus  der  biblia.  6,  316';  er  hat  sich  mer  dan  an  fünfzig 
orten  wider  die  Juden  beholfen  aus  dem  talmad.  Reccbliii 
augensp.  9*. 

y)  Ton:  sintemal  sie  sich  nicht  künden  Ton  der  sonnen 
licht  beheifen.  Lcther  4,  47*. 

^)  in:  müssen  in  nassen  kleidem  und  schuhen  sich  be- 
heifen. Kirchhof  mil.  disc.  116;  ein  eigen  zimmer  vor  die 
Esther  und  ihr  kind,  darinnen  sich  auch  Josanna  beheifen 
muste.  Simpl.  2,  454;  hierbei  gelingt  es  denn  auch,  ein  viele 
jähre  gewünschtes  gartenhaus  an  die  stelle  des  alten  zu  setzen, 
worin  du  dich  auch  einmal  beholfen  hast  Götbb  an  Zelter  482. 

c)  auf: 

will  keinem  weib  kein  ursach  geben, 

dasx  sie  sich  auf  mich  behelf  nur.    Aiui  66*. 

c)  sich  beheifen,  ohne  beigefügten  casus:  wer  sich  beheifen 
musz,  der  hat  nit  vil  ubrigs,  als  da  sich  ainer  im  winter  mit 
hosen  deckt.  Recchlin  augensp.  14* ;  behalf  sirb  wie  er  mochte. 
Bocc.  1,41';  behalf  sich  wie  er  mocht  Eulensp.  cap.  32;  die 
weil  sich  denn  je  mein  sach  also  zutregt,  dasz  ich  mich  nicht 
änderst  beheifen  mag.  Galmy  276;  wir  können  sich  nit  be- 
heifen. Helviccs  jüd.  gesch.  1,  5 ;  zwei  tausend  thaler  mehr 
würden  alles  gut  machen,  aber  diese  will  man  ersparen,  man 
musz  sich  beheifen,  heiszt  es.  Wiela-xd  7,  300 ;  wenn  ich  zu 
dir  kam  und  so  viel  leer  stehen  sah,  und  ich  musz  mich  so 
ängstlich  beheifen.  Göthe  7, 135 ;  hätten  sie,  anstatt  der  groszen 
und  kühnen  aufopferungen,  sich  zwischen  ihrer  familie,  einem 
bräutigam,  vielleicht  einem  gemahl  nur  so  hin  beholfen.  19, 
339;  ilir  mOszt  euch  dermalen  nun  sehen  ohne  alle  dies« 
leichten  und  anmutigen  Zerstreuungen  beheifen  lernen.  Tieck 
ges.  nov.  4,248;  er  weisz  sich  nicht  za  beheifen,  kam  nidU 
lurechl  kommen. 

84* 


1335 


BEHELFEN — BEHEMMEN 


BEBEN— BEHENDE 


1336 


3)  einem  beholfen  sein  =  helfen,  in  der  activbedeutung  des 
part.  praeL,  wie  bedient  sein  (sp.  1231),  die  sacke  wiederum 
im  gen.  oder  mit  praeposilion,  wie  bei  2. 

mhd.  des  wolt  ich  gern  bebolfen  sin.  Ls.  2,  263; 
auch  sollen  und  wollen  wir,  unser  ein  deme  andern  beholfen 
unde  beständig  sin  zu  allen  unsers  iecliches  Sachen.  Landau 
ritterg.  s.  98  o.  1362 ;  die  sullin  in  behulfin  sin  uf  ire  flende. 
5.  125  0.  1373;  wi  willet  en  ok  behulpen  sin,  ane  uppe  dat 
heilige  romesche  rike.  133  a.  1373;  ouch  sol  unser  oheim  Ul- 
rich der  geselschaft  mit  dem  sterne  nit  beholfen  sin  wider 
die  lantgrefen  von  Hessen.  136  a.  1373;  wir  emphelhen  dir, 
dasz  du  den  armen  leuten  in  der  Reifnitz  mit  körn  und  traid 
beholfen  seiest.  Chmel  Maxim,  s.  13  (a.  1493) ;  sind  sich  auch 
beholfen  (es  steht  behülfen)  in  der  gefahr.  Forer  fischb.  60'; 
saget  frölich  nach  euwerem  begeren  was  euch  geliebet,  kann 
ich  euch  beholfen  sein,  wil  ich  mich  nicht  sparen,  buch  der 
liebe  53,  2 ;  so  wollen  wir  dem  keiser  mit  aller  unser  macht 
beholfen  sein.  Aimon  B ;  ich  schwer  und  glob  euch,  inen  wider 
allermännigklich  (one  den  keiser)  beholfen  zu  sein.  Bl;  ich 
gee  dahin,  wo  mir  gott  bebolfen  sein  will.  Fl;  itzund  erkenne 
ich,  das  ir  mir  beholfen  seid  gewest.  0 ;  so  will  ich  inen  mei- 
nes Vermögens  beholfen  sein.  P3;  hat  euch  keiser  Carl  lange 
zeit  beschedigt,  villeicht  wird  euch  got  kürzlich  wider  behol- 
fen sein.  X;  ir  versprachent  mir,  das  ir  mir  gegen  dem  kei- 
ser beholfen  sein  wollen.  Zi;  war  den  mit  rat  und  that  be- 
holfen. Kirchhof  wendunm.  372";  man  musz  aber  mit  rechten 
mittein  der  natur  zu  solchem  beholfen  sein.  Fel.  WtJRTZ 
practica  s.  194 ;  mein  neuer  herr  erbot  sich  mir  mit  rath  und 
that  beholfen  zu  sein.  Simpl,  1,  359.  heute  nicht  mehr  im 
gebrauch,     s.  helfen,  anhelfen,  aushelfen. 

BEHELFLEIN,  n.  ein  kleiner  behelf:  ob  jemand  ein  behelf- 
lein wolt  suchen  und  fürgeben.  Luther  3,  496*. 

BEHELFLICH,  utilis,  opportunus,  was  behülflich. 

BEHELFLICHKEIT,  f.:  davon  sie  kleidung,  speise,  trank 
und  andere  behelflichkeit  kaufen  und  vertauschen.  Thdrneisser 
von  wassern  s.  58. 

BEHELFÜNG,  f.  dasselbe,  öfter  bei  Keisersberg.  behelfunge. 
theol.  deutsch  s.  42. 

BEHELLEN,  was  das  folgende  behelligen: 

mein  urthel,  das  mir  feilt, 

das  kostet  nimmer  geld, 

weil  solches  unbehellt 

mein  richter  mir  bestellt.    Logau  2, 10,  61. 

BEHELLIGEN,  molestiam  exhibere,  einen  bemühen,  belästigen, 
ermüden,  von  hellig  müde,  matt  (Schm.  2, 172),  mhd.  hellec  (Ben. 
1,  660*).  das  einfache  helligen,  ermüden,  stören  ist  ungebräuch- 
lich, vgl.  abheiligen,  ausheiligen,  erhelligen,  erfuhren  aber  bald, 
dasz  mein  herr,  der  soldatenwache  ins  haus  bekommen  hatte, 
nicht  allein  von  der  beschimpften  dame,  sondern  auch  noch 
von  einer  höheren  person  behelligt  werde.  Felsenb.  3,  385 ;  es 
verlohnte  sich  wol  der  mühe  nicht  uns  damit  zu  behelligen. 
Wieland  8,  66;  falls  ihr  euch  auch  mit  solchen  dingen  be- 
helligen wolltet.  Wieland  bei  Merck  1,  105;  alle  die  sich  seit 
angezeigter  zeit  damit  behelligten  in  solchen  Schriften  und 
blättern  aufzutreten.  Klopstock  12,  269;  was  den  magniflcus 
betrift,  so  werden  sie  nicht  unterlassen  haben,  ihre  ehrfurcht 
für  seine  ruhe  vorzuschützen,  dasz  sie  ihn  nicht  behelligen 
wollen.  Hamann  3,  325;  da  in  der  that  keine  unart  verächt- 
licher ist,  als  die  obren  seiner  freunde  mit  Unwahrheiten  zu 
behelligen.  Münchhausens  reisen  9 ;  die  landescollegien  werden 
mit  keinen  bändeln  und  processen  von  dorther  behelligt.  Güthe 
17,  23;  dasz  ihr  mich  nicht  mit  irgend  etwas  behelligt,  was 
ich  nicht  höchst  nothig  erfahren  musz.  Tieck  4,  403 ;  ich  musz 
sie  freilich  mit  meinen  übersichtigen  grillen  behelligen,  wem 
sollt  ich  sie  sonst  mittheilen?  BerriNE  &r.  1,  50 ;  lasz  mit  dei- 
nen Sachen  mich  künftig  unbehelligt,  es  ist  ein  vornehmer 
ausdruck,  mit  dem  höhere  von  sich  ablehnen,  zurückweisen,  sie 
wollen  unbehelligt  sein. 

BEHELLIGUNG,  f  molestia,  onus. 

BEIIELMEN,  galeare,  galca  legere,  mhd.  helmen: 
behelmt  und  bepanzert.    l'rimL  5, 101 ; 
denn  aus  der  tieTc  des  gehölze.s  plötzlich 
trat  eine  Jungfrau  mit  behelmtem  haupt.    Schillkr457'; 
meine  behelmte  ktinsi.    I'latkn  132". 

BEHEMDEN,  indusio,  tunica  vestin: 
fast  alles  nackt,  nur  hier  und  da  behemdet.    Götuk  41, 116. 

BEHEMMEN,  impedire,  reltnere,  captre  (Ben.  1,  625'):  also 
ward  der  herr  fürchten,  das  im  der  birt  Malchus  entgicng  und 


hinweg  lief,  und  gedocht,  er  wolt  im  ein  weih  geben,  wann 
er  dann  weih  und  kind  überkem,  so  würd  er  behempt  und 
blib  im  bei  dem  vih.  Keisersb.  omeis  7';  bald  entpfieng  er 
des  ein  rew  und  wolt  ubel  mit  übel  zudecken  und  den  kei- 
ser zu  Cili  mit  wenig  volks  wesende  behemmen,  liesz  800  rei- 
ter  bei  nacht  ein,  die  sollen  den  keiser  fahen.  Frank  weltb. 
92";  von  stund  an,  als  si  das  schlosz  behemmet  hatten. 
TscHUDi  1,  240.    s.  behammen,  behammeln. 

BEHEN,  fovere  =  bähen,  z.  b.  darnach  das  pferd  wol  ge- 
wischet und  gebehet  mit  kimmichkraut.  Seoter  9. 

BEHEN,  n.  der  arabische  name  einiger  pflanzen,  centaurea 
beben,  beben  album,  cucubalus  beben,  auf  deutsch  widerstosz 
Junggesellenkraut,  gliedweich  «.  s.  w. 

BEHENDE,  BEHEND,  celer,  citus,  promtus,  agilis,  dexter. 
ein  augenscheinlich  mit  band  nahverwandtes  wort.  ahd.  hiesz 
aj  henti  pim  praesto  adsum,  später  zi  henti,  heute  zur  band ; 
nicht  anders  ahd.  pi  henti,  mhd.  be  hende,  nhd.  bei  der  band, 
an  der  band,  bezieht  man  diese  Vorstellungen  auf  die  rechte, 
vornehme,  schöne  hand,  so  entfallet  sich  von  selbst  die  der 
dexterilät,  wie  dexter,  Seiwg,  skr.  daksa  und  dextera,  Ssitd, 
daksinä  zusammengehören,  wer  zur  band,  bei  der  band  ist, 
der  wird  auch  fertig,  bereit,  gewandt  und  schnell  sein. 

Doch  aus  dem  praepositionalen  bei  der  band,  be  hende  ein 
flectier-  und  steigerbares  adj.  behend  auf  dem  unorganischen 
we'ge  unseres  zufrieden,  vorhanden  und  bang  entspringen  zu 
lassen,  hat  schwierigkeil,  diese  nhd.  drei  adjecHva  müssen  aller- 
dings von  den  adv.  zu  frieden,  vor  banden  und  be  ange  oft- 
geleitet  werden;  aber  bebende  war  schon  ein  mhd.  berechtigtes 
adj.  (Ben.  1,  632")  und  ein  ahd.  pihenti,  wenn  gleich  unauf- 
gefunden,  könnte  wol  bestanden  haben,  man  hätte  es  auf  ein 
verbum  bantön  {vgl.  drittehantun.  Graff  4,  971)  oder  hentan, 
manibus  Iraclare,  prehendere  =  alln.  henda  zurückzuführen, 
welchem  auch  behanden,  behenden,  einhändigen  angehört,  be- 
hende ist  was  bandlich,  tractabilis,  franz.  traitable,  maniable, 
engl,  handsome,  auf  suchen  bezogen  bequem,  gefüg: 

vi]  schoenej  isengewant 

beidiu  behende  unde  guot.    £r.  591; 

xe  enge  noch  ze  swaere, 

dö  was  ej  behende  unde  guot.    617; 

auf  Personen  gehend  agilis,  habilis,  promtus : 

e%  lief  kreiierende  hie 

behender  garzüne  gnuoc.    /i».  7107; 

fiinfzehn  knaben  er  gewan, 

so  behende  daj  kein  man 

deheine  tiuwerre  vant.    Er.  2344 ; 

diu  unbehende  böse  schar,  pass.  H.  217,  8. 
diese  lebendigen   adj.   wird  man  nicht  aus  be  hende  erklären 
wollen,   höchstens   kann   es  im  einzelnen  fall  zweifelhaß  sein, 
ob  die  praepositionale  fügung  oder  das  adj.  gemeint  ist,  z.  b. 

der  herre  ire  gegen  gie, 

vii  wole  er  si  enphie, 

er  vie  sie  behende, 

er  gie  mit  ire  spilende 

über  das  scöne  velt.    fundgr.  2,  35,  29, 

hier  scheint  doch  behende  eher  bei  (mit)  der  hand  als  schnell. 
Dasvpodius  302  stellt  auf  nhd.  behend  dexter,  agilis,  Maalei 
55'  gar  schnall,  ring  und  fertig,  praeceler,  celer,  impiger,  in- 
dustrius.  Stieler  758  behend  manu  promplus,  agilis,  facilis, 
celer,  Schmeller  2,  204  phent,  pfent,  hurtig,  schnell,  hervor- 
zuheben sind, 

1)  leibliche  gefügigkeit,  leichtigkeit,  schnelle:  und  ist  kein 
geringer,  behender  ding  nit  weder  die  zung.  Keisersb.  Sünden 
des  munds  49' ;  also  geschieht  mit  den  vechtern,  Springern  und 
andern  behenden  leuten.  Albr.  von  Eybe  37";  füsze  die  be- 
hende sind  schaden  zu  thun.  spr.  Sal.  6,  18;  behender  gang; 
er  ist  behend  auf  den  fiiszen ;  behende  band,  manus  expedHa, 
würde,  wenn  man  aus  bei  der  band  ableitet,  auffallender  pleo- 
nasmus  sein;  ein  behendes  reh;  der  behendeste  fkig. 

2)  geistige  begabung,  witz,  lisl,  schlauheil:  donn  es  ist  in 
ihr  der  geist,  der  verständig  ist  ...  scharf,  behend,  beredt, 
rein,  klar,  weish.  Sal.  7,  22 ;  wir  lichten  so  behende  fündlein 
und  schwinde  griffe.  Luther  4,  406*:  und  sonderlich  wcisz  der 
piiliel  von  solcher  behender  grainmalica  nichts,  dasz  accipio 
und  accipiam  zweierlei  sei.  5,  211";  ein  kurze,  behende  und 
rechte  antwoit.  Kirciihok  wendunm.  34*;  behender  geist,  rat, 
zorn;  Hippias  bcsasz  ciueo  behenden  uud  geschmeidigen  witz. 
WiELAND  1,66;  seine  geisleskraft  war  behende  und  sehr  durch- 
dringend. Claudius  5,  18;  der  verstand  kann  begriffe  von 
gioszem  uinfan({0  haben,  ja  auch  von  •bebenden  begriffen  sein. 


1337 


BEHEM)E 


BEHENDE  —  BEHENKEN 


1338 


Kant  10, 20S ;  der  köpf  von  bebenden  begriffen  ist  nicht  immer 
auch  ein  gründlicher.  10,  217 ; 

denn  was  ich  berühre , 
wird  mir  unter  der  band  gleich  ein  behendes  gedieht. 
Gö  iHE  1,  375; 
eines  lebhaften,  geistreich  um  sich  blickenden,     behenden  mdn- 
nes.  24,152;  ein  thätiger  und  behender  freund.  31,265;  auch 
ist  der  graf  nicht  so  gar  behende  und  sinnreich,  dasz  es  son- 
derlich  schwer  werde  ihn  zu  hintergehn.    TiEct  2,  161;    und 
dann  war  ich  so  zutraulich  und  behende  mit  den  Franzosen 
wie  mit  meines  gleichen.  6,  356. 

3)  die  ältere  spräche  verband  mit  hebende,  gnarus,  kundig 
den  gen.  der  sacke: 

der  marschalk  sprach,  ich  bins  behend  {ich  iceisz  es  usol), 

sie  kan  gespengeh  theding  wol.    Mörin  40; 

der  messenkunst  was  er  behend, 

kund  doch  uszecken  nit  sin  end.    Bram  narrensch.  192; 

bei  MCssTEB  heiszt  es  1226:  sie  seind  behend  mit  bogen  zu 
schieszen. 

4)  behend  von  der  spräche:  auf  behend  (geläufig)  eigentlich 
deudsch.  Luther  3,  467';  indes  die  fremden  in  einer  unbe- 
kannten sehr  behenden  spräche  gegen  einander  zischten.  Göthe 
15,  210. 

5)  behend  von  strenger,  rascher  kälte:  ir  treid  wirt  selten 
reif  oder  zeitig  von  der  behenden  anfallenden  kelte  wegen. 
Fbaxk  weltb.  56' ;  die  behende,  zunehmende  kälte.  Ra.\t  1,  42. 
ebenso  von  anfallender  krankheit :  ob  mich  gott  mit  einer  be- 
henden krankheit  angriffe.  Reutter  kriegsordn.  42.  - 

BEHENDE,  BEHEiNü,  adv.  aple,  dextere,  agiliter,  subito,  eito. 
mhd.  »per  unbebeade  {ungeschickt)  grö j.    £r.  747 ; 
nhd.  hiemit  do  tet  er  fassen 

ein  armvoll  spiesz  behend  {geschickt,  gewandt). 

Ualbscter  im  Sempacher  lied; 
gar  kürzlich  sagt  er  mir  behend, 
ich  bin  gewest  an  manchem  end.  Schwakzenb.  150,  2; 
sölcber^^ersier  anTang  zeigt  bebend 
grosz  pusz  im  mittel  und  dem  end.    157,  2; 
das  gQügel,  so  im  lufl  bebend 
rumfliegen,  jeder  nach  seiner  art.   Wicuuks  bilger  D3; 

und  urteil  nit  behend, 
bisi  er  vor  erforsch  die  umbstend.    H.  Sachs  I,  S7' ; 

niemants  mag  so  bebend  schreiben,  als  die  zung  redet.  Kei- 
SEBSBERG  sünden  des  munds  49';  aber  etlich  lerer  sprechent, 
ein  schlang  hab  nit  me  dan  ein  zung  und  zitier  so  behend 
mit,  das  man  meint,  es  seint  zwo  zungen  und  ist  numen  ein 
zung.  67';  behend,  flux,  in  einem  zuck  oder  juck,  raptim, 
adutum.  Maalek  55';  behend  absitzen,  schnell  ab  dem  ros 
springen,  das.;  verwunderten  sich,  dasz  aus  einem  groben 
bauren  so  behend  ein  witziger  und  fürbeträchtiger  schultheisze 
worden  was.  Frey  garteng.  53;  der  rilter  behend  von  seinem 
pferd  sprang.  Galmy  323;  da  der  andern  waffen  im  zeughaus 
zerrinnen  würde,  diese  behend  zu  finden  weren.  Kirchhof  disc 
mit.  30;  behend  oder  ehe  es  jemand  meinet  wird  eine  bien- 
dung  und  zugleich  damit  eine  schanz  gemacht.  174; 

und  sollen  ein  eilendes  end 

durch  deiner  sennen  pfeil  behend 

in  ihren  sünden  finden.    WecKHERLt.i  S5 ; 

aber  der  Schwed  wird  ihn  behend 

fein  aus  dem  lande  jagen.    Soltau  4S3 ; 

und  je  zärier  ist  der  faden, 

je  bebender  nimmt  er  schaden.    Flk>inc323; 

war  ich  ihm  so  behend  durch  seinen  arm  geschlüpft. 
G(:!fTHEit  1038; 

schön  liebchen  schürzte,  sprang  und  schwang 

sich  auf  das  ros  behende.    Rcrgers  Lenore; 

dringen  die  andern  ins  mark,  zünden  behende  das  blut. 
GöTBB  1,262; 

der  knabe  der  eilt  so  bebende, 

war  bald  an  des  scblosses  ende.    1,  22t ; 
und  behende 

stürzte  der  liebende  sich  heisz  in  die  nächtliche  ftut.    1,  262; 

weckt  aus  der  asche  behend  flammen  aufs  neue  hervor.  1,272 ; 

schneller  hielt  ich  mich  dran  und  fuhr  behende  dem  dorf  zu. 

40,  245 ; 

sachte  nach,  und  erreicht«  sie  bald  und  sagte  behende. 

40,  247 ; 

aber  es  fiel  sogleich  die  gute  mutter  behend  ein.  40,  240; 
ich  faszte  das  italienische  sehr  behende.  24,  46;  gern  macht 
ich  ihnen  nun  auch  von  ihm  das  portnit,  so  weit  ichs  habe, 
und  führte  den  rattentext  weiter  aus,  wenn  mich  bei  diesem 
gegenstände  nicht  der  natürliche  Widerwille  gegen  das  schrei- 
ben behende  ergriff,  an  fr.  von  St.  2,  43;  ein  bebend  wirken- 
des gift  Kamt  5,  253.     wie  Frei  garteng.  eap.  4 :  bebend  und 


bald  so  erwüscht  der  schuster  ein  kneipen;  sagt  auch  Göthk 
17,  349:  das  was  ich  will,  was  mir  unentbehrlich  ist,  halte 
ich  fest  im  äuge,  ich  werde  es  ergreifen  und  gewis  bald  und 
behende,  so  treten  natürliche  wortverknüpfungen  ganz  unbe- 
vust  in  der  spräche  hervor,  so  behende  kann  wie  so  schnell 
und  so  bald  im  sinne  von  simulac  primum  gesetzt  werden. 

BEHE.NDE,  /".  celeritas,  agilitas.  Maaler  55*;  sein  bebend! 
durchgehet  in  ictu  ein  hund.  Paracelsus  1,  Sil'. 

BEHENDEN,  tradere  in  manus,  einhändigen,  bebanden,  be- 
bänden,  vgl.  mhd.  bebenden  (Be.^.  1,  632'),  altn.  henda  und 
vorhin  unter  behende. 

BEHENDIG,  gleichviel  mit  behende.  Graff  führt  4,  974  be- 
handech  industrius  auf  vihd.  behendec  (Ben.  1,  632*).  nhd. 
man  sagt,  der  betrug  sei  ein  sehr  behendig  ding  und  könne 
allein  aus  allerhand  gegeneinander  gehaltenen  umständen  ver- 
merkt werden.  Melaxchthos  4,  343 ; 

gleich  dem  fertigen  Schmetterling, 

der  aus  starrem  puppenzwang 

flügel  entfaltend  behendig  schlöpit.    Göthk  41,  231. 

mhd.  bildete  sich  auch  ein  subst.  bebendigsre,  ein  geschickter 
mann. 

BEHENDIGEN,  behandigen,  einhändigen :  welchs  ich  getban, 

und  durch  einen  unsers  klosters  diener,   dem  ich  denn  auch 

ein    zeddel    geschrieben,   im   zu   behendigen  bestellt.    LtrraER 

2, 384*.    in  folgender  stelle  scheint  es  aptare,  idoneos  reddere : 

Völker  behendigt  bat  und  gebendigt.    MsLisscsps.  V5*. 

BEHENDIGKEIT,  f.  habilitas,  agilitas,  calliditas,  mhd.  be- 
hendekeit (Ben.  1,  632'):  da  sie  nu  durch  dis  mittel  nichts 
ausgericht,  haben  sie  sich  auf  ein  behendigkeit  dieser  tück 
gebraucht.  Lcthee  1, 144' ;  nu  aber  haben  sie  der  groben  be- 
hendigkeit braucht,  das  sie  allein  ein  geschrei  mechten.  1,155*; 
stracks  oder  krumbs,  waserlei  behendigkeit  und  färbe  das  ge- 
schehe. 2,  55* ;  es  were  denn  in  solchem  fall,  das  einer  dem 
andern  ein  reiche  braut  mit  behendigkeit  entrückte.  4,  407*; 
das  bracht  Esopus  mit  seiner  behendigkeit  zu  wegen,  Al- 
BERDS  s'; 

keiner  wölken  lauf,  noch  winds  behendigkeit.  Wkcehzrl.  ISl ; 

dasz  ich  mich  von  diesem  gnadentbron  durch  keine  list  und 
behendigkeit  des  satans  zurückführen  lasse.  Schcppids  445; 
auszer  einer  behendigkeit  zum  zorn  weisz  ich  keinen  fehler 
an  ihr.  Hippel  12,  74 ;  der  knabe  zeigte  alle  bequemlichkeiten, 
kleine  vortbeile  und  bebendigkeiten  des  ganzen  leichten  baues 
(eines  reisewagens).  Gütbe  21,  164;  behendigkeit  des  taschen- 
spielers. 

BEHENDIGLICH,  aptus,  eommodus  und  adv.  apte,  eommode, 
eito.  mhd.  behendeclich,  behendecücbe  (Be.n.  1,  632") :  will  du 
behendigklich  die  summa  wissen.  Mich.  Stifel  17 ;  er  sprang 
behendigklichen  auf  Aimon  B  4 ;  bestreich  die  kuchlein  mit  der 
goltfarb  behendigclich  umm  und  umm.  küchenmeisterei  ci ;  ain 
ander  weis  behendigiichen.  d2; 

was  so!  man  sagen  von  dem  schallt, 
den  er  kundt  unter  seinem  balk 
verbergen  so  behendiglich.    Albercs  74»; 
si  trollten  sich  behendigklich.    Soltal- 372; 

endlich  wagte  er  es  mit  den  fersen  die  rippen  ihm  beheo- 
diglich  zu  klopfen.  Herves  Soph.  reise  3,  219. 

BEHENDS,  adv.  statim,  cito,  diese  bildung  kann  zwar  aus 
dem  adj.  behende,  wie  bereits,  rechts,  links,  längs  aus  bereit, 
recht,  link,  lang  genügend  erklärt  werden,  mahnt  aber  doch  an 
den  adverbial  gesetzten  gen.  des  subst.  band  im  nd.  tohantes, 
altohantes,  mnl.  te  hanls,  nnl.  hands,  onders  hands,  könnte 
also  der  deulung  von  bebend  aus  be  hende  Vorschub  thun.  sie 
erseheint  mhd.  durchaus  nicht,  schlug  Petrum  an  die  seilen 
und  wecket  in  auf  und  sprach,  stehe  behends  auf;  das  er 
(der  zinskauf)  ein  neues  behendes  erfunden  ding  ist.  Llther 
1,  194'  (in  welcher  stelle  es  aber  auch  neutrum  des  adj.  sein 
könnte);  sie  liefen  behendts  widerumb  zu  haus.  Wicerai 
rollw.  73; 

das  uns  gott  werd  mit  seiner  ruten 

scharf  heimsuchen  und  gar  hehenti 

mit  krieg,  theurung  und  pestilentz.  H.  .Sachs  1,348*; 

Man  aber  der  stund  auf  behends  (:pestilenu).    I,  455»; 
ir  soll  behentz 

inen  thun  ehr  und  reverenti.    .\trer  12'. 

BEHENKEN,  was  behängen. 

1)  transitiv,  ich  fOrchte,  überkäme  ich  eine,  so  mäste  ich 
mein  lebelang  mit  ihr  und  sie  mit  mir  bebenket  sein.  Fret 
garteng.  90 ;  sein  haus  auf  fronleichnamstag  mit  tapeten  auszeo 


1339   BEHERBERGEN— BEHERSCHUNG 

behenken.  Kirchhof  wendunm.  477*;  und  disz  behenken  sie 
ferner  mit  vielen  andern  freien  zeugnussen.  Fischart  bienenk. 
142'; 

die  mit  sacken  voller  gcldes  sind  behenket  überall, 
kommen  schwerlich  in  den  hiinmel,  dann  der  steig  ist  gar  zu 
schmal.  Logad  3,  2,  G7 ; 

ich  hätte  lieber  nach  Londen  in  Sodom  und  Gomorra  oder 
Prag  hinter  die  mauren  gehen  wollen,  und  hätte  ich  über  vier 
Wochen  ins  spital  gemust,  als  mich  mit  diesem  fantasten  be- 
henken, ped.  schulfuchs  ^116. 

2)  intransiliv,  dasz  er  mit  dem  köpf  in  den  Speichen,  so 
eng  waren,  behenkte.  Kirchhof  wendunm.  352' ;  kolmeisen  und 
rotkehlichen  bleiben  (am  kloben)  behenken.  Mathesids  154'; 
schmähe  weidlich,  wann  es  schon  nit  war  ist,  so  behenkt 
doch  allzeit  etwas.  Fischart  groszm.  75;  Absalon  behieng  an 
haaren,  so  behenkt  dieser  beschoren  mönch  bei  den  oren. 
Garg.  252*;  wenn  die  stalljungen  hebritzen  machen  und  ihr 
maschen  und  schlingen  ins  stroh  binden,  da  bleibt  auch  man- 
cher (Sperling)  behenken.  Schuppiüs  837 ;  einen  ekel  . . .  der 
auch  an  ihnen  bei  zuwachsenden  jähren  und  verstand  behen- 
ken blieben.  Leibnitz  458. 

BEHERBERGEN,  hospitio  recipere,  franz.  loger:  ich  bin  ein 
gast  gewesen,  und  ir  habt  mich  beherberget  {ahd.  ih  was  gast, 
inti  ir  halotut  mih,  goth.  gasts  vas,  jah  galal)udeduj)  mik). 
Matth.  25,  35;  ich  was  ein  gast,  und  ir  habent  mich  beher- 
berget. Keisersb.  sünd.  des  munds  42' ;  gastfrei  zu  sein  verges- 
set nicht,  denn  durch  dasselbige  haben  etliche,  on  ir  wissen, 
engel  beherberget.  Ebr.  13,  2 ;  und  beklagt  sich,  sie  möcht  nie-  ■ 
neu  mer  hinkunien,  sie  wer  verirret,  wer  nacht  und  müst  ver- 
derben, er  soll  als  wol  thun  und  solt  sie  beherbergen.  Keisersb. 
Sünden  des  munds  57*;  und  hat  man  den  lieben  got  zu  dem 
halben  mon  gelosiert  und  beherbergt,  bienenk.  174';  und  in 
der  mitte  einer  unzähligen  menge  kleiner  lustwälder  beher- 
bergte ein  künstlicher  ocean  alle  arten  von  wassergeschöpfen. 
Wieland  6,  202 ;  sie  bedauerte,  dasz  sie  ihn  wegen  der  vie- 
len fremden  die  nacht  nicht  beherbergen  könne.  Göthe  18, 137 ; 
er  beherbergt  viel  Ungeziefer,    s.  herbergen. 

BEHERBERGER,  m.  receptor  peregrinorum :  beherberger, 
aufenthalter  der  ketzer;  so  dasz  ihn  der  beherberger  selbst 
nur  wie  ein  dunkles  rälhsel  versteht.  Tieck  4,  295. 

BEHERLICHEN,  summam  terrae  potestatem  tribuere :  wie 
hochgedachter  leib-  und  landherr  beherlichet  sei.  weislh.  3,  746. 

BEHERREN,  domino  subdere,  beherret,  domino  subdiius: 
wo  du  mich,  wie  ich  dich  in  meinem  gewissen,  da  ich  allein 
im  himmel  beherret  bin  {nur  im  himmel  einen  herrn  aner- 
kenne), frei  lassest.  Frank  verbülschiert  buch  406' ;  als  die  an 
dem  ort  gen  himmel  beherret  seind  und  ein  gott  im  himmel 
haben,  kriegsb.  des  friedens  167;  weit  beherret  ist,  dasz  man 
selten  zum  herren  komme.  Acricola  spr.  22';  weit  beherret 
und  nahend  gefreundt.  Frank  spr.  1,  89';  weit  beherret  und 
nah  befreundet.  Simrock  n*  11529. 

BEHERSCHBÄR,  quod  regipotest:  Ludwig  XIV  verstieg  sich 
übermütig  in  das  gebiet  der  nicht  mehr  beherschbaren  dinge. 
Dahlmann  franz.  rev.  4. 

BEHERSCHEN,  imperio  regere,  in  der  gewalt  haben,  nnl.  be- 
herschen:  ein  volk,  ein  land,  eine  Stadt  beherschen;  sich 
selbst  beherschen ;  der  geist  beherscht  den  leib ;  die  furcht 
beherscht,  überwältigt  ihn;  das  historisch  wahre  in  einem  be- 
schränkten gedieht  laszt  sich  nur  durch  grosze  kraft  des  ge- 
nies  beherschen.  Göthe  33,  209.  man  sagt,  dasz  höher  ge- 
legene örler  die  gegend,  die  landschaft  beherschen;  die  bürg, 
das  schlosz  beherscht  die  Stadt;  die  anhöbe  einen  thcil  der 
festungswerke ;  der  thurm  die  anhöhe ;  ein  blick  aus  diesem 
fenster  beherscht  den  osten  des  gefildes ;  behersche  deinen  är- 
ger, werde  seiner  herr.  s.  herschen,  mhd.  hinsehen,  ahd.  hirisun. 
BEHERSCHER,  m.  dominator: 

man  list  von  Xcrie,  dem  behcrscher 

des  aufgangs  und  der  edlen  Perser.    Fiscbart  9I.  sc/i(/'l> 

WO  die  organische  form  beherser  den  reim  rein  machen  würde; 
ein  unumschränkter  beherscher  beider  sprachen,  drückte  er 
sich  gleich  gut  in  der  französischen  und  italienischen  aus. 
herscher  und  beherscher  unterscheiden  sich  wie  herschen  und 
beherschen,  das  transitive  beherschen  hat  immer  einen  acc, 
beherscher  einen  gen.  neben  sich;  das  intransitive  herschen 
steht  für  sich,  herscher  ohne  gen.,  aber  im  land  herschen,  der 
herscher  im  donnergewölk. 

BEHERSCHERIN,  f.  domino. 

BEHERSCHÜNG,  f.  imperium.   vgl.  selbsthcherschnng. 


BEHERZEN — BEHERZIGEN 


1340 


BEHERZEN,  in  mehrfachem  sinn, 

1)  animum  erigere,  addere,  ein  herz  machen,  mut  machen, 
beherzt  machen :  die  weiber  sudlen  und  kochen  den  männern, 
beheizen  sie  zum  streit,  verbinden  der  verwundten  wunden. 
Frank  teutscher  nal.  chron.  7*;  einer  beherzte  den  andern. 
V.  Birken  170 ; 

Leherzen  jenen  der  herzlos.    Weckhkriin  365 ; 

wan  die  Trülingszeit 
die  weit  zu  der  lieb  streit  und  beut 
beherzet.   581. 

heute  nur  noch  im  part.  beherzt  übrig,  was  man  nachsehe. 

2)  animo  volvere,  considerare,  sich  zu  herzen  nehmen :  solchs 
beherzt  und  bedacht,  hab  ich  mich  auch  eigener  bescheiden- 
heit  selbst  wol  wissen  zu  erinnern.  Waldis  psalter,  vorr.  aa  3* ; 
Philipp  US  die  sache  recht  beherzend.  Laurenberg  acerra  252 ; 

man  kan  ih  tiefen  schmerzen 
ja  freilich  sag  ich  wol  ein  ding  nicht  recht  beherzen. 

Opitz  1,  227 ; 
wer  hier  nicht  wird  bewegt,  wer  sonder  weh  und  schmerzen 
dis  ungerechte  recht  des  krieges  kan  beherzen, 
der  ist  aus  hartem  stahl  und  kieselstein  erzeugt.   3,269; 

beherzet  doch  die  zeichen, 
doch  ihr  seid  eisenart,  euch  kan  doch  nichts  erweichen 

Fleming  12; 
wenn  man  im  gegentheil  den  groszen  muth  beherzt, 
den  unverzagten  sinn.  Gryphius  1,  30; 

die  noth  ist 
der  lügend  sporn,  wer  es  recht  beherzt.    GiJuiHER  5S4. 
heute  sagt  man  beherzigen. 

3)  blandiri,  osculari,  ans  herz  drücken,  herzen: 
Muiius  ist  eine  biene,  fleucht  herum  auf  allem  süszen, 

ist  nicht  stolz,  was  nur  begegnet,  zu  beherzen,  zu  beküssen. 
LoGAU  2,  zugäbe,  124. 

BEHERZEND,  ein  herz  fassend,  mulig:  als  ein  redliche 
beheizende  fraw  (come  non  curante  e  valorosa).  ßocc.  1,203'; 
lieben  herrn,  freunde  und  günner,  seit  ihr  so  beherzend,  als 
ich  meine  und  hoffe  (signori,  se  voi  cosi  valorosi  siete,  come 
io  vi  tegno).  1,  223';  die  kröt  war  so  unmäszig  grosz,  dasz 
niemand  so  beherzend  war,  sich  ihr  zu  nähen  (non  avendo 
alcuno  ardire  d'appressarsi).  1,  236';  ir  keiner  bei  leib  und 
leben  so  beherzend  wäre  (che  niun  fosse  tanto  ardito).  1,  242'; 
ein  dapfer,  fürnem  und  beherzend  mann  (espertissimo  e  feroce). 

1,  255'. 

BEHERZET,  animosus,  cordatus :  wer  das  weibsbild  sein 
möcht,  die  so  beherzet  wer  in  sein  kloster  zu  kommen.  Bocc.  1, 
25' ;  und  nach  etlicher  vergangener  zeit  so  beherzet  war,  dasz  er 
selbst  mit  der  frauwen  redt.  2,  85*;  und  da  der  bub  so  vil  leut 
kommen  sähe,  da  ward  er  dester  beherzter.  Aimon  k3;  von 
dieser  rede  ward  Ripus  behei-zter  und  sicherer,  r;  es  leszt 
sich  aber  dergleichen  viel  beherzter  reden,  als  in  das  werk 
richten.  Opitz  2,  255 ; 

lasz  deine  hülfe  mich  zu.  aller  zeit  erquicken, 
und  dein  beherzter  geist  lasz  in  mir  nicht  ersticken 
des  glaubens  'schwache  frucht.    herr,  tröste,  tröste  mich. 
Fleming  21; 

vorzeiten  haben  beherzte  leut  sich  auf  die  philosophie  ge- 
legt. ScHüppiüs  707;  bestelle  ein  rector  der  schul,  der  ein 
beherzter  mann  seie,  mehr  fromm  und  verstündig,  als  gar  hoch- 
gelehrt. 728 ;  der  beherzte  entschlusz.  Gellert  1,  199 ;  eine 
beherzte  that; 

wie  beherzt  in  reim  und  prosa 
redner,  dichter  sich  ergchn.    Göths. 

BEHERZIGEN,  wie  beherzen,  nnl.  beharligen, 

1)  animum  firmare:  damit  aber  menigklich  ain  trost  hab, 
thut  not,  dasz  e.  k.  maj.  disem  land  in  nehcnt  zieche,  als- 
dann wurde  iederman  den  vcinden  widerstand  zu  thun  beher- 
zigt. CuMELS  Maximilian  s.  298;  da  sprengte  Cajus  Fabius 
mit  dem  reisigen  zeug  hinzu,  das  beherzigte  die  Römer.  Bibel 
Liv.  199 ;  die  druides  gaben  für,  die  seel  sturb  nicht  mit  dem 
leib,  damit  die  furcht  des  tods  bei  in  wurd  aufgebebt  und  sie 
all  gefar  anzütretten  dardurch  beherzigt  wurden.  Frank  weltb. 
66';  darzS  war  er  (Maxilian)  auch  von  natur  so  groszmülig 
und  beherzigt,  dasz  er  in  wör  und  waffen  niemand  wiche. 
chronica  215*. 

2)  animum  commovere,  «i  herzen  gehn:  so  er  allain  ist, 
gedenkt  er  soiicher  ergetzlichail  nach  und  würt  in  manicherlai 
weg  beherziget  und  ungerüwig.  Keisersb.  seh.  der  pen.  18; 
diser  kelch  beherzigt  unser  andacht  heftiger,  chrisll.  bilger  50 ; 
so  solle  uns  auch  diser  jammer  billig  zum  Imch'ilcn  ln-hcr- 
zigcn.   Bi;cER  bei  Mclanchih.  3,  778;    also   sollen  ir  euch  be- 


1 


1341 


BEHERZIGUNG — BEUOHNEN 


herzigen  lassen  den  groszen  schmerzen,  mit  allem  gemüt  dem 
nacbgedenken.  Paracelsüs  l,  595*;  welchs  er  dennaszen  redt, 
das  im  die  äugen  ubergiengen  und  iren  vil  fast  beherzigt. 
Fbank  chron.  36'. 

3)  animo  voltere,  considerare,  zu  herzen  nehmen,  ziehen: 
wir  haben  zum  tiefsten  beherziget  und  angesehen.  Witzesb. 
3, 102 ;  bäte  demnach,  i.  t  gn.  wollten  solches  beherzigen  und 
mich  erretten.  Schweimchex  1,  273;  unser  gehorsame  bitten 
beherzigen.  2, 171 ;  als  ich  die  misbräuch  zu  mut  fuhrete  und 
beherzigte.  Fischart  groszm.  3 ; 

beherzigt  seine  glücklichkeit.    FLEin<G319; 
ist  Ton  den  Troern  was  und  den  Griechen,  so  du  beherzigst? 

ficacEB  230* ; 

beherzigt  die  gefahr  des  Vaterlands. 

BEHERZIGUNG,  f.  die  sache  ist  aller  beherzigung  werth; 
wir  empfehlen  den  ganzen  schlusz  unsem  lesem  zur  beher- 
zigung. GöTHE  33, 13 ;  wissen  und  beherzigung  ist  nicht  einer- 
lei.   LiCHTEXBERG  5,  297. 

BEHETZEN,  agitare  feram:  ein  wildbret  beheizen;  einen 
hirschen  beheizen.   Opitz  Arg.  2,  400  ; 

so  hat  mich  auch  beheizet 
des  argen  feindes  list.    Opitz  3,  39. 

die  Jäger  sagen  auch  den  hund  beheizen,  einhetzen,  zur  helz- 

jagd  abrichten;  einen  ferst  beheizen,  saltum  pervagari  venatu. 

SnELER  7S3. 

BEHEüLEN,    ululatu  prosequi,    deflere:    der  wolf  beheult 

den  mond ;  ein  sehr  beheuleler  todesfall,  funera  ululata.  Stie- 

LEB  63; 

die  (kinder)  werden  unsrer  zeit  beginnen 
beheulen,  nicht  besingen  können.    Logau  1, 1,  71. 

BEHEXEN,  fascinare:  er  ist  behejf,  er  steht  da  wie  be- 
hext ;  geh  du  hast  mich  beheit.  Fr.  Müller  2, 119.  vgl.  verhexen. 

BEHILF,  n.  remedium,  adminiculum :  darwider  ist  ein  ge- 
meine behilf.  Keisersb.  höll.  lewe  35 ;  ich  het  hinnen  mer  be- 
hilf dann  uszen.  Eulensp.  cap.  69 ;  und  wie  sie  im  herzen 
warend,  solche  ihres  gleichen  gefunden  und  zu  behilf  ge- 
nommen die  Undankbarkeit  und  die  bezwungene  bezah- 
lung,  so  mir  wider  alles  zusagen  und  verdienen  geben  ward. 
Paracelsos  1,  132* ;  der  künig  für  sein  behilf.  Melisscs  H  4'. 
s.  behelf  und  behülf. 

BEHILFLICH,  utilis:  ein  bruder,  der  dem  andern  behilf- 
lich ist,  die  seint  wie  ein  starke  mauer.  Keisersb.  Sünden  des 
mundes  80* ;  da  ein  bruder  oder  burger  dem  andern  behilf- 
lichen und  beraten  ist,  die  seint  als  ein  starke  und  ein  feste 
statt,    si". 

BEHILFUNG,  f.  adminiculum:  ob  man  müsse  den  baw 
solcher  befestigung  zugleich  allenthalben  herumb  führen  oder 
ob  solches  werk  etwan  auf  einer  seilen  ein  behilfung  habe. 
Fboxsp.  2,  23*. 

BEHIHMELN,  legere,  eine  decke  über  etwas  aülben,  ein  be- 
himmeltes  schif,  ein  mit  bedachung  versehenes,  behimmelt 
sein,  benebelt,  betrunken,  gleichsam  vom  wein  bedeckt,  zuge- 
deckt. 

BEHINDERN,  impedire,  verhindern:  ward  ich  daran  behin- 
dert Bbocees  1, 19.  5, 127.  6,  2S4.  496.  507.  574 ;  um  ans  das 
vorrücken  zu  behindern.  Hippel  4,  236. 

BEHINDERL'NG,  f.  impedimentum :   häusliche  behindemng. 

BEHIRNE.N,  cerebro  instruere,  mit  gehim,  mit  verstand  aus- 
ttatlen : 

0  was  nützt  ein  tapfrer  mann! 
mehr  als  tausend  reuierknecbte, 
die  kein  wiiz  beliirnen  kan, 
wenn  es  kommet  zum  gefechte. 

Kmittsls  sinnenfr.  117. 

BEHNER,  m,  I.  benner. 

BEHOBELN,  runcinare,  laevigare: 
der  nit  ganz  wol  behoblet  ist.    Mtnuxi«  sdielment.  35, 10; 

mann  und  frawen,  vrann  sie  zusamen  spaciren  wollen,  Tor 
zurüsten,  aufräumen  und  behobeln.  Garg.  2*>l*;  wie  er  {der 
balke\  solle  behobelt  und  beschnilzt  werden.  Weise  erzn.  3. 

BEHOBELUNG,  f.  0  du  hockst  wol  zu  tisch,  das  macht 
ich  hab  auch  auf  der  rebleut  slub  zu  Bennfcld  promoviert 
ja   mit  bestoszung  und  behobelung  der  siegen.  Garg,  97*. 

BEHOCKEN,  tuccollare,  aufhocken. 

BEHODET,  tesliculis  instruelus:  ein  behodeter  escL  Garg. 
1Ö6  . 

BEHOHNEN,  ludibrio  habere,  verspotten,  bti  Hexiscb  15S 
bebOnen,  höhn  anthun: 


BEHOLFEMIEIT  — BEHÖRLICH         1342 

wenn  er  ir  trewe  sol  belohnen, 

tbut  er  sie  schmehen  und  behohnen.  Waldis  Esop  1,  57. 

BEHOLFENHEIT,  f.  habilitas,  moderatio.  s.  behelfen. 

BEHOLZEN,  l)  lignari,  silvam  caedere,  den  wald  behol- 
zen; sie  hätten  das  land  lange  beholzet,  befischet,  bejaget 
Lohexst.  Arm.  1, 10S9. 

2)  silvam  augere,  den  holzwuchs  fördern,  der  wald  beholzt 
sich,  der  anwuchs  des  hohes  nimmt  zu;  die  bäume  beholzen 
sich,  wachsen  stark  in  die  äste. 

BEHOLZL^'G,  /.  lignatio:  zum  fünften  sind  wir  auch  be- 
schwert der  behoizung  halben.  Luther  3, 112' ;  beholzung  der 
vier  Stämme.    Garg.  271*. 

BEHOLZUNGSRECHT,  n.  jus  caedendi  ligna.  Hippel  1,  54. 

BEHOPFEN,  humulo  lupulo  instruere:  das  bier  behopfen; 
das  hier  ist  wol  behopft    figürlich, 

ist  er  doch  aller  geschossen, 
in  seinem  köpf  aller  behopft, 
dann  es  ihm  oben  durchs  dach  tropft. 

Castexhof  pentalogus  conjugalis  10. 
BEHÖR,  f.  quo  opus  est,  quod  decet,  quod  pertinet  ad  rem, 
mhd.  wol  diu  behoere  (icie  überhoere,  widerhoere.  Bex.  1,  714). 
dem  kern  kan  auch  einer  helfen  mit  den  arzneien,  so  darzu 
taugendlich,  darvon  wird  hernach  die  behür  folgen.  Secteb 
349 ;  und  so  der  fuesz  nach  der  behör  ist  ausgewürkt.  359 ; 
liesz  ich  ihn  der  behör  nach  procedirn.  Simpl.  1,  600.  s.  Zu- 
behör, angehör,  verhör. 

BEHORCHEN,    subauseullare,    belauschen:  wir  werden  be- 
horcht, es  gibt  jemand  heimlich  acht  auf  uns;  aus  einem  Win- 
kel, in  dem  er  versteckt  lag,  behorchte  er  adles; 
sie  eilt  zu  den  blumen  und  will  da 
nicht  von  zeugen  behorcht,  will  gesehen  nicht  sein. 
Klopstock  1,  23; 
don  Sylvio,  der  bereits  zu  viel  gehört  hatte,  konnte  nicht  so 
viel  gelassenheit  behalten,  sie  länger  zu  behorchen.  Wielaxd 
11,  348 ;  heimlich  Walls  notariatsexamen  zu  behorchen.  J.  Pacl 
fiegelj.  1,  52;    das  an  die  erde  gebückte  behorchen  des  kom- 
menden feindes  war  Lianen  fremd; 

doch  drängt  auch  nur  von  ferne 
dein  ton  zu  mir  sich  her, 
behorch  ich  ihn  so  gerne.    I'late.i  13. 
BEHORCHER,  m.  auscullalor. 

BEHORCHERIN,  f.  auscuUalrix:  mache  dich  an  die  behor- 
cherin  Pvthia.    Herder  18,  149. 

BEHÖRDE,  /.  1)  locus  ad  quem  aliquid  deferendum  est: 
die  zuständige,  rechtmäszige  behörde;  vor  die  rechte  behürde 
gehen ;  sich  bei  der  behörde  melden,  s.  ortsbehörde,  gerichls- 
behörde,  Polizeibehörde  u.  s.  «.  den  brief  an  die  behörde 
{adresse)  besorgen.  2)  res,  quae  convenit:  wir  werden  die 
behörde  verfügen,  das  gehörige. 

BEHÖRDLICH,  von  der  behörde  ausgehend:  behördliche 
maszregeln,  anordnungen. 

BEHÖREN,  1)  coni-enire,  pertinere:  wie  sichs  beh5rt  (ge- 
hört). Michael  Shfel  114.  2)  causam  cognoscere,  verhören : 
so  ein  unlersasz  wider  die  hcrschafl  anspruch  zu  haben  ver- 
meinet, musz  solches  von  rülhen  aus  der  landschaft  gütlich 
behöret  werden.  Micbälics  4, 128.  3)  recitantem  audire,  über- 
hören: ich  will  dich  einmal  behören.  Maaler  56*  Aot  behören 
examinare.  er  wird  auf  ostem  behört,  confirmiert.  in  der  Schweiz. 
BEHÖRIG,  rectus,  conteniens,  gehörig:  verhindere  meine 
zunge  doch  nicht,  das  behürige  letzte  wort,  du  bist  ein  golt 
und  nebenst  dir  sind  keine  andere  gölter,  auszusprechen. 
pers.  baumg.  10, 1 ;  da  wir  in  behöriger  weile  vor  dem  felsen 
die  anker  sinken  lieszen.  Felsenb.  1,  9t ;  slellete  ihnen  das 
behörige  nochmals  vor.  1,  94 ;  da  es  nun  wegen  der  erbeule- 
teri  guter  zur  behürigen  theilung  kommen  sollte.  1,  55S ;  einen 
Schneider  kommen  lieszen,  welcher  alles  behörige  mitbringen 
und  mir  ein  neues  kleid  verfertigen  rousle.  2,  359;  das  be- 
hörige trinkgeld.  ehe  eines  mannes  248 ;  in  behöriger  form 
(engl,  in  dne  form),  ehe  eines  weibes  44;  an  behürigem  orte. 
171 ;  stellte  sich  in  die  behörige  positur.  305 ;  wenn  jemand 
sein  vieh  nicht  behöriger  maszen  verwahret  Hohberc  3,  24*; 
dasz  du  in  deiner  bilanz  an  behürigem  orte  envähnung  Ihä- 
lest.  Wielaxd  bei  Merck  1, 157. 

BFIHÖRIG,  adv.  conrenienter,  gebührend:  alle  diejenigen, 
so  sich  um  mein  wesen  bekümmerten,  bchörig  abzuführen. 
Felsenb.  1,  447;  dasz  ihr  in  Zukunft  wisset,  wie  mit  denen 
Lutheranern  und  andern  nebenchrislen  behörig  umzugehen. 
2,  32 ;  die  sache  ist  behörig  angebracht. 

BEHÖRLICH,  was  bebörig:  nach  behürlicheo  umbsländeo. 
Olearics  rorr.  zur  pers.  reisebesckr. 


1343 


BEHÖRUNG— BEHUFEN 


BEHUFEN— BEHÜTEN 


1344 


BEHÖRUNG,  f.  examen,  verhör.  Maaler56'. 

BEHOSEN,  hraccis  induere:  die  knaben  böslich  behost  und 
beschuhet  (mal  vestiti  e  peggio  calzati).  Bocc.  1,  74' ;  nachdem 
er  den  knahen  behoset  hatte.  Müsaeüs  4,  139;  die  bienen 
erscheinen  mit  wachs  behost ;  sie  sind  von  den  männern  ge- 
wohnt,   dasz  sie  behoste  Wasserhosen  sind.  J.  Paul  Fixl.  79. 

BEHUB  wäre  von  beheben,  wie  abhub,  aushub  rot»  abhe- 
ben, ausheben  gebildet,  wir  sagen  aber  behuf.  s.  die  fol- 
genden. 

BEHÜBEN,  egere,  opus  habere,  bedürfen:  so  sich  auch  die 
engel  der  himeln  mer  frewen  über  einen  Sünder,  so  busz 
thut,  dan  über  neun  und  neunzig  gerechtfertigen,  so  der 
busz  nicht  behüben.  Gerh.  Lorichs  auslegung  zu  Wickrams 
Ovid.  Mainz  1545  6/.  12';  das  Pallas  ein  göttin  wirt  geticht 
der  Weisheit  und  auch  des  kriegs,  ist  ein  anzeigung,  das 
man  auch  zum  krieg  gelerter  leut  behübet.  28'.  die  ausg. 
Frankf.  1631  setzt  dafür  s.  42  und  95  bedürfen  und  bedarf, 
s.  behufen. 

BEHUF,  m.  ßr  behub  von  beheben  erklärt  sich  leicht  aus 
dem  schwanken  des  B  und  F  in  haben  und  heben,  worüber 
diese  Wörter  selbst  nachzusehn  sind,  namentlich  geht  huf  un- 
gula  durch  alle  hochdeutsche  mundarten.  beheben  ist  conti- 
nere,  das  goth.  gahöbains  conlinentia,  das  ahd.  pihabannissi 
detentio,  aus  enthaltsamkcit  bildet  sich  die  Vorstellung  des  man- 
gels und  bedarfs,  behuf  ist  indigenlia  und  necessitas.  mnl. 
nnl.  behoef,  ags.  behefenisse,  engl,  behoof. 

1)  behuf  drückt,  wie  bedürfnis  und  notdurft,  leibliche  natur' 
nothwendigkeit  aus:  sie  gehn  auch  nit  gern  die  nacht  aus 
iren  hutten  ires  behufes  zu  thun.   Hans  Staden  p.  4. 

2)  behuf  im  abstracten  sinn  von  usus,  commodum,  finis  er- 
scheint fast  nie  anders  als  nach  der  praep.  zu. 

mnl.  tonsen  behoef.    lekensp.  II.  41,  50; 
tes  fondaments  behoef.    II.  45, 156; 
teens  anders  behoef.    III.  21,  26 ; 
tsmenschen  behoef.    III.  23, 12; 

nnl.  ten  behoeve :  ten  behoeve  der  armen ;  t'zijnen  behoeve ; 
tot  zijn  behoef.  nhd.  zum  behuf:  nahm  ich  mir  vor,  niemals 
mehr  einige  freude  in  mein  herz  zu  lassen,  zu  dessen  be- 
huef  {in  quem  finem)  ich  allen  Zusammenkünften  absagete. 
pers.  rosenth.  5,  17 ;  die  moral  bedarf  zum  behuf  ihrer  selbst 
nicht  der  religion.  Kant  6, 161 ;  zum  behuf  dieses  ihres  Zwe- 
ckes. 6,  348 ;  der  zweck,  dem  zum  behuf  ich  den  begrif  der 
Ursache  zu  bestimmen  gedenke.  10,68;  zu  diesem  behuf  ist 
mir  dein  unerwarteter  besuch  wolthätiger  gewesen,  als  du 
vermutlich  wolltest.  Wieland  3, 163 ;  beides  bestätigte  ein  ge- 
schenk  von  einigen  diamanten  von  werth  und  einem  beutel 
voll  gold,  welche  die  sultanin  ihr  zum  behuf  ihrer  schleuni- 
gen abreise  zustellen  liesz.  8,  451 ;  wenn  ich  die  Innern  Ver- 
handlungen zum  behuf  meines  vaters  abschreiben  muste. 
GöTHE  24,  291 ; 

so  kommt  ein  junher  angesandl  zu  dem  behuf, 
mir  mjorgen  früh  den  schönen  park  zu  zeigen. 
Burger  108»; 

es  breitete  der  Schöpfer,  damit  vor  dir  wir  knien, 
die  weiten  aus  als  teppich  zum  heiligen  behuf. 

I'tATEN  88; 

und  dieser  mann  zu  meines  rcichs  behuf 
nennt  mir  den  dieb.       218. 

doch  finden  sich  einige  beispiele,  in  welchen  behuf  auch  auf 
andere  praeposilionen  folgt:  so  habt  ihr  doch  solche  mittel 
bei  banden,  durch  welcher  behuf  ihr  leicht  das  feld  erhalten 
roöget.  Aug.  Büchners  zwei  troslschripen.  Wiltenb.  1644.  s.  73; 
aus  demjenigen  wein  und  fruchten,  so  sie  über  den  behuf 
{über  den  bedarf  hinaus)  ihrer  nahrung  erzogen.  Simpl.  3, 
24  (19). 

3)  es  wurde  auch  wmblich  gebraucht:  hatte  auch  zu  der 
behuf  wolgedachtem  grafen  von  Arnberg  geschrieben.  Lanz 
Carl  5  s.  530  (o.  1554). 

BEHUFEN,  indigere.  nnl.  behoeven,  ags.  behofian,  engl,  be- 
hoeve : 

trcwlose  buhen, 
wenn  sie  eins  frommen  mans  behufen  {f.  behüben), 
reden»  freundlich,  er  unverdrossen 
hilft  in,  wenn  sie  »ein  han  e«nossen  u.  s.  w. 

Waldis  lCso])us  1,  39; 

aber  im  ward  zur  antwort,  man  behüfle  keines  mehr,  und 
wer  die  zahl  und  rcgistcr  nun  beschlossen.  Kircuiiok  wendunm. 
98*;  wo  er  oder  die  seinen  ir  weiter  behuflen,  es  zu  bes- 
sern. Faoitip.  1, 184'; 


ich  behufe  nicht  zu  borgen, 

darf  auch  noch  zur  zeit  nicht  sorgen, 

dasz  mich  jemand  mahnen  soll. 

Gabr.  Voigtländers  öden  u.  lieder.  Lübeck  1650  n*  59. 

jetzt  ganz  auszer  gebrauch  und  durch  bedürfen  vertreten. 

BEHUFEN,  ungulis  instruere:  behufte,  gehuße  thiere;  die 
natur  hat  das  pferd  behuft;  ein  wol,  schlecht  behuftes. 

BEHUFIG,  necessarius,  quo  opus  est,  erforderlich,  geeignet, 
dienlich,  ags.  behefe.  welche  bischofe  er  mit  behufigen  ho- 
hen commissionen  versähe.  Gryphius  1,  345;  sende  mir  den 
fraglichen  brief,  damit  ich  sehe,  ob  nicht  noch  etwas  behu- 
figes hinzuzufügen  ist.  Götbr  an  Knebel  669.  ein  in  der  canz- 
leisprache  beliebtes  wort. 

BEHUFLICH,  dasselbe,  ags.  behöflic :  in  der  angelegenheit, 
worüber  du  mir  schreibst,  kann  ich  nichts  behufliches  thun. 
Wielands  Übersetzung  von  Ciceros  briefen  1,  209. 

BEHUFS,  adv.  zum  behuf:  behufs  der  Verpachtung,  behufs 
der  auseinandersetzung.     in  der  gerichtssprache. 

BEHÜGELN,  collibus,  limitibus  circumscribere :  wir  wollen 
gottes  gerechtigkeit  behügeln  und  begrenzen.  Hippel  lebensl. 
3,  134. 

BEHÜLF,  n.  was  behilf:  etliche  {halten  das  aderlassen)  für 
ein  milterung  und  behülf  etlichs  theils  der  krankheiten.  Pa- 
racelsds  1,  712';  ihnen  zum  behülf.  Witzenb.  3,  55;  der  er- 
venwürger  wächst  auf  erven,  klee,  wicken,  dann  er  ohne  an- 
dere behülf  niemalen  wachset.  Tabernaem.  1062,  s.  erbsen- 
würger,  erbsenstrang,  orobanchc,  ein  unkraut,  das  sich  um 
erbsen,  wicken  windet  und  darauf  stützt;  die  schrift  allein,  on 
behülf  der  andern  auszulegen,  bienenk.  70' ;  beistand  und  be- 
hülfe.  Melissus  ps.  N  6". 

BEHÜLFBRIEFE,   pl.  litcrac  commendaticiae,  empfehlungs-  ' 
briefe:  so  wil  ich  dir  hülf  schaffen  vor  allen  sachen  mit  des 
königs  briefen der  ritter  in  zu  seinem   procurator  ma- 
chet und  behülfbrief  von  dem  könig  gab  (ricevuta  la  procura 
e  le  lettere  favorevoli  del  r6).  Bocc.  1,  12'.  13'. 

BEHÜLFLICH,  utilis,  secundus:  gerne  geben,  behülflich 
sein.  1  Tim.  6,  18 ;  solches  groblicht  gepulvert,  in  einen  bi- 
samapfel  gethan  und  ofte  daran  gerochen,  ist  sehr  behülflich 
wider  die  feile  der  äugen.  Bartisch  s.  138;  ein  kaiser  soll 
jedem  seines  rechten  behülflich  sein.  Zinkcref  91,  25;  so 
wolle  ich  darzu  Jjehülflich  sein.  Weise  kl.  leuie  207; 

so  mancher  freund  ist  in  der  nähe, 

und  jeder  wird  behülflich  sein.    Hackdorn  2,  35. 

die  frühere  spräche  conslruicrtc,  ihrer  weise  nach,  mit  dem  ad- 
verb:   nemmet  war,   wie  es  sich  glücket  zu  unserem  anfang, 
dasz  in  unserem  trübsal  uns   behülllichen   zu   sein   gott  zu- 
schicket drei  züchtige  Jüngling.   Bocc.  1,  7*.  s.  behilflich. 
BEHÜLLEN,  velare,  obtegere:. 

vom  Zobtenberg, 
ob  ihm  sein  haupt  behüllt  mit  einer  feuchten  nauben 
und  ob  jßr  mir  voran  zu  saeen  woll  erlauben, 
ein  regen  zeucht  herauf!    Locau  1,  8,  99  s.  193. 

BEHUNDEN,  invadere,  incurrere  canibus: 

zerrciszen 
von  einem  wilden  stier,  der  da  ist  stark  behundt, 
und  durch  den  ganzen  tag  gezogen  und  verwundt. 
Werders  Arwst  18,  15. 

BEHUNGERN,  fame  domare,  aushungern:  lag  der  könig 
von  Siria  vor  der  statt  Samaria,  behüngcrt  sie  so  hart,  dasz 
ein  eselskopf  achtzig  silberling  galt.  Frank  chronica  52*. 

BEHÜPFEN,  saltibus  adire:  der  floh  behüpft  den  ganzen 
leib;  die  Sperlinge  behüpfen  das  dach. 

BEHUREN,  viliare  feminam,  beschlafen,  mhd.  diu  wip  be- 
buoren.  Ben.  1,  730*. 

BEHUSTEN,  gleichsam  circumtussire : 
will  der  pusterich  nun  gar 
pl'ulTcnkuchen  pusten, 
teufelsjungenkUchenschar 
wird  den  teig  behuslen.    Göthk  66,  92» 

BEHUT,  f  custodia,  hiä  xind  beicahrung:  dem  ist  also,  das 
ir  ieder  drei  neincn  und  erwellcn,  dieselben  sechs  sollen  herr 
Heinrichs  gepew  und  behut  {magazinc)  . . .  besichten.  Chiiels 
Maxim,  s.  200  (a.  1498);  was  ist  denn  wunder,  dasz  emer 
aller  weit  gut  zu  sich  bringe,  der  da  bereitschaft  der  wahr 
und  teglich  Sicherheit,  weniger  fahr  mit^hehut  der  heubtsum- 
raen  zuvor  hat  uinbsonst?  Luther  1, 195'.  ,     ,     .. 

REHUTEN,  pilco  operire:  der  ein  lebenDachs  {wem)  war 
claretrot  bekleidet,  der  ander  licchlrot  behütet,  der  drilt  schwarz- 
rot  verkappet,  der  vierd  goldgelb  gekrünet.  Garg.  68*. 


1345 


BEHÜTEN — BEHUTSAMKEIT 


BEHÜTSA>DLICHEN — BEI 


1346 


BEHÜTEN,  ahd.  pihuotan  (Graff  4,  802),  mhd.  behuelen 
(Bex.  1,  73l'),  nnl.  behoeden. 

1)  depaseere,  abiceiden:  eine  wiese  behüten;  dieser  platz 
ist  schon  behütet,  hier  ist  gehütet,  geweidet  icordfn.     • 

i)  custodire,  bewahren,  beichützen,  wehren:  darumb  hab  ich 
dich  auch  behut,  das  du  nicht  wider  mich  sundigetest.  1  Mos.  20, 
6 ;  und  sihe  ich  bin  mit  dir  und  wil  dich  behüten.  2S,  15 ;  sihe, 
ich  sende  einen  engel  für  dir  her,  der  dich  behüte  auf  dem  wege. 
2  Mos.  23,  20 ;  er  behütet  in  wie  sein  augapfel.  5  Mos.  32, 10 ; 
darumb  so  behütet  aufs  fleiszigst  ewr  seien.  Jos.  23,  11;  er 
wird  behüten  die  füsze  seiner  heiligen,  i  Sam.  2,  9;  du  be- 
hütest mich  zum  heubt  unter  den  beiden.  2  Sam.  22,  44 ;  wer- 
den deine  kinder  ire  wege  behüten.  1  tun.  2,  4;  behüte  mich 
wie  einen  augapfel  im  äuge.  ps.  17,  S;  die  gleubigen  behüt 
der  herr.  ps.  31,  24 ;  behüte  deine  zunge  für  bOsem.  34,  14 ; 
der  dich  behütet,  schleft  nicht.  121,  3;  ich  der  herr  behüte 
in  (den  weinberg)  und  feuchte  ia  balde.  Es.  27,  3 ;  der  uns 
die  ernte  trevvüch  und  jerlich  behüt.  Jer.  5,  24;  wer  aber 
überbleibt  und  dafür  {vor  dem  schwert)  behüt  ist.  Ez.  6,  12; 
und  was  fett  und  stark  ist,  wil  ich  behüten.  34, 16 ;  und  stalt 
den  engel  darfür,  der  die  thier  behüten  {abhallen)  solt,  das  sie 
nicht  mer  hinin  mochten.  Keisersb.  sünd.  d.  m.  16';  so  weist 
du  nicht,  ob  du  fallen  würdest,  wann  dich  gott  nit  behüte. 
30';  darumb  solt  du  gott  oft  anrufen,  das  er  dir  genad  geh 
und  dir  dein  zung  behüte.  S2';  und  also  sich  behüten  un- 
Tennosget  von  diser  well  (Luther  Jac.  1,  27  sich  Ton  der  weit 
unbefleckt  behalten).  &9' ;  dise  nacht  nennen  si  (die  Juden)  ein 
behut  nacht,  lelschemorim.  Frank  wellb.  147";  dasz  sie  den 
acker  behüten  vor  dem  gefügel.    Paracelsus  1, 1017'; 

bunde,  die  das  vieh  behüten.    Logau  1,  7,  65; 
Tor  krankheit,  vor  frost,  vor  ekel  behüten. 

Sehr  oft  in  der  dritten  person  des  conjunetivs:  gott  behüte 
uns ;  davor  behüten  uns  gott  und  seine  heiligen ;  Apollonia 
behüt  uns  für  zanwehe.  bienenk.  47";  mittel  gegen  die  liebe? 
dafür  behüte  uns  der  himmel !  Wieland  2,  206.  Hieraus  ent- 
sprangen aber,  in  mancherlei  sinn,  anfangs  bedeutsame,  dann 
leere  formein  der  rede,  beim  abschiednehmen  wird  nachgeru- 
fen gott  behüte  dich  (auf  deinen  wegen)  I  uenn  tcidriges, 
unheilvolles  droht  oder  erscheint,  gott  behüte  davor!  gott 
behüte!  dcus  avertat  omen!  uias  dann  auch  bloszen  abseheu, 
schrecken,  veigerung,  Verneinung  ausdrückt :  ja  wol  in  Luci- 
fers  stul,  gott  behüt  uns!  bienenk.  33*; 

behüte  gott,  wer  mag  da  reden? 

JoL.  vox  Braumscrw.  Susanna  2,  2 ; 
behüte  gott,  wie  gebstu  rein, 
koth  solt  wol  nicht  dein  vetter  sein. 

RiNCWALD  Eckh.  N  2' ; 
behüt!  mein  Schwiegervater?    Göthe7,  64; 

Weisungen,  d  i  e  Zeiten  sind  vorbei.  Götz,  behüte  gott !  Göthe 
8,  2S.  42,  269 ;  Olearius.  der  pöbel  hatte  mich  fast  gesteinigt, 
wie  erhörte,  ich  sei  ein  Jurist,  abt.  behüte  gott  I  S,  36.  42,  45; 
Hoffegut.  gibt  er  euch  denn  so  gute  nahrung,  dasz  ihrs  wo 
anders  nicht  besser  haben  könnt?  papagei.  behüte  gott!  ich 
musz  mir  mein  biszchen  selbst  suchen.  14,  S5.  A'.  treuloser, 
undankbarer!  M.  behüte!  ich,  wodurch,  warum?  Klincer  1, 
461 ;  10,  S4 ;  ich  will  heut  abend  reisen,  ei  so  behüte  und 
bewahr !  Lenz  1, 103 ;  ei  behüte,  minivie  gentium,  ebenso  steht 
gott  bewahre,  oder  bewahre!  ei  bewahre!  dieu  m'en  preservel 
in  B'iiern  bhiegod,  piiegod,  pfietigod  (Schneller  2,  25S).  in 
Ostreich  bfüat !  und  bfüaten,  begrüszen.  in  Franken  sind  bebütes 
(herr  Itehüt  uns)  eine  art  mehlklOse.  Stieler  098.  Haupt  2, 191. 
BEHLTEH,  m.  custos,  tulor: 

gute,  des  webs  abwehrer,  der  sterblichen  menschen  behflier. 

Voss. 

BEHL"TSA!H,  cautus,  vorsichtig :  gesunt  und  behutsam  bleib 
seines  munds  halb.  Keisersb.  Sünden  des  munds  62';  bebütr 
<am,  ingezogen  leben,    omm  2l'; 

bt^liulüam.  doch  forchllos.    WKCKHtRiüf  423; 

eib  lieht  in>  hen,  dasz  ich  die  ungeheuren  klippen 

behutsam  meid.        Grtphius  I,  261 ; 

behutsam  und  vernünftig  reden.  Schoch  stud.  A;  ich  wenig- 
stens, Malwend,  so  all  ich  auch  geworden  bin.  habe  es  noch 
nie  erlebt,  dasz  ein  Marse  einen  zu  behutsamen  entscjilusz 
gefaszt  hatte.  Klopstock  9,  20S ;  um  zur  warheit  zu  gelangen, 
musz  man  nicht  kühn,  sondern  behutsam  sein.  Käst  7,  417 ; 
mit  feuer  musz  man  behutsam  umgehen;  behutsam  veifahren, 
aaftreten;  hübsch  behutsam! 

BEHUTSAMKEIT,  f  cautio,    circumtpectio :    aus  bebutsaro- 


keit  folgt  Sicherheit.  Lehxaii:t  73 ;  behutsamkeit,  sagte  Crom- 
well,  ist  eine  bürgermeistertugend.    Kant  7, 384. 

BEHLTSAMLICHEN.  caute:  ein  ieglicher  mensch  sol  umb- 
sichtiglichen  und  behutsamlichen  urteilen.  Keisersb.  Sünden 
des  munds  7'. 

BEI,  apud,  ad,  von  dieser  partikel  war  schon  sp.  1202  un- 
ter be  die  rede,  sie  wurde  mit  bin  und  bauen  zusammenge- 
stellt, und  bei  scheint  sich  zu  bi,  wie  beo,  beon,  bium  zu 
bin  zu  verhalten,  dem  be  ßr  bi  liesze  sich  bo  ßr  ein  älte- 
res hu  vergleichen,  doch  bu  und  bau  treten  nirgend  als  lose  deut- 
sche Partikeln  auf  gilt  es  einen  sinnlichen  begrif  von  bei  auf- 
zusuchen, so  bietet  sich  die  vurstellung  des  wohnens  und  seins 
höchst  angemessen  dar,  bei  bedeutet  ndJie  und  anwesenheit  im 
bereich  und  umkreis  von  personen  oder  sacken,  was  dann  auf 
andere  zustände  anwendung  findet;  hurin  beruht  der  Zusam- 
menhang des  räumlichen  bei  »Mit  den  abstractionen  Tteoi  und 
um,  die  sich  in  den  urverwandten  partikeln  abhi  und  auipl 
entfalten,  das  goth.  bi  erscheint  nur  selten  als  ein  sinnliches 
wort,  -meist  als  ein  abgezognes  in  der  meinung  unseres  um, 
d.  h.  des  ahd.  umpi,  folglich  gr.  atufi,  skr.  abhi ;  umpi  aber, 
ags.  ymbe  würden  in  ihrem  ersten'  anlautenden  theil  ohne  goth. 
analogie  sein,  ergäbe  sich  nicht  die  Vermutung,  dasz  sie  aus 
rerschmolznem  undbi  hervorgegangen  sind  {wie  andbahts  zu 
ampaht,  lindburg  zu  limburg,  hindbere  zu  himbere  icird), 
welchemnach  auch  skr.  bhi  sich  als  einfache  form,  abhi  als 
zusammengesetzte  darstellt,  in  umpi  ist  pi  =  goth.  bi  der 
wesentliche  bestandtheil,  und  bi  nicht  durch  aphaeresis  aus 
undbi,  vielmehr  um  durch  apocope  aus  umpi  entsprungen,  alle 
bedeutungen  des,  bei  und  um  müssen  aber  zurückgeleitet  wer- 
den auf  die  Vorstellung  des  seins  und  wohnens,  des  beiwoh- 
nens  und  umwohnens,  des  niufi,  Tteoi  und  circa,  chez  aus 
casa,  hos  aus  hüs,  hia  aus  heiv  und  hiu  sichern  den  Ursprung 
des  bei  aus  bau  und  beon  vollends. 

Diese  chez,  hos  und  hia  sind  jedoch  weit  sinnlicher  und 
beschränkter  geblieben  als  bei.  hos  hat  nur  den  persönlichen 
bezug  auf  haus  und  schütz  und  geht  nicht  auf  sacken,  ob- 
sckon  man  allmälich  ein  dän.  hosbunden  beigebunden,  hos- 
folgende beifolgend  wagte,  vielmehr  den  deutschen  ausdrücken 
nachahmte.  Das  franz.  chez,  «nsinn/ic/ier  als  das  it.  in  casa, 
sp.  en  casa  ist  gleickwol  sinnlicher  als  bei,  das  uns  längst 
nicht  mehr  den  gedanken  an  bau  und  haus  rege  macht,  wir 
sagen  noch  gekauft  bei  Gerson,  verlegt  bei  Beimer,  chez  Bei- 
mer,  nicht  aber  ich  bin  bei  mir,  trie  je  suis  chez  moi,  im 
sinne  von  zu  hause,  sondern  er  ist  nicht  bei  sich  bedeutet  uns 
apud  se  non  est,  il  est  hors  de  lui,  was  sich  freilich  verstekn 
liesze,  er  ist  abwesend,  seine  seele  nickt  in  ihrer  woknung. 
du  warst  lange  nicht  bei  mir,  käst  mich  nickt  besuckt;  er 
iszt  heute  bei  mir  zu  mittag  {in  meinem  kause),  aber  ich 
freue  mich,  dasz  ich  wieder  bei  mir  bin,  wieder  daheim}  bei 
mir,  bei  mir  zu  hause  verfahrt  man  anders ;  verschieden  von 
jenem  bei  mir.  Wol  aber  heiszt  es  bei  uns  {in  unserm  kause) 
kam  feuer  aus;  bei  uns  (in  unsenn  lande)  thut  man  so;  ich 
wohne  bei  Blumes  {gramm.  4,  261),  in  BI.  hause,  vgl.  auch 
beiführen  =  keimßhren. 

Bei  und  an,  bei  und  zu  berükren  und  vertreten  sich  ofl, 
wer  l>ei  dem  berge,  stekt  auch  an  dem  berge;  die  Stadt  liegt 
am  Bhein,  beim  Bhein;  setze  dich  bei  mich  ist  was  setze 
dich  zu  mir;  ich  führe  das  kind  bei  der  band,  an  der  band; 
dem  ab,  von  der  band  sind  entgegengesetzt  bei  der  band,  an 
der  band,  zu  der  band;  die  reihe  ist  nun  an  mir,  bei  mir; 
man  spannt  die  pferde  an  einander,  bei  einander,  zu  einan- 
der. Nur  ist,  wer  genauer  zusieht,  die  nähe  von  an  und  zu 
stärker  und  gerader,  als  die  von  bei,  in  bei  liegt  ein  neben, 
zur  seile,  im  umkreis,  circa:  der  an  das  feuer  gehende  be- 
rithrt  es  mit  seinen  füszen,  der  zu  dem  feuer  gehende  geht 
unmittelbar  darauf  los,  ohne  es  schon  erreicltt  zu  kaben,  der 
bei  das  feuer  gehende  nakt  sich  von  der  seile;  ich  stecke 
den  ring  an  den  linger,  bei  wäre  daneben;  sie  hat  das  band 
an  sich  gesteckt,  bei  sich,  wäre  in  die  lasche;  wir  sitzen  am 
tische,  zu  tische,  auch  wol  bei  tische,  doch  von  dem  neben 
hin  gesetzten  hiesze  es,  dasz  er  bei  tiscJie,   nicht  daran  sitze. 

l.  Bei,  die  praeposition. 

an  ist  gerecht  ßr  den  ace.  wie  den  dat.,  nachdem  es  na- 
hen oder  bleiben  {bewegung  oder  rulie)  ausdrückt,  auch  b  e  i 
regiert  beide  casus,  zu  hingegen  ßr  nahen  oder  bleiben  allein 
den  dal.  statt  des  bei  der  ruhe  hatte  die  alte  spräche  oß  den 
instnukentalis. 

A.  bei   des   nahens.     Frisch  1,91'  und  Adelonc  haben 

85 


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BEI 


BEI 


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die  ansieht,  dasz  bei  nicht  mit  dem  acc  construiert  werden 
solle,  nur  mit  dem  dat.,  dasz  es  zwar  heisze  ich  bin  bei  dir, 
ich  stehe,  liege  bei  dir,  aber  ich  komme  zu  dir,  stelle,  lege 
mich  zu  dir  und  nicht  bei  dich. 

1)  wahr  ist,  die  strengen  mhd.  dichter  scheinen  keinen  acc. 
auf  bei,  nach  verben  der  sinnlichen  bewegung  folgen  zu  las- 
sen, hin  und  wieder,  schon  im  IS  jh.,  dringt  er  aber  doch  ein. 
Lacbman.n  schreibt  mit  recht: 

ir  sweher  zuo  zir  saj  dernidr.    Wh.  251,  5, 

ohne  einmal  anzuführen,  dasz  die  cass.  hs.  113'  liest: 

ir  sweher  bi  si  saj  darnider; 

m  Glichesers  Reinhart  heiszl  es  641: 

eines  tages  dö  gie  Isingria 
Wider  daj  selbe  hüs  in  den  walt, 

was  der  umarbeiter  ändert  in: 

er  gienc  bi  daj  hüs  in  den  walt; 
'  si  vrägcte,  ob  her  gen'ichte 

nider  bi  sie  sitzen?    gr.  Hud.  21, 12; 

dö  huob  sich  min  heriscrafl 

üf  bi  daj  wajjer.    Alex.  4809.  Weism. ; 

si  legiie  sich  bi  im  vater.    AthisD,AS; 

daj  er  dehein  ander  wip 

legete  mer  bi  sinen  lip.    Herb.  8507; 

üf  slahen  daj  gezelt 

bi  die  liude  üf  daj  velt.    Heinr.  Trist.  4704; 

dö  man  diu  wäpen  bi  in  truoc.    Bit.  8942; 

er  schicte  sich  bi  in.    pass.  H.  83,  54; 

disen  melden  unde  dinen  knehten 

hilf  bi  dich  hin  zuo  goie.    391,  71, 
wo  ZUO  und  bi  zusammen  gebraucht  sind  mit  dem  unterschiede, 
dasz  bi  mehr  den  sinn  von  neben  und  zur  seile,    zu  den  von 
hin  zu  hat; 

bi  die  ist  gesalzt  aldä 

Maria  Magdalena,    pass.  K.  5,  25; 

sA  hat  man  alierleige  merterere  bi  in  gesatzit.  myst.  1,  35; 
das  sind  lauter  denkmälcr  aus  dem  mittleren  Deutschland,  des- 
sen spuren  in  der  nhd.  spräche  überhaupt  haßen. 

2)  derselbe  acc.  steht  bei  Luther  ganz  fest:  als  sie  in  nu 
sahen  von  ferne,  ehe  denn  er  nahe  bei  sie  kam.  1  Mos.  37, 
18 ;  begrabt  mich  bei  meinen  vater.  49,  29 ;  die  kinder  Israel 
sollen  sich  lagern  ein  iglicher  in  sein  lagcr  und  bei  das  pa- 
nier seiner  schar.  4  Mos.  1,  52 ;  tritt  bei  dein  brandopfer.  23,  3 ; 
setze  dich  bei  den  stein  Asel.  1  Sam.  20, 19 ;  Joas  aber  ward 
begraben  bei  die  könige  zu  Samaria.  2  kön.  13, 13 ;  ward  be- 
graben zu  Jerusalem  bei  seine  veter.  14,  20;  man  begrub  in 
bei  seine  veter.  15,  7;  und  ward  begraben  bei  seine  veter. 
15,  38 ;  gieng  hin  und  trat  bei  das  rad.  Ez.  10,  6 ;  und  er  kam 
hart  bei  mich.  Dan.  8,  17;  die  Weisheit  des  geringen  bringt 
in  zu  ehren  und  setzet  in  bei  die  fiirsten.  Sir.  11,  1;  gieng 
hinqin  und  satzte  sich  bei  die  knechte.  Matth.  26,  58;  und 
da  sie  nicht  konlcn  bei  in  komen  für  dem  volk  (goth.  ni 
magandans  nehva  qiman  imma  faura  managein).  Marc.  2,  4; 
da  er  kam  bei  die  statte.  Luc.  10,  32 ;  funden  sie  tod,  trugen 
sie  hinaus  und  begruben  sie  bei  iren  man.  apost.  gesch.  5, 10 ; 
denn  wo  die  heiligen  und  gelerten  mit  den  gewaltigen  und 
herrn,  dazu  mit  den  reichen,  nicht  wider,  sondern  bei  das  recht 
und  die  warheit  tretten,  wer  wolt  unrecht  bleiben?  Luther 
1,  495" ;  die  philister  lagerten  sich  bei  den  Hclfenstein.  4,  17'. 

3)  ebenso  brauchen  ihn  andere  Schriftsteller,  zumal  dichter: 
er  hiesz  in  bei  die  andere  sitzen.  Fierabras  D  5 ;  es  ist  schon 
die  axt  den  bewmen  bei  die  wurzel  gelegt.  Casp.  Güettel  von 
evangcl.  warheit.  Zwickau  1523.  A3; 

er  liel  umbiier  bei  alle  tbier, 

und  sprach,  kompt  doch  zu  liciren  mir.     Waldis  £sop  1,  6; 

ich  wil  gelin  bei  den  wcidcnprad.    Alberus  4t ; 
welchen  (Christum)    sie   in   gleichen   grad   bei   die  schaf  und 
lämmer  stellen.  Fischart  bienenk.  74';  ich  wil  mich  bei  das  bad, 
darin  sie  pfleget  zu  baden,  niedersetzen.  Jul.  v.  Bh.  Sus.  1,4; 
kommet  ihr  aber  hie  bei  mich.  4,1; 

es  hat  die  himmelskunst  disz  Terner  auch  bedacht, 

und  bei  die  wage  bin  den  scorpion  gesetzet.    Opitz  1,92; 

erkiest  er  ihm  ein  ort,  nn  dem  er  frei  kan  sitzen, 

liegt  elwan  bei  ein  quell,  sucht  schatten  an  der  bach.    1,63; 

disz  schiflein,  das  man  mag  bei  deine  muschel  stellen.    2,52; 

hii-r  kan  er  wie  er  will,  so  lang  er  ist,  »ich  strecken 

bei  eine  kühle  bach.     2,  1.M; 

er  wil  ihn  bei  die  fürstcn  bin 

aus  dem  geringen  staube  zichn.    pt.  s.  217  ; 

sie  kamen  nahe  bei  die  inscl  Malta.  Arg.  2,  117;  bei  die 
phncessin  hingehen.   2, 199 ; 


drum  wer  anhängt  allen  zechen, 

ist  auch  kühnlich  einzurechen 

in  die  tolle,  wilde  zunit 

bei  das  volk  der  unrernunrt.    Logau  1,  2,  13; 

die  gans  kom  bei  das  fewr.  ganskönig  E5; 
nimpl  er  ihn  bei  den  ermel  {faszt  ihn  an  den  ermel).  pers- 
rosenth.  4,  3;  der  medicorum,  so  bei  sie  gehen.  Philand.  1, 187; 
kamen  bei  eine  vorneme  statt.  2,166;  nahm  er  mich  bei  der 
band,  führte  mich  bei  ein  fenster.  Schuppius  22;  Richardi  herz 
wurde  bei  die  minoriten  nach  Oxford  gebracht.  Hahn  5,  42 ; 

trat  dann  dicht  bei  den  enget,  heran  zu  dem  blutigen  leichnam. 
KiOPSTOCK  jWcw.  12,  173; 
näher  bei  die  Schulter  warf  er,  ich  stiesz  in  das  herz,  werke 
8,  230;  bäume  bei  das  grab  zu  setzen.  11,  95;  Filangieris 
kommen  diese  tage  bei  mich  zu  tische.  Göthe  28,  38 ;  trat 
dieser  mann  zu  mir  und  stellte  mich  bei  fünf  stücke  auf 
den  höchsten  ort  des  Schlosses.  34,  102 ;  ich  bitte  mich  bei 
Sie  zu  gast,  an  fr.  von  Stein  1,  294 ;  setze  den  topf  bei  das 
feuer;  stelle  den  stul  an  die  wand;  lege  die  gabel  bei  das 
messer;  den  apfel  bei  die  kleider;  du  must  nicht  ausgehen, 
ohne  geld  bei  dich  zu  nehmen;  ich  nehme  die  arme  waise 
bei  mich   {ins  haus). 

Die  deutschheit  dieser  accusativfügungen  wird  sich  nicht  be- 
streiten lassen,  sagt  man  doch  auch  mit  zusammengesetztem 
verbum,  ohne  Substantiv,  das  sich  leicht  ergänzt  und  nach- 
fühlt, ich  habe  den  topf  beigesetzt,  die  gabel  beigelegt. 
Göthe  wüste  ohne  zweifei,  dasz  es  sonst  heiszt,  bei  einem  zu 
tische  sein,  sich  bei  einem  zu  gast  bitten ;  er  wollte  also  et- 
was anderes  durch  den  acc.  ausdrücken,  im  brief  an  fr.  von 
Stein  könnle  man  vermuten:  bei  sie,  neben  sie,  an  ihre  seile 
gesetzt,  ein  stellen  auf  den  höchsten  ort,  bei,  neben  die  fünf 
stück*e  ist  lebhaßer  gesagt  als  bei  den  fünf  stücken  wäre. 
Wenn  auch  die  herschende  schrißsprache  lieber  gehn  und  kom- 
men mit  zu  als  mit  bei  verbindet,  wird  die  trauliche  rede  das 
bei  vorziehen :  komm  bei  mich !  setze  dich  her  bei  die  an- 
dern! geh  bei  das  feuer  und  wärme  dichl  es  ist  ein  vur- 
thell,  kein  nachtheil,  dasz  wir  auf  dreierlei  weise  sagen  kön- 
nen: setze  dich  an  das  feuer,  bei  das  feuer,  zu  dem  feuer, 
und  tni/  der  Vorstellung  des  bleibens  auch  noch  auszcrdem: 
setze  dich  an  dem  feuer  nieder,  bei  dem  feuer  nieder,  bei 
ist  neben,  an  die  seile,  engl.  by.  Unangefochten  heiszt  es,  bei 
seile  gehn,  einen  bei  seile  nehmen,  ziehen,  rufen,  etwas  bei 
seile,  wie  zur  seile  legen :  in  seinem  maul  bei  seit  hat  er  an 
jedem  ort  ein  langen  zan.  Forer  ßschbuch  200',  vgl.  engl. 
beside,  by  the  side.    nnl.  bezijden. 

4)  nnl.  hat  dieser  acc.  weit  gröszere  ausdehnung.  man  sagt 
nicht  nur  iets  bij  iemand  Icggen,  zelten,  stellen,  sondern  auch 
liggen,  zitten,  staan  bij  iemand ;  bij  de  band  oder  bij  der 
band  zijn;  iets  bij  de  band  hebben;  bij  de  baren  Irckken ; 
bij  de  band  vatten ;  bij  het  licht  bezien  (bei  dem  licht  be- 
sehn) ;  bij  de  kerk  wonen ;  het  scliip  is  bij  de  kaap  gestrand 
«.  s.  w. 

5)  das  golh.  bi  verbindet  sich  häufig  mit  dem  acc.  in  der 
bedeutung  des  gr.  TtBQi,  lal.  de  (gramm.  4,  779),  also  auf  die 
Vorstellung  von  a^cpi,  circa  zurückgehend.  Doch  heiszt  es 
Luc.  6,  29  auch  stautan  bi  kinnu,  bei,  an  das  kinn  stoszen, 
zur  bestdligung  der  nahen  verwandtschaß  zwischen  an  und  bei, 
ihrem  sinne  wie  der  conslruclion  nach,  während  aber  goth. 
qiman  die  praep.  at,  gaggan  du  neben  sich  hat,  beidemal  mit 
dem  dat.,  findet  sich  loh.  11, 19  gaqiman  nii^  bi  und  dem  acc, 
unserm  nhd.  kommen  bei  einen  entsprechend,  in  solchen  Wör- 
tern beobachtet  jede  spräche  ihre  eigenheit,  keine  aber  ohne 
sich  auch  mit  andern  zu  berühren. 

6)-o/i(i.  pi  mit  acc.  in  der  bedeutung  von  wegen,  um,  für  er- 
läutern hinreichende  beispiele  bei  Grakf  3,  11.  12  uurf  procp.  106. 

B.  bei  des  bleibens. 

1)  das  verbum  .<!ubstantivum  mit  bei.  des  Unterschieds  zwi- 
schen bei  sich  sein  und  bei  sich  sein  wurde  vorhin  gedacht: 
du  bist  nicht  bei  dir  heiszt,  tui  compos  non  es;  du  bist 
nicht  bei  dir,  domi  non  es.  wie  ist  dir?  du  bist  nicht  bei 
dir?  GtiTHE  14,  220.  er  war  heute  frühe  hei  mir;  du  bist 
lange  nicht  bei  ihm  gewesen ;  allerlei  tbier  das  bei  dir  {in 
der  arche)  ist.  1  Mos.  8,  17 ;  es  ist  auch  viel  stioh  und  fultcr 
bei  uns.  2»,  25;  der  jüngste  ist  noch  bei  urtserm  vater.  42,13; 
wie  ein  lagelöbner  und  gast  sol  er  bei  dir  sein.  3  Mos.  25, 
40 ;  dasz  sie  bei  dir  seien  und  dir  dienen.  4  Mos.  IS,  4 ;  ich 
lis,  das  einmal  brü.ier  kamen  zu  einem  allvaltcr,  die  schwelz- 
ten  vil,  sancl  Antonius  kam  auch  zu  dem  allvaller  und  fragt 
in  und  sprach:  wie  guvallcn  dir  die  brüder,  die  bei  dir  »ein 


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gewesen?  da  antwurt  der  altvatter,  wol.  allein  das  ir  stal 
hat  kein  thür,  wer  da  wil  der  got  aus  und  ein,  und  entle- 
digt den  esei.  Keisebsb.  Sünden  des  munds  75'.  Bei  den  leu- 
ten  sein  hiess  ehmals  ivas  heute  unter  den  leuten,  unter  den 
menschen  sein,  in  der  «eil  leben,  im  gegensatz  su  von  den 
leuten  sein,  in  der  abgeschiedenheit  leben;  schon  Waltheb 
sang  35,  17 : 

li  mich  bi  den  liuten; 

Eeisebsberg:  ich  hab  darnach  gelesen  von  Piatone,  der  was 
einist  bei  den  leuten  (in  der  Kell,  auf  reisen),  und  iederman 
sagt  von  seltzamen  dingen,  die  er  in  den  anderen  landen  hett 
gesehen.  Sünden  des  munds  s';  aber  bist  du  geladen  und 
bist  bei  den  lüten.  2S';  und  alle  die  das  hören,  werden 
auch  dadurch  geschedigt,  wenn,  so  sie  also  bei  inen  selber 
{zu  haus  allein)  seind,  und  an  denselben  menschen  geden- 
ken, so  fallen  sie  in  hoffertige  gedenk.  27';  bei  sinnen,  bei 
Terstande  sein,  bei  sich,  .«einer  sinne,  seines  Verstandes  mäch- 
lig;  bei  jähren  sein,  bejahrt,  alt: 

ich  bin  bei  jaren  und  ungestalt.  fastn.  sp.  1400 ; 
er  ist  schon  stark  bei  jähren,  bei  hohen  jähren ;  ist  noch  bei 
guten  jähren;  da  man  bei  jähren,  zugleich  bei  starkem  leibe 
war.  Kunger  9, 103 ;  bei  guter  laune  sein  ;  er  ist  heute  nicht  bei 
laune;  bei  kräften.  guter  gesundheit  sein;  er  ist  noch  bei 
voller  krdft;  ich  bin  nicht  bei  athem;  er  war  nicht  bei  witz ; 
er  war  nicht  recht  bei  tröste ;  beim  leben,  am  leben  sein, 
in  lila  esse;  da  er  beim  leben  war.  2  c/iron.  10,  6 ;  dasz  das 
kind  noch  beim  leben  wäre.  pers.  rosenth.  7,  20.  die  Irrlichter 
schienen  wieder  gut  genährt  und  wol  bei  flammen.  Göthe 
15,  251.  der  Sänger  ist  heute  abend  nicht  bei  stimme,  bei 
gelde  sein,  bei  vermögen ;  ich  bin  nicht  bei  gelde.  Scbcppics 
582 ;  wir  sind  nicht  bei  gelde.  Göthe  14,  280 ; 

uad  war  ich  bei  geld, 

so  war  icii  bei  sinnen.    12,  122. 

bei  tische,  beim  essen,  trinken  sein ;  ich  bin  noch  beim  le- 
sen, noch  darin  begriffen;  wir  sind  beim  ankleiden,  auszie- 
hen, baden;  wenn  herr  Eberhard  einmal  beim  erheben  über 
die  Sphäre  der  Sinnlichkeit  ist.    Kaxt  3,  355. 

tiicht  anders  verhalten  sicli  bleiben  und  wohnen :  bleib  bei 
mir,  verlasz  mich  nicht; 
Max,  bleibe  bei  mir,  geh  nicht  von  mir,  Max!    Schillbb 3S4' ; 

er  blieb  bei  sich,  aber  sasz  todtenbleich  da.  Göthe  19,  2S0; 
sie  bleibt  nicht  lange  mehr  bei  kräften,  bei  vollen  sinnen; 
ob  Christus  mit  den  thieren  frölich  sei  gewesen,  die  bei  im 
wonten  in  der  wüste.  Keisebsb.  Sünden  des  mu^ds  42';  man 
sieht  gar  bald  bei  was  lüten  er  gewont  hat.  wonest  du  bei 
einem  füller,  du  »iirst  auch  also,  wonest  du  bei  wüsten  lüten, 
du  würst  auch  wüst.  30';  ich  wohne  schon  zehn  jähre  bei 
dem  selben  mann. 

2)  jenem  gehen,  kommen,  stellen,  legen,  setzen  mit  bei  und 
dem  acc.  gegenüber  gilt  ein  anlangen,  stehen,  liegen,  sitzen, 
schlafen,  ruhen  mit  bei  und  dem  dativ,  fühlbar  hat  bei  etwas 
persönlicheres  als  an  oder  zu ;  stehen,  liegen,  sitzen  bei  mir 
kann  nicht  überall  mit  an  mir  und  nirgends  mit  zu  mir  tau- 
schen, du  sitzest  zu  mir  würde  aussagen  du  näherst  dich 
mir ;  du  stehst,  sitzest  an  mir  müsle  durch  hinzugefügtes  nahe 
oder  dicht  deutlidier  werden  und  käme  dann  auf  eins  heraus 
mit  bei  mir.  ror  Sachen  mögen  bei  und  an  wechseln :  der 
arzt  sitzt  an  oder  bei  dem  krankenbette,  aber  nicht  an,  hnr 
bei  dem  kranken ;  der  vogel  ruhte  am  gestade  orfer  beim  ge- 
stade;  das  haus  steht  am  oder  beim  berge;  dagegen  wolan, 
lasz  in  diese  nacht  bei  dir  schlafen,  und  er  schlief  die  nacht 
bei  ir.  1  Mos.  30, 15.  IG ;  und  sie  erwischt  in  bei  seinem  kleid 
und  sprach,  schlafe  bei  mir.  39,  7 ;  er  sah  das  ein  bauer  bei 
den  andern  bauem  sasz  in  der  urten  und  bort  inen  zu,  was 
sie  redten.  Keisebsb.  Sünden  des  munds  76';  wo  ein  clapper- 
man  ist,  wan  der  ob  tisch  bei  den  leuten  sitzt,  so  redt  er 
on  underlasz  und  es  mag  niemant  vor  seinem  tadern  zu  ku- 
men.    75'. 

Diese  sinnliehen  stehn,  liegen,  schlafen,  wohnen  bei  einem 
und  alle  ähnlichen  Wörter  können  nun  übertreten  in  die  ab- 
stractere  form  beistebn,  beiliegen,  beischlafen,  beiwohnen,  ha- 
ben dann  meistentheils  dative  der  person  neben  sich  und  em- 
pfangen eine  bestimmtere  bedeutung.  aus  dem  bei  einem  stehn 
entfaltet  sich  die  Vorstellung  des  helfens,  atu  dem  bei  einem 
gehn  ein  unpersönliches  mir  geht  bei  u.  s.  w.  da  die  Par- 
tikel bei  dieser  Zusammensetzungen  in  gewissen  lagen  trennbar 
wird,  so  könnte  zweifel  entspringen,  «tu  im  einzelnen  fall  ge- 


meint sei,  stehn  bei  oder  beistehn?  hier  entscheidet  aber  die 
stelle  der  praeposition,  die  ihrem  casus  vorausgeht,  und  der 
Partikel,  die  dem  dat.  nachfolgt,  der  praepositionale  ausdruek 
ich  stehe  bei  dir,  ich  will  bei  dir  stehn  hat  grössere  sinn- 
liche kraß  als  der  blosz  adverbiale  ich  stehe  dir  bei,  ich  will 
dir  beistehn.  dieser  findet  sich  z.  b.  in  folgender  stelle: 
ain  clausen  stund  mir  nahen  bei.    Schwabzb5bekg  150,  2; 

jener  aber  in: 

und  hörn,  ob  sie  wölln  bei  uns  stehn.    Albbkcs  54'; 
die  werden  freilich  bei  uns  stehn.    56'; 
wann  ihr  wolt,  dasz  euch  wol  sei  gehn, 
so  müszt  ihr  beieinander  stehn.    148'. 

3)  bei  sich  haben,  im  hause,  in  der  lasche,  am  leibe,  im 
köpfe,  zur  hand  haben:  sie  hat  nur  ihre  tochter  bei  sich; 
zur  zeit  seines  todes  hatte  er  niemand  bei  sich  als  einen  alten 
bedienten ;  nam  die  kleider  die  sie  bei  sich  im  bause  hatte. 
1  Afos.  27, 15  ; 

also  ist  jeu  Georg  Friderich, 

der  bat  allein  die  lugenden  bei  sich.    Wkckberli.i  42S, 

herbergt  alle  fugenden,  reiste  ab  und  hatte  alles  bei  sich 
was  ihm  von  geld  übrig  war;  ich  habe  keinen  heller  bei  mir 
{sur  moi);  ich  kann  nicht  mahlen,  weil  ich  die  färben  nicht 
bei  mir  habe ;  das  ich  bei  meinen  banden  habe,  ävbeb  proe. 
1, 4 ;  der  abbe,  der  schon  viel  wein  bei  sich  hatte,  forderte  das 
pnze  geisterreich  in  die  schranken  heraus.  Schiller  719; 
meine  nase  blutet  und  ich  habe  kein  schnupftuch  bei  mir. 

4)  halten,  fassen,  greifen,  zupfen,  nehmen,  erwischen: 
die  führ  mir  her  bei  ir  sneweiszen  bant.    fastn.  sp.  585,  1 ; 

bei  den  obren,  armen,  beinen  halten ;  beim  köpfe,  halse,  beim 
rockzipfel  fassen,  nehmen,  kriegen ;  wann  der  wolf  das  schaf  bei 
der  gurgel  erwüschet,  so  hat  er  gewunnen.  also  der  teufel, 
wan  er  uns  bei  dem  frasz  erwüschet,  so  hat  er  genug.  Keisebsb. 
sünd.  d.  m.  3' ;  wer  da  ringt  mit  eim  und  in  erwischet  bei  der 
gurgel,  der  hat  die  suche  wol  gewunnen.  also  wann  der  tüfel 
einen  bei  dem  hals  envischt  des  fraszes  oder  bei  der  macht 
der  unküscheit.  9';  sich  in  die  lefzen  beiszen  und  bei  dem 
hart  ropfen,  oder  sich  bei  dem  or  pfetzen,  da  man  dem  kna- 
ben  die  meisen  ausnimmt.  23';  als  wan  man  ein  hündlein 
imermeder  bei  den  oren  zupft.  42';  strecke  deine  hand  aus 
und  •erhasche  sie  {die  schlänge)  beim  schwänz.  2  Mos.  4,  4 ; 
zupfe  dich  bei  (an)  deiner  eignen  nase;  bei  der  uasen  füren. 
McasEES  5f/ie/menz.  7*;  und  sie  erwischt  in  bei  seinem  kleid. 
1  Afos.  $9,  12 ;  einen  beim  mantel  niederziehen,  beim  kragen 
reiszen,  bei  den  armen,  obren  emporheben;  etwan  ein  schrift 
oder  zwo  bei  dem  hals  herbeizuziehen.  Fischart  bienenk.  91'; 
und  liesze  ine  darzwischen  bei  dem  hals  greifen.  106'.  bei 
sich  behalten,  verschweigen:  du  kannst  nichts  bei  dir  behal- 
ten ;  er  wüst  auch,  das  in  Judas  hingeben  wurd,  er  hat  es 
aber  niemants  gesagt,  er  hat  es  bei  ihm  behalten.  Keisebsb. 
Sünden  des  munds  73';  er  hat  sunst  verheiszen  soliche  ding 
ze  verschweigen  und  bei  im  ze  behalten.  72*.  erhalten:  das 
erhielt  mich  beim  leben,  anfangen,  anheben:  fang  nur  bei 
dir  selbst  an  {zu  tadeln) ;  ich  fange  beim  letzten  capilel,  hin- 
ten an,  früher  sagte  man  an  (gramm.  4,  860). 

5)  kennen,  merken,  wissen,  nennen :  man  kennt  ihn  leicht 
bei  (an)  seiner  langen  nase,  bei  seinem  rotben  haar;  alle 
weit  verachtet  sie  {die  zweizüngigen  menschen),  dan  man  er- 
kennt sie  bei  der  grinthauben,  die  kümpt  einem  gar  kum  ab 
dem  köpf.  Keisebsb.  a.  a.  o.  68' ;  aber  ich  kenn  dich  bei  den 
langen  oren,  dasz  du  ein  esel  bist.  9';  bei  den  dreien  stucken 
wirst  du  wol  innen,  wie  er  ein  mensch  ist.  54';  das  wissen 
die  frauwen  wol  bei  Iren  mannen,  wenn  sie  zu  nacht  heim 
kummen  und  foll  seind,  so  sein  sie  frölich  und  giiter  ding, 
und  sunst  nimmer.  9';  man  erkennt  den  mann  bei  (an)  sei- 
nen bandlungen.  einen  bei  (Luther  sagt  mit)  seinem  namen  nen- 
nen ;  der  nachtwandler  erwacht,  wenn  man  ihn  bei  namen  nennt ; 

denn  sie  Teirten  des  freundlichen  jüngferchen  hochzeit, 
ach  der  schönen  Luise,  denn  nur  beim  namen  genannt  sein 
wollte  sie,  schlecht  und  recht.    3,  526. 

6)  schwüren,  betheuem.  goth.  svaran  bi  himina,  bi  haubida ; 
ahd.  suerian  pl  himile;  mhd.  swuor  bt  slnes  vater  sele  {gramm. 
4,  847);  bi  dem  eide  sagen,  eidlich  versiekem,  MS,  1,  77';  bi 
dem  eide  jche.  2,  47'; 

vriunt,  ich  sage  dir  bi  got.    IIklbl.  7,  338. 
nhd.  schwören  bei  gott,   bei  dem  schwert,   bei  dem  himrael, 
bei  den  Sternen,  bei  allen  himmlischen  mScblen :   und  Jacob 
schwur  im  bei  der  furcht  seines  vaters  Isaac.   1  Mos.  31,  54; 
ich  habe  bei  mir  selbs  geschworen  spricht  der  herr.    22,  16 ; 

55* 


1351 


BEI 


BEI 


1352 


also  auch  soll  im  ein  mensch  ein  straf  uflegen,  wenn  er 
Schwert  bei  gott,  das  er  so  dick  ein  heibiing  wol  geen  umb 
gotles  willen.  Keisersb.  Sünden  des  munds  23';  als  so  du 
etwas  verkaufest  und  schweres!  bei  got  es  ist  gut.  2*; 

dann  schwören  wir  herzlich  bei  ja  und  bei  nein, 

im  leben  und  tode  getreu  uns  zu  sein.    iJiiRGER; 

er  schwur  sich  bei  allem,  was  heilig  und  hehr, 

auf  ewig  zu  ihrem  getreuen. 

häufig  aber  mit  ausgelassenem  verbum:  bei  gotl,  beim  himmel, 
bei  allen  heiligen ;  bei  göle,  medius  fdius  {sp.  1291) ;  bei  gott, 
ich  kann  nicht.  Gotter  3,90;  bei  meiner  treue,  par  ma  foi; 
bei  meinem  hart,  par  ma  barbe;  oho  raupennest,  das  wer  bei 
dem  versteinigten  sleininen  Stephan  ein  gar  zu  vil  herbes  und 
bitters  pillulein  auf  einmal,  bienenk.io; 

hei  diesem  licht,  das  uns  zuerst  begrQszt 

vor  allen  Völkern.    Schiller  531*; 

0  gott,  bei  deinem  Sonnenschein, 

fast  möcht  ich  nie  geboren  sein.    Borger  38'; 
ich  will  einst  bei  ja  und  nein  vor  dem  zapfen  sterben, 
(mihi  est  propositum  in  taberna  mori). 

Auch,  ich  denke  bei  mir,  ich  sagte  bei  mir,  ich  überlegte  bei 
mir  im  stillen,  ich  hatte  bei  mir  beschlossen. 

7)  gebieten,  befehlen,  verbieten,  warnen,  sich  hüten  sollen, 
es  ist  verboten  bei  dem  sträng,  es  wird  bei  wasser  und  brot 
verboten,  geboten;  bei  leib  und  leben; 

mhd.  unz  ij  diu  kunegin  virböt 

bi  dem  halse  und  bi  der  wide.  kaiserchr.  10085. 
daher  das  häufige  bei  leibe,  unter  androhung  von  lebens  und  lei- 
besstrafe,  bei  leibe  nicht,  ja  nicht:  hüte  dich  bei  leibe,  das  du 
nicht  mit  deinem  dunkel  drein  feilest.  Luther  3,432';  ein  kind 
sol  bei  leib  nicht  sein  gehorsam  gegen  vater  und  mutter  verach- 
ten. 4,414';  bei  leib,  laszt  euch  nit  bereden.  6,349';  man  sol 
die  beicht  oder  absolutio  bei  leib  nicht  lassen  abkomen.  6, 
520';  das  kein  einwoner  berüren  darf  und  alles  bei  leib  auf 
der  erden  ligen  bleibt.  Frank  weltb.  77';  bei  leib  seh  zu! 
Alberüs  12;  thut  solchs  bei  leibe  nit!  Waldis  141';  bei  leib 
nit!  Kirchhof  wendunm.  324';  o  nein,  die  decreten  und  de- 
cretalen  müssen  wir  bei  leib  in  ehren  halten,  bienenk.  30'; 
bei  leib  dasz  (ne).  Garg.  7l';  nein  bei  leib.  204";  /V/r.. 216'; 
Simpl.  2,  380;  das  beileibe  nicht!  a.  m.  im  Tockenb.  278; 
kommen  mir  vor  wie  die  hecken,  die  meine  bauern  gar  schlau 
um  ihre  felder  herum  führen,  dasz  ja  kein  hase  drüber  setzt, 
ja  beileibe  kein  hase!  SchillEr  106'.  auch  bei  dem  eide,  bei 
der  strafe  verbieten:  das  im  bei  seinem  eid  verholten  ist. 
Keisersb.  a.  a.  o.  9';  und  solchs  bei  strafe  des  bannes  oder 
harter  gefengnus.  iiencnA'.  42";  bei  strafe  ewiger  verdamnus.  50'. 

8)  schwanger  werden,  zeugen,  gebären,  ein  kind  haben  con- 
slruierle  die  alte  spräche  mit  bei  {gramm.  4,  783.  853) : 

alsus  wart  si  derselben  naht 

swanger  bi  ir  bruoder.    Gre^.  229; 

bi  der  Gahmurct  ein  kint 

gewan,  des  disiu  ni;ere  sint.    Pari.  455,  21 ; 

ein  mcerinne  üj  Jetakranc 

Josweij  bi  im  gebar.     Wh.  386,  19 ; 

0  Fritz,  lasz  von  dem  hochmuet  dein, 

ich  trag  bei  dir  ein  kindelein.    altd.  hl.  2, 139; 

bleib  si  ein  witwen,  das  si  die  leisten  kind  bi  dem  man  uber- 
kummen  destcr  basz  mechte  erziechen.  Tho.  Plater  34.  man 
kann  treffend  auslegen  an  der  seile  (des  mannes  oder  der  frau), 
und  die  nl.  spräche  bediente  sich  der  praep.  an: 

dit  kint  an  u  wan.    Lanc.  24307 ; 

an  hare  wan  hi  enen  sone.    Marrl.  3,  268; 
aber  auch  ein  abslraclcs  von  annehmen,  wie  das  engl,  by  häufig 
für  von  sieht  und  die  gr.  spräche  zu  rixrsiv  vnö  fügt. 

9)  jenes  kennen,  erkennen  unter  5  liesz  bei  und  au  zu,  er- 
langt aber  leicht  die  bedeutung  durch :  bei  des  menschen  lieb- 
licher gestalt  und  schönen  geberden  merkt  man,  dasz  ein  ver- 
stand und  tugend  dahinden  ist.  Alberos  l'.  auch  die  verba 
senden,  entbieten,  schicken  haben  dieses  bei  ==  durch  neben  sich  : 

ouch  Kante  si  bi  ir  dan.    Iw.  3453; 

ir  enhutct  mirj  bi  ir.  7751 ; 
ohn  das  ich  bitte,  mir  solchs  bei  diesem  boten  zu  verstän- 
digen. Luthers  br.  3,  2;  und  schickcns  euch  nun  wieder  bei 
eurem  boten.  3,123;  und  uns  zukomen  lassen  bei  diesem  bo- 
ten, der  darauf  ist  ausgesandt.  3,  529;  mir  ist  von  meinem 
gnedigsten  herrn  von  Menz  ein  kaiserlich  inandat  bi  einem  ge- 
scbwornen  hotten  zugeschickt.  ItEUCHi.n  au^ensp.  2*;  und  also 
hab  ich  meinen  ratschlag  meinem  gnedigsten  herrn  verschlossen 
und  versorgt  bi  ainem  geschwornen  holten  zugeschickt.  3';  den 
mörsel  bei  seinem  Schüler  dcrfraweu  heimschicket,  fiocc.  2, 77'; 


ich  hab  euch  gschickt  ein  flaschn  mit  wein, 

und  ein  hal'en  mit  pfelfer  zu  dum. 

der  gardian  sprach:  mein  hcrr,  bei  wem? 

der  burger  sprach :  bei  meinem  son.    H.  Sachs  IV.  3,  73«  j 

Alba  hab  mirs  zu  spot  gelhan, 

dasz  sie  den  hrief  bei  im  gschickt  han.    Atrer  22*; 

den  soll  er  auf  dem  raere  lief 

bei  eim  bouen  euch  zusenden.  369'; 
er  ist  zu  Münster  mein  beichtvater  gewesen  und  bei  dieser 
post  will  ich  an  ihn  schreiben.  Schuppius  255;  relation  aus 
dem  parnasso,  welche  bei  jüngster  post  Mercurius  anbracht 
hat.  564;  dasz  Paulus  bei  (unter)  dem  buchstaben  anders 
nichts  verstanden  dann  das  gesatz.  bienenk.  70*. 

10)  zuweilen  nimmt  bei  die  bedeutung  von  um  und  für  an: 
er  läszt  sein  leben  bei  ihm,  um  ihn;  der  wein  brachte  Alexan- 
drum dahin,  das  er  Clitum  seinen  besten  freund  umbracht, 
bei  dem  er  sonst  sein  leben  bei  gelassen.  Frank  trunkenh. 
C  a ;  er  würde  das  leben  bei  dieser  Wahrheit  lassen ;  dasz  sie 
wollen  leib,  hab,  gut  und  blut  bei  einander  aufsetzen  und 
für  einander  in  den  tod  gehen.  Schuppius  545.  den  sinn  von 
an  hat  bei  in  folgenden  stellen :  da  beginnet  der  hund  zu  re- 
den, warumb  sie  also  bei  ihm  handelten?  pers.  rosenth.  1,6; 
wie  unchristlich  ßutyrolambius  und  sein  anhang  bei  Antenorn 
(an  Anlenor)  handeln,  indem  sie  ihn  bei  dem  gemeinen  mann 
wollen  stinkend  machen.  Schuppius  839. 

11)  se/(r  oft  dient  bei  (neben)  zu  örtlichen,  räumlichen  bestim- 
mungcn  und  kann  dann  auf  jedes  verbum  folgen:  sihe  so  stehe 
ich  hie  bei  dem  wasserbrunn.  1  Mos.  24,  43 ;  er  wonete  bei  dem 
brunn  des  lebendigen  und  sehenden.  25,  11;  mir  treumete, 
ich  stunde  am  ufer  bei  dem  wasser.  41,  17;  da  wir  bei  den 
fleischtöpfen  saszen.  2  Mos.  16,  3 ;  da  trat  der  engel  des  herrn 
in  den  pfad  bei  den  Weinbergen.  4  Mos.  22,  24 ;  da  kam  er 
in  ein  dorf  und  wolt  sich  wermen,  wann  es  was  kalt,  da 
sasz  der  priester  bei  dem  feuer.  Keisersb.  sünden  des  munds 
62';  und  ha  ha  ha  mach,  das  man  das  bei  derpfalzen  möchte 
hören.  49';  allerlei  bilder  bei  allen  wegen,  auf  allen  straszen, 
in  allen  ecken  aufrichten,  bienenk.  20* ;  die  feinde  zogen  sich 
schritt  vor  schritt  kämpfend  zurück  und  man  focht  noch  bei 
den  wagen ;  der  Rhein  ist  bei  Mainz  breit ;  dicht  bei  dem 
zäun  flog  ein  trupp  vögel  auf.  Das  verbum  braucht  gar  nicht 
ausgedrückt,  und  kann  entweder  in  einem  Substantiv  enthalten, 
d.  h.  nachgefühlt  sein  oder  hinzu  gedacht  werden:  ein  ange- 
nehmer aufenthalt  bei  den  bäumen,  eine  wohnung  bei  dem 
meer,  an  der  küste,  golh.  faur  marein;  die  klage  bei  der 
tennen  Atad.  iMos.  50,  11;  der  weisze  berg  hei  Prag;  die 
sclilacht  bei  Hanau,  ein  pfalzgraf  bei  Rhein ;  Elisabeth  pfalz- 
grävin  bei  Rhein.  Weckherlin  337.  Auch  zur  messung  des 
raums:  welche  jagd  bei  einer  halben  meile  vom  dorfe  ange- 
stellt war.  pers.  reiseb.  4,  43;  indes  wäre  es  doch  möglich, 
dasz  einmal  auch  ein  alter  künstler,  nach  ihrer  art  zu  reden, 
der  liebe  und  den  grazien  weniger  geopfert  und  hier  bei  hun- 
dert meilen  an  die  liebe  nicht  gedacht  hätte.  Lessing  8,  237; 
diese  beiden  städte  liegen  bei  zehn  meilen  von  einander  fern. 

12)  noch  öfter  erscheint  es  bei  Zeitangaben,  wozu  man  sich 
leicht  ein  participium  denkt :  ich  arbeite  nur  bei  tag  (bei  wäh- 
rendem tag,  so  lang  es  tag  ist);  bei  anbruch  des  tags  reiste 
er  ab;  alle  züge  des  schlafenden  erkannte  ich  bei  anhrechen- 
dem  tag;  du  wolltest  enitliehen  und  bist  noch  da  bei  hellem 
tag?;  welches  noch  heut  bei  tag  (heutzutage)  in  allen  mes- 
büchern  geschriben  stehet,  bienenk.  2Ö3';  ein  lämpchen  gibt 
bei  nacht  seinem  tische  sparsames  licht;  seine  augenschwäche 
verbietet  ihm  abends  oder  nachts  bei  licht  zu  lesen ;  beere 
von  gedanken  und  sorgen  quälen  den  schlaflosen  bei  stiller 
nacht;  bei  nacht  sind  alle  kühe  schwarz;  wir  harrten  lange, 
er  kam  noch  hei  später  nacht;  als  ein  katz  bei  nacht.  Kei- 
SERSBERG  sündcn  des  munds  ü';  da  kam  der  teufe!  in  gestalt 
einer  frawen  bei  nacht  einist  an  sein  zell  und  klopfet  an. 
57';  den  Juden  ordentlich  gefolgt,  wie  ein  fromme  nonn  hei 
finster  nacht  irer  priorin.  bienenk.  54' ; 

wenn  bei  geheimer  nacht 
ümm  sein  geliebtes  haus  ein  muntrer  buhler  wacht. 

FLiiinc  649 ; 
euch  selber  werdet  ihr  bei  nach» 
ganz  oITunherzig  eingestehn, 
dasz  ihr  den  Sonderling  nur  macht.    Gökingc  1,  20; 
uns  spricht  der  schcinfreund,  so  wie  du, 
allein  bei  guten  tagen  zu.    IJasksohn  3,  90; 
0  wo  ist  bei  unsern  lagen 
kaiser  Probus  zu  eiTragcn?    Logau  1,  1,  92; 
dasz  deine  mutler  dich  neun  monat  hat  getragen 
ist  viel,   jetzt  duldet  dich  niemand  nur  bei  neun  tagen. 

1,4,30; 


1353 


BEI 


BEI 


1354 


der  buoger  vird  bei  uDsern  tagen 

hinein,  ilas  reichthum  ausgeschlagen.    1,  6,  6; 

meine  mutier  war  der  hunger.    seit  sie  mich  aus  sich  geboren, 

bat  sie  sich  bei  keinem  tage  noch  zur  zeit  aus  mir  verloren. 

2,  1,  91 ; 

wann  den  siab  bei  letztem  tage  Christus  wird  gerichtlich 

brechen.  3,  4,  74; 

alt  Ton  jaren,  frisch  toü  lästern  ist  die  weit  bei  unsem  tagen. 

3,  3,  10 ; 

sanct  Magnus,  der  heilig  würmsturmefr  wöll  den  lieben  ca- 
tboliscben  imenstock  für  imenfraszen,  bummeln  und  kraut- 
würmeD  {raupen)  bei  disen  heiszen  hundstagen  ritterlich  be- 
schirmen, bienenk.  51*;  mein  liebes  kind,  das  ich  bei  dreien 
jaren  gesäuget.  2  Mace.  7,  27  ;  bei  meinen  jungen  jähren  krän- 
kej^e  ich  viel;  do  ich  bei  meinem  vierzehnten  jar  zu  Magde- 
burg in  die  schule  gieng.  Lctiier  6,  9';  darnach  villicbt  bei 
eim  halben  jar.  Tho.  Plater  8 ; 

die  was  zwar  wol  bei  sechzeben  jaren.    fastn.  sp.  515,  16; 
(Mars)  itzt  aus  dem  himmel  ist  bei  zweimal  sieben  jähren, 
und  was  noch  drüber  lauft.  Flbiikg  65; 

indessen  dasz  der  Mars  bei  zweimal  sieben  jähren 
annoch  nicht  grausam  satt  berennt  und  angeTabren 
mein  werthes  Vaterland.    70; 

bei  sechsmal  hundert  jähren 
bat  Rom  sich  frisch  und  stark  bei  kohle  können  sparen.   73; 
dem  kriege  zieh  ich  nach  nun  bei  so  vielen  jähren.     HO; 
es  denkt  mich  noch  ein  spiel  bei  meinen  jungen  jähren, 
drin  ich  ein  könig  war,  da  andre  knechte  waren. 

LOGAU  1, 1,  84; 
fürs  Vaterland  sein  blut  vergieszen 
bat  weiland  man  zu  rühmen  wiesen, 
das  blut  dem  Vaterland  zu  sparen 
ist  jetzt  ein  rühm  bei  unsren  jähren.   1,  4,  58; 
Pulla  hat  in  schwarzem  tuche  bei  drei  jähren  zugebracht 
um  den  mann,    verstebts  nur  eigen,    dieses  tuch  das  war  die 
nacht.  3,9,50; 

frische  las 
von  neuem  rebenbaum,  den  Pböbus  erst  erfunden 
bei  wenig  jaren  her.  J.  Roiplers  vo:i  Löwimbelt  gebüsch  seiner 
reimgedickte,  dedic.  s.  1 ; 
dasi  sich  bei  etlichen  jaren  her  ril  schöner  gaister  berfürge- 
than.  s.  9  der  rorrede;  der  bettler  freute  sich  lächelnd  seiner 
list,    denn   bei    (seit)  jähren  war  er  nicht  so  reich  gewesen. 
Heg^'ER  motkenkur  3,  9 ; 

manna  fiel  am  sabbath  nicht,  sonst  bei  allen  morgen  immer. 

LoGAD  2,  zug.  67 ; 
da  liesz  er  sie  bei  vielen  wochen 
als  brot  und  wasser  nicbta  versuchen.    1,  7,  11; 
wie  sehr  er  dich  gesucht  bei  einer  halben  wocben. 
Flemimg  t)49; 
mhd.  bl  der  zit,   b1  der  stunt,   bi  der  vriste,   tum;   nhd.  bei 
zeit,  frühe;  aber  dank  hab  unser  liebe  frau  von  Antorf,  dasz 
solchem   bei   zeiten   mit   allem   flcisz   und  müh  ist  begegnet 
und  vorkommen,  bienenk.  5';  bei  der  zeit,  tum;  bei  der  hoch- 
zeit  unseres  töchterchens.  Luije  3,  610;  erinnere  dich  bei  rech- 
ter zeit  deines  Versprechens ;  sich  bei  zeit,  bei  früher  zeit  auf- 
machen ;  komm  fein  bei  zeit,  bei  zeiten ;  hübsch  bei  zeiten ; 
bei  zeit  gewent  si  {die  kinder)  guter  ler. 

ScHWARZE.tBKRG  127,  1; 

also  gut  übunir  bei  der  zeit 

macht  angebomer  laster  qoeit.    143,  2; 

bei  dieser  tummen  zeit.    Locau  1,  5,  38; 

Deutschland,  bei  der  allen  zeit, 

war  ein  stand  der  redlicbkeit.    1,6,  18; 

die  gelehrten  sind  nicht  gerne  von  den  alten  und  den  rothen, 

dann  sie  sind  bei  allen  Zeiten  untermischet  mit  den  todten. 

2,  zug.  65 ; 

und  so  entdeck  ich  selbst,  was,  auch  bei  wachen  stunden, 

ein  Deutscher,  ja  sogar  ein  domherr  aasgefunden. 
Hagki>or*(  1,  17 ; 
ich  Stelle  mir  oft  bei  müszigen  stunden  vor.  Cuiüdids  1,  21 ; 
heute  srJion  bei  frühen  stunden  war  das  Schicksal  der  schlachl 
entschieden ;  bei  weilen,  interdum.  Wickram  ro//ir.  49 ;  dasz 
auch  bei  weilen  grusze  schif  undergehen.  /'e<r.  lOS';  bei  wei- 
len zwei  beieinander,  bei  weilen  drei  zugleich,  bienenk.  177'. 
Wie  bei  zeit  auch  bei  früher,  guter  tagszeil,  bei  Sommers- 
zeit, bei  Winterszeit,  oder  mit  ausfallendem  zeit,  nur  bei  tags; 
bei  anbrechenden  tags.  pers.  baumg.  8,  6;  bei  sommers,  bei 
winters,  bei  wind  und  weiter  ausgehen,  bei  schönem  weiter 
ausfahren ;  bei  nacht  und  nebel  ausziehen ; 

bei  eisigem  regen  und  winden.  Bcrgrr. 
ßr  einzelne  dieser  Zeitbestimmungen  gibt  aber  unsere  heutige 
spräche  dem  an,  in,  zu  den  torzug  und  sagt :  am  letzten  tage, 
in  meinem  vierzehnten  jähr,  Qi  oder  zu  dieser  zeit  zu  be- 
merken ist  tuch  der  acc.:  in  dem  hause,  worin  dieses  ge- 
schlecbt  bei  die  dreihundert  jähren  (jähre)  ihre  wobnuog  ge- 


habt. Bra:<dts  Tüubmann  s.  60,  vie  vir  sagen:  an  die  drei- 
hundert jähre. 

13)  ausdrucksvoll  bezeichnet  bei  vor  pluraldaliven,  icas  wir 
sonst  durch  angehängtes  weise  wiedergeben,  die  sich  folgende 
reihe:  das  gieng  alles  zu  Noab  in  den  kästen  bei  paren 
{männchen  und  weibchen  paarweise)  von  allem  fleisch.  1  Mos. 
7,  15; 

der  schwarzen  mäntel  lange  zahl 
begleitet  ihn  bei  paaren.    HAGeDOR.f  3,  115; 

alles  lief  bei  häufen  {turmatim)  herzu,  bei  scharen  {eaterva- 
tim) ;  da  liegen  sie  bei  hänfen  {haufenweise),  rieht.  15, 16 ;  die 
feinde  fliehen  bei  häufen ;  Lcther  setzt  auch  mit  häufen :  las- 
set sie  sich  setzen  bei  schichten  (per  convina),  ie  fünfzig 
und  fünfzig.  Luc.  9,  14,  woßr  Marc.  6,  40  nach  schichten; 
eine  waare  bei  fässern,  bei  ballen,  bei  pfunden  kaufen;  was 
man  bei  groseben  einnahm,  bei  thalern  ausgeben;  das  körn 
liegt  niedergemäht  bei  Schwaden ;  etwas  bei  tropfen  {guttatim) 
kosten ; 

im  beisein  der  allen  verstellt  sich  die  Jugend, 

sie  trinkt  nur  bei  tropfen,  sie  durstet  vor  lugend. 
Hageoor.'«  3,  74; 
du  bist  ein  liefer.  bitterer  kelch, 

ach  tränk  ich  dich  nicht  bei  U'opfen, 

leert  ich  mit  einem  zuge  dich  aus.'    Klopstock  2,  40. 

zwar  rinnt  in  ihren  kelch  auch 

bittres  wie  in  unsern,  doch  leicht  zerflöszbar 

rinnis  und  bei  tropfen.    2,  77. 

bei  stufen  {gradatim)  aufsteigen. 

Besonders  auch  vor  Zahlwörtern :  bei  zweien,  dreien,  zehnen 
traten  sie  auf;  bei  dutzenden,  bunderten.  lausenden:  die 
austern  bei  dutzenden  verschlucken;  die  beiden  wurden  bei 
bunderten  getauft;  fieber,  welche  die  fremden  bei  lausenden 
wegraften.  Niebchr  2.  612 ; 

wer  sie  bei  lausenden  will  auf  die  probe  nehmen, 

wie  du  gethan,  hochweiser  mann, 

musz  sich  bei  taufenden  der  probe  freilich  schämen, 

wird  drüber  wild  und  lasiert  dann.    Lessixg  1,9; 
ei  was,  es  war  nicht  geckerei, 

bei  hunderttausenden  die  menschen  drücken, 

ausmärgeln,  plündern,  martern,  würgen,  und 

ein  menscbenfreund  an  einzeln  scheinen  wollen!    2,211; 

ein  schlag  mit  seinem  zaubersiab 

heiszt  weiten  um  uns  her  bei  lausenden  entstehen. 

WiELAKD  9,  96; 

seiner  edlen  Völker  söhne  kamen 

bei  lausenden  zur  huldigung.    BüaGKR7S*; 

die  schranken  der  Vernunft  sind  durchbrochen  und  der  waha 
drängt  sich  bei  lausenden  (in  taitsend  gestalten  ?  oder  bei  tau- 
send menschen  ?)  durch  dieselbe  lücke  ein.  Ka.m  10,  54.  vgl. 
auch :  er  wiederholte  es  bei  drein  malen ;  er  ächzt  und  heult 
bei  tausend  malen.  Göthe  56, 13. 

Gleiche  Wirkung  mit  diesem  dat.  pl.  hat  ein  «iederholter  daL 
sg.  mit  der  praep.  in  der  mitte:  schar  bei  schar;  mann  bei 
mann  {virilim);  par  bei  par:  sie  näherten  sich  paar  bei  paar. 
Geszmer  Daphnis  10;  stufe  bei  stufe;  tropfe  bei  tropfen; 
stets  pfeiler  bei  pfeiler  zerborst  und  brach.  Bürger  37',  tro« 
doch  niciit  meint  pfeilerweise,  statt  bei  darf  aber  auch  an 
stehen:  paar  an  paar,  tropfe  an  tropfen  (sp.  287),  pfeiler  an 
pfeiler,  mann  an  mann. 

14)  verschieden  ist  die  hdufung  zweier  verschiedner  Substan- 
tive neben  bei :  er  versichert  bei  treu  und  glauben ;  bei  ehre 
und  Seligkeit;  er  wird  bei  baut  und  haar  gestraft;  es  wird 
alles  bei  beller  und  pfenning  bezahlt;  es  trift  zu  bei  beller 
und  pfenning,  convenit  ad  numum.  in  beiden  letzten  stellen 
hat  bei  die  bedeutung  von  bis  auf,  bis  zu,  usque  ad,  wie  es 
auch  vor  einfachem  subst.  der  fall  ist:  es  trift  bei  einem 
haar  zu;  ich  verspendierte  alles  bei  einem  beller.  Simpl.  1, 
178;  und  ist  dieser  häufen  fast  gar  bei  einem  (bis  auf  einen) 
jnmerlichen  umbkomen.  Fro:«sp.  3,  137';  tgl.  auch  bei  Pfen- 
nigen genau  sein.  Leisewitz  br.  s.  219. 

15)  bei  vor  persönltchen  Wörtern,  wie  lat.  apud :  bei  gott  ist 
ruhe  und  friede;  bei  gott  gnade  zu  er^« erben,  bienenk.  3S'; 
bei  gott  ist  erbarmen; 

bei  gou  ist  kein  erbarmen, 

0  weh,  oh  weh  mir  armen.    Bcrgirs  Lenore; 

bei  dem  adel  herscht  stolz  und  Übermut ;  bei  rath  {dem  Frank- 
furter Senat)  wurden  Überlegungen  gepflogen.  Gürue  24,  28; 
mein  glück  steht  bei  dir;  es  steht  jetzt  bei  ihm  zu  entschei- 
den; bei  den  lutherischen  war  es  mein  ebeweib,  bei  euch 
ist  es  mein  kebsweib.  bienenk.  39';  den  Schlüssel  müsi  man 
bei  gott  holen.  Keisebsb.  Sünden  des  munds  82* ;  wir  lesen 
bei  den  dichtem ;  ich  habs  bei  Göthe  gelesen ;  es  kommt  bei 


1355 


BEI 


BEI 


1356 


Lessing  vor;  er  hat  bei  Niebuhr  gehört;  er  steht  gut  ange- 
schrieben beim  alten  herrn;  aber  der  knabe  Samuel  gieng 
und  nam  zu  und  war  angeneme  bei  dem  herrn  und  bei  den 
menschen.  1  Sam.  2,  26 ;  er  ist  verhaszt  bei  allen  leuten. 

16)  vermischte  fälle  des  bei  vor  siibstantiven.  wir  brachten 
den   abend   bei  spiel  und  tanz  zu  (inter  ludum  et  choream); 

als  Carlos  mit  der  königin  und  mir 

Leim  spielen  sasz.    Schiller... 

vor  dem  spiegel  geht  der  morgen 

und  beim  spiet  der  abend  hin.    Götter  1,49; 

beim  trunk  {inier  bibendum)  gehört  ein  könig, 

so  wars  vor  aller  zeit, 

der,  trinkt  ein  gast  zu  wenig, 

ihm  dreimal  drei  gebeut.    Voss  4, 135. 

bei  holz,  bei  kohlen  kochen:  dasz  die  Sabaei  bei  den  weih- 
rauchbäumen kochen,  wie  wir  bei  dem  eichen  und  buchen 
holze.  ScHüPPius  151.  das  wort  gottes  sei  ein  liecht,  bei  dem 
{quo  lucente)  der  dieb  ergriffen  werd.  bienenk.  35*;  was  ist 
es  denn  wunder,  wann  auch  der  röm.  kirchen  bei  dem  ge- 
ruch  des  worts  gottes  onniächtig  wird?  35*.  sehr  oft  hilft 
bei  in  der  rede  Übergänge  und  Zwischensätze  bilden:  bei  die- 
sem handel  kam  manches  bisher  verborgen  gehaltne  an  den 
tag ;  bei  solcher  läge  der  sache  ist  es  rathsamer  abzustehn ; 
bei  solchem  anlasz  müssen  wir  bedacht  sein  unser  altes  recht 
zu  behaupten ;  bei  diesem  streit  hattest  du  doppeltes  un- 
recht; ich  rathe,  bei  der  groszen  theuerung,  die  jetzt  herscht, 
mit  dem  kauf  noch  zu  warten ;  jener  (Laertes)  war,  bei  allen 
seinen  fehlem,  mit  seinen  Sonderbarkeiten  wirklich  ein  inter- 
essanter mensch.  Göthe  19,  Hl ;  bei  {trotz)  allem  nachforschen 
konnte  man  den  körper  nicht  finden.  20,  273 ; 

aber  ach,  schon  luhl  ich  bei  dem  besten  willen 
befriedigung  nicht  mehr  aus  dem  busen  quillen.    12,  65; 

wenn  sein  gegner  ihm  bei  gelegenheit  (data  occasione)  densel- 
ben streich  spielt.  Kant  5, 119.  Nah  genug  liegt  auch  ein  über- 
tritt des  bei  in  die  bedculung  von  nach :  ich  werde  dir  gleich 
bei  (nach)  meiner  ankunft  schreiben;  bei  gethoner  arbeit  ist 
gut  feiren.  Frank  spr.  1,  6l',  wenn,  nachdem  die  arbeit  gethan 
ist,  wie  goth.  die  praep.  at  dem  absoluten  particip  in  sol- 
chem sinn  vorsieht  {gramm.  4,  898).  einen  Wechsel  bei  sieht, 
nach  stc/it  bezahlen. 

17)  bei  vor  adjectiven,  nur  in  einzelnen,  bestimmten  fällen. 
fl)  bei  weitem,   lange,   utique;    bei  weitem  nicht,  minime; 

0  bei  weitem  nit.  Fisciiart  bienenk.  14';  dies  ist  bei  weitem 
besser,  er  ist  bei  weitem  der  schönste,  longe  pulcherrimus ; 
das  ist  bei  weitem  noch  nicht  alles.  Adelung  wollte  bei  wei- 
ten, wozu  die  mhd.  bl  langen,  be  langen  (tandem).  Er.  8406. 
Fdojesbr.  86,  76.  Diut.  1,  403.  412.  428.  429  stimmen  würden, 
wo  sie  nicht  auf  ein  dunkles  ahd.  pi  langanemo  (Graff  2, 
129)  zurückgehen,  das  nicht  vom  adj.  lanc  herrühren  kann, 
doch  heiszl  es  schimpf  und  ernst  247  gleichfalls  bei  langem, 
endlich,  in  die  länge  hin.  das  mhd.  adv.  wUen,  ohne  praep., 
ist  aber  ahd.  witeno.  man  sagt  ferner,  ich  kann  bei  nahem, 
das  buch  nahe  gehalten,  nicht  lesen,  vgl.  beinahe,  es  ist 
alles  beim  alten,  es  soll  beim  alten  bleiben,  bei  vielem,  was 
er  weisz,  ist  zu  tadeln,  dasz  ers  nicht  versteht  anzuwenden; 
man  kommt  auch  bei  wenigem  Jus.  bei  allem,  was  du  mir 
sagst,  beruhige  ich  mich,  bei  allem  dem,  bei  dem  allem,  bei 
alle  dem  (ahd.  pi  alliu,  allü,  pi  diu  alliu),  trotz  dem:  bei  alle 
dem  ist  er  ein  ausgezeichneter  mann ;  bei  alle  dem  bliebe 
noch  viel  zu  wünschen  übrig;  die  armen  fakirn,  bei  allem 
dem,  ihr  Schicksal  war  hart.  Wieland  8,  191;  bei  allem  dem 
war  ihm  doch,  als  ob  ihm  eine  leise  stimme  in  seinem  busen 
sage,  Danischmend  könnte  sich  demungeachtet  über  ihn  zu 
beklagen  haben.  8, 417 ;  jene  fragen  würden  wir  bei  allem  dem 
doch  nicht  beantworten  können.  Kant  2,  266;  bei  allem  die- 
sem ist  ihr  urtheil  nur  negativ.  8,  513. 

6)  vor  Superlativen :  sie  kampelten  mir  haar  und  hart  beim 
zierlichsten.  Simpl.  l,  634 ;  das  ist  beim  allerbesten.  2,  90 ; 
Ludwig  sähe  nicht  beim  liebsten,  dasz  Sigismundus  sich  an 
das  ostgüthische  haus  verheuralet.  3,  361.  heute  sagt  man:  aufs 
zierlichste,  am  besten,  sah  es  nicht  allzu  gern. 

11.  Bei  als  adv  erb. 

1)  sind  verba  zusammengesetzt  mit  bei,  so  kann  es  sich  in 
den  bekannten  lagen  der  fügung  lostrennen  und  ihnen  nach- 
treten.  den  unterschied  der  frei  tu  dem  einfachen  verbum  ge- 
setzten praeposition  bei  von  dem  advnb  der  composita  lehrte 
die  erste  anmerkung  zu  I,  B.  kaum  aber  darf  man  zweifeln, 
dasz  die  composita  eben  aus  jener  ursprünglich  losen  Stellung 
der  praeposition  erwachsen  sind,  die  gehemmtere  bewegung  xw 


gleich  mit  einem  Wechsel  der  bedeutung  zusammen  hieng.  zu- 
erst hiesz  es  ich  stehe  bei  dir,  ich  will  bei  dir  stehen,  Aer- 
nach  ich  stehe  dir  bei,  ich  will  dir  beistehn.  die  praeposition 
geht  im  alter  der  adverbialpartikel  voran,  der  hund  springt 
bei  mir  drückt  ganz  die  sinnliche  Vorstellung  aus  er  geht  in 
Sprüngen  jieben  mir;  der  hund  springt  mir  bei  aber  schon 
die  abgezogne  des  helfens,  er  springt  heran,  um  mich  zu 
schützen,  in  jenem  springen  bei  mir  war  noch  kein  gedanke 
der  hülfe,  von  den  bei  dem  tisch  sitzenden  männern  unter- 
scheiden sich  die  beisitzenden  dadurch,  dasz  sie  dem  amte, 
dem  rechte  nach  diese  stelle,  um  ihnen  obliegende  geschäfte 
zu  verrichten,  einnehmen,  dem  zusammengesetzten  wort  tritt 
ein  begrif  hinzu,  der  zwar  durch  den  sinnlichen  bedingt,  noch 
nicht  entfaltet  darin  enthalten  war.  meiste  ähnlichkeil  hwen 
die  Zusammensetzungen  mit  a  n,  doch  so,  dasz  sich  feinere  Un- 
terscheidungen für  jede  dieser  partikeln  entfalten. 

2)  vor  dem  nomen  nimmt  schon  die  partikel  feste  stelle  ein, 
d.  h.  das  bei  in  beistand,  beisitz  kann  sich  gar  nicht  mehr 
abtrennen,  wie  in  beistehen,  beisitzen  zuweilen  noch;  mit  an- 
dern Worten,  bei  haftet  am  nomen,  wie  an  der  indirecten  ver- 
baläuszerung,  während  die  directe  es  noch  los  liesz.  der  in- 
directe  inßnitiv  kann  alsbald  rwminal  werden  und  das  bei- 
stehen, beisitzen  drückt  aus  was  beistand,  beisitz,  häußg  führt 
dies  bei  die  Vorstellung  des  nebenher  bestehenden,  geringeren, 
unechten  mit  sich:  beischmack,  beiweib  (concubine),  beischlag 
(falsche  münze),  beiname,  ungünstiger  nebenname. 

3)  die  Zusammensetzungen  mit  b  e,  welches  ein  geschwächtes 
bei  ist,  sind  weit  zahlreicher,  stehn  aber  doch  in  merkbarem,  wie- 
ivol  fernerem  Verhältnis  zu  jenen  auf  bei.  bestehen,  bespringen, 
besitzen  rühren  an  beistehen,  beispringen,  beisitzen  und  be- 
stand, besitz  an  beistand,  beisifz.  allein  mit  dem  geschwäch- 
ten laut  scheint  auch  die  Sinnlichkeit  der  Vorstellung  bei  in 
diesem  be  gemindert,  und  jene  oben  am  goth.  bi  hervorgeho- 
bene abstraction  entsprungen,  meistens  sind  die  verba  mit  be 
transitiva  und  den  acc.  verlangend,  die  mit  bei  intransitiva, 
von  einem  dal.  begleitet;  als  composita  müssen  dagegen  die 
mit  be  an  aller  denen  mit  bei  vorausgehen,  weil  dies  erst  all- 
mälich  und  später  am  einfachen  verbum  haßete,  das  untrenn- 
bare be  von  allers  her.  darum  entfernen  sich  auch  die  bedeu- 
tungen.  bestehen  heiszt  den  feind  umstehen,  angreifen,  der 
besitzende  behauptet  das  durch  leiblichen  sitz  in  seine  gewalt 
genommene  feld.  Hin  und  wieder  bricht  dennoch  die  ver- 
wandtschaß zwischen  beiderlei  Zusammensetzungen  durch,  so 
reicht  das  intransitive  bestehen  schon  nahe  an  stehen  bei  et- 
was ;  beschaffen  an  beiscbaffen ;  bewohnen  nahe  an  bei  einem 
wohnen,  beiwohnen;  behelf  an  beihülfe;  beseit  an  beiseit; 
behündigen,  behende  an  bei  der  band;  befleischt  an  bei 
fleische ;  bejahrt,  betagt  an  bei  jähren,  tagen  sein,  in  dem 
wort  beibehalten  finden  sich  beide  partikeln  zusammen,  nicht 
anders,  doch  unmerklicher,  in  beibleiben,  neben  befahren 
vereri  gilt  beifahr  metus,   timor. 

4)  los  wird  also  das  adverbium  nach  dem  gesetz  dieser 
composition  überhaupt  in  der  directen  verbaläuszerung :  ich 
stehe  dir  bei,  stehe  du  mir  bei ;  in  der  indirecten  durch  xwi- 
schentretendes  zu:  dir  bei  zu  stehen,  was  wir  schreiben  dir 
beizustehen,  kühnere  rede  wagt  auch  noch  einschiebung  an- 
derer Wörter,  wie  wenn  Locad,  an  die  fichte,  singt: 

ich  pflege  mich  dir  bei  in  freies  blaw  zu  paaren. 
1,  8,  99  s.  192, 

was  sich  nehmen  läszt  dir  beizupaaren  oder  bei  dir  zu  paaren. 

5)  gern  treten  der  partikel  auch  noch  andere,  zur  Verstär- 
kung, vor,  gar  bei,  ganz  bei,  dicht  bei,  nahe  bei:  nun  zu 
dem  ersten  so  ist  hinderred  ein  gemeine  sünd,  wann  von  di- 
sem  laster  gar  bei  (beinahe)  die  ganz  weit  verdirbet.  Keisersb. 
sfuidcn  des  munds  28';  aber  es  verderben  darumb  nit  alle 
menschen,  sunder  gar  bei,  das  ist  vil  menschen  verderben 
damit.  28';  aber  also  genouw  wil  ich  ietz  nicht  davon  reden, 
sunder  durcheinander,  wann  hadern  und  zanken  seind  gar  bei 
zwo  hosen  eins  thiichs.  4l';  die  gar  bei  unzaliche  lest  und 
bürdin.  hell,  lewe  27 ;  die  gar  bei  der  mann  kellcrin  sein. 
post.  3,  6.  nächstdem  häufen  sich  anbei,  vorbei,  nebenbei, 
wofür  auch  beian,  nebenher  und  beiher  gelten:  das  beiher! 
(das  sei  nebenbei  gesagt).  Lessinc  2,  173;  beiab,  beizu  für 
nelienab,  nebenzu,  nebenhin  sind  selten. 

6)  nicht  ganz  unaußüsbar  sind  die  pronominalanlehnungen 
dabei,  wobei,  herbei,  hierbei :  man  kann  ja  den  tcufel  nir- 
gend so  wol  bei  kennen,  als  bei  der  lügen  und  zwiespeltig- 
keit  im  glauben.  Lutdeii  3,  286,  d.  i.  nirgendwobci;   wo  der 


1357 


BEI  — BEIA>' 


BEIARBEITER— BEIBRINGEN 


1358 


lügengeist  regiert,  da  ist  der  mordgeist  aucli  bei.  4,  43s'  == 
dabei  ist  auch  d.  m.,  wir  sagen  heule,  da  ist  der  mordg.  auch 
dabei ;  dann  da  ist  kein  vortheil  bei.  bienenk.  6ü' ; 

nicht  was  ich  hörte,  wo  ich  selbst  bei  war, 

erzähl  ich,  Perser.  Stolbebc  15, 143, 
wobei  ich  selbst  tcar.  denn  zusammengesetztes  bei  ist,  bei  war 
Idsit  sich  hier  nicJit  annehmen.  Die  trauliehe  Volkssprache  ge- 
stattet sich  dergleichen  sonderungen  leichter:  da  bin  ich  gern 
bei,  da  will  ich  auch  bei  sein;  wo  die  schrißsprache  meint 
wiederholen  zu  müssen:  da  bin  ich  gern  dabei,  da  will  ich 
auch  dabei  sein,  oder  sich  mit  bloszem  dabei  begnügt. 

7)  in   einem   fall   ist  es  nicht  leicht  über  praeposilion  oder 
adrerb  zu  entscheiden,     seinem  begriffe  nach  war  bei  das  lai. 
circa,  circiter,  welche  partikeln  ebenso  zwischen  beiden  redethei- 
len  schwanken ;  der  form  nach  wäre  circa  praeposilion,  circiter 
adrerb,  allein  jenes  wird  auch  adrerbial,  dieses  praepositional 
verwandt,     die  bedeutungen  schwimmen  in  einander  über,     auf 
die  blosze  adterbialparlikel  kann,  unbehelligt  von  ihr,  der  casus 
folgen,    den    die   salzßgung  fordert,    bald  ein  nom.,    bald  ein 
au.  und  so  heiszl  es:  da  sie  daselbs  gewonet  hatten  bei  zehen 
jar.  flu/Al,  4;  die  erste  schlacht  war  bei  zwenzig  man.  iSam. 
14,  14;    und   irer  waren  bei  viertausend,  tw=  reroay.iaxi/.iot,  , 
vuig.   quasi    quatuor  milia.   Marc.  8,  9;    denn  es  waren  bei  j 
fünftausend  mann.  Luc.  9. 14 ;  bei  vierzig  jar  lang,  cos  xeaaa-  \ 
Qaxovra  ixr^.  apost.  gesch.  13,  IS ;  und  schrieen  bei  zwo  stun- 
den.   19,  34;    und  hieb   im   bei   ein   viertel   des   schilts   ab. 

Aimon  q4; 

da  harrt  er  bei  ein  halbe  stund.    Albercs41'; 
dasz  er  bei  hundert  stamm  hieb  ab.    144; 
ich  weisz,    dasz    bei   400  geistliche   in   der  Stadt  sind.    pers. 
rosenlh.  2,  30 ;  dasz  das  feuer  bei  vierhundert  famiiien  an  den 
bettelstab  gebracht  habe.  Schiller  1S9 ;  dann  traten  bei  drei- 
szig  Seminaristen   nach   und   nach   auf.    Gothe  27,  25S ;    die 
Zeichnung  ist  bei  sieben  fusz  lang.  29,  91;    dasz  ein  solcher 
zustand   bei    drei   wochen  dauerte.    30,  305.     Allein  zuweilen 
geht  dieses  bei  aus  der  Vorstellung  beinahe  in  die  praeposilion 
über  und  hat  dann  den  dat.  neben  sich:  und  es  war  bei  eim 
opha  gersten.  Ruth  2,17;  und  es  begab  sich  nach  diesen  re- 
den bei  acht  tagen.  Luc.  9,  28,  tro  im  original  tooei  rjiuoai 
oxrcj,  rulg.  fere  dies  octo,  auch  steht  bei  Ulfilas  sve  dagüs 
ahtau,  und  so  würde  apost.  gesch.  13, 18  bei  vierzig  jaren  lang, 
wie  neuere  ausgaben  gewähren,   zuldssigsein  (ryl.  sp.  1353).    Die 
Partikeln  auszer  (sp.  1031),  ausgenommen  (sp.  874),  das  mhd.  wan 
und  äne  zeigen  ähnliche  Schwankung  ^wischen  adcerb  und  prae- 
posilion.    wenn   es    aber  im  expertus  in  trufis  eap.  12  heiszt: 
sitzen   vor  die   kirche  bei  nackend  und  zittern  jämmerlichen 
vor    den    leuten,    so   kann   über  die   bedeutung   beinahe,    fere 
kein  zweifei  obwalten,    dies  bei  =  beinahe  gewähren  noch  an- 
dere bücher  des  15. 16  jh. :  do  Hannibal  bette  bi  die  stat  ge- 
wunnen.  Kömgshofe^  s.  56 ;  er  gab  im  ein  lurtcn  stosz,  dasz 
er  bei  kraftlos  worden  were.  Ponlus  53.  {vgl.  gar  bei  unter  5). 
BEI,  adj.  und  steigerbar.    den  partikeln  der  nähe  und  ferne 
stehn  häufig  adjective  zur  seile,    die  sieh  steigern  lassen,^  wie 
das  qr.  äyxt  äy/jov  aaaov,  iyyis  i'fyiov  f/ytaros,  nödoco 
TTodöorrt^cü    Tto^oanaxw,    das    laL   prupe   propius  propior 
proximus  {ganz  wte  longe  longius  longior)  zeigen,     auch  un- 
ser nach  und  das  golh.  nehv  nehva  reicht  unmittelbar  an  das 
adj.  nah,    näher,    nächst,     es   befremdet   also  nicht,    dasz  die 
so  reiche  und  allerthümliche  Schweizermundart  den  comp,  beier, 
hier,    den   superl.   der    beiste    biste  bildet  =  näher    nächste 
(Stalo.  1,152);  am  beisten,  bislen  ==  am  nächsten,    man  er- 
wäge die  gleichfalls  parallel  laufenden  rerba  beien,   bien  und 
nahen,     diese   Zusammenstellungen   gewinnen    an   gewicht   da- 
durch, dasz  wie  bei  auf  bau  und  haus,    auch  nach  auf  raöi 
haus,  rav:  schif  =  wasserhaus,   nache,  navis  und  raUix-'zu- 
rückführen,  mit  skr.  nivisa  domus  hat  vaö»  nichts  zu  schaffen, 
mehr  unter  nach. 

BElAß ,  adv.  juxta,  propter,  nebenab :  weil  sich  mir  denn 
dieser  wege  nicht  einer,  sondern  alle  zugleich  und  eben  hie 
zutragen  und  keiner  mich  heiab  oder  irre  kan  füren.  Fabia?ii 
Fra>ks  canzlei  und  titelbüchlin.   M'i//fn6. 153S.  4.  A2'. 

BEIABSCHIED,  m.  decretum  adjunclum,  nebenabschied:  wir 
aber  haben  bald  hernach  den  erOfneten  beiabschied  darüber 
anhören  müssen. 

BEIAN,  adv.  juxta,  nebenan:   er  wohnt  hier  gleich  beian; 


wpnn  wir  air 

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I.    .^..r  A., 


: '  hri  an 

A'jllien, 

-  b» 
-./  y  V.  act  4.  tc.  2. 


ßEIARBEITER,.  m.  cooperaior:  die  beiarbeiter  desselbigen 
handwerks.    apost.  gesch.  19,  25. 

BEIBAIER,  m.  nebenbauer,  der  nicht  das  volle  recht  der 
übrigen  bauern  hat. 

BEIBEHALTEN,  serrare,  retinere:  den  ranzigen  geruch  be- 
hält der  topf  bei ;  gute  sitte  beibehalten ;  befleiszige  dich  die 
herzen  der  gemeine  beizubehalten,  pers.  baumg.  1,  2 ;  übrigens 
unterliesze  man  nicht,  den  wolverdienten  rühm  dieses  unver- 
gleichlichen regenten  durch  grabschriften  sowol  als  durch  an- 
dere ehrenmahle  beizubehalten  und  auszubreiten.  Hahx  3, 
193;  einen  liebhaber  beibehalten;  ein  wort  im  text  beibe- 
halten. 

BEIBEHALTUNG,  f.  conserratio. 

BEIBELEN,  ein  dunkles  wort,  dessen  sich  die  weinrisierer 
bedienten:  dann  sein  reimen  war,  wer  etwas  im  glas  über 
laszt,  dem  teufel  ein  opfer  laszt,  darumb  must  er  teglich 
nach  der  weinvisierer  tabulatur  viermal  weiselen,  treubelen 
und  beibelen.  Garg.  43*.  so  alle  verglichenen  ausgaben,  man 
möchte  aber  beigelen  lesen,    s.  beigeln  und  beigler. 

BEIBECTEL,  m.  folliculus  secrelus,  nebentasche. 

BEIBIEGEN,  affigere,  adjungere,  anbiegen:  beigebogene, 
angebogene  Schrift. 

BEIBINDEN,  alligare,  adjungere,  nn/.  bijbinden:  die  koh 
beibinden,  an  die  krippe; 

bau  ich  längst  den  kettenhunden 

meinen  momus  beigebunden.    Logic  1,1,  73; 

e"m  kleines  buch  dem  gröszeren  beibinden. 

BEIBLATT,  n.  nebenblatt,  beilage  der  Zeitungen. 

BEIBLEIBEN,  permanere,  nn/.  bijblijven.  Hemsch  255.  jetzt 
auszer  gebrauch. 

BEIBOTE,  m.  nebenbole,  hülfsbote. 

BEIBRIEF,  m.  literae  adjunctae :  ir  beibrief  gesandt  haben. 
besehl.  des  reichsreg.  von  1501  §.  2. 

BEIBRING,  m.  n.?  produciio:  das  ich  doch  nit  main,  be- 
dßrfl  auch  wol  ains  guten  bibringes.  Reccblin  augensp.  15*. 
doch  könnte  ein  n  ror  dem  s  ausgefallen  sein,  denn  verst.  10* 
heiszt  es:  bedürft  auch  wol  ains  guten  bibringens. 

BEIBRINGE.N,   proferre,    inferre,   praebere,  nnl.  bijbrengen. 

1)  mit  bloszem  acc.  der  sache:  zeugen  beibringen,  cor  gt- 
richt  fuhren;   Zeugnisse,  erlaubnisschein  beibringen; 

grein  frisch  den  remcn  an,  brinirt  alle  segel  bei! 
FLFMIXC59«; 

das  sie  zur  bewärung  irer  meinung   beipringen.   bienenk.  16'; 
unsere  zeit  hat  dergleichen  exempla  nicht  beizubringen  auszer 
der  jämmerlichen  Zerstörung  der   stat  Magdeburg.    Schcppids 
7S2;   man  musz  gestehen,  dasz  die  anekdoten,    die  er  davon 
beibringt,  nicht  sehr  geschickt  sind,    die  republikanische  Ver- 
fassung anzupreisen.   Wieland  11,  207 ;  und  indem  er  niemals 
direct   auf  eine  frage   antwortete,   wüste   er   durch  eine  ge- 
schichte  oder  einen  schwank  die  artigste    und  vergnüglichste 
i  eriäuterung  beizubringen.    Göthe  19,  122;    wer  sich  vor  dem 
I  tode  wirklich  nicht  furchtet,    vrird   schwerlich    davon   mit   so 
j  vielen   kleinlichen   trostgründen  gegen   ihn   zu   reden   wissen 
j  als  hier  Montaigne    beibringt.    Lichtenberg  1,  286.     die   üble 
I  bedeutung  des  anbringens,  rerleumdens  hat  beibringen  nicht. 
I       2)   mit    dat.    der  person,    meistens    narhlheilig  und  fetnd- 
!  lieh  genommen:  einem  einen  stosz,  schlag,  hieb,  eine  wunde 
■  beibringen,  versetzen;    dem   feind  eine  niederlage  beibringen. 
•  dann  auch  hauptsächlich :  es  einem  beibringen,  erweisen,  wahr- 
!  machen,    erbringen :    wer   mit  dem  allmechtigen  haddem  wil, 
I  sols  im  der  nicht  beibringen?   Hiob  39,  32;    sie   können   mir 
j  auch  nicht  beibringen,   des    sie  mich  verklagen,    apost.  gesch. 
;  24,  13 ;  er  sol  es  mir  auch  nicht  beibringen,  des  biete  ich  im 
j  ^tz    und  recht,    sondern  ich  wil  diese  lügen  im  beibringen 
mit  alle  meinen  bücfaern  und  lesem  in  der   weit.    Llther  2, 
148*;    das  sie  mir  aber  auflegt,    das    ich   einigerlei  enltragen 
'  oder  abhendig  gemacht,    wird   sie   mir  nicht   beibringen   mit 
warheit.   2,  384'. 

3)  meist  in  gutem  sinn,  einem  etwas  leiblieh  oder  geistig 
beibringen:  dem  kranken  die  arznei,  ein  kiistier  beibringen; 
die  suppe  konnte  ihm  nicht  mehr  beigebracht  werden;  aber 
auch,  es  ist  ihm  gifl  beigebracht,  in  wein  beigebracht  wor- 
den, ihre  werke  werden  einander  alsdenn  am  äbnlichsteo, 
wenn  die  Wirkung  derselben  gleich  lebhaft  ist,  nicht  aber, 
wenn  das  eine  der  scele  durch  das  ohr  nicht  mehr  oder  we^ 
nigcr  beibringet,  als  das  andere  dem  äuge  darstellen  kann. 
Lessi.nc  6,  485;   es   ist  in   der  thal  verkehrt,  wenn  man  un- 


1359       BEICHER  — BEIGHTBEKENNTNIS 

Sern  kindern  alles  mit  liebe  beibringen  will.  Lichtenberc  1, 
218;  kindern  geschmack  an  der  arbeit  beibringen.  HoGOSna- 
turrechl,  1819  s.  125;  ich  kann  ihm  die  sache  nicht  beibrin- 
gen, so  ungelehrig  ist  er; 

seit  mir  des  königs  rühm  den  ehrgeiz  beigebracht. 
J.  E.  Schlegel  1,222; 

um  ihm  mistrauen  gegen  sich  beizubringen  {cinzußöszen). 
Klinger  5, 156 ;  es  ist  ihm  beigebracht  (insinuirl)  worden,  dasz 
ich  sein  feind  sei;  man  hatte  ihm  eine  üble  meinung  davon 
beigebracht. 

BEICHER,  n.  corbis,  slrohgeßochtner  bienenhorb,  ahd.  pi- 
char,  mhd.  bikar,  binekar.  Stalder  1, 152.    s.  beie. 

BEICHT,  f.  confessio,  confessio  peccatorum.  da  das  sün- 
denbekmntnis,  als  bestimmte  kirchliche  form  und  vorschriß, 
unter  den  Christen  anfangs  nicht  vorhanden  war,  erst  später 
eingeführt  wurde,  so  darf  man  nach  dem  worl  im  neuen  te- 
stament  selbst  noch  nicht  suchen,  wenn  schon  das  bekennen  der 
Sünden  mehrmals  erwähnt  ist,  im  griech.  text  immer  mit  dem 
ausdruck  i^ofioXoyeXv  (Matlh.  3,  6.  Marc.  I,  5.  Jac.  5,  16),  was 
Ui-FiLAS  verdeutscht  andhaitan  fravaurhtim.  andahait  ist  ihm 
Ofiokoyia,  bekenntnis,  nicht  i^ofioloyrjais  im  sinne  der  grie- 
chischen kirche.  auch  ags.  begegnet  andetnisse  confessio,  das 
ahd.  antheij  sagt  aus  votum.  für  confiteri  peccata  bediente 
sich  die  ahd.  kirche  des  Wortes  pijehan  (Graff  1,  585)  von  je- 
han  dicere,  fateri  =  goth.  aikan,  lat.  ajere,  für  confessio  sagte 
sie  pijiht,  pigiht  (Graff  1,  587),  woraus  mhd.  begibt  und  biht, 
bihte  (Ben.  1,  516),  nhd.  beicht,  beichte  ward,  nnl.  biecht, 
schw.  bikt,  da»,  bigt,  lett.  bikts,  estn.  piht.  die  ags.  geist- 
lichkeit  führte  aber  das  wort  scrift  ein,  so  wie  scrifan  d.  i. 
scribere,  notare,  was  nur  auf  den  beicht  hörenden,  busze  ord- 
nenden priesler  gieng,  nicht  auf  den  beichtenden;  engl,  shrift 
und  shrive.  durch  die  ags.  bekehrer  verbreitete  sich  der  Sprach- 
gebrauch nach  Scandinavien,  altn.  skriftir  pl.  censura  eccle- 
siastica,  skrifta  absolvere,  schw.  ddn.  skrift  und  skrifta,  skrifte, 
was  nun  nicht  blosz  absolvere,  sondern  auch  conßleri  bedeu- 
ten musz.  aus  schw.  skrift  entsprang  endlich  mit  aphaeresis 
des  SK  finn.  rippi  beichte  und  ripitän  absolvo,  conßteor.  die 
Slaven  sagen  in  ihrer  kirchensprache  für  beichte  ispovjedd, 
russ.  ispovjed',  poln.  spowiedz,  böhm.  zpowed,  woher  das  litt. 
spawede  beichte,  neben  griekauti,  sünden  beichten. 

Wie  sich  Luther  über  unser  deutsches  wort  ausdrückt  ver- 
dient hier  milgelheilt  zu  werden:  und  solchs  gibt  auch  das 
alte  deudsche  wort  bejicht.  daher  man  die  heiligen  bischove 
nennet  confessores  bejichter,  das  ist  bekenner,  denn  bejich- 
ten  heiszt  bekennen,  wie  auch  im  gericht  das  wort  noch  in 
ubung  ist,  urjicht,  und  man  sagt  das  jicht  er,  das  hat  er 
bejicht.  und  sind  zwei  underschidlich  i  in  dem  wort  bejicht, 
welchs  mit  der  zeit  ist  in  ein  i  verwandelt,  und  durch  mis- 
brauch  beicht,  als  mit  einem  i  geschrieben  und  geredt,  wie 
vil  andere  deudsche  Wörter  also  verderbt  sind.  6,  109'  (aus 
einem  brief  an  die  zu  Frankfurt  a.  M.  Willemb.  1533  C,  4).  die 
Verdichtung  des  bejicht  in  beicht  hat  nichts  wider  sich  und  war 
im  mhd.  blht,  mnl.  hiebt  (Parlonop.  15, 19)  längst  entschieden. 

Als  wan  man  schweigt  aus  schäm,  das  ist,  so  einer  in 
der  beicht  solt  reden  was  not  wer,  aber  er  schweigt.  Kei- 
SERSB.  Sünden  des  munds  78*;  so  wird  er  der  frucht  beraubt, 
die  von  der  beicht  kümpt.  78';  David  spricht,  confessio  et 
pulchritudo  in  conspcctu  ejus,  beicht  und  hübsche  in  seinem 
angesicht . . .  wiltu  hübsch  werden  vor  got,  so  hab  die  beicht 
lieb.    84'; 

zu  beicht  und  busz  dich  wol  berait.    Schwarzenb.  139,2; 
durch  beicht  und  busz  dein  sünd  leg  wegk.    141,  1; 

und  sprechen  ein  lange  ofne  beicht.  Frank  weltb.  149';  der 
Juden  beicht  ist  allein  golt,  wiewol  si  auch  undercinander 
beichten.  154';  man  wolt  nicht  mehr  zu  beicht  gehn,  dann 
zu  gotl  allein  oder  allezeit  in  gegenwertigkeit  der  ganzen  ge- 
mein, bienenk.  5' ;  aber  dises  {das  aufliören  der  Wunderwerke) 
sind  die  neuen  ketzerausdncbtcn,  dieweil  sie  Nas  (der  fran- 
ciscancr  Joh.  Nasus)  schreibt,  keim  hinkenden  hund  helfen 
können,  wie  er  den  meidlen  in  der  beicht.    26'; 

dein  ohr  zu  meiner  beicht  und  hit  war  nipmal  taub. 

WgCKHIHLlN  262. 

I.  beichte. 

BEICHTABEND,  m.  Albano  war  abend«  voriier  so  heilig 
froh,  als  feiere  er  den  beichtabend  vor  dem  ersten  abend- 
male.  J.  Paul  T/7.  2,  46. 

BEICHTBEKENNTNIS,   f.   ein  übel  gebildttei  wort,   da  in 


BEICHTBRIEF  — BEICHTIGERIN         1360 

beicht  schon  die  Vorstellung  bekenntnis  liegt:  aber  sind  es 
wirklich  lebensbeschreibungen?  ach  nein,  es  sind  beichtbe- 
kenntnisse,  dasz  sie  arme  Sünder  sind,  die  sich  für  grosze 
bedeutende  männer  halten.  Klinger  11,  260. 

BEICHTBRIEF,  m.  lilerae  absolutoriae :  die  leren  unchrist- 
lich, die  fürgeben,  das  die,  so  da  seelen  aus  dem  fegfeuer 
oder  beichtbrieve  wollen  lösen,  keiner  reu  noch  leides  be- 
dürfen.  Luther  l,  9'. 

BElCHTßUCH,  n.  mhd.  bihtebuoch. 

BEICHTBÜCHLEIN,  n.  das  sind  die  zehen  gebot,  vierfellig 
gehandelt,  nemlich  als  ein  lerebüchlin,  als  ein  sangbüchlin, 
als  ein  beichtbüchlin,  als  ein  belbüchlin.   Lcther  6,  314'. 

BEICHTE,  f  confessio,  ahd.  pigihti?  was  sich  doch  aus  dem 
dat.  bigihti  0.  V.  6,  38  nicht  erweisen  läszt ;  mhd.  bihte,  wofür 
Ben.  1,516'  stellen  anführt;  gleichviel  mit  beicht  =  pigiht,  unrf 
gebildet  wie  macht,  kraft,  die  form  beichte  ist  aber  heute 
üblicher  geworden,  man  sagt  beichte  thun,  beichte  ablegen; 
zu  beichte  knien;  du  sollst  mir  beichte  thun;  die  beichte 
hören,  annehmen ;  hört  ihn  selbs  beicht.  Garg.  72' ;  zu  beichte 
sitzen,     aber  auch  kühner,  mit  ausgelassener  praeposition : 

dem  priester  nur  geziemt,  dasz.  er  euch  beichte  sitzt. 

Hagedorn  2,  147 ; 
wie,  sagt  er,  ihr  wollt  beicliie  sitzen?    2,  146; 
ihr  männer,  stündet  ihr  nur  all  einmal  so  beichte. 
GÖTUE  7,  67 ; 

beichtsitzende  (aushorchende)  judenschaft.  J.  Paul  Fibel  57. 
beichte  knien,  man  soll  nicht  aus  der  beichte  schwätzen. 
BEICHTEN,  confileri,  mhd.  b'ihten  (Ben.  1,  516'),  nachdem 
das  alte  bejeben  erloschen  war:  das  wir  beichten  sollen  un- 
sere sünd.  Keisersb.  sünden  des  munds  14' ;  im  trüwlich  beich- 
ten und  nüt  verschweigen  was  du  in  deinen  jungen  tagen 
gethon  hast,  daselbst;  und  schämest  dich  das  zu  beichten, 
da  sag  ich  dir,  das  du  nimmer  selig  magst  werden,  es  isei 
dann,  das  du  es  beichtest,  daselbst;  ie  mee  er  daraus  beich- 
tet, ie  minder  er  sein  abkummet.  19';  die  beichteten  zu  Col- 
len einem  priester.  27' ;  ich  glaub  nimmer  anders,  weder  das 
in  beichten  und  in  predigen  hat  man  euch  entschlafet.  32'; 
es  hilft  weder  beichten  noch  reuwen,  dan  es  musz  widerkert 
sein.  60' ;  für  den  kam  ein  frauw  und  meint  er  wer  ein 
priester  und  fieng  an  ze  beichten.  7l';  dan  was  man  beich- 
tet, das  ist  verrigelt  und  vermacht.  72';  es  was  ein  bruder 
sancti  Francisci,  er  denn  derselb  wolt  schweigen  halten,  wan 
er  beicht,  so  beichtet  er  mit  deuten  und  nit  mit  worten.  78'; 
klag  und  beicht  dem  priester  demütiglichen  deine  sünd,  so 
wirstu  hübsch  und  schön  vor  gott  dem  herren.  84'; 

du  alter  narr,  bald  peicht  und  püsi.    Schwarzenb.  141,2; 

bab  ich  meine  that 
und  Sünden  dir  gebeuclitet  (:  befeuchtet).    Weckherlin  147; 
als  oft  ich  sagen  kan,  dasz  ich,  du  edle  fichte, 
des  sommers  meinen  gang  zu  deinem  schalen  richte, 
so  ofle  musz  ich  mir  auch  beichten  meine  schuld, 
dasz  ich  dich  nicht  geehrt,  wie  billich  ich  gesolt. 

LoGAul,  8,  99; 
niemand  beichtet  gern  in  prosa, 
doch  veriraun  wir  oft  sub  rosa 
in  der  musen  stillem  hain.    Göthk  1, 12; 

Dragones  hats  mir  schon  zur  hälfte  gebeichtet  Fr.  MIJller 
3,  107. 

BEICHTER,  m.  sowol  der  beichtende  als  der  beichtvater, 
mhd.  bihtsere  (Ben.  1,  516'):  got  hat  gesetzt  ein  beicbter  als 
ein  milier  zwischen  im  und  dem  sünder.  Keisersb.  a.  a.  o. 
14*;  das  thun  auch  etwann  die  beichter,  tbunt  nicht  anders, 
weder  das  sie  küss^lia  machen  under  die  elienbogen.  32'. 

BEICHTERMAHNUNG,  f 

BEICHTFORMEL,  f.  formula  confilendi. 

BEICHTGELD,  n.  was  beichtpfennig,  beichtopfer. 

BEICHTIGER,  m.  confessor,  mhd.  blhliga;re,  Haupt  8,573; 
aber  ich  halt,  das  die  beichliger  die  dich  absolvieren  ketzer 
seint.  79*;  heiliger  herr  s.  Francisce,  wo  will  du  sitzen?  bei 
den  beichtigern?  nein.  Kirchhof  u'CfiJunm.  399';  an  Makarien, 
die  schweigsamste  aller  hauen,  deshalb  aber  doch  die  ver- 
traute, der  beichliger  aller  bedrängten  seelen.    Göthe22,  118; 

mein  beichliger  sagt:  bruder, 

für  di'ine  sünden  laste  mir 

den  vollen  langen  lag! 

Miirguiia  sagt,  mein  schlltichen, 

komm  ahemls,  zum  essen  komm, 

der  teufe!  hole  den  beichliger.    47,  90. 

REICHTIGERIN,  /.  wie  du  alles  erfahren  sollst,  liebe  beicli- 
tigcrin.    Guthe  an  fr.  von  Stein  2, 136. 


1361 


BEICHTKIND  — BEIDE 


BEIDE 


1362 


BEICHTKIND,  n.  eonßlent:  zu  dem  andern  so  sol  auch 
die  beicht  verschwigen  sein  des  beichtkindes  halb,  das  da 
beicbt.    Keisersb.  Sünden  des  munds  7l'. 

BEICHTKLNDLICH,  adv.  beichtkindlich  bekennen.  Hippel 
10,  14. 

BEICHTMÖ.NCH,  m.    vgl.  beichtwoif  Garg.  245', 

das  ist  eine  sünd  und  Trevel, 
daron  kein  beicbtmönch  absolvieren  kann.    Schrlir  397. 

BEICHTMÜTTER,  f.  in  einem  töchteneicben  hause  müs- 
sen, wie  in  der  Pelerskirche  beicbtslülc  für  alle  Völker,  für 
alle  Charaktere,  für  alle  fehler  stehen,  damit  die  töchter  als 
beichtmütter  darin  sitzen,  und  von  allem  absolvieren,  blosz 
die  ehelosigkeit  ausgenommen.    J.  Fall  Hesp.  2,  140. 

BEICHTOI'FER,  n.  beichtgeld. 

BEICHTPFENNIG,  m.  anstatt  eines  beichtpfennigs  muslen 
sie  ihn  samt  der  frauen,  kinder  und  mich,  tradieren.  Ju- 
cundissimus  129 ;  sie  beichtete  zwier  in  jedem  Vierteljahr  und 
geizte  nicht  mit  dem  beichtpfennig.  Siegfr.  von  Lindcnb.  3, 102. 

BEICHTREDE,  f. 

BEICHTSCHEIN,  m.  zeugnis  des  priesters,  dasz  man  zur 
beichte  und  zum  abendmal  gegangen  ist. 

BEICHTSOHN,  m.  beichtkind.  beichtsun.  Keisersb.  trrij 
schaf  60 ;  du  denkst  vielleicht,  vsas  für  ein  glückliches  mad- 
chen du  bist,  dasz  du  einen  so  treuherzigen  beichtsohn  zum 
freier  hast.    Rabener  3,  296.  6,  49. 

BEICHTSONNABEND,  m.  was  beichtabend. 

BEICHTSTUL,  m.  sella  audiendis  eonfessionibus. 

BEICHTTAG,  m. 

BEICHTVÄTER,  m.  ob  eeleut,  die  sich  ungeschicklichen 
mit  einander  hielten,  anders  weder  sie  sollen,  auch  beide 
einein  beichlvatter  mügen  beichten,  wife  es  zwischen  inen 
stand.    Keisersb.  Sünden  des  munds  72'; 

der  Schelmen  beichlvatter  bin  ich. 

Mürber  schelmem.  40': 

wann  ich  einmal  respondieren  solle,  verliesz  ich  mich  auf 
meine  logische  beichlvatter  N.  und  Hoppium.    Scnoppios  816. 

BEICHTVÄTERISCH.   Garg.  28". 

BEICHTWEH,  n.  prurilus  conßtendi:  die  das  beichlwe  ha- 
ben und  nit  gnug  künden  beichten,  und  ie  mer  sie  beich- 
ten, ie  minder  die  rüw  haben.    Keisersb.  eschengr.  68. 

BEICHTWEISE,  adv.  per  moditm  confessionis.  Stieler  2483 ; 
ob  sie  wol  der  landgraf  ohne  unser  wissen  auf  seiner  lieb 
beichtweise  berichten  hätt  ansuchen  lassen,  churf.  Jon.  Friedr. 
bei  }lelanchlli.  3,  1043.  Keisersberg  schreibt  in  beichts  weis: 
zu  dem  ersten  so  sol  der  beichlvatter,  der  da  beicht  höret 
und  dem  man  sagt  heimlichkeit  in  beichts  weis,  dasselbig  nit 
offenbaren.  Sünden  des  munds  11* ;  und  in  dem  ist  es  ein  gro- 
szer  underscheid,  das  man  einem  sagt  in  beichts  weis  und 
das  man  einem  sagt  in  trauwen  und  nit  in  beichts  weis.  72*. 

BEICHTZETTEL,  m.  vas  beichtschein:  ein  gassenlied  wi- 
der die  beichtzeddel  vorheulen.    Rabener  5,  23. 

BEIDE,  pl.  ambo.  dies  heute  alles  geschlechlsunlcrschieds 
verlustige,  manche  anomalie  erleidende  zahlwort  zeigt  schon  in 
der  goih.  spräche,  so  weit  wir  sie  übersehen  können,  unvoll- 
ständige, gemischte  formen,  nach  analogie  von  tvai  tvus  Iva 
{vgl.  jiai  |)ös  |)ü)  sollte  bai  bös  ba  entfaltet  sein,  von  welchen 
doch  nur  bai,  dat.  baiin,  acc.  bans  und  das  n.  ba  vorkom- 
men, nach  tvaddje  rure  ein  gen.  baddje  zu  vermuten;  neben 
bai  gilt  die  erweiterte  gestalt  baj6|)S,  flectiert  wie  mcnü|)s. 
parallel  laufen  sich  auch  die  ags.  tvegen  tvd  tvl,  gen.  tvega 
und  tvegra,  dat.  tväm  und  hegen  bä  bd,  gen.  bega  und  begra, 
dat.  bim.  dem  goth.  tvai  Ivos  tva  zur  seite  steht  ahd.  zuenß 
zuö  zuei,  doch  kein  pene  pö  pei  läszt  sich  irgends  blicken, 
wol  aber  ein  dem  goth.  bajö|)s  nah  rückendes,  adjectivisch 
fiecUertes  yede  pedü  p^diu,  ahnlich  dem  arlikel  die  diu  diu. 
hieraus  ward  mhd.  bedc  bede  bediu  oder  beide  beide  beidiu, 
endlich  nhd.  einförmiges  beide  (zuweilen  beede)  für  alle  ge- 
schleehter.  nur  unsere  volksdialecte  lassen  uns  einen  blick 
Ihun  in  die  höhere  vorzeit,  man  unterscheidet  bairisch:  bed 
iiod  beid  (Schm.  I,  154.  mundart.  §.  774);  seliwdbisch :  beand 
iiiiod  boid  (ScHMio  s.  52);  wellerauisch :  bed  bud  bad;  was 
ganz  zu  dem  vocalwechsel  (kr  formen  zwen  zwo  zwei,  der  sieh 
lange  in  der  schrtflsprache,  länger  in  der  Volkssprache  be- 
hnuplele,'  stimmt,  zusammengefallen  sind  mnl.  bede,  nnl.  beide 
in  allen  geschlechlern.  altn  badir  bdJar  ba-di  steht  zunächst 
dem  ahd.  pede  pedu  pediu,  doch  der  gen.  beggja  gleicht  je- 
nem goth.  baddje,  ags.  bega,  begra,  wie  tteggja  dem  tvaddj^, 
tvega,  tvegra  und  einem  ahd    zueio  zueiero.     die  t(h«.  bdde, 


ddn.  baade  sind  wiederum  einförmig,  wahren  aber  den  gen. 
bägge  und  begge.  engl,  bleibt  nur  ein  unveränderliches  both 
übrig,  doch  die  altengl.  spräche  bildete  einen  gen.  bother  oder 
botheres  =  ahd.  peidero,  nhd.  beider. 

Licht  auf  diese  deutschen  formen  werden  die  urverwandten  fal- 
len lassen,  jenes  goth.  bai  bös  ba  ist  das  iat.  ambo  ambae 
ambo  (wie  duo  duae  duo),  gr.  aufca  {wie  8vo  für  Svco),  M 
ist  eingedrungen,  gerade  wie  in  amb,  au^i  gegenüber  unserm 
bei,  goth.  bi,  vgl.  umbi.  keinen  nasallaut  hat  das  skr.  uhha, 
dl.  ubhau  (Bopp  52'),  wie  er  in  abhi  und  bhi  =  äufi  fehlt; 
auch  nicht  das  litt,  abbu  m.  abbi  f.,  noch  das  sl.  oba.  auf 
die  frage  aber,  ob  vor  dem  goth.  bai,  folglich  unserm  beide 
insgemein,  A  weggefallen,  oder  in  den  urverwandten  sprachen 
dem  lippenlaut  zugetreten  sei?  läszt  sich  kaum  antworten,  je- 
nes anzunehmen  wäre  man  nach  analogie  von  bi,  bei  und 
bauen  geneigt;  damit  soll  beide  nicht  der  würzet  bauen  ö6er- 
wiesen  sein,  a/uforeooi  aber  gemahnt  an  bajö})S,  wie  exeooi 
an  anj)ar,  tcÖteqos,  jon.  xcneQOi,  uter  an  hva[)ar,  ahd.  hue- 
dar,  wiewol  dem  bajöj)s  und  pede  das  R  abgeht;  dafür  darf 
ihnen  das  skr.  ubhaja  utrumque  und  litt,  abbeji  unmittelbar 
verglichen  werden.  Mit  bei  aber  scheint  sich  beide,  wie  mit 
ufifi  äufo)  in  der  Ihat  zu  berühren,  wenn  man  die  Vor- 
stellung der  nähe  und  folge  erwägt,  die  zweizahl  steht  der  ein- 
zalil  zunächst  und  folgt  unmittelbar  darauf  {vgl.  beidlebig). 
Die  Untersuchung  inwiefern  hier  überhaupt  dualßexionen  im 
spiel  sind  und  sich  mit  pluralflexionen  gemengt  haben,  würde 
hier  zu  weit  abführen. 

?lach  dieser  erörterung  der  form  legen  wir  die  begriffe  dar. 

1)  zweiheit  und  beidheit  scheiden  sich  im  begriffe  so,  dasz 
zwei  die  folge  eines  zweiten  dings  auf  das  erste,  oder  das 
spalten  in  zwei  theile  ausdrückt,  beide  aber  eins  und  zwei  zu- 
sammenfaszt.  eins  und  zwei  sind  da,  sind  aufgestellt,  aber 
in  beide  treten  sie  zusammen,  einigen  sich,  werden  wieder  als 
eins  gedacht,  zwei  kinder  sind  geboren,  beide  sind  schön; 
hier  hast  du  zwei  thaler,  mit  den  beiden  must  da  ausrei- 
chen, niemand  kann  zwein  herrn  dienen  {wenn  noch  keiner 
genannt  ist),  niemand  kann  beiden  herrn  dienen  [wenn  sie  sclion 
genannt  waren),  beide  bezieht  sich  immer  auf  ein  in  der  rede 
vorausgegangenes  oder  vorauszusetzendes  bekanntes  zwei,  duae 
sunt  mihi  manus,  ambabus  {nicht  duabus)  plaudam,  d.  h.  mit 
beiden  zusammen,  verschieden  von  utraque,  mit  jeder  von  ih- 
nen. Allein  die  sprachen  als  ihnen  gestalt  oder  bedeutung  von 
beide  erlosch  oder  getrübt  ward,  bedienten  sich  auch  des  zwei 
an  dessen  statt,  häufig  mit  vorgesetztem  {umfassendem)  alle. 
wir  sagen  heule  auch  mit  zwein  bänden  schlagen  für  mit  bei- 
den, zwei  kinder  sind  geboren,  alle  zwei  schön,  wie  es  franz. 
heiszt  tous  les  deux,  altfranz.  ambe  deux,  it.  ambedui,  poln. 
obadwaj.  unser  alle  beide  ßr  beide  ist  pleonasmus,  und  alle 
zwei  {wie  alle  drei,  vier)  besser  gesagt,  aber  schon  Keisers- 
berg sagte  oß  alle  beide,  z.  b.  Sünden  des  munds  12*.  46*.  48*. 

2)  beigefügtes  beide  pßegt  die  untergegangne  dualform  zu 
umschreiben,  wir  beide,  unser  beider  ist,  was  goUi.  vit  und 
ugkara  einfacher  und  schöner  ausdrückt,  so  stellt  es  sich  vor 
substantiva,  die  von  natur  in  zweiheit  gedacht  werden:  beide 
äugen,  bände,  füsze;  das  er  auf  beiden  achseln  zusamen 
gefügt  werde.  2  Mos.  28,  7 ;  das  Aaron  ire  nameo  auf  seinen 
beiden  schultern  trage.  28,  12;  da  fasset  ich  beide  tafeln 
und  warf  sie  aus  beiden  henden.  5  Mos.  9, 17 ;  wer  das  hürea 
wird,  dem  werden  seine  beiden  obren  gellen.  1  Sam.  3,  11 ; 
von  begirigkeit  zu  essen,  da  ein  mensch  zQ  beiden  orten 
(mundwinkeln)  inwirft  und  ein  mundfol  dem  andern  nit  ent- 
weichen mag.  Keisersb.  Sünden  des  munds  "';  und  schlug  mit 
beiden  fetichen  in  die  pfefferbrile  {der  gebratene,  wieder  le- 
bendig gemachte  hahn).  12' ;  künden  zu  beiden  henden.  has  im  pf. 
Aas*;  frisztzu  beiden  backen.  Garg.  48';  steht  zu  beiden  selten; 

und  Taszt  sein  schwer!  zu  beiden  henden. 
H.  Sachs  II.  3,  132*. 

3)  beide  folgt  {wie  alle)  dem  persönlichen  pronomen  nach: 
wir  beide,  ihr  beide,  sie  beide;  unser  beider,  uns  beiden. 
nach  den  demonstrativen  empfängt  es  heute  schwache  ftexion: 
die  beiden,  diese  beiden,  jene  beiden ;  ehmals  war  auch  die 
beide,  diese  beide  unbedenklich,  dem  Substantiv  aber  geht  es 
voraus:  beide  männer,  beide  äugen,  in  beiden  bänden,  dem 
possessiv  mag  es  folgen  oder  vorausgehn:  seine  beiden  bände 
oder  beide  seine  hdnde;  mit  seinen  beiden  äugen,  mit  beiden 
seinen  äugen,  obwol  jenes  mehr  der  prosa  zusagt,  dieses  in 
der  poesic  gestaltet  ist.  so  kann  man  auch  die  demontlrativa 
Ainier  beide  stellen:   in   beiden   den   banden,    beiden    diesen 

86 


1363 


BEIDE 


BEIDE 


13G4 


leuten,  beide  jene  mSnner.  oft  bei  Lessing:  geben  sie  acht, 
wie  viel  wichtiges  und  neues  uns  herr  Klotz  von  beiden  die- 
sen puncten  sagen  wird.  8,  103;  sie  zeigte  sich  ohnstreitig 
an  den  bildsäulen,  welche  beide  diese  wesen  zu  Lacedämon 
hatten.  8,  216.  Dem  subst.  ohne  flexion  nachgesetzt  werden 
kann  beide  gleich  andern  adjectiren  : 

diewcil  sich  gleiche  spur  auf  diesen  wegen  beld 
erzeigte  frisch  und  new.    Werders  Ariost  1,  23, 

wiewol  es  hart  klingt  und  sehr  seilen  vorkommt,  beide  sub- 
stantivisch: 0  ihr  zartfühlenden  beide!  GERsrENnERC  l/i/o?.  23. 
4)  obschon  die  Wörter  beide  und  zwei  {wie  ambo  und  duo) 
ihrer  natur  nach  den  sg.  auszuschlieszen  scheinen  und  recht 
eigentlich  dualform  an  sich  tragen  mästen,  so  gilt  das  doch 
nur  von  ihrem  colleclivbegrif.  denn  wie  ein  z.  b.  im  altn.  einir 
oder  sp.  unos  des  plurals  fähig,  in  der  Ordinalzahl  der  zwei- 
heit  der  einzelne  in  der  reihe  gedacht  wird,  als  ein  anjiar, 
alter,  ^e^os,  ebenso  kann  sich  auch  in  der  beidhcit  das  ein- 
zelne darstellen,  folglich  des  sg.  bedürfen,  wir  erblicken  ne- 
ben afi^öreooi  ein  afiforsQos  =  exctXEQOS  und  im  skr.  ein 
ncutrum  ubhaja  utrumque;  wahrscheinlich  würde,  wenn  vor 
unsem  äugen  die  goth.  spräche  vollständiger  ausgebreitet  läge, 
auch  ein  sg.  bajo{)s  uterque  erscheinen,  der  mit  dem  pl.  zu- 
sammenfiele, ganz  wie  men6|)S  sg.  und  pl.  ist.  ahd.  sprach- 
quellen lassen  keinen  sg.  von  pede  aus  sich  schöpfen,  alts. 
scheint  aber  ein  neutrum  bedi  utrumque  zu  bestehen,  dessen 
gen.  bedies  zweimal  sich  darbietet: 

huand  hi  habad  bedies  giwald 

liudio  libes  endi  öc  iro  iichamon.    //cl.  5S,  5; 

was  im  bddies  we,  empfand  über  beides  schmerz.    164,  30, 

welchem  bedies  weder  ags.   noch  nl.   denkmäler   ähnliches   an 

die   seile   stellen.     Dagegen    läszt   sich    ein  mhd.    neutrum   im 

sg.,  sowol  ßectiert  beide;  als  unflectierthelde nicht  bezweifeln: 

fröide  unde  trüren  wont  in  beider  bi. 

WS.  1,46'  =  MSH.  1,112'; 

wan  e;  ist  beides  ein  besIo;;en  brunne  und  ein  offen  brunne. 

Ben.  wb.  1,  97'; 

nu  ist  aber  der  lieben  beide  unrnrnre, 

ist  min  kumber  ringe  oder  ist  er  swiere.    MS.  1,  171'. 

Auch  nhd.  erscheint  dieses  neutrum:  bedes  mit  unterschied. 
yürnb.  reformation  von  1479  tit.  35 ;  man  solle  auch  nicht  wech- 
seln, wirds  aber  jemand  wechseln,  so  sols  beides  heilig  sein 
und  nicht  gelöset  werden.  3  Mos.  27,  33 ;  denn  das  ist  dem 
herrn  deinem  gott  beides  ein  grewel.  5  Mos.  23,  18;  man- 
cherlei gewicht  und  masz  ist  beides  grewel  dem  herrn.  spr. 
Sal.  20,  10;  ein  hörend  ohr  und  sehend  äuge  die  macht  bei- 
des der  herr.  20, 12 ;  es  war  beides  erbermlich.  2  Macc.  3,  21 ; 
lasset  beides  mit  einander  wachsen  bis  zu  der  ernte  {ahd. 
läjet  iogiwedar  wahsan  unzan  zi  arni).  Maltli.  13,  30;  beides 
zu  wenig  und  zu  vil  ist  des  teufeis  zil.  Henisch  255 ; 

man  sagt,  als  Romulus  und  Remus  deine  söhne 

hinan  den  Tiberslrom  geworfen  worden  sind, 

dasr  von  der  groszen  treu  des  spechtes  beides  kind 

hernach  gespeiset  sei.        Opitz!,  94; 

(Spanten)  das  nunmehr  beides  haus  der  sonnen    eingenommen. 

2,  272 ; 
die  schätz  hat  er  an  sich,  er  lasset  andre  reisen 
in  beides  Indien  und  bringen  gold  für  eisen.    Fleming  62; 

die  Wolge  schreit, 
dasz  anfall,  mord  und  raub  ihr  beides  ufer  räume.    582; 
da  beides  ufer  ist  in  blnmen  eingehüllt.    632; 
für  einen  guten  mann  sind  alle  zeiten  gut, 
er  führt  durch  beides  glück  nur  immer  einen  mut. 
LocAU  1,  10,  76, 

per  utramque  forlunam;  um  so  viel  besser,  obscbon  neuer, 
als  beides  ist.  Scaliger  unsem  anonymus  macht,  um  so  viel 
schlechter,  vielleicht  auch  um  so  viel  älter,  macht  ihn  Darth. 
Lessinc  10,  366.  Im  16  und  17  jli.  bildete  man  den  sg.  für 
m.  und  f. 

ein  weiser  hält  sich  baider  seit, 

halb  holz,  halb  hoi-n,  das  schieszl  weil. 

SCIIWARZP.MBERG  128,  2; 

Eniellus  so  mit  beider  hcnd 
Dareten  har  und  wider  send. 

Mt'R>iERs  Acneis  Straszb.  1515  bl.  69'; 
schosz  Tago  durch  beiden  «chlaf  (per  tempus  <urumque. 
Virij.  9,  41S.)  12n'; 

das  haubt  das  hieng  Im  hin  und  har 

von  seim  leib  zu  beider  seit  (humcro  ex  utroniie.    Viv/j.  0, 

755).  13.»'; 
wanimb  der  bnbst  entzucket  dir 
des  leibs  Christi  bcid  gestall, 
Deisch  und  blut  auch  beider  fall,    der  {u(A.  narr  633; 


zu  einem  zeichen,  das  beide  priesterschaft  von  im  geordnet 
wer.  schatzbehalter.  Nürnb.  1491  bl.  199';  beider  bäum  hat 
weisze  blumen.  MathesiüsSO;  der  teufel  ist  verschlagen  und 
zu  beider  band  abgericht.  Hemsch  255  (s.  beidenhänder); 
auf  beidem  ort,  utrinque.  daselbst;  das  nachtnial  unter  bei- 
der gestalt,  brots  und  weins  halten,  bienenk.  51".  21'  {welches 
beider  sich  allenfalls  verstehn  liesze  als  gen.  pl.,  wie  er  z.  b. 
offenbar  steht,  wenn  Keisersb.  Sünden  des  munds  67'  sagt:  von 
beider  partei  wurden  vil  erschlagen  ==  ab  amborum  parte); 
Schwerter  zu  beider  faust.  s.  beidfäustig; 
wir  werden  nicht  geboren 

mit  dutten  als  ein  weih,  darmit  die  brüst  uns  frei 

zum  Schild  und  beide  hand  im  fechten  leichter  sei. 
Opitz  1,100; 

du  seuche  beiden  volks  {utriusqiie).    1,  239; 

mit  beidem  arm,  Lohenst.  Ibrahim  21. 
Doch  diesem  hat  der  Sprachgebrauch  des  18  jh.  wieder  entsagt, 
und  heute  verwenden  wir  beides  für  utrumque  nur  abstract: 
beides  ist  mir  willkommen,  beides  hat  grund,  in  beidem  ist 
er  wolerfahren,  mit  beidem  macht  er  glück,  nicht  aber  sagt 
man :  beides  kind  lebt,  beides  haus  gehört  mir,  sondern  beide 
kinder,  beide  häuser.  noch  weniger  heiszt  es  beider  mann, 
beide  frau,  sondern  beide  männer,  beide  frauen  oder  jeder 
von  beiden  männern,  jede  von  beiden  frauen.  beides  ist  in 
prosa  auf  ein  abstractes  neutrum  und  den  adverbialgebrauch 
beschränkt,  s.  unter  8.  dichtem  aber  miisz  immer  noch  gestat- 
tet sein  beides  haus,  beides  volk  zu  setzen,  und  selbst  Kant 
schreibt:  dasz  man  sich  in  beider  angeblichen  erfahrung  ge- 
irrt hätte.  6,  178. 

5)  alteruter  ist  einer  von  beiden,  von  den  beiden;  alter- 
utrum  eins  von  beiden,  von  den  beiden;  neuter  keiner  von 
beiden : 

eins  von  den  beiden  haben  wir  verschuldet. 
Schiller  483. 

6)  Lessing  verbindet  gewagt  den  pl.  beide  als  pracdicat  mit 
dem  sg.  des  verb.  subst.  {kaum  war  ihm  beide  jenes  unfiec- 
tierte  neutrum): 

Rom  steht,  wenn  Brutus  Brutus  ist. 
schon  war  ein  Brutus  Roms  erretter, 
komm,  zeige,  dasz  du  beide  bist.    1,  66, 

jeder  von  beiden,  uterque  Brutus,  richtiger  schiene  beider  oder 
beides,  man  sagt:  du  bist  ein  engel  und  ein  teufel  zusam- 
men, beides. 

7)  ahd.  drückte  der  pl.  n.  peidiu  mit  folgendem  job  orfer 
enti  {engl,  both  —  and)  tam  und  quam  aus:  da;  peidiu  ist 
joh  michel  joh  luzzel,  woßr  wir  heute  beides  setzen:  das 
beides  grosz  und  klein,  sowol  grosz  als  klein  ist  (Graff  3, 
84.  85).  in  gleichem  sinn  wird  noch  mhd.  beidiu,  aber  auch 
beide  gesetzt  (Ben.  1,  98.  99)  und  es  könnte  zweifei  erwachsen, 
ob  dieses  aus  beidiu  geschwächt,  oder  ein  unflectiertes  beide 
=  beidi  sei  ?  da  aber  beidi  nur  vermutet  wird  und  nicht  vor- 
kommt, beidiu  häufig  erscheint,  so  hat  die  unmittelbare  ablei- 
tung  aus  ihm  weit  mehr  für  sich.  Bemerkenswerth  ist,  dasz 
nach  solchem  beide  nicht  nur  zwei,  sondern  auch  drei  sachen 
aufgeführt  werden  können,  z.  b.  beide  man,  kint  und  wip ; 
beide  velt,  berge  und  tal;  beide  toup,  lam  und  blint,  was 
vollkommen  zu  der  oben  aufgestellten  ansieht  stimmt,  die  in 
beide  ursprünglich  eine  folge  erblickt,  also  nicht  mit  der  zwei- 
zahl einzuhalten  braucht,  sondern  sich  noch  weiter  erstrecken 
kann,  vgl.  Ben.  1,  98'.  nicht  anders  verhält  es  sich  mit  dem 
mnl.  beide,  z.  b.  beide  wijn,  sout  ende  coren; 

bcfle  van  selvere  ende  van  goude 
ende  van  siencn  mcDichfoudc. 

vgl.  nuvDEc.  op  Stoke  1,  65.  /V/irf.  beispiele  des  beide — und 
sind  im  16j7i.  noch  allenthalben  anzutreffen:  beide  klein  und 
grosz.  1  J)/os.  19, 11;  beide  wir  und  unsere  vetor.  46,34;  beide 
in  hülzern  und  steinern  gcfäszen.  2  Mos.  7, 19 ;  beide  an  men- 
schen und  an  vieh.  8,  18;  beide  unter  menschen  und  vieh. 
11,  7 ;  beide  oben  im  himel  und  unten  auf  erden.  Jos.  2,  11 ; 
und  verlacht  beide  ros  und  man.  Ilioh  39,  18 ;  und  spreche 
lieide  zu  gol  und  den  mensclien,  vergib  uns  unsre  schuld. 
I.utiikr  4,  38';  dafür  beide  ir  und  wir  billich  im  von  herzen 
danken  sollen.  6,  11*;  denn  das  müssen  euch  beide  feinde 
und  freunde  bekennen  und  Zeugnis  geben.  It';  sie  haben  aus 
unser  lere  gelernt  beide  sprnihe  und  predigt.  6.  1S';  nacht 
und  lag  ir  lisch  bedeckt  und  bede  mit  speis  und  trank  be- 
laden. Krank  wcllb.  3»';  von  Iredichen  beiden,  so  heid  am 
leih  und  geinüt  srlidn  waren.  Ai.bkrus  t';  und  belle  mich 
an  heid  lag  und  nacht.  21;  Esupus  berühmt,  lieide  seiner 
guten  schwenk  und  höQicbkeit   halben.   14';    beide  Cananiter 


I 


1365 


BEIDE  — BEIDERSEITER 


BEIDERSEITIG  —  BEIDHÄNDIG 


1366 


und  Sareptaner.  Matuesios  l';  hie  hören  wir  abermals,  das 
die  goidbergwerk  in  Indien  beide  vun  beiden  und  Juden  sind 
belegt  gewesen.  22';  disz  rede  ich  zu  erkleren  (erkldrung) 
beide  des  worts  und  schönen  Spruchs  im  Zacharia.  9S*;  beide 
dies  und  jenes,  beide  klein  und  grosz.  Hemsch  255;  mit 
solch  einem  e.xempel  beide  der  gestrengigkeit  und  der  gute. 
MicRÄLius  2,  222 ;  zu  gesundbeit  beide  der  seel  und  des  leibs. 
bienenk.  21';  für  alle  glaubige  Christen  beide  lebendige  und 
tote.    &l'. 

S)  ailmälich  beginnt  an  die  stelle  dieses  beide  —  und  jenes 
unter  4  geschilderte  beides  —  und,  mit  derselben  bedeutung, 
zu  treten  und  im  17.  IS  jh.  den  pl.  beide,  in  solcher  anwen- 
dung,  ganz  zu  verdrängen.  Schriftsteller  der  zweiten  hälße  des 
16  jh.  schuanken  zwischen  beide  und  beides :  der  sich  beides 
(=  mhd.  beidej)  seines  ackerbaws  und  berg^verks  aus  der 
erden  nehren  solle.  Matuesils  s'  ;  beides  schriftlich  und  auch 
mündlich.  Fischart  bienenk.  lO';  welchs  auch  bei  allen  con- 
cilien  und  rechten,  beides  der  Juristen  und  canonisten  öffent- 
lich und  schriftlich  ist  verbotlen.  19'; 

beides  mit  tapfrer  laut  vertrawung 

und  seines  talgeländs  erbawung.    gl.  schif  i'b; 

die  freiheit  beides  zu  reden  und  zu  urtheilen.  Schcppics  TT6; 
Oric  besasz  so  viel  macht  und  stärke,  dasz  er  beides  Teut- 
schen  und  Franzosen  überflüssig  zu  schaffen  machen  konnte. 
Hahx  1,  172;  wir  erkennen  aus  dem  zu  Mersen  geschlosse- 
nen vergleich,  dasz  beides  er  und  seine  brüder  die  befugnis 
nicht  gehabt,  jemand  von  ihren  unterthanen  ohne  erhebliche  Ur- 
sache zu  verdammen  oder  an  ehre  und  leben  zu  strafen,  l,  ISO ; 

beides  höheren  mut  und  freudiekeit  fühlt  und  erquickung. 
Voss  Od.  15,  77  ; 

beides  zu  locken  die  edeln  und  fern  zu  verscheuchen  den 

pöbet.  fiÜHGEK92*; 

beides  ein  löblicher  könig  und  mächtiger  scbwineer  der  laoze. 

20S': 
ja  sie  konnten  sich  zu  einer  zwischenmacht  erheben,   beides 
dem   Oberhaupt  und  den  gliedern  ehrv^ürdig.    Göthe  26,  131; 
beides  in  weiterem  und  näherem  kreise.  26,  255. 

BEIDENH.\LBEN ,  BEIDE.MHALBEN,  adv.  ab  utroque  la- 
tere,  mhd.  bedenthalp,  beidenthalp :  du  hast  baidenthalb  ver- 
loren, die  weit  und  auch  got.  Keisersd.  ausg.  der  Juden  H  6. 
s.  beiderhalben,  beiderlhalb. 

BEIDE.NH.\NDER,  m.  homo  ancipilis  fidei,  einer  der  auf 
beiden  händcn,  achseln  trägt:  gleiszner,  beidenhender,  zungen- 
drescher,  so  umb  geld  ihren  nächsten  verraten,  auf  der  Zun- 
gen tragen  und  verschwetzen.  Thlrneisser  magna  alch.  2,  26. 
ursprünglich  aber  war  es  ein  Schwert  für  beide  bände,  eine 
«äffe  beiden  händen  gerecht:  summa,  es  wirt  nichts  so  un- 
gereimpts  fürgenommen,  dem  man  mit  der  schrift  nit  baide 
ein  ansehen  und  anhang  hab  gemacht,  so  gar  musz  gottes 
wort  iederman  gerecht,  ein  gemainer  baidenhänder  sein,  wer 
es  erwischt,  damit  darein  schlaget  und  damit  sich  selbs  ver- 
schneidet. Frank  paradoxa  125' ;  ein  bedenhender,  wie  ein  bund- 
schuch,  unstetter  dann  der  wetterhan.  sprichw.  2,  99'.  rich- 
tiger schiene  die  form  beidhänder,  vgl.  beidhändig  und  bei- 
denlhalbncr. 

BEIDE.NTHALB.NER,  m.  der  auf  beiden  achseln  trägt,  utrique 
partium  addictus.  Haltads  164. 

BE1DERH.\LBEN,  ab  utroque  latere.  Boee.  1,  200'. 

BEIDERLEI,  utriusqut  generis,  utrumque:  beiderlei  ge- 
schlecht; 

mit  diesen  beiderlei  bedanken.    SruRG/i.  7'; 

taback  und  littelbrauch 

sind  beiderlei  nur  rauch.    Locau  3,  8,  35; 

wer  f^erüchte  vom  jgenicb  nennen  wil,  wird  wenig  fehlen, 

beiderlei,  wanns  nicht  recht  gut,  pflegt  die  sinnen  fast  zu  quälen. 

3,9,2; 

lüchtigen,  oder  in  (Keden  die  beiderlei  Völker  versöhnen. 
Voss  //.  4,  16 ; 
das  abendmal  unter  beiderlei  gestalt  austbeilen.     t.  beide  4. 

BEIDEKSA.NDER,  5.  beidesander. 

BEIItERSEIT,  adv.  utrinque: 

doch  das  räum  sei  zwischen  uns  weit 

zwei  tausent  den  beiderscit.    tl.  Sachs  III.  1,25. 

BEIDERSEITE.N,  adv.  utrinque:  sie  trafen  beiderseiten.  Pon- 
lus  22; 

§oU  der  mag  uns  beiderseiten 
ich  mit  segen  sehen  an,  mich  mit  hulden  aarh  begleiten. 
FLxaiüc  391. 
BEIDERSEITER,  m.  ensis  utrinque  rulnerans,  von  Fiscbart 
Garg.  118*  unter  den  waffetibenennungen  angeführt,     t.  beidea- 
bander. 


BEIDERSEITIG,  muluus :  beiderseitige  hülfe.  Rabene»  1, 199 ; 
ihre  beiderseitige  freude  über  dieses  unverhofte  wiederfinden 
war  unbeschreiblich.  Wieland  9,  420. 

BEIDERSEITS,  adr.  ab  utroque  latere,  utrinque:  es  ist  eben 
drein  gefallen  der  tag  umb  Simonis  und  Judae  bestimpt,  dar- 
auf man  sol  bandeln  umb  einen  vertrag  und  friede  zwischen 
beiderseits  fürsten.  Luther  6,  19';  wie  nun  ihro  f.  gn.  bei- 
derseits ihre  reise  nach  Brieg  zu  nehmen.  Schwelmches  1,  87 ; 
und  ihr  . .  seid  beederseits 
noch  mehrer  straf  wol  werth.    Weckhiilin  623; 

nach  Zusammenkunft  beiderseits  herren  gesandten,  pers.  reiset. 
1,  4;  so  würde  es  beiderseits  an  nachdrucklichen  discursen 
nicht  ermangelt  haben.  Weise  kl.  leute  350 ;  einander  öftere 
schriftliche  nacbricht  von  beiderseits  zustande  geben.  Fetsenb. 
1,127; 

flugs  sieht  man  beiderseits  zur  kleinen  Doris  eilen, 
ein  jeder  nennet  sie  sein  wahres  ebenbild.    HAGEDOait  2,  94; 
entsagten  beiderseits  dem  ernsten  vaieruamen.    daselbst; 
es   gehört   beiderseits,   beim  dichter  und  seinem  leser  schon 
ein  gewisser  gebalt  von  geisteskraft  dazu.  ScaiLLEa  102 ;  man 
war  beiderseits  zufrieden. 

BEIDERTHALB,  adr.  was  beidenhalb,  gebildet  wie  nidert- 
balb,  oberthalb  aus  ahd.  nidarort,  obarort,  vgl.  niderwärts, 
beiderwärts:  üppige  wort  seint  beiderthalb  {sind  beides)  nüw 
und  alt  durcheinander.  Kehersb.  Sünden  des  munds  69' ;  schon 
in  der  Urkunde  ffir  Kaufbeuern  ton  1240 :  und  swa;  nit  en 
bftwe  lit,  da  suln  sie  getreten  sin  beiderthalp  von  der  burc 
an  die  stat  und  von  der  stat  unz  an  die  burc. 

BEIDERWAND ,  n.  oder  f.,  vestis  e  lana  linoque  contexta, 
gleichsam  ulriusque  fili,  nach  Frisch  1,  77'  eine  art  rasch,  t/. 
rascia,  bei  Albercs  bederwen,  in  der  Wetterau  beiderwell  m. 

BEIDERWÄRTS,  adv.  utrinque,  beiderseits  {vgl.  beiderthalb) : 

und  diese  lieh  macht  beederwerts 

aus  vilen  herzen  nur  ein  herz.    Weccherlim  437. 

BEIDESÄM,  ambo  simul,  verstärkte  form  ßr  beide,  beidezu- 
sammen,  entsprungen  ai<s  beidesamt  (nnl.  beidegader,  beidegaar): 

mir  ist  auf  dieser  erd  nicht  bas, 

denn  wenn  wir  beidesara 

spacieren  gan  im  grünen  gras 

in  gottes  herren  nam.    .4m6r.  Ib.  s.  116; 

die  sie  hernach  doch  jämmerlich 

beidesam  da  ermordet  haben.    H.  Sachs  IV.  2,  62*; 

Juno  hat  mich  geschickt  verborgen, 

für  euch  beidsam  stellt  sie  in  sorgen.    Spre.xg  //.  8' ; 

waren  beidsam  entschlafen.    Wickra«  rollw.  73;    Crates  warf 
vil    golds  von  im,   dann  er  achtet,   er  möchte  nit  heilsamen 
(ambabus)  den  künsten,  tugenten  und  den  reichthumen  dienen. 
Frank  chron.  404'.    in  der  letzten  stelle  wieder,  wie  beide,  auf 
drei  dimie  bezogen,    vgl.  allesam,  allesammt. 
BEIDESAMMEN.  H.  Sachs  IIL  1, 19'. 
BEIDESAND  ßr  beidesamt,  icie  allesand  /,  allesamt: 
was  ratschlaget  ir  beide  sand  ? 
und  was  ist  das  geschrei  im  landl    H.  Sachs  1, 122*. 

BEIDESANDER,  in  gleichem  sinn,  wie  allesander  ßr  alle- 
sand, von  H.  Sachs  oß  zu  klingendem  reim  verwandt: 
die  heuen  beidesander 
lieb,  trew  und  werde  an  einander.    I,  150*; 
theten  ein  feldsclilacht  mit  einander, 
darin  die  brüder  beidesander 
belieben  todt  auf  der  waldstet.    II.  3, 124*; 
diese  zwen  Jüngling  beidesander 
gewunnen  recht  lieb  aneinander.    11.  3,  145*; 
darinn  ilie  zwen  kriegsherrn  beidsander 
allein  haben  kcmpft  mit  einander.    11.3,143'; 
wir  iwen  die  kriegen  mit  einander 
und  sind  zwispellig  beidesander, 
wie  dieses  luch  ein  färbe  hab. 

V,  •232';  oMcMIL  1,86*.  3,63«. 

der  gen.  lautet  beidersander,  folglich  der  dat.  beidcnsander : 

zum  zeichen  ir  irew  beidersander.    V,  270*. 

BEIDFÄUSTIG,  utrique pugno  aptus,  zu  beiden  fausten  gerecht: 

sie  zertrennten  so  der  feinde  schar 
mit  ihrn  beidTnustign  Schwertern. 

Jacob  Vogels  uwjrische  schlackt.  Jena  1626  s.  83, 

j.  84  keisil  es :  sie  führten  schlacbtschwerter  zu  beider  faust. 
MilDHÄNDIG,  ulriusque  manu  delineatus,  scriptus:  wir  zeich- 
neten zusammen  (Golhe  und  Schiller),  auch  der  einllusz  des 
diiettantismus  ward  tabellarisch  weiter  ausgearbeitet,  wovon 
die  hlälter  beidhändig  noch  vorliegen.  Gütue  31,  S5.  vgl.  eigen- 
bändig und  beihändig. 

86* 


1367 


BEIDING— BEIEINANDER 


BEIEL— BEIFALL 


1368 


BEIDING,  n.  Judicium  exlraordinarium. 

BEIDLEBIG,  a/iflßios,  zu  land  und  wasscr  lebend:  was 
wir  Holländer  waren,  gerad  hinten  drein,  uns,  die  wir  beid- 
lebig  sind,  ward  erst  wol  im  wasser,  wie  den  fröschen.  Göthe 
8,  174.  ein  tvort  recht  geeignet,  den  Zusammenhang  zwischen 
afifi  und  afi<f(o  anschaulich  zu  machen,  denn  ufifi,  circa, 
rundherum  ist  auch  von  beiden  seilen,  und  afifiarofioe, 
afifiyXcooaos  was  Sioro/uoe.  kein  deutscher  nalurforscher 
redet  aber  von  beidlebigen  statt  amphibien,  noch  von  beliebi- 
gen,    beidhändig  unterscheiden  wir  freilich  von  beiliändig. 

BEIDRÄNGEN,  undique  urgere,  imminere: 

und  linsiernis  drängt  ringsum  bei.    Götue  12, 19^. 

BEIDREHEN,  den  Schiffern  was  beilegen,  die  segel  auf  den 
wind  brassen;  ein  schif  beidrehen,  beilegen,  beistechen,  es  ge- 
gen den  wind  drehen. 

BEIDRUCREN,  was  andrucken:  die  abhandlung  steht  einem 
andern  buche  beigedrackt. 

BEIDRÜCKEN,  appotiere,  hinzudrücken:  sein  Siegel  bei- 
driicken. 

BEIDSCHATTIG,  afi^iay.ios,  nach  beiden  seilen  schalten 
werfend. 

BEIE,  /".  feneslra.  Maaler  67.  s.  bai,  baie,  es  wird  auch  ge- 
schrieben baige  (s.  beige) :  die  Soldaten  warfen  zwen  der 
ufrürischen  huren  in  Bolingen  zu  den  bälgen  des  kilchturns 
usz;  man  sach  den  kelch  und  das  brot  durch  die  baien 
des  stuels.  urk.  über  den  schwdb.  bauernkrieg  von  1525; 

drumb  loufend  hin  all  schnell  und  bhcnd 
durch  dmuren  heicn  und  durch  dweml. 

RuEFs  Eiter  Heini  2773. 

BEIE,  f.  apis,  ahd.  pia  (Graff  3,  12),  mhd.  hie  (Ben.  1, 
116'),  nhd.  beie :  beien  (sonst  binen  oder  immen).  Sebast.  Helber 
sylbenbüechlein  1593  s.  36,  wcislh.  2, 25S,  tind  heule  noch  in  Baiern 
die  bei,  die  beij,  die  bein  (Sciim.  1, 140. 165) ;  ags.  beo  /".,  engl. 
bee;  nnl.lA]  und  bije/'.  pl.  bijcn;  alln.  by,  gewöhnlich  byfluga, 
schw.  dän.  bi  neutrum.  auf  den  merkwürdigen  unterschied 
zwischen  bairischem  beie  und  schwäbischem  bin,  ahd.  plä  und 
pini  n.,  mhd.  bie  und  bin  oder  bin  f  wurde  yesch.  d.  d.  spr. 
$.  1033  gewiesen,  doch  hat  auch  Stai.der  1, 153  beien  m.  bie- 
nenschwarm  und  beii  biene.  Pia,  Bia  war  ein  schöner  ahd. 
frauenname  wie  gr.  MeXioaa.  leider  entgeht  der  goth.  aus- 
druck,  dem  ahd.  gemäsz  wäre  bijö,  aber  auch  bcivö  möglich, 
nach  heiv,  ahd.  hiu.  In. 

Urverwandt  sind  litt,  le.tt.  bitte,  lat.  apis,  apicula,  it.  ape 
und  pecchia,  sp.  abeja,  franz.  abeille,  russ.  ptsche,  ptschela, 
serb.  tschela,  böhm.  wcela,  po/«.  pszczola,  deren  würzet  man 
im  skr.  p4  bibere  sucht,  weil  die  biene  den  treffenden  namen 
madhupa  m.,  mel  bibens,  honig  aus  blumen  saugend  führt, 
wie  sie  auch  madhukara  mel  faciens  und  gr.  fieliaoa,  von 
fiiXi,  in  östr.  mundart  methsiederl  heiszt.  man  hat  bei  apis 
auch  an  apex,  bei  pecchia  an  unser  bicken  picken  siechen 
gedacht,  als  hätte  des  thierchens  stächet,  den  auch  wespen  und 
hornisse  tragen,  Ursache  zu  seiner  benennung  gegeben,  das  L 
in  apicula,  abeille  und  ptschela,  das  tte  in  bitte  {vgl.  bro- 
lutlis  brüderchen,  tßtuttis  Väterchen  «.  s.  to.)  sind  kennbare 
diminutivform. 

Wie  aber,  liegt  unserm  deutschen  wort  die  abkunß  nicht 
näher  in  bauen,  bau  und  bei?  die  biene  baut  und  webt  künst- 
liche zelten,  um  süszen  honig  zu  wirken,  sie  ist  das  bauende 
thierlein  in  eigenstem  sinn  und  da  man  auch  sagt  honig  bauen 
{sp.  1174)  und  bauen  facere  ist,  so  reicht  beie,  biene  gerade  an 
madhukara;  der  Übergänge  aus  bau  in  bei  und  bi  licuzen  an- 
dere Wörter  zu  genüge  wahrnehmen,  ags.  beo  apis  .slöszt  un- 
mittelbar zusammen  mit  beo,  ich  bin,  ich  wohne,  hier  bedür- 
fen wir  keiner  aphaeresis  des  a,  und  apis  verhält  sich  zu  bia, 
lile,  beie,  zu  liille  gleich  den  parlikeln  ahhi,  api,  ini  zu  h\ 
und  bei.  das  V  in  apis  und  ptschela  ist  eine  forlschiebung. 
s.  beichcr  und  l)iene. 

BEIEINANDER,  adv.  simul,  conjunclim,  beisamvien,  nebenein- 
ander, nnl.  blosi  bijeen :  ich  und  Johannes  seind  bei  einander,  ab 
eadem  stamus  parle.  Henisch  2.")7 ;  wie  lang  seid  ir  beieinander 
gewesen?;  und  gieng  in  ein  haus,  da  warcnt  zwo  junkfrawen 
in  beieinander,  die  hcttent  zwen  brüder,  die  waren  ire  mann 
wa  brüder  und  Schwestern  beieinander  sein,  da  geschieht  es 
selten,  das  sie  mit  frieden  leben,  sie  seien  dann  gar  vernünf- 
tig, wir  zwo  seind  fünfzehen  jar  beieinander  gewesen  und 
hat  keine  die  ander  nie  betrübt  mit  einem  wort.  Keisersiieiic 
Sünden  des  munds  42';  als  dan  gemeinlich  geschieht  in  den 
samlungcn,  wo  vil  beieinander  seind,  da  ist  mancher  wilder 


köpf,  dan  so  nummen  drei  in  einem  haus  beieinander  seind 
und  künden  nümmer  mit  einander  gesteilen,  wie  vil  me  denn 
so  vil  beieinander  wonen.  43' ;  den  jungen  frawen  ist  ctwann 
wol  mit  solchen  dingen,  so  sie  beieinander  seint,  treiben 
solich  schampere  wort.  62' ;  denn  ire  habe  war  zu  grosz,  das 
sie  nicht  kundten  bei  einander  wonen.  1  Mos.  36,  7 ;  kühe  und 
beeren  werden  an  der  weide  gehen,  das  ire  jungen  beiein- 
ander ligen.  Es,  11,  7 ; 

wilde  bern 

seind  beieinander  gern.    Hsnisch258; 

die  ehe  ist  gut  lieblich  fein, 

wenn  zwei  selbst  gern  beinander  sein.  Lrbhann  170. 

BEiEL,  n.  ascia.  Alb.  und  Henisch  257*    s.  beihel  und  beil. 

BEIEN,  appropinquare,   propius  ire,    accedere,   sich  nahen, 
herbei  kommen,    von  bei  gebildet,    wie  aufen  von  auf,   nahen 
von  nach  und  nahe :  es  beiet  sich,  nähert  sich.  Stajld.  1, 152. ' 
mhd.  bien: 

ze  hant  sach  man  bien 
den  falkener  Schoiere; 
dir  git  gelinge  noch  die  stiur, 
daj  dir  wirt  freude  bien. 
weitere   bruchstücke  von  Athis.   Berlin  1852  s.  16.     der  gegen- 
salz ist  vonen,  sich  entfernen. 

BEIER,  m.  aper,  so  oder  baier,  lautet  in  einigen  gegenden 
richtig,  was  anderwärts  bär,  beer,  behr  gesprochen  und  ge- 
schrieben wird,  jenes  dem  mhd.  ber,  ags.  bdr,  engl,  boar 
näher,    s.  bär. 

BEIERBE,  m.  coheres,  nebenerbe. 

BEIERLEICHE,  f  funus  minus  solemne,  eine  leiche,  zu  der 
nur  gcbeiert,  nicht  geläutet  wird. 

BEIERN,  nnl.  beijeren,  mit  dem  klöpfel  (beijart)  an  die 
glocke  schlagen,  statt  sie  im  schwunge  zu  läuten. 

gern  wol  hört  ich  vordem,  wenn  zum  morgenden  feste  der 

küsier 
beierte.    doch  nun  schallts  mir  wie  todtengeläut  von  dem 

kirchthurm.  Voss  2,  22, 

der  in  einer  anmerkung  sagt:  'man  läutet,  indem  man  die 
glocke  in  vollem  schwunge  bewegt,  man  beiert,  indem  man 
den  rand  der  ruhenden  glocken  mit  den  klöpfeln  durch  be- 
festigte seile  tactmäszig  anschlägt.'  Mit  meinem  fusz  wars  noch 
lange  nicht  recht  und  ich  muste  bei  jähren  dran  beiern.  o.  m. 
im  Tock.  179,  wie  hinken  ein  clocher,  cloper,  clopiner  ist,  an 
glocke  (cloche)  und  klöpfel  mahnend. 

BEIESSEN,  n.  cibus  interpositus :  der  fürst,  durch  seine 
männliche  beamten  schon  an  bürgerliche  gasteinschiebscl  oder 
beiessen  gewöhnt.  J.  Paul  koinet  2,  xxxvr. 

BEIFAHR,  n.  limor,  metus:  darum  ich  auch  beifahr  hatte, 
es  möchte  mir  also  angehen,  so  trug  ich  doch  beifahr,  die 
beeren  möchten  mir  in  der  kehle  stecken  bleiben.  Schwei- 
NicuEN  1, 108 ;  hatte  aber  auch  beifahr,  ich  werde  so  viel  geld 
nicht  haben.  1,  246  ;  beifahr  tragen,  vereri.  Vechner,  ergieszung 
der  Katzbach  1608.    s.  befahren. 

BEIFAHREN,  propinquare,  heranfahren.  Henisch  258. 

BEIFALL,  fjj.  pl.  beifalle,  ein  heute  häufiges,  ahd.  mhd. 
abgehendes  wort,  dem  von  natur,  wie  dem  einfachen  fall,  die 
intransitive  bedeutung  ruina,  casus  zugestanden  haben  musz. 
Dasypodius  und  Maaler  stellen  es  nicht  auf,  erst  bei  Heniscu 
258  wird  es  angetroffen.  Luther  braucht  es  in  der  bibel  gar 
nicht  und  sonst  selten. 

1)  es  bedeutet  ihm  allapsus,  accessio,  transitus,  das  fallen 
von  einem  zum  andern:  das  ir  aber  gedenkt,  ir  werdet  durch 
solchen  bcifall  zum  römischen  stuel  verkomen  {hindern)  mügen, 
das  Behmen  hinl'urt  nicht  weiter  in  secten  mügen  zutrennet 
werden,  das  wird  durch  dis  mittel  fürwar  nicht  geschehen. 
2,  144';  sich  solchs  bei-  oder  zufalls  zum  römischen  stuel 
enthalten,  br.  2,  226.  > 

2)  hieraus  flieszl  der  sinn  von  comprobatio,  adslipulatio, 
assensio,  wer  einem  beifällt,  zu  seiner  partei  tritt,  der  billigt 
und  lobt  ihn,  nnl.  bijval.  wir  sagen:  sein  beifall  ermutigt 
uns,  der  beifall  der  menge,  ein  allgemeiner,  öffentlicher,  lau- 
ter, rauschender,  schmeichelhafter  beifall.  diese  worle  erreg- 
ten lärmenden,  stürmischen  beifall,  der  sich  in  händeschlag 
{applausHs)  und  ziiruf  {acclamalio)  üuszerle;  dieser  wein  hat 
meinen  beifall  {mundet  mir);  der  redner,  der  prcdiger,  der 
priifcssor  hat,  findet  beifall,  hat  keinen  beifall,  verdient  ihn, 
verliert  ihn,  weisz  ihn  sith  zu  erhallen;  liest  mit  vielem  bei- 
fall, ohne  beifall;  sticht  n;icli  beifall;  alles  lächelte  beifall. 
Ungenau  scheint  aber  das  schon  bei  Henisch  aufgeführte,  jetzt 
allgemein  Derbrcitcte  einem  beifall  thun,  geben,  Zustimmung, 
lub  geben,    weil,   was  zufallen,    sich  ereignen  musz,  nicht  ge- 


1369 


BEIFALLEN 


BEIFÄLLIG  — BEIFUSZ 


1370 


geben  werden  kann,  dieselben,  meinet  ich,  sollen  uns  desto 
bessern  beifall  thun.  Avber  proc.  1, 11 ;  Plautus  war  also  ge- 
nöthiget,  seinen  stücken  beifall  zu  verschaffen,  einen  theil 
von  diesen  scherzen  beizubehalten.  Lessing  3, 15 ; 

dem  Wachtmeister  musz  ich  beifali  geben.  Schiller  327'; 
wenn  er  sich  auch  von  der  heftigkeit  seines  temperaments 
hinreiszen  liesz,  dem  völlig  reifen  complot  seinen  beifall  zu 
geben.  1071;  ich  las  ein  Stückchen  davon  in  meiner  gestrigen 
gesellschaft  vor.  man  gab  ihm  vielen  beifall.  Göthe  an  Schiller 
53;  auszerdem  ist  ja  den  kindern  bekannt,  dasz  ohne  etwas 
wein  und  etwas  beifall  keine  poetische  ader  offen  gehalten 
werden  kann.  LicHTENBEnc  3, 71 ;  der  verstand  ist  zum  beifalle 
sehr  geneigt.  Kam  8,  34 ;  beifall  in  die  bände  schlagen. 
Klixger  3,  33.  ehmals  auch  beifall  in  einer  klage,  subscriptio. 
Hexisch  2öS.  beistimmung,  weniger  als  lauler  beifall,  ist  ein 
ruhiges,  auf  gründe  gestütztes  billigen. 

3)  das  nnl.  bijval  bezeichnet  noch,  dem  Ursprünge  des  Korts 
gemäsz,  einen  sinnliclien  zutritt  und  Zuschlag  beim  gewicht, 
I.  b.  vn']  hadden  maar  op  honderd  pond  gerekend,  doch  er 
was  nog  een  bijval  van  tien  pond. 

BEIFALLEN,  nnl.  bijvallen. 

1)  dabei,  daneben  fallen,  hinfallen:  und  alle  threne  in  got- 
tes  sack  gefasset,  das  nicht  einer  sol  beifallen  oder  verges- 
sen sein.  Ll'theb  8,  344*.  br.  4,  434 ;  das  ir  nicht  von  mir  wei- 
chen wollet,  sondern  alle  vor  einen  mann  meinetwegen  stehen 
und  beifallen  (fallen).  Reutter  kriegsordn.  30. 

2)  einem  beifallen,  assentiri,  beistimmen,  beipflichten:  der 
pastor  mag  die  kirche  vermahnen  und  bereden,  das  sie  im 
beifalle  und  bewillige  fastage  aufzusetzen.  Lutber  5,  lo';  wird 
mir  ein  jeder  verstendiger  beifallen.  Kirchhof  disc.  mit.  10; 
wie  dan  ein  jeglicher,  so  dessen  ein  verstand  hat,  mir  hierin 
wird  beifallen,  bienenk.  205";  und  wie  er  ungern  sonsten  der 
worheit  beifeit.  Ayrer  proc.  1, 14 ; 

fallt  gott  mit  diesem  lobe  bei. 

dasz  er  aliein  nur  mächtig  sei.    Opitz  p*.  t.  128; 

fallen  wir  der  meinung  bei,  dasz.  Grvphics  1,  56;  derohalben 
fallen  wir  mit  ganzem  herzen  bei  und  glauben.  Spee  g.  tugendb. 
3* ;  und  nur  im  herzen  fiele  bei.  IS ;  dasz  er  einer  sache 
weiter  beifalle,  als  er  von  der  Wahrheit  derselben  vergewis- 
sert ist.  Leibmtz  2,  321;  die  weit  fällt  dem  gezeugnis  bei. 
Werxicre  26; 

ein  betrübter  esel  heult  — 

und  der  alTe  Gel  ihm  bei.    Hagsdorn  2,  31 ; 

dasz  man  den  Plautus  nicht  allzu  unbehutsam,  auf  Unkosten 
des  Horazes  erhebt,  noch  auch  dem  Horaz  auf  Unkosten  des 
Plautus  völlig  beifallt.  Lessixg  3,  15 ;  ich  finde  den  deutlich- 
sten beweis  darinne,  dasz  sie  mir  nicht  aus  höllichkeit,  son- 
dern aus  Überzeugung  beigefallen  sind.  3,331;  ihrem  urtheile 
über  die  Wilhelroine  falle  ich  völlig  bei.    12,  167 ; 

also  sprach  Adramelech.  nun  fiel  die  ganze  Versammlung 
Satan  auf  einmal  mit  ungestüm  bei. 

Klopstock  Mcss.  2,  731 ; 
weil   nun  der  hofnarr  das  herz  des  kOnigs  hatte  und  in  der 
that   für   den    besten   köpf  des  ganzen  hofs  gehalten  wurde, 
so  fiel  ihm  jedermann  bei.  Wielaxd  12, 166 ; 

dem  bruder  fall  ich  bei,  ich  musz  ihn  loben.  Schiller  502; 
fallen  sie  mir  bei,  so  hab  ich  weiter  nichts  zu  sagen.  J.  Pacl 
IJesp.  2,  38;  als  ein  Gascogner  einer  ihm  unglaublichen  er- 
zählung  höflich  beigefallen  war.  aesth.  2,  20;  derselben  meinung 
fallen  auch  angesehene  peinliche  rechtslehror  bei.  jubeis.  60; 
mit  der  Zauberkraft  herschender  Überlegenheit,  der  innerhalb 
der  mauern  eines  rathszimmers,  vor  beifallenden  theilnehmern 
nur  höchst  gesunde  gemülber  widerstehen  können.  Niehuhr 
2,  379. 

3)  einem  beifallen,  einfallen,  subire:  mir  fielen  alle  diese 
umstände  wieder  aufs  lebhafteste  bei.  Karexer  2,  216 ;  wenn 
dem  Schauspieler  seine  rede  nicht  auf  das  schleunigste  bei- 
fallt,  so  kann  er  fast  nicht  den  geringsten  gebrauch  von  sei- 
nen talenten  machen.  Lessixg  4, 199 ;  da  indes  dem  Quadra- 
lus  sein  Vorgänger  so  völlig  unbekannt  geblieben  war,  so 
konnte  ihm  so  leicht  kein  argwöhn  darüber  beifjllen.  8,  348 ; 
beantwortung  einer  frage,  die  dem  [es  steht  den)  Icser  bei- 
gefallen sein  könnte.  Wielaxd  8,  217;  sie  kennen  die  lieder 
dieses  liebenswürdigen  Schwärmers  zu  gut,  schöne  Danae, 
dasz  ihnen  nicht  zwanzig  andere  stellen  beifallen  sollten. 
10,  89 ;  da  ihm  zugleich  beifiel,  dasz  ihm  sein  herr  eine  solche 
nachlüssigkeit  nicht  vergeben  würde.  11, 242 ;  dies  wird  jedem 
beifallen.  Heroer  1,  222 ;  wenn  es  mir  bei  der  Wahrheit  seines 


Spiels  beifallt,  dasz  ihm  dieser  Charakter  nicht  natürlich  ist. 
Schiller  1114;  ich  hatte  auch  einen  fürchterlichen  träum, 
wenn  er  mir  doch  beifiele.  Tieck  12,  60. 

DEIF.^LLIG,  1)  assentiens,  zustimmend,  günstig:  beifällige 
äuszerungen ;  er  sprach  sich  beifällig  aus ;  so  bin  ich  diesem 
vorgeben  nicht  beifällig  worden,  med.  mau/a/fc  768;  der  him- 
mel  hat  sich  ihr  selbst  beifällig  gemacht.  Opitz  Arg.  2,  163. 
gegensalz  ist  abfällig. 

2)  erinnerlich:  es  ist  mir  nicht  beifällig  (wo  man  nicht  ta- 
gen könnte  einfällig). 

3)  zufällig,  beiläufig :  ein  beifälliges  recht,  ein  nebenreeht, 
dem  ordentlichen  gegenüber;  beifälliger  weise,  von  ungefäJir ; 
nach  Hexisch  258  obiter,  quasi  praeteriens,  wie  der  han  über 
die  kolen  lauft;  beifällige  einkünfte.  Lohexst.  Arm.  2,  766; 
es  ist  beifällig,  gelegentlich,  beiläufig  gesagt  worden,  heute 
auszer  gebrauch. 

BEIFALLSBEDCRFTIG. 

BEIFALLSBEZEIGUNG,  f. 

BEIFALLSBEZEUGUNG,  f.  Göthe  31,  96. 

BEIFALLSDONNER,  m. 

BEIFALLSRUF,  m.  Dahläan» /i^an*.  re».  218. 

BEIFALLSSTURM,  m. 

BEIFALLSWERTH. 

BEIFANG  ßr  bevang  {sp.  1249)  ist  tadelhaß.  richtiger  aber 
heiszt  den  fischem  beifang  ein  zufälliger,    nicht  beabsichtigter. 

BEIF.\RBE,  f.  mischfarbe:  so  man  schNvarz  mit  weisz  ver- 
mischt, wird  darausz  graw.  also  ist  es  auch  mit  andern  beifar- 
ben  und  vermischten  färben  zu  verstehen.  Paracelscs  2,  304*. 

BEIFASSEN,  nebenbei  anfassen:  sie  würde  nur  beitreten 
und  beifassen,  so  dasz  immer  eine  andere  dame  das  kind 
vor  der  sichtbaren  weit  halten  könnte.  Hippel  8,  33. 

BEIFLECHTEN,  implicare,  einflechten:  noch  eine  bliune 
beiflechten;   beigeflochtene  lilie. 

BEIFLICKEN,  assuere,  anflicken:  ich  trieb  den  satz  weit 
und  flickte  noch  bei.  J.  Pacl  teufelsp.  2,  23. 

BEIFLIEGEN,  advolare,  herbeifliegen.  Henisco  258. 

BEIFLIESZEN,  affluere. 

BEIFOLGEN,  comitari,  adjungi: 
niemand  ist,  dem  nicht  was  von  thorheit  folgte  bei, 
der,  dem  der  sinn  ist  klar,  der  merkt  wie  grosz  sie  sei. 
l.OGAü  2,  2,  37  ; 
beifolgender  brief,  beifolgendes  geld.    im  adv.  beifolgend  sende 
ich. 

BEIFRAU,  f.  concubina,  auch  serva  adjutrix:  denn  als  Ja- 
sons junge  beifrau  diesen  schleier  angezogen  und  die  kröne 
aufs  haupt  gesetzt,  ist  sie  lebendig  darin  verbrannt.  Lacrex- 
BERG  acerra  106.  eine  der  hebamme  beispringende  helferin 
heiszt  beifrau. 

BEIFREUDE,  f.  sodctas  laetiliae,  gegensalx  des  beileids, 
auch  mitfreude: 

und  wir  sollten  unsre  beifreud  nicht  in  liedem  lassen  aus  ? 
vox  Birken  G.  3S7  ; 
sich  aufrichtig  bemühen,  das  natürliche  gesetz  der  liebe  durch 
mitleiden  und  beifreude  zu  erfüllen.  Gellert  4.  81 ;  dem  feste 
zu  ehren  eine  beifreude  bezeugen.  Hippel  3,  236. 

BEIFUGE,  f  adjunctio,    beilage,    anläge:    beifuge   von  Ur- 
kunden,    nur  in  der  canzleisprache.    s.  anfüge. 
BEIFÜGEN,  nnl.  bijvoegen, 

1)  adjungere,  addere,  anßgen:  dasz  sie  für  arge  ketzer 
dit^enige  straft,  welche  ire  zusatz,  verkleisterung,  anschmie- 
rung, beifügen  und  ändrungen  nit  wollen  für  das  unßübar 
wort  gottes  annemnicn.  bienenk.  17'; 

ein  hoher  sinn  ist  wol  vergnüget, 

im  fall  ihm  solch  ein  liebes  kind, 

da  <ichönheit  sich  bei  lugend  lindt, 

wird  von  dem  himmel  beigcfüget.  Neumark /iu<w.  84; 
den  rosen  auch  die  lilie  beifügen,  hinzufügen,  mit  dem  bei- 
fügen, mit  dem  bemerken,  addendo:  und  setzte  es  dem  notarius 
mit  dem  beifügen  auf  den  köpf.  J.  Paul  flegelj.  1,  65. 

2)  afferre,  inferre,  zufügen :  es  solle  der  pfalzgraf  der  Stadt 
keinen  schaden  beifügen  lassen.  Scuweixichex  1, 175 ;  so  wäre 
seines  beigefügten  Schimpfes  vil  eher  vergessen  worden,  pol. 
maulaffe  209. 

BEIFÜHREN,  domum  dedtuere,  die  braut,  die  frau  heim- 
führen: endlich  als  man  sie  wolt  beiführen,  must  man  sie 
erst  über  ein  gasz  führen.  Helvicus  jüd.  historien.  Giesien 
1611.  1. 166. 

BEIFUSZ,  m.  arlemisia  vulgaris,  ahd.  plpÄJ,  vielleicht  auch 
pipu;  (Graff  3,  22),  mhd.  blbd; :  grü;.  Ls.  3,  526.  GA.  1,  55 ; 
später  iterderbt  in  beifusz,  nnl.  bijvoet  (für  bijvöt).     ein  alter 


1371 


BEIFUSZ  — BEIGEHEN  . 


BEIGEHüRDE  — BEIGESELLUNG   1372 


mannsname  war  von  dem  kraut  entnommen:  Beböj.  Dronke 
Ir.  fuld.  420.  ScHANNAT  n*  348,  mhd.  Bibuj,  in  Urkunden  von 
1330.  1346.  1357  (berichte  des  Bamberger  Vereins  10,  107.  129. 
136.  138.  145);  ein  Nürnberger  buchdrucker  um  1514.  1517  hiesz 
Peypus.  die  echte  form  wahrt  ein  heilmittelbuch  von  1400 
{cod.  gissens.  992  bl.  12S') :  bibes  ist  ain  crut,  wer  fer  welle 
gaun,  der  sol  es  tragen,  so  wirt  er  nit  mued  sere  uf  dem 
weg,  der  tüfel  mag  im  ocb  nit  gescliaden  und  wa  es  in  dem 
hus  lit,  es  vertribt  den  zober,  vgl.  mythol.  1162.  vocab.  teul. 
JVürnft.  1482  d7'  schreibt  noch  beiposz,  vocab.  ex  quo  Ellvil 
1469  aber  byfuysz,  «'Je  er  für  incus  setzt  anfusze  statt  anbosz ; 
vocab.  ine.  teilt,  byfus.  Dasvpoüius  und  Serranus  haben  bei- 
fusz,  Maaler  67'  beifusz,  Hemsch  258  beifus.  Schnurr  249 
beifusz;  eiternesseln  und  beifusz.  maulaffe  310.  die  ober- 
sächs.  bauern  7toch  richtig  bcips.  Die  benennung  hat  ohne 
zweifei  nichts  zu  schaffen  mit  fusz,  scheint  aber  uralt  und  ge- 
bildet wie  anapo;  incus,  welchem  der  sinn  von  pipuj  ganz 
nahe  stehn  könnte,  abergläubische  meinungen  und  gebrauche 
müsten  ihn  erklären,  klopfte  man  an  das  kraut  oder  schlug 
man  damit  auf  menschen? 

BEIFÜSZSAFT,  m.  syrupus  artemisiae.  Stieler  1663.  schon 
das  mhd. 

trinkent  ir  ouch  biböj?    L«.  2,  526 
geht  auf  einen  heilkräftigen  kräuterwein. 

BEIGABE,  f  additamentum: 

als  beigäbe  des  lebens,  als  äuszerer  zierrat  errreut  sie  {die  kunst). 

Röckert  276. 

BEIGANG,  m.  via  aversa,  seitengang,  nebenwcg,  ganz  ver- 
schieden von  begang  ritus,  ahd.  pikanc,   biganc. 

BEIGÄNGER,  m.  comes,  commililo:  da  ich  mit  den  besten 
meiner  beigänger  oder  beiläufer  collationierte.  Hippel  3, 179. 

BEIGAST,  m.  convivator,  nebengast. 

BEIGE,  /■.  strues,  ahd.  p!ga  f.  und  pigo  m.,  mhd.  b!ge.  Lanz. 
1540.  2337.  heute  nur  in  der  Schweiz  (Stald.  1,  153.  Tobi.er 
52),  in  Schwaben  (Schmid  57),  Baiern  (Schm.  1, 158)  und  Ost- 
reich forllebend,  auch  in  die  form  beuge,  beug,  mhd.  biuge 
übergehend,  es  wird  darunter  vorzugsweise  ein  geschichteter 
holzhaufe,  scheiterhaufe  verstanden,  vgl.  über  das  verbrennen 
der  leichcn  s.  32.  Henisch  258  hat  beig,  holzbeig,  meta,  strues 
Ugnorum,  Maaler  68*  die  big,  ze  samen  getragner  bauf;  in 
einer  schwäbischen  urk.  von  1501  heiszt  es :  die  nachburen  sol- 
len die  baigen  in  dem  hof  zu  gemeinsamen  kosten  buwen 
und  unterhalten  {worunter  doch  auch  baien,  fenster  gemeint 
sein  können);  do  ich  nun  custos  was,  halt  ich  oft  nit  holz 
inzuheizen,  nam  ich  war,  welche  leien  in  die  schul  giengen 
und  si  schitterbigen  {Scheiterhaufen)  vor  den  hüsren  iiatten, 
das  ich  umb  mitte  nacht  vor  und  nach  bin  gangen  und  holz 
zutragen.  Tiio.  Plater  37 ;  etwa  ain  Jail  des  raubs  und  beig 
(häufen)  der  übelgewunnenen  guter.  Frank  54.    J.  beigen. 

BEIGEBEN,  adjungcre,  addere,  nnl.  bijgeven :  ich  musz  ihm 
einen  gehülfen  beigeben;  er  ward  ihm  zur  begleitung  beige- 
geben, klein  beigeben  heiszt  gelinde  außrelen,  die  saiten  her- 
abspannen: ihr  seid  desperate  leute  hier,  aber  ihr  werdet 
klein  beigeben,  wenn  ihr  die  erste  stückkugel  sausen  hört. 
Armm  schaub.  2,  264.  scheint  vom  spiel  entnommen,  wenn  man 
eine  geringe  karte  zuwirß. 

BEIGEDANKE,  m.  sententia,  cogitalio  secundaria,  nebenge- 
danke:  ich  habe  wegen  dieses  handeis  meine  beigedanken; 
wo  er  denn  allerlei  neckische  beigedanken  schelmisch  hervor- 
blicken liesz.  GöTiiE  25,  154;  wie  alle  tonkunst  so  sehr  das 
junge  ohr  ergreift,  das  noch  keine  nebensinne  und  beigedan- 
ken verschlieszen  oder  verwirren.  J.  Paul  aesth.  2,  222. 

BEIGEFÄHRTE,  m.  socius,  comes: 

so  gellt  in  gleichem  amt  der  kleine  beigerchrte 
der  gruszen  herdc  her,  eh  ihm  der  kopr  noch  harte 
von  iiörnern  worden  ist,  trägt  stirn  und  hals  empor, 
als  wie  sein  vatcr  pflegt,  und  tritt  dem  viehe  vor. 
Opitz  1,227. 

BEIGEHEN,  nnl.  bijgaan. 

1)  neben  her  gehen,  beifolgen:  beigehendes  schreiben;  ist 
es  nicht  die  grüsztc  Ungereimtheit,  dasz  ich  ihnen  beigehen- 
des buch  schicke?  Lessinc  12,  266. 

2)  animum  subire,  beifallen:  wenn  mir  nur  nicht,  bei  alle 
dem,  immer  der  gedankc  l»eigienge,  durch  die  gegenwart  des 
hauptmanns  würde  nichts  gestürl.  Gothe17,  11;  in  erwartung, 
dasz  nach  einiger  zeit  mir  manches  beigehn  würde,  das  noch 
zu  seinem  vorlheil  gereichen  könnte.  20,  207 ;  diesem  gedan- 
ken  will  ich  keinen  gröszeren  werth  geben,  indem  er  mir  nur 
gelegentlich  beigegangen.  60,  212 ;  was  euch  sonst  beigebt,  be- 
denkt, beredet  und  richtet  aus.    an  Knebel  358;    es  konnte 


mir  nicht   beigehn,   ihn   zu   beleidigen;    kein  zweifei  ist  mir 
darüber  beigegangen  {beigekommen). 

3)  sich  beigehen  lassen,  in  animum  inducere :  der  oder  die- 
jenige, welche  sich  beigehen  liesze,  einem  zärtlichen  paar  in 
eine  grotte  nachzuschleichen.  Wieland  13,  207;  liesz  sich  aber 
beigehn,  zu  grüszerer  Vertraulichkeit  seine  pfeife  anzuzünden. 
TiECK  4,35;  so  liesz  ich  mir  beigehn,  auch  selbst  einmal  zu 
componieren.  nov.  kr.  4,  40. 

BEIGEHORDE,  f.  parergon,  nebenwerk:  wenn  sie  nicht 
etwa  einem  höhern  werk  als  beigehörde  dienen.  Herder  19,  43. 
BEIGELEIT,  n.  comilalus,  nebengeleit. 
BEIGELN,  explorare,  probare,  baigeln  prüfen,  vocab.  1482. 
vgl.  beigler  und  beibclen.  Stalder  1, 153  hat  für  beigeln  die 
sinnliche  bedeutung  rupfen,  1, 154  aber  die  form  heilen,  s.  die- 
ses wort  und  beil. 

BEIGEMACH,  n.  cubiculum  adjunctum,  nebenzimmer: 
weicht  ihr  ins  beigemach;    Lohe.nsteim  Ihrah.  73,  61. 
BEIGEN,  struere,  holz  aufsetzen,  Stalder  1, 153  beigen,  auf- 
beigen, aufstapeln,  Tobler  52  biga,    Maaler  bigen;    ein  star- 
kes vcrbum,  das  mhd.  bigen,  beic,  bigen  lauten  würde. 
Thypliocus  understund  in  iiimmul  ze  siigcn 
und  fieng  an  die  bcrg  ut'einanderu  Iti^un. 

IIaxs  voff  HÜTK  fastn.  sp.  E2; 
im  alemannischen  Schwaben  sagt  man  erbisz  bigen,  inania 
tentare,  puerilia  tractare,  damals  balg  ich  noch  erbisz,  tum 
valde  puer  fui,  was  auch  ausgelegt  wird,  tum  nondum  natus 
fui.  Wegen  der  nebcnform  beug  und  beuge  liesze  sich  an 
biegen  bog  denken,  und  Alberus  schreibt  ich  beig  die  knie, 
flecto  genua,  für  ich  beug,  Hemsch  258  beigen  krümmen; 
richtiger  wird  man  aber  biegen  ßectcre  und  bigen  struere  sorg- 
sam auseinander  halten,  möglicherweise  berührt  sich  bigen  mit 
bt  und  bauen,  aufbauen  (sp.  1170  und  sl.  streit'  struere  sp. 
1188).  das  für  bauan  vermutete  hagvan  =  facere  könnte  in 
bigan  balg  ein  neues  ablautendes  verbum  gebildet  haben,  viel- 
leicht gehört  auch  beie,  beige  fensler  mit  nicht  geringerem 
recht  dazu,  als  beie  apis.  Schmeller  1, 158  führt  an  baiggen, 
steigern,  höher  bieten,  Schmid  58  beugen,  im  aufstreich  ver- 
kaufen, wäre  das  wiederum  struere,  cumulare?  oder  lieber 
goth.  baugjan,  engl,  buy? 

BEIGENÜSZ,  m.  nebengenusz:  ein  guter  humor,  wodurch 
für  geistreiche  leser  ein  geschmackvoller  beigenusz  bereitet 
wird.  Göthe  39,  223. 

BEIGERICHT,  n.  beiessen,  nebengericht :  under  disen  orde- 
nungen  oder  gesalzten  was  das  eine,  das  sie  haltend  leges 
cibarias,  wie  man  essen  soll  morgens  und  obens,  und  wie 
vil  man  trachten  und  beigerichten  haben  soll.  Keisersb.  post. 
3,  88 ;  er  erzählt,  was  für  braten  und  beigerichte  aufgesetzt 
worden  sind.  Rabener  t,  123 ;  bigeriht.  von  guter  spise  54. 

BEIGERTE,    f    virga   secundaria,    nebengerte,    nebenzweig: 
die   weingartranken   oder  beigärten  von  den  reben  zu  seiner 
(des  Winzers)  wärmung  sammelen.  Sebiz  52. 
BEIGERUCH,  m.  s.  beigeschmack. 

BEIGESCIIIRRIG,  von  pferden,  die  einander  beigeschirrt, 
beigespannt  werden  und  dann  anstellig.  Schm.  1, 164. 

BEIGESCHMACK,  m.  sapor  secundarius,  alienus,  beischmack, 
nebeng eschmack:  die  speise,  die  sache  hat  einen  widrigen  bei- 
geschmack. 

BEIGESCHMUCK,  m.  ornamenta  secundaria,  nebenschmuck : 
und  über  das  so  liesz  auch  zu  den  schönen  walTen 
den  andern  beigescbmuck  der  könig  noch  verschaffen, 
er  hefte  perlen  drauf,  viel  gold  und  edle  stein. 

Werders  .Ariost  17,  69. 
BEIGESELLEN,  adjungere,  consociare,  zugesellen,  gesellen: 
du  wirst  mir  nimmer  buigcscilt.    Lichtwer  1,  10; 
wo  ist  das  arme  weih  auf  dieser  weiten  weit, 
das  nicht  an  einem  solchen  tage 

gern  ihrem  wünsch  ein  scherfclicn  beigesellt?   Gottkr  1,289; 
wie  grausam,  hätte  nicht  dem  Wechsel,  ihn  zu  mildern, 
ein  guter  gott  erinnrung  beigesellt!    1,328; 
und  so  erwuchs  ich  still  am  stillen  orte 
in  lebensglut  den  schalten  beigesellt, 
da  stand  er  jilotzlich  an  des  klostcrs  pforte, 
schön  wie  eui  gott,  und  männlich  wie  ein  held. 

Schiller  498'; 
sie  wurden  ohne  schonen 

den  bleichen  »chatten  beigesellt.  I'feffrl  6,  63 ; 
wisse,  dasz  der  ewige  uns  einen  geist  beigesellt  hat,  der  ftihig 
ist  zu  wählen  und  thälig  zu  sein.  Klinger  5,  340;  weil  sie 
nicht  zum  wesentlichen  (principale),  sundern  auch  zum  bei- 
gesellten (accessorium)  gehören.  Kant  1,265.  beigesellter  Ate« 
im  17  jh.  ein  adjuncl, 

BEIGESELLLNG,  f.   assoeiatio:   den  begrif  der  Ursache, 


1373 


BEIGETHAN— BEIHÄ>'DIG 


BEIHAXG— BEIHER 


1374 


wie  Hume  that,  von  einer  öfteren  beigesellung  dessen,  was 
gescliieht,  mit  dem,  was  vorhergeht,  und  einer  daraus  ent- 
springenden gewohnheit  ableiten.  Käst  2,  38. 

BEIGETHAN,  favens,  addklus,  zugeihan,  ergeben:  dasz  sie, 
auch  mir  entweder  mit  blutfreundscbaft  oder  verwandnis  bei- 
gethan  sind.  Opitz  poelerei  3*;  die  hohe  gunst,  mit  welcher 
e.  f.  gn.  unserer  alten,  reinen  und  ansehnlichen  spräche  bei- 
gethan  ist.  Opitz  ged.  S* ; 

0  Juli,  der  du  mir  für  allen  beigcthan.    2,415; 
bleiben  euch  in  gnaden  beigethan.    stil  fürstlicher  erlasse. 

BEIGEWÄCHS,  n.  excrescentia,  nnl.  bijgewas,  gewöhnlich 
blosz  gewächs. 

BEIGEWICHT,  n.  addilamenlum  ponderis:  alles  was  man 
von  ihm  zu  wissen  begehret,  ist  dieses,  ob  er  seinerseits  in 
die  wagschale  des  einen  oder  des  andern  etwas  zu  legen 
habe,  welches  in  gegenwärtigem  falle  den  ausschlag  zwischen 
ihnen  ändere  oder  vermehre,  nur  ein  solches  beigewichf,  auf- 
richtig crtheilet,  macht  ihn  dazu,  was  er  sein  will.  Lessisg 
8,  212.    vgl.  übergewicht,  pondus  majus. 

BEIGIESZEN,  1)  jtixla  fundere,  nebenbei,  torbei  gieszen :  die 
vürdertheile  des  rockes  sahen  aus,  wie  sie  mit  bleche  be- 
schlagen wären,  vom  desle  {squalore)  des  beigegossenen  bieres. 
maulaffe  163.  2)  ajfundere,  hinzu  gieszen. 

BEIGLAUBE,  m.  superstitio,  aberglaube,  nnl.  bijgeloof:  ja 
nit  gnug  wer,  all  ir  sect  und  beigiauben  anzuzeigen.  Fräs» 
«eltb.  44'. 

BEIGLER ,  m.  explorator,  winpaigler,  dimensor  doliorvm ; 
paiglerstab,  dimetiendi  virgula.  Coslenzer  Satzungen.  Stalder 
1, 154  hat  beiler.    s.  bei!  und  heilen. 

BEIGLIED,  m.  membrum  secundarium,  nebengliedin  der  seu- 
lenordnung. 

BEIGÖLLE,  5.  begelle  (sp.  1291). 

BEIGOTT,  m.  deus  falsus,  nebengotl:  got  wil  allein  got 
sein,  und  kan  kein  beigot  leiden.  Fraxk  paradoxa  123*. 

BEIGRUFT,  f.  sepultura,  begräbnis,  vgl.  begreb:  bin  ich  zu 
derselben  fürstlichen  begnibnis  erfordert  worden,  auf  welcher 
beigruft  ich  habe  helfen  lichter  tragen.  Schweimches  1,  64. 
vgl.  mhd.  bigraft.  Ben.  1,  562'. 

BEIGÜRTEL,  m.  crumena,  Hemsch  258,  mhd.  blgürtel  (Ben. 
1,  593'),  ein  atiszer  dem  hauptgürlel  anhangender  nebengürtel, 
meist  um  geld  darein  zu  tliun.  Scu».  1, 164. 
BEIGUf,  n.  nebengut. 

BEIHABEN,  simul  habere,  adhibere,  daneben  haben:  sampt 
einem  trommeter  und  beihabender  schönen  reuterei.  Spee  g.  tu- 
gendb.  23S  ;  beihabende  Soldaten,  hehamme  3.  uie  unterhabende. 
BEIHANDEN,  adv.  ad  manus,  vorhanden,  zuhanden,  vgl. 
abhanden :  auch  derselben  antwort  gleichlautend  Schriften  bei- 
handen.  reichsabsch.  von  1518  §.  1;  ob  unsere  bezalung  auch 
für  voll  von  gott  angenommen  wird,  demnach  wol  geschehen 
mag,  dasz  der  einnemmer  und  rentmeister  dieselbige  bei  ban- 
den behalten  möcht.  bienenk.  108*;  wenn  sie  dispensieren 
wollen,  gleichwol  aber  nicht  alle  im  recept  benennete  und 
terordnete  species  beihanden  haben.  .Schlppics  644 ;  auf  dasz 
recht  fromme  und  wolgcsinnte  geistlichen,  die  unter  churf. 
durchl.  Schutz  gefunden,  dero  beihenden  sein  möchten.  Leib- 
NiTZ  2.  278. 

BEIH.\NDIG,  ad  manus,  praeslo,  tgl.  abbändig,  adjectirfor- 
men  aus  dem  adv.  entsprungen. 

1)  beihändig  haben,  zur  band  haben:  mit  vil  mererm  In- 
halt seines  schreiben,  welchs  ich  noch  beihendig  hab.  Chmel 
Maxim.  ».336  (0.1512);  sampt  den  manungsbriefen,  dern  ab- 
schrifl  berurter  unser  gesandter  beihendig  bat.  La>z  Karl  5 
i.  436  (a.  1550);  damit  er  disz  in  jhener  weit  braucht  und 
beihendig  hell.  Fraxk  iceltb.  66';  das  si  die  mappa  und  sil- 
berin blech  beihendig  haben.  160'; 

und  wer  schon  hat  der  eins  beihendig.    II.  Sachs  II.  2,  72*; 

wer  reichlhumb  hat  bei  ihm  beihendig 

und  sich  des  r.-ist  berhümen  nril, 

der  hat  der  neider  mehr  denn  vil.    11.4,51'; 

die  brier  h.-ibt  ir  beihendig.    IV.  1,  95'. 

2)  beihiindig  sein,  praesto  esse,  vorhanden,  zur  band  sein : 
ein  kanten  mit  öl  erwüscht,  die  ongefahr  beihändig  und  ent- 
gegen {obviam)  war.  Fra!«!  69 ;  und  wie  durch  die  «onn,  mon, 
»teni,  lufl  die  frücbt  der  erden  sichtbar  erfunden  werden, 
dasz  sie  die  machen  wachsen,  also  mag  auch  nichts  wachsen 
in  der  mutter,  es  sei  denn,  das  solche  dement  auch  beibün- 
dig sind.  Paracelsl's  1,  70*;  wie  wol  ein  philusophus  mag 
erkennen,  das  alles  das  so  hilflich  ist  und  beihendig  dem  zer- 
genglicben,  auch  zergenglicU  ist.  2,  G';  darumb  su  ist  diesel- 


bige kunst  noch  nicht  vergangen,  sondern  noch  beihendig. 
2,  270';  sein  ampt  ist,  das  er  den  obersten  vertritt,  so  er  nit 
beihendig  ist.  Froxsperc  kriegsb.  1,  loo'. 

3)  beihändig,  auch  ohne  haben  und  sein,  vie  vorhanden 
adjeäivisch  verwandt:  Paulus  hat  alda  gepredigt  und  zu  in 
{den  Corinthem)  zwo  beihendig  epistel  geschriben.  Frask  cÄron. 
IS";  also  namen  si  das  beihendig  (vorhandene,  vorrätige)  gelt 
zfi  iren  banden.  219';  also  namen  sie  in  mit  rat  willig  auf 
und  das  beihendig  gelt  zu  ihren  bänden.  Kirchhof  wendunm.  402* ; 
ohn  innerlichen,  beihendigen  und  heuslichen  rat.  Garg.  210*. 

BEIHÄNG,  »».  appendix.  Hexisch  25S,  heute  anhang. 

BEIHANGEN,  juxta  pendere,  appendere,  nebenbei  hängen: 
ihre  rocke  ziehen  sie,  wenns  sehr  kalt  ist,  über  den  köpf  und 
lassen  die  ermel  auf  den  seilen  beihangen,  pers.  reiseb.  3,  3. 
das  pferd  beihängen,   unw.  doct.  698. 

BEIHÄNGIG,  appendens,  praeslo :  sie  hatten  schon  bei  einer 
stunde  vor  ihrem  schlafgemacb  gewartet,  wenn  sie  rufen  würde, 
derowegen  waren  sie  alsobald  beihängig.  Amöne  und  Amandus  IS. 

BEIHASPEL,  m.  proles  illegilima.   s.  beischlag. 

BEIHEIT,  f.  praesenlia:  das  erste,  was  ein  solcher  mensch 
merkt,  ist  die  nahe  beiheit  der  gegenwart  gottes  in  der  seele, 
welches  Salomo  furcht  gottes  heiszt.  Öttingeb  vom  Zusammen- 
hang der  glaubenslehre  mit  den  letzten  dingen.  1779  t.  121. 
absichtlich  wurden  hier  wol  überflieszende  worte  gewählt,  denn 
die  beiheil  ist  was  nähe  und  gegenwart. 

BEIHEL,  n.  securis,  ascia,  ahd.  pihal,  pihal,  pigil,  ptal 
(Graff  3,  43),  mhd.  bil.  bile  (Bex.  1, 124*),  nhd.  bell,  die  alle 
Schreibung  dauerte  aber  in  Süddeutschland  fort:  beihel.  Kei- 
sebsb.  lebkuch.  82 ;  wenn  du  eim  ein  fliegen  oder  ein  mucken 
von  dem  antlit  wilt  treiben,  so  soll  da  die  nicht  dannen  trei- 
ben mit  eim  beihel  oder  hechel,  sunder  mit  eim  fliegenwadel. 
Sünden  des  munds  36';  sie  haben  mir  viel  ext  und  beihel  ver- 
derbet, das  icbs  inen  nicht  verzeihen  kan.  schimpf  und  ernst 
eap.  439 ;  welcher  Vulcanum  bat,  das  das  er  im  das  bim  mit 
einem  beihel  aufliie.  Frank  50;  dasz  man  mit  beiheln  die 
thür  zu  im  hat  müssen  aufhauen,  bienenk.  194';  beihel.  Rihel 
Uv.  61;  in  erbawung  des  teinpels  kein  hammer  noch  beihel 
gehört.  Reiszner  Jer.  1,  41";  äxt,  beihel,  messen  Creidics 
1,256.  Dasvpodics  schreibt  bihel,  biel  14'.  beiel  220'.  311*; 
M.AALER  biel  6S';  Henisch  beihel,  beiel  257.  Dies  H  in  pihal 
könnte  nun  unwesentlich  scheinen,  wie  in  fihila  für  fila,  feile, 
in  der  Schreibung  stebic,  slihef,  seher  ßr  steic,  slief,  sSr 
{gramm.  1, 1S8.  189),  wesentlich,  wenn  f/ia»  das  mlat.  bicellus 
hastula  amentata  (Dlcance  1,  674'),  mhd.  bickel  Spitzhacke 
(Ben.  1,  116')  erwägen  will,  sollte  rciXtxvi  verwandt  sein,  so 
müste  eine  Umstellung  von  pilah  in  pihal  stattfinden,  TtiAexvs 
ist  aber  skr.  parasu  (Bopp  210"),  was  wenig  mehr  anklingt  an 
beil.  Da  nun  auch  alts.  bil  gen.  biiles  schwert  bedeutete.  Hei. 
148, 22.  149, 4.  20,  im  Hildebrandslied  suerlil  bauwan,  billiü 
bretön  parallel  stehn,  in  ags.  gcdichten  bil  gen.  biiles  oß  wie- 
derkehren, so  ist  die  gleichstellung  von  pihal,  pihil  und  bil 
gar  nicht  zu  bezweifeln,     mehr  unter  beil  und  bickel. 

BEIHELFEN,  adjuvare:  sich  einander  nicht  zu  verwirren, 
sondern  zu  unterstützen,  beizuhelfen.  Herder  7,  28;  die  ab- 
tbeilung  der  wirkenden  mitglieder,  der  ehrenmitglieder  und 
einer  besondem  classe  beihelfender  mitglieder.  Guthe45,385; 
dazu  beigeholfen  haben.  J.  Pall  Fibel  9.    s.  beihüife. 

BEIHELSCHRACKEN,  securi  findere:  lief  in  alle  macht  her- 
nach, traf  in  mit  eim  groszen  hebel,  den  er  uf  der  achsel 
trug,  so  gewis,  als  hett  er  das  beihelschracken  von  den  buh- 
mischen bolzbauren  gelernet.  Garg.  198*.  schracken  ist  spal- 
ten, sprengen  und  gehörig  zu  schricken  springen. 

BEIHELSCHRACKER,  ni.  beilspalter:  beihelschracker  und 
bolzbacker  in  Bühem.  Fischart  groszm.  71. 

BEIHER,  adv.  juxta,  obiter,  nebenher,  nebenbei,  ganz  verschie- 
den von  herbei,  huc.  Stieler  827 ;  der  kammcrdiener  sollte  beiher 
reiten,  irri;.  der  liebe  367 ;  die  kinder  hüpfen  und  rufen  beiher, 
fallen,  stcbn  auf  und  klatschen  in  die  bände.  Klopstock  10,  250 ; 

geweint!  beiher  mit  gou  auch  wol  gerechtet.    Lbssinc  2,  324; 

Alling,   seit  aus  Aegypten  wir  das  grld  erwarten. 

hat  sie.    Siltuh.  wotii  ihn  liorcn*    Mhafi.  nicht  nur  nichts 

bi-kommrn.    Saladin.  gutes  mädcheu!  auch  beiher 

mit  vorgeschossen,    nicht?  2,336; 

beiher  her  nie  den  ganzen  tag, 

beiher  im  Sonnenstrahl.    Bürger  86*; 
dasz  eins  und  anderes  noch  beiher  sich  zeige.  Gütre  54,80; 
ich  bin  als  auditor  angestellt  und  mache  beiher  meiner  frau 
amtshuuptmännin    die  cour.    Götter  3,  183;    Augustis  flOteD- 
blascn,  dcrs  nur  so  beiher  mittrieb.  J.  Pall  Tit.  2,  21. 


1375        BEIHERSTELLEN— BEIKOMMEN 

BEIHERSTELLEN,   weidmännisch,   nelze  und  läppen  neben 
dem  treibzeuge  aufstellen,    vgl.  belappen. 

BEIHERZIEHEN,  ein  junges  thier  nebenher  groszziehen. 
BEIHOLEN,  vela  subducere,  die  segel  einziehen. 
BEIHÜLFE,  f.  adjumentum,  subsidium: 

sie  bahneie  das  meer  zur  beihülf  unsres  reisens. 
Hai.ler  134; 
eine  auszerordentliche  beihülfe.  Moser  1,322;  dasz  durch  ihre 
beihülfe  ihre  frau  die  zweihundert  und  erste  besitzerin  seines 
herzens  werden  möchte.  J.  E.  Schlegel  2,  363 ;  hatte  man  sie 
in  ein  bündnis  wider  die  Calvinisten  verflochten  und  letztere 
durch  ihre  beihüife  unterdrückt.  Schiller  850;   der  ihm  alle 
mögliche  beihülfe  leistete.  GötheIS,  192;  alles  was  lebt  findet 
nahrung  und  beihülfe.  17,  346;    als  wir  uns  ihre  beihülfe  zu 
erbitten  haben.  43,  234 ;  mir  gereicht  es  {das  werk  von  Leon- 
hardt)  zur  groszen  beihülfe,  da  ich  endlich  gern  das  ausspre- 
chen möchte,  was  mir  im  kragen  sitzt,  an  Knebel  519. 
BEIHÜLFLICH,  subsidiarius,  aushülflich. 
BEHAGEN,  n.  venatio  secundaria,  weidmännisch,  ein  heck- 
jagen, im  gegensatz  des  hauptjagens. 

BEIKARTE,  f.  die  niedrige  färbe  im  spiel. 
BEIKÄSTCHEN,    n.  cista  juxla  posita:   welches   (ßrslliche 
archiv)    in    einem   beikästchen   ganz    heilig   aufgehoben   war. 
Weise  erzn.  231. 

BEIKIND,  n.  spurius,  bastart.    s.  beihaspel,  beischlag. 
BEIKIRCHE,   f   secla,  haeresis:   welchs  nachmals  ein  bei- 
kirch,  sect,  nebenweg,  beileer  heiszt.    Frank  chron.  453*. 

BEIKLAGE,  f.  wie  beifreude,  beileid,  socieias  trisliliae, 
mitklage,  er  ergrif  ihn  durch  rath,  durch  beiklage,  durch 
zusagende  Weichheit.  Dyanasore  4,  181. 

BEIKNECHT,  m.  servus  servo  assislens,  der  dem  ordentli- 
chen knecht  zur  hand  geht,  wie  z.  b.  in  marställen  geschieht, 
die  Winzer  nennen  beiknecht  eine  junge,  neben  die  abster- 
bende alle  gepßanzte  rebe,  welche  demnächst  an  deren  stelle 
treten  soll.  i 

BEIKNETEN,  addepsere :  dem  roggenmehl  auch  gerstenmehl 
beikneten,  figürlich,  er  hat  der  übersetzten  abhandlung  noch 
seine  eignen  gedanken  beigeknetet. 

BEIKNOSPE,  f  gemma  secundaria,  die  kleinere  aus  der 
blattachsel  sprieszende  knospe. 

BEIKOCH,  m.  hülfskoch,   aide-ctUsinier. 
BEIKOMMEN,  accedere, 

1)  adjunctum  esse,  mit  eintreffen,  fast  nur  im  pari,  praes.: 
beikommendes  schreiben ;  wie  solches  in  beikommender  rech- 
nung  verzeichnet  ist;  beikommende  zwei  erklärungen  werden 
ihnen  tiefen  der  erkenntnis  und  empfindung  üfnen.  Güthe  56, 
234;  dasz  ich  mich  immer  träumend  an  den  erscheinungen  der 
natur  und  an  der  liebe  zu  ihnen  weide,  sehen  sie  an  bei- 
kommendem, an  fr.  von  Stein  1,  109.  sonst  heiszt  es,  der 
brief  kommt  hierbei,  anbei,  nicht  bei. 

2)  accedere,  subire,  beifallen,  einfallen :  es  kommt  mir  nicht 
bei  dies  zu  behaupten;  wie  könnte  mir  ein  zwcifel  beikom- 
men?; lasz  dir  das  nicht  beikommen  (u'ic  beifallen,  beigehn); 
der  argwöhn  kann  auf  hundert  mannsschrilte  nicht  beikom- 
men. Schiller  164. 

3)  aequare,  parem  esse,  nahe  kommen,  gleichen :  sie  kommt 
ihr  an  Schönheit  bei;  der  söhn  kam  seinem  vater  nicht  bei, 
erreichte  ihn  nicht;  zwar  dasz  viele  durch  hunger  verdorben 
und  umbkommen,  ist  niemand  in  abrede,  aber  dieses  alles 
kombt  doch  nicht  bei  dem  was  jetzt  erzchlet  worden.  Schup- 
PIÜ8  782 ;  ihm  sind  nur  wenige  in  der  kunst  die  leidenschaf- 
ten  der  menschen  lebhaft  und  natürlich  vorzustellen,  beige- 
kommen. Rabener  2,  215 ;  unsere  gottesgelehrten  haben  diese 
unbillige  strenge  nie  geänszert.  selbst  das  was  sie  von  den 
lügenden  der  beiden  sagen,  kömmt  ihr  noch  lange  nicht  bei. 
Lessincö,  129;  ein  stein  dem  an  alter  kein  einziger  von  den 
beschriebenen  beikömmt.  9,  . .  . ;  der  körper  kommt  umso- 
weniger  dieser  proportion  bei.  Kant  8, 185;  er  faszt  mit  dem 
sinn  unaussprechliche  werke  und  doch  fühlt  er  den  unwi- 
derstehlichen drang  mit  Worten  und  buchstaben  ihnen  beizu- 
kommen.   GOtue  37,  54 ; 

auf  einmal  kommt  in  eile 

sein  ganz  (gestellt  der  eulo 

verzerrtem  ernste  bei.  47,  4. 
4)  capere,  vjncere,  einem  mit  gewalt  beikommen:  wir  wol- 
len in  verklagen,  ob  wir  in  uberforteilen  und  im  beikomcn 
mügen,  und  uns  an  im  rechen.  Jcr.  20, 10;  bisz  er  (Christus) 
dem  stolzen  und  übersichtigen  sathan  wider  mit  göttlicher 
Linderlist  beikommel  und  seinen  köpf  zustichet.    Mathesius 


BEIKÖNNEN— BEIL 


1376 


72';  er  fand  desto  leichter  gelegenheit  ihnen  beizukommen. 
Wieland  7,  91; 

so  viel  als  ich  schon  unternommen, 

ich  wüste  niclit  ihr  beizukommen.    Göthe  12,71; 

unsre  theaterfreunde  suchten  auf  alle  weise  diese  Verwir- 
rung zu  lösen,  diesem  eigensinne  beizukommen.  19,  189 ; 
wie  man  diejenigen  durch  kleinigkeiten  gewinnt,  denen  man 
durch  bedeutendes  anerbieten  nicht  beikommen  kann.  22, 
204 ;  es  ist  gar  zu  schwer  unserm  sogenannten  vaterlande 
beizukommen.  Tieck  15,  294;  einem  rechten  Juristen  komme 
der  teufel  selber  nicht  bei.  J.  Paul  flegelj.  1,  45 ;  es  hängt  mir 
zu  hoch,  ich  kann  nicht  beikommen ;  es  war  ihm  von  keiner 
seile  beizukommen. 

5)  seinem  schaden,  verlust  beikommen,  Schadenersatz  er- 
langen, wie  man  auch  sagt,  wieder  zu  seinem  schaden,  sei- 
nem gelde  kommen:  wäre  der  stürm,  der  die  hütte  des 
fischers  niederrisz,  nicht  gewesen,  so  hätte  itzt  auch  kein  rei- 
ches schif  an  den  Strand  können  geworfen  werden,  durch 
dessen  plünderung  der  fischer  seinem  schaden  so  wol  bei- 
kam. Lessing  6,  110.     kann  zu  3  oder  4  gerechnet  werden. 

BEIKÖNNEN,  vincere,  in  der  bedeutung  von  beikoinraen  4, 
und  aus  der  ellipse  von  kommen  zu  erklären: 

wer  sonst  bei  hofe  treulich  dient  und  dem  man  nicht  kan  bei. 

LoGAU  3,  9,  97  ; 
d6m  volk  kann  weder  wasser  bei  noch  feuer.    Schiller  545'. 

BEIKRAUT,  n.  zulhat  von  kraul  bei  speisen. 

BEIKRIECHEN,  adrep/re,  vom  gezüchtigten  hund,  der  sich 
beschämt  versteckt;  jetzt  kriecht  er  klein  bei,  jetzt  ist  er  kurz 
und  klein,  gibt  er  nach. 

BEIKÜPPELN,  gleichsam  adcopulare: 

er  ist  ein  hurenwirl,  und  kuppelt  jedem  bei 
von  schänden,  was  er  wii,  von  Sünden  mancherlei. 
LoGAU  3  s.  217. 

BEIL,  m.  mhd.  bil,  ein  früher  sehr  gangbares  jägerworl, 
wofür  Ben.  1,  123  belegstellen  gewährt,  heute  fast  nur  in  hei- 
len, verbeilen  und  den  Ortsnamen  Beilstein,  Bilstein  fibrig, 
wodurch  jagdplätze  bezeichnet  sind,  auf  welchen  das  wild  zu 
stand  gebracht  und  erlegt  wurde,  der  hirsch  steht  'ze  bile", 
engl,  at  bay,  franz.  aux  abois,  er  wird,  von  bellenden  hunden 
umringt,  gefällt  und  erlegt,  zu  verwundern,  dasz  ein  solcher, 
mit  der  unermüdlichen  jagdlusl  eng  zusammenhängender  aus- 
druck  bei  dem  Weidmann  erlöschen  konnte,  seine  würzet  musz 
in  bilen  beil  latrare,  das  sich  neben  bellen,  bal  entfaltete, 
liegen. 

BEIL,  n.  securis,  wurde  schon  vorhin  unter  der  älteren  ge- 
stall beihel  abgehandelt,  hier  sind  noch  beispiele  der  neueren, 
seit  sie  sich  festgesetzt  hatte,  anzuführen,  man  versieht  dar- 
unter ein  hauendes,  schneidiges  Werkzeug  mit  einem  stiel,  und 
zu  verschiednem  gebrauch  verschieden  gebildet,  im  alterthum 
scheint  es  oft  gleichbedeutig  mit  schwert,  gewöhnlich  ist  es  klei- 
ner und  faustgerechter  als  axt  und  barte,  aber  gröszer  als  das 
messer,  wurde  früher  auch  geworfen,  s.  handheil,  wurfbeil, 
henkerbeil,  richtbeil.     zimmerleute  führen  axt,  kein  beil. 

Und  muste  ganz  Israel  hin  ab  ziehen  zu  den  Philistern, 
wenn  jemand  hatte  ein  pflugschar,  hawen,  beil  oder  sensen 
zu  scherfen,  und  die  schneiten  an  den  sensen  und  hawen 
und  gabbcln  und  heilen  waren  abgeerbeitet  und  die  Stachel 
stumpf  worden,  l  Sam.  13,  20.  21;  und  da  das  haus  gesetzt 
ward,  waren  die  stein  zuvor  ganz  zugericht,  das  man  kein 
hamer  noch  beil  noch  irgend  ein  eisen  gezeug  im  hawen  hö- 
rete.  1  kön.  6,  7 ;  man  sihct  die  e.xte  oben  her  blicken,  wie 
man  in  einen  wald  hawet,  und  zuhawen  alle  seine  tafelweik 
mit  beil  und  harten,  ps.  74,  C;  denn  der  beiden  götter  sind 
lauter  nichts,  sie  hawen  im  walde  einen  bawm  und  der 
Werkmeister  macht  sie  mit  dem  beil.  Jer.  10,  3 ;  was  gewälti- 
get holz?  das  messer.    was  stein?  der  {so)  beil.    Paracelsus 

1,  567*; 

ein  iungfraw  toll 
der  innerlichen  boshcii  voll, 
mit  einem  scharfen  beil  (zuii^e)  gerüsl, 
waschhaflig  und  voll  hiindeslist. 

HiNGWALD  laut.  warn.  309; 

ach  gebt  der  boshoit  keinen  räum, 
steck!  in  der  zeit  ein  beil  zum  bäum. 
to  liest   die   zu  Rroda   gedruckte   Umarbeitung,    hei    Ringwald 
selbst  280  steht  ein  stock  zum  hauin ;  dasz  Deutschland  auch 
beil  und  stecken  {fasces)   gleichsam   zum  täglichen  sclirecken 
fürlragen  sehen  musz.   Lohenst.  iirm.  1, 19; 

sie  treibt  dem  beil  des  henkers  mich  entgegen.    Scaiiii«. 


1377 


BEIL  — BEILÄÜFTIG 


Sprüche  und  redensarten:  wirf  das  bell  nicht  so  weit  hinweg, 
dasz  dus  nicht  wieder  holen  könntest.  Simbock  S91;  aber 
mich  dünkt,  sie  werfen  das  beil  viel  zu  weit.  Lcther  8,  82" ; 
das  beil  zu  weit  weHen  =  lügen.  Kikchbof  wendunm.  246* ;  er 
warf  auch  bisweilen  das  beil  so  weit  {schnitt  auf),  dasz  ich 
selbst  vor  ihn  sorgte,  wo  ers  wieder  finden  würde.  SimpL 
2,  323 ;  wann  er  nur  sonst  das  heil  nicht  zu  weil  werfe.  poL 
colica  262. 

BEIL,  n.  incisura  dolii?  leg  ihn  {den  eingepökelten  fisch) 
in  ein  sauber  neues  eichem  faszlein  . . .  lasz  es  hernach 
einen  binder  wol  verschlagen  und  giesz  durch  das  beil  gu- 
ten scharfen  Weinessig  darauf,  lasz  ihn  also  verbeilen,  durch 
das  beil  musz  man  öfters  zusehen,  ob  der  essig  nicht  mangle 
und  gleich  wieder  nachfüllen.  Hohberg  1,  209*.  dies  beil  scheint 
mit  beile  talea  {vgl.  franz.  taille)  und  beilele  nah  verwandt, 
mahnt  aber  auch  an  beigein  und  beigler,  beide  müssen  aiis 
dem  geschäß  der  faszbinder  und  iceinprüfer  erläutert  werden, 
an  beil,  beihel  axl  darf  man  denken,  insofern  die  kerbe  da- 
mit eingehauen  wurde,  s.  bellen. 

BEILADE,  f.  kleiner  nebenkasten  in  einer  gröszeren  lade. 

BEILAGE,  f  addilamentum,  appendix,  zutage:  beilage  zu 
einer  schrift,  zeilung,  zu  einem  gewicht,  zu  einer  speise :  das 
buch  hat  drei  beilagen;  die  metzger  dürfen  ein  schlechteres  stück 
fleisch  zu  dem  bessern  legen  und  gleich  theuer  verkaufen; 
der  ist  doch  die  wahre  ausgefütterte  gediegene  pracht,  selber 
nach  Oeischergewicht  und  ohne  alle  beilage.  Tieck  3,  453 ;  ge- 
müse  mit  beilage. 

Früher  auch  bald  für  beilager  (z.  h.  Garg.  64'),  bald  für  de- 
posilum,  hinlage,  niederlage:   und  bin  gewis,  das  er  kan  mir 
meine    beilage   {naoa&i/xr^v)    bewahren    bis    an   jenen    tag. 
2  Jim.  1,12;  diesen  guten  beilag  {so)  bewahre  durch  den  hei- 
ligen geist,  der  in  uns  wonet.   1,  14;    riefen  gott  im  birnnrel 
an,    der  selbst  geboten  hat,    das    man   die   beilage  nicht  sol 
Teruntreuen,   das  er  den  leuten  das  ire,   so   sie   an   den  ort 
zu  treuen  henden  beigelegt  hatten,  wolt  erhalten.  2  Macc.  3, 15 ; 
vor  allen  scheu  dich  dein  gewissen  zu  beflecken, 
wenn  gott  an  jenem  tag  uns  frolich  auf  wird  wecken, 
soll  diese  beilag  uns  ein  kennezeichen  sein, 
im  anblick  aller  weit,  wer  goites  und  wer  mein. 
Grtphil's  1,  2S3. 
auch  Hippel   sagt   noch  biblisch :    ich   weisz    an    welchen   ich 
glaube    und    bin   gewis   dasz   er   mir  meine  beilage  erhalten 
werde  bis  an  jenen  tag,    dasz    der   so   meinen    nelkensamen 
gestreuet   auch   die   nelken  ablegen,    dasz  der  so  in  mir  an- 
gefangen das  gute  werk  es  auch  vollführen  werde,  lebensl.  3, 
25$.    $.  beilegen  B,  2. 

BEILAGEB,  n.  eigentlich  concuHtus,  dann  nuptiae,  von  vor- 
nehmen leuten :  das  fürstliche  beilager  halten ;  als  Krates  (aus 
eifer  die  cynische  lehre,  dasz  nichts  natürliches  schandlich  sei, 
durch  eine  auffallende  that  zu  bekräftigen)  sich  die  freiheit 
nahm,  sein  beilager  mit  der  schönen  Hipparchia  in  der  stoa 
öffentlich  zu  vollziehen.  Wielisd  9,  37;  sobald  das  beilager 
vollzogen  ist.  Gotter  3,  213;  die  rede  geht  im  ganzen  lande, 
der  herzog  hab  sich  eure  gn.  zur  gemahlin  erkieset,  und 
nach  dem  feldzuge  solle  das  beilager  in  Trier  gehalten  wer- 
den. Fr.  Müller  3,  68. 

BEILASSEN,  admittere,  zulassen:  ob  es  dem  gemeinen 
nutzen  befürderlich  seie,  dasz  rabbi  Benisrael  solle  zugelas- 
sen werden?   letztlich  wurde  er  beigelassen.    Scbi'ppils  721. 

BEILAUF,  m.  occursus:  ich  habe  zwar  von  meinem  vater 
nur  wenig  und  das  im  beilauf  {obiter)  gesagt.  Hippel  /e- 
bfnsl.  1,  40. 

BEILÄUFEB,  m.  pedisequus,  salelles:  Philaxd.  1,  28;  ne- 
bensl  mir  reisete  nur  noch  ein  gutscher  und  beiläufer  mit. 
Jueundist.  59;  das  beilSufer-  und  niäklerhandwerk.  GOthe  24, 
275;  noch  sind  viele  menschen  der  niederen  classe  bei  han- 
delsleulen  und  handwerkem  als  beiläufer  und  handlanger 
beschäftigt  1%,  263.    i.  beiganger. 

BFJLAUFEHIN,  f.  pedisequa,  eoneubtna:  aber  einem  seine 
beilaufrrin,  die  einen  buben  von  ihm  halte.  Hebels  hausfr.MO. 

BEILÄLFIG,  tubsecivut:  beiläufige  arbeit,  nachricht,  bemer- 
kunp. 

BEILÄLFIG,  adv.  obiter:  man  richtete  inmitten  des  Schau- 
platzes ein  schönes  creuz  auf,  woraus  ich  schon  das  facit 
machen  konte,  was  es  hinfüro  beiläufig  gehen  werde.  Spkk 
tugendh.  101 ;  zumalen  ich  deines  lebcns  künftige  begebnössen 
beiläufig  sehe  und  wol  weisz.  SimpL  1,43;  beiläufig  gesagt, 
en  passant. 

BEIL.VUFTIG,  in  gleichem  it»n:  ond  sclireibl  beileuIUf  gv 


BEILÄUFTIGKEIT— BEILEGEN         1378 

nichts  anders,  das  nicht  zu  aufrhur,  zerlrennung,  krieg,  tod- 
schlege,  rauberei,  brand  und  zu  ganzem  abfall  des  christli- 
chen glaubens  reiche  und  diene.  Lcther  2,  427*;  beiläuf- 
lig  um  mittemacht  lassen  die  befehlhaber  die  spiel  hören, 
KiBCBiioF  mil.  disc.  145. 

BEILÄUFTIGKEIT,  f.  casus,  zufall,  gdrildH  wie  weitläuflig- 
keit:  zufällige  beiläuftigkeiten  bei  dem  weine  sind  die  färbe, 
der  geruch.  Wiedemaxs jan.  21. 

BEILAUT,  m.  btaucht  Logaü  ßr  aecent :  ich  gedenke,  dasz 
die  einsilbigen  worte  ich  bald  lang  bald  kurz  gesetzet,  nicht 
so  wol  aus  übersehen,  als  dasz  der  beilaut  im  lesen  und 
reden  alsdann  so  fallet,  rorr.  2 ; 

deutscher  reimkunst  meistes  werk  steht  im  beilaut  oder  schalle, 
ob  der  silben  ausspruch  kur2,  lang,  und  wo  er  liin  verfalle. 

2,  6,  26. 

BEILBRIEF,  m.  Urkunde,  wodurch  dem  Zimmermann  der 
bau  eines  schifs  übertragen  wird,  er  soll  sein  beil  an  das 
schif  setzen?  doch  in  der  Schweiz  heiszt  beilbrief  ein  auf 
grundstücke  ausgestellter  Schuldschein,  worin  die  jährlichen 
Zahlungen  samt  den  zinsen  wie  auf  einem  kerbholze  verzeich- 
net sind.    Stalder  1, 154.    s.  beile  und  beilfertig. 

BEILCHE.N,  n.  securieula. 

BEILE,  f  talea,  kerbholz.  Dastpod.  239*.  303*.  Stald.  1,  153. 
heilen  f.  Maaler  56*  {bei  ihm  unterschieden  von  biel,  biele  68* 
securis);  er  hat  viel  auf  der  beile,  rechnung.  s.  oben  das 
drille  beil  und  hernach  heilen. 

BE1LEGE.\,  nnl.  bijleggen,  in  mehrfacher  bedeutung  des  zu 
und  neben. 

A.  sinnlich  genommen, 

1)  zu  einem  legen,  an  eines  seile  legen,  namentlich  zum 
beischlaf:  er  legte  ihm  seine  tochter  bei,  gab  sie  ihm  zur 
ehe;  da  sprach  Sarai  zu  Abrara,  ich  hab  meine  magd  dir 
beigelegt,  nu  sie  aber  sihet,  das  sie  schwanger  geworden  ist, 
musz  ich  geringe  geachtet  sein  gegen  ir.  1  Mos.  16,  5 ;  dasz 
Oda  einem  könige  aus  Rugia  sei  beigeleget  worden,  mit  dem 
sie  einen  söhn  gezeuget  habe.    Micrälids  o.  P.  2,  205 ; 

wil  der  herr,  dasz  seine  fraw  ibre  magd  ihm  lege  bei? 
LoGAU  2,  iug.  23. 
s.  beilager. 

2)  sacken  zulegen,  addere:  du  must  noch  drei  golden  bei- 
legen, d.  h.  den  gebotnen  noch  drei  beißgen;  dem  brief  einen 
andern  beilegen,  einlegen;  dem  brief  einen  groschen  für  die 
bestellung  beilegen;  meine  frau  will  auch  noch  etwas  beile- 
gen.   Schiller  an  Güthe  429; 

was  hilfts  mir  armen  doch!  legt  deine  scbwestertreu 
zu  meinen  tagen  gleich  noch  lange  jabre  bei  ? 

J.  E.  SCBLE6EL  1,  51. 

3)  hei  Seite  legen,  seponere,  deponere,  ablegen :  gewand  bei» 
legen,  von  sich,  zur  seite;  die  waffen  beilegen,  niederlegen; 

alsbald  diser  held,  sein  irdiscbes  gewand 
beilögend  in  den  sal  des  bimmels  eingetretten. 

WeciHERit^  frSS; 
leget  doch  ein  weil  die  rock  und  kleider  bei.    741; 
wer  dich  im  kriege  sieht,  der  leirt  die  waffen  bei. 

OPITZ  f,5; 

das  segel  beilegen,  niederlassen:  ein  armer  teufel,  welcher 
gerade  oben  das  bauptsegel  beilegte,  flog  wenigstens  drei 
meilen  weit  vom  schiffe  weg,  ehe  er  zu  wasser  fiel.  Münch- 
hausens  reise  67 ;  das  schif  beilegen,  die  meisten  segel  einzie- 
hen und  langsam  fahren,  das  buch  beilefgen,  hinlegen,  lie- 
gen lassen:  ich  habe  den  Hesekiel  beigelegt,  doch  verdeud- 
sche  ich  dieweil  die  kleinen  propheten.  Llther  5, 121*;  nach- 
dem er  das  buch  beigeleget.  Simpl.  1,36.    engl,  lay  by. 

B.  absiract  genommen, 

1)  beilegen,  asstgnare,  attribuere,  imponere:  einem  gute 
oder  böse  eigenschaften,  litel,  namen  beilegen ;  ein  Terbrecben, 
eine  schuld  beilegen; 

wer  bei  bof  am  minsten  wiget, 

steigt  am  meisten  in  die  por, 

dem  wird  gnade  beigelegei, 

der  sonst  leichte  wie  ein  robr.  LOGAti  3  s.  209t 
wann  es  junge  lenle  anfiengen,  muste  man  es  ihrer  nner- 
fahrenheit  beilegen.  Schuppil's  390;  klüglich  einem  jeden  .sein 
recht  thäl  und  beilegte  was  ihm  gebührete.  ehe  eines  man- 
mes  214;  das  lob,  das  ich  seinem  leser  beilegte.  Wieland  2, 
73;  die  herkunfl,  die  ihm  dein  gesländnis  beilegt.  Gotter  2, 
28S;  legen  wir  nun  der  erde  eine  bewcgung  in  entgegenge- 
setzter richtung  bei.    LicirrE?»BE«c  5, 198. 

2)  beilegen,  reponere,  deponere,  zurncktegen,  hinterlegen, 
aufheben:  das  er  den  leuten  das  ire,  so  sie  an  den   ort  zu 

87 


1379 


BEILEGEN— BEILEN 


BEILELE  — BEIMESSER 


1380 


treuen  banden  beigelegt  hatten,  wolt  erhallen.  2  Macc.  3,  15 ; 
gott  anriefen,  das  er  das  gut  deren,  so  es  dahin  beigelegt 
hatten,  erhalten  wolle.  3,  22;  umb  der  bofnung  willen,  die 
euch  beigelegt  ist  im  himmel  (propler  spem  quae  reposita  est 
vobis  in  caelis).  Col.  1,  5 ;  hinfort  ist  mir  beigelegt  die  krön 
der  gerechtigkeit  (in  reliquo  reposita  est  mihi  corona  jusli- 
tiae).  2  Tim.  4,  8 ;  es  ist  ein  zeddel  ausgangen  gebietend  mei- 
nen sermon  von  dem  heiligen  sacrament  aufzuheben  und 
beizulegen.  Luther  1,  218";  oder  aber  das  aufs  wenigst  das 
einkomen  der  nechst  verlediglen  prebenden  als  verfallen  und 
steligs  ledig  sollen  beigelegt  werden.  2, 176' ;  so  dasz  er,  was 
ihm  vor  einigen  {für  einige)  schriflen  zugekommen,  ihr  (set- 
ner Stiefmutter)  zum  besten  beigelegt  und  damit  ihr  unver- 
mögliches  allerlhum  unlergestützet.  Brandts  Taubmann  II ;  lege 
itzo,  da  du  was  hast,  bei  (zurück)  vor  den  nothdürftigen  lag. 
pers.  baumg.  2,  4; 

was  jener  alte  narr  in  zweimal  dreiszig  jähren 

hat  sorglich  beigelegt.        Kachel  48; 

sucht  freuden  beizulegen  auf  jene  böse  zeit, 

wann  brüst  und  ödem  keicht.    Uz  2,  31. 

3)  seponere,  componere,  nach  A,  3 : 

bei  dir  verhofT  ich  nun  den  rest  von  meinem  leben, 
das  reisen  beigelegt,  in  frieden  aufzugeben.    Opitz  2,  47; 
wer  ämpter  hat,  der  lege  sie  nicht  bei.    3,  126; 
Teutschland  hatte  den  dreiszigjährigen  krieg  beigeleget.  Weise 
erzn.  1 ;  diesen  verwegenen  handel  im  stillen  beizulegen.  Göthe 
14,  243 ;  ein  langer  streit  der  sich  nur  schwer  beilegen  liesze. 
TiECK  4, 121 ;  die  sache,  der  zwist  ist  glückhch  wieder  beigelegt. 
C.  intransitive  bedeulungen  {die  ausfallenden  casus  leicht  zu 
ergdnzeti). 

1)  das  schif  legt  bei,  hält  gegen  den  wind,  in  der  schiffer- 
sprache  auch  sticht,  dreht  bei. 

wenn  ihr  frisch  beilegt,  holt  ihr  ihn  noch  ein. 

SCMILLBR  518. 

2)  einem  beilegen,  einem  beistimmen,  zustimmen,  beifallen, 
nd.  bislaan.    gegensalz  ablegen. 

BEILEHNEN,  an/eftnen;  beigelehntes  pförtchen.  Rückert23. 

BEILEHRE,  f.  nebenlehre,  falsche  lehre,  irrthum :  hie  sehen 
wir  aber,  das  nicht  umb  leugnen  des  evangelii  dem  aposlel 
zu  thun  ist,  sondern  umb  andere  beilere  und  nebenpredig- 
ten, die  das  volk  vom  evangelio  heimlich  abwenden.  Luther 
1,  505';  und  mag  nicht  verfüret  werden  durch  menschenge- 
setz  und  beileren.  3,  294*.  br.  2,  78 ;  was  ist  alle  abgöllerei, 
aberglaub,  nebenweg,  beileere,  mcnschensatzung?  Frank  fcaum 
des  Wissens  140;  welchs  nachmals  ein  beikirch,  sect,  neben- 
weg, beileer  heiszt.    chron.  453*. 

BEILEIBE,  s.  bei  sp.  1351. 

BEILEID,  n.  dolor  ex  alterius  dolore,  misericordia,  mitleid: 
beileid  haben,  empfinden,  beweisen,  zu  erkennen  geben: 

es  kunte  niemand  nicht  ein  beileid  mit  ihm  haben. 

Fleming  11; 
da  ist  kein  klägcr  nicht,  der  beileid  mit  mir  trügt.    19; 
da  bedanktest  du  dich  bei  den  herren  für  das  herzliche  bei- 
leid.   Schiller  107'.    mitleid  kann  beleidigen,  beileid  nie. 

BEILEIDSBESUCH,  m.  condolenzvisite. 

BEILEIDSBRIEF,  m.  condolenzschreiben. 

BEILEIDSBEZEUGUNG,  f. 

BEILEN,  lairare,  s.  anheilen  und  bellen. 

BEILEN,  securi  caedere,  incidere,  abscidere:  ruften  sie 
nach  hause  und  heilten  ihm  den  köpf  ab  (abheilen).  Wiede- 
MANN  decemb.  45.  Zumal  aber  galt  heilen,  anheilen,  abheilen 
für  das  untersuchen  der  fdsser,  prüfen,  wie  viel  wein  oder 
hier  ein  fasz  in  sich  halte,  wie  viel  der  wirt  in  heller  gelegt 
habe,  zur  bcslimmung  des  umgelds,  der  tranksteuer,  da  nun 
neben  heilen  auch  beigeln,  heiglen  geschrieben  und  gesprochen 
wird,  scheint  die  doppelform  von  heil  «nd  beihel,  beigel  se- 
curis  in  betracht  zu  kommen,  der  einschnitt,  die  kerbe  ge- 
meint, die  in  den  stab  der  wcinprüfer  gehauen  war,  um  das 
gesetzliche  masz  für  die  höhe  des  getränks  im  fasz  zu  geben, 
nnl.  heiszt  dies  messen  oder  eichen  (ijken)  der  fdsser  peilen 
und  rfa»  zeichen  im  mcszstab  für  die  höhe  der  flüssigkeit  das 
peil  oder  der  pegel,  pegel  ist  der  allgemeine  niederdeutsche 
ausdruck  ßr  das  wasscrmasz  an  flüsscn.  peil  und  pegel,  de- 
nen man  sonst  keine  würzet  ermitteln  könnte,  sind  aus  der 
hochdeutschen  in  die  niederdeutsche  spräche  aufgenommen  wor- 
den und  bezeichnen  die  mit  dem  beil  gehauene  kerbe,  nach 
welcher  das  wasser  oder  das  gelrdnk  gemessen  wird  ;  der  name 
blieb  auch  nacJidem  andere  zeichm  an  die  »teile  der  kerbe  ge- 
treten waren. 


BEILELE,  n.  taleola,  kleine  kerbe.  Maaler  56*,  verkürzt 
heile. 

BEILER,  m.  explorator  dolii,  sonst  beigler,  nnl.  pegeler, 
peiler.    s.  das  vorhergehende  heilen. 

BEILER,  pl.  gingivae,  ahd.  pilarnä,  bllarnä  (Graff  3,  102), 
das  Zahnfleisch:  wer  der  weit  lust  braucht,  dem  ist  gleich 
wie  einem  hunde,  der  einen  harten  knochen  naget  umb  eines 
kleinen  safts  willen,  die  beiler  seiner  zene  werden  im  blutig 
und  je  mehr  er  naget,  je  wirser  er  seinen  zenen  thut.  Agri- 
COLA  spr.  n*  239,  wo  die  nd.  Übersetzung  setzt  de  balle  siner 
tenen  werden  em  blodich.  das  wort  scheint  also  mit  arspelli, 
eersbilie  {sp.  566)  verwandt,     mehr  unter  biller,  bilder. 

BEILFERTIG,  vom  schif,  wie  es  der  Zimmermann  liefert. 

BEILICH,  propinquus,  vicinus,  nahe,  einfacher  war  das 
adjcctivisch  gesetzte  he\  sp.  1357;  beim  beilichen,  nahezu,  ohn- 
gefähr.    Schmid  schw.  wb.  53. 

BEILICHE,  f.  vicinilas,  nähe:  bei  einer  beiliche,  ohnge- 
fähr,  beinahe.  Schmid  a.  a.  o. 

BEILIEGEN,  accumberc,  concumbere,  mhd.  b!  ligen.  liib. 
295,3.  AfS.  1,  81";  nnl.  bijliggen:  und  Jacob  sprach  zu  Laban, 
gib  mir  nu  mein  weib,  das  ich  beilige.  1  Mos.  29,  21 ;  also  lag 
er  auch  bei  mit  Rahel  und  hatte  Rahel  lieber  denn  Lea. 
29,  30 ;  so  erwürget  nu  alles  was  menlich  ist  unter  den  kin- 
dern  und  alle  weiber,  die  menner  erkand  und  beigelegen 
haben.  4  Mos.  31,  17 ;  Und  ein  böser  geist,  Asmodi  genannt, 
hatte  sie  alle  getödlet,  alsbald  wenn  sie  heiligen  sollen.  Tob. 
3,  8 ;  so  hab  ich  auch  nu  mich  verehelicht  und  beigelegen. 
Luther  3, 150 ;  darum  ich  beilag  in  freuden  und  ehren  und  bin 
gleich  wie  die  braut  ein  reine  Jungfrau  gewesen.  Schweinichen 
2,  91 ;  si  bewilligt  sich  vertrauen  {trauen)  zu  lassen,  jedoch  mit 
vorbehält,  dasz  sie  diesen  abend  in  keinen  weg  beiliegen 
wolt.  2,  305.  wird  heute  in  dieser  bedeutung,  gleich  dem 
transitiven  beilegen,  gemieden,  obschon  beilager  noch  gesagt 
wird,  beiliegen  heiszt  auch  adjunctumesse:  die  Urkunde  liegt 
bei;   beiliegendes  schreiben;  die  beiliegenden  örler. 

BEILIEGER,  m.  accumbens,  concumbens,  beischläfer,  wird 
auch  für  concubina  f.  gesetzt:  die  scblafmegd  und  concubinen 
oder  beiliger.  Keisersr.  lebkuch.  88. 

BEILKETAFEL,  f.  balllafel,  kugeltafel.  niederdeutsch.  Fle- 
ming 425  (421)  schreibt  peilke. 

BEILKRAUT,  n.  coronilla  securidaca,  nnl.  bijlkruid,  eine 
wickenart  mit  beilförmigen  hülsen. 

BEILSCHLAG,  m.  ictus  securis: 

denn  es  fiel  ihr  vater  voreinst  in  dem  kämpf 

durch  den  bcilschlag  dessen,  an  den  in  des  ehbunds  schnöde 

gewalt 
nun  das  losz  sie  geknüpft.       Platkn  129'. 

BEILSTEIN,  m.  ortsname  für  alte  jagdplätze,  auch  Bilstein. 
BEIM  =  hei  dem,  mhd.  bime.  gramm.  4,  368. 
BEIMAGD,  f.  wie  beiknecht. 

BEIMANN,    m.    gehülfe,     kann  auch  einen  bezeichnen,    mit 
dem  die  frau,  neben  ihrem  ehmann,  zuhält. 
BEIMELDUNG,  f.  additio:  unw.  doc/.  790. 
BEIMENGEN,  admiscere,  beimischen,  untermischen. 
BEIMESSEN,  attribuere,  adjudicare,  imputare,  beilegen,  zu- 
schreiben : 

so  vielen  Zeugnissen  nicht  glauben  beizumessen. 

Opitz  Grolius  s.  314; 
ihr  geistlichen,  ei  messet  mir  kein  böses  sonsten  bei, 
drum  dasz  von  euch,  die  ich  sonst  ehr,  ich  sondrer  mcinung 

sei.  l.OGKv  2,  6,  93; 

Witzel  wird  mir  schuld  beimessen,  dasz  ich  schreib  auf  lumpen 

possen, 
besser  das  pnppier  verschrieben  als  beim  pferdefang  verschos- 
sen. 3,  8,  91 ; 

drittens  wenn  du  siebest  das  würtchcn  mang,  so  misz  mir 
nicht  bei,  wie  es  von  etlichen  geschehen,  als  wenn  iclis  ver- 
sehen und  ein  niederdeutsches  wort  unter  das  hocbleutsch 
gemenget.  Neümarks  lustwaldchen,  vorrede;  mit  einer  vorzüg- 
lichen gütigkeit,  welche  ich  einer  mütterlichen  gesinnung  bei- 
inasz.  WiBLAND  2,  28 ;  nicht  wenige  beklagten  seine  entfer- 
nung  und  verwünschten  die  kalender  und  die  tünzerin,  denen 
sie  die  schuld  davon  heimaszen.  8,  322 ;  der  alte  niiszt  sich 
den  tod  seines  sohnes  hei.  Schiller  114;  schon  fieng  er  an, 
den  worlen  seiner  Schwester  glauben  beizumessen.  Göthk  22, 
36 ;  die  scbntzhistoric,  der  er  vorhin  seine  Ungnade  bcimasz. 
Münchhausens  reisen  107. 

BEIMESSER,  n.  euller  appendcns:  ein  beimesser,  das  wol 
schneidet,  auf  das  du  könnest  die  schindlen  schnetzlen  nach 
deinem  begerea.  Würtz  practica  214. 


1381 


BEIMISCHEN  — BELN 


BEIN 


1382 


BEIMISCHEN,  admiscere:  dem  weine  wasser,  der  speise 
salz,  öl  beimischen;  er  mischte  dem  gespräch  fremdartiges, 
ungehöriges  bei;  du  hast  zu  viel  unglaubliches  beigemischt, 
als  dasz  man  dir  glauben  könnte. 

BEIMITTEL,  n.  subsidium. 

BEIN  =  bei  den:  bein  leuten,  bein  büchern,  bein  tha- 
lern. SiiELER  142.  143 ; 

0  kind,  ich  bitte  dich  bein  göttern  unsrer  flur. 

tiKLLEST  3,  395; 
dasz  nicht  einer  der  Ächäer  .  . 
gewaltsam  seine  bände  gegen  dich 
empor  bein  bolilen  schiffen  heben  soll.    Bcrcer  143*. 

BEIN,  n.  OS  ossis.  eins  der  merkwürdigen  u-örter,  mit  wel- 
chen unsere  spräche  ganz  für  sich  steht  und  von  ihren  urver- 
vandlen  gesondert  scheint,  zugleich  aber  zeigen  es  alle  deut- 
schen Zungen  roll  einstimmig,  zwar  das  goth.  bain  konnte 
sich  in  keiner  einzigen  stelle  der  bruchslücke  darbieten,  im  A. 
T.  würde  es  oft  begegnet  sein;  nun  ist  aber  Luc.  17,  6  oixa- 
fiivos,  morus  verdeutscht  bainabagins,  worin  man  beinbaum 
erblicken  darf,  der  Gothe  dachte  sich  cornus,  hartriegel  dar- 
unter, einen  bäum,  der  rothe  beeren  trägt  und  noch  heute  bein- 
holz,  rolhbeinholz  heiszt,  homkirsche,  cornus  ossea.  auch  dies 
vort  würde  im  A.  T.  wiederkehren.  Luc.  19,  4  steht  ßr  av~ 
xouooe'a  smakkabagms,  feigenbaum,  Luther  gibt  an  beiden 
stellen  maulbeerbauin.  da  die  steine  der  beeren  und  des  obsts 
in  vielen  sprachen  ossa  genannt  werden,  so  verbürgt  uns  bai- 
nahagms,  dasz  auch  die  Gothen  das  wvrt  bain  ßr  os  besa- 
szen.  ahd.  pein,  mhd.  bein,  altn.  bein,  alts.  ben,  niU.  been, 
schw.  dän.  ben,  ags.  bdn,  engl.  hone. 

Zum  gr.  oaxeov  fügt  sich  lat.  os  ossis  ßr  ost  ostis,  skr. 
asthi  und  in  allen  sl.  sprachen  mit  vortretendem  K  kost', 
bOhm.  kost,  poln.  kos<5,  wie  sich  im  lat.  costa  rippe  der  kehl- 
laut  erhielt,  dem  litt,  kaulas,  lett.  kauls  mag  vielleicht  das 
lat.  caulis,  der  harte  theil  der  pflanze  verglichen  werden. 

Unserm  bein  tritt  aber  schon  frühe  die  jenem  asthi,  ocrriov, 
os  fremde  bedeutung  crits,  tibia  hinzu,  da  unter  allen  kno- 
cken des  leibs  die  des  Schenkels  und  fuszes  an  grüsze  vorra- 
gen; läszt  sie  sich  gleich  im  ags.  ban,  engl,  bone,  altn.  bein 
selbst  nicht  aufweisen,  so  erscheint  sie  dennoch  in  den  altn. 
Zusammensetzungen  berbeinn  nudipes ,  miobeinn  gracilipes, 
rdngbeinn  laripes,  ja  man  ist  versucht,  das  verbum  beina  ex- 
pedire,  promere,  das  ndj.  beinn  eipeditus,  rectus  auf  bein  crus 
zuriickzuführen.  Die  frage  entspringt  nun,  wie  sich  beide  be- 
griffe, die  des  knochens  und  fuszes  vereinbaren,  für  knoehen 
bieten  sich  kaum  andere  Vorstellungen  dar,  als  der  härte  und 
weisze.  beinhart  ist  auch  steinhart,  nach  der  eddischen  kos- 
mogonie  wurde  stein  aus  bein,  »ach  der  friesischen  bein  aus 
stein  erschaffen,  und  wie  die  Griechen  den  harten  obstkern 
ocrriov,  die  Slaven  kost ,  nennen  wir  ihn  stein,  man  sagt, 
es  hat  stein  und  bein  gefroren,  das  heiszt  hart,  noch  mehr, 
die  beiden  Wörter  bein  und  stein  sind,  ihren  anlaut  abgerech- 
net, auffallend  gleicher  bildung.  für  wurzelhaß  mag  in  bein 
nur  das  B,  in  stein  nur  das  ST  gelten,  da  nun  Bopp  dem 
skr.  asthi  mit  vollem  fug  die  würzet  sthä  stare  beilegt,  könnte 
sie  ebenwol  in  stains  enthalten  sein,  folglich  dem  asthi, 
oareop  das  deutsche  stein  entsprechen,  und  übrig  bliebe,  auch 
ßr  bein  eine  taugende  ableitung  zu  entdecken.  Xevxä  oaräa 
ist  bei  Homer  ein  ständiges  episches  epitheton,  die  nackten, 
gebleichten,  weiszen  todtenbeine  leuchten  auf  dem  gefilde,  die 
weisien  lähne  glänzen  in  dem  mund: 

Ton  sn4wi;em  boine 

nihe  bi  einander  kleine 

sus  stuonden  ir  die  liebten  lene.    Parz.  130,  It ; 

altn.  sagt  man  hvitheinn,  albipcs;  bein  aber  gemahnt  an  fa- 
voi  weisz,  licht  und  an  yaiyio,  ans  ir.  gal.  ban  und  fion 
weisz,  welsche  gwen,  die  laulvcrschiebung  wäre  in  Ordnung  (vgl. 
frjvt]  unter  beinbrccher).  Dennoch  würde  man,  wenn  die  be- 
deutung des  schreitenden  beines  als  von  anfang  an  berechtigt 
zu  erweisen  stände,  den  parallelismus  von  stehen,  arrjvcu  und 
gehen,  ßaiveiv  für  stein  und  bein  *if/i  gefallen  lassen,  die 
Vorstellung  des  Stehens  und  gehcns  ist  lebendiger,  als  die  der 
härte  und  weisze.  dann  aber  müste  zuerst  nicht  nur  bein  den 
gehenden  fusz,  sondern  auch  asthi  den  stehenden  ausgedrückt 
haben,  obsehon  bei  diesem  und  bei  unserm  stein  gar  nicht 
mehr  an  fusz  gedacht  wird,  in  unsrer  Sprachgeschichte  er- 
scheint für  bein  die  bedeutung  des  knochens  älter. 

A.  bein,  os,  knociten,  die  härtesten,  festesten  theile  des 
menschlichen  und  thierisehen  leibs,  im  gegcnsatz  zu  fleisch 
und  blut. 


1)  in  den  beschwörungsformeln  lautet  es:  bein  zu  beine, 
blut  zu  blute,  fleisch  zu  fleische,  sehne  zu  sehne. 

2)  fleisch  und  bein  drückt  aus  den  ganzen  leib:  da  sprach 
der  mensch,  das  ist  duch  bein  von  meinen  beinen  und  fleisch 
von  meinem  fleisch.  iMos.  2,  23;  wolun  du  bist  mein  bein 
und  fleisch.  29,  14;  ir  solt  nichts  von  seinem  fleisch  hinaus 
für  das  haus  tragen  und  solt  kein  bein  an  im  (dem  osler- 
lamm)  zubrechen.  2  Mos.  12,  46;  ir  seid  meine  brüder,  mein 
bein  und  mein  fleisch.  2  Sam.  19,  12 ;  bistu  nicht  mein  bein 
und  mein  fleisch?  19,  13;  sihe,  wir  sind  dein  bein  und  dein 
fleisch.  1  chron.  12,  1 ;  ir  schindet  inen  die  haut  abe  und  das 
fleisch  von  iren  beinen.  Micha  3,  2 ;  sein  fleisch  verschwindet 
und  seine  beine  werden  zuschlagen,  llioh  33,  21;  denn  ein 
geist  hat  nicht  fleisch  und  bein,  wie  ir  sehet,  das  ich  habe 
Luc.  24,  39;  wenn  sie  den  ganzen  leib  mit  fleisch  und  bei- 
nen essen,  bienenk.  93' ;  erbarmet  euch  über  das  fleisch  von 
eurem  fleisch,  über  die  beine  von  euren  beinen.  Schcppics 
324.  s.  die  Zusammensetzungen  achselbein,  armbein,  brüst 
bein,  halsbein,  hüftbein,  kinnbein,  kniebein,  nasenbein,  rück- 
bein,  steiszbein,  Schlüsselbein,  sdilundbein;  das  beilige,  das 
ungenannte  bein. 

3)  von  einem  abgemagerten  sagt  man,  er  ist  nichts  als  haut 
und  bein,  die  beine  hängen,  schlottern  ihm  in  der  haut ;  man 
kann  an  ihm  alle  beine  zählen; 

mein  schwacher  leib,  so  nichts  dan  baut  und  bein. 

WECKBERLI^t  269 ; 

ir  haut  henget  an  den  beinen  und  sind  so  dürr  als  ein 
scheit.  klaget.  Jer.  4,  8 ;  ich  möcbt  alle  meine  beine  zelen 
ps.  22,  18 ;  ein  faul  bein  ausnemen.  Bocc.  1,  245*. 

3)  mark  und  bein  bezeichnet  das  innerste,  die  innerste  kraß: 
das  ist  mir  durch  mark  und  bein  gegangen;  das  dringt  durch 
mark  und  bein ;  denn  das  wort  gottes  ist  lebendig  und  kräf- 
tig, und  durchdringet  auch  mark  und  bein.    Ebr.  4, 12  ; 
geschosz,  die  bein  und  mark  durchdringen. 
Wkckherli.n  23; 

es  ist  als  ein  mord  in  meinen  beinen,  das  mich  meine  feinde 
schmehen.  ps.  42,  tl ;  ein  gütigs  herz  ist  des  leibs  leben,  aber 
neid  ist  eiter  in  beinen.  spr.  Sal.  14,  30. 

5)  der  feind  soll  bis  aufs  letzte  bein  vertilgt  werden; 
der  {mörder)  will  ich  kein  bein  leben  lassen.    Atres  250* ; 

dem  gemeinen  volk  die  bein  zu  nagen  (es  bis  auf  die  kno- 
ehen auszusaugen),  bienenk.  222*;  die  geisel  macht  Striemen, 
aber  ein  böses  maul  zerschmettert  bein  und  alles;  seine 
beine  werden  seine  heimliche  Sünde  wol  bezalen  und  wer- 
den sich  mit  im  in  die  erden  legen.    Hiob  20, 11. 

6)  denn  zumal  sind  beine  die  aufgehobnen  und  begrabnen 
oder  auf  dem  feld  liegen  gebliebnen  todtenbeine :  wann  ihr 
nicht  mehr  lebet  und  die  Schwaben  mit  ewern  beinen  nusz 
abwerfen.  Garg.  52*;  du  wirst  noch  mit  meinen  beinen  äpfel 
abwerfen ; 

mein  schwcsterlein  klein 

hub  aut  die  bein 

an  einem  kühlen  ort.    Götur  12,  237 ; 

min  swester  de  Marleniken 

sökt  alle  ralne  beniken 

un  biiidse  in  en  siden  dok; 

wer  anrOret  auf  dem  felde  einen  erschlagenen  oder  einen 
todten,  eins  menschen  bein  oder  grab,  der  ist  unreine  sie- 
ben tage.  4  ifos.  19,  16;  also  auch  der  eins  todten  bein  ange- 
rürt  bat.  19,  18 ;  ire  alten  bein  (die  knoehen  der  verbrannten 
ketier).  bienenk.  172*.  ßr  diese  bedeutung  ist  auch  der  pL 
beiner  zulässig,  mhd. 

der  sarc  gienc  von  einander  hie, 
der  was  toI  löier  bcinfr 
gröger  unde  kleiner.    Cco.  5076; 

nhd.  die  birnschalen  und  beiner  da  lagen.  Reiszker  Jer.  l, 
103*;  ir  verdorrte  beiner  hörend  das  wort  gottes.  2,98*;  seie 
nicht  werth,  dasz  seine  beiner  weder  der  luft,  noch  die  erd, 
noch  das  wasser  behalte.    Abr.  a  s.  Cl.  1,  124. 

6)  beine,  Ihierische  knoehen:  es  steckt  dem  woIf  ein  bein 
im  hals; 

wie  man  denn  spricht,  zwen  hund  allein 

bleiben  nicht  eins  an  einem  bein.    If.  Sicbs  IV.  3,  5'; 

ja  er  must  im  auch  an  einer  ketten  unter  seim  tisch  ligen, 
bei  den  hunden  die  bein  zu  nagen,  bienenk.  i2h*;  ein  hund, 
der  an  einem  bein  nagt,  kennt  keinen  freund.  Lehman.'«  122; 
der  hund  ist  ängstlich,  weil  er  die  verscharrten  beine  nicht 
noch  vor  seinem  ende  fressen    soll.    Kabener  2,  26.     in  die- 

67* 


1383 


BEIN 


BEIN— BEINACH 


1384 


Sern  sinn  zieht  die  heutige  spräche  knochen  vor,  während  das 
edlere  bein  von  dem  menschlichen  gesagt  wird,  todlenbeine, 
todtengebeine,  nicht  todtenknochen.  doch  bleibt  bein  für  das 
verarbeitete  Ihierische:  paternoster  von  holz,  augslein,  coral- 
len  und  beinen  mit  messing  beschlagen.  bienenk.2\^; 

bei  der  sonnen  thüre  (in  Indien)  stein,  bein,  glas  und  federn 

handeln.  Logau  3  ?«(/.  138; 

den  Schild  von  starkem  bein  und  hartem  festen  stahl. 
VVerdeiis  Ariost2,  10; 
dieses   beins    {beinernen  kammes)    kann    ich   wol   entbehren. 
pers.  baumg.  6,  7.     s.  elfenbein,  falzbein,  fischbein,  nadelbeia 
{fingerhut  oder  nadelbüchse  aus  knochen),  würfelbein. 

7)  stein  und  bein  schwören,    einen  hohen  cid  leisten,    ent- 
weder von  den  heiligenknochen,    reliquien,    auf  die  schwörende 
den  finger  legten,    oder  fest,    wie    stein   und  bein:    stein  und 
bein  hat  geschworen.  Frey  garteng.  72; 
die  frau  schwört  stein  und  bein, 
ihr  lebelang  nicht  mehr  zu  frein.    Geilert  1,  184. 

B.  bein,  crus,  tibia,  schenket  und  fusz  bis  zur  ferse, 
sowol  Schenkel  von  der  liüfte  (ahd.  dioh)  zum  knie,  das  dicke 
bein,  als  vom  knie  zum  platten  fusz,  Schienbein,  also  das 
glied,  auf  welchem  der  leib  steht  und  geht,  wie  die  benennung 
asthi  und  öarsov  vom  stehen,  die  benennung  bein  vielleicht 
vom  gehen  herrührt,  in  diesem  sinn  ist  bein  der  gegensalz 
des  arms,  wie  fusz  der  band,  das  ahd.  pein  gilt  fast  nur 
für  OS,  doch  in  peinperga,  peinpfifa,  peingarawi,  peinziarida 
ist  schon  crus,  pes  anzunehmen,  ebenso  in  peinseggo,  pein- 
segga,  pedisequus,  pedisequa  (Graff  6,  129.  143).  mhd.  (Ben. 
1,  lOO')  und  nhd.  wird  diese  bedeutung  weit  häufiger,  .un- 
ser 'von  kindes  beinen  an',  was  doch  heiszen  musz,  vo7i  der 
zeit  an,  da  ich  zuerst  auf  den  füszen  stand,  und  kaum  von 
der  zeit  an,  da  sich  meine  knochen  in  mutierleibe  bildeten, 
reicht  weit  hinauf,  es  hiesz  schon  ahd.  fona  chindes  peine, 
a  tenero,  a  puero  (Graff  3, 128),  mhd.  von  kinden.  Gudr.  1128,  3. 
von  kinden  ie.    Ben.  beitr.  1,  60. 

1)  wir  sagen  die  beine  rühren,  regen,  bewegen,  strecken, 
krümmen,  biegen,  falten,  übereinander  schlagen,  spreizen,  ver- 
renken, stauchen,  lähmen,  heben,  erheben,  auflieben :  darumb 
sol  ein  mensch  Ihun,  wie  die  vögel.  dann  sobald  sie  mor- 
gens aufslond,  so  strecken  sie  ein  bein  und  den  flügel  darü- 
ber und  fahen  an  ze  singen  und  loben  got,  und  künden  nit 
reden.  Keisersb.  Sünden  des  munds  82",  und  fast  ebenso  post. 
3,  Sl'.     einen  an  den  beinen  fassen,  fortziehen,  aufliängen. 

2)  auf  das  bein,  die  beine  springen,  mit  den  beinen  sprin- 
gen, hüpfen,  tanzen:  doch  das  soll  ir  essen  von  vögeln,  das 
sich  reget  und  gehet  auf  vier  füszen  und  nicht  mit  zweien 
beinen  auf  erden  hüpfet.  3  Mos.  11,  21.  vgl.  beinst«lze,  bein- 
sterze  und  ahd.  sperzipeinön ;  du  gretest  mit  deinen  beinen 
(vgl.  beingrattel)  gegen  allen  so  für  über  giengen.  Ez.  16,  25 ; 
gebt  acht,  wie  liurtig  er  auf  die  beine  springt.  Schiller  140'. 
auf  die  beine  treten,  fest  außreten:  er  kann  nicht  auf  die 
beine  treten;  er  thut,  als  könne  er  nicht  auf  seine  beine 
treten ;  denn  hernach  konnten  die  orientischen  keiser  nicht 
mehr  recht  auf  ihre  beine  treten.  Mathesiüs  87". 

3)  auf  die  beine  kommen,  aufstehn,  sich  erheben,  aufrich- 
ten :  bitte,  das  ir  weiter  wollet  helfen  fordern,  damit  er  auch 
möcht  auf  die  bein  komen.  Luther  4,  373';  der  kranke  wird 
bald  wieder  auf  die  beine  kommen  (aufstehn).  zu  halbem 
bein  hinab  hängen.  Bocc.  2,  89\ 

4)  auf  den  beinen  sein:  er  ist  schon  auf  den  beinen  (aus 
dem  bette);  er  hat  es  sauer,  musz  den  ganzen  tag  auf  den 
beinen  sein  (kommt  nicht  zum  sitzen);  wieder  auf  den  beinen 
(gesund).  Göthe  an  Zelter,  am  schlusz  von  brief  419 ;  am  ge- 
leilstag  war  das  ganze  voik  auf  den  beinen.  Göthe  24,  31; 
jungen  leuten,  die  gut  auf  den  beinen  wären.  24,  275;  nun 
kam  die  Stadt  durch  neue  förmlichkeiten  in  bewegung  und 
die  ccremonielhesuche  der  gesandten  hielten  uns  immer  auf 
den  beinen.  24,  288;  auch  weil  wir  einmal  auf  den  beinen 
waren,  uns  nach  andern  gebunden  umzusehen.  28, 148. 

5)  auf  dem  bein  stehn :  zwölf  kränche  bei  dem  wasser, 
die  da  ruheten  und  ein  jeglicher  auf  t^inem  bein  stunden, 
ßocc.  2, 9';  geschwind  noch  eins,  auf  «iinem  bein  ist  nicht 
gut  stehen.  Lessing  1,  511;  er  kann  auf  keinem  bein  mehr 
stehn  {ist  betrunken).  Lichtenherg  3,  74. 

0)  einem  beine  machen,  ihn  sich  eilends  entfernen  lassen: 
gehe  vor  den  hcnker  hinein,  oder  ich  will  dir  beine  machen. 
Grypuios  1,  745 ;  nimm  die  beine  mit!  mach  schnell,' 

was  steht  ihr  horchen  t  will  euch  hcine  machen. 
SCUILLRR  352'; 


ihr  hund,  soll  ich  euch  bein  machen !  wie  sie  zaudern.  GöTne 
8,  137.     sich  auf  die  beine  machen.  Simpl.  2,  418 ; 
besagter  Seladon,  sobald  er  den  unfall  erfuhr, 
macht,  wie  natürlich,  sich  auf  die  beine,  die  spur 
der  dame,  die  er  liebt,  in  diesem  gebirge  zu  suchen. 

WtRLAND  5,  09. 

7)  auf  die  beine  bringen,  excitare,  erigere,  colligere:  wir 
brachten  unversehns  zwölftausend  auf  die  beine.  Grvphius  1, 
138;  mit  venetianischem  gelde  eine  armee  auf  die  beine  brin- 
gen. Schuppiüs  253;  die  neuigkeit  hatte  alles  was  athmete 
auf  die  beine  gebracht.  Klinger  10,  84;  Nürnberg  brachte  im 
fall  eines  kriegs  1200  mann  auf  die  beine;  sie  brachten  ihn 
wieder  etwas  auf  die  beine.  J.  Paul  uns.  löge  2, 147.  man  vgl. 
oben  die  bemerkung  über  das  altn.  beina  expedire. 

8)  auf  die  beine  helfen,  aufrichten,  forthelfen :  aber  .  dar- 
nach müssen  wir  uns  selbs  auf  die  bein  helfen,  bienenk.  202' ; 
hält  ich  ihm  nicht  auf  die  beine  geholfen.  Lenz  1,  230.  in 
gleichem  sinn:  einem  ein  bein  halten,  subsidio  esse.  Stie- 
ler 124.  einem  den  köpf  zwischen  die  bein  legen.  Uhland  345. 

9)  einem  ein  bein  unterschlagen,  vorsetzen,  stellen,  sup- 
plantare  aliquem:  daraus  urtheilete  ich  und  glaubte,  dasz  er 
calender  machte,  wie  er  ihm  ein  bein  vorsetzen  und  (ihn)  zu 
fall  bringen  möchte.  Simpl.  l,  189 ;  alsdann,  meinte  er,  würde 
es  nicht  schwer  halten  dem  herrn  Fix  ein  bein  unterzuschla- 
gen und  ihm  einen  kräftigen  schupps  zu  geben.  Siegfr.  von 
Lind.  4,  274;  einem  armen  schlucker  ein  bein  unterschlagen. 
Schiller  627 ;  einem  ein  bein  stellen.  Gotter  l,  167 ; 

der  teufel  stellt  dir  nächstens  doch  ein  bein 

Göthe  41,  102; 
immer  besorgt,  der  möge  mich  prellen, 
der  habe  lust  mir  ein  bein  zu  stellen.    51,  258. 

10)  etwas  ans  bein  kriegen:  er  kriegt  die  rose  ans  bein; 
hat  einen  schlag  ans  bein  gekriegt;  wenn  nicht  einer  von 
uns  was  ans  bein  kriegt,  wobei  ich  nur  wünsche,  dasz  es 
mein  hölzernes  treffe.    Göthe  42,  295. 

11)  ans  bein  binden,  streichen,  wischen,  parvi  facere,  nihili 
aeslimare  im  gegensatz  zu  dem  ans  herz  legen,  auf  der  brüst 
tragen;  mhd.  ze  beine  binden  (Ben.  1,  lOO');  ich  musz  das 
schon  ans  bein  streichen,  den  schaden  ertragen,  verschnicrzcn. 
Stieler  124.  noch  stärker  ist,  dem  teufel  ans  bein  lügen, 
unverschämt  lügen.    Rother  3131. 

12)  das  bein  brechen :  er  ist  aus  dem  fenster  gesprungen 
und  hat  beide  beine  gebrochen;  er  hat  arm  und  bein  ge- 
brochen; wan  man  dem  wünschet,  das  im  ein  rad  über  ein 
bein  gang,  uf  das  er  ander  menschen  ungeirt  lasz,  das  ist 
kein  sünd.  Keisersd.  Sünden  des  munds  ^S*;  ich  breche  ihnen 
arm  und  bein  entzwei.  Lenz  1,  305;  die  jungen  freiesleute, 
welche  ire  vertrauwele  nicht  allein  lieben  als  ir  eigen  fleisch, 
sondern  auch  noch  mehrer  und  heftiger  als  sich  selber,  dasz 
auch  einer  seinen  eignen  leib  für  die  seine  in  gcfahr  und 
wol  gar  in  tod  setzet,  daher  denn  das  Sprichwort  erwachsen : 
irenthalben  ein  bein  entzwei.   A.  Musculus  eheteufel  1568.  D  8'. 

13)  adjecliva:  es  müssen  starke  beine  sein,  die  gute  tage 
ertragen;  was  leichte  beine  hatte,  war  ausgeflogen.  Schiller 
121';  wer  rasche  beine  halte,  begab  sich  auf  die  flucht; 

hat  schöne  tauben  eugelein, 

ir  brüst  sein  süszer  dan  gut  wein, 

ist  wie  ein  reh  rischer  bein. 

Jou.  Sanders  trag.  Joliannes  der  tauf  er.  1588.  N4*; 

du  hast  flinke  beine  und  wirst  ihn  noch  einholen ;  meine  al- 
ten beine  schleppen  mich  nicht  mehr  fort;  ach  die  (alten) 
bein  wollen  nicht  meh  tragen.  Garg.  99*;  was  mir  mein 
knan  zuvor  gesaget  hatte,  dasz  ich  von  dieser  wallfaiirt  nichts 
als  müde  beine  und  den  bergang  vor  den  hingang  haben 
würde.    Simpl.  1,  529. 

14)  anwendung  auf  leblose  gegenstände :  ein  stul  mit  drei,  ein 
tisch  mit- vier  beinen;  es  ist  ein  bein  von  der  bank  abgebro- 
chen, abstract:  dus  ander  bein  am  stul  (die  ehfran).  Carj.  69*. 

erlithrung  und  vcrnunfl  die  beine  der  arznoi.  Fi-kiinc  83. 
BEINACH,  adv.  fcre,  prope,  Maai.er  6"'  schreibt  beinoch, 
Dasypodius  196'  setzt  zu  prope  'bei  oder  nach',  und  jede  die- 
ser Partikeln,  nach  für  nahe  genommen,  drückt  es  auch  heute 
in  gewissen  fällen  aus:  es  sind  bei  tausend  mann  gewesen, 
es  sind  nahe  tausend  mann  gewesen,  einige,  wie  Fischart, 
verbinden  beinach :  die  frau  Fasznacht  und  der  gravc  von 
Halhfuslen  und  Froiifasten  halten  beinach  den  hals  gebro- 
chen, bienenk.  4*;  so  beinach  auf  einen  ton  sich  enden.  12U*; 

das  sie  ein  solch»  beinach  vollbrächten,    gl,  schif  blQ. 
vgl.  bei  1,  17  a  und  das  folgende. 


1385 


BEINAHE  — BEINEBEN 


BEINEBENS  —BEINHAÜS 


J386 


BEINAHE,  KOS  beinacb,  propemodum,  circiter:  bei  nahe  in 
halber  hufen  ackers,  die  ein  joch  treibet.  1  Sam.  14,  14 ;  ein 
stat  in  Galilea,  bei  nahe  ein  eiteler  fels.  Kirchhof  diso.  mil. 
14.  früher  selten,  heute  sehr  gebräuchlich  und  beinahe  ge- 
schrieben: er  wäre  beinahe  gestorben;  beinahe  hätte  ihr  die 
stimme  versagt;  ich  glaube  es  beinahe;  du  verlierst  beinahe 
hundert  thaler. 

BEl.NAHEIXSEL,  f.  peninsula,  halbinsel:  könnte  also  viel- 
leicht diese  provinz  der  Winulorum  die  beinaheinsel  sein, 
so  man  heutzutage  Wensissel  nennt.  Leibx.  2,  446. 

BELN'AHEN,  auedere,  imminere:  der  beinahende  schifbruch. 
Opitz  Arg.  2,  337. 

BEINAHEND,  adv.  prope:  zu  Mecba  ist  ein  tempel  bei  na- 
hend dem  coliseo  zu  Rom  vergleicht.  Frank  weltb.  185' ;  Petr.  112". 

BEINAHEWUNDER,  n.  ein  halbes  wunder :  ich  hüpfte  nicht 
selten  in  meiner  waarenkammcr  vor  freuden  hoch  auf  und 
betrachtete  meine  errettung  als  ein  beinahewunder,  der  arme 
mann  im  Tockenb.  213.     gebildet  wie  beinaheinsel. 

BEINÄHIG,  prope  stans,  Paracelsls  sc/irei6/ beineiig:  dann 
wo  solche  viehpropheten  auferstehn,  da  ist  der  teufel  bei- 
neiig,  er  wart  darauf,  fürdert,  treibt  hinzu.  2,  172*. 

BEINÄHNLICH,  ossi  vcl  cruri  similis. 

BEINAME,  m.  agnomen,  cognomen:  ein  ehrenvoller  oder 
schimpflicher  beiname.    vgl.  zuname,  ekelname,  Spitzname. 

BEINAMEN,  cognominare :  Karl  beigenamt  der  grosze. 

BEINARBEIT,  f.  opus  ossibus  factum. 

BEINARBEITER,  m.  drechslet  in  knocken. 

BEINARTIG,  wie  bein  beschaffen,    nach  beiden  bedeulungen. 

BEINASCHE,  f.  knochenasche. 

BEINBLUME,  f.  caltha  palustris,   vgl.  beinholz. 

BEINBOHRER,  m.  terebra  ossaria. 

BEINBRECH,  m.  osteocolla,  lapis  ossifragus,  ein  mürber, 
poröser  mergel  mit  wurzelähnlichen  fasern,  dessen  man  sich  zur 
heilung  gebrochner  beine  bediente :  nimb  bainbrech,  das  find  man 
im  sand,  sihet  einem  stain  gleich,  ist  es  doch  nit.  Seüter  333. 

BEINBRECHER,  m.  falco  ossifragus:  ein  vogel  beinbrecher 
genant,  Aristoteles  nennt  diesen  phine  tyi^vr;),  etliche  halten 
den  für  ein  adlersgeschlecht,  ist  aber  mehr  den  geiern,  dann 
den  adlern  zugeartet.  Thur.neisser  magna  alch.  2,  69.  die  be- 
nennung  daher,  dasz  man  diesen  vogel  das  gebein  der  ge- 
raubten thiere  zerbrechen  sah,  Plinius  nennt  ihn  ossifraga. 
läge  auch  in  <privr}  der  sinn  von  knochen,  so  wäre  das  ein 
merkwürdiger  anklang  an  unser  bein. 

BEINBRECHGRAS,  n.  anlhericum  ossifragum,  franz.  brise 
os,  it.  ossifrago.  man  wähnte,  das  vieh  erlahme,  werde  bein- 
brüchig vom  fressen  dieses  grases.    s.  beingras. 

BEINBRUCH,  m.  os  fractum:  der  stürz  vom  pferde  hatte 
einen  beinbruch  zur  folge. 

BEINBRCCHIG,  cui  os  fractum  est,  claudus:  beinbrüchiges 
vieh  taugt  nicht  zum  schlachten ;  dasz  ich  erstlich  die  schlech- 
ten wunden,  nach  diesen  die  beinbrüchigen  und  folgends  die 
so  noch  weiter  verletzt,  solte  eine  nach  der  andern  einfuh- 
ren. Fel.  Würtz  pracl.  84. 

BEINCHEN,  n.  ossiculum  oder  auch  pediculus,  parvus  pes: 
niedliche  pulcinellbeinchen.  Göthe  29,  247  ; 
und  setzt  ihm  fix  ein  beinchen, 
da  lag  das  arme  Heinchen. 

BEINDIECH,  n.  femur:  zwo  äderen  an  den  beindiecheren 
und  zwo  an  den  knieschiben  an  beiden  schenkein  geschla- 
gen.   Gersdorf  18 ;  gessa  (?)  beindiech.  97.    s.  diech. 

BEINDRECHSLER,  m.  tornarius. 

BEI.NDÜRRE,  valde  macer,  abgemagert,  so  dasz  die  kno- 
chen durchscheinen,  knochendürre. 

BEINEBEN,  praep.  und  adv.  juxta,  praeter,    praeterea,    ne- 
benbei,   daneben,    aus  drei  Wörtern  zusammengesetzt,  aus  bei, 
en  (in)  und  eben:  und  befestigt  das  mit  klarem  tcxt  aus  der 
Schrift,   beinebeh  den   herrlichen   zeugnussen,    die    sie   hiczu 
entlehnet,    bienenk.  tu* ;    beineben   vielen  frauenschändungon, 
die  er  begangen.  221* ;    beinehcn  dem,  was  er  noch  von  den 
Juden  krigt.  224';  und  ist  beineben  zu  wissen.  Schweimcue.n 
1,  21 ;    habe    beineben    meinen    gnädigsten    fürsten  und  herrn 
gehabt.  1,  32;  beineben  eine    handbüchse.    1,  56;    und  waren 
beineben  den  kriegsleuten  zu  geisein  gegeben.  1,  179;  boine- 
ben  fielen  alle  anschlage  dahin,    i,  264;    dann   ir  auch  disz 
beinehen  wissen  soll.  Garg.  8 ;  unic.  docl.  68.  100 ; 
wir  wollen  erlanpen  RUie  beut, 
beineben  haben  grosz  ehr  und  Trend.    Soltau  46t; 
du  heilst  und  schlagest  mich,  ach  schone  dorh  beineben. 
Flf.«i:ig  193. 


BEINEBENS,  adv.  praeterea:  auch  beinebens  in  der  täg- 
lichen erfahrenheit  verspüret.  Abele  unordn.  5,  99 ;  zu  merken 
ist  beinebens.  Hohberc  3,  344*.    heute  veraltet. 

BEINECHT,  osseus :  sein  ganzer  leib  wird  mit  rauchen  bei- 
nechten schuppen  bedeckt.  Forer  IS',    s.  beinicht. 

BEINECHTIG,  osseus:  sonsten  der  Substanz  nach  beinech- 
tig,  so  subtiel  als  etwan  eine  schal  eines  kleinen  merkrebs- 
lins  sein  mag.  Uffenbach  roszbuch  21. 

BEINEN,  osseus :  das  ist  die  schraub,  damit  sie  der  schrift 
ihres  gefallens  kan  ein  nase  traben,  wann  sie  schon  beinen 
wer,  geschweigen  wachsen,  bienenk.  69';  an  hülzinen,  beine- 
nen,  steinenen  oder  corallinen  knöpfen  oder  kugeln.  197*. 
s.  beinern. 

BEINERHAUS,  ossuarium,  beinhaus:  zu  Sempachs  ernstem 
beinerhause.  Pfeffel  3, 113. 

BEINERN,  osseus,  wie  wir  heute  sagen,  nach  der  pluralform 
beiner:  Isaschar  wird  ein  beinern  esel  sein  und  sich  lagern 
zwischen  die  grenzen.  1  Mos.  49, 14,  altn.  beinasni  onager,  die 
vulg.  hat  asinus  fortis.  auch  ahd.  wäre  peinirin  zulässig  ne- 
ben peinin,  mhd.  beinerin  neben  beinin.    vgl.  steinern. 

BEINFÄULE,  f.  knocbenfdule,  was  beinfrasz. 

BEINFEILE,  f.  knochenfeile,  lima  tornatorum  et  chirurgorum. 

BEINFELN,  infula  donare:  beinfeite  bischof.  bienenk.  222'. 

BEINFISCH,  m.  ostracion,  nnl.  beenvisch,   engl,  boneüsh. 

BEINFOLTER,  f.  tormentum  crurum. 

BEINFRASZ,  m.  caries  ossium. 

BEINFRESSER,  m.  caries,  gangraena.  Paracelsüs  chir. 
sehr.  361*. 

BEINFRUCHT,  f.  pflanzenfrucht  mit  knochenharter  schale. 

BEINGEHEGE,  n.  sepimentum  osseum,  ioxos  oSövxoiv : 
die  Zunge  wohnt  mit  fleisz  im  weiszen  beingehäge. 
LoGAü  1,  7,  86. 

BEINGERIPPE,  n.  compages  ossium,  skelet: 
dieses  beingerippe 
ohne  wang  und  lippe 
hatte  gold  und  rang.    Höltt  im  todlengräberlied. 

BEINGERÜSTE,  n.  dasselbe. 

BEINGESTALT,  f.  species  ossea:  keine  beschreibung  des 
Schattenreichs,  das  an  dieser  beingestalt  antheil  habe.  Her- 
der 19,  241. 

BEINGESTELL,  n.  was  beingerüst. 

BEINGEWÄCHS ,  n.  geschwulstiger  auswuchs  der  knochen- 
masse:  wann  ein  ros  ein  baingewächs  hat,  so  brenn  die  haut 
ob  dem  bain  auf.  Seüter  284;  Überbein,  beingewächs.  PiMER42t. 

BEINGEWAND,  n.  vestis  crurum.    mhd.  beinberge. 

BEINGITTER,  n.  clathrum  osseum:  beingitter  stehen  zwi- 
schen den  menschenseelen,  und  doch  kann  der  mensch  wäh- 
nen es  gebeaiuf  der  erde  eine  umarmung.  J.  Pacl  uns.  löge 
2,  185. 

BEINGLAS,  n.  eine  mil  weiszgebrannten  knochen  versetzte 
milchweisze  glasmasse:  auch  trübt  man  das  glas  dadurch,  dasz 
man  gepulverte  und  calcinierte  knochen  mit  ihm  zusammen- 
schmelzt, deswegen  man  es  auch  beinglas  nennt.  Göthe  52, 
79 ;  die  magische  hängelampe  aus  beinglas.  J.  Padl  Tit.  4,  47. 

BEINGRAS,  n.  was  beinbrechgras. 

BEINGRATTEL,  varus  oder  valgus:  mit  den  rotznasglitzen- 
den,  dürrbackenschmulzigen,  beingrattelen  elenbogenhinkern. 
Garg.  61". 

BEINHALTER,  m.  supplantator,  der  andern  ein  bein  vor- 
hält, stellt. 

BEINHARNISCH,  m.  was  beingewand,  tegumenta  tibiarum, 
ocreae,  Tte^txvrjfäs :  und  hatte  ehern  beinhamisch  an  seinen 
Schenkeln.  1  Sam.  17,  6 ;  der  gegenwärtige  hasenfusz  ist  nicht 
blosz  der  beinhamisch  der  bocksfüsze  meines  satirs.  J.  Paul 
lit.  nacht.  4,  57. 

BEINHART,  praedurus,  osseus,  knochenhart,  steinhart,  altn. 
beinbardr:  ist  aber  das  uberbein  alt  und  beinhart  worden. 
Uffenbach  rosjfc.  2,  266  ;  beinhart  gefroren. 

BEINHARTE,  f.  ossilago. 

BEINHASE,  m.  pfuscher.  Felsenb.  2, 190.  s.  bönhase. 

BEINHAUS,  n.  ossuarium,  ossium  conditorium,  haus  auf 
dem  kirchhof  für  die  ausgegrabnen  lodtenbeine,  sonst  auch  ger- 
ner,  carnarium  {sp.  1188) :  doch  wird  er  nicht  die  band  aus- 
strecken ins  beiniiaus;  in  einer  bar  in  das  beinhaus  gestellt. 
Wickram  rollw.  5l';  liecht  oder  ampel  in  dem  beinhaus.  52; 

gehe  ins  beinhaus 

und  such  ein  adelichen  köpf  heraus.    Lchiank  156; 
wann  Ins  weinhaus  Linus  geht,  soll  er  in  das  beinhaus  gehn, 
drauf  so  weite  «eine  fraw  nie  durchs  tanzhaus  stille  stetia. 
L0GAU3,  9,  53; 


1387 


BEINHÄUSEL  —  BEINRÖHRE 


das  beinhaus  auf  dem  gottesacker.  Weise  Ä/. /«««e  91; 
im  ernsten  beinliaus  wars  wo  ich  bescijauie, 
wie  Schädel  Schädeln  augeordnet  pasten.    Göthk  23,  285. 

Den  ags.  dichtem  hiesz  aber  bdnhös  der  menschliche  leib  selbst, 
das  aus  knochen  erbaute  haus,  und  in  diesem  sinn  sagt  auch 
J.  Paul  :  unter  mir  lag  eine  sclilafende  gasse  erloschener  hein- 
häuser.  jubeJsen.  198. 

BEINHÄUSEL,  n.  diminutiv  des  vorigen :  ich  sperrt  sie  ins 
beinhäusel  nahe  hierbei.  Göthe  42, 185. 

BEINHAUT,  f.  periostcum,  dünne,  die  knochen  umgebende  haut. 
BEINHEIL,  n.  1)  osteocolla,  was  beinbrech.    2)  symphylum, 
it.  consolida,  franz.  consoude,  mit  hlebrichlcm,  heilendem  saft. 
BEINHÖLE,  f.  cotyla. 

BEINHOLZ,  n.  benennung  mehrerer  kräuter,  namentlich  lo- 
nicera  xylosteum,  comus  und  ligustrum  vulgare. 
BEINHÖLZLE,  n.  wiederxm  ligustrtm  vulgare. 
BEINHÜFTE,  f.  was  sonst  hüflhein,  os  coxae:   ein  weiszcr 
habich   sol  haben  einen  groszen  weilen  hals  . . .  hohe  breite 
brüst,   hart   fleisch,   lange  wolgesetzte  und  weitgerichte  bein- 
hüfte.  weidwerkbuch  2,  12";  einen  bösen  unartigen  habich  sol 
man  erkennen  an  seinem  groszen  köpf,  an  seinen  dicken  buschi- 
gen weichen  halsfedern  und  kurzen  feisten  bcinhüften.  2,  12'. 
BEINHCLSE,  f.  was  beinholz  und  beinhölzle. 
BEINHLTLEIN,  n.    da   es   (das  nayclgcschwür,    der  wurm) 
mit  allem  gewalt  hindurch  brechen  möge  durch  Verbrennung 
des  flammes(?)  und  beinhütleins.  W'vrtz  pvact.  2ßQ. 
BEINICHT,  osseus,  beinhart,  s.  beinecht. 
BEINIG,    1)  osseus,    was  das  vorige:    beiniges  fleisch,    mit 
vielen    knochen.     2)  fäsze   habend,     s.    zweibeinig,    dreibeinig, 
vierbeinig,    langbeinig,"  kurzbeinig,    dickbeinig,    dünnbeinig, 
krummbeinig,  hochbeinig. 

BEIMSCH,  osseus :  was  nur  fäsisch  oder  geäderisch  ist  oder 
auf  beinische  art.  PiniCELSus  1, 1025'. 

BEINKLEID,  n.  femorale,  bracca,  hose,  beingewand,  nieder- 
wat,  gewöhnlich  im  pl.  beinkleider,  da  beide  beine  bekleidet 
werden. 

BEINKLEIDMACHER,  m.:  dasz  ich  in  solchem  fall  weder 
schlichter  noch  beinkleidmacher  für  meine  biösze  nölhig  zu 
haben  mich  erkühnen  würde.  Herder  bei  Merck  l,  38. 

BEINKNOPF,   m.    1)  das   verstärkte   ende   der   knochen  als 
gliedmaszen.     2)  knöcherner  knöpf 
BEINKRAMPF,  m. 

BEINKREBS,  m.  canccr  ossis,  knochenkrebs. 
BEINKRÜCK,  /■.  was  beingeripp,  skelett.    Eyhing  2,  195  von 
einem  gebratnen,  berupften  capaun  : 

und  bleibt  allein  die  bcinckruck. 
BEINKRÜMME,  f  rhachitis.  % 

BEINLADE,  f  ein  Werkzeug  zur  heilung  der  beinbrüche. 
BEINLAGE,  f  was  beinling. 
BEINLAHM,  knochenlahm  oder  fuszlahm. 
BEINLEDER,  n.  lederschaft  an  stiefeln. 
BEINLEIN,  n.  pediculus,  ossiculum :  ein  beinlein  von  einer 
fliegen.   Keisersb.  Sünden  des  munds  51";   was  soll  denn  das 
todte   und   vergengiiche    silber   und   gold   und   die  schwache 
kraft  aller   steinlein   und   beinlein  uns  eines  glaubigen  men- 
schen   ewige,    unvergengliche    herlichkeit   fürbilden    können? 
Mathesius  115';  that  so  einen  harten  fall,  dasz  ihm  die  bein- 
lein in  dem  hals  umbgedrehel  wurden  und  er  seinen  hals  we- 
der auf  diese  noch  jene  seile  beugen  konte.  pers.  baumg.  8,4. 

iruck  wol  das  beinlin!    Scueit  grob.  A4'; 
bcinleins  spielen  hiesz  sonst  was  jetzt  knöcheln:    sogar   So- 
crates   und    Heraclitus   hätten    zu    Ephesus   unter    den    kin- 
dern  des  beinleins  und  der  sauersehende  Cato  mit  den  wür- 
feln gespielt.  LüHENSTEiN  Arm.  1,  80. 

BEINLING,  m.  1)  der  obere  theil  des  strumpfes.  2)  bei  den 
kürschnern,  die  haut,  welche  unmittelbar  über  den  beinen  der 
Ihiere  sitzt,  und  starker  ist,  als  die  übrige. 

BEINLOS,  exos,   ohne  knochen  oder  ohne  füsze. 
BEINMARK,  n.  mcdulla  ossitim. 
BEINMEHL,  n.  knochenmehl. 
BEINMUSKEL,  m. 

BEINNARBE,  f.  callus  ossium  fractonm. 
BEINÖL,  n.  oleum  osscum. 

BEINÖTHIG,  necessarius :  wie  beinöthig  es  ilzl  allenthal- 
ben wird  umb  personen.  Luthers  br.  5,  380.  musz  auf  das 
ahd.  adv.  pi  n6li,  necessario  zurückgeführt  werden. 

BEINRÜHRE,  /.  fistula  ossis,  cruris,  knochenröhre:  so  falle 
meine  schuiter  von  meiner  achsel  und  mein  arm  zerbreche 
mit  seinen  beinröhren.  Georg  Scherers  twjndiegcn.  F  3'. 


BEINRÜSTUNG  — BEINWAGHS         1388 

BEINRÜSTUNG,  f.  was  beinharnisch. 
BEINSAFT,  m.  materia  liquida  ossibus  generandis. 
BEINSÄGE,  f  serra  ossium,  knochensäge:  er  fluchte  und 
donnerte  auf  alle  seine  leidenschaften,  die  bisher  die  bein- 
säge an  ihre  verbundenen  freundschaftshände  angelegt  hatten. 
J.  Paul  Hesp.  1, 11 ;  wenn  ihr  noch  jähre  lang  mit  euern  haar- 
und  beinsägen  auf  dem  ehelichen  lande  hin  und  herkratzet. 
Siebenk.  3, 123. 

BEINSAUGER,  m.  hypcrsarcosis. 
BEINSCHADE,  m.  knochenschade. 

BEINSCH.\UER,  m.:  von  wegen  der  weiszen  bein  und 
posterioren  desselbigen  orts  frawen.  dann  als  Paris  zwischen 
den  drein  frawen  den  apfel  austheilt,  sah  er  mehrtheils  nach 
denselben  zweien  stücken,  wie  noch  der  beinschauer  mehr. 
Garg.  149*. 

BEINSCHELLE,  /".  compes  tibialis :  der  balgtreter  besah 
die  silbernen  gatterthore  und  beinschellen  auf  den  füszen  sei- 
nes verwandten.  J.  Paul  Hesp.  3,  8 ;  die  beinschellen  des  me- 
trums.  biogr.  bei.  1, 143.    s.  handschelle. 

BEINSCHIENE,  f  ferula,  1)  dünne  höher  zum  verband  ge- 
brochner  knochen,  wie  beinlade.  2)  beinbedeckung,  wie  bein- 
harnisch. 

BEINSCHMALZ,   n.   was   beinöl:    nimb    bainschmalz    und 
schmirb  ein  streichtuech  damit.  Seüter205. 
BEINSCHNALLE,  f  periscelis. 
BEINSCHRAUBE,  f  ein  stück  der  beinfolter. 
BEINSCHRÖTE,  f.   laesio,   incisio  ossis:    schlage,    lähme, 
beinschröten.  Privilegium  Maximilians  von  1512  und  Carl  V  von 
1541  in  der  Frankf  reform.  1,44;  beschädigungen  als  Verwun- 
dungen, beinschröten,  lähme.  1,  43,  9. 

BEINSCHRÖTIG,  os  laedens,  secans:  beinschrötige  wunden. 
Frankf  ref  10,  4,  3;  ist  dan  ein  wunt  beinschrötig  oder  ist 
in  dem  gleich,  so  treuf  das  öle  warm  dorin,  so  legt  es  den 
schmerzen.  Gersdorf  31;  würt  ainer  wund  durch  die  öbern 
tail  der  achseln,  und  ist  die  wund  nit  fast  bainschrötig,  das 
ist  ein  klaine  wund.  Braunscuweig  7;  wann  ein  pferd  das 
ander  schlegt  vornen  an  bolz,  dasz-  zu  besorgen,  es  möcht 
bainschrötig  sein.-  Seuter  282;  heilet  die  wunden,  so  nicht 
beinschrötig  sind.  Tabernaejj.  588;  ein  guter  trank,  wann 
einer  gestochen,  gehauen  oder  geschlagen  wird,  wanns  nur 
nicht  beinschröttig  ist.  Hohberg  1,  307'. 

REINSCHRÖTLEIN ,  n.  fragmentum  ossis:  lulchsamenmel 
zeucht  beinschrötlein  aus  den  wunden.  Tabernaem.  677. 

BEINSCHWARZ,  n.    atramentum,    color  adustorum  ossium, 
schwärze  aus  gebrannten,  zerriebenen  knochen : 
aus  den  linocben  gleicherweise,  woraus  man  noch  überdem 
das  beliebte  beinscbwarz  bringet,  das  den  mahlern  so  bequem. 

Brockks  9,  260; 
in   einem   solchen   sieden   des   bluts  wurden  ihm  moralische 
leberflecke  zu  beinschwarz.  J.  Paul  Hesp.  4,  94. 
BEINSPALT,  m.  fissura  ossis.  , 
BEINSPAT,  f».  eine  pferdekrankheit.    s.  spat 
BEINSTAB,   m.    den   böltichern   das   in  fässem  unten  vor- 
stehende, zum  fusz  dienende  holz. 

BEINSTEIN,  m.  was  beinbrech,  osteocolla. 
BEINSTELLEND,  supplantans : 

doch  dem  Eios  siegt  er  ob 

in  bcinstellcndem  ringerspiel.    Göthb41,232. 

BEINSTERZ,  /.   bachstelze. 
BEINSTIEFEL,  m.  ein  folterwerkzcug. 
BEINTARTSCHE,  f  scutum  crura  tegens: 
die  Schilder  sein  entzwei,  die  panzer  sein  zerschmissen, 
die  beiniarlsch  ist  zergänzt,  die  urnischien  ist  zersplissen. 

VVkrdkhs  Ariost  23,  113 ; 
der  heim  verbleibet  hier,  dort  die  beinlarlschen  liegen, 
dorthin  musz  ihm  der  schürz,  die  armschien  hiernaus  lliegen, 
(qui  riman  l'elmo.  e  la  riman  lo  scudo, 
lontan  gli  arnesi,  e  piü  lonlan  1  usbergo).    23,  IJJ. 
BEINTASCHE,  f :  rüstung  mit  sturmhüten,  langen  achseln 
und  heintaschcn.  Kirciimof  mil.  disc.  29. 
BEINVOLL,  plenus,  rcfertus  ossibus: 

die  lodiengräber  , .  „ 

enihuben  dem  boden  beinvollc  klumpen.    Schübari. 

BEINWAARE,  f.   drechselarbeil  aus  knochen. 

BEINVVACHS,  ni.  was  beingewächs :  wider  alle  dunkle  der 
äugen,  wider  alle  siechtuiub  und  mängel  der  beinwachs.  Sku- 
lER  59 ;  so  ein  ros  ein  gcwüchs  hat,  dasz  es  daran  hinkt,  so 
nimb  schelmcnltain,  und  merke  das  ort  wo  es  ligt  und  wie 
es  ligt,  reibs  dem  ros  wol  über  den  beinwachs.  285.  mhd. 
beinwabs.   kröne  19848. 


1389 


BEINWAND  —  BEINREITER 


BEIRENNEN— BEISASZ 


1390 


BEINWAND,  f.  paries  osseus:  zwischen  den  beinwänden 
seines  kopfes.  J.  Paul  Hesp.  1,  215. 

BEINWELL,  m.  symphytum  coniolida  major,   vgl.  beinheil, 
walhvurz.    ahd.  beinwelle,  sumerl.  55,  38.  54. 
BEINWEBK,  n.  icas  beinharnisch,  beinrüstung: 

das  beinwerk  allerdings  verbran.    SpRE:tG  //.  33*. 
BEIOBDNEN,  adjungere,  zuordnen,  als  gehülfen  und  mitar- 
beiier  an  die  seile  stellen,    beigeordnete  Satzglieder. 

BEIPACKEN,  alligare:  die  bücher  sind  beigepackt,  mit  ein- 
gepackt. 

BEIPFANNE,  f.  im  sahwerk,  eine  vom  (euer  der  groszen 
Pfanne  mit  erwärmte  nebenpfanne. 

BEIPFERD ,  n.  equus  funalis,  ein  nebenpferd,  riemenpferd, 
handpferd.    Arndts  leben  19. 

BEIPFLICHTEN,  accedere,  assentiri,  astipulari.  pflibt  hiesz 
in  der  alten  spräche  eine  obliegende,  übernommne  sorge,  ein 
dimstj  pflihten  sich  einem  zu  dienst  verbinden: 

nü  lät  in  zuo  iu  pflihten.   Walther  12,  15; 
si  pflihten  alle  wider  mich.    58,32; 
bin  ze  wiben  nach  hohem  muoie 
sult  ir  die  sinne  rihten 
und  an  ir  helfe  phlihten.     Wh.  6,  8. 
beipflichten  ist  demnach  zu  einem  in  pflicht  treten,  sich  einem 
pflichllich   verbinden,    folglich  stärker  als  bloszes  beistimmen, 
ein   wirkliches   treten   auf  seine  seite,  sich  hingeben.     Luther 
musz  das  wort  kennen,  da  er  beipQichter  davon  ableitet. 
hier  ist  kein  unterschied  zu  merken, 
sie  sind  nur  sünder  allzumahl, 
sind  böser  art  in  ihren  werken, 
ihr  arges  thun  ist  ohne  zahl, 
nicht  einer  kan  vor  gott  bestehen, 
nur  Christus  pflichtet  ihnen  bei  (hilft  ihnen): 
ihr  thun  ist  nichts  und  musz  vergelien, 
denn  er  macht  sie  aus  gnaden  frei.    Üprrz  3,  98. 
IU  Babel  wurden  schöne  töchter  auf  freiem  markte  feil  gestellt, 
die  ungestalten  aber  nahmen  zur  mitgift  so  gelöstes  geld. 
ich  aber,  wann  ich  diesem  brauche  nach  willen  sollte  pflichten 

bei, 
80  meint  ich,  dasz  allhier  das  geben  viel  seliger  als  nehmen  sei. 

LOGAU  3,  6,92; 
ich   musz  ihrer  vorsieht  beipflichten.    Gotter  3,  190 ;    grund- 
sätzen  bepiflichten,  die  ich  verabscheue.  Klincer  1,  384. 

BEIPFLICHTER,  m.  assecla,  assentator:  auch  zu  mehrer 
schand  des  genanten  Martinus  und  seiner  beipflichter,  gün- 
stigen, anhengigen  und  halter  gebieten  wir  allen  und  jeden 
christgleubigen  . . .  das  sie  gedachten  Martinum,  sein  beipflich- 
ter ...  personlich  fahen.  Luther  1,  261*. 

BEIPFLICHTEBIN,  /".  assenlatrix:  ich  höre  wol  diese  schöne 
fürstin  sei  eine  beipflichterin  des  Plato.  Lohenst.  Arm.  1,  325. 
BEIRATH,  m.  consilium,  Irost  und  hülfe  der  nahestehenden 
und  berechtigten :   beirath  der  freunde ;   etwas  mit  oder  ohne 
beirath  der  genossen  thun;  sonder  ausdrückliche  einwilligung 
und  beirath  seines  groszen  gutthäters.  ehe  eines  weibes  lüi; 
und  jeder  freund  kam  angerannt, 
ihm  trost  und  beirath  mitzulheilen.    Hagedorn; 

sogleich  wird  band  an  eine  neue  oper  gelegt  und  Claudine 
mit  Erwin,  in  seiner  gegenwart,  mit  seinem  beirath  verbessert. 
Göthe  29,  119.     du  warst  mein  beirath. 

BEIRATHEN,  consilium  dare,  suadere:  ob  ich  nun  gleich 
zu  solchen  possen  sehr  gern  beirielh.  Göthe  26, 138. 

BEIRÄTHIG,  qui  consilio  suo  juvat:  eine  alte  frau,  welche 
ihr  heimlich  an  die  band  gieng  und  sowol  im  essen  als  in 
anderer  nolhdurft  ihr  beiräthig  war.  Weise  /./.  leute  225 ;  bäte 
nur,  auch  -seiner  gegenwärtigen  noth  beiräthig  zu  erscheinen. 
erin.  235 ;  indem  ihn  ein  ereignis  vor  dem  andern  anzog,  hatte 
ich  beiräthig  und  millhätig  eingewirkt.  Göthe  31, 193 ;  die  an- 
wesenden preuszischen  architekten  waren  beiräthig.  32,  48 ; 
die  Philologen  waren  mit  geralligkeit  beiräthig.  32,  84 ;  indes- 
sen kann  er  ihm  im  ganzen  und  einzelnen  beiräthig  sein. 
an  Zeller  512. 

BEIKÄTHIGKEIT,  f.  facilitas.  unw.  doct.  717. 

BEIRECHNEN,  annumerare,  hinzurechnen:  hiezu  kommen 
noch  die  binnen  zwanzig  jähren  beizurechnenden  fünf  Schalt- 
tage.  WiEI.AND  15,  375. 

BEIKEDE,  f.  deverticulum,  praetcxtus,  ausrede:  der  salan 
sucht  immerdar  winkclhölzrr  und  beirede,  holzwege  wider 
gottes  Ordnung.  Luther  tischr.  312*. 

BEIREIHEN,  cnlligere,  anreihen. 

BEIRFIS.  n.  stolo,  nebensprosz. 

BEIREITKR,  m.  eques  adjunclus:  Ober  etliche  tage  hat  man 
ihn  mit  einem  beireuler  als  wider  heim  zu  ziehen  abgefertigt. 
Luther  3, 385. 


BEIRENNTN,  accurrere :  der  die  Seelen  aus  dem  meer  den 
exorcisten  fürstellt  und  denselben  bis  so  lang  er  alles  sein 
begeren  erfüllet  hat,  beirennet  Atrer  proc.  3,6. 

BEIRIEME,  m.  lorum  adjectum,  nebenriemc,  zaumrieme,  der 
die  kopßaltung  des  pferds  bestimmt. 

BEIRREN,  impedire,  verwirren:  er  beirrt  alles;  das  Ver- 
ständnis beirren;  ich  lasse  mich  nicht  beirren,  irren. 

BEIRÜCKEN,  addere,  hinzurücken:  eine  stelle,  die  ich  hier 
beirücke,  einrücke;  man  könnte  beirücken,  zusetzen.  Kosgehl 
s.  10; 

denn  wo  sein  name  nur  sich  in  die  verse  schickt, 
so  wird  er  alsofort  dem  maier  beigerückt.    Ca.iiitz  94. 
intransitiv,  beirücken,  näher  rücken,  anrücken :  rücken  sie  ein 
wenig  bei. 

BEIRTJFEN,  citare,  herzurufen :  so  seltsam  und  weitschweifig, 
als  der  verspottete  Grillo  seinen  Pindar  nicht  beirufen  kann. 
Herder  14, 195. 

BEISACHE,  /".  causa  secundaria,  nebensache,  beiwerk:  darum 
ist  unser  unterthänig  bedenken,  dasz  die  unsern  solche  beisa- 
chen  nicht  streiten.  .Meuincbth.  6,  55 ;  und  nicht  dem  evangelio 
feind  werden,  abfallen  von  wegen  ander  beisachen.  corp.  doclr. 
ehr.  87. 

BEISAM,  adv.  simul,  una :  CK  und  TZ,  wiewol  kein  wort 
also  angefangen  wird,  doch  ist  der  buchsetzem  brauch,  diese 
beisam  zubehalten,  gleichsam  einen  halbgedopleten  consonan- 
ten.  See.  Helbers  sylbenbüechlein  1593  5.  20;  also  auch  mit 
dem  Wörtlein  firmamentum  kompt  die  eigenschaft,  dasz  über 
alle  begreiflichen  verstand  der  himmel  die  andern  sichtbare 
Corpora  eleraentorum  tragen  und  beisam  vest  unverruckt  hal- 
ten musz.  Paracelsus  2,  672'.     heute  gilt  nur  das  folgende. 

BEISAMMEN,  conjunctim,  ahd.  p!  samana,  wie  zusammen 
ahd.  zi  samana,  einen  unterschied  zwischen  beisammen  und 
zusammen  festzuhalten  ist  schwer,  wollte  man  jenes  ßir  ruhige 
nähe,  dieses  fiir  näherung  nehmen,  so  kann  ja  auch  bei  be- 
wegung,  zu  ruhe  ausdrücken,  wir  stehn  beisammen  heiszt 
zwar  nebeneinander,  wir  sind  einander  zur  seite;  wir  kommen 
zusammen,  nähern  uns  und  der  Sprachgebrauch  meidet  bei- 
sammen kommen,  wenn  aber  zu  sagen  verstattet  ist  bei  mich 
kommen,  scheint  beisammen  kommen  noch  nicht  gerechtfer- 
tigt, insofern  sammen  jenen  ursprünglichen  dat.  samana  ent- 
hält. Die  belege  zeigen,  dasz  neuere  schrißsteller  beide  partikeln 
von  einander  zu  scheiden  gesucht  haben,  und  liesz  sie  bei 
saraen  verwaren  drei  tage  lang.  1  Mos.  42,  17 ;  es  ist  besser 
wonen  im  winkel  auf  dem  dach,  denn  bei  eim  zenkischen 
weihe  in  einem  hause  beisamen.  spr.  Sal.  21,  9.  25,  24;  und 
da  er  und  die  ältesten  bei  samen  waren,  beratschlaget  er  mit 
inen.  2  Macc.  13, 13 ;  und  drei  sind,  die  da  zeugen  auf  erden, 
der  geist  und  das  wasser  und  das  blut,  und  die  drei  sind 
beisamen.  1  Joh.  5,  8 ; 

dreierlei  macht  dich  vergöttert,  dasi  du  bist  so  wunderschön 

und  so  wunderkeusch,  dasz  beide  letzlich  auch  beisammen  stehn. 

Logac  1,  10,  55 ; 
die  menschen  sind  nicht  nur  zusammen,  wenn  sie  beisammen 
sind,  auch  der  entfernte,  der  abgeschiedene  lebt  uns.   Göthe 
8,  295 ;    doch   ist  oft  nichts  natürlicher,   als  dasz  man  nicht 
zusammen  kommt,  wenn  man  so  nahe  beisammen  ist.  28,  35 ; 
beisammen  sind  wir,  fanget  an  I   12,  75 ; 
lasset,  freudig  überein, 
als  wenn  wir  beisammen  wären, 
kräftig  uns  zusammen  sein.    47,  135; 
treuherzigkeit,   welche   mit   genie  und  witz  sehr  wol  beisam- 
men sein  kann.  Wielaxds  Horaz  l,  12!.     offenbar  darf  zusam- 
men überall  auch   an   die   stelle  von  beisammen  treten:  wir 
sitzen   hier  zusammen   ist  gleichviel  mit  beisammen.     Göthe 
28,  35    liegt   der   nachdruck  mehr  auf  kommen  und  sein,    als 
auf  zusammen  und  beisamtnen,  8,  295  und  47, 135  wird  sinn- 
liches,   örtliches   beisammen   dem  geistigen  zusammen  gegen- 
übergestellt.    Man  sagt:   er  hat  viel  geld  beisammen  (zusam- 
men gebracht);   hier   finde   ich   alles   beisammen,   was  sonst 
zerstreut   ist;    der   feind  hatte  bald  wieder  ein  beer  beisam- 
men ;    du  hast  deine  gedanken  nicht  beisammen,  bist  unauf- 
merksam;   ich   lasse   alles  beisammen,    vgl.  beieinander,   zu- 
einander. 

BEISASZ,  m.  accola  peregrinus,  gebildet  mie  iandsasz,  hin- 
tersasz:  landflüchtige,  die  sonst  nur  als  beisaszen  in  der 
fremde  duldung  erlangen  konnten.  Niebuhr  1,  252 ;  ein  sol- 
ches Schirmverhältnis  bestand  unter  den  Griechen  für  den 
beisaszen,  welcher  sich  einen  bürger  zum  mundherrn  wählen 
musle.  1,  369 ;  wäre  dies  nicht,  so  würde  man  in  ihnen  {den 
plebejem)  beisaszen  erkennen,  die,  wie  in  Griechenland,  aller 


1391 


BEISATZ  — BEISCHLAG 


BEISCHLAGEN—  BEISEITE 


1392 


politischen  rechte  blosz,  selbst  die  bürgerlichen  nur  unter  der 
person  ihres  palrons  und  Vertreters  übten.  1,  659. 

BEISATZ,  m.  1)  propago,  lalea,  ablegcr:  wann  die  erde  zu 
gut  ist,  taugt  sie  mehr  den  würzen  und  zwibeln  beisätze, 
als  blumen  zu  geben.  Hohberg  1,  585".  2)  additamenlum,  an- 
hang:  so  geschah  es  mit  dem  ausdrücklichen  beisätze,  dasz 
beide  parteien  sich  über  diesen  punct  nicht  verglichen  hätten. 
Schiller  882. 

BEISCHAF,  im  Wortspiel  für  bischof :  sonst  wirds  ursprüng- 
lich nit  unbequeme  verdolmetschet  bischof  beischaf,  der  bei 
den  Schafen  sein  so!,  stets  auf  sie  sehen.  Luthers  tischr.  269*. 

BEISCHAFFEN,  parare,  affcrre,  anschaffen,  herbeischaffen: 
meine  grüszte  freude  war,  hinter  den  büchern  zu  sitzen,  de- 
ren ich  mir  dann  viel  beischafte.  Simpl.  1,  530  (525) ;  zuerst 
giengen  mehrere  tage  hin,  bis  ein  clavier  beigeschaft  war. 
GöTHE  29,  14C;  und  so  besah  man  denn  auch  seine  altern 
Sammlungen,  zu  deren  glücklichem  beischafifen  historische 
kenntnis  genügt,  ohne  geschmack  zu  verlangen.  31,  223 ;  dasz 
den  meistern  alles,  was  sie  selbst  nicht  beischaffen  können, 
an  modeilen  genugsam  gereicht  werde.  43,  352. 

In  anderm  sinn  beischaffen  für  auf  die  seile,  bei  seile  schaffen : 
kaum  war  der  alte  beigeschafl.    Borger  17". 

BEISCHARREN,  defodere:  ein  todtes  thier  beischarren. 

BEISCHATZ,  m.  Iributum  secundarium,  nebenauflage :  auf- 
schlag  oder  beischatz.  1503  als  erhühung  des  landschatzes 
erhoben,  acten  der  hannov.  sldndevers.  1849  s.  231. 

BEISCHIESZEN,  conferre,  zuschieszen:  ich  musz  noch  geld 
beischieszen ;  wie  viel  für  das  notaiüuswerden  beizuschieszen 
ist.  J.  Paul  flegelj.  1, 17. 

BEISCHIF,  n.  navis  secundaria,  nebenschif. 

BEISCHLAF,  m.  concubilus,  beilager,  ahd.  mitisl&f  (Ghaff 
6,  802),  sowol  der  ehliche  als  unehliche :  so  hat  mich  die  Zen- 
gerin  mermaln  ersucht,  nachdem  si  den  peischlaf  gethan  hab 
(verheiratet  sei),  ir  den  stand  als  andern  fraun  zu  geben. 
Chmels  Maximilian  s.  189  (a.  1497);  kinder  so  aus  unehlichem 
beischlaf  geboren  werden,  weish.  Salom.  4,  6 ;  gewaltsamen 
beischlaf  verüben. 

BEISCHLAF,  m.  concumbens,  schlafgesell,  beischläfer,  auf 
mdnner  und  frauen  gehend:  zeuget  er  {Lamech)  von  seinem 
andern  beischlaf  oder  kebsvveib  auch  ein  son  und  tochter. 
Mathesius  8*;  so  ein  verstorbener  knecht  einen  beischlaf  bei 
ihm  hätte  und  von  ihr  kinder  erzeugete  oder  sie  wissentlich 
schwanger  gelassen  bette,  so  soll  das  kind  oder  schwanger 
beischlaf  die  besoldung  ererben.  Reuiteb  kriegsordn.  18  ;  dasz 
ein  beischlaf  oder  hur  erhalten  ein  heiliger  werk  sei,  dann 
in  solcher  ehe  leben,  bienenk.  39'. 

BEISCHLAFEN  ,  concumbere,  nnl.  bijslapen :  ich  bin  auch 
ein  sterblicher  mensch,  gleich  wie  die  andern,  und  bin  ein 
fleisch  gebildet  zehen  monden  lang  im  blut  zusammen  ge- 
runnen  aus  manns  samen  durch  lust  im  beischlafen,  weish. 
Sal.  7,  2 ;  wenn  ein  fraw  beischlaft,  sol  sie  {um  zu  empfahen) 
nit  zu  vil  essen  noch  trinken.  Albertus  Magnus  weibergeheimn. 
Frankf  1569  s.  4;  so  wirt  sie  rein,  das  si  beischiafen  mag. 
Frank  weltb.  153"; 

sollen  forthin  nicht  mehr  beischiafen 

und  weiber  nemen  zu  der  eh.    H.  Sachs  IV.  1,  113*, 

BEISCHLÄFER,  m.  concubinus. 

BEISCHLÄFERIN,  f.  concubina,  ahd.  sldfwip :  schöne  bei- 
echläferin  zum  heirat.  Simpl.  2,  29;  die  beischläferin  eines 
Alcibiades.  Wieland  2,  186 ;  die  gewalt,  welche  seine  bei- 
gchläferinnen  über  sein  herz  erhielten.  3,59;  ich  nannte  die 
namen  aller  frauen  und  beischläferinnen  des  profeten  Salomo, 
6, 187.    «.  beisorge. 

BEISCHLAG,  m.  in  mehrfachem  sinn, 

1)  numus  adulterinus,  falsche,  neben  der  echten,  geschlagene 
münze,  und  dann  angewandt  auf  ein  von  fürslen  unehlich  er- 
zeugtes, unechtes  kind,  bastart.  eine  stelle  Lockvs  oben  sp.  1112. 
Beischlag  wie  Bastart  begegnen  aber  nicht  seilen  als  eigen- 
namen,  weil  man  auszerehliche  abkunß  von  vornehmen  nicht  für 
schimpflich  hielt. 

2)  was  einem  aufgeschlagnen  gebäude  neben  beigcschlagcn 
wird,  ein  besonderes  fachwerk  (verschlag),  eine  stufcnmdszige 
erhöhung  vor  dem  haus  u.  s.  w. 

3)  eine  von  den  hauptschldgen  gesondert  bewirtete  feldab" 
Iheilung   in  der  koppelwirtschaft. 

4)  ist  sie  (die  zunge)  aber  golles,  so  redt  sie  nicht  dann 
goltes  Wort,  leben,  fried,  liecht,  und  ist  ein  anfang  und  bei- 
»cblag  (anhang)  aller  ding.  Frank  tpr.  1, 115*. 


BEISCHLAGEN,  etwas  nebenbei  schlagen,  niederdeutsch 
bislan  auch  beistimmen,  beipflichten,  es  eben  so  arg  machen: 
er  schlägt  nicht  übel  bei;  der  getragene  ist  so  voll  (betrun- 
ken), dasz  er  den  köpf  nicht  in  die  höhe  halten  kan,  und 
der  ihn  trägt,  schlägt  auch  nicht  schlimm  bei.  pers.  baumg.  7,  9. 

BEISCHLIESZEN,  1)  includere,  servare,  einschlieszen.  2)  ad- 
jungere,  beifügen:  der  beigeschlossene  brief. 

BEISCHLuSZ,  m.    1)  inclusio.    2)  adjunctio,  beilage. 

BEISCHLÜSSEL,  nachscklüssel,  clavis  adulterina. 

BEISCHMACK,  m.  was  beigeschmack. 

BEISCHMELZEN,  hinzuschmelzen. 

BEISCHOSZ,  m.  slolo,  ramus  inutilis,  kleiner  nebenschosx 
am  weinstock,  den  man  ausbricht,  beireis. 

BEISCHREIBEN,  adscribere,  hinzuschreiben. 

BEISCHREIBER,  m.  gehülfe  des  Schreibers. 

BEISCHRIFT,  f  inscriplio,  heule  inschrift,  nnl.  bijschrift: 
Heineccius  meldet,  dasz  zu  Goslar  Conradi  bildnis  mit  fol- 
gender beischrift  anzutreffen.  Hahn  2,13;  in  welchen  Sinnbil- 
dern die  füchse  unter  allerhand  gestalten  und  trachten  mit 
einer  beischrift  aus  der  bibel  vorgestellet  werden,  welche  die 
erklärung  des  bildes  sein  soll.  Gellert  1,  25;  die  allegorie 
soll  durch  sich  selbst  verständlich  sein  und  keiner  beischrift 
vonnöthen  haben.  Winkelmann  2,  441.  Gryphius  nennt  seine 
epigramme  beischriften. 

BEISCHUB,  m.  auxilium,  Vorschub: 

Ptochus  rufte  seinen  freund  in  der  noili  um  beiscbub  an, 
dieser  schickt  ihm  hülfe  zu,  spannet  aber  Itrebse  dran. 

LOGAU  2,  9,  37; 
Noihus  ist  mit  ralh  gezeugt,  ist  gezeugt  nicht  olingefehr, 
ihrer  neune  waren  da,  gaben  rath  und  beischub  her.  2,  10,  56; 

wenn  er  ihr  eine  schlammichte  lasche  zum  behältnis  alles 
vorraths  anhienge  und  einen  knörrichten  stab  zum  ganzen 
beischube  ihrer  reisen  mitgäbe.  Lohenst.  Arm.  1,  1204;  inen 
mit  speise  und  kleidern  nicht  beischub  thete  und  versorgete. 
Dreyding  B2. 

BEISCHUSZ,  m.  additamenlum,  zuschusz:  denn  sie  ihm 
doch  einen  beischusz  würden  gethan  haben.  Salinde  328 ;  die 
beischüsse  eintreiben. 

BEISCHÜSSEL,  /".  additamenlum  cibi. 
BEISCHÜTTEN,  affundere:  allzeit  dem  wein  wasser  beizu- 
schütten. J.  Paul  leufelsp.  1,  30. 
BEISCHWIMMEN,  adnatare. 
BEISEGEL,  n.  velum  secundarium. 
BEISEGELN,  was  beistechen. 

BEISEIN,  1)  adesse  praesentem,  bei,  um  jemand  sein.  mhd. 
daj  kumt  von  einer  frowen  schoene, 
der  ich  gerne  waere  bi.    MS.  1,  39*; 
darzuo  wmre  ich  dir  vil  gerne  bi.    1,  41* ; 
wir  sagen  heute  mit  der  praeposition :  ich  wäre  gerne  bei  dir. 
2)  conmmbere,  beiwohnen: 
aus  ehüchera  beisein  sproszte  dann  Hermione.  Götue  41,  194. 
BEISEIN,  n.  praesentia,    beiwesen,    gegenwart:    im  beisein 
des  königs,  rege  praesenle;  im  beisein  vieler  edlen  personen, 
Jucundiss.  212; 

er  war  mir  schon  hinweg  gegangen, 
und  ich  war  seines  beiseins  los.    Opitz; 
warum  denn  wolt  auch  ich 
mich  von  der  noih  entziehn 
und  gottes  beisein  fliehn?    Logau1,5,  21; 
mein  beisein  das  entrückt  ihn  zwar  des  todes  pTeilcn. 
IIOFMANNsw.  getr.  schäfer  43. 
BEISEIT,  adv.  seorsum,  meist  vor  vocalen: 

tretet  ein  wenig  beiseil,  ihr  Jungfraun,  dasz  ich  mir  selber 
von  den  schultern  das  salz  abspiil.    Voss  ü</.  6,  218; 
jener  sprachs,  und  sie  giengen  bciscit.    6,223; 
das  beiseit  sah  vater  Asan  Aga.    Göthk  2,  54; 
sie  giengen  scheu  heiseit,  was  er  befohlen 
ward  ausgeführt.    Tieck  2,  139; 

sie  nahmen  den  Vorleser  beiseit  und  beschworen  ihn.  ges. 
nov.  1, 111;  er  ist  der  ärmste,  gröszte  narr,  das  beiseit  (dpart). 
Klingers  th.  2, 128.    s.  beseit. 

BEISEITE,  seorsum,  die  volle  form  des  vorigen:  beiseite 
stehn,  sitzen,  setzen,  führen,  legen,  stellen,  thun ;  aber  den 
er  herzog  Friedrich  nennt,  den  sollte  er  beiseite  tliun  (be- 
seitigen, auslassen),  Schweiniciien  1,  87 ;  nach  diesem  gieng 
ich  etwas  beiseite.  1,125;  ich  würde  glauben,  dasz  er  dadurch 
den  ernst  und  die  cbrwürdigkeit  seines  amts  beiseite  setzte. 
J.  E.  Schlegel  3,  444;  sagte  Jarno,  indem  er  ihn  beiseite 
nahm.  Göthe  18,289;  dieses  beiseite  gesetzt.  Klincer  7,  240; 
doch  das  beiseile,  Kalb,   sie  sprachen  also  mit  dem  herzog? 


I 


1393        BEISEITGEDANKE  — BEISITZEN 


BEISITZER  — BEISPIEL 


1394 


Schiller  186;  übennäsziger  gebrauch  des  beiseite  (redem), 
welcher  oft  ins  lächerliche  fallt.  Schlegel  dram.  kunst  2,  44. 
bei  seile  gehn.  zu  rerrichlung  leiblicher  nothdurfl. 

BEISEITGEDANKE,  »?i.  senlentia  secundaria,  nebeng edanke: 
seinen  comnientar  über  Horaz  und  dann  noch  manche  liebe 
beiseitgedanken.  Herder  11, 104. 

BEISEITLEGLXG,  f.  sepositio. 

BEISEITS,  adv.  an,  von  der  seile:  und  als  die  Franzosen, 
der   beit   unlidig,    di    italischen   bi    sits   und  kurz  anrannten, 
brachents  wenig  spiesz.  Anshelm  Berner  chron.  3,  231;    dero- 
wegen    muste    ich  mit  herzog  Friedrichen  beiseits  wegziehen. 
Scuwei:<icben  1,87;  hat  keine  fischohren  beiseits.  Forer  43'; 
mich  jammert  nur  der  arme  Fani.-)$, 
bald  lauter  glut,  bald  leiclienmäszig  blasz 
steht  er  beiseite.  WfCLx.10  9,  48. 

s.  beseits. 

BEISEITSCHAFFUNG,  f.  remolio,  beseitigung. 

BEISEITSQLER,  qner  ton  der  seile  {vielleicht  gclrennt  zu 
schreiben):  er  gehet  beiseitsquer  aus  dem  bolzweg  in  das 
lerchenfeld.  Lcthebs  lischr.  51*. 

BEISESZ,  m.  assessor,  judex,  beisitzer:  soll  er  von  ersten 
der  gerichtsleut  einen,  hernach  den  beisesz  fragen.  Kirchhof 
mil.  disc.  246;  dieses  wird  mit  einhelliger  umbfrag  des  an- 
dern beisesz  bekräftiget.  247;  wird  ihnen  doch  auf  des  schult- 
heiszen  umbfrag  -  durch  den  beisesz  aufschub  erkennet.  248 ; 
soll  der  schultheisz  den  beisesz  fleiszig  ermahnen.  249.  s.  das 
folgende. 

BEISETZ,  ffl.  dasselbe: 

durchleachtiger  herr  könig  mein, 

und  auch  ihr  beisetz  allgemein,    ilörin  17. 

BEISETZEN,  apponere,  nnl.  bijzetten,  an  die  seile  setzen, 
legen,  anlegen. 

1)  zur  ehe  beilegen:  herzog  Wartislaf  aber  liesz  sich  fräw- 
lein  Magdalenam  in  seinem  hohen  alter  ehelich  beisetzen. 
MiCRÄLics  3,  450; 

der  kaiser  Ouo  wird  ihn  selber  würdig  schätzen 
die  tocbter  allda  ihm  zur  ehe  beizusetzen. 

Weraebs  Ariost  3,  27. 
vgl.  beisitz  2. 

2)  bestallen,  in  der  erde,  in  der  grüß:  eine  leicbe  beisetzen; 
der  verstorbne  fürst  soll  nächste  woche  feierlich  beigesetzt 
werden ;  wir  zogen  aus  des  nachts  durch  die  Stadt  mit  glocken- 
spiel  und  geklimper,  bis  der  hund  beigesetzt  war.   Schiller  107*. 

3)  die  speise,  das  fleisch,  den  topf  beisetzen,  zum  [euer: 
sie  setzte  rindfleisch  bei,  um  kräftige  brühe  zu  haben;  sie 
wurde  schon  als  ein  groszes  stück  beigesetzt  und  ist  nun  am 
feuer  noch  mehr  aufgequollen.  Tiecs5.  416;  indessen  wir  an- 
dern am  ernsten  kamine  uns  zur  noth  erwärmen  und  von 
zeit  zu  zeit  nachsehen,  ob  die  sclbstgezogenen  kartoffeln,  die 
wir  beigesetzt,  gar  geworden.    Göthe  an  Zelter  697. 

4)  geräth,  stüle,  bänke  beisetzen,  sowol  an  den  tisch  als 
zur  icand.  alle  se^el  beisetzen,  ansetzen,  anspannen,  nnl. 
alle  Zeilen  bijzetten,  alles  anstrengen. 

b)  beisetzen,  hinzusetzen :  noch  mehr  geld  beisetzen ;  worte 
beisetzen;  und  sie  selbst  hätten  sonst  nichts  beizusetzen? 
Schiller  1S9\ 

6)  beisetzen,  an  die  seile  setzen,  vergleichen: 

der  heulige  gehrauch  trägt  gleichsam  ein  ergclicn, 
die  bauren  dieser  zeit  deu  lürsicn  beizusetzen. 
l.OGAi;  1,  l,  &4. 

7)  beisetzen,  seponere,  bei  seile  setzen,  beseiligen :  und  wann 
ich  auch  die  absonderliche  ursach,  dasz  einem  inwobner  sei- 
ner gescbäften  und  seines  müszigganges  wegen  rechenschaft 
zu  geben  nicht  übel  anstehen  will,  beisetzte.  Opitz  //.  Grolius 
vorr.  s.  28t ;  dasz  gotl  sie  den  ihrigen  lange  zeit  einen  trost 
und  freude  wolle  sein  lassen,  als  wie  ew.  gn.  bisher  löblich 
gewesen  ist  und  die  hcldin  Judith  (oben  ausgestellte  müngcl 
beigesetzt)  vor  Zeiten  soll  gewesen  sein.  3,  70. 

BEISICHTIG,  tnyops,  kurzsichtig,  der  nur  in  die  ndhe  sieht. 
BEISIN.MG,    amen*,  dclirus,  wahnsinnig:    er  wirt  von  der 
krankhrit  beisinnig,  deliral  ex  morbo.  Hexiscb  264.   vol.  absinnig. 
BEISITZ,  m. 

1)  ususfruclus.  Frischlih  nomencl.  435.  Frankf.  rtform,  3, 6,  l.  2. 

2)  concHbtlus:  sie  {die  Friesen)  Rlrafcn  die  hiirerci  hart  und 
gestalten  niemand  ein  uneeliclx  n  beisilz.  Frask  velltt.  60*; 
laszt  man  ihm  ein  beisilz  und  hiim,  doch  nit  zur  ee,  «ud- 
der  für  ein  kepswcib.  128*. 

3)  beisitz   am  gerichl, 

BEISITZE.N,  asudere:  der  adler,  als  er  dis  anbringen  sei- 
ner undcrthunen  mit  den  beisitzenden  nitcii  angchörU  kiacü- 


HOF  itendunm^  63;  mil  fiölichem  gelächter  der  beisitzenden 
benen.  214';  der  ehrlichen  beisitzenden  {assistenlium)  obren 
mit  widerdriesz  erfüllet.  221'. 

BEISITZER,  m.    1)  usufructuarius.  Frankf.  reform.  a.  0.  0. 

2)  judex  assidens:  unser  gerechtigkeit  findt  beisitzer  in 
gottes  gericht.  bienenk.  9S' ;  nach  solchem  thut  der  schult- 
heisz an  alle  beisitzer  eine  gemeine  rechtliche  nmbfrage. 
Kirchhof  mil.  disc.  240.    rgl.  beisesz. 

3)  assidens  concubina?  ich  kenne  einen  gewissen  mann, 
der  durch  liebe  eingenommen,  von  seinem  beisitzer  gefraget 
wurde:  was  wünschest  oder  verlangest  du?  pers.  baumg.  Z,  ti. 
rgl.  beischlaf,  schlafgesell. 

BEISOHN,  m.  filius  spurius :  in  dem  ward  er  (Friedrich  2) 
von  Manfredo  seinem  beisun  aus  einem  kebsweib  geboren 
ersteckt.  Frank  chron.  Germ.  195.    s.  beitochter. 

BEISORGE,  f.  cura,  solliciludo,  suspieio,  besorgnis,  ver- 
dacht: hatte  vielleicht  auch  ein  beisorge,  es  wäre  nu  an  dem 
u.  s.  w.  LcTHEB  3,402';  er  setzet  aber  dazu  eine  warnung, 
als  zur  beisorge.  6,  212' ;  die  beisorge  noch  gar  stark  ist,  dasz 
irer  etliche  unserm  namen  und  glauben  fast  feind  sein.  Lu- 
thers br.  4,  5S9 ;  wo  aber  einer  zum  andern  mal  wiederkom- 
met, so  hat  es  beisorge,  als  sei  es  mutwilligklich  und  aus 
bosheit  geschehen,  .\gricola  spr.  185*;  das  ich  aus  dem  be- 
richt  erstlich  diese  Vermutung  und  beisorge  schöpfete.  Rixc- 
WAU>  tr.  Eckh.  A3'; 

dann  er  die  Torcht  und  beisorg  bett.  Spbrxg /<.  414*; 
aus  beisorge,  es  möchte  das  heilige  blut  an  dem  harte  hangen 
bleiben.  Wiedemaxs  febr.  65;  sein  vorhin  allzukübner  geist 
mit  übriger  beisorge  sich  abzukühlen  genötigt  gewest  wäre. 
Lohenst.  Arm.  1,  S56;  aus  beisorge  einer  verräterei.  2,  245; 
der  unnöthig  gesetzten  beisorg,  er  mochte  sich  vor  dem  com- 
mandanten  verreden.  Abele  3,  41 ;  allein  nachhero  that  er  es 
aus  der  beisorge,  Manlius  werde  die  feinde  dennoch  angrei- 
fen und  überwinden.  BCxac  1,  72 ;  nach  Caroli  absterben  ver- 
fugte sich  Ludovicus  nach  Achen,  aus  beisorge,  dasz  ihm 
Walo  gefahrliche  händel  machen  möchte.  Hahn  1,  100 ;  der 
pabst  wolle  von  Friderico  nichts  wissen,  theils  wegen  seines 
geringen  alters,  theils  aus  beisorge,  dasz  er  nach  erlangter 
kaiserlicher  hoheit  wegen  Neapolis  kein  vasall  des  röm.  stuls 
sein  wolle.  4,  52 ;  indem  er  ohne  allen  zweifei  die  beisorge 
haben  müsse.  Weise  erzn.  23 ;  aus  beisorge,  der  vater  möchte 
ihm  sonsten  eine  unangenehme  Visitation  anstellen.  110;  aus 
beisorge,  es  möchte  zu  viel  wasser  darneben  weg  flieszen.  119 ; 
Florindo  brach  seinen  worten  ab,  aus  beisorge  er  möchte  zu 
weinen  angereizet  werden,  kl.  leule\9  ;  sie  hat  sich  absentiert  aus 
beisorge,  die  bauern  möchten  nichts  guts  erzehlen.  opfer  Isaaks 
15t ;  Hioh  hatte  zwar  seine  freude  daran,  dasz  seine  kinder 
einig  unter  einander  lebten,  gleichwol  halle  er  die  beisorg,  sie 
möchten  im  essen  und  trinken  zu  viel  ihun.  Schcppils  154; 
vielleicht  aus  beisorge,  ich  möchte  daselbst  etwa  wieder  auf 
meine  alte  schliche  und  abwege  kommen.  Plesse  1,  99 ;  inzwi- 
schen gibt  mir  meines  hochgeehrten  hcrm  stillschweigen  we- 
gen dieses  puncts  keine  geringe  beisorge.  Leibmtz  2, 113 ;  nicht 
aus  beisorge,  dasz  sie,  mein  herr,  es  mir  übel  nehmen  möch- 
ten. Liscov  51 ;  weil  ein  solches  verbot  nothwcndig  aus  einer 
beisorge  herrühren  müste,  dasz  die  vollkommene  crcatur  das 
böse  dem  guten  vorziehen  möchte.  643 ;  wir  enthalten  uns,  alle 
die  solennitäten  umständlich  zu  beschreiben,  aus  beisorge,  es 
möchten  schon  viele  unsrer  leser  des  sinnes  sein,  als  hätten 
wir  bereits  bei  der  feierlichen  procession  zu  lange  verweilet. 
Siegfr.  von  Lindenb.  1,  231.  Die  späteren  meiden  oder  vergessen 
das  wort,  welches  doch  oft  bequemer  ist  als  besorgnis. 

Frisch  2,  288*  merkt  aus  einer  chronik  an,  dasz  beisorge 
auch  eine  coneubinc  bedeutete,  durch  sie  wachsen  dem  mann, 
der  als  vormund  schon  ßr  frau  und  kinder  zu  sorgen  hat, 
nebensnrqen  zu. 

BEISOUGEB,  m.  tutor,  vormund. 

BKISPANN,  w.  subsidium  jumenlorum,  vonpann. 

BEISPANNEN,  jumenla  adjungerc,  hinzuspannen:  es  müs- 
sen noch  zwei  pferde  beigespannt  werden,  bildlich,  nun  mes- 
sen die  wirlhc  keinen  tropfen  wein  mehr  weg,  dem  nicht  ein 
ebenso  groszer  tropfen  reines  wasser  beigespannt  w-äre.  J.  Paul 
teufrlsp.   t,  30. 

BEISPIEL,  n.  fnbula,  exemplum,  ßr  beispell,  denn  mit 
spiel  ludus  hat  das  wort  nichts  iu  schaffen,  es  stammt  aus 
sprll  seniiv,  narratio,  ahd.  spcl  gen.  spellcs  (Graft  6,  333), 
ags.  spell,  altn.  spiall,  golh.  spill,  deren  aller  doppeltes  L  sich 
von   dem  einfachen  in  spil  ludui  weseHllifh  scheidet,     wie  fa- 


J395 


BEISPIEL  — BEISPIELIG 


BEISPIELLOS — BEISTAND 


1396 


bula  von  fari,  narratio  von  narrare,  sage  von  sagen,  isl  spill 
von  spillun  abzuleiten,  die  partikel  tritt  vor  wie  im  ags. 
bigcvide  fabula,  proverbium  von  cvedan  dicere,  parallel  dem 
ags.  bigspell,  erzählung  des  gerade  am  wege  liegenden,  wie 
naooiuia,  des  neben  hin  geworfnen,  naaußolrj,  was  im  rem. 
paraula,  parola,  parole  wieder  zum  einfachen  spei,  sermo,  vcr- 
bum  geworden  ist.  ahd.  pispel  hat  sich  noch  nicht  dargeboten, 
wol  aber  mhd.  bispel  gen.  bispelles,  mnl.  bispel  gen.  bispeles 
(Clignetts  Esop  106.  107)  und  Kilian  hat  noch  byspel,  heule 
ist  es  nnl.  erloschen  und  durch  voorbeeld  vertreten,  nhd.  hat 
die  falsche  Schreibung  beispiel  bereits  Luther;  Dasypodiüs, 
Maaleh,  Heniscu  setzen  gleich  unrichtig  beispil. 

Das  mhd.  spei  und  bispel  drücken  aus  was  das  /af. Tabula, 
in  der  kaiserchronik  heiszl  es  6870 : 

hores  ilüj  lieber  hörre, 

ich  grttleuiie  alder  dinge  verre, 

wiU  du  i^,  herre,  virnemen, 

ich  sage  dir  ein  scöne  spei. 
6959    dö  der  herzöge  daj  spei  virnam. 
bei  UiFiLAS  1  Tim.  4,  7  sind  usaljjanaizö  spilla  aniles  fabulae, 
yQacöSsi;   fivd'ot   {vgl.   fiv&os   y^aös   bei   Plalo    Gorg.  527. 
republ.  350) ;  mhd. 

der  sol  von  einem  tursen  hceren  spei.    Albr.  Tit.  3251; 

dem  Stricker  aber  ist  die  fabel  vom  wolf  und  lamm 

aller  bispelle  anvanc ; 
spell  und  beispeil  setzen  also  ursprünglich  eine  erzählung  vor- 
aus und  die  ins  heutige  beispiel  gelegte  bedeutung  von  exem- 
plum,  Vorbild,  das  durch  die  that  gegeben  wird,  war  ihnen 
ganz  fremd,  den  allen  sinn  des  worts  hält  VVeckuerlin  fest: 
die  olin  allen  gniiid 
ein  beispihi,  ein  sprichwori  und  bossen  von  uns  machen.   163, 

d.  h.  die  uns  austragen  unter  die  leute,  dasz  wir  zur  fabel 
und  zum  spotte  werden,  in  dem  niederrheinischen  vespelchen 
für  märchen  klingt  noch  heute  spellchen,  beispellcben  nach. 
anspielen,  alluderc  war  in  beispiel  niemals  enthalten.  Triftig 
genug  unterscheidet  Kant:  beispiel  ist  mit  exempel  nicbt  von 
einerlei  bedeutung.  woran  ein  exempel  nebmen  und  zur 
verständlicbkeit  eines  ausdrucks  ein  beispiel  anführen  sind 
ganz  verschiedne  begriffe,  das  exempel  ist  ein  besonderer 
fall  von  einer  praktischen  regel,  sofern  diese  die  thunlichkeit 
oder  unthunlichkeit  einer  Landlung  vorstellt,  hingegen  ein 
beispiei  ist  nur  das  besondere,  als  unter  dem  allgemeinen 
nach  begriffen  enthalten  vorgestellt  und  blosz  theoretische 
darstellung  des  begriffes.  5,  322.  Der  jetzige  Sprachgebrauch 
mengt  aber  beide  und  zieht  auch  beispiel  auf  wirkliche  prac- 
tische  fälle,  wir  sagen :  er  bat  ein  groiszes  beispiel  gegeben ; 
du  hast  andern  ein  schönes  beispiel  gegeben;  daran  sollst 
du  dir  ein  beispiel  nehmen,  hier  würde  mhd.  nicht  bispel 
gesetzt  sein,  sondern  bilde  geben,  bilde  nemen,  vorbild  geben ; 
umgekehrt  bilde  niemals  erzählung  ausdrücken,  das  ist  ohne 
beispiel,  beispiellos  heiszt  uns  was  das  franz.  sans  exemple,  das 
ist  noch  nicht  vorgekommen,  noch  nicht  wirklich  gewesen;  dem 
ursinn  des  worles  nach  wäre  es :  davon,  dazu  gibt  es  keine  fabel. 

Du  machst  uns  zum  beispiel  unter  den  beiden,  und  das 
die  Völker  das  heubt  über  uns  schütteln,  ps.  44,  15;  das  er 
verneme  die  sprüche  und  ire  deutung,  die  lere  der  weisen 
und  ir  beispiel  (LXX  aUCy/naxa).  spr.  Sal.  1,  6 ;  das  ist  der  wel- 
chen wir  etwa  für  einen  spott  hatten  und  für  ein  hönisch 
beispiel.  weish.  Sal.  5,  3;  ein  beispiel  (vTtöSety/ia)  hab  ich 
euch  gegeben,  das  ir  thut  wie  ich  euch  gelhan  habe.  Joh. 
13,15;  zum  beispiel  meiner  erklärung  kann  ich  den  mehrmal 
envähnten  ägyptischen  Antinous  anführen.  Winkelm.  3, 117; 

erfreue  unsern  vatcr,  nimm  ein  beispiel:  Schiller  448; 
nie  zank  und  streit,  das  ist  erbaulich,  das  ist  doch  ein  bei- 
spiel. 654 ;  die  gesciiichte  hat  dieses  merkwürdige  beispiel  nur 
ein  einziges  mal  in  dem  cardinal  Mazarin  wiederholt.  806; 
alle  schritte  verralhen  einen  mann,  den  weder  beispiel  noch 
mcnschenfurcht  versuchen.  808 ;  er  habe  geschworen  ein  bei- 
spiel an  ihnen  zu  geben,  worüber  die  ganze  christenheil  sich 
entsetzen  solle.  839;  im  begrif,  ein  nie  erlebtes  beispiel  des 
Undanks  gegen  den  schöpfer  seines  glucks  aufzustellen.  975; 
seine  eitern  lebten  dem  ganzen  adel  von  Anjou  und  Maine 
zum  beispiel.  1080;  von  jenen  (lieberkühntschcn  pravparaten) 
wurden  einige  wirklich  bewundernswürdige  iieispiele  (excm- 
plarc)  vorgewiesen.  Götiie  31,  215.  böse  beispiele  verderben 
gute  Sitten.  Häufig  einleitend  und  einschaltend  zum  beispiel, 
par  exemple. 

BEISPlELCHf^IS,  n.  kleines  beispiel:  noch  ein  beispicicben. 

liEISl'UüLIG,  exempli  gratia  dictuts  so  nun  beides  die  alte 


und  auch  heutige  weit  solche  beispilige  spigelweis  und  spigel- 
weisliches  beispil  . . .  gebillichet  und  nutzlich  befunden.  Garg.  i. 

BEISPIELLOS,  unicus,  inauditus:  beispiellose  gute,  grau- 
samkeit.     im  adv.  beispiellos  wolfeil,  unverschämt. 

BEISPIELWEISE,  adv.  um  beispielweise  zu  erklären.  Göthe 
39,  74.  gebildet  wie  paarweise,  scherzweise,  zugweise  u.  a.  m., 
es  heiszt  doch  gewöhnlich  beispielsweise,  wie  wechselsweise, 
ausnahmsweise  u.  s.  w. 

BEISPRACHE,  f.  ahd.  pisprächa,  obtrectatio  (Graff  6,  383), 
mhd.  bispräche  {kröne  1743).  Heniscu  264  hat  es  aber  im 
sinne  von  parabola. 

BEISPRINGEN,  accurrere,  succurrere,  hinzulaufen,  beistehen: 
doch  Reuszen  springt  uns  bei.    Grtpuius  1,  116; 
dasz  wir  solches  von  unsern  eitern,  die  sehr  genaw  und  uns 
in  diesen  schweren  zeilcn  gar  wenig  beispringen  können,  er- 
warten müssen.   Schoch  stud.  leben  H5;   bat  um  gottes  wil- 
len, sie  sollen  ihm  mit  einem  guten  rath  beispringen.  Weise 
kl.  leute  226 ;  dinge,  so  unserer  natur  mit  ihrer  nebenwürkung 
beispringen.    Bltschky  Pa//jmos  8;     sage   mir,   was   hat    dich 
bewogen  mir  beizuspringen?  J.  E.  Schlegel  2,  401;  die  Ver- 
pflichtung  bei   deich-   und  hausbau  und  allerlei  unglück  den 
geschlechtsv^ttern   nach   vermögen   beizuspringen.   Niebuhr  1, 
353;  Plautus  kam  nach  Rom  und  zu  allem  unglück  war  theu- 
rung  in  Rom,  so  dasz  ihm  seine  freunde,  die  er  ohne  zweifei 
wird  gehabt  haben,  nicht  beispringen  konnten.  Lessing  3,  5; 
doch  fremdling  oder  nicht,  wer  leidenden 
beispringen  kann,  wird  auch  mit  ihnen  trauern. 
ScuiLLEK  227"; 

der  harfner  «war  mit  nach  dem  orte  geeilt,  einen  wundarzt 
aufzusuchen  und  seinem  für  todt  zurückgelassenen  wolthäter 
nach  möglichkeit  beizuspringen.  Göthe  19,41;  ein  Uhrmacher 
aus  London  war  ihm  in  dieser  mäszigkeit  am  meisten  da- 
durch beigesprungen,  dasz  er  ihm  eine  bedientenglocke  und 
ein  federwerk  verfertigte.  J.  Paul  Hesp.  2,  39;  den  mahlern, 
welche  geköpfte  leute  oder  aufgesprengte  schiffe  mahlen  wollten, 
ward  mit  den  Urbildern  dazu  beigesprungen,  uns.  löge  2, 145. 

BEISPRUNG,  m.  auxilium:  und  ist  unvergessen,  was  den 
erzketzerischen  aufrührischen  Niederländern  etliche  teutsche 
fürsten  für  assistenz  und  beisprung  geleistet,  postreutcr  an 
bäpstliche  heiligkeil  1620  4  s.  13;  mit  deren  hülf  und  bei- 
sprung. s.  37. 

BEISTAND,  m.  l)  auxilium:  auch  seint  wir  schuldig  vor 
got  einander  ze  helfen  und  in  allen  dingen  beistand  ze  thun. 
Keisersb.  sünd.  des  mundslH*;  du  soll  falscher  anklage  nicht 
gleuben,  das  du  einem  gottlosen  beistand  thust.  2  ^/os.  23, 1; 
schaff  uns  beistand  in  der  noth,  denn  menschen  beistand  ist 
kein  nutz.  ps.  60,  13;  thut  ir  beistand  in  allem  geschefte, 
darinnen  sie  ewer  bedarf,  denn  sie  hat  auch  vielen  beistand 
gethan,  auch  mir  selbst.  Rom.  16,  2 ;  irer  nechsten  nachpaur- 
schaft  nicht  peistant  thun.  fasln,  sp.  1302;  indem  so  ir  der 
huren  und  schälkin  beistand  thut.  buch  der  liebe  3';  sonst 
magstu  auch  wol  die  spalten  mit  brantenwein  dörren,  hat 
aber  keinen  beistand  (?  bestand),  das  fewer  ist  die  beste  kunst 
darzu.  Seuter  299 ;  gebürt  eim  jeden  nach  seiner  gab  hierin 
eueren  h.  fürnemmen  hülf  und  beistand  zu  thun.  bienenk.b*; 
um  die  Hugenotten  zum  beistand  ihrer  niederländischen  brü- 
der  gegen  Philipp  von  Spanien  in  bewegung  zu  setzen.  Schil- 
ler 1009 ;  der  prinz  hat  die  furchtsamkeit  der  regentin  zu 
seinem  beistände  gerufen,  die  ihr  jede  wähl  untersagt.  815 ; 
der  mensch  löst  sich  freilich  gar  zu  geschwind  von  denen 
los,  denen  er  noch  manchen  rath  und  beistand  verdanken 
könnte,  doch  diese  unart  dient  zu  seinem  glück,  wenn  er 
sich  dereinst  selbst  helfen  musz  und  jeden  rath  und  beistand 
entbehrt.  Göthe  an  Zc//er  10;  für  beistand  thun  AeiWc  beistand 
leisten;  den  beistand  der  gcsetze  anrufen.  Gotter  3,  89; 

lasz  im  ziililcn  uns  zusammen 
unverdrossen  beistand  leiliii  I    3,  'ild. 

2)  aus  dem  sächliclien  begrif  ergab  sich  leicht  ein  persön' 
licher,  beistand  tsl  auch  adjulor:  ihr  seid  mein  geistlicher 
vatcr  und  sonsten  mein  Vormund  und  treuer  beistand  gewe- 
sen. ScHui'Pius  490;  da  beide  mit  erwählten  beiständen  vor 
der  Stadt  einen  Zweikampf  unter  sich  vornahmen.  Felsenb. 
1,  310;  Lothariu  kommt  mit  seinen  beistünden.  Götiie  20, 
209;  denn  einen  begleiler  luusz  ich  haben,  einen  sittlichen 
beistand,  wie  man  sich  rechtlii:he  beistände  nimmt,  wenn  mau 
dem  gerichtshandel  nicht  ganz  gewachsen  zu  sein  glaubU  21,  200; 
liebling,  freundin,  beistand  ihrer  muitcr.  33,43, 


1397 


BEISTÄNDER—  BEISTEHEN 


BEISTELLEN— BEISZE 


139S 


3)  beistand  =  ums/onef,  «wona,  qui  eireumstant,  die  um- 
stehenden :  kehrte  sich  zu  dem  beistand  umb.  Zi?«kgr.  2,  62. 

4)  beistand  im  sinn  von  beimischung,  lulhat  oder  bestand- 
theil:  ein  wasser,  welches  einen  schönen  goldschlich  mit 
schmirgelgrawem  beistand  oder  sand  auswirft  Thcbneissek 
von  vassern  194. 

BEISTÄNDER,  m.  adjutor:  sagte  zu  seinen  beiständen!, 
geistlichen  und  weltlichen  fürsten.  Ziskgh.  1,  26  (28,  13) ;  ein 
getreuer  beiständer.  Simpl.  2,415. 

BEIST.ÄNDIG,  adjutorius,  favens,  secundus,  hülfreieh,  be- 
hülftich:  mhd.  die  im  bistendic  sint.  AfStf.  3,  309*; 

herr  kaiser,  ich  wil  euch  peisiendi?  sein. 

fasln,  sp.  637,  27.  638,  17 ; 
wiri  euch  der  herr  beistendig-  sein.    H.  Sachs  III.  1,  164'; 

ein  alter  darf  allerbast  (maxime)  freund,  die  im  beistendig 
seind  und  ze  hilf  kummen.  Keisersb.  sünden  des  munds  47'; 
daneben  gebieten  wir,  das  ir  in  den  obgemelten  stenden  und 
oberkeiten  gleich  uns  selbs  in  solchem  hülflich,  beistendig, 
gehorsam  und  wilfertig  seiet.  Luther  2,  431' ;  auch  ein  haupt- 
raan  dem  andern,  so  ferr  ihr  einer  das  an  dem  andern  be- 
gehren würde,  in  solchem  allem  beistendig  sein.  erkl.  des 
landfriedens  von  1522  §.  7 ;  bald  musten  die  Christen  zu  ver- 
folgen die  Christen  dem  Türken  beistendig  sein.  Frank  trellb. 
100";  darin  waren  im  beistendig  und  hilflich  seine  diener 
und  rath.  chron.  144*;  glück  den  kecken  beistendig.  Wirscnc 
Cai  F2*;  bittet  gott,  dasz  er  euch  wolle  beistendig  sein. 
buch  der  liebe  6*;  ach  du  edler  Florens  bis  mir  beistendig 
und  komm  mir  zu  hülfe.  26*;  wo  mir  heut  dein  hülf  nit 
beistendig  ist.  Aimon  B ;  wo  inen  das  glück  nit  beistendig 
gewesen.  C2;  ich  furwar  mein  bestes  auch  auf  diesem  ste- 
chen wolt  unterstehen  und  versuchen,  ob  mir  das  glück  bei- 
stendig sein  wolt.  Calmy  64 ;  welcher  (quorum)  burgerschaft 
den  unsern  allwegen  getreu  und  beistendig  gewesen  ist.  Mi- 
CYLLS  Tacitus  450";  sie  würden  ihm  in  der  Schlacht  beiständig 
sein.  Fronsp.  3,  240';  ward  ich  von  meinem  alten  vatter,  im 
in  seinen  amptsgeschäften  beiständig  zu  sein  erfordert.  Kirch- 
hof disc.  mil.  vorr. ;  wird  er  igolt)  denen,  die  auf  ihn  hoffen, 
beistündig  zu  sein  auch  nicht  vergessen.  148 ;  nachdem  und 
mir  gott  beistendig  ist.  Päracelsls  1,  146';  alsdann  der  kai- 
ser guten  frieden  mit  Pommern  halten,  sie  nicht  angreifen, 
sondern  vielmehr  ihnen  beistündig  sein  wollen.  MicrXlius  3, 
350 ;  0  gott,  wollest  unser  bitt  beistendig  sein,  bienenk.  165' ; 
in  deinen  nöten  nicht  beistendig  gewesen.  Garg.  215';  be- 
kümmert sich  heftig,  das  er  inen  nicht  beistendig  soll  sein. 
255'; 

wir  seind  verpwisi, 
das  Alba  uns  beistendig  ist.    Atrer32'; 
dasz  er  (goll)  dem  herrn  beistendig  wer.   364*. 
tpiler  geräth  das  gute  worl  auszir  gebrauch,  obwol  es  Stiei  er 
2132  noch  auffährt.     In  abweichendem    sinn   scheint    es  Frasi 
SU  verwenden:  der  ein  künstlichen  maier  auf  sein  kosten  bei 
sich  beistendig  gehabt,    weltb.  163',    was  doch  wol   meint,    bei 
sich  angestellt? 

BEISTANDPFAHL,  m.  fulcrum,  pedamentum,  ein  unbeholf- 
nes wort  für  stütze:  soll  zubereiten  die  rebstecken,  beistand- 
pfal,  tragstangen,  die  reben  daran  aufzufören  und  zu  binden. 
Sebiz  50. 

BEISTÄNGELN,  ad  stipites  ligare.  Stieler  2133. 

BEISTECHEN,  vela  demittere,  beisegeln,  gegenüber  dem  ab- 
stechen, absegeln. 

BEISTECKEN,  condere,  einstecken:  die  baronesse  hatte  das 
portefeuille  ihm  heimlich  beizustecken  gewusU  GütheIS,  207; 
ach,  muntres  paar,  möchte  nur  Chigi  dich  modellieren  zu 
einer  tragbaren  taschcnausgabe  für  damen,  ich  steckte  dich 
bei  und  zöge  dich  erst  in  Deutschland  aus  der  lasche.  J.  Paul 
Tit.  1,  22 ;  die  verdächtigen  Spitzbuben  sind  beigestcckU 

BEISTEHEN,  assislere,  opem  ferre,  auxilio  esse,  nnl.  bijstaan : 
wem  stehest  du  bei?  //io6  26, 1;  und  der  herr  wird  inen  beiste- 
hen und  sie  erretten,  ps.  31,40;  sihe  gott  stehet  mir  bei,  der 
herr  erhelt  meine  seele.  54,  6;  lasz  mir  deine  band  beistehen. 
119. 173;  ein  trewer  freund  liebet  mehr  und  stehet  fester  bei, 
denn  ein  bruder.  spr.  Sal.  19,  24;  so  spricht  der  herr,  der 
dich  gemacht  und  zubereitet  hat  und  der  dir  beistehet  von 
muttericihe  an.  Es.  44,  2 ;  ja  ich  bitte  auch  dich,  mein  treuer 
geselle,  stehe  ihnen  bei  (golh.  jai  jah  {luk  valis6  bidja  gajukA 
ni|)ais  \)bs).  Philipp.  4,  3;  er  steht  im  bei  in  allen  dingen. 
Keisersb.  sünden  des  munds  82';  samt  allen,  die  inen  bei- 
stunden oder  sie  beschirmten,    bienenk.  12';    stehen   sie  ibm 


bei  in  der  schrecklichen  nacht,  wenn  der  ehrwürdige  geist 
selbst  vor  ihm  auftritt.  Göthe  19,  75;  der  himmel  steh  euch 
bei!  Klinger  11, 111. 

BEISTELLEN,  1)  apponere,  von  Sachen,  was  beisetzen: 
die  topfe  beistellen;  leg  holz  an,  stell  wasser  bei.  Götbk 
13,  148. 

2)  adjungere,  von  leuten: 

ich  bin  zwar  auch  ein  theil  und  denen  beigestellet, 
die  ihres  geistes  hoch  zusammen  bat  gesellet 
zu  treffen  einen  bund,  zu  vrürken  tapfre  fruchL 
LoGAD  2,  3,  13. 

3)  seponere,  bei  seile  stellen. 

BEISTERN,  ferox,  turpis,  ein  seltnes  wort,  nd.  bister,  nnl. 
bijster:  du  bist  beistern  satt,  extra  perieulum  hostis  es  ferox. 
Mich.  Neaxder  syll.  loc.  187.  vielleicht  von  beiszen?  bissig? 
Stalder  1,  155  hat  ein  adj.  beistrig  munter,  flink,  was  ver- 
wandt scheint,     vgl.  engl,  boisterous. 

BEISTEUER,  /.  collecta,  beitrag :  eine  beisteuer  geben,  ver- 
anstalten ;  um  milde  beisteuer  bitten. 

BEISTEUERN,  conferre:  ich  kann  auch  noch  etwas  bei- 
steuern. 

BEISTIEL,  m.  scapus  secundarius,  nebenstiel:  der  Stengel, 
welcher  sich  eilends  in  die  höhe  und  dicke  mit  sambt  den 
beistilen  und  iren  blettem  aufgibt.  Thcrseisser  infl.  Wirkun- 
gen 25. 

BEISTIMMEN,  assentiri,  astipulari,  zustimmen,  beifallen, 
beipflichten,  beitreten,  unter  diesen  würtem  scheinen  beipOicb- 
ten  und  beistimmen  starker  und  mehr  auf  innere  Überzeugung 
gegründet  als  beifallen  und  beitreten,  der  grosze  häufe  fällt 
bei,  tritt  bei,  der  prüfende,  erwägende  stimmt,  pQichtet  bei, 
der  um  seine  meinung  befragte  stimmt  bei,  ein  unbefragter 
fallt  bei.     doch  stehen  alle  oft  gleichbedeutig : 

doch  stimme  meinem  Vorzug  bei.    Hacedor:«  2,  32. 

BEISTIMMER,  m.  assensor.  Stieler  2168.  Bdtschst  Palm.  573. 

BEISTI.MMUNG.  f.  assensus :  ihr  beifall  oder  vielmehr  ihre 
beistimmung.  Herder  in  Bütligers  lit.  zust.  2, 191. 

BEISTOCK,  m.  nebenstock:  ohne  seinen  kirchhof,  wie  ers 
{das  krankenzimmer)  nannte,  mit  allen  anhängen  und  beistö- 
cken  zu  besuchen.    Hippel  lebensl.  2,  438. 

BEISTOSZ,  m.  den  tischlern  eine  schmale,  übergreifende, 
angcstoszene  leiste. 

BEISTOSZEN,  nebenan  stoszen,  ßgen. 

BEISTRECKEN,  pon-igere,  mil  vorstrecken:  er  hat  zehn  gül- 
den beigestreckt. 

BEISTRICH,  m.  nebenstrich:  ein  beistrich  mit  rothstift. 

BEISTROM,  m.  nebenstrom,  nebenarm  eines  flusses. 

BEISTÜCK,  T).  nebenslück. 

BEISWIND,  m.  boreas,  ahd.  pisa  (Graft  3,  216),  mhd.  bise, 
franz.  bise,  Schweiz,  bis,  bise  (Stald.  1, 173).  nhd.  denkmäler 
schreiben  falsch  beiszwind  für  beiswind,  Dasyp.  303' ;  nort  oder 
beiszwind.  Garg.  242'.  Forer  im  fischbuch  134'  schreibt:  den 
beiszen  Ostwind  und  dergleichen  starke  bläst  hassen  sie. 
dies  beiszen  scheint  ein  gen.  sg. 

BEISZ,  mhd.  bei?,  abtaut  von  btjen,  nhd.  bisz;  doch  haf- 
tete jenes  noch  hin  und  wieder  im  16  ;A.  i.  b. 

es  beisz  ein  maus  des  ocbsen  fusz.    Albsrus  115V 

BEISZBÄR,  m.  ursus  mordax,  ein  bissiger  bdr:  eine  halb- 
alte frau,  welche  im  gesichte  einem  beiszbär  gar  ähnlich 
sähe,  maulaffc  133.  richtiger  wol  ein  den  bdr  beisiender  hund. 
vgl.  beiszhund  und  bärenheiszer. 

BEISZDKEIN,  m.  ofjfa,  buceella:  ein  garstiger  beiszdrein. 
fliegenwadel  108. 

BEISZE,  m.  vom  starken  beiszen  abgeleitet, 

1)  ein  wildes,  beisziges  thier,  ein  eher:  auch  die  Jährling 
kan  man  zu  den  halbjährigen  beiszen  oder  ebem  laufen  las- 
sen, wann  sie  rumsen.  Hohberc  3,  65*.  ahd.  ist  wolfpljo  /y- 
eiscus,  ein  von  wolf  und  hündin  erzeugter  hund. 

2)  beisze,  bolus,  frustum:  duos  bolos,  das  ist  zwen  beiszen. 
bienenk.  229'.     gewöhnlicher  bisse,  ahd.  pi??o. 

BEISZE,  f.  das  zum  schwachen  beiszen  gehörige  Substantiv, 

1)  renatio:  er  {der  hund)  het  zu  tags  uf  sein  herrn  gewart, 
mit  auf  die  beisz  gelaufen,  wachtel  gefangen.  Fraji«  spr.  2,  29*. 
gewöhnlicher  beize  {vgl.  reiherbeize,  falkenbeize).  mhd.  aber 
beije  f.  und  beij  n.  (Ben.  193'). 

2)  infectto,  maeeralio,  das  bereiten  in  einer  scharfen,  fres- 
senden feuehtigkeit,  ahd.  pcija  alumen  (Graft  8,  231) : 

d.i«  ist  ein  zimenl  {cimentum)  und  ein  peisz, 
doriDDen  sein  selc  wirt  gepleichl.    fastn.  tp.  1153; 

88* 


1399 


BEISZE— BEISZEN 


ich  wil  mich  mit  inen  in  die  beisze  und  zu  recht  einlegen 
und  mit  gottes  wort  ausführen.  Lujhers  tischr.  400' ;  da  muste 
in  die  beisz  was  nur  har  hatte  (ex  wurde  alles  verpraszl). 
Kirchhof  «rendunm.  230;  die  nassen  feil  usz  der  beiszen  tra- 
gen. Eulensp.  cap.  53 ;  kürszner,  die  die  beisz  nicht  salzen 
(li'trd  unler  den  dingen,  die  nicht  vorkommen,  angeführt).  ¥i- 
scHkhT  groszm.  53;  alle  füchs  kommen  endlich  beim  kürschner 
in  der  beisze  zusammen.  Schuppius  839.    heute  auch  beize. 

3)  das  alln.  beit  /.  hiesz  auch  pascuum,  in  welchem  sinn 
es  hochdeutsch  nicht  erscheint. 

BEISZE,  f.  zuweilen  für  beete,  beta  das  kraut,  richtiger 
biesze. 

BEISZECHTIG,  mordax:  die  Schafwollen  zu  äschen  ge- 
brannt, hat  ein  räsze,  beiszechtige,  hitzige  kraft.  Forek  thier- 
buch  140'. 

BEISZEL,  m.  oder  f.  cuneus,  nnl.  beitel,  spaltendes  werk- 
leug: 

keine  beiszel,  keine  meiszel, 

keine  stahl  noch  eisenspitz.    Spek  trutzn.  293. 

BEISZEN,  mordere,  einstimmig  in  allen  deutschen  zungea, 
goth.  beitan,  ags.  alls.  bitan,  ahd.  pi;an,  mhd.  bijen,  nnl. 
bijten,  engl,  bite,  alln.  bita,  schw.  bita,  dän.  bide.  den  ab- 
laut,  welcher  goth.  bait  bilun,  ahd.  peij  pijun,  mhd.  beij 
bijjen  lautete,  verderben  wir  in  bisz  bissen,  urverwandt  das 
skr.  bhid  findere,  rumpere,  perforare,  lat.  findcre  fidi,  vielleicht 
gr.  yeiSofiai  sparen,  wenn  ihm  die  bcdcutung  von  abbrechen, 
abzwacken  zum  grund  liegt,  vgl.  tpifiös  beiszkorb.  zwar  haben 
bhid  und  findere  nicht  die  bcsonderheit  von  mordere  und 
Sdxveiv,  skr.  das,  dans;  doch  ist  beiszen  ein  morsu  divi- 
dere,  dentibus  findere,  wird  aber  nicht  auf  zahne  eingeschränkt, 
da  auch  z.  b.  das  schwert  beiszt,  schneidet,  spaltet,  oder  der 
keil  beiszel  genannt  wird.     vgl.   bellen. 

1)  intransitiv,  morsu  pelcre,  morsum  imprimere:  das  kind 
kann  schon  beiszen,  der  alte  mann  kann  nicht  mehr  beiszen ; 

Flaccilla  liesz  ihr  nächst  den  letzten  zahn  ausreiszen, 
und  gleichwol  kan  sie  noch  so  unaussprechlich  beiszen. 
Griphius  2,  466; 

er  beiszt  wie  ein  wolf;  das  thier  beiszt  mörderlich;  sie  bei- 
szen wie  der  teufel.  Simpl.  1,  220 ;  aber  darnach  beiszt  er 
wie  eine  schlänge  und  sticht  wie  eine  otlern.  spr.  Sal.  23,  32 ; 
fein  leise  beiszen  (beim  küssen).  Philand.  ed.  Leiden  5,  313; 
er  bisz  um  sich  nach  allen  seilen ;  mhd.  diu  frouwe  beij 
umbe  als  ein  grusch  (anserculus).  Heldl.  1, 1216;  wer  schläft, 
beiszt  nicht.  Oß  mit  folgendem  in :  in  den  apfel,  in  den 
sauren  apfel  beiszen  [sp.  533) ;  obgleich  e.  k.  gn.  ein  wenig  hat 
müssen  in  einen  sauren  apfel  beiszen.  Luthers  br.  4,  347;  sich 
in  (auf)  die  lippe  beiszen,  labra  mordere,  lachen  unterdrücken, 
verbeiszen  (vgl.  5);  das  er  so  dick  ein  helbling  wöll  geben 
umb  goltcs  willen,  oder  sich  in  die  lefzen  beiszen  und  bei 
dem  hart  ropfen.  Keisehsb.  sünden  des  munds  23' ;  Bente  küste 
der  früulein  band  und  bisz  ihr  ein  wenig  an  den  ftnger,  dasz 
sie  schrie  und  die  band  wegzog,  sagende,  dis  war  ein  ver- 
sichcrungswort.  das  fraulein  aber  zwickte  ihn  bei  den  haa- 
ren. Ettsers  unw.  doct.  479 ;  sie  aber  antwortete :  wo  er  nicht 
beiszen,  und  er :  und  sie  nicht  schlagen  will.  480 ;  er  bisz 
ihr  (oder  sie)  in  die  wange,  in  den  arm ; 

man  hat  mir  nicht  den  rock  zerrissen, 

es  war  auch  schade  für  das  kleid, 

noch  in  die  wange  mich  gebissen 

vor  ühergTOSzem  herzeleid.    Uulands  (;ed.  82; 

das  beiszt  mir  (oder  micii)  in  die  äugen ;  die  hutnesseln  bewe- 
gen (erregen)  das  brennen  und  beiszen  in  den  hcnden  und 
äugen.  Forer /isc/ib.  Itö";  ein  ros,  das  nicht  auch  in  den  zügel 
beiszt.  Schiller  ISS';  darumb  soll  du  nit  in  die  ruten  bei- 
szen, als  ein  her,  der  fall  in  ein  spiesz,  beiszet  darin  und  ver- 
gisset des,  der  darhinder  stot,  und  im  das  me  tbut,  weder  der 
spiesz.  Keisersb.  sünd.  d.  m.  18*;  und  soll  nit  darin  beiszen  und 
murmlen.  20';  die  sciiafe  bissen  gierig  in  das  gras;  mhd.  der 
wolf  bei;  in  diu  gcij.  Bon.  11,  6;  in  den  kaese  er  vaste  bcij. 
Ulr.  Trist.  1975;  er  beiszt  tapfer  in  das  fleisch;  beim  kauen 
auf  ein  steinchen  beiszen;  in  das  gras,  in  die  erde  beiszen, 
mordre  la  poussiere,  von  menschen  gesagt,  sterben  müssen, 
wie  kraut,  erde  und  staub  oß  einaiider  vertreten; 

soit  ich,  0  Marspiter,  ins  gru  gebissen  haben  (todl  sein). 
Opitz  1,  101; 

viel  haben  müssen  in  der  frcmbdc  hungcrs  halben  ins  gras 
beiszen  (fame  pcrire).  pers.  roscnth.  I,  IS;  wovon  viele  ver- 
wundet und  etliche  ins  gras  beiszen  musten.  I'lessc  3,  350 ; 


BEISZEN  1400 

die  beiszen  alle  mit  verdrsuz 

auTs  musz  als  eine  harte  nusz.    Göthi56.  44; 

der  fisch  hat  schon  in  die  angel  gebissen.  Abstract,  die  weit 
gibt  den  predigern  schuld,  sie  können  nichts  denn  schelten 
und  beiszen.  Luther  5,  366' ;  es  beiszt,  faszt,  greift  an :  denn 
ich  mag  nit  sein  ein  cardinal  allein  vom  titel  oder  vom 
buchstaben,  es  musz  besser  beiszen  mit  mir.  Luther  2,  51' ; 
aber  gott  hat  angefangen,  ir  widerumb  zu  lachen,  das  wird 
basz  beiszen,  denn  ir  lachen.  Luther  6,  86'. 

2)  transitiv,  morsu,  dente  laedere:  dan  wird  ein  schlänge 
werden  auf  dem  wege  und  das  pferd  in  die  fersen  beiszen 
(cerastes  in  semita  mordens  ungulas  equi).  1  Mos.  49,  17 ;  da 
sandte  der  herr  fewrige  schlangen  under  das  volk,  die  bis- 
sen das  volk.  4  Mos.  21,  6 ;  was  sol  ich  mein  fleisch  mit  mei- 
nen zenen  beiszen?  fliot  13, 14;  das  brot  mit  dem  maul  vom 
tisch  fassen  oder  aus  dem  backofen  beiszen.  Luthers,  448'; 
da  schreien  sie  denn  und  beiszen  in  in  die  fersen.  6,  541'; 
ich  hab  ein  grosz  loch  in  der  papisten  laschen  gebissen.  Lu- 
thers br.  2,  55;  ein  bunt  wann  der  alle  weit  beiszet,  so  bei- 
szet er  doch  seinen  herrcn  nicht.  Keisersb.  Sünden  des  munds 
20';  ein  wütender  hund,  der  beiszet  den  der  im  brot  gibt, 
und  mit  gotslesterung  beiszest  du  den  der  dir  geben  hat 
alles  das  du  hast.  20';  dan  es  warent  fast  hüse  schlangen 
in  der  insel,  welchen  die  beiszen,  der  must  sterben.  68'; 
wie  die  hund  immermeder  in  einander  fallen  und  einander 
beiszen,  kein  weiser  man  thut  das  nit.  als  wan  man  ein 
hündlcin  imermedcr  bi  den  oren  zupft,  was  thüt  man  än- 
derst, weder  das  man  in  bewegt  zu  zorn,  das  er  eins  bei- 
szen sol.  42';  es  beiszt  mich  am  köpf  (die  lause  beiszen 
mich);  es  beiszt  mich,  wann  ich  ein  andern  jucken  sihe. 
Garg.  47*;  die  flöhe  beiszen  den  hund,  dasz  er  sich  nicht  hel- 
fen kann ;  nur  sie  hingericht, ...  die  toden  beiszen  niemands 
mehr.  13';  alte  leute,  die  das  brot  nicht  mehr  beiszen  kön- 
nen; arme  leute,  die  kein  brot  zu  beiszen  haben;  wenn  man 
ins  feld  soll  und  nichts  zu  beiszen  und  zu  brechen  hat, 
Lenz  1,  92;  vgl.  mhd.  bei;  und  brach.  Iw.  6761;  weder  zu 
beiszen  noch  zu  brocken.  Felsenb.  1,  336.  unw.  doct.  359 ;  es 
wollten  manche  feine  leute  gerochen  haben,  der  landesvater 
thäte  die  sache,  damit  seine  landeskinder  etwas  zu  brocken 
und  zu  beiszen  hätten.  J.  Paul  uns.  löge  2, 12.  Statt  mit  den 
Zähnen  beiszen,  heiszt  es  auch  die  zahne  beiszen,  die  zahne 
zusammen,  aufeinander  beiszen:  was  beiszt  er  die  zahne? 
was  zieht  er  die  faust  zusammen?  was  wölkt  sich  seine 
slirne?  Klinger  1,  22;  und  mit  den  werten  bisz  er  die  ren 
aufeinander  von  groszem  zorn.  Aimon  V  4' ;  das  wan  sie  sie 
nur  ansehen,  die  zön  über  inen  zusammen  beiszen.  bie- 
ncnk.  192'; 

sinken  nieder  in  staub  und  sterbend  beiszen  die  erde. 
SroLBERa  11,  63. 

mit  'alle  beisz!'  beisz  zu!  hetzt  man  hunde. 

3)  beiszen   von    andern   sinnlichen  gegenständen,     ahd.   bi- 

janti  suert ;  wola  pi;anta;  scarasabs  (Graff  3,  228. 229) ;  mhd. 

wanti  si  woldin  wijjin, 

daj  nigeini  (suert)  baj  ni  bijjin.    Anne  304. 

nhd.  der  rauch  beiszt  die  äugen ;  der  essich  den  gaumen ; 

drum  beiszt  uns  auch  der  böse  rauch.    Soltau  497. 

4)  abstractionen.  die  sünde,  die  noth,  die  reue,  die  angst, 
das  gewissen  beiszt  (quält,  plagt):  so  ist  gewis,  das  den 
freien,  sichern  geisten,  die  ire  sünde  nicht  beiszet,  die  messe 
kein  nütz  ist.  Luther  l,  339';  aber  wenn  du  das  will  anse- 
hen, wie  from  und  rein  du  seiest,  und  darnach  erbeiten,  das 
dich  nichts  beisze.  4,  429';  die  Sünden,  so  das  herz  beiszen 
und  unrügig  machen.  5,15';  dein  herz  wird  dich  beiszen  und 
also  sagen.  5,  234';  ich  habe  auch  zur  rechten  braut  einge- 
stellet.  aber  es  beiszet  mich  etwas  und  habe  sorge  für  euch. 
6,  357';  die  conscicnz  beiszet  in.  Keisersh.  sünden  des  munds 
32' ;  das  die  selben  wort  den  nicht  ze  fast  beiszen,  dem  er 
es  thut.  36';  neuwe  mer  [neuigkeiten)  ist  nichts  änderst, 
dann  da  ein  mensch  hat  oren,  die  in  beiszen,  und  hat  ein 
zung,  die  in  beiszet  oder  jucket,  es  {der  niensch)  musz  neuwe 
mer  sagen  und  musz  sie  hören.  69' ;  die  angst  beiszt  ihn 
(vgl.  angstläuse  sp.  362) ;  einen  immerwärcnden  und  beiszen- 
den  zank  erregen.    Kirchhok  fCPHrfHum.  312'; 

dasz  ihn  tag  und  nacht 
iniih,  tiübsal,  arbeil,  sorg  lerrHiszend  stet«  gebissen. 
Wkckhkrli.n  193; 

der  listige  betrug  bisz  mich   zwar  immer  noch   am   herzen. 

Felsenb.  2,  358 ; 


1401 


BEISZEN 


BEISZER  — BEISZKER 


1402 


und  doch  belebt  auf  seine  tücke 
kein  beiszend  lied  den  Widerhall.    Lkssixg  1,  93; 
beiszende  Spöttereien.    Wielai^d  1,  "6 ;    beiszende  Strafpredigt 
WiELA-NDS  Horaz  2,  20" ;  beiszender  witz ;  beiszende  bemerkun- 
gen;    ein   sehr  angenehmer  gesellschafler  für   die,   denen   er 
sich  durch  beiszende    züge   nicht   furchtbar   gemacht.    Göthk 

26,  95; 

wenn  wie  nichts  puts  dich  schilt  ein  wicht, 

und  soll  es  dich  nicht  beiszen. 

so  darf  es  dich  auch  kitzeln  nicht, 

wenn  sie  was  rechts  dich  heiszen.    Rcckert  2*4. 

der  narr  beiszt  ihn,  hat  ihn   gebissen,    er  ist  närrisch,  eitel: 
mancher,  der  ein  doctor  ist,  wil  nicht  mehr  ein  doctor  heiszen. 
wie  mich  dünkt,  so  wll  der  narr  einen  solchen  doctor  beiszen, 
der  sich  mehr  auf  eitelkeil  wil  als  auf  die  witz  befleiszen. 
LoGAC  2,  Ü,  49. 
man  sagt  auch :  mich  beiszt  was  nichts  gutes;  ich  weisz  nicht 
was  mich  beiszt;    ich  dachte,  was  mich  bisse.    J.  PkVkJtomet 
2,  60.     Schon  das  golh.  andbeitan  schellen,  tadeln,  drohen  be- 
ruht auf  einer  solchen  anwendung  des  sinnlichen  beitan. 

6)  Kte  etwas  in  sich  fressen,  hiesz  es  auch  in  sich  beiszen : 
"wenn  ein  prophet   oder   prediger  so   heftig   von   oder    wider 
falsche  lerer  und  böse  regierer  schriebe,    solt  er   wol   aufrü- 
risch  gescholten  und  verdampt  werden,    nu  aber  ist  er  {Da- 
vid)  ein   konig   und  thut  solchs   selber,    er  möcht  doch  der 
eren  verschonet  und   zum   wenigsten   etliche   stücke   in    sich 
gefressen  und  gebissen  haben,    wie  on  zweivel    sonst  manch 
könig  und  fürst    gethan,    vieleicht   auch   noch   thun.    Lcther 
6,165*;  Julia,  ihre  wuth  in  sich  beiszend.  Schiller  171'; 
der  arm  ziehochs  sagt  zwar  nicht  vil 
tu  solchem  prangen  "und  schweig  still, 
er  must  die  schmachwort  in  sich  beiszen. 
Albrrus  S9' (126) ; 
es  könnens  wol  jungfrawen  am  besten,  wann  sie  das  kittern 
in  sich  beiszen  und  vertrucken.  Garg.  14;  denn  sie  (die  frau) 
weisz,   das   sie   ihrs  leibs  nicht  mächtig  {schwach)  ist,   beiszt 
derhalben  alles  in  sich.  'l'.     vgl.  verbeiszen. 

6)  sich  beiszen,  morsibus  invicem  se  lac^rare:  die  hunde, 
die  rosse  beiszen  sich;  auf  dasz  sie  einander  nit  bissen, 
noch  binden  ausschlügen,  bienenk.  27";  es  möchte  zwischen 
pfarrherr,  prediger  und  caplan  ein  teufel  sich  einmengen,  das 
einer  über  dem  andern  sein  wolt  und  also  sich  für  dem  volk 
zanken  und  beiszen  und  ein  iglicher  der  beste  sein  wolt.  Lu- 
ther 5,  494' ; 
in  die  well  wer  vor  soll  gehn,  mnsz  der  höchste  heiszen, 
in  der  weit,  wer  vor  soll  gehn,  pflegt  man  sich  zu  beiszen, 
aus  der  weit,  wer  vor  soll  gebn,  will  sich  niemand  reiszen. 
LocAü  2,  9.  86. 
sich  mit  einem  beiszen,  herum  beiszen:  mit  diesem  nüszlin 
lasz  sich  die  jüden  beiszen.  Lcther  8,49';  denn  das  du  viel 
heulen  und  weinen  wiit  und  dich  lange  mit  dem  trübsal  wilt 
beiszen  und  fressen.  3,  211 ;  du  must  in  not  nicht  den  köpf 
beugen  und  schütteln,  und  mit  deinen  gedanken  dich  beiszen 
und  fressen.  5,  50*;  wenn  es  an  ein  treffen  gehet,  das  ich 
mit  dem  teufel,  Sünden,  tod,  not  und  weit  mich  sol  beiszen. 
5,  67*;  da  nu  Jona  nicht  anruft  seinen  gotl,  sondern  sitzt 
und  zittert  für  gottes  zorn  und  beiszet  sich  mit  dem  tod. 
3,  208;  der  director  bisz  sich  mit  Schoppe  herum.  J.  Paul 
Tit.  2,  97 ;  wir  würden  uns  täglich  mit  herum  zu  beiszen  ha- 
ben, uns.  löge  1,  73.  auch  fin  etwas :  er  aber  beiszt  sich  an 
jenen  zu  tode.  Lcther  3,  433*.  er  hat  sich  gut  heraus  ge- 
bissen ;  der  hund  hat  sich  los  gebissen,  verschieden  ist :  er 
beiszt  sich  an  der  harten  nusz  einen  zahn  aus,  vo  sich  der 
dat.  vgl.  abbeiszen,  anbeiszen,  aufbeiszen,  ausbeiszen,  be- 
beiszen,  durchbeiszen,  einbeiszen,  erbeiszen,  nachbeiszen,  ver- 
beiszen,  wegbeiszen,  zerbeiszen,  zubeiszen. 

BEISZEN,  dies  schwache  verlium  tritt  iwar  noch  in  der  ßexion 
von  dem  vorausgehenden  starken  ab,  da  es  sein  praet.  beiszte, 
part.  gebeiszl,  jenes  aber  bisz  und  gebissen  bildet;  durch  die 
schädliche  Vermischung  des  mhd.  \  und  ei  in  nhd.  ei  laufen 
aber  die  praesens  formen  beider  verba  zusammen,  was  zur  folge 
hatte,  dasz  das  schwache  verbum  entweder  ganz  aufgegeben 
oder  in  beizen  geschärß  wurde,  alle  übrigen  sprachen  stehn 
hier  gegen  uns  im  vortheil. 

1)  heiszen,  venari,  aucupari,  mhd.  beisea  (Ben.  1, 192^),  altn. 
beita,  schw.  beta,  dan.  bede,  engl,  bait  die  goth.  gestalt 
würde  sein  baitjan.  dies  beiszen,  beiden  bedeutet  nun  eigent- 
lich beiszen,  bijen  lassen,  machen,  den  hund  oder  habieht  auf 
das  wild  loslassen,  es  von  ihm  bi^en  lassen,  man  sagt  darum 
altn.  beita  bundum,  haukum,  mit  hunden,  hubichien  jagen, 
im  Sprichwort:  aber  so  eins  falken  nit  hat,  nu'isz  es  mit  eu- 
IcQ  beiszen.   Bkbel  20'  ;  l>«isze  mit  eulen,   hast   keioeo  kau- 


zen.  Frank  1,43';  baize  mit  eulen,  wenn  du  keinen  schuhu 
hast.  Simrocr  2224;  ein  edelman  het  ein  sperber,  mit  dem 
er  beiszet.  seh.  und  ernst  e.  207 ;  lasset  uns  mit  unsern  fal- 
ken  beiszen  reiten.  Aimon  C  3 ;  der  bapst  mit  diesen  falken 
beiszt.  Hütte-x  5,  67 ;  vögel  beiszen.  Seb.  Helbeh  sylbenbüech- 
lein  1593  s.  34 ;  weder  reitet  noch  jaget,  weder  hetzet  noch 
baiszet.  Philasd.  2,  73 ;  der  nicht  weisz  was  hetzen  oder  bai- 
szen  ist.  2,  147.  altn.  sagte  man  auch  beita  öngul,  escam 
hämo  imponere. 

21  inficere,  macerare:  item  wie  man  bleiweisz  und  blei- 
asche  daraus  beisze  und  brenne.  Mathesics  106';  die  leber 
sampt  der  galle  {des  fisches)  wirt  gebraucht  zu  dem  beiszen 
und  räude.  Forer  fischb.  74';  so  man  diese  schalen  in  essig 
beiszt,  so  wirt  sie  der  öbern  schalen  beraubet.    140*; 

wie  die  falkner  mit  falken  beiszen.    .\tre»  179'; 
in  wein  gebaisztes  lavendelblühe  wasser.  Hohberg  1,  265*. 

3)  beiszen,  pcistum  agere  pecus,  gleich  dem  altn.  beita,  schw. 
betaj  das  vieh  auf  der  weide  beiszen  lassen,  vermögen  wir 
nicht  zu  sagen,  ein  so  gutes  wort  es  wäre,  doch  s.  erbeiszen, 
vom  Pferde  niedersteigen,  es  fressen  lassen. 

BEISZER,  m.  von  beiszen  mordere  (vgl.  erzbeiszer,  kern- 
beiszer,  nuszbeiszer,  steinbeiszer), 

1)  ein  bissiges  pferd,  ein  bissiger  hund:  hatte  also  ein 
braun  ros,  welches  sonst  nichts  konnte,  als  springen  und 
sonsten  nichts  guts,  allein  ein  Schlager  und  beiszer,  dasz 
auch,  wenn  einer  allein  ritt,  sein  leben  nicht  darauf  sicher 
war.  Schweimche.n  2,  89. 

2)  ein  bissiger,  zänkischer  mensch:  wer  sind  aber  die  ei^ 
sten  beiszer  und  schelter?  Lctuer  3,  37S*.  382 ;  bleib  also  ein 
beiszer  und  granser  bis  in  sein  end.  Kirchhof  wendunm.  225*. 

3)  beiszer  nennt  man  scharfschmeckende  weine,  die  zu  viel 
apfelsauem  kalk  enthalten. 

4)  beiszer  heiszen  auch  die  beiszenden,  essenden  xähne,  wie 
sonst  die  müller,  und  schon  nach  Varro  8,  56  die  dentes  eden- 
tes  sind,  folglich  das  skr.  danta,  dens  ßr  adanta  steht  (Bopp 
163*).  doch  dürße,  nach  beiszen  und  beiszer,  immer  nocA  die 
Wurzel  das  und  dans  =  Säx^eiv  anspräche  erheben,  s.  beisz- 
zahn. 

BEISZER,  m.  venator,  auceps,  mhd.  beijaere :  Jäger,  beiszer, 
falkner,  sperwerhändler.  Fischart  groszm.  94.    5.  beizer. 

BEISZERCHEN,  n.  was  beiszerlein. 

BEISZERIN,  f.  oblatralrix,  widerbellerin,  zänkerin.  Stie- 
ler 126. 

BEISZERLEIN,  n.  ausbrechender  kinderzahn,  beisxerchen, 
sonst  audi  häckerlein,  häckerchen.  Stieler  126. 

BEISZGER,  «».   siehe  beiszker. 

BEISZIG,  mordax,  mhd.  bijic  (Bes.  1, 193'),  bissig:  ire  rosse 
sind  beisziger,  denn  die  wolfe  des  abends.  Habaeuc  1,  8  ;  da  ward 
der  gemein  pöfel  beiszig,  dieweil  es  geglückt  hette.  Lcther 
3,  VIS ;  das  in  irer  abergöttlichen  kirchen  so  viel  rotten,  sec- 
ten  und  beiszigen  parteien  sind.  528;  sol  man  salzen,  so 
musz  es  beiszen,  und  ob  sie  uns  gleich  beiszig  schelten,  so 
wissen  wir,  das  so  sein  sol.  5,  366';  ich  bia  auf  meine  Wi- 
dersacher beiszig  gewesen.  Lcthers  br.  1,  507 ;  das  meerkalb 
ist  ganz  beiszig.  Fober  fischb.  102';  dise  (wurste)  hielt  er  für 
beisziger  (besser  anzubeiszen)  und  anatomieriger  als  der  En- 
gellender  und  Spanier  erzknappige  künigklein,  katz-  und 
motzenQeiscb.  Garg.  m';  nicht  zu  viel  beiscbig  noch  beiszig 
sein.    70* ; 

destomehr,  weil  nun  die  well,  wie  ein  kindischalter  greis 
beiszig,  garstig  satsam  wird,  blosz  auch  nur  zu  nuseln  weisz. 
LOGAU  2,  2,  70.  «.  47 ; 
hund,  die  an  ketten  gebunden,  seind  beisziger  als  andere. 
Lehmann  17;  wer  wilt  ein  beiszigen  hund  zu  tisch  und  bett 
haben,  der  nehme  ein  weih.  159;  eine  beiszige  und  böse 
frau.  pers.  baumg.  7,22;  einen  beiszigen  kettenbund.  ehe  eines 
mannes  242 ;  solle  er  (der  bdr)  sich  beiszig  machen,  so  ist  es 
zeit  genug  ihm  die  haare  zu  zausen,   hebamme  24 ; 

des  beiszigen  Lupans  belinden  wollt  ihr  wissen* 
der  beiszige  I.upan  hat  jungst  ins  gras  gebissen. 
Lessi.ic  1,  18. 
BEISZIGKEIT,  f.   mordaeilas:   erdichte  ursach  der  beiszig- 
keit.    Luthers  6r.  1, 507;   weil    dies   oleum    ein    art  hat  allen 
corrosivischen  beiszigkeiten  ire  scherpfe  und  macht  aufzulösen. 
Tiiurneisser  inß.  wirkuttgen  60. 

BEISZIGT,  für  beiszicbt,  beiszig:  beiszigte  haderkatzen. 
Weise  kl.  leute  277.    s.  beiszechlig. 

BEISZKER,  m.  cobitis  fossilis,  ein  kleiner,  schlechter  fisck, 
sonst  auch  schlammbeiszer,  steinbeiszer,  peisker,  pitzker  gc- 


1403 


BEISZKOHL  — BEITEN 


BEITEN 


1404 


nannt,  poln.  piskorz,  böhm.  piskof,  russ.  piskar' ;  da  ein  ähn- 
liches fischlein,  cobitis  taenia  steinbeiszker,  steinbeiszel  und 
schon  mhd.  steinbije  (Ben.  1, 193'),  ahd.  steinbtja  (Graff  3,  231) 
hiesz,  beide  aber  zivischen  steinen,  itn  schlämm  und  grtind  le- 
ben, so  ist  wol  der  name  aus  beiszen,  fressen  abzuleiten  und 
die  slavische  form  von  uns  entlehnt,  nachher  wieder  zurück 
aufgenommen  {doch  vgl.  bartbeiszker  sp.  1143).  Hohberg  2,  512' 
sagt:  die  beiszgern  oder  fnszgurren  sind  schlechte  und  ver- 
ächtliche fische  oder  vielmehr  würme,  die  allein  von  dem  ar- 
men mann  zur  speis  gehraucht  werden,  sehen  fast  aus  wie 
die  blindschleich,  auszer  dasz  sie  kleiner,  schwärzlichter  und 
gescheckichter  sind. 

BEISZKOHL,  m.,  was  beisze,  beta. 

BEISZKORB,  m.  fiscella,  maulkorb,  gr.  tpi/iös  für  tpiS[i6s 
und  derselben  würzet. 

BEISZRIEME,  m.  fiscella  e  corio: 
beiszrlcinen  hiengen  da  von  leder. 
beiszriemen  niclit  sclimaclitrietncn  sind 
die  ihn  zum  werwolf  machen,  Hinz.    Voss  6, 112. 

BEISZSCHAF,  mordens  ovcs,  bischof,  die  rechte  beisz- 
schaf.  bienenk.  120*.  ein  andres  Wortspiel  als  das  unter  bei- 
schal  mitgetheilte,  Reichard  im  versuch  einer  hisl.  der  d.  sprachk. 
s.  307  Ihut,  als  erfände  crs  neu.  hiesze  beiszen  noch,  gleich 
dem  nord.  beita,  pascerc,  so  wäre  beiszschaf  sogar  die  kirch- 
liche bezeichnung. 

BEISZZAHN,  m.  dens  incisor,  Schneidezahn,    s.  beiszer  4. 

BEISZZANGE,  f.  forceps,  kneipzange:  abneraen  mit  einer 
sägen  oder  beiszzangen.    Gersdorf  49. 

BEISZZÄNGLEIN,  n.  volsella. 

BEIT,  n.  niora,  mhd.  bit  (Ben.  1, 174*) ;  nhd. 

wir  wend  nit  dörfen  beit  noch  borg.    Rüefs  Adam  5050 ; 
da  ist  kein  gnad,  noch  borg  noch  beit.    trag.  Joh.  B8; 
dasselb  uf  beit  widerumb  verkoufet 
vil  thürer  dann  es  sust  erloufet.    C2. 
vgl.  bit. 

BEITAG,  ni.  dies  praeter  ordinem  slatutus,  nebenversammlung. 

BEITEINWEIL,  exspecta  parumper :  Wehen  landsknecht,  seit 
still  und  schweiget,  ich  wil  euch  ein  eigen  dorf  eingeben, 
ligt  allernächst  hiebei,  das  heiszt  Beiteinweil.  Frey  garteng. 
cap.  44;  kom  ich  nicht  hinüber,  so  bleib  ich  im  dörflein 
Beiteinweil  unterwegen.  Garg.  233'.  auf  ähnliche  weise  bildet 
man  heute  warteinweil,  warteinweilchen. 

BEITEN,  exspectare,  goth.  beidan,  ahd.  pitan  (Graff  3,  62), 
mhd.  biten  (Ben.  I,  173),  alts.  ags.  bidan,  nnl.  beiden,  altn. 
bida  für  bida,  schw.  bida,  dän.  bie.  dieses  urallen,  starken 
Worts  gehn  wir  seil  dem  17.  18  jh.  verlustig  und  ersetzen  es 
überall  durch  das  ungefügere,  oft'  doppelsinnige  warten  oder 
durch  harren  «nd  verziehen;  die  oberdeutsche  Volkssprache  be- 
wahrt es  noch  heute,  Luther  kannte  und  gebrauchte  es,  doch 
nicht  in  der  bibel.  beiten  ist  bleiben,  mauere,  warten  ist  ex- 
spectare, altendere. 

Urverwandt  zeigt  sich  hier  das  ir.  und  gal.  feith  {wait,  al- 
tend),  unverkennbar  ist  auch  der  anklang  an  die  reiche  Wur- 
zel bauen,  der  so  vieles  entsprieszt.  denn  die  Vorstellung  bauen 
geht  über  in  wohnen,  bleiben  und  warten,  wie  das  lat.  ma- 
nere  warten  und  erwarten  bestätigt,  nicht  anders  morari  llei- 
ben,  wohnen,  verweilen,  franz.  demeurer,  und  demeure  ist 
hau,  Wohnung,  noch  mehr,  das  ags.  äbidan  =  goth.  usbcidan, 
ahd.  arpUan  ist  ausdrücklich  exspectare,  mauere,  das  engl. 
abide  habitare,  abode  habilavit  {ahd.  arpeit),  abode  habilatio. 
wie  nah  grenzen  die  begriffe  des  seins,  blcibens,  werdens, 
wohnens  aneinander,  und  beidan  bald,  obleich  die  ableitun- 
gcn  anders  sind,  rührt  an  beide,  bajojjs,  die  zusammen  seien- 
den, man  erwäge  das  sl.  budu  ero,  ags.  beo.  unverwandt 
aber  scheint  mit  beiten  unser  arbeiten,  goth.  arbaidjan  {sp.  541), 
wie  auch  jenes  äbtdan  absieht  von  carfod  labor;  doch  licsze  sich 
umstürzen,  was  sp.  539  vorgetragen  wurde,  so  gemahnte  frei- 
lich arbeiten  laborare  wieder  an  bauen  terram  colcre.  allein 
das  goth.  ar  in  arbaijjs  neben  dem  usbeidan  gebietet  diesen 
gedanken  fern  zu  hallen. 

Dasypodius  hat  beiten  nicht,  wol  aber  Maaler  50',  Henisch 
268,  selbst  noch  Stiei.er;  Frisch  1,  79'  gedenkt  seiner  aus  dem 
kirchcnliedc  da  Jesus  an  dem  kreuze  stund,  und  dessen  achter 

vcrs  lautet: 

zum  siebenten  loh  meine  «ccl 

0  vater  in  dein  hflnd  befehl 

in  meinen  letzten  zelten. 

weil  sie  jetzt  von  mir  scbeidon  will 

und  mag  nicht  langer  beiten, 
was  sogar  Forsts  gcsangbuch  verdirbt  in  «trcilen. 


In  den  weisthümem  ist  eine  stehende  formel  su  gunsten  des 
holzfällenden  märkers,  der,  wenn  er  haue  rufe,  wenn  er  lade 
beite,  d.  h.  dessen  laut  durch  den  wald  schallende  axl,  dessen 
ruhiges  aufladen  allen  verdacht  eines  diebstals  fern  halte: 
wenn  er  ledt,  so  beit  er,  so  er  bindet  und  ledt,  so  beitet 
er  (1,329.  422.  459.  579.  753.  761.  2,174.  3,  357.  542.  591.858). 
erst  jüngere  fassungen  wandeln  beitet  in  wartet  (1,  575),  eine 
selbst  in  peitscht  (1,  777),  mit  nicht  völlig  unpassendem  ne- 
bensinn, da,  wenn  der  ladende  mit  seiner  peitsche  knallt,  er 
sich  auch  ankündigt,     allein  richtig  isf'aber  beitet. 

Hier  folgen  nun  andere  beispiele  des  meist  schon  in  schwa- 
cher form  erscheinenden  worts :  man  sol  gütiglich  beiten,  bis 
sie  es  wol  bezalen  mögent.  Keisersb.  pa/ernos<er  L  6 ;  ich  hab 
gottes  geharret  und  mein  seel  hat  gewartet  und  auf  sein 
wort  hab  ich  gebeitet.  Luther  1,  40* ;  sondern  er  beit  auf  ein 
concilium.  6,  lo';  da  hiesz  in  der  bapst  bereiten  zu  der  erst 
messe  und  sprach,  man  soll  nicht  lenger  beiten.  6,  501'; 
mein  lieber  herr,  was  beitestu?  ich  wil  von  dir  getauft  wer- 
den. 6,  502' ;  sie  beiten  nit  ein  jar.  Hütten  5,  212 ;  so  darfstu 
nicht  lenger  mein  beiten.   de  fide  meretr.  85 ; 

sagt  im,  sein  herr  peitet  sein.    Teuerd.  23,  21 ; 

dann  ich  seiner  kunfl  mit  verdriesz  bit.    87,  86; 

ich  kan  nicht  langer  beiten.    ühlano  112; 

tu  keiner  des  andern  heilen.    523; 

weit  ir  mein  beiten  siben  jar?    773; 

ich  beit  und  wart.    Ambr.  Ib.  s.  72; 

ich  harr  und  beit.    244; 

der  kaufman  wolt  nit  beiten.    s.  168; 

stets  wil  ich  auf  dich  beiten.    s.  205; 

thet  er  nit  lenger  beiten.  Aimon  e;  wer  lob  erlangen  wil, 
der  sol  nit  als  lang  beiten.  üi;  oft  auch  im  Forlunat  {Augsb. 
1599)  und  Fierabras,  z.  b.  wiltu  meiner  beiten?  A7; 

indem  stund  auf  der  edelman, 

kam  zu  den  dreien,  sprach  sie  an, 

sie  solten  doch  de^s  imbisz  beiten, 

dann  es  wer  nit  gut  nüchtern  reiten.    WicrKAM  hilger  bl,  70; 

da  künd  der  wei  nicht  lenger  beiten, 

er  must  die  bösen  krieger  scheiden.    Alberds  18; 

sich  da  folgt  ir  von  ferne  nach 

die  Podagra  zu  beiden  selten 

und  sprach,  gesellschaft  wollest  beiten.    Waldis  Esop  2,  31 ; 

derhalb  nit  lenger  ist  zu  beiten, 

eh  die  zwei  beer  zusamen  kommen.    H.  Sachs  III.  1,  29; 

wiltu  mich  denn  lassen  allein,  fraw, 

wornach  soll  ich  lenger  beiden?    Strickers  «cft/emmer  J 4'; 

darumb  magstu  ein  Zeitlang  beiten, 

bisz  er  kora  widrumb  heim  zu  haus. 

Spancenbergs  fangbriefe  G5* ; 

in  krankheitsnüten  soll  einer  beiten  bisz  er  lustig  wurde. 
Paracelsüs  1,  720';  es  ist  zu  lang  gebeitet.  Sebiz  107;  lieber, 
möget  ir  nit  ein  wenig  beiten?  Kirchhof  wendunm.  260';  und 
wo  er  nicht  möchte  bis  an  den  morgen  beiten.  427';  er- 
scheint der  regenbogen  zu  klaren  zeiten,  so  wird  die  helle 
nit  lang  beiten,  sondern  mit  winterlichem  luft  und  regen 
scheiden.  Fischart  groszm.  23;  ist  bös  auf  niderländisch  zu 
wagen  und  schif  reiten,  wann  sie  eines  nicht  beiten.  56; 
hörst  nit,  wie  die  landsknecht  vor  des  Peters  himinel  bei- 
ten? (s.  beiteinweil).  76;  ich  deiner  baite.  Melissos  ps.  Kj': 

es- ist  nu  allzulang  gebeit,  ^  .^    , 

die  zeit  zur  busz  ist  uberhin.    Ringwald  tr.  Eckh.  J8'; 

drumb  steht  auf  und  thut  nicht  beiten, 

wir  haben  zeit  auf  djagt  zu  reiten.    Atbe»  134'; 

und  ich  ohn  trost,  heil,  hofnung  und  ausfluchi 

kann  kaum,  herr,  länger  beiten 

auf  deiner  hilf  und  deiner  cnadenfrucht. 

Weckhbrlin  112; 

nach  einer  stunde,  dann  so  lang  musten  wir  beiten.  Philand. 

2,  828 ; 

es  kommt  die  liebe  zeit, 
darauf  ich  harr  und  beit 
gar  mit  fröhlichem  mui  (a.  1589. 1609). 

IIoFFH.  gesetl.  lieder  ».  116 ; 

ade,  ich  mag  nit  lenger  peitn.    ScnMEtZKL  mg  3' ; 

ntin  will  ich  doch  noch  heilen 

bestendig  alle  zeit.    Spee  g.  tugendb.  255; 

wann  sie  {die  gcele)  nach  vielen  langen  beiten, 

80  Arger  drückt  als  gbit  und  band, 

der  iiöllen  beiszes  folfcrland 

mit  vielen  klagen  musz  beschreiten. 

HoFiANNsw.  sterb.  Socr.  125, 

in  welcher  stelle,  vorausgesetzt  dasz  jenes  kirchenlied  dller  ist, 
wol  zuletzt  ein  nhd.  dichter  sich  des  worts  bediente. 


I 


1405 


BEITEN— BEITRÄGER 


BEITRAGSPFLICHT — BEIWEG 


1406 


Vorzugsweise  oft  wurde  sein  imp.  verwendet: 

beita  beila  min  durch  got!  pass.  K.  9,  14; 
aber  Esopus  gieng  im  binden  nacb  und  sprach  beit  ein  weil ! 
Esop  3*  {vgl.  den  orlsnamen  beiteinweiij ;  Ulenspiegel  stund 
und  lacbt  und  sprach,  ja  beiten,  die  beiz  sejnJ  noch  nit  recht. 
Eulensp.  cap.  30,  wo  die  späteren  ausgaben  setzen  ja  harret, 
oder  ja  wartet;  beiten,  bis  im  gebraten  enten  in  das  maul 
fliegen.  Fbask  bäum  des  wissens  3, 143 ;  gefar  erstlich  der  zeit, 
darnach  nimmer  beit.  Frans  spr.  2, 173*.  Agricola  232' ; 
do  soU  zu  deinen  Teltein  gehn, 

und  nicht  länger  beit.    AlbbrcsöT; 

beit,  stolzer  gsell,  und  stand  hie  still. 

KoLROsz  betrachtnus  B2; 

verzeuch,  und  nicht  lang  harr  und  beit, 

sonder  greif  an  zu  rechter  zeit.    Fbo.isp.  2,  100'; 

nicht  zlang  beit,   das   rat   ich  dir  mit  guten  trewen.   WeBTZ 
practica  233; 

peit,  lasz  uns  fragn  die  diener  drumb.    Schiblzl  hocJit.  27'. 

Man  sagte  sowol  eines  dings  als  auf  etwas  beiten,  aber 
auch  ein  dat.  der  person  konnte  beigefügt  werden,  wie  dem 
forster  beiten.  weisth.  2, 174 ;  nein  ich  wariich  ich  heil  dir  nit. 
wegkürier  18 ;  du  hast  mir  auch  nicht  beiten  wollen.  IS'. 

Ein  verbum,  das  so  guten  grund  und  so  lange  in  der  spräche 
gewaltet  hat,  auch  unter  einem  groszen  theil  des  volks  fortlebt 
(ScHM.  1,  218.  Stald.  1, 155.  Höfer  1,  72),  könnte  von  den  dich- 
tem an  rechter  stelle  leicht  wieder  eingeführt  werden. 

BEITER,  m.  eunclator,  zauderer.  Stieler  132. 

BEITHUN,  reponere,  componere,  seponere,  apponere. 

1)  beilegen,  abschaffen,  entfernen:  auf  das  Zwietracht  der 
Prediger  beigethan  würde.  Liither  3,  437*;  denn  solch  ereig- 
nis  wäre  nötiger  beizuthun,  denn  die  bilder  stürmen.  440'. 
die  Sache  ist  beigethan,  abgelhan. 

2)  beilegen,  begraben: 

was  uns  von  dir  verbleibet, 

mit  dem  du  warst  ümmleibet, 

sei  ehrlich  bei  geihan.    FLKatNG332; 

aber  was  geneuszts  der  mann, 

der  schon  längst  ist  beigethan.    416. 

3)  beilegen,  aufheben,  beischlieszen :  die  kleider  sind  beigethan. 

4)  hinzuthun,  addere: 

wenn  nun  Bassora  noch  das  letzte, 
gewürz  und  Weihrauch  beigethan.    Göthk  5, 156. 
sich  beithun,  zuthun,   einschmeicheln. 

5)  beigethan,  zugethan,  addictus :  nur  bitt  ich  mit  aller 
freund-  und  bruderliebe  wol  beigethan  zu  verbleiben  eurem 
unverändert  ergebenen  treuen  freund.  Wielasd  bei  Merck  2, 
218;  und  ist  also  auch  dem  herrn  bruder  mit  aller  huld  und 
groszschatzung  wol  beigethan.  2,  231.     s.  beigethan. 

BEITISCH,  m.  mensa  secundaria,  nebentisch. 

BEITMÜMPFEL,  n.  frustulum  praegustalum,  ein  biszlein, 
das  vorläufig  {en  altendant)  gekostet  wird.  Stieler  1305. 

BEITNARRE,  m.  cunctator,  slultus.  Oberlin  114  aus  Keisersb. 

BEITOCHTER,  f.  filia  illegitima:  welches  er  beweist  mit 
klarem  text,  den  er  von  seiner  kammerpostiil  und  beitochter 
wird  gelehrnt  haben,  bienenk.  194".  kaum  ist  lu  lesen  beicht- 
tochter.    s.  beisohn. 

BEITRAG,  m.  rata  pars,  collatio,  nnl.  bijdrag:  ein  beitrag 
an  geld,  an  fruchten;  ein  beitrag  für  die  armen,  zu  einem 
denkmal ;  ein  ansehnlicher,  bedeutender,  geringer,  kleiner  bei- 
trag; seinen  beitrag  geben,  thun,  leisten,  erlegen,  erstatten, 
entricbteo,  zahlen,  weigern,  abschlagen,  versagen;  einen  bei- 
trag zu  etwas  thun.  Kaxt  8,  141;  wie  grosz  der  beitrag  sei, 
welchen  die  schOnen  künste  zu  bildung  des  sittlichen  men- 
schen thun  können.  Wiela>(d  2,  6.  beitrag  ist  schonender 
als  beisteuer,  die  blosz  bedürftigen  geleistet  wird,  während  auch 
beitrage  zu  einem  gemeinschaftlichen  werk,  zur  Wissenschaft,  zu 
zeitschrißen  erfolgen,    manche  werke  führen  den  tilel  beitrage. 

BEITRAGEN,  conferre,  contribuere :  seinen  theil,  das  sei- 
nige  zu  etwas  beitragen ;  sie  hat  gar  nichts  dazu  beigetragen ; 
die  milde,  warme  luft  wird  viel  zu  seiner  genesung  beilragen ; 
dies  kann  nichts  Tür  meine  zwecke  beitragen ; 

Venus  soll  mnn  nicht  mehr  sprechen,  nur  lustinne  soll  man 

sagen, 
als  wann  name  zu  der  tacbe  künt  ein  ander  art  beitragen. 
LocAU  2,  S,  47. 
auch  ohne  casus:   das  trSgt  nur  bei  ihn  zu   verbittern;    das 
tragt  viel  hei,  hilft,  erträgt  etwas. 

REITR.XGER,  m.  l)  der  etwas  bei  sich,  an  sich  trägt:  Sam- 
nius,  ein  stein  von  der  inse!  Samnia  (50  für  Samos).  er 
befestiget  das  gemüte  seines  beilragers  weibergcheimnis  AI' 
^trtus  m.    Frankf.   iü69  i.  91.      in   diesem  sinn  gani   unge- 


bräuchlich. 2)  der  etwas  hinzulrägt,  eonferl:  ich  bin  so  glück- 
lich, dasz  mir  nichts  fehlt,  als  sie  und  meine  andern  freund- 
schaftlichen beiträger.  Rabeneb  6,  ISS;  die  compagnieschaft 
mit  den  freiwilligen  beiträgern  kann  er  doch  nicht  ableugnen. 
Lessinc  10,  183;  alle  beiträger  und  herausgeber  versj)rechen 
ihren  lesern  die  Wahrheit.  Clacdics  6, 1. 

BEITRAGSPFLICHT,  f.  BEITRAGSPFLICHTIG. 
BEITREIBEN,  eogere,  exigere:  das  vieh,  die  rinder,  schafe 
beitreiben,    eintreiben;    schulden,    steuern    beitreiben;    alles 
wurde  von  den  armen  leuten  unbarmherzig  beigetrieben. 
BEITREIB LICH,  exigibilis. 

BEITRETEN,  accedere:  den  meisten,  den  meisten  stimmen 
beitreten  ;  einer  Sache,  meinung  beitreten ;  er  ist  endlich  auch 
beigetreten ;  einer  gesellschaft,  einem  verein  beitreten ; 
wie  man  ihm  vorgesaget,  so  sagt  der  papagei, 
drum  wer  daselbs  (am  liofe)  wil  gelten,  der  trete  diesem  bei. 

LocAi;  3,  1,  33; 
ich  trete  bei  mit  meinen  freuden  deinen  freuden.    3,  5,  48. 
2)  beitreten,    nebenhin  treten,    fehltreten,  labt,  ped«  errare: 
der  Hirsch  tritt  bei;  sie  hat  beigetreten,  fehlgetreten,    s.  bei- 
tritt 2. 

BEITRITT,  m.    1)  accessus :    der  beitritt  der  Engländer  zu 
dem    bund    der  Deutschen    verbürgt    ihm    den    sieg;    ich  eile 
ihnen  eine  andere  entdeckung  mitziitheilen,  die  viel  zu  wich- 
tig ist,   als    dasz   ich   nicht  zu  völliger  benutzung  derselben, 
ihren    oder   eines   andern    würdigen  gelehrten  unserer  kirche 
beitritt   auffordern   dürfte.    Lessing  8,  317;    der  begrif  eines 
göttlichen  beitritts  oder  mitwirkung.  Kant  5,  436 ;  er  kann  von 
der   natur  zwar   einen  zufälligen  beitritt,    aber  keine  gesetz- 
mäszige  zusammenstimmung  zu  seinem   zwecke   erwarten.    7, 
337;   die  gesetze  der  materie  als  solche  kennen  und  sie  »on 
dem  beitritte  aller  andern  Ursachen  läutern.  8,542; 
er  wandte  sich  zu  allen  freunden, 
um  ihren  beiiriit  zu  ernehn, 
den  hunden,  seinen  ärgsten  feinden 
ZU  steuren  oder  zu  entgebn.    Hagedok;«  2,  34. 

2)  weidmännisch   heiszt  beitritt,    wenn  der  hirsch  fingerbreit 
mit  dem  hintern  lauft  neben  den  vordem  tritt;  wenn  du  den 
hintern    fusz    bei    dem    fördern    {in   der  erde  als  spur  einge- 
drückt) siebest,  dasz  sie  gleich  bei  einander  stehen,  und  jed- 
weder  für   dem   andern   gehe,   so  ists  gar  ein  gewis  zeichen 
von  einem  hirsch,  denn  es  eine  hindin  nicht  thun  mag,  und 
solches  nennet  man  den  beitritt.  Bechers.  37; 
weidemaiin,  lieber  weidemann  sag  mir  an. 
wo  hat  der  edle  hirsch  seinen  ersten  beitritt  getban* 
aus  muiterleib,  umb  die  liebe  muiter  sein 
thäi  er  den  ersten  beitritt  sein,    weidtprüctu  166. 
vgl.  abtritt. 

BEITRÖPFELN,  hinzu  tröpfeln. 

BEITUNG,  f.  mora,  cunctatio:  kein  lengere  beitiing  wird 
hie  sein.  Aimon  r. 

BEIURTHEIL,  n.  sententia  inlerlocutoria.  reichskammerger. 
ordn.  von  1507  art.  6  §.  3.  nolar.  ordn.  von  1512  von  appell. 
§.  1.  Frankf.  reform.  1,  39,  5 ;  hat  der  herr  von  Passaw  ein 
beiurteil  geben.  Luther  3,  417';  das  vorgehend  aber,  ob  es 
gleich  in  der  proba  das  erste,  wird  hie  zum  anderen  judicio 
und  beiurteil  erkleret.  TncRNEissERprot.  rferAarnen.  60; 
klag  eingeben  und  zeugen  fUlirn, 
bei-  und  endurtbeil  zu  beschlieszn.    Atrcr  fastn.  sp.  42'; 

wenn  das  beiurtheil  des  Parlaments  zu  Rennes  erst  durch 
ein  endurtbeil  bestätiget  sein  wird.  Moser  rerm.  jcAr.  1,  81 ; 
nach  mancherlei  beiurtheilen  die  deflnitivsentenz  abwarten. 
Hippel  4,  337. 

BEIVERWAHREN,  adjungere:  beiverwahrten  unsem  brief. 
Melanchthon  3,1010;  wir  übersenden  euch  beivorwart  etliche 
exemplaria.    ball.  stud.  15,  11. 

BEIVERWANDT,  adjunclus:  als  ist  er  heule  gegen  mittag 
zu  mir  kommen  und  hat  mir  beiverwandt  Verzeichnis  gebrarbt. 
Melanchthon  5,  740. 

BEIVORMUND,  m.  milcormund,  nebenvormund. 

REIWACHE  oder  BEIWACHT,  f.  excubiae  nimmt  man  zur 
deutung  des  franz.  bivouac,  bihouac,  biouac  an,  obwol  aus 
unserer  älteren  spräche  kein  solches  wort  aufzuweisen  ist. 

BEIWACHTEN,  bivouaquer:  auszer  dem  lager  sollen  sie  bei- 
wachten ohne  Wetterschutz,  auch  sich  nicht  verschanzen  dür- 
fen.  NlEbCHR  3,  GOO. 

BEIWAGEN,  m.  vehieulum  subsidtarium. 

BEIWEG,  m.  via  secundaria,  nebenweg: 

vil  irriger  beiweg  und  pfat.    11.  Sachs  I,  314'. 

BEIWEG,   adv.  juxta  viam:    die  kugel  gieng  dicht  beiw^j^ 


1407 


BEIWEIB  — BEIWESEN 


BEIWESEND  —  BEIWOHNEN 


1408 


BEIWEIB,  «.  pellex,  concubina,  mhd.  biwtp :  trugen  sie  (die 
päbste)  nit  auch  aus  dem  alten  in  das  new  testament  die 
eliweiber  der  alten  heiligen  väter?  nein,  aber  ire  beiweiber, 
dann  sie  sagten,  es  wäre  unzimlich  den  blattenden  {plaltge- 
schomen)  ehweiber  zu  haben,  so  halten  sie  anstat  der  eli- 
weiber ire  hurenweiber?  da  ist  kein  zweifei.  der  verzuckel 
Pasquinus.  1543.   8.  F6*. 

BEIWEILEN,  adv.  interdum,  zuweilen,  unterweilen,  mhd.  so- 
wolhi  wile  als  bi  wilen,  unverbunden,  wie  auch  noch  im  16;7r.  ver- 
schiedenlUch  bei  der  weil  geschrieben  wird,  z.  b.  Petr.  13*.  29*.  45*, 
doch  mit  Übergewicht  von  beiweilen:  denn  der  begirden  sind 
so  viel,  so  mancherlei,  dazu  beiweilen  durch  eingeben  des 
bösen  so  behend,  subtil  und  guter  gestalt,  das  nicht  müglich 
ist  einem  menschen  sich  selbs  zu  regieren.  Luther  1,  243'; 
also  sehen  wir  in  vetern,  das  sie  auch  beiweilen  stro  und 
hew  auf  den  grund  gebawet  haben.  6,  415',  vgl.  corp.  doctr. 
ehr.  97 ;  das  solche  statuta  beiweilen  zu  lindern,  br.  5,  255 ; 
ist  er  nit  beiweilen  karg?  Hütten  5,  172;  das  er  auch  bei 
weilen  ganz  ein  streitig  fürnenien  hett.  Wirsüng  Ca/.  F3'; 
feit  beiweilen  selbs  ein  man.  Petr.  32";  überwindet  beiweilen 
kleine  schände  mit  groszem  lob.  130';  nehmen  auch  beiwei- 
len die  gemeine  hofer  mit  in  ihren  rath.  weisth.  l,  619 ;  die 
h.  mesz  ist  auch  vol  kreuz  von  eim  ort  zum  anderen,  bei- 
weilen zwei  beieinander,  beiweilen  drei  zugleich,  bienenk.  177' ; 
beiweilen  zwen,  beiweilen  drei,  ja  vier  päpst  miteinander.  223'; 

für  Newburg  man  das  leger  schlug, 

nam  ein  die  päsz  bciweilen, 

die  vor  der  feind  heu  all  besetzt.    Soltau  372, 

in  dieser  letzten  stelle  bedeutet  es  aber  paulatim,  wie  das  ahd. 
huilum  (Gbaff  4,  1226). 

BEIWERFEN,  adjicere,  hinzuwerfen:  warf  noch  zwei  gro- 
schen  bei. 

BEIWERK,  n.  parergon,  nebenwerk:  wir  sind  mit  dem  druck 
des  almanachs  jetzt  bald  im  reinen,  und  wenn  die  beiwerke, 
decke,  titelkupfer  und  musik  keinen  aufenthalt  machen,  kann 
das  werk  noch  vor  Michaelis  versendet  Vicrden.  Schiller  an 
Gvthe  359 ;  gleich  gelehrten  liegt  sie  neben  dem  brotstudium 
noch  einem  beiwerk  ob,  und  thut  in  jeder  sache  die  benach- 
barten mit.  J.  Paul  uns.  löge  1,  69 ;  Schönheit  ist  bei  uns, 
hoff  ich,  nie  etwas  anders  als  anschrot  und  beiwerk  des  vor- 
theils.  Tit.  1,42;  wie  doch  das  alles  noch  kaum  das  beiwerk 
ihres  bildes  sei.  2,  142 ;  kein  Stundendatum  und  andere  bei- 
werke der  contracte  zu  vergessen,  flegclj.  2, 13. 

BEIWEBTH,  m.  prelium  quod  accedit,  nebenwerth:  es  ist 
möglich,  dasz  der  stein  alt  und  der  name  neu  eingeschnitten 
sei,  um  dem  vortreflichen  noch  einen  beiwcrlh  zu  verleihen. 
GöTHE  30, 260. 

BEIWESEN,  n.  in  zwei  verschiednen  hedeutungen, 

1)  früher  war  es  praesentia,  anwesenheit,  gegenwarl,  beisein, 
gegensatz  von  abwescn:  was  solt  der  fleischliche  mensch  thun 
im  abwescn  des  geistes  oder  der  gnaden  wider  die  sünde, 
so  er  im  beiwesen  des  geistes  streitet  wider  gott  für  die 
Sünde?  Lcther  1,411';  in  meim  beiwesen.  3,  405*;  wenn  du 
wilt  aufs  beiwonen  sehen  und  die  äugen  auf  das  euszerliche 
beiwesen  kerest,  so  ist  unter  dem  ehelichen  leben  und  hurn- 
leben  gar  kein  unterscheid.  5,  339';  im  concilio  niceno  ist 
beschlossen  worden,  das  ein  igliche  kirche  einen  bischof  für 
sich  selbst,  in  beiwesen  eines  oder  mehr  bischoven,  so  in 
der  nehe  woneten,  welen  solle,  bei  Luther  6,  524";  ohn  der 
nachbare  beiwesen  und  bewilligen.  Frankf.  rcf.  9,  3,  3 ;  in  bei- 
wesen des  Volks.  Frank  weltb.  10" ;  in  ihrem  beiwesen.  Wickram 
rollw.  44;  der  ritler  ihr  auch  in  beiwesen  des  herzogen  ver- 
sprach bald  wider  zu  kommen.  Galmy  2ü7;  das  ire  weiber 
frei  in  ihrem  (der  mdnner)  beiwesen  essen  und  trinken  mögen. 
Fisciiart  e/iz.  19;  in  beiwesen  und  zusehen  etlicher  frommer 
glaubwürdiger  leut.  bienenk.  36';  ausz  disen  reden,  die  ich 
mit  meim  son  itzund  in  ewerem  .beiwesen  getribcn.  Garg. 
140*;  in  beiwesen  aller  seiner  fürsten  und  haublleut.  207'; 
in  seinem  und  der  Ortavien  beiwesen.  Oi'nzl,3'. 

2)  neueren  schrißstellern  ist  aber  lieiwesen  parergon,  neben- 
sachc  oder  zulhal:  das  beiwesen,  das  man  Horaz  aus  kunst- 
büchcrn  zuführte.  Heroer  11,  76;  das  pfeifciien  (mit  welchem 
der  krfippcl  stets  sich  zeigte)  ist  so  ein  beiwesen,  das  man 
ihm  auch  nicht  nehmen  mag,  was  hat  er  sonst  für  frcude? 
Hecner  molkenkur  3,  135;  wem  ererbte  reicbtliümcr  eine 
vollkommene  leichtigkcit  des  dasein«  verschaft  lialien,  wer 
sich,  wenn  ich  mich  so  ausdrücken  darf,  von  allem  lieiwesen 
der   menscliheit   von  Jugend   auf  reichlich   umgeben   lindct. 


Göthe  19, 17 ;  einen  blumenstrausz  anbrachte,  auch  die  leben- 
digen kleinen  beiwesen  zierlich  und  erfreulich  sowol  zu  wäh- 
len als  zu  vertheilen  wüste.  24,  244;  dieser  zug  mit  seiner 
pracht  und  allem  beiwesen.  24,  294 ;  bei  einem  werke,  wo 
seine  arbeit  nur  beiwesen  bleiben,  wo  er  manigfaltig  gegebene 
räume  verzieren  sollte.  32,  50 ;  so  ist  auch  Laokoon  ein  blo- 
szer  name,  von  allem  poetischen  und  mythologischen  beiwe- 
sen haben  ihn  die  künstler  entkleidet.  38,  40;  im  beiwesen 
und  in  Verzierungen  dacht  ich  manches  anzubringen,  was  eine 
Schweizerreise,  deren  bester  theil  zu  fusz  gemacht  worden, 
bezeichnete,  an  Lavater  61;  es  mag  ein  gut  bild  sein,  aber 
es  sagt  nichts,  davon  haben  die  modernen  künstler  keinen 
begrif,  und  müssen  sich  am  ende  deine  auslegung  des  bei- 
wesens  gefallen  lassen,  an  Zeller  747. 

BEIWESEND,  praesens,  qui  praesto  est,  vorhanden :  die  bei- 
wesenden  dünste  würken  ihren  absonderlichen  geruch  aus. 
Müralt  eidgeh.  34 ;  und  weil  er  dem  regiment  nicht  allezeit 
beivvesend  sein  könte.  MicR.'inus  3,  627;  weilen  derselbige  in 
diser  Schlacht  beiwesend  gewesen,  unw.  docl.  549;  waren  die 
gestrigen  herren  auch  beiwesend.  645;  dieweil  ich  aber  nicht 
immer  beiwesend  sein  kann,  hebamme  815.  Absolut  gesetzt, 
wie  das  lat.  praesente,  mit  folgendem  gen., 

ilzt  woit  wir  anriclilen  gern 

unserer  Schwester  ihr  hochzeit, 

beiwesend  eurer  heiligkeit 

und  anderer  fursteti  und  herrn.    Atrer  141"; 

dasz  gott  mit  seinem  söhn,  beiwesend  des  heiligen  geistes, 
himmel  und  erden  erschaflen  habe,  äyrer  proc.  1,  6. 

BEIWESENHEIT,  /".  praesentia:  in  seiner  liebsten  beiwe- 
senheit.  ped.  schulfuchs  226. 

BEIWESER,  m.  comes:  teurung,  hunger,  Sterbseuchen  und 
andre  übel,  als  gewöhnliche  beiweser  des  kriegs.  J.  Rompler 
VON  Löwenhalts  gebüsch  seiner  reimgetichte  s.  2. 

BEIWILLIG,  conscntiens,  willfährig : 

meint  sie,  dasz  Stuard  selbst  bei  willig  ihrer  bhlel 
Grtphiüs  1,  264. 

BEIWIND,  m.  ventus  a  latere  flans,  Seitenwind:  so  er  geet, 
hat  er  zu  jeder  seilen  ein  beiwind.  Frank  weltb.  3". 

BEIWOHNEN,  l)  concumbere,  mlat.  cohabitare,  woßr  auch 
oft  wohnen  bei  einer,  habitare  cum  aliqua  steht: 

des  weinmons  zwainzig  siben  tag 

verlor  ich  die,  darümb  ich  klag, 

der  ich  recht  ehelich  wonel  bei.     Scuwarzkne.  151  j 

seiner  frauen  beiwohnen,  pers.  rosenth.  7,  20 ; 

wie  bitter,  Dido,  war  die  frucht 
der  beeden  manuer  lieb,  denen  du  beigewohnec. 

Wkckberlin  799; 
schaw  ich  bin  die  fraw  Phantasei, 
die  ich  dir  oftmals  wone  bei.    ganskönig  D ; 

Heinricus   wolle  seiner  ersten  gemahlin  nicht  länger  beiwoh- 
nen, weil  sie  schon  eine  vidua  velata  gewesen.  Hahn  2,  39. 
2)  beiwohnen,  adesse,  intercsse,  oft  schon  mhd., 

Sit  mir  wont  diu  fröide  bi.    MS.  1,  22'; 

mir  wont  vil  ungemaches  bi.    I,  42*; 

ob  mir  ir  genäde  wonet  bl.    I,  77'; 
in  welchem  sinn  noch  öfter  bt  wesen  gesetzt  wurde,     nhd. 

und  wonet  im  noch  sovil  bei 

schicklichait  mit  gelückes  val.     Teticrd.  17,66; 

Juno,  die  uns  thut  beisvohnen  (unter  uns  w.)    AtrkrSO*; 

wer  mir  in  gunst  will  woncn  bei.    Scuwarzenb.  134,  1; 

nempt  war,  manch  pöse  procurei 

gar  vil  gewillten  wonet  bei.    157,  1  ; 

sein   trutziger   mfit,   der   ime   als   uberschwenklich  beiwonet. 

Aimon  A;    docter  Frobels    und  Waldis    sache    in    der   verhör 

beizuwonen.    Schweimchen  3,  246 ;    ich   danke  dir,   getrewer 

gott,  dasz  du  mir  gnediglich  in  Verrichtung  meiner  Sachen  bei- 

gewonet.  Susanna  com.  Hibcldeha  3,1; 
ja  wan  ich  mit  dank  nicht  belohnet, 
der  mit  undnnk  mir  bcigewuhnet.    Wbckherlin  20; 
dergleichen  wohnet  nichts  des  beiden  söhnen  bei.    Opitz; 
wann  nicht  bei  kampfer  hicrsc  liegt,  so  wird  er  sich  verzehren, 
wann  Jungfern  zucht  nicht  wuiiet  bei,  wird  lang  ihr  stund  nicht 

wehren.  Locau  2,  lug.  50; 

die  liebe,  filrst  und  herr,  di«  wir  vom  himmel  haben, 
die  wohn  euch  reichlich  hei  mit  ihren  edlen  gaben.  3,8, 40| 
und  dieser  sein  bolehl  wer  auch  geschehen  frei, 
werstti  nicht  kommen  mir  mit  linlle  beizuwohnen. 

Wf.nnKRS  Arioft  5,  74; 

festlagen   und   fröhlichkeilen   beiwohnen,    pers.    baumg.  4,  7; 

dasz   er  ihm  in   dem   beer  beiwohnen  und  beistehen  wolle. 


1409 


BEIWOHNEN — BEIWOHNXJNG 


BEIVVOLLEN— BEIZEN 


1410 


ZiNKGR.  2, 24 ;  wer  ihm  (dem  Taubmann)  beiwohnete  nnd  mit 
ihm  umgienge,  könte  nicht  leichtlich  seiner  überdrüssig  wer- 
den. Brajcdts  berichl  19;  und  ertheille  diesem  Babo  und  an- 
dern herren  befchl  mit  wenigen  bedienten  solcher  jagtlust  bei- 
zuwohnen. KosGEHLS  lorbeerhain  6;  wann  grosze  herrn  ihre 
rechnungen  lassen  abhören,  so  wohnen  sie  gemeiniglich  den- 
selben nicht  bei.  Schüppics  29;  eine  dunkle  erinnerung,  die 
dem  Meursius  vielleicht  beiwohnte.  Lessinc  6,  291;  wer  viel 
rechnet,  wird  es  bald  merken,  ob  ihm  ein  richtiges  einmal- 
eins  beiwohnet  oder  nicht,  lü,  25 ;  obschon  mir  nur  ein  sehr 
dunkles  bild  davon  beiwohnet.  12,  174 ;  begriffe,  die  unsrer 
Vernunft  a  priori  beiwohnen.  Kant  2,  52;  die  kenntnisse,  die 
dem  verstand  vor  aller  erfahrung  beiwohnen.  3,  237 ;  eine 
einem  körper  beiwohnende  geschwindigkeit.  8,114;  weil  euch 
vielleicht  die  lycurgische  gescbichte  nicht  beiwohnen  {gegen- 
wärtig sein)  dürfte.  Hippel  3,  167 ;  sie  versichert,  nichts,  was 
ihr  von  diesem  vorfalle  beiwohnet,  aus  liebe  zu  verschweigen. 
9,  276 ; 

wo  ein  greis  beiwohnt  {zugegen  ist).  Voss  IL  3,  109; 
welcher  mano,  o  Kirke,  dem  recht  und  billi^eit  beiwohnt. 
Od.  10,  3S3 ; 
ich  wohnte  jedoch  manchem  gespräch  darüber  bei.  Göthe  50, 
50;  um  in  jeder  läge  tugendhaft  zu  sein,  dazu  gehört  mehr 
mulh  als  schlachten  beizuwohnen.  Klingeb  12,  17;  welche 
heraufstiegen,  um  dem  bochamte  beizuwohnen.  Tieck  4,  393 ; 
v»as  ihnen  ernstes  und  feierliches  beiwohnt.  Humboldt  kosm.  1, 7. 
BEIWOHNEN,  n.  consueludo,  familiaritas,  Umgang,  nähe: 
ire  {der  ehfrau)  süsze  rede  und  freundlich  beiwohnen  macht 
im  all  sein  sorge  und  angst  leichter.  Albercs  ehbüchlin  D  2' ; 
Apulejus  schreibt  also,  das  die  flamme  der  lieb  des  ersten 
klein  sei  und  gelüstig,  darnach  durch  peiwonen  und  gewon- 
heit  werde  sie  mehr  enzündet.  Albr.  vo.n  Eybe  4';  denn  er 
in  sorgen  stunde,  das  vil  beiwohnen  der  beiden  liebhabenden 
menschen  sie  vielleicht  gegen  manniglichen  argwöhnig  machen 
würd.   Galmy  156. 

BEIWOHNEND,  quod  praesto  est,  kos  einem  beiwohnt :  meine 
hochgeehrte  obrigkeit  zu  Hamburg  werde  nach  ihrer  beiwoh- 
nenden Weisheit  den  verkaufern  dieser  pasquill  Jaegegnen. 
ScHcppiüs  566;  ihrer  beiwohnenden  geschicklichkeit  nach. 
Weise  erzn.  454;  seiner  beiwohnenden  Vernunft  nach.  kl. 
leute  75. 

BEIWOHNTR,  m.  accola,  ricinus:    und  wie  mit  den  aller- 

Seziertesten  dolden  der  paum  sam  mit  einer  krön  nicht  allein 
en  prunnen,  sunder  auch  die  peiwoner  umbschaltet.  fasln, 
tp.  1302 ;  das  weisz  ich  ie  wol,  wie  ich  teglich  nicht  allein 
von  meinen  beiwonern,  sondern  auch  aus  vielen  landen  schrift- 
fich  verwarnet  werde.  Llther  1,363";  Rihel  Liv.  461. 

BEIWOHNLICH,  umgänglich,  nachbarlich :  zu  vernünftigem 
und  beiwohnlicliem  leben.  Philanoer  1, 15*. 

BEIWOHNUNG,  f.  l)  concubilus,  fleischliche,  ehliche  bei- 
v»obnung:  der  wüst  nit,  das  wir  noch  nie  biwonung  zamen 
ghan  hatten,  schämpten  uns  bede  mit  einandren  nider  zu  gan, 
doch  must  das  einmal  sin.  Tho.  Plater  60 ;  die  eheliche  bei- 
wohnung.  Kant  5,  85. 

2)  commercium,  gesellschaß,  Umgang,  verkehr:  die  sitten 
werden  angenommen  durch  beiwonung  (mores  trahuntur  ex 
convictu),  man  sieht  gar  bald  bei  was  lüten  er  gewonl  hat. 
Keisersberg  Sünden  des  munds  30';  und  als  Joannes  Andree 
spricht  in  add.  spec.  tit.  de  judeis,  so  mögen  wir  sie  on  ir 
gemain  bywonung  got  dem  almechtigen  nit  herzu  bringen. 
Hecchliü  augensp.  36*;  so  hon  ich  kein  biwonung  mit  inen 
{den  Juden),  dan  es  halt  sich  kein  jud  in  allen  mins  fursten 
landen,  terst.  2';  kein  priester  soll  einich  weih  bei  ihm  haben, 
das  er  nit  ausz  ihrer  teglicben  beiwonung  mit  ihr  zu  fall  komme. 
Fra!«»  vellb.  54";  wie  neidisch  und  abgünstig  die  menschen 
«ein,  on  welcher  hilf  und  beiwonung  grosze  ding  nit  können 
ausgericht  werden.  Melaxchthoss  rede  ron  herz.  Friderich, 
deutsch  von  Lacterbeck  s.  27;  begcren  sie  in  irer  {der  hof- 
letUe)  beiwohnung  zu  sein  und  leben.  KiRcnHor  tccnrfunm.''60'; 
sie  wollen  erstlichen  gen  Trient,  daselbst  viel  treflicher  men- 
ner  seien,  welchen  seine  beiwohnung  ganz  angenem  sein 
werde.  382'; 

hab  mich  alzpit  vor  im  geschmofren, 

von  »einer  beiwonung  mich  abzogen.    H.  Sachs  in.  1,  M'; 

gotl  wöll  ewise  beiwohnung  gebn 

dort  in  seim  thron  und  himeircich.    Atrkr145*; 

Weiber  und  Jungfrauen  sollen 

frembder  mnnncr  beiwohnung  meiden.    397'; 

lieb  wuchst  aus  beiwonung,  ein  lebend  kohl  zundt  die  todte 


kohlen  neben  sich  an.  Lehxax?«  171;  ein  jeder,  dem  seine 
Vernunft  noch  gute  beiwohnung  leistet.  Bctschst  Poimo*  115; 
das  wir  der  beiwohnung  eines  angenehmen  kindes  so  lange 
zeit  theilhaftig  gewesen.  Weise  kl.  leute  274;  man  liätte  ihm 
ein  hübsches  müdchen  verschaff,  um  eine  ewige  langweilige 
beiwohnung  bei  seiner  ehefrau  zu  unterbrechen.  Gotbe  36,16; 
der  den  ehemann  von  dem  abgeschmack  einer  einförmigen 
beiwohnung  zu  retten  sucht.  36,  n ; 

worauf  sie  in  ein  siebenjährig  elend 
gewandert,  ich  erwünschter  beiwohnung 
beranbi,  dem  hause  meiner  väier  erben 
entzogen.  Tieck  2,256; 

jeder  von  den  40  akademikem  in  Paris  hat  von  der  beiwoh- 
nung einer  session  einen  silberpfennig.  J.  Pacl  teufelsp.  l,  io. 
BEIWOLLEN,  damnum  intendere,  einem  schaden  wollen,  an 
einen  wollen,  einem  beikommen  wollen: 
sie  wollen  ihm  mit  glatten  reden  bei, 
und  trugen  sich  mit  blinder  heuchelei.    Opitz  ps.  t.  151; 
wil  sie  mit  diesem  grimm  der  fürsienrauiter  bei? 
Grtphils  1,  382. 
hetile  auszer  gebrauch,     s.  beikönnen. 

BEIWORT.  7».  proverbium,  parabola,  ahd.  ptwort  (Graff  1, 
1022),  ags.  bi^ord,  engl,  byword,  gebildet  wie  beispiel  und 
ähnliche,  man  hat  es  aber  auch,  nach  Vorgang  des  nnl.  bij- 
woord,  in  der  grammatik  für  das  lat.  adjectivum  verwandt  und 
von  nebenwort  adverbium  unterschieden,  an  sich  drücken 
beiwort  und  nebenwort  ganz  dasselbe  aus  und  das  lat.  ad- 
verbium (quod  verbis  adjicitur)  kann  durch  keins  derselben 
erreicht  werden,  da  wir  wort  nicht  auf  verbum  einschränken 
und  auch  vom  nomen  gebrauchen,  darum  sind  diese  Verdeut- 
schungen untreffend,  und  wie  sollten  wir  beiwort  und  neben- 
wort sondern,  während  beiweg  und  nebenweg,  beiwerk  und 
nebenwerk  einerlei  sind?  ßr  epitheton  mag  sich  beiwort  wol 
schicken,  wie  bei  Gijnther  rorr.  10:  beiwörter  dahin  setzen, 
wo  sie  nicht  hingehören,  ein  fümehiner  mann  führete  zum 
bei  Worte  (pflegte  zu  sagen).  Bctschky  Palm.  753. 

BEIW'UKZEL,  /".  slolo :  die  wurzel  disz  gewechs  ist  an  ge- 
stalt  uneben  mit  vilen  angehenkten  beiwurzeln  oder  zeserleio 
begabt.  Thcrneisser  m/7,  «rir*.  3.    s.  beizaser. 
BEIZÄHLEN,  annumerare,  hinzuzählen : 
des  landes  vätern  zähl  ich  mich  jetzt  bei.    ScvulerMS; 
dasz   die,   welche  damit  beauftragt  waren,   den  tribunen  bei- 
gezählt werden,  ohne,   streng  genommen,   zu  ihnen  zu  gehö- 
ren. Nieblhr  2,  441. 

BEIZ.\SER,  /■.  nebenfaser,  s.  beizeserlein. 
BEIZBRCHE,  f.  liquor  mordens,  beizwasser. 
BEIZE,  f.  was  beisze,    1)  venatio,  meistens  auf  die  jagd  mit 
vögeln  eingeschränkt,  falkenbeize,  reiherbeize,  basenbeize. 
2)  maceratio,   infectio,  liquor  erodens: 

es  thut  nit  not  ein  man  zu  raiizen, 
er  friszt  sich  selbst  in  diser  baiuen. 

MuRiigRs  schetmenzunfl  38»; 
man   legte   also  den  hasen  in  eine  scharfe  essigbeize.   Leipx. 
avanl.  1,  54.     beize  zum  taback. 

BEIZEICHEN,  n.  Signum,  nota,  kennzeichen,  attribul:  hier 
steht  Hercules,  heldenhaft  geschmückt,  ihm  fehlt  keines  jener 
bekannten  beizeichen.  Göthe  39,  67. 

BEIZEICH.NEN,  annotare,  anmerken,  hinzuschreiben. 

BEIZEIT,  adv.  was  das  folgende,  beizeit  auf  die  zäun,  so 
trocknen  die  windeln.  Göthe  26,  203. 

BEIZEITE.N,  adv.  mature,  in  tempore: 
hilf  uns,  0  got,  ach  herr,  hilf  uns  beizeiten.  Wkckhrrl.  43; 
ich   brauchte  beizeiten  die  vorsieht.    Rabener  2,  19;    ich  will 
formulare  für  alle  stände  und  arten  der  liebhaber  liefern,  wie 
sie  einander  von  ihren  fehlem  beizeiten  nachricht  geben  sollen. 
3,  280;  er  ist  diesen  morgen  beizeiten  wieder  da.  Göthe  38, 98. 

BEIZELSCHIF,  n. .'  beitzelschif.  weisth.  2,  223,  was  bedeu- 
tet das?     nnl.  ist  beitel  ein  keil,  s.  beiszeL 

BEIZEN  =  beiszen  (das  schwache  verbum)  und  verhält  sich 
dazu  wie  reizen  zu  reiszen,  heizen  zu  heisz  und  das  heu- 
tige weizen  trilicum  zu  dem  älteren  weisze,  mhd.  weije. 

1)  venari  avibus: 

vermeinet  mich  darmit  lu  fancn, 
zu  beitzen  auf  die  leimeslangri. 

Is.  GiLui'sius  grammalica.  1597  *.  82; 
wenn  ihn  dpr  arge  feind  will  beiizen, 
zu  den  Sünden  locken  und  reiizen.    H.  Sachs  IV.  1,98*; 

wer   drawet  der  beitzt  mit  eim  todlen  falken.    Leb>a!«x  ß3; 
einige   grosze   herren   springen    doch   wol   mit   hohen  damea 

89 


1411 


BEIZEN— BEIZÜNG 


BEIZVOGEL— BEJICHT 


1412 


voll  stolzer  reiherfedern,  wie  mit  hochschwebenden  reihern 
selber  um,  und  baizen  beide.  J.  Paul  komet  3,  208 ;  der  Sper- 
ber geübt  das  kleine  gefieder  zu  beizen.  Müsaeüs  2,  137;  er 
hatte  das  federspiel  nicht  zur  band  um  zu  beizen.  2, 159 ; 

mit  dem  beizenden  stürm 

trägst  du  ihn  lioch  empor.    Göthe  2,  67  ; 

es  wässert  mir  das  maul,  wie  ein  gebeizter  hase.    7,  90. 

2)  inßcere,  macerare,  condire  sacharo,  würzen,  überzuckern 
{vgl.  einbeizen),  die  gerber  beizen  feile,  die  scbreiner  bolz, 
die  köcbe  fleisch,  die  sonne  beizt  das  gesiebt  braun  und  die 
träuben  rotb,  reif:  mit  essig  beitzen.  Helber  sylbenb.  1593  s.  34 ; 
vil  ochsen  auf  das  best  gemästet  und  mit  blut  gebaitzet  sprin- 
gen her  mich  grewlich  umbzubringen.  Weckiierlin  89 ; 

damit  nu  ihrer  siiszigkeit 

und  baitzenden  hoidseligkeit 

du  und  sie  möget  gar  genieszen.    458; 

des  hofs  glänz,  davon  du  lang  gebaitzet.    516; 

meines  munds  rubin  kan  baitzen  und  besehlen.    738; 

der  Simplicissimum  verreitzet 

und  ihn  zu  schelraenstücken  beitzet.    Stmpl.  1,  98; 

Wermut  in  hier  oder  wein  baitzen  lassen.  Hohberc  1,  290"; 

so  währts  doch  kurze  frist,  bis  dasz  in  dem  gemach, 
das  man  zur  Sommerszeit,  so  wie  im  winter  heitzet, 
ihm  ein  verschwiegner  arzt  den  allen  Adam  beitzet. 

Canitz  90 ; 

bei  mädchen,  die  durch  liebesunglück  gebeizt  sind,   wird  ein 

heiratsvorschlag  bald  gar.  Göthe  8,  85 ; 

ein  starkes  hier,  ein  beizender  toback 

und  eine  magd  im  putz,  das  ist  nun  mein  geschmack.  12,49; 

die  brennende  sonne,  der  beizende  scbnee.  14,  195;  würzte 
er  alles  was  er  sagte  und  schrieb  mit  beizenden  Ingredienzien. 
24,  199 ;  und  lasse  den  garstigen  Waitburger  feuerstank  ver- 
dunsten, den  ganz  Deutschland  übel  emplindet,  indes  er  bei 
uns  schon  verraucht  wäre,  wenn  er  nicht  bei  nordostwind 
wieder  zurückschlüge  und  uns  zum  zweiten  mal  beizte,  an 
Zeller  300;  früher  machte  ich  weite  Spaziergänge,  aber  das 
ist  bei  dieser  hitze  nicht  mehr  möglich,  die  sonne  beizt  die 
Weinberge.  Bettine  br.  l,  323;  die  ausgenommen,  die  ihm 
ähnlich  war,  beizten  die  andern  alle,  die  es  nicht  waren,  sein 
inneres  mit  ihren  tischreden  so  sehr,  dasz  er  nie  in  grösze- 
rer  beklemmung  war.  J.  Paul  «n«.  %e  2, 121.  vielleichl  meint 
auch  der  beizende  stürm  bei  Göthe  2,  67  keinen  jagenden, 
heizenden,  sondern  einen  älzenden,  angreifenden. 
BEIZER,  m.    1)  venator,  s.  beiszer: 

er  nam  sie  bei  irer  schneweiszen  band 
nach  aller  beizer  weise.    Uhland  245. 

2)  beizer,  viacerator,  der  arbeiler,  der  die  Werkstücke  beizt. 

BEIZERIN,  f.  lolrix,  z.  b.  handschuchbeizerin.  Garg.  281*. 

BEIZESERLEIN,  n.  fibra  secundaria :  dis  gewächs  hat  eine 
zimliche  lange  und  mit  vil  beizeserlein  bewachsene  wurzel. 
Thurneisseb  inß.  wirk.  10.     s.  beizaser. 

BEIZHUND,  m.  canis  venalorius,  Spürhund. 

BEIZIMMER,  n.  nebenzimmer. 

BEIZKRAFT,  f.  vis  rodendi. 

BEIZKUFE,  f.  bei  den  kürschnirn. 

BEIZLUDER,  n.  esca:  aber  ein  jeder  verseh  sich  jetzund 
zum  besten  wie  er  wil,  ich  musz  mich  zu  meim  beitzluder 
fügen,  was  für  beitzluder?  fragt  Gargantoa.  mein  brevier- 
büchlein,  antwort  der  mönch,  dann  zu  gleicher  weis  wie  die 
falkonierer,  eh  sie  ire  vögel  speisen  und  behauben,  sie  vor 
etwan  mit  eim  hünerfüszlein  erbeitzen,  lock  machen  und 
ätzen,  inen  das  hirn  vom  pflegma  zu  reinigen ;  also  wann  ich 
dies  klein  breviarium  morgens  frü  übernag  und  ein  kleins 
tiertheilstündlin  zersaug,  so  erpfluttere  und  erpolstere  ich 
meine  hing  so  {ustig,  dasz  sie  gleich  bereit  ist  zu  trinken. 
Garg.  249*. 

BEIZMITTEL,  n. 

BEIZSTUBE,  f. 

BEIZTOPF,  m. 

BEIZU,  adv.  nebenhin,  nebenbei,  nd.  bi  to :  heiin  gieszen 
aus  einer  flasche  in  die  andre  ist  etwas  beizu  gekommen; 
nun  so  werde  denn  der  ungelheilte  fluch  über  mich  ausge- 
gossen, und  dasz  kein  blitz  beizu  sprützel  Leisewitz  Jul. 
V.  Tar.  4,  6. 

BEIZUG,  m.  nebeniug. 

BEIZUNG,  f.  maceraliot 

0  schöne  kunst,  o  reiche  zier, 

des  Icbens  seltsame  cnrricr 

durch  so  vil  bflitzungen  xu  wenden.  Wp.ckiirri..  540.- 


BEIZVOGEL,  m.  jagdvogel,  falke,  habicht,  sperher. 

BEIZWACKEN,  forcipe  allrahere:  du  verstehest  dich  wol, 
geld  und  gut  beizuzwacken.  Henisch  268. 

BEIZWASSER,  n. 

BEIZWEIGUNG,  f.  insitio  rami:  das  solt  aber  wissen,  das 
solche  beizweigung  (dpfel  und  birnen  auf  einem  stamm)  gar 
schwerlich  obs  trage.  Sebiz  336.     s.  zweigen. 

BEIZWOLLE,  f  gerberwolle. 

BEJAGEN,  venando  assequi,  erjagen,  nnl.  bejagen,  mhd. 
sagte  man  auch  bebirsen: 

si  bebirsent  swa;  si  mugen  bejagen.    todes  gehugde  267 ; 
dann  überhaupt  erlangen: 

in  welre  bände  wise 
bejagestu  kleider  unde  spise? 
in  eines  stolzen  knappen  wise 
bejage  ich  kleider  unde  spise.    Tragemundes  lied; 
nhd.  wirt,  gebt  in  weder  speis  noch  trinken, 

ir  bejagt  an  in  vil  lüizel  eren.    fastn.  sp.  566,  18. 

man  sagt  aber  auch  einen  wald,  ein  revier  bejagen,  $ilvam 
venando  peragrare.  Lohenst.  Arm.  1, 1089. 

BEJAHEN,  annuere,  afßrmare,  ja  sagen,  richtiger  zu  schrei- 
ben bejaen,  wie  nnl.  bejaen,  ddn.  bejae,  auch  schrieb  Lessing 
bejaen,  ahd.  galt  ein  frequentatives  gijäzan,  gijäezan,  ent- 
sprechend dem  altn.  jäta  (Graff  1,  570),  mhd.  jäzen  und  be- 
jäzen  (Ben.  1,  764").  Henisch  255  setzt  bejahen  und  bejach- 
zen,  danach  Stieler  873.  verschieden,  obgleich  im  begrif  ver- 
wandt, ist  das  ahd.  bijehan,  mhd.  bejöhen  (Ben.  1,  515")  faleri, 
dessen  praet.  bejach  pl.  bejähen  die  Vermischung  heran  ge- 
führt haben  könnte,  vgl.  beicht.     wirklich  hat  Grypbiüs  2,  314 

dem  must  ihr  seine  sprach  und  jedes  wort  bejähen, 
im  reim  auf  schmähen  und  geschehen. 

man  wollte  wissen,  ob  es  mit  dieser  vermuthung  des  herrn 
Burmann  seine  richtigkeit  hätte,  und  wollte  in  dem  bejaenden 
falle  das  manuscript  näher  kennen.  Lessing  9, 184 ; 

per  diol  das  bejah  ich, 

mein  blaues  wunder  sah  ich.    Bürger  23'; 

ein  bejahendes  (positives)  recht.  Kant  5,  352 ;  bejahender  satz, 
gegenüber  dem  verneinenden,  negativen;  ich  für  mich  bejahe 
die  Sache.  J.  Paul  Fibel  15;  konnte  Karoline  eine  liebe  be- 
jahen, der  ich  untreu  sein  müsle?  ri<.  3,  73. 

BEJAHREN,  aetate  proveclum  esse,  ist  ungebräuchlich,  aber 
durch  bejahrt  und  bejahrung  bedingt. 

BEJÄHREN  sich,  ein  jähr  werden:  heute  ist  Michaelis  und 
heute  bejährt  sich  seine  abreise.  J.  Padl  uns.  löge  2, 1.  vgl. 
verjähren  und  betagen. 

BEJAHRT,  annosus,  velustus,  nnl.  bejaard:  ein  bejahrter 
mann,  eine  bejahrte  eiche ;  eine  etwas  bejahrte  perücke.  Hä- 
rener 4,  58 ;  ein  hochbejahrter  greis ; 

steht  meines  Vaterlands  bejahrte  lehre  fest, 

dasz  kein  unsterblicher  sich  sehn  noch  bilden  läszt? 

J.  E.  ScHLEGKt  1,  327; 
ihr  verstummet  Deutsche!  was  zeiget 
euer  schweigen?  bejahrter  geduld 
müden  kummerl    Klopstock  2,  111; 
auch  die  kraft  bejahrter  triebe 
müsse  morgen  sich  erneun!    Borger  123'; 
bejahrte,  verfallene  warten.    Gökingk  1, 174. 
BEJAHRUNG,  f. 

das  meiste  ist  doch  die  bejahrurig, 

(las  allermeiste  die  erfahrung.    Tieck  13,  293. 

BEJAHTSEIN,  n.  afßrmatio :  der  ausdruck  des  bejahtseins, 
des  für  sich  bestehens  im  einzelnen  ist  die  ruhe.  Schellings 
weltseele  vorr.  \\x. 

BEJAHUNG,/",  afßrmatio:  ein  begrif,  der  lauter  bejahungen 
enthält.  Kant  2,  269.    im  bejahungsfall  =  im  bejahenden  fall. 

BEJAMMERN,  deplorare,  miserari,  stärker  als  heklaf^eu:  die 
beängstigten  reisenden  flcngen,  sobald  die  sorge  für  ihr  leben 
vorüber  war,  ihren  verlust  zu  bejammern  an.  Göthe  19, 40. 

BEJAMMERNSWÜRDIG,  dejdorandus,  piloyable:  sie  würden 
mit  dem  kleinen  bejammernswürdigen  zeugen  ihrer  Schwachheit 
für  sich  wül  ihr  kümmeriiches  biot  linden.  Rabener  6, 100. 

RKJAMMERUNG,  f.  lamentalio. 

BEJATEN,  sarrirc.    s.  bcgäten. 

BEJAUCHZEN,  laeta  acclamalionc  exeipere: 

mehr  als  ein  groszes  land  bejauchzet  dein  erhöhen. 
Canitz  61. 

BEJICHT,  schreibt  Lutmkr  für  beicht  {oben  sp.  t35!>)  z.  b. 
sihe  solches  edles  slück  der  bcjicht  lialien  die  pnpisten  ganz 
gedempfet.  6,109';  wenn  tauscnt  und  aber  tausent  weit  nieia 


1413 


BE  JICHTER — BEKANNT 


BEKANNTE  —  BEKEHREN 


1414 


were,  so  wolt  ich  alles  lieber  Tcrlieren,  denn  ich  wolt  dieser 
bejicht  das  geringste  stucklin  eines  aas  der  kirchen  komen 
lassen,  daselbst. 

BEJICHTER,  m.  confessor.  Lütheb  a.  a.  o. 
BEJICHTUNG,  f.  confessio.    ebendaselbst. 
BEJICHTVATER,  m.  daselbst  6,  UO'. 
BEJOCHEN,  jugo  subdere: 

ob  dort  ein  schlauer  Gustar  Oetarius  " 

ein  Tolk  bejoche,  welchem  noch  freiheit  galt. 
Stolbebg  1,  2; 
ders  Taterland 
bejocht,  und  unsern  stamm  befleckt.    5, 13. 

BEJOCHER,  m.  subjugator: 

hirtenvolk  der  alpen,  das  ringend  mit  den  bejocbern 
fiel,  unvergeszlicn  bist  du,  wie  das  thermopylische  häufleio. 

Klopstock  7,  32. 
BEJOCHÜNG,  f. 

die  bejochung  dorrt 
den  lorber.        Klopstock  7,  26; 
drauf  hat  sie  dieser  täuscher  bejochungskrieg 
gemordet.        7,  29. 

BEJUBELN,  jubilo  excipcre. 

BEKACKEN,  concacare,  inquinare,  nnl.  bekakken.  Sti£LEB 
907 :  die  Ordnung  gottes  bekacket  er.  Luthers  tischr.  253*. 

BEKÄLBERN  sich,  vomere,  s.  kälbern. 

BEKALKEN,  trullisare,  mit  kalk  bewerfen:  bekalkte  wand. 
s.  bekelken. 

BEKÄMPEN,  sepire,  beiäunen.  niederdeutsch. 

BEKÄMPFEN,  impugnare,  zuerif  6«  Stieler  923:  den  feind, 
die  leidenschaften,  begierden,  den  schmerz  bekämpfen ; 

ich  seh  es,  deine  brüst  bekämpft  vergebens 
das  unerwartet  ungeheure  wort.    Gothb9,  40; 

das  bekämpfte  herz.  J.  Paul  Hesp.  1,  276.  sich  bekämpfen: 
beide  gegner  bekämpften  sich  lange,  ohne  etwas  auszurich- 
ten; Parteien,  die  sich  unter  schwachen  herschern  um  ein- 
flusz  bekämpfen.  Kli>ger  11,  26. 

BEKANNT,  part.  praet.  von  bekennen,  das 

1)  in  der  bedeutung  von  confessus,  iceil  wir  noch  bekennen, 
confileri  sagen,  seine  verbalkraß  behauptet:  er  hat  bekannt, 
eingestanden ;  er  hat  anfangs  geleugnet,  zuletzt  aber  alles  be- 
kannt ;  er  wil  der  red  niemand  bekand  (geständig)  sein.  Aghi- 
coLA  spr.  110";  ich  lobe  noch  die  tjTannen,  so  durch  öffent- 
lich gericht  frei  am  tag  unsere  brüder  abthun,  und  der  thal 
bekand  sind.  Luther  3,  3S4' ;  ob  sie  es  (ejus)  denn  auch  be- 
kand wollen  sein  öffentlich  für  irer  oberkeit.  6,  18*;  weil  er 
ungewis  oder  des  nicht  bekand  wil  sein,  daselbst,  vgl.  be- 
kanntlicli,  bekentlich  und  bekennig. 

2)  in  dem  sinn  von  notus  (kund)  aber,  weil  uns  bekennen 
=  novisse  unüblich  geworden  ist,  hat  es  nur  die  adjeclivi- 
sche  bedeutung  von  certus,  nicht  mehr  die  partictpiale,  wie  ge- 
kannt und  erkannt,  verkannt,  da  kennen,  erkennen,  verken- 
nen fortdauern. 

a)  bekannt  sein :  es  ist  allgemein  bekannt ;  es  ist  den  spatzen 
auf  dem  dach  bekannt;  dem  land  und  den  leuten  bekannt; 
ich  bin  hier  nicht  bekannt;  das  war  aller  weit  bekannt;  das 
ist  die  bekannteste  sache ;  bekannte  gescbichte ;  du  bist  dafür 
bekannt;  bin  ich  denn  bei  euch  nicht  besser  bekannt?;  gott 
ist  in  iren  pallasten  bekand,  das  er  der  schütz  sei.  ps.  4S,  4 ; 
und  wird  ein  tag  sein,  der  dem  herm  bekand  ist.  Zach.  14,  7 ; 
denn  sein  name  war  nu  bekand  {goth.  svikunj)  allis  var{i 
namo  is).  Marc.  6, 14 ;  ich  bin  ein  guter  hirt  und  erkenne  die 
meinen  und  bin  bekand  den  meinen  (jah  kann  meina,  jah  kun- 
nun  mik  }>A  meina).  Joh.  10, 14 ;  doch  ich  bin  bei  euch  allent- 
halben wol  bekand  (in  allamma  gabairhtida  du  jzns).  2  Cor. 
11,  6 ;  ich  bin  mit,  in  diesen  dingen  wenig  bekannt  (bewandert) ; 

wer  in  der  bibel  ist  bekandt  (tersalus). 

SCBWABZENBERG  158,  2. 

b)  bekannt  werden,  innotescere:  er  wurde  bald  bekannt; 
es  soll  schon  bekannt  werden;  denn  der  herr  wird  den 
Egj-ptem  bekannt  werden.  Es.  lo,  21;  und  wil  bei  inen  be- 
kand werden.  Ei.  35,  ii;  er  ward  mit  einem  mädchen  be- 
kannt, das  ihn  immer  stärker  anzog;  man  Hill  die  sache 
nicht  bekannt  werden  lassen. 

c)  bekannt  machen,  divulgare,  östr.  bekannt  geben,  kund 
geben,  Ihun  :  ich  will  diese  lieder  bekannt  machen  (drucken 
lasten,  herausgeben) ;  ich  habe  es  wol  gedacht,  dasz  ich  nicht 
nüthig  haben  würde,  ihnen  dieses  letzte  werk  bekannt  zu  ma- 
chen. Lesshg  6,  87 ;  sein  freund  Shakespear  hatte  ihm  einen 
prinzen  bekannt  gemacht,  der  sich  unter  geringer  gesellschuft 
eine  zeillang  aufhält.    Güthe  19,  2;    dem  ich  zugleich  soviel 


fntes  von  dem  jungen  manne,  den  er  mir  bekannt  gemacht, 
zu  sagen  wüste.  30,  231;  man  musz  sich  mit  dem  frischen 
Spielkätzchen  nun  anch  wieder  bekannt  machen. 

d)  für  bekannt  annehmen:  die  sache  darf  für  bekannt  an- 
genommen werden ;  dis  erbieten  nam  Moyses  für  bekannt  an, 
übergaben  also  beide  theil  ihre  Schriften.  Avreb  proc.  1,  14. 
vielleicht  zu  1,  pro  confesso. 

e)  bekannt  thun:  er  thut  so  bekannt,  vertraut; 

und  thuu  nach  ritierart  beim  ersten  blick  bekannt.    Wikla^o; 
so  zärtlich  und  bekannt, 
ais  wären  sie  verwandt. 

».  allbekannt,  unbekannt,  wolbekannt. 

BEKANNTE,  m.  f.  familiaris,  substantivisch  gebraucht,  der 
bekannte,  der  freund,  die  bekannte,  die  freundin;  wer  sein 
kind  in  der  zucht  hält,  der  wird  sich  sein  frewen  und  darf 
sich  sein  bei  den  bekanden  nicht  schämen.  Sir.  30,  2 ;  such- 
ten in  unter  den  gefreunden  und  bekanden.  Luc.  2,  44 ;  ein 
bekannter,  eine  bekannte  von  mir;  meine  allen  und  neuen 
bekannten ;  Klopstock  meint  11,  240 :  ein  freund  ist  weder  ein 
bekannter  noch  ein  guter  bekannter,  er  ist  auch  kein  guter 
freund,  ein  bekannter  ist  nun  so  einer,  den  man  sehen  und 
nicht  sehen  kann,  ohne  weiter  an  ihn  zu  denken,  aus  einem 
guten  bekannten  wird  zwar  bisweilen  ein  freund  u.  s.  w.  Man 
sagt  auch,  ich  habe  hier  niemand  bekanntes. 

BEKANNTENKREIS,  m. 

BEKANNTERMASZEN,  adv. 

BEKANNTHEIT,  /.  fama :  weil  es  nur  personen  oder  hand- 
lungen  von  einer  ohnedem  schon  genügsamen  bekanntheit 
und  berühmtheit  sind.  Lessixg  8,  448. 

BEKANNTIN,  f.  sagte  man  sonst,  wie  befjreundin:  Aegle 
war  eine  bekanntin  und  feldnachbarin  des  Silenus.  Hage- 
dors  3,  130;  ich  weisz  gar  nicht,  sagte  eine  von  meinen  be- 
kanntinnen, was  das  für  ein  paar  zusammen  ist.  Lessing  7, 98. 

BEKANNTLICH,  wie  bekannt, 

1)  conßtens:  er  ist  bekantlich  gewesen  (hat  eingestanden). 
Reücblin  augensp.  X4'. 

2)  notus:  also  und  nicht  mehr  dann  bekanntlich  zu  sein 
müglich  ist.  Paracelsus  1,  561';  einem  arzt  desto  bekandli- 
cher.  2,  73' ;  zwelf  bekantlicher  tieren.  Thurseisser  in/?,  wirk. 
26.  Heute  braucht  man  nur  das  adv.  bekanntlich  =  bekann- 
termaszen,  ut  inier  omnes  constat :  er  ist  bekanntlich  arm ; 
dies  war  bekanntlich  sein  verbrechen. 

BEKANNTMACHUNG,  f  declaratio,  edictum.  nnl.  bekend- 
making.    östr.  bekanntgebung,  kundgebung. 

BEKANNTNIS,  f.  oder  n.  confessio,  von  bekannt  confessus 
gebildet :  die  bekantnus  des  glaubens.  bienenk.  6' ;  im  buch 
der  bekantnus.  22';  in  bekantnus  irer  groszen  Schwachheit 
107*;  sein  bekantnus  mit  seinem  blut  versigelt,    lio'; 

ich  wil  dir  dessen  nur  ein  klar  bekäninOs  geben.    Fleming  20; 

theurer  und  herlicher  bekantnus  ist  nicht  geschehen  als  diese 
zu  Augspurg.  ScHUPpics  842 ;  der  wahre  dichter  weisz,  dasz 
er  alles  nach  seiner  art  verschönern  musz,  und  also  auch 
sich  selbst,  welches  er  oft  so  fein  zu  thun  weisz,  dasz  blöde 
äugen  eine  bekünnlnis  seiner  fehler  sehen,  wo  der  kenner 
einen  zug  seines  schmeichelnden  pinseis  wahrnimmt.  Lessiz^g 
4,  32.     man  schreibt  heute  bekenntnis. 

BEKANNTSCHAFT,  f  1)  notitia:  er  hat  einige  bekannt- 
schaft  mit  der  sache ;  er  hat  mit  dem  mädchen  bekanntschafl 
(Umgang);  bekanntschafl  mit  etwas  machen;  gedankt  seis  dem 
leiden  meiner  gemahlin,  das  mir  eine  so  werlhe  bekannt- 
schafl macht.  Schiller  148;  ich  machte  seine  bekanntschafl 
zu  Paris;  unsere  bekanntschafl  ist  schon  alt. 

2)  noti,  familiäres:  er  hat  eine  ausgebreitete  bekanntschafl; 
er  macht  gern  neue  bekanntschaften,  hat  schon  viele  be- 
kanntschaften  (liebeshdndel)  gehabt. 

BEKANTEN,  angulos  demere,  weis  beecken. 

BEKAPPEN,  1)  putare,  was  abkappen,  die  äste  bekappen, 
die  weiden  bekappen. 

2)  tegumenlo  instruere,  eine  kappe  aufsetzen: 
aber  ich  kenne  denn  auch  die  bekappien.    Götbi  40, 136, 

de  bekappeden.    Reinke  4047,  die  mönehe,  cueuUati. 

BEKEHRBAR,  emendabilis,  eonverlibilis. 

BEKEHREN,  avertere,  converlere.  kehren  ist  wenden,  be- 
kehren im  sinne  von  abkehren,  abducere,  reducere,  umkehren, 
umwenden, -  auf  die  rechte  seile  wenden,  vom  unrechten  weg 
auf  den  rechten  wenden,  geistlich  verstanden,  zu  dem  rechten 
glauben,    zur    busze,    zur   tugend   wenden.     Ulfilas  tagt  stets 

89* 


1415 


BEKEHREN  —  BEKENNEN 


BEKENNEN 


1416 


gavandjan,  wenden,  iniar^e^eiv,  ahd.  galt  gihuerpan  (Graff 
4,  1234),  bald  aber  vorwiegend  picheran  (4,  475),  mhd.  bekfi- 
ren,  nnl.  bekeeren ;  ahn.  snüa,  schw.  omvända,  dän.  omvende, 
engl,  convert,  nach  dem  franz.  convertir.  sinnlich  für  um- 
kehren, umwenden,  umdrehen,  verkehren  wird  bekehren  fast 
nicht  mehr  gebraucht,  es  bleibt  ganz  auf  den  kirchlichen  sinn 
eingeschränkt ;  wenn  man  Bocc.  1,  142'  liest:  darmit  im  sein 
grosze  empTangene  freude  nicht  in  trübsal  und  traurigkeit 
verkeret  würde;  so  haben  hier  zwar  andere  ausgaben  bekeret, 
doch  der  alte  Ulmer  druck  gekeret. 

1)  einen  bekehren,  das  volk,  die  beiden,  die  Juden,  die 
Sünder  bekehren :  er  halte  grosze  gnade  das  volk  zu  be- 
kehren. Sir.  49,  3;  und  er  wird  der  kinder  vil  zu  gott  irem 
hern  bekehren  (golh.  gavandeij)  du  fraujin).  Luc.  1,16; 

bekehre  was  verkehret.    GarPHius  2,  293; 

htim,  sagte  der  kaiser,  der  grund  läs«l  sich  hören 

und  mag  den  durchlauclitigen  stolz  wol  bekehren.    Borges; 

ich  wüste  nicht  wie  ich  bekehrt  war,  konnte  mich  in  die 
Sache  nicht  finden,  aus  oder  von  etwas  bekehren:  die  aus 
dem  heidentlium  bekehrte  Christen.  Schuppius  517;  einen 
vom  afterdienst  bekehren.  Klikger  6,  242 ;  er  ist  von  seinem 
Unglauben  bekehrt  worden. 

2)  sich  bekehren :  so  wirst  du  dich  bekeren  zu  dem  herrn 
deinem  gott.  5  Mos.  4,  30 ;  so  ir  euch  mit  ganzem  herzen  be- 
keret  zu  dem  hern.  1  Sani.  7,3;  werden  sich  von  iren  Sün- 
den bekeren,  weil  du  sie  drengest.  1  kön.  8,  35 ;  wirstu  dich 
bekeren  zu  dem  allmechtigen.  Hiob  22,  23 ;  auf  das  sie  sich 
bekeren  (gavandjaina.  sik).  Marc.  4,  12;  und  wenn  du  der- 
maleins  dich  bekerest.  Luc.  22,  32;  und  sich  bekeren  (gavan- 
didedeina).  Joh.  12,  40;  da  er  sich  bekert  zu  gott  dem  her- 
ren.  Keisersb.  Sünden  des  munds  30';  und  sich  bekert  hat 
und  burger  worden  ist.  37*. 

BEKEHRER,  m.  BEKEHRERIN  /. 
BEKEHRSUCHT,  f. 
BEKEHRSÜCHTIG: 

des  frommen  und  bekehrsüchtigen  bischofs. 
Wieland  15,  240. 
BEKEHRUNG,  f.  conversio. 
BEKEHRUNGSEIFER,  m. 

BEKEHRUNGSVERSUCH,  m.  alle  bekebrungsversuche,  wenn 
sie  nicht  gelingen,  machen  denjenigen,    den  man  zum  prose- 
lyten  ausersah,  starr  und  verstockt.  Göthe  26,  261. 
BEKEHRUNGSWERK.  n. 
BEKEHRUNGSWUT,  f. 

ihr  priester  voll  bekehrungswut.    Voss  6,  213. 
BEKEIFEN,  conviciis  prosequi,   bescheiten. 
BEKEILEN,  cuncis  inslruere.    bekeilt  heiszt  auch  betrunken. 
BEKEIMEN,  germinare,  keime  treiben. 
BEKELKEN,  was  bekalken,  calce  oblinere: 

der  Sperber  thet  die  wend  bekelken  (weiszen), 
ein  junges  kalb  die  kuh  must  melken. 
Waldis  Es.  2,  27. 

BEKENNE,  f.  oder  n.  confessio,  bekcnntnis: 

es  ist  ein  offen  bekenne.  VI.^DLER  bei  Haupt  9,  94. 
BEKENNEN,  faleri,  confiteri,  praet.  bekannte  und  bekennte, 
1)  und  alle  zungen  sollen  gott  bekennen  (golh.  andhaiti[)  alla 
razdft  gujia).  i?ym.  14, 11;  gott  anbeten  und  bekennen  (invaitij) 
gu|)).  1  Cor.  14,  25 ;  Jesum  Christum  bekennen.  2  Juh.  1,  7 ; 
das  ist  die  frucht  der  lippen,  die  seinen  namen  bekennen. 
Ebr.  13, 15 ;  ich  will  seinen  namen  bekennen,  offcnb.  Joh.  3,  5  ; 
sie  bekennen  allein  got  (für)  iren  hern.  MtJNSTER  1339 ;  zu 
Jerusalem  bekamen  und  bezeugten  zwölf  apostel  den  namen 
Jesu  Christi.  Schüppius  842;  in  Newyork  sind  neunzig  ver- 
schiedene christliche  confessionen,  von  welchen  jede  auf  ihre 
art  gott  und  den  herrn  bekennt,  ohne  weiter  an  einander 
irre  zu  werden.  Götiie  50, 123. 

^  2)  da  werden  sie  denn  bekennen  ire  missethat  und  irer 
veter  missethat.  i  Mos.  26,40;  und  sie  sollen  ire  sünde  be- 
kennen, die  sie  gothan  haben.  4  Mos.  5,  7;  und  die  priester 
bekandten  ire  schände  und  heiligelen  sich.  2  r/iro».  30, 15 ; 
und  bekenne  die  sünde  der  kinder  Israel.  Neh.  1,  fi ;  und 
traten  hin  und  bekamen  ire  sünde  und  irer  veter  missethat. 
9,  2;  darumb  bekenne  ich  dir  meine  sünde  und  verhele  meine 
missethat  nicht,   ps.  32,  5. 

3)  der  dieb  hat  schon  bekannt  (gestanden) ;  er  will  immer 
noch  nicht  bekennen;  der  mund  soll  nicht  bek(?tinen,  was 
das  herz  leugnet ;  alles  was  herz,  mund,  feddcr  und  hand 
bekennet.    Luther  3,  56*; 


ein  kläger  kam  und  sprach,  herr  richter  ich  bekenne, 
beklagter  soll  mir  thun,  soviel  als  ich  benenne. 

LoGAU  1,  6,  50; 
die  flsche  lieben  auch,  mag  wasserliebe  brennen? 
kein  lisch  bin  ich,  und  sie  sind  stumm,  wer  wils  bekennen  1 

1,  10,41; 
verlangst,  dasz  ich  den  edeln  stolz  verleugne, 
den  dieses  freie  herz  von  je  bekannt?    Schiller  610; 

es  ist  gar  löblich  von  dem  alten  patriarchen,  dasz  er  sein 
volk  auch  vor  der  weit  und  ihren  groszen  bekennet.  Göthb 
60,  240.  die  ältere  spräche  setzt  auch  noch  die  sache  in  den 
genitiv :  der  warheit  bekennen ;  er  hat  aller  sach  bekennt ;  dar- 
auf sie  sich  des  bekandt  und  verjach.  Hut.  5 ; 

der  küng  des  selbert  hat  bekent.    Schwarze.nb.  117,  1; 

weislu  nil,  das  junkfrewiich  bild 

in  lieb  ist  alzeit  rauch  und  wild, 

und  seiner  lieb  nit  leicht  bekent.    H.  Sachs  I,  436'. 

4)  seinen  namen  bekennen  (nomen  suum  profiteri.  l.  unica 
C.  de  fam.  libell.),  angeben:  wann  einer  dem  gemeinen  be- 
sten zu  schütz  und  gutem  etwas  anzubringen,  sol  er  seinen 
namen  bekennen.  Schuppius  673.  im  kartenspicl,  färbe  be- 
kennen, bldtter  derselben  färbe  hinzuwerfen. 

5)  von  Sachen,  sie  bekennen,  geben  kund,  zeigen  an,  be- 
zeugen, profiteri: 

im  gras, 
das  seiner  grünen  färb  entkleidt  die  zeit  bekennet. 

Wehnike  273; 
lagern  wir  uns  im  schauen  der  alten  familienbuche, 
die  vorlangst  uns  bekennt  mit  sclion  aiiswachsenden  namen. 
Luise  1 ,  250. 

6)  auf  einen  bekennen :  da  sol  denn  Aaron  seine  beide 
hende  auf  sein  (des  bockes)  heubt  legen  und  bekennen  auf 
in  alle  missethat  der  kinder  Israel.  3  Mos.  16,  21;  wiliu  aber 
nicht,  so  wollen  wir  auf  dich  bekennen,  das  wir  einen  jun- 
gen gesellen  allein  bei  dir  funden  haben.  Susanna  21 ; 

bekenne  selbst  auf  dich  mein  kranker  sinn, 

hast  du  nicht  schuld,  dasz  ich  so  elend  bin?    Fleming  527; 

die  schwangere  magd  hat  auf  ihn  bekannt,  ihn  als  vater  ih- 
res kindes  angegeben. 

7)  bekennen  für:  sobald  jemand  in  für  Christum  bekende 
(ei  jabai  hvas  ina  andhaihaiti  Christu).  Joh.  9,  22; 

der  oheim  eines  königes  bekennt 
mich  für  sein  kind.    Göthe  9,  262. 

vgl.  erkennen  für,  und  9,  b  sich  bekennen  für. 

8)  bekennen,  mit  folgesatz:  ich  bekenn  wol,  wenn  dir 
einer  schuldig  ist  und  er  dirs  nit  mit  lieb  geben  wil,  so 
machlu  zanken  rechtlich.  Keisersb.  Sünden  des  munds  41';  ich 
bekenn  es  wol,  es  ist  wor  (dasz  es  wahr  ist).    49'; 

und  alsobald  bekandt  er  frei, 

es  müsi  sein  eitel  trügerei.    Alberus  108; 

da  Gentianus  öffentlich  bekent,  das  es  wol  war  sei.  bienenk. 
10';  und  Gwido  bekennt  rund,  dasz  er  der  backen  kein  stil 
weisz  zu  finden.  88".  mit  inf,  ich  bekenn  billig  sein.  Lu- 
thers br.  1,411;  ich  bekenne  —  erhalten  zu  haben. 

9)  sich  bekennen, 

a)  ich  bekenne  mich  ein  Sünder.  Mei.a:<chthon  im  corp. 
doctr.  ehr.  130 ;  der  czar,  des  söhn  ich  mich  bekenne.  Schil- 
ler 662 ;  die  vornehmen  personen,  welche  sich  heute  als  die- 
ner  des  reichsoberhaupts  bekannten.  Göthe  24,  326. 

b)  das  stot  uns  zu,  und  ist  gewonheit  der  gSten  gemüt, 
sich  schuldig  bekennen,  da  kein  schuld  ist.  Keisersb.  sünden 
des  munds  15*;  sie  bat  um  Verzeihung  einer  groszen  ubelthat, 
deren  sie  sich  gegen  diese  dame  schuldig  bekannte.  Wie- 
land 12,  360;  denn  dieser  bekannte  sich  selbst  als  mitschul- 
digen ihrer  vergehungen.  Göthe  18, 181 ;  er  bekennt  sich  über- 
wunden, für  überwunden; 

alles  was  heilsam,  was  löblich  sich  nennet,  < 

was  sich  selbst  herlich  und  witzig  bekennet.    Logau  3,  212. 

e)  sich  zu  einem  glauben,  einer  lehre  bekennen;  sie  be- 
kannte sich  zu  dem  verbrechen  ;  er  bekennt  sich  zu  dem  kinde, 
gesteht,  dasz  er  dessen  valer  sei;  er  wollte  sich  nicht  zu  der 
Schrift,  zu  der  Urkunde  bekennen. 

d)  sich  gegen  einen  bekennen :  bekenne  dich  gegen  im, 
gesteh  ihm  deine  schuld.  Keisehsb.  sieben  scheiden  3. 

e)  sich  (sibi)  bekennen,  eingestehn:  er  muste  sich  selbst 
bekennen ;  du  must  dir  $clb.<'t  bekennen. 

10)  im  \i  jh.  öfter,  im  \<S  selten,  im  n  fast  garnicht  mehr  hat 
bekennen  noch  die  alte  bedeutung  von  erkennen :  wer  ein  weih 


1417 


BEKENNER — BEKLAGEN 


BEKLAGEN  —  BEKLAMMERN 


141S 


bekenoet  (leiblich  erkennt),  kunkelevang.  f.;  Tor  dem  er  dann 
nie  kein  frauw  bekandt.  Plut.  146;  der  da  sich  se!bs  beken- 
net Keisersb.  sieben  scheiden  3;  im  wart  der  dieb  zu  se- 
hen, das  er  in  bekant.  ehr.  bilger  43 ;  gleichwie  wir  in  der 
taufe  eitel  wasser  bekennen.  Lcther  3,  86';  allwo  ich  mich 
dem  geländer  (der  landschaß)  nach  wieder  ein  wenig  beken- 
nen {zurecht  finden)  konte.    Simpl.  1,  523. 

BEKENNER,  m.  confessor:  die  bekenner  eines  glaubens; 
der  bekenner  dieser  meinung;  bisher  nannte  man  die  strenge 
kunst  handwerk,  ganz  angemessen  und  richtig,  die  bekenner 
{sich  zu  ihr  bekennenden)  sollten  mit  der  band  wirken.  Göthe 
23,  162 ;  menschenverachtung  fangt  immer  mit  dem  bekenner 
derselben  selbst  an.  Klinger  12,  95. 

BEKENNERLN,  f.  die  warme  bekennerin  eines  glaubens, 
der  auf  liebe  gebaut  ist.  Gotter  3, 123. 

BERENNGELD,  n.  grundzins,  der  dem  gulsherrn  zu  aner- 
kennung  seines  obereigenthums  entrichtet  vird. 

BEKENNIG,  confitens,  geständig:  und  der  furste  derselbten 
münze  fulsteit  und  bekennich  ist.  Magdeb.  veislh.  s.  107  (o.  1469). 
vgl.  Haltacs  126. 

BEKENMLICH,  1)  geständig,  eingeständig,    s.  bekanntlich: 

bor,  mein  geselle,  du  bist  bekenntlicb, 
du  babst  irs  gelobt,    fasln,  sp.  S54,  2; 

nach  welcher  copeien  abschrift  diese  aus  unserm  befelh  treu- 
lich gedruckt  wir  bekendlich  sind.  Lctheb  1,  547';  lieben  brü- 
der,  das  ist  arrabo,  ein  zeichen  das  ich  macht  hab,  wider 
doctor  Luther  zu  schreiben,  und  bitte  euch  alle,  ir  wölt 
mirs  bekentlich  und  zeugen  sein.  2,  465'. 

2)  erkennbar,  bekannt:  davon  sagt  auch  ps.  44,  das  alle 
heiligen  werden  nicht  mehr  thun,  denn  gott  loben  im  himel, 
das  er  sie  in  irer  tiefe  angesehen  und  sich  alda  inen  be- 
kentlich, lieblich  und  löblich  gemacht  hat.  Lcther  1,  478*; 
umb  und  von  euwer  eitern  willen,  lieber  herr  Jobannes,  seid 
ihr  uns  bekentlicL    Kirchhof  viendunm.  448' ; 

ia  solchem  bekeatlichen  schmerzen.    H.  Sachs  V,  26*. 

BEKENNTNIS,  f.  und  n.  confessio:  wer  got  bekennet 
und  nicht  liebet,  der  wirt  nimer  selik  von  dem  bekentnis. 
tkeol.  deutsch  s.  $5 ;  sich  in  disem  sinne  da  ist  die  bekent- 
nis ane  liebe  des,  das  bekent  ist  oder  wirt  86;  |die  ganze 
bekentnis  verdamnen  sie,  als  sei  nichts  guts  drinnen.  Lcther 
5,  291";  da  sie  doch  selbs  zu  Augsburg  bekennet  haben,  es 
sei  nichts  wider  den  glauben  in  unser  bekentnis.  das.;  er 
bat  euch  gedrungen  zu  der  heriichen  öffentlichen  bekentnis 
Christi.  6, 17' ;  und  diese  stille  bekentnis  des  einigen  mannes 
{Iaz.  Spengler)  sol  alleine  mehr  schreien  für  gott,  denn  alle 
ire  schreien  6,  307';  darauf  bittet  der  wirt  der  abrechnung  | 
ein  bekenntnis  unter  i.  f.  gn.  handschrift,  welches  ihm  auch  j 
erfolget  Schwei:»ichex  1,  210;  einem  ein  bekenntnis  thun, 
ablegen,  machen ;  wovon  ich  dir  das  bekenntnis  machen  musz. 
Göthe  an  Knebel  202;  die  bekenntnisse  einer  schönen  seele. 

BEKERBEN,  striare,  kerben  einschneiden. 

BEKERKER.N,  in  earcerem  includere,  einkerkern:  unsere 
frau  ist  mit  einem  kerl  in  guter  arbeit  erwischet  worden  und 
nun  bekerkert.  ped.  schulf.  227. 

BEKERZEN,  illuminare,  mit  kerzen  erleuchten.  Stieler  954. 

BEKETTEN,  catenis  constringere.  Stieler  955. 

BEKICHERN,  clanculum  ridere,  irridere,  in  Schlesien  be- 
gickem:  die  müdchen  konnten  sich  nicht  enthalten,  diesen 
Vorgang  zu  bekichern. 

BEKIEFELN,  mandere,  rodere:  das  liebe  biszgen  brot  be- 
kiefeln  {benagen).  WzisE  Isaaks  op f.  IZ2. 

BEKIELEN,  pennis  instruere,  befiedern: 

doch  diesen  hohen  Ilug 
noch  dreifzig  tage  auszubauen 
fühlt  kein  oinnpier  sich  stark  genug  bekieU. 
WiKLAÄD  5,  199; 

womit  der  Amor  die  flügel  der  Psyche  bekielt  J.Pkvi  jubeis. 
114;  die  rufenden  raben  haben  sich  verwandelt  in  bekielcnde 
rabenfedem.  Kampan.  36;  Spieler  und  Schreiber  verkörpern 
und  beseelen  sich  wechselseitig  und  bekielen  sich  mit  la- 
nierschw-lnzen.   flegelj.  2, 133. 

BEKIESEN,  glarea  stemere:  die  wege  sind  irisch  zu  be- 
kiesen 

BEKINDEN  sich,  prolem  gignere,  kinder  zeugen:  dasz  sich 
mann  und  weih  mit  einander  bekindet  hätten.  Brandenb.po- 
lizeiordn.  ron  1540  cap.  12.  Galpp  schles.  recht  48. 

BEKLAGEN,  mMerart,  deplorare,  ahd.  pichlagün  (Graft  4,  iii), 
mhd.  nnl.  beklagen. 


1)  anklagen,  verklagen,  beschuldigen  vor  gericht:  wann  dann 
der  kläger  den  beschuldigten  seines  beklagens  nicht  beweisen 
kundt  reichsabsch.  ton  1512  4,  6 ;  dein  eigen  gebet  straft  dich 
und  ist  wider  dich,  bezeugt  dich,  beklagt  dich.  Lcther  1,  72' ; 
nachdem  die  herrn  des  capitels  uns  beklagt  haben.  Me- 
LAJfCHTHON  1,  552 ;  ist  das  des  Statthalters  Christi  amt  und  ge- 
bühr, nit  beklagen,  nit  verhören,  sonder  zu  stund  und  erst- 
lich zu  der  marler  ein  christlichen  menschen  ziehen?  Hct- 
TE>-  5, 10 ;  ob  ihn  aber  gleich  sein  gewssen  naget  und  bekla- 
get. Mathesics  82';  dasz  niemer  schier  ein  rechtstag,  daran 
er  nit  beklagt  and  busz  geben  must,  verliefe.  Kirchhof 
vendunm.  225'; 

ich  bin  der  that,  der  ich  beklagt  bin,  unschuldig. 

U.  JcL.  TO.H  Bkau.nschw.  Susonrui  3,  4; 

dann  dem  kein  srhwein  stirbt,  was  darf  der  s.  Anthonius  be- 
klagen? bienenk.  172*; 

Jupiter  auch  selbst  an  dem  end 
beklagt  gar  sehr  viel  regiment.    Atrer /ostn.  40* ; 
gedenkea  magst  du  alles,  nicht  alles  darfstu  sagen, 
das  $agen  pfleget  busze.  das  denken  nicht  zu  tragen, 
wii  nur  nicht  dein  gewissen  dich  für  dir  selbst  beklagen. 
LoGAi;  3,  4,  87  : 

man  beklagte  sie  wegen  der  hurerei.  Opitz  Arg.  2,  147.  in 
diesem  sinn  später  veraltend,  doch  s.  sich  beklagen  und  der 
beklagte. 

2)  dolere,  deplorare,  deflere:  das  beide  grosz  und  klein 
«ollen  in  diesem  lande  sterben  und  nicht  begraben  noch  be- 
klagt (1545  geklagt)  werden.  Jer.  16,  6;  und  ist  besser  ver- 
wahret denn  beklaget    Lcthers  br.  5,  781 ; 

dein  schmach  das  evaagcli  sagt, 
und  lohnt  den,  der  sein  sünd  beklagt. 

SCHWARZE.NBERClll,  2; 

schon  da  gewesen  also?  das  beklag  ich. 
Schiller  268*: 
er  regte  sich  nicht,  ich  schrie  und  beklagt  ihn, 
rief  0  weh  mir  und  ach!  und  wiederholte  die  klage. 

GÖTBB40,  115; 
und  beklagen  mit  mir  unser  gemeines  geschick.    1,320; 
indem  ich  Winkelmanns  abscheiden  grenzenlos  beklagte.  25, 182. 

3)  sich  beklagen,  ^ueri,  conqueri,  mit  gen.  der  sache,  oder 
den  praep.  ab,  über:  da  kam  der  teufel  in  gestalt  einer 
frawen  bei  nacht  einist  an  sein  zell  und  klopfet  an,  und  be- 
klagt sich,  sie  möcht  nienen  mer  hin  kumen.  Keisersb.  Sün- 
den d.  m.  57";  wann  man  etwan  einen  rat  und  falsch  urteil 
gibt,  und  der  sich  beclagt  kumpt  zu  iren  einem,  und  spricht, 
wie  kündent  ir  so  seellos  leut  sein,  das  ir  ein  solich  urteil 
geben?  61*;  und  es  v«erden  sie  beweinen  und  sich  über  sie 
beklagen  die  könige  auf  erden,  offenb.  Joh.  19,  9 ;  nun  beger 
ich  von  euch  zu  wissen,  ob  sich  der  erste  herr  ab  dem  an- 
dern beklagen  mög.  ßocc  2,180";  darum  haben  sich  die  leien 
der  sacramentsslümmelung  nit  zu  beklagen,  bienenk.  93"; 
dasz  Belial  sich  wider  euch  auf  einen  raub  und  verübten 
gewalt  beklagt.   Avrer  proc.  2,  2 ; 

des  (es  steht  das)  beklaget  sich  ah  und  Jungk. 
froschmeus.  C6'; 

er  beklagte  sich  darüber  auf  das  lebhafteste; 
so  höre  meinen  rat.   du  wei>t,  wie  hier 
in  SchwTtz  sich  alle  redliche  beklagen 
ob  dieses  landvogts  geiz  und  wüierei.    Schiller  519'. 

BEKLAGENSWERTH,   dolendus,  deplorandus: 

mir  scheint  der  höchste  stand  so  oft  beklagenswerth. 
Hagcdorx  1,  36; 

fewis,  der  ist  beklagenswerth, 
en  seine  göuin  nicht  erhört.    3.33; 
der  frauen  zustand  ist  beklagenswerth.    Göiat  9,4; 
BEKLAGTE,  m.    reus,  ein  beklagter,   angeklagter:    der  be- 
klagte in  rechtfertigung   stünde,    re^ckikammerger.  ordn.  1507. 
9,  4 ;    so    der   beklagte    sich    zu  antworten  widert,    ordn.  der 
lermine  beim  reichsk.  ger.  1508. 1,  7  ;  beklagter  spricht,  gibt  an; 

beklagter  soll  mir  thun  so  viel  als  ich  benenne. 
LocAU  1,  6,  50. 

BEKLAGTIN,  f.  reo.  Hippel  lebensl.  3,  90. 

BEKLAGÜNG,  f.  1)  actio:  ewige,  zeitliche  beklagung,  per- 
petua,  temporanea  actio.  Frischlin  nomencl.  413.  2)  dolor, 
bedauern:  der  wein  mit  unserer  bekiagung  an  die  erde  ge- 
schüttet wurde,    maulaße  297. 

BEKLAGUNGSWCRDIG,  deplorandus:  ein  unglücklicher,  be- 
klagungswürdiger  mann.  Klincer  2,  $6. 

BEKLAM.MERN,  eompage  tincire.  dann  auch  apprekendere, 
fest  umfassen,  umklammem: 


1419 


BEKLÄREN — BEKLEIBEN 


der  arzt,  dem  dieses  wort  durch  mark  und  beine  dringet, 
fällt  auf  den  kranken  zu,  beklammert  puls  und  band. 
Caniiz  86. 

BEKLÄREN,  declarare,  erklären,   ungewöhnlich. 

BEKLÄRUNG,  f.  erklärung.  beklerung  der  fabel.  H.  Sachs 
IV.  3,  114*. 

BEKLATSCHEN,  applauderc:  die  Schauspieler  wurden  stark 
beklatscht;  jede  anspielung  beklatschen,  s.  begähnen.  er  be- 
klatscht alles,  klatscht  über  alles. 

BEKLAUBEN,  circum  rodere:  knochen  und  beine  beklau- 
ben;  brot  und  käse  beklauben;  eine  sache  in  den  bänden 
beklauben ; 

die  tauben  theten  sich  die  sach  fleiszig  beklauben. 
Wald  IS  3,  22. 

BEKLAUEN,  ungulis  instruere:  andre  binden  splitter  an 
die  nackten  finger,  auf  rechnung  ihres  kopfs  beklaut  zu  sein. 
Fr.  Müller  2, 20 ;  ein  beklauter  teufeL 

BEKLEBEN,  beklebte, 

1)  intransitiv,  adhaerere,  fest  kleben:  ist  etwas  in  meinen 
henden  beklebt.  Hiob  31,  7;  mein  gebein  sind  beklebet  an 
meiner  haut.  Lother  3, 17* ; 

ein  unzüchtig  leben, 
darin  er  thut  endlich  bekleben.    H.  Sachs  IV.  2,  107* ; 
in  einem  lesterlichen  leben 
je  lenger  je  mehr  darin  bekleben.    IL  2,  84'; 

die  schosz  und  zweige  bekleben  zum  allerbesten  im  zune- 
men  des  Hechts.  Sebiz  323;  denn  subtile  und  grosze  raben 
bekleben  selten  am  kloben  und  reiszen  sich  vom  leime.  Ma- 
THESiüs  154';  so  wird  er  als  eine  fliege  mit  den  füszen  im 
honig  bekleben  und  stecken   bleiben,  pcrs,  rosenth.  2,  28 ; 

vivat  könig  Wilhelm  lebe 
und  sein  dreifach  königreich, 
es  bestehe  und  beklebe, 
bis  es  wird  den  Sternen  gleich. 

SoLiAU  522  (a.  1692) ; 

reisete  etliche  30  raeilen  weiter  in  die  weit,  blieb  endlich  in 
einer  Stadt  bekleben,  wo  sich  viel  dergleichen  leute  zeigten. 
Felsenb.  2,  371 ; 

des  Wandrers  nasser  fusz  beklebte.    Brockes  2,  431; 

wie  quecksilber  im  flor  beklebt  und  durch  leder  rinnt.  J.  Paul 
Hesp.  1,  116.   s.  bekleiben. 

2)  transitiv,  illinere:  die  wand,  das  fenster  mit  papier  be- 
kleben. 

BEKLECKEN,  aspergere,  cohspergere,  maculare,  besprengen, 
besprützen,  beschmeiszen.  die  grundbedeutung  von  klecken 
kleckte  {mhd.  klacte)  scheint  schmeiszen,  sprengen,  und  wie 
diesem  ein  smijen  springen,  musz  auch  dem  klecken  ein  star- 
kes klicken  unterliegen,  abklecken  ist  absprengen,  anklecken 
ansprengen,  aufklecken  aufsprengen,  zerklecken  zersprengen, 
zerschmeiszen,  mhd. 

in  dem  bluote  lag  er  beclocken.    pf.  Chünr.  160, 1  nach  A, 
wie  sonst  berunnen,  besprengt,     mehr  unter  klecken. 
mhd.  beklecten  in  mit  hör.    pass.  K.  357,  8; 
nhd.  wenn  eine  kuh  in  kath  gefallen, 

dieselb  bekleckt  die  andern  alle.    Waldis  3,  41 ; 

obschon  die  alten  ceremonien  mit  groszem  misbrauch  be- 
kleckt und  beschmeiszet  gewesen  sein.  Mathesius  69*; 

hier  steh  ich  armer  mensch,  und  schäme  mich  vor  mir, 
mit  so  viel  häsziichkeit  der  Sünden  ganz  beklecket, 
mein  erstes  schönes  kleid,  wie  ist  es  doch  beflecket. 

Fleming  554; 
das  papier  beklecken.    GISnthkr  492 ; 

wenn  auch  das  kind  die  wiege  bekleckt  hätte,  so  könten  sie 
dem  feinde  die  windeln  in  das  gesiebte  werfen.  Weise  kl. 
leute  80;  und  hekleckte  mit  solchem  (leim)  das  ganze  heim- 
liche gemach.  Jucundiss.  41;  sonderlich  sehe  ich,  dasz  sie 
ihre  kleidung  nicht  mit  so  vielfarbigten  bUndgcn  bekleckt  hat. 
gcspenst  277;  bald  steckte  er  alle  haare  in  einen  mit  glän- 
zendem schmelz  bekleckten  sammetbeutel.  Felsenb.  2,  122; 
denn  das  herze  wolle  mir  zum  voraus  sagen,  dasz  dergleichen 
aufführung  endlich  ein  beklecktes  ende  nehmen  würde.  2,380. 
s.  beklicken  und  beklickem. 

BEKLECKSEN,  frequentativ  des  vorigen:  narrenhände  be- 
klecksen alle  wunde,     s.  klecks  und  beklcxen. 

BEKLEIBEN  beklieb,  eoalescere,  radices  agerc,  wurzeln, 
nahverwandl  mit  bekleben  (a/iii.  chll'pAn  ==  chlipen).  alts.  ki- 
nan  eftha  bikltban,  keimen  und  anwachsen.  Ucl.  76,  0.  mhd. 
bekltben  bekleip  bekliben,  nnl.  beklijven: 


BEKLEIBEN  1420 

guoter  bände  würzen  sint  in  einem  garten  bekliben. 

Walther  103,  15; 
der  triwe  ein  reht  beklibeniu  frubt.    Parz.  26, 13 ; 
da  diu  galle  in  der  triuwe 
an  iu  bekleip  so  niuwe.      255,16; 
da;  des  Heimriches  gesiebtes 
immer  iht  mege  bekliben.    Wh.  43,  G; 
wie  sin  gesiebte  waere  bekliben.    gute  frau  4 ; 
ob  sim  ze  herzen  bekiibe.    TrUt.  479,  19 ; 
giteeheit  hat  triuwe  und  schimpf  vertriben 
und  ist  über  die  werlt  bekliben.    iJennei' 5168 ; 
daj  in  dem  weppe  ein  mücke  bekiibe.  .  . . ; 
davon  euch  ime  der  fluoch  bekleip.    Haupt  5,516; 
dem  muo;  der  fluoch  bekliben.    5,550; 

woraus  sich  unmittelbar  die  identität  mit  kleben  ergibt,  da  man 
auch  sagte: 

sohen  alle  flüeche  kleben.    Freidank  130,  12; 
der  fluoch  klebet  niemer  an.    Haupt  8, 187; 

wurzeln  ist  zugleich  haften,  festhängen  und  der  fluch  kleibt  wie 
der  wünsch,    nhd.  beispiele: 

pisz  an  acht  menschen,  die  do  pliben, 

von  den  der  sam  noch  ist  becliben.    fastn.  tp.  1207 ; 

wenn  mans  wil  alzuhoch  treiben, 

so  kau  weder  leib  noch  seel  bekleiben. 

Agricola  spr.  236; 
ein  stein  solt  man  eh  scbmeidig  machen, 
denn  ein  bös  herz  zu  guten  sachen, 
worin  der  teufel  ist  beklieben, 
da  wird  er  schwerlich  ausgetrieben.    Waldis  3,  4; 

mein  gebeine  ist  beklieben  an  meinem  fleisch  für  dem  ge- 
schrei  meins  seufzen.  Luther  1,35*;  sind  selbs  daran  beklie- 
ben. 3,277*;  obwol  der  same  nicht  allzeit  bekleibet  und  auf- 
gehet. 6,  200*;  das  der  name  Mahmet  allein  dran  beklieben 
ist.  8,36';  der  hofnung,  es  solt  des  orts  ir  coUegium  beklei- 
ben und  bestand  haben.  Alberus  wider  Witzel  H2';  nahm 
weiden,  band  das  {entzwei  gehackte)  pferd  wider  zusammen, 
die  weiden  bekleibeten  dem  pfeide  und  wuchsen  so  sehr, 
dasz  ein  ganzer  wald  auf  dem  bäume  ward.  H.  Clawerts 
historien  35 ;  der  meerrettig  bekleibt  gern  von  ihm  selbst, 
wenn  man  kleine  stücklein  davon  ins  land  setzet.  Tabernae- 
MONTANüs  799;  wann  ein  knäblein  gebrochen  war,  dem  soll 
man  ein  stock  dieses  baums  zwischen  die  bein  in  den  gar- 
ten setzen,  so  das  kraut  anfange  zu  bekleiben,  soll  der  bruch 
des  kinds  heilen.  1229;  wachse  also  leichtlich,  dasz  so  man 
ein  blatt  halb  in  die  erde  steckt,  so  bekleibe  es  bald,  ge- 
winne auch  seine  wurzel.  1371;  das  reislein  beklieb.  lust- 
garte  480 ; 

auf  das  du  fein  in  ihm  bekleibst 
und  an  dem  weinstock  ewig  bleibst. 

Ringwald  tr.  Echh.  N3' ; 
drinnen  wonhaft  bekleiben.    MEHssusp«.  P7'; 
viel  suchen  groszen  rühm,  und  meinen  zu  bekleiben 
durch  lob,  das  nimmer  stirbt,  mit  lesen  und  mit  schreiben. 

Opitz  1,58; 
du  aber  wirst  bekleiben 

mit  unverleschter  zier,  so  lange  man  nur  schreiben 
und  thaten  merken  kan.    2,  21 ; 

drum  wird  auch  euer  rühm  stets  grünen  und  bekleiben, 
so  lang  ein  mensch  allhier  den  herren  loben  kan.    2,41; 
mein  wundsch  doch  bringt  im  schreiben 
den  mangel  wieder  ein, 
mein  wundsch,  dem  zu  bekleiben 
der  himmel  hold  wird  sein.    2,  79 ; 
die  berümbtcn  lieder  bleiben, 
wann  wir  längst  gestorben  sind, 
was  durch  sie  nicht  kan  bekleiben, 
fährt  dahin  wie  rauch  und  wind.    2, 130; 

die  tage  sind  beklieben 
und  aller  ewigkeit  zum  deiikmal  aufgeschrieben. 

Scultetus  bei  Lessing  8,  376; 

mich  dünkt,  es  werd  an  mir  die  schände  mit  bekleiben, 
und  eine  stete  last  mir  auf  dem  herzen  bleiben. 

Werders  Ariost  17,  Ut ; 
nicht  vor  diesem  nur  allein, 
da  du  pflagest  selbst  zu  schreiben 
was  Thalien  könie  sein 

und  nicht  unwerih  zu  bekleiben.    Sil.  Dach  X2; 
schreibt  schon  ein  hucli,  das  künftig  wird  bekifliben, 
so  lange  sonn  und  mond  am  himmel  bleiben. 

TSCHBHNING  127; 

die  hofnung  ist  beklieben. 

ein  stamm  von  guter  zucht 

bringt  seines  gleichen  frucht.    343; 

so  recht,  durch  ehiich  sein  da  baut  man  pflanzen  an, 

davoB  noch  eine  zeit  hernach  bekleiben  kann.  . . 


1421     BEKLEIBEN— BEKLEIDEN 

gesetzt,  es  möcht  auch  dir  der  schöne  Slam  bekleiben, 
wie  lange  wird  er  wol  bei  nahem  winter  bleiben? 
Grtphils  2,  55; 

eh  kaum  das  neue  reich  im  sand 
beklieb  und  rechte  wurzel  fand.    I,  5Sl ; 
gib  gott,  dasz  körn  im  Feld,  in  uns  dein  wort  bekleibe, 
dasz  wir  theils  haben  brot  der  seele,  iheils  dem  leibe. 
LocAü  1,  9,  19; 

wenn  die  pfropfreiser  beklieben  sind.  Lodenst.  Arm.  2,  772 ; 
wird  der  wünsch  bekleiben.    Gi;."<iHER  164 ; 
wie  schlecht  ist  unserm  lieben 
der  abscbiedswunsch  beklieben, 
der  gott  so  zärtlich  bat?    209; 
der  in  seiner  brüst  bekliebne  bochmutssameD.    517; 
dein  früh  bekliebnes  wissen.    751; 
und  die  wünsche  sind  beklieben, 
die  des  himmels  ohr  ersucht.    104'; 
wo  er  (der  segen)  bekleiben  soll, 
so  geht  auf  goites  wegen.    10S2; 

ein  pQanz,  die  man  oft  fort  setzt,  bekleibet  nicht.  Eyring 
2,  612 ;  ja  es  geschieht,  dasz  der  name  bei  etlichen  bekleibt. 

Weise  erzn.  370; 

mein  schöpfer  gib,  dasz  was  jetzund 
gesungen  nat  mein  schwacher  mund, 
in  meinem  herzen  mag  bekleiben.    CxMii  s.  ih; 
allein  bekleibt  mein  wünsch,  ists  nimmer  sein  gewinn. 

OvERBECKs  Tirgil  1750  s.  150; 

die  gelehrten  sind  uneinig,  wer  die  Mase  Thonas  unter  ihnen 
waren,  allem  ansehen  nach  die  edlen  der  masonei,  welche 
so  tiefe  wurzel  in  diesem  neuen  boden  schlug,  dasz  sie  un- 
ter allen  nachfolgenden  Staatsveränderungen  beklieb,  und  sich 
von  zeit  zu  zeit  in  der  herlichsten  blute  zeigte.  Lessing  10,  305; 

hier,  wo  disteln  kaum  bekleiben.    Wieland  23,  43 ; 
urtheilte,  es  müsse  ein  blumenstock  beklieben  sein,   an  des- 
sen fortkommen  sie  gezweifelt  hatte.  Mcsaeüs  4,  88 ; 

so  mögt  ihr  denn  im  dreck  bekleiben.    Göihe  13,  105; 
ob  sie  alle  {stämmchen)  frisch  bekleiben, 
wird  sich  linden,    wenn  sie  dorren, 
werd  ich  neue  stücke  schreiben.    47,264; 

auf  den  (icilden  stamm  der  jiiden)  pflanzte  der  ewige  gärtner 
das  edle  reis  Jesum  Christum,  dasz  es  darauf  bekleibend  des 
Stammes  natur  veredelte.  56,  234; 

mich  {rose),  die  der  wind  umneckt  mit  leiser  klage, 
die  ich  in  tbau  und  regen  darf  bekleiben.    Plate.'<29; 
in  den  boden  eingewurzelt  bin  ich  strauch  der  rose, 
und  vom  morgenihau  begossen  bin  ich  fest  beklieben. 

RCCKBRT  330. 

die  dichter  haben  das  wort  fort  erhallen,  in  prosa  ist  es  heute 
unüblich,     von  der  icurzel  unter  kleben  und  kleiben. 

BEKLEIBEN  bekleibte,  illinere,  inlegere,  tcäre  mhd.  beklei- 
ben bekleipte,  und  ist  darum  von  bekleiben  beklieb,  mhd.  be- 
kliben  ganz  verschieden:  die  wand  bekleiben,  mit  lehm  be- 
streichen; in  Schlaurafifenland,  da  die  heuser  mit  bratwursten 
gezeunet,  mit  hönig  bekleibt  und  mit  fladen  gedeckt  seind. 
de  generibus  ebriosorum  p.  12.  entspricht  dem  transitiven  be- 
kleben. 

BEKLEIBL'NG,  f.  conceptio,  mhd.  bekllbunge.  daher  Maria 
bekleibung,  annuntiatio  Mariae,  weil  nach  Gabriels  vollbrach- 
ter Verkündigung  Maria  empßeng,  der  Heiland  in  ihr  zu  wur- 
teln  begann,  in  Cokrad  von  Dankr.  nambuch  112  unser  frowen 
clibeltag,  bei  Philander  2,  24  fraw  klüwel,  in  Urkunden  cliber- 
tag,  becliber.  Scheffers  Haltaus  s.  96.  97.  Schm.  2,  351.  be- 
kleibung kann  also  überhaupt  den  beginn  der  schtc angerschaß 
ausgedrückt  haben. 

BEKLEIDEN,  vestire,  mhd.  bekleiden  {aber  nur  im  pas- 
tional),  nnl.  bekleeden,  gnth.  gavasjan,  ahd.  pidecchan,  giwd- 
tan :  ich  bin  nacket  gewesen  und  ir  habt  mich  bekleidet. 
Malth.  25,  36 ;  ich  was  nacken  und  ir  bekleideten  mich.  Kei- 
8ERSBEHC  Sünden  des  munds  42';  wie  der  oberst  priester  be- 
kleidet soll  sein,  so  er  in  den  tempel  wolt  gon.  78';  das  sie 
essen  und  satt  werden  und  wol  bekleidet  sein.  Es.  33,  IS ; 
ich  sage  euch,  das  auch  Salomon  in  aller  seiner  herlichkeit 
nicht  bekleidet  gewesen  ist,  aU  derselhigen  eine  {goth.  nih 
Sanlaumün  gavasida  »ik  svö  ains  {)ize).  Malth.  6,  29 ;  wer  cm 
fromme  frau  will  behalten,  der  bekleide  sie  wol,  gebe  ir  wol 
tu  essen  und  nehme  sie  zeitlich  in  arm.  Lehmann  162 ;  end- 
lich kam  ein  junger  mann,  der  war  wol  bekleidet.  Schippics 
251;  ein  balken  {an  dem  palasl),  wie  er  solle  bekleidet  oder 
gemahlet  werden.  Weise  erzn.  3 ;  das  herz,  das  man  mit  wei- 
chen bekleideten  bänden  und  nicht  mit.rohen  griOen  abpflückt. 
i.  Pacl  Uesp.  3,  227. 


BEKLEIDEN  —  BEKLEMMEN 


1422 


Den  stof  drückte  ein  instrumental  der  alten  sprücke  aus 
(gramm.  4,  712),  die  spätere  ersetzte  diesen  durch  die  praep. 
mit  oder  in. 

1)  mit.  es  kompt  ein  alter  man  erauf  und  ist  bekleidet 
mit  einem  seidenrock.  1  Sam.  28, 14 ;  meine  Widersacher  müs- 
sen mit  Schmach  angezogen  und  mit  irer  schand  bekleidet 
werden,  wie  mit  einem  rock.  ps.  109,  29;  und  war  bekleidet 
mit  einem  sack  und  fastet  teglich.  Jud.  8,  6;  Johannes  aber 
war  bekleidet  mit  kamelharen  {goth.  gavasijjs  taglam  ulban- 
daus).  Marc.  1,  6;  ein  Jüngling,  der  war  mit  linwand  beklei- 
det auf  der  bloszen  haut  (bivaibi{)s  leina  ana  naqadana).  14, 
51;  ein  engel,  der  war  mit  einer  wölken  bekleidet,  offenb. 
10, 1 ;  der  lenz  bekleidet  die  bäume  mit  laub  und  bluten,  die 
auen  mit  gras  und  blumen,  ein  bild  das  die  mhd.  dichter 
gern  lieblich  ausmahlen,  sie  lassen  den  Mai  kleider  geben,  schnei- 
den und  anmessen  (mythol.  720.  721) ; 

hat  er  nimmer  gehört,  herr  bräuiigam,  dasz  man  die  männer, 
welche  dem  herde  sich  nahn,  mit  der  küchenschurze  bekleidet  I 

Luise  3,  493. 

2)  in.  wie  Reinhart  sich  in  ein  sergentuch  becleidet.  Aimon 
Bl;  wie  die  fraw  sich  in  ein  serg  becleidet.  ebenda;  in  gäl 
bekleidt  sein.  Maaler  56';  sind  in  ganze  güldene  stück  be- 
kleidet. Fronsp.  3,  294';  und  disz  ist  vUleicht  die  ursach, 
warumb  unser  muter  in  allen  büchern,  da  dise  histori  ge- 
malt steht,  den  teufel  in  ein  mönchskapp  bekleidet  hat.  bie- 
TienÄ.  90';  in  einen  wollenen  rock  bekleidet,  pers.  baumg.  b,Z; 
die  mädchen  erschienen  in  roth  bekleidet ; 

zuckeräpfel  sind  zum  schälen  in  gefärbtes  wachs  bekleidet. 
LocAü  3,  9,  64. 

heute  sagen  tcir  nur  kleiden  in  und  bekleiden  mit,  obschon 
andere  Zusammensetzungen  mit  be  sonst  noch  in  mit  dem  acc. 
auf  sich  folgen  lassen,  z.  b.  beschlieszen  in  das  herz,  in  die 
band,  bewinden  in  ein  tuch,  beschuhen  in  rothes  leder.  be- 
kleiden in  icar  also  unladelhaß. 

Figürlich  heiszt  es  nicht  nur  die  wände  mit  tünche  beklei- 
den, Keil  tünche  tunica  selbst  ein  rock,  mit  breten,  gemähl- 
den,  schränken  bekleiden,  sondern  auch  seine  gedanken  mit 
Worten  bekleiden,  in  icorle  kleiden;  gott  hat  deinen  gedanken 
gehört,  bevor  du  ihn  mit  Worten  bekleidetest.  Klinger  7,  90 ; 
jedoch  lasse  ich  gerne  geschehen,  dasz  der  schlusz  der  göt- 
ter  mit  meinem  versehen  bekleidet  und  der  zufall  zu  meinem 
verbrechen  gemacht  werde.  Lohenst.  Arm.  1,  49 ;  es  kann  nicht 
leicht  etwas  thörichteres  geben,  als  das  bestreben  von  rechts- 
gelehrlen  und  ärzten,  ihre  scienz  mit  einem  philosophischen 
ansehen  zu  bekleiden,  während  sie  über  die  ersten  grund- 
sätze  der  philosophie  in  Unwissenheit  sind.  Scbellixg  melh. 
des  akad.  st.  42. 

Einen  posten,  rang,  ein  amt,  eine  stelle  bekleiden  vill  sa- 
gen sie  mit  seiner  person,  mit  sich  ausfüllen,  damit  bekleidet, 
investiert  sein,     man  darf  nicht  schreiben  begleiten. 

Sich  bekleiden,  vestire  se,  vestiri: 

wie  ich  essen  soll  und  trinken,  wie  ich  mich  bekleiden  soll. 

Log  AH  2,  1,35; 
deutsch  zu  reden,  deutsch  zu  schreiben  sind  die  Deutschen  jetzt 

beflissen, 
wie  sie  sich  recht  deutsch  bekleiden,  können  sie  zur  zeit  nicht 

wissen.  3,  1,  20; 

seine  wange  bekleidet  sich  mit  Qaum,  lanugine  tegitur;  ein 
theil  der  wangen  fanget  an  sich  zu  bekleiden  bis  an  das  ohr 
hinunter  {avyxariovoa  rj  youi;  r^  iovXqf  jta^a  xb  ovi). 
Winkelmann  4, 192. 

BEKLEIDUNG,  f.  vestitus:  eine  leichte,  schwere  beklei- 
dung;  für  bekicidung  der  bände  und  füsze  war  gesorgt;  die 
bekleidung  der  landrücken  durch  wald  und  andere  gewächse. 
Kant  9, 110 ;  die  bekleidung  der  wände  und  thüren. 

BEKLEINODEN,  gemmis  ornare:  ob  ich  jeder  Wissenschaft 
ihren  glänz  gleich  lasse,  so  ist  es  doch  die  poelerei  alleine, 
womit  der  andren  ihre  Stirnen  gleichsam  bekleinodet  werden. 
LOCAU  3,  2. 

BEKLEISTERN,  glutine  nbducere:  so  ist  der  boden  auch 
mit  Speichel  di-nnaszen  bekleistert,  dasz  es  scheinet,  als  weite 
man  ein  neu  ästrich  dahin  machen.  Simpl.  3,  100;  allein  an 
einem  thore  wurde  diese  glorie  ziemlich  beglcistert  (so),  ge- 
spenst  259;  seine  phantasie  bekleistert  ihm  nicht  die  äugen. 
Fr.  Müller  3,  US ;    er  weisz  seine  fehler  zu  bekleistern. 

BEKLEMM,  angustus,  klemm,  schwer  zuhaben:  gesind  and 
tagli'ihner  sind  beklemm.  Henisch  271. 

BEKLEMMEN,  angere,  premere,  nnl.  beklemmen,  verhält 
sich  zu  beklimnien,  wie  schwemmen  <u  ecbwimmen: 


1423 


BEKLEMMEN — BEKLIMMEN 


BEKLINGEN  —  BEKNÜPFEN 


1424 


viel  hundert  tausent  kleine  Schwein, 

so  unlerin  ihor  beklemmet  sein,    froschmeiis.  1.  2,  13; 

ach  was  beklammt  vor  grauen 
die  abgekränkte  brusi.    Grtphius  1,  146; 

besser  beklemmt  von  baucL  als  beklemmt  von  herzen,  pers. 
baumg.  6,  9 ;  ein  ängstliches  und  beklemmtes  seufzen.  Win- 
kelmann 1,32;  von  unaussprechlichen  empfindungen  beklemmt. 
Wieland  l,  304 ;  ihr  herz  schien  beklemmt,  sie  gab  keine  acht 
auf  meine  fragen.  35,  78 ; 

0  war  es  dies,  was  ihr  das  herz  beklemmte.'  Schiller  376^; 
eins  nur  isis, 

Melvil,  was  der  beklemmten  seele  noch 

verwehrt,  sich  frei  und  freudig  zu  erheben.    442*; 

mein  herz  beklemmt  und  kalt.    Göthe  7,  167; 
mich  soll  die  kleine  frist 

von  allem  heilen  was  mich  jetzt  beklemmt.    9,  227; 

da  war  beklemmt  mein  herz.    40,250; 
euch  immer  bänger 

um  die  beklemmten  herzen  wird.    Götter  1,177; 

ein  beklemmter  abschied.  Klincer  2,  391;  das  das  meine 
8eele  so  gefangen  hat,  meine  spräche  so  beklemmt.  Klingers 
th.  4,  143;  wenn  mich  das  flüstern  und  duften  der  seulen- 
reihe  von  Obstbäumen  nicht  beklemmen  sollte.  J.  Paul  biogr. 
bei.  1,  21 ;  mein  geheimnis  fieng  an  mich  zu  beklemmen.  Bet- 
tine tageb.  133 ; 

der  herzogf  hörts,  zwar  mit  beklemmtem  herzen. 
Platen  318. 
s.  beklimmen,  klemmen,  kUmmen. 

BEKLEMMTHEIT,  f.  angustia:  beklemmtheit  des  athems. 

BEKLEMMUNG,  f.  dasselbe:  ein  buch,  aus  welchem  er 
eine  novelle  nicht  ohne  beklemmung  vorlas.  Göthe  18,  308 ; 

und  die  königin  sprach,  mich  jammert  seine  beklemmung. 

40,  71. 

BEKLENEN,  illinere,  besudeln,  ahd.  pichlenan,  praet.  pi- 
chlan.  Graff  4,  558.  559. 

mit  treck  beklent.    fastn.  sp.  1204; 
und  beklent  sie  gar  allzumal.    H.  Sachs  II.  4,  80'. 
vgl.  klänen,  schmieren  bei  Schmeller  2,  357. 

BEKLEFPEN,  decipere.  Henisch  271. 

BEKLETTELN:  beklettelt  das  ist  auf  teutsch  beschissen. 
Katziporus  9,  2. 

BEKLETTERN,  conscendere,  nnl.  beklauteren:  die  ziegen 
beklettern  die  standen  und  hecken.  Schirmers  singende  rosen, 
lied  67;  weil  daselbst  die  felsen  weit  steiler  und  an  vielen 
stellen  gar  nicht  zu  beklettern  waren.  Felsenb.  1,  205 ;  dasz 
wir  den  berg  an  der  nordwestecke  bekleltern  wollen.  3,  303 ; 
da  nun  ferner  seit  so  viel  jähren  berg  um  berg  bestiegen, 
fels  um  fels  beklettert  und  beklopft  wurde.'  Göthe  32,  7. 

BEKLEXEN,  was  beklecksen :  sie  haben  auch,  wie  ich  höre, 
dem  deutschen  museum  mehr  aufnähme  verschaft,  als  alles 
womit  herr  Voss  diese  schrift  seit  jeher  beklext  hat.  Lichten- 
berg 4,  307;  dasz  sie  {die  weit-  und  hofmdnner)  mit  allen 
eisen-  und  roslöecken  ihrer  praxis  nachher  ihre  maske  der 
irreligiösen  theorie  beklexen  konnten.  J.  Paul  ;u6e/s.  125. 

BEKLICKEN,  maculare:  und  stellen  ire  Sachen  nur  auf 
viel  bücher  schreiben  und  papir  beklicken.  Luther  3,  338'; 
du  beklickesl  das  papir  mit  unnötigen  worten.  5,  308';  über 
das  so  ist  die  liebe  Christenheit  mit  so  viel  grewÜchen  er- 
gernissen  beklickt  und  geschmeiszl.  6,  336'. 

BEKLICKEKN,  frequentaliv  des  vorigen:  du  hast  dich  unter- 
wegs beklickert. 

BEKLIMMEN,  conscendere,  bekleltern,  nnl.  beklimmen,  den 
berg  beklimincn,  der  fels  ist  beklommen,  erstiegen,  es  scheint 
aber,  da  der  steigende  seinen  athem  einbüszt  und  beengt  fühlt, 
die  inlransitivbedeutung  aiigi,  premi  sich  gebildet  zu  haben, 
von  welcher  uns  jedoch  nur  das  pari,  beklommen  und  das 
transilivuni  beklemmen  üblich  ist: 

mein  herz  ist  dermaszen  beklummcn. 

il.  J.  VON  Br.  Susauna  3,  4  ; 
mit  aufgerecktem  hals  schnauft  der  beklomrane  stier. 
Hagedorn  2,  122; 

da  ich  eilte  zn  meiner  muttcr  zu  gchn,  da  wurde  ich  so  bang, 
so  beklommen  über  das  was  mir  Seih  von  dir  gesagt  hatte, 
dasz  es  mir  auf  einmal  dunkel  vor  meinen  äugen  ward.  Klopst. 
8,20;  mit  beklommenem  tone  fragen.  Klinger  7,55; 

war  dieses  arme  herz  nicht  hofnungslos  beklommen. 

Göthe  7,71; 
beklommne»  herz,  das  allzuviel  verloren.    3,30; 
und  eine  frische  gäbe,  die  auf  langer  fahrt 
beklommnen  reisenden  erfritchung  nthmet.    9,381; 


er   fühlte   sich  in  seiner  läge  äuszerst  gedrückt  und  beklom- 
men. 20,  9 ;  nur  trost  für  mein  beklommnes  herz.  Stolberg  1,  64 ; 
und  mehr  und  mehr  ward  mir  das  herz  beklommen. 

Screlling  in  Schlegels  musenalm.  s.  121 ; 

anklänge  tiefer  gemütlichkeit,   die   aus    dem  schmerzlich  be- 
klommenen busen  aufsteigen.  Humboldt  kosm.  2, 19. 
BEKLINGEN,  campanae  sono  celebrare,  beläuten: 
(dein  leib)  bleibt  nnbeleut  und  unbeklungen, 
ohn  alle  seelrecht  unbesungen.    Waldis4,  46; 

alle  diese  von  dir  angeführte  und  besungene  und  beklungene 
herrlichkeiten.  Riemers  reime  dich.  s.  49. 

BEKLINKEN,  coaptare,  bei  zimmerleuten  und  tischlern,  holz 
in  einander  fügen. 

BEKLOMMENHEIT,  f.  angor  animi: 
wie  aus  langer  dumpfer  nacht, 
mit  beklommenheit  durchwacht, 
fühlt  er  froh  sich  auferstanden.    Bürger  130". 
BEKLOPFEN,  pulsare:  der  bergmann  beklopft  das  gestein ; 
in   der  münze   werden   die  schröllinge  beklopft;    decken  be- 
klopfen. 

BEKLOTZEN,  mit  einem  klotz  beschweren. 
BEKLÜGELN,  argutius  examinare,  spitzfindig  und  anmaszend 
untersuchen : 

dasz  ich  was  bei  gott  geschehen 
nicht  zu  viel  beklügeln  soll.    Grtphius; 
dasz  ich  was  du  gut  gefunden 
zu  beklügeln  micii  erwunden.    Canitz33: 
ihn  tadein  oder  ihn  beklügeln.    Platen  93. 
BEKLUNKERN,  oram  veslis  maculare,  von  klunker,  globu- 
lus,  sordes  de  lana  pendens:    das  kleid  beklunkern,  sich  be- 
klunkern.    nnl.  beklonteren. 

BEKNAPPEN,  defringere  dentibus,  derodere:  und  bekommen 
dazwischen  ein  andacht,  ein  meszlein  zu  beknappen,  oder  ein 
salve  zu  hören,  bienenk.  146'.    s.  abknappen. 

BEKNAPPERN,  iterativ  des  vorigen,  nnl.  beknabbelen :  das 
eichhörnchen  beknappert  tisch  und  stüle;  ich  muste  ihm 
meine  Übersetzung  vorlesen,  er  las  das  griechische  nach,  hielt 
bei  jedem  commate  inne,  beknabberte  bald  dieses,  bald  je- 
nes und  befahl  mir  bald  dies  bald  das  wegzustreichen.  Rki- 
srens  lebensbeschr.  38.    vgl.  abknappern. 

BEKNAUPELN,  derodere,  benagen:  die  knochen  beknau- 
peln,   s.  abknaupeln. 

BEKNAUSERN,  fast  dasselbe,  da  knauser  wiederum  ein 
nager. 

BEKNECHTEN,  in  servilutem  redigere:  den  menschlichen 
geist  beknechten.  man  sagt  lieber  blosz  knechten,  sich  be- 
knehten  hiesz  mhd.  sich  mit  knechten  versehen.  MS.  2, 138'. 

BEKNECHTUNG,  f.  was  knechtung:  der  kämpf  für  geistes- 
freiheit  gegen  beknechtung. 

BEKNEIPEN,  veUicare,  carpere,  nnl.  beknijpen,  benijpen: 
er  solle  ein  andermal  die  scharwenzel  bekneipen,  dasz  er  wüste 
wo  sie  lügen.  Weise  erzn.  59. 

BEKNIEEN,  genibus  contingere:  steine  durch  langes  be- 
knieen  ausgehölt; 

ist  dem  teppich  vorzuziehen, 
dessen  goldgewirkte  blumen 
Mahmuds  günstlinge  bcknieen.    Göthe  5,  24. 

BEKNIXEN,  fiexis  poplitibus  salutare:  die  damen  waren  des 
steifen  ceremoniels  überhoben,  sich  gegen  unbekannte  zu  be- 
knixen.  Musaeus  2,  94. 

BEKNODELN,  sordibus  inquinare,  besudeln:  ein  jeder  bat 
sein  Grclel  lieb,  ob  sie  schon  beknodelt  ist  (quivis  amat  ami- 
cam,  licet  sordidam).  Lehmann  502.    s.  beknudeln. 

BEKNÖFFEN,  nodare,  neclere,  scheint  eins  ntit  beknüpfen: 
so  mit  mancherlei  färben  von  nesteln,  hcndeln,  zweifelslricken, 
schlüpfen  sind  sie  (die  verliebten)  an  haut  und  haaren,  an 
hosen  und  wambs  . . .  beiienket,  beschlenket,  beknölTet  und 
beladen.  Phii.ander  1,  27. 

BEKNOSPEN,  gemmis  instruere:  reich  beknospet.  Brocus 
2,  37. 

BEKNUDELN,  was  beknodeln,  besudeln:  er  dorft  kein 
schonbart,  wann  er  sich  unter  den  augon  mit  rotz  bcschmi- 
ret,  lierusziget,  besudlet  und  beknudclel.  Garg.  128*.  den  buch" 
Stäben  nach  entspräche  das  ahd.  pichnuodilan  innotescere 
(Graff  4,  572),  doch  die  bedeutungen  scheinen  unvereinbar. 
t.  boknuseln. 

BEKNÜPFEN,  inneclere,  subnectere,  ahd.  pichnupfan  (Giurr 
4,  B83) : 

dieser  bolt,  der  als  mit  einem  bände 
sein  regiment  beknüpn.    Opitz  i,  10 ; 


1425 


BERNUPPER^I  —  BEKOMMEN 


BEKOMMEN 


1426 


bald  hieng  sie  ihm  ihre  halskette  um,  bald  beknüpfte  sie  ihn 
mit  bändem.  Weise  kl.  leule  IS.    s.  bekniiffen. 

BEKM'PPERN,  arrodere:  kinder  beknuppern  das  zucker- 
werk, den  kuchen.    5.  abknuppern. 

BEKNURREN,  mussitare,  tgl.  anknurren: 

will  es  der  bund  wie  sie  beknurrea?    Göths  12,65. 

BERNUSELN,  maculare,  vas  beknudeln : 

schau  zu  was  grober,  feisier  truseln, 

die  sich  mit  sawermilch  beknuselD.    Scbeids  i^robtanu«  a2. 

bemerkenswerih  auch  hier  die  analogie  zwischen  ahd.  chnuot 
und  chnuosli  (GRArr  4,  5^2).     s.  bekoseln. 

BEKNLTTELN,  fuslem  appendere,  den  hund  beknüfteln. 

BEKOBERN,  recuperare,  erkobem :  und  euch  wird  solcher 
Verlust  zusteen,  das  irs  niemer  bekohern  werdt.  Aimon  zl; 
Regulus  hett  sich  seines  Schadens  an  den  gütcrn  wol  mögen 
bekohern  und  zwifach  erholen.  Kirchhof  wendunm.  25'. 

BEKOHLEN,  in  steinkohlwerken,  einen  platz,  eine  bank  be- 
kohlen. 

BEKOLBEN,  data  instruere,  mit  einem  kolben  ausrüsten: 

trommel,  o  trommele  du  den  bekolbeten  hünen  tum  leicbnam! 

Voss  -2,  IM. 
BEKOMMEN,  goth.  biqiman,  ags.  becuman,  ahd.  piqueman, 
mhd.  bekomen,  nnl.  bekomen,  engl,  become.  tcie  das  ein- 
fache kommen  in  allen  deutschen  zungen  nur  intransitiv  ist, 
transitiver  sinn  erst  durch  zutritt  einer  parlikel  erwachsen  kann, 
sind  auch  von  bekommen  zuerst  die  intransitivbedeutunyen  vor- 
zutragen. 

1)  bekommen,  wachsen,  gedeihen,  hervorkommen,  fortkom- 
men, provenire  (ahd.  beispiele  gewährt  Gbatf  4,  66S) :  der  im- 
ber  bekumpt  auch  fast  schon  alda.  Frank  wellb.  201*:  disz 
Volk  pflanzet  und  handlet  nicht,  geneuszt  was  im  selbs  be- 
kumpt {von  selbst,  wild  wächst).  222';  wir  säeten  mancherlei 
samen  als  rüttich,  lattich,  salat.  kürbs,  die  bekamen  all  in 
XVI  tagen  und  wurden  in  xxsvi  tagen  abgenumen.  222';  weil 
er  (golt)  ein  theurung  kan  machen,  so  es  alles  bekompt  und 
all  berg  mel  werden,  chron.  250';  deshalb  an  der  hut  anzu- 
faben  ist,  wann  die  bekumet  an  dem  ersten  und  von  uszen 
als  ein  rind  des  baums.  Gersdorf  1 ; 

dank  Tür  wolthat  ist  ein  same, 

der  nicht  überall  bekäme.    Logad  3,  2,  26. 

später  erlöschend  und  durch  fortkommen,  herauskommen  ersetzt. 

2)  aus  sinnlichem  wachsen  verständigt  sich  die  abstraction 
des  engl,  become,  das  geradezu  werden  ausdrückt,  wie  sich 
werden  und  wachsen  [engl,  wax  und  grow)  oß  berühren,  doch 
sind  auch  evenire  und  franz.  devenir  zu  vergleichen.  Uns  aber 
ist  bekommen  mit  dal.  der  person  ein  gedeihen,  anschlagen, 
welche  beiden  Wörter  wieder  auf  den  wachsthum  zurückgehn. 
die  luft  hier  bekommt  mir  nidit,  schlägt  mir  nicht  an; 

ich  bin  TOD.seucben  frei, 
dir  ist  die  römsche  luft  in  warheil  nicht  bekommeo. 
Grtphids  2,  Zil ; 
die  speise,  das  fulter,  die  arznei  bekommt  nicht:  solche  ver- 
mabnung  bekam  mir  wie  dem  hund  das  gras.  Simpl.  l,  472; 
die    macaronen    werden   deiner  Jungfer  bekommen,   wie  dem 
hunde  das  gras,  sie  soll  gewis  änderst  pfeifen,  wann  sie  eine 
darvon  einbekommen,  ped.  schulf.  67;  wer  weisz  vrie  ihm  das 
mitlügsmahl  bekommen  wird.  Weise  erzn.  14 ; 

wie  wird  die  zeche  dir  leider 

nach  der  mahlzeit  bekommen?    Göths  1,  338. 

wol  bekomms!  prosit  (prost)!  benecedat!  ist  die  formet  beim 
zubringen  von  speise  und  trank: 

den  becher  nimm  ich  jetz  zu  mir, 
du  siehst  er  ist  schon  voll, 
den  will  i;ewis  ich  bringen  dir, 
soll  dir  bekommen  wol.    Garg.  93* ; 
nach  der  mahlzeit  bringt  er  ein  schinckchen,  es  mag  euch 

bekommen!  Gotiie40,  ^; 

(wil  ju  up  de  maliit  schenken.    Reinke  662. 
haddi  gheien,  so  souddi  drinken.    ndnaert  706); 
nehmet  nicht  gierig  zu  viel,  es  möcht  euch  übel  bekomiben. 

40,  25. 
wol  oder  übel  bekommen  gehl  aber  audi  auf  andere  dinge: 
es  soll  ihm  übel  bekommen,  es  soll  euch  übel  bekommen! 
fort  mit  ihnen!  Göthe  14,299;  ich  habe  von  dir  einen  Iraum 
gehabt,  gntl  lasse  dirs  wol  bekommen!  pers.  rosenth.  4,  12; 
die  luchse  sind  eines  sehr  schnellen  laufs,  so  ihnen  zum  ein- 
holen ihrer  beule  wol  bekommt.  Hohberc  2,  65o*;  jetzund  be- 
kumpt mir  nichts  bessers,  als  gut  wein,  gut  bctt,  den  rucken 
am  ofen,  den  bauch  beim  tisch,  den  schemel  under  den 
füszen   und  ein  tiefe  scbOssel.    Garg.  154';  weichen  das  stu- 


dieren nicht  allein  zu  spott,  sondern  zum  elend  bekommen. 
Scacppiüs  707. 

3)  nahe  liegt  die  bedeulung  von  convenire,  geziemen,  beha- 
gen, zukommen,  zustehn,  anslehn:  das  bekompt  nu  sonderlich 
der  heiligen  mutter  der  kirchen,  die  ist  ein  rechte  hausmut- 
ter  und  die  braut  Christi.  Luther  1,467';  dis  spital  bekom- 
met allein  den  rechten  armen,  als  widwen,  waisen,  gesten 
und  andern  verlassen  leuten.  5, 152'.     s.  bekömmlich. 

4)  bekommen,  obviam  venire,  ire,  oecurrere,  begegnen, 

ze  Sempach  vor  dem  walde. 

do  inen  der  lc\v  bekam.     Uulako  405; 

bekumpt  mir  ein  meitlin  mit  minen  geiszen.  Tho.  Plater  U; 
wie  weri  den  das  war,  das  Christus  s.  Peter  vvere  vor  Rom 
bekumen.  40;  einer  bekam  uns  ouch,  dem  hangeten  kuttlen 
usz.  78 ;  und  wenn  es  sich  begab,  das  sie  einander  bekamen, 
so  gieng  ie  einer  ein  andere  straszen.  seh.  u.  ernst  cap.  191; 
da  bekam  im  der  herzog.  Eulensp.  cap.  25 ;  wem  er  bekam. 
Bocc.  2,  115*;  im  ein  edelmann  bekam.  2,  209*;  (ich  hoffei, 
so  werd  mir  der  Pfefferkorn  uf  ainem  rechten  platz  und  zu 
rechter  zeit  bekommen,  das  ich  mit  im  an  offen  schranken 
peinlich  fürfaren  werde.  Recchlix  aujenip.  4'; 

wie  ein  beer  wil  ich  dir  bekommen, 

dem  seine  junge  sind  genommen.    U.  Sachs  IV.  1,  56*; 

fraw  heut  frü  mir  am  mark  bekam, 

Alexander  vor  dem  wüiikram, 

ein  selign  lag  entbeul  euch  der.    V,  225*; 

bekommet  im  von  ungeßr 

biscboT  von  Trier  stark  daher.    Fischarts  Eulensp.  177*; 

da  im  (dem  Hercules)  auf  dem  wegscheid  frau  tugend  und 
frau  wollust  bekamen.  Garg.  172';  und  eben  an  dem  er  also 
weg  uf  die  hellen  zuzog,  so  bekäme  im  der  egvptisch  nun- 
cius.  ÄYRER  proc.  2, 1 ;  wir  waren  nicht  viel  für  sich  gangen, 
da  bekamen  uns  etliche  bettler.  Schcppics  694;  in  diesem 
zustande  bekam  uns  ein  jeger.  Jucundi.^s.  154 ;  drei  meil  wegs 
über  diesem  schlösse  bekäme  uns  ein  alter  bettler.  187.  tn 
allen  diesen  stellen  steht  bekommen  ron  personen,  es  kann 
aber  auch  auf  andre  Vorstellungen  bezogen  sein,  die  man  sich 
personificiert  dachte,  z.  b.  auf  den  lag.  mhd. 
6  uns  bekume  der  mitte  tac.  kröne  lSi9i; 
nhd.  davon  unsfreud  bekomen  möge.  Bocc.  1,8';  also  grosz 
schäm  und  erschrecken  mir  davon  bekommen  sind,  l,  16*; 
nicht  das  leiden,  das  du  erdenkest,  sondern  das  dir  wider 
dein  erwelen,  denken,  begirden  bekommet.  Lcther  1,  24*.  auch 
diese  bedeulung  von  bekommen  ist  im  18  jh.  ausgestorben, 
man  sagte  ehmals  etwas  auf  einen  bekommen  (=  ankommen) 
lassen :  das  es  also  sei,  so  getarr  ichs  bekummen  uf  einen 
frummen  biderman.  Keisersb.  posl.  2,  83. 

5)  das  seltne  bekommen  mit  dem  gen.  der  sache  und  der 
bedeulung  zu  einer  sache  kommen  nähert  sich  der  folgenden 
transitiven,  in  der  deutschen  theologie  {ed.  Pfeiffer)  s.  106 
steht  es  mit  sich  verbunden:  da  bekäme  sich  got  alles  des 
sinen.  sonst  aber  ohne  sich:  denn  dis  gebot  foddert  eine 
geistarme  seele,  die  da  ires  für  gott  opfert,  das  er  ir  gott  sei 
und  in  ir  seins  werks  und  namc  (/.  namen)  bekome.  Lcthei 
1,  322;  darmit  ein  jeder  tagloner  seines  taglons  bekomme. 
Frank  wellb.  45';  weil  er  {golH  aber  keins  rechtens  bei  uns 
bekomen  mag  und  er -uns  folgen  musz,  so  würdt  er  in  uns 
und  will  in  uns,  das  wir  sind  und  wollen,  parad.  20';  got 
wart  mit  groszer  langmütigkeit  auf  des  menschen  willen,  ob 
er  seines  werks  in  im  bekommen  möcht.  166'; 

0  Winter,  du  tfist  dich  vil  berfiemen, 

du  wirst  dcins  kriegs  noch  wol  bekomen.    Uhla!«d  26, 

du  wirst  kriegs  satt  haben. 

6)  Iransilires  bekommen,  mit  acc.  der  sache,  etwas  erlan- 
gen, erreichen,  etwas  kriegen,  vergleicht  sich  unserm  überkom- 
men, dem  tat.  supervenire  {ascendere,  superare),  dem  golh. 
anaqiman  {an,  auf  einen  kommen)  und  usqiman  (interficere, 
meist  mit  dem  dat.,  doch  auch  dem  aec).  man  darf  es  also 
deuten  bei  etwas,  zu  etwas  kommen,  einem  beikommen,  ri« 
das  zweite,  dritte  und  vierte  bekommen  {prodesse,  convenire, 
oecurrere)  ebenfalls  persönlichen  dal.  neben  sich  hatten;  das 
verhum  drehte  sich  hier  ganz  dem  acc.  zu.  entsprang  aber 
l)ekommen  aus  bei  einen,  bei  etwas  kommen,  so  zeugt  es 
laut  für  die  nothwendigkeit,  den  aec  neben  bei  zuzulassen 
(sp.  1343). 

Zumal  auffallend  ist  nun  der  völlige  abgang  dieses  transiti- 
ven bekommen  im  mhd.,  und  während  es  uns  heute  vorherseht, 
die  intransitiven  bedeutungen,  mit  ausnähme  der  zweiten,  er- 
loschen sind,  gellen  mhd.  nur  diese  und  auch  keine  spur  zeigt 

90 


1427 


BEKOMMEN 


BEKOMMENLIGH— BEKÖTHEN    1428 


sich  der  transilion.  ahd.  aber  eine  sehr  merkwürdige  bei 
Notker:  bechumet  tih  daj  ieht?  sentisne  haec?  bechumet  tih 
eigeslichi  des  charchares?  movel  te  fades  carceris?  (Graff 
4,668)  =  ergreiß  dich  das  nicht?  ergreiß  dich  der  schauder 
des  kerkers?  es  bleibt  der  forschung  noch  außehalten,  dies 
transitive  bekommen  ahd.  und  mhd.  näher  zu  ermitteln  und 
die  scheinbare  Muß  zwischen  mhd.  und  nhd.  Sprachgebrauch 
auszufüllen. 

o)  bekommen  das  was  wächst  {analog  dem  bekommen  unter 
1):  die  frau  bekommt  alle  jabre  ein  kind;  der  mann  hat  einen 
söhn  bekommen;  welcher  Johannem  den  elften  im  ehepruch 
bekommen,  bienenk.  210';  die  kuli  bekam  ein  kälbchen;  der 
bäum  bekommt  viel  äpfel,  der  Strauch  eine  schöne  rose ;  das 
kind  bekommt  einen  zahn;  der  jüngling  einen  hart;  der  vogel 
bekommt  federn,  das  kalb  hörner,  der  Schmetterling  seine 
flügel.  so  nun  auch,  ich  bekam  groszen  hunger,  ich  bekomme 
lust,  Unlust,  Widerwillen ;  es  begab  sich,  das  noch  ein  ander 
alt  weih  zu  Venedig  lust  bekam  zu  disem  krieg,  bienenk.  21' ; 
angst,  furcht  bekommen;  frischen  mut,  neue  kraft  bekom- 
men; er  bekam  seinen  verstand  erst  spät;  wol  dem  men- 
schen, der  verstand  bekompt.  spr.  Sal.  3, 13  (der  zu  verstände 
kommt);  das  mädchen  bekommt  eine  schöne  stimme. 

b)  eine  krankheit,  ein  übel  bekommen :  sie  bekam  zahn- 
weh,  kopfweh,  den  husten,  schnupfen,  das  fieber,  die  gicht; 
mit  dem  anfange  des  achten  jahres  bekam  ich  einen  blut- 
sturz.  GöTHE  19,  265;  er  bekam  schlimme  äugen;  bekam 
schon  früh  graues  haar;  dasz  sie  von  der  bank  fallen  und 
eine  rote  nas  bekommen,  bienenk.  88';  von  dem  hieb  be- 
kommt er  krumme  finger;  seine  gesundheit  wiederbekommen. 

c)  schlage,  prügel,  ohrfeige,  die  ruthe,  sein  theil  bekom- 
men ;  einen  verweis,  eine  rüge,  nase,  harte  strafe ;  er  bekommt 
schon  einmal  seinen  lohn  dafür ;  man  sagt,  er  bekomme  geld 
dafür;  zank,  streit,  krieg  mit  einem  bekommen;  erlasz,  nach- 
lasz  bekommen ;  vollkommenen  ablasz  bekommen,  bienenk.  43' ; 
und  kanst  nit  mee  söliche  freuntschaft  mit  im  bekomen.  Kei- 
SERSB.  Sünden  des  munds  37';  sind  frölich  das  sie  das  grab 
bekomen  {ins  grab  k.)  Hiob  3,22;  grosze  mühe  bekommen; 
ruhe  bekommen  {gewinnen),  auch  blosz  es :  er  hats  gehörig 
bekommen,  bekommts  schon  noch. 

d)  speise,  wein,  trank,  es  heiszl  aber  lieber  zu  essen,  zu 
trinken  bekommen,  wie  da  kann  man  etwas  zu  sehen,  zu 
hören  bekommen,  räum,  luft  bekommen,  endlich  habe  ich 
einmal  luft  bekommen ;  der  afifect,  der  im  tiefsten  gründe  des 
herzens  ruhte,  war  auf  einmal  losgebrochen,  wie  eine  flamme, 
welche  luft  bekömmt.  Gothe  19,  282 ; 

was  einmal  luTt  bekompt,  das  gibt  auf  keinen  rat, 

und  kehrt  nicht  wieder  umb.    Opitz  1,  54; 
der  schuh,   der  strumpf  hat  ein  loch  bekommen;   die  mauer 
bekommt  einen  risz.     die  frau  bekommt  morgen  eine  neue 
magd.     ich  bekomme  noch  zehn  thaler;  er  kann  nichts  von 
ihm  bekommen. 

e)  wir  werden  heute  schönes  weiter,  regen,  schnee,  ein 
gewitter  bekommen  =  es  wird  geben;  bei  diesem  wirt  ist 
guter  wein  zu  bekommen  =  gibt  es  guten  wein ;  bei  dir  be- 
komme ich  rechten  trost;  wer  from  ist,  der  bekompt  trost 
vom  herrn.  spr.  Sal.  12,  2.  einen  brief  bekommen,  ich  be- 
kam keine  antwort  er  bekommt  einen  titel,  einen  namen, 
groszen  namen ;  das  kind  bekam  zu  namen  Johann. 

f)  einen  bekommen,  fangen,  erwischen,  emen  gefangen  be- 
kommen; zu  greifen,  zu  packen  bekommen,  in  die  bände, 
in  die  gewalt  bekommen  ;  würde  einer  auf  einem  Scharmützel 
oder  sonst  von  feinden  bekommen.  Kirchhof  mil.  disc.  180 ; 
wenn  ein  missethäter  entlaufen  ist,  darnach  wieder  bekom- 
men wird.  Reütter  68 ;  ein  wolf  gehet  einsmals  auf  den  raub 
aus  und  bekompt  ein  jung  färken.  Lokman  23;  wann  ich 
diese  kerle  auf  meinem  mist  bekäme  (erwischte).  Simpl.  1, 15, 
vgl.  bekommen  4,  begegnen;  zuletzt  haben  ine  {den  Schlüssel 
der  auslegung)  die  lutherische  in  die  händ  bekommen,  bie- 
nenk. 69' ;  liesz  mir  einen  ziegclofen  machen  und  bekam  {über- 
kam) einen  kerl,  der  mir  brennetc.  Schuppius  119;  ich  wil 
ein  paar  gute  freunde  bekommen,  die  sollen  ihn  zwischen 
die  sporn  nehmen.  196; 

hört  junf^frau,  was  gebt  ihr  mir  lu  lohn, 

dasz  ich  euch  bekam  disen  mann?    Ayrkr  160'. 

g)  bekommen  mit  adjecliven  als  pracdicat :  einen  lieb,  satt, 
los,  frei  bekommen:  er  bekam  (gewann)  das  mädchen  lieb; 
der  vater  beginnet  ihn  je  länger  je  lieber  zu  bekommen. 
pers.  rosenth.  1,  4;  ich  hatte  das  reisen  salt  bekommen;  er 
kann  nicht  satt  bekommen;   einem  brar  aufs  ieder  saufen, 


damit  er  satt  bekäme,  trr^.  der  liebe  350,  was  wieder  an  be- 
kommen =  werden  mahnt ;  ich  kann  den  nagel  nicht  los  be- 
kommen, das  holz  nicht  klein,  mit  partic.  ausgezahlt,  er- 
setzt, vergütet  bekommen. 

h)  bekommen  mit  partikeln:  etwas  weg  bekommen  {eines 
inne  werden),  heraus,  wieder,  zurück  bekommen ;  ich  kann 
die  Stiefel  nicht  an  oder  ab,  den  hut  nicht  auf  bekommen; 
um  den  grad  der  salzigkeit  des  meerwassers  heraus  zu  be- 
kommen. Kant  9, 13. 

In  allen  fällen  von  a — h  darf  dies  bekommen  auch  durch 
kriegen  vertreten  werden,  was  nur  gemeiner  klingt,  in  den 
fällen  c,  d  durch  das  vornehmere  erhalten,  empfangen,  in  den 
fällen  a,  c,  d  und  g  einigemal  durch  gewinnen,  wenn  etwas 
gutes  gemeint  wird. 

BEKOMMENLIGH ,  commodus,  aptus,  nach  der  dritten  be- 
deutung  von  bekommen,  dem  heutigen  bequem  entsprechend, 
was  man  sehe:  dahin  entbot  uns  priester  Johan  alle  bekum- 
menliche  hülf,  streitbare  kriegsleut ...  zu  leihen.  Frank  wellb. 
236'.    ahd.  piquemanlih. 

BEKÖMMLICH,  BEKÖMMLICH,  dasseZK  bequemlich:  gleich- 
wie die  päpst  vorzeiten  die  zween  markstein  auf  inen  be- 
kömliche  weis  geruckt  haben,  bienenk.  ue^ ;  solches  bekömm- 
licher auszuführen.  Garg.  172' ;  allerlei  nötige  bekömmliche 
waren.  245';  es  ist  kein  bekömlicher  weg  die  weit  zu  tribu- 
lieren,  als  oft  gerührte  himmelslärmen.  groszm.  11 ;  safran, 
weid,  röte,  hanf,  wo  anders  solche  stück  nicht  bekömmlicher 
in  freiem  feld  gebawet  werden.  Sebiz  2.  von  der  nhd.  transitiv- 
bedeutung  des  bekommens  scheint  kein  adj.  bekömmlich  im 
sinne  von  erhallbar,  erlangbar  gebräuchlich,  doch  gerade  gibt 
Maaler  56*  'bekömmlich  parabilis,  das  man  wol  haben  und 
überkommen  mag.' 

BEKÖMMLICHKEIT,  f.  aptitudo,  commoditas:  seins  rauch- 
loches,  lichtes  und  luftes  bekömlichkeit.  Garg.  64' ;  vom  willig- 
mutigen stiflhaus,  seiner  bekömlichkeit.  280'.  s.  bequemlichkeit. 
BEKÖMMERN,  was  bekümmern,  nnl.  bekommeren:  aber 
wer  mit  den  Sachen  sich  bekömert  und  denket  nach  einem 
andern  leben,  der  wird  sie  {Paulus  worte)  wol  fassen  und 
verstehen.  Luther  6,  268';  darumb  wollet  euch  hierin  nicht 
bekomren.  br.  5, 10. 

BEKOPFSCHÜTTELN  ,  Caput  quassando  inspicere.  s.  oben 
beachselzucken. 

BEKORALLEN,  coralliis  exornare :  das  kind  becorallen,  be- 
muschelen.  Garg.  67'. 

BEKORBEN,  repudiare :  ein  bekorbter  freier.  Hippels  br.  14, 
130 ;  klag  eines  bekörbten  freiers.  zeitvertreiber  1698  s.  559. 

BEKOREN,  tentarc,  ahd.  pichorön  (Graff  4,  522),  mhd.  be- 
kom,  nnl.  bekoren:  o  vater,  das  ist  gewis  ein  anfechtung 
über  mich  verbeugt,  hilf,  das  sie  mich  nicht  verfüre  und  be- 
köre. Luther  1,  86'.  heule  auszer  .gebrauch,  so  gut  es  neben 
versuchen  bestehen  könnte. 

REKORKEN,  obturare  lagenam,  zustopfen. 
BEKÖRPERT,  corpulentus,  beleibt:  selten  bleibt  man  ohne 
hauptflüsse,  wenn  man  bekörpert  ist.  Hippel  8, 179. 

BEKORUNG,  f  tentatio,  mhd.  bekorunge:  wenn  das  wört- 
lin  Versuchung  oder  bekörung  nicht  so  gemein  were,  stund 
es  viel  basz  und  were  klerlicher  zu  sagen  also  'und  nicht 
füre  uns  in  anfechtungen.'  Luther  1,  86' ;  die  Versuchung  aber, 
oder,  wie  es  unsere  Sachsen  von  altersher  nennen,  bekorunge 
ist  dreieriei.  4,  420';  bedeut  tentatio  ein  bekörung,  ein  Ver- 
suchung. Thurneisser  magna  alch.  2,  41 ;  herr  vogt,  ihr  sollet 
das  gericht  behegen,  allen  uberbracht,  Scheltwort,  bekörung 
des  gerichts  und  alles  was  das  schwachen  mag  verbieten, 
weisth.  1,  619. 
BEKOSELN,  maculare.  Heiiisch27L  s.  beknuseln. 
BEKOSTEN,  alere,  nutrire:  sollen  euch  köng,  fdrsten  und 
herrn  bckostcn.  H.  Sachs  I,  349* ; 

da  sie  so  wol  beköstet 

die  Teutschcn,  meine  zucht, 

und  sich  so  fett  gemästet,    friedent  wehklage. 

BEKÖSTIGEN,  dasselbe  und  üblicher,  nnl.  beköstigen:  er 
wird  vom  Staate  beköstiget;  läszt  sich  beköstigen.  Felsenb. 
2,  482;  aber  weil  du  dich  auszerhalb  beköstigest,  so  gehört 
uns  Wiedererstattung  zu  thun.  Acricolac«;).  78. 

BEKÖSTIGUNG,  f  alinwnia :  die  Schwärmerei,  die  sich  im 
schatten  einer  unbeschäftigten  einsamkeit  mit  sinnlichgeisti- 
gen fantomen  und  gefühlen  nährt,  läszt  sich  freilich  an  einer 
80  frugalen  beköstigung  nicht  genügen.  Wibland  3, 411. 

BEKÖTHEN,  luto  oblinere,  kothig  machen:  dasi  nach  dem- 


1429 


BEKOTHIGEN — BEKRÄKKEN 


BEKRÄNKÜNG — BEKBIEGEN 


143« 


selbigen   dooner  nasa  ist  worden  und  die  weg  beköttet.  Pa.- 

BACELSES    1,  597*. 

BEKOTHIGEN,  macxlare:  ein  verrücktes  gemät  ist  mit 
allein  sündenwost  bekothiget  Abb.  to.i  s.  Cl.  2,  3. 

BEKOTZEN,  conromere,  betpeien:  die  sich  bekoUen,  am 
morgen  wollen  inen  die  äugen  nit  ui,  sie  seind  inen  zage- 
bachen.  Keisebsb.  geisll.  lewe  54*. 

6EKRAB6ELN,  digilii  fricare,  permuleere: 

leugts,  scbwe^tern,  saofl  bekrabbelt 

um  büft  und  brusL, 
wie  bold  ibr  zuckt  und  rabbelt 

vor  seelenlust.    Voss  4, 122. 

BEKRÄFTIGEN,  ßmiare,  confirviare,  nnl.  bekrachtigen :  bekref- 
tiget  er  alle  seine  gelübd  und  verbundnis.  4  Mos.  30, 15 ;  so  be- 
kreftige  nu  herr  gott  das  wort  in  ewigkeit.  2  Sam.  7,  25 ;  auf  das 
er  sein  wort  bekreftiget.  l  kön.  12. 15 ;  und  bekräftiget  im  das 
königreich.  2  kün.  15,  19 ;  und  Salomo  ward  in  seinem  reich 
bekreftiget.  2  chron.  l,  l ;  bestetiget  und  bekreftiget  12, 1 ;  die  be- 
bende knie  hastu  bekreftiget  Hiob  4,4;  bekreftiget  das  wort 
durch  mitfolgende  zeichen.  Marc.  16, 20 ;  und  über  eine  weile  be- 
kreftigets  eine  andere.  Luc.  22, 59 ;  dieses  breilein  stärket  und  be- 
kräftiget {kräftigt)  die  kranken.  Tabeb:<aeiio.nt.  s.  430 ;  das  der 
iL  vatter  der  bapst  macht  hat,  seins  gefallens  newe  religionen 
und  regeln  der  Vollkommenheit  zu  stellen  und  zu  bekräftigen. 
bienenk.  2s";  die  arianisch  ketzerei  durch  ihre  decreten  be- 
kreftiget haben.  41';  für  warhaft  bekreftigen.  Garg.  "&';  weil 
auch  alsdan  das  alt  ermüedet  geblüet  erfrischt,  gemert  und 
bekreftiget  wird.  Thcb^eisseb  f  rob.  >/ er  Aam.  45;  dises  wird  die 
Tasa  chorii  Sterken  and  bekreftigen.  infl.  wirk.  60 ;  hätte  er  {gott) 
euch  durch  beständige  glückseligkeit  in  diesem  hochmütigen 
wesen  bekräftiget.  Weise  kl.  leute  162 ;  die  Jungfer  bekräftigte 
sich  nochmals  (m  der  kircht),  beschlosz  mit  einem  stoszge- 
betchen  und  stund  auf  nacher  hause  zu  gehn.  maulaffe  173; 
anno  805  Heszen  sich  einige  Hunnen  durch  Caroiam  neue 
sitze  anweisen,  auch  ihre  chane  oder  fürsten  von  ihm  bekräf- 
tigen. Hahx  1,  4S ;  allein  diese  anmerkung  bekräftigte  ihn  nur 
in  seinen  gedanken.  WiEUkXD  1,106;  eine  deutsche  akademie 
mit  ihrem  ansehen  und  ihrer  Unterstützung  zu  bekräftigen. 
Heboeb  IS,  211 ;  meine  botanischen  grillen  bekräftigen  sich  an 
allem  diesen.  Göthe  27,  283 ; 

dein  treues  beer,  bis  jetzt  ira  inoeren  beschäni^, 
weons  an  der  grenze  dich  und  deinen  thron  bekräftigt. 

41,2SÖ; 

es   scheint   sich   unser  beruf  zu  abenteuern  mehr  zu  bekräf- 
tigen, an  fr.  ton  Stein  1,  75 ;  mit  einem  eide  bekräftigen. 

BEKRÄFTIGUNG,  f.  firmatio:  umb  mehrer  bekrefligung  der- 
selben ifreundschafl).  Kibcuhof «esduiun.  SS*; 
ihr  hast  du 
bekräftigung,  so  wähn  ich,  zugewinkt.    Bcbger  14S'. 

BEKRAGEN,  limbo  eoUari  insiruere:  ein  purpurbekragter 
mantel.  Siegfr.  von  Lindenk. 

BEKRÄHEN,  cantando  nuntiare:  der  kahB  fieng  an  stolz 
seinen  sieg  zu  bekräheo.  Lokmau  fab.  Zi. 

BEKR.\LLEN,  ungulis  laedere:  ein  land,  das  kein  unthier 
bekrallet  Piicolais  leben  von  Göukgi  5. 164. 

BEKRAMPEN,  retinaculis  ßrtnare:  wenn  ihr  ein  schif  bauet, 
so  baut  ihr  der  eiche  die  äste  ab,  sägt  und  zimmert  und 
hobelt  an  ihr,  biegt  die  bohlen  mit  kraft,  bekrampt  und  be- 
nagelt sie  von  allen  selten.  LicBTENsEBe  6,  100.  im  vasser- 
hau  heisit  bekrampen  lockeres  ufer  durch  Strauchwerk  festigen^ 

BEKRÄNKEN,  infirmare,  debilitare,  tiolare,  krdnkni,  schwä- 
chen, ärgern,  mhd.  bekrenken :  also  das  wir  den  maier,  der  uf 
demselben  hove  sitzet  und  in  buwet  niemer  geirren  noch  be- 
krenken sun  an  kainen  rehten,  die  in  den  selben  hof  von  alter 
horent.  monum.  zoiL  n*  259  a,  1313;  das  ir  gesiebt  von  dem 
glast  der  sunnen  eit  bekrenkt  werde.  Keisebsb.  anheb.  mensch  C ; 

wanimb  sind  ir  nun  söllicbs  denken 

und  twer  berz  damit  bekrenkeo.    trag.  Mi.  D4: 

nan  fürt  in  aus,  naa  wolt  in  henkn, 

aas  was  sein  muuer  sehr  bekrenken. 

trag,  ton  Heli.  Nümb.  1549.  E4; 
der  lieb  thel  er  sich  hart  bekrenken.    H.  Sachs  1, 16S*; 
darmii  du  nur  dein  leib  bekrenkesi, 
der  uberOusz  ist  allmal  srhad.    U.  2,  &0*; 
desselben  ich  mich  hart  bekrenk.    III.  1,87*; 
aod  die  jungfraw  so  hart  bekrenket    III.  2,  80*; 
schaut,  wie  thut  sie  euch  jetzt  bekrenken.    III.  3,  6'; 
was  leszt  du  dich  den  f(eix  bekrenken.    III.  3,  10; 
mich  ibut  laein  unfal  sieu  bekrenken.    IV.  3,  tS'; 


kein  sorg  bekrenkt  ir  herz  noch  nie.    Grobianut  H3; 
ir  schöne  mein  junges  herz  bekrenkt.    Amkr.  Ut.  s.  62-, 
das  mich  so  hoch,  alle  stund  und  noch 
mit  schmerzen  tbut  bekrenken.    s.  72 ; 

so  sind  sie  doch  als  krank  als  vor  und  werden  noch  viel  fe- 
ster bekränket  und  verderbet   Pabacelsüs  cAir.  scAr.  170'; 

ich  mich  oftmals  darumb  bekrenk.    Atker  323*; 

was  wöll  wir  uns  lang  bekrenken?    Atber  fastu.  sp.  122*; 

fot,  der  ein  geringe  zeit 
ie  armen  ma^  bekränken.    Weckhebli.i  33; 
wie  lang-,  o  höchster  herr,  wie  lang 
soll  sich  mein  herz  bekränken?    46; 
lasz  sich  dein  herz  nicht  mehr  bekränken.    352; 

diesemnach  möchte  könig  Teutoboch  lieber  in  Italien  seine 
blutsfreunde  aus  der  dienstbarkeit  erlösen,  als  sie  mit  un- 
gerechtem einfaü  bekränken.  Lohesst.  Arm.  l,  902.  später 
veraltend  und  durch  einfaches  kränken  vertreten. 

BEKRÄNKUNG,  f.  laesio,  violatio,  kränkuny:  er  entsetzte 
sich  vor  Violantens  bekränkong,  wie  vor  seinem  gröszten  Un- 
glück  pol.  cul.  2ä2. 

BEKRÄNZEN,  sertis  redimere,  unl.  bekransen,  luuft  Bdch- 
.NEBS  anweisung  zur  poeterei.  WiUenb.  1665  s.  47  luertt  «onOprrz 
eingeführt; 

bekränzt  mit  laub  den  lieben,  vollen  becher 
und  trinkt  ihn  fröhlich  leer!    Clacdics; 
haus  vom  glücke  bekränzt.    RcCK£iiT27S; 
(geüirne)  fuhren  das  bekränzte  jabr.    Schiller  SO*; 
das    portal    der   hole  ist  oben  mit  herabhangenden  bäumen 
und  gesträuchen  bekränzt  Gukikge  3, 134 ;  sich  innerlidi  prei- 
sen und  bekränzen.   J.  Pacl  Tit.  l,  122. 

BEKRATZEN,  rädere,  circumradere,  reprehendere :  die  wand 
bekratzen;  nachdem  als  der  herr  dise  ding  hat  geredt,  sie 
gestraft  und  bekratzet  hat  von  irem  Unglauben.  Keisebsb. 
posl.  3,  23. 

BEKRAUTEN,    secare   olera,    das    feld  bekranten,    gebildet 
wie  begrasen  3,  depaseere. 
BEKRÄUTERN,  herbis  vestiri: 

dann  bergkrümmen  durcbspäbt  und  grünbekräuterte  tbäler. 
Voss  Od.  4,  337. 

BEKREIDEN,  1)  creta  ohducere:  bekreidete  kolen  und  ver- 
zuckerte wurmsamen.  Garg.  263'.  2)  fucare  vultum,  schmin- 
ken: eschermitwocbisch  berämen,  verkleiden,  beniszen  und 
bekreiden.  Garg.  51*; 

die  Jungfern, 
die  mit  schminke  sich  verpurpem  und  bekreiden, 
die  wollen  ihre  bnisi  mit  männern  gerne  kleiden. 

LoGAi;  1,  5,  32 ; 
auf  die  bekreidete  Lucidam.    3, 1,  21. 
BEKREISE.N,    circumire,    umkreisen:    fette    ochsen    haben 
mich  umbkreiset    He.msch  271;    die  Jäger  bekreisen  das  ge- 
hölz. 

BEKREISTEN,  defiere,  deptorare,  beweinen : 
die  weil  die  füll  und  uberflusz 
der  reich  gar  oft  bekreisten  musz.    H.  Sachs  I,  387' ; 
nur  ist  sebediich  der  uberflusz, 
den  man  bemacb  bekreisten  musz.    IV.  3,  95*. 

s.  kreisten,  stöhnen,  zumal  ton  frauen  in  kindesnoth. 

BEKREULEN,  ungulis  instruere,  beklauen,  krenl  ist  das 
ahd.  chrouwil  fuscina,  fuscinula,  ungula  (Gbaff  4,  5S5) :  be- 
kreuhe  und  wo!  verzänte  teufel.  Atbeb  proc  2,  2.  das  heu- 
lige bekrelen,  kratsen  kann  darauf  kingeleitet  werden,  wo  es 
nicht  bekrallen,  bekrellen  ist. 

BEKREUZEN,  crtiee  si^utre:  das  gesicht,  die  stime,  brüst 
bekreuzen;  sich  bekreuz«,  «ewi  gefahr  oder  schreckhaftes 
naht,  sich  abergläubis<A  mit  dem  seichen  des  kreuses  schütsen ; 
davor  musz  man  sich  bekreuzen  und  segnen,  dem  ausweichen. 

BEKKEIZIGE.N,  dasselbe,  ein  haus  bekreuzigen,  das  kreus 
auf  ihtn  ausstecken,    rechtsalt.  132.  133. 

BEKRIECUEN,  irrepere,  cireumrepere,  gilt  von  inseden: 
so  wird  die  gelbe  fracbt  von  kefem  schon  bekrochen. 
I.0HK1ST.  Hyac.  66: 

Steh  auf,  und  lasi  uns  gehen,  denn  sie  werden  dich  bekrie- 
chen  die  ameisen.  Lessisg  10,  263 ;  schmerzen  bekrochen  nnd 
umvrickelten  ihn  bis  ans  herz.  Kampan.  9;  sie  sliesz  den 
zurückkriechenden ,  mit  krehsscheren  umhergreifenden  arg- 
wöhn weit  von  sich,  um  sich  zu  entsündigen  und  das  von 
ihm  bekrochene  herz  zu  reinigen  u.  s.  w.  heinl.  Uagelied 
27.    vgl.  nnl.  bekruipen. 

BEKRIEGEN,  tu  doppeltem  sinn, 

90* 


1431 


BEKRIEGEN — BEKRÜTEN 


1)  artna  movere  contra  aliquem,  debellare,  nnl.  bekrijgen : 
du  soll  die  Moabiter  nicht  beleidigen  noch  bekriegen.  5  Mos. 
2,9; 

ein  solch  wild  fewr  hett  sie  durchgangen, 
bekrigt,  gewonnen  und  gefangen,    froschm,  1, 1,  8; 

an  welchem  Strand 
bekriegt  dein  früher  muth  des  waldes  ungeheuer? 
Gotter  2,  14; 

irrthümer  und  misbräuche  bekriegen.  3,  66;  wie  die  meisten 
schullehrer  glaubt  er  solange  die  feinste  lebensart  zu  haben, 
als  er  sie  docierte  und  die  gröbste  bekriegte.  J.  Padl  Tit.  1, 
106;  seine  bescheidenheit  bekriegte  vergeblich  ihre  demuth. 
3,  13. 

2)  impetrare,  obtinere,  bekommen: 

so  suochend  nit  den  schnöden  gwinn, 

das  ir  beliriegend  groszen  sold.    trag.  Joh.  D 1 ; 

das  {geld)  ist  der  art,  das  [dasz  es)  alls  bekriegt, 

so  schwer,  das  alles  überwiegt.    Waldisj).  f.  K3*j 

Thersiies  bog  sich  hin  und  her 

bekriegt  ein  grosze  stramen  blutig.    Spreng  JI.  28* ; 

das  meerkalb  friszt  alles  so  es  bekriegen  mag.  Forer  fischb. 
102'.     dafür  wird  aber  heute  kriegen  gesagt. 

BEKRITTELN,  carpere,  vellicare:  das  vortrefliche  sollte 
durchaus  nicht  bekrittelt  noch  besprochen,  sondern  genossen 
und  andäciitig  im  stillen  bedacht  werden.  Göthe  an  Zelter 
533.    s.  kritteln. 

BEKRITTLER,  m.  iniquus  censor. 

BEKRITZELN,  male  scribendo  paginam,  parietem  implere: 
doch  seit  ich  euch  mit  meinen  meisterpinseln 
bekritzelt  habe,  seid  ir  umgeschafTen.    Pjlaten  212*. 

BEKRÖNEN,  coronare,  ornare,  nnl.  bekroonen, 

1)  coronam,  sertum  capiti  imponere:  dieweil  es  eine  zu 
vil  schlechte,  geringfügige  sach  war,  eure  bemitrierte,  be- 
krönte, geweihete  und  gesalbte  bäupter  darüber  zu  zerbre- 
chen,  bienenk.  7*; 

grünet  doch,  die  schlafe  zu  bekrönen 
uns  der  rebe  muntres  iaub.    Schiller  62*; 
lang  lebe  meine  königliche  frau, 
und  glück  und  rühm  bekröne  ihre  stirn.    419*; 
ein  Stern  —  welch  liebes  haupt  bekrönt,  beleuchtet  er? 
Göthe  40,  388. 

2)  zieren,  schmücken,  weihen:  seine  gottesfurcht  war  wie 
das  feineste  gold,  damit  seine  andre  qualitäten  herlich  be- 
krönet worden.   Brandts  Taubmann  66 ; 

zwart  ist  auch  hier  geschehen, 
dasz  dein  bekrönter  kiel  von  lauter  todten  schreibt, 
doch  hast  du  ihren  sarg  so  angenehm  gezieret, 
dasz  anmut,  freud  und  lust  dem  leser  übrig  bleibt. 

Friedr.  von  Derschau  ; 
wird  mit  lauter  glück  bekrönt.    Canitz31; 
kein  uubiegsamer  stolz  bekrönt  mich  in  gedanken. 

J.  E.  SCHLEGKL  1,229; 

dort  schwebt  leise  bewegt  und  bekrönt  mit  flüssigem  Schimmer 
eine  sanftere  sonne.    Klopstock  Mess.  1,  624; 

die  heilige  Jugend  mit  frommer  Unschuld  bekrönen.    3,311; 

den  er  mit  so  viel  gnade  der  himmel  bekrönt.    11,  930 ; 

wo  noch  in  so  mancher  weide 

dein  bekrönter  name  steht.    GökingeI,  49; 

80  viel  jähre  mit  ruh  und  reinen  freuden  bekrönet.    Göz; 

mit  sieg  bekrönt  giengs  nun  zur  rückreise.  Göthe  10, 189;  nach 
einem  Wäldchen,  das  ganz  nah  eine  erderhöhung  bekrönte. 
25,  356 ;  ein  mit  einem  thatenreichen  immer  noch  blühenden 
alter  bekrönter  mann.    Kant  3,  401. 

BEKRÖPFEN,  sich,  was  sich  aufkröpfen,  einen  kröpf  fres- 
sen, essen:  sich  ingeheim  zu  füllen  und  zu  bekröpfen  {Plut. 
ifinlnhtad'ai,).  Fischart  ehz.  19 ;  welche  veriobt  haben  zu  fa- 
sten, mögen  durch  meine  dispensierung  sich  bekröpfen  (peu- 
vent  bien  repaistre  par  mon  oltroy  et  dispense).  groszm.  34 ; 
Ponocrates  zeigt  im  ctwan  an,  dasz  er  nicht  sobald  vom  bett 
sich  bekröpfen  soll,  eh  er  zuvor  eine  uhung  vorgehabt  heU 
Garg.  160' ;  demnach  ich  mich  zimlich  bekröpft  hatte.  Simpl. 
1,  177. 

BEKRÖSEN,  crwpare;  dickbekröJte  fransen,  dicht  gekrauste. 
Garg.  282'.  von  kraus  scheint  krause  co//ore  sinuosum  und 
gekröse  krauses,  gewundncs  cingeweide  hergeleitet,  und  bekrö- 
sen  wird  auf  gewundne  fransen  oder  spitzen  wie  auf  locken 
angewandt,    nnl.  kroezen,  gekroest  haar,  gelocktes  haar. 

BEKRÜTEN,  curare,  vexare,  soUicilum  esse,  nnl.  bekroe- 
den:  ich  bekrütte  mich  der  haushaltung  nicht  vil,  de 
oeconomia  non  muUum  sum  sollicilus,   Heniscu  271 ;   so   nun 


BEKÜMMERLICH— BEKÜMMERN   1432 

die  von  Bibrach  mir  in  solchem  nicht  helfen  noch  sich  da- 
mit beladen  wollen,  und  geben  die  antwort,  si  bekruden 
sich  nichts,  was  ich  mit  den  testamentariis  zu  handien  hah. 
Chmels  Maximil.  s.  431 ;  ich  wolle  uch  anders  nit  als  vele 
darumbe  bekrot  han.   Haltads  128. 

BEKÜMMERLICH,  sollicitudinem  afferens:  bekümmerliche, 
betrübte  zeitung.    Schwei.nichen  1,  280. 

BEKÜMMERN,  aegriludine,  sollicitudine  afficere,  gravare,  ein 
verbreitetes,  aber  undeutsches,  dem  franz.  encombrer,  prov. 
encombrar,  it.  ingombrare  nachgebildetes,  also  auf  lat.  cumu- 
lare  zurückgehendes  wort;  mnl.  becommeren,  nnl.  bekomme- 
ren;  mhd.  bekumiern: 

ejn  betwanc  min  gemüete 

und  bekumhert  minen  lip 

nie  s6  s6re  magt  noch  wip.    Iw.  345; 

unde  zwäre  äne  den  tot 

bekumberten  si  in  säre.    5367. 

nhd.  l)  einen  bekümmern,  quälen,  plagen,  belästigen :  warumb 
bekümmerstu  deinen  knecht?  4  Mos.  11,  ll;  denn  ich  wil  die 
müden  seien  erquicken  und  die  bekümerten  seien  settigen.  Jer. 
31,25;  was  bekümert  ir  das  weih?  Matth.  26,10;  langes  pre- 
digen bekümmert  und  beleidiget  den  prediger  und  das  zulo- 
send volk.  Keisersb.  paternoster  N  3 ;  bürgen  wird  ich  üch 
keinen  gen  (geben),  dan  ich  wil  niemantz  drum  bekümern. 
Tho.  Plater  96;  diese  fabel  weiset,  umh  Üppigkeit  die  obern 
nit  zu  bekümmern.  Steinhöwels  Esop  (1487)  59;  die  Nort- 
manni,  die  Galliam  hart  bekümmert  haben.  Frank  weltb.  28'; 
und  haben  sie  mit  krieg  hart  bekümmert.  116';  heut  beküm- 
mert er  mit  neidischen  wortea  einen  bruder.  Kirchhof  tuend- 
uam.  224'; 

denn  ewigkeit  bekümmert  die  geschöpfe 
nicht  halb  so  sehr  als  ein  verlegerscnmans. 

GöKiNGK  2,  127 ; 
bekümmert  mich  des  Moskowiters  sache? 
du  bist  es,  deine  grösz  und  herlichkeit.    Schiller  667. 

2)  sich  bekümmern,  sich  quälen,  sorgen,  mühen,  früher  noch 
mit  gen.  der  sache,  dann  mit  den.  praep.  um,  oh,  mit;  und  umh 
die  eselinnen  bekümmere  dich  itzt  nicht,  sie  sind  gefunden. 
1  Sam.  9,  20;  als  aber  Petrus  sich  in  im  selbst  bekümrete.  apost. 
gesch.  10,  17 ;  und  sonderlich  haben  sie  sich  bekümmert  mit 
der  veter  gehurt,  welche  im  buch  der  chronica  verzelet  wer- 
den. Luther  2,  492';  die  werk,  damit  er  sich  bekümmert. 
3,  25;  doch  lasz  ich  solchs  denen,  die  lust  haben,  sich  da- 
mit zu  bekümmern.  3,  492;  da  bekümmert  sie  sich  nit  vor. 
4,33';  da  musz  sich  Mose  mit  bekümmern.  4,112*;  mit  sol- 
chen Worten  und  gedanken,  liebe  mutter,  lasset  sich  ewer 
herz  bekümmern  und  sonst  mit  nichte.  5,  329';  so  sol  es 
sich  nit  damit  bekümmern  und  sich  ander  ding  annemen. 
Keisersd.  Sünden  d.  m.  19';  ich  wolt,  das  ich  weisz  wa  wer 
(irgendwo  wäre),  solt  ich  mich  erst  mit  dem  gaukelwerk  be- 
kümmern. 36';  ieglichen  menschen,  der  sich  mit  meersagen 
(neuigkeiten)  bekümert.  70';  dann  er  bekümert  sich  on  un- 
derlasz  mit  bimelischen,  ewigen  dingen.   86'; 

oft  von  dem  rechten  wege  straucht, 
wiewol  sich  stets  der  kunst  bekümmert. 

Waldis  Esop  4,  76; 

mit  Ulenspiegel  han  ich  mich  nit  bekümern  wollen.  Eulensp. 
cap.  27,  in  den  späteren  drucken:  und  haben  wir  uns  um  E. 
nicht  so  viel  zu  bekümmern;  und  bekümmert  sich  nit  fast 
mit  groszen  regimenten.  Agricola  spr.  176';  Augustus  hat  sich 
ob  diser  niderlag  hoch  bekümmert.  Reiszner  Jer.  2,  79';  und 
wollen  uns  mit  dem  unnützen  geschwütz  der  götterischen 
knechten  uns  nicht  bekümmern  lassen.  Paracelsus  1,  803'; 
wir  wollen  uns  nit  des  bekümmern,  das  ingeworfen  wird, 
und  sich  selbst  wider  hinaus  treibt.  1,  17';  dann  solt  maus 
inen  nit  vergeben,  sie  würden  sich  zu  tod  drum  bekümmern. 
bienenk.  113'; 

ich  will  mich  um  ein  kleid 
bekümmern.  Grvpuius  1,  68; 

sich  von  etwas  bekümmern,  pers.  reiseb.  97;  mit  schulpos- 
sen  sich  nicht  viel  zu  bekümmern  pflegen.  Simpl.  1,  3;  Lu- 
there,  du  hast  keine  vocation  solche  dinge  zu  tradieren  (Aesop 
zu  übersetzen),  warumb  bekümmerstu  dich  nit  viel  mehr,  wie 
CS  jetzt  zu  Augspurg  hergehe?  Schüppius  843;  so  viel  ist  wol 
gewis,  dasz  nie  leicht  ein  schlechter  mensch  sich  viel  um 
religion  bekümmern  wird.    Lichtenberg  1,  92. 

3)  bekümmert  sein,  in  kummer,  sorgen  sein:  denn  er  war  be- 
kümmert um  David.  iSom.  20,  34;  und  obgleich  derpfafdarzu 


1433    BEKÜJIMERN— BEKÜMMERNIS 


BEKUNDEN— BELADEN 


1434 


schlief  und  träumte,  und  mit  seiner  mesz  nicht  vil  beküm- 
mert were,  dannoch  wissen  sie  rat  darzu.  bienenk.  89';  und 
also  in  anderen  ständen  und  handwerken  seind  andere  hei- 
ligen bekümmert.  183';  da  einmal  die  doctores  versamiet 
und  mit  disem  handel  heftig  bekümmert  waren.  203';  als 
nun  die  zeit  herbei  kam,  dasz  Äsars  fraue  gebären  solle, 
ist  sie  sehr  bekümmert  worden,  pers.  rosentk.  7,  20 ;  musz 
der  arme  bekümmert  sein,  wo  er  sein  frühkost  hernehmen 
wU.  ebenda; 

des  bin  ich  nicht  bekümmert.    Lohsnst.  Ibrah.bassa  2,  40; 

dannenher  etziiche  fürgeben,  wann  schon  ein  gott  wäre, 
liesze  er  sich  doch  umb  uns  menschen  unbekümmert.  Opitz 
Hugo  Grot.  s.  2'7;  weil  Mercurius  mit  allerhand  Staatsge- 
schäften bekümmert  war.   Simpl.  2,  462; 

so  würd  er  nur  für  sich  allein, 

und  nicht  für  mich  bekümmert  sein. 
Gellert  1,  67 ; 

die  weit  gefällt  mir  täglich  besser, 

seit  um  den  lug  und  trug  darin, 

bewohn  er  hüuen  oder  schlösser, 

ich  nicht  wie  sonst  bekümmert  bin. 

GÖKINGK  1,  215. 

4)  ttnpersünlich,  es  bekümmert  mich,  macht  mir  sorge:  da 
rewet  es  in,  das  er  die  menschen  gemacht  hatte,  und  es  be- 
kümmert in  in  seinem  herzen,  l  Mos.  6,  6 ;  liesz  sich  es  aber 
ie  lenger  ie  weniger  bekümmern.  Wicrram  rollw.  90 ;  weisz 
nicht,  wie  sie  sich  gehaben  werden,  bekümmert  mich  auch 
wenig  darum.   Fischart  groszm.  132 ; 

was  bekümmerts  den, 
wenn  Philipps  graue  haare  weisz  sich  färben? 
Schiller255'; 

was  bekümmerts  dich, 
wenn  du  das  spiel  gewinnest,  wer  es  zahlt?    340*. 

5)  bekümmern  hatte  ehtnals  auch  bezug  auf  sachen,  und  bedeu- 
tete occupare,  detinere,  impedire,  mit  arrest  belegen,  zumal  im  ge- 
richtsgebrauch,  icot-on  Haltaüs  128. 129  beispiele  gibt ;  als  die  Rö- 
mer den  ganzen  erdboden  bekümmerten  und  under  iren  gewalt 
würfen.  Frank  von  heillosigkeit.  76 ;  als  zu  Neapolis  einsmals 
ein  brunnwasser  mit  tödlichen  egeln  bekümmert  (besetzt,  ein- 
genommen) was.  chronica  112' ;  begegneten  ihn  zween  statt- 
knecht,  welche  sprachen,  dasz  der  bürgermeister  in  und  sein 
pferd  in  der  statt  arrestieren  und  bekümmern  liesze.  Kircd- 
HOF  icendunm.  75';  das  haus  wird  von  winden  bekümmert. 
Sebiz  30;  der  winter  mit  regen  bekümmert.  40.  Bocc.  1,  7' 
keiszt  es:  dasz  in  unserm  trübsal  uns  behülflichen  zu  sein 
gott  zuschicket  drei  züchtige  Jüngling,  die  uns  williglichen 
mit  ilu-en  diensten,  auch  unser  führen  und  diener  werden 
sein,  darumb  wollen  wir  sie  nicht  verschmehen.  Nephile,  die 
eine  frauw,  in  irem  angesichte  ein  wenig  roth  ward,  'schauwe, 
wie  schön  bist  du  nun',  sprach  Pampinea,  'bette  ich  ein  hot- 
ten, ich  wolle  die  färb  bekümmern'.  Stei.nhöwel  übersetzt 
hier  sehr  frei,  und  von  der  redensart  die  färbe  bekümmern  ist 
nichts  im  original,  soll  es  sagen:  das  rothwerden  steht  dir 
so  schön,  dasz  ich  nach  dem  richter  schicken  und  deine  färbe 
verhaften,  in  beschlag  nehmen  lassen  möchte,  dasz  sie  dir  bliebe? 
so  musz  man  sich  wol  öfter  ausgedrückt  haben:  Heute  sind  alle 
diese  anwendungen  des  worts  bekümmern  auf  sachen  auszer 
gebrauch,  und  es  geht  nur  auf  personen :  das  ganze  haus,  land 
ist  bekümmert,  d.  h.  die  leute  im  haus  und  land. 

Schweden  und  Dänen  haben  aus  unserm  bekümmern  ihr  be- 
kymra,  bekymre  entlehnt. 

BEKCMMERMS,  /■.  und  n.  sollicitudo,  anxietas:  ich  hatte 
Tiel  bekümmemisse  in  meinem  herzen,  aber  deine  trüstung 
ergelzelen  meine  seele.  ps.  94, 19 ;  da  es  aber  tag  ward,  ward 
nicht  ein  kleine  bekümmernis  unter  den  kriegsknechten. 
apostelg.  12, 18 ;  uns  von  mancherlei  fragen  und  bekümmernis 
wenden,  die  der  Martha  viel  zu  schaffen  gaben  ohne  nolh. 
LcTHERs  br.  2,  221;  da  kam  der  edclman  in  solche  re wen  und 
misfallcn,  dasz  er  sein  lebenlang  ein  bekOminernus  umb  den 
gelrewcn  hund  hat.  schimpf  und  ernst  cap.  288 ;  mit  was  be- 
kümmemus  ist  cwer  mannlichs  herz  beladen.  Galmy  31;  sol- 
cher Inngwcrenden  bekummemus  halben.  KiRcniior  »«irfunm. 
74':  und  bitt  mich  fernrcr  bekummemus  zu  überheben.  76'; 
reich  an  sorgen  und  bekümmernis.  LehmasjcSö;  also  das  der 
gute  Leo  aus  bekummemus  stürbe  und  den  leffel  fallen 
liesze.  bienenk.  2U';  allein  sie  traf  Belise  in  herzfressendem 
bekümmernis.    Weise  kl.  leute  142 ; 

aber  es  Oossen  in  ihrer  bekümraernis  ihrSnen. 

Klopstock  Uff».  10,  299; 


ach  ich  bofte,  du  solltest  auch  ihr  in  heiligen  träumen 
meiner  seele  bekümmernis  zeigeii.    Klopstock  loer^  1,  35; 
dennoch  empfand  sie  nicht  die  bekümmernis  Penelopeias. 
Voss  Od.  18,  234. 

BEKÜNDEN,  testari,  testatum  facere :  er  hat  seine  neigung 
oft  bekundet;  nicht  viel  {von  der  seele)  bekunden  können. 
Hippel  12,  14 ;  das  bekundet  starken  ehrgeiz. 

BERÜNDIGEN,  dasselbe:  darumb  wil  ich  mit  dieser  mei- 
ner Schrift  jederman  meine  Unschuld  bekündiget  haben.  Lu- 
ther 1,  175*;  das  doctor  Eck  von  Rom  sei  komen,  wird  mir 
durch  viel  tapfer  anzeigung  bekündigt.  1,  341";  wie  ich  acht, 
euer  gnad  bekündigt  sei.  br.  1,  602;  der  den  geist  hat,  der 
uns  bekündiget.    2,  162. 

BEKÜNSTELN,  facticium  reddere:  wir  werden  in  einem 
künstlichen  zustande  geboren  und  es  ist  durchaus  leichter, 
diesen  immer  mehr  zu  bekünsteln,  als  zu  dem  einfachen  zu- 
rück zu  kehren.    Göthe  an  Zelter  533. 

BEKÜRISSEN,  lorica  induere:  beharnischt  und  beküriszt. 
Garg.  176'. 

BEKÜRZEN,  breviare,  breviter  dicere:  Sprichwörter,  zasa- 
men  tragen  in  etlich  tausent,  in  lustig  höflich  teutsch  bekürzt, 
beschriben  und  auszgeleget.  Franks  spr.  titel  1541 ;  und  damit 
das  ichs  bekürz,  schimpf  und  ernst  cap.  369 ;  damit  ichs  aber 
bekürz.  Galmy  74 ;  und  damit  ichs  bekürz.  238 ;  wie  leicht- 
fertig trachtet  mancher  herr  nach  seiner  underthanen  gütern 
und  gerechtigkeit,  nimpt  ihnen  und  bekürzet  mit  gewalt  ihre 
gemeinheiten,  brüche,  weiden,  hölzungen.  Chr.  Andreae  busz- 
posaune  Ei.     man  sagt  dafür  heute  abkürzen  und  verkürzen. 

BEKÜSSEN,  exosculari:  pers.  baumg.  l,  1;  Scbirue&s  sing, 
rasen  lied  24 ; 

Mutias  ist  eine  biene  {oben  sp.  1340) ; 
in  dasselbe  bret  verwandeln,    welches   die  liebste  täglich  mit 
dem  schneeweiszen  hintertheil  ihres  leibes  zu  beküssen  pfle- 
get.   Weise  erzn.  HO. 

BELACHBÄR,  ridendus. 

BEIiÄCHELN,  /enj7er  ridere,  arridere: 

dich  hat  Homers  und  Maros  geist  belächelt, 
und  selbst  der  geist  des  stürmenden  Pindar. 
Schubart  2,  308; 
herabgebückt  auf  flüssige  krystallen 
belächelt  sich  die  schöne  Dämalis.    Wieia:»d  10, 127 ; 

neid,  furcht,  Verwünschung  sind  die  traurigen  spiegel,    worin 
sich  die  hoheit  eines  herschers  belächelt   Schiller  187. 

BELACHEN,  ridere,  arridere,  nnl.  belagchen:  der  da  im 
himel  ist,  wird  sie  belachen  und  gott  wird  ir  spotten.  Lu- 
ther 1,  98* ; 

als  auch  die  leut  zu  Sodoma 
Loih  belachten,  kam  bald  darnach 
und  fiel  auf  sie  ein  schrecklich  fewr, 
da  ward  in  bald  das  lachen  thewr. 

Strickers  schlemmer  1584.  03*; 
wie  Luna,  wann  die  flammen 
in  ihr  sind  rund  beisammen, 
das  tirmament  belacht  {anlacht).    Opitz  2,  58. 
BELADEN,   belud,    ahd.  pihlatan,   mhd.  beladen,    onerare, 
onus  imponere. 

1)  sinnlich,  beladet  e\vr  thiere,  ziehet  hin.  1  Mos.  45,  17 ; 
zehen  esel  mit  gut  aus  Egypten  beladen.  45,  23;  esel  bela- 
den mit  wein,  drauben,  feigen  und  allerlei  last.  iVcA.  13, 15; 
wenn  der  mandelbawm  blühet  und  die  hewschrecken  beladen 
wird  {vulg.  impinguabitur  locusta).  pred.  Sal.  12,  5;  niemand 
wirt  mit  wein  beladen.  Frank  weltb.  98';  ein  trüchlein  mit 
ducaten  beladen.  Schuppics  762;  knarrende  wagen  schwer  mit 
holz  beladen;  mit  fruchten  beladne  bäume.    Klinger  4,  156; 

aber  Iseprim  hatte  sie  alle  verschlungen,  er  haue 

über  noth  sich  beladen,  er  wollte  bersten.    Gotub  40,  10. 

vgl.  kornbeladen,  pulverbeladen,  steinbeladen. 

2)  abstract.  in  den  weisthümem  tcerdcn  die  schöffen  bela- 
den {mit  dem  urtheil).  1,471.3,748.750.751;  auf  das  sie  sich 
nicht  mit  misselhat  und  schuld  beladen.  3  Mos.  22,  16;  die 
krankheiten,  damit  sie  der  herr  beladen  hat.  5  Mos.  29,  22 ; 
komt  her  zu  mir  alle,  die  ir  müheselig  und  beladen  seid. 
Matth.  11,  28 ;  und  er  half  vielen  kranken,  die  mit  mancherlei 
Seuchen  beladen  waren.  Marc.  1,  34 ;  ir  beladet  die  menschen 
mit  unerträglichen  lasten  und  ir  rüret  sie  nicht  mit  einem 
finger  an.  Luc.  11,  46;  und  füren  die  weiblein  gefangen,  die 
mit  Sünden  beladen  sind  {goth.  qineina  anila|)ana  rrnvaurhtim). 
2  Tim.  3,  6;  ir  entlediget  euch  frembder  sünde,  ir  beladet 
euch  eigner  gerechtigkeit  und  Weisheit.  Luther  1,  92*;  also 
der  sich  beladet  mit  vil  teglichen  Sünden,  wirt  hindennach 
davon  getruökt  in  ewige  verdamnis.    Keisersb.  Sünden  d.  m. 


1435 


BELADEN  —  BELAMPERN 


BELANG  — BELANGEN 


1436 


61';  aber  die  ingeweitet  seind  under  das  joch  Christi,  das 
seind  die  menschen,  die  er  beladet  mit  krankheiten,  armSt 
und  widerwertikeit.  18';  also  die  menschen,  in  denen  die 
weit  wület,  und  beladen  seint  mit  weltlichen  dingen,  die 
schwattichen  (schwanken)  alwegen  und  seint  unstet  und  De- 
ment der  ding  nit  war.  70" ;  so  wil  ich  darmit  (mit  dem  process) 
kainen  fürsten  oder  herren  beschweren  und  beladen,  sunder 
es  gehört  für  ain  schrannengericht.  Reüculin  aiigensp.  4* ;  so 
wollet  euch  der  mühe  beladen,  churf.  Joh.  Friedr.  bei  Melan- 
chlhon  5, 533 ;  vernam  wol,  das  er  mit  einer  schalkheit  beladen 
was.  Eulensp.  cap.  52;  mein  weih  mit  groszer  krankheit  be- 
laden. ScHWEiNicHEN  2,  243.  249 ;  dieweii  ich  dich  mit  solchen 
schmerzen  beladen  sehe.  Galmy  43 ;  vernam,  dasz  er  sich  der 
herzogin  nichts  beladen  wolt.   289 ; 

das  wir  mit  Traiden  oder  pein 

nach  diser  zeit  beladen  sein.    Schwarzknb.  159,  2; 

mein  herr  könig  hat  sich  beladen 

mit  manchem  gefarlichen  krieg.    H.  Sachs  III.  1,  97'; 

ich  wil  micbs  handeis  gar  nit  beladen. 

spil  wie  man  narren  beschweren  sol.  1554.  B 1* ; 

nun  aber,  auf  dasz  es  nicht  scheine,  als  ob  sie  sich  nit  be- 
ladet (nicht  auf  sich  nimmt),  etwan  ein  schrift  oder  zwo  bei 
dem  hals  herbei  zu  ziehen,  bienenk.  91*; 

unser  herz  ist  in  lieb  beladen.    Atrer  346" ; 

sie  folgten  Agramant  dem  könig,  der  beladen 

von  zorn  noch  rächen  wolt  aus  jungem  stolzen  mut 

an  kaiser  Karlen  jetzt  Trojani  tod  und  blut. 

Werders  Ariost  1,  1 ; 
mit  falschen  zungen  sein  beladen.  Schdppius  311 ;  mit  geschenk 
und  gaben  beladen.   699;   mit  abenteurlichen   geferten   bela- 
den. 835;  mit  gicht  und  stein  beladen  sein.  Wieland; 

nur  der  erweisungslast  will  niemand  sich  beladen.    10, 158; 

hast  du  die  schmerzen  gelindert 

je  des  beladenen?    Göthe2,  80; 

der  herlich  beladene  längste  tag.  J.  Paul  ftegelj.  1,  27 ;  weil 
die  beladene  Vergangenheit  alle  seine  getödteten  hofnungen 
und  seine  entfärbten  wünsche  vor  ihr  trägt.    Hesp.  2,  !42. 

BELAG,  m.  pl.  beläge  schreiben  einige,  namentlich  Les- 
sing, Herder  statt  des  besseren  beleg,  was  m.  s.  für  den 
häufigen  pl.  beläge  =  belege  wurde  der  falsche  $g.  belag  an- 
genommen. 

BELAGERN,  obsidere,  circumvallare.  auch  hier  ist,  wie  in 
lager  castra,  die  organische  form  leger,  belegern,  oder  auch 
geschrieben  läger,  belägern,  seil  dem  18  jh.  aber  lager  und  be- 
lagern allgemein  durchgedrungen,  beispiele  der  alten  Schrei- 
bung sollen  unter  belägern  und  belegern  angezogen  weiden, 
alle  früheren  Wörterbücher,  Dasypodius,  Maaler,  Henisch  272, 
auch  noch  Stieler  1112  geben  diesen  Wörtern  e  orfer  ä,  auch 
nnl.  häszt  es  leger  und  belegeren,  erst  Frisch  setzte  lager 
und  belageren. 

Im  sinn  von  drängen  und  umgeben  sagt  man  nicht  nur  die 
Stadt,  bürg,  festung  belagern,  sondern  auch  ein  beer  von 
Schmeichlern  belagert  ihn ;  der  alte  wird  von  seinen  verwand- 
ten belagert;  neid  und  misgunst  belagern  alle  meine  schritte; 
die  thür  ist  von  bettlern  belagert. 

BELÄGERN,  dasselbe: 

als  Holofernes  mit  der  that 

Betuliam  belagert  hat.    Schwarzenbkrc  109,  2; 

sein  (des  todten  Reinharts)  bare  was  steligs  mit  siechen  be- 
lagert. Aimon  F  4 ;  die  fürsten  und  stände  im  anzug  Liegnitz 
zu  belagern.  Schweinichen  2, 101;  als  er  diese  statt  belagerte. 

ZiNkCR.  7, 13.  8,  27  ; 

alsbald  mich  wütcrei 
belagert  umb  und  umb.    Weckukrlin  70; 

wie  sie  nun  hierauf  Issa  und  Dyrrachium  aufs  neue  bela- 
gerte. LoHENST.  Arm.  1, 537 ;  belagerten  und  bestritten  sie. 
ScHüPPics  364.    s.  belegern. 

BELAGERUNG,  f.  obsidio:  die  belagerung Wiens ;  eine  be- 
lagerung  anfangen,  unternehmen,  aushalten,  auflieben.  man 
bildet  nun  weiter:  belagerungsbedarf,  geschütz,  beer,  krieg, 
kunst,  stand  u.  a.  m. 

BELAGERUNG,  f.  dasselbe:  wenn  die  tage  der  belegerung 
umb    sind.    Ez.  5,  2;    liesz   nicht   abe   von   der  belegerung. 

iMacc.  11,  23; 

weil  zu  gewarten  er  nun  hat  belftgcrungen 

und  schlachten  von  dem  feind.    Wkrkkrs  i4riost  2,  25; 

der  Otlen  und  den  papst  erreU  au»  ihrer  hnnd 

und  die  belagerung  durch  ihn  wird  abgewandt.    3,27; 

bei  der  belagerung  der  schönen    Stadt  Troja.    Schuppiüs  406. 
BELAMPERN,    inquinare:    aus    oben    besagtem  unflätigem 


bad  begab  ich  mich  in  ein  anders,  nemlich  in  ein  flieszend 
wasser,  weil  ich  aus  dem  ersten  so  belarapert  stiege,  dasz 
mich  wol  kein  mensch  vor  einen  menschen  hätte  halten  und 
ansehn  mögen.  Simpl.  2,  336.  vgl.  behammeln,  behampeln, 
belemmern. 

BELANG,  m.  momentum,  bedeutung,  nnl.  belang :  die  sache  ist 
von  belang,  von  keinem,  von  geringem  belang ;  bei  dem  volke 
anfragen,  ob  die  republik  die  urtheile  fällen  sollte?  die  ant- 
wort  war,  des  belangs  wäre  die  sache  nicht.  Klopstock  12, 
276;  da  die  aldermänner  dabei  blieben,  nichts  vorzunehmen, 
das  von  belange  wäre.  12,  330 ;  eine  moralische  betrachtung 
von  wichtigem  belang.  Wieland  8,  199;  wir  können  uns  kei- 
nen moralischen  werth  von  belange  denken.  Kant  6,  228 ; 
sein  ganzes  wesen  war  allem,  was  man  belang  nennen  kann, 
geradezu  entgegen.  Hippel  lebensl.  1,  55 ;  wol  zwanzig  bis 
dreiszig  gute  bücher  unter  drei  bis  viermal  so  vielen,  die 
entweder  schlecht  oder  von  keinem  belang  waren.  Siegfr. 
von  Lindenb.  4,  302 ;  ein  ausdruck  von  sehr  wichtigem  Inhalt 
und  belang.  Münchhausens  reisen  46 ;  dieses  weiter  auszufüh- 
ren würde  von  wichtigem  belang  sein.  Güthe  23,  248 ;  auch 
ist  das  mein  erstes  thierstück  von  belang,  das  ich  in  die 
gänge  dieses  werkes  aufhänge  und  fest  mache,  J.  Paul  fie- 
gelj.  1,  86. 

BELANGEN,  attingere,  pertingeie,  attinere,  pertinere,  nnl. 
belangen, 

1)  mich  belangt,  verlangt,  desidero,  ich  sehne  mich,  die 
zeit  wird  mir  lang,  dasz  es  geschehe,  ahd.  mih  langet,  mih 
kelanget,  mih  pelanget  (gramm.  4, 233.  Graff  2,  223.  224).  sia 
belanget  des  tages,  sie  verlangt  nach  dem  tag;  mhd.  mich 
gelanget,  belanget,  blanget;  nhd.  mich  belanget,  blanget: 

welchen  belanget  nach  der  krön,    fastn.  s;?.  655,  35; 

das  ist  gut  höw,  des  ich  mich  firöw, 

und  blanget  wann  es  reifen  tut.    Uuland  604.  Garg.  87'; 

gefragt,  ob  er  umb  sein  vatterland  nit  sorgt  und  in  heim  be- 
langet?  Frank  chron.  92";    in   belangt   nach    den  himlischen 
fröuden.    Keisersb.  anheb.  mensch,  kl; 
jetzt  wil  er  mit  seim  sön  fürbas 
reiten  und  bsehen  alles  das, 

da  sein  sün  nach  belangen  was.    Wickraäs  bilger  73 ; 
es  hat  mich  blanget  schier  nach  dir, 
nun  komm,  spatzier  ein  weil  mit  mir. 

Geo.  Gotthard  zerst.  Trojas.  Soloth.  1598.  act  1; 
so  einer  gleich  lang  ligen  thut,  und  jedermann  darnach  be- 
langet, wann  du  in  widerum  aufstellen  sollest.  Fel.  Würtz 
247.  die  günstige  zweisilbige  form  blangen  haben  wir  aufge- 
geben und  verwenden  auch  belangen  in  dieser  bedeutung  nicht 
mehr,  nur  verlangen,  in  der  Schweiz  lebt  noch  blangen  fort : 
dachte  es  werde  ihn  blangen  zu  vernehmen  wie  es  gegangen. 
Jer.  Gotthelf  erzähl.  3,  215. 

2)  an  einen  langen,  reichen,  an  ihn  gehn,  ihn  anlangen :  und  ob 
es  sach  were,  dasz  die  fuhrleute  durch  die  bender  und  Schrö- 
ter verhindert  wurden,  so  ist  der  brauch,  wo  sie  die  ave  Maria 
klock  belangt  (wo  das  läuten  der  glocke  an  ihr  ohr  dringt), 
dasz  sie  daselbsten  den  wein  uf  die  erd  abzuladen  haben. 
weisth.  2,  211;  er  ist  nicht  mehr  zu  belangen,  auf  dem  wege 
einzuholen;  dies  wort  belanget  den  pracht  der  geistlichen. 
Agricola  spr.  n'  218 ;  so  viel  die  schuld  derselben  belanget. 
Luther  1,10';  das  es  geschehe,  den  unsern  zu  schütz,  welche 
die  not  belanget.  4,  85';  so  uns  allzumal  belanget.  4,  404'; 
das  man  je  mit  dem  selbs  handle,  den  es  belanget  4,  405'; 
nachdem  es  ein  ganze  gemein  belangt.  KiRCHUOF  wendunm. 
163';  sorg  vor  den  bauch  und  was  sonst  uieh  dein  seel  be- 
lang, dich  nichts  angeh.  23"';  und  dasselhig  belanget  ihr 
fürnemen  gar  nichts.  Fronsp.  3,  241*;  was  die  reim  be- 
langet. Rebhuhn  klag  des  a.  mannest;  nur  so  viel,  als  es 
die  müterlich  aninal  belangt  und  nit  weiter,  bienenk.  98'; 
dann  was  die  königreich,  fürslenthum  und  landschaften  eiui 
jeden  seins  gefallens  auszutheilen  belangt,  kan  er  dieselbe 
kunst.  124';  was  das  reginicnt  sei,  so  vil  iren  konig  belangt. 
239';  was  aber  der  beiden  recht  belangt.  Ayrer  proc.  2,  5; 
was  die  praclicam  astrologicani  belanget,  halten  unsere  evan- 
gelische thcologi  nichts  d;uvon.  Schuppius  613;  was  aber 
disz  belanget,  dasz  nntt-rweilen  schlechte  ingenia  befordert 
werden.  Weise  kl.  Icute  198.  heute  sagen  wir  nidU  mehr  be- 
langen, nur  anbelangen,  während  in  gleichem  sinn  betreffen 
«nd  anbetreffen  beide  zulässig  sind;  wol,  weil  belangen  die 
folgende  bedeutung  angenommen  hat. 

3)  einen  belangen,    angehen,    petere  ab  aliquo,    von    einem 
verlangen:   welcher   den   könig  um  crledigung  der  Catharine 


1437 


BELANGEN — BELÄSTIGEN 


BELÄSTIGUNG— BELAÜRER 


1438 


belanget.  Gbtpbics  1,  93 ;  einen  Tor  gericht  belangen,  fordern, 
terklagen;  deswegen  will  ich  ihn  jetzt  belangen,  da  sein  herr 
todt  ist.  TiEC»  12, 134;  er  wenigstens  hätte  lieber  selber]  gebet- 
telt, als  einen  dieb  beim  gerichte  belangt  junger  lischler  i,  i2. 
BELANGEN,  n.  desiderium,  verlangen: 

die  gelüstet  mein  da  also  hart, 

das  'sie  vor  belangen  amechtig  wart,    fastn.  tp.  726,  2S; 

meiden  und  belangen 

ist  erger  dann  erhangen.    1405; 

jedermann  seinen  weg  gehen  mag,  wo  sein  belangen  hin  ist. 
foccl,  213*;  wahin  sol  änderst  mein  belangen  sein?  Keisebs- 

BEBG. 

BELANGEND,  adv.  tri«  anlangend,  respectu,  /ranz,  qnant  ä : 
die  Juden  belangend  hat  die  rOm.  kirche  nit  vergessen.  bienenL 
53';  darnach  belangend  die  kleidung  und  das  messgewand.  80' ; 
belangend  die  wesentliche  Veränderung  des  brots.  80* ;  und 
belangend,  dasz  die  ketzer  sagen.  110' ;  uns  belangend,  es  sei 
erlogen  oder  war,  so  beschere  uns  gott  ein  gut  kornjar.  138*. 

BELANGREICH,  magni  vwmenti,  nni  belangrijk:  belang- 
reiche geschäfte,  kaufe. 

BELANGL'NG,  f.  1)  propinquilas,  angehörigkeit :  das  schlech- 
teste und  das  beste,  das  gröszte  und  das  kleinste,  haben 
ohne  ausnähme  das  merkmal,  woran  ihre  Verwandtschaft  und 
belangung  zu  der  nemlichen  klasse  auch  ein  leser  empfindet, 
der  nichts  weniger  als  kunstrichter  ist.  Lessücg  8, 469.  2)  im- 
piignatio,  gerichtliche  belangung. 

BELAPPEN,  cenlonibus,  laciniis  reficere.  weidmännisch  aber 
laeinias  panni  feras  lerrendi  causa  plagis  annedere,  das  wild, 
das  geholz  belappen,  lappenbehängte  sclmüre  festigen,  um  das 
riW  zurückzutreiben,  vgl.  beiherstellen. 

BELASSEN,  1)  acqttiescere  in  aliqua  re,  es  dabei  bewenden 
lassen:  lächelnd  beliesz  es  auch  der  papst  dabei.  Göthe  29, 
201 ;  der  freund  möge  es  bei  dieser  allgemeinen  Schilderung 
belassen,  solche  allenfalls  in  gedanken  ausmahlen,  dagegen 
aber  aller  weitem  nachforschung  entsagen.    22, 122. 

2)  sinere  aliquem  manere:  die  weiber  bei  menschenseelen 
rechtskräftig  belassen.  Hippel  6,  34 ;  der  könig  beliesz  in  der 
rerwaltung  der  finanzen  den  staatsrath  Joly.  DAHLXAini  franz. 
ret.  91. 

BELASTEN,  onerare,  beladen,  nnl.  belasten,  ags.  behlästan. 

1)  sinnlich,  den  wagen  mit  steinen,  das  schif  mit  waaren 
belasten;  bäume  mit  fruchten  belastet; 

edle  reben  belastet 
mit  gi-osztraubigem  wein.    Voss  Od.  9,  111; 

arme  und  füsze  des  gefangnen  mit  schweren  ketten  belasten. 

2)  figürlich,  ein  hohes  alter  belastet;  willkommne  auftrage 
belasten  nicht;  er  ist  mit  verbrechen  belastet;  das  haus  mit 
schulden  belasten ;  das  land  mit  schweren  steuern ; 

ach  schon  lang  bat  mir  der  kummer  mein  leben  belastet. 

Klopstoc»  Jtf«M.  ',  484  ; 
ach  mit  jedem  verbrecben  der  kinder  Adams  belastet  10,  677 ; 

einsam  von  gottes  berebl  belastet 
stand  er  auf  Sinai.    10,  997 ; 

doch  eh  er  hineintrat, 
weilet  er  der  belastenden  tage  viel  an  der  pforte.    13,  897; 
Jesus  verschwand,  und  sie  gieng  mit  der  botscbaft  der  wonne 

belastet.  14,1385; 

nie  bat  mich  schwerer  die  blindbeit  belastet.    15,  1169; 
belastet  vom  gericfit 
lagt  ihr,  rernahmt  mich  nicht, 
todte  Seelen !    Klopstocc  Kcrke  7,  90 ; 
nun  will  ich  gehn,  und  was  der  göttin  wol 
gefällt  und  mir  so  wenig  segen  brmget, 
und  allen  Griechen  so  belastend  ist, 
vom  seher  Kalchas  näher  auskundscbatten.    Scbillek223; 

er  verschmähte  das  belastete  leben.  J.  Padl  Hesp.  4,  94  ;  um 
der  belasteten  mutter  nicht  zu  neuer  last  zu  sein.  Tit.  3,  79. 

BEL.XSTEN,  onerare,  gratare:  denn  wa  ein  sollicber  die 
•cfaeltwort  für  übel  ufnem,  dadurch  helestet  und  betrübt 
würd  oder  beschwert.  Keisersb.  Sünden  des  munds  36*. 

BELÄSTERN,  conviciari,  lästern:  wo  ein  filz  ist,  der  we- 
der got  noch  die  weit  förcht,  iederman  lielestert.  Keisebsb. 
Sünden  des  munds  3S' ;  sprich  nicht,  die  Zärtlichkeit  wird  sich 
nicht  so  belaslem.  Wiedemam^  april  1,  28. 

BEL.\STIG,  moleslus,  ld.%tig :  ir  wissent,  das  er  euch  ZQ 
beleslig  ist.  Aimon  S2;  ihre  (der  bahnen)  windige  (blähende) 
belästige  eigenschaft  kan  mit  zwibeln  verbessert  werden.  Hoh- 
bebc  1,  510*. 

BELÄSTIGEN,  grarare:  das  man  goll  gehorsam  sei,  wel- 
cher mit  wolbedacbtem  ratb  dermaszen  eine  ganze  kircben  be- 


iestiget  hatte.  Melascbth.  tnstsehr.  /Br  alle  betrübten  herzen, 
übers,  von  y.  Dietrich  1545.  6/.  5 ;  wie  er  wiederumb  mit  der 
kornbettlerei  die  bauwern  belästiget.  Kibchhof  irendunm.  437' ; 
der  gröszte  wallfisch  hat  300  karren  belästiget  (die  last  von 
300  it.  erßllt).  Forer  fischb.  8"';  gleichwie  der  palmenbaum, 
je  mehr  er  belästiget  wird,  je  mehr  derselbe  sich  empor  und 
in  die  höhe  schwinget.  Schcppics  524;  der  belästigte  vertrag 
(pactum  onerosnm),  d.  i.  der,  welcher  wechselseitigen  oder 
gar  deinen  erwerb  zur  folge  hat.  Kant  5,  92,  belästigenden 
vertrag  nennt  i'Ä»  Hugo,  naturrecht  (1819)  s.  464;  von  mucken 
belästigt;  ich  will  ihn  nicht  weiter  belästigen. 

BELÄSTIGUNG,  f.  molestia,  onus. 

BELASTUNG,  f.  aggracalio,  nnl.  belasting:  die  erleichte- 
rung  der  unterthanen  von  mancher  aus  dem  kriegssystem 
flieszenden  belastung.  Dahl«a\5  ddn.  gesch.  1,  396. 

BELASTUNGSZEUGE ,  «i.,  dessen  aussage  den  angeklagten 
beschwert,  gcgensatz  von  schutzzeuge,  entlastungszeuge. 

BELATTEN,  asseribus  legere,  ein  dach  wird  belattet,  «m 
es  mit  Ziegeln  oder  stroh  belegen  zu  können. 

BELAUBEN,  1)  fronde  restire:  der  mai,  der  lenz  belaubt 
den  wald.  2)  sich  belauben,  frondem  agere:  der  major,  der 
so  viele  alte  bäume  sich  wieder  belauben  sah,  konnte  auch 
an  die  Wiederkehr  seines  eignen  frühlings  glauben.  Göthe 
22,  36 ; 

und  wenn  ihr  seinem  Spottgedichte  glaubt, 
so  hat  Tür  andre  nur  miss  Daphne  sich  belaubt. 
Gotter  1,  335. 
das  particip   kann  auf  1  oder  2  bezogen  Verden,    häufig  steht 
dicht  belaubt,  grün  belaubt  u.  s.  tc.;  reif,  der  einen  belaub- 
ten  frühling  aufdeckte.    J.  Paul  mumten  3,  16.     3)  belauben 
heiszt   bei    den  kohlenbrennem,    die  meiler  mit  laub,    reisem, 
erde  bedecken.    4)  belauben,  fronde  spoliare,  entlauben,  gebil- 
det  vie  beblalten,   begrasen:    maulbeerbäume  belauben,  zur 
fütterung  der  seidenwürmer. 

BELAUBL'NG,  /.  foliatio:  die  zeit  der  belanbang. 

BELAUERN,  speculari,  aucupari,  heimlich  beobachten: 

allein  gesetzt  auch,  dasz  um  sie 

der  liebesgott  die  dickste  wölke  zieh, 

ihr  glück  so  lang  als  ihre  flamme  daure, 

und  Argus  selbst  vergebens  sie  belaure.    Wibland  10,  263; 

und  bat  er  die  siadt  sich  als  wandrer  betrachtet, 

die  groszen  belauert,  auf  kleine  geachtet.    Göthe  1,  251 ; 

die  gröszeren  reiche  belauerten  einander  neidisch.  Tieck  14,  338. 

BELAUF,  m.  summa,  betrag,  engl,  amount:  belauf  einer 
rechnung;  die  oben  erwähnte  Unterstützung,  von  welcher  ich 
den  eigentlichen  belauf  nie  erfahren  habe.  Arndts  leben  56. 

BELAUFEN,  currere  ascendere,  nnl.  beloopen, 

1)  belaufen  lassen,  sincre  currere,  alluere,  allui:  lasz  das 
glas  voll  belaufen  mit  wasser;  lasse  in  (den  Stockfisch)  wol 
belaufen  mit  butern.  ron  guter  spise  20;  jeder  nimmt  nach 
gefallen  fremde  und  arme  auf  seine  gründe  und  läszt  sie  das 
land  belaufen  (durchziehen).  Möseb  patr.  ph.  1,  83. 

2)  belaufen,  inire,  bespringen,  belegen,  von  Ihieren,  sich 
belaufen,  eoire; 

ir  Unzucht  wird  zwar  nimer  gstilt, 
gleich  wie  der  stadtnchs  umbber  brült, 
all  tag  durchs  iar  die  kuh  beleuft, 
dem  gleich  ir  zucht  weit  umbher  schweift. 
Walois  p.  reich  T ; 
die   hunde   belaufen   sich;    eine  hfindin  belaufen  lassen;    ist 
dann   dein  gelt  hasen  art,   welche  zugleich  geberen,   andere 
jünger  aufziehen  und  sich  wider  belaufen.  Garg.  19l'.  j.  laufen. 

3)  belaufen,  begehen:  die  grenzen  belaufen,  besiduigen; 
die  Wolfsjagd  belaufen  müssen. 

4)  belaufen,  durchdringen,  durchziehen: 

dein  leib  ist  dir  mit  ungeraach 

ganz  durch  und  durch    oelaufen.  Pixsi  Gkbhabb  il*17: 

der  theure  mohrenrauch 

belief  den  ganzen  saal.    RaCSBL  71. 

5)  belaufen,  sich,  aufsteigen,  franz.  monier  r  das  geld  kann 
sich  auf  hundert  tbaler  belaufen;  es  wird  sich  nicht  hoch 
belaufen ;    die  zahl  der  erschlagenen  belief  sich  auf  tausend. 

BELÄUFTIG,  catuliens,  Idufisch,  gebildet  vie  weitläufig: 

wer  solche  thiorchen  fängt, 

der  fängt  belauflge  hetzen.  WiioBaA.t!«  april  1,  2S. 

BELAUNT,  stomachosus,  trislis,  laune  habend: 

dnim  geh  ich  gern 
belaunlen,  wie  betninknen  aus  dem  wege.    GSitncK  1,  160. 

BELACRER,  m.  speculator,  spdher:  aasspäher  und  belaorer 
des  weiblichen  beraens.  WtEu<ni  8,  368. 


1439 


BELAUSCHEN— BELGHE 


BELEBEN— BELEG 


1440 


BELAUSCHEN,  speculari,  aucupari,  behorchen,  belauern: 
ich  habe  ihn  belauscht;  ich  will  ihn  doch  belauschen;  einen 
gelegnen  augenblick  belauschen,  um  sich  über  alle  ihre  zwei- 
fei ins  klare  zu  setzen.  Wieland  1,  313; 

wer  sollte  wol  so  scharfklug,  so  vermessen, 

so  müszig  sein,  den  Carlos  zu  belausclien, 

wenn  Carlos  unhelauschi  sich  pluubi?    Schiller  262"; 

der  feind  belauscht  uns,  greift 
mit  überlegner  macht  uns  an.    Götter  2,  356; 

wer  belauscht  dort  {in  den  kloslcrzcllen)  die  armen,  zu  spät 
von  ihrem  betrüge  erwachten  seelen?  3,11. 

BELAUSTEIIN,  dasselbe,  s.  auflaustern  :  wie  sie  (die  spin- 
nen) ihr  netz  ausspannen,  ihrwildpret  belaustern.  Simpl.i,  153. 

BELAÜTEN,  campanae  sonilu  celebrare,  convocare: 

dein  leib  nitanfden  kirchhof  graben, 

bleibt  unbeleut  und  unbeklungcn.  Waldis  Esop  4,  46. 

belötet  an  die  hant,  rechtlos  und  beultet  mit  der  gloggen. 
Schreibers  Freib.  urk.  2,  145.  147;  das  gericht  beläuten.  Hip- 
pel 5,  306.    beleuten.  Stieler  1094. 

BELÄüTüiNG,  f.  celebralio  (uneris  campanarum  sonilu:  die 
beläiitung  der  capltularien,  wenn  einer  von  ihnen  starb.  Haun 

2,  223. 

BELCHE,  f.   fulica,    das  Wasserhuhn,    ahd.  pelichA  (Graff 

3,  332,  wo  das  wort  falsche  stelle  empfangen  hat,  denn  es  war 
3,  97  aufzustellen),  mhd.  belebe,  ihre  füsze  heilen  den  Wider- 
willen vor  speise: 

mit  der  beleben  füejen 

wirt  dem  man  majieide  buo;.    Ls.  3,  564; 

bair.  beleben  (Schm.  1, 170),  Nemnich  unter  fulica  atra  hat  die 
namen  beleb,  belchine,  bölcher,  belllienne  und  dann  blesse, 
blesz,  bleszbuhn;  der  franz.  ist  foulque,  it.  folaga,  fulca. 
fulica  und  pelicha,  belebe  entsprechen  sich  lautverschoben,  viel- 
leicht ist  auch  das  gr.  faXa^is  verwandt,  oder  selbst  nsXsxäv, 
specht  und  wasservngel,   das  sich  zu  ntlsxvg  fügt. 

Hier  sei  nun  nachgeholt,  was  sp.  203  versäumt  wurde,  dasz 
ein  andrer  wasservogel,  der  larus  cinereus,  sonst  auch  mewe, 
gavia  genannt,  auf  dem  Bodensee  ALENBOCK  bei  Maaler  13*, 
daneben  holbrot,  holbiuder  heiszt,  bei  Henisch  41*  alenbock, 
bolbret,  bolbruder;  Nemnich  im  index  gibt  alenbock,  albuck, 
tringa  vancllus.  Stalder  1,  95  hat  alenbock,  larus,  ein  groszer 
Schwimmvogel  auf  den  Schweizerseen,  Tobler  20'  alabock,  mewe. 
s.  das  folgende  wort. 

BELCHE,  BALCHE,  m.  oder  n.  ?  salmo  lavarctus,  im  Thu- 
nersee  alhock,  im  Bielersee  pferret,  im  Vierwaldstdttersee  balle, 
in  Gtarus  blüblig,  im  Budeusee  adelfelch  und  blaufelchen. 
Stalder  l,  94.  95.  ein  sanct  Galler  reghter  von  1360  in  Zell- 
WEGERS  Urkunden  vo'H  Appenzell  n  99  zählt  hintereinander  als 
(Ische  venchicdner  art  auf  s.  207  duo  velchones  und  pisces 
qui  dicuntur  albocce.  Nemnich  «n/er  dem  wort  salmo  sp.  1212 
sagt:  das  blaufelchen  heiszt  im  ersten  jähr  am  Bodensee 
beuerling,  bei  den  fischern  maidel.  im  zweiten  jähr  Stuben, 
Rteulien,  und  zwar  entweder  ordentliche  oder  blaue,  wenn 
sie  in  der  liefe  mit  dem  seil  am  klausgarn  gefangen  werden, 
oder  grüningstubcn,  griiningstuhen,  wenn  sie  an  erhabenen 
orlen,  gegen  dem  Strand  und  ufer  zu  gefangen  werden,  im 
dritten  jähr  gangfisch,  zu  ende  des  august  Springer,  im  vier- 
ten ranken,  im  fünften  balbfelch,  im  sechsten  dreier,  im  sie- 
benten blnufelcli.  das  weiszfel  eben,  albele  (sp.  20t  albc, 
albel),  adelflsch  heiszt  am  ßodensee  im  ersten  jähr  harling, 
bfirling,  beuerling,  weisze  maidel;  im  zweiten  stüve,  steube, 
agaune;  im  dritten  gangflsch;  im  vierten  r.'inke,  renke;  im 
fünften  halbfelchen,  halblisch;  im  sechsten  dreier;  im  siebten 
weiszfelchen,  gunzfelchen.  der  aalbock  im  Thuncrsee  sei  einer- 
lei mit  den  felchen. 

In  dieser  angäbe,  auf  welche  im  verfolg  öfter  zurilckgekom- 
men  werden  musz,  mag  einzelnes  noch  ungenau  sein,  Para- 
CEl.süS  1,  632"  hat  folgende  stelle:  kan  aus  eim  renken  ein 
beleb  wer<ien,  aus  eim  lachs  ein  salin,  so  kan  auch  ans  eines 
menschen  krankheit  ein  andere  werden,  renke  wurde  schon 
oben  sp.  378  aus  rinanke,  ancliorago  Hlieni  gedeutet,  das  selt- 
samste aber  scheint,  dasz  felche  oder  belebe,  welches  wir  hier 
auf  den  salm/isch  angewandt  sehen,  mit  belebe  oder  fulica, 
dem  namen  des  wasservogels  zusammenfällt,  gerade  wie  alen- 
bock sowol  die  mewe  als  auch  an  einigen  orten  den  sahn, 
wenigstens  in  einer  seiner  nach  dem  alter  verschiednen  cr- 
schcinungen  bezeichnet,  dasz  sich  fulica  und  larus  begegnen, 
versieht  man  leicht;  das  volle  musz  aber  auch  die  namen  der 
mterlauchendcn  vOgel  mH  dm  fi$chen  vtrmischl  oder  in  bezug 


gesetzt  haben,     was  kann  alenbock,  albock  ausdrücken  ?  einen 
auf  ale   stoszenden,    aalfangenden    bock?     die    forschung    hat 
über  alles  das  noch  viel  nachzuholen. 
BELEBEN,  in  verschiednem  sinn, 

1)  früher  bedeutete  es  was  das  heutige  erleben :  es  ist  nicht 
mehr  um  die  zeit,  die  wir  zu  Soest  belebten.  Simpl.  2,  18. 
eben  so  das  nnl.  beleven:  ik  hoop  niet,  dat  ik  dien  tijd  be- 
leven  zal;  ik  heb  al  wat  beleefd;  bij  beleeft  niet  veel  goeds 
van  zijne  kinderen. 

2)  dagegen  war  die  heutige  bedeutung  animare  sonst  unbe- 
kannt, wie  sie  es  auch  der  nnl.  spräche  geblieben  ist.  Frisch 
zuerst  stellt  sie  1,  591*  auf,  weder  Henisch  noch  Stieler. 
Stieler  hat  nur  das  pari,  belebt  für  lebhaft,  lebendig,  doch 
sagte  schon  Weckuerlin: 

fliigel,  deren  glänz  belebet  (rascli) 
uiider  beeden  himmeln  schwebet.    378; 
wil  mioli  bald  in  dein  haus  begeben 
und  mit  der  hcilij^en  gemein 
dein  lob  beleben.    15, 

was  doch  wol  meint  eifrig  anstimmen,  im  18  jh.  drang  es 
für  animare,  erwecken,  zumal  im  sinn  des  franz.  animer  durch. 
gott  kann  die  todtengebeine  wieder  beleben;  die  sonne  be- 
lebt alle  kräuter;    ich  war  wie  neu  belebt; 

belebt  die  bnhicrei  nicht  jeden  sperling  mehr, 

als  alle  lüsternbeil  den  traurigen  Tiber?  Hagedorn  1,16; 

er  belebt  an  dem  sabbatb  verdorrende  bände. 

Klopstock  Mess.  6,  404 ; 

die  beiden  slinxe  belebten  sich.    Wieland  30,  287; 

belebt  nicht,  nein  begeistert.    Bürger  98'; 

das  nesseltuch,  durch  die  färbe  der  halbaufgerollfen  bander 
belebt.  Güthe  18,  4;  wenn  sie  erst  erfuhren  was  mich  dazu 
belebt  hat,  so  werden  sie  sich  über  das  sonderbar  scheinende 
talent  nicht  mehr  verwundern.  20,43; 

alle  leider  besorg  ich,  der  vater  waltet  im  hause 
fleiszig,  die  thaiige  mutier  belebt  im  ganzen  die  Wirtschaft. 

40,308; 
wie  wunderlich  es  denn  auch  damit  gewesen  sei,  trat  erst 
hervor,  als  mein  Verhältnis  zu  Schillern  sich  belebte.  50,54; 
das  gemöth  erheben  und  bis  zur  begeisterung  beleben.  Kant 
5,  380 ;  die  Ursache  des  lebens  muste  also  der  Idee  nach 
früher  da  sein,  als  die  materie,  die  nicht  lebt,  sondern  be- 
lebt ist.  ScHELLiNG  weltseelc  191. 

ßELEl?ENf),  antmans. 

BELEHENDIGEN,  animare:  dieses  alles  erquicket  meine 
seel  und  belchendiget  sie  wiederum.  Abele  4,  288. 

BELEBTHEIT,  f. 

BELEBUNG,  f.  die  belebung  dieser  aufkeimenden  ideen. 
Fr.  MiJLLER  2,.34. 

BELEBUNGSMITTEL,  n. 

BELEBUNGSVERSUCH,  m. 

BELECKEN,  lambere,  circumlambere,  goth.  bilaigön,  Jtzi- 
Xsixsiv:   die  finger  belecken;   der  bär  beleckt  seine  jungen; 

beuchter  und  hunde  belecken  die  teller, 
jene  sind  Schmeichler  und  diese  sind  beller.    Logau  1,  10,  45; 
wenn  er  ein  volk  aiif/illt,  so  durchströmt  crdie  funkelnden  äugen 
erst  mit  blut,  und  beleckt  sich  voll  gier  die  dürstenden  lefzen 
mit  der  gezuckten  zunge.  Klopstock  7,  25; 

da  verrammeln  sie  sich  die  gesunde  natur  mit  abgeschmack- 
ten conventionen,  belecken  den  Schuhputzer,  dasz  er  sie  ver- 
trete bei  ihro  gnaden.  Schiller  lOO'; 

auch  die  cullur,  die  alle  weit  beleckt, 

hat  auf  den  teufet  sich  erstreckt.    Göthe  12,  127; 

der  ochs  jeden,  der  ihm  nahe  kommt,  mit  der  zunge  zu  er- 
reichen sucht,  um  ihn  zu  belecken.  Bettine  lagcb.  168.  s.  be- 
schlerkcn. 

BELEDERN,  vestire  corio.  Stikler  1107. 

BELEG,  m.  lestimonium,  documentum.  belege  hciszen  die 
zeichen,  welche  von  markmeistern  und  feldgeschwornen  unter 
die  grenzsteine  gelegt  werden,  um,  da  sie  von  unzerstörbaren 
Stoffen  genommen  sind,  auch  der  nachwell  ein  zeugnis  abzu- 
geben, wie  solche  merkmale  den  ort  und  die  stelle  belegen, 
können  auch  sonst  andere  gegenstände  einen  ausgezeichneten 
platz  bedecken  und  hervorheben;  figürlich  sind  es  die  einer 
■lache  beigefügten  beweise  und  Urkunden:  die  unverkeunliaron 
belege  dieses  geständnisses  in  der  vorliegenden  Sammlung 
selbst  aufzusuchen,  überlasse  ich  der  belesenheit  eines  jeden. 
GorrEH  1,  vm;  die  gegebnen  belege  sind  verTalscbl  und  be- 
weisen nicht»;  das  buch  liefert  belege  in  groszer  fülle. 


1441 


BELEGE  — BELEGEN 


BELEGEN — BELEHNEN 


1442 


BELEGE,  n.  assumenlum,  streifen,  die  Schneider  auf  den 
rand  eines  kleides  setzen  oder  legen,  um  ihn  steifer  zu  ma- 
chen,    nach  Maaler  57'  lacinia,   leiste  eines  kleids. 

BELEGEN,  operire,  contegere,  ahd.  pileccan,  bilegan,  praet. 
pilekita,  bilegita,  mhd.  belegen,  praet.  beleite,  nnl.  beieggen, 
beleide, 

1)  von  thieren,  inire:  der  hengst  hat  die  Stute  belegt,  der 
ochs  die  kuh,  der  hund  die  hündin;  auch  ist  zu  wissen, 
dasz  wo  ein  hündin  von  einem  hund  anfangs  belegt  wird, 
nachmals  auch,  so  oft  sie  widerumb  weift,  unter  denselbigen 
{d.  i.  den  weifen)  allzeit  einen  hat,  so  dem  ersten  gleichet, 
mit  welchem  sie  anfänglich  belegt  worden,  tceidwerkbuch  1,  9". 
vgl.  begehen,  belaufen,  bespringen,  aber  auch  beiliegen  und 
beilager. 

2)  mit  gewand,  kleid,  metall  u.  s.  tr.  belegen  :  die  tische  sind 

mit  kostbaren  teppichen  belegt;  die  schultern  belegt  ihm  ein 

seidner  mantel;  sich  mit  tüchem  belegen,  tücher  anlegen; 

ain  spannen  oder  zwo  belegt  {besetzt). 

MüRKEBfi  schelmenz.  96,  11 ; 

Ubarto  liesz  nicht  lang  allda  herumbher  laufen, 

so  fanden  trachten  sie  in  groszer  meng  und  häufen, 

damit  belest  sie  sich      «ebders  Ariost  11,  70  i74) 

non  fa  mollo  cercar,  che  ritrovonne 

di  varie  fogge  t)berto  copia  grande, 

e  fe  restir  Ollmpia ; 

ahd.  tragabetti  mit  golde  bilegit,  mit  isarna  pilegita  wagana 
(Gbaff  2,  92.  931;  ein  seidenwammes  mit  sammat  und  schnü- 
ren beleget  [besetzt).  Kirchhof  wendunm.  285';  den  hals  mit 
einem  band  von  edelsteinen  belegt. 

3)  mit  gras,  blumen,  fruchten:  die  felder,  die  auen  sind 
mit  blumen  belegt;  teller  mit  edeln  trauben  belegt;  tische 
mit  speisen ;  speisen  mit  petersilie ;  ein  belegtes  butterbrot. 

4)  gebirge  mit  nebel,  anhOhen  mit  duft,  felsengipfel  mit 
Schnee  belegt,  dächer  mit  reif. 

5)  die  zunge  ist  mit  schleim  belegt,  eine  belegte  zunge ; 
das  äuge  belegt  sich  mit  einem  feil,  die  wunde  mit  einer 
haut;  die  brüst,  stimme  belegt,  nicht  frei. 

61  den  gang  mit  bretern,  das  dach  mit  ziegeln,  die  flur  mit 
steinen  belegen ;  ein  reicher  bauer  kam  auf  den  einfall,  den 
boden  seiner  stube  mit  harten  thalern  belegen  zu  lassen; 
das  glas  mit  zinn ;  ein  gartenbeet,  ein  grab  mit  rasen  belegen. 

7)  die  hufe  der  rosse  mit  «isen  belegen,  beschlagen,  auch 
blosz  die  hufe  belegen ;  die  pflugschar  belegen,  neues  eisen 
daran  schmieden;  die  wunde  mit  pflasler,  das  gesiebt  mit 
schönpflästerchen  belegen. 

'S)  das  kind  wird  mit  einem  namen  belegt,  es  wird  ihm 
ein  name  beigelegt,  zugelegt;  das  volk  belegte  diesen  forsten 
mit  dem  namen  des  gerechten ;  ist  nicht,  sagte  der  geist- 
liche, von  jeher  alles  mit  dem  namen  ketzerei  belegt  wor- 
den, was  —  TiECK  ges.  nov.  9, 13.  auch  einen  mit  schimpf- 
worten,  unnamen  belegen. 

9)  mit  dem  eide  belegen,  einen  zur  ablegung  des  eides  nö- 
thigen,  tele  mit  dem  eide  beladen,  belasten: 

wenn  ich  mit  dem  heiligsten  eide 
alle  Troer  belegte,  das  kleinste  nicht  zu  verhehlen. 
HC««EH  235'; 
Sachen    mit   arrest,    mit    beschlag    belegen;    ich   bin  wirklich 
mit  hausarrest  belegt.  Gütue  an  Schilter  276.     es  heisit  aucli 
schlechtweg    belegen,    z.  b.    das    zeugnis    des  studierenden  ist 
belegt 

10)  mit  strafe,  Züchtigung,  drangsal,  krankheil  belegen:  er 
wurde  mit  schwerer  strafe  belegt; 

die  strafe,  mit  der  du  uns  belegen  musU    FLtai.'«G2S; 

also  hat  euch  gott  mit  einer  solchen  Züchtigung  belegt  Weise 
ii./euJe  162;  die  drangsale,  womit  der  krieg  das  menschliche 
gescblecht  belegt.  Kant  7,  315;  da  ein  goldschmid  mit  etlicher 
stattlicher  und  vielfaltiger  arbeit  überfallen  und  belegt  gewe- 
sen. Thcb^ekser  nolgedr.  ausschreibin  1^9;  mit  oder  v(m 
einer  krankheit  belegt ;  das  volk  mit  abgaben,  steuern  be- 
legen. 

11)  geld  belegen,  anlegen,  bergwerke  belegen,  betreiben: 
ich  bin  ein  oairioi.    mich  wird  man  leirhi  bewegen, 
das  erste  scoöne  geld  in  hauser  zu  belegen. 

H*cKDoa.<«  t,  44; 

will  er  die  eisen-  und  kupferbergwerk  nicht  haben  und  be- 
legen, weil  viel  unkost  daraufgehet  Mathesrs2';  Cain  oder 
seine  erben  sollen  auf  der  andern  seilen  den  berg  Lybanon 
beleget,  und  ihr  erstes  eisen  und  kupfer  in  Syrien  gemacht 
haben.  2'. 


12)  einen  platz  beim  gastmal,  im  Schauspiel,  in  torlestmgen 
{mit  gezahltem  geld)  belegen;  Vorlesungen,  collegia  belegen; 
das  stete  schwänzen  beunruhigt  doch,  sagte  ein  Student,  ich 
studiere  weit  sorgloser,  seit  ich  nun  gar  nicht  mehr  belege, 
tn  der  droschke,  auf  der  bank  im  wagen  belegt  man  durch 
hinlegen  eines  kleidungsstücks. 

13)  ein  dorf  mit  Soldaten,  mit  einquartierung  belegen ;  dasz 
ein  grosz  theil  des  ortes  mit  teutschem  volk  belegt  gewesen. 
MicRÄLics  1, 13 ;  die  strasze  belegen,  obsidere,  verlegen,  s.  ahd. 
laga  insidiae  ;  belegten  mit  vleisz  die  straszen  zu  Meldorf.  Lc- 
THER  3, 34 ; 

überzog  uns  der  könig  mit  seinem  beere,  belegt  er 
auch  die  strasze  mit  macht.    Götue  40,  IU2: 
wenn  der  rauher  die  strasze  belegt  und  alle  besch.-iijigt  ? 
40.  1 15 : 
daher   belegen    auch  belagern,    belegern :   Abimelech  aber  zog 
gen  Thebez  und  belegt  sie  und  gewan  sie.  rieht.  9,   50 ;    be- 
legten Gibeon.  Jo.s.  10,5;  darnach  zoch  Josua  von  Libna  gen 
Lachis  und  belegten  und  bestritten  sie.  10,  31 ;  das  ein  kleine 
stad  war  und  wenig  leut  drinnen  und  kam  ein  groszer  künig 
und  belegt  sie  und  bawet  grosze  bollwerg  drumb.  pred.  Sal. 
9,  14;   zeuch  erauf  Elam,    belege  sie  Madai,  ich  wil  alle  sei- 
nes seufzen»  ein  ende  machen.  Es.  21,  2 ; 

als  Troja  ward  belegt,  o  Mars,  von  allen  selten. 

Opitz  1,  97; 
weil  kaiser  Karrel  ihn  nunmehr  so  hart  beleget, 
und  eine  Wagenburg  her  umb  sein  lager  scblegeU 
Webokbs  Ar.  24,  99; 

als  unsre  hauptstadt  von  fünf  königen  belegt 

den  prinz  um  bulf  anschrie,  der  alle  zwang  zu  weichen. 

Grtphics  t,  5*!> : 
Malepartus,  die  bürg,  belegen  wir,  was  er  im  haus  bat 
wollen  wir  sehen.  Göthe  40,  119. 

14)  die  grenze  mit  zeichen,  eine  geschichte  mit  Urkunden, 
eine  rerhnung  mit  scheinen  belegen;  ich  kann  alles,  jeden 
posten  belegen;  diese  behauptung  bleibt  unbelegt; 

Androm.  des  Hectors  söhn  ist  todt.  Ulyss.  ist  was  das  du  belegest, 
dasz  diesem  also  sei  ?  Opitz  1,  229  (240) ; 

weder  soldat  noch  geognost  fragt,  wem  flusz,  land  und  ge- 
birg gehöre,  sondern  jener,  in  wie  fern  es  ihm  zu  seinen 
Operationen  vortheilhaft,  und  dieser,  wie  es  für  seine  erfuh- 
rungen ergänzend  und  nochmals  belegend  sein  möchte.  Göthe 
32,  99;  alle  diese  begriffe  lassen  sich  durch  nichts  belegen. 
Kastt  2,  242. 

15)  abstract.  einen  untüchtigen  mit  tugend  wollen  belegen, 
ist  eben  so  viel  als  auf  eine  kugel  nüsse  legen,  pers.  ro- 
senth.  1,  5. 

BELEGE.\,  Situs,  pari,  praet.  des  starken  beilegen,  jacere, 
situm  esse,  ganz  anders  auszusprechen,  als  das  vorhergehende 
schwache  belegen,  dessen  vocal  lautet  wie  in  bewegen,  anre- 
gen, während  das  part.  praet.  dem  mhd.  belegen  entspricht 
und  lautet  wie  regen  pluvia,  wegen  viis.  ein  an  der  gasse 
belegenes  wohnhaus;  A.  dein  name?  K.  Laurenz  Rohrdom- 
mel. A.  gebürtig?  K.  aus  dem  freireichsdorfe  Urlau,  belegen 
auf  der  Lautkircber  beide  in  Schwaben.  Klopstoce  12,  377 ; 
obgleich  sie  auf  einen  auszer  und  über  die  natur  belegenen 
grund  hinausweiset.  Kant  7,  295;  verschiedene,  doch  in  ver- 
schiedener breite  belegene  länder.  9,  127;  die  varietät  ist  in 
dem  ursprünglichen  stamme  belegen  gewesen.  10,  76.  man 
zieht  heute  gelegen  ror. 

BELEGEISHEFT,  f  situs :  wahrend  dagegen  der  bischof  von 
Lübeck  es  für  rathsam  erachtete,  der  belegenheit  seiner  stifts- 
lande  eingedenk,  die  alten  Verhältnisse  zu  ehren.  Dablma!«5 
dän.  gesrh.  1,  444.  ' 

BELEGEHN,  obsidere,  mit  dem  E  von  belegen  situs,  nicht 
mit  dem  von  belegen  obsidere  13,  auszusprechen,  bei  .Maaler 
und  Stieler  belagern  geschrieben,  heute  sagt  man  belagern: 
wil  sie  aber  nicht  friedlich  mit  dir  handeln,  und  wil  mit 
dir  kriegen,  so  belegere  sie.  5  Mos.  20,  12 ;  und  richte  dein 
angesicht  und  deinen  bloszen  ann  wider  das  belegert  Jeru- 
salem. Ei.  4,  7 ;  deine  feinde  werden  umb  dich  und  deine 
kinder  mit  dir  eine  Wagenburg  schlagen ,  dich  belegern  und 
an  allen  orten  engsten.  Luc  19,  43 ;  wenn  ir  sehen  werdet  Je- 
rusalem belegert  mit  einem  beer.  Mich.  Stifels  worlrecJmung  K. 

BELEGSTELLE,  f. 

BELEflMEN,  luto  oblinere,  mit  lehm  bestreichen. 

BELEHNEN,  jure  beneficiario  tribuere,  mhd.  belehenen,  be- 
lehent  schilt  MS.  2,  132':  mit  einem  grundstück,  amt,  einer 
würde  belehnen ; 

damit  du,  Ernst,  der  zweite  deine«  namen< 

beleboei  werdest  mit  dem  berzogtbum.    L'blapios  £nu(32. 

91 


1443 


BELEHNUNG — BELEIDEN 


BELEIDIGEN  —  BELEIHEN 


1444 


BELEHNUNG,   f.  schloszhauptmann,   samt  allen  belehnun- 
gen. Fn.  Müller  3,  227 ;  die  belebnung  empfangen. 
BELEHNUNGSGNADE,  f.  Butschky  Palm.  183. 
BELEHREN,  docere,  instruere.    Stieleh  1129,  vgl.  belernen. 

1)  gewöhnlich  mit  dem  gen.  der  sache:   ein   fänomen,    des- 
sen uns  die   erfahrung   täglich    belehret.    Wieland  8,  246; 

nicht  dasz  ein  fremdes  lob  sie  dessen  erst  belehrt.    9,50; 

ihrer  {der  musik)  Zauberkraft 
sieh  recht  vollkommen  zu  belehren, 
musz  man,  wie  Scipio,  die  sfaren 
zum  wenigsten  im  träume  singen  hören.    9,62;  * 

glaubst  du  nicht, 
dasz  träume  dann  und  wann  der  zukunft  uns  belehren? 

22,  130; 
du  bist  noch  jung  genug,  dasz  gute  zucht 
dich  eines  bessern  wcgs  belehren  kann.    Göthe  9,  157; 

ist  nicht  alles,    wie  ich  sage,    versetzte  Friedrich,    so  belehrt 
uns  eines  bessern.  20,  307  ; 

des  seid  belehret!    41,29. 
ohne  gen. :    er  laszt  sich  nicht  belehren ;   ich   will  mich  gern 
belehren  lassen. 

2)  oder  audi  mit  der  praep.  von  {de  aliqua  re) : 

ich  würde  eilen  sie 
von  eingen  dingen  zu  belehren.    Schillfr  282*; 

um  einen  argwöhnischen  und  wachsamen  feind  nicht- zu  früh- 
zeitig von  seiner  gefahr  zu  belehren.   1062. 

3)  ladelhaß  scheint  der  acc,  wie  er  sich  zum  einfachen  leh- 
ren schickt,  nicht  zu  belehren :  denn  ich  möchte  nicht  darauf 
wetten,  dasz  er  richtig  gelesen,  worüber  der  augenschein  das 
nähere  belehret.  Lessixg  10,  345  statt  des  näheren. 

4)  verschieden  ist  an :  die  weimarischen  kunstfreunde  be- 
wunderten ihn  (den  kleinen  cenlaur  von  silber)  und  belehr- 
ten sich  daran.    Göthe  32,  77. 

BELEHRUNG,  f.  instructio:  ich  danke  ihm  diese  belehrung. 

BELEHRUNGSSUCHT,  f.  er  halte  diese  rede,  wie  im  dis- 
curs,  eins  auf  das  andere,  folgen  lassen,  mehr  in  dem  In- 
nern behaglichen  gefübl,  dasz  er  sich  uns  von  einer  vortheil- 
haflen  seile  zeige,  als  mit  dem  ton  einer  bigotten  belehrungs- 
sucht.  Göthe  IG,  296.  so  liest  auch  der  erste  druck  in  den 
Hören. 

BELEIBEN,  zuweilen  noch  in  der  vollen  form  des  mhd. 
beliben,    ahd.  pilipan,    statt  des  gewöhnlichen  bleiben.    Maa- 

ler  57'; 

wer  murren  will  musz  aus  dem  spiel, 
beleiben  musz  er  drauszen. 

HoFFM.  (jcsettscil.  lieder  s.  155.  166; 
beliben  (geblieben).    Murners  schelmenz.  109,  6; 
BELEIBEN,  pract.  beleibte, 

1)  corpore  induere,  lebendig  machen: 

und  Lazarus  sein  freund  wird  wieder  neu  beleibet. 
FLE«if(G  5; 
disz  kann  eine  schöne  seele, 
die  den  himmel  valer  heiszt, 
die  aus  der  beleibten  hole 
über  sich  und  zu  ihm  reiszt.    413; 
das  tropische  beseelen   und   beleiben   fiel   noch   in   eins   zu- 
sammen.   J.  Paul  acsth.  2,  24;    ein  nichts,   auf  dem  sich  ein 
nichts  beleiht.    Kamp.  47. 

2)  corpus  facere,  implere,  pinyuefacere :  die  bessere  nah- 
rung  wird  den  ausgehungerten  bald  wieder  beleiben ;  ein  wol 
beleibter  mann; 

der  träge  schwärm  von  schwer  beleibten  kühen.    Uallbr; 

als  uns  des  herrn  Eiot  stark  beleibte  physik  zu  gesiebt  kam, 
besonders  aber  der  vierte  theil  der  allerbeleibteste  erschien. 
Göthe  «0,113;  Fieber,  nervonschwäciie,  gclrlinke  können  die 
bilder  der  einbildungskrafl  so  verdicken  und  beleiben,  dasz 
sie  aus  der  inncrn  weit  in  die  äuszere  treten  und  darin  zu 
leibern  erstarken.  J.  Paul  aeslh.  1,  55;  das  ideale  zum  wirk- 
lichen verdunkeln  und  beleiben.  38,  24. 

RELEIBZÜCHTIGEN,  nii(  einer  leibsucht  versehen,  s.  leib- 
zucht. 

BELEirilTEHN,  exonerare,  suhlevare,  erleichtern:  beladen 
und  nicht  heleichlerl.  Piim.am».  2,  «25. 

BELEIDEN,   laedere,   injuria  afficerc,   aversari,  ahd.  Icidun 

(Grakf  2,176): 

die  ain  scheint  ihut  gar  bclalden. 

Mt'nNRii  schvtmrnt.  87,  10; 

verfluocht  sl  der,  der  dich  h.-it  bleidt. 
(ni</.  Jitli.  J4 ; 
das  Irosllos  trösten,  das  feindsalig  liehen,  dem  bclaidetcn  wol 


thun.    Frank  parad.  144;    die   sollen   weiters   nicht  mehr  be- 
schädiget noch  beleidet  werden.  Fronsp.  3, 18'; 

dasz  aber  sich  durch  das  bolaiden 

mein  herz  woll  und  körnl  von  euch  schaiden 

hat  keinen  schein.        Wkckiierlin  394; 

dasz  dich  ja  nimmermehr  der  sonnen  heiszer  schein, 

noch  deine  klare  bach  was  trübes  tliu  beieiden. 
Opitz  2,216; 

und  weil  du  denn  must  scheiden, 

so  müsse  dich  kein  fall 

und  keine  not  beleiden, 

fahr  glücklich  überall.    S.  Dach  N'; 

auch  furcht  ich  die  gefahr  und  list, 

dasz  die  ihn  nicht  beleide.    V2; 

wer  mag  haben  ihn  beleldcti    Spee  Irutzn.  230; 

dasz   sie   sind   veracht   und   beleidt   worden.    Schuppids  309. 
später  beleidigen. 

BELEIDIGEN,   dasselbe,    ahd.  leidagon  (Graff  2,  175) :    wo 
du  meine  töcliler  beleidigest  oder  andere  weiber  dazu  nimpst 
über  meine  tüchler.    l.Mos.  31,  50 ;    ir    soll  kein  widwen  und 
Waisen  beleidigen.  2  Mos.  22,  22 ;    wenn  ir  in  einen  streit  zie- 
het in  ewrem  lande  wider  ewre  feinde,    die   euch  beleidigen, 
so  soll  ir  dromelen  mit  den  dromelen.  4  Mos.  10,  9 ;  gedenke 
nicht,  das  dein  knecht  dich  beleidiget.    2  Sam.  19, 19 ;    er  bat 
beleidiget  die  einsame,  die  nicht  gebirl.  Hiob  24,  21 ;  ists  euch 
zu  wenig,    das  ir  die  leule  beleidiget,    ir  müsl  auch  meinen 
gott  beleidigen?  £s.  7, 13;    bittet  für  die,  die  euch  beleidigen 
und    verfolgen    {ahd.  belot  furi  thie   ahtenlon  inti  harmenton 
iu;  jo/A.  bidjaij)  bi  Jians  usjjriutandans  izvis).  3/a/</i.  5,  44;  so 
isls  doch  nicht  geschehen  umb  des  willen,  der  beleidiget  hat, 
auch  nicht  umb  des  willen,  der  beleidiget  ist  (goth.  ni  in  J)is 
anamahljandins,  ni  in  })is  anamahlidins).  2  Cor.  7, 12;  sollend 
ihr  ungezweifelt  sein,  dasz  das  podagia  euch  beleidigen  möge. 
Paracelsus  1,  694';    welche  mit  dem  gicht  beleidigt  sind,    die 
sollen    sich    dieses   weins   släligs  gebrauchen.    Tabernaemont. 
703;    dies  kraut  ist  dem  magen   sehr   schädlich,    von   wegen 
seiner  schärfe,  damit  es  denselben  beleidiget.  1265;  dardurch 
auch  etliche  gute  gesellen  mit  franzosen  beleidiget  und  umb 
ihre  gesundheit  bracht.  Reutter  kriegsordn.  70 ;  eines  jeglichen 
reichs,  so  ich  durch  golles  schickling  über  kommen,    unter- 
thanen  habe  ich  mit  nicht  beleidiget,   pers.  rosenth.  1,  43 ;  ich 
möchte  wissen,    womit  ich  dich  beleidigt  habe;    ich  war  von 
uns  beiden  der  beleidigte  Iheil;  du  hast  ihn  gar  nicht  belei- 
digen wollen;    der  anblick  so  vieler  gegenstände,    die  seinen 
moralischen  sinn  beleidigten.    Wieland  1,  79 ;    ich  finde  es  so 
natürlich,  dasz  ich  mich  dadurch  nicht  beleidigt  hallen  kann. 
25,  100;  der  beleidigte  stolz.    Göthe  38,  178;  aber  die  letzten 
scenen  von   einem    frauenziminer    dargcslellt    werden    immer 
beleidigen,    daselbst;    das    licht   beleidigt   die  kranken  äugen. 
Klinger  10,  62;    die    {durch  eine  ohrfeige)    beleidigte    wange. 
9,43;  das  {von  dissonanz)  beleidigte  olir.    .1.  Paul  dämm.  12; 
ein  heftiger  gerucb,    der   alle   nasen   beleidigt.     Die  beispiele 
zeigen,  dasz  beleidigen  nicht  nur  auf  personen,    sondern  auch 
auf  suchen  geht,    wenn   sie  unmittelbar  mit  der  person  in  be- 
zug  stehn,    zumal   wird  der  leib  durch    anfallende  krankheiten 
beleidigt,  oder  der  sinn,  das  gefüllt,  das  äuge,  olir.    das  fith- 
lende  herz  kann  beleidigt  werden,    weder   die    verletzte   haiid, 
noch  das  verletzte  Ihier;    offenb.  11,  5  sind   die   Ölbäume   tmd 
fackeln  persönlich  gedacht,     beleidigende    worle,    reden,    aus- 
drücke, scherze,  anspieinngen  verletzen  die  innere  empßndung, 
in  diesem  sinn  entspricht  rfas /"rn/is.  bicsser  uiirf  «nsrr  verschren. 
BELEIDIGER,    m.    iiijuriae  illalac  auetor,    der  lieleidigende 
theil:    denn  sie  werden  zum  herrn  schreien  für  den   belcidi- 
gern.    Es.  19,  20. 

BELEIDIGUNG,  /".  injuria,  offcnsio:  viel  beleidigung  und 
Übermut  erlitten.  KiRciinoK  wendunm.  77';  ich  sehe,  das  die 
schiffarl  wil  mit  beleidigung  und  groszem  schaden  ergehen 
(i'm/./.  cum  injuria^l  multo  daiuno,  gr.  iisrn  vßoaoi  nni 
noil^ji  ir;fitne).  aposl.  gesch.  27,  10;  beleidignngen  des  wel- 
ters und  der  unfreundlichen  j;diieszeil.  Wieland  13,  44;  bc- 
leidigungen  der  wilteriing.  14,  20.-),  in  welchem  sinu  auch  in- 
juria und  vfl(>ii  stehen,  hauphächlich  aber  leibliche  und  die 
seele  kränkende  bel^idigung:  diese  beleidigung  ist  unerlnig- 
lich,  unausstehlich,  nicht  zu  dulden;  eine  schwere,  einplind- 
liche  beleidigung;  welche  beleidigung! 
BELEIHEN,  H'ti.s  belehnen: 

mit  wiesen  und  mit  fehlem  belieb  ihn  r«irh  dos  Rlifl. 

.SinHocK  siuirn  234; 
Ich  neble  des  nlnltlichsten  rittciVt  dich  wcrtli, 
beliehen  mit  leulen  und  landen.    Uümobh  61  i 


1445 


BELEIMEN  — BELEfLNEN 


BELER.NÜNG  —  BELEUCHTUNG 


1446 


ein  blick  aus  ihrer  obem  gartenstube,  mit  der  sie,  wie  ich 
höre,  einen  philosopheo  beliehen  haben,  würde  jetzt  sehr  er- 
quicklich sein.  GöTHE  an  Schiller  S24;  der  beliehene.  Kaxt 
5,  tio. 

BELEIMEN,  glutine  prmare.  Stieler  1056. 
BELEIT,  n.  comilalus,  gi-leit:  wiewol  er  sich  zum  belait 
nit  erbriiten  noch  verbunden  wolt  haben.  Lasz  Karl  5.  s.  257. 
BELEITEN,  ducere,  deducere,  comitari,  ahd.  pileitan  (Graft 
2. 1S5I,  mhil.  beleiten,  der  ältere  ausdruck  ßr  das  heulige  be- 
gleiten =  begeleiten :  des  folgenden  tags  kam  er  wieder,  mit 
dem  Täter  vicario,  general  irs  ordens,  und  vielen  andern 
beleitet.  Lcther  1,  124';  nu  hatte  sie  M.  Franc.  Burkardus 
von  Weinmar  beleitet,  lischt.  437";  do  bleitet  ich  in  wider 
gen  Zürich.  Tbo.  Plater  84;  ich  wolt  aber  in  der  wildin  nit 
von  im,  sunder  in  wider  herusz  beleiten.  87;  wie  wir  zum 
lanlgraven  reiten  und  ihne  gegen  Halle  beleiten  wollen.  Lasz 
ifflr/5s.  4S7;  zu  haus  beleiten.  Bocc.  2,  1S6*;  ein  leich  belei- 
ten, fumis  deducere.  .Maaleh  57' ;  eine  braut  beleiten ; 

dasz  dich  sott  beleiie, 

mein  sctiiropf.  mein  scherz!    Ubla:<s  13S; 

iez  IUI  man  strick  bereiten, 

daran  man  wirt  beleiten 

die  buben  io  gemein 

mit  freud  zum  rabensteia.    375; 

die  berrn  von  Lübik  leten  in  beleiten.    551 ; 

$ic  sprach,  fnhr  hin  in  Treuden, 

das  dich  di.'r  liebe  po!t  heleit 

io  liehe  und  auch  in  lei<le.    .\mhr.  J6.  «.  331; 

und  bald  es  nioricea  anheilt  I-igeti, 

vril  ich  dich  lüs.«eii  sunder  kia.::i-u 

beleiten  zu  der  herbei  a;  dein.  Wickra«  ;)iijcr  G-t: 
'der  fürst  kumbt  bcicitet  mit  so  vil  rcutcrn'.  ist  lieblicher  dan 
'er  knmbt  und  so  vil  rcuter  beleiten  in'.  Icselsaver  leutsrhe 
gr.  a  3 ;  und  beleiteten  ihn  in  seine  heibcrg.  buch  der  liebe 
32,  4 ;  wil  ich  dir  ein  ehrliche  gesellschaft  zugeben,  die  dich 
bis  gen  Lunden  beleiten  müssen.  62,  4.  Galmy  196 ;  ich  nil 
sie  mit  acht  der  besten  grafen  meines  königrelchs  licleiten 
thun.  Aimon  m  1 ;  weil  du  ja  wilt  beleitct  sein  und  nicht  al- 
lein über  die  gasscn  gehen.  Kircbhof  vendumu.  330';  zum 
wenigsten  beleiten  sie  ieos)  ein  pfeifcr  und  trommclschhtgcr 
vorher  zur  tauf  und  wider  durvon.  mit.  disc.  HS ;  reit  mit 
vielen  andern  herm,  edelleuten  und  dienern  bcicitet.  219; 
wie  er  auch  die  Israeliten  durchs  rote  meer  bcleilet  hat.  Ma- 
TUEsiLs  so';  ich  wil  auch  mit  dir  sein,  dich  beleiten  und  be- 
hüten. 140'; 

denn  weicht  sein  falsche  sicherheil, 
welche  iu  hat  bisher  beleit.    II.  Sagos  IL  2,  SS* ; 
fahr  hin,  und  das  dich  goii  beleit.    IIL  3,  10'; 
ich  wil  euch  zwen  beleiten  nausz.    IV.  1,  IS*; 

derhalben  er  auch  dieselbe  göllin  mit  groszer  chrcntbielung, 
wo  sie  hinaus  ferl,  beicitet  (is  dcam  multa  cum  veneratione 
prosequilur).  Micvlls  Tac.  450";  er  hat  auch  den  keiscr  in 
Egypten  bcleilet.  Beiszner  Jerus.  2.  89';  so  sie  noch  jung, 
werden  sie  von  den  allen  beleitut.  Fober  fischb.  94";  prufiind 
oder  anders  zu  beleiten.  Fro.xsp.  kricgsb.  1,  53*;  pfad,  der  mich 
belait.  Melissüs  p$.  F 1* ; 

l'acoüei  bleil  ihn  iu  die  statt  niio.    Atkek2S7'; 

»0  habe  er  die  heiligen  drei  kOnig  beieilet,  dasz  sie  nicht 
wider  gen  Jerusalem  fcoiitinen.  AvRERproc.  2, 10;  er  habe  das 
kindlein  beschiilzen  und  beleiten  helfen,  das.; 

tl.-inimh  ich  durch  Apollons  elanz 

und  durch  der  niusen  !;n.id  iielailet 

liir  dich  mit  Ihnen  h.-ih  her.iilet 

den  wiiidi^I  grünen  Jim  borkrau/.     Wcckueiili.i  3li9; 

dcintin  gane  belaiicn.    3S1 ; 

der  eine  klagt,  wie  er  \iel  jähr 

«eine«  junkcni  reulerknechl  war, 

ihn  beleit,  bewacht,  bewprl.     froschmrii^.  1    2.  j". 

tpäler  begleiten,  geleiten,  obschon  bei  Stiei.er  1141  noch  be- 
leiten ahgefklirt.  das  gekürzte  pari,  beleit  fiel  zusammen  mit 
lieleit  =  helriil. 

BELEITEBN,  s.  belitlern. 

HELEITlNr..  f.  cnniitalus.  wir  erkennen  auch  au»  »uicher 
Ijclfiliing  der  fKclie  gut  weiter.  Forer  60'. 

IIELEMMKBN,  inipedire,  scheint  das  nnl.  belemmeren,  doch 
rgl.  man  auch  lielanipern,  da.t  sich  mit  lemmem,  irie  beham- 
inelii  mit  beiiimen  berühren  kviinte.  Oberi.in  117  belemmeln, 
bclatnniein  mrdidare.     sich  beleinmem,  beschmutzen. 

BELEHNEN  galt  frülier  ßr  belehren,  zumal  sich  bclcmen 
ßr  doceri,  sich  unterrichten: 


weil  er  von  der  weisen  schar 
belernet  war.  Ri!«gwald  erang.  E4": 
damit  die  heubtsumma,  so  sich  eine  gemeine  eingepfarrte 
versamlunge  in  irem  bedenken  und  ratschlage  aus  der  jar- 
rechnung  als  für  notdürftig  und  genugsam  belernen  und  er- 
kunden würde,  für  vol  auszubringen  und  zu  erlangen  sc;n 
möge.  Luther  2,  266';  dasz  er  sich  wider  belernen  lassen 
wil.  .\vrer  proc.  1,  9;  so  mag  man  sich  dessen  anderer  or- 
ten belernen  und  ihn  zufrieden  lassen.  2, 10 ;  der  hätte  sich 
in  allen  traumbüchern  belernen  lassen,  was  die  bände!  be- 
deuten sollen.  Weise  erin.  364.    s.  lernen. 

BELEHNING,  f.  instrvctio:  on  all  belernung  frei.  RI^c- 
w ALD  tr.  Eckh.  D  7' ;  das  gedächtnis  ist  die  Schatzkammer  un- 
serer Wissenschaft,  der  Werkzeug  aller  beiemung.  von  BcTäCHKV 
Palm.  302. 

BELESEN,  1)  depurgare,  emundare,  rein  lesen:  das  ge- 
müse,  den  salat  belesen ;  die  linsen  sind  nicht  ordentlich  be- 
lesen,    in  diesem  sinn  ahd.  arlesan  (Graff  2,  24S). 

21  librum  legere,  perlegere:  so  thu  ich  das  in  aller  gehor- 
sam zu.  wissen,  das  ich  Cyprianum  an  zwei  enden  dazumal 
allegiert  hab,  und  vermeinet,  doctor  Ludder  gieng  des  ersten 
irr,  darumb  legt  ich  im  ein  zeichen  dazu  in  sein  buch,  denn 
er  hatte  in  warlich  nicht  wol  belesen.  Eck  bei  Lutker  l,  16l' ; 
und  so  wir  die  alten  geschieht  warhaftiger  hislorien  belesen, 
betinden  wir.  Frossp.  kriegsh.  2,  30';  die  teufel  betten  auch 
alle  brillen  auf  und  sahen  in  die  schrift  zu  belesen.  Ayrek 
proc.  1,  11. 

3)  Carmen,  librum  legendo  consecrare,  conjurare,  formein 
über  einen,  über  etwas  herlesen:  so  jemands  schwach  ist,  so 
sollen  die  pfaffien  kommen  und  ine  mit  besonderen  zauber- 
wwrien  belesen,  hienenk.  166';  wie  vil  man  sie  [die  heiligen 
bildcr)  auch  weihe  und  belese.  too'.  das  nnl.  belezen  sttht 
oß  ßr  bezaubern:  luat  u  beirzen,  lasz  dtch  bezaubern,  über- 
reden. 

A)  das  pari,  praet.  belesen  in  aclivem  sinn  einer  der  viel 
gelesen  httl,  in  den  bücher(i  bewandert  ist:  ein  belesener 
mann ;  gelehrte,  belesene  leut,  Garg.  1S4" ;  ein  belesener  kautz. 
239';  und  ist  so  ein  belesener  mann,  wan  er  im  panrenka- 
lendcr  ein  narrenkapp  sieht,  so  weisz  er  gleich  das  f.isznacht 
ist.  bienenk.  203' ;  er  ist  in  den  alten  nicht  belesen ;  das  werk 
eines  nicht  sehr  belesenen  schönen  geistes.  LiCHTEXBERc  2, 
22 ;  der  belesenste  mann  von  der  weit. 

BELESENHEIT,  f.  leetio,  multa  lilerarum  leciio: 

was  nfiizt  belesenheit,  was  die  gedächtnisbürde, 
die  schreib-  und  ruhmbegier  aus  tausend  büchern  rafl? 
lIiesDOKN  1,  2S; 
ihre  erstaunliche  bclesenheit  in  chroniken  und  ritterbüchern. 
Wieland  II,  9;    das    musz    ich    gestehen,    sagte    don  Sjlvio, 
nachdem  Pedrillo   mit   seiner  erzählung   zu   ende   war,    dasz 
du  eine  erstaunliche  belesenheil  hast,  Pedrillo.  11,  167. 

BELESEB,  m.  exore'rsta.  ein  beschtrürer.  Henisch  273. 

BELESL'NG,  f.  iitcanlatio,  Hemsch  273:  es  ist  je  so  viel, 
dasz  man  alle  beschwörungen  und  belesungen  mit  kreuzen 
machen  musz.  bienenk.  177'.  gebildet  rie  ablesung,  Verle- 
sung, Vorlesung,  übericsung. 

BELEL'CIITE.N,  colluslrare,  ahd.  piliuhtan:  die  sonne  be- 
leuchtet alles;  alle  gebüudc,  wenn  sie  der  mond  sanft  be- 
ieuclitPt,  nehmen  sich  gut  aus;  nur  ein  tlieil  des  hauses 
wurde  von  den  strahlen  der  sonne  winters  beleuchtet;  eine 
beleuchtete  landschnft ;  seinem  beleuchtenden  adlerblick  enl- 
gieng  keine  heldentbat.  Schmier  922;  die  Scheiterhaufen  dien- 
ten zu  nichls,  als  den  heldenglauben  und  den  rühm  seiner 
opfer  zu  beleuchten.  1015;  mit  der  ungeheuren  Volksmenge 
war  eine  Verwirrung  der  religionen  und  meinungen  enlslan- 
den,  die  vim  so  wenigen  äugen  unmöglich  mehr  beleuchtet 
werden  konnte.  8(i0;  hier  wurde  das  beiragen  des  adels  von 
spanischen  äugen  beleuchlct.  830 ;  der  lischmarkl  —  ich  gehe 
oft  datiiber  und  beleuihle  die  unglücklichen,  aufgehaschten 
meeresbewnhner.  Götiie  27,  HO;  eine  sokralische  gleich  bc- 
leuthlete  seele.  J.  Paul //es/i.  3,  155;  die  saclie  konnte  nicht 
besser,  als  von  dieser  seile  lieiciichlet  ti'ws  licht  gesetzt»  wer- 
den ;  ein  gescliiclilschreiber  ist  oft  mehr  der  mann,  die  Ver- 
gangenheit zu  IH-Icucbteti,  als  die  gegenwart  zu  begreifen. 

HELEL'CUTEIL  m.  cuinmeutalur.    Tut  vMtis  reisen  S,  2M. 

BELElCIITLNi;,  /.  die  beleucblung  der  erde  von  der 
sonne;  die  stadl  strahlte  von  beleuchlungcn ;  es  erfolgte  eine 
ungünstige  beleucblung  dieser  angelegeuheit ;  die  beleucblung 
in  dem  bilde  ist  g||l;  es  wird  für  heizung  und  beleucblung 
des  saals  gesorgt  werden. 

91* 


1447 


BELEUMDEN  —  BELIEBEN 


BELIEBEN 


1448 


BELEUMDEN,  BELEUMUNDEN,  diffamare,  calumniari,  ver- 
leumden, würde  ahd.  pihliurauntün  yelautct  haben:  das  lasz 
dich  bewegen,  das  du  deinen  nächsten  nicht  beliimbden  soll. 
Keisersb.  Sünden  des  munds  30* ;  wol  oder  übel  belümbdet,  in 
gutem  oder  bösem  leumund  stehend,  irr.  schaf  62. 

BELEUTEN,  s.  beläuten. 

BELFEN,  gannire,  latrare: 

mich  freuen  die  vielen  guten  und  tüchtgcn, 

obgleich  so  viele  dazwischen  lielfen. 

die  Deutschen  wissen  zu  berichlgen, 

aber  sie  verstehen  nicht  nachzuhelfen,    Göthe  2,  251; 

so  hört  doch  auf  zu  helfen.    3,  115; 

0  hört,  wie  die  hündlein  helfen.    Röckert  210. 
die  Wörterbücher  geben  nur  das  frequenlativ  belfern,  was  m.  s. 
BELFERER,  m.  obloculor,  ein  Zänker,  widerbeller. 
BELFERMAUL,  n.  os  ganniens. 
BELFERMUND,  m.  dasselbe: 

der  hund  ist  wache  mit  dem  peifermund. 

Kncttels  kurzgedicIUe  1674  s.  53. 

BELFERN,  gannire:  so  laszt  uns  nicht  hören  ir  schreien, 
bellen,  belvern,  klagen  und  lestern.  Luthers,  7';  das  belfern 
der  fücbse.  Henisch  273 ;  ungeacbt  was  bruder  Neidhart  dar- 
wider  grunzen  und  belvern  mag.  Oberlin  117; 

fern  nun  blafls  und  belfert  mit  nahendem  laut. 

Voss  2,  38 ; 
zwar  belferte  sie  jämmerlich, 
doch  muste  sie  sich  geben.    Bürger  48"; 
wie  ein  spitz  an  der  keite  gebelfert.    Plaien282; 
zu  obren  belfern,  obgannire.  Henisch  273. 

BELGEN,  tumere,  irasci,  ahd.  pelgan  (Graff  3,  103),  die 
Wurzel  von  balg  follis,  heute  erloschen  und  nur  in  balgen 
Tixari  (sp.  1086)  übrig. 

BELIEBÄUGELN,  oculis  blandiri. 

BELIEBEN,  nnl.  believen,  ahd.  und  mhd.  nur  das  einfache 
wort,  oder  giliuban,  gelieben. 

1)  mit  acc.  der  peison,  früher  so  viel  als  lieben: 
{ir  soll)  dem  feind  vergeben  seine  schuld, 

und  ihn  wie  einen  freund  belieben.    Waldis  Esop  1,1 ; 
als  Venus  wolte  Mars  in  ihre  liebe  bringen, 
hat  sie  ihn  blank  und  blosz  am  besten  können  zwingen, 
denn  so  sie,  wie  sie  pflegt,  in  theurem  schmucke  blieben, 
bätt  er  sie  dürfen  mehr  berauben  als  belieben. 

LoGAül,  2,  9: 
wie  mancher  mensch  ist  doch  von  dir  betrübt, 
der  dich  beliebt.       Nkümarks  tustwäldchen  5. 

vgl.  beliebt. 

2)  häufiger  mit  acc.  der  Sache,  probare,  comprobare,  gut 
heiszen,  billigen : 

er  beliebet  den  vertrag, 

suchet  was  zetsireut  zusammen.    Sm.  DaciiX2; 

so  wird  dann  auch  die  braut,  was  du  ihr  möchtest  machen, 

so  gut  es  Immer  ist,  belieben  und  belachen.    Logau  1,  8,  14; 

gewislich,  es  hätten  so  viele  grosze  und  weltberühmte  leute 
seine  freundschaft  nicht  gesuchet  oder  beliebet.  Brandts  Tanb- 
mann  s.  67 ;  weil  der  stand  der  geistlichen  für  fromm  gehal- 
ten und  beliebet  wird.  pers.  rosenf/i.  2,  5 ;  es  schreibet  Aldro- 
vandus,  dasz  die  cameele  die  iiiusik  oder  einen  lieblichen  ton 
sehr  belieben  sollen.  2,  24 ;  der  dein  gesiebte  ansähe  und  be- 
liebete. 5,  10;  dieser  rath  wird  beliehet.  7,  20;  der  weisen 
Sprüche  werden  nicht  von  jedermann  mit  gleicher  neigung 
angehöret,  einer  beliebet  sie,  der  ander  verwirft  sie.  pers. 
banmg.  7,  29 ; 

hier  isis,  hochüdles  paar,  was  Ich  in  eil  gescbrlcbcn 
auf  schlechte  schnferart.    Ich  bin  es  zu  beliehen, 
Obs  gleich  gering  und  schlecht.    Nkumarks /h.s<ui.  IüO; 

wird  es  belieiit,  so  möchte  sich  der  polilische  näscher  auch 
zu  gelegener  zeit  einstellen.  Weise  kl.  leute,  vorrede;  der  be- 
lichte allgemeine  zug  ins  gelohte  land.  Moser  2,  80 ;  dieser  an- 
zeige zufolge  wurde  belieht  [placuil),  dasz  sich  don  Sylvio  auf  eine 
kleine  weile  beurlauben  sollte.  Wieland  7,  2;  dasz  man  die 
Zeichensprache  in  frage  und  aulworl  beliebte.  IIkrdeii  1,  156; 
die  neigung  des  wcrilicn  ui;mnes,  überall  inschrii'ten  zu  be- 
liehen. GöTiiE  21,  99;  man  sollte  aber  doch,  versetzte  Wil- 
helm, in  diesen  tagen  eine  aus^tellting  beliehen.  22,163;  wes- 
halb der  vorsichtigere  freund  den  schönen  mondscbein  zum 
vorwnnd  naiun  und  auf  einen  Spaziergang  antrug,  welcher 
denn  auch  sogleich  beliebt  wurde.  2.'>,  317;  man  müsse  nach 
der  grammatik  verfahn-n,  wie  sie  einmal  beliehi  und  verfaszt 
worden.  24,  201 ;  bis  die  gebrüder  von  Humboldt  . . .  einen 
längeren  aufentbalt  in  Jena  beliebten.   55, 175 ; 


mit  Zuziehung  der  stand  etwas  belieben, 
ist  sonst  wol  nicht  der  herrn  monarchen  art. 
GÖK1NCK3,  225; 
doch  konnten  die  cuinen  ganz  und  gar  nichts  belieben   ohne 
vorhergegangenen  senatsbeschlusz.  Niebubr  i,  574. 

3)  dies  belieben,  wenn  ohne  allen  casus  dem  inßnitiv  vor- 
ausgeschickt, oder  auch  nur  für  sich  gesetzt,  wobei  man  einen 
solchen  inf.  leicht  ergänzen  kann,  bildet  dann  höfliche  anrede 
und  frage:  belieben  sie  einzutreten,  sich  niederzulassen, 
mich  anzuhören  statt  des  natürlichen  tritt  ein,  lasz  dich  nie- 
der, höre  mich  an;  schwächer  als  geruhen  sie  einzutreten, 
daignez  entrer,  was  man  nur  an  vornehme  richtet,  was  be- 
lieben sie  {zu  verlangen}^  quid  imperas?;  was  belieben  sie 
(zu  sagen)  ?  quid  dicis  ?  wie  sie  belieben,  ut  lubet.  ihr,  die 
ihr  heute  oder  morgen  mein  grab  vorbeigebet,  ich  bitte  euch, 
beliebet  an  mich  zu  gedenken,  pers.  baumg.  4,  26;  das  er 
(gott)  meine  sünde  zu  vergeben  belieben  wolle  (hier  noch 
dignclur).  10,  5 ;  mein  herr,  sie  belieben  allzu  vortheilbaftig 
von  ihrem  diener  zu  sprechen.  Fclsenb.  1,  17 ;  meine  hochge- 
neigte herren  belieben  wasser  zu  nehmen  und  nehmen  den 
ihnen  selbst  anstehenden  platz  ein!  unw.  doct.  506; 

beliebet  morgen  einzusprechen, 

die  Wechsel  laufen  später  ein.    Lessinc  1,  82; 

Ijierher  mamsell!  und  sie  belieben  hierher  (sich  zu  selzen)\ 
Göthe  10,  140;  wie  war  es,  wenn  deine  Weisheit  uns  diese 
Sache  ins  klare  zu  setzen  belieben  wollte?  Wieland  6,  74; 
ich  wisse  mehr  von  ihrer  geschichte,  als  sie  mir  selbst  da- 
von zu  entdecken  beliebt  hatte.  27,  235;  das  ist  ein  kain- 
merdiener,  den  herr  Champagne  beliebt  hat  ihm  an  die  seile 
zu  geben.  Schiller  660.  in  beiden  letzten  stellen  wird  nie- 
mand angeredet,  nur  höflich  von  einer  dritten  person  gespro- 
chen, dies  beliebt  ist  nichts  als  gewollt,  es  heiszl  auch  un- 
artig oder  ironisch:  belieben  sie  nur  zu  warten,  sie  wollen, 
mögen  nur  warten!  belieben  sie  jetzt  zu  schweigen!  sie  be- 
lieben wol  zu  scherzen?;  du  beliebst  das  anzunehmen. 

4)  mit  dem  dat.  der  person,  gefallen,  behagen,  placere:  diese 
Sache  beliebt  mir  nun  einmal;  es  beliebt  mir  so;  wenn  es 
gott  beliebt;  den  feinden  bat  der  krieg  vor  dem  frieden  be- 
liebt; zu  unterschiedlichen  mir  sonderlich  beliebenden  melo- 
deien.  Weckherlin  i'orr.  zu  den  geistl.  ged.;  die  narren  be- 
lieben sich  in  ihrer  narrheit  selbsten.  Philander  2, 155 ; 

wem  redlichkeit  beliebt,  ist  bösen  stücken  feind. 
Fleming  57 ; 

was  uns  an  Ihr  beliebet, 

liegt  vor  uns  kalt  und  todt, 

sei,  junge  weit,  betrübet, 

dich  rührt  die  meiste  noih.    308; 

ein  weib,  dem  lob  so  sehr  beliebt.  Logau  1,  8,  37  ; 
immer  betteln,  wo  mir  belieben  (wo  ich  befehlen)  darf!  Fr.  Möller 
3,  253.  Auch  hier  erzeugen  sich  höflichkeitsreden :  was  beliebt 
dir?  =  was  beliebst  du?  wenn  es  dir  beliebt,  gefällt,  gefäl- 
lig ist,  s'il  vous  platt;  wie  es  ihnen  beliebt  ==  wie  sie  be- 
lieben; 

zur  Sache,  wenns  beliebt.'    Schiller  342"; 

meine  herren,  wenns  beliebt!  {auffordernd);  was  beliebt? 
wie  beliebt  ?  (wenn  man  einen  nicht  verstanden  hat) ;  zumal 
in  der  Verbindung  mit  lassen :  du  wirst  es  dir  beliehen  las- 
sen; so  lasse  ihr  nun  e.  churf.  durchl.  gnädiglich  beliehen. 
Weckherlin  zueign.  der  weltl.  gfd.;  ich  solle  die  einsamkeit 
und  stille  mir  belieben  lassen,  pers.  rosenth.  2,\i;  nun  läszt 
sich  Esau  belieben  eine  heidnische  gemahlin  zu  suchen.  Weise 
comüd. ;  möchte  sich  beliehen  lassen,  die  kluge  naricnhistorie 
umbständlicb  zu  erzehlen.  kl.  leute  Vi ;  zwei  l'reundinnen,  wel- 
che sich  belieben  lassen  mit  uns  nach  Felsenhurg  zu  reisen. 
Felsenb.  2,  616;  meine  werlheste  herren,  ich  bille  sie  lassen 
sich  beliehen  zu  silzen.  unw.  doct.  386;  mit  bitte,  die  her- 
ren wollten  sich  belieben  lassen  wasser  zu  nelmien.  395; 
liesz  auftragen  und  bat,  die  herren  wollten  sich  beliehen 
lassen  zu  sitzen,  so  auch  geschach.  756 ;  die  mächtigsten 
lieszen  sich  diesen  Vorschlag  beliehen.  Wieland  6,  39 ;  kater 
Doria  lasse  sich  nun  die  mause  beliehen!  Schiller  1.S4;  las- 
sen sie  sichs  brav  beliehen!  Millers  Siejtt'orM,  53;  nun  kin- 
der,  laszts  euch  beliehen!  1,  108. 

BELIEHEN,  n.  lihido,  arbilrium,  gefallen,  verlangen: 

1)  seines  beliebens,  ut  libcl:  ihn  seines  beliebens  zu  be- 
zwingen. ZiNKcn.  414,  ir. ;  nach  liclieben,  nach  bloszem  belie- 
ben, nach  deinem  belieben,  nach  eines  jeden  helieheu ;  mit 
beiderseits  gutem  belieben.     Sciuieeius  641 ;  je  nacb  belieben. 

2)  belieben  tragen,  haben,  linden  zu,  an  etwas: 
Ich  trag  am  rauben  ein  belieben.    Logau  1,  7,  65 ; 


1449 


BELIEBERN  —  BEHEBUNG 


BELIEGEN  — BELL 


1450 


trägestu  lust  und  belieben  zu  dem  hofleben,  kanstu  an  das 
bret  zu  kommen  hoffen,  wann  du  zu  allem  willig  bist.  Schcp- 
P11S553;  in  was  für  concave  gemmen  haben  sie  denn  sonst 
zu  schneiden  belieben  getragen?  Lessi>g  S,  144;  spasz  zu  ma- 
chen belieben  trug.  Wielasd  21,  324;  und  man  nicht  eben 
zur  beiz  oder  jagt  belieben  hat.  Bltschrt  Palm.  37;  fand  er 
doch  viel  belieben  an  der  Unterhaltung.  Wiela.nd  7,  141 ;  er 
findet  belieben,  lust  und  belieben  an  pferden  und  bunden. 

31  belieben  machen,  geben,  bringen,  stellen :  sein  stand 
machte  ihm  ein  belieben  zu  glauben.  Simpl.  1,  2 ; 

weil  als  der  tag  die  nacht 

ihr  mehr  belieben  bracht.    Logac  2,  2,  46  ; 

nehmet  hin  den  schlechten  willen,  gebet  nur  ein  klein  belieben, 

ei  so  wird  ein  jeder  glauben,  dasz  ich  köstlich  ding  geschrieben. 
3,zug.  129; 
ich  stellte  alles  in  sein  belieben. 

BELIEßERN,  concrescere,  coagttlari,  geliebem,  ahd.  gelibe- 
run,  altn.  lifraz,  dän.  levres,  zu  leber  gehörig :  wusch  er 
Reicharts  wund  umm  und  umm,  und  reinigt  in  von  dem  ge- 
blut,  so  umm  die  wund  beliebert  was.    Aimon  p  3. 

BELIEBIG,  gratus,  commodus,  voluntarius,  gefällig:  beschen- 
ket zu  werden  ist  beliebig  und  nützlich,  von  Bltschkt  Palm. 
434;  den  bienen  ihre  neue  herberge  angenehm  und  beliebig 
machen.  Hohberc  2,  3G5';  alle  selbst  beliebige  freiheit  las- 
sen. Felsenb.  1,  330 ;  daferne  es  anders  ihnen  allerseits  belie- 
big ist.  2,  36 ;  wenn  es  beliebig,  so  wollen  wir  von  diesem 
gespräche  abbrechen;  so  dasz  alle  beziehung,  von  welcher 
uns  Newton  so  gern  überreden  möchte,  als  ein  leerer  wahn, 
als  ein  beliebiges  märchen  anzusehen  ist.  Göthe  59,  125; 
sollte  es  ihrem  herrn  Schwager  und  den  beiden  damen  gleich- 
falls beliebig  sein  {mich  zu  besuchen),  so  würde  es  an  einiger 
Unterhaltung  nicht  fehlen,  an  Schiller  855.  beliebiger,  frei 
stehender  gebrauch. 

BELIEßLICH,  gratus:  beliebliche  Sachen.    LogadS,  5,  5; 

vertreuliche  schwanke, 
belieblich  getränke.     1,10,69; 

höchst  belieblich.  Scboch  stud.  A2;  lauter  süsze  blicke,  lau- 
ter beliebliche  scherze.  Weise  kl.  leute  262 ; 

sie  ist  belieblich,  zart  und  schön, 
was  soll  ich  dann  zu  andern  gehn? 

iiber/l.  ged.  th.  1,  dutzenJ  3,  lied  8 ; 
ich  hntt  es  nicht  vermeint,  dieweil  betrübt  und  schön, 
belieblich  und  erzürnt  nicht  wol  beisammen  siehn. 
dutzend  2,  lied  4 ; 

ihre  maj.  hatte  sie  mit  allerlei  ihnen  belieblichen  und  gefäl- 
ligen Sachen  begäbet,  pers.  reiseb.  3,  4.  heute  veraltet,  man 
sagt  lieblich  oder  angenehm.  ^ 

BELIEBT,  gratus:  ein  beliebter,  der  beliebteste  mann  im 
land;  ein  beliebter  Schauspieler;  eine  beliebte  redensart; 

so  kehrt  er  wiederumb  gar  freundlich  und  beliebt 
zum  frawlein,  das  sehr  war  erschrocken  und  beirübt. 
Werders  Ariost  iS,  8; 

bei  den  Egyptern   war  der    schäferorden    verhaszt,    bei    dem 
Volk  gottes  aber  war  er  sehr  beliebt.    Kongebls  lorberhain  7;  { 
und    wie    mancher    war    ein    beliebter   und  gesegneter  mann  | 
blieben,   wann   er   im   trunke  nicht  alle  heimlichkeit  geoffen- 
baret.    Weise  erzn.  305 ; 

mein  Dorindgcn,  nimm  die  blumen        • 
mit  beliebten  banden  an. 

iiberfl.  ged.  th.  1,  dutzend  2,  liedZ; 

nichts  ist   so   beredt,   so  da  allen  alles  und  zu  jeden  zeiten  I 
beliebet  machen  und  überreden  könle.  Schuppius  403;  wie  ha- 
ben sie  sich  denn  so  beliebt  bei  ihr  gemacht?  Gellert; 
beliebter  wald,  beliebter  kränz  von  büschen!    IIallcr; 
beliebte  lufl  auf  väterlichen  bügeln!  derselbe; 
das  beliebte  rettungsmittel.    Klincer  10,  2SS; 
im  fernen  land,  hoch  berp  und  wald 
ist  mein  beliebter  aufenthall.    Goriie  13,  86. 

DELIEBLNG,  /.  vas  belieben,    lust,  gefallen: 
dann  ich  denselben  tag  mich  für  glückselig  hielt, 
da  zur  beliebung  ihm  ich  halte  was  gespielt. 

Wkroers  Ar.  5,  15; 
der  wirl  beut  beim  trinken  seinen  gasten  an,  selbige  weiber 
ihrer  belichung  nach  zu  ferner  lust  zu  gehrauchen,  pers. 
reiseb.  i,*-)-,  er  liesz  sich  plagen  wie  ein  ball,  der  nach  be- 
liebung der  kolbe  hin  und  wieder  getrieben  wird.  fers,  baumg. 
4,19;  wenns  nicht  wahr  ist,  iiiagstu  mir  nach  deiner  belie- 
bung die  gröszte  marter  machen,  pers.  rosrnlh.i,3b;  sie  hat- 
ten keine  beliebung,  mich  mit  zu  nehmen.  2,  5;  es  halte  ein- 


mal ein  könig  grosze  beliebung  zum  bogenschieszen.  pers. 
rosenth.  3,  27 ;  wenn  wir  alt  werden,  vergehet  uns  alle  lust, 
davon  die  Jugend  so  grosze  beliebung  hat.  pers.  baumg.  9,  2  ;  be- 
liebung an  reisen  tragen,  pers.  reiseb.  1, 1 :  begierd  und  beliebung 
trug.  Harnisch  13;  lust  und  beliebung  zur  weide.  147;  lust  und 
beliebung  zu  neuerungen  haben.  Scbcppics  522;  es  mit  belie- 
bung lesen.  625;  so  trag  ich  im  geringsten  keine  beliebung 
zu  solchen  schulpossen.  Schoch  slud.  A;  und  weil  sie  so 
ganz  keine  beliebung  zu  einem  hofmeister  tragen.  B ;  es  ma- 
chet lust  und  beliebung  zu  den  studiis.  Simpl.  305;  so  darin 
beliebung  gehabt.  Leibmtz  469;  in  einem  gasthofe  zu  blei- 
ben, dazu  hätte  keine  beliebung.  Plesse  1,  58 ;  er  schien  zwar 
hierzu  beliebung  zu  haben,  später  erlischt  das  vort  und  gilt 
nur  noch  in  dem  sinn  von  Vereinbarung  (/ranz,  agrement)' unrf 
freiwillig  gemachter  einrichtung ;  so  hatten  die  handwerke  eine 
todtenbeliebung,  leichenanstalt ;  dasz  das  allgemeine  latinische 
landrecht  in  kraft  war  und  einzelne  orte  daran  durch  belie- 
bungen nichts  ändern  konnten.  Niebuhr  2,  37  ;  der  eigenthüm- 
liche  Charakter  dieser  volksbeliehung.  Dahlxass  dän.  geseh.  1, 194 ; 
es  gelang  ihm  die  beliebung  durchzusetzen,  dasz  in  den  Städ- 
ten die  Waffen  künftig  abgelegt  werden  sollten.  2,  146. 

BELIEGE.N,  jacere,  kommt  heute  fast  nur  im  pari,  belegen 
(ip.  14421  und  im  inf.  neben  bleiben  vor  (wie  hängen,  behangen, 
haften  bleiben),  das  ahd.  pilac,  vihd.  belac  drückte  aber  ßr 
sich  aus  er  blieb  liegen;  er  belac  tut,  blieb  todt  aiff  dem  feld 
liegen,    beiiget  üf  der  verte,  bleibt  unterwegs  liegen: 

ach  nu  ich  bin  geschwinde  krank, 

ich  bleib  beilegen  auf  der  bank. 

Stricker»  schtemmer  C4'; 
die  spende  ist  beiigen  blieben,  urk.  von  1657  in  Grotes  gesch. 
von  Sordheim  s.  61;  wer  den  gefallenen  zu  hülfe  kompt,  der 
bleibet,  wann  er  fället,  nicht  beilegen,  pers.  baumg.  2,  9;  das 
holz  aloe  gibt  keinen  lieblichen  geruch,  wenns  nur  in  der 
büchsen  beilegen  bleibt,   pers.  rosenth.  1,  2t; 

und  was  ihm  aus  der  feder  fällt, 

ist,  wie  es  fällt,  beilegen  blieben.    Wernicke  112; 

man  sagt  aber  gewöhnlicher  liegen   bleiben,   liegen   geblieben. 

Das  ahd.  pilikan  stand,  vie  pisizan  und  unser  besitzen, 
auch  transitiv  im  sinn  von  comprimere,  opprimere  (Graff  2, 
S7.  89).  so  sagen  icir  heute  noch:  du  beliegst  mir  das  eben 
geraachte  bett;  die  rinder  beliegen  und  vertreten  das  gras; 
gewinnen  die  schäfer  nicht  jarlich  ein  groszes,  dasz  sie  an- 
dern leuten  mit  irer  herde  die  ecker  beiigen  und  tüngen. 
Kirchhof  iceniiunm.  240".  im  15  ;A.  hel^  ßr  belagerte.  Haupt 
8,  331. 

BELIEGEN,  richtige  alte  Schreibung  statt  des  heutigen  be- 
lügen, mendaciis  fallere,  nnl.  beliegen :  damit  er  je  mein  un- 
williger, ungünstiger  und  soviel  desto  sterker  gezeug  ist,  das 
ich  ein  recht  from  Christen,  und  on  ursach  von  im  ein  ketzer 
belogen  bin.  Luther  1,385';  wer  uns  in  disem  artikel  abgöt- 
tisch beleuget  und  lestert,  der  beleuget  und  lestert  Christum, 
das  ist  gott  selbs  als  ein  abgott.  8,  lOO';  das  ist  nicht  das 
erste  mal,  das  ich  von  e.  f.  u.  {Ungnaden)  belogen  und  bös- 
lich dargeben  bin.  br.  2,  285.  irie  beilegen  Und  belügen  ver- 
hält sich  belriegen  und  betrügen. 

BELIEGER,  m.  viendaciis  fallens: 

weil  Polinesso  war  ein  lüsner  und  belieger. 
stolz,  grawsam,  ungerecht  und  geiziger  betrieger. 
Werders  .4r.  5,  87. 
BELINIEN,  lineam  cognationis  probare,  s.  bebusemen.  heute 
auch  ßr  linien  ziehen,  das  papier  belinien,  liniieren. 
BELISTEN,  fallere,  decipere,  überlisten: 

komm  doch  glück  mir  zu  wünschen,  Amalia!  schämst  du  dich 

jeizo, 
das/  du  mich  also  belisiet!  geduld,  wir  sprechen  uns  weiter. 

Luise  3,  376 ; 
die  (polilik)  damit  sich  klüglich  fristet, 
niemand  als  sich  selb  belistet.    Rückekt  1S3; 

es  wür  eine  fi-eude,  deo  altea  fuchs  zu  belisten.  Kli.xcer 
1,  121; 

der  will  den  feind  belisten  wird  bestrickt.    Tieck  5,  530. 

BELITTERN,  bergmännisch  ßr  beieitern :  einen  Schacht  be- 
littem,  die  fahrten  in  ihn  einhängen,  ihn  mit  leitern  versehen. 

BELL  oder  BELLE,  f,  ein  bestandlheil  des  schifs.  worüber 
die  Wörterbücher  auskunft  versagen:  weiter  auf  die  bellen  vom 
schif,  zwischen  dein  inast  und  dem  haus  voran.  Fromsperc 
kriegib.  1,  16l'.  man  denkt  an  bell  in  arschbell,  elunis.  bel- 
len könnte  aber  auch  ein  pl.  sein  und  zu  balle  fascis,  globtis 
gehören,  wie  in  folgenden  stellen:   do  nameo  sie  ein  güldene 


1451 


BELLE  — BELLEN 


BELLEN 


1452 


schalen  usz  dem  tempel  und  verbargen  die  heimlichen  in  die 
beliin  Esopi.  Steiniiöwel  (1555)  25;  bunden  die  Deiphici  sine 
bellia  (sein  gepäck,  seine  ballen)  uf  und  funden  die  gülden 
schalen.  25'. 

BELLE,  f.  pojmlns  alba,  poln.  topola  biaia,  it.  pioppo 
bianco,  sonst  auch  albele,  alber,  abele  und  daraus  gekürzt. 

BELLE,  f.  lalratus:  der  hund  hat  eine  starke  belle;  du  hast 
eine  gute  belle,  starken  htisten;  die  gottesackerbelle,  ein  schwind- 
süchtiger husten,     mhd.  sagte  man  bei  oder  bil  m.  (Ben.  1,  125'). 

BELLEN,  lairare,  pcrsonare,  prael.  boll  für  ball,  pl.  bul- 
len, pari,  gebollen,  auch  bellte,  gebellt,  mhd.  bellen  bal  bul- 
len bollen  (Ben.  1, 125'),  ahd.  pellan  pal  pullun  poilan  (Graff 
3,  91),  ein  uraltes  wort,  dem  skr.  bhil  findere  entsprechend,  da 
nun  zugleich  skr.  bhid  findere  besieht,  welchem  wir  unser  bei- 
szen  an  die  seile  setzen  durften  tmd  das  aus  bhid,  nach  dem 
Wechsel  zwischen  D  und  L,  bhil  hervorgegangen  scheint,  so  ge- 
währt unsere  spräche  in  beiszen  und  bellen  dieselbe  doppel- 
gestalt  einer  würzet,  die  im  skr.  bhid  und  bhil  vorliegt;  das 
latein  hat  nur  lindere  =  fidere  für  bhid.  wer  bhid  und  bhil 
von  einander  hallen  will,  musz  ihre  einstimmende  bedeulung 
zugeben;  wer  beiszen  und  bellen  zu  einigen  trachtet,  kann 
anschlagen,  dasz  die  begriffe  des  spaltens,  brechens  und  schal- 
lens  in  einander  übertreten,  z.  b.  aus  frangere  ergibt  sich  fra- 
gor,  aus  brikan  altn.  brak  Stridor,  crcpilus,  braka  crepare; 
unser  krachen  crepare  wird  zu  transitivem  krachen  frangere 
(niisse  krachen,  ein  ei  zerkrachen)  tind  crepare  kann  scindi 
bedeuten;  altn.  skella  ist  sowol  tinnire  als  amputare,  secare; 
bersten  sowol  brechen  als  krachen;  klaffen  hiscere,  findi  und 
latrare.  alles  schallende  bricht  die  luß,  schneidet  in  die  laß, 
reiszt  ins  ohr,  umgekehrt  jedes  rciszen,  bersten,  schmettern 
bringt  einen  laut  und  geräusch  hervor. 

Das  Sanskrit  verbindet,  soviel  wir  wissen,  mit  bhil,  das  la- 
tein mil  findere  nur  die  Vorstellung  des  spaltetis,  tmser  bellen 
hat  umgedreht  mir  die  des  schallens,  man  müste  denn  in  ars- 
pelli  dunes  noch  die  bedeulung  von  spalte,  kerbe  suchen,  aber 
auch  auf  anderm  wege  ist  der  begrif  des  spaltens  erreichbar. 
bellen  stellt  sich  als  secundäre  form  dar,  welcher  ein  heilen, 
mhd.  bilen  praet.  bell  vorausgieng  {wie  ein  subst.  bell  latra- 
tus  sp.  1376  neben  ball  sp.  1091  besteht),  das  zwar  wiederum 
latrare  ausdrückt,  doch  daneben  an  heil  securis,  folglich  an 
heilen,  spalten,  kerben  reicht,  wir  empfangen  dadurch  einen 
oben  noch  entbehrten  näheren  aufschlusz  über  den  verhalt  der 
beiden  verba  heilen  latrare  und  heilen  incidere,  findere  zu  ein- 
ander. 

Während  unser  bellen  hauptsächlich  auf  den  hellen  laut 
geht,  den  der  hund,  hirsch  und  fuchs  von  sich  geben,  das  ags. 
bellan  vom  geschrei  des  ebers  gilt:  bearg  hellende  on  boc- 
vuda.  cod.  exon.  428,  10,  das  engl,  belling  noch  von  dem  des 
hirsches ;  wird  das  ags.  engl,  und  nl.  subst.  bell,  bei  für  die 
schallende  glocke  oder  schelle  verwandt,  den  Schweden  ist 
skälla  latrare,  und  Fischart  Garg.  149'  nennt  die  glocken 
kirchschellen,  aber  152'  auch  bellende,  billende,  bollende 
kirchposaunen,  man  könnte  sagen,  in  früher  vorzeit  ersetzte 
dem  nahenden  wunderer  das  gebell  der  haus  und  hof  bewa- 
chenden hunde  den  aus  der  ferne  ihm  entgcgenschallenden  glo- 
ckenklang.  der  hundename  hello  ni.  und  bclla  f.  ist  alt,  vgl. 
ahd.  mistpellä.  Natürlich  aber  war  es,  dasz  man  mit  bellen 
von  früh  an  auch  das  laute  geschrei  der  menschlichen  stimme 
bezeichnete. 

1)  thierisches  bellen:  sie  sind  glich  den  bösen  haushünd- 
lein,  die  tag  und  nacht  bellen,  was  aber  der  starken  rüden 
seind,  die  keren  sich  nit  daran.  Keisersb.  Sünden  des  mundes 
42";  die  schwachen  hund  hellen  aller  meist,  als  die  mistbel- 
lerlin.  aber  die  groszen  starken  hund  hellen  selten,  die  klei- 
nen belzlin  bellen  tag  und  nacht.  70';  wan  als  ich  vormals 
auch  gesagt  iiab,  was  der  Ihörigen  hund  sein,  als  betzlin  und 
die  misthellerlin,  die  bellen  tag  und  nacht,  aber  was  der 
groszen  starken  rüden  sein,  die  licllen  selten.  81";  gleich  als 
wenn  einer  einen  hund,  der  feindlich  pillet,  verachtet  und 
für  über  gehet,  so  beiszt  er  nicht  allein  nicht,  sondern  hö- 
ret auch  auf  zu  bellen.  Luthers /i«c/ir.  Tl'.t'  (2,14');  da  bul- 
len die  bauren,  da  liefen  die  hund  mit  spieszen.  de  generib. 
cbriosor.  20;  disz  geschach  zu  der  zeit,  da  die  häuser  (lo- 
gen, die  Ihicr  redten,  die  bech  branlen  und  man  mil  slro 
leschtc,  die  bauren  bollen,  die  hund  mit  spieszen  lierausz 
lolTen.  bienenk.  182';  ein  hund  der  immer  schrelil  und  billt, 
beiszt  selten.  Kirciimof  nenciunni.  222' (2auj;  leise  bellen  dem 
gespür  nach.  Heniscu275; 


drumb  pall  er  {der  hund)  weidlich  in  den  häufen,    ganskönig  D5; 

ich  wcisz  nicht,  ob  ein  hund  viel  gilt, 

der  allen  schmeicheil,  keinem  billt?    Logau  1,8,  29; 

die  hunde,  die  am  meisten  bellen,  greifen  am  wenigsten  zu. 
Jucundiss.  209 ;  (der  hund)  ohne  unterlasz  gebollen  hätte. 
ehe  eines  mannes  253; 

mich  lobt  das  ganze  haus,   warum? 

ich  kann  die  treue  klüglich  üben, 

ich  bleibe  dem  geliebten  stumm, 

und  belle  betilern  oder  dieben.    HAGSDonn  2,  28 ; 

Hylai  billt.     2,  131 ; 

billt  unser  Hylax  nicht?    Overb.  VirgilHl; 

ha,  da  liegt  er  mit  gesenkten  obren, 

der  mir  oft  noch  muih  ins  herz  gebellt.    GöeingcS,  27; 

drinnen  im  fels  wohnt  Skylla,  das  fürchterlich  bellende 

Scheusal.        "  Voss  Orf.  12, 85; 

doch  immer  klaft  es  hinterher 
und  billt  aus  allen  kräften.    Götuk  2,  219; 
der  Jagdhund  boll.    26,  77; 

es  boll  ein  hund.  J.  Paul  Hesp.  4,172;  so  kann  in  der  dach- 
kaminer  zwar  ein  träumender  hund,  aber  ebenso  gut  ein 
träumender  versemacher  gebollen  haben,  paling.  1,30;  eben 
haben  die  beiden  hunde  wieder  gebollen;  billet  ein  hund,  so 
klaffen  sie  alle ;  bellende  hunde  beiszen  nicht ;  verzagter 
hund  billt  am  meisten;  wenn  ein  aller  hund  billt,  soll  man 
hinaus  schauen;  alte  hunde  ist  schwer  bellen  lehren;  wer 
kann  dem  hund  das  bellen  wehren?;  wenn  der  hund  scheiszt, 
so  kann  er  nicht  bellen ;  auf  ihrem  niist  bellen  die  hunde 
tapfer.  Auszer  bellen  gilt  vom  hund  baffen,  befzen,  bauzcn, 
gauzen,  blaffen,  klaffen,  helfen,  belfern,  gelfern,  greinen,  heu- 
len, schrellen  {schrillen)  und  zumal  lauten,  hochlauten,  d.  i. 
hellen  laut  erschallen  lassen.  Den  wolf  läszt  man  heulen, 
doch  steht  schon  im  Annolied  691  von  bellindin,  grawin  walt- 
hundin.  weidmännisch  billt  der  fuchs  (Döbel  1,  39'.  Becher  66), 
die  jungen  fuchse  bellen,  wenn  ihre  nahrung  zu  lang  aws- 
bleibt.  ein  titelloses,  im  j.  1486  gedrucktes  gedieht  miszt  dem 
hirsclie  bellen  bei. 

da  hon  ich  hinsehen  stolz 
vast  pöllen  lut  und  grimm 
mit  brünstiglicher  stimm. 

2)  bellen  von  menschen  gebraucht,    laut  schreien,    lermen, 
eifern : 

er  sei  ein  weidenlicher  gesell 

und  bull  was  er  wöll.    fastn.  sp.  1425; 

und  ich  Johannes  Geiler  von  Keisersperg  wird  bald  LXIV  jar 
alt  und  stand  noch  hie  zu  schrien  und  zfi  bellen,  aber  ich 
gedenk,  das  es  gar  ein  behutsamer  stiller  leben  was  we- 
der es  ietz  ist.  omeis  19* ;  Hellas  bal  wider  die  falschen  pro- 
pheten.  ehr.  bilger  139;  er  hat  grusamlich  gebollea.  ebenda; 
hie  billet  einer  von  der  messe,  hie  kreischet  der  ander  von 
guten  werken.  Luther  4,  382';  es  geben  wol  etliche  für, 
s.  Paulus  habe  1  Cor.  14  eim  iglichcn  freiheit  gegeben,  in 
der  gemeine  zu  predigen,  auch  wider  den  ordentlichen  pre- 
diger  zu  hellen.  5,  492';  obgleich  die,  so  da  wider  bellen, 
irren.   1,  15'; 

die  tochter  wider  dmuter  bilt.    Wickraüs  bilger  6^; 

Tit.  2,  9  steht  widerbellen :  das  sie  (die  knechte)  iren  herren 
nicht  widerbellen  {firj  avriliyoiTas,  v\ilg.  non  contra  di- 
centes) ;  ich  rede  oder  helle  aus  keinem  hundskopf.  He- 
MscH  275; 

man  wiegen  den  discant,  man  brüllet  den  lenor, 
man  billt  den  contrapunct,  man  heult  den  olt  hervor. 

Logau  2,  5,  39 ; 
kennt  mich  der  gute  maim?  er  kennt  mich  nicht,  ich  wette, 
doch  was?  als  ob  nicht  auch  sein  bruder  an  der  kette 
auf  die  am  heftigsten,  die  er  nicht  kennet,  billt. 

Lkssimg  1,  10; 
krittler  bellen  sich  zu  tollen  hunden.    1)ürgku57*; 

wir  begrüszten  ihn  mit  wenigen,  höfliciien  worlcn,  die  er  mit 
bellenden,  stotternden  tönen  erwiederle.  Götme  28,  43;  nun 
hellt  ihr  gegen  den  pahst.  Kkinger  1,  277;  das  ganze  land 
hustet,  es  hilft  nichts  zum  arzte  zu  gehen,  der  bellt  selber 
ärger  als  seine  künden.  J.  Paul  uns.  löge  1,  8'J. 

3)  bellen  auf  Sachen  angewandt: 

sprich  auch,  dasz  Eol  stracks  >ein  leichtes  volk  verbanne, 
darniil  es  nicht  auf  uns  mit  .stiirm  und  wetier  billt. 

FtKaiNi;  474; 
wenn  die  mlügimst  billl.    Gümtiikh  20.  212; 
imsro  zeit,  in  der  der  hundssiern  billl.    470; 
und  mein  gewi.sscn  billt.    1041; 


1453 


BELLER  — BELOCHEN 


BELOHNExN — BELORBERN 


1454 


wie  wenn  die  winde  bellen, 
wenn  see  und  weiter  lobt.    Neumark  185; 

sein  bellendes  gewissen,  irrgarlen  der  liebeil; 

er  hört  den  zank  nicht  vor  gerichten  bellen. 

Hagedob."«  1,  72; 
und  das  here  im  innersten  bellt  ihm.  Voss  Od.  20,  13; 
ein  reiszendes  Ihier  biilt  in  meinem  eingeweide.  Gebstenberg 
Ogol.  60;  und  ich  sollte  mit  diesen  bellenden  begierden  mich 
zu  tode  schleppen?  Fr.  MLller  2,  144;  der  hunger  bellte 
{stomachus  lalrat).  Klinger  6,  128;  ist  der  bellende  innere 
thierkreis  abgefüttert.  J.  Paul  Kamp.  61 ;  aber  davon  Tveisz  die 
bellende  Undankbarkeit  nichts,  aestli.  3,  40 ;  schmerzen,  die 
den  menschen  anbellen,  mumien  3,  35;  ein  hassender  geist 
spürt  lieber  die  plagen  der  armen  aus,  seltner  um  sie  zu 
heben,  als  um  über  die  reichen  zu  bellen,    flcgelj.  3,  50. 

BELLER,  m.  v/.a^wiefi).n^  und  axi/.a^,  der  bellende,  wach- 
same hund,  der  Wächter,  hello,  auch  in  der  gaunersprachc  beller: 
plötzlich  nunmehr  den  Odrsseus  ersahn  die  wachsamen  beller, 
i^aTiifr^s  S'  OSvoija  iSov  m^ve?  v'/.ay.oufoooi. 
Voss  Od.  14,  -29 ; 
bei  dem  spiegelnden  borgquoil 
gien?  um  gelagerte  ziegen  und  seidene  sch.nrcben  em  beller. 
Voss  2,  21". 

die  Jäger   nennen   den   zur   auerhahmbalz   abgerichteten  hund 
vorzugsweise  beller.  Döbel  1,  112; 

heucbler  und  hunde  belecken  die  teller, 
jene  sind  Schmeichler  und  diese  sind  beller. 
LoGAU  1,  10,  45. 
mhd.  er  kaller,  er  beller,  er  vederspil, 

da;  krimmt  und  doch  niht  väuen  wil.    Jüngling  921. 

BELLERIN,  ^.  s.  widerbellerin. 

BELLERLEIN,  n.  oy.v).äy.ior,  ein  bellendes  hündchen,  s. 
mistbellerlein,  und  die  unter  bellen  1.  aus  Keisersberc  an^e- 
zognen  stellen. 

BELLET,  m.  fueus,  schminke,  it.  belletto :  one  zweifei  aber 
hat  das  lateinische  wort  fucus,  welches  ein  anstrich  oder  bel- 
let heiszl,  vom  bebreischen  fuch  den  namcn.  Mathesiis  106*. 

BELLETSCHIER,  it.  bella  ciera,  franz.  belle  chierc,  gttte 
miene,  dann  aber  blendwerk:  mancher  einfeltiger,  der  nicht  ! 
wol  mit  gottes  wort  unterrichtet  ist  oder  im  die  äugen  von 
gottes  wort  abwenden  und  den  verstand  mit  disem  nebel  und 
bellitschir  bezaubern,  verblenden  und  bethoren  leszt.  Stets«. 
Cephalls  tf arer  qrund  und  beweisung.  1551.  4.  C  1 ;  der  fucbs 
kan  gut  belletschier  machen  und  sich  oft  von  den  banden 
losreiszen.  .MATHESiusconc.  9  Sarep/ae;  vil  bellischier.  spengel- 
werks  und  grammaschi.  Frank  spr.  2,  90*  und  danach  Henisch 
275;  granschier  e  bellischier.  BRAMnarrOTJcA.  206;  er  vermocht 
sich  nicht  des  bellischierens  und   kappenruckens.    Garg.  45'. 

BELLHA.MMEL,  m.  rerrex  sectarius.  Henisch  274,  nnl.  bel- 
hami'i,  der  widder,  dem  eine  glucke  um  den  hals  hängt,  auf 
deren  geläut  die  übrigen  schafe  folgen,  franz.  clocheman, 
sonnenr. 

BELORBRIEF,  m.  literae  in  aliquem  honorifieae:  da  er 
bei  seiner  eignen  ehre  die  i)elobbriefe  seines  gewissens  den 
schandgemählden  der  weit  ruhig  und  stumm  entgegensetzt. 
J.  Paci.  Uesp.  3,  22. 

BELOBEN,    collaudare,    laudare,  bei  den  dichtern  sonst  ofl 
in    anreden :    belobter    held  I     belobter    musensohn ! ;    es    ist 
noch  immer  von  den   belobleslen   goltesgclehrten   geschehen. 
Käst  1,  239;  der  belobte  Verfasser;    tugendbelobte  frau; 
belobte  meisicr  ira  gesang.    Schiller  452'; 
und  sollen  wir  sie  nicht  darum  beloben? 

WtRLA.ID  3,  101; 
so  wil  Ich  dein  erbarmen 
beloben,  w.-il  ich  bin.    FLrst.to  29  (31); 
da  macht  ich  mich  beloht  bei  vielerlei  provinzen.    99; 
der  belobte  (a-r  o/l  nachgespruchene)   gnindsafz    des  .\ristole- 
les  ist  falsch.    Kant  5,  230;    von    der   läge  der  Stadt  und  ih- 
ren berlirhkeilen,    die    so    ofl   beschrieben    und    liclobt    sind, 
kein  wort.    Gothe2S,  23;    ein    belobendes  wort  inusz  ich  dir 
hier  sagen.  Bettine  briffel,HB.    sich  eines  beloben,  rühmen: 
er  hat  sich  dessen  li«loht,  damit  geprahlt ;  darzil  wil  ich  euch 
des  meinen  als  vil  geben,    das    ir  euch  des  von  mir  beloben 
Sölient.  Aimon  S ;  des  .sidlu  dich  billich  belolten.  Fierabr.  B  6. 

BELOIU'NC.SSCMREIRE.N,   «.  ifo5  belobhrief. 

BELORI  NGSZELGMS,  n.  Götter  3,  204. 

BELCMMEN,  furstmännisch,  die  harzhölzer  belochen,  be- 
harzen,  das  harz  durch  gemachte  einschnitte  abzapfen,  t.  locb- 
baum.     mhd.  ist  belochen  pari,  von  beliechcn,  tloHdert. 


BELOH.NEN,   praemio  affieere,    remunerari,    nnl.  beloonen, 

1)  mit  dat.  der  person,  gen.  der  sache,  wie  man  mhd. 
lunen  einem  eines  sagte:  er  gelrawet  gott,  das  er  im  seiner 
guten  werk  belonen  wil  mit  ewiger  selikait.  Keisersb.  hos 
im  pf. ;  des  belonet  dir  got  dester  me.  cAr.  bilger  13 ;  und 
ist  so  fruchtbar,  dasz  si  dem  säer  hundertfeltig  seiner  arbeit 
belont.    Frank  wellb.  5*; 

auch  man  dem  redlichen  und  Trummen 

seiner  tugend  nimmer  betonet.    11.  Sachs  I,  1S7*. 

statt  des  gen.  auch  die  praep.  mit :  dir  mit  undank  und  allen 
bösen  tücken  belohnen.    Lokman  fab.  22. 

2)  mit  dat.  der  person,  acc.  der  sache:  sie  belohnele  den 
heiligen  ire  arbeit,  weish.  Sal.  10,  Is ;  und  ist  doch  weder  im 
noch  seinem  beer  seine  erbeit  für  Tyro  belohnet  worden.  Ez. 
29,  IS ;  so  wird  ers  euch  wol  belonen.  Sir.  51,  38 ;  seid  frö- 
lich  und  getrost,  es  wird  euch  im  himmel  wol  belonet  wer- 
den. Matth.  5, 12 ;  o  du  ehrlicher  Hans,  das  belohn  dir  gotu 
ScHUPPics  171;  dasz  ihm  seine  untreu  wird  belohnet  wer- 
den.   355. 

a)  mit  acc.  der  person:  du  belohnest  die  wol,  die  deinen 
namen  fürchten,  ps.  6t,  6;  gott  wird  dich  belohnen;  alle 
wurden  reich  belohnet,  dies  kann  auch  bedeuten  bestrafen, 
wie  lohn  verdiente  strafe  ausdrückt:  die  Verbrecher  sind  end- 
lich belohnt  worden,  haben  ihren  lohn  empfangen; 

straf  unsern  feind.  auf  dasz  er,  recht  belohnet. 

nicht  langer  ärgerlich  stolzier.    Weckuerli.'«  182; 

es  liebet  nicht  sein  kind, 

der  keine  rute  bind  : 

das  herzeleid  belohnet 

den,  der  der  kinder  schonet.    Logac  3,  10,  25. 

die  Sache  wird  durch  die  praep.  für  ausgedrückt:  ich  belohne 
dich  für  deine  that,  für  deine  mühe. 

4)  mit  acc.  der  sache  statt  der  person:  ich  belohne  deine 
mühe  =  dich  ßr  deine  mühe;  belohnt  er  ihre  mühe?  Schil- 
ler 339";  das  belohnt  {vergilt)  alle  meine  sorgen;  gott  be- 
lohnt die  tugend,  die  tugendhaften ;  gott  belohnt,  d.  i.  be- 
straß  das  lasier,  die  lasterhaften;  denn  deine  arbeil  wird  wol 
belonet  werden  =du  für  deine  arbeit.  1er.  31,  IG;  denn  sie 
haben  der  hofnung  nicht,  das  ein  heilig  leben  belonet  werde, 
treisn.  Sal.  2,  22.  ohne  casus:  o  das  belohnt!  eine  beloh- 
nende aussieht. 

5)  unpersönlich,  a)  es  belohnt  die  mühe: 

obs  nicht  die  müh  belohnt 
die  band  voll  jähre  miiziinehnien?    Göki?(ck  1,  120. 

b)  es  belohnt  der  mühe:  es  wird  des  Versuchs  belohnen, 
die  gegenstände  näher  in  Verbindung  zu  bringen.  Hippel  11, 18. 

c)  es  belohnt  sich  die  mühe,  belohnt  sich  die  mühe  nicht; 
um  den  sichs  kaum  die  müh  belohnt.    Gökinck  1,  23. 

d)  es  belohnt  sich  der  mühe,  der  mühe  nicht. 

fücht  alle  diese  hergebrachten  ßgungen  sdteinen  richtig, 
nach  maszgabe  von  einem  geben  und  einen  begaben,  einem 
schenken  und  einen  beschenken  sollte  auch  nur  gesagt  wer- 
den einem  lohnen  und  einen  belohnen,  hiernach  sind  3  und  4 
vorzügluiier  als  1  und  2.  ßir  i  b,  d  würde  besser  stehn  es 
lohnt  orfer  verlohnt,  es  lohnt,  verlohnt  sich,  freilich  aber  fü- 
gen wir  zu  benehmen  gleichfalls  den  dat.  der  person  und  ace. 
der  Sache,    vgl.  ablohnen. 

BELOHNER,  m.  remuncrator,  praemii  auclor. 

BELOHNUNG,  f.  praemium,  remuneratio,  merces:  werfet 
ewer  vertrawen  nicht  weg,  welches  eine  groszc  belonung 
hat.  Ehr.  10,  35;  denn  er  sähe  an  die  belonung.  II,  26; 
dann  alsdann,  wann  der  herr  zu  gericht  kommt,  ist  kein 
zeit  der  arbeit,  sonder  der  belonung.  alsdann  ist  kein  zeit 
zu  betteln.  6(CHe»iA-.  3S' ;  wo  nicht  ist  der  tugend  belohnunge, 
da  ist  auch  darzu  kein  lust  noch  liebe.  Schlppils  412 ;  eine 
ehrende  belohnung;  ich  finde  meine  belohnung  darin,  dasz 
sie  mir  recht  geben ;  ich  verlange  keine  andre  belolmung. 

BELORRERN,  lanrea  ornare,  viit  dem  ton  auf  o: 

hat  der  unverhofte  bli.i  dein  belorbert  haupt  getiolTen ! 

Gntphics  1,  396 ; 
und  mein  beldrbert  haupt  zu  dicken. 

LoHK^isT.  Cleop.  126,  784; 
die  beiurberte  furie,  krieg  der  orobning. 

Klopstock  2^  127; 
0  diese  kunst  Tcrsicht 
nicht  jeder  kaiserlich  belörberte  poet.    Wisland  5,  ICO. 

seit  man  aber  ßr  lürber  iörbeere  vorzog,  heitzl  es  auch   be- 
lorbdcrt : 

die  Stirn,  wie  ein  priester,  belörbeert.    Platin  2$] 


1455 


BELT  — BELUSTIGEN 


BELUSTIGUNG  —  BELZPLETZIG 


1456 


BELT,  m.  wir  verslehn  darunter  meist  die  7neerengen  an 
den  dänischen  inseln,  welche  oslsee  und  nordmeer  verbinden, 
zuweilen  aber  das  ballische  meer  selbst,  in  welchem  sinn  z.  b. 
Ramler  1,  43.  63  bell  gebraucht.  .  jenes  entspricht  dem  ddn. 
bell  n.,  neben  belle  cingulum,  schw.  biilte,  altu.  belli,  und 
man  vergleicht  das  meer,  wo  es  schmal  wird  und  sich  ver- 
engt, einem  durch  das  feste  land  gezognen  gürtet,  belli  aber 
ist  das  ahd.  palz  (Graff  3, 114)  und  tat.  balleus.  Bell  ==  fcü/- 
tisches  meer  hingegen  mahnt  an  Baltia  bei  Plinius  4, 13  und  das 
litt,  bailas  weisz  {oben  sp.  1081).  in  keinem  der  beiden  falle 
ist  die  Schreibung  bell  hochdeutscher  ausspräche  gemdsz.  auch 
Fleming,  der  belth  schreibt,    meint  die  oslsee  und  ihre  küsle: 

am  meisten  tiasz  sich  hier  die  weisen  najadinnen 

ümm  dich,  du  grüner  Belth,  mit  feuchter  lusl  verdrehn.    657; 

du  zäum  des  frechen  Belths.    631; 

auch  wil  ich  mich  beüeiszen, 
den  ungelobieti  üeltli,  dein  griines  Vaterland 
zu  rühmen  überhoch.     623. 

BELTERN,  sich,  trahere  se  cum  aliquo?  mit  uns  steifen 
bauerkerln  sich  bellern  zu  müssen.  Hermes  in  Soph.  reisen 
2,  335.     sonst  ohne  anhält. 

BELÜFTEN,  aere,  aura  instruere,  mit  luft  ausstatten,  luftig 
machen:  der  lungen  halben  wissen,  das  sie  die  ist,  die  den 
ganzen  leib  belüftet,  der  sonst  erstickele.  Paracelsus  chir. 
sehr.  342'.  in  solchem  sinn  könnte  gesagt  werden  ein  zimmer 
belüften.  .    . 

BELUGEN,  aspicere,  anlugen,  beschauen:  einen  neugierig 
belugen. 

BELÜGEN,  mendacio  dccipere :  gott  kann  man  nicht  belügen ; 
unterzeichnet  er 
das  fürchterliche  urtheil  schon?  er  ist  belogen.    Schiller. 

s.  beliegen. 

BELUGSEN,  BELUXEN,  belauern,  bctriegen,  von  belugen 
abgeleitet,    wie  ablugsen  von  ablugen. 

BELULLEN,  Fischart  führt  Garg.  79"  unter  den  epilheten 
der  schiffe  auch  an  berollet,  becouipasset,  beraseilet,  besa- 
net,  befanet,  getopfseilel,  bezugcabeiet,  belullet,  die  lul  f. 
pl.  lullen  heiszt  nnl.  ein  dreieckiges  segel,  das  man  in  klei- 
nen schiffen  vornen  aufzieht  und  sonst  auch  kluiffok  nennt; 
auszerdem  bedeutet  lul  eine  röhre  an  der  pumpe,  belullen  aber 
hat  Weiland  nur  unter  der  abslracten  bedeutung  von  bepralcn 
d.  i.  beschwätzen,  bereden. 

BELUSTEN,  BELÜSTEN,  der  umlaut  wie  in  gelüsten. 

1)  delectare,  vergnügen,  reizen,  belustigen:  dasz  ihr  kein 
speis  soll  geben  werden,  die  den  leib  ersucht  oder  belüstel, 
als  mit  gewürz,  guten  biszlein.    Paracelsus  1,  70l'; 

ich  weisz  den  weg,  ich  hab  auch  andre  sachen  mehr, 
dasz  meine  milkunft  dich  noch  wird  belüsten  sehr. 
Werders  Ar.  4,  9; 

was  euch  belusten  mag.    Sper  116; 

die  belustende  singekunst.  Schüppius  779. 

2)  sich  belusten,  belüsten,  deleetari:  alsbald  ich  mich  mit 
einer  crleublen  creatur  gelüste,  so  ist  die  seel  verbildet,  wie 
viel  mehr  wird  die  scel  bedeckt  und  verwickelt,  wenn  sie 
sich  mit  verboten  bilder  belüslet.  Luther  2,  468';  mein  herz 
in  deinem  geböte  sich  immerdar  belusten  thul.  Ulenberc 
fsalt.  542. 

3)  unpersönlich,  mir  belüstet,  tadelhaß  für  gelüstet:  als 
eine  von  den  weibespersonen  gerne  ein  paar  messer  von 
einem  botsman  erhandlen  wollen,  ihm  seehunde  feile  dafür 
geboten,  er  aber  solche  zu  geringe  geschülzel,  hat  sie  zu 
verstehen  gegeben,  ob  ihm  etwa  belastete  ihr  lebendiges  feil 
zu  gebrauchen,    pers.  reiseb.  3,  4. 

BELUSTEN,  n.  voluplas,  behagen,  lusl: 

das  ganze  reich  auf  dich  schaut  mit  belusten. 
v.  ßlRKK.NG.  223; 

Aijguslus  mond,  man  raubt  uns  dein  belusten.    373; 
der  verstand,    ein  kunstgründigcr  wagemeister,    hatte  auf  der 
schncllwage  gewogen  den  nutz  und  das  belusten.  von  Butschky 
Patmos  101. 

BELUSTIGEN,  BELUSTIGEN, 
1)  delectare,  vergnügen,    ergetzen: 
zu  alle  dem  was  neisch  und  blut 
bclüsiigcl  und  recht  sanft  ihut.    II.  Sachs  IV.  1,  (7  ; 
so  nicht  ein  impressio  da  wcrc,  die  ihn  zun  frawen   belusti- 
get (ihm  last  macht}  und  treibet.  Paracelsus  2,  413". 
ihr  seid  mein  liebe  sonne, 
des  tagcs  freud  und  wonae, 


die  mich  belüsiign  thut  und  fein  erquickeri 
mit  ihren  strahlen,  wenn  sie  auf  mich  blicken. 
HoFFM.  gesellschaftsl.  s.  58; 

sonsten  belustiget  mich  die  schöne  Ordnung  im  hofiialten. 
ScHUPPius  30.  das  pari,  belustiget  drückte  sonst  aus  zufrie- 
den, froh,  aufgelegt  zu:  denn  worin  ich  uwer  k.  maj.,  deren 
ich  mich  allzit  in  gnaden  tun  bevelhen,  underlenig  dienslbar- 
keit  bewisen  kond,  bin  ich  alzil  bereits  geinüts,  ungesparter 
müg  belustiget.    Chmels  Maxim,  n*  47  (a.  1494). 

2)  sich  belustigen,  erlustigen,  delectare:  diese  fisch  belusti- 
gen sich  ..der  süszen  wasseren.  Forer  60*;  eine  süsze  sünde, 
in  welcher  der,  so  sie  begehet,  sich  sehr  belustiget.  Lukman 
fab.  26 ;  er  belustigte  sich  mit  den  künstlichen  schonen  brun- 
nen.  Schuppius  136;  sie  werden  sich  mit  meinem  unglück 
belustigen.  260.     stall  dieses  in  und  mit  heute  an. 

BELUSTIGUNG,  f.  voluplas:  und  wird  die  hineilende  be- 
lustigung  eines  gelachs  mit  langweiliger  unlust  mehrmals  be- 
leget. VON  Butschky  PatmosSbO;  das  diente  zu  seiner  belu- 
stigung;  viele  haben  und  tragen  grosze  belustigung  an  ihren 
büchern.  Schuppius  408 ;  zu  allgemeiner  belustigung. 
BELUSTIGUNGSORT,  m.  vergnügungsort. 
BELUSTUNG,  f.  voluplas:  wir  sollen  darinnen  belustung 
suchen.    Hans  Jacob  Veler,  Regensb.  1525.  C. 

BELZ,  m.  pellis,  vestis  pellicea,  franz.  pelisse,  die  früher 
herschende  Schreibung  statt  des  heuligen  pelz,  schon  ahd. 
schwanken  pelli;  und  belli;  (Graff  3,  336),  mhd.  steht  fast  im- 
mer bellij,  bellej  (Ben.  l,  102. 103),  das  j  gieng  allmalich  über 
in  z.  es  sind  hier  vorläufig  einige  althergebrachte  redensarten 
anzumerken,  auf  welche  unter  pelz  zurückgekommen  werden 
soll:  er  schenkt  im  ein  kleines  beigelein  und  wartet  eines 
beiz  dargegen.  Keisersb.  iüurfen  des  wjunrfs  38*;  beiz  weschen, 
ausweschen,  buchen  {bauchen).  Eulensp.  cap.  30 ;  wasch  mir 
den  pelz  und  mach  ihn  nicht  nasz;  do  nun  der  herr  inen 
den  beiz  wol  und  weidlich  geweschen  hatte  und  sie  wol  er- 
butzt.  Keisersb.  post.  2,  21 ;  die  fraw  hat  den  beiz  der  braut. 
Garg.  93";  sein  selbs  leus  an  beiz  setzen.  Pelr.  2';  man  darf 
keine  laus  in  den  beiz  setzen,  sie  wachsen  wol  von  sich  sel- 
ber. Creidius  2,  287;  darumb  das  mier  der  narr  nicht  er- 
frier, sauf  ich  mir  mit  disem  pocal  ein  beiz.  Garg.  85*;  trink 
nüchtern  ein  beiz  von  wein  und  hier,  die  schellen  ins  bad 
für.  groszm.  98 ;  hierauf  schütteile  Vulpia  den  beiz  und  sprung 
zur  thüre  aus.  unw.  doct.  379 ;  du  hast  noch  den  allen  beiz 
an.    Hemsch  275.    s.  goltelbelz. 

BELZEN,  inserere  gemmam  arboris,  impfen,  pfropfen,  hängt 
mit  dem  vorhergehenden  worte  und  dem  begriffe  haut  nicht  zu- 
sammen, sondern  musz  aus  einem  starken  beizen  balz  bulzen, 
ahd.  pülzan  palz  pulzun  gemmas  protrudere  herstammen,  von 
welchem  sich  dann  das  schwache  beizen  beizte,  ahd.  palzian 
pelzan  gemmas  inserere,  praet.  palzta  oder  auch  pelzön  pcl- 
zola  ableitet,  öjarpulzan  hies:  ahd.  ebullire,  ein  ort  in  Baiern 
führte  den  namen  Pirapalzinga,  Palzinga,  nach  den  gepfropften 
birnen.  Meichelbeck  n  149.  1077.  damit  ist  vielleicht  eine 
bessere  herkunß  des  wortes  balz  und  balzen  für  coitus  und 
coire  gegeben,  als  sp.  1094  gew(innen  werden  konnte,  glcich- 
bedeutig  mit  heizen  sind  impfen,  ahd.  impilön,  pfropfen  und 
zweigen,  mhd.  zwigen,  welches  sonst  auch  gignere  bedeuten  kann. 

swcr  linden  zwigel  üf  den  dorn, 

der  hat  ir  beider  reht  verlorn.    Freid.  118,  11, 

■wozu  s.  274  die  Varianten  bleset,  beizet,  bicket,  was  wol  sein 
soll  bletzet,  beizet,  bickel.  Fischart  Garg.  184'  hat  nebenein- 
ander pflanzen,  beizen,  versetzen,  schripfcn,  jelten,  schneu- 
zen, beschneiden,  pfrupfen,  schroten,  pelzt  pauinb.  Kalten- 
BACK  pantaid.  1,  265'. 

RELZEK,  m.  insitor.  Frischlin  nomencl.  272,  aber  auch  das 
impfreis  und  der  geimpfte,  junge  stamm:  die  frawc  nam  die 
hacken  und  slug  ein  jungen  pelzer  ab.  gesta  Rom.  s.  116; 
und  slumpfele  (die  gcisi)  die  baumber  {bäume)  oder  pelzer. 
weislh.  3,  714;. schaden  Ihiilen  an  bauuibern  (bäumen)  und  an 
pelzern.  3,  719. 

BELZER,  m.  qui  pclles  vcndit,  pchhdndler. 

BELZERN,  pelliceus.  Abraham  von  s.  Cl.  1,  250  nennt  dte 
katic  eine  belzcrne  mausfall. 

BELZLEIN,  n.  pellicula:  disz  belzlin  oder  kürslin,  oder 
was  es  ist,  gehört  nunneiu  kind  zii,  es  ist  waich,  mein  kind 
ist  zart,  es  mag  kein  hörles  erieiden.  Keisersd.  has  im  pf. 
Bi)  3'.  ^  , 

BELZPLETZIG,  entweder  den  peh  flickend  oder  am  pelz 
geflickt:  schneckkriechigc,  belzplelzige alte  kupplern.  Garg.i,. 


1457 


BELZREIS  —  BEMÄNTELN 


BE3IÄNTELX  —  BEMAUSEN 


1458 


BELZREIS,  n.  pfropfreis,  surculus.  mhd.  belzeris.  Tit.  2514. 

BELZUNG,  /.  insilio:  beizung  mil  einer  empten  {einem 
impfling).  Frischun  nomcncl.  272. 

BEMACHEN,  s.  bethun. 

BEMÄCHTIGEN,  sich,  potiri  aliqua  re,  nnl.  bemagtigen: 
sich  eines  Jandes,  reichs,  der  oberherschaft,  einer  Stadt,  bürg, 
schanze,  eines  schiffes  bemächtigen,  sie  gewaltsam  besetzen, 
einnehmen;  einer  person,  eines  mannes,  kindes,  flüchtlings, 
ihn  gefangen  nehmen,  häufig  auch  ton  andern  dingen:  und 
solche  stumme  spräche  wil  nunmehr  fast  in  flor  kommen, 
dasz  sich  auch  kluges  frauenzimmer  derselben  bemächtiget. 
BüTSCHKT  Patmos  34;  die  zeit  ist  kostbar,  liebe  Psyche,  sagte 
er,  wir  müssen  uns  der  augenblicke  bemächtigen.  Wieland 
I,  38;  bemächtige  dich  der  Schlüssel.  Göthe  12,  235;  man 
weisi  was  man  hat,  noch  eh  man  sich  des  Inhalts  (der 
briefe)  bemächtigen  kann.  Bettise  frr.  1,277;  verzweiQung  be- 
mächtigte sich  seiner,  die  participia  entrathen  des  sich :  von 
bemächtigten  Niederlanden.  Leibsitz  177 ;  dadurch  wurde  die 
griechische  poesie  so  bemächtigend  (eimuhmend)  für  das  herz. 
Schiller  1132. 

BEMXCHTIGUXG,  f.  occupatio,  gewall:  durch  bemächti- 
gung eines  Stromes.  Lohenst.  Ann.  l,  371 ;  die  frage  ist  nicht 
von  bemächtigung,  sondern  von  recht.  Klopstock. 

BEMäHLEN,  depingere,  illinere  coloribus:  das  papier,  die 
leinwand,  die  wände  bemahlen;  der  dieb,  um  nicht  erkannt 
zu  werden,  hatte  sich  das  gesiebt  schwarz  bemahlt;  diese 
wilden  bemahlen  sich  am  ganzen  leib  roth  und  weisz.  eine 
grenze  bemahlen,  mahlsteine  setzen. 

BEMAHNEN,  monere:  wenn  man  alte,  oft  bemahnte  schul- 
den endlich  abstöszt.  Tieck  gcs.  nov.  2,  128. 

BEMÄHNTN,  jubis  omarc:  die  natur  hat  den  löwen  und 
das  pferd  bemähnt;  bemähnte  rosse,  jubati  equi.  Bürger  224*. 

BEMAKELN,  macutare,  eontaminare :  drei  ausgescheiter  und 
doch  mit  bloszer  band  nicht  vil  bemakelter  oder  berufter 
knoblochzchen.  Thcrseisser  »n/7,  einw.  aller  erdg.US; 

das  er  sein  königlicben  stand 

bemackln  wolt  mit  solcher  schäm).    Atrbr  .')!^3': 

das  sie  ihrn  edlen  rittersnam 

nicht  so  bemackien  thun  ohn  schäm.    Ethisg1,38; 

dasz  ihre  zarte  haut  durch  das  haarpulver  so  schlimm  be- 
mackelt  wird.  Simpl.  1,  130 ;  weisz  nicht  mit  was  unsauber- 
keit  meine  band  beinackelt  hab.  ScnüPPics  753 ;  unbemakelte, 
makellose  äugen ;  ein  unbemakeltes,  unbeflecktes,  makelloses 
gewissen,  die  ältere  spräche  sagte  bemeilen,  und  meil  ist 
macula,  s.  bemeiligcn. 

BEMÄKELN,  minutius  scnUari,  bekritteln. 

BEMÄNGELN,  rituperare,  tadeln,  fehler  in  etwas  finden, 
ßr  mangelhaß,  schadhaß  erklären,  Scdxeller  2,  599  hat  be- 
mengeln :    die  neu  erschienene  Verordnung  wurde  bemängelt. 

BEMANNEN,  nni.  bemannen.  1)  armare,  eomplere  armatis : 
schifife  bemannen,  mil  mannschaß  ausrüsten,  besetzen;  ein 
bemanntes  schif  soll  untergegangen  sein ;  das  leben  beman- 
mcn.  H&LTACS  130.  2)  sich  bemannen,  viro  nubere,  wie  sich 
beweiben,  uxorem  dueere:  da  sich  aber  die  matter  wiederum 
bemannte.  Brandenb.  pol.  ordn.  von  1540  c.  12 ; 

wann  .sanct  Andreas  abend  kümpt,  pflegt  jeder  der  sich  wil 

beweiben, 
auch  die,  die  sich  bemannen  wil,  ein  hitziges  gebet  lu  treiben. 
LoGAU  3,  zu^.  205; 

ich  werde  wol  nun  unbcmannet  bleiben.  Wiedem.15  od.  36; 
ich  weisz,  dasz  Juliette  und  ich  aus  Karlsbad  bemannt  rei- 
sen. Klikcer  t,  135. 

BEMAN.NUNG,  f.  1)  ausrvstung,  mannschaß  des  schifs. 
i)  Verheiratung  der  frau.  3)  J.  Padl  38,  3  gebraucht  es  für 
zum  manne  werden :  dennoch  fürchtet  die  erziehung  nichts 
mehr  als  die  bemannung  der  knaben,  die  sie  entmannt,  wo 
sie  nur  kann,    richtiger  schiene  ermannung. 

BEMÄNTELN,  pallio  tegere,  dann  aber  rem  turpem  tegere, 
relare,  der  schlimmen  sache  einen  mantel  umhängen,  ihr  gu- 
ten sehein  geben,  nnl.  bemantelen,  t(.  ammantellare: 

da«z  sie  sie  zum  eiempel  hettn, 

mit  ir  ir  schaod  bemendeln  thctn.    Anin&l'; 

und  seineo  hasz,  betruir,  meinaid 

bemäntlet  er  siet«  mit  hethewren.    Wecehehlih  36; 

weil  unter  dieser  decke  dasjenige,  was  der  zustand  des  ge- 
meinen Wesens  vermeintlich  erfordert,  leichtlicher  verdeckt 
und  bemäntelt  wird.  Opitz  Hugo  Grol.  vorr.  s.  280 ;  die  Un- 
schuld ist  eine  schöne  tugend,  wird  aber  oft  mit  der  fialsch- 
heit  bemäntelt    Leiima.nk  202 ; 


man  musz  in  fürsten  was  zuweilen  übersehen, 

nicht  stets  entgegen  gebn,  bemänteln  was  geschehen, 

verdecken  manchen  feil.       Grtphids  1,  445; 

doch  musz  mit  neuer  sanflmuih  schein 

die  grausamkeit  bemäntelt  sein.    2,  219 ; 

bemäntelt  eure  schände.     Gij.-^tber  491 ; 

wir  menschen  sein  Evä  kinder,  haben  von  ihr  anererbet,  tin- 
sere  fehler  zu  entschuldigen  oder  zu  bemänteln,  vo:«  Bctscbkt 
Palm.  44;  die  falschen  und  heuchler  sein  gott  ein  greuel,  sie 
bemänteln  gleich  ihre  missethat,  wie  sie  wollen,  so  sein  es 
doch  nur  subtile  Spinneweben,  dardurch  man  endlich  augen- 
scheinlich sihet.  62;  der  geiz  bemäntelt  sich  mit  beisorge 
der  dürftigkeit.  335 ;  diese  mit  so  groszer  kunst  bemäntelte 
dürftigkcit.  gespenst  272 ;  ich  will  aber  auf  diese  art  die  wirk- 
lichen vergehungen  nicht  bemänteln.  Winkelmaxx  4,  172 ;  so 
scheinbar  auch  die  liebe  ihre  vergehungen  zu  bemänteln 
weisz.  \Viela5d  1,  263;  den  ranken  der  roshändler  nicht 
trauen,  die  immer  frech  genug  sind,  die  gröszten  mängel 
der  pferde  zu  entschuldigen  und  zu  bemänteln.  Roseszweigs 
Eisenberg  s.  S2;  mängel  mil  der  gebrecblichkeit  der  mensch- 
lichen natur  bemänteln.  Kast  7. 115 ;  mit  dem  goldbleche  der 
Sprache  kleine  Staatsstreiche  bemänteln.  Hamass  2,  228 ; 

der  trauben,  die  zu  hoch  ibm  hangen, 

um  sein  vergeblich«s  verlangen 

schlau  zu  bemänteln,  sauer  schilt.    Gotter  1,460; 

seinen  schnöden  verrath  für  bedungenen  lohn  scheinheilig  be- 
mäntelnd. Dahlmass  dän.  gesch.  1,  267.  /n  dem  natürlichen, 
guten  sinn  blosz  ßr  mit  dem  marilel  behangen,  steht  bemän- 
telt bei  Fischart  Garg.  is'  oder  bei  Göthe  43,  411 :  diese  in 
gemählden  aufgeführten,  reich  aber  frei. bemäntelten  beiligea 
männer. 

BEMÄNTELUNG,  f.  oceultatio,  praelextus :  dieser  erinne- 
rung  will  ich  mich  aber  nicht  bedienen  bis  zur  bemäntelung 
desjenigen,  was  wirklich  in  den  werken  der  alten  mittelmä- 
szig  oder  schlecht  ist.  Wlnkelxans  4,  234 ;  bemäntelungen  der 
leidenschaft.  Lessisg  7,  129 ;  jede  andere  glückseligkeit  des 
Staats,  bei  welcher  auch  noch  so  wenig  einzelne  glieder  lei- 
den und  leiden  müssen,  ist  bemäntelung  der  tyrannei,  anders 
nichts.  10,  264;  wenn  sie  auch  hundert  ausfluchte  und  be- 
mäntelungen ersinnen  sollten.  Katt  5,  453 ;  rechtfertigung  oder 
bemäntelung  begangener  übelthaten.  W'ielasd  3, 128.  sinnlich 
gebraucht:  indem  er  die  dem  ringe  zustehenden  Überzüge  und 
bemäntelungen  abzog.    Hippel  4,  359. 

BEMASEN,  maculare,  vom  ahd.  mdsä  ticatrix,  naevus,  mhd. 
m4se  cieatrix,  macula,  es  wird  aber  fehlerhaß  geschrieben  be- 
maszen :  dasz  du  alles  von  dir  abzenest,  das  dir  dein  keuscb- 
heit  und  ledigkeit  deines  herzens  in  einigerlci  weg  mücht  be- 
maszen.  Keisersb.  sieben  scheiden  bk; 

die  Trowen  gont  dann  gern  zu  stroszen, 
das  man  sie  dest  basz  künn  bemosien. 

Urant  narrensch.  295, 

d.  h.  tie  beflecken,  verführen,     heute  veraltet. 

BEMASIGEN,  BEMASGEN,  dasfe/fte;  wasser  ist  gut,  welch* 
so  es  ein  weil  in  eiin  säubern,  kupferen,  messinen  oder  sil- 
bern geschirr  gestanden,  es  gleichwol  nicht  bemaszget  oder  ein 
färb  hinter  im  lasset  Sebiz  16 ;  bemaszget  von  bliit  Keisersb. 
b.  Oberlin  118. 

BEMASTEN,  navem  instruere  malis.  bemastet,  hoch  bema- 
stet  schif,  ößer  bei  Brockes;  bemastet,  betonnet  Garg.  79*. 

BEMAÜERN,  muro  cingere,  firmare,  nnl.  bemuren :  das  ist 
alles  im  recht  verfasset,  bemauret  und  wol  gehegt.  Lltheb 
5,  18o';  das  lustwäldlin  war  mit  einer  schlechten  wand  be- 
mauret. Rollenrage5  wunderb,  reisen  22.    vgl.  ummauern. 

BEMAULEN,  ore,  bucca  instruere,  nur  im  part.  bemault: 
gewis  wer  wol  bemault  ist  und  ein  gut  pantoSelgosch  hat, 
der  beiszt  ein  gröszer  und  breiter  stück  ab.  Garg.  250'. 

BEMAULKORBEN,  (iscella  eapistrare,  thieren  einen  maul- 
korb  vorhängen:  geschweige,  dasz  die  blendwerke,  gaukeleiea 
und  Zauberformeln  länger  bei  ihm  {dem  volke)  ansclilagen 
sollten,  womit  es  sich  ehmals  in  seiner  durapfbeit  bcinaul- 
korben  und  nach  der  pfeife  seines  führers  tanzen  machen 
liesz.  WiELA-SD  7,  343;  kirre  machen,  zäumen  und  bemaulkor- 
ben.  8,  76 ;  thierc  müssen  sich  bemaulkorben  und  bezäumea 
lassen.    20,  32. 

BEMAUSEN,  expilare,  suppilare,  bestehlen,  doch  milder  als 
dieses:  die  kinder  bemausen  das  aufgestellte  zuckerwerk:  im 
vorübergehen  musz  ihnen  {den  spitxbuben)  denn  wol  mein 
armes  bauschen  werth  geschienen  haben,  es  zu  bemausea 
der  arme  mann  im  Tockenb.  304.    s.  mausen. 

92 


1459 


BEMEILEN  — BEMENGEN 


BEMERKBAR  — BEMERKUNGSGEIST  1460 


BEMEILEN,  maculare,  conspurcare,  vom  goth.  muil  macula, 
ahd.  mild,  meil  {vgl.  gramm.  1,  170):  wasser,  das  mehr  ab- 
waschet und  säubert,  als  bemailet  und  verunreinigt.  Hoiiberg 
1,  59l\     häufiger  ist  das  folgende,  gleichbcdeulige 

BEMEILIGEN:  des  seel  aber  mit  einer  todsünd  bemeiliget 
wer,  der  het  in  im  die  hell.  Fbank  chron.  343' ;  rein  von  her- 
zen, mit  keinem  wahn  und  kunst  bemeiliget.  von  heilosig- 
keit  81 ;  es  war  kein  bubenstück  und  schand  so  grosz,  da- 
mit sie  sich  nicht  bemeiliglen.  Mathesius  lo'.  noch  heute  in 
Baiein  bemeiligen,  vermeiligen.  Schmeller  2,  565. 

BEMEILIGUNG :  f.  es  sind  viel  ringschätzige  und  unedle 
gemüther,  die  vermeinen  mit  unzeitiger  bemailigung  fremder 
arbeit  ihren  rühm  zu  vergröszern.  Hohberg  2,  725". 

BEMEINEN,  novis  opinionibtis  rimari,  exagitare:  von  die- 
sem bedeutenden,  so  oft  besprochenen,  beschriebenen,  be- 
messenen und  bemeinten  naturkürper  (dem  doppelspath).  Götiie 
53,  35. 

BEMEISTEBN,  franz.  maitriser,  engl,  mastcr,  domare,  be- 
zwingen, bewältigen,  eines  meisler  werden, 

1)  mit  dem  acc.  der  suche:  ein  wildes  pferd  bemeistern, 
meistern,  bändigen;  auf  der  dritten  höhe  bemeisterte  ritter 
Schwarzenberg  zwei  feste  thürme  und  trieb  den  Lysander 
mit  seinen  Beotiern  daraus.  Lohenst.  Arm.  1,  780 ;  noch  ehe 
und  bevor  {der  feind)  den  berg  bemeisterte  {einnähme)  unw. 
docL  928 ; 

doch  ward  sein  herz  von  keinem  reiz  bemeistert, 

es  ward  allein  von  Silvien  begeistert.    Haghborn  2,  172; 

mit  ehren,  wein,  von  dir  bemeistert 

und  deinem  nüszgen  feur  begeistert.    Lessing  1,  50; 

sie  (die  einsamkeil]  stärkt  das  haupt,  sie  gibt  den  äugen  glut 

und  muuterkeit  den  lebensgeistern, 

den  schwächsten  armen  kraft  heldinnen  zu  bemeistern. 

WlELAND  10,  172; 

Ungeduld  bemeistert  {ergreiß)  ihn;  die  seele  wird  alsdann 
von  einer  ganz  unangenehmen  empfindung,  dem  schrecken 
bemeistert.  Herder  2,  292;  und  kann  doch  meine  wünsche 
nicht  bemeistern.  Götter  2,  217 ;  die  stürme  der  begierden 
bemeistern.  2,  259;  es  war  ein  glück  für  ihn,  dasz  ihn  die 
gewohnbeit  so  bemeistert  hatte.  Klinger  5, 10 ; 

so  ist  es  denn  nicht  möglich,  dusz  du  dich 
bemeistern  kannst.       Göthe  10,  306; 

ich  habe  mehr  als  einmal  mich  bemeistert.  Tieck  2,  65;  so 
dasz  ihn  der  eindruck  davon  bemeisterte.  Slernb.  2, 102 ; 

kraft  des  scherzes,  welchen  ich  bemeistere.    Platen300; 
der  schmerz  liesz  sich  nicht  vom    denken    bemeistern.    Bet- 
tine br.  1,  87. 

2)  sich  eines  bemeistern,  bemächtigen,  einen  überwältigen: 
der  chor  ist  weiblich,  um  so  viel  natürlicher  musz  sich 
furcht  und  entsetzen  seiner  bemeistern.  Lessing  6,  403 ; 
er  müste  nicht  Agathon  gewesen  sein,  wenn  diese  erscbei- 
nung  sich  nicht  seiner  ganzen  seele  so  sehr  bemeistert  hätte, 
wie  wir  gesehen  haben.  Wieland  1,  211 ;  es  ist  also  wol  kein 
wunder,  dasz  sie  sich  seines  ganzen  wesens  schon  bemeistert 
hatte.  1,220;  wie  leicht- wird  es  ihm,  sich  einer  noch  un- 
mündigen seele  zu  bemeistern.  2,  7;  gefühllosigkcit  hatte  sich 
aller  stände  bemeistert.  7,75;  der  schlaf  wollte  sogleich  sich 
seiner  bemeistern,  allein  ein  geräusch  machte  ihn  aufmerk- 
sam.   Göthe  19,  213. 

BEMEISTERÜNG,  f.  Überwältigung: 
mit  göttlicher  bemeistrung 
den  spröden  leib  verzehrt.    Hückert  116. 

-  BEMELUEN,  dicere,  altestari,  besagen,  erwähnen:  eine 
liebste  aus  der  bemeldclen  klassc.  Wieland  2,  234;  die  be- 
meldete Wirkung  ihrer  Schönheit.  3,  83;  lasz  du  dich  kein 
regulbuch  irren,  wie  dick  es  auch  sei  und  was  die  vorred 
auch  davon  bemeide,  dasz  ohne  solchen  Wegweiser  keiner 
der  da  diciitet,  könne  auch  nur  einen  sichern  schritt  thun. 
Klopstock  12,  145;  bemeidetermaszcn. 

BEMELDLNG,  f.  angäbe:  mit  beineldunge  der  pene  und 
busze.    Magdeb.  weislh.  s.  12G. 

BE.ME.NGEN,  sich,  se  immiscere,  sich  mit  etwas  abgeben,  befas- 
sen, darauf  einlassen,  sich  einmengen:  sicii  mit  einem  bemongen, 
negoliis  implicari  cum  aliquo.  Stieier1267;  Anton  wollte  sich 
mit  nichts,  was  die  rcgierung  angciict,  beinengen.  Pierol  4, 
328 ;  aber  es  wäre  sonderbar,  wenn  nur  der  reich  heiszen 
sollte,  der  das  meiste  frisch  gemünzte  geld  liesitzet.  die  vor- 
sieht erfodcrte  vielmehr,  sich  mit  diesem  überhaupt  nicht 
elicr  viel  zu  beinengen,  bis  der  wahre  pehall  auszer  zweifei 
gesetzt  worden.    Lessing  8,  212;    der  Icinsaathandel    würde 


auch  längst  gefallen  sein,  wenn  nicht  die  kaufleute,  welche 
schifstheile  haben,  und  diese  auf  eine  oder  andere  art  nutzen 
müssen,  sich  oft  aus  noth  und  in  ermanglung  andrer  specu- 
lationcn  damit  bemengten.  Moser  patr.  ph.  1,  55;  ich  bemenge 
mich  hiebei  gar  nicht  damit  zu  erörtern,  wie  unrecht  die 
kritiker  haben,  dasz  sie  sich  dünken  lassen  richter  zu  sein. 
Klopstock  12,  133;  warum  er  sich  anfangs  mit  diesem  abge- 
schmackten handel  bemengt  hatte.  Wieland  20,  49 ;  wenn  er 
sich  mit  solchen  kleinigkeiten  bemengen  wollte.  Kant  1, 102 ; 
bemengt  sich  der  biblische  theolog  mit  der  Vernunft.  1,  219; 
da  ich  mein  kritisches  vorhaben  nicht  mit  Zergliederungen 
bemengen  will.  2,207;  was  bemengt  ihr  euch  mit  der  poesie 
und  den  künsten?  Tieck  nov.  kr.  1,  144. 

BEMEUKBAH,  conspicuus,  notabilis :  seine  neigimg  ist  sehr, 
ist  kaum  bemerkbar;  er  weisz  sich  auf  alle  weise  bemerkbar 
zu  machen ;  ich  machte  ihm  bemerkbar. 

BEMERKEN,  notare,  observare,    intelligere,    nnl.  bemerken. 

1)  bezeichnen,  hervorheben:  von  derselben  sowol  als  von 
den  andern  mit  griechischer  schrift  bemerkten  stücken  werde 
ich  im  folgenden  kapitcl  von  neuem  meidung  thun.  Winkel- 
mann 3,  238 ;  ich  will  diese  stellen  bemerken,  indem  ich  die 
Sätze  selbst  nach  der  strenge  der  Vernunft  prüfe.  Lessing  5, 
22 ;  zwar  vielleicht  hat  der  dichter  mit  diesem  zuge  das  ver- 
brannte gehirn  des  mohren  bemerken  wollen.  6, 75 ;  eine 
kraft  mit  dem  zeichen  minus  bemerken.  Kant  8,  75 ; 

über  ihr  graues  Laupt  sind  ihr  in  langer  erfahrung 
jähre,  nicht  immer  mit  freuden  bemerkt,  vorüber  geflossen. 
ZACHARIÄ2,  132; 

eine  folge  von  ausbildung,  in  welcher  der  sittliche  mensch 
sich  täglich  zu  bemerken,  zu  warnen  und  zu  strafen  pflegt. 
Göthe  19, 117;  du  bemerkst  treffend;  ich  will  mirs  bemerken. 

2)  wahrnehmen:  es  läszt  sich  bemerken,  dasz  ein  jeder 
den  weg,  auf  welchem  er  zu  irgend  einer  kenntnis  und  ein- 
sieht gelangt,  allen  übrigen  vorauziehen  und  seine  nachfolger 
gern  auf  denselben  einleiten  und  einweihen  möchte.  Göthe 
6,  213;  es  läszt  sich  bemerken,  dasz  knaben,  denen  ja  doch 
alles  zum  scherze  dienen  musz,  sich  am  schall  der  worle, 
am  fall  der  silben  ergetzen.  26,  73 ; 

ich  stand,  als  ich  zum  erstenmal  bemerkte 

die  füsze  stelin, 

und  reichte,  da  ich 

diese  bände  reichen  fühlte.       33,243; 

wirke,  nur  in  seinen  werken 

kann  der  mensch  sich  selbst  bemerken.    Rückert  317. 

über  den  ttnterschicd  zwischen  bemerken  «nrf  anmerken  sp.  407. 
man  sagt,  ich  bemerke  (gewahre)  meinen  irrthum ;  ich  be- 
merkte bald,  dasz  sie  sich  liebten;  hier  würde  es  nicht  hei- 
szen ich  merke  an,  merkte  an,  allenfalls  ich  merke  mir  an, 
merkte  ihnen  an.     bemerke  wöl,  nimm  das  in  acht! 

BEMERKENS  WERTH. 

BEMERKEB,  m.  notator,   observator: 

(loiikcn  wir  recht,  so  lieben  wir  auch  der  bemerker 
Wissenschaft,  sie,  die  den  grundhau  des  geschafnen 
gern  ergrübe.  Klopstock  1,  266; 

unserni  genannten  bemerker  gilt  alles  gleich.  Claudius  8, 152. 

BEMERKLICH,  bemerkbar:  ein  zweiter  sich  annähernder 
stand  muste  schon  strebsamer  sein  und  auf  allen  vermögen- 
den familicnfundamenlen  beruhend,  suchte  er  sich  durch 
rechtliche  und  staatsgelehrsamkeit  bemerklich  zu  machen. 
Göthe  48,  79. 

BEMERKUNG,  f.  1)  nota,  notatio:  icli  will  dein  buch  lesen 
und  beinerkungen  dazu  schreiben;  du  hast  eine  kühne  be- 
merkung  dabei  gemacht;  der  satz  enthält  eine  bemerkung, 
die  ich  wahrscheinlich  nicht  zuerst  gemacht  habe.  Lessing  8, 
16.  hierfür  setzt  er  sonst  anmerkung.  2)  observatio,  Wahr- 
nehmung, beobachtung :  es  ist  eine  bemerkung  an  sterbenden, 
dasz  sie  mit  den  tingern  an  iliren  kicideru  oder  betten  zu 
rupfen  anfangen.  Lessing  7,  02 ;  dasz  herr  Klotz  dem  lippert- 
schcn  nutzen,  den  er  etwa  für  falsch  erkannte,  einen  andern 
von  seiner  eignen  bemerkung  sollte  substituiert  haben,  das 
müssen  sie  sicii  auch  gar  nicht  einfallen  lassen.  8,  134;  der 
wahre  einzige  aufschiusz  dieses  epigraniins  ist  aus  einer  be- 
merkung an  den  alten  bildseulen  herzuleiten.  8,  521 ;  anfrich- 
tigkeit  in  bemerkung  des  Unvermögens  unserer  vernnnfl.  Kant 
(1,  154 ;  die  deutliche  bemerkung  der  bewegung.  s,  T-Vl ;  die 
genaue  beschreibung  und  kennerhafte  bemerkung  der  kunst- 
gcgenstilnde  aller  und  neuer  zeit.  Gotiie  31,  76. 

BEMERKUNGSGEIST,  «i.    beobadUungsgeisl.  (Shakspeare), 


1461 


BEMESSEN— BEMOSEN 


BEMS  — BEMÜHEN 


1462 


der  überdas  mehr  bemerkungsgeist  und  gäbe  besitzt,  von  kla- 
ren dingen  mit  deutiicbkeit  zu  reden,  aJs  vielleicht  noch  ein 
schriftsteiler  besessen  hat.    Lichtenberg  4,  44. 

BEMESSEN,  emeliri,   ermessen,  geicähUer  als  abmessen: 

stolz  auf  die  kühne,  stolzer  auf  sich,  bemasz 
die  hohe  Britin,  aber  mit  edlem  blick 
dich  Tbuiskone.        Klopstock  1,  101 ; 

wenn  sie  das  wesen  der  wesen  nach  ihrer  Weisheit  enthüllten, 
und  in  das  furchtbare  dunkel  hinauf,  von  träumen  geflügelt, 
drangen,  und  tlen  der  ewig  ist.  ganz  wie  er  gott  war  entdeckten, 
seine  Vollkommenheit  ibeilton,  mit  meoscheoraasz  sie  bemaszen. 

Hess.  IS,  64S; 

von  diesem  so  oft  besprochenen,  beschriebenen,  bemessenen, 
berechneten  und  bemeinten  naturkörpcr.  Götbe  55,  35;  in 
dieser  gegend  bemasz  ein  Römer  mit  den  äugen  die  höhe  der 
mauer.  Stolbebc  9, 176 ; 

bemisz.  ich  biue  dich,  nur  nicht  nach  ihm 
des  Volks  cultur,  des  landes  Staatsverfassung. 
I'LAi£.>  201'; 

den  grad  der  schuld  der  theilnehmer  an  einem  verbrechen 
bemessen;  sein  benehmen  war  sorgsam  und  bemessen. 

BEMESSENHEIT,  f.  diligentia,  moderatio,  gemessenheit. 

BEMINNEN,  diligere,  nnl.  beminnen.    Stieleb  1263. 

BEMISCHEN,  commiscere,  bemengen,  vermischen:  ein  ieg- 
liche  geelsucht.  die  nicht  hin  will  gehn  von  ihrer  rechten 
arznei.  die  ist  mit  dem  tartaro  bemischt.  Paracelsls  l,  62". 

BEMISTEN,  skrcore  replere,  stercorare,  nnl.  bemesten :  er- 
wehlt  sie  {die  sau)  nicht  im  stall  ein  besonderes  plätzlein, 
welches  sie  nicht  bemistet.  KiRcenor  rendunm.  264*;  so  musz 
man  das  feld  die  ersten  zwei  jar  tünchen  und  bemisten. 
Sebiz  20 ;  die  mit  der  düng  bemistete  felder.  Hohbebg  2, 17* ; 
die  wurzeln  der  rcben  bemisten. 

BEMITERN,  milra  insignire:  euere  bemiterte  {es  sieht  be- 
mitierte),  bekrönte,  geweihete  und  gesalbete  hänpter.  bienenk. 
7*.    rgl.  beinfein. 

BEMITLEIDEN,  misereri,  bedauern,  beklagen:  der  bemit- 
leidete gegenständ. 

BEMITLEIDENSWERTH. 

BEMITTELMÄSZIGEN,  temperari,  mitigari:  dieses  (düngen) 
musz  aliein  im  herbst  geschehen,  sonderlich  wann  man  tau- 
ben- oder  hünermist  gebrauchet,  damit  ihre  übrige  scharfe 
hitz  von  des  winters  kühler  fenchtigkeit  bemittelmäsziget  {sich 
ermäszigt).  Hobbebg  1,  461*. 

BEMITTELN,  nnl.  bemiddelcn,  in  versehiednem  sinn, 

II  locuplelare,  einem  die  mittel  rerseJia/fen,  einen  ausstalten, 
daher  bemittelt,  locuples:  der  mann  ist  bemittelt,  hat  gute 
mittel,  besitzt  rcrmögen. 

2)  incitare,  anregen,  mittel  an  die  hand  geben:  ihrer  tiel 
weren  zur  höchsten  unseligkeit  nie  gelanget,  wenn  die  vor- 
hergehende glückseligkeit  ihren  begierden  keine  güldene  brücke 
dazu  gebauet  hätte,  dasz  sie  dadurch  unersütlich  und  zu 
vermessenen  anschlagen  bemittelt  und  gestachelt  werden. 
BcTSCBST  Palm.  25. 

3)  componere,  vermitteln,  beilegen:  die  sacbe  wurde  auch 
anf  vielfdiltiges  bitten  also  bemittelt,  dasz  ich  mich  wieder 
mit  ihm  vertragen  muste.  Schelmufsky  1,  41. 

BEMME,  f.  tcas  bamme,  bSmme : 

herr  wirt,  eine  butterbemme,  bitte  sehr, 

dort  gab  es  keine  beromen  mehr.  Schekiübebc  ged.  111. 

BEMODERN,  situm  redolere,  putreseere,  nach  moder  riechen. 
BEMOHGENG.\BEN.] 

BEMÖHTELN,  mortarium  muro  iUinere.  Stieler  1: 
BE.MOSEN,  museo  obducere,  nnl.  bemossen :  bemostc  thiirinc, 
dacher,  brunnen,  bäume,  felsen;  das  grab  bemost  sich; 

hier  liegt  der  sand  und  wiist,  auch  fast  nicht  halb  bemösl 

{gereimt:  erlöst).  Flkbixu  5S3  (579) ; 

Ich  wil  zu  deiner  hiii  ein  eigne  dryas  stellen, 
dasi  kein  gehörnter  hinch,  kein  Beer,  kein  wilde«  sehwein 
zu  stoszen  sich  erkühn  an  dein  bemostes  bein.   651;     ' 
rosen  die  bemo«t  sind.    Klopstock  2,  61.  166.  IM; 

im  schwarzen  sch.Tner 
bemoster  eichen.    Zach««!!  1,  64: 
ich  weisz  es  wol,  bejahrt  und  noch  Student, 
bemoster  herr!       Göthe  41,  95, 

gewöhnlich  bemostes  baupt; 

bemoster  bursche  zieh  ich  aus.    Gon.  ScBWii.; 

bemosete  Vergangenheit.  J.  Fall  7"»/.  1,31;  zwei  Stangen,  die 
statt  einer  brücke  über  diese  bemoste  wüste  bringen,  tiiu. 
löge  ton.  xxit. 


BEMS,  m.  aggesta  terra  in  area.  SrtELEa  90.  *.  bambs 
sp.  1095. 

BE.MÜOEN,  faligarej  nah  terteandt  dem  folgenden  beraübea, 
da  müde  ahd.  muodi  fessus  unmittelbar  zu  mühen,  ahd.  mao- 
jan  agitare,  fatigare  gehört:  da  nicht  der  feind  sie  dergestalt 
bemüdet  und  erschrockener  denn  zuvur  belinde.  kiRcBBor 
dise.  mil.  133;  wo  einer  hart  bemüdet  worden  von  schwerer 
arbeit  oder  hartem  gehen.  Tabebxaem.  927 ;  was  bemüdet  und 
bemühet  dann  ihr  ungeweihete  reuterkeries  und  hoppenbrüder 
lang  euwer  gäul?  Garg.  207*.     man  sagt  heule  ermüden. 

BEMÜDIGEN,  faligare:  lasz  mir  in  geen  und  rüre  in  nit 
an,  nit  beschwere,  nit  bemüdige  in  mit  dem  schweren  umb- 
fahen,  lasz  mir  was  mein  ist  und  hindere  mich  nicht  an  mei- 
nem WOlluSt.   WiRSCSG  C^l.  f  3*. 

BESIÜDUNG,  faligatio:  gleichwol  one  einige  müh,  schweisz 
und  bemüdung.  Sebiz  2*. 

BEMLFFELN,  ore  naribusre  admotis  längere:  die  hunde 
bemuffeln  alle»;  und  obwol  sie  der  alte  beküst  und  mit  sei- 
nem munde  bemu£felt.  Wiedeman.n  juli  76.  muffeln  scheint 
vericandl  mit  mumpfeln,  mummeln,  doch  rgl.  beschnüffeln. 

BEMÜHEN,  faligare,  molestare,  molesliam  afferre,  bei  Maa- 
LEB  57*  bemfijen,  nnl.  bemoeijen. 

1)  tnit  dem  acc,  und  oft  im  passiven  ausdnuk:  wir  haben 
aber  euch  und  andere  unsere  freunde  nicht  bemühen  wollen 
in  diesen  unsem  kriegen.  1  ilacc.  12, 14 ;  bemühe  den  meister 

'  nicht   (golh.  ni  draibei  {)ana  laisari).   Luc.  S,  49 ;    dieweil  ich 

schon   wol   beladen   bin,   und   du   müsziger  und  lediger  helt 
'  mich  erbeitenden  und  bemüheten  menschen  treiben  {rgl.  jenes 

golh.  draibjan)  will.  Luther  1,  390*;  ich  hab  etlich  mal  e.  eh. 

go.  bisher  mit  Schriften  bemühet  ander  leute  halben.  3, 13S ; 

viel  brief  an  den  bapst  zu  schreiben  gehabt,  war  auch  damit 

bemühet  gewesen  bisz  in  die  nacht.  KiRCBBOFirentfunm.  3S7'; 

sein  sinn  oder  verstand  bemüjen,  secum  agitare.  Maaler  57'; 

mit  vil   geschwütz   nit  bemüjen  und  überlägen  sein,   parcere 

auribus.  daselbst; 

ob  nun  wol  auch  Johannes  zwar 

ein  sehr  bemühter  fischer  war.    Spixge.ibkbg  fiwi^br.  N2*; 

und  wenn  dich  dasselb  wolt  bemühen, 

soll  man  dich  wie  ein  esel  schlagen.    Atbik  154'; 

ich  bin  nunmehr  bemüht,  mich  selber  zu  bezwingen. 

H0FHA.t.'«SWAtDAC  ; 

viele  gedenken  und  sind  bemühet  grosze  und  ferne  reisen  zu 
thun.  ScHLPPius  560;  deren  gedankea  in  Verrichtung  der  grösz- 
ten  Sachen  tag  und  nacht  bemühet  werden.  697;  dasz  ein 
paar  ochseu  über  zwo  stund  nicht  bemühet  werde.  735;  dasz 
durch  den  fleisz  seines  bemühten  lebens  er  nicht  so  viel  er- 
fahren, dasz  er  diese  krankheit  curieren  könnte,  colica  26S ; 
da  er  den  kaiser  durch  alle  nur  erdenklichen  mittel  zu  ge- 
winnen bemühet  leben  muste.  Hab.>  3, 1S6 ;  ich  habe  dich  oft 
und  vergebens  bemühen  müssen ; 

an  einem  hügel  voller  linden  : 

sasz  Amaril  und  war  bemüht,  i 

aus  blumen  einen  kränz  zu  winden.    Qacedomi  2,  M. 

2)  sich  bemühen,  die  beigefügten  praeposilionen  sind  mit, 
um,  in,  auf,  für,  die  ältere  spräche  setzte  auch  den  gen.  der 
Sache:  das  nicht  das  ganz  volk  sich  daselbs  bemühe.  Jos. 
7,  3 ;  bemühe  dich  nicht  reich  zu  werden,  spr.  Sal.  23,  4 ;  so 
trit  nu  auf  mit  der  menge  deiner  zanberer,  unter  welchen  du 
dich  von  deiner  jugent  auf  bemühet  hast.  Es.  47,  12;  ach 
herr,  bemühe  dich  nicht  (frauja,  ni  draibei  |uik).  Luc.  7,  6; 
sonst  sind  noch  viel  andere  sacheo,  so  man  disfalls  brauchet, 
von  wurzeln,  samen,  gummi,  ich  aber  bemühe  mich  der  ge- 
meldten stücken.  WCktz  practica  439;  so  hab  ich  mich  be- 
mühet kürzlich  zu  beweisen,  bienenk.6';  nit  werd,  dasz  man 
sich  vil  mit  ir  bemühe.  35*;  sie  bemühen  sich  umsonst.  46*; 
wie  die  ketzer  tluin,  die  derhalben  sich  mit  disen  spitzfin- 
digen fragen  nichts  bemühen.  87*; 

das  kommet  danron  her,  dasz  du  dich  so  bemühst, 
mir  durch  die  treflichkcit  zu  schalTen  höchste  freude. 
FLEai.HG  604; 

wenn  dieser  eigensinn  recht  wüste,  was  ein  freund  wSre,  er 
solle  sich  mit  feinden  nicht  bemühen,  pers.  baumg.  4,  19; 
was  einem  die  natur  eingepflanzet,  wird  schwerlich  könnea 
geändert  werden,  ob  er  sich  schon  dargegeo  bemuhet.  Lok~ 
mans  fab.l"; 

du  hast  um  fremde  menschen  dich  so  lang 

bemuht  und  dich  nach  ihrem  sinn  gerichtet.    Götbb  9,  1S4; 

dasz   andre   für  mich  bauen,   pflanzen  und  «sich  häuslich  be« 

mühen.  17,  318;    es  war  das  erstemal,  dasz  sich  ein  freiud, 

92* 


1463 


BEMÜHEN — BENACHBAREN 


BENACHMALS —BENÄHEN 


1464 


ein  liebhaber,  ein  diener  um  sie  bemütite.  17,  325;  der  ärzt- 
liche freund  gelit  ab  und  zu,  er  sciieint  sich  um  das  kind  zu 
bemühen  und  bemüht  sich  um  die  frauen.  17,  364 ;  er  stürzte 
auf  eine  rasenbank,  und  blieb  eine  Zeitlang  liegen.  Mignon 
bemühte  sich  um  ihn.  20,  88 ;  blieb  mir  auch  noch  zu  geden- 
ken, wie  ich  mich  in  Wissenschaften  und  andern  künsten  be- 
müht. 24,  6 ;  er  bemüht  sich  schon  lange  um  das  mädchen. 

Nach  dem  franz.  se  donner  la  peine  zur  leeren  Höflichkeit 
geworden:  bemühen  sie  sich  herauf  zu  kommen,  oder  auch 
nur,  bemühen  sie  sich  herauf!;  wenn  sie  sich  bemühen  {so 
gut  sein)  wollen;  bemühen  sie  sich  gefällig  in  den  garten!; 
sie  werden  sich  schon  wieder  einmal  bemühen  müssen ;  o  be- 
mühen sie  sich  nicht  damit,  auch  abweisend:  du  brauchst 
dich  weiter  nicht  um  mich  zu  bemühen. 

BEMÜHEN,  w.  labor,  Studium:  mein  bemühen  ist,  dir  zu 
dienen ;  mit  eifrigstem  bemühen ;  in  willen  und  meinung,  dem 
jüngst  ergangenen  bescheid  ein  unterthenigs  bemühen  zu  thun 
(nachzukommen),  Avrer  proc.  2,  4;  was  bin  ich  unglücklich, 
dasz  mein  ganzes  bestreben  nur  immer  eine  nacbahmung,  ein 
falsches  bemühen  bleibt.  Göthe  17,  413 ;  all  unser  redlichstes 
bemühn.  3,  291. 

BEMÜHSAM,  adj.  und  adv.  mühsam,  eifrig:  wie  bemüh- 
samlich  der  teufel  denenselben  nachstellet.  Sirnpl.  2, 186. 

BEMÜHUNG,  /■.  labor,  moleslia:  also  soltu  auch  wissen 
von  der  bemühung  (sorgfältigen  behandlung  ?)  desselbigen  glids, 
das  auch  vielerlei  zufäll  zu  erwarten  seind.  Paracelsüs  chir. 
sehr.  9";  disz  leben  ist  die  zeit  der  reue,  Jens  die  zeit  des 
gerichts,  dises  der  bemühung,  Jens  der  erquickung.  bienenk. 
38' ;  suchen  und  laufen  solchen  (zergänglichen  gülern)  tag  und 
nacht  mit  höchster  bemühung  nach.  Schüppiüs  560;  hatte  viel 
bemühung.  pol.  maulaffe  58;  eine  bemühung  (bestrebung)  ha- 
ben sich  zu  bewegen.  Kant  8, 19.  20 ;  sich  bemühung  um  die 
freiheit  des  menschlichen  Verstandes  geben.  8,  8 ;  das  sind 
eitle,  vergebliche,  löbliche,  edle  bemühungen ;  alle  bemühungen 
waren  vergeblich;  honorar  für  ärztliche  bemühung. 

BEMÜNDELN,  beaufsichten,  in  vormundschaß  halten: 

wir  Deutschen  sind  dreihundert  jähr  in  Vormundschaft  geblieben, 

bemündelt  von  der  ganzen  weit.      Scherenberg  ged.  100. 

BEMURMELN,  murmure  accipere,  ahd.  pimurmilön.  Graff 
2,  860 ;  mhd.  bemunneln.  fundgr.  165,  13 ;  den  kranken  be- 
murmeln,  leise  Zaubersprüche  über  ihn  ergehn  lassen. 

BEMURREN,  mussitare,  morose  accipere: 

alles  beschtneiszten  und  bemurrten, 
und  denn  mit  undank  davon  schnurrten. 

froschmeuseler  III.  3, 12. 
auch  fascinare,  wie  bemurmeln: 

sein  vicb  bemurt  Ich  auch.    Kingwald  tr.  Eckh.  J7'. 

BEMUSCHELN,  conchis  omare  appensis :  bcmuschelens  (das 
kind)  wie  die  Jacobsbrüder.  Garg.  67';  ein  bemuschelter  pil- 
ger,  der  über  meer  gefahren  kommt. 

BEMÜSELN,  illinere,  infuscare,  maculare.    mhd. 

und  lant  iu  bemüseln 

mit  räme  und  euch  mit  üscin 

antliiz  unde  varwe.    G/i.  1,215; 

nkd,  und  ist  schon,  das  si  bede  lauter  und  weisz  sind,  und 
nit  in  todsünd  fallend,  so  wirt  doch  eins  vom  andern  be- 
müslet  durch  bloszen  anmut,  den  eins  zum  andern  gewinnt. 
Keisehsberc  par.  der  sei.  222;  also  will  du  im  die  cer  und 
seinen  guten  lümden  mindern  und  bemüslen.  Sünden  d.  m. 
27*.  scheint  verwandt  mit  bemascn  =  bemüsen,  und  mäsen, 
müseln  weism  auf  ein  verschollenes  verbum.  Stalder  2,  222 
hat  müselen,  vermüselen  für  zersägen. 

BEMÜSZIGEN,  einen  mit  zeit  und  musze  ausstatten,  etwas 
zu  verrichten,  ihn  dazu  in  stand  setzen,  veranlassen,  enndch- 
tigcn,  was  übergehl  in  zwingen,  nOthigen,  in  der  kanzleir 
spräche:  ich  sehe,  finde  mich  bemüszigt,  ich  bin  bemüszigt 
worden,  das  zu  thun,  operam  do,  incumbo,  vaco  negotio :  dasz 
auch  ein  rechtgesctzler  prinz  zu  solchen  mittein  zuweilen 
bemüsziget  werde.  Butsciiky  I'atvi.  892. 

BEMUTIGEN,  animum  accendere,  ermutigen.  Stieler  1301. 

BEMUTTERN,  sp.  1203.  auch,  die  älteste  Schwester  bemut- 
tert die  andern  geschwister;  der  bruder  will  sich  von  der 
Schwester  nicht  bemuttern  lassen. 

BEiNACHBABEN,  vicinum,  confinem  reddere :  sich  mit  einem 
benachbarcn,  sein  nachbar  werden  (oben  sp.  1204,  6).  haupt- 
sächlich steht  das  part.  praet. :  die  benachbarte  Stadt,  gegcnd, 
das  benachbarte  haus,  land; 

so  nechst  benachbart  ist  mit  den  unsteten  Scyth«n.  Opitz  1, 210; 


einer  von  den  benachbarten  fürsten.  pers.  rosenth.  l,  27;  be- 
nachbarte berren.  1,  30 ;  ich  vermein,  du  wissest  es  nit,  dasz 
meinen  benachbarten  dasselbe  kläperlein  ist  angehängt  wor- 
den. Schüppiüs  741 ;  im  krieg,  welchen  er  was  wenigs  mit  den 
benachbarten  bette.  771; 

zu  oft  ist  manche  lust  benachbart  mit  dem  leide. 

IlAGBOonn  2,  134; 
wie  dem,  der  vom  Olymp  benachbart  mit  dem  himmel, 
auf  eine  halbe  weit  den  freien  blick  erstreckt.  Wieland; 
und  nun  rief  der  kyklop  der  brüllende,  welche  benachbart 
wohnten  im  felsgeklül'i.    Voss  Od.  9,  400. 

BENACHMALS,  adv.  postea,  hemachmals :  benachmals  eine 
erschröckliche  Vollziehung.  Abele  3, 290. 

BENACHRICHTIGEN,  certiorem  facere,  nachricht  ertheilen: 
ich  benachrichtige  dich,  dasz  ich  morgen  mittag  eintreffen 
werde;  ich  benachrichtige  dich  von  meiner  ankunft. 

BENACHRICHTIGUNG,  f.  significatio. 

BENACHTEN,  in  verschiednem  sinn, 

1)  pernoclare,  die  nacht  zubringen,  die  nacht  bleiben,  über 
nacht  bleiben,  übernachten: 

mhd.  da  enwil  si  äne  zwivel  niht 

benahten  inne  noch  beiagen.    Winsbekin  39; 
tumber  gouch,  der  dran  betaget  oder  benahtet. 
Walther  10,  7, 

d.  h.  der  tag  und  nacht  damit  hinbringt,  nhd.  er  hat  auch 
selber  zu  zeiten  darauf  benachtet  im  gebet.  Frank  weltb.  167' ; 
etwan  umb  betens  willen  da  benachtet.  178' ;  darumb  bedunkt 
mich  gut  sein,  dasz  wir  noch  heinacht  zu  Paris  benachtend. 
Aimon  k2;  voc.Jheut.  1482.  d2'; 

ob  der  mensch  sei  junk  oder  alt, 

bei  dem  benacht  der  ungeheur  gast,    faslri.  sp.  214,  32 ; 

er  bnachtet  in  sins  bruders  Iius.    trag.  Joh.  K6; 

begibt  sich,  dasz  er  auf  einem  dörflein  benachtet  (entweder 
übernachtet,  oder  von  der  nacht  überfallen  ward).  Kirchhof 
wendunm.  136';  es  begab  sich,  das  ein  Sprecher,  ein  gut  ge- 
sell, benachtet  (von  der  nacht  überfallen  wurde)  und  kam  an 
das  kloster  in  dem  winter  und  begeret  herberg.  schimpf  und 
ernst  cap.  .  .  . 

derhalb  so  wir  benachten  sollen, 

wir  halt  daselbsten  bleiben  wollen.    Ayrkr  358". 

2)  benachten,  noctescere,  nacht  werden :  falls  es  auf  frischer 
that,  ehe  es  benachtete,  nicht  mehr  geschehen  könnte.  Moser 
3,  195. 

3)  caligare,  obscurare,  mit  nacht  überziehen,  beschatten: 
erd  und  himmel  schwarz  benachtet.  Spek  trutzn.  253  (275) ; 

ich  sehe  gottes 
gegenwart  auf  dem  benachteten  furchtbaren  Schauplatz. 
Messias  10,  578 ; 
so  schweigt  der  benächtete  himmel 
ehe  der  donnersturm  sich  erhebt.    16,  412; 
aber  mitten  im  fels  ist  eine  benachtete  hole.  Voss  Od.  12,  80;" 

es  ertönen 
laut  von  der  orgien  lärm  die  benachteten  wipfel  Cithärons. 
Bürger  249*. 

BENACHTHEILIGEN,  damnum  afferre,  von  nacbtheilig  ge- 
bildet, anders  als  bevortheilen,  von  vortheil.  nnl.  aber  be 
nadeelen. 

BENACHTIGEN,  pernoclare:  beiibnen  zu benachtigen.  Rol- 
lenhacen  wund,  reisen  60. 

BENAGELN,  clavismunire:  eine  kiste  benageln ;  die  schuhe 
benageln. 

BENAGEN,  derodere:  und  auch  darumb,  das  du  gar  essen 
möchtest,  das  sie  (die  mause)  benagen  wurden.  Stei.nhüwels 
Esop  (1555)  4l';  sie  thun  wie  die  maus,  benagen  alles,  daran 
sie  kommen.  Lehmann  150 ;  ein  löwenfeil  benagen.  Lokmans 
fab.  29 ;  die  geisze  benagen  das  gesträuch ;  ein  verlegener  be- 
nagt seine  finger,  nägel.  oß  bildlich,  der  cerabschneidcr  be- 
naget und  isset  sein  nebenmenschen.  Keiseasberg  Sünden  des 
munds  29' ; 

was  mich  innerlich  benaget, 

was  für  schwarzer  üherdrusz 

mein  aufrichtigs  herze  plaget. 

weist  nur  du  mein  Tityrus.    Neuüarks  luslw.  101; 

mein  herze  wird  benaget 

von  mancher  sorg  und  furcht.    143; 

den  freund  und  feind  benagen.    Hagedorn  i,  109. 

BENAGUNG, /■.  rosio:  on  benagung  des  brols.  biennik.  »l*. 

BENÄHEN,  assuere,  nnl.  benaaijen :  die  decke  ringsum  mit 
Icdcr,  das  tuch  mit  seide  benähen,  in  andcrm  sinn:  er  be- 
nähete  das  freiherrlicbc  haus  (nihle  für  es).  Hippel  8, 199. 


1465 


BENAMEN — BENANNTLICH 


BENANNTLICUEN — BENE 


1466 


BENAMEN,  nomen  dare,  ponere,  edicere  (vgl.  ahd.  namftn. 
Graff  2, 1086) : 

Nullus  ist  ein  iwerg  von  leibe,  noch  dazu  ein  narr  von  sinnen, 
also  wird  man  Nichts  den  NuJlum,  NulJum  Nichts  benamen 
künnen.  Logau  3.  zug.  23  ; 

bitte  den  ort  zu  benamen  {mir  den  namen  des  orts  zu  sagen), 
wo  sie  sich  beständig  aufhalten.  Fehenb.  2,  621 ; 

dds  scIflTCOvicb« 

wie  Flaccus  jene  zunft  benamt  (imitaiorum  serrum  pecus). 

GöKiNGK  2,  158 ; 
beide  nahen  sprechend  schon, 
sie  Feliciias  benarnet, 
die  er  liebend  sich  erkor.    TieckI,  39; 
Schmidt,  wenn  sinnig  du  reim'  erfindest, 
wird  das  haussrerät  schön  benamt, 
wenn  du  etwas  nur  griechsch  verstündest! 
da  gebrichts,  dasz  dein  vers  so  lahmt.    Ä.  W.  Schlsgel. 

BENAMENTLICH,  adv.  expresso  nomine.  Stieler  1326.  heute 
namentlich,  ahd.  pi  nemin,  mhd.  benamen. 

BENÄMLICH,  noius:  was  es  aber  für  ein  bild  sei  und 
wovon  es  gemacht,  solches  wird  benamlich  durch  das  beige- 
fügte wort  zucker.  Hassans  anm.  zu  Opitz  134. 

BENAMSEN,  frequentaliv  von  benamen  und  gleicher  bedeu- 
tung,  bair.  benamsen,  benamsten  (Schm.  2,  695),  Schweiz,  nam- 
sen,  ernamsen  (Stald.  2,  230) ;  doch  ist  kein  ahd.  namisön, 
mhd.  namsen  aufzuzeigen: 

die  kurz  histori  wil  ich  benamsen, 

wölch  luien  ist  von  sant  Johansea.    trag.  Jon.  A3; 

welche  von  Norwegen  dahin  kummende  und  sich  besitzende 
das  ort  also  haben  benamset.  Frask  weltb.  59*;  also  werden  auch 
diese  fisch  mit  unterscheid  benamset.  Fober  fischb.  4';  und 
kan  sich  selbst  eigentlich  und  erkantlich  nit  benamsen,  noch 
ihr  wesen  und  eigenschaft  klärlich  an  tag  bringen,  ganskönig 
vorr.  4';  als  ich  zu  wissen  begehret,  ob  es  {das  «ort  cava- 
lier)  einen  edeimann,  einen  Soldaten,  einen  junkem  oder  knecht 
benamsete?  Philasd.  1,  22 ;  benamsen.  Spzz  guld.  tugendb.  123; 
eine  Jungfer  Pamatia  benamset.  Hohberc  3,  80' ; 

weil  jede  krankheit  zuförderst,  wie  doctor  Sassafras  meint, 

um  glücklich  sie  kurieren  zu  können, 

benamset  werden  musz,  so  scheint, 

wir  können  die  ihrige  wol  nicht  anders  als  —  liebe  nennen. 
WlELAHD  5, 122 ; 

da  du  nun  Suleika  heiszest, 

sollt  ich  auch  benamset  sein. 

wenn  du  deinen  geliebten  preisest, 

Hatem!  das  soll  der  name  sein.    Göihe  5, 143; 

führt  zu  scharf  benamsten  schätzen.  5,  275; 
betrachtet  man  obige  rubriken,  so  findet  man,  dasz  sie  bald 
nach  äuszern  kennzeichen,  bald  nach  dem  Inhalt  benamst 
sind.  6, 119 ;  unser  blick  irrt  auf  wunderlich  benamste  inseln. 
6, 188 ;  wir  benamsen  sie  nicht.  39,  69 ;  Schiller,  der  im  Teil 
die  bäuerinnen  benamsete  und  ihnen  einige  worte  zu  spre- 
chen gab.  45,  59;  die  blaue  reihe  der  höhern  gebirgsrücken, 
deren  gipfel  zu  benamsen  man  sich  getraute.  48, 111 ;  ob  man 
gleich  nicht  immer  den  garten  benamset,  der  die  pfropfreiser 
hergegeben.  58,  18;  das  was  noch  immer  bewiesen  werden 
soll,  wird  schon  als  ausgemacht,  bestimmt,  benamset  ausge- 
sprochen. 59, 151 ;  mancher  phänomene,  die  ich  hcnorgehoben, 
gesondert,  benamset  und  abgeleitet.  60,  66;  Thoms  wird  er 
im  tauf  benamset.  Tieck  5,  5S9;  man  soll  sie  künftig  die 
samm-  oder  zugleichliebe  benamsen.  J.  Paul  Hesp.  1,  212; 
wobei  er  ihn  immer  den  hofmedicus  benamsete.  4, 139 ;  welche 
die  leute  sehr  gemein  einen  schlagflusz  benamsen,  uns.  löge 
3,  56;  wenn  er  die  endigung  des  rückenmarks  den  pferde- 
schweif  benamse,  teuf.  pap.  1,  83. 

BENAMSER,  m.  nominator.  Frischlin  nomenel.  433. 

beSamsung,  f.  er  muste  deshalb  Ton  ihnen  allerlei  spott- 
reden und  benamsungen  erdulden.  Göihe  48,  94;  so  haben 
wir  in  der  ältesten  zeit  betrachtung,  philosophie,  benamsung 
und  poesie  der  natur  alles  in  einem.  49,  3. 

BENAMüNG,  f.  benamung  der  naturcrscheinungen.  Göihe 
32, 174. 

BENANNT,  part.  praet.  von  benennen. 

BENANNTLICH,  adv.  nominatim:  ich  zeiget  im  weg  an, 
das  er  dein  haus  hei  nacht  mit  leitem,  benantlich  dein  gar- 
ten bestige.  Wibsosg  Cal.  g3*;  Georgius  brach  auch  mit  et- 
lichen anfwartcm  auf,  benantlich  doctore  Wintern,  Antonio 
Bonin,  Peter  Glascnappen.  Micrälics  4,  32 ;  so  er  doch  ihnc 
und  seine  anreizer,  benantlich  oder  unbenantlicb,  als  ehrlose 
Schelmen  bette  berechtigen  sollen.  Trurmeisser  notgedr.  au$- 
tchr.  1, 44 ;  pers,  reiseb.  1, 4.   t.  benamentlich,  benenntlich. 


BENANNTLICHEN ,  adv.  dasselbe:  bcTorab  weil  der  all- 
mechtige  eben  uinb  selbige  zeit,  nemblich  im  j.  1440  die  aller- 
fcdleste  kunst  der  buchtruckerei  auch  in  Teutschlanden  und 
beuantlichen  in  Straszburg  durch  Hans  Mäntelin  hat  offenba- 
ren wollen.  Phiuind.  2,  S04. 

BENARBEN,  cicatriccm  inducere,  schwächer  als  vernarben, 
cicatrice  obduci:  die  wunde  will  noch  nicht  benarben;  die 
geschwüre  benarben.  zumal  benarbt,  cicalricosiis :  ein  be- 
narbtes gesicht;  benarbt  aus  dem  kriege  heimkehren;  ich 
kenne  unsre  benarbten  alten,  sie  lieben  die  schlacht.  Klopstock 
8,  121;  ist  hier  kein  hauptmann,  durch  den  ich  seine  alten 
Cherusker  bei  den  wunden  ihrer  söhne  anflehen  kann,  dasz 
sie  den  benarbtesten  unter  ihnen  zum  führer  machen,  und 
sich  in  die  legionen  stürzen?  8,125; 

und  dasz  du,  wenn  ein  held  auf  der  benarbten  brüst 
ruhmvolle  wunden  zeigt,  die  deinen  bergen  must. 
A. W.  Schlegel  . . . 

BENARREN,  ludibrio  habere,  decipere,  bethOren,  zum  narren 
haben,  heute  einfach  narren : 

kam  mit  einr  stelzen  einher  krochen, 
als  ob  er  hett  ein  bein  zerbrochen, 
damit  er  oft  die  leut  benarn, 
bisz  mans  zuletzt  auch  innen  wart. 

Waldis  Esop  1,  62. 
BENASCHEN,  degustare,  praelambere :  lüsterne  müssen  alles 
benaschen ; 

solcher  köchin  fint  man  noch  mehr, 
die  alles  das  benaschen,  beide  speis  und  trank.  • 

ungear.  meistergesang ; 

und  wer  sein  schmer  für  katzen  setzt, 

Wirt  oft  benaschet  und  verletzt.    Schwarzenberc  123,  2; 

oder  bebalts  in  deinen  henden, 

benags,  benaschs  an  allen  enden, 

hast  du  sein  gnue  und  bist  sein  satt, 

so  schmeiters  wider  in  die  platt.    Scatn  grobianus  C4»; 

damit  die  frischen  abdrücke  einer  neuen  gegenwart  mich  nicht 
überherschen,  benasche  ich  hinterher  des  alten  Nicolai  Wie- 
ner reise.  Zelier  an  Göihe  350.  wurde,  gleich  dem  einfachen 
naschen,  auf  sinnlichen  Uebesgenusz  angewandt: 

nach  alten  hadern  ist  mein  fragen, 
wan  sie  die  meid  hant  abgetragen, 
wan  so  die  puben  sie  benaschen,    /instn.  «p.  792, 25 ; 

wir  fiengen  hierauf  an   das  confect  der  liebe  zu  benaschen. 
Felsenb.  3,  393.    s.  ausnaschen. 
BENASEN,  naso  inslruere: 

ob  ewr  einr  wol  benaset  wer, 

der  mag  wol  zu  uns  treten  her.    U.  Sachs  III.  3, 16'. 

mit  der  nase  anrühren,    s.  befingern  1. 

BENÄSSEN,  madefacere,  gewöhnlich  benetzen: 

es  würde  steter  tbau  der  thränen  es  bennssen. 

LoHE.ssTEis  Ilyac.  3. 

BENAL^EN,  angere,  premere,  beklemmen.  Siieler  1336.  nnl. 

benaauwen:   sie   helfen    benauhen  und  verkürzen  die  armen, 

redlichen  bürger  und  handwerksleute  mit  allerhand  newerun- 

gen,  contributionen,  Schätzungen.  Chr.  Asdreä  buszposaune  M  3 ; 

er,  von  wafTen  unbenauei  {unbeengt) 

schrecket  seine  wachter  blöd.    Speb  truUn.  300; 

mir  wurde  ganz  benauet  Sieg  fr.  von  Lindenb.  2,  2Sl. 

BENAUPEN,  wie  das  vorige.    Siieler  1336. 

BENDEL ,  m.  fasciola,  vitla,  ahd.  pentil  (Gurr  3,  138), 
mhd.  bendel  (Bes.  1, 134').  s.  brustbendel,  haarbendel,  hosen- 
bendel,  sackbendel,  schuhbendel,  wurstbendel ;  die  frauw  aber, 
als  sie  den  mann  im  melsack  sähe,  den  bendel  schnell  zu- 
stricket, wegkürzer  (i ;  einer  macht  bendel,  der  andere  schnei- 
det sie  ab.  Simrock  909. 

BENDELFASZ,  n.  in  einem  \iede  bei  ühland  717  unter  dem 
hausqerdth  aufgezählt. 

BENDELHOLZ,  n.  prunus  padus,  faulbeere. 

BENDER,  m.  vielor,  der  faszbinder,  küfer.  bender  hat  Al- 
berus,  und  das  volk  in  Hessen,  in  der  Wetterau  u.  s.  w.  spricht 
nicht  anders. 

BENDIG,  5.  bennig  und  bändig. 

BENDLEIN,  n.  was  bendel: 

mein  werkstal  öd  liesz  ich  zuspcrn, 

weib  unde  kind  vom  bendlein  zem.    II.  Sachs  Ii.  2,  8  , 

was  sonst  heiszl  von  der  schnür  zehren,  leben,  unter  welchem 

wort  mehr  davon  zu  sagen  ist. 

BENE,  «ol.     statt   sich   wol  thun,  gut  thun,  ein  gütchen 

thun,   wol    leben,    sehmausen   heiszt   es  mit  besondcrm  nach- 

druck:    er  thal  sich  bene,  tliat  sich  heute  ein  rechtes  bene; 
hier  that  mit  seiner  schöne       _ 
der  herr  »ich  uxflicb  bene.    Bobgi»  2S*. 


1467 


BENEBELN — BENEBENST 


BENEBST— BENEHMEN 


1468 


BENEBELN,  nebula  tegcre,  nebulam  inducere,  nnl.  bene- 
vclen. 

1)  im  eigentlichen  sinn:  das  gebirge,  der  grund  ist  bene- 
belt; 

jetzt  seh  ich  Drachenfels  stol«  in  die  lüfte  gehen, 
jetzt  seh  ich  Wolkenhurg  allzeit  benebelt  stehen. 

Ha."(iiann  anm.  zu  Opitz  198 ; 
benebelt  haupt.  Brockes  1,  133; 
dasz  die  truppen  auf  den  benebelten  {im  nebel  stehenden)  hof- 
kaplan  feuer  zu  geben  anfiengen.  J.  Paul  Hcsp.  1,  14;  die 
blumen  der  poesie  gleichen  andern  blumen,  die  im  gedämpf- 
ten, benebelten  Sonnenlicht  am  besten  wachsen.  2,  28;  das 
Zimmer  benebelte  gleichsam  ein  lichterdampf.  4,  86. 

2)  figürlich,  trüben,  es  soll  auch  diese  seine  notdurft  kein 
betierplunder  sein,  um  den  glänz  seiner  lügenden  zu  bcne- 
blen  oder  dunkel  zu  machen.  Brandts  bericht  von  Taubmann  16 ; 

Cardenio,  wofern  disz  ein  benebelt  scherz, 

so  spielt  er  nur  zu  viel  mit  leuten  von  gewissen. 

Grtphius  1,  241 ; 
Cardenio,  so  ists,  schwermüiige  gedanken 
benebeln  die  Vernunft,    1,242; 

einen  klaren  Spiegel  mit  dem  athcm  benebeln.  Bütschky  Pa/m. 
897;  ein  mit  irrthümern  benebelter  glaube.  20";  allerhand 
Unglücksdämpfe  benebeln  ihnen  herz  und  äugen.  719 ;  meine 
begicrden  können  meine  Vernunft  dergestalt  benebeln,  dasz 
ich  zu  der  zeit,  wann  sie  am  unbändigsten  sind,  nichts  er- 
kennen kann.  Liscov  728  ;  die  äugen  benebelt  von  der  süszen 
trunkenheit  der  glücklichen  liebe.  Wieland  2,  81; 

er  wähnt,  ihn  täusche  sein  halb  benebelter  blick,    i,  196; 

Über  mir  schwebt  nacht  und  fmsternis  und  benebelt  alle  meine 
sinne.  Fr.  Müller  2,  139;  wie  die  gelehrte  weit  durch  das 
newtonische  spectrum  benebelt  gewesen.  Göthe  54,  171;  um 
sein  herz  als  dampfkugel  in  ihres  zu  schieszen  und  damit 
diese  stille  sinnende  heiterkeit  zu  benebeln?  J.  Paul  Hesp. 
1,  114.  zumal  heiszl  benebelt  betrunken,  sich  benebeln  sich 
betrinken:  anderer  leute  wein  auf  bouteillen  ziehen  und  sich 
dabei  ein  biszchen  benebeln,  dasz  man  glaubt,  er  gehöre 
ihnen,  so  etwas  thun  die  meisten  deutschen  Schriftsteller. 
Lichtenberg  1,  309. 

BENEBELUNG,  f.  die  unenlhaltsamkeit  im  trinken,  die  bis 
zur  benebelung  der  sinne  geht.  Kant  10, 176. 

BENEBEN,  nnl.  beneven,  wie  beineben  {sp.  1385).  vgl.  an- 
beneben. 

1)  praep.  mit  dem  dat. :  darvor  sie  ihm  auch,  beneben 
sciienkung  etlicher  äckcr,  zu  ehren  eine  seul  aufrichten  iieszen. 
Kirchhof  wendunm.  17";  beneben  den  edlen  und  grafen.  45*; 
ein  forster  oder  waldknecht  hat,  beneben  andern  gewälden 
in  seinem  bezirk,  auch  eins  die  eck  genannt.  146';  vergruben 
das  gelt  beneben  cim  groszen  bäum.  177"; 

liebestu  mich,  als  wie  ich  dich, 

auch  niemand  benehen  mich, 

nichtcs  beger  ich  mehr.    Strickers  sc/j/emmer  g 2*; 

und  dünket  mich  in  meinem  sinne  also,  das  cwer  stad  Balle, 
ein  jederman  in  seinem  hause,  bencben  elzlichen  andern  umb- 
ligendcn  stedten,  das  obgemeldte  vergangne  xlhi  jar,  den 
jüngsten  tag  abermal  zimlich  cntpfundcn.  Greff  Lazarus  vorr. 
A8*; 

alle  menschen  nn  beneben 

mit  dem  leufel  goti  widerstreben.    A2'; 

beneben  so  vilcr  heiligen  tagen,  bienenk.  181'. 

2)  conjunction,  praeter,  praeterquam :  heneben  dasz  er  auch 
brandschatzungen  angericht.  bienenk.  211'; 

beneben  dnsz  disz  schlosz  von  sial  ist  hoch  eihöhet 
und  diisz  der  felscn  selbst  umiberwindlicli  stehet. 
VVerukrs  Ar.  3,  67. 

BENEBEND,  in  gleichem  sinn:  undank  bcnebend  neid, 
hasz  und  zorn.  Thurneisser  nolgedr.  ausschr.  5. 

BENEBENS,  adv.  nebenbei,  daneben,  praeterea,  nnl.  bcnc- 
Tcns,  beneffens: 

geh  hin  und  lerne  mich  bencbcns  auch  zu  meiden. 

IIOF)IA.M.NSWAl.ÜAII  (jclr.  sc/i.  80; 

und  ward  ihm  benebens  anbefohlen.  Simpl.  i,  190;  Itenebens 
auch  die  auslcgung  der  träume  hölmi.sch  genug  verlacht.  2,  504. 
BENEBENST,  praep.  und  adv.,  s.  beinebens:  benehenst 
rath  von  ihm  begehrend.  Simpl.  1,  4S ;  das/,  er  benehenst 
mehrers  studieren  ausgeiiolet  werden  solle,  ob  er  sich  nicht 
in  den  geistlichen  stund  schickte.  2,  302 ;  wo  benehenst  dein 
dienst  ein  angehender  prcdigcr  aucii  eine  person  chlithen 
masz,    welcher  er  auszcr  demselben   sonstcn   uiQszig  gehen 


würde.  Schcppiüs  644;    benehenst  andern  vier  dienern.  Har- 
nisch 54;  benehenst  auch  bcdankele.  SalindelSl. 

BENEBST,  gleicher  bedeulung  mit  den  vorausgehenden  Par- 
tikeln, und  wie  das  einfache  nebst  heute  allein  gültig  geblie- 
ben, gerade  die  entstelltesten  und  erdrücktesten  formen  dauern 
fort,  während  in  beneben  und  benehenst  das  ihnen  allen  zum 
grund  liegende  adj.  eben  noch  gefühlt  wird,  von  der  Steige- 
rung dieser  Wörter  ist  unter  neben  und  nebst  näher  zu  han- 
deln, benebst  steht  als  nachdrücklicheres  nebst,  kann  aber 
in  den  meisten  fällen  mit  ihm  wechseln: 

der  alten  redner  schar  benebst  den  neuen  weisen. 

Götz  3,  37 ; 
zwölf  Städte,  sieben  maurumgebne  flecken, 
benebst  fünfhundert  achtbaren  gefangnen. 

A.  W,  Schlegel  in  Heinr.  VI  theil  1,  act  3,  sc.  4; 
und  doch  halt  ich  diese  lippen  nur  ihm  heilig,  benebst  dem 
busen  und  dem  schosz.  Klingers  th.  3,  394. 

BENEDEIEN,  benedicere,  segnen,  wie  maledeien,  vermale- 
deien  maledicere,  verfluchen,  doch  nicht  unmittelbar  aus  dem 
latein,  sondern  schon  mhd.  benedien,  maledien,  nach  dem  ro- 
manischen it.  benedire,  prov.  benezir,  franz.  benir:  sol  er 
benedeien  und  segenen,  so  musz  er  warhch  über  den  fluch 
sein.  Luther  3,  426;  dazu  helfe  mir  mein  herr  und  heiland 
Jhesus  Christus,  gebenedeiet  in  ewigkeit.  3,  513; 
goit  ewig  loben  und  benedeien.  Avrer351"; 
des  höchsten  nam  und  will  werd  stets  gebenedeiet. 

Weckherlin  73; 
mein  herz  auch  dankbar  gegen  dir, 
dir  billich  benedeiet.    93; 
er  benedeite  sein  geschick.    Licht  wer; 

glücklich  war,  glückselig  das  volk,  von  erhebender  freuden 

neuem  gefühl 
trunken,  war  benedeit,  war  selig,  zu  dem  des  gesetzes 

mutter  von  den  unsterblichen  kam.    Klopstock  2, 147; 
Hymen,  den  ich  benedeie, 
se'i  willkommen,  himmelsgast.    Bürger  75'; 
ich  gab  ihr  vor  dem  traualtar 
der  weiber  ehrenstand, 
kaum  war  der  fehl  gebenedeit, 
so  schwanden  angst  und  pein.    103'; 
gebenedeit  sind  mir  die  stunden, 
da  ich  dich,  liebes  paar,  gefunden.   Göthe  13,86; 
dasz  mein  ausgang  und  eingang  gebenedeit  sei!"  40,95; 
euch  dem  Helios  geweihten 
heileren  tags  gebenedeiien.    41,170; 
ihr  heiligen  mit  reinen  zungen 
ach  benedeiet  unser  herz.    Fr.  Müller  3,  121 ; 
das  haus  benedei  ich  und  preis  es  laut, 
das  empfangen  hat  eine  liebliche  braut.    Uhland  ged.  29; 

beate  oder,   wie  sie  herr  Nicolai  nennt,  gebenedeiete  gesieb- 
ter. Kant  1,  257.     das  pari,  praet.  kann  des  ge  entrathcn. 

BENEDEIUNG, '/",  benedictio,  segen,  mhd.  benediunge :  denn 
die  benedeiung  ist,  das  sie  werden  gnug  haben,  hie  und  dort. 
Luther  3,  293';  sol  (Christus)  den  segen  und  die  benedeiung 
über  alle  Völker  auf  erden  bringen,  so  musz  er  ie  alle  zeit 
und  ewig  leben,  426;  er  wollt  nicht  benedeiung.  br.  2,  167; 
desglichen  hus  und  ^f,  ein  gut  ouch  usz  der  benedeiung 
goltes  erlangt.  Tuo.  Plater  112 ;  er  kust  in  und  gab  im  sein 
benedeiung.  Aimon  E  2 ;  von  päbstlicher  benedeiung  predigcr. 
Kirchhof  wendunm.  429";  kirchenampt,  pfrund,  benelici,  wei- 
hung, benedeiung,  bienenk.  45' ; 

sein  gnad  und  bcncdeiung  geit.    Schkelzl  btindg.  söhn  9*; 
was  ich  mit  meiner  mühe  durch  göttliche  benedeiung  werde 
können  erhalten.  Schuppius  732. 

BENEDICITE,  n.  der  segen,  mit  welchem  der  priester  die 
messe  schlieszt:  meinstu  nicht,  pott  werde  deinem  geiz  und 
bauchsorge  ein  benedicite  sprechen  ein  mal,  das  du  beide 
mit  kind  und  mit  allem  hie  und  dort  verderbest?  Luther 
5,  ist',    s.  benditz. 

BENEDICTE,  f.  geim  montanum  und  urbanum,  mhd.  brnc- 
dicte  MS.  2, 195",  it.  erba  benedetta,  franz.  benoite,  engt,  herb 
bennet,  auch  benedictenkraut,  henedictenwurz  genannt,  vgl. 
kardenbenedict,  karbcndict  Carduus  benedictus,  centaurea  be- 
nedida. 

BENEDIGEN,  benedeien.    Keisersr.  post.  1, 13.  lebkuch.  8. 

BE.NEDITZ,  BENKDITZTE.  n.  was  benedicite,  mhd.  m. 
tinz  dii;  der  brnodiz  gescliacli.     Parz.  lUC,  19; 
drt  den  bonediz  der  biscliof  tet  kriuzen.    iMlicngr.  b2. 
ntid.  Jesus  das  benediiztc  sprach.    Hingwald  pponj;.  I'O'. 

BENEHMEN,  adimere,  eripcre,  goth.  biniinan,  aiid.  pineman, 
mhd.  nnl.  benemen,  heute  meist  von  abstractcn,  nicht  gern  wie 
nehmen  von  sinnlichen  dingen  gebraucfU,  et  heisil  einem  das 


1469 


BENEHMEN — BENEIDEN 


BENEIDEN  —  BENENNEN 


1470 


kleid,  das  pferd,  die  waffen  nehmen,  nicht  benehmen,  «ol 
aber  den  mut,  den  verstand,  den  zweifei,  verdacht,  das  be- 
denken, die  freiheit,  gelegenheit,  hofnung,  freude,  lust,  furcht 
benehmen,  tcofür  freilich  auch  nehmen  gesagt  werden  kann. 
nehmen  drückt  dann  mehr  ein  gänzliches  entziehen  und  rau- 
ben aus,  benehmen  ein  hemmen,  außalten,  hindern,  und  in 
diesem  sinn  steht  auch  das  licht,  die  aussieht,  die  spräche, 
schmerzen,  den  athem  benehmen,  iciewol  sich  gleichfalls  sagen 
läszl  das  licht,  den  athem  nehmen,  wegnehmen,  im  Bacha- 
racher  blutrecht  {weisth.  2,  213)  lautet  die  alte  formet :  auf  des 
Schaches  fusze  folgen,  als  lange  bis  in  die  swarze  nacht  be- 
nam   (den  äugen  entrückte). 

1)  gewöhnlich  mit  dat.  der  person,  acc.  der  sache:  das  be- 
nimmt mir  Tiel,  wenig,  nichts; 

vom  leib  die  seel  uosichtlicb  fleugt, 
verlorens  flaisch  der  nichts  beninipt, 
ain  wenig  stat  {kleiner  räum)  ir  dort  geziait. 

SCUWARZE.'HBERG  152,  1  ; 

gott  benem  dir  alles  leid  und  schmerzen. 

Wie  KRAM  bilger  D 1 ; 
man  hört,  dasz  der  Dicht  Tiel  verthat, 
dem  man  benimmt,  was  er  nur  bat.    Logau  1,  3,  23; 
die  freiheit  und  das  brot  benehmend.    Weckherli!«  301 ; 
dadurch   ihnen    die  harte  aussprach  unserer  sprach  anzukla- 
gen die  ursach  benommen,  rorr.  zu  denweltl.  ged.;  gleichwie 
man    dem   bienenkönige   die  flügel  benimpt,    wann  er  zu  vil 
ausschweifen  wil.  bienenk.  44' ; 

so  dasz  nichts  schönes  euch  Ton  uns  itzt  kan  herkommen, 
weil  aller  Schönheit  gut  uns  gänzlich  ist  benommen. 

Fle»i."«g  40; 
weil  ihnen  wurd  der  weg  vom  glücke  stets  benommen. 
Werders  Ar.  18,  50; 
der  meinung,    ihnen  {den  Jünglingen)  ihre  erste  haar  beneh- 
men  und   sie    zu  rittern  schlagen  zu  lassen.    Simpl.  3,  335; 
denn  welche  zum  ersten  die  kanne  vom  munde  absetzt,    die 
benehme  der  andern  die  milch,  braulsuppe  1679 ;  das  pdaster 
auf  dem  fusz  wird  dem  palienten  das  kopfweh  nit  benehmen. 
ScHCPPius  65" ;  folglich  benimmt  es  der  erden  ihre  paradisi- 
schen  eigenschaften  nicht.  Liscot  6S5 ; 
das  soll  nur  so 
den  letzten  druck  dem  dinge  pcbcn,  soll 
euch,  Rechas  wegen,  alle  skrupel  nur 
benehmen.         Lessixc  2,  296 ; 

dieser  gedanke  benahm  seiner  seele  auf  einmal  alle  die  stärke 
wieder,  welche  sie  wieder  in  sich  zu  fühlen  anfieng.  Wieland 
2, 156 ;  ihm  diesen  irrthum  zu  benehmen,  war  der  schlimmste 
streich.  2, 16S ;  damit  ihm  alle  gelegenheit  benommen  würde. 
2,315;  wenn  ich  euern  konigen  die  macht  benehmen  wollte, 
die  einem  vater  über  seine  kinder  zusteht.  7,  1S5;  das  be- 
nimmt ihrer  Wahrheit  nichts.  12,  151;  die  krankheit  hat  mir 
den  geruch  benommen. 

2)  seilen  mit  acc.  der  person,  gen.  der  sache: 

strafe,  derer  ich  jetzt  benommen  bin.  Ri.ncwald  geistl.  lied.  78; 
um  ihn  alles  zweifeis  zu  benehmen.  Lohe.nstei.n  Arm.  1,621; 
«ie  ags.  voldon  bena^man  nergendne  Crist  rodera  rices.  C<vdm. 
2S6,  2;  alts.  aber  mit  dem  instrumental:  antdred,  that  sie 
manno  barn  libu  binämin.  Hei.  9,  1$ ;  that  sie  kinda  su  filo 
bubdu  binämin.  22,8;  welche  fügung  auch  ahd.  erscheint:  ther 
er  nan  tude  binam.  0.  IV.  3, 16. 

3)  sich  benehmen,  se  gerere,  sich  betragen:  er  hat  sich 
edel,  klug,  angemessen,  verständig,  würdig  benommen,  oder 
albern,  schändlich,  ungeschickt,  kleinlich,  niedrig ;  er  weisz 
sich  in  gesellschaft  gar  nicht  zu  benehmen,  sich  mit  einem 
benehmen  drückt  aus  besprechen,  verständigen,  einigen. 

BENEHMEN,  n.  1)  adcmtio,  das  benehmen  des  athems. 
2)  gerendi  ratin,  das  betragen,  verfahren :  ich  kenne  dein 
würdevolles  benehmen  mit  groszen  herren.  Bettlne  br.  1,  310 ; 

würdie  und  voll  anstand 
war  das  benehmen.    Schiller  33S*. 

auch   übereinkunß :    nach  vorhergegangnem  benehmen  mit  A. 

BENEHMU.NG,  f.  ereplio:  abrisz  {entreiszung)  und  beneh- 
miing  meines  löcliterleins.  ScnwEtNicHE:»  2,  223;  diese  bcneh- 
niung  aller  mittel.  Lessing  5,  40S. 

BENEIDEN,  inridere,  nnl.  benijdcn. 

1)  mit  acc.  der  person  oder  sache:  ich  bcneiiic  dich  nicht; 
er  beneidet  alle  leute;  du  wirst  darum  beneidet;  ich  hatte 
schon  seine  hübschen  kleider,  wie  sie  ober  den  stiil  hiengen, 
längst  beneidet.  GOtue  25,  350;  man  läszt  die  lüge  gelten, 
indem  man  die  baarschaft  beneidet.  31,  231 ; 
wie  der  br.iuinacht  süsze  freuden, 
die  die  göitfx  selbst  beneiden.    Scbillkr  SO*. 


mhd.  blosz  einfaches,  starkes  niden:  • 

daj  nident  ander  frouwen.    MS.  1, 1"; 

ist  ieman  der  da;  nide.    1,  61'; 

UBtest  düs,  ich  wolt  ej  niden.    Walth.  70,  15; 

er  lie  da  balde  schouwen, 

daj  er  den  schceaen  künic  noit.    tr.  kr.  12629  ; 

doch  wart  er  anderswd  geniten.    10253; 

die  ej  vil  stark  an  ir  niden.    pass.  K.  32,  53. 
2)  mit  dat.  der  person  und  acc.  der  sache.     diese,  der  la- 
teinischen   oder  französisciien   nachgeahmte   fügung  greift  erst 
im  18  }h.  «m  sich :  da  einer  dem  andern  alle  vortbeile  gegen 
den  feind  beneidete.  Mascou  1,  9 ; 

weil  er  das  Vorrecht  hat, 
sich  zu  vergehn,  das  unser  einer  ihm 
nicht  sehr  beneidet.       Lessing  2,  29s ; 

ich  beneide  ihm  diese  lobsprQche  nicht.  6,  224 ; 

nein,  grosze  königin,  denn  damals  träumte 
mir  nicht,  dasz  Frankreich  noch  das  eiuzige 
an  uns  verlieren  würde,  was  wir  ihm 
beneidet  hatten.  Schiller  24S'; 

dieses  beneid  ich  ihm  unter  allem, 
dasz  er  heimführt  die  blumc  der  frauen.    500'; 

ich  sehe  nicht  ein,  woher  mirs  beikommen  dürfte  ihnen  ir- 
gend ein  vergnügen  zu  beneiden.  Göthe  an  fr.  von  Stein  l,  176. 
BENEIDENSWERTH:  beneidenswerthe  stille.  Gotter  1,166. 
BENEIDENSWÜRDIG :  eine  beneidenswürdige  glückseligkeit. 
Rabener  1,  206;  es  wird  bei  ihnen  stehen,  ob  sie  mich  zu 
den  beneidenswürdigsten  sterblichen  unter  der  sonne  machen 
wollen.  3,  235; 

mit  einer  lust, 
die  engel  selbst  beneidenswürdig  nannten.  Wieland  23, 115. 

BENEIDIGLNG,  f.  invidia:  mein  herz  ist  eine  wohnung 
der  liebe  zu  meinem  freunde  und  ist  darinnen  kein  räum 
mehr  übrig  zur  beneidigung  vor  einem  andern,  pers.  baumg.  4, 19. 

BENELKEN  setzt  Lohenstein  öfter  für  mit  neli-en  schmücken, 
d.  h.  rothblühend  erscheinen  lassen: 

will  ihr  benelkter  mund  im  grabe  blumen  sämen? 

Ctcop.  112,315; 
des  sommers  Zierde  pralt  auf  den  benelkien  wangcn. 
Ibrah.  66,  461. 

BENENNEN,  nominare,  denominare,  mhd.  benennen,  benante. 

1)  einen  namen  beilegen:  das  kind  nach  dem  vater,  die 
Stadt  nach  dem  berg  oder  flusz  benennen ;  dinge  mit  neuen 
namen  benennen; 

ihr  schenken, 
oslerieen,  wie  euch  schicklich  der  Römer  benennt. 
Göthe  1,  281. 

2)  namentlich  anßhren:  dise  benante  bücher.  bienenk.  i2'; 
oft   benant    künigreich.    129*;    bekannt   und   benannt   genug. 

J.  PALLfJfcc/  12. 

3)  bestimmen,  deftnire:  da  ist  der  legal  abermals  mit  sei- 
ner extravagans  komen,  hat  ein  solch  leben  damit  gehabt, 
das  etliche  benante  k.  maj.  rethe  besorgt  haben,  doctor  Mar- 
tinus  mücht  dadurch  erlegt  werden.  Lltbeb  1,  lU'; 

das  sie  ein  botschafl  zu  ir  send 

in  maszen,  wie  du  hast  benent.    11.  Sachs  III.  1,  33'; 

den  tempel  cotles  zu  verbrennen 

und  ISacho  dem  weingoit  benennen  (widmen).    III.  1,  109*; 

dann  mögen  sie  einen  benennen  und  fordern,  wer  ihnen  im 
rechten  oder  im  umstand  geliebt.  Kirchhof  nu7.  «f/jc.  241; 

ein  klägcr  kam  und  sprach,  herr  richier,  ich  bekenne, 
beklagter  soll  mir  Ihun,  so  viel  als  ich  benenne. 
I.OCAU  1,  6,  50; 

der  pabst  ersuchte  ßudolphum  in  einem  schreiben,  dasz  er 
gesandte  benennen  möchte.  Hahn  5,  100.  zumal  hiesj  es 
stunde,  tag,  ort  und  zeit  benennen,  an  welcher  ein  Handel 
oder  eine  zusammenkunß  stattfinden  sollte:  das  er  im  schul- 
dig wcre  auf  einen  benanten  tag  zu  bezalen.  Steinhöwels 
Esop  (1555)  38*;  wie  etliche  geizige  blasen  fhun,  die  auf  be- 
nante tage  zinse  aullieben  und  frisch  widerumb  dasseih  auch 
auf  zinse  treiben.  Lither  1,  195';  bis  seiner  sün  benantcr 
kampfstag  käme,    ilimon  E  1 ; 

ein  zusammkiinft  ist  benennet  worn 

allhie  nur  zwo  meil  von  .Angclor.    Airer  316'; 

die  Niniviler,  welchen  er  zeit  und  stunde  hatte  benennen 
lassen,  wann  und  wie  er  sie  verderben  wollte.  Schcppics  366 ; 
Rudolph  liesz  den  pabst  um  die  krönung  bitten,  auch  die 
zeit  des  bimmelfartfestes  dazu  benennen.  Hahn  5,  100.  so 
wnden  auch  andere  sacken  l>enannt :  ein  besonder  und  be- 
nennt geschcnk  verbeiszen.  Kitcauor  wcnduum.  163*;  alda  die 


1471 


BENENNTLICH  —  BENGEL 


BENGEL— BENGEN 


un 


Vergebung  der  snnden  auf  benantes  gelt  gesetzt  und  taxirl 
wird,  bicnenk.  225' ;  alle  im  recept  bencnnele  und  verordnete 
specics.  ScHUPPius  G44.     benannte  zahlen,  numeri  concreti. 

BENENNTLICH,  adv.  nominatim,  was  benanntlich :  seine 
sechs  zeugen,  benentlich  den  ersten  menschen  Adam.  Ayrer 
proc.  i,  13;  benentlich,  wie  ein  mensch  wächst  und  zunim- 
met.  HoFFMANNSWALDAU  sicrb.  Socr.  s.  92 ;  ohne  dasz  man  den 
rechten  eigentlichen  trieb  dazu,  benäntlich  den  willen  der 
Athenienser  anziehen  sollte,   s.  97. 

BENENNUNG,  f.  nominalio,  designatio.  brüche  unter  einer- 
lei benennung  bringen. 

BENEUVT,  iiervosus,  nervig :  benervte  Schenkel.  Brockes 
6,  217.  9,  249 ;  den  würde  ich  so  benent,  bruststark,  als  den 
Hercules  mahlen.  Hippel  2,  34G. 

BENETZEN,  humectare,  rigare,  die  ältere  spräche  kennt  nur 
das  einfache  netzen,  golh.  natjan,  ahd.  nezan,  mhd.  netzen, 
auch  nnl.  netten,  kein  benetten,  als  elwan  wir  prediger  thünd, 
uf  der  kanzel  machen  wir  die  leut  lachen,  ei  sprechen  sie, 
er  hat  also  ein  gijten  schwank  gesagt,  eins  möcht  sich  be- 
netzen. Keisersberg  Sünden  des  mundcs  53';  so  sah  er  auch 
das  feld  mit  seines  bruders  blute  benetzt.  Aimon  f  4 ;  Spin- 
nerinnen benetzen  ihre  finger; 

darinneu  uiaucher  fairsch  benetzt  den  dürren  mund. 

Fleming  152; 
in  einem  thal,  wo  den  verjüngten  hain 
der  frübling  schmückt,  ein  klarer  bach  benetzet. 

IIagkoorn  2,  77 ; 
iasz  jetzt  mich  deine  hand  ergreifen,  küssen, 
mit  heiszen  freudcnthränen  sie  benetzen. 

üiiLANDs  ged.  s.  217; 
er  benetzte  ihn  mit  reichlichen  thränen.  Götiie  20, 149. 

BENETZEN,  circumrelire,  tele  implicarc,  schon  ahd.  binaz- 
ter,  irretilus.  Graff  2,  1116;  «Ad.  vögel  benetzen,  bestricken, 
im  netz  fangen.  Stieler  1350,  ein  ungewöhnliches,  aber  gutes  wort. 

BENETZUCKER,  m.  saccharum  tortum.  Ryff  spiegel  der  ge- 
sundheit  bei  Frisch  I,  8l';  benidzucker  saccharum  penidium. 
Henisch  279.  Stieler  2243.  vgl.  mhd.  zuckersüejej  honec 
benlt.  AfS.  2, 130*;  süejer  wan  benlt.  bei  den  ärzten  des  mil- 
telalters  penidiae  und  diapenidion,  saccharum  clarificalum,  in 
bacillos  redaclum. 

BENEYENTIEREN ,  bewillkommen,  willkommen  (bcnvenulo) 
heiszen:  der  vater  habe  den  söhn  beneventicret.  Scnuppius  815. 

BENGEL,  m.  fustis,  mhd.  bengcl  (Be.n.  1,  85'),  nnl.  bcngel, 
ein  wie  Schwengel,  Stengel,  sprengel,  bendel,  senkel,  werbel 
aus  schwingen,  stingen,  springen,  binden,  sinken,  werben  ent- 
sprossenes wort,  also  ein  verlornes  hingen  bang  bungen,  tundere, 
pulsare  voraussetzend,  von  welchem  sich  bangen  und  bangein 
(sp.  1104),  engl,  bang,  alln.  bdnga  pulsare,  bunge  lympanum  {wie 
von  biechen  bauke,  pauke)  und  bingeln  {die  glocke  anschla- 
gen, beiern),  wahrscheinlich  auch  bunge  knolle,  bulbns  ablei- 
ten, den  oben  sp.  1104  als  möglich  gedachten  Zusammenhang 
mit  ban  (bahn  sp.  1076)  wird  man  der  lebendigen  würzet  hin- 
gen billig  nachsetzen,  wenn  er  auch  auf  fernerem  standpunct 
zu  behaupten  stünde,  dagegen  bleibt  eine  berithrung  mit  bange 
anxie,  bang  anxius  {geschlagen,  gedrückt?}  immer  noch  zu  er- 
wägen, altn.  ist  bengill  varus,  qui  crura  displosa  habet,  gleich- 
sam zerstoszen  an  den  beinen?  . 

1)  bengcl,   knütlel  zum  schlagen,    werfen:   so  er  sieht,  das 
sie  uf  die  geiszel  nicht  wollen  geben  und  er  auch  nicht  gern 
ein  bcngel  nimpt  sie  damit  zeschlahen.  Keisersr.  sünden  des 
mundes  35';    spricht  Salomon,   wan   einer   mit  einem  bcngel 
under    die    flöge!  (?  vögel,  nach  Sir.  22,  25)  w  irft,    sie  werden 
von  ein  ander  zerstreut.  35';   da   licfent   die   knecht  heraus, 
sciimierlcn  im  die  haut  mit  bcngeln.  52';  denn  küinpt  er  zu 
einem   bag,   der   mit   hecken   und   beumen    verlcil  ist,    denn 
musz  er  erst  die  hürst  und  die  bengcl  zerhouwcn.  ehr.  bilg. 
120 ;    er  envüsrht  ein  bcngel    und  hielt  mir  in  für  die  nase, 
und  bollert  warlich  secr  greulich.  Aluerus  e/(/;«c/i/.  Bl'; 
im  land  da  lief  er  (der  freiharl)  hin  und  her, 
ein  bengcl  trug  er  über  zwurg.    Ambr.  Ib.  s.  171 ; 
bfit  der  horr  meinen  muf. 
ain  aichincr  bcngl  machte  si  {die  frau)  gut.    UHLAfiD728; 

mit  benglen  blcuwen.  Wirsunc  Cal.  et*;  mit  einem  bcngel 
über  die  lenden  wuscht.  Frey  garteng.  30 ;  einen  bengcl  oder 
stecken  in  seiner  band  habend.  Aimon  Oi;  in  der  Unvernunft 
lief  er  zu  scim  gott  Mahom  mit  einem  bengel  und  schlug  ihm 
auf  seinen  köpf  vier  starker  «treirli.  buch  der  liebe  2i';  mit 
bengeln  schlugen,  dasz  es  zum  erbarmen  war.  28'; 

und  .srlibgt  den  .ichclmen  mit  pcngeln  tod.    Atrer  112' ; 

sie  gicngen  mit  steinen  und  bengel  auf  mich.  Scuuppius  740 ; 


sturmwefter  der  bengel  und  prügel.  Harnisch  ISZ;  komm,  so 
lang  ich  einen  bengel  hab,  furcht  ich  ihre  bratspiesze  nicht. 
GöTiiE  8,  8. 

Man  hört  heute  öfter  prügel  oder  knüttel  und  stock  sagen 
als  bengcl,  doch  bleibt  dieses  ßr  das  hunden  oder  weidethic- 
ren  angehängte  holz,  um  sie  am  entlaufen  zu  hindern:  alten 
hunden  ist  böse  bengel  anzuhängen  {alte  Sünder  ist  es  schwer 
zu  bekehren).  Piei-ot  3,  51;  den  bauern  befehlen,  dasz  sie 
ihren  hunden  bengel  anhenken.  Hohberg  1,120';  achthaben, 
dasz  die  bauern  und  die  nahend  am  forst  wohnen,  ihren 
hunden  bengel  anlegen.  2,  571.  an  den  pressen  heiszt  das 
holz  mitten  in  der  schraube  zum  anziehen,  bengel :  gleichwol 
nam  er  gegen  den  lebensverwirkten  gefangenen  nichts  stren- 
gers für,  als  das  er  sie  in  seiner  newen  aufgerichten  truckerei 
an  die  pressen  stellt,  dapfer  am  bengel  zu  ziehen.  Garg.  270'. 
im  Zillerthal  heiszt  der  dreschßegel  bengel.  Scux.  1, 182. 

2)  bengel  ist,  wie  das  ähnliche  flegel,  zugleich  Schimpfwort 
mit  der  bedeutung  von  homo  agreslis,  ruslicus,  zumal  ein  junger, 
langer  aufschüszling,    und  oft  gutmütig  genommen :    man  soll 
die   bengel  in  ein  schewer  getrieben  und  jedem  einen  flegel 
in  die  hand  gegeben  haben  oder  ein  knüttel  auf  den  rücken. 
Albe'rl's  barf  münche  Eulensp.  n'  104 ;    der  pengel  der  mar- 
schall.   ScnwEiNicHEN  3,  112;    welches  doch  der  pengel  nicht 
verrichten   konnte.    2,  342;    was   solle   man   mit   dir  bengel 
machen?  Kirchhof ict'nrf«»»?).  95';  obgenanter  fresziger  bengel 
aber  vermochte  sein  eigen  schand  nicht  verbergen.  110*;  auf- 
schneider,   lügner,   berenhäutcr,   bengel,  baurenschinder,  erz- 
narren, coujonen.    Gryphils  1,  827;   der  bengel,  der  noch  in 
die   schul   gegangen    und   mit   ruthcn   gestrichen  worden  ist, 
als  ich  in  einem  vornehmen  ehrenstand  gesessen  habe,  gehejl 
mit  mir  umb,  als  ob  ich  mit  ihme  die  schweine  gehütet  hätte. 
ScHi'PPius  787;  auszerdem  aber  verstund  der  ungelehrte  ben- 
gel nicht  das  allergeringste,  ehe  eines  weibes  278 ;  der  junge 
bcngel.  Pierot  1,  347 ;  ich  will  mich  nicht  beschweren,  ob  mir 
gleich   die  verdammten  bengel  den  rücken  so  weich  geschla- 
gen haben,  als  den  bauch.  Wielakd  12,  21 ; 
ohne  dasz  jeder  gleich,  der  wol  ihm  wollt, 
ihn  nen  faulen  bengel  heiszen  sollt.    Göius  2,  201 ; 
so  such  dir  denn  in  deinem  haus 
einen  recht  tüchtigen  bengcl  aus, 
dem  gib  die  roll  von  meinem  Götz.    56,60; 
seilt,  sie  horcht!  komm  her,  mein  enget, 
tanz  einmal  mit  deinem  bengel!    Voss,  derreigcn3; 

es  ist  eigentlich  ein  prügel,  an  dem  nur  dünne  spuren  von 
kunst  und  cultur  zu  sehen  sind,  gerade  so  wie  gemeiniglich 
auch  an  dem  menschlichen  bengel,  der  ihn  trägt.  Lichtem- 
RERG  3,  229 ;  du  bist  ein  groszer  fauler  bengel,  keine  arbeit 
geht  dir  von  der  hand  als  das  essen.  Arnim  schaub.  1,5;  der 
burgermeister  mit  stillem  vergnügen  den  derben  lebenslu- 
stigen bengel  {knaben)  beschaute.  Arnim  kronenw.  1,  172;  die 
kleinen  genien  in  den  nischcn,  die  aber  mehr  wie  kleine  un- 
geschickte bengel  gerathen  sind.  Bettine  br.  2,  322 ;  ein  unge- 
schliffener, stattlicher  bengel.  man  sagt  auch,  der  bengel  von 
einem  menschen,  der  bengel  von  marschall. 
BENGELCHEN,  n.  benglein. 
RENGELE!,  f.  ruslicilas. 

BENGELFOHS,  wi.  eine  schelte,  wahrscheinlich  bengclprofosz : 
der  sich  bcrümht  der  nrhuit  grosz, 
und  ist  doch  ein  recht  bengelfohs. 

IliNGWALD  laut.  warh.  312, 
die  Umarbeitung  von  Broda  meidet  den  ausdruck.    s.  bengelhans. 
BENGELIIAFT,  Tudis,  agrcstis,  importunus. 
BENGELHANS,  m.    famulus  virgas  suppeditans:    fustuarii, 
Steckenknecht,  bengelhansen  {alle  unter  dem  profosz  stehend). 
Kirchhof  disc.  mil.  56. 

BENGELN,  fuste,  virgis  caedere,  verberare,  prügeln: 
wurd  ich  gopengclt  hart.    H.  Sacos  I,  500*; 
crzauscn  und  mit  feustcn  pengeln.    IV.  3,  58'; 
wo  sichs  pengclt,  da  musz  man  mitmachen  oder  davon  gehen. 
Lehmann  90.    vgl.  bangein. 

BENGELSUPPE, /■.  verbera,  prügehuppe:  scheiterkraut,  ger- 
tensalat,  brügelbrühe,  steckenpfeffer,  kolbengemüs,  g.ibelgallrei, 
tremmclbralen,  plcweltladen,  schlegelkuchen,  fuszmilch,  besen- 
stielpastcte,  fausltäflein,  knickelwcrg,  fuszpillcn,  faustteig, 
Steckenzucker,  fünfllngerkraut.  Ol.  Variscus  elhnogr.  mundi 
2,  85.   86.  3,  09. 

BENGEN,  vestire,  tegere,  beschlagen,  ausschlagen? 
form  altar  wirrt  mit  thnch  grbcngt, 
die  ncchstcn  wend  mit  leppich  bhnngt. 

Walois  pdbstl.  retob  D^  2*. 


1473 


BENGLEIN  — BENNE 


BENNE — BENÖTHIGEN 


1474 


BENGLEIN,  n.  fusticulus:  nachdem  wir  nun  ein  hufen 
gens  funden  und  si  uns  band  ersächen,  sind  si  ufgeflogen,  do 
han  ich  ein  klein  bengelin  ghan,  under  si  gworfen  in  luft, 
han  eini  troffen,  das  si  herab  gefallen.  Tho.  Plater  24;  wurf 
bengelein  nach  dem  kappaunen.  Garg.  5l';  wann  ihnen  ein 
nagel  zu  hoch  steckt,  warfen  sie  mit  den  faustbüclislin  oder 
nuszbengelin  darnach.  202';  doch  40'  bezeichnet  nuszbengelein 
kleine  zwerge. 

BENGLER,  m.  qui  fustem  fert,  fusle  ferit.  im  vierzehnten 
jh.  gab  es  eine  gesellschaß  der  bengeler,  socielas  fustigerorum, 
die  ein  silbernes  auf  der  brusl  befestigtes  stdbdien  (bengel, 
klQppel)  zum  zeichen  hallen,  s.  Limburger  chron.  und  Landau 
rittergesellschaflen  s.  87. 

BENICKEN,  annuere: 

Venus  benickte  den  hstigen  plan  mit  lächelndem  beirall. 
BcaGsa  246*. 

BENID,  s.  benetzucker. 

BENIEDEN,  adv.  deorsum,  infra,  ags.  beneodan,  engl,  be- 
neath,  nnl.  beneden,  gegensalz  von  hoben,  nnl.  boven :  das  al- 
les benieden  solchen  graben  lieget,  denen  von  Sjetin  eigen- 
thümlich  sein,  was  aber  über  den  graben  befunden  wird,  dem 
herzogen  gelassen  werde.  Micrälids  3,  5S0.  vgl.  beneden  im  Ssp. 

BEMEMEN,  nominare,  denominare,  disponere,  statuere, 
gleicht  sokoI  dem  ahd.  beneiman  (Graff  2,  lOSS),  als  dem 
nnl.  benoemen,  da  sich  oe  =  mhd.  üe  und  ie  öfter  begeg- 
nen, der  Ssp.  hat  benomen  I.  51,  4.  IL  36,  5,  in  hodideul- 
schen  hss.  benumen.  Oberlin  120  gewährt  aus  der  elsäss. 
mundarl  benuimen.     beniemen  erscheint  im  l'jh.: 

wachet,  wie  Soldaten  ziemet, 

zeit  und  ort  wird  itzt  beoiemet.    Fleming  479; 

weiber,  die  man  wacker  nennt,  sind  gemeinlich  schnöde, 

weiber,  die  man  from  beniemt,  sind  gemeialicb  blöde. 

L06At;3,  6,  70; 
sie  beniemte  einen  tag.    Hofman.-iswaldac /ield£n6r.  133; 

in  der  obbeiliemten  lehre  von  der  seele.  GCNTHERi'orr.  8; 
es  ward  der  tag  beniemt,  woran  man  losen  wolle.  Me:«antes 
1,  241 ;  oben  beniemte  species.  hebamme  1S2 ;  aus  erst  be- 
niemten  Ursachen.  354 ;  zu  beniemter  zeit.  638 ;  wenn  ihr 
nicht  mit  in  der  rolle  der  erstbeniemblen  begriffen  seid,  so 
gehet  euch  dieses  nicht  an.  6S5.  das  vort  gilt  noch  heute 
in  Schlesien  und  z.  b.  Scheller  bedient  sich  seiner  im  gro- 
szen  wb.  (1804)  s.  11238. 

BENIESEN,  stemutando  firmare   {d.  mythol.  s.  1070.  1071)  : 
siehst  du  nicht,  wie  der  söhn  die  werte  mir  alle  beniest  hat! 

ovx  öoäas  o  fioi  vlos  iTtemaos  näaiv  k'neoaiv; 
Od.  17,  545. 

ich  benies  es  jetzo  selber,  dasz  die  weit  für  einen  kurzen 
beriebt  von  der  sache  mir  am  ende  danken  wird.  J.  Paul 
Siebenk.  4, 100. 

BENIPPEN,  degustare,  bei  Stiklkk  1328  benipfen :  den  be- 
cher  nur  benippen ;    sich  benippen,  berauschen. 

BENKM.VUSERLEIN,  qui  sub  scamno  lotet,  pumilio,  nanus. 
Carg.  40',  eine  maus  unter  der  bank,  wie  es  {oben  sp.  1107) 
hiesz  hinder  die  bank  nach  den  mausen  werfen,  oder  in  der 
vorrede  zu  Eulensp.  so  sich  die  müs  under  den  henken  beiszen. 

BENNE,  f.  lat.  benna,  ein  korbicagen  auf  zwei  rädern,  ein 
gallisches  wort,  das  die  alten  Römer  aufnahmen,  wie  sie  ba- 
sterna  vielleicht  von  den  Gelen  borgten  {gesch.  der  d.  spr.  A6l); 
beide  ausdrücke  bezeichnen  «n  bäurisches,  geßochtnes  fuhrwerk, 
vuin  vgl.  auch  banse  {sp.  1119)  im  sinn  von  krippe,  raufe, 
fischreuse,  wie  ihn  benne  gleichfalls  kundgibt,  näheres  bei 
DccAMCE  5.  V.  benna  und  venna,  bei  Graff  3,  126 ;  Dastp.  IS' 
henna,  ein  benn  oder  karch;  Alberls  hal  benn  sirpea  und 
auch  sirpea  wird  erklärt  corbis  ampla  ex  viminibus,  quae 
plauitro  imponitur.  des  Wortes  bedient  sieh  Sebiz  ößer,  z.  b. 
wagen,  kärch,  hacken,  hennen,  schleifen.  31.  Scbheller  1, 
179  schreibt  die  bcnnen  und  das  bennl,  bcndl,  pendl ;  Stal- 
nER  1,  131  banne,  henne;  Höfer  2,  315  pen,  penl;  in  Nieder- 
deutschland ist  benne  auch  ein  aus  Weidenruten  geflochtner 
pferch,  nnl.  ben  oder  benne,  een  van  tecnen  gevlochten  korf, 
brodben  brotkorb,  fruitl>en  fruchtkorb,  über  die  romanischen 
und  keltischen  formen  s.  Diez  1,  80  und  Diefe^bach  cell.  1, 
204 — 207.  Erwä>jt  man  nun  was  oben  sp.  1115  über  die  be- 
Tiüirung  von  bannen  und  binden  gesagt  wurde  und  den  Wech- 
sel zwischen  bennl,  bendl ;  so  wird  es  fast  wahrscheinlich,  dasz 
schon  das  keltische  benna  sich  an  binden,  flechten  sehlieszl, 
folglich  mit  basterna  derselben  würzet  sein  kann,  das  wort 
vnd  sein  gebrauch  reicht,  wie  der  von  banse,  in  hohes  alter- 


thum  zurück,  und  die  Kelten  mögen  es  von  den  Deutschen,  die 
Römer  von  den  Kelten  empfangen  haben. 

BENNE,  m.  kärcher,  kärmer?  oder  blosz  gesell,  in  eadem 
benna  sedens,  was  das  alte  combenno?  dafitr  bietet  sich  nur 
eine  stelle  im  deutscJien  Michel  dar:  damit  jeder  banne  wisse, 
was  sie  vor  gelehrte,  erfahrne  und  vieler  sprachen  kündige 
leute  seien.  Simpl.  1,  699.  doch  setzt  aucii  schon  Dastpodil'S 
iS'  an :  bennones,  hennen,  gesellen. 

BENNEL,  n.  was  benne,  korb,  gefleckt,  auch  geschrieben 
bendel,  pendel. 

BENNENBETTE,  n.  craleres,  conceptabula  aquae  salientis 
in  fontibus,  sonst  rührkaslen,  wahrscheinlich  von  dem  reiser- 
geflecht,  wodurch  der  gang  des  wassers  geleilet  wurde.  SnE- 
ler  136. 

BENNER,  f?i.  corbis,  schlecht  geschrieben  behner,  behnert, 
in  Meiszen  behnerich.    s.  Adelung. 

BENNIG,  was  hendig,  bändig  {sp.  1100),  ßr  den  Übergang 
der  formen  NN,  ND  zeugend:  aber  es  kompt  ein  alten  hund 
hart  an,  soll  er  bennig  werden.  Paracelscs  1,  5S7*;  so  hat 
euch  aber  der  Galenus  verderbt,  das  ihr  eben  zu  ziehen 
sind,  wie  ein  alter  benniger  hund.  chir.  sclir.  265*' 

BENNISCH,  was  bannisch  {sp.  1118) :  hie  wolt  ich  gerne  ein 
canonisten  doctor  hören,  der  mir  wolt  anzeigen,  wie  vielmal 
der  bapst,  cardinel,  bischoue  ...  in  bann  verdampt  und  ver- 
flucht sind,  wer  hell  sie  aber  bennisch?  Lcther  5,  85*;  die 
gemeine,  so  solchen  sol  bennisch  halten,  sol  wissen  und  ge- 
wis  sein,  wie  der  den  bann  verdienet  und  drein  komen  ist. 
5,  234*;  Horife  die  vierdt  sect  verderbt  bei  in  für  bennisch 
gscholten  wird,  ergriffen  werdens  brent.  TecRNEissERarc/iirf.  61. 

BENOTHDRÄiS'GEN,  cogere,  vi  compellere:  dardurch  der 
könig  benotträngt  ward,  unter  Sarra  Columna  auf  2  oder  300 
pferd  heimlich  auszuschicken,  bienenk.  129'. 

BENÖTHEN,  dasselbe:  hab  ich  Montabon  als  hart  belagert 
und  benotet,  das  Reinhart  und  seine  brüder  nit  meher  pro- 
viant  dorin  habent.  Aimon  X.  benotet  sein,  egere:  dann  wir 
ewer  hülf  fast  benotet  seind.  Aimon  0  2.  auch  bei  Stieler 
1338,  nnl.  benooden.    s.  das  folgende. 

BENÖTHIGEN,  dasselbe,  nnl.  benoodigen :  so  man  ein  schlosz 
benötigen  {zur  übergäbe  zwingen)  wil.  Keisersb.  trr.  seh.  18 ;  e. 
hochwirdige  veterliche  liebe  wolle  gnediglich  mit  mir  handeln 
und  mich  nicht  dringen  noch  benötigen,  diesen  artikel  zu  wi- 
derrufen. Lcther  1,  US';  das  ist  war,  in  andern  büchern  hab 
ich  durch  ir  treiben  und  jagen  benötiget  geschrieben,  der 
bapst  sei  nicht  aus  gotles  Ordnung,  l,  376*;  Maientius  un- 
derstund  sich,  disen  Marcellum  zu  benöttigen,  das  er  gefan- 
gen des  bistumbs  und  christenlichen  namens  abstAnd.  Fraxk 
chron,  275* ;  die  zu  irer  ketzerei  allzeit  die  hilf  des  keisers 
anruften  und  die  leut  zu  irem  glauben  benöttigten.  404'; 
ach  ich  ward  beur  benötigt  hart, 
das  ich  versetzen  must  mein  gut.    Atrkr  445*. 

benöthigt    sein,    egere,    und   später   nur   in  dieser  bedeutung: 
b  Mos.  24, 12. 14.  15  schrieb  Luther  anfangs  benöttiget,  änderte 
es  aber  nachher  in  dürftig;   ich   wer  ewer  hülf  fast  benötigt. 
Aimon  c;    und   gab    es    {das  pferd)    seinem  jüngsten   bruder 
Iteicharten,  der  sein  fast  benötigt  was.    d; 
gott  wird  auch  heil  den  seelen  bringea 
die  hoch  benötigt  sind.    Opitz  p«.  72  f 
mein  leib  ist  mein  pallast,    ein  krieger  ist  vergnüget, 
dasz  er  von  einem  mahl  als  andre  so  viel  krieget, 
als  er  benöthigt  ist.    Flcilig  110(113); 

was  mag  er  wol  gethan  haben,  dasz  er  meiner  hülf  so  hoch 
benüthiget?  Grypbius  1,  869;  dasjenige  zu  reden,  dessen  wir 
dermaleins  in  dem  regiment  oder  auf  der  canzel  werden  be- 
nötigt sein.  ScRUPPics  850 ;  mein  vermögen  stand  jedem  zu 
diensten,  der  dessen  benöthigt  war.  Wiblasd  2,  98  ;  was  würd 
ich  also  sein,  wenn  ich  sie  in  solchen  umständen  verlassen 
wollte,  wo  sie  meiner  mehr  als  jemals  benöthigt  sind? 
3.  117;  wenn  haben  die  menschen -die  tngend  jemals  hochge- 
schätzt, als  wenn  sie  ihrer  dienste  benöthigt  waren?  3,  132; 
sie  muste  doch  seiner  hülfe  ebenso  sehr  benöthigt  gewesen 
sein.  13,86;  nie  war  er  meiner  hülfe  mehr  benöthigt.  26,39; 
K.  ist  mein  Ethelwold  nicht  tapfer?  S.  in  seiner  läge  ist 
mans  nicht  benöthigt.  Klincer  1,  202 ;  die  wir  nirgends  unsn 
namen  auszusprechen  benöthigt  sind.  10,  253;  ich  bin  eines 
neuen  niantels  benöthigt.  Tadel  verdient  der  acc.  statt  des 
gen. :  das  alles  werden  wir  benöthigt  sein.  Göthe  15, 103,  und 
auch  Klixcer  1,  202  noAm  wol  das  es  in  mans  ßr  den  acc. 
Einige  haben  benöthigen  intransitiv  ßr  egere,  wie  es  z.  b.  bei 
Gryphics  1,  969  IM  nehmen  wJrc. 

93 


1475 


BENSEL  — BEWOGEN 


BENÜGEN 


1476 


Das  pari,  benöthigt  gehl  ganz  in  ein  adj.  necessarius  über : 
und  weil  er  binnen  der  zeit  auch  nicht  müszig  gewesen, 
gondern  alles  beuöthigte  vollends  angeschaft,  segelten  v,\r 
frölich  von  danncn.  Felsenb.  1,  64;  welche  auf  eigene  kosten 
ein  schif  mit  allen  benöthigten  sachen  zu  ihrer  reise  ausrü- 
steten. WiNEELM.  1,  337;  eine  Sammlung  benöthigter  bücher 
für  den  aufseher.  2,  143;  endlich  erbarmte  sich  ihrer  eine 
alte  frau,  welche  binnen  einem  lialben  Jahrhundert  einen 
kleinen  sdiatz  von  häuslichen  erfahrungen  und  bemerkungen 
gesammelt  hatte,  woraus  sie  ihren  jungen  nachbarinnen  ge- 
legentlich das  benothigte  willig  zukommen  liesz.  Wieland  8, 
196;  ein  zu  unserm  zwecke  benöthigtes  vermögen.  Kant  4, 
271 ;  ura  das  benothigte  zu  verrichten.  6,  398 ;  benöthigten 
falls.  Lessing  12,  261;  benöthigten  falls.  Wieland  12,  43; 
im  benöthigten  falle.  Kant  8,  312.  man  setzt  heute  lieber  nö- 
thig,  nöthigen  falls. 

BENSEL,  m.  penicillus,  heute  pinsel.  ahd.  pensil  (Graff 
3,  344) :  es  war  kein  ding,  das  er  nit  besser  denn  kein  an- 
der meister  mit  dem  bensel,  feder  oder  stilo  machet  und 
das  natürlich  entwürfe.  Bocc.  2,  U' ;  was  nutzet  es,  dasz  ir 
bensei  und  färben  angaffet,  wie  ein  küw  ein  newes  thor? 
Petr.  38'. 

BENSELEIN,  n.  dasselbe :  nimb  schweinsblut  1  S.  bestreich 
etliche  lange  benselein  darmit  und  stosz  ihme  {dem  pfetd) 
des  tags  einmal  fein  wol  und  tief  in  die  naslöcher  hinein. 
UfFENBACB  2,  72;  oder  mache  im  ein  benselein  von  gescha- 
benem  süszholz,  und  lasz  den  kranken  stätig  daran  saugen. 
Tabernaemont.  719. 

BENSERICH,  s.  bansch  sp.  1119. 

BENÜCKEN,  [allere,  decipere,  vgl.  nd.  nuk,  nukke  tücke 
{brem.  wb.  3,  251),  nnl.  nuk  fraus,  callidilas: 

und  wie  der  fuchs  den  wolf  gefalzt, 
mit  schmeichelworten  oA  benückt 
und  vicimal  ubers  seil  gerückt. 

Waldis  Esop  4,  94 ; 
es  ist  der  brauch  auf  dieser  erden, 
allzeit  die  einfeltigen  werden 
benückt  von  schwetzern  und  betrogen 
und  oft  gar  feischlich  uberlogen.    2,  37. 

BENüDELN,  lagano  farcire,  in  nudeln  einmachen: 
es  wartet  schon  auf  dich  .  .  .  Sauerkraut 
und  ein  benudelt  huhn.    GSnthkr  1102. 

.sich  benudeln,  mit  wein  anfüllen,  betrinken. 

BENÜGEN,  1)  sufpcere,  genügen,  mhd.  benüegen.  Flore 
1510.  5998,  zuweilen  begnüegen,  meist  genüegen.  die  ältere 
spräche  pflegt  mit  genügen  wie  mit  benügen  den  acc,  die 
spätere  den  dat.  zu  verbinden,  namentlich  hat  diesen  Luther, 
wie  aber  nur  an  mir,  dir,  inen,  nicht  an  dem  gewöhnlich  vor- 
kommenden uns,  euch  zu  gewahren  ist. 

o)  "unpersönlich,  mhd.  mich  genüeget  des,  ich  bin  damit 
zufrieden  {gramm.  4,  234.  236).  statt  des  gen.  der  sache  wird 
nhd.  die  praep.  an  oder  mit  vorgezogen,  wiewol  noch  beispiele 
jenes  vorkommen: 

an  solchen  gaben  mich  benügt, 
die  mir  natürlich  sen  gefugt. 

Schwarzenbbrg  117,  1 ; 

tin«  benügt  wol  an  euwer  arbeit.  Eulensp.  27;  mich  benügt 
an  meinem  einkommep.  Wickram  rollw.  85 ;  uns  (dat.)  benü- 
get,  das  sie  zulassen.  Llther  3,  447.  Häufig  neben  lassen: 
mhd.  ich  län  mich  des  genüegen;  nhd.  wer  sich  mit  disem 
teil  nit  benügen  lot.  Keisersb.  chrisll.  bilger  cap.  2 ;  du  soit 
keins  andern  frauw  ansehen,  solt  dich  beniegon  lassen  mit 
deiner  frauwen.  sünden  des  nmndes  ll' ;  das  wir  uns  darmit 
sollen  lassen  benügen.  ib* ;  darnach  iieszen  sie  sich  nicht 
dran  benügen.  weish.  Sal.  14,  22 ;  aber  nu  lassen  sie  inen 
nicht  daran  benügen.  üücke  in.  Esther  3,  7 ;  lasset  euch  be- 
nügen an  «wenn  lolde.  Luc.  3,  14;  wenn  wir  .aber  nahrung 
und  kleider  haben,  so  lasset  uns  benügen.  1  Tim.  6,  8;  und 
plaudert  mit  bösen  worten  wider  uns,  und  lasset  im  an  dem 
nit  benügen.  8 /o/i.  10;  dise  alle  sind  gestorben  im  glauben 
und  haben  die  vcrheiszung  nicht  empfangen,  sondern  sie  von 
fernen  gesehen  und  sich  der  vertröstet  und  wol  benügen 
lassen.  Ebr.  11, 13 ;  nnd  lasset  euch  bcnfigen  an  dem  das  du 
ist.  13,  5;  die  bawren  lassen  inen  nit  benügen,  das  sie  des 
teufeis  sind.  Luther  3,125';  wer  sich  daran  nicht  wil  benü- 
gen lassen,  der  fare  immer  hin.  3, 149 ;  ich  lasz  mir  benügen. 
3,  322';  laszt  euch  benügen,  das  wir  euch  segencn.  5,  69'; 
wer  im  daran  nicht  wil  lassen  benügen.  u,  rj*;  hab  icli  mir 
daran  benügen  lassen,  tr.  2,  240 ;  ce  erlangst  an  ir,  das  sie 
sich  an  einem  äuge,   dünn    an   einem    manne  benügen  liesz. 


Albr.  von  Eibe  4' ;  wer  sich  laszt  benügen  an  dem,  das  er 
hat,  damit  er  müg  geleben,  der  ist  reich.  17';  und  lassen 
sie  sich  benügen  an  dem,  das  sie  haben.  18';  wann  die  oa- 
tur  laszt  sich  an  einem  kleinen  benügen.  is'; 

wie  er  nit  Alexander  hiesz, 

des  Stands  {des  Diogenes)  er  sich  benügen  li^z. 

SCflWARZENBKRG  117,  1  ; 

der  esel 
lass  sich  an  wenigem  benügen.    Alberijs  68'; 
er  läszt  im  an  geringer  ehr 
benügen  allzeit,  das  ist  war.    70; 

daran  wir  uns  wol  haben  benügen  lassen.  Götz  ton  Berl.  62 ; 
lasz  dichs  benügen.  Petr.  lll' ;  die  Römer  Iieszen  sich  benü- 
gen, denn  sie  waren  müd.   Rihel  Liv.  175 ; 

wenn  ich  kleider  und  maulfüli  hab. 

so  lasz  ich  mich  benügen  dran.    H.  Sachs  IL  1,  29*; 

das  er  sich  lasz  an  dem  benügea, 

was  im  gott  täglich  zu  Uiut  fügen.    IT.  1,  84*; 

ivann  er  sich  liesz  an  dem  benügen, 

was  ihm  gott  und  das  glück  thet  lügen.    III.  3,  37'; 

hab  mich  derhalben  liiermit  benügen  lassen,  das  ich  schlechts 
meine  arbeit  könle  lassen  ausfliegen.  Fischart  bienenk.  T; 
dieweil  sie  sich  damals  mit  der  unverfälschten  aufrechten 
milch  des  göttlichen  worts,  wie  neugeborne  kindlin,  Iieszen 
benügen.  23*;  dasz  sie  sich  mit  dem  einen  benügen  Iieszen. 
93';  ich  lasse  mich  an  deinem  verrichten  wol  benügen. 
Ayäer  proc.  1,  5. 

b)  selten  persönlich,  für  ausreichen^  hinreichen: 

als  ich  nun  kund  schreiben  und  lesen, 
das  mich  benügt  zu  meinem  wesen. 

WrcKR A«  pilger  40 ; 
sechs  ein  lündisch  gewande 
wird  eim  benügen  kaum     Ubland  529. 

2)  benügen,  zufrieden  sein,  acquxescere:  «nd  ist  herzog 
George  so  gar  zornig,  das  er  nicht  henüget,  mich  durch 
seine  gesandten  zu  Aldenburg  zu  verklagen.  Lutuer  6,  19*. 
Fischart  setzt  sich  benügen :  benügt  sich  mit  einer  (frau\, 
wie  der  himmel  mit  der  einigen  erd,  die  sonn  mit  dem 
einigen  mon.  Garg.  69'. 

3)  benügen,  zufrieden  stellen,  conientum  reddere :  also  wer- 
den all  unser  schuld  bezahlt,  entledigt  und  gewonnen  und 
benügt  {befriedigt)  alle  die,  so  zu  uns  Zuspruchs  haben.  Pa- 
RACELSUS  2,237';  sie  müssen  es  also  fügen,  dasz  sie  den  le- 
ser  durch  greifliche  Ursachen  benügen.  Garg.  I2l'; 

doch  will  das  nicht  benügen  mich, 

ich  furcht  die  streng  göttliche  räch.    Airrr421'. 

zumal  steht  das  pari,  benügt  für  contentus:  gehen  sie  hin 
sicher  in  solchen  der  menschen  lob,  ehre,  gunst  oder  ge- 
niesz  benügt.  Luther  1,  190';  das  ich  von  not  ein  andere 
kappe  muste  mir  versciialTen  und  also  benügt  bis  hieher  e. 
f.  gn.  zusage  gespart,  br.  1,  283; 

und  auch  ir  secl  nit  wurd  benügt, 
bisz  er  si  wider  zu  im  lügt. 

SCIIWARZGXBERC  98,  2; 

das  vögiin,  aa  seinem  kleinen  nästlin  benügt,  ist  vii  seiiger. 
Agricola  spr.  209';  damit  soll  e.  e.  auf  dismal  eines  bcnüg- 
ten  willens  sein.  Paracelsus  1,  2S2';  daruihh  sei  jedes  be- 
nügt an  seinem.  Fischart  chz.  57.  auch  das  part.  praes.: 
das  sie  kecklich  dürfen  leren,  unbcruft  von  gott,  daran  allein 
benügcnde,  das  sie  allein  die  schrift  und  evangeli  predigen. 
Luther  1,  92". 

Heute  ist  dies  benügen  in  allen  seinen  bedculungen  erlo- 
schen, und  wird  für  die  erste  durch  genügen,  für  die  zweite 
durch  begnügen,  für  die  dritte  dttrdi  vergnügen,  befriedigen 
vertreten,  man  sehe  begnügen,  genügen  und  vergnügen,  und 
über  die  würzet  unter  genug. 

BENÜGEN,  «.  justa  capia,  deiectatio,  Iranquillitas,  Zufrie- 
denheit, in  der  Verbindung  mit  haben  und  thun. 

1)  benügen  haben,  ruhe  haben,  genüge,  vergnügen  em- 
pfinden : 

di«  ee  die  ihiion  ich  krümmRn  biegen, 

mit  miiiem  wiü  hab  ich  kain  bniigcn, 

allein  ich  sie  zun  eron  sj)nr.    fasln,  sp.  1038,  11 ; 

und  fieng  an  und  schwur  und  Icslert  gut  . .  und  helt  dar- 
mit kein  beniegen.  Kkisersr.  Sünden  des  munds  20';  dan 
mit  den  meren  sagen  oder  hören  merlin  «o  vertreibest  du 
und  verleiirst  du  zeit,  in  welcher  zeit  du  verdienen  soltost 
das  ewig  leben  und  dich  darzii  schicken,  damit  bat  dann  der 


1477 


BENÜGIG— BENZ 


BENZEN— BEPACKEN 


1478 


tenfel  ein  benügen.  7»*;  die  bereits  willens  gottes  allein  war- 
nemen  in  seinem  willen  und  daran  benügen  haben.  Lcthee 
1,  93' ;  und  er  hat  daran  nit  benügen.  Aimon  i ;  ich  aber 
hett  ein  gut  benügen  daran,  das  er  andere  ding  so  getrew- 
lich  hett  dar  gegeben.  Micn.  Stifei  Coss.  ITl;  von  den  men- 
schen, die  kein  benügen  hau  wollen.    Cyrills  fabeln  53"; 

all  woefa  bat  ich  ein  gülden  ei, 

da  hett  ich  kein  benügen  bei.    Walbis  Esop  2,  15. 

2)  benügen  thun:  und  sie,  als  die  dem  frembden  herren 
seiner  gewonheit  ein  benügen  {bescheid}  thun  wolt,  den  köpf 
darans  zu  trinken  zu  iren  benden  nam,  an  iren  mnnd 
setzte.  Bocc.  2,  219';  item  er  musz  auch  cavirn,  demienigen 
so  in  anderer  instanz  geurtheilt  würd,  ein  benfigen  (genüge) 
zu  thun.    AvHEitproe.  2,  2. 

BEN'CGIG,  contentus,  modestus,  vergnügt,  genügsam:  die  fa- 
bel  ist  allen  geizigen  menschen  gesagt,  die  nicht  benOgig 
sind.  Steinuöwel  Esop  (1555)  52;  das  ein  jeder  in  seinem 
stat  benügig  seie.  (14S7)  56;  so  du  nit  benügig  bist  an  dem, 
das  dir  das  gelück  gegeben  hat.  (1555)  83 ;  das  sie  allein 
daran  gesettiget  und  benügig  sind,  das  gottes  wille  also  sei. 
Llther  I,  93";  das  die  partei  nachfolgend  endlichs  rechtlichs 
austrags  benügig  sein  wollen.  3,  106 ;  solchem  mandat  gehor- 
samlich beweisen  welle,  auch  vor  unser  rechtes  und  der 
guetlichait  benügig  sein.  Cüheis  Maximilian  s.  32;  darub  ir 
kais.  maj.  ain  sonder  benugigs  guets  gefallen  tregt.  Lanz 
Karl  5  5.  475;  benügig  an  der  speis,  die  inen  das  gluck  zu- 
füget. Frank  treltb.  14';  es  seind  mäszig  leut,  mit  wenig  be- 
nügig. 96";  darausz  darf  er  dann  nit  gehn,  bisz  das  er  in 
benügig  macht.  200';  oder  bis  mit  disem  auszug  benügig. 
234";  so  du  gut,  gest  und  freunde  hast  geladen  mit  dir  zu 
essen,  was  du  in  gibst,  dieselben  sein  benügig.  Albb.  von 
Eybe  40';  er  was  daran  nit  benügig.    Aimon  T2; 

ir  sönd  benügig  sin  an  bestirnten  seid.    trag.  Joh.  104; 

du  wirst  vor  einen  andern,  der  mit  dieser  entschuldigung 
nit  benügig  ist,  kommen.  Kirchhof  wenrfuHm.  236';  mit  diesem 
aussprach  musten  sie  auf  beiden  theilen  benügig  und  zu- 
frieden sein.  261';  dasz  er  sich  seiner  beslimpten  besoldung 
benügig  und  zufrieden  sein  wolle.  Fhoxsperg  1,  101';  ehe  das 
kriegsvolk  noth  gelitten  und  unwillig  geworden,  sind  sie  vil 
benügiger.  1,  126*;  so  ich  am  selben  nit  benügig  bin.  2,  vor- 
rede; aber  dasz  wir  euch  mehrers  verstand  machen,  so  Ter- 
standen  etliche  exempel,  dardurch  wir  euch  benügig  machen 
wollen,  und  dis  ens  spirituale  beschlieszen.  Paracelsls  1, 19'. 
die  praepositionen  sind  an  und  mit,  wie  bei  benügen.  vgl.  be- 
gnügig  sp.  1303. 

BENÜGT,  contentus,  s.  benügen  3. 

BENÜGUNG,  f.  tranquillitas,  scUisfactio:  und  darin  komet 
es  nimer  zu  ruwe  und  benugung.  theolog.  deutsch  s.  86;  nun 
aber  die  gnad  wie  ist  sie?  allein  dasz  ich  zur  Zahlung  und 
))enügung  komen  bin :  ich  kan  nicht  zahlen.  Pabacelsus  2, 
236'. 

BENUM.MERN,  namerare,  mit  zahlen  bezeichnen :  alle  re- 
gimenter  sind  benummert. 

BENUTZEN,  in  rem  suam  converlere :  er  versteht  sein  glück 
zu  benutzen ;  du  benutzest  die  gelegenheit  nicht ;  eine  casse 
haben,  capitale  machen,  diese  capitale  belegen,  sie  auf  den 
besten  pfenning  zu  benutzen  suchen.  Lessixc  10,  295. 

BENÜTZUNG,  f.  usus,  gebrauch:  die  rechte  benutzung 
eines  buchs,  eines  Schriftstellers. 

BENUTZUNGSWEISE,  f. 

BENZ,  ein  allgemein  genommner  eigenname,  wie  Heinz  und 
Kunz,  nach  der  bekannten  kürzung,  Benno  ist  Bernhart  und 
ebenso  Benzo,  wie  es  i.  b.  bei  Scha.nnat  n'  471,  bei  Lacumblet 
n*  221  (o.  1075)  erscheint,  Albb.  vom  Eybe  in  seiner  Verdeut- 
schung der  Bacchis  hat  I'enz  neben  Enz,  Lenz  und  ähnlichen, 
für  Benno  und  Benzo  begegnen  auch  Berno,  Bernzo : 

da  stach  sie  bald  der  faule  Ipqz, 
und  kam  manch  unpelener  benz, 
vom  adel  (in  die  domstifte). 

Wai.dis  päbttl.  reidi  2,  3. 
in  dieser  stelle  ist  doch  lenz  nicht  sowol  Lenz,  Lenze,  Lanzo 
=3Lantfrid,  als  der  warme,  stechende  lenz,  frühling,  sommer, 
wie  es  auch  sonst  heiszt :    da    das    glenz    herein   stach.    Kej- 
SEBSB.  omeisx  32' ;  stach  mich  der  lenz.  H.  Sachs  1.  3,  330' ; 
ein  fauler  Ilcnz, 
der  sich  stets  stechen  iesit  den  glenz,    Waldis  172*, 

wovon  mehr  unter  lenz,  man  nannte  auch  ein  kopfloset  naeht- 
getpenst  den  Penzen.   Scbm.  1, 183. 


BENZEN,  infimis  precibus  petere,  betteln  und  jammern : 
an  dieser  Unordnung  ist  allein  dein  greinen  und  benzen 
schuldig.  Abele  2,  190.  Schneller  1,  1S2  führt  die  redens- 
arten  an :  den  letzten  krenzer  hat  er  ihm  noch  raus  benzt ; 
wie  magst  denn  aber  gar  so  benzen?;  an  dir  musz  man 
alleweil  benzen.  das  ags.  bensjan  suppliciter  petere  scheint 
doch  zu  weit  abgelegen. 

BEOBACHTEN,  observare,  tueri,  animadvertere,  in  acht,  in 
obacht  nehmen,  wahrnehmen,  ein  heule  geläufiges,  doch  erst  im 
l~  jh.  außommendes  wort  {s.  obacht),  die  frühsten  beispicle  liegen 
vor  aus  Olearils  und  Schlppils:  zudem  soltu  wissen,  dasz 
die  könige  wegen  der  untcrthanen  sind,  dieselben  zu  beobach- 
ten und  zu  beschützen,  pers.  rosenth.  1,  31;  ein  solcher,  der 
die  würde  der  wolthaten  seines  alten  herm  nicht  beobach- 
tet hat,  wie  wird  er  dir  rechtschaffen  dienen  können?  pers. 
baumg.  1,  33;  welches  umb  so  viel  desto  melir  zu  beobach- 
ten stünde.  ScHuppics  571;  es  sind  oft  ingenia  im  geistlichen 
und  weltlichen  stände,  welche  mehr  das  publicum  beobach- 
ten, als  ihr  privatwesen.  588 ;  befehle  ich  den  gelehrten,  dasz 
sie  wol  beobachten  u.  s.  w.  730;  etliche  strenge  alte,  welche 
mehr  die  sachen  als  wort  beobachten.  760;  es  ist  gefärlich, 
einen  jungen  anwartenden  des  reichs  zn  beleidigen,  dessen 
künftige  macht  ein  fürsichtiger  mensch  billich  beobachten 
und  scheuen  soll.  Bctschry  Patm.  732 ;  Andreas  Duchesne 
beobachtet  {bemerkt)  in  der  histoire  de  Bourgogne,  dasz  die 
könige  von  Burgundien  sich  auch  zu  Zeiten  von  Alemannien 
oder  Schwaben  geschrieben.  Hahn  2,  34;  dasz  Grvph  mit 
wissen  und  willen  seine  Charaktere  so  genau  beobachtet  hat. 
J.  E.  Schlegel  3,  54 ;  crfahrung  methodisch  anstellen  heiszt 
allein  beobachten.  Kant  10,  69 ;  die  geschöpfe  sondern,  be- 
obachten und  meiden  sich.    HcMBOLnT  ans.  der  nat.  1,  332. 

Der  Sprachgebrauch  hat  sich  zumal  nach  dem  lat.  obser- 
vare und  franz.  observer  gerichtet,  es  heiszt  den  lauf  der 
Sterne,  den  aufgang  eines  gestirns,  die  Veränderungen  der 
Witterung  beobachten;  den  gang  der  Zeitereignisse  beobach- 
ten ;  eine  beobachtende  Stellung  einnehmen ;  den  feind  be- 
obachten ;  die  rechte  zeit  beobachten ;  beobachte  dein  eigen 
herz;  regeln,  den  anstand,  sein  amt,  seine  pfliebt,  Schuldig- 
keit beobachten,  wahrnehmen,  erfüllen,  stillschweigen  beobach- 
ten, bewahren;  wirklich  beobachtete  man  in  Stockholm  das 
geheimnis  so  gut,  dasz  die  dänischen  minister  nicht  das  ge- 
ringste davon  argwöhnten.  Scbiller  996.  seltner  für  sinnli- 
ches gewahren,  merken:  ich  habe  es  nicht  beobachtet,  dasz 
er  zur  thür  herein  kam.  in  beobachten  liegt  mehr  ein  fort- 
gesetztes, regelmäsziges  wahrnehmen. 

BEOBACHTER,  m.  observator:  ein  treuer  beobachter  der 
natur;  ein  scharfer,  feiner  beobachter. 

BEOBACHTUNG,  f.  observalio,  animadversio :_  beobachtung 
heiszt  erfahrung,  welche  methodisch  angestellt  wird.  Kant  7, 
248;  die  beobachtung  des  hinunels,  der  Sonnenfinsternisse, 
der  pflanzengeschlechter.  Wahrnehmung  ist  mehr  als  bemer- 
kung,  beobachtung  mehr  als  Wahrnehmung. 

BEOBACHTUNGSGABE,  f 

BEOBACHTUNGSGEIST,  m. 

BEOBACHTUNGSHEER,  n.  corps  d'obserration. 

BEOBACHTUNGSWÜRDIG:  die  beobachtungswürdigsten  ge- 
selze.  Kant  8, 174. 

BEOBACHTCNGSZEIT,  f 

BEOHRFEIGEN,  einen,  colaphos  ducere  alieui. 

BEÖLEN,  oleo  imbuere,  mit  öl  bestreichen,  nnl.  bedien, 
sich  beölen,  betrinken: 

im  capowein  beölt  sich  mancher.    Ela*.  Sciiidt; 
auch  für  sich  bepissen. 

BEORDERN,  was  befehlen  3 :  zehn  dragoner  wurden  in 
das  dorf  beordert ; 

weswegen  glaubst  du,  dasz  man  uns  nach  Pilsen 
beorderte?  Scuillrb372; 

legte  sich  der  fürst  eine  grosze  stadt  an  und  bevölkerte   sie 

mit  beorderten  bürgern.  Göthe  6,  196. 

BEPAARE.N,  sich,  se  jüngere,  heute  sich  paaren: 
lieb  und  hasz  bepaart  sich,  die  sich  sonst  gezweii, 
liebe  zur  geselUcliafl,  hasz  der  einsamkeit.    Logac  3,  7,  28. 
es  mag  das  glücke  wüten  nach  seiner  tollen  an, 
es  mag  wol  drachen  brüten,  da  einer  sich  bepaan 
mehr  als  zu  hundert  malen.    Kwittbls  sinnenfrüchtc  t.  54. 

BEPACKEN,  sarcinis  onerare,  mit  gepdck  beladen :  den  wa- 
gen, das  pferd  bepacken; 

mit  verscn  schwer  bepackt  steht  schon  der  irratulaDi 
und  wartet  an  der  thur  auf  seine  milde  band.    Zacuakiä; 

93* 


1479 


BEPALMEN  —  BEPFLANZEN 


BEPFLASTERN— BEPREDIGEN    1480 


BEPALMEN,  palmis  veslire: 

Jordans  bepalmlcr  slrom.    Opitx  4,  299; 
klättert  und  besteigt  die  bepalmten  ehrenästc. 
LoHEiisT.  Hyac.  65. 
BEPANTOFFELN,  calceos  soleis  instruere;  bepantoffelt  so- 
leatus  : 

kein  bepantoffelt  schnudler.    Garg.  279*. 

BEPANZERN,  lorica  amiare,  den  panzer  anlegen: 

dem  kaiser  wards  sauer  in  hitz  tind  in  kälte, 

oft  schlief  er  bepanzert  im  kriegesgezelte.    BiJRGKR66'; 

möchten  die  bepanzert  gegen  mich  anziehen  im  zug  von  all 
ihren  wehren.  Fr.  Müller  3,  310  ;  da  auf  den  höchsten  bergen 
ursprünglich  reiche  quellen  und  überhaupt  eine  menge  was- 
ser  vorhanden  war,  so  nruste  der  erste  winter  schon  sie  mit 
einer  ansehnlichen  eismasse  ringsum  bepanzern.  Schellinc 
itJcUseele  37. 

BEPAPPEN,  glutine  vincire,   überkleistem. 

BEPATSCHEN,  manu  obUqua  casligare:  wie  oft  hab  ich 
den  cngel  als  kind  auf  meinen  armen  getragen  und  ihr  leib- 
chen  bepatscht  und  gestreichelt.    Ardinghello  1, 190. 

BEPELZEN,  pelle  inducre:  die  bepelzten  thiere  am  ufer 
des  eismeers.  Kant  5,  437 ;  bepelzte,  bereifte  freunde  kommen 
an.    GöTHE  33,  147. 

BEPERLEN,  unionibus  distinguere,  gemmare,  nnl.  bepaarlen : 

die  thauc  sinken  nieder, 

beperlen  laub  und  gras.    FtEniKC  151; 

beperlt  mit  frischem  thau.    Grtphips  104; 

Cupido  leidet  dursl,  die  liebe  musz  verwelken, 

samt  dir,  wenn  nicht  mein  ihau  beperlei  deine  nelken. 

LoHSNST.  blum.  79; 
ihr  nymphen  macht  die  muscheln  leer, 
beperlt  den  hals.       Cleop.  31,  lOCO; 

das  Wasser  ist  die  amme  aller  erdgewächse,  es  beheftet  die 
Wurzel,  tränket  das  mark,  beperlet  das  gras.  Bütschkv  Pat- 
mos  362 ; 

wie  nun  der  schönere  lenz,  den  zephyrs  littige  kühlen, 

siegprangend  unsre  gefilde  behcrschtl 

sie  nlülin  vom  thaue  beperlt,  und  anmut  lachet  in  allen. 

Uz  1,  6. 
BEPFÄHLEN,  palare,  adjtingere  palis,  deßnire,  nnl.  bepa- 
len :  den  wein,  die  reben  bepfählen ;  den  weg,  die  grenze 
bepfählen ;  noch  finden  sich  also  tölpiscbe  ungeschickte  leut, 
welche  meinen,  dasz  man  ire  {der  kirche)  macht  mit  den  con- 
cilien  umbzaunen  und  bcpfelen  möge.    Fischart  bienenk.  40'; 

der  goit  [deo)  den  eld,  uns-  treu  und  alles  recht  gebrochen, 

das  Völker  je  bcpfahlt.        Grtphius  1,  99; 

in  unbepfählter  lufl  (wandelt  der  nachlwandercr). 

Fleming  ; 
Miralene,  deine  pracht 
und  der  äugen  helle  strahlen 
rausten  meinen  geisi  bepfalen, 
der  nur  erst  ward  frei  gemacht,    unw.  doct.  303 ; 

weil  zum  didaktischen  vertrag  gewisheit  verlangt  wird,  indem 
der  Schüler  nichts  unsicheres  überliefert  haben  will,  so  darf 
der  lehrer  kein  problem  stehen  lassen  und  sich  etwa  in  eini- 
ger entfernung  da  lierum  bewegen,  gleich  musz  etwas  be- 
stimmt sein  (bepaalt  sagt  der  Holländer)  und  nun  glaubt 
man  eine  weile  den  unbekannten  räum  zu  besitzen,  bis  ein 
anderer  die  pfähle  wieder  ausreiszt  und  sogleich  enger  oder 
weiter  abermals  bepRihlt.  Güthe  22,  253.  50,  154 ;  es  wird 
eigentlich  durch  das  wort  nichts  bestimmt,  bepfählt  und  fest- 
gesetzt.  53, 124. 

BEPFEFFERN,  pipere  condire :  eine  speise  bepfeffern.  man 
sagt  lieber  blosz  pfeffern,  pipcrare. 

BEPFEIFEN,  sibilis  consedari: 
Duil  umbsonst,  so  oft  er  essen  gieng,  bepfilTen. 

AszüAM.i  V0.1  Abschatz  ehrenycdichte  vor  Lohcnsl.  Arm, 

BEPFERCHEN,  seplo  oviario  agrum  occupare,  nnl.  beperken. 

BEPFINNEN,  clavulis  ferrare.  Stieler  1426:  einen  kästen 
wol  bepfinncn. 

BEPFLANZEN,  conserere,  nnl.  beplanten :  den  acker  mit 
bäumen,  den  garten  mit  blumen  bepllanzen ;  Hugo  Grolius 
hat  sehr  geirret,  wenn  er  schreibt,  dasz  Grünland  von  den 
Norwegern  solle  bepflanzet  (angebaut)  sein,  da  doch  dero 
cinwohner  weder  an  gestalt,  färbe  nocii  spraciie  den  Norwe- 
gern gleichen,  pers.  reiseb.  3,  4 ;  denn  dasz  man,  wie  sich 
Uiesbeck  ausdrückte,  in  Baiern  die  heersfraszen  mit  galgen 
bepflanzte,  wie  an  andern  orten  mit  wallnuszbäumen,  hatte 
nicht  geholfen.    Licmtenbeug  0, 129; 

bepflanzend  mit  kortoffelknollen 

wOhlit  du,  0  Voss,  den  Pindus  um.    A.  W.  Sculkokl. 


figürlich,  den  wall  mit  kanonen  bepflanzen,  kanonen  auf- 
pflanzen; den  tisch  mit  Weinflaschen  bepflanzen; 

auf  rossen  wir  eilen 

gleich  stürmen  dahin, 

bepflanzen  mit  pl'eilen 

den  eher  im  fliehn.    Fr.  MijllBr  2,  393. 

BEPFLASTERN,  l)  viam  stemere  silice,  die  slrasze  pflastern. 
2)  emplastrum  imponere: 

der  schöne  ritter  wird  in  einem  andern  gemache 
entwafnet,  besichtigt,  bepflastert,  verbunden.    Wiklano  4,  36i 

BEPFLAUMEN,  was  beflaumen :  ein  riedisch  gänslio  wol 
bepflaumet.    Garg.  138'. 

BEPFLICHTEN,  obstringere  muneri,  in  pflicht  nehmen,  ver- 
pflichten: das  sie  im  lande  behalten  und  bepflichtet  werden. 
Luthers  br.  5, 1. 

BEPFLÖCKEN,  paxillis,  eultellis  firtnare:  pflanzen  bepflö- 
cken,  mit  pflöcken  versehen. 

BEPFLÜCKEN,  avellere,  decerpere: 

Schnee, 
der  drücket  denn  der  langen  äste  höh 
der  erde  zu,  dasz  jeder  sie  bepflücket. 

Schönborn  bei  Grifphiiis  2,  502. 

BEPFLÜGEN,  arare,  nnl.  beploegen :    das  land  bepflügen ; 
ich  höre,  liebster  freund,  du  hast  mit  eignen  zügen 
dein  väterliches  gut  nun  willens  zu  beflüsen. 

LoHE.NST.  Hyac.  70; 
der  nach  der  alten  brauch  mit  seinen  eignen  zügen 
das  väterliche  feld  bemüht  ist  zu  bepflügen.    Ca.niiz  102 
(patcrna  rura  bobus  exercet  suis); 

mädchen,  die  mit  dem  geiste  buhlen  müssen,  weil  ihre  leiber 
nicht  bepflügt  werden.  Klinger  3,174. 

BEPFOMPFEN,  bepumpen,  von  schiffen.  Garg.  79'. 

BEPFOSTEN,  postibus  firmare,  mit  pfosten  stützen. 

BEPFROPFEN,  farcire:  eine  flasche  bepfropfen,  zustöp- 
seln; bepfropft  mit  mancherlei  fremdartigen.  ilidJH3/ie//o  1,  51. 

BEPFRÜNDEN,  beneficio  ecclesiastico  (praebenda)  augere, 
mit  einer  pfründe  begaben : 

er  ist  bepfründet,  hat  er  mehr  zu  boITen?    Götbe  47,  243. 

BEPICHEN,  pice  oblinere,  verpichen. 
BEPICKEN,  Tostro  lundere,  anpicken. 
BEPINKELN,  bepissen,  beseichen. 
BEPINKEN,  vom  schlage  der  finkcn : 

die  finken  bepinken  die  grünen  gemacher. 

Dav.  Schirhers  singende  roscn.  Dresden  1654,  67. 
1657,  452. 

erfüllen  mit  ihrem  pink  (schlag)  den  grünen  wald.  s.  anpin- 
ken  und  pinken. 

BEPINSELN,  pigmenta  inducere  peniciUo :  inst  seine  augen- 
braunen bepinselt  und  seine  lippen  betupft  wurden.  Güthk 
22,  48. 

BEPISSEN,  commingere,  Stieler  schreibt  bepischen,  besei- 
chen,  beharnen,  bepinkeln: 

der  gröszte  könig  schlieszt  die  äugen  zu, 

und  jeder  hund  bepist  gleich  seine  grübe.    GörnE  57,  279 ; 

ihr  Schurken,  komm  ich  nein,  so  wiszt, 

soll  hangen,  was  die  wand  bepist.    üürcer  25'. 

BEPLANKEN,  plancis,  labnlis  munire,  nnl.  beplanken. 
BEPLAPPERN,  multis  loqui,  garrire: 

soll  nun  euch  immer  und  immer  beplappern? 
GöTHE  4,  324. 

BEPLÄTSCHERN,  leni  slrepitu  attingere: 

rasen 
beplätschert  von  gebürgcntflosznen  wellen.    Platin  46. 

BEPLATTEN,  saxo  quadrato  slernere,  mit  steinernen  plat- 
ten belegen. 

BEPLAÜDERN,  colloqui,  traulich  besprechen. 

BEPOLSTERN,  substerncre,  farcire:  die  keuic  vom  löwen- 
fell  liehangen  und  bepolstert.  Göthe  39,  67. 

BEPPE ,  f.  was  happe :  gebt  ihnen  (den  neugebornen  hin- 
dern) gute  beppe  mit  der  besten  milch  gekocht  zu  essen. 
Fret  garteng.  cap.  117. 

BEPPERN,  was  bappern. 

BEPRÄGEN,  signare,  exprimere:  ' 

ein  pergament,  beschrieben  und  bcpr.lgt.    Göthe  12,  87. 

REPREDIGEN,  concione  hortari,  docere:  man  musz  zuvor 
das  Volk  wol  bepredigen  und  die  schwachen  gewissen  davon 
ziehen,   bis   sie   des   ovangeliums  völlig  unlcrrirht,    von  inen 


1481 


BEPREISEN — BEQUEM 


BEQUEM 


14S2 


seihs  dematigiich  komen.  Lctheb  2,  99*;  wie  viel  tage  Jona 
habe  zubracht,  bis  er  den  ort  und  strich  bepredigt  habe,  ist 
unbewust.  3,  216';  Paulus  hat  ja  last  das  gröszte  teil  der 
weit  aJJeine  bepredigt.  4,  230*;  darumh  mag  er  auch  wol 
rhQmen,  das  er  habe  mehr  geerbeitet,  denn  sie  alle,  das  ist 
durch  sein  aposteiamt  weiter  gefaren  oder  mehr  land  und 
leute  berürt  und  bepredigt.  6,  222*. 

BE PREISEN,  celebrare,  was  das  einfache  preisen: 
beprie^ener  poet,  du  mnster  kluger  sinnen!  Melchiob  Lühck. 

BEPBESSEN,  eomprimere.  Stieler  1478. 
BEPRÜFO,  tcas  prüfen,  nnl.  beproeven: 

wo  der  fromme  kreis 
«ras  heilsam  jedem  bürger  sei  beprüfl.    SroLBitc  4,  223. 

BEPSTISCH,  s.  bäpstisch. 

BEPUDER.V,   pulrere  farinaceo  spargere,    nnl.  bepoederen. 
BEPURPERN,  BEPLRPURN,  purpurare,  rölhe7i :  bepurpurte 
trauben ; 

denn  als  der  rosen  baupt.  das  anfangs  veisz  geschienen, 

durch  Aphroditens  fusz  bepurpurt  ward  und  schön. 
LoBE^tsT.  blum.  69; 

mein  glänz  bepurpert  selbst  der  sonnen  augenbran.  79;. 

die  sich  bepurpum.    Brockis  6,  103; 

dn  dringst  Auroren  nach 

in  ihr  bepurpert  scblafgemacb.    üz  1,  69  : 

indem  sie  {die  morgenröte)  rings  um  sich  her  die  wölken 
bepurpert.  "         Zacbariä2,6; 

Diemals  müsse  das  licht  den  wollicbten  osten  bepurpem. 

dasz  mein  feuriges  herz  nicht  dir  zu  ehren  entbrenne.    2,  14; 

bald  werden  volle  rosen  seine  {des  garlens)  gänge  bepurpum. 
Lccius  bei  Geliert  6,  277; 

das  mit  welchem  rosenfinger 

wer  bepurpurt  hat.    Herdkr  3,  120; 

ich  bepnrpre 
der  kämmerer  gesiebt  mit  seinem  blut.    ScaiLLSR564; 

wie  die  untergehende  sonne,  den  berg  bepurpumd.  GQthe 
38,  305; 

hier  stehen  deine  Jäger  mit  den  zeichen 
des  mordes,  und  ron  deinem  blut  bepurpurt 
(signd  in  thr  spoil,  and  crimsond  in  ihr  lethe). 

A.  W.  ScuLEGEL  im  Jul.  Caesar  3, 1. 
vgl.  purpurlippe. 

BEPUTZEN,  exomare,  eomere,  anputzen :  die  wand  bepatzen ; 

die  zarten 
leicht  beschuht,  beputzten  knaben.    Göthi  5,  272. 

BEQUAKEN,  coaxando  persequi,  insuUare: 

heisere  frösche  bequaken  den  fernhintreffer  Apollo. 
Plate?»  145. 

BEQUALMEN,  nidore  fumt  implere:  mit  tabacksraoch  die 
Stube  bequalmen. 

BEQU.ÄRTIEREN,  eolloeare  apud  aliquem,  einlogieren:  ist 
die  leber  noch  frisch,  und  seid  ihr  diesen  winter  gut  bequar- 
tiert? Moser  9,127.    s.  einquartieren. 

BEQUASTEN,  eirris  omare:  handschuhe  mit  seide  besteppt 
und  beqnastet.  Göthe  24.  35. 

BEQUEM,  eommodus,  aptus,  faeilis,  conreniens,  vie  dies  von 
roHTcnire,  ron  bekommen  herzuleiten,  ahd.  piquämi  picblmi 
(GRArF4,  672),  ein  mkd.  beqnseme  oder  beksme,  bekceme  er- 
schein/ selten  (Hartx.  glaube  162.  3646),  desto  ößer  das  mnl. 
bequame,  bequacm,  nnl.  bekwaam.  aus  Niederdeutsehland 
seheint  nhd.  bequem  wieder  eingedrungen,  wodurch  sieh  auch 
das  im  verbutn  kommen  längst  aufgegebne  QU  (goth.  qiman, 
ahd.  qn^man,  chu?man)  erklärt,  während  neben  bequem- 
lich  noch  bekömmlich,  bekömmlich  (sp.  1428)  fortgalt,  das 
E  gleicht  dem  in  genehm  {mhd.  gcnaeme).  der  hoehd.  Volks- 
sprache bleibt  das  adj.  fremd,  oder  nur  durch  die  sehriß- 
spraehe  zugef^rt.  D^STPODtrs  39"  gibt  bequemlich,  302*  aufA 
bequem  an,  He^iscr  2S0  bequem,  belege  aus  Baiem  ton  1516. 
1520  hat  ScRMEiLEi  2,  403.     Bedeutungen : 

1)  apluf,  idoneus.  conreniens,  geschickt,  passend,  gelegen : 
zum  dritten  beger  ich  zu  wissen,  wo  s.  Augustinus  sage,  das 
gott  bequeme  genugthuung  foddere.  Lither  1,49*;  aber  mir 
wird  gemacht  ein  appellatioo,  so  viel  es  müglich  ist,  wol 
zugericht,  gegründet  und  der  Sachen  bequem  und  gemesz. 
1,  120* ;  das  land  ist  bequeme  zum  tieh.  4  .Mos.  32,  4 ;  nam 
ein  die  bequemsten  ort.  2  Macc.  8,  6 ;  und  da  sie  einen  be- 
quemen tag  bestimmt  hatten.  Susann.  15 ;  denn  die  erde,  die 
den  regen  trinket,  der  oft  über  sie  komt  und  bequeme  kraut 
tregt  Ebr.  6,  7;  dise  insel  ist  zu  dem  wein  also  bequem. 
FiAüi  weltb.  211* ;    damrab   haben    die   aposteln    oder  zwOlf- 


botea  das  CTangelium  mit  dem  aller  bequemsten  namen  ge- 
nennt ein  fröliche  botschaft.  MEUUfcHTBON  hauplartikel  bl.  56 ; 
darumh  er  {Adam)  einem  jeden  tbier  sein  eigen  und  beque- 
men namen  gäbe.  Mathesics  S'  ; 

er  weisz  was  we»  ein  jeder  gehet, 

darumb  mit  seiner  süraf  er  dem, 

der  ihm  zuwider,  wi. (erstehet. 

miuheilend  jedem  was  bequem.    Weckhtrl.  130; 

ein  bequemer  psalme  für  die  angefochtenen.  MELissusfj.  K4'; 
abwender  ungefels  und  mein  retter  bequeme.  G7';  und  wann 
ein  han  solle  ein  ei  legen,  so  wäre  er  dazu  bequämer  in 
der  Jugend  als  im  alter.  Ladresberg  aeerra  225 ;  bequem  zum 
säugen.  Oprra  Arg.  1, 562 ; 

fürst,  dem  auch  was  zu  geben  kaiun  bequeme, 

nicht  ungenehme.    Grtphics  2,  24>t; 

o  schöne,  wer  ich  dir  von  herzen  angenähm, 

ich  weisz  du  würdest  nicht  nach  fremden  mehren  fragen, 

die  wie  sie  mich  bei  dir,  so  dich  bei  mir  verklagen, 

ich  aber  halte  mich  auf  allen  fall  beofähm. 

Fle«i.'«g  627; 
und  suche,  wie  er  soll,  zwei  recht  bequeme  herzen. 

HoniA.i?rsw.  hochz.  ged.  44; 

die  götter,  welche  doch  nach  deiner  meinung  gut  und  zu 
menschlicher  regierung  bequem  genung  sind,  sterb.  Soer.  13; 
man  musz  kein  verhärtetes  und  argwohnvolles,  sondern  be- 
quemes und  lehrhaftes  gemüthe  in  ihre  predigten  bringen. 
pers.  rosenth.  2,  32;  leute,  welche  zum  reisen  tüchtig  und 
bequem  sind.  3,  27 ;  ein  leib  ohne  herz  und  gemüthe  ist  nicht 
bequem  etwas  zu  thun.  8,  55;  wenn  bequehme  ingenia  und 
herliche  naturen  müssen  guter  Unterweisung  beraubet  sein, 
ist  zu  beklagen.  8,  75 ;  ein  geschickter  und  bequemer  mensch. 
pers.  reiseb.  3,  4;  wie  soll  ein  verständiger  mann  glauben, 
dasz  ein  hoffirtiger  mensch  bequem  sei,  eine  grosze  stelle 
zu  bekleiden,  pers.  baumg.  4,3;  bequäme  namen  aufbringen. 
BospLER  voü  L5wE"«H.  gcbüsch,  torr.  2t ;  das  feuer,  wodurch 
eisen  erweicht  und  zur  schmiede  bekwehm  gemacht  wird. 
BcTscHsT  Patm.  763;  eine  bekwehmere  zeit  dazu  ersehen. 
765;  man  musz  auch  im  scherzen  gute  acht  haben,  dasz  es 
zu  rechter  zeit  und  bekwehmen  orte  geschehe.  S24;  fiu-bil- 
det  und  mit  bekwehmen  färben  pinselt.  917 ;  dann  ist  es  mir 
beqnem  mich  inniglich  zu  kränken.  Schcppils  138 ;  sie  gehen 
in  ihren  sachen  hitziger  oder  kaltsinniger  zu  werke,  nach- 
dem sie  es  für  bequem  finden,  von  ihrem  gegner  diese  oder 
jene  gerechtigkeit,  die  sie  suchen  zu  erhalten.  J.  E.  Schlegel 
4,  290 ;  ich  will  zu  einer  bequemern  zeit  davon  mit  dir  reden. 
Leisewftz  Jul.  von  Tar.  3,  2 ; 

jetzt  la;zt 
ein  schwarzes  schif  uns  in  das  Weltmeer  ziehn, 
bequeme  {tüchtige)  rüderer  versammeln. 

BcRöE«  143*  ifir  tl.  1, 142) ; 
so  war  ich  heiter,  aller  menschen  freund, 
behüinicb,  wach,  zu  rath  und  ibat  bequem.    Görac  9,  324. 

2)  commodus,  gratus,  faeilis:  das  beqvemeste  lüftlein  an- 
inwehen  wüste.  Bra50TS  Taubmann  39 ; 

wie  du,  war  sie  bequemen  tagen, 
der  freundschaft  und  der  freude  hold.     Gottxr  1,  122: 
ansehn  gebt  mir  im  volk,  verschafl  bei  mächtigen  einflusz, 
oder  was  sonst  noch  bequem  unter  den  meuschen  erscheint. 

GÖTBK  1.357; 

auch  dieses  paar  zeigte  sich  höchst  bequem  in  der  gegen- 
wart.  17,  109;  ein  gefälliges,  bequemes,  nur  einigennaszen 
menschliches  betragen  [eines  groszen)  thut  wunder.  10,  IS ; 
das  kind  scheint  so  verständig,  so  vernünftig,  und  zugleich 
so  bequem,  heiter  und  gevrandt.  24,  UO.  man  sagt:  ein  be- 
quemer sitz,  eine  bequeme  läge ;  dieser  mensch  ist  bequem, 
mir  bequem ;  mache  dirs  hier  ganz  bequem ;  ich  will  es  mir 
schon  bequem  {commode)  machen; 

du  machst  es  dir  bequemer,  wenn  du  mir  zehn  noch  schenkst. 

Cbarisso  Abdallah  2t>. 

3)  tu  übelm  sinn,  nachlässig,  sieh  gdtn  lassend,  oder  nach- 
giebig, zu  leicht  bereit:  er  ist  bequem,  zu  bequem  (träge); 
er  ist  so  bequem,  dasz  ihn  das  aufstehen  verdrieszt ;  ein  be- 
quemes, leichtes,  gefälliges  mädchen;  ein  bequemer  beicht- 
vater;  eine  bequeme  moral: 

wie,  ist  die  Unschuld  nichts  als  kun^t  und  schlauer  fand, 
weil  Itifall  vielleicht  bequeme  nTmph<>a  fand? 

WitL.4910  17,  50; 

BEQUEM,  adv.  apie,  eomntode :  du  kommst  mir  heote  nicbt 
bequem,  gelegen;  der  rock  sitzt  bequem; 

sie  wehrt  sich  ganz  bequem,  bequem  (/diwi^)  wie  eine  braut. 

GlLLtRT; 

Charlotte  spielte  sehr  gut  klavier,  Eduard  nicht  eben  so  be- 


1483 


BEQUEME  — BEQUEMEN 


BEQUEMEN—  BEQÜEMLICH 


USA 


qntm  Ste  flöte.  Göthe  17,  27;  Weltmann,  von  einer  ansehn- 
lichen gcstalt  nnd  rfabei  von  beqnem  geralligem  betragen. 
74,  182 ;  ich  war  nicht  sonderlich  geschickt  mich  den  leuten 
bequem  darzustellen.  24,  314 ;  wenn  er  sich,  durch  seine  frühere 
Icbensart  wenig  vorbereitet,  in  der  gesellschaft  anfangs  nicht 
ganz  bequem  befand.  37,  59 ;  dasz  die  dorfigen  groszen,  so 
ceremoniös  sie  nach  auszen  erscheinen,  doch  nach  innen 
gegen  ihre  bausgenossen  bequem  und  vertraulich  leben.  37, 
59  ;  man  kann  den  weg  sehr  bequem  in  einem  tag  zurücklegen. 
BEQUEME,  f.  apla  occasio : 

die  muuer  aber  bald  nach  dem 

lucht  heimlich  ursach  und  bequem  (geleijenhcit). 
H.  Sachs  I,  167% 

wiewol  man  es  hier  auch  ßr$  adj.  nehmen  und  mit  heimlich 
verbinden  könnte,     das  subsl.  wäre  ahd.  piquAmi. 

BEQUEMEN ,    aptare,    accommodare,    bequem  machen,   ein- 
richten, fügen: 

1)  selten  transitiv,  ohne  sich:  bequemen  aptare.  uoc.  14S2; 

du  spornest  dich  umbsunst,  wir  kommen  her  zu  dir, 
antwortet  Hermes  ihm,  dich  (wie  daii  dein  gebühr) 
des  höchsten  gots  hefelch  geliorchend  zu  bequemen. 
Wrckuerli.n  728; 

Ism.  so  will  du  gänzlich  dann  sie  (Anligonc)  deinem  söhne 

nehmen  ? 
Creon.  der  Pluto  selber  wird  die  hochzeit  schon  bequemen. 

Opitz  1,  181; 
0  geisf,  den  nichts  bequemet!    GRrpinus  1,  491; 
Juden  hatten  harte  herzen,  mochten  drum  viel  weiber  nemen, 
was  für  hartes  haben  Christen,  die  viel  huren  sich  bequemen 

(zulegen).  Locau  2,  1,  4(i; 

dasz  alle  menschen  lü^ner  sein,  ist  mit  bescheid  zu  nemen, 
die  Schrift  die  sieht  auf  unsre  zeit,  da  lügen  lieiszt  bequemen, 
bequemen  heiszt  politisch  sein,  wer  wil  sich  dessen  schämen? 

2,  2,  13 ; 
und  besser  zu  bequemen 
da*  fräwlein,  so  wil  er,  dasz  sie  das  creuz  verlasz 
und  sich  in  saltel  setz.    Werdkrs  Ariost  1,  76; 
so  heimlich  aber  must  du  diesen  zug  bequemen, 
dasz  im  geringsten  ihn  die  feinde  nicht  vernehmen.    14,72; 
als  alles  lassen  hat  die  Tata  nur  bequemen, 
80  liesz  sie  drauf  von  ihr  den  herzog  abschied  nehmen. 

15,  11; 

welche  (cyclopen)  hernach  «nen  seltzamen  riesentanz  anflen- 
gen,  darinnen  sie  das  schwirren  ihrer  fessel  nach  dem  klänge 
der  Saiten  notlich  bequemten.  Lohenst.  Arm.  1, 1355;  den  wein 
zum  gift  bekwehmen.  Botschkt  Palm.  328 ;  die  so  mit  dem 
rcgimentswesen  umgehen,  müssen  das  gemüte  bekwehmen  zu 
solchen  Sachen,  womit  sie  der  republic  sich  können  recom- 
mendieren.  490 ;  ich  mag  der  erfahrung  einen  gegenständ  be- 
quemen, wie  ich  will.  Kant  2,  386 ;  diese  ZAviste  hätten  beide 
theile  zu  freundschaftlichen  Verabredungen  bequemen  sollen. 
Hippel  6,  59;  und  suchen  die  übrige  weit  nach  sich  zu  be- 
quemen. TiECK  9,  80 ;  dies  zimmer  kann  zur  wobnnng  bequemt 
werden,     vgl.  anbequemen. 

2)  gewöhnlich  reflexiv,  wie  franz.  s'accornmoder:  so  wollten 
f.  gn.  sich  bequemen.  Sciiweinichen  2, 120; 

bequemet  ihr  auch  euch,  herr  bräinigam,  der  zeit, 
indem  ihr  Schlesien  ein  edle  rose  bringe).    Opitz  2,  87; 
sie  pflegt  sich  hier  zu  schmuck  und  schmünke  zu  bequemen, 
was  wird  sie  dorte  thun?  sie  wird  »ich  ewig  schämen. 

LoGAU  2,  5,  15; 
wenn  beamte,  wie  sie  sollen, 
nicht  gesclienke  solten  nemen, 
Würde  selten  jemand  wollen 
sich  zu  amt  und  dienst  bequemen.    2,  8,  40; 
der  sich  nicht  zu  sterben  rürcblei,  der  sich  nicht  tu  leben 

schämet, 
dieser  sorgt  nicht,  wie  und  wanne  sich  sein  sterben  ihm 

bequämet.  8,  5,  17; 

sich  herlich  nur  bequemen, 
in  vollem  sause  leben.    3,  tug.  '228; 

wer  sich  überall  siht  gerne,  wer  sich  nirgend  nimmer  schümt, 
han  dem   glücke  sich  bequämcn,   wann  glück  ihm  sich  nicht 

bequämt.  3,  8,  81; 

die  tchiffer  stelletcn  sich,  als  würe  es  ihnen  leid,  dasz  sie 
Bich  gegen  ihm  nicht  besser  bequemet,  pers.  rbsenth.  3,  27; 
weil  aber  die  Hihre  allbereit  vom  lande  gestoszen,  muste  er 
sich  bequemen,  daselbst;  sie  hicsz  mich  an  den  ofen  sitzen, 
weil  es  daselbst  gute  gelegcnhcit  hotte,  sich  mit  der  laute 
zu  bequemen.  Jucundiss.  172;  kniiin  hatte  ich  mich  zum  schlaf 
bequemt.  Simpl.  l,  24; 

so  würde  mancher  mann 

des  bessern  sich  bequemen.    >'KuiAni /tt«(t«.  46; 

krummholzöl  und  mithridat 

muslo  sich  der  hund  bequemen 

«rider  Willen  einzunehmen.    G(LtlRTl,67; 


sie  verdienten  wol,  dasz  ich  mich  nach  ihren  wünschen  be- 
quemte. Lessii^c  1,  301 ;  Bcrcngarius  liesz  wiederum  die  furcht 
über  sich  meister  werden  und  bequemte  sich  seinen  feinden. 
8,  322 ;  die  masse  der  erde  hat  die  fähigkeit,  sich  zu  der 
figur,  die  das  gleichgewicht  fordert,  von  selber  zn  bequemen. 
Kant  9,  7 ; 

CS  war  ein  kind,  das  wollte  nie 
zur  kirehe  sich  bequemen.     Götbe  1,  224 ; 
er  bequemt  sich  hier  zu  wohnen.    1,  251 ; 
und  was  war  das  gcheimnis!  als  dasz  Demeter,  die  grosze, 
sich  gefällig  einmal  auch  einem  beiden  bequemt.    1,276; 
das  köpfchen 
ruht  und  drucket  den  arm,  der  sich  dem  hatse  bequemt. 

1,279; 
reichet  den  rocken  der  Faust,  die  sich  dem  scherze  bMuemt. 

1,288; 
of^,  wenn  dir  jeder  trost  entflieht, 
must  du  im  stillen  dich  bequemen.    2,  265; 
bequeme  dich  dem  heiszen  wie  dem  kalten.    2,  265; 
zur  rechtsgelehrsamkeit  kann  ich  mich  nicht  bequemen. 

12,  97 ; 

ein  thcil  der  müden  wandrer  bequemte  sich  auf  dem  fusz- 
boden.  18,  256 ;  gebot  den  ankommenden  platz  zu  nehmen, 
man  fieng  an  sich  zu  bequemen  {accomodarsi}.  19,  49 ;  da  sich 
denn  doch  der  längste  tag  endlich  zum  abend  bequemt,  so 
muste  man  auf  rückkehr  denken.  21,  142;  das  fohlen  kniet 
nieder,  um  sich  dem  euter  zu  bequemen.  39,  288 ; 

will  der  fcder  zartes  wallen, 

will  des  pinseis  mutig  schalten 

sich  dem  reinsten  sinn  bequemen, 

kannst  getrost  den  lorber  nehmen.    47,  153; 

beide  dichtungsweisen  {die  naive  und  sentimentale)  sollten  sich 
bequemen  einander  gegenüberstehend  sich  wechselsweise  glei- 
chen rang  zu  vergönnen.  50,  54 ;  hätte  ich  nicht  an  meinem 
Hermann  und  Dorothea  ein  beispiel,  dasz  die  modernen  ge- 
genstände, in  einem  gewissen  sinne  genommen,  sich  zum 
epischen  bequemten,  so  möchte  ich  von  aller  dieser  empiri- 
schen breite  nichts  mehr  wissen,  an  Schiller  347.  man  kann 
dies  sich  bequemen  o/T  auch  ausdriicken  durch  sich  fügen,  her- 
geben, herablassen. 

BEQUEMEN,  n.  accommodatio : 

weil  sie  (die  mädchen)  aber  meistens  doch  lieber  jung  als 

alte  nemen, 
fehlt  es  nicht,  sie  haben  wind,  was  dabei  sei  für  bequemen. 
I.OGAU  2,6,39; 
die  geseize  von  dem  schenken, 
woln  Juristen  nur  gedenken, 
dasz  sie  gehn  auf  ihr  bequemen, 
nicht  zu  geben,  nur  zu  nemen.    3,  2,  13. 

BEQüEMHEIT,  f.  opportunitas,  commoditas :  hab  ich  aihveg 
bei  diesen  kriegs  und  ehrenleuten  kundschaft  und  gutwilliger 
beiwohnung  bequemheit  gesucht.  Kirciiiiof  disc.  mit.  vorrede ; 

nimm  der  bequemheit  wahr,  eh  sie  sieh  dir  enireiszct. 
Fleming  71 ; 

das  wort  hat  schon  Meltssus  ps.  Ce'  und  neuerdings  wieder 
Bettines  tageh.  126. 

BEQUEMIGKEJT,  /".  die  zugehörige  notdurft  mit  bequeinig- 
keit  in  vorrat  verschaffen.  Luther  2,  266*;  zu  diesem  fur- 
nemen  gab  gut  ursach  und  bequemigkeil  das  gottlos  wescn 
der  hohen  priester.  MELANcnriiONs  Daniel,  deutsch  von  Jonas. 
Witeb.  1546.  bl.  62 ;  und  da  es  die  hequemigkeit  der  zeit  nach 
gibet,  so  lasz  es  (das  ros)  auf  die  weide  laufen.  Zeuendor- 
FER  2,  59;  eine  der  angenehmsten  bckvemigkeiten.  Butschkt 
Palm.  71 ;  bequemigkeit.  Opitz  Arg.  i,  630.  702. 

BEQÜEMLICH,  commodus,  opportunus  (vgl.  bekömmlich 
sp.  1428) :  eine  bequemliche  arzcnei,  damit  du  den  groszen 
schmerzen  stillen  mögest,  buch  der  liebe  109, 1 ;  zur  sach  be- 
quemliche wolgcgründete  sprüch.  Fisciiart  ehx.  37;  ist  eine 
bequemliche  speis  denen,  so  rfisze  feuchtigkeil  haben.  Furü« 
fischb.  62'; 

Sachen  die  bequemlich  sein,  wolln  die  herren  selbst  befehUn, 

Sachen  die  gefährlich  sein,  solln  die  dicner  selbst  erwehlcn. 

I.OGAU  2,  3,  48; 

an  einem  bequemlichcn  orte.  Felscnh.  1,  29 ;  aus  und  eingang 
solcher  bequeinlicher  wege.  1,  41S;  kurz  er  muste  sich  nach 
meiner  raoral  bequemen.  Dorimene.  ich  sollte  auch  meinen, 
dasz  sie  bequemlich  genug  wäre.  Lessi.nc  4,  402;  ein  neuer 
weg,  der  kürzer  und  bequeinlicher  ist.  Kant8,  C9;  den  aufent- 
lialt  bequemlich  machen.  8,  355 ;  von  den  naturgeselzen  lau- 
ter bequemliche  folgen  envarten.  »,  27;  ein  bequemliche« 
lager.  Gon  2,111; 


1485  BEQÜEMLICH — BERAFFELN 

stieg  man  die  stufen  hinab,  so  zeigten  sich  steinerne  bäukc, 
rings  um  die  quelle  gesetrt,  die  immer  lebendig  hervorquolj, 
reinlich,  mit  niedriger  mauer  gefaszt,  zu  schöpfen  bequemlich. 

GöTHK  40,  2S4. 
BEQUEMLICH,  adv.  commode,  apte,  äson  aise:  so  ist  es  den- 
noch nicht  so  viel,  das  sie  and  ihre  kindlein  leibsnotturft  be- 
quemlich haben.  Mei^schtho:«  im  corp.  doctr.  ehr.  543;  mehr 
denn  oft  habe  ich  meinen  vatter  seligen  bequemlich  zur  Sachen 
exempel  dieser  schäfer  hören  anziehen.  Kibcbhof  vendunm. 
240';  sie  {die  festung)  bequemlicher,  nützlicher  und  bestän- 
diger wider  gewalt  und  zur  gegenwehr  erbauwen.  diso.  mil. 
11;  damit  wir  desto  bequemlicher  von  des  herm  dßctorn 
Esopo  reden  können.  Scbcppiüs  S27;  wol  denen,  die  es  {das 
ferlein  der  veltweisheii)  recht  bequemlich  zn  gelegener  zeit 
geschicklich  zu  branchen  \rissen.  829 ;  damit  wir  diese  fasz- 
nacht  bequemlich  verrichten,  will  ich  diese  Jothams  predig 
mit  zweien  fabeln  beschlieszen.  834 ;  wird  vielleicht  ein  an- 
dermal bequemlicher  zu  erzehlen  sein.  Fehenb.  1,  336 ; 

so  liegest  du  bequemlich.  Lichtwer  4,  22; 
eine  einsiedelei,  bequemlich  eingerichtet.  Klinge«  9,  281 ;  um 
sonntags  früh  sich  zur  kirche  bequemlich  anziehen  zu  kön- 
nen. GöTHE  24, 125 ;  dessen  haus  mich  freundlich  und  bequem- 
lich aufnahm.  30,  8 ; 
sehr  gut  nimmt  das  küischchen  sich  aus,  das  neue,  bequemlich 
säszea  viere  darin.    40,  234. 

BEQUEMLICHKEIT,  f.  opportunitas,  commodilas:  etwas  nach 
bequemlichkeit  thun;  brauchen  sie  ihre  bequemlichkeit ;  das 
haus  hat  manche  bequemlichkeiten ;  riel  gute  occasioncs  und 
bequemligkeiten  aus  bänden  lassen  und  versäumen.  Schlppics 
105 ;  schnallt  mir  den  hämisch  ab  und  gebt  mir  mein 
wamms.  die  bequemlichkeit  wird  mir  wol  thun.  Götiie  8,  24 ; 
wenn  sie  durch  freiheit  des  betragens,  anmut  im  tanze,  schick- 
liche bequemlichkeit  des  gesprächs  sich  vor  allen  auszeich- 
net, n,  1" ;  er  machte  seine  betrachtungen  über  den  grafen, 
die  gräfin,  den  baron,  über  die  Sicherheit,  bequemlichkeit 
und  anmut  ihres  betragens.  1S,24T;  drittens  fehlt  eine  höchst 
nöthige  bequemlichkeit,  so  dasz  man  dem  naturzustande  hier 
ziemlich  nahe  kömmt.  27,  42,  «le  an  einigen  orten  auch  ge- 
legenheit  oder  bequemlichkeit  (commodite,  aisance)  für  ahlritt 
gesagt  wird. 

BEQUEMLICHKEITSHALBEB,  Göthe  6,  72. 

BEQUEMNIS,  f.  durch  seine  kunst,  durch  seine  ewigen 
bequemnisse.  Herder  16,  2S1. 

BEQUEMUNG,  f.  accommodatio :  durch  diese  bequemung 
macht  er  sich  der  gemeind  lieb  und  angenehm.  Leuma!«;«  89. 

BEB,  m.  aper,  sonst  geschrieben  bSr  {sp.  1124),  beier  {sp.  18«8), 
auch  hehr. 

BEB,  m.  nassa,  sonst  bare  (sp.  1127),  beere  {sp.  1244),  ein 
sacknelz  zun  fischfang:  au9z  dem  £aden  ein  netz  za  maclten, 
das  netz  zu  gwn,  zum  bchm  zu  formieren.  Pakaceuus  2, 22&^ 
Schi.  1, 189. 

BEB,  n.  gesius,  habitus,  ahd.  gipAri  (Graff  3,  150),   vihd. 
gebäre  MS.  2,181',  statt  des  iä/lieheren  berd,  gebärde: 
schaw,  schaw,  dort  knapt  gleich  eine  her, 
die  dünkt  mich,  aller  weis  und  ber, 
an  leib  und  gestall,  an  ^chön  und  Jugend, 
sie  sei  mir  ganz  ehnlich  fürwar.    H.  Sachs  V,  342'. 

gerade  so  werden  wir,  tm/frberde,  weis  und  berd  verbtmden  sthen, 
BEBÄDEBN,  rotis  viam  lerere: 

er  führet  dich  viel  tausend  raeil 

auf  su-aszen  stark  beradert.    Spki  truttn.  1S5  (169). 

BEBAFFELN ,  corripere,  increparc,  schellen,  durchhecheln  : 
das  du  in  berafifelest  und  strafest.  k£i$ER.«B.  hell.  Icwe  67'; 
du  strafst  dich  selber,  du  beraflest  und  ubcrbolderst  dich 
selber,  brüsaml.  24";  dise  fraw  gab  vil  umb  gotzwillen,  dasz 
der  keiser  einist  sie  beraflet  und  hartiglich  sie  anschnauwet. 
47' ;  sie  berafleo  sich  darumb  und  erbutzen  sich  selbs  darum. 
Sünden  des  munis  is';  mit  hertcn  Worten  beraflen.  parad. 
der  Seelen  60;  de  die  Juden  und  pharisäer  den  hcrren  be- 
rafleten  und  straften.  Zwiücli  1,  145;  man  musz  etwan  fünf 
gerad  lassen  sein,  nit  alle  ding  beraflen,  sonder  mit  der  haus- 
scher beschneiden.  AcRicoui  spr.  228*;  das  erst  schulrecht 
sol  man  nit  beraffeln.  Fräse  *pr.  2,58';  urteilt,  beraflet  und 
tadelt  ein  iedes.  2,108';  diese  aber  oft  tadeln,  beraffeln  und 
über  den  zäun  ihrer  narrischen  Vernunft  springen  lassen,  was 
sie  nieraalen  gewust  oder  verstanden.  Simpl.  1,272;  alle  der 
weit  thorheiten  und  missetbaten  zu  berafTeln  und  abzustrafen. 
2,  319.  »pdier  stirbt  das  wort  in  der  schriftspracht,  dauert 
aber  noch  ttnter  den*  tolk,  vgl.  Scuhio  schwäb.  wb.  422.  Schm. 
S,  5*.  «1 ;    das   hindurckschtebcn  musz  aber  unbraffelt,   ohne 


BERAHMEN  — BERATH 


148$ 


das2  man  dabei  angerufen  wird,  gescheiiea,  sonst  lülit  es 
nichts.  Ernst  MeieijS  deutsdie  tagen  300.  a»  einige»  orten 
hört  «lau  berappelu.  man  sehe  das  ahd.  rekan  (Graff  2,  501), 
mhd.  refsen,  und  die  einfachen  raffeln,  riffeln,  wo  von  der 
Wurzel  gehandelt  werden  soll. 

BERAHME.N,  picturawi  iucludere,  ein  bild  einrahmen,    vgl. 
Schm.  3,  82. 
BERAHMEN,  s.  bexaraen,  beraumen. 
BERAINO',    limiiibus  fixis   in  ordinem  redigere,    Umitare, 
begrenzen.    Oberun  12L     bereinen  und  besteinen.     *.  rain. 

BERAMEN,  consliluere,  nnl.  beramen,  sonst  beraumen,  s.  an- 
beraumen : 

der  himmel  wolle  dir  giftck,  sieg  und  keil  berameo, 
du  nrerthcs  keusches  hild,  krön  aller  edlen  damea. 

Wkhokrs  ^r.  3,  16; 
wol  tage,  mond  und  jähr  habt  ihr  darzu  beramt, 
eh  einen  sünder  ihr  zum  tode  habt  verdampt.    18,2; 
die  kurz  beramte  zeit  eilt  und  trieb  ihn  so  sehr, 
das  er  nicht  denken  kunt  erst,  welchs  das  teste  wehr.  21,60; 

dieses  erfbrderte  keinen  beraiunten  plan.  Hippel  5,  8. 

BER.\MEN,  maculare,  inquinare  sordibus,  fuligine,  beruszen, 
beschmutzen,  schwärzen,  mhd.  beraemeo,  von  ria  sordes,  fuligo, 
bair.  bramen,  brarasen  (Schm.  3,  81) :  wenn  man  einen  be- 
rämet  oder  schlecht,  das  im  ein  blowes  wirt.  Keisesss.  potl. 
3,  71 ;  es  kam  fernt  (nuper)  einer  in  den  cbor  laufen,  der 
was  berömt  und  beschissen,  omeis  9*;  an  alten  kesseln  be- 
romet  man  sich  gern  (wer  sich  an  a.  L  reibt,  empfahet  gerne 
ram).  Fra.m  spr.  2, 117*; 

mancher  kumbt  melbig  zu  der  bicht, 

der  ganz  wisz  werden  meint  und  licht, 

und  gat  berämt  doch  wider  hein 

und  dreit  am  hals  ein  raüleostcüi.     Bka-it  «arr«nsc/i.; 

eschcrmitwochisch  berämen,  verkleiden,  beruszen  und  bekri- 
den.  Garg.  51';  so  mach  dich  von  der  wand,  dasz  du  be- 
rämst  kein  band.  94';  die  Gothen  auf  wetszen  pferden  rait 
kohlenberähmten  gesiebtem  und  arme«.  Lohenst.  1,  524 ;  ich 
bin  berähmt,  nicht  aber  schwarz  gebohren.  l,  1129;  meinten 
andere,  dasz  der  rauch  nur  eine  andern  verbotene  kaufmanns- 
waare  der  fürsten  wäre,  so  wolle  er  sich  doch  darmit  nicht 
berämen  lassen.  2,  373. 

BEBÄNDELN,  diminutiv  des  folgenden. 

BERANDEN,  mar^irjore;  münzen  beranden;  kleider  ver- 
brämet, gesaumet,  berandet,  beleistet.  Garg.  122* ;  Luther  hat 
das  new  testament  mit  ketzerischen  glosen  berandet.  h.  Georc 
lor  Emsers  A'.  T. 

BEBÄNDERN,  dasselbe. 

BERANGEN,  ordine  conspicuum  reddere,  rang  ertheilen: 
wir  dürfen  keinen  narren  schmeicMo, 
und  keinen  louerbuben  beucltejs, 
berangt,  betitelt,  wie  sie  sind.    Göuxgx  1, 116. 

BERANKEN,  pampinis  vestire,  eiae  latibe,  wand  mii  ranken 
überziehen. 

BEB.APPELN,  was  beraffeln :  ich  musz  dich  darum  berappeln. 

BEBAPPEN,  parietem  loricare,  incnulare,  mit  mörlel  be- 
werfen.   Stieler  1497.   franz.  crepir. 

BERAPPUNG,  f.  d*e  jkiuzere  berappung  {des  gebäuäes). 
GüTHE  32,  142. 

BEBASEILEN,  mit  einem  raasegel  {engl,  lo^sail)  terstkem: 
schiffe  beraseilet,  besanet,  befanet.    Garg.  79'. 

BERASE.N,  gramine  vestire  und  vestiri,  sich  begratea,  mit 
rasen  überziehen :  denn  es  wäre  mit  erlegung  des  Yarvs  nicht 
ausgemacht,  sondern  die  römiscfae  niadit  ia  so  langer  zeit 
so  feste  beraset,  dasz  sie  ohne  zerberslung  ihrer  Widersacher 
nicht  würde  ausgerottet  und  ohne  erdnickung  ihrer  bectür- 
nier  schwerlich  zermalmet  werden,  so  lange  berasete  reiche 
würden  vergebens  bestürmet.  LenEwsr.  ilrwi.  1,  W ;  es  ist 
keine  liebe  in  einem  herzen  so  beraset,  dasz  selbte  nicht 
verwelken  oder  von  einer  andern  äberwadisea  werde«  könnte. 
1,  167;  der  Römer  bcraseter  rühm  und  nracht  ihm  gar  zu 
grosz  gewest  wäre.  1,855;  so  wolte  er  doch  sich  bearbeiten, 
dasz  ihr  glück  darinnen  nicht  berasete.  1,  1314;  der  kleine, 
ländlich  beraste  kirchhof.  Seumes  werke  s.  53 ; 

mag  sich  umher  der  freie  platz  beraten.    Götbx  9,  322; 
der  sec  lag  in  kurzer  zeit  ausgebreitet  vor  iliren  angen  und 
die  neu  entstandenen  ufer  zierlich  und  manigfaltig    bepflanzt 
und  beraset.    17,  178 ;    und  so,  damit  der  weg  sich  nicht  be- 
rase, wenigstens  diese  magre  botschaft.  an  Zeller  441. 

BERASI'ELN,  circnmradcrc,  mit  der  raspet  bearbeiten. 

BERATH,  m.  eonsilium,  nnl.  beraad  n. 

80  nemens  nicht  «inen  langen  berat,    fasln,  tp.  1130; 


1487 


BERATHEN 


BERATHEN— BERAUBEN 


1488 


in  den  iceislhümern :  die  schefTen  gehen  aus,  nemen  einen 
berat  {rat,  bedacht) ;  daruf  ist  der  heimburge  uf  berait  gan- 
gen. 2,  207;  weil  man  im  losz  nicht  stimmet,  welchem  ers 
geben  sol,  sondern  stellets  frei  daliin  auf  gottes  berat,  und 
isls  zufrieden.  Luther  3,  207';  frei  auf  gottes  berat  und  ent- 
halt.   3,  209.  4,  341';  auf  gottes  berath.  Harnisch  idi; 

da  kam  der  selbig  landsknecht  hin 
auf  guten  berat,  beut  und  gewin.    Waldis  £jop  4,  12; 
er  gibt  das  bindertheil  den  wellen  und  dem  meer, 
und  iährl  auf  goit  (l.  goits)  berath  ohne  alle  segel  her. 
Werders  Ar.  18, 133. 

BERATHEN,  instruere,  dotare,  ausstatten,  versehen,  ahd. 
pirätan,  farcire  {ausfüllen,  völlig  a'usstatten).  Graff  2,  461. 

1)  begaben,  versehen,  versorgen  einen  eines,  oder  mit  einem, 
mhd. 

got  bat  dich,  sun,  beraten  fünf  werder  kinde.    Tit.  9, 1 ; 
der  edel  künec,  der  milte  künec  hat  mich  beraten, 
da;  ich  den  sumer  luft  und  in  dem  winter  hitze  hän. 

Walther  28,  34; 
und  hie;  in  dd  beraten  mit  rilicher  wate.    Trist.  103,  24 ; 
und  sprach  in  weinende  an, 
da;  er  sie  noch  beriete 
eines  kempfen  nach  der  miete,    kröne  12874. 

nhd.  das  ich  wol  berate,  die  mich  lieben,  und  ire  schätze 
vol  mache,  spr.  Sal.  8,21;  gott  berate  euch!  imayexe  iv 
eioTjvT],  ite  in  pace!  Jac.  2,  16;  umb  des  gemeinen  giaubens 
und  Worts  willen,  damit  uns  gott  beraten  hat  durch  seine 
grosze  barmherzigkeit.  Luthers  br.  2,  441 ;  so  uns  gott  eins 
herrn  beratet.  Hedion  com.  22 ;  wann  uns  gleich  gott  einmal 
einer  warheit  beradt.  Frank  wcltb.  vorr. ;  so  im  (/.  in)  gott 
einmal  einer  warheit  berath,  dasz  mans  im  nicht  glaubt. 
Agricola  spr.  143';  die  lügner  gewinnen  nicht  mit  irem  lie- 
gen, dann  wann  sie  gott  einmal  einer  warheit  beradt,  dasz 
mans  in  auch  nicht  glaubt.  324*;  und  theilt  im  miltiglich, 
wes  si  got  beraten  het,  irer  speis  mit.  Aimon  B  2 ;  hat  mich 
unser  herr  gott  dis  guten  maals  beraten.  Wickra«  ro/to.  104 ; 

wir  hau  kein  brot,  berath  euch  gott! 

UiNGWALD  laut.  warh.  324 ; 

mit  welcher  schon  vorhin  aus  Jac.  2,  16  beigebrachten  formet 
vian  einen  betller  abzuweisen,  gleichsam  an  gott,  der  ihm  hel- 
fen, für  ihn  sorgen  solle,  zu  verweisen  pflegte;  wer  mit  einer 
solchen  bösen  haut  {ehfrau)  berathen  ist.  pers.  baumg.  7,  22 ; 
war  bemühet,  denselben  vor  seiner  abreise  mit  einer  tugend- 
haften ehegattin  zu  berathen.  Felscnb.  2,  607. 

drum,  werther  herr,  berathet  euch  in  zeitcn  {mit  einem  weibe). 

GöiHE  12,  161. 

2)  zumal  galt  es  von  ausstatlung  und  Versorgung  der  töch- 
ter  und  kinder:  berate  deine  tochter!  Sir.  7,  27;  ich  hab 
zwar  oft  geraten,  man  solt  die  geistlichen  guter  brauchen, 
arme  Jungfrauen  und  kinder  zu  beraten.  Luther  5,  301* ;  ver- 
heiratete kinder  hciszen  berathene.    Hippel  ehe  5,  16 ; 

Atrina  ist  pechschwarz,  damit  sie  wer  berathe, 
so  sagt  sie,  schwarzes  feid  trägt  gerne  reiche  saate. 
LOGAU  2,  zug.,  1S4. 

3)  aus  der  sinnlichen  Vorstellung  von  rat,  vorrat,  copia, 
opes  gieng  die  von  rat  consilium,  aus  dem  sinnlichen  raten, 
beraten  ein  raten,  beraten  consulere  hervor;  mit  dem  erthcil- 
ten  ralh  wird  für  den  bedürftigen  gesorgt,  ihm  geholfen, 
man  sagt 

a)  intransitiv  berathen  für    rathschlagen :    wir    wollen    erst 
berathen,  rathes  pflegen;  ihr  habt  zu  lange  berathen; 
wol  berathen,  gut  gerathen,  macht  den  ralh  geehrt  und  hold, 
wol  berathen,  misgeratben,  setzt  den  rath  doch  auszer  schuld. 
LocAU  2,  1,  10. 

6)  transitiv:  eine  sache,  ein  gesetz  berathen;  so  wollen 
wir  das  andere  berathen.   Klinger  6,  332 ; 

und  du  beraihest  immerdar  in  ruh 
was  dir  bebagt.        Uörorr  148'; 
wer  jetzund  berathen  wil  die  vergangnen  sacben, 
der  wird  junge  weiber  auch  aus  den  alten  machen. 
LocAU  1,  2,  40. 

c)  einen  berathen,  einem  rathen: 

sanct  Stephan  war  ein  gottcsmann, 

von  goues  geist  berathen.    Bürger  45*; 

du  kannst,  du  wirst  am  besten  mich  berathen,. 

so  borge  denn  mir.       31'; 

bei  vielen  rathen  ist  man  schlecht  berathen.    PtErrKL  5,  141; 

fragst  du  viel,  so  bist  du  schlecht  berathen.    Göthr  13,  237. 

d)  sich  berathen:  ich  merke  wol,  das  gott  sich  beraten 
{beschlossen)  hat,  dich  zu  verderben.    2  chron.  25,  16;    meine 


feinde  reden  wider  mich,    und    die   auf  meine  seele  halten, 
beraten  sich  miteinander,   ps.  71, 10 ; 

bald  thet  ich  anders  mich  beraten  {bedenken). 
ü.  Sachs  1,257; 

als  dieses  paar  die  weit  betrat, 

beriethen  beide  sich,  was  bestens  anzufangen. 
Hagedor!«  2,  73; 

frew  dich  nicht,   es  ist  ihr  wille, 

ungehindert  in  der  stille 

sich  mit  rechte  zu  berathen 

auf  ein  urtheil  deiner  ihaten.    Logau  1, 1,  54. 

4)  berathen  sein  =  rathen  {wie  beholfen  sein  =  helfen, 
sp.  1335):  da  ein  brüder  oder  burger  dem  andern  beraten 
ist,  die  seint  als  ein  starke  und  ein  feste  statt.  Keisersb. 
Sünden  d.  m.  81';  gott  ist  so  beraten,  das  er  die  schreien- 
den und  klagenden  gerne  hört  und  nicht  die  sicheren  und 
freien.  Luther  1,  22";  ob  sie  ihm  darinnen  könde  beholfen  und 
berathen  sein.    Wilzenb.  66.    s.  rath  und  rathen. 

BERATHEH,  m.  consultor,  monitor,  adjutor: 

Domitian,  Roms  schändlicher  berather, 
heiszt,  wie  August,  des  Vaterlandes  vater. 

Hagedorn  1, 12; 

es  sind 
noch  andre,  die  mich  rächen  werden,  da, 
vor  allen  aber  mein  berather  Zeus.    Bürger  144* ; 

es  ziemet  dem 
berather,  dem  ein  beer  vertraut  ist,  der 
oft  sorgen  soll,  nicht  nächielanger  schlaf.    150*; 
0  sei  du  mein  berather, 
weil  man  mich  hier  vergiszt.    RCceert  247. 

BERATHFRAGEN,  consulere,  ahd.  ratfragön  (Graff  6,  816) : 
auf  bcrathfragen  unser  obrigkeit.  Mathesius  137';  es  hat  sich 
aber  fürst  Georg  von  Anhalt  mit  doctor  Luthern  darob  berat- 
fraget, bericht  wider  das  interim.  Wittenb.  1559.  bl.  63' ;  als  sie 
mich  darüber  berathfraglen.  pers.  rosenth.  3,  16 ;  sich  mit  den 
namkundigen  zu  beralhfragen.  pers.  reiseb.  2,  3. 

BERATHSCHLAGEN,  consulere,  deliberare,  ahd.  rdtslagon 
(Graff  6,  775),  nnl.  beradslagen :  und  der  könig  beratschlaget 
sich  mit  seinen  knechten.  2  kön.  6,  8 ;  denn  ich  wüste  nicht, 
das  sie  wider  mich  beratschlagt  hatten.  Jer.  11,  19 ;  solchs  ist 
im  rat  der  wechter  beschlossen  und  im  gesprech  der  heili- 
gen beratschlagt.  Dan.  4, 14 ;  so  beratschlaget  euch  unter  ein- 
ander. 2  Macc.  11,  36 ;  beratschlaget  er  mit  inen.  13,  13 ;  sie 
haben  beradschlaget  ein  neuwerung  zu  machen.  MCnster  1205; 
wo  habt  ir  ie  änderst  an  mir  gespürt,  dann  das  ich  {Witzel 
spricht)  alle  mein  sach  klüglich,  fursichtiglich,  weislich  und 
witzelich,  ja  witzelisch  und  witzelissime  beradschlagt  hab? 
Alberüs  wider  Jörg  Witzeln  L  l' ; 

die  mit  im  beratschlaget  haben.  H.  Sachs  V,  287*; 
die  zunft  der  kundigen  war  heut  früher  als  die  andern  zünftc 
zusammen  gekommen,  sich  zu  berathschlagen.  Klopstock  12, 
261 ;  sie  fiengen  nun  auch  an,  sich  über  die  mittel  ihrer  be- 
freiung  zu  berathschlagen.  Wieland  1,  49 ;  wer  sich  beratii- 
schlagt,  was  recht  ist.  Garves  anm.  zu  Cic.  de  off.  3.  Gegen 
die  spräche  bildet  Fischart  das  praet.  stark:  berathschlug 
Grandgosier  mit  gedachtem  vicekünig.    Garg.  145'. 

BERATHSCHLAGUNG,  /.  deliberatio,  consilium:  wenn  Sig- 
mund, herzog  von  Österreich  mit  den  adlichen  berathschla- 
gung  hielt,  so  liesz  er  oft  die  Schriften  der  weisen  den  aus- 
spruch  tliun.  Klopstock  12,  242  (oben  sp.  1131) ;  allein,  was 
sie  hierüber  hätte  trösten  können,  war,  dasz  alle  ihre  be- 
rathschlagungen  und  erfmdungen  vergeblich  gewesen  wären. 
WiEi-AND  1,  49 ;  diese  zcitung  veranlaszte  eine  geheime  berath- 
schlagung  unter  den  häuplern  der  räuber.  ebenda;  in  be- 
rathschlagung  mit  jemand  treten.    Klinger  4,  67. 

BERATHUNG,  f  deliberatio:  berathung  des  entwurfs  eines 
Strafgesetzes;  die  berathung  hat  schon  begonnen. 

BERAUBEN,  spoliare,  privare,  goth.  biraub6n,  ahd.  pirou- 
pon  (Graff  2,  358),  mhd.  beroubcn,  nnl.  berooven,  ags.  be- 
reifjan,  engl,  bereave,  eigentlich  ausziehen,  entkleiden,  wie 
bei  Ulfilas  Lttc.  10,  30  biraubödidun  ina  gerade  zu  dxSvaav- 
res  avTov,  vulg.  despoliaverunt  eum,  verdeutscht,  auch  ent- 
spricht ags.  reäf  veslis,  tunica,  ahd.  roup,  mlat.  rauba,  franz. 
robc  kleid  ganz  dem  lat.  spulium  und  exuviac  {von  exuere, 
cxcubiae  bei  Graff  2,  367  für  exuviae),  abgezognes  kleid  (ne- 
ben  indusiuin,  angeiognes).     mehr  unter  raub  und  rauben. 

1)  der  entzogne,  sinnliche  oder  unsinnliche,  gegenständ  steht 
im  gen.,  die  person  im  acc.  {oder  nom.) :  warumb  solt  ich 
cwr  beider  beraubt  werden  einen  tag?  1  Mos.  27,  45  ;  ir  be- 
raubt mich  meiner  kinder.  42,  36 ;  auswendig  wird  sio  das 
Schwert  berauben.    hMos.  32,  45;    und   gab  sie  in  die  band 


1489 


BERAUBEN— BERACCHEX 


BERÄüCHEN  —  BERAUSCHEN 


1490 


dere,  die  sie  raubten,  das  sie  sie  beraubten,  rieht.  2, 14 ;  wie 
dein  schwert  weiber  irer  kinder  beraubt  hat,  also  sol  auch 
deine  muter  kinder  beraubt  sein  unter  den  weibern.  1  Sam. 
15,  33;  ich  wil  in  senden  wider  ein  heuchelvolk,  und  im  be- 
felh  thun  wider  das  volk  meines  zoms,  das  ers  beraube  und 
austeile.  Es.  10,6;  sein  haus  beraube.  3/a(/A.  12, 29 ;  sehet 
zu,  das  euch  niemand  beraube.  Col.  2,  8 ;  also  asz  Esau 
geitiglichen  ein  schüssel  mit  linsen  aus,  darumb  ward  er  be- 
raubt des  Segens  von  gott.  Keisersb.  Sünden  des  munds  5"; 
weger  wer  dir  gewesen,  das  du  ein  zeitlichs  bettest  verloren, 
weder  das  du  des  ewigen  must  beraubt  sein.  22* ;  verschweigt 
nun  einer  diug,  die  er  beichten  sol,  so  wirt  er  der  frucht 
beraubt,  die  von  der  beicht  kürapt.  7S';  der  ward  mit  be- 
raubtem {abgehaunem)  haupt  und  händ  unbegraben  hinweg 
geworfen.  Frask  vellb.  189' ;  sondern  er  wird  auch  aller  sei- 
ner ehren  und  glaubens  beraubet  nnd  entsetzet.  Fronsperg 
kriegst.  3,  löl';  sonder  beraubt  auch  den  menschen  seines 
Verstands,    bienenk.  244'; 

sag  wil  sie  ferner  mir  nicht  tränen, 

so  soll  sie  dessen  sein  gewis, 

äasi  ich  mich  wil  der  weit  berauben 

mit  mancher  ooth  und  herzverdiiesz. 

>'elmarks  lustw.  77. 
so  noch  heuie:  er  ist  seiner  äugen,  seines  gesichts  beraubt; 
der  lange  krieg  beraubte  das  Vaterland  seiner  kräftigsten 
söhne;  du  willst  mich  alles  trostes,  aller  hofnung  berauben; 
das  kind,  seiner  kleider  beraubt,  fror;  die  üpfel  der  schale 
berauben,    abschälen;    den   bäum   des  laubs; 

geheimnisvoll  am  lichten  lag 
läszt  sich  naiur  des  Schleiers  nicht  berauben. 
GöTHE  12,  42. 

der  gen.  kann  aber  ausgelassen  und  hinzugedacht  werden: 

entlaubet  ist  der  walde 

feo  diesem  nintcr  kalt, 
eraubet  wird  ich  balde  (metner  wonne,  hofnung), 
mein  lieb  das  macht  mich  all. 

Horra.  gesellsch.  n*  4; 
als  sie  ihre  nassen  äugen  mit  dem  schwarzen  spitzenflor 
verhüllte,  der  nachher  immer  über  seinen  {des  lichts)  beraub- 
ten äugen  herüber  hieng.  J.  Pacl  Hesp.2,Vil;  ich  will  dich 
nicht  berauben,  du  beraubst  dich  (der  dargebolnen  sacke). 
statt  des  gen.  die  praep.  an: 

der  mensch  beraubt  den  mensch  an  dem,  das  ihm  gegeben 
von  leumut,  ehre,  gut,  gesundheil,  wolfart,  lebeu. 
LooAü  1,  3,  33. 

2)  dat.  der  person,  acc.  der  sacke,  icie  bei  beslehlen: 

sie  {die  Juden)  haben  das  tempclireld  uns  beraubt. 

G.  Mauricius  iceisen  aus  morgenland.  1606  C4'; 
dem  ackerman  die  ernd,  dem  kaufman  all  sein  gut, 
dem  hofman  seinen  pracht,  dem  kriegsman  seinen  mut, 
dem  bürgern  seine  ruh,  und  jedem  noch  das  leben 
beraubend.  WECKueaLi.t  5t6: 

wir  lassen  uns  berauben 
das  beste  auf  der  weh  durch  gar  zu  leichten  glauben. 
Opitz  1,  435. 

es  sollte  einfaches  rauben  gesetzt  sein,  vgl.  die  ßgung  von 
schenken  und  beschenken,  richtig  wäre  der  dat.  und  acc, 
wenn  sich  ein  ausgefallner  gen.  hinzudenken  läszt,  z.  b.  du 
hast  mir  meinen  garten  [des  obstes)  beraubt,  auch  H.  Sachs 
schreibt  III,  1,  163'  falsch : 

die  kleinater  dorausz  beraubt  seind, 
ßr  geraubt. 

BERAIBER,  m.  spolialor.    Maaler  58*. 

BEH.\LBMS,  f.  privatio:  die  beraubnus  der  sinn.  Para- 
cei.scs  1,  492'. 

BER.\L'BUNG,  f.  spoliatio,  privatio:  die  beraubung  der  lei- 
chen ;  der  erst  schad  ist  beraubung  groszer  fruchten,  die  ein 
mensch  ablesen  mag  von  seinem  mund.  darumb  also  un- 
vcrnünftiglichen  schweigen  bringt  beraubung  groszer  frücht, 
ein  mensch  mag  gol  loben,  das  ist  ein  frucht.  Keisersb. 
Sünden  des  munds  78*;  die  Verneinung,  msofcrn  sie  die  folge 
einer  realen  entgegensetzung  {zweier  beslimmungen,  deren  jede 
für  sich  positiv)  ist,  will  ich  beraubung  (privatio)  nennen. 
Kam  1,  33  {nach  dem  tprachgtbrauch  der  älteren  wolfischen 
schule). 

BEB.VUCHEN,  fumo  fuscare,  beschmauchni,  fast  nur  im 
pari,  praet.  üblich:  herauchte  wunde,  Stuben,  hülten;  be- 
rauchte bilder,  gemühldc; 

(Lmcax  Kranach)  der  auf  gemeiner  bahre 
ward  nach  der  gnili  gescliicki,  dem  zahlen  hundert  jähre 
lur  die  berauchie  kunsl  viel  lausend  gülden  am. 
Grtpiiii's  i,9i; 


ein  werk,  das  wenigstens  Homers  berauehte  schrift 
und  alle  kuast  Virgils  beschämend  Übertrift.    Uz  2,  94. 

BERÄUCHE.N,  fumigare:  berauch  im  sein  nasen  mit  wen- 
teln.  Forer  fischb.  199' ;  die  ursach  zu  erklären  folgendes  be- 
räuchens  und  fegfeurs  des  h.  röm.  bienenfcorbs.  bienenk.  2"; 
wider  solche  kTankheiten  sol  man  iren  bincnkorb  oft  be- 
räuchen.  242';  es  ist  oft  ein  sach  also  geschaEfen,  dasz  man 
sich  dabei  mehr  beräuchen  als  warmen  kan.  Leumans  96. 
heule  braucht  man  beräuchem.  Maaler  59'  schrieb  beröuken. 
BER.\UCHERER,  m.  fumigator. 
BERÄLCHERI.N,  f  famigalrix: 

du  bist  des  lufts  beräuchcrin.    Wbcsherli?(  762. 
BERÄUCHEILN,    fumigare.    Iuris   honorem  tribuere:    sobald 
er  sähe,  dasz  man  sie  zu  beräuchern  anfieng.    bienenk.  142'; 
und  amber  und  aloeholz  beräuchern  die  fürsili«hen  nasen. 
WiELA."CD  4,  7; 
von  euch  beräuchert,  ausgeschrien 
und  lebend  apoiheosien.    Gotter  1,  114; 

wenn  er  nicht  so  viel  mit  den  von  ihm  beräucherten  räuche- 
rern seiner  selbst  umgegangen  wäre.  LiciiTENBEnc  4,  315; 
wollte  der  himmel,  die  nach-  und  secundarrecensenten  näh- 
men sich  die  privatrecensentcn  zum  muster  und  schlügen 
ihnen  in  dem  loben  und  beräuchern  der  werke  von  schlech- 
tem geruch  nach.  J.  Paul  bückerschau  63. 
BERÄLCHEHUNG,  f.  fumigatio. 

BER.\L"CHU.NG,  f.  dasselbe:  beräuchung  mit  guldenkraut. 
bienenk.  240'. 

BER.\L"FE.\,  vellere:  gänse  bcraufen;  ein  haupt  beraufen, 
kahl  machen,  bei  Llther  bereufen :  das  alle  heubter  kal  und 
alle  selten  bereuft  waren.  Ez.  29,  18;  man  schabt  die  käse, 
weil  man  sie  nicht  bereufen  kann.  Stieleb  1533;  ein  buch 
beraufen,  es  beschneiden,  ohne  die  bogen  aufzuschneiden,  s. 
auftreffen. 

BERAUHEN,  bei  den  tuchbereitem,  das  tuch  durch  kratzen 
mit  karden  rauh  machen. 

BERAUMEN,  was  berämen,  anberaumen:  gen  Brieg  tage- 
fahrt  beraumet.  Sciiweinichen  3, 167. 

BERAUME.N,  amorere,  wegräumen,  abräumen,  im  hüttenbau, 
das  überflüssige  wegschaffen,  purgare  rvdera:  bereumpt,  be- 
reitet und  behawet  den  gang.    Mathesiüs  161'. 

ßEKALPE.N,  erucis  purgare:  die  bäume  beraupen.  Stie- 
ler 1526. 

BERÄUSCHELN,  leviter  inebriari,  sopiri: 
wann  friedlich  unser  herd  und  schaf 
nach  spätem  wiederkäuen 
beräuschlet  mii  ;;eliudum  schlaf 
die  süszc  weid  verdau«n.    Spee  Irutzn.  192  (175). 
BERAUSCHEN,    ebrium  facere,    trunken  machen,  zuerst  bei 
Stieler  1537,    doch   setzt   beräuscheln  bei  Spee  schon  berau- 
schen rora««;  der  wein  berauscht;  ein  berauschender  becher; 
die  unerfahrnen  nur  berauscht  der  hoheit  wahn. 

Hagedorn  1,  38 ; 
berauscht  von  siiszer  raserci.    Wieland  9,  5; 
berauscht  von  junger  nvmfen  kus 
und  altem  wein.     10,249; 
edler  Gatt!  so  glücklich  dich 
viele  tausend  Krennen  preisen, 
wenn  du  deinem  Friederich 
einschenkst  aus  dem  quell  der  weisen, 
bis  die  konigssorgen  sich 

aus  dem  labequell  beransclicn.     Gö«imck   1,  49; 
den  tag,  an  dem  er  (derlinabc),  halb  berauscht, 
den  kapprock  mit  dem  kleide  tauscht.     1,  12S; 
wer  hat  gedankenlos,  von  sicherheil  berauschet, 
dies  ängstlich  süsze  sein  mit  jener  naclii  vertauschet* 

Götter  1,  140; 
gold  ist  das  zaubergift,  das  ihren  geist  berauscht    2,  374 ; 
solche  m.-idclien  werden  nicht  ermüden, 
solche  weine  werden  nicht  berauschen.    Göth«  5,  254  : 

berauscht,  aber  von  freude,  kam  Victor  auch  hinein.  J.  Paul 
Wcsp.  2, 88;  alle  Auren  ein  berauschender  blütenkelch.  2,246; 
jeder  neue  schritt  trieb  ein  berauschendes  blut  hinauf  zum 
erwärmten  ich.  Kamp.  35;  die  freudenlieder  berauschten  ihn. 
Tit.\,S;  berausche  dich  immer,  guter  jungling.  2,52;  er  be- 
rauschte mit  dem  blütenslrausze  den  schönsten  träum  sei- 
ner Jugend,    komet  1,  79. 

Ob  sich  rausch  temulenlia,  berauschen  inebriare  xusammen- 
slellen  mit  rauschen  sireperc,  mhd.  riuschen  (Walth.  65,  J4) 
und  ri)schcn?  alln.  siekl  röss  temulenlia  ab  von  nisk  strepi- 
tus,  schm.  ms  crapula  von  ruska  quassare,  nnL  roes  temu- 
lenlia von  mischen  strepere.     unser  rausch    schiene    demnach 

94 


1491   BERAUSCHUNG  — BERECHENBAR 


BERECHENZÄNELN— BEREDEN   1492 


aus  raus  oder  rus  verderbt,  doch  sahen  wir  sp.  1200  auch 
hausen  und  bauschen,  gerade  für  schlemmen  und  zechen, 
schwankend. 

Die  Jäger  gehrauchen  rauschen  und  berauschen  von  der 
hrunfl  der  wilden  schweine:  der  eher  berauscht,  bespringt  die 
sau.     auch  dies  scheint  ruere,  itnpelum  facere,  slrepere. 

BERAUSCIlülNG,  f.  temulentia:  Emanuels  poesie  klang  ihm 
in  dieser  epischen  berauschung  wie  prosa.  J.  Paul  Hesp.  3, 190. 

BERBELEN,  nach  Henisch  2S2  was  babelen,  bappeln,  blaterare. 

BEBBERIS,  BEREIS,  BERBERITZE,  f.,  der  fremde  namc 
einer  eszbare  beeren  tragenden  stände,  auch  entstellt  in  brei- 
selbeere,  peiselbeere,  preiselbeere,  reiselbeere,  fersich,  fer- 
sichdorn,  erbsichdorn,  erbseldorn  «.  s.  w. 

BERCHT:  Pan  der  gott,  der  die  leut  fürchtig  macht,  den 
die  kinder  Bokelman  oder  Bercht  nennen.  Frank  11.  Bercht, 
Berchte  wird'  aber  meist  weiblich,  nur  selten  als  Berchtolt 
männlich  gedacht,    s.  mylhol.  250 — 258. 

BERCHTRAM,  BERTRAM,  m.  anthemis  pyrethrum,  nach  dem 
letzten  wort  für  unsere  spräche  zugerichtet.  TivQed'Qov  besagt 
eine  brennende,  hitzige  würzet, 

BERD,  BERDE,  f.  habitus,  modus!  gestus,  ahd.  pArida,  gi- 
pärida  (Graff  3, 150. 151),  mhd.  ba;rde,  geba;rde,  nhd.  gebärde. 
schon  oben  sp.  112G  unter  bürde,  1485  unter  ber  aufgestellt,  die 
Schreibung  berde  häufiger,  das  wort  pflegt  mit  weise  verbunden  zu 
werden,  also  auch  alle  andere  euszeilicii  weisen  und  berden, 
die  nicht  anders  wollen,  denn  das  dergleichen  innerlich  golt 
sprenge,  wasche,  wirke,  rede.  Luther  1,  32';  alle  andere 
euszerliche  weisen  und  berden.  3,  14 ;  darin  durch  falsche 
berden  die  weit  er  gar  betreuget.  8,  371'; 

du  weist,  icli  dich  drum  schicket  aus, 

das  du  solst  lernen  beid  und  zucht.    WiCKnx»  pilger  bt.  66; 

ir  weis  und  berd  ist  goldes  wert.    Ambr.  tb.  s.  30  j 

mit  allem  thun,  zucht,  berd  und  weis.    s.  70; 

herzlich  dein  berd  ist  goldes  werd.    s.  358; 

disz  alles  soll  hüt  gspilet  werden 

mit  schönen  Sprüchen,  wis  und  berden.    trag.  Joh.  A7; 

jr  dienent  got  mit  uszeren  berden.    B5; 

dein  form,  gstalt,  dein  weis  und  berd.    Birk  ehesp.  32; 

das  weis  und  berde  der  menschen  vollkommen  anzeigt.  Pa- 
BACEI.SUS  2,  365';  du  bist  ein  narr  an  weis  und  berden. 
Thürneisser  archid.  U; 

ich  Sachs  an  seinen  berden  wol, 
was  für  ein  vogel  war.    Ayaer  fastn.  sp,  164" ; 
ihr  lieb  ich  aller  treu  gesteh, 
von  berd  und  schein.    Hof fk.  gesellsch-  s.  56, 
später  sagt  man  nur  geberde,  gebärde,  was  m.  s. 

BERDEiN,  se  gestire,  habere,  gebärden,  wäre  ahd.  gipäri- 
dön :  wie  eine  braut  in  irem  geschmeide  berdet.  Es.  61,  10 ; 
gleichwie  nicht  zwifracht  machen  sol,  das  die  priestcr  an- 
derweit sich  kleiden  und  berden,  denn  die  Icien.  Luther  1, 
309';  wer  für  schmerzen  trunken  ist,  der  klagt,  schreiet  und 
berdet  so  übel,  das  auch  nichts  denn  schände  an  im  zu  se- 
hen ist.  3,  252;  also  haben  die  apostel,  beide  jüdisch  und 
heidnisch,  geberdel.  3,  265';  und  dürfen  auch  wol  mit  dem, 
den  sie  wollen  verderben,  aufs  allerfreundlichst  reden  und 
berden.  3,  298';  gut  weis  und  berd  macht  das  weih  werd. 
Henisch  282; 

in  der  kullcn  geistlich  berden 
die  gröszien  buben  hie  auf  erden. 

MuRNKRS  schclmcnz.  34*. 
Maaler  58'  gibt  an :  berden,  kicider  und  Wörter  eines  Schau- 
spielers, histrionicus  gestus.    s.  gebärden. 

BERÜLOS,  adv.  stulte,  ungebcrdig:  wie  berdlos  stellen  sie 
sich,  wie  meisterlich  verkeren  sie  die  red.  Frank  spr.  52. 
dies  ist  das  a/irf.  kipärlös,  baridus  Graff  2,  269.  r*;/.  Dücaiice 
unter  barridus  superbus. 

BERDUNZ?   RiNcwALD  in  der  lauteren  warh.  QS  schreibt: 

man  hraucbt  Springer  und  bcrduntzn 
und  grosz  gekrösc. 

berdunzen  klingt  an  die  littauischcn  barzdukai,  bärtlingc, 
iwerge  (Nesselmann  322')  und  in  die  Mark  konnte  schon  ein 
litt,  wort  dringen,  oder  darf  an  bcrdutz,  liardauz  (sp.  1126) 
gedacht  werden?    die  ganze  stelle  bleibt  noch  dunkel. 

BERECHRAR,  quod  convcrri  potest. 

BERECHEN,  pecline  converrere,  mit  dem  rechen  bearbeiten. 

BERECHENBAR,  computabilis :  ich  weisz,  dasz  die  revo- 
lutionen  nicht  berechenbar  nach  den  gewöhnlichen  regeln 
sind.  Dahlmann  fr.  rev.  46!i ;  wodurch  sich  der  werlii  derselben 
ins  unberechenbare  erhöht,   Götiie  22,  148. 


BERECHENZÄNELN,  franz.  creneler,  ein  architektonisches 
wort:  auf  die  weis  der  crenelierten,  gewässerleten,  berechen- 
zänelten,  gelaubwirkten  und  durchsichtigen  seulen.  Garg.  114*. 
zum  gründe  Hegt  rechenzahn,  dens  raslri. 

BERECHNEN,  computare,  überrechnen,  calculieren,  ahd. 
pirechanon  (Graff  2,  382),  nnl.  berekenen : 

1)  ausgäbe  und  einnähme  berechnen ;  die  kosten  berech- 
nen, anrechnen;  verlust  und  gewinn;  den  lauf  der  Sterne 
berechnen;  ja  wer  die  schnurren  alle  berechnen  wollte! 
Klingers  th.  4, 122  ;   es  läszt  sich  nicht  berechnen. 

2)  auf  etwas,  auf  einen  berechnen :  das  ist  alles  darauf 
berechnet;  alles  ist  auf  den  ersten  eindruck  berechnet;  er 
berechnet  alles  auf  seinen  nutzen ;  die  groszen  zwecke  aus- 
führen, die  ich  auf  dich  berechnet  habe.    Klinger  5,  358. 

3)  anschlagen,  überlegen,  beurtheilen:  ich  sah  wol,  dasz  er 
meinen  vater  sehr  unrichtig  berechnete.  Hippel  lebensl.  2,  23 ; 
barbarische  Völker  und  zeiten,  worin,  weil  beide  ja  nur  den 
mann,  nie  die  frau  berechnen,  eine  glückliche  ehe  nichts  be- 
deutet als  einen  glücklichen  mann.   J.  Paul  Tit.  2, 176. 

4)  sich  mit  einem  berechnen:  ich  habe  mich  erst  mir  dir 
zu  berechnen,  meine  mit  deiner  rechnung  zu  vergleichen ;  den 
nächsten  morgen  mit  heute  berechnen.   Thümmel. 

5)  ein  kalter,  berechneter  mann;  ein  schlauer,  berechnen- 
der; sie  war  in  allem  berechnet  und  sicher;  alle  beampte, 
alle  rentmeisler  und  andere  berechnete  {rechnung  ablegende) 
diener.  Schuppius  30. 

BERECHNUNG,  f.  die  berechnung  war  falsch;  der  kaiser 
war  barbar  aus  berechnung,  sein  söhn  aus  emptindnng. 
Schiller;  etwas  ohne  berechnung  auf  das  geliebte  selbst 
wieder  hergeben  müssen.  Klinger  12,  44;  das  steht  auszer 
berechnung ;  gegenseitige  berechnung  {im  geschäft). 

BERECHNUNGSLOS,  unberechenbar :  der  die  ganze  armee 
aus  einer  berechnungslosen  gefahr  gerettet  hatte.  Beckers 
wellg.  14,  298. 

BERECHTEN,  impetere  aliquem  jure,  vor  das  recht,  zur 
rechenschaft  ziehen:  berächten,  judicio  perscqui.  Maaler  58'; 
auch  vermaint  er  {der  herr  von  Berneck),  und  ob  sein  diener 
ain  burger  in  der  statt  ersteche,  so  soll  wir  in  {den  diener) 
nit  vachen  noch  berechten,  sunder  im  {dem  herrn)  clagen. 
Chmels  Maxim,  s.  395  (a.  1501) ;  so  mögen  sie  von  christenli- 
cher  oberkait  berechlet  oder  gestraft  werden.  Reüculin  verst. 
8';  er  wirt  berechtet,  angeklagt.  MiJNSTER615;  soll  er  die 
Parteien  berechten.  Frankf  ref.  1,  30,  3 ;  mancher  will  viel 
berechten  {vor  gericht  ausfechten  ?),  so  musz  ers  verrechten. 
Lehmann  649;  ist  gleich  ein  ding,  als  einer  da  will  sein  ein 
hüpscher  feiner  gesell  und  für  alle  andere  berechten  {?  auf- 
treten). Paracelsus  1,  262'. 

BERECHTIGEN,  1)  früher,  im  sinn  des  vorausgehenden  be- 
rechten :  so  er  doch  ihne  und  seine  anreitzer,  benantlich  oder 
unbenantlich,  als  ehrlose  schelmen  hette  berechtigen,  und  zu 
ihrem  leib  und  gut  hette  klagen  sollen.  Tuurneisser  nolgedr. 
ausschr.  1,  44;  die  jenige,  so  die  pfaffen  anklagen  oder  be- 
rechtigen, seien  die  fuchse,  da  unser  herr  von  sagt,  bicncnk.ii;*. 

2)  heute,  und  schon  bei  Luther,  jus,  potestatemque  dare: 
die  schon  durch  volkomene  reu  einer  volkomenen  Vergebung 
und  ablasz  berechtigt  sind.  Luther  1,  u';  ich  fühle  mich 
dazu  berechtigt;  ich  berechtigte  ihn  zu  dieser  handlung;  ein 
zu  schönen  hofnungen  berechtigender  junger  mann;  oime 
dasz  ein  grund  gegeben  ist,  welcher  ein  solches  urtheil  bo- 
rechtigle.  Kant  2,  166;  tritt  die  gebrauche  deines  volks  mit 
füszen,  was  bleibt  dir  übrig,  wenn  sie  einst  die  beleidigung 
rächen,  als  der  gedanke,  ihre  räche  berechtigt  zu  haben? 
Klincer  4,  143;  ausschliesziich  berechtigt,  privilegiert. 

BERECHTIGUNG,  f.  potestas,  Privilegium. 

BERECHTIGUNGSGRUND,  m.  es  musz  sonach  ein  höhe- 
rer berechtigungsgrund  angeführt  werden.  Fichte  naturr.  20. 

BERECHTSAME,  f  jus,  gcrcchtsamc:  auf  der  mark  gren- 
zen und  herbrachte  berechtsamc  fleiszigc  aufsieht  haben. 
Carbcr  markordn.  von  1657  art.  5. 

BERECHTSAMKEIT,  f.  Lohenst.  Arm.  1,  747.  860. 

BEREDBAR,  ad  persuadendum  facilis. 

BEREDBARKEIT,  f.  leichtes  einlassen:  bcredbarkcjt  auf  die 
gefahr.  I'etr.  18'. 

BEREDEN,  sermone,  verhis  impellere,  compellere,  compel- 
lare.  ahd.  kein  piredön,  blosz  ein  piredin(^n  coni'iNrcrr  (Graff 
2,  456),  was  sich  herleitet  von  rcdina,  ratio,  also  gar  nicht 
durch  warte  bedingt  ist.  vielleicht  gehört  dahin  auch  mhd. 
bereden  für  bcredcncn; 


1493 


BEREDEN 


BEREDEN  — BEREDT 


1494 


mit  cbamplie  berede  ich  in  goieweij.    Rol.  300, 10; 

er  welle  io  der  untriuwe  bereden  {überführen).    301,  7 ; 

da;  ich  üf  minen  lip 

bewaeren  und  bereden  sol.     Trist.  13S,  9; 

ich  wil  bereden  an  dirre  vrist, 

daj  diu  schirne  Isöt  min  ist.  333,  T; 
da;  sol  er  bereden  (beweisen)  mit  dem  brüte.  Baseler  dimstr. 
15,  7  und  so  erscheint  im  Ssp.  ein  bereden  mit  kampe,  im 
kämpf  darlhun,  man  sagte  etwas  zu  den  heiligen  bereden, 
sich  bereden  mit  sinen  zwein  fingern,  sich  rein  schuüren, 
entschuldigen,  vnscliuldig  erweisen,  hierzu  müsle  ein  praet. 
beredenle  aufgewiesen  werden,  vgl.  beredenunge.  welsch,  gast 
11532.  11550. 

Alle  folgenden  bedeulungen  setzen  aber  wort  und  rede  vor- 
aus, und  freilich  ist  persuadere  auch  ein  convincere. 

1)  einen  bereden,  compellare,  zur  rede  setzen,  stellen: 

swenne  ich  nu  reden  gelerne, 
so  so!  ich  in  bereden  ba;, 
warumbe  er  siner  zuht  »ergaj.     Wh.  163.5. 
wie  man  mich  zuscholten  und  beredt  hat  in  vielen  stücken. 
Luther  3,  137.  br.  2,  669;  einer,  der  unmeszig  in  essen  und 
trinken,  und  darumb  beredt  war.    alte  weisen  16'. 

2)  persuadere,  beschwätzen :  mit  guten  worten  bereden,  deli- 
nire.  Maaler  5S';  wenn  jemand  eine  jungfraw  beredt,  die  noch 
nicht  verlrawet  ist  und  beschleft  sie.  2  Mos.  22, 16 ;  und  er  bere- 
det in,  das  er  hinauf  zöge.  2  chron.  18,  2 ;  Hiskia  beredet  euch, 
das  er  euch  gebe  in  den  tod.  32, 11 ;  beredet  in  mit  listen.  2  Macc. 
4,  31 ;  beredet  den  könig.  4, 46 ;  den  son  dahin  bereden.  7, 
25;  sie  beredeten  die  jüdcn.  12,  3;  beredet  sie,  das  sie  zu- 
frieden weren.  13,  26;  gehe  hin,  berede  das  ebreisch  weih, 
das  sie  sich  nicht  wegere.  Jud.  12, 11 ;  beredet  {eTrei&e,  sua- 
debat) beide  Juden  und  Griechen,  apost.  gesch.  18,  4 ;  lehrete 
und  beredete  sie  (rteid'cov,  suadens)  von  dem  reiche  gottes. 
19,  8 ;  und  wenn  ichs  nicht  selbst  in  des  Carlstads  büchern 
lese,  so  hette  michs  alle  weit  nicht  beredt.  Lcther  3,  54; 
des  waren  sie  nu  beredt  {überzeugt}  und  warteten  desselbi- 
gen.  3,  240' ;  lieber,  welchs  gewissen  kan  sich  doch  des  be- 
reden? 3,526;  als  wenn  ich  ein  bös  stück  an  meinem  va- 
ter  begangen  mit  bösem  gewissen  aus  dem  haus  lief,  ganz 
beredt  in  mir  selbs,  er  werde  mich  nimmer  für  ein  kind 
achten.  Fra>k  parad.  65' ;  widerumb  seind  sie  durchaus  be- 
redt, das  je  jemand  disen  notheifer  vergebens  hab  angerüft. 
weltb.  111*;  aber  das  fräulein  war  nicht  dazu  zu  bereden. 
Schweimches  2,  4S ;  Friderich  den  ritter  mit  disen  worten 
bereden  thet.  Galmy  183 ;  zur  ehe  bereden  oder  nölhigen.  man 
kann  wol  eins  bereden  oder  zwingen,  dasz  es  ein  ding  thut, 
aber  nicht,  dasz  ers  gerne  thut.  Lehmann  170 ;  und  ob  ich 
wol  glaube,  dasz  alle  dise  stücke  nicht  allen  gefallen  wer- 
den, so  berede  ich  mich  doch,  sie  werden  auch  yilen  nicht 
misfallen.    Weckuerlin  rorr.  zu  den  weltl.  ged.; 

weil  brave  beiden  nach  ihr  stebn, 
mit  list  sie  zu  bereden.  Soltau  rolksl.  509; 
wer  mich  dieses  bereden  könnte,  der  hätte  mich  zugleich  be- 
redet, allen  Untersuchungen  der  Wahrheit  von  nun  an  zu  ent- 
sagen. Lessing  8,  336;  wer  hätte  auch  die  mächtigen  Mont- 
morency  bereden  können,  dasz  ihnen  das  Schicksal  ihrer  ver- 
wandten weniger  drohe?  Schiller  1077;  sie  beredte  ihn  mit 
herunter  zu  gehen.  Göthe  18,  241.  Die  beispiele  zeigen  noch 
oß  den  gen.  der  Sache,  Lessing  8,  336  nahm  wol  dieses  /«r 
den  acc.  ?,  sonst  stehn  auch  die  praep.  von  und  zu. 

3)  sich  bereden  lassen,  der  vorhergehenden  conslruclion  ge- 
mdsz:  laszt  euch  solcbs  nicht  bereden.  2  chron.  32,  15;  ich 
acht,  du  lessest  dich  bereden.  Es.  36,  5;  laszt  euch  Hiskia 
nicht  bereden.  36,  18;  bei  sich  mein  herz  heimlich  bereden 
lassen,  das  meine  band  meinen  mund  küsse.  Hiob  31, 27 ;  ich 
habe  aber  sorg,  dasz  du  dich  deinen  vater  bereden  werdest 
lassen,  ein  weib  zu  nemen  {heute,  dich  von  deinem  vater  b.). 
Galmy  203 ;  die  sich  des  dings  und  gaukelwerks  bereden  las- 
sen. Frank  weltb.  135';  darüber  sich  alle  bereden  lassen  und 
mich  daheim  behalten.  Schweinichen  1,  35. 

4)  persönlicher  dat.,  mit  der  sacke  im  acc.  scheint  dem  tat. 
dat.  bei  persuadere  nachgebildet  und  undeutsch :  hat  es  mir 
beredet  [weis  gemacht).  Rabeners  br.  31;  seine  reichthümer 
sind  so  unerschöpflich  nicht,  als  er  es  ihnen  anrdngiich  zu 
bereden  suchte.  Kabener  4,  214 ;  die  ammen,  welche  uns  ge- 
spenster  bereden  (weis  machen).  5,  IS;  es  [das  herz)  läszt 
sich  alles  bereden,  was  ihrer  einbildung  ihm  zu  bereden  ein- 
fiSllL  Lessinc  2,19;  Lclio  schlieszt  hieraus,  dasz  er  nicht  so 
sehr  geliebt  werde,  als  man  es'  ihm  beroden  wolle.  4,  371. 
einreden  würde  in  diesen  stellen  richtig  sein. 


5)  reflexiv  sich  bereden,  sich  einbilden :  welche  sich  selbst 
einer  gegenliebe  bereden,  wo  sie  nirgend  ist.  Opitz  2.  258; 
man  hätte  sich  gern  beredet,  man  lebe  in  einer  vei^nüglicben 
Übereinstimmung.  Göthe  20,  289 ; 

berede  dich,  ich  war  ein  Waisenkind, 

das  du  am  thron  mitleidig  aurgelesen.    Schiller  245' ; 

berede  dich,  wir  beide  hätten  uns 

auf  einem  ball  mit  masken  eingefunden.    253'. 

sich  mit  einem  bereden,  colloqui,  deliberare  cum  aliquo,  sich 
verabreden :  beredet  euch  (untereinander)  und  es  bestehe  nicht 
Es.  8,  10 ;  beredeten  sich  miteinander.  Luc.  6,  11 ;  ich  habe 
mich  mit  meinem  lieben  herrn  und  freunde  d.  Jonas  allerlei, 
sonderlich  von  kirchensachcn  beredt.  Llthers  br.  5,  73S ; 

wer  hat  dich  je  beschaut, 
der  ihm  vor  lieb  hernach  zu  leben  hat  getraut, 
und  sich  vor  herzensangst  mit  dir  bereden  können? 
Opitz  2,  160; 

anstatt  sich  mit  ihm  über  die  nöthigen  maszregeln  zu  bere- 
den. Schiller  770. 

6)  bereden  etwas,  über  etwas  reden,  sprechen. 

a)  in  gutem  sinn.  vihd.  mer  und  sftr  beredete  er.  Trist. 
302,  8 ;  wir  haben  noch  viel  zu  bereden ;  wir  wollen  das  erst 
bereden;  er  beredet  alles,  und  meinet  es  basz  auszerichtcn 
denn  ein  ander.  Reisersd.  has  impf.;  so  war  doch  nicht  zu 
unterlassen,  das  hundertmal  bcspiochne,  die  Vorzüge  dieses 
Wassers,  nochmals  zu  bereden,  ja  sie  ausschliesziich  und 
lyrisch  anzuerkennen.  Göthe  22,  143;  bepredigte  und  bere- 
dete leichen  (über  welchen  gepredigt  und  geredet  ist).  Hippel 
3,  110. 

b)  leicht  aber  entfaltete  sich  tadelnde,  übelwollende  rede, 
Widerrede,  oblocutio:  aber  wenn  ein  mensch  etwas  billichen 
beredt,  so  man  thun  soll,  das  ist  nicht  murmur.  das  heiszt 
gemurmlet,  so  du  beredest  das  kalt  weiter,  das  du  arm  bist, 
das  es  dem  bösen  wol  gat,  und  wider  vatter  und  muttcr 
kempfest.  Keisersb.  Sünden  des  munds  17';  wie  etwas  Un- 
rechts bereden  nit  murmeln  sei.  89';  die  kennet  man  dabei, 
das  sie  alles  was  ein  ander  thut  bereden,  richten,  urteilen. 
Luther  1,84';  und  da  sie  zum  dritten  dorf  kamen,  sasz  der 
jung  auf  dem  esel  und  der  alt  fürt  in,  die  baurn  beredten  es 
[liielten  sich  darüber  auf)  und  sprachen,  seht,  der  jung  reit 
und  der  alt  musz  gehen,  seh.  und  ernst  cap.  456 ;  herr  Kund- 
lob Arbeitsam  beredet  {widerredet,  tadelt)  solchs  Mischmcsche. 
Garg.  170';  einen  bereden,  im  munde  füttren,  in  der  leute  mund 
bringen,  durchziehen ;  die  leute  bereden  alles. 

BEREDENHEIT,  f.  eloquentia:  ein  buckellich  nas  in  der 
mitten  bedeut  beredenheit  und  kluge  sitten.  gute  stimm  be- 
deutet witz,  beredenheit  und  grimm.  Fischart  groszm.  68. 

BEREDFERTIG,  promptus  ad  loquendum,  redefertig,  red- 
selig: dis  alles  ward  mit  so  deutlicher  red  fürgebracht,  (mit 
so)  beredfertiger  zung  ausgesprochen.  Garg.  144'. 

BEREDSAM,  eloquens,  Stieler  «.  a.  m.  schreiben  beredtsam : 
ein  beredsamer  redner.  pers.  rosenth.  2, 28 ;  ein  kluger  und  be- 
redsamer mann.  5,  18 ;  ein  beredsames  stillschweigen.  Lo- 
BENST.  i4rm.  1,1308;  sie  war  sehr  heiter  und  beredsam.  Bet- 
tine br.  1, 140. 

BEREDSAMKEIT,  f.  facundia,  eloquentia: 
der  diamanten  flehen, 
des  golds  beredsamkeit  wird  sie  nicht  widerstehen. 

Gellert  1,  113; 
wenn  ich  in  den  Umarmungen 
eines  jimgliags  sie  seh,  der  die  beredsamkeit 
dieser  augen,~  und  euch  fühlet,  ihr  Trühlinge 
dieser  lächelnden  mlenen.     Klopstock  1,  46; 

sie  stärken  auch  dadurch  ihr  gedäcbtnis,  welches  nothwendig 
in  der  Jugend  geschehen  musz  und  üben  sich  in  der  körper- 
lichen beredsamkeit,  welche  nach  des  Demosthenes  eignem 
ausspruche  die  vornehmste  eigenschaft  eines  redners  ist.  Le.*- 
siNG  3,123;  die  sflszeste  beredsamkeit  hieng  an  semen  lippen. 
BEREDT,  eloquens,  disertus,  mit  aetivbedeulung  des  pari, 
praet.  (wie  bedient,  beholfen,  beraten  u.  a.  m.),  unterschieden 
von  der  passirischen  (beredt,  compellatus,  persuasus,  delinitus). 
wann  aber  erscheint  jene  zuerst?  ein  mhd.  beredet,  in  solchem 
sinn,  kommt  nictit  vor,  aber  Luther  und  die  Wörterbücher  von  Da- 
STPooius,  Maaler  haben  es  schon  als  gangbaren  ausdruck.  nnt. 
in  gleichem  sinne  bespraakt,  wel  bespraakt.  ich  bin  je  und 
je  nicht  wol  beredt  gewest,  denn  ich  hab  eine  schwere  spräche 
und  eine  schwere  zungen.  2  Mos.  4, 10 ;  weisz  ich  denn  nicht, 
das  dein  bruder  beredt  ist?  4,  14;  sciiarf,  behend,  beredt, 
rein,  klar,  sanft,  weish.  Sal.  7,  22 ;  denn  die  Weisheit  öfnete 
der  stummen  mund  und  machte  der  unmündigen  zungen  be- 

94* 


1495 


BEREDT— BEREICH 


BEREICHEN— BEREIFEN 


1496 


redL  10,  22;  ein  beredter  mann  und  mächtig  in  der  schrift. 
apost.  gesch.  18,  24;  tapfere,  wolberedte  männer.  Kirchhof 
disc.  mü.  7;  Tacitus,  der  berümbte  und  beredete  historien- 
schreiber.  Micräliüs  1,  16;  daher  die  teutschen  hebammen 
noch  recht  thun,  das  sie  den  kindern  die  zung  mit  wein 
lösen  und  hernach  allzeit  die  billerlein  mit  wein  steifen, 
dann  disz  macht,  das  sie  beim  wein  so  beredt  sein.  Garg. 
46';  er  als  ein  verschmitzter  weit-  und  eisvogel,  flick  auf 
stück  und  tück,  der  etwan  auf  dem  eis,  wann  der  Rhein 
übergefrorn,  gemacht  worden,  etwas  beredter  als  die  zur 
hochzeit  laden.  211* ;  nichts  ist  so  beredt,  so  da  allen  alles 
und  zu  jeden  zeiten  beliebet  machen  und  überreden  könte. 
ScHUPPiL's  403;  eine  beredte  dame,  aber  ohne  gestalt  und 
anmuth.  pol.  stocicf.  09 ; 

doch  was  nährst  du  dich 

mit  einem  süsz  beredten  wahne?    Götter  1,  387; 
dann  wird 

das  äuge  nicht  mehr  sein  beredt, 

geheime  wünsche  zu  entdecken.    Gökingk  1,  205.; 

der  süsz  und  laut  beredte  Nestor.    Borger  145"; 

strömt  es  mir  gleich  nicht  so  beredt  vom  munde. 
Schiller  417'; 

mviord  von  Lester,  ihr  allein  schweigt  still? 

was  ihn  beredt  macht,  bindeis  euch  die  zunge»    418'. 

BEREDTnEIT,  f.  facundia.    seilen. 
BEllEDTHEITGIERIG :   ein  ausbund  aller  beredtheitgirigen 
Philologen.  Garg.  23*. 
BEREDUiNG,  f.  nach  verschicdnen  bedeutungen  des  beredens, 

1)  suasio,  persuasio,  zurede:  gewöhnliches  verfahren  kleiner 
Seelen,  wodurch  sie  sich  einander  in  der  tröstlichen  beredung 
zu  stärken  suchen,  dasz  kein  so  groszer  unterschied  zwischen 
ihnen  und  den  Agathonen  sei.  Wieland  3, 11 ;  da  die  wenigen 
mitwissenden  durch  die  einsamen  gänge  ihn  unter  drängen- 
den beredungen  begleitet  hatten.  Schiller  1074. 

2)  sermo,  colloquium,  gcsprdch:  beredung,  redung  mitein- 
ander halten.  Schweiniche.n  1,  329 ;  unter  andern  beredungen 
auch  des  ewigen  lehens  gedacht.  Ringwald  Ir.  Echh.  A6'; 
durch  freundliche  beredung  diesen  zweck  erreichen.  Leibn. 
2,  496. 

3)  pactio,  vei-abredung :  die  mutfer  forcht,  die  heirat  würde 
nicht  für  sich  gehen,  fuhr  zu  der  jungfrawen  eitern,  begeret 
den  tag  der  beredung  zu  wissen  mit  ihrem  söhn.  Frey  gar- 
teng.  2*.  daher  eheberedung,  pactum  dotale.  Creidius  2,  119. 
GC-xther  1000. 

4)  oblocutio,  reprehensio:  munneln  ist  nit  anders  weder 
ein  beredunge,  die  unbillichen  geschieht  wider  gott  und  einen 
menschen  oder  aber  ist  ein  clag  mit  Ungeduld.  Keisersberg 
Sünden  des  munds  16'. 

BEREGELN,  ad  artem  revocare,  unter  die  regel  bringen: 

wer  die  last  beregeln  kann, 
hat  sie  nie  empfunden. 

BEREGLICH,  mobilis,  regsam :  disz  beregliche  haupt.  Opitz 
Arg.  4,  276.  310 ;  ein  beregliches  beer.  Lohenst.  Arm.  2,  848. 

BEREGLICHKEIT,  mobililas,  gewandlheit.  Lohe.nst.  Arm. 
1,  202. 

BEREGEN,  concitare,  memorare,  anregen :  die  beregte,  mehr 
beregte  sache.  sich  beregen,  sich  regen,  rühren :  die  mit  den 
piken  konnten  sich  kaum  beregen.  Opitz  Arg.  1,  579. 

BEREGNEN,  compluere,  ahd.  pireganün  (Graff  2,  442) ;  du 
menschenkind,  bist  ein  land,  das  nicht  beregent  wird  zur  zeit 
des  zorns.  Ez.  22,  24 ;  ein  acker  ward  beregent,  und  der  an- 
der acker,  der  nicht  beregent  ward,  verdorrete.  Arnos  4,  7 ; 
eine  Jungfer,  welche  ein  brennendes  herze  in  der  band  trug 
und  solches  von  dem  hiiftmel  herab  beregnen  liesz.  Weise 
kl.  leute  379 ;  war  in  warheit  stark  beregnet.  Spee  279 ; 
dasz  sie  gar  hinten  könt  ein  wolkenhrucrli  beregnen. 
VON  llRAND  bei  Canitz  123  ; 

lieszen  sich  pfUtzenasz  beregnen.  Felsenb.  4,  23.     die  bereg- 
neten steine  sind  schon  wieder  trocken.   in/ran6i7it;  beregnen, 
madeßeri : 
hin  über  das  gewölke  steiget  der  rciger,  dasz  er  nicht  beregne. 

LocAU  3,  tug.  64. 
BEREIBEN,  fricare,  confricarc,  mhd.  berlben  pass.  K.  440, 
49 :    nim  ein  tüchiin,   mit  demselbigen  bereib  die  nugenliede. 
BAnTiscH0U3enrfienjn94;  die  crlaiiinte  giieder  darmit  berichen 
stärket  solcher  wein  über  die  masz  wol.  Tahhrnaem.  721 ;  diesem 
buch  ist  Tonnölhen,  dasz  maus  ein  wenig  bereibe.  Harnisch  70. 
BEREICH,  m.   ambitus,  wohin  etwas  rcicIU,  nnl.  bercik: 
wo  wir  nützliches  bnireihcn 
ist  der  wertheste  bereich.    GüiBt  23, 182 ; 


hier  bin  ich  in  meinem  bereiche;  das  ist  meines  bereichs  nicht ; 
antworten,  es  sei  die  comödie  seines  bereichs  nur. 
Platen  282; 
der  feind  suchte  aus  dem  bereich  unseres  groben  geschützes 
zu  kommen ;  so  musz  mir  jener  bauer  einfallen,  den  ich  bei 
der  belagerung  von  Mainz,  im  bereich  der  kanonen,  hinter 
einem  auf  rädern  vor  sich  hingeschobenen  schanzkorbe  seine 
feldarbeit  verrichten  sah.  Göthe  31,  52;  sobald  nur  die  Ver- 
schuldung eine  solche  ist,  die  überhaupt  unter  den  bereich 
der  lex  Aquilia  fallt.  Göschens  Vorlesungen  2,  65. 

BEREICHEN,  attingere,  consequi,  mhd.  bereichen,  nnl.  be- 
reiken :  da  schlugen  sie  alles  darnider,  was  sie  bereichen 
konden  und  mochten.  AimonNi;  diejenigen,  so  von  den  gott- 
losen menschen,  als  unhulden,  werwölfen  etwas  durch  Zauberei 
beibracht,  allein  mit  dem  oppopanace  im  wachsenden  mon  be- 
reichet, werden  erlediget.  Thurneisser  infl.  wirk.  13;  da  der 
thäter  entwiche,  soll  derselbe  dem  spur  nachfolgen  bisz  in 
den  nächsten  flecken,  da  er  ihne  bereichen  mag.  wcislh.  2, 187  ; 
so  viel  man  mit  den  äugen  bereichen  (übeisehen)  kann;  so 
weit  ihn  das  geschütz  bereicbte. 

BEREICHEN,  locupletem  facere,  mhd.  berichen:  die  rö- 
mischen bienen  sollen  sich  nach  lust  begrasen  und  bereichen. 
bienenk.  138'; 

dasz  er  {der  fruchtbaum)  zu  seiner  zeit  erquicket  aug,  nas,  mund, 

ja  der  den  gärtner  stets  erfreuet  und  bereichet. 

W'eckuerlin  1; 
einen  schätz  der  Wissenschaft  und  kunst. 

damit  dein  herz  und  geist  gesegnet  und  Lereichet.    691; 

mit  wie  viel  laub  sich  auch  die  wäld  bereichen.    409; 

dasz  wir  uns  mit  ihrem  schweisz  und  blut  bereichen  sollen. 
ZiNKGR.  apophth.  17,  28.  Lehmann  256;  vortheil  mit  betrug 
suchen  bereichet  nicht.  Lehmann  869 ; 

bereicbst  den  süszen  herbst  mit  obs  und  traubenbären. 

Rohpler  von  Löwenu.  gebü.sch  5; 
die  weiche  brüst  der  schwanen  weisz 
war  nie  so  wol  gebleichet, 
die  gülden  pf'eil  der  sonnen  heisz 
nie  so  mit  glänz  bereichet.    Spke  trutzn.  5; 
die  bäum  und  näsl 
auch  thun  das  best, 
bereichen  sich  mit  schatten.    37; 

und  diese  gesellschaft  habe  so  zugenommen,  habe  mit  krie- 
gen und  siegen  sich  so  bereicht,  dasz  sie  ganze  fürstenthü- 
mer  unter  sich  bracht  haben.  Schdppids  77;  für  die  anzahl 
meiner  kinder,  mit  welchen  er  (gott)  mich  bereicht  hat.  Scuup- 
pius  730.     heule  durch  bereichern  verdrängt. 

BEREICHERER,  wi.  locupletator :  ein  bereicherer  der  deut- 
schen spräche. 

BEREICHERN,  locupletiorem  facere: 

herr,  dieses  thun  die  gaben, 
darmit  dicji  die  natur  und  gott  bereichert  haben.    Opitz  1, 1 ; 
alle  jene  bluten  sind  gefallen 
von  des  nordes  schauerlichem  wehn, 
einen  zu  bereichern  unter  allen 
muste  diese  göiterwelt  vergchn.   Schiller  22'; 

die  gespräche  spielten  und  beschenkten  mit  allem,  was  uns 
hebt  und  bereichert.  J.  Paul  Tit.  2,129;  mit  was  kann  man 
dir  auch  vergelten,  als  nur  dasz  man  sich  willig  von  allen 
deinen  guten  gaben  bereichern  läszt.  Bettine  br.  1,177;  sich 
mit  anderer  leute  schaden  bereichern. 
BEREICHERUNG,  f. 

BEREICHERüNGSMITTEL,  n.    Klincer  6, 163. 
BEREIFEN,  circulo  vas  cingere,  wäre  mhd.  bereifen. 
BEREIFEN,  pruina  legere  und  legi,  mhd.  berifen,  mit  reif 
überziehen,    bedecken,    oft   von  greisendem  haar  und  bart  (sp. 
1142, 11) : 

wenn  uns  nun  das  alter  wiri  begreifen 
und  uns  die  pert  (bärte)  werden  pereifen.    fastn.  sp.  739,  10; 
er  schwärzet  sein  bereiftes  hau|>l.    Hagedorn  2,  95; 
dann  von  bäumen,  ddchern,  kleidern:  der  wald  steht  bereift; 
ihr  durch  den  weiszen  thau  bereiften  schönen  saaten 

Opitz  2,  229; 
weist  bereift.    Brockes  1, 144 ; 
4je  bereiften  tannenwäldcr.    Zachariä  1,  354; 
und  von  bereiften  kicfern  hängt 
kandiertes  eis  herab.    2,  302; 

schimmernder  bereifet  war  ihm 
der  beschattende  glasorische  kränz, 
golden  sein  haar  und  wie  der  kränz  bereift. 

Klopstock  1,  196; 

bepelzte,  bereifte  freunde  kommen  an.  GflrnE  3.1,  147;  die 
blosze  crscheinung  eines  solchen   kalten    bereiften   widersa- 


1497 


BEREIMEN— BEREIT 


BEREIT 


1498 


chers.  J.  Pacl  bücherschau  1,  177 ;    da  breiteten  die  bereiften 
bäume  ihre  silbernen  zweige  aus.  Bettine  tageb.  112 ; 
der  frost  hat  mir  bereifet  des  hauses  dach.    Rcckert  369. 
BEREIMEN,  m  reime  bringen,  versißcieren,    besingen:    den 
gekreuzigten    und    auferstehenden    Jesum   unter   der    person 
des  hirten  Daphnis  poetisch  bereimen.  Spee  Irutzn.  278 ; 

nicht  dasz  dein  schmeichelnd  lob  des  reichen  stolz  bereime. 

Kästner; 

den  alle  reimer  basz  bereimen  1    Gökingk  3, 145; 
diese  beiden  besangen  und  bereimten  alles  denkliche.  Ar.ndts 
leben  46.     auch  ein  blatt  bereimen,  voll  reime  schreiben,  mit 
reimen  füllen: 

uod  dies  bereimie  blatt  straft  meinen  vorsatz  lügen. 
J.  E.  Schlegel  4,  65. 

BERELNEN'i  ins  reine  bringen:  die  sie  ein  syslem  über  die 
grenze  der  weibertreue  entworfen  und  diese  sache  bereinet 
zu  haben  scheinen.  Hippel  ehe  5,  125. 

BEREINIGEN,  emaculare,  reinigen. 

BEREISEN,  befallen,  vom  mhd.  risen  fallen: 
blümlein,  mit  süszem  tau  bcrifescn.    Spbe  tntzn.  37  (39). 

BEREISEN,  peragrare,  vom  mhd.  reisen:  fremde  länder, 
die  messen  bereisen ;  eine  gegcnd  zu  fusz  bereisen ;  drei  mi- 
nister bereisten  die  yerschiednen  theile  der  monarchie,  um 
die  öffentliche  meinung  zu  erforschen,  denkschr.  des  fr.  vo\ 
Stein  37 ;  es  ist  die  frage,  nemlich  keine,  ob  nicht  seine 
tahigkeit  und  neigung  sich  mit  den  unähnlichsten  menschen 
zu  verflechten,  blosze  kälte  gegen  alle  herzen  ist,  die  er  alle 
nur  bereiset,  weil  er  keines  bewohnt.  J.  Pacl  Tit.  3, 135.  das 
part.  prael.  bereist  steht,  «ie  bewandert,  aetivisch  ßr  einen, 
der  bereist  hat:  so  bereiset  er  gleich  war,  selten  hatte  er 
eine  so  schöne  gegend  gefunden.  Hippel  lebensl.  2,  209 ;  fräu- 
lein  von  Sackenbach  war  nicht  sonderlich  in  bilderkabinetten 
bereiset.  J.  Pacl  jubeis.  182. 

BEREIStTNG,  f.  peragratio:  die  bereisung  der  salzwüsten. 
Kant  5.  437. 

BEREISZEN,  scindere:  die  Türken  sind  beschnitten,  aber 
nicht  berissen. 

BEREIT,  paratus,  expedilus,  disposilus,  golh.  nur  garaids, 
ahn.  greidr,  das  schw.  beredd  ist  nach  dem  deutschen,  engl. 
ready,  ein  ags.  raedig  voraussetzend,  ahd.  nur  reiti,  mhd.  ge- 
reit und  bereit,  bereite,  bair.  pfraet,  pfrait  (Schä.  3, 155),  nnl. 
ree  für  reed,  rede,  dies  adj.  gehört  zu  denen,  icelche  noch 
deutlich  ihren  participialen  Ursprung  zur  schau  tragen,  wie 
schon  das  beigesetzte  lat.  paratus  zeigt,  dessen  äuszere  gestall 
nur  zufallig  anklingt,  zwar  steht  ein  golh.  garaids  ab  von 
garaidi^s,  mhd.  aber  kürzt  sich  das  part.  bereitet  leicht  in 
bereit,  und  auch  nhd.  schwanken  bereitet  und  bereit  in  ein- 
ander über;  spätere  ausgaben  der  bibel  gewähren  bereitet  an 
mehrern  stellen,  wo  LtrrHER  bereit  schrieb,  in  bereitet  liegt 
noch  stärker  die  Vorstellung  des  bereitens  und  fertigens,  als 
in  bereit,  fertig,  ich  habe  ein  zimmer  für  dich  bereit,  heiszt 
es  steht  mir  zu  gebot,  zur  hand,  ich  halte  es  bereit,  nicht 
ich  habe  es  bereitet,  selbst  zu  recht  gemacht,  wol  aber  liegt 
darin,  ich  habe  es  so,  wie  es  eingerichtet,  fertig  ist.  das  es- 
sen steht  bereit,  auf  dem  lisch;  es  ist  bereitet,  in  der  küche 
fertig  gemacht,  oß  aber  fallen  beide  bedeutungen  zusammen 
oder  berühren  sich  ganz  nah,  ich  bin  bereit,  im  stand  mit  dir 
zu  gehn,  dir  zu  folgen,  ich  bin  dazu  bereitet,  vorbereitet,  aus- 
gerüstet, in  stand  gesetzt.  ^ 

Das  sie  ire  kleider  waschen  uiia  bereit  seien  auf  den  drit- 
ten tag.  2  Mos.  19, 11 ;  seit  bereit  auf  den  dritten  tag.  9,  15 ; 
ich  sende  einen  engel  für  dir  her,  der  dich  beliüte  auf  dem 
wege  und  bringe  dich  an  den  ort,  den  ich  bereit  habe  {LXX. 
i}t>  TjToiuaaä  aot).  23,  20 ;  und  sei  morgen  bereit  {yivov 
S-roifioi).  34,  2 ;  und  seid  alle  sampl  bereit.  Jos.  8, 4 ;  also 
ward  bereit  alles  geschefte  Salomo.  Ichron.  8,  16;  bereite 
brot  auf  den  reinen  lisch  (noo&iatH  ätrtav).  13,  It ;  bastu 
aber  nicht  gehöret,  das  ich  solchs  lange  zuvor  gethan  habe 
und  von  anfang  an  habe  ichs  bereit.  2  Aün.  19,  25;  und  sen- 
det denen  auch  teil,  die  nichts  für  sich  bereit  haben,  t^eh. 
8,  10;  die  da  bereit  sind  zu  erwecken  den  Leviathan.  lliob 
3,  8 ;  mein  herz  ist  berfit.  ps.  57,  8 ;  seine  hende  haben  das 
trocken  bereit  (hier  wäre  bereitet  heute  vorzuziehen).  95,  5; 
da  die  tiefen  noch  nicht  waren,  da  war  ich  schon  bereit. 
spr.  Sal.  8,  24 ;  saget  den  gasten,  sihe  meine  mahlzeil  hab  ich 
bereitet  (rjroifiaxa),   mein  mastvieh  ist  geschlachtet  und  al- 


les bereit  {navra  irotfia).  Matlh.  22,  4  (ahd.  seno,  min  ta- 
gamuos  garwita  ih  . . .  inti  allu  garawu).  zwischen  garawit 
und  garo  besteht  derselbe  unterschied,  wie  zwischen  bereitet 
und  bereit,  für  golt  ewig  bereit.  Lctheb  3,  21 ;  da  die  müle 
bereit  war.  3,  476;  knecht  Heinz,  sattel  mir  das  pferd,  das 
es  zu  rechter  zeit  bereit  sei!  Keiseksb.  Sünden  des  munds  Si' ; 
die  sinlicbkeit,  die  alwegen  bereit  ist  und  hinach  hottet,  dem 
frasz  und  dem  geschleck  genug  zu  sein.  6';  von  den  wirten 
und  von  dem  hausvatter,  die  bereit  seint,  am  morgen  zu  es- 
sen zu  geben.  6';  ich  sprich  von  bereiter  (d.  «'.  bereiteter) 
speis,  zunl  fleisz  ankeren,  die  schleckerhaftig  zu  machen.  7* ; 
so  du  in  wol  bereiter  speis  suchest  verachteten  lust.  7';  ir 
eer  seind  sie  bereit  zu  beschirmen,  so  man  sie  schmecht. 
20';  das  reich,  das  euch  von  anbegin  der  weit  bereit  ist. 
42';  das  ewig  feur,  das  dem  teufel  und  seinen  gellen  (con- 
cubinis)  bereit  ist.  42';  bereites  geld,  pecunia  parala,  ready 
monej ;  bereites  vermögen ;  die  thewTcr  verborgen,  dann  umb 
bereit  geld  geben.    Garg.  190'; 

ich  han  nicht  bereiter  pfenning  zu  zercn.    fastn.  sp.  1109; 

Naso,  dir  ist  deine  nase  stat  der  sonnenuhr  bereit, 

wann  der  schatten  weist  gerade  auf  das  maul,  ists  essenszeiu 

LocAO  3,  7,  86; 
nach  diesem  leben  ist  bereit 
ein  leben  uns  in  ewigkeit.    Clicdics  7, 166; 

und  statt  der  dienstbarkeit 
war  ilzt  Polyienen  ein  beszres  band  bereit. 

J.  £.  SCHLEGBL  1, 153; 

piket  za  spielen  war  niemand  bereiter  als  er.  Siegfr.  von 
Lindenb.  1,  50;  hatte  die  mutter  sie  abgeschickt,  Friedriken 
eiligst  zu  holen,  weil  das  mittagsessen  bereit  sei.  Göthe  25, 
360 ;  lebte  den  andern  zum  bereiten  beispiel,  dasz  ungeheure 
verbrechen  straflos  sind.  8,  258;  er  war  der  bereiteste  rath- 
geber.    Man  läszt  zu  und  auf  folgen  {wie  bti  bereitet  ^.  1499)  : 

sieh  dort  den  adler  sitzen. 

sieb,  weil  du  ihn  noch  siehst,  er  wiegt  den  körper  schon, 

bereit  zum  kühnen  flug.    Lesslng  1,  101; 

rede  nur,  ich  bin  bereit  auf  alles.    Gotter  2,  153. 

ich  bin  bereit  dazu,  meint,  es  zu  thun;  ich  bin, bereit  dar- 
auf, es  zu  hören,  zu  vernehmen,  früher  auch  mit  dem  geni- 
tiv:  ich  bin  es  (rf.  ».  (/essen)  bereit,  des  todes  bereit. 

BEREIT,  adv.  eigentlich  promte,  expedite,  übergehend  in 
illico  und  jam,  mhd.  gereite,  bereite,  man  höret,  das  ire 
rosse  bereit  schnauben  zu  Dan  und  ire  geule  schreien.  Jer. 
8, 16 ;  ich  sehe  bereit,  wie  es  so  jemerlich  verwüstet  ist.  12, 
11;  ich  habe  gehöret,  das  sie  bereit  zuvor  sieben  männem 
vertrauet  ist.  Tob.  6, 15 ;  denn  sie  waren  bejeit  über  das  was- 
ser.  1  Macc.  12,  30 ;  wie  er  uns  bereit  aus  groszem  Unglück 
errettet.  2  Macc.  2,  19 ;  denn  es  reget  sich  schon  bereit  die 
bosheit  heimlich.  2  Thess.  2,  7 ;  und  habt  bereit  vergessen  des 
trosts.  Ebr.  12,  5;  derhalbcn  nimpt  meine  furcht  imer  meh- 
lich  ab,  ja  ist  bereit  gewandelt  in  ein  sonderliche  liebe.  Lg- 
ther  1,  12t' ;  ich  bin  bereit  übergeben  gelassen  in  deinen  wil- 
len. 3,  26 ;  wir  wissens  schon  bereit,  wo  ers  leszt  oder  nicht 
thut.  3,  54';  weil  sich  bereit  solch  teufelsgesinde  allenthal- 
ben geregt.  6,  45* ;  da  haben  wir  bereit  dreierlei  verkleren 
{erklärung).  6,  179*;  wie  der  teufel  bereit  bei  so  vil  seclen 
thut.  Frank  chron.  a';  wer  Vergebung  hat,  der  ist  bereit  ge- 
recht. Melancbth.  im  corp.  doctr.  ehr.  22;  denn  auch  sanct 
Paul  klagt,  dasz  sich  die  geheimnis  diser  schalkheit  zu  sei- 
ner zeit  bereit  hab  geregt  und  erzeigt.  M.  Stifel  wortrechn.  H  3 ; 

(dieweil)  ihr  lästern  und  mein  laiden 
berait  erschallen  gar  zu  ferr.    Wbckbeblin  141 ; 
ich  schweige  nun  so  sehr,  dasz  alle  meine  sinnen 
bereit  ermüdet  sind.  Opitz  2,  160; 

der  du,  wenn  dir  es  nicht  bereit  veriressen  ist, 
für  deine  freiheit  viel  und  hocli  verpflichtet  bist. 
Werders  .4r.  7,  65; 
innen  ward,  dasz  sie  bereit  sieb  fort 
und  weg  begeben  hat.    11,  13; 

ich  befinde,  dasz  eure  edle  gemüther  bereit  erwecket  sind. 
ScHUPPics  85t;  das  erzhaus  Österreich  hat  bereit  das  fünfte 
seculum  zu  zahlen  angefangen.  Bltsciikt  Palm.  5;  unangese- 
hen sie  bereit  gestorben  war.  333.  im  16  und  fast  audi  17  ;*. 
ff  irrf  nur  bereit  geschrieben,  Henisch  283,  bei  Stieler  1502  be- 
reit, greit;  bereits  führt  zuerst  ttM/^FRiscH2, 108',  s.  aucA  allbe- 
reit. Bemerkenswerth  die  hdufung  schon  bereit,  noch  mehr 
die  Verstärkung  durch  folgendes  an:  dieweil  die  geistlichen 
berait  an  etwas  hoch  angesetzt  sein,  absch.  des  reiehsreg. 
1301  §.  16;  weil  der  teufel  bereit  an  «cl  drinnen  zu  meistern 


1499 


BEREITEN 


BEREITEN— BEREITSAM 


1500 


hat.  Luther  4,  33l';  auf  das  wir  unser  herz  trösten,  neren 
und  Sterken  und  bereit  an  mit  solchen  gedanken  spielen  und 
unser  freude  haben  des  schönen  herliclien  wesens,  das  wir 
dort  empfahen  sollen.  G,  263';  und  bereit  an  ein  son  Davids 
geborn  ist.  8,  73';  wie  wir  bereit  an  wol  erfaren  haben. 
8,  88*;  wie  er  denn  bereit  an  mit  der  that  vorgenommen 
hat.  br.  4,  352;  wie  es  denn  die  unsern  riechen  und  schier 
bereitan  bekennen.  5,  354 ;  und  wcre  schon  bereitan  im  him- 
raelreich.  tiscliredeti  91*.  118*;  den  handel  weiter  und  rucht- 
barer,  denn  wie  er  bereitan  sein  soll,  zu  maciien.  churf. 
Jon.  Friedrich  bei  Melanchth.  3, 1041;  als'  in  (Petrum)  Christus 
zu  im  beruft,  war  er  bereitan  wol  bei  jaren.  schriß  über 
Petnis  aus  den  lh20ger  jähren  E,  und  öfter,  vgl.  fort  an,  grad  an. 
BEREITEN,  parare,  praeparare,  conficere,  instruere,  disponerc, 
mhd.  bereiten,  7ml.  bereiden,  bereit  machen,  zubereiten,  vorberei- 
ten, einrichten,  auf  sinnliche  gegenstände,  speise,  flachs,  tuch, 
leder,  salbe,  geräth,  wie  auf  abgezogene  gehend:  zu  deinem 
heiligthumb,  herr,  das  deine  band  bereitet  hat.  2Afos.  15, 17; 
und  setzet  den  tisch  und  bereitet  brot  darauf.  40,. 23;  ists 
nicht  er  allein,  der  dich  gemacht  und  bereitet  hat?  S  Mos. 
32,  6;  aber  den  chor  bereitet  er  inwendig  im  haus.  1  kön. 
6,  19 ;  schawbrot,  das  sie  alle  sabbath  bereiten.  1  chron.  10, 
32 ;  an  die  stete,  die  er  dazu  bereitet  hatte.  16,  3 ;  dahin  ich 
ir  (eine  stelle)  bereitet  habe.  16,  12.  2  chron.  1,  4 ;  denn  er 
sähe,  das  im  ein  unglück  vom  könige  schon  bereitet  war. 
Esth.  7,  7 ;  er  hat  seinen  stuel  bereitet  zum  gericht.  ps.  9,  8 ; 
ich  sende  meinen  engel  vor  dir  her,  der  da  bereite  deinen 
weg.  Marc.  1,  2;  gehet  hin  und  bereitet  uns  das  osterlamb, 
auf  das  wirs  essen.  Luc.  22,  8 ;  das  ist  schlecklich,  sie  be- 
reiten ze  vii  wol  die  speis.  Keisersb.  si'mden  des  m.  4* ;  wie 
möcht  einer  da  meszig  werden,  da  es  also  vor  im  stot  und 
die  vile  {die  menge,  in  menge)  bereitet  ist.  U' ;  sie  bereiteten 
sie  {die' Vögel)  und  aszen  sie.  17';  und  {der  hahn)  was  fein 
und  meisterlich  bereitet  {zubereitet).  19';  nieszwurz,  die  ent- 
haltet einen  menschen  vor  groszem  schaden,  so  ein  arzet 
einem  die  vor  bereitet  hat.  23';  hie  {ist)  angezögt,  zu  berei- 
ten die  salben.  80*;  den  has  in  den  pfeffer  bereiten,  has  im 
pf.  Bb  3* ;  klöstcr  oder  Stift,  das  man  darinnen  feine,  züch- 
tige, gelerte  weiber,  so  hernach  christlich  haushalten  und 
kinder  aufziehen  köndten,  zurichtet  und  bereitet  {vorbereitet). 
Luther  3,  510'; 

wiltu  erdienen  gottes  gleit, 

dein  herz  zu  kummer  hie  bereit. 

SCUWARZENBERG  151,  1  ; 

{opfer)  die  sünst  der  jiiden  geistlichkeit 
on  frucht  als  metzger  hat  bereit.    154,2; 

und  wann   ir  zu  Montabon   seind,   so   lassent  euch   ewcren 
braunen  bereiten  {satteln).   Aimon  0 1 ;    den  wagen  bereiten ; 
die  andern  kiinsliichkeiicn, 
die  können  so  bereiten  (vorbereiten) 
gemülher  zum  verlieben.    Logau  3,  13  s.  103; 

als  ob  man  platz  im  himmel  bereiten  müsse,  dasz  Holofer- 
nes  der  näheste  bei  dem  könig  David  sein  möge.  Schup- 
piüs  493; 

bereite  dich  nur  drauf,  so  gut  du  kannst.    Lessing  2,  360 ; 

CS  sind  hier  zwar  noch  feine  Sinnlichkeiten,  aber  auch  diese 
bereiten  uns  zu  etwas  höherm.    Klopstock  II,  103 ;   wer  also 
seine  spräche  zur  weltweisheit  zu  bereiten  sucht.  Herder  1,32; 
daher  er  aus  gcwissensdrang 
die  männer  seiner  weiber  zwang, 
ihm  eine  kirchu  zu  bereiten.    Göeinck  1,  71 ; 

einem  freude,  kummer,  verdrusz,  sorge  bereiten ;  ohne  zu 
überlegen,  dasz  sie  mir  einen  auftritt  bereiten,  der  meiner 
standhaftigkeit  gefährlich  werden  kann.  Gotter  3,  72; 

neues,  worauf  sie  nicht  bereitet  (»ort.)  waren.    Schiller  307; 

wol  ein  erstaunlich  neues  werk  hab  ich 

bereiten  sehen,  das  mich  nicht  erfreute.    522'; 

bereitet  {vorb.)  oder  nicht  zu  gehen, 

er  musz  vor  seinen  richier  stehen.    517"; 

wagt  ihr  also  bereitet  {vorb.),  die  letzte  stufe  zu  steigen 

dieses  gipfels?        GörusS,  97; 

doch  wie  ihm  sei, 

zu  diesem  neuen  kämpf  bin  ich  bereitet.    7,300; 

wie  lang  gcdaclitl  wie  wol  bereitctl    8,256; 

auf  klipnen  und  wölken 

sind  siiinle  bereitet 

um  goldene  tische.    9,78; 

in  einem  nupcnhlickc  soll  entsichn, 

was  jähre  lang  bereitet  werden  sollic.    9,  189; 

daraufhin  ich  bereitet  {vorb.),  zw^itclt  nicht.    9,303; 

ein  wunderbares  lied  ist  euch  bereitet.    13, 177 ; 


I  wenn  unser  wirth  den  tisch  verläszt,  den  er  so  gefällig  be- 
reitet hat.  14,  121 ;  wenn  man  empfänglich  und  bereitet  ist. 
29,  58;  bereite  eine  lainpe  und  giesze  sie  voll  öls.  Hun- 
ger 4,  17. 

Reflexivisch:  indem  ich  mich  darzu  bereitete.  Schuppiüs  2; 
ein  knecht,  der  seines  herrn  willen  weisz  und  hat  sich  nicht 
bereitet,  der  wird  viel  streiche  leiden  müssen.  276;  meine 
kinder,  habt  ihr  euch  zu  diesem  groszen  tage  bereitet?  Klop- 
stock 11,  103 ;  und,  wie  mhd.  einen  eines  bereiten : 

meldet  den  hcrschern  der  Schöpfungen  gottes,  dasz  sie  sich 

der  f'eirung 
dieser  erwählten  geheimnisvollen  tage  bereiten. 
Hess.  1,  443; 

bereite  dich,  gröszter  von  Adam, 
deiner  auferstehungl       11,1559. 

die  stunden,  da  er  einsam  sich  bereitet.    Göthe  13, 182; 
beliebt  es  dir,  so  magst  du  dich  bereiten, 
du  scheinst  mir  werth  ins  innerste  zu  kommen.    13, 190; 

indem  sie  sich  auf  eine  öffentliche  erscheinung  bereiteten. 
18,  141;  bereitet  euch  auf  thränen  und  Verzweiflung!  Klin- 
ger 2,  450 ;  aber  die  krankheit  musz  mich  nicht  so  angegrif- 
fen haben  als  andere  auf  dem  schiffe,  die  sich  förmlich 
zum  tode  bereiteten.  Lichtenberg  3,  272.  Die  praep.  zu  und 
auf,  oder  der  gen.  {bei  Klopstock)  verhalten  sich  wie  bei  be- 
reit, woraus  sich  wieder  eine  unmittelbare  verwandtschaß  bei- 
der ausdrücke  ergibt,   s.  vorbereiten,  zubereiten. 

BEREITEN,  rationes  conferre,  computare,  hier  {wie  sp.  85.  89 
abreiten,  abraiten)  gesondert  aufgestellt,  nach  Schmellers  Vor- 
gang, welcher  3,  153  raiten  beraiten  rechnung  stellen  von  be- 
reiten parare  trennt,  doch  beider  ausdrücke  Verwandtschaft  nicht 
verabredet,  jenes  beraiten,  berechnen  liefert  schon  der  codex 
Wangianus  s.  445.  446  in  der  lateinischen  form  bareitare.  man 
kann  es  unmittelbar  mit  dem  wort  bereites,  baares  geld  ver- 
binden. 

BEREITEN,  mhd.  beriten. 

1)  obequitare,  die  straszen  bereiten; 

die  land  wil  ich  bereiten  drum, 

ob  ich  etwas  ersehen  möcht, 

so  über  nacht  mir  nutzung  brecht. 

WicKRAMs  bilger  27 ; 

da  sie  aber  Hyram  besähe  und  beritte  die  gcng  (der  berg- 
städle)  als  ein  bergverständiger  herr.  Mathesils  2*. 

2)  equum  domare,  zureiten,  auch  blosz  für  reiten: 

er  hat  ein  ros,  das  ist  so  genge  beritten, 
als  das  hirschlein  vor  dem  grünen  walde. 
Ambr.  Ib.  s.  58; 
das  sind  nun  schöne,  junge  leute  gewesen,    so  auch  die  al- 
lerauserlesensten  schönsten  pferde  in  ihrer  rüstung   beritten. 
ScHüPPius  108 ;  man  sagt,  ein  willig  pferd  soll  man  nicht  zu 
viel  bereiten.  233.    vgl.  beritten,    inwiefern  sich  mhd.  beriten 
und  bereiten  berühren  s.  unter  reiten. 

BEREITER,  m.  instructor,  opifex:  bereiter  eines  gastmals. 
s.  lederbereiler,  tuchberciter,  flachsbereiter. 

BEREITER,  «i.  domitor,  kunstrciter;  und  {ich)  fragte  Mat- 
this,  den  bereiter  von  Darmstadt,  einen  ehrlichen,  aufrichti- 
gen, bei  edlen  und  unedlen  beliebten  mann.  Schuppius  608. 
im  sinne  des  bercitens  equilare:  landbereiter,  forstbereiter, 
salzbereiter,  wegebereiter,  zollbereiter. 

BEREITERIN,  f 

BEREITFERTIG,  ein  pleonasmus,  da  ))ereit  und  fertig  schon 
dasselbe  ausdrücken:  bereitfertig  mit  dienslbezcugungen,  wel- 
che mit  Worten  verrichtet  werden.  Riemers  reimdich  s.  160; 
bot  ihm  derowegcn  zu  allen  ehrlichen  geschäften  meine  be- 
reilfcrtigste  diensle  an.  SiJhpl.  1,  334;  bereitfertige  gulwillig- 
keit.  2,  427. 

BEREITFERTIGKEIT,  f  Studium,  bereitwilligkeit :  doch  be- 
dankte ich  mich  vor  die  seltene  bereitfertigkeit.  Simpl.  1,  395. 

BEREITHAUS,  n.  in  messingwerken  ein  räum  für  die  kes- 
selschmiede.    s.  bereitslube. 

BEREITS,  adv.  jam,  seit  dem  17.  ISj/i.  statt  des  dUerenbe- 
reit,  vgl.  nnl.  reeds:  sollte  ich  nicht  bereits  an  den  erzbi- 
schof  von  Granada  gedenken  ?  Hagedorn  1,  .xxviii ; 
geh  nur  und  rüste  den  kahn  zur  abfahrt,  denn  wo  mir  recht  ist, 
l'cuclitct  der  rasen  bereits.  Voss  Ltu.ie  1,  552. 
s.  allbereits.  in  der  Schweizersprache  ist  bereits  so  viel  ah 
fast,  so  gut  wie,  und  man  liest  in  Zürcher  Zeitungen:  zu 
verkaufen  ein  noch  liereits  neuer  rock;  ein  bereits  noch 
neuer  glaskasten,  dienlich  in  einen  laden. 

BEREITSAM,  paratus :  iiat  man  sie  in  crhcischung  der  not 
so  viel  desto  bereitsamcr  bei  der  band.  Kirchhof  nii/.  di«.  27. 


J 


1501 


BEREITSCHAFT  —  BEREN 


BEREN— BEREMEN 


1502 


BEREITSCHAFT,  f.  instnietio,  praeparatio,  apparaltts,  opes: 
schiffe,  wagen,  waffen  in  bereitschaft  setzen ;  sich  zum  kämpfe 
in  bereitschaft  setzen ;  ich  habe  noch  manches  in  bereitschaft ; 
es  steht  noch  vieles  in  bereitschaft.  Lctder  sagt  apost.  gesch. 
27,  19 :  und  am  dritten  tage  würfen  wir  mit  unsern  bänden 
aus  die  bereitschaft  im  schiffe  {rifv  axevrjv  rov  tiIoCov,  ar- 
mamenta  navis.)  du  bereitest  im  durch  seine  demütigung  und 
leiden  deine  gute,  und  er  sein  gute  faren  leszt  und  schaden 
dran  nimpt,  das  er  nur  viel  bereitschaft  und  schätz  in  dei- 
ner gute  samle.  Luther  1,  466';  man  saget  ein  exempel  von 
einem  vater,  der  übergab  seinen  kindern  alle  seine  guter, 
haus,  hof,  ecker  und  wiesen  und  alle  bereitschaft.  4,  522' ; 
sondern  soll  all  solch  bereitschaft  und  rüstunge  lassen  un- 
sers  herrgottes  munimerei  sein.  br.  2,  606;  und  sieht  den 
himmel  ufgethon  und  ein  bereitschaft  (gerälh)  herabkummen, 
glich  als  war  es  ein  grosz  linin  tuch.  Zwixgli  l,  4 ;  darumb 
auch  die  künig  von  Siria  mit  vil  kosten  und  groszer  bereit- 
schaft der  krieg  dise  statt  drei  ganzer  jar  urablägerten.  Frank 
vellb.  179*;  so  soltu  vor  und  ee  allen  deinen  gezeug  und 
bereitschaft  bei  einander  haben,  als  scher  &c.  Gebsdorf  SO ; 
so  lug  zu  stund,  das  berait  sei  alle  dein  beraitschaft,  die  du 
nottürflig  bist.  Bracnscbweig  99;  derowegen  haben  Suenti- 
polken  söhne  fünf  schiffe  mit  proviant  und  anderer  kriegesbe- 
reitschaft  dem  orden  weggenommen.  Micrälus  2,  2S5 ;  sie  rei- 
ten auf  pferden,  eseln,  ohne  süttel  oder  ander  bereitschaft, 
wie  und  sanft,  ist  gut  zu  ermessen.  Kirchhof  mil.  disc.  HS ; 
ohne  dasz  hierin  k'eine  bereitschaft  {anstatt)  gemacht  wurde, 
wie  dorten,  zu  speisen.  Simpl.  2,  277;  stellete  sich  zum  stu- 
benofen  und  machte  bereitschaft  (anstalt),  den  taig  einzu- 
mängen.  2,  305;  nicht  den  geringsten  anlasz  wird  er  verra- 
then.  wenn  er  seinen  vortheil  verstehet,  denn  sehr  oft  ist 
bereitschaft  [das  bereit  sein)  diesen  anlasz  ergriffen  zu  haben, 
das  ganze  verdienst  des  erlinders.  Lessing  6, 269 ;  ich  bin  in  be- 
reitschaft; ein  haus  in  bereitschaft  setzen,  tcohn fertig  machen. 

BEREITSCHLAG,  vi.  das  übrig,  was  noch  weiters  zu  sa- 
gen, und  welchem  er  disz  buch  zugeschrieben,  werdet  ihr  im 
folgenden  bereitschlag  des  authors  vernemmen.  Garg.  16;  ein 
Torritl  oder  das  parat  und  bereitschlag  in  die  chronik  Ton 
Grandgoschier,  Gurgellantua  und  Pantadurstlingern.  17*.  was 
meint  dies  nun?  parat  läszt  an  hereit  =  paratus,  der  vorritt 
aber  an  bereiten  =  equilare  denken. 

BEREITSTURE,  f.  tcird  von  Fischart  Garg.  157*  unter  lau- 
ter bergmännischen  tcürtem  genannt:  mit  leilachfochtern,  pro- 
bieröfen,  malmülen,  bereitstuben.  lautertrög,  schlemmgräben, 
baucligräben,  sigcrtrög,  goldschlichen  u.  s.  w.  stube  bezeich- 
net rerschiedentlich  einen  abgeschlossenen,  bedeckten  räum,  tgl. 
bninnenstube,  radstube,  wasserstube,  und  trie  bereithaus  wird 
auch  bereitstube  der  name  eines  besonderen  raums  im  fcerjj- 
werk  sein. 

BEREITUNG,  f.  praeparatio:  gepredigt  von  der  bereitung 
zu  dem  heiigen  sacrament.  Keisersb.  Sünden  des  munds  66"; 
zum  ersten  ist  ein  vorrede,  anfang  und  bereitung.  Luther 
1,  6S';  so  nach  angefangner  reise  oder  nach  bereitung  zu 
«olciier  reise.  3,  94;  das  man  nicht  durch  eigen  bereitung 
zum  sacrament  laufe.  3,  161;  s.  Blasius  zan  im  wasser,  s. 
Stephan  pferdbereitung  (pÄa/CT-flf,  niAd.  gcreite).  bicncnJt.  152'; 
bereiiunp  braucht  es  nicht  voran, 
beisammen  sind  wir,  langet  an.'    Göths  12,  75. 

BEREITUNG,  f.  obequüatio. 

BEREITWILLIG,  lubens,  paratus,  willig  und  bereit:  er  ist 
der  bereitwilligste  mensch  von  der  well;  dero  bereitwilliger 
diener;  aiir><  bereitwilligste. 

BEREITWILLIGKEIT,  f.  facilitas. 

BEREN,  ferire,  caedere,  terere,  schon  1244  unter  beeren  auf- 
QCßhrt,  verdient  hier  genauere  rücksicht.  dies  bcren  berte, 
mhd.  bem  berte,  ahd.  perian  perila,  ags.  berian  berede,  altn. 
berja  bardi  würde  auch  wolgoth.  barjan  barida  lauten,  und  ist  von 
baren  bar,  mhd.  bem  bar,  ahd.  pcran  par,  ags.  heran  bar, 
altn.  bera  bar,  golh.  bairan  bar,  ganz  wie  das  tat.  ferire  von 
ferre  zu  leiten.  Graff  3,  201  sträubt  sich  zwar  dawider,  weisz 
sich  aber  sonst  nicht  zu  helfen,  Ben.  erleichtert  sich  die  sacke 
allzusehr,  indem  er  1,  143*  bem  auslegt  ich  mache  bera,  wie 
er  schon  137*  auch  für  bem  selbst  die  transitivbedcutung  ma- 
chen bern  angesetzt  hatte,  förmlich  steht  der  nahe  von  bai- 
ran und  barjan  nichts  entgegen,  sie  ist  wie  zwischen  lairan 
und  larjan  (zi'rn  und  zerren),  zwischen  ligan  und  lagjan,  ti- 
man .  und  tamjan  «.  r.  o.  Die  bedeutungen  anlangend,  so 
flietzt  aus  ferre  ein  effetre,   inferre,   formarc,    aus   bem  ein 


hervorbringen,  bilden  und  wie  formare  ein  fingere,  /«•«•«,  sub- 
igere,  bezeichnet  auch  bem  ein  drücken,  stampfen,  treten, 
schlagen,  der  bildner  knetet  seinen  leim,  um  ihm  die  rechte 
gestalt  zu  geben,  man  könnte  sagen,  dasz  die  gebärende  das 
kind,  die  pflanze  ihre  blüle  und  frucht  hervordrücke,  obschon 
der  Sprachgebrauch  weder  ferire  noch  bern  in  diesem  sinn  ver- 
wendet, weil  ihm  schon  parere,  ferre  und  bern  daßr  ausrei- 
chen. Zumal  überzeugend  für  die  vorgetragnen  enlwicklungen 
ist  das  ahd.  mhd.  den  wec,  die  straje  bern,  viam  terere,  formare. 
Die  letzten  äuszerungen  dieses  uns  heule  ausgeslorbnen  Wor- 
tes erstrecken  sich  ins  16,  höchstens  in  den  beginn  des  17  jh. 
Dasypodius  hat  noch  51'  depso,  ich  beer;  Maaler  52"  beeren, 
knäten,  depsere;  Hexisch  237  beeren,  hin  und  wieder  in  den 
händen  umbkeren,  volvere.  den  schrißstellem  bedeutet  es 
1)  caedere,  ferire,  schlagen: 

und  wolt  euch  iemant  swechen  an  eurn  ern. 

dem  woll  wir  selber  sein  haut  vol  pern.    fasln,  sp.  627,  IS; 

fraw,  du  must  mirs  renfllin  geben, 

oder  ich  wil  dir  diendin  beren.    L'hland726; 

und  lasseot  mir  die  alte  braut. 

piit  der  kan  ich  mich  wol  verricblen, 

ich  wil  ir  selber  bern  die  haut.    783; 

nit  anders  so!  man  nerria  bsch<verea, 

dan  mit  eim  eichen  bengel  beren, 

und  sol  si  ferben  mit  der  band. 

McRNEBs  narrenbeselim.  C6*; 

spil,  darob  man  spilt  und  schwert, 

und  auch  dabei  umb  die  mculer  bert. 

Kellir  alte  schw.  s.  41 ; 
dann  kein  voller  hat  in  der  warheit  gott  zu  herra,  ob  er 
schon  allzeit  von  got  das  maul  bert  igott  im  munde  führt). 
Frank  trunkenh.  Gs';  diese  verwegene  haut  mit  einem  guten 
;  prügel  beren.  Wickram  ro//w.  86';  mit  trucknea  streichen  sein 
haupt  berten.    Docc.  2,  39' ; 

sein  hündisch  leder  im  zu  pehrn.    H.  Sachs  I,  97*; 

und  im  sein  bärenhaut  erpehrt.    I,  416*; 

die  weit  ir  maul  doch  mit  im  pehrt. 

und  als  in  arges  im  verkehrt.    I,  431'; 

wol  her,  den  narrenkaiser  schlagt, 

bert  im  mit  stecken  seinen  ient.    KI.  2,  ISO*; 

kumb  pfaf,  lasz  uns  einander  bern.    III.  3,  45'; 

sie  Wirt  mich  leichnam  übel  bern.    III.  3,  45*; 

ich  wil  dich  das  schätz  holen  lehrn. 

und  dich  mit  meiner  gabel  bern.    V,  344* 

sagt  die  hexe  zum  teufel; 

ibut  dir  dein  weib  solch  geist  beschweren, 

so  ihu  sie  mit  eim  pengcl  peren.    ungedr.  meislerg. ; 

welchs  mir  auch  ward  gar  sehr  verkehrt, 

mein  haut  mit  einem  knüttel  bert.    Waldis  Esop  4,  1 ; 

gern  hett  sie  einen  mann, 

der  ihr  wer  unterthan, 

ich  mein,  sie  würd  ihn  peren.    Er.  Wicdian^s  neue  musikal. 
kurzweit.  Xümb.  161S  n*  21 ; 
wie  habt  ihr  luder  gelegt,    mich   unter   die  weiszgerber    zu 
führen,  sie  werden  euch  noch    ewera   rücken  behren.    Para- 
CELSUS  1,  202'. 

2)  depsere,  kneten :  gerüret  bisz  dasz  es  kalt  wirl,  dann  zu 
zapfen  gebert  mit  öl,  bisz  es  kalt  wil  werden,  so  geusz  es 
dan  auf  ain  kalten  stain  und  bere  den  safran  darein,  und 
wan  er  ganz  darein  gebert  wirt,  so  mache  zapfen  darausz. 
Braunschweig  109;  bereite  das  pflaster  auf  folgende  weis, 
thue  zuletzt  terpentins  ein  pfund  darein  und  beer  es  zu  za- 
pfen. Tabernaejcont.  934 ;  nim  das  best  pulver  und  netz  das 
in  gebrantem  wein,  so  viel  dasz  es  sich  ballen  und  beren 
lüszt  under  den  händen.  Fhonsperc  kriegsb.  2,  195' ;  nim  gut 
pulver,  das  vermisch  mit  nuszöl  und  her  es.  2, 195*.  *.  bee- 
ren, bohren,  abberen,  durchberen,  erbcren,  zerberen. 

BERENNEN,  incurrere,  percurrere  terram,  urbem  copiis  ein- 
gere,  oppugnare,  nnl.  berenncn :  bercnne  die  straszen  wol,  rüste 
dich  aufs  beste.  Au/mm  2,1;  statte,  festung  berennen.  Kirchhof 
nn7.  disc.  99;  und  dieneil  ihnen  alsdann,  wie  frembden  an- 
kommenden gasten  zu  ehren  aus  der  festung  herlich  und 
weidlich  entgegengeblasen,  wird  es  nicht  unbillich  berenncn 
genennet,  dann  sie  an  einem  ort  nicht  lang  umb  groszcn 
schaden  zu  vermeiden,  still  halten  dürfen.  99*;  schickten  sie 
dreihundert  leichte  pferd,  das  land  zu  berennen,  ob  icrgends 
ein  verborgener  hiuderhalt  versteckt  ligc.  Garg.  20l';  und 
war  sein  rat,  dasz  er  etliche  seins  vulks  aussende,  die  ge- 
genc  zu  berenncn.   22S'; 

.Sachsenhausen  ward  berennt 

wol  an  einem  dienstage.    Soltal'407; 

berennt  der  Tnrk  die  siSiie 

mil  gcwali  und  groszer  schar.    420; 


1503 


BERENNEN— BERG 


BERG 


1504 


dieweil  der  berg  nun  brennet 
und  seine  gegend  stets  vom  wasser  wird  berennet. 

Opitz  1,43; 
des  herren  schwert  das  schmeiszt,  der  zorn  des  herren 

brennet, 
wir  sind  sciion  um  und  um  von  seinem  beer  berennet. 

LoGAü  1,  10,66; 
es  wurde  vorgestellt  die  keusche  festung 
der  schönheil,  wie  sie  vom  verlangen 
berennl  wird.       Schiller  415'; 

niemand  ist  so  furchtsam,  dasz  er  nicht  irgend  eine  bedeu- 
tende gefahr  wüste,  die  er  leicht  berennet.  J.  Padl  dämm.  69 ; 
beim  frühstück  mit  Walt  berennte  ihn  ein  Uhrmacher,  flegelj. 
4,  32;  nun  wirst  du  nicht  mehr  die  veste  Friedrichs  beren- 
nen  wollen.  Tieck  8,  311;  er  selber  übernahm  den  seeländi- 
schen  krieg,  gewann  Körsör,  berannte  Wordinborg.  Dahlmann 
dän.  gesell.  1, 494. 

BERENNEN,  n.  incursio :  das  berennen  des  Unglücks.  Opitz 
Arrj.  2, 137. 

BEREQÜIEMEN:  und  mit  allen  den  höllischen  pfaffen  und 
münchen  berequiemt  würde.  Fischart  bienenk.  207'. 

BEREUEN,  poenitere,  ahd.  pihriuweo  (Graff  4,  1144),  mhd. 
beriuwen,  beklagen,  betrauern. 

1)  transitiv,  mit  acc.  der  sacke :  ich  bereue  es ;  er  wird  es 
noch  bereuen ;  er  bereuet  diese  that ;  wir  sollen  unsere  Sün- 
den bereuen ;  russische  weiber  bereuen  [beweinen)  ihre  todten. 
pers.  reiseb.  1,  4; 

so  hönisch  mancher  auch  mein  stilles  lied  bereut, 
als  ob  nur  slroph  und  reim  von  goiies  gnaden  fielen. 

GÜNTHER  531. 

2)  reflexiv,  wer  sündiget  und  sich  berewet,  der  ist  der 
straf  schon  entgangen.  Lehmann  764;  nit  vom  wort  punire 
strafen,  sonder  vom  wort  poenitere,  das  ist  sich  berewen, 
oder  leid  sein  lassen,    bienenk.  108". 

3)  unpersönlich,  mit  acc.  der  person :  es  hat  mich  der  glaube 
bereuen  {nach  starker  flexion,  mhd.  beriuwen),  darumb  das 
ich  erfaren,  das  kein  bewerung  oder  bestetigung  darüber  ist. 
Luther  1,  50* ;  welchs  mich  so  gar  nichts  bereuet,  frr.  1,507; 
drumb  begeht  er  nicht,  das  in  bereuen  möge.  Frank  spr.  2, 
88*;  mich  ist  dreierlei  berüwen  und  ist  mir  leid,  das  ich  es 
nit  gethon  hab.  Eulcnsp.  cap.  91;  die  ich  zu  ritter  geschlagen 
hab,  das  mich  doch  fast  berewet.  Aimon  b ;  das  es  unserem 
bruder  dem  herzogen  Beue  {l.  unsern  . .  den  herzogen)  fast 
berewen  thu.  c ;  das  wird  dich  noch  berewen.  Fierabr.  a  6 ; 
ob  nicht  Yirgilium  berewt  hab  seiner  geschriebnen  thorheit 
Tor  seim  end.    Pabacelsus  1,  608' ; 

dasz  euch  Zwiespalt  nie  betrübe, 

niemals  auch  der  kauT  berew.    Logaü  1,  s.  10. 

heute  sagt  man  nur  mich  reut,  gereut. 

4)  das  part.  prael.  bereuet  steht  activisch  für  bereut  ha- 
bend: 80  nu  der  mensch  solt  sagen,  er  sei  warhaftig  bereuet, 
so  würde  er  gedrungen  zu  eigener  vermessenheit.  Ldther  1, 
416';  bistu  berewet  und  from,  und  hast  rechte  Sachen,  so 
helfen  dir  die  Schlüssel  und  sonst  nicht.  5,  226*.  s.  reuen 
und  gereuen. 

BEREUEN,  n.  und  es  mit  grandherzlichen  bereuen  beklagt 
hab.  Fischart  bienenk.  154'. 

BEREUENSWERTH. 

BERG,  m.  mons,  ahd.  perac,  mhd.  berc,  alls.  nnl.  berg, 
ag$.  beorh,  beorg,  engl,  atisgestorben,  altn.  biarg  und  berg 
saxum,  rupcs,  schw.  berg,  dän.  bjerg,  in  den  nord.  sprachen 
ist  aber  das  wort  neutral,  golh.  fairguni  n.,  neben  bairgahei, 
vas  auf  ein  m.  bairgs  leiten  würde,  von  dem  merkwürdigen 
verhall  dieser  formen  untereinander  und  zu  urverwandten  wurde 
$p.  1052  gehandelt,  ganz  nahe  liegt  bürg,  goth.  baurgs,  ahd.  puruc 
und  ags.  byrig,  das  nicht  nur  urbs,  oppidnm,  sondern  auch  cot- 
lis,  tumulus  ausdrückt,  wie  byrigean  condere,  recondere.  wür- 
zet von  bairgs  ist  also  bairgan  condere,  munirc,  tucri  und 
nicht  anders  ist  lat.  arx  cacumen  montis,  munimen,  urbs  und 
oppidum  von  arcerc  abgeleitet,  zu  arx  aber  stellt  sich  goth. 
aihs,  ahd,  alah,  ags.  ealli  templum,  von  ealgian  tueri  (sp.  109 
und  gesch.  der  d.  spr.  319);  unsre  vorfahren  sahen  im  hohen 
berg,  im  gebirge  die  feste,  den  schütz  der  gegend,  des  lan- 
des.  fairguni  war  wie  Ttvnyoe  schützender  berg  und  thurm. 
ob  fairguni  zugleich  den  dnnnerberg  bezeichnete  und  der  litt, 
donncrgolt  Pcrkunas  darauf  bezogen  wurde,  hängt  von  mytho- 
logischen erürlerungen  ab,  die  jenen  Zusammenhang  zwischen 
bairgs,  baurgs  und  fairguni  nur  bestärken,  nicht  aufheben  kön- 
nen, ausdrücklich  behauptet  auch  das  alln.  berg  die  bedeu- 
tung  von  auxilium,  bergung  und  hülfe. 


Diese  entwickelung  des  wortes  berg  empfängt  volle  bestäti- 
gung  durch  das  sl.  brjeg  ripa,  serb.  brjeg  collis,  ripa,  poln. 
hrzeg,  böhm.  bieh  ripa,  russ.  bereg"  ripa,  da  sich  berg  und 
brjeg  verhallen  wie  gard  und  grad,  Karl  und  krol,  arm  und 
ramo,  dorn  und  tr'n' ,  das  russ.  bereg"  ganz  dem  ahd.  pe- 
rac, pereg  gleichkommt.  Strand  und  ufer  bezeichnen  aber  die 
über  die  flut,  an  dem  wasser  sich  hebende  höhe,  das  hohe, 
steile  ufer,  und  an  den  Strand  ziehen  heiszl  erhalten,  bergen 
{s.  bergen  1),  in  den  südslavischen  dialecten  herscht  sogar  die 
bedeutung  des  hügcis  vor.  an  brjeg  scheinen  sich  gr.  Qaxia 
und  QrjYfUv  zu  schlieszen  (doch  vgl.  brechen),  «'t'e  an  jjergcn 
y>^dytn.<ui,  tpä^ywfii,  ff^äaau). 

1)  berg  ist  gegensatz  vo7i  Ihal  und  ansehnlicher  als  hügel, 
das  schw.  berg  mehr  als  kulle,  weniger  als  fjäll,  dän.  Ijeld, 
alln.  fiall,  welchem  unser  fels,  ahd.  felis  begegnet,  berg  scheint 
also  die  mitte  zwischen  groszcm  sleingebirge,  saxum,  rupes 
und  bloszem  hügel  zu  halten,  oft  stehn  berg  und  hügel  ne- 
ben einander:  so  spricht  der  heiT  zu  den  bergen  und  hügcln, 
zu  den  bechen  und  talen.  Es.  6,  3.  36,  6;  sprachen  zu  den 
bergen  und  felsen.  offenb.  Joh.  6,  IC.  man  pflegt  dem  berg 
unten  wurzel,  schwelle,  fusz  und  rand,  oben  spitze  und  gipfel, 
köpf,  hals  «nd  rücken  beizulegen:  am  ersten  tag  des  zehen- 
den monds  sahen  der  berge  spitzen  erfür.  l  Mos.  8,  5 ;  fod- 
dert  er  Mose  auf  die  spitze  des  bergs.  2  Mos.  19,  20 ;  kompt 
erauf  auf  die  spitze  des  bergs.   Jos.  15,  8. 

2)  bergmännisch  heiszt  berg  jede  taube  erd-  oder  steinart, 
die  kein  erz  in  sich  enthält  und  losgcwonhen  wird,  oder  von 
selbst  abfällt:  ein  stuf  oder  handstein,  der  schön  ist,  doch 
one  erz,  hciszet  ir  bergieut  eigentlich  ein  berg  oder  metal- 
lische art.  Mathesiüs  27';  also  setzt  sich  das  metall  an  einem 
könig  zu  grund  des  tigels,  der  berg  aber  des  ertzs  bleibt 
oben  schweben  und  wird  zur  schlacken.  Paracelsüs  1,  964'. 
einige  brauchen  es  neutral:  er  narii  das  berg  herausz,  wusch 
es  und  fand  vil  bröcklein  lauters  silbers  darin.  Münster  1012, 
wonach  es  vielleicht  richtiger  für  ein  stück  zu  nehmen  ist,  das 
erz  enthalten  kann  oder  nicht,  man  sagt,  berge  hauen,  die 
berge  fortschaffen,  zu  tage  fördern,  einem  goldne  berge  ver- 
sprechen; goldne  berge  regnen.  Bürger  73";  mhd.  guldin  berge 
nemen.  Tit.  3244. 

3)  auch  andere  erhöhungen  und  anhäufungen  nennt  man  berge : 

drohende  berge  von  wellen  rauschton  daher, 
wie  sonst  thürme;  im  Süden  hängen  berge  von  wölken;  ein 
berg  von  leichen  deckte  das  Schlachtfeld;  berg  der  aufge- 
walzten jähre  {oben  sp.  769) ;  berge  von  arbeiten,  sorgen, 
hindernissen ;  berge  heiszen  die  erhabnen  stellen  unter  den 
fingern  in  der  hand;  die  jäger  nennen  das  erhabene  in  der 
hirschfährte,  das  die  liefen  eindrücke  der  klauen  von  einan- 
der scheidet,  das  berglein  oder  das   birgel. 

4)  in  diesem  allgemeinen  sinne  verbindet  sich  auch  berg  mit 
praeposilionen,  um  das  höher  liegende  oder  stehende,  das  hin- 
auf und  empor  auszudrücken,  das  schif  geht  gen  lierg,  zu 
berge,  stromaufwärts,  wie  zu  thal,  stromabwärts ;  der  Jordan 
gieng  wider  berg.  Keisehsb.  ausg.  der  Juden  k;  die  gioszcn 
lisch  thcten  sich  under  den  {schwimmenden)  leichnam  und 
erhüben  in  zu  berg.   Aimon  ¥  3 ; 

fantasie  das  ungeheure  riesenweib 
sasz  zu  berg.    ItöcKERtO; 
höh  seinen  schild  hoch   zu   berg.    Fierabr.  C;    sein    schwänz 
was  ein  wenig  zu  berg  gezogen,    fo;    und   da   der  geist  für 
mir   ubcrgieng,    stunden    mir    die   har  zu   berge  an  meinem 
leibe,  //ioft  4,15;  wo  man  vil  schweren  hört,  da  gehen  einem 
die  haar  zu  berge.    Sirach  27,  15;   wenn  du  hörst,  das  einer 
got  lestcrt,  so  gon  dir  die  har  ze  berg.  Keisersh.  sünden  des 
ni.  19';  in  groszen  ängstcn  war,  dasz  ihm  alle  seine  haar  gen 
berg  giengen.   ßycc.  2, 130";  dann  all  mein  har  keren  sich  zu 
berg.   Aimon  nl;   disz   sind  ja   harte  und  schreckliche  wort, 
drüber  einem  gewislich   die   har   sollen    gegen    berg    stehen. 
Matiiesius  150';   welches   so   greulich   wer,    dasz  eim  wilden 
Schwein  die  haar  gen  berg  sollen  stehen,  bienenk.  174'; 
0  schul!  ob  welcher  den  die  haar 
in  kaltem  scliwejsz  zu  berge  gehn.    GhtpiiiusS,  9; 
dem  don  Kichote  aber  standen   alle   haar   auf  seinem  haupt 
zu  berge  (los  cabellos  de  la  rabczu  sc  le  erizaron).  Harnisch 
215;    mir    stunden    alle  haare  zu  berge.    Fe/scnft.  4,  333;  die 
haare  stunden  mir  zu  berge.  2,497;  der  schrecken  trieb  ihm 
die  haare  zu  berge; 

ich  bitte  tausendmal  ah,  dasz  solche  läslerungen, 
wobei  mir  selbst  die  haare  zu  berge  stehn, 
auch  nur  in  der  dritten  person  aus  meinem  mundo  genn. 
WlBlAND  4,  t'O; 


1505 


BERG 


BERGAB  — BERGAUF 


1506 


0  gott,  ihm  stehen 
Tor  dem  gedanken  schon  die  haar 
zu  berge.  9,  196 ; 

die  haare  stehen  mir  zu  berge,  wenn  ich  euer  gnaden  so 
reden  höre.  11,  163;  dasz  mir  die  haare  zu  berge  standen. 
GöTHE  24,  168 ; 

mir  graust,  der  alhem  stocltt,  zu  berge  steigt  mein  haar. 
Schiller. 

das  lat.  comae  steterunt;  engt,  my  hairs  stood  on  end. 

5)  oß  Verden  berg  wid  thal,  berg  und  wald,  berg  und  grund, 
berg  und  aue  neben  einander  genannl:  berg  und  thal  kommt 
nicht  zusammen.  Simpl.  1,  40G ;  berg  und  thal  kommen  nicht 
zusammen,  aber  die  menschen;  je  höher  berg,  je  tiefer  thal; 
es  war  kein  berg  so  hoch,  das  thal  war  so  niedrig;  wenns 
auf  dem  berg  gereift  hat,  so  ist  im  thal  alles  erfroren; 

dein  überliähner  mut,  mit  dem  du  dich 
als  wie  ans  pTerd  gewachsen 

durch  thal  und  befg,  durch  flusz  und  graben  schleuderst. 
GöTHE  9,  276 ; 

da  sich  die  nacht  von  berg  und  ihälern  hebt.    10,  277 ; 

da  schleppen  nun  titanen  ohne  zahl 

gar  manches  schöne  berg  und  thal  zusammen.    14,36; 

dasz  es  noch  besser  sein  würde  über  berg  und  thäler  so  zu 
wandeln.  20,  277 ;  wie  er  sich  durch  berg  und  thäler  durch- 
gearbeitet haben  mag.  20,  281.  durch  berg  und  wald.  21.  32. 
das  ags.  llrgen  bedeutet  ein  valdgebirg.  auf  bergen  und  in 
gründen.  5  Mos.  1,  7 ;  das  land  hat  berge  und  awen,  die  d^^r 
regen  vom  himel  trenken  musz.  11,  11.  schatten  und  dun- 
kel der  berge :  du  sihest  die  schatten  der  berge  für  leute  an. 
rieht.  9,  36 ;  berge  sind  mit  seinem  schalten  bedeckt,  ps.  SO, 
11;  und  als  sie  hinab  zoch  im  tunkel  des  berges.  1  Sam. 
15,  20 ;  der  berg  steigt  aus  dem  thal  auf. 

G)  wir  stehen  hier  am  berge ;  die  ochsen  slehn  am  berge ; 
wenn  man  nach  einem  beweis  des  behaupteten  fragt,  so  hal- 
ten sie  am  berge  und  wissen  nichts  vorzubringen.  Lichtenberg 
3, 88 ;  dem  feigen  wird  das  kleinste  hindernis  zum  berg. 
WiEUl.ND  21,  174. 

7)  hinterm  berge  wohnen  auch  leute;  hinter  den  ber- 
gen wohnen  auch  leute.  Simpt.  l,  129;  sie  thun  das  maul 
nicht  auf.  sondern  kriechen  zu  winkel,  halten  hinder  dem 
berge,  und  ziehen  die  pfeifen  ein.  Luther  5,  369';  er  halt 
mit  seinen  sachen  hinter  dem  berge,  hält  sie  geheim; 

denn  so  viel  brot.  als  wir  bedürfen. 

wächst  hinter  jedem  berge  ja.    Gökimge  1, 117. 

8)  wir  bleiben  dennoch  leider  allzu  faul  und  lasz  und 
sind  noch  nicht  mit  jenen  neun  und  neunzig  gerechten 
so  fem  über  den  berg  komen,  als  sie  sich  lassen  dünken. 
LiTHER  4,  435*;  denn  sie  fürchteten  sich,  und  weren  lieber 
über  alle  berge  gewesen.  4,  492';  sprecht  nicht  hui,  ihr  seid 
noch  nicht  über  den  berg.  5,90*;  blieb  a|so  schlafend  ligen, 
bisz  momdes  die  sunn  über  alle  bei^  schein.  Tho.  Plater 
11;  bist  noch  nit  über  den  berg  und  zäun.  Pelr.  4*;  war  über 
alle  berge  (plölzlich  entflohen),  irrg.  der  liebe  158.  Felsenb.  2, 
353;  ich  wünschte  über  alle  berge  zu  sein.  Göthe26,  23;  der 
winler  ist  schon  über  alle  berge,  fort  entflohen. 

9)  die  biblische  spräche  legt  den  bergen  beben,  zittern, 
hüpfen  und  jauchzen,  der  erhabnen  natur  menschliche  empßn- 
dung  bei:  darumb  ist  der  zom  des  herrn  ergrimmet  über 
sein  Volk,  und  recket  seine  band  über  sie,  und  schlegt  sie, 
das  die  berge  beben.  Ei.  5,  25;  die  berge  zittern  für  im  und 
die  hügel  vergehen.  Sahnm  1,  5;  berge  und  thal  zittern,  wenn 
er  heimsucht,  soll  er  denn  in  dein  herz  nicht  sehen.  Sir.  16, 
19  ;  und  alle  berge  und  insulcn  wurden  bewegt  aus  iren  «ir- 
tern.  offenb.  Joh.  6, 14 ;  die  wasserstrümc  frolocken  und  alle 
berge  seien  frölich.  ps.  98,  8 ;  jauchzet  ir  himel,  ir  berge 
frolocket  mit  jauchzen,  der  wald  und  alle  bewmc  drinnen. 
Es.  44,  23 ;  die  berge  liüpfeten  wie  die  lemraer,  die  hügel  wie 
die  jungen  schafe.   pt.  114,4.  6. 

10)  die  vOgel  vohnen,  das  vieh  «eidet  auf  dem  geHirge, 
und  berg  bedeutet  soviel  wie  bergweide  (Stai.der  1,  157):  ich 
traw  auf  den  herrn,  wie  saget  ir  denn  zu  meiner  seele,  sie 
sol  fliegen  wie  ein  vogel  auf  ewre  brrge.  ps.  11,1;  ich  kenne 
alles  geviigel  auf  den  bergen.  50,  II;  dem  gevögel  auf  dem 
berge  und  den  ihieren  im  lande.  Es.  IS,  6;  denn  alle  thier 
ini  walde  sind  mein  und  vieh  auf  den  bergen,  da  sie  bei 
tausent  gelien.  ps.  50, 10. 

11)  der  pl.  berge  oß,  tcte  montes,  =  gehirge :  auf  den  ber- 
gen wohnt  die  freiheit ;  sich  in  die  berge  (lachten ;  die  berge 
warfen  schon  lange  schatleo;  die  berge  rauchen; 


ein  seltner  vogel  oder  ammonshom, 

wie  es  der  wandrer  lindet  auf  den  bergen.    ScHii.LKK&14'; 

der  alte  winter,  in  seiner  schwäche, 

zog  sich  in  raube  berge  zurück.    Göthe  12,  52; 

der  abend  wiegle  schon  die  erde 

und  an  den  bergen  hieng  die  nacht.    1,  75. 

Eine  menge  ton  Zusammensetzungen  mit   berg   drücken   so- 
Kol  den  natürlichen  gegensatz    zur    ebene,    als    auch   die    auf 
dem  gebirg  wohnenden  Ihiere  oder  vachsenden  krduler  und  die 
Verhältnisse  des  bergbaus  aus.     einzelne  derselben  beruhen  aber 
auf  ungenauer  beobachtung  oder  ungefüger  häufung  und  es  scheint 
weder  möglich  noch  auch  nüthig  sie  alle  namhaß  zu   machen. 
BERGAB,  adv.  deorsum,  nieder,  gegensatz  von  bergan,  berg- 
auf, wie  nnl.  bergaf  gegensatz  von  bergop :  bergab  gehen ;  es 
geht  mit  ihm  bergab,  sein  leben  neigt  sich  zu  ende; 
bergab  rauschende  bäche.    Opitz  2,  286; 
der  heisze  gott  des  liecbts  führt  seine  feuerpferde 
nun  wiederümm  bergab.    Flexi.'vg  64; 

ein  pferd  soll  man  bergab  leiten,  bergauf  schonen,  in  der 
ebene  brauchen. 

BERG.\BHANG,  m.  declicilas. 

BERGABSATZ,  m.  articulus  montis. 

BERGABWÄRTS,  adv.  gegensatz  von  berganwärts. 

BERGACKER,  m,  ein  am  berge  liegender  aeker. 

BERG  ADER,  f  vena  metalli,  erzader;  die  übrigen  gebii^e 
im  monde  sind  von  geringerer  höhe  und  zeigen  sich  als  berg- 
rücken  (oder  bergadern,  wie  Schröter  sie  nennt),  als  ringge- 
birge  und  als  einzelne  berge.    Brandes  aslronomie  2,  22. 

BERGADLER,  m.  vultur  leucocephalus. 

BERGAHORN,  f?i.  acer  pseudoplatanus. 

BERGALAUX,  m.  alaunstein,  als  tnasse  gebrochen. 

BERGALTAR,  m.  machtest  dir  bergaltar  auf  allen  gassen. 
Ez.  16,  24. 

BERGÄLTESTE,  m.  der  älteste  unter  den  bergleuten. 

BERG.\M.MER,  f  emberiza  montana. 

BERGAMPFER,  m.  rumex  montana. 

BERGAMSEL,  f  turdus  torquatus,  waldanuel. 

BERGAMT.  n.  collegium  melallicum. 

BERGAMTSSCHREIBER,  m. 

BERGAN,  adi:  sursum,  adverso  monle,  zu  berg:  bergan 
gehen,  steigen;  das  beer  rückte  bergan;  nun  giengs  eine 
stunde  bergan ; 

ihaler  nennet  man  vom  thal,  und  wo  thal,  da  ist  es  niedrig, 
weil  nun  Grossus  denkt  bergan,  sind  die  thaler  ihm  gar  wiedrig. 

LOGAU  3,  3,  85. 
die  liebe  steigt  munter 
im  Sturm  bergan.    Gotter  3,  Lnviii. 
und  fuhr  bergan  wie  bergunler.    Götrs40,  283; 

nichts  gelang,  alles  gieng  bergan  (con/raire).  J.  Facl  ri7.4, 149. 

BERGANDORN,  m.  stachys  germanica. 

BERGANWÄRTS,  adv.  was  bergan: 
allein,  wenn  ich  berganwärts  gehe, 
so  denk  ich  an  das  ihal,  das  folgt,  und  fasz  ein  herz. 
Gellkrt  1,  164. 

BERGARBEIT,  f.  opus  metallicum,  arbeit  im  bergwerk. 

BERGARBEITER,  m.  was  bergmann. 

BERGART,  f.  ir  bergleut,  ob  ir  wol  gold,  silber,  kupfor. 
eisen  und  die  dreierlei  blei  metall  nennet,  so  habt  ir  zwei 
eigne  worl,  bergart  und  erz,  damit  ir  alles,  was  in  gengen 
und  klüften  lehr  (leer),  arm,  reich  und  gedigen  bricht,  pfle- 
get zu  nennen.  Mathesiüs  29';  denn  bergart  heiszt  bei  uns 
ein  handstein  oder  stufen,  die  im  berge  oder  auf  genge  und 
Octze  bricht  und  soviel  erez  oder  metall  hell,  als  ein  schütte 
stro.   das. ;  erz  aber  heiszet  ir  was  metall  in  sich   hat.    das. 

BERGARTIG,  monli  similis:  und  so  wärst  du,  fragte  Wil- 
helm, zwischen  den  gebirgen  zur  kenntnis  der  gebirge  ge- 
langt? —  ohne  mit  menschen  umzugehen?  —  wenigstens 
nur  mit  menschen,  die  bergartig  waren.  Göthe  21,  49. 

BERGARZT,  m.  er  {Georg  Agricola)  lebte  im  gebirg  als 
bergarzt.    Göthe  53, 160. 

BERGAST,  m.  ramus  montis: 

nirhtlnsel  dich,  mit  leichter  hügelkette 

Europens  letztem  bergast  angeknüpft.    GöTit  41,  224. 

BERGASTMOOS,  n.  hypnum  vitieulosum. 

BERGAUF,  sursum,  nnl.  bergop,  verhält  sich  zu  bergan, 
irie  auf  zu  an,  und  steht  dem  bergunter,  wie  bergan  dem 
bergab  entgegen,  der  Wanderer  steigt  bergan,  der  bergknappe 
aus  der  grübe  bei^auf.  doch  werden  bergan  und  bergauf  oß 
gleichbedeutig  gebraucht,    wer  ein  stein   den   berk  nf  wirfl, 

95 


1507 


BERGAÜSSICHT — BERGEN 


BERGEN 


1508 


der  musz  warten  sein,  dasz  er  herab  wider  auf  ihn  eile. 
Keisersb.  Sünden  des  munds  38"; 

da  du  lebtest,  werther  hold, 

ward  dein  rühm  bergauf  gestellt.    Logau  1, 1,  99; 

in  heiszer  niiltagsslunde  bergunter  und  bergauT. 

UiiLAND  ged.  416 ; 

wies  denn  in  der  weit  geht,  das  glück  wälzt  bergauf,  bergab. 
Lekz  1,  88. 

BERGAUSSICHT,  f.  prospeclus  de  monte. 

BERGAUSTER,  f.  ostrea  edulis. 

BERGAUSTHEILER,  m.,  der  das  von  der  zeche  einkom- 
mende geld  einnimmt  und  verlheilt. 

BERGBALDRIAN,  m.  Valeriana  montana. 

BERGBALSAM,  m.  naphlha. 

BERGBARTE,  f.  ein  kleines  heil,  wie  es  die  bergleute  tra- 
gen,   s.  harte  und  berghacke,  berghaue. 

BERGBAU,  m.  metalla,  fodinae,  hergwerk.  vgl.  ackerbau 
und  ackenverk. 

BERGBAUBESCHREIBUNG,  /. 

BERGBAUKUNDE,  f. 

BERGBAUKUNDIG. 

BERGBAUKUNST,  f.  ars  fodinarum  instiluendarum. 

BERGBEAMTE,  t?i.  ret  melallicae  praepositus.  ■ 

BERGBEDIENTE,  m.  in  re  metallica  administer. 

BERGBESTEIGUNG,  f.  ascensio  montis. 

BERGBETT,  n.  leclus  montanus,  jäher  grasplatz  zwischen 
[eisen.    Stai.der  1,  157. 

BERGBEWOHNEND,  oQtariäs:  bergbewohnende  nymphen. 
Voss  II.  6,  420. 

BERGBEWOHNER,  m.  monticula.  nnl.  bergbewoner. 

BERGBEWOHNERIN,  f. 

BERGBINGELKRAUT,  n.  mercurialis  perennis. 

BERGBINSE,  f.  juncus  niveus. 

BERGBLAU,  was  kupferblau,  aus  kupfervitriol  bereitete  färbe. 
HoHBERG  3,  144'.  Brockes  9,  80. 

BERGBOCK,  m.  was  Steinbock. 

BERGBOHRER,  m.  fossorum  terebra. 

BERGBOTE,  m.  ein  diener  in  bergwerksangelegenheiten. 

BERGBRAUN,  n.  erdfarbe,  umbra. 

BERGBUCH,  n.  liber,  quo  res  metalltcae  consignantur. 

BERGBUCHE,  f.  fagus  silvaticu. 

BERGBUCHS,  m.  vaccinium  vilis  idaca.  Stalder  1, 157. 

BERGBUTTER,  f.  steinbutter,  ein  fetter  gelblicher  thon.  s. 
bergzieger. 

BERGDACHS,  m.  arclomys  marmota,  das  murmellhier. 

BERGDISTEL,  f  onopordon  acanthium. 

BERGDOHLE,  f.  corvus  pyrrhocorax. 

BERGDORF,  n.  vicus  montanus,  ein  darf  im  gcbirge:  wir 
hatten  auf  unsern  Wanderungen  ein  angenehmes  bergdorf  er- 
reicht. GöTUE  23,  109;  die  unbedeufendheit  der  samnitisehen 
bergdörfer.    Niebuhr  3,  222. 

BERGDROSSEL,  f  turdus  iliacus. 

BERGDUNST,  m.  böse  luß  im  bcrgwerk. 

BERGEBENE,  f  planilies  in  dorso  montium :  auf  der  höch- 
sten bergebene.    Arnim  kronenw.  1,  113. 

BERGECHTIG,  montanus:  die  hohen  berchechten  überstür- 
zen den  weg.  Keisersb.  ehr.  bilg.  132;  dieses  gewächs  lindet 
man  in  den  bergechtigen  und  nassen  wiesen.  Tabernaemort. 
krduterb.  120. 

BERGEGELD ,  n.  pecunia  pro  bonorum  in  oram  ejeclorum 
conservatione,   für  gestrandete  guter. 

BERGEGUT,  n.  bona  ejecta:  den  12  jan.  sollen  zu  Blan- 
kenesc  mehrere  theils  als  berg-  theils  als  treibgut  geborgene 
waaren  aus  folgenden  in  der  sce  verunglückten  schiffen  meisl- 
bietend  verkauft  werden.  Hamburger  corresp.  1824  n*  5. 

BERGEI,  n.  schwefelkicskugel. 

BERGEICHE,  f  quercus  robur, 

BERGEINÖDE,  f  locus  deseitus  in  montibus. 

BERtiEINSlEDLER,  m.  corvus  eremita,  alprabe,  waldrabe. 

BERGEISEN,  n.,  arbeitsstück  der  bergleute,  der  schlcgel,  ein 
spilzhammer  mit  fäustel. 

BERGELOHN,  m.  was  bergegeld. 

BERGELSTER,  f  corvus  pica  montana,  der  neuntödter. 

BERGEN,  scrvare,  tueri,  tegere,  celare,  prad.  barg,  part. 
geborgen,  goth.  bairgan  itjqüv,  ahd.  pcrkao,  bergan  (Graff 
3, 1G9),  mhd.  bergen  Ben.  1, 158. 159,  ags.  beor^gan,  altn.  biarga, 
schw.  bcrga,  dän.  bjerge.  Adelung  will  bergen  von  berg  ab- 
leiten,  da  doch  umgedreht  berg  von  bergea  slvmmt,   d.  h.  in 


berg  die  Vorstellung  des  schützenden,  hegenden,  wehrenden  an- 
zuerkennen ist,  nicht  in  bergen  nolhwendig  die  der  höhe,  des 
gr.  gyQaywfxi,  fa^yw/it  wurde  oben  {unter  berg)  gedacht, 
man  erwäge  ^riyw^tt  {unter  brechen)  und  äywfn,  bereu, 
bairan  tragen  bleibt  besser  aus  dem  spiel;  denn  bergen  liesze 
sich  zwar  deuten  in  die  höhe  tragen,  hervortragen,  emportra- 
gen, doch  der  gutturallaul  scheint,  wie  sl.  brjeg  und  gr.  QTjyfiiv 
zeigen,  schon  frühe  wurzelhaft,  nicht  als  ableitend  nachzu- 
weisen. 

1)  bergen,  den  mit  der  fiut  ringenden  an  das  ufer  ziehen, 
retten,  das  im  meer  schwimmende  gut  an  den  Strand  bringen, 
sichern  und  retten:  es  sind  nur  wenig  leute  aus  dem  schif- 
bruch  geborgen  worden;  gestrandete  guter  bergen,  daher 
bergegeld,  bergegut,  bergelohn.  alles,  die  ganze  ladung  ist 
geborgen,  res  in  vado  est,  in  tuto  est,  aufs  trockne  gebracht, 
man  sagt  nun  auch:  das  heu  bergen,  einthun,  in  die  Scheune 
führen,  obst  bergen,  obst  lesen,  afterbergen,  nachlesen. 

2)  bergen,  condere,  abscondere,  tegere,  verstecken,  man  kann 
überall  deuten  bewahren,  schützen:  in  der  erde,  in  die  erde 
bergen,  terra  condere;  den  leichnam  bergen,  begraben,  bestat- 
ten; sich  im  dunkel  des  waldes  bergen; 

wol  dem,  den  bisher  barg 
ein  grab  für  so  viel  arg.    Logau  I,  2,  92; 
tief  barg  ich  mich  nun  in  den  hainen  Achäas, 
dasz  mein  ehr  nicht  vernahm  jenen  orl(an. 

kLOPsiocK  2,  192; 
ulmen,  unter  deren  blätter 
oft  die  nachtigall  sich  barg.    .Saus; 
noch  köstlicheren  samen  bergen 
vv-ir  trauernd  in  der  erde  schosz, 
tind  hoffen,  dasz  er  aus  den  sargen 
erblühen  soll  zu  schönerm  losz.    Schiller; 
alle  sturmerprobte  schiffe 
bergen  sich  in  sichrer  bucht.    60"; 

und  sprächet  ihr  zu  der  nacht  verhülle  mich,  und  zu  der 
finsternis  birg  mich!  139';  dein  äuge  rollt  fürchterlich,  ich 
will  mich  hinter  dich  verstecken.  Guelfe  birg  mich  vor  dei- 
nem Wick!  Klinger  1,  67;  der  genius  deckte  seine  mutigen 
Streiter  mit  einem  groszen  Schilde,  er  konnte  aber  die  un- 
zählbare menge  nicht  bergen.  3,  263.  mhd.  sagte  man  die 
klä  in  die  füeje  bergen,  die  klauen  einziehen,  kröne  9420. 

3)  aus  der  ersten  hedeutung  folgt  die  abstraction  des  hel- 
fens,  rettens,  sicherns,  geborgen  sein  heiszt  in  schütz  und 
Sicherheit  sein,  gut  dran  sein- 

da  ruh  du,  mein  armes,  da  ruh  nun  in  goit, 
geborgen  auf  immer  vor  elend  und  spott.    Bürger; 
komm,  komm,  du  bist  geborgen, 
lasz  gott  und  mich  nur  sorgen.    53"; 
vor  euern  klauen  und  geiersgriffen, 
vor  euern  prakiiken  und  bösen  kniffen 
ist  das  geld  nicht  geborgen  in  der  truh, 
das  kalb  nicht  sicher  in  der  kuh.    Schiller  325'; 
er  ist  gerettet  doch  und  wol  geborgen?    522'; 
mein  weih  verzagt  um  mich,    verkündet  ihr, 
dasz  ich  gerettet  sei  und  wol  geborgen.    541"; 
solch  eine  schwesicr!  und  ich  war  geborgen.    Göthe2,  7; 
wenn  aus  dem  herrn  ein  bräutigam  wird,  so  ist  sie  geborgen. 

40,  314; 

ist  der  director  glücklich  genug  ihrer  {schöner  leute)  habhaft 
zu  werden,  so  sind  komödicn-  und  tragödienschreiber  gebor- 
gen. 23,  23;  wer  den  begrif  {des  bildes)  fassen  kann,  ist  in 
der  kunst  sein  ganzes  leben  geborgen.  39, 13 ;  so  ist  er  {der 
physiker)  geborgen  und  der  phiiosoph  mit  ihm.  52,  290.  wir 
bergen  uns  wol,  aber  das  volk  ist  verloren. 

4)  aus  der  zweiten  die  des  verhehlens,  verbergens, 

a)  ohne  casus,  oder  mit  dem  hloszen  acc.  der  sache:  ein 
narr  zeigt  seinen  zorn  baldc,  aber  wer  die  schmach  birget, 
ist  witzig,  spr.  Sal.  12,  IG;  fürstcn  müssen  viel  dings  bergen 
und  heimlich  halten.  Luther  3,49';  wie  gar  kannst  du  nicht 
bergen,  was  du  im  sinn  hast?  das.; 
alsbald  die  haubc  deckt  das  haupt,  cnidocken  «ich  die  sinnen, 
die  nicht  wie,  wann  sie  Jungfern  sind,  die  weiber  bergen  künncn. 

Logau  .\  9,  19; 

der  nicht  bergen  kann,  wie  viel  ihm  daran  gelegen  ist,  für 
niciits  gemeines  angeschn  zu  werden.  J.  E.  Schlegel  5,378; 
bei  allem  dem  können  wir  nicht  bergen,  dasz.  Wieland  1,254; 
eine  lücke,  und  zwar  wie  wir  nicht  bergen,  eine  bctrüchtiicbe 
iücke.  7,  105 ; 
ihr  herz,  wir  könnens  nicht  bergen,  nahm  anthollnn  der  sache. 

5,  106 ; 

wir  können  nicht  bergen,  Danischmcnd  hatte  u.  s.  w.  8, 241 ; 
birg  nicbl  gefühle,  die  dich  obren !    Götter  2,  304 ; 


1509 


BERGEN  —  BERGESHÖHE 


BERGESHÖHLE  — BERGFREUND   1510 


geheime  kräfte 

den  schlaTzu  bannen, 

birgt  ein  gescbäfle.    3,  524; 

ich  habe  gründe,  dieses  strafbare  geheimnis  länger  nicht  zu 
bergen.  Schiller  267 ;  ich  darf  nicht  bergen,  dasz  ich  um  ein 
geheimnis  weisz.  273; 

was  ich  dem  himmel 
vertraut,  brauch  ich  vor  menschen  nicht  zu  bergen.  45$^ 

b)  mit  dat.  der  person:  denn  ich  wil  e.  a.  nicht  bergen, 
das  nicht  allein  die  conventual  von  N.,  sondern  fast  jeder- 
man  ergerlich  und  übel  davon  reden.  Lcther  6,  506';  gn. 
herr,  ich  kann  euch  nichts  bergen.  Aimon  1 ; 

versprich  mir,  wenn  dein  herz  vernehmlicher 
sich  einst  erUärt,  mir  seiner  wünsche  keinen 
zu  bergen.  Lessisg  2,  244 ; 

dieses  Unglücks  scbmacb  dem  aug  der  weit  zu  bergen. 
ScaiLLKR  236. 

c)  sich  bergen: 

kaum  halt  ich  mich  zurück,  wo  berg  ich  mich  ? 

GoTTEa  2, 492 ; 
was  aller  mund  errüllt, 
das  barg  sich  meinem  berrn?   Schiller  67; 

sich  nicht  zu  bergen  wissen,  nicht  wissen,  wohinaus,  sich  vor 
etwas  zu  hehlen  oder  zu  retten:  er  weisz  sich  vor  freude  gar 
nicht  zu  bergen,  weisz  nicht  was  er  thun  soll,  ist  verwirrt  vor 
freude;  hat  er  sich  vor  freuden  kaum  zu  bergen  gewust. 
Felsenb.  1,  2 ;  ich  kann  mich  gar  nicht  vor  ihm  bergen,  immer 
neckt  er  mich ;  sich  vor  frost,  hitze,  bunger,  dursl  nicht  ber- 
gen können ;  seit  die  katze  fort  ist,  können  wir  uns  vor  rat- 
ten  und  mausen  nicht  bergen. 

d)  die  ältere  spräche  stellte  dazu  die  sacke  in  den  geniliv: 
ich  hab  mich  meiner  kunst  nit  geborgen.  Reuchlin  augensp. 
3b*;  ihr  habt  nunmehr  wol  von  andern  gehört,  von  wannen 
mir  das  gelt  und  die  kleider  kommen,  denn  ich  mich  sein 
noch  nie  geborgen  habe.  Galmy  238. 

BEUGEN,  praet.  bergte,  metalla  exercere,  colere:  viel  leute 
bawen  im  silberwerk  und  hoffen  viel  guts  erwerben  und  reich 
werden,  indem  schlecht  es  um,  und  berget,  das  er  im  thal 
nichts  hebelt  und  musz  mit  schaden  und  schänden  ablassen. 
Agricola  spr.  205'  {n'  444). 

BERGE.N,  porcinus,  suillus,  von  barg  porcus  sp.  1133 : 
mit  bergem  scbmär  ist  es  vermischt.    Bbaht  narrensch.  206, 
für  bergenem. 

BERGE.NGE,  f.  angustiae,  fauces  monlis:  dasz  sie  des  nachts 
diese  bergengen  unbesetzt  heszen.  Lohenst.  Arm.  1,  825. 

BERGENS  SPIELEN,  abdi  et  quaeri  vicissim,  Versteckens 
spielen,  s.  gutzbergieins  spielen.  Schweiz,  verbergis  machen. 
Staluer  2,  495. 

BERGENTE,  f.  anas  marila. 

BERGENZEN,  indolem  metalUcorum  prae  se  ferre,  die  art 
und  weise  der  bergletUe  an  sich  tragen,  bergenzend  ist  berg- 
männisch. 

BERGENZIAN,  m.  gentiana  lutea. 

B EKGEPPICH,  m.  athamanta  oreoselinum,  grundheil,  vielgut. 

BERGER,  f».  qui  rem  servat,  condit:  gesetzt  ein  geliehenes 
oder  gemiethetes  pferd  oder  irgend  eine  andere  sache  kommt 
in  den  bänden  des  miethers  oder  bergers  um.  Weber  ver- 
bindl.  zur  beweisfiArung  s.  254. 

BERGERDRALCH,  n.  fumaria  capnoides. 

BERGERLE,  f.  Crataegus  alpina. 

BERGESALTE,  m.   daemon  monlanus,  der  alte  vom  berg: 
plüizlich  aus  der  Telsenspaite 
triu  der  geist,  der  ber^esalie.    ScaiLLsa  50'. 

BERGESCHICHT,  f.  die  bestimmte  arbeitszeil  des  bergmanns. 
BERGESGRUND,  m.  vallis  montis. 
BERGESHALÜE,  f.  clivus  montis: 

zwischen  flut  und  bergeshalden.    RCctiRT2$8; 

ich  stand  auf  berges  halde 

als  heim  die  sonne  gieng.    453. 

BERGESHANG,  m.  proclivitas  montis:  wo  üppig  bewach- 
sene bergeshängc  niedersteigen.  Göthe  22, 137 ;  die  ausgedehn- 
ten weiden  am  bergesbang.  22, 139. 

BERGESHAÜPT,  n.  caput,  cacumen  montis: 
endlich  erreicht  er 
gipl'el  und  bergeshaupt.    Göthe  47,  62. 

schon  in  Urkunden  des  neunten  jh.  der  altsdchsische  orttname 
BeipashAvid.  Moser  8,  4.  25.  33. 

BEKGESHÜHE,  /.  cacumen  montis:  der  reisende  gelangt 
auf  die  nächsten  bergesbOben. 


BERGESHÖHLE,  f.  antrum  montis: 

um  bergeshöhle  mit  geistern  schweben.    Götbi  12,  30. 
BERGESKUPPE,  f.  cacumen  montis: 

über  höhn  und  bergeskuppen.    Platk.'«  19S. 

BERGESLAST,  /.  moles  mmtis: 
wie  bergeslasten  fällts  von  meinem  herzen.    Schiller  429*. 

BERGESLUFT,  f.  aura  monlana: 
lasz  bergeslüfte  froh  dein  herz  durcbscbauem.    Ls.fAu.        • 

BERGESRÜCKE,  m.  dorsum,  jugum  montis: 

schon  winkt  auf  hohem  bergesrücken 
Akrokorinth  des  wandrers  blicken.    Schiller  57'. 

BERGESWARTE,  f.  specula  montana: 

die  sonne  wärmt  euch,  blätterlose, 

dos  auch  schneelose  bergeswarten.    Plaie."«  17. 

BERGEULE,  f.  strix  bubo,  berguhu. 

BERGFADENKRAUT,  n.  ßlago  vwnlana. 

BERGFAHRER,  m.  ein  beamler,  der  den  bergknappen  auf 
die  zechen  nachfahren  musz.    auch  bergnachfahrer. 

BERGFAHRT,  f.  itcr  montanum,  alpenfahrt,  auf  flüssen  aber 
die  fahrt  stromaufwärts,   im  gegensatz  der  thalfahrt. 

BERGFALK,  m.  falco  lühofalco. 

BEBGFALL,  m.  ruina  montis  aut  pulei  melallici. 

BERGFARBE,  f. 

BERGFASAN,  m.  tetrao  urogallus,  auerhahn. 

BERGFEIN,  vom  silber,  so  fein  es  in  der  hatte  erhalten 
werden  kann,  man  nennt  so  das  gewachsene  silbcr,  welches 
beinahe  16  löthig  ist,  und  das  nach  dem  treiben  feingebrannte, 
15  loth  16  qran  enthaltende. 

BERGFELD,  n.  bergacker. 

BERGFENCHEL,  m.  wilder  fenchel. 

BERGFERTIG,  von  bergarbeitern :  lungenkrank,  s.  bergkrank, 
bergsiech. 

BERGFEST,  n.  sollemnia  in  montis  jugo  celebranda:  nach- 
dem wir  die  bergpredigten  auf  diesem  eurem  bergfest  ver- 
richtet. ScQLPPiüs  827;  Wilhelm  wurde  vom  gehülfen  und 
aufseher  zu  einem  bergfest  eingeladen.  Götiie  22, 175. 

BERGFESTE,  f.  festes  gestein  oder  erz,  das  in  der  mitte 
mächtiger  gänge  als  pfeiler  stehen  bleibt:  wobei  man  denn, 
da  man  die  entstandnen  räume  nicht  mit  holz  wieder  aus- 
bauen kann,  bergfesten  stehen  läszt,  um  das  ganze  einiger- 
maszen  zu  unterstützen.  Göthe  51,  116.  die  bergletUe  sagen 
meist  bergfestchen. 

BERGFESTUNG,  f.  arx  montana:  der  kürper  sei  siech, 
weich,  weichlich  und  weiblich,  setzt  z.  b.  ein  mutterherz  hin- 
ein, so  ist  er  eine  bergfestung.  J.  Paul  dämm.  61. 

BERGFETT,  n.  sevum  minerale,  bergtalg. 

BERGFETTWASSER,  n.  wasser,  das  solchen  bergtalg  mit 
sich  fülirt. 

BEBGFEUER,  n.  ignes  in  montibus  accensi.  deutsche  mythol. 
ihlff.  auch  kleine  flammen,  die  sich  nachts  auf  den  bergen 
zeigen. 

BERGFINK,  m.  firingiüa  montifringilla. 

BERGFLACHS,  m.  linum  catharticum ,  amiant. 

BERGFLECKEN,  m.  oppidum  montanun^. 

BERGFLEISCH,  n.  caro  montana,  asbeslus. 

BERGFLOCKENBLUME,  f.  centaurea  montana. 

BERGFLOR,  m.  prosperitas  metallorum. 

BERGFLUR,  f.  area  montana: 

der  vater  verweilt  auf  der  bergflur 
dort  und  kommt  niemals  in  die  Stadt.    Voss  Od.  II,  tS7. 

BERGFLUSZ,  m.  fluor  spathosus.     so  heisit  aber  auch  ein 
bald  flieszendes,  bald  versiegendes  bergwasser. 
BERGFLUT,  f.  fluclus  montanus: 

wie  gezwangt  bergnul  im  gcklüA  weint.    Voss. 

BERGFÖRDERNIS,  f.  egestio  metallorum,  herausschaffen 
der  berge  und  erze. 

BERGFORELLE,  f.  salmo  alpinus. 

BERGFRAU,  f.  nympha  montana,  oreas. 

RERGFREI,  fcld,  das  noch  nicht  gemutet  oder  auflässig  ist. 

BERGFREIHEIT,  f  immunitas  metallicis  concessa.  auch 
einzelne  damit  begabte  örter  heiszen  so,  z.  b.  die  bergfreibeit 
Thalitter  in  Hessen. 

BERGFREUND,  m.  in  Böhmen  ward  die  geognosie  um  desto 
ernster  gefördert,  als  ein  junger  weitschreitender  bergfreund 
mit  uns  zusammentraf.  Gütue  32, 140. 

95* 


1511   BERGFRIEDE  — BERGGLIEDKRAUT 


BERGGOLD — BERGHEXE 


1512 


BERGFRIEDE,  m.  bergfride,  propugnaculum.  voc.  theul.  1482 
d2',  Frisch  1,  85',  alt  franz.  berfroi,  beffroi,  mlal.  berfredus, 
belfrcdus.  vgl.  burgfriede  und  das  umgcslelUe  friedberg,  bürg 
Friedberg. 

BERGFÜCHS,  m.  vulpes  alpina. 

BERGFÜNFFINGERKRAUT,  n.  potentilla  alba  et  opaca. 

BERGFÜLLE,  f.  überlas  melallorum:  auch  der  ernste  Mon- 
tan hat  die  dortige  bergfüile  blei,  kupfer,  eisen  und  Stein- 
kohlen vor  äugen.  Göthe  23,  207. 

BERGGALLE,  f.  locus  in  vinea  slerilis.     s.  galle. 

BERGGAMANDER,  m.  teucrium  montanum. 

BERGGANG,  m.  was  bergader. 

BERGGANS,  f.  anas  montana. 

BERGGÄNSEDISTEL,  f.  sonchus  alpinus. 

BERGGARTEN,  tn.  hortus  monlanus:  Linaonu,  dessen  berg- 
gärten terrassenweise  angelegt.  Götue  27,  43. 

BERGGASSE,  f.  in  gebirgsstädlen. 

BERGGEBÄU,  n.  aedißcium  in  monte: 
solche  künste, 
die  schöpferisch  in  einer  nacht 
(lies  berggebäu  zu  stand  gebracht.    Göihe  41,  153. 

BERGGEBÄUDE,  n.  grubengebäude,  in  welche  man  durch 
Schacht  und  Stollen  fährt. 

BERG  GEBET,  n.  gebet  der  bergknappen  beim  ein-  und  aus- 
fahren. 

BERGGEBOT,  n.  bergverordnung. 

BERGGEBRAÜCH,  m. 

BERGGEGEND,  f.  regio  montana. 

BERGGEGENSCHREIBER,  m. 

BERGGEHÄNGE,  «.  was  bergeshang: 

wo  in  Wäldern,  auf  der  flur, 
wie  im  steilen  berggehängc 
sonnen  auf-  und  Untergänge 
preisen  gott  und  die  naiur.    Göthe  3,  129. 

BERGGEHÖLZ,  n.  silva  montana: 

im  berggehölz  auf  ungebahnten  wegen.    Platen  192. 

BERGGEIST,  m.  daemon  montanus,  elb  oder  zwerg,  berg- 
gcspenst. 

BERGGEISZ,  f.  capra  montana. 

BERGGEISZWEDEL,  m.  spiraea  aruncus. 

BERGGELB,  metallisch  gelb,  gelber  ocker. 

BERGGEMACH,  n.  collegium  metallicum,  bergkammer. 

BERGGENÜSZ,  wi.  mitglied  einer  gewerkschaß  von  berg- 
leutcn :  worauf  sich  denn  der  berggenosz  (der  bergführer,  böte) 
gleichfalls  eingerichtet  hatte.  Göthe  23, 186. 

BERGGERICHT,  n.  Judicium  metallicum. 

BERGGERICHTSORDNUNG,  f. 

BERGGESCHLECHT,  n.  genus  montanum: 

das  berggeschlecht  der  Silvane.    Voss. 

BERGGESCHVVOREN,  m.  im  bergwerk  beeidigt. 

BERGGESELL,  m.  metallicus:  regt  an  in  dörfern  und 
Städten,  und  sonderlich  die  berggesellen  mit  anderer  guter 
bursen.  Luthek  3, 153 ; 

ir  lieben  berkgesellen,  wer  hat  euch  hergesant? 
Uhla.no  412. 
BERGGESETZ,  n. 

BEHGliESPENST,  n.  spcctrum  montanum,  der  bergmönch. 
BERGGESPRUDEL,  m.  scaturigo  montana: 

wo  uns  schattet  der  wald,  wo  berggesprudel  uns  tränket. 

Voss. 

BERGGESTIFT,  n.    Vermächtnis  für  arme  kranke  bergleute. 
BERGGEWÄCHS,  n.  bergpflanze,  alpenpflanze. 
BERGGEWERK,  n.  societas  metallicorum. 
BERGGEWERKSCHAFT,  f. 
BERGGEWILD,  n.  fera  montana: 

nicht  siegte  mehr  Amphion, 

nicht  Orpheus  mehr  durch  Ilarmonia, 

die  berggewild 

und  Sturm  in  wog  und  waldung  zwang.    Voss  3,  39. 

BERGGEZÄHE,  n.  utensile  metallicorum,  auch  bcrgzühe,  nach 
dem  ahd.  gizawa  (Grafk  5,  713),  mhd.  gezouwe  suppellex,  in 
der  form  ganz  verschieden  von  dem  folgenden,  dessen  bedeu- 
lung  es  begegnet. 

BERGGEZ'EUG,  n.  dasselbe,  ahd.  giziuc  (Graff  5,  612). 

BERGGIFT,  n,  der  metallische  giflstof  des  arseniks. 

BEIUJGIPFEL,  VI.  vcrtcx  montis.     s.  bcrgwipfel. 

BERG(iLAS,  n.  bergkrystall. 

BERGGLASIG,  wie  bergglas  aussehend. 

BERGGLIEDKUAUT,  n.  sideritis  montana. 


BERGGOLD,  n.  aurum  fossile,  gegenüber  dem  fluszgold, 
Waschgold. 

BERGGOLDGEWINNUNG,  f. 

BERGGOLDRUTHE,  f  Solidago  sempervirens. 

BERGGOTT,  m.  deus  montanus :  ire  götter  sind  bergegötter. 
1  kün.  20,  23. 

BERGGÖTTIN,  f.  oreas 

BERGGRABEN,  m.  dasz  ich  auf  dem  berggraben  mit  ihnen 
kleine  rindenschifchen  niederfahren  Resz.  Göthe  21, 53. 

BERGGRAS,  n.  gramen  montanum. 

BERGGRASBLUME,  f.  statice  armeria. 

BERGGRASKLEE,  m.  Irifolium  rubens. 

BERGGRUBE,  f.  fodina:  glaubt  den  berggruben  nicht  zu 
viel,  denn  die  berggruben  sein  betrüglich,  kosten  viel  und 
mit  süszer  hofnung  machen  sie  die  baurschaft  trägig.  Schup- 
pius  720. 

BERGGRÜN,  «.  kupfergrün,  chrysocolla. 

RERGGRUSZ,  m.  salutatio  qua  metallici  mtttuo  se  salutant. 

BERGGUHR,  f.  gediegnes,  durchgedrungnes,  gleichsam  gäh- 
rendes  silber. 

BERGGÜNSEL,  m.  ajuga  pyramidalis. 

BERGGUT,  n,  alles  aus  den  bergen  gewonnene  gut. 

RERGHABER,  m.  avena  pratensis. 

BERGHACKE,  f.  was  berghaue,  bergbarte.  man  sagt  auch 
berghäckel. 

BERGHAHN,  m.  auerhahn,  bergfasan:  ein  erzgebirgischer 
berghahn.  Voss. 

BERGHÄHNCHEN,  n.  motacilla  regulus. 

BERGHAHNENFUSZ,  m.  ranunculus  chaerophyllus. 

BERGHALBKRAUT,  n.  campanula  glomerata. 

BERGHALDE,  f.  clivusmontanus,  bergabhang :  knaben  hüten 
an  einer  berghalde  des  waldes.    s.  bergeshaldc. 

BERGHANDEL,  m.  wird  nicht  allein  allerlei  metall,  son- 
dern auch  der  bergleut  gezaw,  arbeit  des  schmelzcns,  trei- 
bens,  waschens,  münzens  und  gar  vil  bcrghandels  in  der 
biblia  gedacht.  Mathesiüs  6*. 

BERGHÄNFLING,  m.  fringilla  montium. 

BERGHANG,  m.  was  bergabhang  und  bergeshang :  und  der 
getreue  Eckart  sasz  in  seinem  unmute  auf  dem  berghang  und 
weinte  laut.  Tiecr  4, 176. 

BERGHART,  bergmännisch  von  schlacken,  aus  denen  sich 
nicht  alles  metall  herausbringen  läszt.  es  steht  in  diesem  sinn 
auch  substantivisch:  die  metallischen  reuch,  als  die  von  den 
berkharten  und  witternussen,  vom  hiittrauch  und  andern  mi- 
nerischen  dünsten.  Thürneisser  von  den  harnen.  10. 

BERGHARZ,  n.  resina  montana,  erdharz. 

BERGHASE,  n».  lepus  alpinus  et  variabilis. 

BERGHASPEL,  m.  zum  auf-  und  niederwinden  in  den  gruben. 

BERGHAUE,  /".  ligo  metallicorum. 

BERGHAUER,  HÄUER,  »i.  fossor:  berghauwer,  erzknap. 
Frischlin  nomencl.  243 ;  die  mineralia  werden  allezeit  vor  und 
ehe,  dann  die  metall  gesehen,  gefunden,  wie  dann  den  berg- 
hauwern  bekannt.  Thürneisser  von  wassern.  44. 

BERGHAUPT,  n.  caput,   Vertex  montis: 

am  hang  des  kyllenischen  berghaupts.    Voss  II.  2,  003. 

BERGHAUPTMANN,  m.  praefectus  fodinarum. 

BERGHAUPTMANNSCHAFT,  f. 
.    BERGHAUS,  n.  aedes  montana,  castrum,  ein  cdelmann  sagt 
zum  gefangnen  abt: 

kehrt  um,  ir  müszt  mit  mir  alldo 

heimfahren  jetzt  auf  mein  berghaus.    IL  Sachs  V,  310'; 

berghäuser  und  festungen,  welche  trockene  grüben  haben, 
seind  mit  pulver  zu  sprengen.  Kirchhof  mit.  disc.  178 ;  das 
feste  schlosz  oder  berghaus  Kinast.  Opitz  2,  266;  dieses  rulh- 
mahlen  einiger  Vertiefungen,  wodurch  ein  hölzernes  bergliaus 
den  so  lustigen  anblick  gewährt.  Göthe  21,  24. 

BFIRGHAUSLAUB,  n.  sempcrvivum  montanum. 

BERGHAUT,  f.  hautdünnes  bergleder. 

BHRGHENNE,  f.  sedum  reflexum,  pain  d'oiseau,  kleine  haus- 
wurz.  die  bergleute  nennen  bildlich  so  eine  schmale  kosl  von 
käse,  brot  und  ungefettetcr  Wassersuppe. 

BERGHERR,  n».  dominus  melallorum,  reichsstand,  der  eigne 
gold-  oder  silberbergwerkc  besitzt:  das  wir  des  Hjrams  tind 
ander  heidnischen  bergkherren  geschweigen.  Mathesiüs  6"; 
kauft  ein  bcrgherr  freinbde  gewerken  aus  und  wolle  den  ge- 
nicsz  allein  haben.  Scuuppius  832. 

BERGHEXE,  f. 


1513  BERGHEXENKRAUT— BERGKLIPPE 


BERGKLUFT — BERGLEDER 


1514 


BERGHEXEN'KRAUT,  n.  circaea  alpina. 
BERGHIMBEERE,  f.  mbus  chamaemorus. 
BERGHI.NAB,  adv.  deorsum,  bergab: 
bricht  gleich  eioer  quelle 

felsen  durch,  wos  ihr  gefallt, 

und  versendet  ihre  welle 

berghiaab  in  alle  well.    Göthe  4,  71. 

BERGHIXAN,  adv.  sursum: 

siürmen  sie  nach  allen  seilen, 

von  der  nähe  zu  den  weilen, 

bergbinan  und  thulhernieder, 

und  das  echo  schickt  sie  wieder.    Göthk  4,200; 

ach,  sie  zieht  in  avigcnblicken 

langsam  scheidend  berghinan.    13,  24S. 

BERGHÖHE,  f.  altiludo,  Vertex  tnonlis:  die  berghöhen  des 
untern  landes  mit  ihren  fruchtbaren  abhängen  und  waldigen 
rücken.  Gothe  21,  IS ;  so  bildet  sich  der  adler  durch  die  luft 
zur  luft,  durch  die  berghöhe  zur  berghohe.  55,  210 ;  der  feind 
besetzte  die  berghohen;  berghöhen  erklettern. 

BERGHOHEIT,  f.  landeshoheil  über  den  berghau,  m  den 
treiithümern  ausyedrückt  durch  die  formel  über  grund  und 
über  grat. 

BERGHOHEITSRECHT,  n. 

BERGHÖHLE,  f.  antrum  moniis:  als  sah  ich  in  einer  berg- 
höhle wolgemute  geister  sich  eriustigen.  Göthe  30,  221. 

BERGHOLDER,  m.  sambucus  racemosa,  waldholder. 

BERGHOLZ,  n.  holzasbesl. 

BERGHOPFE,  m.  matrubium  vulgare. 

BERGHORN,  n.  coniu,  culmen  montis:  es  schmerzte  ihn, 
dasz  diese  weisze  schwingen  der  Unschuld  sich  an  seinen 
kuppen  und  berghörnern  voll  blut  geschlagen.  J.  Fall  Tit.  3, 50. 

BERGHUFL.\TTICH,  m.  tussilago  alpina. 

BERGHUHN,  n.   tetrao  rufus. 

BERGHÜHNLELN,  n.  anemone  narcissiflora. 

BERGHUNÜ.  ffi.  vehiculum  fossorum.     s.  bund. 

BERGHLTTE,  f.  casa  montana. 

BERGICHT,  monluosus: 

dem  im  bergichten  acker  die  saai  der  kiesel  erdrücket. 
Klopsi.  Uess.  15,  595. 

BERGIG,  dasselbe :  drauszen  auf  dem  bergigen  wege.  Göthe 
12,  64; 

auf  des  bochlaods  bergigen  beiden.    Schilur  425'. 

BERGJAGD,  f.  venatio  alpina. 

BERGJÄGER,  m.  die  kraft  des  pflanzenlebens,  die  in  den 
ritzen  derbes  geslräuch  wurzeln  und  erwachsen  läszt,  hebt 
die  unzugiinglichkcit  für  behende  bergjäger.    Niebühii  3,  2S0. 

BERGJOCH,  n.  jugum  montis:  die  Andeskette  und  die  bra- 
silianische berggruppe  senden  einzelne  ber^oche  sich  entge- 
gen.   Humboldt  ans.  der  nat.  1, 13. 

BERGJCNGE,  vi. 

BERGKAISERLEIN,  n.  primula  auricula. 

BERGKAMILLE,  f.  anthemis  montana. 

BERGKAPFE,    /.    cucullus    metallicorum,    weisze   dreieckige 
haube.    s.  bergknappisch. 
/     BERGKARRE,  m.  carrus  ambulatorius  fossorum. 

BERGKATZE,  f.  felis  manul,  sleppenkatze. 

BERGKELLER,  m.  felsenkeller,  bicrlager. 

BERGKESSEL,  m.  die  Schlünde,  in  denen  früher  das  ge- 
wässer  des  bergkessels  ablief.  Nieruhr  2,  569. 

BERGKETTE,  f.  continua  munlium  juga:  diö  grosze  bei^- 
ketle,  die  von  Basel  bis  Genf  Schweiz  und  Frankreich  schei- 
det, wird  der  Jura  genannt.  Göthe  16,  225.  ßgürlich,  eine 
unersteigliche  bcrgkettc  von  arbeiten.  J.  Paul  J'i/.  t,  102;  wirf 
lieber  eine  schwarze  bergkettc  von  schmerzen  ins  platte  le- 
ben, damit  nur  eine  aussieht  dasteht  und  etwas  groszes. 
2,122;  die  papieme  bergketle.   Jubels.  !>0. 

BERtiKICIlER,  f.  astragalus  montanus. 

BERGKIESEL,  m.  pelrosilex. 

BERGKIRCHE,  f.  ecclesia  montana.  steht  aber  Et.  16,  25. 
39  für  'jiOQVtiov. 

BERGKIRSCHE,  f.  pninus  frulicosa. 

RERGKLEE,  ni.  irifolium  alpinum. 

RERGKLEIDCNG,  /.  veslitus  metallicorum. 

BERGKLKTTE,  f  ardium  tomentosum. 

BERKLETTEREI,  f  reptalio  in  montihus:  wenn  reisende 
ein  sehr  groszes  ergetzin  auf  ihren  bcrgklcttereien  empfin- 
den, 80  ist  für  mich  etwas  barbarisches  ja  gottloses  in  die- 
ser leidenschafl.    Göthe  23,  2C6. 

BERGKLIPPE,  f  clivus  moniis. 


BERGKLUFT,  f  fissura  monlium: 

flieht  sie  mit  ängstlichem  fusi  in  die  bergkluft. 


Voss 


BERGKNAPPE,  m.  metallicus,  bergmann:  und  ein  arm  volk 
umb  die  berkknappen  ist,  die  sonn  und  mon  verlassen,  in 
die  linsternus  faren.  Petr,  50'. 

BERGKNAPPISCH :  bergknappisch  nebelkapp.  Garg.  244*. 

BERGKNAPPSCHAFT,  f  societas  metallicorum. 

BERGKNECHT,  m.  operarius  fodinarum,  arbeiter,  der  erz 
und  berge  aus  der  grübe  zieht. 

BERGKOBOLD,  m.  daemon  metallicus. 

BERGKOHLE,  m.  was  Steinkohle. 

BERGKORB,  f  corbis  metallica. 

BERGKORK,  m.  amianlus  suber  m(mtanum. 

BERGKORNBLUME,  f.  centaurea  montana. 

BERGKORT?  quecksilber,  schifer,  oger,  tripel,  bergkort. 
TflUBSEissER  von  uassern  42.     koI  zu  lesen  bergkork. 

BERGKOSTEN,  pl.  sumtus  impendendi  struendis  fodinis. 

BERGKRÄHE,  f.  corvus  graculus,   alpenkrähe. 

BERGKRAMPF,  m.  spasmus.  den  freilag  vor  palmsonntag 
feierte  die  katholische  kirche  unter  dem  namen  Maria  berg- 
krampf,  Maria  Ohnmacht,  zum  gedächtnis  ihres  leidens  am 
Golgatha,   vgl.  Mitternacht  de  spasmo  Mariae  1722. 

BERGKRANK,  was  bergfertig,  bergsiech. 

BERGKRANKHEIT,  f.  lungsucht  und  schweinung  des  leibs. 
Paracelscs  1,  632. 

BERGKRATZE,  f.  radula  fossorum. 

BERGKRÄUTER,  pl.  herbae  montanae. 

BERGKRESSE,  f.  iberis  nudicaulis. 

BERGKRIEG,  m.  expeditio  bellica  in  montium  jugis. 

BERGKRÜMME,  f.  sinuosilas  montium,  xti^fws: 

aber  wie  wenn  im  gebüscb  des  mäcbtigea  löwen  die  hiodia 
ihre  jungen  gelegt,  die  saugenden  neugebornen, 
dann  bergkrümmen  durchspäht  und  gninbekräuierle  thäler 
weidend  umher.  Voss  Od.  4,  337. 

BERGKRYSTALL,  m.  crystallus  montana: 

die  Wollust  darf  ihn  nicht  aus  bergkrystallen  tränken, 
die  Schmeichler  kriechen  nicht  um  seinen  speisesal. 
Hagedorn  1,  29. 

BERGKRYSTALLEN,  crystallinus : 

eine  bergkrystallne  schale.    Röcibri  17S. 

BERGKCBEL,  m.  silula  metallicorum. 

BERGKÜCHE,  f.,  wie  man  dem  teufel  in  hohem  gebirg  ein 
laboratorium  zuschreibt. 

BERGKUPPE,  f  montis  cacumen.  J.  Paul  Tit.  1, 131.  s.  ber- 
geskuppe. 

BERGLABKRAUT,  n.  galium  montanum. 

BERGLACHS,  m.  coryphaena  rupestris. 

BERGLACHTER,  n.  orgyia  montana. 

BERGLA.MPE,  f.  lampas  metallicorum:  wer  kann  nun  an 
die  kröne  noch  anders  die  berglampe  befestigen  zur  kenat- 
nis  von  gruben  und  gold  als  wir?  {wer  anders  als  wir  schriß- 
steller  den  fürsten  Wahrheiten  sagen"*).  J.  Paul  dämm.  99. 

BERGLAND,  n.  terra  montana:  hier  wird  durch  einen  mäch- 
tigen Stromsturz  merklich  die  erste  stufe  bezeichnet,  die  eia 
bergland  andeutet.    Göthe  4$,  105. 

BERGLAST,  f  onus  instar  moniis  incumbens:  die  berglast 
des  lebens.    vgl.  bergeslast. 

BERGLATTICH,  m.  cacalia  alpina. 

BERGLAUCH,  nt.  allium  victoriale. 

BERGLAUFEN  heiszl  bergmännisch  das  gewonnene  gestein 
oder  die  berge  mit  dem  hund  zu  tage  fördern. 

BERGL.\UI''ER,  m.  cquus  ferus,  alpinus,  auf  den  bergen 
streifendes  wildes  pferd:  wilde  rosse,  bergläufer  zu  zähmen, 
das  ist  mehr  als  ich  hoffen  konnte.    Stolberg  3, 164. 

BERGLÄUFTIG,  inter  metallicos  usitatus:  da  ich  mit  berg- 
leuftigen  Worten  predige.  MathesiusI';  wir  haben  hie  auch 
vil  bergleuftigc  Vermutung,  das  in  diser  rclier  mctall  gebro- 
chen. 2';  und  gott  auf  bergleuftige  weise  oft  in  der  Schrift 
redet.    6*. 

BERGLEBEN,  n.  vita  montana:  die  ziege  hat  noch  manche 
spuren  ihres  berg-  und  waldlebcns. 

BERGLEDER,  n.  subligaculum  e  corio  nates  tegens,  arsch- 
leder;  figürlich,  da  Luigi  sich  gegen  die  bilder  kehrte,  und 
die  vorhänge  oder  bergleder  von  einigen  der  indecentesten 
v^egzog.  J.  Paul  TU.  1, 183 ;  die  nationalkleidung  aller  werke 
soll  natürlich  und  wie  die  der  Zeitungen  und  vernünftigen 
monatsschriflen  sein,  nemlicb  entweder  ein  Schmutztitel  vor- 


1515 


BERGLEHNE  —  BERGMILCH 


BERGMINZE— BERGRINDS  AUGE   1516 


nen    oder    das    ende    und    bergleder    hinten,     kom.  anhang 
2,   86. 

BERGLEHNE,  f.  clivus,  berghalde:  frohgemut  und  singend 
wandelte  er  über  die  frischen  berglehnen  hin.  Tiecr  ges.  nov. 
7,  140.    s.  lehne. 

BERGLEIN,  n.  monliculus,  eolliculus:  bergleia  oder  puhel, 
collis  alliludo.   vocab.  Iheul.  1482.  d  2^; 

die  berglein  ihrer  brüst.    Weckhbrlin  749. 

BERGLEIN,  n.  linum  calharticum. 
BERGLEINKRAUT,  n.  chrysocoma  linosyris. 
BERGLER,  m.  monticola.   Scümeller  1, 196. 
BERGLERCHE,  f.  alauda  alpeslris. 
BERGLETTE,  m.  argilla  montana. 
BERGLEÜ,  m.  leo  montanus,  silvestris: 

jetzo  ergrif  ihn  dreimal  eniflamraierer  mut,  wie  den  bergleun. 
Voss  II.  5, 136. 

BERGLEUTE,  pl.  zu  bergmann:  viel  bergleute,  heiszl  es, 
viel  arschleder;  es  waren  bergleute,  die  zu  cither  und  trian- 
gel,  mit  lebhaften  und  grellen  stimmen,  verschiedene  artige 
lieder  vortrugen.  Götue  18, 146.  aber  auch  für  bergvolk,  berg- 
geister:  von  den  wasserlcuten,  bergleuten,  fewrleuten  und 
windleuten.   Paracelsus  2, 18l'. 

BERGLIED,  n.  Schiller  50".    s.  bergreie. 

BERGLILIE,  f.  lilium  martagon.    Schweiz,  berggilge. 

BERGLINDE,  f.  tilia  folio  minore. 

BERGLOCH,  n.  foramen  in  rupe  lerebralum. 

BERGLOSUNG,  f.  räum  in  der  grübe,  wohin  die  berge  ge- 
bracht und  aus  dem  wege  geräumt  werden. 

BERGLUFT,  f.  aer  montanus,  alpinus :  frische  bergluft  ein- 
ziehen; glaubst  du  nicht  an  menschen,  um  welche  die  berg- 
luft einer  höheren  Stellung  geht?  L- Paul  ffesp.  1, 121 ;  so  rückt 
die  bergluft  der  eignen  dichtung  alle  wesen  näher  an  das 
herz  des  dichters.  flegelj.  1,137;  was  in  dem  gefühle  umrisz- 
jos  und  luftig  wie  bergluft  verschmilzt.    Humboldt  kosm.  1, 12. 

BERGLUNGENKRAUT,  n.  pulmonaria  angustifolia. 

BERGLUST,  f.  ich  erhielt  zu  anfrischung  der  berg-  und 
gesfeinlust  bedeutende  pflanzenabdrücke.   Göthe  32,  217. 

BERGLUSTIG:  vor  hundert  jähren  noch  war  der  1400  fusz 
höhere  nachbar  der  Pilatus  der  gegenständ  bergelustiger  Wan- 
derer.  Ulb.  Hegner  4, 196. 

•   BERGMÄNDEL,  n.   anemone  fulsalilla,  alpina.    auch  berg- 
männlein. 

BERGMANN,  n».  metallicus :  nach  einer  pause  trat  ein  berg"- 
mann  mit  einer  hacke  hervor  und  stellte  die  bandlung  des 
schürfens  vor.  Göthe  18, 148. 

BERGMÄNNCHEN,  n,  was  bergmännlein. 

BERGMÄNNISCH,  nach  art  der  bergleute:  bergmännische 
anweisung,  guter,  reiche  ausbeute  versprechender  ausbruch. 
bergmännisch  bauen,  vorsichtig,  man  sagt,  sich  auf  gut  berg- 
männisch die  bände  geben,  auf  treu  und  glauben,  nach  art 
der  bergleute,  indem  sie  die  daumen  an  einander  selten,  die 
hände  verschränken  und  die  arme  schütteln,  s.  bergenzend. 

BERGMÄNNLEIN,  n.  daemon  montanus:  die  Macedonianer 
haben  den  heiligen  geist  für  ein  creatur  und  kleins  berg- 
raändlin,  wichtelin  oder  schrätlin  gehalten.  Frank  c/iron.  417*; 
der  kranch,  der  sich  mit  zwerglins  oder  der  bergmänlin  bißt 
neren  thüt.  Pelr.  15';  wie  die  bergmännlin  streiten  mit  den 
kranchen.  107'.  so  heiszt  auch  die  alpenanemone,  deren  Ur- 
sprung der  Volksglaube  von  den  berggeistern  abgeleitet  haben 
musz. 

BERGMANNSARBEIT,  f.  opus  melallicum. 

BERGMANNSART,  f.  indoles  fossorum: 

geschickt  nach  bergmannsart.    Bürger  5*. 

BERG.MANNSSPRACHE,  f. 

BERGMANNSTRACHT,  f. 

BERGMANNSTREU,  /".  eryngium  amethistinum.  vgl.  die  bil- 
dungen  ähnlicher  pflanzennamcn  mannstreu  und  meermannstrcu. 

BERGMAURER,  m.  struclor  murorum  mctallicürum. 

REHGMAUS,  f  aretomys  marmota. 

BERGMEHL,  n.  creta  farinacea. 

BERGMEIER,  m.  galium  montanum. 

BERGMEISE,  f.  parus  caudatus. 

BERGMEISTER,  m.  rci  metallicae  pracfectus:  ein  bergmei- 
ster  soll  von  schlegel  und  eisen  herkonnnen. 

BERGMFRLE,  f.  turdus  lorquatus. 

BERGMKRZWURZ,  f.  gcum  montanum. 

BERGMESSER,  m.  inslrumentuni  mensorum. 

BERGMILCH,  f.  creta  farinacea. 


BERGMINZE,  f.  melissa  calamintha. 

BERGMÖNCH,  m.  daemon  montanus,  um  so  natürlicher,  da 
die  bergleute  mönchische  kutten  tragen. 

BERGMOS,  n.  muscus  montanus. 

BERGMUTTER,  f.  was  fluszspat. 

BERGNÄCHFAHRER,  was  bergfahrer 

BERGNACHTIGALL,  f.  fringilla  montifringilla. 

BERGNACHTVIOLE,  f.  hesperis  tristis. 

BERGNÄGELEIN,  n.  primula  auricula. 

BERGNELKE,  f  dianthus  glaucus. 

BERGNIERE,  f.  nierenförmiger  kies,  markasit. 

BERGNIESWURZEL,  f.  serapias  longis  foliis. 

BERGNÜSSE,  pl.  kalkspalkugeln. 

BERGOBERGESCHWORNER,  m. 

BERGOCHS,  m.  auerochs,  s.  bergrind. 

BERGÖDE,  f.  solitudo  montana.  Götue  21, 16,  wie  waldöde. 

BERGÖFNUNG,  f.  ob  man  die  grundobrigkeit  oder  berg- 
üfnung  (über  den  wein)  habe.  Hohberg  1, 11. 

BERGÖL,  n.  bitumen,  sleinöl. 

BERGORDNUNG,  f.  edictum  metallicis  propositum. 

BERGPAPA,  n.  Solanum  montanum. 

BERGPAPIER,  n.  dünnes  bergleder. 

BERGPECH,  n.  asphallum,  erdpech,  judenpech. 

BERGPECHERDE,  f. 

BERGPETERLEIN,  n.  oreoselinum. 

BERGPFAD,  m.  callis:  den  engen,  um  felsen  sich  winden- 
den bergpfad.    Göthe  22, 138. 

BERGPFEFFER,  m.  daphne  mezereum,  Seidelbast. 

BERGPFLANZE,  f.  herba  montana. 

BERGPFLEGER,  wi.  was  Schichtmeister. 

BERGPILZ,  m.  boletus. 

BERGPLATTE,  f.  bergebene,  plateau  de  montagne. 

BERGPLATZ,  m.  sie  wollten  auf  einem  waldigen  bergplalze 
mittagsruhe  halten.    Göthe  19,  34. 

BERGPOLEI,  m.  leucrium  montanum. 

BERGPREDIGER,  m.  concionalor  in  monte:  Eliasund  Pau- 
lus sind  bergprediger  gewesen.    Matuesids  6". 

BERGPREDIGT,  f.  mit  dieser  bergpredigte.  Mathesius  27'; 
nachdem  wir  die  bergpredigten  auf  diesem  eurem  bergfest 
verrichtet.  Schuppius  827;  dieser  bergmeister  war  nicht  zu 
hause,  sondern  in  der  bergpredigt,  indem  heute  gerad  das 
guartal  cnicis  eintrat.   Ööthe  51,  112. 

BERGPUMPE,  f.  antlia  metallica,  um  das  wasser  aus  dem 
gesenke  zu  heben. 

BERGQUELL,  m.  fons  montanus: 

von  des  bergquells  dunkelem  sprudel.    Voss  II.  21,  257; 

wie  ein  schwarzer  bergquell 

über  die  kiippen  schieszt.    Fr.  Mölibr  1,  371. 

BERGQUELLE,  f  dasselbe. 

BERGQUENDEL,  m.  serpyllum  montanum. 

BERGQUITTE,  f.  mespilus  cotoneaster. 

BERGRATH,  m.  consiliarius  in  re  metallica. 

BERGRATZE,  f.  aretomys  marmota,  was  bergmaus. 

BERGRAUTE,  f.  rata  montana. 

BERGRECHT,  n.  1)  jus  metalla  instituendi.  2)  kges  metal- 
licae.   3)  eine  vom  weinberg  zu  entrichtende  abgäbe. 

ßERGRECHTLICH. 

BERGRECHTSHERR,  m. 

BERGREDE,  f  was  bergpredigt. 

BERGREIE,  BERGREIGE,  m.  chorus,  cantus  montanus:  da 
hilft  sie  nichts  ir  sackpfeifen  und  bergreien  {ihr  pfeifen  und 
singen).  Mathesius  ll'. 

BERGREIHE,  f.  was  bergkette:  aus  der  ferne  lockende 
blaue  bergreihen. 

BERCiHKlIlEU,  ni.  ardea  pnrpurea. 

BERGREINFARN,  Chrysanthemum  corymbosum. 

BERGREISE,  f  iter  alpinum,  montanum.  Göthe  an  Schil- 
ler 3,  279. 

BERGRICHTER,  ni.  judex  montanus: 

ein  bergkrichicr  im  Jochimsthal.    II.  Sachs  II.  4,  109*. 

BERGRIEDGRAS,  n.  carex  montana. 

BERGRIND,  n.  gigas  {d.  mythol.  500),  ein  merkwürdiges  ur- 
altes Wort,  denn  ochsen  sind  söhne  der  Gefjon  und  eines  iütunn. 
Snohri  1.  im  Erek  8031  lese  man  'berc  oder  berges  mii^,  denn 
aus  unserm  berggenosz  ist  berges  gnöj  nicht  zu  deuten,  vielleicht 
auch  klingt  das  altn.  herkir  gigas  ans  ftnn.  hiirkil  bos,  taurus. 

BERGIUNDSAUGE,  n.  Chrysanthemum  leucanthemum,  sonst 
auch  rindsauge,  kalbsauge. 


1517 


BERGRISZ  —  BERGSCHüSSIG 


BERGSCmVADEN— BERGTIEF 


1518 


BERGRISZ,  m.  vas  bei^spalt: 


0  selige  jupend,  wie  sie,  tag  und  nacht 

den  ort  zu  ändern  innigst  angelacht, 

darch  wilden  bergrisz  höchst  behaglich  steigt, 

und  auf  dem  gipfel  nebeldunst  erreicht.    Götak  3,  140. 

BERGROHRGR.\S,  n.  melica  caerulea. 
BERGROSE,  f.  alpenrose. 
BERGRÖSLEIN,  n.  azalea  nodiflora. 
BERGROTH,  n.  rölhel,  rubriea. 
BERGRÖTHE,  f.  sandaraca,  färberrölhe,  Waldmeister. 
BERGROTHGELB,    n.    wenn    man   mit  Schwefel  operment 
und  bergrothgeel  oder  rothschwefel  einen  rauch   macht,    üf- 

FENBACH   2,    68. 

BERGRGCKE,  m.  aas  bergesrücke. 

BERGRÜFE,  f.  torrens  de  monte  labens:  die  warbeit  wirt 
mit  kämpfen  nit  erlernet,  sunder  kämpfen  thut  wie  ein  wald- 
wasser  oder  bergrüfe.  das  nimmt  gäch  alles  das  hin,  das  es 
erlangt  und  mert  sin  kraft  darmit.  Zwincli  2, 237.  s.  rufe  6« 
Stalder  2,  2S9. 

BERGRUHRKRAUT,  n.  gnaphalium  montanufn. 

BERGRÜSTER,  m.  ulmus  campeslris. 

BERGRUTHE.  f.  was  wünschelruthe. 

BERGRUTSCH,  m.  lapsus  montis:  im  sommer  wird  ein 
bergrutseh  sein  haus  begraben  oder  fortschieben.  Göthe 
23,  266. 

BERGSACHE,  f.  causa  melallica. 

BERGSAFT,  m.  sueeus  mineralis. 

BERGSALZ,  n.  sal  fossilis. 

BERGSAND,  m.  arena  fossilis. 

BERGS.^NGER,  m.  cantor  montanus. 

BERGSANIREL,  f.  primula  auricula,  sanicula  alpina. 

BERGSASSE,  m.  monlicola.  Moser  1, 139. 

BERGSAUM,  m.  margo  monlis :  unwillkürlich  streckten  sich 
meine  arme  dem  wunderballe  {der  sonne)  entgegen,  der  an 
den  bergsaum  heraufrollte.  ThCmsels  reisen  8,  341. 

BERGSCHANDER',  m.  bergmännisch,  ein  Verleumder  des 
bergbaues. 

BERGSCHARTE,  f.  serratula  tincloria. 

BERGSCHEIDE,  f.  limcs  montanus. 

BERGSCHICHT,  f.  arbeit  der  bergleule  in  ihren  feier- 
stunden. 

BERGSCHICHTMEISTER,  m. 

BERGSCHIERLING,  m.  chaerophyllum  hirsutum. 

BERGSCHIESZT,    n.  stachys  annua,  montana.    s.  schieszt. 

BERGSCHILF,  n.  arundo  arenaria. 

BERGSCHLAG,  m.  was  bergacker,  acker  am  gebirge. 

BERGSCHLANGE,  f.  boa  ophrias. 

BERGSCHLITTE,  m. 

BERGSCHLOSZ,  n.  castellum  monlanum:  man  sollte  uns 
auf  der  strasze  wegnehmen  und  auf  ein  bergschlosz  sperren. 
Güthe  an  Schiller  4,  HS ;  alte  bergschlösser  und  verstörte  klö- 
ster.    Fr.  Mcller  1, 298. 

BERGSCHLUCHT,  f.  fauees  montium. 

BERGSCHLUFT,  f.  dasselbe:  wenn  der  stürm  von  unten 
herauf  ans  den  bergschluften  kam.   Tiec»  4, 190. 

BERGSCHLUND,  m.  dasselbe: 

dornen  umblühen  jei«  jenen  bergschlund.    Plaie.««  134. 

BERGSCHLÜSSELBLüME,  f.  primula  auricula.  nach  dem 
Volksglauben,  weit  sie  den  eingang  zum  berg  und  bergschatx 
ttufschlieszl. 

BERGSCHMID,  m,  faber  montanus. 

BERGSCHMIEDE,  f. 

BERGSCHMIELE,  f.  aira  montana. 

BERGSCHNECKE,  f.  erdsdmecke,  ammonshom. 

BERGSCHNEE,  m.  nix  montana:  ach  was  war  unerträglich 
als  die  eiserne  un»eranderlichkeil  dieser  Verhältnisse,  die  fe- 
fctipkoit  eines  solchen  einigen  bergschnees?    J.  Pali,  TJ/.  3,  83. 

RERGSCHNEPFE,  f  scolopax  rusticola. 

BERGSCHOFFE,   m.  scabinus  montanus.   weitth.  1, 472.  485. 

BEHGSCHÖFFENSTUL,  m. 

BEKGSCHREHIEH,  m.  schreiber  im  bergamt. 

BERGSCHRUNDE,  f.  fissura  montis,  bcrgspalte:  von  andern 
gletschcrn  sahen  wir  nur  die  platze,  indem  uns  die  eismas- 
»en  durch  die  bergschrunden  verdeckt  wurden.  Göthe  16, 251. 

BERGSCIULE,  f 

BERGSCHÜLER,  m.  Uro  in  re  metallica. 

BERGSCHÜSSIG,    ita*   noch  mit  bergen,    d.  i.  taubem  gt- 


stein  vermischt  ist;  bergschüssiges  erz,  unter  das  gestein  ein- 
gesprengt ist,  das  in  gangen  zerstreut  liegt,  viel  berg  zwischen 
sicli  hat. 

BERGSCHVVADEN,  m.  arscnicum  in  vapores  resolutum,  ge- 
fährliche gasart,  die  sich  im  bergwerk  entwickelt, 

BERGSCHWALRE,  f.  hirundo  daurica. 

BERGSCHWEFEL,  m. 

BERGSEE,  m.  lacus  montanus:  sie  {die  drei  teiehe)  bilde- 
ten schon  vor  zeiten  einen  bergsee.  Gothe  17, 102. 

BERGSEGEN,  m.  überlas  metalli,  reicher  ertrag  des  berg- 
werks. 

BERGSEIFE,  f.  argilla  sapo,  fettiger  thonstein. 

BERGSEIL,  n.  seil  am  berghaspel. 

BERGSESEL,  n.  seseli  monlanum. 

BERGSHALB,  adv.,  auf  der  seile  nach  dem  gebirg:  gleich 
nebend  Stigen  auf  die  rechte  band  bergshalb,  in  einem  gar 
Heblichen  weingelend,  erscheint  das  dorf  und  die  probstei 
Öningen.  Stumpf  2,  69*. 

BERGSIECH,  bergkrank,  bergsüchtig. 

BERGSINAU,  m.  alchemilla  montana. 

BERGSITZ,  m.  sedes  montana:  sogleich  in  der  nähe  er- 
baut er  sich  manchen  bergsitz  auf  den  höhen.  Göthe  6,  196. 

BERGSOHLE,    f  solea,  pes  montis,   grundfläche  des  bergs. 

BERGSONNENGOLDBLUME,  f  gnaphaUum  dioides. 

BERGSPAT,  m.  sal  fossilis,  salzerde. 

BERGSPERLLNG,  m.  fringilla  montana. 

BERGSPIEGEL,  m.  zauberspiegel,  durch  den  man  ins  ein- 
geweide  der  erde  schauen  und  schätze  finden  kann. 

BERGSPITZE,  f  Vertex,  culmen  montis. 

RERGSTADT,  f  urbs  montana. 

BERGSTEIGER,  m.  fodinae  praeses. 

BERGSTERNKRAUT,  n.  inula  montana. 

BERGSTORCH,  m. 

BERGSTORCHSCHNABEL,  m.  geranium  silvalieum. 

BERGSTRASZE,  f.  via  montana,  strasze  auf  oder  neben 
dem  gebirge. 

BERGSTRASZER,  m.  incola  viae  montanae.  ein  Franken- 
wein, der  an  der  bergstrasze,  tn  der  grafschaß  Erbaeh  wächst, 
heiszl  so. 

BERGSTRECKE,  f  tractus  montanus. 

BERGSTRICH,  m.  dasselbe,  gebirgsstrich. 

BERGSTROM,  m.  torrens: 

mit  bergstroms  eile  fliehet  die  stund  hinweg. 
Chr.  Stolberg  1,  341. 

BERGSTUFE,  f.  erzstufe  mit  eingesprengtem  taubem  gestein. 

BERGSTURZ,  m.  ruina  montis: 

graunroll  zerstört  der  gewalt  bergslun  rings  die  lulle  des  thals. 

PLATK.t  129. 

BERGSUCHT,  f.  morbus  metallicorum,  inprimis  pulmonum : 
von  der  bergsucht  und  andern  bei^krankheiten.  Paracelsus 
1,  632 ;  damit  wir  aber  wissen,  was  die  bergsucht  sei.  1,  643 ; 
wider  die  lerne  und  verschleimble  lunge  und  erkälte  mägen 
und  verlemete  glieder,  und  was  der  bergsücht  und  beschwe- 
rung  mehr  sein.  Mathesics  3";  verkaufte  unterschiedene  arz- 
neien  vor  die  bergsucht,    ped.  maulaffe  506.  507. 

BERGSÜCHTIG:  erztleut,  Schmelzer,  knappen,  welche  in 
solchem  erz  bawen,  fallen  in  die  lungsucht,  in  schweinung 
des  leibs,  in  magengeschwer,  dieselbigen  heiszen  bergsüchlig. 
Paracelsds  1,  643. 

BERGSUPPE,  f  wenn  ich  mit  einer  bergsnppe  erschiene, 
sie  musz  dir  erinnerlich  sein  durch  den  kegel  von  «chwarzem 
brot,  mit  zimmt  und  zucker  beschneiet,  wovon  sie  den  na- 
men  führt.    J.  Pacls  briefe  84. 

BERGSÜSZHOLZ,  n.  trifolium  alpinum,     » 

BERGTALG,  m.  bitumen  mumia. 

BERGTASCHE,  f  thlaspi  monlanum. 

BERGTAUBE,  /".  cotumba  oenas. 

BERGTHAL,  n.  vallis  montana,  montium  intervallum:  ein 
besonderer  bezirk,  in  das  anmutigste  bergthal  eingeschlos- 
sen. Göthe  22,  8 ;  vallee  de  joux,  welcher  name  deutsch  das 
bergthal  hiesze.  16,  225;  die  bergthäler  von  Caracas.  Ht;«- 
BOLUT  ans.  der  nat.  1,  3. 

BERGTHEER,  m.  bitumen  mallha,  petroleum. 

BERGTHEIL,  m.  anihcil  des  einzelnen  an  der  zeche,  mei- 
stens ein  kux,  oder  '/im  der  zeche. 

BERGTIEF,  profundus  instar  montis :  bergtiefer  abgrund. 

BERGTIEF,  adv. 

denn  unter  mir  lags  noch  bergetief 

in  purpurner  (instemit  da.    Scbillm  61*; 


1519 


BERGTORF  —  BERGWALL 


BERGWAND  —  BERGZEICHEN 


1520 


ja  bis  tief,  bergtief  in  der  Schlucht  gedeihst  du, 
schöne  citrone.         Plaikn  110. 

BERGTORF,  m.  terra  biluminosa. 
BERGTRACHT,  f.  veslilus  metallicorum. 
BERGTRESPE,  f.  bromus  tectorum. 
BERGTRIFT,  f.  pascuum  montanum : 

mir  war  der  bergtrift  aufsieht  anvertraut. 
Stolberg  13,  166. 

BERGTROPFE,  m.  zackiger  bergsinter. 
BERGTRUHE,  f.  was  berghund. 
BERGTRUMM,  n.  pars  abscisa,  abrupta  montis: 

ein  regenstrotn  aus  felsenrissen, 

er  kommt  mit  donncrs  unges(üm, 

bergtrümmer  folgen  seinen  güssen 

und  eichen  stürzen  unter  ihra.    Schiller  80'. 

BERGÜBER,  adv.  Irans  montcs:  und  immer  wieder  durch 
Wälder  und  slädte  bergüber  an  strömen  vorbei  weiter  reisen. 
TiECK  Slernbald  1,  147. 

BERGÜBLICH,  moribus  et  arti  metallicorum  conveniens, 
bergmännisch,  bergenzend. 

BERGUHÜ,  m.  strix  monlana,  strix  otus. 

BERGULME,  f.  iilmus  campestris,  bergrüster. 

BERGUNG,  f.  1)  servatio  bonorum  naufragorum.  2)  abscon- 
sio:  niciit  also  ihre  subsessio  intra  scuta  nicht  ihre  ber- 
gung  hinter  dem  Schilde.   Lessinc  8,  121. 

BERGUNHOLD,  m.  dacmon  monlanus. 

BERGUNHOLDE,  f.  nympha  montis. 

BERGUNHOLDENKRAUT,  n.  epilobitm  monfamm. 

BERGÜNTER,  adv.  clivo  devexo,  deorsum:  so  glücklich  ab- 
gegangen wie  ein  geladener  wagen  bergunter.  Jiicundiss.  40; 
weil  es  nun  mit  mir  stark  bergunter  geht,  so  will  ich,  so 
gut  ich  kann  und  darf,  die  weit  genieszen.   Rabener  6,  187 ; 

piano  klimmts  {Silens  eselein)  den  berg  hinan, 

piano  tritts  bergunter.    Bürger  28'; 

nicht  dasz  in  der  ehe 

ein  ewiger  zephyr  nur  wehe, 

und  immer  bergunter 

die  wallfahrt  der  liebenden  gehe. 

doch  liebe  steigt  munter 

im  Sturme  bergan.    Gotter  3,  78; 

berguntcr  gerollt  bis  in  die  hölle.  Lenz  1,  88.  in  der  Volks- 
sprache heiszt  auch  das  quellwasser  bergunler :  ein  glas  berg- 
unter trinken,  auf  Burgunder  anspielend. 

BERGURTHEIL,  n.  urlheil  der  bergschöffen. 

BERGVEILCHEN,  n.  viola  montana,  bißora. 

BERGVERSTÄNDIG,  rei  metallicae  gnarus:  das  ist  nun  bei 
den  bergleuten  eine  gewisse  erfahrenheit,  und  die  bergver- 
stendigen  haben  grosze  achtung  auf  solche  ding.  Paracelsus 
2,  290*. 

BERGVOGT,  m.  bergmeisler. 

BERGVOLK,  n.  1)  populus  in  monte  degens:  die  Tiroler 
sind  ein  bergvolk; 


was  seh  ich  dort  was  waffen  tnigt 
hast  du  das  bergvolk  aufgeregt? 


lufgeregt?    Göthk4I,263. 

2)  lurba  daemonum  monlicolarum,  das  wilde,  geisterhafte  berg- 
volk. 3)  socielas  melalticorum,  die  bergleule:  darauf  schrieb 
er  dem  bergvolk  zu  Mansfeld  ein  seer  teufelischen  brief. 
Luther  3, 128. 

BERGVORWERK,  n.  praedium  montanum:  hätte  nicht  Fi- 
cinus  sein  villam  montis  oder  bergforwerk  so  oft  besucht. 
Opitz  1,  153. 

BERGWACHS,  n.  bitumen,  zähes  erdharz. 

BERGWÄCHSISCH,  bituminosus:  so  reinigt  man  den  mor- 
curium  auch  von  seiner  feisten  bergwachsischen  art.  Thurneis- 
ser  vtagn.  alch.  1,  88;  der  faisten,  bergwachsischen,  succini- 
schen  und  üiischcn  schmutzigkeiten,  von  wassern  48;  in  der 
bei'gwächsisch  zachen  maleri  haltet  sich  auf  ein  zinobcrro- 
Ihes  Würmlein.   SciiEuciizEn  1, 101. 162. 

RERGWALD,  m.  salltis,  was  das  alte  fairguni,  ags.  firgen 
an  sich  schon  ausdrückt: 

des  unermeszlichcn  ber^walds 
oberste  gipfel.  15ürükr200»; 

in  der  nacht  des  alternden  bergwalds.    Voss. 

BERGWALDIIIRSE,  m.  melampyrum  silveslre. 

BERGWALDÜNG,  f. 

BERGWALL,  m.  vallum  montanum : 

purnurbraun  umstand  das  gewoge  sin  rings  wie  ein  bcrgwall. 
Voss  Od.  11,213. 


BERGWAND,  f.  latus  monlis:  zwischen  bergwänden  in  Ver- 
schlungenen wegen  ereile  ich  ^ich.   Bettine  br.  1, 160. 

BERGWANDERER,  m.  viator  per  montes :  dem  bergwande- 
rer  ein  anmutiger  wundervoller  anblick.  HujiBOLDTÄ:oÄm.  2, 28. 

BERGWANDERUNG,  f.  Her  montanum:  und  nun  brachte 
einer  nach  dem  andern  geschichten  von  beschwerlichen  oder 
verunglückten  bergwanderungen  hervor.  Göthe  IG,  292. 

BERGWÄRTS,  adv.  sursum,  versus  montem,  tcoos  ooos: 

fort  nun  trieb  der  kvklop  mit  gellendem  pfeifen  sein  mastvieh 
bergwärts.  '  Voss  Od.  9, 316 ; 

ich  suchte  sie  auf  und  ab,  bergwärts,  thalwärts.  Tieck  Sternb. 
1,  152. 

BERGWASSER,  n.  aqua  montana,  iHvus,  torrens:  bald  ka- 
men wir  wieder  auf  einen  leichten  steg  über  ein  kleines 
bergwasser,  das  in  einem  muldenförmigen  unfruchtbaren  thal 
nach  der  Rhone  zudosz.  Götue  16,  287 ;  nachdem  wir  vorher 
grosze  Verwüstungen  der  bergwasser  unterwegs  angetroffen 
hatten.    16,  264. 

BERGWEGf  m.  via  montana. 

BERGWEGERREIT,  n.  planlago  montana. 

BERGWEIDE,  f.  pascuum  montanum.  NiEßunR  2,  229.  3,' 220. 

BERGWEIDE,  f.  saiix  montana,  alpweide. 

BEHGWEIDERICH,  m.  epilobium  montanum. 

BERGWEIN,  m.  vinum  in  vineis  cultum,  gegenüber  dem 
gartenwein. 

BERGWELT,  f.  vila  montana:  die  erinnerung  an  jene  ro- 
mantische bergweit.  Hirzel  Eug.  br.  2,  161 ;  die  morgenglocke, 
der  früheste  böte  des  erwachens  der  bergweit.   1,  281. 

BERGWERK,  n.  fodina:  ein  bergweik  fündig  machen, 
bauen,  entdecken,  treiben,  zu  sumpfe  treiben,  verderben, 
auflassen,  liegen  lassen,  vgl.  die  Zusammensetzungen  goldberg- 
werk,  Silberbergwerk,  kupferbergwerk  u.  s.  w.  man  braucht 
auch  bergwerk  für  werkstdlte,  fabrica,  z.  b.  das  bergwerk  der 
reliquien.    Fiscuart  bienenk.  29'. 

BERGWERKBETRIEB,  m. 

BERGWERKREICH,  reich  an  bergwerkcn,  erzen. 

BERGWERKSGETRIEBE,  n. 

BERGWERKSKUNDE,  f 

BERGWERKSKUNDIG. 

BERGWERKSSPRACHE,  f  lingua  metallicorum. 

BERGWERKSWISSENSCHAFT,  f 

BERGWERKSZEICHEN,  n.  s.  bergzeichen. 

BERGWESEN,  n. 

BERGWETTER,  n.  aer  fodinarum,  auch  blosz  weiter:  gu- 
tes, böses  weiter,  gute,  böse  luß. 

BERGWICHT,  m.  daemon  metallicus,  montanus. 

BERGWICHTEL,  BERGWICHTLEIN,  n.  dasselbe. 

BERGWIESE,  f  pralum  montanum:  auf  trocknen  bergwie- 
sen.   Götbe  15,  213. 

BERGWIESEL,  f.  mustela  montana. 

BERGWILD,  n.  ferae  montanae. 

BERGWILDNIS,  f  solitudo  montana,  bergeinüde:  in  ent- 
legensten bergwildnissen.   Güthe  31, 152. 

BERGWINI),  m.  venlus  de  monte  ßans. 

BERGWINKEL,  m.  vallis  angusta  inter  montes. 

RERGWISSENSCHAFT,  f 

BERGWOLF,  m.  lupus  montanus: 

rings  auch  waren  umher  bergwölf  und  mähnigo  Iowcn. 
Voss  Od.  10,  212. 

BERGWOLLE,  f  bergßachs. 

BERGWOLVERLEI,  n.  arnica  monlana. 

BERGWORT,  n.  verbttm  inier  metallicos  suetum. 

BEIIGWUCHERBLUME,  f.  Chrysanthemum  montanum. 

BERGWÜRFEL,  ni.  arsenicum  cubicum, 

BERGWURZ,  f  pimpinclla  saxifraga. 

RERGWURZEL,  f  bergmännisch,  ein  aller,  baulistiger  ge- 
werker.  nach  Hertwigs  bergbuch  s.  7t  ci'ii  groszer  ticbhaber  des 
bergbaus,  der  davon  nicht  abzubringen  ist. 

BERGWÜSTE,  /".  solitudo  montana:  doch  musz  man  sich 
keine  bergwüstc,  sondern  ein  meist  bebautes,  oiigicich  gebir- 
giges land  denken.   Göthe  27,  178. 

BERGZAHN,  m.  glossopctra,  nalrtim.  Schmei.ler  1, 196. 

BKRGZEHNTE,  m. 

RERGZEHNTNEH,  «i.  beamler,  der  den  bergxchnlcn  ein- 
nimmt. 

IIERGZEICHEN,  «.  insigne,  signum  nietallicorum,  zeichen 
des  bergmanmslandcs,    als  trog,    lampe,   eisen,  haue,  schicket. 


1521 


BERGZEISIG — BERICHTEN 


BERICHTEN 


1522 


BERGZEISIG,  m.  fringilla  Unaria. 

BEKGZEITLOSE,  f.  colchium  aulumnale. 

BEUGZIEGE,  f.  capra  aegagrus. 

BEUGZIEGEU,  m.  lac  lunae,  bergbuUer. 

BERGZI.NN,  n.  stannum  purum. 

BERGZINNOBER,  r?i.  was  bergröthe. 

BERGZÖGLI.NG,  m.  bergschüler,  bergeleve. 

BERGZUBER,  m.  cupa  metallicorum. 

BERGZUCKER,  m.  spatsand. 

BERGZUG.  m.  tiadus  tnontium. 

BERGZUNDER,  m.  minera  argenti  foliacea. 

BERGZWIEBEL,  f.  allium  mutlibulboaum. 

BERHAFT,  ferlilis,  fruchtbar,  schwanger,  tnhd.  berhaft: 
nun  rieten  ihr  die  ärzet,  das  si  zimlich  wein  genüsse,  wolt 
si  berhaft  und  fruchtbar  bleiben.  Frask  chron.  207'.  ander- 
wärts bärhaft  geschrieben,  häufiger  im  gebrauch  ist  das  ne- 
gative unberhaft.    s.  baren  sp.  1127. 

BERICHEN,  sich,  manum  conserere?  ^ 

wenn  dein  gesell  verrückt  ins  feld, 
mit  seinem  feind  nach  freien  strictiD 
sich  im  scbermütiel  zu  berichn. 

RiXGWALD  taut,  tearh.  ISO. 

kann  dies  sonst  nicht  erscheinende  wort,  dessen  bedeutung  nur 
geralhen  ist,  noch  dem  goth.  birikan  und  bireks  verwandt  sein  ? 
BERICHT,  m.  relatio,  expositio,  nuntialio,  künde,  nachricht, 
Unterricht,    dazu  fügen  sich  mäirere  rerba: 

1)  geben:  bat  in,  das  er  mir  von  dem  allen  gewissen  be- 
richt  gebe.  Dan.  7,  IG;  ich  werde  davon  ausführlich  bericht 
geben ;  ich  aber  wil  euch  des  ein  guten  bericht  geben.  Wikrajis 
irr.  bilger  A2; 

wns  hilft  es,  dasz  ich  geh  bericht 

von  allem,  was  jemabis  gewesen.    Wecibkrli.i  415. 

ein  dichter  soll  bericht  von  wahrer  Weisheit  geben/'    Opitz. 

2)  nehmen:  des  nemen  ein  bericht 'von  dem  wein.  Seitz 
lustseuche  s.  14;  wer  mehr  zu  wissen  begeret,  der  wirt  da- 
selbst nicht  weniger  bericht  nemen.    .M.  Stifel  coss.  135  ; 

hierusz  das  volk  nam  den  bericht, 

er  bette  gsehn  ein  englisch  gsicht.    trag.  Joh.  ki. 

3)  thun: 

auT  dasz  viel  leichter  könt  errolgen  die  geschieht, 
davon  ich  euch  jetzund  wil  kürzlich  thun  bericht. 
Werders  Ariostll,  30; 

davon  wir  unten  absonderlich  bericht  thun  wolkn.  Acc.  Blch- 
»ERS  anl.  zur  poeterei  122. 

4)  haben:  weil  sie  doch  den  guten  gewissen,  so  rechten 
bericht  und  verstand  haben,  nichts  schaden  können.  Luther 
5,  256' ;  allein  derhalben,  das  sie  nicht  bericht  gehabt  haben. 
6,374';  wil  derowegen  mit  denen,  welche  jede  wunden  über- 
eins  wollen  geheftet  haben,  doch  des  heftens  kleinen  oder 
keinen  bericht  haben,  etwas  sprach  halten.  Fel.  Wübtz  9. 

5)  fragen,  fordern,  erfordern : 

ausz  fürwitz  fragt  ich  mer  bericht 
umb  ursacti  seiner  Zuversicht. 

ScilWARZe<IBERGl54,  1. 

6)  empfangen :  solicher  Ordnung  bericht  empfaben.  beschlusz 
des  reiclisreg.  von  1501  §.  2 ;  der  ich  sonst  keinen  mündlichen 
bericht  von  der  coss  mein  lebeolang  empfangen  hab.  .M.  Sti- 
fel coss  179. 

7)  wissen:  darnach  bette  ich  gerne  gewnst  gewissen  be- 
richt von  dem  vierden  thier.  Daniel  7, 19 ;  leute,  die  im  hause 
bericht  und  gelegenheit  wüsten.  Hebels  schalzk.  167. 

S)  sagen :  sage  mir  doch  einer  einen  kurzen  bericht,  wie 
ichs  dann  machen  sol,  dasz  ich  den  sontag  und  andere  fcier- 
tage  löblich  zubringe?  Sciilppils  192. 

9)  erstatten :  kurz  man  erstattete  bericht.  Gellert  1,  205. 

10)  erlangen:  ich  kann  davon  keinen  bericht  erlangen. 

11)  ohne  rerbum:  nach  deinem  bericht;  laut  bericht;  zu- 
folge berichts;  der  bericht  vom  wahren  gottesdienste.  pers. 
rosenth.  7,  20;  ein  schlechter  und  leichter  bericht  Stifel 
coss  S2 ;  ein  guter,  genügender,  Ireflicher  bericht. 

BERICHTEN,  mhd.  I>erihten,  eigentlich  richtig  madien,  in 
terschiedner  bedeutung, 

1)  ohne  casus,  melden,  erzählen :  Moses  berichtet;  Herodot 
berichtet;  ein  narr  kan  wol  mehr  plaudern,  weder  zchen 
weisen  lierichten  mögen.  LcTnER  6, 19*. 

2)  mit  dem  acc. 

a)  der  saclie,  etwas  melden,  erzählen :  dies  hat  Herodot  be- 
richtet; der  amtmann  hat  den  hrmdel  schon  berichtet,  aber 
auch  einrichten,  richten,  in  die  rechte  Ordnung  bringen:  da 
würde  man  keiner  rcchlbüdier  noch  gericht,  noch  klage  dür- 


fen, ja  alle  sacben  würden  schnell  bericht  und  schlecht.  Lu- 
ther 1, 193' ;  solchs  sage  ich  für  die  gewissen,  dieselbigen  zu 
berichten.  5,  256';  wo  ich  allein  die  gewissen  berichten  und 
trösten  kan.  das. ;  denn  wer  mit  gutem,  wol  berichtem  ge- 
wissen streit,  der  kan  auch  wol  streiten.  3,  315;  dieselbigen 
sollen  ir  gewissen  also  berichten.  3,  327 ;  sie  können  nichts 
gewisses  leren  noch  irgend  ein  armes  gewissen  bestendiglich 
berichten.  5, 490'. 

b)  der  person,  einen  unterrichten,  in  kenntnis  setzen,  franz. 
informer:  und  er  berichtet  mich  und  redet  mit  mir.  Dan. 
9,  22 ;  nu  aber  kome  ich,  das  ich  dich  berichte,  wie  es  dei- 
nem volk  gehen  wird.  10,14;  aber  wie  sie  uns  berichtet  ha- 
ben. 2  Macc.  1,  20;  setze  dich  her  zu  uns  und  berichte  uns. 
Susanna  50 ;  wo  der  Carlstad  für  fünf  jaren  mich  bette  möcht 
berichten,  das  im  sacrament  nichts  denn  brot  und  wein  were. 
Luther  3,  104;  die  prediger  sollen  gleich  wol  hie  das  junge 
volk  vleiszig  berichten  und  das  gewissen  zu  kindlichem  ge- 
horsam halten.  5,  254';  sie  zu  berichten.  Mich.  Neander  be- 
denken 14';  dann  der  mönch  kont  ihne  klarlich  berichten, 
dasz.  bienenk.  131' ; 

wie  nun  ein  mutter  ihr  kind  bericht, 

also  auch  du  dein  ehefraw  schlicht,    Fischart  ehz.  75; 

wie  möniglich  berichtet  mich.    Wecchrrl.  620; 

golt  beruht  auf  seinen  pflichten, 

er  ist  gut  und  bleibt  bestchn, 

drumb  wil  er  auch  die  berichten  {auf  rechten  weg  leiten), 

die  auf  falschen  we<ren  gehn.    Opitz  ps.  48; 

kan  es  wol  geschehen  sein, 

wie  du  mich  berichtest  gestern.    Fleki.ic  431 ; 

welches  recht  mir  30  jähr  lang  offenstehet,  wie  mich  ein  vor- 
nehmer rechtsgelehrler  berichtet  hat.  Scbuppius  594; 
jedoch  vor  allem  gebührt  es  mir 
sie  zu  berichten,  wie  ich,  nachdem  wir  abschied  genommen, 
mit  Blömuranten,  dem  seufzer,  in  dieses  schlosz  gekommen. 

Wieland  5,  14; 
so  grosz  ist  die  begicr,  aus  pflichtgemäszer  treu 
den  alten  könig  zu  berichten, 
wie  nah  Kombab  mit  ihm  verschwägert  sei.    10,  2S1 ; 

don  Sylvio,  der  nicht  zu  berichten  (auf  den  rechten  weg  zu 
bringen)  war,  wenn  er  sich  einmal  etwas  in  den  köpf  gesetzt 
hatte.  11,  375.  einen  mit  der  Unwahrheit,  mit  lügen  berich- 
ten, ihm  falschen,  lügenhaßen  bericht  erstatten.  Bemerkens- 
werth  Keisersberg  :  er  nimt  war  fremder  Sünden,  das  er  sei- 
nen nechslen  berichte  und  verlümbde.  hell,  lüwe  2S,  entweder 
falschen  bericht  von  ihm  verbreite  oder  ihn  berichtige,  corrigat. 

c)  einen  berichten  heiszt,  in  kirchliäiem  sinn,  bei  Luther 
mit  dem  sacrament  versehen:  man  hat  auch  auf  die  ersten 
und  alten  weise,  das  man  die  umbstehenden  mit  beider  ge- 
stalt  bericht  hat,  bis  auf  die  zeit  Cypriani  iness  gehalten. 
2,  7';  dieweil  keiner  überall  Christo  und  seiner  einsatzung 
nachfolget,  on  die,  welche  den  kranken  das  sacrament  brin- 
gen, oder  die  leute  öffentlich  berichten,  und  selbs  nicht  ne- 
men. 2,  25';  so  bekenne  ich  nu  abermal  hiemit,  das  ich 
gleube,  das,  wo  man  nach  Christus  Ordnung  messe  hell,  es 
sei  bei  uns  lutherischen,  oder  im  bapstum,  oder  in  Grecia, 
oder  in  India,  wenn  sie  die  leute  berichten,  so  sei  daselbs 
unter  der  gestalt  des  brots  der  warhaftige  leib  Christi.  6.117'; 
sondern  empfahung  des  sacraments  heiszen  sie,  und  müsscns 
on  iren  dank  heiszen,  synaiis  griechisch,  communio  latinisch, 
und  berichten  auf  deudsch.  6,  lis';  und  doch  daneben  so 
nahe  in  einander  genochten  {abendmal  und  messe),  wenn  sie 
die  Christen  zur  österlichen  zeit  berichtet,  das  der  gemein 
man  nichts  hat  unterscheiden  können  unter  messe  und  sa- 
crament. 6, 119*.  noch  spdler  sagte  man :  einen  kranken  be- 
richten, ihm  das  abendmal  reichen,  ihn  zum  sterben  bereiten. 

3)  mit  acc.  der  person,  gen,  der  tache:  und  ich  Daniel 
ward  schwach  und  verwunderte  mich  des  gesichts,  und  nie- 
mand war  der  michs  berichtet.  Dan.  8,  27 ;  das  wir  sie  nicht 
zeitlich  der  disputation  berichtet.  Luthers  br.  1,  30S ;  so  aber 
iemand  usz  nüwen  und  alten  testament  künde  eins  andren 
berichten,  so  wellen  si  darvon  abstan.  Tho.  Plater  42 ;  so 
wil  ich  mich  wie  ein  bergman  weisen  und  bessers  berichtea 
lassen.  Mathesius  HO*; 
der  gründlichen  Wahrheit  mich  beriebt!   H.  Sachs  HI.  1,  27; 

das  sie  ihre  vätter  des  handeis  bwnchten.  Kirchhof uciiJunm. 
21';  soll  man  schuldig  sein,  dessen  den  fcldmarschalk  zu  be- 
richten. F^'ssPEnc  kriegsb.  1,  9l'; 

meins  guu  wil  ich  dich  berichten  (tibicopiam  facere).  Carg.  90*; 

ir  junkfrawen  bericht  uns  des.    Schielzl  Saul  IG' ; 

Ü6 


1523 


BERICHTEN— BERICHTIGEN 


BERICHTIGUNG —BERINGEN 


1524 


einen  eines  andern,  bessern  berichten,  später  statt  des  gen. 
die  praep.  mit  (wie  2,  c),  um  oder  von:  der  mich  um  seine 
beschaffenheit  berichtete.  Simpl.  2, 183.  hetUe,  davon,  darüber 
unterrichtete. 

4)  sich  berichten,  sich  unterrichten,  franz.  s'informer: 

ich  weisz  nit  zu  berichten  (besinnen)  mich, 
dasz  ich  ihn  mein  tag  hett  gesehen.    AtrerSIG'; 

aber  ich  bin  ein  mann,  der  sich  berichten  läszt.  lassen  sie 
hören !  Wieland  15,  89 ;  liesz  sich  berichten.  20,  228.  bei 
Luther  kirchlich,  sich  das  abendmal  ertheilen:  ficht  dich  hie 
an  Christus  einsetzunge  von  beider  gestalt,  als  sich  nicht 
zieme  eine  gestalt  zu  nemen,  soltu  dich  also  berichten.  2, 
loo';  das  {kurßrst  Fridrich)  sich  berichten  liesz  für  seinem 
ende  nach  Christus  Ordnung  und  befelch.  3,  530';  so  ists 
dennoch  nicht  recht,  das  sich  einer  selbst  wolt  berichten, 
%veil  es  ein  sacrament  ist.  6r.  4,  282. 

5)  berichtet  sein,  werden,  unterrichtet,  kundig,  auch  oft  mit 
gen.  der  Sache:  die  berichten  (erfahrnen,  kundigen)  schifleut 
künden  den  segel  gar  wunderbarlich  wenden  und  henken. 
Keisersd.  schif  der  penit.  36 ;  sie  sind  aber  berichtet  worden 
wider  dich,  das  du  lehrest  von  Mose  abfallen  alle  jüden. 
aposlelg.  21,  21;  und  alle  vernemen,  das  nicht  sei,  wes  sie 
wider  dich  berichtet  sind.  21,  24 ;  das  sie  des  lateins  wol  be- 
richt  sei.  Spalatin  bei  Luther  5,  34' ;  warumb  lessest  du  deine 
kirche,  da  du  getauft,  gelert,  bericht  bist  und  dahin  du  ge- 
hörst? 5,492';  wer  des  berichtet  ist  und  in  seinem  gewissen 
für  gottes  wort  und  Ordnung  hält.  6,  4';  das  sie  so  uber- 
flüssiglich  der  warheit  bericht  sind.  4,357';  darin  er  irer  bar- 
barischen red  SO  gewont  ist  gewesen  und  ircs  glaubens  so 
bericht,  das  er  mer  davon  wiste  zu  sagen.  Frank  weltb.  99'; 
sobald  nun  einer  der  namen  und  figur  der  buchstaben  be- 
richtet ist.  IcKELSAMER  s.  3;  SO  musz  der  arzt  betrachten,  wie 
die  natur,  wie  die  arznei,  wie  die  zeichen  sich  anlassen,  dasz 
er  bericht  sei,  denselbigen  nachhang  zu  gehen.  Paracelsus 
1,  697';  die  falkcn  werden  bericht  (abgerichtet)  und  heiszt 
nicht  zam  gemacht  noch  heimlich.  Sebiz  570 ; 

ob  bei  hof  ein  Jedes  schmeichelt,  schmeicheln  doch  die  pferde 

nicht, 
die  den  harren  selbst  abheben,  wann  er  reitens  nicht  bericht. 
LoGAD  3,  zug.  114; 
du  solt  beisian  dem  rechten 
aus  ritterlicher  pflicht, 
solt  ritterlichen  fechten, 
dan  du  bist  wol  bericht.  SoiTAt258; 

ich  werde  von  glaubwürdigen  leuten  berichtet,  dasz.  Schüp- 
PIDS152;  weil  der  sultan  voraus  berichtet  worden  war,  dasz. 
Wieland  6, 128 ;  nachdem  er  wol  dreimal  war  berichtet  wor- 
den. 7,  57 ;  wenn  ich  recht  berichtet  bin.  Wieland  9, 109 ; 

die  Steuerleute  aber  wissen  sich 

vor  groszer  furcht  nicht  rath  und  sind  des  fahrens 

nicht  wol  berichtet.  Schiller  540'; 

in  seinem  privatlebcn  liebenswürdig,  in  seinem  regentenamt 
achtungswerth,  nur  in  seiner  politik  schlimm  berichtet  (mal 
informe).  991 ;  er  ist  berichtet,  dasz  ich  wieder  Weisungen  bin. 
Göthe  8,  74. 

6)  berichten,  mit  dem  acc.  der  sache,  wenn  es  melden, 
nachricht  geben  ausdrückt,  leidet  auch  den  dat.  der  person: 
ich  habe  dir  berichtet ;  es  ist  uns  berichtet  worden ; 

noch  grenlichers  hat  mir  derselbe  mann 

berichtet,  was  zu  Samen  ist  geschehn.    Schiller  522'. 

dies  einem  berichten  fällt  zusammen  mit  einen  berichten,  unter- 
richten und  wo  ein  sich,  uns,  euch  daneben  steht,  entspringt 
über  den  casus  Unsicherheit,  z.  b.  sich  wechsclsweise  berich- 
ten bei  Göthe  25,  343  kann  sowol  heiszen  sich  unterrichten 
als  bericht  erstatten. 

BEHICHTERSTATTER,  m.  auctor,  narralor.  berichterstalter 
einer  zeitung. 

BEUICUTERSTATTUNG,  f.  Vortrag. 

BEHICHT(JEl{EK,  m.  was  berichterstalter:  ein  berichtgeber 
aller  verborgner  dingen.  Avrer  proc.  3,  6. 

BERICHTIGEN,  corrigere,  emcndare,  richtig  machen,  ordnen, 
ein  erst  im  18  ja.,  es  scheint  nach  dem  franz.  rectiücr,  corriger 
gebildetes,  bei  Stieler  und  Frisch  noch  fehlendes  wort,  statt 
dessen  früher  auch  das  einfachere  berichten  gebraucht  werden 
konnte,  eine  sachc,  schuld,  rechnung  berichtigen,  ordnen, 
bezahlen;  einen  fehler,  eine  arbeil  berichtigen,  bessern;  einen 
zweifei  berichtigen,  entfernen; 

sin  hftspicKClt  sich,  berictiiigct  ein  band 
an  ihrem  latz.       Wulano  5,  188  ; 

i«h  hoho  alles  (eilliuhs  bericbtigi.    Scuillbr442'| 


sie  müssen  noch  herkommen,  ihre  rolle  mit  mir  zu  berich- 
tigen. Schiller  197 ;  die  mahlzeit,  die  Melina  regeimäszig  so- 
gleich berichtigte  (bezahlte).  Göthe  18,  168;  der  vogt  der 
wöchentlich  alle  rechnungen  berichtigt.  23,  4;  als  wir  über 
den  Dnieper  gesetzt  waren,  hatten  die  andern  etwas  an  dem 
wagen  zu  berichtigen.  Arndts  leben  132. 

BERICHTIGUNG,  f  correctio,  soiutio. 

BERICHTLICH,  adv.  ex  relatione,  narratione:  indem  ich, 
was  in  der  gesellschaft  vorgieng,  von  freunden  berichtlicb  ver- 
nahm. Göthe  31, 170. 

BERICHTMÄSZIG,  adv.  in  gestalt  eines  berichls. 

BERICHTSAM,  docilis,  belehrbar:  ein  ungeschickter,  unbe- 
richtsamer  mensch. 

BERICHTSCHREIBEN,  n.  literae  narratoriae. 

BERICHTSENTWURF,  m. 

BERICHTUNG,  f.  relalio:  berichtung  des  jhenigen,  so  N. 
bei  ...  Philippsen  landgraven  zu  Hessen  verstanden.  Lanz 
Äor/5  5.255;  der  groszfürst  fragte,  wie  gehets  churfürst  Jo- 
hann Georg?  nach  berichtung  s.  eh.  durchl.  wolergehen  sagte 
er  ferner,  pers.  reiseb.  1, 11. 

BERICHTZETTEL,  m.  verhaltungszettel. 

BERIECHEN,  in  doppeltem  sinn, 

1)  fumo,  odore  implcre:  stube  ganz  berochen,  von  rauch 
erfüllt;  und  nach  dem  empfangnen  nachtmal  miteinander  in 
die  kammer  giengen,  die  von  köstlichem  geschmack  aller  be- 
rochen war.  Boce.  2, 127'.    beides  heute  veraltet. 

2)  odorem  explorare,  vgl.  anriechen:  er  beroch  alles,  was 
er  in  die  band  nahm;  gierig  beroch  er  die  flasche;  das  wild 
beriechen ; 

er  (der  äffe)  kroch  hinauf,  man  sah  ihn  kaum, 
drauf  setzt  er  sich,  beroch  das  weiter.    Lichtwbr  1,  9. 

sich  beriechen,  sich  erforschen,  kennen  lernen:  wir  müssen 
uns  erst  miteinander  beriechen.  Stieler  1531;  hat  man  sich 
ein  paar  tage  wol  miteinander  berochen  und  weisz  was  man 
aneinander  findet.  welzabendA.i*. 

BERIECHUNG,  f.  odoris  exploratio. 

BERIEFELN,  striare,  riefen  machen,  auch  beriffeln. 

BERIEFEN,  dasselbe. 

BERIEMEN,  loris  instruere. 

BERIESELN,  die  wiesen  künstlich  wässern,  wozu  ein  hang 
oder  gefalle  erforderlich  ist. 

BERIESELUNG,  f. 

BERINDEN,  cortice  legere,  incrustare:  berindete  bäume, 
ungeschälte,  sich  berinden,  cortice  legi:  so  trägt  bauholz  von 
abgeschälten  bäumen  weit  mehr  als  von  berindeten.  J.  Paul 
Levana  1,  277. 

BERING,  levis,  facilis,  bei  Maaler  59'  agilis,  expedilus, 
ahd.  ring,  ringi  (Graff  2,  530),  vgl.  gering: 

die  wiber  anfahend  schnöde  ding, 

zuo  rouben,  stelen  sind  bering,    trag.  Joh.  üß; 

die  drit  aigenschaft,  die  das  häslin  an  im  hat,  die  ist  das  es 
heringer  und  schneller  und  sicherer  ist  den  berg  auf  zu  lau- 
fen, dan  den  berg  ab.  Keisersb.  has  im  pf.  Aa4';  schnell 
und  bering,  ehr.  bilger  132;  beringer  band,  der  schnell  von 
hand  ist,  bering  mit  springen,  sallatu  velox.  Maaler  59'. 
BERING,  adv.  leviter,  faciliter,  subito: 

ja  gnädiger  herr,  das  thuon  ich  bering,    trag.  Joli.illS; 

wer  do  verachtet  kleine  ding, 

dem  begegnet  schaden  bering.  * 

s.  urbering,  urplötzlich. 

BERLNG,  m.  circulus,  circuilus:  im  bering,  umkreis  der 
Stadt. 

BERINGEN,  1)  annulo  ornare,  mit  einem  ring  ausstatten: 

ist  der  finger  beringt, 

so  ist  die  jiingfcr  bedingt; 

ein   solches   zauhcrblatt  ringelt  sich  immer  mehr  zusammen, 
je  mehr  die  band,  worein  man  es  breitel,  sich  bald  vcrloheu 
und  beringen  wird.  J.  Paul  ;«ic/«.  139;  obren  beringt. 
2)  cingere,  circumscdere,  umringen,  mhd.  starkformig: 
ein  mündel  röt  hat  mich  betwungen, 
daj  min  herze  ist  gar  berungcn.    MS.  1,  26\ 

nhd.  schwach: 

zur  seilen  aber  die  schwergerftsten, 

so  die  meus  zu  beringen  wüsten,    froschm.  III.  2,  6  t 

auch  der  söhn,  der  eher  starb,  eh  er  anficng  hier  xu  leben, 

der  mit  llnsircr  nnrhi  beringt  sich  zum  grabe  vor  gegeben, 

eh  er  sich  ans  licht  begab.       Logau2j.  47; 

wie  ein  fürst  sich  mit  den  bunten,  durch  die  knopflöcher 


1525 


BERINNEN— BERLICKE 


BERLIMOST  — BEROPFEN 


1526 


seiner  Vorzimmer  gezognen  Ordensbrüder  einfasset  und  be- 
ringt. J.  Pacl  Hesp.  1, 102. 

BERLNNE.N,  circumfluere:  gesiebt,  köpf,  leib  mit  blut  ge- 
Tärbt  und  beronnen.  Tiecü  Cev.  I,  334.  oft  mhd.  z.  b.  Er.  4499. 
5325.  Ls.  1,  280. 

BERITT,  m.  eireuitus,  bezirk,  den  ein  forstbereiter,  «ege- 
bereiler  zu  bereiten  hat. 

BERITTE.N,  1)  vom  pferd,  condocef actus,  part.  von  domare 
bereiten,  also  zugeritten: 

der  hat  ein  ros,  das  ist  so  genge  beritten, 
als  das  birschleio  vor  dem  gruiieo  walde. 
Ubla.no  1,  377. 
2)  vom  reiter,  equo  inslructus,  vectus:  er  ist  wol,  scblecht 
beritten,  reitet  ein  gutes,  schlechtes  pferd;  einen  beritten  ma- 
cben,    einen  aufs  pferd  setzen,    ihm  ein  pferd  geben;   machet 
eucb  beritten  I  unw.  doct.  659.     besser  stünde  in  diesem  sinne 
geritten,   d.  i.  reifend,  geritten  habend  {nicht  bereitend,  berit- 
ten habend),     auch  heiszt  es  mhd. 

die  Tügele  wären  baj  geriten.    Parz.  119,  5, 

besser  zu  pferd,  schneller; 

dö  stnjchte  der  baj  geriten  man.    537, 11, 
und  keine  lesart  hat  benten. 

DERITZEN,  leviler  vulnerare,  scindere:  gartenländer  von 
der  hitze  beritzt,  aufgerissen.  Stielep  1594. 

BERKAN,  m.  ein  von  kämet-  oder  Ziegenhaaren  gemachtes 
zeug,  spdler  nur  aus  u-olle,  eine  art  kamelot,  it.  barracano, 
franz.  baracan,  s.  Dlcange  unter  barracanus  und  barchat 
sp.  1125.     rock  von  grünem  berkan.  Göthe  24,  78. 

BERK.NOPF,  m.  gemma,  germen:  davon  wil  Birkeimerus 
(Pirkheimer)  beiszen  die  Teutschen  Germani  von  germino, 
dasz  sie  also  wie  die  berknöpf  an  bäumen  mit  häufen  her- 
für sprossen.  Frank  chron.  5*.  noch  heute  in  Schwaben  bär- 
knopf,  tragknospe,  fruchtaug  (Schmid  431,  von  beren,  baren 
tragen,  nicht  von  beere  bacca.     vgl.  wolfentiegel. 

BERLE,  f  unio,  margarita,  ahd.  perala,  berala  (Graft  3, 
247),  mhd.  berle  (Be.v.  1, 106'),  6c«  Dasypodics  130'.  300'  bärle, 
bei  Luther  berie,  Hiob  2S,  18 ;  perie  spr.  Sal.  3, 15.  8, 11.  20, 15 ; 
noch  bei  Stieler  119  berl,  berie,  und  viele  spätere  behalten 
diese  Schreibung,  z.  b. 

ihr  sclilaf  und  nachtesrock  er  war  fast  wie  beseel 
mit  berlen  und  mit  goid.    Neliabks  lustw.  156, 

heute  ist  perle  durchgedrungen,  wie  pelz  für  beiz  u.  o.  m.  In 
der  that  befriedigen  die  ableitungen  des  romanischen  perla  von 
perula  parva  pera,  von  pirula,  pilula  (vgl.  allfranz.  pelle  /". 
perie),  von  perula  für  spberula  venig;  die  glossen  des  Iso 
magister  geben:  bacas  gemmas  rotundas,  qui  uniones  vocan- 
tur  ...  quos  et  perulos  vocant  (Dcca>ge  5,  207.  222(,  natür- 
licher schiene  also  ahd.  perala,  perula  auf  peri  bacca  zurück- 
zuführen, und  Dasvpod.  17'  setzt  bärie  unter  bacca  beer,  bac- 
catum  monile  ist  ihm  ein  bärlin  halsband,  mit  bärlen  geziert; 
ebenso  nach  ihm  Serraxcs  C2'.  man  erwäge  auch  das  fol- 
gende berlein,  baccula.  volle  beslätigung  hätte  ein  golh.  basla 
geliefert,  von  basi,  doch  Ulhlas  verdeutscht  1  Tm.  2,  9  /lao- 
^a(>^Ta<sfni(markreitum,  und  dies  wort  würde  bei  ihm  wol  auch 
Matth.  7,  6. 13,  45.  46  gestanden  haben,  in  welchen  stellen  seihst 
die  ahd.  Übersetzung  merigrioj  und  nicht  perala  verwendet, 
man  wäre  versucht,  selbst  des  Ausonius  suevische  Bissula 
durch  perie  (=  Margareta)  zu  deuten,  merkwürdig,  wenn  der 
frühe  perlenhandel  beide  ausdrücke,  meergriesz  und  perle, 
aus  unsrer  spräche  entnommen  hätte,  die  Zusammensetzungen 
werden  unter  perle  angeführt. 

BERLEIN,  n.  kleine  perle,  wenn  die  abkunfl  von  perie  aus 
beere  richtig,  einerlei  mit  beerlein,  baccula:  Cleopatra  nain 
ein  beriin  von  dem  or  herab,  das  was  fast  küstlich  und  grosz. 
Keisersb.  Sünden  des  munds  6';  wenn  ich  mein  lob  setz  in 
deinen  mund,  da  leil  denn  das  berli  an  der  edelsten  stat. 
56" ;  die  königin  Cenobia  ...  so  weisze,  hübsche  zene  ge- 
habt, dasz  wann  sie  geredt  oder  gelachet,  es  nit  änderst  ge- 
standen sei,  als  hct  sie  den  mund  vul  weiszcr  beriin.  Petr.m'; 
edle  berlein  seind  die  porten, 
auf^etban  an  allen  orten.  Riismkr  Jer.  2. 177'. 
Maaler  59*  setzt:  ein  traub  voll  beriinen,  uva  acinosa. 

BEHLICH,  aperlut,  evidens,  offenbar:  ich  lind  namentlich 
siben  groszer  beriicher  schaden.  Keisersb.  Sünden  des  munds 
8'.  es*. 

BERLICKE  BERLOCKE,  ein  ausruf  der  gaukler  und  be- 
tchwOrer,  womit  sie  erscheinungen  oder  Umgestaltungen  gebie- 
ten: er  befindet  «ich  im  fall  der  bösen  geistcr  im  Puppen- 


spiel, die  auf  das  schnell  wechselnde  berlicke  berlocke!  des 
mutwilligen  hanswursts  nicht  wissen  wie  sie  gehen  und  kom- 
men sollen.  Götbe  27, 118 ;  in  Simrocks  Faust  s.  39  aber  per- 
lippe  perlappe,  wozu  einem  das  hexenpulver  bärlappe  {sp.  1129 
1134)  bei  fällt. 

BERLIMOST,  m.  mustum  cuini:  berlimost  im  Türgöw.  Fi- 
schart groszm.  136;  turgeuischer  berlimost.  Garg.  58'.  vgl. 
börwein,  beerwein.  Garg.  58".    s.  beermost 

BERLI.NMUTTER,  f  mater  unionum.  Hemscb  293.  s.  per- 
lenmutter. 

BERLINTHURM,  m.  zu  Augsburg.  Garg.  274',  sonst  beriach. 
He.msch  293. 

BER.ME,  f  s.  härme. 

BERME,  /■.  1)  ein  schmaler  gang  am  graben  unten  im  wall, 
franz.  berme.  2)  ein  streife  lands,  der  vor  oder  hinter  dem 
deich  stehen  bleibt. 

BERNBRAND,  m.  nimb  ein  kraut,  heiszt  berendatzen  oder 
bernbrand.  Secter  216.    nach  dem  bär  genannt,    s.  bärentatze. 

BERNEN,  die  niederd.  form  für  brennen,  schon  im  pass.  K. 
35, 14  bemende  flammen :    ich  gehe  schwarz  einher  und  hör- 
net mich  doch  keine  sonne  nicht.  Hiob  30,  28 ; 
der  man  hat  sich  aufii  knecht  erzörnl, 
as  es  wie  ein  backofen  börnt. 

Gregor  VVag.ner,  comedi  das  untrew  sein  eigen  Herrn 
schlecla.  1547.  5,  2. 

BERNHART,  junker  Bernhart  raufen  =  lügen.  Kirchhof 
wendunm.  246".     ein  guten  Pernhart  trinken,  fastn.  sp.  432, 10. 

BERNHASE,  m.  hat  Stieler  262  /ör  das  sonst  übliche  bön- 
hase,  Pfuscher. 

BERNHELTER,  m.  was  bärenhäuter  (sp.  1128),  woßr  hier 
noch  einige  stellen  milzulheilen  sind:  ihr  seid  die  katz  und 
die  ratz  und  der  bernheuter.  Harnisch  294  {bei  Cervantes: 
vos  sois  el  gato  y  el  rato  y  el  bellaco) ;  der  teufel  müste  viel  za 
thun  haben,  wann  er  einen  jeden  bernheiter  holen  soll. 
Schmelzl  s.  57 ;  man  sagt,  dasz  da  der  alte  graf  Johann  von 
Nassau  habe  beilager  gehalten,  habe  er  immer  gerufen :  sehet 
dasz  ihr  mir  die  bernheuter  wol  tractiert.  dann  die  werden 
mich  entweder  loben  oder  schelten,  wann  ihre  herm  still 
schweigen.  ScHi-ppit;s  31;  der  teufel  musz  ein  fauler  bern- 
heuter sein,  dann  ihr  begehrt  sein  des  tagcs  so  oft,  dasz 
er  euch  holen  solle  und  er  kompt  doch  nicht.  163;  nun  sehe 
ich,  dasz  ihr  mein  freund  und  alle  meine  saufbrüder  bern- 
heuter seien.  232;  ist  Bernhard  Schmid  besser  als  ein  erz- 
bernheuter,  so  wird  er  die  warheit  nicht  verschweigen.  787. 

BERNHEUTERDEGE.N,  m.  gladius  ignobilis,  puerilis.  Stie- 
ler 270. 

BERNSTEIN,  m.  succinum,  eleelrum,  s.  agstein  s.  190.  die 
hochd.  form  wäre  brennstein  {s.  brennenstein),  wie  altn.  bren- 
nisteinn  für  sulphur  gesagt  wird,  da, er  aber  am  nordslrand 
ausgeworfen  wird,  setzte  sich  jene  benennung  fest,  auch  die 
Polen  haben  nach  bernstein  bursztyn  gebildet,  wie  die  Böhmen 
agsteyn,  aksten  beibehalten,  den  Littauem  heiszt  er  aber  gen- 
taras,  den  Russen  jantar',  den  Isländern  rafr,  den  Dänen  rav. 
man  saql  bernstein  fischen,  lesen,  sammeln,  schupfen. 

BERNSTEINARBEITER,  m. 

BERNSTEINEN,  succineus. 

BERNSTEINFANG,  m.  auftischen. 

BERNSTEINFÄNGER,  m.  auffischer. 

BERNSTEINSALZ,  n. 

BERNSTEINSPITZE,  f  ßr  cigarrenraucher. 

BERNSTEINVERWALTER,  m. 

BERNSTEINWIND,  m.  der  ihn  an  den  Strand  treibL 

BEROCKEN,  vestire  lunica.  Henisch  294. 

BEROCKEN,   Uno  vestire,  die  kunkel,  den  rocken  anlegen, 

BKRODEN,  behacken:  kohl,  kartoffeln  beroden. 

REROIfREN,  arundine  restire,  mit  röhr  bekleiden. 

RKHOI.LEN,  ein  schifhauwort.  Garg.  79*. 

BEROME.N,  s.  bcramen. 

BEROPFEN,  plumas,  crines,  pilos  detrahere,  sehr  oft  ßr 
berupfen :  wie  listig  will  die  alt  schälkin  nicht  allain  unsern 
herren,  sondern  auch  uns  beropfcn.  W'iriü.nc  Cal.  M3';  ich 
möcht  wol  leiden,  dasz  sie  begert  und  bempfet.  M4*;  etlich 
beropfen  die  augbrawen  mit  zenglen.  Ol*.  4';  wer  ein  vogel 
essen  wil,  der  musz  in  vor  beropfen.  f  3' ;  die  vögel,  ehe  dasr 
sie  reif  werden,  beropfen.  Petr.  so";  alle  kinder  sollen  unbe- 
ropft,  fadenblosz  und  mutternackend  auf  erden  kommen.  Fi- 
schart groszm.  24;  wie  ein  antvogel  beropfen.  Garg.  251*; 
unier  den  spielen  führt  Fcschart  an:  gänslin  beropfen  n*  23; 
gauch  beropfen  n*  567.     *.  berupfen. 

96* 


1527 


BEROSEN  — BERSTEN 


BERSTEN — BERÜCHTIGEN 


1528 


BEROSEN,  rosis  inslruerc.     Venus  sprichl: 

noch  soll  mein  schmerz  die  ganze  well  heroscn. 

UÜCKKRT  258. 

BEROSTEIV,  rubigine  corripi. 

BERÖTHELN,  rubrica  signare. 

BERÜTHEN,  rubore  afficere,  suff andere:  es  seie  dann  ir- 
gend einer,  der  verborgene  liündel  im  herzen  sitzen  habe,  die 
er  niclit  sagen  mag,  sie  aber  ihne  gleichwol  herülhen.  Puil- 
ANDEn2,  877; 

den  blanken  rebensaft  niii  girie  zu  beröihen. 
LoiiENST.  Cleop.  57,  64 ; 

weil  des  mondes  stralen  die  macht  nicht  haben,  so  eine  hol 
zu  berüthen.  Praetorius  Sa/uni.  11; 

nein  dieser  versehe  kraft  wird  ihn  mil  schäm  heröthen. 
Neitmarks  luslw.  70. 

BERÖTHIGUNG,  f.  zu  beröthigung  deiner  innerlichen  schalk- 

heit.    PlIILANDER  1,  9*. 

BEROTZEN,  muco  polluere: 

wie  sonderlich  der  schneiderknecht 
mit  seiner  nascn  umh  sich  schlecht, 
berotzet  manchen  Ironien  man, 
dcrs  alTenreich  nicht  lohen  kan. 

NiGiuNus  ujfenspiel  E2'. 

BERPEL,  rubeola,  berpel  oder  die  rotin  oder  die  urslacht, 
Variola,  vocab.  theut.  1482.  d2',  sonst  purpeln,  purpuln,  ru- 
beola';. Stieler  118.    engl,  purplcs. 

BERRE,  wi.  nassa,  s.  bare  imd  beere,  mhd.  bere: 

fiengen  die  vischlein  grosz  und  klein, 
dis  hat  ein  berrcn,  Jens  ein  zcin. 

WicKRAMs  irr.  hilger  20. 

BERSCH,  m.  perca  fluvialilis,  kommt  unter  schwankenden 
foi-men  vor,  s.  bars,  liarsch,  bärsich,  bersich,  borsig,  bersige, 
bcrsing,  perscbiug,  perscb,  börsch. 

BERSCH,  «1.  an  einigen  orten  für  wirsching,  wirschkohl. 

BERSICH,  m.  perca: 

grundein,  bersich,  gioppen  nach  der  reien. 
WiCKRAMS  irr.  bilg.  10 ; 

darzu  solt  du  nemen  einen  bersich.  von  guter  speise  19 ;  wel- 
cherlei sie  sind,  hcchede  oder  bersige.  20.  21 ;  fohren,  hechte, 
bersige.  Bartisch  äugend.  254 ;  du  magst  im  auch  geben  von 
gebraten  öpfelen  und  von  fischen  ein  bersige  oder  von  eim 
kleinen  hechtlin.  Gersdorf  24. 

BEBST,  m.  crepitus,  fragor,  ruplitra.  Henisch  294.  Stieler 
167 :  der  berst  des  himniels,  einer  wölke,  eines  brets.  s.  das 
folgende. 

BERSTEN,  crepare,  findi,  rumpi,  praet.  barst  {schlechter 
hörst),  part.  geborsten,  eine  nd.  form,  die  erst  seit  dem  16  jA. 
ins  hd.  vordringt,  ahd.  galt  nur  brestan,  prestan,  prast,  gi- 
prostan  (Grafp  3,  271)  und  mhd.  bresten  brast  gebrosten  (Ben. 
1,  256),  selbst  alls.  brestan,  altn.  bresta,  scliw.  brisla,  ddn. 
brösle;  ags.  aber  berstan,  engl,  burst,  nnl.  bersten.  Dasv- 
i'ODius  und  Maaler  haben  noch  kein  bersten,  dagegen  gebre- 
sten  deßcere,  gebreste  defectus;  bei  Heniscu  294  und  Stieler 
167  ist  bersten  eingetragen. 

Die  umslelhing  in  bersten  verdunkelt  den  Ursprung  des  worts, 
denn  sichtbar  schlieszt  sich  bresten  sowol  an  brechen  fran- 
gere  (vgl.  oben  sp.  1451),  als  an  altn.  briota,  schw.  brjta,  ddn. 
bi-yde  rumpere,  wofür  auch  ein  ahd.  priojan  aus  proj  gcmma 
erumpens  gefolgert  werden  darf;  das  ST  in  bresten  verhält 
sich  wie  im  lat.  frustra  und  IVustum,  die  abstraction  fraus 
fraudis,  fallacia  (abbruch)  gleicht  buchstäblich  dem  altn.  braut 
via  fracta,  strata,  vgl.  auch  brüst,  pcclus,  die  schwellende, 
vorbrechende,  was  sich  wieder  umstellt  in  nd.  borst,  von  dem 
merkwürdigen  verhalt  zwischen  goth.  brikan  und  einem  mul- 
maszlichcn  briutan  =  altn.  briota  soll  anderswo  näher  ge- 
handelt werden. 

Redensarten.  1)  bersten  vor  gift,  zorn,  ärger,  bosheit,  geheimnis, 
schreien,  lachen:  wiltu  für  bosheit  bersten?  Iliob  18,  4;  haslu 
etwas  gehöret,  so  lasz  es  mit  dir  sterben,  so  hasiii  ein  ruiiig 
gewissen,  denn  du  wirst  ja  nicht  darvon  bersten.  Sir.  19, 10 ; 
da  nam  Daniel  pech,  fettes  und  haar  und  kochet  es  unter- 
einander und  maciile  kiichiein  daraus  und  warfs  dem  drachen 
ins  maul  und  der  dracl»  barst  davon  mitten  cnzwei.  vom  Bei 
26;  dieser  hat  erworben  den  aeker  umb  ungerechten  lohn  und 
sich  ciiienket  und  ist  mitttm  enzwci  geborsten,  apost.  gesch. 
1,  18;  das  er  leichtlich  darvon  möcht  börsten,  bienenk.  232; 
also  das  sie  zuletzt  darfür  wol  möchten  börsten.  244";  der 
schwenke  vor  lachen  bersten,    unw.  doct.  706;    ich  gedachte 


vor  bosheit  zu  börsten.  Plesse  1,  81 ;  noch  möcht  ich  vor  zorne 
bersten,  wenn  ich  daran  gedenke.  Klopstock  12,  379 ;  ich  hätte 
über  sein  kaltsinniges  compliment  bersten  mögen.  Lessing 
1,  263; 

schrei,  bis  du  berstest,  schurkel  Schiller  536* ; 
da  er  entweder  bersten  oder  reden  muste..  Wieland  19,  323; 
ich  müste  sonst  an  meiner  zwcifelei  bersten.  Gükingk  2,121; 
ich  will  ihnen  zu  lachen  geben,  dasz  sie  bersten  sollen.  Klin- 
gers ///.  2,  2ri9 ;  aber  hier  barst  Worble  in  ein  lachen  aus- 
einander, das  er  so  lange  zusammengehalten.  J.  Paul  komet 
3,  55. 

2)  und  solt  dem  geist  der  bauch  bersten.  Luther  3,  466'; 
ach  das  herze  im  leibe  wil  mir  vor  angst  und  schmerzen 
bersten.  Heinr.  Jul.  von.  Br.  Sus.  3,4;  ein  ström  von  thrä- 
nen,  in  welchen  sein  berstendes  herz  ausbrach.  Klopstock 
1,  304;  sie  krümmte  sich  in  thiänen  berstend  zu  meinen 
füszen.  2,  05 ;  auch  öfnete  sie  mir  ihr  herz  nicht,  bis  es  von 
selbst  borst.  Leisewitz  Jul.  von  Tar.  2,  5 ;  des  Staunens  ber- 
stende thräne.  Schurart  ged.  1, 14 ; 

des  Schmerzes  höllen(]ual  durchdringt 
der  wölken  scliosz  mit  berstendem  gehcule. 
ScriiLLP.R  3t ; 

am  lautesten  Armins  berstender  seufzer.  Göthe  16, 172 ;  sein 

herz  wollte  bersten.  16,  176. 

3)  der  geruch  eines  berstenden  aases.  Schiller  Hl',  man 
sagt  die  füsze,  Jiände  bersten,  brechen  auf;  die  lippen  sind 
ihm  geborsten,  aufgebrochen;  die  brüste  bersten. 

4)  nicht  anders  als  börste  die  erde.  Schiller  873;  in  {von 
der  sonunerhitze)  geborstnen  feldern.   Lessing  1, 126; 

berstend  reiszt 
der  boden  unter  meinen  füszen  auf.    Göthe  9,  245; 

mit  dem  düstern  gestrauch,  das  sich  aus  geborstener  wand 
hervordrängt.  Bettine  br.  1,  275 ;  eine  geborstene  mauer,  glocke ; 
das  eis,  die  decke  des  eises  barst. 

auf  seen  und  strömen  das  grandeis  borst.    Bürger. 

5)  die  kraft  des  windes  und  der  berstenden  wölken.  Fel- 
senb.  1,  62 ; 

ihr  wölken  berstet,  gieszt  herunter  ströme.'    Schiller  539'. 

6)  eine  noch  nicht  geborstene  rose.  ped.  schul  f.  IIQ; 

bäum,  der  borst.        Brockes  7,  500; 

durch  der  eichenwälder  bogen 

bist  du  brausend  hingezogen, 

bis  der  letzte  wipfel  barst.    Hückert  46. 

man  vgl.  brechen,  platzen,  reiszen,  springen,  deren  jedes  in 
bcslimnilen  fällen  gilt. 

BERSTGRÄS,  n.  carex  acuta,  weil  von  dessen  gcnusz  das 
vieh  zum  zerplatzen  aufschwillt. 

BERSTKR.\UT,  n.  dasselbe,  platzkraut,  s.  auch  barzen- 
kraut. 

BERSTIG,  was  einen  sprung  hat,  leicht  springt  oder  birslct : 
berstige  breter. 

BERTLING,  m.  was  bärtling. 

BERTRAM,  m.  anthemis  pyrethrum,  aus  dem  letzten  wort 
sichtbar  unserer  spräche  angeeignet,    s.  berchtram. 

BERICHTEN,   famare,    diffamare,    ins  gerücht,   in  den  ruf 
bringen,  verleumden: 
ein  müller, 

der  war  berüchlet  in  dem  alter, 
das  er  het  gmessen  böse  inalter.    Waldis  Esoj)  4,  86 ; 
diese  musz  man  mir  mit  nichten 
als  ein  alte  magd  berüchtcn.    Logau  1,3,49; 
Xantippe  war  zwar  schlimm  berüchtct.    Wernikf:  173. 

BERÜCHTIGEN,  dasselbe,  und  heute  allein  Üblich:  Niklus 
Bruckener  clagit  zu  Hans  Skasse,  da;  her  in  berucbtigit  bette 
mit  Worten,  die  im  sein  cre  und  glimphen  anlangende  wercii. 
Magdeb.  weisth.  s.  37  (a.  1453);  ist  denn  Niklus  Bruckener 
umb  etzliche  untad  beruchtiget.  3!» ;  darumb  das  er  ein  jung- 
fraw  in  Israel  beruchtiget  hat.  5  Mos.  22,  19 ;  es  war  ein  rei- 
cher man,  der  hatte  einen  haushalter,  der  ward  vor  ihm  be- 
rüciitigel,  als  bette  er  im  seine  guter  uinbbrachl  (goth.  fravrö- 
hi|is  var|)  du  imma  ei  distabidiMi  aigin  is).  Luc.  16,  1;  nicht 
beruchtiget,  das  sie  schwelgen  und  ungehorsam  sind.  Tit.  1,6; 
ja  ich  sol  nicht  gestatten,  so  viel  an  mir  ist,  das  evange- 
lische warheit  unter  dem  namen  gottloser  bei  so  eiin  gro- 
szen  fürsten  mit  so  groszem  schaden  vieler  hoher  leutc  std 
beruchtiget  und  gelestert  werden.  Lltiier  1,215";  es  ist  hin- 
fort zeit,  nach  s.  Paulus  lere,  die  ön'enilicheii  übellheter  für 
aller  weit  üireutlich  berüchtigen,  verlachen  und  strafen.  1,  357*. 
br.  2,  114;   die  mich  austragen  und  berüchtigen.   3,  15o';   af- 


1529    BERÜCHTIGUXG  — BERÜCKEN 

terredet,  berüchtiget,  beleuget  felscblich  seinen  nechsten. 
tischr.  197';  aber  die  eerlosen,  gesciunechten  oder  berüchtig- 
ten (ignavos  et  imbelles  et  corpore  infames)  warfen  sie  in 
ein  wasser  oder  mosz  mit  kat  zugedeckt.  Fbami  weltb.  43'; 
ticng  an  sich  zu  entschuldigen  deren  ding,  so  ihn  seine  feind 
bei  uns  möchten  berüchtigt  haben.  230';  das  ich  mit  dieser 
that  gezigen  und  berüchtiget  werde.  Reltter  kriegsordn.  23; 
auf  das  du  uns  einiger  unhöflichkeit  nicht  berüchtigen  mö- 
gest. Philander  1,  40S ;  dasz  du  vor  diesem  deinen  namen  hät- 
test damit  berüchtiget.  Praetorics  Kalzenveil  s.  1 ;  der  mensch 
ist  dessenwegcn  (der  Undankbarkeit)  so  berüchtigt,  dasz  man 
es  nicht  für  unwahrscheinlich  hält,  man  könne  sich  durch 
erzeigte  wolthaten  wol  gar  einen  feind  machen.  Käst  5,  297 ; 
einer  Ton  den  berüchtigsten  Widersachern.    8,  121; 

bettelte  haus  bei  haus,  ein  weit  berüchtigter  vielfrasz. 
VossOd.  18,  2; 
ein  berüchtigter  gauner.    s.  übeiberüchtigt. 

BERICHTIGUNG,  f.  diffamalio:  wie  dis  ergernis  hingelegt 
möcht  werden  on  Verletzung  und  abbruch  des  apostolischen 
stuels,  auch  on  alle  verleumbdung  und  berücbligung  bruders 
Martini.  Luther  1,  125*;  nun  verstünden  sie  solche  berüchti- 
gung.    Melanchthon  2,  107. 

BERÜCKEN,  deeifere,  (allere,  bestricken,  in  die  falle  locken, 
gleichsam  hintertcärts  {mhd.  berücke,  ade.  kröne  27241)  fangen. 

1)  ursprünglich,  ein  wildes  thier,  einen  vugel  berücken, 
bestricken,  fangen,  überfallen,  strick,  schlinge,  netz  über  ihn 
rücken,  icie  die  LXX  TiayiSsvetv  gebrauchen;  die  Jäger  be- 
dienen sich  beim  lerchen-  und  schnepfenfang  sogenannter  rurk- 
leinen,  d.  i.  game,  schlingen,  die  geruckt,  gerückt  werden, 
auch  decipere  erklärt  sich  aus  capere.  wie  die  fisch  gefan- 
gen werden  mit  eim  schedlichen  hamen,  und  wie  die  vogel 
mit  eim  strick  gefangen  werden,  so  werden  auch  die  men- 
schen berückt  zur  bösen  zeit  {LXX  TtaytSeiovrai  oi  vloi 
Tov  av&QcoTiov  eis  xatoöv  Ttot^r^oäi;  vulg.  capiuntur  homi- 
nes  in  tempore  malo).  jpred.  Sal.  9, 12 ;  es  halten  sich  unzeh- 
lich  viel  seehunde  umb  die  inseln  auf,  welche  wir,  indem 
sie  sich  auf  die  herumliegende  steine  in  die  sonne  gestre- 
cket, aus  den  büschen  gar  leicht  berücken  kunten.  pcrs.  reiseb. 
1,  4 ;  verliebte  hasen  berücken.   Pierot  2,  6. 

2)  überlisten,  überfallen,  betriegen:  und  ob  er  zu  schwach 
ist,  dir  schaden  zu  thun,  so  wird  er  dich  doch,  wenn  er 
seine  zeit  siebet,  berücken.  Sir.  19,  25;  gute  freund,  mein 
eigen  gesind,  dazu  ich  mich  guts  versehe,  die  mich  am  al- 
lerersten berücken.    Lcther  4,  402' ; 

Ulvsses  seinen  sinn 
berücken  ist  x'u  hoch.       Opitz  1,  228; 

dasz  mich  der  neid  berücke, 
da  bin  ich  sorgenlos.       Logau  1,8,  19; 
bürger  sind  fuchse  zum  schleichen  und  scbmügen, 
voriheln,  berüciten,  linanzen  uad  lügen.    2,5,14; 

weiln  aber  die  religion  und  deren  vorschützung  der  sicherste 
weg  ist,  den  pöbel  zu  berücken.  Gryphics  l,  345;  da  ein 
schlechter  und  einfeltiger  gümpel  durch  gute  worte  berücket 
worden.  Weise  erzn.  41 ;  der  ihn  gedenket  zu  berücken,  soll 
unser  auch  nicht  schonen,  unw.  doct.  652 ;  ich  habe  solche 
frürnmigkeit  mit  einer  angenommenen  scheinheiligkeit  berü- 
cken wollen,  ped.  schul f  53 ;  manch  ehrlich  mädchen  zu  be- 
rücken,  pol.  stockf.  vorr.; 

ein  mensch  wird  leicht  berückt, 

gott  läszt  sich  nicht  betriegen.    Gö.ither  1036; 

durch  keinen  zwang  gekrümmt,  durch  keinen  neid  berückt. 

Hagkoor.i  1,  28; 
sie  oicbt  so  sträflich  zu  benicken, 
verspricht  und  hält  ihr  Polrdor.    3,  103; 

ein  schalkhaftes  lächeln  schien  die  herzen  zu  warnen,  sich 
von  der  tändelnden  Unschuld  dieses  schönen  götterknaben 
nicht  berücken  zu  lassen.    Wieumd  1,  288  ; 

mit  einem  won,  nichts  zeigt  sich  ihren  blicken, 

das  nicht  verdient  selbst  götier  zu  berücken.     10,  127; 

allein  bei  kälterm  bliit  und  hellem  Sonnenschein 

soll  Venu»  .selbst  nicht  (nhig  sein 

noch  einmal  mich  so  straQicb  zu  berücken.    10,212; 

mit  dem  geiste,  den  kein  wahn  berücket.    Gottu  1,  S4; 

»ie  halten  nicht  wort,   es  sind  Iti^engeister 

die  dich  berückend  in  den  abgriind  ziehn.    Schillu968'; 

0  glücklich  der,  den  keine  furcht  berückt!    Göthc  11,  171; 

ihr  Tarben  macht  venvorrenen  schein, 

dasz  wir  die  zagende  seele  bemoken.    Tiece  2,  175; 

herz,  lasz  dich*  nicht  berücken  {iniachen), 

dasz  nach  verdienst  wird  nicht  celohni  auf  erdeo. 
nücKCRi  320; 


BERÜCKSICHTIGEN  —  BERUF 


1530 


sonst  wird  der  verstand  berückt,  aber  nicht  überführt.  Katt 
7,  348;  dann  muste  das  berückte  herz  verlassen  ausrufen, 
ach  wo  find  ich  u.  s.  w.  J.  Padl  Tit.  1,  142.  s.  aufrücken, 
vorrückeiL  und  zumal  rücken  selbst. 

BERÜCKSICHTIGEN,  rationem  habere,  respicere:  dieser 
mensch  niusz  berücksichtigt  werden,  fordert,  verdient  rück- 
sichl;  eine  sache  berücksichtigen;  man  soll  alles  berück- 
sichtigen. 

BERÜCKSICHTIGUNG,  f. 

BERÜCKUNG,  f.  captio,  deeeptio,  fraus:  lasz  iren  tisch  zu 
einem  strick  werden  und  zu  einer  berückung  iyevrj&rizca  i] 
roÜTte^a  avräyy  eis  nayiSa  xai  et»  ■9'r^oaf,  fiat  mensa 
eorum  in  laqueum  et  in  captionem).  Rom.  11,  9. 

BERUDERN,  rem«  instruere:  berudert.    Garg.  79'; 

Ajas  sank  in  der  Qut  mit  den  lansbcruderten  scbilfen. 
Vos's  Od.  4,  499 ; 

das  wolberuderte  schif.  Bürger  139*. 

BERUF,  m.  fama,  voeatio,  impulsio,  munus. 

1)  fama,  ruf:  solchs  aberglaubiges  wesen  ist  zu  unsem 
Zeiten  aufgehaben  und  abgeschaft  worden,  aber  die  capell 
ist  nichts  destoweniger  in  ihrem  beruf  blieben.  Anx.  Priva- 
TDS  daemonolalria  p.  147 ;  es  sein  diese  beer  in  groszcn  be- 
ruf kommen.  Tabernaem.  1362;  und  bringen  diesen  newen 
abgott  in  solchen  beruf,  dasz  die  ganze  wendische  natioa 
ihme  jährlichen  trihut  zusandte.  Micr.\lius  2, 167 ; 

vor  jähren  der  beruf  allhie  war, 

dasz  man  hielt  auf  der  ganzen  erd 

allein  für  gut  unsere  pferd.    Atrer  fastn.  sp.  1*; 

Protesilaus  musz  mit  seinem  tode  fliehen, 

des  Peleus  brudern  söhn,  der  könig  in  ilynnt, 

und  der  vor  beiden  ihm  den  gröszten  ruhui  errant, 

verdorren  an  beruf.        Sccltbtus  bei  Lessiwj  8,  27S; 

weil  ich  nunmehr  allbereit  im  beruf,  dasz  ich  wacker  spen- 
diere, pers.  rosenth.  7,  6 ;  eine  Jungfer  musz  mühe  haben  ihre 
ehre  und  keuschheit  in  gutem  beruf  zu  erhalten.  Weise 
überfl.  ged.  2,  127;  einer  rühmte  sich,  als  war  er  wegen 
seines  losen  mauls  allenthalben  in  beruf,  erzn.  421;  nun 
war  zwar  der  gasthof  vor  diesem  in  gar  gutem  beruf  gewe- 
sen, maulaffe  84.  heute  gilt  in  diesen^  sinn  nur  ruf,  nicht 
beruf,  der  gegensatz  ist  aber  verruf. 

2)  vocatio,  officium,  Studium,  impulsio,  aml,  bestimmung: 
bleibe  in  gottes  wort  und  übe  dich  drinnen  und  beharre  in 
deinem  beruf.  Sir.  11,  21;  vertraue  du  gott  und  bleibe  in 
deinem  beruf.  11,  23;  sehet  an,  lieben  brüder,  euren  beruf. 
1  Cor.  1,  26 ;  das  ir  erkennen  müget  welches  da  sei  die  hof- 
nung  eures  berufs  {goth.  vens  laJ)onais).  Eph.  l,  18;  so  er- 
mahne nun  euch,  das  ir  wandelt,  wie  sichs  gebürt,  eurem 
beruf,  darinnen  ir  berufen  seid  (gaggan  ))izös  lat>6nais,  )ii- 
zaiei  la{>udai  siju{)).  4,  1;  ein  leib  und  ein  geist,  wie  ir  auch 
berufen  seid  auf  einerlei  hofnung  eures  berufs  (in  aina  ven 
lat)ünais  izvaraizos).  4, 4 ;  das  unser  gott  euch  würdig  mache 
des  berufs  (vairj)ans  briggai  |)iz6s  la{)ünais).  2  Thess.  l,  11 ; 
tbut  desto  mer  fleisz  euren  beruf  und  erwehlung  fest  zu  ma- 
chen. 2  Petr.  1,  10 ;  die  ir  berufen  seid  durch  den  himlischeu 
beruf.  Ebr.  3,  1;  sie  wollen  seinen  beruf,  welchem  er  nicht 
mderstehen  konde,  anzeigen.  Luther  3,  32;  ist  der  wille 
und  beruf  Christi  deines  heilands.  3,  422;  ich  bah  ewer 
Schrift  empfangen,  darinnen  ir  mich  fraget,  ob  ir  sollet  den 
beruf  (ruf\  zum  predigamt  gen  N.  annemen.  5,  485';  und 
den  beruf  oder  rechte  weihe  und  ordiniem  zum  pfarramt  vvi- 
derumb  der  kirchen  zusprechen  und  einreumen.  6,  103'; 

auszerm  beruT  nach  narung  trachten 
ist  anders  nichts  denn  goit  verachten. 

KiBCuaor  vendunm.  177'; 
der  ist  reich  und  von  gott  geehrt, 
welchen  sein  band  und  beruf  ernehrt.    daselbst; 

hab  ich  mit  steter  trew 
für  dir  .  . .  meinen  beruf  verwaltet.    Weckhirlin  290; 

also  ist  einer  in  seinem  beruf  ein  guter  bäum.  Lehna;«.-«  68 ; 
beide  wider  ihren  beruf  in  die  liebe  verwickelt  wurden,  maul- 
affe 1 ;  sie  war  nicht  blöde,  auf  beruf  der  gaste  sich  vor  den 
tisch  zu  stellen.   73; 

als  man  dir  den  beruf  zur  neuen  würde  bringt.    CA.niiz  60 ; 

die  liebe  zur  kunst  ist  von  Jugend  auf  meine  gröszte  nei- 
gung  gewesen,  und  ohnerachtct  mich  erziehung  und  um- 
stünde in  ein  ganz  entferntes  gleis  geführet  hatten,  so  mel- 
dete sich  dennoch  allezeit  mein  innerster  beruf.  Wi.xkelma:«» 
3,  Uli; 


1531 


BERUF— BERUFEN 


BERUFEN 


1532 


als  Phryne  mit  der  kleinen  band 

noch  um  der  mutier  busen  spielte, 

nichts  als  den  keimenden  verstand 

und  den  beruf  der  sinnen  fühlte.    IUgedoiin  3,  91 ; 

wie  kurz  war 
Gberwinder,  dein  lauf  von  deinem  beruf  zu  dem  himmel 
bis  in  den  himmel.        Klopstock  Hess.  13,  782 
{ausg.  1760;  1780:  deiner  berufung  zum  himmel); 
und  dies  sei  fortan  ihr  beruf, 
wozu  der  meisier  sie  erschuf!    Schiller  80"; 
das  königreich  ist  dein  beruf.    300'; 
unser  siiszester  beruf 
ist  das  glück  der  liebe.    Gotter  1,72; 
der  vaier  Noahn  den  beruf, 
der  sorgen  gegengift  zu  brauen, 

und  mir  den  trieb  verlieb,  mein  nestchen  auch  zu  bauen. 

1,416; 
sich  ejnen  beruf  {ein  amt)  wählen.   3,  15; 

an  jenem  lag,  da  mich  der  fttrstenbote 

zur  konigswatil  beschied,  und  ich  erbangend 

abwehrte  den  erhabenen  beruf.    Uhlands  Ludwi«;  145; 

im  namen  dessen,  der  sich  selbst  erschuf 

von  ewigkeit  in  schalTendem  beruf.    Götuk  3,  81 ; 

er  hatte  keinen  beruf  {trieb)  ihr  zu  folgen,  vielmehr  halte 
ihr  betragen  einen  neuen  Widerwillen  in  ihm  erregt.  18,  213; 
hierauf  gründet  sich  die  befugnis  und  der  beruf  alle  ereig- 
nisse  der  nalur  mechanisch  zu  erklären,  Kant  7,  294;  seine 
frau  prügelte  er  niemals,  als  wenn  er  in  sich  einen  beruf 
von  allen  seilen,  wie  er  es  nannte,  dazu  spürte.  Lichten- 
berg 3,  43 ;  das  ist  gar  nicht  meines  berufs,  amts. 

BERUFEN,  vpcare,  convocare,  schwankt,  wie  abrufen,  an- 
rufen, aufrufen,  ausrufen,  zwischen  starker  und  schwacher 
flexion,  worüber  bei  dem  einfachen  rufen  mehr  gesagt  werden 
soll.  Keisersberg,  Steinhüwel,  Plater,  Fischart,  von  neue- 
ren Lessing  ziehen  das  praet.  berufte  vor,  Luther  aber,  dem 
die  mehrzahl  folgt,  berief. 

1)  berufen,  ztisammen  berufen:  Jacob  berief  seine  söne. 
1  Mos.  49, 1 ;  mache  dir  zwo  drometen,  das  du  ir  brauchest 
die  gemeine  zu  berufen.  4  Mos.  10,  2 ;  berief  er  das  ganz 
Israel.  Jos.  23,  2 ;  beriefen  sie  alle,  die  zur  rüslung  alt  gnug 
und  drüber  waren.  2  kön.  3,  21 ;  da  berief  Herodes  die  wei- 
sen heimlich.  Matth.  2,  7;  und  er  berief  die  zwölfe  {goth. 
alhaihait).  Marc.  6,  7;  mit  trummeten,  hörbauken  und  hör- 
nern berufen  sie  die  iren  zur  kirchen.  Frank  weltb.  226" ;  do 
beruft  ich  alle  mine  lantzlüt  zamen.  Tho.  Plater  41;  beruf- 
ten sie  wider  die  fliegend  herd  der  scharpschröler.  Garg.Ul*; 

schon  durchwallt  die  frohen  baine 

die  berufne  menschenschar.    Bürger  114'; 

die  stände  sollen  jährlich  berufen  werden. 

2)  einzelne  berufen,  advoeare,  cilare,  arcessere,  herzurufen, 
holen  lassen,  einladen,  besenden :  sihe,  ich  hab  mit  namen  beru- 
fen Bezaleel.  2  Mos.  31,  2.  35,  30 ;  denn  viel  sind  berufen,  aber 
wenig  sind  auserwehlet.  Matlh.  20, 16 ;  ein  ieglicher  bleibe  in 
dem  beruf,  darinnen  er  berufen  ist.  1  Cor.  7,  20 ;  bist  du  ein 
knecht  berufen,  sorge  dir  nicht.  7,  21;  ir  aber,  lieben  brü- 
der,  seid  zur  freiheit  berufen.  Gal.  5,  13 ;  sonderlich  aber, 
80  sie  mich  mit  namen  in  dem  andern  zeddel  nennen  und 
berufen.  Luther  3,  113';  Ireneus  spricht,  das  brot  sei  nicht 
schlecht  gemein  brot,  nach  dem  es  von  gott  genennet  oder 
berufen  ist,  sondern  eucharistia.  3,  371 ;  sie  beruften  Moysen 
darzu.  Keisersb.  Sünden  des  munds  30* ;  und  ward  bald  ein 
rat  besamlet  und  beruften  Xanthum.   Steinhöwel  Esop  18 ; 

zwar  brüft  sie  mich  wider  zu  haus, 

dasz  ich  sol  wider  zu  ihr  gan.    H.  Sacus  V,  213'; 

dich  beides  zu  berufen  und  zu  erforderen.    Garg.  210'; 

und  wie  ihn  ganz  barmherzig  du 

berufest  in  dein  reich  und  ruh.    Wickherlin  316; 

ist  er  ohngeladen  hingegangen  und  zu  dem  panquet  berufen 
worden.  Schuppius  770;  den  hanen,  der  mich  so  oft  aus  dem 
schlaf  erweckt  und  zu  den  bücberen  berufen  hat.  773; 

sein  abl,  dem,  sonder  ihn,  auch  nicht  sein  mundwein 

schmockie, 
berief  den  besten  arzt,  dem  er  die  noth  entdeckte. 

ilAGBDORN  2,  97; 

liebevoll  von  ihr  berufen 

buldigt  alles  seiner  pllicht.    Rürgir  2'; 

was  für  ein  glücklicher  grdanke, 
mein  rater,  mich  nach  Aulis  zu  berufen:    Schiller  221'; 
(das  sanftere  geschlechi)  das  nicht 
berufen  ist  zum  billigen  werk  der  wafTcn.    470'; 

geisicr  berufen  und  am  stein  der  weisen  arbeiten.  31,  232 ; 
vorauszuiehn   war   es,    dasz   man   mich,   wenn   madauie  de 


Stael  nach  Weimar  käme,  dahin  berufen  würde,  an  Schil- 
ler 900. 

3)  im  gerichlsgebrauch  hiesz  berufen  nicht  nur  vorladen, 
citare,  z.  b.  den  geladenen  mit  neuer  ladung  berufen. 
kammerger.  ordn.  von  1523  6,  2,  sondern  auch  appellare:  so 
sage  ich  Martinus  Luther  genant,  für  euch,  herr  notarie, 
als  für  einer  öffentlichen  glaubwürdigen  personen,  neben  di- 
sen  gegenwertigen  zeugen,  willens  und  fürnemens  zu  appel- 
lieren und  berufen.  LutherI,  35l';  und  dasz  von  dieser  aus- 

■  legung  kein  appellation  noch  weiters  hin  berufen  gelten  sol- 
len, bienenk.  13';  auf  ein  höheres  gericht  berufen,  s.  sich 
berufen. 

4)  berufen,  beschreien,  incantare,  unzeilig,  voreilig  nennen, 
besprechen  [vgl.  unberufen),  oft  aber  nur  im  milden  sinne  des 
zur  rede  stellens,  tadelns:  einem  sein  glück  berufen  oder  be- 
schreien. Agricola  spr.  n'  535 ; 

und  dasz  kein  böses  maul  uns  nicht  berufen  müsse, 
im  fall  es  überschlägt  die  grosze  zahl  der  küsse. 
Opitz  2,460; 
hingegen  waren  theils  bauren  so  gar  gottlos,  dasz  sie  sich  auch 
darum  bekümmerten  andere  leute,  oder  auch  wol  ihre  her- 
ren  selbst  unterm  schein  der  einfalt  zu  berufen.  Simpl.  l, 
89 ;  solche  Säuglinge  {die  man  erst  entwöhnt  und  hernach  wie- 
der an  die  brüst  anlegt)  sollen  bei  ihrer  erwachsung  . .  an 
ihnen  haben,  dasz  sie  andere  menschen,  ihnen  unwissend, 
berufen  oder  beschreien.  med.  maulaffe  446.  447 ;  dasz  ich 
mir  ein  vor  meinem  nächsten  geburtslag  zu  erreichendes  ziel 
vorgesteckt  habe,  das  ich  nicht  voreilig  berufen  will.  Göthe 
an  Zelter  801;  wir  wollen  den  grafen  nicht  berufen,  sonst 
müst  ich  sagen,  er  führt  sich  recht  gut  auf.  an  fr.  von 
Stein  2,  38.  ößer  bei  ihm  für  zur  rede  setzen,  darauf  anre- 
den, tadeln:  als  er  zu  den  frauen  ins  Versammlungszimmer 
kam,  beriefen  sie  ihn  «instimmig,  dasz  nichts  recht  sitze, 
der  schöne  federbusch  sei  verschoben.  19,  202;  so  fiel  dem 
zartempfindenden  mienenkenner  eine  so  geringe  Zustimmung 
bei  der  sache,  die  ihm  höchst  wichtig  schien,  dergestalt  auf, 
dasz  er  nicht  unterlassen  konnte,  seine  freunde  deshalb  zu 
berufen.  23,  35;  ich  ward  oft  freundlich,  oft  auch  spöttisch 
über  eine  gewisse  würde  berufen,  die  ich  mir  herausnahm. 
24,  101;  Kleist  hatte  gegen  diejenigen,  welche  ihn  wegen  sei- 
ner öfteren  einsamen  Spaziergänge  beriefen,  scherzhaft,  geist- 
reich und  wahrhaft  geantwortet,  er  sei  dabei  nicht  müszig, 
er  gehe  auf  die  bilderjagd.  25,  101;  nach  einiger  zeit  bracht 
ich  eine  flasche  hervor,  wegen  der  mich  meine  nachbarn  be- 
riefen. 30,  66; 

bald  wegen  geist  und  witz  beruft  dich  weit 
Europens  mund,  bald  wegen  albernheit.    13,136; 
du  verachtest  den  armen,  er  lehne  sich  überall  nieder, 
schöne  königiii,  wol  lieg  ich  bald  hier  und  bald  dort, 
aber  fändest  du  ihn  erwachend  einst  in  dem  arme, 
du  beriefst  ihn  mit  recht:  lehnt  er  doch  über.ill  an. 
Göthe  bei  Sclidll  233. 

5)  sich  berufen,  provocare,  nach  der  dritten  bcdeutung :  wir 
müssen  appellieren  und  uns  berufen  von  dem  richtstul 
zu  dem  gnadenstul.  Luthers  theoL;  auf  deren  zeugnis  auch 
wil  ich  mich  berufen.  Kirchhof  mit.  disc.  vorr.;  also  dasz 
man  frei  von  allen  königen  der  weit  an  seine  herlichkeit  sich 
mag  berufen  und  ziehen,  bienenk.  126";  sich  auf  ihr  alt  her- 
kommen beruften.  Zinkgr.  apophlh.  27,  24;  Gesncr  brachte 
bei  und  berufte  sich  desfalls  auf  den  Henr.  Conr.  Agrippa. 
Lessinc  9,  448;  der  angeklagte  berief  sich  auf  seinen  guten 
leumund. 

BERUFEN,  part.  praet.  des  vorigen, 

1)  vocatus,  celeber,  clarus,  famosus,  notus,  wie  xlr^rös  von 
xaXiia,  weil  der  gerufene  ruf  hat,  berühmt  ist:  allen  die  zu 
Rom  sind,  den  liebsten  gottes  und  berufenen  heiligen  (xAi?- 
TOts  ayioie).  Rum.  1,  7.  1  Cor.  1,  2 ;  so  ist  ein  erbar  rath  zu 
Nürmberg  so  berufen  von  gottes  gnaden  mit  wcishoit  und 
gerechtigkeit,  dasz  herzog  George  ir  meister  nicht  sein  sol. 
Luther  4,  337";  eine  tugend  solcher  berühmten  stad  und  weit 
berufen  weisen  rath  ehnlich  und  ehrlich.  5,171'; 

ich  bin  der  mann,  der  dich  so  rühmlich  sang 

in  meine  harf  und  die  berufnen  seilen.    Opitz  1,68; 

du  wärest  sonst  der  markt  und  schaiiplaiz  aller  Sachen, 

dardurch  ein  schöner  ort  sich  kan  berufen  muchen.    3,268; 

doch  glaubten  sie  nicht,  dasz  dieses  der  einzige  rühm  sei, 
dadurch  die  liochlubliche  Stadt  fast  in  der  ganzen  weit  be- 
kannt und  berufen  wäre.  Wkise  erzn.  437;  und  alle  solcher 
groszrr  hericn  guter,  ihr  Weisheit,  ihr  berufener  nain  in  der 
weit,  darumb  sie  sich  so  hoch  bemühen.    Schuppius  137 ;  da- 


1533 


BERUFEN— BERUFT 


BERUFUNG— BERUHEN 


1534 


selbst  {zu  Verdun)  erfolgte  die  so  berufene  Zergliederung  und 
allgemeine  theilung  der  fränkischen  monarchie.  Hahs  1,  163; 
Egbertus  theilte  den  so  berufenen  stab  des  heil.  Pelri  mit 
erzbischof  Werino  von  Cüln.  2,  129;  der  könig  kam  mit  sei- 
nem lager  bei  dem  so  berufenen  weiszen  berg  zu  stehen. 
3,  8;  die  berufene  Wiboradam  zur  canonisation  vorschlagen. 
3,  33 ;  die  glaubwürdig^  reisebeschreibung  des  berufenen  K. 
Rabexer  1.  205 ; 

bedeutender  als  selbst  Achills  beruftaer  schiid. 
Zachariä  1,  20; 
die  berufene  samlung  im  'pallast  Barberini   zu  Rom   ist    ein 
schätz,  Ton  welchem  ich  nur  habe  reden  hören.  Wiseelxans 
1,  278; 

er  schien  fast  glücklicher  ru  preisen, 

als  die  berufnen  sieben  weisen.    IIagedor."«  2,  67; 

wird  diese  lehre  einem  andern  als  Spinösen  zugehören?  wer 
hat  sonst  die  ausdehnung  der  natur  für  eine  eigenschaft  got- 
tes  gehalten,  als  dieser  berufene  irrgläubige?  Lessisg  5,  27; 
dieses  theater  des  herrn  Diderot,  eines  von  den  vornehmsten 
Verfassern  der  berufenen  encyclopädie.  6,  368 ; 
sie  liebens  land,  sind  sonst  auch  wol  berufen. 
ScurLLER  52S*; 
jene  berühmte,  berufene  und  verrufene  literarepoche.  Göthe 
26,117;  die  unartigkeiten  und  Unschicklichkeiten  jenes  beru- 
fenen mannes.  31,235;  die  frage  was  ist  recht?  möchte  \^o\ 
den  rechtsgelehrten  ebenso  in  Verlegenheit  setzen,  als  die 
berufene  aufforderung  was  ist  Wahrheit?  den  logiker.  Kants 
rechtslehre  s.  32;  das  berufenste  gesetz  der  mechanik  aufde- 
cken und  in  der  wahren  gestalt  zeigen.  Kant  8,  40 ;  von  dem 
berufenen  bergsee  bei  Gondar.  Humboldt  ans.  dernat.  1,259. 
2)  die  bedeulung  famosus,  gehl,  schon^  in  einzelnen  unter  1 
gelieferten  beispieien,  über  in  die  von  nefariics,  übelberüch- 
tigt, verrufen : 

du  durch  die  laster  selbst  so  weit  berufner  hügel! 
FlemimcSSö; 

der  kaufmann  war  geizes  halber  sehr  berufen,  pers.  rosenlh. 

3,  12; 

einen  berufnen  gefangnen,  von  dem  viel  sa?ens  im  lande, 
eh  die  kett  ihn  bändigte,  gieog.        Hess.  7,  b€U. 

BERUFER,  m.  vocator,  incantator. 

BERUFKRAUT,  n.  herba  magica,  zauberkraut,  icird  auf 
viele  einzelne  kräuter  angewandt,  :.  b.  auf  achillea,  erigeron 
acre,  antbyllis  vulneraria,  lamium,  seneeio  vulgaris  u.  a.  m. 
man  sagt  auch  beschreikraut. 

BERUFLICH,  muneri  conveniens:  die  berufliche  thätigkeit, 
Wirksamkeit  des  arztes.     besser,  thätigkeit  im  beruf. 

BERUFSARBEIT,  f.  officii  partes:  seine  schweren  berufs- 
arbeiten  haben  ihm  immer  noch  zeit  gelassen  fett  zu  wer- 
den. Rarener  3, 133;  meine  frau  schlief  so  lange,  bis  sie  ihre 
berufsarbeit  zum  caffeetische  nöthigte.   1,  214. 

BERUFSART,  f.  munerit  ratio:  eine  andere  berufsart 
wählen. 

BERÜFSBESCHWERDE,  f.  onus  muneris: 

wie  sehnt  Servil  sich  nach  berufsbeschwerden, 
beirächtlicher  und  bochbestallt  zu  werden! 
IIagkdorm  1,  71. 

BERUFSBESTIMMUNG,  f.  die  massen,  die  in  der  weit  sich 
einander  gegenüber  stellen,  die  stände,  die  berufsbestimmun- 
gen.  Göthe  17,  50. 

BERUFSFREUDIGKEIT,  f. 

BERUFSGENOSZ,  m.  amlsgenosz. 

BERUFSKREIS,  m.  ein  beschränkter,  ruhiger  berufskreis. 
Göthe  48,  28. 

BERUFS.MASZIG,  berufsartig:  aus  Verstellung  und  falsch- 
heit,  welche  in  den  männlichen  jähren  in  eine  berufsmäszige 
belrügerei  ausbricht.    Rabe<<eh  4,  72. 

BERUFSPFLICHT,  f. 

BERUFSREISE,  f.  iter  muneris. 

BKRUFSTHATIGKEIT,  f. 

BERl  FSTREUE,  f. 

BERUFSWEG,  m.  genug,  wäre  man  auf  gleichen  berufs- 
wegen,  man  würde  sich  einen  solchen  cameraden  wünschen. 
Göthe  45,  26t. 

BERUFT,  pari,  pratl.  gleicher  bedeulung  mit  berufen: 

denn  als  er  ward  beruft  hinein.    Alberus  US'; 

die  stat,  welche  vieler  siege  beruft  war  gewesen.  FtOKSP.  3, 
161* ;  das  ist  jetz  für  die  grOszte  kunst  des  arzcts  geacht 
und  die  auch  den  medicum  am  meisten  beruft  machen  wird. 
TucR.^EIssER  von  harnen  65. 


BERUFUNG,  /".    1)  vocatio:    er  ist  auch  uf  gefaren    durch 
berüfung  der  stimm  gott  des  vatters.  Keisersb.  sünd.  d.  m.  86*. 
2)  provocatio,  appellatio:  Rihel  Liv.  25.     3)  proclamalio : 
die  kräftige  bcrufung  auch,  die  ihr, 
erlauchter  herr,  ins  reich  ergehen  lieszet, 
hat  manchen  zweifei  siegreich  weggeräumt. 
l'uLA.Nos  Ludteig  100. 
BERUFUNGSRECHT,  n. 
BERUGEN,  reprehendere.  Öttincer  sittenl.  433. 
BERUHEN,    quiescere,    aequiescere,    mhd.   beruowen    (aber 
wenig  im  gebrauch),  Luther  schrieb,  mindestens  anfangs,    be- 
rugen. 

1)  die  sinnliche  Vorstellung  drückt  lieber  das  einfache  ruhen 
aus;  beruhen  ist  ruhen,  liegen  bleiben,  wie  intr.  beilegen,  be- 
sitzen, auf  eingereiclites  gesuch  wird  in  canzleien  oft  der  be- 
scheid  erlheilt  'beruht',  d.  h.  die  sacht  hat  ihr  bewenden,  es 
soll  jetzt  nichts  darin  geschehn,  zumal  in  der  Verbindung  mit 
lassen :  das  wollen  wir  jetzt  auf  sich  beruhen  [bewenden)  las- 
sen ;  im  maien  soll  man  solche  gewächs  beruhen  lassen  {nicht 
versetzen),  pfianzb.  48 ;  hier  wollen  wir  die  ritter  von  Frank- 
reich beruhen  lassen.  Fierabr.  g;  gnedigster  herr,  laszt  den 
zorn  beruen.  Aimon  k;  er  liesz  die  sache  eine  weile  auf 
sich  beruhen.  Göthe  19, 124;  was  einmal  gut  gedacht  und  ge- 
sagt ist,  soll  man  beruhen  lassen  und  nichts  daran  mäkeln 
und  ändern,  an  Knebel  671.  es  bei,  auf  etwas  beruhen  las- 
sen; der  hat  auch  erkent,  das  sie  nicht  sollen  dabei  sein, 
dabei  berugets  {bleibls,  verbleibts).  Lcther  1, 163';  und  dabei 
müste  es  nunmehr  auch  beruhen.  Brandts  Taubmann  s.  40. 
seine  (Lodmanns)  raonumenta  osnabrugensia  erschienen  noch 
vor  seinem  ende,  und  seine  geschichte,  so  weit  sie  fertig  ge- 
worden ist,  beruhet  iliegl)  bei  seinen  erben.  Moser  1,  torr. 
beruhen  in  etwas  bezeichnet  innerlichkeil  der  ruhe,  der  Ver- 
gnügens, beruhigtseins :  in  welcher  verheiszung  der  schecher 
beruhet  und  davon  in  seinem  herzen  friede  und  freudc  em- 
pfehet.    Melanchthon  im  corp.  doctr.  ehr.  303 ; 

wie  das  kind  im  sanften  wiegen, 

so  beruh  ich  im  begnügen.    Logac  1,  7,  87; 

jeder  ruhe  wie  er  wil,  ich  beruh  in  die«er  ruh.  2,  3,  44; 
der  wolstand  des  gemütes  beruhet  in  gottesfurcht  und  tn- 
gendliebe.  Bctschkt  Palm.  115 ;  wie  menschen,  die  fühlen, 
dasz  ihr  glück  ganz  in  ihnen  selbst  beruht.  Göthe  10,  94 ;  je- 
nes beruhen  in  sich  selbst  und  auf  sich  selbst.  Fichte  phil. 
joum.  9,  298.  beruhen  auf  etwas  meint  äuszerlichen  grund 
und  stütze,  haften  der  ruhe  darauf:  wo  ihr  in  ein  haus 
kommt,  da  sprecht  zuerst,  friede  sei  in  diesem  hausei  und 
so  daselbst  wird  ein  kind  des  friedens  sein,  so  wird  euer 
friede  auf  im  beruhen,  goth.  gahveilaij)  sik  ana  imma  ga- 
vair|)i  izvar,  der  qr.  und  tat.  text  setzen  den  acc  iTiava- 
Ttavaerai  in  avxöv  rj  eigj^i'in  viu5v,  requiescet  super  il- 
lum  (illam,  jenachdem  man  auf  filius  oder  domus  bezieht) 
pax  vestra.  Luc.  10,  6 ;  wenn  wir  aber  auf  diesem  arlikel  be- 
rugen  (in  hoc  articulo  acquiescimus).  Luthers  br.  4,  459 ;  wir 
sind  aber  dai^uf  beruhet,  dasz  wir  uns  unserer  landschaft 
nicht  mächtigen,  noch  unsre  gethane  zusage  überschreiten 
können,  chcrf.  Moritz  fcei  AfWanc/i/A.  6,  7;  ein  wolhabcnder, 
behaglicher,  auf  seinem  dasein  beruhender  mann.  Göthe 
29,  170. 

2)  dies  beruhen  auf  etwas  gehl  leicht  über  in  die  Vorstellung 
des  beharrens,  bestehens,  sieh  stülzens,  gründens,  wie  schon 
einige  der  eben  angeführten  beispiele  genommen  werden  dür- 
fen: er  will  die  sache  nicht  auf  sich  beruhen  lassen  (will  sie 
weiter  treiben] ;  die  knechte  hatte  man  alle  examiniert,  aber 
sie  sein  fast  auf  meiner  meinung  beruhet.  Schwei!<iche<i  1, 
287 ;  die  braut  beruhet  {bleibt)  auf  ihrem  gemüt  {vorsalz, 
entschlusz)  sich  diesen  abend  nicht  trauen  zu  lassen.  2,  305; 
verhiesz  der  fürst  ein  grosz  geschenk  dem,  so  da  bei  dem 
der  diebstal  beruht  {auf  dem  er  sitzen  bleibt),  warhaftig  an- 
zeigen und  ihm  denselbigen  wieder  zu  banden  stellen  wurde. 
Kirchhof  wendunm.  131';  ihr  groszcr  wesentlicher  unterschied 
beruht  darin,  dasz  der  epiker  die  bcgebenheit  als  vollkom- 
men vergangen  vorträgt,  und  der  dramatiker  sie  als  vollkom- 
men gegenwärtig  darstellt.  Göthe  49,  146;  diese  ansieht  he- 
ruht  auf  einer  irrigen  Vorstellung;  es  beruht  auf  mir,  stai 
per  me;  das  reich  beruht  auf  vier  äugen ;  der  schlusz  beruht 
auf  dem  Vordersatz;  es  beruht  alles  auf  Vermutungen. 

Undeutsch  scheint  es  aber,  dies  beruhen  mit  auf  und  dem 
acc.  XU  verbinden,  wie  er  richtig  sieht  bei  sich  gründen,  sich 
stützen:  dasz  gelehrter  leute  zu-  und  abnehmen  auf  höhen- 
bflupter  und  potentsten  gnade,  raildigkeil  und  willen  sonder- 


1535 


BERUHIG  — BERÜHMEN 


BERÜHMEN — BERÜHREN 


1536 


licli  beruhet.  Opitz  1,  2';  da  das  schöne  in  der  lainst  mehr 
auf  feine  sinne  und  auf  einen  geläuterten  geschinack,  als  auf 
ein  tiefes  nachdenken  beruiiet.  Winkelmann  1,  130;  dasz  die 
hedeutung  von  vielen  allegorischen  bildern  der  alten  auf 
blosze  mutmaszungen  beruhet.  1,  177;  Corneille  aber  ^^ill 
das  vornehmste  Interesse  auf  sie  l>eruhcn  lassen.  Lessing  7, 
371;  denn  die  beruht  im  gründe  nicht  auf  äuszerliche  Ver- 
bindungen, die  so  leicht  in  bürgerliche  anordnungen  ausar- 
ten, sondern  auf  das  gefühl  gemeinschaftlich  sympathisieren- 
der geister.  10,  299.  heute  setzt  man  nur  den  daliv. 
3)  selten  ist  sich  beruhen : 

was  könnt  ein  seufzen  wol,  ja  der  pescliickiste  lliun, 
wenn  nicht  auf  übergab  ein  lierz  sich  wil  beruhn  (sich  dazu 
vnrsteltn).  Gbyphius  1,  0(j7. 

BERUHIG,  quietus,  bei  Luther  berügig:  nemlich  ist  dis 
die  sach,  ob  das  bapsthum  zu  Rom,  wie  es  in  heriigiger  be- 
sitzung  der  gewalt  ist,  über  die  ganz  christeniieit  horkomen 
sei  von  göttlicher  oder  menschlicher  Ordnung.  Luther  1,  2G3'. 

BERUHIGEN,  tranquillare,  placare,  zur  ruhe  bringen : 

1)  das  wogende  meer  beruhigen;  ein  schreiendes  kind  be- 
ruhigen ;  es  unterwindet  sicii  mancher  andere  zu  unterrich- 
ten, wie  man  den  aufrührischen  pöbel  stillen  und  tuschen 
solle,  der  doch  zu  haus  seine  Margreta  nicht  weisz  zu  be- 
ruhigen.   SCHUPPIÜS  536. 

2)  die  aufgeregten  gemüter,  die  heftigen  begierden,  den 
zorn  der  männer  beruhigen ;  beruhige  dein  herz ;  ich  wünsche 
ihre  scheue  einbildungskraft  zu  beruhigen,  ihren  nagenden 
kummer  zu  lindern.  Gotter  3,  29;  weil  der  daraus  in  der 
deutschen  lileratur  entstandene  conflict  noch  keineswegs  be- 
ruhigt und  ausgeglichen  ist.  Gothe  32,263;  werden  aber  die 
gemüter  beruhigt,  wenn  man  gerechte,  auf  bundesacte,  edicte 
und  manigfaltige  zusagen  gegründete  erwartungen  teuscht 
oder  mit  ihrer  erfüllung  zögert?  rfeH/iSc/ir.  des /'r.  vom  Stein  40 ; 
das  ist  mir  ein  beruhigender  gedanke. 

3)  sich  beruhigen,  ruhig  werden;  beruhigt,  ruhig;  wozu 
er  wol  nimmermehr  kommen  und  gelanget  wäre,  wann  er 
auf  seiner  einöde  beruhiget  (ruhig)  als  ein  grober  hirtenbube 
geblieben  und  also  mit  den  Schweinen  aufgewachsen  wäre. 
Simpl.  1, 18  ;  ich  gieng  beruhigter  von  dannen. 

4)  unpersönlich,  es  beruhigt  mich,  dasz  du  bei  mir  bleibest. 
BERÜHIGLICH,  quietus,  gratus  : 

bekäme  gesellen, 

beriihgliche  stellen.    Logau  1, 10,  69. 

BERÜHIGLICHEN,  adv.  quiete:  berühiglichen  und  ohne 
intrag  bleiben  und.  gcnieszen  lassen.  -Ayrer  proc.  2,  5. 

BERUHIGUNG,  f.  miligatio:  ich  musz  erst  beruhigung 
fassen. 

BERUHIGUNGSMITTEL,  n.  levamen. 

BERUHIGUNGSTROPFEN,  pl.  Götter  3,  305. 

BERÜHMEN,  celebrare,  laudare,  ahd.  pihruoman  (Graff  4, 
1142),  nnl.  beroemen. 

1)  für  das  blosze  transitiv  setzt  man  heute  nur  rühmen  und 
auch  schon  früher  ist  berühmen  selten :  so  wird  er  hie  vom 
vater  selbs  berhümbt  und  ausgerufen  (Christus  als  golles  sahn). 
Luther  6,  289"; 

dasz  sie  beweiset  mit  der  thal, 

was  sie  mit  worien  berühmct  hat.    Alberus  27; 

für  keiserilcher  majestat 

wil  ich  berühmen  solche  that.    97'; 

Taubmannus,  wann  er  die  laster  verdammt,  die  tugend  cr- 
lioben,  die  beiden  gepriesen,  die  lielden  berühmt,  liat  wol 
mit  rechte  den  preis  eines  andäihtigen  und  dabei  liebhchen 
tichters  ohne  widersprechen  können  erhallen.  Brandts  bericht 
33;  das  dein  name  berühmt  werde  von  den  menschen  über 
das  gefrorne  meer.  Scuuppius  706.    s.  berühmt. 

2)  hdußg  sich  berühmen,  sc  jactare:  denn  (Liechlenberger) 
berhümbt, noch  beruft  sich  nicht  auf  den  heiligen  geist.  Lu- 
ther 3,  406 ;  darumb  darf  sich  keiner  beriiümen,  das  er  from 
sei  für  gutt.  4,532';  denn  ich  mich  nicht  berhünien  kan.  br. 
2,  63S; 

was  darfst  dich  dann  bnrhiimcn  lang?    li.  Sachs  II.  2,  21'; 

also  seind  viel  menschen,  die  sich  irs  adcis  berhümcn.  seh.  u. 
ernst  cap.  222 ;  Iierhümpt  sich,  wie  er  so  ein  gute  speis  liet 
gefangen,  cap.  223;  aber  das  wir  das  ergründen  mögen,  das 
berühmen  wir  uns  nicht.  Pahacei.sus  1, 14';  will  also  ein  jeg- 
lichen ermahnt  haben,  ilie  sich  meine  discipel  berühmen. 
1,  63 1';  sich  zu  viel  berüiimen  und  darauf  bochen.  Kirchhof 
wcndunm.  13';  Petrus  berümpt  sich  alles  gewalts.  Reiszner 
Jer,  1,  2ü';   dasz  der  redliche  Simphcissimus   nicht  sich  von 


hohem  herkommen  berühmet.  Simpl.  1,  4 ;  was  wollet  ihr 
euch  einer  solchen  vexiererei  berühmen  ?  Weise  erzn.  41 ; 
sich  vor  dem  frauenzimnier  solcher  sachen  zu  berühmen. 
kl.  leute  156;  geizige  narren,  welche  sich  schier  berühmen, 
dasz  sie  keine  kinder  haben.  Schuppius  730 ;  dasz  er  sich 
selbst  nicht  undeutlich  als  den  erfinder  solcher  meinung  be- 
rühmt habe.  Lessing  9, 406;  sich  der  Wahrheit  ihrer  behaup- 
tungen  berühmen.  Kant  l,  182;  dasz  er  es  in  die  materie 
hinein  demonstriert  zu  haben  sich  berühmt.  3,  350;  wie  aber 
die  dichter  in  ihren  dichterischen  anwandlungen  eingebungen 
zu  haben  sich  berühmen  konnten.  10,  197;  aber  sie  können 
versichert  sein,  dasz  ich  in  diesem  stücke  nicht  weniger  Ur- 
sache habe,  mich  der  freigebigkeit  der  natm'  zu  berühmen. 
Wieland  12,  273 ; 

und  ihr 

berühmt  euch,  eine  wundergrosze  that 

ins  werk  gericlilet,  eure  Königin 

gerettet,  die  verräiherei 

entlarvt  zu  haben.    Schiller  435'; 

schon  die  ersten  Christen  berühmten  sich,  dasz  der  sarae  ih- 
rer kirche  märtyrerblut  gewesen.  821; 

so  berühmte  sie  einst  sich  übermütig.    Götbb  1,  287  ; 

wer  seid  denn  ihr,  die  ihr  mit  leerem  stolz 

durchs  recht  gewalt  zu  bandgen  euch  berühmt?    9,  340; 

wenn  ich  so  sasz  bei  einem  gelag, 

wo  mancher  sich  berühmen  mag.    12, 191; 

der  raubt  sich  herden, 

berühmt  sich  dessen  manche  jähre 

mit  heiler  haut,  mit  unverletztem  leib.    41,  11. 

BERÜHMER,  m.  jaclalor:  wie  der  berümer  oft  zu  schän- 
den kümpt.   Keisersb.  Sünden  des  munds  89'. 

BERÜH.MT,  clarus,  illustris:  wurden  daraus  gewaltige  in 
der  weit  und  berhümbte  leute.  1  Mos.  6,  4 ;  sihe  es  ist  ein 
berümpter  man  gottes  in  diser  stad.  iSam.  9,  6;  und  es  war 
daselbs  ein  berümbter  heilloser  man.  2  Sam.  20, 1 ;  berümbte 
apostel.  Rom.  16,  7 ;  meide  das  gezänk  der  falsch  berflmbten 
kunst.  1  Tim.  6,  20 ;  sie  sind  im  liecht  und  den  leuten  be- 
kant  und  berhümet.  Luther  1,43';  er  Leonhart  Keiser  ist  von 
redlicher  berhümter  freundschaft.  3,  4tÖ ;  Moyses  ein  cinsidel 
was  ein  altvatter,  ein  berümbter  einsidei.  Keisersb.  Sünden 
des  munds  30';  der  grosz  berümpt  redner  Tullius.  6l';  der 
was  ein  berümpter  frummer  mensch.  73*;  hie  hat  ein  end 
die  materi  von  den  blatern,  die  der  berümbt  doctor  Kei- 
sersperg  anfieng  zu  predigen  am  eschermitwoch  a.  1505.    89* ; 

sid  er  ist  so  ein  brümpter  man, 

das  im  als  volk  so  seur  anhanget,    trag.  Joh.  F6; 

nun  sind  vil  inseln  und  lender  in  Europa  von  reichen  gold- 
bergwerken  berhümet.  Mathesius  42"; 

ein  arzt  ist  gar  ein  glücklich  mann, 

was  er  beriinmtes  hat  geihan, 

das  kan  die  zeit  selbst  sagen  an.    Logau  1,  4,  40; 

die  hauptstatt  Jerusalem,  die  schöneste  und  berühmsfe  in 
ganz  Orient.  Sciiüppiüs  279 ;  die  herüche  und  hochberühmete 
insul.  556;  sowol  von  den  geringsten  als  berühmsten.  571; 
sich  berühmt  machen. 

BERÜHMTHEIT,  f.  celebrilas,  franz.  notabilite :  GötUe,  Her- 
der, Wieland  und  andere  berühmtheiten. 

BERÜHRBAR,  tangibilis:  berührbare  saiten. 

BERÜHRRARKElf,  f  bei  leichter  berührbarkeit  entwickelte 
sich  alles  von  innen  an  ihm  heraus.  (Jüthe  23,  280.  49, 125. 

BERÜHRDE,  f.  tactus,  ahd.  pihruorida,  bei  Keisersb.  be- 
rierde.  gleichbedeutend,  doch  anders  gebildet  ist  die  berüh- 
rende. 

BERÜHREN,  längere,  attingere,  atlreclare,  ahd.  pihruoran, 
mhd.  berüeren,  nnl.  beroeren,  anrühren,  angreifen. 

1)  sinnlich,  mit  den  fingern,  den  lippen  berühren,  mit  der 
band,  mit  dem  fusz;  die  band,  den  mund,  den  leib,  das 
klcid,  gewand  berühren ;  den  boden,  die  oberlläche,  den  säum, 
die  saite ;  und  neniet  ein  püschel  isopen,  und  tunket  in  das 
blut  in  dem  binken  und  berüret  damit  die  überschwelle. 
2iWos.  12,  22;  berürtes  aas.  Ilaggai  2,  14;  wer  kolh  berührt, 
wird  unsauber;  die  wunde,  den  schaden  berüliren. 

2)  ein  inüdchen,  eine  frau  berühren,  er  hat  noch  nie  ein 
mädchen  berührt ;  denn  sie  ist  eines  mannes  eheweib.  Ahi- 
meiecii  aber  hatte  sie  nicht  berüret.  \  Mos.  20,  4;  und  hab 
dirs  nicht  zugegeben,  das  du  sie  i)erürtest.  20,  6 ;  also  ge- 
heis wer  zu  seines  iieheslen  weih  gehet,  es  bleibt  keiner 
unbestraft,  der  sie  berüret.  spr.  Sal.  0,29;  es  ist  dem  men- 
schen gut,  das  er  kein  weih  bcrüre.  1  Cor.  7,1; 


1537 


BERÜHREN — BERÜHRT 


Quintus  wil  ihm  keine  nehmen,  die  zavor  berühret  sei. 
0  wo  ist  sie?  und  bemhien,  obn  erkennen,  ist  wol  frei. 
LoGAC  2,  9,  77. 

3)  sonne  und  mond  berührten  ihn  in  seinem  kerk er  nicht; 
im  thal  war  es  dunkel,  aber  die  strahlen  der  sonne  berühr- 
ten noch  den  gipfel  des  bergs;  das  feuer  berührt  schon  des 
nachbars  haus;  als  der  erste  luflztig  die  modernde  leiche 
berührte,   fiel  sie  zusammen ; 

wo  mein  pinsel  dich  berührt,  bist  du  mein.     Göthe  13,  MS. 

4)  figürlich,  wenn  damit  anders  nicht  beschwert  wirl,  den 
es  berüret.    Keisebsb.  Sünden  des  munds  35'; 

die  srhand,  die  ihr  pelhan, 

berürt  auch  ganz  Frankreich,  die  krön.    Atber270*; 
weil  ich  in  euch  die  Schönheit  so  grosi 
i:nd  wunderrcich  befind,  das7  sie  mich  so  berühret, 
dasz  ich  gestehen  musz,  dasz  euch  d.ns  pfand  gebühret. 
WecKHERLi.s  739; 

er  hörte  seinen  söhn  flöte  spielen,  wodurch  er  bis  aufs  in- 
nerste seines  herzens  berührt  {gerüJiri)  wurde,  pers.  baumg.  3, 22 ; 
die  lieblichen  gestalten,  die  unsere  phantasie  berührt  haben. 
Klinger  10,  37;  wie  rasch  ihr  doch  urtheiü,  sobald  eine  sache 
nur  im  mindesten  euch  selbst  berührt.  9,  132 ;  ein  junger 
recht«gelehrter,  der  von  einem  benachbarten  edelmann  gesen- 
det eine  sache  zur  spräche  brachte,  die,  zwar  von  keiner  son- 
derlichen bedeutung,  Charlotten  dennoch  innig  berührte.  Göthe 
17,  200 ;  näher  berührte  mich  die  zwischen  Voss  und  Stoiberg 
ausbrechende  misheiligkeit.  32,  178;  vor  allen  dingen  berührt 
uns,  wie  in  dieser  Zeitschrift  die  sitllichästhetischen  bemü- 
hungen  der  Deutschen  aufgenommen  und  angesehen  sind. 
40,  270 ;  die  sache  berührt  uns  nur  fern,  wenig  oder  gar 
nicht,  angenehm,  empfindlich,  schmerzlicli ;  durch  den  fall 
dieses  allen  hauses  ist  die  hiesige  handelswelt  sehr  unange- 
nehm berührt  worden. 

5)  etwas  berühren,  rerbis  altingere:  denn,  als  auch  der 
heilig  bischof  und  ntarterer  s.  Cyprianus  berüret,  sind  es 
sieben  anzeigung  unsers  elends  und  dürftigkeit.  Ldtber  1, 69' ; 

weil  andre  uigenden  noch  mehr 

dich  mit  rersiaml  und  wolsiand  zieren, 

die  billich  mich  mit  höchster  ehr 

auf  meinen  saiicn  zu  berühren.     WECKUERti.t  371 ; 

in  welchem  letzten  buch  ihr  söhn  mit  solchen  worten  berüh- 
ret wird.  Opitz  1,  3";  es  sei  unrecht,  dasz  ein  predigen  auf 
der  canzel  groszer  hciTen  lasier  berühre.  Schlppils  13;  die 
abweichende  lesart  ist  nur  kurz  berührt ;  mit  deinen  worten 
berührst  du  eine  wunde  stelle,  einen  alten  schaden ;  ich  be- 
rühre nur  streifend. 

0)  sich  berühren,  se  allingcre:  die  verliältnisse  trafen  nicht 
zusammen,  aber  sie  berührten  sich.  Göthe  24,  334.  in  andrer, 
sinnlicher  bedeutung: 

icli  bin  nie  ein  gefangner  mann, 
der  sich  nicht  musz  bcrüren  {sich  nicht  rühren  kann). 
Rl-^gw^ld  geistl.  lied.  72. 

BERÜHREND ,  ade.  vie  angehend,  anlangend,  quod  allinel 
ad:  berürend  die  heirat.  Teuerdank  2,47;  Panlum  berürend, 
mag  der  vergessen  haben,  da'Z.  biencnk.  119";  femer  nun 
die  naiur  diser  binen  lierurcnd,  da  ist  wol  ein  unterscheid.  239*. 

BERLURE.VDE,  f.  altaclus:  die  zeichen  der  verruckung 
eines  gliedes  seind  offenbar  der  gesicht  und  der  berürende 
{visui  alque  taclui).  BitACNScnwEiG  104.  eine  seltne,  längst 
veraltete  trortbildung,  vergleichbar  dein  mhd.  diu  wig^endc. 
Wai.tii.  22,  19;  diu  bebende,  tremor.  Her».  Damen  135;  diu 
neijende  afflictio;  dem  ahd.  diu  chlinganit  clangor,  diu  gc- 
panii  gratia  u.  a.  m.  {gramm.  2,  342).     s.  berührdc. 

BEHI  lIRKi,  alaeris,  rührig:  so  hallen  die  meisten  men- 
schen die  langsame  einfalt  für  verstündiger,  als  die  bcrüljrige 
Unachtsamkeit.  Tieck  5,  43. 

BERÜHRIGKEIT,  f.  alacrilas,  rührigkeit:  will  sie  berflhrig- 
keil,  so  zeigt  euch  oft  auf  eurem  barber  ($p.  1124)  oder  springt 
Aber  slühle  weg.  Tieck  12,  259. 

BERÜHRMEI.NMCHT,  »i.  der  hofmann  kennt  den  herm, 
der  ein  noii  me  längere,  ein  berilhrmeinnicht  ist,  eine  sinn- 
pflanze,  welche  durch  starkes  berühren  eine  unsinnpDanze 
wird.  J.  1'aci.  dämm.  9S.  falsch  gebildet  nach  vergiszmein- 
nichl,  da  berühren  keinen  gen.  neben  sich  hat  «ie  vergessen. 
unsere  fvrnchc  hat  aber  schon  das  bessere  nicht  ilthran  {sp.  4311. 

BERÜHRT,  diclus,  gedacht,  nach  berühren  5:  macht  mit 
berflrien  knechten  kundschan.  Götz  von  Rerl.  leben  47;  da» 
bertirle  land  sampt  seinen  anhangenden  reichen,  bienenk.  127*; 
mehr  berührte  hüben,  ehe  eines  mannes  2 IS;  an  der  vorher 
berührten    stalue.    Winkelmann  3,  101;    das    letzt   berührte. 


BERÜIffiTERMASZEN— BERÜSZIGEN     1 538 

Klinger  12,  112.  in  der  canzleisprache :  oftberührter,  vielbe- 
rührter, mehrberührler. 

BERLHRTERMASZEN,  adv.  Götz  von  Berl.  4. 

BERÜHRUNG,  f.  contactus:  eben  so  wichtig  ist  es,  dasz 
sie  unterwegs  mit  den  sämmtlichen  firauen  in  berührung  kommt. 
Göthe  6,  194;  dadurch  kam  ich  mit  jenen  in  einige  berüh- 
rung, die  sich  jung  und  talentvoll  zusammenhielten.  26,  139 ; 
mit  der  rechten  hält  er  ein  buch,  woraus  er  so  eben  eine 
göttliche  berührung  empfangen  zu  haben  scheint.  27,  206; 
auch  brachte  des  werthen  mannes  aufenthalt  in  Deutschland 
denselben  in  berührung  mit  vorzüglichen  roännern.  46,  321. 
es  hciszt  berührung  haben,  in  berührung  bringen  {zumal  von 
chemischen  Stoffen),  sich  in  berührung  setzen,  auszer  berüh- 
rung sein ;  eine  unzarte  berührung. 

BERÜHRU.NGSPLNCT,  m. 

BERÜHRLNGSWiNKEL,  m.,  der  durch  berührung  zweier 
linien  entsteht. 

BERUHS.\M,  quietus,  heute  geruhig,  geruhsam: 
und  will  hinftir  ganz  brhusam  leben.     Schielzl  Saut  32*. 

BERÜMPFEN,  suspendere  naso:  alles  berümpfen;  beriimpft 
soll  und  musz  werden  jeglicher  knechf,  kleines  oder  groszes 
rufs  und  namens,  vom  haubt  bis  zun  fuszen,  ders  waghalset 
auch  nur  zwei  bis  drei  neue  worte  in  unsre  liebe  deutsche 
spräche  einschalten  zu  wollen.  Klopstock  12,  37. 

BERUNDEN,  rotundare.  Stieler  1047,  abrunden. 

BERUNZELN,  in  rugas  contrahere:   eine  berunzelte  stime. 

BERUPFEN,  iras  bcropfen,  natürlich  und  figürlich  verwandt : 
so  wil  in  iedermaa  berupren.    fasln,  sp.  754,  16; 
sie  hat  gefangen  auf  dem  klobeo 
den  jungen  cinrcitigen  gauch, 
und  hat  in  wol  berupfet  auch.    H.  S.tCHs  III.  3,  22'; 

des  berupften  vogels  {beraubten  eigenthümers).  weidwerk  1,  l'; 
dem  falken  ein  lebendiges  vöglein  darreichen,  und  in  solches 
nach  seinem  gefallen  berupfen,  zerreiszen  und  fressen  lassen, 
bisz  dasz  er  sich  sat  gnugsam  gekröpfet  habe.  2,  IS'.';  ob 
nun  schon  das  keiserthumb  biszweilen  eben  schwadi  oder 
federlos  gestanden  (denn  es  habens  die  römischen  fischer  zu 
iren  federangeln  eben  hart  berupfet  und  wer  es  vermocht 
hat  darvon  gezwackt),  dennoch  ist  noch  der  adler  bliben  bisz 
auf  dise  stunde.  Mathesils  SS';  alte  vögel  lassen  sich  nicht 
gern  berupfen,  je  älter  der  vogel  ist,  desto  schwerer  läszt  er 
sich  (/«  der  küche)  berupfen.  Lehmann  14 ;  der  wirl  wol  ge- 
dachte, er  einen  guten  vogel  haben  würde,  den  er  tapfer  be- 
rupfen wolt.  wegkürzer  84';  den  Hessen  (Hassum)  berupflen 
wir  gleichsam,  wie  wir  wollen.  Simpl.  2,  62;  darnach  that 
es  mir  leid,  dasz  ich  sie  nicht  noch  besser  berupft.  FelseiU). 
2,  376 ; 

wer  meinen  rühm  berupfl,  stiehlt  zwar  sich  selbst  nicht  reich, 
mich  aber  siiehli  er  arm.  IIacedorn  1,  54; 

sie  {die  bekannten)  sind  wie  die  Verleumder  Shakespears,  die, 
nach  seinem  ausdrucke,  den  rühm  anderer  berupfen, 

wer  meine  zeit  berupfl,  der  stiehlt  sich  selbst  nicht  reich, 

mich  stiehlt  er  arm.  Klopstock  II,  240, 

(he  that  lilchcs  from  mc  my  good  name, 

robs  mc  oT  lliat  whicli  not  enriches  him 

and  roakes  me  poor  indeed.      OOtetlo); 

sind  die  federn  der  Verehrer, 

die  ihr  jeden  lag  berupft.    Göthe  47,  100; 

wo  den  breiten  flügel  des  Schmetterlings  kein  lüftchen  er- 
greift oder  um  eiu  gefiedertes  sl2ubchea  berupft.  J.  Pacl  uns. 
löge  3,  95. 

BERÜSSELN,  oculis  devorare,  den  rüssel,  das  maul  über 
etwas  hängen.  Stieler  1595. 

BERISTE.N,   instruere,  ausrüsten,  ausstatten,  mkd.  ebenso: 

diu  (slat)  was  berüstet  wol  mit  wer.     WigaL  10739; 

mit  zwein  sollien  hnisleo, 

dh  niit  man  wol  berüsien 

zwiWi  blnspelge  möhie.    kröne  93S6. 

BERUSZEN,  wäre  mhd.  beruo;en,  fuliginc  obducere,  conia- 
tuinare,  mit  ms:  sdiwdrzcn,  besudein: 

soliesiii  dich  halt  mit  schänden  beruszen.    fasln,  sp.  1147; 
die  bemszlco  hcndschuch.  Wickra«  ro//r.  83'; 

der  mfisrpc  pnnzcr  hieng  an  der  beniszien  wand.  Zachariä; 

pliindorwL'i«h<'ii  hat  ihr  nnge<icht 

nicht  also  htriiszt  und  lang  liebartel.    Dcrger  8S*. 

Stieier  ir,24  schreibt  falsch  bcntsen. 

BERISZIGL.N,  dasselbe:  das  antlütz  b«ruszigeD.  KeisERS- 
rebc  gunkrl  ~i ;  damit  sie  nil  sagen,  das  der  hafen  dem  kes- 
m!  vcrweisz,   dasz  er  bcruszigct  sei.    biencnk.  173';    er  dorfl 

97 


1539 


BERWERMANTEL  —  BESAGE 


BESAGEN— BESAMEN 


1540 


kein  schonbart,  wann  er  sicli  under  den  äugen  mit  rotz  be- 
schmiret,  berusziget,  besudlet  und  beknudelet.  Garg.  128'. 

BERWERMANTEL,  i». .-  und  sol  das  als  wol  gewannet  sin, 
der  in  {den  haber)  schütti  uf  ein  berweitsmanlel,  als  meng 
agen  daruf  blib,  als  meng  3  seh.  sol  er  den  hubern  bessern. 
weisth.  1,  28 ;  und  sol  der  meier  nemen  so  vil  höwes  von  der 
Hillmalten,  als  uf  einem  achtelligen  berwermantel  geligen 
mag.  1,  369.  vielleichl  verderbt  aus  barclientmantel?  docli  1,  254 
liest  man :  so  mag  den  der  herr  den  haber  schüten  auf  einen 
berlinmantel,  und  als  vil  der  heim  am  mantel  klebt  und 
bleibt,  als  vil  fünf  Schilling  pfening  sol  der  arm  man  bes- 
seren,   vgl.  ebendaselbst  1, 12  hübtuch. 

RERZ,  ßlRZ,  m.  myrica,  tatnaris.  Stieler  166.  gewöhnlich 
bors,  pors,  porsch. 

BERZEL,  m.  uropygium,  bürzel,  pürzel,  doch  scheint  jene 
Schreibung  der  abkunß  des  worles  von  harzen,  rigei-e,  ragen 
angemessen,  bei  Fischart  Garg.  48*  sieht  hennenpörzel ;  o  wie 
wird  die  sauw  den  berzel  in  die  höhe  recken.  Luthers  tischr. 
19.     s.  bürzel. 

BESABBERN,  saliva  conspergere,  das  kind  hat  sich  besabbert, 
nasz  gemacht,    nnl.  bezabberen.   s.  auch  besappeln,  besebeln. 

BESÄBELN,  s.  besebeln. 

BESACHEN,  suslentare,  versorgen,  beralhen: 

helft  mir  neur  knöpfel  machen, 

so  vvil  ich  euch  wol  besachen.    fastn.  sp.  618,  9; 

seht  also  kan  ich  mich  besachen, 

ich  kan  wol  laschen  und  görtel  machen.    1135; 

also  kan  icii  mich  besachen, 

ich  kan  leder  aus  der  heut  machen.    1137; 

und  wil  euch  gar  wo!  besachen 

mit  einm  gut  veiszten  bachen.    575,24; 

wer  sein  haus  wöil  wol  besachen, 

der  henk  zu  vasznachi  drein  ein  bachen.    1338.  1369; 

darumb  das  sich  desier  pas  besachen 

gut  flauen  und  man  an  irm  mut.    1409; 

wie  möcbt  ich  pas  mein  seel  besachen? 

FoLz  lied  in  Drennenbergers  ton; 

von  manigerleie  gerichten,  wie  sie  sich  vereinen  und  wie  sie 
sich  besachen,  dag  sie  klein  getrabte  zu  hoher  spise  machen. 
von  guter  spise  1. 

BESACKEN ,  saccis  onerare,  quaeslum  facere,  beladen,  be- 
packen: sein  bendel  darvon  bringen.  Maaleb  59*;  mit  vollen 
henden  oder  wol  besackt  hinkommen,  das.; 

ein  jeder  dieb  spricht  auch  allboit, 
wenn  er  einbricht,  das  walle  goit! 
und  wann  man  ihn  nicht  hat  erdapt, 
sagt  er,  gottlob,  ich  hab  mich  bsackt.. 

ßiRCK  doppelspicler  13 : 
aber  sie  hat  sich  nun  einmal  mit  ihm  besackt.  Schock  slud. 
leben  D4;  wie  hastu  dich  nur  mit  so  viel  alten  plündern 
besacken  können?  E4;  ich  hätte  mich  mit  silbernen  bechern 
besäcken  können.  Simpl.  2,  259 ;  und  darum  ward  ich  auch 
desto  gcflissener  mich  bei  zelten  zu  besacken.  2,407.  s.  an- 
sacken, aufsacken. 

BESÄEN,  conserere,  Maaler  59*  besäien,  bei  Luther  beseen, 
nnl.   bezaaijen :  das  feld,  den  acker.  1  Mos.  47,  23  «.  s.  w. 
Iiagclweiler  bricht  die  ähren 
und  die  blumen  friszt  der  brand, 
kräuter  wil  das  eis  verheeren 
und  der  wurm  besät  das  land. 

HoFMANNswAiDAU  gclr.  sch.  28; 
den  leib  besät  mit  jenen  wunden  allen, 
die  'l'rojas  mauer  ihn  empfangen  sah.    Schii.lkr  31'; 
wem  noch  der  flaum  besät  das  weiche,  blonde  kinn. 

Pl.ATEft  11 ; 

bald  werden  diese  felder  mit  leichen  besät  sein.  Klincer 
3,  213 ;  der  himmcl  war  mit  Sternen,  sein  gesiclit  war  mit 
narhen  besät ;  puder,  womit  er  sich  sonntäglich  besäte.  J.  Paul 
ßegelj.  1, 142 ;  wiesen  mit  blumen  besät. 

BESAPTEN,  humectarc,  ansaßen.  Stieler  1664. 

BESAGE,/",  aussage,  nur  als  praep.  secundum,  laut,  zufolge: 
nach  besag  und  Inhalt  der  rechte,  canzlci  und  litelbiichlein,  sampt 
der  Orthographien  Fariam  Franks.  Frankf.  a.m.  1531.4.17*.  Wit- 
Icnb.  1538.8.18';  nach  besag  der  rechten.  Rincwai.d  laul.warh. 
240;  dadurch  er  besage  der  recht  verbunden  wäre  die  kirche 
zu  schützen.  Melanciitiion  3, 151;  nach  besag  irerverwandtnüs" 
postreutcr  1620.  4.  73 ;  derselbe  auch,  besage  der  bekamen  rechte, 
von  ihm  selbslen  bcschmilzt  und  liesudelt.  Schupimus  620; 
nach  besag  der  iicil.  kirciienväler.  blutiges  selcnbad.  München 
1710.  4.  vorrede;  münzen  der  mehrcsten  slädte  Cainpaniens, 
die  besage  ihres  namens  mit  hetrurischcr  schrift  zu  der  zeit 
gepräget   worden,   da  sie  annoch  von  Hctruskcrn    bewohnt 


waren.  Winkelmann  3,  226;  dasz  Koxkox,  besage  seiner  ganzer 
geschichte,  da  war.  Wieland  14, 12. 

BESAGEN,  1)  in  der  älteren  spräche  accusare,  anschuldigen, 
anklagen:  welcher  diebstals  besagt  wird.  Frank  uiellb.  122'; 
einen  getrewen  freund  habe,  der  ihn,  wenn  er  hinderrück  von 
seinen  misgönnern  fälschlich  besagt  und  angegeben  wird,  ver- 
antwort.  Beuther  i?t'i?i/a'  10'; 

wie  wol  sie  sind  mein  liebsten  magcn, 

die  ich  billich  nicht  solt  besagen,    daselbst  41*  (1,  23,  wo 

das  original  2096  bedragen) ; 
da  ward  Esoptis  hart  verklagt, 
der  feigen  halb  von  in  besagt.    Waldis  £sop  4'; 

er  wollt  sich  aber  die  frau  nicht  besagen  lassen.  ScnwEi- 
NicHEN  2,  261;  will  sich  keines  andern  besagen  lassen,  das. 

2)  ansagen,  verkünden:  des  duit  er  fragen,  wer  die  dage- 
zit  besagen  suUe?  des  wiset  der  scheffen,  daj  zwene  scheffcn 
sullent  zu  dem  glokener  geen,  und  suUent  in  darumb  fragin, 
und  sullent  die  dagezit  besagen,  weisth.  2,  214.  mhd.  besingen 
und  besagen.  Trist.  12t,  17. 

3)  heute  blosz  aussagen,  sagen,  melden:  wir  haben  in  un- 
serm  archiv  noch  die  originalrissc,  welche  dasselbe  besagen. 
GöTHE  26,  83 ;  den  ich  schon  oben  besagt.  J.  Paul  Hcsp.  3,  35. 

BESÄGEN,  serra  secare. 

BESAGT,  dictus,  berührt,  gemeldet,  in  rede  stehend,  be- 
fragt : 

riichtig  (kundbar)  ist  es  und  besagt,  was  dein  kühner  arm 
gethan.  Fleming  303; 

um  besagter  ursach  willen.  Spee  güld.  lugendb.  24;  die  be- 
rühmte Leda  und  ein  Cupido  waren  die  vornehmsten  von  be- 
sagten stücken.  Winkelmann  1,  71  und  oft;  wenn  man  einige 
aus  alten  Schriftstellern  gezogene  nachrichten  vorausschickte, 
vermittelst  welcher  besagte  leser  sich  desto  leichter  in  diese 
geschichte  hinein  denken  könnten.  Wieland  1,  6;  alle  ach- 
tung,  die  wir  den  besagten  ernsthaften  lesern  schuldig  sind. 
1,  231;  unsern  besagten  leserinnen?  2,  232;  die  besagte  seelcn- 
mischung.  1,  272 ; 

nun  auf  besagtes  damals  noch  einmal 
zurückzukommen.        Göthe  11,328; 

als  besagter  hämisch.  J.  Paul  jlegelj.  1, 14 ;  ich  bin  noch  ein 
ärgerer  narr  neben  der  besagten  hofdame.  Hcsp.  1,  68. 

BESAGTERMASZEN,  arfr.  berührtermaszen.  Wieland  14,115. 
BESAITEN,  fidibus,  cordis  inslruere: 

und  dein  geig  doheim  ist  wol  heseit.    fastn.  sp.  161, 10; 
doch  will  ich  euch  nun  frisch  besaiten, 
dich  meine  leier,  dich  mein  herz.    Lknau; 

ein  landgut,  dessen  nachbarschaft  durch  das  echo  zu  einer 
aeolsharfe  besaitet  ist.  J.  Paul  biogr.  bei.  1,  86. 

BESALBEN,  perungere,  mit  salbe  einreiben,  nnl.  bezalvcn: 

1)  beflecken: 

wie  würde  dieser  fleck  nicht  unsern  rühm  besalben  ? 

LoHENST.  Cleop.  26,904; 
doch  schmerzt  nichts  minder  nicht,  dasz  Osmann  unserlhalbcn 
mit  diesem  Schandfleck  ihm  wird  seinen  rühm  besalben. 

Ibrali.  bassa  34,  202 ; 

ich  bin  vom  köpf  zu  den  füszen  so  besalbt  (von  morasl), 
dasz  ich  einen  ganzen  langen  lag  brauchen  werde,  bis  ich 
wieder  trocken  bin.  Wieland  11, 178. 

2)  betricgen,  anführen,  belästigen :  so  ein  mann  ist  wie  ein 
dornpusch  und  kann  nichts  als  ritzen  und  stechen,  und  mag 
demnach  ein  solch  tugendsames  weih,  das  mit  einem  sol- 
chen dornpusch  besalbet  wird,  wol  klagen.  Creidius  2,  270 ; 
mit  einem  besalbt.   Hermes  Soph,  reise  6, 514. 

3)  prügeln,  wie  ölen,-  schmieren. 
BESALZEN,  largum  salcm  infarcire.  Stielkk  1675. 
BESAMEN,   BESAMEN,   conserere,    obserere,    scmine  pro- 

pagare, 

1)  befruchten,  schwängern:  wenn  ein  weib  besamet  wird 
und  gcbirt  ein  kneblin.  3  3/os.  12,2;  du  solt  auch  nicht  bei 
deines  nehesten  weih  ligen,  sie  zu  besamen.  18,  20;  sihe  es 
kompt  die  zeit,  das  ich  das  haus  Lsrael  und  das  haus  Jude 
besamen  wil,  beide  mit  menschen  und  vich.  Jer.  31,  27;  so 
si  etwan  zusammen  kommen  und  er  die  frawcn  bcsampt. 
Frank  weltb.  lOS'. 

2)  und  golt  sprach,  es  lasse  die  erde  aufgehen  gras  und 
kraul,  das  sich  l)esau>c.  1  Mos.  1, 11.  12;  ich  hab  euch  gegeben 
allerlei  kraul,  das  sich  besamet  auf  der  ganzen  erden.  1,29; 

die  wollen  unser  ficker  nemcn, 
dio  wir  vermeinten  uns  besänion. 

trag,  von  llcli.  N&rnb.  1548  D3| 


1541 


BESAMMELN— BESATZ 


BESATZUNG  —  BESCHÄDIGEN 


1542 


auf  solchem   zug  wird   nichts,  keines  besameten   felds  ter- 

scbonet.  Kikchbof  mtl.  disc.  lll; 

weun  die  naiur  die  well  mit  liebe  wil  besamen, 
musi  sie  das  pfropfungsreis  von  meinen  ästen  nemen. 
Loai;.NST«i."c; 

jet«  will  ich  wieder  tüchtig  sein  tind  wacker, 

ein  gutes  feld  und  tragen  gute  saaien,  _ 

denn  du,  o  herr,  sollst  selber  mich  besamen.  Ruckkrt  1« 

3)  figürlich, 

mit  fewr  und  flamm  besamet.     Spee  trutzn.  158; 
mit  perlen  und  rubin  besamt.    Bröckes  2,  158. 
BESAMMELN,    congregare,  congerere,  convocare,  heule  ver- 
sammeln, sammeln:  und  ward  bald  ein  rat  besamlel.  Stei:«- 
HöwEL  Esop  18;    ich    besammei    alle    mein  macht.    Aimon  a; 
wie  sich  der  keiser  wider  von  newem  besamlet.  k; 

laszt  bsamlen  ein  ersamen  rat.  trag.  Joh.  E4; 
gedachte  wagen  (/ür  müde  knechle)  werden  auch  aus  einer 
ganzen  landsart  besammelt.  Kibciihof  mil.  disc.  119;  ist  uns 
hie  vil  zu  hoch  zu  ergründen,  wollen  es  schriflmeistern  be- 
folen  haben,  die  mögen  ein  collegi  drüber  besamlen.  bie- 
nenk.  116'. 

BESAMMEN,  dasselbe,  mhd.  besamen  f.  besamenen.  kröne 
13760:  so  besammen  sich  die  junkfravren  in  dem  tempel. 
Albr.  von  Eybe  16". 

BESAMMLUNG,  f.  congregatio:  besammlung  des  h.  reichs. 
abschied  von  1501  §.  11. 

BESAMUNG,  f.  consilio,  besäung:  besamung  des  feldes, 
gartens.   Pierot  2,  252.  263. 

BESAN,  f.  das  unteisle  segel  im  schif,  nnl.  bezaan,  engl. 
mizen,  mizensail.  davon  bildet  schon  Fischabt  besanet.  Garg. 
'9,  mit  der  besan  ausgestattet. 

BESANDEN,  arena  conspcrgere,  nn/.  bezanden :  die  schmiede 
besanden  das  eisen. 

BESÄNFTEN,  placare,  sedare :  die  aufs  euszerste  beküm- 
merte fürslin  Thusnelde  und  Ismene  gewehrten  alle  ihre  Ver- 
nunft, höflichkeit  und  thränen  ohne  fruchl  an,  sie  zu  be- 
sänften.  Lobenst.  Arm.  2,  476;  bei  welcher  ereignung  sich 
denn  herzog  Arpus  und  Ganasch  euszerst  bemühten,  den  feld- 
herrn  zu  besänften.  2,  607; 

man  musz  das  ungelücke 
besännen  mit  gedult.       Cleop.  7,  217 ; 
besänfle  dein  gemüte.    Ibrah.  74.        ' 
BES.\NFTIGEN,  das  heute  übliche  icort: 
wenn  nach  wolthätigcn  wettern 
über  besänftigten  wölken  der  bimraelsbogen  hervorgeht. 
Klopstock-, 
quälende  zweifei  auf  augenblicke  besänftigen.  Kli.'ccer  3,  59; 
eine  sonne,   zum  menschenantlitz  besänftigt,  ergreift  weniger 
als  ein  geliebtes  zum  sonnenbild  verklärt.  J.  Pall  Tit.  2,  222. 
BESÄNFTIGEH,  vi.  placalor,  delinitor. 
BES.LNFTIGERLN, /■.  placatrix:  des  himmels  kind,  die  frohe 
rathgeberin,  die  besänftigerin,  die  bofnung.  Herd  er. 

BESÄNFTIGUNG,  f.  mitigatio:  da  gieng  die  besänftigung 
ein  (trat  ein  ruhiger  zustand  bei  der  kranken  ein),  unw.  doct.  35. 
BESÄNGNIS,  f.  cantio:  sie  müssen  sie  doch  alle  mit  be- 
sängnus  begraben  lassen,  wan  sie  schon  nit  hören,  oder  man 
cnigräbt  sie  aus  dem  geweichten  (getceihter  erde),  biencnk. 
108*.    s.  besingnis. 

BESAPPELN,  lucrum  facere?  dann  bisz  dem  landsherren 
sein  Wollust  wirt  auszgericht  und  die  räth  sich  bcsappeln, 
diewcil  bleibt  kein  gelt  im  land  bei  den  underthonen.  Fra.nk 
trunkenheil.  153t  D  3*.  es  ist  Kol  ein  figürliches  besabbeln, 
sich  mit  geld  benetzen  gemetnt. 

BESAPPE.N,  liest  eine  andere  ausgäbe  an  dieser  stelle. 
BESAHGEN,  condere,  einsargen.  Stieler  1682,  mhd. 
so  helfet  mir  beserfcen  minen  lieben  man.    Nib.  976,  3, 
vo  BC  besarchcn. 

BESATTELN,  insternere  equum,  satteln. 
BESÄTTIGEN,  saturare,  nnl.  bczadigen :  sein  heiiigkeit  wolle 
dis  schcflin  gütlich  und  gnediglich  annemen  und  sich  an  be- 
rürtea  erbietungen  lassen  beseligen.  Luther  1,  123';  sie  wol- 
len an  dcme  besätligel  sein,  dasz  ihnen  ihr  bischöflich  ge- 
wnlt  und  auctorität  hinfurt  folgen  wurden,  chlrf.  Moritz  6d 
Mel'inchlh.  7, 116. 

BESATZ,  m.  limhus:  bcsatz  ihres  kleidcs.  Mcsaecs  2,  18; 
er  wollte  auf  keine  weise  in  die  schleppe  des  fürsten  einge- 
stickt sein,  nicht  einmal  als  besatz.  J.  Paul  Ttl.  2,  91;  sie 
war  nichts  als  die  lautere  liebe  und  demut  und  ihr  talenten- 
glanz  war  nur  ein  fremder  bcsatz.  S,  13. 


BESATZUNG,   f.  gebildet  wie  Satzung, 

1)  praesidium:  eine  starke,  ständige  besatzung;  besatzung 
einlegen,  zurücklassen ;  die  festung  hat  zureichende  besatzung ; 
die  besatzung  muste  sich  ergeben;  und  führten  den  häufen 
etliche,  die  auf  der  bürg  in  besatzung  gelegen  waren.  1  Macc. 
4,  2 ;  und  legt  kriegsvolk  darein  in  die  besatzung.  9,  51 ; 

die  besatzung  in  dem  haupie,  die  besatzung  in  dem  bauche, 
die  Vernunft  und  die  begierden,  haben  immer  krieg  im  brauche. 
LocAU  2,  zuy.  11. 

2)  die  besatzung  der  weiher,  teiche,  flschbehälter.  Hobberc 
3,  52'.  299". 

3)  was  besatz :  hänge  nur  über  den  e'men  einen  gelebrlen- 
rock  mit  einer  besatzung.  Tieck  12,  315. 

4}  Schlosser  nennen  so  das  in  die  einschniUe  des  tdilüuel- 
barts  passende  eisen,    s.  besetzung. 
BESATZUNGSDIENST,  m. 
BESATZUNGSRECHT,  n. 
BESATZZEUG,  «.  zeug  zum  besatz. 
BESAUE.N,  inquinare,  conspureare: 

bespaszt  sein  urtbeil  und  besauts.    Voss  6, 121. 
BESAUERN,  aegre  ferre,  sauer  aufnehmen,  nnl.  bezuren: 

frisch  und  frölich  sonder  trawren, 

wens  verdreuszt,  der  mags  besawren.    Ambr.  Ib.  s.  211,  45. 

BESAUFEN,  eigentlich  demergcre,  ahd.  pisoufan  (Graff  6, 
171),  mhd.  besoufen,  ersäufen:  mit  einer  neuen  see  besäufen. 
Lohe.nst.  Arm.  1,  5S9.  heute  aber  nur  ebrium  facere,  ine- 
briare:  derselbe  lud  ihre  vomembste  hcrren  zu  gaste,  und 
I  da  er  sie  wol  besoffen  hette,  liesz  er  bei  xxx  derselben  er- 
schlagen. MiCRÄLics  2, 179 ;  sie  besäuften  ihn  derm«szen.  Opitz 
Arg.  2,362;  ein  oder  ein  paar  spitzgläscr  davon  besaufen  ihn 
dermaszen.  J.  Paul  teufelsp.  2, 132.  sich  besaufen,  inebriari, 
dessen  praet.  eigentlich  lautet  besaufte  sich,  man  sagt  aber 
besof  sich,  u-ie  betrank  sich,  das  part.  besoffen  bezeichnet 
einen,  der  sich  betrunken,  berauscht  hat,  doch  s.  dieses  icort  und 
saufen,  saufen.     Stieler  16S5  scheidet  besaufen  und  beseufen. 

BESAUGEN,  ju^ere;    die  biene  besaugt  den  blumenkelcb. 

BESÄUMEN,  praetexere:  ein  bcrg  mit  bäumen  besäumt; 
grau  und  braun  besäumte  wölken.  Fa.  MCller  1,  34. 

BESÄUNG,  f.  consilio,  aussaat.  Pierot  2,  253. 

BESCHABEN,  dcradere,  ahd.  piscapan,  mhd.  beschaben,  nnl. 
beschaven  :  denn  es  (das  mal)  ist  tief  eingefressen,  und  hats  be- 
schaben gemacht.  3  Mos.  13,  55 ;  ein  armer  dorfpfaffe  in  einer 
beschaben  {abgeschabten)  kaseln.  Lcther  4,  254';  beschabene 
kleider.  4,  255';  warvon  bist  du  also  umb  deinen  hals  beschaben 
und  gefrettet  {wund  gerieben).  Steinhöwel  Esop  4S';  da  sähe  der 
wolf  dem  hund  seinen  hals  an  und  sprach  zu  ihm,  wie  kompt 
es,  das  dein  hals  also  beschaben  und  kein  bar  daist?  schimpf 
und  ernst  cap.  409 ;  und  von  dem  bauren  zwen  alte  mäntel 
entlehnten  und  zwen  alte  beschaben  hüt.  Bocc.  2,  ll'.  heule 
ist  für  schaben,  beschaben,  abschaben  die  starke  form  er- 
loschen, und  das  part.  praet.  lautet  nur  beschabt,  das  starke 
goth.  biskaban  bedeutete  tondere,  bescheren,    mhd. 

dar  üj  ein  bopser  tropfe  irouf. 

dtT  e;  natzie  und  beschuof  (f.  bescbuop).    kröne  19634, 

BESCHABERNACKEN,  rexare.  Stieler  1701.  s.  schabernacL 
BESCHADEN,    laedere,    tiolare:    und   iedcrer   sich  zu  be- 
schaden  understehe.  Lanz  Karl  5  s.  261. 

BESCHÄDIGEN,  dasselbe  und  die  gewöhnliche  form,  nnl. 
beschädigen:  oder  du  herüber  ferest  zu  mir  über  disen  häu- 
fen und  mal  zu  beschedigen  {es  steht  bescheidigcn).  1  Mos. 
31,  52;  wenn  iemand  einen  acker  und  weinbcrg  beschedigL 
2  Mos.  22,  5 ;  und  stirbt  im  {das  vieh)  oder  wird  bcschedigt. 
22,  10. 14 ;  sie  haben  meine  steige  zubrochen,  es  war  inen  so 
leicht  mich  zu  beschedigen.  //io6  30,  13 ;  hab  ich  die,  so  mir 
on  ursach  fcind  waren,  beschedigt?  ps.  7,5;  die  albern  gehen 
durch  bin  und  werden  beschedigt.  5pr.  Sal.  22,  3;  der  nie- 
mand beschedigt.  Ez.  18,  7;  beschedigt  die  armen  und  elen- 
den. 18,12;  und  was  nutz  hette  der  mensch,  ob  er  die  ganze 
well  gcwünnc  und  beschedigt  sich  selbst?  Luc.  9,25;  und 
nichts  wird  euch  beschedigen.  10,  19 ;  zu  den  vier  engein, 
welchen  gegeben  ist  zu  beschedigen  die  erden  und  das  ineer. 
offenb.  Joh.  7,  2.  3;  und  Judas  inust  auch  keinen  geringen, 
sondern  den  apostelstand  beschedigen.  Lither  1,  358';  hat 
euch  keiser  Carl  lange  zeit  beschedigt?  Aimon  x;  enigecl  er 
uns  zu  disem  mal,  so  wird  er  uns  gröszlichen  beschedigen. 
xl;  kan  uns  keine  creatur  wider  deinen  willen  beschädigen. 
ScHUpPics  439 ; 

ist  sie  sehr  beschädigt  1    Götbi  9,  2M; 
97* 


1543   BESCHÄDIGUNG  — BESCHAFFEN 


BESCHAFFENHEIT  — BESCHÄLER   1544 


durch  die  Vorsteher  seiner  auswärtigen  handelsverhältnisse 
bevortheilt  und  beschädigt.  35,  346.  wir  lassen  den  regen, 
hagcl  die  feider,  den  stürm  die  schiffe,  dächer,  das  wetter  die 
wege,  die  kleider  beschädigen,  es  wird  aber  unter  schade 
und  sciiaden  gezeigt  werden,  dasz  diese  Wörter  ursprünglich 
auf  wunde  und  leibliche  Verletzung  gicngen,  und  ebenso  sind 
beschädigen  und  versehren  zu  nehmen,  es  hciszl  die  ädern  be- 
schädigen, sich  am  arm,  an  der  hüfte  beschädigen  und  so  bei 
GiiiHE  9,  256,  ist  sie,  nach  dem  stürz  vom  felsen,  sehr  be- 
schädigt? das  glas  ist  beschädigt,  hat  einen  risz,  gleichsam 
einen  schnitt,  eine  wunde. 

BESCHÄDIGUNG,  /".  laesio:  beschedigung  seines  leiblichen 
geberers  {erzeugers,  vaters).  Aimonvorr.;  keiner  war  von  den 
steinwürfen  getroflfen,  Überraschung  und  verdrusz  war  die  gei- 
stige beschädigung,  die  sie  erlitten  hatten.  Götiie  48, 138. 

BESCHADUNG,  f.  dasselbe,  aber  seilen,  wie  beschaden: 
nicht  wie  die  verachtete  mucken,  so  uns  tägiicii  vor  den  äugen 
umbfliegcn,  geboren  werden,  im  winter  sterben  und  im  som- 
mer  wiederumb  von  sich  selbst,  ohne  einige  beschadung  ihres 
vorigen  todes  lebendig  werden.  Pmilander  ed.  lugd.  3,  238. 
BESCHAFFEN,  1)  creare,  schaffen,  erschaffen: 

wann  er  himel  und  erd  beschaffen  hat.    fasln,  sp.  595,  15; 

dich  und  dein  nfaffen 

hab  ich  darzu  beschallen, 

das  ir  die  werlt  soll  leren.    603,  30; 

als  er  bschuof  himel,  erd,  sunn,  mon.    1027,3; 

ach  golt,  der  jemerlichen  stunden, 

sind  das  mich  gott  beschuf.    Ambr.  Ib.  s.  49,  22.  365,  74; 

was  gott  durch  sein  Weisheit  beschuf,    s.  364,  11 ; 

der  dich  beschaffen  hat  on  dein  zuthun,  der  wird  dich  nicht 
gerecht  machen  oder  beseligen  on  dein  zuthun.  Luther  2, 
439*;  der  du  mit  deinem  wort  die  himmel  und  all  ihr  beer 
beschaffen  hast.  Frank  weltb.  146';  das  ein  gott  sei,  der  be- 
schaffen hab  himmel  und  erden.  198";  es  ist  auf  diser  weite 
nichts  überflüssiges  beschaffen.  Wirsung  Cai.  PS"; 

als  gott  beschuf  all  crealur.    Schwarzemberg  98,  1; 

wie  golt  all  crealur  beschuf.    H.  Sacus  IV.  1,  69'; 

die  selbig  lieb  die  ist  mit  ehrn, 

die  gott  "beschuf,  die  well  zu  mehrn.    V,  372*; 

wann  es  beschuf  got  nie  keinen  als  frommen  menschen. 
Aimon  p ;  und  {die  haut)  ist  ein  deckel  des  leibs,  beschaffen 
die  anderen  glid  zu  beschirmen.  Gersdorf  1.  im  n  jh.  scheint 
diese,   auch  noch  bei  Paracelsus  häufige  bedeutung  aufzuhören. 

2)  schon  vihd.  drückte  beschaffen  und  schaffen  eine  höhere 
Ordnung  und  Vorausbestimmung  des  Schicksals  aus,  der  sich  die 
sterblichen  fügen  müssen: 

ej  muose  sin  und  ej  was  mir  beschaffen.    MS.  2,  134'; 

mir  gcschiht  niht,  wan  mir  geschaffen  ist.    MS//.  3,  80"; 

diu  maget  was  iu  beschaffen.    Wigul.  1002; 

ist  ej  dir  beschaffen.    Uelmbr.  1297 ; 
sonst  auch  verhängt,  verliehen,  bestimmt,  geschickt,  zugetheilt, 
beschert  u.  s.  w.  {vgl.  myliwl.  821).     So  nun  auch:   beschaf- 
fen glück  ist  unversaumpt.  Agricola  2ü'.  Frank  1,  65' ; 

beschaffens  glück  ist  unversaumpt, 

beschaffens  glück  kompt  über  nacht.    Ambr.  Ib.  s.  247. 

DocEMS  misc.  2,  250 ; 
kompt  oft  und  dick  beschaffens  glück 
von  fcrrem  land.        -4m6r.  Ib.  s.  225  ; 
^        wer  weisz,  wo  mir  das  blind  gelück 

gibt,  das  eim  andern  ist  beschaffen.    II.  Sachs  IV.  3,  3'; 

das  euszer  zu  sehen,  ist  dem  pawren  beschaffen  {gegeben), 
das  inner  zu  sehen,  ist  dem  arzt  beschaffen.  Paracelsus  1,  27'; 

wenn  er  mir  soll  beschaffen  sein, 

so  widersetz  ich  michs  gar  nil.    ArRER54'; 

er  werds  gern  llion, 
und  vernünftig  merken  dabei, 
das  ihm  das  glück  beschaffen  sei.    333'; 
zu  wein  bin  ich  beschaffen.    IIoffm.  gcsellsch.  108. 

3)  in  schwächerem  sinn  heiszl  beschaffen  heule  .<so  viel  wie 
schaffen,  anschaffen,  herbeischaffen,  rüsten :  ich  will  das  geld 
beschaffen;  eine  caution  beschaffen;  seine  geschäfte  beschaf- 
fen. Hevne  an  Joh.  Müller  224 ;  vielleicht  noch  nicht  gewust, 
dasz  einem  in  bescbafnen  gelegenheitcn  {data  occasione)  pflegt 
geantwortet  zu  werden,  wie  er  gefragt.  Simpl.  2,  490. 

4)  mit  etwas  beschaffen,  zurüsten,  hewerhsleltigrn:  welche 
mit  verbotncn  teufcJsgriflein,  zauhcrsegen  und  dergleichen  be- 
schaffen und  zugelien.  Simpl.  1,  602,  und  in  solchem  sinn 
pflegt  wie  {quo  modo)  bei  dem  pari,  praet.  beschaffen  {compara- 
tus)  zu  stehn:    wenn  ich  wissen  würde,   wie  es  mit  ihr,   mit 


ihrem  vaterlande  und  adel  beschaffen.  Gryphiüs  1,  857;  wi« 
es  mit  dieser  brücken  beschaffen  sei?  Scnuppius  034;  es  ist 
mit  uns  menschen  also  beschaffen,  dasz  wir  leicht  sehen  den 
Splitter  in  eines  andern  äuge.  659 ;  wie  wäre  es  alsdann  mit 
der  kraft  beschaffen?  Kant  8,  167;  wie  ist  es  mit  deiner  ge- 
sundheit  beschaffen?    vgl.  rechtschaffen,  rede  comparatus. 

BESCHAFFENHEIT,  /.  conditio,  qualitas:  wer  hat  wol  einen 
mann  mit  solchen  und  dergleichen  beschaffenheiten  gesehen? 
pers.  baumg.  4,  5 ;  die  Wichtigkeit  ist  ein  relativer  begrif  und 
was  in  einem  betracht  sehr  unwichtig  ist,  kann  in  einem  an- 
dern sehr  wichtig  werden,  als  beschaffenheit  (qualification) 
unserer  erkentnis  ist  dazu  eine  Wahrheit  so  wichtig  als  die 
andere.  Lessing  8,  211;  schade,  dasz  ich  diese  ernsthaftere 
antwort  nicht  so  einleuchtend  zu  machen  im  stände  bin. 
denn  dieses  zu  können,  müste  schon  das  ganze  werk  des 
ungenannten  der  weit  vor  äugen  liegen,  indem  sich  alle  meine 
lobsprüclie  blosz  und  allein  auf  eine  beschaffenheit  {eigen- 
thümlichlceil)  desselben  beziehen,  aus  einer  beschaffenheit  des- 
selben entsprungen  sind.  10,216;  als  ob  räum  und  zeit  wirk- 
liche beschaffenheiten  wären,  die  den  dingen  an  sich  selbst 
anhiengen.  Kant  3,  200;  die  gemäszigte  und  kaltsinnige  be- 
schaffenheit unserer  zeiten.  9,  23. 

BESCIIAFFER,  m.  crealor,  schöpfer,  nach  beschaffen  1: 
der  bschaffer  schaffe  dich  in  ein  guts  jar.  Frank  wellb.  148"; 
und  jiichf  tvidersetz  dich  dem,  der  dein  beschaffer  ist.   Bocc. 

1,  297'. 

BESCHÄI'TEN,  scapa  inunire,  mit  einem  schaft  versehen: 
Stiefel  bescliäften,  ein  gewehr  Leschiiften.  man  sagt  lieber 
blosz  Schäften. 

BESCHÄFTIGEN,  occupare,  einem  zu  thun,  zu  schaffen  ge- 
ben. Stieler  1714:  wir  müssen  suchen,  ihn  zu  beschäftigen; 
er  ist  heute  sehr  beschäftigt;  sie  ist  nur  mit  sich  selbst  be- 
schäftigt; ich  kann  nicht  berechnen,  wie  lange  mich  das  be- 
schäftigen wird;  die  fabrik  beschäftigt  hundert  arbeiter.  sich 
beschäftigen,  occupari,  sich  abgeben,  zu  thun  machen:  er  be- 
schäftigt sieji  gern  mit  kindern ;  Zachariä  beschäftigt  sich  viel 
mit  landedelleuten,  stellt  ihre  liebhabereien  und  eigenheitea 
komisch  dar.  Gothe  20, 198. 

BESCHÄFTIGUNG,  f.  occupatio :  eine  edle,  grosze  bescUüf- 
tigung;  beschäftigung,  die  nie  ermattet.  Schiller  49*.  ironisch, 
eine  schöne,  saubere  beschäftigung;  was  für  ein  mundwerk, 
und  was  musz  es  für  ein  geist  sein,  der  diesen  mund  in  be- 
schäftigung erhält!  Lessing  1,  434. 

BESCHÄFTIGUNGSAHT,  f.  ich  kenne  keine  beschäftigungs- 
art,  welche  mehr  geeignet  wäre,  im  frühern  alter  dem  er- 
wachenden witz,  Scharfsinn,  erfindungskraft  die  erste  Übung 
zu  geben,  als  vornemlich  mit  den  alten  sprachen.  Schblling 
melh.  des  akad.  stud.  75. 

BESCHÄFTIGUNGSTRIEB,  m.  das  nagen  {der  thierc)  kann 
auch  wol  als  unruhiger  beschäftigungstrieb,  der  zuletzt  in 
Zerstörungskampf  ausartet,  angesehn  werden.  Göthe  55,  322. 

BESCHAFFUNG,  f  1)  crealio:  nach  bescliaffung  der  weit. 
fasln,  sp.  1312 ;  die  grosze  weit  sampt  allen  andern  creaturen 
durch  beschaffung  durch  die  band  gottes.  Paracelsus  1,326'; 
der   leo   ist   ein    naturlich   thier   aus  der  ersten  beschaffung. 

2,  284';  durch  die  hütten,  die  nicht  mit  hcnden  gemacht  ist, 
das  ist  so  vil,  die  nicht  von  diser  beschaflüng  herkumpt.  Me- 
lanchthon  2  Cor.  5.  2)  conditio,  Status,  beschaffenheit :  als 
aber  die  meisten  es  nicht  für  raihsamb  erachteten,  bei  kegen- 
wärtiger  beschaffung  der  Sachen,  eine  Weiterung  und  trennung 
einzuführen.  MicrXlius  3,  593.  3)  herbeischaffung:  beschaffung 
der  mittel,  des  gcldes. 

BESCHALEN,  legere,  mit  einer  schale  versehen:  eine  wand 
beschälen ;  messerklingen  beschälen. 

BESCHÄLEN,  delibrare,  der  rinde  berauben:  einen  bäum, 
apfel  beschälen. 

BESCHÄLEN,  besser  wäre  beschelen,  f(/i<am  inire:  die  slute 
beschälen,  belegen,  bedecken,  bespringen  lassen;  wird  aber 
nur   vom   hengst,    nicht  vom  stier  u.  s.  w.  gebraucht. 

BESCHÄLEH,  wj.  eqiius  admissarius,  ahd.  scelo  (Graff  6, 
471),  was  aber  zugleich  bnrdo.  onnqer  und  tragelaphus  aus- 
drückt, gerade  wie  ein  andrer  vnme  des  hengsis  warannio, 
reineo  an  rlicno,  das  mitnntirlie  rmnlhier  reicht  {vorr.  zur 
lex.  sal.  XXVIII.  xxix).  auf  jeden  fall  ist  scelo  ein  uraltes  wort, 
dunkler  abkunfl,  vgl.  das  nihd.  schelcii.  Zur  auftiahme  der 
Pferdezucht  werden  an  vielen  stellen  im  lande  tüchtige  ix'schä- 
1er  unterhalten  und  ihnen  gegen  geringe  abgäbe  die  sluten  2u- 
I  geführt,     im  Rheinland  hörte  vion  katholische  bauern,  die  für 


1545         BESGHÄLGELD  — BESCHÄMEN 


BESCHÄMUNG  —  BESCIIARREN        1546 


ihre  slulen  ron  fremden  beschälen!  ßrclUeten,  laut  sagen: 
wir  wollen  die  verflucbten  lulherischen  hengste  nicht. 

BESCHÄLGELD,  «. 

BESCHÄLKEN,  ursprünglich  in  servitutem  rediyere,  uie  bei 
Bertuold  192 :  owe  leider,  dö  wurden  wir  beschaiket  und  mit 
relitem  urteil  wurden  wir  dem  tiuvel  ze  frünerehte  geantwor- 
tet, bei  Maaler  60'  ist  beschelken  iiicrefare,  mit  rauchen 
Worten  anfaren ;  Christus  selbs  sine  jünger  beschalkt,  dasz 
sie  kleingläubig  warend.  Zwingli  1,  7.  später  aber  bedeutet 
es  betriegen,  aslu  (allere.  Stieler  1717: 

also  bescliälkt  er  dis  und  die  (diese  und  Jene),    ilörin  18. 

BESCHÄLKNECHT,  m.,  der  den  beschdler  ßtlert  und  wartet. 

BESCHALKLNG,  f.  ncqtiilia,  schalklieit:  verbieten  all  un- 
zimlich  schwur  und  beschalkungen.  iceislh.  1,  223. 

BESCHÄL.STELLE,  f.  auch  beschälstation 

BESCHÄLUNG,  f.  bespritigung. 

BESCHÄLZEIT,  f.  sprungzeil,  (empus  admissurae. 

BESCHÄMEN,  pudore  confundere,  einen  schamroth,  einen 
crrvthen  machen,  den  Kangen  rülhe  einjagen :  und  da  sie  sich 
aufmacht  zu  lesen,  gebot  Boas  seinen  knaben  und  sprach, 
laszt  sie  auch  zwischen  den  garben  lesen  und  beschemet  sie 
nicht  (lulg.  ut  absque  rubore  colligat,  et  colligentem  nemo 
corripiat).  /?«//» 2, 15;  nu  bitte  ich  eine  bitte  von  dir,  du  wol- 
lest mein  angesicht  nicht  b«schemen.  1  Aö/i.  2,  IC.  17.  20;  müs- 
sen die  Icute  deinem  groszen  schwetzen  schweigen,  das  du 
spottest  und  niemand  dich  bescheme?  Hiob  11,  3;  nicht 
schreibe  ich  solches,  das  ich  euch  bescheme  (ovy.  c^toitkov 
ruäi,  non  ut  confundam  vos).  l  Cor.  4,  14 ;  oder  verachtet 
ihr  die  gemeine  gottes  und  beschemet  die,  so  da  nichts  haben? 
{goth.  jah  gaaivisku|)  {)an3  unhabandans,  xaTaia/vvexe  roi's 
UT]  exovras,  confunditis  eos  qui  non  habent?)  1  Cor.  11,22; 
also  sol  mau  ein  solchen  bcscliemen.  /Vf«rn.  <p.  3U9,  9 ; 
beschembt  nur  ewren  golt.  Ri.nuvvald  laut,  tparh.  61  { 
sie  beschämt  uns  alle  beide  an  einsieht.  Gellebt; 

der  wilde  bescliämt  nn  racnsclilichkcii 

uns  chrisieu.  Gottkh  2,  327  ; 

wouu  icli  den  ernst  will  schcrzboft  nehmen, 

so  soll  mich  niemand  drum  beschämen.    Göthe  2,  235. 

ttird  oß  zur  leeren  redcnsart :  o  sie  beschämen  mich;  be- 
schämen sie  mich  nicht ;  ich  werde  mich  nicht  so  beschämen 
lassen ;  ihre  gute  beschiimt  mich. 

2)  figürlich,  auf  Sachen  übertragen,  die  gleichsam  vor  dem 
höheren  und  besseren,  oder  auch  dem  schlechteren,  neben  sie 
gestellten  er  rollten: 

die  liolie  pinchl  hat  die  naiur  veiworrcn, 

und  ihren  zier  beschiimt.    Opitz  3,  2S3 ; 

es  soll  diT  pnrpur  sich  mit  purpur  nur  vermählen, 

den  besten  riog  bcsclinrat  ein  Calscher  diamani. 

HoFMAMxsw.  hcldenbr.  97 ; 
die  rcizan<r  freier  Felder 

beschämt  der  garten  pracht.    Hagf.oorm  3,  70 ; 
pracht,  die  alles  was  er  je  gesehn,  beschämt. 

WiEtAÄD23,  234; 
mit  ihres  buscns  scbnee  die  lilien  beschämt.    23,  264. 

3)  die  ältere  spräche  setzt  sich  beschämen  oder  sich  be- 
schämen auch  für  sich  schämen,  l)eschämt  sein,  mit  dem  gen. 
der  Sache:  wir  beschämen  uns  desses.  Keisersd. pos/.  1,  22; 

der  sich  des  gebens  nit  bescbompi.    Mcrüer  sc/ie/menc.  28,  5; 

auf  einmal  war  ein  bulerin,  die  het  ein  rot,  aufzügig  ange- 
sicht, des  beschämet  {spätere  ausg.  schemct)  sie  sich,  schimpf 
vnd  ernst  cap.  177;  ir  beschämen  euch  über  dem  tisch  zu 
beten.  237;  dann  dem  glaubigen  sind  alle  ding  mügiich,  das 
er  sich  der  sterk,  das  er  alles  vcrmüg  in  dem,  der  in  im 
ist,  billich  sni  rliüinen  und  sich  der  schvvacheit  in  scim  golt 
beschenien.  fK\nk  paradoxa  90' ; 

das  wer  für  war  «in  Trenihdc  saeb, 

das  ich  mich  nit  zu  stucken  lach, 

das  du  dich  snarren  wölist  bi-sehemincn, 

und  dir  nit  wollest  lassen  nemiiivn 

den  dorlorsifirzcl  wie  ander  lent. 

tpicl  wie  man  die  uancn  bcfchwcrcn  soll.  1554.  A6'; 
•  so  wird  ich  mich  nit  beschemen,  hierin  auch  der  erste  zu 
sein.  Paracelsus  1,  9ü';  da  einer  von  dem  andern  underrich- 
tet  zu  werden  sich  nicht  soll  beschweren  oder  beschämen. 
KiRcHiior  mit.  disc.  231 ;  dann  gewarnelcr  sach  sich  nicmands 
beschämen  soll.  Fro.\sperc  kriegsb.  1,  53*;  die  ihr  euch  der 
lugenden  beschämet.  Piiilander  1,402;  ihr  wolt  ja  oft  ewrer 
eignen  teu Ischen  haar  euch  beschämen.  2.  75.  schon  mhd. 
Walther,  ms.  1,  110': 


der  endarf  sieb  iuwer  niht  beschämen  ione 
beide  ze  hove  noch  euch  an  der  sträje; 
bei  Lacbm.  46,  35: 

der  endarf  sich  iuwer  nicnder  inne 

weder  ze  hove  schämen  noch  an  der  sträge. 

fiflcA    beiden    lesarten  musz  man  nur  inne  ze  hove  verbinden. 

4)  beschämt  sein,  beschämt  stehn :  deine  brüste  waren  ge- 
wachsen, und  hattest  schon  lange  har  gekriegt,  aber  du  wä- 
rest noch  blosz  und  beschämet  (vulg.  et  eras  nuda  et  con- 
fusione  plena).  Ez.  16,  7 ;  dein  cörper  unbescherabt  behaltst. 
Bingwald  laut.  warb.  123;  er  stand  da  ganz  beschämt  und 
wusle  kein  wort  zu  sagen,  einen  beschämt  machen:  mache 
niemand  beschämbt.  pers.  baumg.  1,  33;  dasz  dem,  wer  un- 
verschämt ist,  nicht  viel  daran  gelegen  sei,  ob  er  einen  an- 
dern beschämt  mache.  4, 12.     s.  schäm  und  schämen. 

BESCHÄMU.NG,  f  pudor,  rubor:  er  fühlte  tiefe  beschämung; 

icli  komme  mit  bescbämung,  Ja  mit  schmerz.    Scuiller  399' ; 
zu  meiner  groszen    beschämung  sehe  ich,    dasz   ich    dir   das 
begehrte  noch  nicht  geschickt  habe. 

BESCH.ÄMUNGSYOLL: 

so  zosr  sie  diesen  blick  so  hastig  schnell  zurücke, 

so  schnell  und  so  beschämungsvoli, 

als  hätte  sie  gesebn,  was  man  nicht  sehen  soll. 

*  WlELA.>D  21,  I7S. 

BESCHÄNDEN,  macula  sceleris  imbuere.  Stieler  1730.  auf- 
fallend mit  dem  dat.  der  person:  sonst  wird  ihme  sein  adel 
mehr  beschänden  aJs  ehre  bringen.  Simpl.  l,  64.  mit  acc, 
tcie  heule  schänden :  brave  männcr  beschänden  und  belästern. 
Hippel  10,  46 ;  sie  wird  weniger  beschändet  als  verachtet. 
13,64; 

und  knn  ich  nit  treschen  mit  dem  flcgel. 
so  sol  man  mich  besehenden  vor  allen  fraucn. 
fasln,  sp.  327,  21. 
BESCHANDFLECKEN :  wo  bleibet  unterdessen  bei  solchen 
ungöttlichen  bändeln,    die  gerechtigkeif,  die  liebe,  das  gewis- 
sen?  wirds   nicht  alles  dardurch  von  ihnen  selbst  beschand- 
flecket  und  prophanieret?  Cur.  .\.\dreae  ft«s-/)osau«cE4'. 
BESCHANKT,   s.  beschenken. 
BESCHANZEN,  circumvallare,  verschanzen : 

beschanzt  grosz  stedt  mit  graben,  wellen, 
viel  büchsen  an  die  mawr  zu  stellen. 

Wald  IS  päpsl.  reich  1,4; 
zwischen  diesen  beiden  lagern  aber  ein  platz,  der  nicht  be- 
schanzt war.  Kirchhof  mit.  disc.  191 ;  so  man  etwa  für  städt, 
Schlösser  und  festi  rücket  und  die  beschanzen  otlcr  beschie- 
szcn  müste.  Fronsp.  1,  47";  an  welchem  ort  mans  beschan- 
zen, beschieszen  und  das  geschütz  hin  stellen  solle  und  wolle. 
3,  113'; 

das  sie  den  menschen,  vieh  und  pflanzen 
für  den  geringsten  feind  beschanzen.    froschmcuscier  1.1,6; 
was  ein  sinnreicher  geisl  mit  seiner  feder  pllanzl, 
ist  vor  der  zeit  gewalt  versichert  und  beschanzt. 
Opitz  3,  306. 
BESCHAB,  ablaut  von  bescheren,  heule  bescher. 
BESCHAKBEN,  suffricare.    s.  Scharben. 
BESCHABBEN,  defodere,  einscharren,  verscharren:  und  da 
er  sähe,   das  kein  mensch  da  war,   erschlug  er  den  Egvpter 
und   bescharret    in  in  den  sand.    2  Mos.  2,  12 ;    gewislich  ist 
das  unvcrgengliche,  unbefleckt  und  unvenvelklich  erbe  unser, 
es  ist  aber  ilzt  ein  kleine  zeit  verborgen,    bis  wir  die  äugen 
zuthun    und    uns   bescharren   lassen.    Llther  2,  323' ;    indes 
aber  warten  wir,  das  unser  fleisch  hingerichtet  und  mit  allein 
Unflat  bescharret  werde,  aber  herrlich  crfür  kome  und  aufer- 
stehe. 4,413';  das  uns  golt  lessei  also  in  die  erden  beschar- 
ren und  verfaulen  auf  den  winter.  6,  so';  und  ist  warlich  ein 
schwerer  arlikel   ins   herz   zu  bringen,   wenn  ich  sähe  einen 
menschen    lud    hintragen    und    bescharren,    das  ich  doch  mit 
solchem  herzen  und  gedanken  sol  davon  gehen,  das  wir  wer- 
den miteinander  wider  auferstehen.  6,  232';    sondern  müssen 
alles,   was   sie  je  gehabt  haben,    hcrauszen  lassen,  und  sich 
so   ganz   blosz   ins   grab   lassen  bescharren.    6,  239';    ob  er 
schon  noch  lief  in  der  erden  bescharret  ist.  S,  260";  ich  will 
ire  legenden  mit  der  sindflut  bescharren.  tischr.  40';    da  ich 
keine  hofnuug  hatte,  viel  von  im  zu  scheren,  dacht  ich  mei- 
nen kuchen  zuvor  zu  bescharren,   ehe  dann  er  sich  von  mir 
schiede.    Areti.m  hurensp.  232 ; 
er  soll  ganz  iinhcklngt,  ganz  unbescharrt  mit  erden, 
der  vogcl  suszer  schätz  und  tust  des  rauhes  werden. 
Opitz  1,  166. 
Lotiier  verwendet,  ausier  Itescharret,   auch  das  pari,  beschor- 
ren :    denn    wir  alle   müssen  unter  die  erde  beschorren  ver- 
faulen und  verwesen.  6,75';  das  nur  der  leib  unter  die  erde 
beschorren  werde.    6,  79';  darum   ist»   am   besten,'  nur  bald 


1547 


BESCHATTEN  —  BESCHAUEN 


BESCHAUEN — BESCHÄUMEN 


1548 


gestorben  und  beschorren.  tisc.hr.  49' ;  drum  isfs  am  besten, 
nur  bald  gestorben  und  zugeschorren.  132'.  vgl.  verschorren 
Jos.  7,  21.  22. 

BESCHATTEN,  obumbrare,  obscurare,  ahd.  piscatawan  (Guaff 
G,  424),  mild,  beschalcwen,  nnl.  beschaduwen :  da  war  die 
wölke  und  bescbattet  das  lager.  weish.  Sal.  19,  7 ;  das  fleisch 
wird  durch  der  bende  auflegung  beschattet,  das  die  seele  im 
geist  erleuchtet  werde.  Lutuer  3,  370* ;  vom  h.  geiste  beschattet ; 

ihm  grünt  der  erile  bescliaileter  schosr.    Uz  1,5; 

unter  des  segentriefenden  l'riedens 

beschallendem  tiltiche.    Klopstock  1, 159-, 

schweigendes  grabgcwölbe,  das  ihm  die  gebeine  beschattet. 

1,203; 
mit  jenes  lebens  ruh 
erquickst,  beschallest  du 
mich  schon  iu  diesem  leben.    7,67; 
sonst  mit  frieden  von  gott,  mit  jeder  ruhe  beschattet. 
Mcss.  9,  389 ; 
eine  mit  lorberbäumen  beschattete   anhöbe.    Wieland  1,  243; 
zu  dieser  mitten  im   getümmcl   der   weit    sich   immer  erhal- 
tenden,  nur   selten   durch   vorübergehende  wölken  leicht  lie- 
schaHeten  beitcrkeit  der  seele.    3,  383;    das    vergnügen,    das 
ich  dabei  empfinde,    wird    durch  keine  unlust  übertroffen  zu 
sein  beschattet.   10,  73 ; 

ein  leicht  beschaltendes  gewand 
erlaubt  den  ungewohnten  blicken 
nur  allzuviel,  sie  zu  berücken.    10,  140; 
beschallet  von  der  pappelweide, 
am  grünbescliilfteu  sumjif. 
sasz  liedewig  im  rolhen  kleide 
und  strickt  am  kleinen  strumpf.    Voss  id.  14; 
im  gelilde  des  weinbeschaitelen  gartens. 
Voss  Orf.  11,  193; 
hinter  einem  lichtschirm,  der  sie  beschattete,  sasz  ein  frauen- 
zimmer.   ihre  durch  den  lichtschirm  bescliatteten  züge.  Göthe 
20,  155;  Äladdins  character  wird  vom  anfange  mehr  beschat- 
tet, als  dem  zwecke  günstig  ist.   J.  Paul  büclierschau  1, 170. 
BESCHATTER,  m.  arbor  umbrifera: 

klimmen  wir  nie  hinauf  zu  der  höh,  wo  nur  wenig 
wahres,  hier  sprosz,  da  beschälter,  dem  oikan  steht! 
Klopstock  2,  72. 
BESCHATTIGEN,    eine  frühere   form  statt  des  heutigen  be- 
schatten,    beschattigen,  inumbrare.  voc.  theut.  1482.  d3';  be- 
schettigen  obumbrare.    d4';   ich  beschattige,  bedecke.    Dasypo- 
Diüs  262*.   Maaler  60";    dasz   es  beschattigt  ist,    finster  und 
tunkel.    Garg.  242'. 
BESCHAtTLNG,  f.  umbra: 

blume,  du  siehst  verpflanzet,  wo  du  blühest, 
werth,  in  dieser  beschattung  nicht  zu  wachsen. 

Klopstock  1,  78; 
kehret  denn  wieder  zu  uns,  und  bringt  der  seligen  zeugen 
mehr  in  der  palme  beschattung.    Hess.  17,  222. 

BESCHATZEN,  BESCHÄTZEN,  aeslimare,  imperare  tri- 
bulum. 

1)  mit  abgäbe  belegen,  vgl.  brandschatzen:  Stadt  und  land 
beschatzen ; 

den  lebendigen  gelt  abkratzt, 

die  todten  auch  dazu  beschaizt.    Vf aldis  päpst.  reich  i,l; 

beschetzi  ward  umb  viel  lausent  thaler.    £sop  3,  92; 

als  das  die  Wiener  innen  wurden,  da  fielen  sie  über  die 
burger,  und  beschetzten  sie  umb  vil  gelts,  ire  soldner  zu 
bezalen.  Frank  c/iron.  209';  nahm  ihn  gefangen  und  bescha- 
tzete  ihn  hoch.  Micrälils  3,  444;  der  handel  beschränkt,  und 
jede  nothwendigkeit  des  lebens  schwer  beschatzet.  Göthe  37, 
217;  die  Karthaginicnser,  welche  vorzüglich  ihre  unterthanen 
beschatzlen.  Nieruhr  3,  673;  die  privateigenthümcr  des  bo- 
dcns  beschatzen.    Kant  5, 159. 

2)  censere,  acstimare  : 

nu  wil  ich  euch  melden  die  in  der  kirchen  swnlzen, 
und  die  leut  hinien  und  vorn  beschatzen.    fasln,  sp.  1160; 

er  soll  aller  Juden  rcichthum  beschreiben  und  beschützen, 
laxieren.    Reiszner  Jer.  2,  9S'. 

BESCHATZL'NG,  f 

BESCHAU,  f  inspectio,  spectatio,  vgl.  schau,  anschau, 
beerschau,  leichenschau,  tucbschau,  weinschau:  das  wir  b«- 
gcrt  haben  sullen,  uns  der  beschaw  in  den  kellern  zu  vcr- 
iragen.  Ch.iiels  Maxim,  s.  371;  es  ist  ein  ganz  löbliche  Ord- 
nung, dasz  ein  jeglich  ding,  so  dem  gemeinen  nutz  dienen 
soll,  vorhin  der  beschaw  (bcsichligung)  überantwurl  werde. 
Pabacelsus  chir.  sehr.  149'.    vgl.  Schmeller  3,  303. 

BESCHAUBAR,  aspcctabilis,  beschaulich. 

BESCHAUEN,    inspicere,    viserc,    besehen,  besiehligen,  ahd. 


piscawün,  biscouwön,  mhd.  beschouwen,  nnl.  besciiouwcn. 
anschauen  ist  innerlicher:  ich  schaue  an,  ich  schaue  die 
sonne  an;  beschauen  transitiver:  ich  beschaue  die  blunie, 
habe  die  absieht,  sie  zu  betrachten. 

1)  weidmännisch, 

wolauf  wolauf  wolauf  herrn  und  frauen, 

laszt  uns  heut  ein  edlen  hirsch  beschauen,    üecuen  10(J. 

2)  besuchen,  invisere  {vgl.  besichtigen) : 

drumb  so  sag  deiner  frawen, 

ich  wöl  si  nicht  bescbawen, 

ich  hab  dann  u.  s.  w.     Teuerdank  8,  50. 

3)  vor  äugen  kommen,  zu  sehen  kriegen: 

so  soll  er  uns  nicht  mehr  beschauen.    ArRER372*; 
da  man  einander  das  weisze  ia  den  äugen  beschauet.  Simpl. 
3,  145. 

4)  ein  mann,  der  sein  leiblich  angesicht  im  spiegel  be- 
schauet.   Jac.  1,  23; 

so  lang  sie  noch  ihr  ciiles  bild  beschauet, 

hört  sie  nicht  auf  zu  hoffen  und  zu  wagen.    Scuiller  406". 

5)  das  wir  gesehen  iiaben  mit  unsern  äugen,  das  wir  be- 
schauet habeii  (o  doj^äxaiisv  roXs  otpd'a'/.uoTs  rjficjv,  o 
i&saaä/ie&a).  1  Joh.  1,  1;  etwas  mit  scharpfcn  äugen  be- 
scbawen. Hemsch  300 ;  beschauet  und  besehet  doch.  Schüp- 
pius  415 ;  den  todten  leicbnam  gar  eben  beschawet.  Bocc.  1,  232'. 

6)  es  folgeten  aber  die  weiber  nach  und  beschaueten  das 
grab  und  wie  sein  leib  geleget  ward.  jL«c.  23,  55;  das  weiter 
beschauen,  nach  ihm  sehen; 

wie  Völker  jetzt  geblüht,  jetzt  wieder  durch  das  schwert 
den  Untergang  beschaut  (vor  augcn  Itatten).    Opitz  t,  12. 

7)  sich  beschauen:  hoffertige  leut  bescbawen  sich,  alte 
leut  klawen  sich.   Hesiscii  300. 

BESCHAUEN,  n.  contemplatio,  inspectio:  sein  zeit  fast  mit 
beschauen  der  gülden  goltstück  volbracht.  bienenk.  2ll';  das 
betrachten  und  beschauen  dieser  angenehmen  gegenstände. 
Göthe  27,  43 ;  ein  solches  beschauen  und  betrachten.  31,  222. 
beide  Wörter  erscheinen  oft  verbunden,  und  so  dasz  beschauen 
meistens  vorausgeht,  das  nachfolgende  betrachten  also  ein  an- 
haltenderes inneres  nachdenken  ausdrückt. 

BESCHAUENSWERTH. 

BESCHAUER,  f?i.  contemplator,  ahd.  piscouwari.  Gbaff 
6,  557.    s.  leichenbeschauer. 

BESCHAUERIN,  f  contemplatrix,  nnl.  bcscbouwster. 

BESCHAUERN,  tueri,  legere,  vgl.  schauer  obdach,  schüren 
und  schirmen.    Gemeiner  regensb.  ehr.  3,  176; 

und  wer  {wäre)  mit  ewigem  frid  beschauert. 

fastn.  sp.  1144 ; 
nicht  forcht  dich,  sprach  er  zum  paurn, 
vor  im  getraw  ich  dich  wol  beschaurn.    1170; 
so  die  fürsien  gand  herfür, 
die  lant  und  leut  beschauren.    Uiiland427; 

sie  denken  nicht,  wie  land  und  leut  gebessert,  beschauwert, 
in  guter  rhuw  erhalten  werden.    Beutiiers  Rcineke  s.  30. 

BESCHAUFELN,  pala  congerere,  tegere:  mit  der  schaufei 
bewerfen. 

BESCHAULICH,  contemplativus :  ein  beschawlich  leben  fü- 
ren, wie  sie  {die  mönche)  es  genennet,  und  viel  büchcr  da- 
von geschrieben  haben.  Luther  5,  359' ;  gieng  mit  sechs  ed- 
len männern  in  ein  wildnus  und  bescbeuwlich  wesen.  Kirch- 
hof wendunm.  370";  dafern  er  von  dem  beschaulichen  leben 
ins  wirksame  übergeht.  Wieland  2,  226;  der  Schwärmer  re- 
det von  unmittelbarer  eingebung  und  beschaulichem  leben. 
Kant  7,  433 ;  fahre  fort  mit  diesem  lieblichen  irrlichlertanz 
mein  beschauliches  leben  zu  ergötzen.  Bettine  br.  1,  229. 
Notker  ps.  32,  2  sagte  fifscowolip. 

BESCHAULICHKEIT,  f  ein  mOnch  im  kloster,  wenn  er  in 
seiner  höhestcn  beschawlichkeit  sitzet.    Luther  5,  357'. 

BESCHAUMASZIG,  probehaltig,  was  bei  der  schau  gut  be- 
funden wurde.  Schmeller  3,  303. 

BESCHAUMEN,  spuma  conspcrgere. 

1)  inselstadt,  vom  mcer  besch.-iumci.    Platkn65; 

die  wellen 
wälzen  mcilcnlang  bescliäumic  kämme.    33t; 
gräbt  der  schneidende  kiol  bcschäumic  furchen.    337. 
schön  die  ags.  dichter  vom  schif  fämigiicals,  fo//o  spnmosn. 

2)  wcisz  bcschäumic  pfcrde.    Drockks  1,  108; 

fort  gelben!  bis  der  trab  euch  das  pcbisz  boschnuint: 
Ca.iitz  128. 

3)  das  schwert  mit  bhil  beschäumt     Schiilf.r  45V 


1549 


BESCHAÜL'NG— BESCHEHEN 


BESCHEUEN— BESCUEIBE 


1550 


4)  sich  beschäumen:  das  maul  als  ein  ros  sich  beschäu- 
mend.    Philander  1, 15. 

BESCHALLNG,  f.  i)  aspectus:  und  von  dannen  wurden 
sie  über  eine  kleine  weil  vieler  mit  weiszen  hembden  ange- 
thaner  leute  gewahr  und  ansichtig,  welche  erschröckliche  be- 
schawung  dem  Sancho  Pansa  den  muth  ganz  und  gar  wi- 
derumb  danider  schlug.  Harnisch  216.  2)  inspectio,  besich- 
tigung.     3)  conlemplatio : 

die  kleine  trübe  neige  leben 
ist  er  in  seinem  goit  gemeint 
der  geistlichen  beschauung  zu  ergeben. 
Lessing  1,  S  ; 
der   ich   durch  mein   übel   an   höherer  beschauung  und  be- 
trachtung  nicht  gehindert  war.    Göthe  31,  207 ;  das  bild,  wel- 
ches den  mann  (Bodmer)  darstellt,   wie  er  auch  uns  erschie- 
nen,   und    zwar   mit    seinem   blick   der  beschauung  und  be- 
trachtung.    48,  112.    s.  seibstbeschauung. 

BESCHAULNGSWÜRDIG.    Wolf  mus.  der  allerth.  66. 

BESCH.\ÜWäLZE,  f.  über  welche  bei  den  tuchbereitern  das 
fertige  Uich  gerollt  wird,  um  es  gegen  das  lageslicht  zu  be- 
sichtigen,   vgl.  ausbund,  tuchbeschau. 

BESCHECKEN,  variare,  scheckig,  buntscheckig  machen,  aus- 
sehecken. Stieler  1703. 

BESCHEEREN,  s.  bescheren. 

BESCHEREN,  ßeri,  contingere,  ahd.  nur  bei  N.  (Graff  6, 
412),  auch  mhd.  nicht  bei  allen  dichtem,  doch  bei  Hartm.,  Rc- 
DOLF,  Flecke,  Böser  u.  o.  m.,  nhd.  setzt  Lutber  in  der  bi- 
bel  immer  geschehen,  sonst  einigemal  auch  beschehen,  das 
andere  Schriftsteller  genug  verwenden. 

i)  beschehen,  fieri,  ohne  persönliche  beißgung :  es  ist  nicht 
in  böser  meinung  beschehen,  als  ir  fürwenden.  Keisersb. 
Sünden  des  munds  13' ;  wo  das  nit  beschee,  so  mag  der  meier 
das  on  zorn  tun.  weisth.  3,  740 ;  das  beschach.  Tbo.  Plater 
103;  warumb  aber  es  beschicht,  ist  mir  ganz  verborgen. 
buch  der  liebe  bl,  2;  ir  solt  wissen,  mein  allerliebeste  fraw, 
dasz  alles  das,  so  ich  gehandelt  hab,  in  euwerem  gefallen, 
beschehen  ist.  h2,  3;  auch  die  zufel,  die  do  seind  zugegen 
oder  beschehen  mögen.  Bracnschweig  U  ;  so  musz  es  also 
beschehen.  Agricola  spr.  38';  ob  das  in  der  schlafkammer 
oder  es  uf  dem  söllcr  beschehen  sei.  Steinhöwels  Esop  6; 
es  beschicht  aus  einer  besunder  gottes  Ordnung.  8';  wie  denn 
auch  folgends  beschehen.  Götz  von  Berl.  leben  6;  beschicht 
das  nit,  so  werdent  ir  zu  zorn  bewegt  werden.  Aimon  r2; 
es  beschicht  villeicht  nit.  r4;  wo  ein  solches  mehr  beschehe. 
Galmy  lOS ;  als  diesmal  beschahe.  Schwei.mchen  1,  84 ;  wel- 
ches bei  Juden  und  beiden  nicht  beschihet.  1,  314 ;  das  gotl 
der  ketzer  bekerung  und  reu  nicht  abnemme,  diewcil  sie 
nicht  beschicht,  wie  es  gehört,   bienenk.  202'; 

dann  es  dir  unverborgen  ist 

was  künAig  bschehcn  soll  zur  frist. 

Geo.  Gotthard  zerst.  Trojas  1598  acl  1  ; 

wiewol  eine  vil  stärkere  nachfrage  nach  meinen  weltlichen, 
dan  geistlichen  gedichten  oftmahlen  beschehen.  Weckberlin 
rorr.  zu  den  geistl.  ged.;  indem  alhie  eine  Vereinigung  zweier 
götlichcn  herzen  beschehen.  857;  dasz  man  von  ihrer  schön- 
heil  nicht  so  viel  gcschreis  und  groszes  werks  würde  ge- 
macht haben,  als  wol  jelzo  noch  beschiehet.  Harnisch  261; 
dasz  ich  nichts  ausführliches  erwähne,  beschiehet  umb  ge- 
liebter kürze  willen.  Simpl.  1,  3;  in  was  schein  das  besche- 
hen möchte.  ScBLPPius  674;  disz  könne  eben  jetzo  gar  si- 
cher beschehen.  715;  dessen  in  dem  evangelio  meidung  be- 
schicht. 748 ;  wie  kann  die  niedermachung  aller  gottlosen 
ohne  sonderbaren  groszen  gewalt  und  starken  arm  besche- 
hen und  zu  wegen  gebracht  werden  ?  Tieck  15,  342  aus  Simpl, 
1,  262. 

2)  von  einem  geschehen,  d.  h.  gelhan,  zugefügt  werden, 
fieri,  agi  ab  aliquo:  aits  dem  allen  sol  erfunden  werden, 
das  mir  mit  billigkeit  von  niemands  einige  auflegung  besche- 
hen ist.  Llther  1,210';  das  sollich  von  im  beschehen  müsse. 
HCTTE.'«  5,  210 ; 

von  hanihaften  .Schwizern 

ist  inen  gar  we  beschehen.    Uuland  405 ; 

»0  vil  es  Ton  mir  beschehen  mögen.  Schweimcue.'«  1, 10;  so 
solches  von  ihnen  nicht  beschehe.  1,  13;  welches  auch  Ton 
mir  beschahe.  1,  90 ;  so  ists  offenbar,  dasz  es  so  vil  basz 
von  einem  alten  beschicht  und  ausgericht  wQrd,  dann  von 
einem  jungen.    Pelr.  181*. 

3)  um  einen  beschehen,  fieri,  agi  de  aliquo:  war  es  nicht 


umb  mein  ros,  ja  auch  mich  selbst  beschehen.  Kirchhof 
wendunm.  189*.  so  heute,  es  ist  um  mich  geschehen,  actum 
est  de  me. 

4)  an  einen  beschehen,  dirigi  ad  aliquem :  e.  k.  f.  g.  schrift, 
an  mich  beschehen,  hab  ich  empfangen.    Luthers  br.  l,  444. 

5)  einem  beschehen,  ergehn,  widerfahren,  zu  theil  werden : 
den  bschicht  in  sein  landen  nit  allein  kein  uneet,  sunder 
grosz  eer  und  freundschaft.  Fraxk  wellb.  198";  wie  mag  ich 
vergelten  der  gnaden,  so  mir  heut  von  euch  beschiht.  buch 
der  liebe  46,  3 ;  lieber,  was  guts  ist  dir  beschehen  ?  Cvrilll'S 
73' ;  darumb  beschicht  in  {eis)  recht.  Kirchhof  wendunm.  173' ; 
ich  mein  aber,  mein  leser,  dir  soll  gleich  mir  beschehen.  Aimon 
vorr. ;  es  ist  ihm  recht  beschehen.    Scbweimches  1,  90 ; 

ich  han  nit  gwust,  wie  mir  ist  bscbehen, 
das  musz  ich  bei  der  warheit  jehen. 

spil  wie  man  die  narren  besclnveren  soll  1554.  D  2': 

durch  seine  wunden  ist  uns  arzenei  beschehen.  Reiszxer 
Jer.  1,  30'. 

6)  im  part.  praet.  hat  sich  das  wort,  zumal  hinter  den 
praepos.  nach  und  auf,  am  längsten  erhalten :  es  ist  nit  gut 
beschehne  ding  herfür  zu  rucken.  Aimon  x;  danken  für  den 
ihnen  beschehenen  und  geleisteten  gehorsam.  Kircbbof  mil. 
disc.  209  ;  nach  beschehener  malzeit.  wendunoi.  211' ;  nach  be- 
schehener  gnädigen  audienz.  Scbweimchen  3,  169 ;  die  nach 
beschehener  abrede  die  thore  offen  gefunden.  Micrälics  3, 
445;  nach  erkenntem  und  beschehenen  rufen.  Frankf  reform. 

1.  15,  1;  ein  junger  graf  befände  sich  in  einer  hochadclichen, 
ungefehr  beschehenen  Zusammenkunft,  ßiegcnwadel  144 ;  die 
von  den  canzlen  vielfaltig  beschehene  ernstliche  erinnerun- 
gen.  ScHCPPius  679 ;  dergleichen  caressen  gehörten  sich  nicht 
ehe  anzustellen  als  nach  beschehener  copulation.  Felsenb.  2, 
351;  der  beschehenen  Verordnung  genüge  leisten,  ehe  eines 
weibes  11;  auf  beschehenes  nachfragen.  Hohberg  3,  32';  das 
geschrei  (gerüchl)  der  beschehenen  entleibung.  pol.  stockf  289. 

BESCHEIBE,  BESCHEIB,  agilis,  promtus,  alacer,  callidus, 
scitus,  gewandt,  gescheid: 

das  ist  ein  bur,  dank  hab  sin  lib, 

der  ist  wol  als  witzig  und  bschib, 

als  dise  gleerteo,  groszen  berren.    fastn.  sp.SS'fii; 

schwig  nun  still  und  Insz  mich  machen, 

ich  bin  bschib  gnuog  solichcn  Sachen.    825,  14; 

ich  will  thun,  was  du  begerest  {erbot  sich  versteckter  weise 
eine  frau  einem  herrn),  das  er  dann  nicht  wol  hinder  sich 
möclit  gon,  er  müst  sie  denn  gewern  des,  was  sie  an  in 
begert.  der  herr  was  beschib  und  merkte  die  kreid  wol, 
was  sie  meint.    Keisersd.  pos(.  2,41.  vgl.  74; 

als  Mars  gibt  etwas  gemischte  kind 

von  rot,  weisz,  s  hat  ein  gschickten  leib, 

warm,  feucht,  complex,  listig  und  bscheib. 

THCR:«ErssER  arcliid.  81 ; 
noch  heute  in  Graubünden  beschib,   bschib   gescheid.    Staldei 

2,  315 ;  offenbar  von  dem  folgenden  bescheiben,  also  was  leicht 
rollt,  beweglich,  behend,  klug,  in  der  jüngsten  Umarbeitung 
des  Hugdietcrich  und  Wolfdieterich,  welcJie  der  Strophe  acht 
reime  zu  schaffen  sucht,  wurde  dies  adj.  mehrmals   eingefügt: 

er  was  hübsch  an  dem  leibe, 

sein^antlüiz  rosenfar, 

darzu  so  was  bescbcibe 

der  edel  fürste  klar.    7; 

on  einer,  der  was  bescheibe, 

der  hiesz  Wolfdletcrich, 

der  hielt  an  seinem  leibe 

sein  gcschmeide  rittet  lieb.    395; 

so  entgilt  ich  sicherlciclie 

meines  argen  vaitern  zom, 

der  sie  recht  licscheibe  (listig) 

hat  gesendet  in  das  lant, 

da  von  mir  armen  weibe 

wirt  Jamcrs  ril  bekant.    923; 

der  beiden  was  bescheibe, 

sprach,  wiliu  bei  mir  sein, 

so  gib  ich  dir  lu  weibe 

die  schönen  tochter  mein.    1188; 

Ilachcn,  den  held  bescheibe, 

den  satzi  er  uf  den  Rein, 

er  gab  im  auch  zu  weibe 

ein  edle  herzogein.  21S7  ; 
und  vielleicht  noch  einigemal,  es  wird  verschiedentlich  dafür 
bescheide  gedruckt,  weil  das  worl  schon  unverständlich  war 
(vgl.  bescheid  6).  in  den  älteren  texten  bei  Hacpt  4,  401  und 
Öchsle  darf  man  danach  nicht  suchen,  es  zeigt  uns  aber,  in 
welcher  gegend  die  neuste  gcslalt  des  liedes  {offenbar  im  Ihjb,) 
entsprang,  anderwärts  wäre  ein  mhd.  adj.  bescbibe  wol  iu 
9rwarlen, 


1551 


BESCIIEIBEN  — BESCHEID 


BESCHEID 


1552 


BESCHEIBEN,  rata  advchcre,  schnell  auf  der  scheibc  zu- 
führen, läszl  sich  aus  dem  vorigen  folgein,  und  mhd.  beschi- 
ben  kommt  vor: 

ob  si  fröide  mir  bescliibe.    Ben.  beitr.  254.  MSH.  1, 170", 

vgl.  Scheiben  bei  Schm.  3,  307 — 310.  nhd.  sind  uns  verbiim 
und  adj.  veraltet. 

BESCHEID,  m.  perilia,  responsum,  decisio,  ausweis,  Wei- 
sung, ein  heule  gangbares,  ahd.  und  mhd.  nicht  vorkommen- 
des worl,  nnl.  bescheed,  bescheid,  schtv.  dän.  besked;  richtig 
gebildet  von  bescheiden,  während  uns  aus  abscheiden  und  un- 
terscheiden ein  unorganisches  abschied,  unterschied  für  ab- 
scheid, unlersciieid  entspringt.  Luther,  obschon  bescheiden 
vertvendend,  brawcht  in  der  bibel  nicht  bescheid.  mit  unrecht 
aber  erklärt  Adelung  die  meisten  bedeulungen  von  bescheid  für 
gemein  und  niedrig. 

1)  gerichtliche  entscheidung,  besclieid,  vor)>escheid,  cndbc- 
sclieid,  wodurch  die  partcicn  beschieden  werden :  es  ist  be- 
scheid erfolgt,  recht  gewiesen,  gesprochen  worden;  es  liegen 
schon  (hei  bescheide  vor;  fiel  endlich  der  bescheid.  Lessing 
1,  Kio ;  bescheid  geben,  crtheilen,  erhalten,  erlangen ;  auf  die 
angebrachte  klage  wird  hiermit  zum  bescheide  gegeben;  der 
bescheid  lautet  günstig,  ungünstig; 

wo  im  sleifen  sonntagskicide 

uns  die  etiquctlc  zelin  bescheide 

über  eines  tages  wciier  macht.    Gökinok  1,  47. 

2)  überhaupt  beslimmung,  Unterweisung,  auskunft,  antwort: 
bis  auf  weiteren  bescheid,    bis   auf  weiteres; 

lom  daudo  bcreid, 
up  widern  besclieid, 
lom  lilien^trul: 
waker  mäken  bistul?; 

wenn  er  die  vierlausend  reichsthalcr  auszahle,  so  solle  er 
doch  dasjenige,  was  er  haben  müsse,  bei  sich  behalten,  bis 
auf  weitern  iiescheid.  Sciiuppiüs  257 ;  die  platten  wurden  bis 
auf  Weilern  bescheid  wieder  an  ihren  ort  und  stelle  gelegt. 
Felsenb.  3,  329 ;  soll  das  kriegsvolk  in  ein  ander  lüger,  ferners 
bescheids  daselbst  zu  warten,  geschickt  werden.  Kirchhof 
mil.  disc.  106;  ist  das  nicht  ein  feiner  bescheid,  kompt  auf 
den  abend  zu  haus  ?   bienenk.  76*. 

3)  bescheid  geben:  guten,  rechten  bescheid  geben;  kurzen 
bescheid  geben,  kurz  abfertigen  : 

pib  nur  guien  bsclieid, 
doch  sag  im  nil  dein  heimlichkcit.    Ringwald  fti/jcr  26; 

morgen  so  soll  man  euch  ewer  Werbung  bescheit  geben. 
AimouTi;  ob  si  schon  ains  oder  zweimal  ihren  liebha- 
bern  absclilcgigen  beschaid  gegeben.  Wirsung  Cal.  H  3" ; 

der  obcrst  gab  in  kurzen  bescheid, 
er  spracii,  das  wor  mir  ewig  leid, 
soll  ich  die  siatt  aufgcdjen.    Soltau  384; 
icli  gcb  eim  jedem  fein  bescheid. 

Ringwald  laut.  warh.  10; 

was  gibst  mir  für  ein  bscbeid?  Garg.  93';  von  diesem  punc- 
tcn  viel  bescheids  zu  geben,  bienenk.  10' ; 

ihr  Ochsen,  die  ihr  alle  seid, 

euch  llcgein  gcb  ich  den  bescheid.    Gbllert  1,  205; 

sie  gab  mir  mit  der  verdachtloscslen,  freimütigsten,  reinsten 
cngelsmiene  besclieid,  als  ob  ich  ihr  vatcr  wäre,  der  arme 
mann  im  Tockenb.  295 ; 

gebt  uns  besclieid,  wos  daiiiil  werden  soll.    Schiller  548" ; 
irrend  gicng  ich  umher,  und  fragte  nach  drincr  bcliaiisiing, 
keiner  der  ciiclsica  selbst  konnte  mir  geben  bescheid. 
GoTiiR  I,  3t'2. 

ebenso,  den  bescheid  erhalten,  bekommen,  kriegen,  zum  bc- 
scbcid  kriegen,  linden :  ein  ungelrautcr  krigt  zum  bescheid. 
pers.  baumg.  7,  29 ;  verrichtete  die  sache  aufs  beste,  so  mir 
möglich  war,  bekam  aber  '  geringen  bescheid.  Schweimciikn 
1,  173; 

ir  herrn  wolt  ir  dan  hören  besclieid?    fastn.  fp.  338,  5; 

erwartet  keinen  andern  bescheid.    Schiller  450'; 

darnncli  ist  im  kein  land  zu  weil, 

darein  lauft  er  mit  ercn, 

bis  er  auch  (indt  bescheid.    Uulakd  517; 

auf  Gabes  zu,  do  (Indt  ir  bescheid.    Schnf.lzl  Saul  23'; 
ich  finde  darüber  keinen  besclieid. 

4)  besclieid  haben,  mit  vrrschiednem  sinn, 

a)  antworl,  auskunfl:  er  hat  seinen  bescheid,  hat  die  ge- 
wünschte Weisung  erhalten;  wer  sein  bescheid  hat,   der  mag 


reiten  wann  er  will  {der  böte  mit  der  ihm  crtheilten  antwort). 
Lehmann  195 ; 
drauf  hält  ich  gern  heimlich  erwünschten  bescheid.    Bürger. 

b)  kennlnis,  wissenschaß: 

weil  du  dann  nun  zu  dieser  zeit 
meins  zustaiuls  hast  genug  bescl)cid. 

W.  Spangknberg  anbind  oder  fawjbriefe  C3*. 

c)  zugewiesenes  theil,  was  ihm  beschieden  ist: 
ein  jeder  stand  hat  sein  bescheid.    Alberus  155; 
jedoch  hat  kurzvveil  sein  bescheid, 

wenn  es  geschieht  zu  seiner  zeit.    Ringwald  /.  warh.  87. 

d)  entscheidung,  Ordnung,  bcschaß'enhcit,  bewandlnis:  das  hat 
seinen  bescheid,  das  ist  schon  beschieden,  gesagt,  abgethan,  actum, 
transacium  est:  wie  man  dieselben  etvvan  an  leib  und  gut 
strafet,  das  hat  alles  sein  bescheid  und  ist  nit  not  das  selb 
hie  ze  sagen,  ir  hond  sein  eben  genug.  Keisersb.  Sünden 
des  viunds  73';  aber  das  hat  seinen  bescheid,  das  nichts 
draus  wird  auf  diesmal.    Luthers  br.  3,76; 

ein  ieglich  ding  liat  sein  bescheid, 

wenn  es  gcschicbt  zu  rechter  zeit. 

Waldis  Esop  3,  71 ; 

so  bin  ich  dann  gar  schnell  bereit 

zö  volsiieckcn  iiieiiien  bescheit. 

WicKUAM  bilgcr  2 ; 
wo  wir  sie  (die  wolle)  bekommen  können,  so  ist  es  gut,  wo 
nicht,  so  hat  es  auch  seinen  bescheid.  Schweinichen  1,  362; 
ich  sollte  die  ketten  {von  der  junyfrau)  neinen,  warum  ich 
CS  aber  nicht  thun  wollte,  hat  seinen  bescheid,  und  danke 
golt,  dasz  er  mich  vor  allem  übel  behütet  hat.    1,  218 ; 

zu  diesem  hals  auch  den  bescheid, 

das  solches  gut  nicht  lang  gcdcit. 

RiNGWALu  l.  wjrli.  23; 
aber  das  bat  nun  seinen  bescheid,  es  pleibt  doch  einen  weg 
wie  den  andern  disz  allezeit  fest,  bie.nenk.  \['j* ;  aber  das  hat 
seinen  bescheid,  wie  des  mönchs  band  unter  der  priorin  ta- 
fel.  90';  nun  disz  bat  seinen  bescheid  wie  glockcn  weihen 
und  narren  gicszen  in  der  fasznacht,  es  geht  doch  beids  auf 
schellen  und  klingeln  aus.  156*;  es  hat  mit  dir  einen  andern 
bescheid  als  mit  mir.  Henisch  300.  vgl.  das  hat  seine  guten  wege. 

5)  bescheid,  der  ort  wohin  man  beschieden  wird  (vgl.  be- 
scheiden 5),  das  rcndezvous,  die  abrede:  in  gottes  namen  lüs- 
set  sich  der  mönch  zu  der  nunneu  aus  dem  closter.  das 
wall  gott,  und  glück  zu,  spricht  jede,  so  sie  auf  den  bschaid 
will  gehen.    Frank  paradoxa  124'  (133); 

so  spiln  der  plinlen  meus  die  meid, 
die  liaben  darbei  auch  iren  bescheid 
in  sundern  stuben  mit  den  knaben. 

fastn.  sp.  385,  28  ; 
dein  gelt  vor  nicmnnt  spiegle  nicht, 
damits  nit  eiwan  einer  sjclil, 
und  mach  mit  andern  buhen  bscbeil, 
wart  auf  dich  dauszen  auf  der  heid. 

WiCKRAM  bilger  26. 

6)  bescheid  wissen,  bekannt  sein,  umzngehn  wissen,  wis- 
senschaß haben,  vgl.  4* :  ich  weisz  von  allem  bescheid.  Clau- 
dius 1,  10 ;  ein  Zauberer,  der  mit  übernatürlichen  dingen  be- 
scheid wcisz.  Kant  1,  220;  ebenso  wusle  sie  im  bauni-  und 
biumengarten  bescheid.  Göthe17,  78;  das  kind  wüste  in  der 
geographie  schon  guten  bescheid;  ich  wcisz  keinen  bescheid 
in  der  Stadt;  er  weisz  hier  rechten  bescheid:  wissen  sie 
auch  im  himmel  bescheid?  Graishe  scherz  2,121;  Ulenspiegcl 
was  in  allen  zu  bescheid  und  musten  im  alle  recht  geben. 
Ettlensp.  cap.  28,  tvo  die  späteren  ausgaben  .lelzhi :  E.  war  ih- 
nen allen  zu  listig,  man  könnte  auch  vermuten:  zu  bescheib. 

7)  bescheid,  intelligcntia,  prudenlia,  fug,  verstand:  doch 
bat  disz  seinen  liesclieid,  wan  es  in  guter  andüchtiger  mei- 
nuhg  geschieht,    bienenk.  175* ; 

der  mit  verständigem  beschaid 

nichts  dan  was  billicli  wil  versprechen.    VVkckhkrliih  50; 
und  weil  uns  kein  mensch  mehr  mit  irösilicliom  besciiniil 
kan  oder  darf  des  laids  und  eilends  end  fürbringcn.     184; 
doch  mag  er  auch  ..  mit  gut  besclieid 
der  weit  gebrauchen  als  zur  not.    Rinowald  /.  warh.  It; 
dasz  alle  menschen  liigner  sein,  ist  mit  bescheid  zu  nemen, 
die  Schrift,  die  silit  auf  iiiisre  zeit,  ila  lügen  heiszi  bctjuemeik 
I.OGAU  2,  2,  13. 

8)  liesciieid  thun,  n<ic/t  der  analogie  zwischen  thun  und  ge- 
ben, kann  gerade  aussagen  was  bescheid  gi'hen,  und  bei  Al- 
berus ist  auch  ich  thn  bescheit  respondeo,  wie  wir  sagen  ich 
gebe  oder  tline  dir  bescheid  auf  deine  frage: 

der  wirt  . .  tbat 

licscheid  auf  alle  meine  fragen.    Gökingk  3,  150; 

mit  spccr  und  schwert  thun  wir  luäniiern  bescheid.  Fn.  Mül- 
le« 1,  35»,     Bald  aber  wurde  dieses  bcscbeitl  thun  vorzugS' 


1553 


BESCHEID  — BESCHEIDEN 


BESCHEIDEN 


1554 


«reise  gebrauchl  i'v»  dem  tnink  aufzulrunk,  zubringen,  respondcre 
salutem  propinanli,  wo  man  nie  sagt  bescheid  geben,  franz. 
faire  raison,  it.  far  ragione  nel  bere,  engl,  pledge,  nn/.  be- 
scheid  doen,  schw.  güra  besked  für  en  skäl,  bühm.  splniti 
{erfidlen,  leisten),  poln.  odpijac.  Schon  Maaler  60'  hat:  das 
freundli(i  und  hoidsülig  nöten  ze  trinken  oder  bescheid  ze- 
tbön,  eertamen  mite  vini;  bescbeid  thiin,  gleichlhun,  par  fa- 
cere.  Hemsch  300;  du  bringst  mir  mehr,  denn  ich  bescheid 
tbun  kann; 

Ibut  recblen  bscheid,  ich  dien  euch  allen, 

keim  nit  zu  leid  noch  wolgefallen, 

eim  will  ich  wie  dem  andren  schenken.    Scheits  jroft.  Hl'; 

so  trinkt  er  dann  und  thut  dir  bscheid, 

es  sei  ihm  frleich  lieb  oder  leid.    das. ; 

wanns  gschirr  dann  ler  ist,  steht  gar  wol, 

laszi  du  es  wider  schenken  vol 

uud  thust  dem  bringer  dopplen  bscheid.    P2'; 

bat  niemand  dem  ers  bring,  der  ihm  bescheid  thut.  Garp.  68'; 
tliust  du  nit  bescheid,  es  ist  mir  leid.  87';  schenk  ein  das 
glas,  tbu  bescheid,  bei  meinem  eid  ich  hab  dirs  bracht  olin 
allen  pracht.  9S'; 

Marin  der  trank  dir  zu,  du  hast  bescheid  gethan. 

Grtphics  2,48«; 
gott  segn  es,  lieher  bruder, 
tbu  mir  fein  bald  bescheid.    Simpl.  3,  916; 
der  tisch,  die  bänk  und  boden  wurden  genetzt  mit  wein, 
aus  kacheln  und  aus  schuhen  rauste  gesoffen  sein, 
kes,  butter,  fleisch  und  suppen  warfen  wir  in  den  trank, 
jeder  must  thun  bescheide,  mit  oder  ohne  dank. 
Philand.  tuijd.  3,  11 ; 

das  ist  kein  fiberflusz,  wenn  man  Tornehmen  leuten  einen 
erleidiichen  ehrenbecher  bescheid  thut.  Weise  erzn.  18 ;  wenn 
der  salbeiwein  kümt,  so  wolle  er  auch  eins  bescheid  thun. 
ScHLppius  109 ;  ein  glas  wein  auf  geruhige  nacht  bescheid 
thun.  irrgarten  der  liebe  143 ;  hiermit  nahm  Eckhart  ein  glas 
wein  und  brachte  es  dem  arabtmann  in  gcsundheit  mons. 
Talanders  zu,  welcher  es  bescheid  that,  wie  auch  die  andern, 
untr.  docl.  143 ; 

sein  abt,  dem  sonder  ihn,  auch  nicht  sein  mundwein 

schmeckte, 
weil  keiner  so  im  Irunk  bescheid  und  wunder  that. 

Hagedorn  2,  97 ; 
der  junge  mann,  fällt  hier  die  göttin  wieder  ein, 
hat  wahrlich  aus  der  purpurflasche 
bescheid  gethan.  VViklajid  10,  211 ; 

nachdem  er  einigemal  auf  die  gesundheit  der  kämpfer  be- 
scheid gethan.  Götue  IS,  226;  wie  roth  waren  ihre  lippen, 
als  sie  euch  damals  bescheid  that.  20,  93;  trunk,  womit  der 
kaiser  den  fürsten  bescheid  that.  Bettine  br.  2,  274.  man 
sagte  vordem  auch  bescheiden  thun    (s.  bescheiden  partic.  3). 

9)  Maaler  60*  hat  bescheid  auch  in  der  persönlichen  be- 
deutung  von  amasius,  amasia,  gleichsam  mein  beschiedener 
Iheil;  wenn  die  ringellaub  ihren  bescheid  (galten)  verleuret, 
sitzt  sie  nicht  mehr  auf  grünes,  und  bleibet  keusch  bisz  in 
ihr  end.    Cosr.  Gesxer  vögel  527. 

10)  in  der  Verbindung  mit  geld  scheint  bescheid  den  aus- 
gevorfnen,  überwiesnen  sold  auszudrücken : 

ein  herren  wöl  wir  suchen, 

der  uns  gelt  und  bscheid  sol  gehen.    Ublafid  519; 

such  dir  ein  herren  in  der  well, 

der  dir  geit  bescheid  und  gelt.    524; 

wer  sein  gut  fast  auf  nistung  leit, 

vil  geul  auch  hat  am  harren, 

keiii  dienstgelt  hat  und  wenig  hscheit,  • 

tut  selten  gut  in  dharren  (in  die  tdmje).    617. 

BESCHEIDFJRIEF,  m.  commentarius :  darin  aller  bescheid 
eines  dings  kurz  begriffen  ist.  Maaler  60'  und  danach  He- 
KISCH  301. 

BESCHEIDEN  ist  uns,  gleich  dem  einfachen  scheiden,  in 
eine  unrechte  conjugation  au.igewichen.  das  golh.  skaidnn  hat 
skaiskaid,  part.  skaidnn,  das  ahd.  sceidan  sciad  gisceidan, 
das  mhd.  scheiden  schiel  gescheiden;  fcir  aber  «ojrn  schei- 
den schied  geschieden,  behandeln  es  also  auf  den  fusz  von 
meiden  mied  gemieden,  da  es  wie  heiszen  hiesz  gebeiszen 
gehen  sollte,  doch  begegnen  lange  noch  die  richtigen  participia 
gescheiden  und  bescheiden  (rgl.  ausbescheiden),  ja  ßr  das  adj. 
bescheiden  hat  bis  auf  heute  die  echte  qestalt  sich  behauptet, 
von  dem  part.  bescbieden  abstehend,  während  uns  Terscbicden 
adj.  und  part.  ist.  wenige,  i.  b.  Loiienstei>,  bedienen  sich 
der  schwachen  form  beschcidete  f.  beschied,  das  nnl.  be- 
scheiden bildet  sein  praet.  bcsclieidde,    sein  part.  bescheiden. 

l)  bescheiden,  conttiluere,  ordinäre,  praecipere,  mit  dem  acc. 


der  Sache:  wan  hettet  ir  ein  solchs  bescheiden,  so  wer  es 
ubermütiglich.  i4imon  A4;  da  sollten  die  sachen  notdürftig 
gehöret  und  verglichen  oder  beschieden  {es  steht  gewis  in  der 
hs.  bescheiden)  werden.    Schweixiches  1, 147; 

kummen  aber  bienen  dran  {an  mein  buch), 

wird  das  faule  sein  vermieden, 

und  gesundes  recht  bescbieden.    Logad  1,  6,  30; 

ein  reichstag  ist  nicht  weit, 

da  aller  glaubenssireit 

wird  ganz  beschieden  (geschlichtet)  werden.    2,  3,  63; 

so  karg  auch  das  geschick 

mein  losz  beschied.    Gotter  1,  268. 

ohne  casus,  antworten,  bescheid  geben :  habt  ihr  ihn,  fragt  der 
alt  herr  weiter,  geranzont?  nein,  bescheidet  der  mönch,  ich 
bekümmr  mich  umb  solche  .ding  nicht.    Gary.  26l'. 

2)  bescheiden,  überweisen,  ertheilen,  disponere,  mit  acc.  der 
Sache,  dat.  der  person,  zumal  im  sinn  von  legare:  und  ich  wil 
euch  das  reich  bescheiden,  wie  mirs  mein  vater  bescheiden  hat. 
Luc.  22,  29 ;  sprachen,  wie  das  en  (ihnen)  ir  frunt  Johannes 
Lichtenberg  vor  seime  ende,  sitzende  of  eime  stule,  of  seine 
guter  bescheiden  hette  . . .  ieziichen  X  mark.  Magdeb.  weisth. 
s.  3  (a.  1414);  ich  weisz  nicht  oder  gleubs  nicht,  das  war  sei, 
das  mir  meiner  Sünden  Vergebung  hie  bescheiden  und  gege- 
ben ist.  Luther  1,  237";  unter  disen  dreien  graden  sind  nu 
andere  grad  und  weise,  die  zeitliche  guter  zu  handein,  als 
keufcn,  erben,  bescheiden  und  dergleichen.  1,  194";  lieber, 
was  ist  newe  testament  anders,  denn  Vergebung  der  Sünden 
und  cwigs  leben  von  Christo  uns  erworben  und  im  sacra- 
ment  bescheiden?  3,  87';  das  testament,  so  Luther  seinem 
gemahl  und  sönlin  ordnete  und  beschiede,  war  dergestalt 
3,  402';  wie  du  sie  (weib  und  sönlin)  mir  geben  hast,  so 
bescheide  ich  dir  sie  wieder,  du  reicher  trewer  gott.  das.; 
muste  er  sein  testament  machen  und  soviel  zu  kirchen  be- 
scheiden, damit  gott  gedienet  und  sein  gedacht  würde.  4, 
456*;  ah  wolt  er  inen  ein  testament  und  einen  schätz  be- 
scheiden. 4,  522';  mein  vater  hat  alle  sein  geld  meiner  Schwe- 
ster bescheiden,  pater  omne  peculium  sorori  meae  legavit. 
Mich.  Neander  syll.  loc.  105'; 

ich  wäre  gerne  reich !  wer  arm  mich  nicht  kan  leiden, 
der  mag  mir  tausend  pfund,  und  noch  soviel  bescheiden. 

Logad  1,  3,  37 ; 
was  euch  sonsten  ist  bescheiden 
von  dem  himmel.  2,  3  s.  29; 

dir  hescheidet  meine  bahre 

jenen  rest  der  Jehensjahre,  » 

der  mir  noch  zum  alter  fehlt.    GC.ither  119; 
geniesze  was  dir  .gott  beschieden, 
entbehre  gern  was  du  nicht  hast.  GEitKRT  2,135; 
ach  mir  ist  nicht  beschieden, 
der  erde  mich  zu  freun.     Götbe  11,  75; 
er  (friihling)  ist  dir  noch  bescbieden 
am  ziele  deiner  bahn.    Uhlamd  ged.  51. 

und  das,  o  gott,  bescheide  uns.   J.  Paul  Tit.  4,  19. 

3)  bescheiden,  mit  acc.  der  person,  einen  bestimmen,  ver- 
ordnen, unterricltten,  ihm  bescheid  geben :  doch  wider  solchen 
wahn  hat  mich  mein  grosze  Zuversicht  bescheiden,  das  e.  k. 
f.  g.  mein  herz  wo!  besser  erkennet.  Luther  2,  78';  beschied 
Beinhart,  die  brücke  aufzuziehen.  Aimon  E ;  sintemal  du  mich 
fragst,  wil  ich  dich  bescheiden.    Kirchhof  trendunm.  396'; 

nu  hör  was  ich  bescheide  dich,    nambuchs.  112; 

nun,  wie  ich  dich  bescheiden, 
hab  anfangs.       NVerders  Ar.  3,  59; 

sie  haben  mich  dazu  beschieden  (ein  frölich  jähr  iu  wün- 
schen). Clacoius  3,  28;  der  mensch  ist  nicht  für  diese  weit 
beschieden.  8,  234.  einen  abschliigig  bescheiden  (man  sagt 
auch,  das  gesuch  abschlagig  bescheiden). 

4)  einen  eines  bescheiden: 

der  h.itt  dich  des  bescheiden  pasz.    Scbwarzinberg  152,  2 ; 
furaus  bescheid  mich  dieser  ding.     154,  2  ; 

wenn  ihr  mich  dessen  ebenso  bescheiden  könnt.  Tieck  ges. 
nov.  4,  334. 

5)  einen  hin  oder  her  bescheiden,  beordern,  bestellen,  con- 
stiluere  alicui  locum,  ihm  ein  rendezvous  bestimmen  {vgl.  be- 
scheid 5) :  denn  ich  hab  auch  meinen  knaben  etwa  hie  oder 
daher  bescheiden  (pneris  meis  rondixi  in  illum  et  illum  lo- 
cum). \  Sam.  2t,  2;  aber  die  eilf  junger  giengen  auf  einen 
berg,  dahin  Jesus  inen  bescheiden  h.itte.  W<if//i.  28, 11;  kanstu 
sie  (die  rechte  gotles)  warlich  nirgend  ergreifen,  sie  binde 
dich  denn  dir  zu  gut  und  bescheide  dich  an  einen  ort.    Lo- 

98 


1555 


BESCHEIDEN 


BESCHEIDEN 


1556 


THER  3,  355 ;  beschieden  sich  derhaib  zusammen  auf  den  an- 
dern tag.  3,  34 ;  einsmals  hett  er  {der  erzbischoß  ein  nun- 
nen  bescheiden  lassen,  die  lag  an  des  bischofs  bett.  Frey 
gartcng.  c.  86;  und  ritten  die  holten  gar  schnell,  da  sie  hin 
bescheiden  waren,  buch  der  liebe  bl.  10';  der  landsknecht 
hett  dort  ins  dorf  etliche  seiner  rottgesellen  hin  beschieden. 
KiRciinoF  tt'cn<i»nm.  103';  zu  rechter  friier  tagzeit  auf  beschei- 
denen platz  oder  ort  zu  erscheinen.    Reutter  kriegsordn.  69; 

ir  lieiTO,  ich  bin  bescliiden  her  ein.    fastn.  sp.  379,  5 ; 
daiiin  mit  höchsten  frewdcn 

von  seiner  Cloris  er  zu  Itommen  war  beschaiden. 
Weckiierlin  766; 

SO  stehet  etwa  eine  alte  kuplerin,  und  bescheidet  eine  magd, 
dasz  sie  auf  den  abend  an  den  und  den  ort  kommen  wolle. 
SciiüPPiüs  208 ;  ihr  habt  diesen  oder  jenen  nach  der  predigt 
zu  euch  bescheiden,  der  werde  mit  ungedult  warten.  214; 

dann  sollst  du  mein  antlitz, 
dort  bescheid  ich  dich  hin,  in  dem  tha!  Benliimon  erblicken. 

Klopstock  Mess.  6,  314  ; 
und  ein  wink  des  Versöhners  beschied  der  seraphim  einen. 

8,  351 ; 
lind  vor  den  richier,  der  nicht  moloch  heiszt, 
bescheiden  dich  mein  söhn  und  icli :    werket,  93; 

ich  beschied  ihn  hicher.  Tieck12,  213;  der  könig  liesz  ihn  zu 
sich  bescheiden,     nur  die  beiden  ersten  stellen  fügen  den  dat., 
alle  übrigen  den  acc.  hinzu,    jener  ist  auch  recht. 
6)  sich  bescheiden,  cedere,  concedere,  parere, 

a)  ohne  casus:  er  weisz  sich  zu  bescheiden,  Idszt  sich  be- 
scheiden; er  weisz  sich  nicht  zu  bescheiden,  will  sich  nicht 
bescheiden  lassen;  sintemal  ehrenliebende  verständige  kriegs- 
leut  sich  wissen  zu  bescheiden,  und  thun  was  der  ehrbarkeit 
anständig  und  gemüsi  ist.  Kirchuüf  nn7.  di.'ic.  60; 

man  sagte,  du  betrieger.    das  wollte  Franz  nicht  leiden, 
man  sagte,  deiner  selbsten.    da  must  er  sicli  bescheiden. 
LoGAU  3,  9,  4 ; 

erst  war  alles  du  und  du.  da  er  aber  hörte,  ich  wäre  major 
gewesen,  beschied  er  sich  den  augenblick,  und  ich  iiatte  viel 
mühe,  ihn  wieder  an  ort  und  stelle  zu  bringen.  Hippel  lebensl. 

4,  263; 

wollt  ihr  nicht  den  wünsch  erfüllen, 
ich  bescbeide  mich  ja  wol.    Götue  . . . 

wir  erdreisten  uns  und  wagen  auch  ideen,  wir  bescheiden 
uns  und  bilden  begrilfe,  die  analog  jenen  Uranfängen  sein 
möchten.  50,  59.     Anders  aber  bei  Opitz  Irostged.  278 : 

wir  können  uns  bescheiden  von  Adams  zciten  her, 
d.  h.  aus  der  schriß  unterrichten,  nach  3. 

b)  viit  gen.  der  sache: 

wer  weisz  sich  zu  bescheiden 
nur  einer  grimmen  ihat?  Opitz  l,  7; 

heldin,  soll  ich  euch  beschreiben,  und  der  kürze  mich 

bescheiden  ?  Logau  3,  8,  7  ; 

dasz  ein  kluger  mensch  sich  eines  andern  bescheiden  muste. 
Weise  kl.  leule  287 ;  ich  bescbeide  mich  gern  der  armut  mei- 
ner elnsichten.  Gotter  3,  72. 

c)  mit  der  praep.  auf: 

geusz  deinen  grimm  viel  lieber  auf  die  heidcn, 
die  sich  auf  dich  im  minüten  nicht  bescheiden. 
Opitz  ps.  155; 

komm  du,  o  richter  aller  heidcn, 
aurdessea  macht  wir  uns  bescheiden.    161. 

d)  mit  der  praep.  mit :  keiner  bescheidet  sich  gern  mit  dem 

theile,  der  ihm  gebühret.  Göthe  1,404; 

wer  kann  mit  dem  geringen  sich  bescheiden, 

wenn  ihm  da»  höchste  überm  liaupie  schwebt?  Schiller  668'. 

e)  mit  der  praep.  in : 

kann  sich  dein  schwacher  geisl  in  diesem  nicht  bescheiden? 
HotMANNSw.  getr.  schäf.  58; 

ich  bescbeide  mich  in  allem.    Gü.'^ther  851 ; 

er  kannte  die  mittel,  die  uns  zu  geböte  standen,  und  be- 
schicd  sich  in  billigen  dingen.  Götke  31,  55. 

0  mit  abhängigem  salz:  also  konnte  nichts  so  grausames 
ihm  fürgebildct  werden,  w<'lches  er  nicht  verdient  zu  haben 
»ich  bescheidete,  also  billig  fürchtete.  Louenst.  Arm.  2,  IMS; 
scribenten,  die  ihre  werke  so  schönfarbig  und  nach  so  mo- 
dischem schnitte  kleiden,  bescheidet  euch  immer  leiite  zu 
sein,  denn  männer  seid  ihr  nun  einmal  nicht.  Kiopstock 
12,114;  jeder  vernünftige  wird  sich  bescheiden,  dasz  hier  die 
menschliche  einsiciit  zu  ende  sei.  Kant  3,  63;  ich  bescbeide 
mich,  dasz  es  verborgene  zwecke  geben  könnte.  6, 104. 


BESCHEIDEN,  part.  und  adj. 

1)  im  sinn  von  angewiesen,  zugewiesen,  zugelheill :  lasz  mich 
aber  mein  bescheiden  teil  speise  dahin  nemen,  spr.  Sal.  30,  8 ; 
gott  der  herr  liebet  so  einen  diener  nicht,  der  sich  mit  dem 
von  ihm  bescheidenen  theil  nicht  begnügen  lasset,  pers.  baumg. 
6,  2 ;  gott  hat  jedem  sein  bescheiden  theil  abgemessen.  Leh- 
mann 22  ; 

drum  hat  er  itzt  von  uns  schon  sein  bescheiden  theil. 
Grtphius  1,  410; 
gib  ihnen  (den  dienstbolen)  ihren  bescheidenen  theil  und  nicht 
drüber,    dann   zuviel   ist   ungesund.    Sciiuppius   350.     neuere 
setzen  hier  beschieden : 

der  sasz  am  beschiedenen  antheil.  Voss  Od.  14,  448; 
escl  und  hornvieh  nehmen  gleichfalls  an  diesem  segen  ihr 
beschieden  theil.  Güthe  27,  263;  die  Jugend  sehnt  sich  nach 
thcilnahme,  der  mann  fordert  beifali,  der  greis  erwartet  Zu- 
stimmung, und  wenn  jene  meist  ihr  beschieden  theil  em- 
pfangen, so  sieht  sich  dieser  gar  oft  um  seinen  lohn  ver- 
kürzt. 58,  147. 

2)  bescheiden,  experlus,  discrelus,  der  bescheid  weisz:  be- 
scheidene jähre,  anni-  discretionis,  wo  das  kind  gut  und  bös 
unterscheiden  lernt;  in  dergleichen  Sachen  bescheidene  kriegs- 
leut.  KiRCHUOF  mit.  disc.  59;  in  allen  iren  stucken  geschieht 
(geschickt),  bequem  und  bescheiden,  bicnenk.  68" ;  wiewol  unser 
muter,  die  h.  kirch  dannoch  so  bescheiden  und  verständig 
ist.  147';  dann  fürwar  ein  kalb  solt  disz  merken,  dasz  unser 
1.  muter  die  h.  kirch  wol  so  bescheiden  als  abgöttische  Juden 
und  beiden  ist.  175'; 

wie  sehr  bescheiden  er  im  schif  regieren  sei.    Opitz  3,  298 ; 
die  damen,  die  von  lieb  und  lierev  (deren)  heiszem  leiden, 
zu  wissen  sind  gelehrt,  zu  sagen  sind  bescheiden. 
Logau  1,  4,  21; 
räthe,   die  weise,   verständig,  geübt,  erfahren  und  besciieiden 
sind.  ScHUPPius  97.     dies  bescheiden  bleibt  auch  heule: 
Baumgarten  sagt  ihr?  ein  bescheidner  mann!    Schiller  522; 

den  bescheidnen  männern  (discretis  viris) 
von  Uri,  Schwitz  und  Unterwaiden.    549. 

3)  bescheiden  thun,  gleichsam  das  zugewiesene,  gebotne  =■ 
bescheid  thun,  nachtrinken:  du  must  bescheiden  thun.  facet. 
facet.  151 ; 

bruder,  kumm  auf  einen  trunk,  doch  das  süsze  Bacchusnasz 
mustu  mir  bescheiden  thun,  sag  ich  dir,  mit  sam  dem  fasz. 
Logau  2,  4,  81. 

4)  bescheiden  als  adj.,  ohne  gefilhl  des  parlicips: 

a)  von  leiden,  modestus,  temperans,  der  sich  bescheidet, 
iurückziehl:  ein  bescheidner  mann,  Jüngling; 

der,  bescheiden  im  genusz, 

der,  gelassen  im  verdrusz, 

freud  an  kuuimer  knüpfet.    Götter  1,  109. 

nur  die  lumpe  sind  bescheiden.    Götue  1, 157; 

wer  bescheiden  ist  musz  dulden, 

und  wer  frech  ist,  der  musz  leiden.    2,  300. 

man  verbindet  auch  dieses  bescheiden  mit  andern  adjecliven, 
z.  b.  bescheidensinnreich,  wie  Virgil.  Hagedorn  1,129; 

Amor  trat  herein  und  fand  mich  sitzen, 

und  er  lächelte  bescheidenweisc, 

als  den  unverständigen  bedauernd.    Göthe  2,  110. 

b)  von  Sachen,  die  bei  innerem  weiih,  sich  unscheinbar  dar- 
slelien,  auf  thiere,  blumen,  häuser,  kleider,  färben  bezogen: 
selbst  färben  werden  unschuldig,  bescheiden,  zärtlich  genannt 
(wegen  der  analogie  der  durch  sie  bewirkten  eniplindungen 
jnit  diesen  gemütszuständen).  Kant  7,  223 ; 

wenn  manche  Jungfrau  hoffarl  vol 

zur  hochzeit  etwa  reisen  sol, 

so  liurgt  sie  ein  bescheiden  kleid, 

darneben  kellen  und  gesclimeid.   Bincwald  /.  warb.  97. 

man  nennt  sonst  die  matte  graue,  braune  färbe  bescheiden 
und  erlaubt  geistlichen  bescheiden  angelaufene  stahlknöpfe;  du 
blaue  viole,  du  bild  des  weisen,  du  stehest  bescheiden  im  nie- 
drigen grase!  Gesznkr,  daher 

ein  Veilchen  auf  der  wiese  sinnd 

gebückt  in  sich  und  unhokaiiiit.    Götue  1,  ISO; 

das  gute  veilcheu  schiilz  ich  sehr, 

es  ist  so  gar  bescheiden.     1,  192; 

das  liescheidne  Veilchen.  Gotter  1,  442.  ebenso  erscheint  die 
nachtigall,  mit  ihrem  sitszen  gelang,  in  grauem  yeßcder: 

und  die  nachlipall  umkreiset 

mich  mit  dem  bescheidnen  Hügel.    Göthe  2,  23; 

bosrheidon  rieseil  so  durch  bliimenpfade 

der  kleine  bach,  von  stol/en  llüsscn  lern.    Götter  1,  4; 

wenn  der  Iline  Itach  bescheiden 

schlilngelnd  still  itn  thale  üicszt.    Göth  4, 09; 


1557    BESCHEIDENHEIT— BESCHEIDENLICH 

ein  wolerhaltenes  vorwerk  mit  einem  reinlichen  bescbeidenen 
wohnhause  von  gürten  umgeben  fiel  ihm  endlich  in  die  äugen. 

GöTHE  17, 184 ; 

schon  führet  klug  des  gartenmeislers  band 

durch  busch  und  fels  bescheidne  wege  her.    9,  321. 

c)  ron  empfindungen,  gedanken,  geberden:  bescheidnes  hof- 
fen, wünschen,  sinnen,  trachten;  bescheidne  ansprüche,  er- 
wartungen ; 

macht  eur  klag  und  weinen  bescheiden!    Atrer  SSI'; 
nimm    es   mit  einer  bescheidnen    höflicbkeit   an.    Weise  kl. 

leute  2&2; 

wo  deine  seel  im  eignen  schhnmer 
bescheidner  lugenden  sich  zeigt.    Götter  1,  IIS. 

BESCHEIDENHEIT,  f.,  nach  der  vcrschiednen  bedeuiung  von 
bescheiden. 

1)  perilia,  scienlia,  discrelio,  erfahrenheit,  einsieht,  verstand, 
leie  tnhd.  zu  eingang  des  Freidanr:  in  der  tugend  beschei- 
dcnbeit  und  in  der  bescheidenheit  mäszigkeit  {vulg.  in  rir- 
tute  scientiam,  in  scientia  abstinenliam).  i  Petr.  1,5.6;  war- 
heit  gehört  dazu  {zum  schurüren)  und  hört  darzu  bescheiden- 
heit, das  ein  mensch  bescheidenlich  schwer,  das  ist,  das  er 
nit  on  nut  schwer,  so  dich  der  richter  darzu  haltet.  Kei- 
SERSBERG  Sünden  des  munds  2t';  also  schelten  oder  lestern 
in  strafsweis,  aber  mit  bescheidenheit,  ist  nit  sünd.  darumb 
so  gehört  das  salz  der  bescheidenheit  darzu.  35';  darumb 
gehört  grosze  bescheidenheit  {unterscheidungsgabe)  dazu.  36"; 
zum  ersten  geschieht  es  in  strafsweis,  da  du  eins  strafest, 
aber  es  bedarf  sich  groszer  bescheidenheit,  so  du  wenst, 
dich  treibt  brüderliche  liebe,  so  treibet  dich  räch  darzu. 
ebenda;  also  die  zung  musz  man  in  dem  keller  behalten  und 
salzen  mit  dem  salz  der  bescheidenheit  des  Schweigens.  79*; 
das  soll  der  bescheidenheit  des  richters  befohlen  werden. 
reichsabsch.  ron  1512.  4,  6 ;  das  musz  man  den  vetern  in  ire 
Vernunft  und  bescheidenheit  befelhen.  Lcther  5,  254';  gute 
geistliche  lehrer  not  sind,  die  sich  hierinne  mit  bescheiden- 
heit zu  hallen  und  das  volk  zu  weisen  wissen.  6r.  3,  4;  doch 
mit  der  bescheidenheit  [beschränkung)  wie  obgemcldet.  Ftankf. 
ref.  1.19,16.  31,20;  die  bescheidenheit  in  dem  veriaufen  ge- 
brauchen, dasz.  YH.  4, 14 ; 

braucht  bescheidenheit 

nach  der  köpt  gelegenheit.    Rimgwalo  /.  warh.  224; 

ich  weisz  den  keiser  der  bescheidenheit. 

dasz  er  mir  nichts  bösz  thut  zutrauen.    Atrer  %'; 
wann  er  sein  eignes  lob 

wie  wider  willen  zehlt,  so  machlers  nicht  zu  grob, 

er  braucht  bescheidenheil.        Logau  3,  s.  217  ; 

sie  brächten  einen  gelehrten  Studenten  mit,  der  sich  darauf 
gelegt  hätte,  wie  er  den  Griechen  in  .Moscovia  mit  guter  be- 
scheidenheit begegnen  könne.  Schcppius  94 ;  also  kan  man 
allerlei  gewiidise  mit  gebührender  bescheidenheit  {Unterschei- 
dung) ausbrennen.  Hoiiberg  1,  237';  doch  soll  alles  dieses 
{die  arbeit  im  veingarten)  mit  geziemender  bescheidenheit 
geschehen,  l,  360*.     dieser  älteren  bedeutung  des  icortes  liegt 

2)  die  heutige  von  modestia,  moderatio  nahe,  nur  dasz  jene 
mehr  eine  eigenschaß  des  Verstandes,  diese  der  gesinnung  be- 
zeichnet, der  kluge,  vorsichtige  ist  zugleich  zurückhaltend,  und 
bescheidenheit  brauchen,  in  den  stellen  von  RtNCWALO  und 
LocAU.  heiszt  auch  discrct,  modest  sein,  wir  sagen,  beschei- 
denheit ziemt  der  Jugend;  dieser  mann  trügt  das  lob  der  be- 
st heidenheit  davon ;  er  forderte  alles  mit  bescheidenheil ;  frei- 
willige einschrünkung  der  Selbstliebe  eines  menschen  durch 
die  selbstlirlic  anderer  heiszt  bescheidenheit.  Kant  5,  300, 
also  ein  masz,  das  dem  mcnsciten  sein  verkehr  mit  andern 
auflegt,     bescheidenheit  das  scliönste  kleid. 

3)  man  verwandle  {»escht-idcnlieit  aucJi  im  sinne  von  be- 
scheid,  hestimmung  oder  bedinyung:  mit  der  condition  und 
bescbeidenbeil.  FRortspERo  krirgsb.  t,  39*;  so  mochte  ich  Stelen, 
aber  luil  ausdrücklicher  bescheidenheit,  dasz  er  nichts,  davon 
in  würde.  6'impi.  1,  226;  doch  mit  dieser  bescheidenheit,  dasz 
die  reformierte  ihren  Lohwasser,  die  erangeliscbe  ihren  Ha- 
bennann darüber  nicht  vergessen.  2,  346.  * 

BESrHEIDEiNLICH ,  adv.  prudenter,  dittincte,  ditcrete,  ae- 
curate,  mhd.  bescheidenlicbea: 

unde  sult  onch  mit  dem  vergen  besrheidenllchen  »am. 
Nih.  14S6,  4; 

Etzel  unde  Kriemhilt  e;  bescheidenlirhen  sach.    1S27,  4; 
zn   eirtgang   der  Magdeburtfer  weislhümcr  heüxl  es  immer  von 
den   vor   gericht   auftretenden   leiden:    sprach  gar  beschciden- 
lichen,  spricht  gar  bcscheidcnlichvn   durch  seinen  »orrcder; 


BESCHEIDENTUCH— BESCHEIDLICH     1558 

recht  schweren  ist,  da  ein  mensch  war  Schwert,  bedecht- 
lichen,  bescheidenlichen.  Kehersb.  sün den  des  munds  11'.*;  und 
disz  ist  nit  ein  kleine  tuget,  da  ein  mensch  redmeszig  ist, 
das  er  weisz  bescheidenlich  zu  allen  dingen  red  ze  geben. 
Sl';  doch  sollen  die  leute  Unterricht  werden,  bescheidenlich 
von  solcher  kircbenordnung  zu  reden.  Lcther  4,  343' ;  so  sol- 
len die  pfarrherr  in  den  ehesachen  bescheidet>lich  und  ver- 
nünfliglich  leren  und  handeln.  7,  15*;  und  mag  nimmer  basz 
gesehen  werden,  ob  einem  pferd  uberbain  gewachsen  oder 
wachsen  wollen,  als  wann  man  die  fiiesz  wäscht,  so  sieht 
man  bescheidenlich  {genau)  dise  höchin  {gesctiwulst).  Selter 
293;  baten  sie  bescheidenlich.  Garg.  197';  heiszt  das  nit  be- 
scheidenlich geantwortet?  bienenk.  i^* ;  darnach  erzelt  er  auch 
sehr  bescheidenlich  und  unterschiedlich  alle  die  meinungen 
und  Ursache.  15S';  also  das  man  bescheidenlich  sehen  kann. 
199' ;  dicweil  nun  dann  unsere  geistlichkeit  . . .  aUe  die  Wap- 
pen und  panir  von  iren  vorfaren  also  artiich  und  beschei- 
denlich weisen  kan.   222'. 

BESCHEIDENTLICH,  ade.  dasselbe,  bald  aber  mit  dem  sinn 
von  modeste,  moderate,  vie  ihn  schon  Maaler  60'  angibt:  ich 
will  die  pasquill  bescheidentlich  beantworten.  Schcppics  594 ; 
bescheidendlich  ansuchen.  Stieleb  2234 ; 

die  ich  bescheidentlich  mit  schweigen  übergeh.    Caiiitz93; 
ein  andres  ist,  seifl  glück  bescheidenilich  zu  bauen.    151 ; 
man  mag  ihm  bescheidentlich  sagen.  Claudils  6,  36 ; 

er  sprach  darauf  bescheidentlich.    GöTHe2,  200; 

dasz  sie  sich  in  groszen  tagen 

sollten  bescheidentlich  erweisen.    5, 120; 

um  sich  für  einen  die  fähigkeilen  des  vaters  steigernden 
Jüngling  bescheidenilich  geben  zu  können.  22,  67 ;  dergestalt, 
dasz  die  gröszten  talente  des  IS  jh.  sich  nur  besdieidentlich 
mit  einer  nachlese  begnügen  müssen.  26,  58;  sie  erlauben, 
dasz  ich  gelegentlich  mich  ihrer  worte  bescheidentlich  bediene. 
an  Schiller  4S2 ; 

da  jammerte  mich  sein,  ich  trat  zu  ihm 

bescheidentlich  und  sprach.    Schiller  533'; 

und  zeige  dich 

und  deine  pQicht  bescheidentlich!    573*; 

und  er  des  glucks  bescheidenilich  geneuszt.    Tieck2,  70; 

wir  müssen  ihm  bescheidenilich  entgegen  treten. 
Armi  1,42. 
BESCHEIDER,   m.   testator:    vier  stück  gehören  zu  einem 
rechten  volkomenen  testament,  der  bescheider,  die  verheiszung 
mündlich  oder  schriftlich,  das  erbgut  und  die  erben.  Lltheb 
2,  29'.     in  den  mülen,  der  oberste  mülenbnrsche. 

BESCHEIDESSEN,  »i.  was  man  den  nachbarn  von  einem 
schmause,  namentlich  von  einem  ins  haus  geschlachteten  schweine 
zuschickt,  dann  auch  was  gaste  bei  seile  legen  und  in  eineni 
korb,  auf  einem  teuer  den  ihrigen  nach  haus  senden  oder 
bringen,  damit  sie  gleichsam  bescheid  thun,  nachessen:  be- 
schaidessen,  euxenia.  vocab.  theut.  14S2  d4';  herzog  Ludwig 
ehret  seine  ambleut  und  priester  oft  mit  beschaidessen  und 
willpret.  dironik  in  Kreibercs  saml.  1, 149.  1  Mos.  43,  34  ver- 
deutschte Llther  anfangs:  und  man  trug  inen  bescheidessen 
für  von  seinem  liscli,  1545  aber  setzte  er  blosz  essen;  be- 
scheidessen, so  der  fürst  oder  ein  andrer  mechtiger  pfaf  oder 
lei  zuschickt  den  riehen,  virteil  von  wilden  Schweinen  auch 
hasen  oder  derglichcn.  Keisersr.  ehr.  bilgcr  114;  der  land.s- 
hcrr  schickt  den  schclkcn  im  ihurn  ein  besdieidessen,  das 
ist  ein  zeichen,  das  man  sie  bald  wil  abthun.  brdsam.  19 
{vgl.  hcnkersmalil);  der  ruthe  low  oder  reicbc  hergknapp  ist 
weit  bekannt,  als  welcher  die  hohe  schul  zu  Prag  soll  er- 
baut haben  und  seinem  könig  ein  ganze  tonnen  geld  gelihcn 
und  nachmals  den  Schuldbrief  in  einer  verdeckten  güldenen 
Schüssel  dem  könig  Tür  ein  bescheidessen  aufgesetzt  und  ihn 
damit  verehret.  Abraham  v.  s.  Cl.  6e»  Sf/imf//cr  3,  323;  so  leszt 
die  fraw  bescheidessen  aus  lauterm  gold  zurichten.  Mathe- 
sics  14'; 

uns  kommet  da«  bscheidessen  wol.     H.  Sack  IV.  3,73'; 
das  ist  bscheidessen,  wie  ich  mein.    Schmelzl  SaiiM7'; 
bescheidessen,  kuchenpack,  schnupfluch  mit  speisen.  Sheler 
894. 

BESCHEIDIGEN,  r«  bescheiden  5:  ich  bescheidigte  ihn 
unter  dem  schein  einer  gegenaffeclion  und  zwar  in  tiefer 
nacht,  allwo  ich  unsere  knecht  bestellet,  die  ihn  aufs  hemde 
auszogen  und  j.lmmerlich  zerblauct  haben.  Jucundiss.  211. 

BESC'HEIDLICH,  adv.  distincte,  was  bcscheidenhch :  wicwol 
in  etlichen  voigangnen  hüchem  auch  von  ihnen  giredt  ist  wor- 
den, aber  nicht  bescheidÜch,  die  zu  verstchn.  Paracelsus  4,272". 

9S* 


1559   BESCHEIDUNG— BESCHEISZEN 

BESCHEIDUNG,/',  definitio,  tnoderalio,  eircumscriptio :  dasz 
^ie  Wissenschaftslehre  in  dieser  bescheidung  auf  den  halben 
theil  Kant  nicht  folgt.  Fichte  nachgel.  werke  1,  130 ;  darum 
wird  die  moralität  und  religiosiiät  anderer  nicht  unbedingt 
gewollt,  sondern  mit  der  bescheidung  in  die  freiheit  anderer. 
anweisung  zum  sei.  leb.  296.  Garg.  112'  ist  aber  die  rubrili:  von 
des  G.  lustiger  kleidung  und  deren  bescheidung  =s=  erklärung. 

BESCHEINEN,  splendere,  fulgere,  praet.  beschien,  pari,  be- 
schienen, ahd.  piscinan,  piscein,  piscinan  (Grafk  6,  505);  mhd. 
beschinen,  beschein,  beschinen;  nni.  beschijnen,  bescheen. 

1)  transitiv,  beleuchten:  die  sonne  bescheint  mich  noch; 
morgens  da  die  Hechte  des  tags  die  erd  beschein.  Aimon  A  3 ; 
hat  mich  glück  und  ehr  in  Frankreich  beschienen,  hoflf  ich 
in  Brittanien  zu  behalten.  Galmy  124 ;  er  ist  nicht  werth,  dasz 
ihn  die  sonne  bescheine;  weil  ihr  angesicht  voll  mütterlicher 
wärme  all  meine  satyrischen  eisspitzen  bescheint.  J.  Paul 
Hesp.  2,  54 ;  die  dächer  waren  grell  vom  mond  beschienen. 

2)  intransitiv,  scheinen,  erscheinen,  erhellen:  ein  solche  ehr 
ist  mir  all  mein  lebtag  nie  beschienen.  Frey  cap.  36 ;  ich  hab 
auch  keine  böse  practik  gebraucht  und  meine  sachen  mit  list 
nit  bescheinen  lassen.  Mathesius  19';  und  bescheinet  gleich- 
wol  aus  oberzehltem,  wie  ein  seltzam  gekocht  pludcrmus  hie 
unten  sei  unter  gevatter  und  vattcr.  Garg.  30' ;  dieweil  daraus 
die  künstlichkeit  der  teutschen  sprach  bescheinet.  38';  und 
dasz  die  concilien  manchmal  geirrt  haben  und  auch  leicht- 
lich  irren  können,  das  bescheinet  genugsam  aus  dem  zeug- 
nus  Gregorii  Nazianzeni.  bienenk.  41';  und  dasz  dannoch  die 
andere  priester  vom  orden  Levi  herkommen,  bescheint  genug 
aus  vorgemeltem.  76'; 

der  mond  bescheinel  auch  gar  kaum  mit  halbem  liecbt. 
Opitz  2,  167. 
BESCHEINEN,   monstrare,  sehen  lassen,  zeigen,  bewähren, 
ahd.  pisceinan,  pisceinta  (GnAFF  6,  509),  mnd.  besehenen.  Ssp. 
2,42;  mhd,  bescheinen,  bescheinte: 

bewxre  ir;  und  bescheine,  da;  ich  gerne  diene  dir. 
Walih.  99,  4; 
als  si  im  sit  bescheinde.    Iw.  1760; 
wander  im  bescheinet 
an  etelicher  swaere.    2GS6. 

nhd.  wiewol  er  das  understet  zu  bescheinen  und  furgibf. 
Beuchlin  augensp.  5';  welches  er  mit  registern  und  hand- 
schriften  bescheinen  und  dnrthun  könne.  Mathesius  153';  so 
ist  dieselbig  klag  und  beweisung  durchaus  mit  dem  wenigsten 
rechtens  bescheinet  oder  dargethan.  Ayrer  proc.  1, 14 ;  die  con- 
siliarii  sind  lieb  und  werth,  die  des  fürsten  schinderei  mit 
rcchtmeszigen  tituln  wissen  zu  bescheinen.  Lehmann  623; 

als  ir  liabt  in  der  klag  beschaint.    fastn.  sp.  382,  16; 

disz  eben  ists,  wormit  ich  ihm  zuvor  besclieinet, 

dasz  er  nicht  dieses  sei,  was  er  zu  sein  vermeinet. 
Grypuius  1,  706; 

wann  böse  wolber  ihre  tücke  wolln  bescheinen, 

so  wissen  sie  kein  beszres  mittel  als  das  weinen. 
LoGAU  3,  zug.  72; 

und  euch  die  wilde  fäibelein 

mit  werten  klar  bescheine.    Spee  trutzn.  309; 

und  diese  seine  fromkeit  desto  mehr  zu  bescheinen,  gieng  er 
sehr  oft  zur  beicht.  Philand.  (lugd.)  5,  305.  heute  veraltet 
und  durch  bescheinigen  ersetzt,  doch  quittiert  man  noch :  be- 
scheine erhalten  zu  haben. 

Verschieden  hiervon  ist,  wenn  zuweilen  das  vorausgehende 
bescheinen  (=  beschinen)  schwache  ffexion  empfängt :  sie  (rfic 
glocken)  vertreiben  das  weiter,  das  die  kirclien  weder  be- 
scheint (beschienen  oder  vom  blitz  getroffen?)  noch  beregnet 
werden.  Gar^.  155'; 

sieh,  wie  dein  Pan  am  ufer  sitzt 
und  wacht,  vom  mond  hescheint, 
und  seufzt  und  weint.    Wikland  26,  216. 

BESCHEINIGEN,  probare,  firmare:  damit  ich  meine  Sache 
desto  besser  besciieinigen  möchte.  Jucundiss.  204 ;  die  wahr- 
iieit  eines  Vorfalls  bescheinigen;  ich  bescheinige,  zehn  thalcr 
empfangen  zu  haben,  mnd.  bescenigen  {mit  der  var.  bescu- 
ncgcn).  Ssp.  2,  7. 

BESCHEINIGUNG,  f 

BESCHEINLICH,  manifestus:  mit  bescheinlicher  unwarbeit. 
Melanciithon  im  corp.  doctr.  dir.  vorr.  A4;  also  das  klar  bc- 
ücheinlich  nichts  anders  daraus  zu  lesen  und  abzunemmen. 
Garg.  210'. 

BESCHEINUNG,  f  probatio,  firmalio:  mit  bescheinung  und 
beweislichem  zeugnis.  ScnwEiMCHEN  1,  24. 

BESCHEISZEN,   concacarc,  prov.  concogar  (Rayw.  3,284*), 


BESCHEISZEN 


1560 


franz.  conchier.  ahd.  piscijan  (Graff  6,  560),  mhd.  bescljen, 
ags.  bescitan,  bekacken.  das  einfache  scijan  seeig,  altn.  skita 
skeit,  ist  das  skr.  had,  gr.  x^^^^v  ifü^  x^'Seiv)  xs^oSa,  woher 
XÖSos  stercus,  litt,  szudas,  übrig  in  fivoxoSos,  litt,  pelszudis, 
mäuseschisz,  mäusedreck.  das  vorgetrelne  S  (wie  in  sceran 
xeCQBiv,  schleim  limus  und  a.  m.)  hat  die  Verschiebung  des 
K  »71  G  gehenunt. 

1)  leiblich,   von  menschen  und  thieren.     sich  bescheiszcn : 

vae  me,  puto,  concacavi  me.    S&tiKC\  apocol.  4; 

tum  vero  vulium  magni  ut  viderunt  Jovis, 
totam  timentes  concacarunt  regiam. 

1'UAF.DRus  4,  17  von  den  hunden; 

concacatus,  von  feiglingen,  altfranz.  conchiez,  ahd.  piscijan, 
war  ehrenrührigste  schelte:  si  quis  alterum  concacatum  cla- 
maverit.  lex  sal.  30,  2,  wie  heute  ein  scheiszkerl  (slud.  schis- 
ser) =  memme.  Nun,  unser  hänlin  {der  kleine  Gargan- 
tua)  liesz  sich  wol  an,  schrei  nicht,  als  nur  ein  wenig, 
aber  beschisz  sich  schier  alle  stund  (bei  Rabelais  :  ne  crioit 
que  bien  peu,  mais  il  se  conchioit  i  toutes  hcures).  Garg. 
lll';  ja  oft  wann  sie^  denken  ein  fürzlein  zu  lassen,  so  be- 
scheiszcn sie  sich  gar.  daher  heiszen  sie  die  herbstdunken 
und  herbstbescheiszer.  197';  heiszt  sich  das  nicht  fein  in  der 
klughcit  beschissen  ?  Luther  3, 7S' ;  beschissene  kinder  soll  man 
nicht  wegwerfen ;  vogelhund,  der  sehr  beschissen  was.  Wickram 
rollw.  6;  wenn  die  laus  in  grind  komet,  so  macht  sie  sich 
beschissen.  Luther  5,  272';  die  mauern  bescheiszen  (schic- 
cherare)  als  die  Schnecken  thun.  Bocc.  2,  80' ; 

nun  wöll  wir  dich  in  kerker  weisen, 

darin  die  fliegen  dich  nicht  bescheiszen.    H.  Sicas  IV.  2,  29*. 

Im  mitlclalter  giengen  unsaubere  sagen  vom  leufel  (z.  b.  bei 
Vintler,  Haupt  9,  90  und  Frey  garteng.  cap.  77),  nach  wel- 
chen man  oß  wiederkehrende  redensarten  buchstäblich  auslegen 
darf:  der  teufel  sollt  sie  bescheiszen  allesanipt.  Luthers 
br.  3,  506 ;  wann  mich  nun  der  teufel  beschisz.  Bocc.  2, 136' ; 
dein  red  lautet  gleich,  als  möcht  uns  auch  der  teufel  mit 
disem  handel  bescheiszen.  Wirsung  Cal.Gi^;  wer  der  Witzel 
da  gewest,  der  teufel  hett  den  schecher  beschissen.  Alberus 
wider  Witzel.  C5'; 

ich  wolle  doch  gerne  wijjen, 

wel  tiuvel  uns  mit  den  beiden  allen  heie  be$chi;jen* 
Af oro«  3014; 

der  teufel  uns  beschissen  hat.    Alberus  £soy)  72'; 

müst  dich  der  leufel  erst  mit  im  bescheiszen. 

U.  Sachs  111.3,40«; 

hat  mich  der  teufel  mit  dir  bschissen.    IM.  3,45'; 
wie   ihr  zur  selben  zeit,   da  ihrs  übel  ausgericht  hattet,   für 
Gota   kämet,   und  wan  Miconius  gethan  bette,   so  hett  euch 
der  teufel  beschissen.  Albervs  wider  Jörg  Witzel  L3'; 

so  solt  mich  wol  der  teufl  bscheiszn.    Ayrer  fastn.  sp.  42" ; 

sonst  wird  euch  der  teufel  zuletzte  bescheiszen. 
l.OGAU  1,8,46; 

da  bat  ein  teufel  den  andern  beschissen,  wer  wil  sie  nun 
beide  wischen?  Ghyphius  1,  820.  merkwürdig  aucJi  vom  ritt 
(fieber) : 

ja  wenn  irs  wollend  niemand  sagen, 
ritt  bschisz  mich,  sölt  nians  innen  werden. 
trag.  Joh.  L3. 

2)  conspurcare,  inquinare,  beschmutzen,  beflecken,  beschmie- 
ren (vgl.  DucANGE  2,  507')  überhaupt,  wie  tat.  concacatus 
catillus,  sagt  man  arglos  in  Schlesien  ein  beschissener  teller; 
beschissene,  unsaubere  wüsche; 

was  du  aufircgsi,  seizs  piintlich  {voll,  überflicszend)  nider, 
dasz  du  das  ifu'li  und  dich  bescheiszl, 
darzu  die  gest  ringsweis  begeuszi.    Scheit  (/rob.  G  1* ; 
ein  grosz  par  alter  bschiszner  schu.    D2*; 
und  bescheisz  die  hend  aller  ding.  Fulensp.  cap.  fil ;    andere 
bescheiszen    die    hend  mit  dickem  leim,    als  die  mit  groszen 
Sünden  umbgon.  Keisersh.  15  staffeln  2^*;  mit  todsünden  be- 
schissen, brösaml.  77*;  da  wil  keiner  herzu,  bescheiszen  die- 
weil viel  guts  papirs  mit  unnützen  vergeblichen  worten.   Lu- 
ther 3,  451; 

dein  halben  leib  mit  rusz  bescheisz.    11.  Sachs  IV.  3,  77*; 
jn  mer  man  wäscht  ein  pelz  fiirwar, 
jo  mer  und  mer  bscheiszt  man  das  har. 

Mun.XER  scliclmcm.  88,  2; 

aus  mit  solchem  «chleck,  es  solt  einer  den  magen  nicht  mit 
bescheiszen.   Garg.  42';   beschisz   oft  die  (inger  daran.   130*; 
da»  Wasser  (hat)  die  weide  beschissen  und  verllöszet.  l'ctr.  lOO'; 
er  must  die  schmnchworl  in  sich  belszcn, 
und  mochl  sieh  nicht  an  Ihm  bescheiszen.    Alberus  126. 


1561 


BESCHEISZEN— BESCHELLEX 


BESCHELTExN —BESCHEREN 


1562 


3)  impudenter  decipere,  allfvanz.  conchier.  es  wäre  übel  ge- 
than,  die  belege  zurückhallen  und  die  dcrbheit  der  vorigen 
Jahrhunderte  verbergen  zu  trollen,  auch,  noch  heule  hält  das  volk 
seine  krdßigsten  ausdrücke  fest  und  die  dichter  greifen  danach : 

er  bat  den  duochman  und  den  buren, 
einen  ums  duocb,  den  andren  ums  gelt 
beschissen.    /a«fn.  sp.  S42,  5 ; 
wie  iez  die  weit  so  gar  ist  geflissen, 
geliert,  listen  vol  und  beschissen.    820,  7 ; 

unil  hat  mut  dich  zu  bescheiszen.  Keisersb.  sünd.  des  munds 
32';  wer  aber  ein  schalk  ist,  kan  liegen  und  die  leut  red- 
lich bescheiszen.  44';  uf  das  du  mich  auch  nit  besclieiszest, 
als  dan  du  beschissen  hast  die  zwei  menschen.  47';  du  thust 
das  darumb,  das  du  die  leut  wiit  bescheiszen,  so  sie  dir 
glauben.  56*;  schampere  wort  geberent  schand,  der  da  einen 
laszt  über  den  fSsz  fallen,  bescheiszt  in  und  betrügt  in  mit 
Worten.  62";  du  sprichst,  bin  ich  ein  beschissen  man,  wer 
hat  mich  dan  beschissen?  leeltl.  leice  54*;  die  nichts  mehr 
thun,  dan  das  sie  sich  im  herzen  und  mund  mit  frembden 
Sünden  tragen  und  bescheiszen.  Luther  1,  71*;  ich  bin  selbs 
diese  jar  her  so  beschissen  und  versucht  von  solchen  land- 
streichern.  4,  3Sl';  gleichwol  hals  (das  abiasz)  grosz  unseg- 
lich  gcld  getragen  und  ist  alle  weit  damit  beschissen.  6, 491* ; 

dann  sie  mich  all  beschissen  hant 

in  teutschem  und  in  welschem  lant.   Mürner  sche/menz.  2'; 

wir  bschiszend  unsre  oberkeit.  trag.  Joh.  BS; 
dich  nichts  desto  weniger  umb  dein  gelt  hast  bescheiszen  und 
betliegen  lassen.  Frey  garteng.  cap.  5;  so  mag  ein  mensch 
solich'  krankheit  von  dem  andern  auswendig  ererben  und  be- 
schissen werden.  Seitz  luslseuche  15;  auswendig  beschissen. 
22;  ob  ich  ein  münch  oder  pfafifen  bescheisz.  Bocc.  1,  13'; 
mit  dem  bösen  weib  beschissen.  2,  83';  da  gedacht  er  v\ol, 
das  er  beschissen  was.  Eulensp.  cap.  66 ;  du  begerest  ein 
jede  zu  bescheiszen,  darumb  gefeit  dir  am  ersten  anreiten 
ein  jetliche.  Wirsüng  Ca/.  S  l' ;  spricht  er  sie  ganz  freundlich 
an  umb  einen  zehrpfenning,  damit  er  mit  ehren  möcht  die 
leut  bescheiszen.  Wickram  ro//ir.  85 ; 

dann  heit  ich  ims  heimlich  verholen, 

aus  seiner  t.-ischen  seclsel  gsiolen. 

dieweil  ich  ihn  darumb  hab  bschissen.    bilgerTS; 

grosz  spilen  toplens  und  bescheiszen 

thund  sieb  die  kirbigsellen  fleiszen.    54; 

{der  esel  beichtet)  ich  hab  ein  bös  gewissen, 

ich  hab  einmal  mein  berrn  beschissen!    Alberus38'; 

man  seh  sich  für  mit  allem  fleisz, 

dasz  sich  niemand  an  dem  bescheisz, 

der  nichts  dann  hon  und  spotten  kan.    7S'; 

man  spricht,  welcher  den  letzten  bscheiszt, 

werd  billich  Tür  ein  meister  gepreisi.  Kirchhof  wendunm.  399*; 

ir  wolt  uns  umb  ein  gricht  bescheiszen.   Scheit  grob.  K3'; 

Ir  besrheiszet  doch  leut  und  land.    H.  Sachs  III.  3,  74*; 
hett   einen   lieber   umb   hundert  gülden   beschissen,    als   im 
trunk.  Garg.  43';    bescheiszen  und  vergiften  die  seel  mit  fal- 
schem wohn  und  glauben.  259'; 

und  wenn  die  goldtinclur  ein  ganzes  land  beschissen. 

Gömther  485; 
ihr  klugen  hütet  euch,  den  hat  ein  narr  beschissen.    1035; 
besteblea  und  bescheiszen  mich,  wie  die  raben. 
GöTUE  13,  77. 
vgl.  ausscheiszen. 

BESCFIEISZER,  m.  nebulo,  fraudator.  Maaler  60*. 
ein  lächer  (leicher)  und  ein  bescheiszer, 
dise  seiod  auch  alle  geschwisteni  kind.   KtiitK  alte  schw.  49; 
bescheiszer  und  beseicher.    fastn.  sp.  25»,  14; 
hob,  es   ist  der  gröszte  maschgeh,   bescheiszer  und  betrüger 
in    der   weit.    Gryphius  l,  802.     s.  herbstbescheiszer,    leutbe- 
schciszer. 

RESCHEISZEREI,  f.  fallaeia,  ftaus,  grober  trug:  darnach 
fraus  in  facto,  beschiszcri,  das  du  die  lüt  beschiszest.  Kei- 
sersberg  welll.  lewe  54';  alles  gcld  und  gut,  das  ir  mii  be- 
scLeiszerei  geraubt  habt,  Lcther  5,  75*.  br.  4,  78 ;  das  ist  doch 
ja  die^  allergröszte  bescheiszerei,  die  auf  erden  komcn  ist. 
6,  504';  das  abiasz  {netnlich,  vie  ihn  Tezel  austheilt)  ein 
lauter  bescheiszerei  sei.  S,  2ll' ; 

ich  hab  zwen  »pitzbuben  dort  gefunnen, 

habn  tiiir  all  mein  geldlich  abgewunnen, 

knndt  ich  noch  »o  vil  b^tcheiszerei 

und  abgcribne  renk  darbei.    H.  Sachs  V,  358'. 
BESCHEI.EN,  s.  beschälen. 

BESCHELLEN,  für  beschelen,  beschälen :  in  welchem  alter 
eine  stutte  zu  beschcllcn  sei.  Hohberg  2, 146'.  147'.*. 


BESCHELTEN,   increpare,    objurgare,    infamare,    ahd.    pi- 
sceitan,  mhd.  bescheiten,  nnl.  bescheiden,    nihd. 
wes  lät  ir  iuch  beschelien?    Reinh.  143; 
ouch  hänt  mich  bescholten 
mine  suue,  da^  ist  mir  zorn.    541. 
nhd.  Agathius  beschilt  disen  iren  aberglauben.  Stumpf  1, 1S4*; 
er  beschalt  des  rathesmeisters  beer.  Bibel  132;  wenn  er  je- 
mand  bescheiten   muste.    Wiela.nd  13,  276 ;    sich    selber  be- 
scheltend. 21,305;  beschalt  sich  selbst.    Idris  5,29; 

bescbilt  euch  die  geliebte  dcssenthalb.  Gotas  3,  bl  nach  einem 

Stammbuch  ton  1604 ; 
die  von  den  philosophen  beschollne  sache.    Klisger  12,  121 ; 
er  sagte,   kein-  bescholtenes  weib  könne  seinen  thron  bestei- 
gen. 2,  44 ;  ein  bescholtner  mann,  häufiger  unbescholten,  in- 
leger; ein  unbescholtner  ruf,  unbescholtne  sitten. 

BESCHENKE.N,  1)  in  der  eigentlichen  bedeuiung  von  schen- 
ken =  fundere  ist  beschenken  perfundere,  irrigare,  und  Spee 
sagt   beschenkte  wangen  ßr  benetzte,    mit  thränen  begossene: 

tbränen  ihm  heraber  wälzen 

von  beschenkten  wangen  beid.    trutzn.  21S  (238) ; 

roth  betrenket,  wo!  beschenket  (blulbenetzl) 

seind  auch  deine  znhnlein  weisz.  273  (294). 
zumal  aber  hiesz  beschenken  vino  perfundere,  inebriare,  und 
beschenkt,  beschankt,  betrunken:  wann  er  (mein  mann}  wol 
beschenkt  heim  kumpt,  so  empfange  ich  ihn  ufs  allerfreund- 
lichst  und  bring  ihn  mit  guten  worten  zu  bett.  Albercs 
ehbüchlein  B  4*.  C  l' ; 

das  kein  beschankier  mann 

vernünfliglich  geberen  (gebärden)  kan.  Rixgwald  l.  warh.  59 
und  aufgenommen  bei  Puilanoer  2,752; 
beschenkt  sein,  bezecht  sein,  Völlerei  und  trunkenheit,  ist 
eines  wie  das  ander.  ERBE}ii[:s  fastnachtsgespräch.  £r/urtl582; 
der  mit  wein  beschenkt  ist,  der  ist  seiner  nit  mächtig.  Leh- 
mann 632.  nnl.  hij  heeft  ons  dappcr  beschonken;  hij  was 
zeer  beschonken ;  zij  zaten  hem  te  beschenken. 

2)  donare,  begaben  [wie  geben  ursprünglich  auch  gieszcn) ; 
einen  mit  blumen,  kleidern,  geld  beschenken;  ansehnlich, 
reich  beschenken;  ich  bin  heute  mit  einem  sühnchen  von 
meiner  frau  beschenkt  worden,  das  pari,  beschenkt  auch  wie 
begabt,  auclus :  dankbar  tragen  alle  kinder  der  natur  der  zu- 
friedenen mutler  die  gereiften  fruchte  entgegen,  du  allein, 
ihr  liebster,  ihr  beschenktester  söhn,  bleibst  aus.  Schiller  314*. 
BESCHENKUNG,  f.  donatio,  begabung,  geschenk:  er  habe 
ihr  nun  zwar  mit  vielen  beschenkungen  ein  stillschweigen 
auferleget.  Lcip;.  avant.  1,  81;  dasz  ihre  gnädige  frau  ihre 
gerne  zuschlagende  bände  bald  zu  einer  angenehmen  Verrich- 
tung anwenden,  und  die  mitgetheilten  schlage  durch  einige 
unmäszige  beschenkung  absüszen  würde,  ehe  eines  mannes  283 ; 
dergleichen  angebinde  und  andere  beschenkungen.  ehe  eines 
weibes  22. 

BESCHEB,  «.  donufn,  bescherung,  nnl.  bescheer:  zu  be- 
scher erhalten. 

BESCHEBE.N,  tondere,  circumtondere  (den  vocal  auszuspre- 
chen, wie  in  begehren,  gewähren),  prael.  beschor  für  beschar, 
pari,  beschoren;  ahd.  pisceran,  piscar,  piscoran  (Graff  6, 526), 
mhd.  beschern,  beschar,  beschorn;  nnL  bescheren,  beschoor, 
beschoren. 

1)  einen  bescheren  (an  haar  oder  barl):  und  er  liesz  sich 
bescheren,  l  Mos.  41, 14 ;  wenn  du  mich  beschörest,  so  wiche 
meine  kraft  von  mir.  rieht.  16, 17 ;  da  nam  Hanon  die  knechte 
David  und  beschore  sie.  Ichron.  20,  4;  ein  weib  aber,  das 
da  betet  oder  weissaget  mit  unbedecktem  heubt,  die  schän- 
det ir  heubt,  denn  es  ist  eben  so  viel,  als  wäre  sie  bescho- 
ren (goth.  biskaban).  1  Cor.  1!,  5;  so  sind  sie  gestanden  als 
die  beschornen  mcnlin.  Luther  4,  331';  er  sie  alle  ob  dem 
einen  ohr  beschare.  Bocc.  1,  143';  so  beschire  mich  als  ein 
narren!  Wirsong  Cal.  c3*; 

den  sol  man  schwerzen  als  ein  inorn. 

und  sol  in  bcschcm  als  ein  lorn.    fastn.  tp.  310,  16 ; 

von  stund  an  si  in  schlafend  bschar, 

do  was  er  nit  mee  stark  als  vor.    trag.  Joh.  M7; 

ich  möcht  ie  der  beschornen  knabcn 

so  viel  au  meinem  bof  nit  haben.    II.  Sachs  II.  1,  25*; 

mein  hcrr,  ich  glaub  ir  seit  ein  narr, 

ir  seit  ie  selb  kolbet  beschorn.    III.  3,  79*; 

wer  hat  dann  nit  von  vertcrbtcn  jungen  und  beschornen  meid- 

hn  zu  München  (München)  und  Dillingen  gehört?  bienenk.  26*; 

etliche  halb,  etliche  ganz  beschoren.  29*;  ich  glaub  inn  (an  den) 

papst,  Schöpfer  des  beschorenen  geschmirten  geschöpfs.    42'; 

vor  dem  sich  nicht  ein  low  kunt  erwehren, 

der  iaszt  sich  durch  ein  weib  kahl  bescheren. 

LocAU  2,  9,  99 ; 


1563 


BESCHEREN 


BESCHEREN 


1564 


sondern  wird  heiszen,  actum  est 

um  uns  bescliorne  pfaffen.    Soltaü  466. 

2)  das  haar  oder  haupt,  einem  das  haar  oder  haupt  be- 
scheren: darumb  sol  er  sein  heubt  bescheren.  4  Mos.  6,  9; 
und  sol  dem  verlobten  das  heubt  seines  gelübds  bescheren 
für  der  thür  der  hüllen.  4,  6, 18 ;  aber  das  har  seines  heubts 
lieng  an  wider  zu  wachsen,  wo  es  bescheren  war.  rieht.  16, 
22 ;  da  nam  Hanon  die  knechte  David  und  beschur  inen  den 
hart  halb.  2  Sam.  10,  4  {mhd.  mit  wol  geschornem  harte. 
Gre(/.  3226);  und  wenn  man  sein  heubt  beschur.  14,26;  aller 
heubt  ist  beschoren.  Es.  15,  2;  ir  heubt  sollen  .sie  nicht  be- 
scheren. Ez.  44,  20 ;  und  er  beschor  sein  heul)t  zu  Cenchrea. 
apost.  gesell.  18,  18 ;  und  wage  die  kost  an  sie,  das  sie  ir 
heubt  bescheren.  21,  24 ;  darf  mir  niemand  eine  kappen  kau- 
fen, noch  den  kamp  bescheren.  Luthers  br.  1,  457;  bescho- 
ren, in  einen  kittel  geklcid  und  dem  stadrichter  uberantworl. 
Luther  3,  418 ;  ich  musz  also  beschoren  gehen  und  ein  hen- 
fen  strick  umb  mich  legen.  6,  303' ;  besciior  ihnen  die  schwärt. 
Garg.  205' ; 

wann  ihm  nur  ist  der  köpf  beschorn, 

so  ist  er  schon  ein  mönch  geborn.    Ai.berus  126; 

sie  beschirt  ihm  etliche  haar.    AyRER211'; 

auch  dich  voll  kummers,  mit  besciiornem  haupte. 

Schiller  239; 
wenn  durch  dich,  mein  valerland,  der  beschornen  despotcn 
joch  nicht  zerbrach,  so  zerbracii  das  der  gel%rönlen  jetzt 
nicht.  Klopstock  2,  122; 

wo  Apoll 
das  laub  der  Dapiine  piliicid, 
die  nie  beschorne  scheiiel  zu  bekrönen.    Plate.n  175. 

3)  sich  bescheren:  so  sol  er  sich  bescheren.  3  3/os.  13,  33; 
das  man  weine  und  klage,  und  sich  beschere  und  secke  an- 
ziehe. Es.  22, 12 ;  sie  werden  sich  kal  bescheren  «her  dir  und 
secke  umb  sich  gurten.  Ez.  27,  31;  die  bescheren  sich  wie 
die  münch.  Frank  weltb.  12'. 

4)  thiere  bescheren :  du  solt  nicht  bescheren  die  erstling 
deiner  schaf.  b  Mos.  15,  19;  und  es  begab  sich  eben,  das  er 
seine  schafe  beschur.  1  Sam.  25,  2.  4 ;  dein  har  ist,  wie  die 
ziegenherd,  die  beschoren  sind  auf  dem  berge  Gilead.  hohe- 
lied  4,  1.  6,  4 ;  ein  guter  hirt  sol  sein  schaf  beschern,  aber 
nit  gar  s.chinden.  Reiszner  Jer.  2,  SO* ; 

einen  esel  nackt  bescheren.    Logaü  1,  7,  52; 

anstatt  dasz  den  beschornen  wasserpudeln  der  hart  zum 
schwimmen  stehn  bleibt.  J.  Paul  biogr.  bei.  1, 118. 

5)  pflanzen :  die  gemähet  wise  ist  ihr  beschoren.  Garg.  71", 
vgl.  franz.  pre  tondu ; 

ein  kleiner  labvrinth  von  neu  beschornen  hecken, 

Wieland  4,  ^30. 
er  isset  gern  beschorn  rüebe.    fasln,  sp.  403,  20. 

6)  figürlich,  vexare,  fraudare,  vgl.  ausscheren: 

wirst  auch  bekommen  rechten  lohn, 

dasz  du  Teuischlanil  so  bschoren.    Soltau  475. 

BESCHEREN,  Iribuere,  largiri  {auszuspr.  wie  wehren,  näh- 
ren), prael.  bescherte,  pari,  beschert;  ahd.  piscerian,  pisce- 
rila;  mhd.  beschern,  bescherte;  nnl.  tadelhaß  auch  besche- 
ren, beschoor,  beschoren,  mit  dem  vorausgehenden  vermengt, 
unter  den  einfachen  Wörtern  scheren  =  ahd.  sceran  und  scheren 
=  ahd.  scerian  wird  freilich  die  verwandtschaß  beider  näher 
dargelegt  werden,  scöran  ist  schneiden,  scerian  austheilen  durch 
schneiden,  aber  sceran  und  pisceran  hat  fast  immer  seine 
sinnliche  bedeutung  behauptet,  scerian,  piscerian  fahren  lassen. 

Geben  und  schenken  können  sich  gleiche  oder  ungleiche 
untereinander,  ja  der  arme  mag  dctn  reichen  etwas  gel)en ; 
besclicren  aber  und  verleihen  geht  aus  von  einer  höheren  oder 
der  höchsten  hand.  scheren,  schar  und  bescheren  gemalmen 
an  fii^oe,  fieQii,  fie^it,(o  und  fiolQa,  heidnische  Vorstel- 
lungen liegen  ihnen  allen  im  hintergrund.  vgl.  engl,  share, 
alt«,  scerian  Hel.  5, 14.  72,  4. 

1)  gott  beschert  den  menschen  alle  guter :  was  er  besche- 
ret, das  gedeihet  immerdar.  Sir.  11,16;  was  gott  beschert  ist 
unverwchrt;  gott  beschert  über  nacht; 
(rmt  grUsz  den  wirt  in  hohen  cren, 
und  was  im  got  ic  tei  bescheren,    fasln,  sp.  277,  2; 

zumal  die  leibliche  speise,  wie  es  im  lischgebet  heiszt: 
komm  herr  Jesu,  sei  unser  gast, 
si^gne,  was  du  uns  bescheret  hasll; 

Isaac  aber  spracli,  mein  son,  wie  hastu  so  bald  {das  wildbret) 
Tundcn?  er  antworlei,  der  hcrr,  dein  gott  besclieret  miis. 
1  Mos.  27,  20 ;  nim  doch  den  segcn  von  mir  an,  den  icl»  dir 
zubracht  habe,  denn  gott  hat  niirs  beschert  und  ich  iiahe 
alles  gnug.  33,  11;    und  gott  beschere  mir  das  tägliche  brot. 


ScHWEiMCHEN  3,  152;  gott  leibliche  notdurlt  überflüssig  be- 
scheret denen,  so  ihn  lieben.  1,  12;  kommt  und  esset,  was 
uns  gott  beschert  {aufgetischt)  hat! 

2)  geburt  und  sterbtag,  leben  und  tod,  weib  und  länd  sind 
dem  menschen  beschert,     mhd. 

trot  mac  mir  noch  vi!  wol  beschern 

ein  man,  des  ich  mich  tili  ze  wern.    Ls.  2,  509; 

deme  si  beschert  was, 

e  si  wurde  gehorn.    En.  3993 ; 

nhd.  wenn  nu  eine  dirne  kompt,  zu  der  ich  spreche,  neige 
deinen  krug  und  lasz  mich  trinken  und  sie  sprechen  wird, 
trinke,  ich  wil  deine  kamel  auch  trenken,  das  sie  die  sei, 
die  du  deinem  diener  Isaac  bescheret  hast.  1  Mos.  24, 14 ;  das 
sie  sei  das  weib,  das  der  herr  meines  herrn  son  bescheret 
hat.  24',  44 ;  es  sind  kinder,  die  gott  deinem  knecht  besche- 
ret hat.  33,  5 ;  wem  ein  tugendsam  weib  bescheret  ist,  die 
ist  vil  edler  denn  die  köstlichsten  perlen,  spr.  Sal.  31,  lo; 
deine  tochter  ist  im  bescheret  zum  weihe.  Tob.  7,  12 ;  gott 
hat  es  also  verordnet,  wann  ein  meidlin  geboren  wird,  so 
beschirt  (l.  beschert)  er  dem  das  kneblin,  wa  ein  kneb- 
lin,  so  verschaQ"et  er  im  das  mediin.  Wirsung  Cal.  P3';  bis 
mich  gott  erhöret  und  diesen  söhn  bescheret  hat.  pers.  ro- 
senth.  6,  3 ;  in  dieser  ehe  wurden  ihm  drei  kinder,  ein  söhn 
und  zwei  töchter  beschert;  wer  weisz,  tochter,  was  für  ein 
mann  dir  beschert  ist; 

noch  vor  abend  ist  euch  die  ireflichsle  tochter  bescheret. 

GöTHE  40,282; 
zum  liebsten  sei  ein  kobold  ihr  beschert.    12,  105; 
Rosettchen,  dir  ist  wol  was  bessers  beschert, 
ich  achte  des  stattlichsten  ritters  dich  werth.    Bürger  2,  30. 

gott  wolle  mir  ein  seliges  ende  bescheren ! 
mild,  dem  wirt  vil  lihte  da  beschert 
ein  hüs  von  siben  vüejeu.    Freidank  163,  14; 
im  was  ouch  dirre  tot  beschert.    Iw.  1396; 
uns  was  der  tot  vil  nach  beschert.    Greg.  819 ; 

weil  mir  mein  tod  also  bescheret  ist,  warumh  wollet  ihr 
dann  dem  willen  gottes  widerstreben?  Heinr.  Jul.  v.  Br,  Su- 
sanna 3,  4 ;  wofern  einem  menschen  nicht  bescheret  ist,  dasz 
er  an  einer  krankheit  sterben  soll.  pers.  haumg.  8, 11. 

3)  weiter,  wind  und  fruchtbarkeit  werden  als  unmittelbare 
gaben  gottes  gedacht  und  beschert:  wenn  uns  gott  ein  gutes 
jähr  beschert;  die  dürre  hält  an  und  wenn  nicht  bald  regen 
beschert  wird,  geht  die  ernte  verloren;  wir  wollen  reisen, 
sobald  uns  besseres  weiter  beschert  ist;  heuer  sind  viel 
stürme  und  gewitter  und  doch  ein  gutes  jähr  beschert; 

es  sei  erlogen  oder  wahr, 

so  beschere  uns  gott  ein  gut  kornjahr!    bicnenk.  138', 

d.  h.  was  fragen  wir  danach,  haben  wir  nur  reiche  ernte; 
nun  schien  mir  nach  einem  stürmischen  merz  und  april  das 
schönste  maiweiter  beschert  zu  sein,  Göthe19,  303;  mhd. 

muget  ir  schowen, 

waj  dem  meien  wunders  ist  beschert.    Walth.  51, 13; 

guot  weier  und  guoien  wint 

sin  schepfer  im  bescherte 

üf  dirre  wajjerverie.    Frib.  Trist.  1571 ; 

deine  lieben  briefe  bescheren  mir  eine  reihe  von  festlagen. 
Bettine  br.  2, 117. 

4)  glück,  heil,  alle  guter  des  leibs  und  der  secle  werden 
beschert:  es  ist  alles  beschert  ding; 

dem  sa>lde  und  6re  wirt  beschert, 
der  ist  da  hciine,  swar  er  vert.    Freid.  97, 14"; 
waj  ist  uns  beiden  beschert  und  bescheiden.     Ukrb.  14054; 
aber  auch  ungliick  und  unhcil: 

dem  galgen  was  er  dö  beschert,    Henn.  16815; 

das  euch  nit  pöses  wert  beschert.    SciiWAnzErtBSRO  138,2; 

es  ist  die  ausUieilende,  verhängende  hand  des  srhicksals.  des 
fatums,  wie  im  roc.  Iheut.  1482  5"  ausdrücklich  sieht:  liosrhern 
oder  glucken  falari,  besrbeni  praedeslinare,  vorsenden,  was 
dir  nicht  beschert  ist  wird  dein  band  nicht  ergreifen;  und 
was  dir  auch  bescheret  und  zugedacht  ist,  musz  dir  zur 
hand  koniinen.  pers.  rosenlh.  8,  99.  hier  noch  eine  reihe  von 
beispielen:  was  lieschert  ist,  entläuft  niciit; 

und  im  bis  heut  grosz  lub  beschert.    Scmwarzunb.  UO,  1; 

mich  daiidit,  dem  wer  kein  eer  beschert.    111,  1; 

von  gott  demsellicn  (dem  Mosns)  ward  bcscliort, 

da«  er  da«  jüdisch  vulk  eriiort,    150,  1 ; 

und  der  in  dieser  wildnus  ein  schön  rcgimcnt  bestellet,  fried 


1565 


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1566 


and  wolfart  hierher  bescheret  und  viel  reiche  geng  hat  aus- 
schürfen lassen.  Matbesics  1";  darzu  wöll  uns  s.  Lienhart 
ein  ^ut  postpferd  beschern  und  s.  Alo  es  wol  beschlagen, 
so  komen  wir  bald  auf  den  berg  Sinai,  bienenk.  160";  be- 
scherte uns  gott  junge  aus  den  nestem.   Sintpl.  i,  39 ; 

gott  will  aliein  pbeten  sein, 
so  will  er  rath  bescheren.    Soitaü497; 
got  bat  mir  das  volk,  das  ich  regier,  bescböret. 
WECKHEaLiJC  53; 
seine  hand 
ist  förtig  in  gefahr  erröiiung  zu  beschören.    240; 
dich  zum  dienst  des  Sonnengotts  zu  krönen 
hielt  ich  uicbt  den  eignen  kränz  zu  werth. 
doch  dir  ist  ein  besserer  beschert.    Bi;RG>RS4*; 
allen  die  sich  drin  genährt, 
ward  ein  guter  muih  beschert.    Göthb  3, 141 ; 

Tollkommen  friedlich  und  vemunftgemäsz  ward  uns  dagegen 
ein  längerer  aufenlhalt  in  Halberstadt  beschert.  31,  240;  die 
Minena  hat  ibra  ja  nicht  blosz  die  Qöte,  sondern  auch  Mi- 
nenens  schönes  gesiebt  beschert.  J.  Fall  Hesp.  2,  23S ;  die 
erste  reise  beschert  dem  Jüngling  das,  was  oft  die  letzte  dem 
mann  entführt.  Tit.  l,  S ;  das  eine  oder  das  andere  könnte 
deinem  köpfe  den  rühm  eines  witzigen  bescheren,  teufelsp. 
1,  15. 

5)  ganz  technisch  verwenden  icir  bescheren    ßr   die  weih- 
nachlsgaben,  «obei  die  Vorstellung  ist,  dasz  sie  vom  Christkind 
gebracht  werden,  Christus  beschert  den  kindern,  und  wenn  es 
heiszl,  ich  beschere  dir,  so  meint  das,  die  von  ihm  oder  dem 
persönlich  gedachten  winter  dargereichten  geschenke:    den  kin- 
dern wird  beschert,  sie  bekommen  oder  kriegen  beschert: 
der  winier 
mit  sulz  und  marzipan  das  newjahr  uns  beschert. 
Wkckherlm  789; 
sie  sollen  auch  beschert  kriegen,    wenn    sie    recht  geschickt 
sind,  ein  wachsstöckchen  und  noch  was.  Göthe  16, 157. 

BESCHERUNG,  f.  lonsura,  mit  anderm  e  auszusprechen  als 
das  folgende,  clerisäuisch  bescherung,  lonsura  cleriealis.  bie- 
nenk. 239". 

BESCHERUNG,  f.  donatio,  donum,  besonders  weihnacbts- 
bescherung:  es  ist  ein  besonder  glück  und  bescherung  got- 
tes.  Fbey  garteng.  S"';  wenn  bescherung  ist,  thu  den  sack 
auf  und  vergisz  das  zuknüpfen  nicht; 

drum  erhebe  sich  nimmer  ein  mann  zu  frevelem  unfug, 
slill  von  dem  ewigen  nehm  er  in  demut  jede  bescherung. 
Voss  Od.  IS,  142. 
man  pflegt  es  aber  auch  von  geteuschter   hofnung   zu   gebrau- 
chen, wenn  das  gesdienk  zu  gering,  das  erwartete  widrig  aus- 
gefallen ist:    da   veriieszen  wir  uns  auf  des  kaisers  geheime 
gunst  —  nun  haben  wir  die  bescherung.    GöriiE  42,  332 ;  das 
war  mir  eine  saubere  bescherung;    da    liegt    nun    die   ganze 
bescherung  [wenn  etwas  zerbrochen  geht) ;  bei  meiner  zurück- 
kunft  flnde  ich  die  bescherung! 

BESCHERZEN,  joco  exeipere,  joeari,  weniger  als  bespotten : 
sollte  man  das  nicht  bescherzen, 
was  uns  Tcrdrieszt?    GöibkS,  291; 

jede  ait  ton  beschranktheit  und  dünke!  bescberzt  er  mehr 
als  dasz  er  sie  Terspottete.  25,75;  weil  man  nicht  bedachte, 
dasz  er  alles  was  in  einer  geistreichen  gesellschaft  seit  ge- 
raumer zeit  bescherzt  und  verhandelt  worden  anzufassen 
vermochte.  26,  334;  und  da  der  mann  einmal  im  zuge  war, 
bescherzte  er  noch  mehrere  polizcimisbräuche.  28,  102.  vgl. 
verscherzen. 

BESCinCK,  n.  curalio,  besicllung,  gebildet  wie  gcscbick, 
nnl.  beschik.    Heniscu  304.    *.  beschicksleutc. 

BESCHICKEN,  arcessere,  curare,  bestellen,  nnl.  beschikken. 

1)  auf  leute  und  thicre  bezogen,  einen  beschicken,  arcessere, 
hesenden,  berufen,  holen  lassen :  ab  der  frömbde  beschicken, 
aceire  peregre,  aus  der  fremde  heimrufen,  abberufen.  Maaler 
80';  ab  der  vogtei  beschicken,  devoeare  de  prorincia;  seinem 
ffun  einen  leenneister  anderswohär  besdiicken,  filio  doelorem 
aceire;  und  ward  dem  houptman  Simon  in  Alben  bcfolen, 
mir  zu  schreiben  und  mich  zu  beschicken.  Tho.  Plateb  s5  ; 
ir  Herren,  ich  hab  euch  darumb  beschickt,  euch  zu  erzelen. 
^imoni;  man  musz  si  nit  von  Rom  beschicken  {her  lassen 
holen),  dannen  sie  uns  kein  gOllliche  lere  bringend,  sunder 
wie  gut  der  wincurs  sie,  und  wie  hübsch  putanen  uf  campo 
floro.  Zwisci.i  1,  46 ;  liesz  sie  den  edelmann  beschicken.  Erey 
garteng.  il^ ;  der  koch  ward  beschickt.  Eulensp.  cap.  10;  da  er 
DU  den  ant  beschickt  des  wassers  halben.  Bocc.  1,  JM*; 
ich  bit  dich,  beschick  die  alten 
auii  aüeo  iteiien.    H.  Üacu«  HI.  1, 179* ; 


der  herzog  alle  seine  landsherren  jetzt  beschicket  hatte.  Galmi/ 
313;  ich  bitte  euch,  wollet  mir  mein  beichtvatter  und'kampfer 
beschicken.  331 ;  die  zween  wurden  für  in  beschickt  und  wur- 
den gefragt.  Fbonsp.  Är/e3S&.  l,  204' ;  so  hat  man  sie  alle  drei 
beschicket.  Avrer  proc.  2,  10 ;  Titium  durch  zween  ehriiche 
manner  beschicken  {zw.  vi.  zu  ihm  schicken)  und  in  der  gute 
befragen.  Abele  4,  232 ;  mich  durch  nutarien  zu  beschicken 
und  sogar  zu  verklagen.    Ltscov  5S1; 

unabgeschrecki,  gcschäflig,  unermüdlich 
beschickt  ich  sie  den  einen  um  den  andern, 
bis  ich  erhielt  durch  mimerllcht-s  llehn, 
dasz  sies  zuTrieden  sind.    Schiller  490*; 
das  is's,  warum  dein  herscher  mich  beschickte.    671* ; 
Friedrich,  der  Österreicher  d.'iucht  uns  gut, 
der  fürsten  scbwager,  ihn  beschickten  wir. 
Ubla:<ds  Ludwig  s.  8. 
^ur  bei  Maaler  60'  hat   beschicken  a«c/j    die  bedeutung   von 
hinschicken:   man    beschickt  sie  ins    bad,    accersitur  lavatum 
interea  virgo,  wo  heule  stünde:  man  schickt  sie  baden,  Idszt 
sie  ins  bad  holen,    zum    baden   kommen.     Lcther   aber   setzt 
einen    beschiclcen    nie   ßr  holen    lassen,    sondern,    wie   sonst 
bei  Sachen  sieht,  für  curare,  pflegen,    besorgen :    es    beschick- 
ten aber   {den  gesteinigten)  Siephanum    gottfürchtige  männer, 
und  hielten  eine  git»sze  klage  über  in.  apost.  gesch.  8,  2,   wo 
der  gr.  teil  avvsy.öuiaav,  die  vulgata  curaverunt  und  porla- 
verunt  gibt,     nickt  anders  sagt    er:    wirf  alle    deine    aniigen 
auf  gott     und   er  wird   dich   wol   beschicken    oder  besorgen 
und  nicht  lassen  ewiglich  bewegen.  3,  294 ;  weil  es  im  grosze 
beschwerung  ist,    sein  weih  und  kindlein  so  plötzlich  zu  be- 
schicken, br.  4,  552.    die  hebamme  hat  das  kind  zu  beschicken ; 
das    vieh    beschicken;    und    nachdem  Sancho,    ufs    beste   er 
konte,   sowol  den  Rosübrall  (Rocinante)   als  auch  sein  Ihier- 
lein  beschickt  hatte.    Harnisdi  122. 

2)  auf  Sachen  bezogen, 

a)  das  haus  beschicken,  bestellen,  vor  dem  tod  seine  su- 
chen ordnen,  sein  testament  machen:  Ahilophel  zog  heim  in 
seine  stad  und  beschickt  sein  haus,  und  hieng  sich  und 
starb.  2  Sam.  17,  23;  zu  der  zeit  ward  Hiskia  todkrank  und 
der  prophct  kam  zu  im  und  sprach  zu  im,  so  spricht  der 
herr,  beschicke  dein  haus,  denn  du  wirst  sterben.  2  kön.  20, 1. 

b)  verschieden  davon  ist  die  wohnung  beschicken,  einrich- 
ten :  das  er  beschicke  die  ganze  wonung  und  alles  was  drin- 
nen ist.  4  Mos.  4,  16 ;  den  acker,  garten  beschicken,  bestel- 
len: dasz  ich  meine  zwölf  stunden  des  tags  seinen  garten 
beschicke.    Schiller  310*. 

c)  den  gottesdienst  beschicken,  einrichten.  2  chron.  35, 10.  1«. 

d)  alle  dinge:  sechs  tage  soltu  erbeiten  und  alle  dein 
ding  beschicken.  2  Mos.  20,  9  und  danach  Schlpfius  210 ;  die 
Weisheit,  die  alle  ding  gütig  beschickt,  bat  die  bosbeit  schau 
getragen.  Luther  2,  1S6';  ich  aber  denke  anders,  weil  ich 
auch  nicht  viel  mehr  in  der  weit  beschicke  {ausrichte).  Mo- 
ser patr.  ph.  1,  285 ;  die  thorheit,  zu  schnell  und  zu  viel  be- 
schicken zu  wollen.  Nieblhr  leb.  S'ieb.  1,  119 ; 

dem  manne  gleicht  ihr,  der  sein  fnih  geschäfl 

beschickt,  indcsz  in  seinem  nicken 

die  sonue  grosz  und  herlich  steigt  herauf. 

UuLA.>DS  Ludwig  s.  IS; 
wer  marmor  hier  und  en  und  eircnbeio  erblickt, 
und  was  noch  sonst  von  stol  die  edle  kunst  beschickt. 
GÖTUK  4,  95. 

e)  doch  heiszl  es  auch  Sachen  beschicken  =  holen  lassen; 
ich  habe  das  gcld  noch  nicht  beschickt ;  waaren  beschicken, 
tcrschreibcn,  kommen  lassen;  wenn  wir  denn  beim  kamen« 
beschickt  er  erst  win  {schickte  er  erst  nach  wein),  denn  er 
hat  kein  im  keller.  Tuo.  Plater  72.  ßtjlich  liesze  sielt  in  an- 
dern fällen  das  beschicken  der  Sachen  deuten  durch  ein  schi- 
cken nach  ihnen  oder  schicken  von  leuten,  vm  sie  einzurich- 
ten,   w  sagt  man,  die  messe,  den  reichstag,  landtag  beschicken. 

3)  KeidmdHnisch,  der  birsch  beschickt,  bespringt  dte  hindin. 

4)  bergmännisch,  immiscere  liquefacto  metallo.  Frisch  2, 177'; 
woher  kommen  die  silberblick, 

damit  das  kupfer  wird  beschickt  I    Scheible  fl.  bl.  48. 

5)  sich  beschicken,  sich  einrichten,  rüsten,  anschicken:  das 
ein  rechtlich  und  öfTentlicii  scheiden  geschehe,  damit  d«- 
arine  geselle  aus  der  fahr  seines  gewissens  komen  und  sich 
beschicken  mügc  {zu  neuer  heirat).  Lltuer  4,  471'.  br.  3,384; 
wann  ich  mich  bemühete,  mich  gleich  dem  fraucnzimmer  zu 
beschicken  (jm  putzen,  bequem  pflegen),  wie  würde  ich  wol 
mit  mannhaftigkeit  die  feinde  vertreiben  können?  pers.baumg. 
1,  8 :  als  aber  der  hof  sich  wieder  zur  reise  beschickt.  Götqk 
«,  ISl. 


1567  BESCHICKSLEUTE— BESCHIESZEN 

BESCHICKSLEUTE,  pl:  und  so  man  solcher  beschicks- 
leuth  eins  worden  ist,  welche  diese  compromisssachen  bei 
Moisi  oder  Jesu  selbst  anbringen  und  sie  darzu  bereden 
wollen.  Ayrer  proc.  3,  1 ;  die  beschicksleute  fragten.  Adele 
4,  233. 

BESCHICKUNG,  f.  bestellung,  nnl.  beschikking: 

zu  meinen  nun,  dasz  die  beschickung  könne  bleiben 
bei  achten  oder  ja  bei  neunen  hinimelssclieiben, 
und  sehen  nicht  auf  disz,  was  sich  hier  unien  regt, 
kan  nicht  für  dem  bestehn,  was  schon  ist  beigelegt. 
Opitz  Hugo  Gr.  29«  ; 
herr  Peter  Fix  hatte  für  den  tag  mit  beschickung  seines  hau- 
ses  und  emballage  seines  reisebündleins  beide  bände  voll  zu 
schaffen.    Siegfr.  von  Lindenb.  2,  3 ;  die  beschickung  des  ofens, 
des  erzes,  um  ihm  den  zusatz  beizumischen; 
so  viel  Silber  tragen, 
als  man  braucht  zu  der  beschickung 
dieses  kupl'ers.  Scheible  a.  a.  o. 

BESCHICKUNGSREGEL,  f.  die  berechnung  der  melallmi- 
schungsverhdltnisse. 

BESCHIED,  m.  für  bescheid: 

das  sie  mir  geben  des  beschied, 

welches  das  allerergsie  glied 

an  einem  ieden  menschen  wer?    H.  Sachs  I,  301'; 

so  sieh,  ich  beuge  herr,  die  knie  des  gemüts, 

mein  heize  neigt  sich  dir.   erilieil  mich  des  beschieds, 

dasz  ich  gnad  haben  soll.       Fleming  29. 

mehr  davon  unter  dem  einfachen  schied,  vgl.  abschied,  unter- 
schied. 

BESCHIELEN,  limis  aspicere  oculis: 

nun  mag  der  kronentragende  obermönch 
mit  allen  seinen  purpurbemäniellen 
mönchlein  das  kanonsrecht,  wie  weit  es 
walte,  beschielen,  du  hast  gesehen! 

KLOPSTOCK  an  den  kaiier  2,  46 ; 
die  schöne  Kolilischon,  die  auch  sich  beruren  Tühlt, 
den  ritler  durch  ihre  künste  der  keuschen  Schwester  zu 

stehlen, 
die  ihn  nach  ihrem  brauch  nur  durch  die  Wimpern  beschielt. 

WlELAND  h,  9 ; 

der  gedanke,  welch  ein  sündlich  wesen  es  doch  sei,  diese 
herliche  pracht  gottes  so,  über  wäll  und  graben  hin,  nur  zu 
bescliielen.  Göthe  an  Jacobi  32. 

BESCHIENBEINEN,  tibia  instruere:  mächtig  adelich  war 
er  beschinbeint,  alle  stumpf  {d.  i.  slrimpfe)  lagen  im  glat 
an,  fein  wie  es  die  jungfrawen  gern  sehen.    Garg.  114'. 

BESCHIENEN,  laminis,  canlhis  instruere:  ein  Wagenrad, 
die  eisenbahn  beschienen;  den  gebrochenen  fusz  beschienen. 

BESCHIESZEN,  nnl.  beschielen,  in  mehrfachem  sinn, 

1)  telis,  tormcntis  petere:  den  feind  mit  pfeilen  beschie- 
szen;  von  etlichem  anderm  geschülz  beschossen  werden. 
FnoNSPEBG  1,  72";  damit  sie  nicht  können  durchstochen  oder 
mit  pfeilen  beschossen  werden.  3,  145';  die  Stadt,  maucr, 
bürg  mit  kanonen,  mit  schwerem  geschütz  beschieszen;  von 
den  bergen  aus  kann  die  festung  beschossen  werden;  die 
Jäger  beschieszen  das  wildbret,  schieszen  in  die  häufen,  um 
es  scheu  zu  machen,  auch  mit  blicken  beschieszen,  blicke 
auf  ihn  schieszen: 

längst  schon,  als  er  noch  sprach,  bescliosz  sie  mit  blicken  ihn 
seitwärts.  Uürger  230". 

2)  einen  beschieszen,  das  gewehr  zu  seiner  ehre  abfeuern, 
ihn  mit  Schüssen  begrüszen,    salutieren. 

3)  die  gewehrc,  die  feuerröhrc  beschieszen,  probieren;  auch 
rinen  hämisch  l)eschieszen,  durch  auf  ihn  gerichtete  schüssh 
seine  stärke  versuchen:  so  du  ein  stück  ladest  und  beschie- 
szen will,  so  nimb  einen  pfriemen  u.  s.  w.  Fronsperc  2,  215'; 
eine  merkliche  anzahl  guter,  gewisser,  beschossener,  langer 
handrohr,  jedes  mit  einem  feuwer-  und  schwammschlosz. 
Kirchhof  disc.  mil.  29;  wenn  du  dich  vor  also  beschossen 
(eingeschossen)  hast,  dasz  du  dich  mit  der  ladung  des  put 
\ers  und  auch  der  kugol  darnach  weist  zu  riclilen,  also 
magst  du  dich  auch  wol  mit  einem  armbrostschützen  be- 
schieszen.   Fronsp.  2, 192*. 

4)  beschossen  sein,  mit  pulver  und  blei  versehen,  geladen 
haben:  sie  denken  wir  iiaben  uns  verschossen,  und  diesmal 
haben  sies  getroffen,  sie  dachten  nur  nicht,  dasz  wir  wieder 
l»eschossen  sein  könnten,  er  soll  die  kugel  versuchen.  Gütue 
42, 140.  figürlich,  er  ist  bcsciiossen,  schnell  in  einfallen,  auf 
alles  gefaszt,  weisz  zu  erwidern. 

5)  beschieszen,  coassare,  contabulare,  ein  zimmcr  mit  brc- 
tern  beschieszen,  ausdiclen. 

6)  vnpeisOnlichf  es  beschieszt,  proficil,  sufficU:  es  wird  vil 


BESCHIESZEN— BESCHIRM 


1568 


oder  wol  beschieszen,  multum  proficiet.  Maaler  60*;  was  hat 
es  beschossen?  quid  retulit?  6l';  nnl.  dat  werk  beschiel 
nicht,   fördert  nicht,   mhd.  ej  beschiujet  mich,  hilß  mir: 

vil  kleinen  in  ein  ci  beschöj.    Bon.  SO,  14; 

er  vant,  daz  in  niht  vil  beschöt, 

ein  stein  edel  unde  grösz.    1,7; 

ähnlich  das  häufigere  ahd.  mir  arsciujit,  mir  ersciujet  (Graff 
6,  560),  mhd.  mir  erschiujet  {gramm.  4,  237); 

ir  spise  erschöj  {reichte  aus)  in  also  wol, 

da^  ir  vaj  ie  wären  vol, 

swie  vil  si  drüj  genämen.    Greg.  3579, 

was  sich  fassen  liesze,  wie  erspriejen,  ersprieszlich  sein,  das 
nhd.  beschieszen  hat  in  folgenden  beispielen  keinen  daliv 
neben  sich:  das  übrig  nam  mein  valter  zur  zalung  des  un- 
kostens,  so  vil  das  beschieszen  (hinreichen)  mocht.  Fel.  Pla- 
TER  178 ;  dann  wie  lind  du  immer  die  büsch  machest,  so  be- 
schüszt  es  kaum,  wann  du  ihn  hart  zuknüpfest,  sonder  es 
lähmet  das  fleisch.  Fel.  Würtz  219 ;  so  mag  dann  dein  arz- 
nei  nichts  beschieszen.  482;  als  ob  sie  (zäum  und  gebisz) 
bei  dem  menschen,  wenn  er  einmal  in  der  tiefe  des  wollusls 
versunken,  nichts  mehr  fruchten,  beschieszen  oder  erklecklich 
seien.    Simpl.  3,  19.     auch  bei  Hebel  ist  bschiesze  zureichen. 

7)  beschieszen,  ti'ic  anschieszcn,  ansetzen:  die  wand  be- 
schieszt mit  Salpeter,  überzieht  sich.    , 

BESCHIESZMEISTER,  m.  in  gewehrfabriken,  der  das  pro- 
bieren der  rühren  besorgt. 

BESCHIESZUNG,  f  die  beschieszung  der  sladt  dauerte 
drei  tage;  die  beschieszung,  probierung  der  gewehre. 

BESCHIESZZEICHEN,  n.  zeichen  auf  dem  beschossenen  ge- 
wehr. 

BESCHIFBAR,  navigabilis,  schißar. 

BESCHIFFEN,  navigare:  einen  flusz,  see,  das  meer  be- 
schiffen. 

BESCHILDEN,  scuto  munire,  beschildet  scutatus  :  o  wie  würd 
der  flegelbeschiltete  Marcolfus  so   stolz    werden?  Garg.  20*; 
0  tochter  des  schrecklich  beschildelen  gottes.    liDacKRlSS*; 
der  Troer  beschildete  schlachtreihn.    215*; 
fürst  der  edelgesinnten  beschildelen  Paphlagonen.    228'; 
die  Dänen  beschildet,  gestützt  auf  ihre  lanzen.   DAHLMAN.t  1, 
75;  beschildete  postboten. 

BESCHILDERN,  depingere,  describere,  nnl.  beschilderen: 
die  flücha  zu  beschildern.    Brockes  2,  54. 

BESCHILFEN,  arundine  legere,  beschilft  arundinosus: 
selbst  im  palast,  wie  in  beschilften  häusern. 

ijAGEDOR.'V  1,  81 ; 

gondeln,  die 
von  dem  beschilften  rand  auf  Goliz  freudig  eilen. 

Zaciiariä  t,  07; 
das  volk  der  kalten  Auf,  die  schuppenreichen  beere 
bezogen  ihr  beschilftes  haus.    Uz  1,  203. 

BESCHIMMELN,  mucescere,  nnl.  beschiromelcn :  das  brot 
beschimmelt  leicht  an  so  feuchter  stelle;  bcschimnieltcr  käse; 
ein  beschimmelles  gesiebt; 

so  mit  zartem  geschwirr  entschwebten  sie.    aber  voran  gieng 
Hermes  der  rciter  aus  not,  durch  diimfifhcschimraeltu  pfade. 
Voss  Od.  24,  10. 
BESCHIMMERN,  affulgere: 

bist  du  bläue  der  lufl,  wenn  sie  der  abendslern 
sanft  mit  golde  beschimmert  >       Klopstock  1,45; 
milder  wurde  sein  blick  und  von  werdenden  thronen  be- 
schimmert.  Mcss.  15,  1014. 

BESCHIMPFEN,  contumelia,  ignominia  afficere,  nnl.  be- 
schimpen,  einen  schimpf  anthun,  mehr  als  beleidigen,  krän- 
ken, bespotten,  weniger  als  entehren,  erniedrigen,  beleidigen, 
injuria  afficere  braucht  keinen  schimpf  zu  enthalten  und  kann 
blosz  wehe  thun;  beschimpfen  rührt  die  ehre  an,  ohne  sie  zu 
nehmen,  einen  mann  öffentlich  höhnen  und  beschimpfen; 
das  mädchen  ist  beschimpft  und  ziciit  sich  aus  der  gcsell- 
schaft  zurück ;  es  gesciiah  auf  beschimpfende  weise,  tgl. 
schimpfen,  ausschimpfen,  verschimpfen. 

BESCHIMPFUNG,  /".  ignominia,  probrum. 

BESCIUNDELN,  scindulis  contegere:   beschindeltes  dach. 

BESCHINDEN,  cutem  datringere:  den  bauin,  die  band  be- 
schindcn;  dasz  er  dreiszig  stufen  herabfallet  und  weiter  kei- 
nen i^cliuden  nimmt,  als  dasz  er  sich  die  ganze  nasc  bcscliin- 
dct.  Leii'z.  avant.  1,  90 ;  er  ist  an  der  seile  ganz  bcscüunden. 

BESCHIPPE.N,  batillo  implere,  inil  sand  bescbippcu.  s.  ali- 
sciiii|ifen. 

BESCHIRM,  «1.  munimenlum,  tutela,  schirm:  denn  die  na- 
tur  wcisz  wie  sie  die  krankheilcn  heilen  soll,  der  ant  mag« 


1569 


BESCHIRMEN— BESCHISZ 


nicht  wissen,  darumb  so  ist  er  allein  (nur)  einer,  der  der 
natur  den  beschirm  gibt.  Paracelscs  1,  42' ;  dann  der  namm 
(name)  hat  kein  gröszern  beschirm,  dann  sein  eigen  neid  und 
hasz.  1, 370'.    bescherm  steht  Haupt  8, 329.    s.  beschirmherr. 

BESCHIRMEN,  tueri,  defendere,  beschützen,  ahd.  piscirman 
(Gbaff  6,  547),  nüid.  beschirmen,  beschermen,  nnl.  bescher- 
men,  ursprünglich  mit  dem  Schilde  decken,  mit  den  «äffen 
vertheidigen,  wie  schinn  selbst  ein  schild  heiszt,  vgl.  it.  scher- 
mire,  scrimiare,  franz.  escrimer,  worüber  mehr  noch  unter  den 
einfachen  icürtern. 

1)  wann  eins  an  dem  unrechten  erwüscht  wirt,  stracks 
leugnet  es  das  und  beschirmpt  es  mit  warheit  und  mit  lü- 
gin, wie  es  mag.  Keisersb.  Sünden  des  munds  13';  dankt  dich 
nicht,  das  einer  ein  narr  sei,  der  da  seinen  feind  beschir- 
men wil?...die  sünd,  das  ist  der  feind,  den  beschirmest  du, 
den  vertriebest  du  under  den  mantel,  das  in  niemands  sehen 
sol.  13';  darumb  ist  das  ein  grosze  verkerlichkeit  von  eim 
menschen,  der  seine  Sünden  immermeder  imderstot  zu  be- 
schirmen und  vertrechen.  14*;  solche  fule  rotten  {säufer,  hu- 
rer) henken  sich  aneinander  und  verantwurtcn  und  beschir- 
ment  einander.  15';  ir  eer  seind  sie  bereit  zu  beschirmen, 
so  man  sie  schmecht,  aber  die  eer  gottes  zu  bescliirmen,  da 
machen  wir  ein  ee  (?)  darausz  und  ein  gespött,  und  spre- 
chen, es  ist  also  harkummen,  was  wil  man  darusz  machen? 
es  ist  vor  mee  geschehen.  21";  ir  aller  mein  liebsten  brü- 
der,  spricht  er  (Rom.  12, 18.  19),  nit  wölient  euch  selbs  be- 
schirmen, nit  wollen  ein  zäun  umb  euch  machen.  15';  wir 
prediger  und  vorab  die  geistlichen  sollen!  uns  also  halten, 
das  wir  frei  reden  die  warheit,  und  beschirmen  die  selbigen, 
und  sollen!  niemants  den  kautzen  streichen  noch  niemants 
klQnselen.  69';  und  ich  wil  dise  stad  beschirmen,  das  ich 
ir  helfe.  2A(}n.  19,  34;  und  beschirme  in  für  boffart.  Hiob 
33, 17 ;  beschirme  mich  unter  dem  schatten  deiner  flügel.  ps. 
17,  8 ;  du  beschirmest  mein  heubt  zur  reit  des  Streits.  140,  8 ; 
der  name  des  herrn  ist  ein  festes  schlosz,  der  gerechte  leuft 
dahin  und  wird  beschirmet,  spr.  Sa/.  18,  10 ;  und  der  herr 
Zebaoth  wird  Jerusalem  beschirmen,  wie  die  vögel  thun  mit 
flügeln.  Es.  31,  5;  Mahomet  beschirmet  (deckt)  sein  gift  mit 
dem  honig  der  warheit.  Frank  tce//fc.  118';  anzuzeigen,  woraus 
die  arznei  und  wie  sie  soll  erkennt  werden  von  den  betrie- 
gern,  die  sie  mit  werten  bisher  beschirmbt  haben.  Paracel- 
sus  1,  218'; 

das  soltu  beschirmen  mit  dem  schwert. 

Scheit  grob.  PI'; 
weil  freiheit  und  Philosophie 
vor  grausen  wettern,  wilden  stürmen 
im  kalten  norden  nicht  beschirmen. 
CoTTF.R  1,  45S; 

dem  heiligen,  das  uns  unsichtbar  umgebend  allein  gegen  die 
ungeheuren  zndringenden  mächte  beschirmen  kann.  GOthe 
17,  378 ;  ein  herz,  das  uns  gleichsam  mit  den  ersten  herz- 
Mättern  gegen  kalte  näcbte  und  heisze  tage  beschirmte.  J.  Pacl 
Tit.  1,  6. 

2)  sich  beschirmen,  beim  abschied  segnen,  gleichsam  dem 
schütze  gottes  befehlen:  da  nun  solches  geschehen,  beschirm- 
ten wir  einander,  als  leute  die  einander  nimmermehr  wieder 
zu  sehen  bekommen.    Simpl.  1,  518  (524). 

BESCHIRME.N,  n.  protectio: 

nimm  mich,  du  heilgcr  goil,  in  dein  beschirmen! 
TiKCK  2,  50. 

BESCHIRMER,  m.  proteelor,  defensor,  patronus.  RtHEL  Uv. 
133;  dann  die  warheit  mit  ihrer  klarheit  plcnd  all  beschir- 
mer  (verdecker)  und  unwarheit.    biene'tk.  246*. 

BESCHHt.MERIN,  f. 

aber  mich  schreckt  die  enmenide, 

die  beschirmerin  dieses  ort.s.     Schillh  490*. 

BESCHIRMHERR,  m.  patronus,  Ae«/e  Schirmherr:  als  einem 
besi  hirmherrn  sein  volk  zu  bewahren  befohlen  ist.  Paracel- 
SLS  1,  53»'. 

BESCHIRMUNG,  f.  defensio:  du  sprichst,  was  ist  beschtr- 
mung  der  sünde?  niemans  wil  unrecht  gelben  haben,  alle 
weit  entschuldiget  sich,  ja  wol  basz.  Keisersb.  Sünden  des 
munds  t2';  der  Magis  da  ist  unser  hut  und  beschirmung. 
Aimon  V. 

BESCHISZ,  m.  fraus :  wan  wer  ietzund  nicht  kan  vil  list 
und  beschisz,  und  den  andern  nicht  über  das  seil  werfen, 
den  hallet  man  für  ein  Ihoren  ielz.  wer  aber  vil  beschisz 
kan  und  leckcrei,  den  halt  man  für  ein  weisen.  Keisersb. 
vmeis  ll';  und  war  das  nicht  ein  sonderlich  meisterlicher  be- 


BESCHLABBERN  — BESCHLAFEX   1570 

schisz  mit  unsers  herrn  rock  zu  Trier?  Llther  5,  S2';  mit 
beschisz,  dolose.  Maaler  Co'; 

on  bintergang,  on  allen  beschisr. 

McKMER  geheimem.  28,  8 ; 

Reiakea  sprach  bald,  aus  eim  beschisz. 

BeuTUER  1,  23  $.  40'; 

da  kommen  sie  dann,  das  der  herr  irer  finanz,  büberei, 
Wucher,  lug,  trug  und  beschisz  zusehe.  Frask  spr.  2,  129'; 
beschisz  tregt  nit  für.    2,  149"; 

auf  karten  trcibens  auch  grosz  beschisz. 

VficKKAM  bilger  28; 
dann  sprich,  wilt  du  den  wein  vermanchen, 
und  wilt  ein  bschisz  hie  mit  uns  brauchen? 

SciiEiT  grob.  II 1* ; 
sprechen,  Paris  hab  unrecht  thon, 
mit  bschisz  und  trug  das  unser  gnon  {genommen). 
GoTTiiARTS  zerst.  Trojas.  2  tag  3  act; 

groszer  trug  und  beschisz.  Petr.  98";  es  wird  untrew,  be- 
schisz und  Schelmerei  seinen  alten  namen  und  lob  verlieren. 
FiscHAßT  groszm.  C5;  und  welches  das  ärgst  ist,  groszen  be- 
schisz und  trug  under  erbare  matronen  eingeführt.  Garg.  ii2'; 
mit  was  betrug  und  beschisz  dise  eleraentsbetheurer  . . .  umb- 
gehen.  189' ;  dieweil  die  weit  so  arg  geworden  ist,  dasz  sie 
von  keinem  beschisz  oder  betrug  ihr  einiges  gewissen  machet. 
Tarernaemont.  710;  ein  betrügnis  und  ein  beschisz.  experlus  in 
trufis  cap.  11;  da  sasz  noch  einer  dergleichen  erbarer  vogel, 
welchem  der  beschisz  zun  äugen  aussähe.  Phiuind.  lugd.  3, 321. 
BESCHLABBERN,    imjuinare,  besudeln,  zumal  beim  essen : 

im  faulen  heue  gebettet 
fand  ich  die  garstige  brui,  und  über  und  über  beschlabbert 
bis  nn  die  obren  mit  koth.    Göthi  40,  199, 

unhochdeulsch,   nach 

beslabbert  wente  lon  orcn  mit  drek.    Rcinke  5917; 
■nl.  ic  Sit  beslabbert  loten  orcn.    hör.  belg.  ü,  118; 

het  kind  heeft  zieh  ellendig  beslahberd.  auch  bcschlabbem 
besclitcatzcn.    die  hochd.  mundart  fordert  beschlappern,  «•.  m.  s. 

BESCHLÄCHT,  t«.  was  beschlag  oder  beschläge,  gebildet 
von  schlagen  wie  schlacht,  geschlächt,  ingeschlächt  bei  Schm. 
3,  427:  ir  habt  den  schniid  nit  bezalt  umb  das  bescblächt, 
umb  die  eisen  meiner  ros.  Keisersb.  seh.  der  pcnit.  105;  die 
pferde  mit  dem  beschlächtc  recht  und  wol  versehen.  Hohberg 
2,  137'.  ScHMELLER  hat  es  im  sinne  von  beschlag,  einfas- 
sung  eines  weihers,  brunnens. 

BESCHLAFEN,  somno  occupare,  caperc,  durch  den  schlaf, 
im  schlaf  bewältigen,  gebildet  wie  ausschlafen,  verschlafen,  ein 
unsrer  spräche  eigenthümliches  wort. 

l)  eine  frau,  ein  niädchen  beschlafen,  eoncumbere,  aber 
transitiv  genommen,  und  su  bcischlafen  sic/»  stellend,  wie  be- 
legen (ddn.  bcligge)  :«  beiliegen,  nur  dasz  beschlafen  starke 
flexion  festhält,  ursprünglich  ein  verhüllender,  züchtiger  aus- 
druck,  den  man  doch  heute  meidet,  und  durch  das  intransitive 
beiwohnen,  da  auch  beiliegen  ßr  unedel  gilt,  ersetzen  musz, 
denn  transitives  schwächen,  violare,  viliare,  schw.  kränka, 
ddn.  kränke  sind  härter,  schw.  besofva,  dän.  bcsove  germa- 
nismen.  kein  goth.  bislepan,  ahd.  pisläfan  begegnet,  in  den 
friesischen  gesetzen  erscheint  bislepa  (Richth.  254,  32),  nnl. 
beslapen,  verschiedentlich  aber  mhd.  besldfen : 

da;  er  sines  selbes  tobter  beslief.    Liap*.  .^lex.  1256; 

der  kuninc  des  wirtes  toiiter  sacb 

wolgestalt,  die  er  beslief.    pass.  H.  81,  S5; 

eines  kindcs  bürde 

des  Wirtes  tobter  da  gewan, 

die  beslief  ein  riuersman.    pau.  K.  306,  12  ; 

ein  wiie  kamer  was  in  bereit, 

dar  in  wolt  er  beslifeii  die  meit.    MSH.  3,  301* ; 

und  bei  sie  vor  besläfen.    Albr.  Til.  4607. 

Llther  setzt  es  in  der  bibel  oft,  wo  im  griech.  und  tat.  in- 
transitive Wörter  stehen:  da  die  kinder  gottes  die  töchler  der 
menschen  beschliefen,  l  Mos.  6,  4;  unser  vater  ist  alt,  und 
ist  kein  man  mehr  auf  erden,  der  uns  bescblafen  möge  nach 
aller  weit  weise  (LY.V.  oi  elaeleiaerni  noöi  rjfiäi,  vulg. 
qui  possit  ingredi  ad  nos).  19,  31 ;  da  die  sähe  Sichern,  der 
des  landes  herre  war,  nam  er  sie  und  beschlief  sie  und 
schwecht  sie  {iMOiur^&rj  /utr  avrfji •  xai  irantivcaaey 
niTT/y.  donnivit  cum  illa,  vi  opprimens  virginem).  34,2;  und 
da  er  sic  beschlief  (ingressus  is  ad  eam),    ward  sie  schwan- 

I  ger.  38, 1 ;  wenn  jemand  eine  jungfraw  beredt,  die  noch  nicht 
vertrawet    ist,    und   beschleft    sie.    2  Mos.  22,  16;    so    müsse 

I  mein  weib  von  einem  andern  geschendet  werden  und  andere 

99 


1571 


BESCIILAFEN  —  BESCHLAG 


BESCHLAG  —  BESCHLAGEN 


1572 


müssen  sie  besclilafcn.  Hiob  31, 10  «.  s.  u:  Eben  so  wenig  an- 
stosz  gibt  der  ausilriick  bei  andern  Schriftstellern  des  15. 16  jh., 
tw  Galtny  283  schreibt  die  Herzogin  ihrem  liebhaber  selbst  : 
hat  er  durch  arge  list  einen  schnöden  küchenbuben  mit  geld 
und  zusagung  dahin  bracht,  dasz  er  fürgewandt  hat,  wie  er 
mich  beschlafen  hab.  Steinböwel  im  hocc.  bl.  65  sagt  un- 
bedenklich: die  fraw  hat  in  besehlafen,  d.  i.  bei  ihm  gele- 
gen, ihm  bcigelegen.  Lucretia  ward  mit  gewalte  beschlafen. 
WiRSuxG  Ca/.  f3';  ich  bah  nit  so  vil  herzens,  ein  sollichs 
weib  zu  besclilaufen  {schwäbisch,  für  beschlafen).  F2\  aus 
Fischart  wird  es  kaum  der  stellen  bedürfen:  gleichermaszen 
war  nicht  dem  crclischen  Jupiter  die  lengst  winternacht  zu 
kurz,  als  er  die  Argmännin  {Alkmeue)  beschlief.  Garg.  78*. 
später  aber  verletzt  das  wort  deit  anstand,  und  nur  dichter 
streben  es  zu  heben: 

doch  stets  umschlang  sie  mir  flehend  die  kniec, 
jene  zuvor  zu  bcsclilal'en,  dasz  jjram  sie  würde  dem  greise, 

TtttklaxiSi  7ioouty7;vai.  Voss  //.  9,  452.  beschlafen  für  ge- 
schwächt, geschwängert  klingt  heutigem  Sprachgebrauch  unedel 
vnd  gemein,  so  gangbar  es  einmal  war:  ach,  ich  bitte  sie 
um  der  brüste  willen,  die  sie  gesogen  hal)en.  ja  das  ist  was 
rechts  I  die  gehören  einem  beschlafenen  mensche,  das  mama 
seliger  als  amme  hielt.  Siegfr.  von  Lindenb.  3,  144;  een  be- 
slapen  niinsk.   Urem.  wh.  4,  S15. 

2)  auf  sacken  bezüglich:  das  wollen  wir  erst  besehlafen, 
gleichsam  darüber  schlafen,  die  nacht  vergehn  lassen,  denn 
nacht  bringt  ralh,  oder  eingebung  eines  traums  abwarten;  man 
soll  ein  ding  beschlafen,  eh  man  sich  dazu  entschlieszt;  ich 
will  es  beschlafen ;  ud.  ik  will  nii  darup  bcslapen,  nnl.  zieh 
op  iets  beslapen ;  unsern  zorn  sollen  wir  nicht  besehlafen, 
nicht  über  nacht  hegen;  sorgen  beschlafen,  animi  anxielalibus 
indormire.  Stieler  1804;  heunte  wollen  wir  es  beschlafen. 
hebamme  41 ;  ich  versprach  dem  Lepressoir,  die  sache  zu  be- 
schlafen. Felsenb.  2,  386 ;  und  nun  geben  sie  acht,  der  fischer 
des  herrn  Dusch  ist  nicht  blosz  ein  narr,  der  es  erst  be- 
schlafen musz,  ob  er  sich  ersäufen  soll  oder  nicht.  Lessing 
0, 109 ;  beschlafen  sie  die  sache,  ein  guter  träum  ist  im  hei- 
raten oft  die  beste  entschcidung.  Moser  9,  115;  nun  habe 
ich  aber,  nach  nochmaligem  besehlafen  der  sache,  die  na- 
türlichste auskunft  von  der  weit  gefunden.  Schiller  an  Gölhe 
200 ;  es  gibt  leute,  die  zu  keinem  entschlusz  kommen,  sie 
müssen  sich  denn  erst  über  die  sache  beschlafen  haben. 
Lichtenberg  1,177;  hierüber  musz  ich  mich  beschlafen.  5,449. 
Man  sagt  auch,  das  bell  besehlafen,  in  einem  belt  'zuerst 
schlafen,  oder  auch  das  gemachte  beU  besteigen,  nnl.  ik  heb 
dat  bed  noch  niet  beslapen.  die  zusammengescharten  sacke 
Jicschlafen.  Hemsch  305,  nach  Horaz:  congestis  undique  sac- 
cis  indormis. 

der  schlaf  bcschläfl  die  glieder.    Günther  1013, 

ist  nach  somnus  occupat  artus.    In  eignem  sinn  aber  Rollek- 

HAGEN  : 

das  nnm  die  mngd  zum  glück  in  nebt, 
die  vorn  sasz  und  beschlief  die  wacht. 

froschm.  1, 10.  G5', 
d.  h.  wachte,  wachen  sollte. 

BESCHLÄFEN,  beschläfte:  lasz  mir  meine  kleider  an  sei- 
nem ort  {sagt  Melibia  abwehrend  zu  Calistus),  wann  du  aber 
ie  wissen  will,  warmit  ich  beschläft  bin,  so  vvisz,  das  es  ist 
von  seidin.  Wirslng  Cal.  f3'.  was  heiszt  das?  worin  ich 
schlafe?  was  ich  für  ein  schlapiemd  trage?  nach  Schmid 
Schwab,  wb.  403  ist  schlafen  einschläfern,  in  schlaf  bringen,  ein 
kind  besehlafen  wäre  also  ihm  das  schlaßlcid  anziehen,  was 
Melibia  hier  auf  ihr  hemd  anwendet,  doch  richtiger  wird  man 
besehlafen  nehmen  für  beschicufen,  mhd.  besloufen,  ahd.  pi- 
sloufan,  in  ein  gcwand  schliefen  lassen,  und  warmit  ich  b^- 
S(!lil;ifl  bin  heiszt  nichts  als  bekleidet. 

IJESCHLÄFEK,  UESCHLÄFEHIN,  was  beischläfer,  beischla- 
ferin:  sie  weren  wol  werd,  beide  beschiefer  und  beschlefe- 
rin,  das  sie  zum  wenigsten  eine  Zeitlang  das  land  müsten 
reumen.   Luther  5,  247*. 

BESCHLAt;,  m.  munimentum,  ßrmamenlum,  nnl.  bcslag  n. 
ebenso  schw.  dän. 

1)  beschlag  von  gold,  lilber,  eisen,  das  womit  ein  beeher, 
ein  kästchen  zur  Zierde  oder  fesligkeit  beschlagen  ist;  haupt- 
sächlich der  beschlag  eines  pferdrhufs,  eines  Wagenrads,  einer 
thür  mit  band  und  eisen :  beschlag  der  wagen  und  pfenle. 
Moser  j).  f/i.  1,  166;  beschlag  der  Stiefel  mit  eisen  und  naget. 
.    3)  besciiiag  eines  bmnnens,  teiches  mit  geländcr,  einfassvng. 


3)  beschlag  einer  glasröhre,  Überkleidung  mit  thon,  dasz  sie 
erhitzt  nicht  springe. 

4)  beschlag  der  binde,  hirschkuh,  des  Ihiers;  der  hirsch 
bringt  es  zum  beschlag.    Dübel  1,  2'.    s.  beschlagen  2. 

5)  ansalz,  anfing  von  staub,  von  erzslaub :  an  den  basalt- 
seulen  bemerkte  ich  einen  weiszen,  vermutlich  kalkigen  be- 
schlag oder  anflug.  Forsters  ansichten  1,43;  ich  wischte  den 
staub  und  eine  art  von  kaum  merklichem  beschlag  mit  einem 
reinen  tuche  ab.  Lichtenuerg  6,  51.  auch  was  sich  an  ein 
glas,  an  das  brot  oben  ansetzt,  schimmcl,  salzige  feuchtigkeit. 

6)  abslract,  bei  Verschiedenheit  des  beschlags  unter  1,  für 
art  (facon)  überhaupt,  wie  man  auch  das  einfache  schlag  ver- 
wendet: prinzen,  grafen,  iierrn  von,  oftlciere,  räthe  von  al- 
lerlei beschlag,  kaufleute,  künstler.  Lessing  10,  295.  es  könnte 
heiszen :  von  jedem  schlag,  jeder  art. 

7)  Zubehör,  inventarium :  häuser,  ländliche  grundstücke,  die 
rechte  welche  ihnen  anhängen,  und  ihr  beschlag,  sklaven, 
last,  und  Zugvieh  und  pferdc.  Nieduhr  1,  503. 

S)  beschlag,  relenlio,  arrest :  gerichtlicher  besciilag;  in  be- 
schlag nehmen,  waaren,  bücher;  beschlag  legen  auf  guter, 
schiffe;  mit  beschlag  belegen,  r.  b.  Zeitungen,  einzelne  flug- 
blälter.  auch  sonst:  er  nabin  bei  tische  gleich  eine  ganze 
Hasche  wein  in  beschlag ;  er  nahm  mich  für  acht  tage  in  be- 
schlag; die  sache  nimmt  meine  ganze  zeit  in  beschlag. 

BESCHLÄGE,  n.  was  beschlag  1 :  das  beschläge  eines  pfer- 
des;  schicken  sie  mir  das  silberne  beschlag  zu  dem  essig- 
kännchen.  Göthe  an  fr.  von  Stein  2,  9t ;  beschlag  eines  pfei- 
fenkopfs ;   das  beschläge  eines  fensters. 

BESCHLAGEN,  bei  Maaler  60*  noch  beschlahen,  ahd.  pi- 
slahan,  mhd.  beslän,  nnl.  beslaan,  ags.  bcslean,  schw.  beslä, 
dän.  beslaae,  nach  dem  deutschen. 

1)  beschlagen,  behauen,  verberare,  percutere.  so  ahd.  pi- 
slaban  (Graff  6,  769),  ags.  beslean,  occidere,  heäfde  beslagen 
decollalus ;  mit  der  ruthe  beschlagen,  hauen;  als  wenn  ein 
Zimmermann  einen  bäum  abhauet  und  beschlehet  {behaut), 
weish.  Sal.  13,  11 ;  der  forstmann  nennt  beschlagen  das  vier- 
eckig hauen  eines  baumstamms. 

2)  weidmännisch,  der  hirsch  beschlägt  die  binde,  das  thier, 
der  rebbock  die  rieke.  Döbel  1,  2*.  IS*.  25*.  26',  Unit  seinen 
beschlag;  das  thier  ist  beschlagen,  trächtig,  hat  empfangen, 
geht  bochbeschlagen.     auch  die  wilde  sau  wird  beschlagen. 

3)  der  wind  bescblägt  {schhhjt  an)  die  fenster  {verberat  fenc- 
slras) ;  die  luft  beschlägt  das  gesiebt  {streicht  an  das  gesicht) ; 

mhd.  swaj  die  lüflc  hänt  beslagen  (bestrichen).    Parz.  252,  5; 

der  regen  beschlägt  das  haus ;  die  wellen  beschlagen  das 
ufer,  das  gestade,  schlagen  an;  nun  seind  zweierlei  Scythia, 
eins  im  aufgang,  an  der  ein  selten  mit  dem  mör  beschlagen. 
Frank  wellb.  92';  der  anker  beschlägt  den  gruud  des  meers, 
schlägt  ein: 

mhd.  sin  laut  min  nnkcr  bat  beslagen.    Parz.  99, 14. 

4)  das  pferd  beschlagen,  equo  soleas  induere: 

do  koufc  den  hengsl,  dort  bcslach  das  pfcrt.    nam&uc/i  126( 

mer  sciialTe  zu  geschehen, 

das  dir  dein  pferd  wol  werd  verseilen, 

das  dich  ein  ganzen  tag  musz  Irasen, 

und  das  nach' forteil  sei  hoschlagen.    Wickraüs  tiiger  27 ; 

da  es  aber  so  vil  reilcns  hat  wollen  haben, 

das  man  im  das  röslin  dazu  bat  müssen  beschlagen. 

lustig  gcsprcch  der  teufet  vom  herz,  von  Braunschw. 
ir)12bl'; 
und  sillier  sei  das  sclilecblosie  mctall, 
um  seiner  pferde  hole  zu  beschlagen.    Sciiii.LtB  601*. 

Fischart  unter  den  spielen  n*  21  nennt:  eselin  beschlagen. 

5)  das  hörn,  den  bccher,  den  schild,  heim,  Stab,  die  Stange 
beschlagen : 

mitd.  vil  Schilde  sl  besluogen  und  nianigon  beim  guot. 

r,Mdr.  752,2  r 
kiulo  wol  besingen.    Fr.  2349; 

Stange,  mit  Isirnc  beslagen.    Mhis  \*,  160; 
nhd.   Saturn  (läszl  ihm)  das  siegclhcfl  mit  golde  ganz  beschlagen. 

OpiTi  1,  55; 
mcssenbeschlagcn  (mcssingbeschlagner)  bilgerstock.  Garg.  237* ; 
die   bücherdccke,   den   pfeifenkopf  mit   silber,    die   kiste  mit 
nageln. 

0)  die  thür  mit  eisen,  das  fasz  mit  reifen  beschlugen: 
mhd.  diu  vaj  wol  hednhl  luid  wol  beslagen.    Bart.  47,  5. 
7)  gcwand    und   kleider  mit  gold  beschlagen,    belegen,    tc- 
setzen : 

fU>M  iuid<>  samlt 

besingen  mit  rlclicm  gnlde.    pnss,  K.  193,  81. 


1573 


BESCHLAGEN' 


BESCHLAGEN— BESCHLECKEN    1574 


&j  beschlagen,  hemmen,  außallen,  mit  einem  slrick,  eineni 
haft  festbinden,  strick  darum  schlagen :  wagen  beschlagen,  an- 
halten, beschlag  darauflegen,  milbeschlag  belegen;  verbotene 
waare,  die,  sobald  sie  entdeckt  wird,  beschlugen  werden  musz. 
Käst  2,  7  ;  er  beschlug  die  contrebande.  Hippel  1,  219 ;  Schütz, 
damals  ganz  von  der  literaturzeitung  beschlagen,  betrieb  seine 
Vorlesungen  wie  ein  nebengeschüft.  Abndts  leben  73;  beschla- 
gene guter,  in  beschlag  genommene,  vgl.  mhd. 
mil  des  tödes  läge  bcslagen.    klage  421. 

9)  wand,  gerüste  mit  tuch  beschlagen,  ausschlagen :  zur 
hocbzeit  oder  trauer  mit  rothem,  schwarzem  tuch  beschlagen ; 
ein  solches  exempel  {Kenn  der  thronerbe  trauer  anlegti  be- 
schlagt auf  einmal  den  ganzen  hofstaat,  sogar  vieli,  pauken, 
kanzeln  schwarz.  J.  P.\ll  Tit.  2,  SO;  die  wand  mit  lapcten, 
breiern  beschlagen ;  den  koffer  mil  leder. 

10)  die  decke,  das  bett  beschlagen,  beschreiten,  mettre  son 
pied  au  lit.  bei  feierlichen  hochzeiten  tcurden  braut  und  bräU' 
tigam  in  das  schlafgemach  gebracht,  entkleidet  und  musten  das 
bell  besteigeti,  tcorauf  das  zimmer  verschlossen  und  andern 
tags  wieder  aufgeschlossen  wurde,  das  hiesz  das  brautbelt 
beschlagen,  das  braulpaar  mit  der  decke  beschlagen,  in  die 
decke  schlagen:  es  ist  ein  feiner  brauch,  dasz  man  junge 
Icut  nicht  allein  in  der  kirchen  copulieret,  sondern  auch  auf 
den  abend  zusaminenlept  und  mit  der  brautdecken  bcschlegt, 
darlici  dann  eine  christliche  sermon  gehalten  und  das  gebet 
gesprochen  wird.  CnEiDius  1, 190. 

11)  beschlagen,  bewerfen,  beschütten:  Schatzkammer  wol 
vemiauert,  auswendig  mit  leimen  beschlagen.  Felsenb.  1, 191 ; 
lege;  idas  gericht)  zu  dem  viure  und  beslahej  eins  mit  eiern 
und  eins  mit  «malze  {schlag  daran  eier  und  schmalz)  mit 
zwein  swammen,  also  lange  bi;  daj  e;  singe  und  rot  werde. 
von  guter  spise  27 ;  stecke  sie  an  einen  spij,  brät  sie  wol, 
und  beslahe  sie  mit  eiern  und  mit  krule.  45; 

da^  sie  so  pewärc  (vorsichtig) 

üj  dem  köpfe  gciruiiken  liäl, 

da;  sie  diu  ougen  nocli  die  «vnt 

mit  dem  clarcie  besluoc.    kröne  1475. 

12)  beschlagen,  umgeben,  umfangen,  umziehen  von  jägem, 
die  das  wild  mit  netzen,  von  feinden,  die  mit  dem  lager  «m- 
schliesicn:  l»eschlug  die  statt  mit  einem  gewaltigen  hörleger 
(schlug  ein  heerlager  um  die  stadl).  Fbask  chron.  21l',  vgl.  be- 
fangen,   mhd. 

ich  wil  iu  von  dem  hüse  sagen, 
da  er  inne  was  beslagen.    Iw.  1136, 

wo  er  zwischen  zwei  thüren  eingeschlossen,  gefangen  lag; 
mit  dem  neize  er  sie  besluoc 
da  ze  liant  beide.    En.  5611, 

schlug  das  nelz  über  sie,  um  sie  herum,  schlug  es  zu. 

der  wildenacre  sich  des  undcrwani, 

ein  neize  er  iruoc, 

und  swa;  er  vani, 

den  raben  und  ander  vogel  er  da  besluoc.  MSII.  3, 170 ; 

er  stell  ein  garn,  und  fieng  der  krnncben, 

von  den  anivögeln  auch  gar  manchen, 

mit  den  ward  auch  ein  sioich  bfschlagen. 
Waldis  Es.  1,  60. 
man  sagte  auch,  fische  mit  dem  nelz  beschlagen,  fangen: 
sie  lisch  beschlugen  ohne  masz.    KiKoir ald  etang.  ÜV. 
ähnlich   ist  das   mit    klauen    beschlagen,   packen,    die  klauen 
einsehlagen : 

ein  groszer  alior  adelar 

schosz  bald  liin.ib,  in  einf>m  flog 

mit  klawcn  hart  das  fDclislin  bschhig. 

Waldis  Etop  1,  59. 
es  heiszt  auch  den  dielr  beschlagen,  fangen,  ertappen. 

n)  besciilagen,  stopfen,  füllen,  schon  ahd.  pinlahan,  oppi- 
lare  os,  das  maul  stopfen;  die  heller  bringen  in  gnCig  uberigs 
auf,  das  sie  das  maul  beschlagen  und  gelts  ubrigs  samlen. 
Fbaik  sprichw.  2,  76*;  dasz  der  mensch  nicht  leben  kiinne 
ohne  essen  und  trinken,  aber  dasz  sich  die  nafur  mit  einem 
schiecbleren  beschlagen  {sättigen,  befriedigen)  lasse.  AtoEi- 
TiNus  de  convitiis  1508  f.  1. 

u»  beschlagen,  inficere,  beflecken,  anstecken,  an  etwas  sdila- 
gen: 

so  daj  ors  ie  blcnker  ist, 

so  ej  i«  lihler  sich  besieht,    trone  2055; 

ein«  ritJers  lochler,  die  mit  unsauberkeit  des  aussali  was 
beschlagen.  Air.it.  von  Kvbe  52";  ahd.  pislahan  mil  unhreini, 
coUutic;  das  mus  isl  beschlagen,  situ  corruptum  est.  Stieler 
1S20;  der  phrdeprudel,  der  nunmehr,  schlimmer  als  der  spei- 
sedampf von   mönchischer  anrichte  anhaltend  die  wände  be- 


schlug. GöTUE  39,  lOS;  aus  den  sehr  bekannten  drüsen  die 
begehrten  tropfen  zu  erpressen  und  sich  diebisch  mit  diesem 
fensterschweisz  zu  beschlagen.  J.  Fall  flegelj.  1,  9 ;  die  wiinde, 
die  fensterscheiben  beschlagen  sich,    nahe  rührend  an  3  und  11. 

15)  abstract,  beschlagen,  überschlagen,  berechnen :  nu  bitt 
ich  e.  f.  gn.  wollt  mein  bedenken  beslahen.  Luthers  br.  l,  207 . 

Phiiippus  sprach,  wenn  ichs  beschlag 

und  aufs  gewiäic  rechen.    Rincwald  evanj.  M  4*; 

mein  geisl  isl  nicht  weit  von  inen  gewesen,  da  sie  den  klu- 
gen rat  beschlugen,  warumb  sie  nicht  grund  zeigen  wollen. 
Luther  1,  547'. 

16)  beschlagen,  decipere,  überlisten,  bestricken,  bezahlen, 
nach  8  oder  12:  es  isl  nicht  noch  aller  lag  abend,  es  wird 
sich  noch  in  kurzem  schicken,  das  ihr  auch  mit  uns  werd 
zu  thun  bekommen,  so  wollen  wir  euch  mit  gleicher  münz 
beschlagen,  und  da  gedenkt  dran.  Garg.  198';  und  sie  hiel- 
ten dafür,  dasz  Belial  Jesum  gewaltig  wol  beschlagen  hell. 
ÄvnER  proc.  1, 14  ;  dann  sie  war  streflich  klug  und  konte  mich 
auf  meine  erlindungen  gar  höflich  beschlagen.  Simpl.  l,  335; 
beschlug  ich  ihn  auf  den  schlag,  wie  mich  P.aldanders  be- 
schlagen. 1,  600 ;  dasz  man  von  seiner  eigenen  klugheit  etwas 
hinzu  thue  und  so  die  fremde  wcisheit  mit  eigener  vernunft 
beschlage.  Tieck  9,  124,  was  auch  heiszen  könnte,  verbräme, 
besetze,  einfasse, 

17)  beschlagen,  occupare,  einnehmen,  vielleicht  wie  bei  sinn- 
licher besitzergreifung  durch  bekleiden  oder  einschlagen :  darum 
ists  wol  billich,  dasz  er  das  dritte  glid  unter  den  achten 
dises  ersten  stammens  beschlage.  bienenk.  207';  war  er  dan 
nil  heilig  genug,  den  fünften  sprossen  in  disem  edeln  stani' 
men  zu  beschlagen?  219'.  man  kann  auch  erklären,  in  be- 
schlag nehmen,  nach  8. 

18)  beschlagen  sein,  in  oder  mit  etwas  {nach  4  oder  5), 
eifahren,  ausgerüstet,  ausgestattet:  er  ist  in  den  rechten  wol 
beschlagen ; 

und  sind  darinnen  so  beschlagen.    GC.<(ther  170; 
männer  mit  geübten  fausten  und  hier  (auf  die  brüst  deutend) 
wol  beschlagen.    Götue  8,  118.  42,  153.  191.     Iriplex  aes  circa 
pectus ;  der  kerl  isl  hinten  und  vorn  beschlagen,  schlau,  dasz 
man  ihm  nicht  beikommt; 

doch  euer  meister,  das  ist  ein  beschlagner, 

wer  kennt  ihn  nicht  den  edlen  doctor  Wagner?    41,  95; 

da  müszt  ihr  in  eurem  berufe  gut  beschlagen  sein.  Tieck 
5,  73.  mhd.  herze  da?  mil  Untugenden  ist  beslagen.  Wins- 
bekin  39,  5,  kann  auch  sein  beworfen,  befleckt,  nach  11  oder  14; 

wer  mit  der  ihorenwolt  beschlagen, 

mag  wol  auch  mit  ihr  schellen  tragen.    Simpl.  1,212; 
thoren,  die  mit  einbilderei  beschlagen.  1,  273. 

19)  intransitivbedeulungen  sind  selten,  ahd.  hiesz  es  sunni 
pisluoc,  wie  sonst  pifial,  die  sonne  gieng  unter  {mythol.  700), 
gleichsam  sie  schlug  nieder,  fiel  nieder,  sank,  vgl.  mhd. 

des  äbcndes  dö  sich  undcrsluoc 

diu  sunne  mit  ir  glaste,    pass.  H.  267,  5t. 

»locA  heute  aber  sagen  wir,  entsprechend  der  transitirbedeu- 
tung  14,  beschlagen  vom  ansetzen  des  staubes,  duftes,  frostes : 
die  wand  bcschlagf,  bei  Ihauwelter;  der  llusz,  bach  beschlägt 
schon,  setzt  dünnes  eis  an;  das  l)rot  beschlägf,  setzt  Schim- 
mel an;  darumb  beschlegt  es  auch  beides  (kupfer  und  eiseit) 
gern,  wenn  es  zumal  feucht  ligt  oder  begossen  wird.  Ma- 
tmesil's  75";  nur  schade,  dasz  alles  bald  wieder  beschlagen 
und  vennodern  musz.  Götme  43,  96.  vgl.  intransitives  al)- 
schlagen,  anschlagen,  aufschlagen,  ausschlagen,  durchschla- 
gen, umschlagen. 

BKSCHLAGE.NHEIT,  f.  exiguilas,  beschränktheit:  ich  wil 
vielmehr  eines  andern  naturkündigers  uilheil  hierüber  hören, 
als  aus  beschlagenheit  meines  davon  fallen.  Praetorius  Katzen- 
veit 69.     konnte  auch  aussagen  versdilagenheit,  calliditas. 

BESCHLAG.\AH.ME,  f  retentio:  beschlagnahme  der  bücher, 
Zeitungen. 

BESCIILAGTASCHE,  f  lederlasche  der  hufschmiede. 

BESCHLAGZANGE,  f. 

BESCHLA.M.MEN,  coeno  oblimare.  pers.  baumg.  9, 15.  s.  an- 
schlemmen. 

BESCH LAPPERN,  besprülzen,  beschwätzen,  beplappem,  s.  be- 
schlabbern: sie  beschlappert  alles,  vgl.  aufschlappem  und 
schlappern. 

BESCHLECKEN ,  was  belecken :  das  allerschnftdesl  be- 
schleckent  sie.  und  wen  ein  liund  zu  dem  andern  kumpl,  so 
schmackl  {riecht)  er  im  nil  furnen  an  das  ra-iul,  tunder  hin- 

99* 


1575  BESCHLEICHEN— BESCHLEICHER 


BESCHLEIERN — BESCHLIESZ 


1576 


den  under  den  schwänz,  da  schleckt  er  und  hat  ein  lust 
darin  {vgl.  Phaedrus  4,  17,  und  vor  dessen  erster  ausg.  1596 
schon  in  Mart.  Montanus  wegkürzcr  1557  und  einem  gedieht 
des  H.  Sachs  1558.  II.  4, 90).  also  auch  der  Schmeichler,  der 
schleckt  das  allerschnödest  das  an  dem  menschen  ist,  das 
seint  die  Sünden.  Keisersb.  Sünden  des  munds  34';  so  musz 
der  eschengrüdol  den  katzen  wcren,  wann  die  katzen  be- 
schlecken was  sie  finden,  laszl  man  fisch  ston  in  einem 
zuber,  sie  erwischen  einen,  hrösamlin  80';  und  stellet  sich 
(der  esel)  mit  seinen  forderen  fiiszen  uf  die  achselcn  des 
herren  und  beschlecket  im  seinen  mund.  Steinhöwel  Esop 
33;  ire  geborne  junge  bringen  die  basen  für  mit  beschlecken, 
wie  vil  von  der  zal  der  wilden  thieren.  Forer //»Jcrb.  ft9'; 

dann  lasz  dich  in  dem  anfsichi  lecken, 

die  fciszie  finger  auch  beschlccken.    GrobianusLi\ 

in  welcher  stelle  lecken  neben  beschlecken  auffällt,   s.  schlecken. 
BESCHLEICHEiN,  obrepere  alicui,  gilt  von  allem  was  heim- 
lich, plötzlich,  unvermerkt  naht,  vgl.  anschleichen. 

1)  der  tcufcl,  der  tod  beschleichen:  so  bistu  doch  teglich 
unter  des  teufeis  reich,  der  weder  tag  noch  nacht  rüget  dich 
zu  beschleichen.  Luther  4,  394'; 

indem  des  lodes  pefühl  ihm 
jede  nerve  bescbleicht.    Klopstock  Mess.  6,  2. 

2)  alter,  krankheit,  gcfahr,  angsf,  schlaf,  Vergessenheit, 
ahnung  beschleichen  den  menschen: 

nachdem  ihn  beschlichen  das  aller.    Voss  Orf.  24,  390; 
CS  lacht  die  ganze  smaragdene  flur, 
in  deren  arme  so  oft,  bei  frischer  bäche  gcschwälze, 
der  schlaf  mein  williges  augc  besclileicbl.    Uz  1,  6; 
sie  wird  zuletzt  an  Amors  bnist 

vom  Schlummer  unvermerkt  beschlichen.    Wiela.nd  9,  297; 
bis  in  die  liefe  der  nacht  sich  beschleichcnden  Schlummers 
erwehrend.  Rdckeht278; 

ein   fieber  bescblich  ihn,   als   er  noch  völlig  gesund  schien; 

war  sie  gut,  warum 
beschleicbt  mich  die  entsetzliche  Versuchung?    Schiller  559"; 
dem  ungemeszncn  beugt  sich  die  gefahr, 
beschlichen  wird  das  mäszige  von  ihr.    Göthe  9,276, 
demütigung  beschleicht  die  stolzen  oft.    9,299; 
denn  es  besclileicliet  die  furcht  gar  bald  die  herzen  der  menschen, 
und  die  sorge,  die  mehr  als  selbst  mir  das  iiliel  verhaszt  ist. 

40,  241 ; 

Vergessenheit  beschleicht  mich,  mihi  obrepsit  oblivio;  seiner 
auflilühendcn  kinderschar  vertrauend,  bescblich  ihn  keine 
ahnung,  dasz  er  mit  dieser  einfädehing  den  lebensfaden  vom 
alten  mannsstamme  des  Svcnd  Estrichson  durchschneide. 
Dahlmann  ddn.  gesch.  1,  495;  der  hnngcr  bescblich  ihn  um 
mitternacht;  der  wein  beschleicbt,  nimmt  ein:  er  war  vom 
wein  gar  beschlichen  und  gebürcnder  wilz  beraubt.  Kincnnor 
wendunm.  315 ; 

des  himmeis  kind  bepeisterung 

besclileicliet  uns  in  leichten  morgenträumen.    Gotter  1,258; 

wenn  sie  noiitz  beschlcichl.    Uürger  108'; 

indessen  Chapelains  trophäen 

die  motte  schon  ein  snciilum  beschleicbt.    Gökingk  3,  ISl. 

3)  einen,  etwas  beschleichen :  den  feind,  die  wache  be- 
schleichen, heimlich  überfallen,  überrumpeln;  Robert  war  un- 
ermüdet,  die  geheimen  giinge  seines  feindes  zu  beschleichen. 
Schiller  707 ;  welcher  mich  am  mcerufer,  da  ich  meine  du- 
caten  gezehlet,  beschlichen  hatte.  Fclscnb.  1,  56  ; 

kann  uns  oft  mit  list  beschleichen.    Günther  IS; 
sie  that  (so  sagt  ein  faun,  der  sie  beschlichen  hal) 
was  Piatons  I'enia  im  götiergaiten  Ihat.    Wieland  10,  löO; 
cutzückungsvoll  besclileichct  er  die  dunkeln  hecken. 

I'KEFFEL  3,  93; 

beid  itzt  eilten  zur  Kammer,  geheim  ihn  beschlcichend. 

Voss  Od.  22,  179; 
wir  dem  gebahnten  pfad  folgend  bcschleiclicn  das  glück. 

GöTHK  2,  131 ; 
weil  ich  das  feucr  im  geheimen  quell 
bescblich.  Stolberc  8,  471 ; 

herr  kaiser,  bescbleicht  ihr  ein  andermal  Schlösser, 
ihuts  noth  ihr  verstehet  aufs  tanzen  euch  besser. 

Umland  ged.  397; 

um  den  maricnllialischon  kirciiengesang  mit  einem  von  der 
natur  geöfneten  herzen  zu  beschleichen.   J.  Paul  llesp.  3, 186. 

4)  thicre  beschleichen :  dasz  ich  die  vögel  bescblich  und 
«ie  mit  den  banden  von  den  zweigen  hinweg  lieng.  Simpl. 
2,395;  die  kalze  lieschleicht  den  vogcl  im  külich. 

IJESCHLEICHER,  m.  cu$tos  clandeslinus,  auceps  vcrlorum. 
Stibler  1834. 


BESCHLEIERN,  velare,  verschleiern,  bemänteln:  hals  und 
busen  sittsam  beschleiert; 

büsche  und  Wälder  waren  mit  flocken  beschleiert. 

Kleist  2,  142; 
dein  blalt  von  Deutschlands  spräche! 
die,  die  räche  ist  selbst  dem  widerrufe 
nicht  vcriilgbar;  beschleiern, 
thust  du  ihn,  kann  er  es  nur.    Klopstock  2,  65. 

BESCHLEIFEN,  cote  acuere,  das  messer  bescbleifen. 

BESCHLEIMEN,  limo  obducere:  die  Schnecke  beschleimt 
das  gras;  der  schneckenmäszig  jedes  passierte  Städtchen  mit 
seiner  reisehistorischen  dinte  beschleimt.  J.  Paul  kam.  anhang 
2,  88. 

BESCHLEMMEN,  maculare, 

allein  die  magd  schlugs  in  ihr  hembf, 
scliad  nit,  wars  schon  ein  wenig  bschlembt. 

VValdis  Esop  4,  90. 

s.  bescblammen  und  anschlemmen,  aufschlemmen. 

BESCHLENKEN,  obruere,  beschleudern,  bewerfen:  bebenket, 
beschlcnket.  Philand.  1,  23  (27).  i.  das  folgende  und  einfaches 
schlenken. 

BESCHLENKERN,  pulvere,  coeno  obruere:  sich  mit  koth 
beschlenkern,     vgl.  anscblenkern,  abschlenkern. 

BESCHLEPPEN,  scheint  wie  schleppen  für  schleifen  nieder- 
deutsch, also  für  bescbleifen,  im  koth  herumschleifcn  geseilt, 
s.  anschleppen  und  anschleifen,  abschleppen  und  abschleifen ; 
beschleppen  ist  besudeln,  beschleifen:  et  in  nocte  pascbali, 
wen  sucht  ir  hie,  ir  bescblepten  frauwen?  de  fide  concub. 
121 ;  ein  narr  ist  es,  der  sich  einicher  gerechtigkeit  bei  disem 
Schandfleck  und  bescbleptem  sack  versibet.  Frank  weltb.  155' 
(s.  schleppsack);  ein  sauw,  scheutzlicb  beschlept  und  besu- 
delt. Kirchhof  wendu7im.  1S6* ; 

besudelt  und  beschlept.    Ued  vom  reichen  bauer ; 

so  wist,  ich  kan  on  Inugn  und  aschen 

die  alten  beiz  so  sauber  waschen, 

welche  sind  schwarz  und  gar  besudelt, 

geschmutzt,  .bestrept,  bschlept  und  zerhudelt. 
H.  Sachs  V,  3CS* ; 

(eines  mannes  leib),  den  er  beschleppt  het  mit  schlappsäcken. 
Fischart  chz.  72.    s.  beschleupen. 

BESCHLERFEN,  lapsare,  ausgleiten.  Stieler  1851  schreibt 
beschlürfen,    s.  abscblerfcn. 

BESCHLEUNEN,  celerare,  expedire,  mhd.  sliunen: 

sollt  er  den  zulrilt  mir  verneinen? 
ich  bin  der  mann  das  glück  ihm  zu  bcschleunen. 
Götue  41,97. 

BESCHLEUNIGEN,  dasselbe,  fördern,  befördern:  schwere 
Schicksale  haben  mein  leben  beschleunigt.  Schiller  315; 

zutrauen,  schnell  gegeben,  schnell  gefunden, 
beschleunigte  das  glück  gezählter  stunden.    Göthe  4,  106. 

oß  in  dem  sinne  des  wegschaffcns,  hinschaffcns,   otqvveiv: 
laszt  uns  Hermes  sofort,  den  bestellenden  Argoswürger, 
zu  der  ogygischen  insel  beschleunigen.    Voss  Od.  1,  85; 
alle  gesamt  auch  die  niägde  beschleunige  mir  aus  der  wohnung. 

22,  484 ; 

gram  über  seines  sohnes  und  enkcis  grausamkeit  soll  den 
pabst  im  jabr  1549  ins  grab  beschleunigt  haben.  Stolberc 
7,  22 ;  die  abreise,  rückkcbr  beschleunigen,  ein  werk,  beeilen, 
schnell  fertigen,  expedire: 

wachst  du  noch  oben,  mein  kind,  bei  der  lamp  im  traulichen 
stüblein, 

dir  ein  bräutliches  bemd  zu  beschleunigen?  Voss  iäyll.  8,  10; 

früheres  maiongobüsch, 
welches  im  bähenden  topf  sie  beschleunigte  (schnell  tu  treiben 
suchte).  3,  123. 

BESCHLEUNIGUNG,  f  festinalio :  die  beschleunigung  eines 
rechtshandels,  eines  geschäfts,  briefcs. 

BESCHLEUMGUNGSGESUCH,  n. 

BESCHLEUPEN,  maculare,  der  bedeutung  nach  was  be- 
schleppen, der  form  nach  ein  mhd.  besloufcn,  ahd.  sloufan? 
mir  ist  lieber  ich  bescbleupe  die  schlich  und  klaider  mit 
kott,  dann  das  ich  den  köpf  umb  die  eck  zerstieszc.  Wir- 
suNC  Cal.  X  3*. 

BESCHLICHTEN,  coniplanare,  delinire,  schlichten.  Stieler 
1849. 

BESCHLIESZ,  m.  »in/,  bcsluit,  gebildet  wie  geniesz,  ver- 
dricsz,  bei  Stieler  1845  custodia:  es  ist  unter  meinem  be- 
scliliesz,  sub  clavibus  meis  est;  bei  Luther  aber  conclnsum, 
was  sonst  beschlusz :  dem  gemeinen  unserin  berufen  envel- 
tcn  Seelsorger  oder  pfarrberr,  zusainpl  einem  auch  unserin 
berufenen  prcdiger  sollen  die  zehen  vorsieher,   aus  einlrcch- 


1577 


BESCHLIESZEN 


BESCHLIESZEN 


1578 


tigern  beschliesz  der  ganzen  versamlunge.  mit  einer  namhaf- 
tigen summa  geldes  und  etlicbem  geniesziichera  vorrat  zu  irer 
zimlichen  notdurft  und  aufentballunge  verseUen.  2,  264*. 

BESCHLIESZEN,  ahd.  pisliojan,  mhd.  besliejen,  nnl.  be- 
sluiten. 

1)  circuviciudere,  be  für  um  genommen,  umschlieszen :  er 
beschlosz  sie  mit  seinen  armen,  besciilosz  ihre  band  mit  sei- 
ner; den  garten  mit  einem  zäun  beschlieszen ;  er  Oel  auch 
in  eine  stad,  die  mit  einer  mauer  beschlossen  war.  2  Macc. 
12,  13;    snaj  der  himel  besliujet.    £r.  75S9; 

den  aller  n-elt  kreis  nie  beschlosz, 

der  ligei  in  Diarien  scbosz.    Luther  S,  357'.  Claddics  5, 143; 

dasz  der  könig  aus  Frankreich  unter  den  beiden  gar  beschlos- 
sen und  umbgeben  ward,  buch  der  liebe  22';  von  mittag  >rird 
es  mit  dem  mür  oceano  und  von  mitlemacht  mit  dem  Niio 
beschlossen.  Fba.nk  ice//fc.  6";  diese  drei  berg  waren  mit  einer 
mauwr  beschlossen.  Beiszner  Jer.  1,7";  seitenwärts  trägt  er 
ein  haarecht  gewächs  oder  putzen  mit  rielen  häutlein  be- 
schlossen. TAitER.NAEMONT.  1373;  umzäunen  und  beschlieszen. 
biencfik.  4S*; 

o  reiche  haar, 
wie  ihr,  als  der  lieb  strick,  mich  pfleget  zu  beschlieszen. 

WeCEUERLI.f   711 ; 

wann  er  sein  geliebtes  lieb  Test  umarmt  beschlossen  hälL 

LoGAU  3,  7,  37  ; 
bis  er  siht  eine  wies,  und  da  ein  sirom  herOeuszr. 
der  diese  wiese  schier  ganz  umb  und  umb  beschleuszt. 

Werders  Ar.  14,  17  ; 
glückselig  ist  der  mensch,  den  ein  begrüntes  Teld 
vom  hochmut  und  vom  geiz  entremt  beschlossen  hälu 

Ca."<itz  106; 
die  ganze  breite  des  passes,  der  auf  beiden  selten  von  felsen 
beschlossen  ist.  Göthe  16,  221. 

2)  includcre,  einschlieszen :  und  gelobet  sei  gott  der  höhest, 
der  deine  feinde  in  deine  band  beschlossen  haL  1  Jlfoj.  14, 20 ; 
das  mich  der  herr  hatte  in  deine  bende  beschlossen  und  du 
mich  doch  nicht  erwürget  hast.  1  Sam.  20, 19 ;  denn  gott  hat 
alles  beschlossen  unter  den  Unglauben  {avräx/.eiaev  «»  aTxei- 
&etay,  conclusit  in  incredulitate,  galauk  in  ungalaubeinai). 
ROm.  11,  32 ;  die  weit  ist  ein  haus,  darinne  sie  alle  schlafen 
und  beschlossen  ligen.  Luther  1,  36';  das  sei  auf  dismal  von 
disem  artikel  gepredigt  von  unserm  herm  Jesu  Christo,  das 
man  sehe,  wie  darin  beschlossen  und  begriffen  ist  alle  unser 
Weisheit  und  kunst.  6,  Sl*;  eins  sei  im  andern  beschlossen 
{begriffen,  enthalten).  Meuinchth.  im  corp.  doctr.  ehr.  465;  der 
erst  teil  beschleuszt  acht  algorithmos  {begreiß,  schlieszt  ein, 
renferme).  Mich.  Stifel  Coss  l ;  und  der  jung  kaufmann  mit 
Inst  und  freuden  sich  in  ire  schneeweisze  arm  beschlosz. 
Bocc.  2,  126*;  der  denn  den  fürsten  und  herm  ire  rock  und 
mäntel  in  ein  kammer  beschlossen  hatte,  buch  der  liebe  20'; 

weil  ihr  beschlossen  in  mein  herz 

in  rechter  warer  lieb  und  trew.    Macritics  com.  vom  grafen 

»Vaüer  D7»; 
ich  bin  beschlossen  in  meim  haus, 
gleich  wie  ein  nunn,  darf  nit  heraus.    H.  Sachs  FV.  3,  8" ; 

dasz  er  alle  göttliche  und  menschliche  recht  in  seinem  her- 
zen beschlossen  habe,  bienenk.  211*; 

hat  er  (der  Rhein)  beklagend  solche  heb 

sich  bald  in  sein  gewölb  beschlossen.    Weckherli.i  345; 

euch  wird  ein  enges  haus,  ein  schmaler  sarg  beschlieszen. 

Grtpuil's  1,  97 ; 
der  wein  ist  imser  noch,  wann  ihn  das  fasz  beschleuszt, 
sein  aber  sind  dann  wir,  wann  ihn  der  mund  geaeuszi. 

LocAU  3,  tug.  89; 
dieselbe  wiese  soll  im  zäun  beschlossen  stehen, 
darinnen  du  dein  vieh  will  grasen  lassen  gehen. 
arab.  tprictt«.  43 ; 
wenn   ich   meines   daseins   ganzen   kreis  im  schmalen  nume 
der  gegenwart  beschlossen  sehe.  Schiller  740; 

doch  im  Innern  befindet  die  kraft  der  edlem  gcschöpfe 
sich  im  heiligen  kreise  lebcndiser  bildiinc  beschlossen. 
GdTHK  3.  ÖS; 

dasz  die  tagebücher,  eingegangene  und  abgesendete  briefe  in 
einem  archiv  beschlossen  sind.  00,  301 ;  die  vemunft  nicht 
innerhalb  der  sinnenweit  beschlossen.  Kam  3,  2S8. 

3)  eoneludere,  rersclilieszen.  wie  die  beiden  vorausgehenden 
bedeulungen  oß  zutammenflieszen  und  fast  nur  durch  die  bei- 
geßtglen  praep.  mit  und  in  kenniar  «erden ;  so  nähert  sich  ihnen 
auch  die  des  verscJilieszens,  trelche  dann  vorzuwalten  scheint,  venn 
keine  solche  praep.,  oder  eltca  unter,  danchen  rerwendet  ist.  es 
heiszt,  den  gefangnen  mit  der  kette  beschlieszen,  in  die  kelle 
beschlieszen  und  blosz  beschlieszen  =  verschlicsxen.  sie  sind 
verirret  im  lande,  die  wüste  bat  sie  beschlossen.  2  Mos.  14, 3 ; 


und  da  sie  das  theten,  beschlossen  sie  eine  grosze  menge 
fische  und  ir  netz  zureisz  {golh.  galukun  managein  fiske). 
Luc.  5,  6;  denn  ich  schreibe  nicht  gerne  wider  die,  so  ich 
weisz  durch  ir  eigen  gewissen  beschlossen  sind.  Llther  1, 
362';  die  Schrift  beschleuszet  alle  menschen  unter  die  sünde, 
das  aller  weit  das  maul  gestopft  werde.  1,  380*;  und  Adam 
war  nu  beschlossen  und  stund  in  der  tiefen  helle.  4,24';  so 
es  not  ist  ze  reden,  so  sol  die  thür  uf  gon,  wan  es  aber 
nit  not  ist,  so  sol  der  mund  beschlossen  bleiben.  Keisersb. 
Sünden  des  munds '0* ;  den  mund  zu  beschlieszen.  82";  dabei 
sie  ein  altar  haben  und  einen  aus  ihnen  darbei  beschlossen 
den  ort  zu  bewaren.  Fraxk  icellb.  137';  darnach  ziehen  si 
ihre  hend  wider  zu  in  beschlossen  und  allzeit  den  deumling 
hoch  aufgerecht  über  sich.  199";  in  die  band  genummen,  ein 
kleine  weil  beschlossen,  darnach  aufthon.  207*;  nachfolgendes 
pQaster  heilet  und  beschleuszt  gar  bald  die  wunden.  Zecheji- 
DOBFEB  2,  79 ;  dasz  er  das  löcblein  beschlösse  und  verstopfte. 
WiRTZ  186 ;  er  schlegt  in  ein  trog,  der  beschlossen  ist.  Pa- 
BACELSt;s  1,527';  so  die  bank  (gerichlsbank)  gemacht  und  be- 
schlossen ist.  Rectter  52 ;  der  ritter  mit  betrübten  und  traw- 
rigen  herzen  den  brief  beschlieszen  thet,  sein  pitschier  dar- 
auf drucket.  Galmy  186 ;  als  nun  der  brief  versiegelt  und  be- 
schlossen war.  291 ;  darin  all  ir  heiligtum  beschlossen,  bie- 
nenk. 159'; 

sein  ohr  ist  zu  der  armen  klag 

und  seufzen  nicht  beschlossen.    WscEHitLni  3i ; 

hie  beschlosz  der  Rhein  den  mund, 

und  sank  frölicb  in  den  grund.    353; 
was  wollt  ihr  euch  beschlieszen, 

verrigeln  umb  und  umb,  und  fürchtet  das  gewissen, 

das  mitten  in  euch  wohnt.  Opitz  1,60; 

der  praler  Schwollius  wil  gar  nicht  wohnen  enge, 

sein  haus  musz  sein  geräumt,  gewaschen  alle  gänge, 

nicht  wunder,  ihn  rerdrosz,  da  er  erst  ward  ein  kind, 

beschlossen  sein  dabin,  wo  lauter  nachte  sind. 
LoGAC  1,  5,  27; 
wenn  alle  leut  fromb  weren,  so  bedürfte  man  kein  thür  noch 
thor  beschlieszen.  Lehma.n.n  243;  und  befahl,  das  thor  zu  be- 
schlieszen. Simpl.  2,  234 ;  porta  claudaris  honesto.  die  porten 
soll  beschlossen  sein  ehrlicher  band.  Scblppics  752.  heute 
sagt  man  in  diesem  sinn  nur  schlieszcn  oder  verschlieszen. 

Die  jäijcr  sagen,  dasz  der  hirsch  seinen  fusz  beschliesze, 
das  heiszt  die  klauen  fest  zusammendrücke :  der  hirsch  gehet 
allwegen  mit  einem  beschlossenen  und  gezwungenen  fusz, 
dasz  er  nicht  mit  dem  spalt  zwischen  ausläszt.  das  thut 
keine  hindin.  Becher  s.  38. 

4)  beschlieszen,  abschlieszen,  definire,  finire,  absolvere:  eine 
kühle  felsgrotte,  die  ein  breiler,  abstürzender  ström  beschlosz. 
Fr.  Müller  1,  29 ;  eine  beschlossene  zeit.  .Moser  2. 126 ;  diese 
Venus  steigt  schon  ganz  vollendet  aus  dem  schäume  des 
meers  empor,  vollendet,  denn  sie  ist  ein  beschlossenes, 
streng  abgewogenes  werk  der  nothwendigkeit   Schiller  1110; 

zu  erfinden,  zu  beschlieszen 

bleibe  künstler  oft  allein, 

deines  wirkens  zu  gcnieszen 

eile  freudig  zum  verein .'    Götoi  3,  121 ; 

eine  beschlossene  (andere  aussdilieszende,  geschlossene)  ge- 
sellschaft;  wenn  eine  beschlossene  gesellschaft  edler  men- 
schen sie  als  etwas  frommes  und  heiliges  bewahrt.  Tieci 
ges.  nov.  6,  27 ; 

wie  sie  sich  recht  deuucb  bekleiden,  können  sie  zur  teil 

nicht  wissen, 
bis  zum   kleiden,   wie  zum  reden,   eine  gnoszschaA  sie 

beschlieszen.  LogauS,  1,20. 

Dies  abschlieszen  gehl  nun  oß  über  in  den  begrif  des  en- 
digens,  vollendens,  aufhörins :  hie  beschleuszt  der  gottesleste- 
rer  und  teufelskopf.  Lcther  3,  97;  und  beschleuszt  mit  die- 
sen Worten.  6,54*;  wie  s.  Paulus  bemach  beschlieszen  wird. 
6,259*;  das  spinnet  er  immer  einhin  (hinein),  das  er  zu  dem 
schönen  text  koinpt,  damit  er  beschlieszen  wird.  6,  267 ;  und 
darumb  beschliesz  ichs  hiemit.  Aimon  p  1 ;  beschlossener  (völ- 
lig abgeschlossener)  frieden.  KiRcimoF  mit.  disc.  205 ;  darmit 
disz  buch  beschlossen  wird,  bienenk.  2Z2' ;  wol  anfangen  und 
wol  beschlieszen ;  damit  ich  mit  der  theologie  beschlieszen 
kann.  GCmher  rorr.  14;  sein  leben,  seine  laufbahn,  seine 
tage  beschlieszen;  die  rede,  die  predigt,  den  brief,  Vortrag, 
das  jähr,  den  tag,  die  feier  beschlieszen ;  den  träum  beschlosz 
eine  schaudervollc  crschcinung.  Kli^ger  3,  260;  die  kritiker 
aus  dieser  schule  setzen  voraus,  dasz  die  kunst  schon  langst 
beschlossen  sei.  Tieck  1,  xii. 

5)  beschlieszen,   statuere,  festsetzen,  ausmachen,  kann  auch 


1579 


BESCHLIESZEN 


BESCHLIESZER— BESCHLUSZ 


1580 


für  ein  zu  stände  bringen  des  überlegten,  ßr  das  sehhiszergeb- 
nis  der  Verhandlung  genommen  werden,  und  es  ist  bemerkens- 
werlh,  dasz  sich  entschlusz  und  besc.hlusz,  im  worl  wie  in 
der  Vorstellung  begegnen,  etwas  l)esclilieszen  ist  auch  sich 
zu  etwas  entschlieszen,  obgleich  in  cntscLlieszen  eigentlich 
der  beginn,  in  beschlieszcn  der  schlusz  des  Vorsatzes  gelegen 
ist.  so  drückt  das  tat.  recludere  sowol  verschlieszen  als  auf- 
schlieszen  aus. 

wird  er  aber  ergrimmen,  so  wirst  du  merken,  das  böses 
bei  im  beschlossen  ist.  1  Sam.  20,  7 ;  denn  wenn  gott  einmal 
etwas  beschleuszet,  so  bedenkt  ers  nicht  erst  hernach.  Iliob 
33, 14 ;  sie  haben  ein  bubenstück  über  mich  beschlossen,  ps. 
41,  9;  beschlieszet  einen  rat  und  werde  nichts  draus.  Es. 
8,  10;  denn  der  herr  Zebaoth  hats  beschlossen,  wer  wils 
weren?  14,  27;  solchs  ist  im  rat  der  wechter  beschlossen. 
Dan.  4,  14;  und  zwar  des  menschen  son  gehet  hin,  wie  es 
beschlossen  ist.  Luc.  22,  22 ;  wenn  einer  seinen  freien  willen 
hat  und  bescbleuszt  solches  in  seinem  herzen.  1  Cor.  7,  37 ; 
Carlstad  wolle  solche  seine  lere  nicht  als  für  eine  gewisse 
und  beschlossene  warheit  gehalten  haben.  Luther  3, 155;  wenn 
mans  nu  abniisset  nach  dem  wie  es  hie  beschlossen  ist,  und 
fassets  in  häufen,  so  ists  sechsmal  lenger  denn  breit.  4,  47' ; 
wenn  sie  aber  ungewis  sind,  so  ists  schon  beschlossen,  das 
sie  unrecht  thun.  4,325';  ich  bins  auch  noch  nicht  beschlos- 
sen {entschlossen)  zu  behalten,  br.  3,  104 ;  wo  sie  aber  des 
vorhin  beschlossen  gewest  sind.  4,  223;  wie  euer  ganzer 
groszer  ernst  sei,  die  concordia  anzunehmen  und  zu  fördern 
beschlossen  seid.  5,84;  bin  ich  derhalb  bei  mir  genzlich  be- 
schlossen gewesen.  Thurneisser  notgedr.  sehr.  1,45;  und  er- 
zehlet  dem  gemeinen  mann  den  rath,  so  sie  beschlossen  und 
erfunden  haben.  Reutter  65;  eine  beschlossene  reichsverfas- 
sung.  Moser  1,139;  das  ist  nun  einmal  beschlossen  und  kann 
nicht  abgeändert  werden;  das  ist  durch  mehrheit  der  stim- 
men beschlossen; 

ich  will  ihm  den  gefallen  ihun.    das  war 

bescliloszne  sache,  herr,  noch  eh  sie  kamen.    Schiller  344' j 

was  habt  ihr  denn  in  eurem  furcliibarn  rath 

beschlossen  über  sie?    Göthe  9,  284. 

6)  beschlieszen,  concludere,  coUigere,  argumentari,  folgern, 
schlusz  ziehen,  war  im  16  jh.  sehr  gewöhnlich,  heute  gilt  dafür 
nur  das  einfache  schlieszen :  du  beschlüst  übel,  mendose  col- 
ligis.  Maaler  Ol" ;  daraus  wil  er  beschlossen  haben ,  das 
Christus  mit  dem  wort  'das  thut'  aufs  brotessen  deute.  Lu- 
ther 3,  447';  da  ich  das  stucke  befand,  ward  ich  gelinder 
gegen  irem  thun,  und  beschlosz,  weil  sie  so  nahe  bei  der 
Schrift  geblieben,  das  man  sie  gar  unbillig  kelzer  gescholten 
bette.  6,  113* ;  daraus  mag  aber  nit  gezogen  und  beschlossen 
werden,  dasz  anfang  der  busz  in  unser  gewalt  stee.  Me- 
LA.vciiTHONS  anwctsung,  deutsch  von  Spalatin.  1523  bl.32; 

aus  dem  der  weis  (sapiens)  beschlieszcn  thut, 
auf  gwalt,  glück,  gelt  sol  niemant  liolfen. 

H.  SachsII.  2,  90'; 

und  derwegen  müssen  wir  von  notswegen  beschlieszcn,  dasz 
die  concilien  die  h.  kirch  nit  können  meistern,  bienenk.  45' ; 
denn  es  ist  nicht  sehr  lang,  das  etliche  namhafte  doctores  be- 
schlossen haben  aus  demjenigen,  so  zu  ende  der  brief  Pauli 
allzeit  stat,  dasz  u.  s.  w.  78*;  daraus  sie  unwiderleglich  be- 
schlossen hat,  dasz  das  brot  verändert  werde  in  den  waren 
leib  Christi.  90';  so  haben  sie  sehr  meisterlich  gedeterini- 
niert,  beschlossen  und  erwisen,  dasz  alle  Sünden  nicht  töd- 
lich seien.  103';  so  hat  sie  schlcchts  und  rechts  daraus  be- 
schlossen. HO";  hieraus  beschleuszt  unser  liebe  muter  sehr 
gewaltig,  dasz.  137';  daraus  hat  die  h.  kirch  beschlossen, 
dasz.  146';  und  daruinb  hat  sie  beschlossen  und  bewisen. 
153*;  darum  müssen  wir  hierauf  beschlieszen,  dasz.  166';  und 
hieraus  beschlieszen  sie  mit  Paulo,  dasz  wir  in  Christo  alle 
volkomcnheit  haben.  201*. 

7)  sich  beschlieszen,  in  mehrfachem  sinn, 

a)  sich  umschlieszen,  einschlicszen :  der  babst  zu  Avlon 
beschlosz  sich  in  ein  kanicr.  Frank  weltb.  157'.  andere  bei- 
spiele  schon  unter  2  angezogen. 

b)  sich  endigen :  die  erzülilung  beschlieszt  sich  mit  einer 
beschrcibung.  .1.  E.  Sciilecei,  3,  24,  wofür  noch  besser  gesagt 
wird  I)eschlicszt.    ebenso  fängt  sich  an  =  fängt  an. 

c)  sich  beschlieszcn,  sich  für  etwas  cntsctteiüen,  bestimmen, 
cnl.ichlieszcn:  und  kürzlich,  mich  liab  ich  l)C.Mchlossrn,  es  sei 
ein  fcgfeiirr,  kan  aber  kcineti  andern  also  beschlieszcn.  Ll- 
TU£H  1,  431';    das    diu    pröbstc   und   kirchendicncr   zusamcn 


kämen  und  sich  diser  sach  einer  gemeinen  freien  weise  be- 
schlössen, br.  3,  366;  aber  hernach  weiter,  wenn  ich  mich 
beschlossen  habe.  5,  5'29 ;  item  wann  sich  die  wachmeistcr 
der  wachen  halben  beschlossen  haben,  sollen  sie  es  ihrem 
obersten  anzuzeigen  schuldig  sein.  Fronsp.  kricgsb.  3, 113*. 

BESCHLIESZEH,  f?i.  dispensalor,  cellarius,  der  keller,  haus- 
hälter,  ausgeber. 

BESCHLIESZEREI,  f.  inclusio,   obseralio. 

BESCHLIESZERIiN' ,  f.  cellaria,  kellerin,  ausgeberin :  be- 
schlieszerin  (pförtnerin)  als  in  eim  kloster.  Maaler  61';  er 
fragte  nach  unserer  beschlieszerin,  welche  wir  Gret  nannten, 
die  aber  sonst  Margretha  hiesze.  Simpl.  2, 17 ;  die  beschliesze- 
rin, so  gemeiniglich  alle  vier  und  zwanzig  stund  bis  um  eilf 
uhr  in  die  nacht  zu  schaffen  hatte,  bis  sie  alle  ihre  Schul- 
digkeit verrichtet,  die  letzte  im  bell  und  die  erste  am  mor- 
gen frühe  wieder  daraus  und  derohalben  das  wachende  aug 
der  haushaltung.  2,  366.  367 ;  eine  solche  haushälterin  und 
beschlieszerin.  Göthe  51,191;  meine  bisherige  treue  beschlie- 
szerin und  haushälterin.  17,  57 ;  ein  frauenzimmer,  das  man 
für  die  beschlieszerin  und  thätige  haushälterin  zu  erkennen 
hatte.  21,  175; 

und  beschlieszerin  im  hnuslein 
ist  das  mäuslcin.    Rückeri  51. 

BESCHLIESZLICII,  definitivus,  schlieszlich :  so  würden  wir 
in  der  Christenheit  nichts  gewisses  oder  beschlieszlichs  ha- 
ben. Luther  1,  445' ;  tretten  sie  demnach  alle  drei  räthe  zu- 
sammen, fordern  auch  andere  mehr  zu  sich,  die  rechte  be- 
schlieszliche  endschaft  und  ausspruch  zu  finden.  Kirchhof 
mil.  disc.  225; 

zu  lang  reden  ist  verdrieszlich, 
sondern  fein  kurz  red  und  beschliesziich. 
H.  Sachs  V,  330'. 

BESCHLIESZLICH,  adv.  definitive,  zum  schlusz :  zum  fünf- 
ten und  beschliesziich  ist  zu  merken.  Jo.  Cocleüs  von  der 
ftiesz  und  priestcrweihe  Lp.  1534.  B  2' ; 

ausz  dem  allem  lehr  wir  beschliesziich. 
H.  Sachs  II.  2,39'; 

wa  irs  glaubt,  kompt  ir  weder  mit  henden  noch  füszen,  bei 
vilen  baurenschritten,  nit  zu  meiner  meinung,  welche  schon 
beschliesziich  das  urteil  gefeit.  Garg.  22';  aber  beschliesziich, 
so  sag  ich.  138';  beschliesziich  bat  er  dienstlich.  144'. 

BESCHLIESZREDE,  f.  epilogus,  schluszrede:  und  zu  einem 
beschlusz,  so  wirt  auf  das  lest  die  poetrei  geent  mit  einer 
überkösllichen  beschlieszred.  fastn.  sp.  1302.    s.  beschluszrede. 

BESCHLIESZUNG,  f.  1)  conclusio,  bei  beschlieszung  des 
thors,  bei  thorschlusz.  Simpl.  1,  448 ;  dasz  der  autor  in  be- 
schlieszung der  dritten  tafel  gern  artig  erdichte.  Leibmtz  2, 
407.  2)  dccretum,  statutum:  V.  bei  dem  nektar  und  bei  Li- 
via  beschlieszt  er,  dasz  er  diese  deutschen  empörer  vertilgen 
Avill!  H.  wird  er  die  beschlieszung  selbst  ausführen?  Klop- 
stock  8,  193. 

BESCHLLNGEN,  constringere,  irretire,  schlingen  über  einen 
werfen.    Stieler  1S54. 

BESCHLIRPEN,  oblimare,  interlinere,  besudeln,  mitunralh, 
viit  dinte  beschmieren,  beschleifen.   Maaler  61*.   s.  schlirpen. 

BESCHLOSSENHEIT,  f.  geschlossenheit?  abschlieszung? 
wenn  ich  mich  zur  grundlage  des  Staates,  zum  baucrnstande 
wende,  finde  ich  dieselbe  beschlossenheit.  Tieck  tiscIU.  1, 122. 

BESCHLOSZEN,  grandine  ferire,  pcrcutere:  der  weinbcrg 
ist  stellenweise  bcschloszt  worden. 

BESCHLOSZT,  arccm  possidens,  beschloszier  herr,  Junker, 
burgsdszigcr  cdelmann,  dem  man  auch  ein  beschlosztes,  von 
der  bürg  abhängii/es  gericht  beilegt;   besthloszle  geschlechlcr. 

RESCHLOSZZEIT,  f.?  im  ineien  auffaiizeit,  plingstinon,  be- 
schloszzeit,  blumenmonat.  Fischart  groszm.  10(1.  aulTarl  ist 
himmclfarl,  und  beschlusz  musz  eine  andere  epochc  des  früh- 
lings und  niais  bedeuten. 

BESCHLCCHZEN,  singultiendo  deflere. 

BESCHLUMI'ERN,  macutare,  den  rock,  den  inantel. 

BESCHLÜRFEN,  sorbillare,  sorbillando  atlingere:  ein  be- 
clier  voll  weins  war  von  ihren  lippen  beschlürft.  Wikland 
27,  224. 

BESCHLCSSHI,  sehlieszend.  beu-ahrend,  schützend:  auch 
weisen  wir  den  liof  zu  Palzel  besclilüssig  zu  sein,  als  eine 
freihcil.    wcislh.  4,  2.')(i. 

RESCnHJSZ,  wi.  Ulli,  bcsluit,  was  doch  mehr  unserm  be- 
schliesz  entspricht,  in  mehrfachem  sinn. 


1581 


BESCHLUSZ  —  BESCHMALZEN 


BESCHMAROTZEN  — BESCHMEISZEN  1582 


1)  elaustrum,  custodia,  verschlusz: 

ich  hab  eio  uagriscb  gold  nicht  unfern  im  bcschlusz. 
LoGAi'  1,  3,  3* ; 

ein  bibliothekar,  der  eine  so  einzige  merkivürdigkeit  nnter 
seinem  beschlusse  hat.  Lessing  9,  9,  tgl.  41 ;  ich  werde  nicht 
anders  als  von  aller  weit  abgesondert  und  gänzlich  unter 
seinem  beschlusse  leben  müssen.   J.  E.  Scolegel  2,  352 ; 

denn  so  hat  sie  aus  des  waldes  nacht 

eiuen  baren,  unseieckl  und  un$rezogen, 

unter  ihren  beschlusx  herein  betrogen.    GöTni  2,  9t ; 

die  casse  ist  unter  meinem  beschlusz,  ich  zahle  die  zettel 
und  die  recbnung  führe  ich  selbst.  17,  76;  er  habe  alles  was 
sich  auf  den  henn  beziehe  selbst  im  beschlusz.  17,174;  über- 
haupt hält  Deutschland  noch  ungeheuer  in  seinem  beschlusse, 
die  ungemein  sind.    J.  Fall  teufelsp.  1,  48. 

2)  conclusio,  finis: 

sprach  betlich,  hört  mich  on  TCrdrusi. 
wann  Tragens  mach  ich  schier  beschlusz. 

SCHWIRZE.NBEBC  156,  1; 

rerkundiget  er  dem  volk,  am  beschlusz  seiner  predigten,  das 
er  der  christlichen  gemein  zu  Breitzbach  bei  Fach  desselben 
tags  nach  mittag  . .  einen  christlichen  bischof  und  seelhirten 
ordnen  und  weihen  wolt.  Alberls  tcider  Jürg  Witzeln  G4*; 
H.  Sachsens  gedickte  haben  häufig  als  letzten  theil  die  rubrik 
'beschlusz'.    auf  theaterzetleln :  'zum  beschlusz'. 

3)  conclusio,  Syllogismus,  fotgerung,  nach  beschlieszen  6 : 
das  ist  nu  der  beschlusz  s.  Pauli  gewest,  habt  ir  —  so  — . 
Llther  5,  564'. 

4)  slatutum,  decretum:  der  beschlusz,  das  man  das  wil  an- 
nemen,  das  erkant  ist,  das  heiszet  scntentia,  und  wirt  auch 
genant  ein  rath.  Keisersb.  Sünden  des  munds  5S*;  dasz  die  > 
mönch  einen  schweren  streit  darumb  gefürt  haben, . .  als  nun 
lang  herumm  gangen,  ists  endlich  zu  disem  beschlusz  kom- 
men, dasz.  bienenk.  22';  sintemal  disz  die  endliche  determi- 
nation  und  beschlusz  unsers  meisters  von  Hohensinnen  isL 
99';'secht,  disz  ist  von  wort  zu  wort  der  beschlusz  und  die 
determination  unser  lieben  muter  der  h.  kirchen.   155'; 

bezeugend  zweier  lieb  beschlusz  (rerirag). 
Weckherlin  5S9; 
die  Sache  hängt  ab  vom  beschlusz  des  königs;  endlich  ist  der 
beschlusz  gefaszt,  der  antrag  zum  beschlusz  erhoben  worden. 

BESCfILUSZFÄHIG :  die  abgeordneten  waren  nicht  mehr 
in  beschluszfähiger  anzahl  beisammen. 

BESCHLLSZFASSING,  f. 

BESCHLUSZNAH.ME,  f.  Dahlmaxx  engl.  rev.  2-22. 

BESCHLUSZREDE,  /".   epilogus.  Maaler  6i',  beschlieszrede. 

BESCHLUSZHEIF,  maturus  eoncludendo. 

BESCHLUSZRING,  m.  geschlossener  kreis:  darnach  ziehen 
sie  zu  häuf  und  machen  einen  beschluszring.    Reütter  i}7. 

BESCHLLSZWEI.N,  m.  sieben  mann,  deren  jedem  ich  alle 
lag  für  speis  und  lolin  sieben  batzen,  dem  meister  aber  neun 
balzen  bezahlte,  und  darüber  noch  täglich  eine  halbe  masz 
brenz,  seil-,  beschlusz-  und  firstwein,  der  arme  mann  im 
Tockenb.  17C.  seilwein  fürs  zimmern  der  schwelle  {schtceiz. 
seile),  firstwein  ßr  dot  giebel,  beschluszwein  für  den  schlusz- 
balken  ? 

BESCFILLTZEN,  coneludere,  gebildet  von  schlieszen,  u-ie 
nützen  ron  nieszen,  urdrütze  von  drioszen,  schütze  von  schie- 
fzen;  zu  folgern  sowol  aus  dem  folgenden  subst.,  als  aus 
der  mhd.  form: 

sü  gar  in  siricke 

hänt  ir  ougen  blicke 

sinne  herz  und  da  bi  muot  beslüiaet.    MS.  i,  92*. 

BESCFILL'TZTE,  /.  conclusio,  einschlieszung,  beschlossen- 
keit,  s.  das  torige  worl :  sant  Jacub  spricht,  dos  not  ist  be- 
scblützte.    Keisersr.  has  im  pf.  Bb  3'. 

BESCHMADEII.N,  macM/ore,  sordibut  tng Kinare.  Stielkr  1$92. 
i.  schmadem,  schmaddern. 

BESCHMÄHEN,  carpere,  probris  afficere:  bescbmähet  und 
gelestert.  Ai.iir.  vo?«  Eybe  25';  schendlich  beschmecht  er  si 
täglich  vor  allen  gotteskinden.    Frank  c/iron.  459'; 

die  wie  harpyen  ihm 
seine  speise  beschmähn  (b'esmtctn).    IIchdkr  12,  140. 

BESCHMALGERN,  maculare.  Frisch  2,  205' ;  und  weil  er 
denselben  (sammet\  mit  Verachtung  goltes  wort  und  der  ar- 
men bescbmalgert.  MATHEsfcs  50';  denn  da  Christus  in  sei- 
nem tcinpel  auftrat,  war  die  liebe  biblia  sehr  beschmalgert. 
121*. 

BESCHMALZEN,  adipeungere,  maculare,  s.  besckmelzeD.  mhj. 


i  da]  ir  triiiki,  so  wisclil  den  uiunt, 

daj  du  bcsnialzfsi  niht  den  iraiic.     Haupt  6,  491. 

BESCHMAROTZEN,  einen,  parasitari  alicui. 

BESCHMATZEN,  uie  beküssen:  sich  beküssen  und  be- 
schmatzen. 

BESCH.M.\UCHEN,  imbuere  fumo:  die  wand,  ein  gemälde 
beschmauchen ;  die  pedanten  in  der  maierei  pflegen  diese 
schwarze  kunsl  zu  schätzen,  wie  die  in  der  gelehrsamkeit 
einige  beschmauchte  scribenlen.  Winkelhanx  2,  42t.  s.  be- 
rauchen. 

BESCHMAL SEN,  eonrirari,  alicujus  epulas  sectari:  aber 
deswegen  habt  ihr  keine  macht,  sie  blosz  für  euch  zu  cor- 
rigieren,  viel  weniger  zu  bescbmausen.  ScnocH  stud.  leben  J ; 
ein  andermal  komm  mehr  und  beschmaus  uns.  ebenda;  ich 
wünschte  deswegen,  dasz  wir  öfters  an  diesen  ort  kommen 
und  den  herrn  von  E.,  denn  so  hiesz  der  hauswirt,  be- 
schmausen möchten.  Felsenb.  3,  3S3;  so  will  ich  mir  einen 
tag  ausbitten,  euch  zu  beschmausen.  4,  112;  unterdessen  er 
bei  dem  ersten,  der  ihm  im  weg  liegt,  einkehrt,  ihn  zu  be- 
schmausen.   Hamann  2,91; 

da  wo  ihr  den  enkcl  des  seligen  herrn, 

den  heule  Termnhlten  beschmausef.     Götre  1,  195; 

oiine  sich  anders  als  durch  die  ehre,  die  man  ihrem  söhne 
anihat  ihn  zu  beschmausen,  entschädigt  zu  sehen.  26,  352; 
während  Bogislav  auf  seine  Übermacht  vertrauend,  den  sieg 
mit  seiner  flottenmannschaft  beschmauste  (durch  einen  schmaus 
feierte),  bevor  er  erfochten  war.  Dahlmann  dJn.  gesch.  1,  323. 
sich  beschmausen  (in'e  betrinken),  beim  schmause  sich  über- 
nehmen, des  guten  zu  viel  thun. 

BESCHMAUSUNG,  f  man  begieng  den  vertrag  nach  däni- 
scher sitte  durch  eine  achttägige  wechselseitige  beschmau- 
sung.    Dahlmann  1,  tS9. 

BESCHMECKEN,  olfacere,  beriecken,  belecken: 
was  schads.  dasz  Lazanis  von  hunden  kaum  beschmeckt, 
obschon  sein  armer  leib  voll  elends  hier  gesteckt. 

Simpt.  1,  53». 

BESCHMEICHELN,  demulcere,  blandiri:  alles,  womit  er 
hohe  und  geringe  leser  und  Sänger  ei^etzt  und  bescbmei- 
chelt.    GöTBE  6,  65. 

BESCH.MEICHEN  ßr  beschmäuchen,  bescbmaucben,  s.  an- 
schmeichen : 

und  wenn  sie  {die  ratten)  gleich  müssen  vor  weichen, 

können  sie  den  feiod  so  beschmeichen, 

das  alles  verfault,  was  sie  rüren.    froschmeus.  III,  1,  4. 

BESCHMEISZE.N,  illinere,  polluere,  foedare,  beschmieren, 
beieerfcn,  besudeln,  golh.  bismeitan  iTiixQisii;  ungere,  ags. 
besmitan,  ahd.  pismijan  (Graft  6,  836),  mhd.  besmijen,  ein 
uraltes  Kort,  von  dessen  abstammung  unter  dem  einfachen 
gehandelt  werden  soll.  nhd.  kann  sich  aber  die  abgeleitete 
schwache  form  beschmeiszen,  beschmeiszte  =  goth.  bismaitjan 
bismaitida,  ahd.  pismeijan  pismei^ta  ron  der  starken  um  so 
weniger  sondern,  da  die  bedeutungen  beider  zusammen  flie- 
szen;  in  bairisclier,  schwdb.  Volkssprache  stehen  noch  schmei- 
szen  und  schmaiszen  ro«  einander  ab.  im  part.  pract.  er- 
scheinen nhd.  beschmissen  und  beschmciszt,  aber  mit  demsel- 
ben sinn,  das  prael.  ind.  würde  beschmisz  {bei  Llther  steht 
noch  bcschmeisz)  oder  beschmeiszte  lauten  können,  dem  praes. 
beschmeiszen  läszt  sicJt  nicht  anschn,  ob  es  ahd.  pisiu'i^an 
oder  pisincijan  5ei»  soll,  hiernach  wird  man  die  folgenden 
anführungen  beurtheilen.  die  bedeutung  ist  sowol  besclimieren, 
besudeln  {s.  abschmeiszen)  als  bewerfen  {s.  anschmeiszen,  auf- 
schmeiszen,  ausschmeiszen)  und  immer  klingen  uns  heule  diese 
Wörter  gemein,  der  edle  sinn  von  smeitan  ungere  ist  verloren 
gegangen,  woraus  sich  die  abnähme  des  worts  im  gebrauch  er- 
klärt, auch  salben  und  schmieren  wenden  sich  auf  schlage 
an,  schmeiszen  ward  zu  schlagen  und  werfen. 

solche  unreine,  falsche  geisler  bcschmciszeo  alle  gottes- 
gahen,  und  hindern  in,  das  er  inen  nicht  viel  gibt.  Llther 
1,  48t';  da  isis  auch  nicht  wunder,  das  er  zuletzt  vergift 
werde  und  beschmeiszt,  das  er  hinnach  fare  und  auch  sterbe. 
3,  395 ;  möchte  damit  auch  vil  andere  beschmeiszen  und  ver- 
giften. 3,  306;  wo  sie  ander  Icute  künden  damit  beschmei- 
szen und  vergiften.  3,  397.  398 ;  das  er  allenthalben  Ursache 
sucht,  die  einfeltigen  zu  beschmeiszen.  3,  456*;  zu  erbarmen 
ist,  das  man  den  namen  |pn>.«(er)  so  beschtneiszet  hat.  4,87*; 
also  haben  die  jflden  seine  {Christa  gnade  beschmeiszct.  4, 
197*;  und  was  nur  mit  disein  gift  beschmeiszt  ist.  5,  37*; 
das  der  teufcl    iu   seiner  klugheit  sieb   selbs   so   schendlich 


1583 


BESCHMEISZEN 


BESCHiVIEISZEN— BESCHMISSEN       1584 


musz  bescbmeiszen  und  beihören.  5,  262';  auch  wolt  ich  dem 
bapst  selhs  nicht  rathen,  das  man  die  evangelia  soll  leren, 
der  teufe!  solt  in  bescbmeiszen,  und  würde  nicht  lange  bapst 
sein.  5,  299';  der  hat  mich  geteuscht,  so  musz  ich  inen  (eum) 
wider  bescbmeiszen.  5,  440";  wie  fast  alle  ketzer  solchs  ha- 
ben wollen  gar  rein  machen,  und,  mit  Urlaub,  gar  beschmis- 
sen.  5,  450' ;  goltes  gaben  sind  so  treflich  edel,  wir  aber  so 
beschmissen.  5,  452';  und  wil  imer  der  unflat  (das  vertrauen 
auf  eignes  verdienst)  mit  im  herzen  sitzen,  da  Christus  sitzen 
sol,  und  seinen  stuel  bescbmeiszen.  6,  68';  das  ist  die  lei- 
dige erb&ünde,  angeborne  plage,  ein  gewachsne  gift  vom  erb- 
stam  und  veterlichem  geblüt  Adam,  da  in  der  teufel  be- 
schmeiszt  und  durchgiftet  hat  mit  dem  wort,  da  er  sprach, 
ir  werdet  wie  gott  sein.  6,  155';  denn  ob  bawr  und  bürger 
einander  betriegen,  beliegen,  teiischen  und  bescbmeiszen,  das 
ist  noch  nicht  der  ergest  teufel.  6, 164' ;  ich  wil  aber  darumb 
nicht  dein  igoUes)  bild  verkeren  noch  bescbmeiszen.  6,  304*; 
und  wird  der  lange  beschmissene  brauch  das  recht  heiszen. 
6,  324';  und  möchte  sich  noch  eben  sowol  in  seiner  klug- 
heit  bescbmeiszen,  als  er  sich  im  paradis  beschmeisz,  do  er 
meinet  er  bette  nu  gewonnen.  6,  332';  über  das,  so  ist  die 
liebe  Christenheit  mit  so  vil  grcwlichen  ergernissen  beklickt 
und  beschmeiszt.  6,  336';  wir  werden  dennoch  müssen  ster- 
ben und  im  den  bimmel  lassen,  wenn  wir  uns  gleich  auf 
erden  seer  Terdrieszlich  und  beschmissen  machen.  6,  352"; 
daraus  sie  besorgen,  das  sie  vil  volks  werden  des  orts  be- 
scbmeiszen und  groszen  schaden  thun.  6»-.  3,  528 ;  wenn  man 
kelber  und  schaf  geopfert  hat  (sagt  zum  kranken  weih  seine 
mutier)  und  an  die  sonnen  gelegt,  hat  dir  sonst  nichts  dar- 
von  mögen  werden,  so  hastu  sie  doch  beschmeiszt  und  dar- 
rauf gschissen.  schimpf  u.  ernst  cap.  390 ;  das  die  Sophisten 
die  beilige  schrift  mit  falschen  glosen  beschmeiszt  und  ver- 
giftiget. Alberüs  wider  Witzel  k'i,*;  aber  zur  selben  zeit  war 
schon  das  evangelium  mit  menschenleren   beschmeiszt.   A3'; 

ich  armer  Tiab  die  schanz  versehn, 

er  sagt  selbs,  ihm  wer  recht  geschehn, 

und  sprach  ich  hab  niicii  wol  beschmissen, 

warumb  blieb  ich  nicht  beim  gewissen?    Albercs  £sop  19; 

denn  unsers  herzogen  anschleg  sind  zerrissen, 

er  hat  sich  in  seiner  Itlugheit  beschmissen. 

ein  lustig  gesprech  der  teufel,  1542,  b  4  * ; 

dein  halben  leib  mit  rusz  bcscheisz, 

den  andern  theii  mit  blut  beschmeisz.    H.  Sachs  IV.  3,  77'; 

dasz  im  ausginge  der  angstschweisz, 

und  beschmaist  sich  mit  eignem  kot.    IV.  3,  105'; 

doch  alles  mit  menschengaifer  beschmaiszt.  Frank  parad.  92; 
schmeichlen  verunreinigt  und  beschmeiszet  mit  weicheit.  Pelr. 
193"; 

fliegen  zu  heiszer  zeit  gemein 

bescbmeiszen  alle  ding  in  summ.    Spreng  i/.  34'; 

also  dasz  wenig  von  ihm  unbeschmeiszt  oder  unangefochten 
bleiben  mochten.    Kirchhof  wendunm.  224' ; 

die  thut  ihr  selbs  in  fingcr  beiszcn, 
ihr  herz  nagen  und  ehr  besclimeiszen. 
FiscuART  ehz.  69 ; 
dasz  kein  mensch  auf  erden  so  heilig  gewest  noch   seie,   on 
Christus  alleine,  der  nit  selbs  mit  Sünden  beschmeiszt  were 
gewesen,   biencnk.  46' ;    wiewol    die   losen   fliegen   manchmal 
das  sacramcnt  dörfen  bescbmeiszen.   180'; 

und  sollten  sie  ihr  werk  und  olTenbare  Schriften 
mit  lügen  selber  noch  bescbmeiszen  und  vergiTten.    Opitz; 
schösscr,  die  in  ämtern  dienen,  sind  der  herren  kunst  zu  heiszen 
(auf  lateinisch),  weil  sie  manchen,  auch  die  herren  selbst 
besclimeiszen.  Locau  2,  zug.  194; 

manciier  ist  die  lateinische  kunst,  dadurch  der  hcrr  andere 
beschmeiszt.  Lehmann  139;  wenn  die  katze  einen  reinlichen 
ort  beschmeiszet,  so  bedecket  sie  den  platz  mit  erde.  pers. 
baumg.  9, 19 ; 

brecht  die  bbiraenkörbe  voll, 
damit  der  flora  schmuck  den  edlen  leib  bcschmcisze  (Jesfieuc), 
der  viel  zu  kostbar  ist,  als  dasz  er  modern  soll. 
GCntukr  622; 

80  floh  auch  ein  schwärm  junger  wtspen  aus  dem  beschmeisz- 
ten  aase  hervor.    Lessing  1, 136; 

die  liühncr  haben  lange 
darauf  gesessen,  solch  ge.siiidcl  nchiut 
nicht  sehr,  obs  eine  l.-inze  isi,  oh  siork, 
das  denkt  nur  drauf,  die  Sachen  zu  beschmeisxen. 
TlF-CK  1,264; 
PS   musz    ein   garstiger  voge!    sein,    der   sein  eigen  ncst  be- 
schmeiszt.   bei  Gi)NTHER  erscheint  zum  letztenmal  das  worl  in 
reinem  sinn  angewandt,  heute  beziehen  wir  es  nicht  n\ehr  gern 
auf  leule  {und  ziehen  dann  bcschmitzen  vor),  sondern  nur  auf 


thicre,  zumeist  auf  hühner,  schwalben,  fliegen,  wespen,  spin- 
nen, Schnecken,  raupen,  Schmetterlinge,  die  davon  geschmcisz 
heiszen,  und  selbst  Schmetterling  mahnt  an  die  nl.  form  be- 
smetten  =  beschmitzen.  in  manchen  der  angeführten  stellen 
mag  an  besudelnde  und  vergiftende  thiere  gedacht  sein,  auch 
setzt  man  euphemistisch  bescbmeiszen  statt  des  ihm  klangver- 
wandten Wortes,  so  verschieden  beide,  der  berührung  im  be- 
grif  ungeachtet,  ursprünglich  sind.  vgl.  sp.  1560  bescheiszen 
von  der  fliege  und  dem  teufel,  der  als  fliege  erscheint. 

BESCHMEISZÜNG,  f.  das  der  ehliche  stand  anders  nicht 
seie,  dan  ein  beschmeiszung  und  befleckung  aus  fleischlicher 
Vermischung,  bienenk.  IS";  dasz  man  in  dem  ehelichen  stand 
gott  nit  könne  gefallen  noch  heilig  sein,  dieweil  es  ein  eitele 
unreinigkeit  und  fleischliche  beschmeiszung  ist.    153'. 

BESCHMELZEN,  adipe  ungere:  wer  sich  mit  seinem  eige- 
nen schmalz  will  beschmelzen,  der  hat  dazu  gclegenheit,  so 
er  einem  geizigen  oder  armen  berrn  dient.   Lehmann  145. 

BESCHMERZEN,  dolere:  deshalbcn  wird  der  gefallen  son- 
derlich gerechtfertigt,  wenn  er  warbaftig  sich  bescbmerzt  und 
glaubt  und  vertrawt  dem  cvangelio.  Melanchth.  2  6'or.  2;  disz 
ist  zu  beschmerzen,  das  die  Christen  under  den  anlichristen 
sollen  steen.    Frank  guldin  arch  1538.  190'; 

so  laszt  uns  denn  von  ganzem  herzen 
der  Ambrc  raub  und  fall  beschmerzen. 

LouENST.  llir.  68,  532; 
und  sie  hat  oft  bescbmerzt,  dasz  sie  ihm  schlimm  gerathen. 

105,  547 ; 
jedoch,  warum  beschmerz  ich  meines  Jesu  wunden? 
Christi,  ged.  131,  25; 
und  wir  . . .    haben  nicht  zeit  gehabt  andere  üble  zufalle  zu 
beschmerzen.  Schuppius  714;  bald  darauf  beschmerzte  ich  das 
grosze  Unglück.  Jucundiss.  174;  o  wie  beschiucrzte  ich  dazumal, 
dasz  ich  euch  so  liederlich  verlassen.  211.    heute  ungewöhnlich, 
man  sagt  bedauern,   beklagen,    bejammern,    s.  beschmürzen. 
BESCHMIEDEN,  includere  aere,  ferro,  ahd.  pismidön  (ühaff 
6,  828),  mhd.  besmiden: 

er  hiej  vil  sere  besmiden  mich 

in  einen  bojen,  daj  müet  mich,    fraucndienst  hU,  21 ; 

daj  er  Petrum  liej  besmiden.    pass.  H.  156,  71 ; 

mit  zwcin  kcieoen  besmiden.    15S,  19; 

der  si  wol  besmiden  lie;.    160,  46 ; 

mit  isene  liej  er  in  besmiden.    pass.  K.  163,  21 ; 

die  heiligen  wurden  beide 

mit  gröjen  keien  dö  besmidet.    304,  23. 

nhd.  fest  mit  eisen  beschmieden  lassen; 

er  liesz  den  kästen  wol  beschmiden.    Waldis  4,  62. 

vgl.  abschmieden,  anschmieden,  einschmieden. 

BESCHMIEREN,  ungere,  linere,  foedare,  wie  bescbmeiszen 
(vgl.  schmieren  und  schmeiszen),  andei-e  schrieben  beschmir- 
ben,  Maaler  61*  beschmirwen  exungere,  ahd.  bismeron  (Graff 
6,  834),  nnl.  besmeren:  brot  mit  butter,  das  tuch  mit  fett, 
die  wand  mit  kalk  beschmieren,  bestreichen;  ein  buch  mit 
dinte,  das  gesiebt  mit  färbe,  die  äugen  mit  salbe  beschmieren; 
narrenbände  beschmieren  tisch  und  wände; 

lasz  erfrischend  uns  purgieren 

alle  dampf,  so  unser  hirn 

mit  geiz  und  ehrgciz  beschmieren.    Weckherlin  412; 

man  helt  dich  für  ein  bild  mit  golde  stark  beschmieret. 
LoGAU  3,  1,  76- 

er  sollte  sich  nicht  lassen  verführen 

und  nun  auch  bänk  und  tische  beschmieren. 
l^öTiiB  2,  200; 
papier,  thcils  reines,  tbeils  beschmiertes,  das  in  deutscher 
spräche  beschmierte  papier.  J.  Paui.  teuf.  pap.  1,  u.  sich  be- 
schmieren, sich  das  maul,  die  bände  Itescbniieron ;  der  sich 
an  einer  solchen  dreckpatsche  beschmiert  hätte!  dera.m.im 
Tockenb.  72.  vgl.  die  Zusammensetzungen  des  part.  praet.  fetl- 
beschmiert,   honigbescbmiert,  kothbeschmiert. 

BESCHMINKEN,  fucare,  schminken:  die  wangcn  beschmin- 
kcn,  ein  bcschminktcs  gesiebt;  beschminkte  andacht,  Heu- 
chelei : 

mit  den  groszgeniachien  dünsten 

der  bcschminkten  uilelkeiien,  locket  mich  die  falsche  hin 

dort  auT  jenen  breiten  weg.    Nkumarks  lu^tw.  135. 

BESCHMIRGELN,  faece  foedare,  mit  schmergel  besudeln, 
s.  schmergel. 

BESCÜMIRMELN,  rancerc,  adipem  olere.  Stiblbr  1883.  t. 
schmirmeln  und  anschmirmoln. 

BESCHMISSEN,  maculare,  eine  seltne,  aber  zulässige  ne- 
benform   von   beschmilzen,    mhd.    besmijjen,  pari,  besmijjet: 


1585   BESCHMITZEN— BESCHMÜCKEN 

noch  sind,  faiK  groszer  gott,  bei  so  betrübten  Sachen, 
die  den  verstockten  geist  besciirnisscn  mit  dorn  blut 
und  binden  über  sich  ein  ungeheure  rut. 
GuTPaius  3°2(>. 

BESCHMITZEN,  polluere,  foedare,  nnl.  besmetten,  befle- 
cken, besudeln,  gilt  für  feiner  und  anständiger  als  beschmei- 
szen,  und  hat  den  nebensinn  von  leicht  (levis  noUe  inacula) 
besprützen,  bewerfen,  vgl.  glitzen  und  gleiszen,  ritzen  und  rei- 
szen,  schwitzen  und  schweiszen.  frühere  schrißstcller  geben 
ihm  aber  ganz  die  bedeutung  von  beschmeiszen :  die  reinigkeil 
der  kirchen,  welche  sie  in  sitten  und  personcn  so  heszlich 
beschmilzt  haben.  Lltuer  5,  116';  s.  Bernhard  sagl,  so  oft 
er  J)ei  leuten  sei  gewest,  so  ofl  er  sich  beschinitzl.  5,  35S'; 
üb  wir  itzl  beschinitzl  und  ins  finster  gelegl  werden  von  der 
weh.  5,  409';  unib  solcher  willen  musz  er  solchs  von  im 
selbs  anziehen,  als  soll  er  sagen,  ich  weisz  wo!,  das  sie 
mich  mit  solchem  rhom  beschmitzen.  6,  220";  gleichwie  die 
liebe  sonne  nicht  davon  beschmilzcl  noch  unrein  wird,  das 
sie  so  schier  scheinet  auf  einen  kol  und  unflat  als  aufgold. 

6,  295';  wie  schendlich  beschmitzen  sie  keiser  Carols  namcn. 
8, 3S3*;  aber  nicht  alle  sind  mit  öffentlichen  ergernissen  so  grob 
beschmitzt.  tischr.  176'.  18"';  Adams  fall  hat  die  menschliche 
natur  also  gar  sehr  beschmitzt,  verderbt  und  vergift  (iti'e  oben 
sp.  1582  beschraeiszt  und  vergift).  309'; 

das  die  (liegen  nit  auf  euch  sitzen  {es  steht  ziizcn), 
ewr  zarte  angesicht  beschmitzen.    H.  Sachs  III.  3,  12*; 
glaubt  es  der  kaiser  wol,  wie  hoch  er  auch  erhitzt, 
dasz  sich  i'apinian  mit  solcher  schraach  beschmitzt? 

üRTPUics  1,  447; 
ein  wciszes  körbelein, 
ist  neu,  noch  unbcschmilzet.    Spke  trutzn.  201 ; 

von  hunden  beschmitzet  werden,  pers.  rosenlh.  7,  15 ;  es 
gibls  die  Vernunft,  dasz  ein  armer,  der  auch  seine  pemüts- 
bewegungen  und  Iflste  hat.  wenn  er  selbige  mit  billigkeit 
nicht    steuicn    kan.    beschmitzet  und  sie  mit  lästern  sättiget. 

7,  20;  als  die  brüder  Josephs  sich  mit  lügen  beschniitzeten. 
8, 126 ;  mit  Sünden  beOeckt  und  beschmilzt  sein.  pers.  baumg. 
9,  15; 

die  Ohren  mächtig  scharf  hier  der  einsiedler  spitzte, 
damit  der  bcidsche  nicht  den  heiigen  sinn  bcschmilzie. 
Werders  .4r.  27,  87; 

dies  must  du  doch  noch  wissen,  dasz  die  menschen  nicht 
allein  in  ihrem  leben  die  kirchen  mit  lästern  beschmitzen. 
Simpl.  1,  420 ;  von  ihm  Selbsten  beschmitzet  und  besudelt  und 
sich  zu  einem  unehrlichen  mann  gemachet.  Schlppius  620; 
die  mängel,  so  die  form  des  reichs  beschmitzen.  Leibnitz  188 ; 
so  manch  papier  befleckt,  so  manch  papier  beschmitzt. 

G0.1ITHER  1098; 
der  Zeiten  öftre  bnii,  der  frcTcl  und  die  schände 
bescbraitzten  anfangs  bald  die  eben,  haus  und  stamm. 
Hagedor.-»  3,  26; 
anch   tugenden  nnd  laster  wird  die  nachweit  nicht  ewig  ver- 
kennen,   ich  begreife  es  sehr  wol,  dasz  jene  eine  Zeitlang  be- 
schmitzt und  diese  aufgeputzt  sein  können.  Lessinc4.  6;  kann 
Hnmöglich  seinen  ehrlichen  namen  beschmitzen.  Liscot437; 
nnd  ach,  zu  späte  reu  im  unnihvollcn  herzen, 
die  gleich  liarpycn  ihn  heim  pastmal  überfällt, 
den  onola«  beschmitzt  und  Cvperns  wein  vnrgöllt. 

Lz  2,  29 ; 
ob  er  gleich  keinen  theil  meines  Privatlebens  unbeschmitzt 
liesz.  Wieland  2, 119  ;  die  beschuldigung,  womit  er  die  lugend 
der  schönen  Danae  zu  beschmitzen  sich  erfrechte.  2,  179; 
jemandes  namen  mit  einem  Schandflecken  beschmitzen.  20, 
247(259);  kein  kleinliches  angchänge  beschmitzte  ihre  wunde. 
Herder  19, 141 ; 

der  Stümper,  der  zu  meinen  ffi^zen  kreucht, 
beschmitzet  zwar  mit  seines  neides  gcifer 
oll  meinen  rühm.  ßünccR31*; 

Klopstock  schlägt  ein  allgemeines,  die  augrn  am  wenigsten 
beleidigendes  dehnungszeiclien  vor.  ich  kann  mir  keines  den- 
ken, das  nicht  die  reine  einfache  Schönheit  im  schreiben  und 
drucken  beschmitzen  sollte.  326';  da»  ungereimte,  womit  man 
ihn  {den  alheismus)  so  gern  bescimiilzte.  J.  1'ai;i.  Til.  2, 103. 

BESCHJUTZllNf;,  ^.  macula.  befleckung :  ohne  beschmilznng 
ihrer  ehren.  KinciinoF  mit.  disc.  2.M ;  dieweil  die  hciligkeit 
seiner  person  alle  unsauberkeil  und  beschmilzunp  fein  kan 
abwaschen  und  silubern.  bienenk.  226';  ehrliche  leute  vor 
dergleichen  verdampten  beschraitzungen  hinfüro  sicher  stellen. 
Schlppius  C7«. 

BESCIIMLCKEN,  omare,  exomare,  schmücken.  Stiele«  IS85. 
was  hnst  eetvonnon.  nun  bepnck», 
Bit  ncssclkrjiizluiu  fuiu  beschmucks.   Fiscbart  grosim.  43. 


BESCHMUNZELN— BESCHNABFELN   1586 

auch  colorem  causae  inducere,  ausschmücken,  der  sacke  einen 
sdiein  geben. 

BESCHML'NZELN',  leni  risu  excipere,  beläclteln,  s.  das  beim 
folgenden  wort  getnutmaszte  ahd.  smunzun. 

BESCHMÜRZEN,  was  beschmerzen,  aus  dem  folgenden  zu 
vermuten  und  von  dem  starken  ahd.  smerzan  smarz  smurzun 
gismorzan  (Graff  0,  8351  leicht  herzuleiten,  auch  Schweiz,  für 
schmerzen  schmiraen  und  schmürzen.  Stalder  2,  336.  337.  bei 
Hattemer  3,  598  erscheint  ein  smurzöt,  praenidet,  «ras  wol  sein 
soll  renidet.  lächelt,  so  dasz  man  vermuten  darf  smunzöl. 

BESCHMLRZCNG,  f.  dolor:  nicht  ohne  beschmürzung  siehe 
ich,  wie  viel  reiche  seind  gar  zu  viel  unmiJd.  Sculppics  "49. 

BESCHML'TZE.\,  maculare,  contaminare.  wie  aus  ags. 
smitta  macula  engl,  smut  wurde,  folglich  engl,  besraul  zurück- 
geht auf  ags.  besmittan  {neben  besmitan,  wie  unser  beschmitzen 
rieten  beschmeiszen);  so  scheint  auch  unser  beschmutzen  gleich- 
viel mit  beschmitzen,  um  so  mehr,  da  man  im  V,  jh.  noch  be- 
schmutzen schrieb: 

euch  hat  es  allezeit  geehret  und  genützt, 
ihn  aber  hat  es  jetzt  am  leimiit  sehr  beschmutzt. 
Werders  Ar.  18,  3. 
Stieler   setzt  schon  beschmuzen.     wir  brauchen  beschmutzen 
meist  sinnlich:    die  bände,  schuhe,  kleider  beschmutzen;  be- 
schmutzte Wäsche,  sclimtUzige,  sdiwarze;   beschmutzte  schus- 
seln, teller  {s.  beschissen),    doch  heiszt  auch  sich  beschmutzen 
sich  mit  einer  schlechten  handlung  beflecken; 

aber  vergisz  niemals,  dasz  stets  die  geschwätzige  trägheit 
wertlos,  ohne  verdienst,  grosze  Verdienste  bescbmuüt.' 

PtATE.'H  144*. 

BESCHMUTZUNG,  f. 

BESCH.NABBERN,  ore  contingere :  wenn  das  wasser  von 
einem  faulen,  stinkenden  munde  beschnabbert  und  halb  ge- 
trunken ist.  pers.  rosenth.  1,  42.  die  ausg.  von  1775  setzt  dafür 
beschlabberl.  beide  formen  sind  unhochdeutsch,  s.  beschnapern. 
BESCHNABELN,  rostro  ingerere,  gustare,  sich  beschnabeln, 
mit  speise  erfüllen;  Stieler  1895  beschnabelieren. 
wenn  du  dich  satt  bcschnabclt  hast. 

RiSGWALD  laut.  warb.  112. 
BESCHNABELN,    rostro  längere,    sich  beschnabeln,    rosira 
conferre.    man  zieht  heute  vor:  sich  schnäbeln,  ahd.  snapalon. 
BESCHNALLEN ,    fibulis  muntre.    Stieler  1S9I.     das  pari. 
beschnalil  zu  unterscheiden  von  bcschnallt  =  beschnellt. 

BESCHNAPERN,  was  beschnabbern :  er  behalte  doch  seine 
beschnapcrle  liebste,  anlw.  was  heiszt  beschnapert?  wir 
schweren  bei  unsrer  Sicherheit,  dasz  wir  sie  noch  mit  keinem 
küsse  berühret  haben.  Weise  fr.  redner  429.  vgl.  auclt  be- 
schnopern. 

BESCHNAPPEN,  deguslare,  aufschnappen:  doch  wenn  du  ja 
historien  beschnappen  wilsl,  so  lies  den  Marcolfs,  den  Eu- 
lenspiegel. BiEMERs  reime  dich.  14. 

BESCHNAPSEN,  sich,  rino  se  obruere  cidusto. 
BESCHNARCHEN,    intcrcipere,    heimlich  auffangen,    belau- 
schen,   ahd.    pisnerchan  illaquearc,    snaracha    rete,    tendicula 
(Graff  6,  849.  850). 

.4.  dort  for  der  thür  da  steht  ein  man. 
hat  brief,  die  er  euch  selbs  «ril  geben, 
ich  wolt  des  p.ings  euch  überheben, 
und  wolt  die  briet  von  im  habn  snon. 
B.  geh  hin  und  heisz  in  einher  gon, 
lasz  hören  was  er  newes  bring, 
knecht  sollen  nicht  bschnarcheo  alle  ding, 
das  si  darnach  das  haus  mit  fegen. 

TiicR^CEtssFR  arcnidoxa  II. 
nJc//(  unverwandt  ist  unser  schnarchen,  wenn  wir  sagen:  im 
liause  herum  schnarchen,  schnüffeln,  wovon  mehr  unter  dem 
einfachen  wart,  tgl.  auch  anschnarchen,  anfahren,  anbrummen. 
BESCHNARCHER,  m.  morosus  censor,  krätler :  wäre  meinem 
besrhnarcher  wissend  gewesen,  dasz  ein  überseUer  die  kraft 
der  worle  fühlbar  machen  müsse.  Reiske. 

RESCHNARCHUNG,  f.  objurgatio  gravior,  msehnarchung. 
Stielkr  1888. 

BESCHNARFELN,  conlreclarc,  angreifen,   anrühren? 
als  (n//e.v)  was  man  nur  ufiragcn  thet, 
er  als  beschnarfclt  ninl  beredt, 
disz  war  im  zu  jung,  disz  zu  alt. 

WiCKRAM  irr.  biltjer  30. 
ahd.  ist  pisni'rfan  oder  firsnürfan,  in  unklaren  texten,  con- 
Irahere  und  obcoec^ire  (Graff  6,  850.  851),  goth.  atsnarpjan 
aber  Col.  2,21  O'tyyäveir,  contreclare,  alln.  snerpa  asperare, 
snarpr  asper,  acer,  nnl.  snerpen  versehren,  verletzen,  Otto- 
CAR  c.  247  verknüpß  smiegen  und  snerfcn,  in  der  Schweiz 
heiszt   ein  schlitlcnhol:  schnärf,   bei  Keisersberg  soll  schnarf 

100 


1587   BESCHNARREN— BESCHNEIDEN 

prora  ausdrücken,  es  hält  schwer,  aus  so  verschicdnen  Wör- 
tern den  sinn  des  ursprünglichen  snairpan  snarp  zu  (jewinnen. 
für  besclinarfeln  scheint  die  passendste  bedcutung  contrcclare, 
welches  sich  selbst  mit  contraliere  berührt,  sncrpen  verletzen 
ist  auch  angreifen,  «nrf  snerfen,  krümmen,  biegen  ein  zusam- 
menziehen, die  subst.  sclinürf  und  schnarf  bezeichnen  gebog- 
nes holz,    obcoccare  mag,    wie  sonst,    obrucre  sein. 

BESCHNARREN?  Fischart,  in  der  bekannten  stelle,  Garg. 
79'  gibt  beschnarret  als  ein  epithelon  des  schifs.  liegt  darin 
das  nnl.  snar,  schnür? 

BESCHNATTERN,  gingritu,  clangore  excipere,  wie  storche, 
gänsc,  enten  thun,  und  auf  menschen  angewandt  beplaudern, 
beschwätzen : 

wer  alle  ding  beschnattert  ie 

und  gar  kein  ding  verschweigen  kan.    H.  Sacus  II.  4,  126'; 

er  bschnatiert  alles,  was  er  sieht.    V,  365'; 

die's  fenster  nicht  hat  stets  am  hals, 

nicht  zenkisch  ist  und  bschnatiert  als; 

kleine  nestlinge,  die  immer  über  das  gespräch  binausschrein 
und  liüclist  grausamlich  dafür  beklatscht  werden,  diese  sind 
jetzt  mode  und  beschnatlern  die  gemeinen  fheater.  A.  W. 
Schlegel  im  Hamlet  2,  2.  der  text  hat  berattle.  Stieler 
1886  schreibt  beschnadern. 

BESCHNATZEN,  beschneiden,     s.  aufschnatzen. 

BESCHNAUBEN,  naribus  explorare,  beriechen: 

Iduna  {eine  slute!)  geführt  von  mir, 
bestraft,  gestreichelt,  heftiger  angeredi, 
dann  leiser,  sanfter,  steht  dem  schlisse 
zwar  nicht  mit  ruh,  doch  den  dampf  heschnaubt  sie. 
Klopstock  2,  35. 
vgl.  das  wctter  berieclien  sp.  1524. 

BESCHNAUBERN,  dasselbe:  so  wie  ein  spieihund,  der  an 
dem  langen  leithande  das  wild  ausspicrt,  und  mit  gebückter 
schnauze  die  wege  beschnaubert.  Lessing  4,  269.  s.  beschno- 
pern,  l)esclinuppein. 

BESCFINÄUFELN,  dasselbe,    s.  beschnüffeln. 
BESCHNAÜFEN,   dasselbe:   welchen   der  bär  bescbnaufte. 
Zinrcref  apophth.  76, 16. 

BESCHNAÜFÜNG,  f.  admolio  ad  nares,  beriechung.  Stie- 
ler 1896. 

BESCHNAUZEN,  was  anschnauzen,  anfahren: 

vornemlich  wenn  sie  sich  besolTen, 
darf  man  auf  keinen  abschied  liolfcn, 
denn  sie  alsdenn  die  leut  beschnauzen, 
und  manchen  auch  wol  abekauzen  (prügeln). 
Ringwald  plagium  4, 2. 
BESCHNEIDEBRET,  n.  bei  den  buchbindern. 
BESCHNEn)EEISEN,  n.  bei  den  gerbern. 
BESCHNEIDEHOBEL,  m. 
BESCHNEIDEMESSER,  n. 

BESCHNEIDEN,  circumcidere,  amputare,  mit  der  bedcutung 
von  be  ==  um,  umbi,  wie  die  angegebnen  lat.  Wörter  circum 
«nrf  am,  amb  o.fifi  enthalten;  beschneiden  ist  also  rund  herum 
stutzen,  weniger  als  abschneiden,  verschneiden,  zerschneiden, 
vgl.  bereiszen. 

1)  die  Vorhaut  beschneiden,  neQirifivsiv,  goth.  bimaitan, 
ahd.  pismdan,  mhd.  besnlden,  nnl.  besnijden,  ags.  ymbsnidan, 
engl,  circumcise,  altn.  umskera,  schw.  omskära,  ddn.  omskare. 
alles  was  menlich  ist  unter  euch,  sol  beschnitten  werden. 
1  Mos.  17,  10 ;  ein  iglichs  kneblin,  was  acht  lag  alt  ist,  solt 
ir  beschneiten.  17,  12  und  oß  im  a.  lest.;  ein  beschnittener 
Jude ;  er  hat  sicii  lassen  beschneiden.  Keisersb.  Sünden  des 
munds  16'; 

er  (Türke),  der  beschnitten  ist  an  leib  und  an  gcraüthe. 

Opitz  1,  4. 

2)  die  niigel,  die  haare  beschneiden,  den  schafen  die  wolle : 
deine  zene  sind  wie  die  herde  mit  beschnitten  (beschnillener) 
wolle  (sicut  greges  tonsaium).  hohelied  4,  2;  den  vögeln  die 
federn,  flügel,  filtiche.  figürlich,  einem  die  lUigcI  Iieschneidcn, 
seiner  Wildheit  einhält  thun;  die  filliche  sind  ihm  schon  be- 
schnitten worden ;  er  musz  seiner  einbildungskraft  die  flügel 
mehr  beschneiden ;  wenn  dem  dogmatismus  durcii  eine  strenge 
kritik  die  flügel  beschnitten  werden.  Kant  6, 132. 

3)  einen  beschneiden  hiesz  aber  auch  gewand  an  ihn  schnei- 
den und  es  zierlich  ausschneiden: 

ir  wcibcr  sind  mit  vech  (buntem  pelt)  bcschnlllon, 

gezieret  wol  nach  edelm  siiten.    üuland428; 

beschnaid  im  sein  gefider.    873; 

.^0  sing,  so  sing,  fr.iw  nachtigal, 

die  ander  wnidvogelvin  schweigen, 

.<!0  wil  ich  dir  dein  geliderc 

mit  rotem  gold  beschneiden.    52, 


BESCHNEIDEN  — BESCHNELLEN   1588 

d.  h.  ich  will  es  mit  gold  schmücken,  gold  darein  flechten, 
worüber  noch  andere  stellen  beizubringen  sind: 

ich  zflch  mir  einen  valken  möre  danne  ein  jär, 
dö  ich  in  gezamete,  als  ich  in  wolle  liän, 
und  ich  im  sin  gevidere  mit  golde  wol  hewant, 
er  huob  sich  üf  vil  höhe  und  flouc  in  anderiii  lant. 

MS.  1,38'; 
heij  mir  (.fpricht  der  rabe)  beslahen  daj  gevidere  min 
allej  mit  guotem  rotem  golt.    Oswalt  4il .  4'M ; 
vergiilde  im  sein  gefidere, 
versilbere  im  die  clawcn  sein, 
vergolde  im  sein  snabel  fein.    Haupt  2,  95. 

so  wurde  auch  gold  in  hart  und  haar  gewunden^  was  wie- 
derum heiszen  könnte,  das  haar  mit  golde  beschneiden,  gold- 
faden  daran  schneiden,  vgl.  ausschneiden. 

4)  die  bäume,  hecken,  reben  beschneiden  (was  auch  gern 
heiszt  besclineiteln) ;  den  apfel  beschneiden,  schälen;  biern 
besniden,  schälen,  von  guter  spise  12.  der  buchbinder  be- 
schneidet (vgl.  beraufen). 

5)  beschnittener  käse;  beschnittener  mond,  abnehmender, 
altn.  inn  skardi  mäni.  Scem.  134';    im  türkischen  wapen; 

Stern  schieszt  nach  stern,  beschniltner  mond  scheint  helle. 

G'ÖTHE  41,  118. 

6)  geld  beschneiden,  beschnittene  ducaten,  goldstücke. 

7)  figürlich,  einem  sein  recht,  seine  einkünfte,  seinen  sold, 
seine  hofnung  beschneiden ;  eim  den  wein  beschneiden.  Maa- 
ler  6l';  eine  erzählung  beschneiden,  abkürzen;  ein  Schau- 
spiel zum  aufführen  beschneiden,  zuschneiden,  stutzen;  be- 
schnittne,  concise,  genaue  rede ;  er  redet  beschnitten,  weder 
zu  vil  noch  zu  wenig.  Keisersberg.  ich  wils  noch  pas  be- 
schneiden, fastn.  sp.  387, 15.     vgl.  beschroten. 

BESCHNEIDEPRESSE,  f.  der  buchbinder. 

BESCH.NEIDER,  m.  putalor. 

BESCHNEIDESPINDEL,  f.  der  buchbinder. 

BESCHNEIDESTÜL,  m.  in  eignem  sinn  bei  Fischart:  nar- 
ren, hirnlose  esel,  beschneidstul,  gebichte  (gepichte)  toren,  ge- 
furnist  fantasten,  groszm.  94. 

BESCHNEIDUNG,  f.  circumcisio,  amputatio,  nach  allen  be- 
deutungen.  den  jüdischen  sinn  der  TisoiTOftrj  geu'ährt  oft  das 
iV.  T.  figürlich,  kritische  beschneidung  des  herzens,  der 
obren  und  lippen  dieses  werkleins.  .1.  Vavl  jubeis.  177. 

BESCHNEIEN,  nivibus  obruere  und  obrui:  mhd.  besnien. 
Bon.  43,97;  heute  beschneiet  alles,  wird  von  schnce  bedeckt; 

seit  mir  das  alter  hat  mein  schwarzes  haar  beschneit. 
Opitz  1,  194. 

zumal  im  pari,  nivalus,  nivalis:  beschneite  berge,  berggipfel, 
wege,  fuszsteige,  rücke,  hüte,  dächer:  wo  man  in  den  klü- 
stern  schweigen  hält,  da  stot  es  wol,  wo  man  aber  das  nit 
hält,  da  ist  kein  geistlicheif,  sunder  ein  beschnitcr  mist,  oben 
sauber,  unten  kot  und  laster.  Keisersb.  sünd.  d.  m.  50' ; 

auf  weichem  mos,  beschneit  mit  rosenbläuern. 
Wieland  9,  288; 

im  august  ist  das  gefilde  oft  vom  haft  (der  eintagsfliege)  weisz 
beschneit;  zwischen  ihren  von  schaumwürmern  beschneiten 
weiden.  J.  Paul  Hesp.  3,206;  mit  bluten  wie  beschneit;  ge- 
birge  vom  monde  beschneiet.  Tit.  5,195;  der  Moriz  aber,  der 
die  glaszcrbrecher  wol  kannte,  gieng  wie  ein  beschneiter  hund 
von  dannen.   Arndts  leben  22. 

BESCHNEIKEN,  es  ist  schwer  die  eigentliche  form  dieses 
Worts  zu  ermitteln,  das  ungefähr  was  benaschen  bedeutet,  den 
besten  anhält  gibt  das  altn.  snikja,  von  dem  der  vocal  unse- 
res schnucken  abweicht,  bei  Keisersrerg  iVri^  schaf  51  steht 
beschnachen,  in  andern  predigten  aber  beschneuchen,  beschnö- 
ken.  Schweiz,  schnaikcn,  schneiken,  schneuggen  schnüffeln, 
beschneikcn  beschnüffeln  (Stald.  2,  342),  bei  Hedion  kirchenh. 
252  durchschneiken,  durchschnüffeln,  durchnaschen ;  sonst  auch 
schnöchzen,  naschen  (Stald.  2,  343).  schwäb.  schnaiken,  fränk. 
schnechen,  heimlich  suchen,  um  zu  naschen  (Scmmellkr  3, 482). 
das  CH  scheint  in  diesen  Wörtern  hochdeutscher  als  K.  s.  be- 
schnurken. 

BESCIINEITELN,  diminutiv  von  besciinciden :  bcschneillen 
als  die  l)iium.  MaalerOI';  Weinreben  beschncileln:  den  lionig 
beschnciteln,  schneiden.  Stieler  1902;  die  kirchc  wird  mit 
blut  begossen,  beschneitelt,  fortgcpRanzet  und  beraubet.  Lu- 
thers tischr.  251*.  das  T  wie  in  schneiden  schnitt,  schnilte 
(ahd.  snhlan,  sneit,  snilun,  snila)  oder  wie  in  schcilcl,  schei- 
teln ton  scheiden,     s.  aiisscluiciteln. 

BESCHNEI-LKN,  fraudare,  decipere,  etgentlich  vibrarc,  das 
pract.  früher  noch  rüchumlautend  bcschnalltc,  pari,  besclinalll: 


1589   BESCHNEUZEN —BESCHOCKEN 

der  bat  im  selbst  ein  netz  ßestalt, 

tlarJQ  spouvögel  in  beschnalt.    Kirchhof  »endunm.  390'; 

eine  frau,  so  mit  viclualien  bandelte,  und  die  armen  gewal- 
lig beschnellet  hatte,  westf.  Robinson  91 ; 

beschnelle,  wen  du  kaust,  mit  einer  frommen  art. 

Gü.MUER  49»; 
wie  sie  dort  den  mann  von  treu  und  glauben 
in  der  heuchlerlarve  fein  beschnellt.    Ucrger57'; 
all  sein  (Amors)  schmeichelndes  bübeln, 
all  sein  kosen  und  liebeln 
4iat  noch  nimmer  mein  herz  beschnellt.    Voss  4,  73; 

ein  braver  dieb,  der  so  gescheit 
deu  andern  dieb  beschnellet.    6,  146. 

das  einfache  schnellen  oft  mit  gleicher  bedeutung. 

BESCHN'EUZE.N ,  emungere,  decipere:  dasz  ich  unter  vier 
Spitzbuben  gerathen,  welche  bis  itzo  ihr  wort  nicht  gehalten 
und  allem  ansehen  nach  mich  beschneuzet  hätten.  Felscnb. 
1,  119.     vgl.  besclinauzen. 

BESCHNICKSCHNAChEN,    irridere,  vcrspöUeln,  bespötteln: 

hervor  musz  er,  der  matte  streich, 

dasz  er  bescbuickschnuckt  Korde.    Bürger  65". 

BESCHNIPFELN,   die  hochdeutschere  form  des  folgenden. 

BESCH.MPPELN,  minulis  partibus  circumcidcre. 

BESCHMPPE.N,  digitis  crepando  irridere,  verhöhnen  und  ein 
Schnippchen  dazu  schlagen. 

BESCH.MPPEHX,  was  beschnippeln. 

BESCHMTZELN,  was  beschneitein:  man^musz  die  jungen 
bäum  beschnitzeln.  Lehmann  14" ;  sein  nieister,  der  sich  denn 
doch  auch  gleichwol  bis  zu  dem  dritten  emporgeschwungen 
hatte,  tritt  darauf  hin,  beschnitzelt,  verlängt  oder  verkürzt 
jenen  zwanzigsten  gedanken.  Klopstock  12, 114. 

BESCHMTZEN,  dasselbe:  mhd.  E/ige/A.  2977 ; 

götter  sind  sie,  nicht  zum  schijizen, 

aber  kräftig  zum  beschniizen.    Logau  1,  9,  96, 

d.  h.  um  die  leule  lu  schneiden,  hart  mitzunehmen;  wie  er 
{der  balke)  sollte  behobelt  und  beschnitzel  werden.  Weise 
erzn.  3. 

BESCHiVOPERN,  odorari,  was  sonst  beschnuppern  und  be- 
schnaubern :  haben  sie  sich  einen  feuermauerkehrer  beschno- 
pern  lassen,  so  mögen  sie  auch  dabei  bleiben.  Weise  comöd. 
343 ;  ein  vernaschter  kerl,  der  alsobald  meinte  er  müste  ster- 
ben, wann  er  nicht  alles  beschnopern  solle,  erzn.  240 ; 

der  bär  bescbnopert  ihn,  flndt  keines  lebens  spur. 
Lessing  1,  126. 

BESCHN'ÖRKELN,  ineptc  omare,  mit  Schnörkeln  verunzieren. 
BESCHNüCKEN,  was  beschneiken,  sowol  benaschen  als  be- 
riechen, beschnüffeln.  Stieler  1897  hat  schnucken  suspirare. 
BESCH.NUDELN,  inquinare.  Henisch  308. 
BESCHNÜFFELN,    ore,    naribus  alttngere,    berieehen,    auch 
beschnüffeln    und   bei  Stieler  1896   beschniffeln :    diesen   be- 
schnüffelten,  beleckten   brei  wieder  in  den  mund  schmieren. 
Lessixc  10,  176 ;    denn    die    dinge   wollen  schlechterdings  ge- 
sehen und  selbst  gefühlt  und  beschnüffelt  sein.  Wieund  bei 
Merck  2, 151.     j.  beschnäufeln. 

BESCHNUPPEBN,  was  beschnaubern,  beschnopern:  und 
solle,  was  er  einmal  beschnuppert,  behalten.  Wiedeman  oc/o6. 
13 ;  nachdem  der  ochse  seinen  zerfleischten  mitbruder  etliche 
mal  beschnuppert  hatte.  Felsenb.  4, 107 ;  wir  kirschkcrne  auf- 
knackten, ananas  beschnupperten.  Götbe  14,  102 ;  der  nichts, 
selbst  die  feinsten,  flüchtigsten  gefühle  unbeschnuppert  und 
ungestört  läszt.  Tieck  ges.  nov.  S,  260;  hier  lagerten  gleich- 
wol fette  kühe,  ruhiger  und  weniger  neugierig  als  ihre  Schwe- 
stern im  Appenzeller  lande,  die  einen  längs  der  schmalen 
fuszsteige  über  alle  zäune  beschnupperu.  Ulr.  Hegner  4, 194. 
BESCH.NÜKEN,  /S/o,  fune  constringere,  omare,  umschnüren : 
einen  sack  beschnüren ;  eine  harfe  beschnüren,  besaiten;  einen 
mantel  hcschnüren,  mit  schnür  besetzen;  feuerwerker  beschnü- 
ren die  brandkugeln ; 

hör  Anna,  hastu  auch  bestalt 
houpiküssen  und  sonst  ninnigfalt 
von  Sachen,  die  man  musz  beschnüren 
und  auf  der  reisen  mit  sich  fuhren  ? 

Ringwald  ptagium  2,  1 ; 
stimmt  ein  zur  besten  harfen  mein, 
zur  harfen  frisch  beschnürei. 

SriH  truttn.  153  (1841  gescbnüret); 
der  mantel  ist  mit  gülduen  bosementen  dicht  bescbnüret. 
Stieler  1908. 

BESCHOCKEN,  irrogarc  Iributum,  besteuern,  in  sehockan- 
schlag  setzen.  Frisch  2,218*;  beschocktes,  unbescbocktes  gut, 
terra  tributaria,  non  Iributaria;  ich  eilte  zu  dem  versuch  den 


BESCHONEN— BESCHÖNEN 


1590 


kaiser  zu  vermögen,  die  etwanigen  Steuerrückstände  von  witz, 
Phantasie  und  gelehrsamkeit  so  vieler  Schriftsteller  gnädigst 
zu  erlassen  und  sogar  Tschocken  nicht  zu  beschocken.  J.  Paul 
herbstblumine  3,  262. 

BESCHONEN,  sinere  esse  immunem,  intactum,  verschonen: 
demnach  ist  mein  ehrendiensthches  bitten,  dasz  mein  haus 
mit  den  bürden  und  Zulagen  und  allen  andern  unplichtea 
beschonet  und  übersehen  werden  muge.  a.  1627.  ballische 
Stud.   i5,  118. 

BESCHÖNEN,  speciosum  reddere,  omare,  colorare.  das  goth. 
skaunjan  wäre  eine  sache  schön,  wie  hauujan  hön  machen,  ahd. 
scönan  und  himan,  mhd.  schccnen  und  hoenen,  wir  sagen  heule 
verschönen  und  verhöhnen,  erheben  und  erniedrigen,  ahd. 
piscönan  ist  unverzeichnet,  mhd.  beschoencn  häufig: 

nicman  mac  bescbcenen.    Fkeid.  162,22; 

gefüeges  mannes  doenen, 

daj  sol  man  beschoenen.    Walth.  104,  4; 

wa;  sol  diu  rede  beschoenet?    106,  6; 

seht,  von  ir  schoene  waeren  wol  drizec  laut  bcscbcenet. 

ÄS.  1,184'; 

mit  sseldea  was  beschoenet.    Lanz.  8761 ; 

ir  lob  ist  wol  beschcenet.    Silv.  1435; 

durch  des  willen  er  in  dö 

vil  gar  beschoenet  haete.    1S66; 

swer  aber  sich  in  der  bihie  beschoenet, 

den  tiufel  er  kroenet,  sich  selben  er  hoeneu    flenn.  20480; 

SU  beschoene  dich  niht  (in  der  beichte).  Grieshaber  2,  72.  der 
sinn  ist  immer  bald  verschönern,  bald  etwas  rein  oder  weisz 
brennen,  schön  darzustellen  suchen,  rechtfertigen,  d.  h.  seine 
häszlichkeit  verdecken.  Ebenso  nhd.,  beschonen  oder  verben, 
colorare;  beschonter  oder  geverbter  coloralus.  voc.  theut. 
1482  d3'; 

doch  darf  sich  keiner  mit  dem  andern  beschönen. 
fastn.  sp.  649,  12  ; 

und  wolt  solchs  mit  dem  evangelio  beschönen.  Luther  3, 120 ; 
ir  werdet  das  ergcmis  nicht  so  können  vertunkeln  noch  be- 
schönen. 3,  52S';  Adam  wil  sich  beschönen.  4,  24";  was  der 
gröszte  grewel  ist,  musz  allezeit  gottes  name  beschönen.  4, 
45* ;  und  sich  also  beschönen,  ich  bin  ein  gebrechlich  mensch. 
6,  297*;  das  sie  ir  iiTthum  beschönen,  tischr.  S".  66*.  67*; 
wiewol  sie  es  jetzt  beschönen  und  bementelen  wölln.  230*. 
250*.  2S6';  ich  hab  die  Juden  von  der  ketzerei  ganz  und  gar 
beschönet  und  verantwurt.  Becculin  atrjcnsp.  35'; 

und  hilft  nit  mer  die  wort  beschönen. 

Murnrrs  schclmenz.  109, 14; 
auch  magstu  dann  beschönen  dich.    Scheit  (;ro6.  Q2*; 

das  erfindet  und  beschönet  sich  an  allen  weltweisen,  frum- 
men  und  gelerten.  Frank  parad.  36*;  deshalb  si  unsere  con- 
cilia  mit  disen  apostolischen  nicht  mügcn  beschönen,  chron. 
318*;  ir  thun  mit  etwas  erbarem  ansehen  beschönen.  Hed. 
com.  63 ;  durch  eine  ausrede  beschönen.  Witzenb.  3, 177 ;  hastu 
etwas,  darmit  du  mein  zoren  beschuldigen  und  deine  fräfle 
durstigkait  und  boshaftig  fürnemen  beschönen  mügest?  Wir- 
SL'NG  Ca/.  Li';  und  dich  seines  furgebens  beschönest.  Pelr. 
12';  welcher  (fisch)  mit  nachbeschriebenen  färben  beschönet 
(ausgezeichnet)  ist.  Forer  lO';  welcher  ^chet  ein  hurenkind, 
das  da  wöll  ein  hurenkind  ohn  widened  sein,  das  sich  selbst 
nicht  beschöne?  Paracelsls  2,  323';  ob  du  schon  auf  meine 
wort  dich  ausreden  und  beschönen  kanst.  Kirchhof  tpendunm. 
51';  dasz  man  sich  beschüncn  und  geübten  frevel  klein  ma- 
chen wolle.  »n7.  dise.  60;  und  alle  die  ihr  mord  und  lügen 
vertheidingen,  beschönen  oder  fortbringen  helfen.  Mathesius 
93*;  gemeldte  crcuzherren  wollen  aber  dise  thätlichkeit  mit 
einem  schein  des  rechten  belegen  und  beschönen.  Micrälius 
2,292;  mit  falschheit  und  arglist  beschönet,  bicnenk.  231*; 

ihre  sünd  . . .  beschönen.    Ringwald  eran;;.  lih  5' ; 

du  hast 
mit  eines  andern  volks,  mir  unbekanicn.  cron 
gleichfalls  mein  haupt  beschöoet.    Wkcku.  72 ; 
die  najaden  gleicher  weis, 
welche  mit  kunstreichem  lleisz 
ihre  krause  haar  beschouet.    346; 
die  liebe  . . .  beschunt  was  greulich  ist.    Opitz  1,  59 ; 

hier  war  der  tugend  feld, 
das  ort,  Ton  dem  sich  liesz  der  erdenkreisz  bescbönen. 

2,  271 : 
wird  dies  mit  wolihun  noch  beschönei, 
heiszt  das  nicht  recht  und  gou  verhöhnet?    Grtphios  1,  270; 
die  ausgeschmückten  wort  und  falschliches  beschönen 
das  hatte  hier  nicht  statt.    Logau  3,  tug.  56; 

100* 


1591    BESCHÖNEN  — BESCHRÄNKEN 


BESCHRÄNKEN— BESCHREIBEN   1592 


als  er  einen  bcsirafte  und  derselbe  sich  damit  beschönen 
wolle.  ZiNKcn.  apophlli.  1,  203 ;  in  zweifelhaften  begebnüssen 
wäre  es  freilich  eine  klugheit  seinen  schlechten  zustand  so 
viel  möglich  zu  beschönen.  Lohenst.  Arm.  1,  764;  so  hätte 
sich  eine  solche  grausame  that  bei  den  barbarischen  beiden 
noch  etlichermaszen  beschöncn  lassen.  Simpl.  3,  3C9 ;  der 
eifer  bescliünt  sich  mit  gründen  des  lichts,  absonderlich  wenn 
man  die  fehler  anderer  berügt  und  sich  daran  fromm  macht. 
ÖrriNGEB  Sittenlehre  Salomo  175S  s.  4S3; 

beschönen  und  verstecken.    Brockes  1,  10; 

und  da  du  für  ihn  flehst,  bescliönst  du  den  verrath  ? 
J.  £.  Schlegel  1,  tlii; 
wenn  der  znubur  der  färb  auch 

hier  und  da  Verzeichnung  bcschönt.    Klopstock  2,  126; 

Sal.  was  hau  ein  weiberkopf  erdacht,  das  er 

nicht  zu  beschönen  wüste  \    Sittah.  zu  bnscliönen  I 
l.KSSiNG  2,  270 ; 

verdient  die  kunst,  die  euern  stolz  bescliönt, 

dasz  jlu-  die  thiere  höhnt?    \Vibland31,17(); 

lasz  ab,  beschöne  nicht  die  gewalt,  womit  du  ein  wehrloses 
weih  zu  zwingen  denkst.  Göthe  57,  87  (s.  beschönigen); 

ich  soll  die  that  beschöneu,  sie  bedecken.    9,  307; 

dies  beschönt  or  nun. 

A.  W.  ScuLEGEL  im  Heinr.  IV  th.  1,  act  5,  sc.  2. 

heute  wird  in  prosa  für  exornare  verschönen,  verschönern, 
für  excusare  beschönigen  vorgezo(jen. 

BESCHÖNIGEN,  excusare,  practendcre,  nicht  mehr  ador- 
nare,  was  uns  verschönen,  verschönern  heiszt  {der  sprach- 
eigcnsinn  vermied  beschönern  wie  vorschönigen).  beschönigen 
gibt  Stieler  noch  nicht  an,  doch  Fiusc»  2,  219'.  anslaunung, 
maulaufsperre,  frühnung  und  räucherci,  als  welche  den  geist 
nur  kleinlaut  machen,  und  ihn  dergestalt  austrocknen  und 
ausdörren,  dasz  er  zuletzt  gänzlich  einschrumpfet,  dieses  alles 
...  möge  beschöniget  werden.  Klopstock  12,  85; 

so  oft  ich  dies  und  das,  und  Jenes  noch  beschönige, 
bleib  ich  bei  guter  laune.    12,  191; 

die  gründe,  womit  er  sein  verfahren  beschönigt  hat.  Wie- 
iAND  6,  232 ; 

lasz  ab,  beschönige  nicht  die  gewalt, 

die  sich  der  schwachheil  eines  welbcs  freut.    Göthe  9,  84. 

BESCHÖNIGUNG,  f.  excusatio,  praetexlus:  einrede  und  he- 
schönigung  des  verübten  unrcchts.  Abele  3,  291 ;  revolutio- 
nen  zur  bcschönigung  einer  noch  gröszeren  Unterdrückung 
benutzen.  Kant  5, 450 ;  welche  beschönigungsnamen  dem  dinge 
auch  gegeben  werden.  Klopstock  12, 104 ;  bcschönigungsgrund. 
Kli.nger  10,  147. 

BESCHÖNLICH,  expiirgatu  facilis;  närrisches  versehen  ist 
unbeschönlich.  Stieler  175C. 

BESCHÖNUNG,  f.  was  bcschönigung,  vorwand :  mit  sol- 
chem schein  und  besohönung.  Luther  4,  452';  mit  vorwen- 
dung  ires  eifers  und  ander  beschönungen.  Mela.nchthon  im 
corp.  doctr.  ehr.  a5;  beschönung  der  fiirsten,  herren  und  rei- 
chen. KiRcuuor  wendunm.  50';  hei  ir  ein  geschwinder  pre- 
text  und  beschönung  für.  33C';  suchet  auf  des  profusen  an- 
klag ausducht  und  beschönung.  inil.  diso.  224;  ausred  und 
beschönung.  260;  unter  eurer  beschönung.  Opitz  ylrj.  l,  279; 
beschönung,  Versteifung.  2,393.414.  j«//d.  beschoenunge :  nie- 
men  ist  so  gar  verschämt,  er  gere,  daj  sin  untugcnde  eine 
hülle  haben  etelicher  beschcenunge,  daij  er  iht  gar  fugende 
bI6;  schlne.  mysl.  3U9,  21 ; 

swer  durch  bcschoenunpe  underbrichoi 
ein  zwivelma^rc.       lienn.  1S21S. 

BESCHOPPEN,  offcreire,  anfüllen,  s.  anschoppen. 

BESCHOKREN,  *.  bescharrcn. 

BESCHOSSEN,  mit  schössen,  spitzen  versehen:  ein  bc- 
schoszter  Schild,  welcher  in  dreieckspitien  getheill  ist,  deren 
enden  in  der  mitte  zusammenstoszen. 

BESCHRAM.ME.N,  incidere,  lacerare:  die  aufrührischen  baw- 
rcn  beschrarnmeten  todtenköpf  auf  dem  Srherweilcr  oderZa- 
berfeld.  Fischaht  gruszm.  80;  die  band,  den  fusz  beschraiu- 
men,  ritzen,  anfreiszen. 

BESCHIUMMUNG,  f  incisura.  Stieler  186G. 

BESCHRÄNKBAH,  quod  circumscribi  potcst :  durch  einander 
gegenseitig  besdiiilnkbar.    Fichte  grundl.  der  wissensch.  49. 

BESCintANKEN,  includere,  circutnscribcre,  in  schranken 
schliesien,  umscliränken.    Stieler  hat  das  wart  zweimal  1733. 

1914. 

1)  das  ahd.  piscrencban,  piicrankta  (Graff  6,  683)  bedeutel 


suhplantare,  pede  supposito  everlerc,  einem  das  bein  unter- 
schlagen, das  mhd.  beschrenken,  beschrancte  fallcre,  deciperc. 
MS.  2,  165'.  Lanz.  6936.  8010.  lieinh.  s.  348.  altd.  wäld.  3,  186. 
gereimte  vorr.  zum  Ssp.  40.  das  nhd.  wort  hat  mehr  den  mil- 
den sinn  von  cocrcere,  cohibere,  rcstringere. 

2)  sinnlich,  einzäunen,  einfriedigen,  mit  schranke  umgeben : 
niüglich  ists,  dasz  gott  einen  garten  gemacht  oder  ein  land 
beschrenkt  habe.  Luther  4,  17';  mit  langen  eselsohren  be- 
schrenket  (umgeben,  eingefaszl).  Riemer  im  reime  dich,  vorr.  a4'. 

3)  einen  beschränken,  in  die  schranke  weisen,  zuräckhal- 
ten,  beengen: 

dasz  kein  name  mich  teuscht,  dasz  mich  kein  dogma  beschränkt. 

Göthe  1,  330; 
alle  streben  und  eilen  und  fliehen  und  suchen  einander, 
aber  alle  beschränkt  freundlich  die  glättere  bahn.    1,  406. 

das  pari,  beschränkt  «►  circumscriplus,  angustus,  hebes :  ein 
beschränkter  mensch,  geist,  köpf; 

wie  wir  beschränkten  armen  kindern  thun  9,  145; 
der  mensch  ist  ein  beschränktes  wesen,  unsere  beschränkung 
zu  überdenken  ist  der  sonntag  gewidmet.  21,  124;  dieser 
brave  mann  hatte  schon  angefangen  alles  niederzuhalten  und 
zu  beseitigen,  was  nicht  zu  seiner  Sinnesart  paszte,  die  er 
geistig  sehr  beschränkt,  für  die  echte  und  einzige  hielt. 
26,  231. 

4)  etwas  beschränken,  begrenzen,  einengen  (ähnlich  dem  1)  .• 

wenn  wir  ein  einzig  nah  heschrünktcs  gut 
auf  dieser  erde  nur  besitzeu  möchlcn.    9,  143 ; 

die  naturforschung  ist  in  räum  und  zeit  beschränkt.  50,  60; 
Jupiter  und  Saturn  sind  in  der  systematischen  Verfassung 
eines  noch  gröszeren  weltbaues  beschränkt.  Kant  8,  316;  die 
durch  ihre  beschränkte  weise  höchstens  langcweile  erzeugen 
konnten.  Tieck  ges.  nov.  1,  142;  einen  antrag,  eine  foiderung 
auf  etwas  beschränken ;  einer  Versammlung,  die  sich  auf  das 
rathgeben  beschränkt,  fehlt  es  an  Selbständigkeit  und  an 
würde,  denkschr.  des  fr.  vom  Stein  ISO ;  eine  beschränkende 
ansieht. 

5)  sich  beschränken,  in  der  sehranke  hallen,  sich  einschrän- 
ken: der  ganze  Unterricht  beschränkt  sich  auf  lesen  und 
schreiben ;  nicht  dasz  es  ihm  an  irgend  einem  bedürfnis  fehle, 
denn  er  weisz  sich  durchaus  zu  beschränken.  Göthe  17,  6 ; 
auf  dich  selbst  beschränkt  kannst  du  da  ruhig  leben. 

BESCHRÄNKTHEIT,  f  angustiae:  die  beschränktbeit  des 
geistes,  wisscns,  Vermögens;  die  beschränktbeit  empirischer 
urtheile.  (/»»  gcycnsatz  zur  allgemeinheit  nolbwcndiger  ur- 
theile).  Kant  2,  37 ; 

beschränkllicit  suchi  sich  der  genicszende.    Göthe  9,  299; 
verbrachte  ich  die  mir  gewonnene   zeit   in   der   tiefsten   cin- 
samkcit  der  möglichsten  beschränktbeit.  Klincer  12,  168. 

BESCHRÄNKL'NG,  f  sowol  die  beschränkende  that  als  die 
eingetretne  schranke:  einförmigkeit  ist  ein  nothwendiges  hülfs- 
mittel  der  menschlichen  armulh  und  beschränkung.  Schil- 
ler 789; 

in  der  beschränkung  zeigt  .sich  erst  der  nicislcr. 
GüTHE  11,  316; 

erst  nach  und  nach,  so  hofl  ich,  würdest  du 

dich  aus  beschränkung  an  die  weit  gewöhnen.    9,  271 ; 

wenn  er  fragte,  wo  der  wind  herkomme  und  wo  die  flamme 
hinkomme,  war  dem  vater  seine  eigne  beschränkung  erst  recht 
lebendig.  20,  138;  wir  fiengen  an,  nur  die  fehler  der  andern 
und  ihre  beschränkung  zu  sehen  und  uns  selbst  für  trelliche 
wesen  zu  halten.  20,212;  nur  die  cinbildung,  beschränkung 
und  albernheit  erhält  solche  menschen  gesund  und  behag- 
lich,   an  Lavaler  97. 

BKSCHRAPPEN,  adradcre,  bei  Stibler  1917  licschrapfcn : 
er  hat  sich  in  kurzer  zeit  wo!  beschrappt,  sieh  'geld  er- 
worben. 

BESCHRECKEN,  invadere,  terrere,  von  schrecken,  das  eigent- 
lich springen,  sprengen  heiszt:  wie  soll  er  im  anders  thun, 
denn  mit  fluchen,  inaledeien,  dienen,  lestern,  liegen,  schel- 
ten die  einfeltigen,  froinen  herzen  beschrecken?  Luther  2, 
6t';  churfürst  Johan  von  Sachsen,  von  einem  seiner  rälhe  be- 
schrocken  [angegangen),  dasz  er  seine  söhne  nit  zur  studenle- 
rei  und  Schreiberei,  sondern  zur  jagd  und  leutcrei  abrichten 
liesze,  antwortete,  diese  dinge  lernen  sich  von  sich  selber  «ol 
u.  s.  ».  PiiiLAMJKR  2.  vnrr.  4'.  CS  steht  bescbrochcn,  und 
schwerlich  für  besprochen. 

BESCHREIHEN,  conscnbere,  describcre.  mhd.  beschrJbM. 
pass.  K.  39,  44.  60, 14.  267,  8 ;  nnl.  beschrijven. 


1593 


BESCHREIBEN 


BESCHREIBER  — BESCHREIEN 


1594 


1)  ßr  schreiben,  abfassen,  aufseiehnen :  und  Mose  beschrieb 
ircn  auszug.  4.Vos.  33,  2;  \o\k,  das  niemand  zelen  noch  be- 
schreiben kan  vor  der  menge.  1  kün.  3,  S ;  und  die  itzl  mit 
namen  besclirieben  sind.  Ichron.  h.  U;  und  der  Schreiber  be- 
schreib sie  für  dem  künige.  25,  6;  die  sind  beschrieben  in 
der  historia.  2  chron.  21,  27;  und  haben  die  namen  beschrie- 
ben der  menner.  Em:  5, 10 ;  damit  sie  liewcisen,  des  geselzes 
werk  sei  beschrieben  in  irem  herzen.  ROm.  2,  15; 

aiisr  liiit  seiner  jünprer  hat  beschrieben 

guiiz  kurz  das  evanguliuiii.    II.  :>acus  IV.  1,  CS'; 

ungeacht,  das  die  heilige  schrill  erstlich  in  disen  sprachen 
ist  beschriben  worden,  bienenk.  17*;  sondern  ist  der  'alten 
tradilioneu,  die  sie  one  beschriben  {iiiibeschrifben,  umjcsclirie- 
ben)  von  vatter  zu  kind  mündlich  empfangen.  226* ;  ein 
werk,  welches  in  persianischer  spräche  beschrieben.  Olea- 
Riüs  rosenlh.  auf  dtiii  tiletblatt ;  andere  sagen,  dasz  er  habe 
busze  gelhan  und  habe  nach  seiner  bekehrung  beschrieben 
den  prediger  Saiomon.  Schüppiüs  126;  ob  ich  diese  geschichte 
nach  allen  umbsländen  mit  beweglichen  worten  also  be- 
schreiben könne.  127;  die  kaiserliche  beschriebene  rechten 
des  heil.  rüm.  reichs.    673; 

dein  lüb  bezeugen  und  beschreiben.    WüCKnERLi.*«  14$; 

die  barden  haben  berühmter  männer  ritterliche  thaten  mit 
heroischen  vei-sen  beschrieben.    Opitz  ;*oe/pri'i  14. 

21  rollschreiben,  implere  paginam:  ein  blatt  papier  be- 
schreiben ;  das  papier  ist  schon  beschrieben ;  den  ti^ch,  die 
wand  beschreiben;  llioren  bände  beschreiben  alle  wände. 

3)  danlellen,  schildern,  was  nah  an  die  erste  bedeutung 
grenzt:  schafl  euch  aus  iglichem  stamm  drei  menner,  das 
ich  sie  sende,  und  sie  sich  aufmachen  und  durchs  land  ge- 
hen und  beschreibens  nach  iren  erbteilen.  Jos.  IS,  4;  ir  aber 
beschreibt  das  land  der  sieben  teil.  18,  (5;  also  giengen  die 
menner  hin  und  durchzogen  das  land  und  bescbriebens  auf 
einem  brieve.  IS,  9;  eine  Schlacht  beschreiben.  Maaler  61'; 
das  erste  buch  der  könige,  darin  des  weisen  königs  Salo- 
mons  regiment  beschrieben  wird.  Schcppius  11;  das  elend, 
die  nulh  ist  gar  nicht  zu  beschreiben ;  beschreib  mir  ihn  un- 
gefähr ; 

wo  empßengst  du  das?    page.  wie  mich 
die  dame  merken  lassen,  will  sie  lieber 
errathen  als  beschrieben  sein.    Scuiller  257*. 
ich  will  dir  dib  gräber  beschreiben  {angeben), 
rar  die  must  du  sorgen.    Götbe  12,  242. 

beschreibende  poesie,  poesie  descriplive. 

4)  geometrische  figuren  zeichnen:  ein  gleichseitiges  »iereck, 
eine  krumme  linie  beschreiben ;   beschreibende  geometrie ; 

er  blieb 
am  Ufer  ganz  gelassen  stehen, 
sah  vor  >ich  hin,  schwang  seinen  siab,  beschrieb 
liguren  in  den  sand.        Wiela.nd  9,  12; 

eine  sphäre,  die  man  mit  einem  radins  beschreiben  kann. 
Käst  8,  2S0 ;  der  räum,  der  beschrieben  wird,  die  geschwin- 
digkeit,  womit  ein  punct  einen  räum  beschreibt.  8,467;  wem 
haben  wirs  zuzuschreiben,  dasz  um  unsere  gesiebter  und 
taillen  nicht  so  viele  Schönheitslinien  als  um  die  griechischen 
beschrieben  sind?  J.  Paul  uns.  löge  3,  S3.  Leblose  körper, 
die  sich  in  bestimmter  richtung  bewegen,  plancten,  kometen, 
ein  abgeschossener  pfeil  beschreiben  ihre  bahnen. 

5)  beschreiben,  eonscribere,  durch  ausschreiben  etnberiifen, 
bescheiden:  die  churfürstcn  und  geistlichen  und  weltlichen 
fürsten  ...  zu  beschreiben,  reichsreg.  von  1501  §.  1 ;  diesel- 
ben beschreiben  und  für  sich  vertagen,  landfr.  ronl52l§.  0; 
der  {kOnig  von  Frankreich)  deshalben  (des  geleils  halben)  be- 
schrieben {hier  blosz,  schriftlich  angegangen)  worden,  reichs- 
absch.  ron  1527  §.  16 ;  zu  der  Vormundschaft  beschrieben  und 
erfordert.  Frankf.  ref.\'l\.  2,15;  ein  concilium  beschreiben 
und  berufen.  Luthers  tischr.  241';  werdet  ihr  solche  theolo- 
gen  auf  gelegnen  platz  wol  zu  beschreiben  und  euch  alle 
auf  die  zeit  auch  dahin  zu  verfügen  wissen.  Mei.axchthon  3, 
S70;  im  anfang  des  jahres  ward  ein  rcichstag  angestellet  zu 
Hcgensburg,  darauf  beschrieb  könig  Ferdinand  die  deutschen 
fürsten.  8,  042;  auch  als  vil  er  sie  verbotschaflen  und  be- 
schreiben liesz  zu  kommen.  Aimon  c ;  er  hat  sein  ganz  reich 
und  underthanen  beschreiben  lassen,    k ; 

zum  tod  und  acht  sind  b<iclirieben  wir. 

JoH.  CNnrsÄCs  Uaman.  Wiiicnb.  1546  act  2; 
beschreibt  sie,  dnsr  herkumm  ein  jeder.    Atrkr  8*; 

der  konip  ward  beschrieben 
mit  unserm  ehgcraahl.        Gdtphiüs  1,  137; 


dasz  sein  herr  ihn  nach  hofe  beschrieben  habe.  Scbuppius 
lOS;  dasz  der  vormann  von  jeder  decurie  zur  tagsatzung  ab- 
gieng,  mochte  es  eine  gewöhnliche  oder  beschriebene  sein. 
NiEuüHR  2,  32.  in  diesetn  sinn  könnten  auch  die  einberufe- 
nen, eingeforderten  krieger,  wie  conscripti,  conscrits,  heiszen 
beschriebene,  vgl.  verschreiben,  durch  briefe  verlangen,  kom- 
men lassen. 

BESCHREIBER,  m,,  nadi  den  bedeulungen  des  beschreibens : 

1)  scriptor,  auclor:  ich  hab  erlernt  allein  denen  büchern, 
die  die  heilige  schrift  heiszen,  die  ehre  zu  thun,  das  ich 
festiglich  gleube,  keiner  derselben  beschreiber  habe  ie  geir- 
ret. Llther  1,  402";  und  derselben  {gesetze)  ein  beschreiber 
(/a/orl.  AvRER  proc.  1,  5;  jene  geschichtbeschreiber  {heule  ge- 
schichtschreiber),  welche  zur  zeit  des  Äugustus  gelebL  Scbuf- 
pics  SöO. 

2)  descriptor,  schilderer,  darsteller:  die  beschreiber  ihres 
lebens  melden.  Schuppics  224;  keine  leule  sind  eingebildeter 
als  die  beschreiber  ihrer  emplindungen.  Licbtenberg  1,  164. 
vgl.  lebensbeschreiber,  reisebeschreiber. 

BESCHREIßLICH,  quod  verbis  exprimi  polest:  das  ist  leicht 
beschreiblich.     viel  häufiger  kommt  vor  unbeschreiblich. 

BESCHREIBUNG,  f  descriptio,  conscriptio  :  die  licbhaberei  an 
der  nalur,  das  malerische  in  der  beschreibung  derselben  ist  bei 
Gesznern  auf  der  höchsten  spitze.  Gervincs  4, 163 ;  beschreibung 
des  erdbodens,  geographia.  .Maaler  61'  {vgl.  erdbeschrcibung) ; 
artlicbe  beschreibung  der  ungewonten  und  doch  glückfertigen 
schifl'art  etlicher  burger  von  Zürich  gen  Straszburg ;  eine  war- 
hafte beschreibung  der  reisen  thun.  Olearius  pers.  rciseb.  1,1; 
in  der  phoronomie  kann  die  bcwegung  nur  als  eine  beschrei- 
bung eines  raumes  betrachtet  werden.  Ka.xt  S,  467;  Signale- 
ment beim  Steckbrief,    s.  lebensbeschreibung,  reisebcschreibung. 

BESCHREIE.N,  cnnclamare,  inclamure,  acclamare,  mhd.  be- 
schricn,  die  form  schwankend,  nach  ausweis  der  belege,  zui- 
schen  starker  und  schwacher,  doch  jene  vorhersehend  {tcic  bei 
einfachem  schreien,  bei  abschreien,  anschreien,  aufschreien, 
ausschreien) ;  die  bedeutung  hol  ursprünglich  auch  guten,  all- 
miilich  fast  nur  Übeln  sinn. 

1)  beschreien,  proclamare,  öffentlich  ausrvfen,  verkünden: 
mhd.  des  hcilgen  kriuzes  ere 

hie;  er  beschrien  in  der  diet.    pass.  K.  271,  77; 

iuwer  hcrvart  ir  beschrien  lät.    Ernst  3s56; 

diu  hervari  wart  beschril.    3S61 ; 

die  vart  beschrien  (vom  laut  bellenden  kund).    Ls.  2,  293. 

nhd.  so  viel  er  seiner  gesellschafl  mocht  beschreien  {concla- 
mare),  hiesz  er  die  schif  zu  häuf  samlen.    Fürer  fischb.  lüO'. 

2)  beschreien ,  praedicare ,  celebrare,  berufen,  berühmen : 
und  weil  das  arabisch  gold,  wie  das  ophirisch  und  india- 
nisch und  heut  das  buugerisch  bescbrieren  und  bekandl  ge- 
wesen. Mathesius  164";  der  ist  edel,  welches  thaten  weit  und 
breit  bekant  und  beschrien  scind.    Agricola  spr.  264 ; 

*  deutsch  gnsifreihcit  und  rreuntlirhkeil, 

darvuu  die  Schweizer  sind  beschreit. 

Fl  schart  ijl.  seh.  794  : 
die  beschreite  {famosa)  schöne  Helena,  chz.  27;  des  beschrei- 
ten unter  den  7  weisen  Cleobuli  lochten    78 ; 
von  dem  beiden  selbs  allein, 
von  dessen  ruhms  beschreiiem  schein 
das  land,  ja  das  ganz  erdreicb  zeuget. 

Wkckhirlin  432; 
vil  andre  kOasien  gleicher  weis, 
die  recht  den  adel  edel  machen, 
vereiniget  mit  deinem  Qeisz, 
beschreien  dich  in  allen  sachen.    3'6; 

den  köpf  der  beschrienen  h.  Susanna  von  Fiammingo.  Win- 
KELMA.t.N  4,  100;  so  fuhr  sie  fürt,  den  vater  auf  Unkosten  des 
Sohnes  zu  beschreien  und  zu  loben.  Göthe  22,  59. 

3)  dies  gehl  leicJil  über  in  beschreien,  diffamare,  ver- 
schreien :  die  Juden  mustcn  auch  in  aller  weit  nicht  anders 
beschrien  sein,  denn  das  sie  ir  gott  verlassen  bette.  Lltuer 
4,  248* ;  so  würden  doch  sie  und  andere  confcssionsver- 
wandte  stände  bei  münniglick  beschrien  und  ausgetragen.  Me- 
lanchtiion  9,  491 ; 

die  uneinigkeil, 
die  also  weit  nun  ist  beschreit, 
das  man  ganz  liuder  durvon  diiht.    Fiscuart  ehz.d'l; 

wiewol  er  der  Zauberei  und  nigromanzi  halben  sehr  he- 
schrclet  was,  jedoch  konts  ine  nil  ballen,  bienenk.  2ll';  hoch 
beschreit  von  wegen  leufelswerk,  vergiften«.  209*; 

ich  heis  nicht  gwi<t,  dasi  sein  weib  wer 

eine  solche,  wie  er  sie  beschreit.    Alisa  fastn.  sp.  6S'; 


1595 


BESCHREIEN 


BESCHREIEN  —  BESCimOTEN 


1596 


der  so  die  siadt  beschreit,  nachdem  sio  eingenommen 
von  der  Chaldeer  macht.    Opitz  4,  381; 

dasz  man  dich  eines  scbändliclien  lasters  bcscin'eiet  mache. 
Spee  guld.  tugendb.  366 ;  mit  den  Zöllnern  und  andern  be- 
schreiten Sündern.  Sciiuppius  30S ;  dem  wegen  unzüchtigen 
lebens  beschreicten  hofmeister.  ped.  scitulfuchs  87;  was  sich 
aber  von  münnern  in  liaumwolle  kleidete,  war  wegen  Weich- 
lichkeit beschrien.  Winkelmann  5,  7;  die  so  beschriene  dun- 
kelheit  (einer  uiilersuchiing)  hat  auch  ihren  nutzen.  Kant 
3,  175 ;  kniffe,  die  den  beschrienen  namcn  künste  nicht  ein- 
mal verdienen.    Hippel  6, 190 ; 

niemand  wird  uns  dann  beschreicn, 

dasz  wirs  uns  alleiae  gönnen.    Götue  5,  19; 

so  beschrie  er  die  grausamkeit,  welche  der  künig  ausübe. 
30,  49 ; 

doch  was  ziemt  es  sich  zu  trauern, 

weil  Ulan  dich  von  dort  bescliriel     Platen63; 

ein  nebenbuhler  hatte  schon  entzogen  mir  dies  schöne  bild, 

doch  bracht  ich  wieder  es  zu  mir,  wiewol  er  mich  beschrie, 

herum.  S3 ; 

doch  bis  hiclier  zu  weit  entferntem  strande 
kann  lieb  und  hasz  den  dichter  nicht  beschrcien.    321. 

4)  beschreien,  anschreien,  inclamare.  das  neugcborne  kind 
musz  die  vier  wände  beschreien  (BA.  75.  76),  die  weit  be- 
schreien; fries.  biwepa  thä  wagar.  der  lieher  beschreit  die 
menschen  im  wald,  er  ist,  gleich  andern  vüijeln,  ein  spoll- 
vogel ; 

iwer  iegesliclien  hat  diu  heher 

an  geschiiet  iine  waide.    Wh.  407,  11; 

die  zwön  sunder  6re  het  beschn't  vi)  selten  ie  der  heher. 
Tit.  2031,  4. 
Dagegen  beschreien,  wenn  es  gehn  oder  stehn  soll,    die  men- 
schen das  zahme  vieh: 

daj  ej  an  beschriren  stdt, 

swenne  ej  unrehte  gel.    warnung  1259. 

sie  beschreien  und  verfolgen  raublhiere  und  vögel: 

TÜ  da  wirt  manger  umbe  beschoiten 

und  an  geschriet  als  die  arn, 

so  man  die  geuse  wil  bewarn.   ßtngcUng  1237 ; 

blieb  der  wolf  im  wald,  so  würd  er  nit  beschrien.  Frank 
spr.  1,  89*;  bleibt  der  wolf  im  wald,  so  wird  er  nicht  be- 
schrien.  Leumann  132 ; 

wie  ist  dirs  doch  so  baide 

zur  elir  und  schmach  gediehn? 

blieb  der  wolf  im  walde, 

so  würd  er  nicht  beschrien.    Göthe  3,  253. 

der  dieb,   der  rdtibcr,    der  mörder  sind  wOlfc  und  werden  be- 
schrien, zeler  wird  über  sie  gerufen  (R.  A.  878.  879.  Ssp.  1,  62)  ; 
als  einen  dieb  man  in  bcschrii.    pass.  //.  217,  71 ; 

sus  wurden  diso  bede 

vur  bösheil  da  beschriet.    178,  75; 

er  wart  bispotet  und  bispirn  (bcspicn), 

mit  chrademe  bischrirn, 

als  man  immer  den  tuot, 

der  dem  anderm  stilt  sin  guot.    anegcngeiS,  22; 

swelch  pfafTe  in  siner  pfarre  selben  siie  hat, 

Auröne  solt  ir  den  selben  schalk  beschricn.    MSIl.  3,  175"; 

were,  das  dohin  kemc  ein  mistedig  person,  man  oder  fraw, 
und  doselbs  beschrien  wurd.  weislh.  2,106;  wanne  ein  mort 
geschiet  in  uns  herren  gerichte,  so  ensal  den  ihort  nieman 
anegiifen,  er  enhabe  eime  schulteisze  geklaget  ...  so  sollen 
in  die  herren  beschrien.  2,  211 ;  wie  einem  dieb,  der  auf 
einem  diebstal  beschreien  wird,  der  selbige  bestehet  auch 
nicht  lang,  sondern  gibt  bald  die  (lucht.  Paracelsus  2,  314'; 
in  solchem  schimpfen  der  fürst  erwacht,  hört  und  vcrnam 
alles,  das  die  tochter  und  Guiscardus  mit  einander  bcgicn- 
gen,  in  willen  war  sich  zu  offen  und  sie  zu  beschreien.  Bocc. 
1,  202"; 

beschreit  mich,  wirft  mir  kictten  an, 

und  hab  im  nie  kein  luit  getan,    fasln,  sp.  269, 13; 

denn  ein  teufel  jagt  den  andern  nicht  aus,  sUnd  verklagt 
auch  ire  gleichen  nicht,  und  ein  wolf  beschielet  den  andern 
nicht.  Luther  1,  27' ;  hab  seine  person  nie  angerürel,  noch 
irgend  eines  prelatcn  noch  untern,  auch  nieniands  in  Son- 
derheit heimlich  lasier,  sundern  öncntlichc  gebrechen  be- 
schrciel.  1,  399';  golt  unser  valer  gebe,  das  dise  zwo  ser- 
mon  die  fiomen  sol  trösten  und  sterkcii,  und  die  papislen 
recht  wol  beschreien,  und  in  alle  schände  für  gull  uinl  der 
weit  bringen.  5,  323'.     es  laszt  sich  aber  manchmal  nicht  be- 


stimmen, ob  dies  anschreien  oder  das  ausschreien  unter  3 
gemeint  wird. 

5)  beschreien,  incantarc,  bezaubern:  das  beschreien  ist  so- 
viel als  fascinum,  zu  deutsch  eine  hexerische  bindung,  wann 
nemlich  die  leute  die  kinder  loben  und  sagen  nicht  'gott  be- 
hüte es'  oder  'helfe  ihm',  als  'das  ist  ein  schön  oder  liebes 
kind',  ohne  zugesetzten  gedeihungswunsch.  Ettners  hebamme 
937.  vgl.  mylhol.  987.  zuerst  also  ist  mir  mein  zuhauseblei- 
ben für  diesmal  ganz  wol  geralhen,  wir  wollen  es  aber  nicht 
beschreien  (berufen,  sp.  1532),  sondern  in  stiller  bescheiden- 
heit  thätig   hinleben.    Götiie  an  Zeller  433 ; 

eJ  sich  beschreien,  sicli  bcrühmen:  dann  die  arzt  haben 
der  kunst  kein  end  noch  nit.  des  mag  sich  Hippocrales  wol 
beschreien  (ars  vero  longa),  dann  auch  sein  naclifolgern  hangt 
solchs  an.    Paracelsus  l,  695*. 

BESCHREIKRAUT,  n.  was  berufkraut. 

BESCHREITEN,  conscendere,  ingredi,  die  füsze  oder  beiiie 
um,  auf  etwas  setzen,  mhd.  beschiUen,  nnl.  beschrijden,  vgl. 
nd.  bestriden,  engl,  bestride. 

1)  ein  pferd  beschreiten,  mhd.  Haupt  5,  425.  nhd.  Kirch- 
hof wendunm.  76';  mancher,  der  nie  kein  pferd  beschritt, 
singet  doch  ein  reuterlied.    Garg.  21'; 

sein  pferd,  das  er  oft  beschritten.    VVeckherlin  624; 
wie,  dasz  der  herre  Christ  den  esel  wil  beschreiten, 
und  grosze  dieser  weit  wolln  schöne  licngste  reiten? 

LoGAU  1,  9,  26; 
auf  dem  blauen  salze  reiten 
und  ein  holznes  pfeid  (schiß  beschreiten, 
läszt  sich  thiin,  doch  hats  bedenken, 
dasz  maus  nicht  zu  tief  darf  tränken.    2,  1,  11; 
man  solt  uns  hülfe  thun.   da  nam  man  ein  gebisz, 
das  man  in  unser  maul  uns  zu  beschreiten  sliesz.    3,9,94; 
nicht  wolle  das  gott,  rief  mit  demuihsinn 
der  graf,  dasz  zum  streiten  und  jagen 
das  ros  ich  beschritte  fürderhin, 
das  meinen  Schöpfer  getragen.    Scuiller  69'. 

2)  das  land,  den  boden,  den  wald  beschreiten,  betreten; 
als  ich  zum  erstenmal  die  wiese  beschritt,  freute- ich  mich 
ihres  sanften  grüns ;  der  riese  konnte  schnell  eine  weite 
strecke  beschreiten ; 

um  etwas,  liebe,  bitt  ich  dich, 
lasz  ihn  nicht  diesen  husch  bei^chreiten. 
Hagedorn  3,  39. 

3)  das  bell,  die  decke,  das  brautbett,  ehebett  beschreiten : 
ich  war  so  ermüdet,  dasz  ich  mich  sehnte  mein  bett  zu  be- 
schreiten; der  herzog  läszt  sich  mit  dein  mädchen  trauen, 
wird  aber  durch  hunderttausend  dinge  gehindert,  die  decke 
zu  beschreiten.    Götiie  33,  4S ; 

ist  das  bett  heschritien, 

so  ist  das  recht  ersiritten.    EisENiiART^jir.  s.  132. 

vgl.  beschlagen  sp.  1573. 

4)  den  rechtsweg  beschreiten,  betreten,  einschreiten,  sehr 
uneigenllich  aber  sagen  die  Juristen :  nach  beschrittener  rechts- 
kraft,  nachdem  das  urtheil  rechtshräßig  geworden. 

BESCHREME!V,  ordinäre,  disponcrc,  fügen: 
ich  hoff  er  (gott)  beschrem  unsern  will     fasln,  sp.  1400, 
füge  unsern  willen,  ordne  es  nach  unserm  wünsch,   mhd.  vom 
gewand : 

(diu  wät]  stuont  wol  umb  in  gebromet, 

bestellet  und  beschremet 

mit  scJiinät  was  da;  kleit.    troj.  kr.  29S0 ; 

stuont  diz  gewant  gebremot 

und  was  nach  ir  geschreniet 

mit  hovelicher  fuoge.      '20138. 

BESCHRIEBENERMASZEN,  adv.  indem  das  ich  oben  be- 
schriebenermaszen  fühlt,  handelt  es  auch.  Fichte  yrumi/ugc  293. 
BESCHROTEN,  concidere,  circumcidcre,  was  beschneiden, 
ahd.  piscrotan  Graff  6,  578),  mhd.  beschrüleii,  beschriet,  ags. 
bescreadan ;  zumal  von  federn,  haar  und  Ucidcrn :  das  har 
beschrotcn  und  abhauweu.    Maaler  61' ; 

den  arn  beschröien  sine  wiicii  vluge.    kröne  18424; 
wann  meiner  freuden  gelider 
beschrotcn  ist.       fasln,  sp.  1385*, 

vgl.  beschneiden  sp.  1587; 

kurz,  schiuitlich  und  beschroten  rock, 

das  einer  kuin  den  nabel  bdöck.    Urant  narrcnsch.  96 ; 

kerklich  und  beschroten  (s.  /.).  fnstn.  sp.  787,  19;  wie  ein- 
mal ein  slalionierer  gepredigel,  zu  Rom  hat  man  deni  h. 
geist  die  federn  beschröien,  dasz  er  im  taubhaus  pleihen 
musz  (am  rande:  dem  h.  geist  sind  zu  Rom  die  fellidi  ite- 
schiülcn).  bienenk.U*;  dieweil  es  aber  auch  nicht  allwcg  gut 


1597    BESCHROTER— BESCHULDEN 

ist,  das  man  die  hanen  und  die  capaunen  bescbrote  oder 
inen  die  federn  ausrupfe.  Sebiz  101.  etwas  im  groben,  aus 
dem  ganzen  stück,  beschroten,  die  münze  besclirotcn,  be- 
schneiden, die  mause  beschroten  brot  und  käse,  einem 
seine  pfründe  beschroten  {schmälern),  dasz  die  erbschaft  nicht 
zu  viel  bescluottet  und  erschöpft  werde.  Frankf.  ref.  IV.  6, 4. 

BESCHROTER,  m.  zahnbrecher,  münzbeschroter,  falschwäg- 
1er,  mönzraischer.  Fischart  groszm.  72 ;  geiszhüter,  hünerbe- 
schroter.  capauneoschneider.    94. 

BESCHUL. MPFELN,  bei  Stieleb  1936 beschrnmpeln,  was  das 
folgende. 

BESCHRLMPFEN,  conugari,  schwächer  ah  einschrumpfen 
und  verschrumpfen :  beschrumpfte  haut,  beschrumpfte  pflau- 
men, organisch  väre  ein  starkes  beschrimpfen  pari,  beschrum- 
pfen. 

BESCHBUNDEN,  dissilirc,  rimas  contrahere,  spalten,  spränge, 
risse  bekommen.    Stieler  1916. 

BESCHUHEN,  calceare,  mhd.  bcscliuon; 
als  rieh  ich  werden  mficje, 
da;  ich  heschuo  ir  fiicje.    US.  2,  109*; 

das  kind  tum  erstenmal  beschuhen,  neu  beschuhen ;  sich 
lieschuhen :  darnach  beschüet  er  sich  mit  einem  groszen  par 
scbuch.    Aimon  B  i ; 

die  (usze  beschuhet  mit  stalil.    Rasler  1, 13; 
das  pferd  beschuhen,  ihm  den  huf  beschlagen;  ein  paar  Stie- 
fel beschuhen,  anschuhen,  vorschuhen ;  einen  pfähl  beschuhen, 
die  spitze  mit  eisen  beschlagen,     so  sagte  man  sonst  auch  das 
Schwert  beschuhen,  ihm  die  scheide  beschlagen. 

BESCHUHUNG,  f.  ebensowenig  ward  uns  in  beschubung  und 
bekleidung  Weichlichkeit  gestattet.  Arndts  leben  13. 

BESCHULDEN ,  mereri,  sotcol  verdienen,  verscliulden,  ver- 
dient, verschuldet  haben,  als  auch  zu  vergelten,  abzuterdienen 
schuldig  sein.    mhd. 

daj  beschiilile  ich,  die  wile  ich  leben, 
iimb  iur  gesiebte  zalier  slunt.    Reinh.  1908; 
da^  hesriiiililich  iemcr  wider  dich.    1955; 
Sil  ich  ie  was  unpeflijjen 
ze  beschulden  dinen  zorn.    Flore  1153;  • 
dar  hat  din  gfiete  wider  mich 
scliön  und  par  wol  bescliuldet.    Engelh.  6411. 
niid.  und  hasz  aus  ;;rund  meins  herzen  diub, 

denn  du  hasis  wol  umb  mich  bcscliult.    Wickbai  hilg.  B3; 

das  frommt  mich  wol  und  gibt  mir  miiot, 

wils  bschulden,  wo  ich  bin  so  guot.    trag.  Joh.  Q4; 

daran  erzeigt  uns  dein  liebe  sonder  danknemb  gevallen,  das 
wir  mit  allen  genaden  und  frewntschaften  gegen  derselben 
erkennen  und  beschulden  wellen.  Chmel  Maxim,  s.  9  (a.  1493) 
*.  9  (1493)  s.  20  (1494) ;  solches  gegen  inen  sampt  und  son- 
derlich in  allem,  darin  sich  die  gelegenheit  immer  begeben 
wirdet,  freundlich,  gnediglich  und  dankbarlich  zu  erkennen 
und  zu  beschulden.  La.'<z  Karl  V  s.  477  (1551);  das  will  ich  hin- 
gegen wideruin  umb  ein  jeden  freundlichen  fleiszes  beschul- 
den und  verdienen.  Götz  von  B.  leben  5;  das  wird  der  all» 
mächtige  euch  vergelten,  so  seind  auch  wirs  hinwieder  um 
euch  gnädiglich  zu  beschgjden  geneigt,  landgr.  Phii.ipp  bei 
Mdanchth.  5,  5(>2;  allergnädigster  herr,  mir  istnit  müglich 
solche  gulthat,  so  mir  von  ewern  gn.  bewiesen  wirt,  zu  be- 
schulden. 6uc/i  der  liebe  5S,  4 ;  allergn.  fraw,  mir  wirt  war- 
licli  viel  mehr  ehr  und  guls  erwiesen,  denn  ich  nimmer  be- 
schulden kan.  59,4  {Galmy  154);  marschalk,  sprach  der  her- 
zog, solrhs  wil  ich  mit  geneigtem  willen  allzeit  umb  euch 
beschulden.  65, 1 ;  solches  in  allem  möglichen  gebühr  zu  ver- 
dienen und  zu  beschulden  begierig.  Schweiüichen  1,  206; 
dann  mein  allergn.  herr  solches  umb  mich  nie  bescbuldl  hat. 
Galmy  29;  sollen  sie  ilin  {den  Oberstleutnant)  hinwidcr  wie 
ein  landsknecht,  und  der  es  umb  einen  jeden,  seinem  stand 
und  gebühr  nach,  beschulden  und  ihn  gern  befördern  helfen 
wil,  nimmermehr  wegcrsam  {sich  Kcigernd)  spüren.  KinciinoF 
Hij/.  rfisc.  65 ;  gegen  alle  ganz  willig  zu  verdienen  und  freund- 
lich zu  beschulden.  211;  das  man  manigem  nachredt,  das  er 
beschuldet  nicht.  Tmurneisser  von  icassern.  272;  das  wil  ich, 
ungesparts  leib»  und  guts,  willig  und  gern  beschulden  {a.  1606). 
Beimharo  irfr//i.  gegenb.  2, 197 ; 

mein  tag  ichs  nicht  he<ichiihlon  kan 

das  gut,  das  mir  liie  ist  gsrlielien.    Atrer  46*; 

so  danken  wir  euch  nci^ziir  dnimh 

und  wolls  wiilcr  b<->.rliuldcii  gern.     56*; 

WO  solches  mein  herr  Jesu?  umb  einen  jeden  besonders  ge- 
l»örlichcn    la^cliiildtn    und    verdienen    kann.    proc.  3,  8;    ich 


BESCHULDIGEN  —  BESCHÜTTEN   1 598 

hatte  biszher  alles  mit  gedult  gelitten  und  gedacht  ich  hätte 
es  hiebevor  beschuldet.  Simpl.  2,  157 ;  dasz  meine  Schuldig- 
keit seie,  solchen  ehrlichen  und  lobwürdigen  rath  wieder  ge- 
gen ihn  mit  höchster  dankbarkcit  zu  beschulden.  2, 160. 

Sunmehr  schvindet  diese,  im  canzleistil  des  15. 16j7i.  so  häu- 
fige bedeutung  und  irird  durch  verschulden  vertreten,  beschul- 
den aber  heiszt  schon  bei  Stieler  1940  arguere,  aecusare; 

gleich  früh,  wann  zarter  niorgenschein 

all  gipfel  hoch  vcrgfrldet. 

mich  zeitlich  das  gewissen  mein 

der  Sünden  viel  beschüldct.    Speb  trutzn.  83  (90) ; 

woßr  heule  beschuldigen  gilt,  beschulden  nehmen  uir  im 
sinne  von  mit  scliuld  belasten:  welcher  zwar  etwas  beschul- 
dete, doch  ansehnliche  grundstücke  besasz.  Leipz.  aranl.  2,121 ; 
seine  guter  sind  bescliuldet,  weniger  als  verschuldet;  ring  und 
Stab  durfte  die  unkeusche,  blulbeschuldete  laienband  nicht 
mehr  berühren.  Schiiler  103G. 

BESCHULDIGEN,  arguere,  rügen,  zeihen,  meist  mit  acc.  der 
person  und  gen.  der  sache,  einen  des  mordcs,  diebstals,  der 
untreue  beschuldigen,  neuere  setzen  tadelhaft  auch  die  sache 
in  den  acc;  und  die  bobenpricster  bescliuldiptjpn  in  hart 
igolh.  vröhidcdun).  Marc.  15.3;  und  linde  an  dem  menschen 
der  Sachen  keine,  deren  ir  in  beschuldiget.  Luc.  23,  14;  da 
ich  aber  mich  wolt  erkundigen  der  ursach,  darumb  sie  in  be- 
schuldigten, apost.  gcsch.  23,  28.  29;  mich  verantworten  sol 
alles,  des  ich  von  den  jüden  beschuldiget  werde.  26,  2;  wer 
wil  die  auserwcllen  goltes  beschuldigen?  Rom.  8,  33;  obwol 
die  Sünde  durch  Chrislum  vergeben  und  also  überwunden  ist, 
das  sie  uns  nicht  verdammen,  noch  das  gewissen  beschul- 
digen kan.  Luther  5;  199';  darum  kan  uns  niemand  hierin 
beschuldigen,  es  sei  dan,  das  er  die  h.  r.  kirch  der  gotts- 
lästerung  wolt  beschuldigen,  bienenk.  235' ;  du  mich  nicht  be- 
schuldigen wollest.  Nel'marks /i/s(tr.  rorr.  ; 

hier  steh  ich,  götter,  und  bekenne, 

bekenne  was  man  mich  beschuldigt.    Wielasd  5,  194. 

BESCHULDIGER,  m.  criminator,  ankldger,  rüger. 

BESCHULDIGUNG,  f.  incvsalio,  criminatio,  rüge:  einer  be- 
schuldigung  verdacht  sein,  landfr.  von  1521  §.  ';  wahre  oder 
falsche  bcschuldigung. 

BESCHUMMELN,  decipere,  leicht,  in  kleinen  dingen  belrie- 
gen.     s.  schummel  und  Schjieller  3,  363. 

BESCHUNDEN,  inquinare,  concacare.     s.  schund. 

BESCHUPPEN,  1)  squamare,  squamis  obducere,  wovon  nur 
das  pari,  squamalus,  beschuppt  üblich :  das  beschuppte  beer, 
squamifera  piscium  lurba,  squamosus  grex; 

die  rauhe  sec 

lehrt  das  beschüpte  volk  das  heiszejiehcstrch. 

HoF»*jrsswALDAC  geir.  seh.  S; 
bcscliupptes  licer.  Crockes  1,  367;   glatt  beschuppt.  2, 121.  7,46. 

2)  desquamare,  abschuppen,  die  schuppen  abziehen:  der  fisch 
musz  beschuppt  werden,  figürlich,  einen  hetriegen;  der  Jude 
beschuppt  ihn  bei  jeder  Zahlung  um  einige  groschen;  er 
wurde  hei  diesem  handel  arg  bescliuppt. 

BESCHÜRFEN,  bergmännisch,  defodcre,  einen  gang  abschür- 
fen, bloss  legen. 

BESCHÜRZEN,  praecinctorio  munire,  die  schürze  vorbinden. 

BESCHÜSSELN,  calinis  ornare:  eine  beschüsselte  lafel. 

BESCHUSZ,  ni.  hat  He.mscii  für  paries  medianus,  nnl.  bc- 
schot. 

BESCHÜTT,  f.  agger,  congeries,  gebildet  wie  anscbütt,  doch 
vgl.  gesciiütt  n.  wie  seiner  Wagenburg  beschult  von  feinden 
angezündt  worden.  Facil-s  bei  Fronsp.  3,  275". 

BESCHÜTTELN,  concutere,  s.  schütteln  upd  ahd.  irscntilÖD, 
discutere. 

1)  conculiendo  implere :  den  boden  mit  laub,  eichein,  bir- 
nen,  vom  bäum  herunter,  beschütteln. 

2)  capitis  motu  renuere:  schweigend  wurden  alle  seine  an- 
trage beschültelt,  remein/;  eine  frage  beschülteln,  den  köpf 
dazu  schütteln. 

BESCHÜTTE.N,  ahd.  piscutan  pi.scutila,  mhd.  beschulen  be- 
schütte, alls.  biscuddian,  zu  folgern  aus  scuddian  quatere, 
mnl.  nnl.  bescbudden,  obruere  tum  ftuiJis  tum  aridis. 

1)  perfundere,  begieszen,  nur  rst  beschütten  stärker  als  be- 
gieszcn :  einen  von  oben  mit  wasser  beschütten ;  ein  gewal- 
liger regen  bescbültete  das  land;  des  morgens  Bszl  er  sich 
den  köpf  mit  kaltem  wasser  beschütten ;  aus  den  fenstem 
wurden  die  feinde  mit  heiszem  wasser  beschüttet;  man  er- 
blickte den  mörder,  wie  er  mit  blut  beschüttet  war;    er  be- 


1599 


BESCHÜTTEN 


BESCHÜTTER  — BESCHWÄNGERN   1600 


schüttet  sich  beim  trinken  mit  wein ;  hat  sich  sein  kleiJ  mit 
brühe,  mit  fett  beschüttet,  die  suppe  beschütten  hciszt  et- 
was davon  verschütten. 

2)  conlegcre,  operire,  mhd. 

diu  süegen  kriit  geslaht 

mit  bluoriien  stein  bcscliültel.    Mai  207,  7. 

nlid.  der  bäum,  unter  dem  sie  sasz,  beschüttele  ihren  schosz 
mit  lauter  bluten;  die  schuhe,  die  füsze  sind  ganz  mit  staub 
beschüttet;   mit   sand  und  grund  beschütten;    die  böum  mit 
gritcm   grund   unden  bi  der  würzen  beschütten.    Maaler  61'; 
beschütten,    in  der  Sclitreiz,    düngen ;    den    sarg    hinablassen 
und  mit  erde  beschütten ;  die  wege  mit  kies ; 
und  unbegraliner  Indien  sind  viel  mehr, 
als  derer,  welche  wir  mit  wenig  erde 
beschüilen  konnten.    Klopstock  10,  104; 

beschütte  die  kuchen  mit  zucker;  er  scimupft  so  stark,  dasz 
er  sich  den  rock  mit  taback  beschüttet;  die  dächer  waren 
mit  asche  beschüttet;  die  funken  stoben  und  beschütteten 
alle  umstehenden,  eine  ahd.  glosse  piscultir  adustus  (Grakf 
6,  427)  vielleicht  zu  fassen  von  funken  beschüttet. 

3)  wie  es  mhd.  lebendig  hiesz  daj  harnasch,  die  brünne, 
die  ringe  an  schulen,  abc  schulen,  da  sie  gewunden  waren, 
gleichsam  anrollten,  abrollten,  und  einen  ög  der  halsberge, 
ftj  dem  isengewant  schulen,  die  rüstung  von  ihm  schütteln 
(harnasch  ftf  schilt  schulen,  kröne  14873 ;  dö  schulte  er  sin 
gewicfen  in  den  Schildes  rant.  Gudr.  1530,  2)  galt  auch  sich 
beschulen,  concuti: 

du  sluoc  der  herrc  Irnvrit  den  küenen  spilman, 

daj  im  muosen  breslen  diu  ringes  gespan, 

tmd  da?  sich  beschulte  diu  brünne  viwerröt. 

doch  viel  der  luntcräve  vor  dem  videlscre  tot.    Nib.  2009. 

das  'doch'  nöthigt  'im'  auf  Volker  zu  ziehen,  es  darf  aber 
auf  Irnvrit  gehen,  wenn  man  der  lesart  'do  den  vorzug  läszt 
und  dann  empßenge  'beschulte  sich'  den  siim:  der  todwunde 
landgraf,  auf  den  spielmann  noch  einmal  schlagend,  strengte 
sich  dergestalt  an,  dasz  seine  brünne  sich  löste,  zusammen 
rasselte  und  er  selbst  mit  ihr  niedersank,  denn  Volker  blieb 
unversehrt,  sein  gespänge  barst  nicht;  wäre  es  gleichwol  von 
ihm  gemeint,  so  müste  man  beschulen  auslegen  nach  2 :  seine 
brilnuc  bedeckte  sich  feuerroth  von  den  funken  des  schlagen- 
den Irnvrit,  was  auch  sehr  schön  gesagt  ist. 

4)  häußg  aber  steht  mhd.  beschulen  im  sinne  von  beschir- 
men, und  ebenso  mnl.  bescudden,  wie  sich  aus  contegere  die 
bedeulung  protegerc  entfaltet: 

waj  dö  taeten  die  sin  ? 

die  beschütten  in  mit  swcrion.    Parz.  74,  3; 

in  beschulten  die  ob  im  da  siriten.    74,  19; 

doch  beschütten  in  die  sine.    Wj.  307,  30; 

waz  mugen  die  sarrajin  nn  tuon* 

si  beschulten  Faborsen.    373,  15; 

sus  beschulter  sincn  sun.    428,  24; 

er  beschulte  manegen  sarrajin, 

der  da  beliben  müesle  sin.    436,29; 

si  beschulte  in  änc  vellen 

und  n.'im  sine  Sicherheit.    Wigal.  280,23; 

Iiescuttc  mit  gewall 

den  kuiiinc  Dionise.    Mtiis  ß.  126; 

iederman  die  sine  wolt  beschütten.    Lohengr.  108; 

beschütte  mcnlich  die  cristcnhcil.    115; 

swer  aber  gcvellet  wart,  ÜT  den  grö?e  menige  wartet, 

der  wart  bcschut  ein  miclicl  teil.    123; 

den  von  Präbant  sin  panier  beschulte.  137. 
nicht  nur  die  freunde  wurden  im  kämpf  beschirmt,  sondern 
auch  die  besiegten  feinde,  d.  h.  sie  blieben  erhalten,  am  leben, 
wie  hat  man  sich  aber  dies  beschütten,  dies  decken  sinnlich 
zu  denken  ?  als  ein  hallen  des  schwerts  über  einem  ?  abschla- 
gen, abwehren  eindringender  schwertschldge?  so  dasz  das 
sehwert  über  j/im  geschwungen,  geschüttet,  geschüttelt  wurde  ? 
vom  vorhalten  des  Schildes  (protegerc  scuto)  wird  hier  nie  ge- 
sprochen, der  be«cliüllete  wurde  gleichsam  aus  dem  kämpf, 
aus  dem  gedrJngc  gerissen,  was  an  lat.  e.xfulere,  it.  scuotere, 
sp.  sanidir,  prov.  socmlre,  franz.  secouer  gemahnt  (mehr 
unter  dem  einfachen  stiiülten)  und  durch  die  besondre  bedeu- 
tung  von  besdiütten  =  retrahere  bestätigt  wird.  s.  6.  dies 
hescliütlen  findet  sich  noch  in  einem  weisthum  von  1403  (1,  612), 
li'O  es  heiszt:  des  dorfes  not  besciuilten  ==:  6c4c//irmf/i.  s.  bc- 
schfltzen. 

5)  bescIiüUen,  reichlich  begaben  (ubertim),  dasz  es  übcr- 
flieszl,  wie  auch  gieszen  ein  geben  wird: 

mit  dem  und  mchrerm  wirds  voihüngnis  dich  besrhOlten. 
Louk:«st,  Ucop.  1201 ; 


er  bat,  er  hat  vergeben 

mit  enadevolloin  rath, 

beschüttet  dicii  mit  heile, 

vom  elend  dich  befreit.    Klopstock  7,  213; 

einen  mit  segen,  mit  wollhafen  beschütten ;  als  wurde  ich 
vom  guten  allen  valer,  wie  am  weiiinachlsfeste,  reichlich  be- 
schenkt und  beschüttet.  J.  l*\vi  jubeis.  iS\. 

6)  im  deutschen  recht  heiszt  beschütten  retrahere,  die  ver- 
äuszerte  sache  zurückziehen,  den  käufer  davon  abtreiben,  wie 
man  nach  4  einen  aus  dem  kämpf  zog:  die  nächsten  ver- 
wandten sollen  ein  slammgul  binnen  jähr  und  lag  beschütten. 

BESCHÜTTEK,  m.  canis  venaticus,  grajus,  einer  von  zwcin 
oder  drein  Jagdhunden,  der  den  andern  zu  hülfe  kommt,  sie 
beschirmt,  herauszieht,  rettet:  Spürhunde,  Wachtelhunde,  hüner- 
liunde,  stäubere,  wasserhunde,  rüden,  rökel  (rekel),  beschüt- 
tere. PiiiLANDER  1,  623.  auch  in  diesem  wort  dauert  das  alte 
beschütten  =  beschirmen,    dän.  skydehund.     s.  beschülzer. 

BESCHÜTTUNG,  /".  im  deutschen  recht  retractus,  abtrieb. 

BESCHÜTZ,  m.  tutela,  praesidium,  schütz,  schw.  beskydd, 
würde  mhd.  beschul  lauten:  die  engel  tragen  sorg  des  nien 
sehen  beschulzs.  Frank  chron.  5";  dasz  der  mensch  in  ein 
solche  grewliche  gcfiingnus  geführt  soll  werden  und  keinen 
beschütz  soll  haben.  Paracelsus  1,  87". 

BESCHÜTZEN ,  tueri,  defendere.  wir  betrachten  heule  be- 
schütten und  beschützen  als  ganz  verschiedne  Wörter,  und  doch 
scheint  beschützen,  wie  sich  nach  beschütten  4  ergibt,  aus  be- 
schütten entsprungen,  sei  es  zufolge  der  neigung  unserer  mund- 
art  das  T  zu  aspirieren,  oder  weil  man  auf  einen  falschen 
Zusammenhang  7nit  schieszen  und  schlitze  gerieth.  ebenso  un- 
organisch schreibt  man  nnl.  beschütten  tueri  für  bescliudden. 
tvann  die  form  beschützen  und  schützen  zuerst  auficam,  ist 
unermittelt,  hat  in  Heinrichs  Trist.  6273  die  lesart 

schützte  in  mit  dem  swerle 
volle  beglaubigung,  so  läge  ein  altes  beispiel  vor,  denn  jeder 
sieht,  dasz  reinmhd.  stehn  sollte  schulte,  wie  l)eschutte  mit 
dem  swerle.  oberdeutsche  dialcctc  kennen  noch  jetzt  kein 
schützen  oder  beschützen  tueri,  aber  seil  Luther  verwendet 
sie  die  schriftspracJie :  wer  sich  auf  den  herrn  verleszet,  wird 
beschützt,  spr.  Sal.  29,  25 ;  die  das  jüdcnlhum  redlich  be- 
schützet haben.  2  Macc.  2,  22 ;  und  zwen  hielten  neben  dem 
Maccabeo  und  beschützten  in  mit  iier  were,  das  in  niemand 
verwunden  konle.  10,  30 ;  das  bnd,  das  Vaterland,  das  volk 
beschützen; 

ich  beschütze  dich.    Schiller  430"; 
die  armen  kindlein,  die  unschuldigen, 
das  treue  weib  musz  ich  vor  deiner  wut 
beschützen,  landvogl.        544"; 

die  frau  begegnet  ihrer  eignen  beschützten  ((/("<;  Sara  der  Hagar) 
übel  genug.  Gothe  24,  210.    mehr  unter  schützen. 

BESCHÜTZER,  m.  tutor,  palronus,  defensor:  beschülzer  des 
glaubens,  des  ackerbaus.  weidmännisch,  einer  von  den  Wind- 
hunden, was  /^ni/»er  beschulter  hiesz:  ein  strick  liuiide  iieiszen 
zwei  oder  drei  windliunde,  welche  der  Jäger  am  helzrieineii 
zusammenfaszl.  zuweilen  gewöhnt  man  einen  aus  dein  strick, 
andern  Windhunden  den  hasen  abzunehmen,  zu  bewahren 
oder  auch  herbeizutragen,  dieser  iieiszt  der  relter,  besciuitzer 
oder  schirmer.  Nemnicii  sp.  816. 

BESCHÜTZUNG,  f  tutela,  defensio:  was  etliche  gaile  stücke 
betrilTet,  darf  ich  alhie  für  solcher  antworlung  und  beschülzung 
nicht  so  khün  sein.  Weckheri.in  tiorr.  zu  d.  welll.  ged.f  er- 
lösung  und  beschülzung.  352. 

BESCHWABACHERN,  in  Schwnbacher  schrift  setzen  und 
hervorheben:  bezifferung  und  boschwabacheruiig.  Wolks /<r.  o« 
Heyne  1797  s.  lOS. 

BESCH WACHEN,  debilitare,  beschwächt,  languidus;  eine 
Jungfrau  bescliwüchen,  virginem  comprimere,  heute  blosi 
schwäciien,  schw.  kränka  sp.  1570. 

BESCHWÄGERN,  sich,  affinitate  sese  jüngere:  indem  des 
caltischen  kiinigs  söhn  . . .  sich  mit  denen  Mciiapiern  be- 
sctiwägerlc.  Eoiienst.  Arm.  1,  S95;  welcher  ihnen  melir  be- 
schwägert  oder  befreundet  ist.  Weise  kl.  leule  ins ;  wir  sind 
weilläiiflig  beschwägert.  über/t.  ged.  i,  ^'i ;  wenn  sich  die  ker- 
len  mit  den  vornelimsten  lainilien  beschwägerii.  comöd.  254; 
der  bürgermeisler  eines  schneiilers  söhn,  und  mit  vielen  an- 
dern schneidern  bescliwägerl.  Fclscnb.  2,  417 ;  Rnrellus  war 
mit  den  ange.'»ehensten  familien  beschwägert.  Hahn  4,  240. 
s.  versdiwägern. 

BESCHWANGERN,  nnl.  bezwangeren.  1)  qravidare,  im- 
pkre,  beschweren :  ausdünslungen,  welche  die  Infi  mit  wölken 


1601  BESCHWÄNGERCNG— BESCHWEBEN 


BESCHWEFELN— BESCHWERDE   1602 


beschwängern.  Ka:<t  7,  123;  die  einbildungskraft,  durch  er- 
fahrung  beschwängert,  bringt  gewisse  Vorstellungen  unter  das 
gesetz  der  associalion.  3,  16S;  taubes  gestein  mit  Schwaden 
beschwängem.  Mcsaeüs  2,1; 

bricht  sein  erhitzter  muih, 

beschwängert  von  der  kunst,  durch  flammen,  blitz  und  glut. 
Rabe.ner  2,  S5, 
lohensteinische  schwulst  nacliahmend. 

2)  comprimere  virtjinem.   man  sagt  heute  meistens  schwüngern. 

BESCHWÄNGEKL.NG,  f.  dasz  der  hund  (xidt^)  neben  dem 
Plutus  die  beschwängerung  (}nt;otr)  der  fruchte  bedeute. 
Wixrelman:<  2,  625. 

BESCHWÄNZEN,  eauda  instruere:  die  abergläubische  Vor- 
stellung beschwänzt  den  teufel;  lang  beschwänzte  äffen;  no- 
ten  beschwänzen.     s.  beschweifen. 

BESCHWAPPELN,  sich,  Jieluari,  tuburcinari,  sich  befressen, 
besaufen.  Stiei.er  1962. 

BESCHW.\REN,  onerare,  sehrieb  man  im  16  jft.  noch  oft 
und  richtig  ßr  beschweren,  d.  i.  ahd.  pisuäran,  mhd.  be- 
swaeren.  Maaler  61*  unterscheidet  beschwären  gravare  ron 
beschweeren  oLleslari,  vie  vir  beschweren  ron  beschwüren. 

BESCHWÄRLICHEN,  adt.  moleste:  dann  diser  fürst  sich 
oftmals  beschwürlichen  beklagt.  .MELAxcniH.  herzog  Friderich, 
verd.  von  Lacterbeck.  1563  bl.  10.     s.  beschwerlich. 

BESCmVÄRMS,  f.  molestia.     s.  beschwernis. 

BESCHWARUNG,  f.  molestia,   was  beschwerung  : 

und  habt  grosz  bescbwarung  und  klein  frid.   fastn.  sp.  296,21. 

BESCHWÄRZEN,  denigrare:  bei  dem  feuwer  und  rauch 
beschwärzet.  Kirchhof  mil.  disc.  119 ; 

secht,  wie  sie  uns  (die  hände)  beschwerzet  han.    ArBsaSiO*; 

bat  sie  bcschwerzt  heim  gschickt  wie  die  moren.    3S0'; 
alsbaM  der  tag  erblichen, 

kommt  die  beschwärzte  schaar,  das  beer  der  angst  geschlichen. 

Grtphics  1,  18; 

deswegen  ich  durchaus  hiermit  auch  nicht  beschwärz 

je  ein  und  andrer  lob,  rühm,  ehr  und  reines  herz. 
Werders  Ar.  22,  2; 
rorfahren,  deren  geschlechte  er  mit  so  schlimmen  thaten  be- 
schwärzte. LoHEXST.  Arm.  1,  75.     in  der  absiracten  bedeuiung 
sagt  man  heute  lieber  anschwärzen. 

BESCHWATZEN,  BESCHWÄTZEN,  multa  loquendo  indu- 
cere,  decipcre,  bereden:  die  wahre  ui^ach,  warum  man  sich 
an  die  deutscLcn  gelehrten  wendete  wäre,  weil  diese  sich, 
so  wie  überhaupt  die  ganze  nation,  von  ausländem  leicht  zu 
etwas  beschwatzen  lieszen.  Klopstock  12,  352;  ich  lasse  mich 
beschwatzen  und  tbue  alles  was  sie  haben  will ;  du  bist  ein 
kleiner  schmeicbler,  versetzte  das  mädchen,  aber  du  sollst 
ans  nicht  beschwatzen.  Wiela.nd  10,  34 ; 

wer  fühlend  spricht,  beschwätzt  nur  sich  allein. 

GöTBK  56,  31 ; 
kann  er  nicht  jeden  schritt  beschwätzen.   12,  216; 
er  will  uns  beschwätzen,    fort,  fort!    13,  103; 
der  Liebetraut  ist  ein  pfiffiger  kerl,  von  dem  hat  er  sich  be- 
schwätzen lassen.  8,  60 ;  bei  meinem  zaudern  und  beschwätzen 
so  manches  vorgesetzten  und  eingebildeten.    26,  254;   gib  du 
acht,  gib  du  acht,  und  wenn  du  aus  jedem  astloch  ein  äuge 
strecktest,  er  wird  sie,  dir  auf  der  nase,  beschwatzen.  Schil- 
LEB  ISl'; 

E.    ihr  hoft  umsonst  mich  listig  zu  beschwatzen. 
L.    beschwatzen  konnte  dich  der  plauderer, 

ich  aber  will  zu  deinem  herzen  reden.    434'.  435' : 

ApoUonia,  die  von  ihrer  magd  Sabina  beschwatzt  gar  viel 
böses  von  ihrer  tochter  sagte.  Armm  kronenw.  1,  420 

BESCHWATZEH,  m.  hämo  garrulus  callidusque. 

BESCHWÄTZT,  disertus,  loquax,  garrulus,  wie  beredt:  des 
königs  legalen  sollend  wol  bsrbwätzt  sin,  gschwind,  glisz- 
ner,  practicierer.  spiel  ron  Lucretia.  Strasib.  1550  E  6* ;  ewer 
maj.  wollen  sich  durch  meinen  subtilen,  spitzfindigen,  scharf- 
«innicen  und  zn  gar  beschwätzten  gegenthei!  nicht  bedörcn 
1  --fi.  AvRER  proc.  1,  6;  der  so  gar  wol  beschwätzt  ist.  1,  7; 
^M•'v^ol  er  als  eine  atzel  beschwätzt  ist.  Phii.akd.  1,  60;  ein 
stattlicher  redner,  ein  beschwätzter,  herzhafter  mann,  l,  317; 
heul  ein  b.nchlein  wol  beschwätzet 
nahm  die  flucht  aus  pruoem  wald.    Srii  tm/zn.  287  (315). 

heule  sagt  man  nur  geschwätzig. 

BESCHWEBEN,  pcndere:  in  deren  (wölken)  auch  die  ganze 
well  mitten  bcschwebct.  Atber  proc.  3,  4.  transitiv,  pendendo 
legere: 

jugendlich  milde 
lieschwebt  die  gefilde 

«wiger  mai.    Scbillir  8*. 


fc 


BESCHWEFELN,  sulphure  imbuere,  sekieefeln: 

und  müstest  du  ewig  da  flackern,  o  hund, 

vom  zeh  bis  zum  prirbel  bescbwefell.    Bcrckr  81*. 

BESCHWEIFEN,  cauda  instrUere: 

so  zieht  die  last  der  bomben  durch  die  luf), 
mit  ftiuer  beschweift.    Kleist  1,  134 ; 

als  sie  der  wallenden  monde 
rauschen  nicht  mehr  vernahmen,  nicht  mehr  der  bescbweiften 

komelen 
fliegendes  donnergetös.  Klopstock  Hess.  16,  334. 

BESCHWEIMELN,  animo  Unqui,  ohnmdehtig  werden,  sehwin- 
deln. Stieler  1966. 

BESCHWEIME.N,  dasselbe,  mhd.  beswimen,  nni.  bezwijmen : 

drauf  fieng  er  wieder  an  allmälich  zu  beschweimeiK 
Nechares  luslto.  194. 
er  ist  vor  schrecken  beschweimeU   Stueleb  1966.     ein  edles, 
nunmehr  abgekommues  wort. 

BESCHWEINEN,  in^tnare,  besudeln,  besauen.  Sheler  1967. 
BESCHWEISZEN,  sudore  oceupare,  rigare,  nni.  beiweeteo, 
mhd.  besweijen : 

da  sin  vel  was  besweizel, 

und  der  sloup  was  druf  gevallen.     Wh.  270,  12; 
viel  sehen  vor  sich  hin  und  wundern  sich  im  ge^t, 
viel  hoffen,  weisz  nicht  wA,  viel  seind  aus  furchrbeschweiszt. 
RiciERs  reime  dich  183. 

weidmännisch,  das  beschweiszte,  mit  blut  besprengte  gras ;  die 
band  beschweiszen,  mit  blut  benetzen,     s.  beschwitzen. 

BESCHWEMME.N,  inundare,  überschwemmen,  nni.  bezwem- 
men: 

der  felsen  baupt,  das  sieb  so  hoch  jetzt  strecket, 
stand  ganz  beschwemmt,  war  mit  der  flut  bedecket. 
Opitz  ps.  104. 

BESCHWER,  f.  und  n.  molestia,  onus,  das  genus  lassen 
die  meisten  stellen  unsidier,  zum  f.  u-ürde  das  ahd.  sudri, 
mhd.  swsere,  und  unser  nhd.  schwere  stimmen;  deutlich  steht 
ein  beschwere  Petr.  187';  mein  herr  vater  hatte  grosze  be- 
schwer davon.  Schwei.niches  1,  67 ;  welches  i.  f.  gn.  mit  gro- 
szer  beschwer  (gravate)  thun  wohen.  l,  169;  mit  groszer  be- 
schwer thaten.  2,  47 ; 

verzeiht,  mein  edler  riiter,  die  beschwer, 
die  mein  besuch  euch  macht.    Tieck  3,  90. 

das  n.  gewährt  Olearics:  und  machen  ihnen  selbst  unnütz- 
liches beschwer,  pers.  reiseb.  1, 12 ;  hat  der  bäum  keine  fruchte, 
so  hat  er  auch  kein  beschwer,  pers.  rosenth.  8, 15t ;  ein  wil- 
liger diener  solcher  fürnehmen  gesellschaft  und  nicht  ein  be- 
schwer zu  sein.  2,  5;  n.  ist  auch  nni.  bezwaar.  unentschie- 
den sind  folgende:  allerhand  beschwer  und  ungelegenheit  lei- 
den. ScHWEisiCHEX  2,  14;  welches  mir  bald  beschwer  und 
mühe  gegeben.  3, 105 ; 

des  küngs  gepot  macht  solch  beschwer. 

SCBWARZENBBBG  156,  1, 

(gute  mer)  die  hört  man  billicb  on  beschwer.    133,  3; 

damit  ich  ewer  bschwär  ergetz.    Schielzl  Saut  14'; 

wie  wir  des  eidschwurs  nnd  beschwer 

los  werden  mit  gutem  titel.    Soltac464; 

0  führe,  herr,  auch  aus  beschwer, 

die  noch  bestrickt  sind,  wieder  her.    Opitz  ps.  136; 

nun  ist  hier,  was  beiden  Trommel, 

nun  ist  hin,  was  war  besdiwer.     Fleäixg  352; 

hier  liegt  die  gerne  lag, 

nur  disz  ist  ihr  beschwer, 

die  armen  (nrnic)  sind  ihr  leer.    Logac2,  2,  46; 

wie  mich  pflesrie  krig  zu  krrinken, 

was  er  brachte  Tür  beschwer.    2,  2,  50; 

klinget  sie  (des  Sängers  stimme)  übel,  so  hat  man  beschwer 
nnd  venlrnsz  darvon.  pers.  rosenth.  2,  14;  erwehle  den  theil, 
welcher  ohne  beschwer  und  am  leichtesten  zu  tban  ist  8,18; 

alle  ehr  ist  beschwer.    Schcppius  41t ; 

zwischen  erd  und  htmmel  schwebt  die  arme, 

sonder  ziel  für  ihres  flugs  beschwer.    Bürger  76'; 

der  Noah  war  ein  braver  mann, 

stach  ein  fasz  nach  dem  andern  an, 

und  trank  es  aus.  zu  ROltes  ehr, 

das  macht  ihm  eben  kein  beschwer.    Kopiscb. 

BESCHWERDE,  f.  ahd.  suärida  (Grait  6,  892),  mhd.  be- 
swa?rde. 

I)  onus,  moles,  molestia,  last,  mühe,  schmerz,  hdußg  im  pl. 
gebraucht:  die  beschwerden  des  lebens,  ich  fühle  wenig  be- 
schwerden,  die  beschwerden  des  kriegs  drücken  ihn  hart; 
armer  leut  äcker  mit  zehenden  und  ncwen  beschwerden  satt- 
len,  das  sie  davon  ir  kriegsvolk  erlialten.  kriegsb.  des  fried.  206 ; 

das  sie  geschlacht  und  folgig  werden, 

and  die  leut  fertigen  on  bscnwerden.    Fischabt  gl.  scIi.  25; 

101 


1603  BESCHWERDEBUCH  — BESCHWEREN 


BESCHWEREN  — BESCHWERLICH    1604 


dasz  aus  menschen  werden  wölfe  bringt  ru  glauben  nicht 

beschwerden, 
siebt  man  nicht,  dasz  aus  den  Deutschen  dieser  zeit  Franzosen 

werden?  Looab  3,  zug.  200. 

2)  querela:  beschwerde  führen,  über  oder  gegen  einen;  es 
lief  eine  beschwerde  nach  der  andern  über  ihn  ein ;  es  kommt 
weiter  keine  beschwerde  gegen  ihn  vor.     s.  beschweren  4,  d. 

BESCHWERDEBUCH,  n.  auf  postcn  und  eisenbahnstationen. 

BESCHWERDNIS ,  f.  moleslia:  das  die  kais.  maj.  unser 
nächst  gegeben  antwort  etwas  mit  beschwerdnis  vernommen. 
Baumgartner  bei  Melanchthon  2,  365. 

BESCHWEREN,  b,eschwor,  jurare,  obsecrare,  mhd.  beswern. 
s.  .beschwören. 

BESCHWEREN,  beschwerte,  gravare,  belasten,  mhd.  be- 
swaeren,  nnl.  bezwaren. 

1)  mit  etwas  beschweren :  ir  sollent  fleisziglichen  lugen, 
das  ir  euwere  herzen  nit  beschwerent  mit  dem  frasz,  oder 
mit  fressen  und  saufen.  Keisersb.  sunden  des  munds  4";  item 
er  sol  warnemen,  das  dieselben  wort  an  in  selber  nicht  schwer 
seind,  das  sie  damit  nicht  beschweren  den,  mit  dem  sie 
schimpfen  wollen.  36';  hütet  euch,  das  ewer  herzen  nicht  be- 
schweret werden  mit  fressen  und  saufen.  Luc.  21,  34 ;  auch 
hab  ich  gehöret  die  wehklage  der  kinder  Israel,  welche  die 
Egypter  mit  Irönen  beschweren.  2  Mos.  6,  5;  so  du  niemand 
bei  dir  beschweren  wirst  noch  mit  finger  zeigen  noch  übel 
reden.  Es.  58, 9 ; 

mit  zu  früher  nacht 
der  tod  sparend  was  bös,  das  best  allzeit  beschweret. 

W'ECKHERI.I.xi  699; 

ein  acker  mit  weizen  und  anderm  körn  beschwert.  Schüp- 
piüs  761; 

was  für  ein  opfer,  herr,  willst  du  der  göttin  bringen  ? 
der  fremdling  ist  beschwert  mit  unerhörten  dingen. 
J.  E.  Schlegel  1,  54; 
fort  vom  tische  mit  dem  gast, 
dem  du  ihn  mit  einer  last 
von  gerichten  sollst  beschweren.    Gökingk  2,  51 ; 

dasz  du  dein  gewissen  nicht  beschwerest  mit  mord.  Klinger 
1,  80 ;  den  wagen  mit  lasten,  das  reich  mit  züllen,  die  waare 
mit  abgaben,  das  dach  mit  steinen,  den  magen  mit  wein,  den 
brief  mit  geld,  die  leute  mit  besuchen,  das  gewissen  mit 
einem  eide,  das  herz  mit  kummer  und  sorgen  beschweren ; 
darf  ich  sie  damit  beschweren?;  ich  will  sie  damit  nicht 
noch  mehr  beschweren. 

2)  die  ältere  spräche  setzt  die  sache  auch  in  den  geniliv : 
das  also  e.  k.  f.  gn.  und  die  Universität  seinethalben  der 
hundert  gülden  nicht  beschweret  werden.  Luthers  br.  5,387; 
sie  die  arme  frauwen  nicht  mehr  bemühen  noch  beschweren 
wolt  solches  dienstes.  Bocc.  1,  193";  das  si  das  volk  keins 
gebens  oder  zins  beschwert.  Franä  lueltb.  10';  wir  sein  des- 
sen nicht  beschwert.  Ayrer  proc.  1, 12.  die  spätere  kann  (ür 
mit  auch  von  oder  durch  verwenden: 

geduld  ist  zwar  die  kost,  davon  sich  arme  nähren, 
doch  wird  kein  fetter  wanst  sich  sehr  davon  beschweren. 
I-OGAU  1,9,  92; 
wie   durch   das  münzwesen  so  mancher  mann,   sonderlich  in 
kirchen  und  schulen  beschweret  und  betrogen  werde.  Schdp- 
pius  120 ;  ich  fühle  mein  gewissen  dadurch,  mein  herz  davon 
beschwert. 

3)  häufig  bleibt  aber  die  beschwerende  sache  unausgedrückl, 
einen  beschweren  heiszt  einen  belasten,  bekümmern,  quälen, 
beleidigen:  darumb  haben  die  groszen  hcrren  ire  spilleut,  die 
man  brauchen  sol  allein  zu  zeiten,  als  wan  dem  menschen 
die  Vernunft  beschwert  ist.  Keisersb.  Sünden  des  munds  53*; 
der  hcngt  sich  mit  der  scheren  an  einen  stein,  das  er  be- 
schwert werd,  80  es  ungestüm  ist.  34*;  lasz  uns  nicht  alle 
gehen,  das  wir  dich  nicht  beschweren.  2  Sam.  13,  25 ;  warurnb 
solt  dein  knecht  meinen  herrn  könig  förder  beschweren? 
19,  35 ;  denn  die  vorigen  landpfleger,  die  vor  mir  gewesen 
sind,  hatten  das  volk  beschweret.  Neh.  6,15;  denn  der  sterb- 
liche leichnam  beschweret  die  seele.  weish.  Sal.  0, 15 ;  da  wir 
über  die  maszc  beschweret  waren.  2  Cor.  1,  8 ;  auf  das  ich  nicht 
euch  alle  beschwere.  2,  5 ;  denn  dieweil  wir  in  der  hütten 
sind,  sehnen  wir  uns  und  sind  beschweret.  5,  4 ;  und  lasse 
die  gemeine  nicht  beschweret  werden.  iTim.  5,  16;  lieben 
hcrren,  beweisen!  das  uns  des  keisers  suns  tod  höchlich  be- 
schwere. Aimon  c; 

ach  alter,  das  mich  fast  beschwert.    Scowarzekb.  141,2; 
denn  es  beschwert  mein  edelleuf, 
das  ein  bewrin  nach  unsr  tod^zeii 
ihr  fraw  und  fiirstln  werden  solt. 

ü.  Ma(;ritii;5  com.  vom  grafvn  Waller  DT; 


es  wird  dich  gleich  wie  mich 

nicht  wenig  beschweren  und  verdrieszen.    AtrerSIO'; 

es  wolle  gestern  sich  der  geizhals  Alme  henken, 

sechs  heller,  Aule,  doch  die  machten  ihm  bedenken, 

so  iheuer  kam  der  sträng,    der  preis  v/ar  ihm  beschwert. 

nein,  fieng  er  an,  der  tod  ist  nicht  des  geldes  werth. 

Opitz  2,  455; 
schaut  diesen  schlechten  stein, 
ein  demant  solt  es  sein, 
denn  das,  was  er  beschwert 
ist  mehr  als  dieses  wert.    Logau  3,  1,60; 
ein  harter  fluch  beschwert  das  land, 
wo  dieser  weinstock  aufgeschossen.    Hagedorn  3,  46; 
einer  will  die  sonn,"  die  den  andern  beschwert, 
dieser  wills  trocken,  was  jener  feucht  begehrt. 

SCUILLER  329" ; 

viel  wissen  möchte  sie  beschweren.  244'; 
der  patronus  kann  die  pfarre  besetzen,  aber  nicht  beschwe- 
ren. Moser  2,  6.  oß  steht  heule  das  pari,  praet. :  das  ist  ein 
beschwerter  (geplagter)  mann ;  ein  beschwertes  bret ;  ein  be- 
schwerter brief.  Göthe  7, 119  ;  er  rief  seinem  beschwerten  her- 
zen seine  bisherige  hofkühnheit  zu  hülfe.  J.  Paul  Ilesp.  2,  208 ; 
aber  sie  konnte  nichts  aus  der  froh  beschwerten  brüst  auf 
die  lippen  heben.  1,110;  vgl.  er  macht  sich  nur  beschwerte  zeit 
(schwere  tage).  Weise  Id.  Icute3(j3;  ein  beschwertes  (schweres), 
widerwertiges  jähr.  Sciiweimciien  3,  216;  in  den  beschwerten 
Sachen  guten  rath  finden.  3,  217;  die  betrübt  und  beschwert 
gemüt  haben.  Luther  5,  213*. 

4)  sich  beschweren,  in  mehrfachem  sinn, 

a)  sich  belästigen,  bemühen:  beschwere  dich  nicht  damit. 

b)  sich  bekümmern,  das  herz  schwer  machen: 
ihr  jungfräulein,  wollt  fröhlich  sein 

und  euch  beschweren  nicht!    Hoff«,  jesc/fsch.  s.  218. 

c)  sich  beschwert  fühlen  (gravari)  und  weigern:  beschwere 
dich  nicht  die  kranken  zu  besuchen,  denn  umb  des  willen 
wirst  du  geliebet  werden.  Sir.  7,  38 ;  der  sich  doch  on  mein 
bewilligung  beschweret  zu  euch  zu  begeben.  Luther  5,  508"; 
nu  beschweret  sich  der  mensch  solchs  zu  nehmen  aus  der 
Ursache,  denn  weil  er  nicht  vermag  so  steif  und  täglich  in 
der  Schrift  zu  lesen,  mocht  ers  nicht  mit  gutem  gewissen 
nemen.  Luthers  br.  3, 91 ;  des  er  sich  beschweret  für  groszer 
demut.  5,  511 ;  werden  aber  hiezu  sich  die  kirchendiener  be- 
schwert (widerspenstig,  sich  weigernd)  machen,  als  die  unge- 
zwungen zu  sein  fürgeben.  3,  368 ;  denn  der  jungling  liebet 
also  seine  narung  und  guter,  das  er  sich  beschwert,  darumb 
das  predigampt  anzuneinen.  Meuanchth.  wider  die  widerteufcr 
übers,  von  Jonas.  Witten-b.  1528.  6/.  17;  du  wollest  dich  nicht 
beschweren  (ne  graveris),  mir  ein  sach  zu  willen  zu  werden, 
Kirchhof  wendunm.  331; 

halt  nit,  dasz  sichs  ihr  einer  beschwer.    Albkrüs56; 

darumb  ich  mich  hernach  noch  mehr 

davon  zu  schreiben  nit  beschwer.    59'; 

darumb  soitu  dich  nicht  beschwern, 

ein  gute  1er  von  mir  zu  lern.    95'; 

auf  dasz  sich  aber  keiner  beschwer 

zu  kommen,  sagt  er  zu  daneben, 

dem  besten  renner  wolt  er  geben 

sein  eigen  lochter.    141'. 

auch  in  der  unter  b  angezognen  stelle  liesxe  sich  euch  be- 
schweren deuten:  euch  weigern. 

d)  nahe  liegt  die  heute  vorwaltende  bedeutung  von  queri, 
exposlulare,  sich  beschweren  =  sich  beklagen,  klage,  beschwerde 
führen:  wiewol  nun  mag.  Eisleben  sich  dieses  artikels  hoch 
beschwert.  Melanchth.  3,  1036;  er  beschwert  sich  des  hoch. 
Hedion  com.  173 ;  da  einer  von  dem  andern  underricht  zu 
werden  sich  nicht  soll  beschweren  oder  beschämen.  Kirch- 
hof mil.  disc.  231; 

der  ding  ich  gar  nicht  leiden  kan, 

will  mich  das  (für  des)  gegen  im  beschwern.    AtrerIS'; 

das  Volk  beschwert  sich  über  die  neue  Steuer;  ich  habe  mich 
über  dich  zu  beschweren;  die  landleute  beschweren  sich  über 
den  vielen  regen ;  er  kann  sich  niciit  beschweren. 

BESCHWERLICH,  molestus,  gravis,  lästig,  mühsam,  schwie- 
rig :  ein  beschwerlicher  mensch ;  eine  beschwerliche  sache. 
Susanna  Ilibeldcha  4,  2;  ein  beschwerlich  schrift.  Luther  1, 
141 ;  dabei  ist  angezeigt  mit  vielen  beschwerlichen  worlen. 
Melanchtii.  an  Albrecht  ep.  6;  beschwerliche  pflichten.  Got- 
ter 3,  31 ;  beschwerliche  wege. 

beschwerlich  sein,  werden,  fallen,  »ich  erzeigen :  und  da 
ich  bei  euch  war  gegenwcrlig  und  inangel  hatte,  war  ich  nie- 
mand beschwerlich.  2Cyr.  11,  9;  denn  tag  und  nacht  arheitcn 
wir,  das  wir  niemand  unter  euch  beschwerlich  wären,  l  Thcss, 


1 605  BESCmMlRLICHKEIT—  BESCHWERUNG 

2,  9 ;  wenn  dein  freund  in  unglück  geräth,  so  soltu  ihm  nicht 
dessentwegen  beschwerlich  sein  (ihn  mit  vorwürfen  beschwe- 
ren). Lokman  fab.  25;  da  sichs  vielleicht  zutrüge,  das  diese 
und  andere  unsere  sachen  und  hendel  bei  dem  heiligsten 
vater  dem  bapst  beschwerlich  würden  fürfallen.  Luther  t,  222'  ; 
der  heiT  wollte  den  rufer  gern  los  sein,  aber  doch  ihm  nicht 
gerne  beschwerlich  fallen,  pers.  rosenlh.  4,  13.;  die  new  ehe- 
gelraute,  ob  sie  wol  erstlich  sich  etwas  unholdselig,  frembd 
und  beschwerlich  (sich  tceigernd,  tciderspenstig,  Ptutarch  hat 
XaXenoi)  erzeiget.  Fischart  ehz.  5;  du  der  du  der  reichen 
lob  erhoben  und  den  annen  beschwerlich  dich  erzeigest,  pers. 
rosenlh.  7,  20 ; 

forsten  mügen  leben  herlicb, 

dann  sie  leben  auch  beschwerlich.    Logau  3,  zug.  SC ; 

inait  und  beschwerlich, 

wandernd  ermüdigl.    Göthe  4",  82. 

BESCHWERLICHKEIT,  f.  molestia :  und  können  sie  nit  so 
gar  eben,  wie  sie  gern  wollen,  auf  ire  brotwandlung  Ter- 
trähen,  sonder  feit  allzeit  ein  grosze  beschwärlichkeit  oder 
Ungeschicklichkeit  darein,  bienenk.  84';  also  das  gar  kein  be- 
schwerlichkeit  mehr  zu  spüren.  S9' ;  aber  hierunter  steckt  ein 
grosze  beschwärlichkeit.  190' ;  jedoch  möcht  nicht  desweniger 
grosze  beschwerlichkeit  darausz  folgen,  wan  der  fuchsbalk  in 
noch  unwilliger  machen  solt,  dann  im  zuvor  was.  203';  ände- 
rung  in  regimenten  bringen  beschwerlichkeiten.  Lehmann  200 ; 
da  wurds  in  meinem  herzen  so  still  wie  in  der  gegcnd,  und 
die  ganze  beschwerlichkeit  des  tags  war  vergessen  wie  ein 
träum.  Göthe  bei  Scholl  5S. 

BESCHWERNIS,  f.  und  n.  molestia :  tragen  si  ein  beschwer- 
nis  ab  disem  leben,  als  ab  einem  last  in  von  natur  aufge- 
legt. Frank  veltb.  195';  je  mehr  werden  bürden  und  be- 
schwernussen  ob  dir  ligen.  Petr.  94';  in  angst,  beschwernis 
und  viel  leid.  Kirchhof  wendunm.  62';  mit  beschwernus  der 
unterthanen.  3S9';  derwegen  so  sollen  sie  des  weichenden 
sands  beschwernus,  den  staub  und  der  sonnen  hitz  erdulden. 
Fronsp.  3,  134';  ach  was  für  ein  Jammer,  wie  grosz  überlast 
und  beschwärnus  were  dises  unserer  herzlieben  muter  ge- 
west.  bienenk.  5';  noch  sein  vil  mehr  andere  dergleichen  be- 
schwernussen,  welche  den  andächtigen  catholischen  menschen 
schier  sollen  ein  zweifei  gebären.  8S';  und  weiter,  wann  sie 
fasten,  so  wollen  sie  uberal  nichts  essen  und  machen  eben 
so  vil  beschwärnus  ab  fisch  essen,  als  ab  fleisch  und  eiern. 
19S';  wan  vileicht  einiger  zwispalt  oder  beschwernus  einfiele. 
223';  obn  andrer  leut  schaden  und  beschwernus.  Leuman.'j 
69 ;  der  hat  davon  groszer  beschwernus  als  vom  zahnwehe. 
144;  warum  verursachestu  denn  deine  unterthanen  durch  aller- 
hand plagen  und  beschwernissen.  pers.  rosenth.  1,  8 ;  o  herr, 
zeuch  mich  einmal  aus  disen  beschwernüssen.  Scuuppies  441; 
dergleichen  unglückliche  beschwernisse.  ehe  eines  mannes  82; 
zwar  zieht  man  mit  undenkbarer  beschwernis  durchs  gebirge. 
Göthe  6, 200 ;  der  simple  mensch  sieht  immer  zehn  auswege 
einem  beschwernis  zu  entkommen.  Fr.  MClleb  3,  147;  die 
beschwernisse  des  gewissens.  Klinger  U,  225. 

BESCHWERUNG,  f.  onus,  molestia,  dolor:  und  das  wir 
das  siebende  jar  allejhand  beschwerung  frei  lassen  wollen. 
JVfA.  10,  31 ;  und  es  gefeilt  dem  h.  geiste  und  uns,  euch  keine 
beschwerung  mer  aufzulegen,  denn  nur  dise  nötige  stück. 
apost.  gesch.  15,  28 ;  was  plagen  sie  denn  mich  armen  elen- 
den menschen  mit  soviel  beschwerungen  ?  Luther  1,  I3ü'; 
einem  iglichen  fromen  Christen  sei  bekand,  das  ich  doctor 
Martinus  Luther,  vorhin  durch  redlich  beschwerung  bewegt, 
ein  appellation  rechtlich  und  ordenlich  gelhan.  1,  35t';  zum 
sechsten,  ist  unser  hart  beschwerung  der  dienst  halben.  3, 
112';  drücken  uns  allzu  hart  in  zeitlicher  guter  beschwerung. 

3,  116;  bette  es  kein  beschwerung,  die  ordinatio  ein  sacra- 
ment  zu  nennen.  Helanchth.  im  corp.  doctr.  ehr.  149  ;  in  tie- 
fen sorgen  und  heimlichen  beschwerung.  Kibcübof  vend- 
unm.  6o'; 

und  wollen  in  all  bschwerung  wenden      Athk*  142*; 

Schinderei,  beschwerungen,  auflagen.  WECKHitLtK  612  ; 
Ton  allen  bürgerlichen  beschwerungen  frei.  pers.  rosenth.  1, 
35;  dasz  ich  ihm  die  geringste  beschwerung  angethan  hülle. 
pers.  baumg.  6,  11;  ein  jeder  wil  seine  beschwerung  auf  den 
hundswngen  laden.  Schcppics  46;  bei  eröfnung  des  tesla- 
menls  fand  sichs,  dasz  demjenigen,  der  des  hauses  besitzer 
«ein  würde,  die  beschwerung,  doch  ohne  seinen  schaden  aul- 
erieget  war,  den  angefangenen  bau  zu  vollenden.  Weise 
enn.  2;   wie   lange   hat   er   nicht   gastung  getrieben  und  die 


BESCHWERUNG— BESCHWCHTIGEN    1 606 

bürgerlichen  beschwerungen  richtig  abgetragen?  causenmacher 
43 ;  starb  sie  unversehens,  ohne  dasz  ich  ihre  eigentliche  be- 
schwerung [krankheit)  iemals  erfahren  mögen,  ehe  eines  man- 
nes 379 ;  mit  der  mühsamsten  beschwerung  der  wahren  Weis- 
heit und  lugend  ferner  nachstreben.  383;  dasz  man  ohne 
innerliche  oder  äuszerliche  beschwerungen  in  der  weit  nicht 
leben  konnte,  ehe  eines  veibes  287;  nachdem  er  aber  die 
eigentliche  Ursache  seiner  zugestoszenen  beschwerung  von 
selbigem  heraus  gelocket  hatte.  287.  man  jagt  beschwerung 
haben,  tragen,  auf  sich  nehmen,  machen:  da  er  ihrenthalben 
grosze  last  und  beschwerung  gehabt  hatte.  Schcppics  296; 
wo  will  ich  denn  sonst  die  lange  weile  hinthun?  seit  ich  die 
beschwerung  (den  schmerz)  im  Schenkel  habe,  kann  ich  sel- 
ten aufs  feld  gehen.  Weise  kl.  teute  190 ;  die  beschwerung 
habe  ich  nicht,  dasz  die  leule  im  trinken  ungehorsam  sein. 
freim.  redner  720 ;  sintemal  diese,  wie  es  mit  Julianchen 
endlich  zum  lager  kam,  tag  und  nacht  bei  deren  bett  geses- 
sen und  unsägliche  mühe  und  beschwerung  über  sich  genom- 
men hat.  ehe  eines  mannes  156;  meiner  wirlhin  habe  ich 
tausendfache  sorge  und  beschwerung  gemacht.  Gellert  5, 243. 
man  sagt  heute  beschwerde. 

BESCHWERU.NGSFREI,  immunis.    Stieler  55S. 

BESCHWESTEFLN,  wie  bemuttern.  Luther  aber,  in  einem 
briefe  3,  139  braucht  es  anders :  es  ist  auch  frei  sich  zu  be- 
schwestern,  oder  ohn  dieselben  zu  leben,  aber  wer  will  es 
thun  ohn  noth  mit  gutem  gewissen?  das  musz  bedeuten,  mit 
einer  als  Schwester  leben,  sich  den  haushält  von  ihr  führen 
lassen. 

BESCHWESTEBUNG,  f.  eonjunctio  sororia.    Stieler  1975. 

BESCHWICHTIGEN,  mitigare,  sedare,  pacare,  erst  in  der 
zweiten  hdlfle  des  vorigen  jh.  eingeführt,  bei  Stieleb  und  Fbisch 
fehlend,  von  Adelung  in  beiden  ausgaben  noch  nicht  zugelassen, 
nur  Steinbacb  2,  545  hat  das  einfadie  schwichten  cessare. 
auch  ist  die  form  unhochdeutsch  (wie  sacht  für  sanft,  nichle 
ßr  niflel,  anker  lichten  ßr  lüften)  und  aus  dem  nd.  swich- 
ten  oder  nnl.  zwichlen  cogere,  sedare  entnommen,  bezwich- 
ten,  bezwichtigen  gibt  Weiland  nicht  an,  es  mag  aber  doch 
vorhanden  sein;  das  Bremer  wb.  4,  1121  nennt  nur  swigten, 
Richey  aber  (a.  1755)  s.  13  setzt  schon  beswichten  und  be- 
swichtigen,  schweigen  machen,  zufrieden  stellen  an. 

Diese  ableitung  von  swigen,  schweigen  ist  so  irrig,  als  die 
aufnähme  der  fremden  wortgestalt  unnöthig  war,  da  wir  eine 
eigne  hochdeutsche  besitzen,  yib.  1874  und  1945,  3  heiszt  es 
'der  schal  was  geswiftel',  gestillt,  und  Wizlacs  nd. 

winder  du  mik  swichtest  (:  suchtest)  bei  EttmüUer  s.  45, 
wurde  richtig  umgestellt  in  mhd. 

Winter  du  mich  swiflest  (:  stiftest).    MSH.  3,  83\ 

wahrscheinlich  gab  es  auch  ein  ahd.  suiftan,  und  nicht  snif- 
tan,  wie  Gbaff  (6,  851)  und  Hatteser  in  Notkers  Boethius 
lesen:  itt  suifta  nider  da;  sus  erstoula  gezuMite,  bis  ille  cho- 
rus  increpitus  dejecit  humi  maestior  vultum.  denn  noch  die 
bairische  mundart  gewährt:  da  schleichen  sie  fein  geschweift 
(ganz  still  und  zahm)  in  das  Wirtshaus;  dan  ziehen  sie  fein 
geschweift  dahin,  wo  sie  seind  herkommen;  die  ander  jung- 
fraw  mit  geschweiftem  angesicht  (Schsi.  3,  530),  welches  letzte 
ganz  dem  dejecit  humi  vultum  begegnet,  würzet  von  suiftan 
«nd  schwiften  ist  also  keineswegs  schweigen,  sondern  entwe- 
der goth.  sveiban  cessare,  oder  goth.  sveipan,  ags.  sveopan, 
engl,  sweep  verrere,  wegwischen,  vgl.  altn.  svefja  placare, 
svifaz  cedere,  deliquium  pati. 

^ach  dieser  einbusze  des  heimischen  schwiften,  beschv*iften 
und  beschwifligen  bleibt  uns  beschwichtigen  ein  willkommner 
ersatz.  Wieland  könnte  ihn  zuerst  geltend  gemacht  haben, 
doch  entgeht  die  stelle,  unter  dem  niederdeutschen  rolk  sagt 
man  längst:  das  kind  beschwichtigen;  ein  schreiendes  kind 
durch  die  mutterbrust  beschwichtigen.  Hermes  Soph.  reise 
6,  636  (tpa5  freilich  dem  schweigen  gleichkommt) ;  die  unruhe 
beschwichtigen,  den  plagegeist  beschwichtigen.  ScniLLER  hat 
irgendwo  sein  gewissen  beschwichtigen. 

uoifass  ich  sie,  die  schmerzen  zu  beschwichtgen? 

GöTHB  2,7; 
die  leidenschaft  bringt  leiden,  wer  beschwichtigt 
beklommncs  herz,  das  allzuviel  verloren?    3,30; 
rechnung  für  rechniing  ist  berichtigt, 
die  wucherklauen  sind  beschwichtigt.    41,64; 
eb  es  (sein  Haupt)  sich  durfte  senken 
beschwichtigt  in  den  tod.    RCck(rt166; 
lasz  dich  die  möglichkeit  beschwichtigen.    Platbn  213 ; 

101* 


1607     BESCHWICHTIGER  — BESCHWÖREN 

durch  dein  sanftes  beschwichtigen  wird  die  heftige  leiden- 
schaft  zum  gcnie.  Bettine  tageb.  116 ;  ich  lehnte  mich  an  das 
gemäuer  bis  der  athem  beschwichtigt  war.  117;  sie  versi- 
cherte Berlhold,  dasz  sie  ihre  ziinge  nur  beschwichtigen 
könne,  insofern.  Arnim  hroncnw.  1,  383 ;  aller  art  feindschaf- 
len  und  Streitigkeiten  stillen  und  beschwichtigen.  Dahlmann 
dän.  gcsch.  1,452.   aufregung,  schreier,  mahner  beschwichtigen. 

BESCHVVICHTIGER,  m.  placator,  der  beruhiger,  besänfti- 
ger: gott  weisz,  wie  lange  ich  noch  unter  meiner  reisemütze 
so  über  die  schnür  gehauen  hätte,  wäre  mir  nicht  der  be- 
schwichtiger aller  heillosen  grillen  {der  schlaß  zu  hülfe  ge- 
kommen.   TnüMMELS  reisen  10, 149. 

BESCHWICHTIGUNG,  f.  Stillung: 

sieh,  jungling,  nicht  von  gestern  ist  der  groll, 
und  wenig  trau  ich  der  beschwiciiiigung. 
Uhlands  Ernst  27. 
BESCHWIMMEN,  tranare,  nando  superare: 

am  Rhein,  dein  viel  beschwommnen.    Götiie  3,  173. 

Stieler  1979  hat  beschwimmen  ßr  aqua  circumdare,  was 
beschwemmen. 

BESCHWINDELN,  inducere,  decipere,  bclriegen:  er  liesz 
sich  nicht  so  leicht  beschwindeln,    s.  schwindeln. 

BESCHWINDEN,  tabescere,  schwinden:  der  kranke  ist  be- 
schwunden,  dahin  geschwunden.  Stieler  1980.  vgl.  mhd.  ge- 
s  winden. 

BESCHWINGEN,  in  mehrfachem  sinn, 

1)  coercere,  domare:  . 

ein  weiser  seinen  mund  beschwingt, 
dasz  er  was  leszt  furüher  palin, 
druoib  bleibt  die  schand  beim  wescher  stahn. 
Kirchhof  wendunm.  225*. 

2)  versare,  involvere,  decipere.    Stieler  1984; 

nichts  das  mehr  unweith  sei,  als  Jungfern,  die  die  zungen 
des  unbedachten  volks  begeifert  und  beschwungen. 
Gryphius  1, 198. 

3)  heute  für  beflügeln,  alis  instruere,  mit  schwingen  aHS- 
siatten : 

wenn  sie  winken,  sogleich  sich  tausend  füsze  beschwingen. 

Wieland  4,  77; 
und  dann  so  schnell,  als  lieh  und  Sehnsucht  euch  beschwingt, 
geraden  wegs  den  lauf  nach  Rom  genommen.    O&eron  6,8; 
nun  wend  ich  meines  liedes  pfeil. 
von  Unmut  rasch  beschwingt.    Bürger  102*; 
hofnung  beschwingt  gedankcn,  liebe  hofnung.    G5the3,  51; 
und  hub  zu  ihr  mit  schnell  beschwingten  werten  an.    144' ; 
dieser  sonnenblicke  grusz 
will  die  seele  mir  beschwingen.    Röckert  408; 
während  oft  schaffender  trieb  dichterisch 
meines  gemüts  saiie  beschwingt.    Platen  112; 
an  meinem  beschwingten  gesange.    134. 

BESCHWITZEN,  sudore  humere,  von  schweisz  triefen,  fast 
nur  im  part.  praet. : 

der  beschwitzt  von  seinem  jagdgaul  steiget.    IIagedorji; 
beschwitzte  faust.    Brockes  1,  107,  6,  92 ; 
mit  beschwitzter  slirne.    Wieland  7, 110- 
s.  beschweiszcn. 

BESCHWÜREN,  praet.  beschwor  und  beschwur,  adjurare, 
obsecrare,  golh.  bisvaran,  ahd.  pisuerian,  pisuerran  (Graff  6, 
894),  mhd.  beswern,  und  auch  nhd.  früher  noch  geschrieben 
beschweren,  gegenüber  dem  beschwüren,  gravarc.  der  eigent- 
liche sinn  ist  verbis  tcslari,  obteslari. 

1)  feierlich,  eidlich  versichern,  mit  worlen  betheuern, 

a)  dasz  etwas  so  sei,  sich  so  verhalle:  icli  beschwöre  es, 
kann  es  beschwüren,  dasz  er  am  leben  ist;  ich  beschwöre 
es,  dasz  ich  ihn  hier  gesehen  luibc;  die  zeugen  haben  ihre 
aussage  beschworen ;  der  graf  tiel  auf  einen  gedanken,  den 
er  sogleich  zu  beschwüren  bereit  war.  CötmeIS,  296;  am  ho- 
rizont  wollte  man  uns  sogar  Basel  zeigen,  dasz  wir  es  ge- 
sehen,  will  ich  nicht  beschwüren.  26,  80 ;  er  beschwurs  ihm, 
Erholung  und  ferien  wiircn  ihm  lincrläszlich.  J.  Paul  Hesp.  2,119. 

b)  dasz  etwas  gelhan,  geleistet  werden  solle:  das  bündnis 
wurde  beschworen ;  der  frieile  ist  beschworen,  in  beiden 
fällen  bediente  man  sich  früher,  und  besser,  nur  des  einfachen 
schwören  oder  darauf  schwören,  wie  auch  noch  heute  gesagt 
werden  kann. 

ich  war  dabei 
und  hab  den  cid  des  bundes  mit  beschworen.    ScwllkrMI*. 

2)  obsecrare,  verbis  compellerc,  meist  unter  anrufung  eines 
heiligen  oder  geliebten  gegenständes:  mhd. 


BESCHWÖREN— BESCHWÖRER   1608 

si  bcswuorcn  in  bi  gote 
und  bi  sinein  geböte, 
daj  er  si  wigjen  lieje, 
oh  er  Gregoi'jus  hieje?    Greg.  3313; 
nu  beswuoren  in  die  zwene  man 
also  verre  bi  goie 

und  bi  sinein  vorhtlichen  geböte.  3416; 
nhd.  und  der  priester  sol  das  weih  beschweren  und  zu  ir  sa- 
gen. 4  Mos.  5,  19.  21;  "und  da  die  menner  mat  waren,  be- 
schwur Saul  das  volk.  1  Sam.  14,  24.  27.  29 ;  ich  beschwere 
dich,  das  du  mir  nicht  anders  sagest.  1  kiin.  22,  16 ;  ich  be- 
schwere dich  noch  einmal,  das  du  mir  nichts  sagest  denn 
die  warheit.  2  chron.  18, 15 ;  ich  beschwere  euch,  ir  töchter 
Jerusalem,  bei  den  rehen  oder  bei  den  binden  auf  dem  felde. 
hohelied  2,  7.  3,  5;  ich  beschwere  euch,  findet  ir  meinen 
freund,  so  saget  im,  das  ich  für  liebe  krank  lige.  5,  8 ;  was 
ist  dein  freund  für  andern  freunden,  das  du  uns  so  be- 
schworen hast?  5,  9;  ich  beschwere  dich  bei  dem  lebendi- 
gen gott,  das  du  uns  sagest  (ahd.  ih  bisueru  thih  bi  themo 
lebenten  gote,  daj  thu  uns  quedes).  Malth.  26,  63;  ich  be- 
schwere dich  bei  gott,  das  du  mich  nicht  quälest  {goth.  bi- 
svaia  J)uk  bi  gu})a,  ni  balvjais  mis).  Marc.  5,  7 ;  «ir  beschwe- 
ren euch  hei  Jesu,  apost.  gcsch.  19,  13;  ich  heschwcre  euch 
bei  dem  herrn  {golh.  bisvara  izvis  in  fraujin).  1  Thess.  5,  27; 
da  beschwur  er  das  kint,  es  solt  sagen,  ob  er  der  vatter 
wer  oder  nicht?  Keisersb.  Sünden  des  munds  73';  ich  be- 
schwer dich  beim  lebendigen  gott.  Reiszner  Jerus.  2,  110"; 
wir  beschworen  ihn,  umsonst!  Wieland  26,  7; 
Montg.  0  bei  der  milde  deines  zärtlichen  geschicchts 
fluh  ich  dich  an,  erbarme  meiner  Jugend  dich'. 
Joh.  nicht  mein  geschlecht  beschwöre,  nenne  mich  nicht  weib. 
Montg.  0  bei  der  liebe  heilig  waltendem  geseiz, 

dem  alle  heizen  huldigen,  beschwör  ich  dich. 
Joh.  du  rufest  lauter  irdisch  fremde  götter  an, 

die  mir  nicht  heilig,  noch  verehrlich  sind,    ich  weisz 
nichts  von  der  liebe  bündnis,  das  du  mir  beschwörst. 
Schiller  464'; 

das  einzge,  Carl,  warum  ich  sie  mit  ihränen 
beschwöre,  fliehen  siel    250*; 
sie  bat,  sie  beschwur  ihn  mit  zähren.- 
•  0  mach  es  nun  gut,  was  du  übel  gemacht!    Bürger. 

dies  beschwören,  gleidi  dem  franz.  conjurer,  wird  zur  bloszen 
phrase :  ich  beschwöre  dich,  mir  zu  sagen,  er  beschwor  sie,  ihm 
zu  entdecken,  das  ist  nichts  als,  er  bat  dringend,  inständig. 
3)  incantare,  adjurare,  bezaubern,  bannen:  und  die  egyptischen 
zeuberer  Iheten  auch  also  mit  irem  beschweren,  ein  iglicher  warf 
seinen  stab  von  sich,  da  wurden  schlangen  draus.  2  Mos.  7, 
11.  8,  7.  18 ;  das  sie  nicht  höre  die  stimme  des  zeuberers, 
der  vvol  beschweren  kan.  ps.  58,  6 ;  denn  sihe,  ich  wil  schlan- 
gen unter  euch  senden,  die  nicht  beschworen  {durch  zauber 
gebändigt)  sind,  die  sollen  euch  stechen.  Jer.  8,  17;  ein 
liüpst  new  und  kurzweilig  spil,  wie  man  die  narren  von  einem 
beschweren  soll.    1554 ; 

vor  forcht  hab  ich  vil  necht  durchwacht, 

pis  ich  doch  let  ein  segen  leren, 

wolauf  mit  mir,  ich  wils  (das  gespenst)  beschweren. 
wngedr.  meistcrlied ; 

tut  dir  dein  weib  solch  geist  beschweren, 
so  thuc  si  mit  cim  pengel  peren.    das.; 

wasser  beschwüren,  bienenk.  10^ ;  auf  eim  viereckechten  stein 
mit  kreuzen  wol  verwart  und  mit  h.  worten  beschworen.  79*; 
trinkt  man  den  Jolianssegen,  einen  wein  ob  altar  beschwo- 
ren. 150*;  den  teufel,  die  gcistcr,  das  feuer,  das  gewitter, 
den  Sturm  beschwören,  es  heiszt  aber  oß  bildlich:  icli  will 
das  nngewitter  beschwören,  zu  stillen  suchen;  dann  würde 
ich  mich,  wenn  ich  diesen  stürm  beschworen  hätte,  mit 
donna  Seraphine  aussöhnen.  Klinger  4,  235;  mit  ein  paar 
Wortformeln  den  geist  der  philosophie  beschwüren  (bannen). 
Schelling  akad.  stud.  122.  ebenso  im  entgegengesetzten  sinn 
iieraufbeschwörcn  für  erregen.  Hin  beschwören,  her  beschwö- 
ren: ich  komme  mir  vor,  wie  der  böse  geist,  den  der  capu- 
ziner  in  einen  sack  beschwor.  GOthe  8, 116 ; 

wohin  beschworst' du  dichter  den  folgenden? 
Klopstock  1,  14 ; 
und  dann  blosz  herbeinifen : 

als  licrzop  Kriedland  die  zcrstreuien  feindesheere 
herbei  auf  öiucu  saiumelplaiz  beschwor.    Schiller  342*. 

BESCHWÖRER,  m.  magus,  praestigiator,  exorcista,  nnl.  be- 
zweerder,  nach  !)esrliwören  3:  die  stimme  des  beschwerers 
hören,  ps.  58,  6;  weiter  ward  er  exorcista.  bienenk.  15«'; 
ratlengifter,  ratteiiheschwercr,  die  kein  maus  beschweren. 
groszvi.lO;  ihr  habt  eure  obren  verstopfet,  wie  eine  schlänge 
für  dem  beschweier.    ScHumus  320; 


1609 


BESCHWÖRERIN— BESEELEN 


BESEELEN— BESEHEN 


1610 


den  tauben  ouern  gleich,  wann  ihr  beschwörer  spricht, 
hört  er  die  süszea  worte  nicht.     Hagedor-X  2,  105. 

BESCHWÖRERIN,  f.  maga,  nul.  bezweersler. 

BESCHWÖRUNG,  f.  obsecratio,  vorzüglich  ineantalio,  nnl. 
bezwering:  kräftige  besthwörungen,  bcsegnnngen.  bienenk. 
100*.  lOl';  der  götzenpriester  habe  seine  beschwerung  gethan. 
Oleabius  bescbr.  Orient,  insuln  s.  160; 

die  beschwörung  war  vollbracht.    Göihe  1,  198. 

BESCHWÖRUNGSBäNN,  m. 

den  leufel  zwingt  gar  mancher  niana 
mit  Worten  und  beschwörungsbaiin. 

Freidank  1539  hl.  26. 

BESCHWÖRUNGSBUCH,  u. 

BESCHWÖRUNGSFORMEL,  f. 

BESCHWUR,  m.  obsecratio:  meine  feierlichste  bitte,  mein 
beschwur.  Hippel  lebensl.  i,  335.  nach  schwur  gebildet  und 
ungebraucht. 

BESEBELN,  BESEFELN,  inquinare,  decipere,  i»  der  rot- 
welschen  gaunersprache  {nach  allen  Verzeichnissen)  bcsebeln 
und  besefeln  concacare,  wie  sefeln  cacare,  sefel  merda,  bei 
welchen  Wörtern,  die  keinen  hebr.  Ursprung  haben,  sich  an  be- 
sabbern, besebbern  und  nnl.  bezabberen,  bezevcren,  nd.  be- 
seeTcm,  nhd.  beseifern  besudeln  denken  liesze.  Lichtenb.  3,  76 
führt  an:  er  hat  sich  besäbelt  ßr  betrunken,  und  säbel  heiszt 
nach  ScHM.  3, 184  ein  rausch,  was  doch  kein  Säbelhieb,  sondern  be- 
sudelt SU  sein  scheint,  im  16  jA.  kommen  beide  formen,  hesebe]a 
und  besefeln  op  für  betriegen,  ganz  wie  bescLeiszen  ror,  und 
mit  deutlichem  bezug  auf  die  gauner  und  landfahrer:  die  zi- 
fcuner  besefeln  den  hautzen  und  die  bautzin  iden  bauer  und 
die  bäuerin).  Acricoia  spr.  204':  die  blitzen  beseflen  und  ka- 
mesieren.  Fiscnini  groszm.  50;  wie  abgeführt  (abgefeimt)  sie 
idie  Undfarer)  die  leut  übertülpelen,  besefelen  (u.  s.  ip.  vgl. 
oben  sp.  866  unter  ausgaukeln).  Garg.  192";  wenn  mancher 
nntrewiicli  handelt,  bcsebelt  jcdcnnan.  Matbesius  49' ;  rau- 
ben und  srhinden,  bcsebeln  und  uberfortheilen  alle  weit.  Hl'; 

imd  weod  in  schon  besebeln  kanst, 
es  schad  im  nichts  bei  mciuem  aid. 

K\t.tK  foiln.  sp.  17"; 

heutig«  tages  will  der  brauch  aufkommen,  dasz  die  Jung- 
frauen und  witwen  freier  ausschicken  und  sich  hie  und  da 
anbieten  lassen,  allein  es  liegt  hie  nicht  an  jemandes  laufen 
und  wollen  Rom.  9, 16,  sonder  diejenige,  die  am  meisten  lau- 
fen, die  werden  oft  also  besebelt,  dasz  sie  ihr  lebenlang  drü- 
ber zu  klagen  haben.  Creidics  2,  ls7.  Kaum  ist  es  zulässig, 
mit  diesem  unreinen  wort,  wenn  die  analogie  ton  bezereren 
fehlschlagen  sollte,  das  edle  nnl.  besef  iatellectus,  inlelligentia, 
beseffen  intelligere,  alts.  afsebbian,  mhd.  besehen  (Herbort 
6422.  wyst.  1,  2ö2,  14)  und  entseben  zu  vergleüheu,  die  so 
venig  als  bcgrijpen,  begreifen  in  den  sinn  von  polluere  um- 
schlagen, auch  wird  aus  besefifen  nie  mit  L  ein  beseflielen 
fortgebildet. 

BESEBLER,  m.  homo  fallax,  nequam,  betrieger:  obwol  et- 
lidie  besebler  den  fürwitzigen  fürsten  und  herrn  ein  blawen 
dunst  machen  und  dem  kupfer  ein  farh  einbrennen  können, 
die  gold  und  silber  gleich  sibet.    Natresics  155*. 

BESECKELN,  sich,  was  sich  besacken,  deti  beulet  füllen, 
rebus  suis  consulere.    Stieler  leeo. 

BESEELEN,  animare,  mente  ac  ratione  instruere,  nnl.  be- 
zielen,  Dastpooics  setzt  cntseelen,  krin  be.seelen  an,  bei  Stie- 
les 1992  fehlt  es  nithl,  bei  Wecuerli^  scheint  es  zuerst  vor- 
zukommen : 

weil  hasz  und  neid  den  feind  bcseUct, 

mit  seiner  sehl  den  Teind  rerlasz.    9; 

will  ich  auch  hiemit  meine  sehl, 

o  vauer.  dir  berehien, 

und  billich  ich  sie  dir  befehl. 

du  kanst  allein  be.schlen.     136. 

es  wird  meistens  figürlich  gebraudü: 

schon  eilte  junker  Fritz  mit  der  begebenheit, 

sie  dem  magister  zu  erzählen, 

und  diesem  könnt  es  gar  nicht  fehlen, 

mit  einer  nützlichen  moral 

(er  war  gelehrt)  sie  ru  beseelen.    GiLLimT  1,263; 

mit  jmiem  sönnchen  {den  rDtukitidxls)  welchem  der  bien*  knnst 

den  doclit  bc'-eelet.        KLorsrocc  21,  231 ; 

QUO  beseelt  er  die  karte.    Ueu.  13,  St; 

bald  löuien  ihm  lauter, 
viel  entzückender  noch  beseelte  Itarfen.    12,  S56; 
tind  wie  das  mcer,  wie  des  donners  stimme  tönen  die  harfcn 
in  der  beteelenden  band  der  feirenden  scharen  um  Sion. 

1),  91 : 


ich  will  dich  mit  dem  ödem  des  lebens 
wieder  beseelen.  14,955; 

ach  der  mein  herz  mir  erschüttert, 
meine  scele  beseelt,  du  wünsch  voll  süszer  entzückung. 
15,  527 ; 
da  begann  er  mit  leiser 
stimme  der  zeugen  licd,  und  der  seeligen  harfen  beseelten«. 

.  17,330; 
Karl  hielt  noch  seinen  groll,   kann  dieser  neue  inord 
mir,  rief  er,  meinen  söhn  beseelen  (icieder  lebendig  machen)  ? 

WiELA.>DS  Oberon  1»63; 
frisch  hinein  {in  den  nachen)  und  ohne  wanken! 
seine  segel  sind  beseelt.    Schiller  4S*; 
und  Ton  dem  meiszel  beseelt  redet  der  fühlende  stein. 

ders.,  Spaziergang ; 
für  alles,  was  sie  sonst  beseelte, 
ist  sie  nun  kalt.        Gottes  1, 15S; 

der  leiseste  west  verkörpert  sich  {bei  der  ersten  liebe),  wenn 
er  unsere  wangen  berührt,  die  blumen  beseelen  sich,  die 
ganze  natnr  redet  uns  an.  Klixgeb  10,  37 ;  der  sinn  für  an- 
mut  und  Schönheit,  welcher  die  werke  der  Griechen  beseeit ; 
das  beseelte  {begeisterte)  ihn  zur  räche,  flOszte  ihm  räche  ein; 
zuweilen  trug  er  den  schlafenden  engel  in  die  beseelenden 
sonnenstralen  hinauf.  J.  Paul  «n«. /o^e  l,  34 ;  wenn  der  mensch 
sein  eigner  freund  nicht  mehr  ist,  so  geht  er  zu  seinem  bru- 
der,  der  es  noch  ist,  damit  ihn  dieser  sanft  anrede  und  wie- 
der beseele.  Tit.  4,  5.  geschwächt,  von  dem  wünsche,  ver- 
langen beseelt,  anime  du  desir. 

BESEELER,  «i.  animae  auctor. 

BESEELERIN,   f    ihr    sollt    meine    nachtigall    hören,    die 
sanftzaubernde  huldin,  die  beseelerin  der  nachte.  Güthe  14,  92 ; 
entseelende  beseelerin,  nie  fehle 
die  freiide  dir  an  meiner  lust  und  pein.    Rcckkri  309. 

BESEELT,  animatus,  excilatus:  ein  von  bosbeit  beseelter 
witz.    WIEL.\^D  2,  120; 

von  welchem  trieb  beseelt 

nimmst  du  dich  ihrer  an?    Gottes 2,  147; 

drängte  ihr  beseeltes  angesicht  in  die  pomeranzcnblüten. 
J.  Paul  Hesp.  1,  106;  die  leidensgeschichte  jener  weiblichen 
opfer,  die  als  beseelte  blumen,  gesteckt  an  ein  mit  hermelin 
umgebnes  todtenherz  ungenossen  zerfallen  auf  dem  parade- 
bett.  1,  200;  hier  stand  der  edle  jüngUng,  das  beseelte  an- 
gesicht voll  abendroth.    Tit.  1,  6. 

BESEELTHEIT,  f.  die  besedtheit  der  pQanzen. 

BESEELUNG,  f  schlechte  menschen  erniedrigen  sich  un- 
ter die  thiere,  weil  diese  aus  instinct  manches  fürs  künftige 
thun,  und  also  die  natur  gewisserraaszen  ihre  beseelung  über 
sich  nimmt.  LicnrE?tBERG  1, 143. 

BESEFELN,  s.  besebeln. 

BESEGELN,  1)  narem  velis  instruere,  nnl.  bezeilen:  weil 
dieselben  schiffe  sehr  wol  besegelt  waren  =  schnell  segetten. 
Pierot  1,  200.  2,  15S ;  wolbesegeltes  scbif.  Brockes  7,  23fi,  nnl. 
wel  bezeild  schip  =  wol  segelnd. 

2)  circumnaviyare : 

am  besegelten  busen  der  ostsee.    Voss  3,  99. 

BESEGELUNG,  f.  sowol  die  besetzung  des  sebifs  mit  se- 
geln als  die  umschiffung. 

BESEG.NEN,  1)  rruce  signare,  bekreuzen,  ahd.  bisegan6a 
0.  V.  3,  15;  beschwören  und  besegnen,  bienenk.  20';  pater- 
Qoster  zu  Vergebung  der  Sünden  besegnen,  paternoster  be- 
segoen  und  heilig  machen.  2l';  ine  {den  kranken)  mit  kreuz- 
iein  wol  besegenen.  166';  die  Russen  bekreuzen  imd  beseg- 
nen sich  alle  augenblicke ;  sich  behüten  und  besegnen.  Stal- 
DER  2,  67. 

2)  fortunare,  beare,  heute  blosz  segnen : 
der  herr  wird  euch  besegnen  immerdar.    Opitz  ps.  $.  219; 

er  wird  euch  euren  stand 
besegnen  umJ>  und  iimh  mit  allzeit  freier  band.    2,  Sl. 

BESEGNUNG,  f.  inmxszen  solcher  besegnungen  und  be- 
schwerungeu  vil  im  widerruf  des  bischofs  Vergerii  zu  finden. 
bienenk.  20';   in  allen  beschwOrungcn  und  besegnungen.  lOl'. 

BESEHAMME,  f.  kindswdrterin.    Schm.  3,  217.    s.  beseherin. 

BESEHBLECH,  n.  bei  den  schrißgiesiem,  ein  blech,  das 
man  auf  eine  reihe  der  gegossenen  schriß  hält,  tim  deren 
gleiche  dicke  zu  prüfen. 

BESEHEN,  conspicere,  aspieere,  circumspicere,  goth.  bi- 
saihvan,  ahd.  pisehan  (Graff  6,  119),  mlid.  besehen,  nnl.  bo- 
zien,  ags.  beseon,  engl,  erloschen,  schw.  bese,  dän.  besee, 
nach  dem  deutsehen,    tgl.  besiohligen. 

1)  besehen  verhält  sich  zu  sehen,  wie  beschauen  zu  schauen, 
durch  die  vortretende  partikel  wird  die  Vorstellung  des  bei,  «m 


1611 


BESEHEN 


BESEHEN  — BESEICHEN 


1612 


und  nahe  zugefügt,  der  besehende  sieht  die  sacke  naher  und 
bei  nahem,  gleichsam  bei  licht  (ad  lumen  contemplatur,  pro- 
pius  accedil) :  sie  stand,  gieng  hin  und  wieder,  sah  und  be- 
sah. GöTHE  17,  221;  wenn  man  sichs  einbilden  wollte,  klan- 
gen sie  (Lotharios  französische  briefc  an  Aurelie)  warm  und 
selbst  leidenschaftlich,  doch  genau  besehen,  waren  es  phra- 
sen,  vermaledeite  phrasen.  19,  240 ;  alles  genau  besehen 
spielt  denn  doch  der  körperliche  mensch  da  (auf  dem  Ihea- 
ter)  die  hauptrolle,  ein  schöner  mann,  eine  schöne  frau ! 
23,  23 ;  besieht  man  es  genauer,  so  findet  sich,  dasz.  23,  230 ; 
genau  besehen  haben  wir  uns  noch  alle  tage  zu  reformieren. 
23,  256 ;  die  mutter  begrüszte  mich  als  einen  alten  bekann- 
ten, wie  mich  aber  die  ältere  bei  licht  besah,  brach  sie  in 
ein- lautes  gelächter  aus:  denn  sie  konnte  wenig  an  sich  hal- 
ten. 26,11;  ja  wer  die  sache  beim  licht  besieht,  wird  zuge- 
ben, dasz  auch  jene  früheren  angeblichen  zwei  feldzüge  in 
der  that  der  nemliche  sind.  Niebuiir  2,  101 ;  das  haus  gefällt 
ihm  und  er  hat  eins  nöthig,  aber  beim  licht,  bei  tage  besehen, 
wäre  er  ein  rechter  narr  dieses  hier  zu  kaufen,  in  ähnli- 
chem sinn  auch:   genauer  zugesehen,   beim   licht  zugesehen. 

2)  wer  selbst  nicht  sehen  kann,    sendet  andere  zu  besehen: 

nü  het  diu  frowo  Melde 

fruo  gesant  ze  velde 

einen  garzi'in  bcselicn, 

waj  Erecke  Wi-cre  geschehen.    Er.  2517; 

Saul  aber  sandte  boten  David  zu  besehen.  1  Sa/.  19,  15;  dar- 
umb  sende  jemand  dahin,  dem  du  vertrauest,  und  lasz  be- 
sehen, wie  sie  uns  und  des  königs  land  verderbet  haben. 
J  Macc.  7,  7 ;  der  könig  sendet  4000  pferd  fürhin,  die  beiden 
zu  besehen  (recognoscieren),  wie  viel  ir  weren.  Pontus  13. 

3)  es  heiszt  häufig  gehen  (jenes  propius  accedere),  kommen, 
reisen,  sich  aufmachen  um  zu  besehen :  also  zog  Joseph  aus, 
das  land  Egypten  zu  besehen.  1  Mos.  41,  45;  ir  seid  komen 
zu  besehen,  wo  das  land  offen  ist.  42,  12 ;  zoch  aus  von 
Tyro,  die  stedte  zu  besehen.  1  kön.  9,  12;  lege  dich  auf  dein 
bette  und  macli  dich  krank,  wenn  denn  dein  vater  kompt 
dich  zu  besehen,  so  sprich.  2  Sal.  13,  5 ;  da  gieng  der  könig 
hinein,  die  gaste  zu  besehen.  Mallh.  22, 11 ;  kam  Maria  Mag- 
dalena und  die  andere  Maria,  das  grab  zu  besehen.  28, 1 ; 
und  der  herr  gieng  ein  zu  .Jerusalem  und  er  besähe  alles 
(goth.  bisaihvands  alla).  Marc.  11,  11 ;  derhalben  ziehe  ich  nu 
in  gottes  namen  davon,  wil  besehen,  wo  ich  in  ein  ander 
ort  kome,  da  ich  bleiben  möge.  Lutiier  1, 122' ;  ich  gang  ein 
halb  stund  den  tanz  zu  besehen.  Eulcnsp.  cap.  47  ;  das  macht, 
das  wir  uns  nit  auf  den  weg  rüsten,  umb  öl  besehen  (nach 
öl  umschauen),  wann  der  herr  klopft.  Frank  lasier  ii;  dem 
jungen  mäuslein,  das  auch  reisen  und  die  weit  besehen 
wolte.    ScHUPPiüs  222. 

4)  leute  besehen,  betrachten,  anschauen: 

si  bcsähn  in  als  ein  wunder.    Iw.  2379; 

si  besach  in  dicke  und  dicke.    3796; 

dö  sach  diu  juncfrowe  her  abe 

von  dem  venster,  da  si  lach, 

den  herren  si  wol  besach.    En.  9S59. 

demnach  beseh  einer  den  klebrigen,  schmotzigen,  klotzigen 
sudelkoch  und  kuchenlumpen.  Garg.  47";  sich  im  Spiegel 
besehen,  besehen  drückte  auch  aus  besuchen,  itivisere,  aller 
voir:  so  war  Ahasja  hinab  gezogen  Joram  zu  besehen.  2  kön. 
9,  16 ;  da  er  aber  vierzig  jar  alt  ward,  gedacht  er  zu  bese- 
hen seine  brüder.  aposl.  gesch.  7,  23 ;  lasz  uns  wieder  umb- 
ziehen  und  unsere  brüder  besehen.  15,  36 ;  die  siechen  be- 
sehen. Keisersr.  hell,  lewe  27 ;  und  kamen  viel  guter  leut, 
die  mich  kennten  und  besahen,  wie  mirs  gieng.  Götz  von 
Bkrl.  leben  76;  der  würd  zu  mir  kommen  und  würd  mich 
besehen.  77.  der  priesler,  der  arzt  besehen  den  kranken,  se- 
hen nach  seinem  befinden:  darumb  sol  in  der  j)riester  bese- 
hen. 3  Mos.  13,  3, 13.  so  auch  in  verwünschtingcn :  dasz  dich 
denn  die  plage  besehe  (heimsuche)',  meincstu  dasz  ich  liege? 
com.  Hibcldeha  von  der  Susanna  2,  4.  wie  sonst  angehen 
(sp.  340)  und  bestehen. 

5)  Sachen  besehen:  da  hub  Lot  seine  äugen  auf  und  be- 
sähe die  ganze  gegend  am  .Fordan.  1  Mos.  13,  10 ;  wenn  der 
priester  das  mal  besihct.  3  Mos.  13,  30 ;  darnach  sol  der  prie- 
ster  hinein  gehen,  das  haus  zu  besehen.  14,  36;  gehet  auf 
das  gcbirge  und  besehet  das  land,  wie  es  ist.  4  Mos.  13,19; 
und  trat  aus  dem  wegc,  das  er  das  asz  des  Icwens  besehe, 
sihe  da  war  ein  bienschvvarm.  rieht.  14,  8 ;  besahen  die  bie- 
nenkörb.  Garg.  193";  das  wasser  besehen,  de»»  urin  des  kran- 
ken beschauen.    Sjieler  2024;    die  fruchte  auf  dem  fclde  be- 


sehen ;   die  bilder  an  der   wand   besehen ;    das  besehen  hat 
man  umsonst; 

lasz  uns  ja  wol  beselien 

des  herren  wunderliche  werk 

zu  uiisrer  zeit  geschclieii.     Weckuerlin  109. 

gern  mit  beigesetztem  daliv:    ich  will   mir    das  land  besehen! 
du  must  dir  die  Stadt  genauer  besehen. 

0)  besehen,  umsehen,  circumspicere :  und  hoffe  in  wenig 
tagen  dir  dein  gelt  wider  zu  schaffen  und  umb  das  uberig 
mir  anders  wohin  zu  besehen.  Bocc.  2,  129' ;  wir  sollen  be- 
sehen umb  einen  geschickten  mann,  der  dem  reich  möcht 
nützlich  sein.  Aghicola  spr.  n'  264  bl.  139' ;  wir  sollten  be- 
sehen um  einen  geschickten  mann.  Zinkgr.  139,  9.  oß  re- 
flexivisch: gehet  und  besehet  euch  umb  andere  fuhr.  Wick- 
ram rollw.  51 ;  Sicilien,  woselbst  ich  mich  gerne  besehen  (um- 
gesehen) hätte,  wenn  anders  unsere  fart  dahin  gegangen  wäre. 
Plesse  3,  324; 

besieh  dich  doch  nur  um  und  an  .'    Günther  93  ; 
er  sei  hier  frei,  könn  überall  sich  liier  besehn. 
Lessi.'vg  2,  .  .  . 
mhd.  auch  sich  vorsehen: 

e;  ist  guot,  swer  sich  enzit  besihl.    Reinharl  s.  316,  1512. 

7)  besehen,  bücher  nachsehen,  aufschlagen:  von  diesem  be- 
sehe man  den  catechismum.  bienenk.  17';  besihe  darunden 
am  157  blat  die  messgeberdcn  änderst  beschriben.  20';  be- 
treffend das  uberige,  das  möcht  ihr  bei  Plinio  oder  Colu- 
mella  besehen.  245';  besiehe  Happels  denkwürdigkeit  der 
weit.  KoNGEHLS  lorbeerhain  s.  3;  Aarons  rut  ist  ein  schönes 
bild  eines  guten  hirten.  besiehe  davon  ßeyerlinks  theatr.  vi- 
tae  hum.    ebenda. 

8)  besehen,  zusehen,  attendere:  du  heuchler,  zeuch  am  er- 
sten den  balken  aus  deinem  äuge,  darnach  besiehe,  wie  du 
den  Splitter  aus  deines  bruders  äuge  ziehest.  Mallh.  7,  5; 
wolte  ich  besehen,  ob  ich  ihm  ein  geleit  erwerben  mocht. 
Luthers  br.  2,  629 ;  er  bette  dort  ins  dorf  etliche  seiner  rott- 
gesellen hin  beschieden,  darumb  müste  er  besehen,  ob  sie 
da  weren.  Kirchhof  wendunm.  103'.  mhd.  war  besehen  ein 
beaufsichtigen,  pflegen,  verwahren: 

wie  daj  kint  wa;re  besehen.    Greg.  982. 

9)  wenn  ausgetheilt  wird,  hier  ist  nichts  zu  besehen  d.  h. 
zu  kriegen;  du  kannst  nichts  besehn,  =  bekommen,  in  der 
Volkssprache:  willst  du  was  besehn?  willst  du  prügel  ha- 
ben? warte,  ich  werde  dich  was  besehen  lassen;  er  hat  ek- 
üche  keile  besehn,   bekommen,  gekriegt. 

BESEHENSWERTH. 

BESEHEUIN,  f  in  Österreich  die  Wärterin  einer  kindbelte- 
rin,  weil  sie  auf  das  kind  zu  sehen,  es  zu  warten  hat.  bei 
Maaler  59''  besäherin,  conlemplatrix. 

BESEHREN,  laedere,  versehren,  nur  bei  Henisch  311. 

BESEHUNG,  f  inspectio,  besichtigung :  besehung  fremder 
länder  und  Völker.  Felsenb.  1,  367 ;  mein  principal,  nach  be- 
sehung der  besten  Städte  in  Holland  seine  retour  antreten 
wollte.    2,  137. 

BESEICHEN,  commingere,  bepissen. 

1)  mhd.  der  knabe  gund  beseichen 

ouch  fiumer  liuio  gewant, 

und  lief  danneu  widur  ze  hant.    Ls.  2,  591. 

nhd.  beseicht  viel  die  schuh,  das  macht,  er  war  gern  im  nas- 
sen (6et  Rabelais  nur:  il  pissoit  sur  ses  souliers).  Garg.  128'; 

nun  tanz  du  polnischer  ochse 
mit  der  französischen  kiih, 
zu  Krakaw  auf  dem  schlösse 
und  macht  die  fenster  zu, 
das  euch  der  könig  nit  entweich, 
und  die  französische  kuh  nit  bseich. 
Ambr.  Ib.  199,  48 ; 
Simpl.  2,  255.  256. 

2)  sich  beseichen:  sie  sprechen,  es  seind  gut  schwenk, 
eins  mecht  sich  beseichen.  Keisersr.  Sünden  des  munds  49' ; 
welchs  (pferd)  also  ungezämet  was,  das  es  alle  seine  bereu- 
ter auf  den  quetschsack  nidersetzt  und  warf,  das  sie  sich 
wie  die  krotten  beseichten.  Garg.  139';  lieng  demnach  an  zu 
lachen,  den  barchat  zu  reiszen,  seinen  latz  zu  cnibreisen 
und  sie  so  krotten-  und  katzenseichisch  zu  beseichen  und  zu 
beschmeiszen,  dasz  er  zweihundert  sechzigtausent  vierhundert 
achzehcn  erseuft,  ohn  weiber  und  kinder,  die  gehen  drein 
(lors  en  souriant  destacha  sa  belle  braguctte  et  lirant  sa 
mantule  en  l'air  les  conipissa  si  aigrenicnt,  qu'il  en  noya 
deux  cens  soixanle  mille  quatre  cens  dix  et    Luit,    sans 


oya    S 
les    H 

1 


1613 


BESEICHER— BESELIGEN 


BESELIGEN— BESEM 


1614 


femmes  et  pelits  enfans).  Garg.  14S';  schneutzt  inen  den  ro- 
ten saft  aus  der  nasen,  das  sie  sicli  beseichten  wie  ein  dieb 
am  galgen.    Garg.  205*  {vgl.  deutsch,  mylh.  1154). 

3)  die  kuh  beseicht  sich,  hat  sich  besichen,  sagt  man  in 
Österreich,  Slcier  und  Salzburg,  wenn  sie  ungewöhnlich  an  der 
milch  abnimmt;  die  milch  beseicht  sich,  uenn  sie  keinen  rahm 
absondert  (Höfeb  1, '8.  791.  in  Sachsen:  der  waizen  beseicht 
sich,  ifirrf  lehne,  schnimpß  ein,  tcenn  man  ihn  vor  völliger 
reife  in  die  banse  legt.    Adelcxg  «.  lehne. 

BESEICHER,  m.  comminctor.  fastn.  sp.  2öi,  U.  Stieler  1998. 

BESEICHEIUN,  f.  bettpisserin. 

BESEICHKRAUT,  n.  osmunda  lunaria,  mondraute,  ankehr- 
kraul,    weil  die  milch  der  davon  fressenden  kühe  mager  wird. 

BESEIFEN,  sapone  inungere,  einseifen,  bei  Stie«»  1999 
beseifnen. 

BESEIFERN,  saliva  eonspergere,  begeifern,  nnl.  bezeveren: 

er  war  nur  an  eim  bein  gebissen, 
gedruckt,  beseifrl,  nicht  durchgerissen. 

froschmeus.  I.  2,  19.  P  3'. 
vgl.  seifer  und  besebeln. 

BESEILEN',  funibus  inslruere:  ein  schif  beseiten. 
BESEIT,  adv.  seorsum,  beiseite:  denn  die  rinder  traten  be- 
seit  aus,  secedehant.  2  Sam.  6,  6 ;  nam  ers  von  iren  henden 
und  legts  beseit  im  hause.  2  kön.  5,  24 ;  denn  die  rinder 
schritten  beseit  aus.  1  chron.  14,  9 ;  ir  weg  gehet  beseit  aus. 
Hiob  6,  18;  setz  die  erste  zeichen  dieweü  beseit.  51.  Stifel 
Coss  131; 

Sisnnias  aber  zuo  der  zit 

regiert  .4bi4eDam  besit 

das  riert  land.       trag.  Joh.  A6. 

s.  beiseit  sp.  1392,  und  beseits. 

BESEITE,  dasselbe:  beseite  legen.  Rincwald  laut.  warh. 
27.  108.  279.  372.    mhd.  besiten,    z.  b.  Greg.  120.  Er.  9646. 

BESEITEN,  ßanquer,  in  der  wapenkunst,  auf  der  seile  mit 
xierralen  versehen. 

BESEITIGE.N,  e  medio  tollere,  auf  die  seile  bringen,  bei 
säte  schaffen,  ein  neugebildetes,  bei  Adelung  noch  nicht  ste- 
hendes wort,  woßr  auch  Stieler  beseittragen  setzt,  heute  aber 
sehr  gangbar  und  nur  ßgürlich:  hindemisse,  Schwierigkeiten 
beseitigen;  die  sache  ist  schon  beseitigt;  dein  zweifcl  soll 
auf  der  stelle  beseitigt  werden,  im  eigentlichen  sinn  sagt 
man  nicht:  die  tische,  stüle  beseitigen,  auf  die  seile  stellen, 
wol  aber  einen  menschen  beseitigen,  zurücksetzen. 

BESEITS,  adv.  was  beseit: 
er  trat  beseits  hinumbe.    hürnen  Seifried  140,  3; 
der  abt  musz  weichen  sunst  beseits.    Mub.ikr  ickelm.  94,  4 ; 

da  wir  nun  beseits  traten  an  ein  sonderlichen  ort.  Luther 
3,  403 ;  er  füret  mich  auf  rechter  straszen,  das  ich  nicht  be- 
seits abgehe.  6,  343";  gegen  mitternacht  ubers  meer  ligt  Gal- 
lia  und  Hispania  näher  gegen  uns  beseits.  Frank  weltb.  67' ; 
weiter  hinderhin  beseits  zu  morgenwerts.  166';  das  der  kei- 
scr  den  herzog  Naimas  beseitz  mit  Terwanten  äugen  ansach. 
Aimon  X  2 ; 

sunst  halten  haufe^  vil  beseitz.    ScHWARZF.NBKRa  152,  2; 

er  gienc  beseits,  klagt  diese  noth 

mit  schmerzen  l'hoebo  seinem  gotl.    Sprerg  /{.  3*; 

lassen  die  schützen  in  Ordnung  all  auf  ein  ort  und  beseits 
abziehen.  KiRcnnor  mi/.  disc.  153;  die  sollten  von  beiden  orten 
beseits  (in  latera)  wider  die  schif,  die  aus  dem  port  fahren 
würden,  fechten.  Hidel  Liv.  569 ; 

je  mehr  ich  versink  in  das  kreuz, 

je  mehr  begeben  sie  sich  beseitz.    Wickhirl.  152; 

leg  nunmehr  deinen  zorn  und  meine  schuld  beseitz.    333; 

den  herren  sag,  die  sich  beseits 

in  ihren  hoben  ämptero  spreiszen.    488. 

vgl.  beiseits. 

BESELIGEN,  beare,  beglücken,  selig  machen,  also  von  selig, 
mhd.  saelic  abzuleiten,  nicht  von  seele,  und  nicht  zu  schrei- 
ben besecligen;  in  der  älteren  spräche  selten  und  weder  bei 
Dastpodius,  .Maaler  angeführt,  noch  von  Luther  gebraucht,  er  ist 
mit  zeitlichen  gutem  beseligt,  gesegnet;  er  füjilt  sich  von  liebe 
beseligt ;  die  er  (Jesus)  selbst  mit  ihm  (aus  der  hellen)  ge- 
fübret  und  ihm  gleich  zu  fahren  beseligt  hat.  Avrer  proc. 
3,5;  alle  augcnblicke  will  ich  zehlen,  bis  ich  denselben  aus- 
gerechnet habe,  welcher  mich  widerumb  mit  den  süszen  blicken 
beseligen  wird,  derer  ich  gern  auch  morgen  thcilbaftig  wäre. 
Weise  kl.  leule  IS ; 

auch  du  beseligst  ihren  stand.    Hagedorn; 


mein  sobn,  wie  bat  uns  der  mittler 
mit  barmherzigkeiten,  mit  huld,  mit  gnade  beseligt! 

Klopstock  Hess.  11,  261 ; 
der  genusz   alles  dessen,   womit  die  freundscJiaft  ein  gefühl- 
volles herz  beseligen  kann.  Wieland  3,  202 ; 

vergessen  von  der  weit,  beseligt  seine  tage 

gesundheit,  Unschuld,  ruh  und  reines  Selbstgefühl; 

beseligend  war  ihre  nähe, 

und  alle  herzen  wurden  weit.    Schiiier71'; 

doch  sie  (mxUterliebe)  steigt  vom  throne  nieder 

und  beseligt  niedere  hüite.    Göthc  4,  52. 

sei  hoch  beseligt  oder  leide, 

das  herz  bedarf  ein  zweites  herz. 

TiEDGE,  von  RccKSRT  glossiert. 
Die  gemeine  spräche  pflegt  aber  dies  wort  ironisch,   als  ein 
begaben  mit  bösen  dingen  zu  nehmen,  und  so  thul  schon  Mür- 
ner    in  einer  stelle,    die  das  älteste  Zeugnis  ßr  den  ausdruck 
überhaupt  gewährt: 

wölt  ihr  mich  nit  fürber  (herßr)  lohn, 

so  will  ich  euch  beselgen  schon, 

mitteiln  vil  seltzam  grosze  leus.    schelmenz.  26'; 

das  Volk  sagt:  damit  hab  ich  mich  recht  beseligt,  da  bin  ich 
schön  angekommen;  ich  bin  mit  ihm  beseligt,  negotium  mihi 
facessit.  Stieler  1993;  der  mann  hat  sich  beseligt,  ist  so  alt 
und  nimmt  so  ein  junges  weih  (Schmeller  3,  223) ;  er  hat  sich 
beseligt,  ist  selig,  ist  betrunken,  vgl.  das  selig  (die  apoplexie). 
BESELIGER,  m.  einer  der  uns  glücklich  macht: 

wie  erbebt  in  glänz  die  weinlaub,  o  beseliger  du  erscheinst! 

Voss ; 
aber  auch  ironisch,  der  uns  lästig  wird. 
BESELIGERIN,  f. 
BESELIGÜNG,  f 
Chöre  feiernder,  welche  mit  junger  blute  gekränzet, 
gottes  pfad  in  dem  labyrinth  der  beseligung  sangen. 
Kloi>stock  Hess.  16,  3^; 
zur  zeit 
der  nur  verheisznen,  neuen  beseligung 
der  nationeo.  werke  7,  45 ; 

wenn  für  die  himmlischen  bürger,  auf  irdischer  reise,  die 
Seelen, 
höchste  beseligung  ihn,  selige  sorge  beseelt.    Rijckert  273, 

ihn,  den  geistlichen  (mit  schöner,  auf  die  falsche  etymologie 
gestützter  anspielung);  die  liebe,  ihre  beseligung,  wie  ihre 
schmerzen.  Bettine  tageb.  56. 

BESEM,  BESEN,  m.  scopae,  virgae,  verriculum,  ahd.  pesamo 
gen.  pesamin,  mhd.  beseme,  bcsme  gen.  bßsmen,  ags.  besma 
gen.  besman,  engl,  besom,  nnl.  bezem  gen.  bezems.  des  ge- 
nauen vocals  versichert  uns  nicht  allein  die  ahd.  Wortbildung, 
welche  vor  dem  a  der  folgenden  silbe  nur  e,  kein  e  gestattet, 
sondern  auch  der  mhd.  reim  und  selbst  die  heulige,  dem  e 
in  lesen,  wesen,  nicht  dem  in  esel,  gläser  gleiche  ausspräche, 
auf  gothisch  müste  also  das  worl,  wenn  es  vorhanden  war, 
gelautet  haben  bisma,  was  unmittelbaren  anklang  an  basi  bacca 
abschneidet,  und  man  hätte  erst  ein  verlornes  bisan  bas  auf- 
zustellen, um  beide  zu  verbinden,  aus  dem  nd.  bese  ßr  binse, 
nnl.  bies,  ahd.  pinuj,  mhd.  binej  läszt  sich  pesamo  nicht  her- 
leiten, festuca,  die  bei  der  römischen  freilnssung  des  knechls 
symbolisch  im  sinne  von  virga  gebraucht  wurde,  könnte  ver- 
wandt sein,  müste  aber  von  ferula  und  ferire,  wie  bcsen  von 
bem,  bercn  (sp.  150))  geschieden  bleiben.  Was  die  nhd.  ge- 
stall des  Wortes  angeht,  so  hat  sich,  wie  die  folgenden  stellen 
weisen,  das  alte  M  hin  und  wieder  auch  im  auslaut,  noch 
leichter  inlautend  (besemen,  besemer)  bewahrt,  doch  herscht 
N  heute  vor.  der  ursprünglich  schwachen  form  haben  wir  ent- 
sagt, aber  schon  mhd.  zeigt  sich  einigemal  bescn  für  besemen. 

1)  mhd.  ist  die  gewöhnliehe  bedeutttng  virga,  zuchtrute,  gerte: 

der  (Salomon)  sprichet,  swer  den  besmen  spar, 
daj  der  den  sun  verstime  gar.    Walth.  23,  59; 
du  bist  dem  besmen  leider  alze  gröj, 
den  swerten  alze  kleine.    101,  25; 
got  sprach  (:u  Eva):  du  solt  wesen 
under  dines  mannes  besen  ; 
wird  ich  mit  disem  besemen  btnt  bie  freslageo. 
Guar.  1284,  2. 
rOid.  was  ihm  das  urtheil  bringen  werd, 

ein  besen  oder  scharfes  schwerd.    Rincw.  laut.  »arh.  166; 

wenn  du  ihr  ungerechtes  wesen 

wirst  strafen  mit  des  amptes  bescn.    370; 

David  gehet  ein  und  Icszt  sich  berücken  oder  bestricken, 
spricht  ein  harten  scnlenz,  damit  er  ein  besem  bindet  über 
seinen  einen  leib.  .Mathesius  132';  ein  besen  für  die  beiszi- 
gen  bremen.  Garg.  148*.  in  der  Zusammensetzung  Staupbesen 
dauert  auch  noch  diese  bedeutung  fort. 


16t5 


BESEM  — BESEMER 


2)  kehrbesen,  sowol  von  reisern  als  borsten,  scopae  vir- 
geae  et  setosae: 

mdh.  der  niuwe  hesemc  köret  wol, 

e  daj  er  stoubes  werde  vol.    Freibank  50, 12. 
nhd.     si  namen  ainen  be.sm 

und  kertens  damit  herdan.    Uhland  459; 

und  wil  sie  mit  einem  besem  des  Verderbens  keren.  Es.  14,  23 ; 
und  wenn  er  kommt,  so  findet  ers  mit  besemen  gekeret  und 
geschmücket.  Luc.  11,  25;  den  besen  binden,  knüpfen,  unge- 
bundene, ungeknüpfte  besen.  Stieler  997 ; 

wie  das  alt  Sprichwort  sagen  sol, 

die  newen  besen  keren  wol.    H.  Sachs  V,  358*; 

nem  hin  den  besem.    Is.  Giincsius  grammatica  {eine  comoedia) 

1597  s.  39 ; 

ob  ihr  dem  besem  seid  zu  schwach,  das.; 
damit  man  ihr  nit  mit  dem  bäsen  über  das  grab  fahr,  bie- 
nenk.  47';  wann  einer  flob,  firmt  er  ihm  zur  letz  so  ein 
tröstlichen  streich  über  der  lambdoidischen  und  ypsiloidischen 
commissur  oder  näd  der  hirnschalen  her,  dasz  ihm  der  köpf 
zu  stucken  dort  hinaus  stiebet,  man  hctt  ihn  mit  bäsen  nit 
zusammen  gefegt.  Garg.  20.')' ; 

fall  den  hals  über  ein  besen  ab, 

du  lecker,  wend  nicht  alt  will  wem.    Ayrer  fastn.  lOG* ; 

und  ist  nicht  mehr  zu  thun  von  nöthen  gewesen,  als  dasz 
der  Zauberer  sich  auf  einen  besem  gesetzt,  da  er  denn  dahin 
geführt,  wo  die  Zusammenkunft  gehalten.  Gryphiüs  l,  957 ;  die 
leute  hatten  sich  erst  angezogen  und  anstatt  des  lichts  eine 
schweflichte  blaue  flamme  auf  der  bank  stehen,  bei  welcher 
sie  stecken,  besem,  gabeln,  stüle  und  bänke  schmierten  und 
nacheinander  damit  zum  fenster  hinaus  flogen.  Simpl.  1,167; 
mit  stumpfen  besemen  kehren.  Hohberg  3,  44* ;  des  dechants 
haus  allhier  ist  nun  mit  besemen  gekehrt.  Wieland  bei  Merck 
1,  96; 

und  nun  komm,  du  alter  besen.    Göthe  1,237; 

in  die  ecke  besen,  besen! 

seids  gewesen.    1,  241 ; 

was  lassen  sie  denn  übrij?  zuletzt 

jene  unbescheidnen  besen? 

behauptet  doch  heule  steif  und  fest, 

gestern  sei  nicht  gewesen.    3,296; 

die  band,  die  samstags  ihren  besen  führt, 

wird  sonntags  dich  am  besten  caressieren.    12,  50; 

die  schönste  hab  ich  mir  erlesen  . .  . 

oh  weh  mirl  welch  ein  dürrer  besen!    41, 146; 

ich  seh,  ihr  kommt  alle 

auf  besmen  geritten.    57,  272  ; 

besen  werden  immer  stumpf  gekehrt. 

und  jungens  immer  geboren,    bei  Eckermann  1,  297 ; 

manchmal  aber  scheint  der  himmel  wie  mit  besemen  gekehrt. 
51,  206 ;  bei  ihnen  ist  alles  gesäubert  und  mit  besemen  ge- 
kehrt, an  fr.  von  Stein  1, 188 ;  da  links  unten  liegt  das  graue 
Frankfurt  mit  dem  ungeschickten  thurn,  das  jetzt  für  mich 
so  leer  ist  als  mit  besemen  gekehrt,  an  Aug.  Slolberg  7.  Dem 
Sprichwort:  neue  besen  kehren  gut,  wird  oft  hinzugefiigt : 
aber  die  alten  fegen  die  iiütlc  rein,  andere:  aus  einem  reis 
wird  kein  besen ;  wenn  der  besen  verbraucht  ist,  kommt  er 
in  den  ofen;  wenn  der  besen  verbraucht  ist,  sieht  man  erst, 
wozu  er  gedient  hat;  je  nachdem  man  einem  will,  steckt 
man  ihm  maien  oder  besen ;  franz.  rötir  le  balai,  zurüclc- 
kommen,  arm  leben,  des  besems  spielen.  Fisciiart  n*  334. 
s.  handbesen,  kammerbesen,  kehrbesen,  stallbesen,  Staubbe- 
sen ;  die  Zusammensetzungen,  in  welchen  das  wort  die  erste 
stelle  einnimmt,  slebn  unter  besen,  nicht  unter  besem. 

3)  besen  heiszl  auch  die  magd  im  haus,  weil  sie  den  besen 
führt,  wie  die  Angelsachsen  die  hausfrau  vebbc,  die  webende 
nannten,  studentisch,  jedes  mädchen:  ein  flotter,  famoser,  pa- 
tenter besen,  knallbesen  u.  s.  w.  jenes  Sprichwort  neue  be- 
sen kehren  gut  pßegl  man  zumal  auf  neueintretende  dienst- 
boten  anzuwenden. 

BESEMCHEN,  BESENCHKN,  n.  scopula:  ein  besenchen, 
aus  der  blute  eines  roiirs  gebiiiKlcn.  wo  er  sich  hinwendet, 
fühlt  er  die  bescnchrn  unter  der  nnse.  Göthe  29,  242;  keh- 
ren sie  mit  diesem  besemchen  noch  alles  weg.  an  frau  von 
Stein  I,  326.  Maaler  40'  hat  bäsemle,  Stieler  113  bcsemlcin, 
Dasypodius  218*  bSsenlin. 

BESEMEN,  scopare,  verrere,  fegen.  Stieler  113.  franz.  ba- 
layer,  mlat.  balagare. 

BESEMEK.  m.  1)  scoparius,  liesmer,  hesenbinder.  2)  l)ese- 
nter  oder  desem,  eine  art  wage  in  den  holsteinischen  haus- 
haltungen,    die   durch    eine  mit   blci  aufgegossene  kolbe,    auf 


BESENBALACH— BESENMARKT        1616 

einem  seile  schwebend,  die  last  gegenüber  bestimmt.  Voss  briefe 
2,  25.  ebenso  dän.  bismer,  doch  schw.  besman,  litt,  bezmenas 
(Nesselmann  328'),  russ.  bezmen',  poln.  bezmian,  przezmian, 
böhm.  prezmen.  ein  undeutsches  wort,  das  mit  unserm  besen 
nichts  zu  schaffen  hat. 

BESENBALACH,  f.  carbunculus:  am  prangfinger  der  rech- 
ten band  hett  er  ein  ring  . , .  und  darein  versetzt  ein  aus- 
bündige besenbalach,  sambt  eim  ausgespitzten  dianiant.  Garg. 
120'.',  bei  IUbelais  :  au  doit  medical  de  la  dextre  eut  un  aneau 
fait  en  forme  spirale,  auquel  estoient  enchassez  un  balay  en 
perfection,  un  dianiant  en  pointe.  ein  rubin  oder  karfunkel 
heiszl  noch  heute  franz.  balais  (unterschieden  von  balai  besen), 
wofür  Ddcange  die  schwankenden  formen  balaya,  baleia,  bales, 
baieis,  balesius,  balascus  angibt,  Albertus  magnds  hat  baia- 
gius,  it.  balascio,  sp.  balax,  prov.  balach.  durch  balai  kam 
Fischart  auf  die  seltsame  Wortbildung  besenbalach.  vgl.  de  La- 
borde  notice  des  imaux.  Paris  1853.  2,  456.  457  unter  balay 
und  ballesseau. 

BESENBINDEB,  m.  scoparius,  beseranacher :  besenbinders 
jungen,  kinderm.  n'  60. 

BESENÜEN,  was  beschicken,  holen  lassen,  zu  einem  schicken, 
mhd.  besenden,  besante : 

vil  dräte  besanter  dö 

beidiu  mäge  unde  man.    £r.  2893; 

zehant  er  besande 

die  besten  von  dem  lande.    Greg.  25; 

besendet  iuwer  liute 

morne  unde  hiute.    /w.  2149; 

sine  harphen  er  besande.    Trist,  186,  5. 
nhd.  besendt  ewer  underthanen.  Aimon  e ;  der  richter  in  be- 
sandt.  Bocc.  1,231; 

die  braune  Dorilis  besendet  dich  mit  gaben. 
Fleming  597  (593). 
das  wort  ist  aber,  gleich  dem  nnl.  bezenden,  wenig  in  gebrauch. 
BESENFLACHS,  wi.  linaria  scoparia,  nnl.  bezemkruid. 
BESENFBAU,  f.  die  mit  besen  handelt. 
BESENGELD ,  n.  geld  um  besen  zu  kaufen :   wann  du  be- 
semgeld   begehrest,    so  lasz  uns  zu  einem  mann  gehen,   der 
ein  Vorrat  an  besen  hat.  Schuppius  746. 

BESENGEN,  amburere;  besengen,  ustulare,  prot  peen  (bähen) 
oder  prennen.  vocab.  1482  d4';  vom  feuwer,  von  der  brunst 
besengt,  ambustus  incendio.  Maaler  62' ; 

die  paurn,  die  weilen  uns  fressen 

den  edel  wolbekant, 

das  well  gott  nit  Verheugen, 

wir  wellens  fürbasz  sprengen, 

recht  wie  die  sew  besengen.    Uhla>d367; 
wenn  einer  ein  hübsche  katz  hat  ...  und  er  ir  das  bar  auf 
einer  seilen  besengt  und  macht  sie  masecht,  da  bleibt  si  da- 
heim,   schimpf  und  ernst  cap.  373;    da   die   magd   die  frauw 
noch  lebendig  sähe,  doch  sie  nicht  einem  menschen,  sondern 
einem  besengten  stock  (un  cepperello  inarsicciato)  gleich  fand. 
Bocc.  2,109';  reif,  der  alles  besengt,  fctr.  109';  auf  glüenden 
kolen   besenget,   geröstet   oder  gebraten  fleisch.    Thurneisser 
magn.  alch.  2,3;  do  begrabt  man  lebend,  besengts  und  brents. 
archid.  10;    darzu  auch,  das  die  sonn  den  Martern  nicht  be- 
senge.  inßuent.  wirk.  5 ;  so  pflegt  man  den  stecken  oder  Stab, 
den    der   bott   tregt,    ob   dem   feuwer  zu   besengen,   das   er 
schwarz  sei  (hasta  praeusta).  Fronsp.  Äncjfsf».  3, 14l'; 
gott  sei  dank,  dasz  friedensthaw 
fi'uchtet  wieder  unser  aw, 
die  des  krieges  brunst  bescngeJ.    Locau  2,  s.  245; 

sich  die  kleider,  die  haare  besengen,  versengen;  den  hart  be- 
sengen; das  körn  ist  durch  die  hitze  besengel.  Stieler  2011. 
auch  intransitiv :  dasz  die  bettzicchen  verbrennen  und  besen- 
gen gar  hinweg,  und  den  federn  geschieht  nichts.  Paracelsus 
Fisciiart  2,  9l'. 

BESENGEB,  m.  incantator.  maulwerffenger,  rattenbesenger 
groszm.  49. 

BESENHEIDE,  f  erica  scoparia,  franz.  briiyt'TC  h  balais. 

BESENKHAUT,  n.  benennung  verschirdner  pflanzen,  die  zu 
besen  taugen,  z.  b.  sisymbrium  sophia,  chenopodium,  arlc- 
misia  campestris,  spartium  scopariuni  «.  a.  m.  vgl.  bcsen- 
flachs. 

BESENMANN,  wi.  der  mit  besen  handelt. 

BESENMABKT,  m.  gerichlsplatz,  auf  dem  die  Verbrecher  ge  ■ 
stäupt  werden:  sihc  auf,  dasz  du  nicht  nach  wollen  gehest 
und  bcsclioren  wider  kompst.  Scel.  was  sagst  du  von  beschor- 
nen,  mein  siin?  Sempr.  es  werc  das  minst  bcschorn  oder 
bcropft  darvon  zu  cnllaufen,  wann  du  nit  über  den  bäscn^ 
markt  gejagt  wurdest.  Wirsunc  Ca/.  H  3'; 


1617 


BESENPFRIEME  —  BESESSEN 


BESESSENHEIT— BESETZEN 


1618 


0  wie  bin  ich  der  gröszie  ihor, 

dasz  ich  steh,  warumh  Ueuch  ich  nicht, 

eh  mich  ercreifl  das  stateerichl 

und  mich  werf  in  die  glengnus  argk, 

jag  mich  morgn  uhera  besenmark.    H.  Sacbs  \,  22S*. 

BESENPFRIEME,  f.  sparlium  scoparium. 

BESENREIN,  reiu,  mit  dem  lesen  gekehrt,  so  rein  als  ob 
es  mit  dem  Lesen  gefegt  tcdre:  die  wohnung  besenrein  beim 
auszug  überliefern. 

BESENREIS,  n.  rirga  scoparia,  mhd.  besemris:  haare,  die 
ungelockt  stebn,  wie  besenreiser;  o  münzringerer,  münzscbwe- 
cher,  inünzabgieszer  . . .  wie  wird  man  euch  im  hüUcbimi- 
schen  scbmelzdigel  granuliem,  als  wann  man  euch  über 
bäserareis  scbüsz.  Garg.  190'. 

BESENREISIG,  n.  virgultum  ad  scopas  aptum:  süllige  dein 
äuge  an  unserem  besenreisig,  an  dem  gelbblühenden  genisle.  • 
Thiümels  reise  7,  ITS. 

BESENSOLE,  f.  in  dem  sahtcerk  zu  Halle,  eine  gewisse 
menge  sole,  welche  dem  bornmeisler  zum  besten  gesotten  wird, 
der  dafür  besen  und  handlücher  halten  musz. 

BESENSTIEL,  m.  scoparum  manubrium;  dürr  wie  ein  be- 
sensliei;  er  hal  einen  besenstiel  im  rücken,  ist  eingebildet, 
als  wenn  er  sich  nicht  bücken  dürfe;  ich  will  dir  den  weg 
mit  dem  besenstiel  hinaus  weisen.  Pierot  1,  347,  franz.  je  te 
donnerai  du  manche  du  balai.  hexenfahrl  auf  besenstielen  : 
Terlangst  du  nicht  nach  einem  besenstiele?    Götoe  12,  202. 

BESENSTIELER,  m.  verfertiger  oder  Verkäufer  von  besen- 
stielen. Fkchart  groszm.  49.  51. 

BESENSTUMPF,  m.  truncus  scoparum,  ein  abgestumpßer 
besen :  ebenso  den  weiblichen  diensiboten  der  bürgerlichen 
häuser  als  den  studierenden  wilirahrig,  wüsten  sie  (die  kna- 
ben)  jene  durch  munche  geralligkeil  zu  verpflichten,  derge- 
stalt dasz  ihnen  die  besenstumpfen  das  jähr  über  aufbewahrt 
und  zu  dieser  fcstlichkeit  [dem  anzünden  des  bergfeuers)  ab- 
geliefert wurden.  Göthe  31, 17S. 

BESENTRESP,  m.  bromus  scoparius. 

BESE.NWURF,  m.  den  maurern,  bewurf  mit  kalk  und  mürtel 
durch  einen  birkenbesen,  die  berappung,  Schweiz,  besaworf. 
TOBLER  44'. 

BESENZEPTER,  m.  kein  Schornsteinfeger  thronte  mehr 
mit  dem  besenzepter  auszerhalb  des  Schornsteins  (weil  die 
Stadt  belagert  und  beschossen  wurde),  i.  Pall  Sepomukkirche  127. 

BESE.NZI.NK,  ni.  ramus  scoparius:  da  einer  gnist  oder 
broctholz  in  den  vier  gemeindewüldern  zu  holen  betreten 
würde,  der  soll  3  seh.  zu  straf  erlegen,  von  den  besemzinken 
aber,  da  einer  (darüber)  gefunden,  soll  ein  halber  gülden  ge- 
geben werden,  weislh.  2, 1S6. 

BESESSEN,  pari,  von  besitzen, 

1)  in  acticbedeutung 

a)  soviel  als  angesessen,  begütert:  und  ist  meines  hem 
des  kunigs  besessen  man.  Magdeb.  weisth.  j.  15  (a.  1424);  ein 
taglühner,  der  nirgend  besessen  ist.  Sir.  37,  14 ;  personen, 
welche  nicht  heuslich  besessen,  und  doch  unsere  pfarrecbte 
sich  mit  freuen  und  gebraueben.  Lctiier  2,  266\ 

b)  niedergesessen,  niedersitzend:  die  ehrenvesten  herren 
grafen  sein  doch  besessen,  considant.  Weise  ccmüd.  327. 

2)  häufiger  passivisch,  capitis,  occupatus,  in  der  spräche  des 
.V.  T.  vom  bösen  {aber  auch  guten)  geist,  vom  teufel,  Batuoiit,ö- 
fieios,  wofür  Li.hlas  daimönareis  beibehält,  ahd.  steht  Urnoman 
(eingenommen),  mhd.  behaft  und  besej^en :  und  die  brachten  zu 
im  die  besessenen.  Matth.  4,  24 ;  am  abend  aber  brachten  sie  vil 
besessene  zu  iiu.  8,  16;  da  liefen  im  entgegen  zween  beses- 
sene. 8,  39 ;  und  es  war  in  irer  schule  ein  mensch  besessen 
mit  einem  unsaubem  geist,  der  schrei.  Marc.  1,  23;  lief  im 
alsbald  entgegen  aus  den  grübern  ein  besessen  mensch  mit 
einem  unsaubem  geist.  5,  2 ;  sahen  den,  so  von  den  teufein 
besessen  war.  5,  15;  das  sind  nicht  wort  eines  besessenen. 
Joh.  10,  21 ;  denn  die  unsaubem  geister  fuhren  aus  vielen  be- 
sessenen, apost.  gesch.  8,  7;  wann  wenn  man  den  vers  rau- 
net einem  besesznen  in  das  er,  so  wirt  der  bös  geist  bewegt 
zfl  antwurten.  Keisersb.  Sünden  des  munds  24";  was  in  Pro- 
bant  (BrabanI)  ein  frauw,  die  was  besessen  mit  dem  bösen 
geist.  24*:  sie  hetten  ein  kneblin,  das  was  besessen,  kunt 
niemants  kein  riig  vor  im  haben.  56*;  bin  ich  doch  gottlob 
nicht  besessen.  Kirchhof  wendunm.  142*;  seine  reitcr  hüben 
ihn  auf=  pferd  und  fort,  wie  besessen!  Göthe  8,  94;  deine 
Seele  ist  bis  in  ihre  innersten  liefen  von  feindseligen  mäch- 
ten besessen.  8.156;  die  leute  schreien  wie  besessen.  13,  i:i; 
CS  schien  als  wenn  das  alte  schlosz  vom  wütenden  beere  be- 


sessen sei.  18,263;  damit  dein  ganzes  Institut,  wie  besessen, 
aufführe.  J.  Paul  uns.  löge  3, 151 ;  er  hat  uns  nicht  gesehen, 
er  lief  wie  besessen  vorbei.  Armm  schaub.  2,  94;  es  heiszt 
aber  auch  von  liebe,  wut,  krankheilen  besessen: 

mit  lieb  bin  ich  besessen.  Uoffm.  geselticliaflsl.  s.  12 ; 
ich  müste  mit  einer  groszen  liebe  zum  leben  besessen  sein. 
Clacdils  5,  99;  ein  von  liebe  besessenes  müdchen.  Gotteb 
3,  75 ;  da  man  sagt,  dasz  unser  Zeitalter  von  der  wut  beses- 
sen sei,  auf  diese  art  seltsam  und  geheimnisvoll  zu  wirken. 
TiECK  7, 15 ;  der  fürst  hielt  sich  im  siechen  frühjahr  aus  zwei 
gründen  wieder  vom  zipperlein  besessen.  J.  Pai:l  Hesp.  3, 112. 

BESESSENHEIT,  f 

BESESZ,  m.  ahd.  pise;  (Graff  6,  303),  mhd.  bese;. 

1)  possessio:  ahd.  diu  erda  ist  fol  dinis  pisegis,  impleta 
est  terra  possessione  tua.  N.  ps.  103,  24 ;  mhd.  so  het  hornig 
(homung)  in  sinem  besej.  nambuch  s.  HO;  nhd.  ein  besesz 
haben,  possidere.  Hemsch  313;  umb  sein  vermeinten  besesz. 
Geszler  rethorik  66';  lenger  denn  menschen  gedechtnis  in 
besesz  hab.  60*;  wahr  ist,  dasz  kein  bapsl  nie  zu  besesz  des 
vierten  theils  der  land,  die  sie  sprechen  ihn  von  Constantino 
gegeben  sein,  kumen  ist.  Hütten  5,  242 ;  ain  ieglicher  sol  bi 
sinem  alten  herkommen,  brauch  und  besesz  behalten  wer- 
den. Recchlik  augensp.  1,  6 ;  hielte  es  dafür,  dasz  der  besesz 
der  insel  Zacynthus  den  Achaiera  nütz  were.  RiBELLtr.  542; 
die  gesandten  haben  an  der  gerechtigkeit  des  besesz  (am  jus 
possessionis)  nichts  geändert.  698.    vgl.  seszhaft.    heute  besitz. 

2)  obsessio,  obsidio,  sonst  ahd.  auch  umpise;.    mhd. 

dö  huop  sich  in  der  zit 

michil  urloüge  unde  siril, 

hungir  unde  bise;.    kaiserchr.  15365; 

sollit  ir  wissin,  daj  he  einen  besesz  ted  vor  dem  hus  Hirz- 
berg.  Landau  ritterg.  112  (a.  1371).     heute  auszer  gebrauch. 

BESESZLICH  inhaben,  possidere.  Oberli.n  134. 135. 

BESETZE,  n.  limbus,  das  besetzen,  der  besalz,  namentlich 
das  Pflaster  auf  der  strasze.    Adelcsg  nimmt  das  wort  weiblich. 

BESETZEN,  goth.  bisaljan,  ahd.  pisezan  pisazta  (Grjiff  6, 
2991,  mhd.  besetzen,  nnl.  bezetten,  ags.  beseltan,  engl,  beset, 
schw.  besütta,  dän.  besaite  (tieften  besidde  =  besitzen),  sitzen 
machen,  gewöhnlich  mit  etwas  besetzen,  von  einem  besetzt 
werden,  iraj  jedoch,  wenn  die  Vorstellung  geläufig  ist,  unaus- 
gedrückl  bleiben  kann. 

1)  land,  Stadt,  bürg,  haus  mit  leuten  besetzen,  occupare: 
das  sind  die  drei  söne  Noah,  von  denen  ist  alles  land  be- 
setzt. 1  Mos.  9, 19  ; 

ej  wart  nie  stat  besetzet 

mit  Trumen  liuten  also  wol.    troj.  kr.  17680  und  17S31 ; 

diu  (houbelslat)  was  ouch  also  besät 

mit  tegelicher  huote.    Greg.  746; 

vil  guote  crisiene  wären, 

von  den  diu  beilige  stat 

woi  crliche  was  besät,    pass.  K.  42,  40 ; 

der  könig  aber  besetzt  die  siedle  in  Samaria.  2  kön.  17,  24 ; 
so  wil  ich  die  siedle  wider  besetzen.  Ez.  36,  33;  besetzen 
die  siedle  hin  und  her  mit  eltesten.  Tit.  5 ;  besatzten  die 
vestungen  auf  den  bergen.  Judith  4,  3 ;  besetzt  sie  (die  bürg) 
mit  einem  gottlosen  häufen,  l  Macc.  1,  36 ;  ohn  das  er  einen 
flecken  stark  besetzt  halte.  2  Macc.  12,  IS ;  feslung  die  nicht 
besetzt  war.  13, 19 ;  die  Stadt  wurde  mit  (von)  tausend  mann 
besetzt;  alle  höfe  sind  mit  bauern,  alle  häuser  mit  fremden 
besetzt,  es  steht  kein  zimmer  leer,  die  strasze,  der  markt  ist 
mit  menschen,  das  theater  mit  Zuschauern  besetzt;  alle  Zu- 
gänge, alle  engen  passe  sind  besetzt;  die  thore,  thünne, 
wachen,  wälle  sind  besetzt;  die  wache  besetzen,  auf  die 
wache  ziehen :  es  solle  auch  kein  sudler  nach  besetzter  wache 
wein,  hier  verkaufen.  Fro.nsp.  3,  23* ; 

in  wol  geordenler  schar 

wart  ein  iogelich  stat 

von  den  geslen  bcsat.    pass.  11.  246,  13; 

und  si  mit  vli;e  heten 

ir  buoie  hie  und  da  besät,    pass.  K.  10,  9; 

wir  b.in  diu  tor  besetzet,    troj.  kr.  11782. 

2)  die  tische  sind  mit  gasten  besetzt ;  alle  platze,  stöle, 
bSnke,  sitze  sind  besetzt;  die  stelle  ist  wieder,  ist  noch  nicht 
besetzt;  die  drei  kinder  besetzten  den  untern  räum  des  tisches. 
G.iTHE  21,  18; 

wart  senle  Peters  stat 

nach  im  mit  im  ouch  wol  besät,    pass.  II.  170,  66; 

da;  si  ir  State  und  ir  siat 

wislichen  h.Tten  besät.     Trw/.  316,  28  ; 

alle  ämicr   in  diesem  lande  sind  mit  würdigen  männern  be- 

102 


1619 


BESETZEN 


BESETZER  —  BESICHTIGEN 


1620 


selzt;  die  gerichtc,  geistliche  und  weltliche  sind  wol  besetzt ; 
man  sagte  mhd.  auch  ein  fest,  eine  hoclizeit  mit  geladenen 
gasten  besetzen,  zur  hochzeü  entbieten: 

die  hühzit  lieie  Marke 

besetzet  also  starke 

$6  mit  geboie  so  mit  bete.  Tnst.  15,6. 
ähnlich  heule,  ein  stück  mit  scliauspielcrn  besetzen,  ein  gut 
besetztes  stuck;  die  hauptrolle  ist  schlecht  besetzt;  sie  sehen 
daraus  wie  schwer  es  sein  würde,  Zimmermanns  rolle  zu  be- 
setzen. Schiller  an  GOthe  296;  die  musik,  das  Orchester  ist 
stark  besetzt;  der  lehrer  hat  alle  stunden  besetzt. 

3)  den  garten  mit  bäumen,  die  felder  mit  reben,  die  wege 
mit  linden,  das  ufer  mit  ulmen  besetzen ;  . 

der  earte  ist  besetzet 

mit  boumen  edel  von  art.    F/ore  4430; 
liesz   ganze   felder   mit  reben   von  muscateller  art  besetzen. 
ScHüPPius  98 ;  alle  beete  waren  mit  duftenden  gewachsen  be- 
setzt,    den   teich   mit   fischen,    die   käfiche   mit  vögeln,   den 
marstall  mit  pferden  besetzen. 

4)  das  kleid  mit  schnüren,  borten,  gold  besetzen;  ein  be- 
setztes kleid; 

und  mache  mit  geschmack  mir  ein  besetztes  kleid. 
Zacii.«riä  1,  15ti : 
die   ermel  mit  spitzen,    die  schuhe  mit    band   besetzen ;    ein 
becher  mit  edelgestein  besetzt ;  die  halskette  . .  rings  herumh 
mit  diamantischen  spitzen  als  flammen  funkelend  und  zwitze- 
rend  besetzt.  Garg.  119*; 

von  purpur  sei  die  decke,  und  gescliirr 
und  Zügel  reich  besetzt  mit  edeln  steinen.    Schiller  497'. 
vgl.  belegen  2. 

5)  den  tisch  mit  speisen  besetzen ;  die  tafel  ist  treflich 
besetzt;  betroffen  war  sie  bei  ihrer  zurückkunft  den  tisch 
nur  mit  zwei  gedecken  besetzt  zu  finden.  GötheI",  173.  den 
wall  mit  geschütz  besetzen,  der  eingang  zur  bürg  war  mit 
zwölf  kanonen  besetzt,  die  straszen  sind  mit  zierlichen  lüden 
besetzt;  die  strasze  mit  steinen  besetzen,  pßastem,  einen 
brunnen  besetzen,  einfassen,  im  spiel,  eine  karte  mit  geld, 
eine  zahl  mit  einem  glas  besetzen,  bergmännisch,  das  bohr- 
loch  besetzen,  mit  ptilver  füllen,  zum  sprengen. 

6)  abstract  wendet  unter  den  mhd.  dichtem  das  worl  beson- 
ders GoTFRiED  an: 

hie  mite  besalzte  er  sinen  sin.    Trist.  184,  33, 
hierauf  setzte,    damit  beschäftigte  er  seinen  ganzen  sinn; 

nu  di'siu  rede  besetzet  ist.    185, 18, 

dieser  enlschlusz  fest  stand; 

er  hegunde  in  schoenem  sinne 

sine  rede  besetzen  an  der  stete.    206,  7, 

seinen  enlschlusz  ausßhrcn,  auseinandersetzen; 

ir  reht  was  an  in  beiden 

besetzet  und  bescheiden.    277,22; 

dicke  bcsatzt  er  sinen  muot.    296,  23, 
überlegte  er,  stellte  er  seine  gedanken; 

wir  sin  mit  pröjer  väre 

besetzet  und  gevangen.    379,  13, 

von  gefahr  umgeben  und  umfangen; 

er  bcsatzie  sine  trabte.    478,  22, 
stellte,  beschäftigte  seine  gedanken.     nhd.  beispiele  gehen  ein- 
förmiger von  der  Vorstellung  einnehmen,  occupare  aus: 

der  sierker  hanf  treibt  grosz  geprüll, 

besoizi  mit  unkeusch  und  mit  fiill.    Sghwarzenb.  152,2; 

die  Vorstellungen  äuszcrer  sinne  machen  den  stof  aus,  womit 
wir  unser  gebiet  besetzen.  Kam  2,  83 ;  ich  würde  dich  inzwi- 
schen ohne  grund  mit  lügen  besetzen.  .1.  Paul  flegelj.  1,112; 
wenn  krieg,  seeriluberei,  knechtschaft,  parteiwut  tausend  her- 
zen auf  einmal  und  lange  besetzen,  indesz  die  tugenden  wie 
cngcl  nur  einzelne  begleiten,  ddmmerungen  10. 

Genau  genommen  ist  zwischen  besitzen  obsiderc  und  be- 
setzen occupare  zu  unterscheiden,  der  fcind  hat  die  Stadt  be- 
sessen (belagert)  und  er  iint  sie  besetzt  {eingenommen);  angst 
hat  dein  iici'Z  besessen  {umlagert,  umfangen),  sie  hat  es  be- 
setzt {überwältigt),  bei  der  nähe  der  begriffe  ist  aber  nicht  zu 
verwundern,  dasx  besetzen  auch  fiir  obsidere  steht,  gerade  wie 
beliegeu  (sp.  1450)  und  belegen  {sp.  1442),  Weckuerlin  sagt : 
wirl  erröitun  niuinc  schl 
von  der  gollosen  wut,  die  mich  ringsumb  besetzen.    179. 

*o  ist  auch  das  ältere  besej  possessio  dem  späteren  besitz  ge- 
wichen. 

7)  besetzen  hatte  im  15.  lOjA.  auch  noch  die  bedeulung  von 
legare,  vermachen,  einem  etwas  aussetzen,  worüber  belege  bei 
Oberlin  135   nachzusehen  sind.     KKiSEnsiiEtic   sagt:    da   man 


armen  leulen  etwas  besetzt  und  vermacht  an  dem  fotbett. 
Sünden  des  munds  78'.    vgl.  schon  mhd.   Trist.  316, 18. 

BESETZEN,  m.  ein  straszenpßasterer.  Schweiz,  gassenbesetzer. 
FiscHART  groszm.  94  verbindet  besetzer  und  spiszrutenkreiner. 

BESETZLEUTE,  pl.  coloni,  die  ein  land  besetzen.  Riiiel 
Liv.  476. 

BESETZSCHLÄGEL,  m.  zum  feslstoszen,  einrammeln  des 
Pflasters. 

BESETZSTADT,  f.  colonia,  Rihel  Liv.  205.  476.  Colin, 
eine  römische  beselzstatt.  Zinkgr.  394, 10. 

BESETZSTEIN,  m.  hat  Stieler  2139  für  kiesel,  silex,  Pflaster- 
stein. 

BESETZT,  1)  incolis  frequens,  bevölkert:  an  vil  orten  mechr 
tig  und  volkreich  und  wol  besetzt.  Frank  leeltb.  5'  und  ößer. 

2)  corpulentus,  plenus,  beleibt :  er  war  ein  ziemlich  besetz- 
ter cavalier,  als  er  sich  nun  mit  einiger  gewalt  auf  das  gc- 
ländere  legte,  die  zapfen  der  balken  aber  sehr  vermodert 
sein  mochten,  brechen  diese  aus.  Irrgarten  163.  vgl.  gesetzt, 
gravis  und  untersetzt. 

3)  besetztes  haus,  besetztes  kleid,  besetzter  tisch,  pol. 
stockf  321.     s.  besetzen. 

4)  besetzt  halten,  locum  tenere:  der  feind  hielt  die  Stadt 
drei  jähre  besetzt;  zugleich  sollten  alle  kirchen  und  kirch- 
höfe  jedem,  der  dahin  flüchtete,  eine  sichere  freistatl  sein, 
und  diejenigen,  weiche  ihn  dort  besetzt  hielten,  erwarten, 
dasz  der  hunger  ihnen  ihren  feind  liefere.  Moser  2, 127. 

BESETZTEICH ,  m.  einen  geistlichen  hecht  aus  dem  can- 
didatenbesetzteiche  in  den  streckteich  der  pfarre  werfen.  J.  Paul 
Fixl.  148. 

BESETZTUCH,  n.  tuch  zum  besetzen. 
BESETZUNG,  f.  in  rerschiednem  sinn:    die  besetzung  der 
Stadt,  der  tafel,  des  kleides,  der  stelle,  der  rolle :  anbei  über- 
sende  die   rollen   vom  Teil   mit  meiner  besetzung.    Schiller 
an  Gölhe  929.     auch  cardiogmus,  herzweh.     s.  besatzung. 

BESETZWEIDE,  f.  womit  der  korbmacher  den  rand  des 
bodens  besetzt,  beflicht. 

BESEUFZEN,    gemere,    lugere  aliquid,  beklagen:    die  thor- 
hciten  der  menschen,  die  Vergänglichkeit  des  lebens  beseufzen  ; 
wenn  andre  stehn  und  zittern, 
beseufzen  ihren  tod  und  bitten  ümm  quartier. 

FLEHi.-yc  109  (111); 
es  wird  euch  auf  allen  seilen 
manch  beseufzter  wunscb  begleiten.   481; 
dich  beseufzen  alle  wind, 
dich  auch  alle  bäum  besausen.    Sper222: 
einige  beseufzen  nur  das  unrecht,  welches  andere  neben  ihnen 
zugleich  leiden  müssen.  Babener  1,  88 ;  der  pöbel  bewundert 
die   fürstliche   pracht   dieses   mannes,   die  sein  gläubiger  be- 
seufzt.   5,  183;    die  sultanin  beseufzte  die  jugendlichen  reize 
{eines  zum  tode  verurlheillen  pagen).  Klixger  10, 193. 
BESEULEN,  columnis  ornare.  Stieler  1694. 
BESICHTEN,  invisere,  cognoscere  de  re  praesenli,  recognos- 
cieren,    in   augenschein    nehmen,    feierlicher  und  ofßciellei-  als 
das  einfache  besehen :  dem  ist  also,  das  ir  ieder  drei  nemen 
und    erwellen,    dieselben   sechs    sollen    lierr  Hninrichs  gepew 
und  behut  zu  Ewcrsdorf,    Sermingslain  und  Weilenegck  not- 
lurftiglichen    besichten.    Chmels  Maxiinilian  s.  200  \a.  1498); 
derhalben    auch  mir  itzt  viel  zu  besichten  und  zu  überlesen 
von  nöten  sein  wolle.  Luther  3,415;  ein  liecht  alles  zu  be- 
sichten mit  sich  tragende.  Kirchhof  «'ciK/ioim.  Ol' (60); 

der  hat  die  sach  besiclilct 

und  aigenilich  beiracht.    L'hlamd  601 ; 

bar,  lasz  dein  nachtpawrn  (deine  naxe)  auch  besichten. 
11.  Sachs  III.  3,  15; 

vleiszig  crfarn  und  als  bcsicliin.    Schmklzl  David  18*. 
heule  ungebräuchlich. 

BESICHTIGEN,  was  das  vorige,  nnl.  bezigligen:  der  vom 
könige  gesandt  war  die  schalzkammcr  zu  besichtigen.  2  Macc. 
5,  18;  seid  bedacht,  das  mir  in  den  sachen  geholfen  werde, 
mein  bekenlnis  besichtigt  werde.  Luther  3,  415;  sölhcn  han- 
del  zu  besichtigen.  Geszler  rt'//(.  66* ;  darnach  ziehen  wir  mit 
gutem  frieden  und  müssen  in  Frankreich  unser  frawen  und 
kinder  besichtigen  (wiedersehen,  aller  voir).  Aimon  f;  da  die 
beiden  besichtiget  (recofl/io.wcr/l  wurden.  /'««/(«  13;  die  uml»- 
ligenden  länder  besichtigen  (heimsuchen)  und  berauben.  Mün- 
ster 1334;  kunim,  wann  es  im  gi-legcn,  mich  zu  besichtigen 
(besuchen).  Wirsung  Cal.  al';  dann  ich  hab  ein  sonders  ge- 
fallen dich  zu  besiclili^eu.  4'; 

0  Tliales,  ich  hab  in  doini  haii.i 

besithiigl  ollo  gmach  durchaus.    H.  Sachs  V,  VI  ; 


1621 


BESICHTIGUNG  —  BESINGEN 


BESINGEN  —  BESINNEN 


1622 


er  Wirt  etwan  reiten  herab 
bcsichlin;;  dich  und  du  in  auch.  10.3,46'; 
und  alle  ding  wul  besichtiget  werden.  Kibchiiof  Jisc.mil.  23; 
dasz  ein  feldherr  des  feindes  gelegenheit  g;inz  wol  besichtige 
und  erkündige.  149 ;  als  sie  nun  auf  ein  guten  büchsenschusz 
davon  waren  und  die  gelegenheit  der  Stadt  besichtigten.  Garg. 
264',-  besichtige  {bcsuchv]  Polen,  Preuszen  und  andere  län- 
der.  SciiLPPiLS  741;  die  straszen  besichtigen;  eine  brandstätte, 
eine  streitige  grenze,  einen  entblöszten  gang,  einen  erschla- 
genen besichtigen,  ein  risum  rrpcrtum  darüber  aufnehmen. 

BESICHTIGUNG,  f.  inspeclio  ocularis:  auf  der  besichtigung 
des  wasserlaufes  halber  gewesen.  Scbweihicbex  3,  14S ;  in 
besichtigung  {augenschein)  nehmen. 

BESIEBE.N,  cribro  cernere,  conspergere:  die  kegeibahn  mit 
feinem  sande. 

BESIERNEN,  conrincere  septem  teslilnis,  mit  sieben  {oder 
sechs)  eidtshelfern  dailhun,  dann  insgemein  itberßSiren,  abfer- 
ligen :  ob,  wie,  wo,  wann  man  das  annemen  oder  besibnen 
wöll.  Fbaxk  citron.  316';  der  heilig  geist  laszt  sich  nil  also 
besibnen  und  in  die  schul  füren.  519*.  Stieleb  2015  hat  be- 
siebnen,  übersiebnen.  einem  das  siebente  buch  weisen. 

BESIEBNLNG,  f.  Haltacs  146. 

BESIEDELN,  coloniam  in  agro  constituere. 

BESIEDELUNG,  f.  eolonisierung. 

BESIEGBAR,  vincibilis :  ein  schwer  besiegbarer  feind.  häu- 
figer gebraucht  ist  unbesiegbar. 

BESIEGBARKEIT,  /. 

BESIEGELN,  signare,  sigillo  nunire,  ahd.  pisigilan  (Gbaff 
6,  145),  mhd.  besigelen  (versiegeln)  Wigal.  10375)  nnl.  beze- 
gelen:  einen  brief,  einen  vertrag  besiegeln,  dann  feierlich 
bekräpigen:  mit  einem  {gleichsam  als  siegcl  aufgedrückten) 
küsse  den  neuen  bund  besiegeln ;  seine  treue  mit  blut ; 

lasz  diesen  lausch  uns  am  altur  besiegeln!    Gotteb  2,  271 ; 

die  strengste  rechtslbrni  sollte  meine  Unschuld 

Tor  aller  weit  bewähren  und  besiedeln.    Schilikr  435'; 

so  besiegelten  wir  durch  den  gröszten  vielleicht  nie  zu  schlich- 
tenden wetlkampf  zwischen  o!)ject  und  subject  einen  bund, 
der  ununterbrochen  gedauert  hat.  Göthe  60,  258. 

BESIEGEN,  tincere,  superare,  überwinden,  ahd.  uparsigiron, 
mhd.  übersigen,  besiegen  stellt  zuerst  Stiei.er  2017  auf,  Da- 
sYPODiLS  und  MAAt.ER  /labe«  es  noch  nicht:  seinen  feind  besie- 
gen; ein  besiegter  feind; 

ihn  hat  ein  höherer  be^iegi,  nicht  wir!    Schillfr  472*  : 

viel  bunde  besiegen  den  wolf;  den  gegner  im  schach  besiegen. 
oß  bildlich,  die  Schwermut,  furcht,  angst  besiegen ;  ef  hat  end- 
licii  ihr  herz  besiegt,  erobert;  den  weindurst  besiegen,  lOschett. 
\Viela:«d  9,  64 ;  ihre  Vorstellungen  können  mich  quälen,  aber 
meinen  beschlusz  nicht  besiegen.  Leisewitz  im  Jul.  v.  T.  4, 2  ; 
Egmont,  scheint  es,  liesz  sich  von  den  Vorstellungen  der  regen 
tin  besiegen.  Schiller  S26 ;  Wallenstein  wollte  nun  auch  die 
natur  ü))envinden  und  das  unmögliche  besiegen.  916;  ich 
konnte  die  wenigen  zweifei,  die  meine  Ireundin  noch  hegte, 
glücklich  besiegen.  Göthe  20, 1S2 ; 

die  linrhsleD  hohen  sind  erstiegen, 
und  würden  sie  den  pasz  besiegen, 
wir  hätten  einen  schweren  stand.    41,279; 
gerechter  räche  durst  kann  keine  zeit  besiegen. 
Gotter  2,  37t ; 
eine  Umwälzung  (revolution)  besiegen.  Kli:<ger  10,  205. 
BESIEGER,  m.  vicior. 
BESIEGERIN,  f.  victrix. 

BESIEGLEB,  m.  obsignalor:  bullenbesiegler.  bienenk.  41*. 
BESIEGL'NG,  f.  superatio,  expugnalio. 
BESILBERN,  arqento  omare:    vergüldet,  besilbert,  besam- 
met  und  betaffet.  Kircuhof  «endunm.  290';  besilbern,  rertil- 
bem.  Stieler  1720. 

BESINGEN,  mhd.  besingen,  nnl.  bezingen. 
1)  cantu  implere,  tele  man  sagt,  die  wflnde  heschreien,  mit 
geschrei  erfüllen,     mhd. 

wahren  pewiliet  dise  helde  halt 
si  besunfren  wol  ein  wiiez  niiinsier, 
ir  stimme  ist  so  manecvali.    Morolt  1665; 
dem  walde  ist  wol  geluneen, 
er  »lit  also  b«»ungen.    ilS.  1,  194'; 
hiure  wol  besuniren 
in  süejer  wise  » irt  der  ivalt.    2,  244* ; 
du  hast  TOfcl  vil  beiwungen, 

da  der  wall  was  aller  von  besungen.    \lt^.  beitr.  429. 
nhd.   Sprichwort:    er   denkt   nur  in  seinen  sack,   wie  er  sein 
capeile  besing  (wie  er  fiii<  dem  gttang  m  seiner  kapetle  geld 
verdiene).  Fra>k  spr.  2,  36 ;  den  altar  bcwedemen  mit  fünfzig 


guldin  geldes,  die  ein  piirister  haben  sal,  der  den  altar  be- 
singet (zuerst  ror  dem  a.  singt?),  urk.  von  1373  bei  Landau 
rilterges.  s.  135;  dieser  küster  besingt  seine  kirche  gut,  füllt 
sie  mit  starker  stimme  aus;  die  kirche  ist  noch  unbesungen, 
es  ist  noch  nicht  in  ihr  gesungen  worden. 

2)  einen  todten  besingen,  exsequias  celebrare: 

des  morgens  fruo  die  töten 
Tristan  und  Isdien 

man  gar  heile  dich  besanc.    Hsixa.  Trist.  67.i7 ; 
nhd.  mit  sechs  seimessen  besingen,  halten  und  began.  Gesz- 
LER  reih.  43';  des  freunde  werden  genüt  den  todten  besingen 
zu  lassen.  Frank  eceZ/b.  136'; 

stirbt  eins,  ums  geld  sie  es  besingen.    H.  Sachs  I,  S6'; 
dein  leib  nit  auf  den  kirchhoT  graben, 
bleibt  unbeleut  und  unbeklungen, 
on  alle  seelrechi,  unbesungen.    VValdis  Esop  4,  46  ; 
lasse   dich   besingen   und  beläuten,   oder  pleibst  nit  bei  den 
leuten.    bienenk.  16S'.      vgl.    pfründ    besingen    und    gehaben 
(durch  seelmcssen).  Geszlers  re//i.  44'.     s,  besingnis. 

3)  carmine  celebrare,  exprimere,  mhd. 

DU  sprechet  urab  die  nahiegaln, 

die  sint  ir  dinges  wol  bereif 

und  kunnen  alle  ir  senede  Icit 

so  wol  besingen  und  besagen.    Trist.  121, 17. 

nhd.  einen  held,  könig,  eine  frau,  die  freiheit,  lugend  be- 
singen ; 

besungen  ihren  rühm.    Hacedorn  1,  5t, 

die  alte,  gute  form  für  das  heutige  besangen,  nnl.  gilt  umge- 
kehrt bezong  im  sg.  ßr  bezang; 

so  wird  nicht  der  zum  thron  der  ehre  dringen, 

den  weise  scheun,  und  dichter  nie  besingen.    1,  82; 

Kleist  hat  den  frühling,  Zachariä  den  Student  besungen ;  diese 
thaten  sind  noch  unl^esungen. 

BESINGNIS,  f  exsequiae,  nach  besingen  2:  das  sie  vil 
mess,  pfründ,  capein,  jartag,  besingnus  stiften.  Fraxk  weltb. 
I2'.t';  das  haben  sie  auf  des  mans  besingnus  wenden  müssen. 
134';  Gregorius  der  grosz  hat  die  mess  für  die  todten  dienst- 
lich geordnet,  besenknus,  sibend  und  dreiszigst  aufbracht. 
chron.  2S4';  das  die  vigili  und  besingnis  zu  nichten  nutz 
seien.  400*.  andere  belege  bei  Scomeller  3,  2^3.  das  worl 
hat  noch  Stieler  2030. 

BESINGUNGSWCBDIG,  dignus  qui  canatur:  man  hat  mir 
einen  rcichgestickten  rock  gezeigt,  welcher  der  besingungswür- 
dige  gegenständ  vieler  hungrigen  musen  gewesen.  Rabener  4, 61. 

BESINNBAR,  recordabilis. 

BESINNBARKEIT,  f  das  sich  erscheinen  ist  reflexibilität, 
besinnbarkeit  der  erscheinung.  Fichte  nachg.  werke  2,  3S7. 

BESINNEN,  zwischen  starker  und  schwacher  flexion  schwcm- 
kend,  wie  ansinnen,  aussinnen  und  gesinnen,  doch  jene  über- 
wiegend. 

i)  intratisitiv,  sapere,  resipere,  resipiscfre.     mhd. 

lieb  im  in  sinem  muot  besinnet.    MS.  2,  23', 

sich  bewusi  wird,  su  sich  kommt; 

ich  enbin  niht  so  besunnen. 

daj  ich  gesprechen  kunn  darzuo.    gute  frau  2294. 

nhd.  in  solchem  sinn  nur  das  part.  besonnen,  eautus,  ctrcum- 

spectus,  wofiir  Boner  aucJi  die  schwache  form: 

der  gebüre  stunt  vil  wol  besint.  62,  53, 
und  so  auch  bei  Maaler  62'  besinnt,  bei  sinnen,  cordatus; 
wol  besinnt,  circumspectus ;  er  ist  wul  besinnt  und  bedacht; 
besinnter  mensch,  eonsideralus  homo.  diese  partidpia  lassen 
sich  aber  auch  ton  der  folgenden  bedeutung,  als  eonsideralus 
und  überlegt  herleiten. 

2)  (ran<i7iF,  besinnen  überlegen,  eonsiderare:  mhd. 

daj  ich  mit  flije  hab  besint.    Do.'«.  99,  52, 
ältere   dichter  nehmen  es  aber  für  in  den  sinn  geben,    zu  ge- 
müt  führen: 

nu  hit  uns  loigen  haj  besinnet, 

der  aller  wunder  hit  gewall.    MS.  2,  9*; 

Daniel  uns  da;  besinnet  hat.  2,  24's'. 
nhd.  eonsiderare,  excogilare,  aussinnen,  betrachten:  doch  ha- 
bens  etliche  besonnen  und  aus  eigner  erfarung  inne  worden. 
Lutheb  2,  172';  und  wenn  mans  gründlich  besinnet,  so  sind 
aus  den  historien  und  geschichten  fast  alle  rechte,  kunst, 
guter  rat,  wamung,  drewen  ...  als  aas  einem  lebendigen 
brunnen  gequollen.  6,531'; 

herr  der  richier,  wir  wollen  euch  imer  danken, 
und  auch  den  schöpfen  in  den  schr.nnken, 
das  irs  so  recht  hüLschlich  habt  pesunnen. 

fastn.  $p.  707,  31 : 

102* 


1623 


BESINNEN 


BESINNEN  — BESITZ 


1624 


lob  hab  der  erenkünig  im  trän  (himmel), 

der  ie  zu  schöpfen  (schaffen)  d;is  besan  (erdachle).  1305; 

darnach  helt  man  ein  rat  besunnen, 

umb  ein  Scharlach  do  zii  rennen.    1353; 

die  verpangne  und  zukünftig  zeit 

er  auf  der  reis  wo!  bsini  und  bdacht.  Thornkisser  archid.  2; 

so  weisz  ich  und  kan  wo!  besinnen 

des  menschen  gesialt,  gleicli  aus  und  innen.   6; 

wie  ein  mensch,  der  etwas  bei  sicli  tief  besinnet  oder  lich- 
tet. Fronsp.  3,289'; 

so  sind  wir  von  nalur,  du  wirst  ja  disz  besinnen, 

nur  weiber,  die  wir  nicht  mit  männern  streiten  können. 
Opitz  1,  1(56; 

laszt  uns  ihren  glänz  besinnen 

und  das  himmlische  beginnen.    Fleming  320; 

Dämon,  was  besinnest  du?    398; 

Sachen,  die  nur  ihr  besinnet 

und  doch  keinem  sagen  könnet.    354 ; 

wenn  ich  Volinie,  wie  ich  dann  sleiig  pflege, 

besinne  deine  gunst  und  reiche  freumllichkeit.    043  (639) ; 

Mopsus  kan  von  eignen  künsten  {suo  Harte)  nichts  verrichten, 
nichts  besinnen, 

wie  sein  weib,  die  ohne  mutter  niemals  hat  pebehren  künncn. 
LOGAU  3,3,83; 

0  lieber,  wie  viel  ists,  das  ich  pflag  zu  besinnen? 
geh,  zahle  mir  die  stern  und  menschliches  beginnen. 
3  zug.  261, 

was  Lessing  5,  308  auf  die  Sinngedichte  auslegt ; 
besinn  es,  dann  beginn  es.    Lehmann  72; 
soll  ich  die  zeit  besinnen, 

die  nun  verflossen  ist?    Weise  überfl.  ged.  1.  bdutzend, 
9  gedieht ; 

hieraus  nun  kante  ich  leicht  so  viel  bei  mir  schlieszen  und 
besinnen.  Simpl.  1,  25.  später  fast  ganz  im  gebrauch  er- 
löschend: etwas  tief  bei  sich  besinnen  und  dichten.  Hippel 
8,  21",  wie  oben  Fronsperg. 

3)  besinnen  für  ansinnen,  anmuten  erscheint  nur  in  folgen- 
der stelle:  es  haben  bei  mir  etlich  meiner  guten  freund  be- 
sonnen, etwas  geistlichs  und  christlichs  e.  f.  gn.  zuzuschrei- 
ben. Luthers  br.  1,  386. 

4)  reflexives  sich  besinnen  erreicht  wieder  jenen  intransitiv- 
sinn, die  Sache  steht  sowol  im  gen.  als  mit  der  praep.  auf, 
sich  eines  dinges,  eines  andern,  eines  bessern  besinnen ;  sich 
auf  etwas  besinnen,  es  im  gedächtnis  auffinden. 

mhd.  eins  dinges  hab  ich  mich  besint.    Bon.  49,  24; 

heuest  du  dich  besinnet  reht.    70,  39; 
nhd.    ich  kan  mich  nicht  daraus  besinnen  (finden), 

ich  weisz  gar  nicht  unib  die  rainne.    fastn.  sp.  405,36; 

die  zween  sich  hatten  bald  besunnen.    Alberus36'; 

indem  aber  Petrus  sich  besinnet  über  dem  gesiebte,  apost. 
gesch.  10, 19 ;  und  als  er  sich  besinnet  (avviSdtv,  vulg.  con- 
siderans),  kam  er  vor  das  haus  Mariae.  12,  12; 

wie  oftmals  kann  ich  mich  vor  schmerzen  kaum  besinnen. 

Grypuius  2,  435; 
besinne  dich  doch  lieb,  wo  du  was  kanst  besinnen. 
Fleming  610; 
der  vater  schlug  die  äugen  nieder,  besonne  (für  besann)  sich 
ein  wenig,  pers.  rosenlh.  6,  7 ;  der  richter  besonne  sich  eine 
weile.  7,  20 ;   besinnet  euch  besser.  Weise  erzn.  125 ; 

seil  menschen  sich  h'csinnen  (gedenken) 
starb  keine  Jungfer  drinnen.    I^essing  1,  4; 

die  Tertraute  entfernte  sich  also,  in  hofnung  dasz  ihre  ge- 
bieterin  sich  wol  eines  besseren  besinnen  würde.  Wieland 
3,  224 ;  sie  hoftc,  er  werde  sich  indesz  eines  bessern  beson- 
nen haben.  11,  139 ; 

itzt  besinn  ich  mich 

des  liedes  das  ihnen  gefiel.    5,  113; 

und  kurz  es  war  nicht  weit  vom  schlagen, 

als  vaier  Zevs,  dem  hier  nicht  wol  zu  muthe  war, 

weil  alle  stürmend  in  ihn  dringen, 

ihm  seinen  ausspruch  abzuzwingen, 

sich  glücklich  einer  list  besann.    10,  156; 

sie  besann  sich  also  glücklicherweise  eines  andern  (mittels), 
welches  ihr  nicht  so  viel  kostete.  11,  4;  endlich  besann  sie 
sich  eines  alten  reitersübels,  der  unter  andern  alterlhüinern 
nicht  weit  von  seinem  ziinincr  in  einer  plunderkaminer  lag. 
11,  157;  endlich  besann  sich  der  ehrliche  Anthrax  eines  mit- 
tels. 20,23; 

er  kam  zuerst  zu  meinem  belle, 

besinnt  er  sich?    Güttkb  t,  160; 
und  als  sich  neuer  list 

der  höfling  noch  besann.    1,  195; 
ihre  majcst.it 

besinnen  sich  vielleicht  noch  Jenes  Vorfalls.  Schiller  272> ; 


wo  möglich,  eh  sie  von  dem  schlage  sich 

in  Wien  besinnen  und  zuvor  dir  kommen.    361'; 

ich  bin  nicht  krank,    ich  habe  kraft  zu  stehn, 

was  weint  die  mutter?    hab  ich  sie  erschreckt? 

es  ist  vorüber,  ich  besinne  mich  wieder.    393'; 

lasz  mir  das  dumpfe  glück,  damit  ich  nicht 

mich  erst  besinne,  dann  von  sinnen  komme.  Göthk  9,  242; 

besinne  dich  dein !  Claudius  7,  79 ;  besinne  dich !  sagt  der 
lehrer  zum  schaler;  während  dessen  dieser  geist  {Lessing), 
ohne  literarische  richtung  nach  auszen,  .sich  auf  sich  selbst 
besann  und  in  sich  selbst  wurzel  schlug.  Fichte  Nicolais 
leben  98 ;  darauf  sich  besonnen  wird.  Fichte  die  wisscnschaflsl. 
in  allg.  umr.  38 ;  jetzo  wird  sich  besonnen  (besinnt  man  sich). 
i.  Paul  aesth.  3, 107 ;  man  besinnt  sich  heiszt,  man  steht  noch 
an,  überlegt  noch; 

der  übersilberte  lakai 

besinnt  sich,  ob  er  einen  teller 

mir  reichen  will.   Gökingk  2,  17  ; 

man  besinnt  sich  ihm  beizupflichten,  mag  nicht  seiner  mei- 
nung  sein,  hat  sich  anders  besonnen,  einige  der  beigebrach- 
ten stellen  haben  deutlich  die  bedeulung  von  rcsipiscere,  zu  be- 
sinnung  kommen,  sich  wieder  fassen,  wie  unter  1. 

BESINiNEN,  n.  consideralio :  nach  einem  kurzen  besinnen. 
Schiller  292' ;  auch  ist  hier  in  Neapel  kein  besinnens.  Gothe 
28,  241. 

BESINNLICH,  sensualis,  sinnlich:  so  es  {das  kind)  denn 
ergreift  die  tag  der  mänlicben  Jugend,  denn  feit  es  erst  in 
besinnliche  anfechtung.    der  allen  weisen  exempel  20*. 

BESLNNT,  cautus,  prudens,  adjectivbedeutung  des  schwachen 
part.  prael.  von  besinnen,  wo  schon  belege  aus  Boner  und 
Maaler  gegeben  wurden:  also  macht  der  mensch  sein  Ord- 
nung wie  er  will,  also  machts  auch  der  himmel,  der  mensch 
ist  besinnt  in  seiner  Vernunft.  Paracelsus  1,  546' ; 

ich  was  mein  lag  nie  drauf  besint.    Folz  bei  Haupt  8,  533; 

dann  dieser  gsell 
ist  so  erfahrn,  listig,  hsint.    Thurneisskr  arc/u'd.  38; 

nüchtern,   bescheiden,   keusch,   besinnt    und  feind  sein  allen 
falschen  kläfifern.  Fronsp.  kriegsb.  1, 174' ;  du  mein  gesind,  sei 
besint,  und  folg  dem  was  ich  euch  verkünd.  Fischart  groszm. 
55.     Das  worl  Icbl  noch  in  der  heuligen  oberdeutschen    Volks- 
sprache:   besinnt,    der  wol   überlegt  und  ein  gutes  gedächtnis 
hat.    Stai.der  2,  375;    besinter  mensch,    cordatus,   unbesinnt, 
wahnsinnig.  Schmeller  3,  256 ;  auch  bei  einigen  schrißslellern : 
nun,  denkt  er,  soll  mirs  doch  in  ihren  lippen  glücken. 
ja,  wäre  nicht  sein  gegner  schnell  besinnt, 
den  kleinen  goU  mit  küssen  zu  ersticken.    Wieland  9,  303 ; 

die  natur  schaft  den  ganzen  herlichen  bäum,  und  bildet  jedes 
blau  aufs  fleiszigste,  besinnteste  aus.  Lavaters  phys.  IV.  1,10. 

BESLNISTLICH,  adv.  cogitale,  consulle: 

besinilich  ej  ze  im  selber  sprach,    liox.  78,  12; 
besintlich  reden,  schreiben.   Ma-\ler  62'. 

BESINNUNG,  f.  recordatio:  er  hat  seine  volle  besinnung, 
sui  compos  est;  er  verlor  alle  besinnung,  kam  wieder  zu  be- 
sinnung, blieb  bei  besinnung;  es  dauerte  mehrere  minulen, 
bis  man  wieder  zur  besinnung  erwachte.    Schiller  873 ; 

schau  ich  der  wellen  gewühl,  dumpfer  besinnungen  voll. 

Voss  3,  152 ; 
das  ihier  hört  er  im  rücken  schnauben, 
das  must  ihm  die  besinnung  rauben.    Hückert; 
besinnung  rauhend,  herz  bethörend 
schallt  der  eriiinyen  gesang.    Schiller  58'. 

BESINNUNGSKBAFT,  f  was  besinnung:  der  wirt  that  das 
seinige,  die  besinnungskrafl  seiner  gaste  durch  starke  ge- 
tränke  abzustumpfen.    Schiller  979. 

BESINNUNGSLOS,  sui  non  compos. 

BESINNUNGSLOSIGKEIT,  f 

BESINNZEIT,  f  hier  ist  nicht  lange  besinnzeit.  Schiller; 
nicht  lange  zeit  sich  zu  besinnen. 

BESIPPE,  cognalus.  ahd.  sippi  und  gisippi,  substantivisch 
sippio,  sippo,  gisippo.  Ssp.  1,  27  schwankt  die  lesart  zwischen 
beswis,  besippe,  gesippc,  besippel,  gcsippet.   mhd. 

sin  richcit  uns  vil  armen  nä  besippe  stdt.    3iS//.  3,  67'; 
dem  tiuvel  ist  er  besippe.    3,  101'. 

BESIPPEN,  cognatione  jüngere. 

BESIPPT,  cognatus,  heute  durch  verwandt  ausgedriiekl. 

BESITZ,  m.  possessio,  gebildet  wie  silz,  ansitz,  aufsilz.  bci- 
silz,  Vorsitz,  allein  die  ahd.  mhd.  spräche  kennen  nur  pisej, 
besej  {vgl.  auch  mhd.  sä;e),    die   älteren  nhd.  denkmaler  nur 


1625 


BESITZ  — BESITZEN 


BESITZEN 


1626 


besesz  {sp.  1618),  bei  Litheb  scheint  es  einzig  5  Mos.  33,  23 
einijesrhlichen  /«r  besilzung ;  6e«  Dasypodils,  Ma.\leb,  He.msch, 
selbst  bei  Stieler  ist  noch  kein  besitz,  erst  Frisch  2,  2St  und 
Stei.nbacb  2,  584  führen  es  auf,  die  Juristen  bedienen  sich  sei- 
ner kaum  vor  dem  IS  jh.,  im  17  behalten  sie  fast  immer  das 
lat.  possession  oder  possess  bei.  auch  entspricht  dem  lat.  aus- 
druck  das  alle  besesz  genauer,  da  es  vom  pari,  praet.  beses- 
sen, ifie  possessio  von  possessus  gebildet  ist,  hingegen  be- 
sitz von  besitzen,  Kelchem  besitz  ein  lal.  possidio,  nacli  ana- 
logie  von  obsidio,  gliche,  was  aber  nicht  vorkommt,  besesz 
bezeichnet  also  eigentlich  das  inne  haben,  besitz  das  einneh- 
men, und  der  rechtstorsletlung  wie  dem  sinn  von  sesziiaft 
schlieszt  sich  jenes  genauer  an;  nachdem  das  worl  besesz  er- 
losch, trat  besitz  völlig  in  dessen  bedeutung.  der  unter  be- 
sitzgerecbtigkeit  gegebne  beleg  nölhigt  gleichwol  besitz,  als 
rechtsicort,  schon  in  die  mitte  des  17  jh.  (164S)  zu  verlegen, 
auch  nnl.  heiszl  es  bezit,  nicht  bezet  {welchem  nicht  anzusehn 
wäre,  ob  es  vom  pari,  bezeten  oder  vom  inf.  bezetten  stammte) ; 
man  weisz  nicht,  ob  der  nhd.  Sprachgebrauch  dabei  auf  den 
nnl.   wirkte,  oder  umgekehrt. 

Wir  sagen  heule  im  besitz  sein,  im  langjährigen,  unvor- 
denkliclien,  ruhigen,  ungestörten  besitz  sein  und  bleiben; 
sich  im  besitz  beOnden  ;  den  besitz  erwerben,  übertragen ;  in 
den  besitz,  aus  dem  besitz  setzen  ;  in  den  besitz,  zum  besitz  ge- 
langen ;  in  den  besitz  treten,  den  besitz  antreten ;  den  besitz, 
oder  blosz  besitz  ergreifen,  auflassen  ;  den  besitz  verlieren,  diese 
ausdrücke  gehn  auf  leibliche  und  unleibliche  gegenstände :  er 
ist  im  besitz  vieler  kenntnisse  und  erfahrungen.  im  besitz 
sein,  mit  nachfolgendem,  abhängigem  Infinitiv,  drückt  aus  be- 
rediligl  sein,  sich  das  recht,  die  freiheil  nehmen:  ich  bin  in 
dem  besitze  einige  geselze  darzulegen.  Kant  8,  173;  der  Sän- 
gerin ..  die  zwar  schon  im  besitz  zu  gefallen  war.  Wielasd 
19,  267;  so  setzte  er  sich  stillschweigend  in  den  besitz,  den 
übrigen  ihre  rollen  zuzutheilen  und  seinen  willen  zu  dem 
ihrigen  zu  machen.  Schiller  1012; 
die  jugendliche  glut, 
die  selbstischen  besitz  verzebrend  hascht.    Götbe  9,310; 

dasz  ich  dieser  brüst, 
die  sehasuchisvoil  sich  in  das  leere  drängt, 
den  schmerzlichsten  besitz  entgegen  drücke.    9,  321. 

denn  oft  steht  besitz  für  besitzthum:  das  ist  ein  schöner, 
herlicher,  geistiger  besitz. 

BESITZBAR,  quod  possideri  polest:  handgreifliche  und  für 
uns  besitzbare  gaben.    Göthe  24,  36. 

BESITZE.N.  possidere,  besasz,  besessen ;  golh.  bisitan  {nicht 
bisitjan,  wie  auch  sitan,  neben  bisatjan  und  satjan),  ahd.  pi- 
sizan  {d.  i.  pisizian),  mhd.  besitzen,  besaz,  besejjen;  alts. 
bisittian,  nnl.  bczitten,  bezat,  bezeten;  ags.  besittan,  engl, 
mangelnd;  schw.  besitta,  dän.  besidde. 

Das  golh.  bisitan  hat  geringen  umfang  und  sieht  nur  in- 
transitiv; in  den  übrigen  dialeclen  herscht  transitivbedeutung 
vor  und  geht  aus  von  leiblichem  aufsitzen,  wie  beilegen  ist 
auf  einem  liegen,  betreten  auf  einen  treten,  besetzen  ist 
einnehmen,  besitzen  eingenommen  haben,  gilt  aber  auch  ßr 
einnehmen. 

1)  menschen,  thiere  besitzen,  auf  ihnen  sitzen  (reiten):  ein 
pferd    besitzen,    die   schenket   um  seinen  leib   schlieszen;    der 
bahn  besitzt  (betritt)  die  benne; 
wie  viel  haben  die  leiis  besessen, 
könig  gemartert  und  gefressen,    froschm.  I,  1,  6  (ES*). 
zumal  gilt  es  von  daemonen,  die   sich   auf  menschen   nieder- 
lassen, sie  einnehmen,    woßr  schon  unter  dem  «ort  besessen 
beispiele  gegeben  sind,     hier  folgen  andere   stellen:    mit    dem 
tiuvele  wart  er    besehen,    kaiserchr.  13169;    er  fragt  den  br»- 
sen  geist,  warumb  hast  du  besessen  dise  frauwen  ?  Keisersb. 
Sünden  des  munds  24*;    das    der  teufel  lust  hat  einen  amien 
menschen  zu  besitzen  ...  das  er  einen  menschen  mit  sechs 
tausenl  teufein  und    mehr   so   jemerlich    besitzet.    Lltiier  .■>, 
335";  wie  der  teufel  deiner  ausgeschickten   kundschafter  herz 
besessen  habe.  Sciicppics  63S;  welch  böser  geist  besitzt  und 
treibt  dich?  Göthe  20,93;  aber  auch: 
wen  ein  guter  geist  besessen, 
h.ili  «ich  das  gedächinis  rein.    4,  112; 
du  bist  beute  von  keinem  guten  geist  besessen; 
donn,  wen  ein  gaiyr  erst  besiiii, 
wird  auch  im  trau'm  das  lasier  strafen. 
GoKiNcK  1,  2>2. 
nahe  lag  nun  die  anwendung  auf  absiraete   gegenstände,    vor- 
aus solclie,    die   oß  persOnlicIi   gedacht  «erden:    meine    läge 


sind  vergangen,  meine  anscblege  sind  zutrennt,  die  mein 
herz  besessen  haben.  Hiob  17,  11 ;  die  armiit  hat  mich  gar 
besessen,  hab  weder  binden  noch  vomen  nichts.  Petr.  116* ; 
die  furcht  hat  mich  besessen,  eingenommen;  die  angst  be- 
sasz ihn  ganz; 

wann  eineo  der  hunger  bat  besessen. 

iiELLKits  alte  schwanke  s.  31, 
icie  der  hunger  sonst  herseht,    umgeht,    durch   das  land  fährt 
(mylhol.  S42);  so  lang  die  räche  meinen  geist  besasz.    Götbe 
9,  13; 

auf  einmal  lieb  und  basz  besitzen  meinen  mut. 

WECKHCRLl.t  273 ; 

lieb  macht  grosz  gunst 
aus  herzensbrunsl, 

bat  mir  mein  herz  besessen,    llorra.  gescilsch.  s.  2S. 
in  ähnlichem  sinn  sagt  man  reiten:    der    teufel    hat    ihn    ge- 
ritten; welcher  teufel  muste  dich  reiten?;   die  neugierde  ritt 
ihn;  mhd. 

diu  bösheit  häl  ip  lange  geriien.    Uolricb  1569; 
iwer  bant  er  dannen  reii.    Parz.  277,  29, 
auf  eurer  hand  sasz  der  sperber,  eure  hand  besasz  er. 

2)  Sachen  besitzen,  in  eigentlichem  sinn:  die  fliege  besitzt 
die  hand;  das  huhn  besitzt  die  eier,  sitzt  darauf;  eier  aus- 
hecken und  besitzen,  pers.  rosenlh.  7,  10;  besessene  eier, 
bebrütele;  am  allerhäufigslen  den  stul,  die  bank  besitzen; 
legte  das  blüttchen  hinler  dem  ofen  auf  denjenigen  sessel 
welchen  unsere  faule  magd  gemeinlich  des  tages  sehr  ofte 
zu   besitzen  pflegte.     Felsenb.  2,  179 ; 

redlich  wil  ich  lieber  schwitzen, 

als  die  heuchlerbank  besitzen.    Logac  1,  7,  47; 

und  findet  dann  von  einem  müszisr?änger 

den  schalten  breit  besessen.  Göthe  9,  1S5; 
der  stul  ist  noch  neu,  von  niemand  besessen,  was  ungefähr 
dasselbe  sagt  als:  von  niemand  besetzt,  eingenommen,  die 
braut  besitzt  den  brautstul  (Helmbr.  1469),  die  witwe  den 
witwenstui,  nimmt  den  ihr  bestimmten  wilwensitz  ein  und  be- 
hauptet ihn,  wenn  sie  nichl  wieder  heiraten,  ihn  verändern 
will:  so  lang  sie  witwenstui  besitzen  wil.  Geszler  reih.  39'; 
als  lang  sie  den  witwenstui  zu  besitzen  nit  veriaszt.  41". 
Aus  dem  besitzen  der  bank  erklärt  sich  die  redensart  das  ge- 
richt,  das  recht  besitzen,  nemlich  die  gerichtsbank,  die  rechts- 
bank:  das  der  fürst  den  rath  besitze,  reichsabsch.  von  1521 
§.  15;  also  soitu  vor  dir  selber  ein  gericht  besitzen,  und  ein 
anscblag  thun  mit  Vernunft  (vernünftig  überlegen).  Keisersb. 
Sünden  des  munds  Sl';  ein  malefitzrecht  ankündigen  lassen 
und  auf  gelegene  zeit  dasselbe  besitzen.  Reltter  kricgsordn. 
51 ;  item  in  dem  sibenden  jare  . .  sal  solich  huntdink  ein 
probst  besitzen,  weisth.  2,  175;  dornacb  wilzit  ein  probst  das 
huntdink  besitzen  oder  begehen  wil  . .  da  sollen  ligen  bal- 
ken  und  holzer,  da  man  uf  spulget  zu  sitzen,  das.;  und  so 
wir  durch  unser  selbs  person  unser  cammergericht  als  des 
landes  fürst  und  richter  nicht  besitzen  werden,  brandenb. 
kammerger.  ordn.  von  1516; 

hie  Wirt  man  ein  laolgericht  besitzen. 

fastn.  tp.  70*.»,  5 ; 

ein  recht  das  wird  man  hie  besitzen.    956,  7 ; 

heut  besitz  wir  das  streng  gerichi. 

II.  Sachs  III.  2.  214'; 

ir  wölt  besitzen  ein  bluigericbt.    III.  2,  OC; 

es  ist  nun  zeit,  auch  noch  einraol, 

das  ich  mich  der  weit  erzeigen  sol, 

eh  ich  besitz  das  letzt  gericht. 

so  hab  ich  mich  der  weit  verpflicht. 

der  new  deutsch  Biteamscsel  s.  a.  a  3' ; 

der  hirsch  was  schultheisz,  bsasz  das  recht. 
Waidis  j^sop  2,  27. 
auch  hier  nähert  sicli  der  ausdruck  das  gericht  besetzen,  was 
doch  genau  ervogen  meint,  das  gericht  mit  den  sclwffen  be- 
setzen, hingegen  das  gericht  besitzen,  zu  gericht  sitzen:  er 
pflegt  sein  gericht  wol  zu  besetzen,  aber:  er  pflegt  wöchent- 
lich dreimal  das  gericht  zu  besitzen. 

3)  ein  land,  reich,  gut.  haus,  grundstück  besitzen,  einnehmen: 
mhd.  min  erbe  woll  ich  gerne  besitzen.  Rol.  290,  3;  nhd.  ich  bin 
der  herr,  der  dich  von  Ur  aus  Chaldea  gefurt  hat,  das  ich 
dir  dis  land  zu  besitzen  gebe.  1  Mos.  15, 7 ;  das  du  besitzest 
das  land,  da  du  frembdiing  innen  bist.  28,  7;  bis  das  du 
wechsest  und  das  land  besitzest.  2  Mos.  23,  30 ;  ir  soll  jener 
land  besitzen.  3  Mus.  20,  24 ;  darumb  hab  ich  zu  inen  gesagt, 
das  sie  unter  den  kindern  Israel  kein  erbgut  besitzen  sol- 
len. 4  Mos.  18,  24 ;  wir  wollen  geriist  ziehen  ins  land  Canaan 
und  unser  erbgut  besitzen  disseit  des  Jordans.  32,  32;  und 
alle  töchler,  die  erbteil  besitzen.  36,  8 ;  hebt  an  einzunemen 


1627 


BESITZEN 


BESITZEN  —  BESITZFÄIHG 


1628 


und  zu  besitzen  das  land.  5  Mos.  2,  31 ;  auf  das  ir  besitzt 
das  gute  land.  1  chron.  29,  8 ;  das  sie  alleine  das  land  be- 
sitzen. Es.  5,  8;  und  wil  sie  widerbringen  in  das  land,  das 
sie  es  besitzen  sollen.  Jei:  30,  3;  ein  land,  da  milch  und 
honig  innen  ileuszt,  und  da  sie  hinein  kamen  und  es  besa- 
szen.  32,  23;  und  ir  meinet,  ir  wollet  das  land  besitzen? 
Ez.  33,  25;  und  dein  same  besitze  die  thor  seiner  feinde. 
l  Mos.  24,  60;  denn  gott  wird  die  stedte  Juda  bawen,  das 
man  daselbs  wone  und  sie  besitze.  f)s.  69,  30;  williget,  das 
er  die  vier  stedte  besitzen  und  behalten  soll.  1  Macc.  11,  5" ; 
CS  sei  haus  oder  stad,  das  er  besessen  hat.  Z  Mos.  25,  33; 
aber  wer  auf  mich  trawet,  wird  das  land  erben,  und  meinen 
heiligen  berg  besitzen.  £«.57,13;  sondern  wil  aus  Jacob  Sa- 
men wachsen  lassen,  der  meinen  berg  besitze.  65,  9 ;  und 
jeder  besasz  seinen  weinberg  und  seinen  garten  mit  friden. 
l  Macc.  14,  12;  wer  zeitUche  guter  besitzt  und  die  lieb  hat. 
Keisersb.  Sünden  des  munds  25'; 

weiland  ward  geschnizt  der  glaube  nach  vergosznem  blute, 
nunmehr  wird  geschaut  der  glaube  nach  besesznem  gute. 
LOGAU  2,  10,  18. 

Wie  die  bedeulungen  possiderc  und  obsidere  sich  einander  nä- 
hern und  wer  nach  dem  besitz  strebt,  besitz  nehmen  will, 
auch  gedacht  werden  kann  als  zwar  vorgedrungen,  aber  noch 
nicht  eingedrungen;  so  hat  schon  das  ahd.  pisizan  zuweilen 
ausdrücklich  den  sinn  von  obsidere  (Graff  6,  289.  290),  um- 
silzen,  ttnd  mhd.  heiszt  es: 

diu  burc  was  besezjen,  von  gwapfen  lühie  al  Jnj  gevilde. 
Gudr.  1356,4; 

wachet,  niaget  edele,  aliej  dit^e  lant 

und  (lisiu  burc  vesle  mit  viiiden  ist  besej^en.     1357,  3;' 

die  minnent  dirre  weite  guot, 

die  lebent  als  ein  tübe  tuut, 

so  si  ein  ar  bcse^^en  bat, 

da  si  i'if  einem  boiiine  stät.    Bari.  132,  5; 

da  in  die  würme  äjen 

und  kreCtic  in  besäjen.    pass.  K.  358, 15, 

wo  besäjen  kaum  sinnlicher  nach  1  zu  verstehen  ist. 

4)  vorzugsweise  an  liegender  habe,  deren  besitz  feierlich  zu 
beginnen  pflegte,  scheint  sich  die  rechtliche  Vorstellung  des  be- 
sitzes  zu  entfalten,  wer  grund  und  boden  erwarb,  unterliesz 
nicht  ihn  leiblich  zu  besitzen,  d.  h.  einen  darauf  gestellten 
stul  symbolisch  einzunehmen,  und  solchergestalt  gieng  das 
fremde  gut  auf  ihn  über,  aus  diesem  besitz  leitet  sich  sein 
neues  recht  her;  an  eigner  sache  wirkt  der  besitz  nichts,  her- 
nach wandte  man  den  begrif  auch  auf  fahrende  habe  an,  die, 
von  jenem  besteigen  des  rosses  abgesehn,  eigentlich  nicht  be- 
sessen wurde,  da  aber  das  eigenthum  an  fahrender  habe  dem 
an  liegender  vorausgeht,  wie  das  hirlenleben  dem  ackcrbau, 
hatte  es  für  den  erwerb  der  fahrenden  habe  auch  andere  ar- 
ten und  benennungen  gegeben;  unsere  spräche,  wie  die  latei- 
nische entnehmen  ihr  besitzen  und  possidere  erst  von  der  lie- 
genden, und  das  gefühl  für  die  besonderheit  des  erwerbs  der 
fahrenden  hat  sich  ihnen  grösztenthcils  verdunkelt,  es  ist 
schwer  zu  sagen,  ob  die  juristische  bcdeutung  des  wortes  be- 
sitzen in  unserer  spräche  sich  ganz  von  selbst  ergeben  hätte 
oder  durch  den  lateinischen  stil  der  Urkunden  und  der  kirche 
gefördert  wurde,  dem  lat.  habere,  tenere,  possidere  glich 
schon  frühe  ein  besitzen,  nützen  und  nieszen  {RA.  18.  24); 
püen,  pesizen  und  niejen.  Diemer  352,  22,  bei  Geszler  lau- 
tet die  formet  innemen,  inhaben,  besitzen,  nutzen,  nieszen, 
besetzen.  3"'.  42*.  43".  Abstrnctionen  finden  sich  heute  leicht: 
er  besitzt  die  spraciic,  hat  sie  erlernt; 

der  allein  besitzt  die  muscn, 

der  sie  trägt  im  ivarmen  buscn,    Schiller  84'; 

dich  bcsäszc  doch  mein  Kummer.  46^ 
5)  auch  der  volksmäszige  Sprachgebrauch  schritt  allmälich 
weiter  und  mischte  die  Vorstellungen  des  bcsitzens  und  habens 
überhaupt,  wie  im  romanischen  das  lat.  tenere  zu  habere 
herabgezogen  wurde,  nicht  selten  dürfen  wir  darum  die  aus- 
drücke haben  und  besitzen  wechseln :  er  hat  oJcr  besitzt  ein 
schönes  pferd,  ein  herliches  landgut,  ein  ansehnliches  ver- 
mögen; er  hat  oder  besitzt  alle  diese  eigenschaften,  ver- 
stand, witz,  gcist,  Schönheit,  einsichlen,  lebensart :  der  ich 
zwar  gesittet  war,  aber  «loch  eigentlich  was  man  lebensart 
nennt,  nicht  besasz.    Gütiie  25,  62; 

(Irnii  was  man  schwarz  auf  weisz  besitzt, 

kann  man  getrost  nach  limisft  tragen.    12,97; 

du   hast,    du  besitzest  mein  ganzes  vertrauen;  ich  habe,  ich 
besitze  eine  gute  gesundheit;  er  iiat,  besitzt  ein  gutes  iierz; 


ein  mädcbcn,  rief  ich  aus,  an  das  die  weh  kaum  dachte, 
besitzt  das  beste  herz?  icti  rief  es  und  erwachte. 
Gellert  1,  216, 

weil  nach  der  besitzerin  dieses  herzens  hier  eifrig  gesucht  wird, 

vorher  hiesz  es: 

,  der  den  dein  glänz  so  rührt,  dasz  er  dich  dreimal  kfiszl, 
der  hat  das  frommste  herz,  das  liier  zu  finden  ist.    214. 

besitzen  klingt  in  diesen  beispielen  unmerklich  steifer  und 
nachdrücklicher,  für  ich  habe  eine  frau,  drei  kindcr  wird 
man  nicht  sagen  ich  besitze,  wol  aber  der  tod  raubte  mir 
die  frau,  die  kinder,  die  ich  besasz;  besitzen  hebt  den  ei- 
werb,  die  aneignung  hervor,  was  einem  von  selbst,  von  na- 
tur  eigen  ist  drückt  haben  besser  als  besitzen  aus:  sie  hat 
schwarze  äugen,  rothe  wangen,  nicht  besitzt ;  wieivol  Siegfr. 
von  Lindenb.  3,  34  zu  lesen  ist:  was  nur  hünde  und  füsze 
besasz,  für  hatte,  du  hast  die  gäbe  dich  leicht  und  ange- 
messen auszudrücken,  du  besitzest  erfahrung  genug,  überall 
den  rechten  weg  einzuschlagen,  in  haben  ist  mehr  das  baare 
innehaben,  die  delention,  in  besitzen  der  erwerb,  der  rcclüs- 
grund  enthalten: 

und  er  besitzt  dich  nicht,  er  bat  dich  nur.    Götiie  13,  148, 

wie  der  dieb  die  etüwandte  sache  hat,  noch  nicht  besitzt,  also 
nicht  erweiben  kann,  ebenso  Tscherninc  vom  geizhats,  der 
sein  gcld  iiicht  zu  brauchen  weisz: 

0  evan  cvoe,  lasz  jenen  nüchtern  bleiben, 

dem  geld  und  gut  den  durst  und  liunger  musz  vertreiben, 

der  dich  ein  ganzes  jähr  auf  seinen  tisch  nicht  kauft 

und  wie  das  tliumme  vieh  das  liebe  wasser  sauft, 

besitzt  nicht  was  er  hat.         ausg.  von  1642  s.  98, 

die  kunst,  die  ich  als  arzt  besitze.    Uagedorm  2,  97, 

meint  die  ich  mir  erworben  habe,    tadelhaß  sagt  Hahn  3, 155 : 
mit  seiner  gemahlin  besasz   Henricus  V  eine  zwar  vergnügte, 
doch   unfruchtbare   ehe,    statt  hatte  oder  führte,    vollkommen 
zulässig  Hagedorn  3,  46,  vom  schlechten  wein  dichtend: 
auf  auf,  entzündet  euch,  ihr  blitze, 
doch  treft  nur  dieses  weinbergs  spitze, 
und  macht,  dasz  dieser  theil  der  weit, 
den  diese  pdaiize  recht  verstellt, 
nicht  ferner  herlinge  so  schlimmer  art  besitze, 

d.  i.  aufzuweisen  habe,  erzeuge,  sich  aneigne. 

6)  sich  besitzen  für  sich  beherschen,  sich  in  der  gewalt 
haben,  wie  franz.  se  posseder  und  wol  diesem  nachgeahmt: 
ich  besasz  mich  nicht  länger,  ich  war  auszer  mir;  die  frauen- 
zimtner  haben  sehr  früh  ein  sittsames  wesen,  wissen  sich 
einen  feinen  anstand  zu  geben  und  besitzen  sich  selbst.  Kant 
7,  406;  denn  niemand  besasz  sich  mehr  als  diese  frau,  und 
diese  selbstbeherschung  in  auszerordentlichen  fällen  gewöhnt 
uns  sogar  einen  gemeinen  fall  mit  Verstellung  zu  behandeln. 
GöTUE  17,  121;  man  sieht  jetzo  mehr  als  je  auf  manner,  die 
sich  besitzen,  und  etwas  rechts  gelernt  haben.  Kunger  1,  431. 

7)  intransitiv,  goth.  bisitan,  neQioixslv.  Luc.  1,  65  mit  der 
bedeutung  von  bi  =  umbi,  bei,  in  der  nähe,  daher  bisitands 
nachbar.  mhd.  besitzen,  sitzen  bleiben,  also  jenem  bisitan 
verwandt,  weil  bleiben  =  wohnen: 

daj  et  ich  besaeje  üf  dem  voln.    Parz.  75,  22; 
er  stach  in,  da;  er  küme  besaj.    Herb.  7506; 
und  in  Galliam  da;  Innt 
mit  grözen  ercn  gesnnt, 

da  er  nitit  lange  doch  besag  (blieb),    pass.  K.  157,  29; 
manigen  krummen  sprunc  e;  (das  pfert)  spranc, 
so  da;  der  päbest  küme  beso;.    209,  68; 
mnd.  he  sal  darmede  besitten,  ruhig  bleiben.  Ssp.  2, 14.    nhd. 
es  hett  ein  bauwr  ein  karrn  geladen, 
da  blieb  er  in  dem  kath  besitzen. 

Waldis  l-'.sop  2,  14; 
und  blieb  besitzen  in  dem  schrecken 
unversehens  auf  der  canzel  decken. 

frosclimriis.  II.  2,7  (Aa  8"); 
seine  gescllschaft  und  er  blieben   der   guten   schweizerei   zu 
lieb  bei  einander  sitzen.  Kirchhok  «'CHd«H»i.  213'.    /leu/c  sitzen 
bleiben,  wie  für  bcligen  liegen  iileiben.   Stieler  2036  schreibt 
noch  licsitzen  bleiben. 

BESITZEK,    wi.  possessor,    nnl.  bcsiller:    der  besilzer  des 
grundstücks,    des   pferdes.     früher  auch  der  schaffe,    der   die 
bank  mit  besitzt:    von    inincn    besilzern   und  Urteilsprechern 
des  gerichls.    Geszler  reih.  5u'.    vgl.  bcisitzer, 
HKSlTZEItlN,  f. 
HESITZKHGItEIKER,  m. 

HESITZEIIGIIEIFIJ.NG,  f.  prehensio  posscssionit.  oecupatio, 
besitznahme. 
BESITZFÄHIG,  idoneus  ad  potsidcndum. 


1629 


BESITZGENOSZ  —  BESOLD 


BESOLDEN — BESONDER 


1630 


BESITZGENOSZ,  m.  consors  possessionis,  milbesitser:  der 
juiiiie  besitzcenosse  trat  so  eben  herein.    Guthe  21,  226. 

BESITZGEHECltriGKEIT,  f. :  dasz  er  eine  newe  besitz- 
gerechtigkeit  erlangte.    Harnisch  s.  12L 

BESITZLEHEN,  n.  ein  lehnbares,  vüt  dem  besilze  eines 
hausfs  unzertrennlich  verbundnes  bauergut,  zum  unterschied 
von  dem  Telillehen,  das  überall  hingezogen  werden  kann. 

BESITZLICH,   besilzbar: 

lasz  hier  vor  allen  dingen 
mich  nach  deriugend  ringen, 
dem  schätze,  der  "allein 
mir  nimmer  mag  verderben, 
ja  der  auch  nach  dem  sterben 
mir  kann  besitzlich  sein. 

Jou.  Grob  spazieriedUlein  l'OO  j.  5. 

BESITZLOS,  eqenus. 

BESITZLOSIGKEIT,  f.  egestas,  paupertas. 

BESITZLUST,  f.  das  ansehn  dieses  herrenlosen  aufgegeb- 
nen gutes  lockte  die  besitziust  der  vorbeiwandernden.  Göthe 
30,  144. 

BESITZNAHME,  f.  tcas  besltzergreifung:  in  Verbesserung, 
geschwinder  besitznahme.  Güthe  23,  261;  bei  der  ersten  be- 
sitznabine  der  gebäude.    Arnim  kronenw.  1,  278. 

BESITZNEHMER,  m.  der  erste  besitznehmer.  Fichte  na- 
lurr.  2.  92. 

BESITZNEHMUNG,  f.  kos  besitznahme:  die  bewegung  der 
pieusziscben  armee  und  deren  besitznehmung  von  F.  verdarb 
diesen  plan.  Rabener  6,  260;  von  dem  ersten  tage  der  be- 
sitmehmung  unserer  stadl.  Güthe  24,  151 ;  anschauung  des 
schönen,  des.  wahren,  des  vortreflichen  ist  augenblickliche 
besitznehmung  dieser  eigenschaften.  Schiller  754;  die  bür- 
ger  von  der  besitznehmung  ausschJieszen.  Fichte  no^urr.  2,  43. 

BESITZRECHT,  n.  recht  des  besitzes. 

BESITZSTAND,  m.  Status  possessionis. 

BESITZSTÜCK,  n.  rermügenstheil,  res  possessa. 

BESITZTHUM,  n.  dasselbe.  K\sii  reehtslehre  (1798)  s.  179; 
das  leben,  dieses  liebste  und  kostbarste  aller  besitzthümer. 
Engels  sehr.  3,  4;  Verfügungen,  die  er  wegen  seiner  besitz- 
thümer getroffen  hatte.  Wiel.*nd  8,  321;  wenn  der  mann  sich 
mit  üuszern  verhültnlssen  quält,  wenn  er  die  besitzthümer 
herbei  schaffen  und  erhalten  musz.  Göthe  19,  55 ;  dasz  die 
besitzthümer  beinah  nirgends  mehr  recht  sicher  sind.  20,235; 
zuletzt  sahen  die  kaiser  in  einer  starken  geistlichkeit  das 
mittel  ihre  groszen  im  zäum  zu  halten,  und  theilten  ihr  frei- 
gebig besitzthümer,  regierungsrechte  zu.    IUnke  reform.  1,  42. 

BESITZU.NG,  f.  possessio :  besitzung,  nutzung,  nieszung. 
Geszler  re//i.  37';  besitzung,  inhabung.  nutzung,  nieszung. 
42'.  47*;  langwirig  besitzung.  7l';  besitzung  der  vischenzen. 
72" ;  inkeren  usz  disem  jomertal  in  unsere  ewige  und  hi- 
melsche  besitzung.  Keisersb.  ehr.  bilger  vorr.  1 ;  was  machet 
liegen  {mentiri)^  das  thut  besitzung.  Sünden  des  munds  25'; 
und  wil  dir  geben  das  land  zu  ewiger  besitzung.  l  Mos.  17,  8 ; 
das  ich  euch  zur  besitzung  gebe.  3  Mos.  14,  34;  gleich  wie 
Israel  dem  land  seiner  besitzung  thet.  &  Mos.  2,  12 ;  so  soit 
ir  widerkeren  zu  ewT  besitzung.  3,  20;  so  wissen,  dasz  ihre 
invenlores  mit  den  geistern  besessen  sein  gewesen,  und  die 
kunst  also  aus  derselbigen  besitzung  erfunden  und  erdacht. 
-Paracelsls  2,197";  leibeigene  knecht  oder  sonst  sachen,  die 
er  in  besitzung  hat.  Fischart  ehz.  60;  aus  der  besitzung 
einer  werthgebaltenen  sache  gesetzt.  Weise  kl.  leute  274 ;  dasz 
er  ihnen  das  land  Canaan  zu  ewiger  besitzung  eingeben 
wolle.  Sciilppil's  294.  heule  fast  nur  von  der  besessenen 
Sache,  sumal  einem  grundslück:  eine  grosze,  schöne  be- 
sitzung; besitzungen  in  andern  welltheilen. 

BESMER,  s.  besemer. 

BESUCKEN,  soccis  veslire:  ein  paar  strumpfe  besocken; 
das  sechste  alter 
macht  den  besockten  haircrn  pantalon, 

Ihe  sjxth  asre  shiTn 
inio  the  lean  .-ind  süpperd  pantaloon. 

A.  \V.  ScuLecEL  in  vie  es  euch  gefiUlt.  2,  7. 

BESOFFEN,  bene  potus,  ebrius,  part.  praet.  von  besaufen, 
unedler  als  berauscht  oder  betrunken:  er  ist  ganz  besoffen; 
besoffen  wie  ein  schwein.  unic.  doct.  841 ;  ein  besoffener  kiit- 
scher;  viele  kammerwagen  von  brauten  mit  besoffenen  braul- 
fülirern.  J.  Paul  anh.  zu  Tit.  2,  45;  besoffen  von  eiteikeit. 
H,si>.  1,  202. 

BESOFFENHEIT,  f.  er  liats  in  der  besoffenheil  gethan. 
BESOHLEN,  toleit  instruere:  schuhe,  Stiefel  besohlen. 
BESOLI),  m.    fjiercM,  Stipendium:    wie  auch  der  eine  mo- 
nat  besohl,  als  2000  krönen,  fdllig.    Schweimchen  1,  217;  ein 


schlechter  besold.  Lohenst.  Arm.  2,  9S9;  wobei  er  mir  mei- 
nen besold  zu  verdoppeln  versprach.  Leipz.  avant.  2,  153. 
s.  sold. 

BESOLDEN,  Stipendium,  salarium  dare,  nnl.  bezolden,  be- 
zoldigen :  er  besoldet  drei  diener ;  einen  häufen  kriegsleute ; 
on  die  arzt,  so  auf  die  vögel  besoldet  waren,  so  in  etwas 
zugieng  (wenn  die  vögel  erkrankten).  Fra.ni  «ellb.  232';  un- 
besoldete factoren  und  Substituten  kriegen,  es  besolde  sie 
dann  die  fraw.    Garg.  62'; 

weil  ich  krlegsvolk  besolden  kan.     H.  Sachs  V,  248*; 

wan  ich  dich  bericht, 
dasz  mich  die  goldsirick  deiner  haaren 
besolden  wol  und  wol  verwahren  {in  dienst  nehmen,  fesseln), 
so  zweille  daran  nicht.    Weckhehlin  795; 

nun  liegt  er  da.   bat  weder  Treund  noch  geld 
sich  freunde  zu  besolden.    Lkssimg  2,  204 : 
geh,  o  besoldete  bolin  der  liebe,  verschwiegene  luft. 
RBcKERT  368; 

wenn  er  eine  ehrenvolle  wohlbesoldete  stelle  erhielte.  Göthe 
19,  286;  mit  der  miene  der  betitulten  und  besoldeten  be- 
dächtlichkeit.    Lichtenberg;  besoldete  Zuträger,  spione. 

BESOLDERN,  eontabulare,  mit  bretem  belegen,  pflastern: 
thüren  mit  dielen  besolderen.  Henisch  315.  s.  solder,  getä- 
fel  eines  zimmers.  Stald.  2,  377.  bair.  soler,  solder.  Sch». 
3,  230.    nhd.  Söller,  nnl.  zolder.    mehr  unter  soller,  solarium. 

BESOLDUNG,  f.  salarium,  Stipendium:  leib  und  leben  von 
wegen  einer  kleinen  besoldung  feil  tragen.  Wickr-^m  bilyerk  3; 
und  soviel  diesen  krieg  betnft,  weisz  keine  besoldung,  so 
ich  oder  mein  bruder  Philipps  sei.  davon  gehabt  haben, 
oder  auch  begehrt,  denn  was  wir  von  gutem,  freiem  willen 
gethan.  Götz  von  Berl.  leben  58;  ja  sie  gibt  den  meistern 
auf  knöpf  verknipfen  und  schrift  verschlieszen  grosze  besol- 
dung. bienenk.  70*  {das  auf  wie  bei  besolden  auf) ;  denn  ob- 
schon  etliche  newe  münche  und  falsche  brüder  keine  besol- 
dung wollen  haben.  .M.\thesils  102';  ich  liesz  mich  wie  ein 
Soldat  gebrauchen,  der  an  den  feind  zu  gehen  geschworen 
und  darvon  seine  besoldung  hat.  Simpl.  2.  123;  die  rechts- 
gelehrten ziehen  den  procesz  so  lange  umb,  als  solle  er 
kein  ende  haben,  verliert  der  dient,  fordern  sie  dannoch  die 
besoldung.    Schuppics  407. 

BESOLDUNGSBRENNHOLZ,  n.  die  kammer  musz  glück- 
lich sein,  weil  sie  dem  kandidaten  . . .  das  besoldungsbrenn- 
holz  einziehen  kann.    J.  Paul  teuf.  pap.  1,  23. 

BESOLDUNGSERHÖHUNG,  f 

BESOLDUNGSZULAGE,  f 

BESOLGEN,  inquinare,  goth.  bisauljan,  ahd.  pisolagon,  pi- 
solön,  pisulan,  ags.  besylan,  mhd.  besolgen,  bcsüln : 

und  wirt  di  besolget 

TOD  mir  in  kurzer  vrist, 

da  beidiu  hör  unde  mist 

ür  der  sträje  aller  tiefest  ist.    krön«  6298; 

besulle  mit  unvlät.    pass.  K.  8,  89; 

der  licham  nicht  be^ult  wirt 

in  des  willen  miieganc.    28,  82, 

di  solde  si  Ir  kijsche  wät 

besulii  mit  rechter  unriät.    29,33; 

nu  besuln  der  sele  wät 

mit  harte  gröjer  unviät.    104,  39 ; 

nhd.  besolgen  defoedarc.  vocab.  1445.  Schw.  3,  231 ;  im  voeab. 
1482  d  3*.  d4*.  d5'  besolen,  besulvern,  unreinigen,  macuiare, 
poUuere,  defedare;  bei  Maaler  64'  besülchen,  bei  Stieler 
2053  besülen.  mehr  unter  dem  einfachen  solgen,  solen,  sü- 
len,  das  voraus  vom  eber  und  hirsch  gilt,  die  sich  in  der 
lache  abkühlen  und  wälzen,    s.  auch  besudeln. 

BESOLGUNG,  f.  contaminatio :  besulung,  volutatio  porco- 
rttm.    DiEFENBACH  mlat.  wb.  s.  286. 

BESOMMERN,  ein  feld  mit  sommerfrucht  bestellen. 

BESO.NDER,  adv.  singulalim,  scparatim,  specialiter,  pccu- 
liariler.  der  goth.  partikel  sundrö,  der  ahd.  suntar  tritt  noch 
kein  bi  orfer  pi  hinzu;  da  sich  aber  alts.  an  sundron,  ays. 
on  sundran  lr(;/.  insonders  und  absonderlich)  darbieten,  scheint 
auch  besunder  und  besundern  statthaft,  und  mhd.  besunder 
Idsit  sich  allenthalben  auftceisen.  aus  einer  menge  von  bele- 
gen reichen  hier  folgende  hin: 

ir  ieclich  besunder.    kaiserchr.  1175; 

sine  gröjen  wunder 

saget«  man  bisunder.    ISOl ; 

die  konjnein  ginc  umbe. 

und  cusie  besunder 

olle  Rotbere«  man.    Hoth.  4733 ; 


1631 


BESONDER 


BESONDER 


1632 


soldich  diu  lant  und  die  namcn  . 

uennen  alle  besunder.    £n.  5106; 

diu  dort  stdt  besunder.    Parz.  322,  4; 

Gdwän  maj  besunder.    335,  10; 

daj  breche  er  üg  besunder.    Walth.  103,  22; 

an  stimme  merket  wunder, 

sie  hellem  alle  besunder.    Freid.  12,4; 

si  ist  des  wert  harte  wol, 

da;  ich  besunder  sagen  so] 

von  ir.  welsch,  gast  13936  ; 

si  sprächen  alle  besunder.    /w.  2380; 

diu  burc  siuont  besunder.    6085 ; 

dö  belte  man  in 

den  gesellen  allen  drin 

durch  ir  gemach  besunder.    6571 

sus  manecTaltiu  wunder 

begienc  der  helt  besunder.    troj.  kr.  6326 ; 

die  liute  sprächen  alle  dö 

gemeinlich  und  besunder.    6337; 

daj  man  saget  besunder.  pass.  K.  52,  2. 
nhd.  und  verbint  beide  die  innern  und  den  grojen  darm  an 
beiden  enden  besunder.  von  guter  spise  s.  9 ;  die  blätteren 
wachsen  und  seint  inen  schediich,  besunder  die  an  dem 
mund  uf  gond  sein  gar  schediich.  Keisersb.  sünd.  d.  m.  3' ; 
wenn  aber  ein  mensch  sicli  übet  und  besunder  sich  gibt  auf 
die  geschrift,  dem  wirt  sein  gemüt  gefaszt.  U';  besunder  {in 
specie)  sollent  sie  auch  warnemmen  des  exempels  sancti 
Pauli.  34';  in  seinem  leben  und  besunder  in  seiner  kind- 
heit.  42";  es  ist  ein  uneerlich  ding,  da  ein  mensch  also  ein 
hadermetz  ist,  besunder  ein  mannsnam,  der  also  immerme- 
der  hadert.  42";  und  das  geschieht  gar  dick,  besunder  so 
einer  nit  hat  der  sach  nach  ze  komen.  das.;  im  blust  der 
reben,  so  die  reben  bliiend,  der  seind  vil  in  disen  landen, 
besunder  in  welschen  landen.  45';  die  Juden  waren  ein  be- 
sunder auserwelt  volk  gots.  45';  besunder  wan  du  etwas 
bös  von  eim  sagst  mit  halben  worten.  46*;  das  besunder 
denen  not  ist,  die  da  wellen  ein  abgescheiden  leben  füren. 
70* ;  in  den  clostern,  besunder  in  den  unreformierten  clo- 
stern.  71' ;  in  andern  Keisersb.  sehrißen  kommt  auch  beson- 
der vor,  z.  b.  nit  umb  guts  willen,  besonder  {sondern)  umb 
gots  willen,    g.  gunkel  7 ; 

darumb  grüsz  wir  besunder  den  wirt.    fastn,  sp.  541,  8; 

disz  wart  verkundschaft  gar  besunder.    H.  Sachs  I,  211''; 

sie  steigen  von  dem  spitz  herunder, 

und  ziehen  sie  hinauT  besunder.    1,236'; 

aber  wie  dem,  tritt  ab. jetzunder, 

das  Juno  dich  nit  merk  besunder.    Spremg  f/.  17'; 

ein  ungeheurer  drach  besunder.    29'; 

lasz  jede  naiion  jetzunder 

der  andern  leisten  hilf  besunder.    31*; 

{Gorgias  sucht  uns  zu  einigen)  und  er  kan  nicht  besonder 
daheim  sich  selbs,  seine  fraw  und  magd  zu  einigkeit  bere- 
den. FiscuART  e/i3.  71;  angesehen  dasz,  so  man  den  wein  be- 
sonder austheilte,  die  leut  denken  möchten  u.  s.  w.  bienenk. . 
71* ;  aber  was  sag  ich  besonder  von  den  königreichen  Engel- 
land und  Neapolis?  133';  gleichwol  wollen  wir  einmal  be- 
sonder von  den  färben  handeln.  Garg.  124*.  dies  besonder, 
besunder  lebt  noch  in  der  schwäb.  bair.  Volkssprache  heule 
fort,  auch  Hohberg  3,552'  schreibt:  die  wurzel  trocknet  man 
auf  und  venvahrct  sie  besonder;  ja  Güthe  17,  267  {und  in 
allen  ausgaben) :  Charlotten  blieb  nichts  übrig  als  durch  ein 
besonder  zartes  benehmen  gegen  jene  familie  den  von  ihrer 
tochter  verursachten  schmerz  einigermaszen  zu  lindern,  viel- 
leicht noch  ößer  so.  vorhersehend  gilt  heule  besonders,  w.  m.  s. 
BESONDER,  peculiaris,  singularis,  eigen,  als  einzelnes  dem 
allgemeinen  entgegengesetzt,  oß  selten  und  hervorragend,  aber 
auch  befremdend,  seltsam,  eigensinnig,  auch  dieses  adj.  ist, 
$0  wenig  als  das  adv.,  ahd.,  noch  mhd.  vorhanden,  da  aber 
das  einfache  sunder  mhd.  adjectivisch  gesetzt  wird,  wie  fol- 
gende stellen  belegen: 

dag  ich  dar  an  gewinne 

sundern  pris  Tür  alle.    £r.  8449; 

und  hxte  ein  sunder;  lanl.    Trist.  10,  II; 

doch  ist  niht  sunilers  an  den  zwein.    75,  19; 

ein  sunder  buk  git  sundern  mnot.    MSIl.  3,  421'; 

swä  diu  zwei  junges  mannes  lip 

mit  sunderm  gnioge  anlachent.    3,430'; 

da;  er  ir  .sundern  dienst  tct.    pas».  II,  390,  30; 

SO  steht  das  nhd.  adj.  gerechtfertigt: 
den  (brief)  hat  fraw  Venus  gosant 
ir  besuadern  freunden  in  das  lant.    fastn.  sp.  1409; 


ein  junger  het  besundern  lust  manigcrlei  fabeln  zu  hören. 
Steinhöwel  Esop  97 ;  und  der  herr  wird  ein  besonders  thun. 
2  Mos.  9,  4 ;  wenn  jemand  dem  herin  eilt  besonder  gelübdc 
thut.  3  Mos.  27,  2 ;  ein  opfer  zum  besondern  geliibd.  4  Mos. 
15,3.8;  darumb  hat  er  ein  besonder  erbe  erlanget.  1  Maee. 
2,56;  und  verwareten  die  steine  an  einem  besondern  ort. 
4,  46 ;  das  er  im  einen  besondern  häufen  welen  soll.  5,  17 ; 
da  sasz  über  tische  D.  Heinricus  Kune,  ein  barfüszer,  den 
sie  für  einen  besondern  man  hielten.  Luther  6,  23';  besun- 
der, peculiaris.  Maaler  Gl';  besundere  person.  das.;  das 
hat  der  hund  von  besunderer  art.  Keisersb.  sündcn  des  mnuds 
31';  die  mann  reuten  auf  den  camelen  auf  besundere  heu- 
ser  von  holz,  da  schlafen  und  essen  si.  Frank  wellb.  1S5'; 
es  ist  wol  war,  dasz  jeglichs  stuck  besonder  seinen  beson- 
deren papst  hat,  der  es  dran  gelappt  und  geflickt  hat.  bie- 
nenk. 80";  wir  werden  got  loben,  das  ist  das  letst,  und  als 
ein  besundere  tracht  {peculiare  ferculum).  83';  aber  ich  ge- 
denk es  euch  besser  auszulegen  in  eim  besondern  bilchlin. 
Garg.  115';  du  inust  dran,  es  hilft  nichts  dafür,  man  wird 
dir  nichts  besonders  machen,  immer  her,  weil  du  nüchtern 
bist!  ScHOcn  slud.  F;  weJchs  etwas  besonders  bedeuten 
würde.  Simpl.  1,  70;  mein  herz  wollte  mich  fast  im  voraus 
versichern,  dasz  mir  ein  besonderes  unglück  bevor  stünde. 
Felsenb.  1,  5 ;  hatte  das  besondere  vergnügen.  1,  28 ;  ohne 
besonderen  hauptschaden.  1,62;  denn  paane  heiszen  im  be- 
sonderern verstände  {eminentiori  sensu)  lieder,  die  einer  gott- 
heit  zur  abwendung  irgend  eines  Übels  gesungen  werden. 
Lessing  8,  217;  das  recht  der  waffen,  welches  das  beson- 
derste recht  von  allen  ist.    Hippel  lebcnsl.  1,  64*; 

gerne  denk  ich  mir  dich  als  ein  besonderes  kind. 

GÖTHE  1,  270; 
menschen  hab  ich  gekannt  und  thiere,  so  vögel  als  fische, 
manches  besondre  gewürm,  wunder  der  groszen  natur. 

1,359; 
mit  bedeutenden  blicken  und  mit  besondern  gedankcn. 

40,314; 
blut  ist  ein  ganz  besondrer  saft.    12,  88; 

dort  neben  leuchtet  was  mit  ganz  besondrem  schein. 

12,211; 
hier  ist  ein  liedl  wenn  ihrs  zuweilen  singt, 
so  werdet  ihr  besondre  Wirkung  spüren.     12,  132 ; 

da  musz  ich  sie  noch  ein  kunstwort  lehren  .  . .  wenn  sie 
etwas  erblicken,  sehn  sie  es  steif  an  und  rufen,  ach  was  das 
für  einen  elTect  auf  mich  macht!  ..  halten  sie  sich  aber  nur 
aufs  allgemeine:  ach  was  das  für  einen  besondern  effect  auf 
mich  macht.  14,23;  eigentlich  schien  sie  bei  den  hindern  kein 
besonderes  Interesse  zu  haben,  als  ob  sie  kalt  oder  warm 
seien.  19,  138 ;  die  knaben  wendeten  sich  mit  besonderen 
aber  verschiedenen  geberden  gegen  die  vorbeireitenden.  22, 4 ; 
ohne  dasz  den  tag  über  was  besonderes  vorgieng.  24,  31 ;  der 
graf,  der  nach  der  trennung  von  seinen  geliebten  gemiihiden 
kein  besonderes  Interesse  mehr  am  hause  fand.  24, 177 ;  durch 
grosze  aufmerksamkeit  auf  das  besondere  der  zeiten  und  Sit- 
ten. 24,  234;  durchaus  läszt  der  Verfasser  die  gründlichste 
einsieht  in  die  besondersten  umstünde  sehen.  26,  242;  um 
also  nun  vom  allgemeinsten  ins  besonderste  zurückzukehren. 
46,  323 ;  sie  haben  mir  durch  die  nachrichl,  dasz  es  mit  ihrer 
lieben  frau,  wo  nicht  besser  doch  hofnungsvoller  stehe,  eine 
besondere  beruhigung  gegeben,  an  Schiller  618;  es  träumte 
mir,  wir  reisten  zusammen  und  hätten  besondere  Schicksale. 
an  fr.  von  Stein  2,63;  können  sie  mir  nach  und  nach  noch 
etwas  weiteres  verschaffen,  so  erzeigen  sie  mir  eine  beson- 
dere gefälligkeit.  an  Zeller  113 ;  so  geschähe  rtiir  durch  kurze 
kräftige  Schilderung  des  Königstädter  theaters  ein  besonderer 
gefalle.  433;  gewis  sind  die  kalten  beschränkten  regeln  des 
französischen  theaters  dem  thätigern,  rauhem  und  starkem 
gcist  der  Deutschen  nicht  genug,  aber  ebenso  gewis  ist  er 
nicht  mutwillig,  launig  und  besonder  genug,  ums  allgemein 
mit  dem  englischen  humor  und  seinen  Sprüngen  zu  liallen. 
Ki.iNGERs  th.  vorr.  s.  6 ;  nur  das  liesondrc  kann  gelernt  wer- 
den und  in  der  qualilät  des  gelerniseins  ist  alles  nur  ein  be- 
sonderes.  SCIIELLINC  «/itll/.  «/«</.  70; 

richten  zwei  besondre  blumen 
auf  sich.        HQcKERT  19. 

Das  ironische:  wart,  dir  wird  man  was  besonders  machen, 
lautet  in  einem  voc.  von  1018:  er  hab  dir  ein  bsunders 
gmacht,  te  Uli  tmum  eximium  fuisse  (.Scim.  3,  268),  vgl.  die 
aui  2  Mos,  9,  4  und  aus  Schüch  gehobene  stelle,    in  dcJt  ßtrsl- 


1633 


BESONDEKBAR  —  BESONDRES 


BESONDERS  — BESORG 


1634 


Hellen  tilulaluren  «ird  uHtersdiieden  zwischen  lieber  besonde- 
rer [qui  juramenlo  obttrietus  non  e$l)  und  lieber  getreuer  (qui 
juramenlnm  praestitil). 

BESONDEHBAR,  singularis,  peculiaris,  was  sonderbar,  des- 
sen wir  uns  heule  allein  bedienen:  besunderbar.  Maaler  64'; 
und  ist  ulhie  zu  merken,  dasz  der  ort  des  rückens  zwischen 
dem  ersten  rippen  und  den  gleichen  der  lenden  kein  beson- 
derbare mause  hat.  Uftesbach  1,  133;  welche  kranklieiten 
dann  kein  causas  naturales  haben,  welches  alles  besonder- 
bare  zuTell  sind,  und  derhalben  besondere  arcana  haben  wol- 
len. TuLBNEiäSER  rofj  ifaisern  77. 

BESONDERHEIT,  /.  franz.  particularite,  singularite,  spe- 
ciaiite,  bei  Stieler  und  Frisch  noch  mangelnd,  obgleich  beide 
Sonderheit  und  insonderheit  haben:  wegen  einer  auf  anderen 
gefäszen  noch  nicht  bemerkten  besonderheit.  Winkeljcann  3, 
24J;  was  der  aufgefahrene  heiland  für  ein  geschäft  im  him- 
mel  habe,  können  wir  aus  der  Offenbarung  wissen,  aber  die 
besonderheiten  für  jede  seele  können  wir  nicht  wissen.  Öttis- 
££B  grundbegyiffe  des  iV.  T.  1777  5.  374 ;  aus  dem  ocean  ron 
erfindungeo  und  besonderheiten,  der  euch  umOieszt.  Herde« 
2, 237 ;  dasz  jeder  mensch  seine  eignen  pflichten  habe,  nach- 
dem in  seiner  natur  mehr  oder  weniger  besonderheiten  lie- 
gen. Garve  aum.  lu  Cie.  de  off.  17S3.  1,  190 ;  nur  das  halb- 
vermögen wünschte  gern  seine  beschränkte  besonderheit  an 
die  stelle  des  unbedingten  ganzen  zu  setzen.  Güthe  22,  160; 
mein  sinniger  ausleger,  dem  die  wunderlichen  besonderheiten 
jenes  winlerzugs  keineswegs  bekannt  sein  konnten.  40,  315. 
t.  besoDdernheit 

BESO.NDEßLICH ,  adv.  mlid.  sunderlicbe,  was  besonder 
oder  besonders:  under  denen  sie  keiner  geendet  haben  solt, 
besonderlich  diese,  welche  eins  verdrüszigen  geraüts  weren. 
Thurneisser  von  wassern.  217. 

BESONDERLICH,  adj.  singularis:  «nbesonderiichermensrh. 
üblicher  ist  sonderlich,  sonderbar  und  absendet  lieh. 

BESONDERN,  separate,  discernere,  ahd.  suntaron,  mhd. 
Sündern,  nhd.  sondern :  indem  eine  besonderude  kritik  hun- 
dert zweifei  erregen  musz.  Göthe  26,  234. 

BESONDERN,  conj.  und  adv.  sowol  für  sondern  als  beson- 
ders, komvH  bei  Lcther,  doch  nicht  in  der  biuel,  wo  nur  diese 
keuligen  formen  stehn,  vor,  auch  bei  andern  schrifisleUem  des 
16. 17  jk. :  dasz  die  leute  zu  keiner  audicnz  verstattet,  beson- 
dern  mit  prügein  abgewiesen  werden.  Micrälius  5,  242;  ihr 
«amptlich  und  jeder  besondern.  Kirchhof  mil.  disc.  20S ; 

nicht  dasz  er  einig  hülT  ilim  leist  in  diesem  sir«i(e, 
besoatlern  silit  nur  zu.    Werders  .4r.  li,  IS. 

BESO.NDERNHEIT,  f.  was  besonderheit:  sonst  möchte  ich 
«s  niemanden  rathen,  sich  dieser  besondemheit  zu  befleiszi- 
gen.  Lessinc  7,  44. 

BESONDERS,  adv.  was  besonder,  gebildet  wie  feraers,  wei- 
ters, bereits  neben  ferner,  weiter,  bereiL  dock  fehlt  es  nickt 
am  Vorbild  eines  mhd.  sunders: 

den  bu-j  er  «uutcrs  (ieorsam)  gäo.     DieaKK  19,  24; 

da;  die  selben  zwene  mao 

erkennen  niemen  sunders  kan.    Bart.  193,  36  {Pf.  sunder) ; 

die  alle  »under  sich  rer<länt 

^«fouben  anders,  den  sie  hänt.  232,  39  (»o  es  auch  als  gen. 
zm  selouben  gezogen  werden  kann), 
nhd.  besunders  seorsum,  singulatim,  sigillaltm.  Dasvpodius  226*. 
43s';  undAbruliam  stellet  dar  sieben  lemmer  besonders.  iMos. 
21,28.  29;  und  man  trug  im  besonders  auf,  und  jenen  auch 
besonders,  und  den  Eg>ptern,  die  mil  im  aszen,  auch  beson- 
ders. 43,  32 ;  sibe  das  volk  wird  besonders  wonen.  4  Mos. 
23,  9 ;  welcher  mit  seiner  zungen  des  wassers  lecket,  wie  ein 
hund  lecket,  den  stelle  besonders,  rieht.  7,  5;  die  könige 
aber,  die  komen  waren,  hielten  im  felde  besonders.  1  chron. 
20,  9;  und  das  land  wird  klugen,  ein  iglich  geschicchtc  be- 
sonders. Zach.  12,  12 ;  da  traten  zu  im  seine  jünger  beson- 
ders. Matlh.  17,  19;  und  nam  zu  sich  die  zwölf  jünger  be- 
sonders auf  dem  wege.  20,  17;  lasset  uns  besonders  in  eine 
wüste  geben.  Marc.  6,  Ji.  32;  und  er  nam  in  »on  dem  ntlk 
besonders.  7,33;  und  füret  sie  auf  einen  hohen  berg  beson- 
ders alleine.  9,  2;  entweich  besonders  in  eine  wüßten.  Luc. 
9,  10;  und  besprach  midi  mit  inen  über  dem  evangelio,  das 
ich  predige  unter  den  beiden,  besonders  aber  mit  denen,  die 
das  ansehen  hitlten.  Gal.  2,  2 ;  besunders  und  gemein.  Schwar- 
zE^BtRC  156,  2 ;  erstlich  sollen  die  angenommenen  kriegsleute 
sampl  und  besonders  schweren.  Rectter  knegsordn.  Vi.  Heute 
ganz  gewöhnlich  im  stnne  von  praeserltm,  praectpue:  er  hat 
alle  |;eichwister,  besonders  den  jungaten  bruder  lieb;  ich  er- 


suche dich  um  die  verlangte  nachricht,  liesonders  aber  um 
auskunft  über  das  geld;  das  wird  ganz  besonders  gewünscht; 
das  grüne  tuch  ist  besonders  schön ;  die  speise  schmeckt  be- 
sonders ;  der  Sänger  gefallt  besonders ;  etwas  besonders  (d  pari) 
stellen ;  er  hat  jedes  stück  besonders  gelegt ;  jeden  beson- 
ders einladen; 

dem  könig,  sagt  er,  liege  ganz  erstaunlicb, 

gar  mächüg  viel  daran,  besonders  viel 

von  diesem  briefe  kuadschafl  zii  erliultea.    Scuilirr  260*. 

in  briefen  pflegt  niiHj  die  anrede  durch  besonders  oder  inson- 
ders  zu  steigern:  wolgebomer,  besonders  hochgeehrter  herr! 
besonders  lieber  freund,  oheim  und  liruderl  (vgl.  vorhin 
sp.  1633  lieber  besonderer!)  Sicht  zu  übersehen  die  Stellung 
des  adv.  neben  dem  terb.  subst. :  es  ist  besonders,  die  sacbe 
ist  besonders,  wie  es  auch  heiszt:  es  ist  umsonst,  vergebens, 
es  ist  wo),  tat.  bene  est,  franz.  c'est  bien  (verschieden  ton 
bonum  est,  c'est  hon),  in  welchen  ßyungen  ein  parL  wie  be- 
schaffen, gerathen  oder  gethan  musz  hinzugedacht  werden: 
es  ist  besonders,  dasz  bei  den  alten  auch  ovale  seuieu  im 
gebrauche  gewesen.  Winkel».  1,  3S4;  unterdessen  ist  es  be- 
sonders, dasz  nirgends  bei  den  allen  scribenlen  der  gefäsze 
gedacht  wird.  3,  249 ;  es  ist  besonders,  dasz  sich  jemand 
seine  slalue  machen  lassen,  ehe  er  den  sieg  erhielt,  so  ge- 
wis  war  derselbe.  4, 17 ;  es  ist  ganz  besonders,  dasz  er  kein 
lied  gemacht  hat,  das  mit  C  anfangt.  Hippel  lebeasl.  l,  25; 
die  frage  war  ihm  in  alle  uege  so  besonders,  dasz  er  die 
antwort  hervorzieiiea  muste.  1,  10» ;  feenhaft  und  besonders. 
Güthe  33,  192  (hier  ist  feenhaft  adj.,  besonders  adv.);  den 
dykschen  ausfall  habe  ich  nicht  besonders  gefunden,  an  Schil- 
lern'; der  wein  war  heule  nicht  besonders,  in  diesen  bei- 
'spielen  allen  könnte  auch  das  adj.  besonder  oder  sonderlich 
stehn,  mit  kaum  abweichendem  sinn. 

BESONDERüNG,  f.  seerelio,  disjunclio,  was  sonderung,  ab- 
sonderung. 

BESO.NDERWEISIG ,  mirus,  singularis,  absonderlich:  ein 
besondei'fvisiger  mensch,  der  etwas  besunders  hat,  weder 
andere  gemeine  menschen.  Keisersberg  posU  2,  b\  die  mhd. 
Sprache  würde  einfacher  setzen  sunderwisec. 

BESON.NE.N,  iuce  solis  collustrare,  sich  besonnen  lassen 
=  sicJi  sonnen,  in  sole  jacere,  besonnt  apricus: 

ist  der  holde  lenz  erscbieuea? 

hat  die  erde  sich  verjüngt? 

die  besoQntcD  hügel  gruben, 

uod  des  eises  rinde  sprlagu    Schiller  54'; 

ein  päreben  weiszer  tauben 

du  siehst,  es  Ulegi  donliin, 

wo  um  besonnte  laubeo 

gelullte  »eilehen  biHhn.    Göthk  1,  128; 
um  durch  die  ritzen  und  klüfle  der  wolkenballen  einen  klei- 
nen zipfel  besonnter  erde  zu  gewinnen.  4S,  121 ;  eine  besonnte 
mückencolonne.  J.  Fall  uns.  löge  9. 

BESONNE.N,  caulus,  sui  compos,  parL  von  besinnen,  und  wie 
dieses  mit  der  pracp.  a\ii  verbunden:  wiewol  ich  nu  nicht  fast 
drauf  besonnen  gewest  noch  gedacht.  Luthers  br.  3,  346 ;  denn 
sie  merken  bald,  dasz  diese  isilUicbe  bildung)  besonnen  und 
behutsam  auf  die  mittel  zu  den  zwecken  maciit.  Klinger  11, 
204;   Leicester  steht  still,  plötzlich  besonnen.    Schiller  lü; 
der  mann 
will  seinen  hasz.  und  keine  reit  verändert 
den  raisclilusz,  den  er  wol  besonnen  la^zt.    492*; 
war  ich  b«soanen,  hiesz  ich  nicht  der  Teil.    536'; 
besonnener  fortschritt;    besonnene  heilerkeit.    Göthe  26,  13; 
der  zustand   war   von  der  art,   dasz  er  auch  den  besonnen- 
sten zur  veirflcklheit  hinrisz.  32,  70. 

BESON.NE.NHEIT,  f  caulio,  circumspectio,  Überlegung,  geistes- 
geqenmart :  mil  be^onnenheit  handeln,  verfahren,  zu  werke 
gehen;  die  besnnnenheit  behalten,  vertieren  ;  die  besonnenbeit 
ter\ien  ihn  I^  .nblick,  als  die  gefabr  aufs  liöcbste  stieg; 

mieli  /  jrh  darf  nicht  länger  säumen, 

und  Ji-     —  ..     ^  luienheil, 
da«  altes  knuu  eiu  jeder  irauraea.     Göthe  ... 

für  die  wisseoschaftsiehre  ist  die  besonnenbeit  auf  das  mis- 
sen .  .  der  eigentliche  und  bleibende  zustand,  die  bcsinnuag 
wird  uns  eine  kunst  nach  regeln.  Ficbtes  nachg.  werke  2, 3. 

BESONNUiNG,  f.  aprtcaUo,  das  bcscheinen  von  der  sonne: 
wo  sie  nach  der  besonnung  zu  trocken  sein  würden.  Stol- 
BERC  9,  280. 

BESORG,  m.  wii  f.  eura,  toUiciludo,  besorgung  und  be- 
sorgnis :  wir  hellen  uns  auch  warlich  des  bapstums  ganz  ge- 
wegert,  wo  nicht  die  furcht  gotles  und  ehrliche  weise  unserer 
wähl,  auch  der  besorg  künftiger  enipörung  von  den  schisma- 

103 


1635 


BESORGEN 


BESORGEN 


1636 


ticis  und  zwilrccliligen  uns  dazu  gezwungen  betten.  Luther 
2,  183';  wo  ire  barmherzigkeit  wurde  feilen  und  meine  be- 
sorg allzu  wahr  werden,  so  were  ich  entschuldigt.  Luthers 
hr.  5,  72;  darumb  ist  allzeit  in  besorg  gewesen,  solten  sie 
mich  über  sie  komen  lassen,  es  würd  ein  ander  weis  berei- 
ten, das  man  die  groszen  geselschaft  abthet.  Sickingens  ge- 
sprech  mit  sanl  Peter,  o.  j.  u.  o.  (um  1522)  as';  dann  unter 
allen  kein  besorg  (geschäß)  oder  gefehrlicher  ampt  dann  des 
obersten  quartiermeisters  ist.  Fronsperg  kriegsb.  1,  64" ;  ohne 
alle  besorg  einiger  thätlichkeit.  Reinhards  werlheimischer  ge- 
genbericht  1,  261.    vgl.  beisorge. 

BESORGEN,  ahd.  pisorag^n,  pisorg^n,  mhd.  besorgen,  alts. 
hisorgön,  nnl.  bezorgen,  ags.  besorgian,  schw.  besörja,  dän. 
besorge,  die  etymologie  beim  einfachen  wort,  hier  nur,  dasz 
sich  ans  sorge,  ahd.  soraga,  goth.  saurga  sowol  die  bedeulung 
Sorgfalt,  als  die  von  kitmmer,  angst,  furcht  und  Iraner  ergibt, 
wie  auch  cura  und  fiiqifiva  denselben  doppelsinn  zeigen,  im 
goth.  und  nord.  mehr  Xvtii],  trauer,  in  den  übrigen  sprachen 
mehr  angst  und  furcht,  sorge  ist  anhebende  furcht,  noch  ge- 
ringe furcht,  Otfried  sagt:  mit  forahtlichen  sorgön.  V.  23,  73. 

1)  besorgen,  curare,  prociirare,  für  etwas  sorgen,  sorge  tra- 
gen, bedacht  sein:  ich  besorge  es,  besorge  dirs,  es  wird  alles 
besorgt,  es  ist  schon  besorgt,  gut,  ordentlich  besorgt,  ahd. 
fatar,  muotar,  chint  pisorgen,  pflegen,  versorgen  (Graff  6, 277. 
278);  mhd. 

du  mölitest  einen  beiden  baj 

besorgen  und  bedenken,    frauend.  143,9; 

ir  Süll  besorgen  (sehen  nach) 

iwern  tumben  jungen  kneht, 

ob  der  noch  bi  den  rossen  si.    368,  9; 

daj  (lant)  muoj  ich  besorgen  (versorgen) 

mit  einem  manne,  der  ej  wer.    Iw.  2314; 

wie  sere  ich  daj  mit  dienste  iemcr  m?,  besorgen  muoj. 
Hartm.  lieder  s.  14; 

ich  muoj  ein  hüs  besorgen.  Den.  beitr.  442. 
nhd.  einen  auftrag,  ein  geschäft,  die  ansgabe  eines  buchs,  das 
nöthige  besorgen  ;  sein  amt,  seinen  dienst,  den  gottesdienst  be- 
sorgen, versehen;  einem  das  essen,  das  bett,  den  garten,  die 
pferde  besorgen;  einen  sack,  pack  (wohin)  besorgen,  bestellen; 
besorge  du  heute  das  kochen,  die  küche ;  du  must  noch  fleisch 
besorgen  (herbeischaffen);  besorge  mir  doch  ein  glas  wasser; 
sie  erfuhren  zu  einiger  beruhigung,  dasz  man  ihn  {den  kranken) 
auskleide,  trockne,  besorge.  Gtjthe  22,  88 ; 

wol  zu  verwahren  das  haus  und  stille  das  feld  zu  besorgen. 

40,  270; 
und  die  erde  besorgt,  so  wie  es  die  stunden  gebieten.   40,  278; 
der  ist  besorgt  und  aufgehoben.    Schiller  69*; 

sogleich  besorgte  man,  dasz  die  wunde  verbunden  wurde.  722 ; 
ich  besorgte,  verband  und  heilte  deine  wunden.  Klincer  3, 
201;  der  kardinal  ward  nach  der  Engelsburg  gebracht  und 
ihm  erlaubt,  sich  aus  der  küche  seiner  mutter  besorgen  zu 
lassen.  3,  246 ;  dasz  die  vornehmen  sich  nicht  um  uns  küm- 
mern, unsere  gesuche  nicht  so  besorgen,  wie  wir  es  wün- 
schen. TiECK  12,  160.  Es  musz  auffallen,  dasz  in  dieser  be- 
deutung  von  den  Schriftstellern  des  16.  17  jh.  das  wort  besor- 
gen kaum  verwandt  wird,  namentlich  bei  Luther  nicht,  und 
Dasypodius,  Maaler,  Henisch,  selbst  Stieler  führen  es  so  nicht 
auf,  erst  Frisch  2,  288'  bringt  ein  besorgen,  curam  habere, 
auch  das  schwcd.  besörja,  dän.  besorge  scheint  erst  im  18  jh. 
von  uns  entliehen,  wie  schon  daraus  folgt,  dasz  es  nie  be- 
trauern bedeutet,    wie  doch  das  einfache  sörja,    sürge  trauern. 

2)  besorgen,  vereri,  metuere,  sorge,  angst  um  etwas  haben. 

a)  ohne  casus,  also  intransitiv,  wie  auch  das  einfache  sor- 
gen steht:  wir  danken  dir  herr,  dasz  es  nicht  geschehen  ist, 
wie  wir  besorgeten.  Tob.  8, 17 ;  })esorget  er,  er  vermöchte  den 
groszen  kosten  länger  nicht  zu  tragen.  1  Macc.  3,  20 ;  dieweil 
er  aber  besorget,  Jonathan  würde  es  wehren.  12,  40;  auch 
ein  Schisma  in  der  h.  kirchen  sich  zu  erheben  zu  besorgen 
sein  möclit.  reichsabsch.  von  1512  §.  4 ;  wie  es  selbs  die  jesuiter 
im  truck  haben  lassen  ausgelm,  besorgend,  andere  möciiten 
es  mit  ursachrürigen  glossen  thun.  bienenk.  26';  oder  sie 
inüsten  besorgen,  dasz  sie  zum  fewr  zu  danzen.  34';  wie  der 
cardinal,  der  niciit  durch  Genf  reisen  wolf,  besorgend,  der 
luft  macht  in  ketzerisch.  23l';  auch  wir  haben  mahlehsche 
dichter  die  menge,  aber  icii  besorge  sehr,  dasz  sie  sich  zu 
den  mahlcriscben  dichtem  der  Italiener  nicht  viel  anders  ver- 
halten, als  die  niederländische  schule  zu  der  römischen.  Les- 
sixc  6,  277;  er  besorgt  bald  zu  sterben;  ich  besorge,  dasz 
es  mir  nicht  gelinge  das  werk  zu  vollenden. 


b)  mit  gen.  der  sache:  das  pferd,  des  Streichs  besorgend, 
lief  hin.  Fierabr.  B4;  der  seins  weibs  von  andern  mannen 
besorget.  Bocc.  1, 128" ; 

der  Jüngling  besorgt  seines  lebens, 

und  heimlich  davon  llielien  wolt.    H.  Sachs  I,  107'; 

besorgt  er  aber  seines  lands  (für  sein  land).  Fronsp.  kriegsb. 
1,  176';  ich  besorg  meiner  nicht  (sorge  nicht  um  mein  weib), 
dann  wer  sie  bei  tag  sieht,  wirt  bei  nacht  nicht  den  hals 
drumb  brechen.  Garg.  259" ; 

so  würd  der  adler  neben  euch 

besorgen  müssen  groszer  fahr.    Rikgwaid  laut,  warft.  348. 

c)  mit  acc.  der  sache,  mhd. 

und  het  ich  tüsent  manne  sin, 

ich  müest  die  vart  besorgen  wol.    frauend.  48,  8; 

daj  muosen  si  besorgen, 

daj  er  des  lihte  engulte.    Iw.  7150, 

nhd.  man  hat  seinen  tod  schon  lange  zu  besorgen ;  man  be- 
sorgt den  nahen  ausbruch  der  feindseligkeiten ;  sie  besorgte 
immer  das  schlimmste ;  dieser  fall  war,  seiner  meinung  nach, 
so  bald  nicht  zu  besorgen,  Wieland  7,40;  ich  besorgte  ohne 
noth  etwas  übles.  Tieck  15,  364. 

d)  der  reflexivausdruck  liesze,  organischerweise,  das  prono- 
men  im  dat.,  nicht  acc.  erwarten  (s.  oben  sp.  1275)  und  nach 
dem  mhd.  niene  vürhte  dir,  si  vorhte  ir  sere  auch  ein  mhd. 
ich  besorge  mir,  si  besorgete  ir,  wofür  doch  kein  beleg  zur 
hand  ist.  nhd.  scheinen  aber,  neben  dem  gen.  der  sache,  lau- 
ter persönliche  accusative  eingerissen,  zwar  einmal,  in  Luthers 
br.  4, 152  begegnet :  und  besorge  mir  übel,  es  werde  im  auch 
also  gelingen,  allein  in  correclcren  texten  hat  er  überall  den 
acc,  welcher  auch  in  sich  se  anzuerkennen  ist,  da  er,  auf 
mhd.  weise,  für  den  dat.  sibi  noch  im,  pl.  inen  gebraucht: 
ich  besorge  mich,  das  ich  den  jüden  möcht  übergeben  wer- 
den. Jer.  18,  39 ;  der  hunger,  des  ir  euch  besorget,  so!  stets 
hinder  euch  her  sein.  Jer.  42, 16 ;  so  darfst  du  dich  nicht  be- 
sorgen, das  er  dich  tödte.  Sir.  9, 18  ;  denn  sie  besorgten  sich. 
Judith  4,  2;  besorgen  sie  sich  keines  Schadens,  weish.  Sal. 
14,  29 ;  ein  jeder  besasz  seinen  weinberg  mit  friden  und  dorft 
sich  nichts  besorgen.  1  Macc.  14, 12 ;  weil  sich  aber  der  hohe- 
priester  besorget.  2  Macc.  3,  32 ;  und  weil  er  sich  für  des 
Antiochi  son  besorget.  9,  29 ;  denn  sie  besorgen  sich,  man 
würde  inen  nicht  glauben.  13,  25 ;  und  er  besorget  sich.  Lue. 
9,  7;  besorget  sich  der  oberste  hauptman,  sie  möchten  Pau- 
lum  zureiszen.  apost.  gesch.  23, 10 ;  wenn  ich  den  bapst  ver- 
acht  bette,  bette  ich  mich  besorget,  die  erde  würde  dieselbe 
stunde  sich  aufgethan  haben.  Luther  1,5';  derhalben  das  man 
wol  weisz  allenthalben,  wie  keuscheit  seltzam  sei,  und  jeder- 
man  seins  weibs  und  tochter  sich  besorgen  musz.  2,  212"; 
sich  besorgen  und  argwöhn  schepfen.  3,  91 ;  besorget  sich 
nicht  des  Unfalls.  3,  403 ;  ich  besorge  mich,  das  ir  nicht  (vereor 
ne)  mit  blindheit  geschlagen  seiet.  4,  378';  das  sie  sich  aber 
besorgen,  man  möcht  inen  einen  pfarherrn  eindringen.  4,  318'; 
e.  c.  f.  gn.  um  diser  schwinde  leufte  willen  sich  des  Stücks 
zum  überflusz  besorget  haben.  4,  470';  musz  ich  mich  doch 
für  des  listigen  trachens  und  seiner  schupen  bosheit  und 
tucke  besorgen,  das  ers  möchte  fürnemen.  6,  107';  wenn  er 
wolle  und  sich  nicht  besorgen  müste.  6,  33l';  besorgen  wir 
uns  aber,  das  sie  uns  möchten  schaden  thun. 's,  94';  nach- 
dem er  sich  besorgt,  es  mocht  im  verdacht  bringen,  br.  2, 
237;  und  das  schnelle  ungewitter  des  mers  erschreckt  mer 
die  schifleute,  dann  das  weiter,  davor  sie  sich  haben  besorgt 
und  versehen,  Albr.  von  Evbe44'; 

des  musz  ich  mich  vor  im  besorgen,    fastn.  sp.  648,  4 ; 

nun  darf  man  sich  besorgen  wol, 

wan  man  zum  stürmen  streiten  sol.    Scuwarzemi.  152' ; 

dasz  mir  kein  sclinfer  nie  wart  holt, 

er  must  sich  stets  für  mir  besorgen.    Alberus  37'; 

die  weil  der  häuf  so  forchlsam  war, 

und  sich  besorget  groszer  fahr.    50 ; 

es  stund  ein  wolf  in  groszer  not 

und  sich  besorget  für  dem  tod.    60'; 

er  dörft  sich  nii  für  im  besorgen.    122; 

und  sich  besorget  keiner  fahr.  144; 
das  wir  uns  mehr  vor  freunden,  denn  vor  feinden  zu  besor- 
gen haben.  Mei.anchth.  an  Albrecht  ed.  Faber  ep.  7 ;  und  so 
er  freund  hat,  die  sich  besorgen,  si  müssen  hinnach.  Frank 
weltb.  153';  also  das  er  sich  zu  sterben  besorgt.  194*:  bru- 
der,  besorget  euch  nit.  Aimon  I) ;  ich  weisz  das  sich  Ma- 
gis  vor  euch  nit  besorgt.  S ;  er  l)esorgt  sich  seiner  brüder. 
S2;  und  so  oft  du  ein  ros  beschlegst  und  dich  besorgtest, 
C8  möchte  ein  nagd  zu  nahe  mit  gangen  sein.    Seutkh  312; 


1637 


BESORGEN— BESORGT 


BESORGTHEIT— BESPIEGELN 


1638 


vorhin  hab  ich  deiner  erschrecknus  halber  mich  besorget, 
Kirchhof  wendunm.  113';  da  man  sich  feindschaft  oder  ande- 
rer über  oder  durcüzug  besorget,  disc.  mil.  10 ;  werden  zu 
sterben  sich  sehr  besorgen.  FiscpART  groszm.  131 ;  dieweil  sie 
sich  so  sehr  vor  der  babilonischen  meszmetzen  grewelkelch 
besorgen,  bienenk.  91*; 

musz  sictk  des  Jiingsien  tags  besorgen. 

Ki.-^GWALD  geistl.  lied.  D3'; 

der  mensch  besorgt  sich  keines  falles, 
dieweil  er  frei,  reich,  gut  und  grosz,  Weckherlis  3S6; 
wenn  deiner  feinde  naher  ver^vandter  dein  freund  wird,  so 
besorge  dich  immerdar  seines  betrugs.  pers.  baumg.  1,  33 ; 
sich  besorget,  er  möge  todt  gesoffen  werden.  Schcppics  26 ; 
da  man  sich  nicht  zu  besorgen  hätte,  dasz  jemand  dahin 
käme.  4" ;  Hiob  besorgte  sich,  es  möchten  solche  misbräuche 
bei  seiner  kinder  gastereien  auch  fürgehen.  154;  wir  be- 
sorgen uns,  es  möchte  ein  heidnisches  weibsbild  in  die  familie 
kommen.  Weise  comüd.  65;  ich  besorge  mich  keines  Un- 
glücks, freim.  redn.  591;  weil  sie  sich  ganz  und  gar  keiner 
gefahr  zu  besorgen  hätte.  Felsenb.  4,  453;  wann  man  sich 
eines  aiszes  oder  geschwers  besorgt.  Hoheerg  1,  25S';  ich 
müste  mich  der  gegenfrage  besorgen.  Lessing  9, 168.  Die  be- 
lege zeigen,  dasz  das  reflexivum  sich  besorgen,  vereri  häufig 
gebraucht  wurde,  so  lange  die  erste  bedeutung  von  besorgen, 
proeurare  selten  war,  dagegen  neuerdings,  als  diese  wieder 
vordrang,  stufenweise  erlosch,  man  verwendet  es  heutzutage 
fast  gar  nicht  mehr,  die  abgeleiteten  nomina  theilen  sich,  oß 
schwankend  in  die  bedeutungen  von  proeurare  und  vereri. 

BESORGEN,  n.  cura: 

und  als  du  anliengst  in  die  weit  zu  schauen, 
war  deine  freude  häusliches  besorgen.    Götbe  2,  7, 
geschdßigkeil  im  haus. 

BESORGER,  m.  curator:  besorger  der  Wirtschaft. 

BESORGERI.N,  f  procuratrix. 

BESORGLICH,  quod  periculum  minatur,  was  zu  befürchten 
ist:  schrecklich  und  besorglich.  Pelr.  107*;  ein  besörglich  ort, 
locus  iniquus.  Fbonsperg  3,  234* ;  besorgliches  unheil  abwen- 
den, colica  6 ;  nachrichten  zu  Verhütung  eines  besorgiichen 
m.isverstandes,  Wiela.\d  1,  256;  zur  Verhütung  eines  besorg- 
lichen misverstandes  scheint  uns  hier  eine  kleine  parenthese 
vonnöthen  zu  sein.  7,  62;  versichern  sie  indes  nicht  selbst, 
dasz  diese  leidigen  fiagmente  schon  ein  paar  werke  hervor- 
gebracht haben,  deren  nutzen  den  besorglichen  schaden  der- 
selben unendlich  überwiege?  Lessing  10,167;  besorgliche  an- 
griffe. Kant  6,  167 ;  der  besorgliche  unfug  im  öffentlichen 
wesen.  6,  252 ;  ein  von  ihm  besorglicher  fall.  7, 112.  auch  für 
argwöhnisch,  furchtsam,  besorgt: 

die  schlinge  liegt 
ja  nur  dem  geizigen,  besorglichen, 
furclitsamen  Juden.    I.essini;  2,  270. 

BESORGLICH,  adv.  wie  zu  besorgen  ist:  sondern  dasz  von 
denjenigen,  oder  besorglich  wenigen,   welche  daraus  was  gu- 
tes,  tröstliches   und  gefälliges   schöpfen,   got   lob   und  dank 
gegeben  werden  möge.  Weckherlin  forr.  zu  den  geisll.  ged.; 
also   würde    ich   mit   meinen  ungewaschenen  worten  ew.  gn. 
wolverdientein  preise  besorglich  mehr  entziehen  als  geben  und 
zusetzen.    Opitz  3,  69;    ich   werde  besorglich  eben  so  wenig 
ausriciiten.    Zinkcr.  96,  12;    in   welchem   stand  er  besorglich 
das  brot  am  bettelstab  suchen  müste.  Simpl.  1,49;  weil  mir 
besorglich    dieselbige    (Unglücksfälle)   auch    wie  die  vorige  zu 
banden  gehen  werden.  1,205.  aber  auch  vorsorglich,  dngstlidt: 
fiirchiet  ihr 
der  arglist  schlingen,  tückischen  verralh, 
dasz  ihr  den  rücken  euch  besorglich  deckt  I    Scbiller  492'. 

BESOKGLICHKEIT,  f  solliciludo:  er  kommt,  vor  besorg- 
lichkeit,  gar  nicht  zum  handeln;  wer  beugt  allen  besorglich- 
keilen  vor? 

BESORGNIS ,  f.  1)  administratio,  cura :  künftig  werde  ich 
ihm  die  besorgnis  meines  ganzen  Vermögens  anvertrauen. 
C.  F.  Weisze.  dafür  heute  besorgung.  2)  soUicitudo,  metus : 
was  fällt  euch  ein?  was  für  besorgnisse?;  diese  besorgnis 
war  öberflOssig. 

HESORGSAM,  sollicittu:  tausend  dank  für  ihre  besorgsame 
ficiindschaft.  Lessing  12, 161.     heute  biotz  sorgsam. 

BESORGSA.MKEIT,  f:  das  andenken  an  die  hesorgsamkeit 
eines  mannes.  Fichtes  leben  2, 158, 

BESORGT,  sollicitus,  anxius,  sorgsam :  mit  besorgtem  herzen ; 
ein  überflieszend  masz 
besorgter  mutierliebc.    Göthk  9,  S55. 
besorgt   sein  =  besorgen  2:    ich   bin   um   ihn  besorgt;    sei 
unbesorgt;  das  macht  mich  besorgt 


BESORGTHEIT,  f.  besorgtheit  um  die  Seligkeit.  Fichtes 
reden  an  die  d.  nat.  186. 

BESORGUNG,  /".  1)  procuratio,  administratio :  die  besorgung 
des  geschäfts ;  philosophie,  deren  besorgung  mehr  im  be- 
schneiden als  treiben  üppiger  scböszlinge  besteht.  Kant  4, 325. 
2)  besorgnis,  angst:  der  Grieche  martert  uns  mit  der  greu- 
lichen besorgung,  der  arme  Philoktet  werde  ohne  seinen  bogen 
auf  der  wüsten  insel  bleiben  und  elendiglich  umkommen 
müssen.  Lessing  6,  398.     jetzt  ungewöhnlich. 

BESPÄHEN,  oculis  indagare,  nnl.  bespieden:  der  späber 
bespäht,  der  lauscher  belauscht; 

ich  seh  den  genius  schon  in  der  halle 

stehn,  und  der  tänzerinnen  llug 

mit  dem  blicke  begleiten,    den  sinn  des  biickes  bespähet 

manche  gewendete  tänzerin.    Klopstock  2,  229. 

BESPANNEN,  umspannen: 

1)  den  wagen  bespannen,  rosse  vor  ihn  spannen;  ein  mit 
maulthieren  bespannter  wagen. 

2)  die  leier,  geige  mit  saiten  bespannen : 

Polyhymnia  . . 
die  am  Hämus  einst  des  Orpheiis' beilige  laute  bespannte. 
Platen  130. 

3)  amplecti:  wie  wir  den  mond  nicht  bespannen  können. 
Hippel  lebensl.  3,  134;  mit  straffen  fibern  bespannt  J.  Pall 
Hesp.  1, 164. 

BESPAREN,  reservare,  aufsparen,  ersparen,  nnl.  besparen: 

die  balsamkräfte  zu  besparen, 

und  sie  am  meisten  für  den  morgen  und  für  den  abend  zu 
bewahren.  Brockes6,  SS; 

seine  galle  für  den  ungetreuen  liebhaber  besparen.  Hippel 
6,  7;  dadurch  wird  nicht  der  mindeste  grad  einer  unmittel- 
baren göttlichen  handlung  besparet  Kant  6,  72;  sie  hätten 
sich  entschlossen  auch  das  blut  der  landeskinder  zu  bespa- 
ren und  zu  bewachen.  J.  Paul  biogr.  bei.  1, 12. 

BESPASZEN :  bespaszt  sein  urtheil  und  besauts.  Voss  6, 12t 

BESPEICHELN,  saliva  imbueie:  bespeichelt  und  beeitert 
Luther  8,  213'. 

BESPEIEN,  conspitere,  convomere,  goth.  bispeivan,  ahd.  pispi- 
wan,  part.  pispiwan  und  pispiran,  nnl.  bespugen  und  bespuwen. 
wir  ßectieren  bespie,  part.  bespien,  doch  auch  bespeite,  bespeit : 
(der  trunkene)  entslief,  darzu  sich  aller  bespeiet  und  kotzet. 
Kirchhof  renrfunm.  146*;  geschlagen,  gestoszen,  getreten,  ver- 
achtet, bespeiet.  Sculppius  459 ;  die  kleider  bespeien ;  sich 
bespeien. 

BESPEILERN,  mit  speilem  besperreti.     s.  speiler. 

BESPEISEN,  cibare,  mit  speise  versehen :  darnach  die  fische 
sein,  darnach  musz  man  auch  die  behälter  bespeisen.  Hob- 
berg 3,298*.     sich  bespeisen,  nähren: 

auch  deine  bände  sollen  sich 

davon  bespeisen  sättiglich.    Opitz  ps.  6S. 

BESPEIZEN,  tras  bespeien,    s.  ausspeizen  und  bespeuzen. 
BESPERREN,   claudere,  zusperren,  versperren,  ahd.  pisper- 
ran  (Gbaff  6,  361),  mhd.  besperren : 

si  sluzzeu  üf  die  kisten,  die  &  stuondea  wol  bespart 

mb.  1209,  4 : 
daj  münster  wir  besparten.    Servat.  1885; 
das  jetzt  seltne,  von  Stieler  2073  nocA  aufgeführte  worl,  könnte 
unbedenklich  wieder  in  gang  kommen. 

BESPEUZEN,  tras  bespeizen,  nnl.  bespülten.  Maaleb  62' 
gibt  bespeuwen  und  bespeutzen,  Alberus  conspuo,  ich  be- 
speutz. 

BESPICKEN,  illardare,  nnU  bespekken:  einen  hasen,  eine 
kalbskeule    bespicken,     dann    uneigentlich,    den    beute)    be- 
spicken;  wol  mit  geschütz  bespickte  wälle;    mit  vorurtheilen 
bespickt;  sich  bespicken,  geld  verdienen;  edel  für  bestecken: 
drauf  bespickt  er  mil  blumen  des  beiden  sträubende  liaarc. 
ÜöTUR  1,  2S8. 

BESPIEGELN,  sich,  se  in  speculo  intueri:  bespiegele  dich 
in  meinem  exempel  und  lerne  von  mir  die  weit  kennen. 
ScHuppiiis  239 ;  vielleicht  bespiegelt  sich  noch  mancher  darin- 
nen. Plesse  1, 165 ;  bespiegelte  sich  oft  Gelleht  1,  211 ; 

unachtsam  gaft  die  andre  hin  und  wieder, 

spielt  mit  den  fingerchen  an  ihrer  schönen  band, 

bespiegelt  sich,  berichtiget  ein  band 

an  ihrem  latz.  Wielasd  5, 188; 

was  ihr  den  geist  der  zelten  heiszl, 

das  ist  im  grund  der  Herren  eigner  geist, 

in  dem  die  Zeiten  sich  bespiegeln.    Göthe  12,38; 

wenn  sie  beide  zusammen  tanzten,  aller  äugen  waren  auf  «i« 

103* 


1639        BESPIEGELÜNG  — BESPRACHEN 

gerichtet  und  wie  umworben  beide,  indem  sie  sich  nur  in  ein- 
ander bespiegelten.  Göthe  17,  115;  der  waid  bespiegelt  sich 
im  klaren  see,  spicgell  darin  ab.     seltsam  4, 165  • 

lu  des  Rheins  gestreckten  hügeln, 

hochgesegneien  gebreiien, 

auen,  die  den  flusz  bespiegeln, 

ein  Spiegelbild  im  flusz  hervorbringen,  natürlicher  klingt :  der 
flusz  bespiegelt  die  auen.  der  pfauenschweif  ist  bespiegelt. 
Fischart  Garg.  223'  nennt  bespiegelte  seichkacheln. 

BESPKGELUNG,  f.:  nach  tausendmal  wiederholter  be- 
spiegelung.  ehe  eines  mannes  351 ;  es  wird  andern  eine  be- 
spiegelung  sein,  disciplinae  eril  aliis.    Stieler  2067. 

BESPIEGELUNGSLUST,  f.  alles  was  in  mir  von  selbst- 
geräiligkeit,  bespiegelungslust,  eitelkeit,  stolz  und  hochmut 
ruhen  oder  wirken  mochte.    Göthe  25,  296. 

BESPIELEN,  nnl.  bespelen. 
:    1)  bespielen,  bespotten,  belachen,  alludere.  vocab.  theut.  1482. 
d5',  ist  aber  ganz  ungebräuchlich,    vgl.  anspielen. 

2)  auf  etwas  spielen:  die  orgel  bespielen;  das  clavier  ist 
noch  unbespielt,  ist  viel  bespielt. 

3)  bienenstöcke  bespielen,  mit  spriesien  oder  spielen  ver- 
sehen, spielen  in  sie  stecken,    s.  spiele. 

BESPINNEN,  tela  involvere:  die  raupe,  die  spinne  be- 
spinnl  das  lauh;  im  herbst  sind  die  wiesen  mit  fäden  bc- 
sponnen;  saiten,  knöpfe  mit  dünnen  fäden  bespinnen;  be- 
sponnene  knöpfe;  sich  bespinnen,  einspinnen,  der  seiden- 
wurm bespinnt  sich,  in  andermsinn:  die  Spinnerin  bespinnt 
den  rocken,  spinnt  ihn  ab.    mhd. 

und  dar  uffe  her  und  dar 

was  ei  (das  bild)  von  in  (den  spinnen)  bespunnen  gar. 

Marienleg.  244,  36 ; 
waj  hetie  im  daj  gewunnen, 
daj  er  ö  was  bespunnen 
mit  so  richem  kleide,    pass.  IL  235,  55, 

schön,  ßr  in  reichem,  gesponnenem  kleide  sasz; 
der  wahter  wolle  sin  bespunnen 
mit  miete.       MS.  1,  3", 

will  mit  ringen,  d.  i.  gesponnenem  golde  umwunden,  beschenkt 
sein.    s.  bestechen  5. 

BESPITZEN,  aeuere,  einen  stock,  pfal  bespitzen; 

jede  faust 
.Schwung  einen  arf,  mit  eisen  scharf  bespitzt.    Bürgbr  151*. 

figürlich,  sich  bespitzen,  einen  spitz,  leichten  rausch  trinken:  \ 
'überhaupt  mag  ich  Göthe  nicht,  wenn  er  nicht  eine  bou- 
teille  Champagner  getrunken  hat',  ich  sagte  darauf  halb  laut, 
•da  müssen  wir  uns  denn  doch  schon  manchmal  zusammen 
bespitzt  haben'.  Göthe  31,  175;  der  kleine  wurzelmann,  der 
sich  bespitzt  hatte.    Arnim  1,  89. 

BESPITZLNG,  /".  modica  crapula:  sie  zccbfen  wacker  und 
nur  der  letzte  zeigte  bei  nachhausegehen  einige  spuren  von 
bespitzung.    Göthe  32,  70. 

BESPLEISZEN,  ärcumcidere.  Stieler  2093. 

BFSPOKNEN,  calcaribus  instruere:  er  kommt  gestiefelt  und 
bespornt.     Garg.  242'  besport  =  bespornt. 

BESPÖTTELN,  eavillari,  fein  oder  wenig  bespotten :  und  so 
floh  von  jedermann  verlassen  Erich  hasenfusz,  so  bespöt- 
telten ihn  die  Holsleiner.  Dahl-mann  dän.  gesch.  1,  233. 

BESPÖTTELL.NG,  f 

doch  mir  ward  stillschweigen  und  kalte  bespöltlung 
blosz,  zum  lolin  nie  Iniher  gewagten  gesangs, 
seit  ein  mund  Teuts  werte  belebt.    Platen  131". 

BESPOTTEN,  irridere,  ahd,  pispolön  (Graff  6,  328),  mAd. 
bespotten,   nnl.  bespotten : 

bespottet  eines  jeden  fiirm, 
treibt  sie  ins  bad,  sclineidt  ihnen  die  wilrm. 
(ioTUK  13,  129, 

100  in  bespotten  wie  in  fürin  die  nachbildung  des  alten  stils 
tnislang;  jede  art  ?on  beschrünktlieit  und  dunkel  bescherzt 
er  mehr,  als  dasz  er  sie  bespottete.  25,  75. 

BESPRACHEN,  was  besprechen,  das  ahd.  pisprächön  aber 
bedeutele  obtrectare,  dclrahere,  verleumden,  und  war  vom  subst, 
pisprAcba  gebildet  (Graff  0,  ;l^3.  390).  so  wir  sie  sehent,  sie 
hörenl  und  lieblich  uns  mit  inen  besproHient  (=besprachen). 
Keisersb.  ehr.  bilg.  221;  dasz  gemeldier  ausschusz  der  vier- 
zehn person  zween  tag  ob  ilem  handel  gesessen,  davon  ge- 
ratschlagt, sich  miteinander  unterredt  und  nach  notdurft  be- 
spracht. Kresz  hei  Metanchlh.  2,  290;  weil  man  si  oft  be- 
sprächet und  umb  frid  anredet.    Fha-nü  wellb.  234';    er  ward 


BESPRACHEN  —  BESPRECHEN 


1640 


vom  marschalk  bespracht  (zur  rede  gestellt).  KiRcnHOF  wend- 
unm.  84;  darumb  spricht  auch  Paulus,  er  habe  das  euange- 
lion  eine  lange  zeit  frei  gepredigt,  ehe  er  Pelruin  darum 
besprächet  hab.  Melanchthon  von  des  bapstes  yewalt,  über- 
setzt durch  Vitum  Dietherich  (1541);  mit  den  er  sich  besprä- 
chet. Frank  chron.  30';  gieng  einer  oder  mehr  an  orten,  da 
ihm  nicht  hin  gebühret,  streichen,  mag  der  als  ein  verdäch- 
tiger bespraachet  werden.  Kirchhof  mil.  disc.  95 ;  dasz  er 
die  täglichen  zukömmling  aber  examiniere  und  bespraache. 
das.;  und  hat  mit  ihm  geratschlaget  und  sich  besprächet 
Mathesil's  59*;  alsdann  fiengen  sie  an  kurzweilig  sich  mit 
einander  zu  besprachen.  Garg.  174';  oder  sie  besprachten 
leut,  welche  frembde  länder  gesehen  halten.  1S4' ;  von  er- 
meldtem  Pilato  mit  ernstlichen,  scharpfen  worten  bespracht 
worden.    Ayeer  proc.  vorr. ; 

ein  jede  (krähe)  sitzt  bei  ihrem  mann, 

den  sie  an  der  slira  kennen  kan, 

und  denn  mit  groszem  gschrei  und  krachen 

sich  des  abzugs  halben  besprachen  {unterreden), 

frosclimeus.  III.  2,  7 ; 
wan  reden  und  stillschweigen 
zumal  verhindert  unser  glück, 
so  lasz  uns  unser  herz  bezeugen 
durch  sich  besprachende  anblick.    VVeckubrl[n394; 
das  rathaus  und  der  markt,  ja  fast  ein  jedes  haus 
besprachte  sich  von  euch  und  sah  erbärmlich  aus. 
Fleüing  81  (82),  wo  alle  ausg.  besprachte  ; 

sie  bespracht  sich  mit  den  geistern  der  verstorbenen.  Lo- 
HENST.  Arm.  2,52;  weil  aber  der  altvater  sich  selbst  fast  tag- 
lich mit  ihm  besprachte.  Felsenb.  2,  464.  später  ungewöhnlich. 
BESPRECHEN,  ahd.  pisprechan  (Graff  6,  376),  mhd.  be- 
sprechen, nnl.  bespreken,  mehrfacher  bedeutung. 

1)  einen   besprechen,    ansprechen,    anreden,    alloqui,    eom- 

pellare : 

welcher  mit  klarem  gesiebt 

seinen  freund  also  bespiicht.    Weckhbrlim  347 ; 

der  llhein  mit  dem  Neckar  fro 

besprach  sie  damals  also.    350; 

mein  mund  besprach  ihn  in  den  schmerzen, 

bis  dasz  er  noch  geholfen  hat.    Opitz  ;>s.  122; 

die  götter  besprechen,  angehen.  Arg.  1, 672 ;  wann  ein  rei- 
cher kam,  der  mein  weib  zu  besprechen  hatte.  Philander 
1,  274;  welche  (geislliche)  zu  besprechen  B.  und  ich  verord- 
net worden.  2,  710;  folgendes  tags  ward  er  abermal  darum 
besprochen  und  gab  endlich  dieses  zur  antworL  Brandts 
Taubm.  82 ;  sie  liebt  dich,  und  hat  mir  aufgetragen,  dich  zu 
besprechen  {mit  dir  zu  reden).    Hippel  10,  320 ; 

den  hohen  schalten  zu  besprechen, 

gebietet  mir  des  hcrzens  feurger  drang.    Schiller  31'. 

2)  einen  besprechen,  etwas  besprechen,  in  anspruch  neh- 
men, ansprechen,  zumal  auf  dem  wege  rechtens :  mit  welcher 
antwort  der  Schleuszer  zufrieden  gewesen  und  mich  ferner 
um  nichts  besprechen  lassen.  Schweinicmen  2,  319;  wenn 
denn  Hartwig  sein  gebühr  140  th.  davon  genommen,  besprach 
ich  seine  erben  darum,  das.;  wie  er  den  zehentcn,  so  das 
bischofthumb  Schwerin  besprach,  frei  gemachet  und  alige- 
schaffet.  MicrXliüs  3,  C34;  und  dasz  sie  nicht  könnten  von 
jemand  anders  umb  eine  so  grosze  summe  besprochen  wer- 
den. 5,  187;  mit  ordentlichen  rechten  zu  besprechen.  Avreh 
proc.  1,  1;  mit  recht  zu  besprechen  nicht  überhaben  sein. 
1,  3;  dasz  du  alsdann  sie  allererst  umb  den  übrigen  abgang 
zu  besprechen  habest.    1,  12; 

wollen  sich  dcrhalben  rechen 

und  Podagra  drumb  besprechen.    Atrer /osfii.  .«p.  40" ; 
da  man  aber  nicht  gar  wolt  zahlen, 
was  ihm  war  zugesagt  vormahlen, 
wie  hart  er  auch  den  rath  besprach, 

der  Stadt  drawet  sein  zorn  und  räch,    froscnmeus.  III.  1,  13; 
du  bist  ein  groszer  trosl,  ein  schirm  und  Zuversicht 
für  einen  jeglichen,  der  dich  umb  schütz  besprich«. 
Opitz  1,  6; 
es  mag  ein  andrer  kriegen, 
dem  Mars  im  herzen  steckt,  das  aus  Ihm  selber  bricht, 
nach  heim  und  walfen  greift,  den  kühnen  feind  besiirtcbt. 

dein  sinn,  herr,  wolle  nichts  «wehren, 
wann  dich  ein  böser  mensch  bespricht,    ps.  t.  2G0; 
l'icn  nara  ihr  einen  gürbcr,  selten  gArbt  er  oder  nie. 
trieb  vielmehr  als  wie  ein  büiner  »tab  und  priigei  über  sie. 
sie  besprach  da»  miiicl  (rcchlamUiel)  dium,  dasz  er  hanU- 

werksrecbt  nicht  hielte.       Locai;  1.  6,  30 ; 
Floridan  liebt  mit  gewien  (gewinn),  eh  gewien  herfur  mag 
brechen,  .  .        .     .i  •. 

aa«  man.  dasz  er  seinen  gaul  woll  um  einen  lauf  besprechen. 
*  5t,  tug.  lOS ; 


1641 


BESPRECHEN 


BESPRECHEN  —  BESPRENGEN 


1642 


Polia  hat  manchen  handel,  wer  sie  nur  nm  was  bospricht, 
'du  hast  an  mich  keine  sache",  sagt  sie  diesem  nimmer  nicht. 

3,  5,  SO ; 
Udus  seuft  den  ganzen  tag:,  wann  er  drüBer  wird  besprochen, 
spricht  er  u.  s.  w.  3,  zug.  Sti; 

verlieren  soll  ein  weib  das  leben  mit  der  ehr, 
als  sie  im  ehbriich  einst  ergrilen  worden  wer, 
jedoch  also,  der  nicht  ihr  mann,  von  ihr  besprochen 
auch  werden  könt,  dasz  er  die  eh  hett  eh  gebrochen. 
Werders  .4r.  27,  69; 

und  aber  mein  ehrenschänder  sich  wol  nimmermehr  anmel- 
den wird,  dasz  ich  ihn  mit  recht  besprechen  und  meine  ehre 
durch  rechtliche  mittel  wider  ihn  ahnden  könne.  Schcppics 
623;  zumal  keinem  menschen,  ja  wie  rechtsgelehiie  dar>on 
schreiben,  dem  teufet  selbsten,  wann  er  für  gericbte  bespro- 
chen würde,  die  defension  abzuschneiden  ist.  das.;  stüszt 
die  schimpfiichsten  reden  gegen  mich  aus,  und  da  ich  ihn 
deswegen  besprechen  liesz,  forderte  er  mich  mit  einem  blan- 
ken degen  auf  die  grenze.  Fetsenb.  3,  44S ;  bischof  Philipp. 
als  er  von  dem  abte  Wibold  zu  Corvei  nachmals  noch  ein- 
mal dieserhalben  besprochen  wurde.   Moser  2, 107 ; 

jedes  schöne  kind,  das  unsern  schütz  bespricht. 

WiEiA.XD  17,  29 ; 
wo  nicht,  sogleich  zu  thun,  warum  wir  euch  besprechen. 

22,  97 ; 

eiii  eines  Verbrechens  halber  besprochener.  He"<?ce»a:<!»  über 
die  bevorzugte  hypoth.  des  fiseus  s.  29.  einige  der  hier  auf- 
geführten beispiele  lassen  sich  ebenwol  unter  1  bringen. 

3)  besprechen,  bereden,  bedingen^  bestellen,  pacisci,  man- 
dare,  engl,  bespeak :  denn  obwol  die  alten  leute  über  das 
besprochene  lohn  nicht  die  minste  liebe  einem  erweisen.  Gry- 
PHius  1,  845 : 

euer  söhn  der  gieng  voran, 

euch  die  bahnenurzu  brechen 

und  die  steile  zu  besprechen 

da  er  stets  bei  euch  sein  kan.    Fleming  343; 

der  gnädigen  frau  habe  ich  für  das  neue  stück  eine  löge 
besprochen  {in  beschlag  genommen).  Schiller  629 ;  der  herr 
graf  habe,  weil  unvermutete  gaste  angekonmien,  sogleich  das 
ganze  wirlshaus  besprochen.  GütheIS,  253;  alle  stuhle  sind 
bald  besetzt  oder  besprochen.  29,  252;  am  29  aug.  sollte 
ich  zu  einem  schon  besprochenen  (verabredeten)  gastmal  auf 
den  posthof  eingeladen  werden.  32,  154 ;  kommt  nur,  ich  will 
gleich  ein  zimmer  für  euch  besprechen  (bestellen).  Lenz  1, 
290;  waaren  besprechen,  im  voraus  bedingen,  bestellen,  vgl. 
sich  versprechen  lassen. 

4)  besprechen,  bereden,  disceptare:  das  wollen  wir  erst  be- 
sprechen ;  die  sache  will  näher  besprochen  sein ;  wir  haben 
uns  noch  nicht  mit  ihm  darüber  besprochen ;  der  Vorschlag 
soll  sogleich  besprochen  werden^  es  ist  besser  den  handel 
mSndlicb  zu  besprechen,  als  sich  in  ein  langes  schreiben 
einzulassen ;  die  vielbesprochne  frage ; 

was  man  nicht  bes|irichL,  bedenkt  man  nicht  recht.    Götbb; 

wir  haben  es  oftmals 
mit  einander  besprochen  (durclioetprochen). 

Klopstock  Hess.  10,  352. 

51  besprechen,  mit  feierliciien  warten,  incnnlare:  der  bau- 
redner  auf  dem  satteldache  eines  neuen  hauses  besprach 
droben  sehr  die  künftige  feuersbrunst  und  dämpfte  seine 
eigne,  und  schleuderte  den  glüsernen  feuereimer  weit  über 
das  gerüste.  J.  Paul  TU.  1,170;  wie  einer  der  das  feuer  be- 
spreclicn  will,  das  ihm  nachsclilnngelt.  2,  20 ;  es  machte 
meine  liebe  zum  erdkreis  nicht  fetter,  dasz  ich  in  einem 
mir  unbekannten  stfidtchen  am  h)-lk>n  luillage  ein  haus  in 
vollen  llaminen  sah  und  doch  ilie  Zuschauer  blosz  das  feuer 
besprechend,  nicht  bcgieszend  da  standen.  Aoni.  anh.  2.  71 ; 
der  landsknecht  nährte  sicli  und  die  frau  von  vielen  kunst- 
reichen heilmitlelu  fürs  vich,  anilerc  illiel  wüste  er  zu  be- 
sprechen. Armüi  kronemr.  1,229;  eine  büchse  besprechen,  so 
dasz  sie  versagt,  nicht  los  gehl,   s.  versprechen. 

6)  sich  besprechen,  colhqui,  sich  unterreden,  über  etwas 
verabreden,  einigen:  und  besprich  dich  mit  den  verslündigen. 
Sir.  9,  22;  und  uU  er  sich  mit  im  besprochen  hatte,  gieng 
er  hmein.  aposl.gesch.  10.2";  und  liespriuh  sich  mit  im.  2t, 
26;  dd  besprach  sich  Fe<tns  mit  dem  ralli.  25,12;  also- 
kiid  fuhr  ii-h  zu,  und  besprach  mich  nicht  daruiier  mit  flt-iMh 
und  bluL  Gal.  l,  16;  ich  ntp  aber  hinauf  und  Itespr.K'h  mich 
mit  inen  über  dem  evangeliu.  2,  2;  will  ich  mich  mit  mci- 
Bcn  nithen  besprechen.  Ainwn  c;  uad  gehen  uoil.  besprv- 
cben  sich  mit  einander.    .Mathssius  7(t'; 


ich  habe  mich  mit  mir  nun  ganz  besprochen, 
der  leichten  weh  ihr  guispin  oder  pochen 
sol  mich  forthin  nicht  weder  krank  noch  froh 

mehr  machen  so.  Fle«i»(;2S3; 

dort  könnt  ich  mit  mir  selbst  vcrtranlich  mich  besprechen. 

Hagedorn  1,  28 ; 
zu  hören,  wie  in  seinem  kabineite 
der  arme  mann  sich  mit  sich  selbst  besprach. 
WiEiAXD  10,  257 : 
bei  denen  (scherzen) 
frau  Juno  mit  Minerven  sich  vom  weiter 
.  .  .  bespricht.    Gotter  1,  61; 

vne  über  einen  üusz  hinüber  iwci  feindliche  verpesten  sich 
ruhig  und  lustig  zusammen  besprechen.  Götbe  IS.  285 ;  die 
arzte  besprechen  sich  unter  einander  über  den  kranken.  In 
ganz  anderm,  laugst  veraltetem  sinne  hiesz  es  mhd.  sich  eines 
dinges  besprechen,  dazu  anheischig  macJten: 

des  sol  er  sich  besprechen,    kröne  14529. 

BESPRECHEN,  n.  pactio,  coUocutio:  hat  derowegen  dem 
engel  sanct  Michel  die  wage  befohlen  mit  discm  besprechen, 
verwaren  und  gedingen,  dasz.  bienenk.  104*;  doch  mit  disem 
beding  und  besprechen,  dasz.  117';  das  besprechen  der  ärzte 
dauert  schon  eine  halbe  stunde. 

BESPRECHER,  m.  ineantalor,  der  feuerbesprechjer  «.  s.  v. 

BESPRECHUNG,  f.  in  allen  bedeutungen  des  besprechen? : 
ich  verspare  es  auf  diese  besprechung.  Wielaxd  2,  fr2 ;  be- 
sprechung  des  feuers. 

BESPRECHUNGSFORMEL,  f 

BESPREITEN,  conspergere,  über  etwas  ausspreilen  : 

ich  hntie  wollen  wol  des  herren  grab  bespreiten 

mit  blauen  veiligen.        Fleming  15: 

blumen  müssen  dich  bespreiten.  435. 
BESPRENGEN,  conspergere,  perfundere,  nnl.  besprengen,  ma- 
chen  das:  etwas  auf  etwas  springe,  aufschütten,  meist  benetzen, 
beträufen,  begieszen :  besprenge  die  hechde  ujjen  mit  salze,  von 
guter  spise  s.  7;  besprenge  die  ele  u^ene  mit  salze,  das.; 
mache  ein  gesoten  honigwein  und  bespreng  die  opfele  da- 
mit, kuckenmeisterei  cap.  6 ;  das  unschuldig  lemlein  und  bliit 
Christi,  darmit  man  besprengen  sol  dise  salb.  Keisersb.  Sün- 
den des  munds  15*;  und  soll  das  blul  auf  dem  altar  nemen 
und  salböle  und  Aaron  und  seine  kleider,  seine  söne  und 
ire  kleider  besprengen.  2  Mos.  29,  21 ;  und  wer  von  seinem 
blut  ein  kleid  besprenget,  der  sol  das  besprengte  stück  wa- 
schen an  heiliger  statt.  3  Mos.  6,  27  ;  und  in  des  geschlachten 
Vogels  blut  tunken  am  flieszenden  wasser,  und  besprengen 
den  der  vom  aussatz  zu  reinigen  ist,  siebenmal.  14,  7.  61; 
man  sol  isopen  nemen  und  ins  wasser  tunken  und  die  hül- 
len besprengen.  4  Mos.  19, 18 ;  es  ist  mit  sprengwasser  nicht 
besprenget,  darumb  ist  er  unreine.  19,  20 ;  und  sie  storzten 
sie  erab,  das  die  wand  und  die  ros  mit  irem  blut  bespren- 
get worden.  2  kön.  9,  33 ;  ich  habe  mein  lager  mit  myrren, 
aloes  und  cinnamen  besprenget,  spr.  Sal.  7,  17;  und  also 
wird  er  viel  beiden  besprengen  (vulg.  iste  aspergel  gentes 
multas).  Es.  52,  15;  und  von  desselben  farren  blut  soitu  ne- 
men und  seine  vier  hörner  damit  besprengen.  Ez.  43,  20; 
und  der  priesler  sol  vron  dem  blut  des  sündopfers  nemen 
und  die  pfosten  am  hause  damit  besprengen.  45.  19 ;  und 
als  Moses  ausgeredet  halie,  nam  er  kelber  und  bocks  blut 
mit  wasser  und  purpurwolle  und  isopen  und  besprenget  das 
buch  und  alles  volk  [golh.  hyssöpön  jah  vullai  raudai  ufar- 
trusnjan.  skeir.  3).  Ebr.  9,  19 ;  besprenget  in  unsern  herzen. 
10,  22 ;  und  war  angethan  mit  >  einPitt  kleide,  das  mit  blut 
besprenget  war.  offenb.  loh.  19*  18;  die  bürger  aber  gaben 
dem  Androclo  geschenke,  bespt'englen  den  löwen  mit  blu- 
men (icie  »■/).  1583  beschmeiszen).    Kirchhof  «.cndunm.  203'; 

der,  den  das  theure  blut  des  lamiaes  hat  besprenget. 
LoGtu  1,  6,  13; 

wen  Christus  roiber  schweisz  und  kostbar  blut  bespreogei. 

1.9,42; 
die  strasze,  gegen  den  staub,  mit  wasser  besprengen ;  das 
zimmer  mit  wolgerüchen ;  sich  mit  kölnischem  wasser  be- 
sprengen ;  die  hienensföcke  werden  mit  sand  besprengt ;  er 
bestieg  die  von  limonien  mit  Sonnenschein  besprengte  gal- 
lerie.  J.  Pail  Tit.  t,  56.  besprengen  ist,  wie  besprilzeu,  eine 
leichtere,  dünnere  netzung  als  begieszen  und  beschütten,  man 
besprengt  die  blätler,  die  wu>,clie,  aber  begieszt  die  blumen, 
die  Icinwand,  beschüttet  das  mehl  im  trog  mit  wasser,  die 
tenne  mit  körn,  der  regen  besprengt  erst  bevor  er  ganz  be- 
schüttet. a//cin  dichterisch  kann  besprengen  überall  die  stelle 
rom  beneltcn  jeder  arl  gebrauclU  uerdeu. 


1643 


BESPRENGUNG— BESPRITZEN 


BESPRITZUNG— BESSER 


1644 


BESPllENGUNG,  Y. 

BESPRENGWEDELN,  aspergillo  huvieclare. 

BESPRENGWEDELÜNG,  f.  lang  her,  für  tausent  teufel, 
lang  her,  siehst  nicht,  wie  ich  mich  worg?  die  kuttelfleck 
verursachen  ein  unjärliche  besprenzung  und  besprengwäde- 
lung.  Garg.  85*. 

BESPRENKELN,  maculis  spargere,  für  hespTenge]a1  jeden- 
falls mit  besprengen  nah  verwandt:  besprenkeile  hennen, 
blumen,  gewöhnlich  gesprenkelte,  man  s.  das  einfache  spren- 
keln, wo  mehr  zu  sagen  ist. 

BESPRENZEN,  leviter  aspergere,  eine  gute,  jetzt  ungebräuch- 
liche forlbildung  von  besprengen:  gewächs,  so  sie  besprenzet 
oder  begossen  werden,  luslg.  84 ;  blumen  musz  man  bespren- 
zen,  nicht  überschütten.  Lehmann  923 ;  im  rüschten  (rösten) 
besprenzen  sie  das  körn  ein  wenig  mit  wein.  Tabernaemont. 
590;  aller  practik  groszmutter,  jetzund  aufs  newe  ergcnzt 
und  besprenzt.  Fischarts  groszm.  tilel;  deshalben  wann  man 
schon  lang  will  entgegenwerfen  die  ordonanzen  der  päpst, 
oder  wollen  uns  mit  dem  concili  zu  Basel  besprenzen.  bie- 
nenk.4'';  in  menniglich  stecken  scmina  stultitiae,  man  mags 
leicht  säjen,  so  wechsts  daher,  das  unzeitig  loben  aber  be- 
sprenzt es.  Garg.  246'.  man  sehe  das  einfache  sprenzen,  und 
aufsprenzen. 

BESPRENZUNG,  f  siehe  besprengwedelung. 

BESPREL'EN,  bestreuen,  wie  ausspreuen,  sp.  979. 

BESPRLNGEN,  assilire,  aufspringen,  nnl.  bespringen. 

1)  der  hengst  bespringt  die  stule,  init  equam,  der  ochs 
die  kuh,  der  hirsch  die  binde,  nnl.  de  hengst  bespringt  de 
merrie. 

2)  der  Jäger  bespringt  den  balzenden  auerhahn,  naht  ihm 
mit  schnellem  sprung.  die  unsern  nachen  besprungen  (in  ihn 
sprangen).  Opitz  Arg.  2,  402. 

3)  anfallen,  überfallen,  iL  assalire,  assaltare,  franz.  as- 
saillir:  die  räuber  bespringen  einen,  nnl.  ik  werd  van  twee 
rovers  besprongen; 

dem  Samson  füigebild,  da  als  er  ward  besprungen, 
befochten  und  gedruckt.        Opitz  3,  243; 

thu  was  der  kaiser  heiszt, 
besetze  saal  und  hof,  wofern  der  freche  geist 
nicht  in  die  schranken  will,  so  lasz  ihn  stracks  bespringen. 

Grtpuius  1,  14; 
wir  müssen  all  auf  einmal  ihn  bespringen.    1,  67 ; 
wie  heftig  stürm  und  weiter  ein  schwaches  reis  bespringt. 

derselbe ; 
wer  der  stärkste  im  angreifen  ist,   den  lasset    die  beute  am 
ersten  bespringen.   Perus  327. 

4)  eine  Stadt  belagern  und  stürmen  (vgl.  berennen): 

ich  arme  (stadt)  werde  nun, 
ich  arme,  die  ich  bin,  zu  land  und  see  besprungen. 
Opitz  2,  51 ; 

gesetzt  auch,  dasz  wir  schon  mit  tausend  beeren  dringen 
ins  kaiserliche  schlosz  und  hof  und  siadt  bespringen. 

Ghtphius  1,  16; 
eh  ich  das  schwert  ergrif  und  durch  die  waffen  drang, 
eh  ich  mit  flamm  und  spiesz  der  feinde  wall  besprang. 

1,41; 
sobald    disz    kind   in    seiner    gewalt  war,    liesz  er  die  Stadt 
Bregentia  bespringen.    Lohenst.  Arm.  1, 152, 

5)  auf  die  personißcierte  furcht  angewandt: 

doch  welche  zeit  die  furcht  mich  wird  bespringen, 
solst  du  mein  trost  mir  sein.    Opitz  ps.  s.  106; 

nnl.  daar  duizend  vreezen  mij  bespringen. 

6)  mhd.  auch  von  sjiringrndem  wasser  oder  blut: 

nii  fliujet  hin  ze  tal 
daj  bluot  durch  die  halsberge,  davon  sint  uns  die  müre 
besprungen  allenthalben.       Cudr.  650,  4; 
heim  und  brünne  daj  was  gar 
besprungen  mit  dem  bluote.    Bit.  4090. 

vgl.  herinnen,     die  bedeutungen  3 — 6  heute  ungebraucht. 

BESPRITZEN,  aspergere,  maculare:  mit  wasser,  regen,  blut, 
koth  bespritzen; 

und  alle  gest  bespritzen  thu,     , 

so  lach  dann  erst  wol  fein  darzu.    Scubit  grob.  C  1' ; 

und  bitten  dich  die  frnwiin  sehr, 

du  wölst  sie  noch  bespritzen  mehr.    0  3'; 

mich  hat  zwar  mannes  blut  bespritzt,  doch  nicht  befleckt. 

HOFIA.IKSWALDAU: 

doch  endlich  als  der  «türm  sein  iluszcrsles  gethan, 
langt  athemlos  die  ganze  chorgemeine 
durchnäszi  und  wol  bespritzt  im  klostervorhof  an. 
Wieland  Oheron  2,  34  ; 
«chwerl  traf  auf  »chwert,  zum  Schlachtfeld  ward  die  sladi, 
ja  diese  hallen  selbst  bespritzte  blut.    Scuillkr  489'; 


fasz  mit  dem  maul  ihre  vollen  zitzen, 

thu  mir  mit  macht  die  gurgel  bespritzen.    Güthb  13,  80; 

die  brennende  wand  wurde  unablässig  aus  allen  schlauchen 
bespritzt. 

BESPRITZUNG,  f.  wenn  man  so  die  gräszliche  bespritzung 
des  einzigen  himmlischen  (der  musik)  erfährt,  das  noch  über 
die  lebensspieszbürgerei  oben  vorüberfliegt.  J.  Paul  fiegelj. 
2,  86. 

BESPROSSEN,  germine  imbuere,  nur  im  pari,  gebräuch- 
lich : 

die  zart  besproszte  (grünende)  au.    Borger,  an  die  hofnung. 

BESPRUCH,  m.  condictio,  conventio,  besprechung.  Stiele» 
2104,  gebildet  wie  spruch,  anspruch,  ausspruch,  einspruch, 
verspruch,  Zuspruch:  es  fand  kein  bespruch  statt. 

BESPRUDELN,  aspergine  madefacere:  die  quelle  bespru- 
delt den  rasen;  wenn  er  redet,  besprudelt  er  unangenehm 
den  gegenüberstehenden. 

BESPRÜHEN,  scintillis  aspergere,  nnl.  besproeijen:  die 
flamme  besprühte  schon  das  nachbarhaus ;  besprüht  von  fun- 
ken ergriffen  wir  schnell  die  flucht. 

BESPRUNG,  m.  admissura.    Stieler  2106. 

BESPRÜTZEN,  s.  bespritzen,  und  das  einfache  worl. 

BESPUCKEN,  conspuere,  bespeien,  nnl.  bespugen. 

BESPÜLEN,  alluere,  nnl.  bespoelen:  der  flusz  bespült  die 
mauern  der  Stadt;  von  den  wellen  sanft  bespült;  wo  des 
meeres  wellen  das  ufer  sanft  bespülen.  Humboldt  kosm.  1,  6 ; 
der  regen  hat  das  pflaster  bespült,  abgespült;  mit  flüssigkei- 
ten  die  haut  bespülen ;  dasz  die  schönste  reihe  töne  ab- 
gleitet von  bespülten,  aber  nicht  erweichten  herzen.  J.  Paul 
Hesp.  3, 74.    sich  bespülen  =  sich  betrinken.  Lichtenberg  3,  76. 

BESPÜTZEN,  was  bespucken,    s.  bespeien. 

BESSER,  melior,  melius,  goth.  batiza  batizö  batizö,  ahd. 
pejiro  pejirä  pejirä,  eigentlich,  gleich  allen  comparativen,  nur 
schwacher  ßexion,  doch  bricht  die  starke  ausnahmsweise  schon 
ahd.  vor,  mhd.  noch  ößer.  der  schwache  nom.  lautet  imnjh. 
durch  alle  geschlechter  einförmig  bejjer,  und  gewinnt  dadurch 
starken  schein,  so  dasz  der  nom.  pl.  sein  n  desto  leichter 
abslöszt:  Hhte  sint  si  bejjer.  Walth.  51,  4;  s6  swüere  ich 
wol,  da;  hie  diu  wip  bejjer  sint,  danne  ander  frouwen. 
57,  6 ;  umgekehrt  zeigt  der  fteclierte  starke  nom.  sg.  m.  bej- 
jen'e  (Greg.  1472)  vocalischen  ausgang.  im  acc.  sg.  m.  hat 
Lacbh.  Nib.  1996,  4  sogar  in  seinen  texl  aufgenommen  einen 
be;;er  für  bejjern.  weitere  ausführung  gehört  nicht  hierher, 
nhd.  gilt  regelmäszig  starke  und  schwache  flexion,  ein  besse- 
rer mann,  und  mit  abwurf,  ein  mann  ist  besser  als  der  an- 
dere; schwach  der  bessere,  die  bessere,  das  bessere,  gen. 
besseres  mannes  oder  des  besseren  t4.  s.  w. 

Wie  sich  adj.  und  adv.  tmterscheiden,  ist  sp.  1153  vorge- 
tragen und  gewiesen  worden,  dasz  das  ältere  und  organische 
basz  allmälich  einem  aus  dem  adj.  entnommnen  adv.  besser 
weichen  muste.  an  der  gestalt  dieses  nhd.  besser  kann  so 
wenig  als  an  der  des  lat.  melius  erkannt  werden,  ob  es  ad- 
jectivisch  oder  adverbial  zu  nehmen  sei;  sobald  flexion  zu- 
tritt, leidet  das  adj.  keinen   zweifei. 

Die  bedeutung  beider  Steigerungen,  des  adj.  wie  adv.,  ent- 
spricht der  des  positiven  gut  und  wol.  es  ist  ein  grnndzug 
unserer  spräche,  das  gute  unverändert  in  allen  lagen  meist  mit 
diesem  einfachen  wort  auszudrücken,  während  sein  gegensatz  eine 
menge  von  begriffen  und  namen  entfdtet,  die  nicht  gleichgül- 
tig wechseln  können:  das  böse,  üble,  schlechte,  schlimme, 
arge,  ganz  auf  dieselbe  weise  musz  dem  besseren  das  bö- 
sere, üblere,  schlechtere,  schlimmere,  ärgere,  ehmals  auch 
das  wirsere  entgegen  treten. 
l.  Steigerung  des  adjectivs. 

1)  persönliche  Verhältnisse:  unter  zwein  söhnen  der  bes- 
sere; eines  besseren  vaters  schlimmer  söhn; 

du  würdest  wol  tliun  diesen  platz  zu  leeren, 
'ich  wills,  wenn  beszre  maniier  es  begehren'. 
Schiller  504"; 

die  stelle  ist  dem  besseren  zu  theil  geworden ;  es  kann  kei- 
nen besseren  menschen  geben ;  mhd. 

e;n  kom  nie  be{jerre  in  da;  lant.  Greg.  1472; 
ein  besserer  wurde  nicht  geboren;  jetzt  spricht  aus  dir  ein 
besserer  mensch,  dein  besserer  mensch,  ein  oder  dein  bes- 
serer geist  («<;ie  das  spricht  dein  enge!) ;  keinen  besseren  dich- 
ter bradile  das  land  hervor;  kein  hesser  mnsicant  da  ist. 
ScHuppius  4 ;   wir  fordern  einen  noch  besseren. 


1645 


BESSER 


BESSER 


1646 


2)  sacken,  das  bessere  ist  nicht  immer  gut  Pfeffel  6, 
16S;  das  bessere  ist  ein  feind  des  guten;  er  hat  sich  eines 
besseren  besonnen;  besinnen  sie  sich  aber  eines  bessern 
und  lenken  wieder  ins  alte  gleis  ein.  Klopstock  12,  355 ;  ich 
will  dich  des  besseren  belehren,  berichten ;  er  kann  noch 
einmal  besseres  leisten ;  du  solltest  etwas  besseres  thun ;  du 
hast  das  bessere  theil  erwählt;  mhd. 

Bertha,  du  hast  das  beszre  theil  erwählt.    Schiller  442*; 

daj  be^jer  spil,  ob  ich  daj  hän  genomen.  Walth.  46,  26. 
ton  den  beiden  bänden  aber  hiesz  die  rechte  diu  beger  hant, 
vgl.  gesch.  der  deutsch,  spr.  s.  9S7;  wir  müssen  besseres  wei- 
ter abwarten;  die  besseren  tage,  zeiten  sind  Torüber;  auf 
dem  gebirg  ist  bessere  luft;  sie  hat  weniger  verstand,  aber 
ein  besseres  herz ;  die  bessere  waare  oben  hin  legen ;  als 
wenn  man  dich  fragt,  seind  die  bering  gut?  und  du  schwe- 
rest,  sammer  gott,  es  seind  nit  besser  hering  in  der  ganzen 
statt.  •  Keisersberg  sünd.  d.  m.  21' ;  er  ist  nun  in  besserer 
läge;  wartet  auf  bessere  gelegenheit;  ich  behaupte  das  mit 
besserem  recht  als  du;  du  hast  eine  bessere  barmherzigkeit 
hernach  gethan  denn  vorhin  {vulg.  priorem  misericordiam 
posteriore  superasti).  Ruth  3,  10 ;  dein  gott  mache  Salomo 
einen  bessern  namen.  1  kön.  1,  47  ;  ich  will  inen  in  meinem 
hause  einen  ort  geben  und  einen  bessern  namen,  denn  den 
sönen  und  töchtern.  Es.  56,  5 ;  ich  wil  dir  einen  bessern  Wein- 
berg dafür  geben.  1  kön.  21,  2 ;  ich  kans  nicht  loben,  das  ir 
nicht  auf  besser  weise,  sondern  auf  ärger  weise  zusamen 
kommt.  1  Cor.  11,  IT ;  eine  bessere  hofnung,  durch  welche  wir 
zu  gott  nahen.  £6r.  ~,  19 ;  welches  auch  auf  bessern  ver- 
heiszungen  stehet.  S,  6;  wir  hatten  dort  besseren  zeilver- 
treib; sie  bedürfen  in  vielen  stücken  besserer  Unterweisung; 
so  wallt  man  froh,  so  wallt  man  leicht 
ins  beszre  Vaterland.        üsteri  1,  5. 

3)  für  das  praedicierende  besser,  weil  es  meistentheils  un- 
fleciierl  stelJ,  kann  ztceifel  zwischen  adj.  und  adv.  entsprin- 
gen, in  folgenden  beispielen,  und  tielen  andern,  ist  das  adj. 
offenbar:  er  ist  gut,  du  bist  besser;  sei  besser  (sois  meil- 
leur),  werde  besser,  und  du  wirst  glücklich  sein;  du  wirst 
nit  besser,  du  bleibst  hür  als  vem  (dies  jähr  wie  das  vorige). 
Keisebsr.  sünd.  d.  m.  50*;  tugend  ist  besser  als  reichthum; 
gehorsam  ist  besser  denn  ein  lügner  (melior  est  pauper 
quam  vir  mendax).  spr.  Sal.  19,  22 ;  diser  (Aristoteles)  schetzt, 
das  freundschaft  besser  sei  weder  golt.  Keisersb.  o.  a.  o.  4S' ; 
dasz  dasseibig  buch  besser  dann  das  evangelium  seie.  bie- 
nenk.  33';  er  ist  viel  besser  als  sein  ruf;  die  letzten  waren 
besser  als  die  ersten,  in  allen  diesen  fällen  würde  die  äl- 
tere Sprache  niemals  basz,  mhd.  baj  verwenden,  aber  auch 
das  adv.  kann  praedicaliv  stehn.    vgl.  II,  1. 

4)  zu  eingang  zahlloser  Sprichwörter  in  allen  deutschen  spra- 
chen heiszt  es  immer  mit  dem  neutralen  adj.,  nie  mit  dem 
adv.,  besser  ist  (He.visch  323) :  besser  ist  schweigen  als  spre- 
chen, mhd.  beider  ist  (Fbeid.  &2,  ö.  90, 19.  97,  22. 155,  201,  ahd. 
pe^irä  ist  suigen  denne  gisprechao;  besser  ist  spül  als  gar 
nicht;  altn.  betra  er  seint  enn  aldrei.  ehmals  folgte  der  inf. 
ohne  zu:  es  ist  besser  eim  beren  begegen,  dem  die  jungen 
geraubt  sind,  denn  eim  narren  in  seiner  narrheit.  spr.  Sal. 
17,  12;  es  wäre  besser  mit  ander  leut  schaden  weis  werden. 
AcBicoLA  spr.  20;  heute  sagen  wir,  zu  schweigen,  weise  zu 
werden.  Statt  des  inf  aber  pflegt,  wie  nach  andern  adj. 
{gramm.4,  129)  schön  auch  das  pari.  praeL  zu  folgen:  besser 
ist  geschwiegen  als  gesprochen ;  besser  ist  spät  als  gar  nicht 
gekommen ;  so  ist  besser  fried  genommen  und  tribut  geben. 
alte  weisen  lll';  besser  ist  es  ehrlich  gestorben  dan  schent- 
lich  gelebt.  113';  besser  gestorben  als  verdorben;  besser  ist 
davon  geblieben  =  davon  zu  bleiben,  pol.  stotkf.  ll>.    mhd. 

sun,  be^er  ist  gemejjen  zwir 

danne  verboiiwen  äne  sin.    W'insbeke  IS.  tgl.  Fuid.  13t,  23; 

du  hast  mich  \hip.n  in  der  not. 

daj  mir  bejjer  waere  begraben,    klage  9S9; 

vil  be;;er  wsere  an  Sünde  grä 

getragen  denne  mit  Sünden  bIS.    Renn.  2533. 

es  heiszt  auch:  besser  ist  besser.  Lessinc  t,  533.  Klopstock 
12,  137.  GüTHE  40,  252.  GöKi.xcK  2,  9S ;  altn.  betra  er  betra ; 
besser  ist  besser,  sagte  Hans,  gieng  hinter  die  scbcune  zwi- 
schen die  blumen  sitzen. 

5)  mir  ist  besser,  expedit  mihi:  ist  dirs  besser,  das  du  in 
des  einigen  mans  haus  priester  seiest,  oder  unter  einem 
ganzen  stam  und  geschlecht  in  Israel?  rieht.  18,  19;  denn 
deine  schnür  hat  in  geboren,  welche  dir  besser  ist,  denn 
sibeo  söne.  Au/A  4, 15 ;  es  were  mir  besser,  das  ich  noch  da 


were.  2  Sam.  14,  32 ;  isls  nu  nicht  besser  dem  menschen,  es- 
sen und  trinken  und  seine  seele  guter  dinge  sein  in  seiner 
erbeit?  pred.  Sal.  2,  24;  es  ist  dir  besser,  das  eins  deiner 
glieder  verderbe  (goth.  batizr»  ist  auk  |)us,  gr.  aiuftoei  yäq 
aot).  Matth.  5,  29 ;  es  ist  dir  "besser,  das  du  zum  leben  lahm 
eingehest.  IS,  S ;  mir  wäre  besser,  ich  gienge.  Götbe  16, 155. 
statt  des  abhängigen  satzcs  oder  des  inf.  kann  auch  hier  das 
praet.  folgen:  es  were  euch  besser  still  geschwiegen,  denn 
thörlich  geredt.    Fierabr.  C  6. 

5)  zuweilen  steht,  wie  neben  andern  comparaliven,  der  gen. 
neben  besser:  keiner  ist  eines  haares  (um  ein  haar)  besser. 
Witzenb.  3,  118. 

6)  die  alte  spräche,  wie  sie  insgemein  mit  vaiht  und  nivaiht, 
iht  und  niht,  ieman  und  nieman  den  gen.  verband,  musle 
auch  den  gen.  der  comparaiire  beifügen  und  ein  goth.  nivaiht 
batizins,  ahd.  niowihl  pejjirin  ist  vorauszusetzen,  mhd.  galt 
schon  statt  dieses  niht  bezjem  ein  niht  bez^ers  (irfe  .\ift.  2,  2 
niht  schoeners,  und  das  organische  nihl  anders),  in  kans  niht 
begers  leren.  MS.  2,  14S'.  nhd.  darf  man  dem  Keisersbebg 
noch  gefühl  des  gen.  zutrauen :  da  ist  nicht  verfanglichers 
und  bessers  für  weder  Ursachen  (anlasse^  fliehen,  sünd.  d.  m. 
ll';  was  sollen  die  kinder  brauchen?  da  ist  nit  bessers  zfi 
denn  birkenlatnergen  (ruthe).  16';  ist  nit  bessers  weder  das 
er  lasz  hucken.  19";  es  ist  nicht  bessers  dafür  uf  ertreich 
weder  eben  das.  26*.  allmälich  aber  nahm  man  diesen  gen. 
bessers  ßr  die  neutralflexion  des  nom.  und  acc,  wir  sagen 
heute:  nichts  bessers  ist  in  der  weit  als  die  liebe;  ich  wusle 
nichts  bessers  zu  thun  als  einzuwilligen,    ebenso  was  bessers. 

II.  Steigerung  des  adverbs.  daßr  hat  die  heutige  spräche, 
nach  aufgegebnem  basz,  nur  die  neutralform  des  adj.,  ganz 
wie  das  lat.  melius  auch  den  adrerbialbegrif  erßUt,  während 
it.  meglio,  franz.  mieux  sich  wieder  von  migliore  und  meil- 
leur  sondert,  an  sich  ist  meglio  und  mieux  nichts  als  das 
im  adr.  haßende  melius,  und  weil  die  vornan,  zunge  sonst 
das  neutr.  fahren  liesz,  erstreckten  sich  migliore,  meilleur  aufs 
ganze  adj. 

1)  das  adv.  kann  nun  auch  praedicativ  vorkommen  in  re- 
densarlen,  die  sich  elliptisch  fassen:  der  kranke  ist  heule  bes- 
ser, franz.  le  malade  est  aujourdhui  mieux  (nicht  meilleur), 
mhd.  er  gemac  ba?,  gerade  wie  im  positiv  gesagt  wird  er  ist 
wol  [nicht  gut),  il  est  bien  (nicht  bon),  il  se  porte  bien; 
er  wird  zusehends  besser,  va  mieux;  erst  als  er  wieder  bes- 
ser wurde.  Güthe  18,20;  ist  dir  nun  wieder  besser?  Kli5ger 
1,  29 ;  mir  wird  jetzt  besser,  nicht  anders,  es  ist,  wird,  steht 
besser  mit  ihm  (um  ihn):  so  erquickt  sich  S.tuI  und  ward 
besser  mit  im  (vulg.  levius  babebat)  und  der  böse  geist  wich 
von  im.  1  Sam.  16,  23 ;  schläft  er,  so  wirds  besser  mit  im. 
Joh.  11, 12,  vulg.  si  dormit  salvus  erit,  goth.  jabai  slepi})  hails 
vairt)it>,  er  wird  wieder  gesund,  adjectivisch  gefaszi.  das  adv. 
ich  bin  besser  läszt  sich  erklären,  ich  bin  besser  auf,  wie  ich 
bin  wol,  ich  bin  wolauf,  franz.  je  suis  mieux  portant;  es 
wird  besser  mit  mir,  gleichsam  beschaffen,  mir  ist  hier  wol, 
dort  wäre  mir  besser;  ich  wil  wiederum  zu  meinem  vorigen 
man  gehen,  da  mir  besser  war,  denn  mir  itzt  ist.  Hos.  2,  7, 
ifo  ich  mich  besser  befand.  M.\aler  setzt  noch:  der  krank- 
heil  halben  ielz  basz  umb  einen  slon,  commodiorcm  esse; 
uns  ist  etwas  basz ;  er  ist  basz  zufusz  u.  s.  w. 

2)  in  seiner  hauptbestimmung  erscJieint  das  adv.  tuben  dem 
verbum:  etwas  besser  wissen,  können,  verstehen,  bei  Maaleb 
basz  wissen,  singen;  einem  besser  wollen,  bene  eupere:  es 
gibt  personen,  denen  ich  wol  will,  und  wünschte  ihnen  bes- 
ser wollen  zu  können.  Göthe  49,  57 ;  du  erzählst  es,  trägst 
es  besser  vor  als  ich;  du  liesest  gedichte  besser  als  prosa; 
ein  andermal  will  ich  es  besser  machen ;  meine  zeit  besser 
wählen;  es  schickt  sich,  macht  sich  so  besser;  es  geschieht 
besser  als  nicht;  es  unterbleibt  besser;  besinnet  euch  bes- 
ser! Weise  er:;i.  125.  oft  vertritt  das  besser  lebendigere  ad- 
terbia :  besser  (schneller)  laufen,  besser  (lauter)  schreien,  bes- 
ser (sMriter)  widerlegen,  ich  gönne  dirs  besser  [lieber)  als 
einem  andern: 

{der  lad)  gönnte  sie  in  diesem  leich 

den  wurmen  besser  daa  den  Schwaben  {inollen).    Weckhcrl.  S29. 

3)  neben  participien  und  adjeetiven,  in  denen  noch  verbale 
abkuiiß  fithlbar  ist:  besser  kennend,  verstehend,  fühlend; 
besser  erfahren,  unterrichtet,  zugelernt,  bekannt;  besser  kund, 
kundig,  man  hält  dieses  besser,  gleich  dem  mhd.  hat.,  ßg- 
lich  vom  part.  getrennt  (sp.  1135);  erst  nettere  schriftsteiler 
suchen  et  fester  ansuschlieszen.     t.  bessergeboren. 


1647 


BESSER  — BESSERN 


BESSERN 


1648 


4)  für  das  alte  her  baj,  hin  ba?,  M  ba;,  nider  bag,  näher 
baj,  deste  baj,  ie  baj  (sp.  1156. 1157)  setzen  wir  heute  besser 
her,  besser  hin  und  desto  besser  {früher  auch  des  besser), 
je  länger  je  besser,  schleppendere  ausführungen  sind:  besser 
hierher,  hierherwärts,  besser  dorthin,  besser  herauf,  hinauf,  bes- 
ser herunter,  besser  heraus,  besser  her^'or  u.  a.  m.,  von  welchen 
allen  an  gehöriger  stelle  genauer  zu  reden  ist.  desto  besser  (tanto 
melius,  tant  mieux),  um  so  besser  folgert  nachdrücklich :  der 
wind  schlügt  um.  'desto  besser,  so  reisen  wir' ;  der  feind  hat 
sich  links  gewandt,  'desto  besser,  so  geräth  er  zwischen  zwei 
feuer';  er  wird  wissen,  was  er  von  seinen  geschäften  ver- 
schweigen darf,  'desto  besser'.  Lessing  1,  532.  es  kann  aber 
auch  weiter  hinten  stehn,  z.  b.  befinden  sich  bei  ihrem  guten 
wein  sehr  gut,  und  speien  nur  des  besser  darvon.  Garg.  14S" ; 
dasz  man  den  vorgedacbten  jarbegängnussen  und  dem  andern 
plunder  des  besser  zu  steur  komme,  bienenk.  103". 

BESSERER,  m.  emendator,  verbesserer,  bei  Maaler  63'  cor- 
rector,   castigator,  mhd.  bej^eraere.  Bari.  156,  4. 

BESSERGEBOREN,  ein  gesteigertes  wolgeboren:  dagegen 
leben  in  der  Stadt  und  besonders  an  dem  hofe  viele  leute, 
die  sehr  reich  sind  und  gar  nichts  thun.  einige  nennen  sich 
die  bessergebornen.  Klinger  6,  89.  früher  basz  geboren 
(sp.  1156). 

BESSERLICH,  proßcuus,  utilis,  nützlich,  erbaulich,  von  bes- 
sern, wie  ärgerlich  von  ärgern,  förderlich,  hinderlich  von  för- 
dern, hindern :  denn  alle  pein,  ja  alles  was  gott  auflegt,  ist 
besserlich  und  zutreglich  den  Christen.  Luther  1,  46' ;  wolt 
ich  gerne  vou  seiner  grundlosen  Weisheit  Unterricht  empfahen, 
warum  seines  concilii  Ordnung  besserlich,  und  meines  con- 
cilii  Ordnung  ergerlich  sei.  1,  218';  denn  zu  der  zeit  waren 
die  Christen  unter  den  ungleuhigen  vermengt,  darumb  must 
alle  ir  wesen  allenthalben  öffentlich,  besserlich,  löblich  und 
unstreflich  sein.  2, 122' ;  wie  es  dem  armen  volk  leidlich  und 
besserlich  sei.  3, 152'.  br.  3,  6 ;  o  wie  soll  es  so  gar  ein  feine, 
besserliche,  unergerliche  lere  sein.  5,  144';  was  im  {Christo) 
wolgefellig  und  euch  heilsam  und  den  leuten  besserlich  ist. 
5,  266'.  br.  3,  546 ;  ob  grosz  und  viel  büclier  machen  kunst  sei 
und  besserlich  der  Christenheit,  lasz  ich  andere  richten,  br.  1, 
436;  ein  frommer  man  ist  aller  weit  besserlicli.  Agricoi.a 
spr.  32';  dem  ists  fehrlicher  dann  besserlicher.  123';  wo  er 
hett  zu  vil  oder  zu  wenig  gelhon,  das  besseren  und  meren, 
und  andere  besserliche  stück  herzusetzen.  Pauli  im  vorworl 
zu  seh.  und  ernst;  der  bischof  wüste  nichts  mit  ihm,  das 
besserlich  were,  anzufahen.  Kircuiiof  wendunm.  450'.  später 
abkommend,  Maaler  und  Hemsch  setzen  das  wort  gar  nicht, 
wol  aber  noch  Stieler  721. 

BESSERN,  emendare,  reßcere,  augere,  aedißcare,-  corrigere, 
erbaiien,  ausbessern,  verbessern,  ahd.  pe^irun  (Graff  3,  223), 
mhd.  bejjern  (Ben.  1,  95'),  nnl.  beteren,  ags.  beterian,  engl. 
better,  alln.  betra,  schw.  bättra,  dän.  bedre,  gebildet  wie 
ärgern,  lindern,  mildern  u.  s.  w.,  vgl.  aber  auch  büszen.  man 
übersehe  nicht  die  mehrfache  berührung  mit  der  Vorstellung  des 
bauens  {s.  zumal  besserung  1),  woraus  sich  vielleicht  eine 
höhere  Verwandtschaft  zwischen  bauen  und  bata  {sp.  1153)  Aer- 
leiten  liesze. 

1)  kleider  bessern,  ausbessern,  flicken:  den  Schneider  ein 
kleid  liessern  lassen.  Stielkk  720.  wer  werfen  will,  bessert 
die  hand  mit  einem  stein,  nimmt  einen  stein  mit  ihr  auf:  so 
einer  die  liand  mit  einem  stein  bessert  oder  stärkt,  und  doch 
nit  wirft,  weislh.  1,488. 

.  2)  den  weg,  die  strasze  bessern,  ausbessern,  bauen:  der 
die  lücken  verzeunet  und  die  wege  iiessert,  das  man  da  wo- 
nen  müge.  Es.  58,  12;  bessert  also  die  gemeinen  slraszen. 
WiCKRAM  rollw.  7'.  ein  schif  bessern,  nuvem  reficere;  das 
feld,  den  acker  mit  düngcr  bessern ;  ein  haus,  ein  dach  bes- 
sern ;  davon  sollen  sie  bessern  was  bawfeliig  ist  am  liausc 
des  lierrn.  2  kön.  12,  5.  6.  8.  12.  14.  22,  5.  6.  1  cltron.  27,  27. 
i  chron.  34,  10;  schepfe  dir  wnsser,  denn  du  wirst  belegert 
werden,  bessere  deine  festen,  gehe  in  den  thoii  und  tritt  den 
leimen,  und  mache  starke  zigel.  iVu/ium  3, 14;  und  lieng  Jona- 
thas  an  zu  Jerusalem  zu  wonen  und  die  ülut  wider  zu  iiawen 
und  zu  besseren,  l  Macc.  10,10;  kinder  zeugen  und  stat  bes- 
sern {vulg.  aedilicjitio  civitatis)  macht  ein  ewig  gedechtnis. 
Sir.  40, 19. 

3)  im  gerichtlichen  sinn  ettiendare,  ))es8ern  und  büszen. 
heispiele  liefert  IIaltaua  147.  148 ;  da  lacht  der  bischof  und 
gab  LIenspiegel  die  dreiszig  gülden  und  soll  im  darzu  einen 
fciszteu  ochsen  besseren,  kulensp.  cap.  87. 


4)  augere,  was  man  nicht  bessern  mag,  das  soll  man  hin- 
faren  lassen.  Aimon  X ; 

das  klostcr, 
das  hab  icli  bessert  umb  grosz  gut.    Ayrbr352'; 

darumb  wird  im  auch  sein  besoldung  etwas  vor  andern 
steckenknechten  gebessert.  Fronsperg  kriegsb.  1,  69';  der  die 
schulen  in  unserm  vaterlande  nicht  aufrichtete,  sondern  die 
schon  aufgerichtete  nur  besserte  und  endcrte.  Schuppius  538. 

5)  das  soltu  mit  Vernunft  ersetzen  und  bessern.  Keisersb. 
Sünden  des  munds  54';  der  künig  besserte  sein  leben.  Kirch- 
hof wendunm.  122*; 

das  creuze  plagt  den  leib  und  bessert  doch  den  mm. 
LoGAU  1,2,82; 

gehet  das  wol  an,  wofern  er  den  verstand  zu  bessern  unter- 
läszt.  Günther  vorr.  s.  6; 

weil  sie  dadurch  ihr  glück  gebessert  wissen.    980; 
was  sollt  ich  eines  fehls  mich  schämen?    hab 
ich  nicht  den  festen  vorsatz  ihn  zu  bessern? 
Lessing  2,  338; 
wer  spricht  von  Unglück?   beszre  deine  rede! 

Schiller  393'; 
Unheil  beklagea,  das  nicht  mehr  zu  bessern. 

verdeutschter  Othello  1,  3 ; 

möge  man  doch  die  beiderseitigen  beschwerden  durch  ge- 
sandle vertragen  und  bessern.  Dahlmann  ddn.  gesch,  1,  24. 

0)  gebessert  werden,  jmari,  proßccre,  mit  dem  gen. :  was 
sind  wirs  gebessert  {welchen  nutzen  haben  wir  davon),  so  wir 
in  anrufen?  Hiob  21,  15;  das  er  davon  gebessert  werd  und 
das  man  im  helfe.  Keisersr.  Sünden  des  munds  28';  solang 
der  nimmersatt  noch  lebt,  ist  kein  mensch  seiner  gebessert 
{hat  keinen  mUzen  von  ihm).  Kirchhof  wendunm.  180';  ein 
dieb  ist  besser  als  ein  verleumbder.  die  diebe  üben  noch 
mannhaftigkeit  und  genieszen  ihre  speise  durch  kraft  ihrer 
fauste,  und  der  ist  ja  mit  keinem  verleumbder  zu  verglei- 
chen, als  welcher  eines  andern  namen  nur  schwarz  macht 
und  dessen  doch  nichts  gebessert  ist  (nichts  davon  hat),  pers. 
baumg.  7,  11. 

7)  einen  bessern,  außauen,  leiblieh  wie  geistig:  kinder 
werden  mit  der  ruthe  gebessert;  schlage  bessern  verstockte 
kinder  nicht;  das  wissen  bleset  auf,  aber  die  liebe  bessert. 
1  Cor.  8,  1;  fch  hab  es  alles  macht,  aber  es  bessert  nicht 
alles  (akei  ni  all  timreij)).  10,23;  trachtet  danach  das  ir  die 
gemeine  bessert.  1  Cor.  14,  42 ;  du  danksagest  wol  fein,  eher 
der  ander  wird  nicht  davon  gebessert  (vulg.  sed  alter  non 
aedificatur).  14,  17 ;  ob  er  sei  aus  der  predigt  gebessert  wor- 
den oder  nicht.  Schüppius  193 ;  Mariane  war  durch  diese 
Vorstellungen  nur  für  kurze  zeit  gebessert  (erbaut,  beruhigt). 
Göthe  18,  66 ;  bald  hinderte  mich  die  dichtungsgabe,  bald  der 
menschenverstand,  und  ich  fühlte  mich  nirgend  gebessert.  50,51. 

8)  sich  bessern,  früher  mit  dem  gen.,  später  mit  der  praep. 
von :  du  weist,  das  ein  person  uni-eclit  thut  oder  gethon  hat, 
sollest  du  im  das  sagen,  er  nem  es  von  dir  nit  für  gut  auf, 
sunder  für  übel,  oder  er  bessert  sich  nit  daiab.  Keisersb. 
Sünden  des  munds  IQ* ;  und  bleiben  hür  als  fern,  und  bessern 
sich  nimmer.  50';  mein  bogen  besserte  sicli  in  meiner  hand. 
Hiob  29,  20;  wer  weise  ist,  der  höret  zu  und  bessert  sich. 
spr.  Sal.  1,  5;  du  plagest  sie,  aber  sie  bessern  sich  nicht. 
Jer.  5,  3 ;  dis  ist  das  volk,  das  den  herrn  ircn  gott  nicht 
hören  noch  sich  bessern  wil.  7,  28 ;  aber  sie  wollen  nicht 
hören,  noch  sich  bessern.  32,  33;  da  fieng  er  an  die  stedte 
zu  schelten,  in  welchen  am  meisten  seiner  thaten  geschehen 
waren,  und  hatten  sich  doch  nicht  gebessert  (golh.  }tatei  ni 
idreigAdedun  sik).  Mallh.  II,  20;  so  ir  euch  nicht  bessert, 
werdet  ir  alle  auch  also  uinbkominen.  Lnc.  13,3;  und  so  er 
sich  bessert,  vergib  im  (|)an  jabai  idreigö  sik,  fnihMais  imma). 
17,3;  nu  hatte  ich  bereit  den  catechismum  geleret,  des  [wo- 
durch) sich  viel  leute  gebessert  hatten.  Lutueb  1,5'; 

auch  der  sich  pcssert  an  der  schmach.    Schwarze.nb.  133,2; 

der  ander  grad  (der  Icpra)  ist,  so  sich  die  zeichen  meren 
und  Sterken  und  beszren.  GersdortSS; 

die  herrn  hellen  gebessert  sich 
und  mir  vil  ein  inehrers  gesprochen. 

,        A\Ktn  fasln.  »}>.  'IV; 

dcriialb  wer  ist  aiiT  eril«n  reich, 

der  leg  sein  Ivhcii  aUo  .in, 

dasz  er  sich  dessi-n  hesscrn  knu.    3t"; 

der  kranke  bessert  sich ;  es  bessert  sich  mit  ihm ;  er  bessert 
sich  wie  ein  aller  wolf;  es  wurde  ihm  schwtT  sich  von  die- 
sem hüszlicheu  fehler  zu  bessern;  er  bessert  »ich  im  sclir«i- 


1649 


BESSERMS  — BEST 


BEST  — BESTALLUNG 


1650 


ben  und  rechnen,  bleibt  aber  sonst  lurück;  ich  kann  mich 
ja  noch  bessern,     vgl.  ausbessern,  verbessern. 

BESSERNIS,  f.  und  n.  emendatio,  corredio,  refecUo:  da 
der  römische  stuel  doch  noch  in  guter  bofnung  des  besser- 
niss  regiert.  Lctbebs  6r.  l,  510. 

BESSERUNG,  f.  dasselbe,  ahd.  peprnnga  (Geaff  8,  224), 
mhd.  bezjerunge  (Beic.  1,  95),  nach  versehwdaen  bedeutungen 
des  besserns. 

1)  in  der  landtrirtsehaft  die  düngung  des  ackers,  und  wie 
bau  (sp.  tl63)  gleichfalls  dünger  ausdrücit,  vereint  die  häufige 
formel  bau  und  besserung:  ein  feld  in  bau  und  besserang 
erhalten;  den  baw  und  besserunge  er  acht  uf  40  mark  gl. 
Magdeb.  iceislL  s.  64  {a.  1465)  besserung  heiszl  auch  das 
erbliche,  der»  bauer  oder  hörigen  zuslä*dige  colonat,  er  ist 
nicht  eigner  des  grundstücks,  erhält  es  aber  in  bau  und  bes- 
serung; die  etwaige  besserung  welche  ein  leiiieigner  in  dem 
hofe  hat  Möseb  palr.  ph.  2,  161.  venn  bau  und  besserung 
auf  gebäude,  nicht  auf  ackerland  angewandt  wird,  drückt  es 
das  lat.  sartum  teclum  aus. 

2)  besserung  des  kleides,  weges,  schiffes,  hauses :  das  die 
besserung  im  werk  zunam.  2  chron.  24, 13. 

3)  scUisfactio,  mulcta,  busze  vor  gericht:  wie  solche  be- 
schwerung  zur  besserung  gestellt  werden  möge,  reichsabsch. 
vm  1512  §.  4. 

4)  besserung,  tnelioration,  Preiserhöhung,  mehrwerth,  «6er- 
besserung:  dasz  das  gut  in  aufschlag  oder  unversehene  bes- 
serung geriethe.  Frankf.  reform.  II.  2,  7 ;  der  Schuldner  umb 
die  besserung  gekommen.  L  47, 1 ;  meUoration.  I.  47,  9.  II.  15,  S. 

6)  besserung,  torzug,  vorlheil: 
ists  besser  braten  oder  brennen  ? 

icti  wolt  die  beszruog  gern  erkennen  {utrum  sit  melius), 
froschm.  l.  1,  6.  E3*. 

6)  besserung  des  kranken,  refectio  aegri:  der  sieche  ist 
auf  der  besserung;  und  so  war  der  patient  bald  auf  dem 
wege  der  besserung.  Göthe  19,  57;  mit  lebhaften  schritten 
nabele  er  sich  der  besserung.  19,  63;  gestern  iiesz  es  sich 
zur  besserung  an,  beute  ist  sie  wieder  geschwunden;  heute 
ist  besserung  eingetreten  und  hält  an;  ich  wünsche  gute, 
baldige  besserung. 

7)  sittliche  besserung,  förderung,  hebung :  es  war  damit 
auf  seine  besserung  abgesebn;  er  teuschte  alle  mit  seiner 
scheinbaren  besserung;  was  zum  frieden  dienet  und  was  zur 
besserung  unter  einander  dienet.  Rom.  14, 19 ;  zum  guten,  zur 
besserung.  15,  2 ;  aber  das  alles  geschieht  meine  liebsten,  euch 
zur  besserung  (goth.  in  izvaraizus  gatimreinais).  2  Cor.  12. 19 ; 
dise  hinderred  geschieht  usz  guter  meinung  zu  besserung  der 
personen,  die  bös  ist  und  böses  thut,  und  das  ist  auch  kein 
sünd.  Keisersüerc  s.  d.  m.  26';  {ob  die  magd  ihrer  frauen 
ehbruch  anzeigen  solle?)  da  sol  und  mag  sie  es  sagen  irer 
{der  frauen)  Schwester,  mumen  oder  irem  bUslin,  und  spre- 
chen, also  gat  es  zu,  und  sol  es  doch  sagen  mit  vemunft, 
dasz  nit  schaden  bring,  sunder  nutz  und  besserung  sol  dar- 
aus komen.  72*;  habe  geduld  und  hoffe  auf  besserung; 

iböricbt  auf  beszrung  der  ihoren  zu  barreoi    Göthb  1, 143. 

8)  besserung,  tncremen/um,  aufkommen:  alsdenn  wird  dein 
Hecht  erfur  .brechen  wie  die  morgenröte  und  deine  besse- 
runge wird  schnell  wachsen.  Es.  59,  8 ;  ich  vermeine,  man 
solle  achtung  geben,  damit  dieser  ort  vtider  zu  beständiger 
besserung  gelange.  Schdppics  717;  allein  der  erste  schritt 
nicht  zu  seiner  {des  tkeaters)  besserung,  sondern  zu  einer 
sogenannten  Verbesserung  geschah  im  nördlichen  Deutsch- 
land von  schalen  und  aller  production  unHibigen  menschen. 
GOtbb  49, 169. 

BESSEfiUNGS.\NST.\LT,  f  für  junge  Verbrecher. 
BESSERUNGSFÄHIG,  eniendabilis,  sanabilis.     besscrungs- 
unßkhig,  intanabilis. 

BESSERINGSHACS,  «.  malson  de  eorreclion. 
BESSERLNGSMITTEL,  n. 
BESSERüNGSTRIEB,  m. 

ist  besirunir^trieb  uns  zugesellt I 

'war  beszrung  nicht  die  lust  der  w«||, 

M  wurdest  da  nicht  fragen'.    Götbk  3, 116. 

BESSERWISSEN,  n.  um  die  hunderterlei  bedenklichkeiten, 
das  Widerreden,  zaudern,  stocken,  besser-  oder  anderswissen 
zu  beseitigen.  GOtbb  17,  299. 

BESSERWISSER,  m.  ein  dünkelhafter  besserwisser. 

BESSERWISSEREI,  f.  Rlixcei  12, 124.      • 

BEST,  optimus,  opitme.    von  diesem  wort  mehr  imUr  beste. 


Aier  vorläufig  scheint  die  stelle  zu  einer  allgemeineren  betrach- 
tung,  auf  welche  auch  bei  andern  superlaliten  darf  zurückge- 
gangen werden. 

1)  unser  nhd.  adj.  überhaupt,  ipenn  es  attributiv  gesetzt  ist, 
hat  nach  dem  unbestimmten  arlikel  volle,  starke,  nach  dem  be- 
stimmten schwache  flexion :  ein  langer  faden,  eine  schöne  frau, 
ein  armes  kind.  steht  es  aber  als  praedicat,  so  pflegt  im 
positiv  und  comparativ  alle  flexion  zu  schwinden,  im  Super- 
lativ wiederum  bestimmter  artikel  mit  schwacher  flexion  ein- 
zutreten: der  faden  ist  lang,  ist  länger;  die  frau  ist  schön, 
ist  schöner;  das  kind  ist  arm,  ist  ärmer,  hingegen,  der  faden 
ist  der  längste,  die  b^u  die  schönste,  das  kind  das  ärmste, 
und  nicht  mehr  der  faden  ist  längst,  die  firau  schönst,  das 
kind  ärmst;  nicht  mehr  longissimus  pulcherrima  miserrimum, 
sondern  wie  franz.  le  plus  long,  la  plus  belle,  le  plus  pauvre. 
dennoch  lassen  sich  einzelne  Wendungen  aufzeigen,  wo  der 
Superlativ  noch  auf  gleichem  fusse  mit  den  andern  graden 
steht:  der  wein  soll  kühlst  getrunken,  der  brei  nicht  heiszesl 
gegessen  werden,  was  deutliche  adjectiva  sind  (vinum  frigi- 
dissimum  bibendum  est,  puls  ne  fervidissima  comedatur),  und 
ganz  wie  kühl  getrunken,  heisz  gegessen,  warum  also  nicht : 
das  tuch  musz  best  ausgesucht  werden  (pannus  eligatur  opti- 
mus)?, tcas  gewöhnlich  lauten  würde:  das  beste  tuch  musz 
a.  w.,  «nd  freilich  mit  dem  ad«,  best,  oplime  zusammen  träfe. 

2)  länger  haben  sich  manche  adterbia  erhallen  und  sie  be- 
weisen rückwärts  auch  ßr  den  Superlativ  des  adj.,  aus  dessen 
acc.  sie  entsprangen:  meist,  mindest,  längst,  wenigst,  ärgst, 
schlimmst,  folglich  auch  best  oplime,  eigentlich  Optimum,  wie 
wir  sagen  best  bietend,  best  unterrichtet,  meist  bietend,  min- 
dest fordernd,  längst  lebend,  eigentlich  aber  zusammenfügen 
bestbietend,  meistbietend,  in  welcher  fuge  das  alle  adv.  ge- 
hegt ist,  während  es  kaum  mehr  heiszl:  erbietet  best,  fordert 
mindest,  lebt  längst  die  heulige  spräche  strebt  auch  hier  das 
adv.  entweder  durch  die  Umschreibung  am  besten,  meisten, 
längsten  (d.  «.  an  dem  besten,  meisten,  längsten)  oder  durch 
eine  fortbildung  wie  bestens,  meistens,  mindestens,  längstens 
zu  heben,  und  jeder  dieser  weisen  eigenthümlichen  sinn  zu 
rerlcihen.  nicht  zu  überselien  ist  auch  der  schütz,  den  ein 
vortretendes  aller  (d.  i.  der  ursprüngliche  gen.  pl.  allero)  dem 
adv.  gewährt,  so  dasz  es  hinter  dem  verbum  stehn  kann:  du 
forderst  allermeist,  du  redest  allerbest,  alte  liebe  dauert  aller- 
längsl;  trenn  trir  sagen:  das  ist  allerliebst,  du  warst  heute 
allerliebst,  so  scheinen  dies  adterbia  mit  ausgcfallnem  par- 
ticip,  allerliebst  beschaffen  oder  aussehend  {vgl.  sp.  1646.  II,  1). 
lieszen  sie  sich  adjectivisch  fassen,  so  bildeten  sie  eine  weitere 
ausnähme  der  unter  1  aufgestellten  regel.  Mehr  als  die  nhd. 
mundart  liat  die  nnl.  dem  adv.  diese  unflectierte  form  gewahrt : 
ik  weet  best,  oplime  scio;  hij  maakt  het  best,  opttme  facit; 
wo  wir  sagen  müssen :  ich  weisz  es  am  besten,  er  macht 
es  am  besten,  auf  das  beste. 

8)  im  16  jh.  wurde  liäußg  der  stracken  flexion  ihr  vocal 
entzogen  und  der  längst,  der  ältst,  das  schönst,  das  best 
u.  s.  w.  ßr  der  längste,  das  beste  gesetzt,  gerade  im  gegen- 
salz zum  erlöschen  jener  stumpfen  starken  flexion^  von  die- 
sem felller  ist  die  spätere  und  heutige  spräche  wieder  zurück- 
gekommen. 

BESTABEN,  jusjurandum  recitare?  ahd.  bistab^n  arguere 
(GsAFF  6,  612) ;  verschieden  davon 

BEST.\BEN,  bacillis  ßlcire,  mit  Stäbchen  stützen:  bemän- 
telt, besteht,  dreifuszgekrOnte  widhopfen,  die  man  mit  liech- 
tern  besteckt  auf  der  mistbären  daher  traget.  Garg.  iA*,  unter 
dem  fastnachtsgeräth  aufgezählt. 

BESTABUNG,  f.  bein^  eidschwur.  Haltaüs  148. 

BESTACHELN,  l)  spiculo  mstruere,  mit  einem  Stachel  ver- 
sehen.    2)  spiculo  pungere. 

BESTÄHLEN,  ferruminare.   Stielei  2117,  wofür  man  heute 
stählen  sagt,     beslähien,  ferrare,  mit  stahl  beschlagen: 
dir  mit  b«stählter  «sehe.    Railkr. 

BESTALLEN,  «nsfi7«ere,  denominare,  mit  einer  stelle  bega- 
ben, musz  aus  dem  häufigen  snbst.  bestaliung  gefolgert  werden 
und  scheint  durch  ein  ahd.  neben  gistellan  auftauchendes  gislal- 
lan  bestdligung  zu  erlangen,  wenn  nicht  kistallit  (Graff6,  665) 
die  alte  unumlaulende  form  =  kistellit  ist.  auch  zeigt  sich 
nie  ein  mhd.  gestailen  nocli  bestallen,  und  die  nhd.  pari,  praet. 
bestalt  lassen  sich  auf  bestellen  zurückführen,  wo  auch  belege 
angeführt  werden  sollen. 

BESTALLUNG,  f.  inslitulio,  denomimatio,  auctoramenium, 
auf  die  anstellung   eines  dienen  und  beamten  eingeschränkt, 

104 


1651 


BESTALLUNG  —  BESTAND 


BESTAND  —  BESTANDEN 


1652 


während  bestellung  weiter  geht,  und  auch  besorgung  einer  bot- 
schafl,  ausslellung  des  feldes  bezeichnet,  wofür  bestallung  nicht 
kann  gesagt  werden,  dagegen  pflegt  bestallung  auch  den  aus- 
geworfnen  sold  auszudrücken,  wofür  sich  bestellung  nicht  brau- 
chen läszl.  die  beiden  hospital  sollen  mit  aller  nutzunge  und 
bestallung  zusammen  geschlagen  werden.  Lutfiers  br.  5,  798 ; 
ich  reit  zum  marggrafen  mit  vier  pferden  one  alle  bestallung. 
GüTz  To\  Berl.  leben  49 ;  demnach  i.  f.  gn.  französische  be- 
stallung annehmen  werden.  Schwelnichen  1,  164;  es  war  in 
erfahrung  kommen,  i.  f.  gn.  hätten  hugenottische  bestallung 
angenommen,  l,  165 ;  darauf  ward  vom  prinz  Conti  und  sonst 
einem  französischen  herren  eine  bestallung  mit  i.  f.  gn.  auf- 
gerichtet ....  diese  bestallung  nahmen  i.  f.  gn.  mit  freuden 
an.  1,  176;  eitel  frembde  und  ausländische  in  seine  bestal- 
lung bringen.  Kirchhof  disc.  mit.  9 ;  bestallung  ist  und  wird 
von  den  kriegsleuten  genennet  die  zusag,  so  der  kriegsfürst 
und  herr  ihnen  den  kriegsleuten,  was  sie  hinwider  von  ihm 
zu  fordern  und  gewarten  haben  sollen,  zurück  überlifert.  67 ; 
die  Juden  haben  im  reich  heimliche  bestallung,  da  secht  zu 
ir  fürsten,  dasz  dise  ketzer  etwa  ein  heimlichen  verstand  mit 
den  Juden  haben,  ja  in  irer  heimlichen  bestallung  und  besol- 
dung  sein,  freundlich  gemeinschaft  mit  einander  zu  halten. 
bienenk.  170';  die  Hugenotten  weren  auch  in  der  Juden  be- 
stallung. 17o';  mein  bestallung  lautet  wider  keinen  teufel. 
Garg.  231' ;  es  werde  gut  bestallung  uf  sie  gemacht  {gelauert), 
man  wolle  sie  bekommen,  und  wenn  sie  in  einem  mausloch 
stecken.  Werth.  rferf.  2,  200; 

sehn,  ob  man  bekommen  kan 
in  bstallung  etlicti  tausent  man.    Atreh69'; 
dann  wir  haben  in  bestalhing  schon 
über  zehentausent  werhafier  man.    117'; 

mit  alle  demjenigen,  was  nach  ausrechnung  der  zeit,  die  er 
im  gedienet  und  ufgewartet,  seine  bestallung  und  lohn  aus- 
tragen könte.  Harnisch  245;  bis  in  tausent  reichsth.  jähr- 
licher bestallung.  Schcppius  801;  mit  geringer  bestallung  be- 
gnadigen. Weise  erzn.  37;  in  bestallung  nehmen.  Felsenb. 
1,  27 ;  mein  kanzler  wird  dir  deine  bestallung  zu  meinem 
Statthalter  in  eben  derselben  zeit  zuschicken.  Wjeland  8, 441 ; 
(die  ungestüme  presserin,  die  noih)  die  setzte  dich 
in  dieses  amt  und  schrieb  dir  die  bestallung.    Schiller  366". 

BESTALNIS ,  f.  spasmus,  krampf?  dieweil  und  sich  jetzt 
zumal  ein  einfallende  pestilenz  erzeigt,  so  wil  ich  mich  doch 
entschlagen  haben  etlicher  ausgangener  bücher  von  der  be- 
stalnus,  welche  ohn  grund  der  arznei  darlegend,  menniglich 
ohn  nutz  und  trost  (sind).  Paracelsus  1,  356'.  bestalnis 
musz  krankheit  oder  heilart,  behandlung  der  krankheilen  sein, 
krampf  wurde  blosz  gerathen,  weil  verstellen  krampfhafl  ver- 
drehen, verstelle  krampf  bedeutet  (Schm.  3,  629.  630). 

BESTAND,  wj.  nnl.  bestand  n. 

1)  firmitas,  bestehen,  fortbestand,  beständigkeit,  dauer:  das 
hat  bestand,  ist  von  bestand ;  das  regenwetter  hat  keinen  be- 
stand; der  friede  ist  nicht  von  bestand;  sein  glück  wird  be- 
stand haben;  es  wird  seiner  speise  nichts  überbleiben,  darum 
wird  sein  leben  keinen  bestand  haben.  Hiob  20,  21;  und 
gleichwie  ein  Zimmermann,  wenn  er  ein  newes  haus  baut, 
nicht  weiter  denkt,  denn  das  ers  also  mache,  das  es  einen 
bestand  habe.  2  Macc.  2,  30 ;  es  hat  aber  nicht  bestand.  Lu- 
ther 3,  66';  sonst  wirdest  keinen  bestand  noch  haftung  an- 
treffen. Garg.  215* ;  man  findet  noch  warheit,  treu,  bestand 
bei  den  Deutschen  mehr,  denn  bei  allen  nationen  auf  erden. 
Agricola  spr.  n*  78 ;  bestand  finden  =  bestehen: 

vor  seinem  alhem  findet  nicht 

bestand  was  immer  ihm  zuwider.    VVeckuerlin  36; 

durch  deiner  feinden  fall 
und  deines  volks  bestand.    179; 
deines  bunds  ged.lchtnus  und  bestand.    265; 
der  von  bestand  nicht  wcisz,  der  sich  von  allen  Zeilen, 
wohin  man  ihn  begehrt,  und  ihm  nur  winkt,  läszt  leiten. 

LocAu  1,8  s.  191; 
da  ist  sonst  nichts  zu  nnden 
als  lieblicher  bestand.    Scultrtus; 
hier  ist  doch  kein  bestand,  die  menschen  mflssen  sterben. 

Canitz  191 ; 
die  durch  bestand  nicht  gegentrou  erhült, 
die  wird  vom  glück  zu  grausam  hinicrgangcn. 

Hagedorn  2,  79; 
durch  mehr  als  j.lhrifren  bestand 
verehren  was  man  artig  fand.    3,  2S; 
nur  jnbriger  bestand  hiesz  echter  liebe  zeichen.    Vi  2,  211 ; 
groszes  glück  hat  nicht  bestand.  Gottkh  1,  51 ; 


denn  das  beständige  der  irdschen  tage 
verbürgt  uns  ewigen  bestand.    Göihk  3,  76; 

jene  zeit  war  ohne  allen  bestand,  und  eine  Umwandlung 
drängt  die  andere.  Niebuhr  3,  538 ;  bestand  der  liebe,  dauer, 
beständigkeit. 

2)  bestand  wird  auch  für  das  wirkliche  dasein  und  zustande 
kommen  gesetzt,  wie  wir  sagen,  die  sache  besteht  nunmehr, 
hat  bestand,  exislenz  erlangt;  {alle  thiere  suchen  ein  obdach), 

sogar  hat  alles  gleich  erkant, 
wie  nötig  sei  der  häuser  bestand  (daKein). 
FiscHART  ehz.  48; 

secht,  ist  da  der  ehestand  ein  wehstand?  o  nein,  sonder  ein 
bestand  und  beistand.  Garg. '2';  aller  bestand  und  alle  form 
unsers  wissens.  Schelungs  Schriften  1,  1;  es  wäre  mir  un- 
möglich mich  selbst  zu  rectiflcieren  und  diese  rhapsodischen 
grillen  in  einen  Zusammenhang  und  bestand  zu  bringen. 
GöTHE  an  Schiller  347 ;  die  Sicherung  und  Verbesserung  ihres 
häuslichen  bestandes.  26, 113. 

3)  der  häuser  bestand,  der  häusliche  bestand  ist  zugleich 
räumliche  Vorstellung  und  so  meint  bestand  das  woraus  ein 
grundstück  besteht:  der  bestand  des  gutes  ist  von  100  mor- 
gen ;  der  bestand  des  waldes  erstreckt  sich  weit  höher,  an- 
gewandt auf  fahrende  habe,  der  vorrat:  geldbestand,  Vermö- 
gensbestand, bestand  an  barschaft  und  papier,  an  waaren; 
ausstände  und  bestände,  ausstehendes  und  baares  geld; 

der  bestand  von  meiner  kass  ist  nicht  des  zählens  werth. 

Lessinc. 

4)  bestand,  conductio,  pacht,  miethe,  wie  bestehen  pachten, 
miethen:  ein  gut  in  bestand  haben,  in  bestand  nehmen,  ge- 
ben. HoHBERG  1, 18.  19.  20 ;  bestand  miethsverhältnis.  Frankf. 
ref  II.  14,  8 ;  seinen  bestand  aufsagen,  das. ;  übergeb  ich  ihm 
die  freie  erbnutzung  der  meierei  zu  Gaggenpfil  . . .  ihm  und 
seinen  nachkommenen  ewiges  bestands  {zu  ewigem  bestand) 
erbnutzlich.  Garg.  218*.     vgl.  Haltaüs  148. 

5)  burgschaft  und  bestand,  satisdatio.  Prischlin  413;  be- 
stand thun,  caution  leisten.  Frankf.  reform.  I.  6,  6 ;  genügsa- 
men bestand  und  Sicherheit  thun.  I.  6,  10.  Haltaüs  148  er- 
klärt: cautio  et  securitas  fidei,  tarn  per  fidejussores  quam 
per  jusjurandum  constituta.  bestand  geben  hiesz  aber  auch 
im  rechtsstreit  obsiegen,  stehen  lassen,  während  der  veiiierende 
theil  unterliegt,  fällt:  wem  das  urtel  bestand  gibt,  weisth. 
2,  227. 

6)  bestand  thun,  stand  halten,  widerstand  leisten,  die  spitze 
bieten:  ich  thue  ihm  schon  bestand. 

7)  mit  bestand  bedeutet  mit  grund,  in  Wahrheit,  so  dasz  es 
bestehn,  zu  recht  beslehn  mag,  was  sich  an  die  Vorstellung  der 
dauer  in  1  reiht:  ungeacht,  dasz  ich  mit  gutem  bestand  und 
genügsamer  ausfuhrung  16  wappen  andeuten  könnte.  Schwei- 
MCHE!«  1,  24 ;  dasz  ich  mit  bestand  kann  sagen.  1,  66 ; 

so  gebt  dem  lieben  vaiterland 

zu  dienst  das  leben  mit  bestand.    Philandbr  2,765; 

auch  hat  das  glück  selbs  mit  bestand 

sich  deiner  tugent  so  ergeben.    Weckherlir  364; 

derowegen  von  dem  gegenanwald  mit  bestand  kein  spolium 
praetendiert  werden  kan.  Ayrer  proc.  1,  6 ;  aber  das  mag  ich 
mit  grund  und  bestand  der  warheit  wol  sagen.  Harnisch  115 ; 
darinnen  seine  unwarhafte,  falsche  und  erdichtete  auflagen 
und  ehrenrührige  imputationes  mit  bestand  und  warheitsgrund 
abgelehnet.  Schuppius  623;  dieweil  unser  kirchenconvent  das 
werk  in  reife  deliberation  gezogen  und  seine  schriftmäszige 
gedankcn  mit  solchem  bestand  eröfnet,  dasz.  678 ;  auf  den 
ersten  brief  konnte  ich  dem  herrn  Klotz  verbindlich,  aber 
doch  noch  mit  bestände  der  Wahrheit  antworten.  Lessinc  8, 
194;  mit  bestand  rechtens. 

9)  bestand  hiesz  auch  ehedem  ruhestand,  Waffenstillstand, 
induciae,  worüber  Haltaus  148  nachzulesen,  so  das  nnl.  be- 
stand =  wapenschorsing.     vgl.  bestehen  I,  5. 

BESTAND,  adv.  für  im  stände,  en  dtat,  wie  man  sagte  be- 
haus, im  hause: 

dieser  kiel  ist  nicht  bestand, 

seine  ihnten  aufzuweisen, 

die  in  aller  weit  bekam.    K.tiriELs  poet.  sinnenfr.  s.  118. 

BESTANDRÜCH,  n.  buch  in  welches  der  bestand  oder  Vor- 
rat eingetragen  wird. 

BESTANDEN,  pari,  pract.  von  bestehen,  adjeetivisch  ge» 
nommen : 

1)  was  lang  btstamlen  hal,  alt,  von  leuten :  bestanden  ieute, 
alle,  erwachsene,  gesetzte  Icute: 


1653     BESTANDEN— BESTÄNDIG 

bestanden  Hute  nert  krefiic  bröt, 

von  dem  ein  kint  wol  laege  tot.    Renner; 

ein  feiner,  weidlicher,  bestandener  gesell.  Götz  tox  Berl. 
leben  137;  in  der  Schweiz,  ein  mädchen  von  bestandenem 
alter;  eine  etwas  bestandene  person;  bestandenes  alter,  ge- 
setztes, der  a.  m.  im  Tockenb.  72 ;  en  bstandna  ma.  Tobler 
83' ;  sonst  gestanden :  ein  gestanden  edel  kneht.  Helbling  8, 
665;  ein  gestandener  mann.  Elisab.  vos  Orl.  346;  gestan- 
dene weiber,  grandaevae.  282,  ivoßr  ahd.  auch  gitragan. 

2)  ebenso  von  sachen,  die  lang  oder  kurz  bestanden  haben : 
zu  einer  offenen  erzähiung  der  kurz  vorher  bestandenen  hof- 
verhältnisse.  Göthe  25, 146 ;  die  sicher  schon  längst  bestande- 
nen tinanzcompagnien.  Niebchr  3,  351;  heute  steht  man  fest 
bei  dem  herkömmlichen,  morgen  reformiert  man  rasch  das 
langbestandene,  denkschr.  des  fr.  von  Stei.'«  211. 

3)  forslmäsiig  unterhalten,  in  ruhigevi  bestand  gelassen: 
durch  manchen  wolbestandnen  wald.  Göthe  21,13;  in  weiter 
würdiger  Umgebung  wolbestandene  bäume.  21,  216;  sehr  schön 
bestandene  matten  und  baumstücke.  43,  207 ;  in  groszen  mehr 
oder  weniger  woibestandenen  forsten.  58,  87 ;  ein  bestandenes 
holz,    ein  wald    dessen  bäume  ungehindert  aufgewachsen  sind. 

4)  was  bestanden,  abgewehrt  worden  ist:  ein  bestandener 
feind;  die  bestandene,  überstandne,  besiegte  krankheit. 

5)  gepachtet,  gemiethet:  ist  die  marke  bestanden  umb  27  unze 
Pfenning,  weislh.  2,  227 ;  bestanden  gut,  umb  zins  bestanden. 
Frankf.  ref.  X.  1,  7;  bestanden  arbeit,  vertragsmäszig  über- 
nommne.  iceisth.  1,  458. 

6)  bestanden,  haesitans,  stupens,  gleichsam  vor  etwas  still- 
stehend, oder  davon  umstanden,  umringt  ?  blosz  bei  Maaler  63' : 
er  ist  gar  bestanden,  er  weisz  nit  wo  aus  noch  an,  betrübt, 
verwirrt;  ganz  bestanden,  der  nit  weisz  wo  er  aus  so),  weder 
trumm  noch  end,  der  in  seiner  rede  stockt,    vgl.  bestehen  I,  5. 

BESTÄ.NDER,  m.  conductor,  pächter:  kommt  ein  newer 
beständer,  so  bricht  er  es  (das  haus)  wider  ab  und  machts 
aber  nach  seinem  kopt  Lehman.x  1,  569;  bestender.  Frankf. 
reform.  II.  14,  2. 

BESTANDERL.\SSER,  m.  Verpächter,  vermiether. 

BESTANDFEST,  firmus,  durabilis :  dasz  dem  durchsichtigen 
bilde  eine  bestandfeste  Wirklichkeit  als  folie  unterliegt.  J.  Paul 
38,  80. 

BESTANDFROH : 

das  unvergängliche  siege!  präget 
auf  jedes  schöne  die  bestandTrobe  diciitkunst.    Platkn  133. 

BESTÄNDGUT,  das  gemiethete  gut.  Frankf.  ref.  II.  14,  9. 

BESTANDHAFT,  firmus,  constans,  beständig,  standhaß:  wie 
der  ganze  verlauf  der  natur  klärlich  ausführet  und  an  tag 
bringet,  dasz  nichts  bestandhafls,  sonder  alles  vergänglich 
ist.  geistl.  grosze  practica  durch  u.  Adamcm  Rachenmoser  (d.  i. 
Fischart).  Leiden  (d.  i.  Straszburg)  1588  fol.  bl.  3'. 

BESTANDHAFTIGEN,  slabilire :  ist  es  mir  leid,  das  es  sich 
eben  in  betrübung  meins  gnedigsten  herrn  königs,  durch  den 
du  eingesetzt  und  allzeit  bestandbaftiget  gewesen,  schicken 
{zutragen)  soll.   Garg.  215*. 

BESTANDHAFTIGKEIT,  f  er  wolt  damit  zeugen  Iren  glau- 
ben, ire  behaming  und  bestanthaftigkeit.  Keisersbebg  s.  d. 
m.  37*. 

BESTANDHAUS,  n.  miethwohnung.  Frankf.  ref  II.  14, 12. 

BESTANDHEIT,  f  firmitas,  stabilitas :  ich  komme  sogleich 
auf  die  wahre  Ursache,  warum  der  fabulist  die  thiere  oft  zu 
seiner  absieht  bequemer  lindet  als  die  menschen,  ich  setze 
sie  in  die  allgemein  bekannte  bestandheit  der  Charaktere. 
Lessing  5,  392;  die  seele  ist  ein  cinfathes  wesen,  das  ohne 
den  körper  seine  eigene  bestandheit  hat.  .Mos.  Mendelsohns 
Phädon  t.  169 ;  nichts  ist  von  dauer  und  bestandheit.  178 ; 
das  vermögen  zu  empfinden  ist  keine  heschafTenheit  des  kör- 
pers,  sondern  hat  seine  bestandheit  für  sich.  207 ;  mit  der 
charakteristischen  bestandheit,  mit  der  bekannten  anschau- 
lichkeit.  Herder  14,  81;  weil  das  einfache  wesen,  die  seele, 
dauer  und  bestandheit  in  sich  selber  hat.  Schiller  687\  man 
sagt  einfacher  bestand,  bestandheit  klingt  abstracter. 

BESTANDINHABER,  m.  conductor,  beständer,  bestandmann. 

BESTA.NDJAGD,  f  verpachtete,  in  packt  gegebne  jagd. 

BESTANDIG,  firmus,  stabilis,  durabilis,   constans, 

1)  dem  wil  ich  ein  bestendig  haus  bawen,  das  er  für  mei- 
nem gesalbten  wandele  imerdar.  l  Sam.  2,35;  denn  der  herr 
wird  meinem  herrn  ein  bestendig  haus  machen.  25,  28;  das 
schif  ward  wiederum  beständig  zugerichtet  (dauerhaß  gemacht). 
Opm  Arg.  1, 410 ;  ihue  es  in  ein  verglasten  bestandigen  (festen) 


BESTÄNDIG— BESTÄNDIGLICH        1654 

hafen.  Paracelscs  l,  Sil';  acht  zu  haben,  damit  er  (der  dämm) 
beständig  verfertigt  werde.  Hohbebg  2,  472". 

2)  die  färbe  ist  beständig,   dauerhaß,  hält;   das  weiter  ist 

beständig,  hält  sich; 

der  himmel  ist  hell,  es  ist  kein  Wölkchen  zu  sehen, 
und  von  morgen  wehet  der  wind  mit  lieblicher  kühlung. 
das  ist  bestandiges  weiter  I  und  überreif  ist  das  kern  schon. 

Göthe  40,  235. 

3)  und  der  stuel  David  wird  bestendig  sein  für  dem  herrn. 
ikön.  2,  45;  suchet  einen  klugen  meister,  der  ein  bilde  fer- 
tige, das  beslendig  sei.  Es.  40,  20. 

4)  abstrac4,  rechte  gericht  seint  steif  und  bestendig  anschleg. 
Keisersb.  sünd.  d.  m.  81*;  aber  er  wüste,  das  der  artikel  den 
glauben  belangend  recht  bestendig  und  gegründt  were.  Lu- 
ther 1,  110* ;  so  mit  einigem  bestendigen'  grund  an  uns  ge- 
langte, das  Martinus  lere  nicht  christlich  und  bestendiglich 
soll  sein.  1,  136*;  als  sei  nichts  bestendigers  auf  erden  ge- 
hört. 3,  64*;  ja  wenns  noch  heutes  tages  möcht  geschehen, 
das  jemand  mit  bestendigem  grund  beweiset.  3, 104' ;  wer  mir 
des  ein  bestendig  exempel  bringt,  dem  wil  ich  meinen  hals 
geben.  3,  171* ;  wiewol  wir  verhoffen  bestendigen  grund  und 
ursach  darzulhun.  Melaxchthon  im  corp.  doclr.  ehr.  19;  die 
bestendige  lugend  uberwindt  alles.  Alberüs  wider  \Yitzeln. 
Ke';  umb  deren  willen  keiner  vsider  uns  beständige  kund- 
schaft  sagen  könte.  .\yrer  proc.  1,  7;  in  der  band  eines 
bettlers  bleibt  das  geld  so  beständig  als  wasser  im  siebe. 
pers.  rosenth.  1,  15;  aufrichtige  und  beständige  freundschaft. 
5,  17 ;  nachdem  er  nichts  beständiges  (was  stand  hielte)  er- 
grübein konte.  Lohesst.  Aim.  1,1278;  wenn  sich  das  hiesige 
theater  auf  einem  beständigen  fusze  erhalten  soll.  J.  E.  Schle- 
gel 3,  275;  ein  zu  recht  beständiger  contract.  Kant  5,  84; 
dieser  zweite  Stil  ist  auch,  wie  man  itzo  redet,  manieriert  zu 
nennen,  welches  nichts  anders  ist,  als  ein  beständiger  Cha- 
rakter in  allerlei  ßguren.  Winkelhann  3,  223 ;  beständiges  Zeug- 
nis von  seiner  ehrlichen  geburt.  Niebchr  1,  341;  in  bestän- 
diger sorge  leben; 

denn  die  gesinnung,  die  beständige, 

sie  macht  allein  den  menschen  dauerhaft.    Göthe  3,  76; 

denn  das  beständige  der  irdschen  tage 

verbürgt  uns  ewigen  bestand,    daselbst. 

5)  constans,  von  leulen:  sei  bestendig  in  deinem  wort  und 
bleibe  bei  einerlei  rede.  Sir.  5,  12;  da  fielen  viel  vom  volk 
Israel  zu  inen,  aber  Mathathias  und  seine  söne  blieben  be- 
stendig, l  Macc.  2,  16;  sie  blieben  aber  bestendig  in  der 
aposteln  lere  und  in  der  gemeinschaft,  und  im  brotbrechen 
und  im  gebet,  apost.  gesch.  2,  42  ; 

man  nenne  keinen  nicht  beständig,  bis  er  tod.  Grtphics  1, 390 ; 
ein  beständiger  freund. 

6)  hesi^xidig  =  geständig,  zugestehend:  ob  ich  meiner  bücher 
bestendig,  oder  widerrufen  welle?  Luthers  6r.  1,  602 ;  nöthigen 
unterhalt  zu  verschaffen  erbietig  und  beständig  wäre.  Leibnitz 
157.    vgl.  beständnis  2. 

7)  beständig  =  ständig,  continuus,  perpetuus :  wo  die  rechts- 
verwaltung  nicht  an  gewisse  beständige  und  eben  daher  auf- 
geblasene personen  gebunden  ist.  Hippel  12, 116. 

BESTÄNDIG,  adv.  continuo,  firmiter:  einen  todten  aufer- 
wecken und  bestendig  [auf  die  dauer)  lebendig  machen.  Ayrer 
proc.  2, 10 ;  nach  zweimal  sieben  monaten  sitzen  die  kinder 
beständig  (fest,  ohne  nu  wanken).  Lohenst.  Arm.  2,  205 ;  an- 
haltend und  beständig  arbeiten;  es  regnet  beständig; 

beständig  schwebt  wen  gott  erhebt, 
wer  Selbsten  steigt  wird  bald  geneigt.    Logad2,6,  78; 
er  soll  beständig  euer  sein.    Gellebt. 
begegnet  oß  bei  Göthe. 

BESTÄNDIGEN,  stabilire:  und  als  er  (A'arl  der  gr.)  den 
nomen  des  keiserthumbs  bestendiget  im  Niderland,  stiesz  in 
ein  Heber  an.   Frank  chron.  169*. 

BESTÄNDIGKEIT,  f  constantia:  der  Dismas  ist  einer  sol- 
chen bcständigkeit  gewest.  Ayrer  proc.  2,  6 ;  die  beständigkeit 
eines   liebhabers. 

BESTÄNDIGLICH,  adj.  firmus.  s.  beständig  4  aus  LoiHEa 
1,  136*. 

BESTÄNDIGLICH,  adv.  firmiter :  er  überwand  die  jüden  be- 
stendiglich. apost.  gesch.  18,  28;  wie  die  schrifl  bestendiglich 
zeuget.  LiTHER  5,  8*;  auf  derselbigen  nieinung  bestendiglich 
zu  beharren.  Kirchhof  irwdunm.  380";  die  sonne  behält  ihren 
lauf  heständiglich.  nn7.  disc.  91 ; 

lasz  uns  mit  gotles  worts  genusz 
I  bestdodiglicb  Ides  herren  harren.    Wbckhkiilin  122 ; 

104* 


1655    BESTANDINMANN— BESTÄTEN 

in  einem  guten  willen  und  seligen  stände  beständiglich  ver- 
harre.   SCHÜPPIUS  453. 

BESTANDINMANN,  m.  bestdnder:  den  künftigen  bestandin- 
mann  soll  man  in  reife  betrachtung  ziehen,  ob  er  genügsame 
mittel  habe,  den  bestand  jährlich  abzuzahlen.  Hohbehg  1, 19. 

BESTÄNDLICH,  ßrrnus,  fortis :  da  kant  er  in,  wie  bestent- 
lich  und  wie  stark  er  was.  Keisersberg  omeis. 

BESTANDLOS,  inslahilis,  ohne  bestand  und  halt: 


BESTÄTEN  —  BESTÄTIGEN 


1656 


seines  lebens  flucht 
bestandlos  dahin  lliegei. 


WgCKHERLIN  194; 


ein  bestandloses  traumbild.  Schiller  757;  oft  schwebt  die 
weit  mit  ihren  menschen  wie  ein  bestandloses  Schattenspiel 
vor  meinen  äugen.  Tieck  6,  230 ;  ein  überkräftiges,  darum  be- 
standloses beginnen.  Dahlmann  ddn.  gesch.  l,  60 ;  am  meisten 
ist  unter  den  abieitungen  der  komischen  lust  aus  dem  gei- 
stigen die  von  Hobbes  aus  dem  stolze  bestandlos.  J.  Paul 
aesth.  1, 159. 

BESTANDLOSIGKEIT,  f.  die  bestandlosigkeit  der  so  oft 
versuchten  coalitionen.  Niebuhr  3,  499. 

BESTANDMANN ,  m.  was  beständer,  bestandinmann :  der- 
halben  eim  grundherrn  zusteht,  das  er  seim  bestandman  flei- 
szig  auf  den  socken  nachgehe.  Sebiz  26.  Hohberg  3, 16.  17. 

BESTÄNDNER,  m.  was  beständer:  noch  den  man  das  weib, 
noch  der  hausherr  den  taglöner  oder  bestendner.  Frank  spr. 
16.  HonBERG  3, 17. 

BESTÄNDNIS,  f.  n.  1)  conduclio :  bestandnus  und  hauszins. 
Frankf.  ref.  \.  49,  8 ;  Verleihung  und  bestendnus.  IL  14,13. 16,  1 ; 
feldgüter  zum  beständnns  verleihen.  Lehmann  2t;  ein  vernünf- 
tiger mann,  der  ein  haus  in  bestandnus  hat,  behilft  sich  in 
alten  gemachen.  569 ;  bestandnus.  Hohberg  3, 15". 

2)  confessio,  geständnis  (vgl.  beständig  6): 
dasz  wir  mit  glaubiger  bcstentiuis 
Christum  den  herrn  bekennen  thund.    H.  Sachs  IV.  1,  102*. 

BESTANDROLLE,  f.  was  bestandbuch. 

BESTANDSTÜCK,  n.  pars:  als  ein  bestandstück  unserer 
glückseligkeit.    Schiller  1189. 

BESTANDTHEIL,  wi.  elementum,  pars:  etwas  in  seine  be- 
standtheile  auflösen ;  kalkerde  und  vilriolsäure  sind  bcsland- 
theile  des  gipses. 

BESTANDVERTRAG,  wi.  pactum  locationis. 

BESTANDWESEN,  n.  was  bestand:  die  der  heilung  ein 
ende  macht,  und  die  multer  in  ihr  rechtes  bestandwesen  wie- 
der setzet,    hebamme  690. 

BESTANDZEIT,  f.,  tcmpus  conductionis. 

BESTANDZLNS,  m.  haus-  oder  bestandzins.  Frankf.  reform. 
IL  14,  5. 

BESTÄNGELN,  s.  bestengeln. 

BESTÄNKEN,  foetore  replere: 

iwar  niemand  wird  gekninket, 

nur  jämmerlich  bestänkei.    Logaü  3,  8,  61. 

BESTÄRKEN,  firmare,    conßrmare: 

itzt  denk  an  ptlicht  und  dank,  bestärke  deinen  geist. 

i.  E.  Schlegel  1,  343; 
lasz  nur  in  blend-  und  zauberwerken 
dich  von  dem  lügengeisi  bestärken, 
so  hab  ich  dich  schon  unbedingt.    Göthe  12,92; 

derjenige  welcher,  um  seine  meinung  zu  bestärken,  einen 
alten  gewährsmann  anführt,  gewinnt  unendlich,  wenn.  49, 155 ; 
alles  was  ich  von  ihm  hijre,  rnusz  meine  frühere  ansieht  be- 
stärken; du  bestärkst  ihn  nur  in  seiner  hartnäckigkeiL 

BESTÄTEN,  conßrmare,  assererc,   mhd.  bestatten. 

1)  weidmännisch,  den  hirsch,  das  Wildschwein  bestäten, 
einbestäten,  in  seinem  lager  aufspüren,  franz.  detourner, 
d^couvrir  le  Heu  de  repos  du  cerf,  en  marqucr  l'enceintc. 
Schneller  3,  671 : 

man  zeucht  an  einem  morgen  frS  " 

mit  den  Iciihiinden  in  den  wall 

bestet  darin  ein  hirschen.    Teuer  dank  33,  ii ; 

als  es  nun  am  morgen  lag  wart, 

zoch  hin  in  den  wald  der  jeger 

und  hesicttcl  in  dem  leger 

den  hirschen  mit  seiuem  gchürn.    33,44; 

wenn  sie  bei  tag  etwas  bestätet  oder  ausgespchet,  so  musl 
es  die  künftig  nacht  gejagt  und  darzQ  gefangen  werden.  Wib- 
8U.1C  Ca/.  0  4";  eiletcn  mit  ihren  langen  schnapphanenrübren 
auf  mich  zu,  einer  stellte  sich  hieher,  der  ander  dorthin, 
wie  auf  einem  gejaid,  da  man  dem  be.siuien  und  aufgetrie- 
benen wild  aufpasset.    Simpl.  2,  20.   5.  bestätigen  l. 


2)  einen  söhn  oder  eine  tochter  in  ehestand  oder  geistli- 
chen stand  bestäten:  bestätter  münich,  caplan.  Schmeller 
3,  671; 

zum  babst  ich  euch  bestellen  Ihu.    Atrer  &7*. 

3)  bestätet  sein  Unschuld.  Steinhöwel  Esop  92';  bestäten 
mit  dem  aid  den  frid.  Aventin  cliron,  392 ;  mit  dem  aid  auf 
bar  und  prust  bestatten  als  recht  ist;  das  bundnus  ward 
mit  brief  und  siegel  bestettet.    Frank  chron.  223'. 

4)  ein  eigen,  gut,  pfand  bestäten;  ich  wil  bestäten  sein 
reich.  Reiszner  Jerus.  l,  14";  weiter  wolt  es  {die  einzufor- 
dernde abgäbe)  der  keiser  nit  besteten.    Frank  chron.  252'. 

5)  mit  im  selben  das  bestattet  (ausmacht),  er  mit  äugen 
schöner  frauwe  nie  gesehen  hett.  Bocc.  1,  92';  den  waren 
glauben  in  uns  bestetten.  Luther  3,-lll';  und  hab  das  be- 
stetet  durch  das  gemain  gebet.  Reucblin  augensp.  34';  als 
ich  geschriben  hab  bestelet,  bedeutet  das  wort  bestetet  als 
vil  als  zugelassen  und  approbiert  nach  gemainern  teutsch 
der  Instrumenten,  so  man  schreibt  bestetet  und  confirmiert. 
verst.  8"; 

theten  auch  disen  brief  bestäten.    H.  Sachs  1,  189"; 

dasz  endlich  also  treuw  mit  treuw  nicht  allein  vergolten,  son- 
dern auch  gehäufet  und  bestätet  werde.  Fronsp.  kriegsb.  1, 
175*;  eine  hofnung,  meinung  bestäten.   Maaler  63*. 

6)  darumb  musz  ich  auch  hie  besteten 
mein  bürstlein  nach  siben  planeicn. 

Fiscuart  groszm.  44, 
was  heiszt  das  ?  hinweisen,  oder  nach  1   auf  die  spur  weisen  ? 

7)  einige  schreiben  bestäten,  und  Stieler  2116,  neben  be- 
stätigen, bestatten  : 

der  groszen  lugend  rühm,  der  Römer  strenge  ihateo, 
was  war  es  als  ihr  ihun  durch  menscbenblut  bestäten, 
durch  eines  rechtens  schein,   durch  unrecht  auch  zugleich. 
Opitz  Hugo  Grot.  s.  322. 

bestäten  fimiare  leitet  sich  zunächst  von  stsete  ßrmus,  woge- 
gen die  erste,  weidmännische  bedeutung  zwar  an  asserere, 
aber  auch  an  statte  locus,  die  stelle  des  lagers  aufspüren, 
denken  liesze.  ohne  zweifei  ist  statte  stalio  verwandt  mit 
staite,  ahd.  stäti  stabilis  (Graff  6,  644.  645),  so  dasz  sich  wie- 
derum bestäten  und  bestalten  berühren,  bei  Henisch  356  stehn 
bestäten  und  bestettigen  als  gleichbedeulig.  s.  bestatten  und 
Bestätigen. 

BESTÄTER,  m.  firmalor.  Stieler  63'.  in  Zürich  heiszt  so 
eiti  Spediteur. 

BESTÄTIGEN,  ßrmare,  asserere,  was  bestäten,  und  die 
heute  gangbare  form,  doch  bietet  sich  im  pass.  K.  99,  33  be- 
reits bestetegen  dar. 

1)  jener  weidmännische  sinn  erscheint  auch  hier,  der  jäger 
bestetigt  den  hirsch.  Becher  s.  46.  der  herr  läszt  durch  den 
jäger  und  dessen  leithund  das  wild  vor  der  jagd  bestätigen 
und  anzeigen,  damit  zu  bestimmter  stunde  gejagt  werden 
könne.  Döbel  2,  46,  wie  es  im  weidschrei  204  heiszt: 

bis  wir  morgen  früh  aufstehn, 
ziehen  aus  gen  Feld  und  gen  holz, 
bestätigen  edle  hirsche  stolz, 
dasz  wir  iinsern  herrn  ergetzen, 
uns  in  seine  guade  setzen. 

2)  seine  ehre  bestätigen,  öffentlich  etwas  thun,  was  ihn  vor 
den  leuten  als  einen  ehrenmann,  ihrer  genossenschaß  würdig 
bekundet:  hei,  bestettig  dir  dein  ehr,  lieber  son,  das  Wein- 
schenken stet  dir  wol  an !  Garg.  97',  aufforderung  zum  trin- 
ken; welche  fraw  kein  gelt  hett,  die  opfert  ein  guldin  oder 
silbrin  ring,  und  ie  ein  hett  acht  uf  die  ander,  ob  sie  auch 
opfert,  und  welche  geopfert,  die  meint  sie  hett  ir  eer  be- 
stettigt  und  ir  bös  geschrei  damit  genuinmen.  Euleusp.  eap. 
31 ;  nur  dem  Dacherius,  der  die  gesammten  werke  des  Lan- 
francus  1648  herausgab,  ist  es  zu  verargen,  dasz  er  dein 
Quadratus  die  ehre  der  ersten  ausgäbe  bestätigte.  Lessinc 
8,  348.  nicht  unähnlich  ist  das  mhd.  sin  ^re  sprechen  und  einem 
f-re  tuon  (gramm.  4,  609).  im  anderm  sinn  aber  schreibt  Wir- 
suNC :  0  mein  eeiciitreicher  vatter,  wol  hab  ich  dein  hoch- 
berümet  lob  geschwecht,  stadl  (gelegcnltetl,  slutl)  und  anzai- 
guog  geben,  nit  alluin  dem  (?dein)  haus,  sondern  auch  dein 
eer  z8  bestätigen.  Cal.  h  1'.  hier  scheint  es  begraben,  bestat- 
ten, wie  auch  sonst :  desgleichen  lesen  wir  von  den  lieben 
erzvetem,  das  sie  ire  todtim  beklaget  und  bitter  beweinet 
haben  und  sie  ehrlich  zur  erden  bestetiget.  Luther  2,  blu' ; 
er  soll  auch  mit  seiner  eignen  band  dreihundert  marterer 
begraben  liaben  und  zii  der  crd  bestetiget.  Frank  chron.  275'; 
nachdem    wir    unsere    gesellen   bestetiget   (begraben)   hatten. 


1657 


BESTÄTIGEN  —  BESTÄTIGUNG 


BESTÄTIGÜNGSGELD  —  BESTÄUBEN  1 658 


RoLLENHAGEü  vunderb.  reisen  65;  mancherlei  art  die  todten 
zu  bestättigen  (bestatten).    Laubembebg  acerra  phil.  13L 

3)  und  den  ersten  son,  den  sie  {des  bruders  wilwe)  gebirt, 
sol  er  bestetigen  nach  dem  namen  seines  verstorbenen  bru- 
ders, das  sein  name  nicht  vertilget  werde  aus  Israel.  5  Mos. 
25,  6;  das  der  mensch  bestätiget  werd  von  dem  schaden. 
Bbal.iscbweig  42 ;  er  hat  Menelaon  in  das  hohe  priesterampt 
bestätiget.  Reiszser  Jen«.  2,54';  einen  im  amt  bestätigen. 

4)  also  ward  Ephrons  acker  Abraham  zum  eigengut  be- 
sletiget.  1  Mos.  23,  17 ;  also  ward  bestetiget  der  acker  und 
die  hole  darinnen  Abraham  zum  erbbegrebnis  von  den  kia- 
dem  Hcth.  23,  20;  denn  er  hatte  dein  reich  bestetiget  über 
Israel  für  und  für.  1  Sam.  13, 13 ;  der  sol  mir  ein  haus  bawen 
und  ich  wil  seinen  stuel  bestetigen  ewiglich.  1  thron.  18,  12 ; 
der  herr  wird  das  haus  der  hoffertigen  zubrechen  und  die^ 
grenze  der  widwen  bestetigen,  spr.  Sal.  15,  25;  der  himmel 
war  noch  nicht  recht  volkomen  zugericht  und  bestetiget.  Lü- 
xaER  4, 6'.  bergmännisch,  ein  gemutetes  revier,  ein  feld  be- 
stätigen, als  lehen  übergeben. 

5)  und  wil  meinen  eid  bestetigen,  den  ich  deinan  vater 
Abraham  geschworen  habe.  1  Mos.  26,  3 ;  bestetiget  aber  das 
wort  seines  knechts.  Es.  44,  26 ;  der  herr  bestetige  dein  wort, 
das  du  geweissagt  hast.  Jtr.  28,  6;  zu  bestetigen  die  verhei- 
szung  den  vetern  geschehen  {goth.  du  gatulgjan  gahaita  at- 
tane).  Rom.  15,8;  verachtet  man  doch  eines  menschen  testa- 
ment  nicht,  wenn  es  bestetigt  ist.  Gal.  3,  15;  wie  sie  ire 
wege  und  weise  nach  dem  gesetz  bestetigten.  Lcthe»  1,  45'. 
3,  26 ;  der  das  evangelium  so  mechtigiich  bestetiget  hat.  3,  28  ; 
das  kein  doctor  noch  scribent,  kein  theologus  noch  Jurist, 
so  herlich  und  klerUch  die  gewissen  der  weltlichen  stende 
bestetligt,  Unterricht  und  getröstet  hat,  als  ich.  6,9'; 

nun  greift,  in  ewrn  peutel  bineio 
UDd  gebt  eio  gotzpfenDiDg  drauf, 
so  bestetigt  ir  den  kauf,    fastn.  sp.  1187 ; 

und  gott  bat  uns  geben  den  eid,  damit  wir  versigelen  und  be- 
stetigen sollen  die  warheit  und  wir  bestetigen  damit  falscheit. 
Keiseüsb.  s.  d.  m.  2l' ;  dan  obschon  dis  ein  wundenverk  was, 
damit  sein  lehr  (zu)  bestätigen,    bieneak.  148'; 

bestebtiget  mit  ruh  sein  land.    Weckberli.-«  435 ; 

versag  uns  nicht  disz  zu  verleihen, 

was  deinen  bund  mit  uns  bestätiigu    Grtphius  2,  2S4 ; 

wenn  auch  alte  und  ansehnliche  leute  durch  ihre  gegenwarl 
solche  gute  Ordnung  bestätigten.  Weise  kl.  leule  321;  Riche- 
lieu habe  sein  glücke  durch  hoher  personen  blutvergieszen 
bestätiget.  376;  wann  ich  diese  holde  traurigkeit  mit  einem 
bestätigten  herzen  würde  verbinden  können.  Göthe  14,  67 ; 
wie  denn  alle  diese  Verhältnisse  sich  immerfort  lebendig  er- 
hielten und  durch  meinen  aufentbalt  am  letztern  orte  {Jena) 
immer  mehr  bestätigt  wurden.  31,  93 ;  jeder  condottiere,  da- 
mit er  sich  von  einem  wandelbaren  kriegsfürsten  zu  einem 
bestätigten  friedens-  und  landesfürsten  erheben  möchte.  38, 
258 ;  wie  oft  hab  ich  schon  dafür  gedankt,  wie  ist  mein  und 
meines  bruders  Lavater  pbysiognomischer  glaube  wieder  be- 
stätigt, an  Aug.  Stolberg  3 ;  die  ernstliche  freundlicbkeit  be- 
stätigte {bestärkte)  mich  in  dem  groszen  begriffe,  den  ich  von 
jeher  von  diesem  geschlechte  gefaszt  habe.  TuCxmels  reise 
2,  60 ;  kein  mensch,  ja  kein  endliches  wesen  wird  im  guten 
bestätigt  (fest).    Fichte  sitlenl.  254. 

6)  sich  bestätigen :  die  erinnerungen  seiner  ersten  liebe 
wurden  dadurch  wieder  so  neu  belebt,  dasz  er  sich  aufs 
neue  in  dem  entschlusz  bestätigte,  ihrem  andenken  getreu 
zu  bleiben.  Wiela^d  3,  82;  und  welche  eitern  Gnden  sich 
nicht  genöthigt,  tüchter  und  söhne  in  so  schwebenden  zu- 
ständen eine  weile  hinwalten  zu  lassen,  bis  sich  etwas  zu- 
fällig fürs  leben  bestätigt,  besser  als  es  ein  lange  angeleg- 
ter plan  hätte  henorbringen  können.  Göthe  26, 29;  eine  ge- 
selischaft  hochgebildeter  männer,  welche  sich  jeden  freitag 
bei  mir  versammelten,  bestätigte  sich  mehr  und  mehr.  31,  69 ; 
der  Vorzug  des  Weinglases  vor  dem  arzneiglase  in  krankhei- 
tcD  der  schwäche  bestätigt  sich  ancb  an  en^achseaeo.  J.  Padl ; 
e%  hat  sich  nicht  bestätigt ;  wenn  es  sich  bestätigen  sollte,  dasz. 

BESTÄTIGEIt,  m.  der  bestäliger  einer  bekräfligung.  Gasve 
XU  Cic  de  off.  3  «.  247. 

BESTÄTIGUNG,  f.  in  allen  bedeulungen  des  bestätigens: 
die  beslntigung  des  gerüchts  blieb  aus;  der  vertrag  erhielt 
«iie  bestatigung  nicht;  in  wichtigen  moinenten,  eben  da,  wo 
es  scheinen  sollte,  der  mensch  bedürfe  fremden  beistandes, 
fremder  bestätigong  am  meisleo.  Gfrnu  17, 372. 


BESTÄTIGCiNGSGELD,  n.,  vas  im  bergbau  für  ein  gemute- 
tes lehen  entrichtet  icird. 

BEST.\T1GUNGSJAGD,  f.,  eine  Jagd  für  die  düt  wild  vor- 
her bestätigt,  aufgespürt  worden  isL 

BESTÄTIGLNGSRECHT,  «. 

BESTATTEN,  ofl  mit  bestäten  und  bestätigen  zusammen- 
fallend, 

1)  sepelire,  den  todten,  die  leiche  zur  erde,  zum  grabe  be- 
statten, i'Ar  eine  statte,  ruheställe  bereiten:  mein  kind,  wenn 
einer  stirbt,  so  beweine  in  und  klage  in,  als  sei  dir  grosz 
leid  geschehen  und  verhülle  seinen  leib  gebürlicher  weise, 
und  bestalte  in  erlich  zum  grabe.  Sir.  3S,  16;  und  lieszen 
sie  erlich  zur  erden  bestatten.  2  Macc.  4,  49 ;  es  ist  keins  an- 
dern saitenspil  von  nöfen,  dann  des  thonen  der  glocken  da- 
mit man  mein  todten  leib  zur  erden  bestatten  soll.  Wibsc.'sg 
Ca/.  g3*;  als  man  sie  zu  grabe  bestatten  wollte.  Göthe  20,  279 ; 

beul  früh  bestaUeten  wir  ihn.    Schiller  394' ; 

man  hat  in  fürstengrürteo 

bestatten  mich  gewollt.    Rcckert  198. 

2)  locare,  verheiraten:  sein  kind  zu  der  ec  bestatten. 
weislh.  2,  241 ;  ehelich  bestatten.  Frankf.  ref.  III.  8,  6.  V.  8, 14  ; 
gehen  sie  (die  brauüeutet  im  läger  zum  predicanten.  sich 
ehelichen  zusammen  bestatten  zu  lassen.  Kirchhof  mil.  disc. 
147;  von  einem  alten,  der  sich  ein  jung  meidlin  bestattet. 
ZiNKGR.  69,  6.  locare  ßhrl  mederum  auf  statte,  locus,  doch 
ausstatten  auf  parare. 

3)  confirmare,  bestätigen:  den  glauben  damit  zu  bekrefti- 
gen  und  zPi  bestatten.  .Melanchth.  1  Cor.  1;  solang  gegen- 
wartig, bisz  die  zeugen  beeidet  und  bestattet  weren.  Kibch- 
HOF  mil.  disc.  256 ; 

der  unser  Ordnung  bsteuen  wil.    Atrir  125^ 

4)  figürliche  anwendung  der  ersten  hedeutung  des  begrabens: 

sie  solten  blosz  mil  schlafen, 
mit  freier  gasterei,  mit  spiel  und  frölicbkeil, 
mit  tanzen  und  mit  tust  bestatten  ihre  zeit.    Opitz  3,  272, 

d.  i.  obruere,  delere,  lerere  tempus,  icie  es  heiszt: 

cuncta  tuus  sepelivit  amor.    Plactcs  ifösJ.  V.  2,  1 ; 

Voss,  von  dem  kyklopen,  vino  sepultus : 

denn  sobald  er,  vom  schmause  gefüllt  und  mit  weine 

bestattet, 
seinen  gebogenen  hals  biosenku 

BESTATTUNG,  f.  sepullura: 

schon  bei  vieler  beiden  bestattungen  warst  du  zugegen. 
Toss  Od.  24,  87. 

BESTAUBEN,  BESTAUBEN,  pulvere  c^nspergere,  nnl.  be- 
stoven,  der  umlaut  schwankend  wie  in  glauben  glauben  und 
ähnlichen,  tceshalb  sich  kein  inlroiis.  stauben  dem  trans.  stäu- 
ben entgegensetzen  läszl. 

1)  die  schuhe,  die  kleider  bestäuben ;  ein  fuszbestäubter 
Wanderer,  piedpoudreux,  pede  pulrerosus;  die  bäume  an  der 
heerstrasze  stehen  bestaubt ;  alle  tische  und  bänke  waren 
bestaubt ;  bestaubte  blumenkelche ;  gelb  bestäubt.  Brockes 
6,  18;  die  rothen  augenwimpern  bräunte,  die  nägel  vergül- 
dele,  die  haare  bestäubte  sie.    Lohenst.  ilmi.  2,  85; 

der  tbau  wusch  die  bestäubten  Auren.    Licbtwer; 

sei  immer  unfreundlich,  winter,    meine   flöte  soll  doch  nicht 
bestäubt  in  der  hüfle  hangen.    Geszneh;  bestaubte  büchcr. 

2)  wie  man  sagt,  der  staub  fliegt  die  Sachen  an  und  die 
wange  ist  von  zartem  railchhaar  angeflogen,  heiszt  sie  schön  auch 
hestäobt,  gleidisam  befiedert,  beflaumt;  die  Jünglinge,  wann 
ihnen  anruhet  das  maul  mil  milchhaaren  besleubt  zu  werden. 
Simpl.  3,  87.    vgl. 

nunc  primum  opacat  flore  lanugo  geoas.    Piccvtus. 

3)  bestäubt  ist  auch  ein  lebendiger  ausdruck  für  berauscht, 
betrunken,  benebelt,  weil  rausch  und  nebel  sich  unvermerkt 
ansi'lzen:  es  was  ein  fürneni  man  Zunftmeister,  ward  auf 
einmal  t>esteubt  mit  weio.  Keisersb.  s.  d.  m.  9*;  der  sechst 
schad  ist  hunger.  wie  ist,  das  der  also  besteubet  wirt  von 
fressen  und  sufen,  den  durstet  immenneder.  10*;  ich  wil 
hie  nit  reden  von  schimpfweisen  oder  werken,  als  die  betler 
treiben,  die  da  besteubl  und  trunken  werden,  die  schirmen 
mit  einander.    52'* 

4)  sich  bestäuben :  du  hast  dich  ganz  bestaubt  oder  be- 
stäubt ;  die  hübner  wälzen  und  bestauben,  ptUteln  sich ;  dann 
die  pferd,   die   sich  im  sand  lunbwalsea  und  wie  die  geilen 


1659 


BESTAÜDEN— BESTE 


BESTE 


1660 


hennen  bestauben,    die  sind  besser,   als  die  sich  im  wasser 
niderlegen. 

5)  bildlich,  das  er  auch  etwas  damit  bestäupt  (besudelt, 
beschmulzl)  sei.  bienenk.  229';  der  durchaus  mit  römischer 
heiiigkeit  bestäupt  ist.  231' ;  bestäubte,  veraltete  grillen.  Kant 

3,  63; 
richtelnde  könnens  {das  werk)  mit  tadel  bestäuben  und  lobe. 
Klopstock2,  63. 

s.  bestieben. 

BESTAUDEN,  sich,  fruUcescere,  slaudig  wachsen,  standen 
treiben:  der  türkische  weizen  bestandet  sich  herlich. 

BESTÄUBUNG,  f.  fruticatio. 

BESTAUFUNG,  f.  reichet  und  gebt  in  ewerm  glauben  die 
macht  oder  werk,  in  der  macht  die  kunst,  in  der  kunst  die 
mäszigkeit.  mit  welcher  bestaufung  sant  Peter  (2  brief  t,  5) 
auf  den  glauben  gleich  als  auf  die  wurzeln  die  allerschöneste 
este  setzt.  Melanchthons  hauptarlihel  verdeutscht  bl.  76.  was 
meint  bestaufung?  kaum  bestufung,  abstufung,  vielleicht  be- 
steifung,  munimentum?  wie  umgedreht  besteibt  ßr  besteubt 
geschrieben  wird. 

BESTAUNEN,  admirari,  anstaunen:  jeder  ort  hat  einen 
kleingroszen  mann,  den  der  weise  verlacht  und  der  häufe 
bestaunt.  Dyanasore  1,  60;  wer  bestaunt  nicht  lieber  den 
wunderbaren  kämpf  zwischen  frucbtbarkeit  und  Zerstörung 
in  Siciliens  Auren  ?  Schiller  1223 ; 

musz  ich  nicht  aus  deinetJ  flammenaugen 
meiner  wollust  widerstrahlen  saugen? 
nur  in  dir  bestaun  ich  mich.       8*. 

BESTBEMITTELT,  locupletissimus. 

BESTBIETEND,  was  meistbietend. 

BESTE,  oplimus,  goth.  batista  batistu  batistö,  ahd.  pejisto 
pejistä  pejistä,  ags.  betsta,  verkürzt  besta.  über  einen  nur 
mutmaszlichen  positiv  bat,  ahd.  paj  sp.  1153,  über  den  comp. 
batiza,  pejiro,  besser  sp.  1644,  über  die  starke  form  best  sp. 
1650,  in  der  folgenden  Verhandlung  müssen  aber  beispiele  aus 
beiden  flexionen,  der  starken  und  schwachen,  zugelassen  wer- 
den. 

1)  da  schon  die  mhd.  form  bejjiste  (Ben.  1,  95'),  mit  aus- 
geworfnem  Z,  zu  beste  wird,  nhd.  aber  dem  comp,  besser  kein 
superl.  besseste  zur  seile  steht,  nur  beste,  so  darf  man  nicht 
schreiben  beszte,  so  wenig  als  wuszte,  muszte  für  wüste, 
muste.  ST  hat  hier  überall  seinen  guten  grund.  gerade  so 
schwindet  im  ags.  besta,  altn.  bestr,  beztr  das  T. 

2)  der  beste  mann,  der  beste  freund;  einer  der  besten 
menschen  unter  der  sonne;  auch  beklagend,  der  beste  mann ! 
ob  er  gefährlich  verwundet  ist,  wissen  wir  nicht  und  wir  wol- 
len es  nicht  hoffen.  Lessing  12,  134;  wie  soll  man  ihr  nun 
helfen,  der  besten  frau  auf  der  weit!  in  der  anrede  bester! 
mein  bester!  meine  beste!  o  beste!  Göthe  12,  161;  bester 
mann!    12,  182;  ironisch,  sie  irren  sich,  mein  bester! 

3)  holet  vom  besten  wein!; 

lasz  mir  den  besten  becher  weins 

in  purem  golde  reichen.    Göthe  1, 179; 

wir  wollen  uns  mit  dem  besten  wein  und  salben  füllen. 
weish.  Sal.  2,  7 ;  von  dem  besten  gewächs ;  und  ich  würde  sie 
mit  dem  besten  weizen  speisen,  ps.  81, 17 ;  das  beste  mehl, 
flos  farinae;  das  grosze  haus  aber  spundet  er  mit  tennen 
holz  und  uberzogs  mit  dem  besten  golde.  2  chron.  3,  5; 
machte  zweihundert  schilde  vom  besten  golde.   9, 15. 

4)  hunger  ist  der  beste  koch;  die  luft  ist  die  beste  arz- 
nei;  die  zeit  ist  der  beste  trost;  der  frühling  die  beste  zeit 
zum  säen;  beim  besten  ist  der  beste  kauf. 

5)  der  erste  beste,  primus  quisque;  rufet  den  ersten  be- 
sten von  der  strasze ! ;  ehedem  wo!  gab  es  einen  vater,  der 
seine  tochter  von  der  schände  zu  retten,  ihr  den  ersten  den 
besten  stahl  in  das  herz  senkte.  Lessing  2,  188 ;  da  musz 
sie  sich  dem  ersten  besten  an  den  hals  werfen.  Göthe  U,  14 ; 
nun  aber  komme  mir  der  erste  beste  hund  aus  der  Stadt. 
J.  Paul  ßegelj.  1,  81;  es  geschieht  beim  ersten  besten  an- 
lasz,  dasz  man  ihm  die  Wahrheit  sagt;  nnl.  ik  zal  het  den 
eersten  den  besten  gevcn.  es  heiszt  auch,  der  zweite  beste, 
der  beste  darnach. 

6)  mhd.  der  beste  und  der  boeste: 

er  miste  gern  ir  beider, 

der  boBsteu  und  der  besten.    Part.  375,  6 ; 

der  boBste  ist  dir  der  beste 

und  der  beste  der  boeste.    Iw.  144; 

die  besten  noch  die  boesten 

künde  nleman  trcDsien.    klage  im ; 

da;  beste  l&n  und j  hcesie  tuon.    Hetmbr.  518 ; 


wofür  roseng.  1100  niht  der  tiurste,  nicht  der  boeste.  bei- 
spiele aus  Urkunden  gesammelt  RA.  34.  in  den  weisthümem 
immer:  es  soll  wein  geliefert  werden  nicht  vom  besten  und 
nicht  vom  schlimmsten,  ein  guter  trunk.  der  mensch  gehört 
nicht  zu  den  schlimmsten  noch  zu  dea  besten;  er  ist  kei- 
ner von  den  hosten,  keiner  von  den  besten;  das  hoste  wird 
gedacht,  das  beste  wird  geredet;  thund  das  best  und  das 
böst,  wie  ir  mögend,  huc  et  illuc  vos  versate.  Maaler  63'. 
vorsieht  gebietet  aber  die  häufig  ö  für  e  setzende  Schreibung 
des  16  Jh.,  z.  b.  Schertlin  schreibt  br.  s.  21:  die  Augsburger 
habend  das  böst  bei  mir  gethon,  meinend  das  beste. 

7)  er  steht  in  den  besten  jähren,  in  der  mitte,  der  kraft 
des  lebens;  ein  mann  in  seinen  besten  jähren.  Götbe 
24,190; 

eine  fürstin  sterbe,  noch  in  bester  Jugend, 
war  wie  an  dem  stände  fürstin  auch  an  tugend. 
LoGAU  3,  5,  76. 

als  ich  im  besten  schlafe  lag,  mitten  im  schlafe;  denn  gleich 
als  wenn  die  dornen,  so  noch  in  einander  wachsen,  und  im 
besten  saft  sind,  verbrennet  werden,  wie  ganz  dürr  stro. 
Valium  1,  10 ;  als  man  im  besten  reden  war,  kam  feuer  aus ; 
als  er  im  besten  zuge  war,  risz  man  ihm  das  glas  vom 
munde ;  da  sie  im  besten  tanz  war,  muste  sie  fort ; 

und  als  der  danz  am  besten  war, 

da  erhub  sich  ein  groszes  schlagen.    H.  Sachs],  530' j 

und  als  der  tan«  am  besten  war, 

da  giengen  die  lichter  aus; 

und  als  der  tanz  zum  besten  war,  tanzte  er  mit  dem  könig 
zum  haus  hinaus  und  schlug  ihm  die  thür  vor  der  nasen  zu. 
Simpl.  3,  187;  und  als  nun  Ulenspiegel  auf  dem  seil  sasz 
und  sein  duralen  am  besten  was,  so  schleich  sein  multer 
heimlich  binden  in  das  haus  auf  die  bün  und  schneid  das 
seil  enzwei.  Eulensp.  cap.  3.  alle  diese  beispiele  drücken 
einen  risz  mitten  in  die  freude,  in  die  beste  freude  aus. 

8)  ich  handelte  nach  meinem  besten  wissen;  nach  ihrem 
besten  ansehen  zu  des  reiches  nutz  handeln,  reichsabsch. 
von  1521  §.  12;  das  ist  im  besten  sinne  zu  verstehen;  so 
hab  ichs  auch  in  diesem  buche  zu  machen  mich  besten  Ver- 
mögens bestrebt.    Siegfr.  von  Lindenb.  4,  419. 

9)  bekannt  aus  dem  deutschen  recht  ist  das  beste  haupt, 
Optimum  caput,  mhd.  daj  beste  houbet,  daj  beste  nöj,  daj 
beste  vihes  houbet  (RA.  364),  wofür  auch  vorkommt  dag  tiurste 
houbet,  valentius  caput,  wie  vorhin  der  tiurste  und  der  beste. 
vorzugsweise  wird  aber  unter  dem  besten  vieh  das  pferd  ver- 
standen, wie  bei  Helblinc  1,  389 : 

und  läj  dir  enpfolhen  sin 
daj  vihe  aller  beste, 
daj  dem  iht  gebreste, 
swing  im  vuoier,  mach  ej  rein, 
streich  im  schöne  siniu  bein, 
wint  im  üf  den  höhen  schöpf. 

WO  aber   armiU  einzieht  und  schwelgerei  in  des  mannes  haus, 

geschieht  es, 

das  die  katz  wird  sein  bestes  viecb. 
H.  Sachs  1,344'; 

hat  bei  ihm  täglich  volle  giist, 

derhalb  sein  kalz  wird  bald  das  best 

viech  werden  durch  sein  schlemmcrei.    IV.  3,  87'; 

wie  vil  gesind,    so  vil  feind,    da  ist  hund  und  katz  das  best 

vihe.  Garg.  69'. 

10)  im  peinlichen  recht  begegnet  die  formet,  man  soll  ihn 
an  seinen  besten  hals  hängen,  unter  dem  volk  heiszt  es,  ich 
will  meinen  besten  hals  daran  setzen,  wagen;  das  wird  ihn 
seinen  besten  hals  kosten;  welche  wort  schon  manchen  un- 
bestellten Wildschützen  seinen  besten  und  einigen  hals  ge- 
kostet. Simpl.  1,  40.  Unter  den  gliedern  des  leibs  hiesz  die 
rechte  hand  die  bessere  {sp.  1645),  nicht  die  beste,  die  zunge 
aber  das  hoste  glied  • 

daj  wirsto  lit,  daj  ieman  treil, 

deist  diu  zuuge,  so  man  seit.    Friid.  164,  3. 

gangbarer  ist  heule:  die  alle  lacht  über  ihren  besten  zabn, 
j.  b.  irrg.  der  liebe  s.  22. 

11)  das  beste:  vergisz  das  beste  nicht!  {deutsche mylh.  9iZ)-, 
mhd.  des  besten  wart  nie  niht  an  ir  vergcjjen.  MS.  i,  in': 
das  beste  ist  was  man  in  der  hand  hält;  das  beste  ist,  dasz 
sie  ihn  lieb  hat;  das  beste  bei  der  sache  ist  noch,  dasz  c» 
nicht  lange  währt;  das  wäre  noch  das  beste,  wenn  er  sich 
fortschliche ;  das  beste  spart  man  aufs  letzte ;  das  beste  kauft 
man  am  wolfeilsten;    man  soll  von  todlen  das  beste  reden; 


1661 


BESTE 


BESTE— BESTECHEN 


1662 


das  beste  was  du  wissen  kannst, 
darrst  du  den  buben  doch  nicht  sagen. 
GöTHK  12,92; 
das  beste  vorweg  nehmen,  das  best  vorab  ausnemen.  iceisth. 
2,263;  laszt  uns  das  beste  davon  denken,  hoffen;  ich  halte, 
sehe  es  an  für  das  beste ;  alles  ist  auf  das  beste,  optime,  maxime; 
wir  belustigten  uns  auf  das  beste;  die  Holländer  verschanz- 
ten und  befestigten  sich  aufs  beste  sie  konten.  Olearics 
Orient,  insuln  s.  150;  ufs  beste  er  konte.  Harnisch  121;  er 
aber  stund  und  schüttelte  sich,  so  best  er  nwchte  und  als 
viel  er  konte.  eselkönig  139 ;  so  best  ich  mag,  wie  ich  im- 
mer kan.  Hans  Jacob  Velr  1525  e  3 ;  mhd.  als  er  beste  künde 
z.  b.  Flore  5051 ;  dienen  als  ich  beste  kan.  frauendiensl  3, 31. 
Zumal  häufig  ist  die  redensart  das  beste  oder  sein  bestes 
thun  {wie  das  möglichste,  sein  möglichstes) :  dan  er  hat  ge- 
lobt und  geschworen,  dem  meister  das  best  ze  thun,  in  vor 
schaden  warnen,  seinen  nutz  schaffen  und  fürdern.  Keisebsb. 
s.  d.  m.  72';  so  kom  nu  mit  uns,  so  wollen  wir  das  beste 
bei  dir  thun.  4  Mos.  10.  29 ;  prüfest  du  was  das  beste  zu  thun 
sei  {optimum  factu).  Rom.  2,  IS ;  drumb  will  ich  meins  theils 
mein  best  thun,  wie  einer  der  allein  pfeift.  Garg.  209* ;  es 
ist  wol  war,  dasz  sie  hierzu  auch  ir  bestes  thun.  bienenk. 
S3';  wann  wir  zu  bezalung  unserer  schulden  unser  äuszer- 
stes  und  bestes  gethan.  101* ; 

du  hast  in  dem  garten  din  beste j  wol  getan,    roseng.  14S8; 

das  werk  sie  treiben  an,  ein  jeder  tbut  das  best. 
Wkckherli?(  253; 
leute,  halt  den  dieb,  thut  euer  bestes,  dasz  ihr  ihn  be- 
kommt !  pers.  baumg.  4,  17 ;  wir  dragoner  haben  neben  den 
cürassieren  das  beste  gethan.  Simpl.  2,  77;  weil  man  mit 
jedem  zufrieden  war,  der  sein  bestes  that,  wie  sies  nann- 
ten, so  that  niemand  sein  bestes.  Wieland  19,  265 ;  und  thut 
ihr  bestes.  19,  271;  ich  wette,  dasz  ich  am  ende  das  beste 
bei  der  sache  thun  musz.  Gotter  3,  25;  wollte  golt  er  ver- 
dient es  und  thäte  das  beste.  Göthe  8,  61.  nnl.  zijn  best 
doen,  ik  zal  mijn  beste  doen.  auch  sein  bestes  (wie  sein 
längstes)  leben,  seine  beste  (längste)  zeit  verlebt  haben : 

denn  kömpt  es  aus,  so  gnad  ihm  gott, 

sein  bestes  hie  gelebt  er  hat  (d.  i.  musz  er  sterben). 

HATJtECCifs  Hansoframea  2,  1. 

nnl.  hij  liep  al  zijn  best  {cueunil  quam  potuit  maxime);  een 
ieder  roeit  zijn  best,  ein  jeder  bewegt  sich,  rudert  so  wol  er 
kann,  das  gemeine  beste,  bonum  publicum;  das  hätte  ich 
ums  besten  willen  gethan.  Schweimchen  1,  124;  das  beste 
des  Staats,  utilitas  publica; 

warum?  weil  an  Europas  groszem  besten 

ihm  „mehr  liegt  als  an  ein  paar  huTeu  landes 

die  Ostreich  mehr  bat  oder  weniger.    Schiller  336". 

das  beste,  der  ausgesetzte  erste  preis  (Sch«.  l,  215),  tÖ  aQiarov 
und  aoiarelov,  woher  a^tarevetv,  der  erste,  beste  sein : 

bab  gmeint  bei  allen  meinen  sinnen, 

ich  weit  alhie  das  best  gewinnen.    Uaüpt  3,  246; 

aber  heule  wil  ich 
den  meisterschusz  thun  und  das  beste  mir 
im  ganzen  umkreis  des  gebirgs  gewinnen.    Scbillh  M6*. 

12)  hier  ist  nicht  viel  zum  besten,  sieht  es  arm  und  dürf- 
tig aus,  ist  wenig  ausgestellt,  aufgestellt;  nnl.  daar  is  niet 
veel  ten  beste;  da  war  viel  zum  besten,  da  gieng  es  hoch 
her;  er  gab  alles,  was  er  hatte,  zum  besten,  bewirtete  so 
gut  er  konnte; 

was  wirst  du  auf  der  weit  als  creuz  und  ach  erleben? 
weil  du  bald  anfangs  must  dein  blut  zum  besten  geben. 
Grtphil's  2,  457  ; 

es  sei  noch  eine  fiasche  wein  zum  besten  gegeben ! ;  bei  der 
kaiserkrOnung  wurde  ein  gebratner  ochs  zum  besten  gege- 
ben ;  er  gab  den  leuten  zehn  thaler  zum  besten ;  ich  gebe 
die  bemerkung  zum  besten  (stelle  sie  auf,  gleichsam  auf  den 
tisch).    Göthe  an  Schiller  824; 

0  ja,  wers  naschen  liebt, 
der  merkt  sich  ohne  wink,  wos  was  zum  besten  gibt. 

7,104; 
sehr  gerällig  ist  es,  dasz  der  dichter  mit  dem  besten  bumor, 
süwol  in  eigner  als  dritter  person,  sich  öfters  zum  besten  gibt 
(preis  gibt,  her  gibt).  33,  ISO.  Wie  es  heisit,  sich  etwas  zu  gute 
thun,  sich  ein  gütchen  thun,  tn  essen  und  trinken,  scheint  auch 
dies  zum  besten  ursprünglich  auf  speise  und  trank  :u  beziehen 
(vgl.  nfi<nov  prandium),  hernach  aber  weiter  ausdehnbar. 
$eh».  ist  taga  tili  bästa  essen,  ge  tili  bästa  zu  essen  geben, 
den  Dänen  ist  have  noget  til  bedsle,  lägge  sig  noget  tii 
bedste,  etwas  in  übcrfiuss  haben,  sich  zurück  legen,     wir  sO' 


gen,  das  dient,  gereicht  mir  zum  besten,  zum  vortheil,  und 
zum  besten  geben  wäre  eigentlich  ad  communem  ulilitatem 
conferre,  und  auf  ähnliche  weise  meint  Schiller  933 :  zwar 
möchte  meine  kröne,  wenn  sie  meine  armee  und  mich  auch 
selbst  verlöre,  noch  eine  schanze  zum  besten  (en  reserve) 
haben,  zum  besten  haben  hiesz  im  17  jh.  entweder  auftra- 
gen oder  davon  tragen,  nichts  zum  besten  haben,  omnium 
inopem  esse: 

das  arme  land  erschrak  für  diesen  neuen  gasten, 
halb  furchtsam  und  halb  froh,   es  hatte  nichts  zum  besten 
an  allem  mangel  reich,  so  nähmet  ihr  verlieb. 
Flk«u«g  82  tS4), 

es  war  dürftig,  hatte  nicht  viel  aufzutragen,  ihr  wart  mit 
schlechter  bewirtung  doch  zufrieden,     hingegen, 

unsre  magen  sind  wie  gräber,  drein  wir  manchen  leib 

begraben, 
was  ists  wunder,  dasz  von  todten  wir  den  tod  zum  besten 

haben.  Logau  3,  9,  14, 

davon  tragen;  ich  war  ganz  nasz  und  hatte  noch  zum  ba- 
sten (den  gewinn),  dasz  mich  eine  bauersfrau  ins  haus  auf- 
genommen und  mich  vor  dem  ofen  von  der  nässe  befreiet 
Jucundiss.  211. 

13)  heute  aber  ist  einen  zum  besten,  ihn  zum  narren,  zum 
ausgesteckten  spottziel  haben,  aufziehen,  necken,  diese  bedeu- 
tung  findet  sich  noch  nicht  bei  Stieler,  Steinbach,  Frisch,  ange- 
merkt ist  sie  aus  Ettners  hebamme  196 :  ich  sehe  aus  allen, 
dasz  mich  monsieur  Rente  heute  zum  besten  haben  will,  ich 
will  lieber  schweigen,  und  wahrscheinlich  begegnet  sie  in  die- 
sen büchem  öfter  noch,  im  18  jh.  kommt  sie  häufiger  auf, 
bei  ÄOELCNC  heiszt  sie  in  der  ersten  ausg.  niedrig,  «eUke  be- 
zeichnung  in  der  zweiten  getilgt  ist: 

(erklär),  du  habsi  der  diener  treue  nur  erproben, 
den  Schweden  blosz  zum  besten  haben  wollen. 

Schiller  365'; 
ich  lobe  mir  den  heitern  mann 
am  meisten  unter  meinen  gasten: 
wer  sich  nicht  selbst  zum  besten  haben  kann, 
der  ist  gewis  nicht  von  den  besten.    Göth(2,  298; 

ihr  habt  mich  doch  nicht  zum  besten?  17,  22;  ich  habe  sie 
schön  angeführt,  ich  habe  sie  zum  besten  gehabt,  wie  sie  es 
verdienen.  18,  156 ;  junge  otGciere  hatten  die  acteure  zum 
besten.  18,  262 ;  sie  hat  sie  zum  besten  gehabt.  Lenz  1,  224. 
nachgeahmt  im  dän.  have  een  til  bedste.  offenbar  flieszt  dies 
zum  besten  haben,  preis  geben  aus  dem  zum  besten  geben 
unter  12. 

14)  die  band  gottes  ist  zum  besten  über  allen  die  in  su- 
chen. Esra  8,  22;  wir  wissen  aber,  das  denen  die  gott  lie- 
ben, alle  ding  zum  besten  dienen.  ROm.  8,  28 ;  dein  rath 
gereicht  mir  zum  besten;  wie  es  ihnen  zum  besten  mundet. 
bienenk.  8o';  wüste  alles  zum  besten  zu  kehren  und  zu  wen- 
den. Göthe  19,  13 ;  habe  ich  aber  meine  musze,  auch  so 
schon,  nicht  zum  besten  angewandt,  was  thut  das?  Lessi5C 
10, 118 ;  ja  und  mit  der  und  der  Jungfer  ists  auch  nicht  zum 
besten  bestellt.  Lenz  1,  264 ;  der  kranke  befindet  sich  beute 
nicht  zum  besten;  das  geheimnis  der  alten  war  nicht  zum 
besten  bei  ihm  verwahrt.  Göthe  20, 107. 

15)  wiewol  du  das  nit  in  der  meinung  getb'on  bettest, 
sunder  in  guter  meinung  und  in  dem  allerbesten,  so  wirt 
es  todsünd.  Keisersr.  £.  d.  m.  36';  liesz  also  die  frage  im 
besten  anstehen  und  beruhen,  buch  der  liebe  5,  1;  etwas  im 
besten  aufhemmen,  animo  meliore  ferre.  Maaler  63';  offen- 
bare einem  könige  nicht  alsbald  eines  andern  tücke  und 
nücke,  du  seist  denn  versichert,  dasz  es  der  könig  im  be- 
sten aufnimpt.   pers.  roseiüh*.  8,  36 ; 

die  bhalt  von  mir  zu  einer  schenk, 
darbei  im  besten  mein  gedenk.    H.  SaCbs  III.  2,  53'; 
ich  bitte  meiner  nur 
im  besten  bei  ihm  eingedenk  zu  sein.    L<ssi!<e  2,  301; 

wie  lebhaft  nahm  sie  sich  vor  seiner  auch  bei  Marianen  im 
besten  zu  gedenken.  Göthe  18,  4.    vgl.  bestens. 

16)  tfie  auf  besser  (sp.  1645)  kann  auch  auf  am  besten  das 
part.  praet.  folgen:  am  besten  geschwiegen  und  langsam  ge- 
redt (zu  schweigen  und  l.  zu  reden).  Weise  kl.  leute  314. 

BESTECH,  s.  besieg. 
BESTECH  BAH,  rrnalis,  bestechlich. 

BESTECHDilAHT,  m.  bei  den  Schuhmachern,  zum  bestechen 
ihrer  arbeit. 

BESTECHEN,  circumfigere,  umstechen, 

1)   die   Schuster  bestechen   die   schuhe   um  den   rand  mit 


1663 


BESTECHEN 


BESTECHER— BESTECKEN 


1664 


draht  und  starken  faden;  die  nähterinnen  und  Schneider  be- 
stechen den  saura  des  gewandes,  den  knöpf  «.  s.  w.,  bogen 
fapier  werden  bestochen,  uinstochen,  zusammengeheßet. 

2)  die  bergieute  bestechen  das  gezimmer  mit  dem  gruben- 
tscherper,  zu  versuchen,  ob  es  noch  frisch  oder  faul  sei. 
Frisch  2,  324'. 

3)  ein  beet  bestechen,  dm  rand  umstechen,  den  rein  be- 
stechen, marginem  circumfodere :  auch  haben  mich  meine  erste 
lehrmeister  dazu  gewänet,  und  gesagt,  das  früstücken  und 
die  morgenzechelin  gute  gedechtnus  machen,  darumb  brachen 
sie  mir  allzeit  vor  das  eis  und  bestachen  mir  den  rein  (be- 
stachen den  rand  des  eises  der  nüchtcrnheit)  und  tranken  am 
ersten  ein  guts  positzlin  ein.  Garg.  160*. 

4)  die  mauer  bestechen,  7iach  Maaler  63*  trullisare,  mit 
Pflaster  verwerfen  oder  verstreichen.  Stalder  2,  394  hat  auch 
die  substantiva  der  stich,  bestich  und  die  bestechi,  der  Über- 
zug mit  mörtel. 

5)  aus  dem  bestechen  unter  1  leitet  sich  ganz  einfach  die 
Vorstellung  des  b^stechens  mit  miethe  oder  mit  geld,  corrum- 
pere  pecunia,  und  sie  müste  althergebracht  atts  der  zeit  sein, 
wo  es  noch  kein  gemünztes  geld  gab.  man  gewann  die  letite 
durch  geschenke  mit  gewundnem,  gedrehtem  gold,  und  mit  miete 
bestechen  hiesz  was  mit  miete  bespinnen,  die  ähnlichen  Wör- 
ter beschmieren  und  bestreichen  sind  von  der  salbe  entnom- 
men, ahd.  mhd.  bclegstellen  mangeln,  sind  aber  vorauszusetzen, 
■weil  sich  sonst  die  nhd.  wendung  gar  nicht  verstehen  liesze. 
das  wort  ist  auch  noch  im  16,  ja  17  jh.  seilen,  und  z.  b.  von 
Luther  ungebraucht.  Dasypodius  (1537)  211'  hat  corrumpere 
muneribus,  mit  gaaben  bestechen,  verböseren ;  Maaler  63*  be- 
stächen, mit  galt  gewännen,  64*  mit  miet  und  gaaben  be- 
stochen werden,  muneribus  capi,  Henis:ch  331  bestechen, 
schmieren,  mit  gelt  gewinnen,  corrumpere ;  so  finde  ich  dar- 
gegen,  das  diser  keiser  sich  auch  durch  gaben  und  miet  gern 
bestechen  hab  lassen.  Aimon  (Simmern  1535)  vorr.  a  2* ;  als 
wärens  mit  gaben  bestochen.  3  Macc.  4, 18 ; 

damit  im  fall  der  not 
man  den  tod  umb  das  leben  möcht  bestechen. 
Weckherlin  418; 

er  ist  dazu  bestochen  worden;  man  hatte  ihn  mit  vielem 
gelde  bestochen  ein  solches  Zeugnis  abzulegen;  der  richter 
hat  sich  bestechen  lassen ;  ein  bestochener  richter ;  das  mäd- 
chen  ist  anziehend,  ihre  Jugend  hat  ihn  bestochen.  Götter 
3,  68 ;  das  bild  besticht  durch  seine  färben ; 

bestach  ich  dich  mit  Schmeicheleien  1 
mit  Zucker  deiocn  lieblingshund  ?    GüX[NGk1,80; 
muih  und  Freude  gosz  sich  in  Hannchens  bestochene  seele. 
Zacuariä  1,  254; 
ich  von  Talscher  Zärtlichkeit  bestochen, 
von  stolzem  wahn  geblendet.    Schillkb; 

Aureliens  bitterkeit  und  seines  freundes  Laertes  kalte  Ver- 
achtung der  menschen  bestachen  öfter  als  billig  war  sein  ur- 
theil.  Götiie  19, 142 ;  die  durch  die  äugen  die  obren  bestach. 
.1.  Paijl  Hl.  nachl.  4,  61.  auch  nnl.  men  heeft  hem  mit  geld 
bestoken,  und  dies  nl.  besteken  liesze  sich  allerdings  ton  be- 
stecken, einen  mit  geld  bestecken,  ihm  geld  in  die  lasche 
stecken  leiten,  im  grund  liefen  beide  erklärungen  fast  zusam- 
men, nur  dasz  die  letzte  prosaischer  wäre  und  auf  einem  mis- 
brauch  der  starken  form  beruhen  müste.  dasz  aber  bestechen 
und  bestecken  sich  mengen,  wird  unter  dem  letzten  wort  ge- 
wiesen. 

6)  configere  dictis,  perstringere:  und  haben  alle  satyrische 
gcribenten  zum  gebrauche,  dasz  sie  ungeschewet  sich  vor 
feinde  aller  laster  angeben  und  ihrer  Ijcsten  freunde,  ja  ihrer 
selbst  auch  nicht  verschonen,  damit  sie  nur  andere  bestechen 
mögen.  Opitz  poet.  23;  wie  man  denn  dergleichen  exempel 
mehr  findet,  dasz  die  poeten  Sicherheit  halben  durch  eines 
andern  person  die  laster  der  tyrannen  und  bosheit  ihrer  zeit 
bestochen  haben.  1,  259;  ich  bin  es  den  er  mit  seiner  enl- 
schuldigung  besticht.  Arg.  2,36  vgl.  1,444; 

was  ist  üiu  deutscher  reim?  deutsch  kan  hier  jedermao, 
drum  ist  mir  lieh  dasz  ich  knii  auch  wim  juder  knn. 
doch  l(»n  mein  reim  noch  was,  das  Zoilus  nicht  kan, 
dasz  meinen  reim,  wie  ihr,  besticht  nicht  jedcnnon. 
Logau  1,  5,  69, 

in  milderem  sinn  einen  anstechen,  ausfragen,  sondieren:  ßaiern- 
halb  hab  ich  ine  noch  bestochen.  Sciierti.ins  br.  44.  vgl. 
ansteclien  und  bestichein.  einen  mit  schönen  werten  beste- 
chen, einrtekmen  ist  «her  eine  figvr  des  bestecbens  unter  i. 


BESTECHER,  «i.  corruptor : 

zuletzt  ein  wolgesinnter  mann 

neigt  sich  dem  Schmeichler,  dem  bcstecber.    Göthe  41,  11. 

BESTECHGOLD ,  n.  ursprünglich  aurum,  quo  veslis  inte- 
gitur,  distinguiiur,  dann  quo  corrumpitur.  in  diesem  letzten 
sinn  Fischart:  schieszt  gülden  ketten  hinein  (in  die  belagerte 
bürg)  oder  schickt  bestecbgold  in  eim  fast  mit  wein.  G*rg. 
182'. 

BESTECHHOLZ,  «.  der  schuster  zum  bestechen. 

BESTECHLICH ,  ccrruptibilis,  venalis,  der  beslechung  zu- 
gänglich. 

BESTECHLICHKEIT,  f  animus  venalis. 

BESTECHISAHT,  f.  bei  den  schustern. 

BESTECHUNG,  /.  nach  dem  verschiednen  sinne  des  be- 
stecbens, hauptsächlich  aber  corruplio:  sich  ein  amt  durch 
bestechungen  erkaufen. 

BESTECHÜNGSKUNST,  f.  ars  corrumpendi  : 

bestechungskunst  schleicht  einen  andern  pfad 
als  kriccherci,  und  jede  kömmt  zum  ziele. 

GÖKINGE  2,  175. 

BESTECK,  n.  quod  ßgitur,  infigitur,  sache,  die  gesteckt,  wo- 
mit besteckt  wird,  gebildet  wie  gesteck,  versleck,  und  dem 
vorausgehenden  bestech  verwandt,  wie  sich  stechen  und  stecken, 
bestechen  imd  bestecken  anrühren,     nnl.  bestek. 

1)  besteck,  septum,  sepimentum.  Henisch  334. 

2)  besteck,  pedamentum  vinearum :  weinberg,  da  jeder  stock 
sein  eigen  besteck  hat,  weinrebe  mit  mehr  als  einem  besteck. 

3)  theca,  Capsula,  futteral  zum  einstecken,  namentlich  von 
messer,  gabel  und  lö/fel,  von  scheren  und  geräCk,  dessen  der 
barbier  oder  Chirurg  bedarf;  man  versieht  aber  darunter  nicht 
blosz  die  scheide,  das  kästchen,  sondern  auch  die  eingesteck- 
ten Werkzeuge  selbst:  ein  besteck  silberne  messer  und  gabeln 
geschenkt  erhalten;  es  ist  eine  ganz  bekannte  sache,  dasz 
die  instrumente  nicht  den  künstlcr  machen  und  mancher  mit 
der  gabel  und  einem  gänsekiel  bessere  risse  macht  als  ein 
anderer  mit  einem  englischen  besteck.  Lichtenberc  4,  6 ; 

hat  nicht  auch  Rossinis  elster  ein  besteck  davon  getragen. 

I'LATEN  201  ; 

er  verfluchte  sich  und  sein  tabackfeuerbesteck ,  weil  ers 
vergessen  hatte.  J.  Paul  Nepomukkirche  145.  ehmals  in  an- 
dern anwendungen:  er  verordnete,  dasz  man  ihn  oben  drauf 
(über  dem  grab)  aushiebe  in  einen  köstlichen  marmolstein  in 
seinem  vollen  kürisz,  und  das  das  helmlin  ein  besteck  hette. 
das  besteck  was  ein  hals  von  einem  wilden  schwan.  gespreeh 
von  zweien  sterbenden  aus  Erasmi  von  Roterdam  colloquiis. 
Dresden  1530.  4.  B  3*.  von  verwachsnen  oder  sonst  tadeluswerthen 
leuten  heute  noch :  das  ist  ein  sclireckliches  besteck. 

4)  besteck,  enlwurf,  plan,  bei  Heniscu  334  nwlimen,  ma- 
chinatio,  dolus,  was  abgesteckt,  abgekartet  wird,  zumal  ist 
besteck  der  entwarf  eines  neu  zu  erbauenden  schi/fes,  auch 
heiszt  so  auf  der  seekarte  die  bezeichnung  der  aufeuthaltsorte, 
wo  sich  das  schif  befindet,  man  sagt,  ein  besteck,  die  be- 
stecke machen. 

5)  besteck,  membrum  virile. 

BESTECKEN,  fixum  haerere,  stecken  bleiben,  bc'kleiben,  prael. 
bestack,  wie  beilegen,  belag:  im  schnee,  im  sumpf,  koth, 
im  loch  bestecken,  im  hals,  Schlund,  im  mund  bestecken; 
(das  schiß  an  das  land  in  den  griesz  trug  und  da  bestack. 
Bocc.  1,  85,  li'o  aber  die  alte  Ulmer  ausg.  56*  liest  und  do 
pestecket;  und  beschicht  oft,  das  si  (die  borsten)  einem  in 
dem  Schlund  besteckend.  Steinhöwels  £so/)  60*; 

der  bauch  war  grosz,  heslnck  im  loch.    H.  Sachs  1,499*; 

da  must  ich  ziehen  perg  und  thal 

in  repn,  sehne,  durcli  kot  und  lacken, 

da  wir  ia  schlcgcii  {Schluchten)  oft  bestacken.    1,500'; 

die  licren  schlcg  diu  sind  mir  piuer, 

wann  ich  daher  fahr  in  dem  dreck 

oft  sampt  karren  und  ros  besteck.    I!.  4,3'; 

darob  münnich  Zwiefel  erschrack, 

das  im  geleich  sein  red  bestärk.    II.  4,99'; 

der  mit  dem  ko|vf  ir  hart  bestak 

zwischen  den  bainon  wie  ein  sak.    Garg.^i'i 

und  war  nicht  unholdselig  zu  sehen,  ohn  wann  er  mit  dem 
wagen  besteckt,  da  schrie  er  kelzerjammer.  111*;  welcher  mit 
seim  pf(>rd  ...  bis  an  die  kniebiig  in  den  bauch  ful  und  der- 
maszen  bestack,  das  ers  nit  mehr  heraus  bringen  kont.  285*; 
nach  dem  also  die  bilger  ausgehaben  und  dort  hinaus  für 
besteckend  (zwischen  den  zahnen  stecken  gebliebenes)  gekrüut 
geschlaudert  gewesen.  238*;  es  sehe  dann  einer  durch  ein 
Mnfefl  fenster  (einen  strick)  und  besteck  drinnen,  grostm.  6« ; 


1665 


BESTECKEN 


BESTECKER  —  BESTEHEN 


1666 


seht,  dasz  euch  kein  gauchkraut  besteck  (anhänge,  anklebe), 
yrosim.  108 ;  die  ßnger  kominea  oft  zum  üaupt,  das  thun  die 
fQsze  nicht,  die  müssen  in  den  schuhen  bestecken ;  wann 
arme  leut  wollen  thun  bawen  und  wildpret  einkaufen,  so 
bleiben  ihnen  die  gret  und  beinlein  im  hals  bestecken.  He- 
Nisca  334 ;  do  mag  ich  mich  denken  (etinnern),  das  ich  etwen 
im  Schnee  bestäket,  das  ich  kum  drusz  mocht  kummen,  mir 
oft  die  schüiin  do  binden  bliben  und  ich  barfusz  zittrend 
heim  kam.  Tho.  Plater  7 ;  ich  werde  etzvva  vil  an  der  sum 
zalen  und  werde  dan  bstächen,  das  ich  nit  mer  werd  mögen 
zalen.  96; 

wann  ich  in  schulden  gar  besteck, 

Til  porg  ich  auf  und  zeuch  hinweck.     Scbwarze5B.  137,  2; 

da  ein  gesandter  im  anfang  seiner  rede  erschrack  und  be- 
stackt,  also  das  er  still  schwieg.  Lcthebs  tischr.  340' ;  wenn 
sie  in  der  sach  bestecken  und  wissen  weder  aus  noch  ein. 
WüBTz  51 ;  doch  ward  der  künig  todt  in  einem  mos  gefunden, 
als  wer  er  in  der  flucht  mit  dem  gaul  besteckt.  Frank  chron. 
241' ;  besteckt  einer  in  seiner  wagenfart  oder  bricht  ein  rad. 
Mathesics  154";  und  wo  es  (das  gescliütz)  einsünk  und  be- 
stecken blieb.  Froxsperg  1, 155' ;  in  belrachtung,  dasz  sie  her- 
nacher  in  gleicher  straf  besteckten.  Kirchhof  tcendunm.  271"; 

doch  dort  in  jener  hecken, 

da  danuoch  dünket  mich, 

da  bieibets  (das  schäßein)  gar  bestecken, 

dort  hör  ichs  regen  sich.    Spee  trutzn.  225  (205). 

später  gerälh  dies  intransitivvm  auszer  gebrauch,  wie  beilegen ; 
die  ausgehobnen  stellen  zeigen  aber  ein  schwanken  zwischen 
starker  und  schwacher  form,  gerade  wie  es  auch  bei  dem  ein- 
fachen stecken  und  den  Zusammensetzungen  anstecken,  auf- 
stecken slattßndct.  der  volksmäszige  stil  hängt  dem  richtige- 
ren Stack  und  bestack,  die  schrißsprache  mehr  dem  steckte 
und  besteckte  an.  schon  der  mhd.  spräche  gemäsz  war  be- 
steckte und  bestecket: 

erstarret  und  bestecket  (:  bedecket).    Wigal.  6756; 
also  taste  daj  wol  ein  schalt 
darinne  besteckt  waere.    6S73; 
eim  woir  ein  bein  bestecket  was 
in  siner  kein.    Renner  1976. 

ßr  bestac  grif  man  zu  bestacte  oder  bestekte.  vielmehr  aber 
ist  aufzustellen,  dasz  die  organische  form  gewesen  wäre  be- 
stechen bestach  (icte  rechen  räch),  woraus  das  schwache  be- 
stecken bestacte  (wie  recken  racte)  erwuchs,  mehr  unter 
stechen. 

BESTECKEN,  conftgere,  praet.  besteckte,  mhd.  bestacte, 
transitiv,  im  gegensatz  zu  dem  vorausgehendeti  intransitiv: 
1)  ein  grab  mit  blumen,  den  busen  mit  einem  strausz,  einen 
hut  mit  federn,  bändern,  ein  tuch  mit  nadeln,  das  haus  mit 
fabnen,  den  spiegel  mit  leimruthen  bestecken,  einen  kuchen 
mit  mandeln  bestecken ;  der  gärtner  besteckt  ein  beet  mit 
bohnen,  erbsen;  mit  liechtern  bestecken.  Garg.  IS';  das  ohr 
mit  einer  feder  bestecken,  eine  feder  hinters  ohr  stecken; 

der  federn  auf  dem  hüte  trägt,  der  dünket  sich  was  sein, 
der  federn  hinterm  olire  trä^'t,  der  dünket  sich  kein  schwein, 
mit  dem,  der  hut  und  ohr  besteckt,  kuinmt  niemand  überein. 
I.OCAU  3,  4,  45. 
mhd.  in  eime  garten,  da  grüenez  gras 

der  meige  hat  bestecket.    Tukl.  Wh.  115', 

entweder  mit  blumen,  oder  da  der  mai  das  gras  ausgesteckl  hat; 
diu  weit  ist  ein  garte,  da  got  inne  brechen  sei 
daz  wunneclicbe  loun,  daz  siner  vröuden  sal  bestecket  wol. 
USn.  2,  358', 

wie  sich  auch  heute  sagen  Idszt  die  feder  besteckt  das  ohr, 
steckt  hinter  ihm. 

2)  bestecken  hiesx  auch  aufstecken,  einstecken,    abstecken  : 
mhd.   vier  kerzen  er  da  miie  enbrant 

die  wären  umb  daj  belle  be.stact.    kröne  14S44, 

wie  wir  sagen  lichter  aufstecken,  zuletzt  aber,  vermeinend  die 
malzeit  wer  all  geschehen,  sein  messer  besteckt  KiRcuiiur 
weudunm.  187*,  d.  i.  in  die  lasche  einsteckt,  beisteckt,  vgl.  be- 
steck, futleral.  den  plan  bestecken,  abstecken,  entwerfen,  wie 
besteck  entwurf:  zwei  ort  abgezeichnet  und  besteckt,  dahin 
sonst  kein  ander  tbier  kommen  dOrflen.  eselkOnig  182. 

3)  bestecken,  vollstecken,  anfüllen  : 

m/td.  herberge  wären  über  al 

mit  lieliter  diete  (so  Lacom.)  bestaht.    Er.  2375, 

waren  voll  geputzter  leute.  nhd.  die  backen  bestecken,  an- 
ßllen  mit  speise;  das  maul  ist  besteckt.   Melisscs  ps.  Q5*; 


nur  dem  Studenten  wolle  es  nicht  gefallen,  dasz  ich  den  pfaffen 
bestolen,  der  ihm  das  munkelspiel  (das  maul)  so  grandig  be- 
steckt hatte.  Simpl.  l,  242. 

4)  bestecken,  bei  seile  stecken,  verstecken:  indem  besteckt 
er  beseits  etliche  häufen  hinder  wäld  oder  bühel.  Fronsperg 
kriegsb.  1, 123" ;  darnach  zu  gesetzter  zeit  mit  allen  vortheilen 
und  listen  besteckt  (es  steht  besteckten)  halten.  1,  176*.  vgl. 
beistecken. 

5)  die  reben  bestecken,  vites  palare :  die  an  der  Mosel  be- 
stecken ihre  Weinreben  mit  aichen  pfalen,  die  am  Necker  mit 
thennen.  Hemscb  334. 

6)  weidmännisch,  die  feldhüner  bestecken,  ein  gam  um  sie 
her  aufstellen,  bergmännisch,  die  bergeisen  bestecken,  mit 
heim  und  stiel  versehen. 

BESTECKER,  m.  in  mehrfachem  sinn :  bcstecker  der  reben, 
palalor,  pedator. 

BESTECK-MäCHER,  m.  einer  der  futlerale  macht. 

BESTEG,  m.  ein  leitiger  slof,  der  sich  zwischen  den  gangen 
oder  Stegen  findet,  oß  auch  gangweise  bricht,  sonst  genannt 
ausschramm:  was  nun  in  gengen  und  bestechen  bricht  oder 
ligt.  Mathesics  28";  in  bestegen  findt  man  oft  weisz  silber, 
so  klein  als  wer  es  von  einem  gülden  groschen  abgefeilet. 
das.;  wo  zumaJ  die  erz  nierig  und  im  bestech  und  leiten 
ligen.  28';  die  gänge  enthalten  einen  weichen  thonartigen 
Schmant,  den  die  bergleute  besieg  nennen,  und  führen  niemals 
metall.  Gothe  51, 110.  Frisch  2,  326'  stellt  es  unter  steg,  Ma- 
thesics schreibt  besieg  und  bestech. 

BESTEHBÄR,  was  bestehn  kann,  haltbar. 

BESTEHBÄKKEIT,  f.  bestehbarkeit  oder  nicht  bestehbar- 
keit  mehrerer  angenehmer  empfindungcn  nebeneinander.  Fichte 
kritik  der  o/fenb.  s.  9. 

BESTEHEN,  goth.  bistandan,  ahd.  pistantan  (nicht  pistan- 
tan,  ifte  bei  Graff  6,  602),  mhd.  besten  und  besten,  ags.  be- 
standan,  nnl.  bestaan,  schw.  bestä,  dän.  bestaae.  die  flexion, 
wie  beim  einfachen  wort,  wo  nachzusehen  ist.  das  pari,  praet. 
bestanden  ist  schon  besonders  aufgestellt. 

Unser  bestehen  entfallet  sowol  die  intransitive  bedeutung 
des  tat.  consistere  und  eonstare,  als  die  transitive  von  circum- 
sislere,  circumstare.  jene  pflegt  das  praet.  mit  sein,  diese  mit 
haben  zu  umschreiben. 

I.  intransitives  bestehen,  stehen,  stehen  bleiben,  still- 
stehen, ruhen,  in  der  heutigen  schrißsprache  wenig  gangbar 
und  nur  unterm  volk  lebendig,  aber  zu  neuer  Verwendung 
empfehlenswerlh.  statt  des  bestehn  gilt  auch  gestehn  und  beide 
Partikeln  offenbaren  hier  deutlich  ihre  gewalt  vor  dem  verbum 
das  sie  aber  zu  entbehren  wi^d  ßr  sich  selbst  intransitiv  zu 
gellen  vermag,  stehn,  rinnen  =  gestehn,  gerinnen. 

1)  von  flüssigen  dingen  gebraucht,  stocken,  gerinnen,  zu  rin- 
nen aupiören:  die  milch  besteht,  gerinnt;  ist  bestanden,  ge- 
ronnen ;  das  Wasser  besteht,  gefriert,  doch  2  Pelr.  3. 5  das  die 
erde  aus  wasser  und  im  wasser  bestanden  [yfj  i^  vSazos 
xai  Si  vSaros  ai'yeazäiaa)  meint  dasz  sie  aus  dem  wasser 
fest  zusammen  geronnen  sei;  das  blut  besteht,  stockt,  steht 
still:  und  alsobald  bestund  ir  der  blutgang  {goth.  gastuf)  sa 
runs  blii)iis).  Luc.  8,  44 ; 

ich  bin  ohn  herz  und  kraft,  ach  ich  vertrche  schier, 

die  glieder  sinken  bin,  das  blut  bestehet  mir.    Opitz  1,230; 

der  Wangen  zier  {die  rölhe) 
erstirbt,  der  puls  besteht,  die  äugen  werden  blind. 
Grtpuius  2,  178; 

der  harn  besteht,  flieszl  nicht  mehr: 

vielleicht  wil  euch  der  haiyi  bestehen, 

so  wil  ich  gleich  zum  doctor  gehen.    Albkhls  150; 

das  fett  besteht,  stockt,  gerinnt,  erkaltet:  speck  klein  zer- 
schnitten und  zerlassen  in  einer  pfannen,  und  wann  er  zer- 
lassen ist,  so  geusz  ihn  auf  ein  kaltes  wasser,  wann  das 
faist  bestanden,  so  lasz  das  wasser  danon.  Seuter  269.  das 
übliche:  bestund  wie  butter  an  der  sonnen.  Simpl.  2,  490 
besagt,  er  schmolz  alsogleich,  zerflosz.  konnte  nicht  aushalten. 

2)  rof»  gliedern  des  leibs:  das  maul  besteht  ihm  nicht,  sein 
mund  steht  ihm  nicht  still.  ScuaEiLER  3,  596; 

ich  bin  ganz  lasz,  so  schrei  ich  in  der  noth, 
die  stimm  ist  raub,  die  keble  bleibt  bestehen. 
ÜPiTiiM.  t.  129; 

also  auch  die  zunge,  die  rede,  das  wort  besteht,  stockt,  doch 
für  das  natürlichste,  der  fusz  besteht,  hält  ein  zu  gehen, 
finden  sich  keine  beispiele. 

3)  ton  gerith  und  Werkzeug:   die  mQle  besteht,  steht  ttitl; 

105 


1667 


BESTEHEN 


BESTEHEN 


1668 


der  wagen  besteht,  hält  an;  die  uhr  besteht,  bleibt  slehn, 
Schweiz,  s  zitt  ist  bstanda,  die  uhr  ist  gestanden.  Tobler  83'. 
mhd.  dag  swert  bestät,  hält  ein: 

daj  swert  daj  er  furle, 
versuchte  er  alzu  sSre  ... 

dö  ej  bestunt 
da  halte  ez  gcspalden 
den  satel  beidenthalben, 
in  dem  rosse  bleip  der  slac.    Hbrbort  6480. 

nhd.  vom  fliegenden  pfeil,  der  stecken  bleibt: 

Cupido  zielte  nechst  und  meint  es  würde  glücken, 
auf  Polla  herze  zu.    sie  wandte  sich,  im  rucken 
bestund  der  heisze  preil.    Loqjlv  1, 10,  46. 

4)  von  laufenden  thieren.     mhd. 

ich  wünsch,  daj  im  sin  ros  bestS 

üf  wiier  heid  und  werd  ze  rech  (steif), 

so  er  allergernöst  sech, 

daj  e;  in  üj  ncEten  trüeg.    Ls.  2,  425.  Sch«.  3,  74; 

da  chomen  die  hund,  da  sie  die  frawen  sachen,  und  bestuon- 
den,  und  pullen  sie  an.  erzählung  hinter  Bodmers  Boner 
s.  265;  und  kein  thier  kund  für  im  bestehen  (stand  halten) 
noch  von  seiner  band  errettet  werden.  Dan.  8,  4. 

5)  von  menschen,  stehen  bleiben,  still  stehen,  mhd.  heime 
bestin,  daheim  bleiben: 

Benjamin  bestuont  heime, 

sineme  vaier  ze  goumele.    fundgr.  2,  62 ; 

eine  bestdn,  allein  bleiben;  tot  bestän,  todt  bleiben,  liegen: 

die  sint  mit  in  bestanden 

tot  in  hiunischen  landen.    Wage  1826; 

des  muosens  alle  da  bcstän 

unz  an  dise  zwene  man.    1962; 

daj  ir  deheincr  haele  trösl, 

ern  molite  töler  da  beslän.    Bit.  11242; 

SO  vneigenllich  es  gesagt  ist,  todt  stehn  für  todt  liegen; 

wan  si  eniät  mich  von  ir  scheiden, 
noch  bi  ir  besten.    JUS.  1,  65', 

noch  bei  ihr  bleiben. 

daj  mine  viende  hie  bi  mir  besten.    Nib.  250,  2; 
er  bat  in  rainneclichen  noch  bi  im  bestän.    257,3; 
euch  wolden  hinder  im  niht  bestän 
sine  burgaere.  Er.  8668. 

nhd.  beispiele  dieses  sinnlichen  bestehen,  still  stehen  sind  selt- 
ner, und  pflegen  es  noch  mit  bleiben  zu  verbinden,  welches 
für  sich  dasselbe  ausdrückt: 

denke,  wenn  er  sich  im  zorn  erregte, 
über  dir  heunt  das  gerichte  hegte, 
würdest  du  nicht  kahl  bestehn?    Grtphiüs, 

wie  man  sagt,  er  besteht  kahl,  hat  alle  haare,  die  ihn  deck- 
ten, verloren;  er  besteht,  besteckt,  bleibt  stecken,  s.  bestan- 
den 6; 

sie  blieben  aus  schrecken  bestehen,    froschmous.  U.  2,  14; 
anstatt   dasz  Solande   uinb    des   mords   willen   fliehen  soltc, 
bliebe  er  bestehen,  und  erwartete  den  ausgang  seiner  gegen- 
wehr.  pol.  stockf  288. 

6)  bestellen,  stand  halten,  atishalten,  ausdauem,  constare, 
fermanere,  gegenüber  dem  niederfallen,  stürzen,  zuweilen  noch 
sinnlich,  meistens  schon  abstract  verwandt :  wer  kan  wider 
die  kinder  Enak  bestehen?  hMos.  9,  2;  aber  nu  wird  dein 
reich  nicht  bestehen.  1  Sam,  13,  14 ;  dein  stuel  sol  ewiglich 
bestehen.  2  Sam.  7,  16 ;  der  gottlosen  hütle  wird  nicht  be- 
stehen. Hiob  8,  22  ;  der  gerechte  bestehet  ewiglich,  spr.  Sal. 
10,  25;  anschlege  bestehen,  wenn  man  sie  mit  rat  füret. 
20,  18;  wer  Irom  ist,  des  weg  wird  bestehen.  21,  29;  des 
thron  wird  ewiglich  bestehen.  24, 14 ;  mein  anschlag  bestehet. 
Es.  46,10;  auf  das  sein  bund  gehalten  würde  und  bestünde. 
Ez.  17,  14;  und  die  bogenschutzen  sollen  nicht  bestehen.  Arnos 
2,15;  und  eine  jegliche  Stadt  oder  haus,  so  es  mit  im  selbs 
uneins  wird,  mag  nicht  bestehen.  Mallh.  12,  25 ;  ist  denn  der 
satanas  mit  im  selbs  uneins,  wie  wil  sein  reich  bestehen? 
Luc.  11,  18 ;  aber  der  feste  grnnd  gottes  bestehet.  2  Tim.  2, 19 ; 
o  es  bestehet  nicht.  LLtiiEn  3, 146';  wan  also  ketlerechl  sein 
und  leichtfertig  in  geistlichen  dingen,  das  mag  nit  beston,  es 
nimpt  ab.  Kf.isersr.  s.  d.  m.  51';  man  ist  wol  und  redlich 
J.'estanden,  sustcnlalum  est.  Maai.er63';  disz  bestund  ein  weil. 
Kirchhof  uendunm.  145*;  das  bestund  nicht  lange.  Wickram 
rollw.  63';  in  summa  es  ist  so  klar,  dasz  der  mess  grnnd 
innerhalb  der  schrift  bestände,  wie  ein  kind,  das  aus  seiner 
wiegen  füll,  bienenk.  77';  eine  ansehnliche  Stadt,  die  sich 
auch  wol  hat  künigen  widersetzen,  auch  wider  sie  lange  [«e- 
standea  ist.  Micrälius  1,  106 ; 


das  dankbar  ich  besteh  mit  deinem  volk  für  dir. 

Weckheblin  19; 
hingegen  wir,  des  herren  arme  knecht, 
bestehen  nur  durch  gwites  faust  aufrecht.    81; 
des  höchsten  höchste  bäum,  mit  wisperendem  lust, 
mit  erquickendem  saft  belebet,  frisch  bestehen.    225; 
weh  dem  und  ewig  weh,  der  dort  nicht  wird  bestehn, 
den  unser  könig  weit  wird  heiszen  von  sich  gehn. 

Grvphiüs  2,423; 
zu  meiner  zeit 

bestand  noch  recht  und  billigkeit, 
da  wurden  auch  aus  kindern  leute.    Hagedorn  3,  72; 
und  wie  der  klang  im  ohr  vergehet, 

80  lehre  sie  {die  ijlocke)  dasz  nichts  bestehet.    Schiller  80"; 
millionen  beschäftigen  sich,  dasz  die  gauung  bestehe, 
aber  durch  wenige  nur  pflanzet  die  menschheit  sich  fort.  90"; 

da  der  frühling  herbeikam  und  man  ohne  feuer  besteben 
konnte.  Göthe  18,  26;  die  früher  erwähnte  gesellschaft  war 
noch  immer  bestanden.  26,  346;  das  vieh  ist  so  stark  und 
hitzig,  dasz  kein  ander  ros  dagegen  bestehen  kann.  Tieck 
3,  51;  das  bestehende,  das  dauernde  in  der  natur;  am  be- 
stehenden festhalten.  Göthe  31,  46.  Häufig  geht  solches  be- 
stehen auf  einen  kämpf  oder  streit,  auf  eine  prüfung,  aus  der 
man  wol  oder  fibel,  mit  ehre  oder  mit  schände  und  lüge  her- 
vorgeht: doch  weil  ir  habt  angehaben,  sehet  auf  mich,  ob 
ich  für  euch  auf  lügen  bestehen  werde.  Hiob  6,  28 ;  es  wer- 
den mit  schänden  bestehen,  die  da  gute  garn  wirken  und 
netze  stricken.  Es.  19,  9 ;  und  der  mond  wird  sich  Schemen 
und  die  sonne  mit  schände  bestehen,  wenn  der  herr  Zebaoth 
könig  sein  wird  auf  dem  berg  Zion.  24,  23;  darumb  werden 
sie  mit  schänden  bestehen,  das  sie  solche  grewel  treiben. 
Jer.  6,  15;  meine  feindin  wirds  sehen  müssen  und  mit  aller 
schände  bestehen.  Micha  7, 10 ;  da  wird  ein  löbliche  rechnung 
aus  werden,  und  wirst  ser  wol  bestehen,  das  du  die  liebe 
fallen  lessest  umb  eines  pfennigs,  ja  umb  eines  worts  willen 
deinen  zorn  ausschüttest,  und  beide  sack  und  seil  aufbin- 
dest. Luther  6,51';  mit  schaam  bestehen,  pers.  rosenth.4,3; 
oder  es  findet  sich,  dasz  der  ungenannte  schon  sonst  wo  übel 
bestanden.  Lessing  10,220;  alle  jene  unbestellten  feierlichen 
Sachwalter  der  menschheit  sind  schlecht  genug  gegen  die  ver- 
fängliche beredsanikeit  seines  kummers  bestanden.  Schiller 
311';  dieses  mädchen  ist  sehr  wol  bestanden  und  hat  ein 
herliches  zeugnis  davon  getragen.  Göthe  25,  7.  diese  belege 
zeigen  im  praet.  ist,  man  sagt  aber  heute  beides,  er  ist  oder 
hat  mit  ehren,  mit  schände  bestanden,  die  ältere  spräche 
verband  auch  einen  gen.  der  sache  damit: 

irs  hoffens  warn  sie  nicht  mit  spot  besteen. 

Melissüs  ps.  P6". 

7)  selten  erscheint  bestehen  mit  gen:  der  sache  im  sinne 
von  zugestehen,  es  gelten  lassen,  gleiclisam  dabei  stehen  bleiben: 

herr  richler  ich  musz  der  klag  besten,    fastn.  sp.  542,  29; 

zart  frewlein,  der  ding  ich  besteh, 

das  etwan  in  lieb  auch  sei  leiden.    H.  Sachs  IH.  3,  5'; 

von  welchem  (worüber)  der  muraal  ergrimmet  ime  des  kampfs 
besteht.  Forer  fischb.  46';  und  ich  besteh,  so  dieser  sach 
nicht  recht  geholfen  werde,  werd  es  mir  schaden  thun.  Margr. 
Kufners  bei  Melanchth.  5,  287.  vgl.  11,  10  und  beständig  6, 
beständnis  2. 

8)  gleich  selten  kommt  vor  bestehen  mit  dem  dal.  der  per- 
son  im  sinne  von  treu  bleiben,  alicui  fidcni  servare,  einem 
stand  halten:  den  fieng  an  der  bruder  beim  leiden  Christi 
bald  zu  beschwern,  das  er  ihm  bestund.  Frank  chron.  220" ; 

der  in  der  höchsten  lust 
dem  schwur  bestanden,  deiner  ehre 
nie,  nie  eroberer  zu  sein.    60x1^6x1,82; 

besteht  mir  dein  wille, 
will  ich  vermählen  auf  immer  der  liebenden  ihren  geliebten. 
KÜRGEH  24G*. 

vgl.  beistehen. 

9)  desto  häufiger  erscheint  liestehen  auf  etwas,  und  zwar 
a)  mit  dem  dat.  der  sache,  wenn  sie  schon  da  ist,  constare, 

perstare,  permancre  in  aliqua  re:  ich  bestehe  auf  meiner  an- 
sieht; er  bestehet  auf  seinem  köpfe,  behurrt  eigensinnig  bei 
dem,  was  er  sich  in  seinen  köpf  gesetzt  hat;  er  bestand  auf 
dem  einmal  erlheilten  befehl;  aiier  Heliodorus  bestund  auf 
dem  befehl  des  königs.  2  Mocc.  3,  13 ;  auf  das  cwcr  glaube 
bestehe  nicht  auf  menschen  Weisheit,  sondern  auf  gottes  kraft 
(vulij.  ut  ndes  vestra  non  sit  in  sapienlia  hominuin,  sed  in 
virtute  dei).  iCor.  2,  5;  auf  dem  ist  der  ganze  liandel  bestan- 
den und  beniget.  Luther  I,  450';  dasz  man  allein  auf  dem 
wort  gottes   bestahn   und  beruhen  solle,    bienetik,  lo';    und 


1669 


BESTEHEN 


BESTEHEN 


1670 


dasz  ir  fundament  auf  den  exempeln  Christi  bestehe.  156'; 
und  was  vortheils  diejenigen,  so  auf  diser  {auslegung)  be- 
stehn,  haben.  157*;  all  unser  thun  bestehet  anf  bloszer  ein- 
bildung.  Philasder  l,  164;  weil  sie  (die  hoffarl)  auf  einem 
schlechten  fundament  bestünde.  Simpl.  l,  294;  so  wie  die 
Wissenschaft  von  gutem  geschmack  gänzlich  entfernt  sein  kann, 
ebenso  kann  die  proportion,  welche  auf  dem  wissen  be- 
stehet, in  einer  figur  ohne  tadel  sein.  WiM,Et.MA>"N  4,  165; 
der  Stil  war  trocken  und  steif  bis  auf  Michael  Angelo  und 
Baphael,  auf  diesen  beiden  männern  bestehet  die  höhe  der 
kunst  in  ihrer  Wiederherstellung.  5,  279 ;  herr  Basedow  glaube 
ja  nicht,  dasz  ich  auf  diesem  einwürfe,  den  er  sich  selbst 
macht,  und  auch  selbst  beantwortet,  bestehen  werde.  Les- 
M5G  6,  250. 

b)  mit  dem  ace.,  trenn  sie  erst  eritrebt  vird,  insistere  in 
aliqnam  rem: 

einmahl  mein  herz  nur  auT  lieb, 

einmahl  nur  auf  krieg  bestehet.    Weckherli»  468; 

in  ihren  gebrauchen  und  dem  gottesdienste  bestanden  die 
Aegjpter  auf  eine  strenge  befolgung  der  uralten  anordnung 
desselben.  Wixeelmasn  3,  71 ;  anfangs  wollte  ich  die  fliigel 
weglassen,  doch  bestanden  die  frauenzimmer,  die  sie  anputz- 
ten, anf  ein  paar  groszer  goldner  schwingen.  Güthe  20, 157. 

c)  doch  schiene  auch  in  den  fällen  unter  b  der  dcU.  zuläs- 
sig, sofern  man  unter  der  sache  sich  den  Vorsatz,  die  fordc- 
rung  denken  will :  sie  bestunden  auf  einem  paar  goldner 
schwingen,  nemlick  die  sie  anbringen  wollten;  und  so  sagt 
Schiller  :  auf  dieser  probe  ihrer  folgsamkeit  musz  ich  durch- 
aus bestehen.  346 ;  verhetzte  die  gemüter,  auf  eigenen  kirchen 
zu  bestehen.  835.  nicht  selten  läszt  auch  ein  bloszes  darauf, 
hierauf  oder  die  mangelhaßigkeit  unserer  flexion  den  dat.  oder 
acc.  gar  nicht  erkennen :  sie  aber  bestund  drauf,  es  wäre  also. 
apost.  gesch.  12, 15  ; 

und  wer  auf  frümkeit  will  bestan, 

dem  mags  hie  selten  wol  ergan.    Schwarzeäb.  156, 1 ; 

dasz  nämlich  aller  Echönheit  blum 

nur  auf  Elisa  noch  bestehet.    Weckherlix  341; 

breit  ist  der  weg  zu  des  tods  finsterm  haus, 

oho  Ihür  das  thor,  da  man  stets  hioein  gehet, 

sich  aber  wehrt  zu  ziehen  noch  daraus 

hierauf  die  müh,  hierauf  das  werk  bestehet.    388; 

hast  du  der  weit  bezeigt,  dasz  deiner  reisen  zeit 

auf  nichts  bestanden  sei  als  blosz  auf  eitelkeit?    Opitz  2, 19; 

er  wird  von  eitelkeit  der  dinge  nicht  verblendet, 

die  blosz  auf  wahn  bestebn.    2,  104; 

euer  gnaden,  derer  gröszeste  erquickung  and  trost  auf  lesung 
geistlicher  sachen  bestehet.  3,  67; 

ein  regimeot  besieht  auf  grund  und  nicht  auf  spitze, 
betrug  betreugt  sich  selbsl,  die  redlichkeit  i«t  nütze. 
LOCAC  3,  10,  62 ; 

darauf  bestehet  die  hanptsache.  Harnisch  hh;  der  seine  rede 
auf  ja  ja  oder  nein  nein  besteben  läszt.  Weise  kl.  leute  316 ; 
die  gröszte  Schwierigkeit  in  sachen,  die  auf  gelehrsamkeit  be- 
stehen. VVi\keliia:^m  3,  xxrii ;  wie  oft  bin  ich  nicht  darauf  be- 
standen? Lessisg  1,  387;  wenn  die  weiber  darauf  bestanden 
w-jren.  Wielaxd  8, 197 ;  sie  bestand  darauf,  von  ihm  geschie- 
den zu  werden. 

10)  bestehen  in  etwas:  in  dem  mnnd  zweier  oder  dreier 
zeugen  sol  die  sache  bestehen.  5  Mos.  19,  15;  der  gottlose 
bestehet  nicht  in  steinern  unglück.  spr.  Sal.  14,  32;  komme 
ich  zum  dritten  mal  zu  euch,  so  soll  in  zweier  oder  dreier 
mund  bestellen  allerlei  sache  (goth.  ana  munt)a  IvaddjS  veit- 
vude  jah  |)rije  gastandai  all  vaurde).  2  Cor.  13,  1;  so  beste- 
het nun  in  der  freiheit  (|)amtnei  freihalsa  standaifi  nn).  Gal. 
5,  1;  bestehet  also  in  dem  herrn  (standi))  in  fraujin).  Phil. 
4,  1;  und  er  ist  vor  allen  und  es  bestehet  alles  in  im  (alla 
in  imma  ussatida  sind).  Coi  1, 17;  in  welchem  won  und  aber- 
glauben  si  dann  bestanden  sein  bisz  anno  MCCCCLXX.  Framr 
weltb.  120';  und  daraus  schlieszt  man,  dasz  (fie  mcss  in  der 
Schrift  bestehet,  bienenk.  74';  dasz  ich  nnd  mein»  gleichen 
niemals  in  der  warheit  bestanden.    Avrer  fror.  1, 11 ; 

ja  wie  mein  gidek  und  l«ben  bloiz  in  deiner  fausi  bestand. 
H»mAN;<sWikLDAU  getr.  sckäf.  137 ; 

das  andere  bestehet  allein  in  der  meinung.  Schüppics  715; 
die  moralische  Wissenschaft  des  menschen  bestund  darin. 
I.iscoT  s.  733 ;  weil  es  mit  den  augenzeugen,  in  deren  mund 
die  Wahrheit  besteht,  mehr  Schwierigkeiten  hat.  Claodids  4, 
111;  christliche  vüllkommeoiieit  bestehet  in  der  liebe. 

11)  bestehen  aus  etwas  {eonstare,  eonlineri) :  der  mensch 
besteht  aus  leib  und  seele;    die  predigt  hat  aus  vier  Üieilen 


bestanden;  das  werk  von  Moses  besteht  aus  fünf  büchern; 
die  ganze  Sammlung  bestund  aus  247  nummern.  Güthe  49, 161. 
ahd.    sagte  Notser  bestan  föne  (gramm.  4,  819). 

12)  bestehen  bei  etwas:  wie  kann  dieses  beides  beieinan- 
der (zusammen)  bestehen?  Lessing  7,  167;  biblische  erzäh- 
lungen  so  auslegen,  dasz  die  Vernunft  dabei  bestehen  kann. 
Ka>t  1,  239 ;  bei  dem  hohen  pachte,  bei  seiner  Verschwendung 
kann  der  mann  nicht  bestehen. 

13)  für  einen  bestehen,  praestare  se  aliquem:  da  bin  ich 
für  ein  meister  bestanden  (habe  mich  als  meister  bewährt). 
Garg.  102';  für  einen  philosophum  bestehen  können  {prae- 
stare se  philosophum).  Mich.  Neasder  bedenken  s.  3 ; 

drumb  sie  sich  auch  verstellt  und  solchen  weg  auch  funde 
mit  dem,  der  für  das  bäupt  der  triegerei  bestünde  igati). 
Werders  Ar.  4,  3. 

li.  transitives  bestehen,  das  iniransitite  setzte  ruhe 
voraus,  das  transitive  bewegung.  bestehen  ist  umstehen,  und 
circumstare,  circumsistere  gehn  leicht  über  in  aggredi,  adoriri, 
anfallen  und  bekämpfen,  zwar  das  goth.  managei  so  bistan- 
dandei,  lurba  circumstans,  Joh.  11,  42,  liesze  sich,  weil  ein 
acc.  unausgedrückt  ist,  noch  intransitiv  fassen ;  aber  bigraband 
fijands  |)einai  grabai  }>uk  jah  bistandand  {>uk  jah  bivaibjand 
{)uk,  Tteoißa/.ovatv  fii  i^d'Qoi  aov  xöiQcocä  ooi  xcu  TtSQi- 
otvy.i.iüaovoiu  as  y.al  crvpe^avotv  ae.  Luc.  19,  43,  bei  Luther, 
deine  feinde  werden  umb  dich  eine  Wagenburg  schlagen,  dich 
belagern  und  ängsten,  meint  unter  bistandan  feindliches  um- 
ringen,    nicht  anders  ahd. 

tbie  Judeon  nan  bistuantun.    0. 111.  22,  9, 
gerade  wie 

stöd  ine  werod  umbi.    Hei.  115,  21, 

so  dasz  bi  in  dieser  Wortbildung  offenbares  umbi  ist. 

1)  der  Jäger  und  seine  hunde  umstehen  das  wild,  bestehen  es. 

einen  eher  gröjen  vant  der  spürhunt. 

als  er  begunde  vliehen,  dö  kern  an  der  stunt 

des  gejeides  meister,  er  bestuoni  in  Of  der  slä.    Nib.  881. 

so  nhd.  den  hären,  drachen  bestehn,  bekämpfen;  da  gedacht  er 
{der  Jäger)  im,  nu  bistu  also  grevslich  gestalt,  das  ich  dich  nicht 
daif  beslan,  du  möchtest  mich  leicht  zerreiszen  . . .  und  nam 
gott  zu  einem  helfer  und  bestund  das  thier  allein,  legende 
bei  Luther  6,  o02';  ich  will  die  saw  kecklich  bestan.  Teuer- 
dank 19, 24. 

2)  feinde  slehn  sich  gegenüber,  bestehn,  greifen  einander  an  : 

Jan  dornen  mich  din  zwelve  mit  sUite  nimmer  bestan. 

Au.  117,4; 
mit  urliuge  und  mit  drd 
so  bestuont  er  si  zehant.    Greg.  739 ; 
daj  er  wolde  bestan 
den  in  dem  boumgarten.    £r.  8664; 
daj  in  der  lewe  wolde  bestan.    /».  3867; 
nhd.    da  kann  ich  meinen  man  bestan.    Mcrker  scftclmmx.  9* ; 

ein  böser  tod  hol  mich,  wann  ich  dich  nil  noch,  als  alt  ich 
bin,  bsteen  (es  mit  dir  aufnehmen)  wolt.  Wirscxg  Cai.  E3'; 

auf  das,  wenn  dich  der  feind  bestund, 

er  dich  nicht  bald  erwürgen  künd.    Ringwald  laut.  m.  54; 

nann  du  den  mut  nicht  hast,  es  mit  mir  anzugehen, 

und  merkest,  dasz  du  mich  wirst  können  nicht  besteben. 
Werders  Ar.  30,  84 ; 

ihren  feind  besteht.    Opitz  *rie«;«<;.  468 ; 

gewohnt  den  feind  zu  bestehen.    Stolbebc  11,  80; 

die  Danaer  bestehen.    Börser  170*; 
ist   einer,   der  meinet  mich   .  . .    hinüberstoszen  zu  können, 
der  komme,    ich   lebe   noch  und  vrill  ihn  bestehen.    Arndts 
erfn»<Twii(^fn  s.  iv. 

3)  dies  bestehen  =  ergreifen,  treffen,  war  bei  Verwünschun- 
gen, wenn  man  unheil  und  plagen  über  einen  senden  wollte, 
hergebrachter  ausdruck  (so  wie  angehen  sp.  340,  ankommen 
sp.  385,  anstoszen  sp.  488,  befallen  sp.  1249):  der  bapst 
spricht,  wer  mir  einen  heller  nimet,  der  sei  des  teufeis  mit 
leib  und  seel,  ein  ketzer,  ein  abtrünniger,  und  alles  nnglück 
bestehe  in.  Luther  2,  57';  es  möcht  eim  (ein?  oder  gehörig 
XU  !,  1?),  mit  nrlaub,  die  strangnria  bestehen  über  den  groben 
narrenköpfen.  2, 152' ;  ah,  das  den  bnben  die  pestilenz,  Veits 
tanz  und  alle  fluche  bestehen!  3,298;  und  denken  doch,  das 
dich  alle  plage  bestehe.  3,  298*;  ich  wolt,  das  den  salzbur- 
gischen dopg,  den  Edomiter,  alles  nnglöck  bestünde,  das  er 
euch  so  geplaget  hat.  Vrrus  Dietrich  bei  Luther  h,  XIT' ;  o  das 
in  dis  und  das  bestehe!  8,123*.  (ucAr.  132'.  401*; 

ihr  lutherische  müszt  uns  noch  har  Ion, 
und  soll  euch  alles  unglück  besion. 

getprech  der  teufet.  1542  63' ; 

106* 


1671 


BESTEHEN 


BESTEHEN  —  BESTEIGEN 


1672 


sie  sol  die  drüse  und  peule  bestehen! 

JoH.  RöMOLD,  fein  christlich  spil.  C3'; 
euch  sol  die  drüs  und  peule  beslan!    CT; 
im  {für  in)  solin  die  rasen  stürzen  bstahn. 

Strickers  schlemmer  1584.  E2'; 
pfaffe,  wiltu  nicht  bald  weg  gchn 
dir  (für  dich)  solin  itzt  die  rasen  bestehn.    E6'; 

dasz  sie  die  feifei  bestand!  Garg.  204';  dasz  in  die  franzo- 
sen  bestanden !  251* ;  ei  dasz  euch  pfaffen  alles  Unglück  be- 
stehe! Mich.  Neander  menschensp.  17;  es  bestehe  solche 
leute  s.  Veitin,  die  da  meinen,  es  gehe  ihnen  etwas  abe, 
wenn  ein  ehrlicher  kerl  nach   ehren    strebet.    Schüppiüs  548. 

4)  leidenschaflen  und  begicrden  {zumal  persönlich  gedachte) 
bestehn  den  menschen,  überfallen,  nehmen  ihn  ein:  mhd. 

dö  liebe  kom  und  mich  bestuont.    MS.  1,65'; 
bestdt  si  {die  minne)  also  mich.    Iw.  1632; 
als  in  der  hunger  bestuont.    3267 ; 
michn  beste  groejer  not.    6259; 

nhd.  so  das  dich  dein  rasender  grim  bestehen  würde,  das 
du  etwas  wider  mich  wollest  fürnemen.  Luther  1,  62' ;  sonst 
soll  dich  wol  ein  lachen  bestehen  {ankommen).  5, 163' ;  wenn 
sie  die  silbersucht  und  das  güldenfiber  bestehet.  8,  88' ; 
hoffart  und  ehrgeiz  sind  der  kirchen  schedlichste  gift,  wenn 
sie  einen  prediger  bestehen,  lischr.  190*;  wann  der  hunger 
und  durst  ein  menschen  bestehet.   Agricola  82'; 

new  Jammer,  not  und  kümmernis 
bestünde  mich  wider  da  gewis. 

Hatneccius  Hansofr.  1,  4; 
mich  besteht  leibsnot.    Garg.  286'. 

5)  umgedreht  besteht  der  mensch  krankheil,  noth  und  ge- 
fahren, übersteht  sie,  steht  sie  aus,  tritt  ihr  entgegen,  was  sich 
mit  2  berührt,  engl,  stand:  denke  dran,  was  sie  für  gefahr 
bestanden  hat,  da  sie  dich  unter  irem  herzen  trug.  2ofc.  4,  4 ; 

dasz  der  noch  mut  mir  gibt,  ein  leiden  zu  bestehn, 

der  uns  durch  leiden  prüft.    Gökingk  3,  209 ; 

auf  abenteucr  zu  gehn, 

und  wilde  hünen  zu  bestehn.    Wieiands  ÄteJia  2,  249; 

er  hat  euch  bestanden,  was  keiner  besteht.    Schiller  64"; 

alle  die  das  abenteuer  mit  bestanden  hatten.   Tieck  ges.  nov. 
2,  239 ;    der  henker  mag  das  bestehn ;    er    hat  eine  schwere 
krankheit  bestanden,   hatte    ein  langwieriges  krankenlager  zu 
bestehn,  auszuhalten;  einen  krieg  bestehn.    mhd. 
ir  minne  der  liuvel  beste,    kröne  17453. 

6)  gerichtlich,  die  anklage  bestehn,  siegreich  daraus  her- 
vorgehn  {vgl.  I,  6) : 

bestehst  du  diese  malantzanklag?    H.  Sachs  III.  2,  214'; 

ich  habe  den  process,  die  anschuldigung  glücklich  bestanden ; 
ein  gericht  bestehen.  Moser  1,  249:  einen  unib  den  andern, 
bisz  die  gerichtsordnung  bestanden  sei.  Rel'Tter  kriegsordn.  69. 

7)  ein  werk  bestän,  opus  aggredi,  wie  angehn  {sp.  341).  Tit. 
2588 ;  eine  priifung  bestehn,  gleichviel  mit  in  der  prüfung 
bestehn  I,  6;  dasz  ich  mich,  wo  nicht  in  das  gespräch  mi- 
schen, doch  wenigstens  einzelne  fragen  und  antworten  be- 
stehen konnte.  Göthe  24,  141  =  auf  einzelne  fr.  bestehen; 
mich  trift  keiner  dieser  vorwürfe,  ich  kann  frei  des  edlen 
mannes  blick  bestehen,  aushalten  ==  vor  seinem  blick  be- 
stehn. Klinger  2,  335;  er  hat  den  letzten  augenblick  seines 
lebens,  so  bitter  er  auch  war,  nicht  übel  bestanden.    3,  291. 

8)  sehr  merkwürdig  ist  das  mhd.  einen  bestän  im  sinne 
von  angehören,  auf  verwandte  und  hörige  bezogen,  ohne  Zwei- 
fel walten  ursprünglich  dabei  sinnliche  Vorstellungen  ob.  wie 
nemlich  anhören  und  angehören  auf  hörige  d.  i.  gehorchende 
leute  gieng  {vgl.  sp.  671),  die  dem  worte  des  Herrn  und  va- 
ters  hören,  ihm  clientes,  cluenles  sind;  ebenso  bestehen  sie 
ihn,  stehen  um  ihn  herum,  sind  seine  leute  und  verwandte, 
umgeben  seine  seile,  seinen  rücken  {vgl.  amt,  golh.  andbahts), 
gehen  ifm  an  {accedunt  cum),  man  vergleiche  Ssp.  II.  16, 1  und 
III.  73,  2:  vor  sinen  herren,  dem  he  bestat,  und  vor  sine 
swertmüge.  auch  mnl.  galt  diese  bedeutung  von  bestaen,  z.  6. 
minnenloop  3,  335.    mhd. 

wesser  wie  si  mich  bestiU 

und  mir  ir  leii  ze  herzen  gi't.    Parz.  276,  29, 

d.  i.  wie  nah  sie  mir  steht,  sie  ist  meine  Schwester; 
si  beslAt  mich  ze  swester  nilit.    Ftore  4044, 

sie  ist  nicht  meine  Schwester,  geht  mich  nichts  an; 
er  ist  iuwer  sun  doch,  als  er  gibt? 
'nein  herre,  er  besiäi  mich  nllii 
wan  alse  vil  ich  bin  sin  man'.    Trist,  105,  24; 


da;  klage  ich  dem  den  er  bestät, 

derst  unser  beider  voget.    Walih.  104,  9. 

aus  diesen  persönlichen  Verhältnissen  wurden  die  Wörter  all- 
mälich  gehoben  und  kälter  auf  sachen  oder  abstractionen  an- 
gewandt {vgl.  e;  bestät  mich,  gramm.  4,  238).  alle  diese  be- 
deutungen  von  bestehn,  die  sinnliche  wie  abstracte,  sind  der 
nhd.  spräche  beinahe  fremd,  doch  sagt  man  noch  'einen  im 
blute  bestehen',  mit  ihm  verwandt  sein. 

9)  dagegen  kennt  sie  ein  bestehen  ßr  mielhen,  pachten, 
aus  dem  das  schon  abgehandelte  bestand  für  miethe  herrührt: 
bestehen,  vermieten.  Frankf.  ref.  II.  14,  1 ;  aber  der  wirt  und 
sein  fraw  seumpten  sich  nicht  lang,  sondern  betten  ein  an- 
der kammer  bestanden  und  lärten  ihm  sein  haus.  Wickram 
roUw.  36';  sie  hatten  einen  boden  umb  geld  bestanden. 
Kirchhof  wendunm.  296; 

ich  hab  der  zarten  bestandn  ein  haus, 
da  niemand  son»t  geht  ein  noch  aus. 

H.  Sachs  III.  2,  167'; 

es  waren  ein  specht,  ein  maus  und  ein  bratwurst  in  gesell- 
schaft  gerathen  und  (hatten)  ein  haus  bestanden.  Philand. 
2,927;  vom  verleihen  und  bestehen.  Hohberg  3,  15;  das  be- 
standene haus.  3,  16;  wir  bestanden  das  fahrzeug.  J.  Paul 
paling.  2,  31;  quartier  für  solchen  bei  einem  freunde  bestan- 
den, ßegelj.  1,  31.  ist  dies  bestehen  ein  belegen,  in  beschlag 
nehmen?  oder  wie  das  lat.  conducere  domum  ein  congerere, 
cogere?  man  scheint  früher  auch  gesagt  zu  haben  'einen  zum 
mann,  eine  zur  frau  bestehn',  gleichsam  miethen  oder  kaufen, 
nehmen : 

und  wil  sie  mich  darüber  bestän, 
so  wil  ich  sie  gern  zu  einem  weih  han. 
fastn.  sp.  576,  34. 

10)  etwas  bestehen  =  gestehen  gleicht  der  intransitivbedeu- 
tung  I,  7 : 

aus  lieb  er  (Christus)  setzet  und  bestet  (oder  bestetet?) 

fünf  Wörter,  die  der  priester  pett  (betet), 

und  sich  dadurch  gewandelt  hat 

als  (alles)  in  verwandelt  scheinlich  brot. 

SCHWARZENBERG  154,  2  ; 

aber  gott,  der  kein  halbiert  herz  wil  haben,  wirt  es  nit  be- 
steen,  sonder  sagen,  sie  sind  von  der  weit.  Frank  trun- 
kenh.  B*; 

nein  herr,  dasselb  besteh  ich  nit.    H.  Sachs  II.  2,  35* ; 

dabei  wir  dan  ganz  sonnenklar 

des  herren  urtheil  sehen, 

und  müssen  es  ganz  recht  und  wahr 

und  ihn  gerecht  bestehen.    Wkckhkrlih  33. 

dies  besten  ein  ding,  es  einbcstehn  kennt  auth  die  heutige 
Volkssprache  in  der  Schweiz  und  Baiern.  Schm.  3, 597.  Tob- 
LER  83'. 

11)  bestehen  =  verstehen:  obgleich  er  weder  latein  noch 
deutsch  bestehet.   Liscov  518. 

BESTEHLEN,  suppilare  aliquem,  ags.  bestelan,  schw.  be- 
stjäla,  dän.  bestiäle,  nnl.  bestelen :  diebe,  die  den  garten  be- 
stehlen; einem  die  kasse  bestehlen;  oder  wollen  sie,  dasz 
ich  die  unerzogene  waise  meines  freundes  bestehlen  soll? 
Lessing  1,  518;  er  bestiehlt  land  und  leute;  ich  bin  bübisch 
um  mein  leben  bestohlen.   Schiller  213; 

helszt  das  geladen?  gleich  das  doppelte! 

wie  die  tagdiebe  ihre  pQichl  bestehlen!    520; 

(lernt),  wie  jener  geizhals  sich 

um  sein  eignes  geld,  auch  mich 

um  mein  eignes  glück  bestehlen.    Gökinci  1,  53. 

BESTEHÜNGSPLAN,  m.  der  allgemeine  bcstehungsplan  der 
bewegungen  der  planeten  {die  fläche,  in  welcher  sich  die  pla- 
ncten  fortwährend  bewegen).    Kant  8,  272. 

BESTEIFEN,  firmare,  bestärken,  einen  in  seinem  vorhaben, 
in  seiner  bosheit  besteifen ; 

und  dasz  ihm  so  ist,  scheint  vom  Ganges  bis  zum  Po 
consensus  gentium  zu  besteifen.    Wikland  5,  154. 

BESTEIFUNG,  f.  firmatio:  zu  bestcifung  seines  verkehrten 
Sinns.  Simpl.  2, 464 ;  es  tragt  sich  mehrmalen  zu,  dasz  die 
natur  selbs  ohne  wissen  helfen  musz  zu  bestcifung  des 
aberglaubens.    Scheuchzer  3,  12. 

BESTEIGEN,  conscendere:  das  pferd,  schif,  dach,  bett,  die 
bühne,  kanzel,  den  thron,  wagen,  berg  besteigen;  ein  mann, 
der  ungehabt  und  ungestabt  gehen  und  ein  hengslmäsziges 
pferd  besteigen  kann;  der  bock  besteigt  die  geiszen.  pflanz- 
buch 58;  der  schifsjunge  den  mastbaum;  der  dieb  besteigt 
den  galgen; 


1673 


BESTEIGUNG— BESTELLEN 


BESTELLEN 


1674 


die  lerche  besteiget  die  luft.    vo.h  Kleist  2,  9; 

man  weisz  um  welcher  tueend  willen 
Anna  von  Boleyn  das  schaffet  bestiegen.    Schillkr  42S'; 

ich  will  ihr  bett  nicht  besteigen,  bis  ich  euch  auszer  gefahr 
weisz.  GüTHE  42,  135;  Flamin  bestieg  den  höhern  stand  als 
eine  anhöbe,  um  seine  wolthaten  und  entwürfe  weiter  zu 
werfen.    J.  Pacl  Hesp.  4,  146. 

BESTEIGUNG,  f.  des  betts,  bergs,  der  anhöbe. 

BESTEINEN,  lapidibus  sternere:  besteinte  straszen,  krönen ; 

die  das  besteinte  gold  der  schweren  kröne  blend. 

Grtphics  1,  17; 
besteinte  goldes  spangen.    K."«iTTEispoe/.  sinnen/"r.  39; 
Ton  da  an,  wo  das  feld,  durch  das  der  Po  sich  gieszt, 
sich  an  den  rauben  fusz  besteinier  alpen  schlieszt. 

i.  E.  SCHLIGBL  4,  4S. 

BESTERRüG,  m.  wird  in  einigen  gegenden  vom  hier,  wie 
der  ausbrach  vom  wein  verkaufl.   vgl.  bestgut,  besthaupt  «.  a. 

BESTELLBRIEF,  BESTALLBRIEF,  m.  Schertuns  br.  106. 

BESTELLE.N,  curare,  parare,  instruere,  disponere,  ahd.  pi- 
stellan  pistalta,  mhd.  bestellen  bestalte,  aber  unhäufig  und 
bei  vielen  gar  nicht  vorkommend,  nnl.  bestellen,  schw.  beställa, 
dän.  bestille,  da  das  einfache  stellen  ponerß,  collocare,  bei- 
stellen apponere  heiszt,  scheint  in  bestellen  ursprünglich  die 
bedeutung  von  umstellen  gelegen. 

1)  ahd.  mhd.  bestellen  =  umwinden,  bewinden,  besetzen, 
von  Christus  sagt  Otfbied  IV.  23,  13  mit  thornon  bistellit, 
sein  haupt  war  mit  dornen  umgeben,  bekränzt; 

einen  roch  er  ime  sciiof, 
er  gieng  ime  an  den  fuo^, 
mit  pbellole  bestalt.    funUgr.  2,  53; 

bestellet  und  bescbremet 

mit  schinät  was  da?  kleit.    trty.V.  2980; 

da;  kleit  was  an  den  enden 

bestellet  w'ol  in  alle  wis.    20119, 

wie  aus  dem  folgenden  erhellt,  wiederum  am  säum  mit  schinät ; 
anger  und  walt 
besialt  sind  wunneclicb.    MS.  2, 194', 

zu  verstehn  mit  loube,  gleichsam  mit  laub  gesäumt,  besetzt; 
nimmt  man  dazu 

mit  riehen  borten  umbestalt.    Er.  741, 

50  irird  die  angegebene  bedeutung  unzweifelhaß,  nhd.  ist  sie 
erloschen. 

2)  nhd.  land,  feld,  acker,  garten  bestellen,  woßr  man  auch 
hört  ausstellen,  bearbeiten,  gegenüber  dem  einernten,  also 
wieder  umstellen,  umackern,  umarbeiten,  den  boden  mit  pflüg 
oder  hacke  umstellen,  umwerfen,  dasz  er  besät  werden  könne. 
LcTHER  aber  hat  es  Jer.  37,  12  in  anderm  sinn:  gieng  aus 
acker  zu  bestellen  unter  dem  volk  (LXX  ayopdaai,  vulg. 
dividere  possessionem),  also  kaufen  oder  verkaufen,  in  an- 
dere hand  stellen.  Stieler  2144  einen  acker  über  winter  be- 
stellen, sationem  autumnalem  facere;  Maaler  63*  einen  gar- 
ten bestellen,  hortum  conducere;  warum  wächst  an  einem 
orte  das  körn  höher  als  an  dem  andern?  weil  der  boden 
besser  bestellt  ist.  Weise  kl.  leute  56 ;  bestellt  euem  acker 
wol.  GöTHE  14,  306;  grosze  strecken  mit  heilkräutern  bestellt 
(besät,  bepflanzt).  21,  69;  das  erntefest  habe  ihm  zwar  ganz 
wol,  das  bestellen  hinterdrein,  pflügen,  graben  und  abwarten 
keineswegs  gefallen.    22,  153; 

ja,  wol  dem,  der  sein  (eld  bestellt  in  rub, 

und  ungekränkt  dabeim  sitzt  bei  den  seinen. 
ScBiLLB*  545*; 
wie  der  himmel 

in  heitere  bläue  sich  hellt, 

und  frohes  gewiramel 

dort  dampfende  schollen  bestellt!    Voss6,  S5; 
phantasiereiche  dichter,  die  auf  glühenden  pQugscbaren  sowol 
die  feuerprobe  aushalten,  als  damit  das  feld  bestellen.  J.  Paul 
biogr.  bei.  1,  143. 

3)  sein  haus  bestellen,  gewöhnlich  vor  dem  sterben,  ex- 
trema  mandata  dare,  seine  angelegenheilen  auf  den  todesfall 
ordnen:  bestelle  dein  baas  (LXX rä^nt  Tteoi  rov  oixov  aov, 
vulg.  dispone  domui  tuae),  denn  du  wirst  sterben.  Es.  38, 1, 
ro6ei  sieh  wieder  ein  umstellen  des  hausgerdths,  ein  vasa 
colligere  für  die  ausreite  denken  liesze.  doch  bei  Maaler  63* 
überhaupt  conducere  domum  und  Göthe  setzt  es  vom  ordnen, 
einrichten  des  hauses':  sobald  er  fort  ist,  eile  ich  mein  haus 
zu  bestellen,  um  wieder  bald  bei  ihnen  zu  sein,  an  Schiller 
454.  da  gebot  mir  der  Schöpfer  aller  dinge,  bestellet  mir 
eine  wonung.  Sir.  21,  12,  d.  i.  paravit  mihi  sedem,  wie  einem 
herberge  bestellen,  parare  hospitium:  und  er  sandte  boten 
vor  im  hin,  das  sie  im  herberge  bestelleten,  aare  erotfiäoai 
avT^,    goth.  ayi  mauTJan    irama.    Lac.  9,  52.     hierbei  ist  zu 


denken  ans  ahd.  hereberga  sin  gestelleL  N.  ps.  26,  3  und  an 
heristal,  heristelli.  Graff  6,  666.  676.  heiszt  das  nit  wol  ein- 
kehrt? s.  Julian  bestell  uns  die  herberg.  bienenk.  78*.  ein 
grab,  einen  platz  im  himmel  bestellen,  anordnen,  sich  ein  grab 
bestellen,  in  das  grab  bestellen :  auf  dasz  sie  dir  einmal  ver- 
storbenen ein  ort  unter  den  beiden  bestellen.  Schcppics727; 
nach  einer  gewissen  Ordnung  sollten  vom  ende  heran  die 
neuen  grüber  bestellt,  doch  der  platz  jederzeit  wieder  ver- 
glichen werden.    Göthe  17,  200; 

er  hat  sein  leben  endlich  hier  gelassen, 

worauf  ich  ihn  hier  in  sein  grab  bestellt.    Tiecs  13, 143. 

in  die  schif,  so  von  inen  bestellet  waren,  treten.  2  Macc.  12,  3. 
41  den  tisch,  die  tafel  bestellen,  parare,  instruere  mensam, 
vielleicht  mit  speisen  besetzen,  oder  mit  slülen,  bänken,  um- 
stellen: eine  wol  geschmückte  und  bestellte  tafel.  Göthe  19, 
20S.  hingegen  speise  oder  trank,  essen  und  trinken,  hier, 
wein,  brot  «.  s.  w.,beim  koch  oder  wirt  bestellen,  heiszt  ihm 
auftragen  sie  zu  bereiten  oder  zu  bringen  {wie  unter  8).  einen 
altar  bestellen,  errichten :  und  ist  wol  zu  vermuten,  dasz  sie 
kein  altar  on  schöne  bildlein  bestellt  und  aufgericht  haben. 
bienenk.  140*. 

5)  den  weg  bestellen,  mit  bewafneten  im  hinterhalt  bestel- 
len drückte  aus  sowol  ihn  zum  schütz  bewachen  lassen,  als 
auf  ihm  lagern  und  den  reisenden  nachstellen: 

den  wec  bewarfen  und  bestellen.    Walther  26,  14; 

gebirg,  darin  sie  (die  künigin)  zuvor  alle  weg  und  schlüpf 
bestellet  hatte.  Kirchhof  wendunm.  6';  läge  stellen,  wegela- 
gem;  aber  bestelle  einen  binderhalt  hinder  der  stad.  Jos. 
8,  2;  und  die  kinder  Israel  bestelleten  einen  hinderhalt  auf 
Gibea  umb  her.  ricA/.  20,  29;  setzet  wechter,  bestellet  die 
hut.   Jer.  51,  12; 

mit  läge  si  uns  bistellent.    pfaffenleheniö; 
umbs  hör  {heer)  bestellen  sie  die  wart  {»acht). 

SCHWARZEXBERG  152,  2. 

deutlich  ist  hier  bestellen  umstellen,  und  man  kann  hinzu- 
nehmen die  jagd  bestellen,  falls  es  bedeutete  das  wild  mit 
netzen  oder  schranken  umstellen,  doch  läszl  es  sich  nehmen 
für  anstellen: 

hier  lag  er  {Cupido)  oft  im  ball  (hinterhalt) 
mit  rosen  wol  verbägt,  wann  er  die  jagd  bestalt. 
LoGAO  2,  3,  57. 

J.  Pacl  flegelj.  I,  S9  sagt:  durch  das  mit  äugen  bestellte 
(umstellte)  dorf  flog  der  notarius  vorüber. 

6)  bestellen,  anordnen,  einrichten : 

der  mit  gewalle  sus  bestalte  bimel  erde  und  die  gescbafl. 
MS//.  l.Sö'; 
ihr  habt  hier  weiter  nichts  mehr  xu  bestellen, 
denn  morgen  liehn  die  Schweden  in  die  festung. 
Schiller'  391. 

die  geschmackvollsten  einwohner  des  Städtchens  behaupte- 
ten, dasz  das  theater  in  der  residenz  keinesweges  so  gut  als 
das  ihre  bestellt  sei.  Göthe  18,250;  dort  mögen  Spinnerinnen 
und  Weberinnen  sich  ansiedeln,  maurer,  zimmerleute  und 
schmiede  sich  und  jenen  roäszige  Werkstätten  bestellen. 
22,  148.    vgL  das  haus  bestellen,  unter  3. 

7)  etwas  bestellen,  ausrichten,  besorgen,  zur  rechten  stelle 
liefern  ist  uns  heute  sehr  geläufig:  den  brief,  das  paket  be- 
stellen;   die  botschaft,  den  grusz  bestellen; 

es  gieng.  was  ernstes  zu  bestellen. 

ein  Wandrer  seinen  stillen  gang.    Bürger  32* 

schmerzliche  botschafl 

früher  oder  später 

bestellt  es  {dax  Unglück)  an  jeder 

schwelle,  wo  ein  lebendiger  wohnt.    Scbilirr  510* 

8)  bei  handwerkem,  kaufleuten  oder  solchen,  die  für  qeld 
leisten,  etwas  bestellen :  kleider,  schuhe,  einen  schrank,  sarg 
n.  8.  w.  bestellen ;  waaren,  bücher  bestellen ;  ich  habe  auf 
heut  abend  musik  bestellt;  der  wagen  ist  schon  bestellt,  die 
meinung  ist,  anfertigen,  kommen  lassen,  schaffen,  anschaffen 
(sp.  434),  imperare,  mandare.     das  kam  wie  liestellt. 

9)  bestellt  =  beschaffen  sein,  wie  bestellt,  so  bestellt,  wol 
oder  übel  bestellt: 

kleider  können  offenbaren, 
wie  des  menschen  sinn  bestellt, 
und  wie  weit  er  färbe  halt.    Logac  2,  3,  12; 
man  merkt,  wie  gegen  gott  der  glaube  sei  bestellt, 
aus  dem,  wie  glaub  und  trew  man  seinem  necbsten  hill. 

2.7,30; 
ha,  ists  80  bestellet?  (stehts  so?)  Felsenb.  3,372; 


1675 


BESTELLEN 


BESTELLER  —  BESTERNEN 


1676 


also  redete  mancher,  sie  wüsten  nicht,  wie  es  bestellt  war, 
äs  aoa  Tt«  £i%eaxs  •  ra  8'  ovx  i'aav  cos  extTvxro. 
^  Voss  Od.  13,  170 ; 

nur  wer  sich  selbst  nicht  kennt,   wird   leugnen,    dasz   es   in 
seinem  herzen  ebenso  bestellt  sei.  Güthe  14,  181;  in  summa, 
man  gibt  oft  etlich  batzen  oder  stiber,  ein  nieister  Hemmer- 
lins spil  oder  einen  andern   gaukelmarkt  zu   sehen,    da   das 
nicht  halb  so  wol  bestellt  ist,  als  disen  äffen,  disen  pfaffcn  wolt 
ich  sagen,    bienenk.  150* ;    ein    übel  bestellter  und  kalter  ma- 
gen  allerlei  speise  isset,  dauet  aber  nichts.  Schuppius411;  mit 
seiner  gesundheit  ist  es  schlecht  bestellt;  es  ist  mit  unserm 
vermögen  der  speculation  nicht  so  gut  bestellt.    Kant  4,  99; 
die  klare  weit  bleibt  klare  weit, 
im  äuge  nur  isls  schlecht  bestellt. 
GöTiiE  4,  37" ; 
es  ist  doch  sonderbar  bestellt, 
sprach  Häuschen  Schlau  zu  vetter  Fritzen, 
dasz  nur  die  reichen  in  der  weit 
das  meiste  geld  besitzen.    Lessinc  1, 13. 

10)  bestellen  für  stellen,  zum  iteficn  bringen,  stillen,  im 
laufe  aufhallen :   das  blut  bestellen.   Stalder  2,  39". 

11)  sehr  häufig  geht  nun  bestellen  auf  leute,  und  bedeutet 
conslituere,  instituere,  anstellen,  an  eine  stelle  verordnen,  hin 
oder  her  bestellen :  x  ich  habe  mir  schon  einen  träger  be- 
stellt ;  bestelle  den  Schneider  auf  den  nachmittag ;  wir  hatten 
uns  auf  den  abend  bestellt  (zum  rendczvous) ;  du  kommst 
wie  bestellt;  so  walzet  grosze  steine  für  das  loch  der  hole, 
und  bestellet  menner  dafür ,  die  ir  hüten.  Jos.  10,  18 ; 
aber  der  könig  bestellet  den  rilter,  auf  des  band  er  sich 
lehnet,  unter  das  thor.  2  kön.  7, 17 ;  erbeiter,  die  bestellt  sind 
am  hause  des  herrn.  22,  9 ;  und  bestellet  Steinmetzen  stein 
zu  hawen.  l  chron.  23,  2 ;  und  er  bestellet  richter  im  lande. 
2  chron.  19,  5 ;  und  wurden  bestellet  die  thorhüter,  senger 
und  leviten  igoth.  gaveisödai  vaurjjun  dauravardos  jah  liuj)a- 
rjös  jah  laivveiteis).  iVeft.  7,  1 ;  und  ich  bestellet  meiner  kna- 
ben  etliche  an  die  thor.  13,  19 ;  und  der  könig  bestellet 
schawer  in  allen  landen.  Estli.  2,  3;  schaffet  und  bestellet 
klageweiber.  Jer.  9,  17 ;  der  vatter  bestellt  im  (dem  sun)  ein 
Schulmeister  in  ze  leren.  Keisersb.  s.  d.  m.  67';  ist  das 
meine  meinung  nicht,  das  alle  pfarrhern  sollen  aus  e.  f.  gn. 
kamer  bestellet  werden.  Luther  3, 170';  je  unnützlichere  und 
schlechtere  handthierung  einer  gelernet  hat,  je  feisztere  sup- 
pen  iszt  er.  welcher  die  handtücher  falten,  oder  die  hur 
Thaidem  abmahlen,  oder  in  die  pfeifen  blasen  erlernet  hat, 
der  wird  mit  einer  summa  ducaten  bestellet,  aber  welcher 
ein  legat  gottes  auf  erden  ist,  der  dem  Vaterland  dient,  dem- 
selbigen  gibt  die  besoldung  kaum  das  salz.  Schuppius  712; 
die  natur,  die  zu  unsrer  allgemeinen  mutter  und  pflegerin 
bestellt  ist.   Wieland  6, 104 ; 

der  höchste  blutbann  war  allein  des  kaisers, 

und  dazu  war  bestellt  ein  groszer  gral'.    Schiiler  529'; 

wann  du  getreu  vollendet  hast, 

wozu  dich  gott  bestellte.    Voss  4,  271; 

das  galt  doch  alles  auf  der  weit, 

seitdem  uns  unser  herr  bestellt.    Göthk  13, 110; 

der  von  dem  autor  bestellte,  mithin  einzig  rechtmäszige  Ver- 
leger. Kant  5,  98.  Von  diesem  bestellen  leitet  sich  das  rück- 
umlautige  part.  bestallt,  dessen  schon  unter  bestallen  gedacht 
wurde,  welchen  inf  man  erst  in  den  letzten  jhh.  für  die  be- 
slellnng  von  kriegern  und  beamten  scheint  gebildet  zu  haben. 
ihrer  gn.  bestalter  rath.  Schweinicheiv  1,  25;  als  ein  bestal- 
ler hofjunker  aufwarten,  l,  109;  Nathan,  Davids  bestallter 
hofprediger.  Schdppiüs  13;  schwedischer  wolbestallter  gene- 
ralmajeur.  659;  ein  dergleichen  unbestalter  censor.  Felsenb. 
2  vorr.;  aller  anderen  allerhöchst  bestallten  secofficianten. 
4,  163.  in  der  allen  rechtssprache,  einen  bestellen,  als  leib- 
eignen erweisen.    Scum.  3,  629. 

12)  einem  etwas  bestellen,  anstellen : 

da»  sieb  wunder  alle  weit, 
gott  solch  gcburt  im  bestellt.    Luther  8,  357" ; 
unsrc  rUrstin  lieget  krank,  Venus  hat  ihr  disz  bestellt, 
die,  solange  jene  blasz,  sich  fiir  xchön  nun  wieder  hSiL 
LOGAU  2,  6,  4. 

13)  praeposilionen.  dasz  ihr  frembder,  ausgedörrter  Völker 
gefräsz,  darbei  sie  selbs  nicht  gcdeien  können,  auf  ewern  lisch 
bestellen.  Garg.  42';  und  ward  also  mit  etlichen  (rillmeistern) 
geschlossen,  dasz  sie  sich  auf  den  naclizug  nach  Frankreich 
bestellen  lieszen.    Rchweikichen  l,  tSl; 

ja  weil  ich  bin  auf  dich  bestell, 
«0  thu  ich  alle«  was  du  will.    At*kr375'; 
gott  hab  auf  euch  bestall  der  guten  geisler  schar 
Fleming  571 ; 


ich  zieh  in  ferne  lande 

zu  nützen  einem  stände, 

an  den  er  (galt)  mich  bestellt.    288. 

BESTELLER,  m.  1)  incola,  bewohner,  bebaucr:  bestellcr 
des  feldes; 

auch  noch  andre  besieller  der  hundertburgigen  Kreta. 
Voss  II.  2,  649. 

2)  curator,  besieller  eines  briefs. 

3)  mandalor:  besteiler  einer  arbeit. 

BESTELLUNG,  f  1)  agri  cultura: 

lasz  dein  schönes  gehöfd  und  die  schönen  bestellungen  wildern. 

Voss  2,  205. 

2)  cullura  urbis:  so  ist  doch  dieses  erst  die  rechte  be- 
stellung  einer  Stadt,  wofern  die  Schönheit  der  gemütcr  mit 
der  häuser  zierrat  übereinstimmt.  Opitz  vorr.  zu  Hugo  Gro- 
lius  s.  282. 

3)  cura  funeris:    bestellung   des    fürstlichen   begräbnisses. 

ScnWEINICHEN  3, 133. 

4)  cura,  administratio :  bestellungen  ordentlich  ausrichten; 
ich  arbeite  nur  auf  bestellung; 

häuslicher  dienste  bestellung.    Voss  Od.  22,  423 ; 
die  tochter  gab  er,  gab  des  reichs  bestellung  ihm. 
GöTHE  41,  194. 

5)  denominatio,  creatio:  sollen  mit  den  hauptleuten  auf 
ihr  bestellung  handeln,  reichsabsch.  von  1522  §.  13;  in  geist- 
licher ämpter  bestellung.  Zinkgr.  2,  13;  bestellung  eitler  red- 
ner.  Schuppius  724;  bestellung  der  schailiirten  und  anderer 
taglöhner.  743. 

BESTELLUNGSßUCH,  n. 

BESTELLUNGSGEBÜHR,  f.    der  briefträger,  gerichtsdiener. 
BESTELLZEIT,    ti.    lempus  arandi,  colendi  agri,   literarum 
reddendarum. 

BESTELN,  leviter  consuere,  flicken,  bei  Hesisch  335  bestlen ; 

erst  wird  ich  dem  altreisen  zu  theil, 

der  bestell  an  mir  allenthalben.    H.  Sachs  1,  501". 

ein  kleid  bestelen.   Stieler  722.    s.  besten  und  oben  basteln. 
BESTEMPELN,  signo  impresso  munire. 
BESTEN,  von  hast,  in  doppeltem  sinn, 

1)  binden  und  nähen,  vgl.  Haupt  8,  11. 12. 

2)  schälen,  ghibere,  delibrare,  vgl.  entbästen.  Dasypodids  303'. 
BESTENGELN,  statuminare:  erbsen,  höhnen  bestengeln. 
BESTENOUG,  pastinaca.    Gersdorf  (1528)  s.  103.  6«  Dasy- 

poDJus  (1537)  301*.  303'  bastenei  und  bestnachen.  Nemmch 
unter  pastinaca  hat  pastenei,  pestnachen,  palsternakel,  pling- 
sternakel ;  nnl.  pinstemakel,  scliw.  palslernacka,  franz.  panais. 
BESTENS,  optime.  nuchdem  das  alle  adv.  beste  auszer  ge- 
brauch geralhen  war,  suchte  man  eine  andere  form  auf,  die 
(wie  längstens,  spätestens,  frühestens,  meistens)  ganz  unor- 
ganisch gebildet  ist.  Stieler  ßhrl  es  noch  nicht  an,  aber 
Steinbach  1,  92:  einen  bestens  loben,  etwas  bestens  aus- 
richten; ich  empfehle  mich  ihnen  bestens; 

was  bestens  anzufangen.    Hagedorn  2,  73; 

um  dem  zu  weibischen  bezeigen 

in  Zukunft  bestens  vorzubeugen.    2,  106. 

BESTEPPEN,  acu  praetexerc:  handschuhe  mit  seide  be- 
steppt und  bequastet.    Göthe  24,  35. 

BESTEHBEN,  emori,  mori,  absterben,  dahinsterben,  nnl. 
beslerven.  in  einer  niederrhein.  urk.  von  1392  bei  Lacomblet 
3,  846 :  an  dat  slol  to  Sevenar  ...  of  an  anderen  slolen, 
dar  unser  broider  inne  bestarf,  in  deien  besitz  er  starb,  die 
er  sterbend  noch  besasz.  ach  mein  herz  ist  mir  ganz  be- 
storben,  vor  grosze  angst  und  furcht.  Heinb.  Jul.  v.  Brausschw. 
Susanna  3,  3; 

das  essen  bestarb  in  dem  mund.    froschm.  G6'; 
sie  zittert,  sie  bcstirbl.  princessin!    Gryphios  1,  107; 
princessin,  sie  bestirbl!  schaut  wung  und  lipp  erbloichcn. 

1,72;    . 
der  fusz   schläft   zuweilen    ein,   man    nennt    dies   beslerben. 
Hippel   lebensl.  4,  13.     nnl.  de   verw   is  nog  niet  beslerven; 
zij  bestonen  als  dooden;   de    muur   moet   eersl  wal  besler- 
ven, es  musz  erst  eine  todte  mauer  werden. 

BESTEHMASZE-N,  adv.  optimo  modo.   utiw.  docl.  502. 
BESTEHNEN,    stellis    dislingucrc,    omare:     der    beslernle 

bimnicl ; 

das  schöne  was  der  erden 
allhicr  ninhts  schuldig  ist,  was  alles  schöne  macht, 
was  Titan»  haus  besternt.    Opitz  1,  57 ; 
damit  die   hfihe   d*r  Wissenschaft   mit  funkelndem    gesloine, 
gleichwie   ein   anderer  hinimel,  beüuget  und  besternct  wird. 
I  LOGAO  3,  2; 


1677 


BESTEUERN— BESTIE 


BESTIEBEN  —  BESTIMMEN 


1678 


so  musz  ein  neuer  glänz  ibr  tunkJes  grab  besternen. 

ABSCHATZ  ehrengedicht  vor  Lohenst.  Arm. ; 
und  ich  will  ihm  noch  schenken 
ein  starken  birtensteck, 
mit  färben  ihn  will  sprenkeo 

febrennt  mit  feur  und  speck, 
ie  kunst  ich  neulich  lernet, 
wie  recht  mans  machen  soll, 
dasz  er  ganz  werd  besternet 
mit  bunten  flecklein  toll.    Speb  trutzn.  20"2; 
im  laufe  zum  besternten  landsee.    Klopsioci  1,  25S; 
heute  auch  mit   ordensstemen   behängen:    ein    schöner    mann, 
bebändert  und  besternt.    Bettixe  br.  1,  317.     vgl.  bestirnt. 

BESTELER>',  tributis  onerare:  das  volk  ist  hart  besteuert; 
es  ist  die  leichteste  sache  von  der  weit,  die  mildherzigkeit 
dieses  Tolks  zu  besteuera.  Wielaxd  8,  62;  das  einkomraen, 
die  arbeit  besteuern. 

BESTEUERUNGSART,  f.  modus  tributorum  imperandorum : 
das  recht  die  besteurungsart  zu  bestimmen  und  abzuän- 
dern. GüTHE  33.  114  aus  Job.  J.vcob  Mosers  kl.  staatsschrißen. 

BESTEUERUNGSRECHT,  n. 

BESTGEDACHT.  Klisger  11,  250. 

BESTGEFÜHLT,  mit  bestgefühllem  dank,  man  liest  auch 
mit  bestgefühltestem  danke,  aber  das  adj.,  dem  best  vorsteht, 
nochmals  zu  steigern  ist  roh. 

BESTGELEGE.N'. 

BESTGEMEINT. 

BESTGUT,  n.  im  handel  und  wandet  die  beste  waare. 

BESTHAUPT,  n.  s.  sp.  1660. 

BESTHAUPTIG,  dem  morluarium  unterworfen,  besthaabtig 
gut.  veisth.  2, 171. 172. 

BESTIA.  das  fremde  «ort  war  der  neueren  spräche  so  unent- 
behrlich, das:  sie  es  entweder  ganz  beibehielt  oder  auf  verschiedne 
weise  änderte. (s.  beest  jp.  1244,  und  hernach  bestie).  denn  un- 
ser thier  nicht  {wol  aber  vieh),  oder  nur  gelinde  \md  mitlei- 
dig, selbst  kosend  (du  armes  thierl  sp.  555,  du.  dummes,  al- 
bernes thier!  das  liebe,  gute  thier);  ursprünglich  könnte  es 
doch  verwandt  sein  mit  thor  (s.  dieses  wort),  wann  schon 
die  arme  bestia  widder  ufkeme.  Albercs  wider  Witzeln.  C4'; 
hörstus  nit  {spricht  Witzel  zu  seiner  hausfrau  Anna),  pack 
dich,  trol  dich,  bestia,  oder  faust  und  maul  wird  ein  ding 
werden!  H'';  sag  mir,  bestia,  warumb  du  mit  streichen  von 
deinem  schuljungen  sein  Schuldigkeit  erforderst?  Schcppiüs 
743.  in  folgender  stelle  redet  der  ritler  sein  pferd  an:  ei 
dasz  dich  gott  plage,  beslia,  du  bist  dem  gleich,  der  dich  mir 
gehen  hat !  Bocc.  2, 167'. 

BESTIALISCH,  belluinus,  immanis:  bestialisch^  wut,  bestia- 
lischer gestank ;  er  möchte  so  bestialisch  nicht  saufen.  Simpl. 
1, 105. 

BESTIALITÄT,  f  feritas,  riehische  roheit: 
gib  nur  erst  acht,  die  besiialität 
wird  sich  gar  herlich  offenbaren.    GöTHel2,  115; 

eine  bestialität,  der  nichts  zu  vergleichen.    Fr.  Miller  2,  ISO. 
BESTICH,  m.    schweizerisch   ßr   besteck:    innert  drei  Wo- 
chen fällt  der  ganze  bestich  vom  thurm  herunter.  Pestalozzi 
Lienh.  u.  Gerd.  1,  54. 

BESTICHELN,  perstringere,  bespötteln: 
lasz  den  witzling  uns  bestichein.' 
glücklich,  wenn  ein  deutscher  mann 
seinem  freunde  veiter  .Michelo 
guten  abend  bieten  kann.    Götue  1,  163. 

BESTICKE.N,  acu  pingere:  ein  kleid  mit  gold  besticken; 
und  sahen  sie  alle  beide  nicht  anders  aus,  als  ob  sie  mit 
perlen  bestickt  weren  gewesen.  Harnisck  20S. 

BESTIE,  wie  bestia:  der  mor,  so  die  bestien  regieret 
1  itacc.  6,  37 ;  die  zahl  der  bestien,  von  deren  Jobannes  mel- 
det bieneiik.  39' ;  eine  wollüstige  bestie  hatte  ihn  mit  eilel- 
keit  eingenommen,  pol.  stockf  326;  warum  ist  sie  so  eine 
blutdürstige  bestie?  Lessi^c; 

mit  einem  blick  —  götter  zu  entzücken, 
geschweige  die  bestien.    Göthk2,  90; 
willst  du  mit  mir  hausen, 
90  lasz  die  bestie  drauszen.    2,249; 
wollen  die  menschen  bestien  sein, 
so  bringt  nur  ihiere  zur  stube  herein,    ias.; 
in  der  urzeit  seien  menschen  gewesen, 
seien  mit  bestien  zusammen  gewesen.    4,  M7: 
das  haszt  sich  schwer  das  lumpenpack 
und  gib  sich  gern  das  restchen, 
es  eint  sie  hier  der  dudelsack, 
wie  Orpheus  leier  die  bectjen.    12,  22S: 
die  verächtliche  bestie  !  Lehz  1, 124 ;  bestie,  schläfst  dich  noch 
toll  und  taub.  Fr.  HClleb  3,  7C ;  bestie,  wart  canailie!  3,199. 


Hermes  in  Soph.  reise  5,  410  setzt  bebst, 
das  beest  (der  tolle  kund)  kam  auf  ihn  zu.    Pfeffel  1, 141 ; 

der  ältere  Weise  beist,  pl.  beister: 

gleichwie  ein  löwe  thut, 
der  ist  niemals  erzürnt,  als  bis  er  seinen  mut 
an  starken  beistern  kühlt,    nolhw.  ged.  s.  369 ; 
die  Türken  wissen  nun,  dasz  ihre  janilzaren 
auch  schwache  beister  sind,    curiös.  ged.  s.  130  und  öfter. 

BESTIEBEN,  das  starke  verbum  zu  dem  transiliwen  be- 
stäuben, ahd.  pistiopan  (Graff  6,  6161,  von  welchem  auch  nur 
das  pari,  praet.  pistopan,  puherulentus  begegnet,  wie  mhd. 
nhd.  bestoben;  nnl.  wird  angegeben  bestuiven,  bestoof,  be- 
stoven.  doch  kennt  Hexisch  335  nocÄ  bestieben,  squalere, 
in  staub  wid  schmiUz  liegen. 

n»kd.  si  kan  debsen,  swingen  ia  der  mäje, 

uode  wU  behüeten,  daz  niht  besüeben  läze 

ir  röten  munt,  der  micli  dicke  machet  faoh  eemuot. 
MSH.  1,41'; 

mit  meile  (sorrfe)  bestoben.    Serrar.  193; 

mit  vedem  bestoben,  gefiedert,    pass.  K.  525,  70; 

mit  aschen  bestoben.    156,  SS; 

wie  ist  din  hirni  so  bestoben.  Box.  74,  80; 
nhd.  schvv-arz,  rustrig  und  bestoben.  Lcther  5,  357' ;  die  schöne 
frauw  ires  kaufs  bestoben  blieb,  dem  mann  den  bösen  uner- 
bam  gewinn  irer  unzucht  gab  (e  la  donna  rimasa  scoraata, 
diede  al  marito  il  disonesto  prezzo  della  sua  cattivitä).  Bocc. 
2,  74',  bestoben  ist  also  beschämt,  beschimpß,  beschmutzt; 

das  hutband  ist  bestoben, 

die  krause  schlimm  geschoben.    Weis«  cur.  ged.  275; 

in  der  Schweiz  ist  bestoben,  wie  bestäubt,  benebelt,  berauscht. 

BESTIEFELN,  einen  mit  stiefeln  versehen,  ihm  Stiefel  an- 
ziehen. 

BESTIEFMUTTERN,  noverca  donare:  der  vater  bestiefmut- 
tert  seine  kinder,  heiratet  wieder;  verschimmelte,  verlegene, 
korbrällige,  bestiefmuterte,  unfolgsame,  unhäuslicbe,  verschreite, 
gereuterte  töchter.  Garg.  272'. 

BESTIELEN,  petiolo,  scapo  instruere:  ein  bestieltes  blatt, 
eine  axt  bestielen. 

BESTIFTE.N,  beneficiis  donare:  eine  kirche  bauen  und  be- 
stiften;  mhd. 

heij  dine  cappeläne  gän 

da^  heilictuom  gewinnen, 

die  sollu  bestiften.    kaiserckr.  11669; 

dö  er  mit  größer  krefle 

daj  heilictuom  bestifte.    11620; 

besiiflet  iwer  eigen 

mit  riehen  klöstern.    Greg.  2559 ; 

dö  sprach  diu  juncfrouwe,  wem  14;  ich  miniu  lant? 

diu  sol  i  hie  besiiflen  min  und  iwerjiant.    i\i^.  490,  2. 

BESTILLEN,  sedare,  stillen: 

drumb,  ihr  eitern,  laszt  bestillen 

eures  herzens  angst  und  schmerz.    Christoph  Colsscs; 

durst  und  hunger,  die  sind  mabner,  die  man  nimmer  kan 

besiillen.  Log*u3,  2,  35; 

eines  andren  ding  erereifen  wider  seines  herren  willen 
is4  ein  diebstahl.    wie  wenn  aber  nur  die  fraw  ist  zu  bestillen  ? 

3,  ZU9.  243; 
jedennan  ward  hierdurdi  . .  bestillet.  Loheüst.  Arm.  1,  298 ; 
sie  bestillte  ihn.  1, 156 ;  die  in  Macedonien  einfallenden  skor- 
diskischen  Deutschen  wurden  bestillet.  1,  895 ; 

die  wehmutb  lasset  sich  durch  keinen  zwang  bestillen. 
GCNTHER  1005. 

heute  gilt  nur  einfaches  stillen. 

BEST1M.MB.\R,  qui  adduci,  definiri  polest:  ein  durchs  mo- 
ralische gesetz  bestimmbarer  wille.  Kakt  4,  243. 

BESTIMMBARKEIT,  /.  ein  jeder  begrif  ist  in  ansehung 
dessen,  was  nicht  in  ihm  enthalten  ist,  unbestimmt  und  steht 
unter  dem  grundsalze  der  bestinimbarkeit,  dasz  nur  eines 
von  jeden  zween  contradiclorisch  entgegengesetzten  praedica- 
ten  ihm  zukommen  könne.  Kaxt  2,  443;  indem  ich  um  ein- 
zelner in  mein  geschäft  einschlagender  dissertationcn  willen 
ganze  bände  dergleichen  Schriften  vor  mich  legte,  so  fand 
ich  . .  so  viel  anlockendes,  dasz  ich  bei  meiner  ohnehin  leicht 
zu  erregenden  bestinimbarkeit  hier  und  da  hingezogen  ward. 
GOthe  31,  111;  daher  reifl  die  jugendliche  freiheit  und  be- 
stimmbarkeil . . .  endlich  durch  langes  geschäft  zur  einseitig- 
keit  im  leben.  J.  Paul  34,75. 

BESTIMME.N,  constiluere,  praestiluere,  determinare,  nnl.  be- 
stommen,  ein  niid.  sehr  gangbares  wort,  ahd.  und  mhd.  noch 
abgehend.  Dastpooics  434',  Maale»  64'  führen  es  an  und  Lu- 
ther bedient  sich  seiner  oft. 


1679     BESTIMMEN  — BESTIMMUNGSGESETZ 


BESTIMMUNGSGRÜND —BESTRAFEN      1 680 


1)  eigenlhümlich  verwendet  es  Weckherlin  : 

so  lang  des  herren  hand 
bestimmet  meinen  mund.    229, 
vocalem   reddil,    ihm  eine  stimme  gibt,    ihn  stimmt,    was  dem 
alten  stimman,    concinnare  (Graff  6,  684)  begegnet.     Fleming 
für  anstimmen: 

wir  wollen  insgesamt  bestimmen  einen  chor 
durch  Seiten  und  gesang.    5SS  (584). 

2)  bestimmen,  definire,  ansetzen,  festsetzen:  einen  tag  be- 
stimmen; zeit  und  ort  des  kampfs  bestimmen,  festsetzen;  so 
wil  ich  dir  einen  ort  bestimmen,  da  hin  er  fliehen  sol.  2  Mos. 
21, 13 ;  da  harret  er  sieben  tage  auf  die  zeit  von  Samuel  be- 
stimpt.  1  Sam.  13,  8 ;  des  morgens  gieng  Jonathan  hinaus  aufs 
feld,  dahin  er  David  bestimpt  hatte.  20,  35;  und  da  die  zeit 
umb  wäre,  die  der  könig  bestimpt  hatte.  Dan.  1, 18 ;  bestimp- 
ter  und  gesetzter  tag,  dies  Status.  Maaler;  ich  werde  mich 
zur  bestimmten  minute  einfinden. 

3)  die  höchste  vollendete  determination  würde  einen  durch- 
gängig bestimmten  begrif  {conceptum  omnimode  determinatum) 
geben.  Kant  1,429;  die  Vernunfterkenntnis  kann  auf  zweierlei 
art  auf  ihren  gegenständ  bezogen  werden,  entweder  um  die- 
sen aus  seinem  begrif  zu  bestimmen  . . .  das  ist  die  theore- 
tische erkenntnis.  2, 13 ;  die  kategorien  sind  blosze  gedanken- 
forraen,  wodurch  noch  kein  bestimmter  gegenständ  erkannt 
wird.  2, 139 ;  sich  nicht  etwa  blosz  ein  wesen  erdichten,  son- 
dern es  bestimmen.  3,289;  wie  die  materie  die  seele  zu  ge- 
wissen Vorstellungen  bestimmen  könne.  8,  22;  des  menschen 
grösztes  verdienst  bleibt  wol,  wenn  er  die  umstände  so  viel 
als  möglich  bestimmt  und  sich  so  wenig  als  möglich  von 
ihnen  bestimmen  läszt.  Göthe  19,  338. 

4)  bestimmen,  praestituere,  vorausbestimmen:  hast  du  mir 
aber  mein  ende  in  dieser  Schwachheit  bestimbt,  so  komm 
lieber  herr.  Scbuppils  437;  da  wars,  wo  er  dich  schuf,  da 
bestimmte  er  dich  und  deine  kinder  einer  ewigen  glückselig- 
keit.  Klopstock  11,  163;  ihr  vater  hat  uns  für  einander  be- 
stimmt. Leisewitz  Jul.  v.  Tar.  2,  6 ;  als  kinder  waren  sie  schon 
für  einander  bestimmt;  es  war  mir  bestimmt,  vom  Schicksal, 
trösten  sich  die  leute. 

5)  sich  bestimmen,  sich  entschlieszen,  entscheiden:  ich  habe 
mich  noch  nicht  bestimmt,  kann  mich  nicht  dafür  bestimmen ; 
er  hatte  sich  mit  leib  und  seele  für  diese  Studien  bestimmt ; 
nehmen  sie  ein  gelübde  von  mir,  das  meinem  herzen  ganz 
angemessen  ist,  das  durch  die  rührung,  die  sie  mir  einflösz- 
ten,  sich  bei  mir  zur  spräche  und  form  bestimmt,  und  durch 
diesen  augenblick  geheiligt  wird.  Göthe  19, 133. 

BESTIMMEND,  delerminans :  das  bestimmende  für  ihn  war, 
dasz ;  dies  wurde  der  ihn  bestimmende  grund. 

BESTIMMER,  m.  lo  macht  er  jenen  {den  vorlheil)  zum  be- 
stimmer  seiner  handlungen.  Schiller  1176;  gott  ist  unmittel- 
bar und  ohne  dazwischenkunft  der  bestimmer  desselben. 
Fichte  staatsl.  193. 

BESTIMMT,  1)  certus,  finitus,  statutus:  eine  bestimmte 
stelle;  die  bestimmte  stunde;  ein  bestimmtes  geschaft;  eine 
bestimmte  erklärung ;  bestimmte  und  rein  vortretende  umrisse. 

2)  praestitutus,  zugedacht: 

ich  bin  dem  tode  bestimmter, 
mehr  von  staub  als  Moses.    Klopstock  Hess.  5,  364. 

BESTIMMT,  adv.  certo,  plane,  concise :  ich  will  bestimmt  schrei- 
ben ;  sich  bestimmt  ausdrücken ;  die  sache  ist  bestimmt  wahr. 

BESTIMMTHEIT,  f  certitudo:  es  wird  mit  aller  bestimmt- 
heit  ausgesprochen,  behauptet ;  bestimmtheit  ist  in  dieser  sache 
nothwendig. 

BESTIMMUNG,  f  nnl.  bestemming.  1)  constilutio,  deßnitio :  die 
bestimmung  der  begriffe ;  in  Kants  älteren  Schriften  (1747 — 1770) 
drückt  es  sehr  häufig  das  lat.  determinatio  aus  und  bezeichnet 
jedes  bestimmende  merkmal  der  suchen  und  begriffe;  durch 
bestimmung  überhaupt  wird  blosz  quantität  festgesetzt.  Fichte 
(jrundlin.  der  wissensch.  lehre  57 ;  die  bestimmung  des  gehalts, 
gewichts  u.  s.  w.  einer  sache;  nähere  bestimmungen  sind  er- 
forderlicii  aber  schwierig. 

2)  lex,  conditio,  endzweck:  handle  deiner  erkenntnis  von 
den  ursprünglichen  bestimmungen  der  dinge  auszer  dir  ge- 
mäsz.  Fichte  sitlenl.  80;  die  bestimmung  der  menschen  ist 
sich  zum  hiinmel  vorzubereiten;  er  ist  am  orte  seiner  be- 
stimmung angelangt;  'wozu  hast  du  das  geld  bestimmt'?  es 
hat  noch  keine  bestimmung 

BESTIMMLNGSGESETZ,  n.  der  unterschied  des  ich  und 
nichtich  bleibt  bei  dieser  gleichheit  dos  bcstimmungHgesetzes 
immer.  Fiqhjs  grundtin,  313. 


BESTIMMUNGSGRUND,  m.  ratio:  mein  bestimmungsgrund 
war  dieser. 

BESTIMMUNGSORT,  m.  locus  alicui  assignatus. 

BESTIMMUNGSTRIEB,  m.  Fichte  grundl.  308. 

BESTIRNT  wäre  eigentlich  frontatus,  und  hochbestirnt,  schön- 
bestirnt iiesze  sich  sagen,  man  braucht  es  aber,  wie  gestirnt, 
für  stellatus  und  dieselben  dichter,  z.  b.  Klopstock  schwanken 
zwischen  bestirnt  und  besternt: 

{wir  sangen)  von  der  bahnvernichtenden  flocke, 

ah  sie  verscheucht  den  waller  auf  bestirntem  kryslall.    1,  236, 

weil  das  eis,  gleich  Sternen,  flimmert;  der  bestirnte  himmel. 
Kant  8,  251 ;  deine  vornehmen  freunde,  die  dir  würd  und  an- 
sehen beilegten  und  dein  bestirntes  silber  bis  zur  augenblen- 
dung  emporhoben.  Hippel  7, 180. 

BESTMÖGLICH,  quod  fieri  polest  optime:  das  bestmögliche 
thun.  Klinger  9, 129 ;  das  bestmögliche  wählen.  Heyne  an  JoA. 
Afü//er  s.  102.  nochmals  gesteigert:  ob  ich  nun  wol  aufs  best- 
möglichste i.  f.  gn.  entschuldigte.  Schweinichen  1, 165. 

BESTMÖGLICHST,  adv.  quam  optime  ßeripotesl:  bestmög- 
lichst entschuldigen,  ehe  eines  mannes  428;  bestmöglichst  zu 
hilfe  kommen.  Felsenb.  4, 187  ;  bestmöglichst  bewahren.  4,  204 ; 
wir  sprachen  ihn  bestmöglichst  zufrieden.  Pierot  2,156.  weit 
natürlicher  war  doch  die  alte  ausdrucksweise  als  ich  beste  kan 
{sp.  1661),  die  sich  auch,  gleich  einem  adv.,  allenthalben  in  die 
rede  fügte. 

BESTOBEN,  s.  beslieben.  • 

BESTÖBERN,  pulvere  conspeigere : 

bringt  auf  bestöbertem  gefieder 
der  Winter  ball,  konzert  und  Schlittenfahrten  wieder. 
Gottkr  1,  83. 
s.  ausstöbern. 

BESTOCHERN,  fodere:  die  zahne  bestochern. 

BESTOCKEN,  maculas  ex  humore  vel  situ  contrahere,  stock- 
fleckig werden. 

BESTOCKEN,  sich,  fruticescere,  bestockt,  bestaudet,  bekohl ; 
die  saat  bestockt  sich  gut. 

BESTÖHNEN,  beseufzen. 

BESTOLEN,  slola  induere.     s.  bealben. 

BESTOPFEN,  obstruere,  obturare,  farcire,  nnl.  bestoppen: 
weil  die  balken  allbereit  in  einander  gefüget  und  nur  auf 
einander  geleget  und  mit  mos  bestopfet  werden  dürfen,  pers. 
reiseb.  3,1;  eine  decke  mit  federn  bestopfen,  umstopfen;  be- 
nähen und  bestopfen. 

BESTOSZEN,  obtundere,  obstruere,  ahd.  pistöjan  (Graff  6, 
731),  mhd.  bestöjen. 

1)  obtundere,  vollstoszen,  vollstopfen,   wie  bestopfen.     mhd. 

von  Silber  und  von  golde 

sint  sie  (die  maihe)  bestdjen.    kröne  17704, 

ringsum  vollgepfropft,  wie  man  sagt  geräth  in  den  sack,  in  die 
kiste  stoszen,  schieben. 

2)  perlundere,  mhd.  mit  Worten  bestöjen,  anfahren,  schel- 
ten, pass.  K.  246,  98.  295,  32.  vielleicht  hobeln  (s.  5).  Henisch 
535  gibt  an  bestopfen,  teuschen,  fallere. 

3)  retrudere,  expellere,  verstoszen:  ahd.  pestöjen  unsih  lan- 
dis  unde  liuto,  verstoszen  uns  von  land  und  leuten.  N.  ps. 
62, 10 ;  den  nieman  sines  rlches  bestiege.  Karajan  denkm.  24, 5 ; 
d6  er  sie  der  wunnone  bestieg,  fundgr.  22,  32;  aller  slahte 
nuzes  hete  er  si  bestojen.  45,  20. 

4)  alterere,  nhd.  den  rand  eines  hutes,  die  ecke  eines  buchs 
bestoszen,  beschädigen;  die  ecke  des  hauses  wird  von  den 
fahrenden  wagen  bestoszen ;  das  kleid  ist  an  den  falten  be- 
stoszen, plicae  vestis  detritae  sunt.  Stieler  2180. 

5)  bei  verschiednen  handwerkern:  metaliarbeitcr,  kamm- 
machcr,  schriftgieszer  bestoszen  mit  der  feile,  tischler  be- 
stoszen das  bret  mit  dem  hobel,  pergamentmacher  bestoszen 
die  löchcr  an  den  feilen,  daher  die  folgenden  Zusammen- 
setzungen. 

BF.STOSZFEILE,  f 
BESTOSZHOBEL,  m. 
BESTOSZNAGEL,  w«. 
BESTOSZZEUG,  n. 

BESTRAFEN,  punire,  nnl.  hestraffcn,  schw.  beslrafla,  re- 
prehendere,  s.  strafe,  einen  luissethäter,  Verbrecher  bestrafen; 
einen  schwer,  hart,  mit  schlagen,  mit  geld,  mit  Worten  be- 
strafen ; 

ein  harter  fluch  beschwert  das  land, 

wo  dieser  weinstock  aurgescliussen; 

es  hat  in  dem  beslrartun  sand 

eiii  söhn  des  vatcrs  blut  vergossen.    Hacbdorn  3, 46; 


1681  BESTRAFENSWERTH  —  BESTREBUNG 

wegen  des  eifers,  mit  welchem  die  Juden  dieses  geschäft  be- 
irieben, bestrafte  sie  schon  Christus,  verlachte  sie  schon  Horaz. 
Lessisc  10, 18 ;  er  wirft  sich  diesen  ehrgeiz  selbst  vor,  er  be- 
straft sich  deswegen.  7,  iS4. 

BESTRäFENS\M:RTH,  poma  dignus: 

der  löwe  brüllt  erxürnt,  ein  solcher  ralh  entehrt 
mich  UDd  mein  heldenreich,  und  ist  bestrafenswertb. 
Hackdor.1  2,  127  1129). 
BESTRÄFER,  m.  piinitor. 
BESTRAFT.NG,  f.  punitio. 

BESTR.\HLEN,    inadiare,  eoUtistrare,  umstrahlen,  beschei- 
nen,  nnl.  bestralen,  schw.  besträla,  ddti.  bestraale: 

wie  kein  moreen  sie  brachte,  kein  tag  sie  bestrahlte,  kein  abend 
sie  mit  schatten  oder  umgab  mit  dem  scbimroer  des  mondes. 
Klopstock  Hess.  19,  974; 

und  musz  ich  so  dich  wiederfinden 

und  hofle  mit  der  Pichte  Kraiiz 

des  Sängers  schlafe  zu  umwinden. 

bestrahlt  mit  seines  rubmes  glänz!  Scbiller  58' ; 

in   diese   elende  zeit  nun  fiel  es  hinein,    dasz  sich  der  noch 
heute   regierende   marggraf  von  Hohengeisz  nach  Rom  begab 
und  erhohl  «m  diese  landsudt  mit  seiner  gegenwart  zu  be- 
strahlen. J.  Paul  komet  3,  52. 
BESTRAHLUNG,  f.  irradialio: 

und  der  vater  enthüllte  $ich  aller  bestrablung.    Voss. 

BESTRAMMEN,   striare.   Stieler  21S6.     s.  stramm  rigidus, 
distentus.     t.  bestremmung. 

BESTRANDEN,  liUore  aggredi,  am  Strand  angreifen: 

daselbst  hast  du  den  feind  zu  wasser  angefaszt, 
und  kräfiig  ihm  gezeigt,  dasz  in  Europen  landen 
ein  volk,  so  teiitsch  redt,  sei,  das  ATrica  bestranden 
Ton  welchem  theil  es  wil,  und  mit  ihm  fechten  kan. 
Opitz  2, 19. 

BESTRAUCHELN,  cespilare,  impingere,  straucheln,  ahd. 
strAchün,  mhd.  besträchen  und  besnaben.  MSH.  3,  329'. 

BESTREBEN,  sich,  nili,  eniti,  ddn.  besträbe,  ton  uns  erborgt, 
ahd.  und  mhd.  nur  das  einfache  strSpen,  streben,  nnl.  streven, 
mit  derselben  bedeulung,  der  aber  eine  sinnliche  wie  des  trelens, 
trampelns,  strampelns  unterliegt,  rql.  anstreben,  aufstreben,  em- 
porstreben, erstreben,  auch  bestreppen.  die  älteren  Wörter- 
bücher geben  blosz  streben,  kein  bestreben,  erst  Stieler  2192 
hat  sich  bestreben,  omnem  industriam  adhibere,  ich  will  mich 
dahin  bestreben,  hoc  enitar.  ich  bestrebe  mich  einer  eben 
80  reinen  und  edlen  liebe  als  er.  Lessi>g;  dasz  so  viele  sind, 
die  allein  dahin  sich  bestreben,  es  in  der  kunst  zu  betrügen 
zur  Vollkommenheit  zu  bringen.  Wiela.'^d  6,  xiii;  dasz  der 
körper  sich  nach  allen  gegenden  zur  bewegung  bestrebe. 
Katt  8,  28 ; 

wenn  sich  der  hals  des  sebwanes  Terkürzt,  und,  mit  men- 
scbengesichte, 
sieb  der  prophetische  gast  über  den  spiegel  bestrebt. 
Göthk  1,  SSO; 
der  einzelne  schadet  sich  selber, 
der  sich  hingibt,  wenn  sich  nicht  alle  zum  ganzen  bestreben. 

40,  271 ; 

nur  des  freundes  sehnlich  gedenkend, 
der  nun  vor  ihm  hinab  in  des  Ais  dunkle  behausung 
stieg,  und  dem  er  sich  nach  selbst  hin  zu  den  schatten 

bestrebet.  40,  348 ; 

jede  das  nächste  fassend  und  sich  nach  der  mitte  bestrebend. 

40,  359. 
auth  bestrebt  sein,  tcie  bemüht. 

BESTREBEN ,  n.  nisus,  Studium :  sein  einziges  bestreben 
geht  dahin; 

als  vom  bestreben 
um  frauengunst  und  minnesold 
die  rede  war.    Götter  1,242; 

der  Patriotismus  so  wie  ein  persönlich  tapferes  bestreben  bat 
sich  überlebt.  GOthe  an  Schiller  444. 

BESTREBSAM,  dUigens,  strenuus. 

BESTREBSAMKEIT,  f  diligentia,  strenuitas ,  contentio: 
bringen  neue  beStrebsamkeiten  einen  frischeren  Charakter. 
Hkrdeb  18.  70. 

BESTREBUNG,  f.  nitut,  opera,  anttrengung:  rühmliche, 
wissenschaftliche  bestrebungen ;  die  bestrebung  alles  gate 
auszer  uns  zu  befördern.  WiELA-tD  9,  252 ; 

da  kämpft  sogleich  verworrene  bestrebung 
bald  mit  uns  selbst  und  bald  mit  der  Umgebung. 
GöTBt  3,  21 ; 

gewisse  falsche  bestrebungen.  39, 104 ; 

und  setzt  besu-ebung  in  beständgen  gang. 

A.  W.  ScHLiGKL  in  Heinr.  V.  1,2. 


BESTREICHEN 


1682 


BESTREICHEN,  attingere,  berühren,  hereicken,  ahd.  pistri- 
chan  (Graft  6,  743),  mhd.  bestrichen,  nnl.  bestrijken,  schw. 
bestr^ka,  dän.  bestryge. 

1)  oblinere,    circumlinere,    hartes   mit  iceichem  besdunieren: 

mhd.  so  soiui  mit  diner  spune 

min  ougen  ot  bestrichen,    pas*.  K.  93,  &3. 

nhd.  das  brot  mit  butter,  den  kuchen  mit  honig,  die  mauer 
mit  kalk,  die  wangen  mit  schminke,  den  grind  mit  salbe ; 
und  solt  seins  bluts  nemen,  und  beide  pfosten  an  der  thür 
und  die  oberste  schwelle  damit  bestreichen.  2  Mos.  12,  7  ; 
knchen  von  semelmel  ungesewrt  und  ungesewrte  fladen  mit 
öle  bestrichen.  3  Mos.  2,  4.  4  Mos.  6, 15 ;  sie  bestrich  sich  mit 
küstlichem  wasser  und  flocht  ire  haar  ein.  Judith  16,  9 ;  die 
thür  mit  färbe,  die  wand  mit  koth  bestreichen,  figürliek, 
einen  mit  geld  bestreichen,  schmieren,  eorrumpere:  nach  lan- 
gem bedenken  wolte  er  den  münch  bestreichen  mit  einer 
summ  gelts,  so  vermocht  die  Salbung  doch  nit,  dasz  sich 
das  grosz  dräuwen  des  ketzermeisters  in  ein  penitenz  bekehrt 
Bocc.  1,  29',  wo  im  original  ugnere  le  mani. 

2)  attrectare,  contingere: 

als  man  si  bestrichet  mit  dem  palme,  pass.  H.  133,  26: 
er  bestrich  mit  den  fingern  des  kindes  wange,  streichelte  sie ; 
kOnige  haben  kröpfe  und  scropheln  bestrichen  und  geheilt. 
Lichtenberg  5,  305;  mit  reliquien  zur  heilung  bestreichen. 
ScHM.  3,  679 ;  er  bestrich  mit  der  band,  wie  mit  einer  kanone, 
die  nase  seines  gegners.  J.  Paul  Hesp.  2.  56.  mit  dem  gold 
den  Probierstein  bestreichen,    mit  dem  stahl  den  feuerstein ; 

wenn  der  stahl  den  stein  bestreichet, 

so  wird  er  erst  rein  und  scharf.    FLEai?(c4S6; 

mit  dem  messer  das  leder  bestreichen,  mit  dem  besen  die 
Stube,  die  tenne  bestreichen,  rein  kehren;  sie  was  cuslerin, 
sie  was  aber  nicht  custerin,  als  unser  custerin  sein,  die  in 
die  clöster  und  in  der  pfaffen  hüser  laufent  und  den  jungen 
münchen  und  jungen  pfafl°en  die  bet  machen  und  sie  {die 
hduser?)  bestreichen  und  zellen  fegen.  Keisersb.  omeij  II*.  12*. 
mit  dem  pflüg  den  acker,  die  erde  bestreichen,  ackern:  was 
er  getrawt  zu  bestreichen  in  acht  tagen,  da  sol  im  niemant 
infaren.  weisth.  1,  459. 

3)  bestreichen,  aequare,  eben  und  gleich  streichen,  einen 
Scheffel  körn  mit  dem  holz  bestreirien,  dasz  gleich  gemessen 
werde:  da  soll  er  im  geben  acht  gehäufter  oder  zwölf  be- 
stricben(er)  simmeren,  welches  der  arm  man  will,  veislh. 
2,  163.  die  buchbinder  bestreichen  die  bogen,  die  schuster 
und  Schneider  bestreichen  die  naht,  dasz  sie  eben  und  gleich 
werde,  was  bildlich  gesetzt  wird  für  prügeln  und  sehlagen: 

wie  fast  er  ir  die  neei  bestrich.    HiCPT  8,  521. 
gehört  hierher  eine  stelle  Luthers  :  ir  leret  und  vennanet  nicht 
zum  glauben,   wie   es  Christus  eingesetzt  hat,    lassets  damit 
bestrichen   sein,   das    der  beisteher  habe  die  messe  gesehen. 
5,  84',  beruhigt  euch  dabei  ? 

4)  bestreichen,  erreichen,  bereichen,  berühren,  auf  etwas 
stoszen,  sich  erstrecken  an  etwas :  die  Don  oder  Tanais,  we^ 
eher  strohm  die  grenzen  Asien  bestreichet,  pers.  reiseb.  2,  3 ; 
sie  (die  Stadt  Moskau)  hekompt  den  namen  von  dem  bach 
.Musca,  welcher  am  südertheil  durch  die  Stadt  fleuszt  und  die 
rothe  maur  bestreichet  3, 1 ;  die  sonne,  so  (in  Ruszland)  im 
Untergang  kaum  den  horizont  bestreichet  S,  2 ; 

sie  küsten  sich,  sobald  er  nur  den  rücken 
ein  wenig  kehrt,  so  ra^cb,  so  diirsiijclich, 
und  wurden  roth,  sobald  sein  au^':  sie  bestrieb. 

WiELA^D  22,  261  {Oberen  6,  32) : 

gefühle,  die  nur  die  Oberfläche  der  seele  leicht  und  flüchtig 
bestreichen.  Schiller  1126;  ein  lustgebäude  ..,  dieses  sollte 
einen  bezug  aufs  schlosz  haben,  aus  den  schloszfenslem 
sollte  man  es  übersehen,  von  dorther  schlosz  und  gärten  wie- 
der bestreichen  können.  Güthe  17,75;  weil  dieser  punct  den 
flusz  und  das  ufer  bestreicht  Tiec«  ges.  not.  2,  96;  daher 
bestrich  er  ihn  häufig  mit  jenen  listigen,  muntern  cpoptcu 
blicken.  J.  Paul  heiml.  klaget.  20 ;  von  dem  gegenüberliegen- 
den berge  her  bestreichen  die  kanonen  die  Stadt;  diese  hübe 
bestreicht  der  wind ;  der  regen  bestrich  das  zimmer  von  der 
Westseite;  raubvögel  bestreichen  das  gefilde,  streichen  mit 
ihrem  flug  darübtr  hin;  im  walde  bestrieb  uns  ein  wolf, 
strich  auf  uns  xu; 

Sit  das  ein  bas  den  ein  (einen)  bestreich.    If*i;PT  8,  523. 
hier  folgen  mhd.  beispiele : 

ei  wart  alle;  geschaot. 

iwaj  sin  swen  ie  besireicb.    Hena.  5467 : 

106 


1683 


BESTREICHUNG— BESTREITEN 


BESTREITEN — BESTREUEN 


1684 


swaj  ir  Olifiers  swert  bestreich, 

daj  mües  allej  enzwei.    Äa/-J5&'; 

sus  brengit  hin  zur  helle 

der  sträm,  swaj  er  bestrichet,    pass.  K.  4,  75; 

swaj  ich  des  (riches)  bestriche, 

daj  muoj  allej  werden  verlorn.    HS.  1,  57*; 

nu  daj  wir  Ermrichen 

vor  der  stat  ze  Raben  bestrichen.    liah.  209; 

in  bestreich  (einholte)  in  einer  siat.    pass.  if.  217,  37 ; 

daj  man  der  lute  vil  bestreich.    311,  43; 

manegen  si  bestrichen.    Lam.  3290. 
BESTREICHUNG,   f.   permuhio,    circumlitio :    bestreichung 
mit    der   salbe,   färbe  u.  s.  w.;  würden  nicht  eines  einzigen 
reichen  hausbeslreichungen  hundert  armer  häuslein  abgeben? 

SCHÜPPIUS  749. 

BESTREIFEN,  slringere,  streifen, 

i)  leicht  berühren:  er  bestreifte  mit  seinen  fingern  ihre 
band;  das  gewand  bestreifte  im  gehen  den  erdboden;  die 
kugel  hat  den  köpf  bestreift; 

trat  auf  die  erd  und  bestreifte  die  sterne. 

SciiußART  (/ed.  2,420; 
hinter  sanfter  hfigel  schirme 
hat  kein  fittich  böser  stürme 
dies  elysium  bestreift.    Bürger  74'; 

ich  werde  den  tag  nur  leicht  bestreifen  (erwähnen).  J.  Paül 
Fixl.  149 ;  ihre  Stammbäume  bestreiften  sich,  rührten  an  ein- 
ander, uns.  löge  1,  21. 

2)  virgis  dislinguere:  ein  gewand  bestreifen,  mit  streifen 
zieren;  der  himmel  bestreift  sich  mit  wölken. 

BESTREIFEN,  n.  durch  einiges  bestreifen  ihres  siechenden 
arms.  J.?KVLbiogr.  bei.  1,52;  so  gewis  jedes  spornrad,  jeder 
himmels-  und  ordensstern,  käfer,  fuszstosz,  handschlag  sich 
in  uns  eingräbt,  als  in  den  granitgipfel  ein  leiser  thaufall 
und  das  bestreifen  einer  nebelwolke. 

BESTREITBAR,  quod  impugnari  polest,  angreifbar. 

BESTREITEN,  impugnare,  und  wie  besetzen,  belegen  occu- 
pare;  nnl.  bestrijden,  mhd-  bestriten  selten. 

1)  leute  bekämpfen,  angreifen: 

e  dan  si  uns  überriien, 

wir  sullen  si  besiriten.    livl.  chron.  544; 

da  wir  hinaufziehen  zum  volk,  das  uns  bestreitet.  Habac.  4,  IG  ; 
gott  hat  mir  geboten,  spricht  er,  die  beiden  mit  dem  scliwert 
zu  bestreiten.  Luther  8,  19';  er  thet  verräterlich  seine  kind 
zu  bestreiten.  Aimon  g ;  ir  habt  ewer  kind  wider  got  und  bil- 
ligkeit  bestritten.  g4 ; 

vertrib  den  tiifel  gwahiglich, 

der  uns  bestritten  hat  vil  jar.    trag.  Joh.  D7; 

was  hab  ich  nicht  beklagt!  wie  bin  ich  nicht  bestritten! 
Grtphius  1,  104; 
weil  ich  die  noch  stehende  weder  bestreiten  helfen,  noch  den 
flüchtigen  nachjagen  konte.  Simpl.  2,  78;    wenn  du  ein  kind 
nicht   zu    bestreiten    vermagst,    warumb    schreistu    dann   als 
leute,  die  eines  löwen  stärke  haben  ?  pers.  baumg.  1,  22 ; 

wie  die  weiter,  womit  wir  einst  den  geliebten  goltes, 
seinen  glücklichen  Job  vor  dem  anilitz  des  himmels  bestritten. 
•  Klopstock  Mess.  2,  728 ; 

sie  hätte  zauberisch  mit  thränen  dich  bestritten. 

Götter  2,433; 
gegen  Friderichs  beer  musz  Ludwig  ziehen,    zum  Wächter 
Baierns  läszt  er  den  feind,  den  er  bestreitet,  zurück. 
Schiller  82'. 

2)  örter,  Sachen  bestreifen:  darnach  zoch  Josua  und  das 
ganz  Israel  mit  im  von  Libna  gen  Lachis  und  belegten  und 
bestritten  sie.  Jos.  10,  31;  und  Josua  zoch  von  Lachis  gen 
Eglon  und  belegt  und  bestreit  sie.  10,  34 ;  ein  newcs  hat  gott 
erwelet,  er  hat  die  thor  bestritten,  rieht.  5,  8 ;  mancherlei 
widerwertige  wind  gegen  einander  aufstunden  und  das  schif, 
darauf  die  schöne  jungfraw  war,  schwerlichen  mit  sampt  dem 
mcer  bestritten.  Bocc.  1,84';  herr,  ich  hab  wol  hören  sagen, 
dasz  kein  schlosz  so  stark  nie  ward,  wo  das  tcglich  bestrit- 
ten were,  es  würde  gewunnen.  2,  86';  die  ein  lang  zeit  all 
well  hellen  bestritten  und  aller  weit  guter  zusamcn  bracht. 
Frank  »c/(ft.  41';  Alexandria,  so  oft  bestritten  und  mit  so  vil- 
feltigen  kriegen  erlegt,  ist  si  fast  baufellig  gemacht  worden.  16'; 

land  und  Icut  wirt  mit  (den  hüchsen)  bestritten.    Haupt  3, 2C1; 

zweimal  hat  der  Griechen  neid 

die  Üardaner  stadi  bestritten.    Opirr  1,214; 

das  immergrüne  kicid  (der  fichte), 
das  seinen  schmuck  bchiilt,  das  nimmer  nie  bestreit 
noch  Boreas  sein  eis,  noch  Sirius  sein  brennen.    Louau  1,  191  ; 
als  nur  ein  fels,  dem  ward  der  konf  bestritten  sehr 
von  winden  alle  zeit,  und  dessen  nisx  vom  meer. 
Wihders  itr.  13,18; 


hiermit  bestritte  er  die  ganze  Weltkugel.  Simpl.  1,  3;  dasz 
ein  mit  holländischen  flaggen  bestecktes  schif  von  zweien  barba- 
rischen schiffen  angefochten  und  bestritten  ward.  Felsenb.  1, 378. 

3)  abstractionen,  bald  vom  bestreitenden  gemeinl,  bald  vom 
bestrittenen : 

bestreitest  jung  die  laster  wol, 

alt  würdst  du  darin  freuden  vol.    Sciiwarzenbkrg  153,  2; 

der  flecken  VVonsesz  kan  ohne  zank  einig  das  lob  bestrei- 
ten (ansprechen),  Taubmanns  Vaterstadt  genennet  zu  werden. 
Brandt  s.  6;  ■ 

es  wil  mich  itzt  die  müdigkeit  bestreiten  (einnehmen). 

HoFBANNswALDAU  gctr.  sck.  45; 

so  ja  der  höllen  pein 

der  quäl  kann  ähnlich  sein, 

damit  mich  itzt  dein  grimm  und  meine  noth  bestreiten.  51; 

er  zittert  in  der  band,  die  ganz  von  schäm  bestritten  (einge- 
nommen). Canitz62; 

wo  findet  man  den  hof,  da  tugend  wird  geacht? 

sie  wird,  weil  heuchelei  der  Fürsten  ohr  bestritten, 

jetzt  in  des  vorgemachs  gedränge  kaum  gelitten.    106; 

von  der  anmuth  ihrer  siiien 

fand  ich  mich  schon  längst  bestritten  (eingenommen).    171; 

viel  haben  tod  und  schmach  zu  einer  zeit  erlitten, 

viel  hat  verzvveifeinng  und  raserei  bestritten.    182; 

könnten  nicht  zu  Zeilen 

treue  Zärtlichkeiten 

den  verdrusz  bestreiten 

und  das  herz  befrcin?    Hagedorn  3,  90; 

gehorcht  mir  sanfte  saiien, 

und  helft  mein  leid  bestreiten.    7,KCHKR\\poet.  sehr.  2,  293; 

oft  will  ich  dann  mit  gewaltigem  arm  den  kummer  bestreiten. 
Klopstock  Mess.  4,  804 ; 

um  da  durch  predigt  und  gesang 

so  lieb  als  wem,  die  eiielkeiten, 

ohn  roth  zu  werden  zu  bestreiten.    Gökihck  1,71. 

etwas  bestreiten,  in  abrede  stellen,  dagegen  streiten  im  ge- 
spräch :  das  will  ich  nicht  bestreiten ;  das  zeigt  die  nothwen- 
digkeit  einer  guten  erziehung,  und  wer  bestreitet  sie?  Götbb 
36, 131. 

4)  etwas  bestreiten  heiszt  auch  parem  esse,  einer  sache  ge- 
wachsen sein,  sie  aushalten,  tragen:  die  haushaltung,  die 
kosten,  den  aufwand  bestreiten: 

das  hausgesinde  wird  auch  nimmer  recht  bestriten, 
im  fall  zwei  flauen  schon,  und  mehr  als  zwei  gebieten. 
Opitz  Hugo  Grot.  s.  325; 

den  Unterricht  bestreiten.  Heynes  br.  an  Joh.  Müller  68 ;  nur 
wenige  und  dieselben  töne  und  höchste  und  unterbrochene 
könnt  er  noch  leise  bestreiten  (auf  dem  klavier)  und  endlich 
sanken  die  bände  unter.  J.  Paul  Tit.  1,  204. 

BESTREITER,  m.  impugnator:  herr,  haddere  mit  meinen 
haddern,  streite  wider  meine  bestreiter.  ps.  35,1,  und  danach: 

bader  du  mit  recht, 
streit  wider  mein  bestreiter. 

lob  und  dankabc.  Frankf.  1664  s.  67 ; 
ich  lis  von  Alexander  das, 
der  ganzen  well  bestreiter  was, 
das  er  am  hof  ein  köpsfrouw  hatt, 
die  in  ouch  bracht  uf  die  geuchmatt. 

Murners  geuchmati  Basel  1519  L3. 

BESTREITUNG,  f.  die  bestreitung  eines  satzes ;  die  bestrei- 
tung  der  kosten. 

BESTREMMUNG,  f.  raucedo:  das  dienet  wider  alle  müngel 
der  brüst  und  lungen,  rauhe  der  kälen,  des  Schlunds  und 
bestremmung  der  brüst.  Tabernaemont.  kräuterb.  654.  vgl. 
bestrammen,  stramm  und  Schm.  3,  685. 

BESTREPPEN,  maculare: 

so  gehst  du  her  und  bist  beschlept, 

geschmutzt,  geflicket  und  bestrept.    H.  Sacds  1,471*; 

ein  schwarz  zotender  vogelhund, 

derselh  war  auch  durchaus  bestrebt, 

oben  und  unten  an  im  klebt 

gar  unlustiger  schleim  und  kot, 

ein  wasscrbad  het  im  thun  not.    IV.  3,  85'; 

so  wiszt,  ich  kan  on  laugn  und  aschen 

die  alten  heiz  so  sauber  waschen, 

welche  sind  schwarz  und  ciir  besudelt, 

geschmutzt,  bestrc|)i,  bschlept  und  zerhudclt.    V,  368". 

scheint  einerlei  mit  belreppen,  wie  auch  sonst  ST  und  T 
schwanken,  z.  h.  strampeln  und  trampeln. 

BESTREUEN,  conspergrre,  circumspergere,  conslernere,  disper- 
pere,  umslrcucn  und  umher  streuen,  mhd. 

ir  turne  und  hiuscr  wären  ganz, 

die  sliit  bcsiriuwet  üf  die  crd.    w.  gast  2449; 

swenn  man  der  untugende  schar 

üf  die  erde  bestriuwci  nider.    7449  ; 

ti  (diu  linde)  was  mit  vogelen  bestreut,    tv,  612. 


1685 


BESTREUEN— BESTRICOIS 


BESTRICKÜNG  —  BESTCMMELN        1 686 


nhd.  da  schreib  er  alle  ninkel  voller  briefe  und  episteln  mit 
griechischen  werten  hin  und  widder  bestreut.  Aleebcs  gegen 
Wilzel.  G2'; 

mit  rosen  bestreu  uns  den  sal.    H.  Sachs  III.  3,  21'; 
mit  etlichen  krüutem  bestreuen,  bienenk.  243"; 

der  dame  witz,  die  freie  munterkeit, 
die  was  sie  spricht  und  tbut  mit  grazie  bestreut. 
WiELA.^D  9,  51 ; 

schon  begann  die  nacht 
den  erdkreis  zu  beschatten  und  mit  Sternen 
den  himmel  zu  bestreun.    Wiela.nds  Horaz  1,  163; 
will  tätlich,  zur  gerechten  busze 
für  meine  jugendreimerein, 
mit  actenstaube  mich  bestreun.    Gotter  1,  459; 

von  den  knochen  zertrümmerter,  zerfallner  menschen  bestreut. 
J.  Paul  Kamp.  65 ;  weintiinkea  ist  nichts  als  das  athmen 
einer  mit  wolgerüchen  bestreuten  luft.  fix/ei»  195;  das  haupt 
mit  asche,  das  bad  mit  rosen,  die  stube  mit  sand,  den  kuchen 
mit  Zucker  bestreuen. 

BESTRICKEN,  illaqueare,  slringere,  nedere,  umstricken, 
fesseln,  alid.  pistricchan  (Gräff  6,  740),  mhd.  bestricken,  nnl. 
bestrikken. 

1)  mit  stricken  umwinden,  fesseln,  nicht  blosz  den  leib,  die 
hände,  sondern  auch  in  beschlag  genommene  Sachen:  den  wa- 
gen, die  räder  bestricken,  hemmen,  dasz  sie  nicht  fort  können; 
die  waaren,  die  ballen,  fässer  bestricken,  einen  ball  be- 
stricken, mit  wolle  umstricken. 

2)  bestricken  aber  auch  blosz  gefangen  nehmen,  gefangen 
legen,  in  die  stube  einschlieszen,  ohne  dasz  stricke  dabei  vor- 
kommen, und  mit  dem  acc.  nach  der  praeposition :  dasz  er 
für  solchen  treuen  dienst  und  fleisz  nu  soll  von  ew.  f.  gn. 
so  bestrickt  sein,  das  er  sich  nicht  aus  den  landen  wenden 
solL  Luthers  br.  5,  62 ;  er  wäre  in  seine  herberge  bestrickt. 
5,  94 ;  berichtet  mich,  wie  i.  f.  gn.  so  schellig  auf  mich  sein, 
hätten  geschworen,  sie  wollen  mich  in  die  hofstube  bestri- 
cken. ScHWEi.MCHEN  1,  345 ;  lasscH  i.  f.  gn.  den  Heilung  durch 
Peter  Schellendorf  in  die  hofstuben  sobald  bestricken,  l,  34S ; 
so  muste  ich  die  Junkern  darum  in  die  hofstuben  bestricken 
lassen.  1,  353;  bitten  sie  {die  gläubiger)  die  gerichte  mich 
beim  köpfe  zu  nehmen,  zu  bestricken  oder  ins  gefangnis  zu 
legen.  1,  274 ;  so  sollte  ich  ihn  bestrickea  2,  13 ;  härter  be- 
stricket und  behalten.  Kirchhof  wendunm.  76';  niedergewor- 
fen, gen  Lützelburg  geführet  und  drei  tag  über  einen  monat 
daselbst  bestrickt  gebalten,    disc.  mil.  vorrede. 

3)  bestricken,  häußg  wie  binden  und  fesseln,  auf  abgezo- 
gene Vorstellungen  angewandt:  die  gewissen  zu  bestricken 
oder  in  stricken  zu  halten.  Luther  3,  524';  bleibe  nicht  in 
deiner  eigenen  Vergnügung  bestrickeL  pers.  baumg.  1,  2 ;  ich 
bin  mit  unzehibar  vielen  Sünden  beschweret  und  bestricket. 
Scflcppius  459; 

wie  beiden  untergehn  und  tänzerinnen  siegen, 
wie  der  besu-ickte  graf  das  schneidermädcben  liebt. 
Zachariä  1,  21 ; 
eine  schlaue  kokette,   die  durch  eine  grosze  fertigkeit  in  der 
kunst  die  herzen  zu  bestricken  den  vortheil  über   seine   Un- 
schuld erhalten  hatte.   Wieiji.\d  2,185;   worüber  bischof  Udo 
nachwärts  von  dem  pabste  mit  dem  banne   bestrickt   wurde. 
Moser  2,  44 ;   wenn  die  gemeinde  sich  nicht  bestricken  lasse. 
NiEBUHR  2,  332 ;    die    freiheit   der  seele,   die  sie  doch  in  die- 
sem leben  erstreben  soll,   wenn   sie   sie  auch  nicht  erringen 
kann,  zu  bestricken  und  zu  fesseln.   Tiecs  ges.  nov.  9, 14 ; 
welch  ein  plötzliches  ziel,  Wanderer,  bat  dich  bestrickt? 

RCCKERT  267. 

Dies  bestricken  kann,  ganz  wie  berücken,   die  bedeulung  ha- 
ben in  die  schlinge  locken,    verlocken,    einnehmen    und  betrie- 
gen.     andere  beispiele  lassen  sich  sinnlicher  fassen: 
der  tod  hat  euch  bestricket.    Grtpbics  1,  43, 
nach  der  annähme,    dasz    er   strick  und   netz   mit   sich  führt 
{d.  mylhol.  t.  805)    und   die   menschen  fischt  oder  fängt;    wie 
eine  andere  Schönheit  ihr  ins  liebesgehege  gegangen  und  iiir 
ein  so  liebreiches  wildprel  bestrickt  hätte,  irrg.  der  liebe  301. 
ach  die  heilige  selbst,  sie  widerstand  nicht  dem  werben, 
und  der  verwegene  hielt  fest  sie  im  arme  bestrickt. 
GoTHE  2,  139, 
»eil  die  arme  umschlingen,  umstricken; 

bei  der  harfc  bestrickendem  laut.    Plati.'«  167, 
weil  sie  gleichsam  mit  ihren  strängen  riihrt. 

BESTHICKMS,  f.  n.  custodia,  carcer,  haft:  und  half  mir 
gott  abermal,  wenn  die  satten  am  höchsten  dehnet  aus,  dasz 
mir  kein  bcstricknis  aiemalen  zugemutbet  war.    Schwei.m- 


CHE5  1,  332 ;  baten  letzlich  i.  k.  mt.  wollen  i.  f.  gn.  mit  die- 
ser bestricknis  allergnädigst  verschonen.  2,  130;  demnach  i. 
f.  gn.  herzog  Heinrich  zu  Breslau  aus  der  bestricknis  ent- 
ronnen. 2,  250 ;  damit  die  geleitsleute  des  bestricknisses  los- 
gezählt worden.   3,  54 ; 

nun  dich  ein  wüstes  feld, 
ein  unbewohnter  su-aud  fest  in  bestricknis  hälL 
GaiPBius  1,  432, 
in  der  Verbannung, 

BESTRICKUNG,  f.  dasselbe:  nimpt  er  die  band  von  im 
zur  bestrickung  aufs  schlosz.  Luthers  br.  5,  94 ;  und  ist  fast 
nicht  erhört,  dasz  ein  unterthan  seinen  landesfürsten  hätte 
in  bestrickung  genommen.  Scbweisichex  l,  S4 ;  in  bestrickung 
legen.  Opitz  Arg.  2,  49 ;  welcher  denen  gefangenen  im  namen 
des  feldherm  erlaubte  an  dem  hofe  ohne  geringste  bestri- 
ckung sich  aufzuhalten.  Lohenst.  Arm.  1,  S7;  dise  Gallier 
kamen  nun  dem  Stertinius  gleich  zu  rechter  zeit,  und  hät- 
ten sie  durch  bestrickung  des  sicambrischen  herzogs  beinahe 
mehr  gewonnen.    2,  284. 

BESTßlEMEN,  vibicibtts,  virgis  distinguere,  bestreifen:  seine 
arme  waren  bestriemt,  mit  Striemen  unierlaufen.  Siieler  2212. 
BESTROHEN,  Stramine  legere: 

sein  bestrobetes  dach.    Höltt  107  ; 
wir  prunken  nicht,  wir  lieben 
ein  dach  nur  leicht  bestroht, 
gifckfensterlein  zum  schieben, 
und  milch  und  roggenbrot. 

ScuaiDT  von  Wemeuchen  s.  37  ; 

BESTRÖMEN,  circumfluere,  alluere,  beflieszen: 
beströme  mich  mit  gütigem  erbarmen.    Ca.mtz2S; 
beströmte  inselu.    Brocees  1,  213; 
ängstliche,  trübe  schatten  beströmten  die  erde. 

Klopstock  Hess.  8,  400; 

des  ewigen  frühlings 
süsze  gerüche,  nicht  mehr  mit  des  bimmels  bläue  beströmet 

12,512; 

du  stehst  an  dem  meere, 
sieb,  ein  tropfen  kann  dich,  du  staub,  mit  fülle  beströmen. 

15,  954 ; 
beströmt  von  dem  duft  der  blütengerüche.    17,  23S; 
als  jeglicher  das  boot  bestiegen,  gieng 
die  fahrt  durch  die  beströmten  pfade  fort.    ücacEaMö'; 
und  blut  beströmte  die  erde.    21S'; 
die  zephyre  kosen 
und  schmeicheln  um  rosen, 

und  dufte  beströmen  die  lachende  flur.    Schiller  9*; 
o  sprich,  aus  welchen  bimmelszonen 
beströmt  der  gaben  füUhorn  dich  ?    ßcccERT  15. 

BESTRÜMPFEN,  tibialibus  induere,  mit  strumpfen  beklei- 
den: bestrümpft  und  beschuht. 

BESTRUPPEN,  intricare,  struppig  machen,  sträuben:  be- 
strupptes  haar,  tricae,  mhd.  bestrübet  hdr.  Herbort  17926 ; 
bestruppte  rede,  incondila  oratio;  bestrupptes  huhn. 

BESTUBEN,  hypocaustis  instruere :  ein  wol  bestubet  schlosz. 
Stieler  2217. 

BESTL'CKELN,  dissecare,  muo&ersTv,  lerstückeln : 

schnitten  die  hüflen  aus,  umhüllten  sie  doppelt  mil  fette 
und  hestückelten  sie.       üürger  191'. 

BESTÜCKEN,  l)  was  bestückeln.  2)  ein  schif  mil  stücken 
{mit  geschütz,  kanonen)  besetzen. 

BESTUFEN,  1)  mit  stufen  versehen,  abstufen.  2)  bergmän- 
nisch, das  gestein  bestufen,  stufen  davon  hauen. 

BESTUHLGÄNGEL.N,  concacare,  inquinare,  eine  Wortbil- 
dung aus  der  zweiten  hälße  des  Ujh.,  durch  welche  man  den 
härteren  ausdruck  komisch  mildern  wollte:  ein  bestulgangei- 
tes  bctttuch.  narrenspital  1682  s.  26 ;  anfangs  hatten  die  bild- 
hauer  über  ihre  statuen  nur  um  des  willen  solche  strahlen 
gesetzt,  dasz  sie  die  vögel  nicht  bestuhlgüngelten.  Te>zels 
monatl.  unterr.  für  169t ;  der  sich  in  seiner  überflüssigen  klug- 
heit  so  artig  bestulgängelt  hat.  Weise  markgr.  von  Ancre  106; 
du  wirst  es  machen  wie  jener  Baier,  der  sagte,  er  begehrte 
nicht  in  den  bimmei,  weil  die  kleinen  kinder  darin  die  bänke 
besluhlg.lngellen.  ped.  schulf.  205. 

BESTÜLPE.N,  was  aufstülpen,  umstülpen:  der  (hut)  war 
wol  bestuipet,  berondelet,  bewollzottet  und  überbängig  wie 
die  tächer  zu  Ach,  Cöin  und  Metz.    Garg.  11%'. 

BESTÜMMtLN,  truncare,  abscidere,  ahd.  pistumpilün  Graff 
6,  t) 85.  686.  mhd.  bestümbcin.  itfi'.  2, 174';  oß  sliinmeln,  be- 
stimraeln  geschrieben:  die  dürren,  unsaftigen  äste  am  bäum 
soitu  allweg  bebauen  und  bestümmeien  lassen.  Sebiz  327  und 
öfter;  dasz   die  faochflattemde  aste  der  eiteikeit  bestümmelt 

106* 


1687 


BESTÜPFEN  —  BESTUTZEN 


werden.  Philander  1,  8';  jeder  beschneidet,  bestimmelt  die- 
selbe {die  spräche).  2,  154  und  Simpl.  1,  704.  von  verstüm- 
meln verschieden  wie  beschneiden  von  verschneiden. 

BESTUPFE.X,  configere.    Maaler  64'.    s.  stupfen. 

BESTÜRMEN,  impelerc,  impugnare,  aggredi,  nnl.  beslor- 
men:  wind  und  wellen  bestürmen  das  mastlose  schif;  der 
feind  bestürmte  schon  dreimal  die  Stadt;  welcher  die  rijmi- 
sche  lehr  von  der  transsubstantiation  oder  brotwandelung 
manlich  hat  bestürmet,  bienenk.n';  die  todesnoth  mit  ihrem 
pnzen  beere  begunte  einen  vornehmen  oberherren  zu  be- 
stürmen,  pers.  baumg.  1,  25 ; 

das  zornige  geschick 
treibt  uns,  seit  Troja  tiel,  durch  siets  besiürmie  seen. 

i.  E.  SCHLKGEL  1,  15; 

aber  Aineien  bestürmte  der  schlacliienbelobte  Tvdeides. 
BÜRGER  226"; 

sie  hat  nicht  mehr  als  zwei  tödliche  seiten,  durch  welche 
wir  ihr  gewissen  bestürmen  können.  Schilleh  195';  ich  will 
nur  das  ungeheure  vorurtheil  bestürmen.   Herder  2,  329; 

des  mensctien  herz  bestürmen.    GötheS,  273; 
und  mit  verhasztem  plan 

auf's  neue  mick  bestürmen.    9,282; 

warum  gibt  die  musik  dem  bestürmten  herzen  statt  der  ruhe 
nur  gröszere  wellen?  .1.  Pacl  Hesp.  2,  109;  du  bestürmst 
mich  mit  einer  frage   nach  der  andern,  eh  ich  antworte. 

BESTÜRMER,  m.  invasor,  aggressor.  Stieler  2229. 

BESTÜRMERIN,  f.  femina  irrumpens,  invehcns. 

BESTÜRMUNG,  f. 

BESTÜRZEN,  evertere,  obruere,  ahd.  pisturzan,  mhd.  bc- 
stürzen,  nnl.  bestorten,  stürzen  heiszt  ruere,  praecipitare, 
verlere,  mergere,  slernere,  fallen  machen,  bestürzen  also  um- 
kehren, umdrehen,  umstürzen,    s.  auch  verstürzen. 

mhd.  sin  hoiibet,  daj  gezieret  was, 

fiel  nider  üf  daj  grücne  gras, 

besiürzet  mit  dem  helme.    sc/iwanrtHer  1092 ; 
ahd.  Di  brennii  man  ouh  tiiuruh  thaj 

giwisso  sinaj  liolitra;, 

thaj  er  iz  biwelze, 

mit  muttü  bisturzß.    0.  II.  17,  16; 

nhd.    den   hafen  bestürzen  {mit  dem  decket,    der  stürze),    von 

guter  speise.  5.  12; 

ein  ganz  geschwader  von  bestürzten  segeln 
(a  whole  armado  of  coiivicied  sail  =  conquered). 
A.  W.  Schlegel  im  könig  Joliann  3,  4. 

2)  abstractionen,  bestürzen  consternarc,  conlurbare:  ahd. 
besturzet  dia  wärheit,  immutat  veritatem; 

mhd.  nu  het  mir  den  sin  bestürzet.    MS.  1,2S'; 

swinde  getrehte  freude  bestürzet.    Renn.  23336; 
nhd.  indem  aber  die  wasserkind 

also  aufs  spiel  verslürzet  {versessen)  sind. 

froschm.  I.  1,  2  (C  7") ; 

ich  bin  so  bestürzet,  das  ich  nicht  weisz  was  ich  reden  sol. 
H.  JoL.  VON  Braünschw.  Sus.  .5,  2;  alle  fragen  bestürzen,  de- 
ren wir  nicht  gewärtig  sind.  Lessinc  1,  388;  verzeih  o  kö- 
nigin,  wenn  mich  dein  anblick  bestürzt.    Gotter  2,  222 ; 

wenn  meine  rede  dich  besiürzet.    Schiller  225' ; 

hat  alles  hier  zusammen  sich  verstanden, 

mich  zu  bestürzen  ?    228' ; 

«ein  und  der  bedienten  rufen  bestürzt  die  mörder.    737; 

doch  den  beiden  bestürzt  unmut  die  entschlossenen  herzen. 
Voss  Od.  4,  658. 

3)  bestürzen,  intransitiv,  für  bestürzt  sein,  wie  auch  stür- 
zen corrui,  labi  ausdrückt :  ich  bestürzete  unsäglich  über  die- 
sem greulichen  bekäntnis.  Lohenst.  Arm.  2,  1606;  aber  wie 
bestürzten  wir  nicht,  als  derselbe  ein  danksagungsschreiben 
an  die  socielät  drucken  liesz,  Liscov  s.  84  (81) ;  er  bestürzte 
über  diesen  anblick.  Musaeus  2,  107. 

BESTÜRZUNG,  f.  consternatio :  ich  habe  mit  höchster  be- 
stürzung  meines  gemüths  erfahren.  Schüppius  201;  scme  be- 
stürzung  verwinden,  irrg.  der  liebe  23;  sich  von  der  ersten 
bcstürzung  erholen.  Münehhausens  reise  24 ;  von  Alberts  be- 
stürzung,  von  Lettens  Jammer  laszt  mich  nichts  sagen.  Götiie 
16,  191. 

BESTUTZEN,  stupere,  stutzig  werden,  stutzen,  doch  er- 
scheint fastnur  das  part.  praet.  bestutzt,  stupore  perculsus: 

bestutzet  iigen  gar  zu  grund 

ab  seines  lobs  glänz,  das  so  kund, 

dasz  sich  ihr  hetz  darab  entsetzet.    Wickberlim  436; 

doch  sei  gebeten,  mir  zugleiche  zu  entdecken,  ob  Socrates 
sich  über  diesen  einwürfen  bestutzt  befand.  .Hofmannswaldau 


BESTVERGOLDET  —  BESUCHEN        1 688 

sterb.  Socr.  69.  Weckherli."»  bietet  aber  auch  ein  transiti- 
vum  dar: 

diser  schar  so  schön  als  schnelle  kunft 
bestutzet,  zwar  mit  lust,  dem  hirten  die  Vernunft.    729, 

verwirrt,  bestürzt  ihm  die  sinne,    man  verfiele  darauf,  bestutzl 
und  bestürzt  gleichzusetzen  {wie  sp.  694  mutzen  geleitet  wurde 
aus  murzen),  hielte  davon  nicht  stutzen  und  aufstutzen  zurück. 
BESTVERGOLDET,  optime  inauratus: 

der  mouen  zahlreich  beer  zernagt  mit  frechem  zahn 
den  bestveigüldlen  schnitt,  den  bebten  safflan. 
Hagedorn  3,  107. 
BESUCH,  m.  gebildet  wie  versuch  (gesuch  ist  n.),  nnl.  be- 
zoek  n.,  das  schw.  besök,  dän.  besög  sind  uns  entliehen. 

1)  weidmännisch,  invesligalio,  quae  fit  cane  sagaci,  das 
sinnliche  suchen,  aufsuchen,  aufspüren  des  wilds  mit  der  nase 
des  leithunds,  man  sagt:  der  jüger  geht,  zieht  auf  besuch, 
nimmt  den  besuch  vor;  wenn  der  besuch  {die  stelle  des  su- 
chens)  weit  abgelegen,  führt  man  den  hund  auf  einem  wa- 
gen. Flemings  teulscher  jäger  163' ;  den  besuch  haben.  Döbel 
1, 47'.     daher  besuchknecht. 

2)  besuch  eines  orts,  wo  viel  leute  beisammen  sind:  be- 
such der  schule,  kirche,  messe,  des  marktcs,  lagers,  wein- 
hauses,  Schauspiels,  man  sagt  aber  auch,  ich  will  dem  stall 
einen  besuch  machen,  die  pferde  besehen,  er  machte,  bevor 
er  abreiste,  dem  garten,  in  welchem  er  so  viel  glückliche 
stunden  zugebracht  hatte,  noch  einen  besuch,  nahm  von  ihm 
abschied,  er  stattete,  bevor  er  schlafen  gieng,  der  Weinflasche 
einen  besucli  ab,  was  auch  zur  folgenden  bedeutung  geschla- 
gen oder  nach  besuchen  4  gefaszt  werden  kann. 

3)  besuch,  visitatio,  salutatio,  franz.  visite,  besuch  bei  der 
ankunfl  und  abreise,  höflicher,  aber  auch  traulicher,  freund- 
schaftlicher besuch.  «11  diesem  sinn  kennt  die  frühere  spräche 
nur  besuchung,  heimsuchung,  auch  Stieler  «nd  Frisch  geben 
kein  besuch  an,  es  kommt  erst  im  18  jh.  auf  er  ist  zu  be- 
such, auf  besuch  hier;  wir  gehen  in  besuch,  zu  besuch ;  be- 
such machen,  geben,  faire,  donner  visite;  besuch  ablegen, 
abstatten,  erstatten,  wiederholen;  besuch  empfangen,  anneh- 
men, abschlagen,  abweisen;  erzeigen,  erweisen,  gewähren, 
einstellen,  unterlassen ;  gönnen  sie  mir  die  ehre  eines  besuchs  ; 
er  musz  den  ersten  besuch  machen ;  das  soll  mein  letzter 
besuch  sein;  dieser  besuch  galt  nicht  mir;  der  arzt  macht 
seinen  üblichen  besuch; 

ein  solcher  schw.itzer  trat  herein, 

dem  dichter  den  besuch  zu  geben.    Gellert  1,  104; 

ich  werde  sonntags  und  etwa,  wenn  ich  in  besuche  gehe, 
schwarz  gehen.  5,  219;  ich  gab  um  die  gedachte  zeit  einen 
besuch  bei  etlichen  damen,  die  von  dem  lande  zur  messe 
herein  gekommen  waren.  9,  135;  weil  ich  um  sechs  uhr  be- 
suche, das  ist  nach  meiner  empfindung,  neue  arbeiten  habe. 
9,  153;  ist  es  ihnen  gefällig,  ihren  besuch  abzukürzen?  Les- 
sing 2,  63 ;  das  war  ein  langer  besuch  I ;  einmal  hab  ich  be- 
such gegeben  bei  meiner  freundin.  Millers  Siegwart  2,  317 ; 
einen  besuch  bei  der  schönen  Filänion  abzulegen.  Wieland 
13,  2G ;  nach  einem  besuche,  den  er  dem  Verfasser  gegeben 
hatte.  GüKiNGK  1,  262 ;  ich  habe  jetzt  einige  besuche  zu  ge- 
ben. Schiller  654;  dies  veranlaszte  etliche  mutwillige  hüben 
aus  dem  volke  ihm  dort  einen  besuch  zu  geben.  832*;  fräu- 
lein  Caroline,  die  neulich  mit  der  alten  tante  hier  zum  be- 
suche war.  GöTHEll,  256;  an  besuchen  aus  der  nachbar- 
schaft  und  in  die  nachbarschaft  fehlt  es  uns  nicht.  17,  11. 
heute  ist  besuche  machen  üblicher  als  geben,  der  tägliche, 
abendliche,  nächtliche  besuch. 

4)  besuch  ==  die  besuchenden:  wir  haben  besuch;  unser 
besuch  ist  noch  da;  'wer  ist  denn  das  mädchen?'  das  ist 
unser  besuch. 

BESUCHAMEISE,  f.  formica  migratoria,  wer  von  besuch  zu 
besuche  läuft:  dieses  gastwirtleben  am  hofe,  dieses  vorüberren- 
nen der  feinsten  und  geistreichsten  fremden  und  besuchaineisen, 
die  in  drei  tagen  vergessen  sind.   J.  Paul  Hesp.  2, 192. 

BESUCHEN,  ahd.  pisuochan  (Graff  6,  84),  mlid.  besuochen, 
nnl.  bezoeken,  schw.  besöka,  ddn.  besöge. 

1)  den  Jägern,  das  wild  besuchen,  aufspüren. 

2)  einen  ort  besuchen,  mhd.  einen  turnei  besuochen.  En- 
gelh.  2359;  nhd.  die  kirchen,  spielhäuscr,  theater  besuchen, 
franz.  fri^quenter;  das  sie  dein  haus  und  deiner  unterthanen 
heuser  besuchen  {durchsuchen)  und  was  dir  lieblich  ist,  sol- 
len sie  in  ire  hcnde  nemen  und  weg  tragen.  \  kün.  20,  6;  zu 
besuchen  Juda  und  Jerusalem.  Esra  7,  14;  und  dich  wird 
man  heiszen  die  besuchte  und  uDverlassene  stad.  Es.  42, 12 ; 


1689 


BESUCHEN  —  BESUCHER 


BESUCHJÄGER  —  BESUDELN 


1690 


die  bundsladen  des  herrn  besuchen.  Jer.  3, 16 ;  ir  habt  meine 
herd   zerstrewet    und  verstoszen   und   nicht   besucht.    23,  2; 
ein  besuchtes,  das  besuchteste  gasthaos; 
komm,  Doris,  komm  zu  jenen  buchen, 
lasz  uns  den  stillen  grund  besuchen, 
wo  nichts  sich  regt  als  ich  und  du.    Haiieh  s.  91 ; 
kommt  er  nicht  mehr,  die  palmen  zu  besuchen, 
die  unsers  auferstandnen  grab  umschauen?    Lkssi^g 2, 196 ; 
der  weg  ist,  wie  zur  hölle, 
so  breit  und  so  besucht.    Gottek  1, 167; 
die  gletscher,  die  von  wölken  nur  besuchten, 
sie  spiegeln  sich  im  wasser  unzersplittert.   LK5Aün««.  ffcd.  149. 

3)  leute  besuchen,  heimsuchen:  es  begab  sich  aber,  das 
Simson  sein  weib  besucht,  mit  einem  ziegenböcklein.  richl. 
15,1;  und  besuche  deine  brüdcr,  obs  inen  wolgehe.  1  Sam. 
17,  18;  beschwere  dich  nicht  die  kranken  zu  besuchen.  Sir. 
17,  3S ;  ich  bin  krank  gewesen  und  ir  habt  mich  besucht. 
Mallh.  25,  36;  ich  bin  krank  und  gefangen  gewesen  und  ir 
habt  mich  nicht  besucht  (golh.  siuks  jah  in  karkarai,  janni 
gaveisodeduj)  meina,  ahd.  unraahtic  inti  in  carkere,  inti  ir 
ni  wisilut  min).  Mallh.  25,43;  denn  er  hat  besuchet  und  er- 
löset seift  Volk  {goth.  gaveisuda  jah  gavaurhta  nslausein  ma- 
nagein seinai).  Luc.  1,  6S ;  die  waisen  und  witwen  in  irem 
trübsal  besuchen.  Jac.  1,  27;  soll  mein  alter  freund  mich 
also  feindlich  besuchen  (heimsuchen)'}  Garg.  20S';  wie  soll 
ich  ihnen  genug  dafür  danken,  dasz  sie  eine  familie  zu 
besuchen  würdigen,  die  auf  eine  nähere  Verbindung  mit 
ihnen  schon  zum  voraus  stolz  ist.  Lessi.ng  1,  377 ;  ich  wollte 
eben  gehen  und  sie  in  ihrem  neuen  quartiere  besuchen. 
1,  553;  wollen  sie  denn  besuchen  gchn?  Lenz  1,  203.  man 
sagt  auch  /igürlich:  kein  schlaf  besucht  den  kranken,  kehrt 
beiihm  ein;  nie  besucht  sie  der  süsze  schlaf.  Klisger 2,  247. 

4)  besuchen,  perquirere,  durchsuchen,  visilieren:  mhd. 
dö  si  gehaben  wart  enpor, 

Porphirius  besuochte  ire  kleit, 

ob  icht  von  goldes  richeit 

daran  were  gewanL 

seht  wä  er  nicbtes  nicht  envant, 

des  schemte  er  sich  unde  vlöch.    pass.  Ä.  393, 17 ; 

0  herr,  besucht  den  busen  mein  (greift  mir  in  d.  b.), 

dieweii  es  musz  gestorben  sein,    .\ther313*; 

da  zwungen  In  die  landsknecht. 

das  er  sich  bsuchen  (seine  laschen  leeren)  must  von  stund, 

vierhundert  gülden  man  bei  im  fund.    £T&[.^(i  2,  521; 

aller  verrat  ist  verzehrt, 

alle  kammem  ausgelehrt, 

alle  kästen  sind  besucht.    Fleiixg290; 
mein  leben  mag  es  büszen, 

wo  er  nicht  den  opal  Anivtlen  abgerissen. 

besucht  ihn.  Lohe^st. 'Cleop.  121,594; 
es  hatten  ihnen  etliche  Soldaten  begegnet,  ihren  provianlkorb 
besuchet,  ein  fasz  hier  aufgeschlagen  und  gesoffen,  pers. 
reiseb.  1,  4 ;  dieser  mann  üesz  mich  überall  besuchen,  fand 
aber  nichts  bei  mir  als  ein  büchlein  von  birkenrinden.  Simpl. 
I,  69 ;  flel  er  denen  bei,  die  mich  vor  einen  verrüther  und 
kundschafter  hielten,  befahl  darauf,  man  sollte  mich  besu- 
chen. 1,  72;  der  provos  muste  mich  in  gegenwart  ihrer  al- 
ler besuchen.  1,  213;  ich  besuchte  keinen  von  ihnen,  weil 
jeder  selbst  sein  geld  heraus  gab.  2,  154;  denn  nachdem  er 
seinen  diener  absteigen  lassen,  um  mich  zu  besuchen.  2,221; 
da  biengen  sich  denn  die  kinder  an  mir  an  wie  die  kletten 
und  die  kleineren  besuchten  mir  die  scbubsecke.  unw.  docl. 
262;  schmeiszet  diesen  mordbreoner  in  den  stock  und  b«- 
suchet  seine  kleider  und  felleisen.  med.  maulaffe  651 ;  zuvor 
besuchen  lassen.  Opitz  Arg.  2,  477;  kleider,  schiebsücke  be- 
suchen, manicam  exculere.  dies  besuchen  ist  wie  befühlen, 
aber  heute  auszer  gebrauch  und  höchstens  übrig  in  dem  euph»- 
mismus:   du    kannst  mich  im  ermel  besuchen. 

51  besuchen,  scrutari,  explorare,  lentare,  prüfen,  abstraction 
des  vorausgehenden,  so  ahd.  pisuocban :  dia  gidult,  den  muot 
pisuüchan  (Giurr  6,  84),  mhd. 

der  almahlige  got  des  geniohte, 
da{  er  Abraoämen  besuohte.    fundgr.  2,  32,  45 ; 
ich  hän  wole  besuochet  (expertut  $um), 
daj  din  got  ruochet.        2,  44,  4  ; 

du  prüfest  mein  herz  und  hesucbesls  des  nachts,  and  leu- 
terst  mich  und  findest  nichts,  ps.  17,  3;  mit  den  Türken 
kriegen  und  streiten  ist  gott  widerfechten,  der  unsere  sünde 
durch  sie  besuchet  (heimsucht).  Lgther  t,  258'. 

BESUCHER,  m.  1)  salulator:  ein  ungebelner,  lästiger  be- 
sucbcr.  2)  perquisilor:  bald  darauf  kamen  die  besncher, 
durchsuchten  das  schif,  ob  nicht  kaufmannswaaren  darinnen. 
pert.  reiub,  1,  2. 


BESUCHJÄGER,    m..    der   mit    dem    leithunde  auf  besuA 
zieht.    Döbel  2.  4S'.  49'. 

BESUCHKARTE,  f.   besuch-  und  abschiedskarten.    Göthe 

4,  191. 

BESUCHKNECHT,  m.  vas  besuchjäger. 
BESUCHUNG,  f.  salutalio :  der  ehrlichen  nachbarlichen  be- 
suchung der  glückhaften  schiffiartgesellschaft.  Fischart  gl.  seh. 
zu  anfang;  weistu  nicht,  dasz  die  besuchungen  deines  freun- 
des in  deinem  hause  sehr  seltzam  sein  werden,  wenn  er  sie- 
bet, dasz  der  feind  drinnen  ist.  pers.  baumg.  9, 13 ;  alle  besuchung 
fi-emder  länder.  Schuppics  547 ;  besuchungsehre,  dignalio  prae- 
sentiae.  Stieler  360,  heule  die  ehre  der  gegenwart,  des  besuchs ; 
da  er  denn  sich  wolstandes  halber  gemüsziget  gesehen  seine 
besuchungen  einzustellen.  Felsenb.  3,  405;  bei  meiner  ersten 
besuchung.  4.444;  so  würde  ich  wol  thun,  wenn  ich  alle  be- 
sucbungen  bei  der  braut  einstellete.  Plesse  3,  87 ;  in  den  be- 
sucbungen  der  Euphrosine  einhält  zu  thun.  3,  87;  als  ihr 
eure  besuchung  abstattetet  3,  89 ;  jemehr  es  einander  nahe 
küsten  gibt,  deren  besuchung  u.  s.  w.  Käst  anfangsgr.  der 
rechlsl.  s.  260;  ist  einst  das  haus  {auf  dem  Rigi)  ganz  fer- 
tig, so  wird  es  ihm  wol  nimmer  an  besachong  fehlen.  Hec- 
XER  4,  207. 

BESUCHZIMMER,  n.  cubiculum  salulatorium. 
BESUDELN,  inquinare,  eontaminare,  beflecken,  beschmieren, 
beschmutzen,  beschmeiszen,  nnl.  bezoedelen,  schw.  besudla.  dän. 
besudle;  ron  der  vurzel  und  dem  verhalt  zu  besolgen,  besiv- 
len,  besülwen  iriri  unier  dem  einfachen  sudeln  näher  zu  han- 
deln sein.  ahd.  und  mhd.  ist  besudeln  unverzeichnel,  darum 
aber  ntchl  in  zweifei  xu  stellen,  denn  die  oberdeutsche  Volks- 
sprache kennt  es  (Schm.  3,  203.  Stald.  2,  418.  Maaler  64'), 
Albergs  schreibt  ich  besuddel,  wie  auch  Llther  metstentheils. 
du  solst  nicht  der  öberst  sein,  denn  du  bist  auf  deines  va- 
ters  lager  gestiegen,  daselbs  hastu  mein  bette  besudelt  mit 
dem  aufsteigen.  1  Mos.  49,  4;  macht  ewre  seelen  nicht  zum 
schewsal  und  verunreiniget  euch  nicht  an  inen,  das  ir  euch 
besuddelt.  3  Mos.  11,  43;  ich  habe  meine  füsze  gewaschen, 
wie  sol  ich  sie  wider  besuddeln?  hohelied  5,  3;  daher  ist  ir 
{der  keller)  vermügen  auf  meine  kleider  gesprützt  und  ich 
hab  alle  mein  gewand  besuddelt.  Es.  63,  3;  sie  waren  mit 
blut  besuddelt.  klagt.  Jer.  4,  14 ;  wer  pech  angreift,  der  be- 
sudelt sich  damit.  Sir.  13,  1 ;  die  gottfürchtigen  besudeln  sich 
nicht  mit  diser  sünde.  23,  17;  du  hast  auch  wenig  namen 
zu  Sarden,  die  nicht  ire  kleider  besudelt  haben,  ofjfenb.  3,  4 ; 
hab  ich  michs  doch  auch  mit  meinem  namen  und  vorred  zu 
besudeln  underw  unden.  Lcthers  rorr.  zu  Justi  Menü  oecono- 
mid  ehr.  ?iümb.  1529  al';  er  {der  fuehs)  nam  ein  büchsen 
mit  arznei,  besudelt  sich  damit,  schimpf  und  ernst  cap.  10t; 
wie  er  über  ein  stäg  wil  gehn,  so  glitscht  er  und  feilt  ins 
wasser  und  mur,  betrept  sich  wie  ein  mor  (schwein),  er 
kompt  heim,  was  wol  besudleL  Frey  garteng.  cap.  1;  als 
nun  Ulenspiegel  ein  amibrustschusz  von  des  brotbeckers  hus 
kam,  da  liesz  er  ein  weisz  brot  aus  dem  holen  loch  fallen 
in  das  kat,  da  satzt  Ulenspiegel  den  sack  nider  und  sprach, 
ach  das  besudelt  brot  darf  ich  für  meinen  herren  oit  brin- 
gen. Eulensp.  cap.  6 ;  so  einer  einen  lebendigen  krebsz  mit 
brandtem  wein  besudelt  und  den  wein  anzündt,  so  wirt  er 
zu  stund  rot.  Forer  193';  ihr  besudelt  ewere  band  und  ge- 
wissen. Kirchhof  nu7.  disc.  255;  mit  solchem  wüst  besudelt. 
wendunm.  364*;  daran  besudelt  man  leib,  sei,  ehr  und  gut. 
bienenk.  136'; 

wer  sich  reit  groben  filzen  hudelt, 

tu  lohn  wird  er  mit  iindank  besudelt.    LEBmAi«!(22; 

dasz  sich  einer  mit  rusz  und  koth  besudelt,  das  kann  man 
an  einem  andern  nit  abwüschen.  201 ;  sie  {die  liebe)  besu- 
delt die  jungen  und  todtet  die  alten,  gespenst  ^93 ;  ihr  seid 
gewislich  «in  undankbarer  vogel,  indem  ihr  euer  nest  zu  be- 
sudeln trachtet.  310;  sich  in  mist  besudeln.  332;  derjenige 
sündigt  doppelt,  welcher  eines  andern  ehethron  besudelt. 
pol.  slockf.  193;  »as  hat  der  römische  Statthalter  vor  nene 
religionen  einzudringen  «ich  unterstanden,  dardorch  er  die 
kirche  goltes  dermaszen  besudelt.  Schuppius  778 ;  ein  fabel- 
buch, welches  nun  mit  ungeschickten  und  unzüchtigen  reden 
und  mährlein  vermenget  und  besudelt  wäre.  828;  wenn  das 
thier  {pferd)  ein  Vorderbein  voller  grauen  ganz  hellen  haa- 
ren von  dem  knie  bis  an  die  kröne  hat,  anstatt  dasz  es 
schwarz,  wie  die  andern  drei  sein  sollte,  so  hciszt  das 
brin  besudelt  oder  stichelhärig.  Eisk.-<bergs  rosläuscherkünsle 
s.  10«; 


1691 


BESUDELN— BESÜSZEN 


BESÜSZIGEN—  BETAGEN 


1692 


jener  nun  risz  sich 
schnell  aus  dem  äuge  den  pfähl,  von  triefendem  blute  besudelt. 

Voss  Od.  9,  397  ;     . 
möcht  ich,  ein  greis  \vie  ich  bin,  dir  brüst  und  tippen  besudeln 
ganz  mit  blut.  IS,  21; 

stiesz  er  den  tisch  anschlagend  und  warf  zur  erde  die  speisen, 
dasz  sich  brot  und  gebratnes  besudelten.    22,  21; 
aber  er  sah  sie  alle  mit  blut  und  staube  besudelt, 
hingestreckt  in  menge.        22,  3ä3; 

die  heilige  scheu  das  wasser,  die  luft,  die  erde  zu  besudeln. 
GöTHE  6,  22 ; 

und  so  haben  sie  auch  mit  waschen  und  reinigen  alle 
tröge  des  dorfes  beschmutzt  und  alle  brunnen  besudelt. 

40,  306 ; 

wie  könnte  sie  {die  liebe)  sich  zusammensetzen  und  hinauf- 
läutern in  einem  besudelten  herzen?  J.  Paul  Hesp.  1,  63; 
das  männliche,  von  stürmen  erzogne,  von  geschäften  besu- 
delte herz.  2,  86 ;  vorsieht  . . .  aus  der  die  schiffe  den  teu- 
felsdreck,  den  sie  aus  Persien  holen,  stets  oben  an  den 
mastbaum  hängen,  damit  sein  gestank  nicht  die  fracht  des 
schifsraums  besudele.  TU.  l,  67 ;  ein  besudeltes  thierauge 
sieht  nicht  einmal  den  spiegel  u.  s.  w.  unsiclub.  löge  xxii. 
besudeln  und  bellecken  scheiden  sich  wie  franz.  souiller  und 
tacher,  schon  ein  tropfe  blutes,  öles  befleckt  das  gewand, 
eine  grüszere  masse  besudelt  es,  doch  oft  können  beide  lau- 
schen, gemeiner  als  beide  lauten  dem  dichter  beschmutzen  und 
beschmieren,  vgl.  besülen,  besulfern  und  die  Zusammensetzun- 
gen blutbesudelt,  kothbesudelt,  mordbesudelt. 

BESUDLUiNG,  /".  inquinatio:  ein  leibeigner  des  beischlafs 
und  der  fleischlichen  hesudeiung.   bienenk.  18'; 

die  Wasserkrüge  füllet,  abzuwaschen  gibts 

des  schwarzen  blutes  greuelvolle  besudelung!    Göthe  41,  199. 

BESÜLEN,  was  besudeln,  doch  eine  älter  berechtigte,  eigne 
form,  schon  goth.  bisauljan  fiiaiveiv,  bisaulnan  fiiaCvead'ai, 
und  zwar  als  bisai'iljan,  nicht  als  bisauljan  zu  fassen;  ahd. 
pisulan,  pisulian  (Graff  6,  186),  mhd.  besüln,  ags.  besylan, 
das  engl,  soll  scheint  aber  aus  dem  identischen  franz.  souiller 
entnommen,  schw.  besöla,  ddn.  besöle. 

mhd.  unde  reinlichen  namen 

nicht  besulte  mit  unvlät.    pass.  K.  8,  89; 

der  licham  nicht  besult  wirt 

an  des  willen  miteganc.    28,82; 

ob  ich  hie  besulet  werde 

wider  mines  herzen  muot.    28,86; 

da  sohle  si  ir  kusche  wät 

besuln  mit  rechter  unvlät.    29,  33  m,  s.  to.  ; 
nhd.  den  möcht  man  wol  on  alls  gelär 

besülen  in  der  plützen.    Uhland638; 

weil  sie  aber  also  besüIt, 

so  bitt  ich,  das  du  sie  zuvor 

mit  lauierm  wasser  wasche.    Etri.'hc  1,  237; 

mit  bsülten  henden.    2,  334. 

später  durch  besudeln  verdrängt,  bei  Stieler'  2053  noch  an- 
geführt. 

BESÜLCHEN,  dasselbe.  Maaler  64* ;  mit  kaat  besülcht  und 
besudlet,  coeno  oblitus.    s.  besolgen. 

BESULFERN,  BESÜLVERN,  BESULBERN,  maculare,  pol- 
luere,  unreinigen,  vocab.  theut.  1482  d3'.  d4'.'.  II 4',  offenbar 
aus  besulwern  verhärtet,  dies  aber  fortbildung  des  mhd.  be- 
sülwen  =  besüln : 

wan  er  mit  sunden  umme  gie 

darinne  er  bcsulwet  lac.    Marienleg.  64,  7 ; 

und  besulwet  darinne  wesen.    74,  124; 

diz  nuwe  cicit  mac  nieman  hän, 

«rn  habe  da;  aide  üj  gedän, 

da;  er  vil  dicke  hie  vore 

hat  besulwet  in  deme  höre. 

der  sunden  tviderslrit,  vom  j.  1278.  £od.  gi^ens.  s.  282. 

BESUNDER,  s.  besonder. 

BESÜPFEN,  BESÜRPFEN,  caliem  clanculum  längere,  li- 
gurire.    t.  sürpfen. 

BESÜSZEN,  dulce  reddere,  versüszen,  doch  schwächer  als 
dieses.  Stieler  2242,  im  17  jh.  den  schlesischen  dichtem  ge- 
läufig : 

theures  paar,  seid  so  besüszct  {süxt  heglfickt) 

mit  der  liebe  lieblichkcit.    Lob«u  1,  1,  47  ; 

auf  dasz  der  zeiien  weh,  darinnen  wenig  grnnd 

zum  from  sein  übrig  ist,  ich  etwas  mag  besüszen.    1,5,3; 

dein  stamm  pflegt  zu  besüszen 
noch  immer  unser  land  mit  gut  und  frcundlichkcit. 

1,  10,25; 


drum  des  todes  bittres  nemen  kan  diu-ch  süszes  widernemen 
eine  witfraw  ihr  besüszen  und  den  lod  also  beschämen. 

3,  3,  11; 
herlich  gottes  vorsieht  preisen  kan  vil  trotz  der  weit  besüszen. 

3,  zugäbe  59; 
die  von  dir  besuszten  Sachen. 

ScuiRHERs  sing,  rosen  1657  s.  413; 
der  andachtszucker  soll  die  lippcn  mir  besüszen. 

'  LoHENST.  gcisU.  gedanken  137,  1 ; 

die  röthsten  lippen  musz  mein  honigseira  besüszen. 
blum.  83. 
BESÜSZIGEN,  dasselbe. 

BESÜSZIGÜNG,  f.  zu  besänftigung  ufld  besüszigung.  Phil- 
ander 1,  3*. 

BET,  n.  oratio,  gebet,  ahd.  pet  (Graff  3,  57),  gen.  pStes, 
za  pete,  ad  orationem.  Freisinger  exhort.  42;  mhd.  bet  ist 
vorauszusetzen,  vgl.  anebet  idolum,  res  adoranda,  und  engl. 
bead.  Luther  schrieb:  das  bet  wird  erhöret,  bereitung  zum 
tod.  91; 

der  jung  Tobias  gott  verlrawt, 
zum  bet  vermanet  er  sein  prawt. 

Schwarzenberg  105,  1 ; 
sag  mir  durch  got  was  ist  das  bett, 
do  keiner  kein  verstand  nit  heit? 

MuRXERs  sc/ie/menz.  18'; 
deut  den  gottesdienst,  der  jetzund  gat 
in  vollem  schwank  auf  ganzer  erden 
mit  mönich,  nennen,  pfaffen  werden, 
mit  kulten  tragen,  koiif  bescheien, 
tag  und  nacht  in  kirclien  pleren, 
metten,  prim,  terz,  vesper,  complet, 
mit  wachen,  fasten,  langen  (/.  langem)  bet. 

H.  Sachs  1,85*; 
vil  newer  fünd  sie  stet  ertichten, 
vil  bet  und  bruderschaft  aufrichten.    I,  87"; 
durch  der  burgerschafi  groszen  bet  {also  m.).    1, 155'; 
derhalb  lasz  uns  verzagen  nit, 
sonder  anhaltn  mit  bet  und  bit.    V,  217'; 

sein  wort  ist,  bittent,  so  werden  ihr  gewehrt,  das  ist  nun 
einmal  wahr,  allein  dasz  wir  seim  wort  vertrawen  und  glau- 
ben, wo  das  nicht  ist,  so  ist  das  bett  ein  maulklaffen.  Pa- 
EACELSüS  2,  264'.  Reüchlin  setzt  sonst  nur  gebet,  einmal  aber: 
das  er  das  gemelt  bette  wolle  tolmetschen.  oujens/).  33' ;  umb 
mein,  meiner  swester,  unser  mitverwanten  erben  weiter  un- 
terthenigs  anrufen  und  diemutigen  betes  willen.  Chmel  Maxim, 
s.  211  (a.  1500).  es  hält  schwer  die  formen  von  denen  des  f. 
bete  überall  zu  sondern,     vgl.  betbuch  und  gebet. 

BETÄCKELN,  sich,  ineptire,  insulse  se  gerere:  der  hat 
sich  wol  betäckelt!   fliegenwadel  U6.    i.  betappeln. 

BETACKEN,  contrectare,  betappen.  Stieler  2245.  es  ist 
auffallend,  wie  eine  menge  mit  ta  anlautender  verba  sich  im 
begriffe  des  anriihrens,  greifens,  tastens  begegnen. 

BETADELN,  reprehendcre,  tadeln:  dieses  belobte  und  be- 
tadelte buch.  Hippel  6,  12;  wo  sie  sich  von  hofkammerdie- 
nern  bewundern  und  von  damen,  kammerjungfern  betadeln 
liesz.    Millers  Siegwart  1,  85. 

BETÄFELN,  coassare,  austäfeln,  vertäfeln,   s.  abtäfeln. 

BETAFFELN,  für  betappeln,  contrectare,  wie  man  auch 
tapfe  für  tappe  sagte:  was  wird  sie  nun  kriegen?  einen  al- 
ten kalten  ausgedorreten  fantasten,  der  sie  des  tags  nur  mit 
dem  hart  reiben  und  des  nachts  mit  den  fausten  betaffeln 
wird.    ped.  schulfuchs  115. 

BETAFFETEN,  panno  serico  legere:  besammet  und  betaf- 
fet,  d.  i.  besammetet,  betaffefet.    Kirchhof  wendimf?!.  290'. 

BETAGEN,  ein  schönes,  der  mhd.  spräche  geläufiges  wort, 
von  mehr/acher  bedeutung. 

1)  diescere,  lag  werden,  wie  benahten  noctescere,  wofür 
doch  heute  einfach  tagen  und  nachten  gesagt  wird. 

2)  senesccre,  alt  werden,  zu  seinen  tagen  kommen: 

dann  müssen  wir  dies  kicid, 
ie  länger  wir  betagoti, 
mit  noth  und  mühsal  tragen.    Tschernimg. 
s.  betagt. 

3)  illucesccre,  erscheinen,  zu  tage,  an  den  tag  kommen: 
den  betaget  ein  saslic  tac.    MS.  1,  199'; 

wd,  da;  der  lac  ie  betaget.    Gco.  4200; 
dar,  uns  ie  soll  der  tac  betagcn.    Ls.  2,420; 
wie  moht  der  tot  an  dir  betagn!     Wh.  101,  30; 
von  der  uns  ist  der  sun  bciaget.    Walth.  4, 1 ; 
daj  an  mir  ist  der  pris  betaget.    Bari.  217,  24. 

später  noch  von  gefallen  und  zinsen,  deren  lag  erscheint,  die 
fällig  werden,  i.  b.  Schätzung,  die  auf  Michael  betagt,  zins 
der  auf  Johlmnis  betagt.     Gryphius  laszt  Alecto  sagen: 


1693 


BETAGEN 


BETAGT— BETASTEN 


1694 


sterbliche,  sollen  wir  schlummernde  können 
eure  eehäufete  frevel  vertragen, 
die  uns  zu  richten  und  rechten  betagen.    1,  439, 
deren  tag  uns  fällig  icird. 

4)  betagen,  über  nacht  bleiben,  bis  an  den  tag,  den  tag  erwarten : 

lät  mich  betagen  I    Helmbr.  1733, 
behaltet  mich  diese  nacht; 

daj  ich  noch  bi  dir  betagen  müeje.    MS.  1, 16'; 

der  ritter  sol  niht  hie  betagen.    1, 18*; 

diu  saelde  was  bi  im  betaget.    Dietr.  274; 

wie  dicke  ich  in  sorgen  doch 

des  morgens  bin  betagei, 

so  ej  alle;  slief  da;  bi  mir  lac.    MS.  1,  65'; 

lumber  gouch,  der  dran  beiaget  oder  benahtet  {tag  und  nacht 
damit  hinbringt) '.  Waliher  10,  7  ; 

s.  die  sp.  1464  unter  benachten  1  angezognen  stellen,  nhd. 
das  selb  haus  ouch  nit  destminder  zu  allen  nöten  gar  offen 
sein  und  bliben  sol  beirn  Albrechten,  doch  das  die  seinen, 
so  er  mit  im  darin  bringt  im  zu  dienst,  den  burgfriden  zu 
halten  schweren  sollen,  noch  darin  weder  betagen  noch  be- 
nachten {weder  tag  noch  nacht  bleiben),  sie  haben  denn  ge- 
schworen. Geszlebs  rethorik  39*.  ebenso,  in  etwas  betagen, 
in  etwas  alt  werden,  nach  2 : 

denn  die  weis,  darin  man  belagt, 
verleszt  man  nit.     Waldis  Esop  4,  6  (21S"). 

5)  transitiv,  betagen,  erhellen,  aufklären  {wie  benachttn  3 
dunkel  machen):  gleichwie  die  sonne  über  die  frommen  und 
bösen  täglich  aufgehet  und  die  mit  den  helleuchtenden  strah- 
len betaget.    Bctschkt  kanzelei  155; 

bai;  dir  die  sach  betagen  {erklären).    Cato  149,  150,- 

wellte  goit  euch  mehr  betagen, 

glänztet  ihr  wie  ich  so  helle.    Göthb  5,  224. 

6)  transitiv,  alt  machen,  alt  werden  lassen: 

weil  niemand,  den  die  jar  betagen, 
des  alters  unlust  kan  abtragen. 

Waldis  Esop2,  55  (116"). 

7)  transitiv,  vorladen,  citare  ad  diem  constitutum,  einigemal 
auch  capere,  bestricken,  gefangen  legen :  so  hätten  wir  und  unsre 
des  glaubens  mitverwandte  uns,  etlicher  unsrer  sachen  hal- 
ben, auf  Nicolai  schierst  in  die  Stadt  Schmalkalden  zusam- 
men betagt  Melanchth.  2,  9S0;  nuwlich  hat  e.  k.  mt.  Ada- 
men Cron  und  unsern  burger  Grunenfeld  lassen  betagen. 
CuMEL  Maxim,  s.  S9  (a.  1496);  und  nachdeme  Schenk  Fride- 
rich  von  Limburg  ein  redlicher  herr  war,  so  war  ich  des 
sinns,  dasz  ich  ihne  nicht  wolt  hinweg  geführt,  sondern  wolt 
ihn  in  seine  eigene  behausung  betagt  haben.  Götz  ton  Ber- 
LicH.  leben  s.  105;  alle  die  so  vom  landgrafen  gefangen  und 
gen  Cassel  bescliaiden  und  betagt,  ligen  noch  alda,  bis  in 
90  personen.    Schertliss  br.  44; 

dahin  ward  auch  der  luchs  belagt, 

dem  hasen  wards  auch  angesagt.    Waldis  Es.  4,  56  (272'); 

wir  ziehen  auf  den  hochzeittag, 

da  uns  der  fuchs  thet  hin  betagen.  . 

HcLDR.WoLGEHUT  Esop  HO; 

Terwirf  die  Völker  durch  gerichte, 

betage  sie  vor  dein  gesiebte,    üpitz  jis.  s.  25; 

wann  die  gemein  einander  wird  betagen, 

wil  ich  dein  lob  zu  preisen  mit  behagen 

geOisseii  sein.        s.  45; 

beisz  aber  mich  nicht  auch  darneben 

dir  vor  gericble  rechnung  gehen, 

betage  ja  nicht  deinen  kneclit.    $.  263 ; 

der  götior  groszer  rath  liesz  dich  hierumb  betageo 

und  für  gerichte  ziehn.        1,  93 ; 

euch  aber  hab  icb  auch  durch  boten  Jetzt  belagt 

vor  allen.  1,169; 

(Moscbkaw),  das  damals  zwar  nicht  nein  zu  unsern  Sachen 
sagte, 

doch  dan  es  sich  mit  uns  hierüber  mehr  betagte, 

ganz  were  mit  uns  eins,  so  wandten  wir  uns  ümm, 

und  holten  über  dis  des  herzogs  klare  stimm. 
FLKa!<ic202; 

bald  stillten  unsern  sinn  die  königliche  jagten, 

bald  der  Armener  wein,  die  oftmals  uns  betagten.    20S; 

traute  scel,  was  wirst  du  sagen, 

wenn  der  richter  dich  wird  fragen, 

der  die  erde  wil  betagen?    Gripuils  2,  257; 
man  solle  wider  den  herzog  selbst   durch   urlhel   und  recht 
verfaiiren  und  seinen   geflüchteten   söhn   für    den    reicbsrath 
betagen.    Lohesst.  Arm.  1,  1077; 

dis  ist  der  tag,  auf  den  der  (od  mich  hat  betagt. 
Agripp,  77,  95 ; 
die  fürstin  betagte  ihre   stände   zu   einem    landgerichte.    Mc- 
SAEus  2,   129.     heule  wenig  im  gebrauch,    so   häufig  vertagen. 
ein  ganz  anderes  betagen    itl   das  sp.  1219  angeführte  ^=  be- 
dafen. 


BETAGT,  annosus,  zu  seinen  tagen  gekommen:  Abraham 
war  alt  und  wol  betaget.  1  Mos.  24, 1 ;  da  Josua  nun  alt  und 
wol  betaget  war.  Jos.  23,  1 ;  und  war  betaget  unter  den  men- 
nern.  1  Sam.  17,  12 ;  und  da  Darid  alt  war  und  wol  betaget. 
1  kün.  1, 1 ;  ich  bin  alt  und  mein  weih  ist  betaget.  Luc.  1. 18 ; 
und  es  war  eine  prophetinne,  die  war  wol  betaget.  2,  36 ; 
betagtes  alter  und  unvermöglichkeit  leibs.  Lanz  Karl  5.  s.  414 
(a.  1547);  ein  alter  betagter  mann.  Pocr.  1,  202'.  2,172';  also 
begert  auch  der  knab  jung,  '  der  jung  betagt,  der  betagt  alt 
zu  werden.  Wirscng  Cal.  J4";  betagte  und  wol  wegkundige 
reuten  Kirchhof  mil.  disc.  94 ;  ein  sehr  betagte  fraw.  wend- 
unm.  120";  betagte  eiche.  Logaü  1,  193;  ein  alter  betagter 
Christ.  ScHCPPiLS  442;  ein  betagtes  weih,  ehe  eines  weibes 
vorr.;  die  betagte  mutier,  ehe  eines  mannes  164; 

wer  wol  zu  sterben  weisz,  stirbt  allzeit  gnug  betagt. 
Hagedorn  1.  29: 
man  könnte  sagen,  es  habe  die  betagte  seherin  in  Cumä  ge- 
lebt Stolberg  S,  29 ;  diese  betagte  und  bejahrte  sladt.  J.  Paul 
uns.  löge  xx.   ein  fälliger  und  betagter  Wechsel.  Hippel  5,  230 
ist  ein  solcher,  dessen  tag  erschienen  ist.    s.  hochbetagl. 

BETAGUNG,  f.  constilutio  diei:  diese  rednerin  ist  mir  mit 
ihrer  nachdrücklichen  betagung  der  räche  zuvorgekommen. 
Lohenst.  Arm.  1, 19. 

BETAKELN,  armare  navem,  wie  abtakeln  exarmare:  die 
zwanzig  schiffe  der  Doria  sind  unbelakelt,  unbemannt,  leicht 
überrumpelt.  Schiller  165". 

BETALGEN,  sebo  illinere,  verschieden  vom  folgenden. 

BETALKEN,  contrectare,  unsauber,  grob  anrühren: 
wir  teten  uns  beide  im  stall  umbwalken, 
und  in  dem  kudreck  uns  betalken.    fastn.  sp.  274, 17; 
das  sie  zu  den  wenden  walgen 
und  sich  in  kuedrecken  betaigen.    386,  22. 

talken  scheint  eigentlich  den  teig  kneten.  Scrjiid  schwäb.  wb. 
119.   ScHM.  1,  368.  369. 

BETALKERN,  dasselbe:  der  sauen  ihre  mammas  melken 
und  belalkern.  Praetorics  saturnalia  146. 

BETALPEN,  dasselbe. 

BETAPPELN,  dasselbe,  anrüliren,  fassen,  begreifen :  er  kanns 
noch  nicht  betappeln,     vgl.  betaffeln. 

BETAPPEN,  dasselbe,  begreifen,  angreifen,  wie  ertappen, 
ergreifen : 

wo  sie  ibrn  feind  icht  ihun  betappen, 

in  an  eins  baums  ast  auf  lan  schnappen.    Etring  1, 141 ; 

er  belappt  alles  was  er  sieht 

BETASCHEN,  dasselbe:  dein  eerlich  scherzen  ist  mir  ein 
wolgefallen,  dein  unverschampt  betaschen  gibt  mir  beküm- 
mernus,  dann  du  will  allweg  die  rechten  grenzen  der  erbar- 
keit  überschreiten.  Wirscng  Cal.  f3'.     s.  betatschen. 

BETASTEN,    dasselbe,    doch   weit   gebräuchlicher  und  edler 
als  die  vorausgehenden  rerba.     schon  mhd. 
ach  richer  got,  und  wjpr  daj  war, 
so  wolt  ich  noch  den  süezeu  bort  betasten 
dens  so  wirdeclichen  hat  behalten.    JIS.  2,24*; 
da;  betasten,  diz  berüeren. 

der  Sunden  widerstrii.     cod.  giss,  s.  329. 
nhd.  dar  zwischen  wirt  manch  frau  und  roait 

betast,  gekust  und  ir  lurpoten.    fastn.  sp,  380,  17  ; 

da  nam  Rahel  die  götzen  und  legt  sie  unter  die  strew 
der  kamel  und  salzte  sich  drauf.  Laban  aber  betastet  die 
ganze  hülle  und  fand  nichts.  l3fo5.  31,  34;  du  hast  alle  mein 
hausrat  betastet,  was  hastu  deines  hausrats  fundsn?  31,  37; 
daselbst  lieszen  sie  ire  brüste  begreifen  und  die  zitzen  irer 
jungfrawschaft  betasten.  Ez.  23,  3.  8,  21 ;  das  wir  gehöret  ha- 
ben, das  wir  gesehen  haben  mit  unsern  äugen,  das  wir  be- 
schauet haben  und  unser  hende  betastet  haben.  1  Joh.  1,  1 ; 
sagt,  wie  er  den  schönsten  lebendigen  hasen  kouft  heb,  den 
er  in  einem  jar  gesehen  het,  den  sie  all  umbher  nach  ein- 
ander betasten.  Eulensp.  cap.  55 ;  ich  schwere  dir,  das  ich 
mich  wol  dreimal  erhepte  ir  umb  den  hals  zu  fallen,  aber 
die  schäm,  so  ich  hctte,  das  ich  si,  die  so  durchausz  wol 
gezieret  was,  in  meinem  zerrisznen  rock  und  geflickten  hesz 
betasten  soll,  hindert  mich.  Wirscng  Cal.  fl';  betast  und 
schmiert  den  puls.  Garg.  72" ; 

oft  glegenheit  gewonnen  hnn, 

dasz  ich  sie  wol  betastet  haji.    Atrkk  fntdi.  tp.  85*; 

nachdem  er  sich  glücklich  geschätzt,  den  bord  (des  sehifs) 
mit  seinen  bänden  belastet  und  überstiegen  zu  haben.  Felsenb. 
4,  62;  hierauf  ist  er  hinaus  gegangen  und  sein  betastes 
wambsts  und  Schweizerhosen  angezogen,  hineingegangen  und 
mit  aller  verwtinderung  sein  consiliutn  gegeben,    unw.  dott. 


1695 


BETASTEN  —  BETÄUBUNG 


BETAUCHEN— BETEN 


1696 


521,  wo  belast,  wie  hernach  das  betastete  band,  vom  vßeren 
berühren  schmutzig  ausdrückt;  sie  {die  fremden  schafe)  hielten 
stille  und  lieszen  sich  von  mir  betasten  und  streichen.  Pierol 
2,  193; 

und  ich  betastet  ihm  bauch  und  haupt.    Götiie  40, 115; 

sasz  die  rückeo  der  samtlichen  widder  betastend. 
Voss  Od.  9,  441 ; 
weil  diese  schönen  sich  ganz  sicher  darauf  verlieszen,  dasz 
sie  auszer  gefahr  seien;  von  männlichen  äugen  betastet  zu 
werden.  Wielands  grazien  s.  47;  das  gesicht  ist  der  edelste 
sinn,  die  andern  vier  belehren  uns  nur  durch  die  organe  des 
tacts,  wir  iiören,  wir  fühlen,  riechen  und  betasten  alles  durch 
beriihrung.  Göthe  23,274;  die  philosopliie  betastet  die  Sterne 
und  das  meer,  um  von  ihnen  zu  erfahren,  wer  der  ist,  der 
sie  gemacht.  Claudius  7,  37 ;  so  etwas  an  einem  deutschen 
hofe  zu  erreichen,  setzet  mehr  winden,  streben,  geduld,  tasten 
voraus  . . .  genug  ich  kam,  betastete,  siegte.  Klinger  9,  147 ; 
ein  schmales  betastetes  band  wäre  eine  gute  ableitkette  des 
elektrischen  äthers.  J.  Paul  Hesp.  1,  54 ;  um  die  festen,  west- 
lichen Wälder  mit  sehnenden  äugen  zu  betasten.  3,  173;  den 
fehler  betasten  {greifen)  und  ihn  sitzen  lassen,  grönl.  proc.  1,  80  ; 
wie  lan^  ich  keine  schöne  hand 
mit  meiner  hand  betastete.    Platen  83. 

betasten,  wie  begreifen,  ist  härter  als  berühren  und  befühlen 
{vgl.  Haüpt  6,  8),  daher  auch  nicht,  wie  berühren,  abslractes 
erwähnen  {atlingere)  ausdrückend.  Göthes  bemerkung  scheint 
aber  untrcjfcnd,  da  auch  das  gesicht,  gleich  den  andern  sin- 
nen, berühren  musz  und  wir  ganz  gewöhnlich  sagen  einen  ge- 
genständ mit  den  äugen  berühren,  oculis  atlingere. 

BETASTER,  m.  palpator:  der  sehende  sagt  zum  blinden 
betaster.  Fichte  nachg.  werke  1, 10. 

BETASTUNG,  /".  der  sinn  der  betastung  liegt  in  den  fingcr- 
spitzen  und  den  nervenwärzchen.  Kant  10, 154. 

BETÄTSCHELN,  palpare. 

BETATSCHEN,  palpare,  vgl,  betaschen  und  bepatschen. 

BETATTERN,  turbare  animo :  ich  bin  betattcrt,  erschrocken. 
IIesisch  337,  sonst  ertattert. 

BETÄUBEN,  exsurdare,  obstupefacere,  bei  Stieler  beteu- 
ben,  mhd.  betouben: 

sit  als  un^elouhet 

stet  der  walt,  wä  nement  die  vögele  dach? 

da  sie  sint  betoubet, 

da  nam  ich  ouch  e  den  ungemach.    MS.  2, 109'; 

nu  wil  ein  ander  wölken  dik 

des  kleinen  liehtes  kleinen  blik 

erloschen  und  betouben 

unde  mich  des  liehtes  rouben.    Bari.  346,3; 

sie  {die  worte)  ensal  nicman  betouben, 

wand  sie  wahrlich  sin  alle  war.  pass.  K.  105,  52; 

la;5  ot  dich  nicht  betouben 

der  widerwarten  hertikeit.    162,  50. 

nhd.  bald  ohne  umlaut,  bald  wie  heute  mit  ihm :  sondern  ich 
beteube  meinen  leib  und  zcme  in  {goth.  ak  leik  mein  vlizja 
jah  anajiiva).  1  Cor.  9,  27 ;  betouben  und  gmüter  betrüben, 
perlurbare  mentes  hominum.  Maalek  64';  betten  ein  so  un- 
flätig schreien,  davon  nit  zu  sagen  ist,  lieszen  zum  dickern 
mal  die  spiesz  nider,  das  man  an  ihn  zu  beteuben  het.  Frank 
chron.  246'; 

Snra,  das  lasz  dich  nit  betauben.    H.  Sachs  III.  1, 14; 

mit  sclimeichlerei  in  tliun  betauben.    II.  2,46*; 

Agnes  bat  dich  betäubet, 

gotl  hast  sein  kirchen  beraubet.    Soltao  447  (a.  1583) ; 

des  wachsenden  Sturmwinds  betäubendes  gctösz. 
Wf.ckherlin  249; 

Verleumdung,  deren  mund  die  Wahrheit  selbst  betäubet  («6cr- 
schreit).  Hagedorn  2,  44  ; 

doch  auf  die  weinenden  sank  der  süszbctnubende  Schlummer. 
Voss  0(1.  12,311; 

sucht  bei  miisik  und  paukenschall 

erholung  für  betäubte  sinnen.  ■Gotteh  1,  448; 

betäubt  von  der  gefahr.  2,327; 
die  Verhältnisse  betäuben  den  wink  der  natur.  Götiie  33, 111 ; 
er  hat  deinen  verstand  betäubt.  Klinckii  2,  121 ;  mit  diesen 
werten  vcrliesz  er  den  froh  belaubten  Mahal.  6,  7t;  mit  be- 
täubten Sehnerven  und  mit  voraus  sciiwiinmenden  farben- 
flocken  gieng  er  langsam  in  den  wald.  J.  Paul  llcsp.  1,  105; 
ein  betäubender  donnerschlag;  sein  gewissen  betäuben. 

BETÄUBUNG,  f  Stupor,  torpor,  perturbatio: 

doch  ihm  deckte  die  äugen  der  schlaT  mit  sanfter  betäubung. 

Voss  Od.  13,79; 

unter  der  betäubung  der  liebe.  J.  Paul  Hesp.  3,  189;    balsa- 
mische betäubung.  Fibel  110. 


BETAUCHEN,  mergi,  untertauchen:  nim  ein  gans,  stecke 
sie  in  einen  irdinen  hafen,  der  enge  si,  giuj  daj  wajjer  öf, 
daj  sie  betilche  {darin  untertauche,  davon  bedeckt  werde),  von 
guter  speise  16 ;  weil  sie  {die  ochsenhdute)  aber  im  wasser  be- 
dauchet  {untergetaucht,  versunken)  lagen,  beschlossen  die  wülfe, 
sie  wollen  das  wasser  aussaufen,  damit  sie  die  häute  ergrei- 
fen könten.  Lokman  fab.  24. 

BETAUERN,  s.  bedauern. 

BETAUMELN,    tituhatitem,    ebrium  reddere,    in  taumel  ver- 
setzen :    da   der  wein,   die   musik  und   das   knallen   des   ge- 
schützes  meine  gaste  so  betaumelt  machten.  Pierot  2, 105 ; 
die  zwei,  so  soll  die  nachweit  sprechen, 
betaumeite  kein  modewahn.    LkssingI,  98; 

sein  glück  hatte  ihn  betaumelt. 

BETÄÜSCHEN,  s.  beteuschen. 

BETBANK,  f  auf  die  man  beim  gebet  niederkniet,  it.  in- 
ginocchiatojo. 

BETBRUDER,  m.  Simulator  pietatis,  frömmling :  wenn  eine 
betschwester  einen  betbruder  heiratet,  so  gibt  das  nicht  im- 
mer ein  betendes  ehepaar.  Lichtenberg  2,  80  ;  dich  betbruder 
wird  man  bald  geschlagen  haben!  {angebliche,  aus  dem  la- 
tein  übertragene  worte  Karls  des  groszen  zu  Ludwig  dem  from- 
men), i.  Paul  dämmerungen  24. 

BETBUCH,  n.  liber  precationum,  gebetbuch:  ein  thumbherr 
kombt  mit  seim  hetbuch.  H.Sachs  IV.  3,17';  dasz  ihr  unter- 
weilen euer  vergüldetes  betbuch  in  der  hand  habt  und  lange 
darin  leset.  Schuppius  276.     s.  gebetbuch. 

BETBÜCHLEIN,  n.  und  man  findet  meine  meinunge  im 
betbüchlin.  Luther  3,  283';  das  sind  die  zehen  gebot,  vier- 
feltig  gehandelt,  nemlich  als  ein  lerebüchlin,  als  ein  sanrg- 
büchlin,  als  ein  beichtbüchlin,  als  ein  betbüchlin.  6,  314*. 

BETCARTHAUNE,  f  durchdringendes,  donnerndes  gebet : 
wann  man  nur  beihcarthaunen 
als  himmelbrecher  pflanzt  vor  seine  hofestadt. 

TSCHERNING  25. 

Fischart  bienenk.  (1588)  15'  carthaunenmäszige  worte. 

BETE,  /".  petitio,  ahd.  peta  (Graff  3,  57),  mhd.  bete  (Ben. 
1,  171),  mhd.  nur  selten:  umb  mein,  auch  meiner  swestera 
undertenigcn  und  vleiszigen  bete  willen.  Chmels  Maxim,  s.  211 
{a.  1500) ;  auf  ir  demutig  bete  und  aus  sondern  genaden.  s.  228 
(a.  1505) ;  ander  handarbeit  nach  hergebrachter  gewonheit  bei 
den  leuten  in  der  stad  und  aufm  lande,  sonderlich  zur  brücken, 
durch  bete  zu  erlangen.  Luther  2,  266*;  geweret  mich  einer 
bed.  Fierabr.  A  5.  im  rechtlidlien  sinn  wird  die  Schreibung 
bede  {sp.  1221)  vorgezogen  {vgl.  bethe)  und  auszcrdem  gilt  bitte. 

BETEIDINGEN,  s.  bethei'dingen. 

BETEN,  orare,  precari,  ahd.  pgtun  (Graff  3,  58),  mhd. 
bBten  (Ben.  1,  172');  einige  ältere,  wie  Keisersrerg,  haben 
betten,  zur  aufrechthaltung  der  vocalkürze,  wie  wir  auch  bet- 
teln schreiben,  in  beten  den  vocal  dehnen,  wichtiger  ist  eine, 
den  kirchlichen  gebrauch  des  Wortes  beten  angehende  Wahr- 
nehmung, es  ist  nemlich  unsrer  mundart  eigen,  die  Vorstel- 
lung des  betens  von  der  des  biltens  abzusondern,  da  doch  das 
goth.  bidjan  sowol  TTQoael'xead'ai  als  alrsTv  oder  e^mtüv 
ausdrückt,  nicht  anders  das  ags.  biddian,  nnl.  bidden,  altn. 
bidja,  schw.  bedja,  dän.  bede  sowol  precari  als  petere.  auch 
das  it.  pregare,  franz.  prier,  engl,  pray  meinen  beides,  unser 
beten  und  bitten,  doch  sind,  wenigstens  im  llel.,  gleichfalls 
alts.  bedon  und  biddian  unterschieden,  der  hochdeutschen 
kirche  musz  von  anfang  an  zugesagt  haben  petota  oravi  und 
pat  rogavi  zu  trennen,  wie  noch  heute  betete  und  bat  getrennt 
sind,  darum  heiszt  es  auch  ahd.  anapetün  adorare,  praet. 
anapetöta,  nhd.  anbeten,  im  gegensatz  zum  aps.  biddian  to 
gode,  praet.  bäd  tö  him,  zum  nnl.  aanbidden,  praet.  bad  aan, 
schw.  tilbcdja,  praet.  tilbad.  unser  piHön  aber  leitet  sich 
offenbar  ab  von  dem  subst.  peta  preces,  bedeutet  also  ursprüng.- 
lich  preces  fundere,  ein  gebet  thun,  und  führt,  da  peta  aus 
bitten  entspringt,  erst  auf  höherer  stufe  zu  dieser  würzet  hin. 
bemerkenswerlh  ist  2  chron.  6,  19  die  Verknüpfung  beider  Wör- 
ter: wende  dich  aber,  herr  mein  golt  ...,  das  du  erhörest 
das  l)ittcn  und  beten,  das  dein  knecht  für  dir  thut,  /..VA'. 
inaxovani  rijs  Se^aeioi  xnl  rijs  Ttffoaei'xij*,  wo  auch  die 
alte  nl.  bibel,  Luther  folgend,  aufstellt  het  bidden  ende  be- 
den,  während  Weiland  gar  kein  vcrbum  bedeii  hat.  das  subst. 
gebet  heiszt  aber,  mit  besondcrm  wort,  ags.  ben,  altn.  haan, 
schw.  ddn.  bön,  engl.  boun. 
Das  verbum  beten  erscheint 

1)  in  seiner  intransitivbedeutung  durdi  die  game  bibel  hin- 
durch häufigst,  2.  b.  war  ausgegangen  zu  beten  auf  dem  felde. 


1697 


BETEN 


BETENGELN  — BETH 


1698 


1  Mos.  04,  63 ;  und  Hanna  betet  und  sprach.  1  Satn.  2, 1 ;  und 
Elisa  betet  und  sprach.  2  kön.  6, 17 ;  er  betet  des  tages  drei- 
mal. Dan.  6,13;  wenn  du  betest,  solt  du  nicht  sein  wie  die 
heuchler.  Matlh.  6,  5;  und  Jesus  gieng  in  eine  wüste  stette 
und  betet  daselbst.  Marc.  1,35;  gieng  er  hin  auf  einen  berg 
zu  beten.  6,46.  so  auch  andencärts:  mit  ufgeschlagnen  äugen 
bettet  er.  Keisersb.  s.  d.  m.  30';  er  mag  betten  und  beichten. 
78';  es  ist  jetz  nit  zeit  ze  streiten  und  ze  fechten,  aber  es  ist 
zeit  ze  bellen  und  ze  büszen.  61*;  das  ist  nit  gebett,  sunder 
es  ist  gespott.  84';  das  ist  ja  gottlos  gebetet  I  Schiller  140'; 

so  ainer  peu,  der  ander  schilt.    Schwakze.'^b.  129,  2; 

ein  weib,  das  uichts  als  bei  und  singet 

und  bei  der  kinder  Zeitvertreib 

mit  seufzen  ihre  bände  ringet.  LesslngI,  S6; 
und  wenn  sie  weder  beten  noch  singen  will,  so  redet  sie 
doch  vom  beten  und  singen.  Gellert  3,  135;  sie  will  stun- 
denweise und  nicht  anders,  singen  und  beten.  3,  139;  die 
lippen  beten  und  das  herz  denkt  anderes;  betest  du  denn 
auch  noch?  ich  kann  nicht  beten;  kannst  du  schon  beten 
kind?  bete  einmall;  kirchengehen  und  beten  säumet  nicht; 
wer  nicht  beten  kann,  der  werd  ein  Schümann ;  wer  recht 
thut,  der  betet  ohn  unterlasz ;  noth  lehrt  beten ;  da  hilft  alles 
beten  nichts; 

den  rest  der  nacht  durchwachte  sie  mit  beten.    Scbiller  440* ; 
inenschengeschlechl,   o  schmücke  dich  schön  mit  betenden 
thränen.  KlopstOck  Hess.  8,  217  ; 

jede  betende  empGndung.  J.  Paul  Tit.  2, 164. 

2)  praepusitioneii  neben  beten. 

a)  zu  gott  beten,  altd.  wanda  ih  ze  dir  beton,  qtioniam 
ad  le  orabo.  N.  ps.  5,  4 ;  Abraham  aber  betet  zu  gott.  1  Mos. 
20, 17  ;  betet  zum  herrn  und  weinet.  1  Sam.  1, 10 ;  schlosz 
die  thür  zu  und  betet  zu  dem  herrn.  2  kOn.  4,  33;  betet 
immer  zu  gott.  apost.  gesch.  10,  2 ;  zu  den  göttern  beten. 

b)  an  gott  beten,    ahd.  der  au  dih  pelöt.  N.ps.Sö,2.  mhd. 

sner  an  ein  bilde  beten  gät.    Bari.  98,  17 ; 
woraus  sich  anapetön,  anbeten  ergab. 

c)  für  einen  beten:  bete  für  uns,  ora  pro  nobis,  deutscher 
als  bitte  für  uns,  tcas  intercede  pro  nobis  heiszt;  für  die  seele 
eines  verstorbnen  beten  und  Ijeten  lassen; 

betst  du  für  deiner  mutier  seele?    Götue  12,  199; 

knabe,  bete  nicht, 
^eif  Dicht  dem  richter  in  den  arm. 
.  'ich  bete  lur  den  landvoirt  nicht,    ich  bete 
für  den  Teil,  der  auf  dem  schif  sich  mit  befindet.' 
Schiller  540*. 

d)  gegen  einen  beten :  im  anfang  des  sechzehnten  jh.  trug 
der  wulbekannte  dominicaner  Thomas  von  Gaeta  kein  beden- 
ken, die  kirche  für  eine  gebome  sclavin  zu  erklären,  die 
gegen  einen  schlechten  pabst  nichts  weiter  Ihun  könne  als 
beharrlich  gegen  ihn  zu  beten.  R\>-ke  reform.  1,  234. 

e)  um  etwas  beten :  das  volk  betet  zu  gott  um  fruchtbares 
weiter,   um  regen,    um  frieden;   um  rettung  aus  der  gefahr; 

wenn  sie  zum  himmel  um  muth  zu  leben 
oder  um  mulh  zu  sterben  beten.    Gotter  3,  11. 

f)  aus  dem  buch  beten :  sie  betet  aus  dem  gesangbuch ; 
deine  tochler  betet  auch  immer  draus.  Schiller  182'. 

g)  mit  einem  beten:  die  ganze  familie  betet  morgens  mit- 
einander; die  mutler  betet  mit  dem  kind  Tor  dem  einschla- 
fen ;  gieng  und  wolt  vor  mit  im  bellen,  ee  sie  eszen.  Kei- 
SERSiERG  s.  d.  m.  11'. 

/i)  t»  ein  gewand  oder  kleid  des  heiligen  beten,  gleichsam 
sein  gebet  dahin  ausschütten,  dasx  er  es  weiter  vermittle:  du 
sprichst,  ich  bei  so  vi!  in  unser  frauwen  mantei,  ich  bet  so 
til  rusenkranz,  und  so  vil  in  aller  heiligen  bantschrich.  ich 
verwirf  es  nit^  aber  das  ist  recht  gebet,  wie  ich  ietz  hab  ge- 
sagt landechliglicb).  aber  wir  bellen  row,  kalt,  eilend,  ann 
ding,  da  ist  kein  herzbewegung  nit,  noch  hitz  noch  Inbrunst, 
wann  du  an  dem  morgen  anfahest  zu  betten  valter  unser, 
so  sprichst  du  zi'i  der  frauwen  oder  zu  der  kellerin :  »wan 
will  du  daline  (heule\  die  suppen  anrichten?'  der  du  bist  in 
den  himcin.  'knecbt  Heinz,  sattel  mir  das  pferd,  das  es  zu 
rechter  zeit  bereit  sei.'  geheilget  werd  dein  nam,  zu  kum 
uns  dein  reich,  'knecht,  stich  den  bauem  ze  tod.'  Keisers- 
BERC  a.  a.  0.  84'. 

3)  einem  beten,  das  gebet  an  eine»  richten: 

auch  die,  die  dir  jauchzend  betet,  die  seele 
war  nicht  bei  mir.  Klopstock  Mes.i.  4,  431 ; 

dir  beten  unsterbliche  men'^chen 
»on  der  heiligen  erde,    dir  beten  sterbliche  men«chen, 
die  du  todiesi  im  staube  gebockt,    der  weisere  seraph 
betet  dir  gott.     5,  274. 


4)  transitiv,  etwas  beten,  herbeten:  ein  altes,  frommes  ge- 
bet beten;  ein  vaterunser  beten;  du  bettest  ein  paternoster. 
Keisersberg  13';  wann  du  bellest  das  paternoster,  so  bet  es 
andechliglich.  84';  die  complet  betten.  30* ;  so  ein  priester 
seine  siben  zeit  bettet.  51' ;  am  morgen  da  er  aufstfind  und 
sie  beten  die  metin  (matutinam)  ausgeben  und  wollen  hin- 
reiten. 73';  den  abendsegen  beten; 

fünf  Wörter,  die  der  priester  pett.  ScHWABZE.tBEac  154,  2. 
man  sagt,  einen  todt  oder  lebendig  beten,  durch  ein  gesproch- 
nes  gebet  tödten  oder  erwecken:  ihro  hochwürden  können  doch 
die  lodten  nicht  wieder  lebendig  beten.  Gotter  3,  llt;  die 
nemlichen  sülze,  um  deren  willen  er  mich  so  gern  zum  teufel 
beten  möchte.  Lesswg  10,  225;  aus  mangel  des  Unterhalts 
beten  die  meisten  dieser  heuchlerischen  betrüger  die  treuher- 
zigen thoren  um  ihr  vermögen.  Rabeser  4,  239 ;  sie  betet  uns 
oft  um  das  miltagessen.  Gellebt  3, 136 ; 

gott  erbarmt  sich  der  angst  nicht, 
die  sie  betet.  Klopstock  Hess.  5,  237, 

die  sie  im  gebet  vor  ihm  ausschüttet,   in  der  sie  betet. 

BETENGELN,  contaminare:  du  hast  dein  kleid  betengell; 
sein  gewissen  mit  laslern  belengeln.  Stieler  763.    s.  tengeln. 

BETEPPICHEN,  tapetis  ornare:  die  tische,  den  fuszbodei\ 
beteppichen,  viit  teppich  belegen. 

BETER,  VI.  precans,  ahd.  petari,  mhd.  betxre :  er  ist  ein 
eifriger,  firommer  beter; 

einen  Oucher,  einen  beter, 

aller  lasier  einen  thäter 

hat  in  dem  man  zu  erkennen, 

den  man  kan  versoffea  nennen.    Locau  1, 10,  11; 

wir  sind,  wie  echte  beter. 

in  demut  wundenhäter.    Voss  1,  16S; 

viel  kinder,  viele  beter, 

sagt  unser  sittensprucb.    4, 105; 

so  mache  ich  es  wie  die  erhörten  beter,  und  wende  mich 
ohne  weiteren  dank  von  dem  geber  zu  den  gaben.  Göthe  an 
Zelter  115;  vor  dem  unendlichen  ist  eine  bitte  um  eine  weit 
und  die  um  ein  Stückchen  brot  in  nichts  Terschieden  als  in 
der  eilelkeit  der  beter.  J.  Paul  Fibel  24 

BETERLN,  f.  precans  femina:  die  fromme,  schöne  beterin 

BETEUSCHE.N,  (allere,  decipere:  wer  mich  einmal  beteu- 
schet,  der  sol  mich  nit  basz  beteuschen.  Lehxan.n  473 ;  diser 
erden  ist  den  Teutschen,  der  si  beteuscht  hat,  wof  bekant. 
Frank  chron.  468'. 

BETEUTSCHEN,  germanice  reddere,  declarare.  Obebli.n  143. 
s.  ausdeutschen. 

BETF.\HRT,  f.  supplicatio,  vallfahtl: 
denn  wollen  wir  reden  davon, 
wenn  wir  die  betefart  han  geiban.    fastn.  sp.  943,  27  ; 

Rihel  Lir.  437;  wollen  eine  procession  und  betfart  hallen, 
also  ward  eine  leichfart  daraus.  Luthers  tischr.  262';  den 
heiligen  bracht  man  kein  feiszt  opfer  mehr.  . .  man  hielt 
keine  betfarten  oder  processionen  mit  inen,  bienenk.  4';  mit 
betfarten  und  andern  dergleichen  andachten.  20*; 

so  musz  auf  dieser  fahrt,  der  betfahrt  gott  uns  leiten. 

Grtpui(;s  1,  549; 
und  beide  {tdöster)  hatten  sich  in  diesen  abendstnnden 
zu  einer  betefahrt  freundnachbarlich  verbunden. 
Wieland  22,  73. 
BETFEST,  n.  supplicatio. 
BETGEBÄU,  fi.  templum: 

Straszburg,  ob  dein  betgebäa 
nicht  ein  Wunderwerk  auch  sei? 

RoMPLER  VON  Löwenhalt  gebisdi,  63. 

BETGEMACH,  n.  cubiculum  precibus  destinatum,  ahd.  pe- 
tapAr,  betbauer: 

die  tust,  wann  wir  die  zeit  ersehen, 
d*"n  ~''hlau  zu  hintergehen, 

•<■!  aller  orten  nach, 

dc"  I  ihr  betgemacb, 

und  iiiuscluuiiuera  in  moscheen.    Uacidorn  2,  61. 
BETGESANG,  m. 

dumplig  und  wie  bienensummeo 

klingt  der  glocken  fesipel.iuie, 

lieblich  steigen  betgesnnpe 

aus  den  frommen  gotiesbäusern.    Ubink  ged.  61. 

BETGLOCKE,  f.  eampana  ad  preces  vocans. 

BETH,  n.  propolis,  cera  Sacra,  sonst  auch  bethwachs,  bie- 
nenharz,  bienenkütt,  vorstosz,  engl,  beeglew,  und  mit  rieten 
andern  namen  genannt,  die  Newnich  unter  dem  vort  propolis 
sammelt,  zunächst  gemahnt  beth  an  die  spanische  benennung 
betun  de  colmena,  welches  bclun  aus  bitumen  entspringt. 

107 


1699 


BETHALLE  —  BETHÄTIGEN 


BETHÄTIGUNG  —  BETHE 


1700 


BETHALLE,  f.  saceUum. 

BETHÄTIGEiN,  re  probare,  praestare,  durch  die  Ihat  erwei- 
sen, ein  wort,  dessen  Ursprung  hernach  zu  besprechen  ist,  das, 
von  GöTHE  in  vers  und  prosa  oß  gebraucht,  unsrer  spräche 
unverwischbar  eingeprägt  wurde. 

1)  bethätigen,  bewähren,  darthun :  nun  bethätigt  er,  noch 
mehrere  jähre  glanzreich,  einen  heftigkiibnen  und  mutigen 
Charakter.  6,  212 ;  der  einzelne  vermag  seine  Verwandtschaft 
mit  der  gottheit  nur  dadurch  zu  bethätigen,  dasz  er  sich  un- 
terwirft und  anbetet.  24,  320;  dasz  wol  zu  wünschen  wäre, 
Poussin  hätte  sein  herliches  talent  in  solchen  räumen  be- 
thätigt. 30,  149 ;  mit  seiner  gewöhnlichen  ruhigen  haltung 
zeigte  er  darauf  einige  zweideutige  versuche,  welche  die  eigen- 
schaften  eines  diamanten  bethätigen  sollten.  31,233;  ein  reise- 
tagebuch  von  Zelter,  das  mir  aufs  neue  die  Überzeugung  be- 
thätigte,  dasz.  32, 178 ;  war  er  sich  selbst  gleich,  und  er  be- 
thätigt hierdurch  den  vorzug  zartgebildeter  naturen.   32,  264; 

bis  eins  dem  andern  übermacfit  beihäli^te.  40,387; 
und  also  sei  zum  schlusz,  was  wir  bisher  bclbätigt. 
für  alle  folgezeit  durch  schrifl  und  zug  bestätigt.    41,  293; 

dabei  entwickelt  er  nothwendig  alle  die  lügenden,  die  er  be- 
reits in  seinen  frühern  werken  zu  bethätigen  wüste.  46,  233 ; 
er  werde  sein  talent  in  dieser  angelegenheit  fernerhin  be- 
thätigen. 46,  332 ; 

betbntigt  weiter  glückliche  bcreitung 

an  dieses  tages  günstger  Vorbedeutung.    47, 127 ; 

da  er  in  die  farbenweit  von  der  chemischen  seile  herein  tritt 
und  also  mit  freiem  unbefangnen  mut  sein  verdienst  hier  be- 
thätigen kann.  54,  319 ;  dasz  eine  jede  echte,  treu  beobachtete 
und  redlich  ausgesprochene  naturmaxime  sich  in  tausend  und 
aber  tausend  fällen  bewahrheiten  und  insofern  sie  prägnant 
ist,  ihre  Verwandtschaft  mit  ebenso  fruchtbaren  Sätzen  be- 
thätigen müsse.  55,  68 ;  indem  es  mich  zugleich  schmerzt 
nicht  . . .  auch  ihnen  gefällig  sein  und  ein  dauerndes,  bedeu- 
tendes Verhältnis  bethätigen  zu  können.  Göthe  an  Savigny  in 
dessen  kl.  sehr.  4,  253. 

2)  sich  bethätigen,  sich  durch  die  thal  erweisen: 

nur  rastlos  bethätigt  sich  der  mann.  12,  88; 
in  absieht  eines  liöhern  blicks  in  die  weltlichen  dinge,  der 
sich  mehr  in  ihren  handlungen  als  in  ihren  werten  bethätige. 
17,289;  auszer  dem  kreise  dessen,  was  sich  durch  erfahrung 
bethätigen  läszt.  32,  265;  damit  der  bcgrif  einer  lebendigen 
kunst  sich  mehr  und  mehr  bethätige.  39,  17;  so  musz  die 
identität  sich  alsobald  bethätigen.  55,47;  dieses  bethätigt  sich 
dem  aufmerksamen  beobachter  durch  folgenden  umstand. 
55,  50 ;  ferner  müste  in  nördlichen  ländern  dieses  allgemeine 
naturgesetz  wieder  auf  eine  besondere  weise  sich  bethätigen. 
55,  66;  alles  wodurch  sich  jemand  als  mensch,  als  beobach- 
ter, als  denker  bethätigt.  59, 175. 

Diesen  ausdruck,  bei  dessen  anwendung  er  offenbar  an  that 
und  Ihätig,  zuthätig  dachte,  fand  GörnE  längst  vor,  auch  Wie- 
i.AND  bediente  sich  seiner  und  sagte  z.  b.  irgendwo:  seine  ma- 
nier  Justiz  zu  handhaben  durch  gräsziiche  auftritte  bethätigen ; 
der  geschäftssprache  des  17. 18  jÄ.  wird  er  nicht  unbekannt  ge- 
wesen sein,  doch  Lessing,  Geli.ert  u.  a.  brauchen  ihn  nie, 
Adelung  hat  ihn  in  beiden  ausgaben  nicht  und  nur  das  Sup- 
plement (1818)  bringt  ihn  bei.  einen  beleg  liefert  aber  schon 
BüTSCHKYs  hochd.  kanzelei  (ßr«/a«  1659),  wo  es  s.  164  heiszt: 
wann  ich  in  erwägung  fasse  mit  was  angenehmer  freundschaft 
von  meinem  hochg.  hn.  ich  betähtiget  worden,  den  misver- 
sland,  der  das  wort  herbeiführte,  bekundet  Stieier  2354,  wel- 
cher tätigen,  betätigen,  vertätigen,  austätigen  für  die  richtige 
form  statt  leidigen,  beleidigen,  verteidigen,  austeidigen  erklärt, 
tütigen  solle  sein  res  agere,  praclicare,  betätigen  concordiam 
traclare,  arbitrum  esse,  in  allem  dem  irrt  er  aber  höchlich, 
denn  dieses  tädigen,  leidigen  {wie  man  mit  d,  nicht  mit  l 
schreiben  musz),  oder  thädigen,  theidigen  gehl  hervor  aus  dem 
ahd.  tagadingön  placitare,  mhd.  tegedingcn,  tcidingen,  hat  also 
das  subst.  tagadinc,  placilum,  induciae,  tagansetzung  zur  unter- 
läge, die  bedeutung  von  verhandeln,  Iraüare,  handeln  nähert 
sich  nun  der  des  Ihuns  und  Ihätig  seins  und  so  wird  begreif- 
lich, wie  man  nach  Verdunklung  und  Verunstaltung  des  wertes 
tagedingen  auf  die  falsche  Schreibung  thätigen  und  auf  einen 
wirklichen  Zusammenhang  mit  that  und  thutig  gerielh.  weder 
die  volksmundartcn  noch  benachbarte  stamme  kennen  etwas  dem 
verbum  thätigen  analoges,  unser  Sprachgebrauch  wird  sich 
aber  jetzt  nicht  nehmen  lassen,   bethätigen  und  vertheidigen, 


die  auf  gleichem  wege  entsprungen  sind,  nebeneinander  zu  ver- 
wenden, belegsteilen  für  das  ältere  richtige  bethedigen,  be- 
theidigen  erfolgen  unter  diesen  Wörtern. 

BETHÄTIGUNG,  /".  alles  was  wir  erfinden,  entdecken  im 
höheren  sinne  nennen  ist  die  bedeutende  ausübung,  bethä- 
tigung  eines  originalen  Wahrheitsgefühles.  Göthe  22,  247. 

BETHAUEN,   irrorari,  irrorare,  humeclare,  mhd.  betouwen. 

1)  intransiiiv,  mhd. 

wie  mac  in  den  ouwen 

iemer  bluot  betouwen.    MSII.  2,  317»; 

hie  wurden  ors  verhouwen, 

daj  in  da?  verch  betouwen 

begunde  von  dem  bluote  rot.  lurn.  von  Nant.  128,  2; 

da  muose  daj  vclt  Alitsclians 

mit  bluote  betouwen.     R7i.  398,  17; 

vruht  ür  al  der  erde 

ist  betouwet.    Neidhirt  bei  Ben.  449 ; 

in  snclden  ist  betouwet 

din  nam  und  din  geiriuwer  lip.    troj.  kr.  6635; 

die  liebten  bluomen  lachten 

üj  dem  betouwetem  grase.    Trist,  16,  2. 

und  hierher  lassen  sich  auch  die  nhd.  part.  praet.  bethaut 
nehmen,  wenn  sie,  wie  betouwet  in  den  beiden  letzten  mhd. 
stellen,  aussagen  Ihauig,  gelhaut  habend: 

ihm  prangt  die  feue  weide 

und  die  bethaute  flur.    Hagedork  3,  71 ; 

welch  angenehmer  west  durchzieht 

mit  rauschendem  bethauten  flügel 

dies  holde  thal.    Uz  1,  116; 

wenn  der  morgen  in  dem  mai  mit  der  bluten 

erstem  geruch  erwacht, 

so  begrüszi  ihn  entzückt  vom  bethauten 

zweige  des  waldes  lied.    Klopstock  1,  257; 

das  bethaute  gras.    Gotter  1,  142; 

früh  am  bethaueten  blauen  morgen  stand  der  nolar  schon 
reisefertig.  J.  Paol  fiegelj.  1,  86. 

2)  transitiv,  mhd. 

sin  geist  hat  dich  betouwet 

mit  sinem  touwe  reine.    Barf.  97,  20; 

nhd.  glück  zu,  du  ödes  feld,  glück  zu  ihr  wüsten  auen, 

die  ich,  wann  ich  euch  seh,  mit  threnen  musz  betauen. 

LoGAU  1,  3,4; 
wie  berlich  alle  künste  blühn, 
wenn  ein  monarch  sie  pflegt  und  gnade  sie  bethauet. 

Uz  1,3; 
dann  wird  mein  grab  ein  weib  mit  thrnnen  noch  bethauen. 

GöKiNGK  1,  93; 
bethaut  sie  die  durcheilten  felder 

mit  ihrem  bliit  und  Dikles  finstre  wälder.    SchillrbSS'; 
die  Scherben  vor  meinem  fenster 
bethaut  ich  mit  tbränen  ach !    Göthk  12,  190. 

hierher   auch    die  pari.,    denen  mit  oder  von  vorausgeht:    die 
äugen  von  dem  dufte  einer  noch  ganz  geistigen  Schwärmerei 
bethaut.  Klinger  10,  36;  er  hob  das  trunkne  äuge  in  den  mit 
Sternen  bethaueten  himmel.  J.  Paul  Ilesp.  4,  60. 
BETHAUEN,  liquefacere,  auflhauen: 

sonne,  deren  schönes  liecht 

nunmehr  eis  und  schnee  betawet.    Opiti2,  56; 

sein  von  der  natur  bethautes  herz  machte,  dasz  er  zu  wei- 
nen anfieng.  J.  Paul  Tit.  1,  88. 

BETHAUS,  n.  sacellum,  ahd.  petahfts,  mhd.  betehös,  pass. 
K.  47,  48 ;  nhd. :  und  wil  sie  erfrewcn  in  meinem  bethause. 
Es.  56,7;  denn  mein  haus  heiszet  ein  bethaus  allen  Völkern. 
das.;  es  stehet  geschrieben,  mein  haus  sol  ein  belhaus  heiszen, 
ir  aber  habt  eine  mördergruben  draus  gemacht  (goth.  gards 
meins  gards  bidü  ist,  i})  jus  ina  gatavid^duj)  du  filegrja  |)iube; 
ahd.  min  hös  gibethfis  ist  ginennit,  ir  tälut  i;  thiobo  crufl). 
Matlh.  21,  13.  Lue.  19,  46;  führte  ilin  sogleich  in  das  schöne 
bethaus,  sonst  die  natürliche  theulogie  genannt.  J.  Paul  Tit. 
1,158. 

BETHE,  f  was  bede  (sp.  1221): 

dann  Steuer,  zins  und  beth,  lehn  und  geleii  und  zoll. 

OoTHE  41,292; 
gesammte  landsgeHille,  zehnten,  Zinsen,  beth.    41,  295. 

in  folgenden  stellen  ist  aber  Itetlie  soviel  als  gebetbuch: 
mein  flnger  rühret  nirbis  als  nur  den  |isalter  an, 
die  bcthe  lieget  itzt  allein  in  meinen  li.inden, 
in  diese  hab  ich  noch  kein  weltlich  buch  gebracht. 

IloFMANPiswAi.DAU  hcldenbricfe  t.  34; 
er  tadelt  meinen  gang  und  störet  mi-lnen  fusz. 
er  will  die  beihe  mir  aus  meinen  banden  bringen, 
er  macht  die  klosterpllicht  zu  seinem  possenspiel,    daselbst. 


1701   BETHEDLNGE>'  —  BETHEUERLICH 


BETHEUERLICH  —  BETHÖREN 


1702 


BETHEDl.NGEN ,  BETHEDIGEN,  pamn,  tractare:  zuletzt 
ward  doch,  weiterem  unglück  vorzukommen,  die  sach  dahin 
bethedinget,  dasz.  Kirchhof  uendunm.  14';  welches  der  poet 
Quintus  Serenus  mit  nachfolgenden  versen  bethediget  und 
confirmiert.  Taberxaemoxt.  129 ;  es  were  abermahl  zu  Prenzlow 
ein  vertrag  bethedingt  und  vollenzogen.  Micrälics  3,  505.  aus 
diesem  «ort  entuchs  das  heulige  belhätigen.  s.  austhedigen 
(sp.  996)  und  betheidigen,  auch  nd.  bededingen  bei  Frisch 
2,  360'  und  Bremer  wb.  1,  213. 

BETHEDIGLNG,  f.  on  gunst  oder  neid,  ohn  blind,  betrüg- 
lich  namen,  on  bethädigung  der  unwirdigung  oder  abwesen- 
den person.  Froxsp.  l,  175*. 

BETHEIDINGEN' ,  BETHEIDIGEN ,  paäsci,  tractare,  unter- 
handeln, ursprünglich  betegedingen : 
mhd.    »ich  der  sache  annam, 

diu  liie  beteidinget  was.    Marienleg.  19S,  103. 

ward  er  {der  jude)  doch  dahin  betheidiget  (beredet,  gebracht), 
dasz  er  getauft  ward.  Frey  garteng.  il' ;  betheidigen,  bedingen, 
festsetzen.  Bibel  Liv.  22 ;  solches  im  kauf  austrücklich  nicht 
were  betheidiget  {verabredet)  worden.  Frank  f.  ref.  II.  3,  19; 
wider  kaiser  Ferdinand  1  hatten  sich  die  Böhmen  empöret,  er 
ritt  selbst  zu  ihnen,  beleidigt  sie  mit  glimpf  und  freundlich- 
keit.  Lehmann  S24;  es  ist  kein  dorfschullheisz,  der  es  wolt 
leiden,  wenn  man  ihn  betheidigt,  warum  thuslu  das?  862; 
bei  He.xisch  344  ist  betheidigen  =  vertheidigen  f 

der  ort  ghört  für  die  kriegsleul, 
die  wiiwen,  waisen  nicht  bedeiiigen  (vertheidigen), 
sonder  die  arme  leui  beleidigen.    At»er  fastn.  sp.  127'; 
tgl.  Oberlin  143. 

BETHEILEN,  participem  facere: 

der  seine  macht  noch  nie  hat  abgeleget, 

der  alles  heil  und  schütz  zu  wirken  pneget, 

die  ganze  weh  beibeilet  er  davon.    Opitz  ps.  s.  142. 

irir  Jagen  auch  einen  betheilen,  mit  einem  theil  begaben,  aus- 
statten: durch  denselben  frieden  wurden  Preuszen,  Baiem  mit 
ländern  betheilt,  deren  grösze  und  ertrag  die  erlittenen  ein- 
buszen  weit  überstieg.  Beckers  tceltg.  13,  393;  er  betheilete 
einerlei  rede  zum  öftern  unter  vil.  Opitz  Arg.  l,  657;  er  be- 
theilte sie  reichlich  mit  den  herlichsten  arzeneien.  Lohesst. 
Arm.  1,  1126.  mhd.  beteilen  kommt  nicht  vor,  ahd.  piteilan 
hol  aber,  vie  ags.  bedaelan,  die  pritativbedeutunq  privare,  frau- 
dare  (Graff  5,  416.  417),  ganz  wie  auch  ahd.  piscerian,  unser 
bescheren,  zulheilen  den  sinn  ton  privare  empfängt,  vgl.  be- 
vortheilen.  sich  betheilen,  was  heute  sich  betheiligen :  mit  der 
grausamkeit  eines  menschen  betheilen  sich  kaum  zehn  baren. 
Lohesst.  Arm.  l,  1094 ;  ein  mann  kann  sich  mit  mehrern  wei- 
bern  betheilen.  1,  1403. 

BETHEILIGEN,  participare,  theil  nehmen  lassen:  der  künig 
betheiligte,  noch  bei  seinen  lebzeiten.  den  söhn  an  der  regie- 
rung;  ich  bin  an  der  sache  nicht  betheiligt,  sich  betheiligen, 
theil  nehmen:  ich  mag  mich  nicht  daran,  dabei  betheiligen, 
will  nichts  damit  zu  thun  haben;  alle,  die  sich  an  dem  auf- 
stände betheiligl  hatten,  werden  bestraft,  die  betbeiligten, 
die  interessenten. 

BETHEILIGUNG,  f.  ein  jetzt  sehr  gangbarer  ausdruck  der 
handelswelt:  zahlreiche  betheiligung. 

BETHEBEN,  pice  illinere,  inquinare,  mü  ther  beschmieren, 
verunreinigen,  nnl.  beteren  (verschieden  von  beteren,  bessern): 
ein  fasz  betheren; 

und  einer  magd  den  schmuck  bethert. 

RisGWALO  laul.  warh.  171. 
sich  betheren,  eoneaeare  se:  de  das  der  wolf  ersähe,  beteret 
er  sich  aber  vor  angsten.  Steishöwel  Esop  (14S7)  6l';  er  füret 
in  an  das  end,  da  er  sich  das  erstmal  vor  furchten  hell  be- 
teret. 6!*;  füret  in  an  die  dritten  stat,  da  er  sich  auch  hett 
beteret  und  sprach,  ist  aber  das  ichl  ein  scherz,  so  sich  ein 
wolf  vor  groszen  angsten  eins  widers  dreimal  bescheiszet? 
62";  wie  das  gebete,  so  ist  auch  das  rauchwerk,  sprach  der 
teufel  selbs,  da  ein  pfaffe  im  bette  complel  betet  und  sich 
betheret.  Luther  6,  332'. 

BETHEUERER,  m.  asseverans: 
pHegt  ich 
mein  herz  durch  alltagsschware  jedem  neuen 
beiheurer  auszubieten  (to  every  new  protesier). 

A.  W.  Schlegel  im  Jut.  Caesar  I,  2. 

BETHEUERLICH,  solemnis,  feierlich :  betheuerliche  Verspre- 
chungen. Lohesst.  Arm.  I,  804 ;  alle  gethane  beteuerlichc  eide. 
BoTScaii  kanzl.  «48. 


BETHEUEBLICH,  adv.  sancte,  solemniter:  nam  ich  doch  be- 
tewrlichen  vor,  mich  von  dieser  gesellschaft  abzuthun.  Philasd. 
2,  71S ;  die  verheiszene  hülfe  zu  der  deutschen  feldherrschaft 
wäre  dem  herzog  Hermann  so  betheuerlich  als  Segesthen  ver- 
sprochen. Lohesst.  Arm.  1,  1310;  betheuerlich  entschuldigen. 
1,  1013.     Stieler  2276  hat  beteurlich  jurato. 

BETHEUERN,  assererare,  jurejurando  affirmare,  hoch,  theuer 
versichern :  er  betheuerle  es  aufs  heiligste,  nichts  davon  zu 
wissen ;  ich  betheure  es  bei  gott ;  ich  gedenk  die  warheit  des 
evangelii  mit  meinem  blut  zu  bethenrn.  Schertlis  xlv  ;  sie 
betheuerte  ihm  ihre  liebe;  der  mund  betheuerts,  das  herz 
weisz  wenig  davon; 

aber  sultan,  dank,  • 

besondern  dank  dir  Tur  mein  leben  zu 
beibeuern,  stimmt  mit  meinem  stand  und  meinem 
Charakter  nicht.  Lessisg  2,  307  ; 

es  klingt  beinah  wie  ein  gedieht, 
betbeur  ichs  auch,  am  ende  glaubt  ibrs  nicht. 

GöTHE  4,  54 ; 
den  reichthum  musz  der  neid  bciheuem, 
denn  er  kreucht  nie  in  leere  scheuern.    4,  326. 

das  mhd.  betiuren  halte  einen  ganz  andern  sinn,  den  unseres 
bedauerns  {oben  sp.  1220). 

BETHEUERUNG,  f.  asseveratio,  obtestatio:  bitten  und  be- 
theuerungen ; 

wenn  die  frau  ihr  bedeurung  hell.    Atrer  fastn.  sp.  133'; 
das  glaubt  nur  meiner  betheurung.    Plates27S; 
können   sie   sagen,    dasz   sie  keiner  mit  leichtsinniger  galan- 
terie,  mit  frevelhafter  betheurung,  mit  herzlockenden  schwüren 
ihre  gunst  abzuschmeicheln  gesucht?  Gotbe  19, 132. 

BETHÖBEN,  infatuare,  inducere,  (allere,  mhd.  betoeren, 
teuschen,  zum  thoren  machen : 

mhd.  ir  lachen  und  ir  schöne  ansehen 

und  ir  guot  gebaerde  bänt  beteeret  lange  mich.    MS.  1,51'; 

denn  schöne  weiber  haben  manchen  bethöret.  Sir.  9,  9 ;  wein 
und  weiber  betbören  die  weisen.  19,  2 ;  dein  herz  hieng  sich 
an  die  weiber  und  lieszest  dich  sie  bethören.  47,  21;  die 
schöne  hat  dich  beihöret.    Sus.  56 ; 

ich  mein,  du  seist  beihört.    Möriii  12; 

was  du  nit  will  von  andern  hören, 

da  thu  auch  keinen  mit  bethören.    H.  Sachs  I,  257'; 

wil  uns  denn  heint  der  alt  bethörn?    II.  2,  50^; 

völch  reich  mit  tailung  ist  betbört, 

das  bleibt  die  leng  nit  uozerstört.    Schwarzesb.  146, 1 ; 

dardurcb  so  wird  mein  mann  bedört.    Atrer  ^a.<<n.  sp.  SO*; 

der  freundschafl  keuscher  stand  war  weiland  voller  ehren, 

jetzt  iäszt  sie  sich  durch  geld  zum  hurenbrauch  betbören. 
LoGAU  1,  1,8S; 

der  liebsten  threnen  sind,  die  oft  den  kifigsten  mann 

bethören,  dasz  er  schwarz  von  weisz  nicht  sondern  kann. 

1,  3,  91; 

weit  gibt  ihren  hochzeitgästen  erstlich  gerne  guten  wein, 

und  zuletzte  sauren  lauer,  wann  sie  nun  bethöret  sein. 

1,  10,88; 

indem  ein  seltzaroes  gctüramel 

benlhrend  plötzlich  sein  gehör, 

den  abgrund  lullend  und  den  himrael 

bethöret  seine  sebl  noch  mehr.    Weckbrrlis  346; 

den  hofnuDg  und  Torcht  nicht  bethöret.    385 ; 

der  Jude  steht  bethöret  {betroffen), 

spricht,  landsmann  fahre  fort,  wenn  er  ihn  reden  höret. 
Fleii.sc  lt>0; 

wenn  einer  einen  nicht  will  hören, 

der  ihm  gibt  einen  guten  raih, 

hernach  auch  nichts  zu  klagen  hat, 

wenn  er  sich  etwa  wird  bethören,    pers.  nsenth.  8,  63; 

echo,  der  wilde  Widerhall, 

lehrt  uns  den  schlal  bethören.    Simpt.  1,  28; 

jemebr  sie  das  glück  anlachet  und  ihnen  ihre  fuchsschwän' 
zer  vorplaudern,  jemehr  sie  sich  bethören  lassen.  3,  363: 
was  sehe  ich?  werde  ich  bethört?  Collatin  kömmt.  J.  E- 
Schlegel  2,  38 ; 

beibörte  hadrer,  laszt  euch  ratben.    Hagedors  2,  39 ; 
zuleut  —  mein  schön  geschlecht,  gesagt  zu  deinen  ehren  — 
liesz  sie  (Europa),  von  wem?  vom  bullen  sich  bethören. 

Lessisg  1,  3; 
du  glaubst,  dasz  Hannchen  mich  beihört, 
dasz  sie  auch  fremdes  Dehn  erhört?    Gottir  1, 187; 
lasz  Sicherheit  dich  nicht  bethören.    1,  229; 
das  glück  bethörte  mich.    2,478; 

abermal  will  die  bethörte  der  Troer  gescbichte  vernehmen, 
abermal  haftet  ihr  blick  an  dem  munde  des  schönen  erzahlers. 

Bcrgb*  245'; 
denn  morgen  wirst,  in  allen  ehren, 
du  arme  Gretchen  nicht  bethören.    Götbi  12,  158 ; 

107* 


1703 


BETHüRER— BETHUN 


BETHUN— BETLICH 


1704 


die  hat  sich  endhch  aucii  hetliört.    12,  186; 
ich  sing  ihr  ein  moraliscii  lied, 
um  sie  gewisser  zu  belhören.    12,  193; 
docli  ein  unstcrhlicher  liat  ihm  die  riciitigen  sinne  bethöret. 
(vorher:  doch  der  unsierblichen  einer  beihört  ihm  d.  r.  s.). 
Voss  Od.  14,  178; 

sein  schlaf  war  ein  stetes  entzücken  und  erwachen  und  in 
jedem  träume  gieng  ein  belhürender  sonntagsmorgen  auf. 
J.  Paul  Tit.  2,  46. 

BETHÖRER,  m.   des  voiiis  verkehrer  und  belhörer.  Weck- 

BERLIN  614; 

.söhn  Laertes,  des  hccrs  arger  belhörer.    Stolberg  14,  189. 

BETHÖRLER,  m.  dasselbe,  bctörlcr.  Maalek  64'. 

BETHÖRTHEIT,  f.  in  berauschter  bethortiieit.   Platen  129. 

BETHÖRÜNG,  f.  deceplio,  illusio,  faluUas.  Hemsch  344; 
glücklich  in  dieser  süszen  bclhörung.  Wieland  1,  275;  im 
höchsten  grade  der  verliebten  bethörung.    2,144; 

und  unmerklielie  beiliörung 

maclit  die  liebe  zur  verelirung, 

die  begier  zur  schwannerei.    Götiik  1,  50; 

dieser  keusche  sclinee  der  au 

nährt  nicht  schlangen  der  bclhörung.    Hückert  408. 

BETHRÄNEN,  lacrimis  perfundere,  deftere,  mhd.  betrehcnen  : 

daj  nu  hisiufien  um  biirehenen 

solilen  alle  die,  die  Christen  sint.    aUd.  bl.  1,  217. 

nhd.  bei  Henisch  344.  Stieler  2333; 

ich  sehe  dich 
noch  über  meinen  lodien  leib  bcihränend  deine  glieder 

strecken.  Louenst.  Ihr.  bassa  55,  156; 

bethränet  euer  brot  und  die  geringen  speisen. 

Cleop.  104,  19 ; 
arme  niuiier,  die  du  jetzt 
mein  eniferntes  grab  beihräncst.    Güntuer839; 
sie  bleibt  nun  todt,  die  ich  bethräne. 

Schirmers  sing.  ros.  lied  63  ; 

männer  und  weibespersonen  hetrahnten  den  nahen  tod.  pol. 
stockf.  33;  Solande  küste  den  biicf  und  belrähnte,  jedoch 
mit  einer  unweiblichen  manier  dessen  Inschrift.  206;  die  ar- 
men creaturen  . . .  ganz  bethränt  {in  thräncn  ßicszcnd)  auf- 
stunden, gespenst  190 ;  so  wie  eine  liebste  an  dem  ufer  des 
meeres  ihren  abfahrenden  licbhaber  mit  hethiänten  äugen 
verfolget.   Winkelmann  6,  357 ; 

ein  jeder,  den  die  band  des  schweren  Schicksals  krümmt, 

hat  ein  betbräntes  recht  zum  niiticid  aller  herzen. 
Hagedorn  1,  97; 

ein  tvrann,  der  jeden  tag  beihränet  (weinen  macht). 
Uz  1,79; 

in  der  gebirge  verödete  klufl,  zu  den  gräbern  der  todlen, 

wo,  mit  betliränter  blume,  gebein  der  brüder  begraben 

Jag.  Klopstock  Hess.  18,  751 ; 

glückseligkeit  aller.'  es  führt 

dahinatir  auch  von  dem  elend 

ein  bethränter  pfad.       20,  61 ; 

mit  bethränten  äugen.  Wieland  1,  315 ;  ich  verbarg  mein  be- 
tbräntes gesicht  in  meinen  bänden.  Güthe  19,  231 ; 

reicht  den  laubumkränzten  becher 
der  bethränten  Ilecuhal    Schiller  54"; 
den  armen  der  gemahlin,  welche  fest 
ihr  knähcben  mit  bethräntem  lächeln  an 
den  busen  schlosz.       Bürger  174'; 
also  sprach  er  bethränt,  da  böri  ihn  die  Irelliche  mutter. 
Voss  n.  1,  357  ; 

ihr  betbräntes  angesicht.   J.  Paul  Hcsp.  4,  86. 

BETHUHN,  M.  Zinshuhn. 

BETHULICH,  1)  ron  sachcn,  facilis,  thulich,  Ihmlich:  die 
das  lächerlichste  nicht  lächerlich  und  das  niedrigste  bclhu- 
lich  finden.   Herder  17,  275. 

2)  von  leuten,  agilis,  commodus,  der  sich  belhun,  leicht  hel- 
fen kann: 

dieweil  sie  lieblich  aussieht  und  bcthulich  ist. 
GüTliE  11,  241; 

sobald  die  kerls  wie  wilde  leben 

und  nicht  bctliulich  und  freundlich  sind.    13,69; 

durch  verwundernde,  bcthuliche  und  wolwollende  gönnen 
49,  183. 

BETHULICHKEIT,  f.  trenichc  darstellung  \»eiblicher  be- 
thulichkeit  und  täppischen  männerwesens.  33,  200. 

BETHUN,  nnl.  bedoen.  1)  behandeln,  besorgen,  vornehmen: 
CS  gibt  in  der  well  so  mancherlei  zu  bedenken  und  zu  be- 
lhun.   GöTIIE  11,  272. 

2)  sich  belhun,   sich  benehmen,    abgeben,  zu  thun  machen: 


indem  sie  sich  auf  frauenweise  mit  den  gattinnen  zu  belhun 
und  zu  beschäftigen  weisz.  6,  194;  als  er  sich,  wie  ein  ge- 
selle, mit  dem  kleinen  volke  {den  kindern)  gar  wol  zu  be- 
lhun wusle.   23,  51. 

3)  sich  bethun,  von  thieren,  sich  behoben,  berühren,  in  der 
folgenden  stelle,  sich  bcstoszen:  auch  sieht  man  zunächst  ver- 
schiedenartige Schafe  . . .  sich  mit  den  düstern  küpfchen  ge- 
geneinander unschuldig  bethun.    39,  201. 

4)  der  alleren  spräche  war  belhun,  was  wir  jetzt  durch  bei- 
Ihun  ausdrücken,  rcponere,  recludcrc,  bei  seile  thun:  ahd. 
pituon  claudere,  concludere  (Graff  5,  320.  321) ;  mhd. 

dö  hie;  man, 
da;  selbe  ros  leiten  dan 
unde  in  einen  niarstal  betuon.    Alex.  302. 

5)  es  war  ihr  aber  auch  euphemismus  für  coiieacare,  ganz 
tiie  heule  noch  thun  und  machen,  besonders  in  der  spräche 
mit  kindern,  cacarc  meint,    mhd.  vom  withopf: 

ein  laster  ist  mir  angeborn, 

e;  si  mir  leit  odc  zorn, 

daj  ich  min  eigen  nest  betuo 

beidiu  spät  unde  fruo.    Haupt  7,  361 ; 

der  iu  daj  nest  betän  hat.    daselbst,  vgl.  8,  521  und 

als  das  ich  thu,  das  hab  dir  gar.    8,  512. 

ebenso  Ldtber:  ja  sihe,  wie  fein  sich  dieser  geisl  in  seiner 
klugheit  bethul.  3,70;  wie  bethut  sich  doch  der  geisl  in  al- 
len seinen  worten.  3,  83;  das  heiszt,  mit  Urlaub,  sich  wol 
bethan,  und  den  leufel  nackt  an  den  pranger  geschlagen. 
3,  439*;  sihe,  so  stehet  denn  der  geisl  und  hat  sich  in  die 
hende  bethan  mit  all  seiner  kunst.  3,  455 ;  da  sihe  abermal, 
wie  gott  die  weisen  in  irer  eigen  klugheil  erhaschet,  das  sie 
sich  in  irer  Weisheit  bethun  müssen.  8,  239";  ja  freilich  ein 
köpf,  der  seine  ehre  sucht  und  sich  in  seiner  weisheil  be- 
thut.   br.  5,  154.     ebenso  nnl.  zieh  bedoen,  bevuilen. 

BETHUN,  Ji.  fascinatio,  vgl.  anthun:  der  Volksglaube  an 
zauberschwestern  und  magisches  bethun.  Göthe  38,  282. 

BETHÜRMEN,  lurribus  munire:  ein  bethürmtes  schlosz, 
haus; 

neun  Schlösser  bat  mein  vater 

bethürmt  und  wol  bedacht.    Fr.  Müller  2,  324. 

BETINTEN,    atramento   maculare,    bedinten:    o  wie  sie  das 
weisze  üngerchen  betintel  haben.    Hermes  Soph.  reise  l,  352. 
BETIPPE.N,  extremis  digitis  attingere:  die  nusz,  beim  spiel, 
betippen ; 

zwei  scbneegewölb,  an  denen  im  betippen 
kein  finger  bricht.    Tbümmels  reise  8,  17. 

BETITELN,  nominare,  mit  einem  titel  versehen :  Taubroanno 
waren  die  ehrenblätter  seiner  poetenkron,  nach  merilcn,  zu- 
gekommen, er  rühmte  sich  aber  dessen  nicht,  und  wüste  zu 
Wittenberg  niemand,  dasz  sie  einen  so  betitelten  gast  em- 
pfangen. Brandts  bericht  24;  an  dem  gott  der  pbilosophen 
{Plato},  wie  ihn  Cicero  betitelt.   Wieland  2,  273; 

und  morgen  sehn  wir  euch 

zu  einem  gärtnerschurz  betitelt.    23,  190, 

d.  h.  berechtigt,  mit  einem  rcchlstilel  versehen,  engl,  entitled : 
der  gehijrig  betitelte  {unter  gesetzlicher  form  geschlossene)  kauf. 
Kant  5,111;  als  das  einzige  wesen,  das  verstand  hat,  ist  der 
mensch  betitelter  herr  der  natur.  7,312;  ein  betitelter  mann; 
berangt,  betitelt.    Gökingk  1,  116; 

leute,   die  man  überspannte  betitelt.    Klinger  12,  69;    buch- 
stabenmenschen  nennt   man   die  gelehrten  und  schriftsteiler, 
sie  betiteln  sich  auch  wol  selbst  so.  12,170;   die  so  gar  klu- 
gen   männer   würden   Christus    selbst   nicht   viel    feiner   {als 
einen  thoren)    belitell   haben,    wenn    sie   ihn   an    das    kreuz 
hätten  schlagen  sehen.    12,  174;    ein  buch  betiteln. 
BETITKI.UNG,  /•.  Kant  1,  204. 
BETKAMMER,  f.  was  betgemach. 
BETKORALLE,  f,  am  rosenkranz: 

hell  an  jeder  bclkoralle  funkelt 

eine  thräne,  hingeweint  für  dich.    Rürgkr99'; 

meiner  pikcrreiso  schritte 

zähl  ich  ab  an  bcikorallen.    Rücikrt  310. 

BETKORN,  n.  zinskorn. 

BETLICH,  biUlich,   tu  bitten  ziemlich,  mhd.  betcltch  (Ben. 

1,  171'): 

durch  dtne  güete  gewer  mich 

einer  bete,  diu  ist  betelich.    Flore  5740 ; 

(lA  von  wil  ich  iuch  biten 

einer  bctelichcn  bete.    7131. 


1705 


nhd.  seilen: 


BETMAJiN — BETRACHTEN 


sprach  betlicb,  hört  mich  od  verdnisz, 
wan  Tragens  mach  ich  schier  bescblusz. 

SCHWARZeXBERG  156,  1. 

BETMANN,  m.  was  beter,  ahd.  peloman  (Graff  2,  741),  mhd. 
betman.  Hartma.n.vsI  büchl.  263.  vgl.  betweibunrfBethmannn.pr. 

BETMATTE,  f.:  endlich  knien  sie  dergestalt  nieder,  dasz 
ihr  angesicht,  beide  bände,  knie  und  zehen  der  füsze  die 
betmatle  anrühren,    pers.  baumg.  7,  15. 

BETNARR,  m.  in  meinem  zwölften  jähre  machten  mich  die 
beistunden  zum  narren,  ich  ward  ein  betnarr,  ich  konnte 
zu  ganzen  stunden  aus  dem  herzen  (auswendig)  beten.  Reiske 
Icbensh.  S. 

BETÖBERN,'  sopire,  opprimere,  lässt  sich  zu  betäuben, 
ifie  stöbern  zu  staub,  aber  auch  zum  ahd.  piteppan,  bedeban 
(Graff  5,  347)  hallen: 

darumb  magst  du  die  raupen  belöbern, 

so  kanst  du  noch  wol  frücht  erobern.    HomsRC  3,  97'. 

BETÖBERUNG,  f.  oppressio :  also  liesze  ich  mich  auch  die 
siisze  betöberung  des  Schlafs  stracks  übenvinden.  Simpl.  1, 
557 ;  in  solcher  betöberung  und  niederlag  meiner  rechten  Ver- 
nunft und  siebenzehen  sinnen  lag  mir  nichts  mehreres  an 
u.  s.  w.    Simpl.  2,  391. 

BETÖLPELN,  stupidum,  ineptum  decipere:  er  hat  sich  be- 
tölpeln,  über  den  lölpel  werfen  lassen,    s.  tölpel,  übertölpeln. 

BETONEN,  cum  accentu  efferre,  mit  dem  Ion  aussprechen: 
diese  silbe,  dies  wort  ist  zu  betonen;  der  redner  betonte 
das  wort;    die  gute  gesinnung  wird  besonders  betont; 

siehst  du  das  wie  ich  es  sah, 
wohnst  du  so  wie  ich  gewohnt, 
lieb  und  rreundscbaft  sind  dir  nah, 
und  ein  jeder  tag  betont.    Götuk  4, 167. 

in  musik  setzen :  von  Gluck  betont,  von  dir  gesungen.  47,  202. 

BETONTE,  f.  betonica,  gelbe  betonie,  siachys  anensis.  s. 
batenie,   batenikel. 

BETONNEN,  mit  tonnen  belasten,  betonnet  «chit,  Garg.  79*. 

BETONUNG,  /.  aurdllige  betonung. 

BETOPFER,  n.,  das  etwas  erbittet,  erfleht,  im  gegentatz  zu 
dem  dank-  und  sühnopfer. 

BETPLATZ,  m.,  ort,  ico  die  gebete  verrichtet  verden. 

BETPLLT,  m.  knieend  vor  einem  belpulte.  Gotter  3,  2S. 

BETRABEN,  assequi,  opprimere,  einen  im  trab  ereilen? 

des  heiligen  geists  gaben  schon 
teil  uns  mit  und  zu  uns  wend, 
wan  uns  bedrabt  das  letzte  end. 

Ada»  Schübarths  sieman.  Weistenfebs  vm  1560.  fS'. 

oder  stände  dies  bedrabt  =  bedrawt,  bedräut,  bedroht? 

BETRACHT,  m.  respectus,  was  anbetracht:  in  betracht, 
ä  l'egard,   en  egard; 

und  in  betrnchl  der  schönen  seele  fand 
ein  buseu,  wie  reizend  er  war,  vor  seinen  äugen  gnade. 
WiELA>D  4,  10; 
in  welchem  betracht  ich  gestehe,  dasz.    13,  153;   meine    ehre 
ist  nichts,   wenn   sie   in  betracht  des  einen  etwas  anders  ist 
als  in  betracht  des  zweiten.    Leisewitz  iul.  v.  Tar.  3,  2;  den 
werth  eines  in  jedem  betracht  vollständigen  lebens  schützen. 
Göthe  32,  236 ;    das    wäre    aber   in  jedem  betracht  ein  ver-  | 
dammter  streich.  J.  Paul  teuf.  pap.  1,  32 ;  in  betracht  dasz  er 
eingestanden  hat,  tällt  die  strafe  gelinder  aus.    man  sagt  et- 
was  in    betracht  ziehen,   in  betracht  nehmen,   es  kommt  in 
betracht.    Thlmmel  hat  es  auch  für  betrachtung,  anschauung: 

und  was  sich  reizendes  je  dem  ungestümen  betracht 
der  männeraugen  ergab.        reise  h,  ZOO. 

BETRACHT  für  betrachtet,  franz.  considere,  verwendet  Fi- 
schart stall  des  eben  angeführten  heutigen  in  betracht  (re- 
tpectu  habito)  bei  folgenden*  dasz :  dannoch  weil  die  pfaffe n  was 
vortheils  haben  müssen,  betracht  dasz{erwogen,  angesehen  dasz) 
ir  kremerei  küstlicher  dan  einige  andere  ist,  so  bat  die  b. 
kirch  u.  s.  w.  biencnk.  136' ;  drum  müssen  jetzt  die  pfaffen  der 
weit  gut  besitzen,  betracht  dasz  u.  s.  w.  139*;  vi-ann  gott 
das  buch  annimpt,  als  er  ohne  zweifei  thun  soll,  betracht, 
dasz  es  die  b.  päpst,  seine  Statthalter  gemacht  haben,  so 
ist  u.  8.  w.  14!»  :  insonderheit  betracht,  dasz  zur  selben  zeit 
u.  s.  w.  21  s*. 

BETRACHTEN,  considerare,  contemplari,  inlueri,  ahd.  pitrah- 
tön  (Graff  5,  515.  516),  mhd.  betrabten,  nnl.  betrachten,  tchw. 
betrakta,  dan.  betragte. 

1)  beschauen  ist  tnniger  als  besehen,  und  betrachten  nach- 
denklicher als  beschauen,  vgl.  oben  *;>.  t54S.  der  beschauende 
tinitl  nach,  der  belrachteode  denkt  nach,    man  kann  keine  be- 


BETRACHTEN  — BETRÄCHTLICH   1706 

schauungen  machen,  sie  erfolgen  von  selbst,  betrachtungen  abei 
müssen  gemacht  werden.  Keisersb.  s.  d.  m.  86*  sagt :  es  ist  ein 
groszer  unterscheid  zwischen  gedenken  (meminisse),  betrachten, 
und  schauwen.  iederman  kan  gedenken,  es  gat  on  arbeit  zu 
und  on  nutz,  betrachten  gat  mit  arbeit  zu  und  mit  nutz, 
aber  schauwen  gat  on  arbeit  zu  und  mit  nutz,  betrachten 
==  contemplari  in  folgenden  stellen:  da  ich  gesiebte  betrachtet 
in  der  nacht,  wenn  der  schlaf  auf  die  leute  feilet.  Hiob  4, 13 ; 
betrachte  ihn  genau  und  präge  dir  alle  seine  züge  ein;  ich 
betrachtete  diese  gegend  lange  und  im  einzelnen,  um  mir 
das  andenken  daran  voll  zu  bewahren ;  jedes  ansehen  geht 
über  in  ein  betrachten,  jedes  betrachten  in  ein  sinnen,  jedes 
sinnen  in  ein  verknüpfen.  GOthe  52,  xii ; 
betrachte  wie  in  abendsonneglut 
die  grünumgebuen  hüllen  schimmern.    12,  59. 

2)  betrachten,  erwägen,  überlegen: 

ich  habs  in  meinem  herzen  petracht.    fastn.  sp.  451,  14; 

ein  mensch,  der  da  geistliche  ding  betrachtet.  Keisersberg 
«.  d.  m.  lo';  betracht,  das  ein  solcher  verklapperer  ist  ver- 
worfen von  gott.  4S';  das  seind  Sünden,  die  betracht  und 
ker  dich  an  niemanns  loben  und  schmeichlen.  34*;  betracht 
darnach,  das  alle  ding  zergenglich  seind,  wider  die  heuw- 
schrecken,  die  der  wind  hinweg  weiet.  also  wenn  du  be- 
trachtest durch  den  tod,  das  dir  die  sonn  wirt  undergon  und 
dir  die  äugen  werden  brechen,  daselbst;  gedenk  der  vorigen 
zeit  bis  daher,  und  betrachte  was  er  gethan  hat  an  den  al- 
tem vetern.  5  Mos.  32,  7;  und  lasz  das  buch  dises  gesetzs 
nicht  von  deinem  munde  komen,  sondern  betracht  es  tag 
und  nacht.  Jos.  1,  8 ;  ich  betrachte  meine  vrege  und  kere 
meine  füsze  zu  deinen  Zeugnissen,  ps.  Ii9,  59 ;  betrachte  im- 
merdar gottes  gebot.  Sir.  6,  37;  und  er  betrachts  vor  bei 
sich  selbst.  39,  11;  da  der  ritter  wider  in  sein  herberg  war 
kommen,  betrachtet  er  die  grosze  freundlichkeit,  die  im  wi- 
derfahren war.  buch  der  liebe  36, 1 ;  der  graf  hatte  dteses  vor 
betrachtet.   393,  l ; 

und  was  ich  etwa  schwer  betracht, 
hat  mir  gewonbeit  leicht  gemacht. 

SCHWARZE.-<BE8G  150,  2  ; 

verachtet  oder  nicht  betrachtet.  Weckherii»  302; 
dieses  ist,  was  ich  über  den  älteren  stil  der  ägyptischen  bild- 
hauer  zu  betrachten  gefunden  habe.  Wixselsian.n  3, 102 ;  denn 
wenn  es  schon  wahr  ist,  dasz  moralische  handlungen,  sie  mö- 
gen zu  noch  so  verschiednen  zeiten,  bei  noch  so  verschied- 
nen  Völkern  vorkommen,  in  sich  betrachtet,  immer  die  nem- 
lichen  bleiben.    Lessisg  10, 194 ; 

so  laszt  uns  jetzt  mit  fleisz  betrachten, 

was  durch  die  schwache  kraft  entspringt.    Schiller  77*; 

der  mann  rergiszt, 
dia  goldne  regel  zu  betrachten, 
nimm  diese  well,  so  wie  sie  ist.    GöKi:tGK  1,  15. 

man  liesz  ehmals  auch  die  praep.  um  folgen,  wie  nach  schauen, 
sorgen  und  bedenken :  wir  wollen  und  süllen  betrachten  umb 
fröinde  gemüs.  Haupt  9,  371. 

3)  sich  betrachten,  5ic/i  ansehen:  ich  betrachte  mich  als 
meines  Versprechens  entbunden;  betrachtet  euch  hier  wie  zu 
hause ;   er  betrachtet  sich  als  meinen  freund. 

BETRACHTENSWERTH : 

ein  junger  edelknecht,  in  Gaagolfs  scblosz  eraogeo 
und  über  seinen  stall  gesetzt, 
wird  itzt  zum  erstenmal  beirachtenswerth  geschäizl. 
WiBLA."«Ds  Oberen  6.  57  ; 
das  Verhältnis  zu  seiner  frau  wie   zur  weit   isl  betrachtens- 
vrerth.    GOthe  49, 126. 

BETRACHTER,  m.  circumspector,  gaffer: 

tödte  den  unschuldigen  betrachler 
(and  kill  tbe  inuocent  gazerj. 

\.  \V.  ScuLEGEL  in  Heinrich  VI  Ih.  2.  3,  2. 
BETRACHTERIN,  /.  .Mos.  Mendelsohns  Phädon  s.  135. 
BETRACHTLICH,  BETR.\CHTLICH,    verschieden  gebraucht: 
t)  spcclabilis,  ansehnlich,  was  in  betracht  kommt:  betracht- 
liche   notdurft.    reichsabsch.  von  1527  §.  7;    die    beträchtliche 
ufsetz  und  anschlegc,  so  über  in  und  seine  brüder  angeslalt 
wurden.    Aimon  vorrede ;  betrachtliche,  erfarne  leut.  Petr.  93"; 
imaginativa  ist  die  imaginierlich  oder  beträchtlich  {belradUende) 
kraft  mitten  in  dem  haubl.    Gersdorf  97; 

wie  sehnt  Senil  sich  nach  berufsbeschwerden, 

bcirtchtlicher  und  hochbestallt  zu  werden. 
llo.KOOiin  I,  71 ; 
der  Jude  Oppenbeimer  halte  das  Unglück  in  einem  kafigt  an 
einen  eisernen  galgen  aufgehangen  zu  werden,  den  vorzeiten 


1 707  BETRACHTLICUKEIT  —  BETRACHTUNG 


BETRACHTUNGS  ART— BETRAGEN   1708 


Hanauer,  ein  angeblicher  adeptus  vor  andern  hochgerichten 
beträcbtlich  gemacht  halte.  1,  13 ;  auszer  der  schönen  ßacchi- 
dion  war  Fiiistos  durch  die  gnade,  worin  er  bei  Dionysen 
stand ,  die  beträchtlichste  person  unter  allen  denjenigen, 
mit  denen  Agathon  in  seiner  neuen  stelle  in  Verhältnis  war. 
Wieland  3,  62;  nun  lassen  sie  uns  auf  der  andern  seile  se- 
hen, ob  der  schaden,  welchen  man  von  dieser  freiheit  zu 
besorgen  hat,  so  beträchtlich  ist.  6,  262;  in  irgend  einem 
beträchtlichen  falle.  J.  E.  Schlegel  3,470;  eine  befrachtung, 
welche  einleuchtender  und  beträchtlicher  ist.  Kant  3,67;  sie 
haben  recht  beträchtliche  männer  geheiratet.  Hippel  12,  181; 
um  da  seinen  recensenten  beträchtlich  auszuprügeln.  J.  Paul 
Kalzenb.  \, 'i ;  er  hinterläszt  beträchtliche  schulden;  es  musz 
etwas  beträchtliches  angewendet  werden. 

2)  ad  conlemplandnvi  aplus:  in  Alexandersbad  besah  ich 
mir  die  titanischen  felsenverstürzungen,  die  vielleicht  ohne 
gleichen  sind,  seit  dreiszig  jähren,  dasz  ich  sie  nicht  gese- 
hen habe,  hat  man  sie  durch  gärtnerkünste  spazierbar  und 
im  einzelnen  betrachtlich  gemacht.    Göthe  an  Zelter  340. 

BETRACHTLICHKEIT,  f. 

spricht  alles,  weiszagl,  macht  betrachlliclikeit. 
TiECK  nov.  kr.  3,  49. 

BETRÄCHTLICHKEIT,  f.  gravilas,  momenlum. 
BETRACHTUNG,  f.  conlemplalio,  consideratio. 

1)  beschauung:  die  betrachtung  eines  bildes;  bei  betrach- 
tung  des  nächtlichen  himmels;  betrachtung  diser  bildermum- 
merei.  bienenk.  140*;  {Bodmer)  mit  seinem  blick  der  be- 
schauung und  betrachtung.  Göthe  48,  112 ;  der  ich  durch 
mein  übel  an  höherer  beschauung  und  betrachtung  nicht  ge- 
hindert war.  31,  207;  liesz  seine  treflichen  besitzungen  be- 
schauen, wobei  doch  gar  manche  befrachtung  einer  gründ- 
lichem kenntnis  den  weg  bahnte.   32,  98. 

2)  Wahrnehmung,  erwdgung:  betrachtung  eigens  gebresten 
und  blödigkeit  und  krankheit.  Keisersb.  s.  d.  m.  30 ;  betrach- 
tung der  zukünftigen  ewigen  pein.  45';  betrachtung  und  war- 
nemung  des  ejempels  Christi.  62';  mit  betrachtung  des  ge- 
meinen nutzen.  Kirchhof  wendunm.  63 ;  aus  sonderbarer  gu- 
ter affection  und  betrachtung,  dasz  ich  noch  viel  vorneme 
liebe  freunde  unter  ihnen  hab.  Schuppius  129;  geistliche  be- 
trachtungen  einflechten.  Lichtenberg  2, 154 ;  wie  die  Philoso- 
phie der  natur,  ihrem  alten  dichterischen  gewande  entzogen, 
den  ernsten  Charakter  einer  denkenden  betrachtung  des  beob- 
achteten annimmt.    Humboldt  kosm.  1,  5. 

3)  in  betrachtung  sein  =  betrachten :  sonst  sol  ein  weiser 
verständiger  oberster  stets  in  betrachtung  sein,  womit  er  die 
seinen  beschützen  möge.  Fbossperg  kriegsb.  1,  116*.  in  be- 
trachtung ziehen  =  beachten,  erwägen:  als  dieser  junge  mensch 
sähe,  dasz  weder  sein  wort  noch  seine  mannhaftigkeit  in  be- 
trachtung gezogen  wurde,  pers.  rosenlh.  3,  27 ;  so  auch  von 
gelehrten  schulmännern  noch  etwas  künftig  erinnert  würde, 
soll  es,  wie  diesesinal,  in  gehörige  betrachtung  gezogen  wer- 
den, vorr.  zur  märkischen  lat.  gramm.  (1774)  s.  8.  in  be- 
trachtung bringen  =  in  anschlag :  bringen  sie  dabei  in  be- 
trachtung, dasz  er  nicht  genug  eilen  kann.  Schiller  773.  in 
betrachtung  kommen  =  berücksichtigt  werden :  weil  alles  nach 
der  Stimmenmehrheit  entschieden  wurde,  so  pflegten  die  evan- 
gelischen gewöhnlich  in  keine  betrachtung  zu  kommen.  Schil- 
ler 895;  meine  gründe  dagegen  wissen  sie,  und  wenn  da- 
durch für  die  sache  was  kann  gewonnen  werden,  so  kommen 
sie  in  keine  betrachtung.  an  Göthe  471;  bei  allem  diesem 
kommt  jedoch  in  betrachtung.  Göthe  17,  37 ;  dasz  das  fett, 
womit  gelehrte  sich  gürten,  wirklich  nichts  sei  als  clendfette 
hypochondrische  materie  oder  infarctus,  die  gegen  den  fclt- 
polster  eines  gesunden  und  weisen  rathes  in  die  allerschlech- 
tesle  betrachtung  kommen.   J.  Paul  teufelspap.  1,  22. 

4)  in  betrachtung,  ralione  habila,  ob  eam  causam,  mit  fol- 
gendem gen.  oder  der  praep.  auf,  oder  der  conj.  dasz.  in  be- 
trachtung, dasz  Cardanus  schreibet,  die  Teutschen  seien  da- 
rumb  solche  ochsen  und  kälber,  weil  sie  vil  milch  essen,  so 
wird  er  gewis  treck  gesogen  haben,  weil  er  so  ein  wüst  maul 
hat.  Garg.  46';  in  betrachtung  der  groszen  quantitet  milch, 
80  zu  seiner  nahrung  aufgicng.  lio';  in  betrachtung,  dasz 
die  alten  vättcr  dickmals  wider  einander  sind,  bienenk.  40'; 
in  betrachtung,  dasz  Christus  seinen  himmlischen  vatter  nit 
anders  gcnent  het  dann  heiliger  valter.  42';  ich  entschuldige 
sie  nicht  an  sich  selber,  sondern  in  betrachtung  auf  das 
ganze.  Lessinc  3,  132;  die  obige  fabel  ist,  in  mehr  als  einer 
betrachtung,  ein  sehr  mislungencr  versuch.   5,  378;    was  der 


könig  in  betrachtung  der  kirche  überhaupt  ist,  das  ist  er  ja 
wol  um  so  viel  mehr  in  ansehung  einer  jeden  einzelnen 
kirche  insbesondere.  8,  38";  wie  viel  verliere  ich  auch  in 
dieser  betrachtung  an  ihr.  Klopstock  U,  13 ;  die  gemahlin  des 
prinzen  war  unglücklicher  weise  in  keinerlei  betrachtung  ge- 
schickt u.  s.  w.  Wieland  3, 59 ;  blosz  aus  dieser  betrachtung 
habe  ich  mich  für  jene  und  gegen  diese  erklärt.    3,  112. 

BETRACHTLNGSAUT,  f.   Garve  zu  Cic.  de  off.  2,  2. 

BETRACHTUNGSWEISE,  f. 

BETRACHTUNGSWEISE,  adv,  was  jedoch  hier  nur  im  allge- 
meinen und  betrachlungsweise  vorgetragen  worden,  wird  viel- 
leicht durch  ein  beispiel  anschaulicher  werden.  Göthe  24,  77. 

BETRÄDLEIN,  n.  ein  rädchen,  das  die  Kalmücken  beim  hersa- 
gen ihrer  gebete  umdrehen,  vergleichbar  den  kugeln  des  rosen- 
kranzes:  nur  gebete  spielte  er  nicht  auf  seiner  maschine, 
sondern  der  russische  resident  must  ihm  das  beträdchen  der 
Kalmücken  verschreiben.   J.  Paul  paling.  2,  117. 

BETR.\FT,  maculalus  ?  eine  bracke  mit  betraften  obren  wird 
im  Lorscher  weisthum  (1,  465)  namhajt  gemacht;  ists  soviel 
als  belrebt,  betrept,  fleckig?  bei  KiRcmior wendunm.  lo^  kommt 
vor:  zwischen  den  zeunen  legt  er  Stiefel  und  sporn  an,  gieng 
also  betratst  oder  besteubt  in  die  statt,  ist  das  verdruckt 
für  betrafft,  betraft?  s.  betreppen. 

BETRAG,  m.  gebildet  wie  abtrag  antrag  auftrag  ertrag  ver- 
trag Vortrag;  nnl.  bedrag. 

1)  conventio,  vertrag.    Chmels  Maximil.  s.  90. 

2)  summa :  der  betrag  der  schuld  ist  100  th. ;  den  ganzen 
betrag  zahlen. 

BETRAGEN,  mhd.  betragen,  nnl.  bedragen,  hatte  sonst,  wie 
abtragen  antragen  auftragen  sinnliche  bedeutung,  die  nur  in 
eiriigen  fällen  haßet. 

1)  betragen,  bewerfen,  an  etwas  tragen:  die  (liegen  betra- 
gen das  fleisch,  legen  ihre  eier  darein,  beschmeiszcn  es.  die 
maurer  betragen,  bewerfen,  betünchen,  bekleiden  die  wand : 
von  der  bekleidung  der  mauern  ist  zu  merken,  dasz  diesel- 
ben an  öffentlichen  prächtigen  gebäuden  mit  gleicher  Sauber- 
keit geleget  wurden,  sie  mochten  betragen  werden  oder  nicht, 
das  betragen  der  mauern  geschähe  mit  mehr  Sorgfalt  als 
itzo.    Winkelmann  1,  363; 

sie  haben  ein  lager  geschlagen, 
mit  pulver  und  blei  wards  betragen, 
kanonen  wurden  drauf  geführt,    wunderh.  1,  238. 
die  goldschmiede  betragen  das  silber,  wenn  sie  vergolden,  ver- 
quicktes gold  außragend. 

2)  weit  häufiger  ist  sich  betragen  im  sinne  von  behelfen, 
auskommen,  vertragen. 

a)  mit  unterhalt,  kost,  Hausrat  u.  a.  m.  auslangen,  mhd. 
wir  selbe  sin  wä  unde  wd 
von  lande  ze  lande, 
koufeiide  aller  hande. 

und  gewinnen,  daj  wir  uns  betragen.    Trist.  222,  15; 
des  (pfluogcs)  pflac  er  unde  was  sin  site, 
wan  er  betruoc  sieh  da  mite,    bär  und  schreiet  iOi. 

in  einer  Urkunde  von  1365  heiszt  es :  wa  das  were,  das  Agnesa 
min  tochter  sich  na  minem  tode  erberlich  nit  betragen  {aus- 
kommen) möcht  und  gefristen  mit  den  zinsen  und  nützen,  so 
ira  vielin  von  minen  ligenden  gütern.  Mohrs  regesta  H  n* 
235  s.  57.    nhd. 

und  wil  euch  gar  wol  besachen 

mit  einem  gut  vaiszten  pachen, 

das  wir  uns  dester  pas  miigcn  petragcn, 

so  wir  die  hochzeit  wollen  liaben.    fastn.  sp.  575,  26; 

also  musz  ich  mit  llickwerk  mich  betragen.    793,10; 

weil  man  auch  sieden  kan  aus  mir 

vil  guter  trank,  als  met  und  hier, 

des  sich  beiragen  land  und  leut.    il.  Sachs  I,  418'; 

er  sprach,  wann  man  zwo  Schüssel  hat 

und  einen  lölTel  oder  drei. 

ein  hafen  oder  vier  darbei, 

des  kan  man  sich  gar  lang  betragen.    1,440*; 

er  schall»  die  stat,  er  schaut  die  graben, 

er  meint,  er  weit  sieh  ir  wol  betragen.    Unland  432; 

ein  pfrund,  darvon  er  sich  betragen  mag.  Münster  402;  sich 
betragen,  begon  {sp.  1287),  ernffren,  tolerare  sc.  Maaler  64*; 
mit  einem  wenigen  musz  man  sich  auch  betragen.  Henisch 
348 ;  mit  dem  hausfuter  betten  wir  uns  wol  betragen.  Agri- 
coLA  spr.  n'  78 ;  ich  geschweige,  dasz  die  hochberümle  doc- 
toren  kein  vinum  theologicum  hellen  trinken  mögen,  sonder 
hellen  sich  mit  dünnem  covenlbier  oder  knoll  müssen  be- 
tragen, bienenk.  4";  wir  müssen  uns  wol  mit  schicchlerin  ko- 
sten {schlechterer  kost)  betragen.  14t';  und  sich  nicht  allein 
selbst  mit  ihrer  handarbeit  betragen,   sondern  fürsien   und 


1709 


BETRAGEN  —  BETRAPPELN 


BETRAPPEN  —  BETREFFEN 


1710 


herrn  ihr  tron  und  Wechsel  mehren  und  so  in  erberkeit  le- 
ben. Thcbneisser  magn.  alch.  vorr.  s.  6 ;  ein  teutscher  magen 
könne  sich  wol  mit  solcher  teutscher  würz  betragen.  Zisk- 
GBEF  1S2,  9 ;  die  unsrigen  hatten  ihm  seinen  vorräthigen  vin 
de  palme  ausgesoffen,  derowcgen  betrug  er  sich  mit  wasser. 
Simpl.  1,  667;  seine  magere  gestalt  bezeugte,  dasz  er  sich 
mit  dem  schmalhansen  betragen.  2,  12;  der  geidanlage  für 
die  nachtselde  solten  sich  unsre  gn.  herren  betragen,  und 
ihre  jäger  und  hunde  selbst  ausrichten.  Krenner  bair.  land- 
lagshandl.  5,  307 ;  uns  selbst  fürsehen,  verkosten,  ausrichten 
und  betragen.  5,  32S ;  man  tragt  in  solcher  menge  auf,  dasz 
auch  der  Türke  Scanderbeg,  welcher  alle  tag  einen  ganzen 
gebratenen  hammel  verzehrt,  mit  einer  schüszl  sich  kont 
betragen.  Abb.  a  s.  Cl.  bei  Sc/im.  1,  484;  mein  sinn  könte 
sich  in  den  langweiligen  einöden  keinesweges  betragen  und 
ich  halte  das  landleben  für  so  vcrdrüszlich,  als  es  mein  ge- 
ehrter herr  für  vergnüglich  rühmet.  Bctschkt  kanzl.  436;  sie 
erfreue  und  beirage  sich  ihrer  Unschuld,  welche  schon  künf- 
tig in  dem  ehebctt  für  sie  die  stumme  oration  halten  werde. 
Abele  3, 127 ;  sich  mit  einem  wenigen  betragen,  paucis  con- 
tetüum  esse.  Stieleb  2311. 

6)  sich  vertragen:  man  litte  kein  hurerei  nicht,  must  sich 
ein  jeder  eines  weibs  betragen.  Aventin  bei  Schm.  1,  484 ;  der 
most  ist  die  lere  des  evangelii,  die  alte  schleuche  sind  diese 
veralte  schwache  gewissen,  darumb  künnen  sie  ^  sich  nicht 
mit  einander  betragen.  Llther  2,99';  das  bette  ist  zu  enge, 
das  sich  zwei  drinnen  bei  einander  betragen  möchten,  tischr. 
119';  und  {hat  er)  mit  dem  vater,  wie  wol  er  sein  einiges 
kind,  sich  auch  nit  lang  betragen  künden,  sonder  in  eins  an- 
dern haus  ziehen  müssen.  Albebcs  tcidder  Jörg  Witzeln.  H  4* ; 
weiber,  die  sich  mit  iren  erbaren  männern  nicht  wol  betra- 
gen, aber  mit  unflätigen  viel  lieber  zuhalten.  Fischabt  ehz. 
10 ;  diejenige,  so  sich  in  stäter  einsamkeit  des  lebens  mitein- 
ander zu  betragen  verglichen.  2; 

er  könd  sieb  wol  mit  mir  betragen, 

wenn  ich  schon  ein  wenig  krumm  bin.    Atrek  fasln,  sp.  42* ; 

du  kanst  dich  mit  niemand  betragen,  dialog  von  ztcein  Schwe- 
stern. A4;  sich  wol  betragen  mit  jemanden.  Stieler  2311. 

c)  nachdevi  heute  die  bedeutung  a  erloschen  ist,  die  von  b 
durch  vertragen  ersetzt  wird,  hat  uns  sich  betragen  nur  die 
von  sich  aufßjiren,  se  gerere:  er  beträgt  sich  anständig;  du 
hast  dich  stets  zur  Zufriedenheit  deiner  eitern  betragen;  er 
beträgt   sich   in  seinem  amte  schlecht; 

halte  du  es,  wie  du  willst,  doch  mir  Tergönne, 

dasz  ich  auf  meine  weise  mich  betrage.    Scuillir  369'. 

vgl.  sich  begehen  sp.  1287.  10,  c. 

3)  intransitiv,  eine  summe  ausmachen,  sich  belaufen  auf: 
es  wird  nicht  viel  betragen ;  die  ganze  summe  beträgt  ze- 
hen    thaler;    wie    viel    betragen   seine  sämtlichen  schulden? 

RETHAGE.N,  n.  mores,  vitae  ratio,  verhalten,  aufßhrung : 
gutes,  löbliches,  schlechtes,  seltsames,  rätselhaftes  betragen; 
ein  nothwendiges  betragen  des  vollkommenstea  wesens  {gottes). 
Ka.it  6, 117 ; 

ach,  dacht  ich,  hat  er  in  deinem  betragen 

was  Treches  unansiändiges  gesehn!    Göthe  12,  165; 

Werner  behauptete,  sein  freund  sei  in  seinem  wesen  ge- 
bildeter und  in  seinem  betragen  angenehmer  geworden.  20, 
132 ;  diese  leitete  die  stunden  und  tage  des  kindes  zum 
leben,  lernen  und  zu  allem  guten  betragen.  21, 128 ;  verstän- 
diges betragen  bei  huf  und  auf  reisen.  48,  25;  ein  aufmerk- 
sames, männliches  betragen.  48,  28;  so  fahren  güste  mit  er- 
wachsenen töcbtem  von  betragen  (conduite)  an.  J.  Paul  ßegelj. 
1,  26. 

BETRAMEN,  tignis  fdcirt.  Stieler  2300. 

DETHAMPELN,  pedibus  calcare:  den  boden  belrarapeln. 

BETKANG,  m.  angustiae,  afßictatio,  drangsal:  damit  er  der- 
gleichen vergwaltigung,  betrangs,  Schadens  und  Verderbens  nit 
iner  von  inen  zu  gewarten  habe.  Lanz  Karl  5  s.  411. 

BETHANGE.N  irird  im  16.  17  jh.  häufig  für  bedrangen  ge- 
sehrieben, z.  b.  an  ihren  gottesdiensten  und  ceremonien  nicht 
irren  oder  betrangen,  reichsabsch.  von  1S30  §.  3 ; 

dich  hinterschleichl,  facht  und  beirangt.     II.  Sachs  II.  2,  4ö*; 
betrangte  Christen.    Schuppics  375;    das   elend   mit  welchem 
meine  Schwestern  betrangt  sein.  745;  so  viel  Schlösser,  hau- 
ser,   dörfer  mit  beraubung,  furi  und  brunsten  beträngt.    723. 

BETBAPPELN,  drprehendere,  ertappen,  betreten:  das  wären 
die  dümmsten  weiber,  die  sich  mit  einem  liebhaber  von  ihren 
mannem  belrappeln  lieszen.  Felsenb.  3,  395;  meiner  frau  zu 


zeigen,  dasz  auch  die  klügsten  weiber  von  ihren  männern  be- 
trappelt werden  können.  3,  400;  er  betrappelt  beide  in  aller 
stille,  irrg.  der  liebe  488. 

BETR.JlPPEN,  dasselbe.  He^isch  348.  Oberli:»  143; 

{man  sagt),  mein  tochter  wer  liie  auf  der  siraszen, 
hett  ich  sie  hie  mügen  betrappen, 
ihr  wolt  gegeben  han  ein  schlappen. 

das  netc  morgensfell.  1585  E2'. 
BETRAUBET  für  trauben  tragend  verzeichnet  Stieler  2301. 
BETR.\UE.N  fTir  bedrauen,  bedräuen,  bedrohen:  nachdem 
sich  ein  reich  begibt,  das  leichtfertige  underthanen  . . .  ihre 
herschaft  oder  derselben  underthanen  betrawen.  landfr.  von 
1521.8,3;  und  so  der  hund  einer  were,  der  solches  vieh  an- 
laufen und  anfallen  wolle,  sol  man  denselbigen  zu  einem 
hamel  oder  widder  ankupplen  und  so  lang  in  beitschen,  schel- 
ten und  betrauwen,  bis  dasz  er  verstehen  lebrne  solches  ml 
mehr  zu  thun.  weidwerk  1, 14" ; 

und  zwitaliig  machen  ir  joch 

sie  also  mit  betrowen  hoch.    H.  Sachs  lil.  1,  101'. 

BETR.\UE.N,  fidei  alicujus  committere,  anvertrauen:  betraue 
einem  ungeprüften  neulinge  grosze  Sachen  nicht,  perj.  baumg. 
1,  33 ;  wem  besser  als  dem  Publ.  Valerius  die  freiheit  betrauet 
wird.  Stolbebg  7,  265.  man  sagt  heute  auch,  einen  mit  dem 
amte,  mit  dem  geschäft  betrauen;  ein  damit  betrauter;  s. 
kön.  maj.  hochbetrauter  general  der  cavallerie;  ein  in  den 
wichtigsten  geschäften  betrauter  mann.  Dahlma.n.'«  ddn.  geseh. 
1,  503;  der  könig  in  die  Schlösser  von  Alsen  betraute  hof- 
leute  setzte.  2,  50 ; 

die  kammer  nährt  aus  weiser  buld 

zehn  hochbetraute  bäreo.    Hagedoo  3,  50. 

BETRAUERLICH,  lugendus,  dolendus,  kidglich:  der  be- 
trauerliche  Verlust.  Bltschky  kanzl.  202.  adv.,  und  ferner 
fortfährt  das  oflatküchlin  bctrauerlich  zu  beklagen  und  mit 
fährlinslhränen  zu  beweinen,  bienenk.  158*. 

BETRAUERN,  dolere,  lugere,  nnl.  belreuren,  beweinen,  be- 
klagen. 

BETRAUERNSWERTH,  lugendus. 

BETRÄUFELN,  guUulis  aspergere:  spitzbübische  laboranten, 
die  mich  mit  meinem  bratenfette  ein  wenig  belreufelt,  den 
braten  selbst  aber  entwendet  hätten.  Felsenb.  2,  284 ;  da  ich 
die  Vögel  zuweilen  mit  butter  betreufeite.  Pierot  2,  203 ;  Sar- 
mentus,  ungeachtet  er  an  Cäsars  tafel  mit  Falemer  beträu- 
felt wurde,  muste  sich  doch  gefallen  lassen  als  scurra  zu 
ßgurieren.  Wielands  Horaz  1. 186.     s.  betröpfeln. 

BETRÄUFLN,  BETRAUFEN,  gutlis  aspergere,  früher  oß  ge- 
schrieben betreifen :  betrauf  in  (den  Stockfisch)  veijt  mit  butem 
und  gib  in  hin.  ton  guter  speise  8 ;  mache  sie  hei;  und  be- 
traufe sie  mit  butern  und  gib  sie  hin.  9;  betreife  sie  mit 
butern,  oder  mit  smalze,  ob  e;  fleischtae  sl,  und  gib  sie  hin. 
10;  betraufe  in  mit  butern  vaste  und  gib  in  hin.  14;  kumt 
des  pfaffen  kellerin  bei  das  feuer  und  wolt  die  hüner  betrei- 
fen. Eulensp.  eap.  11 ; 

wie  ist  der  rock  mit  hier  betraun !    ü.  Sacbs  IV.  3,  27'; 

wer  binden  wil,  eh  er  gegreifl, 

Wirt  gern  mit  eignem  schmalz  beireift.    Kirchhof  wendunm.  99 ; 

ein  Christ,  welcher  mit  dem  h.  taufwasser  betreifet  worden. 
BuTscHKY  kanzl.  220 ;  ich  denke,  das  heiszt,  mit  dem  sprich- 
worte  zu  reden,  einen  mit  seinem  eigenen  fette  betiisufen 
wollen.  Lessinc  8, 4 ; 

schweisz  beträuAe  deine  wangen.    Platr.*«  159. 

BETRÄüMEN,  somnia  videre:  je  mehr  er  körper  als  kör- 
per  nicht  angafte  und  beträumte.  Herder  19,  30.  Stieler  2303 
hat  betreumen,  somnia  txspectare:  der  traumgott  wird  dich 
schon  betreumen  lassen,  MorpTieus  somnia  in  somnis  dabit. 

BETREF,  m.  -respectus,  bezug:  der  betref  herr?  (the  con- 
cernancy,  sir?)  A.  W.  Schlegel  im  Hamlet  5,  2;  und  ist  er 
in  diesem  betreffe  nicht  strafTällig,  so  bleibt  dennoch  die  Ver- 
heimlichung nicht  unbeahndet.  Klopstuck  12,  270;  in  betref 
seines  alters,  quod  attinet  ejus  aetatem.     vgl.  tref,  schlag. 

BETREFFE.N,  deprehendere,  nnl.  betreffen,  noch  nicht  ahd. 
mhd. 

1)  einen  betreffen,  treffen,  betreten,  ergreifen,  ertappen,  auf 
frischer  that,  auf  dem  fahlen  pfrrde,  auf  einer  lüge  betreffen ; 

denn  er  tchwäui  sich  nicht  durch,  ich  hab  ihn  selber  betrofTen 
über  der  that.  Göthc  40,  191 ; 

meine  mutter  schKift  nicht  tief, 
und  würden  wir  von  ihr  beu-oITen, 
ich  war  gleich  auf  der  stelle  lodt.    12,  181; 


1711 


BETREFFEN— BETREIBEN 


BETREIBEN  —  BETRETEN 


1712 


du,  Äster,  kömmst  ans  kreuz,  sobald  man  dich  beirift. 
li\CKDOiiN  2,  (iO; 

er  läszt  sich  da  betreffen,  wo  er  nicht  sein  soll;  wehe  der, 
die  ich  bei  ihm  betreffe.  Lenz  119 ;  der  sich  fast  allenthalben 
betreffen  läszt,  wo  die  übrigen  interessanten  gegenstände  ein 
ende  nehmen.  Tieck  aes.  nov.  2,  203 ;  einen  hirsch  betreffen, 
auf  einen  stoszen.  Opitz /!?•(/.  2, 180;  einen  zu  haus  betreffen, 
finden;  fügten  sich  darauf  zu  ihm,  den  betrafen  sie  gutwillig 
ihnen  zu  helfen.  Gan/.  228";  ich  betreffe  mich  selbst  {ertappe 
mich  darüber),  dasz  ich  meine  Stellung  verändere,  ohne  dasz 
ich  eine  eigentliche  Ursache  davon  anzugeben  weisz.  Gükingk 
Nicolais  leben  101. 

2)  einen  betreffen,  befallen,  einem  zustoszen,  begegnen :  ihn 
betraf  der  unfall  vom  pferde  zu  stürzen ;  eine  schwere  krank- 
heit  betraf  ihn;  uns  hat  das  Unglück  lang  betroffen;  wenige 
jähr  hernach  betraf  ihm  {fehlerhaft  für  ihn,  nach  falscher  ana- 
logie  von  begegnen)  das  elend,  welches  ich  lange  zuvor  ge- 
sehn, pers.  rosenth.  7,  G ;  eine  straf  der  untreue,  welche  zu 
seiner  zeit  betVift  alle  untreue  knechte  und  mägde.  Scuuppius 
352 ;  es  ist  gerade  jetzt  das  einzige  büse,  das  mich  in  mei- 
nem Verhältnisse  betrift.  Gütiie  an  Schiller  424 ; 

nicht  einen  jeden  beirifl  es 
anzufangen  von  vorn  sein  ganzes  leben  und  wesen, 
nicht  soll  jeder  sich  quälen,  wie  wir  und  andere  thaten. 

40,  252 ; 
das   wunderbare   des   orts,    der   edle   blick  froher  Jünglinge, 
alles  betraf  mich  so  sichtlich  {machte  mich  betroffen).  Dyana- 
sorc  2, 157. 

3)  einen  oder  etwas  betreffen,  attinere,  angehen,  berühren: 
da  Ireumet  uns  beiden  in  einer  nacht  einem  iglichen  sein 
träum,  des  deutung  in  betraf,  i  Mos.  Ai,\l;  diese  last  betrift 
den  fürsten  zu  Jerusalem.  Ez.  12,  10;  gesetz,  das  den  man 
betrift.  Rom.  7, 2 ;  also  lesen  wir  Mosen  darumb  nicht,  das  er 
uns  betreffe,  das  wir  in  müssen  halten.  Luther  3,  170;  die 
Sache  betrift  leib  und  leben ;  was  da  betrift  die  päbst  selbst. 
bienenk.  20';  so  vil  dann  den  namen   der  mess  betrift.    78"; 

und  was  das  liebe  junge  volk  bcirirt, 

das  ist  noch  nie  so  naseweis  gewesen.    Götiie  12,  213. 

die  betreffende  behörde,  der  betreffende  fall,  die  betreffenden 
acten  u.  s.  w.  beliebte  ausdrucksweisen  der  gcschäßsleute.  s. 
betroffen. 

BETREFFEND,  adv.  quod  atlinet,  in  betref:  in  Sachen  den 
ehestand  und  die  speisen  betreffend,  bienenk.  47* ;  betreffend 
nun  fortan  den  orden  Aarons,  der  ist  unzweifelig  ein  figur 
unserer  priester  gewest.  75';  und  fortan  betreffent  eine  jede 
ceremoni,  ..  darüber  möcht  ihr  lesen.  79';  zu  disem  allem 
sind  sie  noch  mit  vil  andern  schweren  questionen,  dise  ma- 
teri  betreffend,  under  einander  streitig.  87';  und  weiter  be- 
treffend, dasz  sie  uns  mit  unserer  eigenen  rute  wollen  schla- 
gen. 92';  so  will  ich  ihre  meinung,  disen  puncten  betreffend, 
etwas  weiter  und  gründlicher  erholen.  94" ;  betreffend  nun  das 
fegfeur,  ist  dasselbige  auch  auf  die  h.  schrift  gegründ.  109'; 
den  Horatius  betreffend,  so  haben  wir  noch  etwas  von  dem 
schreiben,  darinnen  ihn  der  leutselige  herr  zu  seinem  secre- 
tar  begehret.  Opitz  1  i'orr.  3'. 

BETHEFS,  adv.  schreiben  neuere  für  in  betref,  wie  falls 
für  im  fall :  betrefs  ihrer  forderung. 

BETREIBEN,  agcre,  Iraclare,  accelerarc,  nn/.  bedrijven,  schw. 
bedrifva,  dän.  bedrive. 

1)  agerc  pastum,  die  weiden,  wiesen,  felder  mit  dem  vieh 
betreiben ;  er  betrieb  das  feld  mit  hundert  schafen ;  die  tan- 
gelhölzer  mit  dem  rindvieh  betreiben. 

2)  ein  geschäft,  eine  sachc  l)etrciben,  treiben;  viel  unfug, 
viel  böses  betreiben,  pers.  baumg.  9, 14 ;  halt  itzo,  dieweil  du 
lebest,  einmal  rechnung  von  deinen  betriebenen  handlungen. 
9,  19;  den  Unterricht,  die  stuhlen,  den  fuldzug,  Landel,  die 
reise  eifrig  betreiben ; 

steht  nicht  was  er  betrieben, 

zusammt  der  todcsan  an  seine  slirn  geschrieben  1    Canitz; 

der  könip,  dem  ich  weisz  nicht  was  oft  schwer 

ums  herze  macht,  betreiht  den  riickztig  sehr. 

WiRLAMi)  10,280; 
auftrag,   um  bei  den   mahlcrn  bestellte  bildcr  zu  Itelreibcn. 
Götiie  24,  242; 

alles  sah  der  gelassene  mann,  doch  als  ich  es  endlich 

gar  zu  thöricht  betrieb,  ergril'  er  mich  ruhii;  beim  arme. 

40,  323 ; 
auch   sollen  grosze  summen  auf  den  namen  der  künigin  be- 
Iricben    worden    sein,    in  Brüssel  zu  erliehcn.    Sciiii.leh  305; 
des    landes   wol  betreiben.    Gökinck  2,  1!Mi ;    alles  zu  verwir- 
ren, indem  er  alles  zu  betreiben  schien.  TitCK  4,  Wi.    man 


scheint  auch  gesagt  zu  haben,  einen  über  etwas  betreiben  = 
betreffen,  betreten :  sollen  sich  innerhalb  24  stunden  aus  dem 
läger  machen,  dann  wo  ferr  dern  einer  hierüber  betriben, 
der  soll  olfentlich  mit  ruten  ausgestrichen  werden.  Fkonspekg 
kriegsb.  3,  2l'. 

3)  sich  betreiben,  beeilen :  der  graf  wird  selbst  kommen. 
—  er  kann  sich  betreiben,  meine  geduld  reiszt  den  zäum  ab. 
Schiller  168'. 

BETREIBEN,  n.  glücklicherweise  stört  es  mich  nicht  in 
meinem  thun  und  betreiben.  Güthe  an  Zelter  702. 

BETREIBSAM,  sedulus,  acluosus:  als  ein  belreibsamer  rechts- 
consulent.  Lessing  1,  364.     man  sagt  heute  betriebsam. 

BETREIBUNG,  f  wegen  des  langen  weges  und  der  betrei- 
bung  des  geldes.  Schiller  1081. 

BETRENTELN,  maculare:  mai)  musz  das  kind  nicht  mit 
dem  bad  ausschütten,  sondern  die  beträndelte  winteln  waschen. 
Lehmann  533 ;  den  wüsten  menschen,  der  nur  seine  alte  be- 
tendelte  (verdr.  für  betrendelte?)  hosen  und  schuhe  hat.  567. 
Schneller  1,  497  hat  Iranischen  verunreinigen,  beklekseii, 
träntsch  unreinlichkeil,  kleks,  und  trenzen  tröpfeln. 

BETREPPEN,  maculare:  du  sihest  wol,  wie  das  fihe, 
ochsen  und  ku,  in  dem  kat  ligen  und  uf  alle  ort  belrebt 
seind.  Keisersberg  post.  91 ; 

sie  wurden  jämerlich  betrept.    lied  vom  reichen  bauer ; 

darnach  der  herbst  kam  ganz  betrept, 

sein  bein  mit  inost  gar  wo)  beklepi.    Wickraks  Ovtd  13*; 

feilt  ins  wasser  und  kot,  betrept  sich  wie  ein  mor  {schwcin). 
Frey  garteng.  cap.  2 ; 

das  ratienas  musz  euch  beireppen.    Garj.  37'; 

diesen  vortheil  haben  {die  zwerge),  das  sie  weder  stumpf  noch 
mäntel  betrcppen,  sonder  den  treck  über  den  köpf  ausschlau- 
dern.  41';  fein  bcträppt  und  bescblept  nach  allem  last  zu 
dem  bandel.  151';  hiha,  sagt  der  mönch,  habt  euch  wol  be- 
treppt. 24l'.  dies  betreppen  von  trappen,  trappeln,  Ireppcln 
herzuleiten,  insofern  bei  dern  auftreten  man  sich  zu  besprützen 
pßegt,  hat  noch  bedenken,  zumal  betrappen  und  betrappeln 
der  bedeutung  dieses  betreppen  fremd  bleiben;  offenbar  be- 
rührt es  sich  auch  mit  bestreppen  und  vielleicht  beschleppen. 
BETRETEN,  calcare,  pedibus  attingere,  nnl.  betreden. 

1)  vom  federvieh,  was  vom  vierfüszigen  bespringen,  besteigen, 
inire:  der  bahn  betritt  die  henne ;  der  fasan  hat  sein  Weib- 
chen schon  betreten,  in  anderm  sinn  steht  betreten,  wie  be- 
sitzen von  fliegen  und  würmern,  die  auf  dem  menschen  krie- 
chen :  die  fliegen,  die  lause  besitzen  {sp.  1625. 1626) ;  die  inar- 
gretenwürmerchen  {pediculi)  betreten  und  bezausen.  Weise 
kl.  Icute  203.  204. 

2)  das  land,  den  boden,  die  erde  betreten ;  nach  zweimo- 
natlicher Seefahrt  betraten  wir  endlich  das  feste  land;  die 
oberkeiten,  unter  denen  die  guter  gelegen  oder  betreten  wa- 
ren, erkl.  des  landfr.  von  1522  §.  15 ;  kaum  betrat  sein  fusz  das 
eis,  so  glitt  er  aus; 

als  dieses  paar  die  weit  betrat, 

beiieilien  beide  sich,  was  bestens  anzufangen. 

Haükdorn  2,'73; 
du  standest  an  dem  eingang  in  die  weit, 
die  ich  betrat  mit  klösierlichein  zagen.    .Schillfr  359'; 

das  haus,  die  schwelle,  die  treppe,  die  kanzel  betreten ;  ich 
flog  die  treppe  hinunter  mit  dem  festen  vorsatze,  das  haus 
nie  wieder  zu  betreten.  Güthe  25,  286;  ich  werde  seine  treppe 
nicht   wieder  betreten,    ihm  nicht  über  die  schwelle  gehn; 

die  Stätte,  die  ein  guter  mensch  betrat, 

ist  eingeweiht.       9,  104; 

betrete  dann  das  hochgcthürmte  fürstenhaus, 

und  inustre  mir  die  mägde.    41, 181; 

ein  sehr  geschickter  candidat, 

der  lange  schon  mit  vielem  lobe 

die  kanzeln  in  der  stndt  betrat, 

that  aur  dem  dorte  seine  probe.  Gkllert  1,  204 ; 

als  er  die  letzte  stufe  der  leiter  betrat,  brach  sie  zusammen: 
den  weg  betreten,  viam  lerere,  ein  betretener  weg,  pfad.  wian 
sagte  aber  auch  ein  lasier  betreten  für  auf  die  bahn  des  laslers 
treten:  sünde  und  laster  sind  uns  vim  den  eitern  angeerbt 
lind  nachmals  durch  selbsteigncn  willen  würklich  beliebt  und 
betreten.  BiiTscnKV  l'alm.  sr,2. 

3)  den  fusz,    die  sohle  belreten  =  auf  den  fuss,   auf  die 

sohle  treten,  mit  dem  fusz,  der  sohle  außrctcn: 

doch  erfreut  sie  uns  gleich,  wenn  sie  die  sohlen  botrilt. 
GoruK  1,  360; 

kann  doch  wol  wieder  den  fusz  betreten.    13,  82. 


1713 


BETRETEN 


BETRETUXG  —  BETRIEGEN 


1714 


also  auch,  die  schuhe  betreten,   in  die  schuhe  Irelen.     einem 
den  fusz,  das  gesicht  betreten,  auf  den  fusz,  ins  gesicht  treten. 

4)  häufig,  einen  betreten,  ihn  entischen,  ertappen,  festhal- 
ten: wa  sie  mich  ankommen  und  betretten  mögen.  Geszlers 
rethor.  69' ;  wenn  er  {s.  Petrus)  noch  lebete,  der  teufel  würde 
in  betretten  bei  diesen  heiligen  mördem.  I^uther  5,  eV;  bis 
sie  in  das  thal  Soisson  kamen,  und  den  herzogen  Bevc  sampt 
seinen  leuten  betraten.  Aimonc;  ich  bitt  euch  meine  kinder, 
fliehent  von  hinnen,  denn  ob  euch  ewer  vatter  betritt,  in 
warheit  er  uberantwurt  euch  dem  keiser.  d;  wo  er  sie  be- 
trett,  solt  er  sie  fahen.  d;  in  dem  waid  Ardenien  betrat  er 
sein  eigene  kind.  f;  es  betraten  mich  reuber,  und  die  namen 
uns  alles  das  unser,  rl;  mir  ist  leid  euch  dermaszen  alhie 
betretten  zu  haben,  t;  bei  got,  itzt  seit  ir  betretten  und  ge- 
fangen, t ;  wfr  wurdent  als  nahe  betretten,  das  wir  auf  un- 
sere pferd  nit  sitzen  kundten.  t;  gieng  der  keiser  durch  das 
sehlosz,  sähe  ob  er  Reinharten  oder  seiner  bröder  einen  be- 
tretten mochl.  y3;  also  ward  inen  der  roub  zum  teil  abge- 
jagt und  etlich  wurdent  beträtten  und  erschlagen.  Bcllixcer 
3,  240;  das  er  {gott)  mir  in  so  langer  zeit  verleihen  wüllen, 
dich  an  eim  bequemen  ort  zu  betretten  (zu  finden,  treffen). 
Wirsing  Cal.  B  3" ;  mit  diesen  Worten  Fridricfa  von  seinem 
gesellen  gieng,  willens  war,  wo  er  die  herzogin  betretten 
möcht,  ir  das^nliegen  seines  gesellen  zu  entdecken.  Galiiiy 
24 ;  habe  er  sich  flüchtig  gemacht,  doch  wieder  betretten  und 
geränglich  angenommen  worden.  Kircuhof  mil.  diso.  243; 
solche  meutmacher,  da  sie  betretten,  auf  frischer  tat  zu  stra- 
fen. 34 ;  hält  er  aber  die  fräfler  betretten,  tcendunm.  5ü'  ; 
schlug  ohn  genad  tod  alles  was  er  antraf,  bisz  er  ein  reuter 
betrat,  so  der  armen  pilger  einen  gebunden  hinder  dem  Sat- 
tel führet,  und  wolt  im  da  sein  sächlin  machen.  Garg.  253* ; 

dem  kleinen  zurail,  worin  der  neger  ihn  neulicli  beireien. 
WiELASD  4,  22t ; 

der  dich  läszt  sich  betreten.    Bürgf.r  19'; 

dasr  ich  dich  aller  nimmermehr  forlan 

betrete  bei  den  hoiilen  schilTen  hier.    142'; 

wenn  ich  nur  irgend  so  rasend  dich  wieder  betrete,  wie  jeizo. 

197»; 

sie  schweiTen  hin  und  fragen  alle  sierne. 

wo  ist  sie?  oder,  habt  ilir  sie  betreten?    PlatemOö; 

und  läszt  sich  der  dumme  teufel  betreten,  dasz  er  da  etwas 
zu  viel,  dort  etwas  zu  wenig  gesagt  bat.  Göthe  8,  245;  der 
gouverneur  sehlosz  damit,  es  halte  ihn  zwar  nichts  ab  den 
betretenen  einzustecken  und  in  Verwahrung  zappeln  zu  las- 
sen. 2S,  213. 

5)  abstracle  Vorstellungen,  die  personificierl  zu  werden  pfle- 
gen, betreten  uns,  treten  uns  an,  treten  an  uns:  du  weist 
alle  die  mühe,  die  uns  betretlen  hat.  4.Vos.  20, 14;  hat  mich 
nicht  dis  übel  alles  betreiten,  weil  mein  got  nicht  mit  mir 
ist?  5  Mos.  31,17;  wenn  sie  denn  vil  unglück  und  angst  be- 
tretlen wird.  31,  21 ;  hab  ich  mich  gefrewct,  wenns  meinem 
feinde  übel  gieng,  und  habe  mich  erhaben,  das  in  unglück 
betretten  halle?  Ihob  31,  29;  es  hat  euch  noch  keine  denn 
menschliche  Versuchung  beiretten.  1  Cor.  10,  13-,  es  ist  aber 
eben  die  noth,  die  euch  betretten  hat.  Luthers  br.  2,  480 ; 

was  noth  hat  dich  betreten?    Opitz  1,  198; 
mich,  den  neue  furcht  und  p-öszer  angst  betrat. 

Grtphius  1,  245; 
wir  sollen  uns  befragen 
und  !>ehn  auT  guien  raih, 
das  leid  einander  klagen, 
so  uns  betreten  bat.     Simon  Dach  ; 

Diemands  herz  war  mit  der  geringsten  beschwerde  betreuen. 
pers.  baumg.  1, 18. 

6)  einen  betreten,  au  einen,  zu  einem  bittend  treten,  ihn 
angehen,  aggredi: 

(gott)  gib  acbtiing  und  erhöre  mich, 
•ich  bringe  mein  geschrei  vor  dich, 
mit  heulen  iiiiisz  ich  dich  beirnen.    Opitz  ps.  t.  104 : 
Rnade.  herr.    du  siebst  mein  beten 
dich  den  ganzen  lag  betreten.     165. 

7)  ein  geschäft,  amt,  einen  dienst,  eine  stell«  betreten  = 
antreten,  adire: 

eine  srhiacht  *o!l  jetzt  betreten  {inire) 
Fiigipus,  da  woli  er  beten.     Loc*t;  1,  4,  W; 
nachdem   hat   er   seinen   vorigen   dienst   in  Sletin   widenimb 
betreten.  Micräliis  5,  323;  weil  er  ebedessen  in  dem  sehlosz 
gedienet  und  die  charge  eines  Schreibers  in  der  canzclei  be- 
treten hatte.  Jucundist.  203.  j 

8)  betreten  sein  orfer  werden,  perturbari,  haerere,  betreten 
-=  verlegen,  betroffen:  da  dise  rede  horten  die  hobeopriester,  I 


wurden  sie  über  inen  betretten,  was  doch  werden  solle,  apost. 
gesch.  5,24;  da  diese  betrettene  leut  sorge  betten  sich  selber 
zu  verrathen.  Kirchhof  wendunm.  143';  er  sprach,  ich  wil 
dirs  sagen,  warumb  ich  also  betretten  bin.  Helviccs  jüd. 
histor.  1, 1S8; 

so  schlägt  er  nach  und  nach,  den  finger  stets  am  mund, 

bis  auf  das  achte  {blatt)  um,  beguckt  es  ernstlich  rund 

herum,  und  ist  gar  m.icbtiglich  betreten, 

zu  sehen,  dasz  darauf  niciil  eine  sylbe  stund,    Wieland  10,  i49 ; 

sie  dürfen  nicht  darüber  betreten  sein,  fuhr  Aurelie  fort. 
Göthe  19,95;  alle  zugleich,  mit  betretnem  erstaunen.  Schil- 
ler 297';  hätte  ich  ihm  ins  betretne  gesicht  geschaut.  J.  Paul 
utis.  löge  9.  diese  ausdrucksweise  ist  aus  4  oder  5  zu  erläu- 
tern, und  betreten  entweder  befangen,  ergriffen  oder  von  angst 
und   sorge  eingenommen,     betroffen  verhält  sich  nicht  anders. 

BETRETUNG,  f  die  betrelung  des  flüchtigen  Verbrechers; 
die  betrelung  des  rechten  wegs;  die  betrelung,  der  antritt, 
die  annähme  einer  stelle:  das  sie  mich  zu  betretung  der  ge- 
vatlerstelle  erwählet  und  ausersehen.  Bltschky  kanzl.  616 ;  die 
betrelung,  perplexilas,  Verlegenheit:  man  merkte  ihm  seine 
betrelung  schon  an. 

BETRETLNGSFALL,  m.  im  betrelungsfall  soll  der  dieb  aus- 
geliefert werden. 

BETRELUNG,  f  im  vierten  buch  ist  beschrieben,  wie  der 
Weinbau  recht  anzustellen,  zu  pflanzen,  zu  warten,  neu  an- 
zulegen, mit  gehöriger  belrcuung  und  gebührenden  arbeiten 
zu  versehen.  Hohberg  2,  3.  das  soll  doch  heiszen  pflege,  «ar- 
tunq?     von  betrauen,  betreuen,  mit  etwas  beauftragen. 

BETRICHTERN,  inquinare: 

vor  angst  er  sich  betrüchtern  thet 
mit  eignem  kot.     H.  Sachs  IV.  3,  109*. 

BETRIEB,  m.  tractatio,  eura,  impulsus,  trieb,  antrieb,  pflege. 

1)  dem  menschlichen  geschlecht  ist  aus  neischwas  (je  ne 
sais  queh  natürlichem  betrieb  angeboren.  Thubxeisser  ntajn. 
alch.  vorr.  1. 

2)  der  betrieb,  anbau,  Verwaltung  des  forstes,  hcrgwerks; 
der  betrieb  der  eisenbahn,  des  handeis,  des  geschäfts;  der 
wissenschaftliche  betrieb;  meinen  ehemaligen  Verbindungen, 
entwürfen  und  betrieben  abgestorben.  \Viel.\nd  32,  33S;  auf 
betrieb,  antrieb,  aliquo  impulsore;  auf  seinen  beirieb  geschah 
alles  was  hernach  so  übel  ausschlug;  sie  können  gewis  glau- 
ben, dasz  es  mein  betrieb  gar  nicht  gewesen  ist.  Lessixg  2,  399 ; 

wen  {natur)  dein  Lnchcluder  blick  auskor  zum  vertrauteren 
liebling, 
meidet  des  markies  betrieb  (treiben)  und  das  gerasscl  der 
Stadt.  Voss ; 

die  liebe  wird  mit  feurigem  betriebe 
sicli  in  sich  selber  zu  verzehren  schnauben.    Plate^  103. 
MTRIEBSAM,  sedulus,  induslrius:  ein  betriebsamer  mensch, 
betriebsames  volk;    die  amcise,  ein  betriebsames  thier. 
BETRIEBSAMKEIT,  f.  sedulitas,  industria. 
BETHIEBSAMKEITSRITTER,  m.  Chevalier  d'induslrie.   Fich- 
TES  naturrcchl  2,  I.)5. 

BETRIEBSGEBÄUnE,  n.  im  gegensatx  zum  wohnbaos. 
RETHILBSMERR,  m. 

BETRIEBSKOSTEN,  pl.  im  gegensalz  zur  anläge. 
BETRIEFEN,  was  beträufen:  es  gibt  so  viel  schmalz,  dasz 
man  einen  braten  dabei  betriefen  kann.  LEHMA-tx  20; 
und  «yenn  sie  trinkt,  fahr  ich  ihr  an  den  mund, 
dasz  ihr  das  hier  die  platte  brüst  betriefet,  matl  fitr: 
and  when  she  drinks,  against  her  lips  I  bob, 
and  on  her  withcrd  dewlap  pour  the  ale. 

sommemacklstr.  2,  1. 
BETRIEG,  m.  fraus,    betrug,    selten,    aber  gebildet  wie  ge- 
niesz,  verdnesz:  in  welchen  unzählich  mehr  list  und  belrieg 
geschieht.  LcTHERS  br.  1,  4.35. 

BETBIEGEN,  BETRUGEN,  fallere,  decipere,  inducere,  ahd. 
pilriokan,  mhd.  betriegen,  alts.  bidriogan,  nnt.  bedriegen,  teu- 
schen,  hintergehen,  die  form  betriegen  betrog,  triegen  trog, 
wie  biegen,  fliegen,  schmiegen  hesser  als  belriigen,  trügen, 
nach  analogie  von  lügen  f  liegen,  betriegen  ist  ein  härterer 
ousdruck  als  teuschen  «;irf  hintergehen,  zu  betriegen  galt  für 
unrecht,  den  belrieger  zu  hintergehen  für  erlaubt:  Jul.  und 
also  hast  du  Cbrjsandcrn  betrogen?  Lis.  ei,  sagen  sie  das 
doch  nicht;  einen  belrieger  betncgt  man  nicht,  sondern  den 
hintergeht  man  nur.  hinlcrgangrn  hab  ich  ihn.  Lessimc  1, 285. 
die  urspriingliehe,  sinnliche  bedeulung  solt  unter  triegen  abge- 
handelt werden;  hier  nur,  dasz  golh.  driugan  OToareifetr,  ags. 
dreogan  agere,  facere,  tolerare,  aitn.  driuga  exercere,  putrate 
ausdrücken,  und  golh.  drauhts,  ahd.  truht  turba,  truhlin  domi- 

108 


1715 


BETRIEGEN 


BETRIEGEN 


1716 


nus  dazu  fallen  (vgl.  betrogen  2).  Schweden  und  Dänen  ha- 
ben ihr  ähnlich  klingendes  bedraga,  bedrage  von  draga  gebil- 
det, welches  altn.  für  sich  decipere  aussagt,  und  nicht  anders 
verhält  sich  ein  ags.  bedragan,  praet.  bedrög,   engl,  betray. 

1)  betriegen  steht,  wie  berücken,  vom  fangen,  bestricken  des 
wilds,  der  vögel,  der  menschen,  mhd.  wer  betriuget  unde 
vaebet  den  wilden  vogel  und  wer  geweitiget  da;  wilde  tler, 
wan  des  menschen  underscbeit  (list)!; 

er  leite  ir  aber  mit  vräge 
sine  stricke  und  sine  läge 
und  betrouc  si  aber  dar  in.    Trist.  352,  37 
vhd.    gleichwie  der  stricit  den  vogel  fängt, 
und  mancher  lisch  im  netz  behangt, 
wirt  menschlich  leben  oft  betrogen, 
ir  werk  für  gois  gericht  gezogen. 

ScHWARZEiNBERG  151,  2; 

sie  lassen  sich  mit  keinem  aasz  betriegen  als  andere  fisch. 
Forer  164' ;  der  (schlingen  legende)  teufel  betreugct.  Neandefs 
menschensp,  6' ;  der  sathan  betreugt  die  ganze  weit.  Reiszner 
Jer.  1,91';  die  schlang  betrog  mich,  dasz  ich  asz.  i  Mos.  3,13; 
der  liigner  betriegt: 

du  magst  so  oft,  so  fein  als  dir  nur  möglich  lügen, 

mich  sollst  du  dennoch  nicht  betriegen. 

ein  einzigmal  nur  hast  du  mich  betrogen, 

das  kam  daher,  du  haltest  nicht  gelogen.    Lessing  1,  10. 

2)  übersehe  man  nicht  das  betrouc  darin  der  Tristan- 
slelle,  es  heiszl  gleichsam  lockte,  verlockte  in  die  stricke,  ge- 
rade so  noch  nhd. 

und  wen  sein  herz  nicht  glücklich  macht, 

den  kann  man  nicht  ins  glück  hinein  betrügen. 

WiEiANo  18,  176; 
falscher  Pontiis,  deine  stille 
war  nur  des  verrathes  hülle, 
einem  spiegel  warst  du  gleich, 
tückisch  ruhten  deine  wogen, 
bis  du  ihn  heraus  betrogen 
in  dein  falsches  lügenreich.    Schillkr  GO'; 
so  hat  sie  aus  des  waldes  nacht 
einen  baren  ungeleckt  und  ungezogen 
unter  ihren  heschlusz  herein  betrogen.    Götiie  2,  91; 
du  weist,  dasz  der  körper  ein  keiker  ist, 
die  seele  hat  man  hinein  betrogen.    5,  208. 

wahrscheinlich  gilt  bei  Vogelstellern  und  Jägern  noch  dies  hin- 
ein, herein  und  heraus  betriegen.  Wieland  sagt  auch  dazu  be- 
triegen : 

als  ich  um  meinen  hals 
zum  letztenmale  dir  mit  heiszen  thrnnen  ilehte, 
wars  menschlichkeit  was  mich  dazu  betrog.    10,  350. 

3)  und  sollen  (die  propheten)  nicht  mehr  ein  rauchen  man- 
tel  anziehen,  damit  sie  betriegen.  Zachar.  13,  4;  sie  bestrich 
sich  mit  köstlichem  wasser  und  Docht  ire  har  ein,  in  zu  be- 
triegen. Judith  16,  9 ;  die  Wächter  betriegen,  heimlich  ausbin 
(hinaus)  gon,  dasz  die  hüter  nit  werdend  innen.  Maaler65*; 
du  kanst  mich  nit  betriegen,  ich  kenn  dich  ze  wol.  das.; 
gewislich  du  betreugest  mich?  die  jungfraw  sprach,  gn.  fraw, 
ich  betriebe  euch  für  war  nicht,  buch  der  liebe  389, 1 ; 

dasz  uns  nit  mer  sein  falsche  list  betreugt.    Alberus  108*; 

als  er,  millreicher  got,  dir  seine  faust  dargab, 

und  deinen  feind  betrogen.    Weckiierlin  214 ; 

hier  betreugt  dich  keine  list.    GCntuer  873; 

und  was  ein  groszer  mund  als  ein  Orakel  spricht, 

zuweilen  mehr  betreugt  als  oft  ein  irwischlicht. 

CanitzHO; 
du  bleibst  ein  blöder  held,  der  in  geheim  betreugt.    137; 
der  war  an  Schelmerei, 
das  Weibsen  zu  betriegen, 
von  dem  pnpa  der  lügen 
das  echte  konterfei.    UÜRGia20'; 
irarum  mich  denn  betriegen, 
treuloser  unschiiMsdicb?    29*; 

sist  ein  schelm,  hat  im  spiel  betrogen.    Schiller  326'; 
durch  schlaue  nücbierDheit  den  lebensfeind  betriegen. 
GOTTKR  1,  283, 

wie  man  sagt,  den  tod  betriegen; 

dies  brüderliche  du  betrügt  mein  ohr, 

mein  herz  mit  süszen  ahnungen  von  gleichheit. 

SCIllLLEIt  254*. 

4)  aber  der  wein  betreugt  den  stolzen  man.  Ilahar.  3,  5; 
treume  betriegen  viel  leut.  Sir.  34,  7 ; 

der  träum  betrügt.    Gökinck  1,241; 
mhd.  der  alp  triuget,  die  elbe  triegent.  mythol.  «.432;  alts. 

bcdrogan  habhiad  sie  dernea  wihii.    Ild.  92,2; 
der   schein   betriegt;   ein   schein,   der   noch   immer    tcuscht, 
obwol  nicht  betrügt.  Kant  2,341; 


der  sonnenblick  beirüget 

mit  mildem,  falschem  schein.    GötheS,  36; 

dein  trotz  und  deines  herzen  hochmut  hat  dich  betrogen.  Jer. 
49, 16 ;  der  hochmut  deines  herzen  hat  dich  betrogen.  Obadja  1, 3 ; 

die  hochfart  euch  alsanl  betreugt.  Sciimelzl  hoc/iz.  11'; 
und  hast  dich  deine  klugheit  lassen  betriegen  in  deinem  pracht. 
JSz.  28, 17 ;  solcher  dunkel  hat  viel  mehr  betrogen.  Str.  3,  26; 
denn  die  sünde  betrog  mich  (goth.  fravaurbts  uslutöda  mik). 
Rom.  7,  11;  die  hofnung,  ein  falscher  wahn  hat  mich  betro- 
gen, spes,  opinio  fefellil;  es  sei  denn  sach,  dasz  mich  meine 
sinn  betriegind,  nisi  me  fallit  animus.  Maaler  65';  wenn  mich 
nicht  alles  betriegt,  nisi  me  fallunt  omnia;  und  dann  müste 
mich  alles  betrügen,  oder  ihr  werdet  diese  ehre  euerm  gelde 
zu  danken  haben.  Wieland  13,  8. 

5)  umgedreht: 

lasz  uns  unsre  sorg  und  müh  betriegen, 
die  uns  upsre  frewd  bekriegen.    Weckherlin  412; 
und   können  wir  den  schlaf  durch  schwatzen  nicht  betrügen  ? 
Wieland  9,  33; 
wie   die  verliebten  gut  und  blut,    die  Wachsamkeit  der  hüter 
zu  betriegen  wagten.  Götter  1,  43;   um  die  wachsame  eifer- 
sucht   des   adels   zu   betrügen.    Schiller  799 ;    dasz  sie  sich 
entschlosz,   ihren   schmerz   und   ihre   liebe   an  irgend  einem 
stillen  orte  zu  verbergen  und  durch  irgend  eine  art  von  thü- 
tigkeit    zu  betriegen  (vei-gessen  machen).    Göthe  17,  321;    be- 
trogene, fehlgeschlagene  hofnungen. 

6)  hervorzuheben  ist  das  fallere  tempus,  zeit  und  weile  be- 
triegen, unvermerkt  und  sorglos  hinbringen,  verlieren,  verthun, 
franz.  tromper  le  temps,  l'ennui.     mhd. 

ich  hän  ouch  in  der  wilde 
dem  Togele  und  dem  wilde, 
dem  hirje  und  dem  tiere 
über  manege  walireviere 
gevolget  und  nach  gezogen 
und  aber  die  stunde  also  betrogen, 
daj  ich  den  basl  noch  nie  gesach.     Trist.  429,  33. 
nhd.    man  lese  dich  {ein  märchen),  man  suche  nichts  dabei, 
als  wie  man  angenehm  sich  um  die  zeit  betrüge. 

VVlELAND   17,  16; 

mich  weisz  Apoll  und  freundschaft  und  vergnügen 
um  meine  musze  zu  betrügen.    Gotter  1,  428; 

oder  wollen  wir  uns  zum  pharao  setzen  und  die  zeit  mit 
spielen  betrügen?  Schiller  148';  solange  das  Schauspielhaus 
mehr  dazu  gebraucht  wird,  unfreundliche  winternächte  zu  be- 
trügen. 698; 

reizend  betrügt  sie  die  glücklichen  jähre.    497*; 

so,  ihr  lieben  musen,  betrogt  ihr  wieder  die  länge 
dieser  weile,  die  mich  von  der  geliebten  gelrennt. 
Göthe  1,  283; 
manche   langeweile   stockender  tage  betrog  ich  durch  fortge- 
setzte   chromatische    arbeiten.    31,  21;    nun  bin  ich  seit  dem 
7  in  Tübingen,    dessen  Umgebungen  ich  die  ersten  tage,   bei 
schönem   welter,    mit   vergnügen   betrachtete,    und   nun    eine 
traurige  regenzeit  durch  geselligen  Umgang  um  ihren  cinflusz 
betrüge,  an  Schiller  358. 

7)  die  Sache  stand  früher  im  gen. :  so  bin  ich  solcher  mei- 
ner meinung  betrogen  gewesen.  Bocc.  1,  202';  also  der  gut 
mann  seines  verhoften  gewinnes  betrogen  war.  Forer  ßschb.  6', 
später  und  heute  steht  die  praep.  um:  er  betriegt  mich  um 
mein  geld,  bringt  mich  listig  darum; 

die  ritter  weren  all  betrogen 

umb  ihr  bekante  dapferkeit, 

wa  der  poet  mit  süszen  bogen 

sie  nicht  der  parken  band  entzogen.    Weceherl.  355; 

er  will  mich  um  den  verdienten  lohn,  um  die  frucht  aller 
meiner  arbeiten,  um  die  crsparnis  langer  jähre  betriegen ; 
sich  um  die  zeit  betriegen  =  die  zeit  betriegen  (s.  C);  du 
betrogst  mich  um  mein  glück:  das  glück  meines  lebens  bü- 
bisch, bübisch  hinweg  betrogen.  Schiller  131'. 

8)  sich  betriegen,  se  tromper,  sich  teuschen:  ein  lauter  fal- 
scher träum  vom  glauben,  damit  du  dich  selbs  betreugst. 
Luther  0,  52'; 

der  eine  meint,  er  sei  recht  dran  und  sich  betreugei, 
ein  falsche»  gibt  er  für  und  weisz  nicht  was  er  lauget. 
Wkhders  ylr.  5,  83; 
irli  wünschte  wol,  dasz  ein  geistreicher  dichter  einen  solchen 
phanlasten  vorstellte,  der  sich  iininerfort  an  der  weit  betrügt, 
und  es  ihr  höciilicii  übel  nimmt,    als  wenn  sie  ihn  betrogen 
hätte.  Göthe  46, 158;  da  betriegt  ihr  euch  wieder.  36,147; 
Sulpiiia,  erst  sollst  du  schwanger  sein? 
nun  sollst  du  gar  die  blättern  Kriegen  ? 
ihr  iirzte  schweigt,  und  gebt  ihr  gar  nichts  ein, 
denn  einer  musi  sich  doch  betriegen.    Gsllkrt  1, 130; 


1717       BETRIEGER  — BETRIEGLICHKEIT 


BETRIEGNER— BETROGEN 


1718 


Chevalier,  ich  müste 
mich  sehr  betriegen,  oder  ihre  ankunfl 
hat  einen  frohen  menschen  mehr  gemacht 
an  diesem  hofe.  Schiller  24&\ 

i.  betrogen. 

BETRIEGER,  BETRÜGER,  m.  fraudalor,  veterator:  ein  ab- 
gefeimter betrieger ;  es  wäre  thöricht,  in  rücksicht  auf  den 
anmuthsvolien  betrieger  sorglos  zu  sein.  Wieland  34, 196 ; 

als  der  betrieger  schnell  sich  selbst  gefangen  sab. 

Lessi:4G  1,  33 ; 
durch  diesen  stich  ward  Amor  klüger, 
der  unerschöpfliche  betrüger 
sann  einer  neuen  kriegslist  nach.    1,  63. 

BETRIEGEREI,  BETRÜGEREI,  f.  frans,  dolus:    alle  seine 
betriegereien  sind  an  den  tag  gekommen ;  es  kann  nicht  alles 
ganz   richtig  sein   in  der  weit,   weil  die  menschen  noch  mit 
belrügereien  regiert  werden  müssen.  Lichtexbebg  2, 151. 
reicher  leui  beiriegerei.    H.  Sachs  If.  2,  50'. 

BETRIEGERISCH,  BETRÜGERISCH,  fallax:  auf  dem  feuch- 
ten, betriegrischen  moos  schwindl  ich.  Göthe  14,  79 ;  ein  be- 
trügerischer begrif.  Kam  1,  47. 

BETRIEGERLEIN,  n.  nanus  fallax:  da  fände  ef  das  lei- 
dige Zwerglein,  als  er  das  sähe,  fraget  er,  Was  es  in  diesem 
walde  thet  ?  das  betrügerlein  klaget,  es  hett  u.  s.  w.  buch  der 
liebe  89,  2. 

BETRIEGLEIN,  BETRÜGLELN,  n.  parva  fraus.  hier  scheint, 
da  man  das  diminutiv  ableiten  musz  von  betrug,  die  schrei- 
bitng  mit  ü  gerechtfertigter,  obschon  vorhin  auch  ein  subst.  be- 
theg angeführt  wurde,  und  dasz  es  endlichen  doch  auch  bes- 
ser, mit  einem  kleinen  betrüglein  sich  also  durch  die  weld 
hindurch  fressen,  als  gar  stehlen  und  einen  groszen  dieb, 
filou  oder  raubanten  abgeben.  Simpl.  1,  3S7. 

BETRIEGLICH,  BETRÜGLICH,  dolosus,  fallax,  fraudulen- 
tus :  belriegliche  zunge.  Zephan.  3, 13 ;  der  betriegtiche  reich- 
thumb.  Marc.  4,  19 ;  dasz  die  h.  schrift  seie  ein  betrügliche 
ur.  bienenk.  67' ; 

du  sprachst,  es  wer  betrüglichs  ding.    .\TRBRn9"; 
ein  diebischer  betrug  und  ein  beirieglich  dieb. 
LoGAü  1  s.  192; 

weil  sie  sehr  arglistig,  lügenhaft,  betrieglich  und  halsstarrig. 
Oleaeics  or.  »n««/n  s.  147 ;  die  menschliche  gestalt  und  Schön- 
heit ist  betrieglich.  Zinkcr.  4,  3;  politici,  die  alles  mit  ihrer 
betrieglichen  weltweisheit  versauren  wollen,  werden  von  der 
opinion  betrogen.  Schuppiüs  552 ;  nichts  ist  betrüglicher  als 
allgemeine  gesetze  für  unsere  empündungen.  Lessi.ng  6,309; 
und  stellte  sich  mein  bild  nicht  ganz  betrüglich  dar. 

Otkbbecks  Virgil  s.  31  (si  nunquam  fallit  imago); 

Agathon  hörte  diese  betrügliche  schutzrednerin  so  gern.  Wie- 
land 1,  297;  es  ist  die  betrügliche  natur  des  menschlichen 
herzens.  2,  150;  dfe  erfahrung  muste  ihn  belehren,  wie  be- 
trüglich unsere  ideen  sind,  wenn  wir  sie  unvorsichtig  reali- 
sieren. 2,  220;  nach  einem  gewöhnlichen,  wiewol  sehr  be- 
träglichen vorurtheil  der  hofleute.  3,66;  der  allgemeine  men- 
schensinn,  dieses  am  wenigsten  betrügliche  gefühl  des  wah- 
ren und  guten.  3,  217;  teuscht  mich  eine  betrügliche  hof- 
Dung,  Fyllis?  10,  67;  höret  auf  mit  betrüglicben  lippen  den 
gotl  zu  ehren,  den  eure  thaten  verleugnen.  33,  245;  dasz 
dieser  schein  sehr  betrüglich  sei.  Kant  8,  9 ;  das  ganze  masz 
ist  betrüglich  und  unnütze.  8,85; 

uns  zu  berücken,  borgt  der  lügengcist 
nachahmend  oft  die  stimme  von  der  Wahrheit 
und  streut  betrügliche  orakel  aus.    Schiller  376' ; 
betrüglich  sind  die  guter  dieser  erden.    442*. 

BETRIEGLICH,  BETRÜGLICH,  adv.  dolose:  antworteten 
betrieglich.  1  Mos.  34,  13 ;  aber  viel  werden  sich  zu  inen  thun 
betrieglich.  Dan.  11,34;  und  ladet  dich  einmal  oder  drei  be- 
trieglich. Sir.  13,8;  handel  nicht  betrieglich  mit  im.  29,  3; 
schickte  boten  betrieglich.   l  Macc.  7,  27 ; 

ja  danket  ihr«,  dasz  sie  die  tcuschung,  die  (ie  schal), 

aufrichtig  selbst  zerstört  und  ihren  schein 

der  Wahrheit  nicht  betrüglich  unterschiebt.    Scuillkr  319'. 


BETRIEGLICHEN,  BETRÜGLICHE.N,  adv.  dolose:  ist  das 
schlosz  Doch  genant,  da  Ptolomcus  betrüglichcn  fieng  Simo- 
nen. Frami  «eltb.  171';  werden  sich  viel  bctrügüchen  zu  ih- 
nen thun.    krieg  des  fridens  222. 

BETRIEGLICHKEIT,  BETRÜGLICHKEIT,  f.  fallaeia:  zu  al- 
lerlei betrieglichkeiten.  Kirchhof  vetidunm.  453*;  hielten  es 
vielmehr  für  betrieglicbkeit  des  bösen  feinds.  141*; 


dasz,  weil  die  weit  ist  müde 
der  alten  deutschen  trew,  nur  mit  betrieglichkeit 
man  habe  steten  fried,  und  krieg  mit  redlichkeit. 

LoGAO  1,  3; 
falschheit  und  betrieglichkeiten.    2,  3,  22; 

die  betrügüchkeit  dieser  vermeinten  spräche  des  blutes.  Wie- 
land 2,  56. 

BETRIEGNER,  BETRÜGNER,  m.  homo  fallax:  die  etliche 
betrügner  für  demant  verkaufen.  Thcrneisser  magna  alch. 
1,  127. 

BETRIEGMS,  BETRÜGNIS,  f.  fallaeia:  darumb  ist  sie  ein 
betriegnis  und  subtiler  list  allen  den,  die  in  guten  werken 
sich  üben.  Lctheb  l,  23';  disz  thöret  und  narret  die  weit, 
schaltet  sich  mit  betrügnus  aus  einer  weit  in  die  ander. 
Paracelscs  2,  14';  es  ist  kein  betrügnus  noch  falscheit  fan- 
den worden  in  sinem  mund.    Keisersb.  ehr.  bilger  103. 

BETRIEGUNG,  BETRÜGUNG,  f.  dasselbe:  die  erste  betrie- 
gunge.  Iheolog.  deutsch  76 ;  valscheit  und  betriegung.  92 ;  die 
kirche  der  betriegung.  Llther  l,3Sl';  und  seint  dises  grads 
zeichen  heiszere  der  stimm,  enge  des  otems,  betrügung  der 
äugen.    Gersdobf  86. 

BETRINKE.N,  1)  inebriare,  einen  betrinken,  berauschen :  er 
verstund  die  kunst  briefe  zu  eröfnen,  andre  unterzuschieben, 
falsche  nachrichten  auszustreuen,  leute  zu  betrinken,  damit 
ihre  Wachsamkeit  ihm  nicht  hinderlich  fiele.  J.  E.  Schlegel 
5,  297. 

2)  sich  betrinken,  inebriari:  er  betrank  sich  immer. 

3)  betrunken,  ebrius: 

im  köpfe  war  mirs  wie  betrunken.    Göthe  1,  23 ; 
vom  dunst  der  ehre  betrunken.    E.  ton  Kleist  1,  13; 
und  pries  den  weisen  mann,  der  schlau  die  sorgen  schwächt, 
und  in  betrunkncm  gras  sanft  hingegossen  zecht. 

Uz  2,  76 : 
wenn  die  blutbetrunknen   Römer   sich   nach  schlachten    wu- 
schen von  innem  blutflecken.  J.  Paul  ddmm.  74. 

BETROCK.NEN,  siccescere:  der  boden  betrocknet  schnell 
nach  dem  regen. 

BETRODDELN,  cirm  omare,  bequaslen: 


ihren  kriegesschild 
rundum  betroddelt  und  mit  furcht  verbrämt. 
{aiyiSa  d'vaaavöeaaav.    11.  5,  73S) ; 


Bcrger  167* 


alter  freund,  wie  ist  dein  gesiebt  betroddelt  (thy  face  is  va- 
lanced),  seit  ich  dich  zuletzt  sab.  A.  W.  Schlegel  im  Hamlet 
2,  2;  ein  pantherfeil  seine  Satteldecke,  das  mit  schweren 
goldenen  betroddelten  gitlerbänden  um  den  leib  des  pferdes 
angezogen  war.  Arnim  kronenw.  1,  190.  s.  troddel,  d'vaavos. 
BETROFFE.N,  l)  commotus,  perlurbcUus,  betreten,  verlegen, 
vor  furcht  sowol  als  vor  freude:  ein  gleichgültiger  philosoph 
würde  darüber  betroflfen  gewesen  sein,  ohne  ungehalten  zu 
werden.    Wieland  2,  164; 

vor  freude  ganz  betroOTen.    Ubcron  12,  7S; 

standen  die  freunde  betroffen  und  waren  schmerzlich  be- 
kümmert. Göthe  40,  63 ; 

um  so  mehr  bin  ich  betroffen.  Gotter  3,  273 ;  Astarte  stand 
betroffen  über  die  plötzliche  gegenwart  eines  mannes.  Klik- 
cer  5,  83;  also  auch  bei  ihnen  drauszen  hat  betroffene  Im- 
potenz diesen  weg  zur  ausQucht  schon  gefunden.  Lichten- 
berg 3,  178. 

2)  angehend,  betreffend:  nicht  allein  das  betroffene  Indivi- 
duum selbst,  sondern  auch  seine  freunde  stehen  auf  und 
nehmen  antheil  am  streit.  Göthe  50,  116.  man  liest  auch: 
das  mich  betroffene  unglück. 

BETROFFENHEIT,  f  perturbatio,  verlegenheil. 
BETROGE.\,    auszer   der  getcöhnlichen  passivbedeulung  de- 
ceptus   hat   das    partieip   noch  zwei  andere,    aetivisch  zu  fas- 
sende. 

1)  fallax,  astutus,  schlau,  betriegeriseh,  wie  besoffen,  be- 
trunken, der  betrogen,  sich  besoffen,  betrunken  hat,  mkd. 

ist  der  meistcr  iht  betrogen, 

s<J  Wirt  der  chneht  ungezogen.    Karajam  deakm.  13,  5; 

er  sol  vii  unbeirogen  sin,  aufrichtig,  offen.    13,  3 ; 

von  kinde  h.1n  ich  her  gezogen 

einen  kneht  so  betrogen.    Helbl.  1, 16; 

nhd.  gieng  um  mit  süszen  und  betrogenen  worten.  Limb. 
chron.  §.  108;  also  nam  es  ein  betrogen  (übles)  ende.  §.122; 
was  ein  betrogner  mensch,  mit  naraen  Carle,  ein  tOfelbe- 
schwerer,  meint  man.  Tno.  Plater  15;  räum  mir  das  haus, 
ich  wil  dich  nit  lenger  haben,  du  bist  ein  betrogner  schalk, 
wa  du  ja  bar  kumesL   Eulcnsp.  cap.  M; 

108* 


1719 


BETROGEN  —  BETRÜBEN 


BETRÜBEN 


1720 


das  man  ihm  auf  dem  markl 
raus  schneid  sein  falsch  bcirogiics  lierz.    AYRen407'; 

gröbere,  betrogenere  und  losere  Icute  hab  ich  nit  gefunden. 
neunter  berichl  des  Bamberger  Vereins  s.  19S.  236  (a.  1641) ;  die 
rosteuschcr  und  betrogenen  schmiede  pQegen  oft  den  alten 
und  ganz  ausgeebneten  pferden  ein  schwarzes  zeichen  an  den 
äuszerslen  vordem  zahnen  zu  brennen  oder  zu  etzen.  Hoh- 
BERG  2, 120".     H.  Sacüs  sagt  in  gleichem  sinn  vertrogen : 

beiT  will,  der  krämer  isl  verlrogen.    II.  4,4'; 

wo  sol  ich  nemen  ein  kelnerin, 

weil  sie  al  so  veilrogeu  sin  ?    II.  4,  8" ; 

der  ^röszt  narr  ich  auf  erden  bin, 

das  ich  traut  disera  schalk  vertrogen.    III.  3,  20', 

wozu  man  das  gangbare,  gleichfalls  activisch  zu  fassende  ver- 
logen und  versoffen  halte. 

2)  in  zwei  mhd.  stellen  Hartman.ns  hat  es  andern  sinn: 
er  tumber  gouch  vil  bcirogcn.    Greg.  11.^5, 

er  einfältiger,  allenfalls  doch,  schlimmer  mensch; 

er  mac  goies  riier  geiner  wesen 
dann  ein  betrogener  klöslerman.    1363, 

hier  scheint  es  was  sonst  begeben,    ein  münch,    der    sich  aus 
der  weit  ins  klosler  zurückgezogen  hat,    was  aus  einer  älteren 
bedeutung  des  woites  triegen  geleitet  werden  dürße. 
BETUOGENHEIT,  f  fallacca: 

doch  füiliie  ich  ir  beirogenheit.    MS.  1,  72'; 

und  machet  mit  siner  betrogenheil.    Haupt  7,  367; 

das  jclzundcr  zu  unser  zeit 

gsellschnft  ist  vol  betrogeuheit.    H.  Sachs  II.  4,42*. 

BETROGE.NLICH,  fallax.  Keisersb.  aufn.  mensch  ])  2. 

BETUOMPETEM,  buccina  nuntiare,  salutare  sagt  Bürger  ir- 
gendwo. 

BETUÖNEN,  tremefacere  gibt  Stieleh  2303  als  ein  gangba- 
res wort:  der  soldat  ist  heftig  betrönl,  trepidalur  castris;  er 
stehet  ganz  betrönet  da,  ist  über  dieser  zeitung  sehr  belrü- 
nct,  erschrocken;  ein  betrünter  inenscii,  pavorc  exanimalus, 
bedonnert,  zunächst  verwandt  scheint  das  nnl.  dreunen,  be- 
ben, zittern,  schüttern,  obschon  kein  bedreunen  verzeichnet 
wird,  betrönt  wäre  bebend  vor  furcht,  erschüttert,  aus  dreu- 
nen, nd.  drönen  stammt  unser  nhd.  drönen,  knarren,  kra- 
chen, das  erst  spät  aufgenommen  wurde,  mehr  unter  drönen, 
dröhnen. 

BETRÖPFELN,  was  beträufeln: 

und  sein  hadern  mit  roiz  bciröjtfeli. 

fwstn.  sp.  780,  17; 
liier  fand  ich  auch  den  Amor 
der  seine  lliigel  sonnte, 
die  ilim  vom  thau  befeuchtet 
und  so  beiropfeii  waren.    IIagedorjc  3,  68  ; 

mit  dem  wachs  das  kleid  betröpfeln;  er  sieht  betröpfelt  aus, 
verlegen,  betroffen,  wie  treffen  mit  tropfen  verwandt  scheint. 

BETHOPFEN,  BETHÖPFE.N,  was  belräufen:  mit  schwcisz 
betröpft.  Thümmels  rme  10,  384;  der  gute  reichsstädter  bin- 
det eine  serviette  vor,  wenn  er  weinen  will,  damit  er  die  at- 
laswesle  nicht  betropfe.    J.  Paul  Tit.  1,  45; 

mein  haar  ist  von  der  nacht  beiropfot.    Rijckert  286. 

BETROSSELN,  inquinare,  maculare:  wir  haben  uns  wol 
betrosselt.  Puiland.  1,  600,  scheint  ganz  das  ahd.  pitrohsilan 
coinquinare,  inceslare.  Graff  ö,  505  und  Diut.  1, 244,  eine  fort- 
bildung  von  triegen  w.  m.  s.  der  eigennume  Troxler  mag  hinzu 
gehören,  leicht  mit  anderer  bedeutung. 

BETROSSEN,  dasselbe,  also  a/id.  pitrohsan?:  du  hast  dich 
wol  bedrosset  [l.  belrosscl)?  bist  du  nicht  gescheiter  dan 
also?    Phiiand.  1,  662. 

BETRi'BEN,  mhd.  betrüeben,  nnl.  bedroeven. 

1)  lurbare,  tritli  machen,  trüben:  und  die  weil  der  alt  bawr 
also  fert,  so  ufcrstat  ein  Windsbraut,  und  betrübt  den  luft 
mit  staub,  das  er  gar  finster  ward.  Steimiöwei.s  Esop  (1555) 
26';  ein  gerechter,  der  für  eiin  gottlosen  feilt,  ist  wie  ein 
betrübt  brun  und  verderiielc  quell,  spr.  Sal.  25,  26;  die  pre- 
diger  münche  haben  noch  nie  kein  wnsser  betrübt.  Luther 
3,  515;  das  hciszet  denn  den  brun  oder  das  wasser  betrübt 
und  unrein  grmnclit,  das  die  liebe  nicht  rein  bleibt.  6,  36'; 
wenn  der  wolf  das  schaf  fressen  wil,  so  hals  im  das  wosser 
betrübet.  6,  316';  als  hellen  sie  nie  kein  wasser  betrübet. 
8,38';  diese  betrübte  {trübe)  neige.  8,  Sl";  als  haben  sie  nie 
kein  wasser  betrübt.    Mbi.AncHTH.  im  corp.  docir.  ehr.  li>2 ;  und 


musz  das  unschuldig  lamp,  das  unden  am  bach  trinket,  all- 
weg  dem  wolf,  der  oben  ansteet,  das  wasser  betrübt  haben. 
Frank; 

du  hast  ein  schalk  hindcr  den  ohrn, 

drumb  hastu  mir  betrübt  den  born.    Alberus  23; 

hat  der  alt  ein  geparen, 
samb  hab  er  nie  kein  wasser  betrübt.    H.  Sachs  I,  233'; 

auch  ist  im  das  wisz  in  den  augbrawen  betrübet.  Gers- 
dorf 84 ;  wenn  ein  frauw  gat  in  ir  stub,  die  zu  fast  warm 
ist,  so  wirt  sie  im  ersten  just  betrübt.  Keisersb.  trostsp.  l2; 
betrüben  thuen  die  fische  das  wasser,  di^mit  sie  nicht  gesehen 
werden.    Forer  53'; 

das  sich  ein  groszer  wind  anficng, 

der  das  mer  betrübet  vom  grund.     Teuerdank  32,  ^b ; 

ein  grausam  ungestüm  weiter  und  wind  aufstund,  das  den 
himmel  mit  wölken  und  das  mcer  bis  an  den  grund  betrü- 
bet. Bocc.  1,257';  die  sudwind  von  mittag  erfaulen  laub  und 
pleiter,  betrüben  die  wasser,  mehren  den  gestank.  Sebiz  7 
(FiscfiARTS  Zusatz) ;  rettich  vor  und  nach  der  speis  gessen, 
betrübt  das  biru,  die  äugen  und  Vernunft.  Tabernaem.  798; 
dieser  saft  ist  gut  wider  die  geschwülst  der  äugen,  so  das 
gesiebt  betrüben.  1225;  diejenigen,  welche  kein  wasser  be- 
trüben. Simpl.  1,  487 ;  welches  alles  der  gute  Taubmannus, 
als  hatte  er  kein  wasser  betrübet,  ernstlich  angenommen. 
Brandt  41 ; 

ihr  pflegt  in  dem  lieben 

nie  kein  wasser  zu  beirüben.    Günther  242 ; 

dahero  wir  uns  eiligst  von  einander  trenneten  und  so  be- 
scheiden da  saszen,  als  ob  wir  kein  wasser  betrübt  hätten. 
Fcisenb.  1,  38 ;  und  endlich,  da  der  alte  herr  wieder  herauf 
gestapelt  kam,  stunden  sie  an  dem  erüfneten  fenster  und 
schwatzten  dergestalt  ernsthaft  mit  einander,  als  ob  keines 
von  beiden  jemals  ein  wasser  trübe  gemacht  hätte,  irrg.  der 
liebe  85.  für  dieses  sinnliche  betrüben  zieht  man  heule  blo- 
szes  trüben  vor.     bei  Gellert  1,  202 : 

ein  jüngrcr  und  ein  älirer  buhe, 

die  der  noch  frühe  lenz  aus  der  bcirübtcn  stube 

vom  buche  zu  dem  garten  rief, 

14/  doch  wol  die  dunkle,  düstere  stube  gemeint,  oder  auch  die 
leidige. 

2)  affligcre,  maestitia  afßccre.  in  der  bibel  sehr  häufig, 
z.  b.  weil  du  uns  betrübt  hast,  so  betrübe  dich  der  herr  an 
diesetn  tage.  Jos.  7,  25 ;  eh  mein  tochler,  wie  beugcstu  mich 
und  betrübest  mich.  n'c/i<.  11,  35;  denn  sie  betrübten  im  sein 
herz.  ps.  106,  33 ;  ein  barmherziger  mann  thut  seinem  leibe 
guts,  aber  ein  unbarmherziger  betrübet  auch  sein  fleisch  und 
blut.  spr.  Sal.  11,17;  sie  gehen  trawrig  und  betrübt  und  ver- 
hüllen ire  heubter.  Jer.  14,  3 ;  weil  ich  solchs  höre,  ist  mein 
bauch  betrübt.  Uabac.  4,  16 ;  liebes  kind,  pflege  deines  vaters 
im  alter  und  betrübe  in  ja  nicht,  so  lange  er  lebet.  Sir.  3, 
14 ;  und  sie  wurden  sehr  betrübt.  Matth.  17,  23 ;  meine  seele 
ist  betrübt  bis  an  den  tod.  Matlh.  20,  38;  und  war  betrübt 
über  irem  verstockten  herzen.  Marc.  3,  5;  wer  ist  der  mich 
frölich  mache,  one  der  da  von  mir  betrübt  wird  {golh.  hvas 
ist  saei  gailjai  mik  niba  sa  gaurida  us  mis)?  2Cor.  2,  2;  und 
hett  an  im,  das  er  die  lül  nit  gern  betrübet.  Keisersberc 
s.  d.  Hl.  34";  ein  leiden,  so  es  noch  fer  ist  und  lang  ist,  be- 
trübet es  nit  so  vil  den  menschen,  als  wan  es  nah  isl,  und 
je  neher  es  ist,  so  vil  mer  es  den  menschen  slupfet  und 
betrübt.  42' ;  der  was  erschlagen  (niedergeschlagen)  und  be- 
trübt, dem  hub  er  ein  füsz  für  und  liesz  in  darüber  fallen. 
4"' ;  du  meinst  du  wellest  mit  den  nüwen  meren  sßcheu 
underzug  und  trost,  so  wirstu  nit  me  dan  betrübt  und  trau- 
rig, als  wann  du  etwas  hurest,  das  nit  mit  dir  oder  mit  den 
deinen  daran  isl,  so  nagt  es  dich.  70";  der  könig  ward  die- 
ser geschichte  sehr  betrübet,  buch  der  liebe  90,  1 ;  da  ward 
er  gar  sehr  bekümmert  und  von  allem  seinem  gemüt  betrü- 
bet.   273,  1 ; 

on  not  den  gmeinen  frid  betrüben.    II.  Sachs  1,326'; 

Tilvnis  war  der  beirübslo 

unter  allen  bauerknechien.    Logau  1,  6,  33; 

die  kinder  damit  zu  lachen  und  betrübte  herzen  frölich  zu 
machen.  bienenk.lbC ;  lange  und  betrübte  nächle.  per-s.  Intumg. 
8,  5 ;  das  könte  ja  gar  leicht  geschehen  und  was  wären  wir 
dann  für  betrübte  leule.  Scuuppius  813;  eine  betrübte  {trau- 
rige) entschlieszung.  Kant  8,  351 ;  mit  dem  nulritionsgeschafto 
der  seele  siebt  es  sehr  betrübt  (traurig)  aus.  Lichtbnbeiig  1,97; 
das  ist  ja  eine  betrübte  gcschicbte; 


1721 


BETRÜBEN  —  BETRÜMMERN 


BETRUNKENHEIT—  BETT 


1722 


kannst  du,  o  grausamer,  mich  in  solchen  woncu  betrüben? 

GöTHE  1,  2ö7; 
bimmelbocb  jauchzend,  zum  tode  beirübt.    S,  '232. 
3)  sich  betrüben :   das  sie  über  den  todten  sich  nicht  sol- 
len betrüben.    Luther  8,  3'2';    um  einen  träum  sich  so  be- 
trüben I    GöKixGK  1,  243.    ohne  beisalz : 

meine  frau  betrübte  sich  auch,  wir  Jammerten  beide. 
GöTHS  40,  115. 
BETRCBEN,  n.  affiictio,  maestitia: 

was  den  zu  loben  scheint,  das  macht  ihm  nur  betrüben. 

Fle«i.nc  100 ; 
disz  aber  mache  dir  so  gar  ein  scharf  betrüben.    195 ; 
lasset  weinen,  stillt  betrüben, 
mir  ist  wol,  das  günnet  mir.    Logac  1,  3,  45. 

BETRÜBER,  m.  turbator,  störer:  die  betrüber  des  friedens. 
not.  ordn.  von  1512,  eingangs;  friedens  betrüber  und  feinde 
des  vatterlands.  Kirchhof  disc.  mit.  rorr. ;  der  teufel  ist  ein 
Schreckgeist  und  betrüber,  der  h.  geist  füret  den  namen, 
dasz  er  ein  tröster  heiszel  und  nicht  ein  betrüber.  Lcthers 
tischr.  97". 

BETRCBIG,  turbidus,  tristis.  voe.  theut.  1482  de'. 

BETRÜ BISCH,  turbulentus,  maestus.  ddselbst. 

BETRÜBLICH,  afßigens,  conturbans:  umb  welcher  aussatzung 
und  Ordnung  willen  sei  auch  die  empfahung  des  hochwirdi- 
gen  sacranients  unter  beider  gestalt  frevelich,  vermeszlich,  er- 
gerlich,  zweitrechtig  und  betrüblich  der  christlichen  kirclili- 
chen  Übung.  Lt-inER  1,  214';  welche  rede  uns  betrüblich  ge- 
west.  Melanchth.  lehr  und  troslr.  sehr.  4S ;  denn  er  weis- 
sagt das  mahometisch  reich  werde  krieg  füren  wider  die  hei- 
ligen, das  ist  gar  ein  klegliche,  betrübliche  predigt.  Me- 
LA-Ncein.  Daniel,  deutsch  von  Jonas  6/.  56; 
der  Winter 

schon  kälter  und  bedrüblicher.    Weckherlin  786; 
ich  fürcbt,  es  laufe  noch  auf  was  betrüblich  naus. 
FLEai.NG  10(i; 
Peter  aber  alles   betrüblich   geschehen    läszt.    äbmm  sekaub. 
2,  84. 

BETRCBMS,  n.  dasselbe:  in  zeitlichem  belrübnis.  Me- 
lanchth.  im  corp.  doctr.  ehr.  991;  mit  groszem  betrübnus. 
Melanchth.  lehr  u.  trostr.  sehr.  15S8  *.  69 ;  ein  linderung  eu- 
res beliübniss.  ircrÄe  7,  1029 ;  zu  solchem  meinem  betrüb- 
nis.  ScHWEisicHEX  2,  269;  ein  groszes  betrübnus  läszt  sich 
von  sanften  worten  nicht  abweisen.  Opitz  2,  294 ;  mein  eignes 
dabei  geschöpftes  belrübnis.  Felsenb.  1,  202 ;  und  musz  ein 
rechtes  hetrütmis  gewesen  sein.    Hebel  schalzk.  151. 

BETRÜBT.MS,  f.  dasselbe:  das  alle  betrübtnis  und  trau- 
rickeit  hinweg  gieng.  Keisersb.  s.  d.  m.  49*;  die  in  kummer, 
nol  und  betrübtnis  seind.  4"'.  gebildet  gleich  dem  ags.  ge- 
dr^fednis. 

BETRÜBUNG,  f.  dasselbe:  in  etwas  betrflbung  und  be- 
schwerung  stehen,  reichsabsch.  ron  1512  §.  4;  mit  frölichera 
anblick,  ohn  alle  betrübung  sprach.  Boee.  1,  203';  davon 
Thedaldus  in  grosz  betrübung  und  trawrigkeit   fiele,   l,  167' ; 

greifs  kecklich  an,  hab  kein  betrübung. 
II.  Sachs  II.  2.52*; 
wann    ein    weih    ohn   hauptwee    oder    betriihung  ihres  hirns 
den  bisam  nicht  vertragen    könte.    Fischart  ehz.  71;   die   be- 
trübung, nibelung  und  feule  des  lufts.    Garg.  1S5'. 

BETRUG,  m.  fraus,  fallacia:  er  geht  mit  betrug  um;  er 
hat  einen  betrug  begangen;  es  steckt  ein  betrug  dahinter; 
man  musz  ihm  einen  kleinen  betrug  spielen ;  mein  zunge 
sei  keinen  betrug  sagen.  Hiob  27,  4;  habe  ich  gewandelt  in 
eitelkeit,  oder  hat  mein  fusz  geeilet  zum  betrug?  31,5;  war- 
lich es  ist  eitel  betrug  mit  bügein  und  mit  allen  bergen. 
Jer.  3,  23;  aber  es  war  eitel  betrug.  lAfacc.i,  31;  und  »erde 
der  letzte  betrug  erger  denn  der  erste  (jah  ist  s<i  speidizci 
airzi|>a  vairsizci  |)izai  frumein,  ahd.  ist  thanne  ther  jungisto 
irrido  wirsiro  themo  iriren).  Mallh.  27,  64;  welcher  keine 
siinde  gcthan  bat,  ist  auch  kein  betrug  in  seinem  munde 
erfunden,  l  Petr.  2,  22;  damit  kein  betrug  gepllc^en  und  ge- 
braucht werde.  Frünsperc  1,  85';  ein  schiin  weih  ist  ein  stum- 
mer betrug.  LeHMAn.f  169 ;  wie  sie  sogar  keine  gottseligen  be- 
trüge heiszen  können.  Leibmitz  2,  3*4;  die  armen  zu  spüt 
von  ihrem  betrüge  erwachten  seelen.    Gotter  3,  II. 

BETRLGE.N,  u.  s.  r.    siehe  betriegen  «.  t.  k. 

BETBÜMMERN,  naufragiis,  ruinis  imjilcre: 

an  des  mceres  betrüinmcrlem  nfer.    KtorsToc«  Heu.  9,  37, 
nach  auitj.  5,  in  sp<iicren:    bei  geripp  und  scheiter  am  meere; 
Oller  sähe  mit  nih  das  betrümmerte  geslade, 
die  wog  und  den  stürm.       werke  2,  43. 


BETRUNKE.NHEIT,  f.  ebrielas,   trunkenheit. 
BETSCHIER,  n.  sigillum,  heute  petschaft: 

seh,  hab  dir  mein  betschier  I    H.  Sachs  IV.  1,  24'. 

BETSCHIERRING,  m.  annulus  signatorius : 
nam  er  sein  beiscbierring  zur  stund, 
truckt  ihn  dem  fürsten  auf  den  mund. 

H.  Sachs  |V.  3,  57"; 
Pharao  nam  den  beiscbierring  von  seiner  band  und  gab  in  an 
die  band  Joseph.    Reiszxer  Jerus.  2, 15l'.    s.  petschieren. 

BETSCHWESTER,  f.  simulalrix  pietalis.  Gellert  1,  63. 
3,  133.  es  gab  dafür  früher  manche  andere  namen,  z.  b.  tem- 
peltrete, die  immer  die  kirche  betritt,  vgl.  kaffeeschwester 
u.  a.  m. 

BETSCHWESTEREI,  f.  sie  ist  schon  etwas  weit  über  das 
erste  stufenjahr  der  betschwesterei  hinaus.  Lichte.sbercs  Ho- 
garth  1,   144. 

BETSTUHL,  m.  icie  kirchenstuhl :  als  sie  ir  gebet  in  der 
kirchen  verbracht  hell,  filret  sie  die  spitälerin  zu  einem  bet- 
stul.    buch  der  liebe  41,  1 ; 

in  einem  ofnen  betstubl  kniend.    Wielaxos  Klelia  1,  442. 

BETSTUNDE,  f.  preees  publieae:  in  die  beistünde  gehen, 
beistünde  halten. 

BETSWEISE,  ade.  prccando:  wie  der  mönch  den  jungen 
forsten  betswcis  entschläft  (einschläfert).  Garg.  24S*,  auf  der 
folgenden  seile  beiszt  es :  viel  leut  schlafen  wol  zu  pferd  und 
im  schif,  das  macht  das  wagen,  einer  legt  sich  einmal  un- 
ter einen  biercnbaum  und  fieng  an  bieren  zu  zählen,  und 
ehe  er,  über  etlich  totzend  kam,  da  lag  er  schon  und  schnarcht 
und  schnarchet  schon  und  lag.  ich  aber  schlaf  nimmer  bes- 
ser als  in  der  predig  oder  wann  ich  bei,  derhalben  laszt 
uns  die  siben  buszpsalmen  für  uns  ncminen,  zu  sehen,  ob 
ihr  nicht  entschlafen  werdet  . . .  fiengen  dumit  gleich  den 
ersten  psalm  an,  und  als  sie  bis  auf  das  beati  quorum  ka- 
men, entschliefen  sie  beide  ungewagen. 

BETT,  BETTE,  n.  lectus,  goth.  badi,  ahd.  petti,  mhd.  bette, 
alts.  bed,  gen.  beddes,  nnl.  bed  und  bedde,  ags.  bedd,  engl. 
bed,  alln.  bed,  schw.  büdd,  ddn.  bed,  das  lager  zur  ruhe  und 
zum  schlaf  ein  gramm.  2,  25  aufgestelltes  etijmon  für  badi 
icird  zwingend  sein,  sobald  sich  bidjan  bad  in  der  sinnlichen 
bedeutung  von  liegen  beicährt  [s.  bitten),  badi  ist  lager,  goth. 
ligrs,  lectus,  ron  ligan,  irie  cubile  von  cubare,  xkitTj  von  xj.i- 
veii;  Stratum  ron  stemere  lectum.  da  nun  weiter  strages  ron 
sternere,  streu  und  stroh  von  straujan  abstammen;  so  darf 
vielleicht  auch  goth.  badv  [zu  folgern  aus  ahd.  pato,  ags.  beado, 
altn.  böd)  strages,  pugua,  niederlage,  wahlstälte  herangezogen 
«erden,  in  fremden  spracJteu  gemahnt  an  badi  das  finn.  vuo- 
det,  est.  wodi  lectus,  cubile,  samojed.  wau  {suomi  1S45  5. 1S3), 
welsche  bedd  sepulcrum,  amor:  bez,  vgl.  mit  ahd.  betti  grab, 
0.  111.  24,  82,  ails.  breobeddi.  Hei.  125,  12. 

Um  aus  solcher  ferne  wieder  zum  heutigen  bette  zu  kehren, 
so  bildet  es  den  unorganischen  pl.  betten,  nährend  ahd.  und 
mhd.  der  pl.  gleich  dem  sq.  petti,  bette  lautete,  die  epenthe- 
sis  pettir  und  betler  i5(  ahd.  und  mhd.  nicht  zu  belegen,  aber 
möglich;  auch  heute  erscheint  sie  hin  und  wieder:  die  güns 
werden  federn  geben  better  zu  machen,  dasz  wir  darob  ru- 
hen mögen.  Sculppius  737;  ich  kenn  better  nur  vom  hören- 
sagen.  Göthe  42,  20  {auch  in  der  ausg.  des  Götz  von  1773  s. 
19) ;  Klincers  th.  4,  224  ;  die  better  frisch  angezogen.  Hebel  ; 
dies  better  ist  untadelhaß.  altn.  begegnet  autzer  dem  n.  auek 
ein  m.  bedr  pulrinar,  Stratum.     Bedeutungen. 

1)  die  dem  heidenihum  heilige  von  kotapetti,  ags.  veoiibed, 
lectistemium,  aUar  [mythol.  59)  dauert  nur  in  unrenlandnen 
Ortsnamen,  wie  Brunhildebett,  Gumbette,  Gumbette,  </.  i.  Gunt- 
bette,  allar  der  Gundu.  aber  auch  das  ausziehende  heer,  das 
kricgsrolk  hat  sein  bette,  schlägt  sein  lager  auf,  woher  der 
Ortsname  heripetti,  heribeddi  heerlager. 

2)  dem  Wasser,  dem  flusz.  dem  meer  wird  ein  bette  beige- 
legt, vgl.  DucAMGE  unter  bedum  und  bedale  :  das  bette  der 
meere.    Kamt  9,  29 ;  das  bette  des  meeres.  9,  19 ; 

und  ins  kalte  beit  des  meeres 

aus  dem  scho^z  der  liebe  schreckt.    Schiller  59* ; 

ins  beit  des  oceans.    lOl*. 
bei  mülen,  teichen,  brunnen  ein  Wasserbett,  brunnenbett,  flut- 
bett,  ein  gerinne,  die  kraß  des  wassers ; 

vom  berj^e  stürzt  der  uneeheure  ström, 

wühlt  sich  sein  bette  selbst  und  bricht  sich  bahn. 
Schiller  502'; 

bezähmt,  gebt  acht,  kehrt  der  eniuorte  sinn 

ins  alte  bette  des  gehorsams  wieder.    385'. 


1723 


BETT 


BETT 


1724 


das  bette  des  lebens,  die  lebenskrafl :  im  ritter  war  das  ver- 
trocknete bette  des  lebens  wieder  reichlich  angequollen. 
J.  Paul  TU.  4,  108 ;  ein  morgenlied  so  schmerzenstillend,  dasz 
die  thrünen,  unter  denen  sein  herz  ertrank,  den  schmerzens- 
damm  umbrachen,  und  sanften  empfindungen  ein  bette  lie- 
szen.    uns.  löge  2, 136. 

3)  in  feld  tind  garten  war  ahd.  petti  areola,  die  Schrift- 
sprache hat  aber  aus  gartenbett,  krautbett,  wurzbett  gemacht 
beet  {sp.  1245).  auch  die  erhühungen  für  kanonen  heiszen 
stückbette,  und  die  schichten  des  steinkohlcngebirges. 

4)  hauptsächlich  ist  bett,  wie  lectus,  das  lagcr,  die  statte 
zum  ruhen  und  schlafen,  vgl.  faulbett,  feldbett,  paradebett, 
spanbett,  ruhebett,  schlafbett,  siechbett,  krankenbett,  lodbett. 

a)  obschon  auch  auf  stroh,  heu,  laub,  moos  und  haaren 
geschlafen  wird  (vgl.  slrohbett,  heubett,  laubbett,  blumenbett, 
moosbett),  ist  die  rolksmäszige  Vorstellung  eines  bettes  doch 
die  des  federbelles :  hab  urlob  strosack!  ich  hab  ein  bett 
überkommen.  Keisersb.  brösaml.  32*,  und  zu  bette  gehn  heiszt 
in  die  federn  gehn,  kriechen,  er  schläft  auf  matratzen,  nicht 
unter  betten;  wer  sein  bett  verkauft,  musz  auf  stroh  liegen. 

b)  das  bett  wird  gemacht,  gespreitet,  gedeckt,  gerichtet, 
aufgerüstet  (Sim/)/.  2,  302)  und  aufgeschlagen  [vgl.  betten):  im 
rmstcmis  ist  mein  bette  gemacht.   Hiob  17,  13 ; 

dö  het  er  gemacliet  also  riche 

von  bliiomcn  eine  bettestat.    Walth.  40,  1; 

mache  mir  mein  bett;  das  bett  ist  noch  nicht  gemacht,  un- 
gemacht, nicht  gedeckt ;  noch  nicht  gespreitet.  Maaler  65' ; 
ein  gemachtes,  aufgemachtes  bette  heiszt  auch  zuweilen  ein 
vollständiges:  die  eitern  haben  ihrer  verheirateten  tochler 
vier  gemachte,  aufgemachte  betten  mitgegeben,  das  bett, 
wie  den  tisch,  richten,  berihten,  bereiten: 

DU  stuont  ein  beue  da  bt  in, 

daj  was  berihtet  also  wol, 

als  ein  beue  beste  sol.    Iio.  1213; 

ein  bette  wol  gehöret.    Parz.  44,  21 ; 

ein  bette  was  da  bereitet, 

mit  phellcle  wol  bebreitet,    gr.  Rud.  26,  11 ; 

ouch  was  daj  belle  wol  beriht 

mit  decken  lielitgemälen.    Ernst  2390; 

ich  gic  d4  ich  gerihtet  vaiit  min  bette,    /'raucnd.  257,  2 ; 

ir  bette  was  gerihtet, 

als  ich  iuch  bescheiden  mac.    Rab.  lli; 

richte  das  bettl  Wirsung  Cal.  B  3'.  die  wcisthümer  fordern 
krachende,  d.  h.  frische,  lockere  betten:  krachendes  bett. 
3,  352  und  oft.  ein  so  gemachtes  bett  ist  ganz  und  unzerbro- 
chen.  Simpl.  2,  393;  unzerbrochen  und  unverlegen.  2,  327, 
vgl.  sin  bett  brechen.  Ls.  3, 130 ;  einschläfriges,  einmännisches, 
zweischläfriges,  zweispänniges  bett.  hartes  oder  weiches,  en- 
ges oder  weites  bett:  denn  das  bette  ist  so  enge,  das  nichts 
(kein  räum)  übrig  ist.   Es.  28,  20 ; 

man  lieget,  wenn  noch  jetzt  das  Sprichwort  gelten  soll, 

auf  guten  betten  hart,  auf  harten  betten  wol. 
IIacedohn  1,  24. 
c)  schlafen  gehen,    zu  bette,    ins   bette   gehen,    XixtoovSe 
gen  bett  (\\.  Sachs  HL  2,  96").    ze  bette  sagen  die  allen  dichter 
vorzugsweise  von   zweien,    an  daj  bette  vom  einzelnen: 

dö  begonden  si  zu  bette  gdn.    {jr.  Rud.  26, 14; 

der  künec  mit  sime  wibe  ze  bette  wolde  gän. 
Nib.  580,  2 ; 

ich  g&  mit  ir  ze  beue.    G.4.  3,  367 ; 
nhd.  ich  thäte  selbst,  wenn  Ich  Cytheren  hätte, 
wa»  Phöbus  iluit:  er  geht  mit  ihr  zu  belle. 

Kästner  beim  eintritt  der  Venus  in  die  sonne,  Zjun.  1769  ; 
wenn  wir  zu  bette  steigen.    IIürgeh15'; 
und  von  neuvermählten  Logau  2  s.  247 : 
bis  die  weit  und  ihr  seid  müde 
und  wollt  selbst  zu  bette  gehn. 

dagegen : 

in  sabenwijcn  hemde  si  an  da;  bcitc  gie.    Nib.  584,  1 ; 

da  hie;  si  in  sitzen  an.    Iw.  1216; 

in  min  bette  ne  sttgo  ili.    N.  ps.  131,  5; 

Kr  he  on  bed  stige.    Beov.  1346; 

er  imouc  sich  an  daj  bette  sAn.    Parz.  194,  4; 

er  spranc  an  daj  bette  sAn.    131,  2; 

vil  Ilse  er  an  slo  bette  seic.    Trist.  342,  27 ; 

uu  hotte  sich   Thomas  ins  bette  gelegt.    Luther  3,131;    legt 
euch  an  die  bett.  H.  Sachs  III.  2,  99'.    es  heiszt  aber  auch : 
5US  vielens  in  daj  bette  hin, 
der  gräve  mit  der  künegin.    cod.kolocz.  236; 


ins  bett  fallen.  Schweinichen  1,  77;  flugs  zu  bette  schlafen 
laufen,  bienenk.  33' ;  wenn  ich  mich  zu  bette  lege.  ps.  63,  7 ; 
heute  allgemein,  ich  gehe  zu  bette,  ich  will  zu  bette; 

früh  zu  bett,  früh  wieder  auf 

macht. gesund  und  reich  in  kauf; 
lege  dich  auf  dein  bette  und  mach  dich  krank.  2  Sam.  13,5; 
und  er  leget  sich  auf  sein  bette  und  wand  sein  andlitz.  1  kün. 
21,  4 ;  legt  in  (den  söhn)  auf  sein  bette.  17,  19.  2  kün.  4,  21 ; 
er  warf  sich  aufs  bette  und  schlief;  er  kroch  unter  die  decke. 
anders  ist  vor  das  bett,  an  das  bett  treten,  um  sich  zu  ent- 
kleiden: wenn  ein  gotshusman  ein  fri  wib  genimpt  und  (sie) 
zu  im  an  das  bett  getrittet  und  sich  entschuchet,  so  hat  si 
ir  friheit  verlorn  und  ist  des  gotshus  eigen,  weisth.  3,  740. 
man  sagt,  einen  ins  bett  schicken,  weisen:  die  kinder  wer- 
den zu  bette  gebracht,  ins  bett  geschickt;  der  wirt  weist 
die  gaste  zu  bett,  weist  ihnen  bette  an.  Eulensp.  cap.  79; 
läszt  ihnen  zu  bette  leuchten:  da  sie  nu  gesscn  betten,  der 
ritter  ir  müde  bedenken  ward,  inen  befahl  zu  beth  zu  leuch- 
ten.   Bocc.  2,210'. 

d)  zu  bette,  im  bette  liegen:  goth.  ana  ligra  ügan.  Malth. 
9,  2 ;  ana  {)ammei  lag.  Luc.  5,  25 ; 

an  dem  bette  säjen.    arm.  Heinr.  877; 

saj  üf  einem  beue  guot.  frauend.  347,  23  ; 
so  findet  er  einen  am  bette  ligen.  Luther  3, 130' ;  an  seinem 
bett  warm  und  wol  zugetüschlet  liegen.  Maaler  65'.  heute 
sagen  wir  nicht  mehr  an,  sondern  in  dem  bette  liegen  und 
unterscheiden  in  dem  bette  von  auf  dem  bette,  wer  im  bett 
liegt,  ist  ein  braver  mann. 

e)  aufstehen,  wer  an  dem  bette  lag,  steht  ab  oder  von 
dem  bette,  vom  bett  ufston.  Maaler  65*;  ab  dem  bette  fal- 
len; wer  in  dem  bette,  erhebt  sich  aus  dem  bette: 

er  stuont  üf  von  dem  bette.    Trist.  381,  20; 

von  dem  bette  si  sich  lie.    317,  40; 

vome  spanbette  trat.    Parz.  242,  19 ; 

si  warf  in  dj  dem  bette.    Nib.  616,  3. 
heute,    vom  bette  aufstehn;    ich  bin  in  acht  tagen  nicht  aus 
dem  bette  gekommen,    man  sagt  auch  aus   dem  bette  sprin- 
gen, wischen,  schnell  aufwütschen,  aufjucken.  Maaler  65'; 

der  bür  wischt  üg  dem  bette  hin.  MSH.  3,  301'; 
da  erschrack  der  apt,  ...  da  wüst  (wuschte)  der  apt  ausz 
dem  bett  uf  und  fiel  im  ze  fusz.  Keisersb.  s.  d.  m.  73'.  der 
kranke  und  müde  kann  aber  nicht  auszer  dem  bette  sein:  er 
wurde  immer  schwächer  und  konnte  endlich  nicht  mehr  aus 
dem  bette  sein.  Lichtenberg  4,162;  allein  mir  gieng  es  (bei 
der  Seefahrt)  am  allerübelsten,  weil  ich  nicht  eher  auszer  dem 
bette  dauren  konte,  bis  wir  den  canal  passieret  waren.  Fel- 
senb.  1,  28.  sie  müssen  das  bett  (wie  das  zimmer,  das  haus) 
hüten,  garder  le  lit:  nachdem  ich  über  ein  Vierteljahr  das 
bette  gehütet.  Pieroll,  285;  er  übergibt  dem  alten,  der  das 
bette  hüten  musz,  parlamentacten.  Wieland  35,  170;  der 
kranke  ist  ans  bett  gefesselt. 

f)  das  bett  verunreinigen:  thet  ins  bett.  Garg.  129",  vgl. 
bethun  5 ;  er  hat  von  volle  ins  bett  geseicht.  Maaler  65*. 

5)  bett  ist  ferner  das  ehebett,  lectus,  torus  jugalis,  die  eh- 
leute  theilen  bett  und  tisch  zusammen,  sie  sind  bettgenossen, 
ahd.  gipetton;  im  bett  ist  alles  wett  (wird  aller  hader  zwi- 
schen ehleuten  gesühnt).  Simrock  1005;  ein  schönes,  sittsa- 
mes weih  ist  der  schmuck  des  bettes  und  des  hauses; 

ein  Weibchen  musz  man  mit  zu  bette  tragen.    BGrcsr  19'; 
das  brautbett,    ehebett  wird  beschritten  (sp.  1596);    die  ehli- 
chen  kinder  wurden  aus  des  vaters    rcchtmäszigem   bett   gebo- 
ren (vgl.  kindbelt),  wie  die  unehlichen  auf  der  bank.    die  ehe 
brechen  heiszt  das  bett  heftecken,    entehren:    du   bist  auf  dei- 
nes vaters  lager  gestiegen,   daselbs   hastn   mein    bette    besu- 
delt  mit   dem  aufsteigen.    lAfos.  49, 4;    das   er   scins   vaters 
bette  verunreiniget.    1  c/«ron.  6,  1 ;   selig  ist  die  unfruchtbare, 
die  unbefleckt  ist,   die  da  unschuldig  ist  des  sündlichen  bet- 
tes.   weish.  Sal.  3,  13;  aber  die  kinder  der  ehcbrccher  gedei- 
hen nicht,  und  der  sanie  aus  unrechtem  bette  wird  vertilget 
werden.    3,  16;    ein  unküsch,  wüst  bett.  Maalkr  65*; 
bald  entehrt  Thyesi 
des  biuders  bette.    "    (iöTHK  9,  18. 

sollt  ich  die  schände  seines  beiics 
enthüllen  ohne  Schonung?    Schiilbr  022*; 
kinder,    von   demselben  eiternpaar  erzeugt,    heiszen  aus  einem 
bette  geboren,  halbgeschwtster  aus  einem  andern  bette: 
neidisch  sehen  si« 
des  vaters  liebo  zu  dem  ersten  söhn 
aus  einem  andern  belle  wachsend  an.    Göiui  9, 17; 


1725 


BETT  —  BETTCHENPFLÜG 


BETTDECKE  — BETTEL 


1726 


denen  noch  ein  bruder  aus  einem  andern  bette  im  wege 
steht.  57,  38.  ehleule  können  von  tisch  und  bett  geschieden 
werden:  theilet  sich  das  bett,  so  trennen  sich  die  herzen. 
Mathesics  88'.  stirbt  von  zuei  ehleuten  ein  theil,  so  icird 
das  bett  gebrochen,  und  ist  kein  ganzes  mehr,  veisth.  2,  248. 
hier  ist  jener  sinnliche  ausdruck  des  gemachten  und  gebroch- 
nen  bettes  angewandt  auf  den  bestehenden  und  gelüsten  bund 
der  ehe,  so  wie  dem  verlegenen,  zerdrückten  bette  das  ahd. 
forligiri,  alts.  farlegarnessi,  sluprum,  gleichsam  ein  liegen  an 
unrechter,  unerlaubter  stelle  verglichen  werden  mag. 

6)  sonnen  aufgang  und  zumal  Untergang  pflegte  das  alter- 
thum  einem  steigen  aus  dem  bett,  in  das  bett  gleichzusetzen, 
die  scheidende,  müde  sonne  sinkt  zu  bette,  daher  die  aus- 
drücke, sie  gebt  zu  sedei,  zu  gaden,  zu  genaden,  zu  reste, 
zu  rüste,  welche  mylhol.  s.  700—702  näher  besprochen  sind: 
wo  die  morgensonn  aus  ihrem  bett  aufsteht.  Rompler  vos 
LöwE.<(BALT  gebüsch  102;  vgl.  Kästner  sp.  1723; 

ich  vrollte,  rieT  Uindoneite, 
die  soone  gieage  sogleich  in  dieser  minute  zu  beite. 
WiELASD  i,  207 ; 
der  auf  seinem  bette  schlafende  mond.    J.  Paul  Kampan.  51. 

7)  dem  wild  kommt,  wie  ein  bau  {sp.  1161),  ein  lager,  auch 
ein  bette  zu:  die  sau  wühlt  sich  ein  bette,  der  bär  liegt 
winters  im  bette,  ja,  der  hirsch  hat  kein  lager,  nur  ein 
bette,  ein  sitzbette,  es  wird  auch  auf  feld  und  wiesen,  wo  er 
sich  niedergethan  hat,  das  niederthun  genannt.  Döbel  1,  18'; 

lieber  Weidmann,  sag  mir  an, 

was  hat  der  edle  hirsch  in  seinem  bett  gelan  ({.  getan)? 
das  will  ich  dir  sagen  jetzt, 

ist  mir  anders  recbt,  so  hat  er  den  fusz  ins  bett  gesetzt. 
weidsprucli  52.  vgl.  21. 

8)  wie  der  kirchhof  das  kühle  bett,  ein  bett  der  todten,  das 
Schlachtfeld  ein  bett  der  gefallnen,  strages,  heiszen  kann,  sagen 
wir  auch  statt  auf  dem  Schlachtfeld,  er  ist  auf  dem  bette  der  ehre 
gestorben :  Richard  stirbt  doch  als  ein  mann  auf  dem  bette  der 
ehre.  Lessixc  7,  354,  im  gegensalz  zum  krankenbclt.  an  die 
kirchthüren  {ad  valvas  templi)  wurden  statt  der  helobungs- 
nur  befehlschreiben  angenagelt,  und  wer  sich  darin  ein  bette 
der  ehrn  betten  wollte,  in  der  kirche,  muste  sich  hinlegen 
und  mit  tode  abgehen,  nicht  blosz  der  krieg  soll  betten  der 
ehre  aufschlagen.  J.  Paul  nachdämm.  87.  88.  ich  thats  ge- 
rade in  der  stunde,  wo  der  entschlafene  aus  dem  kleinen 
Sterbebette  ins  grosze  bette  aller  menschen  getragen  wurde. 
uns.  löge  2,  138  ; 

in  dem  allgemeinen  bette, 

wo  der  leidenscbaften  wuih, 

wo  der  sklav  auf  seiner  keitc, 

wie  der  held  auf  siegen  ruht.     Schibaht  1,  203. 
BETT.\FFE,    m.    zweizöpfiger    bettaffe.     Vabisccs    ethnogr. 
mundi  2,  61.    vgl.  bettschelm,  bettzopf. 

BETT.\G,  BETETAG,    m.    dies  suppUcationis : 

wenn  feiertap  die  junfren  halten, 

wollii  halten  betetag  die  alEen.    Logao  1,2,46. 
BETTARBEIT,  f.  opus  noctu  perficiendum: 

beitarbeit  nennt  mans,  siubcnkrieg  und  schrciber. 

BETT.ALTHELFER,  m.  woran  sich  ein  kranker  im  bett  auf- 
iilß,  aufrichtet:  warum  halte  Albano  diese  unbezwingliche 
Sehnsucht  nach  höhen,  nach  dem  weberschiffe  des  Schiefer- 
deckers, nach  bergspitzen,  nach  dem  luftschiiTe,  gleichsam  als 
wären  diese  bettaufhelfer  vom  liefen  erdenlager?  J.  Paul  Tit. 
1,85;  bessere  baumheber  sind  jetzt  die  betlaufhelfer  des  lie- 
genden freiheitsbaums  (der  freien  kirchweihlust).  biogr.  bei.  1, 132. 

BETTBANK,  f  sponda. 

BETTBEHA.NG,  m.  torhang. 

BETTBLUME,  f.  der  fieberkranke  nimmt  die  wankenden 
bettblumen  seines  Vorhangs  für  beseelte  gestalten.  J.  Paul 
Siebenk.  3,  79 ;  wir  sehen  am  ende  redeblumen,  wie  fieber- 
kranke die  bettblumen,  für  gestalten  an,  die  sich  drohend 
regen,    friedenspr.  39. 

BETTBLLTTER,  m.  wer  auf  Silvestermorgen  der  letzte  auf- 
steht.  Tobler39*. 

BETTBRET,  n.  tabula  lecti,   sponda:  mhd. 
bi;  er  bl  dem  betiebret  gellt.    Karüa-I  33,  11; 
einer  gab  ein  bettebrei.    L^.  3,  409. 
nhd.  uf  das  betbret  legen.  Eulensp.  cap.  15 ; 

da  siiesz  ich  mich  an  mein  beubrei.    II.  Sachs  II.  2,  63'. 
Maaler  65'  schreibt  bettbrät. 

BETTCHEN,  n.  leclicula,  xXtviSiov,  bettlein,  in  der  fol- 
genden Zusammensetzung  für  beeichen. 

BETTCHENPFLÜG,  m.  ein  pflüg  mit  dem  slreichbret  an  der 
Ttchlen  seile,  dessen  man  steh  zum  außreiben  der  beete  bedient. 


BETTDECKE,  f  lodix.  vgl.  mhd.  bettedach.  Nib.  1763,  2. 
BETTDRLCKER,  m.  engl,  bedpresser.  Heinr.  IV  th.  i.  2,  4. 
BETTEL,  m.  mendicitas,  quisquiliae,  plunder,  das  erbettelte, 
so  wie  betteln  und  bettler  mit  andern  e  auszusprechen  als 
bette  lectus,  weshalb  auch  Maaler  bättel  49*  und  bette  65' 
richtig  gesondert  aufstellt,  kein  ahd.  petal,  mhd.  betel  auf- 
zuweisen, doch  aus  petalun,  betelen,  betteln,  wo  die  ableitung 
besprochen  werden  soll,  zu  folgern,  des  battels  gelähen,  cibo 
mendicato  pasci.  Maaler  49*;  es  ist  nichts  reichers  dann  der 
bettel.  Acricola53';  bettel  hat  langen  zettel,  man  tiügt  aller 
weit  garn  hinein.  Simrocr  1016;  wer  sich  des  betteis  nicht 
schämt,  nährt  sich  reichlich.  1017;  bettel  und  geiz  kann 
niemand  erfüllen.  1025;  das  thet  er  darumb,  das  sie  sollen 
arbeiten  und  ir  brot  selbs  gewinnen  und  nit  den  bettel  {ge- 
betteltes)  essen.  Keisehsb.  s.  d.  m.  67';  also  reden  \rir  die 
warheit  nit,  sunder  so  wir  also  mit  dem  bettel  {bettelsack) 
umbher  gond,  so  suchen  wir  me  das  uns  der  seckel  vol  werd, 
dann  blieb  er  leer.  68';  der  arm  erhebt  sich  nicht  von  sei- 
ner armut  und  elenden  bettel.  patemoster  i  6 ;  durch  den  bet- 
tel das  brot  gewinnen.  K3;  alda  musten  bellen  die  edlen 
mann  und  frauwen,  die  voran  reich  und  mechlig  waren  ge- 
wesen, die  musten  jetzt  den  bettel  fressen.  Avestin275;  dan 
vi!  weger  ist  den  feinden  nach  dem  tod  das  geld  gelassen, 
dan  von  den  freunden  im  leben  den  bettel  {das  bettelbrot) 
suchen.  SiErsHuWEL  Esop  22* ; 

das  ir  müst  an  den  bettel  gan.    Mchyti  schelment.  97,6; 

das  er  mög  nach  dem  bette!  gan.    Bsaht  narrensch.  197; 

auch  etlich  der  {derselben)  mit  schad  und  schand 

den  bettel  nemea  durch  die  land.    Schwarziiib.  138,  1 ; 

von  einem  mönch  bab  ich  oft  gehört, 

der  hab  im  bettel  umbher  gestört.    Ambr.  Ib.  *.  164 ; 

die  Augustiner  bleiben  da  binden  nit, 

sie  samlen  bettel  auch  darmit, 

prcdigermunch  wer  wol  ein  rechter  Orden. 

der  bettel  zu  einem  erb  ist  worden.    Soltau  3S4; 

und  nicht  die  Zahlung  sparen  thu, 

bis  aller  beitel  eingebrockt.  Ri^ccwald  taut.  warh.  45; 
als  im  Herodes  seinen  bettel  aufhub,  hat  er  gelt  auf  wucher 
aufgebracht.  Beiszner  Jeruj.  2,96';  laufen  sie  auf  dem  belle! 
umb,  Stelen  was  sie  ergreifen.  Fronsperg  iriejjft.  l,  in";  dann 
was  ist  da  {an  herrenhüfen)  wolfeilers,  als  spulwasserige 
hofsuppen,  und  den  plunder  geschwind  postweise  mit  stifel 
gespickten  taschenlöffeln  einwerfen,  ja  das  man  eim  den  bet- 
tel darzu  bald  vergontl  Garj,  46';  sintemal  seine  eitern  sich 
auch  seiner  nicht  zu  erfreuen,  als  die  er  gleichsam  im  belle! 
verhungern  lasse.  Simpl.  l,  425  (431);  den  ich  wegen  seiner 
guten  gestall,  in  hofnung  etwas  rechtschaffenes  an  ihm  zu 
haben,  aus  dem  bettel  aufgenommen.  2,  367 ;  dasz  er  kein 
besser  mittel  wüste,  diese  schädliche  kunst  von  dem  erdbo- 
den  hinweg  zu  vertilgen,  als  dasz  er  den  bette!  {das  Vogel- 
nest) miteinander  in  Rhein  werfe.  2,  491 ;  was  hilft  und  tröst 
nu  solchen  armen  angefochtenen  personen,  thuts  nit  der  bet- 
te!? 3,  133;  jagte  ihn  sampt  weih  und  kind  selbsten  in  den 
bettel.  3,189;  doch  als  lauter  solch  zeug  nach  einander  folgte, 
schmisz  er  den  bettel  hin.  Weise  erin.  220 ;  nur  dasz  sie 
den  alamodischen  bettel  schaffen  können.  320 ;  ich  hab  zwar 
erzeblt,  was  für  ein  schöne  sach  sei,  ein  bettler  zu  sein,  aber 
weil  der  bettel  unserm  stand  dieser  zeiten  so  oft  fürgewor- 
fen wird  als  ein  schmach  u.  s.  w.  Schuppics  709 ; 

drauf  Reng  der  bettel  an  zu  sinken.  Ccmtbir997; 
du  must  nicht  vergessen  den  belle!  zu  verrichten.  LEssi.fC 
1,  518 ;  der  alte  verlegene  bettel  meiner  vermischten  Schriften. 
12,  352;  ruhig  cameradcn,  laszt  euch  den  bettel  nicht  unter- 
brechen. Schiller  133';  eh  will  ich  mit  meiner  geig  auf  den 
bettel  herumziehen,  und  das  concerl  um  was  warmes  geben.  182'; 

da  schreiben  sie  uns  in  der  Wiener  kanzlei 

den  cjunrtier-  und  den  ki'ichenzcitcl, 

und  es  ist  wieder  der  alte  bettel.  327"; 
denn  mit  dem  himmlischen  küchenzetlel  i$ts  immer  wieder 
der  alte  belle!.  Götiie  an  Zelter  616;  Franziscus  und  Domi- 
nicus  haben  nun  den  bette!  selbst  zur  religion  erhoben. 
TiECR  ges.  nor.  4,  19 ;  ei  du  dummer  mann,  den  bettel  ha<t 
du  gekauft?  J.  Paul  uns.  löge  1,  113;  damit  man  wisse,  was 
am  bettel  isL  Ilesp.  2,  64;  das  war  der  ganze  belle!.  3,  43; 
ach  tagte  der  löpfer,  von  dem  teuflischen  geschiesze  zittert 
dem  menschen  arm  und  bein,  und  da  verfunifeiet  er  freilich 
jeden  bettel.  fiepomukkirche  125:  anne,  die  im  bettel  herum- 
laufen, von  dem  l)eltel  leben,  dem  bettel  nachhängen ;  sich 
im  bette!  betreten  lassen ;  den  bettel  auf  der  gasse  abstel- 
len;  soll   sich   denn  ein  mann  wie  ich  auf  allen   bette!   be- 


1727    BETTELARM  — BETTELFÜRST 


BETTELGAST  —  BETTELKRIEG 


1728 


sinnen?;    was   kann   ich   mit   dem  bettel,    mit  dem  plundcr 
machen  ?  ; 

mehr  als  hier  auf  diesem  zettel 
lindst  du  grosz  und  kleinen  bettel 
hier  in  ecken  überall.    Rcckeiit  227. 
Die   ausgehobnen  stellen  zeigen,    dasz  die  vorslellung  des  bet- 
telns    leicht  übergieng  in  die  der  gebettelten,    und  dann  über- 
haupt  einer   werthlosen,    geringen    sache.     es    heiszt   von  ver- 
schmähter gäbe,  ohne  dasz  dabei  an  betteln  gedacht  wird,  ver- 
ächtlich: ich  warf  ihm  den  ganzen  bettel  vor  die  füsze;  das 
ist  ja  nur  ein  bettel ! 

BETTELARM,  omnium  inops,  bis  zum  belleln  gebracht,  nnl. 
bedelarm : 

er  sieht  dich  an  und  fühlt  sogleich 
sich  bettelarm  und  fürstenreich.  Göthe41,214; 
bettelarm  ist  sie  zu  schildern 
aller  sprachen  überllusz.    BiJrger  2,  6; 
dasz  nur  der  unerfahrne,  niegeieuschtc 
in  hcilger  miene  tilgend  sieht  und  schätze 
beim  bettelarmen,  und  Vernunft  beim  thoren.   Tieck1,76; 
ein  ausländer,   der  alle  irländischen  katholiken  für  bettelarm 
ansähe.  IS'iebuhr  l,  650. 

BETTELÄRMUT,  f.  summa  egcslas:  dasz  der  mittelstand 
zwischen  dem  reichthum  und  der  bettelarmut  ganz  erlischt. 
INiEBUiiRS  leben  3,  213. 

BETTELBRIEF,  m.  lilerae  mendicae:  es  hat  auch  bemelter 
bisciiof  in  einem  andern  instniment  erlaubt,  dasz  die  nun- 
nen  mit  biderber  leuten  stür  und  hilf  müchtind  das  closter 
baiiwen,  und  im  selbigen  bättelbrief  verheiszt  er  ablasz  der 
Sünden  denen,  die  daran  steurend.  Stumpf  2,  lOö' ;  rechte  zu 
panis-  oder  bettelbriefen.  J.  PAur,  biog]^.  belust.  1,  158;  die 
arraut  ist  so  grosz,  dasz  man  täglich  bettelbriefe  empfängt. 

BETTELBROCKEN,  fl.  frustula  mendicata:  eines  bettlers 
knapsack  voll  allerlei  beltelbrocken.  pers.  baumg.  4, 12. 

BETTELBROT,  m.  panis  mendicatiis,  nnl.  bedelbrood,  das 
betteln  um  brot  und  das  brotgeben  an  bettler  liegt  hier  so  nahe, 
dasz  die  ^'eugriechcn  einen  bettler  ij^cofio^rjxris  und  betteln 
ytWjMo^jjTcTf  nennen,  gebettcltes  brot  ßr  kräftig  und  zau- 
berkräftig gilt  (mythol.  1091),  und  schwer  redenden  kindern 
hilft;  betteibrot  Iheiier  brot.  Simrock  1034; 

ich  glaub,  die  hol!  sei  nit  so  scharpf, 
und  wer  hie  haisoh  das  petelproi, 
der  werd  auch  dorthin  leiden  not. 

ScnwAnzENBERü  145,  1 ; 
betteibrot  mästet.  Felsenb.  2,  478 ;  wären  meine  freunde  nicht, 
du  hättest  längstens  das  betteibrot  fressen  müssen,  med. 
maulaffc  757;  und  sollte  sie  mit  ihrem  manne  auch  bettei- 
brot essen  müssen.  Rabener  2,  24S ;  das  betteibrot  essen. 
TiiüMMEi.  8,278;  mit  welchem  elenden  betteibrot  von  frcude, 
dachte  Albano  (auf  dem  maskenballe),  kommen  diese  men- 
schen aus.  i.  Paul  Tit.  2, 103. 

BETTELBRL'ÜER,  m.  fralcr  mendicans,  sowol  bellclmann 
als  betlclmünch. 

BETTELBL'BE,  m.  puer  mendicans,  betleljunge:  es  kommen 
beltelbuben  herunter,  es  fliegen  bettelleut,  sagt  man,  wenn 
es  schneit.  Ernst  Miher  sc/ttcäfc.  si7<cn  s.  261.  vgl.  beitelmann, 
es  ist  grad,  als  wenn  man  einen  bettelbucben  in  die  hell 
wirft,  CS  reicht  bei  weitem  nicht  ans. 

BETTELDIRNE,  f  was  bettelmensch. 

BETTELEI,  f  mendicalio:  bellelei  schmeckt  wol  dem  un- 
verschämten maul.  Sir.  41,  32;  allein  gedacht  ich  (U'i7zc/),  bei 
ihrer  {der  lutherischen)  lero,  gunst,  reichthumb,  ere  und  ein 
proszen  namen  zu  nberkumiT)cn,  so  sehe  ich,  das  es  eitel 
bettele!  mit  ihnen  ist,  und  will  nirgend  mit  mir  fürt.  Albe- 
Kvs wider  \VilzelK2';  es  gehet  mir  wie  jener  Jungfer,  welche 
sagte,  sie  sei  schön  genug,  allein  ihre  schiinheit  sei  nicht 
recht  versetzt,  meine  beltelei  ist  mir  auch  unrecht  versetzt, 
ich  wollte,  dasz  ich  ein  paar  platze,  die  ich  anderswo  habe, 
allhie  hätte.  Sciiuppius  100;  es  mag  leicht  ein  Sturmwind 
kommen,  so  ligl  die  bettclei  über  ein  häufen.  242 ;  ich  bin 
seiner  ewigen  bettele!  müde ;  das  ist  die  ganze  bettele! !  wie 
vorhin  der  bettel. 

BETTELFRAü,  /.  mulier  mendicans,  beltelwcib, 

BETTELFL'URE,  f.  vchiculum,  vcctura  mendicorum,  frohn- 
fuhr,  mit  welcher  Urnppelhnßc  bc.ltlcr  und  landslreicher  von 
dorf  zu  dorf  gebracht  werden:  imterweg'^  begegnet  ihm  auf 
drr  bettclfuhr  ein  lahmer  mensch.  Hkbei  s  schutzk.  142  (27.'») ;  die 
bettel-  oder  krüpelfuhrc  eines  mehr  verschlackten  als  vcrcrz- 
ten  lebcns  ohne  geld.  J.  Palm.  Ti/.  1,110. 

BETTELFÜBST,  «i.  verächtlich,  ein  kleiner,  unvermögender 
ßrsl.     s.  bettcigraf,  bcUclprinz. 


BETTELGAST,  m.  hospes  mendicans :  sollte  uns  nicht  vier- 
mal ein  mahlzeit  anzustellen  erlaubt  sein?  ja  öfter,  spräche 
Lazarus,  wann  ihr  bekennet,  dasz  ihr  bettelgäst  seid.  Schup- 
pius  750. 

BETTELGELD,  n.  pecunia  mendicata. 

BETTELGELEHRSAMKEIT,  f  nun  komme  ich  auf  einen 
punct,  der  ihnen,  hcrr  pastor,  gelegenheit  gegeben  hat,  eine 
wahrhafte  bettelgelehrsamkeit  zu  verrathen. ,  Lessing  3,  421. 

BETTELGESCHICK,  n.  conditio  mendicorum:  das  sind  gute 
bettler,  die  sich  mit  dem  bettelgeschicke  in  gedult  vergnügen. 
pers.  baumg.  3, 1. 

BETTELGESINDE,  n.  lurba  mendicorum. 

BETTELGEWERBE,  n.  quaestus  mendicorum. 

BETTELGRAF,  m.  'wo  ist  dein  bettelgraf?'  sagte  ein  würz- 
burgischer  knecht  zu  einem  werlheimischen  unterlhan.  Rein- 
hard werlh.  gegcnschriß  2,  304. 

BETTELHAFT,  7niser,  misellus :  müszige  bettler  oder  bet- 
telhafte müsziggängcr.  Wieland  6,212;  ein  halb  duzend  bet- 
telhafte, barfusz  und  zerlumpt  einher  gehende  kinder.  Gütiie 
29,  306;  ein  bettelhafter  aufzug;  bettelhafte  ausstatlung;  das 
kommt  sehr  bettelhaft  heraus. 

BETTELHAFTIG,  dasselbe:  dasz  er  in  solchen  bettelhaf- 
tigen  kleidungen  aufziehe.  Scnuppius  249. 

BETTELHAND,  f.  Swift  legte  einmal  in  eine  weibliche  bel- 
telhand  nichts,  weil  sie  ungewaschen  war.  J.  Paul  ästh.  1, 184. 

BETTELHANDWERK,  n.  was  bettelgewerbe. 

BETTELHERBERGE,  f.  hospitium  mendicorum,  vile  diver- 
sorium:  ich  habe  aber  keineswegs  Ungeziefer  und  bettelher- 
bergen  dort  getroffen.  Güthe  30,  85.    vgl.  nd.  pracherherbarge. 

BETTELHOCIIZEIT,  f  armselige  hochzeit. 

BETTELHOFFART,  f.  mendicorum  fastus,  bcltelstolz,  hof- 
fart  bei  armut. 

BETTELHÜLFE,  f  subsidium  mendicaluni:  wiewol  auch 
solche  bettelhülfe  in  wenig  hilft.  Luther  5,  62'. 

BETTELHUND,  m.  schelte:  du  bettelhund,  wer  wärest  du, 
als  du  in  deinem  lausigten  hemdchen  angestochen  kämest? 
Weise  erzn.  11;  der  bettelhund  soll  am  längsten  geprahlt 
haben,  freim.  redncr  121. 

BETTELHÜTTE,  f  casa  vilis:  ich  habe  die  noth  des  lan- 
des  in  adelichen  schlossern  und  bettelhülten  kennen  lernen. 
Rabener  6, 197. 

BETTELISCH,  miser,  vilis,  bettelhaft:  so  beltlisch  arm, 
elend  und  vcracht.  Luther  5,  477' ;  ist  gar  ein  leppischer, 
schrciberischcr  und  bettlischer  einzug  gewest.  lischreden  78'; 
unser  elende  beltelisch  werk  und  verdienst.  Jonas  bei  Luther 
6,  390';  und  würden  unser  bettelische  werk  an  Christus  stat 
gesetzt.  6,  407';  wiewol  dieser  unser  angefangener  gehorsam 
sehr  schwach  und  bettelisch  ist.  Melanciithon  im  corp.  doctr. 
ehr.  Abi;  menschengebote,  welche  Paulus  bettelische  satzunge 
nennt.  138 ;  bcttelischer  weis,  bienenk.  40.     s.  bettelsch. 

RETrELISCH,  adv.  more  mendicorum:  müssen  sich  mit  sol- 
chen angstlosen  und  notreden  so  lausicht  und  bettelisch  be- 
helfen.  Luther  1,  609';  alle  ire  fragelappen,  da  sie  sich  so 
beltelisch  mit  plctzen  und  flecken.  3,  366'. 

BETTEL.IACKE,  f  tunica  rilissima. 

BETTELJUDE,  m.  ein  alter,  blinder  betteljude.  Göthe  48,  33. 

BETTELJUNGE,  m.  puer  mendicans,  bcttellmbe:  ich  bin  vor- 
nehmer als  ein  betteljunge.  Weise  A7.  leute  266. 

BETTELKERL,  m.  mendicus:  ja  ja,  bettelkerlen  kriegen 
wir  genug  daheim.  Weise  comöd.  310. 

BETTELKIND,   n. 

BETTELKNARE,  m.   was  bettelbube. 

RETTELKLOSTER,  «.  die  auniebung  der  bettelklöster. 

RF-TTELKONIG,  ni.  rex  misellus,  armseliger  künig: 
es  ist  zu  lliiin  um  rtlich  kind, 
den  beiiclköng  ich  luicliillcli  find, 
wenn  ich  dieselben  lödlen  liesz. 

JoH.  Lko?(  ojfcnb.  des  mcssias.  1553.  E5*. 

an  einigen  orten  bcnennung  eines  polizeidieners,  der  die  bettler 
beaufsichtigt,  bettelvoijt:  wir  gebieten  auch,  das  niemand  seine 
gensc  und  enten  auf  der  Gera  schwimmen  lasse  ....  wo  aber 
die  hierüber  auf  der  Gera  befunden,  die  sollen  unsere  bet- 
lelliönige  ins  spittal  zu  treiben  macht  haben.  Erfurter  sladt- 
ordn.  l\l'. 

RETTELKBAM,  m.  iinisquiliae,  ärmlicher  vorralh: 
dasz  sirli  kolni'r  liirdcr  irngo 
mit  so  Iosimii  helteikram.    Tsciierning. 

RETPELKRiEG,  m.  der  beltelkrieg!  schände  das  scbwert 
zu  ziehen.  Klingers  th.  3,  302. 


I 


1729 


BETTEUEBEN  —  BETTELN 


BETTELN 


1730 


BETTELLEBEN,  n.  vila  misella,  armseliges  leben. 

BETTELLEUTE,  pl.  lu  betlelmann :  es  fliegen  bettelleute! 
s.  bettelbub. 

BETTELLIED  LEIN,  n.  des  lied  ich  sing,  des  brot  ich  esz. 
und  singt  jedermann  das  bettelliedlin,  dem  loch  unter  der 
nasen  zu  lieb.  Fr.isk  sprichw.  2,  5l'. 

BETTELLUST,  f.  misera  toluptas,  elende  lusL 

BETTELMÄDCHEN,  n.  puella  mendieans. 

BETTELMANN,  m.  mendieut,  heiller,  lump,  mhd.  betelman. 
Morolt  193L  Mai  238,  38.  nunmehro  aber  merkte,  dasz  sie 
sich  an  keinen  bettelmann  verheirathet  habe.  Felsenb.  1,  76. 
die  Spinner  nennen  die  abfälligen  baumvolleßocken  bettelleute, 
«as  sich  dann  auf  die  Schneeflocken  überträgt:  er  ist  aus 
den  bettelmännem,  die  von  mir  abfielen,  zusammengedreht 
und  gezwimL  J.  Pacl  Hesp.  3, 12.  2)  bettelmann,  bettelmus  : 
einen  bettelmann  ess  ich  gern.  Scbh.  1,  217. 

BETTELMÄNNISCH,  auf  bettlerarl :  besser  bettelmännisch 
gefahren,  als  edelmännisch  gegangen. 

BETTELMANNSKOST,  f. 

BETTELMANNSPFEIFE,  f.  nach  der  bettelmannspfeife  tanzen. 

BETTELMA.N.NSSUPPE ,  /.,  eine  aus  schwanen  brolrinden 
mit  rahm  bereitete  suppe. 

BETTELMANTEL,  m,  pallium  mendicorum,  buni  mit  läppen 
und  fetzen  geflickt  (tgl.  allerleirauh  sp.  225) :  wenn  die  leut 
zu  gottes  ehren  und  gemeinen  nutzen  stenren  sollen,  so 
sucht  jeder  den  bettelmantel  herfür  und  will  sich  damit  decken. 
LEHMA.N.t  56;  die  sich  mit  der  armut  entschuldigen,  Ton  de- 
nen sagt  man,  sie  decken  sich  mit  einem  bettelmantel.  203. 
s.  h^tlermantel,  bettlersmantel. 

BETTELMENT,  m.  laszt  doch  irgend  vor  30  reichsthaler 
erde,  steine  und  andern  bettelment  nem  werfen.  Weise  un- 
vergn.  seele  229.     /ür  bettel. 

BETTELMENSCH,  n.  reräehllich  wie  betteldirne  für  bätlerin. 

BETTEL.MÖ.NCH,  m.  nnl.  beddelmoonik,  Franciscaner,  Do- 
minicaner: dieweil  sie  vom  bettlenden  oder  heischenden  erden 
sind,  bienenk.  23S'. 

BETTELN,  mendicare,  ahd.  petalön  (GbaffS,  61),  mhd,  be- 
telen  (ße^.  1, 172'),  nnl.  bedelen,  schw.  betla,  dän.  betle,  diese 
beiden  von  uns  und  sogar  mit  behaltnem  t  tntlehnt,  petalön 
gründet  iich  (trie  wehsalün  nagalön  satalon  mungal^n  banla- 
16n  vogalun  auf  wehsal  nagal  satal  mangal  hantal  Togal)  auf 
petal,  das  vorhin  erst  im  nhd.  bettel  nachgewiesen  werden 
konnte,  und  petal  supplicalio,  mendicatio  stammt  wie  pela  ab 
von  pittan,  goth.  hidjan,  welchem  die  grundbedeutung  eines 
unterwürfigen  niederfallens  und  liegens  zukommt,  was  sieh  ganz 
ßr  die  Vorstellung  des  bettelns  schickt,  bietet  auch  die  goth. 
spräche  kein  einstimmendes  bidlun  dar,  so  ist  doch  ein  ihr 
eignes  bidagva  Tt^oaairr^s  loh.  9,  8  mit  bida  airrjfia  und 
bidjan  tTiatreTv  Luc.  16,  3  sicJitbar  verwandt,  keine  andere 
deutsche  zunge  gewährt  es,  die  ahd.  form  würde  sem  petago. 
doch  betteln  selbst,  TiooaairtTv,  aijeiod'at,  Ti^oaeixsa&ai 
pflegt  der  Golhe,  auszer  jenem  bidjan,  auszudrücken  aihtrün, 
7X^oaev/r]  aihtruns,  welche  merkwürdig  an  Ixerevetv,  txrrjj- 
ö«os,  ixexTiqia  mahnen,  aber  auch  dem  vielbesprocltnen  aibr 
öäoov  Matth.  5,  23  vervandl  zu,  sein  scheinen,  wovon  anderswo, 
denn  die  Vorstellungen  erbetner  und  empfangner  gäbe  mischen 
steh,  wie  das  lal.  petere  und  impetrare,  das  ags.  ))icgan  ca- 
pere,  alts.  thiggian  rogare  und  accipere,  ahd.  dikan,  diccan 
bitten  und  empfangen,  altn.  ])iggja  gäbe  empfangen,  schw.  tigga, 
dän.  tigge  betteln  auszer  Zweifel  setzen,  ags.  ist  Tädla  men- 
dieus,  Tädlian  mendicare,  was  nur  scheinbar  anklingt  an  bett- 
1er  und  betteln,  in  der  that  aber  dem  ahd.  wadal  vagabun- 
dus,  egenus,  wadalun  vagari  (Graff  1,  776.  777)  gleichsteht; 
zuletzt  begegnet  wüdle  noch  im  Ormulum,  nicht  mehr  bei  Plow- 
MAN  und  Chaicer,  und  später  tritt  wieder  das  engl,  beg  und 
beggar  in  die  lücke.  es  hat  doch  grossem  schein,  dasx  beg 
durch  abweichende  ausspräche  aus  bede  =  bitten  entsprungen 
sei,  nachdem  hid  =  bieten  vorgedrungen  war,  als  dasx,  wie 
oben  sp.  1295  vermutet  wurde,  begine  und  begbart  einflusz 
darauf  gehabt  haben  sollten,  umgekehrt  könnten  sie  aus  beg 
erwadtsen  sein.  Es  gibt  ßr  betteln  noch  manclie  andere  aus- 
drücke, meistens  mit  1  gebildet,  z.  b.  bair.  fergeln  (anhaltend 
fergen,  bitten);  nnl.  troggelen,  truggelen,  dän.  trjgle,  fries. 
tröggel  beltler.  Halft  8,  350;  in  Pommern  und  Meklenburg 
gungelo  (ambulare)^  mhd.  gengeixre  bettler.  GA.  2,  426 ;  nnl. 
pragchen,  anderwdits  pracbcn,  praken,  prachera,  heischen, 
fordern;  bair.  gnenken,  bei  Kcjsbubcbc  nünen;  geilen,  nnl. 
^jlen  u.  s.  w. 


Nach  diesen  erörterungen  gelangen  vir  zu  betteln,  welches 

1)  intransitiv  steht,  und  oft  noch  mit  bitten  verbunden  wird: 
betteln  und  bitten ;  es  hilft  kein  bitten  noch  betteln ;  schwä- 
bisch, hont  beattelt  und  beata.  Ernst  Meier  s.  201 ;  man  sagt 
im  Sprichwort,  betteln  ist  besser  als  stehlen;  besser  bettein 
als  borgen.  Göthe  4,  331;  betteln  und  brotheischen  geht  in 
einen  sack ;  betteln  viele  in  einen  sack,  so  wird  er  bald  voll ; 
betteln  heiszt  armut  verzetteln;  es  hat  wol  mehr  denn  ein 
könig  gebettelt; 

dö  betelete  der  guoie, 
uaz  ej  die  liuie  muote.    gute  frau  1681. 
es  heiszt  betteln  gehn,  im  eigentlichsten  sinn,  «eil  der  bettler 
von  thür  zu  thüre  geht  und  im  Imtd  herumzieht,  0.  III.  20,  37: 

ib  bin  ij,  wizii  tlia?,  iher  blint  hiar  betolönli  saj, 

ih  io  mit  stabü  DÖii  giang  weges  greirönü 

zi  manniliches  trenli,  io  bröies  betoiönti; 

er  gie  beteln  umbe  bröt.    Trist.  96,  32; 

(knappen)  die  da  Letalen  giengen.    Amis  1293; 
er  fiel  in  solche  armut,  dasz  er  muste  betteln  gehn ;  er  kann 
sich    des  bettelns  nicht  erwehren ;    er  legt  sich  aufs  betteln ; 
mein  kind.  gib  dich  nicht  aufs  betteln,  es  ist  besser  sterben 
denn  betteln.  S/r.  40,  29;  umb  der  kelte  willen  wil  der  faule 
nicht  pflügen,   so   musz  er  in  der  erntin  betteln  und  nichts 
kriegen,  spr.  Sal.  20,  4;  ich  schäme  mich  betteln  zu  geben; 
seine  kinder  werden  betteln  gehen.  Hiob  20, 10 ;  seine  kinder 
müssen  in  der  irre  gehen  und  betteln,   ps.  109,  10;.  da  sasz 
ein  blinder  am  v<^ge  und  bettelt.  Afarc.  10,  46;  beinah  wäre 
es  eben  so  gtrt  vor  den  thüren  zu  betteln.  Göthe  18, 79 ; 
es  i«t  $0  elend  beiteln  zu  müssen, 
und  nocl^dazu  mit  bösem  gewissen.    12,  244. 

auf  etwas  betteln :  er  bettelt  auf  den  brand,  er  ist  abge- 
brannt und  fleht  um  beistand;  die  frau  bettelt  auf  ein  kleines, 
krankes  kind: 

das  ist  deio  eigenes  kind  nicht,  worauf  du  bettelst  und  rührst 
mich.  GöTHg  l,  3-S6. 

abslracl,  flehen,  inständig,  demütig  bitten :  ich  bettle  nicht  um 
deine  freundscliaft,  um  seinen  beifall;  er  hat  uro  die  stelle 
lange  gebettelt;  da?z  die  Vernunft  hier  nicht  bettele,  sondern 
gebiete.  Kavt  2,  498;  figürlich,  die  kunst  geht  betteln,  geht 
nach  brot;  bei  dem  geht  meine  kunst,  meine  sonst  so  wol 
versuchte  kunst  betteln  (kann  meine  geschicklichkeit  nichts  aus- 
richten, musz  darben).  Lessixg  1,228.  auch  von  thieren,  z.  b. 
von  zahmen  vögeln,  die  heran  geflogen  kommen,  dasz  man  ihnen 
körner  hinwerfe,  von  hunden  und  kalzen  heiszt  es  betteln: 
da  säuselt  vom  dach  mein  mohrenköprchen  und  bettelt.  Voss, 
der  aussätzige  bettelt  mit  seiner  klapper,  der  taubstumme 
mit  der  glocke:  ein  taubstummer  machte  mit  seiner  glocke 
an  den  thüren  ein  bettelndes  geiaute.  J.  Pacl  TU.  2.  84. 

2)  transitiv,  fordern  und  erbetteln,  impetrare: 

so  gienc  er  beteln  sin  bröt, 

des  er  wart  von  scbame  röt.    Marienteg.  223,  33t ; 

und  sie  salzten  in  (den  lahmen)  vor  des  tempels  thQr,  das 
er  bettelte  das  almosen  von  denen,  die  in  den  tempel  gien- 
gen.  apost.  gesch.  3,  2 ;  dasz  man  brot  von  einer  thüren  zur 
andern  bettlen  gange,  bienenk.  199";  das  wasser  betticn.  Fi- 
scHARTS  spielrerz.  254; 

man  s.ili  die,  welche  fern  ausz  frerobdem  bliu  entsprungen. 

lu  bettlen  meine  gunst,  zu  leisten  ihre  trew  gezwungen  unge- 
zwungen. Weckhkrlix  72; 
und   hätte    das   brot   für  den  thüren  gebettelt,   wie  Lazarus. 
ScBippics  132;    das   büblein    und   mSgdlein  brot  oder  heller 
bettlen  zur  täglichen  Unterhaltung.   694; 
hast  du  leidenschaDen, 

die  von  dem  throne  betteln  ?  reizt  dich  gold  ?    Scbillb«  254* ; 

der  ewigen  weberin  meisterstück, 

das  hat  sie  nicht  zusammen  gebeuelt, 

sie  hats  von  ewigkeit  angezenelu    Gotbk  3,  100. 

3)  sich  betteln,  ron  einem  ort  zum  andern  fortbetteln,  fort- 
bringen: er  hatte  den  feldzug  in  Spanien  mitgemacht,  wurde 
an  der  grenze  entlassen  und  muste  sich  nach  haus  betteln ; 

ich  giong 
als  ein  verwaistes  armes  mndchen 
und  bettelte  mich  bis  ins  nächste  Städtchen.    Ulrcer  106'. 

vgl.  sich  anbetteln  sp.  294,  sich  durchbetteln,  sich  einbetteln. 

4)  im  breispiel  ist  betteln:  stein  um  stein,  ohnt  vorlheil, 
nehmen. 

5)  Schweiz,  aber  bettelen  nach  dem  bett  riechen. 

BETTELN,  n.  mendicatio :  das  betteln  ist  hier  streng  ver- 
boten ;  die  listige  suchte  einige  einsame  augenblicke  mit  Lia- 
nen durch  das  kühne  betteln  um  deren  begleitung  nach  Bla- 
menbühl  zu  erhaschen.  J.  Paul  Tit.  3,  84. 

109 


1731 


BETTELNACKT  —  BETTELSTAB 


BETTELSTAB  —  BETTELTANZ 


1732 


BETTELNACKT,  nackt  und  blosz  vor  armut 

BETTELORDEN,  m.  ordo  mendicanlium. 

BETTELPACK,  n.  colluvium  mendicorum:  vor  zehn  jähren 
liesz  sich  das  bettelpack  im  dorfe  nieder. 

BETTELPATZIG,  bellelslolz.     s.  patzig. 

BETTELPFAFFE,  m.  oho,  das  war  ohne  zweifei  der  zer- 
fetzte bettelpfaf,  der  sich  für  einen  sclavenerlöser  ausgab. 
Fr.  Müller  2,  65.     früher  sagte  man  auch  bettlischer  pfaffe: 

drum  leihe  mir  dein  hülflich  band, 
und  lasz  mich  werden  nicht  zu  schand 
an  diesem  betleschen  pfaffen. 

JoH.  Sander  trag,  von  Johann  dem  täufer  15S8  L4'. 

BETTELPRACHT,  f.  wertloser  putz,  sptendida  miseria. 
BETTELPRINZ,  m.  was  bettelfürst: 

er  (Phoebus)  und  ein  prinz  von  Libanon, 
was  sind  sie?  bettelprinzen.    Bürger  9" 

BETTELRANZEN,  wi.  groszcr  bettelsack: 

ich  und  mein  junges  weib  können  schön  tanzen, 
sie  mit  dem  bettelsacli,  ich  mit  dem  ranzen. 

BETTELRICHTER,  m.  was  betlelvogt,  bettelkönig: 

auch  fahen  uns  die  bettelrichter 

und  legen  uns  in  bettelstock.    II.  Sachs  III.  3,73'; 

jene  zwei  bettelrichter,  die  einem  armen  kerl  das  betteln  ver- 
wehren wollten,  ßiegenwadel  20. 

BETTELROCK,  m.  bunllappiges,  geflicktes  kleid: 

dasz  unsre  deutsche  spräche  soll  weder  mit  latein, 
noch  fremdem  mischmasch  sonst  als  arm  lÄlläcket  sein, 
gleichwie  ein  batieliock.  Rompler  von  Löwenhalt  gebusch.  113. 

BETTELROTTE,  f.  globus  mendicorum. 
BETTELS,  hier  soll  eine  stelle  aus  Bäockes  7,  495  mitge- 
theilt  werden,  um  auf  sie  in  der  folge  bczug  nehmen  zu  kön- 
nen: ich  liesz  mir  alle  stücke  des  pflugs  nennen  und  fand: 
die  zunge,  das  gestell,  das  betteis,  pflugbaum,  vordereisen, 
den  pflugnagel,  gradsahl,  grad,  den  sterz,  die  unterjahl,  die 
seitensahl,  das  rusterbret,  das  seiteneisen,  die  pflugbutt,  pflug- 
schar,  weliestecher.  erklärungen  fehlen  aber,  betteis  mahnt 
an  bedselmo,  bedselma  bei  Haupt  7,  463. 
BETTELSACK,  m.  mendici  pera: 

hoffart  wont  bi  beielsecken.    Renn.  495; 
dann   der  bettelsack   sich   uns   ser   gesellet  {wir  gerathen  in 
armut).  Aimon  g  4 ;  wenn  sie  gleich  was  haben  von  kleidern, 
so  werfen  sie  es  dahin,  wie  die  saw  den  bettelsack.  Glaser 
gesindeteufel  E  6' ; 

und  fuhr  in  an  ganz  unverzagt, 

wie  ein  saw  einen  bettelsack.    Birce  doppelspiler  138; 

ir  bettelsack  wirt  nimmer  vol, 

wie  man  in  füllt,  so  bleibt  er  hol.    Soltau  257; 

man  schlag  es  ab,  oder  Schlags  zu,  so  ist  doch  alles  gut, 
was  man  in  bettelsack  thuL  Lehmann  6 ;  dasz  mancher  bei 
seinem  bettelsack  besser  fahre,  als  ein  ander  bei  seinem 
geldsack.  Schüppiijs  670; 

pfui,  was  ist  das  ein  ä  geschmack, 

und  magrer  als  ein  beitelsack.    Göihe  13,  80. 

gutschmeckchen  macht  bettelsäckchen. 

BETTELSAMMET,  ffl.  grober,  baumwollner  plüsch,  wiebauer- 
in  Zusammensetzungen  den  schlechteren  stof  bezeichnet. 

BETTELSCH,  misellus,  bettelisch:  noch  haben  sie  keinen 
gott,  sondern  müssen  einen  hiettelschen,  lausichten  gott  selbs 
machen  aus  irem  pfennige.  Luther  5,  472".     s.  bettelisch. 

BETTELSCHELLE,  f.,  kleine  schelle,  mit  der  an  einigen 
orten  der  bettler  seine  gegenwart  an  der  thür  bemerklich  macht, 
daher  mit  der  bcttelschelle  kommen,  mit  einer  bitte. 

BETTELSCHENKE,  f.  caupona  vilis,  ärmliche  schenke. 

BETTELSCHMAUS,  m.  armseliger  schmaus. 

BETTELSCHVVARM,  m.  hunger schwärm,  bicnen,  die  mit  der 
königin  ihren  stock  verlassen  und  sich  in  andern  einbelteln. 
Nemmch  526. 

BETTELSTAAT,  m.  armseliger  putz. 

BETTELSTAB,  m.  baculus  mendici,  denn  ohne  slab  konnte 
sich  das  alterthum  den  schwachen,  elenden  bettler  gar  nicht 
denken,  altn.  und  schw.  bedeutet  stafkarl  geradezu  entweder 
einen  greis  oder  einen  bettler  und  schw.  Stackare,  dän.  stakkel 
einen  armen;  daher  die  einfachen  schünen  ausdrücke  an  den 
bettelstab  kommen,  den  bettelstab  absclineiden,  den  bettelstab 
ergreifen,  an  den  bettelstab  bringen,  und  ähnliche: 
mhd.  daj  si  kam  an  den  bcllelslap.  Ls.  2,062; 
nlid,    wen  du  vertetist  all  unser  hali, 

wir  kemenl  all  an  bcitcltiab.    fasln,  sp.  822,20; 

das  uns  nit  ein  haller  blibt, 

wir  kemind  des  an  bätlelslab.    881,8; 


und  müssen  in  das  spital  gedeien 
und  unser  kint  an  petelstab.     1158-; 
bringst  dich  und  sie  an  bettelstab.    H.  Sachs  1,228*; 
sonst  müst  wir  an  den  bettelstab.    III.  2,  190*; 
kert  wider  auf  den  bettelstab.  seh.  und  errist  cap.  242;    die- 
selbigen   stabüler   lassen   nimmermehr  von  dem  bellen,   und 
ihre  kinder  von  Jugend  auf  bis  in  das  alter,  denn  der  bettel- 
stab   ist  ihnen  erwärmet  in  den  griflingen  [fingern),    exp.  in 
truphis  cap.  2 ;  hett  im  {sibi)  bald  den  bettelstab  in  die  band 
geben.  Kirchhof  wendunm.  167'; 

zu  letzt  kumen  an  den  pettelstab.    Scbiblzl  verl.  sahn  24*; 
ihr  slab  ein  bettelstab.    Wkckhbrun  255 ; 
den  nicht  der  bürgerkrieg  an  bettelstab  gebracht, 
der  noch  nicht  borgen  geht,  der  denke  gute  nacht. 
Grtpiuüs  1,  306; 
zum  bettelstab  geraten.  Philand.  lugd.  5,  292 ;  weil  er  dama- 
len  selbst  in  einen  solchen  stand  gerathen  wäre,  in  welchem 
er  besorglich   das   brot  am  bettelstab  suchen  müste.    Simpl. 
1,  49;   ach  Häuschen,  sprach  er,  wie  will  das  ablaufen?  ach 
bestellt  den  bettelstab,   weil  ihr  gcld  habt,   sonst  werdet  ihr 
einen  knüttel  von  der  ersten  weide  abschneiden  müssen,    ja 
wol,   ich   habe   ihn   gar   zu   oft  abschneiden  müssen.    Weise 
erzn.  78 ;  an  dem  bettelstab  nacher  hause  kommen,  pol.  stockf. 
20 ;  des  bettelstabes  überhoben  sein.  22 ;  also  wüsten  ich  und 
mein   bruder   sonst  kein  ander  mittel,   als  den  bettelstab  zu 
ergreifen.  Felsenb.  1,  111;  musten  wir  uns,  nachdem  das  we- 
nige geräthe  verkauft  und  aufgezehret  war,  bequemen,  nebst 
unserer  matter  den  bettelstab  zu  ergreifen.  2,  468 ;  dasz  das 
feuer  bei  vierhundert  familien  an  den  bettelstab  gebracht  habe. 
Schiller  189;  .^ 

warum  weinst  du,  junge  waise? 
'gott,  ich  wünschte  mir  das  grab, 
denn  mein  vormund  leise,  leise 
bringt  mich  an  "den  bettelstab.'    Göthe  1,  155. 
im  bettlerstab,  wie  im  bettelbrot,  ruht  heilkraß,  abergl.  1068. 
BETTELSTAND,    m.    mendicorum  ordo:    hie  von  schreibet 
Erasmus,   wie    die   vier  bcttelorden  den  Augustinerorden  nit 
wollen  in  iren   bettelstand   annemmen,    auf  dasz   der   karcb 
der  kirch  nit  fünf  räder  gewinne,  bienenk.  83'. 

BETTELSTIL,,  m.  er  rückte  einem  bettelnden  judenjun- 
gen seinen  schlechten  bettelstil  vor.   J.  Paul  flegelj.  1,  50. 

BETTELSTOCK,  m.  caudex,  stock  zum  anschlieszen  der  ge- 
fangnen, gefängnis:  und  legen  uns  in  bettelstock.  H.  Sachs 
HL  3,  73'. 

BETTELSTOLZ,  in  mcndicitate  insolens:  die  frau  D.  ist 
ein  eitler,  lächerlicher,  betlelstoizer  äffe.  Rabener.5,  167. 

BETTELSTOLZ,  ni.  mendicorum  fastus:  warum  will  man 
der  armut  ihren  rechtlichen  beistand  und  einen  Chevalier 
d'honneur  abspenstig  machen,  die  philosophie  und  den  bet- 
telstolz?  J.  Paul  Siebenk.  2,17. 

BETTELSTÜCK,  n.  res  emendicata  vilis: 

den  korp  den  du  tregst  auf  dem  ruck, 

dar  ein  tust  du  aier  und  petelstuck, 

erpeitelst  du  dauszen  auf  dem  geu.    fastn.  sp.  478,  24 ; 

nu  waren  die  kinder  Eli  selbs  priester,  die  mit  solchem  bet- 
telstück gestraft  worden.  Luther  6,  322' ;  das  land  Canaan  ist 
kaum  ein  bettelstück  oder  tellerbrot  gewest  gegen  der  gan- 
zen weit  reich.  8,  84" ;  also  dasz  sie  auch  meine  ehre  und 
bettelstückc  nicht  gedenken  meinen  kindem  zuzusprechen. 
br.  5,  26. 

BETTELSüCHT,    f    morbus    mendicorum,    i.  e.   lassiludo, 
die  müdigkeit,  weil  sie  vom  vielen  umgehn  ermüden: 
die  betielsucht  in  bald  bestund, 
das  er  ein  weil  schlafen  begund. 

Waldis  Es.  4,  80  (308"). 
BETTELSUPPE,  f. 
Meph.    so  sagt  mir  doch,  vcrnuchte  puppen, 

was  quirlt  ihr  in  dem  brei  herum  I 
Ihierc.  wir  kochen  breite  bettelsuppen. 
Mrjih.    da  habt  ihr  ein  grosz  publicum.    Göthe  12,122; 

hier  kommt  der  abermals  ermordete,  oder  vielmehr  in  fhul- 
nis  übergegangene  Gustav  der  dritte,  es  ist  so  recht  eigent- 
lich eine  bettelsuppe,  wie  sie  das  deutsche  publicum  liebt. 
an  Schiller  342. 

BETTELTANZ,  m.  pugna,  jurgium,  kämpf,  streit,  hader  und 
prügelei,  womit  ein  tanz  und  gelag  der  bettler  zu  enden  pflegt: 

der  giert,  grechl  musz  au  beltellanz, 

frombkell  hat  bei  der  weit  kein  glani.    seh.  «.  ernst  cap.  309; 

in  summ  der  hetleltanz  will  sich  machen  {der  kämpf  wird  be- 
ginnen). Schertlins  br.  {a.  1546)  s.  159 ;  da  hetzt  sie  {die  for- 
sten) doclor  Stolz  weidlich  an  ein  ursach  von  eim  zäum,  den 


1733 


BETTELTAPEZEREI  —  BETTEN 


BETTEN— BETTFEST 


1734 


betteltanz  {den  krieg)  wiederum  anzufaheo,  zu  reiszen.  Kirch- 
hof icendunm.  34';  wo  aber  eins  dem  andern  sein  elend  für- 
wirft, der  mann  will  besser  sein  als  das  weib,  das  weib  aber 
trotzt  auf  ihren  reicbtbumb,  den  sie  ihm  bat  zugebracht,  da 
geht  der  betteltanz  an  und  ist  des  haders  kein  ende.  Crei- 
Dics  2,  405 ;  da  wir  nun  an  den  ort  kamen,  wo  der  bettel- 
tanz [der  Zweikampf)  angeben  sollte.  Simpl.  l,  2S3 ;  dasz  die- 
ser ewige  frieden  ein  end  gewinnen  und  der  betteldanz  im 
römischen  reich  und  anderswo  wieder  angeben  werde.  Schup- 
pics  382;  da  war  kein  erbarmen,  da  half  keine  entschuldi- 
gung,  da  folgte  ein  schlag  auf  den  andern  ...  es  bat  mir 
auch  ein  guter  freund,  der  neben  anwohnte,  erzehlt,  dasz  der 
betteltanz  zu  hause  erst  recht  angangen.  Weise  erzn.  34»; 
sobald  aber  die  sonne  aufgieng,  rückten  die  reuter  aus  dem 
Decken  benror,  flanquierten  wol  eine  halbe  stunde  im  blan- 
ken felde  herum,  . . .  kommen  immer  näher  und  näher,  bis 
endlich  der  betleltanz  angieng.  icestf.  Robinson  144 ;  nun  wird 
der  betteltanz  angehen,  nunc  incipient  insanire; 

da  hebt  sich  an  der  betteltaoz 

und  bleibt  kein  glas  noch  krause  ganz.    Frisch  1,  89*. 

s.  bettlertanz. 

BETTELTAPEZEREI,  f.  der  teufel  hole  die  ganze  poesie, 
die  die  menschen  von  andern  abzieht,  und  sie  inwendig  mit 
der  belteltapezerei  ihrer  eignen  würde  und  hoheit  ausmeu- 
bliert.  Merck  2,  49. 

BETTELTKOTZ,  m.  tcas  bettelhochmut,  bettelstolz. 

BETTELTROTZIG,  insolens,    beltelstolz. 

BETTELÜNG,  f.  mendicalio,  ahd.  petalunga.  Graff  3,  61. 
dasz  er  uns  bei  der  bettelung  und  armut  erhalte.  Leibmz  255. 

BETTELVISITE ,  f.  seine  excellenz  hätten  >iel  zu  thun, 
wenn  sie  jede  bettelvisitte  annehmen  wollten.  Rabener  4,  56. 

BETTELVOGT,  m.  mendicantium  custos,  bellelrichler :  gieng 
eine  arme  fraw  in  der  Stadt  herumb  und  bettelte,  welcher 
der  bettehogt  das  betteln  verbieten  wollte.  Schcppics  '93. 

BETTELVOLK,  n.  turba  mendicorum,  betlelpack,  bettelroUe, 
eine  geringschätzige  bezeichnung  der  armen  leule. 

BETTELWEIB,  n.  was  bettelfrau,  soluta  paupercula. 

BETTELWERK,  n.  res  rilis,  mendiccUio:  gerechtigkeit,  die 
sich  dergleichen  bettelwerks  behilft.  Luthers  br.  2,  82 ;    ohn 
in  (golt)  reich  sein  ist  bettelwerk.  Kirchhof  trendunm.  180"; 
das  bettelwerk  und  gartn  darneben 
ihut  warlich  gute  beule  geben, 
besser,  denn  da  man  lermen  scbleit 
und  da  es  an  ein  stürmen  geit. 

RoLLENHACEN  tom  reichen  manne  F5'. 

BETTELWESEN,  n.  mendicalio. 

BETTELWIRT,  m.   hospes  mendieorum: 

mit  dem  gelt  zum  bettelwirt  kumb, 

daselben  wirst  du  linden  mich, 

da  bezal  ich  das  mal  für  dich.    H.  Sachs  III.  3,  29*. 

BETTEN,  lectum  slernere,  das  bell  machen,  ahd.  pettun 
(Graff  3,  51),  mhd.  betten,  würde  golh.  gelautet  haben  badjön, 
ein  schönes,  gefüges  wort,  das 

1)  den  dat.  der  person,  wie  alle  verba  des  kleid  und  gerälh 
anlegeits  (gramm.  4,  693)  fordert:  ahd.  petto  dir  {golh.  badjö 
|)us),  Sterne  tibi,  mache  dir  das  bell.     mhd. 

den  wunden  {vulneratis)  man  gebeitei  vi!  güetlichen  sach. 

Sib.  251,  2 ; 
Kudrnn  ir  gesinde  fragen  dö  began, 
ob  ir  gebettet  wiere,  si  wolle  slifen  g^n.    GMdr.  1S24,  2; 
nü  was  ouch  släTennes  zit. 
dö  eiengen  die  knehte 
spenen  sä  mit  rehte, 
welch  siai  in  da  töhte, 
da  man  in  bellen  möhte.    Er.  T082; 
den  viljieben  gesien 

beuen  sl  darunder  (unier  den  buchen).    7091 ; 
dem  Wirte  bellen  si 
under  die  nächsten  da  bi.    7201 ; 
dö  beue  man  in  allen  drin.    /».  C571 ; 
man  bette  dem  beide  sän.    Pari.  35,  7 ; 
ich  w,Tn  man  iu  gebend  liäi. 
.^h  ir  müedc,  so  ist  min  rit, 
da;  ir  göt,  leit  iuch  sJäTen.    242,  13; 
dem  blinden  was  gebettet  sä.    Lt.  t,  275. 

nhd.  füre  ich  gen  himel,  so  bistu  da,  bettet  ich  mir  in  die 
helle,  sihe  so  bistu  auch  da.  ps.  139,  8 ;  stehe  auf,  und  bette 
dir  selber  {<TTQiSaoy  ofairrtö).  apost.yesch.O,:H; 

bcu  im  unter  die  stiegen.    H.  Sachs  II!.  2,  48'; 

wenn  die  leii 

dem  haupie  weicher  bellet.    Gümthik  104 ; 


nah  über  jenem  ort,  wo  in  des  geiszblatts  schauen 

die  nTmfen  dir,  Endymion, 

Tiellelcbt  auch  sich, 'so  sanA  gebettet  hatten. 

WiBiA.%D  10,139; 

byacinihen,  lotus,  violetten, 

trieb  die  erde,  Amorn  sanrt  zu  betten, 

unter  ihm  hervor.    10,  30 ; 
ward  ihm  sanft 

gebettet  unter  den  hufen  seiner  rosse?    Schiller  3'J5'; 

ich  bleibe,    noch  versuch  ichs,  sie  zu  retten, 

wo  nicht,  auf  ihrem  sarge  mir  zu  bellen.    431'; 

und  auch  der  hat  sich  {sibi)  wol  gebettet, 

der  aus  der  stürmischen  lebeaswelle 

zeilig  gewarnt,  sich  heraus  gereuet 

in  des  klosters  Triedliche  zelle.  513'; 
die  Wölfin  trug  sie  in  ihre  nahe  hole,  bettete  ihnen,  leckte 
und  säugte  sie.  .Nieblhr  l,  245;  hier  auf  dem  laub  und  moos 
will  ich  mir  betten,  ohne  casus,  betten  =  belter  machen: 
ich  trag  holz,  pett,  ker,  spül  und  thu  abhaspen,  sagt  ein 
dienstbote;  dasz  die  rüstige  magisterin  neben  ihnen  koche, 
bette,  keife,  scheuere.  J.  Paul  Tit.  1, 118. 

2)  neuere  aber,  betten  auffassend  als  in  das  bell  legen, 
locare,  setzen  die  person  im  accusativ  hinzu: 

ich  beu  es  (Uebchen),  kommt  ein  schlaf  ihm  an, 

auf  welches  moos  und  thymian.    BCrgek  48*; 

nur  weisz  ich  hier  mich  nicht  bequem  zu  betten. 
Göthe  2,  271 ; 

so  mancher,  schon  halb  verloren, 

da  der  feind  eindrang,  ergrimmt, 

ward  wieder  froh  und  glucklieb  gebettet.    3,135; 

lasz  im  irrthum  sie  gebettet.    3,  2M ; 

ins  sichere  willst  du  dich  betten?    3,255; 

glaube  dich  nicht  allzu  gut  gebettet.    4,329; 

und  wird  es  ja  entdeckt,  bin  ich  doch  wol  gebettet.    7,  61 : 
da  haben  wir  uns  schön  gebettet!    giebt  es  denn  kein  ande- 
res mittel,  über  das  wasser  zu  kommen  ?  15,  216 ; 
Unschuld  nihi  auf  ihrem  augenliede, 
Amor  bellet  auf  der  wange  sich.    Gotter  1,  75; 

in  beiden  letzten  stellen  ist  der  casus  unsicher,  kann  aber  aus 
dem  Sprachgebrauch  der  schrißsteller  geschlossen  werden,  figür- 
lich, er  muste  das  innere  steppenfeuer  auf  das  kopfkissen 
betten.  J.  Paul  Tit.  l,  150;  unsem  mikrokosmus  weich  bet- 
ten auf  Schlachtfelder,  hohschnitle  10,  124.     ohne  casus: 

sanft  auch  bettet  das  gras,    hier  wollen  wir  ruhn  miteinander. 

Voss. 

3)  man  sagt  auch  sich  zu  einem,  mit  einem  betten: 
her  könig,  dises  daurt  mich  hier, 

das  Philippus,  dem  ihr  traut  so  wol, 
ein  solcher  loser  bub  sein  sol 
und  sich  darf  zu  der  königin  beuen.    .\trer  405'; 
signor  Frontin  wird  sich  mit  miss  Lisciien 
und  miss  mit  ihm  nicht  übel  bellen.    Gotter  1,80; 
sich  zusammen,  sich  von  einander  betten. 

4)  pleonastisch  wird  zu  betten  der  acc.  bette  oder  lager 
selbst  gcßgt :  hatte  ein  geist  oder  ungeheuer  alle  zimmer  rein 
gewaschen  und  sonst  im  hause  aufgeräumet,  alle  bette  selbst 
gebettet.  Schweixichen  1,  260  ; 

indes  geschäftge  amoreitea 

für  Amors  braut  ein  sanftes  lager  beuen.  Wiilaw  9,  396 ; 

nachdem  sie  gebettet  das  tüchtige  lager  mit  Sorgfalt. 
Voss  Od.  ti,  291 : 
nach   dem   gebcte    liesz   sie   ihn  {den  söhn)  in  ihres  luannes 
bette  steigen,  blosz  um  es  am  morgen  wieder  zu  betten,  eine 
freude   um   die   sie  der  alte  selber  bettende  Siegwart  taglich 
brachte.  J.  Paul  Fibel  24.     vgl.  aulbetten. 

5)  betten  für  ausstrecken,  hinstrecken,  niederlegen: 
fertig  gewirkt 

für  den  held  Laertes  ein  leichengewand,  wenn  dereinst  ihn 
schrecklich  ereilt  die  stunde  de«  lang  hinbettenden  lodes. 
Voss  Od.  19, 145  {ravriXeyioi  S^avaTOio), 
wo  die  frühere  ausgäbe  langhinstreckenden. 

6)  intransitiv,  betten  ßr  sich  niederlegen,  hinlegen,  von 
Pferden:  ros,  das  gern  bettet  und  feit.  Keisersberg  XV  staf- 
feln 37'.     von  hirschen.     s.  bell  7. 

BETTENSÜ.MMERFRAÜ,  f.,  die  das  beltwerk  sommert,  d.  i. 
sonnt  und  ausklopft. 

BETTFAHIG:  nicht  blosz  der  krieg  soll  betten  der  ehre 
aufschlagen,  auch  der  friede,  und  dieser  um  so  mehr,  da  er 
länger  dauert  und  also  mehr  bettfähige  finden  und  machen 
kann.  J.  Paul  nachdämm.  88. 

BETTFEÜERN,  pl.  plumae,  quibus  lecli  farciuntur:  fein  ge- 
rissene bcltfedern. 

BETTFEST,  Iccto  astrictus,  ans  bell  gefesselt,  bettlägerig: 
alsfurt  hat  drauf  der  hofprediger,  der  sonst  bettfest  war,  die 
weit  gesegnet.  Micrälius  ^  370. 

109* 


1735 


BETTFLASCHE —BETTLEIN 


BETTLER — BETTLERLÄÜSE 


1736 


BETTFLASCHE,  f.  ein  gefasz  mit  heiszer  ßllung  zu  eneär- 
mung  des  betls. 

BETTFRAU,  f.  mulier  leclis  slernendis  praefecta,  in  groszen 
haushaltungen,  deren  dienst  im  bellmaehen  besteht. 

BETTFUSZ,  m.  fusz  eines  bettgeslells.  bettfusi  heiszt  auch 
der  wilde  dost,  clinopodium  vulgare. 

BETTFüTTER,  n.  lecti  pabulum: 

die  mann  tragen  ir  bettfuoter  aus.    fastn.  sp.  320,  11. 

BETTGEHEIM,  secreti  tori  particeps:  welche  (ehfrau)  er 
mit  ihm  als  ein  gemeinerin  einlasset  und  zu  einem  tisch-  uod 
bettgeheimesten  rat  erwölet.  Garg.  64'. 

BETTGELD,  n.  was  man  als  beltmielhe  zahlt. 

BETTGENOSSLN ,  f.  ehfrau:  ich  muste  aber  auch  dafür 
manche  bittere  pille  verschlucken,  die  meine  bettgenossin  we- 
gen meinem  vorigen  verhalten  mir  auftischte,  der  arme  mann 
im  T.  191.     ßnn.  wuoteinen. 

BETTGENOSZ,  m.  consors  tori,  conjugalis,  schlafgenosz  in 
demselben  bell,  von  jedem  mitschläfer,  zumal  von  ehmann  und 
ehfrau  gellend,  vgl.  alts.  gibeddio,  ags.  gebedda  m.,  altn. 
bedja  /. ;  sie  ist  seins  lebens  labung,  bettgenosz,  lebensge- 
span,  sein  kuchenkeiserin,  sein  besems  fürstin.  Garg.  7'; 

mein  pusz  hab  icli  so  lang  gespart, 

bisz  ich  bin  auf  der  letstcn  fait. 

jetz  hindert  mich  mein  liianljheit  grosz, 

mein  kinder  und  mein  petgcnosz.    Scuwarzknberg  114, 1; 

gott   der  herr  hat  so  einen  mann  am  besten  versorget,   des- 
sen bettgenosz  einen  sinn  mit  ihm  hat  und  die  sich  das  ge- 
wonnene zu  sparen  befleisziget.  pers.  baumg.  7,  22 ; 
doch  sage  sie,  weswegen  denn  ihr  betigenosz 
den  schlauen  dieb  am  stehlen  nicht  verhinderte?   Platkn  248. 

BETTGENOSZ,  adj.  eh-  und  bettgenosse  weiber.  Garg.  67*. 

BETTGERÄTH,  n.  utensilia  lecti. 

BETfGESELL,  m.  consors  lecti,  tori,  schlafgesell. 

BETTGESELLIN,  /.  bettgenossin:  gott  sei  lob,  dasz  diese 
heirat  sowol  gelungen,  dem  ich  den  herrn  dann,  samt  seiner 
liebsten  bettgesellin,  bestens  empfehle.  Bütschkv /ia/iz/.  581. 

BETTGESTELL,  n.  sponda,  beltslelle.  Wielands  Ä/e/ia  4, 223. 

BETTGEWAND,  n.  lintea,  vestimenta  lecti,  mhd.  bettewat  /. 

dar  im  der  ougen  regen  flöj 
nicfer  üf  die  beuewät.    Greg.  43; 
er  vant  dar  inne  swachen  rät, 
weder  strö  noch  bettewat.    2868; 
also  richiu  beuewät, 
so  si  diu  werlt  beste  hat.    Er.  369 ; 
nu  sage,  waj  was  ir  bettewat?    7105; 
euch  was  da  guot  geraete 
von  richer  beiiewaete.    7200. 
nhd.  die  glaubiger  mich  oft  verklagen, 

betgwant  und  mein  hausrat  austragen. 

li.  Sachs  IU.  2,74'; 

leilach,  betgewand,  tischtücher.  Garg.  74".  über  den  verhalt 
von  gewand  zu  wat  s.  gewand. 

BETTGRAS,  n.  eriophorum  polystachion,  wollgras,  womit 
man  betten  stopft. 

BETTGURT,  m.  bandartiges  geflecht,  das  im  bettgestell  den 
boden  bildet. 

BETTHAKEN,  pl.  eisenhaken  an  den  enden  der  betlwände, 
um  sie  zusammen  zu  hangen. 

BETTHIMMEL,  m.  tegmen  lecti.  himmel  bedeutet  an  sich  decke, 
ahd.  laquear,  lacunar  (GnxFF  4,  938),  zumal  galt  die  weitere 
bildinig  himilezzi  (4,  943),  ags.  heofenhfts.    vgl.  himmelbett. 

BETTICH,  m.  s.  bottich. 

BETTKAMMER,  f.  dormitorium,  eine  kammer,  worin  man 
Schluß  oder  bellen  aufbewahrt. 

BETTKASTEN,  m.  sponda,  kastenförmiges  bettgestell. 

BETTKORB,  m. 

BETl'LADE,  f.  sponda,  bettgestell:  sie  schob  mit  dem 
borstwisch  leise  drei  strohbhren  und  einige  flaumfederspulen 
untrr  die  bettlade.   .F.  Paul  Siebenk.  2, 7.    s.  lade. 

BETTLAGER,  BETTLÄGER,  «.  cubile  acgroti,  krankenbett: 
musz  also  der  arme  patient  erst  in  seiner  krankbeit  und 
bettliiger  dasjenige  nieszcn.  Würtz  practica  70. 

BETTLÄGERIG,  leclo  cubans,  aegrolus:  sintemal  sie  darü- 
ber bettlägerig  wurd  (perche  se  ne  infermo).  Gbyphius  1,  359; 
ctzliche  tage  bettlägerig  gewesen,  colica  8 ;  er  ist  schon  einen 
monat  bettlägerig. 

BETTLÄGERIGKEIT,  f. 

BETTLEIN,  n.  lectulus,  beliehen,  sehwäb.  bettle,  vgl.  E.  Meieh 
kinderr.  n"  89.  ß 


BETTLER,  m.  mendicus,  ahd.  petaldri,  mhd.  betelsere,  nnt. 
bedelaar,  der  goth.  Wortbildung  bidagva  ist  schon  sp.  1729  ge- 
dacht worden,  sie  könnte  dem  gr.  Ttrcoxös  äuszersl  nahe  tre- 
ten, wenn  man  die  gleichstellung  von  bidjan  und  petere  zu- 
gibt, den  Wegfall  des  e  aber  wie  in  Ttero/iai  und  nread'at 
faszt,  wovon  weiter  untei-  bitten  zu  reden,  nxm^  flüchtig, 
Ttrcöaaot  fliehen,  flüchten,  wozu  man  Ttrcoxöe  zu  hallen  pflegt, 
scheinen  derselben  würzet,  seltsam  ist  das  it.  pitocco  bett- 
ler,  pitoccare  betteln  und  pitocco  bettlermantel,  wobei  vielleicht 
das  neugr.  nrcoxos,  frcoxds  in  betracht  käme,  zum  v  in 
bidagva  halte  man  bandvö,  friga})va  m.  a.  Die  bedeutung  von 
bettler  ist,  wie  von  betteln,  eine  doppelte,  und 

1)  die  eines  armen,  dürßigen:  es  sol  aller  dinge  kein  bett- 
ler unter  euch  sein,  denn  der  herr  wird  dich  segenen  im 
lande.  5  Mos.  15,  4;  es  ist  besser,  das  einer  seines  thuns 
warte,  dabei  er  gedeiet,  denn  sich  viel  vermesse  und  dabei 
ein  bettler  bleibe.  Sir.  10,  30 ;  wer  gewalt  und  unrecht  thut, 
musz  zuletzt  ein  bettler  werden.  21,  5;  mancher  wil  klüglich 
rathen  und  bleibet  ein  bettler.  37,  23;  die  in  zuvor  gesehn 
hatten,  das  er  ein  bettler  war.  Joh.  9,  8 ;  ich  wil  hie  nit  re- 
den von  schimpfweisen  oder  werken,  als  die  betler  treiben, 
die  da  besteibt  und  trunken  werden,  die  schirmen  mitein- 
ander. Keisersb.  s.  d.  m.  52' ;  aber  es  ist  nichts  neues,  das 
ein  beller  den  andern  hasset,   bienenk.  25*; 

dem  einen  betlcr  ist  es  leid, 
das  der  ander  für  der  thür  steit. 

Strickers  schlemmer  G  1'; 
es  schickt  sich  nicht,  dasz  wir  menschen  hoflarlig  sein,  denn 
wir  ja  nur  bettler  des  groszen  gottes  sind.  pers.  baumg.  8, 12 ; 
wie  doch  ein  einziger  reicher  so  viele  bettler  in  nahrung 
setzt  I  wenn  die  könige  baun,  haben  die  körner  zu  thun. 
Schiller  96' ; 
sein  rasender  entwurf  schien  zu  sein,  die  ganze  nation.zum 
bettler  zu  machen.  859';   pracht  und  reichthum  gehäuft,  der 
die  bettler  aller  stände  blenden  rnusz.  Göthe  27,  9. 

2)  dann  ist  bettler  ein  dringlicher  bitter: 

dreimal  wiesest  du 
den  forsten  von  dir,  dreimal  stand  er  wieder 
als  bettler  da,  um  liebe  dich  zu  llehn. 

Schiller  245'  (als  bittender). 

BETTLERBETT,  n.  so  nennt  Fischart  Garg.  95'  den  wein,  weil 
der  belller  bei  ihm  weich  schldß  und  seiner  sorgen  vergiszt. 

BETTLEREI,  f  was  bettelet: 

schuld,  armut  und  die  beitlerei.    H.  Sachs  IV.  3,  83' 

BETTLERIN,  f  bettelfrau. 

BETTLERISCH,  mendicantis  more,  bettelhaß:  saufts  gar 
aus,  dann  halb  trinken  ist  betierisch.  Garg.  25';  sonder  dasz 
wir  solchs  alles  aus  milter  gab  des  geists  bettlerischer  weis 
müssen  empfangen,    bienenk.  46* ; 

der  die  flucht  gab  in  deutsche  land, 

verstellt  in  bettlerischem  gwand     H.  Sachs  IV.  2,  6'; 

wann  ich  elwan  eine  henne  abgefangen,  die  uns  ihre  all- 
multer  auf  gut  bettlerisch,  das  ist  am  allerbesten,  zu  säu- 
bern, zu  füllen,  zu  spicken,  und  entweder  gesotten  oder  ge- 
braten zuzurichten  wüste.  Simpl.  2,  90;  nicht  geizig  und 
bettlerisch,  pers.  rosenlh.  1,20;  bettlerische  reimenschmiede. 
Brandts  Taubmann  s.  33 ;  wieder  der  niedrigkeit  entgegen  krie- 
chen, vorderen  bettlerischem  anhauch  ich  erst  mich  wegge- 
wendet. Fr.  Müller  2,  143;  eine  bettlerische  {sehr  kleine) 
summe.  Klinger  1,  57;  dadurch  bekommen  sie  ein  bettler- 
sches,  undeutsches  gemüt.    Hermes  Soph.  reise  1,  660. 

BETTLERJACKE,  f :  der  seine  bettlerjacke  auf  der  erde  nach- 
schleift, um  zu  versichern,  dasz  er  doch  auch  ungefähr  so  einen 
königsmantel  in  der  garderohe  führe.  Götiie  an  Scliiller  347. 
BErrLERKRAUT,  n.  clematis  flammula. 
BETTLERLÄUSE,  BETTLERSLÄUSE,  pl.  heiszt  mehrfaches, 
klellenartiges  und  an  hecken  wachsendes  Unkraut,  namentlich 
galium  aparine,  tordylium  anthriscus,  xanthium  strumarinm, 
auch  Colchicum  aulumnale,  dessen  sich  die  bettler  als  eines  mit- 
tels gegen  die  lause  bedienen  sollen.  Ulrich  von  Licmtenstein, 
als  er  sein  abenteuer  unter  den  aussätzigen  und  bettlern  zu  be- 
stehn  hatte,  klagt  340,  9 : 

die  ungennnten  wfirme  mich 

bij^en  so  die  iinlit,  da;  ich 

an  dem  lip  vil  gar  üj  brasl. 

mich  bei;  die  naht  vil  inaiiic  ga.tt 

und  oucli  für  war  manc  gestin. 

es  begreiß  sich,  dasz  in  der  Volkssprache  die  laus  hiufig  mit 
dem  bettler  zugleich  genannt  wird,  man  s.  Ungeziefer  und 
bellelherberge,  bettelisch  und  lausicht. 


1737        BETTLERMAMEL  — BETTMAGD 


BETTMEISTER  —  BETTSCfflRM 


1738 


BETTLERMANTEL,  BETTLERSMANTEL,  m.  cento,  geflickter 
manlel,  was  bettelmantel :  unsere  teutsche  sprach  ist  reich  und 
überreich,  wann  wir  nicht  arm  an  verstand  wären,  uns  mit 
ausländischem,  den  bettlem  gleich,  zu  bereichern,  also  hasse 
ich  ärger  als  arg,  wann  man  den  lumpichten  bettlers- 
mautel  aus  allerhand  frembden  läppen  zusammengeflicket, 
als  eine  rechte  narrendecke  unsern  Teutschen  überwirfet. 
ped.  schulfuchs  133 ;  von  der  welllichen  euszerlichen  gerech- 
tigkeit,  die  da  ist  ein  lauter  bettlersmanlel.  Luther  3,  427; 
als  ein  bettlersmantel  mit  vil  Dickflecken  und  schuchplätzen 
der  menschlichen  fantasien  in  einander  genäiet.  bienenk.  19'; 
also  dasz  es  alles  beisammen  ein  rechter  bettlersmantel  ist. 
80*;  unter  den  läppen  eines  schmutzigen  bettlermantels.  Fr. 
Müller  3,  107 ;  ich  flicke  an  dem  bettlermantel,  der  mir  von 
den  schultern  fallen  will.  Götbe  an  Knebel  61;  wundersam  ist 
es,  wie  sich  die  herrlein  einen  gewissen  sittigreligiöspoeti- 
schen  bettlermantel  so  geschickt  umzuschlagen  wissen,  dasz 
wenn  auch  der  eilenbogen  herausguckt,  man  diesen  mantel 
für  eine  poetische  Intention  halten  musz.  an  Zelter  820.  die 
alchcnülla  vulg.,  deren  blätter  sich  wie  ein  mantel  falten, 
heisil  nicht  nur  Marienmantel,  unser  lieben  frauen  mantel, 
sondern  auch  bettlermantel.  femer,  die  muschel  spondylus 
gctederopus  (eselshuf)  führt  den  namen  bettlersmantel  und  La- 
zarusklappe. 

BETTLERMEITLEIN,  fi.  tilissima  moneta,  qualis  mendicis 
dari  solet,  ein  scher flcin:  disz  unangesehen  ward  ihm  zur 
antwort,  dasz  er  sich  eines  billichen  vernüg,  und  nit  ein 
bettlermeitlin,  noch  disz  von  ihnen  gewärtig  sei.  Garg.  iss". 
über  meit  sehe  man  gramm.  3,  733.  sex  mitae  unum  dena- 
rium.  Lacomblet  nrh.  urk.  1,  207.  engl,  little  more  than  a  mite. 

BETTLERORDE.N,  ff»,  was  bettelorden.    pers.  roscnth.  2,  3S. 

BETTLERPELZ,  m.  es  bleibt  wol  dabei,  wo  ein  ungesun- 
der leib  ist,  das  daselbs  auch  blättern,  eiter  und  ander  un- 
flat  auch  sei,  regimenl  aber  ist  ein  solcher  betlerpelz  u.  s.  w. 
Luther  6, 159'. 

BETTLERPLU.NDER,  m.  sp.  1467  benebeln  2. 

BETTLERSCHAFT,  f.  mendicorum  turba:  die  kirchliche 
bettlerschaft  [die  in  der  kirche  almosen  sammelnden  bettler). 
i.  Paul  ^epomukk.  124. 

BETTLERSDRECK,  m.  die  stolz  armut  und  der  arm  stolz, 
sampt  dem  stinkenden  betlersdreck.  Garg.  20'. 

BETTLERSPRACHE,  f.    die  gaunersprache,    das  rothwelsch. 

BETTLERSEIL,  n.  convolvolus  sepium,  die  zaunwinde,  he- 
ekenwinde,  vielleicht,  weil  die  bettler  damit  ihre  packe  umwin- 
den ?  unter  kräutem  aus  dem  römischen  unkrautgarten :  erle- 
sens  allerhand  Romgras  und  S.  Peterskräuter,  immenplat  und 
teufelsbisz,  blutling,  Herodisblumen,  canisischen  bundsdorn, 
minbrüdermünz,  bettlerseii.    bienenk.  2'. 

BETTLERSGESTäLT,  f.  er  war  nach  mancherlei  Schick- 
salen in  bettlersgestalt  nach  England  gekommen.  Beckers 
«eltg.  7, 16. 

BETTLERSKITTEL,  m.  mendici  vestis :  ein  zerlumpter  bett- 
lerskittel. 

BETTLERSLLMPEN,  pl.  so  hatte  nun  Giafar  in  bettlers- 
lumpen  die  hauptstadt  verlassen.    Klinger  5,  95. 

BETTLERSTAND,  m. 

BETTLERSTLBE,  f.  welches  Mumar  in  die  bettlerstub  ins 
spital  vermacht  hat.    bienenk.  ISO*. 

BETTLERTANZ,  BETTLERSTANZ,  Chorea  mendicorvm  fulcro 
mcedenlium :  das  Zeppa  an  dem  end,  da  er  war,  alles  sähe, 
nachdem  beide  von  newem  in  die  kammer  giengen,  da  er- 
bub  sich  erst  der  bettlertanz  (a  che  il  giuoco  dovesse  riu- 
scire).  Bocc.  2,  111*;  der  bellerlanz  wil  sich  machen,  got  geh 
sein  gnad.  Schertli^s  br.  160;  o  mein  lieben  gast,  ich  sähe 
den  bettlerdanz  auch  wol  grosze  herren  danzen,  und  den 
Philippinendanz  danzt  auch  wol  ein  bawer.  Garg.  5;  dasz 
sein  text  mit  vorgemelten  lobgesangen  aberein  stimme,  wie 
der  betlerdanz  auf  knicken  zur  gebrochen  leiren.  bienenk,n9^; 

also  ist  der  rausch  eben  ganz, 

sich  soll  bald  beben  der  betilersianz.    Atrkk  fattn.  S6V 

vgl.  betteltanz. 

BETTLIEGER,  m.  aegrotus  lecto  ineumbens:  begunt  er  sie- 
chen und  ein  betliger  werden.   Tschl'di  1,  133.    s.  bettlägerig. 

BETTMACHERIN,  f.  femina  lertum  slemcns,  nnl.  hedden- 
maakster :  das  sie  gemeinlich  mit  einem  beischlaf  {concubina) 
allein,  oder  einer  besondem  bettmacherin  und  bruchwäsche- 
rJn  Tergnüget  sein,  bienenk.  226*. 

BETTMAGD,  f.  dasselbe:  im  übrigen  lasz  mich  sorgen,  ich 


wills  mit  einem  kopfstück  oder  zwei  bei  der  bettmagd  schon 
richtig  machen.  Simpl.  2,  232. 

BETTMEISTER,  m.  lectis  praepositus,  an  ßrstliehen  Höfen, 
der  aufseher  über  betten  und  bettgeräth. 

BETTMEISTERLICH,  die  bettmeisterliche  haussuchung.  J. 
Paul  holzschn.  10, 171. 

BETTMÜNCH,  m.  bettwärmer.  Stalder  1, 158. 
BETTML'ND,  n.  eine  von  leibeignen,  die  sich  verheirateten 
oder  fleischlich  vergiengen,  dem  herm  zu  entrichtende  abgäbe, 
auch  unter  den  namen  hemdschilling,  vogthemd,  schürzenzins 
u.  a.  m.  bekannt;  bett  erklärt  sich  aus  bell  =  torus,  und 
mund  Otts  mundium,  schütz,  gewalt,  die  dem  herm  zustand: 
si  autem  aliqua  sine  legitimo  thoro  cuiquam  copulata  fuerit, 
forisfactum  suum,  quod  frequens  usus  beddemundum  vocat, 
supradictae  componat  curiae.  eh.  a.  1120  bei  Binteri«  l,  87 ; 
ceteris  hbertatem  habentibus  manendi  ubi  voluerint,  excepto 
quod  domino  cum  nupserint  beddemundum  persolvere  de- 
bent.    a.  1220  in  Wiga.vds  arch.  3,  90. 

BETTPFANNE,  f.  vas  lecto  calefaeiendo,  nnl.  bedpan :  wann 
ich  dem  Junker  das  bette  wärmen  solle,  nahm  er  mir  un- 
terweilens  die  bettpfanne  aus  der  band.    Schcppics  472. 

BETTPFORTE,  /.  porta  lecti:   hier  aber  (im  schäferkarren) 

gieng  die  anspannung  seiner  sinne,    in  welche  die  bettpforte 

nur  einen  kleinen  ausschnitt  vom  himmelblau   einliesz,    bald 

in  die  erschlaffung  des  Schlummers  zurück.  J.  Paul  Hesp.  l,  176. 

BETTPFOSTE,  m.  postis   lecti. 

BETTPFCHL,  m.  culcita  lecti. 

BETTPINTE,  f.  theca  culcitaria:  bettpinten,  die  wir  aufge- 
schnitten, und  die  federn  in  den  hof  geschüttet.  Phila^d. 
2,  6S8. 

BETTPISSER,  m.  mingens  in  leelum,  bei  Stieles  1454  bett- 
pischer,  nnl.  pissebed,  franz.  pisse  au  liL 
BETTPISSERIN,  f.  pisseuse  au  lit. 

BETTPOLSTER,  m.  pulvinus  lecti:  was  genüsse  angeht, 
so  bekommen  sie  {die  fürstenkinder)  alles,  von  spiel-  trink- 
und  eszwaaren  an  bis  zum  wagensitz  und  bettpolster.  J.  Pacl 
Levana  1, 172. 

BETTQUAST,  m.  cirrus  lecti,  bettzopf,  woran  man  sich 
aufrichtet. 

BETTR.\ND,  m.  margo  lecti. 

BETTREDEN,  pl.  bettgespräch :  sie  hätten  gerne  seinen  lu- 
therischen tisch  und  bettreden  aufgepaszt.  J.  Paul  Fibel  194. 
BETTRISE,  lecto  decumbens,  corruens,  caducus,  paralyticus, 
bettlägerig,  ahd.  pettiriso  (Graff  2,  541),  mhd.  betterise,  z.  b. 
Parz.  502, 1.  813,  16.  Serval.  3180.  Renn.  15148,  von  risan  labi, 
ruere,  nhd.  nur  noch  im  15. 16  jh. : 

der  Herr  zu  dem  bettrisen  sprach, 
der  lange  jor  was  gweseo  schwach. 

DaitiT  narrensch,  147 ; 
ZUG  iunk,  zuo  alt  und  beitris  laut 
das  Lad  mit  seinem  trank  erfreut. 

fasln,  sp.  1260 ; 
acb  sie  ist  krank,  schier  ein  bettries, 
zu  ir  bab  ich  groszen  verdriesz. 

H.Sachs  IV.  2,  25': 
dann  oft  durch  auswendigen  schein 
musz  mancher  lang  ein  bettris  sein. 

ScHtiT  grob.  C4*; 

die  armen  kranken  leut,  die  in  winkeln  bettris,  jar  und  tag 
krank  ligen.  Agricola  70*.  Fra."is  spr.  2,  77*;  er  hat  zu  dem 
bettrisen  gesprochen,  dir  werden  nachgelassen  din  sünd. 
ZwiNCLi  1,  64 ;  so  sterben  sie  leichtlich  oder  bleiben  krank, 
bettrisen  und  dergleichen.  Paracelscs  1,  622*;  schwechend 
den  leib  so  sehr,  dasz  sie  manchmahl  ganz  bettriesen  ma- 
chen. 1,  687*.    später  hört  dieser  alte  und  geßge  ausdruck  auf. 

BETTSACK,  tn.  theca  culcitaria,  strohsack. 

BETTS  CHE  ISZER,  m.:  unnütze  bettschciszer.    Garg.  197*. 

BETTSCHELM,  m.  eoncubinus?  blinde,  schilende  bettschel- 
men.  Garj.  272*;  mein  runzelfelliger  bettschelm.  Ol.  Varisccs 
ethnogr.  mundi  2,  9 ;  ist  der  bettschelm  jung,  so  ist  sie  wie 
ein  falk  mit  seinen  flügeln  {auf  ihn  stürzend).  Jan  Pems  258. 
in  schelm  liegt,  wie  in  aas,  luder  u.  a.  m.  eine  kosende 
schelte,  man  sagt  freundlicher  schelm,  loser  schelm,  angst- 
schelm  {wie  angstbube),  so  doppelsinnig  wird  auch  bettschelm 
gewesen  sein. 

BETTSCHERE,  f.  drei  oben  zusammenhängende  dünne  Höl- 
zer, die  int  bell  gesteckt  werden,  um  das  Herausfallen  der 
decke  zu  verhindern. 

BETTSCHIRM,  m.  munimentum  lecti,  spanische  wand:  er 
fuhr  hinter  dem  beltschirm  der  dunkelheit  lauschend  öfters 


1739 


BETTSCHRANK — BETTVVAND 


BETTWANZE  —  BETÜDELN 


1740 


zusammen.    J.  Paul  Hesp.  2,  72 ;  sein  doctorbut  war  der  bett- 
schirm ihrer  absieht,   uns.  löge  2,  70. 

BETTSCHRANK,  m.  oß  in  der  stubenwand  zur  Schlafstelle 
eingerichtet. 

BETTSCHREIBER,  m.  in  Hofhaltungen,  der  die  rechnung 
über  das  betlweik  führt. 

BETTSEICHER,  m.  betlpisser.  an  einigen  orten  auch  Be- 
nennung des  kelleresels,  oniscus  ascllus,  wegen  seiner  harn- 
treibenden kraft. 

BETTSEULE,  f  was  bettpfoste. 
BETTSPIEL,  n.  ludus  amalorius,  mhd.  bettespil: 
davon  si  muoste  erlachen, 
ir  sigen  diu  ougen  zuo, 
so  siieje  künde  er  machen 
in  dem  morgen  fruo 
mit  ir  dag  betiespil.    MS.  2,  107»; 
und  daj  da  licijet  betiespil, 
des  kan  er  üjfr  mäjen  vil.    cod.  co/oc«.  137.  GM.  2, 165; 

er  hat  einer  alten 

wol  drigec  jär  den  rucke  gekört, 

und  hat  ir  selten  gemert 

daj  wir  heijen  bettespil.    IIklbl.  1,  85; 

dö  künde  dirre  junge  man 
mit  ir  Kitzel  noch  vil 

daj  man  da  heijet  bettespil.  Haupt  8,  100. 
nhd.  ja,  so  es  war  ist,  wie  es  war  musz  sein,  dasz  kein 
gasterei  und  malzeit  recht  heriich  .  .  rautig,  rüstig  und  lu- 
stig sei,  wa  nicht  frawen  sind  darbei,  so  wird  gewis  eim  sol- 
chen hausmann  nimmer  an  freuden  ahgehn,  angesehen,  dasz 
er  solche  tischmusik,  brctt  und  bettspil  augenblicklich  umb 
sich  hat.    Garg.  72'. 

BETTSTANGE,   f.    stange   zur  befestigung  der  beUvorhänge. 

BETTSTATT,  f.  Icclus,  sponda,  bettgeslell: 

mhd.  von  biuomen  eine  beilestat.    Walth.  40,  3 ; 
und  begund  sie  auch  zu  erzausen, 
das  die  petstat  mit  uns  einbrach,    fastn.sp.  1205; 
kindbetterin,    die    sie    mit   eim  liecht  ein  und  ausz  der  bet- 
stal  segnen.    Frank  wellb.  133';    den  honig  spart  er  und  that 
denselbigen  in  ein  groszen   irdinen   cananeischen    krug   über 
seiner  bettstatt  hangend,  bisz  er  voll  ward.    Gari;.  225*; 
sag  mir,  wer  die  pantolTel  hat 
ind  cammer  gesetzt  für  die  bettstatt? 
Ayrkr  fastn.  79'. 

BETTSTELLE,  f.  was  beltgestell,  sponda. 

BETTSTOLLE,  m.  fulcrum,  poslis  lecti:  wenn  einer  das 
fleschün  hat  an  dem  bedtstoUen  hangen,  so  trinkt  er  wenn 
er  wil,  und  dicker  und  vil  mer,  denn  soll  er  erst  ein  masz 
wein  kaufen,  es  ist  umb  ein  winken  zu  thfm,  so  ist  die 
sach  schon  richtig.  Keisersb.  brösamlin  13*;  ein  schwarze 
henn  an  den  bettstollen  hangen,  omcis  46";  du  aber  bist  so 
sorgfeltig,  das  du  von  zwaier  wegen  fürchtest  die  betstollen 
werden  dich  verraten.  VVirsung  Cal.  P4';  het  darzu  der  gar 
kurzen  haken  einen,  die  man  ietzund  betstollen  nennt.  Kirch- 
hof wendunm.  96'.  man  sagt,  es  sind  nicht  gute  prediget', 
die  nicht  etlichmal  sind  beim  galgen  und  bctlstollen  (todbelt) 
gewesen.    Heniscb  342. 

BETTSTROH,  n.  strömen  Iceti.  unser  lieben  frauen  belt- 
stroh  heiszen  duftende,  blühende  kräuler,  namenlUch  galium, 
labkraut,  waldstroh,  schw.  jungfru  Mariae  senghalm,  engl,  the 
ycllow  ladies  bedstraw,  und  dann  auch  thymus  serpillum,  feld- 
quendel,  nnl.  onzer  vrouwcn  bcdstroo,  ddn.  vor  frues  senge- 
halm,  engl,  the  mother  of  thyme,  poln.  macierza  duszka,  seele 
der  mutler.  unser  frauen  bettstro,  unser  frauen  handschuh. 
bienenk.  2'.    lauter  liebliche  und  mythische  bencnnungen. 

BETTSTROHLäGERIG,  Stramine  decumbens:  das  bettstroh- 
lägerige  vierfürstenthum.   J.  Paui,  38, 154. 

BETTISCH,  m.  (nicht  barbarisch  zu  schreiben  beltlisch,  die 
Zusammensetzung  tilgt  ein  T  auch  in  der  ausspräche) :  eine 
bettstelle,  die  sich  als  tisch  zusammenschlagen  Idszt. 

BETTRODDEL,  f.  bellquast:  ein  langer  mufscbweif  lag  als 
bettroddel  oder  bettzopf  quer  auf  ihr.   J.  Paul. 

BETTUCH,  n.  lodix,  linnenes  lucli,  das  über  die  Unterbet- 
ten gebreitet  wird. 

BETTÜBERZUG,  m.  vestimentum,  stragulum. 

BETTUMHANG,  m.  vclum  lecto  praetentum,  bettvorhang. 

BETTU.NG,  f.  staluminatio,  Stratum,  im  Wasserbau,  kricgs- 
bau,  die  feste  unterläge,  z.  b.  betlung  einer  schleuse,  bcttung 
der  kanonen  (stückbettung),  des  pulvers  u.  s.  w. 

BETTVORHANG,  m.  bettumhang:  seine  bettvorhange  waren 
in  grosze  falten  aufgezogen.    Götiie  18,  86. 

BETTWAGEN,  m.   wagen  zum  mitführen  der  betten. 

BETTWAND,  /.  was  beltschirm. 


BETTWANZE,  f.  cimex  lectularius,  bettlaus. 
BETTWARM. 

BETTWÄRME,  f  wärme,  wie  sie  sich  in  bellen  entwickelt. 
BETTVV.4RMER,  m.  was  bettpfanne :  dasz  frau  Cyrilla  her- 
rea  Sempronio,  ihrem  erkornen  eheschatz  jedweden  abend 
mit  einem  bettewermer  von  zinn  aufwarte.  Grvphius  1,  835. 
man  nennt  auch  so  einen  beltyenossen,  der  das  bell  wärmen  hilft. 
BETTWERK,  n.  linlea,  bettzeug:  jeder  hat  seine  eiserne 
bettstelle  und  sein  reinliches  bettwerk. 

BETTWINKEL,  m.,  der  winkel  des  zimmers,  in  den  das 
bell  gestellt  wird. 

BETTZEUG,  n.  was  bettwerk. 

BETTZIECHE,  f  indumenlum  lodicis,  ahd.  pettiziecha  (Graff 

5,  625),  mild,  beltezieche.  Helbl.  1,  665.    nicht  zu  schreiben  züge, 

denn  das  wart  ist  vom  pracs.  ziehan  gebildet,  nicht  vom  pract. 

zugun.    Alberus /la/ culcitra,  underbett,  sanftbett,  betlziechen; 

ein  strosack  trat  auch  in  die  schewr, 

es  fuhr  mit  im  ein  bettziech,  hat  vier  dutten. 

Amtr.  ib.  «.178; 
ir  mann  wer  nicht  ein  guter  ritter 
auf  der  bettziech.    Skb.  Wild  12  comöd.  1566.  Ggg4' ; 

meine  alte  blaue    bettzieche.    gespenst  231;    es    schneit    bett- 
zieche  (vgl.  oben  sp.  1729  bettelleute).    Ernst  Meier  262. 

BETTZIPFEL,  m.  lacinia  lodicis :  nach  dem  bettzipfel  schnap- 
pen, gähnen;  dem  zu  bell  gehenden  kinde  einen  bettzipfel,  le- 
ckerbissen  geben. 

BETTZOPF,  m.  was  bettaffe,  bettquast:  er  zog  sich  lang- 
sam am  bettzopf  aus  dem  bette.  J.  Paül  Hesp.  1,  125;  ein 
billiger  schiebt  alles  auf  den  apotheker,  der  Viktors  morali- 
scher und  mechanischer  bettzopf  oder  bettauflielfer  war. 
3,  40 ;  wie  herlich  fällt  das  aufgehende  äuge  in  den  erleuch- 
teten hängenden  garten  über  dir  (auf  Isola  bella),  anstatt 
dasz  du  in  deinem  deutschen  schwülen  federpfuhle  nichts 
vor  dir  hast,  wenn  du  aufblickst,  als  den  bettzopf.  Tit.  1,  46 ; 
ein  langer  mufschweif  lag  als  bettroddel  oder  bettzopf  quer 
auf  ihr  (der  hand).  paling.  1,  61 ;  was  hilft  es  aber,  so  lange 
der  bettzopf  mangelt,  an  welchem  die  ideen  sich  gar  auf- 
richten müssen?   lit.  nachl.  4,  53. 

BETUCHEN,  panno  vestire?  Fischabt  von  einem  trinket: 
hen  hen,  er  ist  erzländisch,  er  tüchelet  recht  wol  (bei  Stal- 
DER  1,  324  tüechlet  berauscht),  er  ist  an  einem  or  wol  betu- 
chet  und  am  andern  guter  woll.    Garg.  102". 

BETUCHEN,  demergi,  betauchen :  nim  ein  gans,  stecke  sie 
in  einen  irdinen  hafen,  der  engl  si,  giuj  daj  wajjer  ftf,  da;  sie 
betüche  (untertauche,  mit  wasser  bedeckt  sei),  von  guter  speise 
16.   hierzu  gehört  ein  mhd.  starkes  betüchen  betouch  betochen : 

in  dem  bluote  lag  er  betochen  («.  l),    Rol.  160,  1; 

der  beiden  werc  vil  spähe 

pelac  in  der  lachen 

mit  bluote  betochen.    163,21; 

die  da  heimc  fürsten  dühten, 

die  lagen  da  belochen  {sanguine  demersi).    Servat.  2119; 

beti'icli  dich  (immerge  te)  ze  male.    pass.  H.  371,  20  ; 

siät  Ir  von  irme  buche 

ir  houbt,  daj  si  betüche  (suffocetur) 

albie  von  allome  lebene.    pass.  K.  483,  24 ; 

swan  ein  mensche  in  sunden  val 

sich  al  bctüchet  (se  mer^at)  hin  ze  tal.    607,98; 
so  sIät  ir  abo 

ir  houbet  von  irem  bilche, 

üf  daj  also  betüche  (inlereat) 

ir  ere  vor  den  lüten.    639,  94; 

daran  dia  lob  betüche  (intereat).  687,  5, 
inlereat,  untergehe,  versinke  in  Vergessenheit,  vgl.  ahd.  in  (eum) 
unmäri  fertochenen  duot.  N.  Bth.  143,  versenkt  ihn,  taucht 
ihn  unter  in  Vergessenheit,  dieser  lebendige  ausdruck  ist  uns 
selbst  versunken  und  untergegangen,  nur  einige  spuren  haften 
noch  davon.  Heiiel  s.  274  m  der  erzählung  vom  schimmel 
sagt:  und  gicng  ganz  still  und  betuches  wieder  in  seinbett; 
dies  adverbiale  betuches  will  sagen  sachte,  leise,  niederge- 
taucht, geduckt,  in  der  gaunersprache  heiszl  scheft  beducht! 
sei  still,  geheim,  beduchler  massematlcn  diebstal  ohne  Icrm. 
Schweiz,  ist  luchen  oder  duchen,  sich  schmiegen,  sich  ducken, 
fürchten,  tuch,  duch,  duchig  niedergeschlagen,  scheu,  furcht- 
sam (Stai.ü.  1,  323) ;  nnl.  beducht  furchtsam,  ängstlich,  ob 
sich  duchen,  dauclien,  drücken  (Schm.  l,  360)  mit  tauchen  be- 
riihrc,  wird  unter  diesem  worl  erörtert  werden. 

BETÜDELN,  sich,  inebriari,  sich  berauschen :  er  hat  sich 
bctudelt,  betrunken.  Lichtenberg  3,  76.  Schweiz,  tüderlen, 
düdcrien  viel  Irinken.  Stalder  1,  324.  ob  dies  worl  zu  tuten, 
blasen,  dudeln,  nnl.  tuilen,  engl,  toot  gehört  T 


1741 


BETÜLPEN  — HETZEN 


BETZIG  — BEUGEN 


1742 


BETULPEN,  tulipis  omare: 

die  bäche  mit  beiulptem,  buntem  bord, 
Tom  wässrigen  april  Teriieret  auf  dein  wort. 

A.  W.  ScaLEGBL  im  stürm  4,  1, 
nach  der  lesart  von  Steetens: 

thr  banks  with  pioned  (peonied)  and  lilied  brims, 

voßr  aber  Collier  herstellt  with  pioned   and   twilled    brims, 
was  von  den  blumen  ganz  abführt. 
BETCN'CHEN,  dealbare,  übertünchen: 

kein  krieg  kann  gerecht  sein,  so  den  tiefen 

grund  legt  ewigen  kriegs.   betüncht  ihn, 

gleiszt  ihn,  er  wird  nicht  gerecht.    Klopstock  2,  75. 

BETUNG,  f.  oratio,  das  beten:  in  die  kirche  betangs  hal- 
ber gegangen.    Praetorics  satum.  247. 

BETÜPFELN,  maculis  aspergere. 

BETUPFEN,  BETUPFEN,  leviter  digitis,  vel  peniciUo  attin- 
gere,   betippen: 

'       CS  wird  gar  bald,  wenn  wirs  nur  leicht  betupfen, 
uns  durch  die  tinger  schlüpfen.    W'iela>d  31,  13ä  ; 
und  diese  schwelle  zu  benagen, 
sowie  er  sie  mit  öl  betupft.    Göthk  12,  77 ; 

dasz  seine  augenbraunen  bepinselt  und  seine  lippen  betupft 
wurden.    22,  48. 

BETWEIB,  fi.  beterin.    s.  betmann. 

BETWOCHE,  f.  die  kreuzwoche. 

BETZ,  m.  iirsus,  pelz,  s.  bätz  sp.  1159 : 

er  heiszt  sie  seinen  alten  hetzen.    H.  Sachs  I,  522  ; 

du  grober  betz,  und  du  brothemel, 

kannst  du  denn  keinen  schimpf  verstahn?    111,3,8', 

ruß  der  knecht  der  magd  zu;  gleichermaszen  war  nicht  dem 
cretischen  Jupiter  die  lengst  wintemacht  zu  kurz,  also  das 
er  sie  liesz  noch  auf  XLVIII  stunden  erstrecken,  als  er  die 
Argmännin  beschlief?  denn  wie  könnt  er  in  minderer  zeit, 
ein  solchen  hercuiischen  groszen  hetzen  zimmeren?  Garg.  78'; 
der  wird  uns  den  hetzen  zu  Bern  im  loch  zeigen.  124'. 

BETZE,  f.  canicula,  ags.  bicce,  engl,  bitch,  altn.  bikkja: 
dasz  manch  unschuldiges  blut  durch  solche  hetzen  in  sein 
zeitlich  und  ewig  verderben  geslürzet  würde.  Weise  er:n. 
247 ;  er  wolle  die  junge  hetze  schon  festhalten,  ehe  eines 
tceibes  281; 

mir  sind  die  meisten  schönen  hold, 

mich  lieben  zwanzig  junge  hetzen, 

«orte  eines  hundes  bei  Hagedorn  2,  28.    s.  bätze  sp.  1161. 

BETZE,  f.  in  schweizerischen  landstrichen  das  junge  männ- 
liche Schwein,  bis  es  zum  eber  wird.  Stald.  1, 159 ;  in  Schwa- 
ben betze,  betzele,  bulzel,  butscheie.  Schmid  51;  im  Wester- 
tcald  betsche,  bätsche.  Schmidt  22.  gehörig  zu  bache  f.  sp. 
1061. 

BETZE,  f.  tegmen  muliebre,  quod  capiti  innectitur,  leinene 
haube,  unteihaube,  calanlica,  man  könnte,  da  das  allerlhum 
thiergeilalten  im  putz  nachzubilden  pflegte,  an  betze  canicula 
und  aper  denken,  doch  einfacher  ist  betze,  wie  hast,  von  bin- 
den zu  leiten  und  dem  sinn  von  gebende,  bendel  gleich,  man 
erwäge  auch  franz.  bcguin,  nnl.  begienken  kinderhäubchen 
{sp.  1295).  henneb.  bätze,  schlechte  haube,  pfälz.  unlerhaube 
der  kinder.   Beinwald  1,  6.    s.  betzel. 

BETZEIT,  f  iempus  orandi,  beistünde,  abendslunde:  Tier- 
telstunde nach  betzeit.  Hebel  schatzk.  277. 

BETZEL,  f  was  betze,  haube,  in  Hessen  allgemein  gang- 
bar, nachtbetzel  nachthaube,  würzb.  betzel.  Sciim.  1,  229,  schwäb. 
betzel,  ü5/r.  batzl.  schon  mhd.  bezel  (nicht  bejel,  trie  Ben. 
1,  112-) :    • 

si  want  mit  ir  hende  v 

wider  ab  ir  houbtgebende, 

ej  wser  bezel  oder  snürrinc, 

daj  warf  si  von  ir  an  den  rinc.    Parz.  7S0,  9. 

BETZELER,  m.  mhd. 

welr  man  gern  züchtig  wer, 

sie  sprechen  er  sei  cm  betzeler.    Altscbwirt  55,  18, 

hängt  wahrscheinlich  zusammen  mit  betzel,  als  schelle  für 
einen  sittsam  unter  hut  und  mutze  gehenden  mann,  wol  gar 
einen  beghart? 

BETZE.N,  weidmännisch  ton  dem  hirsch,  aber  dunkler  be- 
deulung : 

sag  »n,  lieber  Weidmann,  wie  viel  endahn 

hat.  der  edle  hirsch  auf  seinem  köpf  stahn? 

so  bn  sich  der  edle  hirsch  hat  gebeizt  und  geneizi, 

10  Tiel  end  bat  der  edle  hirsch  auf  seinen  köpf  gesetil. 
weUUpr.  14 ; 


lieber  Weidmann,  sag  mir  an,  wenn  der  edle  hirsch  liegt 

rügen, 
was  tbut  er  vor  ein  zeichen,  wenn  er  aus  seinem  raum- 

beit  springt  mit  fugen? 
das  will  ich  dir  wol  sagen,  ist  mir  anders  recht,  so  hat  er 

gehetzt 
und  den  fusz  unten  an  ins  bett  gesetzt,    weid^.  2t. 

ScBXELLER  1,  228  hat  bätzen,  batzen,  quetschen,  drücken. 

BETZIG,  BÄTZIG,  B.\TZIG,  pertinax.  Stieler  SO ;  sich  betzig 
machen,  obslinalum  esse;  je  betziger  und  schlimmer  hund, 
je  mehr  flöhe.  Lehma.nn  2,  157.    vgl.  patzig. 

BETZLEIN,  n.  catulus:  es  ist  gemeinlich,  wo  kleine  betz- 
lin  seind,  die  gelieben  sich  (liebkosen)  und  streichen  sich  an 
und  wedeln  mit  dem  schwänz  und  schmeicheln,  aber  dorfrii- 
den,  die  der  schaf  hüten,  die  thund  das  niL  Keisersb.  s.  d.  m. 
6S';  aber  die  groszen  starken  hund  bellen  selten,  die  klei- 
nen betzlin  billen  (so)  tag  und  nacht.  76";  wan,  was  der 
thürigen  hund  sein,  als  betzlin  und  die  mistbellerlin,  die 
bellen  tag  und  nacht.  81*.  s.  sp.  1160  bätzlein.  dies  betz- 
lein  leitet  sich  ab  von  betze  f.  und  hat  mit  betz  m.  nichts 
zu  schaffen,  es  stehe  ihm  denn  ausdrücklich  die  bedeutung  von 
Ursulas  zu. 

BETZNER,  m.  in  einigen  gegenden  eine  art  rauher  mutzen, 
grosz,  rund  und  breit,  wie  sie  die  weiber  winters  tragen.  .  mit 
betze  und  betzel  verwandt. 

BEU,  ein  mit  bau  (sp.  1163)  sich  berührender  ausruf:  beu 
männeke  beul  Gary.  99'.  nnl.  beu  oder  bo,  welches  satt,  ge- 
nug ausdrückt,  kommt  auch  als  interj.  vor :  beu,  is  dat  eten  I 
ik  heb  mij  beu  gegeten,  gedronken,  und  Fischart  braucht  je- 
nes beu  männeke,  das  er  aus  nd.  mundart  vernommen  haben 
musz,  in  der  trunkenen  litanei.  Ssellaert  im  belgischen  mus. 
8,  170  stellt  beu  zusammen  mit  boe  in  der  redensart  boe  noch 
ba  kunnen,  wofür  der  leekensp.  i,  16  by  no  ba,  und  kinderen 
van  Limb.  3,  269  bu  no  ba,  kein  wort,  weder  kix  noch  Icax. 

BEUCHE,  f.  was  bauche  sp.  1166 :  eine  volle  beuche  haben ; 
werden  doch  bald  von  newen  leben 
in  die  kessel  zur  beuch  gegeben,    froschm.  l.  2,  13  (L7'). 

BEUCHEL,  n.  weidmännisch,  eine  erhühung,  die  der  hirsch 
unter  seinem  fuszlritt  zurückläszt  und  die  den  jägem  zum  zei- 
chen dient,  dasz  er  vorüber  gelaufen  ist.  Dübel  1,  9'  sagt: 
wenn  er  an  einem  hang  oder  am  berg  lang  hinfliehet,  macht 
er  auf  einer  seile  einen  hügel,  wie  ein  halbei,  dieses  heiszt 
das  beuchel.  beuchel  ist  =  bühel,  ahd.  puhil,  collis.  vgl. 
burgstall. 

BEUCHEN,  lixivia  macerare,  haudten  (sp.  1166) : 

leinwand  scharf  gebeuchl  und  gebleicht.    Voss  4,  140. 

BEUCHF.\SZ,  fi.  zum  baucketi  der  wasche. 

BEUCHSCHÜRER,  m.  verwendet  Paracelses  1,  128*  in  einer 
undeutlichen  stelle  von  leuten,  die  gleichsam  das  feuer  unter 
dem  beuchkessel  schüren. 

BEUCHSTUNZE,  f  was  beuchfasz. 

BEUDERLING,  m.  H.  Sachs  IV.  3,  69',  was  bäuderling  sp.  1170. 

BEUFERN,  ripis  cingere:  die  meerenge,  bei  einer  ausge- 
dehnten, an  beiden  seilen  schön  beuferten  breite.  Gütbe 
28,  226. 

BEUGE,  /.  sinuositas,  flexio,  ßexus,  mhd.  biuge  (Ben.  1, 
177") :  in  den  gleichen  igelenken)  und  beugen  der  fessel  (des 
untersten  pferdefuszes)  und  allermeist  in  den  hindern  schen- 
kein. UfTENBAcn  2, 274.  kniebeuge,  die  stelle  hinter  dem  knie, 
wo  sich  der  Schenkel  biegt,  die  bötticher  haben  eine  reifheuge. 
sprichwörtlich,  etwas  aus  der  krümme  in  die  beuge  bringen, 
es  in  derselben  schlimmen  läge  lassen,  bessern  wollen  und 
noch  mehr  verderben :  heuer  steigern  sie  den  ingber,  über  ein 
jar  den  safran,  oder  widerumb,  das  je  allzeit  die  krümme 
in  die  beuge  kome  und  keine  vcrlust,  schaden  noch  fahr  lei- 
den dürfen.  Luther  2,  489';  drumb  gebühret  mir  die  krümme 
in  die  beuge  zu  schlagen,  o  berr  vergib,  ich  wil  auch  ver- 
geben.   Scncppiis  683. 

BEUGEL,  ein  backwerk,  in  schlesischer  gegend:  welcher 
meister  in  der  fasten  will  beugcl  backen.  Frankensteiner  be- 
ckerordnung,  angeblich  schon  ton  1501,  unweit  Koblitz ;  wol  von 
der  gebognen,  gewundnen,  ringförmigen  gestalt.  Frisch  1,  117* 
hat  bogel,  beugel  hemieyclus,  vgl.  das  ähnliche  wort  kringel 
und  boug,  ring,  ein  ags.  byllinc,  collyra  könnte  gedeutet  wer- 
den bygling.    vgl.  thüring.  weigel  brotschnitte. 

BEÜGEMUSKEL,  m.  flexor,  des  arms  oder  knies,  armbeuge, 
kniebeuge.    5.  beuger. 

BEUGEN,  fieclere,  lorquefi,  curvare,  deprimere,  von  derwurxel 
tmd  urverwandlschaß  soll  unter  biegen  gehandelt  werden,  hier  von 


1743 


BEUGEN 


BEUGEN 


1744 


dem  unterschied  zwischen  biegen  und  beugen,  die  goth.  spräche 
entfallet  aus  biugan  baug  bugun  xäfiTCXEiv  ein  baugjan  bau- 
gida  verrere  und  ein  bugjan  bauhta  emere;  die  ahd.  aus  pio- 
kan  oder  piegan  pouc  ein  pougan  poucta  curvare,  wahrschein- 
lich auch  ein  unaufweisbares  pucchan  pacta;  die  mhd.  aus 
biegen  bouc  ein  bougen  bougta  und  bücken  bucte ;  die  nhd. 
aus  biegen  bog  ein  beugen  beugte  und  bücken  bückte,  alts. 
fehlt  uns  beogan,  war  aber  gewis  vorhanden,  ibuggean  bohta 
entspricht  dem  goth.  bugjan;  nnl.  steht  buigen  boog  neben 
bukken  bukte.  ags.  erscheinen  nebeneinander  bögan  bedh  und 
bycgan  bohte,  engl,  bow  und  buy.  allen  nordischen  sprachen 
gebricht  das  starke  verbum,  sie  kennen  nur  das  schwache,  altn. 
beygja,  schw.  böja,  dän.  böje. 

Von  dieser  formfülle  hängt  auch  eine  vielfache  abstufung 
und  entfaltung  der  bedeutungen  ab,  die  auseinander  zu  setzen 
nicht  hierher  gehört,  wo  es  nur  auf  Unterscheidung  des  nhd. 
beugen  und  biegen  abgesehn  ist,  welche  sich  dadurch  erschwert, 
dasz  biegen  im  imp.  beug,  in  der  zweiten  und  dritten  person 
des  sg.  praes.  beugst  und  beugt  annehmen  kann,  welcher  vo- 
callaut  mit  dem  des  schwachen  beugen  ==  bäugen,  mhd.  bou- 
gen zusammenfällt,  es  läszt  sich  darum,  ohne  weitere  gründe, 
nicht  entscheiden,  ob  die  nhd.  formen  beugst  und  beugt  das 
mhd.  biugest  biuget  oder  beugest  bouget  sind,  der  starke 
imp.  hat  beug,  der  schwache  beuge  zu  lauten. 

1)  davon  auszugehn  ist,  dasz  die  sinnliche  Vorstellung,  wie 
billig,  dem  starken  verbum  biegen  vorbehalten  bleibt,  beugen 
mehr  die  abstracte  ausdrückt,  man  sagt,  ich  kann  den  fingen, 
das  gelenk,  den  hals,  den  köpf,  das  holz,  das  eisen,  das  gold 
biegen,  und  nicht  beugen,  hingegen  heiszt  es,  sein  starrer 
sinn,  sein  stolz,  hochmut  soll  gebeugt  werden,  nicht  gebo- 
gen. Luther  setzt  indessen  das  knie  beugen,  genu  fleclere, 
für  das  richtigere  biegen:  alle  knie,  die  sich  nicht  gebeuget 
haben  für  Baal,  i  kön.  19, 18 ;  da  der  zu  im  hinauf  kam,  beu- 
get er  seine  knie  gegen  Elia.  2  kön.  1, 13 ;  beugeten  die  knie 
und  beteten  Haman  an.  Eslh.  3,  5 ;  und  da  Haman  sähe,  das 
Mardachi  im  nicht  die  knie  beuget  noch  anbetet,  ward  er 
Tol  grims.  3,  5 ;  für  im  werden  knie  beugen  alle  die  im  staube 
ligen.  pj.  22,  30;  mir  sollen  sich  alle  knie  beugen.  Es.  45, 23; 
beugeten  die  knie  für  im.  Malth.  27,  29,  wo  die  ahd.  version 
hat  giboganemo  knewe;  tausend  mann,  die  nicht  haben  ire 
knie  gebeuget  für  dem  Baal.  Rom.  il,i;  mir  sollen  alle  knie 
gebeuget  werden.  14,  11,  wo  goth.  der  intransitive  ausdruck 
mis  all  knive  biugi|);  derhalben  beuge  ich  meine  knie.  Eph. 
8,  14,  goth.  biuga  kniva  meina.  fühlbar  ist  indessen  biegen 
innerlicher,  wenn  es  auf  das  subject  des  salzes,  nicht  auf  einen 
andern  geht  und  man  könnte  unterscheiden :  ich  will  mein  knie 
biegen  von  ich  will  dein  knie  beugen,  machen,  dasz  du  es 
biegst,  nicht  anders :  ich  biege  meinen  hals,  ich  beuge  deinen 
hals,  nacken,  deinen  stolzen  hals  =  deinen  stolz;  so  Luther: 
hast  du  kinder,  so  zeuch  sie  und  beuge  iren  hals  von  Jugend 
auf.  Sir.  7,  25;  beug  im  den  hals,  weil  er  noch  jung  ist. 
30, 12 ;  das  joch  und  die  seile  beugen  den  hals.  33,  27.  wenn 
es  heiszt:  und  lüstet  in  das  heubt  nicht  aufheben,  sehen, 
hören  oder  reden,  sondern  sein  äugen  auf  die  erden  beuget. 
LcTHER  1,27';  so  bleibt  hier  unsicher,  ob  biegen  oder  beugen 
gemeint  ist,  j/ines  aber  wäre  besser,  unverkennbar  steht:  da 
Laben  sie  eine  liangende  wand  und  gebeugeten  zäun  fanden. 
Luther  3,  310*  für  gebogenen.  Spätere  schrißsteller  tragen 
noch  weniger  bedenken,  beugen  für  sinnliches  biegen  zu  ver- 
wenden, i.  b.  habe  nicht  mehr  kraft  genug  mich  zu  halten, 
meine  knie  brechen,  ach  ich  beuge  sie  nicht  zum  beten. 
GöTUElS,  295; 

heulend  drang  sich  boreas  in  die  dicht  verzäunien  fclder, 
überra.schte  bcrg  und  tlial,  beugte,  brach,   zerrisz  die  wälder. 

Hagedorn  2,  14; 
sie  beugie  dem  lyronnen  nicht  ihr  knie.    Gotthh  2,  38; 
wir  unsrc  knie  beugen  einem  hut!    Schiller  621% 
WO  doch  wenige  zeilen  vorausgieng: 

man  soll  ihn  mit  gebognem  knie  und  mit 
entblösziem  liaupt  verehren, 

folglich  auch  knie  biegen,  wir  nehmen  das  geheimnis  mit 
gebeugter  stirne  an.  Clalüius  7, 148,  statt  gebogner,  die  neu- 
ntdrk.  kammergerichtsordn.  von  1646  cap.  30  schreibt:  gebeuget 
gold,  so  die  frauen  umb  den  hals  zu  hangen  pflegen  f  ge- 
bogen. Bemerkenswerth  heiszt  in  Schwaben  beugen  noch  heute 
im  aufslrich  verkaufen  (Schmid  s.  5S)  ;  sie  vcrl)euglen  seclis 
pferde;  wie  goth.  bugjan,  usbugjan,  frabugjan. 

2)  für  die  abstracte  bedcutung  frangcre,    opprimere  ist  aber 


beugen  an  der  stelle,  und  nicht  biegen :  da  er  sie  sähe,  zu- 
reisz  er  seine  kleider  und  sprach,  ah  mein  tochter,  wie  beu- 
gestu  mich  und  betrübest  mich,  rieht.  11,  35;  siehe  zu,  das 
grosz  geschenke  dich  nicht  gebeuget  habe.  Hieb  36, 18 ;  schaw 
die  hochmütigen  wo  sie  sind  und  beuge  sie.  40,  7 ;  denn  un- 
ser sele  ist  gebeuget  zur  erden,  ps.  44,  26 ;  es  ist  nicht  gut 
zu  beugen  den  gerechten  im  gericht.  spr.  Sal.  18,5;  das  sie 
nicht  unter  die  gefangene  gebeuget  werde.  Es.  10,  4;  und 
wird  die  hohe  festunge  ewer  mauren  beugen.  25, 12 ;  und  er 
beuget  die,  so  in  der  höhe  wonen.  26,5;  der  Bei  ist  gebeu- 
get, der  Nebo  ist  gefallen.  46,  1;  zu  der  schrift  laufen  und 
dieselbe  beugen,  reiszen  und  martern.  Luther  3,  63 ;  da  etwa 
ein  ander  sie  mit  etwas  mehr  geld  auf  seine  seilen  beugen 
möchte.  Kirchhof  disc.  mil.  8 ;  ach  ihr  liebden,  was  beuget 
ihr  mich !  Weise  comöd.  184 ; 

so  oft  der  Herr  der  wasser  und  der  erden 

die  krämei'  beugt,  dasz  sie  nicht  fürsten  werden. 

Hagedorn  1,  11 ; 
und  sorgen,  die  allein  gesalbte  Häupter  beugen.    1,  37; 
0  wie  beugen  mich  diese  zwistigkeiten !  Leisewitz  JuJ.  v.  Tar.  1, 6 ; 

es  habe  sie  {die  gölter) 
gebeuget  insgesamt  der  Juno  flehn, 
und  drangsal  häng  auf  Ilion  herab.    Borger  149'; 
ich  will  ihn  brechen  diesen  starren  sinn, 
den  kecken  geist  der  freilieit  will  ich  beugen.    Schiller  546' ; 
0  du,  für  dessen  unschätzbare  tage 
die  menschheit  jüngst,  gebeugt  im  staub, 
zum  himmel  rief.    Gotter  1,241; 

der  wird  sie  nicht  verlassen,  ihre  gebeugte  seele  mit  neuem 
muthe  beleben.  3,  40;  zu  gleicher  zeit  risz  er  (Herder)  mich 
fort  auf  den  herlichen  breiten  weg  . . .  und  schüttelte  mich 
kräftiger  auf  als  er  mich  gebeugt  hatte.  Göthe  26,  8;  recht 
musz  geschehen,  dasz  die  kühnbeit  der  Verbrecher  gebeugt 
werde.  Klinger  4, 114. 

3)  es  heiszt  das  recht  beugen,  drehen :  du  solt  das  recht  deines 
armen  nicht  beugen  in  seiner  Sache.  2  Mos.  23,  6 ;  du  solt 
das  recht  nicht  beugen.  5  Mos.  16, 19 ;  verflucht  sei,  wer  das 
recht  des  frembdlingen  beuget.  27,  19;  namen  geschenk  und 
beugeten  das  recht.  1  Sam.  8,  3 ;  und  der  allmechtige  beuget 
das  recht  nicht.  Hiob  34, 12 ;  der  gottlose  nimpt  heimlich  gern 
geschenke,  zu  beugen  den  weg  des  rechts,  spr.  Sal.  17,  23 ; 
diesen  rühm  will  ich  einmal  mit  in  die  erde  nehmen,  dasz 
ich  niemanden  sein  recht  gebeugt  habe.  Weise  erzn.  308 ; 

du  beugtest  das  gesetz,  du  fesseltest  das  schwert. 

Götter  2,  348; 
lern  in  das  joch  der  noth  den  stolz  des  herzens  beugen. 

2,340; 
die  Sachen  der  armen  beugen.  Es.  10, 2 ; 

man  spielt,  man  hurt,  man  leugt,  man  treugt, 

mancher  jetzund  sein  ehe  auch  beugt. 

christenl.  zug  wider  den  Türken.  C  1' ; 
dasz  er  die  ehe  zwar  nicht  gebrochen,  aber  dieselbe  gewallig 
gebeuget   habe.    Schüppiüs  466.     da  hier   sinnliches  brechen 
steht,  dürfte  auch  biegen  den  vorzug  verdienen; 

dem  kaiser  selbst  versagten  wir  gehorsam, 

da  er  das  recht  zu  gunst  der  pfaffen  bog.    Schiller  529'. 

4)  das  reßexivum  sich  biegen  und  sich  beugen  sollten  un- 
terschieden werden  wie  einfaches  biegen  und  beugen,  man 
sagt :  der  apfelbaum  hängt  so  voll,  dasz  er  sich  biegen  musz ; 
sein  rücken  biegt  sich,  bog  sich  unter  der  last; 

wie  schwer  ich  im  ie  hab  aufgelegt, 

darunter  er  sich  dennoch  nit  peucht.    fasln,  sp.  347,  11; 

der  gefangne  muste  sich  biegen  und  schmiegen,  um  durch 
das  enge  loch  in  der  mauer  zu  entrinnen,  hingegen,  sein 
stolz  wird  sich  endlich  beugen;  unter  im  müssen  sich  beu- 
gen die  stolzen  hcrrn.  Iliob  9,  13 ;  ich  beuge  mich  unter  die 
eiserne  nolhwendigkeit.  Gotter  3,  99;  welches  beugen  in  die 
abstraclion  von  demütigen  übergeht.  Luther  verwendet  aber 
auch  hier  beugen  für  l)iegen,  z.  b.  Hiob  39,  3  von  den  hin- 
den:  sie  beugen  (winden)  sich,  wenn  sie  geberen.  inciinare 
corpus  drücken  wir  allgemein  aus  durch  sich  beugen,  verbeu- 
gen oder  sich  bücken,  weil  die  feierliche,  höfliche  bewegung, 
nicht  das  krümmen  bezeichnet  werden  soll:  da  beuget  sich  Jo- 
snphat  mit  seinem  andlitz  zur  erden,  ichron.  20,18;  beuget 
sich  der  künig  und  betete  an.  29,  29 ; 

weil  sich  grosze  polentaten  von  Franzosen  lassen  zwinfren, 
das  so  knechtisch  sie  sich  beugen  nachzufolgen  ihren  dingen. 
LocAU  3,  lug.  214; 

weil  sich  nun  jedermann  beugen  und  bücken  solle.  eAe  tiius 
manncs  334; 


1745 


BEUGER— BEULE 


BEULE  — BEULEN 


1746 


beuge,  Liakos.  dem  pascha, 

beuge  dem  vezire  dich.    Göthe  3,  224; 

am  besten  vor  fürsten,  gezeuget 

aus  eigenem  stamm,  sieh  gebeuget.    Rcckkrt  148; 

beuget  dem  herrn  euch  mit  stummem  erzittern.    215. 
gerade  so  brauchen  wir  sich  verbeugen,  ganz  verscliieden  von 
sich  verbiegen,  sielt  schief  biegen. 

5)  einige  haben  biegen  oder  beugen  in  der  giammatik  tech- 
nisch verwenden  trollen,  bald  nur  für  declinieren,  bald  fiir 
flectieren  überhaupt. 

6)  ungewöhnlich  setzt  Göthe  beugen  intransitiv,  oder  viel- 
mehr Idszt  nach  mhd.  weise  das  sich  vor  dem  inf  weg :  schwer 
ists  dem  menschengeist,  wenn  seines  bruders  werk  so  hoch 
erhaben  ist,  dasz  er  nur  beugen  und  anbeten  musz.  3»,  345. 

BEUGER,  »71.  flexor,  beuger  und  Strecker  unterscheiden  die 
anatomen  bei  den   muskeln. 

BEUGSAM,  flexibilis.  Iraclabilis,  gleichviel  mit  biegsam,  wie 
auch  in/,  boogzam  neben  buigzam  erscheint,  ags.  bühsuni, 
bocsum,  engl,  buxom.  ein  unterschied  zwischen  beiden,  nach 
den  vorhin  gegebnen  merkmalen,  läszt  sich  nicht  durchführen  : 
mit  gelenken  beugsam.  Rollenhagex  wunderb.  reis.  15ü;  eine 
beugsame  ruthe;  ein  beugsamer  sinn;  wie  denn  seine  {des 
pabstes  Leo)  poIitik  gegen  einen  hartnäckigen  widerstand  eher 
beugsam  gewesen  ist.  Ranke  reform.  I,  3S3. 

BEUGSA.MKEIT,  f.  ßexibilitas :  die  beugsamkeit  der  fasern. 
Käst  8,  369;  beugsamkeit  der  stimme. 

BEUGUNG,  f.  curvatio,  flexio,  inclinatio,  krümmung,  neigung  : 

so  durch  des  lebens 

wirrende  beugung 

führe  die  neigung 

uns  in  das  jähr.     Göthf.  1,  121 ; 

der  architekt  entfernte  sich  mit  einer  beugung,  sie  war  weder 
bejahend,  noch  verneinend.  17,  235 ;  die  natürliche  grazie  der 
Stellung  entartete  in  eine  beugung,  als  üb  er  sich  ein  kleid 
wollte  anmessen  lassen.  ScnriLEB  699;  wo  ich  die  geraden 
wände  wieder  antreffe,  wo  keine  unvermutete  beugung  mit 
überrascht.  Tiech  4,  78 ;  das  angemessene  in  der  beugung  des 
wegs.  Armü  kronenw.  1.  4.     vgl.  biegung. 

BEUHEL?  das  er  in  Behem  iBöhmen)  geworfen  mit  einem 
beuhel  oder  wurfhacken.  Thlrxeisser  von  wassern  2S6.  wahr- 
scheinlich für  beihel  (sp.  1374),  kaum  für  bühel,  bügel.  bogel. 

BEUL,  n.  was  bei!  (sp.  1377) :  das  fasz  mit  einer  schweren 
ketten,  so  zum  beul  hinein  kan.  von  dem  weinstein  und 
lager  abputzen.  Hohberg  l,  34S';  hernach  musz  man  das  un- 
reine, was  zum  bail  (su)  hinauf  steigt,  abräumen.  1,352";  der 
untere  Iheil  des  bculs  oder  spunts  am  fasse.  2,  95'. 

BEULCHE.N,  n.  tuberculum,  nnl.  builtje. 

BEULE,  f.  tuber,  tumor,  inflatio,  qeschwulst,  ein  durch  alle 
deutsche  zungen  laufendes  wort.  Ulfilas  bietet  dar  ufbauljan 
rvtfovv  sufflare  2  Tim.  2,  4,  welches  bauljan  auf  biulan  zu- 
rückweist, wie  daupjan  auf  diupan.  baugjan  auf  biugan.  kau- 
sjan  auf  kiusan,  lausjan  auf  liusan.  biulan  aber  w'äre  flare, 
blasen,  und  das  goth.  subst.  bauljü,  welchem  ahd.  pauld  pa- 
pula  gl.  ker.  226  zunächst  stünde,  so  wie  altn.  beyla  gibbiis, 
da  hüeker  wie  blase  die  Vorstellung  geschwulst  enthalten,  neben 
jenem  paula  besteht  aber  ahd.  pCklä,  piulä,  piullä  =  piulia  (Graff 
3,  96.  97)  und  mhd.  biule,  nhd.  beule ;  vielleicht  darf  aus  ahd. 
pölislac  (Graff  6,  773)  auch  ein  pül  geleitet  werden,  wie  nnl. 
buil  f  gilt.  aqs.  byle  eurbuneulus,  uicus,  engl,  bilc  und  boil, 
fries.  beil  pl.  beilar,  also  m.  schw.  bula  tumor,  dän.  bule 
und  byld  (/ür,  bylle),  merkwürdig  aber  haßet  das  schw.  pari. 
bulen  tumidus,  dau.  bullen  und  davon  gebildet  schw.  bulna. 
däu.  bulne,  die  man  auf  das  verwandle  altn.  bulginn  und 
boigna  (wovon  gleich  nachher)  zurückbringt,  die  aber  das  or- 
ganische pari,  von  biulan  gewahren  kOnnen.  von  uns  entnom- 
men scJieinl  endlich  das  bCihm.  baule  und  verkleinert  bulka 
tuber,  da  allen  übrigen  Slaven  das  wort  abgelit. 

Aus  Li  kann  LG  und  LL  werden,  steiiit  man  höher,  so 
reihen  sich  an  biulan  baul,  bauljan  souol  hilgan  balg  (um<rr, 
balgs  follis,  der  scJiwellende,  geschuullne,  altn.  byigja,  5c/iir. 
büija,  dän.  böige,  mkd.  bulge.  die  schwellende  welle,  als  auch 
altn.  bulla  ebullire,  nhd.  bullern  hereorquellen,  vielleicht  ball 
pUa,  der  scliwellende,  ahd.  polla,  bulla  folticulus.  mit  zutre- 
tendem linguallaut  belzan  gemmas  prolrudere  (ip.  1456),  aus- 
polzen  exsilire  {sp.  925),  ahd.  O^arpulzan  ebullire,  holz  der 
torspringende,  vordringende,  im  lalcin  aber  gleichen  beides 
das  la'utverscliobne  follis  und  ohne  Verschiebung  bulla,  bullire, 
bulga,  uler  und  uterut.  finn.  pulla,  Wasserblase,  pullistan 
Miflo,    tumefacio.     beule    ist   folglich  aus  biulan  und  bauljan, 


wie  blase  aus  blasen,  ftarjun  und  pustula  aus  tpvoäy,  tuber 
und  tuba  aus  ivepovv,  tumor  aus  tumere. 
Unter  beule  verstehen  wir 

1)  die  auf  trocknen  schlag  und  stosz  oder  fall  erfolgende 
geschwulst,  im  gegensalz  zur  einschneidenden,  blut  flieszen 
machenden  wunde:  si  ingenuus  servum  ictu  percusserit,  ut 
sanguis  non  exeat,  quod  nos  dicimus  pulislegi.  lex.  Rip.  19. 1 ; 
si  quis  aiium  per  iram  percusserit,  quod  Alamanni  pulislac 
dicunt.  lex  Alam.  59, 1.     mhd.       , 

den  n-art  da  gälünt  ir  brät 

mit  treten  und  mit  kiulen, 

ir  vel  truoc  swarze  biulea.    Parz.  75,  8 ; 

ü;  dem  palas  sluoc  er  sie, 

dar  under  maniger  enphie 

biule  unde  wunden.    Krone  18878: 
da  wart  von  swaeren  stüelen  biulen  harte  vil  geslagen. 

Mb.  1868,  4 ; 
nu  var  mit  mir  geio  Kiuwental.  da  singet  wol  diu  iule, 
da  ist  diu  rede  ein  wint,  der  slac  ein  biule.    ilSU.  3,  261'. 

nhd.  ich  hab  einen  man  erschlagen  mir  zur  wunden  und  einen 
Jüngling  mir  zur  beulen,  i  Mos.  4,  23;  wund  umb  wunde, 
beule  umb  beule.  2  Mos.  21,  25 ;  der  köpf  ist  mir  geschwollen 
oder  voll  bewein,  so  übel  bin  ich  geschlagen.  Alberus;  was 
thiit  die  am,  deren  ein  kind  verdingt  ist?  sie  seuget  das 
kind,  sie  entschlafet  es,  und  wenn  es  ein  bül  feit  {eine  beule 
fällt),  oder  das  im  das  rtiaul  blaw  wirt,  so  überredet  sie  es, 
es  hab  gesprungen.  Keisersb.  s.  d.  m.  32' ; 

itzt  wirst  du  selbst  voll  schlag  und  beulen  sein. 
Grtphiüs  1,509; 

.    die  wunden,  seht  mich  an,  die  beulen,  diese  Striemen 
sind  lippea,  darmit  ich  kan  Jesus  beistand  rühmen,    dat.; 

die  einem  so  guten  spiritus  auflegte,  wenn  man  sich  eine 
beule  gestoszen  hatte.  Göthe  14,  257 ;  er  konnte  keine  wunde, 
kein  blut,  ja  keine  beule  wahrnehmen.  19,  220 ;  nach  dem 
schlag  lief  eine  grosze  beule  auf;  er  hat  sich  eine  beule  ia 
den  köpf  gefallen,  gestoszen. 

2)  eine  von  innen  her,  aus  bösartiger  Stockung  der  säße 
entstehende  geschwulst,  ahd.  piullä  papula,  pustula.  Graff  3, 
96.  97 ;  das  ist  das  gesetz  über  allerlei  mal  des  aussatzs  und 
grinds,  über  die  beulen,  gnetz  und  eitcr  wcisz.  3  Mos.  14,  56 ; 

meines  leibs  und  gaisis  beul  aiier  und  gestank. 
Wkckuerlim  151 ; 

tn  diesem  sinn  heiszt  es  eiterbeule,  pestbeule,  und  in  fluchen 
pflegte  man  solche  beulen  anzuwünschen :  got  geh  dir  den  rit- 
ten, oder  die  beulen,  oder  die  hünschl  Keisers«.-*.  d.  m.  3S'; 
schweigt,  das  euch  drus  und  peuleu  augel  fastn.  xp.  .^39,  40; 
das  müsz  dich  die  beul  und  pestiienz  ankommen !  Frey  gar- 
leng.  cap.  65;  das  geb.  dir  und  deim  häufen  s<>it  die  drüs, 
beul  und  pestilcnz!  cap.  105; 

was  gilis,  er  werd  mich  wider  holen, 

dir  legen  sanct  Veliins  beulen  an!    Atrer301': 

andere  belege  stehen  sp.  340  unter  angehen,  sjk  1671  unter  be- 
stehen. HuHBERG  gebraucht  beule  mannlicJi  und  von  pferden : 
wann  ein  pferd  unter  der  kehl  oder  drosz  einen  beulen  ge- 
winnet. 2,  203'. 

3)  früher  bezeichnete  beule  auch  das  anschwellen  des  leibs 
in  der  schwänget  schaß  : 

das  ir  ein  pctil  aullief  als  ein  salzscheib.  fasln,  sp.^b,  20; 
bildträgerin.  das  sind  frauen,  die  binden  alle  wammes  oder 
beiz  oder  küssen  über  den  leib  unter  die  kleider,  um  das 
man  wühnen  soll,  sie  gehen  mit  kindein,  und  haben  in  zwan- 
zig Jahren  oder  mehr  nie  keins  gehabt,  dusselbige  htiszt  'mit 
der  beulen  gangen.'  experlus  in  Iruphis  cap.  18. 

41  gleich  dem  altn.  beyla  drücJile  beule  oder  beul  m.  qib- 
bus,  die  ijeschwulst  des  riukens  aus:  mit  einem  groszen  beul 
oder  hufer  auf  dem  rücken,  buch  der  liebe  12'.  den  anato- 
men heiszt  eine  art  hervorragung  oder  forlsalz  der  knocken 
btule  oder  höcker. 

5)  tn  der  baukunsl  ist  beule  eine  vorragende  Verzierung  am 
gesims. 

(i|  becher,  kannen,  kessel  bekommen  beulen,  irwin  lAre  glatte 
Oberfläche  durch  fall  oder  stosz  schadhaß  wird,  von  einem 
rersloszenen,  bescliädigten  hui  läszt  sich  dasselbe  sagen. 

BEULEiN,  tuberosum  fieri,  beulen  bekommen,  man  kann 
diet  nur  im  part.  praes.  erscheinende  verbum  nicht  dem  qe- 
mutmaszlvn  allen  biulan  gleich  setzen,  es  scheint  erst  aus  dem 
subst.  gebildet:  darumh  ob  wul  der  mensch  ein  göt  gemächt 
gottes  ist,  so  i«t  er  doch  also  verderlit,  beulend  und  unge- 
stalt    wurden.    Fbank  parad.  37*  (3»l;    bis  dise  all.    beulend, 

110 


1747 


BEULENKAPPE  —BEUNDE 


BEU^JDE  —  BEURB  ARUNG 


1748 


rinnend  kant  {kannc)  ganz  zurlassen  neu  wirt.  heillosigk. 
eitelk.  105.     vgl.  ein-  und  ausbeulen  sp.  830. 

BEULENKAPPE,  f.  munimentum  capitis,  fallhul. 

BEULER,  m.  ein  lieuler  und  stumpfer.  Kirchhof  wendunni.  139. 

BEUN'DE,  f.  ager  septus,  horliis,  pratum,  privatgrundstück,  im 
gegensalz  zur  gemeinweide,  ahnende,  ein  alles,  aber  noch  unaufge- 
klärles  wort,   dessen  formen  erst  umständlicher  anzugeben  sind. 

1)  ahd.  biunda,  piunta :  infra  fine,  qui  dicitur  scalchin- 
biunda.  eh.  a.  774  bei  Zeusz  Irad.  wizcnb.  n'133;  Heibistes- 
biunta.  eh.  finium  wirzeburg.  bei  Massm.  abscliw.  form.  s.  183 ; 
Bubo  ex  duobus  mansis  et  prato  et  de  una  biunda  XXX 
denarios  soivere  debet.  descr.  hubarum  curiae  Furde  im  cod. 
lauresham.  n*  140 ;  curtilem  iocum  cum  duobus  pratis,  quod 
piunti  dicimus.  Kleinmayr  cod.  juvav.  p.  i96;  Sigifrit  de  Pho- 
lespiunt.  MB.  9,  404;  Eburespiunt,  Tutilispiunt,  Uochinpiunt 
in  andern  bair.  Urkunden  mehr,  so  dasz  alamannische  und 
fränkische  biunda,  bair.  piunt,  gen.  piunti  gewähren,  der  vocab. 
s.  Galli  gibt  clausura  piunte. 

2)  mhd.  Ilainrich  in  der  bünde.  mon.  zoller.  n°  249  p.  120 
a.  1305  ;  zwene  morgen  in  den  bünden.  habsb.  urbarbuch  8,  9  ; 
Wernher  Bor  git  von  der  bunten  fünf  Schilling.  Neugart  cod. 
dipl.  alem.  2,  461  a.  13G3 ; 

da  was  versperret  nilit  diu  biunt.     Wh.  391,  7; 

dö  liefen  durch  des  meiers  piunt 

hiujer  peielinge  dri 

die  stuonden  da  ze  vröne  maen  und  wolden  riuten  gras. 

MSH.  3,  266- ; 
wä  im  rücke  unde  biich 
in  der  keverpeunle  si.    Heibl.  1,  177; 
ich  habe  weder  vclt  noch  biunt 
durch  ritterschall  nihi  überritten.    .«^üochenw.  31,58; 
llenslein  ausz  der  peund.    Diut.  2,  79.  Hättl.  s.  259 ; 
Slucken  üg  der  biund.    Ls.  3,  399. 

3)  nhd.  ouch  söllent  alle  hofstetten  und  bunten  der  an- 
dern frid  geben,  weisth.  1,  78 ;  schargassen,  widegassen  sambt 
den  angebengten  etlichen  peunten.  3,  680.  in  der  Schweiz 
sagt  man  noch  heute  beunde,  bünde,  bunte.  St.\ld.  1,  244 ;  in 
Baiern  peunt,  puint,  paint.  Schm.  1,  287 ;  in  Ostreich  point, 
peont.  Höfer  2,  342.  Dasypodids  82'  hat  bunt  fundus,  wein- 
gart, acker  oder  malt,  in  JSürnberg  hiesz  der  stadtbaiihof  die 
beund,  und  der  ralhsherr,  welcher  zugleich  aedilis  war,  der 
herr  in  der  beund. 

4)  da  manche  oberdeutsche  Ortsnamen  mit  diesem  wort  ge- 
bildet sind,  wäre  die  frage  nach  niederdeutschen,  im  Braun- 
schweigischen an  dei-  Oker  ist  ein  dorf  Biwende  gelegen  und 
schon  die  Urkunden  nennen  Grotenbiwende,  Westerbiwende, 
Osterbiwende  (Falke  trad.  corb.  s.  20.  921.  924) ;  anderwärts 
erscheinen  ortschapen  des  namens  Bünde  und  bungarten.  ganz 
verschieden  scheint  das  nnl.  beemd  weide,  mnl.  bampt. 

5)  in  der  Wetterau,  auf  dem  Hundsrücken  zeigt  sich  aber 
die  form  beune :  in  die  beune  fahren,  in  die  beune  kommen 
heiszen.  weisth.  2, 151 ;  in  der  herren  wies,  die  beun  genannt 
gehen  und  mehen  helfen.  2,  210 ;  soll  auch  der  gerichtsbot 
mit  den  mahern  in  der  beune,  mit  einem  groszen  kroge  was- 
ser  zu  tragen  erscheinen,  das.;  ein  garten  stoszet  uf  der 
hern  bune.  zinsbuch  der  pfarrkirche  zu  Grüningen  bei  Gieszen 
vomj.  1471«' 40;  zusehen  dem  jungen  Hartman  und  der  burg- 
bunen.  das.  n'  95;  ein  garten  stoszt  unden  uf  der  herren 
beunen.  das.  n'  43.  auch  zu  Unterßorstadt  war  die  beune  ein 
umzäunter,  an  gärten  stoszender  acker.  das  volk  spricht  beune. 
Hinzunehmen  dürfte  man  das  sp.  1196  angezogne  baune  == 
Biinaha,  den  an  der  baune,  beune  her  ßieszenden  bach,  vgl. 
Ecliardus  de  Bünahe  in  den  Arnsberger  Urkunden  n  4\f>  a.  iil2. 

6)  Neügart  a.  a.  o.  erklärt:  parva  terrae  arabilis  portio, 
plerumque  prope  domum  seu  villam  sita,  quae  cannabi  aut 
olerum  seminibus  conseri  solet,  unde  hanfbüntc.  Stalder  : 
eingezäuntes  stück  land  a)  wo  man  hanf,  flachs,  rüben  säet, 
b)  wo  man  bäume  pflanzt,  baumgarten.  Schmeller:  grund- 
stück,  das,  ohne  ein  garten  zu  svtn,  dem  gemeindeviehtrieb 
verschlossen  werden  kann,  oder  worauf  das  recht  liegt,  es  ein- 
gefriedigt und  nicht  eingefriedigt,  ohne  die  auszerhalb  zu  be- 
folgende zclgenabwechselung,  zu  jeder  beliebigen  art  ackerfrüch- 
ten,  oder  was  sehr  oß  geschieht,  blosz  zu  gras  zu  benutzen, 
hie  und  da  heiszen  auch  die  im  brachfcld  zum  anbau  von 
flachs,  erddpfeln,  rüben  eingezäunten  dcker  pcimten,  wbher 
hortus,  qui  vulgo  peunt  dicilur,  pratum  quod  dicitur  nejjel- 
peunt,  nieiu  eigen  krautpeunt.  die  Wtndberger  psalmen  380. 
382.  383  verdeutschen  Tinea  mit  winbiunte.  Dasz  die  peunt 
versperrt  werden  konnte,    lehren   die   ausgehobnen  stellen  und 


eben  dadurch  unterscheidet  sie  sich  von  dem  offenen  feld,  mag 
sie  nun  durch  zäun  oder  Stangen  gehegt  worden  sein;  auch 
scheint  sie  in  der  nähe  des  Wohnhauses  gelegen  zu  haben,  die 
herrnpeunt,  die  burgpeunt  bezeichnet  einen  besonders  verschlos- 
senen herschafllichen  gras-  oder  baumgarten,  imd  der  vorgesetzte 
gen.  Pholespiunt,  Eburespiunt  dessen  eigner,  das  mähen  in  der 
herren  wies  stimmt  ganz  zum  mhd.  ze  vröne  ma^n.  von  dem 
gewöhnlichen  mansus  wird  die  biunda  unterschieden,  oft  aber 
auch  von  der  wiese  und  dem  garten,  mit  welchen  sie  anderemal 
zusammenfallt,  so  kann  beunde  und  beundehof  einen  gesonder- 
ten feldraum,  dem  ein  beundehofmann  vorsteht,  ausdrücken. 

7)  die  unter  5  angeführte,  freilich  nicht  die  älteste  gestalt 
des  Wortes  läszt  an  das  mlat.  buna  und  bonna,  terminus,  Limes 
denken,  woraus  engl,  bound,  prov.  born,  franz.  borne  ent- 
sprangen, in  den  alten  Urkunden  des  fränkischen  reichs  begeg- 
net bunarium,  bunnarium,  bonnarium,  engl,  boundary  allent- 
halben als  land-  und  ackermasz,  obschon  in  allgemeinerem, 
nicht  in  dem  engeren  sinn  jenes  beune.  allein  buna,  bonna 
selbst  scheinen  ungewisser  abkunft  und  kaum  aus  dem  lat.  bodo 
oder  boto,  terminus  agrarius,  durch  die  vermittelnde  form  bo- 
dina  herzuleiten;  bodo  als  grundlage  von  borne  und  zugleich 
von  biunda  anzusetzen  wäre  Verwegenheit,  nirgend  auch  zei- 
gen sich  die  jenem  bunarium  entsprechenden  beuner  oder  mhd. 
biuntaere.  grOszern  ansprach  auf  verwandtschaß  mit  piunta 
hat  in  der  that  das  ags.  pund,  engl,  pound  septum,  clausura, 
das  für  hürde  tmd  pfandstall  gebraucht  wird. 

8)  biunda,  piunt  sind  in  unsrer  spräche  so  alt  und  klingen 
so  heimisch,  dasz  man  hier  kein  mundgerecht  gemachtes  fremdes 
wort,  sondern  ein  echtdeutsches  vor  sich  zu  haben  glauben  darf, 
weder  aus  binden,  noch  zunächst  aus  bauen  erklären  sie  sich, 
wie,  wenn  sie  aus  dem  verschollnen  part.  biunti,  piunti  von 
biun  ==  ags.  beon,  engl,  b^e,  esse,  manere  übrig  sind  und 
ganz  einfach  stalte,  locus  ausdrücken?  aus  wesan  entsprang 
ahd.  wesandi,  wesenti  essentia  (Graff  1,  1059),  heimvvist  do- 
miciliitm,  aus  dän.  väre  esse,  värelse  substantia  und  domici- 
lium,  der  ort  wo  man  ist,  und  das  part.  beond  ist  noch  im 
engl,  being  erhalten,  ja  versucht  wäre  man  auch  das  lat.  fun- 
dus =  piunt  auf  fui  und  fuisse  zurückzuführen,  dasselbe 
part.  könnte  ferner  in  der  goth.  partikel  bijands  zu  suchen 
sein,  welche  Philem.  22  a/ua  wiedergibt;  was  zugleich  und  zu- 
sammen, zur  Stätte  ist,  das  besteht  und  ist  da.  dies  bijands 
wäre  im  gothischen  die  merkwürdige,  einzige  spur  des  verb. 
subst.  bijan,  mit  dem  wir  bis  auf  heute  unser  bin  und  bist 
bilden,     mehr  unter  bin. 

BEUiNDEN,  includere,  einfriedigen.  Schm.  1,  288  führt  peun- 
ten aus  der  Salzachgegend  an. 

BEUNDNEM,  bündnen,  das  land  zum  anbau  der  rüben,  des 
flachses,  hanfs  u.  s.  w.  einfriedigen  und  bereiten.  Staldep,  1,244. 

BEUNEN,  laevigare,  polire,  nnl.  boenen.  Maaler  65'  hat 
beünen,  beizen,  imbuere,  und  Sebast.  Helber  im  sylbenbüch- 
lein  1593  s.  45  beünen  das  ist  beitzen.  bei  Stalder  1, 159  ist 
beunen,  bünen  ein  fasz  mit  heiszem  wasser  ausspülen,  dann 
aber  auch  düngen,  imbuere,  wobei  sich  nochmals  an  beunde, 
gedüngtes  feld,  und  an  bau  mist  denken  läszt.     s.  bohnen. 

BEUNEHREN,  dchonestare,  heute  verunehren :  dasz  das  hei- 
lige evangelium  durch  solche  handlang  beunehret  und  ver- 
haszt  wird.  Luthers  br.  4,  501. 

BEUNFRUCHTBAREN,  infertilem  reddere.- 

BEUNFRUCHTBARUNG,  f  Lohenst.  ylrm.  2, 624. 

BEUNRUHIGEN,  inquietare,  in  unruhe  vrj-setzen:  diese 
nacbricht  hat  die  ganze  Stadt  beunruhigt;  du  beruhigst  sie 
nicht  mit  deinen  reden,  du  beunruhigst  sie ; 

jetzt  wer  ich  ewig'  selig  pwesen, 

so  hast  du  beunruhigt  mich.    Ayrer /isstn.  sp.  95*; 

der  feind  beunruhigte  uns  jeden  tag  mit  einzelnen  überfallen ; 
geist  des  alten  Moors,  was  hat  dich  beunruhigt  in  deinem 
grabe?  Schiller  135'. 

BEUNBUHIGUNG,  f.  perturbatio. 

BEUNSELIGEN,  tnfelicem  reddere:  indem  ich  die  blühende 
Jünglinge  mit  alten  abgelebten,  unfruchtbaren,  garstigen  vel- 
teln,  die  allcrholdseligstc  Jungfern  aber  luit  eisgrauen,  eifer- 
süchtigen hanreiern  verkuppele  und  beunselige.  Simpl.  1,  569 
(1713,  575  nnbeselige). 

BEUNTE,  s.  beunde. 

BEURRAREN,  feriilem  efftcere,  urbar  machen:  eine  beide, 
waldige  gegend  beurbaren. 

BEURRARUNG,  f.  cultura:  die  beurbarung  des  laades 
schreitet  vor. 


1749 


BEURKUNDEN  —  BEUTE 


BEUTE  — BEUTEL 


1750 


BEURKUNDEN,  teslimoniis  firmare,  Urkunden  über  ettcas  bei- 
bringen, bezeugen,  dann  überhaupt  beweisen,  darthun:  die  ge- 
schichte  musz  beurkundet  werden ;  so  wie  die  risse  sein  solides 
"  Studium  der  architectar  beurkunden.  Göthe  43, 103 ;  die  aka- 
demie  will  durch  die  aufnähme  in  ihre  mitte  ihre  Torzügliche 
Schätzung  der  wahren  literarischen  Verdienste  des  aufzuneh- 
menden beurkunden.  Göei.ngr  leben  yicolais  56 ;  eine  niedere 
kritik,  besser  eine  beurkundende,  und  eine  höhere,  die  man 
lieber  die  divinatorische  nennen  sollle.  Wolf  mus.  der  alterth. 
viss.  40.    ahd.  einfach  urchundön  (Graff  4,  425),  mhd.  Urkunden. 

BEURKUNDUNG,  f.  nicht  blosz  die  beurkundung  sondern 
auch  die  auslegung  der  heiligen  schrift  bedarf  gelehrsamkeit. 
Kant  6,  2S5. 

BEURLAUBEN,  l)  commealum  dare  viililibus,  congedier : 
hundert  mann  vom  regiment  beurlauben ;  dienstfreiheil  für 
einige  zeit  erlheilen;  auch  icol  einen  fortschicken,  dessen  man 
sich  entledigen  will:  sie  hat  ihren  liebhaber  beurlaubt,  ver- 
abschiedet, entlassen.  2)  sich  beurlauben,  abire,  abschied  neh- 
men :  unser  held  verweilte  sich  nicht  länger  in  Syrakus  als 
nöthig  war,  sich  von  seinen  freunden  zu  beurlauben.  Wielaxd 
3,  179;  bald  darauf  beurlaubten  sich  die  neuangekommenen 
wieder.  8,  284; 

Kombab  beurlaubt  sieb.    10,265; 

eben  bat  auch  der  mond  sich  beurlaubt.    Voss  Luise  3,  558; 
eure    Schwester  will   nächstens   sich  von  Pfalzel  beurlauben. 
Fr.  Müller  3,  321 ;    beurlaubt    sich    {scheidet)    die    seele    des 
kranken  vom  einfallenden  körper.  J.  Paul  teuf.  pap.  1, 108. 

BEURLAUBUNG,  f 

BEURSACHEN, /(icere,  creare,  verursachen :  ich  hasse  jeman- 
den mit  vielfaltigen  begrüszungea  überdrusz  zu  beursachen. 
Bltschky  kanzl.  52 ;  ich  wil  nicht  verhoffen,  dasz  ich  solch 
mistrauen  wegen  meines  bisher  geführten  wandeis  beursacht 
haben  werde.  270. 

BEURTHEILEN,  judicare,  nnl.  beoordeelen:  ich  beurtheile 
dich  nach  deinen  handlungen;  andere  mögen  beurtheilen,  ob 
ich  zu  viel  gesagt  habe ;  es  ist  nur  schade,  dasz  wir  das  beste, 
was  in  ihnen  zerstreuet  ist,  nicht  in  einem  vollständigem  und 
beurtheilcndern  auszuge,  als  Farnabius  und  Schrevel  davon 
gemacht  haben,  besitzen  sollten.  Lessing  8,504;  wir  mahlen 
mit  äugen  der  liebe,  und  äugen  der  liebe  müsten  uns  beur- 
theilen. 2, 118. 

BEURTHEILER,  m.  judex,  aestimator.  BEURTHEILERIN,  f. 

BEURTHEILUNG,  /.  Judicium. 

BEURTHEILUNGSKRAFT,  f  Lessing  6,  416. 

BEUSE,  /■.  pulex.    Frisculins  nomencl.  35,    em   ungewöhn- 
liches, bei  Nemmch  untei-  pulex  fehlendes  wort,  vielleicht  nach 
dem  franz.  puce?    bei  Rollenhage.n  scheint  es  vorzukommen: 
und  flucht  Jnruiiib  dem  Prometheus 
allerlei  uniriiick,  plag  und  beus. 

froschm.  U.  3,  1  (Ee  2'), 
ICO  man  auch  leus  lesen  könnte,    es  steht  beusz,   was  schwer- 
lich =•=  beusch  pl.    von   bausch,    schlag,     im  munde  des  wil- 
den  manns    nimmt  sich  das  anwünsehen  der  plage  des   Unge- 
ziefers leidlich  aus. 

BEUT,  offer,  praebe,  tmp.  von  bieten. 

BEUTE,  /.  praeda,  spoliutn,  Xeia,  nnl.  buit,  altn.  byti,  schw. 
byte,  dän.  bytte,  engl,  booty,  franz.  butin,  span.  botin,  it.  bot- 
tino,  tjleich  dem  verbum  beulen  unhochdeutsch  klingend,  was 
die  abgehende  lautverschiebung  erkennen  luszt,  da  nnl.  buit  ein 
nhd.  bausz,  wie  huis  haus,  muis  maus  neben  sich  haben  sollle, 
und  alle  angeführten  fremden  Wörter  hallen  die  tenuis  fest, 
auch  erscheint  weder  ahd.  noch  mhd.,  in  reinen  denkmdlern, 
keine  spur  des  worts,  wie  hernach  beim  rerbum  näher  bespro- 
chen werden  soll.     nhd.  ist  es  allgemein  durchgedrungen: 

weil  aber  das  volk  heute  nicht  hat  müssen  essen  von  der 
beute  seiner  feinde,  die  es  funden  hat.  1  Sam.  14,  30 ;  ich 
frewe  mich  über  deinem  wort.  wie  einer  der  eine  grosze  beute 
kriegt,  ps.  119, 162 ;  wie  man  frülich  ist,  wenn  man  beute  aus- 
teilet. Es.  9,  3;  das  die  widwen  ir  raub  und  die  waisen  ire 
beule  sein  müssen.  10,  2;  danimb  wil  ich  im  grosze  menge 
zur  beute  geben  und  er  sol  die  starken  zum  raube  haben. 
53,  12;  der  sol  lebend  bleiben  und  wird  sein  leben  wie  eine 
beule  davon  bringen.  Jer.  38,  2 ;  aber  deine  seelc  wil  ich  dir 
zur  beute  geben.  45,  5;  und  wil  meine  band  über  dich  aus- 
strecken und  dich  den  beiden  zur  beute  geben.  Ei.  25,  7; 
und  da  man  nun  dreiszig  tage  lang  die  beute  ausgetbeilet 
hatte.  Jud.  15, 14 ;  dem  auch  Abraham  den  zehenden  gibt  von 
der  eroberten  beute.  Ebr.  7,  4  ;  beute  ncmen.  fasln,  sp.  639, 6 ; 
Reinhart    thet  das  gewunnen  gut  an  die  beut  tragen.    Aimon 


l4;  die  beut  ist  austeilt.  Maaler  65';  es  kam  an  die  beut, 
vntrde  vertheilt;  in  die  beule  kommen,  in  parlitionem  assujni; 

trag  einher  külen  wein 

und  schenk  uns  tapfer  ein, 

mir  ist  ein  beut  geraten, 

die  musz  verscblemmet  sein.    Uhlaüd  584.  Garj.  95'; 

er  raubt  und  brent,  auf  beuten  rent.    617; 

der  herzbg  ist  davon  entronnen, 

er  bat  scbendlicb  verlassen  land  und  laut, 

will  gern  sehen,  wo  er  sich  erhole  einer  solchen  beut. 

lustig  gesprech  der  teufet.  1542.  61'; 

Deutschland,  das  hohe  welsch  gebirg 

bab  ich  durchlauten  lang  und  zwerg. 

ob  ich  ein  beute  mocht  treten  aus  (vgl.  austreten  5), 

die  ich  meim  herren  brecht  nach  haus. 

JoH.  RöiOLT  fein  christl.  spiel.  1563  C  5" ; 
uf  beut  laufen,  excurrere.  Dasypod.  302' ;  auf  die  beut  laufen. 
Reutter  kriegsordn.  13 ;  item  es  soll  keiner  aus  dem  läger  nit 
ziehen,  noch  auf  die  beule  laufen  (ausgehen).  Frossp.  1,  34' ; 
viel  leul,  viel  beut.  Garg.  254'; 

so  grosz  der  Schönheit  kraft,  so  süsz  ist  der  lieb  beut. 

Weckherli.n  752; 
so  will  ich,  Myria,  schreiben 
die  zeugnus  ubsrer  beut.    757 ; 
gebet  ihnen  (den  poeten)  für  das  kränzen 
was  im  beutel  pQegt  zu  glänzen, 
dieses  bringt,  ihr  hohen  leuie, 
euch  viel  namen,  ihnen  beute.    Logac  2,  5,  43 ; 
Samson  schlief  bei  Delila  und  verschlief  sein  haar  und  stärke, 
solcher  schlaf  bringt  auch  noch  heule  solche  beut  und  solch 

gemerke.  3.  4,  52; 

gieng  sie  (Venus),  liesz  zusammen  raffen 
aller' dieser  küsse  summen, 
wo  sie  waren  zu  bekummen, 
machte  draus  die  honigleute  (bienen), 
dasz  sie  geben  snsze  beute.    3,  6,  10; 

als  wir  Iglau  bestürmt,  Trebitz  bezwungen,  seind  mir  gute 
beuten  zugestanden.  Simpl.  2, 124 ;  brachten  beuten.  2, 28 ;  un- 
terdessen aber  hatte  Solande  dem  armen  Stolbio  wieder  zu  dem 
seinigen,  sich  aber  zu  einer  feiten  beute  geholfen,  pol.  stockf  210 ; 

ihm  {dem  schützen)  gehört  das  weite, 

was  sein  pfeil  erreicht, 

das  ist  seine  beute, 

was  da  kreucht  und  fleucht.   Schiller  532'; 

alles  was  ich  habe 

dank  ich  spaten  dir,- 

reich  und  arme  leute 

werden  meine  beute, 

kommen  einst  zu  mir.    llöiti  todtengräberlied ; 

sind  alle  deine  siege,  herrlichkeiten, 

triumphe,  beuten  (spoils)  eingesunken  nun 

in  diesen  kleinen  räum  ?  A.  Vv.  Scblecel  in  Jul.  Caesar  3,  1 ; 

mit  ningeheurer  noth  im  kämpfe,  schien 

ich  dem  gemeinen  blick  des  Wahnsinns  beule.   Göthb  9,  360. 

so,  eine  beute  des  hungers,  der  pest,  des  todes.  beute  machen ; 
etwas  für  gute  beule  (6onne  prise)  erklären,  ohne  weiteres  an 
sich  nehmen,     s.  ausbeule,  Jagdbeute,  kriegsbeute. 

BEUTE,  /".  alveus,  1)  backlrog:  der  bccker  soll  auch  das 
backhaus  im  baw  hallen  mit  müllen,  Schüssel  und  mit  der 
beuten,  weislh.  2,  idO ;  und  so  sie  kommen  vor  das  backhaus, 
sali  der  becker  fom  hingeben  und  der  arm  man  binden  und 
sali  im  helfen  uf  die  beut.  2,  107.  2)  der  hölzerne  bienen- 
korb,  ein  holer  klotz,  in  den  die  waldbienen  bauen:  wer  ein 
beuten  niederfällt,  ersteigt,  aufliebt.  weislh.  3,  898.  hierfür 
kommt  schon  ahd.  piutla  (Graff  3,  327),  in  Leibmtz  coli,  elijm. 
p.  100  byda  vor,  und  das  lal.  alveus  bezeichnet  ebenfalls  mulde 
wie  bicncnkorb.  glaublich  gehört  dies  beute  zu  bütte,  dolium, 
beutel  pera,  ob  zu  bieten  und  beule,  praeda  ?  s.  beuten  und 
beutner.  in  piutla  könnte  gar  pia  apis  stecken,  s.  binpculc. 
BEUTEGIERIG,  praedae  avidus :  ein  beulegieriger  löwe. 
BEUTEL,  ffi.  pera,  crumetia,  ahd.  pülil  (Graff  3,  86),  mhd. 
biutcl  (Bem.  1,  190'),  nnl.  buidel,  meist  eine  tasche,  die  man 
bei  sich  tragt  oder  anhängt,  zumal  geldbeutei,  vielleicht  abzu- 
leiten von  bieten  offerre,  praebere,  insofern  man  gaben  im 
beutet  darreichte  und  anhängte:  • 

diu  frouwe  in  ir  biutel  vanl 

einen  brief,  den  schreib  ir  mannes  bant.    Parz.  55,  17; 

in  ir  biutel  si  in  (den  gürtet)  stie;.     Wigal.  139,  11; 

koaben,  die  voll  schwer  beutet  haben,    fastn.  sp.  703,  7; 

und  künden  mir  mein  peuiel  schwanken.    757,  9; 

als  mancher  güldein  wird  da  gezalt, 

die  werden  im  von  dem  konig  geschenkt 

und  in  eim  seiden  peutel  an  sein  hals  gehenkt.    762,  13; 

und  wan  si  uns  di  peutel  stellen, 

so  weren  si  dan  gut  gesellen.    997,2; 

band  zween  cenlner  Silbers  in  zween  beuteL  2  kirn.  5,  33; 
woge  es  mit  uns,  es  sol  unser  aller  ein  beutel  sein.  spr.  Sal 

110* 


I7bl 


BEUTEL  —  BEUTELFÜLLER 


BEUTELGANS— BEUTELREUTER   1752 


1,  14 ;  die  mentel,  die  scbleier,  die  beutel.  Es.  3,  22 ;  sie 
schütten  das  gold  aus  dem  beutel.  46,  6;  und  welcher  geld 
Terdienet,  der  legts  in  einen  löcherten  beutel.  Haggai  1,  6 ; 
traget  keinen  beutel  noch  laschen  (ni  bairaij)  pugg  nih  mati- 
balg).  Lue.  10,  4;  so  oft  ich  euch  gesandt  habe  one  beutel, 
one  laschen  und  one  schuh.  22,  35 ;  er  hatte  den  beutel 
(golh.  arka  habaida)  und  trug  was  gegeben  ward.  Joh.  12,  6. 
13,29;  alte  beutel  schlieszen  übel;  aus  eignem  beutel  zehren ; 
aus  andrer  leute  beutel  ist  gut  zehren;  aus  fremden  beuteln 
ist  gut  blechen ;  thu  den  beutel  nicht  weiter  auf  als  er  ge- 
schlitzt ist ;  nach  dem  beutel  richte  den  schnabel ;  wo  mein 
beutel  aufgeht,  da  raucht  meine  küche;  voller  kröpf  macht 
leeren  beutel;  so  geht  es  in  der  weit,  der  eine  hat  den  beu- 
tel, der  andre  hat  das  geld ;  durch  den  Strudel  oder  beutel 
lassen  laufen.  Frank  spr.  2,91';  wir  müssen  selbs  fortan  für 
alle  unsere  sünd  aus  unserem  eigenen  beutel  bezalen  und 
gnug  thun.  hienenk.  99";  den  strengen  durchlauf  im  beutel 
bekommen,  llü';  und  sind  insonderheit  geplagt  mit  dem 
durchlauf  des  beuteis  und  mit  der  geldsucht.  242*;  meinen 
eignen  beutel  spickte.  Simpl.  2, 124 ;  geld  in  beutel  schieben. 
ball.  stud.  15,  130 ;  ich  habe  noch  Juckeln  überm  hals,  der  reiszt 
mir  miichtig  im  beutel.  Scnocu  sind,  leben  H ;  der  hat  glück,  der 
aus  eines  reichen  herrn  beutel  lernet  bauen.  Schuppius  55 ; 
greife  langsam  nach  dem  beutel  und  oft  nach  dem  hut.  263;  auf 
seinen  eignen  beutel  reisen.  267;  den  knöpf  auf  dem  beutel 
haben  (nichts  heiausrücken) ;  den  beutel  ziehen  (bezahlen) ;  den 
beutel  immer  auf  haben;  er  lügt  in  seinen  beutel; 

arm  am  bculel,  krank  nin  herzen.    Göthe  1,  19$; 
■  das  läglictie  mahl 

schmackhaft  stets  zu  bereiten  und  ohne  beschwerde  des 
beuteis.  1,342; 

zu  schwach  Ist  sein  beutel, 

das  bcdürfnis  zu  grosz.    40,261; 

da  bracli  es  auf   da  lag  es  kund  und  olfen, 

aus  welchem  beutel  ich  gewirtschaft  hatte.    Schiller  343'; 

dazu  musz  man  einen  ganz  andern  beutel  haben  als  er.  Lenz 
1,  90.  die  Türken  pflegen  nach  beuteln  zu  zählen.  Das  volk 
versteht  unter  beutel  auch  das  scrotum  von  Ihieren  und  men- 
schen (ScH.M.  1,  219);  beutel  nannte  man  das  vermögen  einer  ge- 
meinde oder  genossenschaß,  daher  armenbeutel,  gemeiner  stadt- 
beutel,  vgl.  budget  =  beutel.  in  der  müle  ist  beutel  ein  wollner 
$ack,  durch  welchen  der  mchlstaub  geschüttelt  wird:  das  mehl 
durch  den  beutel  laufen  lassen,  franz.  bluter,  mlal.  buletare, 
und  der  beutel  selbst  buletelus,  bultellus,  franz.  bluteau. 

BEUTEL,  m.  für  meiszel  (in  locbbeutel,  Stechbeutel)  ist 
unhochdeutsch  und  aus  beitel,  wie  man  wenigstens  schreiben 
sollte,  für  beiszel  {sp.  1399)  entsprungen,  oder  gleich  dem  fol- 
genden aus  boszel. 

BEUTEL,  m.  ein  hölzerner  schlegel  zum.  klopfen  des  flachses, 
sollte  hochdeutsch  boszel,  ahd.  pöjil  (Graff  3,  233)  lauten, 
wie  man  harapöjo  stipula  lini  sagte. 

BEUTEL  ARM,  m.  in  der  müle,  ein  langer  stab  zur  befesti- 
guHij  des  mehlbeutels. 

BEUTELARM,  was  beulelkrank,  arm  an  geld,  gcldarm. 

BEUTELAÜSLEERER,  m.  expilator  crumenae.  Stieler  1107. 

BEUTELAUSLEERUNG,  f  alle  eintritte  in  grosze  Verän- 
derungen und  neue  reiche  waren  von  jeher  mit  beutelaus- 
leerungen  verknüpft.  J.  Paul  dämm.  130. 

BEUTELCHEN,  n.  sacculus:  in  diesem  licutelchen  sind  hun- 
dert louisdor.  Lessisc  1,  551. 

BEUTELDRESCHER,  m.  excussor  marsupii :  da  liesz  er  mit 
dem  ablas/  etliche  beuteldresclier  ausgehen.  Luther  8,  245*; 
kein  beuteltrescher,  kornkäfer,  weinentweiher  (komm  ins  ge- 
stiftete klosler).  Garg.  2S0'. 

BEUTELECHZEND ,  praedam  appetens:  gefräszige  thiere, 
die  beutelecbzende  rächen  aufsperren.  Fb.  Müller  1,  367. 

BEUTELEIN,  n.  sacculus :  des  glaubens  secklin  habe  zwei 
bentlin.  Luther  3,  279'. 

BEITELFASZ,  n.  ein  lederner  sack,  der  oben  zugexogen 
werden  kann,   mhd.  biulelvaj.  ' 

BEUTELFAUL,  lentus  tn  solvcndo. 

BEUTELFEGER,  m.  purgator  marsupii,  crumeniseca,  saccw- 
larius,  was  beuteldrescher:  man  heiszt  sie  {die  advocaten) 
gemeinlich  beutelfeger.  catisenmacher  vorrede.  Stieleb  451. 

BEUTELFEGEREL   f. 

BEUTELFÖRMIG,  wie  ein  beutel  geslallcl,  saeculatus. 

BEUTELFLLLER,  f«.  ei  goll  ist  nit  ein  beutel-  und  kaslcn- 
fü'iler.  ein  schöner  dialogus  von  Marl.  Luther  und  der  ge- 
schickten botschaß  aus  der  helle.  1523  A  3'. 


BEUTELGANS,  f  pelekan. 

BEUTELGARN,  n.  fischernetz  mit  einem  beuleL 

BEUTELGELD,  n.  was  die  becker  zur  Unterhaltung  des  beu- 
teis in  den  mülen  entrichten. 

BEUTELHAND ,  f  tumida  manus  ?  meiner  (mein  becher) 
durchsucht  alle  anderen,  beseh  dis  zipperlin,  schaw  dise  beu- 
lelhänd !  Garg.  87'. 

BEUTELHARZ ,  n.  das  beim  pechsieden  aus  dem  sack  flie- 
szendc. 

BEUTELHERR,  m.  aerarii  curator,  seckelmeister. 

BEUTELHULFTER,  m.  marsupium:  da  er  ihr  (seiner  frau) 
das  meiste  geld  in  ihren  beutelhulfter  gosz.  J.  Paul  Siebenk. 
2, 137.     s.  holfter,  hulfter,  das  besser  weiblich  ist. 

BEUTELIG,  se  corrugans,  perforatus,  cavernosus :  von  klei- 
dungsstücken,  nicht  anseht ieszend,  beulet  machend,  ungeschickt 
weit,     im  bergbau,  löcherig:  beuteliges  spieszglanzerz. 

BEUTELKASTEN,  m.  mehlkasten,  in  welchen  aus  dem  beutel 
das  mehl  fällt,  peutelkast,  farricaptio,  farricapsia.  vocab. 
theut.  Nürnb.  1482.  y6'. 

BEUTELKRANK,  was  beutelarm. 

BEUTELLAUS,  f.  aphis  bursaria. 

BEUTELLEGELE,  n.  was  beutelfasz,  fäsziein?  Fischart 
führt  Garg.  20'  unter  den  bücherliteln  an:  die  schiffart  zum 
beutellegele.     legele  ist  laguncula,  von  lagel  lagena. 

BEUTELLEHN,  n.  ein  erkaußes,  mit  geld  verdientes  lehn, 
im  gegensatz  zum  erblichen,     s.  seckellehn. 

BEUTELMACHER,  m.  bursarius,  seckler,  bursner.  vocab. 
theut.  1482.  y  6'. 

BEUTELMEISE,  f  parus  pendulinus,  weil  sie  ihr  nest,  wie 
einen  beutet,  an  die  bäume  hangt;  dem  volk  an  vielen  orten 
ein  heiliger  vogel,  dessen  nest  gegen  den  blitz  schützt  und 
über  die  hausthür  befestigt  wird.  vgl.  Vogelnest,  zeisignest 
und  mythol.  647. 

BEUTELMÜLE,  f 

städie  sind  die  bcutelmühlen,  und  das  land  ist  müllergasl, 
jedem  wird  daselbst  zu  staube,   was  sein  beuiel  in  sich  fasit. 
LoGAU  2,  zugäbe  192. 

BEUTELN,  cernere,  cribrarc,  sieben,  sichten,  mhd.  biuteln 
(Ben.  1, 190*),  im  vocab.  theut.  1482  y  7'  peuteln,  pollitriduare, 
tritonisarc,  taratantarisare,  das  mehl  durch  den  beutet,  durch 
das  sieb  laufen  lassen,  wie  in  der  müle  und  bei  den  beckern 
geschieht;  gebeuteltes  mehl,  farina  bultellala,  gebeutelt  oder 
schönes  mehl.  etlich  menschen  seind  gleich  wie  ein  mehlbeutel, 
wenn  man  mehl  beutelt,  so  feilt  nur  das  sauber  mehl  da- 
durch und  bleibt  nit  in  dem  beutel,  denn  nur  der  wüst. 
seh.  u.  ernst  cap.  330;  Eulenspiegel  beutelt  das  inel  in  den 
monschein.  cap.  20 ;  ein  weit  gewissen,  dardurch  man  junge 
hund  möcht  beutlen.  kriegsb.  des  friedens  129 ;  nun  müssen 
wir  die  alten  vätter  auch  reutern  (sieben)  und  beuteln,  bie- 
nenk.  3ö';  und  alles  was  von  ihnen  geschriben  worden,  das 
beutelt  sie  (die  kirche)  vor,  und  behalt  darvon  die  schönste 
kleien.  40";  darumb  hat  sie  disz  ein  wenig  unter  einander 
gebeutelt.  99';  was  auch  von  sprcuwcr,  kleien,  so  von  den 
fruchten  gegerbt  und  gebeutelt  werden,  vorhanden.  Fronsp. 
1,  128';  was  kann  aber  daraus  nicht  gemacht  werden,  wenn 
es  (das  hinterkorn)  von  geschickten  meistern  und  meislerin- 
nen  geworfelt,  gemalen,  gebeutelt  und  verbacken  wird?  Moser 
patr.  ph.  4,  48.  sich  beuteln  heiszt  l)  sich  schütteln,  wie  man 
thut,  wenn  einen  der  schauer  überläuß ;  den  köpf  bciteln  (/.  beu- 
teln) schütteln,  ßiegenw.  22.  2)  falten  bilden,  von  zu  weit  ge- 
machten kleidern:  das  futter  beutelt,  sackt  sich;  die  nath  beu- 
telt sich.     s.  beutelig. 

BEUTELN,  von  beutel  =  boszen :  den  flachs  mürbe  beu- 
teln, klopfen;  oder  kann  man  darunter  verstehn,  durch  die 
hechel  laufen  lassen,  gleichsam  sieben? 

REUTEI.NEST,  n.  nidus  saeculatus.     s.  beutelmeise. 

BEUTELNETZ,  «.  was  beutelgarn. 

BEUTELNFSTLER.  m.  ein  vogel,  der  sein  nest  beutel  förmig  baut. 

BEUTELPERÜt^KE,  f  capillamentum  saccnlarium.  perücke, 
deren  hinterhnar  in  einen  beutet  gehängt  ist:  zopf-  und  lieu- 
telperücke.  J.  Paul  Fibel  33. 

BEITELPOL,  «J.  liier  hielt  er  ihm  den  einen  mit  einem 
ringe  zugeschraubten  vollen  beulelpol  mit  der  erkliirung  vor. 
J.  I'aui.  fteqelj.  4,  35. 

BEUTELRATTE,  BEUTELRATZE,  f  didelphis  martupialit 
et  Opossum,  ein  vierfüsjiges  Ihier,  das  seine  gebornen  jungen 
in  einem  beutel  am  bauch  trägt. 

BEUTELREÜTEH,  f.  was   bcutelsieb :    darilber   (über  dem 


1753 


ßEUTELRI>'G  —  BEUTEiN 


BEUTEN 


1754 


ofenloeh  des  baekofens)  soll  es  die  beutelreuter  haben  and 
unten  die  aschengrnb.  Sebiz  29. 

BELTELRI.NG,  m.  kauft  er  einer  ein  peulelring.  fasin.  sp. 
M4,  5. 

BEUTELSACK,  m.  cribrum:  o  wie  ein  gut  werk  thet  der 
poetisch  kornwerfer  derselbigen  mül,  wann  er  den  römischen 
beutelsack  bald  iiesze  ausgehn.  bienenk.  3ä' ;  all  schrift  musz 
durch  den  römischen  sieb-  und  beutelsack.  40'. 

BEUTE  LS  CHiNEIDER,  m.  crumeniseca ,  taschendieb:  du 
sollst  morgen  sein,  wo  man  die  schelmen,  betrieger  und 
beutelschneider  abstrafet.  Gbyphics  I,  930 ; 

der  beutelschneider  bie  bat  bald  den  sträng  erlitten. 
Weckherlim  817 ; 

die  grimassenmacher,  quak?a!ber,  gaukler,  taschenspieler,  kupp- 
1er,  beutelschneider  und  klopffechter  tbeilen  sich  in  die  weit. 
Wieland  8, 122 ;  unter  eine  gesellschaft  von  bentelschneidern 
geralhen.  Fr.  Müller  1,  278. 

BEUTELSCH.NEIDEREI,  f.  callidum  furtum:  beutelschnei- 
derei  ist  die  beste  kunst. 

BEUTELSCH.NEIDERIN,  f. 

ihr  habt  noch  nicht  sie  mir  verbrannt  als  hexen, 

noch  nicht  gestäupt  als  beutelschneiderinnenl    Piate.>  295". 

BEUTELSCH.NEIDERISCH:  gott  hat  an  solcher  beutel- 
schneiderischen  klugheit  keinen  gefallen.  Scncppics  t43. 

BEUTELSIEß,  n.  feines  sieb  aus  pferdehaareiij  poUinarittm 
cribrum.  Sebrancs  t2'. 

BEUTELSTECKE ,  m.  was  beutelarm,  slab  am  beutet  der 
müle.  nach  Fischart  ist  die  hausfrau :  ein  lebendiger  baspel 
und  bratspisz,  des  manns  mül  und  unrüwiger  beutelsteck. 
Garg.  75". 

BEUTELSTOLZ,  geldstolz,  auf  sein  vermögen  pochend. 

BEUTELTHIER,  n.    beutelratte. 

BEUTELTUCH,  n.  pannus  cribrarius,  mhd.  biuteltuoch  :  nur 
an  galgen,  eh  er  umbfall.  schick  in  gen  Wien  nach  beutel- 
tuch.   Fr.4Nk  spr.  2,  80'. 

BEUTELUSTIG,  praedae  cupidus. 

BEUTELWELLE,  f.  die  «eile,  welche  den  beulel  in  der 
müle  bewegt. 

BEUTELWISCHER,  m.   Waldis  vom  official  des  hisehofs: 
er  ist  ein  rechter  pfennigtiseher, 
ein  seckelspüler,  beutelwischer.    päbst.  reich  2,  2. 

BEUTELWURST,  f.,  wofür  man  auch  sagt  wurstbeutel. 

BEUTELZAUSER,  m.  was  beutelschneider:  beutelzauser 
und  geltmauser.  Garg.  190*. 

BEUTEMACHER,  m.  praedator. 

BEUTEN,  wie  schon  bei  beute  gesagt  wurde,  erscheint  nicht 
in  reinmittelhochdeutschen  denkmälern,  zuerst  im  passional, 
vnd  stimmt  in  seinem  lautrerhalt  zu  fremden  wortformeit.  das 
altn.  byta  bedeutet  sowol  commulare  als  distribuere,  das  schw. 
bjta  mutare,  permutare,  partiri,  im  dän.  bytte  herscht  die  Vor- 
stellung von  tauschen,  wechseln,  mit  recht  leitet  Ihre  aus  der 
des  vertheilens  auch  die  der  beute,  praeda,  es  geht  ans  beu- 
ten, an  die  beute,  will  sagen  ans  austheilen  des  gewonnenen, 
genommenen,  geraubten  guts,  welches  nun  in  andere  bände 
kommt,  seinen  herrn  wechselt  {vgl.  ausbeuten),  nicht  anders 
ist  das  nd.  hüten,  nnl.  buiten,  beides  tauscheti  und  erbeuten. 
Die  bedeutung  von  austheilen  zeigt  sich  auch  im  passional: 

diz  geben  undc  diz  büten.    JT.  27,  22; 
so  wie  von  tauschen,  verkehren,  handeln: 


ila^  si  mit  cristenh^ten 
treib  also  manic  böten, 
ilai  Paulus  solde  bitten 


JT.  32,  4 ; 


.laj 

alda  mit  den  läten.    //.  19«,  V>: 

häufiger  die  von  rauben,  im  krieg  erbeuten,  streiten  und  zanken: 

lind  lie^e  bie  ilit  hüten 

iinilc  tiat,  jemerliche  leben, 

ilenie  ich  si  lange  bin  ergeben.    //.  32,  27; 

man  begomle  va«te  bi'iten.    K.  42,  S; 

ir  iirlouge  und  ir  bilien.    K.  386.  2; 

durch  ir  unrehtej  böten.    A'.  596,  30; 

il.H  {gut)  wolile  »in  vil  hö«er  miit 

alle;  t»  im  büicn.    A'.  639,  75; 

sieb  hüb  da  michel  böten.    A'.  668,86; 
dock  verdienen  noch  andere  stellen  dieses  gedichls  nähere  er- 
wiqung,  als  ihnen  hier  gewidmet  werden  kann. 

Heiisch  sp.  355.  358  vermischt  heuten  «nrf  bieten,  indem 
er  neben  letzterem  ein  ganz  falsches  heulen  offerre,  largiri 
{wie  neben  biegen  ein  beufen)  ansetzt;  man  braucht  nur  das 


nnl.  biedea  und  buiten  zu  tergleichen,  um  die  Verschiedenheit 
beider  Wörter  zu  gewahren.  aucA  Dasvpodics  führt  303'  beuten 
ßr  bieten  tindicare,  liceri)  auf,  und  gar  kein  beuten  prae- 
dari;  Maaler  65'  hat  das  subsl.  bent,  nicht  das  verbum  beu- 
ten, so  ungewohnt  musz  es  damals  noch  hochdeutschem  ohr 
gewesen  sein. 

1)  beuten  =  tausclien,  wechseln  erseheint  nur  bei  Lcther 
(doch  nicht  in  der  bibel)  und  Mathesics:  diser  psalm  ist  mir 
lieber,  denn  des  bapsts,  Türken,  keiser  und  aller  weit  ehre, 
gut  und  gewalt,  wolt  auch  gar  ungerne  umb  disen  psalmen 
mit  ihnen  allesampt  beuten.  5,  43'.  br.  4,  66 ;  aber  dennoch 
bin  ich  ein  partekenhengst  gewest  und  durch  die  schreibfed- 
der  so  fern  komen,  das  ich  itzt  nicht  wolt  mit  dem  türki- 
schen keiser  beuten,  das  ich  sein  gut  solt  haben  und  meiner 
kunst  eniperen.  5,  1S4';  könde  ichs  thun,  so  wolt  ich  mit 
euch  beuten,  tischr.  350';  und  da  schon  gewerbe  gewesen, 
hat  man  da  gewechselt  oder  gebeutet,  und  wahr  an  wahr  ge- 
stochen oder  partirt.  Math.  16i'.  spätere  haben  diese  bedeu- 
tung nicht  mehr,  auch  Stieler  nicht.  Frisch  1,  90*  kann  sie 
nur  aus  nd.  büchcrn  beibringen. 

2)  beuten  =  praedari,  praedam  agere,  eapere : 

Weisheit  von  tninken  leuten 

und  tvidergeben  nach  peuten.    fastn.  sp.  1337 ; 

sollen  sie  um  ihr  mishandlung  gestraft  und  aufs  wenigst  ihr 
hab  und  gut  gebeutet  (eingezogen)  werden,  landfr.  von  152!. 
15;  dieselb  sache  nam  er,  gieng  davon  und  liesz  die  andern 
beuten,  was  sie  wollen.    Kirchhof  wendunm.  101'; 

mag  wol 
Schwert,  bunger,  pestiienz  dem  niemals  satten  tod 
ein  tausend  seelen  beuten.     WecKucRLi>(  198; 
um  Deutschland  stund  es  noch  so  wol, 
da  Deutschland  nur  war  gerne  voll, 
als  da  es  triegen,  buhlen,  beuten 
gelernet  bat  von  fremden  leuten.     I.ocal'  1,  7,  16; 
raubt  und  beu  et,  was  jeder  lind. 

Jac.  Vogels  ungr.  schluckt  s.  39: 

weil  mir  ein  landsmann  sagte,  dasz  man  unter  den  Bran- 
denburgiscben  ehe  als  unter  den  kaiserlichen,  indem  sie  der 
Montecuculi  gar  zu  scharf  in  ordre  hielte,  etwas  beuten 
könte.  ped.  schulf.  209 ;  die  kriegsleute  stehlen  nicht,  son- 
dern sie  beuten;  auf  beuten  ausfeilen ;  ein  pferd  beuten, 
equum  pracmiari.    Stieler  141 ; 

beutet  man  doch  im  gefecht  hornvieh  und  gern  .stetes  lleinvieli. 

Voss ; 
sandte  die    ganze    reiterei   gegen   die   zerstreuten   beutenden 
feinde.    Stolberg  8, 364.    man  sagt  heule  lieber  beute  machen 
und  erbeuten. 

Verkennen  läszt  sich  nicht,  dasz  zwischen  beute,  beuten 
und  dem  sp.  1157 — 59  verhandelten  hatte,  hatten  eine  gewisse 
anahgie  stattfindet,  beidemal  scheint  ein  unhochdeutsches  T  zu 
uns  vorgedrungen  und  sich  geltung  erworben  zu  haben  ;  beide- 
mal wäre  nach  dem  von  der  spräche  sonst  eingehahnen  gang 
ein  hochdeutches  Z  21«  erwarten  gewesen,  dort  aber  wurde  ge- 
sucht, die  Störung  durch  annähme  eines  organischen  ahd.  T, 
detn  alls.  D  entsprach,  zu  entfernen;  wie  wenn  derselbe  fall 
auch  hier  schein  gewönne?  dann  bliebe  nichts  anders  übrig, 
als  die  vorhin  an  Hemsch  getadelte  Vereinbarung  von  beulen 
und  bieten  gutzuheiszen,  und  aus  diesem  auch  jenes  abzu- 
leiten, lauschen  beruht  auf  gegenseitigem  bieten  und  anneh- 
men, bieten  ist  praebere  =  praehibere,  hinhalten,  darreichen, 
und  praeda  nicht  aus  prehendere.  vielmehr  \wie  praes,  pnie- 
dis)  aus  prae  dare  1«  deuten,  was  aber  in  praedari  rauben, 
praedo  rauber  umschlug,  gerade  wie  bieten  praebere  in  Iteii- 
ten,  nehmen,  rauben,  der  tausch  und  weehsel  wurden  zu  streit 
und  raub.  Kann  solche  Versetzung  der  begriffe  sich  rechtfer- 
tigen, so  wäre  anzun^men,  einmal  dasz  neben  dem  ahd.  pio- 
lan  o/ferre  auch  ein  schwaches  piutan,  pftlan  prael.  ptiHa 
praedari,  neben  mhd.  bieten  ein  hinten  praet.  hiittc  bestehen 
konnte,  wiewol  sie  nicht  vorkommen,  auszer  ziiletzl  im  passio- 
nal; dann  aber,  dasz  die  nd.  und  nord.  dialecte  ihr  hüten 
und  byta  aus  dem  hd.,  mit  beibehaltnem  T,  erborgt  hiitlen. 
In  den  umfang  der  würzet  bieten  scheinen  nun  aber  auch  die 
folgenden  gleichlautenden  verba  zu  fallen,  die  wegen  ihrer  ab- 
weichenden bedeutung  bisher  gesondert  aufgestellt  wurden. 

REITEN,  excitare  fociim,  feuer  anlegen  hat  Frisch  !,  91* 
aus  Apherdian,  und  Köpke  im  wb.  zum  pass.  "08*  vermutet  es 
auch  in  der  vorhin  angezognen  stelle 

man  begondc  vaste  böieti      \1.  •-. 
obgleich  sie  zu  allgemein  redet,   und  das  it.  bottarc  11  fuoco. 


1755 


BETEN  — BEUZEL 


BE  VÄTERN  —  BE  VOLKEN 


1756 


franz.  bouter  le  feu  vielmehr  auf  ahd.  pügan,  goth.  bautan 
wiese,  auch  sagt  man  nd.  für  büten  {brem.  wb.  1,  126)  nicht 
hüten,  nnl.  het  viiur  boeten,  nicht  buiten,  schw.  böla  eld 
(Ihre  254),  nicht  byta.  nhd.  ist  weder  beuten  noch  boszen 
oder  büszen  gebräuchlich  in  solchem  sinn,  wol  aber  hat  man 
aus  nd.  böten  zaubern  ein  falsches  nhd.  beuten  gemacht,  z.  b. 
im  nolh-  und  hülfsbüchlein,  ausg.  6  (1789)  s.  271. 

BEUTEN,  alveo  in  silva  examen  indere.  Frisch  1, 91".  beute 
alveus,  bedeute  es  hacklrog  oder  bienenkorb,  ahd.  piutta  (/ur 
piutia?)  leidet  vielleicht  Zusammenstellung  mit  piot,  mensa, 
lanx,  ags.  beod,  goth.  biuds,  altn.  biodr,  mensa,  discus,  or- 
bis,  die  sich  von  piotan,  biudan,  bieten  praebere,  darreichen 
ableiten,  es  ist  ein  zum  backen  und  für  die  bienen  zum  bau 
bestimmtes  gefäsz,  und  die  honigbeule  wird  an  den  bäum  ge- 
henkt, wie  der  beulet  an  den  hals. 

BEUTEN  ==  beiten,  exspectare  (oben  sp.  1403) :  beuten,  ge- 
dultigen  verzug  hallen.  See.  Helbers  sylbenbüchlein  1593  s.  43. 

BEUTENHACKE,  f.  eine  axl  zum  aushauen  der  wilden  bie- 
nenstöcke  oder  beuten.  Frisch  91'  schreibt  beuthacke ;  peul- 
hacke.    weisth.  3,  897. 

BECTENHEIDE,  /.  s»7fa  in  qua  propter  examina  silveslrium 
apum  aluearia  in  arboribus  suspensa  sunt.  Frisch  ßhrt  die 
beutenheide  bei  Storkau  und  Patisin  an. 

BEUTENHONIG,  m.  preusz.  kammcrordnung  von  1648  §.  67.  68. 

BEUTENLEIM,  m.  die  masse,  womit  von  den  bienen  alle 
rilze  der  beute  verklebt  werden,  sonst  vorstosz,  vorwachs,  pro- 
polis  genannt,    s.  beth. 

BEÜTENSALBE,  f  scheint  dasselbe. 

BEUTENSTEIGER,  m.,  der  die  beulen  im  loalde  besteigt, 
beutner. 

BEUTENZINS,  m.  reditus  ex  alvearibus  silvestribus. 

BEUTER,  m.  praedo,  Xrjarrjs,  räuber: 

zerstören,  verkehren  und  alles  verzehren 

und  Städte  und  sclilösser  und  dörfer  verheeren, 

das  machen  die  beuter 

und  tapferen  Streiter.    Hanmann  zur  poeferei  s.  241. 

BEUTERIN,  f  Irfvrii: 

aber  ein  werk  ist  dieses  der  beuterin  Pallas  Athene 
{jid'rivairi^  ayslsirjs).   Voss  Od.  16,  207. 

BEUTESPENDERIN,  f  dasselbe: 

noch  vergaszen  nicht  dein,  Menelaos,  die  seligen  götter, 
dein  besonders  nicht  die  beuiespenderin  Pallas. 
Udrger  214*. 
BEUTESCCHTIG,  praedae  cupidus :  die  Dänen  selber,  beu- 
tesüchtig, zerstreuten  sich.    Dablmann  dän.  gesch.  1, 176. 

BEUTETHEIL,  n.  pars  ex  praeda  competens,  theil  an  der 
beute : 

wir  trugen  unsrc  glieder  feil 

und  holen  unser  bcuietheil.    Göthe  41,  286. 

BEUTETROSZ,  m.  er  raft  seine  knechte  zusammen,  theilt 
sie  in  häufen,  fällt  auf  den  beschwerlichen  beutetrosz,  ver- 
wirrt die  sieghaften.  Göthe  24,  209. 

BEUTEVIEH,  n.  es  lindet  sich  alles  unser  beutevieh  schreck- 
lich zugerichtet.    Lessing  0,  307. 

BEUTEZUG,  m.  die  Griechen  musten  sich  die  nahrungs- 
raittel  . . .  durch  beutezüge  gewinnen.    Beckers  weltg.  1,  265. 

BEUTFERTIG,  promptus  adpraedam:  zorniger,  beutfertiger 
ist  kein  menscii.    kriegsb.  des  fried.  41. 

BEUTHAFTIG,  aptus  ad  praedam:  weil  ich  lang  nichts 
beuthaftiges  erschnappt  iiatte.    Simpl.  3,  06. 

BEUTLER,  m.  bezeichnet  sowol  den,  der  beutel  macht,  rie- 
mer,  lederarbeiter,  als  der  durchbeutelt,  durchsiebt. 

BEUTLING,  m.  bus  castratus.  kommt  in  einigen  landstri- 
chen,  z.  b.  an  der  Leine  und  Weser  vor. 

BEUTNER,  m.  apiarius,  zeidler,  bienenwdrter.  man  sehe 
über  die  beulner  in  I'reuszen  Jon.  Voigt  6,  580  und  J.  C.  C. 
Ölrichs  das  büthenerrecht  im  lande  Lauenburg  und  Bütow. 
Berlin  1792. 

BEUTPFENNING,  m.  was  beutetheil:  dies  häupt  soll  nun 
meines  königs  Dagobcrti  beutpfenning  sein,  buch  der  liebe  15' ; 
mit  einem  reichen  beutpfenning  erfreuwen.  Kirchhoi'  mil. 
disc.  207 ;  alda  man  auch  des  amirals  haupt  dem  papst  in 
einer  bulgen  gen  Rom  zum  bcutpfcnnig  hat  schicken  müs- 
sen, bienenk.  128*;  fabeln  von  Judas  strick,  welchen  der 
Fronsperger  für  ein  beulpfennig  von  Rom  heim  bracht.  190'; 

«in  Turkn  zum  peiitpfenning  brecht.    Scuhklzl  David  13'. 
hemerkenswerth  für  den  begrif  der   beule   ist    dies    darbringen 
von  feindcshäuptern  als  beutetheil.    gesch.  d.  d.  spr.  141.  142. 

BEUZEL,    m.    tuberculum:   das  ros  hat  underweilen  über 


den  ganzen  leib  zwischen  haut  und  fleisch  kleine  bcutzelen, 
die  man  basser  greifen  als  sehen  mag.  Sedter  59.  bei  Stie- 
ler HD  und  266  beizel,  bützel,  tuber  jumentorum.  beizel  scheint 
richtiger. 

BEVATERN,  zum  vater  geben,  machen.  Böttiger  lil.  zu- 
stände 1, 165.    s.  bemuttern. 

BEVERSEN,  versibus  celebrare,  besingen:  hier  haben  sie 
auch  wie  mich  die  Karschin  beverset  hat.  Göthe  an  fr.  von 
Stein  1,  170. 

BEVETTERN,  zum  veiter  machen: 

der  die  lügend  selbselbst  bevettert.    Riemers  reime  dich  s.  93. 

BEVIELEN,  laedere,  einem  zu  viel,  lästig  sein,  einen  ver- 
drieszen.  dies,  den  meisten  mhd.  dichtem  geläufige  wort  \gramm. 
4,  232)  ist  auch  im  15  und  16  jh.  noch  unerloschen,  wie  fol- 
gende stellen  darthun: 

und  last  euch  trauren  nit  befiln.    fasln,  sp.  46,  11; 

iedoch  sol  es  mich  nit  befilen, 

\f;h  wil  der  siben  frcud  mit  in  spilen.    267,  18; 

darumb  mir  nichts  an  ir  befllt, 

das  sie  mir  sei  mit  ausgeben  zu  milt.    104,34; 

weise  frau,  lat  euch  nit  beulen 

einer  kleinen  frag.    171,  5  ; 

er  ward  nie  recht  genennei  mill 

den  seiner  milte  je  bevill.    Brants  Freidank  14', 

wie  schon  im  urtext: 

ern  wart  nie  rehte  milte, 

den  milte  bevilte.    Frkid.  86,  23; 

lug  euch,  das  es  in  nit  bevilt, 

rae  enden,  dann  man  im  entpfilt.    Brants  narrensch.  221 ; 

lug,  wann  du  gröszers  heischen  will, 

das  dich  des  kleinen  nit  bevilt.    Branis  Cato  A  5'; 

der  soldan  sprach  mit  werten  milt, 

sollicher  arbeit  mich  nit  belilt.    hist.  von  Thorelle  BV; 

mein  fraw  die  schreit, 

zu  aller  zeit 

thust  mir  das  mein  verspilen, 

dich  thut  ganz  nichts  befilen. 

Volkslied  des  16  jh.  von  frau  Hiltgarl; 
laszt    euch    deshalb   keiner  muhe   und  arbeit  befilhen.   Job. 
VON  Schwarzenberg  der  zutrinker  und  prasser  instruction.  Op- 
penheim 1512.  D3; 

der  alt  sagt,  junger  mich  befllt, 
das  du  dich  sagst  vom  adel  sein. 

WiCKRAMS  bilger  J  3 ; 
wenns  dann  ein  armen  man  bevilt, 
so  sagt  er,  gfelt  dirs  nicht,  lasz  lign. 

Rebhuhn  klag  des  armen  mannes  s.  S ; 
der  keiner  der  ist  nicht  zu  haus, 
drumb  laszt  euch  nach  ihm  nicht  beviln. 
Ayrbr  fasln.  25' ; 
es  ist  nit  ohn,    der   hochmul   des   ritters   mich   nit   weniger 
dann    euwer  jeden    befilcht.    Galmy  130.     später  kommt   das 
wort   ganz   ab.     die   Schreibung   befilhen,    befilcht   ist    falsch, 
denn    dasz   man   von   vil  (multum)  ableiten   müsse,    zeigt   das 
nnl.  vervelen  mulliplicare,    cumnlare   und  cumulando  taedium 
afferre:    dal  gehabbel  verveelt  mij,    das    geschwätz   verdrieszt 
mich,  des  geschwdtzes  ist  mir  zu  viel,     dies  vervilen  erscheint 
auch  einigemal  nhd.,    wie  mhd.    neben  beviln  zuweilen  erviln. 
BEVO(iELN,  aream  aucupatoriam  instruere:    das  weidwerk 
mit  dem  federspil,    das  beiszen  und  das  bevogeln  der  vogel- 
herd.    Sehiz  559. 

BEVOGTEN,  dare  tulorem  alicui:  nit  mer  bevogtel,  sunder 
selbs  herr  und  mcister  über  sein  gut  sein,  venire  in  suam 
tutelam.  Maai.er  65*;  gewaltige  Völker  bevogten,  magnis  gen- 
tibus  imperitare;  die  witwe  bevogten.  Geszlers  re/Aon'ca  38' ; 
ein  kloster  bevogten;  exn^^n  h.  (in  schütz  nehmen).  Haupt  6, 44; 
als  aber  nach  dem  ein  keiser  ward, 
wurden  sie  bevogtet  streng  und  hart. 

spiel  von  iVilh.  Teil  A5'; 
ein  zweiter  vaier  werde,  der  zum  schütz 
dem  knaben  sei,  und  der  das  herzogthum 
bevogte  (verwalte)  bis  zu  Ernstens  mundigkeit. 
Uhlands  Ernst  s.  92; 
beide    (die   fürstin   und  der  minister)    hallen    sich    längst    zu 
reichsvicarien    und   zeplerjägern  des  Staats  bevogtel.  J.  Pacls 
Tit.  1,  151;    so  reutet  ein  sfant,    der  die  sceien  zu  bevogten 
hat,   anfangs  nur  das  unkircliiiche  irrige  denken  aus,    eh   er 
alles  denken  überhaupt  wcgschafl.    biogr.  bei.  1, 160. 

BEVOLKEN,  frequentarp.  bevölkern,  franz.  peupler:  eine 
Stadt,  die  mit  allerhand  gcsindlin  bevolkt  war.  Zinkcr.  391. 
15 ;  nachdem  aber  die  Römer  der  Deutschen  eigenlhüiiiliche 
guter  antasteten,  nemlich  noch  Placenz  und  Cremona  mit 
etlichen  tausend  römischen   einwohnem  bevolklen.   Lohenst. 


1757 


BEVÖLKERN— BEVOR 


BEVOR 


1758 


Arm.  1,  Si: ;  ihm  zu  gefallen  hat  er  die  erde  mit  unzehlbaren 
thieren  bevolket.   2,  736. 

BEVÖLKERN,  dasselbe:  einen  ort  bevölkern ;  die  Stadt  ist 
schwach,  stark  bevölkert;  Amerika  wird  von  Europa  aus  be- 
völkert; erhandelte  die  schönsten  Sklavinnen,  um  das  harem 
zu  bevölkern.  Klinger  5, 113.  figürlich,  jedes  neue  buch,  wo- 
mit er  die  weit  bevölkert.    J.  Päcl  Hl.  nachl.  4,  2. 

BEVÖLKERUNG,  f.  frequentia,   einwohnerschaft. 

BEVÖLKERüNGSMlTTEL,  n.  Wieland  7,  223. 

BEVOLKUNG,  f.  Lohenst.  Arm.  2,  756. 

BEVOLLKOMMNUNG,  f.  perfectio,  Vervollkommnung:  die 
durch  verschwindende  geisterreihen  laufende  bevoUkommnung. 
J.  Padl  Kamp.  72. 

BEVOLLMÄCHTIGEN,  potestatem   tribuere,  vollmacht  geben. 

BEVOLLMÄCHTIGER,  m.   mandator. 

BEVOR,  prius,  antea,  eine  parlikel,  die  schon  ahd.  pifora 
und  pifuri  lautete  (Graff  3,  620),  mhd.  bevor,  im  gegensalz 
zum  alts.  biforan,  ags.  beforan  (engl,  abgeschliffen  in  before), 
mnd.  bevoren,  bevorn,  nnl.  bevoren,  ebenso  verhält  sich  un- 
ser gleichbedeutendes  zuvor,  nnl.  te  voren.  auch  bei  mhd. 
dichtem,  die  ans  nd.  streifen,  erscheint  bevorn  (Haupt  8,  418) 
statt  bevor,  und  überhaupt  hat  man  biforan,  bevorn  ßr  orga- 
nischer zu  halten,  als  unser  hochd.  bevor,  vgl.  vom,  vornen. 
bevor  wird  meislentheils  als  adverb,  zuweilen  als  conjunction 
verwandt. 

l.  bevor,  adv. 

1)  man  bemerke  seine  Verknüpfung  mit  hie  und  da  (ehmals, 
damals), 

ahd.  sie  hiar  bifora  zelitun.    0.  TV.  16,  46: 
mhd.  ein  man  hie  bevor  was.    kaiserchr.  C873 ; 

8^  beten  hie  bevor  die  gröjen  fürsien  nihl  gelogen 
dur  Hute  noch  dur  lant.    Walth.  107,  14; 
als  sie  tet  hie  bevorn.    MS.  1,  53'; 
hie  bevorn  dö  wir  kinder  wären.    MSII.  3,  30'; 
tihd.  vor  viln  Jahren  hiebevor.    Haupt  3,  242; 
auslegung  der  hie  bevor  angezogenen  text.  bienenk.  122' ;    die 
dabevor    beliebte    einschränkende    erklärung.    Hennemaji.n  hy- 
poth.  des  fiscus  s.  8. 

2)  aber  auch  ohne  hie  und  da  hat  bevor  die  bedeutung  von 
ehmals,  vormals,  vor  dem,  vor  diesem,  heute  ist  zayor  üblich : 
die  menschen,  welche  bevor  lebten;  ich  habe  das  schon  be- 
vor gesagt; 

der  hohe  palmbaiim  hebt  empor 
sein  wipTeln  bisz  zun  himmlen, 
an  dessen  andern  stamm  bevor 
viel  queckend  Trösche  wimmlen. 

Spakgenbf.rgs  liislg.  357; 
ich  fühle  in  meinem  innersten  jetzt  wie  bevor,  dasz  ich.  Klix- 

GER  5,  133. 

3)  bevor,  antea,  zuvor,  voraus,  im  voraus :  du  must  bevor 
mit  deinem  vater  dariiber  rechten.  Klincer  t,  16 ;  er  wird 
aufgenommen,  soll  aber  bevor  erklären,  dasz  er  nicht  wie- 
der austreten  wolle,    vgl.  bevor  als  conjunction. 

4)  briefe  des  millelalters,  bis  in  den  spdleren  canzleislil 
hinab,  pflegen  im  eingang  grusz,  heil  und  dienst  zu  entbieten, 
vieislens  mit  der  formet  vor,  bevor,  zevor,  voraus,  d.  i.  prae- 
miltatur,  praemitlendo,  praemisso,  z.  b.  unsen  friuntlichen 
gruoj  vor,  lieber  neve;  unsen  gruo;  vor;  unsern  dienst,  un- 
ser gunst  vor;  unsem  guten  willen  zevor;  allergnedigister 
herr,  unser  undertenig  schuldig  gehorsam  dienst  sind  e.  k. 
m.  alzeit  bevor;  zuvoran  bereit.  Chhels  Maxim,  s.  299.  300 
(a.  1508);  e.  f.  gn.  seien  meine  unterthenige  dienste  und  ar- 
mes gebet  allzeit  bevor.  Li^ther  1,  224*;  mein  arms  unter- 
thünigs  gehet  ist  e.  k.  gn.  allzeit  bevor.  Luthers  br.  1,  237 ; 
e.  k.  gn.  sind  zu  gott  unser  gebet  mit  unterthänigen,  gehor- 
samen diensten  allzeit  mit  flcisz  zuvor.in  l)ereit.  5,  301  und 
so  allenthalben,  noch  in  Butschkvs  hochd.  kanzrllei  s.  «9.  265. 
293  u.  s.  w.  bochedler  und  gestrenger  herr,  demselben  sein 
meine  unterwilligste,  stets  beflissenste  dienste  bevor,  in 
ScHERTLiMä  briefen  heiszl  es  zuvor,  zuvoran,  wie  auch  LtrraER 
bald  zuvor,  zuvoran,  bald  bevor,  bevoran  schreibt,  s.  bevoran. 

5)  bevor,  praeserlim,  inprimis,  /ieu(e zumal:  dennoch  ist  es 
noch  nicht  sunde  oder  ketzerei  anderer  meinung  sein,  bevor 
in  einem  ding,  das  nicht  von  nötcn  ist  zu  der  Seligkeit.  Lu- 
ther 1,  258*;  als  moclit  daraus  etlichen  andern,  tind  bevor 
mir  selbs,  grosze  fahr  entstehen,  br.  2, 147 ;  die  jngent,  be- 
vor ein  meidlin,  ist  fast  fürwitzig.  Spalatins  rorr.  zur  Ma- 
gelona;  bevor,  wenn  sie  in  voller  weis  schnarken  und  bal- 
gen vrOllen.  Kirchhof  wendunm.  126';  feuwer  einwerfen  bringt 


den  belagerten  unaussprechlichen  schrecken,  bevor,  so  es  ih- 
nen an  mehr  dann  einem  ort  begegnet,  mil.  disc.  173 ;  mich 
veranlassen  hierzu  bevor  meine  eigene  Ursachen.    Oprrz  3,  3 ; 

was  bringet  das  verziehen, 

als  länger  nur  in  pein,  « 

in  noth  und  nngsten  sein, 

mit  Sturm  und  wellen  streiten. 

bevor  zu  diesen  Zeiten.  Tschkrmng  308: 
weil  man  sich  ja  billich  wol  gar,  bevor  ein  einfältiger  und 
frommer,  unerfahrner  mensch,  daran  ärgern  sollte.  Simpl.  l, 
102.  für  bevor  galten  ehmals  die  wollautenden,  jetzt  aber 
auszer  gebrauch  gekommenen  Verstärkungen  bevorab  und  be- 
voraus. 

6)  mehrere  verba  haben  ein  solches  bevor  neben  sich,  tm 
sinne  von  zuvor,  voraus,   prae,  praecipue, 

a)  bleiben: 

unter  myrten,  wo  wir  fallen, 

bleib  uns  eine  griift  bevor! 

unsre  seelen  aber  wallen 

in  vereintem  hauch  empor.    Bürger  38': 
da  mir  dies  aber   unter   andern   auch    die   enge    des    raums 
verbietet,  so  bleibt  es  mir  auf  ein  anderes  mal  bevor,  zu  zei- 
gen u.  s.  w.  324*. 

b)  geben:  gib  allen  menschen  bevor.  Keisersb.  fosf.  2, 117; 
und  wo  uns  seine  gnad  behülflich  sein  wolt  und  etwas  be- 
vor geben,  wollten  wir  dann  zusammenschieszen  und  aus 
solchem  zusammengelegten  gelt  etlich  gaben  austheilen. 
Galmy  98  (wo  euwer  gnad  uns  ein  kleinot  zuvor  geben  wil. 
100); 

wann  er  war  ein  rechter  tor, 

der  frawen  gab  ze  vil  bevor.    Hätzl.  235* ; 

sie  soll  ihrem  mann  bevor  geben 

mit  holdseligem  freundlichem  leben.    Fischart  eh:.  36 : 

und  zulest  der  erlös  papst  (Alexander  VI)  eim  cardinal  in 
eim  panket,  welches  er  sehr  miltiglich  bevor  gäbe,  wolt  mit 
gift  vergeben,  bienenk.  220';  dasz  unser  Vaterland  Frankreich 
und  Italien  wenig  wird  bevor  dörfen  geben.  Opitz  poe/erei  13 ; 
die  nacht  fing  sich  an  mit  so  groszer  klarheit  des  monds, 
dasz  er  dem  planelen  selbs  nichts  bevor  gab,  der  ihm  sol- 
chen schein  darliehe  (acabo  de  cerrar  la  noche,  pero  con 
tanta  ciaridad  de  la  luna,  que  podia  competir  con  el  que 
se  la  prestava).  Harnisch  40 ;  maszen  mein  maul  in  diesem 
urplötzlichen  lermen  auch  rebellisch  wurde  und  dem  hindern 
nichts  bevor  geben  noch  gestatten  wolle,  dasz  er  allein  das 
wort  haben  solle.  Simpl.  l,  103;  dasz  ich  der  schönen  Damo 
nichts  bevor  gehe,  welche  sich  berühmet,  dasz  sie  Antigo- 
num  aller  seiner  schätze  beraubet.  3,205;  dasz  leicht  die 
kinder  also  zu  erziehen,  dasz  sie  dem  rieh  nichts  bevor  ge- 
ben. Leibnitz  416.  vom  spiel  entlehnt  ?  in  manchen  spielen 
gibt  man  dem  gegner  vor,  einen  vortheil  voraus. 

c)  gehen :  ja  ich  geschweig  der  engel,  sie  gehn  auch  s. 
Francisco  bevor,  bienenk.  24';  dann  disz  gebot  gehet  allen 
andern  remedien  weit  bevor.  113';  (Taubmann),  der  den  Ho- 
menim  so  weit  übertroffen,  als  die  christliche  religion  allen 
heidnischen  Wissenschaften  bevor  gehet.  Brandts  berichl  6 ; 
mein  inniges  ersuchen,  er  wolle  bevorgehenden  abend  be- 
nanten  tages  alliier  anlangen.    Bittscrkt  kanzl.  908. 

d)  haben : 

ir  ruckt  auf  das  oberthor, 

so  habt  ir  vil  vorteil  bevor.     Teuerd.  78,  44; 

hat  man  dann  noch  etwas  gutes  bevor  und  zu  gewarten. 
Simpl.  1,  203;  wir  haben  euch  alweg  lieb  und  bevor  gehabt. 
Fierabras  G3; 

was  hat  ein  fürsi  bevor,  das  einem  scbSfer  reblei!    Hallkr. 

e)  halten :  ist  mein  meinung,  seiin  söhn  das  reich  unver- 
ruckt  bevor  zu  halten.  Garg.  289'.  Göthe  verbindet  aber  be- 
vor mil  bebalten: 

0,  behaltet  dem  freund  grdszere  gunst  noch  bevor!    1.369; 
sonst  bloszes  vor: 

und  den  Wechsel  behielt  nur  die  begierde  sich  vor.    1,  279. 

/)  kommen :  du  bist,  die  guten  sitten  betreffend,  den  vo- 
rigen fürsten  weit  bevor  kommen,    pers.  baumg.  vorr. 

g)  sehen:  je  länger  man  dise  reise  aufscheuhct  und  nicht 
bevor  sihet,  wie  man  sich  d.irzu  bereiten  möge.  Butscmky 
kanzl.  S71 ;  so  grosz  das  unheil  war,  in  welchem  wir  staken, 
und  nocii  grösieres  bevor  sahen,  konnten  wir  d«ch  nicht  un- 
terlassen zu  scherzen  und  zu  spotten.    Göthe  30,  9.i. 

h)  stehen:  soll  dem  leiher  seine  actio  bevor  stehen  (zu- 
stehen).   Frankf.  ref.  II.  H,  13;    soll    dem  schuldherm  bevor 


1759 


BEVOR  — BEVORAB 


BEVORAB  —  BE  VORAUS 


1760 


stehen  u.  s.  w.  II.  18,  6.  VI.  6,  2 ;  seine  bevor  stehende  hei- 
rath.  Gotter  3,  7;  der  verdrusz,  der  meinem  vater  bevor 
steht.   3,  22 ; 

steht  ihm  ein  streich  bevor.    3,  318; 
der  Winter  steht  uns  bevor;  eine  krankheit  steht  ihm  bevor; 
in  bevorstehender  woche. 

i)  thun:  thä  im  es  bevor.  Wirsdng  Cal.  Cl';  also  dasz 
nun  die  jenige,  so  diser  regel  folgen,  heiiigkeit  halben  es 
allen  engein  weit  bevor  thun.  bienenk.  24';  dasz  ein  schlech- 
ter köpf  es  dem  besten  bevor  thun  könnte.  Leibnitz  381. 
man  schreibt  heute  anfügend  bevorbleiben,  bevorsehen,  bevor- 
stehen, bevorthun,  welche  Zusammensetzungen  zu  unterschei- 
den sind  von  den,  übrigens  gleichbetonlen,  in  welchen  be  aus 
den  subst.  vormund,  vorrede,  vortheii,  vorwort,  Vorzug  verba 
bilden  hilft. 

II.  bevor,  conjunction. 

Aus  bevor,  ante  I,  3,  entspringt,  mit  ausgelassenem  als  (vgl. 
sp.  254,  7),  die  bedeutung  von  anteqiiam,  ganz  wie  aus  ehe 
prius  die  von  priusquam,  und  beide  partikeln,  ehe  und  bevor, 
pflegen  auch  in  diesem  sinn  nebeneinander  gehäuft  zu  wer- 
den :  ehe  und  bevor  ihr  fahren  werdet,  unw.  doct.  128 ;  ehe 
und  bevor  man  den  allergnauesten  Unterricht  der  saclie  ein- 
gezogen habe.  172 ;  ehe  und  bevor  ich  aber  auf  die  zufalle 
gerathe.    Hebamme  113.  pers.  rosenth.  7,  3.     bloszes  bevor: 

so  bald  wirst  du  dich  nicht  des  retteiis  unterfangen, 
bevor  du  selbst  der  noth  entgangen.    Hagedorn  2,  21 ; 
nichts  störet  uns.   ich  unterbreche  dich 
durch  gar  kein  worl,  bevor  du  selbst  wirst  schweigen. 

2,  77 ; 
gerahlt  bevor  erblickt.    Wieland  17,  85; 
du  weckest  ihre  seelen,  bevor  die  leiber  entschlafen. 

Klopstock  Mess.  10,  941 ; 
doch  bevor  wirs  lassen  rinnen, 
betet  einen  frommen  spruchl    Scuilleb  78"; 

noch  ein  wort,  bevor  du  den  ausspruch  thust.  Lessing  ;  be- 
vor wir  unsere  rechnung  schlieszen.  KlixgerI,  7;  wie  kommt 
es,  dasz  ein  einziger  ....  auf  jähre  lang  über  glück  und  Un- 
glück vieler  millionen  entscheiden  kann?  dasz  die  geschichte 
den  letzten  fall  hundertmal  erzählt,  bevor  sie  den  ersten 
nur  einmal  in  seiner  ganzen  Wahrheit  aufstellt?  Klinger  12, 
157.    vgl.  ehe. 

BEVORAB,  praescrtim:  seiner  f.  gn.  bedenken  sei,  alle 
dise  Werbungen  nit  in  luft  zu  schlagen,  sonder  etzwas  be- 
vorab  auf  die  reuter  wenden  wollen.  Sciiertlins  br.  59 ;  be- 
vorab  die  e.  f.  und  den  ainigungsverwanten  mit  pflicht  zu- 
gelhon  seind.  179 ;  und.  gesegnete  die  forsten  und  herrn  alle 
freundlich,  bevorab  könig  Florenzen.  buch  der  liebe  31,  2 ;  zu 
winters  zeit  mag  man  auch  den  jaghunden  luder  geben,  be- 
vorab den  dürren  und  magern,  weidwerkbuch  1,  12*;  denn 
dies  dienet  zu  solcher  krankheit  treflich  wol,  bevorab  wenn 
sie  aus  einer  kälte  herkommen.  Uffe.nbacii  2,  128;  bevorab 
wenn  es  reuter  sein.  Fronsperg  3,  143";  bevorab  wann  die 
reuter  ihrem  obersten  mit  gewalt  wollen  nachsetzen,  das.; 
so  sie  ihm,  bevorab  für  den  leuten,  gehorsam  ist.  Kirchhof 
wendunm.  340* ;  bevorab  wann  es  regenwetter  oder  sehr  kalt 
ist.  mil.  disc.  187 ;  welcher  auf  die  schildwaclit  gestelt,  sol 
nit  von  bestimbter  platzen  abtreten,  bevorab  wann  die  wacht 
schon  verordnet  ist.  REi;rTER  15;  und  bevorab  theilt  er  di- 
sen  schätz  denjenigen  reichlich  mit.  bienenk.  11"';  das  ander 
aber  trägt  mehr  nachdenkens  ob  sich,  bevorab  weil  über  an- 
geregte noch  mehr  kaiserliche  mandata  hernach  kommen. 
Heinhard  werth.  gegenb.  1,  2(14 ;  von  den  altärcn  in  den  kir- 
chen  die  rosenkränz,  bevorab  die  daran  silberne  oder  gul- 
dine  undennark.  Isaac  \ViNKEi.KEi.nER  203;  mich  wunderte 
aber,  dasz  er  nichts  von  den  wcibern  gesagt  hatte,  bevorab 
weil  sie  rechte  diehe.  I'hii.anü.  1,  37 ;  nun  ist  in  Castiiicn, 
lievorab  zu  Madrid  der  brauch,  dasz  das  wasser  uf  cseln  in 
den  gassen  umbgelrielien  wird.  Harnisch  '.) ;  bevorab  aber  die 
wort  vosusted  oder  vuesa  luerced.  10;  und  alsofort  ihm  ein- 
bildete, dasz  dieses  der  .Maritornes  bubenstücklin  sein  mü- 
sten,  bevorab  weiln  sie  seines  rufens  ohngeacht  ihm  iiidit 
geantwortet  hatte.  172;  zur  tugend,  löblichen  ritlerthaten, 
bevorab  zu  erhaltung  der  ehren  gottes.  Ziskcr.  apophth.  34, 1. 
49,  9 ;  wegen  der  kälte  kunte  ich  nicht  nach  der  weide  ge- 
hen und  derhalbcn  auch  zu  einem  andern  nicht  cntschlie- 
Kzen  als  das  pferd  zu  schlachten,  bevorab  ich  sonsten  nichts 
in  Vorrat  hatte,  pers.  baumg.  2,  13;  und  kan  durch  ireige- 
bigkfil  mir  einen  iiainen  machen,  hevonib  weil  ich  nunmehr 
allbereit  im  beruf,  dasz  ich  wacker  spendiere,  pers,  rosenUt.  7,  G ; 


beforab  wan  man  spühret, 
dasz  von  dem  neuen  (und  vi)  nutzbarkeil  herrühret. 

RoMPLER  VON  LöwKNU.  gebusck  49; 

beforab  diser  zeit,  da  alles  in  dem  saus 
und  würbet  umher  lauft.        81 ; 

er  musz  sich  wol  fürsehen,  keinen  bevorab  höhern  auf  einem 
unzimlichen  dinge  anzutreffen.  Bütschkv  I'atmos  606;  es  war 
eine  solche  klemme  zeit,  bevorab  den  geflehnten  leuten. 
Simpl.  1,  81;  dazu  hätte  ja  wol  David  andere  mittel  finden 
können,  bevorab  weil  die  schöne  Bathseba  noch  lebte.  Schüp- 
piLS  U; 

seit  Leipzig  als  ein  stern  im  Meiszner  lande  lach), 
bat  mancher  handelsmann  die  waren  hingeführel, 
und  vor  die  kurze  müh  den  schönsten  nutz  verspüret, 
bevorab  Schlesien  und  was  darneben  liegt. 

Weise  cw.  ged.  von  versen  311 ; 

bevorab  ist  er  ein  schrecken  und  peitschen  der  Türken  ge- 
wesen. Abele  4,  198 ;  unter  diesen  (hauptfehlern)  genosz  die 
Oberhand  ein  entsetzlicher  zorn,  welcher  mir  und  dem  gan- 
zen haus  ungemein  beschwerlich  war,  bevorab  da  solcher 
meistentheils  eine  sehr  barbarische  räche  zur  gemahlin  mit 
sich  führte,  ehe  eines  weibes  193;  dasz  er  den  schmerzlichen 
Verlust  seines  sohns  schier  ganz  darüber  vergasz,  bevorab  da 
er  hörete,  dasz  er  bald  groszvater  heiszen  solle,  ehe  eines 
mannes  273;  bevorab  da  er  glaubte,  dasz  wir  den  hochzeit- 
kuchen  gegen  selbigen  termin  schon  würden  verdauet  haben. 
437 ;  die  herschaflen  sind  glückselig,  die  mit  vielen  getreuen 
und  vermöglichen  unterthanen,  bevorab  wann  sie  wol  hau- 
sen, versehen  sind.    Hohberg  1,  100'. 

BEVORAN,  prae,  was  bevor  I,  4,  und  in  drei  partikeln  zer- 
legbar, be,  vor,  an,  nicht  das  alte  bevorn:  durchleuchtiger 
fürst  und  lierr,  e.  f.  gn.  sein  meine  unterthänigste  gebot  und 
vermögen  allzeit  bevoran.  Llthers  br.  1,  518;  edler,  ernve- 
sler,  günstiger,  lieber  Junker,  euwer  veste  seien  mein  ganz 
willig  dienst  allzeit  ungesparts  fleisz  bevoran.  Frey  in  zueign. 
der  gartengesellschaft. 

BEVORAÜS,  pracsertim,  inprimis,  gleichbedeutend  mit  be- 
vor, bevorab  und  voraus :  dasz  daraus  ein  groszes  gelächter 
in  dem  königlichen  saal  ward,  und  bevoraus  von  den  jung- 
frawen.  buch  der  liebe  20,1;  die  arbeiter,  bevoraus  die  leib- 
eigene knechte  wie  das  vieh  abmärgelte.  Kirchhof  wend- 
unm. 53"; 

er  steiget  bevoraus  dahin,  woher  er  kommen. 

Opitz  1,  23; 
alles  unser  ist  geborgt  (1685  verborgt), 
bevoraus  die  süszen  erben 
helszt  der  höchste  zeitlich  sterben, 
dasz  sie  besser  sein  versorgt.    Fleming  339  (337) ; 
Juristen  bevoraus  das  falschsein  nicht  gebühret. 
BuTSCHKT  Palm.  287 ; 

bevoraus,  weil  dieses  eine  sache  ist,  so  uns  sowol  als  dich 
angehet.  Hofmannswaldaü  sterb.  Socr.  14;  was.  ihm  in  seinem 
amt  anvertrauet,  hat  er  mit  sonderbarer  hurligkeit  und  klug- 
heit  verrichtet,  bevoraus  in  der  ihm  aufgetragenen  obrigkeit- 
lichen würde.  Brandts  Taubmann  65;  bevoraus  da  ihm  nicht 
selten  mehrmals  ein  motiv  anleitung  dazu  giebet.  Günther 
vorr.  s.  8 ; 

ihr  werdeis  tbeils  ja  selbst  gestehn, 

dasz  ihr  ihn  mostet  lieb  gewinnen, 

wenn  ihr  den  Filidor  gesehn, 

bevoraus  wenn  er  etwan  sang 

ein  liedchen  in  der  seilen  klang. 

Necmarks  lustw.  116; 

bevoraus  in  solchen  dingen,  unw.  doct.  172 ;  bevoraus  wann 
man  sein  vorhaben  anderwerls  hinwenden  musz.  173;  bevoi^ 
aus  \\ann  sie  ainaranlhen  suchen,  hebamme  237;  bevoraus 
wann  die  wiege  auf  der  erden  stehet.  816;  kommt  noch  oft 
bei  Hohberg  vor.     spdler  veraltend. 

BEVOHDKRST,  pulissimum,  maxime,  zuvorderst:  dessen 
hoches  kopfsinleresse  l)ev(uderst  dabei  beruhet.  Abele  4,  74. 

RKV()RML'.M)EN,  lutoreni  dare,  einen  unmündigen  bevor- 
munden; die  weiber  bevormunden.  Hippel  6, 166.  auch  einen 
bevonnunilen  wollen,  sich  der  gewalt  und  aufsieht  über  ihn, 
ah  einen  unmündigen  anmaszen:  ich  lasse  mich  nicht  bevor- 
munden. 

BEVORItEl'HTEN,  jus  eximium  Iribuere,  privilegieren :  hrOchc 
erheben,  wenn  sie  dazu  hevorreciitet  sind.  Dahlmann  dun.  ge- 
sch.\,Ahl;  bevorrechtete  stände,  gesrhlecliter;  lärmen  und  Un- 
fug, den  die  inodigcn  slulzer  auf  diesem  bevorrerliteleii  platze 
(der  buhne)  trieben.  A.  \V.  Schlegel  dram.  kunst  2, 122. 


1761 


BE  VORREDEN — BEWACHSEN 


BEWACHSEN — BE  WAHREN 


1762 


BEVORREDEN,  praefari,  praefalione  instruere:  eine  sache, 
ein  bucli  bevorreden. 

BEVORTHEILE.N,  fraudare,  icie  beeinträchtigen,  milder  als 
betriegen.  dies  wort  isl  kein  gegensatz  ton  benacLtheiligen 
und  drückt  nicht  aus  einen  in  vortheil  bringen,  sondern  das 
umgedrehte,  nun  könnte  darin  das  privative  ahd.  piteiian  pri- 
vare,  alts.  bidelian,  ags.  bedcclan  merkwürdigerweise  nachhal- 
len, da  aber  das  subst.  vortheil  selbst  in  den  sinn  von  lucrum, 
quaeslus,  gewinnsucht,  trug  überschlägt,  und  schon  das  ein- 
fädle vortheilen  betriegen  heiszt,  z.  b. 

du  fortheilst  die  laut  wie  du  kanst.  FI.  Sachs  I,  224'; 
50  liegt  es  näher,  hiernach  auch  bevortheilen  aufzufassen,  die 
privation  beruht  hier  in  der  parlikel  vor,  in  dem  vorweg  neh- 
men, praecipere,  wie  bei  jenem  allen  piteiian  in  der  parlikel 
be  =  beiseite,  nebenhin,  mehr  soll  noch  unter  vortheil  ge- 
sagt werden,  vgl.  auch  übervortheilen. 

Bevortheilen  fehlt  bei  Maaler,  Hexisch,  auch  gehl  Frisch  2, 367' 
darüber  weg.  Stieler  2271  führt  es,  neben  vorteilen,  richtig  auf 
als  lucrum  ex  alterius  damno  capere.  belege  bieten  sich  eben- 
falls erst  seit  der  zweiten  hälße  des  17  jh.  dar:  allerhand  practi- 
ken  erdenken,  den  nächsten  zu  bevortheilen.  Bctschky  Palm. 
810;  im  gewichte  bevortheilen.  Lohe.nst.  Arm.  1. 751;  präsentier- 
ten sich  vor  meinen  äugen  alle  diejenigen  personen,  die  ich  im 
zorn  ums  leben  gebracht,  verwundet,  bevortheilet  oder  son- 
sten  beschädiget  hatte.  Felsenb.  2,395;  sie  haben  mancherlei 
masz  und  gewicht,  welches  dem  herrn  ein  greuel  ist.  mit 
einem  andern  bevortheilen  sie  mich,  mit  einem  andern  bedie- 
nen sie  den  herrn  Mascho.  Lessi.ng  10, 170 ;  bei  redlichen  gei- 
stigen wünschen  und  absiebten  fühlt  er  sich  von  der  weit  ver- 
letzt und  um  seine  grüszten  schätze  bevortheilt.  Göthe  32, 243 ; 
bemerkungen,  die  gerade  das  innerste  mystische  leben  solcher 
begünstigten,  oder  wenn  man  will  bevortheilten  naturkinder  auf- 
heben und  zerstören.  60,  296 ;  der  kaufmann  läuft,  reiset  zu 
wasser  und  zu  land,  er  gewinnt,  bevortheilt.  Tiecr  ges.  nov. 
4, 18 ;  die  übrigen  volksklassen  zu  bevortheilen.  Fichte  geschl. 
handelsst.  35.  etwas  anders  steht  es 'bei  Hohberg  3,  35" :  ver- 
kauft jemand  sein  haus  und  bevortheilte  ihme  {behielle  sich 
zu  seinem  vortheil  vor)  dann  den  wiederkauf  oder  lösung  auf 
eine  gewisse  zeit,  so  mag  alsdann  sein,  des  verkaufers,  näch- 
ster blutsfreund  im  selben  fall  an  den  kauf  stehen,  vgl.  auch 
vervortheilen. 

BEVORTHEILU^'G,  f  defraudalio,  injuria,  beeinträchtigung. 
BEVORVVORTEN,  eigentlich  praefari,  praefando  commendare, 
dann  überhaupt  commendare,  tueri,  excusare,  und  man  hat  nicht 
nOthig  befürworten  zu  schreiben :  ferner  mag  ein  autor  bevor- 
worten,  so  viel  er  will.  Göthe  26, 236 ;  das  problematische,  ans 
unwahrscheinliche  gränzend,  bevorwortet  sich  selbst  und  ist  mit 
groszer  klugheit  behandelt.    45,  224;    unser  feldjäger  ist  eine 
Ton   haus   aus    gute  natur,    . . .    gutmütig  und  rechtlich,    ein 
biszchen  plündern  ausgenommen,  welches  er  denn  doch  immer 
durch  dringende  nothwendigkeit  zu  bevorworten  weisz.  45, 261. 
ßE\OHZUGEN,  antefcrre,  vorziehen,  den  vorzuq  aeben. 
BEVORZUGUNG,  f 
BEWACHEN,  custodire,  tueri,  nnl.  bewaken. 

1)  einen  gefangnen,  einen  Verbrecher  bewachen;  der  eifer- 
süchtige bewacht  seine  frau,  der  gläubiger  den  Schuldner,  dasz 
er  nicht  entrinne; 

ist  .<:chuldrich  gleich  blutarm,  ob  niemand  ihn  gleich  acht, 
wird  er  mit  mahnern  doch  bedient,  beirleit.  benrachU 
LocAt  3^  1,  99; 
enget  bewachen  die  menschen. 

2)  die  Stadt,  die  bürg,  das  haus,  den  garten,  die  fruchte 
bewachen  : 

würde  die  sich  selbst  bewacht.    Schiller  100'; 
wo  gott  die  Stadt  nicht  selbst  bewacht, 
so  ist  umsonst  der  wacbtcr  macht. 

3)  beobachten,  observare:  drauszcn  stehen  siebenzehnbun- 
dert,  die  jedes  haar  auf  meinen  schlafen  bewachen.  Schil- 
leh  122'; 

hast  du  den  Queslenberg  bewachen  lassen.    341'. 

4)  figürlich,  ein  einsamer,  Ton  einigen  baumstämmen  be- 
wachter freier  plaU.  J.  Paul  TU.  $,  103;  ein  unbewachter 
augenblick. 

BEWACHER,  m.  custos,  Wächter:  Argus,  der  hundertSugigc 
bewacher  der  lo. 

BEWACHSEN,  nnl.  bewassep. 

1)  intransitiv,  obduci,  vesliri:  mit  gras,  mos,  dornen,  blu- 
men  bewachsen : 


der  bäum  bewächst  mit  mos.    Waldis  Es.  2,  27 ; 
dasz  sein  modernd  gebein  kein  erabmal  finde!  kein  ha»e! 
über  ihm  mit  blumen  bewachsel    Klopstock  Mess.  6.  4SI; 
der   berg  ist  oben  mit  bäumen,    der  fels  mit  dichtem  walde 
bewachsen;    das    der  platz  umbher  mit  gras  bewachsen  war, 
wie  ein  wald  oder  gebirge.  1  Macc.  4,  3S ;  haut  mit  wolle,  mit 
haaien  bewachsen,     bewachsen  sein,  sagt  man  auch  von  kin- 
dern,  wenn  sie  eine  Spannung  zwischen  den  kleinen  rippen  em- 
pfinden, sonst  angewachsen  sein,  das  herzgespann  haben. 

2)  transitiv:  gras  bewachst  das  pflaster;  dichter  epheu  be- 
wächst die  mauer. 

BEWACHSEN,  cera  obducere:  die  bienen  bewachsen  ihren 
stock,  bekleben  ihn  mit  vorwachs,  propolis.   s.  be  wichsen 

BEWACHUNG,  /.  custodia. 

BEWADET,  suris  instructus :  dünn  bewadet,  ciraeilibus  suris, 
dick  bewadet,  crassis  suris;  wol  bewadet,  darüber  keiner  het't 
abscheiszen  mögen.  Garg.  114',  vgl.  beschienbeint. 

BEWAFNEN,  armare,  nnl.  bewapenen,  ausrüsten. 

1)  das  Volk  bewafnen,  die  bauern  mit  Hinten  bewafnen ;  die 
leute  bewafneten  sich  mit  sensen  und  Stangen ;  ganz  Deutsch- 
land bewafnete  sich  gegen  den  Unterdrücker;  die  knechte  be- 
wafneten sich  wider  ihre  herrn;    bis   an  die  zahne  bewafnet. 

2)  schiffe  bewafnen,  armare  naves;  mit  fackeln  bewafnen, 
armare  facilms,  fackeln  zu  tragen  geben;  die  band  mit  einem' 
stein  bewafnen,  stärken,  einen  stein  aufgreifen. 

3)  die  äugen  mit  gläsern,  fernröhren  bewafnen,  stärken; 
ein  unbewafnetes  äuge,  dessen  sehkraß  nicht  künstlich  gestärkt 
ist;  ein  bewafneter  magnetstein.  Göthe  24, 187. 

4)  bildlich,  mit  diesem  gegründeten  mistrauen  bewafnet. 
Käst  8, 107 ; 

mit  des  bannes  fluch  bewafnet  kommt 
der  Ungarn  königin,  die  strenge  Agnes.     Schiller  549' ; 
sein  heller  verstand  hatte  ihn  gegen  alle  Schwärmerei  bewaf- 
net;  sie   bewafnete  sich  mit  allen  mittein,    die  ihrer  Schlau- 
heit zu  gebot  standen. 

BEWAFNUNGSART,  f 

BEWÄGEN,  trutina  examinare:  die  weisen  bewägen  ihre 
wort  mit  der  goldwage.  Sir.  21,  27.     richtiger  bewegen. 

BEWAHR,  f  custodia:  mit  freuden  giengen  die  mitgiieder 
auf  den  Vorschlag  des  kaisers  ein,  das  land  sampt  den  kin- 
dern  des  herzogs  ihm  'in  bewahr  zu  stellen.'  Rasre  reform. 
1,  390,  mit  ausgehobnen  Worten  einer  Urkunde. 

BEWAHRANSTALT,  f  ein  heute  gangbarer  übler  ausdruck: 
kindeibewahranstalt,  und  gar  kleinkinderbewahranstalt. 

BEWÄHREN,  ahd.  piwarön  (Gbaff  1, 912),  mhd.  bewarn,  noch 
bei  Llther  und  Maaler  Go'  richtig  bewaren,  nnl.  bewaren. 

1)  custodire,  hüten,  behüten:  gott  bewahrt  die  menschen; 
mild,   nu  müej  in  got  hewarn.    Iw.  4305.  5530 ; 

nhd.  beware  mich  gott,  denn  ich  traw  auf  dich.  ps.  10, 1 ;  be- 
ware  auch  deinen  knecht  für  den  stolzen.  19,  14;  der  herr 
wird  in  bewaren  und  beim  leben  erhalten.  41,  3;  aber  der 
hauptmann  und  die  bei  im  waren  und  bewareten  Jesum  (am 
kreuz),  .golh.  vitandans  Jesua,  ahd.  bihaitentd  Ihen  heilant. 
Matth.  27,  54 ;  da  er  in  nun  greif,  leget  er  in  ins  geßngnis 
und  überantwortet  in  vier  viertheilen  knegsknechten,  in  zu 
bewaren.  apost.  gesch.  12,  4 ;  die  du  mir  gegeben  hast,  die 
habe  ich  bewaiet  {golh.  |)anzei  algaft  inis,  gafastaida).  Joh. 
17,  12;  und  hat  nicht  verschonet  der  vorigen  weit,  sondern 
bewaret  Noe.  lPetr.i,i; 

hier  steht  Acgisih,  .  .  den  ich 

....  fünfzehn  bange  jähre 

mit  vatertreu  in  dunkclheit  bewahrt.    Gottir},  314- 

greifen  und  im  scblosz  bewahren.    Schiller  39f ; 
der  diener  soll  den  knaben,   die  amme  das  kind  bewahren, 
tn  aufsieht  und  pflege  haben,  verwahren,    mhd.  auch  das  pferd : 

er  sprach,  genc  und  bewar 

disse  herren  phän,  tohter  min.    Er.  316; 

daj  (or»)  was  die  naht  $6  wol  bewart.    /«•.  6«57. 

2)  einen  für,  vor  und  von  etwas  bewahren:  beware  iniili 
herr  für  der  band  der  gottlosen,  ps.  140,5;  beware  mich  für 
dem  stricke,  den  sie  mir  gelegt  haben.  I4l,  9;  als  einer  der 
für  dem  winde  Iwwaret  ist.  £"*.  32,  2 ;  wol  dem,  der  für  bösem 
maul  bewaret  ist.  Sir.  29,  23;  das  du  sie  bewarest  für  dem 
übel.  Joh.  17,  15;  sich  bewaren  für  dem  götzenopfer.  apost. 
gesch.  21,  25;  her  kum  mir  zc  hilf,  ich  bit  dich,  du  wellest 
mir  geben,  das  ich  meinen  mund  mög  vor  Sünden  bewaren. 
Keisersb.  s.  d.  m.  82';  desgleichen  warnest  du  ein  tochter 
oder   ein   knaben,   das   sie  sich   vor  dem   menschen  sollent 

111 


1763 


BEWAHREN  —  BEWÄHREN 


BEWÄHREN  —  BE  WAHRSAM 


1764 


hüten  und  bewaren.  26' ;  das  es  uns  von  allem  unglück  wolle 
bewaren.  ftienenft.  179*.  und^wie  behüte  sp.  1345  heiszt  es  in 
gleichem  sinn  abwehrend  «nri  verneinend :  bewahre  I  ei  bewahre ! 
gott  bewahre! 

3)  bewahren  bei  Sachen :  er  liesz  aber  zehen  kebsweiber 
das  haus  zu  bewaren.  2  Sam.  15, 16 ;  die  er  gelassen  hat  das 
haus  zu  bewaren.  16,  21 ;  liesz  sein  haus  bewaren,  das  er  in 
tödtet.  ps.  59,  1 ;  leget  kriegsvolk  darein,  die  stad  zu  bewa- 
ren. 1  Macc.  12,  34 ;  gelobet  sei  der,  der  seine  stad  bewaret 
hat.  2  Macc.  15,  34 ;  wenn  ein  starker  gewapneter  seinen  palast 
bewaret,  so  bleibet  das  seine  mit  frieden.  Lftc.  11,  21;  und 
gott  der  herr  nam  den  menschen  und  setzt  in  in  den  garten 
Eden,  das  er  in  bawet  und  bewaret.  1  Mos.  2, 15 ;  wer  seinen 
feigenbawm  bewaret,  der  isset  fruchte  davon,  spr.  Sal.  27, 18 ; 
und  lagert  für  den  garten  Eden  den  cherubim  mit  einem  blo- 
szen  hawenden  schwert,  zu  bewaren  den  weg  zu  dem  bawm 
des  lebens.  1  Mos.  3,  24 ;  das  deine  kinder  iren  weg  bewaren. 
1  kvn.  8,  25 ;  der  fromen  weg  meidet  das  arge,  und  wer  sei- 
nen weg  bewaret,  der  behelt  sein  leben,  spr.  Sal.  16, 17 ;  be- 
ware  deinen  fusz,  wenn  du  zum  hause  gottes  gehest,  pred. 
Sal.  4,  17 ;  er  bewaret  im  alle  seine  gebeine,  das  der  nicht 
eins  zubrochen  wird.  ps.  34,  21 ;  und  trette  nicht  von  dem  ge- 
bot seiner  lippen  und  beware  die  rede  seines  mundes.  Hieb 
23, 12 ;  herr  behüte  meinen  mund  und  beware  meine  lippen. 
ps.  141,  3 ;  wei"  seinen  mund  bewaret,  der  bewaret  sein  leben. 
spr.  Sal.  13,  3 ;  wer  seinen  mund  und  zungen  bewaret,  der 
bewaret  seine  sele  für  angst.  21,  23 ;  beware  die  thür  deines 
mundes  für  der,  die  in  deinen  armen  schleft.  Micha  7,  5.  zu- 
mal heiszt  es  feuer  und  licht  bewahren,  dasz  sie  nicht  los 
werden  und  schaden  Ihun,  man  sehe  Gellerts  fabel  von  den 
beiden  nachtwächlern  1,  147,  deren  einer  sang  verwahrt,  der 
andere  bewahrt  das  feuer  und  das  licht !  in  verwahren  herscht 
die  Vorstellung  von  condcre,  rccondcre,  in  bewahren  die  von 
servare,  asservarc,  man  sagt  gleich  gut,  das  kind  verwahren 
und  bewaiu'en,  richtiger  die  kleider,  das  geld  verwahren,  auf- 
heben, beischlieszen  als  bewahren,  aber  das  leben,  die  treue, 
sein  versprechen  bewahren,  nicht  verwahren ; 

die  band  gebt  mir  darauf,  dasz  ihr  sein  leben 
bescliüizen,  unverieizlich  wollt  bewahren.    Schiller  387* ; 

man  soll  den  argwöhn  dämpfen  oder  doch  behutsam  bewah- 
ren. BcTSCHKY  Palm.  347. 

4)  bewahren,  firmare,  munire,  befestigen,  versorgen,  verwah- 
ren: er  schickt  nacii  dem  priester  zc  beichten  und  nach  dem 
h.  sacrament.  da  der  kam  und  in  beicht  gebort  und  bewart 
{mit  dem  sacr.  versehen)  hett,  las  er  im  vor  die  VII  psalmen. 
Keisersb.  s.  d.  m.  61' ;  sie  dankt  auch,  das  er  sie  mit  dem 
h.  sacrament  bewaret  hett.  sommertheil.  Nürnb.  1475  fol.  4* ; 
Alexandria  ist  allenthalb  eintweders  mit  unwegsamer  wüstnis 
oder  mit  gstadlosem  mör,  oder  mit  waldigen  pfitzen  {sümpfen) 
bewaret.  Fra^sk  weltb.  16';  deren  schif  mit  leder  bewaret  seind. 
187';  so  hab  ich  mich  bemühet  kurzlich  zu  beweisen  mit  wel- 
cherlei dccreten  jedes  stuck  befestigt  und  bewaret  seie.  bie- 
nenk.  6".     mhd. 

si  sparten  daj  isen, 

da  mit  ir  lip  was  biswart.    Iw.  7129. 

6)  bewahren,  tenerc,  retinere,  halten,  behalten: 

weh  uns!  wo  dann  ein  zweites  beer  gleich  finden 

um  dieses  zu  liewabien  {im  zäum  zu  liallen)f    Scüillei»  334'; 

sprich,  was  erwartest  du?  bewahren  kannst  du 

nicht  länger  dein  commando.    301'; 

und  wird  er  schweigen  ?    wenn  er  sich  mit  deinem 

geheimiiis  reticii  kann,  wird  ers  bewahren?    361'; 

doch  dem  war  kaum  das  wort  entfahren. 

möclit  crs  im  busen  gern  bewahren.    50'. 

BEWÄHKEN ,  probare,  explorare,  wahr  machen,  darthun, 
prüfen,  ahd.  piwfiran,  whd.  bewaren,  Luther  schreibt  bewe- 
ren,  Maaler  bewären,     mhd. 

vil  wol  bewärte  er  ir  daj.    Er.  4431; 

vil  wol  bewärte  si  daj  ort.    6109; 

und  dag  als  ö  bcwArien.    Iw.  6948 ; 

dag  bcw.Trlc  sc  also  wol.     Trist.  133,  21 ; 

diz  wart  euch  an  lasöne 

bew.-cret  und  erzeiget.    Iroj.  kr.  11254 ; 

cg  bete  mancc  werkman 

nii  im  bewieret  sinen  list.    17470, 

nhd,  wolan,  wer  wil  mich  lügen  strafen,  und  beweren,  das 
meine  rede  nichts  sei  ?  Uiob  24,  25 ;  ein  man  wird  durch  den 
mund  des  lobers  beweret.  spr.  Sal.  27,  21 ;  viel  werden  gerei- 
niget, geleulcrt  und  bewert  werden.  Üan.  12,  10 ;  das  sie  be- 


weret würden,  ob  sie  gott  von  herzen  dieneten.  Jud.  8,  18 ; 
auf  das  du  beweret  würdest.  Tob.  12,  13 ;  denn  gleichwie 
das  gold  durchs  fewer,  also  werden  die  so  gott  gefallen, 
durchs  fewer  der  trübsal  beweret.  Sir-  2,  5;  und  welcherlei 
eines  ieglichen  werk  sei,  wird  das  fewer  beweren.  1  Cor.  3, 13  ; 
und  ire  freude  war  da  überschwenglich,  da  sie  durch  viel 
trübsal  beweret  wurden.  2  Cor.  8,  2 ;  wie  wir  von  gott  bewe- 
ret sind,  i  Thcss.  2,  4;  das  doch  weder  mit  gnugsamer  Ur- 
sache noch  mit  gründlicher  beweisung  kan  beweret  werden. 
Luther  1,  17';  der  landgraf  bewert  im  (Münzern)  aus  der 
Schrift,  das  man  die  oberkeit  eren  soll.  3, 131 ;  dieser  artikel, 
als  untüchtig  zum  glauben,  bedarf  wol  bewerens.  3,484';  die 
christliche  kirche  ist  durch  die  h.  schrift  beweret  und  beste- 
tiget.  5,  10';  er  wil  euch  beweren,  wie  fest  ir  haltet  an  der 
lere.  5,  456' ;  es  ist  an  im  selbs  klar  und  lauter,  es  darf  we- 
nig bewerens,  dan  es  ist  offenbar.  Keisersb.  s.  d.  w.  81'; 

das  ich  mein  handel  auch  musz  beweren.    fastn.  sp.  793,  22; 

als  man  probiert  das  silher  fein, 

bewert  uns  got  durch  angst  und  pein.    Schwarzenb.  158,  1 ; 

das  als  hab  ich  thun  -deinelhalb, 

dein  wäre  freundschaft  zu  bewern.    H.  Sacus  II.  2,  43*; 

so  du  meiner  freundschaft  ihust  begern, 

ist  not  dich  vorhin  zu  bewern.    II.  2,  43*; 

aber  was  bemüh  ich  mich  lang  solchs  zu  bewären?  bienenk. 
22';  wann  sie  alle  einträchliglich  lehren  und  kräftiglich  be- 
wären. 39';  Thomas  Affin  Nasz  bewäret  gut  rund.  88'; 

er  meistert  uns  die  worte, 

er  ist  der  zungen  zwang  und  tliut  die  finstre  pforte 
der  tiefen  herzen  auf,  nichts  wird  hervor  gebracht, 
es  wird  zuvor  durch  ihn  bewehrt  und  rein  gemacht. 

SiM.  Dach  R2; 
die  strengste  rechtsform  sollte  meine  Unschuld 
vor  aller  weit  bewähren  und  besiegeln.    Schiller  435'; 
ei,  deine  Weisheit  hat  sich  schlecht  bewährt.    400'; 
bewährt  den  forscher  der  natur 
ein  frei  und  ruhig  schauen.    Göthe  2,209; 

eine  erklärungsart  bewäJirt  ihre  rechtmäszigkeit.  Kant  8,  292 ; 
seine  tapferkeit  hat  sich  in  der  stunde  der  gefahr  bewährt; 
das  empfohlne  mittel  wollte  sich  nicht  bewähren,  s.  bewährt. 
BEVVAHRER,  m.  custos,  servator:  etliche  heiszen  bewarer. 
bienenk.  238"; 

lasz  uns  jetzt  zu  den  göttern  emporschaun,  welche  die  stärksten 
zeugen  des  eidschwurs  sind  und  jegliches  bundes  bewahrer. 

Voss  ; 
der  bewahrer  seiner  gesetze  wird  sein  tyrann.    Schiller  775. 
s.  Siegelbewahrer,  schatzbewahrer. 

BEWÄHRER,  m.  probator,  exploralor. 
"  BEWAHRHEITEN,  was  bewähren,  nnl.  bewaarheden, -veit- 
ficr :  von  Wichtigkeit  ist,  wenn  sie  sich  bewahrheitet,  eine 
nachricht  aus  London,  zcilungsstil;  hier  bewahrheitete  sich 
mir  abermals  die  erfalirung.  Göthe  6,  234;  vorstehende  ge- 
dichte  bewahrheiten  diese  ansieht.  6,-253;  andere  Sprüchlein, 
welche  sich  in  der  erfahrung  eben  so  gut  bewahrheiten.  26, 
325 ;  auch  hier  bewahrheitete  sich  die  alte  lehre.  32,  64 ;  um 
sie  {die  geburl)  zu  bewahrheiten,  zu  bekräftigen.  39,54;  noch 
hundert  beispiele,  das  was  wir  aussprechen  zu  bewahrheiten. 
39,80;  hier  bewahrheitet  sich  jedoch  ein  altes  wort.  46,236; 
doch  dies  bewahrheitet  sich  nur  bis  auf  einen  gewissen  grad. 
55,  21 ;  dasz  eine  jede  echte,  treu  beobachtete  und  redlich 
ausgesprochene  naturmaxime  sich  in  tausend  und  aber  tau- 
send fällen  bewahrheiten  und  ihre  Verwandtschaft  mit  eben 
so  fruchtbaren  Sätzen  bethätigen  müsse.  55,  GS ;  das  bewahr- 
heitet sich  täglich  an  mir.  an  Aug.  Stolberg  IG ;  kläger  musz 
den  grund  der  klage  bewahrheiten.  Weber  verbindl.  zur  be- 
weisfiihrunq  1805  s.  174. 

BEWAHRHEITUNG,  f.  als  einzige  bewahrheitung  seines 
Standes.  Fichte  staalsl.  321. 

BEWÄHRLICH,  probabilis:  ob  sich  bewarlich  oder  unbe- 
warlich  ergebe,  not.  ordn.  1512  §.  22;  es  ist  bewerlich,  das 
alle  gelübd  zu  dieser  zeit  nichts  lügen,  denn  zum  rum  der 
werk  und  vermessenheit.  Luther  1,  542'; 

was  man  oft  schätzt  das  allerhschwärlichst, 

das  erweist  sich  das  allerbewiirlichsU    Fischart  eht.  58 ; 

dasz  ihr  glaubt  die  {eam)  wahr  und  bcwchrlich  sein.  Ayrer 
proc.  1,  6. 

BEWÄHRNIS,  f.  probalin:  derglichen  bewernussen  miJch- 
tend  wir  wul  ein  grosze  zal  zusammen  bringen.  Zwingli1,45; 
discs  bedarf  nit  bewiTiuis  vil.    Birk  Susanna  C  4. 

BEWAHRSAM,  caulus,  sorgsam,  achtsam:  ein  Uund,  der 
sehr  bewahrsain  war.    Jjtoppk. 


1765 


BEWAHRSAM  —  BEWALDUNG 


BE  WALLEN — BE  WANDT 


1766 


BEWAHRSAM,  m.  custodia,  getcahrsam:  in  bewabrsam  neh- 
men lassen.  Mascoc  2, 107. 

BE\V.\HRSAMKEIT,  f.  cautela.  vocab.  14S2  d"'. 
BEWÄHRT,  probatus,  exploratus,  mhd.  bewaeret: 
er  was  ein  degen  bewaeret.    Iic.  3249; 
ein  lange  her  bewaeret  mau.     Trist.  166,  23; 
nhd.  lauter  wie  durchleutert  siiber  im  erdenen  ligel   beweret 
sieben  mal.  ps.  12,  7 ;  sihe  ich  lege  in  Zion  einen  grundstein, 
einen  bewerten  stein,   einen  küstlichen  eckstein,  der  wül  ge- 
gründet ist.    Es.  18,  16;    auf  das  sie  bewert,  rein  und  lauter 
werden.  Dan.  11,  35;  grüszet  Apellen,  den  bewerten  in  Christo. 
Rom.  16,  10;  man  Gndt  es  aber  in  keiner  bewerten  geschrift 
geschriben.    Keisehsb.  s.  d.  m.  54';    suchen    einen    bewärten 
arzte.  Albr.  vo.n  Evbe  44';  ratschlagt  ein  feldherr  mit  seinen 
bestellten,    verordneten   und   bewerten  kriegsräten.    Kirchhof 
mil.  disc.  99 ; 

durch  der  Verfolgung  fewr  bewehret.    WECKflERLi.t  275 ; 

wie  oft  hat  dein  bewehrtes  schwert 

mit  martialischen  buchstaben, 

die  blutrot,  deinen  namen  wert 

in  des  feinds  stolze  haut  eingegraben.    377 ; 

mein  architekt,  madam,  ist  ein  bewährter  mann. 

WiELA.ND  10,  252 ; 
ein  junger  mann  von  oft  bewährter  tugend.    10,255; 
schwere  Prüfungen  muste  der  griechische  jüngiing  bestehen, 
eh  das  eleusiscbe  haus  nun  den  bewährten  emptieng. 
Schiller  99"; 
du  machst  die  alten  jung,  die  jungen  alt, 
die  kalten  warm,  die  warmen  kalt, 
bist  ernst  im  scherz,  der  ernst  macht  dich  zu  lachen, 
dir  gab  aufs  menschliche  geschlecbt 
ein  süszer  gott  sein  längst  bewährtes  recht, 
aus  weh  ihr  wol,  aus  wol  ihr  weh  zu  machen. 

GöTHE  an  fr.  von  Stein  1,  211 ; 
mein  gnädger  herr,  ich  biet  euch  meinen  dienst, 
so  wie  er  ist,  da  ich  noch  roh  und  jung, 
bis  ältre  tage  ihn  zur  reife  bringen 
und  zu  bewährterem  verdienst  erhöhn. 

A.  W.  Schlegel  in  Ricliard  II.  act  2,  sc.  3. 

ein  bewährter,  viel  bewährter  grundsatz. 

BEWÄHRTHAFT,  probatus:   und  wäre  die  bewehrthafteste 
panacea.  unw.  docl.  505. 
BEWAHRTHE[T,  f. 

BEWAHRUNG,  f.  servatio,  munitio :  die  sie  für  ein  festung 
und  bewarung  disz  lands  gebrauchen.  Frank  wellb.  177' ; 
der  das  köstlichste,  was  er  besitzet, 
unsrer  bewahrung  vertraut.    Schiller  500* ; 
schwerer  diensie  tägliche  bewahrung, 
sonst  bedarf  es  keiner  Offenbarung.    Göthe  5,  244- 

BEWÄHRUNG,  f.  probatio:  wider  solche  starke  bewerung 
dieses  christlichen  artikels  haben  meine  widerpart  doch  nicht 
ein  tüttel  der  scbrift.  Luther  1,  404" ;  das  ist  mir  bewerunge 
gnug.  3,  66';  itzt  sei  diese  bewerung  gnug.  3,  66';  aber  was 
bedarfs  vil  besondere  exempel  zur  bewarung  zusammen  zu 
pringen?  bienenk.  19";  bestendig  pleiben  in  anfechtung  und 
bewarung.  IIO'; 

alda  mit  meiner  kunst  ich  wolt 

im  helfen  seiner  krankbeit  ab, 

ohn  all  belonung,  schenk  und  gab 

zu  bewerung  meiner  arznei.    H.  SiiCHS  III.  3,  9'; 

das  heisz  eisen  ich  tragen  kan 

zu  bewehning  meiner  unschult.    Atrer418'; 

gott  weisz,  wie  mancher 

sein  blut  zu  des  bewahrung  noch  ergieszt. 

A.  W.  Schlegel  lleinr.  V.  ad  1,  $c.  2. 

BEWALDEN,  silva  muntre,  oder  intransitiv  in  silvam  abire, 
sihescere,  wofür  doch  üblich  sich  bewalden.  Stieler  2418 :  ein 
reich  bewaldetes  land; 

der  Fteirer  bewaldeten  felsberg.    Voss  //.  2,  8«8; 

gleich  dem  bewaldeten  gipfel 
hoher  felsengebirge,  der  einsam  ragt  vor  den  andern. 

Od.  9,  191 ; 
wenn  ich  bewaldeter  höhn  ruhige  gipfel  erstieg.    Platr!i45; 
da  gehls  durcli  bewaldete  felswege.  Bettime  br.  1,  26. 

BEWALD.MARKEN,  den  bäumen  das  forslcisen  einbrennen, 
das  waläieichen  in  sie  hauen. 

BEWALÜRECHTEN ,  bei  den  zimmerleuten,  bäume  an  ort 
und  stelle  im  «ald  aus  dem  gröbsten  beschlagen,  gleichsam  zu 
bewahrung  des  waldrcchts.  man  hört  auch  ein  entstelltes  be- 
waldrapen.  trenn  sich  dies  nicht  anders  detiten  latzt. 

BEWALDUNG,  f.  die  bewaldung,  dte  rings  vom  meercs- 
ufer  bis  zum  fusze  des  gebirgs  reiche.  Dah!-«vv  .i,,.,,  gesch. 
2,  108. 


BEWALLEN,  vallo  munire,  einen  graben  bewallen,  mit  einem 
dämm  versehen;  den  boden  bewallen,  wälle,  schanzen  aufwer- 
fen, die  hopfenbauer  sagen  bewallen  vom  aufhäufeln  der  erde 
um  den  hopfen.  da  aber  in  einigen  gegenden  dafür  bemollen 
vorkommt,  liesze  sich  an  bemolten  denken,  vgl.  ahd.  multan 
sarrire.  Graff  2,  713.  denn  M  und  W  tauschen  zuweilen,  wie 
mir  für  wir,  wan  für  man  u.  a.  m.  zeigt. 

BEWÄLTIGEN,  superare,  opprimere,  überwältigen,  früher 
auch  bewältigen  t<nrf  begewaltigen,  bcgeweltigen:  frawen  be- 
wältigen und  schwechen.  Plul.  9;  wie  das  der  graf  Savari 
ein  herre  disz  künigreichs  {als)  ein  ehgemahel  euwer  tochter 
sich  eintringen  und  bewältigen  wöU.  Hugoschapler  16 ; 
das  bistumb  Dilling  auch  darhei 
begweliigt  von  den  feinden.    Soltac373; 

Lohexsteis  sagt  sich  bewältigen,  wie  sich  bemächtigen:  er 
bewältigte  sich  der  Menapier.  Arm.  1, 119.  Hexisch  aber  359 
bewältigen,  vi  superare,  bei  Maaler  und  Stieler  fehlt  das 
wort,  im  18  ;A.  wird  es  häufiger:  ein  wolf  hatte  einst  ein  pferd 
bewältiget.  Stoppe  in  den  fabeln;  bei  gelegenheit  der  mittel, 
die  steine  zu  bewältigen  [künstlich  zu  schneiden).  Lessisg  8,  89; 

schwerlich  wird  ja  ein  gott  vom  sterblichen  manne  bewältigt. 

Voss  Od.  4,  397  ; 
also  schlummerte  dort  der  faerliche  dulder  Odvsseus, 
ganz  von  schlaf  und  arbeit  bewältiget  (ermattiing  bewältigt). 

6,2; 
nachdem  er  mit  wein  mich  bewältigt.    9,516; 
lieber  söhn,  mein  geist  ist  ganz  von  erstaunen  bewältigt. 

23,  105 ; 
jeden,  glaubs,  bewältgen  schmerzen.  Platejc  U  ; 
wer  selbst  sich  gela4lt,  bleibt  stehn  wo  er  steht;  doch  wer 

in  beständigem  fortschritt 
zu  bewältigen  sucht  und  zu  steigern  die  kunst,  nicht  scheints, 
dasz  selbst  er  gefälft  sich.    282'. 

man  sagt,  ich  kann  die  speise  nicht  bewältigen,  bezwingen,  auf- 
essen ;  die  aufgäbe,  arbeit  bewältigen,  ganz  zu  stände  bringen. 

BEWÄLTIGER,  m.  domitor,  bezwinger. 

BEWÄLTIGERIN,  f.  domitrix,  bezwingerin. 

BEW.ÄLTIGUNG,  /.  die  bewältigung  der  masse,  der  glut,  flut. 

BEWALZE.N,  cylindro  aequare:  den  weg,  die  strasze,  die 
gänge  im  garten  bewalzen. 

BEWA.NÜEL.N,  perambulare,  betreten:  bewandelte  wege, 
viae  tritae.  Hemsch  359;  den  pfad  der  dürftigkeit  bewan- 
deln.   Perus  20; 

hoch  in  wölken  verbirgt,  indem  sie  die  erde  bewandelt. 
Herder  15,  106. 
Hemsch  hat  auch  ein  bewandelter  mana  =  bewanderter. 

BEWANDERN,,  was  das  vorige,  hauptsächlich  aber  im  pari, 
praet.  gebraucht:  ein  bewanderter  mann,  der  viele  länder 
durchwandert, hat,  os  fidÄa  7io)J.ä  TtXäyx^r^,  wie  erfahren 
dasselbe  hetszt,  der  viele  länder  erfahren  hat,  ahd.  vilo  ar- 
varan,  emensus;  alt  und  bewandert,  provectus  aetate: 
ir  alten  hoch  betagt 
bewandert  weit  in  jähren.    Spei  trulzn.  143  (131), 

er  ist  in  dem  buche  bewandert,  hat  es  oft  und  genau  durch- 
lesen; in  kunsten  und  Wissenschaften,  in  der  geschichte  wol 
bewandert ; 

ihr  nennt  euch  fremd  in  Englands  reichsgesetzen, 

in  Englands  Unglück  seid  ihr  sehr  bewandert.    Schiller  412*. 

man  sagt  auch  ein  bewandertes  buch,  das  viele  gelesen  haben, 
vielgelesen:  ich  würde  eine  Sünde  begehen,  wenn  ich  von  die- 
sem gewis  bewanderten  werke  eine  weiliäuftige  crzühlung  aus- 
lieferte. Hippel  3,  4.  ein  viel  bewanderter  weg;  es  ist  die 
strasze  von  heiligen  engein  bewandert.  Fr.  MIller  I,  37. 

BEWANDT,  part.  praet.  von  bewenden,  mit  hupendem  rück- 
umlaut,  wie  in  gesandt  ron  senden. 

1)  das  mhd.  bewant  erscheint  metsl  im  geleite  der  adv.  wol, 
übele  und  ba;: 

ze  niemen  sint  sie  (diu  riehen  lani)  bat  bewaoi. 

Kib.  114,4; 
da;  wurde  iu  übele  bewant.    590,4; 
so  w«re  wol  «in  riebe  lani 
ze  siner  frunikeii  bewant.    Greg.  1112; 
ej  wicre  ein  breit  gpriute 
zuo  dirien  armen  wol  bewant.    2631 ; 
luo  dem  wjere  für  war 
der  stuol  vil  wol  bewant.    3013; 
ir  menen  wni-t  dd  wol  bewant, 
•  wan  &i  gereichten  beide.    Er.  9090; 
wan  da;  wurde  alswä  ba;  bewant.    Iw.  1584; 
sone  wcrej  niender  ba;  bewant.    7875; 

111* 


1767 


BEWANDT  —  BEWASCHEN 


BEWASSAMEN— BEWEGEN 


1768 


daj  was  vil  wol  zuo  im  bewant.    2438; 
ej  ist  et  vil  unbewant  (übele  bewant) 
le  dem  tören  des  goldes  vunt.    4253. 

der  sinn  ist  verwendet,   hin  gewendet,    angewendet,    eonversus, 
applicatus,  sich  fügend,  schickend,  vortheilhaft.  ohne  das  adv.: 


bat  vil  verre, 
daj  in  unser  tierre 
wiste  in  etteiich  lant, 
da  sin  vart  waere  bewant. 


Greg.  1658, 


wo  seine  fahrt  angewandt  wäre,  nutzen  brächte. 

2)  nhd.  beispiele  eines  solchen  wol  bewandt,  übel  bewandt, 
besser  bewandt  bieten  sich  nicht  dar,  so  denkbar  sie  wären, 
häufig  aber  sieht  wie  bewandt,  so  bewandt  im  sinne  von  wie 
beschaffen,  so  beschaffen,  was  mhd.  wie  gewant,  s6  gewant 
heiszt:  mit  groszer  und  ernstlicher  erforschung,  wie  es  umb 
alle  wachen  bewandt.   Kirchhof  mil.  disc.  145 ; 

ist  es  mit  ewren  sachen, 

ihr  fürsien,  so  bewandt?    Sm.  Dach  N. ; 

so  ist  CS  auch  bewandt  ümm  aller  menschen  Sachen. 

Flkmi.ng  125 ; 
hätt  ich  ein  salamanderleben, 
so  war  es  wol  ümm  mich  bewandt,    503; 

in  so  hewandien  sachen 
musz  uns  die  angst  beherzt,  gefahr  verständig  machen. 

Gryphiüs  1,  55; 
wozu  soll  doch  sein  kind  ein  vater  auferziehen 
bei  so  bewanter  zeit?    Logau  1,  8,  36; 
nahmen  einen  jungen  an,  wie  es  gleich  um  ihn  bewand. 

3,  4,  86 ; 
es  ist  nur  so  bewand.    3,  1,  78; 
die  wolfart,  die  es  war,  die  war  also  bewand, 
dasz  eh  man  sie  gefühlt,  man  uns  zu  lager  rand.     3,9,94; 
Linus  siht  aus  Jungfern  äugen,  wie  es  sonst  um  sie  bewand  ? 
3,  zug.  4 ; 

so  war  in  den  sinnen 
fast  eben  auch  bewant.    Rompler  v.  L.  gebüsch  111 ; 

wan  die  band 
des  künstlers  sie  {die  saiten)  berührt,  da  ist  es  so  bewand, 
dasz  sich  der  lieblich  hall  süsz  in  die  obren  tringei.    52; 

sie  {die  advecalen)  sein  innen  also  bewand,  das  man  sich 
bald  des  ersten  anblickes  für  ihnen  billich  entsetzet.  Butschky 
Palm.  286 ;  es  ist  mit  ihnen  bewand,  als  mit  Jerusalem,  pers. 
baumg.  3,  1;  wie  es  eigentlich  mit  diesen  gärten  Salomonis 
bewandt  gewesen.  Schdppiüs  98;  bei  so  bewandtem  zustand. 
687;  nun  ist  es  so  bewand.  Weise  kl.  leute  255;  doch  weil 
es  mit  der  rechtschaffenen  kliiglieit  so  bewand  ist.  277 ;  bei 
so  bewandten  umständen.  J.  Paul  Tit.  1, 128 ;  bei  so  bewand- 
ten umständen  war  von  meiner  seile  eben  nichts  anderes  zu 
thun.   TiECR  9,  252.    vgl.  bewandtnis. 

3)  bewandt  steht  im  16  jh.  auch  für  das  heutige  verwandt, 
propinquus,  conjunclus:  so  musz  man  es  doch  mehr  in  den 
hewandien  des  glaubens  {glaubensverwandten)  üben.  Luthers 
br.  1,  410 ;  so  hätten  auch  etliche  fürsten  ihre  bewandten 
deshalb  von  der  Universität  zu  Wittenberg  abgefordert.  Me- 
LANCHTHON  1,  560 ;  das  man  den  frembden  und  nit  den  be- 
wanten  auf  wucher  leihen  soll.  Melanchth.  anweisung  in  der 
heil.  sehr,  deutsch  von  Spalatin  s.  70.  hauptartikel  fol.  48; 
sunderlicb,  so  ir  meine  nechst  bewandte  freund  seind.  Ai- 
mon  e. 

BEWANDTNIS,  f  ratio,  conditio,  beschaffenheil:  die  sache 
hat,  mit  der  sache  hat  es  diese  bewandtnis;  es  habe  damit 
gleiche  bewandtnis ;  was  es  elwan  für  eine  bewandnüs  mit 
dem  Studentenleben  haben  möchte.    Schoch  K  ; 

wafne  mich 
der  neuen  zeit  bewandnis  zu  begrüszen. 

A.  W.  ScHLKüEL  in  Ileinr.  IV.  lli.  2  act  b,  sc.  2. 

BEWANDTSCHAFT,  f  dasselbe:  als  er  die  bewandlschaft 
um  die  schiffe  erfuhr.    Opitz  Arg.  2,  349. 

BEWAPNEN,  «'05  hewalncn.    Maaler  66'  bewaapnen. 

BEWAKMEN,  gebildet  nach  sp.  1203,  4:  und  du  lachtest 
mein  und  riefst  'lieg  warml'  wart,  wart,  ich  will  dich  be- 
warmen.   Fn.  Müm.er  1,  146. 

BEWÄBMEN,  sich,  calcfaccre,  sich  wärmen,  erwärmen:  sich 
wiederumh  bei  dem  brennenden  holz  zu  bewärmen.  Spa«- 
cenberg  lustg.  103. 

BEWAHNEN,  munirc,  instruere,  franz.  garnir,  it.  guarnire, 
ahd.  warnon  (Gravf  1,  947),  mhd.  warnen :  du  siehst,  das  die 
natur  bewarnet  die  hübsch  rose  mil  dornen.    Cyrili-s  fab.  17. 

BEWASCHEN,  circumluere:  das  meer  bewäscht  die  ufer, 
der  regen  das  gestein.  man  nahm  es  auch  für  tadeln,  stra- 
fen, wie  es  heisit  einen  waschen,  züchtigen: 


sol  man  dich  nicht  bewaschen, 
so  lasz  von  deinem  naschen. 

Ringwald  laut.  warh.  142. 
BEWASSAMEN,  fecundare,  vom  ahd.  wahsamo,  fertilitas 
(Graff  1,  689),  sich  bewassamen,  fruchtbar  werden:  dasz  der 
grund  sich  bewassamen  möchte.  Frankf  ref  IX.  2,  2.  begra- 
sen, bcrasen,  würde  lauten  bewasen.  verschieden  ein  anklin- 
gendes nnl.  bewasemen,  befeuchten,  met  wasem  bezwalken. 

BEWÄSSERN,  irrigare,  adaquare,  wässern,  tränken,  bei 
Henisch  359  ohne  umlaut  bewasseren,  nnl.  bewateren:  wie- 
sen bewässern ;  in  unsern  anmutig  bewässerten  thälern.  Göthk 
32,  262.     vgl.  berieseln. 

BEWÄSSERUNGSRECHT,  n. 

BEWEBEN,  circumtexere,  umweben:  die  spinne  hat  die 
thür  bewebet.  Stieler  1450,  sie  ist  eine  Spinnerin  und  Webe- 
rin, altn.  köngulvofa; 

wie  bin  ich  so  manigmal 
hie  das  schlosz  hinauf  gegangen, 
trawrig  war  es  überall 

und  von  spinnen  ganz  bewebt.    Sm.  Dach  S4, 
wo   der  reim   auf  behangen   leitet,    schöner  als  beweben  be- 
webte wäre  beweben  bewob,  mhd.  bewap. 

BEWECKEN,  excilare,  oder  für  bewegen,  commovere,  schw. 
beveka:  jetzt  so  stehnd  sie  auch  auf  und  fallen  herein  mit 
ihrem  paroxysmo,  also  auch  der  zorn  disz  beweckt.  Para- 
CELSüs  1,  525';  also  sollen  wir  auch  wissen  mit  den  lebendi- 
gen abergüttern,  dasz  in  sie  dermaszen  ein  seufzer  vom  ge- 
meinen mann  erheben  mag,  dasz  der  gemein  mann  sich  da- 
rin so  grosz  beweckt  und  sein  glauben  in  die  slerki  bringt. 
2,  251*.  die  zweite  stelle  unklar  tmd  verderbt. 
BEWEDELN,  ßabello  frigus  ventilarc. 
BEWEGBAR,  mobilis,  beweglich. 
BEWEGBARKEIT,  f  mobililas,  beweglichkeit. 
BEWEGEN,  bewog,  bewogen,  ein  schweres  wort,  bei  dem 
vorsieht  nolh  thut.  von  dem  einfachen  verbum  wird  unter  wie- 
gen gehandelt;  da  schon  das  goth.  vigan  und  vagjan  tu  der 
bedeutung  zusammentreffen,  ist  kein  wunder,  dasz  bewegen  be- 
wog und  bewegen  bewegte  in  einandei-  greifen,  ähnliche  mi- 
schungen  zeigten  sich  bei  abwägen  und  abwiegen,  bei  aufwä- 
gen und  aufwiegen,  bei  auswägen  und  auswiegen,  wo  doch 
das  ie  in  wiegen  (analog  dem  in  liegen)  einen  halt  gab,  be- 
wiegen  für  bewegen  wird  aber  heute  gar  nicht  geschrieben, 
früher  kommt  es  mitunter  vor  (s.  bewiegen).  mhd.  schied  sich 
bewi^gen  pcndere,  perpendere,  bewiget  pcrpendit,  praet.  bewac, 
pari,  bewegen  rein  ab  von  bewegen  movere,  beweget  movet, 
praet.  bewegte,  pari,  beweget,  bewegen  reimt  auf  degen,  pflö- 
gen, rßgen  pliivia,  bewegen  auf  legen,  regen,  movere,  nhd. 
sollte  das  starke  bewegen  lauten  wie  regen  pluvia,  das  schwache 
wie  regen  movere,  legen  ponere,  man  pflegt  aber  auch  dieses 
mit  e  auszusprechen,  wofür  wir  ä  in  erwägen  schreiben,  im 
ablaut  wurde  die  reinheil  der  vocale  bald  aufrecht  erhalten 
(bewag  hewagen  bewegen,  wie  lag  lagen  gelegen),  bald  ge- 
trübt (bewog  bewogen  bewogen,  wie  wog  wogen  gewogen,  wob 
woben  gewoben),  endlich  das  i  in  bewigst  bewigt  allmälich 
zu  e  geschwächt  (bewegst  bewegt,  wie  erwägst  erwägt),  solche 
formstOrungen  müssen  auch  die  bedeutung  beeinträchtigen,  oder 
umgekehrt  aus  der  schwankenden  bedeutung  hervorgegangen  sein. 

1)  der  sinnlichen  bedeutungen  von  vigan,  wi?gan  sind  manche, 
als  ursprünglichste  mag  aufgestellt  werden  movere,  vibrare, 
unserm  alterthum  lag  zumal  die  vom  schwingen  der  wage  und 
wiege  nah  und  bewegen  war  pendere,  ponderare.  sie  er- 
scheint aber  nhd.  nur  selten: 

darnach  weil  gold  gold  an  sich  zog, 
ein  Silber  das  ander  bewög  {aufwö(.)e). 

froschm.  I.  2,  18(0  8'); 

ein  stimm,  recht  deutlich  und  bewogen. 
Kingwald  cvang.  J  6*, 
will  doch  wol  sagen  rein  abgewogen,    gleichgewichlig  ?     s.  be- 
wägen sp.  1762. 

2)  abgezogner  ist  bewogen  benevolus,  favens,  wofür  wir  heute 
gewogen  sagen,  doch  schw.  bevägen,  ddn.  bevaagen,  die  von 
uns  entlehnt  wurden:  das  die  brüder  ir  bewogen  gezeugnis 
halten.  Luther  3,  133;  mit  genade  bewogen  sein.  Schweini- 
CHEN  2,  20;    und  sie  mir  sonstcn  mil  allen  gnaden  bewogen 

war.    2,  305 ; 

seit  ihr  ein  junkher  und  habt  gell, 
möcht  ich  euch  basz  bewogen  sein. 

AvRKR  fasln,  sp.  115'; 
wem  Mars  bewogen  ist,  liegt  oben  durch  den  krieg. 
Opitz  2,  12; 

den  göltern,  die  ihm  wol 
und  gut  bewogen  sind,  mit  furcht  entgegen  laufen.    1,218; 


1769 


BEA\TGEN 


BEWEGEN 


1770 


welchen  sie  mit  mütterlicher  treu  bewogen  war.    Atq.  J,  167 ; 

nach  dem  groszen  sündenflusse 

salzte  gou  den  goadenbogen, 

wann  auf  strafe  folget  busze, 

ist  er  uns  wie  vor  bewogen.    Logac  1,  7,  74. 

kann  es  meinen  die  vragschale  neigt  sich  günslig  ?  oder  ist  es, 
ohne  bezug  auf  die  wage,  zugeneigt?  mehr  noch  unter  ge- 
wogen. 

3)  ahd.  mir  wigit  moteor,  molestum  mihi  est  (Graff  1,  656), 
luzil  piwigit  parvi  pendit  (1,  658),  mhd.  mich  «iget  höhe, 
magni  facio,  mich  wiget  ringe,  parvi  pendo  {gramm.  4,  23S). 
ebenso  noch  bei  Lcther:  oh  aber  jemand  der  unsern  Tie- 
leicht  bewegt,  wie  es  möglich  sei.  S,  7l';  mit  herzog  Geor- 
gen Sachen  haben  die  unsern  fast  unvorsichtiglich  gehandelt, 
dasz  michs  hoch  bewogen  hat.  br.  4,  GS3,  ila,  ut  moleste  fe- 
ram;  das  euch  bewegt,  ob  geidschuld  auch  ein  kreuz  sei. 
1,  427.  für  dies  unpersönliche  nhd.  mich  bewigt  hoch,  gering 
musz  es  noch  mehr  belege  geben. 

4)  häufiger  zeigt  sich  die  abstraclion  bewegen,  perpendere, 
erwägen:  Maria  aber  behielt  alle  diese  wort  und  beweget  sie 
in  ihrem  herzen,  ovfißcü.}.ovaa,  vulg.  conferen^,  golh.  |)agkjan- 
dei.  Luc.  2, 19,  richtiger  stände  hier  bewog,  erwog,  wie  in  der 
hernach  folgenden  stelle  Ayrers  bewogen ;  da  sagt  ich,  e.  hochw. 
wolle  das  wort  betrachten  und  fleiszig  bewegen.  Luther  1, 
119*;  s.  Petrus  zeucht  es  {das  itrtheil  gottes)  auch  an  und 
bewigt  es  hoch,  magni  pendit.  4,  51;  das  nu  jemand  möcht 
bewegen  (in  betracht  ziehen),  wie  Jacob  so  untrewlich  mit 
seinem  bruder  gebandlet  habe.  4,  152';  das  e.  k.  gn.  gne- 
diglich  wollten  bewegen  sein  armut  und  elende.  5,  265' ; 
denn  ich  habe  alle  zeit  meine  wort  also  gesetzt  und  zuvor 
bewogen.  6,  6';  so  wir  nu  dieses  stück  nach  vermögen,  das 
gott  verliehen  hat,  bewogen  und  behandelt  haben.  6,  394'; 
so  doch  für  banden  sind  gelerte  Juristen,  die  solchs  wol  zu- 
vor könden  hören  und  bewegen.  8,  41";  wie  grosz  solch  gab 
sei,  kann  niemand  genugsam  bewegen,  br.  2,  162 ;  e.  f.  gn. 
wollen  sie  {die  spräche)  lesen  und  bewegen.  3,  508;  und  ist 
das  mein  bewegen.  4,  201;  wir  haben  ewre  Schriften  em- 
pfangen und  mit  fleisz  gelesen  und  bewogen.  4,  358.  480; 
in  der  bibel  verwendet  Luther  den  ausdnick  nicht,  andere 
schripsteller  reichen  folgende  beispiele  dar:  so  bevelhen  wir 
dir,  "idu  wollest  die  Sachen  gruntlichen  und  nach  notturft  be- 
wegen und  ratschlagen,  wie  sollichs  anzufahen  sei.  Reuchlis 
augensp.  3";  sie  hon  es  gelernt,  nit  das  sie  dem  nachvolg- 
ttn,  sunder  das  si  es  kündten  bewegen  und  widerfechten 
(non  ut  sequantur  sed  ufjudicent  atque  convincant).  9*;  In- 
nocentius  hat  dise  materi  durch  vil  hochgelerter  bischofen 
lassen  ermessen  und  bewegen.  12';  so  bedenken  wir  auch, 
dasz  die  sache  noch  nicht  genugsam  bewogen,  wie  die  noth- 
wendigkeit  erheischt.  Mei.anchthox  1,  512;  achten  wir  uns 
für  unvennöglich  oder  können  und  wollen  nichts  thun,  so 
es  vorfällt,  der  zeit  halben  oder  von  wegen  andrer  umstände, 
das  lassen  wir  die  herren  bewegen  {überlegen).  3,  690;  ist 
auch  dieselbige  schrift  durch  viel  praedicanten  dieser  land 
besehen  und  bewogen,  die  sie  als  recht  und  christlich  ap- 
probieren. 7,  820;  die  alle  artikel  fleiszig  bewogen  haben. 
vorr.  zum  corp.  doctr.  ehr.  p.  ii;  disz  soll  hie  zugleich  wol 
bedacht  und  fleiszig  bewogen  werden,  p.  968 ;  in  dem  spruch 
ist  kein  dunkelheit,  wenn  man  die  sach  recht  bewigt.  Me- 
LA.'«cHTu.  hauptart.  verdeutscht  bl.  75 ;  das  hatten  sie  nie  be- 
wogen oder  bedacht.    Rihel  Lir.  489; 

man  weisz,  das  mancher  schlafen  ligt, 
und  träumend  künftig  ding  bewigt. 

ScuwARZCNBiae  152, 1 ; 
der  arzt  schawt  auf  und  wol  bewag. 

il.  Sachs  I,  157'; 
mit  Vernunft  ich  bewag.    1,278'; 
das  soll  billich  werden  bewogen.    AiKUi404*; 
wer  keines  wil  bewegen, 
der  wird  sich  leizlicli  legen 
ins  bette,  wo  die  Dämmen 
gehn  über  ihn  zusammen.     Logai;  3,  10,  2t  ; 

die  Sache  etwas  fleisziger  bewegen  als  zuvor.  Schweimiche-» 
3,136;  item  es  ist  zu  bewegen,  dasz  in  den  kriegsleuften 
nit  alle  ding  zu  bedenken,  wie  ich  sie  jetzt  beschreiben  mag. 
Frotisperg  1,  126*;  und  seine  mnder  hat  alles,  was  sie  ge- 
hört, das  von  diesem  kindlein  gesagt  wird,  fleiszig  in  ihr  herz 
bewogen.  Ayrer  proc.  2,  10 ;  so  wollet  ihr  es  mit  aufmerksa- 
men und  wülbewegenden  heraen  lesen.  Schcppius  469.  heule 
gilt  dafür  überall  erwägen. 


5)  sich  eines  bewegen  hatte  mhd.  den  privativen  sinn  sieh 
einer  sache  begeben,  abthun,  entschlagen,  zur  seile  wenden: 

Kriemhilt  in  ir  muote  sich  minne  gar  bewac.    Nib.  18,  1; 
vil  der  vamden  diete  ruowe  sich  bewac.  39,  2; 
sie  beten  sich  der  ruowe  mit  arbeite  bewegen.    1304,  2; 
nune  welle  got  von  himele,  sprach  Günther  der  degen, 
da;  ir  iucb  genäden  sült  an  uns  bewegen.    2114,  2; 
des  bewag  er  sich  ze  bant.    a.  Heinr.  1257-, 
der  antlitzes  sich  bewac 
.  nach  menschen  anilitze.    Parz.  119,  20; 
man  soi  und  muoj  sich  sin  bewegen.    Trist.  44,  29; 
so  muget  ir  iiich  (nicht  ouch)  min  wol  bewegen.    1S8,  31 ; 
und  welcher  friunde  ich  sol  phlegen 
unde  der  ander  mich  bewegen.    Bari.  120,  24; 
dur  die  er  vreuden  sich  bewac.    189,  38; 
mac  sich  waj^er  unde  mer 
ruowe  nibt  gein  in  bewegen.    235,  5; 
und  valscher  löre  sich  bewegent.    271, 14. 

wie  diese  bedeutung  aus  einer  positiven  entspringen  konnte, 
scheinen  die  stellen  zu  lehren,  die  keinen  gen.  enthalten,  aber 
einen  abhängigen  satz  mit  Verneinung  folgen  lassen: 

do  bewägen  si  sich  schiere, 

sine  Vcehten  niemer  wider  in, 

ern  tsete  sinen  lewen  in.    Jiv.  6710; 

wan  si  bäte  sich  bewegen, 

si  enwolie  niemer  gepHegen 

keiner  fröuden  über  al.    Flore  5791 ; 

sie  entschlossen  sich  nicht  zu  fechten,  sie  hatte  sieh  entschlos- 
sen keiner  freude  zu  pflegen,  und  ebenwol  hätte  mögen  gesagt 
sein:  sie  bewägen  sich  des  strites,  si  bäte  fröuden  sich  be- 
wegen, wie  umgedreht  jenes:  minne  sich  bewac  aufzulösen 
wäre  in:  si  bewac  sich,  sine  wolde  minnen.  solchergestalt 
zu  fassen  ist  auch  privatives  beteilen. 

nhd.  gieng  auch  dieses  sich  bewegen  über  in  sich  erwegen 
oder  verwegen:  etliche  aber  fielen  dahin,  das  sie  sich  des 
lebens  erwegeten  {f  erwogen),  weish.  Sal.  17,  15 ;  haften  sich 
ires  lebens  erwegen  (al.  erwogen),  stücke  in  Esther  7,  9 ;  also 
das  wir  uns  auch  des  lebens  erwegeten  igoth.  svasve  skama- 
dedeima  uns  jah  liban).  2  Cor.  1,  8.  sich  verwegen  sagt 
H.  Sachs: 

des  ich  mich  doch  gar  tet  verwegen.    III.  2,  39*; 

ich  musz  mich  sein  gleich  gar  verwegen.    IIl.  2,  116", 

sich  irs  lebens  verwagen  eis.    III.  2,  216' ; 

erst  musz  ich  mich  dein  ganz  verwegen.    III.  2,  253"; 

auch  hier  empfängt,  wo  der  gen.  abgeht,  verwegen  positive 
kraft: 

verwegen  het  ich  mich  zu  sterben.    III.  2,  221'. 

heute  sind  erwegen  und  verwegen  in  solcher  bedeutung  auszer 
gebrauch. 

6)  das  starke  und  schwache  verbum,  seit  bewigst  und  be- 
wigt verwischt  sind,  vermögen  wir  heute  am  praesens  gar  nifht 
mehr,  nur  am  praet.  zu  unterscheiden,  ich  bewog  heiszt  im- 
puli,  adduxi,  brachte  dazu;  ich  bewegle  agitavi,  commovi ; 
ich  bin,  werde  bewogen,  dahin  gebracht,  adducor,  inducor; 
ich  bin,  werde  bewegt,  agilor,  commoreor.  bewog  drückt  blo- 
szen  trieb,  antrieb,  bewegte  stärkere  einwirkung,  ersehütterung 
aus.  ich  bewog  ihn  zu  handeln,  du  bewogst  mich  zu  die- 
sem schritt ;  ich  bin  bewogen  nachzugeben  und  das  haus  zu 
verkaufen;  deine  worte  bewogen  mich  zum  nachdenken,  zur 
Überlegung;  bin  derhalb  darauf  bewogen,  euch  dies  kleine 
brieflein  zu-  schreiben.  Luthers  br.  4, 535 ;  in  a//en  diesen  bei- 
spielen  würde  nicht  gut  bewegte  und  bewegt  gesagt,  dagegen 
heiszt  es,  dieser  anblick  bewegte  mich  zu  thriinen,  zum  wei- 
nen, zum  larhen ;  ich  fühle  mich  heftig  bewegt ;  die  ganze 
Stadt  ist  bewegt  davon,  wo  bewog  und  bewogen  unzulässig 
wären,  bewegt  kann  {wie  erregt,  erschüttert,  aufgebracht)  ab- 
solut stehn,  niemals  he»vogen  impulsus.  man  dürße  zusam- 
men stellen :  dein  hartes  Schicksal  bewegle  mich,  es  bewog 
mich  dir  die  band  zu  bieten,  doch  laufen  die  grenzen  in 
einander  ttber,  und  beide,  bewogen  und  bewegt,  scheinen  in 
der  bedeutung  von  gerültrt,  angereqt  u.  a.  m.  statthaß.  so 
schrieb  schon  Mich.  Nea^der  menschensp.  32 :  die  worte  be- 
wogen mich,  d.  i.  rülirten,  bewegten;  als  er  disz  sähe,  ward 
er  gegen  ihn  mit  so  innerlicher  erbarmung  bewogen,  pers. 
baumg.  9,  9 ;  mir  träuinete,  ich  hiitte  dich  bflren  predigen 
mit  einer  so  lieblichen  stimme,  dasz  du  aller  deiner  zuhö- 
rer  gcmüler  bewogen  und  auf  deine   seile    gezogen    hättest 


1771 


BEWEGEN 


BEWEGEN 


1772 


j>ers.  rosenlh.  4, 12 ;  wann  ich  zur  ungedult  bewogen  {gelrie- 
ben) würde.  Schuppids  791; 

war  heniglich  bewogen  (erregt)  wider  die  Christen. 

Ringwald  evang.  G8'; 
Durus  hört  manch  spitzig  wort,  wird  dadurch  doch  nicht  be- 
wogen, 
hat  den  obren,  wie  man  meint,  einen  hämisch  angezogen. 

LoGAu  3,  5,  S4; 
hierdurch  zum  mitleid  bewogen.    E.  von  Kleist  2,  32 ; 
da  ich  mit  treuen  seufzern 
des  besten  mädchens  herz  bewog.    Hippel  7,  310. 

man  würde  heute  immer  bewegte  vorziehen. 

7)  am  meisten  fällt  uns  auf,  wenn  frühere  schrißsleller  be- 
wog ßr  sinnliches  bewegte  setzen: 

grosz  äugen  als  die  kesenepf, 

aus  weichen,  wenn  sie  die  bewogn, 

viel  hundert  tausend  funken  flogn. 

Ringwald  tr.  Eck,  K  (1590  J  5') ; 

so  wird  das  meer  auch  immer  vom  winde  bewogen  und 
schwüllet  dadurch  auf.    Praetorius  storchs  winterq.  304; 

der  hat  im  tanze  nicht  die  beine  recht  bewogen  {gerührt) 

Rachel  128; 
vergnüglichkeit  und  sanfte  stille, 
die  weder  mut  noch  leid  bewog.    IIaller  172  (164). 

auch  nnl.  liest  man:  geen  blad  aan  de  boomen  bewog  zieh, 
statt  des  üblicheren  bewegde  zieh,  dies  bewog  schiene  wol 
geeignet  sanftere  bewegung  auszudrücken:  der  wind  bewog, 
rührte,  trieb  die  blätter,  leo  auch  mhd.  bewac  oder  wac  denk- 
bar wäre,  und  diu  bleter,  löuber  sint  bewegen  statt  beweget. 
das  praes.  entscheidet  nicht: 

still  ist  luft  und  lüftchen  stille, 

was  bewegt  mir  das  gezweige?    Göthe  3,  38, 

früher  würde  bewigt  keinen  zweifei  gelassen  haben. 

BEWEGEN,  bewegte,  bewegt,  mhd.  bewegen,  bewegete  und 
beweite,  beweget,  nnl.  bewegen,  schw.  beveka  {mit  tenuis,  ne- 
ben jenem  bevägen),  dän.  bcvüge,  beide  von  uns  erborgt,  die 
bedeutung  ist  agitare,  commovere,  concutere,  heßiger  als  das 
vorausgehende  bewegen  bewog. 

1)  sinnliches  bewegen. 

o)  die  erde  bebete  und  ward  bewegt.  2  Sani.  22,  8 ;  der 
du  die  erde  bewegt  und  zurissen  hast.  ps.  60,  4 ;  darumb 
wil  ich  den  himel  bewegen,  das  die  erde  beben  sol  von  irer 
stet.  Es.  13, 13 ;  den  ich  bin  der  herr  dein  gott,  der  das  meer 
bewegt,  das  seine  wellen  wüten.  51,  15;  der  das  meer  be- 
wegt, das  seine  wellen  brausen.  Jer.  31,  35;  da  aber  gewäs- 
ser  kam,  da  reisz  der  ström  zu  dem  hause  zu  und  mochts 
nit  bewegen  {goth.  ni  mahta  gavagjan  ita).  Luc.  6,  48 ;  wollet 
ir  ein  ror  sehen,  das  vom  winde  beweget  wird  (raus  fram 
vinda  vagid).  Luc.  7,  14;  denn  ein  engel  fuhr  herab  und  be- 
weget das  Wasser.  Joh.  5,  4;  gleichwie  ein  feigenbaum  seine 
feigen  abwirft,  wenn  er  von  groszem  winde  beweget  wird. 
offenb.  JoA.  6, 13;  der  wind  bewegt  die  fahnen  auf  dem  dach. 
bemerkenswerth  das  goth.  vagid  von  vagjan  Luc.  7, 14,  wie  raus 
fram  vinda  vagidata,  aaXsvofievov  Matth.  11,  7 ;  ahd.  rora  fon 
winte  giwegita;  after*mitads  gavigana,  von  vigan,  fiär^ov  as- 
aaXevfievov,  mensura  coagitata,  bei  Llther  ein  gerüttelt  masz, 
Luc.  6,38,  was  mhd.  bewegen,  gewogen  mag  ausdrücken  würde. 
der  wind  bewegt  das  röhr,  der  sehe  ff el  wird  gerüttelt. 

b)  und  wil  den  fusz  Israel  nicht  mehr  bewegen  lassen 
vom  lande,  das  ich  iren  vetern  gegeben  habe.  Ikön.  21,  8; 
laszt  in  ligen,  niemand  bewege  seine  gebeine.  23,  18;  er 
kann  seine  band,  seinen  fusz  nicht  mehr  bewegen ;  das  haupt 
bewegen,  schütteln;  alsbald  er  den  rücken  kert,  so  rümpfest 
du  die  nas,  die  bewegst  du  mit  geberden  und  schlcchst  im 
also  den  muf  nach.  Keisersb.  s.  d.  m.  43';  und  bewegt  die 
zung  so  schnell.   48'; 

die  eilenbogen  freier  zu  bewegen.    Göthb  U,  327; 
unhewegt  und  stolz  will  keiner  dein  andern  sich  nähern, 
keiner  zum  guten  werte,  dem  ersten,  die  zunge  bewegen. 

40,  275. 

c)  da  ward  alles  hausgesind  über  den  esel  bewegt  mit 
Stangen,  stecken  und  steinen.  Steimiöwei.s  Esop  33 ;  der  früh- 
iing  bewegte  seine  auen  und  seine  blumen  unter  dem  scbleier 
von  Schnee.    J.  Paul  Hesp.  3,  89. 

d)  der  pendel  bewegt  die  rüder  der  uhr;  das  pferd,  der 
dampf  bewegt  den  wagen. 

e)  einen  wohin  bewegen,  amovere,  semovere:  man  suchte 
den  Schreier  in  ein  ncbenzimmer  zu  bewegen ;  dasz  durch 
der  singekuDst  lieblicbkeit  sie  den  himmei  selbst  mit  seinem 


gestirn  aus  seinem  ort  bewegeten.  Schüppius  779;  mit  dro- 
hen und  schimpfen  wollte  er  seinen  gegner  ins  nächste  gäsz- 
chen  bewegen,  um  die  sache  daselbst  auszumachen.  Göthe 
30,  185. 

2)  abstractcs  bewegen,  commovere,  concutere,  dessen  schwan- 
kender unterschied  von  bewegen,  bewog  vorhin  behandelt  wurde. 

a)  einen  bewegen,  geneigt  machen,  ßeclere,  mhd. 

vrou  Minne  muoj  si  mir  bewegen  ( :  legen).    Iw.  1637 ; 

nhd.  und  sie  dadurch  bewegt  gegen  im  wirt,  unkeuscheit 
halb.  Keisersb.  s.  d.  m.  32';  nicht  leicht  durch  Widerwärtig- 
keit zu  bewegen,  pers.  baumg.  7,  30 ;  ich  würfe  mich  vor  ihm 
nieder  und  flehte  ihn  an  . . .  aber  nein,  ich  bewegte  ihn 
nicht.    Klopstock  9,  330. 

b)  einen  bewegen,  excitare,  concitare:  aber  die  jüden  be- 
wegten (vulg.  concitaverunt)  die  andächtigen  und  erbarn  wei- 
hen apost.  gesch.  13,  50;  wiewol  den  fürsten  diese  händel 
übel  bewegeten.  Kirchhof  wendunm.  283';  damit  der  zorn 
gottes  nicht  bewegt  oder  gemehrt  werde.  Schuppiüs  752 ; 
ich  bin  an  meinem  ganzen  leibe  beweget,  dasz  ich  iiin  nur 
sehe.  pers.  baumg.  4,  4 ;  der  könig  von  Navarra  ward  am 
hofe  mit  einer  geringschätzung  behandelt,  die  jedermann, 
nur  die  Guisen  nicht,  bewegte.  Schiller  1103; 

auch  die  liebe  beweget  das  leben, 

dasz  sieb  die  graulichen  färben  erheben.    497*. 

c)  einen  bewegen,  reizen,  einnehmen: 

was  man  frei  Und  täglich  schauet,  pfleget  minder  zu  bewegen. 
LoGAU  2,  6,  79  ; 
jeden    ohne    unterschied   reizt   der  nahe   gewinn,    aber   nur 
grosze  Seelen  wird  das  entfernte  gute  bewegen.  Schiller  893 ; 

und  wen  des  rosses  wiehern,  das  gebelle 
der  kuppelhunde  nur  bewegt.    Gotter  1,  97. 

d)  einem  herz  und  mut,  einen  im  herzen  bewegen,  rüh- 
ren, mhd, 

daj  beweget  im  den  muot.    Iw.  4859; 

nhd.  das  bewegt  mir  das  herz,  bewegt  mich  im  herzen; 

doch  im  das  buch  sein  herz  und  mut 

also  genzlich  und  gar  beweget.    H.  Sachs  II.  2,  88*; 

das  thut  im  herzen  mich  bewegen.    III.  2, 187'; 

denn  viel  lassen  sich  mit  golde  stechen  (==  bestechen,  oben 
sp.  1663)  und  bewegt  auch  wol  der  könige  herz.    Str.  8,  3 ; 

und  tief  bewegten  gesänge 

des  berzens  innigsten  grund.    Göthe  1,  104. 

e)  einen  in  zorn,  mitleid  bewegen :  wer  weis«,  wie  er  in 
zorn  bewegt  ist  gewesen.  Keisersb.  s.  d.  m.  15';  wurden  sie 
in  zorn  bewegt.  Aimon  i ;  durch  solche  klag  wurden  die  män- 
ner  in  erbarmung  beweget,  buch  der  liebe  87,  1;  es  beweget 
mir  mein  herz  in  ein  solches  mitleiden.  88,  l.  auch  auf 
und  an:  wie  können  wir  uns  denn  auf  ewre  meinung  bewe- 
gen lassen.  Luther  4,  376' ;  was  beweget  die  zwei  richter  an 
der  thorheit,  welche  sie  mit  Susannen  verüben  wollten? 
Schuppiüs  516. 

/)  einen  zu  etwas  bewegen :  wan  der  bauch  von  wein  gir- 
ret, so  wirt  er  leichtlich  zu  unkeuscheit  bewegt.  Keisersb. 
s.  d.  m.  5" ; 

das  selbig  sie  beweget 

zu  solchem  groszen  neid  und  hasz. 

H.  SachsIH.  2,  204"; 
es  bewegt  ihr  ehestand 
hagestolze  selbst  zum  neide.    Gotter  1,51; 

was  bewegte  herrn  Eberhard  zu  einer  solchen  seltsamen  Ver- 
wickelung? Kant  3,  339;  das  bewegt  mich  zu  thränen,  zum 
lachen,  häußg  bewegt,  wie  sonst  bewogen,  impulsus,  mit  fol- 
gendem infinitiv :  sihe  zu,  das  dich  nicht  vielleicht  zorn  be- 
wegt habe  jemand  zu  plagen.  Hieb  36,  18;  lasz  deine  seele 
nicht  bewegt  werden  in  zu  tödten.  spr.  Sal.  19,  IS ;  so  wirt 
der  bös  geist  bewegt  zu  antwurten.  Keisersb.  s.  d.  m.  24"; 
denn  es  ist  unecriich,  da  einer  die  leul  ze  lachen  bewegt, 
und  acht  nit,  ob  es  im  wol  anstand  oder  übel.  53';  ich 
bin  bewegt  worden  aus  christlicher  liebe  und  sorge  an  euch 
diese  schrift  zu  thun.  Luther  3,  loo';  ich  bin  newlich  gefal- 
len on  geferde  (ungefähr)  in  die  geschichte  des  concilii  zu 
Constenz,  bin  daraus  bewegt,  diese  sprüche  dawider  zu  se- 
tzen. 6,  318';  künig  Florcis  hörte  so  viel  lobs  von  der  ge- 
sellschaft  der  tafeirunde  sagen,  dasz  er  dardurch  bewegt  ward, 
solches  in  eigener  person  zu  erfahren,    buth  der  liebe  382,1; 

aber  du  wirst  uns  mit  bewegen, 
unser  hend  auch  an  dich  zu  legen. 

11.  Sachs  HI.  2,  78»; 


1773 


BEWEGEN  —  BEWEGLICH 


BEWEGLICH— BEWEGT 


1774 


diese  (stanzen)  zogen  mich  an  und  nöthigten  mich  vor-  und 
rückwärts  zu  gehen,  wodurch  ich  denn  gar  bald  bewegt  ward 
vom  anfange  anzufangen.    Göthe  45,  223. 

g)  etwas  bewegen,  erschüttern :  sihe  auch  noch  nicht,  das 
meine  gründe  daselbs  gelegt,  recht  sind  angegriffen  oder  be- 
wegt.   Luther  3,  2S5. 

/i)  etwas  bewegen,  berühren :  hier  kommt  gar  vieles  zur 
spräche,  das  zwar  schon  mehrmals  bewegt  worden  ist,  aber 
nie  genug  ausgesprochen  werden  kann.   Göthe  45, 10. 

3)  sich  bewegen,  moveri,  commoreri,  sich  rühren:  da  er 
sähe  Mardachai  im  thor  des  küniges,  das  er  nicht  aufstund, 
noch  sich  für  im  beweget.  Esth.  5,  9 ;  und  die  krefte  der  him- 
mel  werden  sich  bewegen  {goth.  jah  mahteis  J)üs  in  himinam 
gavagjanda).  Marc.  13,  25;  die  warteten,  wenn  sich  das  was- 
ser  bewegete.  Joh.  5,  3 ;  und  da  sie  gebetet  hatten,  beweget 
sich  die  statte,  da  sie  versammelt  waren,  npost.  gesch.  4,  31; 
schnell  aber  ward  ein  groszes  erdbeben,  also  das  sich  be- 
wegten die  grundfeste  des  gefangnis.  16,  26 ;  denn  die  natur 
beweget  sich  in  ihm,  wie  er  auch  sein  natürlicher  vatter 
war.    buch  der  liebe  19, 1 ; 

all  mein  krefl  ifaun  sich  bewcpren. 

H.  Sachs  III.  2,42'; 

0  meine  seele,  du  bist  ja  würdig  verbrennet  zu  werden, 
warumb  solstu  dich  dann  über  ein  wenig  asche  bewegen 
(erxünien)^  pers.  batmig.  4,  3;  bewege  dich  nicht  über  die 
reden  dieses  geplagten  und  ganz  verfährten  (erschrocknen) 
mannes.   4,  ll ; 

ziehet,  ziehet,  hebt! 

sie  bewegt  sich,  schwebt!    Schiller  SO'; 

wer  mit  der  ehrenbinde 

bewegt  sich  stolz  voraus?    Göthe  1,  129;    .    ■ 

da  erklingt  es  wie  von  flügeln, 

da  bewegt  sicbs  wie  gesang.    23,6; 
dem  die  ewigen  melodieen 

durch  die  glieder  sich  bewegen.  41,230; 
SO  bewegte  sich  auch  in  dem  täglichen  zusammenleben  un- 
serer freunde  fast  alles  wieder  in  dem  alten  gleise.  17,  396 ; 
man  gestand  sichs  nicht  ausdrücklich,  aber  man  verleugnete 
es  nicht,  dasz  man  sich  unter  geistes-  und  gefühlsverwand- 
ten bewege.  26,  26 ;  Schöpflin,  der  sich  in  der  hohem  Sphäre 
des  Staatsrechts  zeitlebens  bewegt  halte.  26,  49 ;  unsere  ge- 
schäftsmänner  und  diplomaten  bewegten  sich  nun  nach  Dres- 
den. 31,  52;  ein  weites  hüglichtes  thal  bewegt  (erstreckt) 
sich  zwischen  zwei  ansteigenden  bügeln  gegen  den  Hunds- 
rück.   43,  252. 

BEWEGEN,  n.  motus: 

tausend  fleiszge  bände  regen, 

helfen  sich  in  muntrem  bund, 

und  in  feurigem  bewegen 

werden  alle  krnrie  kund.    Schillkk  79*. 

da  wird 
ein  augenblicklich  brausen  und  bewegen, 
der  markt  belebt  sich.    Schiller  366*. 

BEWEGER,  m.  motor:  was  sich  reget,  das  platzen  wir  an, 
den  bewcger  aber  lassen  v*ir  hin.  kriegsb.  des  friedens  15S; 
die  geheimen  beweger  der  ganzen  maschinerie,  wodurch  Julia 
zu  gründe  gerichtet  wurde.  Wieland  24,  375;  die  drei  groszen 
beweger  des  menschlichen  gemütes,  glaube,  liebe  und  hofnung. 
27,  339; 

aber,  der  krieg  auch  hat  seine  ehre, 

der  beweger  des  menschengeschicks.    Schiller  497"; 

gestern  noch  der  belebende  geist,  der  groszc  und  einzige  be- 
weger seiner  Schöpfung.  967;  aber  dazu  sucht  eben  das  er- 
staunte Volk  einen  leiter,  beweger.  Klincer  12,  302. 

BEWEGGRUND ,  m.  causa,  ratio,  grund,  antrieb.  Klinger 
11,  249.  257.     j.  bewegungsgrund. 

BEWEGIG,  mobilis,  leicht  su  bewegen : 
ob  «olche  herschafi  wird  unwillig 
der  unierihan.  und  nu-ht  unbillig', 
und  wild  bcwcgig  zu  aufruhr.    II.  Sachs  IV.  2,  70". 

BEWEGKRAFT,  f.  vis  movens. 

BEWEGLICH,  l)  mobilis,  qui  moteri,  amoveri  polest,  regsum, 
veränderlich:  bewegliches  gut;  bewegliche  feste;  das  beweg- 
liche sol  verändert  werden,  als  das  gemacht  ist,  auf  das  da 
bleibe  das  unbewegliche.  Ehr.  12,  27 ;  siebet  sich  dann  der 
mensch  selber  an,  und  betrachtet  diese  seine  edle  gestalt, 
disz  bewegliche  haupt.  Opitz,  rorr.  :u  Grotius  s.  276;  wenn 
in  seiner  (Hamlets)  zarten  seele  der  liasz  aufkeimen  konnte, 
so  war  es  eben  nur  so  viel  als  nöthig  ist,  «im  lieweglichc 
und  falsche  höflinge  zu  verachten.  Göthe  19,  28 ;  es  schien 
ftls  wollte  jeder  sich  nur  von  allem  entblüszeo,   was   er  nur 


bewegliches  (an  fahrender  habe)  besasz.  24,  154;  ich  erinnere 
mich  seiner  als  eines  angenehmen,  beweglichen  und  dabei 
zarten  mannes.  24, 122;  die  älteren  personen,  mülter  und  tau- 
ten, weniger  beweglich.  26,  34;  auf  einem  hintergrunde  von 
schwankenden  baumzweigen,  beweglichen  bächen,  nickenden 
blumenwiesen.  26,35;  gar  viele  menschen  sind  noch  jetzt  an 
ihm  (Wielaud)  irre,  weil  sie  sich  vorstellen  der  vielseitige 
müsse  gleichgültig  und  der  bewegliche  wankelmütig  sein.  32, 
257 ;  wenn  der  mond  sein  bewegliches  bild  auf  der  leise  wo- 
genden Wasserfläche  einem  jeden  schlängelnd  entgegen  schickt. 
33, 149 ;  in  dem  alter  war  ich  beweglicher  und  entzündbarer 
als  sie.  Gotter  3,  251. 

2)  nioie«5,  commorens,  bewegend,  bedenklich,  rührend,  vehe- 
mens,  gravis:  ob  aber  solche  furcht  beweglich  sei,  das  sol 
man  abnemmen.  Luthers  tischr.  32l' ;  bewegliche  Ursachen. 
Phila.nd.  J,  11,  sonst  auch  bewegende  Ursachen ;  rede  den  räu- 
bern mit  beweglichen  worten  zu.  peis.  rosenlh.1,ib;  mit  be- 
weglichen Worten  beschreiben.  Schcppius  127;  manch  beweg- 
liches trauriges  liedlein.  13S;  des  hochgelahrten  Heinsii  be- 
wegliche und  schöne  elegia.  Brandts  Taubmann  84;  eine  stimme 
sanfter  melancholie,  an  deren  bewegliche  saiten  die  einbre- 
chende dämmerung  und  der  klang  der  abendglocke  von  dem 
nahen  kirchthunn  noch  bänger  und  düsterer  ansprach.  Hih- 
ZEL  E.  br.  2,65;  Klopstocks  bewegliche  seele.  2,224. 

BEWEGLICH,  adr.  potenter,  rührend:  er  besann  sich  also 
keinen  augenblick  ihm  die  freiheit  wieder  zu  schenken,  um 
die  er  ihn  so  beweglich  zu  bitten  geschienen  hatte. 

BEWEGLICHKEIT,  f.  mobilitas,  Veränderlichkeit,  regsam- 
keit:  welchen  gegenten  mit  der  beweglichkeit  der  zeit  und 
glucks  die  namen  drei  oder  viermal  verkert  worden  sind. 
Frank  weltb.  74";  dahero  findet  man  in  so  schwämmichten 
menschen  weder  geschicke  noch  beweglichkeit.  Lohenst.  Arm. 
1,  202;  reizbarkeit  und  beweglichkeit,  begleiterinnen  dichte- 
rischer und  rednerischer  talente,  beherschten  ihn  (Wieland) 
in  einem  hohen  grade.  Göthe  32,  241 ;  wenn  er  sich  der  ma- 
nigfaltigkeit  seiner  emplindungen,  der  beweglichkeit  seiner  ge- 
danken  überliesz.  32,  258. 

BEWEGNIS,  f.  n.  malus,  bewegung. 

1)  bewegung:  alle  menschliche  neigung,  bewegnus  und  an- 
mütigkeit.  Mei^anchthons  anweisung  in  der  h.  sehr,  deutsch  von 
Spalatin  f.  133;  ich  wil  jetz  andere  bewegnus  des  gemüts 
geschweigen.  Petr.  lU";  und  nimpt  unser  affect,  willen  und 
bewegnus  an.  Frank  paradoia  59 ;  der  lauf  und  bewegnus 
des  himmels.  Frank  27 ;  sein  krankheit  gründlicher  aus  seiner 
red,  gestalt  und  bewegnis  des  leibs  zu  erfaren.  chron.  101'; 
des  Schadens  halben  der  sinnen  und  bewegnus  der  glidcr. 
Bracnschweig  53 ;  (rfer  ßsch)  ist  zu  seiner  grösze  ganz  schnel- 
ler bewegnus.  Forer  81* ; 

ihr  sinn  steht  klippenfest,  an  dem  der  Ihränen  flul, 
noch  meiner  seul'zer  wind  nicht  ein  bewegnus  thut. 
Nkcmaric  lustw.  144. 

2)  beweggrund :  bewegnus  und  ursach  schöpfen,  cammerger. 
ordn.  von  1521. 12,  2  ;  in  der  fünften  bewegnus.  Relchlin  verst. 
4*;  unter  viel  andern  bewegnussen.  Lehmann  160;  andere  Ur- 
sachen und  bewegnussen,  die  erdacht  werden  können.  Schlp- 
pius  19 ;  dazu  haben  mich  allerhand  wichtige  und  erhebliche 
bewegnussen  veranlaszt.  Spangenberc  lustg.  vorr.  oft  ßr  motu 
proprio:  sonder  zweifei  nicht  aus  eigner  bewegnus.  Chmels 
Maxim,  s.  58  o.  1495;  boten  mir  auch  aus  eigener  bewegnus 
gnade  an.  Schweimchen  3,  215;  aus  eigener  bewegnus.  bie- 
nenk.  131" ;  sie  tut  alles  aus  eignem  bewegnus.  Bctschkt  kan:l. 
471.600;  aus  eigener  bewegnis.  Liscov2l9. 

3)  riütrung:  aus  bewegnus  und  mitleiden.  Philand.  1,  69. 
BEWEGS.\M,  beweglich :  alles  was  uns  bewegsam  erquickte, 

musik,  tanz.  Göthe  39,  206. 

BEWEGSAMKEIT,  f.-  voll  vorsieht,  bcwegsamkeit,  muth  und 
Schlauheit.  Ardiughelln  2,  228. 

BEWEGT,  motus,  commolus. 

1)  von  zom  bewegt,  aufgebracht :  und  nil  seind  als  bewegt 
über  uns.  i4imon5;  ein  bewegter  mann  nichts  gutes  machen 
kann.  Lehmann  10. 

2)  erregt,  gerührt,  schwankend: 

welches  glück 
dringt  aus  bewegtem  biisen  sich  hervor!    GöTnc9,  290; 
»0  hast  du  lange  nicht,  bewegtes  herz, 
dich  in  gcmesznen  worten  autgesproclien.    9,292: 

vor  den  bächern  des  Schicksals,  in  denen  der  Sturmwind  des 
bewegtesten  iebens  saust.  18,  309 ;  wie  freut  mich  die  gemüts- 
vcrfassung   in   der  idi   sie   sehe,   versetzte  Jarno,   und  legte 


1775 


BEWEGTRIEB —BEWEGUNG 


BEWEGUNGSFERTIGKEIT  — BEWEHREN    1776 


dem  bewegten  jüngling  die  band  auf  die  schulten  18,  311; 
er  kommt  über  auen  und  wiesen,  umgeht  auf  trockncm 
anger  manchen  kleinen  see,  erblickt  mehr  bebuschte  als 
waldige  hügel,  überall  freie  umsieht  über  einen  wenig  be- 
wegten (coupiciicn)  boden.  22, 152 ;  wir  mögen  den  grundbe- 
sitz  als  einen  kleineren  theil  der  uns  verliehenen  guter  be- 
trachten, die  meisten  und  höchsten  derselben  bestehen  aber 
eigentlich  im  beweglichen,  und  in  demjenigen  was  durchs  be- 
wegte leben  gewonnen  wird.  23,  119;  man  wies  uns  auf  die 
betrachtung  eines  bewegten  lebens  hin,  das  wir  so  gern  führ- 
ten. 25,222;  ihn  freut  nun  selbst  dieses  bewegte,  arbeitsame 
leben.  28,71;  mir  scheint  die  idee  äuszerst  zart,  die  compo- 
sition  bewegt,  natürlich' und  glücklich,  höchst  reizend  ausge- 
führt, das. ;  die  börse  war  iieute  sehr  bewegt. 

BEWEGTRIEB,  m.  was  beweggrimd,  antrieb. 

BEWEGUNG,  f.  motus,  wie  bewegnis. 

1)  äuszcrc  bewegung,  bewegung  des  leibs,  der  glieder;  be- 
wegung  ist  dem  leibe  gesund;  bewegung  von  einem  ort  zum 
andern ;  die  bewegung  der  gestirne ;  leise  bewegung  bebt  in 
der  luft.  GöTiiE  1,  91.  die  gewöhnliche  deßnilion  ist:  bewe- 
gung =  stetige  Veränderung  des  orts.  Kant  sagt  8,  458,  bewe- 
gung eines  dinges  ist  die  Veränderung  der  äuszeren  Verhält- 
nisse desselben  zu  einem  gegebenen  räume. 

2)  öffentliche  bewegung:  es  erhub  sich  aber  umb  diesclbige 
zeit  nicht  eine  kleine  bewegung  über  diesem  wege  (tä^axos 
oix  oXiyos).  apost.  gesch.  19,  23 ;  zur  aufruhr  und  bürger- 
lichen bewegungen  getrieben.  Schüppius  722;  musz  der  mann 
niclit  unsinnig  sein,  dasz  er  über  diese  kleinigkeit  solche  be- 
wegung (aufsehen)  macht.  Rabener  3,  97 ;  Lavaters  erschei- 
nung  in  der  gegend  von  Frankfurt  hat  grosze  bewegung  ge- 
macht. GöTHE  an  Knebel  35 ;  von  dem  augenblick  an  war  die 
Stadt  in  ununterbrochener  bewegung.  24,  310 ; 

des  schnellsten  lebens  lärmende  bewegung.    2,  113; 
niclit  dem  Deutschen  geziemt  es,   die  rürchterliche  bewegung 
forizuleiten,  und  auch  zu  wanken  hierhin  und  dorriiin. 

40,  337. 

3)  innere  bewegung,  regung:  das  musz  aber  geschehen  mit 
herzlicher  bewegung  und  ernst,  das  uns  solch  aller  menschen 
notdurft  zu  herzen  gehe.  Luther  1,  240';  sie  haben  ein  einige 
bewegung  irer  meinung,  die  ist  also  getlian.  1,  404" ;  wie  ich 
von  ewern  geschickten  höre,  so  ist  die  taufe  auch  recht  bei 
euch,  on  das  mir  das  ein  grosze  bewegung  («nru//e)  gibt, 
das  ir  die  jungen  kinder  teufet  auf  zukünftigen  glauben,  den 
sie  lernen  sollen,  wenn  sie  zur  Vernunft  komen.  2,  229';  es 
seind  cilf  bewcgningen,  die  den  menschen  treiben,  einen  zu 
frölicheit,  den  andern  zu  traurikeit.  Keisersb.  s.  d.  m.  9" ; 
gedenk,  wer  weisz,  bettest  du  die  bewegung  zu  zorn  gehaben 
als  er,  du  bettest  villeichtert  gröszers  gelhon.  30';  darumb 
die  wort,  die  also  herausz  gond  ausz  bewegung  der  hoffart, 
seind  todsünd.  56";  da  ist  kein  herzbewegung  nit,  noch  hitz 
noch  Inbrunst  in  uns.  84";  damit  alsdann  eure  und  der  an- 
dern unsrer  mitverwandlen  theologen  bedenken  und  bewe- 
gung möchten  zusammengetragen  werden.  Melanchth.  3,  870; 
dasz  in  so  vielen  unnachlässigen  geists  und  leibs  müh,  arbeit 
und  bewegungen  ich  so  viel  poetisiert.  Weckherlin  vorr.  zu 
den  weltl.  ged. ; 

dein  herz  hat  gott  trerührt, 
gehorche  dieser  himmlischen  bewegung.    Schiller  419. 

oß  mit  dem  folgenden  eins. 

4)  beweggrund,  antrieb :  aus  der  bewegung  {auf  antrieb)  der 
liebe,  so  du  zu  im  hast.  Keisersb.  s.  d.m.hb';  dazu  sie  gar 
grosze  Ursachen  und  bewegungc  hatten.  Lijther  3,  254;  das 
ist  die  ursach  und  bewegung.  br.  1,  510 ;  wie  durch  ratli  eins 
alten  ritlers  und  eins  priesters  bewegung  Beinharten  künig 
Yens  Schwester  versprochen  ward.  Aimon  J2;  wer  weisz  so- 
gar, ob  selbst  Nicolaus  der  zweite  sie  aus  eigner  bewegung 
wieder  vorgenommen  hätte?  Lessing  8,  406. 

5)  in  bewegung  setzen,  bringen,  vieltre  en  mouvement :  der 
Zuschauer  will  unterhalten  und  in  bewegung  gesetzt  sein.  Schil- 
ler 487;  die  stände  brachten  ihr  groszes  Privilegium  wieder  in 
bewegung  (anreijxn^).  815;  diese  ansprUche  brachte  Innocentius 
jetzt  in  bewegung.  1038;  sein  gröszler  stolz  war,  die  menschen 
stufenweise  in  bewegung  zu  setzen.  Götiie  19,  120;  um  nun 
aber  einen  falschen  salz  mit  beweisen  zu  verdecken,  ward 
hier  abermals  die  sämmtliche  mathematische  rüstkammer  in 
bewegung  gesetzt.  32,  123;  alles  was  die  rädcr  des  Staats  in 
zweckmäszige  bewegung  setzt.  KLiNCERt2, 172;  der  lange  zug 
setzte  sich  nur  schwer  wieder  in  bewegung. 


BEWEGUNGSFERTIGKEIT,  f  jedes  thier  hat  angeborne 
bewegungsfertigkeiten.  Fichte  naturr.  91. 

BEWEGUNGSGESETZ,  n.  unter  bewegungsgeselzen  ver- 
steht man  nicht  blosz  die  regeln  der  beziehung,  die  die  sto- 
szenden  körper  einer  in  ansehung  des  andern  bekommen, 
sondern  vornemlich  auch  die  Veränderung  ihres  äuszeren  zu- 
standes  in  absieht  auf  den  räum.  Kant  8,  437. 

BEWEGUNGSGRUNÜ,  m.  causa,  ratio,  motiv: 

doch  sie  (die  Selbstliebe)  verknüpft  sich  auch  mit  den  bewe- 

gungsgründen, 
in  andern,  wie  in  uns,  das  gute  schön  zu  finden. 
IUgkoor.n  1,  45; 
solche  bewegungsgründe  sind  wol  nicht  viel  besser,  als  wahre 
Zwangsmittel.  Gellert;  ein  einziger  bewegungsgrund,  dem  ich 
lange  und  ernstlich,  nachgedacbt  habe.  Lessing  6,  128 ;  durch 
viele   in    der   sache   liegende  bewegungsgründe  dazu  aufgefo- 
dert.  Wieland  1,  v;    dich  von  der  lauterkeit  der  bewegungs- 
gründe  tiberzeugen,    welche   mich  so  gegen  dich  zu  handeln 
angetrieben  haben.  1,  228 ;  aus  verschiedenen  bewegungsgrün- 
den.  Schiller  673 ;  ein  körperlicher  stosz  ist  noch  kein  geisti- 
scher bewegungsgrund.   Lichtenberg  3,  116. 

BEWEGUNGSLEUGNER,  m.  überhaupt  aber  sind  alle  oppo- 
sitionsmänner,  die  sich  aufs  negieren  legen,  und  gern  dem 
was  ist  etwas  abrupfen  möchten,  wie  jene  bewegungsleugner 
zu  behandeln.  Göthe  an  Schiller  225. 

BEWEGUNGSLOS,  motu  carens,  unbeweglich,  slarr: 
bewegungslos  starr  ich  das  wunder  an.    Scbiller  495'. 
BEWEGUNGSQUELLE,  f.  die  allgemeine  bewegungsquelle 
der  natur,  die  anziehung.  Kant  8,  292. 

BEWEGÜNGSURSACHE,  f.  eine  innere  handlung  aus  be- 
wegungsursachen.  Kant  1,  38  ;  der  rang,  zu  welchem  man  mich 
erheben  will,  ist  vielleicht  nicht  eine  von  den  geringsten  be- 
wegungsursachen.  Rabener  3,  248.     s.  das  folgende. 

BEWEGURSACHE,  /".  im  physikalischen  sinn.  Kant  1,39; 
aber  alles  dies  aus  höheren  antrieben  und  bewegursachen  der 
letzten  dinge.  Öttinger  grunrft.  des  7J.  ^  387;  bei  vielen  unsrer 
heutigen  scribenten  sind  die  bewegursachen  eigennützig  und 
voller  leidenschaffen.  Rabener  2,  196;  aus  edlen  oder  eigen- 
nützigen bewegursachen.  Wieland  3,  123;  die  unedelsten  be- 
wegursachen. 7,204;  von  den  bewegursachen  ihrer  handlungen 
zu  urtheilen.  13,  246 ;  ich  war  mir  dieser  bewegursaclie  nicht 
bewust.  28,  216;  den  willen  durch  nichtswürdige  bewegursa- 
chen übenvinden  lassen.  Claudius  8,  67.  häußg  gleichviel  mit 
beweggrund,  obgleich  sich  zwischen  beiden  unterscheiden  Idszl 
wie  zwischen  Ursache  und  grund. 

BEWEHEN,  afflare,  anwehen,  umwehen,  nnl.  bewaaijen : 
der  luft  wird  dich  bewehen.  Pelr.  222' ; 

ruhig  schlummert  am  bache  der  Mai  ein, 
liesz  rasen  den  lauten  donnersturm, 
lauscht  und  schlier,  beweht  vofl  der  blute, 
und  wachte  mit  Hesperus  auf.    Klopstock  1, 190; 
vom  weste  Leweht.    2,  64 ; 
frohes  gelüft  die  slaude  heweht.    2,  76; 
wenn  die  winde  die  stoppeln  bewehen.    Hölti; 

stille  weise 
werden  sanfter  dir  beweht.    Schubart  ged.  2, 118; 

jedes  Wortgepolter   säuselt   und   gleitet  weich   bewehend  an 
läppchen  von  obren  vorüber.  J.  Paul  aeslh.  2,  221. 

BEWEHREN,  ahd.  piwerian  (Graff  1,926.927),  1)  armore: 
hierzu  dann  nötig  ist  einer  bewehrten  band,  kriegsmacht  und 
rüstung.  Kirchhof  disc.  mil.  vorr. ;  mit  bewehrter  hando.  Rihel 
Liv.  7 ;  im  fall  aber  einer  ohne  bewerte  band  jemand  verge- 
waltiget. Ayrer  ;)roc.  1, 11 ; 

seither  dasz  unser  sladt  verschanzet  und  bewehret, 
seither  ist  unser  land  verwüstet  und  verlieret. 
LoGAU  1,  1,  75; 
den  ort  mit  stürm  dem  feinde  abgenommen  und  was  bewehrt 
darinnen  angetroffen  worden,    nidergemacht.    Butschky  kanzl. 
182 ;  weil  er  auch  nicht  leiden  konnte,  das  das  volk  und  der 
adel  bewehrt  waren.    Vatm.  919;   ehe  wir  aber  vor  den  wald 
kamen,  sahen  wir  ohngcfehr  einen  bauren  oder  zehen,  deren 
ein  theil  mit  feuerrohren  liewelirt.  Simpl.  1,  51.  52;    schickte 
seinen   gerichtshalter   mil   zwanzig    bewehrten    mannen,    pol. 
stock f  305; 

mit  wüsten  rings  umher  bewehret.    Rablir  1,  4t ; 
bewehrt  durch  deiner  lehre  macht.    Voss  4,  5; 
bewehre  mit  dein  sjiiesz  die  rechte, 
und  nieder  steig  icli  zum  gefccbte.    SchillirGC'; 

wie  gern 
der  fromme  mann  hier  seinen  kleinen  groll 
mil  meines  zornes  ricscnarin  bewehrte.    274*; 


1777 


BEWEHKLAGEN — BEWEINEN 


BEWEINEXS  WERTH — BEWEISEN       1778 


er  ist  bewehrt,  eotreiszt  ihm  seiaen  dolch.    433'; 

bald  mit  blitz  bewehrt,  durchleuchtet 

als  ein  aar,  die  luft  der  glaube.    Plate.n  63*. 

2)  armis  defendere,  beschirmen,  so  das  ahd.  piwerian; 

dasz  es  in  tag  und  nacht  bewahret  und  bewehret. 

Weckherlin  1 ; 
der  pfleget  nu  die  rrommen  zu  bewehren.    42. 
BEWEHKLAGEN,  deplorare,  beklagen:  und  wird  die  erfül- 
ItiDg  gnugsamb  bewebklaget.  Chr.  A.ndreae  &u$zposau7ie  A2. 
BEWEIBEN,  uxorem  dare,  duceie, 

1)  maritare,  franz.  marier,  nuplui  Iradere:  er  beweibet  seine 
söhne  auch.  Aimon  DS; 

er  ist  so  böslich  beweibt.    Waldis  Es.  4,  &4; 

man  find  manchen  Trommen  mann, 

der  doch  so  böslich  ist  beweibl.    Woigemct  £«op  2,  455; 

gott  bleibt  goit,  nimmt  weg  rosinen,  und  rosinen  gibt  er  her, 

Witwer  wieder  zu  beweiben  ist  ihm  desto  minder  schwer. 
l.OGAO  1,  7,  7  ; 
da  Bian  noch  zur  zeit  keinen  beweibten  {pfarrer)  halten  dorfte. 
Matbesids  136*;  beweibte  küster  und  glückner.  Möseb  3,193; 
nach  vollendeten  Studien  führte  er  einen  Jüngling  nach  der 
Schweiz,  wo  er  eine  Zeitlang  blieb  und  beweibt  zurück  kam. 
GöTHE  26,  95. 

2)  sich  beweiben,  se  marier,  uxorem  ducere,  freien,  vgl. 
sich  bemannen :  so  thun  ich  einen  eid  zu  gott,  mich  nicht 
mer  zu  beweiben.  Aimon  D3;  der  vatter  solt  kein  recht  mer 
gegen  seinem  son  haben,  so  er  aus  seinem  geheisz  sich  be- 
weibet helt.  Frans  wellb.  75'; 

dasz  sie  {Vasti)  der  könig  thut  austreiben, 

und  thut  mit  Hester  sich  beweiben.    H.  Sacbs  IT.  1,  IS'; 

also  wird  gefragt  ein  mann,  der  sich  neulich  hat  beweibt. 

LoGiu  I,  <U,  63; 
so  soll  ich  mich,  echo,  dann  noch  nicht  beweiben? 
*ei  lasz  es  bleiben.'    2,6,34; 

wann  s.  Andreas  abend  kümt,  pflegt  jeder  der  sich  wil  beweiben, 
auch  die  die  sich  bemannen  wil,  ein  hitziges  gebet  zu  treiben. 

3,  zug.  205 ; 
bald  willst  du,  Trili,  nnd  bald  willst  du  dich  nicht  beweiben. 

Lessi.ng  1,  19; 
ein  kericben  wie  du  kann  leicht  sich  besser  beweiben. 

WtELA.ND  4,  151. 

BEWEICHEN,  emollire,  erweichen: 
dö  her  si  nicht  beweicben  künde,    myst.  65,  35; 
steht  fest,  und  leszt  sich  nicht  beweichen 
ir  federjesen  und  pflaumensireichen, 
da  schleicht  der  Schmeichler  weg  verholn.    Waldis  £s.  1,2. 

BEWEIDEN,  depascere,   vgl.  abweiden: 

weil  er  so  plötzlich  sollte  scheiden 
und  eine  frembde  trift  beweiden. 

Dav.  SciiiBHBRs  sing,  rosen.  27  lied; 
die  alp, 
die  wir  beweidet  seit  dermaler  zeit.     Schiller  529*; 

alle  bürger  welche  das  gemeinland  beackern  oder  beweiden. 
NiEBCBB  3,  573.  wie  man  die  äugen  weiden  lästl  (sp.  797. 814), 
singt  zur  Venus  Opitz  2,  229 : 

dasz  ich,  so  lang  ein  liirsch  wird  lieben  püscb  und  beiden, 
so  lange  sich  dein  söhn  {Cupido)  mit  thr.nnen  wird  beweiden, 
wil  ohne  wanken  siehn  und  hallen  über  ihr. 

der  kafer  beweidet  sich  in  mist.  Bitschky  Palm.  896. 

BEWEIFEN,  harpedonem  ßlis  eonrohere,  umweifen.  Stieler 
2451. 

BEVVEIHRAUCHEN,  ture  suffire:  eben  sowol  anbettet  und 
beweiraucht.  bienenk.  142*.     nnl.  bewierooken. 

BEWEI.NEN,  deflere,  deplorare,  ahd.  piweinön,  mhd.  beweinen : 
tba;  sioan  friunt  biweinö.    0.  T.  23,246; 
mit  ougen  und  mit  herzen 
ir  herzeliebes  smerzen 
beklagetc  und  ouch  beweinde.    Trist.  31,  11. 

nhd.  einen  todten  beweinen;  sein  elend  beklagen  und  be- 
weinen ; 

lasz  mich  beweinen  meine  laster.    Ctrill  ^nb.  21*; 

das  äuge  lacht  die  woUust  an,  den  schmerz  beweint  es  drauf. 
Locau  3,  6, 100; 
zu  $p3t 

beweint  die  fürstin  eine  ihat    Schiller  373*; 

schon  sechzehn  jähr  bewein  ich  meinen  söhn.    669*; 

und  beweint  am  andern  morgen 

ihre  freiheit,  ihre  ruh.    Götter  1,  86 ; 

sie  sitzt  auf  ihrer  kammer, 

beweinet  ihren  Jammer. 

BEWEI.NEN,  rino  inslruere,  mhd.  so  sol  man  die  stat  bc- 
wlncn  mit  «ijem  unde  mit  rüteme  wlne.  Baseler  dienslm. 
rfc/»/ §.  11.  sich  beweinen,  sich  betrinken:  er  ist  hart  bewei- 
net,  nmllo  mero  se  graravit.    il£.Mscii  3G0 ;    die  weil  er  sich 


beweinet  und  das  h.  ampt  darüber  verschlafen  bette.  Zinkgb. 
apophlh.  11,4*; 

ein  satyr,  der  sich  froh  beweint 

wird  ihm  von  panen  nachgetragen.    Hagedor:«  3,  129. 

BEWELNENSWERTH,  deplorandus: 

beweinenswerther  Philipp,  wie  dein  söhn 
beweinenswerth.  Schiller  244*. 

BEWELNENSWCRDIG,  dasselbe: 

wer  sagte  ihnen,  dasz  an  Philipps  seite 
mein  losz  beweinenswürdig  sei?    250*. 

BEWEINER,  m.  deploralor: 

ja  freilich  isis  ein  trost,  wenn  einer  in  dem  weinen 
beweiner  ümm  sich  hat.  Flemi.ig  118. 

BEV\"EINKAUFEN,  eniere  coram  testibus  bibendo :  ein  erle- 
digtes erbe  mit  voller  band  beweinkaufen.  Moser  p.  ph.  l,  105. 
s.  weinkauf. 

BEWEINLICH,  ßebilis,  deplorandus:  mhd.  ein  liebe  gar  be- 
weinelich.  lisio  Philiberti  607.  nhd.  darausz  ein  beweinlicher 
schade  dem  reich  zugestanden  ist.  Petr.n';  fäbrlich,  bewein- 
lich  und  beschwerlich,  los'. 

BEWEIS,  m.  probatio,    documentum,    nnl.  bewijs  n.,  schw. 
bevis,  ddn.  beviisn.;  Lctber,  Dasypodius,  Maaler  haben  neben 
dem  verb.  beweisen  noch  kein  subst.  beweis,  das  erst  im  lauf  des 
16  jh.  zu  entspringen  sdieint,   und  bei  Henisch  360,  Fischabt 
u.  a.  fehlerhaß  beweisz  geschrieben  wird  {wie  abweisz  ßr  abweis). 
man  sagt  den  beweis  geben,  führen,  liefern,  bringen,  erbringen, 
antreten,  nehmen,  den  beweis  aufgeben,  mit  dem  beweise  be- 
lasten, zum  beweise  schreiten,  den  beweis  ablehnen :  hier  ist, 
folgt  der  beweis ;  hier  hast  du  den  beweis ;  nimm  dir  davon 
des  beweis ;  nemet  des  ein  beweis.  Hemsch  360  ;  zum  beweis 
hört    was    {gehört  sich  etwas) ;    ein  augenscheinlicher,    klarer, 
sonnenklarer,    einleuchtender,    triftiger,    unumstöszlicher   be- 
weis ;  der  beweis  ist  statthaft,  unstatthaft ;  ein  ganzer,  halber, 
vollkommner  beweis ;    das  ist  nur  ein  stück,   ein  anfang  des 
bcweises;  zu  beweis  einer  waren  busz.  bienenk.  232";  ich  habe 
den  beweis  in  der  lasche; 
an  der  seilen  sol  ihm  stehen 
Ilerbrnnd  der  gelobte  mann, 
der  den  Stallwein  wird  bestehen, 
wie  er  schon  beweis  geilian.    Fleming  437  (433) ; 
dasz  liebe  brennt  und  kältet  gibt  Pictia  beweis, 
den  brand  macht  das  gesiebte,  der  leib  der  macht  das  eis. 

LOGAD  3,  6,  20 ; 
man  bringe  die  beweise  mir  herbei.  Schiller  413'; 
ein  beweis,  zum  beweis  pflegen  den  conjunctionen  voraus  xu 
gehn:  der  vater  züchtigt  sein  kind,  zum  beweis  dasz  er  es 
liebt;  sie  erröthete,  ein  beweis  wie  schuldig  sie  sich  fühlte; 
die  feinde  lassen  ihr  schweres  geschütz  abfahren,  ein  beweis 
dasz  sie  die  belagerung  auflieben  wollen,  beweis,  bethätigung, 
dargebung :  ein  rechter  beweis  von  liebe,  treue,  freundschaft. 

BEWEISANTRETUNG,  f. 

BEWEISANTRITT,  m. 

BEWEISART,  f.  modus  probandi. 

BEWEISARTIKEL,  m.,  srhrift,  mit  «eleher  der  klSger  sei- 
nen beweis  darlegt. 

BEWEISBAR,  quod  probari  polest. 

BEWEISEN,  prohare,  demonstrare,  darlegen,  herbeiführen, 
heranweisen,  wie  das  einfache  weisen  »lonstrare,  zeigen,  eigent- 
lich den  weg  weisen,  zeigen  ausdiückt.  ein  ahd.  piwisan  pi- 
wista  kommt  nicht  vor  {denn  piwisan  piweis  evitare  iil  etwas 
anderes),  desto  üßer  mhd.  bewisen,  bewisle: 
des  bewise  dich  got.  Greg.  1634; 
als  in  bewiste  der  wec.  Er.  528S; 
als  ichs  bin  bewiset.  8240. 
nhd.  gilt  bei  Lltiier,  H.  Sachs  u.  a.  noch  beweisen,  beweisete, 
part.  beweiset,  wie  folgende  stellen  darthun :  du  hast  mir  guts 
beweiset.  1  Stirn.  24,  18 ;  das  er  seine  macht  beweisete.  ps. 
106, 8 ;  er  hat  sich  herlich  beweiset.  Es.  12, 5 ;  wir  haben  dro- 
ben beweiset.  Rom.  3,  9 ;  ir  habt  euch  beweiset  in  allen 
stücken.  2Cor.  7,  ll;  welches  er  beweiset  hat.  £p/<.  3, 11;  die 
ir  beweiset  babU  Ebr.  6, 10 ;  und  so  in  Luthers  eignen  Schrif- 
ten allentJialben.  allein  in  der  Schweiz,  im  Elsasz,  musi  um 
dieselbe  zeit  sclion  das  starke  beweisen  praet.  bewies  hersclien, 
wie  unorganisch  preisen  pries  für  preiste,  wodurch  zugleich 
das  subst.  beweis  (vi«  preis)  veranlaszt  wurde.  Maaler  67* 
schreibt  ich  hab  im  eer  bewisen,  dem  man  clwas  eeren  be- 
wisen hat;  nicht  anders:  von  giiten  gaben,  die  im  got  bewi- 
sen hat.  Keisersb.  s.  d.  m.  55';  gültbat,  die  er  uns  hat  be- 
wisen. 83*.  84*;  in  der  nicht  von  Lutuer  selbst  ausgegangnen, 
nur  durchgesehenen  verdeutsdiung  der  ilacc.  liest  man  2, 12,  3 

112 


1779 


BEWEISEN 


BEWEISEN  —  BE  WEISTHÜM 


1780 


bewiesen,  14,  22  beweiseten.  eben  so  schwanken  Alrerus  und 
FiscBART  zwischen  bewiesen  und  beweiset,  zuletzt  aber  gewann 
der  misbrauch  die  oberhand  und  schon  im  17  jh.  herscht  be- 
weisen bewies  überall,  wie  nnl.  bewijzen  bewees,  doch  dän. 
bevise  beviiste.  dasselbe  gilt  vom  einfachen  weisen,  von  ab- 
weisen, anweisen,  aufweisen,  ausweisen,  enveisen,  nachweisen, 
unterweisen. 

Dies  vorausgeschickt  über  die  form  lassen  sich  nun  die  be- 
deulungcn  angeben. 

1)  beweisen,  thätlich  darlhun,  kundlhun,  gutes  wie  böses, 
liebe,  treue,  gnade,  macht,  stärke,  hülfe,  fleisz,  kunst,  heil, 
strafe,  tücke,  bosheit:  seid  ir  nu  die,  so  an  meinem  herrn 
freundschaft  und  trcwe  beweisen  wolt,  so  sagt  mirs.  1  Mos. 
24,  49  ;  und  wil  meine  strafe  beweisen  an  allen  göttern.  2  Mos. 
12,  12;  der  du  beweisest  gnade  in  tausent  glied.  34,  7;  du 
hast  mir  guts  beweiset.  1  Sam.  24,  18 ;  der  seinem  könige 
grosz  heil  beweiset.  2  Sam.  22,  51 ;  darumb  hab  ich  mich  ge- 
schewet  und  gefurcht,  meine  kunst  an  euch  zu  beweisen. 
Hiob  32,  6 ;  denn  sie  wollen  mir  einen  tück  beweisen,  ps.  55, 4  ; 
du  hast  deine  macht  beweiset  unter  den  Völkern.  77,  15; 
darumb  ermahne  ich  euch,  das  ir  liebe  an  im  beweiset  {goth. 
bidja  izvis  tulgjan  in  imma  friaj)va).  2  Cor.  2,  8 ;  wir  begeren 
aber,  das  ewer  ieglicher  denselben  fleisz  beweise.  Ebr.  6, 11 ; 
und  die  frucht  des  glaubens  durch  frei  bekenlnis  und  williges 
leiden  ewres  creuzes  beweiset  habt.  Luther  6,  u';  da  wird 
denn  der  ledige  hole  glaube  nichts  gelten,  denn  es  wird  sich 
flnden,  das  er  nichts  gethan,  noch  die  liebe  beweiset  habe. 
6,  53*;  und  also  öffentlich  seinen  sieg  und  triumph  an  tod, 
teufel,  helle  beweiset.  6,78';  nu  hat  er  grosz  ding  ausgerich- 
tet, herlich  gepredigt  und  gewirket,  seine  kraft  und  macht 
beweiset.  6,172";  so  einer  sagt  von  guten  gaben,  die  im  got 
bewisen  hat  und  geben.  Keisersb.  s.  d.  m.  55*;  bei  der  geisz 
soltu  verston  die  weiber,  die  da  gern  hond,  das  man  inen 
den  kauzen  streicht,  sie  lobet  und  inen  eer  beweiset.  67'; 
und  ist  es  das  du  gott  nit  dankbar  bist  deren  gutthaten,  die 
er  dir  bewisen  hat,  so  ist  es  alles  verloren.  84*;  sollen  wir 
erhebt  werden  und  nachfaren  dem  herren,  so  müssen  wir 
barmherzigkeit  beweisen  mit  den  armen  leuten.  89";  wirt  auch 
noch  bewisen  (gewiesen,  gezeigt)  ein  stein,  darauf  Jesus  sasz, 
wenn  er  prediget.  Frank  wellb.  167'; 

dasz  nie  der  esel  hält  beweist 

ein  dapfer  that.    Alberus  £sop  72'; 

sie  werden  zeugen,  das  ir  rechtschaffen  Christen  seit  und 
ewern  glauben  bewisen  (habt)  mit  guten  werken,  wider  Jörg 
Witzeln  E  5' ;  die  ihren  ritterlichen  orden  an  mir  so  freund- 
lich beweiset  haben,  buch  der  liebe  269, 1 ;  die  freundschaft, 
so  sie  ihm  beweist  betten.  269,  2 ;  was  sie  beide  einander 
mit  Worten  und  geberden  aus  liebe  und  freundschaft  bevveisten, 
bleibt  von  mir  verschwiegen.  394,  2 ; 

ja,  doch  förcht  ich,  mir  werd  beweist 
von  euch  ein  duci«.    H.  Sachs  II.  2,  18' j 

dieweil  sie  solche  wunder  hie  auszen  bei  uns  nicht  auch  be- 
weisen {verrichten),  bienenic.  24' ;  ein  guts  hauptraans  stücklein 
bewisen.  132'; 

newe  row  verleih  uns  herr,  und  beweis  uns  alte  huld. 
I.OGAü  2,2,27; 
der  wird  seinem  herrn  nichts  stehlen,  auch  keine  andere  un- 
treue ihm  beweisen.  Schuppiüs  356;  den  menschen  gutes  be- 
weisen. 696 ;  wo  man  ihm  einen  possen  beweisen  kan,  musz 
man  es  nicht  durch  die  dritte  band,  sondern  wol  durch  die 
siebende  und  zehende  verrichten,  medic.  maulaffe  363;  in  ge- 
fahren bewies  er  groszc  unerschrockenheit; 

dir  fleh  ich,  deine  macht  zum  heil 
des  besten  mannes  zu  beweisen.    Gottkr  1,  221 ; 
ich  hnb  euch  stets  als  biedcrmaiin  errunden, 
beweist  es  Jeizo.  .Schiller  414*. 

in  den  meisten  fallen  sagt  man  heule  lieber  erweisen  als  be- 
weisen. 

2)  beweisen,  probare,  mit  gründen  oder  zeugen,  Urkunden 
darthun,  in  der  wissenschnß  wie  im  recht:  einen  satz  als  be- 
wiesen annelimen ;  es  ist  langst  bewiesen  worden ;  steht  noch 
zu  beweisen ;  das  beweist  noch  nichts ;  nu  ist  vormals  oft 
beweiset.  Luther  6,  24";  vieisz  thun,  das  man  solch  ir  ge- 
setz  falsch  und  nichtig  beweise.  8,  15*;  die  da  sagen  von 
andern  leuten  heimliche  ding  und  künden  das  selhig  nit  be- 
weisen und  uf  in  bringen.  Kkiskrsr.  j.  d.m.  73';  also  hab 
ich  mit  unsern  allen  liedern  bewiesen,  das  allein  der  glaub 
an  Jesum  Christum  selig  mach.  Alrehi;«  wider  Witzcl  CT; 
darumm  hab  ich  in  disem  meinem  buch  klärlich  bewiset.  bie- 


nenk.  7*;  Okam  und  Dantes  sind  verdammt  worden,  allein 
darumm,  weil  sie  bewisen,  dasz  die  keiser  ir  reich  von  got 
und  nicht  vom  bapst  her  sein  erkenten.  12';  o  nein,  das 
widerspiel  hat  bewisen  licentiat  Eisengrein.  25" ;  disz  ist  im- 
mers klar  und  bedarf  keins  beweisens.  63";  beweisen  d.  i. 
aus  objectiven  gründen  hinreichend  darthun.  Kant  4,  270 ; 

mit  dem  schwert  beweist  der  Scythe.    Schiller  81'; 

da  alle  zeichen  gegen  sie  bewiesen.    482'. 
in  beweisender  form  eine  Urkunde  ausfertigen ;   ich  will  dirs 
beweisen ; 

der  Philosoph  der  tritt  herein, 

und  beweist  euch,  es  müst  so  sein.    Götue  12,  95. 

3)  sich  beweisen,  sich  erzeigen,  zeigen,  erscheinen:  wie  sich 
ein  ieglicher  hofman  sol  beweisen  mit  wein  gegen  die  herren. 
weisth.    2,  178 ;    und  beweisen  uns  wol  vor  got.    2  Cor.  i,  2 ; 
es  kömpt  oft  also,  das,  wo  man  am  meisten  erz  hoffet,  und 
sich  beweiset  (anläszt),  als  wolts  eitel  gold  werden,  da  findet 
sich  nichts.  Luther  5,  426';  und  sich  gegen  dem  münch  ein 
wenig  in  schäm  beweisete.  Bocc.  1,  147*;  beweis  dich  als  ein 
fröliches  haupt  des  festes.  Fischart /smenzus  ll'; 
ein  Newenhaner  kann  man  finden, 
der  darf  ein  rheiuschen  überwinden, 
ein  Söder  darf  sich  auch  beweisen.    Alberus  140', 

ein  zu  Soden  gcwachsner  wein  darf  sich  auch  sehen  lassen; 
des  Schöpfers  werk  wirt  hoch  gepreist, 

so  sich  aas  gut  und  bös  beweist.    Schwarzenb.  129,2.  155,2; 
wer  weisz,  wo  sich  glück  thut  beweisen, 
ein  blinder  flndt  oft  ein  hufeisen.    H.  Sachs  V,  354'; 
umb  Corinlb  her  überall 
thursie  sich  kein  mensch  beweisen, 
niemand  kunte  dazumal 
sicheridurcb  den  Isthmus  reisen.    Si«.  Dach  Q3; 

eine  vernunftidee,  die  sich  an  einem  gegenstände  der  erfah- 
rung  praktisch  beweisen  soll.  Kant  1,  215;  die  qualitüt  der 
materie  beweiset  sich  in  der  erfahrung  nur  allein  durch  die 
quantität  der  bewegung  bei  gleicher  gcschwindigkeit  (=  Idszt 
sich  nur  daraus  erkennen).  8,  537 ;  dadurch  allein  zeigt  der 
mensch  seine  Selbständigkeit  und  beweist  sich  als  ein  mora- 
lisches wesen.  Schiller  1121. 

BEWEISERKENNTiMS,  n.  Savignv  system  6,  299. 

BEWEISFÄLLIG,  succnmbens  in  probando :  der  den  eid  zu- 
schiebende kann  die  ahleistung  desf  zurückgeschobenen  eides 
nicht  verweigern,  ohne  bewcisfallig  zu  werden. 

BEWEISFRIST,  f. 

BEWEISFÜHRER,  w. 

BEWEISFÜHRUNG,  f  argumentatio. 

BEWEISGRUND,  m.  argumentum:  beweisgrund  zu  einer 
demonstration  des  daseins  gottes.  Kant  6, 11. 

BEWEISKRAFT,  /".  vis  probandi,   beweisende  kraft. 

BEWEISLAST,  f.  onus  probandi. 

BEWEISLICH,  probabilis,  erweislich:  in  ihren  schulen 
schreibt  cardinalis  cameracensis  selbst,  es  sei  beweislicher, 
das  brot  nicht  verwandelt  werde.  Luther  2, 154" ;  mit  beweis- 
lichem Zeugnis.  Schweinichen  1, 24 ;  sdiwere  anklage  mit  augen- 
scheinlicher, beweislicher,  verlesener  kundschaft.  Reütter 
kriegsordn.  64 ;  weil  die  sachen  im  grund  der  warheit  beweis- 
lich, also  bewandt  und  geschaffen.  Avrer  proc.  1,  4 ;  die  deut- 
sche spräche  ist  die  wortreichste,  die  man  unter  der  sonnen 
haben  kan,  also  das  auch  die  Lateiner,  wie  solches  Simon 
Stcvius,  Scrickius  und  Cluvcrus  heweislich  machen,  aus  der 
uraltdeutschen  oder  zeltischen  spräche  vil  Wörter  angenom- 
men. B UTscHKY  rec/«<sc/*reift.  56. 

BEWEISMITTEL,  n. 

BEWEISREDE,  f.  bienenk.  233*. 

BEWEISSATZ,  m. 

BEWEISSCHRHT,  f. 

BEWEISSTELLE,  f  locus  probans. 

BEWEISSTÜCK,  n.  was  heweismiltel. 

BEWEISTHUM,  n.  und  m.  argumentum,  beweisgrund:  und 
musz  er  wissen,  dasz  weisze  lippen  und  blasse  wangen  die 
kraft  eines  Wappens  haben,  welches  von  vornehmen  ahnen 
ein  l)eweisthuni  traget,  pol.  slockf.  62;  ich  habe  bereits  zwei 
beweisthümer  wider  euch.  I'ieroll,2'i;  ein  beweisthum  mei 
ner  dankbarkeit.  Kant  8,  5;  unüberwindliche  beweisthümer. 
8,  54 ;  je  vollkommener  die  natur  in  ihren  entwickelungen  ist, 
ein  desto  sicherer  beweisthum  der  gollheit  ist  sie.  8,  346 ; 
beweisthümer  des  Büffon  aus  der  gestalt  der  gchirge.  9,101; 
doch  gieng  er  eilig  über  diese  beweistliünier  hinweg.  Göthe 
31,  234;  aber  für  das  unrecht  braucht  man  schon  ohrfeigen 
und    drohungen    zum   beweisthum.    Herel  schalik.  263.    m 


1781 


BEWEISTHUM  —  BEWENDEN 


BEWENDEN  —  BEWEBBER 


1782 


16.  n  jh.  fast  nur  männlich:  sofern  der  beweistumb,  so  jeder- 
zeit in  dieser  materia  gölten  bat,  auch  aibie  statt  haben  sol. 
T.  A.N.N.  Privatcs  Verdeutschung  des  Remigius  s.  44;  dieweil  der 
beweisthumb  stärker  sein  musz,  als  dasjenige,  welches  man 
damit  bestättigen  will.  Zixkgr.  2, 146 ;  bisz  du  mit  deinen  be- 
weistbümern  fertig  bist,  so  bin  ich  vielleicht  wo  der  pfeffer 
wachset.  Simpl.  1,  331 ;  was  dienet  jenes  exempel,  da  man 
die  Störche  im  meer  angetroffen  hat,  wenn  es  keinen  gewis- 
sen beweisthum  geben  solle,  wo  die  übrigen  und  sie  allemal 
blieben?  Vriletorivs  storchs- und  schwalben  winterq.  ili;  zwei- 
felhaftige lehren,  welche  jedoch  zur  guten  lehre,  aber  nicht 
zum  beweisthum  dienen.  1,  460;  dieser  beweisthum  deiner 
wahren  freundschaft  verbindet  mich  mehr  gegen  dir,  als  ein 
reicher  herr,  der  mir  viel  tausend  verehrete.  1,  464;  und 
ohngeachtet  ihr  dicker  leib  der  sache  selbst  einen  starken 
beweisthum  gab.  Felsenb.  1,  52S ;  und  habe  ich  die  zeichen 
und  beweisthümer  hievon  unter  meinen  kostbarsten  raritäten 
verwahrt  liegen,  irrg.  d.  liebe  305 ;  von  der  carolingischen 
Stiftung  anderer  bisthümer  haben  wir  so  klare  beweisthümer 
nicht  Habn  l,  86 ;  neuer  beweisthum  von  der  auctorität  der 
groszen  herzöge.  2,  no.  heule  veraltet,  man  setzte  es  auch 
für  weisthum,    demonstratio   scabinorum,    z.  b.  weislh.  3,  746. 

BEWEISUNG,  f.  probatio,  der  frühere  ausdruck  ßr  das 
spätere  beweis:  und  mein  wort  und  meine  predig  war  nicht 
in  vernünftigen  reden  menschlicher  Weisheit,  sondern  in  be- 
weisung  des  geistes  und  der  kraft.  1  Cor.  2,  4 ;  erzeiget  nun 
die  beweisung  eurer  liebe  und  unsers  ruhms  von  euch  an 
diesen.  2  Cor.  8,  24 ;  aber  dieweil  jederman  wol  weisz,  das 
sie  zuweilen  geirret  haben  als  menschen,  wil  ich  inen  nicht 
weiter  glauben  geben,  denn  sofern  sie  mir  beweisung  ires 
Verstands  aus  der  schrift  thun.  Luther  l,  402' ;  und  Ecolam- 
pad  ligt  ja  der  beweisunge  halben  so  tief  in  der  aschen  als 
Carlstad  und  Zwngel.  3,  345';  und  keiner  wil  inen  in  sol- 
chen widerwertigen  beweisung  und  Ordnung  des  textes.  3, 346 ; 
solcher  glaube  sol  solche  beweisung  haben.  3,  357';  was  ir 
sagt  das  ist  recht  und  darf  keiner  beweisung.  3,  466';  wir 
aber  foddem  gewisse  beweisunge  solcher  gleichnus.  3,  475; 
eine  grosze  beweisung.  4,  18';  so  ir  die  sache  durch  unwi- 
dersprechliche  beweisung  erhaltet.  4,  376';  es  scheinet  aber 
ein  schwache  dialectica  oder  beweisunge  sein.  6,  223';  aber 
unter  den  Christen  und  gleubigen,  da  gilt  dis  stück  als  ein 
starke  beweisung.  6,  245';  ein  solche  schöne  reiche  bewei- 
sung dieses  articuls.  Alberus  tcider  Witzeln  C  6';  mit  beweisung 
(enceisung)  viler  eren.  Aimon  Q  2 ;  sehent  an  die  freundliche  be- 
weisung, die  euch  Reinhart  erzeigt  hat.  X 1 ;  welche  gnaden- 
reiche beweisung  die  göttliche  alimacht  an  mir  erzeiget. 
ScHWEiMCHEX  1,  17;  bcschliesz  demnach  mit  dieser  mehr  als 
greifüchen  beweisung  und  klärlichen  darthuung  diesen  an- 
dern punrt.  eselkünig  102 ;  nach  der  nalürkündiger  bewei- 
sung. Fischart  ehz.  61;  gar  keine  oder  gar  wenig  beweisun- 
gen  ausz  der  schrift.  bienenk.  6";  nicht  des  weniger  haben 
wir  helle  beweisung  in  der  schrift  davon.  80*;  zur  bewei- 
sung {zum  beweis).  106';  beweisungen,  dasz  das  sacrament 
müsse  angebettet  werden.  173';  welches  denn  auch  eine  tref- 
liche  gewaltige  beweisung  wider  den  teufel  und  sein  ganzes 
beer  ist.    .\vrer  proc.  1,  14. 

BEWEISUKTHEIL.  n. 

BEWEISVEUFAHHEN,  n. 

BEWEISZE.N,  dealbare:  die  winde  beweiszen,  «eisz  an- 
streichen. 

BEWEL,  ganvlus,  franz.  babillard,  vgl.  babeln,  engl,  babble, 
päppeln,  wofür  man  bewein,  wie  bewen  /ür  beben  la^/e.-  man 
iindt  oft  einen  bewein  schweizer.    Alberüs  5l'. 

BEWELKE.N,  ßaccescere,  marcescere.    He;<iscb  361. 

BEWE.N  für  beben  oß  in  Fischarts  Ismenius,  z.  b.  65'  ein 
aller  bewenter  man;  zitternd  und  bewend. 

BEWENDE.N,  convertere,  anwenden,  verwenden,  gnlh.  bivan- 
djan,  ahd.  piwentan  (GRArr  1,  758.  759),  mhd.  bewenden. 

1)  wie  neben  dem  pari,  bewandt  (jp.  1766)  erseheinen  auch 
neben  dem  ganzen  verbum  die  adv.  wol,  übel,  besser,    mhd. 

swenner  «ine  stunde 
nihi  ba;  bewenden  künde,    /ir.  24; 
wand  er  muor  sine  iinmüejeclieit 
übel  oder  wol  bewenden.     Trist.  4fK),  17; 
da;  hit  si  wol  bewendet.    Er.  10109; 
die  reise  bet  er  wol  bewaat.     Wigal,  669 ; 
wer  sin  dienet  wil  bewenden  wol.    Bo.<i.  11,  61 ; 
trir  siehen  heute  anwenden  und  verwenden  vor. 


2)  in  oder  zu  etwas  bewenden:  er  seit  es  bewenden  in 
den  nutz  des  herren.  Keisersb.  post.  2, 115 ;  das  bös  zu  stra- 
fen und  das  gut  so  darunder  gefunden  wirt,  in  den  gebrauch 
der  heiligen  lere  zu  bewenden.  Recchlix  augensp.  9";  das  er 
den  ganzen  rabi  Salomon  nach  allem  vermögen  zu  der  cri- 
stenlichen  kirchen  groszem  nutz  verwandt  hat.  verst.  9';  lei- 
hen und  helfen  sol  man  an  denen  es  bewandt  (angewandt) 
ist.    Mathesics  26*. 

3)  von  wenden,  enden  kommt  bewenden,  es  dabei  bewen- 
den lassen,  acquiescere  in  aliqua  re,  dabei  still  slehn,  auf- 
hören, sich  beruhigen :  es  bewendet  dabei,  soll  bewenden ;  in 
den  höchsten  sorgen,  es  möchte  bei  diesem  einfall  nicht  bewen- 
den {verbleiben).  Reinhard  wer/A.  jegenfr.  2, 1S6  ;  wir  wollen  es 
bei  dem  alten  bewenden  lassen;  er  liesz  es  nicht  bei  bio- 
szen  Worten  bewenden;  sie  läszt  es  selten  bei  dem,  was 
ich  sage,  bewenden.  Gellert;  donna  Maria  liesz  es  nicht 
bei  der  bloszen  freundschaft  bewenden.  Wiela.nd  11,  6;  ich 
erzählte  ihm  im  allgemeinen  was  zu  sagen  war  und  er  liesz 
es  dabei  bewenden.  Gothe24,  281;  man  versuchte,  was  man 
voraussehen  konnte,  und  liesz  bewenden,  was  man  nicht 
hätte  beabsichtigen  sollen.  32.  85;  so  wird  die  gerechtigkeit 
eine  liebende  mutier  sein  und  läszt  es  bei  dem  rade  be- 
wenden. ScniLLER  122';  man  liesz  es  an  der  lafel  bei  drei 
schusseln  bewenden; 

beim  sarge  laszt  es  nur  bewenden, 
legt  mich  nur  in  ein  Rheinweinfasz! 

4)  einem  bewandt,  verwandt,  nahe  liegend,  verpflichtet :  solt 
auch  etwas  beschwerlichs  wider  e.  kön.  w.  oder  jemands  an- 
ders, höheres  oder  wenigers  Stands,  und  bevor  wider  die,  den 
wir  mit  Verpflichtung  bewand,  geschrieben  oder  sonst  ichts 
unchristlichs  fürgenomen  sein,  das  were  uns  nicht  lieb.  Lc- 
THER  2,  218';  was  die  angeborne  bosheit  sei,  die  dem  herzen 
bewandt  ist,  die  man  die  erbsünde  nennet  Mela-ncbthoss 
hauptart.  verdeutscht.  25. 

BEWE.NDEN,  n.  1)  ratio,  conditio,  bewandtnis: 
es  hat  damit  sein  eignes  bewenden.    Schiller  340'. 

2)  res  integra,  verbleiben,  beruhen:  es  mag  damit  sein  be- 
wenden haben; 

wiliu  des  prafTen  müszig  stahn, 
so  hat  es  sein  bewendens  wol.    ÄTRSa /<»(n.  sp.  63*; 
der  abgeordnete  Altfranke  brachte  dawider    so   wenig   erheb- 
liches vor,  dasz  alles  auf  einmal  vorbei  war  und  es  bei  der 
erklärung  der  aldermänner  sein   bewenden    hatte.    Klopstoce 
12,  332 ;    bei  dem  ausspruch  behält  es  sein  bewenden. 

BEWERB,  m.  cura,  negotium,  geschäß:  ihr  wollet  mir  die 
heutigen  tag  helfen  ein  bewerb  machen,  solch  übel  zu  stra- 
fen. Reutter  kriegsordn.  63 ;  sie  machte  sich  einen  bewerb 
in  das  zimmer;  er  hat  groszen  bewerb,  ein  groszes  geschäß, 
viel  verdienst,  ein  wenig  gebrauchtes  wort,  das  in  Aufnahme 
zu  kommen  verdient,   s.  gewerb. 

BEWERBEN,  conquirere,  parare,  «erben,  enterben,  gotk. 
bihvairban,  ahd.  pihuerban  (Graff  4,  1232),  alls.  bibuerbhan: 
do  Dionisius  ein  aus  in  wolt  tödten,  dem  bcwarbe  sein  ge- 
sell ein  Zeitlang  frisch  auf  widerslcllung  heim  zu  ziehen. 
Fraxk  chron.  27';  es  wer  des  habsles  !er  nit  rein,  sondern 
betrug  in  frommen  schein,  wolt  solchs  aus  der  schrift  be- 
werben. W ALDIS  päpstl.  reich  l.  3;  kan  man  andere  neuwe  re- 
gimenter  auf  den  friihling  wider  bewerben  {werben,  anwer- 
ben). Kirchhof  mil.  disc.  200;  e.  f.  gn.  hat  nu  lange  jähr 
nach  heiligthuin  in  alle  land  bewerben  lassen.  LirrHERS  br. 
2, 136 ;  hab  ich  gleichwol  durch  i.  eh.  gn.  hofprediger  meine 
ganze  hinwcgzichung  bewerben  lassen.  Thlrxeisser  notgedr. 
sehr.  3,  64.     man  sagt  heule  einfach  werben. 

2)  sich  bewerben :  dasz  sich  der  Türk  bewerbe,  die  krön 
zu  Hungarn  gewaltiglich  zu  überziehen,  reichsabsch.  von  1529 
§.  16;  fürsten,  die  ganz  fürsichtigklich  sich  bewerben,  das  sie 
fast  fromme  rhät  uberkomen.  FIediox  com.  46;  der  herzog 
mil  seinen  rälhen  der  sach  eins  ward,  dasz  sich  die  herzo- 
gin  in  zweien  monalen  und  acht  tagen  mit  einem  kümpfer 
bewerben  soll.  Galmy  277 ;  wil  mich  deshalb  dem  glück  be- 
fehlen und  mich  auf  das  allerbeste  so  ich  kan  bewerben. 
Thcrxeisser  notgedr.  sehr.  2,  4 ;  ein  sullan,  um  den  sich  die 
feinste  Sinnlichkeit,  die  mffinicrtesle  Zärtlichkeit  umsonst  be- 
wirbt, vergebens  erschöpft.  Lessixg  7,  146;  er  bewarb  sich 
eifrig  um  ihre  band,  gunst,  freundschaft,  am  die  stelle,  den 
dienst. 

BEWERBER,  m.  petilor,  competitor :  bcwerber  um  das  aml ; 
freiinilllcli  reicht 
sie  dem  bewerber  Kaiaf  hen  und  band.    Göthr  4,  66. 

112* 


1783 


BEWERBSAM  —  BEWIEGEN 


BEWIEHERN  —  BEWILLIGEN 


1784 


BEWERBSAM,  industrius,  geiverbsam:  da  England  ein  so 
bewerbsamer  bandelsslaat  geworden  war.   Herder  16, 136. 

BEWERBSLEüTE,  pL  werter  der  kriegsknechte :  capitän 
und  bewerbsleut.    Kirchhof  disc.  mil.  58. 

BEVVERBUiNG,  f.  conquisilio,  comparalio:  lügend  ist  die 
höchste  bedingung  unserer  bewerbung  um  glückseligkeit.  Kant 
4,  229 ;  die  vernünflige  bewerbung  um  glückseligkeit.  4,  230. 

BEVVERBUNGSKÜNSTE,  pl.  kümle  der  werter. 

BEWERFEN,    otruere,    contegere  injiciendo,  nnl.  bewerpen. 

1)  mit  staub,  mit  erde  bewerfen:  man  erzählt,  das  roth- 
kehichen,  wo  es  einen  nackten  leichnam  ersehe,  bewerfe  ihn 
mit  erde; 

wenn  welkt  mit  wenig  erde  beworfen 
und  verborgen  zu  werden  auch  meins!  (mein  leben). 
K1.OPSTOCK  Mess.  15,  104  ; 
statt  euch  ihnen  zu  nahen,  so  wurdet  ihr  ihre  Verfolger! 
hasziet  die  besten  der  menschen,  bewarft  ihr  thun  mit  dem 

staube 
eurer  schleichenden,  dunkeln  Verleumdung  und  lästertet 
engel.  18,539; 

einen  missethätcr  mit  steinen  bewerfen,  steinigen;  das  volk 
bewarf  den  fliehenden  mit  koth ;  die  maurer  bewerfen  die 
wand  mit  kalk  oder  leim ;  das  haus  ist  grau  beworfen ;  an- 
dern leimen  nemen  und  das  haus  bewerfen.  3  Mos.  14,  42 ; 
nachdem  das  haus  beworfen  ist.  14,  48;  den  hopfen  bewer- 
fen, erde  um  ikn  häufen,  vgl.  bewallen. 

2)  mil  sand  bewerfen,  testreuen,  bedecken;  man  bewarf 
den  weg  mit  blumen;  legte  einen  ganz  neuen  himmelblauen, 
mit  goldnen  sternlein  beworfenen  hämisch  an.  Felsenburg  l, 
497.  Henisch  362  gibt  an  bewerfen,  delineare,  mit  der  kolen 
bewerfen,  zeichnen,  entwerfen:  in  die  schrift  bewerfen,  bre- 
viler  et  succincte  notare. 

3)  wie  die  schneidei-  anwerfen  und  anstoszen  für  annähen 
sagen  {sp.  489.  520)  heiszt  es  auch  bewerfen :  ich  weisz  aber 
nit  aus  was  Unvorsichtigkeit  er  die  ermel  zu  kurz  geschnit- 
ten, derowegen  der  Schneider  ein  lappetuch  angesCicket  und 
die  nath  mit  seiden  wol  beworfen  und  verrigell  halte.  Scnui^ 
PIDS  535. 

4)  sich  bewerfen,  sich  beziehen :  wir  bewerfen  uns  ledig- 
lich auf  unser  schreiben;  worauf  sich  unsre  anmerkung  be- 
wirft,    scheint  gesetzt  für  sich  bewerben. 

BEWERKGELD,  n.  eine  abgäbe,  die  der  mcister  an  das 
handwerk  zu  entrichten  hat,  bevor  er  seine  arbeit  feilhalten 
darf,  von  bewerken,  das  bei  Stieler  2560  mit  bewirken  gleich- 
gesetzt wird  und  auch  nnl.  üblich  ist. 

BEWERKSTELLIGEN,  efßcere,  perßcere,  anstellen,  ausrich- 
ten, ins  werk  setzen,  erst  im  torigen  jh.  aus  dem  nnl,  einge- 
fülirt,  denn  Stieler  verzeichnet  es  noch  nicht :  damit  die  hoch- 
zeit  sogleich  bewerkstelligt  werden  könnte.  Pierot  l,  285; 
wenn  ich  eine  zufriedne  ehe  bewerkstelligen  helfe.  Geli.ert; 
der  feind  bewerkstelligte  seine  flucht  noch  in  derselben 
nacht;  was  niemand  bewerkstelligen  konnte,  ist  ihm  zuletzt 
gelungen,     vgl.  werkslellig  machen. 

BEWERBEN,  intricare  wird,  neben  verwerren,  im  vocab. 
1482,  auch  bei  Henisch  362  angesetzt,  üblicher  ist  aber  be- 
wirren und  verwirren,  das  pari,  pfaet.  beworfen,  verworren 
wäre  für  beide  formen  gerecht,  sich  bewerfen,  verwickeln  steht 
im  passional  mehrmals. 

BEWETTEN,  pignore  postto  firmare,  über  etwas  tvcltcn,  mit 
einer  wette  betheuern:  das  getrauen  wir  uns  kecklich  zu  he- 
welten  und  zu  beschwören,  rorr.  zu  Siegfr.  von  Lindenb.  1787 
s.  9 ;    das  kann  ich  beschwören  und  bewetten.   2,  29. 

BEWICHSEN,  cera  obducere,  mil  wichse  bestreichen:  die 
bienen  bewichsen  ihre  stocke,    s.  bewachsen. 

BEWICKELN,  involvere,  umwickeln,  umwinden:  mit  wolle, 
mit  zwirn,  mit  faden  bewickeln ;  das  haar  mit  papier  bewi- 
ckeln ;  das  kind  bewickeln,  einwickeln,  einwindeln.    • 

BEWID.ME.N,  dolare,  bewedemen  Orerlin  147:  den  altar 
bewedemen.  Landau  rilterg.  s.  135 ;  wolan,  wil  sie  mich  mit 
willen  zu  der  ee  nemmen,  ich  wil  sie  mit  dem  ganzen  land 
Schampanien  bewidmen.  Hugoschapler  1 3 ;  bewiedmele  auch 
die  Stadt  Tribbesees  mit  deutschem  recht.  Micrälius  'i,  37o; 
einzelne  stiidte  wurden  mit  cülnischem,  lübischem  rechte  be- 
widmet; Carl  bewidmete  die  Stiftung  mit  dem  zehnten.  Mo- 
ser 1,  275.    s.  widmen,  witthum  und  hernach  bewitthumen. 

BEWIEGEN,  was  bewegen  bewog,  perpendere:  so  man 
soll  zuvor  Christum  in  seine  wunden  sehen  und  aus  den- 
selben seine  liebe  gegen  uns  und  alsdenn  unser  Undankbar- 
keit bewiegen.  Luther  1, 411 ;  darum  heiszts  bewiegs  ehe  du  es 


wägst  (?  wagst).  SchweinichenI,  147.    dieser  imp.  Idszt  sich  aber 

auch  von  bewegen  ableiten,  d.  h.  beweist  kein  praes.  bewiegen. 

BEWIEHERN,  adhinnire,  laut  belachen  und  anwiehern : 

von  müszlggängern  und  von  bubenläufein 

must  ich  besehn  mich  lassen  und  bewiehern.    Rückert  160. 

BEWILLEN  statt  bewilligen  ist  aus  dem  subst.  bewillung 
zti   folgern,  aber  kaum  vorhanden. 

BEWILLIGEN,  annuere,  concedere,  consentire. 

1)  ohne  acc,  intransitiv,  willigen,  einwilligen,  in  etwas  wil" 
ligen:  in  ein  vertrag  bewilligen  oder  darein  gon,  adire  ad 
pactionem.  Maaler  67*;  und  Mose  bewilliget  bei  dem  mann  zu 
bleiben.  2  Mos.  2,  21 ;  so  bewillige  nicht  und  gehorche  im 
nicht.    5  Mos.  13,  8 ;  du  soll  nicht  gehorchen  noch  bewilligen. 

1  kön.  20,  8 ;  und  die  priester  bewilligeten  vom  volk  nicht 
geld  zu  nemen.  2  kön.  12,  8 ;   bewilligeten  sie  in  den  vertrag. 

2  Macc.  14,  20 ;  so  bezeuget  ir  zwar  und  bewilliget  in  ewer 
vater  werk.  Luc.  11,  48;  der  hatte  nicht  bewilliget  in  iren 
rath  und  handel.  23,  51 ;  behüte  uns  für  des  teufeis  einge- 
ben, das  wir  nicht  in  hoffart  und  unser  eigen  wolgefallen 
und  anderer  Verachtung  bewilligen.  Luther  1,  329";  so  lange 
ich  nicht  bewillige  der  lust.  3,  10t';  denn  wer  mit  bewilliget, 
der  fert  auch  mil  inen  zum  teufel.  3,  125';  so  werden  sie 
gcwislich  in  solchen  mord  bewilligen  und  in  die  faust  lachen. 
3,385;  so  ir  drein  bewilliget.  3,  390';  darumb  sol  niemand 
drein  bewilligen,  noch  inen  folgen.  3,  523';  er  (der  lügen- 
geist)  bewilliget  zum  wenigsten  drein.  4,  438';  mil  schwei- 
gen drein  bewilligen,  das.;  damit  sie  nicht  in  ir  lesterliche 
greuwel  etwa  bewilligen.  5,  170' ;  wil  sichs  in  keinen  weg 
schicken,  das  ir  dazu  soll  still  schweigen  oder  drein  bewilli- 
gen. 5,327";  das  ir  in  diesen  iren  thursl  und  frevel  nie  be- 
williget habt,  noch  itzt  drein  bewilliget  und  nimmer  mehr 
drein  bewilligen  wolt.  5,  327';  auf  das  sie  nicht  drein  be- 
willigen. 6,  3';  böse  bewilligete  gedafiken.  6,  517";  diese 
durften  der  busze  nicht,  denn  was  wollen  sie  berewen,  weil 
sie  in  böse  gedanken  nicht  bewilligten.  6,  518";  das  er  darein 
bewilligen  würde.  8,  380";  sie  wollen  nicht  bewilligen  in  ge- 
horsam des  concilii.  br.  4,  457 ;  dasz  man  in  keine  hülfe  be- 
willigen wolle.  Melanchth.  2,  410;  das  wir  in  die  decreta 
nicht  bewilligen  noch  wollen  bewilligt  haben,  im  corp.  doclr. 
ehr.  370;  der  könig  befahl  etlichen  seines  hofgesindes  sich 
zu  befleiszen,  zu  erfahren  wer  er  (der  fremde  riller)  were, 
das  sie  zu  thun  bewilligten  (der  acc.  das  gehört  zu  thun, 
nicht  zu  bewilligen),  buch  d.  l.  32,  2 ;  diese  widerv^'ertigkeit  hat 
uns  geben  der  böse  geist,  dieweil  wir  nicht  haben  wollen  be- 
willigen in  seine  böse  anfechlung.  39,  2;  sie  wolt  gern  etwas 
heimlichs  mit  in  reden,  doch  müsten  sie  in  ir  kammer  kom- 
men, darein  sie  denn  gern  bewilligten.  43,  2  ;  ein  biderfraw  zu 
seinem  mulwillen  nicht  wolt  bewilligen.  Frank  tt)e//6. 121' ; 

kerr  küng,  ir  sönd  nit  bwilligen  drin,    trag  io/t.  M2; 

da  fieng  an  zu  bewilgen  drein 

der  grosze  häuf.       Alberus82'; 

als  wie  sie  selbst  bewilligt  hat.  Atrer  404'; 
darneben  bewilliget,  unser  kriegsvolk  auf  anschlege  und  beute 
ZU  bekommen  zu  führen.  Reltter  kriegsordn.  li ;  der  soldat 
resolviert  sich  und  bewilliget  in  den  Vortrag,  unw.  doct.  720, 
Adelung  menit  irrig,  rfass  Luther  nur  einigemal  den  acc.  aus- 
lasse; er  Ihut  es  immer,  und  alle  älteren  Schriftsteller  mit 
ihm,  bis  ins  l' Jh.,  wie  der  letzte  beleg  zeigt,  auch  nnl.  gilt: 
in  eene  zaak  bewilligen. 

2)  transitiv,  mit  einem  davon  abhängenden  acc,  und  der 
bedeutung  von  concedere,  zusagen,  sich  entschlieszen  wird  das 
verbum  erst  seit  dem  18  jh.  oft  verwandt :  einem  eine  gnade, 
eine  bitte  bewilligen;  ich  bewillige  dir  alles,  was  du  willst; 
die  stände  bewilligen  die  Steuer; 

was  in  Madrid  der  vater  ihm  vcrweigt'rt. 

wird  er  in  llrussel  ihm  bewilligen.    Schillkr  282' ; 

es  sind  ihm  tausend  thaler  entschädigung  bewilligt  worden. 
Maaler  67'  setzt  schon:  eim  etwas  gern  bewilligen,  eim  gü- 
tigklich  ze  willen  werden  und  thün  was  einer  begart. 

3)  sich  bewilligen  hiesz  früher  gleichfalls  einwilligen:  an- 
dere so  sich  in  des  reichs  rath  bewilligen  und  gehen  wer- 
den, reichsabsch.  von  1521  §.  27 ;  so  will  ich  mich  jetzt  be- 
willigt haben,  die  scherfe  und  strafe  der  rechten  zu  leiden. 
eidformel  bei  Luther  6,5';  denn  so  fern  hat  er  sich  bewil- 
liget und  bewegen  lassen.  Luthers  br.  3,  4SI;  doch  da  sie 
sähe,  dasz  ihr  mann  das  wolt  haben  und  sie  anders  nicht  thun 
mocht,  sich  bewilliget,  wider  ihren  willen  dos  manncs  willen 
zu  thun.   Bocc.  2,  18&';  es  ist  keiner,  der  sich  bewillig  wider 


1785       BEWLLIGUxNG  —  BEVVINDHABER 


BE^MNSELN  —  BEWIRTUNG 


1786 


den  beiden  zu  streiten.  Fierabr.  a  4 ;  also  das  ich  mich  be- 
willigt, so  dem  also  seie,  die  sach  in  bedenken  zu  nehmen. 
Thcrsejsser  tiothg.  sehr.  3,5; 

sobald  er  sich  bewilligt  bet, 
aUs  Volk  von  herzn  sich  frewen  ihet. 
ScHSELZL  zug.  2*. 
heute  Kürde  sich  bewilligen  nur  ausdrücken  können  sieh  selbst 
überliefern,  in  den  willen  eines  andern  geben. 

BEWILLIGUNG,  f.  früher  einwilligwtg,  consensus :  entziehe 
sich  nicht  eins  dem  andern,  es  sei  denn  aus  beider  bewilli- 
gung  eine  Zeitlang  (goth.  us  gaqissai).  1  Cor.  7,  5 ;  darumb 
haben  die  lerer  ein  solchen  unterscheid  gesetzt,  das  ein 
schlechter  gedanken  on  bewiligung  sei  nicht  eine  todsünde. 
LcTHER  5,  3S0' ;  das  sie  {böse  gedanken)  nicht  einwurzeln,  da- 
mit nicht  ein  fürsatz  und  bewiliigung  draus  werde,  das.; 
nichts  one  vorgehenden  rat  und  bewiliigung.  bienenk.  42"; 
das  concili  zu  Pisa  one  bewiliigung  des  bapstes  Tcrsamlel. 
44".  heule  concessio,  permissio :  bewiliigung  einer  gnade,  einer 
geldsumme. 

BEWILLIGUNGSRECHT,  n.  das  bewilligungsrecht  der  ab- 
gaben zu  provinzialbedürfnissen  kann  denen  landständen 
nicht  verweigert  werden,    denkscbr.  des  freih.  von  Stein  215. 

BEWILLUNG,  f.  concessio :  höchste  bewillung.  Pelr.  lOS". 
gleich  darauf  sieht  aber  bewiliigung. 

BEWILLKOMMEN,  salutare,  excipere,  Killkommen  heiszen. 
schon  die  Angelsachsen  bildeten  aus  vilcuma,  qui  gratus  ad- 
tenit,  ein  schwaches  verbum  vilcumian  salutare,  also  praet. 
▼Ucum^de,  was  noch  im  engl,  welcome,  pari,  welcomed  fort- 
dauert: J)ät  ge  eovre  gebrödra  vilcumiad.  Matth.  5,  47,  bei 
Dlf.  gölei^,  ahd.  heilazet.  das  ahd.  wilichomo,  wiliquemo 
entfaltete  kein  rerbum,  das  auch  mhd.  und  nhd.  bis  in  17  jh. 
mangelt.  Stieler  weisz  ton  keinem  terbum  willkommen  oder 
bewillkommen,     zuerst  scheint  es  Kleist  zu  setzen 

er  bewillkommt  seine  gaste.    2, 143 ; 

neuere  hcAen  es  öfter: 

bewillkommeD  tanze,  begrüszen  besänge 

ein  glückliches  paar  im  entscheidendea  act.    Gottkk  1,339; 

der  tag  bewillkommt  eine  jede  gute  that,  die  im  stillen  ge- 
schah. Götbe  14,  22S ;  die  königin  bewillkommte  ihre  freun- 
din.  15,  255 ;  der  bewillkommende  müller.  17,  82 ;  die  gaste 
waren  bewillkommt.  17,  109 ;  um  sie  im  namen  des  königs 
zu  bewillkoramen.  Schiller  lOSC.  spöllisch,  er  wird  ihn  schon 
bewillkommen,  für  übel  empfangen,  wie  den  Sträflingen  beim 
eintritt  ins  Zuchthaus  ein  willkommen  widerfährt,  über  die 
form  bewillkommnen  s.  unter  venollkommnen. 

BEW1MMER.\,  deplorare.    Stieler  2480. 

BEWIMPELN,  velare.  He.msch  362,  nnl.  bewimpelen,  gilt 
zumal  vom  aufslecken  des  segeis  und  der  flagge  auf  das  sehif: 

das  waren  mir  selige  tage! 

bewimpeltes  scbiQein,  o  trage 

aocb  einmal  mein  Lotteben  und  mich.    OvvBBecK; 

der  bewimpelte  nachen.    RI'ckbrt  320. 
dann  auch  verschleiern,  verhüllen,  verdecken :  er  will  die  sache 
bewimpeln,  verbergen. 

BEWINDELN,  fasciis  intolvere,  einwindeln,  mhd.  myst. 
341,  29. 

BEWINDEN,' into/c<rre,  umwinden,  bewickeln:  da;  die  mi- 
licb  glite  ftf  ein  biuteltuoch,  dar  in  bewint  sie.  ton  guter 
speise  10 ;  so  wint  da;  blat  zusamene.  11 ;  es  ist  keiner  eins 
Unglücks  frei,  bisz  er  die  äugen  zugetban  hat  oder  im  das 
haupt  bewunden  ist  {mit  der  leichenbinde).  Hemsch  363;  be- 
windts  mit  leder,  zwilch  oder  warmit  du  wiit.  Fronsp.  2, 
192';  den  arm  nach  dem  aderlasz  bewinden;  den  blumen- 
strausz  mit  zwirn  bewinden; 

wie  mit  dem  weiszen  gewand  ihn  Herodes  höhnte,  Pilatus 
ihm  mit  dornen  die  scnlcife  bewand. 

-  Klopstock  Me$*.  19,  783; 
endlich  erblicken 
sie  an  einem  der  palmen  bewundeoen  preilor  toII  ernstes 
einen  Jüngling.        15,1009; 

auf  einen  standpunct  treten,  wo  eine  allgemeine  deutliche 
Übersicht  reinem,  unbewundenem  urtheil  zu  statten  kommt 
Göthe6,  112;  als  ich  diese  meine  meinung  ganz  unbewunden 
erOfnete.  26,  307;  alles  was  der  dichter  unbewunden  dar- 
stellt.   48,  139. 

BEWI.NDEN,  affiare,  drcumflare,  bewehtu,  mit  wind  durch- 
dringen: weil  es  stiits  durchs  loch  des  nort  oder  beiswinds 
luftig    er\vahet    und    bewindet    wird.    Garg.  243'. 

BEWLNDUABEH,   m.    nnl.  bewindhebber,    befehUhaber.  et» 


unhochdeutsches  wort,  das  zuweilen  für  die  holländische  würde 
beibehalten  wird,  z.  b.  Simpl.  2,  413  von  einigen  bewindha- 
bern  der  ostindischen  compagnie.  J.  Paul  macht  daraus  be- 
windheber.  jubeis.  109.  Fürlein  108. 

BEWINSELN,  was  bewimmem.  Stieler  2480;  bewinselten 
das  elend  des  herren  vaters.    Bctschkt  kanzl.  859. 

BEWIRBELN,  panduram  perticillis  instruere,  die  geige  be- 
wirbein.   Stieler  2518. 

BEWIRDEN,  s.  bewürden. 

BEWIRKEN,  BEWIRKEN,  confietre,  efficere,  bearbeiten. 

1)  rem  wirken  des  leiges:  mache  einen  derben  teic  nach 
der  groBje  der  stücke,  und  wirf  da;  krut  uf  die  stücke  und 
bewirke  sie  mit  dem  teige.  ror»  guter  speise  19 ;  lege;  in  ein 
phannen,  la;  e;  sieden  mit  dem  stecken,  die  wiie  da;  siede, 
so  bewirke  den  andern  stecken.  23. 

2)  vom  wirken  des  gewebes,  circumtexere.  Stieler  2560 :  die 
mauern  sind  grün  behangen  und  schon  von  der  natur  be- 
wirkt {mit  pflanzen  umwoben).  Hippel  4,  445. 

3)  mhd.  mit  nagelen  beworcht,  beschlagen,  pass.  K.  2C1, 67. 
im  Ssp.  2,  38.  49.  51.  62  ist  bewerken  einhegen. 

4)  abstracl,  wie  das  gestirn  unsere  und  andere  elementa- 
rische körper  altererieret  und  bewürket,  Bctschrt  Palm.  427  ; 
er  bewirkte  hierdurch  eine  grosze  absieht,  er  erzog  nicht 
einen  söhn,  sondern  einen  menschen.  Hippel  1,  44 ;  im  be- 
grif  mein  testament  zu  machen  und  mein  wort,  das  ich  ge- 
geben, zu  bewirken.    12,  35 ;  das  hat  seinen  tod  bewirkt ; 

ein  rosscbweif  konnte  leicht  des  prinzen  fall  bewirken. 

WIELA.5D  ; 

gerade  das  gegentbeil  von  dem,  was  man  wollte,  ist  dadurch 
bewirkt  worden,    s.  bewerkstelligen. 

BEWIRKER,  m.  wenn  der  mensch  bewirken  seiner  mora- 
lischen Schöpfung  sein  sollte.  Klinger  5,  41. 

BEWIRKUNG,  f.  bete  und  arbeite,  habe  zu  der  göttlichen 
bewirkung  ein  festes  zutrauen,  allein  sei  auch  durch  mit- 
wirkung  dieser  göttlichen  absieht  beförderlich.    Hippel  it,  150. 

BEWIRREN,  intricare,  perplicare,  das  praet.  bewarr  n«cA( 
mehr,  nur  das  part.  beworren  gebräuchlich :  mit  mühe  und 
noth  entkam  ich  dieser  strengen  gerichtsbarkeit,  die  sich 
herausnimmt  die  ganze  weit  zu  bevormunden,  denn  mein 
grundsatz  ist  von  jeher  gewesen:  mit  der  polizei  unbewor- 
ren.  Mcs.\ecs  245;  eine  solche  blutige  einmischung  (rie  das 
duell)  sei  ein  eingrif  in  die  rechte  des  Schicksals,  das  den 
in  sein  spiel  beworrenen  personen  schon  einige  mittel  zur 
aushülfe  bereiten  müsse,  so  weit  es  nöthig  sei.  Hegexer 
molkenkur.  2,  141.    s.  bewerren. 

BEWIRTEN,  hospitio ,  convivio  excipere:  gastfreundlich, 
reichlich,  spärlich,  kärglich  bewirten: 

ein  hüttchen  nur  im  land  der  geszneriscben  hirten, 

just  grosz  genug,  um  uns  und  unsre  scbirerin, 

die  g~razien  und  .\morn  zu  bewirten.    Wislaro  9,  180 ; 

den  liebsten  aller  gaste 

bewirtet  nun  die  braut.    Götbe  1,  129; 

und  es  ist  voriheilhafl  den  genius 

bewirten,  gibst  du  ihm  ein  gastgeschenk, 

so  laszt  er  dir  ein  schöneres  zurück.    9,  104; 

sei  freundlich  beflissen 

in  deinem  hause  den  pilger  zu  laben, 

weil,  oho  es  tu  wissen, 

schon  manche  so  enge)  bewirtet  haben.    Rcckirt  31S, 

vgl.  Od.  17,  4S5.  486.  wie  es  heiszl  die  tafel  nimmt  die  gaste 
auf,  läszt  man  sie  auch  bewirten :  an  den  tafeln,  die  noch 
bei  seinem  rater  edle  gaste  und  wackere  freunde  bewirteten, 
schwelgten  jetzt  schmeichelnde  tellerlecker.  Bexzel  Sterxad. 
alle  bewirteten  sich  untereinander,  von  haus  zu  haus.  Wo 
man  unter  wirt  den  hauswirt,  chmann  versteht,  wie  in  Baiem 
und  Schwaben,  meint  aber  sich  bewirten  auc/i  5icA  verheiraten. 
BEWIRTER,  m.  hospes: 

ob  sie  ein  freund  ihm  geschenkt,  da  im  hurtigen  scbif  er 

hinwegfuhr, 
oder  wo  sonst  ein  bewirter.    Voss  Od.  19,  239. 

BEWIRTSCH.KFTEN,  adminislrare,  ein  gut  in  haut  und 
feld  bewirtschaften. 

BEWIRTSrH.\FTER,  m.  adminisirator. 
BEWIHTSCH.XFTUNG,  f  adminislratio. 
BEWIRTUNG,  f  hospilium,  convivium: 

besorgt  nun  andere  mähler, 
eigene  hab  aufzehrend,  und  laszt  die  bewirtungen  umgehn 
Voss  Orf.  1,378; 

auch  nicht  an  bewirtungen  fehh  es.    15,513; 


1787 


BEWISSEN  —  BEWOHNER 


BEWOHNLICH  —  BEWUNDERN 


1788 


so  gieng  auch  diesesmal  nichts  der  bewirtung  ab. 
[Iagbdorn  I,  25; 
nehmen  sie  mit  der  schlechten  bewirtung  vorlieb. 

BEWISCHEN,  tergere,  abslcrgere,  bewüschen.  Henisch  365. 
illinere.  Stieleu  2564. 

BEWISSEiN,  ein  seltnes,  wichtiges  wort,  das  zu  wissen  no- 
visse,  goth.  vitan,  ahd.  wijjan,  mhd.  wijjen  gehört  und  des- 
sen anomale  flexion  an  sich  tragen  musz.  goth.  aber  keine 
spur  von  tivitan,  ahd.  das  einzige  unbiwijjante  iguoranles, 
woraus  sich  biweij  und  biwista  folgern  lAszl;  mhd.  wieder 
nicht  das  geringste  zeichen  davon,  ags.  bevitan  und  beviste, 
curam  habere,  mit  der  bedeutung  also  des  goth.  vitan  vitaida; 
kein  praes.  bevat.  plötzlich,  und  nach  jenem  auffallenden 
mangel  im  mhd.,  taucht  nun  nhd.  der  ansdruck  wieder  auf, 
öfter  im  part.  prael.,  bisher  nur  einmal  im  inf :  freie  und 
tiefgelerte  bergleut,  die  mit  der  ruten  genge  ausrichten  und 
durch  die  magneten  sich  im  berge  bewissen  und  umbsehen 
können.  Mathesius  141*.  sich  bewissen  =  bescheid  wissen, 
sich  zurecht  finden,  was  sich  dem  folgenden  umsehen  nähert 
und  wieder  dem  goth.  vitan  vitaida  anzuschlieszen  scheint,  ein 
praet.  bewiste,  geschweige  ein  praes.  beweisz  erscheinen  nicht, 
wol  aber  das  sie  voraussetzende  part.  bewist,  im  sinn  von  be- 
kannt, notus:  daher  haben  wir  under  den  gefundnen  bewi- 
sten  ländern  und  künigreichen  nit  alje  erzölt  und  anzeigt. 
Frank  wellb.  vorrede;  welches  die  letst  insel  ist,  welche  die 
Römer  erkant,  bewist  und  erobert  haben.  69';  die  kleidung 
ist  mir  nit  bewist.  chron.  468'  und  in  dieser  bedeutung  von 
notus  noch  öfter,  tadelhaß  schreibt  jedoch  Wirsung  Cal.  D  2' : 
du  würdest  von  mir  vernehmen,  das  dir  vor  nicht  bewisset 
ist,  für  bewist.  auch  Sebast.  Helber  im  sylbenbüchlein  1593 
s.  11  gibt  bewist,  das  nichts  anders  sein  kann  als  unser  heu- 
tiges bewust,  wie  das  einfache  wisle  zu  wusle,  gewist  zu  ge- 
wust  wurde,    mehr  unter  bewust. 

BEWITTHÜM,  m.  vidualitium,  heute  witthum:  wieder  an- 
dere hetten  von  einem  heirat  geredet  zwischen  dem  fürstli- 
chen fräwlein  und  dem  jungen  herzog,  dergestalt  dasz  selbi- 
ger dem  fräwlein  solche  statt  und  pertinentien  zum  bewit- 
tumb  verschreiben  solle.    Philand.  lugd.  3,  52. 

BEWITTHUMEN :  Ludovicus  bewitthumet  Angilbergara,  als 
seine  verlobte  braut,  nach  Franken  art.  Hahn  1,  206 ;  Mathil- 
dis  wurde  von  Henrico  ansehnlich  bewitthumet.    2,  40. 

BEWITZELN,  perstringere,  bespötteln: 

hör  auf,  mich  zu  bewitzeln.    Wieland  18,347; 

mögt  ihr  stück  für  stück  bewitzeln, 

docn  das  ganze  zieht  euch  an.    Göthe  41,  24. 

BEWOGEN,  s.  bewegen  sp.  1768.  1769. 

BEWOHNBAR,  habitabilis:  ein  haus  in  bewohnbaren  stand 
setzen. 

BEWOHNEN,  habitare,  nnl.  bewonen :  ein  land,  eine  Stadt, 
ein  haus  bewohnen;  sie  werden  heuser  bawen  und  bewo- 
nen. Es.  65,  21 ;  das  es  das  land  bawe  und  bewone.  Jer.  27, 
11 ;  und  die  stedte,  so  wol  bewonel  sind,  sollen  verwüstet 
werden.  Ez.  12,  20 ;  die  thiere  bewohnen  den  wald,  die  fische 
das  wasser. 

die  ihr  felsen  und  bäume  bewohnt,  o  heilsame  nvmphen. 
ÜÖTHE2,  130; 
man  gebraucht  es  auch  von  leblosen  und  abstraclen  dingen, 
im  sinne  von  einnehmen,  occupare :  das  bücherbret  {im  zimmer 
des  hauplmanns)  bewohnte  die  degenkuppel  (sie  lag  auf  dem 
bret).  J.Paul  Tit.2,120;  ein  durst  nach  allem  groszen,  was  den 
geist  bewohnt  (erfüllt)  und  hebt.  1,  30 ;  herzen,  die  er  alle  nur 
bereiset,   weil  er  keines  bewohnt.  3,  135  (oben  sp.  1497); 

bewohn  er  (lug  und  trug)  hütten  oder  Schlösser  (sp.  1433); 

Mars  selbs  bewohnet  dein  gemüt.    Weckuerlin  372; 

euch  bewohnet  stets  mein  sinn, 

und  ich  trag  in  gleichen  schmerzen 

euer  herz  in  meinem  herzen.-  Fleming  462. 

0  unglückselges  schlosz,  mit  fluchen 

erbaut,  und  fluche  werden  dich  bewohnen.    Schiller  521V 

BEWOHNER,  m.  habitator,  incola:  die  bewohner  der  erde, 
der  weit,  des  monds;  die  bewohner  des  walds,  des  hains, 
die  Vögel  und  thiere;  die  bewohner  des  grabs,  die  todten: 

ruhe,  süsze  ruhe,  schwebe 
friedlich  übnr  dieser  grufl, 
bis  der  himmlische  belohner 
ihren  ehrlichen  bewohner 
seine  kröne  zu  empfangen  ruft.    flÜRcrn  1,  73; 
ist  doch  die  Stadt  wie  gekehrt,  wie  ausgestorben,  nicht  fünfzig, 
dSuchl  mir,  blieben  zurück  von  allen  iinsern  bowohnern. 
GöTHi  40,  233. 


BEWOHNLICH,  bewohnbar.  Otfr.  Müller  hell,  stamme  1,  in. 

BEWOHNÜNG,  /".  habilatio :  unser  gemüte  als  eine  be- 
wohnunge  göttlicher  kraft  und  Weisheit.  Schuppius  562 ;  ich 
sehe  die  ebene  mit  zahllosen  bewohnungen  bedeckt.  Klin- 
ger 6,  32 ;  ihre  landschaft  mit  fruchtbaren  bewonungen  verse- 
hen.   FiscHART  Ismenius  2'. 

BEWÖLBEN,  superslruere  camera,  umwölben,  überwölben, 
wölben.  Helbers  sylbenb.  11  schreibt  beweibet,  gewölbt:  da 
wo  die  schattigen  wipfel  den  einsamen  gang  bewölben. 

BEWÖLKEN :  nubilare,  obnubilare,  umwölken,  bewölkt  nu- 
bilus  hat  schon  Henisch  364,  bewölken  Stieler  2574,  nnl.  be- 
wölken. 

und  bei  schwarz  bewölkten  sinnen 

scherz  beginnen 

ist  ein  schätz  der  klugen  weit.    Hofmannsvvaldau  ; 

Selma,  Selma,  nur  wenig  bewölkte,  trübe  minuten 

bring  ich,  seh  ich  dich  todt,  neben  dir  seelenlos  zu. 

Klopstock  1, 110; 
wie  trümmern,  auf  denen  bewölkender  dampf  schwimmt. 

Mess.  9,  484 ; 
da  bewölkte  den  Schimmer  der  rölhliche  leuchtende  morgen. 

12,  862 ; 
diese  stille,  die  dunkelheit  wirft  noch  schwärzere  schatten 
auf  die  bilder  der  angst,  die  deine  seele  bewölken. 

14,  1032; 
ein  heitrer, 

freundlicher  wirt,  obwol  viel  schmerz  die  seel  ihm  bewölkte. 

15,  1091; 
die  stunde,  da  Simeon  mich  sieht, 

ich  ihn  reden  höre,  soll  keine  klage  bewölken.    15,  1171; 

die  Wehmut 
soll,  wie  vordem,  mein  leben  nicht  mehr  mit  trauren  bewölken. 

18,  275 ; 

endlich  waren  vor  mir  die  bewölkten  erscheinungen  alle 
weggesunken.  18,  491 ; 

was  erschreckst  du  denn  so,  tod,  des  beladnen  schlaf! 
0  bewölke  den  genusz  himmlischer  freude  nicht  mehr. 
werke  1, 168 ; 
noch  bewölkt  mich 
trauern  um  ihn.        1,  204; 
hinab,  wo  die  nacht  ewig  bewölkt.    1,200; 
ein  zitterndes,  wollüstiges  verlangen 
bewölkt  ihr  schwimmend  aug  und  brennt  auf  ihren  wangen. 

WiElAND  10,  141 ; 

felsen  stehen  gegründet,  es  stürzt  sich  das  ewige  wasser 
aus  der  bewölkten  kluft  schäumend  und  brausend  hinab. 
Göthe  1,  317; 
die  bewölkte  stirn  (frons  nubila).  Klinger  10,  30 ;  wo  man  al- 
les was  mit  bewölkter  stirne  vorgetragen  wird,  für  tiefe  Weis- 
heit gehalten  wissen  wollte.    Lichtenberg  3,  179.     der  gegen- 
salz ist  die  heitere  stirne  (frons  serena),   wie   der  tag   heiter 
oder  bewölkt,     er,  dem  sich  bei  diesem  namen  die  ganze  be- 
wölkte Vergangenheit  wie  ein  himmel   aufthat.   J.  Paul  Hcsp. 
2,  187.     sich  bewölken,  mit  wölken  beziehen:  der  himmel  be- 
wölkt sich.  Göthe  51,  212. 

BEWOLLEN,  lana,  lanugine  vestire,  sich  bewollen,  lana 
vestiri,  wolle  bekommen,  wollig  werden.  Stieler  2576 :  das 
bewollte  schaf,  die  dichtbewollte  art  wird  vorgezogen; 

gleich  auch  gezogen  kamen 

zween  frommer  hirten  werth, 

mein  Ballon  und  der  Damen  (Dämon) 

mit  wolbewollter  herd.    Spek  trutzn.  191 ; 

ich  gleich  ihn  recht 
dem  herdenmann  von  dicht  bewolltem  vlies.    B6rgsr153*; 
scheint  es  auch  dürr  den  kahlen  berg  hinan, 
so  nährt  es  doch,  das  schaf  bewollt  sich  dran. 
Götue  4,  151. 
das  kinn  ist  ihm  bewollt. 

BEWOLLZOTTEN,    dasselbe:   (hut)  bestulpet,   berondelet, 

bewollzottct.  Garg.  lis'.  s.  zotte,  ahd.  zata,  villus  und  bezotten. 

BEWOLTHATIGEN,  beneficio  remunerare:   er  wird  sich  ge- 

treufleiszig  envcisen  und  ich  werde,  in  seiner  person  bewol- 

tätiget,  dem  herrn  verbunden  sein.    Butschky  kanzl.  517. 

BEWOHFELN,  ventilare,  worfeln. 

BEWÜHLEN,  suffodere,  umwühlen.  Stielkr2682:  dermaul- 
wurf  bewühlt  die  erde. 

BEWUNDERER,  ni.  admirator:  er  ist  ein  groszer  bewun- 
derer  von  ihr. 

BEWUNDEEUN,  f  admiratrix:  aber  was  für  ein  fürchtet^ 
liebes  urtheil  fällen  sie  über  meine  lipwunderin  im  Haag? 
Merck  1,  31. 

BEWUNDERN,  admirari,  nnl.  bewondercn,  schwächer,  aber 
geistiger  und  nachhaltiger  als  bestaunen,  das  blost  den  ersten, 
überwältigenden  sinnlichen  eindruck  anzeigt:  ich  wünschte, 
Conti,  ihre  kunst  in  andern  vorwürfen   zu   bewundern.    Les- 


1 789     BEWÜNDERNSWERTH— BEWUSCHPERT 


BEWUST 


1790 


SI50  2,  IIS;  ich  habe  euch  so  oft  über  eure  fassung  bewun- 
dert.  GÖTHE24, 162; 

bewundert  viel  und  viel  gescholten,  Helena, 

Tom  strande  komm  ich,  wo  wir  erst  gelandet  sind.    41,  179; 

dich  bewundr  ich,  wo  ich  dich  versteh, 

Malhisson.  A.W.Schlegel; 

das  Volk  staunt  an  und  bewundert  was  es  nicht  versteht. 
HcMBOLDT  ans.  der  nat.  2,  300. 

BEWLNDER-NSWTRTH,  BEWUNDERNSWÜRDIG,  admira- 
bilis,  admiratione  dignus: 

im  purpur  nicht  zu  grosz,  durch  kittel  nicht  entehrt, 
stets  edler  als  sein  stand  und  stets  bewundernswehrt. 

Hagedorn  1,  24; 
bewundernsweriher  köpf,  ach  hättest  du  gehirne  '.    2,  51 ; 

eine  bewundernswürdigere  kunst  gibt  es,  aber  sicherlich  kei- 
nen bewundernswürdigem  gegenständ  als  diesen.  Lessixg  2, 118. 
BEWL.NDERL.NG,  f.  admiralio :  bewunderung,  Verwunde- 
rung, affect  in  der  Vorstellung  der  neuigkeit,  welche  die  er- 
warlung  übersteigt,  aber  beim  verlusle  der  neuigkeit  nicht 
aufhört.  Kaxt  ",  126;  man  wird  überrascht  und  in  bewunde- 
rung gesetzt.    6,48;    zur  bewunderung  schön; 

stille  bewundrungen  wandelten  dir,  du  stimme  der  liebe, 
durch  die  beere  der  schauenden  nach. 

Klopsiock  Hess.  S,  2S5; 
zum  ziele  der  bewundrung  niclit  allein, 
zum  ziel  des  neides  und  des  hasses  mehr.     Göihk9,  299; 

mehr  Verwunderung  und  lust,  als  bewunderung  und  Vereh- 
rung. 17,  272.  auch  der  beicunderte  gegenständ:  ja,  sie  sind 
die  bewunderung  der  ganzen  akademie.    Götbe  8,  34 ; 

er,  die  bewundrung  seiner  zeilgenossen, 
und  später  nachweit  stolz.    Gottes  1,  372. 

BEWLNDERUNGSFIEBER.  n.  Wielands  Horaz  1,  118. 
BEWUNDERUNGSPFLICHT,  f. 

und  dich  ermahnt  sein  süszes  lobeedicht, 

Germanien,  zu  der  bewundrungs|iQicht.    Hagedorn  1,&8. 

BEWUNDERUNGSR.\USCH,  m.  Beckebs  wellg.  14,  36. 

BEWUNDERUNGSWÜRDIG,  adj.  und  adv.:  hierüber  bat 
ein  kenner  sich  bewundrungswürdig  (admirablemenl)  erklärt. 
GöTHE  6, 111. 

BEWÜNSCHEN,  oplimis  prosequi  ominibus,  geßgt  wie  be- 
schenken : 

wir,  die  wir  noch  zur  zeit  des  thuns  entbehren  müssen, 
und  nicht  so  viel  wie  ihr  von  lieb  und  lieben  wissen, 
bewünschen  euch  mit  glück  und  himmelreicbcr  gunst. 
Fleming  567. 
vgl.  einem  anwünschen,  wünschen,  wie  schenken. 

BEWÜRDE.N,  augere,  ornare  dignilate,  wird  fast  nur  im 
pari,  prael.  gesetzt:  gott  hat  menschliche  natur  so  hoch  be- 
wirdet,  dasz  er  sie  über  englische  gesetzt  hat  Petr.  190*; 
hochbewürdele  cavalliers.  Bltschky  Palm.  721 ;  würden  brin- 
gen den  bewürdeten  in  die  nothwendigkeit  u.  s.  w.  Hippel 
10,  64. 

BEWÜRDIGEN,  dignari,  Honorare,  beehren,  würdigen:  mit 
fürstlich  geneigter  aufmerkung  Taubmannum  bewürdigen. 
Bbandts  bericbl  30;  wil  ich  meinen  herrn,  mich  eines  klei- 
nen briefleins  zur  bezeigung  noch  wehrender  freundschaft 
zu  bewürdigen  hiermit  ersucht  haben.  BoTscnKV  kanzl.  57; 
vor  Zeiten  beehrte  man  nur  diejenigen,  welche  sich  der  ehre 
bewürdigten  {würdig  machten).    313. 

BEWURF,  m.  Maaler  67*.  Hemsch  362.  1)  IruUisatio,  be- 
wurf  der  mauer  mit  vtörtel,  kalk,  pflaster. 

2)  adumbratio,  lineamentum,  enlwurf. 

BEWURZELN,  radices  agere:  das  werden  starke  beume, 
die  der  wind  stets  treffen  kan,  dann  durch  die  vielen  an- 
stösze  werden  sie  feste  gemacht,  und  bewurzeln  desto  stär- 
ker. BcTscnKY  kanzl.  661 ;  ein  tiefbewurzeller,  bejahrter  eich- 
baum.    Brockes  l,  151.     sich  bewurzeln,  in  gleichem  sinn. 

BEWURZEN,  condire,  würzen:  alles  was  an  Taubmanno 
war,  das  lebte;  an  manchem  lebt  nur  die  zunge,  die  zwar 
scherzet  und  spielet  und  wol  bewürzet  ist,  aber  das  herze 
lebt  niclit.    Brandts  ber.  19. 

BEWUSCHPERT,  tedulus,  alaeris,  gttehäffig,  r&krig,  mun- 
ter: du  warst  um  alle  drei,  in  deiner  spräche  zu  reden,  sehr 
bewuschpert.  Hermes  Soph.  reise  6,  283.  setzt  ein  wuschpern, 
dies  ein  adj.  wuschper  tnraus.  zunächst  liegt  das  Schweiz. 
busper.  munter,  lebhaft,  rührig,  buspem  munter  hentmsprin- 
gen,  büspi  Springinsfeld.  Stai.d.  I,  248.  bosper,  in  Bänden 
gusper.    ToBLER  71*,    tchwdb.   bosper,   besonders   von  vögeln. 


ScHxiD  109,  und  Hebel  fragt :  etwa  soviel  als  buschbar,  wenn 
die  hecken  buschig  werden  und  die  vögel  nisten?  offenbar 
dasselbe  ist  wispeln,  oder  wie  Scujudts  weslerw.  id.  330  schreibt 
wisbeln,  rührig  hin  und  her  fahren,  nnl.  wispelen  und  wis- 
peren, schw.  vispa  cillere,  visper  agilis,  mobilis,  levis.  He- 
bels Vermutung  hat  geringen  schein,  doch  hält  es  schwer  die 
wahre  gestalt  des  hübschen  worles  herauszubringen,  von  wis- 
peln, wispern  susurrare  musz  es  schon  darum  unterschieden 
sein,  weil  dafür  schw.  hvisla,  altn.  hnsla,  hnskra  mit  aspira- 
tion  gilt. 

BEWCST,  notus,  nnl.  bewust.  ein  wort,  das  mhd.  ganz 
verschollen  scheint,  hat  nhd.  wieder  seine  geltung.  nachdem 
das  alte  wiste,  weste  novi  zu  wüste  geworden  war,  gieng  aber 
bewist,  dessen  letzte  spuren  sp.  1787  gesammelt  sind,  in  be- 
wust über,  neben  bewust  erscheint  jedoch  nirgends  beweisz 
novi,  noch  bewuste  noreram,  nur  sagt  Hediox  com.  48 :  die- 
weil  ich  disz  in  langer  erfarung  wol  bewust  hab  =^  gewust. 
bewust  und  alle  diese  Wörter  haben  nicht  szt,  sondern  st,  wo- 
durch die  reime  auf  brüst  und  lust  rein  werden,  unserm  be- 
wust ist  das  ddn.  bevidst  {mit  rücksicht  auf  vide,  vidste)  nach- 
gebildet, ein  schw.  bevist  kommt  nicht  vor. 

1)  bewust  sein,  notumesse:  gott  sind  alle  seine  werke  bewust 
von  der  weit  her.  apost.  gesch.  15,  18;  das  gotte  nichts  be- 
wust sei  umb  seine  sünde.  Llther  3,  5;  es  ist  aber  gnug- 
sam  bewust,  das.  4,  259';  nu  ist  allen  rechten  Christen  das 
wol  bewust,  wer  kein  wort  gottes  achtet,  der  achtet  auch 
keinen  gott.  6,  505' ;  antwort,  das  ist  gott  bewust,  so  sagts 
niemand  nach,  bienenk.  87*;  so  ist  bewust,  dasz  das  poda- 
gram  viel  menschen  zu  hiichster  Wissenschaft  der  sprachen 
gebracht  habe.   Philand.  2,  479 ; 

uramher  steliu  alle  frommen, 
die  du  hast  frei  gemacht,  und  jauchzen  vor  der  lust, 
für  lust,  die  keinem  noch  von  menschen  ist  bewust. 

Fleming  33; 
des  himmels  runder  lauf,  der  fortschreit  der  planeten,  . 
der  elementen  kraft,  das  war  euch  ganz  bewust.    62; 
allwissend  bin  ich  nicht,  doch  viel  ist  mir  bewust. 
Götbe  12,  81  ; 
das  ist  mir  wol  bewust;    die    sache    ist   schon   allen   leuten 
bewust;  das  ist  mir  nicht  bewust,  unbewust. 

2)  sich  bewust  sein  einer  sache,  sibi  conscium  esse  ali- 
cujus:  du  weist  alle  die  bosheit,  der  dir  dein  herz  bewust 
ist.  Ikön.  2,  44;  ich  bin  wol  nichts  mir  bewust  {goth.  nih 
vaiht  auk  mis  silbin  mi))vait,  ovSiv  yä^  iuavxc^  avfoiSa, 
vulg.  nihil  enim  mihi  conscius  sum,  vielleicht  ahd.  mir  sel- 
pin  piwei;?).    1  Cor.  4,  4; 

da  ihm  (tibi)  Papinian  der  schnöden  that  bewust. 

GRIfHIDS  1,  447; 
legt,  die  ihr  {sibi)  keines  manns  bewust, 
der  fürsten  könig  an  die  brüst.    2,  244; 

wie  viel  gewündschter  Inst 
ist,  dünkt  mich,  euer  hen,  herr  Abel,  ihm  (sibi)  bewust. 

2,  342; 
diejenigen,  welche  ihnen  (sibi)  nichts  gutes  bewust.  Lokman 
fab.  20;  und  was  wird  man  vollends  sagen,  wenn  ich  sogar 
zeige,  dasz  er  sich  selber  nichts  besser  bewust  zu  sein  schei- 
net? Lessinc  5,  35;  er  ist  sich  seiner  bewust,  fSAlt  sich;  über 
das,  was  sie  sich  bewust  sind.  Wieland  3,  146 ; 

Aspasien  halte  man,  eh  sie  den  Schleier  nahm, 

vorher  in  Lethe  baden  sollen. 

liegts  etwa  nur  an  ihr,  sich  nicht  bewust  zu  sein?    9,  108; 

hier  war  es,  wo  ich  mir  bewust  tu  sein  begann.    17,  128; 

mich  däucht,  ich  bin  mir  das  nicht  mehr  bewust,  was  ich 
mir  kaum  noch  bewust  war.    25,  280 ; 

noch  durchschauert  kaltes  grauen, 

da  ichs  denke  mir  die  brüst! 

nimmer,  nimmer  kann  ich  schauen 

io  die  aueen  des  geliebten, 

dieser  stillen  schuld  bewust!    Scbillir  498'; 

wems  herze  schlägt  in  treuer  brüst, 

und  ist  sich  rein,  wie  ich.  bewusi  (meisz,  fühlt  sich  rein), 

der  hält  mich  wol  am  höchsten.    Gothi  1,  190; 

wüste  sie  sich  tu  entschnldgen, 

schuldig,  keiner  schuld  bewust?    3,  12; 

ich  bin  mir  dessen  bewust,  nicht  Itewust,  unbewust.  die 
belege  zeigen,  dost  der  gen.  fehlen  kann,  tadelhaß  scheint 
Wielands  ace.  statt  des  gen.  nicht  wol  darf  der  dat.  der  per- 
son  ausbleiben,  wie  Ki.inger  4,  26  sdireibt :  deine  multer,  die 
{sich)  der  gefahr  für  mich  bewust  war.  aber  statt  des  gen. 
mag  auch  ein  abhingiger  salz  folgen :  ich  bin  mir  bewast 
nichts  unrechtes  gelhan  zu  haben 


1791 


BEWUST— BEWUSTS  EIN 


BEWUSTSEIN— BEZAHLEN 


1792 


3)  bewust  machen  für  bekannt  machen,  nur  seilen: 

(lisz  disz  ist  deine  liist, 
dein  unmuthwenderin,  die  jetzt  dich  mactit  bewust, 
so  weit  sich  das  gescbrei  von  unserm  krieg  erstrecket. 

Opitz  2,  20; 
herr,  mache  mir  den  rechten  weg-  bewust.    ps.  119. 

4)  auch  in  folgenden  fällen  sieht  bewust  adjeclivisch  für  notus, 
conscius :  meine  Schwester,  nur  ein  jähr  jünger  als  ich,  hatte 
mein  ganzes  bewusles  leben  mit  mir  herangelebt  und  sich 
dadurch  mit  mir  aufs  innigste  verbunden.  Göthe25,  20;  Wei- 
land setzte  mit  den  beiden  galten  das  gesprüch  fort,  das 
sich  auf  lauter  bewuste  pcrsonen  und  Verhältnisse  bezog. 
25,  343 ;  wozu  wir,  bewust  und  unbewust,  willig  oder  un- 
willig, unaufliallsam  mitwirkten.    26,  6S ; 

in  harren  und  krieg, 

in  Sturz  und  sieg 

bewust  und  grosz.    47,  233. 

nicht  bewustsein,  sondern  bewustes  (gegenständ  des  bewusl- 
seins).  Fichte  thats.  des  bewusts.  83.  man  sagt  auch  von  dem, 
was  man  nicht  nennen  will  oder  nicht  nölhig  hat  zu  nennen: 
der  bewuste  mann ;  ich  habe  es  von  der  bewusten  frau  ge- 
hört; die  bewuste  sache  wird  ausgeführt. 

BEWUST,  m.  und  f.  scientia,  nolitia,  wissen,  vorwissen, 
künde,  in  vielen  belegen  kann  aber  das  genus  nicht  erkannt 
werden,  das  f.  scheint  organischer  und  hat  die  analogie  von 
kunst,  dürft  und  schuld,  das  m.  höchstens  die  von  bedacht. 
Opitz  und  Logau  brauchen  auch  das  einfache  wüst  in  der  re- 
densart  mit  wüst  und  willen,  mit  will  und  wüst.  Frisch  2, 
454  führt  an:  ohne  meine  bewust,  me  insciente;  und  ab  her 
(ob  er)  bekennen  wurde,  das  her  zu  dem  selben  morde  hülfe 
und  rad  getan  bette,  adir  (oder)  mit  siner  bewust  gesehen 
were?  Magdeb.weisth.sAI  (a.  1440);  das  denn  mit  siner  bewust 
und  sinem  geheisze  sulde  gescheen  sein.  s.  40  (o.  1455),  aus 
welchen  beiden  stellen  zu  folgern  ist,  dasz  auch  bewust  nolus 
schon  um  die  mitte  des  ii  jh.  gangbar  gewesen  sein  müsse; 
wiltu  den  armen  dienen,  so  soitu  bei  deinen  herrn  und 
frawen  für  sie  bitten,  und  darnach  mit  derselbigen  bewust 
und  willen  inen  etwas  geben.  Glaser  gesindteufel  E6'.  aus 
späterer  zeit  gibt  Schmeller  4,  187  beispiele  des  m. :  ohne 
meinem  (ßr  meinen)  bewust;  ohne  amtlichen  vorbewust; 
mit  ihrem  bewust.    Opitz  Arg.  1,  552; 

der  bewust,  wes  fähig  ein  rasendes  weib  sei.    Voss  Aen.  5,  6 

(notumque,  furens  quid  femina  possit) ; 
denn  dort  spielet  das  herz,  wie  bewustlos  über  den  zäun  her, 

hier  mit  bewust  schalkhaft  lauert  es  hinter  dem  busch. 

Voss  poet.  werke  1835  s.  283. 

folgende  ältere  stellen  setzen  ein  f.  voraus:  ohne  bewust  und 
mit  belieben  ihrer  landschaft.   Micrälius  4, 116; 

er  {der  söhn)  freihet  nicht  aus  eigner  lust, 
sondern  thuts  mit  der  eitern  bwust. 

Ringwald  laut.  warh.  303  (296) ; 

eines  fürsten  bewust  von   den    seinen.    Überschrift  zu  Logau 
2,  3,  8 ;  der  meier  soll  auch  nicht  befugt  sein,  jemand  ohne 
seines  herrn  bewust  oder  geheisz  zu   herbergen.   Hohberg  3, 
234*.    heule  veraltet,    vgl.  wüst  und  vorbewust. 
BEWUSTLOS,   inscius,  ignarus,  adv.  inscienter. 

1)  ohne  es  zu  wissen:  weisz  er  schon  davon?  vermutet  ers? 
oder  sagt  er  es  zufällig,  so  dasz  er  mir  bewustlos  mein  Schick- 
sal vorausverkündigt?  Göthe  17,138;  ich  muste  ihn  vor  vielen 
andern  in  die  klasse  derjenigen  rechnen,  welche  practische 
Philosophen,  bewustlose  weltwcisen  genannt  werden.  25,  168. 

2)  ohne  besinnung :  sie  sank  bewustlos  nieder;  dieser  be- 
wustlose zustand  währte  fünf  minuten. 

BEWUSTLOSIGKEIT,  f.  Stupor,  animi  deliquium. 

BEWUSTSEIN,»».  conscien<ia,  animiis  sui  compos,  selbstgeßhl, 
erst  im  iSjh.  gebildet  und  häufig  gebraucht:  alles  dieses  nimmt 
ein  jeder  in  dem  unmittelbaren  bewustsein  der  begierde  bestän- 
dig wahr.  Kant  1,75;  nur  dadurch,  dasz  ich  ein  manigfaltiges 
gegebener  Vorstellungen  in  einem  bewustsein  verbinden  kann, 
ist  es  möglich,  dasz  ich  mir  die  Identität  des  bewustscins  in 
diesen  Vorstellungen  selbst  vorstelle.  2, 130 ;  eine  Sinnlichkeit, 
in  welcher  viel  empirisches  bewustsein  anzutreffen  wäre,  aber 
getrennt  und  ohne  dasz  es  zu  einem  bewustsein  meiner  selbst 
gehörte.  2,  655;  zwischen  einem  bewustsein  und  einem  völ- 
ligen unbewustsein  können  grude  statt  flndcn.  3,225;  wie  es 
(das  ich)  auf  dem  gesichtspunctc  des  gemeinen  bewustseins 
von  aller  philosophischen  abstraction  unabhängig  sich  er- 
scheint.   Fichte  sittenl.  112;   auf  dem  gesichtspunctc  des  ge- 


meinen bewustseins  oder  der  Wissenschaft ;  (dagegen)  auf  dem 
transcendentalen  gesichtspunctc  oder  dem  der  wissenschafts- 
lehre.  151 ;  da  das  bewustsein  der  Völker  in  beiden  continen- 
ten  ungleichzeitig  erwacht  ist.  Humboldt  ans.  der  nat.  2, 330 ; 
von  kindheit  an  empfinden  wir  die  gröszte  freude  über  gegen- 
stände insofern  wir  sie  lebhaft  gewahr  werden,  daher  die  neu- 
gierigen fragen  der  kleinen  geschöpfe,  sobald  sie  nur  irgend 
zum  bewustsein  kommen.  Güthe  50,  114;  ein  tiefes  bewust- 
sein ihrer  Seligkeit.  Klopstock  Mess.  12,  697;  es  traten  end- 
lich Verhältnisse  ein,  welche  auch  in  der  deutschen  nation 
ein  bewustsein  ihrer  natürlichen  Stellung  hervorriefen.  Ranke 
reform.  1,  44;  sie  kannten  ihren  freund  (den  jungen  Luther), 
mit  schonungsvoller  einsieht  schlugen  sie  das  saitenspiel  an, 
das  sie  mitgebracht:  unter  der  wolbekannten  weise  stellte 
die  mit  sich  selber  hadernde  seele  die  harmonie  ihrer  Innern 
triebe  wieder  her  und  erwachte  zu  gesundem  bewustsein. 
1,  293;  sie  liegt  ohne  bewustsein;  lasz  dir  dein  eigenes  be- 
wustsein (dein  gewltsen)  sagen,  ob  ich  die  Wahrheit  rede ;  das 
bewustsein  meiner  Unschuld  macht  mich  stark,  die  Dänen 
sagen  bevidsthed  oder  samvillighed,  die  Schweden  einfacher 
samvele. 

BEWUSTSEINLOS :  ein  solcher  beziehungsgrund  nun  ist 
eine  völlig  bestimmte,  aber  bewustseinlose  anschauung  des 
dinges.  Fichte  grundl.  der  ges.  wissenschaflsl.  399. 

BEWUSTVOLL:  mit  dem  christenthum  ist  der  rechte,  be- 
wustvolle  Protestantismus  zur  weit  gekommen. 

BEWÜTEN,  furore  implere,  wütend  machen: 

den  sein  siolzseliger 
dämon  bcwütet.    Herder  6,  205. 

BEXEN,  pulsare,  caedere:  was  ligt  daran,  wenn  man  die 
kleinen  band  uf  schneidet  mit  dem  messer  an  einem  fasz  mit 
wein,  die  kleinen  band  heben  die  reif,  die  reif  heben  das  fasz. 
wann  man  nun  die  band  uflhut,  so  fallen  die  reif  davon  und 
gon  die  taugen  (dauben)  voneinander  und  stoszet  der  wein 
dem  fasz  den  oben  usz.  darumb  so  schlechstu  ein  kind  uf 
die  band,  wann  es  an  eim  fasz  also  ligt  zebexen.  Keisersrerg 
omeis  49*.  Stalder  1,  159  hat  bexgen  hüsteln  und  ptäxen, 
pfixen  niesen,  1,  125  aber  backen,  bäggen  nicht  blosz  trocken 
husten,  sondern  auch  mit  stumpfem  beil  oder  messer  hacken; 
einstimmig  hiermit  erthcilt  Sciimid  38  dem  schwäb.  bücken  und 
bäcksen  beide  bedeulungen,  die  des  hüstelns,  trocken  huslens 
und  des  hackens,  klopfens  mit  stumpfem  Werkzeug,  in  Kei- 
SERSB.  stelle  wird  offenbar  das  letzte  gemeint,  wenn  die  kinder 
auf  die  faszreife  mutwillig  klopfen  oder  hacken,  bemerkens- 
werth  aber  ist  die  analogie  zwischen  hacken,  hüsteln  und  nie- 
sen, wir  sagen  hacken  hüsteln,  es  hackt  dem  kind  auf  der 
brust,  es  hustet  schwer,  engl,  ist  hack  stammeln,  stJiwer  reden, 
anstoszen,  schw.  hacka,  dän.  hakke.  becken,  bicken  stimmt 
genau  zu  ßrjaaca  husten,  ßrj^,  ßrjxös  tussis  und  ßrixiov  tus- 
silago,  huslenstillendes  kraut. 

BEZACKELN,  armare  navem.  Garg.  79",  die  richtige,  hoch- 
deutsche form  des  sp.  1694  angegebnen  heutigen  betakeln. 

BEZACKEN,  incidere,  dentare,  auszacken. 

BEZAHLBAR,  parabilis,  häufiger  kommt  vor  unbezahlbar. 

BEZAHLEN,  solvere  numerata  pecunia,  mit  aufgezähltem 
geld,  mhd.  bezaln,  nnl.  betalen,  schw.  betala,  dän.  betale, 
goth.  sagte  man  usgiban,  ahd.  argepan  und  geltan,  wie  auch 
noch  mhd.  gelten  oßer  als  bezaln  vorkommt,  nhd.  aber  ver- 
gelten pendere,  rependere  ausdrückt. 

i)  den  werth  oder  preis  der  gekauften,  beschädigten,  verun- 
treuten Sache  bezahlen:  haar  bezahlen,  bei  hellerund  pfcnning, 
auf  dem  bret,  aus  seinem  beutel  bezahlen ;  theuer  bezahlen ; 
ich  kanns  bezahlen,  es  ist  mir  nicht  zu  theuer;  die  sache  ist 
nicht  mit  gelde,  golde  zu  bezahlen;  einen  theil  des  preises 
auf  abschlag,  das  übrige  in  bestimmten  fristen  bezahlen;  ich 
habe  das  erkaufte  pferd,  haus,  feld,  körn  sogleich  bezahlt; 
so  wir  deins  wassers  trinken,  wir  uml  unser  vieh,  so  wollen 
wirs  bezalen.  4  Mos.  20, 29 ;  was  die  Ihier  zurissen,  bracht  ich 
dir  nicht,  ich  mnst  es  bezalen.  1  Mos.  31,  39 ;  stilets  (das  vieh) 
im  aber  ein  dieb,  so  sol  ers  seinem  herrn  bezalen.  2  Mos. 
22, 12;  wer  aber  ein  vieh  erschlegt,  der  sols  bezalen  leib  umb 
leib.  3  Afo«.  24,  18 ;  dazu  sol  er  das  schaf  vierfeltig  bezaU'n. 
2  Sam.  12,  6 ;  unser  eigen  wasser  müssen  wir  unib  gelt  trin- 
ken, unser  holz  musz  man  bezalel  bringen  lassen,  klaget.  Jer. 
5,  4 ;  du  wirst  nicht  von  daniien  heraus  komen  bis  du  auch 
den  letzten  heller  bezalest.  il/<i///i.  5,  26 ;  und  so  du  was  mer 
wirst  darthun,  wil  ich  dirs  bezalen,  wenn  ich  wider  kome. 
Lmc.  10,  35;  der  her  wolt  ein  nagel  mit  dem  andern  usuchU- 


1793 


BEZAHLEN  —  BEZAHLHERR 


BEZAHLUNG  —  BEZÄHMERIN 


1794 


gen  und  in  mit  der  münz  bezalen,  die  er  von  im  empfangen 
het.  Keisersb.  s.  d.  m.  4l'. 

2)  vorzugsweise  musz  das  geliehene  geld,  die  schuld  bezahlt 
Verden:  der  mann  konnte  nicht  bezahlen  und  muste  ins  ge- 
fängnis  wandern ;  die  schuld  musz  bis  auf  den  letzten  heller 
bezahlt  werden ;  als  wan  man  dir  ist  schuldig  ein  gülden  und 
du  bist  einem  andern  auch  ein  gülden  schuldig,  den  hast  du 
verheiszen  zu  geben  uf  die  zeit,  da  man  dich  zu  bezalen  auch 
hat  verheiszen.  nun  dein  Schuldner  falt  dir  hinder  sich,  leugt 
dir,  so  kanstu  dan  auch  nit  bezalen  und  wirst  zu  einem  lüg- 
ner  gegen  dem,  der  dir  geühen  hat.  Keisersb.  s.  d.  m.  66*; 
seine  schuld  pünctiich  und  auf  den  tag  bezahlen,  es  beiszt 
biblisch  in  den  busen,  eis  löv  xölrrov,  bezahlen,  dem  gläu- 
biger das  geld  in  den  schosz  schüUen:  ja  ich  wil  sie  in  iren 
bosam  bezalen.  Es.  65,  6 ;  und  vergilt  unsern  nachbam  siben- 
feltig  in  irem  bösem,  ps.  79, 12 ;  der  du  vergütest  die  misse- 
tat  der  veter  in  den  bösem  irer  kinder  nach  inen.  Jer.  32, 18. 

3)  geleisteten  dienst  bezahlen:  den  barbier,  den  kutscher 
bezahlen;  das  er  nit  mocht  selig  werden,  er  hett  dan  dem 
schifman  den  fiirlon  bezall.  Keisersb.  s.  d.  tn.  65' ;  dem  knecht 
seinen  lohn,  dem  diener  seinen  sold  bezahlen;  sehet  euch  mit 
heiraten  wol  für  und  laszt  euch  feder  und  dinten  wol  bezah- 
len. ScHüPPiLs  115 ; 

wir  aber  stelin  in  des  Kaisers  pfliclit. 

und  wer  uns  bezahlt,  das  ist  der  kaiser.    Schiller  32S'. 

4)  «er  bez<üilung  in  gute  nicht  erlangen  kann,  sucht  sie 
sich  auf  anderm  wege  zu  verschaffen,  das  nennt  man  sich 
selbst  bezahlt  machen ;  es  ist  mir  nicht  bang,  ich  weisz  mich 
schon  bezahlt  zu  machen ;  sie  geruhen  mir  entweder  zu  dem 
meinen  widerum  fürderlich  zu  verhelfen  oder  mich  nit  zu 
verdenken,  dasz  ich  uf  alle  vorständige  wege  mich  selbsten 
bezalt  mache.  Reixbard  werth.  schrift  gegen  Würzburg  2, 183. 

5)  häufig  wird  bezahlen,  wie  vergelten  und  pendere,  repen- 
dere  auf  andern  ersatz,  als  der  in  geld  geleistet  werden  kann, 
angewandt:  er  hat  die  schuld  der  natur  mit  dem  leben,  dem 
Taterlande  seine  schuld  mit  dem  blute  bezahlt;  da  der  edel- 
mann  mit  seiner  figur,  mit  seiner  person,  es  sei  bei  hofe 
oder  bei  der  armee,  bezahlen  musz,  so  hat  er  Ursache  et- 
was   auf  sie  zu  halten.  Göthe  19,151; 

und  keinen  schönern  tag  erlebst  du,  mir 
die  schule  zu  bezahlen.    Schiller  385* ; 
herr  Boreas,  stört  nicbt  den  klang 
von  unsern  warmen  pokalen, 
und  nicht  den  luuiern  lobgesang, 
den  wir  dem  herbst,  aus  altem  hang 
tu  reichen  weinlesen,  bezahlen.    Göeisgb  3,  132. 
mhd.   mit  Terramires  kinde 

wart  lihte  ein  schimpheo  da  bezalt.     H7«.  100, 15. 

zumal  aber  in  übelm  sinn:  er  muste  mit  seiner  haut,  mit 
seinem  rücken  bezahlen,  schlage  davon  tragen; 

dasz  dus  nicht  müssest  auf  ein  zeit 

bezalen  mit  der  groben  heut.    Scheit  jrofc.  S2'; 

ifh  main  wir  haben  sie  bnr  bezalt 

zu  Pavia  im  liergarten.    Soltau  2D3; 

also  kamen  die  rüter  und  hoflüt  zu  Ulenspiegcl  und  legten 
mit  im  an  solich  anschleg,  ...  das  der  doctor  bezalt  würd 
seiner  Weisheit.  Eulensp.  cap.  15 ;  also  wer  do  ein  lestert  oder 
scbmecbt,  der  musz  warten  sin,  das  er  mit  der  münz  wider 
bezalt  werde,  mit  der  er  verkauft  hat.  Keisersb.  s.  (f.  m.  3S*; 
also  bezalten  sie  einander  beidenthalb  mit  werten  und  ge- 
stifler  liebe  {mit  heuchelei).  Steixhöwel  Esop  46';  warlich, 
man  hat  uns  bezalt,  wann  man  uns  disen  tag  soll  braten, 
würden  wir  bei  dem  fewr  nicht  bald  brennen.  Garg.  134'; 
aber  die  frau  mutier  hat  sie  bezahlet  {abgeßhrt),  sie  wird 
nicht  wieder  kommen.  Weise  comöd.  242;  betrug  mit  betrug 
bezahlen,  pol.  slockf.  346;  er  sollte  mir  theuer  für  alles  di« 
bezahlen.  Wielaxd  4,  218 ;  das  gedieht  auf  den  baron,  wel- 
ches der  arme  pedant  so  theuer  hatte  bezahlen  müssen. 
GfiTHE  19,  314 ; 

was  soll  das  sein!  wart,  ihr  bezahlt  es  theuer!    12.  US; 
er   ist   schön  dafür  bezahlt  worden;    du  wirst  die  zeche  be- 
zahlen I  es  ausbaden. 

BEZ.\HLER,  m.  ein  guter  oder  schlechter  bezahlen 
BEZAHLERIN,  f.  von  der  frühlingszeit  Weckheblir  762 : 

du  bist  der  erden  malileria 
und  der  begird  bezablerin. 

BEZ.\HLHERR,  m.  ein  fürst  oder  bezahlherr  (in  dessen  sold 
die  geworbnen  kriegsknechte  stehn^.  kiRCBUor  disc.  mil.  hl. 


BEZÄHLUNG,  f.  denn  auch  des  menschen  söhn  ist  nicht 
kommen,  das  er  im  dienen  lasse,  sondern  das  er  diene  und 
gebe  sein  leben  zur  bezalung  für  viele.  Marc.  10,  45 ;  kreuz 
und  leiden  geben  sie  gott  an  bezalung  [an  zahlungsstatl). 
bienenk.  106'; 

die  bezalung  ward  in  ganz  recht  gegeben, 

das  seind  sie  worden  innen.    Soltau  417  (a.  1554). 

BEZ.\H.MB.\R,  domabilis. 

BEZ.ÄHME.N,  domare,  nnl.  betemmen,  tn  der  Wildheit  bän- 
digen. 

1)  domare  belluas:  sie  besteigt  auf  maonsweise  das  pferd, 
weisz  es  zu  bezähmen  und  anzutreiben.  Göthe  6, 194 ; 

wolthätig  ist  des  Teuers  macht, 

wenn  sie  der  mensch  bezähmt,  bewacht.    Schiller  7S', 

denn  das  feuer  gilt  für  ein  lebendiges,  wildes  thier. 

2)  es   kann  aber  auch  als  dement  bewältigt  werden,    gleich 

der  flut: 

und  wer  isis,  der  den  ocean 

bezähmet,  dasz  er  nicht  aus  seinen  ufern  gleiten 

und  uns  die  sündllut  wieder  bringen  kann?    Gotter  1,  401. 

31  wuchernde  pflanzen  zurückdrängen: 

dort  bezähm  einengender  ranken  geile  verdumpfung.    Voss. 

4)  sich,  die  leidenschaften,  die  zunge  bezähmen: 
bezähme  der  zuoge  verwegenes  toben!    Schiller  511" ; 
o  kaum  bezwingen  wir  das  eigne  herz, 

wie  soll  die  rasche  jagend  sich  bezähmen.    522*. 

5)  einen  bezähmen  lassen,  gewähren  lassen,  gehn  lassen : 
laszt  in  bezemen,  das  er  fluche,  denn  der  herr  hats  in  ge- 
heiszen.  2  Sam.  16,  11,  wo  die  LXX  afere  avrbv  xaraoä- 
ad'at,  die  vulg.  dimittite  eum  ut  maledicat;  aber  den  löse- 
schlüssel  kennet  er  {der  heil,  geist)  nicht,  da  leszt  er  den 
bapst  allein  mit  bezemeu  {fertig  werden).  Litther  5,  222' ; 

als  ein  alter  mann  lang  hett  gelebt, 

dem  tod,  wie  er  kund,  widerstrebt, 

zuletst  der  tod  rauscht  her  behend, 

der  alles  dioges  ist  ein  end, 

und  wolt  denselben  allen  nemen, 

er  sprach,  lasz  mich  ein  weil  bezemen, 

das  ich  mein  testament  mög  machen.    Waldis  Es.  3,25; 

leg  deine  eier  her 
in  memen  schosz,  in  meinen  gern, 
wenn  all  vögel  dein  feinde  wem, 
so  sotten  sie  dirs  hie  nit  nemen, 
bei  mir  lassens  dir  (/.  dich)  wol  bezemen.    2,26; 
tat  mi  beiemen,  ik  wilt  wol  maken.    tert.  söhn  528; 

Stieler  ßhrl  an  2594:  wir  wollen  ihn  bezämen  lassen,  in- 
dulgeat  cupiditalibus  suis,  satisfaciat  voluntati  suae,  offenbar, 
wir  wollen  ihn  in  ruhe  lassen,  mache  er  was  er  will,  man 
sagt  in  Ostpreuszen  etwas  bezähmen  lassen,  gestatten,  zulas- 
sen, ich  lasse  es  dabei  bezähmen,  bewenden;  in  niederdeut- 
schen und  thüringischen  gegenden :  er  bezähmet  sich  nicht  ein 
glas  wein  zu  trinken,  getraut  sich  nicht,  Idszt  sich  nicht  die 
ruhe,  die  zeit  dazu;  er  bezähmet  sich  das  nicht,  wendet  das 
nicht  an  sich.  nd.  laat  mi  betämen,  lasz  mich  zufrieden,  in 
ruhe,  ik  tame  mi  dat  nig,  ich  scheue  mich  die  kosten  daran 
zu  wenden,  he  tämet  sik  een  good  glas  wien,  er  erlaubt  sich 
ein  gut  glas  wein,  he  het  sik  en  nij  kleed  tarnet,  sieh  ein 
neues  kleid  zugelegt,  brem.  wb.  5, 17. 18 ;  lat  mi  betemen,  last 
mir  freie  band.  Schütze  holst,  id.  1,96; 

Buköken  vun  Bremen, 
tat  min  Hanne  betemen  ! 

kobold,  lasx  meine  Hanne  ungestört.  Kl&l's  Groth  quickbom 
s.  238 ;  bischof  Schadebant  zu  Hildesheim,  als  er  sah,  dasz 
er  immer  krieg  führen  muste:  gaf  he  dat  bischupdom  up  unde 
loch  weder  na  Rome,  und  leit  se  mit  den  roven  unde  krige 
betemen  {liesz  sie  rauben  und  kriegen,  so  viel  sie  wollten). 
Script,  rer.  brunsv.  3,  382;  da  der  markgraf  sah,  dasz  Mag- 
deburg wol  versehen  war:  do  brach  he  up  unde  leit  den 
bischop  mit  öne  betemen  {liesz  den  bisckof  mil  den  bürgern 
gewähren,  selbst  fertig  werden).  Es  leudttet  ein,  dasz  hier 
überall  nicht  das  transitive  bezähmen,  domare,  sondern  sein 
stamm,  das  intransitive  bezemen  {mhd.  zcmen)  obwalte,  wat 
unserm  ziemen,  geziemen  nahe  kommt,  betemen  laten,  bezie- 
men  lassen  will  sagen  thun  lassen,  was  einem  ansteht  {gefällt), 
ziemt,  wozu  er  selbst  lust  hat,  und  schade  ist,  dasz  wir  diese» 
gefügen  ausdrucks  heule  enlralhen. 

BEZAHMER,  m.  domitor. 

BEZÄHMERLN,  f.  domilrix:  berähmerin  der  herzen; 
die  beiäbmerin  wilder  sitten.    Schiller  55'. 

113 


1795 


BEZÄHMUNG  —  BEZECHEN 


BEZECHEN— BEZEIGEN 


1796 


BEZÄHMUNG,  f.  domitio,   bändigung: 
zwölf  sind  säugende  Stuten  und  lasibare  füllen  der  mäuler 
ungczälimt.    gern  holt  ich  mir  eines  davon  zur  bezähraung. 
Voss  Od.  4,  637  ; 
diese   {die   baslillc)    zur  bezähmung  der  hauptstadl  benutzte 
festung.  Beckers  weUg.  12, 132. 

BEZÄHNEN,  dentarc,  mit  zahnen  ausslalten: 

keine  wölf,  so  stark  bezähnct, 

dir  sie  (die  schäflein)  werden  reiszen  weg. 

Spbk  trutzn.  331  (301). 

BEZÄUBERER,  m.  fascinator,  zauberer. 

BEZAUBERN,  fascinare,  verblenden,  ahd.  pizouparön  (Ghaff 
5,  581),  nilid.  bezoubern,  nnl.  bctoveren  :  es  war  aber  ein  mann, 
der  bezauberte  das  samaritische  volk.  apost.  gesell.  8,9;  o  ir 
unverstendigen  Galater,  wer  hat  eucli  bezaubert?  {golh.  ö  un- 
Irödans  Gaiateis,  hvas  izvis  afhugida?)  Gal.  3,  1;  lasse  die 
spitzigen  und  glaublosen  Sophisten  nach  solchen  ungründ- 
lichen dingen  trachten  und  die  goltheit  ins  sacrament  bezau- 
bern [zaubern).  Luther  2,  228';  es  ist,  gottlob  und  dank,  des 
banfpotzens  zu  Rom  furcht  und  scheu  einmal  weniger  worden 
und  will  das  capitel  si  quis  suadentc  nit  mehr  die  leute  be- 
zobcrn.  die  weit  kun  itzt  den  segen  auch  sprechen,  br.  2,15; 
der  (t'on  seiner  leidenschaß)  bezauberte  mensch.  Kant  10,  9; 
der  den  diese  chimürc  bezaubert.  10, 14.  wird  heule,  wie  das 
franz.  charmer,  cnchanter  für  angenehm  einnehmen,  entzücken 
gesetzt:  die  frauen  betheuerten,  diese  tracht  lasse  ihm  vor- 
züglich gut.  Philine  stellte  sich  ganz  bezaubert  darüber.  Göthe 
19,15-,  eine  bezaubernde  ühnlichkeit.  J.  Paul  Uesp.  2,43;  sie 
bezaubert  jedermann  durch  ihre  anmut ;  es  ist  zum  bezau- 
bern. 

BEZAUBERUNG,  f.  fascinatio :  bezauberung  in  einem  sonst 
gesunden  gemütszustande  ist  ein  blendwerk  der  sinne,  von 
dem  man  sagt,  dasz  es  nicht  mit  rechten  dingen  zugehe.  Kant 
10,149;  komm  dann  du  süsze  hofnung  einer  bessern  Zukunft 
und  feszie  meine  seele  mit  deinen  schmeichelnden  bezaube- 
rungen! WiEi-AND  1,59;  wo  Schatulliöse  des  ritters  bezaube- 
rung aufzulösen  die  ehre  gehabt.  5, 15. 

BEZÄUMEN,  frenare,  einen  zäum  anlegen,  bezähmen,  nnl. 
betoomen :  vvarumb  solle  sie  {die  liebe)  nicht  auch  eine  mis- 
fällige  unart  bezäumen  können,  deren  anzeigung  rothe  äugen 
sein?  pol.  stockf  61;  und  gab  sich  in  der  antwort  vor  einen 
solchen  aus,  welcher  sein  fleisch  und  blut  nicht  bezäumen 
könne.  113;  wer  sich  vor  liebe  hüten  will,  der  bezäume  seine 
äugen,  dasz  sie  sich  nicht  vergaffen  und  das  blinde  geblüte 
rege  machen.  120 ;  wodurch  er  (der  könig)  ihre  freiheit  zu 
bezäumen  suchte.  Moser  2,191; 

der  Sommer  bezäumet 

beim  Purins  itzt 

den  löwHu,  der  bäumet 

sich  wild  und  erhitzt.    Fa.  Müller  2,  379. 

BEZÄUMUNG,  f.  erbauete  er  zu  bezüumung  sowol  der  Frie- 
sen als  der  Bructerer  eine  festung.  Bij.naü  1,  147. 

BEZÄUNEN,  sepire,  mit  einem  zäun  umziehen,  umzäunen, 
vihd.  beziunen,  nnl.  beluinen : 

der  bawr  sein  acker  het  besäet, 

den  er  rings  umb  bezeunen  thet.    Waldis  Es.  1,60; 

ich  bin  gleich  so  engbrüstig,  so  bezäunt.  Hippel  14,  27. 

BEZAUSEN,  vettere,  vellicare,  berupfen,  für  bezeiscn  (s.  zei- 
sen  ujid  zausen) :  gleichwie  wilde  vögel  sicii  haufenweise  setzen 
umb  ein  nacbtcule,  damit  ein  jeder  mit  seinem  Schnabel  sie 
möge  bezausen.  Simpl.  3,  685;  davon  (von  den  würmerchen) 
wird  er  so  bezaust  und  betreten,  dasz  ihm  am  tage  kein  bis- 
sen schmeckt,  in  der  nacht  kein  schlaf  in  die  äugen  kömmt. 
Weisen/,  leute  204. 

BEZEBEN?  theilhaft  werden? 
gib  das  ich  knins  iions  bezebe  (:  erhebe).    MsLissusp«.  J8'. 
zu  /afen  bei  Sciim.  4,227  gehörig? 

BEZECHEN,  madidum,  ebrium  reddcre,  berauschen.  Stieler 
2604 :  als  sie  nun  wo!  bezecht  waren.  Wickram  rollw.  20 ;  mit 
sanipt  seinen  gasten,  die  auch  wol  bezecht  Avaren.  29*;  so 
war  icii  auch  l)ezecht,  weil  ich  i.  f.  gn.  vor  den  trunk  ge- 
standen. SciiwEi.MCMEN  1,  120;  ob  nun  wol  nach  gehaltener 
inahlzeil  jedermann  ouT  den  gruszen  saal  zum  tanz  ist  gegan- 
gen, so  ist  doch  jcderinann  so  bezecht  gewesen,  dusz  aus 
dem  tanz  wenig  worden.  3,  287 ;  einer,  der  sehr  wol  bezecht 
sasz.  Kirchhof  wendunm.  Wl' ;  dasz  der  bürger  ganz  wol  be- 
zecht heim  gicng.  19 1';  der  fiihnricli  und  er,  wie  sie  bezecht 
auf  die  wacht  kommen,  weren  sie  beide  auf  ein  Stroh  neben 
ein;inder  nider  gelegen,  mil,  diic.  201; 


denn  ich  stund  bei  der  taufe  laiin, 

und  liesz  das  kind  ins  wasser  fallD, 

behüte  gott,  das  war  nicht  recht, 

doch  warn  die  paten  auch  bezecht.    Ringwald  tr.  Eck.  H4*; 

ja  alle  bäum  auch,  klein  und  grosz 

verschmachten  trostlos  und  fruchtlos, 

wan  sie  nicht  oft  bezechet  werden.    Wecxhbblin  520 ; 

mahl  und  tanz  sind  gleich  nun  aus, 

die  bezechten  gaste  wandern 

immer  einer  nach  dem  andern, 

jedermann  der  sucht  sein  haus.    Fleming  366  (363) ; 

bezechte  (benetzte)  wangen.    Spee  trutzn.  ... ; 

glaub,  Anacharsis  hatte  recht, 

der,  weil  er  sich  zuerst  bezecht, 

begehrte,  dasz  man  ihm  des  wetttrunks  preis  ertheiite. 

Hagedorn  3,  46; 
ich  ehrlicher  alter  verstelle  mich  auch, 
bezeche  den  jüngling  und  leere  den  schlauch.    3,74; 
der  schöne  bacchus  wird,  seit  Amor  sich  verbannt, 
mit  Satyrn  stets  bezecht  gesehen.    Wieland  5,213; 
bezecht  sich  erst  beim  abendbrot 
den  kindcrn  zum  gelächter.    Bürger  48'. 

BEZEICHEN,  significare  schreibt  Luther  für  bezeichnen,  wie 
es  mhd.  offen,  vesten,  wapen  hiesz  für  offenen,  vestenen,  w4- 
penen :  denn  das  leiblich  brot  were  gnug  bezeicht  mit  dem 
wort  'das  teglich  brot  gib  uns  heute.'  1,  79';  sintemal  alle 
zeichen  geringer  sind,  denn  das  ding,  so  sie  bezeichen.  3,  442'. 

BEZEICHNEN,  notare,  insignire,  designare,  ahd.  pizeichanan, 
nnl.  betckenen. 

1)  sinnlich,  das  lamm  mit  einem  rothen  strich,  den  hut 
mit   einer  nummer,    den  hügel  mit  einem  kreuz  bezeichnen: 

am  abgrund  geht  der  weg,  und  viele  kreuze 

bezeichnen  ihn,  errichtet  zum  gedächtnis 

der  Wanderer,  die  die  lawine  begraben.    Schiller  552*; 

der  untere  theil  von  Italien  erzeuget  menschen  von  präch- 
tigen und  stark  bezeichneten  formen,  welche  gleichsam  für 
die  bildhauerei  erschaffen  zu  sein  scheinen.  Winkelmann  3, 52 ; 
ihre  streng  geschlossenen  und  wenig  bezeichneten  lippen  tha- 
ten  stumm  einen  ernst  kund.  J.  Paul  Tit.  2,  6. 

2)  abstract,  derhalben  die  sacrament  nit  allein  die  heiligung 
bezeichenen,  sonder  machen  auch  heilig  für  sich  selber,  bie- 
nenk.  102';  ein  neues  hindernis  ])ezciclinet  jede  stelle  (auf  jeder 
findet  man  n.  //.).  Gotter  1,  167 ;  zweckmäszigc  schritte  soll- 
ten künftig  seine  bahn  bezeichnen.  Göthe  19,  63 ;  man  be- 
zeichnet ihn  allgemein  als  den  mörder; 

der  graf  von  Luxemburg 
ist  von  den  mehrsten  siimmen  schon  bezeichnet.    Schiller  549'. 

3)  einem  etwas  bezeichnen :  ich  kann  dirs  nicht  deutlicher 
bezeichnen ; 

den  weg  des  siegs  bezeichne  du  dem  beer, 

die  fahne  trag  uns  vor  in  reiner  band.    Schiller  463'. 

BEZEICHNUNG,  f  notatio:  eine  sorgfältige,  genaue  be- 
zeichnung; 

sage  mir,  ob  ich  vielleicht  ihn  erkenn  in  solcher  bezeichnung. 

Voss  Od.  14,  118. 
BEZEIGEN,  declarare,  monstrare,  indicare,  anzeigen,  erzei- 
gen, mhd. 

der  rinc  was  bezeiget,  da  soldej  spil  geschehen.  Nib.  412,1; 
meige  ist  bezeiget  in  dein  grüenen  walde.  MS.  1,  13', 
taub  und  blumen  zeigen  ihn  an,  weisen  ihn;  nhd.  bezeigen 
(erweisen)  sie  mir  diese  erste  gefälligkeit  Lessing  2,  419  ;  Hein- 
rich bezeigte  (erwies)  sich  ungemein  willig  ihm  zu  dienen. 
6, 1C3 ;  um  dem  oberhaupte  des  reiches  die  gehörige  Verehrung 
zu  bezeigen.  Göthe  24,  302;  ich  überreichte  ihm  den  risz, 
über  den  er  grosze  freudc  bezeigte  (zu  erkennen  gab)  26, 19 ; 
er  bezeigte  wenig  lust,  die  stelle  anzunehmen ;  er  bezeigte 
für  die  empfangne  wolthat  die  gröszte  dankbarkeit;  bezeigte 
mit  allem  seine  Zufriedenheit,  da  declarare  oß  auch  ein  testi- 
ficari  sein  kann,  so  rühren  bezeigen  und  bezeugen  aneinander, 
wie  schon  die  einfachen  zeigen  und  zeugen,  zeihen  und  ziehen, 
dicere  und  ducere,  wo  mehr  gesagt  werden  soll. 

BEZEIGEN ,  n.  agcndi,  se  gcrcndi  ratio,  benehmen,  betra- 
gen: Floramene  empOeng  das  betrügliche  trauergedicht,  wel- 
ches sie  vor  weinen  und  jämcrliclien  bezeugen  nicht  ansehen 
kunle.  pol.  stockf  313;  es  ist  nicht  zu  beschreiben,  was  des 
herrn  mag.  Sciimelzers  religieusc  anordnung  und  selbsteige- 
nes andächtiges  bezeigen  beim  allar  und  auf  der  canze!  vor 
ganz  auszerordentlichen  riudiuck  in  aller  gegenwärtigen  her- 
zen Ihal.  Felscnb.  2,  169;  ihr  freundliches  und  dienstfeiliges 
bezeigen  machte  sie  bei  jedermann  beliebL  Hahener  1, 101 ; 
mit  was  lieblichem  bezeigen 
gab  sie  sich  mir  gani  zu  eigen  I    Caniti  172; 


1797 


BEZEIGEN— BEZEUGEN 


BEZEUGEN— BEZEUGONG 


1798 


am  dem  zu  weibischen  bezeigen, 
in  Zukunft  bestens  vorzubeugen.    Hagedor."«  2, 106 ; 
wie  wenig  jähr  und  stand  mir  dies  bezeigen  rathen. 
i.  E.  Schlegel  1,  435; 

es  ist  wahr,  ich  habe  mich  über  ihr  bezeigen  einigennaszen 
selbst  gewundert.  Lessing  2,  364;  sollte  ich  einen  liebhaber 
oder  einen  Stutzer  reden  lassen,  so  ruft  ich  mir  das  bezeigen 
des  Barons  oder  des  Beauburgs  ins  gedächtnis  zurück.  3,  21 ; 
er  nennet  sie  mit  namen,  die  der  papst  uneingedenk  seines 
reuigen  bezeigens  zu  Vercelli,  auf  anliegen  des  Humbertus, 
zu  Rom  wiederum  reordinierte.  8,  37S ;  der  contrast  seines 
finstern  bezeigens  mit  der  allgemeinen  fi-öhlichkeit.  Wieland 
2,  309 ;  er  war  lang,  von  majestätscher  gcstalt  und  von  so 
einnehmendem  bezeigen,  dasz  er  in  kurzer  zeit  alle  herzen 
gewann.  6,  100;  einnehmend  in  seinem  bezeigen.  6,153;  ist 
es  nicht,  dasz  sie  etwas  in  meinem  äuszerlichen  bezeigen  fan- 
den, dasz  sie  zurückhielt?  Sophie  Laroche  bei  Merck  1,  33; 
ich  gieng  nicht  eher  in  mein  heimliches  artiges  stübchen,  als 
bis  ich  hoffen  durfte,  den  widrigen  eindruck  meines  unfreund- 
lichen bezeigens  gut  gemacht  zu  haben.  ThCmmels  reise  2, 55; 
alle  castilianische  grosze  . . .  schienen  ihren  verjährten  groll 
gegen  den  flämischen  adel  ausgezogen  zu  haben  und  beeifer- 
ten sich  in  die  weite,  ihn  durch  ein  angenehmes  bezeigen  zu 
gewinnen.  Schilleb  S12';  von  dem  gange,  von  der  haltung 
des  körpers  und  der  Stellung,  von  dem  ganzen  bezeigen  eines 
menschen,  in  sofern  es  in  seiner  gewalt  ist.  1114*. 

BEZEIGÜNG.  /■.  declaratio,  erireisung:  er  hat  seiner  from- 
men Stiefmutter  exemplarische  Sorgfalt  und  getreue  bczei- 
gungen  in  seinem  gedächtnis  wurzeln  lassen.  Brandts  Taub- 
mann 11;  mich  eines  kleinen  briefleins  zur  bezeigung  noch 
währender  freundschaft  zu  bewürdigen.  Bctschky  katizl.  57. 

BEZEIHE.N,  eoarguere,  beschuldigen,  ahd.  pizihan  (Graff 
5,  5S7),  ags.  beteon,  mhd.  bezihen  (pass.  K.  324, 551,  mnd.  betien : 

dat  en  ander  unschuldich,  we  he  ok  si, 

unde  nicht  belegen  werde  umme  mi.    Reinke  IQ'iO ; 

dat  ik  jü  betcch  mit  unrechten  dingen.  2523; 
nhd.  Haltads  157 ;  also  wird  auch  s.  Jacob  bezigen,  er  hab 
die  mesz  geordnet.  Frank  chron.  257';  viele,  denen  gott  die 
gesundheit  nimpt,  die  will  er  also  krank  haben,  und  wil  doch 
nit,  dasz  sie  ihn  solchs  bezeihen  sollen.  Paracelscs  l,  230'; 
es  war  eben  dazumal  ein  kriegsknecht  gefangen,  den  bezieg 
er  der  verräterei.  Kirchhof  tcendunm.  464';  der  bzeicht  ins 
Wuchers.  Thcrneisser  archid.  130 ;  der  herr  bezeihe  mich  kei- 
nes betrugs.  Simpl.  1,  602 ; 

eh  müss  er  seine  bröder, 

so  gern  er  sonst  von  ihnen  nur  das  beste 

bereit  zu  glauben  sei,  des  falschen  spiels 

bezeihen.  Lessücc  2,  279. 

BEZEIHUNG.  f.  criminalio,  beschuldiqung :  an  der  bezeihung. 
Schmach  und  injuri  dem  klager  unrecht  beschech.  Cbmel  Max. 
s.  389. 

BEZEITE,  adv.  mature,  mhd.  bezite  {pass.  K.  6, 49.  241, 56), 
engl,  betimes:  bezeite  Junker  und  spate  knecbt.  Mich.  Neas- 
der  e<Aice  re/u5  5.  268 ;  zu  langsam  oder  zu  bezeit.  Acricola 
«pr.  197';  beisorge  schöpfete,  als  möchten  sich  villeicht  e.  gn. 
was  übel  fülen  und  uns  armen  untersassen  von  gott  dem 
allmecbtigen  allzu  bezeiten  weg  genommen  werden.  Hingwald 
tr.  Eck.  vorrede,     s.  beizeit.  beizeiten  tp.  1410. 

BEZE.MEN,  s.  bezähmen  5. 

BEZEPTERN,  scrplro  inslruere: 

ein  bezepterter  könig,  den  Zeus  mit  rubme  Terberlicbl. 

Voss  IL  1,  278 ; 
Dimmer  hinfort  sei  gütig  und  sanft  und  freundliches  heraens 
ein  bezepterter  könig,  noch  recht  und  billigkeit  achtend. 

Od.  2,  232. 
dich  in  der  bläte  der  jngead  erschlug  die  bezepterte  memme. 

PlATKK  141. 

BEZETTELN,  aspergere,  bestreuen :  uf  den  abent  kouft  Llen- 
spiegel  ein  hüpschen  apfel,  den  hüllecht  er  inwendig  nsz  und 
sliesz  den  vol  fliegen  oder  mucken  und  briet  den  apfel 
inüesziichen  (langsam)  und  schelet  den  apfel  und  bezettelt 
den  mit  imber.  Eulensp.  cap.  S6,  uo  die  neueren  ausgaben: 
bestecket  ihn  auswendig  mit  zucker  und  ingwer.  dies  bezet- 
teln gehört  zu  zelten,  ausstreuen,  verzellen,  verzetteln,  ver- 
streuen, so  rie  Zettel  am  geveb  der  ausgesprengte  faden  ist 
und  anzetteln  anweben,   gleichsam  ansprengen,  anwerfen. 

BEZETTELN,  schedula  tnstruere,  mit  leitet  versehen:  die 
waare,  die  flusche  bezetteln,    damit  aufschriß  erfolgen  kOnnc. 

BEZETTEN,  aspergere :  mit  lilien  bezettet.  Oberlim  152. 

BEZELGEiN,  Itslan,  letli/ican,  mhd,  beziugeo. 


1)  die  Wahrheit  einer  sache  durch  seine  aussage  bekräftigen : 
und  der  das  gesehen  hat,  der  hat  es  bezeuget.  Joh.  19,  35; 
die  gerecht igkeit,  die  vor  gott  ist  offenbaret  und  bezeuget 
durch  das  gesetz  und  die  propheten.  ROm.  3,  21 ;  diewcil  sie 
sich  damals  mit  milch  lieszen  benügen,  inmaszen  Petrus  be- 
zeugt. Keisersb.  s.  d.  m.  23* ;  item  wann  eben  derselb  Augusti- 
nus, desgleichen  Leo  klärlich  bezeugen,  dasz.  37'; 

als  dise  gleichnus  hie  bezeugt 

aus  Christi  mund,  der  nit  betreugt.    Schwakzenberg  111, 1 ; 

ich   kann   alle   einzelnen   umstände,   wie  sie  erzählt  werden, 

beteugen;  stark  bezeugte  anklage. 

2)  einen  bezeugen,  ßr  oder  wider  einen  zeugen :  sintemal 
ir  gewissen  sie  bezeuget.  Rom.  2, 15 ;  dein  eigen  gebet  straft 
dich  und  ist  wider  dich,  bezeugt  dich,  beklagt  dich.    Luther 

1,  72';  und  darf  hie  keiner  furbitt,  denn  ir  eigen  gewissen 
sie  reichlich  bezeugt,  wie  sie  so  gar  nichts  wissen  und  so 
stockungelehrt  sind.  fcr.  2,55;  es  ist  doch  war,  was  ich  von 
im  sag,  ich  wil  es  in  bezügen.  Keisersb.  s.  d.  m.  29';  damit 
schmehest  dn  in,  wenn  du  schon  in  des  bezogest  vor  eim 
rechten,  sol  man  auch  darüber  urteilen,  das. ;  darzu  sag  ich, 
dasz  du  solches  in  deinen  rächen  erlogen  hast,  dann  ich  dich 
solches  (ejus  rei)  gcnugsamlich  bezeugen  wil,  dasz  du  gar 
nahe  der  erste  mann  an  dem  hofe  gewesen  bist,  so  solchs 
geäffert  hat.  Ga/my  276. 

3)  einen  bezeugen,  überzeugen,  überführen:  welche  alle 
(golles  werke)  im  anfang  sehr  gut  gewesen,  und  von  gottes 
gute,  reichthumb,  Weisheit  und  allmechtigkeit  die  menschen 
haben  bezeugen  sollen.  Mathesius  42". 

4)  sich  bezeugen,  ron  sich  leugen :  und  ich  auch  noch  heu- 
tigs  tags  begere  meine  irrlhume  mir  zu  beweisen,  und  ich 
willig  zu  widersprechen  (widerrufen)  were,  wo  ich  geirrel  bette, 
des  ich  mich  hierinne  bezeuge.  Lctber  1,  352;  das  bezeug 
ich  mich  hiemit  gegen  golt.  br.  4,  473 ;  so  protestier  ich  zum 
ersten  und  bezeug  mich  mit  diser  schrift,  das  ich  das  nit  wil 
thun  zu  räch.  Recchlin  augensp.  4'  und  oft. 

5)  bezeugen,  manifeslare,  declarare,  mit  bezeigen  zusam- 
menstoszend:  denn  du  hast  uns  bezeuget  und  gesagt.  2  Mos. 
19,  23;  nemet  zu  herzen  alle  wort,  die  ich  euch  heute  be- 
zeuge. 5  Mos.  32,  46 ;  doch  bezeuge  inen  und  verkündige  inen 
das  recht  des  königs.  1  Sam.  S,  9 ;  so  bezeuget  ir  zwar  und 
bewilliget  in  ewer  väter  werk.  Lmc.  11,  48 ;  auch  mit  viel  an- 
dern Worten  bezeuget  er  und  ermanet  und  sprach.  aposL 
gesch.  2,  40 ;  und  lereten  frei  im  herrn,  welcher  bezeuget  das 
wort  seiner  gnade  und  liesz  zeichen  und  wunder  geschehen 
durch  ire  hende.  14,  3 ;  zu  ermanen  und  zu  bezeugen,  l  Pelr. 
5,  12 ;  mit  den  werken  aber  bezeugte  er  alsobalden,  dasz  er 
der   erste    wäre,    der   meinem   kränzlein  nachstellete.    Simpl. 

2,  126;  wann  ich  eine  gleichsam  unsinnige  liebe  gegen  ihn 
bezeugte.  2, 127 ;  n-ann  ihr  euch  für  ein  kind  gottes  ausgebet 
und  bezeuget  doch  mit  eurem  rachgierigen  herzen,  dasz  ihr 
seid  ein  kind  des  teufeis.  Schdppics  278 ;  welches  der  augen- 
schein  bezeugen  wird.  777 ;  aus  der  abneigung,  welche  die 
Hetrurier  gegen  die  könige  anderer  Völker  bezeugeten.  Wiic- 
kelmann  3,  172;  so  bald  er  fertig  war,  las  er  es  Serlo  und 
der  übrigen  gesellschaft  vor,  sie  bezeugten  sich  alle  sehr  zu- 
frieden damit.  GötheIO,  195;  er  bezeugte  viel  freude,  Wilhel- 
men wieder  zu  sehen.  19,  246;  freude  bezeugen.  Schiller  398*. 

BEZEUGEN,  w.  fehlerhaß  für  bezeigen,  benehmen:  Caroli 
M.  gelindes  bezeugen  gegen  die  überwundenen  Longobardi. 
Habn  1, 1 ;  Lotharii  veränderliches  bezeugen  gegen  die  clerisei. 
1,  166 ;  Zwentipoldi  grausames  und  unvemünfliges  bezeugen 
gegen  seine  minister,  l,  291 ;  bei  der  römischen  geistlichkeit 
sah  es  sehr  wüste  aus.  Jedermann  detestierte  ihr  lasterhaftes 
bezeugen.  2,  160. 

BEZEUGER,  »i.  teslis :  ain  bezeuger  der  hussischen  irrung. 
intimation  der  univ.  Erfurt  in  Marlinum  Luther,  durch  Wolfg. 
RcosE.N  rerteutseht.  1521.  A  3'. 

BEZEUGNIS, /■.  Odern,  leslimonium,  declaratio:  durch  solche 
erinnerung  und  bezeugnis.  Melanchth.  im  «orp.  doc<r.  cAr.  325; 
dann  nach  bezeugnus  der  geschrift  sind  die  räter  und  die 
thater  mit  gleicher  pein  zu  strafen.  SteinhOwel  Esop  144 ; 
]  darumb  ich  billich  bezeugnis  gib  Galieno.  Bracnschweig  47; 
man  soll  es  auch  für  kein  bezeugnus  seiner  Unschuld  halten. 
'  Paracelscs  1,  885';  die  bezeugnüsse,  so  mein  brnder  mir  ab» 
gelepet.   Bctschky  kamt.  6«.     heute  Zeugnis. 

BEZEUGUNG,  f  declaratio:  ihre  bezengungen  waren  voll 
ehrerbietung  und  ungefärbter  liebe.  Canitz  191 ;  die  bezeugung 
peiner  verbiadlicbkeiU  Kaxt  5,  292.     s.  freudenbczeugung. 

113* 


1799 


BEZICHT  — BEZIEHEN 


BEZIEHEN 


1800 


BEZICHT,  f.  insimulalio,  bezeihung,  bcschuldigung,  ahd. 
biziht  (Graff  5,588):  liab  recht  und  schlecht  gewandlet,  un- 
schuldig bezieht.  Meussüs  K  4' ;  man  wird  uns  der  aufgelegten 
bezieht  wol  entschuldigt  haben,  herzog  Georg  vor  Emsers  N.  T. 

BEZICHTIGEN,  arguere,  insimulare,  ahd.  inzihtigAn,  falsch 
geschrieben  bezüchtigen:  die  verbrechen  wormit  man  ihn  be- 
züchtiget.  Opitz  Arg.  2,  16;  die  ungebühr,  mit  welcher  die 
ganze  weit  unsern  soldatenstand  bezüchtiget.  Butschkv  kanzl. 
190 ;  so  wird  uns  niemand  einer  untreu  gegen  unsere  kirchen 
bezüchtigen  können.  83b;  mein  vater  wurde  bezichtigt,  in 
verrätherischem  vernehmen  mit  Frankreich  zu  stehen.  ScÄa- 
LER  190'; 

so  lief,  als  man  die  königin  bezichligt, 
herabzusinken  kostet  viel.    280'. 

BEZICK,  f.  was  bezieht: 

weil  du  bist  blieben  unüberwunden 
von  meiner  mutier  irer  bezick  (:  ich  erschrick). 
II.  Sachs  III.  2,  187', 

vgl.  verzicket,  angeschuldigt  (:  verstricket).  III.  2, 198*  =  arige- 
slochen,  wie  anzick  sp.  526  ==  anslich.  wichtig  ßr  die  sinnliche 
bedeutung  von  zeihen,  arguere.     bezig,  bezieg.  Hemsch  365. 

BEZIEHBAR,  relativus,  bezüglich. 

BEZIEHBARKEIT,  f.  die  müglichkeit  überhaupt,  dasz  bezogen 
und  verglichen  werden  könne.  Fichte  philos.journ.  3,  272. 

BEZIEHEN,  circumducere,  umziehen,  überziehen,  goth.  bi- 
tiuhan,  ahd.  piziohan  (Graff  5,  609),    mhd.  beziehen  bezöch. 

1)  ein  Instrument  beziehen,  mit  sailen  beziehen,  die  geige, 
harfe,  laute,  cither;  darnach  hezoch  er  ein  laut  an  den  zähen  die 
waden  hinauf.  Garj.  231';  der  harfenspieler  bezog  es  sogleich. 
GöTDElS,  235;  die  geige  war  noch  nicht  vollständig  bezogen; 

wenns  wahr  ist,  dasz  die  schaffende  natur 

..  unsrer  seelen  zailes  saitenspiel 

am  morgen  unsres  leben«  gleich  bezog.    Schtlier  245'; 

die  grundsätze  werden  desto  gefährlicher  bei  einem  wie  er, 
der  mit  hochgespannten  saiten  der  unähnlichsten  kräfte  be- 
zogen leicht  den  ton  eines  jeden  angab.  J.  Paul  Hesp.  2, 191. 
gchürl  hierher  ein  »i/irf.- beziehen  im  sinne  von  umspannen? 

diu  (müre)  was  so  schoene  und  so  hoch, 

daj  ir  hmhe  wol  bezöch 

zwelf  klaftern  mitalle,    hrone  14276, 

sie  befaszte  den  räum  von  zwölf  klaftern. 

2)  das  bett  beziehen,  mit  frischem  linnen  (woher  bettziechc) ; 
den  tisch  beziehen,  mit  tuch;  das  buch,  mit  leder,  papier ; 
den  knöpf,  ball,  mit  seide,  zwirn;  das  kleid,  mit  futter,  mhd. 
Wigal.  805.  10517;  slaatswagen,  mit  sammt  obenher  und  in- 
wendig bezogen.  Güthe  24,  304;  in  trauerfällcn  wird  die  thür- 
klinke  mit  flor  bezogen ; 

das  blutRerüst,  das,  ob  es  schwarz  bezogen, 
noch  nicht  so  schwarz  als  die,  die  prinz  und  goti  gelogen. 
Grtphius  1,  326. 

einen  beziehen  heiszt  im  pass.  K.  15,  7  ihm  die  äugen  verbin- 
den, Caput  obnubere,    bei  hinrichtungen. 

3)  den  alten  thurm  mit  epheu,  die  laube  mit  weinlaub  be- 
ziehen lassen;  ranken  beziehen  das  geländer;  fischer  beziehen 
die  flut  und  die  fische  mit  netzen; 

drei  fischer  sich  zusammen  gesellten, 

und  ire  garn  an  einander  stellten, 

und  zohens  durch  ein  grosze  Hut, 

wie  man  denselben  netzen  thut, 

dest  mehr  {fische)  gedachten  zu  beziehen, 

das  in  auch  keiner  mocht  enlflichcn.    Walois  3,  52. 

4)  der  himmel  ist  bezogen,  mit  walken ;  das  gras  bezogen, 
überzogen  mit  ihau;  wegen  des  bezogenen  himmels  keine 
sonne  sehen.  Kant  1,186; 

ich  bin  kein  pou,  der  gras  laszt  blühen, 
und  heiszt  das  land  mit  thau  zu  seiner  zeit  beziehen. 
Ghtphius  1,  552; 
das  gewitter  bezieht,  überzieht  uns,  ereilt,  holt  uns  ein; 
lins  hat  bezogen  ein  donreslac.    kröne  1823 ; 

Staloer  2,  472  bezieben,  im  laufen  einholen,  weiter  und  regen 
ticken  hinter  den  fliehenden  her  und  ereilen  sie  schnell,     ge- 
rade so  im  paus.  K.  228,  80.  256,  79  vom  heranrückenden  drü- 
cken und  wurm,  dasz  er  die  leule  beziehe,  überziehe: 
der  tot  wil  uns  bezien  (einholen).    257,  40; 

die  steigende  flut:  sie  vil  noch  bezieh.  665,35,  hätte  sie  bald 
ereilt,    war   ihr   auf  dem  futz.     im  gegensatz  verziehen:    das 
welter,  das  gewässer  verzieht  sich,  zieht  weg. 
6)  ebenso  überzieht,  bezieht  der  feiod,  das  beer: 
ob  &i  (die  feinde)  dicii  bezien.    pau.  K.  443,65; 


die  Phryger  zu  beziehn  und  ihre  macht  zu  schlagen.  Omz ; 

mit  krieg  hab  ich  bezogen 

die  ganze  schöne  weit.    Gleik; 

(heereszug)  so  geht  es  kühn 

zur  weit  hinein, 

was  wir  beziehn  (an  uns  ziehen,  erbeuten) 

wird  unser  sein.    Götue  13,274; 

Iros,  der  arme  Iros  wird  bald  beziehen  (al.  herziehen)  sein 

^       ,       ^    Unglück 

17  raxa  Iqos  !Aiqos  inianaarov  xaxov  k'^ei. 
Voss  Od.  18,  73, 
was  sich  auch  umdrehen  liesze: 

Iros,  den  armen  Iros  wird  bald  beziehen  sein  Unglück. 
ahd.  bizoh  se,  ereilte  sie,  holte  sie  ein.  0.  III.  8,  21. 

6)  röthe  bezog  ihre  wangen,  209   schnell  über  ihr  gesichl; 

ein  schrecklich  blasz  beziehet 
ihr  jugendlich  gesiebt.    C.  F.  Weisze. 

die  röthe,  die  blässe  verzieht  sich  wieder. 

7)  das  beer  bezieht  ein  lager,  hat  schon  die  Winterquartiere 
bezogen ;  Soldaten  beziehen  die  wache ;  wir  haben  jetzt  in  der 
artnee  ein  weib,  das  bezieht  schon  die  ganze  compagnie  zwei- 
mal. Lessinc  2, 556;  kaufleute  beziehen  die  messe,  spielleute 
den  markt,  so  goth.  bitiuhan ;  bitauh  Jesus  baurgs  allös  jah 
haimös,  naQirjyev  6  Irjaovs  tcch  nöXeis  Tcäaas  y.ai  ras 
xcofiae.  Malth.  9,35;  bitauh  veihsa  bisunjane.  Marc.  6,  6. 

8)  die  grenze  beziehen,  circumducere;  die  wohnung,  das 
haus,  zimmer  beziehen,  darein  ziehen. 

9).  waaren  beziehen,  kommen  lassen;  der  Burgunder,  von 
Braunschweig  bezogen,  war  ganz  vortreflich.  Göthe  31,  237 ; 
seinen  gehalt,  seine  pension  beziehen,  einziehen;  Wechsel  be- 
ziehen; die  einkünfte  bezieht  schon  seit  geraumen  jähren  ein 
weltlicher  fürst.  Göthe  21, 19 ;  er  bezieht  die  gerichtsfälle ; 

die  sohl  beziehn,  um  nichls  zu  Ihun.    I'ff-ffel  2,  139; 
lebensmittel  aus  dem  nachbarlande  beziehen;    ein  erb  bezie- 
hen, cernere  heredilatem.  Maaler  68'. 

10)  sie  hat  die  ehe  bezogen,  adepta  est  connubium.  Maaler 
/.  c,  vielleicht,  ist  ins  ehebelt  geschritten. 

11)  abstract,  swa?  mich  leides  bezie.  pass.  K.  142,  12 ;  diu 
botschaft  bezoch  in  (kam  ihm  plötzlich  zu).  195,  76 ; 

die  zoubcrere  ouch  wol  bezöch 
aUla  ein  krcfiic  ungemach.    209,80,  kam  über  sie; 
swaj  mich  bezie.    299,  60,  ivas  mir  widerfalire,  vgl.  4. 
beziehen  referre:   du  must  nicht  alles  auf  dich  beziehen. 

12)  einen  beziehen  =  beschmieren,  anschmieren,  belriegen : 

du  bist  ein  teufelskerl,  so  manchen  armen  tropf 
prellt  und  beziehet  schon  dein  canaljöser  zopf. 
Zacuariä  1,  11. 
s.  das  folgende. 

13)  sich  beziehen,  der  himmel  bezieht  sich,  umwölkt  sich; 
er  hat  sich  bezogen,  besudelt;  wo  mans  kan  haben,  soll  er 
(der  Schauspieler  bei  der  darstcltung)  sich  schendlich  bezogen 
(beschmiert)  haben.  Avrer  fastn.  9'. 

14)  weidmännisch,  die  hündin  bezieht  sich,  hat  sich  bezo- 
gen, wird  trächtig. 

15)  abslractes  sich  beziehen,  pertinere,  referri,  referre  se  ad 
aliquid,  heute  unter  allen  bedeutungen  die  geläufigste:  ich  be- 
ziehe mich  hiermit  an  einen  andern  lichter  (appelliere,  s.  ziehen). 
LoHENST.  Arm.  2,  165;  weil  gott  mehrers  nicht  begehret,  als 
ein  zerknirschtes  herze,  so  trage  ich  herzliche  reu  und  be- 
ziehe mich  von  seiner  gercchtigkeit  an  seine  grosze  barmher- 
zigkeit.  Butschkv  Palm.  81;  er  bezog  sich  dabei  auf  zeugen; 
ich  beziehe  mich  auf  dich,  auf  meine  vorige  bemerkung ;  wor- 
auf beziehen  sicli  diese  worte;  beide  sätze  beziehen  sich  auf- 
einander; mit  einem  worte,  diese  furcht  ist  das  auf  uns  selbst 
bezogene  mitleid.  Lessinc  7,  336 ;  (beide  kinder)  gularlig  durch- 
aus und  liebenswürdig,  und  nur  hassend,  ja  bösartig,  indem 
sie  sich  aufeinander  bezogen.  GorHE  17,  232 ;  die  beiden  ge- 
mählde,  auf  die  sich  Hamlet  in  der  scene  mit  seiner  mutier 
so  heftig  bezieht.  19, 190 ;  Nalalie  bezog  sich  auf  den  arzt, 
der  weiter  mit  ihm  über  die  sache  sprechen  würde.  2(»,  156 ; 
dahin  bezogen  sich  ihre  gespräclie.  2s,  279 ;  im  anfange  hieng 
die  liteialur  blosz  an  den  Universitäten,  theologie  war  ihr 
erster  nmdiehiiRgs|)unct.  alles  bezog  sich  dahin.  Gökincks 
leben  Nicolais  47.  das  pari,  ohne  sich:  ein  verstand,  in  wel- 
ciiem  aller  dinge  beschalfenheil  beziehend  entworfen  wenle. 
Kant  8,  228 ;  das  übrige  hiiuinelsheer  wird  auf  eben  diesen 
plan  beziehend  {hezi\glich\  gesehen  werden.  8,  252;  die  Ur- 
sache, welche  die  örler  der  (ixslerne  auf  eine  ^emeinschafl- 
lirhe  Ililche  beziehend  gemacht  bat.  s,  252 ;  die  Schöpfung  ist 
allenlhalben    syslemalisch  und  aufeinander  beziehend.    8,259. 


1801 


BEZIEHLICH  — BEZIRK 


BEZIRKELN  — BEZUG 


1802 


BEZIEHLFCH,  relatitus,  bezüglich :  vielleicht  wäre  der  aus- 
druck  deutsches  chaos  besser  weggeblieben,  es  gibt  aber  über- 
haupt nur  ein  beziehliches,  ein  geschaffenes  wäre  ein  Wider- 
spruch. J.  Pacl  nachddmm.  71.     wjan  hört  auch  beziehentlich. 

BEZIEHUNG,  f.  in  verschiednem  sinne  des  beziehens,  z.  b. 
die  beziehung  der  harfe,  des  hauses,  lagers,  der  grenze :  ohr- 
feigen, welche  man  der  jagend  bei  beziehung  der  grenzen  zu 
geben  pflegte.  Moser  rem»,  sehr.  1,  331.  am  hduftgstcn  ßr 
respectus,  conditio:  in  dieser  beziehung,  mit  beziehung  dar- 
auf; die  beziehung  und  bestimmung  der  einzelnen  theile. 
GöTHE  55,  314;  wer  glaubt  in  dieser  humanität  und  aufge- 
kl3rtheit  der  zelten  noch  an  die  hohen  beziehungen  des  Staa- 
tes? ScHELLi."«G  meth.  des  akad.  stud.  HO;  ich  stehe  in  keiner 
beziehung,  habe  keine  beziehung  zu  ihm. 

BEZIEHÜNGSFLÄCHE,  f.  eine  fläche,  worauf  sieh  eine  an- 
zahl  linien,  kvrper  in  ihren  richtungen  und  bewegungen  be- 
ziehen. Kaxt  8,  234. 

BEZIEHUNGSGRÜND,  m. .-  der  beziehungsgrund  zwischen 
thun  und  leiden  im  Wechsel.  FicmE  gntndl.  der  iciss.  lehre  Sd. 

BEZIEHUNGSLOS. 

BEZIEHUNGSREICH. 

BEZIEHUNGSWORT,  n.  Lessing  11,  750. 

BEZIELEN,  in  doppelter  bedeutung, 

1)  terminare,  ein  ziel  setzen,  terminis  eonseribere,  conclu- 
dere.  Stieler  261S.  so  mhd.  beziin,  im  pass.  häufig,  die  stel- 
len bei  KöPKE  704",  z.  b.  den  kric  beziin,  dem  krieg  ein  ende 
machen. 

2)  intendere,  zum  ziel  setzen,  auf  etwas  zielen: 

aber  bald  bezielt  er  auch  sie  mit  den  todesgescbossen. 

BcRGEB  186"; 

ohne  zu  bedenken,  dasz  das  wol  des  ganzen  dadurch  bezieh 
«ei.  GöTHE  45,  47;  der  zeitpunct  kam,  den  ihm  die  mutter 
bezielt  hatte.  Hippel  4,  235;  sie  können  sie  (rfie  bO  thl.)  länger 
als  sie  die  zahlungszeit  bezielen  {abstecken),  behalten.  14, 307 ; 
das  ganze  lese-  und  schreibwesen  ist  blosze  Unschuld,  die 
nichts  bezielt.  Klisger  12, 113;  es  mflste  denn  die  idee  gerade 
das  höchste  wol  bezielen.  J.  Pwi  dämm.  47.    tgl.  erzielen. 

BEZIEMEN,  decere:  es  beziemet  sich  nit,  non  decet.  He- 
KiscH  365,  hellte  es  ziemt,  geziemt  sich  nicht,    vgl.  bezähmen  5. 

BEZIEBEN,  decorare,  zieren,  vocab.  14S2  d7'.  Hemsch  365 : 

das  mediin  het  ain  vingerlein 

mit  rotem  gold  bezierei.    Uhland  706 ; 

da  ich  alleia  daruf  gedacht,  studiert, 

darmit  sieb  ein  guoter  Jurist  beziert,    fastn.  sp.  895, 19 ; 

die  obschwimmende  feiszte  von  den  gesottenen  älen  soll  die 
kaiköpf  mit  haar  bezieren.  Forer  fischb.  179" ;  der  tiger  ist 
mit  schwarzen  streimen  oder  langen  fläcken  bezieret,  thierb. 
148* ;  der  eheliche  stand,  welcher  mit  viel  und  groszen  be- 
nedeiungen  auch  begnadet  und  beziert  ist.  KARLstADT  bei  Me- 
lanchth.  1,  538 ;  die  kamern  und  pallast  mit  köstlichen  tüchern 
und  umbhengen  bezieren  und  henken.  Aimon  J4;  in  der 
Schlafkammer,  welche  wir  nach  aller  herlichkeit  bezieret  fun- 
den.    Fischart  hm.  12' ; 

wan  sie  (Flora)  und  Zephyrns  mit  blumen  sich  bezieren. 

ROHrLER  yoTf  Löwbnuait  gcbüsch  12(>; 
die  Stirn  wird  mir  bezieren 
mein  weib  gleich  börnerthieren.    pcd.  schulf.  i'J9. 

BEZIEHUNG,  f  decoratio:  zu  bezierung  meines  ehrcntem- 
pels.  BcTscHKT  icanzl.  594;  ffirbündige  Schönheit  und  bezie- 
rung. 294. 

BEZIFFERN,  numeris  signare,  mit  zahlen,  dann  überhaupt 
bezeichnen  :  die  blätter  eines  bucits  beziffern ;  unter  dem  spre- 
chen zog  sie  zuweilen  ein  ungemein  holdes,  wie  soll  icbs  be- 
ziffern ?,  hen  nach.  J.  Fall  TU.  2,  64. 

BEZIMMERN,  inaedificare,  instruere  aedificio:  einem  das 
Hecht  bezimmem,  verbauen,  officere  luminibus  alicujus.  He- 
Kiscu  365.  dann  aber  auch  behauen,  zimmern :  liiszt  holz, 
stein  und  erz  bezimmem,  hauen,  schmieden.  Pierot  i,  290. 
vgl.  ahd.  pizimparöt  obttructus  (Graff  5,  672),  mhd.  bezimbern : 
der  Giintheres  sal 
wart  *il  wol  bezimbert  durch  maaegen  Tremden  man. 

Mb.  527,  3. 
BEZINNTN,  stanno  obducere,  verzinnen,  dock  mhd.  var  es 
pinna  omare: 

mtmt  mit  wijen  zeneo  harte  wol  beziiinct.    ilS.  1,  165*. 

BEZIRK,  m.  eircuilus,  tractus,  umkreis,  strecke:  ein  sunders 
fefreiet  bezirk.  MCnster  675;  ein  forster  oder  waldknecht  hat 
beneben  andern   gewülden  in   seinem  bezirk  audi  eins,   die 


eck  genannt.  Kirchhof  wendunm.  146';  in  dem  engen  be- 
zirke einer  klostermäszigen  schule.    Lessi."<g  4,  2 ; 

aus  allen  bezirken 
siebt  euch  die  weite  natiu-  mit  veraeuter  Schönheit  entgegen. 

Klopstock  Mess.  1,  452; 
nieder  steigen  vom  himmel  die  seligen  göiier  und  nehmen 
in  dem  geweihten  bezirk  festliche  wohaungen  ein. 
Schiller  75' ; 
du  lagst  im  gewirbel  des  siaubes 
grosz,  auf  groszem  bezirk,  der  wagenkunde  vergessend. 

Voss  Od.  24,  40.  //.  16,  776.  IS,  26, 

was  zurück  bleibt  hinler  tuyas  fteya).o)aTi.  in  bezirk  bringen 
heiszt  weidmännisch,  das  wild  im  gebüsch  bekreisen,  umkreisen, 
s.  amtsbezirk,  Stadtbezirk,  regierungsbezirk. 

BEZIRKELN,  cingere,  includere:  hohe  bergiclite  vorhölzer, 
die  ringsherum  oder  doch  beederseils  mit  hohen  etwas  ent- 
fernet Stehenden  gehülze  bezirkelt  sind.  Hohberg  2,  701'. 

BEZIRKEN,  dasselbe,  umzirken,  vgl.  ahd.  zirkün  (Graft  4, 
4S9I :  weist  der  scheffen,  die  zender  sollen  das  gericht  bezir- 
ken, als  das  von  alters  herkommen  ist.  weisth.  3,  755 ;  sin- 
temal der  zender  bezirkt  und  geweist  hat.  3,  756;  sie  hat- 
ten mich  alle  rund  umbher  bezirkt  {im  kreis  eingeschlossen). 
H.  Stades  reise  e  3 ;  wenn  ihn  gefangenschaft  bezirkt.  Wiede- 
M-ASJ«  juli  18 ;  auf  einem  dorfe,  da  nur  wenig  bauren  sind,  und 
die  der  kretscham  oder  schenke  öfters  alle  bezirken  kann, 
bevoraus  wann  sie  zum  trunke  kommen,  med.  maulaffe  646 ; 

wann  der  verstand,  weil  ihn  kein  amt  bezirkt, 
uneingesperrt  und  ungefesselt  wirkt.    Hagkdor;«  1,  71; 
von  der  luft  sappbir  bezirkt.    Bbockes  1,  US; 

von  dem  zierlichen  bogen, 
der  mit  der  färbe  der  nacht  ihr  siegendes  äuge  bezirket, 
schauen  die  liebesgötter  herab.    Zachariä  2,  120; 
in  diesem  sinn  ist  solch  ein  bild  bezirkt.     Götbk  4,  47; 
0  Jugend,  Jugend  wirst  du  nie 
der  freude  reines  raasz  bezirken?    41,60; 

ländliche  gartenumgebungen,  deren  ja  Rom  selbst  in  seinen 
mauern  genügsame  bezirkt  und  einschlieszt.  29,  221 ;  er  um- 
schreibt, theilt,  bezirkt  und  übt  die  meszkunst  für  alle  seine 
brüder.  Herder  16,  34;  er  war  so  glücklich,  sie  auf  der  flucht 
zu  ersparen  und  zu  bezirken.  Hippel  2,  302.  weidmännisch, 
den  wald  bezirken,   umgehen. 

BEZIRKSTäM.M,  m.  in  Elis,  wo  das  ganze  land  in  zwölf 
bezirkslämme  eingetheilt  ward.  Niebühr  2,  357. 

BEZIRRSVERS.\MMLUNG,  /-.  Dahlm-^-X.-«  /ranz.  rev.  161. 

BEZIRKSWEISE,  adv.  die  wählen  werden  bezirksweis  von 
allen  wahlberechtigten  gehalten,  dcnkschr.  des  fr.  ron  Smri  i5. 

BEZISCHEN,  adsibilarc,  auszischen,  verhöhnen. 

BEZOGENE,  der,  auf  den  ein  Wechsel  gezogen  ist,    le  tire. 

BEZOLLEN,  mercibus  imponere  portorium,  zoll  auflegen. 

BEZÜCHT,  /".  für  bezieht:  i.  f.  gn.  widerlegen  alle  die  be- 
züchten, so  ihm  wollten  aufgeleget  werden.  Schweimchex  2, 
130;  darauf  ich  mich  dieser  bezücht  zum  höchsten  entschul- 
diget. 3,172. 

BEZÜCHTEN,  arguere,  ßr  beziehten : 

will  nun  solcher  verbotenen  thaten  mich  jemand  bezüchten. 

Göthr  40,  150. 
BEZÜCHTIGEN,  für  bezichtigen :  konten  aber  niemand  des 
in  warheit  bezüchtigen.  Kirchhof  rentfunm.  259'; 
zwar  die  nacliknnimensrhafl 
mag  uns  bezüchtigen,  als  ob  wir  es  erdichtet. 
Wxckherlim  609 ; 
bezfichtigten  uns  des  dicbslals.  pers.  rosenlh.  2,  5;    die  Dido 
bezüchtigt  sich  selbst  eines  laslcrs.  Bctscmry  Palm.  590;  als  ob 
er   die    schöne  Danae   schon  darum  schuldig  gefunden  hatte, 
weil  sie  bezüchtigt  wurde.    Wiela>d  2,  181;    sie  haben  mich 
der   abscheulichsten  verbrechen  bezüchtiget.    8,  301 ;    anderer 
absiebten    bezüchtigt  werden,   als  man  wirklich  hat.    Kli.nger 
7,  96;    Itezüchtigt   mich   und   meinen  söhn  der  giürnfscberei. 
TiECK  ges.  nuv.  4.  336; 

jener  Jude,  den  des  dicbsiaU  ihr  bezüchiigi.    I'latk.'«  261. 

BEZÜCHTIGUNG,  f.  einem  mit  rüge  und  bezüchtigung  nach- 
setzen.  Hippel  2,  31t. 

BEZUCKERN,  condirc,  imbuere  sacharo,  verzutkern,  über- 
ZHckfrn:  zu  Medera  gfclt  tinder  andern  fruchten  so  tiI  zuckers, 
das  alles  Europa  dav(tn  bezuckert  wird.  Frajik  re//ft.  7l';  das 
wasser  ist  die  amine  aller  erdgewjichse,  es  behaftet  die  Wur- 
zel, tränket  das  mark,  bczucki-rt  die  honigblumen.  BcrscnikT 
Palm.  3r>2. 

BEZUG,  m.  nach  tcrschiedenhril  des  lieziehens:  bezug  der 
ieier  mit  sailen,  dann  auch  ein  bezug  s;iiten,  so  viel  zum  bt- 


1803 


BEZUG— BEZUNGEN 


BEZUNZEN  —  BEZWINGEN 


1804 


ziehen  des  instrumenls  nülhig  ist;  bezug  des  kleides  mit  fut- 
ler,  mhd. 

von  fremder  vische  hinten  bczoch  wol  geiüii.    A'j6.  354,  1 ; 

bezug  des  himmels  mit  gewölke,  des  knopfes  mit  seide,  wolfeiler 
bezug  der  lebensmiltel;  bezug  der  wacht,  des  lagers,  zumeist 
aber  respeclus,  läge,  Verhältnis,  rapport,  beziehung :  das  Schach- 
spiel, welches,  in  bezug  mit  jener  weltklugheit,  allem  dich- 
tersinn den  garaus  zu  machen  völlig  geeignet  ist.  Güthe  6, 31 ; 
ein  so  begabter  geist  blickt  munter  und  kühn  in  seiner  weit 
umher,  er  schaft  die  seltsamsten  bezüge.  6, 114  ;  hier  gewahre 
man  den  bezug  des  enkels  zum  groszvater.  6,149;  ein  lust- 
gebäude.  dieses  sollte  einen  bezug  aufs  schlosz  haben,  aus 
den  schloszfenstern  sollte  man  es  übersehen,  von  dorther 
schlosz  und  gärten  wieder  bestreichen  können.  17,  75;  an 
allen  naturwesen  bemerken  wir  zuerst,  dasz  sie  einen  bezug 
auf  sich  selbst  haben,  wie  jedes  gegen  sich  selbst  einen  be- 
zug hat,  so  musz  es  auch  gegen  andere  ein  Verhältnis  haben. 
17,  49 ;  sie  erhält  durch  ihn  {ihren  söhn)  einen  neuen  bezug 
auf  die  weit  und  auf  den  besitz.  17,312;  der  major  verfehlte 
nicht  Eduarden  die  verschiedenen  bezüge  zu  seiner  gemahlin, 
zu  den  familien,  zu  der  weit,  zu  seinen  besitzungen  vorzu- 
stellen. 17,347;  wir  müssen  den  begrif  einer  weltfrümmigkeit 
fassen,  unsre  redlich  menschlichen  gesinnungen  in  einen  prakti- 
schen bezug  ins  weite  setzen.  22, 149 ; 
(ier  gredanke,  das  enlwerfcn, 
die  gestalten,  ilir  bezug, 
eines  wird  das  andre  scliärfen, 
und  am  ende  seis  genug.  22,  168; 
eine  person,  welche  ganz  wundersame  eigenschaften  und  einen 
ganz  eigenen  bezug  auf  alles  habe,  was  man  gestein,  mine- 
ral,  ja  sogar  was  man  überhaupt  dement  nennen  könne. 
2.3,  209 ;  mir  scheint  er  die  bezüge  der  menschen  untereinan- 
der und  auf  ihn  sehr  richtig  gefühlt  zu  haben.  26,  HO;  per- 
sonen  ohne  den  mindesten  bezug  auf  einander.  29, 123 ;  eine 
theilnahme  mit  anmutigem  bezug  auf  sich  selbst.  29,  125; 
und  mich  eigentlich  wieder  frisch  des  humanen  zustandes  er- 
freut, dessen  ich  in  zwar  zufälligen  aber  doch  natürlichen 
bezügen  seit  langer  zeit  erst  wieder  gewahr  wurde.  29,  136 ; 
die  bezüge  der  einzelnen  begriffe  und  Vorstellungen.  29,  187 ; 
nicht  ohne  hofnung  künftiger  freundlicher  bezüge.  31,  95 ;  ich 
üörte  viel  von  ihm  (Gleim)  durch  Wieland  und  Herder,  mit 
denen  er  immer  in  briefwechsel  und  bezug  blieb.  31,  241 ; 
eine  erinnerung  an  die  bezüge  dieser  personen  untereinan- 
der. 31,  242;  von  leben  und  thaten  und  sonstigen  bezügen 
der  heiligen  drei  könige.  45,  192 ;  das  wirken  der  Weltge- 
schichte, das  gegenwirken  der  Individuen  wird  klar,  man 
begreift  seinen  eigenen  bezug  und  lernt  einsehen,  wie  man 
selbst  in  die  ferne  gewirkt.  45,  290;  in  diesem  bezug  ver- 
gleichen wir  das  unglück  mit  einem  tausendeck,  das  den 
überall  ansloszenden  blick  verwirrt.  55,  265 ;  verschiedene 
anlasse  haben  meine  früheren  bezüge  dorthin  in  den  letzten 
tagen  gar  freundlich  wieder  aufgeregt,  an  Zelter  6S4;  natur 
und  kunst  sind  zu  grosz,  um  auf  zwecke  auszugehn  und  ha- 
bens  auch  nicht  nöthig,  denn  bezüge  gibts  überall  und  be- 
züge sind  das  leben.  707;  diesmal,  mein  theucrster,  dächt 
ich,  könnten  wir  mit  unsrer  Zusammenkunft  zufrieden  sein, 
du  liast  gegeben  und  empfangen,  wir  sind  unsrer  alten  be- 
züge aufs  neue  gewis  geworden.  805;  wer  diesen  bezug  (des 
gesichtes  mit  Schwermut)  nicht  bemerkt  hat,  Ihue  es  noch. 
Hippel  2,  60.  häufig,  bezug  nehmen  auf,  sich  beziehen  auf 
etwas,    vgl.  Iierzensbezüge,  seelenbezüge. 

BEZÜGELN,  frenare,  coercere,  zügeln:  imlem  sie  die  wil- 
den rosse  des  übermütigen  mit  fester  band  bezügelt.  Herder 
19,  ISl ;  marter  ists  sicli  allein  bezügeln.  Withof. 

BEZÜGLICH,  relalivus,  und  ah  ndv.  für  das  franz.  relati- 
vemenl:  und  so  bab  ich,  bezüglich  auf  den  iheil  der  erde, 
den  ich  beobachtet,  immer  rcgelmaszigkeil  und  folge  gefun- 
den. GöTIIE  51, 189. 

BEZÜGLICHKEIT,  f.:  der  sinnlichen  eindrücke.  Humboldt 
kosm.  1,  20. 

BEZUGNAHME,  f.  mit,  unter  bezugnahme  auf  mein  letz- 
tes schreiben. 

BEZUNDEIlN,  fovere,  fome.ntare,  incendere,  dem  alln.  lundra 
conßngrare,  lyndra  scintillare  nahslehcnd:  IMutarchus  meldet, 
Cato  habe  mit  lleisz  unter  seinen  knechten  allerhand  lum- 
penhandrl ,  hadcr  und  strittigkeit  bezundert  und  gehegcl. 
Bl'tschky  l'alm.  800.     .i.  zimder. 

BEZUNGEN,  BEZÜNGEN,  inslruere  lingua,  facundum  red- 
deie:  gute  nacht  ihr   Wohnungen  des  gcgenhalls,   ihr  felsen 


und  steine,  die  ihr  mir  oft  antwort  gegeben  und  meine  worte 
euch  bezüngen  lassen.  Siegm.  von  Birken  HO ;  dasz  der  storck 
bezunget  sei.    Praetorius  slorchs  winterq.  s.  31. 

BEZUNZEN,  elegans,  mollis,  ineplus,  zierlich,  zimpferlich, 
affecliert,  in  der  Wetterau  bezonze :  das  mädchen  sieht  be- 
zunzen  aus;  ein  bezunzen  kind;  ein  bezunzen  äpfelchen,  A7et- 
nes,  zierliches,  kann  zu  zinzeln,  zenzeln  Schm.  4,  276  gehal- 
ten, aber  auch  für  bezwunzen  von  bezwinzen  genommen  wer- 
den, s.  das  häufigere  verzwunzen,  von  verzwinzen,  in  glei- 
chem sinn. 

BEZUPKEN,  carpere,  vellere:  den  hart  bezupfen. 

BEZVVACKEN,  circumradere,  subtrahere,  carpere:  die  gelt- 
mittel  beschneiden,  bezwacken  und  hinterhalten  lassen.  Phil- 
ander  2,  557;  er  bezwackte  nicht  allein  seinen  herrn,  sondern 
auch  die  wirte.  Simpl.  1,  574;  einen  bezwacken,  beängsten 
und  verfolgen.  Butschkv  Pa/m.  169; 

dem  emsigen  Galen  genusz  und  riihm  bezwackl. 

GÜ.VTHER  382. 

vgl.  zwicken,  bezwicken,  zwacken  und  abzwacken. 

BEZVVAGEN,  circumlavare,  rigare,  bewaschen,  ags.  bejjvean, 
mhd.  betwalien : 

sich  betmiogen  und  betühien.    Ls.  1,  377 
sich   bewuschen   und  betauchten  {sp.  1696,   neben  betuchen  sp. 
1740).     vgl.  auszwagen  und  zwagen. 

BEZWANG ,  m.  coactus,  necessilas,  zwang :  wo  kein  be- 
zwang, da  ist  keine  ehre.  Simrock  1076;  es  taugt  kein  arsch 
ohne  bezwang.  578 ; 

dann  bzwang  macht  keinen  guten  Christ. 

Ebants  Freidank  bl.  5  ; 
der  bezwang  des  zornes,   der  allein 
genug  sonst  iasiers  ist,  kompt  dir  von  nüchternsein. 

Opitz  1,  7 ; 
thul  zierlich  sammen  raCTen 
die  verslein  in  bezwang.    Spee  trutzn.  3. 

BEZWÄNGEN ,  cogere,  zwängen :  er  was  allenthalben  mit 
krieg  bezwengt.  Hedion  com.  175 ;  sie  wollten  menschen  bil- 
den für  ein  Stückwerk  und  bezwängten  sie  einseitig  auf  Ver- 
hältnisse zu  eng  für  den  umfang  unseres  wesens.  Dyanasore 
3,  121;  Belisarius,  obwol  so  lästig  bezwängt,  hatte  doch  un- 
terdessen noch  Urbino  erobert.  Beckers  weltg.  4,  78. 

BEZWANGNIS ,  f.  das  ir  unser  bezwangnus  und  not  nit 
Wissens  dragent  {von  u.  b.  und  not  nichts  wiszt).  Aimon  0  3 ; 
ir  wissent  unser  bezwenknus  und  not.  Fierabr.  C4; 

aber  der  sathan  mit  bezwenknus, 
aus  goltes  willigen  verhengknus 
bracht  umb  sein  reichtumb  in  (lliob)  mit  plag. 
H.  Sachs  II.  1,2«. 

BEZWECKEN,  1)  bei  den  schustern,  claviculis  munire,  mit 
zwecken  beschlagen.  2)  bezwecken,  spectare,  tendeie  ad  ali- 
quid, nach  dem,  zweck  d.  i.  nagel  in  der  scheibe  zielen,  beab- 
sichtigen, im  äuge  haben:  ich  bezwecke  damit  eine  abände- 
rung  des  bisherigen  gebrauchs;  es  ist  gutes  dadurch  be- 
zweckt und  erreicht  worden,    wie  bezielen. 

BEZWEIDIGEN,  concedere,  confirmare.  Haltaus  167.  s.  zwei- 
den,  nd.  twiden,  gewähren. 

BEZWEIFELN,  addubitare,  in  zweifei  ziehen,  nnl.  betwijfe- 
Icn:  es  läszt  sich  nicht  länger  bezweifeln;  ich  will  es  gar 
nicht  bezweifeln. 

BEZWEIFLUNG,  f.  wenn  sie  die  begebenheit  erzählend  und 
ohne  alle  bezweiflung  vorgetragen.  Tieck  ges.  nov.  1,  41. 

BEZWEIGEN,  ramis,  frondibus  vestire:  die  stamme  bezwei- 
gen  sich,  frondcscunl;  Orpheus  auf  einem  bezweigten  baum- 
stamm  sitzend.  Göthe  56, 164. 

BEZWICKEN,  vellere,  carpere,  bezwacken,  ags.  tviccian,  engl. 
twitch:  was  deine  Schwiegermutter  vor  käs  und  butler  ge- 
spart, die  sie  zum  markte  hin  gescJiickt,  auch  manchmal  wol 
das  körn  bezwickt,  . .  dasselbe  gab  sie  dir  mit  lust.  Menan- 
tes  1,  228 ;  einem  den  bart  bczwicken ;  die  waisen  bezwicken, 
ihnen  abzwacken. 

BEZWIEBELN,  caepis  terere,  condire,  zwiebeln:  härings- 
tonnen  von  gewässerten,  bezwihelten,  beessigten,  gesalzenen 
...  häringen  und  böckling.  Garg.  55*;  während  eine  dicke 
schmutzige  Galiicierin  in  der  küche  mit  Zubereitung  eines  wol 
bezwiebellen  iiasenpfeffers  von  einer  alten  hauskalze  beschäf- 
tiget war.  WiELAND  11,  339.  man  sagt  auch  bczwiebeln  für 
prügeln. 

BEZWINGBAH,  domabilis,  vincibilis. 

BEZWINtiEN,  vincerc,  subigere,  cogere,  premere,  zwingen, 
alts.  bithuingan,  ahd.  piduingan  (Graff  .%  273.  274),  mhd. 
zuweilen  noch  bedwingen: 


1805         BEZWINGEN  — BIBEL  ANSTALT 

man  sagt  daj  in  bedwunge 
diu  tiure  manunge.    Im.  4S61; 
mit  disen  noeten  zwein 
söre  bedwungen.    1"25; 
meist  abe^  schon  bedingen 

ejn  betwanc  min  gemüete 
nie  so  sere  magt  noch  wtp.  344; 
ouch  waen  ich  in  belwunge 
diu  vil  wegemüediu  not.  55S6; 
woraus  dann  endlich  unser  nhd.  bezwingen  Kurde:  alle  Völ- 
ker, die  Holofernes  bezwingen  würde.  Judith  3, 11 ;  gott  wird 
sie  in  deine  hende  geben,  das  du  sie  bezwingest.  5,  22 ;  und 
wirst  sie  nicht  mehr  bezwingen  können,  l  Macc.  6,  27 ;  welche 
sie  bezwungen  und  unter  sich  gebracht  hatten.  8,  2;  welche 
hat>en  durch  den  glauben  königreiche  bezwungen.  Ebr.  11, 33 ; 
offenbar  ist  es,  das  man  nit  bezwungen  ist,  dehainen  doctor 
in  seinen  Schriften  oder  opinionen  zu  glauben.  Recchlin 
augensp.  17* ;  wann  ich  etwas  nicht  weislich  thu,  so  wird  doch 
der  allein  beschuldigt  gesehen  werden,  der  mich  darzu  be- 
zwungen hat  und  nicht  ich.  buch  der  liebe  109,  1;  und  be- 
zwang in  mit  dem  schwort,  dasz  er  die  jungfraw  dem  könig 
Artus  in  seine  sichere  Verwahrung  führen  must.  3S5,  1;  si 
bezwungen  den  herrn  Jesura,  das  er  bei  inen  blib.  Keisersb. 
ehr.  bilg.  18;  wie  eine  grosze  liebe  musz  das  sein,  die  golt 
vom  bimmel  bezwungen  hat  auf  erden  zu  kommen.  Albercs 
Jesusbüchl.  B3*;  die  bezwungene  bezahlung,  so  mir  wider 
alles  zusagen  und  verdienen  geljtn  ward  und  empfahen  müs- 
sen. PA.RACELSLS  1,  132";  dann  gunst,  gewalt  und  die  hunds- 
ketten  waren  mir  zu  sehr  überladen,  aus  welcher  zwanknus 
fremde  land  behend  zu  besuchen  bezwungen.  1,356';  sie  hat 
mich  bezwungen  das  zu  thun.  Opitz  Arg.  58 ; 

zum  glauben  ist  nicht  müglicb  die  sinnen  zu  bezwingen. 

LoGAU  3,  zug.  92  ; 
dasz  sich  der  lieblich  hall  sOesz  in  die  obren  tringet, 
und  zur  Verzückung  schier  den  zarten  sinn  bezwinget. 

RoiPLER  VOM  LöwEMHALT  gcbUsch  52; 
beiwingel  euch,  ertragt  es  wie  ein  mann.    Schiller  523'; 
urtheilt,  ob  ich  mein  herz  bezwmgen  kann.    527'; 
Albano,  wie  von  einem  gedanken  allein  bezwungen.   J.  Paul 
Tit.  2,  98.     man   sagt,    ich  kann  das  stück  brot,   das  fleisch 
nicht   bezwingen,   nicht  damit  fertig  werden,   nicht  bewältigen 
=  aufessen. 

BEZWINGER,  m.  domilor,  bcicältiger,  besieger:  alle  stärke 
dieses  kleinen  bezwingers  der  götter  und  menschen.  Wieuxd. 
BEZWINGLICH,  vinäbilis  : 

das  ist  der  theure  stein  (der  diamant), 
der  nur  von  blut  und  sonst  wil  nicht  bezwin^lich  sein. 
LoGAL'  2,  s.  67  ; 
ein  fester,  nicht  leicht  bezwinglicher  Charakter.  Güthe  48, 100. 
BEZWISTEN,  impugnare,  in  dubium  vocare,  bestreiten:  ich 
will  das  nicht  bezwisten,  streitig  machen;   allein  dieses  läszt 
sich  noch  bezwisten.  Hippel  5,  24. 

BEZWLNGENLICH,  coacte,  aus  zwang :  bezwungenlich  den 
thurn  ufgeben.  Fierabr.  f4. 

BIBEL,  f  codex  sacer,  die  heilige  schrift,  ursprünglich 
der  pentateuch,  volumen  quinque  librorum;  aus  biblia  bi- 
bliorum  entfaltete  sich  leicht  ein  weibliches  biblia  «nd  drang 
in  allen  neueren  sprachen  durch:  it.  bibbia,  sp.  biblia,  franz. 
bible,  mhd.  biblie,  dat.  biblien  {myst.  171,  S),  nnl.  bijbel,  isl. 
biflja,  russ.  und  litt,  biblija,  poln.  biblia,  buhni.  biblj.  man 
vergleiche  das  analoge  chronik,  lilie,  schölle,  folie,  praemie 
und  erwäge  den  weil  reichenden  grammatischen  bezug  zwischen 
der  flexion  des  f.  und  des  pl.  neutr.  einige,  wie  Mathesius 
wnd  ScHL'PPiLS  schreiben  die  biblia,  an  der  biblia,  s.  6.  Scudp- 
pins  830.  ich  lese  täglich  in  der  bibel,  ein  capitc!  aus  der 
bibel;  das  ist  wider  die,  die  da  nichts  hallen  uf  die  bibel, 
das  da  ist  die  beilige  geschrift.  Keisersh.  s.  d.  m.  44*;  das 
solt  ein  rechter  christenmensch  nit  thiin.  er  soll  steif  g\a\i- 
ben^lL-s  das  in  der  bihcl  slot.    das. ; 

^arumb  so  lern  sie  bieblen  nit.    Murmr  schelmem.  27', 

iiic.  oder  ein  verbum? ;  dem  leien  haben  sie  eine  wortlose 
l>il>el  an  den  wänden  und  götzen  gestiftet  (gemdhlde  und 
btldseulen).  bienenk.  15*;  leset  die  ganze  bibel  durch  und 
durch.  23';  geh,  nimm  die  bibel,  meine  tochter,  und  lies 
mir  die  geschichte  Jakobs  und  Josephs.  Schiller  lir>';  ich 
strafe  mein  weih  mit  guten  Worten,  sagte  jener  baucr,  da 
warf  er  ihr  die  bibel  an  den  hals.    vgl.  fibel. 

BIBELABSCHNITT,  m.  pericope. 

BIBELANSTALT,  /.  ihre  {der  Griechen  und  ROmei)  Schrif- 
ten sind  die  ewige  bibelanstalt  gegen  jeden  verfall  der  kan- 
steiniscben. 


BIBELAUSLEGUNG — BIBER 


1806 


BIBELAUSLEGUNG,  /. 

BIBELBUCH,  n.  es  steht  im  heiigen  bibelbuch.  Scbcbart 
ged.  2,  123;  ihr  habt  mir  so  manche  postille  und  bibelbuch 
an  den  köpf  gejagt,  wenn  ihr  mich  ob  dem  beten  ertapptet. 
Schiller  140*. 

BIBELBUCHSTÄBLICH:  durch  diesen  entschiedenen  bibel- 
buchstäblichen glauben.    Göthe  48, 144. 

ßlBELEIN,  n.  puslula,  hitzblätterchen,  bibeli.  Stalder  1, 168. 
bibelin  der  äugen.  Oberlix  153,  im  Elsasz  biwele.  Schm.  1, 
291  gibt  aber  bepel,  pepel,  peperle. 

BIBELFEST,  bene  versatus  in  libris  sacris:  niemand  war 
witzig  als  ein  bibelfester  lustigmacher.  Rabener  1,  105 ;  in 
Deutschland,  wo  vor  fünfzig  jähren  die  erziehung  dahin  ge- 
richtet war,  die  sämtlichen  heranwachsenden  bibelfest  zu  ma- 
chen. Göthe  6,  131;  wer  sich  noch  aus  der  hälfte  des  vori- 
gen jh.  erinnnert,  wie  unter  den  Protestanten  Deutschlands 
nicht  allein  geistliche,  sondern  auch  wol  laien  gefunden  wur- 
den, welche  mit  den  heil.  Schriften  sich  dergestalt  bekannt 
gemacht,  dasz  sie  als  lebendige  concordanz  von  allen  Sprü- 
chen, wo  und  in  welchem  Zusammenhang  sie  zu  linden,  re- 
chenschaft  zu  geben  sich  geübt  hutten,  die  hauptstellen  aber 
auswendig  wüsten  und  solche  zu  irgend  einer  anwendung 
immer  bereit  hielten,  man  nannte  sie  bibelfest  und  ein  sol- 
cher beiname  gab  eine  vorzügliche  würde  und  unzweideutige 
empfehlung.  6,  63 ;  dasz,  wie  man  bibelfeste  männer  hat, 
wir  uns  in  Shakespeare  befestigten.    26,  74. 

BIBELFREUND,  m. 

BIßELGESELLSCHAFT,  f.  die  sich  mit  verbreilang  und 
auslheilung  gedruckter  bibeln  befasit. 

BIBELLESER,  m. 

ßlBELREITER,  m.  der  misbräuchlich  stets  in  bibelstellen 
spricht,    auch  bibelhusar. 

BIBELSPRÄCHE,  f 

BIBELSPRUCH,  m. 

ßlBELSTELLE,  f 

ßlBELSTLCK,  n.  was  bibelabschnilt. 

BIßELSTUNDE,  f  in  schule  und  kirche. 

BIBELÜBERSETZUNG,  f  nur  will  ich  noch  an  Luthers 
bibeiübersetzung  erinnern:  denn  dasz  dieser  trefliche  mann 
ein  in  dem  verschiedensten  stile  verfasztes  werk  und  dessen 
dichterischen,  geschichtlichen,  gebietenden,  lehrenden  ton  uns 
in  der  muttersprache,  wie  aus  einem  gusse  überlieferte,  hat 
die  religion  mehr  gefördert,  als  wenn  er  die  eigenthümlich- 
keiten  des  Originals  im  einzelnen  hätte  nachbilden  wollen. 
Göthe  26,  74. 

BIBEN,  zuweilen  noch  ßr  beben  tremere,  akd.  pip£n,  mhd. 
bibcn  (Ben.  1, 114*). 

ßlRE.NEL,  /".  pimpiiiella  saxifraga,  sonst  auch  bibemell, 
pimpernell,  nn/.  bevernel,  ein  heilkräßiges  kraut:  weder  tränk 
noch  Säfte,  weder  pillen  noch  bibenellen  achten.  Philand. 
lugd.  3,  239. 

BIBER,  m.  fiber,  castor,  ahd.  pipur,  pipir,  pipar  (Graff  3, 
22),  mhd.  bibcr  (Bex.  1,  115*)  und  das  vor  a  haftende  i  lästt 
ein  älteres  piparu  annehmen,  folglich  ein  golh.  bibnis  {gen. 
bibraus),  wozu  das  litt,  bebrus  [gen.  behraus)  stimmt,  lett. 
bebris ;  ags.  beofor,  engl,  beaver,  nnl.  bever,  altn.  bifr  und 
bior,  biur,  schw.  büfver,  dan.  bäver;  auch  die  roman.  spra- 
chen haben  ßr  tat.  fiber  wieder  b:  it.  bivaro,  sp.  bibaro,  be- 
varo,  befie,  /'rarjj.  biövre ;  n«s.  bohr' ,  poln.  bühm.  bohr  (s erb. 
und  illyr.  dabjr).  ganz  abweichend  ist  die  welsche  benennung 
afanc,  arm.  avank  und  dte  finnische  majava. 

Ein  so  weitverbreitetes  altes  wort  zu  deuten  bleibt  schwierig, 
wer  möchte  es  auf  das  skr.  babhru,  wie  der  ichneumon  von 
seiner  rüthlichen  färbe  hciszt,  lurückleiten?  dürße  man  fiber 
auf  faber,  obschon  i  lang,  a  kurz  ist,  beziehen,  so  führte  das 
zum  bauenden  Zimmermann  gcbomc  thier  einen  höchst  treffen- 
den namen,  und  unser  biber  fiele  der  reichen  wurzcl  bauen 
anheim,  der  wir  noch  ein  anderes  kunstfertiges  thier,  die 
biene,  überweisen,  bagvan  für  bauan  (sp.  1171),  bagms  ^^baum 
{sp.  1188)  reichen  mittel  an  hand,  den  namen  bibrus,  biber 
{mit  kurzem  i)  zu  fassen,  hierzu  tritt,  dasz  eben  auch  xn~ 
arcoQ  an  xeät,a}  spalten,  hauen,  an  tat.  casa  domus,  cista, 
an  unser  käste,  ahd.  chasto,  cubiculum,  arca,  so  wie  ans  goth. 
kas  oxtvoi,  ahd.  char  ras  gemahnt,  und  ein  althairischer  Orts- 
name Biberchar  {HB.  C,  80.  81.  7,  81.  8, 176.  304)  Hif/(/s  anders 
ausdrückt  als  Biberburc,  mithin  gebildet  ist  wie  blachar,  binichar, 
l)ienenhaus,  korb,  selbst  das  finn.  majava  musz  zu  niaja  casa, 
tugurium    geschlagen   werden,    bezeichnet    also    wiederum    das 


1807 


BIBERBAU  —  BIBERSCHWANZ 


BIBERSGHWARZ  —  BICKEL 


1808 


hambauende  lliier.  ah  menschlicher  eigenname  gewinnt  aber 
KaanoQ  mythologischen,  wenn  auch  im  dunicel  liegenden  be- 
zitg,  wie  in  der  edda  die  schmiedenden,  zimmernden  zicerge 
Bifur  und  Bafur  (=  fiber  und  faber)  genannt  sind,  und  der 
welsche  afanc  mit  der  sinßulsarche  zusammenzuhängen  scheint. 

Da  die  biber  am  ufer  der  flüsse  und  bäche  bauten,  begreift 
sich,  dasz  die  benennungen  Biberaha,  Biberich,  Biberacb,  Bi- 
ber, Bebra,  Biberbacb,  Beberbeke,  Bever  in  allen  deutschen 
gegenden  wiederkehren;  ebenso  führt  der  Bober  in  Schlesien 
und  ein  flusz  in  Littauen  seinen  namen  von  bobr,  Bebruwete, 
biberslätle  heiszt  ein  gut  bei  Ragnit.  heute  aber  ist  dies  wun- 
derbare thier  meistens  ausgeiottet :  biber  und  otler  haben  keine 
hege.  Polen  und  Böhmen  legen  dem  biber  bitterliches  weinen 
bei:  plakac  iak  bobr,  plakali  gäk  bobr,  was  sich  auf  eine 
verschollene  thierfabel  gründen  mag.  ausdrucksvoll  ist  auch 
das  verbum  bobrowac,  tvie  ein  biber  im  sumpfe  waten,  wülen. 

Das  biberfeil  mit  seinen  glatten,  weichen  haaren  wurde  zu 
pelz  und  zeug  verarbeitet,  besonders  zu  hüten,  auch  ein  wol- 
lenes, langhdriges  tuch  führt  den  namen  biber:  leinwat  von 
s.  Gallen,  biber  von  Bisanz,  baumwollen  aus  Cypern.  Fi- 
SCHART  groszm.  134. 

BIBEKBAU,  «i.  casa,  cubile  fibri,  oben  sp.  1161,  altn.  biorbö, 
dän.  bäverbo,  poln.  bobrownia.  man  nennt  auch  diesen  bau 
die  bürg  des  bibers,  sein  nest,  char  und  sein  gescbliefe,  wo- 
hin er  schlieft. 

BIBEBBAUCH,  m.  der  bauch  des  biberfells,  biberwamme. 

BIBERBURG,  f  biberbau:  der  biber  hat  eine  turg,  wo  er 
sich  von  holz  eine  wohnung  macht.  Dübel  1,  36*. 

BIBEREISEN,  n.  ein  fangeisen  für  biber. 

BIBERENTE,  f  mergus  castor,  ein  vogel  der,  gleich  dem 
biber,  ins  wasser  untertauchen  kann. 

BIBERFANG,  m.  captura  ßrorum,  auch  der  ort,  wo  man 
biber  zu  fangen  pflegt. 

BIBERFÄNGER,  m. 

BIBERFELL,  n.  pellis  fibri,  den  Jägern  biberbalg,  mhd. 

ein  veder  er  dar  under  truoc, 

diu  was  kostelich  genuoc 

von  lütern  bibervellen.    kröne  6860. 

BIBERGEIL,  n.  xaaxoqiov,   castorcum,  von  geil  hode,  vgl. 
MS.  2,  207'.    Freid.  139,  5.     bibergeil,  biberhoden,  castoreum. 
Dasypodiüs  27'.  303';  rauch  bibergeil.    Garg.  192". 
BIBERGESCHMACK,  m.  castoreus  odor.  Maaler  68'. 
BIBERHAAR,  n. 

BIBEBHÄREN,  fibrinus,  aus  biberhaaren  gemacht,  nnl.  be- 
verharen,  mhd.  biberin,  litt,  b^brinnis. 

BIBERHAUT,  f.  biberfeil.   mhd.  bibers  hftt.    Reinh.  1982. 
BIBERHODEN,  pl.  castoreum,  litt,  bebraus  pautai,  eier. 
BIBERHÜDLEIN,  n.  ranunculus  ficaria,  feigwarzenkraut. 
BIBERHUND,    m.    der  zum  biberfang  abgerichtet  ist,  schon 
in  den  alten  volksrechten  piparhunt.  Xenophon  aber  leitet  den 
namen  yaaro^iai  falsch  daher,    dasz  Kastor  sie  zuerst  gezo- 
gen habe.    s.  Otterhund. 

BIBERHUT,  m.  pikus  castoreus,  nnl.  beverhoed. 
BIBERIN,  /.  das  weibchen  des  bibers.   piberinna  als  eigen- 
name in  CiiMELS  notizenblatt  2,  293. 
BIBERJAGD,  f.  was  biberfang. 
BIBERJÄGER,  m.  biberfänger. 

BIBERKLEE,  m.  trifolium  ßrinum,  poln.  bobrek,  falsch 
fieberklee. 

BIBERKRAUT,  n.  gentiana  centaurium.  hier  ist  umgedreht 
fieberkraul  das  richtige,  da  es  auch  febrifuga  heiszt. 

BIBERN,  BIBBERN,  was  bebern  und  bebbern  {sp.  1210): 
mir  bibbert,  ich  friere,  hat  sich  noch  in  der  gaunersprache 
eihalten. 

BIRERNELLE,  s.  bibenelle. 

BIBERNEST,  n.  nidus,  cubile  fibri,  biberbau.  geschlechts- 
name  Bevcrnest,  auf  einen  Ortsnamen  zurückweisend.  Lisch 
meklenb.  jahrb.  17,  169.  195.  340. 

BIBERNETZ,  n.  netz  zum  biberfang. 
BIBERRATTE,  f.  sorex  moschatus.    poln.  bobroszczur. 
UIBERSALBE,  f.  was  bibergeil :  mit  bibersalb  überstrichen, 
Seuter  415. 

BIBERSCHWANZ,  vi.  cauda  fibri,  muste  gleich  den  bßren- 
tatzen  als  leckeres  gerichl  an  die  gutsherschaß  verabrciciU  wer- 
den: die  lischer  sollen  von  einem  gefangnen  biber  dem  fürr 
Rten  füsze  und  schwänz  geben.  Boiiiies  beitr.  zum  deutschen 
recht  5,  145;  ungewonliche  speis  essen,  als  biberschwenz,  be- 
rendoppen,  das  sellzain  ist  und  suast  niemanu  me  hat.  Ksi- 


SERSB.  s.  d.  m.  5'.  von  ihrer  zugerundeten  gestall  heiszen  auch 
dachziegel  biberscbwänze. 

BIBERSCHWARZ,  ein  besonderes  schwarz  in  den  fdrbereien. 

BIBERSTICH,  m.  weidmännisch,  wenn  der  von  den  hunden 
ins  wasser  gejagte  biber  mit  dreizacken  erstochen  wird. 

BIBERSTRUMPF,  m.  strumpf  aus  biberhaar. 

RIBERTAUCHER,  «i.  mergus  castor,  bibervogel. 

BIBERWITZ,  m.  artificium  fibrorum,  kunstfertigkeit  der  biber: 

warum  denn  müssen  die  Huronen 

durcli  biljerwitz  beschämet  sein  ?    Hagedorn  2,  17. 

BIBERWURZ,  f.  aristolochia  clematitis,  ßr  fieberwurz,  ahd. 
aber  bibirwurz  castoreum.    Graff  1, 1050. 

BIBERZAHN,  m.  bronchus,  cui  dentes  prominent,  dem  die 
Zähne,  wie  dem  biber  die  fange  vorstehn.  Stieler  145.  Schweiz. 
biberzand.    Stald.  1,  168. 

BIBET,  tremens,  bebend,  zitternd:  so  es  in  ein  fewr  ge- 
worfen wird,  so  springt  es  als  ein  büchs  und  gibt  ein  bibe- 
ten  knall.  Paracelsus  2,  Zi',  vgl.  ahd.  pipinonti  (Graff  3,  2l). 
vielleicht  gehört  hierzu  pipicht  für  scheu,  zitternd,  ahd.  pi- 
pentiu,  tremebunda :  ein  pipicbtes  weih.  enll.  chymicus  429 ; 
wann  ich  eine  mannsperson  wäre,  wollte  ich  mich  lieber  mit 
einer  liebholden  brünetten  als  mit  einer  pipichlen  weiszettea 
verheiraten,  hebamme  148.  auch  Stieler  116  setzt  bebicht  tre- 
mulus  und  117  pfippern  quasi  heberen,  anxium  esse  ut  mu- 
lieres  paventes  ac  timidae.  pipicht  liesze  sich  aber  ebensowol 
von  pipen,  pipire,  kleinlaut  reden,  ableiten. 

BIBLISCH,  e  libris  sacris  depromlus  cisque  consentaneus : 
in  der  biblischen  schrift  des  alten  und  neuen  testaments. 
bienenk.  16';  den  biblischen  Schriften  zu  trotz  und  zu  leid. 
19' ;    biblische  geschichte,  Sprüche ;  biblischer  standpunct. 

BIBMEN,  tremere,  organisch,  doch  ungewöhnlich  für  bid- 
men:  da  er  sie  läse,  erschrack  er,  dasz  er  bibmet.  Avrer 
proc.  2,  8. 

BICHEN,  picare,  pice  oblinere:  ein  geschirr  hieben  und 
wolgeschmackt  machen,  imbuere  sapore.  Maaler  68'.  Hemsch 
367;  gebichte  armbrost.  Garg.  19'.  heute  pichen,  wie  pech 
für  hech. 

BICHIG,  tenax,  klebrig  wie  pech:  sie  enthalten  das  fewr 
mit  leimigem,  bichigem  wasen  und  dörren  kükat  {kiihdreck). 
Frank  weltb.  60'. 

BICK,  »J.  ictus,  stich,  heule  pick.    mhd. 

darzuo  der  wagenleisen  bic  {einstich  der  räder).    Pari.  180,4; 

der  süeje  binen  bic, 

den  mir  din  munt  kan  bicken.    Ls.  1,  56. 

nhd.  der  bick  mit  dem  schnabel;  der  flobbick;  leichte  öf- 
nung,  wunde  mit  spitzigem  Werkzeug,  nadelbick;  bick,  wie 
stich,  stichelrede;  der  bick  mit  dem  aderlaszäsen :  es  seind 
böse  lässin  {aderlässe),  da  allein  der  bick  die  kunst  ist.  Pa- 
racelsus 1,  714".  s.  pick. 
1  BICK,  m.  verres  castratus,  in  einem  theile  der  Wetterau 
rechts  der  Nidda,  was  in  der  fibrigen  Wetterau  der  bark 
(barch,  barg  sp.  1125.  1131).  bick  gleicht  dem  nnl.  big,  tngl. 
pig.    s.  bickferkel. 

BICKARSCH,  m.  bubo:  bickars  ein  sucht,   »ocob.  1482  d8*. 

BICKBEERE,  BICKELBEERE,  f.  vaccinium  vitis  idaea,  prei- 
selbeeie,  zuweilen  auch  heidelbeere.  vielleicht  von  der  n«e- 
den,  kuglichen  gestall  der  beeren. 

ßlCKE,  /".  was  das  folgende  bickel,  ligo,  mlat.  becca,  franz. 
beche:  allerlei  bicke  und  andere  brechzeug,  fierabr.  f3;  wol 
gezielt,  aber  übel  getroffen,  ein  bicken  hoch  gefehlt,  ftiegen- 
wadel  41. 

BICKEL,  m.  ligo,  sculplorium,  zweispitz,  spitthacke,  karst, 
zum  brechen  in  mauern,  in  steiniges  erdreich,  inpßaster,  grab- 

stichel,  mhd. 

als  durch  die  dicken  mure 
brichet  der  bickel.     »V7«.  54,  21, 

und  solches  gerdth  wurde  aus  metall  gegossen: 
ez  riuchct  in  dem  bilse  min, 
als  zwdne  ein  liickel  giejen.    fragm.  38* ; 
swer  einen  bickel  giejen  kan, 
der  ninii  sich  giocken  giejeiis  an.    flenn.  13424, 

nhd.  in  Frisciilins  nomencl.  267  bickel  bipalium,  von  bicken, 
picken,  einbauen,  einstechen;  ich  kan  doch  ein  jeglich,  das 
ich  sihe,  wol  nennen  bei  seinem  namen,  als  karst,  hawen, 
bickel.  Steimiöwels  Esop  2 ;  mit  pickein,  durch  sein  selbst 
band,  neben  den  schanzbawren  weiter  abgehauwen.  KucurioF 
mil.  rf»5c.  181;  zwen  dich  tragen  etliche  Uebeisen  und  bickel. 
Ayrer  fastn.  sp.  3*. 


1809 


BICKEL  — BICKERTLEIN 


BICKFERKEL  — BIEDER 


1810 


BICKEL,  m.  talus,  aar^äya^Ms,  knöchel:  der  rock  reicht 
bis  auf  den  bickei,  enkel,  knöchel,  usque  ad  talos  demissa 
toga.  Hemscb  367.  Stieler  HS.  weil  man  nun  aus  Ihierknü- 
cheln  ivürfel  schnitt,  drückt  bickei,  gleich  dem  lat.  und  gr. 
wort,  auch  diesen  begrif  aus  und  wurde  dann  auf  steinerne 
Würfel  und  kugeln  {^ertragen,  wie  sich  stein  und  bein  (sip. 
1381)  berühren,  wie  zu  stein  und  bein  gefroren  heisit  es: 
zbickel  gefroren.  Stalder  1, 169 ;  alles  zu  pickel  und  eis  ge- 
froren. Philand.  Uigd.  3,  123,  gefroren  wie  bickei,  steinhart, 
beinhart,  steinkugeln,  womit  kinder  spielen,  werden  in  vielen 
gegenden  genannt  bickei,  anderwärts  knicker,  wackeln,  mur- 
meln. Weiland  erklärt  nnl.  bikkel,  zeker  beentje,  waarmede 
de  kindcren  speien,  mit  dem  vorausgehenden  spitzen  bickei 
läszi  sich  dieses  andere  bickei  nur  unter  der  annähme  ver- 
einbaren, dasz  aus  knochen  auch  Spitzhacken  gefertigt  wurden, 
deren  name  hernach  auf  den  talus  übergieng. 

BICKELEIN,  n.  taxillus. 

BICKELELNSPIEL,  n.  ludus  talorum,  bickelinspil.  Fhisch- 
Ll.f  475. 

BICKELFEST,  entweder  fest  wie  stein  und  bein,  oder  so 
fest,  dasz  es  mit  dem  bickei  musi  aufgehauen  werden. 

BICKELHÄRIN'G,  m.  s.  pickelhäring.  bickelhering.  Simpl.  1, 365. 

BICKELHART.  was  bickelfest.    Stalder  1, 169. 

BICRELHAÜBE,  f  s.  beckelhaube.  lederne  bickelhaube. 
Friscblis  461. 

BICKELMEISTER,  m.  aufseher  über  das  gassenpflaster.  Stkl- 
der  1. 169. 

BICKELN,  scalpro  fodere,  mit  dem  bickei  hacken:  weil  es 
jetzund  an  das  treffen  und  wir  tag  und  nacht  an  einander 
picklen.  Schertlins  br.  163;  da  gerieten  seine  pickler,  karst- 
bansen, Schanzgräber  und  scheufler  auf  einen  kupferen  bo- 
den,  dessen  breite  noch  lenge  sie  ein  ganz  jar  nicht  erbi- 
ckeln  mochten  ....  sie  betten  auch  wol  ir  lebtag  daran  ge- 
schickelet  und  gebickelet,  und  weren  doch  darmit  nit  fertig 
worden.  Garg.  3l'.  auch  bickeln,  wie  knöcheln,  mit  würfeln, 
bickeln  spielen. 

BICKELSPIEL,  n.  ludus  talorum.   mhd. 

hickelspil  spilot  in  der  Stuben  junse  liule, 
die  noch  unverdrojjen  sint.    jlSä.  3,267' j 
priiel  slahen  [prilschschtagen),  bickelspil.    2S8'. 
BICKELSTEIN,  m.  talus,  calculus.  mhd. 

herre,  icli  hän  in  mime  schria 
beslojjen  driu  pfunt  vingerlin 
und  zehen  bickelsteüie.     vomheselin9l. 

auch  abgänge  von  steinen,  abgebtckte  Seitenstücke,  heiszen  bi- 
ckelsteine. 

BICKELWORT,  n.  stichelrede.  Trist.  118,  1. 

BICKE.N,  pungere,  percutere,  schlagen,  hacken,  hauen,  mhd. 
bicken  (Ben.  1,  Us'),  it.  piccare,  franz.  piquer:  steine  bicken, 
bäume,  Stangen,  nüsse  bicken :  die  buren  bicken  die  wilden 
büumlin,  die  noch  jung  sind,  mit  einem  scharpfen  stein  und 
lond  es  darin  wachsen  ein  jar  und  wenn  man  si  abhouwet, 
80  schelt  man  die  rind  darab,  und  machen  oben  isen  daran, 
denn  ist  es  ein  schwinspiesz.  Keisersb.  christl.  bilg.  39.  bi- 
cken, trocken  husten,  s.  bexen  {sp.  1792);  bicken  sticheln, 
siechend  sprechen ;  er  bickt  auch  drein,  gibt  seinen  senf  dazu. 
Stalder  1,  169;  ich  höre  die  uhr  bicken,  spitz  anschlagen, 
picken ;  bicken,  zur  oder  schlagen,  schröpfen :  und  soll  im 
aber  lintusen  (franz.  ventouses)  setzen  uf  das  glid,  und  solle 
sie  lassen  bicken.  Gersdorf  44 ;  scbir  das  haar  ab  dem  ort, 
reib  es  mit  einem  hänfin  tuch,  bisz  offen  wird,  darnach  setz 
laszköpf  darauf,  bick  es  alsdann  mit  einer  flieden  wol,  wasch 
das  blut  ab.  Secter  4;  ein  floh  der  beiszt  und  sticht,  er 
zwickt  und  bickt.  Hoffm.  gesellsch.  lieder  263;  eier  bicken, 
an  einander  sloszen.  Ermst  Meier  schwäb.  sagen  393.  die  tauben 
bicken  sich  den  bunten  hals  and  jetzt  den  kleinen  köpf.  Gesz- 
NER,  bepicken  sich,  man  bickt  den  kindern  das  brot,  sehnei- 
det es  ein,  damit  sie  es  leichter  beiszen.  s.  anpicken,  aufpicken. 

BICKER,  m.  ein  stechendes,  brechendes  gerdlh,  nuszbicker, 
nucifrangibulum,  nusxknacker,  meist  in  gestall  eines  mdnn- 
ehens,  dem  die  nüsse  in  den  mund  gesteckt  werden;  auch 
heiszt  so  der  heher,  corvus  caryocatactus. 

BICKERTLEI.N,  n.  mannulus,  pullus  equi :  ein  bickerllein, 
ein  kleins  röszlein,  equus  pusillus.  Dastpodics  129',  bickerlin 
303';  bickertle,  ein  jung  klein  röszle.  Maaler  68'  und  dar- 
nach HEMSCH368;  bygger  klepper,  byggerli,  byUger  p/^errfcAfn. 
Stald.  !,  171;  pigger,  piggcrii.  Gotthelf  kdserei  253.  kann 
gemeint  sein  bickhart,  hartstoszetid,  harltrabend  ?  und  hätte  ein 


solches  bickart,  bickhart  Fischart  im  sinn  gehabt,  als  er  in 
der  vorrede  zum  bienenkorb  seinen  namen  versteckte?  *Torstosz 
Jesuwalti  Pickhart',  doch  Picard  ist  ein  gangbarer  französischer 
name  und  meint  aus  der  Picardie. 

BICKFERKEL,  n.  was  bick,  verschnütnes  männlicJies  ferkel. 

BICKING,  m.  ictus,  talitrum,  schnipf:  einen  bicking,  ein 
Schnippehen  schlagen : 

soll  man  im  einen  bicking  scblan 
und  sehn  über  ein  acbsel  an, 
oder  lachen  seins  narrenkleid. 

MiGKi.NLs  aflenspil  G4'. 

BICKI.NG,  m.  halec  fumo  duratum,  s.  bickling,  bücking, 
bückling. 

BICKINGISCH,  macer  instar  halecis :  da  hetzt  man  den  laz- 

armen,  latzleeren,  ausgedörrten,  raucbgehenkten,  bickingischen 

Schneckenfresser  und  hafenscharrer  bruder    lanzenstil   sampt 

seiner  lären  sackpfeifen  mit  kröpfigen  banden  aus.  Garg.  81*. 

BICKLING,  m.  was  bicking : 

der  {abt)  musz  uns  ein  weng  tiefer  sitzen 

und  gleich  wie  ein  bickling  verschwiuea.    Atrer  240*. 

BICKSCHWEIN,  n.  was  bick  und  bickferkel. 
BIDIBIDI,  m.  Iiermaphroditus,  zwitter.  Stalder  1,  170,  ein 
wahrscheinlich  alter  ausdruck,  in  dem  das  wort  beide,  bede 
gelegen  scheint,  dessen  tuiederholung  die  Vorstellung  verstärkt, 
vgl.  das  litt,  abbejuttis,  bOhm.  obognak,  poln.  oboptciowy, 
dwupiciowy,  worin  abbu  abbi,  oboge,  oboje,  das  ahd.  zuitarn, 
später  zwiedorn,  zwitter,  altn.  tvitoli,  vortn  die  zweizahl  ent- 
halten ist.  wallonisch  boc  et  gate,  bock  und  geisz,  ei»  rohes 
Hermes  und  Aphrodite. 

BIDMEN,  tremere,  beben  erscheint  schon  mhd.  (Bes.  1, 115*1 
und  im  reim  erbidemet :  gewidemet  gesichert,  ahd.  wird  es 
noch  nicht  verzeichnet,  kaum  ist  es  verkürzt  aus  bibedemen, 
in  welchem  fall  bidinen  entsprungen  wäre,  sondern  blosz  eupho- 
nische Umwandlung  des  vorhin  angeführten  bibmen.  Lcther 
meidet  es  in  der  bibel,  hat  es  aber  sonst:  wenn  er  ein  we- 
nig einen  teufel  huret  rauschen,  erblasset  und  bidmet  er. 
4,  ist";  Dasypodils  gibt  321'  erdbidem.  Arein  verbum  bidmen, 
Maaler  lOS*  erdbiden,  kein  bidmen,  doch  vocab.  14S2  d  s'  bid- 
men, Hemsch  368  bidem  und  erbidmen ;  da  ward  er  zu  band 
bidmen  und  zittern  und  mocht  von  der  sta|  nit  kumnien. 
sommerteil  der  heil,  leben  1475  18'; 

die  erde  bidmei,  es  klübent  die  steine.    Ublind  $29 ; 

da  bidmeten  die  berge  hoch.    H.  Sacbs  III.  1,  30*; 

und  bidmet  mit  henden  und  luszen.     III.  1,  92*; 

in  meim  gebein  bidmet  das  mark.    ill.  1,  160*; 

dasz  mir  bidmet  mein  ganzer  leib.    III.  3,  11*; 

mein  ganzer  leib  bidmet  und  zitert.    HI.  3,  58*; 

der  mund  bidnet  (so)  und  vippcrt  im.  V,  325*, 
sicher  oß  noch  bei  ihm;  du  beiliger  got,  von  des  willen  die  bim- 
mel  werden  beweget  und  alles  erdrich  bidmet.  buch  der  liebe 
108,  2;  aber  die  herzogin  sähe  in  an,  all  ir  geblüt  grisselt 
und  hub  an  zu  bidemen  und  zu  erzittern.  i4imon  g;  das  golt 
wolle  ein  grosz  bidmen,  angst  und  zittern  auf  alle  Völker 
und  Christen  ausschütten  und  erwecken.  Fra.nk  weltb.  146* ; 
werden  von  furcht  und  zittern    bidmen.    kriegsb.  des  fr.  227 ; 

dasz  gleich  darob  des  bimmels  sal 

bidmet  und  zittert  überall.    Sprkng /<.  17'; 

Tor  engsten  ich  bidme  und  ziuer.    Atrir37'; 

schau,  wie  es  ziitert  und  bidmen  thut.  dessen  fastn.  sp.  3'*; 
im  laufe  des  \T  jh.  gab  die  Schriftsprache  diese  «orlgestalt  wie- 
der auf,  unter  dem  volk  hat  sie  sich  in  Baiem  (Schm.  1,  155) 
und  der  Schweiz  (Stald.  1,  170)  forterhalten  und  Göthe  hat 
sich  von  neuem  ihrer  bedient: 

er,  nach  langer  jähre  sorgen, 
wo  der  boden  oft  gebidraet, 
sieht  nun  fürst  und  volk  geborgen, 
dem  er  geist  und  kraft  gewidmet.    2,  160. 
s.  erdbidem. 

BIEDER,  utilis,  probus,  bonae  frugis,  wacker,  fromm,  recht- 
schaffen, ein  entstelltes,  verdunkeltes,  oß  misgedeutetes  wort,  ahd. 
pidarpi  piderpi  biderbi  (Graff  5,  215),  alts.  bitherbi,  mhd.  bi- 
derbe (Rejt.  1,  361),  unmittelbar  zu  bedarf  und  bedürfen  fal- 
lend, nur  mit  behaltnem  oder  in  P  geschobnem  B  des  golh. 
[laurban,  |)arba ;  derb  solidus,  verderben  perire  gehören  nicht 
dazu,  es  drückt  aus:  was  um  (circa)  den  bedarf  ist,  wessen 
man  bedarf  und  sich  zu  bedarf,  zu  nutzen  bedient.  Acricola 
(j.  biedermann)  erklärt  sehr  gut. 

Man  musz  hier  von  der  betonung  ausgehn.  schon  das  ahd. 
pidarpi  pflegt  deti  haupllon  auf  pi  zu  Ugen,    welches   sich  im 

114 


1811 


BIEDER— BIEDERFRAU 


BIEDERFÜRST  — BIEDERMANN         1812 


tnhd.  biderbe,  kraft  dieses  tons,  rein  erhält,  die  beiden  letzten 
Silben  unbetont  und  stumm  auf  sich  folgen  läszt: 

der  gerne  bulerbe  wi're.    /t«.  200; 

min  lierre  was  biderbe  gnüoc.    2033; 

mich  mi'ioj  ein  biderbc  man  nern.    2060. 
tritt  privatives  iin  vor,    so    zieht   dieses    den   accent   an   sich, 
dessen  pi  verlustig  geht,  derbi  wieder  fähig  wird: 
themo  ümbitherben  walde.    ü.  IV.  26,51; 
in  welchem  fall  mhd.  bi  zu  be  geschwächt  werden  musz: 
da  wehsl  nu  unbed^rbe  gras.    Greg.  3550; 
diu  beie  was  ünbedörbe.    Iw.  '288. 
«10  mhd.  biderbe  sieht,  ist  bi  betont,  derbe  unbetont;    wo  be- 
derbe, ist  be  unbetont,  derbe  betont,    nach  diesem  unterschied 
begreiß  sich,  wie  aus  biderbe  endlich  mit  schwindendem  aus- 
laul  B  die  nhd.  Verunstaltung  bider,    geschrieben  bieder,    ent- 
sprang, hingegen  unheAerbe  auszer  gebrauch  gerielh ;  erst  spät 
hat  man  wol  auch   unbieder   versucht,    das    früher   unmöglich 
gewesen  wäre. 

Auszerhalb  der  Zusammensetzung  erscheint  nhd.  bieder  ziem- 
lich selten,  und  in  Luthers  bibelverdeutschung  nie;  es  geht 
uns  blosz  auf  personen,  nicht  auf  Sachen,  und  ein  biederer 
bäum,  unbiederes  gras  kommt  nicht  mehr  vor.  wir  sagen : 
er  ist  ein  biederer  recbtscbaffener  mann,  eine  biedere  seeie ; 
sie  hat  ein  biederes  herz;  das  war  eine  biedere  that;  er 
ist  der  biederste  mann  in  der  ganzen  Stadt  (ahd.  pider- 
pisto).  Zuweilen  empfängt  es  aber,  wie  deutsch,  mit  welchem 
es  daher  auch  verbunden  erscheint,  den  nebensinn  einer  plum- 
pen, geraden,  derben  ehrlichkeit,  vielleicht,  weil  sich  die  alle, 
volle  form  biderb  fälschlich  dem  unverwandten  derb  anzurei- 
hen schien,  deriialben  ich  bitt  alle  frome  bider  handwerks- 
leute.^  Luthers  br.  2,  413 ; 

ir  seid  wol  als  frumm  und  pider, 

in  tat  uns  bis  morgen  fru  herwider.    fustn.  sp.  788,30; 

da  reget  sich  herwider 

der  erst,  der  vor  im  lag, 

er  sprach,  ich  sei  nicht  bider  {will  nicht  ehrlicli  sein), 

wan  ich  dirs  halt  vertrag.    Uhland  656; 

den  menschen  auch  Herodes  sah 

and  achtet  ihn  für  bieder. 

Iiirchenl.  o  mensch,  bewein  dein  Sünde  grosz.  v.  12 ; 

die  ist  ein  weih  ehrlich  und  pieder.    AYnER269'; 

und  wer  helt  sein  heupt  nicht  viel  bieder  {f.  biederer), 

denn  seine  füsz  und  ander  glieder? 

frosclm.  II.  3,  6  (Ff8'); 

daher,  weil  richter  ich,  will  ich,  den  augenschein 

der  nackenden  warheit  einnehmend,  bider  sein. 
Weckherlin  740; 

wer  gar  zu  bider  ist,  bleibt  zwar  ein  redlich  mann, 

bleibt  aber  was  er  ist,  kommt  seilen  höher  an.    Logau; 

ob  es  kräftig  oder  zierlich, 

geht  uns  so  genau  nicht  an, 

wir  sind  bieder  und  natürlich, 

und  das  ist  genug  gethan.    Götrk  1,  163; 

ja  sogar  der  bessere  selbst,  gutmiitig  und  bieder 

will  mich  anders.        1,  330; 

was  sollte  man,  oder  was  könnten 

biedere  männer  vereint,  was  könnten  die  herscher  bewirken. 

1,  336 ; 
ebenso  steckte  Melina,  als  kammerjunker  oder  kammerherr 
die  grobheiten  ein,  welche  ihm  von  biedern  deutschen  män- 
nern,  hergebrachtermaszen,  in  mehreren  beliebten  stücken 
aufgedrungen  wurden.  18,  249;  das  leben  des  biedern  Götz 
von  Berlichingen.  26,  199 ;  ein  alter  depen,  stolz  und  rauh, 
sonst  bieder  und  gut.  Lessing  2, 119.  Hin  und  wieder  brau- 
chen ältere  Schriftsteller  das  volle  biderb,  z.  b.  Kkisersherg  :  so 
der  mann  bidcrb  ist,  «nrf  selbst  neuere,  denen,  es  aus  bilchern 
und  Urkunden  bekannt  geworden  war:  es  war  einmal  ein  ehr- 
liciier  biderber  mann.  Siegfr.  von  Lindenb.  2,  300 ;  der  biederbe 
mann.  2,  305.  307.  312 ;  die  biederben  Hessen,  die  schönen 
Thüringer.  Tieck  4, 15.  Die  folgenden  Zusammensetzungen  sind 
aber  durch  die  abgeslumpße  form  erleichtert  worden. 
BIEDEBAU(iE,  n.  ehrliches  gesicht: 

in  dessen  trcue.s  herz  und  bicderauge 
kein  argwöhn  kam.    Wiklano  18,  19  (34). 

BIEDERB,  s.  bieder. 

BIEDEKBMANN,  m.  was  biedermann:  warumb  wolt  man 
biderbman  crlrenken,  der  soliche  Ungerechtigkeit  nit  annemen 
wolt.    Keiseksr.  s.  d.  m.  81*. 

BIEDEBFBAU,  f.  ein  biderfraw,  so  im  (Mahomel)  begeg- 
net, zu  seinem  mutwillen  nicht  wolt  bewilligen.    Frank  weltb. 

m". 


BIEDERFÜBST,  m.  Ramler  1,  94 ; 

ein  biderfürst  kennt  seine  schwäche.    Lichtwer. 
BIEDERGEIST,   m.    lieb  ist   ein   bidergeist,    aus  fewr  und 
luft  vereint.    Melissus  172. 

ßlEDERHAFT,  tüchtig.    Herder  in  Böltigers  Hl.  zust.  1, 197. 
BIEDERHAND,  f  die  band  des  biedern: 

und  meiner  jüngsten  reicht  er 

die  deutsche  biederhand.    Fr.  Müller  1,  356. 

BIEDERHERZ,  n.  Wiela.nd  18,  322 ; 

höllichkcit  verlor  den  rock,  falscliheit  hat  ihn  angezogen, 
hat  darinnen  viel  geäft,  hat  manch  biderherz  betrogen. 
Logau  3,  5,  2.5. 
BIEDERHERZIG:  unser  braver,  biederherziger  freund.  Wie- 
land 8,  325. 

BIEDERHERZIGKEIT,  f  ich  hoffe  aber,  sie  haben  einigen 
glauben  an  meine  teutsche  treue  und  biederherzigkeit.  Wie- 
land bei  Merck  2,  82; 

hat  den  argwöhn  ausgelöscht 
aus  meiner  seele,  und  versöhnt  mein  herz 
mit  deiner  ehr  und  biederherzigkeit.    Schiller  575'. 

RIEDERKEIT,  f  probitas,  rnhd.  biderbecheit. 
BIEDERLEÜTE,  pl.  xaXotcaya&ol,  pl.  von  biedermann: 
so  lasz  michs  und  die  piderleut  verstau,    fasln,  sp.  514,  21; 
da  sollen  piderleut  umh  sagen.    542,  7 ; 
zu  warnen    alle    frunie    biderleute.    Luthers  br.  2,  322;    drei 
frommer    landsknecht    oder    biderleiit    kinder.     schimpf  und 
ernst  cap.  362 ;    durzu  jedermann  schrei,    weiche,    weiche  ab, 
gebet  den  biderlcuten  platz !    Bocc.  1,  40' ;    die    frommen   bi- 
derleut,  die  zur  hochzcit  geladen  waren.    Wicrram  rollw.  92'; 

drumb  ir  etlich  so  wol  geraten, 

so  sie  jetzund  haus  hallen  sollen, 

sich  richten  in  wie  biderlüt, 

so  laufends  aus  tiem  land  gar  wit.    pilger  Ai; 

holla,  halt  frid  ihr  bidcrleut!  Garg.  98*;  der  frommen  bider- 
leut.   Melissus  ps.  A2'; 

bofnung  ich  trag,  es  kumint  der  tag 

und  bringt  die  zeit,  dasz  biderleut 

Irummkeit  und  ehr  wird  gelten  mehr. 

HoFFM.  gesetlsch.  285; 

bei  dir  hat  herz  und  niund  recht  üherein  gestimmet, 

wie  biderleuten  dann  und  Christen  wol  gezimmet. 
KoMPLERS  gebüsch  s.  92; 

die  teulschen  biderleut.    104: 
grosze  (proceres)  und  biderleut.  Schijppiüs  834;    der  gute  ge- 
nius  Deutschlands   wache    über  euch,   liebe  rechtschafne  bie- 
derleute.  Klopstock  12,  405. 

BIEDERLICH,  ahd.  pidarplth  (Graff  5,  219):  das  es  aber 
in  gnaden  müglich  sei,  helle  Arsacius  basz  wissen  zu  sagen, 
denn  sie  thun,  wo  sie  betten  redlich  und  bidderlich  mit  im 
umbgangen.  Luther  2,  442'. 

BIEDERMANN,  «i.  vir  bonus,  honeslus,  antiquus:  bieder- 
mann von  altem  schrot  und  körn ;  biedernianns  erbe  liegt 
in  allen  landen  {schon  Ottocar  29');  ein  bidermann  werden 
und  hauslich,  evadere  ad  frugcm  lionam.  Maaler  68';  einen 
züchtigen,  dasz  er  fromm  und  ein  bidermann  werde,  corrigere 
aliquem  ad  frugem.    das.; 

so  sei  ich  nit  ein  bidermani    ring  5',  18; 

ste  auf  bidermani    9*,  17; 

wer  hat  dich  hciszen  reden  an 

iizt  diesen  alten  bidernian  ?    Murnf.r  schdmenz.  8*; 

ir  herren,  mich  bedtinkt,  dasz  wir  des  bidermanns  wein  ver- 
suchen. Bocc.  2,  5*,  im  allen  lllmer  druck  220":  ir  herren, 
mich  deucht,  wir  versuchen  des  bidermans  wein ;  die  zweu 
guten  biderinänner  kamen  gen  Siraszburg.  Frey  garleng.  cap. 
2 ;  will  es  aber  jedem  bidermann  zu  bedenken  anheini  ge- 
stellt haben.  Schweinichen  3,  254;  ich  halt,  das  bidermau 
sei  ein  bederbman,  den  man  zt|  schimpf  und  zu  ernst  brau- 
chen kann,  der  auch  andern  leulen  nutz  sein  kan  mit  ehicu 
und  aufrichtig,  und  man  kan  cinciii  tuaiine  nichts  bessers 
nachsagen,  denn  das  er  gehatidclt  habe  als  ein  bederber  mau, 
ehrlich,  ohn  falsch  und  aufrichtig,  andern  zu  nutz,  im  zu 
ehren  und  niemanl  zu  schänden.    Acricola  ipr.  n*  724 ; 

da  picng  zu  heiilen  seilen 
nianirh  biderinan  zu  gruiid.     .Soltau  270; 
man  saget  recht,  mein  guter  freund, 
frcinbdes  geld  ist  biedcrmans  feiiid. 

lloLLKNiiAcKN  vom  rfichcn  mann  CH': 

wann  ihr»  nicht  glaubet,  licht  es  mich  nicht  an,  aber  ein 
bidermann,  ein  verslendiger  mensch  glaubt  allzeit  was  man 
ihm  verkundl  und  was  er  in  Schriften  lind.    Garg.  Iü4'; 


1813      BIEDERMÄNNISCH  — BIEDERZEIT 

die  sieb  lieszeo  schreiben  ein 

in  den  biederniaiiues  biind.    Locau  2,  2,  3; 

ein  biedermann,  ein  biedermann,  disz  war  ein  alter  tltel, 

0  derer,   die  bald  schwarz  bald  weisz,   hats  noch  in  un- 

srem  miiiel.  3,  zug.  78; 

unedler  rühm  und  unverdiente  schände, 
p  waget  eucli  an  keinen  biedermann.    Hagedorn; 
so  lang  ein  edler  biedermann 
mit  einem  glied  sein  brot  verdienen  kann, 
so  lange  schäm  er  sich  nach  gnadenbrote  lungern. 

BÜRGER  79'; 
gib  acht,  der  biedermann  hat  nur  mein  haus 
in  meinem  absein  nicht  betreten  wollen.    Lessing  2,  213; 
wir  hören  du  bist  ein  biedermann 
und  nimmst  dich  unsers  herren  an.     Göthe  13,  109; 
wenn  einen  wiVdigen  biedermann, 
pastorn  oder  raihsherrn  lobesan, 
die  Wittib  läszi  in  kupfer  stechen.    2,  2Sl ; 
frisch,  fährmann,  schaf  den  biedermann  hinüber! 

Schiller  517'; 
und  diese  nacht  wird  hoch  geschwelgt  zu  Küsznacht, 
kommt  mit;  sist  jeder  biedeiinann  geladen.    545*. 

BIEDERMÄNNISCH:  damit  wir  aber  heute  doch  auch  et- 
was biedermännijciies  than.    Klüpstock  12,  394. 

BIEDERMANNSLEUTE,  pl.  pleonaslisck  für  biederleute  : 

bei  biedeimannsleuten.    Logau  3,  10,  89. 
BIEDERMANNSWÖRTCHEN,  n.  sprichtcöHchen  : 

zu  fest  nicht  auf  biedermannswörtchen  traut, 
dasz  ältere  liehe  nicht  rostet.    Bi^RCERäl'. 

BIEDERMLND,  m. 

so  konnte  schon  voraus  sein  biedermund  nicht  schweigen. 

Rost, 
BIEDERMUT,  m. 

von  urahnlichem  biedermut.    Voss  3,  41 ; 
rastloses  biedermuts,  und  nie 
altender  Jugendlichkeit,    derselbe. 

BIEDERN,  utiliter  adhibere,  ahd.  piderban  expedire,  gehi- 
derban  adhibere  (Graff  5,  219.  220),  mhd.  bederben  (Ben.  1, 
362) :  der  es  auch  gehet,  wie  anJer  biederleuten,  die  zu  bi- 
dern  und  zu  gebrauchen  sein  regimenten,  kirchen.  Mathesics 
78";  erlös  heiszet,  in  dem  kein  er  noch  redlichkeit  mehr  zu 
finden  ist,  der  zu  keinem  erbarn  ampt  oder  befelch  zu  bi- 
dern  oder  bederben  isL  Hl',  mit  veruenduvg  beider  formen 
zusammen,     später  veraltend,    doch  sagt  A.  W.  Schlegel  im 

icettgesang : 

und  für  mich  ists  kein  geringes  stnek, 
liebe  herren,  euch  mich  anzubiedern, 

als  biedermännern  anzuschlieszen. 

BIEDERRICHTER,  m.  gründliche  und  bündige  biedenich- 
ter.    Hamann  6,  6. 

BIEDERSEELE,  f.  biedermann: 

dieser  biederseele  flecken 

rüge  keine  lasterung.    Bürger  15'. 

BIEDERSINN,  m. 

werther  freund,  du  lieber  alter,  alt  von  alten  bidersinnen, 
all  von  jähren,  witz  und  ehren,  wir  sind  hier,  du  bist  von 

hinnen.  Logau  3,  3,  10 ; 

dasz  ich,  von  freiem  biedeisinn, 
kein  buhe  nimmer  war  und  bin.    Bürger  12'. 

BIEDERTON,  im. 

so  rief  er  mit  herzlirhem  biederton, 

und  wandte  den  rücken  und  gieng  davon.    BüacKK  37*. 

BIEDERTREUE,  f.  versprecht  ihr  das  auf  biedertreu?  Siegfr. 
von  Lindenb.  2,3[l;  ehr  und  biedertreu.    Wieland  18,  59. 
ßlEDERVOLK,  n. 

in  der  weh  sei  was  da  wil,  find  ich  doch  nichts  beszres 

drinnen, 
als  dasz  fromes  biedervolk  selig  endlich  sterben  künnen. 

Locau  2  $.  47  ; 
liebt  euer  vaterland, 
sprach  er  zum  biedervolke  seines  rei^hs.    Schubait  2,  2S2. 

BIEDERWEIB,  n.  femina  honesta: 

er  [der  mantel)  stet  ir  recht  an  irem  leib, 

als  in  denn  tragen  sol  ein  piderwcib.    fasln,  sp.  676,  30; 

ein  bidcrweib  ir  ehr 
bewar  als  ihren  höchsten  schätz.    II.  Sachs  II.  4,  101*; 
manch  frommes  biderweib  man  ftndt.    V,  271'; 
ein  biederweib  im  angesicht,  ein  schand.sack  in  der  haut. 
Locau  2,  5,  21. 
BIEDERWESEiN,  n. 

dasz  nach  biederwesen  reucht,  der  nicht  dienst  wil  nemen  an. 

LüCAU  1,  8.  61. 
BIEDERZEIT,  f. 

in  den  allen  biederzeiten, 

da  noch  keuschheil  sitle  war.    Siolbim  1, 162. 


BIEGE  — BIEGEN  1814 

BIEGE,  f.  icas  beuge,  curvatura,  krümmung,  säte: 

{die  Widder)  siieszen  den  wolfin  seine  biegen, 
das  er  halb  lod  vor  ihn  tbet  liegen.    Etrinc  1,  236 

an  thurmhauben  und  kuppeln  heiszt  die  gebogene,  ausgeschtceipe 
gestalt  biege. 

BIEGEISE.N,  n.  bei  verschiednen  handwerkem  ein  geräth 
zum  biegen. 

BIEGELN,  ferro  calefacto  laevigare,  plätten: 

wie  sich  das  nähen  und  flicken  vermehrt,  das  waschen  und 
hiegeln.  Götue  1,  343. 

geteühnlich  bügeln. 

BIEGEN,  lorquere,  ßectere,  bog,  gebogen,  goth.  Liugan  baug, 
ahd.  piokan  pouc,  mhd.  biegen  bouc,  nnl.  buigen  boog,  ags. 
bügan  beäh  bugon;  den  nordischen  sprachen  bleibt  von  dieser 
starken  form  nur  das  pari,  praet.  boginn  =  goth.  bugans. 
sehr  merkwürdig  ist  der  verhalt  zu  den  urverwandten  sprachen. 

Das  goth.  biugan,  so  viel  wir  wissen,  und  unser  hochdeut- 
sches biegen  hat  nur  die  angegebne  transitive  bedeutung  torquere, 
das  ags.  bftgan  aber  meist  die  intransitive  flecli,  incHnari, 
wie  sie  auch  dem  skr.  bhudsch  (bhug)  inflexum  esse  beiwohnt, 
unser  biegen  entspricht  dem  tat.  flectere,  das  ags.  bügan  dem 
lat.  fugere,  gr.  fevyeir,  ags.  bugon  15/  fugerunt.  hieraus 
ßieszt  die  wichtige  folgerung,  dasz  lat.  fugere  und  flectere 
einer  wurzel  sind,  flectere  nur  euphonisches  L  nach  F  und 
hinter  dem  kchllaut  noch  T  entfaltet,  wie  aber  lat.  fugere  und 
flectere,  stehn  nebeneinander  ags.  bügan  und  ßeon,  hochdeut- 
sches biegen  und  fliehen,  nur  dasz  beide  ags.  verba  intransitiv 
sind,  das  lat.  fugere  intransitiv,  flectere  transitiv,  umgekehrt 
unser  biegen  transitiv,  fliehen  intransitiv,  im  lalein  hat  das 
transitivum,  im  deutschen  das  intransitivum  ein  gleiches  L  ent- 
wickelt, weiter,  zwischen  flectere  und  biegen,  zwischen  fugere 
und  bügan  findet  sich  das  gesetz  der  lautverschiebung  bewahrt, 
nicht  zwischen  fugere  und  fliehen,  und  gerade  an  dieser  stelle, 
für  deutsches  fliehen,  ags.  fleon  erscheint  goth.  |)liuhan,  so 
dasz  lat.  fugere  und  flectere,  mit  jener  Verschiedenheit  der  be- 
deutungen,  goth.  biugan  und  )>iiuhan  sich  gegenüber  hat.  was 
folgt  daraus  ?  offenbar,  dasz  unser  biegen  die  rcgelmäszige  Strö- 
mung der  spräche  einhielt,  unser  fliehen,  aus  irgend  einem 
noch  verhüllten  gründe,  von  ihr  wich,  wahrscheinlich  aber  diese 
abweichung  zugleich  mit  enlfaltung  des  L  statt  hatte  und  biugan 
erst  in  j>liuhan,  dann  in  fliuhan  übertrat,  und  die  grosze  be- 
rührung  der  deutschen  und  lat.  zunge  wird  sichtbar,  während 
die  griechische  auch  hier  sich  mehr  der  slav.  und  littauischen 
anschlieszt.  Den  Slaven  wurde  fugere,  tpevysiv  zu  bjegu,  inf. 
bjeschtsch  =  skr.  bhudsch,  mit  der  bedeutung  fliehen  und 
laufen,  und  ebenso  litt,  begu  begti,  da  fliehen  und  laufen  die- 
selbe Vorstellung  enlhallen.  unser  transitives  biegen,  flectere, 
wie  dps  auftauchende  L  in  flectere  und  fliehen  bleibt  diesen 
anderen  sprachen  fremd,  die  identitäl  der  würzet  biegen  und 
fliehen  kann  aber  auch  das  analoge  winden  und  wenden,  sich 
zur  flucht  wenden,  in  fugam  verti,  bestätigen;  man  erwäge  doi 
intransitive  einbiegen,  recedere. 

Wie  sich  nun  unser  transitives  biegen  von  dem  abgeleiteten, 
noch  transitiveren  beugen  scheide,  wurde  sp.  1743. 1744  gewie- 
sen,    alle  sinnlicheren  bedetUungen  fallen  dem  biegen  zu. 

1)  die  gliedcr  des  leibs  biegen: 

doch  nicht  hat  er  annoch  die  spannende  kraft  und  die  stärke, 
wie  sie  vordem  ihm  gestrebt  in  den  leicht  gebo;;encn  gliedern. 
Voss  Oll.  11,394; 

etwan  ein  schrift  oder  zwo  bei  dem  hals  herbei  zu  ziehen 
und  zu  ihrem  vurtheil  zu  biegen,  bienenk.  Ol'; 

mit  hofein,  tanzen,  rennen,  stechen, 

mit  rucken  piegen  und  sper  zubrechen,    fnstn.  sp.  .380,  8; 

Kündel  pin  ich,  nin  diern, 

ich  lasz  mich  pucken  und  piegen.    400,  12; 

die  ungebogene  hrusl.  J.  Fall  jubeis.  16;  da  bog  der  bott 
sein  angesicht  herumb.  Keisersb.  s.  d.  m.  46*; 

o  zeit,  0  hohe  zeit,  dasz  wir  auf  knien  liegen, 
dasz  wir  die  freche  stirn  zur  erden  ahweris  biegen. 
Locau  1,  10,66; 

dieweil  sie  ein  wächsene  nas  ist,  die  einer  in  allerlei  gestalt 
biegen  mag.  bienenk.  35*;  damit  macht  sie  aus  der  schrift 
ein  wetterlian,  der  mit  allen  winden  umgeht,  und  zur  w.ich- 
srnen  nnsen,  die  sie  auf  alle  siilen  biegen  kan.  69";  [so 
schwach  war  das  alte  weib  gewesen,  dasz)  sie  ihm  nicht  einen 
finger  hett  mögen  biegen.  Wickr^m  rollw.  52 ;  ich  wil,  da* 
der  gecreuzigete  seine  knie  für  mir  biege.  Ai.berls  barf. 
Eulensp.  n'460;  mit  gebogenem  knie  (sp.  1743); 

bog  in  meine  knie  xucbtiglich.    U.  Sachs  II.  2,  52* ; 

114* 


1815 


BIEGEN 


BIEGEN— BIENE 


1816 


das  er  kein  knie  bog  oder  ein  fusz.  bienenk.  30* ;  das  sich  in 
seinem  namen  alle  englische  knie  im  himel  und  aller  men- 
schen knie  auf  erden  biegen  müssen.  Mathesiüs  91'; 

ich  biege  keine  knie  und  rücke  keine  kappen 

für  aulgepuizier  elir  und  angestrichner  gunst.   Logau  1,  5,  3; 

ebenso  sich  biegen,  mit  dem  leib  neigen: 

wer  biegen  sich  nicht  kann,  bleibt  wann  er  fället,  liegen. 

LoGAul,  8, 19; 
gar  lief  müssen  wir  uns  jelzund 
für  manchem  ketzer  biegen.    Soltau  466; 

denn  alle  engel  in  der  hell  und  gewaltige  auf  erden  . . .  wer- 
den Christo  unterlhan  sein  und  sich  für  ihm  biegen  und  nei- 
gen müssen.  Mathesiüs  93';  sein  geist  bog  sich,  als  sie  kniete. 
J.  Paul //esp.  3, 187 ;  gebogen  stehen: 

da  steh  ich  tausendmal 

an  meinem  stabe  gebogen.    Göthr  1,  94. 

2)  gold,  Silber,  den  draht,  die  spange,  kröne,  den  ring  bie- 
gen oder  winden ;  die  spange,  der  ring  hiesz  mhd.  bouc,  alln. 
baugr,  alts.  beah  von  biegen,  wie  torques  von  torquere;  die 
reife  biegen.  Michelsen  £r/"ur/  37; 

si  hiej  onch  baide  biegen 

von  Silber  eine  wiegen.    Diut.  1,  359 ; 

Silber  und  gold,  so  gebogen,  gehört  zur  gerade,  weisth.  3, 104 ; 
Silber  und  gold  gebogen.  Hevdemann ;oac/t.  consl.%\.\ 

fleiilis  obtorli  per  coIlum  it  circulus  auri.  Erm.  Nigkllus  4,  391. 
ebenso  wird  das  eisen,  die  kette  um  hals,  fusz,  arm  gebogen, 
goth.  eisarna  bi  fötuns  gabugana.  Marc.  5,  4.  es  kann  aber 
auch  heiszen,  den  hals,  arm,  leib  unter  die  kette,  unter  das 
joch  biegen: 

unter  eines  Joches  eisenschwere 
bog  er  vereinend  ihren  starren  sinn.    Schiller  489; 

man  biegt  sich  mit  bedacht  in  ihr  joch.  Lessing  1,  395. 

3)  gewächse  biegen :  der  stürm  beugt  die  büume,  der  riese 
die  flehten  {Ttirvoxafimi^s] ;  denn  seine  reben  bogen  sich  zu 
im.  Ez.  17,  6 ;  eine  gerte  biegt  sich  leicht ;  reben  biegen  sich 
um  das  fenster;  die  bäume  stehn  gebogen  unter  der  last  des 
Obstes ; 

wie  wenn  der  kommende  west  unermesziiche  saaten  erreget 
zuckend  mit  ungestüm,  und  hinab  beugt  wallende  ähren. 
Voss  //.  2,  148. 

4)  die  schwere  fracht  bog  den  wagen;  die  last  des  getrai- 
des  beugt  den  balken  der  scheune ; 

und  die  Speicher  vom  Segen  gebogen.    Schiller  78"; 

wenn  dem,  der  in  der  sonne  brennt, 

um  deinen  boden  mühsam  umzupflügen, 

dein  geiz  kaum  einen  lahetrunk  noch  gönnt, 

wie  können  noch  sich  deine  sjieicher  biegen  !    Gökinge  3,  114  ; 

er  lügt,  dasz  sich  die  balken  biegen  (sp.  1089);  dasz  sie  auch 
den  geigenden  {knarrenden)  karren  der  schrift  sanft  und  lind 
schmieren,  und  ihn  biegen  (drehen)  und  lenken,  wie  sie  wol- 
len, bienenk.  68'. 

51  den  himmei  biegen,  wölben,  wovon  himmelsboge: 

er  hat  den  himmei  selbs  zu  seiner  herabfahrt 

gebogen  und  geneiget.    WKCKHEiiLrN  61  ; 
von  nebeln  und  gewülk  ein  kohlschwarz  finstre  nacht 
hat  er  als  ein  gezelt  umb  sich  herumb  gebogen.    62. 

6)  abstractionen.  sie  thunt  das  recht  so  spitzig  bügen.  Mcn- 
ner  schelmenz.  7",  was  vielleicht  beugen  ist  (nach  sp.  1744,  3) ; 

wer  gelt  hat  driimb  dasz  er  kan  liegen, 
0  wie  wird  der  die  warheit  biegen. 

Kirchhof  wendunm.  129'; 

richtschnur,  darnach  sie  all  Schriften,  decreten  und  concilien 
lenke  und  biege  (wie  einen  wagen),  bienenk.  50';  dasz  wir 
beweisen,  was  für  kraft  die  kirch  liabe  in  auslegung  der  schrift 
und  im  biegen  dersclhigen  zu  ihrem  vortheil.  66';  und  über 
disz  hat  sie  auch  die  wort  Pauli  auf  die  heilige  mesz  und 
auf  die  opfer  der  pfafTen  gebogen.  74';  aber  er  kan  alle  be- 
helf  auf  seine  seilen  biegen.  Avrer  proc.  2, 11 ; 

und  wolt  ihr  ewre  red  stets  biegen 

nach  dem  gewin?    VVkckiikrlin  II ; 

dein  wort  isl  meine  kraft,  ich  darf  nicht  unterliegen, 

ich  darf  mich  keinem  gluck  an  seine  liiszc  biegen. 

LouAU  2,  2,  54  ; 
er  treibt  nhilosoplici,  die  auf  die  kunsi  zu  lügen 
gibt  regel  und  geseiz,  die  schicken,  schniüeen,  biegen 
um  zu  gefallen  lehrt.  3,  zu(j.  g.  215; 

ich  will  sie  (meine  kinder)  aufmuntern  in  diesem  ihren  zarten 
alter,  weil  sie  noch  zu  hicgcn  und  wüxiner  naiiir  sein. 
ScHOPPius  731;  eine  gebogene  linie; 

kein  richter  bog  das  recht.    Wifland  7,209: 

da  er  das  recht  zu  gunst  der  pfaffen  bog.    Scuillbr  529; 


die  verworrenen  laute  der  empfindung  fangen  an  dem  tact 
zu  gehorchen  und  sich  zum  gesange  zu  biegen.  1181;  dieses 
leise  auftreten,  dieses  schmiegen  und  biegen.  Göthe  19,  167. 
es  wird  nicht  gelingen,  den  Sprachgebrauch  für  biegen  und 
beugen  durchgängig  zu  ordnen,  wo  die  bedeutung  mehr  drehen 
und  wenden  ist,  scheint  biegen,  wo  neigen  und  unterdrücken, 
beugen  den  vorzug  zu  verdienen,  tadelliafl  aber  wird  zuweilen 
biegen,  nach  der  weise  von  beugen,  schwach  gebraucht,  wie 
wenn  Lessing  in  den  ant.  br.  irgendwo  sagt:  ein  hund,  der 
sich  über  das  vordertheil  eines  schififes  herab  biegte  /".  bog. 
7)  nicht  zu  übersehen  die  spuren  eines  intransitiven  biegen : 
auftragen  lassen,  dasz  der  tisch  biegt;  dat  se  sik  dre  gude 
gerichte  des  middages  laten  updragen,  dat  de  disch  bucht. 
Grvse  pawestdom.  Nn  4';  es  ist  besser  biegen  als  brechen; 

was  dan  nicht  biegen  will,  musz  brechen.    Wkckhkrl.  117; 

zu  trotze  will  ich  lachen, 

wenn  alles  biegt  und  bricht.    Weise  kl.  leute  223; 

weil  die  alte  russische  kriegsmanier,  die  auf  biegen  oder  bre- 
chen geht,  geniert  wird.  Niebuiir  leben  N.  1,  366 ;  dasz  es  zum 
biegen  oder  brechen  zwischen  thron  und  kammer  kommen 
musz.  3,211;  eben  bog  er  um  die  ecke;  der  weg  biegt  um; 
der  wald  biegt  links  in  die  höhe,  vgl.  fugiunt  in  nubila  sil- 
vae.  vgl.  abbiegen,  anbiegen,  aufbiegen,  ausbiegen,  einbiegen, 
umbiegen,  verbiegen,  vorbiegen. 

BIEGIG,  ßexibilis,  biegsam:  die  äste  des  lemonienbaumes 
sind  zähe,  biegig  und  stachlicht.  Tabernaemont.  1368 ;  die  äste 
(der  pomeranze)  sind  biegig,  zäh  und  slachlicht.  Hohberc  1, 
616',  aus  dem  vorigen  abgeschrieben ;  ist  sie  eine  Jungfer,  so 
ist  sie  biegig,  und  ich  kann  sie  nach  meinem  humor  lenken. 
gespenst  329. 

BIEGSAM,  flexibilis,  geschmeidig:  biegsames  holz,  bret, 
metall; 

könnt  ich  glauben,  herscher,  du  lieszest  der  biegsamen  Sanftmut 

miene  dich  teuschen.  Klopstock  Mess.  7,  105; 

es  gibt  wenig  menschen,  die  so  unternehmend  und  biegsam, 
so  geistvoll  und  fleiszig  zugleich  sind.  Göthe  10,  96 ;  und  sie 
(die  Deutschen)  überdem  nicht  sehr  biegsam  und  geschmeidig 
sind.  Klinger  12,  49 ;  denn  die  Sternen  am  meisten  im  munde 
führen,  sind  eben  nicht  die,  die  einen  äuszerst  witzigen, 
schlauen  und  biegsamen  kenner  der  weit  zu  beurtheilen  im 
Stande  sind.  Lichtenberg  1, 184 ;  zuthunlich  die  menschen  und 
die  Sitten  harmlos  und  biegsam.  Bettine  br.  2, 180. 

BIEGSAMKEIT,  f.  ßexibililas:  die  biegsamkeit  eines  gefäl- 
ligen herzens  ist  gutartig.  Kant  7,  391 ;  er  zeigte  eine  grosze 
biegsamkeit  sowol  in  seiner  vorstellungsart  als  in  handlungen 
und  gebärden.  Göthe  19,  115;  da  er  ohne  biegsamkeit,  aber 
desto  tüchtiger,  fester  und  redlicher  sich  zu  bedeutenden 
posten  erhob.  26,  258 ;  bei  allem  reichthum  und  aller  biegsam- 
keit unsrer  vaterländischen  spräche.  Humboldt  ans.  d.  nat.  2, 26. 

BIEGUNG,  f  ßexio,  krümmung:  die  biegung  eines  flusses, 
weges;  die  biegung  des  halses;  deutung  und  biegung  ihrer 
gesetze.  Niebuhr  kl.  sehr.  1,  24.  Lessing  schrieb  auch  bügung . 
bald  dehnte  die  gans  ihren  hals,  bald  suchte  sie  ihm  die 
prächtige  bügung  zu  geben,  in  welchen  der  schwan  das  wür- 
digste ansehn  eines  vogels  des  Apollo  hat.  1, 135.  dem  pfeide 
die  biegung  geben,  die  rechte  haltung  des  kopfes  beibringen. 

BIEGUNGSKRAFT,  f  diese  starren  eiskalten  finger  hatten 
ihre  biegungskrafl  verloren.  Klinger  2,  83. 

BIEGZANGE,  f. 

BIEL,  n.  securis,  für  beil : 

ein  guter  haminer  one  stiel, 

ein  guter  zimmerman  on  biet.    Waldis  Esop  4,  93. 

BIEN,  mhd.  praet.  von  bannen. 

lilEN,  wi.  wetlerauisch,  der  bienenslock,  bienenschwarm. 

BIENHEUTE,  /.  alvcus,  was  einfaches  beute  sp.  1750: 
der  her  fiiszt  bong  aus  den  binpeuien.    II.  Sachs  II.  2,  109'. 
i.  bienenbeute. 

BIENCHEN,  n.  apicula,  franz.  abeille,  sp.  abeja. 

BIENE,  /".  apis,  anderwärts  beie  sp.  1367,  wo  die  älteren 
und  urverwandten  formen  angeführt  sind,  so  schön  ihrer  aller 
zurück fiihrung  auf  den  skr.  madhupa,  honigtrinker,  und  die 
Wurzel  pä  trinken  isl,  kann  ihr  doch  wol  die  oben  versuchte 
auf  den  skr.  inadliukara,  honigmachcr,  von  der  würzet  bauen 
den  rang  ablaufen,  den  VDeallaitt  A  setzte  in  beiden  fällen 
eine  oß  wirksame  Ursache  in  I  oder  U  um,  das  erste  wort  der 
zusammenselzuiig  luadlui,  d.  i.  melh,  honig  schien  entbehrlich 
und  die  bezeichnung  des  trinkenden  oder  bauenden  Ihiers  hin- 
reichend,   ein  insed,  dessen  kunstferligkeit  und  geordneter  haus- 


1817 


BIENE 


BIENE  —  BIENENJÜGEND 


1818 


hall,  neben  dem  der  ameisen,  beicunderung  rege  macht,  hat 
noch  stärkeren  anspruch  als  der  biber  auf  einen  bedeutsamen 
namen,  den  der  sprachgeist  unmittelbar  aus  der  Vorstellung  des 
bauens  schüpße.  wie  dem  biber  wird  der  biene  und  ameise 
eine  burg  beigelegt,  und  gleich  den  menschen  halten  diese  Ihier- 
ehen  für  nüthig  sich  einen  herm  zu  setzen,  der  über  sie  ge- 
biete, die  bienen  schaffen  aber  und  bauen,  wirken  in  ihrem 
bau  densüszen  honig,  nach  welchem  andere  Völker  sie  benennen. 
Unsere  heutige  form  biene  steht  fest  seit  Lcther,  nur  dasz 
er,  wie  auch  an  andern  Wörtern,  im  sg.  dem  obliquen  casus 
en  läszt :  denn  zu  der  zeit  wird  der  herr  zischen  der  fliegen 
am  ende  der  wasser  in  Egj-pten  und  der  bienen  im  lande 
Assur,  das  sie  komen  und  alle  sich  legen  an  die  trocken 
beche.  Es.  7,  18 ;  da  zogen  die  Amoriter  aus  euch  entgegen 
und  jagten  euch  wie  die  bienen  thun.  5  Mos.  1, 44 ;  sie  umb- 
geben  mich  wie  die  bienen.  ps.  118, 12;  die  biene  ist  ein  klei- 
nes Tögelein  und  gibt  doch  die  allersüszeste  frucht.  Sir.  11,  3 ; 
so  auch  hernach  andere,  z.  b. 

dasz  reisten  ochsen  asz  das  Teld  mit  bienen  rüllet. 

Opitz  1,  46  (vgl.  mylh.  659) ; 
da  geht  er  ferner  auch  zu  seinen  bienen  hin, 
schawt  wie  zwei  grimme  heer  oft  an  einander  ziehn 
und  umb  des  nachbars  klee  sich  bei  den  stocken  zanken. 

1,141; 
nur  das  zu  samlen  ein,  darren  die  biene  liest.    Fikiing  637 ; 
nun  biene,  sprach  die  träge  benne.    Gellsrt  1,94; 
nur  die  dem  Staat  am  treusten  dienen, 
dies  sind  aliein  die  bessern  bienen.    1,246; 
unter  des  grünen 
blütiender  krart 
naschen  die  bienen 
summend  am  saft.    Göthe  1,  90. 
IE  ist  wie  in  miene  vultus,  schiene  splenderet  nichts  als  dehn- 
zeichen,   und   biene   geht   zurück   auf  ein  älteres  bin,   wie  es 
noch    bei  Keisersberc   und  bei  mhd.  dichtem  erscheint:    und 
geschieht  den  zweizüngigen  menschen  nit  änderst  weder  einer 
bin,   die   honig   in    dem   maul  tregt  und  hinden  hat  sie  den 
angel.  sünden  d.  m.  68';  mhd. 

rehte  gelicher  wis  als  ein  pin, 

daj  süejeste  was,  da;  las  er  in.    Uolrich  213; 

hie  ist  vil  binen  inne.    Reinh.  1548; 

iu  tuont  die  bine  wenec  we.    155S; 

sie  wären  gelich,  als  ich  ej  wei;, 

rebt  als  e|n  bin  einer  gei;.    Wigal.  163,35; 

als  beginnet  sich  euch  Tlizen, 

da;  sie  steche,  diu  bin  (tiiin).    krotie  17807; 

sam  die  bine  verjaget  der  rouch.    Bari.  176,  6; 

alsam  die  bin  zuo  den  kam 

mit  vroiden  vallent,  ob  ir  rehter  wlsel  drinne  si.    1/S.  2,  3"; 

alters  freude  und  äbenischfn 

mugen  geliche  einandern  sin, 

sie  irasient  wol  und  vamt  hin 

als  in  dem  regen  ein  müede  bin.    Renn.  23012. 

diesem  bin,  pl.  bine  ist  das  N  wesentlich. 

iieben   ihm   besteht   aber   ohne  N  in  der  Volkssprache  jenes 
beie,  mhd.  bie,  dessen  sich  z.  b.  Wolfra»  bedient: 

noch  scherpfer  der  bie  ir  zagel.    Parz.  297, 12, 
wo  LACBIIA5N  bin  vorzieht: 

diu  zöch  üi  sinem  herzen  die  fröude,  als  ü;  den  bluomeD 

süe;  diu  bie.  Tit.  83,  4; 

der  kläre  kurteise 

möht  al  den  bien  geben  ir  nar.    Wh.  88,  5; 
niht  halp  so  manegiu  bie 
möhten  toeten  einen  starken  bern.    117,  20; 

und  das  im  ahd.  pla,  ags.  beo  erscheint,  auch  gleich  dem  gr. 
Me'Xiaoa  als  frauenname  außrilt.  liesze,  solchem  Bla  zur 
seile,  sich  auch  ein  männlicher  name  Bijo  aufweisen,  was  Beio, 
Baio,  Boio  in  den  Irad.  eorb.  §.  228.  235.  252  wahrscheinlich 
machen,  so  würde  aus  ihm  durch  blosze  molion  ein  Bijin, 
Bin,  Bin  folgen,  wie  aus  bano  benin,  aus  phäo  phiin  ent- 
springt, und  auf  diesem  wege  die  doppelgestalt  bie  und  bin, 
nhd.  beie  und  biene  begreiflich  sein,  auszer  dem  weiblichen 
bin  hatte  sich  aber  noch  ein  neutrales  ahd.  pini  (Graff  3, 13) 
entfaltet,  in  allen  nm-dischen  mundarten  tend  by  neutral  ge- 
braucht; man  darf  kaum  zweifeln,  dasz  den  schwankenden 
Wechsel  des  grammalischen  gesehlechts  eine  unstdie,  unroll- 
kommnc  heobachlung  des  natürlichen  verursachte,  sie  erkannte 
männliche,  weibliche  und  geschlechtslose  arbeitsbienen,  und 
legte  ihnen  ähnliche  namen  zu,  die  sich  leicht  vermischten. 
Merkwürdig  klingt  an  biene  das  welsche  gwenjnen  pl.  gwenyn, 
arm.  gwenanen  pl.  gwenan,  neben  ir.  beach,  und  GW  ist  =3 
ir.  F,  lal.  V  {gesch.  der  ä.  spr.  296). 


Man  sagt,  die  bienen  fliegen  aus,  tragen  ein,  tragen  das  wachs 
an  ihren  hosen,  schwärmen,  surren,  summen,  brummen,  sausen ; 
man  unterscheidet  wilde,  zahme,  heimische,  gesunde,  kranke, 
fleiszige;  wer  honig  essen  will,  musz  leiden,  dasz  ihn  die 
bienen  stechen  ;  todte  bienen  machen  keinen  honig.  s.  imme, 
brutbiene,  heerbiene,  raubbiene. 

BIENE,  f,  boden,  fläche,  grundaeker,  bei  Stalder  1,  172. 
240  bine,  büne,  bühne,  auch  bei  Hemsch  371  biene,  s.  bühne. 

BIENENART,  f 

ein  honigTöglein,  weich  und  zart, 
ist  leichte  sinnenliebe, 
von  Schmetterlings  und  bienenart 
sind  ihre  nahrungsiriebe.    Bcrger  101'. 

BIENEXBANK,  f.  alvearium,  bienenschauer. 

BIENENBÄR,  m.  honigbär,  zeidelbär. 

BIENENBAU,  m.  mellificium. 

BIENENBAUM,  m.  acer  campeslre,  binbaum,  angerbinbaum, 
feldahom ;  aber  auch  andere  bäume,  auf  welchen  die  bienen 
honig  sammeln,  können  so  heiszen,  zumal  linde  und  esche, 
wie  in  der  edda  die  esche  Yggdrasil. 

BIENENBEUTE,  f.  alveus,  bienenstock,  ist,  wenn  in  beute, 
piutta  das  wort  biene  selbst  gelegen  sein  sollte,  pleonastisch 
gebildet,  den  Slaven  heiszt  nicht  nur  der  hohle  klotz  am  bäum, 
sondern  auch  das  flugloch  daran,  poln.  bare,  böhm.  brt,  russ. 
bort,  was  mit  beute  wörtlich  zusammenhängen  könnte,  die 
Wurzel  ist  brtiti  bohren,  aushöhlen,     s.  bienbeute. 

BIENENBÖSE,  periratus,  gleich  erzürnten  bienen. 

BIENENBROT,  n.  favus,  xriQiov,  sonst  wabe  und  rosz  ge- 
nantU,  ags.  beobreäd,  cod.  exon.  425,  20,  engl,  beebread,  mhd. 
biebröt  (Be.\.  l,  264),  immenbrot,  sandaraca,  was  die  bienen 
zur  eignen  nahrung  eintragen,  gleichsam  brot,  das  sie  zu  dem 
honig  backen,  dann  auch  honigwabe  selbst. 

BIENENBRUT,  f.  felus  apium: 

als  du  die  bienenbrut,  die  jüngst  ausschwärmte,  mit  klingeln 
in  den  hollunder  triebst.  Voss. 

BIENENDRECK,  m.  mel.  Stieler  345. 1758.  ebenso  in  der 
gaunersprache  ottches  schund. 

BIENENERZ,  n.  bergmännisches,  ausgewittertes,  löcheriges 
erz,  wie  geschnittene  bienenwabe  cntssehend. 

BIENENFALTER,  m.  phalaena  tinex  mellonella,  ein  den  bie- 
nen und  dem  honig  gefährlicher  nachtschmetterling. 

BIENENFÄNGER,  m.  was  bienenwolf. 

BIENENFEIND,  m.  den  bienen  nachstellend,  das  ags.  beo- 
hata,  osor  apium  scheint  dasselbe,  vgl.  beovulf. 

BIENENFLEISZ,  m.  labor,  assiduitas  ut  apium. 

BIENENFLUG,  m.  examen  apium: 

als  wann  ein  bienenflug  in  Tollem  schwärmen  war. 
RoiPLRR  gebüsch  s.  80; 
man  braucht  es  auch  collectiv :  das  dorf,  der  bauer  hat  einen 
starken  bienenflug. 

BIENENFKESSER,  m.  was  bienenwolf. 

BIENENFREUND,  m.  der  die  bienenzucht  liebt  und  betreibt. 

BIENENGARTEN ,  m.  hortus  apium,  ein  gehegter  platz,  an 
dent  man  bienenstöcke  hält:  die  freude  hatte  den  ganzen  bie- 
nengarten  zusammengerüttelt.  J.  Pacl  Hesp.  l,  109, 

RIENENGEBRAUSE,  n.  bombus.  Stieler  224. 

BIENENGELASZ,  n.  was  bienenbrut.  Stieler  1074.   s.  gelasz. 

BIENENGESAUSEL,  n.  bombus.  Stieler  1690. 

RIENENGESELLSCHAFT,  f. 

RIENENGESU.MME,  GESURRE,  n.  susurrus,  bombus,  nnl. 
gedompel : 

drauszen  in  lulliger  kühle  der  zwo  breitlaubigen  linden, 
die,  von  gelblicher  blute  verschönt,  voll  bienengesurres, 
schattend  der  mittagssiuh,  hins.iuselien  über  das  moosdach. 
Voss  Luise  1,  1  {ausrj.  letzter  hand). 
BIENENGETÖN,  n.  dasselbe.  J.  Paul  Fix/ein  61. 
BIENENGEWIRK ,  n.   fatus,    atußXr^'ia   iQya   bei  Hesiod, 
po/n.  dzienia.   Li>de  1,  595',  von  dziac  trirAen,  schaffen,  maclien. 
BIENENHARZ,  n.  fropolis,  bellt. 

RIENENHASSER,  m.  ags.  beobala,  s.  bienenfeind,  gebildet 
urie  daedhata,  leodhala,  ahd.  Iiutba;ari  tyrann,  nhd.  rebenhasser. 
BIENENHAUBE,  f.  cucullus  ad  apium  iclus  coercendos,  bie- 
nenkappe. 

BIENENHAUS,  n.  apiarium,  bienenhütte,  bienenscheuer. 
RIENENHEIDE,  f   ledum  paluslre. 

RIENENHUMMEL,  f  apis  lerrestris  apibus  infesta.  Garg.  245*. 
BIENENJÜGEND,  /.  was  bienenbrut: 

freundlich  erhob  sich  der  greis  und  warf  das  geQecht  aus  den 

bänden, 
welches  der  bienenjugend  er  wölbete.    Voss  id.  18,  42 


1819    BIENENKÄFER  — BIENENSTICH 


BIENENSTOCK  —  BIENER 


1820 


BIENENKÄFER,  wi.  clerus,  ein  den  bienen  feindlicher  käfer. 
BIENENKÄMMEBLEIN,  n.  cellula  apium. 
BIENENKAPPE,  f.  was  bienenliaube. 
BIENENKÖNIG,   m.    rex,    dux   apium.     s.    weisel,   weiser, 
gleichwie  man  dem  bienenkönige  die  fliigel  benimpt.  bienenk. 
44';  der  römische  bienenkönig  hab  macht,  in  seinen  eigenen 
honig  zu  hofieren.  48'. 

BIENENKÖNIGIN,  /.  regina  apium:  liebe  ist  die  bienen- 
künigin  des  jugendlichen  gedankenschwarms.  J.  Paüi,  komet  l,  70. 
BIENENKOHB,  m.  alvearium,  ahd.  plchar,  pinechar,  mhd. 
binekar:  und .  demnach  solch  werklin  von  -vielerlei  manchcr- 
hand  blümlin  zusammen  geraft  und  gesamlet  ist,  hab  ich  das- 
selbige  den  binenkorb  der  römischen  kirchen  genant.  Fischakt 
bienenk.  6';  disen  meinen  binenkorb  ausfliegen  zu  lassen. 
das.;  primatzank  um  den  könig  im  binkorb.  10";  der  prior 
führte  mich  in  den  garten,  das  ist  nun  ihr  bienenkorb.  Götiie 
8, 13.    vgl.  Schweiz,  binkert,  binkter.    Stald.  1, 172. 

BIENENKOHBITÄT,  f.  da  macht  ^ie  {die  kirchc)  gleich  ein 
pfaffenkömgreich,  ein  binenkorbilet  und  päpstliche  monarchei 
oder  alleinherschung  daraus,  bienenk.  37*.  gebildet  wie  al- 
bertät,  bierbausitat  «.  a.  in. 

BIENENKüHBLER,  m.  apiarius:  wie  ein  alter  bienenkörb- 
ler, bienenk.  81'. 

BIENENKRAÜT,  n.  hcrba  apibus  ulilis. 
BIENENLAGE,  f.  tmiveisa  aloearia,  biencnßug. 
BIENENLIERHABEB,  m.  bienenfreund. 
BIENENMANN,  m.  apiarius. , 
BIENENMEISE,  f  parus  caeruleus 
BIENENMEISTEB,  m.  apiarius. 

BIENENMESSER,  n.  culter  apiarit,  zum  schneiden  der  bienen. 
BIENENMILBE,  f  acarus  gymnoplerorum. 
BIENENMUTTER,  /".  viater,  regina  apium,    ags.  beomuder, 
engl,   motherbee,    poln.   matka   pszczol,    bühm.   matka   wcel. 
dann  auch  bienenpßegerin,  Wärterin:  eine  nonne  war  bienenmut- 
ter,  und  das  war  ein  ganz  bedeutendes  amt.  Bettine  br.  1,  293. 
BIENENNEST,  n.   nidus    apium,    bienenbau:    wer  ein  bie- 
nennest  zerstört,   der   erwehle  die  flucht,  dasz  sie  ihn  nicht 
stechen,  pers.  baumg.  8, 13.     ebenso  finn.  metiäispesä. 
BIENENPFLEGE,  f.  cura  apium. 
BIENENPFLEGER,  m.  apiarius. 

BIENENROSZ,  m.  favus,  mhd.  rdj,  nnl.  raat ;  waabe,  hunig- 
rosz.  Dasypodius  71'.     s.  rosz. 

BIENENRAUCH,  m.  fumus  ad  abigendas  apes. 
BIEI^ENRECHT,  n.  jus  circa  apes. 
BIENENREICH,  apibus  dives. 

BIENENSALBE,  f.  mguentum,  quo  alvearia  oblinunlur. 
BIENENSANG,  m.  susurrus,  bienengesumm : 
darunier  mischt  sicli  ein  gesiöhne, 
das  aus  entziickiem  buscn  geht, 
wie  bienensung  und  schilfgeiöne.    Bürger  26'. 
BIENENSAUG,  f.  slachys  silvaltca,    thymus,  ahd.  pinisftga, 
mhd.  binsftge,  dock  alle  von  den  bienen  gern  besuchte  kräuter 
und  blumen  können  so  genannt  werden,     das  vocab.  1482  d  8' 
hat  binenstul  ristus  t.  e.  sedes  apium.    meint  das  ein  kraut? 
ristus  ist  dunkel. 

BIENENSAUGNESSEL,  f.  allerlei  römisch  binsaugnesseln. 
Fisch  ART  bienenk.  2'. 

BIENENSCHAUER,  m.  was  bienenbaus. 
BIENENSCHISZ,  m.  was  bienendreck.  Stieler  1758. 
BIENENSCHMINKE,  f  was  bienensalbe. 
BIENENSCHWALBE,  f.  nd.  immenswalm.    Detmar  2,  287. 
s.  bienenwolf. 

BIENENSCHWARM,   m.    examen:    sihe,   da  war  ein  bien- 
schwarm  in  dem  asz  des  lewens  und  honig.  rieht.  14,  8 ;  der 
römisch  Tiienenschwarm  laszt  sich  nicht  umzäunen,    bienenk. 
16*;.  als  ob  sie  binenschwarmenart  bekommen  het.  182".  bild- 
lich, beim  feuerwerk  entzündete  Schwärmer; 
wer  ausgesetzt  ans  reucrhind, 
sich  nicht  am  ersten  liaiitn  eihienge, 
auch  hier  noch  mit  gelahmier  band 
den  bienenschwarm  von  grillen  lienge  u.  s.  w. 
(iriKiNbK  I,  278. 
BIENENSORGE,  f.  cura,    sedulilas   instar    apium,    gebildet 
wie  bienenfleisz:   ich   habe  die  menschen  gesehen,   ihre  bie- 
nensorgen.  Schiller  12&'. 

BIENENSPECHT,  ni.  merops  apiaster,  s.  bienenwolf. 
BIENENSTAND,  m.   castra  apium,  was  bienen.schauer  und 
bienenlage. 

BIENENSTICH,  m.  iclus  apis,  bienenbick:  dem  bicnenslich 
erliegen   pferde;   mein   herz   schwillt  von  minute  zu  minute 


mehr  von  den  bienenstichen  auf,   die  ihm  der  gedanke  gibt. 
J.  Paul.  , 

BIENENSTOCK,  m.  alveus,  alveare,  schw.  bistok,  bikupa, 
ursprünglich  das  haus  der  bienen  im  baumstamm,  dann  auch 
im  geßochtnen  korb,  den  waldbienenstock  nennen  die  Polen 
ul,  Böhmen  aul,  Russen  ylei,  Littauer  awilys.  früher  wurde 
auch  das  blosze  biene  orfer  imme  collectivisch  für  bienenstock 
gebraucht,  wie  das  mit  imme,  ahd.  impi  gleichzusetzende  gr. 
aiüßlos.  oft  gelten  bien  und  imme  für  einerlei,  eine  bemer- 
kenswerlhe  stelle  ist  weisth.  1,  397,  es  soll  beim  sterbfall  genom- 
men weriien  ein  bin  und  nicht  ein  imme,  wie  eine  henne, 
nicht  ein  hahn,  wonach  also  imme  höhern  werlh  hat  und  einen 
allen  hauptstock,  bin  einen  neuen  oder  jungen  zu  bezeichnen  scheint. 

BIENENSUMMEN,  n.  bombus,  bien  engesumme: 
dumpfig  1111(1  wie  biencnsviminen 
klingt  der  glockea  lestgelaute.    Heine  ged.  64. 

BIENENTÖDTER,  m.  aranea  calyana,  eine  zwischen  blumen 
auf  fliegen  und  bienen  lauernde  spinne. 
BlENENTüN,  m.  bienensang,  susurrus: 
oft  tönen  im  abetjdroth 
von  selbst  die  saiten,  leise  wie  biencnton     IIölty  131. 
BIENENTIIOST,  m.  facx  mellis.  Stalder  1,  309. 
BIENENVATER,  m.  apiarius:  nicht  als  eintragende  arbeits- 
biene,  sondern  als  zeidelnder  bienenvater.  .1.  Paul  Tit.  1,  6t. 

BIENENVOGT,  m.  dasselbe:    dasz  Moses  von  dieses  ober- 
sten bienenvogts  stand  hat  wissen  zu  sagen,  bienenk.  121'. 
BIENE.NVOLK,  n.  apium  examen. 

ringsum  summet  das  bienenvolk.    Höht  12G. 

BIENENWABE,  f.  favus.      • 

BIENENWALÜ,  m.  silva  in  qua  nutriuntur  apes,  zeidelwald. 

BIENKNWARTER,  m.  curalor  apium,  apiarius. 

BIENENWEISEL,  m.  dux  apium.   litt,  bittinis. 

BIENENWERK,  n.  was  bienengewirk :  so  nimb  ein  binen- 
werk,  stosz  in  einem  mörser  wol  durcheinander  und  leg  es 
dem  pferd  auf  das  ort,  alda  du  wilt,  dasz  die  haar  wachsen 
sollen.  Seuter126;  darnach  soltu  nemmen  frisch  binen-  oder 
imnienwerk.  282. 

BIENENWIRT,  m.  bienenpfleger,  bienenzüchler. 

BIENENWIRTSCHAFT,  f  biencnzucht. 

BIENENWITZ,  m.  ein  mann  von  geschmack,  würziger  laune 
und  feinstem  bicnenwitz.  Arndts  leben  55.     vgl.  biberwitz. 

BIENENWOLF,  m.  merops  apiaster,  uralte  benennung  des 
spechls,  der  den  bienen  eifrig  nachstellt  und  mit  seinem  Schna- 
bel ihre  nester  im  hohlen  bäum  außlopfl,  in  einer  unvollstän- 
dig erhaltnen  thierfabel  {Reinh.  s.  419)  schelten  lupus  und  picus ; 
wolf  drückt  überhaupt  einen  gierigen,  bösen  feind  und  tcufel 
aus,  war  aber  dem  alterthume  ein  heldenname,  und  das  ags. 
epos  feiert  einen  beiden  unter  dem  7iamen  Beovulf,  wie  Cmdmon 
193,  27  in  den  alle  ausleger  quälenden  warten : 

bald  beohaia  bord  upähöf, 
nichts  anders  gesagt  wird,  als  der  kühne  held  erhob  den  sehild, 
beohata,  beovulf,  umgekehrt  beovine  sind  dichterische  bezeich- 
nungen  eines  jeden  helden  und  auf  jenen  mythischen  Beovulf 
zurückführbar.  es  ist  merkwürdig,  dasz  auch  bei  uns,  mit 
prosaischer  auslegung,  die  Wortbildungen  bienenfreund,  bienen- 
feind  haften  und  bienenwolf  fortwährend  von  dem  specht  galt. 
Kemble  hat  die  vorkommende  Schreibart  Beov,  Beava  auf  bau 
messis,  ackerbau  beziehen  wollen,  was  unsrer  deutung  von  beo 
biene  aus  bauen  gerade  gelegen  käme,  man  sagte  auch  iin- 
menwolf. 

BIENENWURM,  m.  was  bienenfaller. 

BIENEN  WUT,  f.  eine  krankheit  der  bienen,  in  der  sie  wie 
wütend  aus  ilirem  stock  dringen,  eine  zeillang  herum  schwär- 
men und  dann  todt  niederfallen. 

BIENENZEIINTE,  «1.,  wird  in  einigen  gegenden  von  den 
bienenslöcken  entrichtet. 

BIENENZEIT,  f.  lempus  vernum:  die  honigsüsz  bincnzeit 
des  glcnzes,  da  werden  die  binen  mit  viel  regimenlen  das 
feld  überziehen.  Fischart  jrosim.  27.  28. 

BIENENZELLE,  f  cellula  apium. 

BIENENZlCliP.  f. res apiaria,  haltung und  Wartung  der  bienen. 

BIENENZUCHTER,  m. 

BIENENZUCKERFELP,  n.  cespes,  pratum:  das  bunte  rasen- 
sliick  und  bieneiuuckerleld.  J.  Pail  Kamp.  31. 

BIENER.  «1.  aviarius,  beulner,  zeidter,  noch  heute  ein  gang- 
barer eigenname,  mlat.  bigarus,  bigrus,  |io//i.  pszczrliiik,  bartr 
nik,  böfim.  brtiijk,  litt,  drawininkas: 

zweimal  draugen  sie  vollen  ertrug,  zwo  ninlen  dem  biener. 
Voss  .icn.  4,  231. 


1821 


BIENFALTER— BIER 


BIER 


1822 


BIENFALTER,  m.  was  bienenfalter.  Hohberg  1, 103'. 

BIENFASZ,  fl.  vas  apiitm,  bienenkorb.  Alberds:  wann  es 
«eclist,  so  hcngts  im  bienfasz  wie  ein  spinneweb. 

BIENFUND,  m.  inrentio  apium  sihestrium.  tceisth.  1,  777. 
SI5.    hienfonl  2,  2öl.     »;i  den  altschwed.  gesetzen  koppofundr. 

BIEMCHT,  apianus:  bienichte  kräuter,  herbae  quae  apibus 
placcnl;  bienichter  geruch,  odor  mellitus. 

BIENLELN,  n.  apicula,  bienchen,  schtceiz.  bili,  beili.  Stal- 
DER  2,  497: 

gleichwie  der  bliiomen.  die  wol  rächt, 
darii^z  das  hilin  houig  zticht.    fastn.  sp.  SOS.  2: 
das   ergetzt    die    äugen    und   macht   die    biniein  desto  lieber 
drein  kommen,  bienenk.  23B*; 

ein  hoiiig  ist  der  schlaf,  als  dieseo  hoiiis  asz. 

pescliali».  da>z  was.  ich  gl.uih  ein  bienlein  etwa  sasz 

auf  Libililla  haut.     Lo  .w  I.  7.  40; 

Phrllis  schlief,  ein  bienlein  kam, 

sasz  auf  ihren  mund  und  nam 

honig  oder  was  es  war.    2,  3,  S3; 

die  bienlein  umsumraen  den  blühenden  bäum.     Hör.Tt. 

BIENSAUGE,  f.  die  alle  besseie  form  für  bienensaug:  me- 
lissen  oder  melissenkraut  beiszet  auch  bonigblum,  iramenblat, 
biensauge  und  mutterkraul.  Hohberg  3,  555*. 

BIER,  f.  pirum,  tiiiid.  bir,  häufige  Schreibung  des  16  jh., 
heule  birne,  tco  belegslellen  vorkommen. 

BIER,  n.  cerrisia,  ein  worl  rechl  gemacht,  um  unterschiede 
der  Völker  und  stamme  zu  lehren,  der  golh.  form,  trenn  sie 
überhaupt  schon  bestand,  enlrathcn  wir  ganz,  dem  ahd.  pior, 
bior  (Graff  3,  206)  entspricht  mhd.  nhd.  nnl.  hier,  fries.  biar, 
bier,  ags.  beor,  engl,  beer,  alln.  bior.  neben  ihm  gilt  aber 
ein  andrer  ausdruck  ags.  ealo  igen,  ealeves)  und  ealod,  engl. 
ale,  alls.  alo  (aus  alofat  Hei.  61,  8  zu  folgern),  altn.  öl  == 
alu,  dal.  ölvi,  schw.  dän.  öl,  so  dasz  bei  den  Hochdeutschen 
kein  alo,  bei  Schweden  tind  Dänen  kein  bier  erscheint,  wichtig 
ist  es  aber  in  England  wie  im  allen  norden  beide  benennungen 
zusammen  anzutreffen,  die  edda  sagt  Ahism.Zh: 
«il  liciiir  nieiJ  mönnom  en  med  d::Om  bior, 
öl  hi'is~is  bei  mannern  aber  bei  äsen  bior. 
woraus  nicht  auf  bestimmte  stamme  geschlossen  werden  darf; 
Hymisqv.  S  läszt  sich  der  riese  brünbvU  biör^eig  auftragen, 
Vüluspd  43  wird  biorsair,  Oegisdr.  IS  biurreifr  gesagt,  öfter 
aber  öl  für  trinkgelag,  ölr,  ölteitr,  ölreifr  für  trunken,  ölskäi, 
ölkrjs  für  becher;  in  den  ags.  gedichlen  steht  beorsele  dedm. 
214,  2,  beor|>egu  Andr.  1533,  beore  drunceu  Beov.  955,  beor- 
liyrde  cod.  exon.  297,  2S,  on  beore  330, 14,  ealu  scer^en  Beov. 
1539,  ealova?ge  Beov.  956.  985.  4038,  eaiogäl  Ccedm.  145,  19, 
ealovose  cod.  exon.  330,  10.  die  Angelsachsen  müssen  schon 
beide  Wörter  ans  dem  festen  lande  mitgebracht  und  in  Scan- 
dinavien  beide  nebeneinander  gegolten  haben,  bis  zuletzt  beor 
dort  ausstarb. 

Aus  Deutschland  verbreitete  sich  die  benennung  biere  nach 
Frankreich,  birra  nach  Italien,  und  franz.  cervoise,  it.  cer- 
vogia  bestanden  daneben  fori,  in  Spanien  cer>eza  allein;  das 
armor.  biorc  h,  gal.  beoir  scheinen  aus  England  eingeßihrt. 
ealo  und  öl  aber  begegnen  im  litt,  alus,  lelt.  ailus,  est.  öilot, 
finn.  olut,  läpp,  niol,  haben  also  rings  den  äuszersten  norden 
eingenommen ;  das  auslautende  l  in  olut  vergleicht  sich  jenem 
ags.  ealod.  zwischen  beide,  alu  und  bior,  tritt  nun  bei  sämml- 
lichen  Slaren  die  einstimmige  benennung  pivo  n.  und  erscheint 
zugleich  im  litt,  pj'was,  neben  alus,  dergestalt,  dasz  alus  mehr 
den  haustrunk,  pywas  das  stärker  gebraute  gelränk  bezeich- 
net, gerade  wie  auch  in  England  beer  /ür  stärker  gilt  als  ale. 
Diese  beiden,  pywas  und  pivo,  reihen  sich  an  das  gr.  rürov 
und  alle  können  die  würzet  pili  und  Ttirtn;  TTieiv  nicht  ver- 
leugnen;  ihnen  auch  unser  hier  unmittelbar  beizugesellen,  hin- 
dern deisen  an-  «nrf  auslaut.  ags.  bere,  goth.  bnris  hnrdeum,  d.  i. 
tat.  far,  farris  oder  gr.  Tivoö?  wnize,  haben  nichts  bei  dem  worl 
zu  schaffen,  man  würde  wagen,  ßtr  bior  beor  bier  beer  ein  goth. 
bius,  nach  analngie  von  dius  tior  deor  tier  deer  im  vermuten 
und  dadurch  aufklärttng  des  dunkeln  bansen,  buisen  polare 
{sp.  1200)  heranzufüliren  (vgl.  bierbause) ;  doch  eine  solche 
ifilh.  fiivm  müste  erst  gesichert  dastehen,  stärki^e  gründe  rathen 
die  reruandtschaft  zwischen  pivo  und  bier  zu  behaupten  und 
•icrade  z/t  ihren  gunsten  den  schon  .tp.  1052  berührten  verhalt 
des  lat,  bibere  zu  nuiv  und  piti  anzuschlagen,  bibere,  und 
nicht  anders  die  romanischen  bere  bever  boire  haben  R  statt 
des  P  im  skr.  pA,  gr.  niveiv,  sl.  piti,  während  porulum,  po- 
tu«,  polare  das  P  von  7Torr;^wv,  rröroe  bekennen;  hier  müs- 
ten  formen  verschiedncr  sfirachabstufungrn  zusammen ßieszen. 
wenn  nun  schein  gewinnt,    das:  unser  bior,  bier  gleich  jenem 


bere  und  boire  a«J  dem  lat.  iufiniliv  bibere  gebildet  wurde, 
so  bestärkt  eben  sein  B  diese  abkunß  am  sichtlichsten,  stellen, 
die  Dcca:«ge  1,  671  unter  biberis  beibringt,  zeigen,  dasz  man 
frühe  im  mittelalter  bibere  substantivisch  oder  ein  subst.  bibe- 
ris für  potio  verwandle,  z.  b.  Benedicts  regel  cap.  35  (Hat- 
temer  s.  85)  gewährt  singulos  biberis  (biberes)  et  panem,  «ras 
Kero  durch  einluzziu  trincban,  gerade  mit  dem  inf.  ver- 
deutscht, so  konnte  leicht  seit  der  näheren  berührung  der 
Deutschen  mit  den  Römern  schon  in  den  ersten  Jahrhunderten 
unsrer  Zeitrechnung  aus  bibere  ein  subst.  biber,  biver,  das  sich 
in  bior,  bier  abschlif,  eingeführt  werden  und  sein  sonst  un- 
erklärbares R  wäre  das  älteste  beispiel  eines  in  die  deiäsche 
worlform  gezogenen  infinitivischen  R,  deren  wir  später  so  viel 
aus  dem  romanischen  holten,  die  Slaven  erzeugten  ihr  neu- 
trum  pivo  sprachgemäszer.  man  vgl.  auch  in  gr.  wOtterbü- 
chem  ßoiTOv,  y.ogua,  xovqui. 

Was  alu  und  ealu  angehl,  so  wird  es  gleichfalls,  wegen  der 
ähnlichkeit  des  biers  und  öls,  aus  oleo,  oleum  und  oliva  her- 
zuleiten und  namentlich  das  in  ealeves,  ölvi  vortretende  V  aus 
dem  in  oliva  zu  erklären  sein  ;  dasz  ein  goth.  alcv  oleum  bestand, 
ein  ags.  ele  oleum  von  ealo  cerevisia,  ein  litt,  alejus  oleum 
von  alus  verschieden  war,  verschlägt  nichts,  in  allen  diesen 
Wörtern  müssen  fremde,  unsem  vorfahren  mit  der  sache  von 
ihren  nachbam  zugeführte  benennungen  anerkannt  werden,  die 
sie  dann  wiederum,  in  deutschem  gepräge,  andern  nachbam 
überlieferten;  ein  echtdeutscher  ausdruck  für  zubereitetes  ge- 
tränk  war  golh.  Iei|)us,  ahd.  lid  poculum,  das  noch  heute  im 
südlichen  Deutschland  lebt,  eine  zahllose  menge  einzelner  be- 
nennungen und  gleichsam  eigennamen  für  die  an  jedem  ort 
gebrauten  bierarten  ist  späterhin  entsprungen,  die  nicht  vom 
Wörterbuch  aufzunehmen  sind,  sondern  in  die  geschichte  der 
besonderen  landstriche  oder  in  eine  Sammlung  der  Sitten  und 
gebrauche  des  volks  gehören,  vgl.  Garg.  59*. '.  Stiei.er  140. 

Man  unterscheidet  altes  und  neues  bier,  gutes,  starkes,  süszes, 
bitteres,  saueres,  braunes,  rotbes  und  weiszes,  helles,  klares, 
dickes,  fettes,  feiszies  und  dünnes,  halbes,  doppeltes ;  Fischart 
sagt,  ein  weinmüszig,  wolgebrawet,  glitzend,  schmutzig,  dun- 
kel, dick,  kleberig,  woldewig,  augenblendig  bier: 

und  hüel  euch  vor  dem  neuen  pier.    fastn.  sp.  313,  4; 
nu  trank  ich  an  einem  neuen  pier.    756,25; 
die  frauen  lieber  helsen  dan  spinnen, 
und  lieber  wein  trinken  dan  saurs  bier.    316,24; 
rots  und  auch  weiszes  bier.    .Xtrkii  fastn.  sp.  7S' ; 
es  heiszl  bier  brauen,    bier  fassen,    füllen,    zapfen,  schenken, 
ausbieten ;  zu  bier  gehen,  beim  bier  sitzen ;  es  war  gut  bier, 
aber   der   zapfen   ist  ab;    das  hier  schmeckt  gern  nach  dem 
fasz;    das    bier  geht  ab,    versdilägt,    cerevisia  fugit.    Hemsch 
372;  biere,  die  viel  giihren,  haben  viel  hefen ;  er  bietet  es  aus 
wie    sauer   bier.     o/I   werden  wein   und  bier,    brot  und  bier, 
bier  und  taback  verbunden :  bier  und  wein  folgt  dem  zapfen ; 
so  iritlk  ich  lieber  wein  denn  pier.    fasln,  sp.  736,  17 ; 
ich  gewinn  euch  pier  und  proi. 
davon  werden  euch  die  wenglein  rot.    617,  10; 
treue  gibt  bier  und  brot, 
untreu  gibt  angst  und  noth; 
wer  sitzt  beim  bier  und  kalten  wein, 
der  lasz  die  metz  ein  metze  sein ; 
wie  man  bei  bier  und  tabak  über  besiegte  sieb  hebt. 

GöTHK  I,  408. 
ein  starkes  bier,  ein  beizender  toback.    12,49; 
redensarten :  und  sie  handeln  auch  so  mit  blödem,  verzagtem 
gewissen,  das  mich  dtinkt,  sie  wollen,  es  were  das  bier  wider 
im  fasse,    und  hellen  sie  es  nicht  angefangen,    hall  ich,    sie 
sollens  nu  wol  lassen  anstehen.  Luther  3,  338';   ich  gloube 
sicher,    were  das  bier  wider  im  fasse,    sie  lieszens  jetzt  wol 
anstehen.  5,  23*.  br.  4,  25 ;  ich  spreche  aber  zu  im  {dem  lega- 
\  /«i),  sie  haben  dir  dein  mutier  zum  bier  pefiibrl.  du  onmech- 
I  liger  plauderer,  denn  damit  rirhleslu  nichts  aus.  4,  4lo*:  detii 
I  bier  ist  rechl  geben,  wer  schade,  das  ers  besser  haben  sull. 
I  6,  lO';    was   ein    landfarer  gewesen   und  mit  dem  lollorholz 
I  umbgclanfen,  da  sasz  er  zu  bier.  Eulensp.  cap.  06; 
die  sitibe  kalt,  da«  bier  warm, 
das  ist  ein  wirl,  dasz  gon  erbarm: 
es  ist  kein  man,  der  nicht  gern  srhietnpt. 
und  die  schnauzn  im  bier  schwempt. 

G«£C.  Wai.mkr  com.  itnlrcu  sein  ci'icn  Herrn  schlrclil. 

1547.  ncl  2  sc.  1. 

je  toller  das  bier  gebrauet  wurde,  je  besser  es  mir  schmeckte. 

Simpl.  2, 168 ;  ich  meinet,  wann  du  einem  in  ein  hier  sehest, 

du   solst  es   sauer  machen.    Ayrer  proc.  2,  6.     s.  aflerbicr, 


1823 


BIERAMSEL  —  BIERGELD 


BIERGENUSZ  —  BIERMOLKE 


1824 


dorfbier,  erntebier,  bausbier,  kindelbier,  klebebier,  klosterbier, 
lagerbier,  merzbier,  mittelbier,  nachbier,  pechbier,  pfingst- 
bier,  sommerbier,  Stadtbier  «.  s.  w.  slatt  jener  losen  adj. 
auch  zusammengesetzt  dünnbier,  braunbier,  warmbier  u.  s.  w. 

BIERAMSEL,  f.  potator,  zechbruder:  darnach  sollte  etwa 
eine  volle  bieramsel  aus  eim  kruge  daber  laufen.  Luther  5, 
493';  krebser,  böttner,  angelfischer,  halbbeseichte  bieramseln, 
Scherenschleifer.  Fischart  groszm.  94 ;  ein  bieramsel  oder  wein- 
drossel,  wird  rasend,  taub,  blind,  stammert,  und  ist  nicht 
ein  glied  an  seinem  leibe,  das  er  recht  brauchen  kann.  Eibe- 
Niüs  fastnachlgesprdch.  Erfurt  1582.     s.  bierfinke,   bierholer. 

BIERBALGER,  m.  der  bierbalger  will  an  dem  armen  hier 
ein  eer  einlegen.  Frank  Irunkenh.  H  2'. 

BIERBAMSCHER,  BIERBANTSCHER,  m.  bibax. 

BIERBANK,  f.  es  wird  auf  allen  bierbänken  davon  ge- 
sprochen ;  er  liegt  auf  der  bierbank. 

BIERBANN,  m.  Vorrecht  einer  brauerei  in  einem  bezirk  allein 
hier  zu  verkaufen. 

BIERBAS,  m.  vox  gravis,  raucisona:  er  singt  einen  bier- 
bas.    s.  bierknote. 

BIERBAUCH,  m.  biersäufer. 

BIERBAUSE,  m.  potator,  bierzecher,  von  bausen  zeche7i: 
ir  schnargarkische  angsterdraher,  kutterufstorken,  bierpausen ! 
Garg.  17*;  hernach  8l'  bildet  Fischart  die  substantiva  w-ein- 
schlauchitet  und  bierpausitet. 

BIERBEDARF,  m.  quantum  cerevisiae  necessarium  est. 

BIERBISCHOF,  m.  wa  weihet  man  die  bierbischof  ?  Garg.  52*. 

BIERBOTTICH,  m.  cupa  cerevisiaria,  bierkufe.  einer  groszen 
bierkufe,.  m  welcher  die  Sueven  dem  Wuotan  opferten,  gedenkt 
schon  die  vita  Columbani  (mythol.  49). 

BIERBBAU,  m.  coclio  cerevisiae. 

BIERBRAUER,  m.  coctor  cerevisiae,  cerevisiarius.  Alberüs 
und  Helber  schreiben  bierbreuer,   H.  Sachs  I,  412'  bierprew. 

BIERBRAUEREI,  f 

BIERBRILLE,  f.  combibo,  zechbruder:  folgends  haben  s. 
Haubrecht  und  Eustachius  die  Jäger  in  ire  verwarung  bekom- 
men, s.  Martin  und  s.  Urban  die  guten  zechbruder,  wein- 
zapfen und  bierbrillen.  bienenk.  183'. 

BIERBRUDER,  m.  combibo,  potator,  auch  hopfenbruder. 
Garg.  59*. 

BIERBRÜDERSCHAFT,  f. 

BIERCHEN,  n.  ceievisiola,  wird  lobend  gesagt:  das  heiszt 
ein  bierchen,  ein  gutes  hier. 

BIEREIGE,  m.  in  einzelnen  Städten,  namentlich  Erfurt,  ein 
bürger,  dem  der  bierbrau  zusteht,  gebildet  wie  ahd.  bftseigo 
paterfamilias,  wlneigo  tabernarius  (Graff  1,  116):  bürger  und 
biereige  werden.  Stieler  147. 

BIEREIGENHOF,  m.  brauhaus. 

BIERELN,  olere  cercvisiam.  Schmeller  191. 

BIERESEL,  m.  ein  unruhiger  hausgeist,  der  nachts  alles 
zerschlagen  soll,  wenn  ihm  nicht  ein  krug  bier  hingestellt  wird, 
s.  auch  bierholer. 

BIERESSICH,  n.  acetum  e  cerevisia.  aber  essichbier,  sau- 
res, wie  essich. 

BIERFASZ,  n.  dolium  cerevisiarium,  biertonne,  auch  für  bier- 
säufer. 

BIERFIEDLER,  m.  fidicen  in  cauponis,  agrestis,  der  zum 
bicr  geigt.  Stieler  490 ;  war  bis  in  sein  24  jähr  ein  bierfiedler 
gewesen.  Leipz.  avanturier  1,  109 ;  diese  elenden  bierfiedler. 
Arnim  2,  320;  ach,  Albano,  warum  hören  deine  freuden,  wie 
die  Schleifer  eines  bierfiedlers,  mit  einem  mistone  auf?  J.  Paul 
Tit.  1,  91. 

BIERFINK,  m.  was  bieramsel :  meine  bierfmken  und  wein- 
trinker.  Fischart  groszm.  79. 

BIKUFLASCIIE,  /•. 

BIERFLEGEL,  vi.  homo  agrestis:  in  den  Lewschrecken, 
den  faulen,  nassen,  geneschigen  meulern  und  bierflegeln.  Ma- 
th esius  25*. 

BIERFROSCH,  m.  potator,  der  im  bier  patscht,  schwelgt, 
wie  der  frosch  im  wasser.    Stieler  1417  hat  bierpadde. 

BIERGÄHRUNG,  f.  fervientum  cerevisiae. 

IlHiRGAST,  m.  cauponae  hospes,  bierkunde. 

BIERGELAG,  n.  cocna  cerevisiaria,  bierzeche. 

BIERGELD,  n.  1)  vectigal,  abgäbe,  die  auf  das  bier  gelegt 
oder  in  bier  entrichtet  wird:  die  einkDinmcn  von  den  mülen 
und  bicrgeldern.  Schweiniciien  2, 14  ;  man  seht  die  alten  bier- 
gc'.dcn  {HA.  314).  2)  was  trinkgeld :  biergeldcr,  auf  die  der  büren- 
biiulcr  bei  dieser  fesilichkeit  ungemein  rechnete.  ARMMl,t09. 


BIERGENUSZ,  m.  usus  cerevisiae,  das  bierlrinken. 

BIERGE WÖLBE,  n.  horreum  cerevisiarium. 

BIERGISCHT,  m.  spuma  cerevisiae,  bierschaum,moussedebiere. 

BIERGLAS,  n.  poculum  vitreum  cerevisiae  bibendae:  pier- 
glas, fastn.  sp.  1215. 

BIERGLOCKE,  f.  dasz  niemand  nach  der  bierglocken  in 
den  Schenkhäusern  bleibe.    Erfurter  stadtordn. 

BIERGLÜCK,  n.  brauglück,  glück  im  bierbrau. 

BIERHAHN,  m.  der  hahn  am  zapfen  des  bierfasses :  jetzt 
leider  scheint  man  in  beiden  Städten  {Ulm  und  Nürnberg)  das 
fasz  des  Staats,  weil  der  obere  bierhahn  saures  gesöf  her- 
ausliesz,  unten  einen  zoll  hoch  über  der  hefe  des  pöbeis  an- 
gezapft zu  haben.  J.  Paul  Siebenk.  l,  75. 

BIERHAUS,  n.  caupona  cerevisiaria,  bierschenke: 
dasz  ihr  lauft  auf  unscrn  sal, 
als  wenn  ihr  wert  in  eim  bierhaus.    Atrbr  304*. 

BIERHEBER,  m.  sipho  cerevisiarius. 

BIERHEFE,  f.  faex  cerevisiae:  die  kraft  seiner  lenden  ist 
versiegen  gegangen  und  nun  musz  bierhefe  den  menschen 
fortpflanzen  helfen.  Schiller  106*.  man  unterscheidet  spund- 
hefe  und  stellhefe,  obere  und  untere. 

BIERHELD,  m.  potator,  bierzecher:  wenn  der  trunkenbold 
trotzig  ist  und  seines  saufens  als  ein  bierheld  oder  weinritter 
wil  gerümet  sein.  Luther  3,  244*;  unser  füllpoden  aber  und 
volle  zapfen  wollen  den  wein  drutzen  und  dauzen  und  als  die 
bierhelden  und  weinritter  gerümet  sein.  Frank  trunkenh.  H  2'. 

BIERHOLER,  BIEBHOLD,  m.  oriolus  galbula,  ein  name  der 
die  üblichen  benennunyen  bruder  Bierol,  ßerold,  Pirolt,  Tirolt 
u.  0.  m.  verdeutlichen  soll,  man  sagt  auch  goldamsel,  bieresel, 
vogel  Bülow,  der  schulz  von  Bülau  u.  s.  w.  wahrscheinlich 
hängt  bieramsel  damit  zusammen,  birolt,  tirolt  drückt  den 
schrei  des  vogels  aus. 

BIERHUND,  m.  ein  alter  käse,  der  im  bier  gelegen  hat; 
ein  biersäufer. 

BIERIG,  cerevisia  madens,  trunken,  nach  bier  riechend. 
Schmeller  1, 191. 

BIERIGEL,  m.  potator,  biersäufer. 

BIERKALTSCHALE,  f.  inlrita  panis  e  cerevisia:  wenn  du 
magst,  so  will  ich  eine  bierkaltschale  unter  dem  zeit  geben. 
Göthe  an  fr.  von  Stein  2,  96.     s.  biermärte,  bierriebel. 

BIERKANNE,  f.  er  studiert  in  der  bierkanne. 

BIERKÄSE,  m.  bier  und  milch  dick  gekocht. 

BIERKEGEL,  m.  ein  kegel,  hölzerner  krug,  der  zum  zeichen 
frisches  biers  vor  den  schenken  ausgesteckl  wird. 

BIERKELLER,  m.  cella  cerevisiaria. 

BIERKIRSCHE,  f.  Sauerkirsche. 

BIERKNOTE,  m.  was  Adamsapfel,  der  kehlkopf. 

BIEBKOSTER,  m.  gustator  cerevisiae. 

BIERKRAHN,  m.  der  hahn,  krahn  am  bierfasz. 

BIERKRANZ,  m.  ausgestecktes  bierzeichen,  wie  bierkegel, 
bierreis,  entweder  ein  laubkranz  odei-  blosz  von  dürrem  reisig. 

BIERKRÜCKE,  f.  geräth  in  der  brauerei,  zum  umrühren 
des  siedenden  biers. 

BIERKRUG,  m.  urceus  cerevisiarius,  dann  auch  caupona. 

BIERKÜBEL,  m.  cerevisiaria  capula. 

BIEBKUFE,  f.  cupa  cerevisiaria,  bierbottich. 

BIERLADER,  m.  brauknecht,  der  die  tonnen  verladet. 

BIERLAGEL,  n.  lagena  cerevisiaria,  bierfdszchen.  Garg.  43' 
geschrieben  bierlakel. 

BIERLAND,    n.    terra  cujus  incolae  cerevisiam    bibunt,    im 
gegensatz  zu  weinland,  daher  bierländer,  bierlündisch. 
und  wer  des  weins  nicht  trinken  mag, 
der  ist  nicht  unsers  fiigs, 
der  zieh  ins  bierinnd  Koppenhaf^, 
da  lind  er  bös  bier  gnug.    Garg.  50'. 

BIERLEIN,  n.  wie  bierchen. 

BIERLUDER,  m. 

BIERLÜMMEL,  m. 

BIERMANGEL,  m.  potus  defectio. 

BIERMASZ,  n.  wonach  bier  geschenkt  wird. 

BIERMÄRTE,  f.  was  bierkaltschale.  Stieler  1244.  Weise 
schreibt  biermeethe:  da  sagte  einer,  es  wäre  noch  wunder, 
dasz  er  {der  geizhals)  eine  bienneethe  machen  liesze.  ach, 
sagte  der  wirt,  es  ist  auch  eine  meethe,  darauf  ich  sein  gast 
nicht  sein  will,  er  hat  bier  zu  brauen,  nun  will  er  mit  allen 
auf  das  Iheuerste  hinaus,  erzn.  115.  116.  s.  märte,  weinmärte. 

BIERMEILE,  f.  was  bierbann. 

BIERMOLKE,  f  mölke  von  solcher  milch,  die  man  durch 
bier  zum  gerinnen  bringt. 


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BINDING  SICT.  AU6  311965 


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Grimm,  Jekob  Ludwig  Karl 
Deutsches  ^'orterbuch 

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